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Erfien Ehrifen
nach ihrem
Srbendigen Glauben und Heiligen Ceben,
Aus der älteften und bewährteften
Kirchenferibenten eigenen Zeugniffen, Erempeln und Reden,
nach der Wahrheit der Erften einigen Chriſtlichen Religion,
Alfen Liebhabern der hiſtoriſchen Wahrheit, umd fonderlich der Antiquität,
als in einer
Kutzlichen Hirden-Biforie,
treulich und unparteyiſch entworfen:
4 Worinnen zugleich
Des Hn. William Cave Erſtes Chriſtenthum
nach Nothdurft erlaͤutert wird.
In der dritten Ausfertigung mit einer noͤthigen Verantwortung, wie auch
vollſtaͤndigen Summarien und Regiſtern vermehret.
mit einer Vorrede
©. Biegmund Hacob Vaumgartens.
—rk—— — — —
— — —,——— ————— — —— —
Sechsſte Auflage,
Leipzig, bey Caſpar Heinrich Suche, 1740.
—
*
1289 757
s war ein Gcht dar®elk, ein fehartles Salt; der-stden
Lin Pachter, dehen gtinun ſchrweit und breit gethont
Emn Hnkvon groher Een bey ſeinen lieben Heerden
7° KindReilter deßenWeret Holt telolten chit und Lrohmd;
y . dr’ kr RE, R | 17 ET ,
—, MerYhriltem gen neh ch fein derteungan chdieſes Kcht,
52er jenes ſicht und ehrt, der haßt auch duefes nicht. © /
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AALEN IGNORIERT
Schwa rtz
*
Zuſchrift
An alle und jede lebendige Gliedmaſſen
der unſichtbaren
heiligen Gemeine IVſu Vhriſt,
So viel ihrer in dieſer und folgender Zeit, an allen ihren
Orten, aus allerley Volk, dem HErrn JEſu und feinen erſten Ge⸗
meinen in der Wahrheit nachwandeln.
GOtt gebe euch viel Barmherzigkeit und Frieden durch
JEſum Ehriftum in dem Heiligen Geiſt!
die Melt noch durch den Glauben wirklid überwindet,
ftellet diefes Zeugniß eine ganze Wolfe oder Schaar der
erften Ehriften vor eure Augen. Ihr follet prüfen, und
| nach) der Prufung erfennen, was da ſey des HErrn Wille
an ſeine Gemeine, die in dieſer Zeitlebet. Denn diejenigen nur, die im
Licht wandeln, find in demfelben fähig, die mannigfaltige Weisheit
GOttes an feinen Erfklingen zu erfennen. Wer in GOtt und in der
Liebe bleibet, dev wird inne werden, ——— erſte Liebe ſey, welche
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anfang»
Uch allen, die ihr aus GOtt wahrhaftig geboren ſeyd, und |
*
anföngfich zwar ſehr bruͤnſtig gewefen, aber-fo bald, verlaffen vorden
So tretet nun heran, ihr. Kinder der Wahrheit, und höre die Stimme
der Apoftel und ihrer treuen Drachfolger: Höret und mercket ihre Re
den, fpiegelt euch in ihren Erempeln, verwundert euch über ih ⸗
teren Bekenntniſſen. Es kann alles euer ſeyn, wenn ihr nur wollet, denn
ihr ſeyd Glieder eines Leibes. Drum machet euch alles eigen zu dieſer
Zeit, und betet ohne Unterlaß, daß auch an euch, gleichwie an jenen,
der Name eures GOttes geprieſen werde, und zwar mitten unter dem.
unfchlachtigen und verkehrten Geſchlechte. Denn e8 muß feine Herr-
lichFeit an denen letzteren endlich ungleich groͤſſer werden , als fie an den
eriten Gemeinen zu fehen iſt. Sintemal diefes der Wille GOttes an
ung alle ift, daß wir wachlen und immer völliger werden an dem Hau-
pte Chrifto JEſu, bis daß wir alle ein vollkommener Mann in Ihm
find. Darzu hat er feiner Gemeine das Pfand, den Geift gegeben,
laͤſſet auch Fein Glied derfelben ohne Zuhtigung, derer fie alle von Al- .
ters ber find theilhaftig worden Er pruͤfet fie oft, und gibt ihnen
Kraft, bis aufs Blut zu widerſtehen über den Kampf wider die
Sünde, damit fie feine Heiligung erlangen. Das Geheimniß des
Creuzes JEſu Chrifti wird ihnen in ihrem Geifte offenbar, und ſie ſe⸗
hen und erfahren defto mehr HerrlichFeit Darunter, ie mehrfie die Welt
ſchmaͤhet und verdammet, Der ganze Haufe der Zeugen der Wahr.
heit ift mit Chriſto durch folche Leiden in die HerrlichFeit eingegangen,
er ihnen nachfolget, der wird fich über Feine Verführung zu beElagen
haben, Hatten fie einen andern, auffer dem Weg des Creuzes, vor
- felig erfannt, ſie wuͤrden ihn erwehlet, und ihren Nachfolgern nicht ver-
fchwiegen haben. run aber fpiegelt ſich in ihnen allen des HErrn
Klarheit, und ihr Glaube famt. der Liebe und der Zucht glaͤnzet herr⸗
lich durch alle Dunkelheit und Unflat hindurch, damit fie ihre Feinde
beſchmitzen wollen, Die Welt war ihrer nicht wert), und der Him⸗
mel nahın fie mit defto geofferen Freuden auf, Nachdem fie von Chriſto
gezeuget hatten, Ihr Glaube ward theuer geachtet vor GOtt, ob fie
gleich hier ein Fluch und Fegopfer aller Drenfchen waren. Darum
werdet ihr auch nicht müde in. allen euren Trubfalen , ihr Kinder des
lebendigen GOttes, fondern überwindet weit, zuförderit euch —
— un
WERE.) Ana ?
und ſodann die Welt durch den Glauben an den, der euch geliebet hat.
Denn ihr muͤſſet es ſeyn, die ihr in dieſen und bevorſtehenden Truͤbſa⸗
len bey Chriſto JEſu beharret. Wer will ſonſt wider die Heuchier
und Kinder der Finſterniß zeugen, wenn ihr nicht treu bleibet bis in
den Tod? So laſſet uns nun die Zeichen dieſer Zeit wohl urtheilen, und
keiner Leiden ſchaͤmen, daß ein jedes Glied erſtatte an feinem Fleiſch,
was noch übrig ift von den Trübfalen Chriſti, damit fein Leib deſto
eher vollendet werde, Se weiter die Welt die Zeugen JEſu von ihrer
Ehre, Bortheilen und Wohlluͤſten zurück ſtoͤſſet, je näher kommen fie
zu GO, Sehet auf die Erftlinge, und merfet ihren Kampf:
Schauet an ihr Ende, und folget ihrem Glauben nach. Sie haben
eine Eleine Zeit Mühe und Arbeit gehabt, und haben groffen Troit
funden, Sie werden nun ewiglich getröftet, und ihre Feinde werden
gepeinigef. Drum nehmet ihre Kehren und Erempel an wie einen
groſſen Schaß, und freuet euch bierinnen auch dev Barmherzigkeit
GOttes, und ſchaͤmet euch ja nicht, ihn zu befennen und zu loben,
Denn ed iſt noch ein Fleines dahin, ſo werdet ihr ernten ohne Aufhd,
ven, gleichwie jene Gerechtigkeit gewirfet und die Berheiflung em-
pfangen haben. Ich weiß, ihr werdet alle ihre Stimmen Fennen, fo
viel ihr wahre Bruder und Mitgenoſſen derfelben am Trübfal, und
an der Geduld, und auch an dem Reiche ſedd. Der GOTT aller
Gnaden, welcher uns ſamt ihnen beruffen hat zu feiner Herrlichkeit in
Chriſto JEſu, wolle uns alle, gleichwie fie, wenn wir eine Eleine Zeit
gelitten haben, vollbereiten , ſtaͤrken, Eraftigen und gründen.
* Ihm ſey Ehre in Ewigkeit! un
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Ma. Exldur
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Mr Titul⸗Kupfers.
Seele, die du dich nach Chriſto pflegſt zu nennen,
Komm, tritt mit mir im Geiſt zu dieſem Spiegel hin,
Und ſieh, ob du dich felbft in diefem Bild Fannft kennen,
Das an der erften Schaar Die vorftellt Chriſti Sinn.
Schau, mie die Glieder fich an ihrem Haupt erzeigen :
Wie glänzt zu GOttes Preis des Glaubens Koftbarfeit,
Der auch dem veinften Gold im Feuer nicht fonnt weichen,
Wie war der Liebe Bund fo voller Fried und Freud,
Der tief ins Herze drang. - Der Demuth fanftes Aßefen
Beſiegte die Vernunft, Der Hoffnung ſtarke Kraft
Blieb, troß den Feinden! fiehn: Du wirft von ihnen lefen,
Mas fie vor Suͤßigkeit und Leben hat gefchafft.
Wie folgten fie vem Lamm nicht in Geduld zu leiden:
Wie drungen fie zu GOtt durch Leben, Tod und Schmach:
Denn die Berleugnung macht fie fid) von allen fcheiden,
ie er zuvor gethan, fo thaten fie ihm nach,
So war ein Chriſt gebildt nach Ehrifti Wort und Leben,
So fah er Ehriftlich aus: So hat die werthe Schaar
Den Dater Durch den Sohn ein Opfer koͤnnen geben,
Das ihm zu feinem Preis fo wohlgefallig war,
Einmüthig war ihr Herz zu einem Dienft verbunden,
Einſtimmig ift ihe Mund zum Lob in Ewigkeit:
Ihr Leben war aus GOTT, das fie in SESU funden,
Ihr Sterben führte fie zu feiner Herrlichkeit.
Ein folcher Haufe lebt? Damals von Chriſti Zeugen,
Als Ehrifti That, und nicht der Name, mar gemein:
Bis daß die Kraft felbft mußt dem Ehriffennamen weichen,
Und Fein recht Chriſtlich Bild faft mehr konnt übrig ſeyn.
Drum, Seele, ſoll in dir der HErr Geſtalt geroinnen,
So bitte, daß fein Geift dir diefes Bild einpräg,
Und feine Klarheit fich vecht fpiegle in den Sinnen,
Die Ehriftus felbft vegiert auf jenen ſchmalen Weg,
Dahin er dich beruft, Wirſt du getroft nachgehen,
Verlaſſen, was du haft, und Ehriftum faffen rein:
So wirft du Finfternig vom Licht gefehieden fehen,
Dir foll nach diefem Bild das Weſen eigen feyn,
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Geneigter
Geneigter Keſer,
aß ſowol die gründliche Einſicht in den Lehrbegrif und Gottes»
dienſt der erften Chriſten, als auch die lebhafte Vorſtellung ihres
heiligen Wandels und goͤtlichen Tugend, dazu in gegenwärs
tiger arnoldifchen Abbildung der erften Chriften ausfürliche
Anleitung ertheilet wird hoͤchſt nüglich ſey, und die richtige
Erfentnig auch heilfame Ubung götlicher Warheiten auf man ⸗
cherley Weiſe befoͤrdere; wird wol nicht leicht von jemand in
Zweifel gezogen, oder mit einiger Warſcheinlichkeit geleugnet werden: iſt auch
zum Theil in der Vorrede zu Arnolds Denckmal des alten Chriſtentums
son mir binlänglich erwieſen worden. Daher ich alhier dieſen Mugen voraus⸗
bbetzen fan,und anjetzo nur die nötbige Behutſamkeit in Unterſuchung und
Anwendung folcyer Befchaffenbeit der erſten Chriften Fürglich abzuhan
deln gedencke, in Hofnung, eswerde dadurchnicht nur die genauere Prüfung und
richtige Beurtheilung , Aondern auch der unfchädliche und nuͤtzliche Gebrauch
des gegenwärtigen Buchs gefördert und erleichtert werden,
Wie die allernüglichiten Sachen in der Welt dem meiften und gefaͤr⸗
lichten Misbrauch untertvorfen find, ja das götlihe Wort felbft davon nicht
ausgenommen werden Fan: fo ifts Fein Wunder, daß durch mancherley Miss
brauch der chriftlichen Altertümer zufaͤlliger Weife Schaden verurfücht wor
den. Welches doc) nicht ohne Unbilligkeit und neuen Misbrauch diefen Wars
heiten felbft zur Laſt geleget wird, auch niemand berechtiget, dieſelben als un⸗
nutz und schädlich zw verwerfen; fondern pielmehe im Gegentheil jederman
4 verpflichtet , deito ——— dabey zu verfaren, und um fo viel ſorg⸗
faͤltiger allen vermeidlichen Schaden und Gefar deffeiben zu verhüten, oder
* behutfam zu. handeln. o | en
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D. Siegm. Jac. Baumgartens Dorrede *
— — — —
Da num aller Schaden bey diefer Sache eweder aus uneichtiger Ta
terfuchung oder übler Anwendung, folglich aus irrigen Vorſtellungen und Be⸗
griffen von den ehriftlichen Altertümern, oder aus ungegründeten und unrich ⸗
‚tigen Solgerungen-derfelben entftehet: fo müffen die Behutfamfeitsregeln vom
gedoppelter Art feyn, und theils die Unterfuchung des alten Chriftentums, ,
theils die Anwendung der gemachten Entderfungen betreffen; auch Die er⸗
ftern vor den legtern beobachtet werden, | — a
mit andern hiftorifchen Nachrichten übereinfommen, daß fie bios auf glaube‘;
wuͤrdigen Zeugniffen beruhen, koͤmts hauptfächlich auf folgende Stüde an.”
Erſtlich mus diefelbe ohne Vorurtheile, aus und. mit einem lehr
begierigen Bemüt geſchehen. Die Unterfuchung hiftorifcher Warheiten er»
fordert eine eben fo genaue Unparteilichkeit, als ein Richter beym Zeugenverhör
und der Beurtheilung ihrer Auflagen nöthig bat. Folglich Hat man fich bey
Forſchung des alten Chriſtentums forgfältig vor zivey Arten gegenfeitiger Bor-
urtheile zu hüten, fo die geroönlichiten aber auch gefarlichiten zu feyn-pfle-
gen. Die erfte Art derfelben beftehet darin, daß man enttocd t einer a 3
dentlichen Anhaͤnglichkeit an den Lehrbegrif und die gottesdienſtliche Verf
fung feiner Kirche, oder im Gegentheil einem. uͤberdruͤßigen Edel und Reue⸗
zungsfucht nachhängt; Die andere aber, daß man entweder in ———
Hochachtung gegen die Kirchenvaͤter und alten Geſchichtſchreiber zu weit gehet,
oder ſich von veraͤchtlicher Geringſchaͤtzung derſelben beherſchen laͤßt. Beide
Gattungen der Abwege hindern unſtreitig die richtige Einſicht der wahren
Geftalt des ehriſtlichen Altertums gar ſehr. Der Augenſchein erweiſet zur
Gnuͤge, wie ſehr die Beſchreibungen des erſten Chriſtentums von einander
abgehen, nach dem verfchiedenen Lehrbegrif und Gottesdienſt der Religions—
paerteh ihrer Verfaſſer; weil ein: jeder daſſelbe ngch dem Bilde und der ihm
vor Augen ſchwebenden Geftalt feiner Kirche abmalt. Nicht nur die Glieder der
engliſchen Kirche finden ihre völlige bifchörliche Kirchen verfaſſung in den erſten
Sapehundertender Chriſtenheit/ ſondern auch die Anhaͤnger der roͤmiſchen
Kirche entwerfen die Lehre und den Gottesdienſt des aͤlteſten Chriſtentums
nach dem Mufter ihrerneuen Kirchenverfaſſung, Die ſie vor einen aͤchten Ab»
druck und unveränderte Fortfegung von jenem halten. Die andere vom
pabftum abgefonderte Gemeinen, bislauf Diejenigen, fo, nach anderer Urtheil
die allertvenigfte Aenlichkeit mit der. erften Ehriftenheit haben, F kaum vor
cheiftliche Gemeinen zu halten ſeyn, als Socinigner und Quacker, machen
nicht weniger Anfpruch auf eine völlige ‚Lbereinfiimmung mit, dem; reineiten
Altertum. Dem Woolſton und Tindal bats nicht an. Verwegenheit ger
fehlt, fich auf diefe Ubereinſtimmung der. erften Chriſten zu, berufen... Und
wie heftig iſt nicht inden neueren Zeiten uͤber dem Lehrbegrif der aͤlteſten Kir⸗
chenvaͤter vor der niceniſchen Kirchenverſamlung von a
| otthei
—
Bey der Behurfamfeitin Unterſuchung dieſer Warheiten, die an
er
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14
my‘
D. Siegin, Jac. Baumgartens Vorrede.
Gottheit Ehrifti geſtritten worden? Wie wiederfprechend fehen nicht die Leh⸗
ven des Altertums, von den götlichen Gnadenwirckungen und Sacramenten,
in dem verfchiedenen Samlungen aus, fo bey den neuern darüber entitandes
nen Streitigfeiten zum Behuf der ftreitenden Parteien ausgefertiget worden?
Und fo ſehr Dergleichen vorgefafte Meinungen die erfte Chriſtenheit veritellen
koͤnnen/ daß fie in arianiſchen, paͤbſtiſchen, wiedertsuferifchen und pro⸗
teſtantiſchen Augen eines jeden Kirche volkommen aͤnlich ausſtehet: eben
fo fehr verbiendet die Neuerungsbegierde und Aenderungsfucht die Augen beym
Anblick des alten Chriſtentums. Es darf einer nur der Kirchenverfaſſung,
darin er ſtehet, müde und uͤberdruͤßig geworden ſeyn, und fidh einen Entwurf
vorzunemender Yenderungen und Kirchenverbefferung gemacht haben: fo wird
er sich bald uͤberreden, ſolche Vorfehläge und Beſſerungswuͤnſche ſeyn ein aͤch⸗
ter Abris des Altertums, durch deſſen Wiederherſtellung allein dem Verfall
der Chriſtenheit abzuheifen ſey; woraus denn nothwendig eine gar unrichtige
Abbildung des alten Ehriftentums entitehen mus. Die unordentliche Hoch⸗
achtung aber und Geringfchägung der Kirchenväter find nicht nur bey der
Beurtheilung und dem Gebrauch, fondern and) felbit bey der Unterſuchung
und richtigen: Einficht der wahren Geftalt des Altertums hoͤchſt hinderlich.
Bedencket man nicht buy Lefung ſolcher alten Schriften forgfältig, daß ihre
gotieiigen Verfaſſer Menſchen geweſen, und von VBorurtheilen , Leichtgläus
bigkeit, Unwiſſenheit und unrichtigen Folgerungen übereilt werden koͤnnen:
fo mus nothwendig die bey alten hiſtoriſchen Nachrichten unentberliche Prür
fung ihrer Erzälungen unterbleiben. Laͤßt man fich aber von unordentlicher
Verachtung derfelben hinreiſſen, fo werden einemale ihre auch noch fo alaub-
wuͤrdige und unverwerfliche Nachrichten verdächtig, Die ungegruͤndeteſten ges
genfeitigen Mutmaſſungen aber warſcheinlicher vorkommen,
Sweitens, müffen Die eigentlichen Quellen dabey gebraucht, folglich
‚alles aus Achten Schriften der erften Jahrhunderte hergenommen und bewie⸗
‚fen werden, So müslich die neuern Abhandlungen diefer Altertuͤmer find,
jederman der Mühe anzuftellender eigenen Samlung fo vieler zerftreuten Nach⸗
richten zu überheben : Fan ihre Auffage doch nie weiter gelten, als diefelbe
durch unverwerfliche Zeugniffe des Altertums felbft beftätiget wird; zu ge>
ſchweigen daß wenn gleich alles, was fie vorbringen, mit noch fo guten Zeug⸗
niſſen belegt, undals wahr und richtig befunden worden, dennoch allezeit der
Zweifel übrig bleibt, ob fie nichts uͤbergangen und ausgelaffen, folglid) einen
mangelhaften Bericht vom erften Chriftentum ertheilen, der aus den Quel:
len ſelbſt in wichtigen und oft gar erheblichen Stüden ergängt werden Fönne.
Es Fomt demnach bey dieſer Unterfuchung weder auf die Menge noch auf
das Anfehen neuerer Schriftiteller an: fondern lediglich und allein auf Zeug
niffe des Altertums, die aber dag wirdlich feyn muͤſſen, wofuͤr fie gehalten und
ausgegeben werden/ folglich weder os untergefhobenen Büchern, m
| Rz 2 richtigen
. ——
D.Biedm. Jac. Baumgartens Vorrede.
richtigen Stellen und verfaͤlſchten Leſearten der aͤchten Schriften —
men werden koͤnnen. Nimt man alle angefürte Namen des Altertums bey
diefen Beweiſen ungeprüft an: fo ift die richtige Unterfuchung folcher Nach⸗
richten unmög!ich; und die Unrichtigfeit um fo viel gefärlicher, je gegründeter
fie zu ſeyn ſcheint. Wer die vielen fo genanten Evangelia, Apoſtelgeſchichten
und Kirchengebete, fo den Apofteln und ihren eriten Gehuͤlfen beygelegt wer⸗
den; die apoftolifchen Verordnungen des roͤmiſchen Clementis und andere
ihm zugefchriebene Gefchichtbücher ; die Schriften Dionyfii Areopagita;
Abdia Babylonii; die Begebenheiten Thecla und Pauli, die vom ro
geſamleten Verordnungen der erſten roͤmiſchen Biſchoͤfe, ja wol gar alle
Martyrergefihichte und Lebensbefchreibungen berimter Perfonen der eriten
Sahrhunderte, vor lauter Achte Denckmale diefer Zeiten anfiehet; oder alle
Schriften, fo unter dem Namen folcher Kirchenväter angefürt werden, von
welchen wir andere unftreitige Buͤcher Haben, ihnen wirklich ohne Unterfchied
beylegt, folglich alles, was Ignatii, Juſtini des Märtyrers, Drigenis, Zips
polpti, Tertulliani, Cyprieni, Athanaſu, Bafıli, Ambrofii, Augu⸗
ſtini u. a. m. Namen fürt, als glaubwürdige Zeugnifle diefer Männer an⸗
nimt: der mug fich nothwendig die Geftalt des Altertums gar anders vorftel-
len, als es in der That befchaffen geweſen. Ja da der Augenfchein zeiget,
daß felbft in den Achteften Schriften der Alten manche erhebliche Berfchieden-
heit der Lefarten oft in gar richtigen Stellen angetroffen wird; fo iſt eine ge⸗
naue und regelmäffige Beurtheilung ihrer Nichtigkeit unentberlich, folglich der
Gebrauch fowol folher Ausgaben, die nach den beften Abfchriften oder ange
ftelter Vergleichung mehrerer derfelben, auch tool mit bemerckter Verſchieden⸗
heit derfelben, eingerichtet worden; als auc aller übrigen Beurtheilungsgrüns
de unverfälfchter. Lefenrten hoͤchſt noͤthig. Noch vielweniger Fan dergleichen
Unterfuchung auf ungeprüfte Uberſetzungen alter Schriften gegründet werden,
Am allerwenigften aber auf bloſſe Mutmaſſungen, wodurch mancher ein Ge-
baͤude der erften Chriſtenheit erdichtet, wie er glaubt daß es hätte befchaffen
feyn muͤſſen, ohne fich um Beweiſe zu hekuͤmmern. RR
Drittens, mus manfich einer richtigen und erweislichen Auslegung
folcher Zeugniffe befleißigen, fonft fönnen aug den ächteften Stellen der un.
verwerflichſten Schriften die unrichtigften Borftellungen des alten Lehrbegrifg
und Gottesdienftes hergeleitet werden. Wie oft reden nicht die Kirchenvaͤ⸗
ter auf uneigentliche Weiſe mit Gleichniffen und finlihen Ausdrüden, auch
"wol mit Redensarten vom ifraelitifihen Gottesdienft hbergenommen, die man
gang wieder ihre Abficht deuten würde, wenn man fiedem Buchftaben nach
verstehen wolte, fonderlich nachdem die myſtiſche und allegorifche Schreib-
art mehr überhand genommen. Wie manche vielbedeutende Worte und Re
densarten Fommen in ihren Schriften vor, da ihre Abficht und die daraus zu
beftimmende jedesmalige Bedeutung der Worte aus dem N
* 14 en,
algemeiner und durchgängiger Lehrſaͤtze o
D. Siegm. Jac. Baumgartens Vorrede.
Reden, und hiſtoriſchen Umſtaͤnden der Verfaſſer, auch ihrem aus andern
Stellen erweislichen Lehrbegrif und Verhalten hergeleitet werden mus. So
gar manche ſogenanten Kunſtworte und mit der Zeit ſymboliſch gewordene For⸗
muln haben nicht jederzeit einerley Bedeutung gehabt. Ja in verſchiedenen
Glaubenslehren haben die Kirchenvaͤter, eher ſich Irtuͤmer darin geaͤuſſert ha⸗
ben und darüber Streitigkeiten entſtanden find, unbeftimt geredet, ohne die
möglichen — und unrichtigen Folgerungen ihrer Redensarten
—— und ſelbſt bey einigen Streitigkeiten in der Hitze des Wieder:
ſpruchs gegen Irtuͤmer, die fie beftritten, fich fo ausgedeudt, daß fie bey nahe
auf der andern Seite zu weit gegangen und den Schein der entgegenftehenden
Irtuͤmer gegeben haben, weldyes bey den fabellianifchen oder nontiani⸗
chen, menichsifchen und en ‚ auch neftorianifchen Strei-
tigfeiten unleugbar iſt. Da nun nicht lei | ht
mäßige Kirchenverfaffung in der Chriftenheit entitanden, deren Vertheidis
ger nicht Stellen der heil. Schrift zu ihrem Behelfsanfüren, und durch Vers
drehung oder Misdeutung zu ihrem Vortheil denten folten: ſo iſt ſolcher Bor
wand der Libereinftimmung des chriftlichen Altertums aus oben angefürten
Urfachen noch weit leichter, und nicht anders zu verhüten dadurch hintergans
gen zu werden, oder fich doch einen nachtheiligen Begrif von den erften Chris
ften zu machen, als dag man den wahren Verſtand folcher Stellen der Kir⸗
henväter genau unterfüche, und alle Auslegungsregeln auch nöthige Huͤlfs⸗
ge —* ſergſaun gebrauche: folglich alles in feinem voͤlligen Zuſammen⸗
hange erwege,
tzeln Schriftſtellern eigene Bedeutungen der Ausdruͤcke und Redensarten
auffuche , die Lebensart, Meinungen, Ubungen und gantzen Lehrbegrif der
Verfaſſer zu Hülfe neme, und alfo den Verftand ihrer Schriften aus ihnen
ſelbſt richtig Herleite.
Diertens, findeintzeler Lehrer — nicht gleich vor Beweiſe
al heß er Ubungen ihrer Zeiten, noch
vielmeniger aber des ganzen chriftlichen Altertums anzufeben. _ Unter
ſcheidet man die Zeiten nicht forgfältig, worin die Verfaffer alter Schriften
gelebt haben ſo iſt nicht nur unzäliger Wiederſpruch ihrer Nachrichten un
vermeidlich ſondern ach, bey der unleugbaren Veränderung mandyer Kirchen»
verfaffungen in der Ehriftenheit durch längere Zeitfolgen, unmöglich die erfte
uralte und aͤchte Geſtalt des urſpruͤnglichen Chriftentums von den nachfolgen«
den gufigen und Veraͤnderungen abzufondern. Wer fidy alfo mit. bloffen ale
ten Namen begnüpt, und ohne Lnterfchied der Zeitfolgen Ignatii und Aus
uſtini, Juſtini des Märtyrers und Johannis Chrpfoftomi, Tertulliani
md Caftani, Socratis und Nicephori, Bere und Dhilaftrüi, Cypria⸗
ni und Bernhardt, Bafılit und Johannis Damafeent, des Eyrilli von Je:
ruſalem und des alerandrinifchen rd oder die a
s 3 illiber i⸗
t leicht ein irriger Lehrbegrif und unrecht⸗
ie gemeinen ſowol als manchen Gegenden, Zeiten, auch ein⸗
—
De Siegm. Jac. Baumgartens Dotrede,
illiberitaniſchen und franckfurtiſchen, niceniſchen und teullifchen, mr
levitaniſchen und orleanifchen Kirchenverſamlungen untereinanderwirft,
ver Fan gar leicht ein Gebaude der Ehriftenheit herausbringen, dergleichen
niemalen in der Welt geweſen. Was manche Kirchenväter unter heidnifcher
Obrigkeit, bey Befudlung der Gerichtſtuͤle und Kriegsftandes mit Abgötterey,
gegen Kriegsdienite und Rechtshandel geuerheilt haben, kan auf die folgende
Zeiten, wo diefe Furcht einer Theilnemung des Gögendienftes im Soldaten»
ftande und bey obrigfeitlichen Aemtern, aud) Gerichtshändeln, weggefallen,
nicht ohne die gröfte Lnbifligkeit gedeutet werden. Verſchiedene goftesdienft-
liche Verfaffungen und Gebräuche, fo die gewaltthätige Berfolgungen erfor:
dert haben, find nachher fo unmöglich worden, als fie anfangs nothwendig
gewefen. Ehe das Einfiedlerleben und der Moͤnchsſtand in der Ehriftenheit
“auffommen , hats um die Urtheile von firengerer bung der. Tugend und
Gorfeligfeit , Berleugnung der Welt, Kreutzigung des Fleifches und andern
Stücken des tätigen Cheittentumg, ziemlich anders ausgefehen, als nachher,
da ſich die Übungen und Begriffe diefer Warheiten gar mercklich geändert,
Sa, nicht nur zu verfchiedenen, fondern in einer und eben derfelben Zeit, find
die Meinungen und Gewonheiten eingeler Perfonen und verfchiedener Gegen
den oft fo unleugbar und fehr von einander abgegangen, daß man nothwen⸗
dig in vielen Fallen gar fehr ivren würde, wenn man ſolchen Unterſchied nicht
beobachten wolte. Die vormalige Lebensart, getriebene Wiffenfchaften, ein⸗
gefogene Lehrfüge mancher Kirchenväter ehe fie zum Chriftentum getreten,
ihre Lebensart und Stand in der hriftlichen Gefelfihaft, die Landesart und
bürgerliche Befchaffenheit ihrer Orten und Zeiten wo fie gelebt, und derglei⸗
chen mehr, haben einen fehr ftarden Einflus in ihre Gervonheiten, Meinun-
gen und Schreibart gehabt. Mancher alte Lehrer hat feine Schriften mit
Redensarten der Nechtsgelerten angefuͤllt, ein andrer viel Rednerkuͤnſte ange
bracht; einer hat Die Lehrfäge der fkoifchen , der andere der- Iatonifchen
Weltweisheit in feine Schriften einfliffen laſſen. Was die Einfledler und
Altväter der Wirfteneien von ihren Ubungen der Gotfeligfeit melden, find
weder algemeine Borfihriften noch durchgängige Geiwonheiten der gefamten
Chriſtenheit geweſen. Die verfchiedene Gemütsfaffung der Voͤlcker leuchtet
aus den Schriften der Kirchenväter nicht undentlic hervor, dader griechi⸗
ſchen, africanifchen , fprifchen , gallifchen und römifchen Schriftfteller
ftrengere und gelindere, rauhere und zärtere Urtheile und Ubungen ſehr von
‚einander abgeben. Was eines theils gottesdienſtliche Perſonen, ja unter
denfelben entweder Bifchöfe oder Prieſter und Kirchendiener, andern theils
aber gemeine Chriften oder Laien und Muͤnche von Rirchenverfaffungen ge⸗
fehrieben und geurtheilt haben , lautet in manchen Stüden gar verſchieden.
Tertulliani und Bieronymi Urtheile von dem Unterfchied der gottesdienfthis«
chen Perfonen iſt nicht gang einerley mit Eypriani, Auguſtin⸗ Gregon
— n
—
F 9
*
niſe
— D. Siegm. Jac. Baumgartens Vorrede
und anderer Biſchoͤfe Meinungen. Noch unleugbarer aber iſt die Berſchie
denheit der Kirchengebraͤuche in verſchiedenen Gegenden und Ländern gerve-
fen, daß man oft den unumſtoͤslichſten Zeugniſſen des Altertums wiederfore-
chen muͤſte, ven man um. einer. und andern noch fo unverwerflihen Nache
richt willen von gewiſſen Gebräuche, diefelbe als algemein und durchgängig
aller —— efuͤrt annemen wolte, indem ſie gar Ban von. den Gemons
eiten und Beifaflungen befonderer Gegenden handeln. Die befante Streis
igkeiten von der Ofterfeier und Keßertaufe find deutliche Proben davon,
id) kan man die Verordnungen der Kitchenverfamlungen einzeler Lander
nie als Beweife algemeiner Gebräuche der gantzen Chriftenheit gebrauchen,
noch weniger aber dergleichen mit den Schriften einzeler Lehrer thun. Was
auf den, illiberitaniſchen, carthaginenfifchen, laodiceiſchen/ antiocher
hen und dergleichen Synoden beſchloſſen worden, iſt um deswillen nicht
in andern Ländern ublich geivefen, Eben jo erweiſen die Nachrichten Augu-
fin, Sera, Daulini, Jo — —— u. a. m. eigentlich
nur was ihres Orts eingefuͤrt geweſen und das in den ſtern Zeiten immer mehr
als in den Altern, wo Die. Einfalt und Wenigfeit gottesdienftlicher Verord⸗
mungen cs gef bereinſtimmung möglich gemacht, als nachher bey vau⸗
fung ‚derfelben ſtatt finden koͤngen. —*
1. Sünfteng, hat man der Birchenvaͤter Urtheile, Meinungen, Ermas
nungen, Borfihriften, Wuͤnſche und Lehrfäge nicht mat eigentlichen Nach⸗
sichten und Grzälungen zu verwechſein. Oft berichten fie , vile es ihrer
Einfiht nad um die Chriſten fichen folte,. wie diefe,und jene Verfaffung der
Kirchen beſchaffen feyn folte, ohne daß Daraus folge, es habe zu ihrer Zeit
uͤberal und bey jederman, oder aud) nur allezeit groͤſtentheils wird lich ſo aus⸗
eisben. Mancher beihreibt feinen, Bnofticum , Weifen , Erleuchteten,
8 ommenen und Chriſten, oder ſeinen Biſchof, Lehrer und Einfiedler,
wie er von Reehts wegen ſeyn ſolte, und thut ſolches mir. Erzälungsformeln:
Ehriften ſind fo. und ſo geartet, Biſchoͤfe thun dis und jenes, Münche verhal⸗
ten ſich auf dieſe und jene Art; woraus man wol billig ſchlieſſen Fan, daf zu
derjelben Zeit nicht, nur einige dergleichen Begrif und Einficht gehabt, fon,
dern auch manche, ja wol ziemlid) viele. denſelben zur Ubung gebracht: fei⸗
nesweges Abt DDR alle Glieder der Chriſtenheit, ‚oder auch nur der aröfte
Theil derjeiben, ale Bischöfe und Lehter an allen Orten direchgangig foldyem
Bilde gang anlich geweſen. Die Kirchengefchichte, Die Klagen, Beftrafun
u und Warnungen anderer Lehrer eben, derfeiben Zeiten , ja. wol eben
ih r Sihriftiteller in andern Büchern, erweifen zu fe tdas Gegentheil. Und
— es manche behy ihren Abbildungen der erſten Chriftinheit.in die
fem Stuͤck gar fehr , Inden fie die Beſchreibung der Reinigkeit und. Unſuͤnd⸗
ichkeit nicht nur ihrer Verfaſſungen, ſondern auch Glieder oft üdertweiben, und
sog Br auf
| D. Siegm Jac. Baumgartens Vorrede. Be
auf bioſſen Zeugniffen diefer Art gründen, die zu dergleichen Hiftorifchen Be
weis doch untauglic) find, und andern en Bemweifen wiederfprechen.
Sechſtens, mus man [ich der möglichjten Dolftandigkeie dieſer Ab»
bildung der erften Chriftenheit befleißigen: folglich) fie nicht nur auf einer
Seite allein anfehen,, fondern von allen Seiten und gang in Erwegung zier
ben, ohne etwas zu überfehen oder — zu übergehen, was zur richtigen
Beurtheilung und Anwendung folher Muſter dienlich, ja unentberfichift. E3
Fan einigen Nugen haben, daß zuweilen Die Geftalt des chriftlichen Altertums
blos auf der ſchoͤnen Seite in ihrem lieblichen und reigenden Anfehen voraefte?
let, oder gar nur eine und andere Tugend der erften Ehriften, und gewiſſe br
fondere Theile ihrer Kirchenverfaffung abgehandelt werden, Wiefolhe Vor ⸗
ftellung aber noch Feine völlige Abbildung der erften Chriftenheit feyn wurde)
als wozu nothwendig erfordert wird, daß der gange Umfang aller von dem
riftlichen Altertum erweislichen Stuͤcke und Umftände voritellig gemacht,
folglich die unvermeidlichen Einfehrändungen und unleugbare Mängel, fon
derlic) die aus zufälligen Misbrauch übertriebener und anfaͤnglich —5368
ner Ubungen entſtanden, nicht verſchwiegen werden: ſo erweckt dergleichen
einſeitige Beſchreibung nicht nur den Verdacht der Parteilichkeit fondern
. hindert audy gan unftreitig den vortheilhaften Gebrauch ſolcher Borftellun,
gen, fonderlich bey anzuftellenden Verfuchen der Nachamung, überaus fehr.
Alle Anftalten und Verfaſſungen menfchlicher Geſellſchaften füren ihre Un⸗
beguemlichfeit mit ſich: die beiten Einrichtungen und Ubungen nicht nur eine
geſchraͤnckter, fondern auch findhafter Gefchöpfe, Fönnen gar leicht ihre Guͤ⸗
te und Rechtmäßigkeit verlieren, mann die gehörigen Schranden überfchrit-
ten, und der Sache zu viel oder zu wenig gethan wird. Selbit alle Tugenden
koͤnnen zufälliger Weile Quellen, wenigftens Beranlaffungen, unrechtmäßiger
Handlungen werden, wann der der vermeinten Abwartung ein und anderer
Pflicht die übrigen, oder doch einige, wo nicht höhere und wichtigere, doc)
eben fo nothwendige Obliegenheiten unterbleiben und übertreten werden. Wo⸗
von die chriftlichen Altertiimer manche unleugbare Srempel enthalten. Was
hat nicht der gotfelige Eifer in Handhabung ftrenger Kirchenzucht vor gewal⸗
tige Abwechfelungen diefer Art erfaren muͤſſen? Hat man unordentlicher Ge:
lindigfeit zu gewiſſen Zeiten begegnen, der ungezämten Freiheit des Volcks
bey Wiederaufnam gefalner Sünder Einhalt thun, undgroben Aergerniffen
durch Seftfegung gewiſſer verfchiedener Jahre der Kirchenbuffe bey verſchie⸗
denen Verbrechen fteuren wollen: fo ift daraus gar bald viel Herſchſucht got⸗
tesdienftlicher Perfonen, fonderlich der Biſchoͤfe, gaͤntzliche Ausſchlieſſung
der Gemeinen von Verwaltung der Kirchenzucht , Rothwendigkeit häufiger
Ausnamen und Ablaffe, mancher Irtum von gnugthuender Büffung vorge»
gangener Sünden, und endlich groffer Gewiſſenszwang entforungen. Die
gaͤntzliche Abfchaffung der Liebesmale und gemeinſchaftlichen Mahlzeiten je
D. Siegm, Jac. Baumgartens Vorrede.
x Gemeinen, ja alles Genuſſes von Speiſen in den Verſamlungen, wie auch
Dee nächtlichen fammenkünfte, fozu manchen Feilzeiten und an Gedächt-
nistagen der Märtyrer ziemlich lang an verſchiedenen Orten üblich) geweſen;
nebft den billigen Urſachen ſolcher Aenderung, beweifen zur Gnuͤge dieſe Unvols
Eommenheit der beſten Anſtalten. Und dergleichen Falle Eönten aus den Ger
fehichten des Einſiedlerlebens, Möndyftandes , Derwaltung der Almo-
fengelder und Kirchenguͤter, Gerichtbarfeit der Kirchenverfamlungen , und
andern anfangs unfihuldigen ja heilfamen Verfaſſungen, gar leicht in groffer
Anzal angefürt werden. Sol demnach. diefe Unterfuchung der chriftlichen
Altertümer den algemeinen Mugen der Hiftorie gewaͤren, daß man durch an⸗
derer Schaden Elug werde ; follen ungegründete Vorfiellungen menfchlicher
Gefelfihaften auseiner andern Welt, Einbildungen unmöglicher Dinge, ver
gebliche Wuͤnſche und Verſuche, Verſchlimmerungen mancher Lbel, oder An⸗
richtungen gröffern Unheils, aus guter Abficht gegenwaͤrtiger Noth abzuhel-
fen,verhütet werden: fo ift unumgänglich nöthig, daB man fichben dem Be⸗
— erſten Chriſtenheit auch ihre gehabten Unbequemlichkeiten, Maͤngel und
efar der Misbraͤuche mit vorſtelle, und die dagegen gebrauchte Mittel nebſt
ihrem Erfolg und Wirckung in Erwegung ziehe: und zwar nicht nur bey den
Verfaſſungen der gottesdienſtlichen Geſelſchaft, ſondern auch den Ausſpruͤ-
chen und Ubungen der Tugend einzeler Menſchen; indem ſonſt freiwillige
Ubungen und pflichtmaͤßige Handlungen in auſſerordentlichen Faͤllen noth⸗
wendig gemisbraucht werden, wenn man, aus Ubergehung der daraus oft un⸗
vermeidlichen Ubertretung anderer Pflichten, dieſelben in algemeine Vorſchrif⸗
ten verwandeln wolte.
Siebentens, muͤſſen die Quellen und Veranlaſſungen ſowol der
alten Gebraͤuche, Ubungen und Verfaſſungen, als auch der Meinungen und
Lehrſaͤtze der erſten Chriſten, aufs moͤglichſte unterſucht werden. Fe mehr
man die vierte Regel beobachtet, und die Zeiten des Urſprungs alter Gebraͤuche
und Meinungen unterfcheidet, je leichter wird dieſe Entdeckung der jedesmaligen
Veranlaſſungen derſelben werden. Da unſtreitig vieles bey den Verfaſſungen der
allererſten Chriſten, von der Apoſtel Zeiten an, theils aus haͤuslichen und buͤrger⸗
lichen Verfaſſungen fo wol der einfachen Geſelſchaften des Haueſtandes, als ge⸗
meinen Weſens ihrer Zeiten; theils aus dem iſraelitiſchen Gottesdienſt und Kir—⸗
chenverfaſſung; theils aus der Noth und den Drangſalen oͤffentlicher Verfolgun⸗
gen entſtanden; nachher das Andencken manches wilkuͤrlichen Verhaltens ange⸗
ſehener Lehrer der vorigen Zeiten, die gegenwaͤrtige Noth einreiſſenden Un⸗
ordnungen und Irtuͤmern zu begegnen, und ſowol die Herablaſſung gegen Wie⸗
derſacher und Neubekehrte, als auch der Erngkgegen hartnaͤckige Gegner, inglei⸗
chen das Bemuͤhen, den Unterricht und dieErfinerung mancher Warheiten durch
aͤuſſere Handlungen und Gebraͤuche zu befoͤrdern, verſchiedene Ubungen, Ge⸗
wonheiten und Verfaſſungen verurſacht; * auch die ae
e un
Diem, Jac. Baumgartens Dortede
und verfchiedene Einfichtendes Lehrbegrifs, fonderlich nach entftandenen Strew _
tigfeiten, indie Einrichtungder Uhungen umd des Gottesdienftes, und diefe wie⸗
der, bey ihren Abwechſelungen, in den Zehrbegrif einen unleugbaren Einflus ge⸗
habthaben: ſo wird die richtige Beurtheilung und der heilfame Gebrauch) un:
ftreitig defto leichter, je mehr man folder Beranlaffungen Fundigift, und den Ur⸗
fprung, die Abfichten, folglich auch den eigentlichen Werth aller dabey vorkom⸗
_ menden Dinge aus dem Grunde einfiehet, Es wird dadurch der Unterſchied
-
wejentlicher Stuͤcke des Chriftentums von Nebendingen beffer erfant, und mans
che algemeineWarheit beftätiget, davon man fonft das Gegentheil aus den ehriſt⸗
lichen diltertuͤmern ſchlieſſen möchte, und fonderlich Die Borurtheile von abergläus
biger Anhänglichfeit und Nachamungsfucht aufs thätigfte wiederlegt. Doch
mus bey diefem Stüde ungegründete Muthmaffung verhütet werden, dazu ſonſt
der Mangel hinlänglicher und erweislicher Nadrichten diefer Art, auchdie
—— zufaͤllige Aenlichkeit oft gantz verſchiedener Dingen gar leicht An⸗
‚las geben kan. f | Ar
i Achtens, muͤſſen ſowol die verſchiedene Stuffen der Gewissheit,
als auch die Unvollkommenheit diefer gangen Abbildung der erften Ehriften-
heit, erkant und beobachtet werden. Wertiezweite, dritte und vierte oben
angefürte Regeln erweget, wird an der Nichtigkeit und Rothwendigkeit dieſer
testen nicht zweifeln. Die natuͤrlichen Urſachen find gar begreiflich woher es
Fomme, daß wir bey manchen Stuͤcken des ehriſtlichen Altertums uͤber Unwiſ⸗
fenheit oder Ungewisheit klagen müffen. Und GOttes Weisheit iſt davon nicht
auszufchlieffen, die mit gutem Bedacht manche Begebenheiten und Umſtaͤnde der
erften Chriſtenheit und ihrer edelſten Lehrer in Vergeſſenheit kommen laſſen oder
doch in groſſe Dunckelheit und Ungewis heit eingehuͤllet, und nur die nothwen⸗
digſten Überbleibfel von Nachrichten auf unſere Zeiten kommen laſſen. Hat die
görliche Vorſehung dergleichen bey den Thaten unſers Heilandes noͤthig gefunden,
das menſchliche Geſchlecht, ſo nicht alles wuͤrde haben begreifen und tragen koͤn⸗
nen mitdachrichten nicht zu uͤberhaͤufen, Joh. 21,25: fo iſt ſolches bey dieſen nach⸗
folgenden Zeiten noch noͤthiger geweſen. Es gereicht alſo bey Unter ſuchung die
fer Altertuͤner niemanden zur Schande, ſondern zum wahren Ruhm, und iſt als
ein pflichtmäßiges Verhalten gegen hiſtoriſche Warheiten anzufehen , wenn
man davon nicht mehr zu wiſſen vorgiebt, als gewuſt und bewieſen werden Fan,
Warfiheinlichkeit nicht mit Gewisheit verwechſelt, und auch die Stuffen der
Warſcheinlichkeit aller Orten beobachtet, ja lieber zuweilen feine gansliche Unwiſ⸗
fenbeit gefteht, alt auf umächte erdichtete Nachrichten umd eingebitdete Muth.
maffungen etivag bauet. Das Gebäude des alten Ehriftentums wird auf die
Art freilich Eleiner, aber auch Ki 4 ‚ dauerhafter amd brauchbaren,
Auf dieſe angefürten Stufe wird ſich leicht alles uͤhrige zuſammen iehen
oder daraus herleiten laſſen, was die Behutſamkeit bey Unterſuchung der er,
sten Chriſtenheit ſonſt noch erfordern moͤchte. Weil aber die richtigſten he |
richten
och gemisbraucht werden koͤnnen: ſo iſt bey der Anwendung derſelben
nicht weniger Behutſamkeit noͤthig. Das vornehmſte derſelben wird in folgen⸗
den Regeln zuſammengefaſſet werden Fönnen,
Einmal: prüfe alles nach GOttes Wort, damit aus den Schrif-
ten der Kirchenvater nicht unvermerckt ein Entfcheidungs und Beſtim—
mungsgrund goͤtlicher Warheiten werde, zum Rachtheil der nähern Offenbarung
GSctes in der Schrift. Dis Vorrecht haben allein die Ausſpruͤche des warhaf⸗
ten und untrieglichen GOttes, daß fie keiner weitern Prüfung bedürfen, als der his
ſtoriſchen Richtigkeit und rechtmaͤßigen Auslegung. Es wuͤrde demnach eine
unleugbare Verlegung, ja thaͤtige Verleugnung dieſes Vorzugs der heiligen
Schrift ſeyn, und ſo wol dem darin gemeldeten Verhalten Chriftiund der Maͤn⸗
ner GOttes, als auch den ausdruͤcklichen goͤtlichen Verordnungen, ja ſelbſt dem
Muſter der erſten Chriſtenheit und ihrer anſehnlichſten Lehrer, zuwiederlaufen,
wenn man menſchliche Ausſpruͤche und Handlungen ungepruͤft annemen, oder
auch nur, als einen Auslegungsgrund der heiligen Schrift, derfelben an die Seite
ſetzen wolte. Muͤſſen doch ſo gar die in der Schrift erzaͤlte menſchliche Reden und
—— frommer und gotſeliger Perſonen nicht weniger als boͤſer und gotlo-
er Leute geprüft und beurtheilet werden: indem die goͤtliche Unfehlbarkeit nur
folchen Ausfprüchen und Handlungen der Männer GOttes zufomt, die aus ei⸗
nem eriveislichen Eingeben des Geiftes GOttes hergefloſſen, obgleich die Auf-
zeichnung und hiftorifche Nachricht aller in der Schrift vorfommenden Reden
und Begebenheiten von untrieglicher Gewisheit und hoͤchſter Glaubwürdigkeit
it. Sind nun fo gar Siobs und feiner Freunde, Davids, Salomons , jader
Apoftelinden Evangeliften erzälte Reden und Shatennöthiger Prüfung un
terworfen: fomusbeyden Ausſpruͤchen und Handiungen der goffeligen Altvaͤ⸗
ter noch weit unleugbarer noͤthig ſeyn, dab Pauli Vorſchrift beobachtet werde;
ruͤfet aber alles, und das Gute behaltet, Theſſ. 5, 21. Es iſt alſo beym Ge
rauch chriftlicher Altertuͤmer nicht hinlaͤnglich, daß man ihre hiſtoriſche Rich»
tigkeit und den eigentlichen Verſtand der davon anzutreffenden Zeugniſſe prüfe,
als welches zur vorlaͤufigen Unterſuchung gehoͤrt; ſondern auſſer dem erfordert
die richtige, unſchaͤdliche, und heilſame Anwendung derſelben noch zweier—
(ey x daß theils der Inhalt felbit, oder die Nichtigfeit der darin vorkom—
mendenLehrſaͤtze, und die Rechtmäßigkeit des Verhaltens gepruͤfet werde, theils
aber folche Prüfung nicht. nach der Ubereinſtimmung einiger Ausſpruͤche und
Handlungen mit andern Meinungen und Thatenderübrigen Altväter, oder gar
. mitnenern Ubungen und eigenem Gutduͤncken, fondern mit GOttes untriegli-
chem Wort, alsder einigen Regel aller chriſtlichen Glaubenslehren und Lebens,
pflichten, angeftellet werde. » er
zZweitens: unterfcheide bey diefer Benetheilung forafältig die Entfchuls
digung und Rechtfertigung der Alten von der Verbindlichkeit zur Nach⸗
folge, mit Bermeidung ſowol aller ae Anhaͤnglichkeit, als Ki
MI e) 2 Tadelß
nd Sem, Jac. Baumgsrtens Vorıde —
Tadelfucht, Mandy Meinungenund Handlungen des Altertumsfönnen an
fich irrig und unrechtmaͤßig ſeyn, muͤſſen alfo auch, wenn alle Billigkeit der hiſtori⸗
ſchen Unterſuchung und richtigen Auslegung beobachtet worden nicht gerecht⸗
fertiget und gebilliget, ſondern verworfen worden: fo lange ſolches aber ohne
nachtheilige Beurtheilung der Perſonen geſchehen, und erwieſen werden Fan, daß
ſie die Folgen ihrer Meinungen und Handlungen nicht eingeſehen haben , ja mol
gar der eigentlichen Beurtheifungsgründe unfundig geweſen, Fan und muß folch
Verwerfung der Meinungen und Handlungen mit möglichiter Entſchuldigung
der Perfonen geſchehen. Unwiſſenheit, Ubereilung, Borurtheile, Leidenfchaften,
undandere Mängel der Menſchlichkeit, dabey es unftreitig verſchie dene Stuffen
der gröffern und geringern Vermeidlichkeit giebt, haben bey den redlichiten Leuten
manche gutgemeinte Irrungen und Dergehungen verurfachenEönnen, Wie es
nun eine ſtrafbare Liebloſigkeit ſeyn wuͤrde, um folcher Sehler willen tadelſuͤchti⸗
ger Weiſe uͤber Leute herzufaren, deren uͤbrige gute Beſchaffenheit und Verdien⸗
ſte entweder unleugbar ſind, oder doch nad) der Liebe, bey Ermanglung hinlaͤng⸗
lichſter Beweife des Gegentheils, gemutmaffet werden fönnen : ſo wuͤrde die dem
ehriftlichen Altertum ſchuldige Ehrerbietigfeit zu hoch getrieben werden, wenn
man Lehrfäge und Übungen blos um der Perfonen willen, die fie behauptet und
vorgenommen, genehmhalten wolte. Beide Arten dieferDergehungen aber find
noch mehr zu beforgen in folchen Faͤllen, wo die chriftlichen Altvaͤter nicht nur ent
ſchuldiget, fondern auch gerechtfertiget werden muͤſſen, ohne ihren Ausfprüchen
und Verhalten völlig benzutreten. Wie oftbeziehen fich nicht die Ausſpruͤche und
Handlungen der Alten auf gewiſſe Umſtaͤnde und Verfaſſungen ihrer Zeiten,
oder find in folchen Dingen, todie nähere Offenbarung GOttes in der Schrift un⸗
beftimt gelaffen, alsein rechtmäßiger Gebrauch ehrijtlicher Freiheit, oder auch
wol bey aufferordentlichenBorfalienbeiten als erlaubte Ausnamen von manchen
Vorſchriften anzuſehen: die um deswillen nicht als algemeine Regeln anzunemen
find, fonderlich wenn die Verſchiedenheit der Umſtaͤnde unlengbar iſt. Es mus
demnach bey dieſer Beurtheilung ſowol das erlaubte vom nothwendigen ſorgfaͤl⸗
tig unterſchieden, als auch was in befondern Fällen erlaubt und nothwendig mit
dem, was von algemeiner Rechtmaͤßigkeit und Verbindlichkeit ift, nicht verwech⸗
felt werden. So wenig man alle wiederſinnig ſcheinende und hartlautende Aus⸗
forische; heldenmaͤßige Unternehmungen und auſſerordentliche Thaten nad) ges
meinen Regeln beurtheilen kan; ſonderlich da uns die Umſtaͤnde, worin der⸗
gleichen Perfonen geftanden, die goͤtliche Fuͤrungen derſelben, und ihre Uberzeu⸗
gungen vom Willen Gottes felten völlig befant find ; fo toenig duͤrfen wir mit
unbefonnener Nachamungsfrcht aufdergleichen Verhalten fallen, wodurch fonft -
die beiligften Handlurflen fündlich gemisbraucht werden Fönnen. Wenn zweier⸗
ley Berfonen von verfehiedener innern und äuffern Befchaffenheit einerley re⸗
den und thum, ift folches darum nicht gleich einerley. Die Mittelſtraſſe iſt da⸗
bey zwar ſo gar leicht nicht, aber doch unentberlich, um ſich weder zum —
uͤber
D. Siegm, Jac. Beumgartens Dorrede.
über Derfonen, die vor ihrem Herrn beftanden, unbefugter Weiſe aufzumerfen,
noch auch, aus vorgegebener Hochachtung ehrwuͤrdiger Erempel des Altertums,
andere GOtt woleben fo unftreitigund nahe angehörige Leute von verfchiedener
Einficht un ng zu verurtheilen, |
| Drittens: beurtheileweder gantzegottesdienftliche Parteien undXur-
chenverfaffungen, noch auch eingele Derfonen, blos nach, ihrer aͤuſſern
Hbereinftimmung mit dem chriſtlichen Altertum, Nicht nur in Lehrſatzen,
fondern auch in auſſern Verfaſſungen und Ubungen des Gottesdienftes, würde
olches mislich, gefarlih und unrichtig ſeyn. Es kan eine Kirche nicht nur mehr
rmuln des Altertums, fondern auch mehr indie Augen fallende alte Gebraͤu⸗
ebeym Gottesdienft und der Kirchenzucht haben als eine andere, die doch wol
der Lehre und weſentlichſten Verfaffung nach der erften Ehriftenheitnäher Fomt.
Es Fan hie und da viel vom Schatten und der Schale des Altertums ohne Körs
perumd Kern angetroffen werden. Manche Gefelfchaften forwol als eingele Pers
fonenfönnen beyeinem groffen Schein wralter Ubungen von dem Geiſt, Sin
und Kraft des chriftlichen Altertums himmelweit entfernet feyn, und unter fol-
chem Vorwand viel Aberglauben,, felbiterwälten Gottesdienſt, Sonderlichkeit
und Hochmuth verbergen. Man wuͤrde ſich alfo fehr irren und in manche Ge⸗
far ftürgen, auch nicht nur an goffeligen Leuten, denen bey einem oft höheren
Gradder ächten Ubereinſtimmung mit der eritenChriftenheitdennoch diefegorm
fehlet, fondern fo gar an goͤtlichen Warheiten felbft, und der waren Lauterkeit des
uralten Ehriftentums verfündigen; wenn man fich durch diefen Schimmer wolte
bienden laſſen, und bey folder Auffern Geftalt ſtehen bleiben. Welches bey ſei⸗
nereigenenumd anderer Benrtheilung forafaltig zu vermeiden ift.
Viertens;: noch weniger helte dich blos um deswillen berechtiget,
oder wol gar verpflichtet zur Abfonderung vom öffentlichen Bottesdienft und
heutigen Kirchenverfaffung,oder unordentlichenMeuerungsverfuchen. Welchen
Anftos der Misbrauch diefer Abbildung der erften Chriſten bey manchen guten
Gemütern verurfachet hat: ob gleich nichts in der Welt leicht dem Sin und Ber
faren des chriftlichen Altertums unänlicher feyn Fan; da man die Erhaltung
des Kirchenfriedens und der Einigfeit der Kirche fo hoch getrieben, als nur
möglich geweſen, und gegen alle Zerruͤttungen und qutgemeinteTrennungen, um
Be Klagen willen über manchen Verfall ihrer Orten und Zeiten, gar ernft-
ich geeifert, Gar feinen öffentlichen Gottesdienft haben undaller Gemeinfchaft
defjelben ermangeln, ift wol unſtreitig ein gröffer Ubel, als in einer mangelhaften
Verfaſſung defielben ftehen, aud) mit unvermeidlichem Schaden der eigenen
Gotfeligfeit, und noch gröfferer VBerfündigung gegen menfchliche Gefelfchaften
verknuͤpft. Die Mängel aber infonderheit, fo aus dem Unterfchied neuerer Kit»
henverfaffungen vondem Altertum hergenoimmen twerden, find aar haufig un.
gegründet, und beruhen entiveder auf mangelhaften und irrigen Vorſtellungen
der erften Ehriftenheit, oder auf übereiltem Berlangen unmöglicher Dinge: nie⸗
mals aber fo erheblich, daß fie Br a le und Zerrüttung rechtfer-
)3 tigen
— — —
D Siegm. Jac. Baumgartens Vorred.
digen der auchnurentfchuldigen fönten.. Dieerfte Shriftenheit musmandhem
zum fheinbaren Vorwand und Ausflucht feiner Unternemungendienen, dee. bey
ungeanderter Tadelfucht, Eigenfin und Dochmuth, unter den erſten Cheiften und.
ihrer Kirchenzucht noch weit unmöglicher wuͤrde haben aushalten koͤnnen oder ge⸗
duldet werden. Und wie viel unleugbare Neuerungen werden nicht faͤlſchlich
vor Wiederherſtellungen des Altertums ausgegehen, deren mancher noch weit
eher uͤberdruͤßig werden folte, wenn fie nur erſt fo alt geworden, als Diejenigen
Verfa ſungen ſind, die er beſturmt, oder die Erfarung ihre unvermeidliche Linz
bequemlichkeiten entdeckt haben folte, | —
Fuͤnftens: ſey beym Anblick der erſten Chriſten weder kaltſinnig und
unempfindlich, noch auch kleinmuͤtig, und las dich Dadurch weder zur Beſchoͤni⸗
gung und Rechtfertigung unleugbarer Berfündigungen, noch auch zum Murren
un? Mistranengegen GOtt verleiten. Beide Abwege find gefaͤrlich und hoͤchſt
firafbar. Das achte Bild der erſtenChriſtenheit fieht freilich jo aus und der An⸗
blick deſſelben fuͤrt allerdings fo viel Gelegenheit und Verbindlichkeit zur Selbſt⸗
prüfung, heiligen Beſchaͤmung, demuͤthigen Abbitte, undeifrigen Ermunte⸗
rung mit ſich, daß ein Menfch, der dadurch nicht geruͤrt und in dergleichen Bewe⸗
gung gebracht wird, nothwendig entweder an einem Ort nicht recht fehen, und
fich die alte oder heutige Chriſtenheit anders vorjtellen mus, als fie wircklich bes
Schaffen ift, oder feine Wohlfart und Pflicht wenig bedenden. - Wir haben ei»
nerley GOtt und HErrn, einerley Vorſchrift und Verheiſſung, auch einerley
Gnadenmittel mit den erſten Chriſten, und werden einmal mit ihnen vor einem
Richterſtul dargeſtellet, und nach einer und eben derſelben Regel mit ihnen beur⸗
theilet werden. Was wir alfe an ihnen gewar werden, das Ehrifto, unſerm vol⸗
kommenen Mufter,änlicher und gleichförmiger, auch der einigen Regel götlicher
Offenbarung gemäffer ift, als an ung, dergleichen fich beygenauer und unparteii⸗
{cher Vergleichung gewis gar viel finden wird, mus billig jederman, der Chriſto
inder Warbeit angehört, zum heiligen Nacheifern, und glaubigenDertrauen auf
den unveränderlichen Gtt erwecken. Dieerblidten Mängel aber ſowol, als
der nach und nach eingeriffene Verfal der erſten Chriftenheit, müffen zur War⸗
nungund Vorfichtigkeitdienen. Was imgroffen und gangen bey der gefamten
EShriftenheitmöglid) gewefen, Fan im Fleinen bey eingeln Berfonen noch leichter
geſchehen, und gefchieht leider nur gar zu häufig. Es wuͤrde alfo hoͤchſt unver
antwortlichfeyn, wenn man mit den chriftlichen Altertuͤmern nicht-anders ala
mit den altenegpptifchen, perfifchen, griechifchen und roͤmiſchen Geſchichten
umgehen wolte, oder hoͤchſtens bey einer Bewunderung derfelben ftehenbleiben,
ohne an weitere Zueignung auf ſich ſelbſt zu dencken; oder wol gar fich blos bey
eingebildeten oder wahren Flecken und Fehlern derſelhen aufhalten dieſelben vers
‚geöffern,und daraus Entſchuldi gungs undRechtfertigungsgeimde feiner Pflicht
wergeffenheithernemen, Iſt diefe Entkräftung dee nachdruͤcklichen Wirkung
des Erempelserfter Chriften gleich nicht Die Abſicht der mühfamen BL
| 6 und
is
ER u TPan; EB, —
——
Diem Jac. Baumgartens Vorrede.
und ſtrengen Beurtheilung aller ihrer Fehler: ſo iſts doch ſchr haufig eine gar be⸗
greifliche Folge davon. Auf der andern Seiten aber fehlts nicht an Menſchen,
die durch den Anbtid der erſten Zeitender Chriſtenheit, an ſtak des billigen Mi
vergnuͤgens mit ſich ſelbſt und Vertrauens auf GOtt, zum Murren und Mis⸗
gegen denſelben aufgebracht werden. Wie mancher bildet ſich feſt ein,
uͤherredet wol andere davon, daß der beſte und eifrigſte Chriſt unſerer Zeiten
:Gotfeligfeit der erſten Zeiten nimmermehr gleich thue. Welch Vorurtheil
nicht nur den Eifer der Gotſeligkeit niederſchlaͤgt und muthlos macht, ſondern
auch der Ehre GOttes hoͤchſt verkleinerlich iſt ja Misbergnuͤgen und Murren ges
a veranlaffet, daß er ung nicht in dieſelbe gluͤckſelige Zeiten gefegt,oder
fern Tagen die Stuffen der Bereinigung mit fid) verfagt habe, die vormals
möglich geweſen. In der Auffern Haushaltung der gefamten Kirche GOttes,
und Austheilung dev aufferordentlichen Geiſteskraͤfte in derfelben, find die Ab⸗
wechfelungen. verfchiedener Zeitläufe zur Offenbarung der manchfaltigen
Weisheit GOttes an der Gemeineund Erhaltung feiner Abfichten unter der
Menfchen unleugbar und nothwendig geweſen. In der Möglichkeit und Förde
rungder Gotfeligfeit aber oder Gemeinſchaft mit GOtt bey eintzeln Perfonen, if.
I 4 > aan und heute eben derfelbe in Ewigkeit. Haben gleich die Huͤlfs⸗
mittel, die Hinderniffe oder Berfuchungen und Forderungen, die Bequemlich—
. Reiten und Schtwierigfeiten der Gotfeligkeit der Art nach abgewechſelt, fo iſt der
Gradderfelben derjedesinaligen Sahigfeit und Bedürfnis gewis allezeit gemäs
rl Wir muͤſſen demnach GOttes weiſe Borfehung in Verordnung der
eiten und Orten, darin jederman zur Ewigkeit vorbereitet werden ſol, glaͤubig
verehren, über der Bewunderung alter Zeiten die Zeichen der gegenwaͤrtigen
nicht uberfehen, und aus Erhebung voriger Gelegenheit die jegige nicht verabſaͤu⸗
men; fondern demGDftunferer Bäter und Vorgänger in unferm Geſchlecht dier
nen, und mit dem, was wir haben, über dem Wuͤnſchen deffen, was wir nicht un
entberlich brauchen, nicht untreu ſeyn. Wasden Juden, und Phariſaͤern in⸗
“fonderheit, zu Chriſti Zeiten begegnet,daßfieuber der eingebildeten Verehrung
aötlicher Gnade, fo ihren Vätern wiederfaren, die Gnadenheimſuchung ihrer
Zeiten verabſaͤumet; der alten Propheten Gräber gebauet, und der vormaligen
Gerechten Graͤber geſchmuͤckt, feibftaber die Propheten und Gerechten ihrer Zeit
aufs verächtlichite gemishandelt und verfolgt: eben das Fan durch uͤbertriebene
Verehrung des alten Chriſtentums gefchehen. Das ausfihweifende und unge
zaͤmte Klagen uͤber gegenwaͤrtige Zeiten, in Abſicht des goͤtlichen Gnadenwercks
“unter den Menſchen verwandelt ſich gar leicht in Undanckbarkeit gegen GOtt,
Eingrif in goͤtliche Vorſehung, ſtrafbare Unzufriedenheit und tadelſuͤchtiges
Richten nicht nur anderer Menſchen, die nicht fo beſchaffen find, oder von ung
"nicht davor gehalten werden, wie wir fie haben wollen, ſondern ſelbſt GOt⸗
tes und feiner unverbeſſerlichen Regierung. ;
PR... Sechftens: fallebey Hachemungder erſten Chriſten wich 9— Ne⸗
> or A — endinge,
al
J
D. Siegm. Jac. Baumgartens Porvede,
bendinge, ſondern ſuche den Sin und Geiſt der Alten zu uͤberkommen, und ihnen
in der Hauptſache nachzueifern. Wenneiner gleich eben fo viel und eben dieſelben
Tage im Jahre, und Stunden an Tagen, als die Alten auf gottesdienſtliche Ubun⸗
en verwandt, zu eben dieſen Verrichtungen ausſetzen, ihr Faſten, Almoſenge⸗
en, und aͤuſſeres Verhalten beym Gottesdienſt bis auf die kleinſten Umſtaͤnde,
ſo davon entdeckt werden koͤnnen, nachthun wolte, ohne ſich um. weitere Aenlich ⸗
keit derſelben zu bekummern: fo wuͤrde er ihnen dadurch nicht gleichfoͤrmiger
werden, als wenn erdie alte Kleidung und Tracht derſelben mit der genauſten
Sorgfalt annemen, oderfeine Speife und Trand auf den Fus der Zubereitung
derfelben bey den Alten ſetzen wolte. Die Nachamung der erſten Ehriften mus
darin befichen, daß wir ihnen ablernen und von ihnen anmemen, was ihnen als
Shrifteneigen gervefen, und worin fie felbit das Wefen des Chriſtentums gefest
haben, folglich ung einer Ubereinſtimmung der wefentlichften Stüde des Ehri-
ftentums mit ihnen befleißigen, dieüber dem ängftlichen Befireben nad) Gleid)-
foͤrmigkeit in Kleinigkeiten leicht geſchwaͤcht und vermindert, ja dadurch gaͤntzlich
gehindert wird. Das Werd des Glaubens in der Kraft, die Arbeit der Liebe
und die Geduld inder Hofnung, derhimlifche Sin , die durchgängige Selbftver-
Veugnung, dereifrige Sleis der Heiligung, und das Beftreben, zuͤchtig gerecht und
gotfelig zuleben in dieſer Welt, ja alles, was an ihnen warhaftig, was ehrbar,
was gerecht, was Feufch, was Tieblich geweſen, was wohlgelautet, worin etwa ei⸗
ne Tugend oder wahres Lob derfelben beftanden, dem haben wir nachzudenden
und unsdeffelben zu befleißigen: und zwar auf eine ihrem Gin und Verhalten
gemaͤſſe Weife, mit evangelifcher Freiwilligkeit um GOttes willen, und duch
das von GOtt dargereichte Bermögen. Dazu aber vor allen Dingen noͤthig
it, daß wir aufgleiche Art erft Chriften werden, wie ſie es geworden, oder durch
Sinnesänderung und Wiedergeburtein götliches Leben bey ung anrichten laf-
fin. Iſt der Ausfpruchder Alten wahr, wie daran garnicht zu zweifeln: Chri⸗
ſten werden nicht geboren, fondern Dazu gemacht; welches fo viel fagen wil es
giebt Feine geborne Chriſten, als welches jederman durch Bekehrung zu GOtt
und Sinnesanderung erft iwerdenmug: fo ift alle übrige Nachfolge der erſten
Ehriften, ohne diefen Anfang, Verftellung und Heucheley, |
So vielfan dem gegenwärtigen Vorhaben nad) hinlaͤnglich ſeyn, Den heilſamen Ge»
brauch ſowol der alten Exenipel überhaupt , als auch diefer aenoldifchen Samlung derfelben,
zubefördern. Semehrund genauer diefe Negeln beobachtet werden, je richtiger wird hoffent⸗
[ich auch von dieſem Buch geurtheilet werden Eönnen: welches dem geneigten Leſer überlafle,
da Zeit und Raum anjego dergleichen ausfürliche Abhandlung nicht verftattet, An menfch»
lichen Büchern, fonderlich von diefer Art, wird immer garviel zu verbeſſern, zu ergangen vnd
Bigzutbun bleiben. Indeſſen wärdeman fich vieles Vortheils verluftigmachen, wenn man der⸗
gleichen muͤhſame Arbeit anderernicht aufs befte,als man weis und vermag, gebrauchen wolte.
GHtt heilige und fegne demnach diefe neue Auflage folcher Schrift, verhuͤte felbft allen Mis⸗
brauch, und befördere den heilfamen Gebrauch derſelben. Halle auf der Friedrichsuniver⸗
fität, den ıflen Det, 1740. rg Ä
Sieg, Zar. Baumgarten.
’ Innhalt
*
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— alt und Seen
ei — no ni gi Liche,
| Das Erite Bud,
von der Erften Chrifken Palast und Bezeigung
—* gegen GOTT.
Cap. 1. Bon der Menfchen wahren Belehrung zu GOtt Pag. ı
2. Bon der bekehrten Chriften Aufnebmung in die Gemeine 11
> Er? Bon der. erften Ehriften Erleuchtung 18
4 Von ihrer Wiedergeburt und Kindſchaft GOttes 34
—* 5. Bon der reihen Ausgieſſung des H. Geiſtes im Neuen Teſtament 42
6. Von der erften Chriften lebendigen und thätigem Glauben 49
7. Bondem Chriftennamen und deſſen Kennzeichen 58
8. Bon ihrem Wandel nad) GOttes Wort, fonderlich nad) ChriſtiLehre and Sram 65
9. Bon der erften Ehriften allgemeinem Geborfam gegen GOtt 73
10. Von Haltung der Gebote bey den erften Epriften 73
11. Von Vermeidung aller vorfeglichen Sünden bey den erſten Chriften 34
r 12. Bon der Bollfommenbeit bey den erften Ehriften 90
7.13. Don der wahren Siebe zu GOtt ihrem Vater 94
14. Bon der erften Chriften Fuccht amd Vertrauen gegen GOtt 100
15. Bon der erften Chriften Hoffnung zu GOtt 105
16. Bon der erften Ehriften Deinuth gegen GOtt 116
17. Bon ihrem Lob, Danf und Freudein und gegen GOtt 127
13. Don den Felichten und Bortheilen des wahren Chriftenrbumsinsgemein 133
= 19. Von der Herwiederbringung des göttlichen Ebenbildrs 140
h 20; Von der Vereinigung der erften Chriften mie GOtt 145
Das andere Bud),
Yon der Erſten Ehriften gemeinen und fonderbarem
Gottesdienſt.
ca 1. Bon ihrem Geber zu GOtt 151
2. Don ihrem Singen 168
3. Bon ihren Zufammenfünften, derſelben Dre und denen Kitchen 130
4. Bon der Zeit ihrer geiftlichen Ubungen 195
5: Von denen Perfonen in. der Gemeine, und fonderlichdenen fo genanten Layen 208
6. Von denen Chuſtl. Weibsperfonen ı in den erften Gemeinen 223
7. Bon etlicher Ehriften fonderbaren und einfamen $ebensart 231
8. Bon der Wahl und Berufung der Lehrer in den erſten Gemeinen 239
9. Von der $ehrer Pflichten insgemein 252
10. Bon der Lehrer fonderbaren Pflichten 266
11. Von der erften Lehrer Unterfcheid, Stufen, Anzahl und andern Umftänden 280
12. Don dem öffentlichen Leſen und Predigen des Wortes 294
13. Von der erften Chriften Catechifmuslehre 314
(d) 14. Bon
5 Junhalt und —
— Von ihrer Taufe ) 325
15. Bon des HEren Abendmahl bey: den erfich Cprifen. > 346
Dad Dritte Buch,
Von der Erſten Ehriften Pflichten und Beeigungen
Cop.
gegen einander.
. Bon ihrer brüderlihen Bereinigung insgemein 369
x Bon ihrer herzlichen fiebe untereinander 381
3. Bon der erften Ehriften Eintracht und Sanftmuth gegen die Bruͤder J
4. Von ihrer Demuth gegen einander
5. Don ihrem brüderlihen Mitleiden und wirklicher Hülfe, ſonderlich in (eich
liegen 410
6. Bon ihrer brüderfichen Gemeinſchaft in geiftlichen Anliegen | 420
7. Bon ihrer brüderlihen Ermahnung und Beftrafung 439
8. Bon der Gemeinfchaft der Güter bey den erſten Gemeinen 443
9. Von der erften Ehriften Mildigkeitinsgemein =
10, Bon der Verpflegung der Armen unter den erſten Chriften
11. Bon der erften Chriften Borforge vor die Witwen, Wanfen, Kranken, ——
und Maͤrtyrer. 474
12. Von der erſten Chriſten Gaſtfreyheit 464
Das Vierte Buch,
Von den Pflichten und —— der eriten Chriſten
Cap.
gegen ſich ſelbſt.
1. Von Verleugnung ihrer ſelbſt —4
2. Von der Verſchmaͤhung der Welt bey den erſten Chriſten 505
3. Von ihrer Mäßigfeit und Nüchternkeit N $17
° Bon dem Faften der erften Chriften _ 527
» Bon der euften Chriften Keuſchheit 534
& Bon ihrem Abfchen vor allen engen ale Tate Schau und anderen Spie
fen und dergleichen 545
7. Bon der erften Chriften Kreuz und Leiden 555
3. Bon.ihrer Geduld ,...965
9. Von den Märtyrern inggemein, und ihrer Geduld infonderheit 574
10. Bon ihrer Freude und Beſtaͤndigkeit in der Marter 534
11. Bon der vornehmſten Artihrer Marter 591
12. Bon der erften Chriſten Genügfamfeit und Verſchmaͤhung alles cbenatet 598
Das Fünfte Buch,
Von der Grftend Ehrijten Pflicht I Bezeigung gegen
LER
die Gottloſen.
1. Bon ihrer Behutſamkeit und Liebe gegen die Gottloſen ; ’ 606
"2, Bon der erften Ehriften Sanftmuth gegen die Feinde 615
/ 3. Von
Aller Buͤcher un und Capitel.
3. Von ihrem Verhalten gegen die unglänbige Obrigkeit und weltliche Gerichte 624
4. Don der Abftrafung der Uebelthaͤter bey den erſten Chriften 2 3
5. Wagfie vom Kriegeund Soldatenleben gehalten
6, Von der erſten Ehriften Aufrichtigfeit und tiebe zur Wahrheit, wie auch Snchre
feit im Handelund Wandel 652
Das Sechſte Bud
Von dem privat / und häuslichen Sehen derErſtenChriſten
Cap. 7. Bon ihren Hochzeiten und Eheſtand
2. Bon den Pflichten der Eheleute, Eltern, Kinder, Herrſchaften und Dienftboten | *
67
den erſten Chriſten 5
3. Bon ihren haͤuslichen Verrichtungen insgemein, und inſonderheit, wie ſie fi chMorgens
und Abends, uͤber Tiſche, bey der Arbeit, in Geſpraͤchen und ſonſten verhalten 682
4. Von der Auferziehung und Unterweiſung der Kinder zu Haufe und in Schulen 690
5. Von dem Studieren und Gelehrſamkeit der erſten Chriſten. 700
6. Von der erſten Chriſten Tod und Begraͤbniß 718
Das Siebente Buch,
Son den ſonderbaren Wundergaben der Erſten Chriſten.
1. Von derſelben Beſchaffenheit, Wahrheit und Nutzen insgemein 729
2. Bon Heilung der Kranken, Auferweckung der Todten, und Reden nad) ausgeſchnitte⸗
nen Zungen 73
3. Bon der Märtyrer unbeſchaͤdigtem und unempfindlichen Zuftand in der Mar ter, wie
auch von den Gaben der mancherley Sprachen 743
4. Bon Austreibung der Teufel bey den erften Chriſten 748
$. Bon Weiffagumgen, Offenbarungen, Geſichten, Entzuͤckungen und göttlichen Träumen
der erften Ehriften 756
6. Von deren fonderbaren Erempeln 75€
7. Bon der Abnahme derer Wundermwerfe und derfelben Urſachen | 773
Das Achte Buch,
Von dem Abfallder Erften Shriften fuͤrnemlich unter und
nach Conſtantino M.von der erſten Lauterkeit.
Cop, 1. Von dem beſten Zuſtand der erſten Gemeinen unter dem Kreuz 787
2. Von —* Verfall der Chriſten unter dem aͤuſſerlichen Wohlſtand, deſſen Urſach und
Umſtaͤnden
3. Inſonderheit von dem Verfall des Chriſtenthums unter Conſtantino dem Groſſen
4. Fortſetzung des Berichts von dem Verderb der folgenden Zeiten, und ſonderlich ir
Belehrung der Henden 818
5. BondemBerfallder andern Erin ihren herrfchenden Sünden, fonderlich Un
glauben und Verachtung GOttes 828
6, Ferner von ihrer Abgoͤtterey Zanberey, Aberglanben, Geiz, Tyranney, Verfol gung
der Frommen, u. ſ. ſ 339
(0) 2 7. Von
Innhalt und Regifter aller Bücher und Gapitel.
7. Bon dem Berderb des Predigtamts insgemein, und infonderheit von dem unrecht⸗
mäßigen Berufdarzu unter dem Berfall- nn... 0 5 850
8. Von der verfallenen Lehrer Verachtung GOttes und feines Works, Unwiſſenheit,
| Nachlaͤßigkeit und Verſaͤumung ihrer Pflichten = — 862
9. Von dem Hochmuth, deſſen Kennzeichen und Fruͤchten bey den verfallenendehrern, fon»
derlich ihren hoben Titeln, Streit wegen des Borzugs, Erhebung über andere,
Meid und Mißgunft, u.f.f. > — 3
10. Von der verfallenen Lehrer Heucheley und deren Kennzeichen, ingleihend e
fonderbaren Kleidung ee:
11. Bon der verfallenen Prediger Erhebung über die Iprigkeit, angemaß ter Freyhei n
dem Gehorſam gegen dieſelbe, und dabey gebrauchten Schmeicheleyen und
Raͤnken u ae
12. Von ihrem Eingrif und Bermengung in weltliche Händel und fremde Aemter, fonder-
lic) in das Kriegs und Soldatenwefen, Erhebung der Biſchoͤffe inden Fuͤrſten⸗
ftand, u. (fi na \ rn 922
13. Von ihrem Geiz und deffen Kennzeichen und Früchten, ſonderlich ihrer Simonie, un⸗
ehrlicher Handthierung, Wucher, Unbarmberzigfeit, u. ff. 932
14. Donihrer Wohllüftigfeie und daher entftandenem Freſſen, Saufen, Spielen Un—
.s keuſchheit und dergleichen *
15. Don dem erſchrecklichen Schaden bey dem Verfall der Lehrer, fonderlich d Pr ade
chen Strafen. über fie und ihre Zuhörer, wie auch denen verfuchten Mitteln wider
diefeibe F b 952
16. Von der Herrfchaft der verderbten Lehrer über die Gewiſſen der anderninsgemein,
undder dabey angemaßten Unbetrüglichkeie und Tyranney 65
17. Inſonderheit von ihrer Herrſchaft über die Gewiſſen in der Bekenntniß oder Beichte
und Abfolution von Sünden ee 04%
13. Don dem Mißbrauch) des Bindefchlüffels und dem ungerechten Bann bey der verfale
fenen Cleriſey 95
19. Von der Herrſchaft der verfallenen Cleriſey über die Gewiſſen durch Concilia oder
geiftliche Verſammlungen und derfelben Schlüffe 997.
20. Von den Folgen und Wirkungen der Coneilien, fonderlih dem Gewiſſenszwang
durch vorgefchriebene Glaubensbefenneniffe und Symbola 1010
21. Von den entftandenen Irrthuͤmern und Kegereyen, ſonderlich was man eigentlich
Kegereyen genennet : > 77020
22. Don dem Verhalten der erften und wahren Chriften gegen die Ketzer 1032
23. Don denen Perfonen, welche andere unter dem Verfall verfegere haben, oder ſelbſt
verfegert worden find (re i 1040
24. Don der Art der Verfolgung wider die Regerumter dem Barfall 1053
25. Etliche Erempel, was vor Unrecht Hiebey unter dem Verfall vorgegangen 1063
Nachrede und Vertheidigung diefer Abbildung der erften Chriften wider einige unguͤ⸗
tige Urtheile 1082
Anhang einiger Befenntniffe von der innerfichen Herrlichkeit der eritenChriften und der
erfolgten ‚groffen Abnahme | | 1100
— 5 8
5 Vorrede
*
3808 000000 0200600090 990999999990980
RSS ERDE
ELREITTTTITELLEIIER DIS LIITELIT,
WGVorrktde
an den
unpartehiſchen Leſer.
I
S iſt eine böfe und ſuͤndliche Artder verderben Menfchen, daß fiefich alsbald
über alles zu ungerechten Richtern felbft fegen, was ihnen in die Augen oder an«
dere aͤuſſerliche Sinnen fället , ungeachtet fie von der Sacheinwendiger Ber
fchaffenheit, Abfichten und andern nöthigen Dingen nicht gründlich unterriche
tet worden, Wann nun diefes nothwendig zu einem recht gefaßten Urtheil er⸗
fordert wird ; fo mollederfelbe,, welcher fich ja uͤber dieſes Buch zu urtheilen nicht enthalten kann,
zuvor nothwendigen Bericht einnehmen, che er zu deſſen Durchlefung fehreitet, damit fich nice
mand mit unbilligem&erichte uͤber ſeinen Naͤchſten ſchwerlich verfündige, Zwar alle bevorftehende
Scrupelund vorgefaffere Meynungen abzulehnen, ift wegen der mannigfaltigen Meynungen und
Abfichten der Leute faft unmöglich. Nur dieſes iftzuförderftüberhaupt zu erinnern, man wolle dieſe
nachgefeste Dorftellung nur als eine unpartepifche Relation und Gefchichte von der alten&emeir
ne Eſu Chriſti anfehen, nicht aber auffer und über den gebührenden Zweck Damit fehreiten. Es iſt
zwar eine wohlgegruͤndete Erinnerung, welche ein gelehrter Mann feget: Diefes iftein vortrefr
licher Nutzen der Rirchenhiftorie zu unferer Zeit, da bey fo groſſem Zwieſpalt der
Rirchen, fo woldie Griechenin Örient, alsdie drey groffen Parteyen in Occident,
Popiften, Reformirte und Proteftirende ohnſtreitig die erfte Rirche vor die wahre
Kirche Chrifti halten, und fich immer aufihre Lehre, Gewohnheit und Regierung
Beruffen. Wobey dannkein gewiffer Mittel vorden elenden Zuftand des Chriſten⸗
thums feyn Eann, als wann man genau weiß, was denn nundie erfte Kirche, welche
insgemeinvon allen gelobet wird,gelehret babe,und wiefie fe regieret worden,da»
mit nach derfelben Art alle heutige eingerichtet,und endlich alleSpaltung,Zaf und
Streit aufgehoben werden,bhingegen fie alle in der lauternErkenntnigGÖttes und
wahrer GottfeligEeiteins feyn, ı.f.f.a) Und einesandern : Mit denen Gewohnhei⸗
ten der erften Kirche iftes eben fo —— wie mit denen alten Policeygefegen,
welche man nicht einem Hiſtorico alleinü Go fondern wenner fieerzehlet hat,
sumgemeinen Nutzen anzuwenden weiß: Sofind auch jene fein in die Hebung zu
Fan; ‚, damit man nicht bey der bloffen hiſtoriſchen Wiſſenſchaft immer fte
ben bleibe, denn diefes ware nur eine Luft, nicht aber eine Klugheit b). Welchen
nad) dem ein berühmter Mann dergeftalt beyſtimmet: Die meiften Thaten der Apoftel find
nichtbloffe Erempel, fondern heilige Vorſchriften, die aus GOttes Rath zur Nach⸗
folge vorgeleget find, und halten göttliche Richtſchnuren in ſich, nach welchen alle
Anfchlage und Verrichtungen der — einzurichten finde).
I
Wuie dann ein ieder Chriſte weiß, der dem Fürbilde der heilfamen Lehre von Herzen gehor⸗
fan wird, daß feines HErrn und Meifters JEſu Ehrifti und feiner Apoftel Xchre und Leben ge
yauaneinanderhangen, dahero es ihn nicht wenig ftärken kann, wann er fichet, Daß die Da
a JEſu
2 RE 32 J
Eſu ſamt ihren Nachfolgern nicht nur alſo geredet und geſchrieben, wie ers in der Heil. Schriſt
findet, ſondern daß fie auch) alſo gelebet haben. Daß alſo auch hier der Beſchluß Pauli gilt, Ebr.
XI, 1.2. Weil wir ſolchen Saufen Zeugen um uns haben, fo laſſet uns ablegen die
Sünde, fo uns immer anklebetund träge macht, und laffet uns Iaufen durch Geduld
indem Kampf, der uns verordnet ift. Hiervon aber fann man aus dergleichen Erzehlungen
ſattſamen Bericht haben, dabey man durch die Gnade GOttes und feines guten Geiftes Regie⸗
zung in feiner Furcht und Eindtichem Gehorfam heilfamlich prüfen mag, mas das Befte fey, Nie
malsaber wird ein Kind GOttes fich der Suͤnde theilhaftig machen, daß es bey folchen Zeugnie
fen von der erften Chriſten lauterm Wandel ſich dennoch mit der iegigen Welt Art und Gewohn⸗
heit entſchuldige und fage : Esift fo der Welt Kauf, wer mill alles fo genau nehmen? wie von ſei⸗
nen Zeiten Beatus Rhenanusflagt d); Vielmehr wird ihm Das Urtheil des befannten Erasmi
gefallen: Die alten heiligen Maͤnner, weil fieder Apoftel Zeitennäher waren, und
noch denreinen und mit keinen Weltgütern befledten Chriftum hatten, haben viel
gefchrieben, das von der Art diefer Zeiten weit abgehet. Diefes abermuß man nicht
gleich verläftern, fondeen vielmehr zur Befferung des Lebens anwenden,und defto
eber feine Gewohnheit vor verdächtig halten, welche von der heiligen Maͤnner Er ⸗
innerungen fo entfernet find, die Doch den Befehlen Ehrifti und der Apoftel gefol⸗
gethaben. Als welche von Chrifti Geiſt getrieben, dasjenige aufgezeichnet haben,
mit welchemich nicht weiß ob unfere Lehre uͤbereinkomme, zum wenigften ftimmt
Das Kebennichtein. Drummuß man eine folche Kebensart anfangen, dabey man
nicht nötbig habe, Chrifti Lehre nach) unferm Leben und Menſchenſatzung zu ver-
drehen, fondern daß man alle fein Thun nach dem einigen und wahren Erempel
Chriſti einrichte e). Und einesandern, der alfofchreibet: Man muß allerdings der alten
Weife unddemerften Glauben Ehre geben, manmuß auch die nicht hören, welche
eine ganz neue Meynung der Kirchen aufdringen wollen. Wenn man aber befindet,
daß der alte Glaube von dem erften abweiche, und nur ſich aufdas Alterthum von
etlich 100 Jahren gründete, zur erften Zeitaber, dader Glaube offenbsret worden,
unbekannt gewefen, auch in der Einftimmung der&ehre ihm nicht verwandt wäre;
fo muß man demfolgen, was die Alten jagen: Die Wahrheit erfordert diefes, der
niemand preflcribiren Eann,FeineZeit, Beine Perfon, kein Ort f). Wie denn auch der Herr
Cave felbftdiefes eine fefte und unbewegliche-Negel des Tertullianinennet : Das ift wahrhaf⸗
tiger, was eher ift, das ifteber, was wahrhaftig iſt. Denn (ſetzet er hinzu) ie naher die
allgerneine Kirche zum Brunn der Wahrheit Eommet, ielsuterer und reiner iftfie,
Es iftauch Fein augenfcheinlicheres Zeichen des abnehmenden Glaubens und der
verfallenen Rirche, als der Abfall von dem Wege der alten und wahren Kirche g).
Welcher gelchrte Engelländer auf folche Art vedet in der Vorrede über das erſte Chriftenthum
p.3. Wenn man noch irgendwo Sußftapfen der wehren Chriftlichen Bottesfurcht
und Einfalt antreffen wollte, fo muß man fiebey folchen Zeiten und in ſolchen Jah»
ren fuchen, da (wieder 9. Hieronymus redet) das Blut Chriftiinder Chriften ihrer
Bruftnoch werm, und der Glaube und der Geift der Religion ein gut Theil big.
ger und eifriger war. Und endlich des Herrn Wirfii über eben dieſes Buch p. 28: Je naͤher
es denen Zeiten der Apoftelund dererjenigen war, fo IEſum in dem Sleifche felbft
gefehen und geböret hatten, ie reiner war auch alles bey ihnen. Es waren weniger
Ceremonien, bingegendefto mehr Gottesfurcht, weniger aufferliches, hingegen
defto mehr innerliches, weniger eingebildete Weisheit, hingegen aber ein gröfferer
thaͤtiger Glaube, Als die Seele noch mitdenen Exempeln der erften nn ent,
i ’ rennt
: Dorde. 3
m — — — — — —
brannt war, und die Ohren noch von ihrer hen Froͤmmigkeit klungen, auch
das annoch brennende Feuer des Pfingſtfeſts ſeine Flammen weit und breit von
ſich warf, ds war fuͤrwahr des Chriſtenthum ein ganz ander Ding, als es wol her»
nachmals mit der Zeit worden ift, =
Ob nun woldiefesnicht alleine eines Hiftorici gemeine Pflicht iſt, fondern auch vornehm⸗
lich deffen, der Die alten Kirchengeſchichte unterfuchet, daß er fonderlich Diejenigen Sachen dar»
aus vorftelle, welche der gegenwärtigen Zeit zur Nachfolge dienen koͤnnen; fo erftrecket fich doch
nicht die Abficht diefer Schreibart fo weit, viel weniger das Vermögen, dafs eriemanden wider
Willen etwas davon aufbringen Eönnte, Sie überläffet vielmehr alles und iedes dem Urtheil und
der Weisheit eines erleuchteten Herzens , welches voller göttlichen Furcht und Scheu ift, Feiner
von GOtt kommenden Wahrheit zu miderfprechen, und hingegen offen ftehet derſelben ohne
Ausnahmein Einfalt zu folgen. Solchen Gemüthern wird ohne Parteylichkeit alles vorgelegek,
mas in denen Urkunden der erften Chriſten fich findet, es feheine auch der Vernunft und dem vere
derbten Eigenfinne des natürlichen Menfchen noch fo ungereimt, ſchmaͤhlich oder nachtheilig.
Denn bey gehorfamen Kindern GOttes iſt die Hoffnung da, da fie nichts böfes heraus nehmen,
noch wie die Spinnen ausfo ſchoͤnen Blumen Gift faugen werden; vielmehr wirket der HErr
auch hierdurch feines Namens Ehre und ihr eigen Heil: Gleichwie die Gottlofen durch Verach⸗
£ung und Verwerfung der Herrlichkeit ihres Schöpfers, die er in feinen Erſtlingen fo vortreflich
hervor leuchten laffen, nur ihr Gerichte vermehren. Wovor denn auch hierbey eine iede Seele
treulich gewarnet wird, daß fie ja nicht beurtheile oder verwerfe, was fie mit ihrer Vernunft nicht
begreifet, oder unter denen heutigen Chriſten nicht üblich befindet: In Betrachtung es leicht
gefchehen Eönnte, daß fie dasjenige verachtete und verdammete, welches der. H. Geift ſelbſt in feie
nen Werkzeugen gewircket; worüber der gerechte GOtt ein ſchweres Urtbeil in feinem Worte
ausgefprochen hat. Hingegen iſt diefesdes HErrn ernfter und gütigfter Wille, daß die Men
fehen fich vor feiner Weisheit und Heiligkeit ernigdrigen laffen durch fein allmächtiges Abort,
aufdaß fiein Demuth annehmen Fönnen, was unfere Vorgaͤnger imEhriftenthum glückfelig ge>
machet, und nun ihnen lauter Heilund Lehen bringet,
IV.
Dieſemnach ift gewiß und unleugbar, daß Feiner fähig iſt, weder die Kraft des göttlichen
Mortes noch die Wirkung deffelben in den erften Ehriften zu erfahren, wo er nicht feine Seele
durch das Blut Ehrifti in wahrer und gaͤnzlicher Veränderung feines Herzens mit Hilfe des
Heil. Geiſtes reinigen und heiligen laͤſſet. Denn ein folcher,und Fein anderer, kann vernehmen,tung
des Geiftes GOttes ift. Sonft mag er auch noch fo gelehrt und in den alten Schriften belefen
feyn, fo wird ihm dennoch die herrlichfte Weisheit GOttes in feinen Kindern als Die geöffefte
Shorheit vorfommen, Daher er fich bemühen wird, fie, to er fie allzu Elar aufgezeichnet findet,
zu verdrehen, ihre Einfalt und Lauterfeit mit allerhand weit gefuchten Ausfegungen zu verdun⸗
keln, und feinem elenden Zuftande noch immer einen Deckmantel zufuchen, damit ex in feinen
Thun und Laſſen bey Ehren bleibe. Da gefchicht denn, was ein gelehrter Mannüber Salvianum
ſchreibt: Der Beisige kann von der $reygebigkeit (und alfo auch der Alten) gar nicht
urtbeilen, noch ein Unmäßiger von der wahren Mläßigkeit.Und wer ein Urheifteift,
oder ein gottlofer aberglaubifcher Menſch, der kann von dem Werke der
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N Be A a Le u BT 9 air
* ch Ws.
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4 * Vorrede. *
keit unmöglich wohl raiſonniren h). Denn wie Chryfoftomus erinnert: Unſinnigen und
wirbelfüchtigen Röpfen ſcheinet alles mitherumzu gehen, und denen, die eine Säule
niß im Munde haben, Eömmtalles, was fiedrein nehmen, faul und boͤſe vor. Alfo
magman dem Wohlläftigen, Ehr⸗ und Geldgeisigen lange von der alter
ligteit fagen, es wird ihnen doch alles verdachtig und unanfländig feyn ). Hingegen
trift Des Auguftini Anmerkung bey wiedergebornen Herzen ein: Je mehr fie in der Gottſe⸗
ligkeit wachfen, iegenauer erfennen fiedieSündenim Volk. Denn wer nicht
nimmt, der fiehet auch keinen Verderb. ft er kein wahrer Chrift, ſo kennet ex die
l icht R).
Zeuchler nicht k) N
Wie ſelig aber ftehet eingehorfames Herz vor feinem GOtt, das feinen eigenenund der
andern Abfall von der göttlichen Wahrheit und Lauterkeit in tiefefter Erniedrigung des Geiſtes
erkannt hat,und fich nicht lange entfehufdiget, wann ihm der Spiegel in dem Leben Ehrifti und ſei⸗
ner wahren Juͤnger vorgehalten wird. Diebefte Frucht vielmehr ift dieſe, fo eg aus folcher Vor⸗
ſtellung hat, daß eg nun durch Die Kraft feines GOttes zu eben dem Maaß des Glaubens und der
Liebe zu gelangen fuchet, darinnen die Erfilinge Ehrifti SEfu geftanden haben. Und folche alleine
koͤnnen das erfte Chriftenthum recht nuͤtzlich anfehen > ja diefe fehen wohl, daß folche groffe Herr⸗
lichkeit Chriſti an feinen erſten Gemeinen fo fehr verdunfelt und unbefannt blieben, weil doch die⸗
ſes bey Lefung der alten Scribenten gleichfam aprioriin dem Lichte des Heil,Seiftes will judici⸗
ret ſeyn, Damit die Spreu vom Weizen, Gold von Schlacken, unddas Wahrhafte von dem Fal⸗
ſchen unterſchieden werden koͤnne. Dieſes iſt ſonderlich deswegen noͤthig, weil, ob gleich die erſten
Chriſten in einem groſſen Grad des Glaubens geſtanden, dennoch nicht alles, ſonderlich bey Neu⸗
bekehrten, fogar ohne Tadel ift, daß man eszur Nachfolge alsbald ergreifen muͤſſe. Es erken⸗
net hingegen ein erleuchteter&hrift nach einer wahren goͤttlichen Erkenntniß oft ein befferes; wann,
zum Exempel ſchon in der erften Kindheit des Chriftenthums unterfchiedliche Schwachheiten mit
unterliefen, da etwa Die armen Heyden von denen Syüden gar unveingeachtet wurden ‚ Apoft,
Gefch. ır, 23. und diefe fich ein Gewiffen machten über Aufferliche Satzungen Des Mofaifchen Ge
feßes, Apoft. Gefeh. 15. Demnach gehöretuntviderfprechlich ein recht geiftlicher Verfiand und _
Unterfcheid zu Unterfuhung und Prüfung diefer Schriften, In demfelben Fann das wahre
Bildeines rechten Cbriften ausgedrudet werden aus denen eigenen Geboten Chris
fti, alfo daß er die erfte Kraft der Chriftlichen Gottfeligkeit genau inne habe, und
atıch hernach das zum Nutzen des Ehriftenthums anzuwenden wife, was etwan
von denen beiligen Leuten gefeblet wie abermal Erafmus redet ]).
I
Wenn alfo ein gottfetiger Lehrer über dieſe Erzehlung ſich machen will, ſo wird er mohlthun,
daß er fo Tange von gegenwärtigen Dingen fein Gemüth frey und leer niachet,und mit feinem Ge
muͤthe gleichfam durch eine genaue Betrachtung in die erfie Kirche auf eine angenehme Art ſpa⸗
gieven gehet, ſich an derfelben einfältigen, ungefehminkten und lautern Weſen innigft ergoͤtzet,
uͤnd alles genau in Augenſchein nimmt, was ihm da von Wundern der Macht und Weisheit
Gottes vorkommen wird, Und damit dieſes Vornehmen nicht unfruchtbar noch die Zeit verge⸗
bens angewandt fen, fo hat er vor allen Dingen hoͤchſt noͤthig, den Vater der Barmherzigkeit
um die Megierung feines Herzens und Erleuchtung des Verſtandes herzlich anzuruffen. Wor⸗
auf der liebreiche GOtt feine Berheiffungen auch an ihm erfüllen, und feiner Seelen auch hiebey
viel
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RM
un
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En ’ *
Vorrede. * 5
del Segen darreichen wird, davor er ihn in dev Ewigkeit preiſen möge, Niemand wolle ſich ab⸗
ſchrecken laſſen weder durch die ſcheinende Vielheit oder Strengigkeit der Stuͤcke, ſo wir bey dem
erſten Chriſtenthum finden. Es iſt, GOtt Lob !die Verheiſſung viel zu weitläuftig und zulieblich,
die uns der Heiland von feinem Heil. Geiſte hinterlaſſen hat, daß er uns alles lehren und leicht
machen werde, was er entweder ſelbſt oder in ſeinen Werkzeugen geſagt hat. Dieſem HErrn
4
laſſet uns gan und allein vertrauen (denn es ift gut und felig) 5 nicht aber unferer verführifchen
den fonft auch hierinnen eine doppelte Verantwortung vor goͤttlichem Gerichte nach unferm To»
de, der uns doch allen nicht ferneift, aufung liegend finden. Einmal, daß wir ſo viele Have Wor⸗
te unſers HErennicht voreine ewige Wahrheit und einigen Grund unfers Heil gehalten haben,
Kal encen Sinn, dem von göttlichen Dingen gar niehtsanftehet. Wir wer»
und zumandern, daß, wo wir jaden Worten nicht hätten glauben wollen, wir uns nicht einmal
Die augenfcheinlichen Erempel der.erften Jünger JEſu bewegen laſſen, welche alles, was ihr
Meiſter gefaget ; vorhöchftfelig, annehmlich , nöthig und möglich gehalten, auch folches in der
That bewieſen haben. Drum ift nach der fchuldigen gemeinen Liebe herzlich zu wünfchen, daß
weder anderenoch diefe Zeugniffe von der Eraftigen Liebe IJEſu Chriſti gegen die Menfchen , die
fich in ihren Werkzeugen fo herrlich geauffert,, einiger Seelen , die fie höret oder lieſet, umſonſt
mögen vorgehalten werden. Welches denn die unendliche Barmherzigkeit unfers GOttes durch
feinen Sohnan allen erfüllen wolle! *
Was hiernaͤchſt inſonderheit die Gelegenheit und andere Umſtaͤnde dieſes Vorhabens be⸗
trift, ſo geſtehe ich gerne, daß ich hierzu durch das auf dem Titel benannte Buch des Herrn Wil-
liam Cave zum erſten vor kurzer Zeit veranlaſſet und durch gottſelige und gelehrte Leute bewo⸗
gen worden, nachdem es in unſerer Sprache heraus kommen iſt. Es erfreute mich von Herzen,
daß dergleichen nöthige Schrift inmal in unſerer Sprache ans Licht kommen war, darnach big»
hero viele Verlangen getragen. Und vergnuͤgte mich das Werk deſto mehr, ie beliebter und be»
ruͤhmter der Herr Autor vorlaͤngſt bey der gelehrten Welt, abſonderlich in dergleichen Studio,
geweſen iſt. Wie denn auch ſeine gute Intention aus der Vorrede ſattſam erhellet, wovor ihn
von iedermann billig der ſchuldige Dank, naͤchſt GOtt, dem Urſprung alles Guten, bleibet.
Nicht weniger bleibet ihm auch der Ruhm einer ganz ungemeinen Gelehrſamkeit und Tiefſin⸗
nigkeit in dieſem Werk, ob gleich hier und dar andere von feinen Meynungen abgehen möchten;
indem dergleichen denen vortreflichen Köpfen iederzeit begegnet, und dennoch weder fie felbft
noch ihre Liebhaber und Adharenten offendiret. Weswegen mir hoffentlich Fein Verſtaͤndiger
ungleich deuten wird, daß ich hier etliche feiner. Säge etwas erlaͤutert, und nach dev Wahrheit,
welcher doch alles weichen muß, unterfuchet habe, Diefes ift aus Feiner Vermeſſenheit oder eit⸗
len Einbildung gefchehen, fondern allein aus aufrichtiger Sintention, denen, fo andere Sprachen
nicht verftehen, die fonft ſehr verwirrte und verborgene Geſchichte deverften Gemeinen nur in ci»
nigen Stücken durch GOttes Gnade vor Augen zu legen. Und da ich in ſolchem Norfag nächft
andern auch diefes Buch des. Herrn Cave fleißig gelefen, habe ich fonderlich in demfelben unters
fehiedliches gefunden, foeinergenauern Erklaͤrung allerdings nöthig hat,
’ 9 "Zr D j VII.
Insgemein rechnet er viel dem erſten Ehriftenthum oder der erften Apoſtoliſchen Lauterkeit
— 3 zu,
be cc
6 — Vorrede.
zu, welches doch ſchon eine Frucht des heimlich einſchleichenden Verfalls geweſen dazu ihn ohne
Zweifel folgende und andere prajudicia oder vorgefaßte Meynungen mögen gebracht haben:
(1) Daf er in der heutigen Kirchenverfaffung, fonderlich der Englifchen, eine Gleichheit mit
der erſten Apoftolifchen gefuchet, und daherdas Verlangte gefunden zu haben vermeynet,iwenn er.
in denen Scribenten etwas gefunden, das mit dem heufigen Kirchenftant einige Aehnlichkeit
zu haben feheinet. Diefes dichte ich dem guten Manne nicht an, fondern beweiſe es ausfeinerHi-
ftorialiteraria Seriptorum Eecl. altoo er in der Zufchrift an Die Englifche Kirche diefe als eine
- Meifterin der wahren Gottſeligkeit preifet, das fehönfte Bild der erfien Antiquitaͤt, melcheeben
den Glauben habe, der son denen Heiligen vorzeiten fey übergeben worden, welche dev Vaͤter
Kehren und der Conciliorum Schlüffe auf ihre Seite habe; ungeacht er bald darauf fie wuͤn⸗
ſchend einführet,, Daß die alte Kirchenzucht wieder eingeſetzet werde. Gleichwol aber.
var die Oeconomia Eeclefie oder Anftalt und Einrichtung der Kirche zur Zeit
der Apoftel ganz anders, als fie bald nach ihrem Abfchiede eingerichtet wırde, Immaſ⸗
fen auch die fonft fromme und getveue Bifchöffe, Irenaͤus, Cyprianus und andere aus guter Mey»
nung viel mögen eingeführet haben, welches hernach zu einem groffen Verfall von dem innerli⸗
chen aufs Aufferliche gedienet hat: da zumal es bey vielen heiffet 3 Duo cum faciunt idem, non
eftidem. Nicht weniger (2) fichet der Herr Cave die Zeitendes Kaͤyſers Conftantini Magni
mit andern Augen an, als es billig feyn ſollte. Er meynet, die Kirche fey Damals nach den Berfol-
gungen in groſſes Aufnehmen kommen. Dahero er das meiſte aus dem vierten Jahrhundert herz
führet, und den aufgefommenen Aufferlichen Pracht und Staat in prächtigen Kirchgebäuden,
groffen Titeln der Bifchöffe, vielen Ceremonien und dergleichen fehr admiriret und ruͤhmet. Und
findet man der Namen fehr viel, welche nimmermehr zum erften Ehriftenthum Fönnen gezehlet
werden, alsdafind: Pralat, Dechant, Papft, Prieſter, Patriarchen, einweyhen, geifklicher
Thron Orden und dergleichen : (welche zwar meifteng auch von denen Herten Ueberſetzern, fon,
derlich dem Deutfchen herrühren, deffen Verſion von dem Holländifchen genaueren in vielen ab»
gehet) da doch vielmehrin den erſten Zeiten das Chriſtenthum eben dadurch vondem Juden⸗ und
Heydenthum unterſchieden wurde, DaB es weniger aufferlichen Dienſt GOttes, aber deſto mehr
innerlichen lehrete und einführefe. So urtheiletder Herr Witſius felber in der Vorrede uͤber die
Buch p.29. Nach diefem (fagt er) ift die Luſt zu difputiren darein gekommen, (diefes
gefchahe hauptſaͤchlich unter Conſtantino M. und weiter) und bat die Herzen, welchevor
dem fo inniglich inder Liebe vereiniget waren, founglüdlid) von einander geriffen,
Seitdembat mandasjenige, was indem Juden, und Heydenthum praͤchtig war, ins
Chriſtenthum aufgenommen, womit aber daffelbe nicht fo wol ausgesieret, als ver»
ftellet und erſticket worden ift.Seit dem iſt die Welt mit ihrer Wohlluſt Reichthum
und Pracht eingebrochen, und eben deswegen, weil man nach dem von der Seil.
Schrift abgegangen ift, fo ift das Chriftenthum auch niemals in fhönerer Geſtalt
zu fehen gewefen, als eben in feiner er Zeit.
Aber diefes foll unten an feinem Ort zur Genuͤge erwieſen werden. Sonften feheinef auch
unterſchiedliches, was der Herr Cave unferdem Titel des erften Chriftenthumserzehlet, einer Er⸗
innerungnöthigsu haben, tweildie Ungelehrten, vor welche dieſes Buch vornehmlich überfeßet
_ worden, fonften allesunter folchem Titel vor genehm und gut halten. Da doch vieles mit unter,
lauft,
“eg
F Vorrede. 7
laͤuft, fo zum Aberglauben, Scheinheiligkeit und Mißbraͤuchen offenbarlich gehoͤret, als was P.
209. von dem Waſſerſchoͤpfen und deſſen Weyhung erzehlet wird, wovor andere noͤthige und
nuͤtzliche Sachen aus dem wahren erſten Chriſtenthum hätten koͤnnen angefuͤhret werden. So
wird auch von ihm gar wenig aus der Heil. Schrift Neuen Teſtaments zum Beweis angefuͤhret,
ohne wenn es eine Streitfrage von aͤuſſerlichen Satzungen betrift; wie wir ſonderlich von denen
Kirchen ſehen werden. Und dennoch muß, nach dem Geſtaͤndniß aller Chriſten, aus dem offenbar⸗
ten Worte GOttes und Der erſten Apoſtoliſchen Praxi der Grund zur wahren Kirchenhiſtorie ge⸗
leget ſeyn. Er hat auch unterſchiedliche nothwendige Stuͤcke des erſten Chriſtenthums entweder
gar ausgelaſſen, oder doch alſo beruͤhret, daß er ſich nur auf etliche Schriften ſeiner Landsleute
beziehet, die man aber bey uns ſchwerlich haben kann. Deswegen der Leſer oft unvergnuͤget dA»
von gehen, und wo es ihm ein Ernſt iſt alles genau zu forſchen, einen naͤhern Bericht ohne Zweifel
verlangen muß. Zu geſchweigen, daß bey denen meiſten Stuͤcken das innerliche wahre Weſen
der Gottfeligkeit ſamt den rechten Früchten des aͤuſſerlichen Gottesdienſts verſchwiegen wird,
und man nur die Meynungen und Gebräuche feiner Kirche befraftigen wollen, dergleichen auch
zusor Beveregius und andere verfuchthaben , die allein auf die Roͤmiſche Kirche und ihren
Greuel gefehen, und fich ſelbſt dabey vergeſſen. Weswegen auch des Heren Witſii Erinnerung
an den Lofer wohl zu merken ftehet P.37. “Daß er nicht in allem mit diefem Autore eins ſey, weil
„er mit der Hierarchieund Liturgie der Englifchen Kirche eingenommen, und alfo allzeit erfreuet
ſey, fo oft er in dev Antiquitaͤt etwas finde, welches demfelben gleich komme.
x
Diefes alles fage ich, nicht dem vortreflichen Mann fein gehöriges Lob zu benehmen , for»
dern allein aus Liebe zur ABahrheit, quæ magisamica effe deber. Ich will und Fann mich auch
nicht davor ausgeben, daß ich es nun in allem getroffen hätte, Vieles vondiefer Materie iſt mir
felbft noch unbekannt, vieles nur in etwas und ſtuͤckweiſe: So viel ich aber finden koͤnnen, habe ich
nach Bermögen mitgetheilet, und weiß mich Daher frey von dem wohlgegruͤndeten Urtheil jenes
Mannes: Wer eine —— mit erdichteten Dingen und Betrug blu
Bann Bein vedlicher und aufrichtiger Mann feyn, und feine ganze Erzeblung i
auf Gewinn oder Irrthum angefeben, darunter jenes fehandlich, diefes ſchaͤdli
ift m). Demnach fieheich bereit, zu erfahren, was Disfalls der HErr zu thun oder zu laffen
befchloffen hat, Da ich von feinem Heil. Willen hiebey gewiß verfichert bin. Gegen ungegruͤnde⸗
te Tadler aber. brauche ich mich billig dev ABorte Salviani aus dem vierten Buch von der Re—
gierung GOttes: Wenn das nicht in feinem Gewiffen liegt, was ich füge, fo gehts
‚ihn hicht an, und thut ihm Bein Leid, Wenn er aber weiß, daß es in ibm iſt, fo
—— er, es werde ihm nicht von mir, ſondern von feinem Gewiſſen vorge
alten,
XI.
Im übrigen was anlanget die Schriften der Alten, daraus dieſe Vorſtellung treulich
hergenommen ift, wird der Morbericht hoffentlich einige Gnuͤge thun. Sollte in denen Alle-
garis und Deren Numern nicht alles fo genau eintreffen , fo erinnere fich der geneigte Le—
fer, daß bey fo einer groffen Menge , fo wol im Abfchreiben (welches bier etlichemal 9%
ſchehen müffen ) als auch im Drucken bey meiner Abtwefenheit wol etwas verfchen werden
koͤnnen.
we L >10 LE
Bi: Vorrede. J
koͤnnen. Zum wenigſten habe ich in der Allegation ſelbſt treulich verfahren, undoftmit Fleiß
viel Zeugniffe von einer Sache geſetzet, damit die Zufammenftimmung der Alten und Neuen
defto deutlicher würde, weswegen ich mich auch immer gerne dev klaren Ausfprüche und ei⸗
genen Worte der Autorum bedienet, damit es nirgends feheine, die Urkunden und Zeuge
niffe waͤren verdrehet oder verflümmelt, oder auch anders erklävet worden. Dahero ich fie
auch treulich nach ihrem wahren Sinn überfeget, und tvo nicht erudiram doch fidelemfim-
plicitatem nach der Vorſchrift verftändiger Männer obſervirt. In den Sprüchen der heili⸗
gen Schrift aber habe ich bisweilen der Verſion der Alten und Dem Grundfert folgen muͤſ⸗
fen. Daß ich aber über die Schriften aus den erften 300 Jahren, auch fo viel andere aus
den folgenden Zeiten mit angezogen, iſt Deswegen geſchehen; teil ſich viel in ſolchen Seri⸗
benten findet, das noch zu dem allererſten Chriſtenthum gehoͤrt, und entweder per traditionem
auf ſie kommen, oder ſonſt erzehlungsweiſe von ihnen gedacht wird. So iſt auch ſo gar
nicht alles Gute auf einmal mit den erſten Zeiten verloſchen, ſondern vieles darinne zu finden,
das entweder als Apoſtoliſch und gut gebilliget und gelehret (ob gleich nicht allezeit practi⸗
cirt) oder auch als untuͤchtig aus Unwiſſenheit verworfen worden. Zu geſchweigen, daß
noch viele Fragmenta der erſten Schriften bey den folgenden Scribenten uͤbrig geweſen.
Wozu alſo, gedachter maſſen, ein erleuchtetes Auge erfordert wird, alles zu pruͤfen und zu
unterſcheiden. *
XII.
Daß ich endlich alles deutſch und einfaͤltig vorgetragen, wird mich der alte Hieronymus
entſchuldigen, der alſo ſchreibet: Fordere ja keine Beredſamkeit von Kindern: ob ſchon
die Kirchenlehre einen anmuthigen Ausdruck hat, fo verſteckt fie ſich doch, da,
mit fie nicht nur in denen müßigen Schulen der Weltweiſen wenig Studieren.
den zu gute, fondeen allen Menſchen zur Befferung rede. Bishero ift gnug La⸗
teinifch hievon gefchrieben worden, und wenigen andern zu gute kommen; es muß aber auch
den Unmündigen und Kindern die Herrlichkeit GOttes an feinen erften Gemeinen Fund
werden, Der im legten Buch gemachte Gegenfag ift auch zur Erläuterung der vorigen Er»
schlung höchftnöthig, wovon der Lefer im Anfang deffelben die Urfachen und andere Erinne⸗
rungen finden wird,
Findet im übrigen ein gottbegieriger Lefer in dieſer Arbeit etwas gutes, fehreibe ers
alleine der Gnade GOttes und Feiner Ereatur zu. Iſt aber hie und da gefehlet , fo müffe
es dem Menfehen zugerechnet, mit nichten aber die Ehre des Allerhöchften Dadurch
gekränket werden, Dem gebühret alleine aller Preis, Dank und Herrlichkeit in
Ewigkeit! —
a) Conradus Hornejus Hift, Eeel. lib. I.cı 1. 6b) G. T. Meierus pref. ad Albafpinei
Obfervar, ce) Zieglerusde Diac, c. IV, d) Ad Zacitum de Mor.Germ, p. 106, €) Nor.
ad Hieronymi Epit. 2. £) Dannhauerus Protheor. Chrifteid. p. 12. & A. I. Th. I. Phæn.
3° p. 267. g) Proleg. ad Hiftor. Liter. Set, VI. h) Rittershufius ad ’Salvian. p. 529,
i) Homil, 3.inTit. In Pfalm CXIX. 1) In Vita Hieronymi. m) Melchior Canus
lib. XI. Loc, Theol, p. 630,
Nothwen⸗
vendiger und Fursgefaßter
N Zn ober
05 Bon denen alten Kirchenſeribenten.
Des GSemuͤthe eines Menfchen, der von den uralten Zeiten des Chriſtenthums Nachricht
zu haben verlanget, gründet ſich auf die Erzeblung deffen, welcher davon Kundſchaft
haben kann. Diefe aber muß ſich nothwendig auf gewiſſe Autoresberuffen, will fie an«
ders bey Verftändigen Glauben finden. Alſo muß die Glaubwuͤrdigkeit der alten
Schriften vor allen Dingen fefte ſtehen, (fo weit ſie nemlich Menſchen gebuͤhret,) wofern
ie etkwas beweiſen ſollen. Dieſes iſt in der Kirchenhiſtorie deſto noͤthiger, jemehr theils an derfele
ben Grund oder Ungrund gelegen ift, theils das Alterthum derſelben verdunkelt und verwirret fcheie
net. Man ficher in ihnen viel Reden und Sachen, dareın fich nicht jedermann alsbald finden kann.
So find aud) inforderbeit unzähliche Klagen vorhanden, wie fehr viel alte Urkunden durch die Länge
ber Zeit verloren, zerriffen und verſtuͤmmelt, verfälfcher und unbrauchbar gemachet worden. Es
iſt auch nach dein verborgenen Nach götelicher Weisheit geſchehen, daß aus den erften Zeiten die mei⸗
ften Schriften frommer Leute untergangen find. Nicht wenige find hernach von den Feinden der
Alten Apoftolifchen Lauterkeit unterdrucket worden, damit fie ihnen bey ihrer Heucheley und Tyran⸗
ney durch ihre Zeugniffe keine Schamröthe austreiben möchten: da hingegen viele Schriften aus:
der verfallenen Kirche beybehalten find, zum Andenfen der menfhlichen Bosheiten, Andere hat
man gar, feine Satzungen und Mißbraͤuche zu beſchoͤnen, erdichtet, und ihnen den Namen etwa
eines berühmten und anfehnlichen gehrers vorgeſetzet.
Hier gilt es nun gersißlich Borfichtigkeit, woman etwas gewiſſes vom Anfang des Chriſten⸗
thums haben und brauchen will; und find woldie wahren Kennzeichen der rechten unverfaͤlſchten
Schriften deſto genauer in acht zu nehmen und anzuwenden, je ſchwerer es fällee, fein Gemüthe bey
fo intrieatem difputiren der Criticorum vom Zweifel zubefreyen, Es iftaber bereite in der Vorrede
erwieſen worden, wie allerdings zu einer wahren und erbaulichen Prüfung des erften Chriſtenthums
ein erleuchtet und gehorfames Herze erfordert werde. Diefes gilt auch foferne in Prüfung derer
Autorum, daß man aus den Kennzeichen des Geiftes Chrifti auch darinnen das Böfe von dem Gu⸗
ten, das Rechte von dem Unaͤchten und Eingeſchobenen unterſcheiden lerne. Kennet man einmal
die Are des Geiſtes in der erſten Apoſtoliſchen Gemeine, und weiß die Abnahme und Veränderung;
die nach und nach darinnen gefchehen; hat man die Schreibart und den Geift eines jeden alten
Seribentenwohl inne; ſo gibt es ein geoffes Licht in dieſem Vorhaben, wie folhes nachgebends aus
den Erempeln klar werden foll, Es verrathen ſich auch balddie eingefchobenen und verfälfchten Buͤ⸗
her der Alten, wenn ein gefcheider Leſer entweder offenbare Gottloſigkeit, Läfterungen und Jrrthuͤ⸗
mer, oder nur allerhand Mißbraͤuche, Aberglauben, Menfchenfagungen, Verwerfung unſchul⸗
diger Leute und dergleichen göttlihem Wort zuwider laufende Dinge darinnen anmerken kann:
worauf billig ihr Zeugniß verdächtig und untüchrig geachtet wird. |
ss Was aber fonften andere menfchliche Kennzeichen wahrer und falfcher Schriften berrift, fo
will ich derſelben etliche von den nöchigften und wichtigften aus Kiveti CriticaS. beyfügen, welcher
fie aus Hyperio und Villavincentio wiederholet, damit aud) die Gelehrten und Theologi fonft ins«
gemein zufrieden find. (Vid. DAnwmAuerus Chrift. p.251.) Cs find aber folgende aus
Cap. 14. de Patrum Auftoritare Fürzlich zufammen gezogen: 17
— Die fleißige Zuſammenhaltung bewaͤhrter Exemplarien, welches denn nun in die 200 Jahr
ber von vielem hochgelehrten und klugen Leuten geſchehen, alſo daß man nun die beſten Editiones von
—2 b denen
x We
2 Vorcberict nn >
7 VO SEEN
denen Patribus oder alten Kirchenvaͤtern haben kann, und die Papiften felbft
-auszumuftern. Dergleichen bewährte und durch Conlens erfahrner Männer
ns find auch zu gegenmwärtiger Borftellung nach MöglichFeit mit noͤthiger Be ſchtigkeit gebrau⸗
et worden. A _
2.und3. Die Zeiten, darinne diefer oder jener Scribente gelebet. Wodurch fich denn die⸗
enigen Schriften verrathen, die zwar einem Autori jugefchrieben werden, Beten, Dim Leute,
Derter, Bücher, Namen, Gebraͤuche oder Begebenheiten gedenken, die nad) ihnen gelebet haben.
Sonderlich era — ——
Wenn in einem alten Buche ſolche Autores angezogen werden, die doch nach dem vorgefee
sen Scribenten geleber haben; ſo iſt es nothwendig dem Aucori fälfchlich zugefchrieben. Na, >
5. Ingleichen, wenn fih neue Redensarten, Wörter, oder Sachen, Gebräuche, Satı
gen ac. finden, die zur Zeit des vorgegebenen Autoris noch nicht befannt gemefen. ae
6. Es pflegen aud) gemeiniglich die Auroresimmer von denen Streitigkeiten —
len, und die Begebenheiten ihrer Zeiten zu ſchreiben, als Cyprianus von der Annehmung der
lenen, Athanaſius, Hilarius und andere von den Arianern, andere von andern Streitigkeiten.
Wenn nun ein Buch von denen Ketzern oder Dingen handelt, die nach feinem Autore erft befanns
worden, fo kann es unmöglich demfelben zugebören.
7. Der fiylus und ganze Redensart mit ihren eigenen Characteren und Kennzeichen, Zus
ſammenhaͤngung und Schlieffung, Figuren und Methode, zeiget gar deutlich an, ob ein Bud) mit
den andern Schriften eben des Autoris wohl und genau eintreffe, indem e8 leichtlich Feiner fo genau
treffen wird, wenn er ihm nachaͤffen wollte. Alſo findet man viel Schriften unter denen Patribus,
die ausdem und jenem berühmten Kirchenvater zufammen geflichet find, und ihren Namen vor der
Stirne tragen, dennoch) aber alsbald durch die lahme Connexion und Berfnüpfung ſich blos geben.
Siehe Auguftinum Epift. XLVIIL, ie
3. Roch vielmehr giltdiefes, wenn gar böfe und gortlofe Meynungen darinne ſtehen, von wel⸗
chen man weiß, daß der vorgegebene Autor ihnen feind geweſen. Br *
9. So geben auch eine groſſe Nachricht diejenigen alten Scribenten, die von denen Kirchen⸗
ſchriften ausfuͤhrlich geſchrieben, und ihre Namen, Junhalt und Abſichten erzehlet haben, wie ſie zu
ihren Zeiten in der Kirche bekannt geweſen. Dergleichen wir noch haben an Eufebio, Hieronymo,
Sophronio, Gennadio, Ildefonfo, Honorio Auguftodunenfi, Sigeberto, Photio, Trithemio uud
andern. —
‚20, Ingleichen, wenn ein Scribente ſelbſt feine Bücher aufgeſchrieben erzehlet, und in andern
angezogen, oder gar corrigiret hat. Wie etwan Auguftinus in feinen Retractationen oder Wieder
rufsbůchern nebenft andern gerhan hat. u — 2— *
Endlich iſt derjenige am tuͤchtigſten von dergleichen zu urtheilen, der allerhand Bücher
durchgegangen, und wie eg nicht anders ſeyn Fann,viele Documenta, Beweisthümer, Judicia und ans
dere Urkunden beyſammen hat, dadurd) er folche Schriften auf die Probe fegen fann. Und weil
diefes mic Verluſt vieler Zeit, Muͤhe und Koften gefchehen müßte, fo feblet es auch disfalls an guten
und erfahrnen Leuten nicht, welche ung diefer Arbeit in etwas überheben,ob es gleich ein Verſtaͤndiger
nicht auf fremden Bericht und Credit anfommen läßt. Denen elebrten find hierinnen bekannt
(naͤchſt dem gedachten AndreaRiveto und denen Hiftoricis Ecclefiafticis ) deg Roserts Coci
Cenfura ScriptorumS. , welche indie 6 mal aufgelegetworden. Darızus de ufu vero Patrum.
Hyrzrıus de fludio Theologix. Horrıngea: introdudt. ad Lectionem Parrum & Catalog.
Script. Eeclef.fuppofir. it.: Bibliotheca Theolog. Frıp. Gr oxovıı Obflerv. in Script. Ecelef,
ScuLrerı Medulla Patrum. Caveı Hift. Liter. Seript.Ecelef. Aus. Varenıı Rationar.
Theol, de Seript. Eecl. I. & II. Sec. .Cnemnırı Oratio de Lectione Patrum ejusdem l.ocis
pıafixa. Borsaccı Patrologia, GERHARDI Patrologia. J. G. OrzArsı Abacus Parrolog,
ME1ıERX
WVrcorbericht. it
. Vocısr: Introduft. univerſ. in Not. Seript. Bosri Noti-
Seript. Eccl. ruRı Propyleum, Sacırrarıı neueſte Introduction. Ingleichen
aus den Pabſtiſchen Scribenten Sıxrus Senensis in Biblioth. S. Possevinus in Appa-
ratuS. VırLavıncenTıus de ftud. Theo. Harroıxıus inVitis, feriptis & Documen-
tis (eript. Orient. Betr armınus de (cript. Eccl. cum Append. Philol. Pr. Lanseı & fup-
plementis ou Saussar & Ounını Laser Bibliotheca Bibliothecarum cum Augm. Teıss-
gıı Mir ı Biblioth. Eeclef. und andere dergleichen.
| iefe und dergleichen Fönnen endlich zur Genuͤge zeigen, was ang fo vielen alten Schriften
anzun ſey oder nicht. Wiewol auch unter denſelben ein Unterſcheid zu halten, daß man nem ⸗
lich denen Papiſtiſchen Criticis nicht ohne klaren Beweis traue, wegen dev bekannten Untreue und
partepifchen Urtheils. Dabero vor andern hierinnen unter den Gelehrten Cocus, Riverus uud ohne
laͤngſt der Hr. Cave beliebet worden.
Nachdem num auc) in diefer Vorftellung, die dem Leſer anjego vor Augen geleget wird, die
Frage alleine von gefchehenen Dingen an fich felbft ift, nicht aber eigentlich und hauptfächlich, wars
um, und aus was Urſachen dis und das geſchehen; und aber biebey ſolche Documenta und Urs
kunden uns nothwendig enefcheiden müffen, die richtig und bewähre befunden werden: Als fie
de mic) gemuͤßiget, zuförderft demjenigen Leſer, welcher aus Mangel der fateinifchen und andern
Sprachen von ſolchen Büchern, die er hie angezogen findet, Feine Nachricht und Gewißheit haben
Fann, einen kurzen, aber deutlichen und umparteyifchen Bericht zu erftatten. Bor die, fo ihnen
felbft zu helfen wilfen, ift bier nichts gefchrieben, indem fie es ſchon aus andern Büchern nachſu⸗
chen Fönnen, deswegen ich es auch fo deutlich machen will, alses möglich fälle, ch muß aber zu«
u bit einige nöthige Puncten disfalls voraus fegen, damit man fie nicht immer zu wiederholen
noͤthig habe.
1. Werde ich nur derjenigen Schriften Glaubwuͤrdigkeit zu erweiſen ſuchen, welche entweder
ſelbſt Hs etlichen vor untüchtig gehalten, oder in zweifelhaften und ſtreitigen Puncten hier angefübe
ret werden.
2. Was in folhen Materien angezogen wird, dievon jedermann vor genehm und gut gehal⸗
ten werden, das braucht Feines fo genauen Beweifes. Wie denn der Leſer unterfchiedlihe Schrife
ten allegiret finden wird, die entweder dem Autori nicht zufommen, welchem fie zugefihrieben
werden, oder in folgenden Zeiten gefchrieben worden. Er wird aber aud) allegeit dabey anmer-
Fen koͤnnen, wie es in indifferenten, unftreitigen oder nicht gar zu alten Begebenheiten geſchehen,
oder auch, worinnen einige verwerfliche Dinge vorfonmen. Alſo, daß fie oft nur zu mebrerer Er:
klaͤrung und Beſtaͤtigung der Harmonie bey den Alten oder auch zar' avIpmzov zu allen Zeiten
angezogen worden.
u Mas entweder gar nicht oder in geringen Umſtaͤnden angeführer wird, das bedarf
wid lange nach feinem Werth oder Unwerth unterfuche zu werden, mehrere Weitlaͤuftigkeit zu
eiden.
4. An die offenbar⸗ falſche und eingeſchobene Buͤcher, Legenden, Liturgien, Evangelien und
andere, will ich nicht einmal gedenken, nachdem ich nichts zum Beweis gebrauchen will, als was
nach Einſtimmung der erfahrenſten und gelehrteſten Criticorum durch gewiſſe Gruͤnde vor unver⸗
werflich angenommen werden muß. Viel weniger aber werde ich etwas nach meinem Sinn erdich⸗
ten oder dem Leſer obtrudiren.
5. Wollte jemanden die Menge der angezogenen Derter befremden, der erinnere fich, wie er
‚mit gleichwol ohne fattfamen Beweis nichts zu glauben willens fen, und daß diefer muͤſſe aus den
Zeugniffen vieler Autorumherflieffen, und der Sache den Ausfchlag geben.
6. Endlich achte ich vor noͤthig, von denen Scribenten bismeilen einige Umftände aus ihren
Lebensbeſchreibungen beyzufůgen, ſoferne fie zur Erläuterung ihrer Schriften und deren Glaub⸗
b 2 wuͤrdig⸗
— — — Vorbericht. — ⏑ = m ner nem ecnag — —
wuͤrdigkeit dienen, und ihre Abſichten, Altiones und Lehren deutlich ma, . Die Zeit, ive 1 fie
gelebet, will ich aus dem Hn. Cave und andern, nach dem Alphabet, zu bequemer und gefchwinder
J Pr,
Unterfuchung hieher fegen, damit in denen unterſchiedenen Meynungen der Chronologorum man
der Wahrheit näher zu kommen nicht gehindert werde. Die Editionen, fo ic) gebraucher, find une
noͤthig zu gedenfen, theils weil fie doch niemand wol alle eben fo beyfammen haben, oder finden
and nachſchlagen wird, theils weil ich etliche von ſolchen bisweilen fehr varen Büchern bereits
vor langer Zeit excerpiret, deren editiones ich) nicht annotiref, auc) hernach nicht ———— r⸗
kommen koͤnnen. Indeſſen iſt doch alles nach denen Buͤchern, Capiteln, Numern und andern
gemeinen Eintheilungen richtig angewieſen worden, die in allen Editionen zu finden find, und wer⸗
—* alſo nur diejenigen Schriften nach den Paginis allegiret, die ſonſt Feine andere Abtheilung
haben. — "AR
Sernmebee wollen wir in möglichfter Kürze die Schriften der vornehmften und hier angeführten
- Autorum anfehen, und von einem jeden zeigen, ob und wieferne man fich anf diefelbe zu vera
laſſen habe. Die Drdnung ſoll nach ihrem Alterin acht genommen werden. 7 u... 2
I. Clemens Romanus.
Wird feiner Perfon nach von Paulo felbft gerühmer Philipp. IV, 3. wie e8 die Alten einftimmig
von ihm verftehen, Eusezıus im III. Bud) der Kirchenbift. Cap. 12. und Hırronymvs im
Regiſter der Kicchenferibenten; Terrurrıanus nennet ihn Petri Sünger im Buch de pre-
fcriptione wider die Ketzereyen Cap. 32. und, Iren zus bezeuger im LIT. Buch Cap. 3. daß er
Die Apoftel felber gefehen, und ſich mitihnen immerbefprochen habe, da er noch die
Lehre der Apoftel vor feinen Augen gehabt. _ f Bi
Bon diefem theuren Zeugen JEſu Ehrifti haben wir einen febr herrlichen Brief noch übrig,
über deffen Gewißheit nunmehr die Gelehrten meiftenepeilseinig find. Die beften Gründe, daß
er von ihm gefchrieben fen, find folgende: (1) Es ziehen ihn viel uralte bewährte Scribenten an,
mit denen Worten und Innhalt, wie wir fie noch darinnen finden, IRENn zus nennet ihn eine
ſehr mächtige Schrift, dadurch er die flreitigen Corintber im Namen der Gemeine
von Rom wiederum zum Srieden verfammlet hat, und ihren Glauben erneuert,
auch ihnen die zuvor vondenen Apoſteln empfangene Lehre verfündiget. Hızro-
‚u ymus ziehet diefe Worte an über dasLil. Jefaie: Der Zepter BÖttes, unfer HErr JE
fus Chriftus Fömmt nicht inPracht der Hoffart, da er doch alles vermag. ſonder
in Demuth; And über Ephef, IV. wer kann das Band der Kiebe GOttes befchreiben?
Orıcenes lib. II. zegi dexav und Pnorius Bibliorh. Cod. 126. gedenfen aus ihm der Wels
gen jenſeits des Meers. Der Autor der Fragen an die Rechtglaubigen, welche dem Märtyrer Ju-
fino zugefehrieben werden, beweiſet daraus, daß das Gerichte über die Welt durchs Feuer geſche⸗
hen werde: Welches alles und jedes in dieſer Epiſtel, wie wir ſie haben, zu finden iſt. Ein geringer
Serupel koͤnnte entſtehen aus den Worten, die Baſilius M. aus ihm anfuͤhret im 29. Cap, von dem
‚Heil, Geift, die doch nicht mehr drinnen ftehen, Esift aber zu wiffen, daß eben von diefem Brief
einige Blätter untergangen find, auf welchen fonder Zweifel diefe Worte geftanden, wie man ein-
muͤthiglich davor halt, und nicht anders fhlieffen Fann. (2) Es find auch unbetrügliche Kennzeichen
der alten Apoftolifchen Lauterkeit und Einfalt in diefem Briefe,und wenn ein gottfeligergefer darüber
koͤmmt, wird er darınnen Feine geringe Kraft und Nachdruck finden, . Die Redensarten find
auch ſchlecht, und doch nachdruͤcklich und deutlich, niemals aber hochtrabend, gefünftelt oder affedti-
xet, welches alles ein unparteyifch Gemüth von der Wahrheit deffelben überzeugen kann. Beſiehe
ParrıT. Junıum inprefat. GRoTıum und ConrınGıum injudicio. (3) In der alten
Kirche wurde diefe Schrift febr hoch gehalten, alfo gar, daß fie Öffentlich in den Gemeinen gelefen
wurde, wie EuszBıus, HıERONYMUs und Puorıus an gedachten Orten gedenfen, Miu
auch einet nderbarenund nuͤtzlichen Brief nennen. Decgleichen Lob ihr die
an enten haͤufig beylegen. Unfer as nennet ihn unvergleichlich, darinnen
Diefer Apoftolifcheund vortreflihe Mann den fanftmüthigen und herrlichen Geiſt
des Evangeliimitlebendigen Farben abmahle p. 372. des erſten Chriſtenthums. Andere
erfahrne und gelehrte Maͤnner reden gleichfalls mit groffer Ehrerbietung davon, und halten ihre
Zeugniffe fi hoch. Siche die Edition Junsı (Oxfurt. 1633.) und MADERI (Helmftad.
1654.ingt und diedafelbft in groſſer Menge angefuͤhrte Einſtimmung alter und neuer Autorum,
Venxperını Divinatio.de tempore Clementis, CoLomesiunore, fonden 1637. in.gvo und
Jo "er, Oxfurt. 1677. JoR. CoTELErıı Parif, 1671, und PrıLır. Lass im erſten To-
mo det Conciliorum Paril.1672. Sonftvertheidigen fie auch roider alle Einwürfe G.J. Vosstus
im IL. Buch von der Abgoͤtterey cap.99. und ſein Sohn Isaacus in den Anmerkungen über Bar-
NABEEpiftelp. 310. GroTivs und Conrınc.le. ScheLstraTen im ILI. Theil der Erlaͤu⸗
terten Antiquirät im 3. Difcurs Cap. 2. DANN HAuER(n feiner Chrifteid, p. 277.280. HOoRrNE-
zus im IL Buch der Kirchenhiſt. Cap. 1.n, 8. u. f. und noch zuletzt Frın. Spawnemius Sec],
n.10.p.30. Rıvzrus aber im J. Buch feiner Gritie.c. 8. und Vorrıus im L. Theil der fonderba«
ven Dilputationen p. 103. gefrauen fic) zum wenigften nicht zu widerfprechen,
\ Mas Sanvıus damider einwenden wollen, nemlich daß Clemens nirgends Chriftum auge
druͤcklich GOtt genenner bat; das widerleget GarDınerus im Anhang derfelben Kirchenhiſt.
pP. 108,
Demnad) fteber die Guͤltigkeit dieſes Briefes feſte. Indeſſen ift nicht zu leugnen, daß wol ei-
nige Sachen von andern mögen darein gebracht ſeyn, welche fich dann bey genauer Unterfichung
felbft ziemlich verrathen, wie man in der Marerie von den erften Biſchoͤffen klar ſehen kann. Diefes
aber benimmt doch dem übrigen richtigen Tept nichts, ja e8 machet ihn durch den Gegenſatz deſto Foft«
barer. Betreffend aber die andere Epiftel, iftdavon nur ein Elein Stück übrig, und wird fie von den
meiften Alten nicht vor diefeg Clementis Arbeit gehalten, doch feheiner fie nach Grotii Urtheil um das
erfte Jahrhundert gefihrieben zu feyn; Epiſt. 154. ad Gallos. Beſiehe meine deutfche edition zu tür
neburg 1695. 12mogedruct. Bon andern Schriften, die dieſem Clementi bengeleger werden, babe
ich nichts angezogen, ohne nur die Recognitiones, oder Erzehlungen von des Apoftels Pewi
Reifen und Theten, und zwar in folhen Sachen, die niemand leichelich in Zweifel ziehen kann.
Daß ein folch Buch bey den Alten vorbanden gemefen, iſt gewiß, weileg GEn nApıus im Catalogo
der Kirchenferibenten Cap, 7. Rurınusinder Schußrede, ORisEnEsimd Pnorrus Bi-
blioth. Cod. 112.113. gedenken. Der Herr.Cave inHilt.Lirer/ See) I. p. 19, merfet an, u
Origenes ſchon in feiner Philocalia Cap. 23. ſie unter dent Titul der Reifen Petri mie den Worten att-
führe, die man noch im 10. Buch ganz finder. ., Ingleichen iſt ein groffes Stück aus dem Bardeſane
beym Euszr1o im VI. Buch der Evangel, Vorbereitung zu feben, dasim 9. Buch auch nod) ſtehet.
Gieichfalls befennen andere, daß diefe Bücher ſehr alt ſeyn müffen, worunter auch Bart nıus iſt
lib.XLV. Adverf. Cap, 5. der fie zwar. will alg einen Apulejum oder ander fabelhaftes Buch gelefen
wiſſen, ungeacht er gleichfam alsbald ſich corrigire, und fie aller guten Dinge vollpreifet, eben wie
VEnDELINDS fie nicht gänzlich vor erdichtet oder comödienhäftigerfönneh kann, (Divin.deClem:
‚Daß viel fremdes hinein geflicfer worden, ift mol nicht zu zweifeln, und daber mags kommen, daß
ATHANASıUS unter dieapocrypha geſetzet. Wie denn Erıpmanıus erwehuet, daß fie von
den Ebioniten corrumpiret worden. Dem feyaber, wie ihm wolle, fo Fann doc) ein Verftändiger,
der ſie lieſet, ſehr viel Gutes daraus nehmen, ob man ſchon keine deutliche und unbetruͤgliche Gruͤn⸗
de von dem allererſten Chriſtenthum daraus holen kann. Genug, daß fie vor ſehr alt von alten und
yeuen Autoribus erkannt werden, Eben dieſem Clementi ſchreibet man auch die Conſtitutiones Apo-
‚Ktolicas oder Apoſtoliſche Verordnungen zu, welches aber der Hr. Cave praf. des Chriſten⸗
thums p-20. dor eine närrifche und ungereimte Meynung bälc,dabey ich es auch billig bewenden faffe.
— F— 63 Und
Und gleiche Beſchaffenheit hat es auch mit denen Apoſtoliſchen Canonibus oder Regeln, die
diefer Clemens fol zufanmen getragen: haben, welches die Gelehrten einmüthig widerlegen,
Nur ſtoͤſſet es ſich noch an die Zeit, wenn fieauffommen und bekannt worden. BevErBGIıUS
feget fie gar indas Ende des andern — p-4. adSynodicum, nur damit er die Hoheit der
Biſchoͤffe und andere neuere Gebräuche legitimiren koͤnne. Den aber ohnlängft LARRoQuanus
widerleget hat in Obferv. ad Vindic. Ignat. 9. Cave will fie weder vor gar zu ale noch zu nei halten,
fondern fuchet zu erweiſen aus andern Canonibus, welche ſich auf diefe beruffen follen, Kinn 1
Nicenifchen Coneilio befannt geweſen. Allein die Worte, fo er p. ı7.und 19. anführet, Fönnen
füglicher fowol von den Canonifchen Büchern Heil. Schrift, als der hergebrachten Gewohnheit in
der Kirche verftanden werden. Denn esheiffer in allen dreyen Orten in Griechifchen, dexatog xa-
vov, amosorinds za ennAyriasinds, infingulari. Nun nenner ihn Bafilius nicht Apoſtoliſch, fo er
doch, feiner Meynung ein Anfehen zu machen, würde gethan haben, wenn man fie zu feiner Zeit ger
habt und aufsmwenigfte vor Traditionesder Apoftel gehalten hätte. Der andere Dre fieher ohne
Zweifeb auf des Apoftels Regel Tit. III, 10, welche von diefer Sache deutlich genug ift, und von
Balilio eher und lieber alsdiefe ungewiſſe Canones wird citivet worden feyn. Im dritten Orte redet
Conftantinus M. vielmehr nad) der Art feiner Zeiten, da man dem Worte GOttes immer dietradi-
tiones an die Seite zu fegen anfieng, welches an feinem Dre bewiefen werden wird. Die Nichtigfeit
der andern Gründe,vom Nicenifchen Concilio genommen, hat Dar zus klar gezeiget, ob fie gleich
der Herr Cave abfolur und ohne dabey gefegte Urfachen (daher fie auch noch feftebleiben ) verwirft.
Siehe fein 111. Buch de Pfeudepigr. Apoftol.vom r. bis aufs 21.Cap. Dem fey aber wieihm wolle,
fo gilt doc) ihr Zeugniß von den aͤlteren und reinern Zeiten gar nicht,ale welchen diefe Seribenten die
hernach aufgefommene Pracht, Titel und Ceremonien eben daraus vergeblich andichten. Dieſes aber
ift daher unwiderfprechlich, weil jedermann unter den Gelehrten gefteher, daß fienicht alle zugleich,
fondern fehr viele erft in folgenden Zeiten hervor gefommen. Dahero ihre Autorität wegen der Uns
gewißheit ihres Urfprungs, zumalenin folchen Puncten, aufeinmal dahin fälle. Wobey man fich
denn auf eine groffe Menge einftimmiger Autorum beruffen Fönnte, wenn esnöthigmwäre. Endlich
habe ich auch aus denen Clementi fälfchlic) zugeeigneten Epiftolis Deereralibus nichts zum Beweis
angeführet, weilfie einem gleich im erften Anblick ungefchickt und verdächtig fallen muͤſſen.
II. Barnabas. ;
War einer vonden 70 Juͤngern und mit Paulo zugleich mie unter die Heyden geſandt, welche
auch fein gedenfer, ı Cor. IX,6. Gal. I, 1. 13. Seine Geſchichte wird daher meiftens mit Pauli
Geſchichten zugleich erzehlet, in der Apoft. Gefch. Cap. XI, 22.25.30. c. XII, 25. XII, r.u.f.
Cap. XIV, 12. c. XV, 2. u. f. und zwar Cap. IV, 36. wird ergerühmet, wie er feinen Acker verfauft
und das Geld der Gemeine gewiedmet.
2. Bon diefem theuren Manne haben die Alten einen Brief angezogen, der An. 1645. von
‚Hugone MENARDo, hernach An. 1672:60n IsAAco Vossıo,undmeitervon Jon. CoTE-
‘LERIO, STEBHANO LE Morxeund andern Griechiſch und Lateiniſch heraus gegeben worden,
Die Gelehrten beweifen meiftenstwohl, daß es allerdings derjenige fen, welchen wir annod) haben,
fonderlic) weil diejenigen Oerter fich drinnen finden, die von denen Alten erwehnet find, Es ziehen
‚ihn aber an Origenes lib. LC. Celf,p. 49. Eufebius lib. III. c. 13. und ſonderlich Clemens Alexan-
Arinus an vielen Orten, Dahero niemand gewefen, derihn nicht dem Barnabz Bin
net habe, weil nichts derinnen ift, das mit feiner Zeit nicht überein Fame, wie Jos
eBEARSoN in Ad. Leib rr.$&ro. und mit ihm anderegeftehen. Ob gleidy Spanhemius daher den
Autorem in das II. Seeulunifege l.c, "Siehe Sandıum de fer.Eccl. p. 5. Cave Hilf. Liter,
Bi — I Yarıs um inA. p,310. Eriam ou Pın Tom. I. Ser. Eccl. p.15. BuLLum
„Beienl, Fid, Nic, p. 24. und D. BeseL rum Antiquit, Ecch, Sec, I. art I. P-2« —*
%
Betreffend aber den Zweifel, der aus Eufebio 1.c. gemachet wird, weil er den Brief unter
oda oder unächte Schriften fegers fo ift hingegen längft erwiefen, wie diefes.vodes nicht eben
eich etwas falfches odermnächtes bedeute, Denn fo müßte man auch von den Epifteln Jacobi, Ju⸗
dä, der 2. Petri — 3. Johannis alſo ſchlieſſen, weil fie Eufebius 1.c, eben auch unter ſol⸗
devoda zehlet. ondern es heiſſet nur eine ſolche Schrift, die damals noch zweifelhaftig war wer
gen ihrer Be ya und nicht gleich in den Canonem der Heil. Schrift aufgenommen wurde, daher
HıErRonvMusi
RoNYMus,ihn inter apocrypha feßet, Cat. Ser. e.6. Daß der Stylus etwas ſchwer und un
deutlich iſt, und nicht mit allen fo genau uͤbereinkoͤmmt, ift von einem gebornen Juden faft nicht an»
ders zu vermuthen. Daß er auch) etliche Dinge aus andern Apoeryphis und verloren Juͤdiſchen
Schriften anführet, machet ihn fo wenig verwerflich, als die Epiftel Juda und andere, diederglei«
chenthun aus Enochs Weiſſagung, aus Jannis und Jambris Hifforien.f.f. Im übrigen ſcheinet
Autor der Zerſtoͤrung Jeruſalem zu gedenken, die er auch gar wohl hat uͤberleben koͤnnen.
5 5* hieraus fein Scrupel entſtehen kann, als waͤre der Brief langft nad) Barnabæ Zeiten
geſchrieben. —XR —
| Sonſt nennet ihn Origenes 1. c. ausdrüclih einen Catholifchen oder allgemeinen
Brick, Unter denen neueren Seribenten faget BEBEL1US ].c, er fchiene genuin oder richtig zu
ſeyn. Rıveruvs, ob er fchon gegweifele andem Autore, geſtehet doch, es fey nichts irrigesdrinnen,
and vielmehr ſey er voller H. Vermahnungen lib. 1. Crit, 6. , Der Herr SCHURTZFLEISCH in
Prælect. Hift. Ecel. nennet ihn eine gar feine und leſenswuͤrdige Schrift, anderer Zeugniffe zu ger
fihweigen. Siehe meine deutjche Dolmetſchung Lüneb, 1695. 1zmo.
II. Dionyfius Areopagita.
Wird erwehnet Ap. Gefch. XVII, 34. und fonft von den Alten fehr geruͤhmet. Don denen
Schriften aber, die unter feinem Namen herum geben, willich hier nichts gedenken : eheils weil ich
fie ger ſelten und nur in unſtreitigen Dingen gebraucht, theils weit fein Gelehrter und Berftändiger
unter den Proteſtirenden aus guten Gründen fie vor diefes Mannes Arbeit erkennen kann, wie ſchon
laͤngſt befannt iſt. Die Bücher aber, die man noch unter feinem Namen bat, find diefe: Wonder
Zimmlifchen Siersrchie, von den Höttlichen Namen, von der Rirchenhierarchie
von der geheimen oder Miyftifchen Theologie, und etliche Briefe an Titum, Johannem
den Evangeliften, Polycarpum und andere. Man ſchlieſſet aberausvielen Umftanden, daß der
Autor um das fünfte Seculum gelebet haben mag, wiewol DAı L. zus ihn in den Anfang des fechiten
feget, der fonft ein ganzes Buch davon gefihrieben hat, fo zu Genf ı 666: gedruckt iſt.
2. Nichts defto weniger aber ft ausdiefem Confens der verftändigften Criticorum von der Zeit
diefes Scribenten zu ſehen, daß er doch ſehr alt, und alſo in dem, was feine Zeiten bereift, wohl zu brau«
hen ſey. Wiedenn ihn nicht allein die Alten nad) der Zeit in vielen Stüdfen loben, die Jon. Pr-
ARSON are Vindic.Ign. P.L. c, 10. fondern aud) Beger.ıus.hc.p, 4. er. vor ibm urthei⸗
tet: Diefe Schriften find micht allerdingszu verwerfen. Dennesiftfehr vielaltes
drinnen nach Dannhaueri Yusfpruch Myfter. p. 371.110 viel nägliches, als von dem
Namen GOttes, Deswegen ihn Chemnitius lobet Loc. de Deo p. 28. 31. wie such im
Bericht vondem alten Rirchenregiment, it. deLeät. Pur,
er u. IV. Ionatins.
© Hat7 Briefe nefihriebennach Euse sr und Hrıeronrmn Bericht (kb. IT. H. E. e. 36. &
. Cat.Scr. ineo ) nemlich an die Gemeine zu Ephefo,Magnefia, Trallis,. Rom,Philadelphia,Smyrna
undanPolycarpum. Diefe haben wir noch Griechiſch, wir fie Ja c. Usser rus mit einer ſehr al⸗
ten lateinischen Ueberfegung und Is. Vossıus auseinem Exemplar der Bibliotheca zu Florenz edire
haben, Damider jwar Sarmasıus, Brownprrrus, Darızus und LARRoQuanus diel
’ ö eine
N Borbeeiche, —
einwenden wollen, ſo aber von Ham Mon Do indiffertatienibusadv. B ond. |
Vindiciis Ignatianisund andern wohl widerleget worden. Zum wenig ſten iſt
bier und dar einige Dinge in den folgenden Zeiten hineingeſchoben worden don
fhenfagungen und Mißbraͤuche in der Kirche mit der Apoftofifchen Männer Schriften aben ber
weiſen wollen. Ein erleuchtet Gemuͤth wird Hier, wiein andern, das Wahre von dem Falfchen une
terfcheiden Fönnen, und haben im übrigen — ſchon eine gnugſame Anfı
zugethan, als Ussnkaus, Vossivs, Prarsonl.cc Riveruslib, Hl c,2. und andere er⸗
gleichen Anmerkungen auch hier in noͤthigen Stuͤcken und am gehoͤrigen rt vorkommen werden,
Das beſte Kennzeichen gibt wol der Apoſtoliſche geiſtreiche Sinn dieſer Briefe mie dem lauteren und
gravitaͤtiſchen Stylo, davon das Eingeſchobene augenſcheinlich abweicht
2. Es hat aber von dieſen Briefen ſchon Polycarpus geſchrieben, daß der Leſer daraus ei⸗
nen groſſen Nutzen haben konne, weil ſie Glauben, Geduld und alles andere in ſich
hielten, was den Dienſt unfers ZErrn angehet: Epift.adSmyrn. Dergleichen Lob he
nen von andern alten und neuen a — Scribenten beygeleget wird. CHemnıTıvsS geftebet,
daß vielegutekehren darinnen ſtehen ,ob er ſie ſchon noch nicht vor Ignarii halten Fönnte,mweil
fie vielleicht nochnicht in Grundtext befannt waren. Or. de Leit. Patr, DAnnHAauverus Chrifteid,
p. 284. aber ziehet vielgutetehren daraus: Siehe au) BeseLium l.c, p.2. VArenıvm Ra-
tion, Sac,I.p.26, Der Herr Cave nennet ſie vortrefliche Zeugen der erften Gottfeligkeit,
Aischenlebnt und. des bifchöflichen Regiments, welches feßtere unten im H. Bud) wird
zu befehen feyn, Hift, Liter. p. 26. . Die Alten ziehen ganze Derter aus diefem an, und Fönnen fox
wol diefe Schriften als ihren Autorem nicht gnugſam rühmen, wie ers auch werth iſt.
3. Er ift aber Biſchof oder Auffeher zu Antiochia gewefen, und um des Namens JEſu wil⸗
len von den wilden Thieren zerriffen worden, nach welcher Marter er ein fo herzliches Berlangen im
Brief an die Römer begeiget, welche Worte auch) Euserıvs hat lib III. cap. 36. Andere merk⸗
würdige Dinge werden in dieſem Buche hin und wieder vorfommen. Siehe die deutfche Ueberſetzung
feiner Epiftel; tüneb. 1693. 1amo, 0 nn BR TS ONE EU ar
4. Die übrigen Epifteln, fodiefem Heil, Märtyrer und Apoftofifchen Manne zugeſchrieben
werden, verwerfen die verftändigften Autores insgemein, alsdie an Mariam Caflabolitam, an die
Gemeine zu Tharfen, Antiochia und Philippen, an Heronem, andie Jungfrau Mari-
am und Johannem den Apofkel, darunter die‘g legten gar nicht Griechiſch zu finden find, fie were
den auch von feinem Alten vor dem 6ooten Jahr Chriſti gedacht oder angezogen, da es erft von Ana⸗
ftafio Presbytero, Antiocho Monacho und Damafeeno gefthehen. _ Vid, Ufferius, Pearfon, Cave
ll.cc. Und verrarhen fie ſich bey einem erleuchteren Leſer alsbald felbft durch viele aberglaubifche,
verkehrte und affectirte Neden und Vorträge, alfo daß es bandgreiflich ift, wiefie ausden wahren
Briefen Ignatii und andern zufammen-geftoppele worden. Inzwiſchen find fie dennoch mirden an⸗
dern immer zugleich aufgeleget, daraus man den Unterſcheid defto leichter bemerken. kann.
in. ‚N... Polycarpus. art Son
Iſt von den Apofteln felbft noch uncerrichtee und mic vielen umgegangen, die den HEren ſelbſt
geſehen hatten, wie IKENvs bezeuget lib. III. c.3. Sein heiliger und Apoſtoliſcher Wandel
und ſtandhafter Martertod hat ein herrlich Zeugniß bey den. erſten Chriſten; und feine Lehre war
lauter und recht Chriftüich. Von feiner Epiftel an diePhilipper ſchreibt abermal IREnzus
beym Euszsiolib, IV, ©, 14. fiefey vortreflich, und Fönne daraus ein jeder das Fuͤrbild der Leh⸗
re und die Predigeder Wahrheiterkennen, wen feine Seligfeit ein Ernftfey,. " Und Prorıuszeu®
‚get, daß fie von vielen Ermahnungen angefuͤllet, und fehr einfältig, aber deutlich fey, nach Art eines:
Kirchenlehrers, Codice 126. Hızronvmus hält fievor fehr nöglich «17. Caral. Suıpası
vor wunderbar. v. Polyc. — —— „u
2. Nun
Ss
t. 17: **
n Namen übrig, undbisher von vielen Griechiſch und x
veifeln aber nicht wenige, ob es eben die ſey, die von den Al⸗
ıs wuͤnſchet, daß die alten Griechiſchen Exemplaria möchten
zuerſt geſchehen von Perro Harroıx in VitaPolyc, An. 1633,
R nano 1647. mit einigem Zufaß. Zum wenigften gefteben die Critici, daß
er irriges drinnen fen, und gebe ihr auch diefes ein groß Zeugniß ihres Alter«
ftenvon den Bifchöfen nicht unterfiheidet, welches doch in Ignatů Epifteln,
here Schuld, nicht gefchehe. Dahero aud) die Presbyterianer in Engelland jene
rechte Schrift halten, welches fie vom Ignatio nicht zugeben wollen. Wegen der
guten Sachen, die man noch darinnen finder, erkennen fie auch vor richtig Mane-
e£. adeedir. (uam Helmft. 1655. ConrınGıusepift,adhuncdeClem.Rom, Carov:-
ss Confefl. Mart. Sect. V. th. r4. Pearson Vind. Ignat.P.I.c.s. Harcoıx Le.not,adcıy,
Nararıs ALExANDeER Sec. I. Hift. Ecel. fel. P.I. p. 130. Sanpıus de ſer. Ecel. p. 20.
F. Sran#smıus Introd. H.E. Sec.I.p.62. Die andern halten fie entweder vor eines andern
Arbeit, weil fie den griechifchen Text nicht conferirenfönnen, oder fie fagen, es fey etwas hinein geſe⸗
get worden. Uns wird es hiebey an unferm Vorhaben nichts hindern, indem diefe Epiſtel kaum et ⸗
uͤchemal und zwar in befannten Puncten angefuͤhret wird.
VI. Juftinus Martyr.
1. Diefer hatte lange Zeit bey den Philofophis die Wahrheit und dag hoͤchſte Gut gefucher,
aber nichts gefunden: deswegen er endlich ſich zu den Chriftenbegab, dazu er firenemlic) von der
Unſchuld und Standhaftigfeit derfelben bewogen wurde, die ihm ben fo vielen Laͤſterungen der Fein
deindie Augen fiel. Worauf er balddie Schmach Chriſti mit tragen mußte, indem ihn fonderlich
ein gottlofer Philofophus, Crefcens, fehr anfeindete, und weil er ihm die Wahrheit fo Fräftig vor«
hielt, wurde er gar beym Känfer verflagt, und um Chriſti willen hingerichtet,
2. Bald nad) feiner Bekehrung hat er zwey herrliche Apologien oder Schugreden vor
die Chriſten an die heydniſchen Obrigkeiten gefchrieben : Nebft welchen aud) nachfolgende Schriften
ewiß ihm zufommen, nad) der Gelehrten Confens: 1) Das Buch von der HTonarchie oder
DS en Zerrſchaft GOttes. 2) Das Geſpraͤch mit dem Juden Tayrnon. 3) Die
Vermahnung an die Heyden. 4) Die Rede oder Erinnerungen die Griechen, weldye
auch Eusesıus IV. 17. Hırroxvymus defer, Eccl. und Prorıus Cod. 1235. erjehlen,
3. Diefe Schriften recommendiren die Alten fchon und TerturLıanus feget ihn unter die
Rirchenferibenten, welche als fürtrefliche und heilige Männer die Materien wider die Keger ihrer
Zeiten wohl ausgeführet, c. g.adv. Valent. Pnorıus fihreibtalfel.c. Diefer Mann iſt in der
Weisheit, fowol der unfrigen als der heyönifchen, aufs Höchfte geftiegen, und hat
eine geoffe Wiſſenſchaft in allerhand Gelehrſamkeit. Er hat aber diefe Weisheit
mit keiner Rednerkunſt eben —— wollen, Daher auch feine Redensart kraͤftig
und durchdringend iſt, und ſuchet niemand mit geſchmierten Worten anzulocken.
Erırmanıus her, 46. ſaget: Er ſey im Glauben ſehr geübet, und habe mit vielen
Uebungen in feinem Leben groffe Proben davongethan. Scarıser Animadv. ad Eu-
eb. IV.c.16. und BerLarmınus defer. Ecclef.n. 150. nennen ihn den erften und Alteften Seri«
benten nad) ber Xpoftel Zeiten; die Hiltoria Ecelef, Goth. lib. II. c. 3. (ct. 1. ein fonderbares
Licht feiner Zeit: weldhes au HornejusLib, II. H.E. c.4.n.12. und die CENTURIA-
ToREs MAGDe». befräftigen, ob ſie wol geſtehen, daß fich einiges finde, fo den Schein eines Feh⸗
lers oder Irrthums haben fönnte II. c. 20, pP. 164. Conf. DannAauer. Chrift. p. 924
& Cnrıstianı Nıranıı Justinussadv, Sanpıum aliorumque inculpationes injuftas
defenfus, Francof. 1688. edirus _
nad) von U
nichts verfä
€ 4. Die
Ge
Ä * Vorbericht.
» Die übrigen Bücher, fo man ihm faͤlſchlich zugefehrieben hat, findbie
Antwort an die Griechen. 2) Fragen und Antwort an die Rechtglaubige
3) Griechifche Sragen von GOtt, von der Auferftehung, u. ff. 4) Erklärung
Glaubens von der Dreyeinigfeit. 5) Widerlegung der Lehren des Ari
In dem 1) werden die Manichäer genennet, die doch erſt nach Jußino auffommen ind; in
ingleichen, wie auch Irenzus, Origenes und andere da genennet werden, quæſt. 82.86. 115. 8
nach ihm gelebet. Indeſſen geſtehen Rıverus und Cave, esfey viel herrliches und gutes drin⸗
nen, und der Autor müffe von einem fcharfen Verſtande und groffer Erudition gemefenfeyn, Eib. IT.
Crit. c. 5.& Hift, Lit. p. 38. welches fich im Leſen fatefam zeige. Das 3) verwirft auch Pose
xusinApparatuh.t. SyLsurGius und andere mit dem erſten, deffen Anhang diefesift. Die
Expofitio Fidei wird von Feinem Alten gedacht, die doc) Jultini Schriften erzehlen, unddiefes Zu 2
in dem Streit von der Dreyeinigfeit fehr hätten brauchen Fonnen, wo es damals bekannt geweſen
wäre. Andere gewiſſe Kennzeichen willich nieht berühren, weilich ohnedem hierinn der Critieorum
und auch der Theologorum Confens vor mir habe, DAn nn Auer. Chrifteid. P.904, GERHARD,
Exeg. L.deDeop. 348. Das teste habe ich niemals als ein Zeugniß angeführek; deswegen ich mich
auchnicht drum befümmere. Die Briefe an Diosnerum, ZEnam und SERENUM, darin⸗
nen viel fhöne Erinnerungen enthalten find, vertheidiget Cave wider BELLARMIıNUM, der oh⸗
nedem Feine Urfache weiß, warum er Jultinum vor ihren Autorem nicht erfennen will. H.L. p. 37:
Bielleiche hat ihm und feines gleichen die Wahrheit nicht angeftanden, welche diefer theure Zeuge
JEſu Ehriſti in diefen und anderen Schriften fehr herrlich vortraͤget. RE Ra
VII. Athenagoras. a
1. Lebete mit Juftino faft zu einer Zeit, mit deffen Schriften er auch. ofte ediret iſt, und zuletzt
zu Leipzig 1686. fol. nebenft Theophilo und Tatianoe. Es darf aber niemand mit Sannıo fich
wundern, oder feine beyden Schriften in Zweifelzieben, weil weder Eufebiusnod) Hieronymus ſei⸗ |
ner gedenken, Denn diefer richtet ſich ſtets nach jenem in den älteften Seribenten, und jener kann |
ihn leicht unter fo vielen überfehen haben. Indeſſen ziehet ihn doc) von den Alten MEeTHonıus |
anbeym Erırnanıo her. 64. % ;
2. Seine Schriften aber find: r) eine Schugfehrift vor dieChriften, und 2) ein
Bud von der Auferſtehung der Todten, welches abfonderlich mit des Herrn Rechenbergs
Anmerfungen An. 1634. herausfam. Bon diefen beyden zweifelt niemand, daß fie feine find; wie
denn Mermonıuvsl.c. undbeym PnoT1ıo Cod.234. ebendie Worte aus ihm eitiret, die noch in
feiner Apologia zu finden. Er wird auch vor einen treflichen und in der heydniſchen fowol als Chriſt⸗
lichen Theologia erfahrnen Seribenten gehalten, und vertheidigetibn DANNHAUERUS wider efe
liche Beſchuldigungen gründlich, und ziehet viel Wahrheiten aus ihm p. 309. ob er gleich) feine Fehler
auch nicht verfihmweiget,l.e,p.932. Andere ihm beygelegte Schriften find bier nicht allegivet.
VIII. Theophilus. ee a
Bon diefem Bifchof zu Antiochia haben wir die Bücher an AurtoLvycum noch, von der |
Ehriften Glauben wider deffen Berleumder, welche auch Eusesıus und Hieronymus rühmen |
(1V.H.E.c.24. & Catal.) Erfelbft war ein erfahrner Mann in den heydnifchen Lehren, denener |
tarıge Zeit angehangen hatte, und hat daher defto gründlicher ihre Greuel aufgederker, hingegen aber
den Grund des Chriſtenthums gegen die Feinde befläfiger, wie ihn auch die CENTURIATORES.
MAGDEBs, ruhmen IE c.7. p.131.169. DANNHAUERUS nennetihn einen guten Redner
und treuen Lehrer, wie auch einen ſcharfen Verfechter. c.p. 3: 1.und Beger. ıus meys
net, feine Fehler wären noch wohl zu entſchuldigen. Anı.S.p.ıgr. Bondiefen 2. Büchern wird
im übrigenkein Scrupel unter denen Critieis gemacht, die andern ihm angefchriebenen Sachen geben
uns hier nichts an, A;
‘ IX, Ta-
7 a se
Vorbericht.
— Br
N hr Jaftini gefefchifet, und mußte deſſen in der Verfolgung von Crefcente auch mit ent⸗
gelten. Nach de ode wurde er von vielen andern Chriften vor irrig gehalten, davon vielleicht
an feinem Ort erw net werden ſoll. Hier iſt nur zu gedenken von feiner Rede oder Buch wir
der die Heyden, darinnen erden Griechen fehr gründlich zeiget, wie Mofes und die Propheten älter
e alle ihre Weltweiſen, die das ihrige von jenen geborget hätten.
Dieſe Schrift wird von allen vor leſenswuͤrdig, gelehrt und treflich gehalten: Euszsıwg
nennet es ein ſehr ſchoͤn und nüglich Werk, IV. c.29:. Hırronymus Cat, c. 29. das
beulifke dert unterfeinen Schriften ; ihn ſelbſt ruͤhmet er, daß er durch feine Beredfan-
keit ſehr befannt geweſen. Er hat aber diefes, was wir noch von ihm übrig haben, vor feiner Ausſtoſ⸗
fung gefhrieben ; wie es denn von allen vor feine und zwar rechtglanbige Schrift erkannt wird.
Irenzus.
Re Bezeuget von ſich felbft, daß er Polycarpumnod) gehöret, und fein Leben und Lehren genau
m acht genommen habe, beym Euszsıo V.c,20. Hernach ifter der Gemeine zu Lyon vorgefegee
worden, und bat vielin der Kirchen gearbeitet, und dabey von Freund und Feind viel ausgeftanden,
wie er auch endlichein Märtyrer worden, wenn man eflichen glaubendarf, ineiner Sache zwar, da⸗
von die Alten niches gedenken, ob ihn wol Hızronvaus alfonennet in ERi.c. 64. Zum wenige
ften zeigen feine Berrichtungen, daß er nach dem Verlangen ein folcher geweſen. ”
2. Von feinen Schriften haben wir nur noch 5 Buͤcher übrig, die er wider die Greuel und gott⸗
loſes leben und Wefen der damaligen Keger ſchriebe, aber Schade ifts, daß der griechifche Text verfo-
zen gangen, und nur eine üble ungeſchickte lateiniſche Ueberfegung vorhanden ift, die im Ausgang
Des vierten Seculi gemacht feheinet, wie Dop werıus zu beweifen gedenfernach Caveı Bericht,
Le. p.41. Dod) ſtehen daraus noch ganze Blätter Griechiſch beym E rıpmanıo und DamaA-
SCEN 0, die auch ediret find von FEVARDENTIO, Harroıxıo und anderen,
192113, Seine Redengart hat noch viel von der erften Einfalt, welcher er fich nach feiner eigenen
Bekenntniß gerne befliſſen, pre£-lib. 1. und e8 weder anders gelerner noch annehmen wollen. Die
hart feheinenden Worte und andere Fehler koͤnnen nach der Liebe entſchuldiget werden, mo fie nicht zu
- peötbeidigen ſind, nach Herrn Cave Öutachten. Indeſſen reden die Alten von ihm mit groffen Re-
Jpeit, und nennen ihn einen Nachfolger der Apoftel und alten Gottesgelehrten, wie
ErapHAnıus her24. und zu; einen Mann der Apoftolifchen Zeiten, wie Hıeronv-
Müsep,29,ad. THEoPoRETUN; einen fleißigen Erforſcher aller Kehren, wie Ter-
TULLIANDS C. 5, cont Valentin, ; einen Eiferer vor das Teſtament Chrifti, wie die Ge
meine zu hon beym-Eusesıo V.c,4. Aus den neuen heiffet er bey ErAasmo in feiner Edition
‚ein groſſer Verteidiger der Kirchen, und nad) feinem Namen (eigyvn Friede) ein Wiederbrin«
ger des Rirchenfriedens;,bey Sızro Senensı ein Mann von groffer Gottfeligleie
und Gelehrſamkeit, lib. IV. Biblioth. p. 338.
uſonderheit von dieſen feinen Büchern ſchreibet Cunordx tc. Us Or. de lect. Patr. Sie
ſind hoͤchſt ig zu leſen, weil er von den Gruͤnden der Chriſtlichen — gruͤnd⸗
lich redet. Es ſind auch viele gute Lehren drinnen enthalten, und ſchreibet er vom
Glauben an Chriftum und der Rechtfertigung gottfeligund wohl: welches Jadicium
aud) Beserıus annimmt l.c. p. 196. DieHift. Eccl. Goch, feget, feine Autorität fey zu aller
Zeit groß —5 weil er nur im dritten Grad. nach denen Apoſteln gelebet hat,
dib. Ilse. 3. fell. ı. Be smus urtheilet davon nad) feiner groffen Erfahrung in dergleichen
5
Schriften, daß diefe Bücher nach der alten Rraft des Evangelii ſchmecken, und die
Redensarten 33 ewieſen, das zur Marter muß bereit geweſen ſeyn. Denn
die Maͤrtyrer haben ihren eigenen, ernſthaften, tapferen and mannlichen —A
2548 c2 teme
Item : Sie erweifen ein Evangelifches Herz und einen Candidate
Rıverus nennets gleichfalls ein gelehrt und ſehr beruͤhmt Werf Crit. IL. 6. Das
groſſe Demurh und Verlangen, ihrem Heiland recht zu folgen und auch zu genieffen,mäd; ig
ziehet viel Wahrheit aus ihm Chriſt. . 5393 —
5. Daß die ſe Ausſpruͤche wahr feyn, wird derjenige Chriſt erfahren, der mit iger We
heit und Gehorſam der Wahrheit diefe Schriften lieſet. Es leuchtet in diefen und dergleichen eine
und die Früchte zeigen gar bald, von welchen Geift diefe Herzen regieret worden. Sa, folche eif⸗
ten find noch Herrliche Denkmahle von der Seligkeit der Chriſten unter di sesfguriger. Oi DP |
to, —
ihnen die natuͤrliche Hoffart, Weltliebe, und ander Boͤſes mehr und mehr n, und fie deft
tiger machere, auch andere zu lehren. Dahero diefe Scribenten von dem erften Chriftenehum kr
tige Zeugniſſe geben, ob fie gleich unter dem Bezirk menſchlicher Schwachheiten gewefen, RT
i XL Tertullianus. >
1. Ein fehr geledrter und verftändiger feharffinniger Mann, nah Hıeron umı undfeiner.
eigenen Schriften Zeugniß, der auch fonderlich in den Rechten und anderh Schriften der Heyden
überaus wohlbelefen war. Er wurde zum Chriftenehum vom beydnifchen Leben bekehret, und bald
davanf ein Aeltefter in der Gemeine: Da er denn die Chriften, und bey ihnen die Zucht und gehre
der Kirchen, in einem ziemenden Eifer vertreten, und aud) wider diefo genannten Montaniften ges
fehrieben, die er doch hernach vor gut erfannt hat, TIEREN PER IR EB BEER
2. Bon diefer feiner Veränderung, da er insgemein, und fonderlich von den Papiften, befchule
diget wird, daß er von der Kirchen abgefallen und ein Keger worden, vergönne mir der wahrheitlie⸗
bende Lefer, meine Gedanfen aus Zufammenhaltung der Seribenten und feiner eigenen Schriften
zu entdecken: welches denn von einer gefchehenen Sache deſto freyer feyn wird, weil ich fehe, daß faſt
eben dergleichen fehon der gelehrte Herr CAve hievon eröffnet, fec, I. H,L. p.57.5 ohne was
auch DANNHAUERUS wider die Papiften disfallserinnert, Chrifl.p.362. Nemlich, es wird un⸗
ten im YIII. Buch Flat gezeiget werden, toie fehon damals viel Verderb und Mißbrauch bey denen Lehe
vern fich bie und da mit eingefchlichen. Dieſes fahe nun Tercullianus, undftrafte esfcharf)/alsein |
gottbegieriger (welches feine Schriften noch) alle weifen Fönnen, und Fluger Mann, nebſt vielen an⸗
dern, Er mußte auch den offenbaren Neid und Berleumdungen der Ehriften zu Romanfeiner Pete
fon erfahren. Dazu Fam, daß man ihn einen Montaniften,oder ihren Berfechter und Gönner neun⸗ |
te, ehe er es war ; ja, ihn gar abfonderre und verftieß. Nun fahe er auch auf der andern Seiten bey |
den Montaniften viel, das ihm indie Augen fiel, weil er die Hebungen der Gottſeligkeit mit groſſem
Eifer triebe und forderte, als Faften, Beten, Wachen und dergleichen. Daher dieſer ſcharfſinnige |
und kluge Manıı den Montanum als einen Propheten erkannte, der mit Wundergaben des H. Geis
ſtes ausgerüftet wäre, die verderbten Chriften wieder zu beſſern, unddie Evangelifche Lehre deutlicher
zu zeigen; wie Herr Cave urtheilet. Indeſſen ft nimmetimehr zu vermuthen noch ausfeinen Shrif i
ten zu erfennen, Daß er andere Mißbräuche und Irrungen gehabt, die man den Montaniſten Schuld
gibt, Eben alſo ſchlieſſet Baronıus, er ſey durch den Schein des heiligen Lebens betrogen worden
Ann. CCI,n. 12. ober gleich ſonſt dieſen Fall ſehr bedauret, und ihn eine grofe Thorheit und Blinde
eit nennet. Gleichwie die Papiften insgemein fehr auf ihm erbittert find, daß er die vermennde
— Kirche angegriffen und von ihrabgefallen ; worinnen ihm aber, wie in andern Beſchuldi⸗
gungen, viel Unrecht mit gehiehet, weil Hieronymus ausdruͤcklich ſchreibet, daß er durch den Neid
und daſterungen der Nömifchen Eferifey dazu gebracht worden fen, in Caral..h, v3" ers jene mit
:SPONDANO Ind-Nararı ALEXANDRO es falſchlich Allen auf feinen harten Kopf, oder gar
auf Ehrgeiz und Verlangen nad) dem Carthaginenfiſchen Bischum fchieben, dajenerinoch geftehet,
er fen von Proclo dazu bercdet wor den einem Montaniften, der etwas glunpflicher geivefen, ' Annal.
A GCH nn 4. KL IX, hiſt. Ecel Cap ſec·· p. 363. vn.
vun 3. Aus
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- Vorbericht. 21
— 3. Aus diefem und andern exhellet ſattſam, wie diejenigen Bücher Tertulliani nicht ganz zu
verwerfen wären, die er nach der Zei rieben, und damit er ſeinen Neidern und Laͤſterern ihr
Unrecht vorgeſteliet hat. In welcher Betrachtung ihm auch niemand verdenfen wird, daß er der⸗
gleichen nach ihrerböfen Natur lebende Leute Pſychieos oder Seeliſche und Natuͤrliche genen⸗
than, ihnen ihren Zuſtand auch dadurch zu zeigen; wovon vielleicht ein mehrers un.
net, wo er es gerhan, ihn
im kehren Bulhe, Es find aber die Bücher, fo er nach feinem Abrrit von der Römifchen Elerifey
gefchrieben, folgendes 1) Won dee Reufchheit, 2) von der Flucht in Verfolgung,
3) von Feſten wider die Pfyehicos, (von welchem Buche CHem nıraus fich freuet, alsüber
eine groſſe Wo h that GOttes, daß es noch ſey, weil es der Roͤmiſchen Kirchen in dieſem Punce wider⸗
dit, P.IV. Exam. C. T.p.219.) 4) von der Monogamia, oder daß man nur einmal hey⸗
raten ſoll, 5 ) die Vermahnung zur Reufchheit:
=) 4. Dieübeigen, die er vor die ganze Kirche gefehrieben, find: 1) Die herrliche Schutz⸗
fehrift wider die Heyden. 2) Das Bud) vom Zeugniß der Seelen, 3) Zwey Bücher
an die Heyden. 4) Eines von dem Mantel oder Aleid der Philofophorum. 5) Wider
die Juden, 6) Fuͤnf Bücher wider Mareionem. 7) Vom Gebet. 3) An die Märtyrer.
9) An Scapulam, den Lands hauptmann. ro) Von der Geduld. 11) Vonderpreferi-
ptione oder Vorrecht der Kirchen wider dieeger. 12) DonderTaufe, 13) Von
den Schaufpielen. 14) Don der weiblicyen Rleidung. 13) Wider Hermogenem
‚swey Bücher, 16) Wider die Valentinianer. 1% Von der Seelen. 13) Don dem
Str Chrifti. 19) Wonder —— des Fleiſches. 20) Von dem Kranz der
oldaͤten. 21 Yon der Verdeckung oder Derbüllung der Jungfrauen. 22) Wi⸗
der Praxeam. 23) Scorpiacum wider die Gnofticos. 24) Vonder Buffe.
5. Diefe Bücher alle find gewiß Tertulliani, nach dem Geftändniß aller Verftändigen,undden
gewiſſen Kennzeichen feiner fonderlichen Redensarten und Ausdrucks, der zwar dem Fünftelnden LA-
TANTIO, nicht will anftehen, ob er wol eine Dunkelheit mie Recht darinnen erfenner, lib. V. © r.
Mena fo hat er eine fonderbare Majeftät und mit Salz gemürzte Rede, die zugleich das Gemuͤth
vergnuͤget und exerciret, wie Herr CAvE wohl urtheilet, und ein jeder Geuͤbter ſelbſt erſehen kann. Da⸗
* ſich die andern Bücher gleich ſelbſt verrathen, die man ihm etwa zuelgnen wollen, als, von der
veyeinigkeit,undderdtief von den JudifchyenSpeifen,die man Novatiano beſſer, als Cypri-
ano zufchreibet, Siehe PAMmErıum in feiner Edition p. 737. und 764. it. NATALEM Auer-
xannrum Sec. I P.I.p.509. Die Gedichte, fo unter feinen Schriften zu finden, find nicht feine,
wie eg alle, ausgenommen PAMELıUs, geſtehen, der doch feinen Grund feiner Meynung hat.
6. Die merfroindigften Urtheile der Alten finddiefe, fofeen fie unparteyiſch in Anfehung feiner
Schriften noch verhanden find, _ Cyprianuslas ihn ſtets, und nennere ihn feinen Lehrer. mIERoN,
Cat. Eusertus in Chron. An. CCIX. bezenget von feinen Zeiten, daß er bey allen Gemeinen ber
rühmtgewefen. HıErRonyMmus fragerepift. 149. ad Orat. Was ift gelehrter als Tertulli-
anus? Mas i —— 7 Seine Schutʒſchrift und Bücher wider die Heyden
halten die ganze Gele
Helehrfamkeit aus den Se den infich, Vancentius Lirinensie
624. Commonit, iſt bey der Lateinifchen A irche unter den Unfrigen der Fuͤrnehm⸗
fie. Denn, u gelehrter als dieſer Mann? Was iſt in göttlichen und menſchli⸗
chen Sachen ter? Und nachdem er feine groſſe Wiſſenſchaft und Nachdruck im Schreiben
geruͤhmet, fhleu ter: Soviel Worte er hat, ſo viel Sprüche find da: forielSpräche
aber, fe wel Siege, et feinen Abfall beffaget, und Hilarii Meynung annimmt,
der Car ,5.in Marth vonigmfeger: Er habe durch den folgenden Irrt hům feinen fonft
bewa rten Büchern das Anſehen entzogen, nemlig) bey denen, die feine Zeugniſſe nicht
leiden 8 unten.
Aus denen neuen geftehet Chemnitius, feine Schugfchrift fey leſenswuͤrdig, weil
Inh c 3 fie
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22 u Vorbericht.
"fie den Zuſtand, die Gebräuche und Zucht der Kir en befchreiber, dele&t. Patı
‚mit Nutzen gelefen werden, als der älteitel ifche Rirchenvater. - G.Caiıxrus
meynet, man koͤnne ihm die Orthodoxie nicht abſprech n,fondern nurdie «xeißaur, und
‚genauen Sleiß, auf Schulart und mit Bedacht etwas vorsutragen, welches auch mit
Recht von ihm nicht gefordert werden Fonnte, weil er nach der Schrift zureden am ſicherſten hielte,
1. Osıander ſagt, er habe es wohl in etlichen beſſer gemeynet, als ausgedrucket, Hilt.Ecel. III.
lib.L.c.5. Monracurius und Dar zus nennen ihn ein Wunderwerk der Gelehrſam⸗
keit, P. ĩIl Annal.n. 15.&e.4. de jejun. & quadrag. Ba ronıus ſelbſt muß hekennen, er habe ei ·
ne vortrefliche Erkenntniß in göttlichen Dingen, und feine Bücher wider die Hey⸗
den, Juden und Gottloſen koͤnne die Chriſt iche Gottſeligkeit bisher nicht genug
bewundern, An. CXLVII.n.14. B. RurnAnus in der Vorrede feiner Edition geſtehet, ex
brenne gan; von der Liebe Chriſti, und Trırnemius de Seript. Ecel. er fey ſcharfſin⸗
nig und in goͤttlichen und menſchlichen Dingen hochgelehrt. "Anderer zu geſchweigen.
Ba XIE- " Olemens'Alexandemus.- 2.7720
1. Iſt zum Unterfheid Clementis von Rom alfo.genannt, weiler zu Alexandriä bey der Ge⸗
meine ein Aelteſter geweſen, und nach feinem exilio in der Verfolgung bis an fein Endealda gelehrer
hat. Womit er fih dann um die Kirche ſehr wohl verdient gemacht, da unter andern auch Origenes,
Arnobius und Alexander Hierofolymitanus von ihmfleißig unterrichtet worden, ie Ey
2. Ans feinen vielen Schriften find noch übrig in griechifher Sprache, fein Prdagagus, 008
Unterricht von einemguten Wandel,dieede und Vermahnung an ie Heyden,
die 8 Bücher Stromatum oder allerhand Lehren wie er ſie ſelbſt nennet, weil er die Wabthür
mit den Meynungen der Philofophen zufammen gehalten hat. Andere Bücher werden ihm zwar
bie und davon alten und neuen Scribenten bengeleget, die aber Hier nicht gebraucher worden, weil
noch alles davon zweifelhaftig iſt, und jene drey allein bey allen unſtreitig indd.
3 Die ihm hin und wieder beygemeſſene Fehler, die doch SPanhemıus ganz erträglich ach»
tet, Intro. H.E, fec. II. p. 64, haben die Alten niche abhalten Fönnen, daß fie ihtn und feinen —
⸗
en
„Patr. Items Er könne
i *
„ten nicht ein groffes$ob beygeleget. HLERONyMus Cat,c. 38, gennet Ötefe vortreflich e2
eher voller Gelehrfamkeit und Beredfamkeit, ſowol von der 3. Schrift,als von de
weltliben Wiſſenſchaften. Und im ‘Brief an Magnum ſpricht er: Nach meiner Mey»
nung ift er der ollergelehrtefte. Was iſt auch in feinen Büchern ungelehrt? Ta,
"was ift nicht mitten aus der Philofophie hergenommen?, EuszriusVl.&13. Er tra⸗
ge einevielfaltige Erkenntniß nech der wahren Weisheitpor. Rurınus Apol. pro
Orig. rühmet ihn als.einen Yelteften und gro — der Kirchen, einen Mann der
in allem Catholiſch und ſehr gelehrt geweſen. Trroporrrus nennet ihn einen bel,
ligen und hochgelehrten Henn, lib.1. Har.c.6. _ ne —
Josernus Scarıser hat ihn vor den allergelehrteften Rirchvater ae
pref. ad Chron. Euf., und CAsauBonus vor einen Mann von unerfchöpflicher. Yı ji et
(haft, Exsre, ad Baron. Appar, p.2; wie auch Baronıus felber An. CXCVI. 0. 22. fa et,
Sıxtus SEnEnsıs und Poss£vınus Appar.h, tit, borgen Hieronymo —— ib.
‚IV. Bibl. h.tit,;, wiewol ihm die Papiften ohne Bedenken viel Irrthuͤmer beymeflen, welches zwar
pon andern auch gefchiehet, nachdem er nemlich von diefer oder jener Meynung abweichet oder nicht,
"und der H.CSchriftefiva dabey vergiffer. D. DANN HAUER aber hat gar fein gen een, wi e man
dieſen Scribenten verfaͤlſchen und verdrehen wollen, Chriſt. p. 449.u. f.auch bie wa tens | m sus
‚Mm geaeiße£p- 331, M-T un ots) a
| XII. Minutius Felix. < Aush
1. War ein Advocat zu Rom, und befehrte fich hernach zum Chriſtenthum, iebte. ohngefeht
t um
— wor, penigften vor Cypriano, in deſſen Buch von der Eirelfeirder Goͤ⸗
8
wi
Benisiel mit eben den Worten ftehe ‚wie im Minutio. » Bon ihn ift noch ein Geſpraͤch vorhanden,
—— darinnen er dieſen mit einem laͤſternden Heyden redend einfuͤhret, und er ſelbſt
leichſam dabey den Ausſchlag gibet. —*
2. Diefes Buch wird von niemand in Zweifel gezogen, und eitivet ihn bald hernach Lacran-
rrus umd ſpricht: Man fehe daraus, wie gefibidt er hatte die Wahrheit vertreten
Fönnen, wenn er ſich ganz auf dieſes udium geleget hätte, lib. V.Infl.e.1. Hızronv-
mus ingleichen: Er habe in diefen und andern Buͤchern wider die Marhematicos (fo
verloren gegangen, ) nichts von den heydnifchen Schriften unberührt gelaſſen,
Epift. ad MagaumOrat. Wie er denn allerdings feine Nachricht von der Chriften Unſchuld und
Wandel gibt, und von den Liebhabern der Antiquitaͤt häufig angeführer, auch das Gefpräd vor
des Autoris Arbeit von Alten und Neuen angenommen wird.
XIV. Origenes.
1. Buͤrtig von Alexandria ımd von Ehriftlichen Eltern geboren, auch von ihnen wohl erzogen
und in dev. Heil. Schrift unterwiefen, Euserıus VLc.2. Geine Jugend hat er unter der Bere
folgung kuͤmmerlich zugebracht, da fein Vater von den Heyden bingerichter worden, und er feine
Muster mit 6 Eleinen Kindern allein mie Schulpalten ernähren müffen, weil ihnen. alle Guter ges
Nommenmaren, Darauf wurde er zum öffentlichen Catechiſmuslehrer befteller, und ftiftere ſehr
viel Gutes, Weiler aber fi im Fleiß, Gelehrſamkeit, und ſonderlich im eifrigen Chriſtenthum
treflich hervorthat, und von groß und Flein wereh gehalten wurde, trieb der Neid feinen Bischof,
Demetrium, und andere hernach, daßfie ihn fehr verfolgeten, ungeachter er. den gortlofen Ketzern
nichtsnachfahe, undan vielenauswärtigen Orten Streitigfeiten beylegte.
2. In feinen Wiffenfchaften geben ihm die Alten ein ganz ungemeines Lob, welche auch die
Henden an ihm hoch hielten, und von ihm mit denfelben auch die Eoeifliche Lehre meifteng zugleich
einfogen, Seine argften Feinde konnten ihm diefen Ruhm nicht nehmen, und mußten ihn immer als
ein groffes Werfzeug GOttes in Ausbreitung des Chriſtenthums erkennen, Wir wollen nur Vın-
CENTIUM Lirinensem, derfonft fehr eiferte, von ihm hören, e. 23.Commonit. In Origene
ift fo viel herrliches, fonderbares und wunderwürdiges gewefen, daß ein jeder an,
fangs meynen follte, man müßte feinen Sägen glauben. Denn wenn das Leben Cre-
die macht, fo ift fein Fleiß, feine Geduld, Keuſchheit und Leiden fehr groß. Thut es
das Geſchlecht und die Gelehrfamkeit, was ift edler, als er, der in einemvon der
Marter beruͤhmten — geboren, um Chriſti willen feines Vaters und feiner Gi»
ter beraubet undfelbit ofte gepeinigetift. Weiter war inihn fo einfcharfer, fo ein
tiefer, genauer und ſchoͤner Verftand, daß er faſt alle weit —— eine ſo trefliche
voilkommene Gelehrſamkeit, daß er alles in göttlicher und menſchlicher Weisheit
foftbegriffe, Seine Rede war fo lieblich und Flieffend, daß fie gleichſam als lauter
ZJoni BE Munde gieng. Was hat ernicht Elargemacht, das ſchwer gewe⸗
8 ift? Was bat er nicht ausgerichtet, das zuvor unmoͤglich ſchiene? Aber viel⸗
eicht hat er nur durch Vernunftfchläffe feine Meynung behauptet? Ta, vielmehr
hat niemand unter den Lehrern mehr Exempel aus dem Gefege GÖttes genom⸗
men. Auch bat Bein Menſch jemals mehr gefchrieben; daß sch davor halte, man
Fönnefeine Schriftennicht einmal alle finden, gefchweige durchleſen. Und damit:
ihm nichts mangelte zur Nothdurft der Gelehrſamkeit, hatte er auch ein gnugſa⸗
mes Alter erlebe.
3. So viel von feiner Perſon und Schreibart insgetnein, davon ſouſt noch die Alten ſehr viel ha⸗
ben, Die Verſtandigſten unter Alten und Neuen erkennen doch mis Chemnitio und L. Oſiandro,
FAX * daß
.- _ DBorberiht. — F
daß feine Sachen mit Verſtand wohl geleſen werden koͤnnen weil vieles darinner
gut und gottfelig fey, Or. de Lect. P. Cent. II. H. E. lib. I. e. 5. Gleichwie a nn dan
Theophilus Alexandrinus urtheilete beym Socrate VI, c.17. da er ihn einer Wiefei vergleichet, d
von man die Blumen ſammlen, die Dornen wegwerfen muͤſſe. Und Camodorus Cap. I. Divin.
Led. Wo Origenes wohl ſchreibet, da ſchreibet niemand beſſer; wo er aber übel
fehreibet, da fchreibet niemandübler, Und darum muf er mit Bedacht und Weise
beit gelefen werden, u.f.f.. Dergleichen Erinnerungen bievon faft unzäplig find, und Die
Kuͤrze wegen übergangen werden. tat —
4. Die Beſchuldigungen, ſo man ihm beylegt/ haben guten Theils ſchon damals viele abge»
lehnt, als Didymus, Eufebits, Pamphilius, Rufinus, wie auch ein ungenannter Autor beym Puovio
Cod. 117. der neuen nicht zu gedenken, darunter ſonderlich der. berühmte Huetius in feinen Origeni-
anis fehr weitlaͤuftig iſt. Die fürnehmften Gruͤnde will ich Eürzlich aus dem Herrn Cave hieher
ſetzen p. 77. Hiſt. Lit. 1) Orısenes hatvielin feiner Jugend bey den Plaronieisgehöret, das er
nicht fo leicht hat ablegen koͤnnen, an vielen auch find feine Zeiten Schuld, da man fehr zu allegorifi»
tenanfieng. So war er auch im Schreiben allzu eilfertig, und wurde durch unzählige Verrichtun⸗
gen gehindert und zerſtreuet, dazu denn der Eifer mochte fommen, den Ketzern zu widerfprechen, der.
ihm keinen lautern Yusfpruch ofte zufieß. 2) Viel hat er vorgetragen nicht alssehrfäge, fondern
nur als aufgeworfene Fragen und Problemata, die man zur Uebung vorbringe. Das meifte, mas
vor irrig gehalten wird, feßeter mit einigem Zweifel, und gibts weder vor eine gemiffe Wahrheit
aus, noch fordert von dem Leſer Glauben. 3) Die Bücher, darinnen die Irrthuͤmer follen ent⸗
halten feyn, hat er nicht vor die Kirche, fondern nur feinen gueen Freunden zum Privatgebrauch ges
fchrieben, viel weniger fie ſelbſt bekannt gemacht; ja, da fie von andern auggebracht worden, hat erg
fehr beflager und bedauret. 4) Viele Lehren, dieman an ihn verwirft, waren den damaligen Leh⸗
ven und Gebräuchen in der Kirche nicht zumider, fondern waren entweder tiefe und philofophifche
Fragen, oder undentliche ungewöhnliche Wörter und Redensarten. 5) Seiner Bücher find viel
von den Kegern verfälfchet oder gar untergefchoben worden, darüber er fchon bey feinem Leben gekla⸗
get: daher fo viel Derter find, die einander gerade widerfprechen. Diefe und andere Gründe Fönnen
aus unzähligen Zeugniffen der Alten erwieſen werden, und zeigen, daß ihm lange nach feinem Tode,
da man ihn öffentlich verdammt und verbannet hat, hoͤchſt unrecht gefcheben ſey. h
5. Das meifte von feinen Schriften hat man nicht mehr, dahero auch viel Streitens davon
zugleid) mit ihnen aufgehoben ift. Unter dem, was noch übrig, find die 8 Bücher wider Cel-
fum ſchoͤn und nüßlich, dievon der erften Chriſten Sauterfeie uud Wandel ein groſſes Zeugniß able:
gen, Ueber die 4, Bücher zeai dexav, oder von den Principien hates den meiften Streit ge«
geben. Die übrigen find die Gefpräche wider die Marcioniten und viel Erklaͤrungen und
Ueberfegungen der ganzen > Schrift. Darunter erliche in Zweifelgezogen werden, welche
Roserros Cocus Cenfura Ser. p.131. Rıverus lib. II, c.13. und andere unterfüchen.
Die Zomilien oder Predigten fiber das 3. Buch Mlofis und der Richter zeigen wol eis -
nen fateinifchen Autorem an: Die andern fiber etliche Oerter des Evangelii gedenken gar-
der Manichäer und Arianer, und nennen Hieronymum und Gregorium. Die über dns Hoher
Tied find aud) von feinem Griechen, aber doch von einem Ba erfahenen Mann gemachet, nach
Erasmı judicio. Das Befpräch von dem rechten Glauben an GOtt machet dadurch
von feinem Autore Zweifel, weil darinnen ſtehet, daß alleRönige und Sürften, die gottſe⸗
lig glaubeten, mitder Rirche verſammlet würden, welches zwar zu Origenis Zeiten nicht!
geweſen, er kann aber doch von Fünftigen Zeiten oder bedingungsiveife geredeebaben ——
6. Hier, in diefen Materien, habe ich, auffer den unſtreitigen Büchern wider Celfum, fehr
wenig angeführee, und zivar nur in befannten offenbaren Erzehlungen. Dahero alles hier weiter
zu unterſuchen unnörhig ift, weil ohnedem die Kürze in dieſem Vorbericht beobachter werden u;
— Vorbericht. 25
A XV. Gregorius Neocæſareenſis.
» 2. Diefen nennete man auch wegen feiner Wundergaben Thaumaturgum, oder den Wun⸗
derthäter, und machte ihn wider feinen Willen zum Aufſeher der Gemeine zu Neucaͤſarien, daer
den groffen Segen von GOtt erlangte, und die Leute, die Heyden waren, zum Glauben brachte. Er
erlitte auch viel von den Verfolgern und einbrechenden Barbaren, dabey ® immer recht wunderlich
S. und in dem 63. Brief,
BR wurde, Sonſt wird er von Bafılio M. fehr geruͤhmet wegen feiner groffen Gottſeligkeit,
16,29. de Spii
In
2, Seine Schriften find diefe: Als er von Origeng, den ers Jahr lang gehöre hatte, hinweg
that er eine Lob und Danfredean ihn, diemannochbat. 2) Eine kurze Ueberfe,
14 und Erklärung des Predigers Salomonis, welche Hieronymus diefem zueignet, und
m Nazianzeno abfpricht, in deſſen Büchern fie fonft ſtehet. 3) Bin Eurses Glaubensbe»
kenntniß, das bey den Alten hoch gehalten wurde, nebenft 4) dercanonifchen Epifteln oder
Rirchenregeln, die er wider erliche Unorduungen und Mißbraͤuche gefchrichen, und von dem feche-
een Synodo zur Kegel angenommen iſt. Wasman ihm font zufchveiber, gehörer hieher nicht, in
dem es nicht gebraucher worden, und einhellig verworfen wird.
VI. Cyprianus.
1. Ein Mann von fürnehmen Geſchlecht, fürtreflicher Gelehrſamkeit, groſſem Reichthum und
Pracht vor feiner Bekehrung, und. nach derfelben ein frommer Aelteſter und Bifchofin feinem Vater⸗
land Carthago, endlich auch ein Märtyrer JEſu Chrifti. In der Berfolgungift er vertrieben, und
hernach wiedergehofet und enthaupter worden. Bor die Gemeinen hat er viel gearbeiter und aus⸗
geftanden, und ob er wol aus Eifer in einigen Stuͤcken gefehlet, (davon an feinem Orte,) fo bat er
ſich doch um diefelbe Hochverdient gemacht.
2. Seine Schriften, die wir noch haben und von allen vor richtig erkannt werben, find dieſe:
ı) Ein Buͤchlein an Donatum, einen Neubekehrten. 2) Von der Goͤen Eitelkeit,
3) Don der Zucht und Habit der Jungfrauen. 4) Drey Bücher wider die Juden,
5) Zwey und achtzig Briefe an unterfchiedene von wichtigen Sachen geſchrieben.
6) Donder Kirchen Einigfeit. 7) Die Sermones vom Almofen, vom Eifer undYTeid,
von dem Nutzen der Geduld, von der Sterblichkeit, von den Gefallenen undihrer
Aufnehmung, vom Gebet des HErrn, Vermahnung sur Marter.
3. Unter diefe find erliche andere gemenget, die entweder in Zweifel gezogen oder andern Auto-
ribus beygelegerwerden. 1) Das Buch vonden Schaufpielen. 2) Don der Zucht und
Yrugen der Keuſchheit, Hateinen ganz andern ſtylum als Cyprianus, den einer leicht kennen
Fann; wieaudh 3) Das Lob des Marterthums an Moſen und Maximum. 4) Dasvon
den fürnehmften Werken Chrifti ift offenbarlich Arnoldi, des Abts in Bona valle, Arbeit ; wie
Jon. Ferrus in feiner Edition, und Darræus c.39. de Ign, Ser. beweifen. 5) Von den Spielern,
gehet aud) von Cypriani ftyloganz ad. 6) Don den Bergen Sina und Sion, geböret zwar
einem fehr alten Scribenten, nicht aber. diefem zu, eheils ausder vorigen Urſache, theils weil es aus
dem Ebräifchen die Erklaͤrung nimmt, das Cyprianus niemals thut. 7) Wonder Cleriſey Sins
gularität, iſt ſchon gründlich von Eralmo verworfen worden, Huetius erfennet es vor feine Schrift
diefer und folgenden Zeiten, lib. II. Origen. p.277. Jon. Ferıus ſetzet esgar unter Bedæ Zeiren in
feiner Edition. 8) Die Erklärung des apoftolifchen Symboli ift, nach aller Uebereinſtim⸗
mung, Rufini. Die übrigen verrathen fich vollends gar zu offenbar, als, das Bud) vondem Un.
glauben der Juͤden br eine Borrede eines, Celfus genannt, auf eine Difpuration Jafonis
und Papilei: Das Buch von der Öffenbarung des Aaupts Johannis, gedenfer des Koͤ⸗
niges Pipini, das andere vom zweyfachen Mlarterthum, gar der Türfen ıc. Die Gelehrten
finden alles genau unterfucher in den a beiten Editionibus Rıc AT und Ferrı, wieaud) dry
d Ber
46 —
BELLARMIN o, Rıvzfol.e. e. 14. Coco p. 139. Sanno de Ser. Ecel
Erotem.p.235. und andern. —
4. Ihn ſelbſt ruͤhmen die Alten gar ſehr auch in eigenen Schriften und Lobreden, als GRrEGE R.
N az. Orat.29. Paupenrtiushymn.;. Augustinus, FULGENTIUS und CHRY Gi
in Sermonen von ihm, Bn nopıus Tıcınensıe ineinemfiede, AGoBARDUS ind
von ſeinem Leichnam. Anfonderbeit befennee Augustinus, erhalte zwar Cypriani ®
der Schrift gleich, doch Fonne er ſein ob nicht erreichen,er habe feinen ſchoͤnen Ve
lieb,vergnüge fich an deſſen usdruck, verwundere ſich über feine Liebe, und verel
ſeine Marter, lib II.cont.Crefcent.c.32. Und lib.LV,cont Donar.deBapr c.2.zeuge er,dieRirg
rechne ihn unter die feltfamen und wenigen Mlänner,die ein groffes Maaß der Gna⸗
den empfangen hätten. Hıerowymus in Catal. faget, feine Schriften wären klarer oder bes
Eannter gleichfam als die Sonne , und uͤber Ef.60. nennet er ihn einen heiligen und bered⸗
ten Märtyrer. Vincentius Lirin. ingleichen, ein Licht unter allen heiligen 2 ifchöfen
und Mlärtyreen,Cap.9.Commonit. CassıonDorus c.19.Divin.Ledi.fhreibet,es fey nicht zu
fagen, wie viel unter den andern Seribenten diefernuge, weiler in aller Anmuthig⸗
Eeit dahin gleichfam ſtreiche, eine gefhidteäunge habe, als ein treflicher Redner
und wunderbarer Lehrer, welches auch LAcranrıum an ihm vergnüger, V.Inft.c. I.
3. Aus den Theologis ſchreibet von ihm L. OsıanDER Cent. IL, H. E, lib. II. e. 14. ee
vermahne in feinen Schriften fehr fleißig zur Gottfeligkeit und Tugend, und sur
Vermeidung der Laſter. Und Cnemnırıus: Seine Briefe zeigen ein etz, das von
Gottfeligkeit brenne, alfo, daf fie auch den Kefer entzünden koͤnnen: er habe auch
forft viele hiſtoriſche Sachen von dem Rirchenregiment. Zu feinen Zeiten habe
man nicht —— — gehabt zu diſputiren, als die Gefangenen und Ver⸗
folgten zu teöften und zu ermahnen. DAnnmAaverus vertheidiget, erfläret und ruͤhmet
ihn in vielen Puncten p. 396. und 595. Chrift. wieauh Rarumannusin Analyfı. Auch hat ihre
ein Prediger Anno 1553. MELCHıOR AMBACH, werth gehalten, daß er ihn ing Deutfche über»
feger, welches von mehrern folchen Schriften zu wünfchen wäre, damit wir Deuefchen denen Aus⸗
kandern in diefem guten Abſehen eher, als in andern Eitelfeiten nachfolgeten, ;
XVII. Arnobius.
1. Iſt erftlich ein Redner nad) der damaligen Art und groffer Feind der Chriften gemefen, fo
gat, daß man ihm nicht cher-feine Befehrung glauben wollen, bis er mit groſſem Ernft wider die
Heyden gefchrieben. Denn der HErr hatte ihn durch einen Traum bewogen und verändert, davon
fie nichts hören wollen. Hırronvmus Chron. An, LCCXXVII.
2, Die 7 Bücher wider die Heyden find von felbiger Zeit bis jego berühmt, und von ihm
im Anfang feines Chriſtenthums gefchrieben worden, da er eine und andere anftößige Reden auslin-
wiſſenheit führer, welche denn ihm zu gut zu halten find, nach Heren Cave Meynung. Hieronymus
lobet zwar feine Gelehrſamkeit, aber nicht feinen ſtylum und Ordnung, welches doc) beydes noch
wohl zu leiden ſtehet. — TR)
3. Die Eurze Erklaͤrung der Pſalmen hat ein andrer Arnobius; Junior genannt, geſchrie⸗
ben, und gehöre in dag fünfte Seculum, welches der ſtylus und alle Umftände weifen; wie er denn
LeonemM. hin und Wieder lobet, und im 119 Pf. Photinum widerleget. Hier bat man fid) nur
jener 7 Bücher bedienet. ray —*
XVIII. Lactantius. De 66
1. Arnobii Difeipel und dem Studieren fehr ergeben, dabey aber ſehr arın, uletzt ein Prece-
ptor Crifpi, des Kayſers Conftantini Sohns. Seine Schriften find: Sieben Böcher Inftitwrio- .
“um, oder göttlisher Unterweifung; darunter handelt das 1) von dem falfehen
; F Got⸗
40. Ravxavpo
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4 + *
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jenft ı Urfprung des Jerthums, 3) von der falfchen, 4) von de
w Weisheit, 5) von der Gerechtigkeit, 6) von dem wahren Gottesdienſt,
7) von der göttlichen Belohnung. Ueberdis ein Eurzer Auszug diefer Bücher, ein
Buch vom Zorn GOttes, und ein anders von den Werken GOttes. Dir Gedichte
vom Phoͤnix, von Oftern, Leiden und a er Chriſti, werden von niemand mie Recht vor feine
Arbeit erkannt, Aber das Buch von dem Tode der Verfolger, deffen Hieronymus gedenfer,
bat vor ei it Baluzius zuerſt heraus gegeben, welches bisher vor richtig aufgenommen, und
etlichen er aufgeleget worden,
2. Man ruͤhmet ihn ſonderlich wegen feines ſchoͤnen ſtyli als einen Chriſtlichen Ciceronem,
Hıerom. ep.adPaulinam, Vıves ad Aug. XVIII. de Civ. Deic.23. Es merken aber andere an,
wie er vielleicht darinnen etwas zu ſehr affectirt haben mag. Und wuͤnſchet Hier. zugleich, daß er die
Ehrifkliche Religion fo wohlbätte befeftigen, als das Unrecht niederreiffen Fönnen.
Indeſſen hat ex doch vieles gefchrieben, das den Nachfommen dienen Fann. Die ihm beygelegten Irr⸗
thuͤmer wird, nach Cavei Gutachten, entfchuldigen die Unwiſſenheit feiner Zeit bey denen,die ein recht
Gericht zu richten wiffen. Die Lehren waren damals den Anfängern etwas zu hoch, und vonden The-
ologis noch nicht gnugſam erfläret, viel weniger in Conciliisdeeidiret, daher feine und vieler andern
Vorträge den folgenden Zeiten fremde vorfamen. Er hatte auch immer mitden heydniſchen Läfterern
und Büchern zu thun, und fonnte wenig Zeit auf die vecht gründliche Erkenntniß der görtlichen Ge⸗
heimniſſe wenden. Wiewol ihm GOtt dennoch ein gnugfames Maaß gab feiner Gnaden, das denn
oft von Menſchen mit Geringachtung oder Schwachheiten verhindert oder verdunfelt wird.
XIX. Eufebius.
2. Biſchof zu Cäfareen, ein fleißiger, gelehrter und erfahrener Scribent der Kirchenhiſtorien,
die er aus vielen Denkmahlen der vorigen Zeiten zufammen gefuchet h ndere Umftände von ihm
berühre ich nicht, weil fie zuunferm Zweck nicht gehören. Die meiſten Uten und Neuen halten ihn
vor einen Arianer, abfonderlicy Hieronymus an vielen Orten; wiewol ihn andere vertreten. Siehe
Hankrum defeript. Byzant.P. I.c.1.p.42.fegqg. Cave Hift. Lit. Sec. II. p.129. Am naͤchſten
koͤmmt man wol der Wahrheit feiner Gefihichte, wenn man ihn und feine Lehre anfiebet nach den un,
terfchiedenen Zeiten, wie die Streitigfeiten damals in der Kirche ab: oder zunahmen, und die Scri«
benten ihre Schriften darnach einrichten mußten. Siehe unten im 8 Buch das 3 Cap.
2, Ungeacht aber diefem allen, fo geftehen doch die meiften in feinen Hiſtorien eine geoffe Ar-
beit, Fleiß und Treue, wie Banonıus thut An. CCCXL n.41. Diejenige Anmerkung ift aber
wol die befte, die unter andern Sculretus gar gründlich zeiget in Medulla Patrum: Nemlich, fo
lange er sus Juftino, Irenxzo, Origene, Clemente und andern etwas erzehle, fo fey ihm
wohl zu trauen; aber fobald er ſich auf Hoͤrenſagen beruffe, und wol gar Fabeln
mit einmifche, falle fein Credit bey Derftändigen von ſelbſt hinweg. Wozu man noc)
ſetzen Fönnte, zumal von dem $eben Conftantini, es zeige fic) balde, wenn er etwas aus Affection
und Parteylichfeit, wider dag Amt eines guten Hiltorici, berichtet, davon im legten Buche ein
mehrers..
3. Die Schriften find 1) Zehn Bücher der Kirchenhiſtorie von 324 Jahren.
2) Das Chronicon von Hieronymo überfegt und von Joſ. Scaligero erläutert. 3) Sunf,
sehn Bücher der Evangelifchen Vorbereitung, fo ein ſchoͤn Werf ift, weil es fonderlich viel
alte Schriften ftücfweife infich hält. 4) Zehn Bücher von dem Evangelifchen Beweis,
tbum. 5) Von dem Leben Conftantini M. 4.23. ; welche zwar vielmehr eine Lobrede, als un-
parteyiſche Hiſtorie ausmachen. 6) Von den hebraifchen Oertern, und ander Fleinere und
unbekanntere Schriften, der verlornen nicht zu gedenfen,
4 Sonft diener dev griechifche Text diefer Bücher am meiften, denn die lateinifche Yan
4 d 2 Rufini
Rufinigeherfehrdavonab, und die andern, ausgenommen die Valefiana, findaı a
tig. Ein mehrers will ich hie nicht beybringen, gleichwie ich auch in den übrigen mich der Kuͤrze be⸗
fleißigen will, nachdem fuͤrnemlich auf die erſten 300 Jahre zu ſehen iſt. J ö
XX. Arthanafıus. —
r. Ein bekannter Biſchof zu Alexandria von dem ſchweren Streit mit denen Arianern
heraus feinen Schriften auch erſehen wird, die meiſtens deswegen verfaſſet find, und dal
den Widerfachern verfälfcher oder garunterdrücfet worden. Er war bey denen Orthodoxisingrofe
fen Anfehen, ob er wol von feinen Feinden hart befchuldiger ward.
2. Die Schriften, die gewiß feine find, erzehlet Herr Cave am genaneften folgender maſſen:
1) Die Rede wider die Heyden, 2) eine von der Menſchwerdung des Worts, welche
Beyde Hieronymus Bücher nennete: 87. Catal. 3) Fuͤnf Bächer wider die Arianer, die Pho-
tius fehr lobet Cod. 140. 4) Etliche Briefe, Reden und Eurze Erklärungen einiger
Sprüche. 5) Eine Auslegung des Glaubens. 6) Der berühmte Brief an die
rechtglaubigen Brüder. 7) Die Schugreden an Conftantinum; it, Zwey derglei⸗
chen von ſeiner Flucht. 8) Der Brief an die Einſiedler, und ein anderer andieSy-
nodoszu AriminoundSeleucie. 9) Die Reden wider alle Regereyen, auf die himmel
fahrt Chrifti, von Melchiſedech, über das Keiden und Kreuz Chrifti, wie auc) etliche
fragmenta, die hiernicht angezogen worden. BERNER *
3. Das Leben des". Antonii haben zwar etliche in Zweifel ziehen wollen, allein die Alten
gedenken deſſen ofte, GrEG — Or. 21. Hırronymus de Ser. c.87. SocRATEs
1.21. Siehaben auch viel daraus angezogen, das. noch drinnen ſtehet, ſonderlich Socrates, Palladius
und Damalcenus. + auch viel neue underfahrne Scribenten ehun, welche diefe Hiftorie an
28 — Borberict. u Ki
fich felbft vor richtig erfeiln, gefegt auch, daß etwas hinein geſetzet ſey. Die Geſchichten dieſes Ein-
fiedlers halten auch die T gi meiftensvor wahr. Osıanver H.E.]IV.lib. H.c. 3. “
4. Dieeingefchobenen Bücher find Teiche zu erfennen. 1) Die 136 Sragen ausdem Al⸗
ten und Neuen Teſtament eitiren Athanafium felber, nennen die Abendländifchen Voͤlker alle
Franken; Fönnenalfonichtvonibmfeyn, 2) Anderezo Sragen und Antworten gehen auf
die Spaltung zwifchen der Sriechifchen und Sareinifchen Kirche, die fange hernad) vorgegangen.
3) Der Furze Begrif aus der 3. Schrift wird faſt von allen Criticis zwar vor eines ſehr alten
Seribenten, aber nicht vor Arhanafüi Arbeit erkannt. 4) Der Traktar von denen Defnitionibus
eitiree Nyllenum. 3) Die Difputation wider Artum vom Niceniſchen Synodo ift lange
hernach von einem Mönche erdichtet, wie es der Nugenfheingibt, 6) Die7 Geſpraͤche wider
die Arianer, Apollinariſten und Macedomaner gedenfen der Eutychianifchen Kegerey,
davon Athanafiusnoch nicht wußte. 7) Die 133 ragen von Evangelifchen Sprüchen
und Bleichniffen gehören augenfcheinlich indie folgende Zeiten. 8) Erliche Sateinifhe Schrif
ten werden mit gutem Grunde dent Vigilio Tapfitano zirgefchrieben, der im fünften Seeulo geleber
Hat. 9) Die Auslegung der Pfalmenift Theophyladi. 10) Die Erklaͤrung des B.
Mofis; Die Lateiniſche 7 Homilien, und andere neu herans gefommene Schriften find bier
nicht erwehnet worden. ee
s. Das Symbolum oder Glaubensbekenntniß, fo man insgemein Athanafio zueignet,
wird vonden verfländigffen Critieis nicht vor feine Schrift angenemmen. Die Urſachen führen an
G. Jon. Vossıus diſt de Symb. p. 44. ſeqq. Cave invita Athanafii fe. 6.n.1o. und Hiſt Lit.
p.46. Hens. Nıcorar Exere. de S. Athanafio, PerarGus, Jom Camerarıvs und viel
anderer 1) Weilernac dem Nicenifehen Synodo nicht gerne ein neues Befenntniß gemacht habe⸗
2) e8 ohne Zweifel in feiner griechiſchen Sprache gefihrieben hätte; 3) daffelbe auch in den alten
Codicibusnicht zu finden iſt; 4) weder er felber noch andere zu felbiger Zeit deflen erwehnen, pr
ein
— yericht. + — ae
Fein einziger vor Theodulpho, und alfo dor dem neunten Setulo, ja es ift vor dem zehenten nicht in
der Kirche angenommen en, 5) von der Morgenländifchen aber gar nicht; 6) die Lebensbe⸗
fihreibungen Athanafiüi gedenfen nichts davon: 7) Sey es alſo entweder eines Athanafii, oder Eu-
febä Vercellenfis,’oder aud) Vigilii Arbeit. ———
— > XXI. Julius Maternus Firmicus.
St hrieb andie Kayfer Conitantinum und Conttantem ein Buch vonden Irrthuͤmern
iligen Religionen, davon wir noch das meiſte uͤbrig haben. Es blicket aber daraus
ne Gelehrſamkeit und Fleiß, fonderlich aber ein Eifer wider die Abgoͤtterey hervor,
Die 3 Bücher von der Mathefi koͤnnen von ihm noch im Heydenthum gefchrieben worden
feyn, denn der beydnifche Unglaube erhellet deutlich aus lib. I. c. 4. und pref. lib. V. und gleichwol
iß man fonft von keinem andern oder jüngeren Julio. Wie dem allen aber, ſo iſt zur Erkenntniß
dis alten Chriſtenthums ausjenem wenig zu nehmen.
Pen XXI. Juvencus. »
Ein Spanier von Geburt und Aelteſter vom Stande, fonft gelehrt und in der Poeſie ſehr fer-
fig, dieer auf Ehriftliche Sachen gewandt hat, die aud) Hieronymus etlichemal lobet epift.ad Ma-
gnum&inChronico, Und iftan ibm zu ruͤhmen, daß er mit aufrichrigem Herzen und einfältiger
gottſeliger Are die heil, Geſchichte ausgedruͤcket. Dabero Petrus Crinitus wohl von ihm ſpricht:
er babe gröffern Fleiß gerban, die Sachen zu behalten, alsfeinen gucen Kopf feben zu laffen, lib, V.
dePo&t, Lat, c. 89- i \ . u «©
XXIII. Lucifer Calaritanus.
Bifchofin Sardinien, und von dem Streit mie den Arianern fehr berühmt, auch deswegen
vom Kayſer Conftantio ins Elend vertrieben. Daringen hat er 2 Buͤcher wider ihn gefchrieben,
und zwar auf allzu harte Weife. Von feinemSchifmäte und andern Gefchichten wird etwa noch
im 8 Buch zu handeln ſeyn. Die andern Schriften ſind: Von der abfälligen Rönigen:
von dem Umgang mit den Regern: von der Derfihonung derer, diewider GOtt
fündigen: von dem Tode und des Sohnes GOttes Willen: und ein Brief an Flo-
rentium, welche von niemand in Zweifel gezogen werden,
XXIV. Hilarius.
1, Piötavienfis von dem Ort feiner Geburt und feines Biſchofamts genannt, bat fehr viel mit
dei Arianern zu fchaffen gehabt, darüber er auch das Sand eine Zeitlang räumen mffen. Ben fol-
cher Gelegenheit hat er viel gefchrieben, als zwoͤlf Bücher vonder Dreyeinigkeit, drey wi⸗
der den Kayſer Conftantium, eines wider die Arianer und Auxentium, ein anders wider
fie von denen Synodis, unddie Erklaͤrung über Marchzum und die Pfalmen.
2. Diefe haͤlt man überhaupt gewiß vorfeine Schriften: Hingegen werden die Briefe an
Auguftinum auch von Bellarmino und Labbeo den Arelatenſiſchen Hilario zugefthrieben, dem auch
die Verfe über das ꝛ. Buch Moſ. zukommen. Der Brief ar feine vermeynte Tochter
Abram und das angehängte Carmen nennet Erafmus mit Recht ein pur lauteres Fabelwerk: Das
Buch vonder Einigkeit des Vaters und Sohns ift aus dem Buche von der Dreyeinigkeit
zuſammen geftoppelt.
=. 3+
Seine Nedensarten find nach der Sandesart etwas hochtrabend und affectirt, wie ſchon He⸗
; meldet epiſt. ad Paulin. undlib. IT. in Gular. Pref. auch hernach Eralmus in der Borrede
über fine Opera. Von den Sachen ſelbſt, die er vortraͤgt, und aus Origene theils nimmt, ve ya
L. Ofiander, er habe in den meiſten Städen der Chriftlichen Lehre recht gefebrieben,
etwasaber nicht, alſo, daß — mit ſich nicht eins fey. Cent. IV. lib. HI.
H.E.c.18. Zum wenigſten geben feine Bücher von denſelben Zeiten in der Kifforie ein groſſes
Licht, und erweifen feinen Eifer dor die Kicche, wie ſie damals geſtanden hat
en d3 xxv⸗
RI
30
\ ”
A XXV. Optarus. |
1. Ein Bifhof in Num dien, und von denen 6 Büchern, dieer wider
ben, befannt, das 7te wollen die Critiei ihm wicht zugefteßen, weil er felbft ü
Buchs nur 6. erwehnet, und Hieronymusingleichen e. ı 10. Caral. wie denn auch
dern nicht beyfomme. Siehe Cocum p. 242. Rıver. lib. III.c. 16. Bercar
CAve H.L.p. 187. und die neueſte Pariſiſche Edition ı 679. fol. J
2. Seine Fehler, die ſich finden, führet Cafaubonus aus der Unwiſſenheit der Ebräif
che her, Exere.proleg. p. 198. Andere legen ihm nicht ohn Urſach einige Dunkelheit bey, i
eine allzu groffe Erhebung der Bifchöfe, fonderlic) des Römifchen, deswegen Olianderrarhet, daßer
‚Taıus hältihn vor ei⸗
mit Unterſcheid, nach der Regel der H. Schrift zu leſen fen, l.c.c.39. B.
wen treflichen Meifter im argumentiven lib. XXIX. Adverl,c. 16.p. 13;
x
XVI. Cyrillus Hierofolymitanus.
v
1. War zu Jeruſalem Diaconus, hernach Aeltefter und Catechiſmuslehrer, und endlich ir
ſchof. Er erlitte viel von den böfen Bifhöffen, die ihn ohne Schuld abfeßten und vertrieben, ward
aber nad) langer Unruhe unter Theodofio wieder eingefegt. Man wollte ihn zwar gerne vor einen
Arianer ausgeben, wo feine Schriften nicht dag Gegentheil bewiefen, a0
2. Diefe, fo vielihrer gewiß ihm zugehören, find: 1) Die ı 8 Catechifinusbücher ad Com-
petentes, oderandie, fodie Taufe verlangten: 2) 5 andere an die neulich Betauften, Myita-
gogici genannt, Es gedenfan auch derfelben fhon TueonrorerusDial.2. Hıeronvmusce.
112.Catal. DamAscenus Or.3. delmag. und andere, Riveri Scrupel lib. III.c. 19. hindern
bier niches, daß fie nemlich aus der Schrift bie und da zufammen gefegt, und gar zu weitläuftig mar
ven, Denn werweiß, waszur Catechiſmuslehre eigentlich gehöret, wird dem guten Cyrillo diefeg als
les nicht verargen, A. vielmehr bey deſſen Durchlefung fih verwundern, mie fein er fich nach
feiner Zuhörer Faͤhigkeit gerichtet, und auf das einfältigfte mie ihnen gereder. Sonſt weiß weder
Riverusnoch Cocus p. 238. etwas ſcheinbares dawider aufzubringen.
3. Hingegen wird auch fein Brief an Conſtantium von Sozomeno erwehnet IV, c. 5. von ans
dern aber verworfen, Aber der an Augultinum von den Wunderwerken Hieronymi, und die
Rede von der Entgegenzüdung zum HErrn, find wol untergefchoben, tie Eralmus in den
Operibus Hieronymi, Cocus und andere beweifen. Dieſes kann im übrigen niemand leugnen,
daß GOtt diefen Mann fonderlich uf vielen Gaben ausgeruͤſtet habe in der Gemeine zu lehren, wie
auch Ofiander nebft andern geftchet I.c. €, 32. ARTE i s
XXVII. Ambrofius. “)
1. Der berühmte Bifhof zu Meyland, war erſt ein Politicus und Regent dafeldft, hernach
aber machte ihn das Volk nad) groſſem Widerſtand zum Aufſeher über die Gemeine, Worauf er
dag Seinige verkaufte und austheilete, und ſich allein auf die Theologie legte. Erfchaffte groffen
Nutzen an feinem Ort und fonften, litte aud) viel Ingemach von den Heyden und Arianern, dabeyer
aber muthig und flug war, aud) goͤttlichen Beyftand augenſcheinlich in vielem genoß, wie an feinem
Ort foll gedacht werden. : — —
2. Man ſiehet aus feinen Büchern, daß er Origenem, Didymum und-andere fleißig gelefen
haben muß, jedoch mit judiciound ſelectu. Einigen will nicht gefallen, daß ex fo at als
(egorifiret, und von dem wahren Sinn der 9. Schrift abgeher. Indeſfen bat er in vielen wohl und
fein gefchrieben, auch nad) Ofiandri Urtheil, von den meiſten Srücen des Chriſtenthums richtig
l.c..0.46. Seinen ſtylum kann man leichtlich fennen, weiler argut und concis fdreibet,und dem Se-
necz ziemlich nahe koͤmmt, daher es auch feinen Schriftenein gutes Kennzeihengib,
3. Die unftreieigen davon find folgende, nad) Cavei Ordnung: 1) Von den Werken
der ſechs Tages Bücher, 2) Von der Wuͤrde des menſchlichen Standes, 3) *
ara⸗
—
” | Due — st
—— d Abel 2 Bücher. 5) Von Noa und feinem Raſten.
ve zuͤcher. 7) Don faac undder Seelen. 8) Von dem Nutzen
Don Jacob und einem feligen Leben e Bücher. 10) Von Efau
8
der dung der Welt. 11) Don Jofeph dem Patriarchen. 12) Don
en Segender Patriarchen. 13) Vom verbotenen Baum. 14) Anmerkungen über
einige Capitel des 2.3.4.und 5. Buchs Moſ. 15) Zwey Vertheidigungen Davids,
16) Don Blieundden Saften. 17) Don YIabot dem Jefreeliten, 18) 2 Sermonen
über 4 Regum 6. 19) Von Tobia oder wider die Wucherer, 20) Von Hiob. 21) Von
Davids Vorbitte 3 B. und Auslegung des 1.21.35.48.50,61,67.Pfelme. 22) Ser⸗
monen don 104, 109.117.113. Pf. 23) Von Salomon oder über Spruͤchw. 30. 24)
Voneinemtugendfamen Weibe oderüber Sir.zı. 25) Dermahnung an die Kirchen:
diener oder über Pred.4. 26) Ueber Sirach 3. 27) Unterfchiedene Sermonen und
Auslegungen über Jef. 1. und 50. Jerem, 16. Daniel, 13. Jond 3. und 4. Michaͤ. Sag
gair.und2.MTalach.r. 23) Ueber Lucam 10. Bücher. 29) Von den Pflichten 3 3.
30) Ueber das Apoftolifche Symbolum. 31) Vom Glauben 5 Bücher an Aayfer Grati-
anum. 32) Vom S. Geiſt 3 B. die er aus Didymo genommen, aber nicht wohl überfe»
get. Hieron.pref in h.l. 33) Keichenreden von den Kayſern Valentiniano und Theodofo,
wie auch Satyro feinem Bruder. 34) Dom Glauben der Auferftehung. 35) Von
dem Geheimniß der Menſchwerdung. 36) Dom Geheimniß der Öftern. 37) Don
der Urfach des Ofterfefts. 38) Vonderpriefterlichen Würde. 39) Von der Buffe
wider die Novatianer 23. 40) Von den Jungfrauen 3 3. an Marcellinam, 41) Dom
Unterricht einer Jungfrauen. 42) Von der Vermahnung zur Jungfraufchaft.
43) VII. Bücher feiner Briefe. 44) Auslegung des Zobenlieds, Wiederholung
und 2 Sermonen vonder Geburt des HiErEn, welche zulest diret worden von Chr.
Daumio und Jaec. Hommio,
4. Unter die unaͤchten werden diefe gerechnet aus angezeigten und andern gewiffen Gruͤnden.
1) 92 Reden, nemlich die Heitpredigten, von den Heiligen und andere Fürzere, wovon
die meiften bey dem Maximo Taurinenfi auch ftehen,und man dahero zwareinen fehr alten und from:
men, doch aber Feinen gewiſſen Autorem daraus erfennen kann. Der 9.37.und zafte Sermon ſtehet
auch im Auguftino. Von dem 90. und g2. zweifelt aud) Bellarminus nicht ohne Urfache p.75.de ler.
2) Don der Gottheit des Sohns wider die Arianer ı B., welches mit Vigilü Tapfitani
Schriften übereinfönme, 3) Dom Beruf der Heyden 2 B. find Profperi. 4) Auslegung
der Epifteln Pauli ift Hilarii Diaconi, darunter der Commentarius überdie 10 Cap. an die Ehrär
er, von einem andern aus Hieronymo und Chryfoftomo dazu gerhanift. 5) Von den Sacra⸗
menten 6 Bücher, find nicht die,fo von Ambrofio gewiß gefchrieben, aber verloren find. Denn was
Auguftinus und andere daraus anziehen, ſtehet nicht drinnen. Der ſtylus iſt anders, die Verfion der
Bibel, welhefonft Ambrofiusdurchgehende braucht, ift anders, und viel Dinge kommen mirfeinen
Zeiten feineswegesüberein. 6) Die Erklaͤrung der Offenbarung Johannis bat viel aus
GregorioM. 7) Don der Buffegehörer Vittori Tunnuenfi oder Cartennenligu. 8) Vom
Streit der Tugenden und Lafter,von der Zufammenftimmung Matchzi und Luce und
andere Feine Schriften offenbaren fich felbft, und find hier nicht gebrauchet worden.
ou | XXVIII. Bafılins Magnus.
2, Ein griechifcher £ehrer, welcher zwar zu Cäfarien bald Diaconus und hernach Aelteſter wur-
‚aber aus Begierde, GOtt unverhindert zu dienen, fich in die Einſamkeit begab, und dennoch end-
1 ifchof dafelbft werden mußte. Er hat von Freund und Rind viel ausgeſtaunden, und ſich da⸗
9 ſtandhaftig und treu erwieſen, ſonderlich gegen Thranuen, die ihm bisweilen hart zuſetzten.
Welche und andere feine Tugenden Gregorius Nizanzenus,- Nyllenus, Socrates, Sozomenus,
Tileodorerus, Philorheus und andere weitlaͤuftig beſchrieben. >. Wine
m ’ Alten
32 Vorbericht, *
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2. Was er von Büchern unſtreitig ſelbſt aufgeſehet hat, iſt dieſes: 1) Die fuͤnf Bücher wis
der Eunomium werden von HrERoONYMo c, 116. Catal. gelobet, aberdie legten beyden gehen von
feinem gewöhnlichen ſtylo ganz ab. 2) Die y Predigtenvon 6 Tagewerken welche Greco-
rıus inHexadm, und Cassıoporus c. 1. Div. Left.rühmen, 3) XVII en über die
Pfalmen. 4) XXXIandere von unterfchiedenen Materien. 5) XI Bücher vonder Taufes
6) Eins von der wahren Jungfrauſchaft. 7) Auslegung der erften 16 Capitel
Eſaiaͤ. 8) Vom Heiligen eilt an Amphilochium, davon die Alten völlig übereinftimme
9) Sermonenvonder Abfagung aller Dinge und Hebung der Einfamfeit. ro) Don
wehren und gottfeligen Glauben. 11) Eingang zur Sittenlehre und die goCap,
felbft davon. 12) Don Unterweifung der Einſamen 2 Sermonen. 13) Vorrede
über die Alcetica oder Uebung der Gottfeligkeit. 14) Regeln, die weitlsuftiger ers
Elöretüber 55 Fragen. ı5) CCCXIU Fürzere Regeln, 16) Örönung der Einſamen:
welche 5 letztere Schriften Hieronymus und Sozomenus überhaupt afcetica nennen ( e. 116. Catal,
&III,c.14.) Auch erzehlet ſie Photius fafteben fo, wie wir fienoch haben, Cod. 191. und Cregor,
Nazianz. meldet, daß er ihm an den Regeln felbft Habe arbeiten helfen, in dem 9. Brief an Baf.
Deswegen fie mitnichten Euftathio Sebafteno zufommen. 17) Canoniſche Briefe an Amphi-
lochium, und einer an eine gefallene Jungfrau, nebft 2 anderen an einfame Chriften,
13) 428 Briefe, darunter Libanius und Gregorius Nazianzenus vielegefchrieben. 19) XXIV
QTugendreden, die von Simeone Logorhera zufammen gefragen, und abfonderlic) bisweilen ediret
worden. 25) Vier Reden vom Faſten und über Spruͤchw. 6. wie auch z andere vom
Tode und jüngften Gericht. |
3. DieLiturgia if noch) nicht von allem Zweifel befreyet, und geftehen zum wenigſten die, fo
fie vor richtig erklären, daß fie fehr von andern verfälfcht und vermehret ſey. Die übrigen einge
ſchobenen Schriften ſind von Feiner Wirhrigfeit, und etliche find nur $ateinifc) vorhanden, als, die
a feinen geiftlichen Sohn, der Troſt in Trübfalen, das Lob der Ein⸗
ſamkeit, u.f.f
j 4 Wie aber diefes Mannes Gaben nicht zu leugnenftehen, alfo find feine Schriften ſehr hoch
gehalten worden, wiewol Nazianzenus bisweilen allzu milde von ihm redet, Seine Schreibare
muͤß einem verftändigen Leſer wohl gefallen, denn ſie iſt deutlich, nachdruͤcklich, modeft und nicht af⸗
fectire oder hochtrabend, mie fie fonderlic) Photius fehr recommendiret, der auf ſolche externa meis
ſtens zu ſehen pflegetCod. 147. Die Sadıen felbft erkennen auch die Theologi in den allermeiften
"Punefenvorgut, v. CHEMNIT. Osıann. aliosque.. he Aal
XXIX. Gregorius Nazianzenus. 7
1. Ein vertrauter Freund und Mitſchuͤler des Baſilü, mit dem ex ſich in vielen Wiſſenſchaften
geuͤbet, und fonderlich in griechifchen Verfen fertig gewefen. Sie giengen auch mie einander zu⸗
gleich in die Einfamfeit, und wurden beyde wider ipren Willen in die Kirchenämter gefeger, indem
diefer erſt Bifchof zu Safimis, und hernach zu Nazianzo feines Vaters Vicarius ward. Alsihn der
Kayſer Theodofiusferner zum Bifhof in Eonſtantinopel machte, blieb ers nicht lange wegen des nei«
difchen Gezänfe der Clerifey, und lebte folgends vor ſich in der Stille, welche und andere merkwuͤr⸗
dige Begebenheiten unten vorfommen werden. "N r
2. Man fiehet aus feinen Schriften, daf er in fchönen prächtigen Worten und der Nedner-
Eunft zur Ungebuͤhr forgfäleig geivefen, fo gar, daß er die heydnifchen Seribenten oft allzu fehr expri⸗
mirt, und in wichtigen Materien hyperboliſch und zu hoch fehreiber. Dahero mag es kommen, daß er
in einigen Dingen nicht nad) Beſchaffenheit der Sachen redet,und zu Aberglauben hernach Gelegen⸗
heit gegeben, ob er wol fonft auch die Lehre wohl vortraͤgt. Cuemnır. Osıann.ll.cc, p
3. Bey feinen, Schriften haben die Critici diefen Vortheil, daß theils nichts oder ſehr
wenig
ne ee — —
Worbericht. 33
hm wenig fremdes zugeeignet wird. Die Bücher, fo gewiß ihm an-
en, haben folgende Aufjehriften: x) Die Shugfchrift von feiner Slucht. 2) Eine
andere von feiner WahlzuSafimis, 3) Drey Reden vondem Srieden. 4) Zwey wider
Jelianum. 5) Vier Keichenreden von dem Tode Calarii feines Bruders, Gorgonix ſei⸗
ner Schweſter, Gregorũ feines Vaters und BafiliiM. 6) Andere Redenbey allerhand
- Gelegenheiten, als,nach feineräurüdkunft von der Slucht, eine an Nyſſenum, be An⸗.
” ats zu Nazianzo, von feinen Reden an Julianum, über diePlage derSchloffen,
von der Liebe zu den Armen an dieBürger zuNazianzo,an dieXfrianer,aufdieAnkunft
Egyptier, vonder MIa ar Se andiejenigen, ſo ihn der Begierde
nachdem Bisthum zu Tonft. befhuldiget,nach ſeiner Wiederkunft in dieStadt,von
Davon verloren, theilg,
der Biſchoͤffe Lehre und Einfegung,bey derYVahlEunalii, andie 150 Biſchoffe, von der
Zeil.Taufe,an Nedarium. 7) Kobreden von Cypriano,Athanafio,Herode, dentfTartyrern
und Mlaccabaern. 3) Auf die Sefte,als,die Geburt Chriſti, die Taufe Chriſti oder die
heil. Lichter, auf Oftern, Pfingiten, und den neuen Tag des HErrn. 9) SünfReden
vonder Theologie. 10) Dondem Glauben, die man nur nod) Lateiniſch aus Rufini verfion
De aud) vom Niceniſchen Glauben. ı 1) Zwey Schriften an Cledonium. 12) Sein
-Teftament. 13) 242 Briefe. 14) 64 Griechifche Carmina in genere heroico, und 738 in
andern Arten. 15) Eine Rlage von den Bifchöfen und der Menſchen Undank. 16)
Eine Erinnerung an die Jungfrauen. ı7) Eine Tragoͤdie der Leidende JEſus.
4 Die 5ſte Oration in der Ordnung an Evagrium, wie aud) die 47fte wird von den meiften
in Zweifelgezogen, Die 5 zfteüber den Prediger Salomonis iftdes Neocæſarienſis, wie oben gezei⸗
get worden, }
| " XXX. Gregorius Nyffenus.
r. Baflii M. Bruder, von dem Dre feiner Geburt und Bischum Nyffenus zugenamt. Wegen
feiner Befenntniß hieß ihn der Ranfer dag fand räumen, dabey er viel ausftunde, bis er wiederum
unter Theodofio M. eingefegt wurde. Sonft bat er fich jederzeit bemüber, die Wahrheit, wie er fie
erfannt, zu vertheidigen.
2. Ihm werden folgende Schriften mie gutem Grunde bengeleger: 1) Die 6 Tagewerke,
2) Donder Schöpfung des Menſchen. 3) Don dem vollEommenen Leben oder die
Sebensbefchreibung Moſis. 4) ES von den Ueberfhriften derPfalmen,
5) Auf das Keft der Befchneidung über den 6.Pf. 6) VI Predigten über den Predi,
ger Selom. 7) Dergleichen über das Hohelied. 3) V vom Vaterlinfer. 9) VILi von
einemfeligen Leben. 10) Ueber die Worte ı Cor.XV: Wenn er aber alles untertban
2c. ı1) Von demsEbenbild und Gleichheit imMTenfchen. 12) Von der Pythonifla
oder Zauberin. 13) Von feiner Ordination, 14) Wider Apollinarem. 15) Wider das
fatum oder den unbedingten Rathſchluß GOttes. 16) Von den gemeinen Namen
widerdie Briechen. ı7) Donder Seele. 13) Wider die Wucherer. 19) Die Cano»
niſche Epiftel, 20) Wider die Aufſchiebung der Taufe. 21) Vonder Zurerey, 22)
Von der Liebe zuden Armen 2Reden. 23) Auf das Pfingitfeft. 24) Wider Euno-
mium 13 Buͤcher. 25) Don ; GötternanAblabium. 26 Won der 5. Dreyeinigkeitan
Euftathium. 27) Won dem Unterfcheid unter den Wörtern Weſen und Selb aͤndig⸗
keit. 28) Vom Glauben. 29) Dom Eatechifmo. 30) Von der wahren Jungfrau⸗
— 31) Wider die Manichaͤer. 32) Von der Seelen undAuferftebung. 33) Wir
er Apollinarem 34) Dondem Namen und Pflicht der Chriften. 35) Vonder Voll.
— eines Chriſten. 36) Vandem Vorſatz gegen GOtt. 37) Wider die, fo
Feine Zucht leiden wollen, 38) Don fruͤhzeitigen Tode der Rinder, 39) Reden auf
die Geburt, Taufe, Auferftehung und Simmelfabrt Chrifti. 40) Auf —
e 41) Au
7 TE ——
41) Auf die Entgegenzuͤckung zum HErrn. 42) Don der Bottheitdes Sohnesund
des . Geiftes, 43) Reden von Bahılio und den go Maͤrtyrern. 44) Von dem Tode.
Pulcherie und Placille. 45) Das Leben Gregorii Thaumaturgi. 46) Vondem Leben The-
odori,Magni Meletii,EphremSyri. 47) Daß man die Chriften nicht betesuren fell. 48)
Vonder Reife nach Jerufalem. 49) Briefe an Flacianum, Euftathium undPetrum. 50)
. Das KebenS. Macrine. 51) Ueber das Hohelied. 52) Zwey Reden von Erfchaffung
des Menſchen, die nach Cavei Bericht an Bafılii Hexaömeron unrecht gefeger find...
3. Diemenig mit untergeſchobene find: 1) Vonder Suͤnderin und Buffe. 2) Aufdeı
Anfang der Selten, welche beyde Puorius Afterio zufchreibet Cod.271. 3) Zeugniffevon
der Dreyeinigkeit find nur Lateinifch, und citiren ſchon Chryfoftömum, 4) VII Bücher von
der menkblichen Natur ſtehen Nemeſio zu,und find a part zu Antwerpen und Orfuͤrt gedrucket.
XXXI. Epiphanius. ki 8 a
1. Hatfic) in feiner Jugend eine gute Zeit unter den Mönchen aufgehalten, und felbft ein Klo⸗
fter geftifter und regieret, bis er zu Salamina in der Inſul Eypern Bifchof worden. Von feinem
Streit mit Chryfoftomo und Johanne Hierofolymitano, wie auch von andern Gefchichten und Sa⸗
chen wird unten an gehörigem Dre Meldung gethan. ic
2. Wir haben aber nod) von ihm 1) fein Panarium oder Buch wider so Regereyen,
darunter er auch die Juͤdiſchen Secten undanderemir rechnet. 2) Eine Rede vom Glauben,
3) Einen Auszug des Panari. 4) Von Maaß und Gewicht. 5) Zwey Briefe batei⸗
nifch unter Hieronymi Werfen, Die andern Fönnen feinen Serupel machen, weilfie leichtlich er⸗
kannt umd hier nicht gebraucher werden. GE Kilsealne
3. Esift aber nicht zu leugnen, daß er fonderlic) in der Erzehlung und Widerlegung der Ketze⸗
reyen nicht allen Satisfaction ehut, wie es auch in einem ſo weit um ſich greifenden Werfe nicht wohl
möglich ift. Allein dieſes waͤre leicht zu entfchuldigen, was ohngefehr von ihm verſehen worden, mo
man nicht wichtigere Fehler darinnen fünde.. Der Augenfchein gibts, wie CAsauponus und. vor ihm
Hieronymus Apol. I. und IL. in Ruf. bemerket, daß er dem geringften Gewaͤſche ohne Be⸗
dacht babe geglaubet, es kaͤme her wo eswolle, Exerc. XV, ad Baron. n. 13. Dergleichen
denn Peravius in den Anmerkungen fehr viel gezeiget bat, under felbft von fich befennet, daß er
viel vom Hoͤrenſagen ersehle, lib. I: Tom. I.n. 2. und her, 26.1. 18.
4. So pfleget ev auch nach Phorii wohl gegründetem Gutachten alzuſchwach zu feyn,wenn
er diefen oder jenen Jerthum widerlegen will, und laͤſſet den Leſer oft zwifchen beyden Mey-
nungen zweifelhaftig von fich ; Cod, 122. welchem judicio auch die Theologi, Cuemnitius de Lect.
Pat. OsıanDer und andere, unter den Criticis viele beyfallen. Vid, CAvEH. L.p. 185. Peravius bes
Hager ſich über feinen wunderlichen ftylum und verwirrte Art, eine Sache vorzutragen,
fo daß man oft nicht wiffe, was er haben wolle. Oft hänge nichts an einander, und feyn aud) dieexem-
plaria fehr verderbt und verfälfche; in der Vorrede über feine Edition. Dahero die Theologi ſehr
wohl erinnern, man muͤſſe auch ihm nicht zu viel trauen, noch alles gleich vor Oracul halten, ſondern
mir Unterſcheid und Vorſichtigkeit leſen: welches aber gleichwol dem Manne Feine Schande ift, ſo
wenig als andern, derer relation man mit gehörigen Mitteln genau unterſuchet. KR *
| XXXII. Theophilus Alexandrinus.
Bon deffen fehr wenigen Schriften habe ich hier nur die vo Canones angeführet, wiefieinSyno-
dicö Beveregii Tom. Il. P.T.p.ı72, zu finden, von weldyer wahren Autore niemand zweifelt.
XXXIII. Johannes Chryſoſtomus.
1. Wurde alſo beygenamt von feiner Beredſamkeit; legte einen guten Grund in der Gottſelig⸗
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Feit, und lebtẽ Eine Zeitlang in der Einfamkeit mit Faften, Beten und andern ebungen, nachdener
auch nach datitaliger Art wohl ſtudiret gehabt, Nach feiner Zuruͤckkunft in Untiochien machte mit 9
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RE WVorbericht. 35
gleich zum Diacono, da er denn ſchon anfieng Bücher zufchreiben. Daranf ward er ein Neltefter,und
nach 1 2 Jahren Bifchofzu neinopel,und zwar wider feinen Willen und mit Liſt dazu gebracht.
Weiler aber fahe, daß es GOttes Wille alfo war, fo fieng ev an den verderbten Stand der Clerifey
ſcharf anzugreifen, fehonte auch der Kayferin nicht, noch anderer Groffen inderStadt. Dadurch er
fihdenn jedermann zum Feinde machte, und vom Hof und der Clerifey verfolger, angeklaget, auch
verdammer undabgefeger wurde. Das gemeine Bolf aber, das ihn hoch hielte, trieb es fo lange mie
Ungeftüm, bie man ihn wiederum einfegte. Seine Feinde bingegen ruheten nicht, bis er wiederum
verurtheilet und du Soldaten in Armenien nach einem wuͤſten und ungeſunden Ort ins Elend ges
führer ward. Alwo erin groffem Ungemach und vielen Krankheiten 3 Jahr elendiglich zugebracht,
und auf der Reiſe nach einem andern Ort verfihieden ift, nachdem ers aus einem Traum zuvorgefage
gehabt. Seine Gebeine find erft 30 Jahr hernach in Conftantinopel beygefeget worden, die man
endlich eher leiden konnte, als ihn felbft, da er bey feinem Leben die Wahrheit ſagte.
2, Geinetiebe zu GOtt und Eifer vor feine Ehre feheinet fehr groß gemefen zu ſeyn, und die
Gaben der Natur und Gnade leuchten noch aus feinen Schriften ganz berrlich hervor. Bon feinen
ſchoͤnen Reden ift das befte, was Sozomenus von ihm zeuget, VIIL.c.2. Er fey in beyden Stuͤ⸗
den vortreflich a im Wandel und Lebensart ernfthaftig und nachdruͤcklich,
in feiner Rede deutlich und ſchoͤn. Diefe erheben auch Prorius Cod. ı 72. Isınorus Prrusıo-
Ta lib.2,ep. 42. und andere ſehr hoch; und allerdings wenn er chat, was er fo anmuthig lehrete, fo
war es GOtt gefällig. Denn es ift nicht zu leugnen, daß er und andere der Rednerkunſt allzufebr
nachgehangen, alfo daß er felbft geftehet, eu rede oft anf oratorifche Ark, wie Chemnitius von ihm an»
merfet de Le£t. Pat.
3. Die Ordnung und Cenfur feiner Schriften ſetzet Cave aus Morelli und Savilii Edition Fürze
lich alſo: Im erften Tomo die 21 Bomilien an das Antiochenifche Volk (die folgenden 56
find falfch, wie Duczus augenfcheinlich beweifet). 2) Sonderbare Zomilien vom Zorn, Neu⸗
monden,der Taufe Chrifti,vom Verfucher den Teufel, 3) 6 milien vonder unbe»
en Natur GOttes. 4) VonsS.Philogonio, von dem Mlitfelbftändigen, von
der Bitte der Rinder Zebedäi, 5) VI Bücher wider die Juden, 6) Von dem 5. Juven-
tino und Maximo,Pelagia,Ignatio,Romano. 7) 3 Reden von der Geburt der Maccabaͤer.
8) Don Meletio, Luciano, Juliano,Berenice und Prosdoce Euftathio. 9) VI Somilien vonder
Buſſe. 10) Don %.Babyla. rı) Ein Buch wider die Heyden. 12) Kin Catechiſmus.
13) VI Reden vom fito und der Vorſehung. 14) Il Somilien vom Gebet. 15) Von
Petro und Elia. 16) Don denen Mlärtyreen in Egypten; it.: von Phoca, Thecla, Barla-
am und allen Maͤrtyrern inder Welt. 17) Don Abrabam, 13) Dom Bann.
4. Im Il Tomo 1) 67 Homilien über das B. Moſ. 2) IX Reden über allerhand
‚Öerterdaraus. 3) V Von Hanna Samuels Mlutter, 4) TI Von David und Saul,
5) Andere vonder Faulheit, von Jofeph und der Reufchheit,von feiner Zuruͤckkunft
us Afien, von dem exilio Saturnini, an die Neugetauften. Im IH Tomo ı) Erklärung
über 59 Pfalmen Davids. 2) Hom. überden 3.Pf. 3) Auslegung Ehiz. 4) Ueber ei»
nige Öerter des 44.48. 145. Pfalms. 5) VSomilien über Efai. 6. Cap. 6) Von den
Seraphim. 7) Ueber Eſai: Jch der HErr ſchaffe das Licht. 8) Ueber Jerem: Des
ienfeben eg ſtehet nicht 9) I Homil. von der Dunkelheit des Alten Teft, 10)
Homil.uͤber den 13.50, 51.95. 100. Pfalm.
5. JmIV Tomo: ı) Vi Bücher vom Priefterthum. =) Von des Zerzens Zer⸗
Enirfchung an Demetriumund an Stelschium. 3) IN B, von GOttes Vorfeyung. 4) U
* | 3 yung. 4)
Schriften wider die Mlönche, foandere Weiber bey fich hatten. 5) Von der Jung
frauſchaft. 6 Widerdie Verächter des ein ſamen Lebens Il Bücher. 7) Vergleis
&ungeines Röniges und Kinfamen. 8) 11 Bücher an eine junge Witwe, 9) AnEu-
e 2 tropium.
36 Vorbericht. Bi
tropium. 10) Daß niemand beleidiget werde, alsvon ſich ſelbſt.
invielen hernach vermehret und noch inder Griechifchen Rirche ı
12) Donder Buſſe. 13) Anden gefallenen Theodorum. 14) BriefeanInnocentium.
15) Einer an die gefangenen Bifhöffe. _16) XVII dergleichen anO ympiadem. 17)
CCXXV. Briefe, 18) IL Sermonenvon feinem Presbyterioundexilioe. —
) DieLiturgia, fo
gebräuchlich ift,
wir
6. $mV.Tomo: ı) Von dem Schuldener der 10000 Pfunde, 2) VISern nen
von Lazaro. 3) Von dem 3 sjahrigen Kranken. 4) Don Chriſti Bitte: Vater, ifl
"möglich. 5) U Somilien über die Worte; Gebet ein durch dieenge Pforte, 6) Von
demTitelder Ap. Geſch. 7) Von Ertragung der Beftrafung. 8) V Zomil. über
Oerter andieRöm, 9) IV über 1. an die Corinth. 10) Dom Almofen über 1. Cor.
XVI.v.1. 11) IIl Som. über 2.Cor. IV. 12) Ueber 2.Cor.XI. 13) Ueber Philip.I. 14)
Maximi Lob und von Eheweibern, 13) Ueber 1.CTheff. !V.und ı.Tim. V. 16) Ande,
re Hom. von Judas Verrätherey, von Ehrifti Geburt, von dem Namen des Gottes,
aders, von der Auferftehung der Todten und Chrifti, von der Aimmelfahrt, von
Pfingiten, von der Buſſe und Abendmahl. ı7) VII Reden vonPaulo. 18) Von der
Sanftmuth. 19) Ueber Attor. IX. und XVII. 1. Cor.l. 20) Don Leſung derä.Schrift,
21) Dom Gebet Chriſti in Wunderwerken. 22) Dom Saften in Oſtern und mit den
Tüden. 23) Von Elia undder Witwen. 24) Von der Freude des Fünftigen Lebens,
25) Wider die Verzweiflung. 26) Daf der Brüder Suͤnde zu verſchweigen ſey. 27)
Def mean nicht nach Gunftpredigen müffe, 28) Vonden Zeil. Maͤrtyrern. 29) Daß
die Teufel nichtdie Weltregieren, 30) Ueber Galat. I. 31) Beweis der Gottheit
Chriſti. 32) Andie, fo ſich geargert haben. 33) Don dem Gichtbrüchtigen. 34)
Von der Apoft. Gef. auf Pfingften. 35) Don Aenderung der Namen inder Zeil:
Heil.Maͤrtyrern. 37) Don den Maͤrtyrern Baflo und Przfide,
Schrift, 36) Donden
38) Von Achab. | | el f
7. Im VI, Tom. 1) Von einem Befesgeber des A. und N. Teft. 2) Ueber Gen. I,
undXXIV. 10. 3) IV Sermonen von Job. 4) Ueber. Pf. 33. und 33. 5) Von Elia, 6)
Von Joſeph, Sufanna, den 3 Aneben, 7) Dom Glauben und Befeg der Natur. 8)
Von der Dreyeinigkeit, 5. Geift, Pfingften. 9) Ueber Joh. ı: Im Anfang war ꝛc.
10) Von Simeon. 11) Auf die Erfheinung des HErrn 12) Donder Hochzeit Joh.
II. 13) Von Chriftodemzirten, Joh. X. 14) USomilien von Johannis Enthaũ⸗
ptung. 15) Dom Areus und Adams Sal. 16) Dom Cananaifchen Weibe. 17) Dom
Vorläufer Jobanne. 18) Don Petro und Paulo, 19) Von den ı2 Apofteln. 20)
Von Thoma, 21) Von Stephano, 22) Ueber 2 Eor. XII. 23) Vonder Verkündigung
Yılarid. 23) Don der Erfcheinungund Johenne. 25) Domverlornen Sohn, 26)
Ueber Matth. XIII. 27) Von ıo Jungfrauen Matth. XXV. 28) Ueber Luc, VII. 29)
Vom Charfreytage. 30) Don der Samariterin Joh,IV. 31) Dom Blindgebornen,
Tob.!X. 32) Von Ehrifti Auferftehung. 33) IV Sermonen vonder Zimmelfahrt.
34) Von der Gütigkeit eines Jüngers Chrifti. 35) Von falſchen Propheten, 36)
Vom Rennplag. 37) Don Chrifti Geburt. 38) Ueber einige Oerter aus Luc. I, und
11. Matth. VLXX.XXL Luc. XI.XVI.XVII. 39) Don Scherzreden der Kirchendie⸗
ner. 40) Don aan dem Theologo, 41) Von der Anbetung des Kreuzes. 42)
Von deffen Bekenntnif. 43) Von Petri Verleugnung. 44) Vom Saften und Almo⸗
fen. 45) Don Oſtern.
8. Im VII Tomo find 91 Zomilien über Matthzum. Im VII. 87 über Johannem,
darunter die 62. 63. und 64fte und die 5 leßtere auch in Baſilii Seleucienfis Schriften ftehen. Des
Opus Imperfe&tum über Matth. von 54 Hom. hat man nur Sateinifh, wie Sandius gegen Pofle-
vinum °
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* Vinumund Riverum Jeffeber,obmanesfonften gleich billig ruͤhmet. Maffen es auch die Gelehrten
gehalten, lib. IL
gemein loben, alsein fehraltes, gelehrtes und ereflihes Buch. Im JureCanonico und andern
papiftifchen Schriften wird es unzaͤhlichmal angezogen, und erzehlet Sandius überaus vief Manu-
Teriptadavon in den vornehmften BibliorhefenEuropä,darang er ſchließt, wie hoc) man es vor dieſem
lift. Eccl. BT 7. pflegt es dahero in billigen Sachen wohl gebraucht zu werden,
" 9, $mIX.Tomo find 55 Som, über die Apoft. Geſch. und 33. über die Ep. an die
Röm. & Ben, über ı. Cor, und 30 über die 2. Epift. Eine Erklärung an die
Galat. und 24 Som. über Ephef. Im XI. 15 Homil. über Philipp. ı2 über Coloff.
16 über 1.und 2.Cheff. 28 über 1, und 2.an Timoth, 6 uͤber Tit. 3 über Philem. 34
uͤber Zebr. Die übrigen Schriften, fo noch in groffer Menge ın feinen Operibus zu finden find,
achre ich zu ergehlen unnoͤthig, weil fie iv nicht angeführer worden,
| XXXIV. Hieronymus.
7, Hat die vortreflichften Leute zu feiner Zeit gehöret, und von einem Juden Hebräifch gelernter,
auch fonft wohl ſtudiret, und darauf ein einſames Leben erwaͤhlet. Nachdem er aber von Paulino zu
einem Aelteften gemacht, zu Rom aber von einigen übel tractiret worden, blieb er in Palzftina bey
Bethlehem in einem Klofter,und unterwiefe viel junge beute, ward auch fonft durch groffe Correſpon⸗
deng wegen feiner Fertigfeit und Gelehrfamfeit in der ganzen Chriſtenheit befannt.
2, Seinealtiones und Schriften zeigen einen hisigen Kopf an, der oft feinen Affecten zu ſehr
nachgehangen, fonderlic) in dem, tag er wider Rufinum, Johannem, Jovinianum,Vigilantium und
anderegefchrieben. Indeſſen brauchte ihn GOtt damals, die Mifbräuche und Sünden der Lehrer
und Zuhörer zu ffrafen, wie die Gelehrten erfennen. Sein Stylus iftgcharf, durchdringend und noch
ziemlich anmutbig zu lefen : welche ein accurar Kennzeichen gibt, feine Schriften zu unterfiheiden.
Ueberhaupe ift fein Eifer über die Krchenzucht und ein gortfeliges eben nicht zu leugnen, und find
dahero feine Bücher in vielen Stücken noͤthig und nüglich, .
3. Diefe, fofern fie auffer Streit ihm zugebören, find: 1) NLIT Briefe oder Vermah⸗
nungsfchreiben an unterfchiedenePerfonen, 2) Der Catalogusder vornehmftenScri-
benten. 3) Die Streitfchriften wider Helvidium, Jovinianum, Vigilantium, Montanum,
die Luciferianer, Arianer, Pelagianer, Örigenianer, Joh. Hierofolymitanum, Rufinum,
4) Die Vorreden über die biblifchen Bücher und Erklärungen allerhand Sragen
daraus. 5)Die Auslegung aller Propheten. 6) Des Predigers Salomonis, des
Evang. Matth. der Epan die Balater, Ephefer, Tit. Philem. 7) Das Buch Didymi
vom. Beift,Lateinifch überfegt. 8) Die Heberfegung der Pfalmen aus dem Ebraͤ⸗
ifchen. 9) Von den Ebraifchen Bertern aus Eufebio, 10) Das Chronicon Eufebii LA»
teinifch und vom Jahr 327. bis auf 380. continuiret.
4. Naͤchſt diefen find auch etliche, davon man den autorem nicht fo genau wiffen kann, ob es
Hieronymusfey,. Als ı) 2. Briefe an Auguftinum, einer an Apronium, und 2 an Theophi-
lum. 2) Die Dorreden über Baruch und B. der Maccab. 3) Traditiones über die
B. der Rönige und Chron. 4) Die Öerter aus der Apoft. Geſch. 5) Die Glau—
bensbekenntniffean Damafum und Cyrillum, 6) Die 9 Homilien aus Origene überfegt,
und andere, die man ihm aus Origene unrecht beyleget. 7) 4 Vorreden über die
Pfalmen und Sprüchwörter. i
. Offenbar falfche Bücher follen nad) der meiften Meynung ſeyn: 1) Der Brief an Celan-
m. 2) Die Vorredeüber Marcum, Lucam, Johannem und Siob. 3) LI Buͤcher über die
Alaglieder. 4) Auslegung über Hiob und Sprühw. Sal. 5) Fragen über Habacuc.
)Ueber Marcum. 7) An Demerriadem von der Jungfraufcheft. 3) An die Töchter
Gerontiz. 9) Don den 7 Stuffen der Kirchen an Rufticum, 10) Dom Lob der Jung»
sufchaft. 11) Von dem, was GOtt inder Zeil. Schrift beygeleget wird. ı2) en
e 3 er
— — — — ————
der Oſterker ze. 13) Von der wahren Beſchneidung und die folgenden ı5 Schriften,
14) Vonden Vigilien. 15) Ein Brief on Pammachium und Oceanum , d die FASER:
de. 16) Auslegung über die Epiftel PaulianHeliodorum. 17) Etlicher *
18) Die Wiönhregeln. 19) Die Vitæ Patrum oder Leben der 5. Pater,t
ronymo und andern zufammen gefuchet find. Denn daß viel Fabeln hinein gefommen feyı
mehr poetiſch als Hiftorifch tractiret worden,gibt der Augenſchein, wie auch Barrmıus nebft andern.dgr
von urtheilet. Vid. lib. XLII, Adverf, c.23. und XVI. c. 26. Hyrerıus de ftud.Theol.p. 569, =
XXXV. Rufinus.. —
*
1. Anfangs ein guter Freund von Hieronymo, aber hernad) fein geoffer Widerſache war
ſonſt ein Aelteſter der Gemeine zu Aquileja, und regierte in Palæſtina ein Kloſter. Er wurde mit in
den Streit von Origenis Schriften verwickelt, die er faͤlſchlich uͤberſetzet hatte, und davon überführee
ward. Deswegen man ihn auch anfochte, und gar zum Ketzer machte, ja man zanfte ſich zu Nom ſo
lange herum, big Alaricusfam und Italien verwüftere. *
2. Ungeachtet aber der grimmigen Urtheile, die ſeine Feinde von ihm ausgeſprochen, ſo ruͤh⸗
met ihn doch Paulinus Nolanus als einen wahrhaftigen, heiligen und gottesgelehrten
Mann, der in Schulſachen und der heilſamen Lehre 9 erfahren geweſen, ep. 9.
ad Sever. Caflianus gleichfalls als einen nicht geringen Theil der Rirchenlebrer, einen
Chriftlichen Philofophum, lib. VI. deIncarn, c,27. Parranıus lobet feine groffe Sanft-
much c, 118. Hiftor. Laufiac. welches er indem Streit mit Hieronymo wohl etwasermiefen, der
ihn auch vor feinem Streit fehr recommendiretep. 5.ad Florentinum. in der Kirchenhiftorie und
inden Schriften der Alten harffer groffe Arbeie gethan, aber wenig Lob damit verdienet wegen feiner
Freyheit, die er fich genommen, die Bücher zu verändern, zu vermehren und falſch zu überfegen, wies
wol ihm auch in vielen unrecht geſchehen mag von Baronio und andern papiftifchen Seribenten, bey
denen er zum wenigſten vot Feinen Heiligen paßiret. f i
3. Seine Schriften find folgende: 1) Von dem Segen der zwölf Patriarchen 2 3»
eher. 2) Auslegung über Hoſeam 3 Bücher, it. über Joelund Amos. 3) Auslegung
desSymboli. 4) Der Rirchenhiftorie 2 3.undEufebii Heberfegung 9 B. 5) Exklaͤ⸗
rungüber 75 Pfalmen, die doch ſehr verfälfcher ſcheinen. 6) Etliche Verantwortungen we⸗
gen Origenis und wider Hieronymum,unfer deſſen Operibus ſie ſtehen: Sonſt hat er viel Schriften
ander Autorum uͤberſetzet, als I) Jofephum, die doc) den Gelehrten gar nicht gefallen will. 2) Cle-
mentisvon Nom X 3. Recognitionum; it. feinen Brief an Jacobum. 3) Au Anatolium vomOſter⸗
feft. 4) Origenis Bücher von den Prineipien. ı7 Hom. über das 1. Buch Moſ. 12 über das I.
16 über dag III, 28 über das IV 26 über Jofuam, 9 über die Richter, ı über das J. Buch der Könige,
g.über die Pfalmen ‚4 über das Hohelied, und andere über Ep. an die Roͤm. davon oben in Origene.
5)Etliche Schriften Bafili M. und Gregorii Naz. 6) Die Viras Patrum, wie man muthmaſſet.
XXXVIL Prudentius. ! J
1. Ein Spanier von Geburt, und in ſeiner Jugend ein Advocat und Soldat, hernach ein from⸗
mer und Chriſtlichet Poet, welche natuͤrliche Faͤhigkeit der HErr an ihm heiligte, und zu ſeinem Preis
brauchte. Unter den Theologis gibt ihm David Chytræus dieſes Zeugniß Reg. Stud. p. 184. Es
ſcheinet in ſeinen Gedichten eine bruͤnſtige Gottſeligkeit und Chriſtliche Gravitaͤt,
wie auch eine maͤchtige durchdringende Beredſamkeit eines von GOtt gelehrten
und regierten Herzens, dadurch die Gemuͤther zu gottſeligen —— ermun⸗
tert werden. Und unter andern Buchnerus: Niemand hat wol die Poeſie beſſer an⸗
gewandt, und groͤſſere Gottſeligkeit darinnen erwieſen, Orat. 5. Vol Il. und ep 97. PL
Conf. Barrnıus VI. Adv, ce. 1. VIll.c, 11. XXI. 4. &c. und andere, wie auch die neue und ſchoͤne
Edition STEFHANI CHAMILLARD Parif. 1637, Um feinen Itylum läßt man hier ſich unbefüme
‚merk,
ndere Briefe,
Pr
En u u — — —
— — —
*
J Vorbericht. 39
ert,zumal aus des Mannes Abficht erbellet, daß er mehr aufdie Sachen als auf die Worte gefeben
abe, welches von allen zu wünfchen wäre.
2. Die Polmata find nachfolgende: 1) Pfychomachia oder der Streit zwifchen Tu⸗
‚genden und after. 2) Cathemerinaoder Gefänge auf alle Verrichtungen des Tages
gerichtet. 3) Apotheofisoder von der Gottheit, 4) Hamartigenia oder vomlirfprung
der Sünden. 5) Wider Symmachum 2 Bücher. 6) Diehymni de Coronis oder Maͤrty⸗
rergeſchichte. 7) Ein Handbuch des Alten und Neuen Teſtaments. Von dieſen iſt
nun unter den Gelehrten ausgemacht, daß fie Prudentio gewiß zugehoͤren.
— XXVII. Auguſtinus.
Mit dieſes Mannes Bekehrung und anderen Zufaͤllen Hat ſich viel nachdenkliches begeben,
welches aber hier zu weitlaͤuftig faͤllt und an feinem Ort nicht übergangen wird. Kurz dag noͤthigſte
zu gedenken, fo hat er in der Jugend fleißig ſtudiret, nach der Ark, wie ergeführer wurde, welche er her⸗
nach ſehr beklaget. Nachdem er aber unter die Manichäer gerathen, und ein böfes geben geführer ;
ſchickte es GOtt, daß er Ambrofium hörere, und endlich nad) vielem Ringen und Gebet feiner Muts
ter von ihm befehret ward, nachdem ev eine Stimmegeböret, wie befanntift. Darauf wurde er zu
Hippon in Africa zum Aelteften erwaͤhlet, ungeacht er ſich mit vieſem Proteftiren und Weinen wei
gerte, Darichtere ernun feine Lebensart fo ein, daß er mit vielen andern in Gemeinfchaft zufammen
wohnere, und vor den Bifchof Valerium das Bolf lehrte, Nach deffen Tod ward er Bifchof, und
machte fich um die Ehriftenbeiein vielen Srücken ſehr verdient, ob er gleich auch in vielen fehlere, wie
an einem unter fo vielen Berrichtungen zerftreuren und durch unzähliche Streitigkeiten umgetriebee
neit Gemuͤthe nicht zu verwundern ſtehet. Endlich nahm ihn GOtt vor dem Einfall der Feinde bin»
weg, dadie Stadt ſchon belagert war.
2. Seine Arbeit und Fleiß nebft andern Tugenden kann man aus feinen Büchern erfennen,
und göreliche Gnade in vielen Stücken an ihm preifen. Und wie die tiebe alles zum Beften kehret, fo
überfichet fie auch bier dasjenige, was fonft der Haß hoch empfinden Fan. Dahero er auch von den
Theologisin den meiften ihm beygemeffenen Fehlern entſchuldiget wird. Siehe Antoni Rem
serı Auguftinum Vindicatum, der die vornehmſten Zeugniffe alter und neuer Scribenten von ihm
anführet, Unterandern geftehet CHemnıriusaufrichtig: Er trage die wahre Lehre der
Kirchen vieldeutlicher und eigentlicher vor, als dieübrigen Rirchpäter, Or.deL.P.
Erasmus ſetzet gar: Er allein habe alle Gaben eines Chriftlichen Scribenten, denn
er fey fleißig im Kehren, nachdruͤcklich im Ueberzeugen, brünftig im Vermahnen,
lieblicy im CTröften, überall gottfelig, und mir Chriftlicher Befcheidenheit und
Sanftmauth begabet, lib. XIX. epift. 35.
3. Der Unterſcheid zwifihen feinen vechten Büchern und den falfchen, ift ans feinen eigenen -
Rerractationen oder Wiederrufsbüchern und dem Negifter Poffidii leicht zu machen, dazu aud) fein
eigener tyluseinmerfliches beyträge, Bey den aceurateſten Critieis und Editoribus findet man fie
alfo: 223, Rerrattationum, 13 Confeflionum oder Bekenntnif von feinem vorigen Le
ben, ı von der Grammatica, der Grund der Dialectieæ, die 10 predicamenta, der Anfang
der Rhetorie, 623, von der Mulie, 3 wider die Academicos, 2 von dee Ördnung, ı vom
feligenXeben, 2 Gefprach mit fich felbft, ı von dem Meiſter und Lehrer, ı von der
Seelen Unfterblichkeit, 1 von der Seelen Gröffe, 3 vom freyen Willen, ı von der
wahren Religion, 2 von den Sitten der Ricche, 2 von dem ı 3. 1Tof. wider die
Manichaͤer, 242 Briefe, darunter der 142. 181. 182. 184.195. 187.189.192.194.196.198.
falſch find. In den neueren Editionen find indie 6o andere dazu kommen.
04, Kerner 4.3. vonder Chriftl. Lehre, 7 vonden Redensarten der 5. Schrift,
von dem Slauben und Bekenntniß, das Handbuch an Laurentium, 15.3. von der
Dreyeinigkeit: von dem 123, Moſ nach dem Buchftaben, und andere 12 B. davon,
ı von
ı von dem Chriftl. Kampf, von dem Werke der Einfamen, vom Geiftund Bue
ben: von der böfen Geifter Weiſſagung: ein Spiegel aus dem Aund L7.Teftament
vondenKLügen, 23. ı vom Glauben undguten Werten, 7 3. Frag gg
Bücher Mofis, Jofus und dee Richter: 2 3. Evangelifcher Sragen, ı Evangel.
J
Frage über Matth. 43. von Zuſammenſtimmung der Evangeliften, 13, vony73 _
Stagen, 23. von unterfchiedenen Fragen an Simplicianum, ı von 8 Stage
vonder Vorforge vor die Todten: vonder Eatechifmuslehre, von der Enthaltun
von der Geduld, von dem Nutzen der MWitwenfchaft, 223. von der Predigt des
SErrn auf dem Berg: Erklaͤrung der Ep. andie Roͤmer, eine andere einiger Saͤtze
daraus: Auslegung der Epiſtel an die Galat. Anmerkungen über Hiob. 22. B.
von der Stadt GOttes. f *
5. Die Streitbücher find: Von den Aegereyen an Quod vult Deum, eine Rede von
sRegereyen: eine an die Latechifmusfchüler wider Juden, Heyden und Arianer *
eine andere wider die Juden, 1B. wider die Manichaͤer von dem Nutzen des Glau⸗
bens, ı wider den Brief eines Manichaͤers, 2 wider Adimantum, 33 3, wider Fauftum,,
2 von dem,was mit Felice vorgegangen, ı wider Secundinum, ı von der Natur des Gu⸗
ten, 2 widerden Widerfacher des Befeges und der Propheten, ı wider die Prifcilli»
aner und Örigeniften, ı wider die Rede der Yrianer, 3 3. wider Maximium, ı wider.
Jovianum von des Eheſtands Nutzen, ı vonder &, Jungfraufchaft, 2 B. von den un⸗
rechten Eben. Ein Pfalm wider die Partey Donati, 3.3. wider den Brief Parmeniani,
und 3 wider Petiliani feinen, 43. wider Crefconium, 3 wider dieBriefe Gaudentii, 7 Wie
der die Donatiften von der Taufe, von einer einzigen Taufe wider Petilianum, ı wider
ihn vonder Einigkeit der Kirchen, Auszug der Confereng mitden Donatiften, 133,
nach) derfelben wider fie, eineRede von dem,was mit Emerito vorgangen; it. ein Buch
Davon, ı wider Fulgentium, ı vondem Verdienft undErlaffung der Sünden, 33. wis
der die Pelsgianer an Marcellinum, ı von Natur und Gnade wider fie, 2 vonder Gna⸗
de Chrifti und Erbfünde wider fie, = vondemsEheftand und böfen Luft, 4wider ⸗
Briefe derPelagianer, 6 wider Julianum, 4 von derSeelen und ihremllrfprung, 2 von
der Vorfehung der Heiligen und demYTugen der Beftändigkeit, ı vonder&nade und
freyem Willen, von der Seſtrafung und Gnade, von der vollkommenen Gerechtigkeit.
6. Andere uͤber die Bücher der H. Schrift: Erklärung der Pſalmen, 124 Tractate uͤber
Johannem, und 10 über feine Epiftel. 1 8. vonder — Zucht. 1 vonden 10 Saͤi⸗
ten, vom neuen Liede und der Wiederkunft zum himml. Vaterlande. Von den Hir⸗
ten aus Ezech. 34. it. von den Schafen ebendaraus, an die Catechiſmusſchuͤler vom
Symbolo, von den Geboten und 10 Plagen: Dom Nusʒen des Saftens,einPfalter vor
feine Mlutter, 64 Sermonen vonden Worten des HErrn, 35 von den Worten des
Apoftels. Das Buch von soyomilien: 256 Sermonen nach deräeit, darunter dieſe
nicht feine find : der 9. 11.15.33.37-48.63.68.77.78.117-.118:120.125:128.130.136.137.1384
171. 176.215.226.228.229.242.251.255. Die z5ı Sermonen von den Heiligen, darunter
abermalder 1.18.22,26.27.30.31.33.35.36.37:47 andern zugefhrieben werden. Wiederum ars
dere 17, und noch 43 von allerhand Materien: ein Fractat vom Vater Unfer; it. einige
Stüde von 27 Sermonen aus Eugippio und Beda ʒuſammen geſucht: ohne was noch in
neueren Editionen dazu fommen ift, alsdie 40 Sermonen von Sirmondo zuerft ediet, die 123 in der
LHwiſchen Edition,und die 1 1 in der Pariſiſchen, aus welchen und dergleichen hier nichts wichtiges ge⸗ |
nommen worden. Gleichwie auch aus den ungeriffenBüchern,als den Meditationen Herzens,
geſpraͤche, Handbuͤchlein und andern, viel weniger aus den offenbarfalfchen, als den Fragen
ausdem Alt. und Neuen Teſtam. den Büchern von den Kirchenlehren, vom DE
! en
on ————-
© ben anPetrum, von den
Vorbericht. 41
underdingen der 5. Schrift, von Geiſt und Seele, von
er Menſchwerdung, * Freundſchaft und anderen vielen dergleichen. Die
Sermonen andie Bruͤder in der Wuͤſten find zwar nicht feine, aber wol der 52. und 53. Ser«
mon, welche mie unter di Briefe gehoͤren, und von Eralmo und andern vor richtig erkannt werden,
‚auch hier gebraucher find. Was fonft von dergleichen citirt, und dabey Auguflinus genenner wird,
bfeibet indes feinem wahren Autori unftreitig,
XXXVIMI. Paulinus.
1, Nolanusgenatnt, zum Unterfcheid anderer, von der Stadt Nola, da er Bifchof gemefen,
ein Mann von vornehmen Stande und Reichthum, hernach aber von groffer Gottſeligkeit und fon«
icher Siebe gegen die Armen,davon ihm auch nebft andern Tugenden die Alten ein herrliches Zeug⸗
m; wie angehörigem Orte follgefager werden. L, OsıanDer und andere fehreiben auch,
daß er in den meiften Ölaubenspuncten wohl gelehret habe. C. V. L. II. c.22.Hiit. Ecel.
2. Ermwarein Liebhaber der Poeſie, und hat folgende Gedichtebinterlaffen: Kin Zochzeite
wunfch an Julianum, über den Tod Celfi, 10 Gedichte auf Felicem und die Stüde vor
dem 11.13.14. Und 15. it. von der Miederkunft Nicerz. Diefe nebft den zo Briefen
find eichtig : Aber Die 6 B. vom Leben Martini hat PaulinusPetrocorius gefchrieben ; wie nun«
mehr am Tage iſt: miedenn auch dag Carmen von feinem Leben nicht feine Arbeic ift. Im übrigen
finder fich in feinen Briefen gar ſehr viel gutes, welches ein erleuchtetes Auge von dem andern wohl
zu unterfcheiden weiß. | Bu
XXXIX. Severus Sulpitius,
r. War ein vertrauter Freund Paulini, Martini undHieronymi, und ein Xeltefter in Frank
reich, zuvoraber ein Politicus, auch von feiner Gelehrſamkeit und Eloqueng fehr berühmt, Die Ge-
lehrten wundern fih noch über feinen feinen ftylum, dergleichen man in feiner Zeie nicht finder, Vid.
Barrnuıus XII. Adverf. e. 18. &XLIX. e.4. Vossıus deHift.Lat. Scarıser de Emend.
Temp. prol. &c. Sein heiliges und unfträfliches Leben hat auch darinnen ein groffes Zeugnifi,
nad) Voffü Judicio, weil er indem Roͤmiſchen Märtyrerbuch mit ſtehet IV. Kal. Febr. Dem unge
acht werfen ihm die Papiften doch viel Irrthuͤmer vor, darunter auch Bellarminus aus groffer Blind«
> heit diefes vor einen angibt, daß er gefchrieben : Die Kirche werde durch Gold nicht gebau»
et, fondern eingeriffen ; it. daß der Eheſtand erlaubet fey, die Jungfrauſchaft herr⸗
lich, die Hurerey ſtrafbar, uf. f. p- xII. de Ser. Ecel.
2. Hingegen lobet ihn Augultinus als einen gelehrten und weiſen Mann, ep. 205.
Ipacıus inChron. alseinen vortreflichem ( virum ummum ), welcher Ruhm ihm von ans
dern Schwachheiten nicht benommen wird, da er zumal viel Schwachbeit inder Erzehlung von Mar-
tino und andern zeiget. Denn er hat gefchrieben 1) ein Buch von deffen Leben. 2) 113,
vonder Rirchenhiftorie bis aufs Jahr Chriſti 400. 3) III Briefe an Eufebium, Aurelium
undBaffulam. 4) Iil Gefprach vonden Wundern der Einſamen und Martini. Dazu
find noch hernach gefunden worden 7 Briefe, die theils von DAcHerıo in Spicilegio, theils von
Barucıo inMifcellaneis ediret worden find.
XL. Maximus Taurinenfis.
Ein Bifchof dafelbft, deffen Sermones ſchon unter Ambrofio und Auguftino erwehnet find;
mitderen Schriften fie faft in allen Editionen gedrucket worden, wieauc) mit LeonisM. und Chry-
fologi x feine übrigen Sachen find hier nicht gebraucher worden,
| XLI. Synefius,
2, Iſt erftlich ein Heyde gewefen, und in Gefandfchaften und andern Negimentsgefchäften
gebraucher worden Das Volk aber zu Prolemais hat ihn Se feinem Biſchof begehret,
dawi⸗
42 Vorbericht.
dawider er ſich gar ernſtlich gefeget, weil er noch ein Heyde, und von der Auferſtehung, ſeiner Be⸗
kenntniß nach, ungewiß war. Vid.ejusepift.305. Gleichwol aber macht n der Erzbiſchof zu
Alexandria dazu, weil er zuvor cin unſtraͤfliches Leben führte, und man vor gewiß glaubte, er wuͤr⸗
de bey einem folchen Leben mit dem Lichte von der Auferſtehung ſe erleuchtet
werden; wie es Pnorrus erzehlet Cod. 26. Biblioth. a a
2. Ex hat gefehrieben 105 Briefe, dieich allein hierinne gebraucht habe. Sonſt hat man
auch feine Oration an Arcadium, 2 Buͤcher von der Vorſehung, ı Bud) von den Traͤu⸗
men, etliche Sermonen u. ſ.f. Die Schreibart ift ziemlich poetiſch und hochtrabend, doch nicht
eben unangenehm oder allzuhart. Die Sachen aber geben felbigen Zeiten einigesficht,
9 3 7 hi
XLII. Philoftorgius. N
Der Secte nad) ein Nrianer oder vielmehr ein Eunomianer, und daher ein untreuer Hiftori-
cus, wie ihm die meiften Schuld geben, Er hat die Kirchenhiftorie von Ario bis auf Kayfer V len-
tiniani Jun. Zeit befchrieben, die von Jac. GoTHorFREDo und Henr. VALEsıo fehr ſchön
illuſtriret iſt. Im übrigen find feine Unwahrheiten zeitig entdecket und die Leſer davor gewarnet
worden, wiewol er indeſſen vor einen fleißigen und gelehrten Seribenten paßiret. —
XLIII. Paulus Orofius.
Yeltefter zu Tarraco, hat auf Auguftini Zureden eine Hiſtorie in 7 Büchern wider die
Heyden verfaffer, darinnen er ihre Laͤſterung ablehnet, daß die Chriftliche Religion von fich felbft nicht
Schuld fey an dengemeinen Landplagen. Jugleichen hat manvonihm eine Schugrede wider
die Pelagianer vomfreyen Willen. Siebe Vossıum lib.Il.deHift. Lat. c. 14. undlib. I.
Hift. Pelag.c.17. Die Hiftorie pflegt fonft ScALIGER nebft andern oft zu. corrigiren, Animadv.
Eufeb, und fonderlich wird an ihm deſideriret, daß er die Öriechifchen Hiftoricos nicht gebrauchen,
ohne Zweifel, weil er ſie nicht verſtanden, da er doch den Heyden eine Deduction aller wichtigen Ver⸗
änderungen inder Welt und groſſen Landplagen vorlegen wollen, - r
XLIV. Gyrillus Alexandrinus.
1. Erſtlich ein Aelteſter, hernach ein Bifhof zu Alexandria, lebte fehr übel und ärgerlich, wie
wir unten fehen werden, und überdig zu einer Zeit, da es unzählige Streitigkeiten in der Kirche gab,
weil fonderlic) Neftorius damals befannt wurde. Wobey denn diefer meynte, ev müßte nicht der
letzte feyn, feinen Eifer zu erweifen. Und daher bemuͤhete er fich mit Schriften, Coneilüis, Predige
ten, Neifen und andern Mitteln, fie zu unterdrucken, welches doch wenig fruchtete, fondern aller
feits mehr Erbitterung erweckte; davon unten mit mehrern. — —
>. Man hat noch von ihm die Auslegung über die ; B. Moſis, Eſaiaͤ, und die ı2
kleinen Propheten, 30 Öfterpredigten, und ı4 andere, 61 Briefe: 17 Bücher von
Anbetungim Geift und in der Wahrheit: Thelaurus oder Schau vonder Dreyeinig-
Keit, 7 Befpräche von derfelben, z Geſpraͤche von der Menſchwerdung und von ei
nem Chrifto, Scholia darüber: vom rechten Glauben an Theodofium, 5 3. widerNNe-
ftorium, 10.3, wider Julianum, wider die Anthropomorphiten, Schugreden an Theo-
dofium, it, eine von den 7 Capiteln oder Sägen wider die Morgenlaͤndiſche Biſchoͤffe,
und eine anderedaponwider Theodoritum &e, —J—
XLV. Ifidorus Pelufiota. (EHRE
War Chryloftomi Difeipel, und lebte in einem Klofter in Africa, bey ſtetiger lebung, Arbeit
und Cafteyung feines Leibes. Er ward mit einem geoffendicht in göetlichen Dingen begabet, und
von vielen weit und breit in wichtigen Fällen um Rath gefrager. Woraus feine Briefe herfommen,
son denen wir 2013 übrig baben, in 5 Bücher eingetheilet. Sind alfo in die g000 verloren gan,
gen,
—
*
Vorbericht. =
en TE EEE EEE GEBET TEE RETTET TER
gen, : Nıczrmorus zehlet lib. XIV. HLE.c.53. Damascus beym Suıpa inv, aAdercız
suguyAwr]ov, weil ex die Wahrhei
*
t mit einer gottſeligen Einfalt geliebet habe.
er ar XLVI. Sedulius.
Ein feiner Poet und Bifhof in Spanien, der die Gottſeligkeit nad) feiner Maaß in feinen
Schriften freiber. Diefe aber find 5 Buͤcher von den Wunderwerken Chrifti? Verglei»
&ung des Alten und Neuen Teftaments, ein Carmen nach dem Alphabet von£hrifto
und in profa 5 Bücher OperisPafchalis. Die Erklärung der Epiftel Pauli ift aus Grego-
rioM. und andern ausgefchrieben, kann alſo nicht diefes Sedulii Arbeie feyn, weil jener nach diefem
gelebet hat. F
XLVI. Joh. Caſſianus.
1. Iſt von Kindheican in der Einfamfeit gewefen, und von Chryfoftomo ſehr gefieber wor⸗
ben, bey dem er Diaconus und hernach wegen deffen Berjagung zuMom fein Agent war. Endlich
bauete ex zu Marfilien ein Klofter, und brachte fein Leben in dergleichen Hebungen zu. Man bes
ſchuldigte ihn aber in der Lehre, daß erein Semipelagianer wäre, ober gleich den Pelagianern ernſt ⸗
lich widerfprach. Profper hat gar ein Buch wider ihn gefihrieben, und ihn diswegen bart ange
laf en.
l 2. Nichts defto weniger werden feine 7 Bücher von der Mlenfihwerdung, wider
- Neftorium, fehrgerühmet, wie auch die 12 Bücher von den Brönungen unter den Einſa⸗
men und den 8 tlaſtern. Denn diefe nennet Phorius die näglichften unter allen
vor diejenigen, welche ſich in dem geiſtlichen Rampfüben wollen, indem eine groffe
Arcoft und etwas göttliches darinnen fey, Bibl.Cod 197. Wie denn aud) in Fulgentii
tebensbefchreibung ſtehet, daß er durch Leſung diefer Bücher fey entzündet worden, einent fol-
hen Leben nachzuſtreben. Ueberdis hat man auch die 24 Gefpräche der Oster von ibm: an
welchen Schriften niemand zweifelt, daß fie von ihm herkommen. |
XLVM. Sidonius Apollinaris.
War von vornehmen Geſchlecht und in groffen Aemtern bey der Welt fehr angefeben, bis er
mit Gewalt zumBifchof in Avergne gemacht wurde, da er zuvor fandehauptmann gemefen. Wor⸗
auf er das Seinige feinem Sohn überließ, und ſich auf die Theologie legte: Er wurde aber von vie⸗
len zu Rath gezogen, und zu Schlichtung ſtreitiger Fälle gebraucht, wie feine Briefe ausweifen,
deren wir noch 9 Bücher haben, und darneben 24 Carmina, ohne die, fo in den Briefen mirfteben.
Der ſtylus iſt etwas rauh, doch mit vielen nachdenflichen Reden überall angefülles die Sachen aber
dienen ſowol zur Profan- als Kirchenhiftorie fehr wohl.
XLIX. Vincentius.
Lirinenfis genannt von dem Ort, da er in einem Kfofter gelebet, und ein Neltefter worden,
Diefen heiffen die Papiften einen Heiligen, Martyrol. Rom. IX. Kal. Jun. andere aber machen ihr
zum Semipelagianer, wie noch legtlih Dar zus ausgefuͤhret bat deufu Pat. c.ır. und vor ihm
Vossıuslib.L.Hift. c.9. Ihr ftärkfter Beweisift, weil er das Commonitorium oder die Erine
nerung wider Die Ketzer, unter dem erdichteten Namen Peregrini gefchrieben, wie er auch
Auguftino Neuerungen beymiffer, inden Einwuͤrfen wider feine Schriften von der Ver»
febung und freyen Dillen, die beym Profpero in der Widerlegung ſtehen. Unterdeſſen dies
met doch feine Arbeit zu vieler Nachricht von felbigen Zeiten und Zwiefpalten. Gennadius nennts
eine mächtige Difputstion wider die Reger, und lobet feinen werten und deutlichen ſty-
lum v. c.64. und go. de Script,
Ze L. Leo Magnus.
1 Gin Biſchof zu Kom bey einer ſehr verwirrten ur; betruͤbten Zeit, da es in der —2*
2 allen
mn tl DD nn nn _ — ——
44 Vorbericht. 8
allen Orten Widerſpruch und Streit gab, und im Leben noch aͤrger hergieng. D
ſehr hart und hochmuͤthig erwieſen, und die antichriſtiſche Arc merklich blicken laſſen.
fi) viele unſchuldig oder doc) unwiſſend verfolget und angefeindet, wie ſonderlich von
Fanne ift, mitdem man nicht fiehet, daß er fich wieder verfühner harte, Zuletzt mac
der barbarifchen Bandalen einen Riß durch dieſe Streitigfeiten, und demuͤthigte die ficheren
ler zu Rom und anderswo, darauf diefer auch baldftarb. Mi 9
2. Einen wunderlichen Lobſpruch leger ihm Trırnezmıus bey deSer. Eccl, p.239.
er ihn nennt Ciceronem in den geiftlichen Reden, Homerum in der Theologie, Ariftorel:
in den Schlüffen des Glaubens, u.f.f. Welches wol einen abfchrecfen möchte, an feine
Schriften zugedenfen, woferne nicht bie und da noch viel Nachricht von diefen Zeiten zu finden waͤ⸗
re. Doch erinnert Riverusrecht, man muͤſſe dabey die Schren von dem unterfiheiden, was er in auf
ferlichen und politifchen Sachen geſchrieben. Iib. IV. Crit. c. 22. N *
3. Er hat aber geſchrieben 141 Briefe, nad) den neueſten Editionen, darinnen viel fremde
mie find: Sngfeichen allerhand Reden, als 6 von Lollecten und Almofen, 9 vom Saften
des zebenten Monats, 10 von Chriſti Geburt, 8 von der Erſcheinung des SErrn,
12 vonder Saftenzeit, 19 vom Leiden Chrifti, > von feiner a Hansi der
Zimmelfabrt, 3 von Pfingften, 4vom Saften in Pfingften, ı von Maccabaͤern, ı
von Laurentio, gpom Kaften des neunten Monats, ı wider Eutychen, ı vonder Der»
klaͤrung Chrifli, ı von den Stuffen zur Seligkeit, ı auf den Stul Petri, ı Zinwey»
hung eines Biſchofs, und ı bey Ördinstion eines Xelteften. Dieandern find nach Un ⸗
terfuchung der Criticorum falfch, wie fie auc) Quefnellus noch zuletzt unterſchieden hat, Paril. 1675.
Ll. Petrus Chryfologus. '
Bifchof zu Ravenna, ein berühmter Redner, welchen Ruhm er doch nicht ſcheinet affectirt zu
haben, indem feine Schriften nicht eben bochtrabend, fondern nachdrücklich und mitziemlicher Kraft
begabet find, damit auch fein geben fein übereinftimmere. Wir haben noch vonihm 176 Beden oder
Predigten, derer etliche mit anderer Seribenten ihren ediret worden, wie wir bey Auguftino und an—
dern gefehen. Sein Briefan Eutychen ift auch an die Opera Grec. THauMmATURGIMIF ges
haͤnget.
LII. Nilus. A;
War erftlich ein reicher Mann und Prefe&tus zu Conftantinopel, hernach entfchlug er fich der
Welt, und lebte in der Einfamfeit,aus Begierde GOtt ungehindert zu dienen, die ihm durch Chryfo-
ftomum noch) war eingepflanzet worden. Alfo, daß er ein gut Zeugniß von den Alten hat, und feine
Schriften, die er wol guten Theilsauslebendiger Erfahrung gefhrieben, nicht allein von feiner Bes
tedfamfeit, fondern auch von einem groffen Grad feiner Gortfeligfeit zeugen, wie Photius redet Cod.
201.Bibl. Die 229 Capita Parznetica oder Dermahnungen haben and) Mich. Neandro fo
wohl gefallen, daß er fie mit einem Commentarioedirerhat. Weiter hat er gefchrieben 2 Bücher
von 3 böfen Gedanken, 153 Tapitel vom Gebet, ı von den geiftlichen Uebungen,
335 Epifteln undandere Werke, dieich Hier aus Mangel der neuen Editionen nicht brauchen
fonnen: ale dag Buch von der freywilligen Armuth, geiftliche Erinnerungen, von
unterfchiedenen boshaften Gedanken, 33 Capitel nach Graden, geiſtliche Sprüche
nach dem Alphabet, eine Unterweifung von geiftlicyen Hebungen an die Einfamen,
m
Heuch⸗
Tugend und Laſtern an Agathiu
Sprücheeinen Einfamen von den vergänglichen Dingen abzuziehen, ein Bud) von
‚u. f f.
LVII. Socrates. ala
1, Hatte in der Jugend fein ſtudiret, und fich in Gerichten brauchen laffen, daher er nach der
Art felbiger Zeiten Scholafticus genennet wird, Er bar eine Rirchenhiftorie gefthrieben in
7 Süchern,
5
Vorbericht. 45
— 000000 — — — —— — —— —— —— — —
7 Büchern, darinnen er von denen Zeiten anfaͤngt, wo Eufebius aufgehoͤret hatte, und beſchleußt
inder Zeit Theodofii des Jüngern im Jahr 439.
2. Die meiften Critiei wollen ihn zu einem Novatianer machen, weil er ihrer bie und da im bes
ften gedenfet, und der Orthodoxorum Laſter ziemlich entdecket, daher auch die Papiften nicht mic ihm
zufrieden find. Vid Bertar mınvm deSer. p.118. &conf. Voss. lib. II, deHift. Gr. c. 20.
Wie denn auch Prorıus fihreiber, er fey im der Lehre nicht accurat, Cod.28. Alleine Vare-
sıus nimmt ſich feiner mie gutem Grunde an in feiner Edition Mogunt. 1677, und gefteher zwar,
daß er den Modatianern nicht abgünftig gewefen fen, (welches auch dev Augenfchein einem jeden Leſer
weiſet,) doch fey nicht daraus zu erzwingen, daßer eben der Secte ſelbſt zugethan geweſen. Ja er
feste felbft die Novatianer etlihemalunterdie Keger, lib. VI. e. 19.20. und 23. wozu man noch dies
ſes thun Fönnte, daß er ſich an dem übeln Bezeigen der meiften fo genannten Orthodoxen felbiger
Zeitmag fehr geftoffen, und hingegen über die ufferliche Zucht und gutes geben der andern ver»
wundert haben, Daheroleicht dergleichen Argwohn bey dem Leſer entſtehen kann, der gleichwol
ohne Grund und dazu wahren Chriften verboten ift.
3. Diefes muß ein unparteyifcher Leſer an ipm loben, daß er nach Valehi Urtheil mie groſſem
judicio gefchrieben, welches die feinen Anmerfungen hin und wieder mweifen, und mit nicht geringerm
Fleiß, der fich in der ziemlich genauen Bemerfung der Zeit hervor thut, Er hat auch) die beften Do-
eumenta und Acten derConeilien, Briefe und Bücher feiner Zeiten mit groffer Sorgfalt geſammlet.
Und weil ererftlich Rufinonachgefolgetwar, hernach aber aus andern Seribenten beffer unterrichtee
wurde, fo verbefferteerdie Fehler, und fieng die erften 2 Bücher ganz von vorne an zu fchreiben. Im
übrigen befenner er auch redlich wider die Art und den Sinn feiner Zeiten, daß er ſich nicht um hoch—
trabende Worte befümmere, lib. I. c.ı. Wie denn Photius urtheilet, fein ſtylus fey nicht allzuſchoͤn:
welches ihm Feiner vor eine Schande halten kann, der auf die Sache felbft und den Kern fieher, die
Schalen aber nicht achtet, "Genug, daß er nach Valefi wohl gegründerem Ausfpruch alles ernfthaft
und mie Nachdruck vorträgt, von allem fehr wohl raifonnirt, und nichts überflüßiges, wie die andern,
binfeger. Confentit Osıanper H.E. Cent. V. lib. Ixc. 26.
LIV. Sozomenus.
1. Ob wol diefer mit Socrate in gleichem Concept bey vielen ſtehet, fo ſiehet man doch aus feie
ner Hiftoria, daß er jenen oft zu corrigiven ſucht, oft etwas dazu feger oder vonihm abgehet. Er
koͤmmt aber Socrari gar nicht bey, und bringe bisweilen nichtswuͤrdige und lappifche Dinge vor, fies
bet auch mehr auf das äufferliche, deswegen Phorius feinen ſtylum vor Socratis feinem lobet Cod. 30.
Unterdeſſen gibt er auch feine Nachricht von denfelbigen Zeiten,
2, Gregorius M, fehreiber nicht fange nach) ihm von feiner Hiftorie: Der Apoſtoliſche
Stulwilldes Sozomeni Hiſtorie nicht annehmen, weiler in vielen leugt, lib. IV. ep.95-
Hingegen erhebt ihn Theodorus Mopsveftenus gar zu hoch. Alle beyde thuns aus partenifchem
Gemuͤthe. Daraus man doch dieſes ſiehet, daß er muͤſſe mit Vorſichtigkeit geleſen werden, Er
bat im übrigen einerley Profeflion mit Socrate gehabt, und begreift die Hiftorie von 1 15 Jahren in
9Bühem
1 A TV. "Theodoritus.
. Diefer befannte Scribente hat noch Chryfoftomum gehöret, und ward zeitig in der Kirche
Le&tor, hernad) Diaconus, endlich zu Cyroin Syrien Bifchof. Erverfiel aber fehr indie Streitigfei-
ten. mit andern, umd hätte erſtlich Cyrillum gerne zum Keger gemacht, da er felber viel Ketzereyen in
feinem Buche wider ihn behauptete, und fonft feine Bitterkeit allzu offenbar machte. Auf dem Con-
cilio zu Ephefo fieng er mit erlichen eine eigene Verſammlung an zubalten, veifete deswegen zum
Kayſer, und verließ fich auf feine Fertigkeit im Reden, wiewolvergeblich,. Denn er mußte unver-
. richteten Sache abziehen, weil der Kayfer ſich Cyrilli ie Darauf Theodoriruseigene 5 Buͤ⸗
j 3 her
46 Vorbericht.
cher wider dasallgemeine Concilium fchriebe, auch noch immer einen Groll wider Cyrillum bebielte,
ob gleich der Kayſer Frieden ſtiftete. Er machte es aber endlich fo grob, daß ihn der Kayſer in feinem
B.schum gleichſam arreftirte, und nicht auszureifen befahl, weil er ſonderlich auch Cyrillum nad) feir
nem Tode unchriftlich tractivet, und feine Freude Öffentlich begeuger hatte. Nach dieſem ward ergar
von dem andern Ephefiniichen Synodoabgefeget, aberauf Bermitteln des Römifchen Bifchofs wies
derum reſtituiret, da ex fich auf dem Chalcedonifchen Coneilio anders erklaͤret. Zuleße hat er fich noch
zur Ruhe begeben, und aufs Bücherfchreiben gelege, J
2. Wie er denn ſehr viel geſchrieben hat, davon wir noch das meiſte uͤbrig haben, als 1) Fra⸗
en uͤber O&tateuchum oder Die 8 Bücher Moſis, Jofua und der Richter. 2) Fragen
überdie7 B. 3) Fragen über die Bücher der Adnige, 4) Ueber die Bücher der Chro⸗
nica. 5) Auslegung des Pfalters,des Hohenliedes, Jeſaiaͤ, Jeremis, Baruchs, der
Klaglieder, Danielis,und der ı2 Kleinen Propheten,wie auch der 14 Epiſteln Pauli,
6) VB. Rirchenhiftorie. 7) Geiſtliche Gefchichte oder Philorheus von den 3 0 beilis
gen Maͤnnern. 8) 146 Briefe. 9) Eraniftes oder PolymorphusinIV3, 10) Aegerfa-
belnin VB. 11) XRedenvonderVorfehung. 12) Von der Kiebe. 13) XII 233, von
Zeilung der Arankheiten an den Griechen wider Julianum, 14) Wider dier2 Capis
tel Cyrilli, und was Garnerius in Altuario dazu gethan bat, Paril. 1684: Der aud) von feinen
Buch wider die Ketzer aufrichtig urtheilet, daß es fehr liſtig geſetzet fen. Diff. de Vir.c. 12.
3. Aus feinen Thaten und Schriften ſiehet ein jeder einen eigenfinnigen harten Kopf, der ſei⸗
nen eignen Meynungen immer nachgebangen, und faft unverföhnlid) gemefen iſt. Dabey er ſich
denn auffeine fertige Zunge und Wiffenfchaft fehr mag verlaffen haben : Zu gefchweigen, daß kluge
$eute eine groffe Ruhmredigkeit an ihm merken. Manrühmer zwar feine Freygebigfeit fehr, muß
aber dabey gefteben, daß er eine unglaubliche Summa Geldes auf Foftbare Kirchen- und andere Ge»
bäude gewendet habe. Sonft haben wir ihm inder Kirchenbiftorie vieles zu danken, und recommen⸗
diret M. AntoniusdeDominis feinen guten Kopfund groffe Wiffenfchaft lib.XILE. deRep. Eecl. c.6,
Doch koͤmmt er Eufebio in der Lection beyweitem nicht gleih. Seinen ftylum hält Photius billig
vor deutlich und fein, Cod. 31.46. und 203. und andersivo, darinnen er esChryfoftomo hat wollen
gleich hun: Don andern Gaben, die er ihm dafelbft beylegt, Fönnen bey einem verftändigen Leſer
die Schriften felbft den Ausfhlag geben. Dieſes ift unter andern darinnen gut, daßer allesfein
Furz und fchlecht vortraͤgt, ohne weiten Umſchweif, dergleichen andere, zumal griechifehe Scriben⸗
ten, fonft an fich haben. Y 4
4. Seine Kirhenpiftorie infonderbeic begreift die Gefhichte von 105 Fahren, von Anno 322,
bis auf427. Baronius fuchet ihn in feinen Annalibus ofte zu corrigiren, daß er theils die Sachen
felbft, theilsdie Zeiten unrecht vorgetragen babe. Und iſt nicht zu leugnen, daß einige offenbare Far
bein darinnen und in feinem Philotheo vorfonimten, ob fie aber von ihm herkommen, oder von einem
andern hinein gebracht ſeyn, zweifelt Riueruslib. IV. c.21. Doc) weiſet jenes faft die Aehnlichkeit
des (tyli, der überall einerley zu ſeyn ſcheinet. Unterdeſſen ift feine Erinnerung gut, die bei diefem
undallen andern gilt, aus ı Thefl. 5, 21. Prüfer alles, und das Gute bebaltet. ig mi u
VI. Profper. - 1
1, Zuerft Leonis Notarius zu Nom, hernad), ie man insgemein aus Honorio Auguftodu-
nenfi davor hält, Biſchof zu Regioin Frankreich, wiewol es andere in Zweifel ziehen. _ Vid’ Las-
szus Tom. II. de Ser.p. 247. Cave Hift. Lit. Sec. V.p.348. Erift Auguflini Schüler gewe⸗
fen, und hat ihn beſtaͤndig vertheidiget, als viele Spaltungen wegen feiner Schriften und ſonſt vor⸗
giengen. Sonſt hat er auch die Pelagianer, Meffalianer und andere fehr befirieten, und einen groſ⸗
fen Eifer bewiefen, nad) der Are diefer und folgender Zeiten, ——— *
2. Er iſt bekannt von feinem Chronico, welches zuletzt Lazsews correct und ganz heraus
gegeben, das man fonft nur bis auf das Jahr 445 hatte, nun aber bis auf 455. ausgefühterift. Dar⸗
innen
N
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Vorbericht. 47
— — — — — — — — — 6 —— — — — —
innen bat er ſonderlich Eusesrı Chronicon continuiret, und viel ſchoͤne Nachricht gegeben, wie
— den Alten GENNADIUS 6,84. de Ser. und Cassıovorus Div. Lect. c. 17. loben,
Siehe Vos sıum lib. U, de Hitt, La. cız |
3. Die andern Opera find: 1) Das Buch wider den fo genannten Collarorem oder
Cafiani Collationem, 00er vonder Gnade und freyen Willen vor Auguftino. 2) Sprüs
che aus Auguſtino an derSchl 338. 3) Auslegungder legten sı Pſalmen. 4) Ein
Brief von der Gnade und freyen Willen an Rutinum, 5) Glaubensbefenntniß.
6) Antworten auf die Einwuͤrfe der Scanzöfifchen Lehrer wider die Verleumdun⸗
gen Auguftini. 7) Andere suf die 16 Kapitel der Einwöürfe Vincentii. 3) Wiederum
anderesuf die y Dubia aus Auguftino. 9) Ingleichen viel Carmina, als 98 Epigrammata,
und 2 wider die Tadler Augullini, 2 Carmına Heroica von den Undankbaren und der
goͤttlichen Vorfehung, Grabmahl der Neſtorianiſchen und Pelagianiſchen Rege>
reyen, ein Carmen an fein Eheweib. Nad) Oliandri und anderer Gutachten ſchreibet er von
denallermeiften Glaubenspuncten recht, Cent. V. lib. II. c, 29. Add. H. E. Goth. lib, II. e. 3. ſelt.
4. n.13.
E 4. Anden andern Schriften zweifeln erliche, ob fie feine find, ungeacht fie überall und auch hier
unter feinem Namen erwehnet werden, Des Buch vonder Derheiffung und Weiſſagun⸗
gen GOttes hat feinen itylum, wie Profper fonften ſchreibet, und gedenfet der Autor folcher Faͤl⸗
fe,die Profpero niemals begegnet, wie Usserıus und QuesneLLus mit CAvzo bemeifen lc.
Die 33. vom beſchaulichen Leben fehreiber Iidorus Hifpalenfis Juliano Pomerio zu de Scr.
e.12. Dieandern 2 vom Beruf der Heyden haben fehon längft Jon. Larıus, Rıverus,
Vossıus und andere zweifelhaft gemacht, der leßtere fchreiber fie einem Bifchof von Orleans zu,
der auch Profper geheiffen hat, lib. I. Hift, Pelag. e.20. Conf: c. 53.
LVI. Bafılius Seleucienfis.
Zum Uneerfcheid alfo genannt von feinem Bisthum, har 43 Reden über dag Alte und Neue
Teftament gefhrieben, und einen Beweis wider die Juden von der Zukunft Chrifti.
Seinen tylum fobet zwar Photius, aberer erinnert auch, daß er mit allzu viel verbfümten Redens—
arten angefüller fen, Cod.168. Die 2 Bücher von dem Leben der Thechz werden ihm von
verftändigen Critieis mie Recht abgefprochen. Im übrigen wundern fich viel über feine Unbeſtaͤn—
digkeit, da ererft indem Synodo zu Conftantinopel vor orthodox gehalten worden, hernad) in dem
Synodo zu Ephefo jenes widerrufen, endlich aber in dem zu Chaleedon abgefeßt, und nach dem Wi⸗
derruf reſtituirt worden, wiewol er vonandern entſchuldiget wird,
LVIII. Salvianus.
1. Daß dieſer nur ein Neltefter, nicht aber Biſchof zu Marfeille in Frankreich geweſen, bewei⸗
fer gegen Rittershufium und andere Baluzius in feiner Edition Paril, 1669. Er hat ein herrlich Lob
bey alten und neuen Seribenten,welches ibm auch wahrhaftig zufomme,da er zu einer fo grundboͤſen
Zeit, wie er ſie ſelbſt beſchreibet, dennoch GOtt getreu geblieben und deffen Willen den Leuten nach:
druͤcklich verfündiget. Dahero ihn viele nicht ohne Urſache einen Jeremiam ſelbiger Zeit nennen.
2. Wir haben nod) von ihm 3 Bücher von der Vorfehung und Regierung GOttes,
und von feinem gerechten und nahen Gerichte: Ingleichen g Briefe und 4 Bücher
wider den Geift, fonderlich der Priefter und Ricchendiener, die er unter dem Namen
Timothei heraus gegeben hat, ohne Zweifel aus Furcht vor dem Grimm, der darinnen getroffenen
Prediger. Die 3 B. Avrinssueron, foin etlichen Editionen ihm zugeeignet werden, find nicht feine,
fondern Juliani von Toleto, wie die Gelehrten wiffen.
% Unter den Alten lobet ihn Gennadius als einen Mann, der in göttlicher und menfchli-
her Weisheit erfahren, und gleichfam der Bifchöffe Meiſter gewefen: er habe auch —
ich
—
48 Voceoorbericht.
lich geſchrieben e. 67. de fer. Eecl. daraus es ALtıssionorensis hat Chronol. An. 475. und
Apo VıennensiısinBrev,Chron. Unter denen neuen fchreiber Brafficant sin der Dedication
deffelben alfo: Wer hat heiliger und lauterer von denen Dingen geſch. eben, diebilli
follten abgethan werden, elser? Wer bat die Ehriften, die ihnen felbft »
en fehmeicheln, alfo vermahnet, daß fie ihren Namen bedächten? X
gröndlicher gezeiget, wie alles Unglüd durch unfere Schuld komme, und daß
mand feines »Eren Gebote fo gering halte, als die Chriften ihres Mleifters? Wer
bat auch gewiffer bewiefen, daß wir gottlofer feyn,als die Barbaren? u. fm. Alfonen-
net ihn aud) Rırrerskusivs epift. ad Gorpastum inter hujus epift. 356. p. 424. einen raren und
auch bey vielen Gelehrten verhaßten Autorem. Gleichwol aber ſey nach der A.Schrift
Feiner verhanden, der das verderbte Keben der Keute nachdruͤcklicher ftrafe und.
glücdlicher verbeffern Eönne, alser. Und die Centurıarores MaAcoep lib.V. c. 10.
wie aud) Hısrorıa Gorn. l.c.n.25. er befchreibe die Laſter der Chriften zu feiner
Zeit, fonderlich der Rirchendiener, a Bellarminus felber muß gefteben, er thue das fo
feharf, daß es auch den Schein könnte haben, als ob es zu viel gefchebe, wo nicht ſei⸗
ne Reden aus einem göttlichen Eifer vor die Ehre GOttes und der Seelen Zeil
herkommen, p.ı22. de Ser.Ecel. Daß es aber diefem Mann wahrhaftig um GOttes Ehre zu thun
fen, wirdein Leſer bald ſpuͤren koͤnnen, welcher die Wahrheit und treue Beftrafung leiden kann.
LIX. Viktor.
Zum Unterſcheid der andern Vitenfis oder Uticenfis, ein Biſchof dafelbft zu einer elenden Zeit,
davon er eine Hiftorie gefchrieben, nemlich von der Vandaliſchen Verfolgung in 3 Buͤ⸗
been, welche Bellarminus vor Höchft würdig ſchaͤtzet, daß man fie lefe, wegen der Märtyrer Beftäns
digfeit, die darinnen befihrieben wird. Conf, Vossıus II. Hiſt. Lat. c. 18. & CHIFFLETIVS
Diff. deeo cum VıcıLıo 1664. edita.
LX. Liberatus.
Ein Diaconus zu Carthago, hat ein Breviarium oder kurʒe Siſtorie von 24 Cap. gefihrie»
ben, die ſich in die 50 Jahr erſtreckt, fonderlich von den Streitigfeiten wegen Eutychis und Neftorii.
Unddazu war er ziemlich) geſchickt, weil ihm auf vielen Neifen, aus Schriften, Hiftorien und andern
Urkunden felbige Sachen befannt worden waren, Dahero auch diefes Buch von Berftändigen vor
fehr noͤthig und nüglic) gehalten wird. Die papiftifchen Seribenten find nichein allem mit ihm zu⸗
frieden. Vid. Baronıum An. CCCCXXXV. BerrLarm. de Scr, p. 134. und in lib, IV. de
Pontif. Rom. ce. 10. Conf.editionem Garnerıı Parif. 1675.
LXI Gennadius.
Ein Xeltefter zu Marfeille in Frankreich, und in griechifcher und lateiniſcher Sprache wohl er»
fahren. CAssıonorus recommendivet ihn ſehr c. 17. Divin. Le&. BeLLarmınus aber will
ihm nicht in allem getrauet wiffen l.c.p. 124. Dawider Vossıus ihn defendiret 1.Hift. Per.c. 10.
Conf. Idem lıb. II. de Hift, Lat, c. ı 8. p- 235- Sein Catalogus oder Begiſter berühmter
Scribenten ift nad) aller Befenneniß ſehr nüglich, und continuiret Hieronymi Erzehlung. Das
Buch aber vom Glauben oder von den Lehren der Kirchen ift nicht in gleichem zftim, und ſtehet uns
ter Auguftini Werfen mit, dem man es ohne Grund zugeeignet hat, wie denn auch der Herr Cave
H.L.p. 376. klar beweifet, daß die 30 Cap. von dem 2 ı ften bisauf das 5 ı fle einen andern Autorem
haben. h
LXII. Gildas. a R
Diefen nennte man Sapientem, den Weiſen, da es zu feiner Zeit fehr an recht weifen und from»
men Leuten mangelte, und er dahero fonderlich davor gehalten wurde. Er lebte unter Jultiniano in
Engels
J
* ericht. —— ee
Te yon deffen intergang, undeinen andern wi»
Je ehren ) Rirchendiener. Die dubia aber, welche
on machet, als ob es nicht diefes Mannes Arbeit fey, find fo gar
feit, daß er endlich davon felbft nicht gewiß ift, da hingegen fo viele Zeugniffe
sibenten es ihm zueignen. Vielleicht aber hat die bittere Wahrheit etlichen
es Prifeus auch mie zum Grund ſetzet, daß er der Autor nicht fen, weil er
— voller Schmaͤhungen auf die Engliſche Nation ausſchuͤtte,
ve
"Damit entdede, Defenf, Hiſt. Britann. c.ult. Dagegen aberwol Bel-
n find, die er eben von diefem Gilda führet p.ı27. Um der Sünde
8 Volks, und vornemlich um der Sünde willen der Elerifey, ſchicket der
sörnte©Ött dergleichen Peitfehen und Geiſſeln. Erreder aber eben von diefer ſchar⸗
Strafſchrift wider die Englifche Elerifen. ar]
LXIII. Cæſarius.
Wurde aus dem Kloſter zum Bisthum in Arles gezogen, nachdem er lange daſelbſt ein
serfeliges Leben geführer hatte. Seine Unſchuld, die ſehr gefränket ward, erkannten auch feine
einde zuleßt, und verficheen die Seribenten, daß er fonderlich auf dem Synodo zu Valentia diefeg
ſehr Fräftig erwiefen habe, daß der Menfch ohne die zuvorfommende Gnade nicht felig werden
Fonne, Gennanıus © 85.Catal, gedenfer auch eines Buchs hiervon, welches aber nicht mehr
vorhanden iſt. Unter den 46 Aomilien oder Predigten find etliche nicht von ihm, als die 19.
if aus Macario genommen, über der 21, ſtehet Auguftini Mame, über der 29. des Ephram Syri,
in der 42. wird Gregorius M. fchon citiret. Dahero Rıverus Crit. 5. c. 28. gar fehr bedau«
vet, daß man eines fo freflichen Mannes Schriften babe umfommen laffen , und hingegen
ihme andere Schriften umtergefchoben. Andere feine Schriften find nebſt denen eingefcho-
denen Homilien bier nicht gebraucher worden, als, feine Vermahnung zur Bewahrung
der Liebe, ein Tractat von 10 Jungfrauen, fein Teftament, das Baronıus An. DVI.
baru.ff. \
LXIV. Fulgentius.
Hat feine Jugend im Klofter zugebracht, und ift darauf wider feinen Willen zum Bifchof
erwehlet worden. Hernach wurde ev. mit andern 60 Bifhöffen von der Vandalen Könige ver,
Bien ; die beyfammen wohnten, und diefen fonderfich wegen feiner Froͤmmigkeit hoch bieleen,
ie ihn denn Ihidorus Hifpalenfis einen Mann nennet, der berähmt gewefen wegen der Be-
kenntniß feines Glaubens, in der Schrift wohl erfahren, im Reden anmuthig, und
im Lehren tief undaccurst, c. 14. deSeriptoribus, wie auch Osıanner alſo ruͤhmet H. E.
C.VI.c.3.. Seine Buͤcher find: 1) IH an Monimum von der Vorfehung, von ®pfern,
vonder Sendung des 5. Geiftes, vom Vorzug Pauli und über die Worte: Das
Wortwar bey GOtt. 2) 13. wider die Arianer. 3) Illen Tranfimundum. 4)X
Reden. 5) 1B.an Donatum vom Glauben. 6) XIISriefe. 7) 1B. von der Drey-
einigkeit, und ein anders wider Faftidiofum.. 8) II von der Wahrheit der Vorfe,
ung und Gnade GÖttes. 9) 115.von Vergebung der Sünden. 10) Won der
fl merdung und Gnade JEſu Chrifti. 11) Das Buch vom Glauben an Pe-
trum. Hingegen werden: von den Criticis nicht vor feine Arbeic erfannt, das Buch vom Catho⸗
i Glauben wider Piatam, die Sermones von der Reinigung Maris, und Be,
ſchneidung des HErrn, ſamt den go neuen Homilien, von RaynAuno edirt, deren-et«
i beym Auguftino auch fteben,
ii ’ FT g LXY,
ae es Alcımas Ayitus, "En nn
. Bifihof zu Vienne in Frankreich, ließ fic) fehr angelegen feyn, die Arianer zu }
von er auch unter andern zwey Könige zur Erkenntniß gebracht haben fol, Sei
Ado Viennenfis, nennet ihn einen. fehr beredten und heiligen Mann, dergleichen auch fei
mahl ausweiſet beym BAR THıo lib. XI. Adv. c,17. und Baronıo An.DXVI. We r feii
reine und ungezwungene Berfe muß man fic) billig verwundern, wenn man die Zeit bebenkt, da er’
geleber hat. Sie find aber enthalten in ; Büchern, vondemUrfprungder Welt, der Erb»
fünde, dem Urtheil GOttes, der Sändfluth und Durchgang durchs Rothe Meer,
wie aud) in dem Büchleinvom Lob der Jungfrauſchaft. Ueber diefe hat man aud) vo
ihm 87 Briefe und noch 4 andere beym BaLuzıo in Mifcellaneis, wie auch etliche Stuͤcke von
feinen Jomilien, a
LXVI. | Caffiodorus.
* — DV——
1. Ein Mann von vieler Erfahrung in politiſchen Sachen, der groſſe Aemter bedienet, und
die wichtigſten Dinge an koͤniglichen Hoͤfen expediret hatte. Endlich aber ward er der Unruhe ſo
ſatt, daß er ſich in die Einſamkeit begab, und alda ſeine Zeit folgends in Uebung der Gottſeligkeit,
und dabey in Betrachtung allerhand mechaniſcher und anderer Kuͤnſte zubrachte.
>, Die Bücher, fo man gewiß weiß, daß er ſie geſchrieben, find nachgeſetzte: 1) XII Buͤ⸗
«ber Variorum oder allerhand Briefe. 2) Die Hiftoria Ecelefiaftica Tripartita, fo cr aus
Socrate, Sozomeno und Theodorito genommen, wie fie von Epiphanio Scholaftico fateinifch ver⸗
tire worden, der doch vieles nur errathen müffen, aus Unwiſſenheit beyder Sprachen. Er felbft
aber hat darinnen die Autores fo verftümmele angeführet, amd doch zufammen hängen wollen, daß
man bisweilen ihren Sinn niche erreichen Fann, wie ALBERTUs Pıcnıus felber klaget, lib. II.
Hier.Ecel. e.8. 3) Das Chronicon von Erfchaffung der Welt bis-auf An. 519. welches zwar
Cusrıanus und Fornerıus emendivet haben, aber die erfahrenften Leute bierinnen nicht vor
richtig erfennen, OmpuRıus, Jos. ScALıGer beym Vossıo IV. Hift.Lat. c.19. P.239.
weil es nur ein Mifchmafeh ift von allerhand Sachen. 4) Der Computus Pafchalis oder die
Zeitrechnung von Oſtern. 5) 113. Unterricht von Kefung geiftlicyer Sachen.
6) 13. von der Orthographia. 7) 1. von den 7 Difciplinen, eins von der Seelen,
3) Erklaͤrung uͤber die Pfalmen, meiftens ausdem Auguftino genommen. 9) XII B,von
Gothiſchen Geſchichten, davon wir nur noch Journandis Auszugübrighaben.
3. Die Erklärung ober über das Hohe lied und das Buch von der Sreundfchaft,
find nicht feine: in jener wird ſchon Gregorius M. angezogen, dieſes aber ift Petri Biefenfis, unter
deffen Opera es and) längft gefegt ft, wiewol ich es hier meiſtens unter Cafiodori Namen angezo⸗
gen, weilesden alten Schriften an Nachdruck nichts nachgibt. Viel weniger aber iſt die Lebens⸗
beſchreibung der Heiligen feine, die im J. B. Lippomanni zufindenift,
LXVII. Arator.
Iſt ein Chriſtlicher Poet, und hat uns ſeine poetiſche Ueberſetzung der Apoſtoliſchen
Geſchichte hinterlaffen, daran Oravs Borrıonıus die Gottesfurcht äftimiret and einen fer⸗
tigen Ausdruc, Diff. II. de Poct. Latin. p. 81. wie denn auch feine Deredfamfeirbeym CAssıono-
30 geruͤhmet wird lib. Il. var. ep. 12. 43 — —X
— — ——— —J 7
LXVIL
0x Vorbericht. 51
—— XVII. Fortunatus.
War auch ein Po sehn 93 ſchof zu Poidtiers in Frankreich. Vossıus hält ihn unter den
Scribenten felbiger Zeit vor einen berühmten Poeten l.c. c. 22. und BAR THıUS recommendirt
mer imieiver haben, ib XLVI. Adverf.c.3, Mirhaben von ihm 9 Bücher feiner Pocmarum,
q em Leben Martini, eine Reifebefchreibung an Juftinum den Kayſer und an»
man fonft vor Cypriani und Tertulliani Xrbeit, wiewol fälfchlich, gehalten, Sonſt ſchrei—
bee ihm auch Laur.Surius viel Kebensbefchreibungen der Heiligen zu, als Hilarii, Albini,
en “
German, Mareeli &.
a * J LXIX. Evagrius.
ir Ein Rechtsgelehrter, oder, wie man ſie damals hieffe, Scholafticus, und in allerhand Gerichte.
proceffen verwickelt. Hat 6 Bücher von der Birchenhiſtorie gefihrieben, von der Zeir an,
da Socrates aufhöret, bis auf das Jahr Chrifi 597. _ Prorıus lobet nicht allein feinen annuthi-
gen ſty lum, fordern auch feine Aufrichrigfeit in der Hiftsrie, wiewol er mehr Regiments- als Kir»
henfachen erzehlet, Cod.29. p.790. Alleine Here Cave zweifelt nicht unbillig Sec, 6. p.433.
H.L. ob er allezeie nach dem rechten Grund geforfchet habe, wenn er bisweilen einige Hiftorien von
Wunderwerken, Reliquien der Heiligen und dergleichen mit untergemenget, welches auch der Au⸗
genſchein gibet. Indeſſen haben ihm doch in wichtigen Puncten die Gelehrten getrauet.
feinen ſcharfen er d, dadurch er alle zur feiner Zeit übertroffen, alfodaf ihn die folgenden im⸗
IILXX. Gregorius Turonenfis.
1. Bondem Ort alfo benamt, da er erft Diaconus und hernach Erzbifchof war, wie man aus
feinen Schriften erfennen Fann. Es hat ihm zwar nicht eben an einiger Öelehrfamfeie bey feiner
Hiftorie gemangelt, wol aber am judieio. Er hat viel aus Sidonio Apollinari ausgefihrieben,
aber damit gleichwol einen Danf verdient, daß er etliche fragmenta von andern Scuibenten nod)
‘erhalten hat. Sonſt will zwar Cafaubonus feinen Eifer und Gottfeligkeit in Sortpflan»
zung des Religionrefpectiren, aber feine allzu geoffe Leichtglaubigfeit kann er und mie
ihm alle Berftändige nicht billigen, Exere.adBaron. proleg. Und Baronius felbft gefteher von ihm
eine Einfalt, dadurch er vieles fo leicht angenommen habe, und wider die Wahrheit gefchrieben,
AnnoCIX.0.49. wie ihn auch Hilduinus ſchon um das achte leculum deswegen entſchuldiget in der
Epiftelan Kayfer Ludovicum,
>, Seine Sranzöfifche Siſtorien oder 10 Dee veichen bis aufs Jahr Chrifti
91. Die VI Bücher vonden Wunderwerken, als III von Martino, IL von der Herr»
lichkeit der Märtyrer, und I von den Bekennern, find auch zu Cölln 13 83. gedruckt und
in der Bibliotheca Patrum zu finden. Weiter Hat man von ibm ı Buch vondem Leben der
Väter, und ı vomLKeben und Tod der Siebenfchläfer, und endlich einen Eurzen Inhalt
der Franzoͤſiſchen Geſchichte.
LXXI. Gregorius Magnus.
1. Der erſte Biſchof zu Rom dieſes Namens, war erſt ein Rathsherr bey der Stadt, begab
ſich darauf in die — darinnen er viel Buͤcher ſchrieb, und ſonſt ſeiner und andern Seelen
zum beſten, nach ſeiner Meynung, viel guts ſtiftete. In ſeinem Biſchofsamt ließ er doch groſſe
Treue und Eifer vor die Ehre GOttes ſehen, fo weit feine Erfenneniß davon reichte. Er lehrete
niche allein das Volk felber fleißig auch durch catechifiren, mie nod) feine Predigten und andere
g 2 Schrif⸗
52 Vorbericht. ol
Schriften ausweifen, fondern ſuchte auch dein verfallenen ui ı
beſſern, die Kirchenzucht
e beyzulegen. Auch
en wollte, und
auch denen
eben wur»
wieder in Schwang zubringen, und die Streitigfeiten und Unruhen d
verwies er dem Biſchof zu Eonftantinopel fehr harte, daß er fid) Algemei
bielt es vor einen antichriftifchen, ja teuflifchen Titel. Durch feinen Vorſchu
Engelländern die Chriſtliche Lehre befannt, wie fie zwar damals fehon unlauter gem;
de, Darinnenaber verftieß er greulich, daß erdem Tyrannen und Mörder Phoce ;
ſerthum gratulivte und fonften [hmeichelte, wo ers nicht aus Unwiſſenheit und ungfei
gethan hat. Br 13 Kl ine "a
2. In feinen Operibus find folgende von ihm gefchrieben: ı) VI, über das J.
muelis. 2) Ueber Job. oder XXXV B. Moralium. 2) Ueber die7 Bußpſalmen. 4) Ueber
Das Hohelied. 5) il B. Homilien über Ezechiel. 6) XL Homilien über verſchiedene
Texte des Evangelii. 7) Ein Buch von der Sirtenſorge oder Amt, welches auch von
Anaftafio Griechifch iſt überfeget worden. 8) XI1 Bücher Briefe, darunter etliche nicht von ihm
find, als im IBuch der 42.und 77. 9) Sufammenftimmung etlicher Zeugniffe aus der
Zeil, Schrift, underliche andere. Die IVB. Gefpräche vom Leben und Wunderwer⸗
Een der Italiaͤniſchen Väter und von der Ewigkeit der Seelen fönnen nicht von ihm ge ⸗
ſchrieben feyn: theils weil fo gar viel Fabeln drinnen find, die er unmöglich Fann vor bekannt a ge⸗
nommen haben, theils weil vieles darinnen ſtehet, ſo ſeiner Lehre ſonſt zuwider laͤuft, theils auch weil
der ftylus von feiner fonft gewoͤhnlichen Mundart ganz abgehet. Dahero etliche paͤbſtliche Scri⸗
benten felbft daran zweifeln, als Mercnıor Canus beym Rıverolib. IV. c, 29.'Crit S. 1o8le.
cher mit CnemnıTıo und andern Theologis die Urfachen weiter ausführe, Add. Cocus
Cenf. Pat.p. 396. Audere meynen, fie wären zwar von ihm erft herfomnien, aber durch andere fehr
verfaͤlſchet worden, welchesaud) am wahrfcheinlichftewift, und zum wenigftenden Sefer zur Vorſich⸗
tigkeit obligirer. Rn rn
3. In feinen rechten Schriften erkennet auch Rıverusieine Gottfeligkeit und unge»
meine Befcheidenbeit, l.c. Ofiander geſtehet ingleichen, es fey fehr viel gutes 'drinnen,
doch müffe man fie mit Bedacht leſen, H.E.C. VI. lib. V. e, 17. alwo er and) einiger, weiß nicht
was vor Eiferer gedenket, die feine Schriften Haben verbrennen wollen, wo es nicht ein Diaconus
verhindert hätte. Die Hift. Ecel, Goth. rühmer ihn auch billig, daß es ihm keiner weder an
Heiligkeit des Lebens, noch am Fleiß infeinen Verrichtungen, noch an Gelehrſam⸗
Feit zu derzeit gleidy gethan babe, lib. IE. e.3. fed.g.n.13. Und mag allerdings wohl
wahr feyn, daß er der letzte Roͤmiſche Bifchof gewefen, der nemlicy eine geoffe Beſcheidenheit und
7.3 iR k
#
Zeömmigfeit erwieſen, dergleichen hernach nicht leicht zu finden ſtehet.
LXXII. Ifdorus Hiſpalenſis
Bon feinem Bisthum alſo benamt, mag ſich nach dem Maaß ſeiner Erkenntniß ziemlich bemii-
bet haben in dem vierten Concilio zu Toleto, den andern zu Alpaſt, und ſonſt dem Berfal der
Kirchen wieder aufzuhelfen, zum wenigften hat er dod) in Spanien vielgerhan, und iſt unter die
Heiligen gezäbler, auch von dem achten Toletanifchen Coreilsofchr geruͤhmet worden. Er hat ge-
ſchrieben 1) ein Chronicon, ſonderlich der Kirchen bis aufs Jahr Chrifti 626. 2) Ein Regifter
von 33 Rirchenferibenten, darinnen Hieconymas und Gennadıuseontinuiret worden. 3)xx
Bücher Originum oder vom Urfprung der Worter, welche zwar in vielen fehlen, doch
“aber auch viel Nachricht in Kirchen - und andern Sachen zur Antiquitaͤt geben. 4) vom Heben
und Tod der Heiligen im Alten Teflament, 5) UB. von den Rirchenäntern,
6) 113. vom Böchften But (find meiftens Sprüche aus Gregorii Moralibus genommen’),
7) vom
5 x
—— —
7) Vom Streit der Tugenden und Laſter, welches ſchon Sigebertus Gemblacenfis ihm zu⸗
ſchreibet er 5 5. de Ser. ob es glei unter Ambroßiund Auguftini Werfen ſtehet. 8) Ausle⸗
gung des Zohenlieds. 9) Erklärung über die Hiſtoriſchen Bücher des Alten Teft.
10) Don ne 11) 113, Geſpraͤche mit fich felbft, und etliche ande»
re, deren man nicht bediener.
Eee LXXIH. Beda
Ern Engelländer, hat fein geben meiftens im Klofter zugebrache, und weil er der Sprachen
ziemlich mächtig geweſen, iſt er durch feine Schriften ſehr beruͤhmt worden. Ueber feine philoſo⸗
phiſche und andere Bücher find folgende noch vorhanden: Das Buch vom Kaſten YYod, von
den Sprachen der Völker, V 3. der Englifchen Rirchenbiftorie, das Leben etli.
cher Heiligen, ein Martyrologium oder Martyrerbuch, ein 3, von den fechs Tagewer⸗
ken, Erklarung der V 3. Mofis und der Könige, YB. über Samuel: andere über
Eſram, Tobiem, Hiob, Sprüchwörter und das Hohelied, item über die 4 Evangeli⸗
ften und une mg über die Canonifchen Epifteln und Offenberung, 113,
vonder Aütte Mlofis, Fragen und Verbefferung über die Apoſtelgeſch. Auslegung
‚über die Epifteln Pauli aus Auguftino, 118 Zeitpredigten und andere an das Volf.
Kin Buch von einem tugendfamen Weibe, ein anders von den —— vom Tem
pel Salomonis, Fragen über-die erften 12 Bücher derä. Schrift, Erklärung der
Pfalmen: Von den 7 Worten Chrifti. Andschten über die Pafion. Von den Mit⸗
teln wider dieSänden, und viel andere kleine Schriften, welche zur Grammatica, Matheſi, Phi-
lologie und Philoſophie gehoͤren. Im uͤbrigen ruͤhmen ibn fonderlich feine Landsleute, auch unter
den Alten Wilhelmus Malmesburienſis und andere, Calſaubonus aber ſetzet überhaupt von ibm,
manmüfjeinder Hiftovie zwar feinen Eifer und Gottſeligkeit hoch achten, aber auch feiner Leichtglau⸗
bigkeit nicht trauen, weil ev viel angenommen, dag man in vorigen Zeiten nicht geglauber gehabt,
Exerc, ad Baron. proleg. gleichwie er infonderheit fein Buch von den H. Oertern befchreibet, daß es
voller Fabeln fey, ib, p.150.
LXXIV. Johannes Damafcenus.
„I Zu Damafco geboren, alwo er bey dem Regenten geheimder Kath war. Von dar rei-
„fete er. nad) Jeruſalem, und wurde ein Priefter und Mönch, fieng auch an, die Bilder und ihren
Gebrauch zu defendiren, da gleich der Streit davon am heftigften war. Eriftder erfte gewefen,
der die Theologie in gewiffe Ordnung bringen wollen, und ein Syftema gefihrieben hat, deswegen
ihn BeLLarmınug deScr. p.146.rühmet, und ſaget, daß es ihm darauf Lombardus und die
DottoresScholaftici nachgethan haben, weiler auch mir philsfopbifchen terminis dag meifte, wenig
aber aus der Schrift vorträgt und beweiſet, dahero der Verfall von der Wahrheit offenbar ift, wie
lo TTın GErRus won ihm anmerket, und noch neulich Sr an Hemı us Introd.H.E. Sec. VIIL,
‚P-245: X pu357. *
22. Es ſind aber dieſes ) die IV Bücher vom rechten Glauben, nach welchen ex gefchries
ben hat. 2) Die Parallelaoder auserlefene Oerter aus der Heil. Schrift und den Vätern, die
er in gewiſſe Titel geſetet. 5IIReden von den 5. Bildern. 4) Von den Ketzereyen bis
auf ſeine Zeit. 5) Bine Rede vom Bilde GOttes. 6) Andere Reden von der Der,
larung Chrifti, vom 3. Sabbath, vom Tage des Gerichts, undandere. Das Buch
von denen, die im Glauben entfchlafen, ift and) bey dan Papiften im Zweifel wegen der allzů
i ‚Aa 93 unger
54 Vorbericht. %
ungefchicften Fabeln, v. BeL.armım. I,c, SuarEsıus LEnszus ap.,Cocum Cenf. p:427.
wie auch die Siſtorie von Barlaam und Jofaphat, ib. p:428:, HurrıusdeFab. Romanenf.
Orig.p.60. Ein anderer Damafcenus aber iftes, der die magadıka gefchrieben hat beym Pno-
710 Cod. 130. und 242. v. Vossıvs II. Hift.Grec. und von unfermc. 2.0000.
3. An ihm tadele Voſſius ]. c. billig den geoffen Aberglauben, und Cafaubonus billiget Ba-
ronii Ausfpruch aus An. XXXI n. 75. daß feine Glaubwürdigkeit in vielen einen
Schriften suf ſchwachem Fuß ſtehe, und er mit vielen Lügen angefüllet fey, Exere.
proleg. p.271. &Ex. XIII. n. 38. alwo er e mi vielen Erempeln beweifer. Im übrigen aber
muß man ihm das Lob eines fleifigen Mannes laffen, dergleichen die Griechifche Kirche damals‘
und hernach fehr wenig gehabt hat. Die Fabeln von der ihm abgehauenen und durch ein Wun-
derwerfangebeilten Hand, hat noch Spannemıus gründlich entdecket Hiſtor. Imag, Set. II, adv.
Maimburgium.
Cr
LXXV. et
1. Patriarch zu Conftantinopel, harte groffen Streit. wegen dieſes feines Amtes, und
wurde gar davon geftoffen, und ins Elend verjaget, nachdem feine Feinde, Ignatii des vorigen
abgefegten Patriarchen Anhang, das Urtheil wider ihn im Synodo mit dem Wein im Abend.
mahl unterfchrieben hatten, zu mehrer Befräftigung, mie fie meyneten. Doc) wurde er
bald wiederum eingefeger, nachdem man gefeben, wie ihm mol allzu unrecht moͤchte geſche⸗
en feyn. —
® I Man hat noch von ihm (nebft dem Nomo - Canone oder der Vergleichung der
Kirchen, und Kayſerlichen Gefege von der Kirchenzucht in XIV Titeln,) feine
Briefe an der Zahl 253 und mehr. Ueberdis fein MvgicßıßBAov oder BIBLIOTHEC aus 280
Schriften der Alten, dieer gelefen, ercerpire und cenſiret hat; ein Werk, darinnen man noch fo viel-
alte Schriften findet, die ſchon längft verloren wären, womit er fih um die Poſteritaͤt fehr verdiene
gemacher hat. Wie man ſich denn auch über feine groffe Erfahrung in dergleichen Schriften und
andern Wiffenfchaften verwundern muß. Alfo, daß leichtlich Fein Gelehrrer ihn gelefen haben
wird, dem er nicht in den meiften Stuͤcken gefallen hätte, davon faft unzählige Sobfprüche vorhanden
find, Die meiften bat Marrınus Hankıus P. I. Ser. Byzant. c. 18. p. 393. fegg. zuſam⸗
men getragen, der auch fein geben weittäuftig befchreibet p.269.ad 392. Wider Baronii und an⸗
derer parteyifche Urtheile hat ihn wol Monrtacurıusam gefchickteften vertheidiget in feinen An⸗
merkungen über die Epifteln Lond. 1651. Von der Berfion aber ANDRE= ScHoTriı erinnere
Herr Cave fehr wohl Hift. Lit. Sec. IX, p. 551. daß fie fehr falſch fen, deswegen der griechifche Text
fleißig mitzunehmen ift. Conf. Acr. Erup. Lırs, An. LXXXIL M. Jul, p. 211.
LXXVI Ado.
Erzbifhof zu Vienne in Frankreich, bat ein Maͤrtyrerbuch gefchrieben, wie auch
einen kurzen Begrif eines Chroniei von Anfang der Welt bis auf das Jahr Chrifli 874.
Jenes ſchreibet Aloyfius Lipomannus dem Adoni Trevirenfi 34 Tom. IV. Vit. Sant. dem Bellar-
minus folget de Ser. p. 164. und Baronü Ungewißheit dabey bemerkt. Sie haben aber beyde
bald * einander gelebet, und wird alfo die Ungewißheit des Autoris nicht eben viel hiebey hin ⸗
dern Fönnen,
LXXVIL,
DBorbericht. 55
Be aan A on ——
| — — LXXVII. uidas.
Jae Gothofredus und Guil, Cave ſetzen dieſen mit gutem Grunde in die Zeiten des Kayſers
Joh. Zimifex um das Jahr Chriſti 980. ( proleg. ad Philoft. &H.L. p. 588.) Ihm haben wir °
dasbefannte Lexicon zu danken, davon zwar etlichemennen, es fen nicht alles feine Arbeit, fon
dern das allermeifte follen andere hernach dazu gefegthaben. Tuomas pr Pınzno Comm. ad
Stephanum de Urb.p. 774. Bosıus inPeriocham Jofephi e.2. p.44. Zum wenigften ift nicht
zu leugnen, daß einige Dinge von fremder Hand dazu Fommen feyn. Ueber die Excerpta Gramma-
tica, Rhetorica, und andere findet man gar ſehr vielllvfunden und Nachrichtungen bey ihm, fo jur
Theologie und Kirchenhiftoriedienen. Bisweilen aber wäre zu wuͤnſchen, daß er die Autores fein
dazu gefegt hätte, wovon Vossius meynet, erhabe es mit Fleiß vor feine Sachen ausgeben wollen
IE. Hit. Gr. c.26. Indeſſen iſt esein fehr nüglich Buch, zumal wo man die Paraphrafin und Nor
ten ZEmızıı Porri dabey confuliven kann.
| LXXVIH. Simeon Metaphraftes.
Bediente die hoͤchſten Aemter am Hofe zu Conftantinopel, und fehrieb auf Befehl des
Kayfers Conftantini dag Leben der Heiligen, theils ausalten Schriften, eheils aus eigener Erkun⸗
digung, Es geſchiehet aber diefem Seribenten groß Unrecht, wenn man ihm fo viel Unwahrheiten
und Berrug Schuld gibt, die er foll dabey begangenhaben. Dabero fo viel ſcharfe Urtheile wider
ihn ergangen find,auch von den Papiften felbft: vid.BaAronıus An. LXXXVII. BerLarm. Ser.
p-155. Mırzus Auct. de Ser. Eccl. c. 302. und noch mehr bey Mar rın. Hankıo de Ser.
Byz. P.I. c.24. p.455. Alleine es iſt nunmehro am Tage, daß er vor fich fo viel Fabeln und Ger
dichte nicht hinein gefeget, ſondern daß es bernad) von andern gefcheben fiy. Leo Arrarıus
erzehlet die Vitas fehr accurat, welche von ihm herkommen in diſſ. de feriptisSimeonum p. 124. derer
an der Zahl 222 find. Die andern 539 find nicht feine, und verrathen fich felbft durch ihre abge«
ſchmackte Sabeln, zu geſchweigen, daß viele von folchen Leuten handeln, die erſt nad) Simeone gele-
ber haben. Es fönnen auch wol einigevon ibm gefchrieben feyn, nur daß ein anderer fie ohne judi-
cio interpolivt und vermebrer hat,
LXXIX. Zonaras. >
Hat nach feinem Hofleben in der Einſamkeit An Aares gefchrieben, oder einen Auszug
der Hiſtorien in IIl Tomis bie aufs Jahr Chriſti 1118. Seine Aufrichtigkeit feugnet Vossı-
us nicht, die aud) Alexander Braflicanus erfennet preF. in Salvian. ob er gleich einen gröffern Fleiß
in den Sachen feiner Zeiten an ihm defideriret, weil damals fo viel Wichtiges vorgangen, das er
fich zu fehreiben geſcheuet hat, U. Hift. Gr. e.27. Bon andern ungleichen Meynungen hat ihn
obnlängft Dufrefnius defendiree in der fehönen Edition Paril. 1686. Sonſt find auch feineScho«
lia oder Commentarii über die ——— Canones berühmt, welche im Synodico BEVERE-
611 beyfammen find, und in vielem ihren Nugen haben, Seine andere Eleine Schriften find hier
nicht gebraucht worden. |
LXXX. Balfamon.
- Hat nächft Zonara und Arifteno die griechifchen Canones erfläret, und iſt zugleich beym
BEvErEGıo zufinden, derin Pref. p. 9. von ihm weiter Nachriche gibt. Baronius und Bellarmi-
nus find mit ihm nicht zufrieden, weil er nicht allezeie nach ihrem Kopf gefehrieben bat, Siehe
diefenp, 195. Ser. Hingegen hat er bey Verſtaͤndigen das Lob billig verdient, daß er das geiftliche
und
a “Vorbericht. |
und weltliche Keche der Drientalifchen Kirchen gruͤndlich verftanden. Maffen-er denn auch über
des Pnorıı Nomocanonem commentirt hat, und die Paratitla VERS EFRENIIBR PER. ne
auch allerhand Refponfa auf unterfchiedene Fälle hinterlaffen, die man in Jure eco - Romano
Leunclavii hat. Man kann aber aus diefen und-andern Schriften den efenden Zuftand der Grie⸗
chiſchen Kirchen erfehen, und wir fie fonderlic) mit Menfihenfagungen und unzähligen
ganz uͤberſchwemmet worden,
auben
ad | 210 sta ER
LXXXI Bernhardus. Hi
ie
1. Daß diefer theure Zeuge vieler Wahrheiten hier mit andern erwehnet und bisweilen ange»
führee wird, Fann niemand befremden, dem die Judicia der Theologorum von ihm befannt find,
Lucherus zählet ihn unter die heiligen Männer, und faget, wie er fo fein predige, daß es einesuft fen,
wenn er frey dahin aus feinem Geift fehreibe, Kirchenpoft. P. II. am 25. Trin. und Tom. U. Al-
tenb. p.810. (a) ſaget er: S. Bernhard iſt ein Mann von gröffen Geift gewefen, daß
ich ihn ſchier dürfte über alle Lehrer fegen, die berühmt find, beyde Alte und YIeue:
alwo er und an andern Orten eine und andere Fehler an ihm bemerfer, fonften aber ihn hin und wie:
der anführet und lober. David Chytrzus rühmer feinen wunderbaren Sleif im Gottes»
dient, und Erfahrung in der Heiligen Schrift, daraus ihm die Worte von felbft
flieffen. Auchfey er nicht unkraͤftig das Herz zubewegen, doch zugleich anmutbig
und lieblich, alfo daß er billig ein Jonigflieffender Lehrer geheiffen, da dieandern
zu feiner und folgenden Zeiten nur lehren wollten, aberdabey Faltfinnig und gleich»
fam todt in ihren Reden wären, Orat. deMelanchthone. Und aus den Reformircen noch
neulich Span#emıus Introd. H.E. Sec.XII. p.361. Er war eine Sadel, welche unter
der päbftifchen Sinfternig vom Aimmel angezündet gewefen, fleißig in Betrach⸗
tung der Schrift, tief in feinen Andachten, herrlidy in der Lehre von der Gnade,
wunderbar in der Hebung des Chriftenthums, recht göttlich in feinen Sprüchen,
beftigwider alles Böfe u.f.f. Dergleichen Zeugniffe ihm die andern gar häufig geben, auch
wo fie aufrichtig handeln wollen, nicht anders judiciven Fönnen. Denn er meynte esredlich mit
GDrr undfeiner Ehre, litte auch viel darüber, ſonderlich wenn erden Pabft und feine Elerifen ſcharf
afrif. GOtt legte auch immer mehr Gaben in ihn, und erquickte ihn unter allem Kampf wider
die Welt und den Teufel mic feiner füffen tiebe: Davon er auch fo herzlich zu fehreiben weiß, und
was er befennet, auglebendiger Erfahrung thut. So fehlte es ihm auch an andern Wiffenfchaften
nicht, und war er nad) ErAsmı judicio Chriftlich, gelehrt, heilig, beredt, und nach der
Gottſeligkeit anmutbig.
2. Er war aber einer von Adel, aus Frankreich bürtig, und begab fich zeitig in ein Klofter,
darinnen er hernach fo befannt ward durch feine Gottesfurcht und Verſtand, daß er andern vorge⸗
fegt ward. Ja es erfchallten feine Gaben fo weit, daß man ihn in den wichrigften Angelegenhei-
ten zu Rathe zog, und er weit und breit beliebet ward, ungeacht er Feine Wahrheit verfchwiege, die
er erkannte, wie er denn abfonderlich der Elerifey ihren Greuel uner ſchrocken aufdeckte, und auf ein
ungeheucheltesrechtfchaffenes Wefen nad) dem Maaß feiner Erfenneniß nachdrücklich drunge, auch
dabey alle Feindfchafe der Weltüberwand. In Summa, er bat bey feiner fo verfinfterten Zeit fo
vielerfanne und gethan, algnie Feiner. ie Au ne",
3. Unter feinen Operibus find die merkwuͤrdigſten: Die 367 Briefe, dier 28 Sermones
von allerhand Materien, andere auf alle Sonn, und Sefttage, 17 dergleichen über
den 90, Pfalm, 36 über das Hohelied, 5 Bücher vonder Betrachtung, sg - *
eben
57
Derfhmähungder Welt an die Geiſtlichen
der Gnade und een von den Stuffen der
vom Gebet und deffen Erlaffung, von der Bekehrung an die
eben des Zeil. Malachiaͤ, vonAbelardi Irrthuͤmern. Die übrigen wer—
ritieis mit gutem Grunde nicht vor feine Arbeit erfannt,und theits HugonideS. Vi-
rt Guilielmo Abbati, wie auc) andern neuern Sceribenten zugefchrieben, wie
billon zuletzt ſehr genau unterſchieden har,
a —9*
LXXXII. Nicephorus Caliſtus.
e hat eine Kirchenhiſtorie in 16 Buͤchern beſchrieben, die er aus den andern Hiſto-
enommen, aber mit vielen handgreiflichen Unwahrheiten und Fabeln vermiſchet hat.
es ihm wol am reifen Verſtande alles zu unterſcheiden gemangelt haben, weil er damals
iche dreyſig Jahr alt war. Vid. Vossıus UI. Hiſt. Grc. 29. Zudem ſo ſchreibet er viel
hie Bedacht aus Philoftorgio aus, ja ganze Capitel, wie Jac. Gormorreovs zeiget pro-
leg.adPhil. p.54. Die päbftifchen Seribenten geben ihm auch fonf£piel Jrrthümer Schuld, als
Baroniushin und wieder, BELLARM. Ser.p.214. Mır zus Aufter.p.259. Auch pfleget fie
Cafaubonus billig gar nichts zu achten, mit Beyſtimmung aller Berftändigen : welches Urtheil uns
von dieſem Scribenten gnug thut.
* Anhang zum vierten Seculo.
LXXXIII. Macarius.
Zum Unterſcheid Egyptius oder Senior genannt, weil ihrer mehr dieſes Namens geweſen.
Dieſer aber war Antonii Diſcipel, und lebte um das Jahr Chriſti 340. in der Einſamkeit, und
war ſeines gottſeligen und heiligen Lebens wegen ſehr beruͤhmt. Sonderlich aber machten ihn die
Wunderwerke bekannt, weiche GOtt durch ihn verrichtete, wie glaubwuͤrdige Scribenten mit
vielen Umſtaͤnden bekraͤftigen. Athanaſius gedenket feiner zum oͤftern im Buch de Synodis Ari-
mini et deleueiæe, und redet ihn auch an in einem andern von der Menſchheit Chriſti, da er ihn
einen wehren Liebhaber Chrifti nenne. Surpas in Maxag& zeuger von ihm, daß
er nebft den andern beyden Macarüis berühmt gewefen wegen feinee Chriftlichen Uebungen und
Lebens, wie auch wegen feiner äufferlichen Bezeigung und Wiſſenſchaft. Wir haben noch) von
ihm zo geiftliche Homilien oder Reden, welche mit einem groffen Nachdruck das innerliche
und wahre Chriſtenthum treiben, und aus einem lauteren Geifte gefhrieben find. Und wird man
darinnen mehr gutes finden, al&in vielen andern weisläuftigen Schriften. Dahero billig der
felige Arnd diefe nebft wenig andern einen Theologo zu leſen fleißig recommendiret bat, in einem
fonderbaven Briefe vom ftudio Theologie. ii
”“ “%* “x*
” * x
Jeſes waren die vornehmſten und meiſten Scribenten, welche bey dieſer Arbeit gebrauchet
Aworden. Was ſonſt von andern Particufarfchriften erwehnet iſt, welche aus der Antiqui⸗
bie und da bey neueren Autoribus ftchen, davon kann man den Lefer aufricheig verfichern,
daß ſie treulich undrichrigangeführer worden , iedoch mit dem möglichften Linterfcheid der fabel-
haften oder verkehrten Derter von den wahren und rechten. Desgleichen denn auch in denen Actis
Pier Marty-
* U u
58 Vorbericht.
Martyrum , Chronieis, Colle&ionibus Canonum, Adtis Coneiliorum,
und zwar nicht nad) eigenem, ſondern alles nad) der meiften und beſten
tem Ausſpruch. — ET Ares J DEU EIER
Andere gar geringe, mie auch fo viel neue Autores , (darunter die proteſtirer
Hiftoricos mit Fleiß öfter gebraucht, ) babe ich bier zu vecenfirem angeftanden, me
laͤuftigkeit in diefem Nebenwerke zu vermeiden. ‚Sie find aber nur bey indiffereneen M
amd meifteng za] arIpwmor , wie man redet, gebrauchet worden, gleichwie diefes auch mit
nen Schriften in acht genommen mörden, von deren Autore man noch nicht fo genaue I
richt haben Fann. Im übrigen mare es leicht geivefen , bey jedem Seribenten einen Ca
der fo genannten nevorum oder Fehler zu machen, nachdem ich hingege —* ——
abe, worinnen dieſer oder jener den Gelehrten gefalle undanftche. Alleine, wen befann
vielfältig von manchen die loca und Worte erklaͤret und angenommen, oft verbre et un di
Contert heraus geriffen, ja gar im widrigen Sinn angezogen worden „der wird oft ie, uf
obdiefem oder jenem guten Mann recht oder unrecht geſchieht. Zu geſchweigen d ec en
hierinnen fo wenig uͤbereinſimmen, und bisher von gewiegten Leuten ſehr viel dargelegt wor⸗
den ift, das denen Alten zur Ungebuͤhr beygemeſſen wird. Im übrigen wäre auch diefegmeinem.
Zweck nicht allerdings gemäg gervefen, da ich von dem $eben und Praxi der erften Chriften, und alfe,
9
auch der Kirchenſcribenten handeln will, dahero nur ihre Tugenden oder Säfter, nicht aber
eben ihre Lehre nach Vermögen zeigen, welches ben Big gehörigen Ort in
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acht genommen worden.
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Cyrillus Hierofolym.
Cyrillus Alexandr,
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Diony ſius Areopagita
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Evagrius
Eufebius
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Nicephorus
Nilus
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Optatus
Orofius
Paulinus
Philoftorgius
Photius
Polycarpus
Profper
Prudentius
Rufinus
Salvianus
Sedulius
Sidonjus
Simeon Metaphr,
Socrates
Sozomenus
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Synefius
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Tertullianus
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Die H. Apoſtel,
Derer Epiſteln noch übrig find,
haben gelebet: —*
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Aulus bis aufs Jahr Chriſti PER
Petrus Mrz
Jacobus 51
Judas ohngefehr etliche ER
Johannes 104
Die andern Autores
haben gelebt: mu"
Abdias Rabylonius ohngefehr um das Nahe
Ehrifti 130
Ado Viennenfis 970
Adamus Bremenfis 1050_
Feneas Sylvius 1450
Aimonius — 87 —
Alcimus Avitus 52
Alcuinus 2 800
Ambrofius 370
Anaftafius Bibliothecarius 350
Anshelmus 1080
Ariſtenus 1166
Arnobius 297
Arnoldus Bonævallis RO
Afterius 400
Athanaſius 350
Athenagoras 172
Auguftinus 410
Balfamo “1191
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Bernhardus un 1120:
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Evagrius "590 :
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Conradus Urfpergenfis
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Gregorius Presbyter R F 4 NnNao
Haymo Halberſtad. 850
Harmenopulus 2115
Hegeſippus + enbae. 180
— Tontreclus 1040
Hieron 400
Hilarius Pifavienfis 355
Hinemarus 860
Hipp de S. Vi£tore 1140
Iedkius 101
InnocentiusT. 416
Iren®us
Ifidörus Pelufiota 430
Ifidorus Hifpalenfis 610
Julius Firmicus 350-
« Juftinus Martyr He yes
Juvencus "330,
Laßtantius 300
Liberatus 560.
Lucifer 340
Macarius Senior 340
Maximus Taurinenfis 420
Melito » » 170
‚Minutius Felix 230
Nicephorus Califtus 1310
Nilus 440
Oecumenius 1070
Optatus * 3 6 5
Origenes 230
Orcfus 425,
us Frifingenfis 1140.
Ei a " 390
Paulinus Presbyter 420
- Paulinus Nolanus 420
184 .
Paulus Diaconus um das Yapı Chriſti
Petrus Chryfologus 440
Petrus Cluniacenfis 1130
Philaftrius 7 380
Phileftorgius 425\
Photius 850
Polycrates «197
Polycarpus 1:2 489
Pofhidius „439
Pontius Diaconus 258
Profper 4409
Prudentius 405
Remigius Antifiodorenfis 890
Salvianus 450
Sedulius 430
Sidonius 436
Sigebertus 1100
Simeon Metaphraftes 1030
Socrates 449
Sophronius 630
Sozomenus 449
Strabus Fuldenfis 840
Sulpitius Severus 420
Suidas 880
Synefius 920
Tatianus 180
Theophilus Antioch, 180
- - Alexandr. 360
Theophylattus 1070
Theodorus Lector 520
Theodoritus 440
Theophanes 560
Tertullianus 198
Thomas Aquinas 1260
Victor Uticenfis * 490
Vucentius Bellovacenſis 1250
Vincentius Lerinenfis 440
Ufuardus r 850
Urfpergenfis 1200
Zonaras 1118
53
760
II. Head.
u. Heyduiſche Seribenten, u ho
Rianus um das Jahr Eheifi 150 Maerobius um das Jahr Ehrifti 422
Amianus Mareellinus 370 Paulus ICtus — 220
£ ntoninus der Kaͤyſer - '161 Plinius Secundus —â—u—
Celſus - 110 Plutarchus — 1 Su
Dion Caflius 224 Pomponuus JCtus er 7
Eunapius 370 Porphyrius { 280.
Eutropius 364 Simplicius 530
Galenus 150 Suetonius 2 110
Hermogenianus JCtus 290 Symmachus ' s 380
Julianus der Känfer. 361 Tacitus 110
Lucianus 310 WVulcatius Gallicanus ‚Dede: 29Q
Lampridius 250 Ulpianus 230
Libanius 370 Zofimus 4.4107
IV, Concilia oder geiſtliche Verſammm...
lungen.
— um das JahrChriſti 250. 290. 263 Gerundenfe um das Jahr Chrifi _ 617
Ancyranum 315 Hierofolymitanum 1.348
Antiochenum 267.341 Hifpalenfia 590.619.
Arelatenfe I. 326 llerdenfe 525
Ariminenfe 359 Nlliberinum j 305
Agathenfe 505 Laodieenum 365
Aurelianenfe 502 Lugdunenfia 371.588
"Arauficanum 441 Matisconenfia 505.599
Braccarenfe 572.580 Nicznum gen. I, 325
Conftantinopolitanum generale I, 381 Nicenum II. 736°
: E III 630 NeoCælareenſe 314
Carthaginenfel. 390 Romana 255. 339: 368. &ec.'
Carthagin II. Y 397 Sardicenfe 347
Carthagin. III. "398 Seleucienfe 259;
Carthagin. IV. 400 Sirmienle
Cabilonenfe 588 Toletana ; 5 3° 1. ‚89 633. 1
Chaleedonenfe gen. IV. 451 Tyrium ‚336
Eliberinum 305 Turonenfe s68
Ephefinum generale IL. 431 Valentinum : rar.
Francofurtenfe | 794. Valenfia BR 442-444. &c. |
Gangrenfe 340 — —
© )o(®
V. Römische Kaͤyſer nach) ihrer Ordnung.
*
Ulius Cælar vor der Geburt Chriſti. Lieinius um dag Jahr Chrifti 304
Auguftus Conftantinus Magnus 306
| Tiberius nach. Chriſti Geburt 14 Conftantius i 337
I Caligula =. 37 Julianus 7 361
Claudius Vor 52 Jovianus ° 363
Nero Ba 54 Valentinianus 363
Galba 67 Valens 364
Oro 68 Gratianus & Valentianus 375
Vitellus 63 TheodofiusM. 379
Flavius Vefpafanus i 69 Arcadius 333
Titus Velpafianus 79 Honorius 1 395
Domitianus 81 Theodofius Jun. in Oriente 403
- Coccejus Nerva 96 Valentinianus III. 425
Trajanus 93 Martianus 450
Adrianus . 118 Maximus 455
Antoninus Pius 138 Avitus 3 455
Antoninus Philofophus 161 Leo Thrax £I. 456
Commodus 180 Leo If. 474
Pertinax 193 Auguftulus Imp, ult, in oceid. 474
Didius Julianus 193 Anaftafius 491
Severus 193 Juftinus 518
f Caracalla 211 Juftinianus 527
Maerinus 217 Joſtinus Jun. 565
Heliogabalus 218 Tiberius1l. 578
Alexander Severus 222 Mauritius 536
Maximius 235 Phocas 602
Pupienus & Balbinus 238 Heraclius 610
Gordianus 239 Conftantinus 642
Philippus Arabs 244 Heracleonas 642
- Decius 251 Conftans 642
Gallus & Velufianus 252 Conftantinus Pogonatus 669
- Valerianus 255 Juftinianus II. 685
Gallienus - 2650 Philippicus 711
Claudius 267 Anaftafius II. 713
Aurelianus 269 Theodoſius III. 715
Claudius Taeitus 277 Leo Ifaurus 716
Erobus 277 Conftantinus Copronymus 741
Carus 283 LeoIV. . 775
PDioeletianus 284 Conſtantinus VII. & Irene 780
Cconlſtantius Chlorus, Galerius Maximinus, & Carolus M. in Occid, g00
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08 erſte Buch,
Von der pfucht und Bezeigung derer erſten
Chriſten gegen GOtt.
*
— Das 1. Capitel,
Von der Menſchen wahren Bekehrung zu GOtt.
Summarien.
Buſt und Bekehrung iſt der erfie Stein zum Bau der Chriſtenheit, $. 1. Solche predigten auch die Jünger Chriſti,
als eine Absendung von fich und der Welt zu GOtt, z. Dazu gehöret Erleuchtung, 2. Erempel und Zeugniffe, s.
Srüchte der Erleuchtung; Erfenntniß der Sünden und Strafe aus dern Geſetze, 6. Gefühl des Zoras GDttes im Gewiſ
fen, 7. Haßiwieder alle Sünden, 8. fonderlich darinnen die Seele am meiſten geitecket, o. dawieder auch Aufferlich ausbrach
göttliche Traurigkeit und Thränen, 10. öffentliche Befenntnig der Menſchen, u. Demuͤthigung, Aufhoͤren von Sünden, ı2.
fonderlich der Glaube an Chriſtum, 13. Durch diejen funden fie die Gnade des Vaters, 14. welchen fie alles Heil zu—
fihricben, ıs. wie auch dem Sohn und H. Geiſt. 16. Dadurch aefihahe eine Umfehrung des Sinnes, ı7. und gänzliche
Nebergebung an GOit zum heiligen Leben, 18. ohne Heusbeley, 19. zum Haß der vorigen Laller, 2c. und zwar im der
Wahrheit. 2ı. Exempel der Verfer, 22.
$.1
an.
Achdem unfer HErr JEſus Chriftus fel-
ber, und nach ihm feine Juͤnger, die
wahre Bekehrung zu. einem rechten
Grund des wahren thatigen Ehriften-
thums geleget, und diefen Weg gleich anfangs
denen Menfchen verfündigen laflen; fo machet
man auch billig bey diefer Betrachtung den An—
fang von derfelben. Es gebot der HErr alsbald
feinen Juͤngern, daß fie vor alien Dingen Buſſe
und Vergebung der Sünden dem Volke pre:
digen follten, $uc. 24, 47. welches diefe auch treu—
lich ausvichteten, und dadurch den erfien Stein
gleichfam zu dieſem berrlichen Bau der Ehriften-
beit legten. Apoft. Gefch. 2, 38. c. 3, 19. c. 5, 31.
t. 8, 22. 6. 17, 30. €. 20, 26 c. 26, 20. Mit
welcher Verkündigung dann denen Menfchen als:
- bald gezeiget wurde, wie fie von Matur fo gar
verderbet und zum Dienit und Neid) GOttes
untuͤchtig wären, daß fie auch die Nothwendig—
Feit und Art ihrer wahren Bekehrung zu GOtt
nicht wuͤßten, viel weniger diefelbe vor fich ver-
richten koͤnnten.
2. Demnad) bezeugten nun vor allen Dingen
die Jünger Eprifti JEſu denen teuren in feinem
Mamen, wie fie in ihrer fo tiefen Verderbniß
die wahre gruͤndliche Buffe gar nicht verftunden,
meil fie doch fleifchlich gefinnet, und von GOtt
abgewandt, und alſo Feinde GOttes wären ;
wie daffelbe in dem Worte GOttes Flar am Tage
liege. Sie ſcheueten fich nicht, allen und jeden un-
ter Augen zu treten, und ihnen anzufagen, daß
fie “von Natur blind und ohne Goͤttlichen Lichts
„wären a), ja daß die ganze Welt im Dun-
„keln und im Argen liege, und gleichfam dar-
„innen vergraben bliebe, woferne Chriſtus ih—
„nen nicht den Weg zeigte, und mit feinem Lich-
„te fehiene,, b): welches einft ein Märtyrer im
Gerichte ausfagte vor dem Volke. Das Ver—
langen der Zeugen JEſu war fo groß, die ar:
men Herzen Davon in der Kraft GOttes zu über:
zeugen, daß fie mit jenem frommen Mann aus-
riefen: “O wenn diefe Elende doch das inner-
„liche ewige Licht fühen , darüber ich jammere,
„weil ich es gefihmecker habe, und ihnen doch
„richt zeigen kann, wenn fie ein Herze darbrin-
„gen, das von GOTT entfernet und zerftreuer
„iite)! Denn ſie mußten wohl, “Daß die vorblen-
„deten Sinne der natürlichen Menfihen diefes
„Geheimniß fo wenig, als die übrigen, vor fich fel-
„ber faffen Fönnten, wie etwan die Nacht den Tag
„nicht begreifen mag. Vielmehr wieſen fie fel-
„ber das Licht immer ab, und mennten, es fen ih-
„nen unerträglich, 4). Dabero zeigten fie ihnen,
„wie diß eben ihr Böchftes Verbrechen fey, daß
„ſie den nicht recht erkennen lerneten, von dem
„ſie aus der Natur doch nothwendig etwas wüß:
„teny. , Mailen es fobann geſchahe, “dan fie
„ſich um das höchfte Gut nicht befümmerten,
A „noch
a) er lib. de Pœnit. c.r. b) Eucherius in Epiftola apud Baronium Annal. ad An. CCxovin n, 14.
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Augufkinus lib. ıx. Confefl c. 4. d) Romanus martyr apud Prudentium hyın, ı0. de Coron,
I
A
2.
2
„noch ihn achteten, ob er gleich die Schulden ab-
„ftrafte, fondern immer ärger wurden, e). Welche
und andere dergleichen Zeugniffe fie denn auf Das
Wort des HErrn gründeten, und dabey die Er—
fahrung zu Hülfe nahmen.
3. Sin Betrachtung deffen befchrieben fie ihre
und anderer Herzen Veränderung und Bekeh—
rung aus dem Namen, daß es eine Abwendung
von fich felbft und der Welt, und eine Umfeh-
rung zu GOtt ſey. Wille du wiſſen (fchreibt
— was heiſſe bekehrt ſeyn, ſo hoͤre erſtlich,
„was abgewandt ſey. Alle, die indeſſen mit an-
„dern Dingen eingenommen werden, wenn das
„Wort des HErrn vorgetragen wird, die find
„abgewandt. Alle, diemit Sorgen der Nahrung
„gefeffele find, und nach Reichthum trachten, Die
„die Ehre der Welt und Wohllüfte lieben, die find
„abgefehrt. Was heißt denn nun, bekehrt werden ?
„Wenn wir diefen allen den Rücken zufehren, und
„mit allem Fleiß, Werfen, Sinn und Sorgen das
„Wort GOttes annehmen, alles fahren laflen, und
Gott gelaflen ftehen, und uns in feinen Zeugnif-
„fen üben, das heißt, zum HEren befehret ſeyn. f).
Ein anderer aus ihnen erfläret es mit einem
feinen Gleichniß: “Die Seele, (fpricht er) ift
„durch die Sünde in die Macht. des Wicder-
„fachers gerathen, da wird fie ſchrecklich geplager,
„und in eine groffe Verwuͤſtung geſtuͤrzt, iſt
„elend und verlaffen in ihren Sünden, abgewandt
„von ihrem himmlifchen Bräutigam , und ein
„Sport aller feindfeligen Kräften. Denn fie
„haben fie unfinnig gemacht, und von der bimm-
„ifchen Weisheit abgetrieben, daß fie nicht fehen
„eonnte, was fie mit ihr vornehmen; ſondern mey-
„ne, es fen immer alfo mit ihr gewefen. Sobald
„aber, als fie ihr eigen Elend erinnert, fo beweint
ſie es vor den Angeficht des freundlichen GOttes,
„und findet da geben und Heil. Warum? Darum,
weil fie wieder umgekehret ift zu ihrem Urfprung.
„Denn es iſt feine Hilfe und Zuflucht vor die
„Seele, alsbey GOtt 5).
4. Hierzu erforderten fie alſo fürs erfte, eine
gnugfame Erleuchtung Ban Del Geiftes aus fei-
nem Worte, von dem Willen GOttes und des
Menfehen Elend. Denn wenn die Sinder
„Buffe thun, und eine geoffe Umfehrung von
„ihrem vorigen Wandel leiden mußten, fo wurde
„ihre Unmoiflenheit, als die Mutter aller Kranf-
©) Tertull. Apol. c. 17. et 40. f) Origenes homil. 12.
—
1.3. Don der Pflicht und Bezeigung derer erſten Thriften
a er DE u ee rg Er Me
“. * —1— » = & —
Dr N
gegen GOtt.
* und Suͤnden, ya * die Gnade
„hinweggenommen. Dagegen gab ihnen der
„HErr die Erfenntniß a ihrer felbft,
„ourch welche er die Kranken heilete, und die
„Sünder von dem Böfen nunmehro zurück Biel-
„te h). Gintemal, nadydem der Menfch einmal
„von GOTT abgewichen, und ihm den Rücken
— G0tt nicht eher wieder finden noch
„raflen Fan, er fen denn Durch die Buffe umge -
„eehret, und komme alſo wieder zu ihm. Wel-
„ches denn geſchiehet, indem er an GOtt den
„Vater gläubet, und ihn befennet, als welcher
„im Gefeß und Propheten verfündiger, und
„von Chriſto felbft bezeuget ift,, ). Sie ver-
gleichen die Sünde fehr oft einer ſchweren
Krankheit, die einem Sinn und Berftand ber _
nimmt. Wenn nun einer (fagten fie) wieder
„unt aus feiner Naferen nüchtern wird, fo wer—
„den ihm die Augen feines innern Gewilfens
„aufgethan, und fommt Die Neue feiner Werke
„orauf, fo, daß er fich überal feiner Thorheiten
„fhämt, da zuvor feine arme Seele als mit NA-
„geln an die Lüfte angehefter war,, k), Darzu
mußte das Gefeg dienen, aus welchem Die Erfennt-
niß der Sünden entftund. Nom 7,7. C. 3,20. Die-
fes fonnte dem Menfchen fein den Gift der Suͤn⸗
den mweifen, und fie, da fie die Freyheit fo miß-
braucht hatten und ins Verderben rennefen, zu-
ruͤcke halten durch feinen Zaum, damit fie GOtt
dienen lerneten in dem neuen Geifte 1). Es hube
alfen Schein und Entfehuldigung auf bey der ein-
mal gerüßrten Seele, damit fie nicht fagen fönn-
fe, ich habe die Sünde nicht gefannt; und über
diß machte es alledem HErrn unterthan, durch die
Erkenneniß ihrer Miſſethaten m).
5. Auf folche Art befchreibet Cyprianus feine
Befehrung offenberzig: “Das Licht fenfte ſich
„in mein verfohntes und gereinigtes Herze ein
„von oben herab, alfo, daß ich bald Gewißheit
„erlangete,, morinnen ich zuvor Zweifel hatte.
»Was mir verfchloffen war, das wurde mir da '
„eröffnet 5. was finfter war, wurde licht, n).
Und jener Bekenner, Marimus genannt: „Bis—
„hero bin ich blind gewefen, num ich aber erleuch«
„tet werde, fo fehe ich. Auf Befragen, durch
was dor ein Licht er denn fahe? antwortete er:
„on dem Glauben unfers HErrn JEſu Ehri-
tin o). Ingleichen ein anderer; „Ich gieng in
„mein
in Exod. XXXIV. g) Mararius Zeyprius homil. 45.
h) Ireneus lib. 111 adu. Heer. c. 5. i) Idem lib. ıv.c. 22. k) Ambroſius ib. ıv. in Lucam c. 47. 1) Hie-
ronymus quæſt. 8. ad Algal. m) Ambrofius lib. IX. Ep. 71 n) Cyprianus epift.2. 0) Apud BaroniumAn, .
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CCLX. Nn. 13.
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ſtes Binein , da Err, mid)
„fuͤhreteſt. Da fahe ich mit dem Auge meines
„Herzens eben über diefem meinem Seelen:
„auge das unveränderliche Licht des Hrn,
„welches höher iſt als alles, Wer die Wahrheit
„eennet, der kennet diefes Ficht auch, und wer es
„eennet , der Fennet die Ewigkeit. Die Liebe
„eennet daffelbe Sicht, p). Wie auch noch ein
berühmter Lehrer: “Das Gefeß half mir, daß
„ich anfieng M befennen, was ich verleugnet
annte meine Suͤnde, und deckte
„meine Ungerechtigkeit nicht zu. Ich hatte gefüns
„diget, wie konnte ich denn noch eine Enefchuldi-
„gung vorfhügen. Der Mund war mir geftopft,
„wie allen andern, vor dem HErrn,, g) Insge—
mein zeuget einer von der Erfüllung der Ver—
gelungen in den folgenden Zeiten des Neuen
eftaments alfo an die Heyden: Die Augen
„over blinden Seelen werden immer geöffnet, und
„oie Ohren, die zuvor gegen die Gebote von der
„Gottſeligkeit taub waren, die werden nun ganz
„gelehrig, das Wort des Herrn zu hören, und
„die Berbeiffung eines fterswährenden Lebens
„zu erhalten, r). Und abermal: «Der HErr
„erleuchtet die Augen unferer Herzen, daß fie
„von dem Aberglauben der Abgötterey Buſſe
„ehun, und zu dem wahren Fichte Ehrifti befehret
„werden 5).
6. Es wurde aber diefes fine Die naͤchſte Frucht
folcher erften Erleuchtung gehalten, daß derMenfch
die Menge und Groffe feiner Suͤnden famt ihren
Strafen inniglich erfannte, und alfo weiter zur
wahren Buſſe durch GOttes Güte geleitet ward.
So Bes Auauftinus fort von fich felbft und
feiner Bekehrung zu erzehlen: O du ewige
Wahrheit, du wahre kiebe, du haft die Schwach⸗
„heit meines Gefichts zurück gehalten, und in
„mich geftralet Eräftiglich, damit ic) vor Schre:
„Een erzitferte, weil ich mich weit von dir ent-
„rernet fahe: da erfuhr ich, daß du dem Men:
„Ichen feine Miſſethat anzeigeft, und feine Seele
— laͤſſeſt, t). Wiederum redet ein
frommer Mann aus den Alten insgemein von
seen Werke des Heils: Wenn fic) der Geift
„GOttes in des Menfchen Verſtand begiebr, fo
„it er ſowol einem gewaltigen Winde, als einer
„gelinden Luft gleich. Sanft ift er, weil er die
„Erkaͤnntniß GOttes nach unferm — ein⸗
„richtet , fo viel wir fallen koͤnnen. Aber ſtark
„it er auch, weil er in feiner Ankunft die Blind:
-
* 1. Cap. Von der Mienfeben wahren Befehrung zu GOtt. 3
„beit unſers Unvermoͤgens unruhig und vege
„macht, und unfer Elend ſehr weh! entdecket u).
„Wenn nun diefes in der Seelen vorgieng, re
„eonnte der Menſch in diefem Lichte fehen,
„wie haͤßlich, abfcheulih, voller Flecken und
„Wunden er war. Sahe er esnun, fo erſchrack
„er davor, und mußte nirgendshin zu flie-
„ben. a, wenn er auch feine Augen von fich
„ſelbſt wegwenden wollte, fo bielte ihm doc) GOtt
„aus dem Gefege alles vor, und — der See⸗
„le entgegen, daß er ſeine Suͤnden abermal fand
„und fie haſſen mußte, x). Und diß war hiebey
eben der Nuß des Geſetzes, “Daß es das Herz
„von feinem Elend uͤberwieſe, und alfo trieb,
„die Gnade in Chriſto anzuflehen,, y), Denn
„wenn Der Geift einmal von feinem Urheber er:
„kannt ift (Schreibt jemand aus ihnen nach) der
„Erfabrung); fo fängt er fich an zu Auffern durch
„die Erkenntniß der Wahrheit, und wird zu den
„Geboten GOttes Binzugelaffen, daraus er gleich
„zuerft erkennet, wie alles für Sünde zu rech
„nen fey, was in und feinen GOtt von einan-
„der fcheide: da ſehe denn ein folcher,, twie auch
„die Lüfte und die Sünden des Willens durch
„die Buſſe muͤſſen gereiniger werden, und nicht
„nur die iin Werke, dieweil vor GOt—
„tes Angeficht nichts verborgen for. Und wer
„diefes wußte, der unterließ auch Feine Suͤnde
„in ſich ſelbſt vor Gerichte zu bringen und GOtt
„abzubitten,, 2), So gar gab der HErr denen,
die dem Fürbild der Lehre nur geborfam werden
wollten, einen willigen Geift, daß fie fich vor ihm
erniedrigen, und in ihrem Greuel, den fie von
Natur nimmermehr erkannt und gehaſſet hätten,
nicht mehr verderben wollten.
7. Wo alfo eine gründliche Erkenntniß der
Sünden gewürfer war, da fieng die Seele an,
den Zorn des gerechten GOttes zu fühlen, und
fi) vor feinen Gerichten herzlich zu entfegen.
Diefes zerſchlug das harte hochmürdige Herze
durch die Erinnerung fo vieler und grofler Dos:
beit, der unzähligen Wohlthaten feines Schöpfers, |
und der fehrecklichen Drohungen feiner Gerech—
tigkeit. “Denn wenn der Sünder das noch vor
„reine Sünden gehalten hätte, fo würde er auch
„deſſen nicht [os worden ſeyn; und wo er nicht
„geglaubet Hätte, daß den Sündern die Ver—
„dammniß ganz nahe, den Frommen aber die
„Seligfeit bereit fen, fo würde er nicht verän-
„dert worden fern a). Angefehen dig der An-
Wa „rang
p) Augujfin. lib. vır.Confell! c. 10. q) Ambrofius lib, de Iac. et Vita beat.c. 6. r) Origenes lib. ı1. adu.
Cell. p. 88. s) Id. lib. vır. p. 354.
t) Lib. X. Conf, c. ı0.
u) Gregories M. lib. v.in Iob. c. 27. x) As-
zufl.l.c.lib,vın.c.7. y)ld.Epiltzoo,adafel 2) Terzwll.dePanit.c.3. a) Clemens Alex. lib. 11. Strom.p. 371.
‘
A
„fang zur Seligfeit hieſſe, daß den Sünder fei-
„nes Jerthums gereuete,b). Diefes aber ge-
ſchahe wenn iin GITT mit den innerlichen
„Stacheln feines Gewiffens gleichfam trieb, daß
„er es recht fühlete, was Sünde ſey. Bis daß
oh fein Hochmuth legte, und fein verwirreter
WVerſtand und verfinftertes Gemuͤthe famt dem
„eigenen Willen durch die heilfamen Schmer-
„zen gewitziget, und von der verborgenen Hand
„des HEren geheilet ward, c). And viefe lieb-
reiche Hand hoͤrete auch, nicht auf, „durch eine
„ernfthafte Barmherzigkeit, bis das Herze gruͤnd⸗
„lich Beil war; er geiſſelte es gleichfam mit Furcht
„und Scham, damit es nicht etwan aufhörte
„recht geſund zu werden, oder etwas gefährliches
Zuruͤcke bliebe d), Denn wo feine Furcht vor
„GOTT noch da war, dafonnte auch Feine Beſ
„ferung fern. Wo diefe nicht war, da war die
Buſſe gewiß vergebens, weil fie Feine Furcht
„bey fich hatte, Deswegen fie GOtt geordnet hat,
„nemlich zu des Menfchen ewigem Heil, e).
Darum bielten fie es für ein koͤſtlich Werk,
Spenn der Menfch durch das Wort in eine Zer⸗
„knirſchung feiner Seelen gefeßet ward, und dar-
„auf fich Die Gnade in etwas zurück zog, alfo daß
„er nun den Kampf antreten und flveiten mußte,
„zu feinem DBeften, wieder den Satan, damit
„er alfo nach vielem Lauf und Kampf den Sieg
„erhielte, und erit ein Ehrifte würde, N. Denn
„niemand Fan allein durch das Hören, ohne Ar-
„beit, zum Neich und Leben gelangen, da der
23:3 fo ſchmal und Teübfals voll ift., GSon-
derlih, da der HErr JEſus ſelbſt nur denen
Leidtragenden den Troft verfprochen bat, die ihre
alten Sünden beweinen, und in ihrem Gewiſſen
ihres Unflaths wegen winfeln 2).
8. So war es denn ben folchen Umſtaͤnden
nicht möglich, daß der Geift GOttes nicht einen
erniten Haß wieder die begangene und alle andere
Sünden in ihnen hätte wirden follen,. Dis war
ihnen ein nöthiges- Stuͤck der Buſſe. O mit
„was vor Furcht, mit wie viel Thränen mußte
„die Seele fic) von den Sünden fiheiden laſſen,
„die damit beladen war! Mit was vor einer Hoff-
„nung und Gemuͤthsneigung mußte fie zu GOtt
„nahen! Bor afen Dingen mußte fie Dos ver-
„dammte vorige Leben haſſen, und auch deſſen
„Andenken verfluchen und ſcheuen. Hernach
„mußte fie die Drohungen des ewigen Gerichts
„nach der Lehre von der Furcht, GOttes wohl
b) Sal. lib. 11. de Avatit, init.
) Macar. hom. 27. 8) Ail. c. 4. in Matth. h) Bafıl. M. Reg. contra&t. qu. 10.
1.3. Don der Pflicht und Beseigung derer erften Ehriften gegen GOtt.
„fallen, und gewiß willen, daß die Bußzeit eine
„Zeit des Klagens und Weinens fey h), Nicht
„genug war cs, daß fich jemand einen armen
„Sünder nennete, und doch im Herzen Luft hatte
„noch zu fündigen. Da märe feine Bejferu
„fondern ein Gewaͤſch geweſen. Die Sure
„machte nichts gewiß (in ihren Ber als
„oer Haß wieder Die Siinde, und. Die Lie
„SD, Darum redeten fie denen, die Darin-
nen begriffen waren, alfo zu: “Wenn du deine
„Sünde alſo bereueft,, daß dir das in deinem
RE
„Herzen bitter ſchmeckt, was dir zuvor in deinem "
„geben füffe war, und was dir zuvor am Fleiſche
„angenehm gewefen, nun did) in Deiner Seelen
„eranfet, fo feufzeft du erſt vecht zu GO i).
Und freylich mußte der Gegenfaß das Herz von
feiner Aufeichtigkeit verfihern,, Damit es niche
die Gnade Gdttes auf Murhwillen zöge, wenn
es ihm fein Ernft wäre mit dem Kampf wieder
die Sünde,
„ren, das Singen tn Heulen, die Freude in Be—
„crübniß verwandelt feyn. Es mußte das ganz j
“Es mußte das Sachen in Trau-
ET 5
„lich mißfallen, was zuvor dem Sleifche wohlan-
„geitanden hatte.
Und was man fonderlich ver-
*
Pr
„tanget hatte, mußte einem nunmehr ein Öreuel
„ſeyn k).
9. Und folches mußte denn vornehmlich über
denen Sünden gefchehen , darin die Seele am
meilten geftecker hatte, Alſo, wenn jemand aus
den Heyden dem Leibe JEſu Ehrifti folte einver⸗
leibet werden, “fo brachten ihm Die Chriften vor
„allen Dingen einen geoffen Haß bey wieder Die
„Sünden, und einen Wiederwillen gegen alle
„Goͤtzen. Sie ermunterten feine Sinnen, daß fie
„nicht mehr an ftatt GOttes die Creafuren an-
„beteten„ !), Man erfreuete fich auch innigft,
wenn dieſer oder jener bey feiner Befehrung 5
das Wiederſpiel davon ausuͤbete und erroiefe, was
er zuvor geſuͤndiget hatte, Zum Ereinpel: wenn ein
zuvor Hoffärtiger nun demuͤthig war, ein Geiz
ger freygebig, und fo ferner. Wie lieblid) mag es
wol anzufehen geweſen feyn, wenn grofle und zuoor
hochmuͤthige Philoſophi nun bey. ihrer Bekeh—
rung das thaten, was von Victorino, einem ſehr
gelehrten Manne, gemeldet wird: «Eben mit dem
„Munde, damit er zuvor fo viel Eitelfeiten und
Thorheiten ausgefprochen hatte, lobete er nun
„oen wahren GOtt durch Chriſtum, und ſchaͤmete
„ſich nicht, ein Flein Kindlein zu werden, fich unter
„das och Ehrifti zu demuͤthigen, und zu gewoͤh⸗
„ten,
€) Ang. vi, Conf. c.8. d) Ibid. vırt. c. Ir. e) Tertnil. de Pœnit cu2.
3) Auguf. fern. 7. de
'Tenpl, k) Bernhard, ſerm. 4. in Vigil, Nat. Dom. e Jasob, IV. 8.9. 7) Origenes lb. 111. adu. Celſ. p. 120.
5
V.
” —
4
„nen, daß er die Schmach des Erauzes trug m).
Allerdings brachte das das Wefe IR Buſſe mit
Herz, daß fich der Sünder (ch te, wenner
aufhoͤrete zu fündigen, und fie deswegen verließ,
weil er ihnen feind war. So lange aber einer
nicht zu fehanden wird über der Sünde, fo lange
fündigt ev noch aus Gewohnheit und eigenem
Willen n)..
10. Auch Fonnte ſich der Schmerz und Jam—
mer im 9 nicht ſo gar verbergen, daß er
nicht oft in aufferlichen Zeichen ausgebrochen wa-
Dort, bey den Corinthern, als fie ſchon nach
Bekehrung ſich wieder verfündiget batten,
e die Böttliche Betruͤbniß zur Seligkeit
aroffen Fleiß, Derantwortung, Zorn, Succht,
langen, Eifer, Rache und dergleichen
edrige Bewegungen. 2. Cor. 7. d. 10. I.
Welchen Rath auch Jacobus andern gab, c. 4,
8.9.10. Worauf man denn auch wolin der Öe-
meinde zu ſehen pflegte,und glaubte, derjenige bewei⸗
ne feinen geiftlichen Tod nicht, der noch frölich in
der Buſſe einhergieng ; fondern man müffe auch die
- Traurigkeit feines jammernden Herzens bewei—
+ fen a). Und dahero 2* ſie esalfo an mitdenen,
die nun zu Chriſto JEſu befehret wurden; Sie fa-
yſteten und beteten mit ihnen, und lehrten ſie, wie
pie von GOtt Vergebung ihrer Suͤnden erlan-
„gen follten,,; wie wir unten bey der Taufe im
Capitel ſehen werden p). Hatten fie nun
innere und aͤuſſere Zeugniffe ihres Elendes
um ſich, fo mangelte es auch wol an Thränen
und andern Wirkungen der Traurigkeit nicht,
welche von der Heuchelbuſſe weit entfernet wa-
en. So erzehlet einer ferner feine Buſſe mit
n Umftänden: “Als ich mich durd) eine tiefe
„Detrachtung in den Grund meines Herzens
eſammlet hatte, und mir aller mein Jammer
„auf einem Haufen vor Augen lag, da entjtund
3 ein geofer Pagregen von Thraͤnen, den ich mit
„einer Elaglichen Stimme in der Einſamkeit aus:
4 al fuchte; ich fiel nieder, und ließ meinen
daͤhren den auf; ja ich weiß felber nicht, wie
yfklaͤglich ich zu GOtt rief in der Zerknirſchung
„meines. Herjens q).
J 11 Oft wardenen Bußfertigen ihre Suͤnde eine
z ſolche Sait in ihren Herzen, daß fie nicht nur fie
h
demHEren befannten, (welches allzeit noͤthig war,)
auch vor Menfchen nicht verſchwiegen.
Jene Bekenntniß hienge unmittelbar an ihrer
wahren Neue, wenn fie GOtt zu fuchen anften-
4
m) Augufin. Confell, lib. vrr.c.2. m) Hilarius in PL 112.
Martyr. Apol. 2. P. 93. 9) Augufl. vII. Confeil: c. 12.
9) Hil, in PL 2. u) Id. in Pſ. 135. x) Id. in P£Lız7. y) Auguf. Confef. ib, ww. ch 2) IAlib. x. c. 3.
1. Eap. Don der Menfeben wahren Bekehrung zu GOtt. 5
„gen, und er doch ſchon in ihrem Herzen war,
„daß fie ihm gern alles befannten, fich auf ihn
„wurfen, und in feinem Schoos gleichſam weint:
„een, wenn er ihnen ihre Thraͤnen abwifchte, da—
„mit fie immer mehr weinten, und nach dem Wet:
„nen mit Freuden überfchütter wwirden,, r); tie
es abermal einer befchreibetr. Man vergliche
denen Heuchlern zue Warnung die unbekannten
Sünden einer unverdaulichen Speife, Die nur
den Leib quäle, wenn fie nicht herausgefchaffet
werde. So (fagten fie) werden die innerlic)
„getrieben, und faſt erſtickt von ihren Sünden,
„die fie bey fich behalten und verbergen. Wer
„aber fein felbft Ankläger wird und befennt, der
thut zugleich die Sünde von ſich, und alle Ur—
„ſache der Kranfheitz, s). So guͤtig erfannten fie
Gott ſchon, daß an ftatt der gerechten Rache er
eine ſelige Bekenntniß aunaͤhme des reuigen Gewiſ⸗
ſens t). Weil doch die Bekenntniß der Suͤn—
den darinn beftund, nach ihrer Erklaͤrung; “Daß
„eine Seele das nun erfannte, was fie zuvor nicht
„wußte, da fie zuvor diefes ihr für nüglich gehal⸗
„ten hatte: vauben, morden, ftehlen, ftolz fern,
„faufen. Aber da der Menfch nun diß alles für
„verdammlich anftehes, fo befennet er auch feinen
„Irrthum u). Denn niemand thut etwas, dazu
„er nicht durch eine Einbildung des Mugens vder
„der Lehre, oder einer guten Meynung gereizet
„wird, und es für veche halt, oder fich darüber
„freuet x)%
12. Gefeßt nun, daß ihre Bekenntniß auch Men⸗
fehen fund ward, fo ſchaͤmten fie fich deffen nicht,
fondern lieffen fich vielmehr dadurd) recht demü«
thigen. Gleichwie jener in feiner Bekehrung ges
ſtunde: «Es mögen mich die Hochmürbigen im-
„merbin auslachen, und die, fo noch nicht von dir,
„mein GOtt, erniedriget find, ich bekenne dir doch
„meine Miſſethat zu deinem Preis. Laß mic)
„die vergangenen Irrwege bedenken, und Dir des—
wegen ein Lobopfer bringen,„,y). Sie wußten
gar wohl, “daR die Bekenntniß der Sünden das
„Her ermuntere, damit es nicht in Verzweifelung
„dahin finfe, und meyne, es Fonne doch nicht
„weiter fommen; fendern damit es in der
zsiebe zur Barmberzigfeit des HEren aufwa—
„che, und inder Suͤßigkeit feiner Gnaden erquicket
„werde, dureh weiche ein Schwacher maͤchtig ift;
„der ihm ſeiner Schwachheit bewußt ifbs>z). Ins⸗
gemein waren ſie auch aus des HErrn Wort
gewiß, “daR die Bekenntniß des Irrthums zugleich
A3 „eine
6) Oprianus de Laplis p. 134 P), Iuffinus
r) Auguff. 1, e. V. c. 2. s) Orig. hom. 2.in Pf.37-
6 1.3. Don der Pflicht und Bezeigung derer erften Chriſten gegen GOtt.
— IT nn en u
„eine Erflärung wäre, von Sünden aufzuhoͤren.
„Dabers müffe man auch darinnen aufhören, da-
„von man die Befenneniß gethan habe. Wer
„aber die Sünde befenne, und doc) fie nicht laſſe,
„der habe Feine Vergebung, a): Denn es fey
wieder die oben befchriebene Natur der wahren
Bekenntniß. “Auch müffe mans von ganzem
„Herzen hun, nicht ftückweife, oder daß einige
„Wirkung der Sünden im Herzen übrig bliebe,
„Darum denn der HErr zu erfuchen fey, damit
„er den fehrvachen Willen in Zahmung und Yus-
„rottung der Sünden ftärfen wolle b).
13. Alleine es bliebe bey denen hiebey nicht,
welchen ihre Seligfeit einmal ein Ernft worden
war. Sondern, “fie hungerten und dürfteren
vornemlich nach der Gerechtigkeit GOttes in
„Ehrifte JEſu, und fingen an, ſich im Ölauben
„zu freuen über ihre Sättigung, nachdem fie nun
„ihre Sünden in Betrübniß und Thraͤnen erwo⸗
„gen hatten c).. Gintemal der Glaube ver
„Grund ift von der Buſſe, ohne welchen gar
„nichts gut ift, und wenn die Buſſe ohne Glau⸗
„ben iſt, und aus dem Glauben nicht gebt, iſt
„fie nichts nuͤtze. Drum müßten die Sünder
„vor allen Dingen glauben, daß ihnen ein Mit-
„tel zur Buſſe von dem Heiland gegeben wa-
„te, d). Bon deſſen Wefen, Eigenfchaften und
Früchten werden wir unten in diefem Buche be-
richtet werden. Hier fehen wir nur diefen wah—
ven Weg des Heils an denen Heyden, die don den
Apofteln befehret wurden; da dieſe den Glauben
ftets fordern. Apoſt. Geſch. 8, 37. & 15, 7. € 16,
31.6. 19, 4. Und hernach fehreibet Juftinus deut-
lich genug von den Heyden, denen andern zur Nach:
folge: Da fie nie etwas von Ehrifto gehöret
„hatten, fo wurden fie mit Glauben und Freude
„ganz angefüllt, und verleugneten ihre Goͤtzen.
„Hingegen opferten fie ſich ſelbſt dem lebendi⸗
„gen und unerſchaffenen GOTT durch Chriſtum
„gänzlich auf, ©). Demnad) war es guch un-
fehlbar und gewiß, “Daß wer GOTT darum
„bate, und nad) Befenntniß feiner Sünden den
„einigen und wahren GOtt im Glauben anvief,
„ihm auch Vergebung wiederfuhr, und die Beil-
„fame Erfaffung von goͤttlicher Guͤte gegeben
„ward, weil er glaubte ). Ein ſolcher, der nun
„zum Glauben wahrhaftig fommen war, durfte
„sich nicht mehr fürchten als ein Uebertreter des
„Gefeges, Hätte er in Chriſto geglauber, fo hät
a) Hilar. in Pf. 35.
et Falfa Panit.c. 2. €)
h) Augnfl. in Pf. 104. i) Terzull. Apol.'c. 18.
lichen Genuß folcher Verſoͤhnung empfiengen,
b) Id. in Pf. 37. c) Chrom. de vıı1. Beatit.ap. Cest. Maga. 1V. c. 4. d) Auguf. de Vera
e) Apol. 11. p. 66. f) Cyprianus ad Demet. n. 22. g) Chryjoft. hom. 20. in Roın.
k) Augufl. ep. 108. ad Paulin. 1) Cyprian. ep. 18. m) Zi-
lar. can. 7. in Matth. n) Ambrof. lib, 1.de Panit, <. 10. ©) Chryjofk, hom. 2. in Gen.
- — es
„te er das Gefeg erfüllt, und mehr, als was es
„befohlen hatte, denn er hatte eine gröffere Ge—
— empfangen ge). ohne diefen
„Ölauben in Ehrifto JEſu Fonnte niemand mit
„GoOtt verfühner werden, weil janur ein Mittler
„GOttes und der Menfchen war bl,
14. Diefer Glaube funde alfo Ehriftum indem
Worte durd) das Licht des Heil. Geiftes, und in
Chriſto funde er den Bater mit aller feiner Barm-
herzigkeit. “Und mer fich nur befleißigte ihn zu
„eennen, der ward auc) durch feine Kraft getrie
„ben, an ihn zu glauben, i), Syn folcher göt-
lichen Ordnung wiederfuhr ihnen die Verföh-
nung mit GOtt in der Gerechtigkeit JEſu Ehri-
fti, der ihnen nunmehro durch den Glauben von
dem erbarmenden Bater gefchenfer war. Dar-
aus fie denn nicht allein in ihren Seelen von der
ewigen Liebe deflelben in feinem Sohne verfichert
wurden von dem H. Geift, fondern auch den wird
und daher nun durch Ehriftum im Glauben eine
Hinzuführung hatten zu folcher Gnade, darinnen
fie ftunden. Nom. 5, 2. Denn fo fahen fie die
Yronung ihrer Veränderungen aus Nom. 12,
30. Daß der HErr fie erftlich rufte durch die
„Predigt der Buffe, fodann gerecht machte in fei-
„ner Barmherzigkeit, damit fie nicht fein Gerichte,
„mehr fürchten dürften, bis fie endlich verherrli⸗
„het und in fein Reich aufgenommen wurden, k).
Dahero gaben fie GOtt die Ehre aflein in ihrer
Befehrung, gleichwie feine zuvorfommende Öna-
de fie zu fich gezogen hatte. Sie fahen in dem
Worte, “daß es unmöglich fey, ohne Glauben
„felig zu werden, fondern fo viel der —
„Glauben vor GOtt bringe, fo viel Gnade ſchoͤpfe
„er auch ven ihm !), Aller Menſchen Heil ſey
„allein aus dem Glauben, und das Leben aus
„den Geboten des HErrn m), Wer aber den
„Olauben habe, der habe das ewige Leben, und
„ver diefes habe, der Fünne von der Berfohnung
„nicht ausgefchloffen feyn n), So groß HN Die
„Barınherzigfeit GOttes, daß der Sünder fonne
„feine Sünden befennen, Bergebung erlangen,
„ein ruhig Herz befommen, und gerecht werden.
„Das Ereuz habe den Fluch hinweggenommen,
„der Glaube habe die Gerechtigkeit hervorbracht,
„und dieſe Gerechtigkeit ziehe die geiftliche Gna-
„de in fih 0). Es gefchehe da eine geheime Ge—
„meinfchaft und Eingebung der geiftlichen Gnade,
„dadurch
F ie: 5
pi
„dadurch der, fo dem HEren anbangt, ein Geift
„mit ihm werde: fo werden denn die Gläubigen
„in Ehrifto gerecht,, p). Dergleichen Ausfprüche
bey den Alten haufig find, deren ich Feine mehr
egen will, wenn ich nur noch einen aus Elemente
omano gedacht Babe, der hievon fehr lauter
ſchreibet: “Sie find alle verherrlicher worden,
„nicht durch fich felbft, oder ihre Werke, fondern
„durch feinen Willen. Alſo auch, die wir in
„Ehrilto JEſu berufen find, werden nicht durch
„ung jelber gerecht, noch durch unfere Weisheit,
„Berftand, Guͤtigkeit oder Werfe, die wir in
„der Reinigkeit des Herzens und in der Heiligkeit
„gerhan haben ; fondern durch den Glauben,
„ourch welchen der allmächtige GOTT alle von
„Anfang gerecht gemacht bat 9).
15. Solchergeftalt wußten fie die Barmherzig⸗
> feit GOttes zu preifen in ihren Gefaͤſſen, und fchrie-
ben ihr alles Heil lauferlich zu. Sie rühmeten
ſich derfelben vor den Unglaubigen mit fonder:
barer Weisheit und Kraft, und zeigten, wie fie
auch derfelben genieffen koͤnnten: Dieſe Guͤtig⸗
„keit und Freundlichkeit GOttes, und derfelben
„unermeßlicher Neichtbum bielte den für gerecht
„und ohne Sünde, der fich befehrte und von Suͤn⸗
„den abließ r). Die Gerechtigkeit JEſu Ehri-
zfti komme durch den Glauben über alle, die da
„glaubten, fie mache I rein von ihren vorigen
„Sünden, gerecht und fabig der Herrlichkeit GOt⸗
„tes, und zwar nicht aus ihrem DBerdienft oder
„nach ihren Werfen , fondern aus Gnaden gebe
„er ihnen die Herrlichkeit ). In dieſer Gnade,
„und nicht in menfchlicher Kraft und Weisheit,
„beftehe ihr Heil, r), Wer noch an ihrer Ge:
J wißheit zweifeln wollte, dem hielten ſie die theuren
Verheiſſungen vor, und den Eydſchwur des HErrn,
dadurch ſich jedermann zur Buſſe reizen laſſen
ſollte. Was bedenkſt du dich lange (ſagten fie),
„ob es aut fer, Buſſe zu hun? GOtt hats befoh⸗
„een. Er befihlt aber nicht allein, fondern ver:
„mahnt auch. Er locker dich durch Belohnung.
“
„Er ſchwoͤret auch dazu: So wahr ic) lebe, ic)
„ill nicht den Tod des Sünders. Ezech. 33. Da
„will er ja haben, daß man ihm glauben ſolle. O
wie ſind wir felig, daß GOtt unfertwegen ſchwoͤrt!
„Und mie unfelig find wir, wenn wir auch GOtt
„nicht glauben, da ers betheuret! Und wie follte
„hier Sorge oder Zweifel ftatt finden ? Wer wollte
8
vr
h
„traurig und zagbaft fern? es müßte ihm denn
p) Auguft, lib. 1. de Pecc. Mer: Rem, c. 10. 9) Epi.
t) Bafıl.
p: 207. 5) Origen. lib. ı11. in Rom. c. 3.
©
1. Cap. Don der Menfeben wahren Bekehrung zu GOtt. fi
„Glaube und Hoffnung gemangelt haben, u).
Denn fie glaubten feitiglich, „daß der ſich nur vor
dem Tod fürchten müffe, der zu Chriſto nicht ge-
„hen wollte. Da doch gefchrieben ftünde: der
„Gerechte wird aus feinem Glauben leben. Biſt
„du nun gerecht (fprechen fie), und lebejt aus dem
„Glauben, warum follteft du nicht mit Chriſto
„eben koͤnnen, und über der Verheiſſung des
„HEren ganz ficher fern, daß du es annebmeft,
wenn du zu Chriſto gerufen wirſtyx)? Vielmehr
mußte bey ihnen eintreffen, “Dal ihre Augen nun⸗
„mehro durch die Weisheit eröffnet wurden, DIE
„harten Herzen zur Ruhe gebracht, nichts vom
„Vergangenen ihnen zur Sünde mehr gerechnet
„ward. Alles mußte bey ihnen neu werden, neue
Freyheit, neue Kindfehaft und ewige Freude y).
16. Man fuchte alfo diefe Gewißheit alleine bey
GOtt. Woher wirden wir ſonſten Ehriften
„fen, als durch den Glauben ? und wie wuͤrden
Wwir anders erhalten werden, als durch die Gna—
de der Wiedergeburt,,z)? Sie erlangten fie durch
den H. Geift, Fraft feines lebendigen und unbe—
trüglichen Worts, welches denen ein göttlich
Zeugniß gab, “die ihre Hoffnung auf den ge-
„ereuzigten IEſum gründeten,„a), als auf einen
unbeweglichen Felfen. Niemand konnte GOtt eber
finden, «bis fie dieſen Mictler zwiſchen GOtt
„und Menſchen umfaſſeten, der ſie rufete und
„ſagte: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das
„seben. Bon dieſem erinnerte fie dev HErr durch
„feinen Winf in ihres Herzens Grund, Darüber
„tie ſich im Glauben herzlich freueten, und feinen
„Namen lobeten,, b). Denn fie wußten wohl,
„daß die Bekehrung nicht von menfchlicher, fon
„dern von göftlicher Stimme herrüßrete, und daß
„fie Deswegen feiner tiebe alles allein zu danfen
„hätten c). Da genoffen fie denn ihrer Freyheit,
„und waren Glieder dev H. Gemeinden, die zuvor
„Gefangene, und im Irrthum unftete_ waren.
„Sie wandelten in der Öerechrigkeit, da fie zuvor
„in Verwirrung der Sünden gelegen hatten. Sie
„wurden nicht allein fren, fondern auch gerecht;
„nicht nur gerecht, fondern heilig, Rinder und
„Erben und Brüder Chrifti, ja feine Miterben
„und Glieder, Tempel und Wohnung des Heil.
„Geiftes. Sie lobeten darüber GOtt, der allein
„Wunder thut, 4): Und wenn die Herzen zu
enge waren, folche zu faſſen, fo munterten fie eine
ander herzlich auf: “Scheue dich nicht, daß du
—ã
„es
ad Cor. ı. pAt. r) Zuflinus Martyr Dial. cum Tryph.
M.in Pf. 33. u) Terzull, de Panit.c. 4. x) Cyprian.
de Mortalit. y) Hilar. in Pf. 52. z) Bafıl. M. —8 de Spir. S. c. S. a) Auffin. l.c. p. 175. b) Auguſt. vr.
4 a >.
.
Confebs. Gig. et IX. c. 4. €) Bernhard, de Conuerf, ad Cler. c. I. d) Chryfofl. hom. 25. ad Neophytos,
8
„es nicht erlangen möchteft. Dein Fürfprecher
„jagt Die Vergebung zu, dein Advocat ſchenkt
dir die Gnade, der gewiſſe Geift verheißt Dir die
„Berföhnung der väterlichen Liebe. Glaube ihm
„doch, denn er iſt die Wahrheit; beruhe auf ihm,
„penn er iſt die Kraft. Der Sohn bat Urſache
„genug, daß er für dich bitte, weil er nicht ver-
„gebens will für dich geftorben feyn. Der Ba-
„ter hat Urfache, Dir zu verzeihen, denn was der
„Sohn will, das will auch der Bater,, e). Ja
eben hierauf beruhete der ganze Grund ihres
Glaubens, daß der Geift ihrem Geift Zeugniß
geben mußte, fie wären nun GOttes Kinder, Wel-
ches Zeugniß ein - gottfeliger Lehrer in dreyen
Stücken * daß der Menſch glaube: 1) er
Fonne nicht Vergebung der Sünden haben, ohne
nur durch die Gnade in Chriſto; 2) daß er auch
kein gut Werk koͤnne thun, wenn es ihm dieſe
nicht verleihe; 3) daß keiner das ewige Leben
durch die Werke verdienen koͤnne, wo es ihm nicht
umfonft geſchenket werde f).
17. Da nun Dis alles in der Seele vorgieng,
fo fehaffte der Geiſt des HErrn darinnen eine merk⸗
liche Veraͤnderung, welche eine Umkehrung des
Sinnes (ueravae) war. Da lieffe man es
nicht. auf aufferlichen Schein oder Aenderung des
Wandels von aulfen anfommen, fondern man
forderte einen ganz andern und dem vorigen
entgegen gefegten Sinn. Diefer aber durfte nicht
ertva nur vor Menfchen gezeiget werden, fonderzt
por den allfehenden und heiligen Augen GOttfs.
Drum erklärten fie Diefes Wort “eine Verdu—
„oerung oder Verwandlung des Gemuͤths, wel⸗
„ches man bey und por GOtt nach Beſchaffenheit
unterſchiedener Sachen erweiſen muͤßte ge). Der
> None werde alfo wiedergeboren, und zum
„neuen geben gleichſam befeelet, und lege das vo—
„wige Wefen ab, obgleid) der Leib noch bleibe,
„und werde an Sinn und Gemüth ganz an⸗
„ders h). Er werde von GHrt felig gemacht,
„indem er ihm alles verziehen, und feine Seele
„durch den Glauben und fein Geheimniß ver-
„wandelt habe, i); wie davon berühmte Lehrer
der alten Kirche aus ihrem eigenen Erempel
: reden. Wollte dieBernunft entweder bey Schwa⸗
hen oder Boshaftigen dieſe groffe Kraft GOttes
in den Bußfertigen in Zweifel ziehen, fiehe, fo
antworteten fie mit Origene; „Unſer Borfag
„reichet nicht fo weit, daß wir por uns ein rein
(e Ambrof. lib. vır. in Luc. c. 15.
Marc. c. 24. h) Cyprian. Ep. 2.
lib. de Humil. et Orat de Bapt.
1.3. Don der Pflicht und Bezeigung derer erften Chriſten gegen GOtt.
f) Bernhard. ſerm. ı. de Anmmciat. Mar.
i) Augufl. x.Conf.c. 3. k) Orig.lib. vr. cont. Celf.p. 354.
m) Hilar. in Pfal. 125.
€. 5. allegatus et iam a Centur. Magd. V. c. 4. P. 192,
a
EEE EBEN IE
- wit
„tes, Der eben das in uns fchaffen muß,, k). Woll-
te fich alfo ein Kind GOttes allein GOttes ruͤh⸗
men. Denn, fagten fie: “Das ift erft der voll-
„eommene Ruhm im HEren, wenn man fich nicht
„über feiner eigenen Gerechtigkeit erheber. Hinge-
„gen koͤmmt ausder Erlöfung JEſu Ehrifti allein
„vie Befreyung vom Tode, die Verfohnung
„mit GOtt, die Kraft GOtt zu gefallen, die Gabe
„der Gerechtigkeit, die Gemeinfchaft der Heiligen
„im ewigen Leben, und taufend andere Güter, 1).
Soldye vor GOTT nunmehro gerechte Seelen
“perwandelten ihre vorige Sünden in Unſchuld,
„die Lafter in Tugenden, die Unmiffenheit in Er—
„fenneniß, den Tod in die Linfterblichkeit. Und
„vis alles aus der Gnade GOttes, der ein Ende
„in ihnen machte vondem, was fie gereuen konn—
„te, und den Anfang neuer Güter fchenfte, m),
Wovon bald bey der Wiedergeburt folgen foll.
18. Wie gerne übergaben fich fodann ſolche ge=
demuͤthigte Herzen dieſer regierenden Gnade, weil
fie einmal zu ihrem groſſen Sammer erfahren hat⸗
ten, wie elend fie ohne viefelbe waren. Drum
Danften Tie der Treue ihres Vaters, “daß er Die
„Buſſe zur Reinigung ihrer Sinnen- verordnet
„Hatte, Damit alles gekehrt und hinausgeſchaffet
„wuͤrde, was der alte Irrthum befudelt hatte.
„Sie lieffen den H. Geift gar gerne in fich eine
„reine Wohnung bereiten, damit erauch mit feinen
„himmliſchen Gütern hinein ziehen möchte, n).
Auch war ihnen diefes zugleich in den erften Buch-
ſtaben der Chriftlichen Lehre übergeben worden,
daß fie ihrem Beruf wirdiglich wandeln follten
und koͤnnten, Matth. 3,8. tue. 7, 47. Ap. Gefch.
26, 20. Dahero befchrieben fie aud) die Buffe
hiervon, nemlich, “daß man die Sünden, über die
„man Leid frage, nimmermehr wieder thue. Denn
„diß fey Das Zeichen der Erlaflung, wenn auch
„die Liebe zu Demfelben mehr und mehr aus dem
„Herzen vertrieben werde, 0), In Betrach—
fung, “daß derjenige nod) niemals vecht Buſſe zu
„thun vermöge oder Luſt habe, der feine Suͤn—
—__[
„Herz haben, fondern are dazı GOt⸗
„den fo bemeint, daß er fie doch wiederum be=
„gehe, p), Es rühren fie hier die Flaren Worte
des HEren, ſamt Pauli Ausſpruch Rom, 12,1. - |
den fie nicht verdreheren noch verſtuͤmmelt
brauchten; fondern wohl anmerften, “Daß nur die
„allein feine Verdammung zu befürchten hätten,
„die Fein fleiſchlich teben mehr führten. Be
; „die
g) Terzull. lib. ı1. cont.
l) Bafıl. M.
n) Tertull. \.c.c.2. 0) Caffanns Collat, xx.
pP) Gregor, Mı.hoın. 34. in Evang,
——
a
„die geiftlich leben wollten, die würden nicht füns
: re weil fie in Chriſto JEſu wären durch den
„Glauben, und ihnen ein geiftliches geben erweh⸗
„tet hätten, g). Naͤchſt dem begegnete man dem
Einwurf des alten Adams Fräftiglich, der fich im-
mer mit feiner Schwachheit entfchuldigen wollte,
und ſahe auf die Gnade, “welche ihnen nicht al:
„ein Vergebung der Sünden fchenfte, fondern
„auch helfen Fonnte, daß einer nicht mehr fündigte.
f' „Sie reichte ihnen nicht eine blofle Erfenntniß dar,
* „deflen, was fie thun follten, fondern gab ihnen
„auch die Liebe ins Herz, damit fie auch erfüllen
„koͤnnten, was fie erfennten,, r). So wenig nun
als ein Unbekehrter heilig leben Fonnte, fo wenig
h durfte ein Gerechter unbeilig leben, oder ein aus
- ben Todten Ermweckter weiter todt bleiben. Denn
dazu rechtfertigte fie eben die Gnade, daß
fie Fonnten bernach aerecht leben ). GOTT
bheile fie dadurch nicht allein, daß er ihre Sün-
den tilge, ſondern auch, daß er ihnen ver-
leibe, damit fie nicht mehr fündigten ı). Das
war gewiß eine groſſe Güte, daß die, fo in ihren
Sünden gezüchtiget waren, und bernach erneuert
worden, in diefer Zucht bleiben Fonnten, und die
andere Zuchtruthe aus dem folgenden Sünden
h fcheueten. Wer nun durch die Zucht des HErrn
3 heraus geriſſen war, der mußte ſich wuͤrdig bezei—
gen deſſen, was er erlanget hatte, nicht deſſen,
was er zuvor gelitten hatte u).
19. Hierinnen waren nun die Frommen wohl
gegruͤndet und einftimmig, fogar, daß, wie wir
bon gefehen, fie Feine andere Befehrung vor rich-
tig achteten. Wenn dichs gereuet (fprechen fie
„u Heuchlern), warum thuft du es dann wieder ?
TTuſt du es aber nicht, jo bift du gewißlich nicht
Wußfertig. Oft laflen fich die Menfchen wol
| „saufen, aber das ift noch lang feine Urfache der
k „Bulle. Wer den End wieder durch böfes Leben
| „bricht, der warte nicht evft, bis er bey feinem
od verföhner werde x). Wer aber nach feiner
„Rechtfertigung wiederum fündiget, der hat ohn
3weifel die Gnade derfelben verfchmäher. Denn
„deswegen bekommt Feiner Vergebung, damit er
wiederum Freyheit habe zw fündigen y). Wie
„ſehr zuͤrnet nicht der HErr, wenn man nach fei-
„men groſſen Wohlthaten und der Erlaflung feiner
SSuͤnden fich wieder zur Bosheit Eehren will!
„Sollten wol die, fonun Kinder GOttes worden,
|
|
|
guft. lib. L. Homil. ho. gr.
opp. a) Chryfoft. ho. go. ad Populum.
8— Top. Don der Menſchen wahren Bekehrung zu GOtt. 9
„wieder als Sclaven und Gottesveraͤchter den
„Willen des Teufels vollbringen z)? Das heißt
„alfo wahre Buffe, nicht nur von dem alten Boͤ—
„ren abjtehen , fondern auch nunmehro beflere
„Pflichten in acht nehmen. Denn es heißt: Wei:
„che vom Bofen, und thue Guts. Auch ift zur
„Geneſung nicht genug, daß man den Pfeil aus
„ver Wunde zieht, fondern man muß auch Arzeney
„dabey anwenden a), Das iſt der beite Preis
„GOttes, durch ein frommes Leben, wenn man
„nicht wieder in die vorigen Sünden fällt, fon-
„dern dem teufelifchen Betrug gerne gute Macht
„ſagt. Denn es genüger ihm nach feiner groflen
„Barmherzigkeit, daß wir von Sünden abite-
„ben. Denn wenn wir nur das begehren, fo wer-
„oen wir bald zur Gottſeligkeit getrieben wer:
„den b), Wer alfo von Sünden aufhört, der
„ſchaͤmet fich ihrer, und wer fie verläßt, der muß
„es nothwendig aus Haß dertefben thun, und ber-
„nach fich in den Befehlen GOttes üben, durch
„ein gevechtes geben, durch heilige Bekenntniß
„und grofle Geduld,, c).
20. Alfo pflegten die lieben Alten bievon zu ve:
den, und alfo brachten AN alles in die lebung, was
fie davon redeten. enn fie verftunden unter
den wahren Früchten der Buſſe auch vornemlic)
ſolche Pflichten, die den vorigen Laſtern gerade
entgegen ftunden d), Damit die Unzüchtigen
bernach Feufch worden : die, fo zuvor Chriſtum ge-
läftert hatten, an ihn glaubten: die Trunfenbol-
de mäßig, und die Diebe gerecht und freygebig
worden e). Inmaſſen ja “Chriftus eben dazu
„feine Kraft den Gliedern mittheilte, daß fie der
Furchtſamkeit einen groffen Muth, dem Zorn
„die Sanftmuth, und aller Bosheit alle Tugen—
„den entgegen ftellen möchten k). ya, die befehr-
„ten Menfchen wurden eben in denſelben Gliedern
„tebendig gemacht, und thaten damit, was des
„Geiſtes 5 war, in welchen ſie zuvor dem
„Fleiſche dieneten. Daraus man denn ſahe, daß
„das Fleiſch des Todes und Lebens fähig wäre.
„und diefes beydes mußte einander weichen, weil
„fie nicht beyfammen bleiben Fonnten. Würde
„nun der Tod aus der Seelen getrieben, fo wohn:
„ce das Leben in dem Menfchen, und befiße ihn,
„und bringe ihn alfo lebendig wieder zu GOtt, 2).
Es ift und bleibet wol eines wahren Ehriften Ei:
genkchaft, “dasjenige zu lieben, was er zuvor ge-
haſſet
.
g) Theodulus in Rom. $. r) Synodus Carthaginenfis adu. Pelag. c. 113. s) Auguf. lib. 1. ad Simplicianum
quæſt. 2. t) Id. de Nat. et Grat. cont. Pelag. c. 26. u) Gregor, Nazianzenus Orat. 2. in Iulian. x) Au-
y) Origenes lib. 117. in Rom. c. 6.
b) Id. hom. 5. in Gen. .
qu, 10. €) Augufl, Tract. 45. inIoh. f) Achan. de Pafl, etCr, Dom. p. 651. g) Irenaus lb, v.p.562.
2) Auguft. ferm. 3. in Append. Tomi 10.
c) Hilar. in Pf. ııg. d) Bafıl. M.Reg. Cont.
10 1.3. Von der Pflicht und Bezeigung derer erften Ehriften gegen Ed. “
„haſſet Hatte, und zu haffen, was er geliebet hat-
„te, wenn das Herz fo fehr geändert wird.
„Gleichwie der HErr JEſus zuvor von Paulo
„ſehr gehaſſet ward, und darnach deſto mehr ges
„liebet,, h). So mülfen alle Seelen verändert
und verneuert werden, “von dem irdifchen Zu:
„ftand in einen andern und zur göttlichen Natur,
„Site müffen aus alten Menfchen neue werden,
„aus Grauſamen und Untreuen Gütige, aus Boͤ—
„ien Fromme, und alfo zum Reich GOttes ge
„ſchickt i). Da wird er denn durch das Geheim-
„niß der neuen Geburt in JEſum Chriſtum auf:
„genommen und eingepflanzet. Der zuvor gottlo-
„ie Mund lehret nun den wahren Gottesdienft,
„Der mit Unzucht beflecfte Leib ift nun Durch die
„Enthaltung rein. Der blinde Berftand ift ein er-
„teuichtetes Iſrael worden. Der Meid verändert
„ſich in alles Gutes. Die Völlerey krigt Luſt zum
„Faſten. Der Haß wird in Liebe verwandelt. Die
„eafter alle werden in Tugenden verfchlungen,, k).
Davon mir endlich auch einen alten frommen
Moeten hören koͤnnen, der alfo gefungen Bat, nach
Der Deurfchen Mundart 1);
Wenn GOTT uns feinen Glanz tief in das
Herze ſchicket,
Der dicht und Kraft und Geift vom Him-
mel in uns legt:
So wird ein neuer Sinn der Seele einge:
druͤcket,
Und auch der traͤge Leib zur Arbeit angeregt.
Da macht GOtt uns verhaßt, was uns zu—
vor gefiel,
Und ftatt der Weltluft wird er der DBegier-
den Ziel,
21. Niemand aber bilde ihm ein, es fey
diefes alles ben den erften Ehriften nur in Wor-
ten beftanden. Ihre ganzliche Veränderung bey
ihrer Befehrung wird uns Durch unzaͤhliche Erem-
del befräftiget, welche ich hieher nicht feßen kann.
Ueberhaupt zeuget von ihnen Imbrofius, daß fie
als Heyden zu Ehrifto fommen, aber alsdenn
Epriften worden: und “eben da fie ofte häften
„den andern dag ihrige nehmen wollen, fo wären
„fie durch eine ploͤtzliche un Miterben
Chriſti worden. Darauf denn bey denen Schuß
„für die Frommen geweſen wäre, die zuvor Ihre
„Feinde gebeiffen hatten, m). Es durfte aud)
wol hievon ein Zeuge CHrifti vor den Feinden
ruͤhmen: Bir find nun allein keuſch, die wir
* — a ee er
| —— ——
„zuvor ander Unzucht Luſt hatten. Wir opfern uns
„nun dem guten und ewigen GOtt auf, die wir
„ſonſt Zauberer waren. Und nun geben wir aud)
„das zum gemeinen Brauch Bin, was wir haben,
„ob mir ſchon vorher Geld und Gut über alles
„lebten. Wir waren zuvor unfriedlich , miß-
„trauifch und zanffüchtig : ießo leben wir wohl bey-
„fammen, und beten mit einander für die Fein-
0%, 0). Ein anderer fonnte fic auch mit grof
fer Sreudigkeit auf die Erfahrung beruffen, und
auf den Augenfchein trotzen: Wir finden diefes
„vornemlich bey der groffen Menge der Gläubi-
„gen, daß fie aus dem Schlamm der Sünden
„und Laſter, darinn fie zuvor: ftacfen, herausgezo—
„gen und erlöfer find,, o). Und wiederum fchrei-
bet er: Fraget nur nach einiger Menfchen teben
„bey uns, und haltet es gegen ihren vorigen
Wandel: gewiß, ihr werdet erfahren, daß fie
„vor ihrer Bekehrung zu dem Chriftenglauben
„aufs tiefite in Suͤnden und Bosheit geftecker find.
„Hingegen, nachdem fieeinmaldiefen Glauben an-
„genommen, find fie num! freundlich und voller
„Siebe , befcheiden , ehrbar und beftändig. Ja
„fie find alfo von Liebe und Redlichfeit entbrannt,
„daß fie auch davon abftehen, was fie wol recht:
„mäßig und mit gutem, Gewiſſen braudjen Fonn-
„een. D mie fehr find die Gemeinen GOttes,
„welche Chriftus angerichtet und gegründet hat,
„in der Welt ausgebreitet worden! Sie find mit
„foichen Leuten ganz angefüllt, die von unzäßli-
„chen gortlofen Wefen ab- und zum Guten gefüß-
„tet worden, p). Berner beweifet es auch her—
nach einer, und zeiget den Urfprung diefer geoffen
Kraft: Wer hat den Menfchen ihre gewöhnli-
„sche Begierden aus ihren Herzen berausgenom-
„men, daß die Hurer nun Feufch lebten, die Mör-
„der fich nicht mehr mit dem Schwerdt trugen, die
„gaghaften foldye Stärfe erlangten ? er hat
„denen Barbaren gefagt, daß fie ihre Graufam-
„eeit ablegeten, und auf Frieden dachten, ohne
„per Glaube Ehrifti JEſu, und das Zeichen des
„Ereuzes, 9)? Wie aud) noch ein alterer eh⸗
ver bievon fehreibet: “Der Name und die $eh-
„re JESuU bringet allen eine wunderbare Sanfte
„much und anftändige Sitten, eine groffe Freund⸗
„lichkeit, Gütigkeit und Gelindigfeit mit , de—
„nen nemlich, welche nicht aus Noth, oder um
„Nußens willen, fondern von Herzen die Pre-
„digt von GOTT, Chrifto und dem Gericht an-
„nehmen 7).
22. Der
h) Serapion lib. adu. Manichxos ap. H Canifium Antiqu. Led. Tom. v. p. 8. 1) Macar. ho. 44. K) Hilar.
in Pf. 134. 1) Paulinus Nolanus ep. ı.ad Aufon. m) Lib. v. ep. 33. Marcellin. n) Iufin. Martyr. Apol. 1.
p-61. 0) Orig.lib.1. adu, Celf. p.g.et2ı. p) lbid.p.53. q) Arhan. de Incarn. Verbip.204. x) Orig.l.c.p.22,
4fa
22, Der fonderbaren Erempel find wol fo viel
ewefen, als Henden toabehafeig zu Chriſto find
befehret worden, indem fich die Bertheidiger der
Ehriften auf alle ungefcheut berufen. Sehr
merkwuͤrdig its, mas ſonderlich von den Per-
fern gefchrieben wird: “Als fie die Gebote der
„Fiſcher (Apoftel) geböret hatten, verwurfen fie
„gleich die Gefeße Zarada (ihres Geſetzgebers)
„als eine groffe Ungerechtigkeit, und nahmen ein
„Evangelifches mäßiges Leben an. Da fie nun
„an Ehriftum zu glauben angefangen, hatten fie
„einen Greuel an ihrem vorigen unmenfchlichen
„Wefen. Sie fragen auch noch nichts nach den
GGeſetzen ihrer — , die ihnen das Gute ver-
r
„bieten, und erſchrecken vor Feiner Grauſamkeit
„der Peiniger. Denn fie feheuen mehr das Ge:
„richte Ehrifti, und hoffen mehr auf das Unficht-
„bare, weil fie das Gegenwärtige numehro ver-
„lachen, und jenes nur fürchten. Diefe neue Ge-
„bote nun haben fie von den Galiläern empfan-
„gen. And diejenigen, welche fid) vor der Macht
„oder Römer nicht gefürchtet haben, merfen fich
„freywillig unter das Negiment des Gecreuzig-
„sten, s). Und hievon wird nun der ganze folgen:
Deut) des alten Chriſtenthums nach jeden
Stuͤcken überflüßig zeugen. Mur eines noch zu
melden von dergleichen barbarifchem Wolfe, fo
befchreibet die Befehrung derfelben der obenge-
dachte Poet alfo:
Das wilde Volk, das fein Geſetze Fennf
Beugt nun den Halszu Chrifti JEſu Fuͤſſen:
Und das fic) fonft die freyen Scythen nennt,
Will nun das Joch des fanften Lammes Füffen.
Vor fucht es nur, zur Erdgebückt, das Gold:
Jetzt fucht es GOtt, und wird dem Him-
e mel Bold.
Der fonft in Raub undMorden ſucht Gewinn,
Wird wie ein Schaf, und will ſich nicht mehr
wehren:
Wirft Waffen weg,und freucht zum Creuze bin,
—— 1. Cap. Von der Menſchen wahren Bekehrung zu GOtt.
—
nu
Das foll ihn nun die Sanftmuch JEſu lehren,
Aus Cain wird ein Abel fo gemacht,
Aus Saulo wird ein Paul zurück gebracht t).
Zu diefem will ichnur noch ein allgemeines Zeug-
niß feßen, welches an die Feinde der Wahrheie
gefchrieben worden ift: «Es ift ein grofler Be—
„weis eurer Unwiſſenheit, daß alle die, fo zuvor
„des Chriſtenthums Feinde waren, weil fie die
„Sache nicht Fannten, den Haß zugleic) fahren
„taflen, fo bald fie aus folcher Blindheit kommen.
„Aus folchen $euten werden Chriften. Wenn die
„Sache einmal von ihnen erfanne ift, fo fangen
„wie an ihren vorigen Zuftand zu baflen, und da—
„gegen dasjenige öffentlich zu befennen, was fie
„zuvor angefeindee hatten, u). Und miederum
entdecket er die Thorbeit der Gortlofen alfo : "Sie
„rollen die fadeln, Die fie zuvor im Heydenthum
„als fiederliche, elende und boshafte Leꝛite gefenne
„baben ; aber eben damit loben fie diefelben.
„So gar it ihr Urtheil aus ihrem blinden Haß
„naͤrriſch. Was ift das vor ein Weib? fagen
„ste: wie war fie zuvor fo leichtfertig und unzüch-
„eg? Was iſt das vor ein junger Menſch? wie
„war er fo wohllüftig? Und diefe find dennoch
„Ehriften worden? Sehet, alfo muß noch der
„Name von euch aufs argite gedeutet werden,
„nach welchem fie fich doch geandert und gebeffert
„baben,„,x). Daben denn die Wundermacht GOt—
tes deſto gröffer war, “weil es Fein bloffer Menfch
„vermochte, jo viel Menfchen zu GOtt zu bekeh—
„ren. Denn fie beftunden meiltens aus lauter
„rohem Volke, das nicht einmal nach der Ver—
„nunft mehr lebte, und defto fehwerer ein nüch-
„ternes geben lernte. Aber weil EHriftus die
„Kraft GOttes ift, und die Weisheit feines Va—
„ters, fo bat er ſolches gethan, y) And eben
diefes war die Gnade, die denen Menfchen gege:
ben ward zu ihrer Befehrung, daß fie heilig und
rn vor ihm ſeyn follten, zu Lobe feiner Herr:
ichkeit.
s) Theodoritus Therapeut. ſ. de Cur. Græc. Affect. lib. x. et Bardefanes ap. Eufebium lib. vi. Præpar. Euang.
lib. 2. adu. Celf. fin. *
c.8. t) Paulinus Nolanus Carm. ad Nicetam. u) Tertullianus Apol. c. 1. x) Ibid.c. 3. y) Origenes
| Das 2. Kapitel,
Von der befehrten Chriften Aufnehmung indie Gemeine,
Summarien.
DD: erſten Chriſten fuchten GOttes Reich weiter auszubreiten, $. 1. Unter göttlichem Beyſtand, 2. Durch die Taus
fe, 3. Bey denen, die eine wahre Erkenntniß GOttes hatten, 4. Auch wirkliche Proben ablegten, s. Durch
wahre Bufle, 6._ Durch Gebet, Knien, Faften, Weinen, 7. Durch Abſchwoͤrung des Teufels, 8: Sur Vereinigung
‚mit GÖft, 9. Durch Abfterbung der Sünden, 10. Zum aöttlichen eben, ı1. Zur geiftlichen Srenbeit, 12. Und Be.
Rändigkeit barinne, 13. Wie auch zum Hunger nach Vermehrung der Gabe des H. Geiftes, 14. Der fie erleuchtete. ı5-
B2 §. 1.
.w
12
$.
Shen den wahren Früchten ihrer Befch:
rung mar diefe nicht die geringfte, Daß
fie alsdenn das Reich GOttes auszubrei-
ten fuchten, und fich freueten, wenn ihrer immer
mehr hinzu gethan würden zu Der Gemeine, Ihre
Begierde, auch andere dem HErrn zuzuführen, war
fo groß, daß fie gern die ganze Welt auf einmal
EHrifto unterthänig gemacht hätten, wenn es
möglich geweſen wäre. Daher fam es, daß ſich
die Befehrten alsbald aufmachten, und den Na—
men des HErrn zu verfündigen anfiengen. Apoft.
Geſch. 9, 20. 22. 28. Einer von ſolchen geän-
derten Menfchen ftellet feine Bewegungen gar fein
vor, und fehreibt unter andern alſo: “Wie wur-
„de ich damals entzündet, die Worte des HErrn
„in der ganzen Welt zu verfindigen wieder den
„Hochmuth der Menfchen, wenn ich nur gefonnt
„hätte! Wie fehr verdroß michs auf Die Gottlo—
„fen, und wie jammert mich doch auch ihrer, daß
„fie folche Geheimniffe und dieſe Arzeneyen nicht
„mußten, und dawieder noch wuͤteten. Ich woll-
„te, daß fie da wären gewefen, und mich ange=
„feben und gehöret hätten, da ich die Pfalmen
„as. Vielleicht wären fie davon gerühret wor—
„den, die nun nicht über ſich felbft zuͤrnen, fon-
„dern ihnen-den Zorn des HErrn als einen Schatz
„auf ihre Seele fammlen. Sch entbrannte und
„wußte nicht, was id) diefen tauben Leuten thun
„follte, unter denen ich auch als eine Peft gewe—
\ „fen war, und ein $äfterer wieder die honigfüffen
„Worte von deinem. Licht, o GOtt. Ich ver—
„fehmachtete ganz über die Feinde deines Worts,
„wenn ich mich ihres Elendes erinnerte, a). Eben
fo veder ein anderer von Eypriano, daß ihn der
HErr erwehler habe, den Namen JEſu zu pre
digen, Deswegen er ihn befehret und hernac)
eine groffe Begierde und Kraft felbiges auszurich-
ten gegeben habe; damit das rohe Volk durch
das Wort der Wahrheit zu GOtt gezogen, und
in der Furcht GOttes und denen Geheimniffen
Eprifti unterrichtet würde b).
2. Die Weisheit GOttes Fnüpfte gleichfam im-
mer eines Menfchen Befehrung an die andere,
und brauchte einen zur Ueberzeugung vieler. Da—
bey aber wollten und Eonnten die armen Creatu-
von fich felbit nichts zufchreiben, ‘fondern mußten
die Barmherzigkeit allein an ihren Gefäffen preis
fen. Sie unterftunden fich nicht, die Boͤſen fel-
ber zu befehren, fondern GOtt ließ durch fie jenen
1. dB. Don der Pflicht und Bezeigung derer erften Chriſ
*
‚gegen GOtt.
— ——
I. 5
ſeinen Willen kund * und ruͤhrete die Herzen
nach ſeinem Wohlgefallen. Ich will jetzo nicht
erzehlen ſo unzaͤhlige und wunderbare Gelegenhei⸗
ten und Wege, dadurch auch damals die Leute zu
GOtt gezogen wurden. Pauli Gefchichte ift be
kannt, Ap. Gefch. 9. nebenft vielen andern, Die
nach und nach in diefer Erzehlung vorkommen
werden. Ein berühmter Märtyrer befennt von
fi, daß er durch der Ehriften göttlichen Wan⸗
del gerübret und durch der Heyden Läfterung
bewogen fep, nach Ebrifto zu forfeben. In- 7
gleichen, daß er bernach in einem Befprä:
che mit einem Cbriften noch mehr überzeu:
get worden c). Ein anderer erzehlet, wie er aus
Meugierigkeit,-den berühmten gehrer Yınbrofium
zu hören, in feine Gemeine gangen, und unver-
merft etwas ins Herz befommen habe. Wiewol
diefes nicht vollig bey ihm durchdringen koͤnnen,
fondern es habe ihn nach langem Wiederftand
und Kampf endlich eine Stimme gerührt, die ihm
zugerufen: Schlage auf und lies! Welche
als einen göttlichen Befehl angenommen und d
Epiftel Pauli aufgefchlagen, da er diefe
zuerft erblicket: Nicht in Steffen und Sau⸗
fen, nicht in Rammern und Unzucht! Da
(fchreibet er) wurde mir ein Licht der Bewiß:
beit in mein Herz gegeben, daß aller Zuwoei-
fel hinweg fiel d). Der gelehete Dictorinus
fieng an die H. Schrift und andere Bücher der
Epriften zu lefen, und fiehe, er wurde bald dar:
auf ein wahrer Chrifte e). Alipius ward un—
verfehens durch eines andern Difcurs von der Ei-
telfeit fo abgezogen, daß er alles gerne verleug-
nete, ungeacht der, fo es geredt hatte, auf ihn
nicht gedacht harte, “Damit dem HEren alfo
„allein feine Beflerung zugefchrieben würde, die
„durch einen Unmiffenden gewirket hatte F).
3. Wir wollen bier nur Fürzlich und überhaupt
anfehen, wie man es nun in der erſten Kirche
nach denen vornehmften Aufferlichen Umſtaͤnden
mit denen Befehrten mag gehalten haben. Die
Apoſtel pflegten alfo zu verfahren, daß fie dieje—
nigen auf den Namen des Hrn tauften, die
das Wort der Wahrheit gehoret und angenom-
men hatten. Siehe Ap. Gefch. 2, 38. 41. c. 8, 12,
13; 36. 38. 6.9, 09. 6. 10, 47.06 10, 15.3033:
c.18,8. Ihre Nachfolger giengen bierinne gleich⸗
fals behutſam, damit die Wahrheit auf Feine Wei⸗
fe geläftere würde, Ich will bier nur etliche all-
gemei⸗
a) Augaſtinus lib. 1x. Confefl. e. 4. b) Prudentius hymn. 13. de Coronis. e) Ex Tufini Apol. ı. et Dial.
cum Tryph. Eufeb.lib.ıv. Hiſt. Ecel, c. 8. d) Lib. v. Confeſſ. c. ı3. et lib. VIII. c. i2. e) Ibid, lib. vu.
eu f) Lib vac7.
Bi,
fie erſt zu Haufe, e
2 Cap. Don der befehrten Epriften Aufnebmung in die Gemeine, TR
gemeine Erzehlungen herfegen,, daraus der Leſer
Das meifte felbit nehmen fan. “Wer die Chri-
abi will (fchreibt Origenes), deifen Herz
„erforfchen fie genau, Und zwar unterfuchen fie
fi man fie in die Gemeine
„aufnimmt. Wenn fie nun fo weit fommen, daß
„ſie nach einem frommen $eben begierig find, als:
„denn führen fie fie erft hinein Durch unterfchied-
„liche Grade und Drönungen. Darunter die
„erſte iſt derer, Die erftfich zugelaffen worden,
„und doch das Zeichen der Reinigung noch nicht
„erlanger haben. Die andere ift derer, die die
„Chrijtliche Religion ſchon befennen. In dieſer
„andern Ordnung find etliche, die das Leben und
„pie Sitten derer unterfuchen, fo (ch zum Ehri-
„itenehum begeben, damit fie die Anfommlinge
„von ihren Zufammenfünften abhalten, die unzu:
„läßige Dinge begeben ; die andern aber, die nicht
„vergleichen thun, nehmen fie gerne auf, und bef:
„gern fie durch ihren täglichen Zufpruch,, 8). Ju:
flinus ftellet es dem Kanfer En alfo vor: Wel⸗
sche überzeugt find und glauben, daß es wahr fen,
„was von uns gefaget und gelehret wird, dabey
„verfprechen, daß I alfo leben Fönnen, die unter:
„weiſet man, wie fie beten, faften und von GOtt
„Bergebung ihrer Sünden fuchen fellen, daben wir
„übrigen mit ihnen zugleich faften und beten. Dar-
„auf führen wir fie dahin, wo etwa Waſſer ift,
„und fie werden wiedergeboren, alfo wie wir wie—
„dergeboren find. Denn fie werden im Wafler
„abgewafchen in dem Namen GOttes des Vaters
J „und HErrn aller * und unſers HErrn JE⸗
„ſu Chriſti und des H. Geiſtes. Dieſe Weiſe
„haben wir von den Apoſteln empfangen. Denn
„weil wir unſere alte Geburt nicht wußten, und
in Bosheit und verkehrten Gewohnheiten aufer-
+
„zogen werden; fo it es nöthig, daß wir auser-
wehlte Kinder dev Weisheit werden, und in dem
Waſſer die Vergebung voriger Sünden erlan-
„gen, Damit wir nicht Kinder der Unwiſſenheit und
„der Knechtfchaft bleiben. Und darum wird aud)
„über dem der Mame des Vaters und HEren al-
„ter Dinge angeruffen, welcher nun foll wieder:
„geboren werden, und Durch die Beranderung fei-
„nes Herzens fich von feinen begangenen Uebertre—
„tungen befehret,, h). Aus diefen benden Berich-
ten ſehen wir überhaupt, daß man vor der Taufe
ehr behutſam verfahren, und die Anfommenden zu-
rderſt ihres vorigen Lebens wegen unterſuchet,
22
nach in den nötbigen Stücken der Lehre unterwie—
&or Conſtit. Apoltol. lib, VII. e. 39.
und nad) der beywohnenden Gnade gepri'fet, herz
fen habe. Niemals aber hat mandaben eines thaͤ—
tigen Glaubens vergeſſen, fondern ihre Erklärung
und Zufage deswegen ausdrücklich gefordert und
angenommen, fodann mit ihnen gefaſtet, gebetet,
und fie alfo,gleidyfam mit der Hand zur Buſſe ge⸗
leitet, endiih aber fie erſt zur Taufe gelaffen.
4. Mach diefer einfältigen, aber in göftlicher
Weisheit eingerichteten Ordnung will ich bier das
merfwiürdigfte Eurzlich berühren, was nach der
apoftolifchen Art mit denen Erwachfenen bey ih-
ver Aufnehmung und Taufe fen vorgenommen
worden. Das übrige foll unten im 2. Bud) fol-
gen. Die Prüfung folcher Seelen konnte am füg-
lichiten ben ihrem Anterricht gefcheben, da man
ihnen nicht etwa nur etliche leere Worte ausiven-
dig zu lernen und Berzubeten vorgab: fondern in
Bereifung des Geiftes und der Kraft den wah—
von Weg ihres Heils aus GOttes Wort zeigte,
und fie zuförderft von ihrer vorigen Bosheit und
noch währendem elenden Zuftand uͤberfuͤhrte, ſo—
dann ihnen die Grundlehren des Chriſtenthums,
ſamt denen daraus flieffenden Pflichten und Vor—
theilen vortrug; wie wir unten bey dem Bericht
von ihrem Catechifiren fehen wollen. So wurde
dem Cämmerer erftlich das Evangelium von JE—
fu geprediget, und er mußte zuvor befennen, daß
er von ganzem Herzen glaubete, fo mochte es
wohl fern, daß er auch getaufet wurde, Ap. Geſch.
8, 35. u. f Davon ein alter Lehrer fo ſchreibet:
„ES war nicht genug, daß man nur fagte: Ich
„glaube, daß IEſus GOttes Sohn fen; und dar-
„auf gleich getaufet ward. Denn indem gefaget
„wird, Philippus babe ihm das Evangelium ges
Prediget; fo ift gar Fein Zweifel, daß er ihm in
„der Unterweifung alles wird vorgehalten haben,
„was zu feinem Leben und göttlichen Wandel die-
„ne, der an den HErrn JEſum glauber i). War
„demnach ihre geöffefte Sorge, daß der Minfch
„auch aus dem wahren Glauben wuͤßte und ver-
„möchte vor GOtt zu leben, und feinem Beruf
„wuͤrdiglich zu wandeln,, k).
5. Dieſes wird von einem andern gar fein aug-
gedruckt und folgendermaffen befchrieben: „Wer
„in der Lehre von der Gortfeligfeit unterwiefen
„werden foll, der faſſe vor feiner Taufe die Er-
„kenntniß GOttes und JEſu Chriſti feines ewi-
„gen Sohnes, und des H. Geiſtes. Er lerne die
„Wahrheit der Schöpfung, die Ordnung der gött-
„lichen Vorſehung. Ererfenne feine eigene Natur,
„und höre, wie GOtt die Böfen mit Feuer und
„Waſſer geftvaft, die Heiligen aber zu allen Zei-
33 ten
8) Lib. xui contraCelf.in med. h) Apol, II. pag. 93. ſeq. i) Auguf.lib, de Fide et operibus c.9. k) Au-
ee‘
. - *
5 ! *
14 B. Von der Pflicht und Bezeigung derer erſten Chriſten gegen GOtt.
„ten geehret Babe. Auch wie er fich von dem menſch⸗
„lichen Gefchlechte nicht abgewandt, fondern eszu
„unterfchiedenen Zeiten von Irrthum und Eitel-
Fkeit zur Erfenntniß der Wahrbeit beruffen, und
„die Menfchen von der Rnechtfchaft, und Suͤn—
„der zur Freyheit und Gotrfeligfeit ‚vom ewigen
Tod zum ewigen Leben gefuͤhret habe. Dieſes
„und dergleichen muß derjenige lernen, der zur
„Zaufe Binzu treten will,, 1). Faſſete nun ein
folcher Menfd) diefe Wahrheiten zu Herzen, fo
konnte es nicht anders ſeyn, er mußte fic) zufor-
derft in wahrer Buſſe vor dem HErrn demuͤthi⸗
gen. And darauf war es fonderlich angefehen,
daß die Seele nach der im vorigen Capitel befchrie-
benen Art zu einem neuen Leben Fräftiglic) berei-
tet würde. Darumgaben die, fo ihnen zur Hand⸗
feitung zugegeben wurden, auf alle ihr Thun und
Saffen genau acht, unterfüchten alles mit Fleiß,
und erkannten, ob es ihnen ein Ernft fen, Chriſti
theilhaftig zu werden; wie wir aus Juftino und
Ürigene bereits gefehen. Zumeilen erforderte
man von folchen Täuflingen nicht allein, daß fie
ihr Glaubensbefenntniß ehäten m), fondern auch
wirklich eine Probeihres Glaubens ablegten. Zum
wenigften waren damals einige Fußftapffen der
apoftolifchen Weife übrig, da man denen Cate-
chumenis, oder folchen, Die vor der Taufe erſt un-
terrichtet wurden, und noch nicht in die Gemeine
aufgenommen waren, eine geraume Zeit zu ihrer
Vorbereitung, und nad) der Taufe zur Erweifung
ihres wahren Chriſtenthums anfegte n).
6. Es ift unnöthig von diefen Catechumenis
viel hieher zu feßen, zumal tie fie hernach einge:
theilt und fonft tractirt worden find. Der Herr
Cave hat das meifte in feinem Erſten Chriſten⸗
thum im 8. Cap. befchrieben, und das übrige wird
nach erfordernder Nothdurſt in folgender Aus-
führung vorfommen. Nur ift.diefes bier zu er-
innern, daß die Alten bey denen Täuflingen mit
groſſem Ernft auf die wahre Buſſe gedrungen
haben. Sie hielten diefes für die rechte Ord⸗
nung, daß fie zupor an Chriſtum glaubten
und Buffe thäten von den todten Werfen 0);
wie es die Apoftel mit Lehr und Erempel gezei-
get hatten. Sp zeuget einer ausdruͤcklich, daß
dreyerley Arten der Bufle in der Kirche gebraͤuch⸗
lich geweſen, nemlich nächft der täglichen Buſſe
die Sure über grobe Fälle und Sünden, und
vornemlich die erjte, welche hieher gehöret. Durch
dieſe legte “werde der Menfe in der Taufe aufs
„neue geboren, bis ihm Die Vergebung aller fei-
„ner vorigen Sünden wiederfahre, damit alſo ihm
„als einem neugebornen Kindlein die Geburts-
„fehmerzen vergehen, und die Traurigkeit in Freu⸗
„de verwandelt werde. Denn mer zu den Ge-
— der Glaͤubigen nahet, und doch ni
„fuͤr fein voriges Leben Buſſe thut, der kann Fein
„neues Leben anfangen, p). Demnach bunden
fie ifnen genau ein, und bezeugten in ber Wahr-
beit, “daß die Taufe ohne Die Buſſe Fein nuͤtze
„wäre, und deswegen babe die Kirche Catechu-
„menos verordnet, Damit dieſe fein lerneten, wo⸗—
„von fie wahrhaftig befehret werden müßten, in⸗
„dem fie noch auf die Taufe warteten, g). Und.
daß diefes wahrhaftig alfo bey ihnen gefchehen,
bezeugen nicht allein Juftinus an erwehntem Or⸗
te, fondern auch Theophilus Untiochenus, wel:
cher diefe Ordnung gleichfam öffentlich ausruffe-
ter); “Es fey allen Menfchen Fund, daß fie
„Buſſe hun und Vergebung der Sünden erlan-
„gen füllen durch das Bad der Wiedergeburt,
„wenn fie zur Wahrheit kommen, twiedergebo-
„ren werden, und alfo den Segen von GOtt er-
„halten. Du mußt daran feyn (fagtTertullianus),
„daß du zur Vergebung deiner Sünden ———
„Denn wer wollte dich fonft nur einmal mie Waf
„ter befprengen, wen du ein Menfch von fo fchlech-
„ter und falfcher Buffe bift ? GOtt nimmt feinen
„Schatz wohl in acht, und gibt ihn feinem Un-
„roürdigen. (Und abermal fhreibet er:) Dis
Waſſerbad ift ein Siegel des Glaubens, welcher
„Glaube von der Bufle anfange. Wir werden
„nicht deswegen abgemwafchen, daß wir erft auf-
„hoͤren wollten zu — ſondern wir haben
„ſchon Deswegen aufgehört, weil wir bereits am
„Herzen (in der Bu A) abgewafchen find, s).
Allwo diefer Mann eines Abmafchens in der Buſſe
wor der Taufe gedenfet, welches auch andere Die
Taufe der Buſſe und der Thranen nenneten, weil
fie in Thraͤnen geſchahe bey einem recht zerfnirfch-
ten Geifte, wie Urbanafius t) und ee
—— und andere ausdrücklich alſo ve-
en u).
‚7. Was nun im ı. Cap. von der bußfertigen
äufferlichen Bezeigung gemeldet worden, Das ge—
ſchahe vornemlich vor der Taufe, da alles mic
vielem Gebet, Faften, Wachen, Knien und Wei-
nen gefchabe, und fie abfonderlich ihre vorige Sün-
den
) Aucguſtin. l. e. e. 1. et ı2. ſeqq. m) Concilium Laodicenum can. 46. n) Concilium Nicenumc.7. 0) At
gufl.\.e.c. 20. p) Id. deMedicina Panit. e. 2.
) Id. de Ver. et Falf. Penit. c. 8. r) Lib. I. ad Au-
ıv. Orthodox. Fid. c. ı0. vbi varia infuper baptifmatum genera recenfet.
tolye. p. 95. s) Lib. dePanit.c.6. t) Quæſt. 72. ad Antioch. u) Orat, 39. Add. Io. Damafcenus lib.
pels der von Johanne getauften
„tiefen damit, wie feind fie nun von ganzem
) Terı.de Bapt. c.ult.
2. Cap. Don der bekehrten Ehriften Aufnehmung in der Gemeine. 5
den bekenneten x), Sie erinnerten ſich des Exem⸗
Juden, “und er-
„Herzen waren der Sünde, indem fie fie als al-
„ter Shmad) wuͤrdig durchzögen, und gleichfam
san $euten zum Spott darlegten, auch alfo dar-
„über eriumpbirten,, y), Man bielte aud) ande-
te lebungen zur heilſamen Vorbereitung dienlich:
um Erempel, daß man mit ihnen faftete, wie
uftinus oben berichtet hat, und Socrates mit
etlichen Erempeln beftätiget z). Welches denn
auch in folgenden Zeiten nicht unterlaffen wurde a),
fowol damit fie zum Geber und Andacht tüchtiger
ſeyn möchten; als auch, damit die verfprochene
nina ihrer felbft und der weltlichen Lüften
auch Bierinne geprüfet würde, Ueberdis bliebe die
gone Gemeine die Zeit vorhero im Faſten und
en, fonderlich als man in den folgender Zei:
ten anfieng die Zeit der Taufe aufdas Dfterfeft
zulegen b). Mit diefem Faften wurde angedeu-
tet, “daß fie mit dem leidenden JEſu fterben
„müßten, und bierinn.an fich felbft eine Probe thun,
„und zum fünftigen Stand ſich reinigen lieffen,,).
Wer alfo nicht nur etwan aͤuſſerlich diefe Zeichen
der Buffe mit den andern mitmad)te, fondern in
der Wahrheit fich befehrte, der wurde feiner Ver-
ſohnung auch inder Gemeine verfichert, und durch
die Taufe in diefelbe aufgenommen, nächft dem,
daß fie auch in idrom Gewiſſen eine groſſe Zuftie:
denheit erlangten d).
8. Bey der Taufe felbft diefer heilfame
Vorſatz unterhalten und befeftiget, wenn fie dem
Teufel und allen feinen Weſen und Werfen ab:
fagten. Und obgleich von denen , die der HErr
einmal ergriffen und zu fich gezogen hatte, diefe
Abfagung alsbald im Anfarg ihrer gründlichen
Buſſe geſchahe; fo diente es dennoch) zu ihrer ci:
genen und der Anweſenden Erinnerung, daß es
auch vor der Gemeine geſchahe. Die alten Scri:
benten gedenfen diefer ABeife fehr ofte, und fa-
gen, “fte haben dem hochmuͤthigen Scheinmwefen
„und Pomp des Teufels und feinen Engeln alfo
„abgeſchworen, wie auch der Welt und ihren Ei:
„telfeiten,, e). Andere nennen es “dem U, en
„und Lüften dev Welt abfagen,, und durch einen
„beſſeren Uebergang zu t fommen f): dem
„Teufel, feinen Engeln, feinen Werfen und Ge:
y) Greg.Naz. Or.40.
et Pfeudo Clem. Ep.3. b) Hilar. can. 15. in Math.
„boten entfagen,e). Ein anderer redet alſo da—
von: Was ift gnadenreicher, als die Worte
„damit wir dem Satan entfaget haben, und d
„durch wir unter die Zahl der Sfreier Seh Chri⸗
ſti verfeget find? Es ift eine Bekenntniß, die vor
„ven Wafferbad geſchiehet h). Aber man war
mit diefen bloſſen Worten nicht zufrieden, fondern
die Zufage mußte in der That durch ein heilig $e-
ben gehalten werden. Darübet freuste fich Cy—
prienus in feinem Herzen, “daß er und feines
„gleichen nicht nur in der Taufe mit Worten der
„Welt abgefager bätten, fondern auch nun in der
„Wahrheit, da fie von GOtt verfuchee und ge—
„prüfer worden, dabey alles das Ihre verlaffen
„und dem HErrn nachgefolget waren,, i). Hin:
gegen ſcheuet er fich nicht, denen, die ſich noch an
der Welt Eitelfeiten vergnügeten, ernftlich zu be:
zeugen, „daß fie Chrifto entfagten, weil fie ein-
„mal dem Satan abgefchworen, und alles in der
„Taufe verleugnet hatten,, k). So lehret auch
Ehryfoftomus die feinen, “Daß alsdenn erſt die-
„fe Worte ihnen gewiß wären, wenn fie es mit
„der That erwieſen, weil es doch eine Verbin-
„dung mit GOtt fen, '). And Tertullisnus
fchränfer eben diefe Erflarung fo genau ein, “daß
„die Chriſten desjenigen fich weder mit Worten
„noch Werfen, noch auch mit Anfchauen theilhaf
„tig machen müßten, dem fie in dev Taufe abge:
fager hätten, m).
9. So fuchte man nun bey den erften Gemei⸗
nen die Anfommlinge auf ihre innerliche Pflicht
zu weifen, indem ihnen aus Petri Zeugniß ge:
wiefen ward, wie alles diefes, was man mit ih⸗
nen vornahm, nicht das Abthun des Unflats im
Fleiſch ausmachte; ſondern es ſey vornemlich eine
Verbindung der Seelen mit GOtt, welche auch
aͤuſſerlich durch Frage und Antwort geſchaͤhe,
ı Petr. 3, 21. Deswegen erinnerten fie einander
pon der Kraft der, Taufe zum andern und
neuen Leben, und wie fie diefelbe “als einen
ʒVertrag zu einem reinen Wandel anfehen müf-
fen,n). Denn da hatten fie als mit einer Zand-
febrift verfprochen und befannt, daß fie der
Wels und der Sünde nunmehr abaeftorben,
und zur Berechtigfeit Icbendig gemacht wor-
den o). Wohin auch ein alter Autor zielet, wenn
er der Gebräuche, fo dabey nach) und nach auf-
kom⸗
2) Soer.lib.vır. Hift. Ecel. e.a. et36. a) Concil Carthac. V. can.gz.
€) Gregor. Naz.l.c.
d) Oril. Hierof. Catech. Illumin, ır.
p. 2. et Aneufi ep. 108. ad Seleuc. €) Tersull. de Spe&tac. c. 4. et 24. de Idol. €, 6. et de Hab. Mul. c. 2.
f) Cyprian. de Dife. et Hab. Virg. n. 6.
prolog. in Euarig. Ioh.
| g) Ambrof. ib. 1. Hex. inc. 4. h) Chry/of. hom. 1. ad
1) Ep. 13. k) Lib. de Spedtac. — ————
Iy Hom. zı, et ad Antioch. m) De Spedac.
€. 24. Conf. — Milemsanus lib. V. P. 152. Hieron. Reg. Mon. c. 30 Salwianus vi. de Prou. D, P- 208.
Nodorus Hijpal, lib. xviii. Orig. c. 59.
N) Gregor. Naz. Exhort. adBapt. 0) Bafl. M. lib. de Bapt.
16
— —
— erwehnt, und unter andern zeigt, daß
dem Catechumeno die Art eines goͤttlichen Lebens
erkläret werde, under dabey gefraget, ob er auch
alfo leben wolle. Darauf ihm nach feiner Zufage
die Hand aufgeleger werde p), welches denn auch
noch vor der Taufe gefchabe; wie wir fhon ges
hoͤret haben 9).
10. Nicht weniger wurde forgfaltig gezeiget,
was diefes Wallertaufen bedeute. Wie nemlic)
der alte Menſch ſamt feinen tüften und Begierden
erfäuft werden und fterben, ein neuer aber zu ei-
nem gerechten geben hervor fommen müßte. Nom.
6, 3. u. f. Wir finden hievon vielfolche Befchrei-
bungen der Taufe: Da man fie bald nennete
eine Aehnlichkeit des Creuzes, Todes, Be—
grabnif und Auferftebung JEfu r). Bald
vergliche man fie dem Rothen Meer, „darinnen
„das ganze Heer der Sünden gleichfam erfäufet
werde, und nicht allein die Wirkungen und Aus-
„brüche der after, fondern auch Die Bervegungen
„und Berirrungen des Gemüths, fo viel mög-
„lich ift. Deswegen auch die getauften Chriften
„die Laſter nicht in das folgende Leben bringen
„follten, fondern von neuen zuleben anfangen,,s).
Andere erklärten den Sinn des Apoftels gleichfals
nicht anders, wie nemlich “Die Taufe fo feſt und
„volltommen feyn muͤſſe, daß man nicht mutb-
;rillig fündigen koͤnne. Denn weil die Gnade
Gottes durch Ehriftum dazu fomme, und in
„der Seelen durch den Glauben Dis geiftliche Bad
„herrfche, fo fange fie an GOtt zu leben, und ſey
„der Sünde todt rt). Chriftus fen es, mit dem
„nicht nur die Märtyrer, fondern auch der Glau—
„be aller Wiedergebornen zugleich leide. Denn,
„indem man GStt glaube, und aus dem alten
„in das neue Leben übertrete , indem man das
„Bild des Irdiſchen ablege, und die Geftale des
„Himmlifchen annehme; fo gefchehe etwas, Das
„den Tod und Auferftehung Ehrifti ahnlich fey.
„Alfo daß, wer Chriſtum gefaflet, und von ihm
„ergriffen fen, der ſey nicht eben der, der er zuvor
_ „geiwefen, fondern der Leib des Wiedergebornen
„werde ein Bild des gecreuzigten Hellandes v).
„So (fagten fie) find wir der Welt abgeftorben,
„und follen ihr nicht mehr dienen. Wir find
„mit EHrifto geftorben, warum follten wir noch
„die Händel diefer Welt verlangen? Denn wir
stragen den Tod CHrifti noch an unferm Leibe
p) Pfeudo Dionyfius Hierarch. Eccl. c. 2.
Bapt.
Centur. Magdeb. V. c. 4. P. 199.
. Hierofoym. prf. in Catech, p. 18.
1.3. Don der Pflicht und Beseigung derer erften Ehriften gegen GOtt.
„herum , damit auch das Leben Chriſti an uns e
„offenbar werde. So leben wir denn nun, nicht
„unfer geben , fondern-das geben Chrijti, das ter
„ben der Unſchuld, Keuſchheit, Einfalt und aller
„Tugenden. Wir find mit Chriſto auferftanden,
„darum laffet uns mie ihm leben, in ihm auffah:
„ren, damit die Scylange Me de nicht
„mehr auf Erden finden koͤnne, die jie ver-_
„wunde, x). ae
‚u. Dergeftalt warneten fie einander, daß ja
niemand den HEern aufs neue creuzigen möchte,
weil fie einmal mit ihm begraben wären. ‘Denn -
„wie er (fagten fie) am Ereuze geftorben ift, alfo
„auc wir in dev Taufe, nicht nach dem Fleiſch,
„fondern der Sünde. Die Taufe ift nichts an-
„ders, als ein Untergang deffen, der getaufet wird,
„und feine Auferftehung,, y). Und dis warendie
Bedingungen , darunter die Menfthen bey der
Taufe in die Gemeinfchaft der Heiligen auch auf
ferlich aufgenommen wurden, Es wurde ihnen
aber auch auffer dem die Pflicht vorgefteller mit
deutlichen Zeugniffen, fonderlic) von derjenigen
Kraft des Glaubens, welche der HErr, ihr Erbar-
mer, in der Wiedergeburt ihnen beylegen wollte, 7
wenn fie fie nur anwenden möchten. “Wer da
„wuͤrdiglich nach allen Stücken.der Gerechtigkeit
„gebildet und vollendet wird, und in Ehrifto ge
taufet ift, der fteiget alsbald aus dem Waller |
„berauf, wie Chriftus im Geheimniß nach feiner
„Taufe gethan hat. Das ift, er wird immer |
„völliger zur Gottfeligfeit und zue himmlifchen |
„Würde erhaben. Denn die fleifchlichen Kinder
„Adams und Sünder, die in das Waffer geftie-
„gen waren, müffen alsbald aus dem Waflerauf
„fteigen, nachdem fie geiftliche Kinder GOttes 4
“|
„worden find z). Die Taufe ift wie eine Suͤnd⸗
„uch, dadurch an uns gefchieht, daß die Seele
„von Sünden abgemafchen und gereiniget den al-
„ten Menfchen von ſich ablegt, und hernach eine
„gefchickte Wohnung GOttes im Geift wirda),
„Sie ift ein geoffer Borfaß, eine Befreyung aus
„dem Gefängniß, ein Tod der Sünden, eine
„neue Geburt der Seelen, ein. hellglänzendes
„Kleid, ein En Siegel, u. f w mie derglei-
chen Lobſpruͤche haufig zu finden find b). ,
12. Andere thaten gleiche Erinnerungen, davon
wir nur. noch etliche hören wollen: “Der Menfh
„muß nunmehro anfangen aus GOtt zu leben, '
| ‘ wenn |
|
q) Auguflin. de Catech. Rud. c. 16. r) Bafıl. M. Exhort. ad
s) Gregor. Nyffen. Or. de Vita Mofis et Ambrof. lib. 1. de Sacr. ©, 3. €) Sedulins ad Rom 6. ap.
u) Zeo M. Serm. 14. de Pafl. Dom. e. 5.
y) Chryfof. hom. 9. ad Ebr. 6. z) Id, hom. 4. in Matth. 3.
x) Ambrof. de Fuga fec. c. 7. |
a) Bafıl. M. ad Pf. 29. p. ı80. b) Cyril,
see
”
# 7 ap. Don der bekehrten Chriſten Aufnehmung in die Gemeine. ı7
wenn er fein voriges Leben mit allen Saftern ab-
Zgelegt, und eine göttliche Kraft und Wachsthum
sin fich Frigt, damit er ein vollfommener Menſch
„werde c) Chriftus JEſus verfegt ihn aus der
„Knechtichaft der Sünden in die Freyheit, daß
* nicht mehr in ihm herrſchen kann d). Die
„Taufe gilt nicht allein darinn, daß die vorigen
„Sünden getilget werden, fondern 5 verwahret
zauch die Seele, ſich vor den Fünftigen zu huͤ—
zten ©). Es gebet da eine göttliche freye Wicder-
„geburt por bey den Gläubigen, die fie von ih:
„ren umordentlichen Bewegungen erlöft, allen
„Unflath der alten Geburt abfchafft, und fie felbft
„zu einem höheren Leben führt F). ya, wer auf
„Go2T wahrhaftig getauft werden, der ift in
„ODE eingegangen, und bat Macht befommen,
„auf den Scorpienen und Schlangen der böfen
„Geilter zu treten, Das ift, über feine Lüfte und
„böfe Gewohnheiten zu gebieten g).
13. Es fehlte auch nicht an andern brüderli-
chen Warnungen, “daß Feine geringe Gefahr und
„reine Fleine Furcht vorhanden fey, wenn eine
„Seele wieder zu ihren vorigen Sünden fiele.
„Denn je gröffer zuvor die Gnade gemefen, je
„ſchwerer fodann die Straffe fenn würde. Drum
muͤſſe fich ein jeder wohl begreifen, daß er nicht
„als ein Hund wieder frefle, was er geſphen hat—
nfe, und fich als eine Sau wieder nach der
„Schwennme im Korb wälzte bh). Alfo müffe
„man nunmehr micht allein von allen Sünden
„vweichen, fondern auch wider ihre liftige Weberei:
„lung und schädliche Reizung unerſchrocken beſte—
ben, und niemals die Liebe zur Wahrheit ver-
„laſſen ); wohl bevenfend, daß die Dergebung
„ver Sünde nicht darzu geſchenket ſey, damit
„man weiter fündigen dürfte, fondern nur
„oamit die vorigen Sünden nicht ſchadeten k).
„Darum fen es Damit nicht genug, Daß einer von
„vergangenen Sünden gereiniget ſey, wenn er
„nicht auch nad) der Taufe fich der Gottſeligkeit
„mit allem Ernſt befleißige, |). Miemand dürfe
ſich einbilden , er fen nunmehr ein Ehrilte, weil
„er getaufet ſey, und dabey gleichwol ſich aller—
„hand Luͤſten ergebe, und feine Seele nicht wider
„des Feindes Trug bewahre, fondern fich dadurch
„tafle ficher machen, weil er feine Seele durch
„die Taufe verwahret zu haben vermenne,, m).
Solchem Mißbrauch begegneten eifrige Chriften
feßr feharf, und erfannten bierinnen den Willen
ihres Herrn und Meifters ſowol, als in andern
tuͤcken; mie unten foll gezeiger werden.
14. Den diefer Sache verbielten fich aber die
Epriften nicht alfo, daß fie zwar folche und der-
gleichen Benamungen einander gegeben, und vor
gut gepriefen, aber fie nicht in der Wahrheit ers
fuͤllet hätten. WBielmehr zeigen uns fehon die
Exempel aus der Apoftelgefchichte, wie fie gleich
nach der Taufe ihr Faum angezindetes Licht durch
eine rhätige Siebe und Geduld leuchten lieffen. Sie:
be c. 2, 42. 0.8, 39. © 9, 20. 0 10, 48. 6, 16,
15, 34. c. 19,6. Sie wurden aus der Verheif:
fung des Vaters ftarf im Glauben, und mußten
aufs allergewiffefte, daß der in ihnen das gute
Werk angefangen hatte, es auch vollführen wuͤr—
de. In ſolcher Freudigkeit waren fie, als Die jetzt
gebornen Kindlein, begierig nach der lautern Milch
des Evangelii: raten num verfohne in Chriſto zu
ihrem bimmlifchen Bater, und fuchten bey ihm die
Gabe des Heligen Geiſtes, erlangten fie auch
nach feiner Treue und Wahrheit. And auch hie—
von erfchalleten viel herzliche Aufmunterungen
unter ihnen. OD ihr Gefegnete des HErrn, (vie:
„ren fie einander zu) die Gnade GOttes wartet
„euer, Wenn ibe nun Das erftemal eure Hän-
„de mit den Brüdern aufhebet, fo bittet von eu-
„rem Vater im Himmel Güter und Gaben, weil
„er felbit fage: Bittet, fo wird euch gegeben wer:
„ven! Matth. 7. n) Diß thaͤten auch die Kin:
der GOttes insgemein, wenn einer getaufet war,
„Sie führten ihn in die Gemeine zum gemeinen
„Gebet, das fie für ſich und für den Getauften
„in groffer Andacht und Begierde ihrer Seelen
„verrichteten. Und das infonderheit darum, da—
„mit fie alle würdig und gefchickt würden, nad)
„erfannter Wahrheit mit den Werfen ſelbſt er-
„runden zu werden als gute und freue Haushal-
„ter und Bewahrer der vertrauten Gebote, auf
„daß fie alle alfo ewig felig würden, 0).
15, Wer wollte aber zweifeln, daß der guͤtigſte
Vater im Himmel fodann feinen geborfamen Kin⸗
dern nicht alles gegeben habe, was zum Leben und
göttlichen Wandel dienet? Diejenigen, fo feine
Guͤte darinn geſchmecket hatten, nenneten deswe—
gen die Taufe eine Erleuchtung (Burısaov), weil
Die Herzen derer dabep erleuchtet wurden, die
ſolche Lehre faſſeten; wie fie es befihrieben p).
Sie fahen das, was GOtt da mit der Seelen
vorhatte, als einen hellen Bilanz derfelben au,
C eine
6) Zadlantinslib.vir.Inf.cz. d)BaflM.Exh.adBapt. e)Chryff.hom.ır.inRom.s. f) Gregor. Naz.de S.Lau.
D) Theodotus Ep. Or. Doctr. ap. Neandrum ent. Gr. initio. h) Greger. Naz.Or.4c. i) P/eudo Dionyfius c.2.
ierärch. Ecclef. k) Augujlin. deFid. et Oper.c.20. 1) BedaComm.inMarc.ıx. ın) Auguflin. fern. de
Cataclyfino, n) Tereull. lib.de Baptifmoc.20. 0) Zufin.Mare. Apol,11.p.97. p) Inf, Marr. Apol. 11. p. 74.
18
eine Derbefferung des Lebens, eine Zuͤlfe in
der Schwachheitz eine Ybleaung des fündli-
chen Steifches, eine Erlangung des Beiftes,
eine Mirtbeilung des Wortes und des Lichts,
eine Unterdruͤckung der Sinfterniß, eine Hand⸗
leitung zu GOtt, eime Pilgrimfcbaft mit
Chriſto, u. ſ. w. q). Wie denn auch Clemens
von Alexandria alſo von dieſen und anderen Wir-
Fungen fihreibet: “So bald als wir getaufet find,
„baben mir die Vollfommenheit erlangt, um
„welcher willen wir fo dazu eilten. Wir find er-
„leuchtet worden, und das heißt GOtt erfennen,
„Sind wir getauft, fo werden mir erleuchtet : find
„wir erleuchtet, fo werden wir zu Kindern ange-
= re 0,
ER
1.3. Don der Pflicht und Bezeigung derer erften Ehriften gegen GOtt.
„nommen, und fo weiter vollendet , auch endlich
„unfterblich gemacht, r). Und auf folche und
dergleichen Art betrachteten und genoffen fie die
Veränderung ihrer Herzen unter einander, Daß
immer eine Wohlthat GOttes dabey aus der
andern floſſe. Weswegen fie auch ihre Wieder⸗
geburt alfo anfahen, mie fie in der Bekehrung
gefchieht. Welche fie denn befchrieben, daß der
Menfb in dem beilfamen Bade zu “einen
neuen Leben gleichfam befecler würde, und
das alte Wefen ablegte, hingegen an Sinn
und Bemütb verändert werde s). Und dies
fes wollen wir unten im 4. Eapitel abfonderlic)
erwegen.
g) Gregorius Nazianzenus Or. 40. r) Pædagos. c. 5. et Dionyfiusl.c. s) Tertullianus de Bapt. c.1. et 4L
Clemens Alex. Protrept. p. 56. Cyprianus Epift, 2. et alii plures. :
Das 3. Kapitel,
Bon der Erleuchtung der eriten Chriſten.
Summarien.
DF Erleuchtung nahm zu $. 1. durch Erkenntniß Chriſti, 2. der als ein Licht fie durchſtrahlete z. durch fein Wort
Dund Lehre, 4-
dige Ueberzeugung, 8-
fo ihnen ins Herz geſchrieben, 5. zum ſtetigen Andenken
‚auch ohne äufferliche Schrift und Buchitaben, 9-
ten. 10. Erleuchtung if eine Offenbarung, ı1. der fie gehorfam waren. ı2. Ein Einblajen o
6. vom Heil. Geiff, 7. durch innwen⸗
Welches die ne an — Zuhoͤrern hoch hiel⸗
i er Eingeben, 13. aber
nur bey den Frommen, 14. als welche reines Herzens waren, ı5. es auch in der That bewieſen 16. Durch Ausübung des
Worts ı7. und Werfe des Glaubens. 18. Gebrauch der buchitäblichen Erfenntniß 19. zu einer hoͤhern Erfenntniß. 20.
Die war bey einem gröffer als bey dem andern, =1. je mehr einer Chriſtum erfannte, und darinn zunahm. 22.
Dadurch
entſtunde eine göttliche Gewißheit, 23. und unausfprechliche Süßigfeit, 24. wie auch eine wahre Klugheit und, geifkliche
Gr
Vorſichtigkeit. 25.
I, mie der Geift GOttes fein Werf in
denen Erftlingen feiner Creaturen mäd)-
tiglich anfteng, erfüllte er auch an ih—
=’ nen ferner alles Wohlgefallen feines
Willens ,„und das Werf des Glaubens in der
Kraft. War nun der Anfang ihrer Erleuchtung
bey ihrer Befehrung berrlich, fo wuchs dieſe noch
mehr im Fortgang ihrer Heiliaung, da ihnen der
Vater der Herrlichfeit den Geiſt der Weisheit
und der Offenbarung immer reichlicher ſchenkte,
wie fie ifn darum erfüchten. Luc. ı1, 3. Eph. 1,
17. c. 5,8. Sie nenneten aber diefe Erleuchtung
einen Ausfluß goͤttlicher Siebe, und eine folche
überfchwängliche Gnade, dadurch) fie das heilige
„und felige Licht anfchauen, oder das, mas goͤtt—
„eich ift, betrachten Fonnten,, a), Die Art be
fchreibet einer von fich felbft, da er erzehlet, “wie
„er in fein Innerſtes durch tiefe Betrachtung ge—
„gangen, und da mit den Augen feiner Seelen
„über feinem Gemüche das unmandelbare Licht
„des HErrn gefehen,,, welches er aber nicht aus⸗
drücken konne b). Welcher denn aud) andersmo
von fich meldet, “Daß ihn fein GOtt gelehret habe
„aufmunderbare und verborgene Weife,und dahero
„glaube er feftiglich, daß ihn der HErr felber geleh-
„tet habe, weil es Wahrheit fen, und auffer ihm Fein
„gehrer der Wahrheit feyn fonne, er möge befannt
„ſeyn wo oder woherer wolle, Don ee habeer
„nur gelernet,, c). An welchen Seelen alfo das Wort
JEſu erfuͤllet wurde, fo er ausder Verheiſſung des
Baters ihnen hinterlaffen hatte, Ef. 54,13. Gie
ſollten alle von GOtt gelebretfeyn. Sintemal
fie eben aus feinem Worte gelernet hatten, daß dieſe
Babe nächft andern fo fehr groß wäre, daß fie
es zu faffen allein durch dieWirkung der Gna⸗
de eines göttlichen Triebs erlangen müßten d);
denn GOtt Fönne janiemand kennen, als wenn
es ihn GOtt lehrte, das ift, GOtt werde ohne
GOTT nimmermebr erfannte), Deswegen
auch niemand fich feiner felbft noch eines andern
rühmen
a) Clemens Alex.Pxdag.c.5. b) Augufl.lib.viu.Conf.c.ro, c) Id.V.c.6. d) Terzull.dePat.c.t. e) Zren.lib.1v.c.14-
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Kr.
3. Cap. Don der Erleuchtung der erften Chriſten.
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ruͤhmen müßte, fondern des HEren, wenn GOtt
„in ihm etwas gutes wirfe, oder innmendig in ihm
„rede. Weildoch GOtt alſo zu befehlen pflege, daß
„erdurch feine &nade innwendig inder Seelen ihm
„eingebe, was gut ift f)._ Wo er alfo felber nicht
„aufichlieffe, da fey das Evangelium nichts nüße ;
„dahero muͤſſe beydes gefcheben in den Menfchen.
G0TT muͤſſe das Herz auffchlieflen, und das
„Herz müffe auch das Wort annehmen,, g). Und
fo rühmete dorten Ignatius fih des Herrn,
wenn er von fich ſchrieb, “er verftehe 2 viel
„oder Babe grofle isheit, aber in GOtt h).
Nemlich folche Herzen wurden von einer Weis:
* unterrichtet, nicht dieſer Welt, ſondern
„GSttes. Und ob fie gleich auf dieſer Welt
„wandelten, fo geriethen fie doch immer in meh—
„rere Einfiche, in groͤſſere Herrlichfeit und Ge—
„beimniffe,, i). Er felber war ihre Sonne, der
denen Dingen, die sr pe werden, und
dem Berftand felber Kraft gab, daß fie konnten
begriffen werden k).
2. Hier erinnerten fie ſich billig der Lehre ihres
Eren JEſu, daß niemand den Pater Fenne,
denn nur durch Chriſtum, Matth. ıı, 27. In
diefem wahrhaftigen Lichte ſuchten fie alles, und
funden auch alles, Fraft feiner Verheiſſung, Joh.
8, 12. c. 12, 46. auch waren fie von den Apofteln
auf Feinen andern gewiefen, Epb.5, 14. ob. 1,9.
und die apoftolifchen Männer wollten von feinem
andern willen. Sie befannten ibn auch vor des
nen Gottlofen als “den vortreflichten Lehrer der
„Gnaden und: der Zucht, einen Erleuchter und
Fuͤhrer des menfchlichen Gefchlechts, durch den
„HD auf feine Diener eine völligere Gnade le-
„gen wollte, als auf die Gläubigen im Alten Te-
ſament 1). Durch diefen Fönnten die Frommen
„die Höhe des Himmels, oder GOtt felber, an-
„Ichauen, und fein unbeflecftes Angeficht als in ei-
„nem Spiegel betrachten. Durch diefen würden
„die Augen ihres Herzens geöffnet, und ihr font
„finfterer Berftand betrachtete alfo genau fein
„wunderbares Licht. Durch ihn wolle fie GOtt
„feine unfterbliche Erkenntniß ſchmecken laſſen,
welches ſey ein Stral und Gianz von ſeiner Ma:
„jeftät, viel groͤſſer als die Enge! u. ſ. w. m).
„Wer diefes Wort KEfu Ehrifti befiße, der Fön-
„ne auch wahrhaftig feine Stimme hören, daß er
„vollfommen fey n). Diefem Heilande nachfol-
„gen fey eben fo viel, als feines Heils genieffen ;
f) Anguß.ferm.2or.deTemp. g)
gor. Naz. Orat. fun. in Athanaf
1)
„und dem Lichte nachgeben Beiffe, des Lichts theil—
„baftig werden 0), Die aber uun im Lichte find
„(fagten fie), dieerleuchten fich ſelbſt nicht, fondern
„iverden yon ibm erleuchtet und beftralt. Sie
„thun ihnen nichts felber, fondern fie empfangen
„die Gnade, und werden von dem bichte erleuch-
„tet. Ja, wieinder ganzen Weltnur eine Sonne
„iſt, alfo fcheine auch das Licht in der Predigt der
» Wahrheit überall, und erleuchtet alle Menfchen,
„die zur Erkenntniß dev Wahrheit kommen wol-
„ten,,p). Davon auch der Märtyrer Laurentius
alfo fol zu den Heyden gefprochen haben g):
Die tiebesglut aus jener Ewigkeit,
Die Chriſtus ift, kann mit dem Licht erfüllen
Die Heiligen, fo zu dem Glanz bereit,
Und niedrig find a ihres Vaters Willen.
Und ein anderer im Namen aller r):
Wir fuchen nur den Herzog unfers Lebens,
Und finden aud) den Weg in feinem Licht.
Der Tag fcheint uns, wir warten nicht verge-
eng,
Bis daf in ung die Gnad ide Werk verriche :
So gehn wir dann in Hoffnung immer weiter,
Der Glaube macht das Finftre liche und heiter.
3. Was Ignatius oben von Chriſto gefagt,
das befräftiget ein anderer, und fager: Welche
„oen Frieden Chrifti in ihren Herzen haben, und
„von ihm erleuchtet find, die wiſſen, woher jedes
„eomme 2 Ohne diefen HEren IEſum und
„die Wirkung der göttlichen Kraft kann niemand
„die Geheimniffe oder Weisheit GOttes erfen-
„nen, oder reich, oder ein Chriſte ſeyn t). Solche
„Seelen können nur ihren wahren Freund und
„lieblichſten Bräutigam fehen und verfteben ;
„weil ihre Augen geiftlich durch das görtliche Licht
—— worden find u). Je höher nun die Seele
„Ehrifto fich nähert, und dem Glanz feines Lichts, je
„herrlicher und Flärer wird fie von ihm beftraft,, )
*
Wornach auch jener fo herzlich minfchte y) :
GOtt, den’Brunnquell alles Guten, fann man
ohne dich nicht fchauen,
Chriſte, o du Licht der Wahrbeic! meines
Lebens fichre Bahn:
Kraft und Herz, und Hand des Vaters, die die
Welt ins Licht konnt bauen,
Sonne des gerechten Sinnes, Brunn des
tichtes, ftral mich an!
Wie ein anderer wol mit nicht geringerm Verlan⸗
gen thate z):
€ 2 Auge
Chryfof.hom.2. in 2.Cor.t. h) Epift.adTrall. i) Macar. hom32. k) Gre-
1) Tertail. Apol. c. 21.
m) Clemens Rom. Epift.p.47. n) Ignatinsad Eph.
0) Iren.lib.4.c.28. p) Lib.ı.c.3. q) Apud Prudentiumhym.2.deCor, r) Id.lib.ır.adSymmach. ) Macar.
hom.ss, t)Id.hom.ı7. u)Id.hom.2g. x)Orig.hom,LinGen. y) Paulin.Ep.1.adAufon. 2)Greg.Naz.Carauı-
20
Auge der Blinden, du feurige Seule
Meines Gemürhes, ach! führe mich hin!
— mir dein Feuer die Liebe mittheile,
Scheine doch helle dem finſteren Sinn a)!
Die Wirkung hievon verſchwiegen ſie auch nicht.
„Der Heiland thut taͤglich groſſe Dinge: er zie—
„bet den Menſchen zur Gottſeligkeit, ev treibt ihn
„dazu, fehret ihn von unjterblichen Dingen, er
„weckt ihn zum Berlangen nach himmlifchen Ga-
„ben, offenbaret ihm die Erfenntniß vom Vater,
„und zeiget fich felber einem jeden. Und aber
mal: „Unſer Erlöfer iſt freundlich, er lehret
„war, aber er zwingt niemand, daß er ihm nach-
„folge, fendern er vuffer ihm und fpricht: Thue
„mir auf, meine Schweiter! Und wenn ihm auf:
„gethan wird, fo gehet er hinein. Er fommt
„nicht mit gewafneter Hand, fondern er verfün-
„oiget uns die Wahrheit mit Ueberzeugung und
„gutem Math b), Sein eigenes Amt ift, daß er
„ven Menfchen die Erkenntniß GOttes zubringe,
„und ihnen das Berftandniß feines Namens und
„feiner Macht fehenke,, ce). Aus welchem Grun—
de fie ihren IEſum aud) nad) feinen Worten als
ihren einigen Meiſter preifen, Match. 23, 8. der
fie felber lehrte, “als die unvermwerfliche Wahr—
„heit, Der einige innwendige Meifter, der auch
„deswegen ein ausmendiger worden ift, daß er
„fie von dem Auffern zum innern ziehe, e). Da-
von jener Lehrer fehreiber: “Chriftus rathet und
„lehret innwendig, der in dem innern Menfchen
„wohnt, die ewige und unveränderliche Weisheit
„GOttes. Welche zwar eine jede vernünftige
„Seele um Rath fragt, aber die doch einem jeden
„ſo viel offenbaret, als fie wegen ihres böfen oder
„guten Willens faſſen fann f). Deraber betrüge
„ſich, der beyden Meiftern diefer Welt Weisheit zu
„finden menne, welche die Juͤnger Ehrifti nur durd)
„GDrtes Önadeerlangen. Denn diefe lehrer nicht
„das $efen, fondern die Salbung ; nicht der Buch:
ſtabe, fondern der Geift ; nicht die Unterweifung,
„‚fondern die Hebung in des HEren Geboten g).
4. Bon der Wirkung des H. Geiftes bey der
Erleuchtung werden wir bald, indem Eapitel von
feiner Ausgieffung, zur Gnüge hören. Hier finden
wir zuförderft, wie gern fich die alten Ehriften
der göttlichen Wohlthaten und Werkzeuge ge-
braucht haben, und auch das geoffenbarte Wort
hoch und werth gehalten. Bor allen Dingen er-
Fannten fie gar wohl, wie die Erleuchtung nicht
1.8. Don der Pflicht und Bezeigung derer erften Chriſten gegen GOtt.
0 A a a
a 4* ad, vVi
aus ihren Kraͤften kaͤme, wenn ſie etwas ver⸗
ſtuͤnden, fondein von dem, der das Verbor-
gene deutlich macher. Dahero hofften fievon
ihm allein Derftand, welcher den Anklopfen⸗
den aufthut, und den Suchenden alles zeiget,
und den Bittenden nichts verfagt b). Sie
verwarfen das, was Ehriftus nicht gelehret hat⸗
te, weil doc) Ehriftus den Gläubigen der einige
Weg feyn mußte i). Und dabey glaubten fie,der
H. Geiſt müfle ihr Führer ſeyn in alle Wahr-
beit, ein Ausleger feines Worts, ein Erflä-
rer des geiftlichen Befeges, ein Licht der Ev-
angelifchen Lehre k). Er war bey ihnen in der
That, und hieffe ein Lehrer der Weisheit, ein
Fingeber oder Lrbeber des Glaubens, ein
Brunn der Liebe, und Urſache alles Buten I),
Sie erfuhren auch wohl, wie fie dieſen Lehrer mit
feinem Worte noch immer nöthig hätten, wenn
das Wort bey ihnen Frucht fehaffen follte. Du
mußt, hieß es, nun nicht mehr die Ebriftliche
Lehre obenbin lernen: Wenn du die aͤuſſerli⸗
che Stimme des Menſchen hoͤreſt, ſo wirſt du
vom B. Geiſt innwendig gelehret m): Denn
ein anders war bey ihnen, wenn jemand von der
Wahrheit redete, ein anders war der Entwurf
derſelben, ein anders fie ſelbſt, ein anders ihr .
Bild, ein anders das, was fie felber iſt.
Wiederum, unterfchieden fiedas, “was man durch
Uebung und gehreerlangt, von der Gabeund Kraft
„des Glaubens, Denn die Lehre der Gottſeligkeit,
„(fagten fie) ift eine Gabe, die Gnade aber felbft
„iſt der Glauben). Das Wort GSttes iſt GOtt,
„undder Welt Wort iſt Welt o): Die Worte, da-
„mit der HErr zu uns redet, find Geiſt und Kraft,
„und durchdringen das Herz, daß dadurch die Kraft
darinnen waͤchſt: denn wo dieſe Kraft des Worts
„in ein Herz ſich ergeußt, da bleibt ſie feſte, als ein
„Theil, das nicht kann genommen werden p).
. Demnac) mußte anden Gläubigen die Ber:
heiffung des Herrn erfüllet werden, daß er ih—
nen fein Geſetz in ihr Herz fehreiben wolle,
Sac. 1, 18. 21. 2 Cor. 3, 3. Ebr. 8, 10. aus Ser.
31, 30. Davon denn die Alten fehr nachdenklich
zu fehreiben willen. “Denn der Heil, Geift fehrei-
„bet die Worte des ewigen Lebens in die Herzen
„der Zuhörer durch die Zunge des Öerechten, die
„nicht mit Tinte, fondern mit dem Geift des le-
„bendigen GOttes benetzet ift,, 9). Die Tafeln
Mofis waren zerbrochen, “damit die ziebe JEſu
in
2) Arhanaf. Epift.adSolit. Vit. Ag. b) Id.lib.deIncarn.Dom. c) Hilar.can.23.in Matth. e) Auguf.lib.cont.
Ep. Manich. c.36. f) Idlib. de Magiftro c.ır.
g) Bernh.Ep.ı0g. h) Hilar. in Pf. 123.
i) Ambroj.lib. ını. de
Virgin. k)Epiphan. in Ancoratop,567. 1) Zeo M. ferm.ı.dePentec.c.5. m) Cyrillus Hierofolymitanus in Pro-
catech. n) Clemens Alex. lib.1. Strom. p. 277. ©) Macar.hom.46. p) Ib.hom.2. q) Bafil.M. in Pf, 45-
%
„Nebel weg.
R a el
non, L —
* 3. Cap.
„in die Herzen der Gläubigen geſchrieben wür-
„de, zu der Hoffnung beffeibigen Ölaubens r).
Welches nun Kinder des Lichts find, die haben
„nichts von Menfchen gelernt, denn fie find von
Gott gelehrt. ie Gnade ſelbſt ſchreibt die
„Gebote des Heiligen Geiſtes in ihre Herzen.
„Darum müffen fie fich nicht nur auf die Schrif:
„ten mit Tinten gefchrieben verlaſſen, fondern die
„Gnade GOttes fehreibet das Gefeß des Geiftes
„in die Tafeln des Herzens s). er aber das
Geſetz GOttes in fich hat alfo gefchrieben, und
„erleuchtete Augen des see der kann
„die Aergernifle des Böfewichts überwinden, t).
Alſo rübmer Clemens den Eorinthern nad), “daß
„fie auf das Wort GOttes acht gehabt, und es
n ihrem Innerſten aufgehoben, und die Gebo-
„te des HEren in die Tafeln ihres Herzens tief
„eingraben laflen,, u). Itenaͤus vedet von den
Heyden eben fo, „daß, nachdem fie an Chri—
„tum glaubig worden, fey ihnen ihr Heil durch
„den Geift in ihr Herz gefchrieben gemefen, ohne
„Buchftaben oder Tinte, Daher fie auch die
„anvertraute Saßungen fleißig bewahrt hät:
„ten, x). Ein anderer fager von fih: «Was
„it das, fo mir zu feheinen beginnet, und mir
„mein Herz ohne Schaden trift? Ich erftaune
„und werde darüber entzündet, fo weit ich ihm
„ahnlich bin oder nicht, Die Weisheit fange
mir an bervorzublicken, und nimmt mir meinen
Wer dich innwendig Fann reden
„hören, der brauche es ja! Sch will auch ge—
„eroft aus feinem Worte fehrenen: Wie groß
.
„find deine Worte, o HErr , in deiner Weis:
„beit, y)! Als einsmals ein Bekenner JEfu
Eprifti von der Obrigkeit gefrager ward, ob er
die Bibel in feinem Haufe hätte? antwortete er
eben alfo: a, ich babe fie, aber in meinem
Serzen, Da der Scribente dazufegt: O ein
Märtyrer, der ein fleißiger und rüchtiger
Verwahrer des heiligen Befeges ift, der die
beilige Schrift in fein Herz verborgen, weil
er fie den Seinden nicht bingeben wollen z).
Ein anderer antwortete’ auch dem Richter: ch
babe zwar des ZErrn Wort bey mir, aber
in meinem Herzen gefebrieben a).
6. Und dis bezeugten fie einem jeden, der fich
das Wort zu hören und ihm zu gehorchen vor
nahm, daß er nemlich feine Kraft und Leben in
a feine Seele empfangen müßte, Daher vermahn-
Don der Erleuchtung der erften Ehriften. 21
ten fie fo treulich: Wenn ihr den Bund des Kr
„bens und das Band des Glaubens zwiſchen
„GDE und euch begreifen wollt , fo laſſet eure
Er bereiten, und nicht das Pappier; den
„Sinn fehärfen, und nicht die Feder; und fehreibe
„das, was ihr höre, nicht mit Tinte, fondern
„durch des Geiftes Handreichung auf. Denn
„das ewige und himmlifche Geheimniß Fann nicht
„vergänglichen und nichtigen Werkzeugen anvers
„trauer werden, fondern ihr muͤſſet es in eure
„Seele und innern Geift Binein legen, damit Fein
„unheiliger etwas finde, das er euch verderben
„oder zerreiffen möge b). Ihr müffer diefe Wor—
„te immer alfo wiederholen, und nicht auffchrei=
„ben, fondern zum Gedachtniß im Herzen behal-
„een, damit ihr alfo in eurer heiligen Sorgfalt
„immer bewahret werdet, c), Den Endzweck
zeigten fie aud) aus Pf. tig, m Das Ge—
daͤchtniß der Bebote des ren muß in dem
Verborgenen des Zerzens unauelöfcblich blei⸗
ben, damit der Menfch fie immer vor fich ha=
be, und wider GOTT nicht fündige d).
Die Art oder Mittel fehen wir aus folgendem
guten Unterricht : Man müßte unaufhoͤrlich
den innwendigen Serzensweg geben , und
mit dem Ohr des Herzens ganz genau faſ—
fon, was der innwendig Ichre und rede,
der niemanden febmeichele , nemlich der
Heilige Beift. Alſo muͤſſe man feine See—
le immer in feinen Yänden tragen , und
im übrigen fich allein im ZERXN rüb-
men e), Da würde denn auch die Zunge
des Lehrers ein Griffel eines guten Schreibers,
der die Gebote der himmlifchen Schrift in das
Innerſte des Herzens eingrabe f): wie auch
die Schrift alfo redet Sprüch. 3, 3. Ser. 17, 1
2 Cor. 3, 3.
7. Die $ehrer gaben hiebey dem HEren alle
Ehre, und erkannten ſich für Werkzeuge der
örtlichen Gnade, wollten auch ihren Kräften
nichts zugefchrieben, noch die Erleuchtung an fie
gebunden willen. So befannte Janatius auf-
richtig, er füche zwar feine Brüder zu flär-
Een in ihren Trübfalen , doch nicht er ſel—
ber , fondern der ZErr IEſus 5). Eben
wie Paulus alfo mäßiglich von fich hielte, ı Cor.
3, 5. Dem denn andere vechtfchaffene Lehrer
nachfolgeten, und nicht anders redeten. “Wir
„arbeiten und bauen alle (hieſſe es), Die wir der
& 3 „Gemei⸗
r) BarnabasEp p.nı5. s) Macar.hom.25. t) Id.hom.2z. init. u) Ep.p.3.et4. x) Lib.3.c.4. y) Aug. lib. xi.
Confefl: €.9.
z) Alta Martyrum ap. Baronium Anno CCCI11.n.530.
a) Ib.n.52. b) Perr. Chryjologus ferm.s5g.
P-52. ©) Cyröllus Hierofolymit.Catech.V.de Fid. dogm. d) Cyrillus Alex. in Catena in Pf. MSta ap. P. Iunium
adCkm,Ep.l.c. e) Bernh. ferm. in Pf, 84. et de Verb, Ieſ. £) Ambrof.lib. v.inLuc.c.29. g) Ep. ad Philad.
22°
„Gemeine das Wort verfündigen. Aber wo
„or HERN nicht das Haus bauet, fo ar-
„beiten die Bauleute umfonft. Wir reden
„auswendig, er bauet innmendig, Wir fehen
„wol, daß ihr uns zubört ; aber was ihr Den-
„feet, Das weiß der Herzenfündiger allein. Er
ſelbſt bauet und erinnert, er erſchreckt und öff-
„net den Berftand, er lenket euren Sinn zum
„Glauben : und dennoch arbeiten wir aud) als
„Diener b), Die Menfchen in dem Reiche
„Chrifti werden alle von GOTT gelehret feyn,
„und nicht von Menfchen hören. oh. 6, 45.
Innerlich ſcheint es ihnen, innerlich wird es
„ihnen offenbart, Wann fie es aud) von Men-
„Ichen hören, fo gibt ers ihnen doch innwendig,
„was fie hören, Was thun wir nun, wenn
wir zu euch reden? Wir machen ein Geräu-
„fche der Wörter vor euren Ohren. Wenn
„der es euch nicht offenbaret, der in euch iſt,
„was rede ich lange? ch bin ein Pfleger des
»Baums äufferlich ;_ der Innwendige ift. deffen
„Schöpffer,, i). Abermal nach Pauli Vor—
fhrift ı Cor. 3, 7. Drum böret mit euren
„Ohren, vernehmet mit euren Herzen, da wir
„zwar reden, aber da der, fo euch felber lehrt,
„nicht von uns weicht k). Faſſets alfo je mehr
„und mehr. Hoffet es, und bittet es ja nicht
„von dem tehrer, der vor euren Ohren fchallet,
„das iſt, Auflerlich mit Arbeiten pflanzet und be-
gieſſet, fondern von dem, der den Wachsthum
„gibt }). Denn wenn mans recht bedenft, fo
„iernet man gar nichts von den Menfchen.
„Die Lehrer pflanzen nur äuflerlich mit Erin»
„nern; die Wahrheit aber, die in der Seelen
„wohnt, gibt durch ihr innmendiges tehren das
„Gedeyen. Aber ein Thörichter verfteher das
„nicht m). Gebet hier ein geofles Geheimniß!
„Der Schall unferer Worte erift eure Ohren,
„der Meiſter aber ift innmendig. Denkt nicht,
„daß ein einziger Menfch etwas von dem an—
„dern lerne, Wir Fönnen mol vermaßnen mit
„unferer Stimme; aber wenn der Lehrer nicht
„innmwendig ift, fo iſt unfer Geräufche vergebens,
„Wo die Salbung nicht innerlich lehret, und mo
„per Heilige Geift nicht führe, da fommt man
„ungelehet zurück. Die aufferliche Lehre ift eine
Beyhuͤlfe und Erinnerung: der aber, fo die
„Herzen lehrt, hat feinen Catheder oder Lehrſtuhl
„im Himmel. Ich vede aber von dem HErrn.
„Diefer muß nun innwendig zu euch veden, wenn
h) Auguftin. in Pf. 126. i) Id. Tract. 28. in IOoh. k) Ib. Trad.7u. I) Tradt. 97. m) Lib. de Cognit, Veræ
Vitz c. 36. n) Tract. 3. in Epift. Ich. 0) Ib. Tract. 4. p) Gregor. M. hom. 3. in Euang.
Alex. Pzdag. c.6. r) Hieronym. lib. xv. in Ieſ. c. 55.
1.2. Don der Pflicht und Öezeigung derer erften Ehriften gegen GOtt.
„rein Menfc) da iſt. Denn menn aud) einer bey
„euch iſt, jo ift er Doch nicht in eurem Herzen, -
„Darum muß Chriftus darinnen fern, das i
„der innere Lehrer, Der — en muß.
„Chriſtus lehret euch, ſein Eingeben lehret (er iR
„Wo fein Eingeben und feine Salbung nicht ift,
„da fihallen die Worte von auſſen vergebens.
„ı Joh. 2, 27. n), Alſo muß Re euch
„lehren, der euch erfchaffen, erlöfet und beruffen
„bat, und durch den Glauben und Heiligen
„Geiſt in euch wohnet. Diefes erhellee daher,
„weil gleichwol alle lehren ; und dennoch nicht
„alle glauben, fondern die allein, zu denen GOtt
„innmendig vedet. Zu Denen aber redet er, Die
„ihm innwendig Plag laffen, und nicht dem Sa=
„tan, der aud) innwendig die Menfchen lehren
„will 0), Deromegen (ehreibe niemand dieſes
„einem Menfchen zu, mas er aus deg $ehrers
„Mund vernimme, Denn wenn der Heilige
„Geiſt dem Herzen des Zubörers nicht beyſteht,
„to ift feine Rede nichts nüße p). -
8. Don folchen erleuchteten und geübten Sin⸗
nen waren fie alsdenn gewiß, daß die Predigt
des Evangelii, die in ihnen Fräftig worden war, fie
auch ferner führen und. vollenden wuͤrde. Sie
hatten davon das Flare Wort vor fich, z5. B. Mof.
30, 14. Rom, 10, 8. daß das Wort des HEren
in ihren Herzen wohne, ı Sob.2, 20. 27. unddie
Salbung fie alles lehre, ja daß fie von GOtt ge-
lehret waren, ı Thefl. 4, 9. Es ift nicht ſchwer
„(feet einer davon), zur Wahrbeit zu fommen,
„und nicht unmöglich fie zu —— ſondern
„ſie iſt uns am naͤchſten in unſern Haͤuſern, wie
„der weiſe Moſes anzeigt, nemlich in unſern
„Haͤnden, Mund und Herzen. Dis iſt das
„ſicherſte Kennzeichen der Wahrheit, welche auch
„in dreyen Stücen erfüllet iſt, in Gedanken,
„Worten und Werfen q). Dieſer Weisheit muß
„man nachſuchen, die nicht in Blaͤttern und
„Bluͤhten der Worte beſtehet, ſondern in Kern
„und in Fruͤchten des Verſtandes; die auch nicht
„bey den Ohren vorbey geht, ſondern das Herz
„erquickt. Diefe zu lerhen dürfen wir nicht erjt
„über die See fahren, oder groffe Koften auf:
„wenden, fondern das Wort ift uns nahe, nem-
„lich in unferm Mund und Herzen r). Andere
„mögen nun Lehrer in ihren Wiffenfchaften füchen ;
„wir bürfen deswegen gar nicht reifen oder ſchif
„ren, Das Simmelreichith allen Enden. Da:
„hero auch der HErr felbft fagt: das Reich GAYE
„tes
q) Clemens
? 3. Cap. Don der Erleuchtung der erften Chriften. 23
„tes iſt innwendig in euch, Damit er nur unſere HErrn leer gelaſſen werde b). Setzet auch von
„Herzen fordert, buc. 17, 21. 5). Auf diefen
Ba welcher war Chriftus und fein Reich in
der Seelen, wurden folche Herzen geführt. Und
dahin giengen ihre Vermahnungen, wenn fie ein-
ander auf das — wieſen; wie wir
bald ſehen werden. enn ſie nun ſolche erleuch⸗
tete Seelen vor ſich hatten, fo Fonnten fie fie nicht
ohne Frucht alfoerinnern, und bitten, “daß ſie doch
„ihnen felbft gute Gefeßgeber ir wollten, und
„treue Ratgeber bleiben. Sie follten doch Schuͤ⸗
„ler GOttes feyn, und forfchen, was GOtt von ih:
„nen fordert t), Sie wären ja Kinder des tichts
„und des neuen Teitaments durd) den H. Geiſt;
„folche aber hätten nichts von Menfchen gelerner,
„fendern wären von GOtt gelehret. Denn die
„Gnade ſelbſt fchreibe in ihre Herzen die Geſetze
„des Geiftes u). Sie bedürften nicht eines irdi-
“ „fehen Lehrers, fondern beten, daß fie von dem
„gelehret würden, der da fagt: Bitter, fo wird
„euch gegeben x). Diefer gebe fein Ge gi ib:
„re Herzen, damit fie die Erkenntniß GOttes
„nicht durch die Lehre menfchlicher Verrichtung,
„fondern durch den höchiten Schrer empfiengen.
„Sie alle, vom Kleinen bis zum Groſſen, Fenne-
„ten ja den HErrn, weil fie es vom Bater gehöret
„und gelernet hätten, daß fie zu Chriſto kaͤmeny).
9. Bon Antonio, den man vor einen erleuc):
teten und gottfeligen Mann bielte, und noch da-
en ‚ wird erzehlt, daß er etliche Weifen die-
fer Welt, die ihn deswegen verworfen, weil er
ſich Feiner Schriften bedienete, alfo überführer
babe. Saget mir, welches ifteber? der Der:
> Stand und Sinn, oder die Buchftaben und
Schriften 2 Und welches Fommt von dem
andern? der Verſtand aus den Buchftaben,
oder diefe aus dem Verſtand? Als fie nun ge:
ftunden, daß die Buchftaben von dem Verftand
berfamen, fo fhloß er ferner: Darum, wer
einen gefunden Derftand har, bedarf nicht
eben der Buchftaben z). Und von diefem
Wanne gefteher Yuauftinus, daß er ohne Wiſ
„fenfchaft anderer Bücher die Beilige Schrift ge-
yWwußt und weislic) u habe a): bemeifer
aud) aus denen Erempeln der Einfiedler , und
derer, die ihre aufferliche Sinnen nicht brau:
chen koͤnnen, und die Worte niemals fehen oder
hören, daß gleichwol niemand von der Güte des
2
s) Athanafıns Vita Anton. p.122.
brof. lib. 1. de Voc. Gent. c.!3. ex Ierem. 31.
denen Seelen Hinzu, die in Glauben, Liebe und
Hoffnung gegründer find, daß fie Feiner Schrif:
ten brauchen, obne nur zum Unterricht
der anderen. Denn alfd, faget ev, Iebeten
noch zu feiner Zeit viele in der Einſamkeit
ohne Bücher, und hätten nur diefe drey Stü-
ke bey ſich (nemlich Glaube, Liebe und Hof:
nung) c). Weiter gedenfer er von einem Ehrift-
lichen Knechte aus der Barbaren, daß er durch
ein drentägiges Gebet von GOtt erlanget habe,
daß er fertig babe lefen Fonnen. Dabey er auch
zugibt, daß diejenigen ſich über einem wabren
und nicht geringem Bur zu erfreuen hätten,
die ohne Anfuͤhrung eines Menſchen die
Schrift verftünden. Wiewol er indeffen die
nicht verwirft, fo es durch lange Uebung gefaf-
fet d). Wie er denn auch ferner fehreibet, daß
diejenigen nicht ihre eigene Ehre, fondern GOt—
tes Ehre ſuchten, welche die Schwierigkeiten in
der Schrift durd) eine göftliche Gabe verſtuͤn—
den, und deswegen ruͤhmten, daß es nicht
aus ihren Kräften, fondern aus der Gnade
Gottes herrühre e). in ander Erempel zei⸗—
gen die Alten an Didymo zu Alerandria, wel:
cher blind geboren war , gleichwol aber , weil
ibn GOTT gelehret batte, zu einer ſolchen
Wiſſenſchaft aöttlicher und menfiblicher Din⸗
ge kam, daß er Öffentlich lehren Eonnte f),
und ein Buch vom Heiligen Geift, nebft andern,
fehriebe 8), So mar denn diefes ihre Mey:
nung: Die Weisheit fen nicht blos in Buch-
„ftaben gelegt, fondern GOTT gebe die voll:
„eommene Weisheit einem jeden, wie ev wolle,
„Denn wenn die Wilfenfchaft guter Sachen nur
„in Buchſtaben beftünde, fo würden die ja die
„wahre Weisheit nicht haben, die nicht den
„Buchſtaben brauchen fönnen, Aber weil viele
„alfo zum Berftand fommen , und den vech:
„een Slauben empfangen, der ihnen vom Him—
„mel eingegeben wird, fo fen fein Zweifel, daß
„ÖDTT den reinen und geborfanen Herzen das
„gebe, was ihnen nüßlich if. Denn es ftehe ge-
„ſchrieben: Der Menfch ift gelehrt, den du,
HERR, gelehrt haſt, Pfalm 93h). ch
Fann auch nicht umbin, den zwar etwas weitlauf-
tigen doc) bedenflichen Ort Chryſoſtomi ber zu
fegen, aus der 1. Homilia über Marti, "Wir
„follten
t) Barnabas Epift.P.209. U) Macar.hotn.13. x) Hilar.inPf.ng. y) Am-
{ D. x) Vita eius p. 155.
in Capitibus n. 91. ap. Corelerium To. 111, Monum Gr. Fecl. P- 99.
y) Socrates lib. ıv. c. 23. 2) Euagrins
a) Lib. de Dodtr. Chrift.in prologo.
b) Lib.deCogn.Ver.Vit.c.36. e)Ibid. c.39. d)Id.deDo&tr.Chr.l.c. e)Ibid. f) Rufn.lib.IL.H.E.c.7. g) Vid.
" Hieron,Catal,Scr.Eccl.in eo, qui et latine conuertit, ac Theodorit. lib, III. H.E.e.27. h) Caſſodorus Diuin. Lect. c. a8.
En.
24
„sollten zwar feiner Hülfe der Buchſtaben be-
„nürfen, fondern fo ein reines geben führen, daß
„iv an ſtatt der Bücher Die Gnade des H. Gei⸗
ſtes brauchten, und wie jene mit Tinten, alſo
dieſe von dem H. Geiſt beſchrieben würden. Weil
„wir aber diefe Önade verloren haben, fo laßt ung
„nun den andern Weg antreten. Zwar, daß je:
„nes erfte viel herrlicher geweſen fen, zeuget GOtt
„mit Worten und Werken. Denn er hat zu Nova,
„und Abraham und feinen Nachkommen , wie
„auch zu Hiob und Mofe, nicht durch Buchfta-
„sen, fondern durch fich felbft geredt, weil er ihre
„Herzen rein befunden hatte: Nachdem aber al-
„tes Juͤdiſche Volk in Die äufferfte Sünde ver-
„fallen war, fo wurden ihm nothwendig Bud)
„ftaben gegeben, und Tafeln, und die dadurch)
„gefehehene Vermahnung. Und dieſes fehen wir,
„it nicht allein den — im Alten Teſtament,
ſondern auch im Neuen wiederfahren. Denn
Chriſtus hat auch nicht den Apoſteln etwas ge-
ſchriebenes Binterlaffen, fondern verfprochen, ib»
„nen an ftatt der Buchftaben den Heiligen Geift
„zu fenden, Der, ſprach er, wird euch alles
„erinnern. Und Damit du feheit, daß diefes viel
„beffer als jenes fey, fo hoͤre den HErrn durch)
„den Propheten reden: sch willißnen einen neuen
„Bund get ꝛc. Paulus zeiger auch Diefe Vor—
„„eroffichfeit, wenn er fpricht, er habe ein Geſetz
„ernpfangen, nicht in fteinernen Tafeln, fondern
in fleifchernen des Herzens. Weil aber hernach
„etliche zwar wegen der tehren, etliche im Leben
ſchwerlich anftieflen, fo bat man wiederum der
„Bermahnung durch Buchſtaben bedurft. Nun
„bedenke aber, wie thöricht es fen, wenn wir Diefe
„‚geoffe Winde verloren haben, und dahin verfal-
„(en find, daß wir Schriften brauchen, und fie
doch nicht zum andern Mittel dieſes Heils an-
„wenden. a wir doch eine folche Vollkommen⸗
„heit des Lebens haben follten, daß wir feiner
„Buchftaben im geringften bedürften, fondern dem
„Heiligen Geift unfere Seren ‚als Blätter zu be⸗
ſchreiben darlegten„. So weit Chryſoſtomus.
10. Auch waren die Lehrer meiftens fo niedrig
gefinnt, daß fie die Gnade an ihren Zuhörern for-
deren, priefen und hoch. hielten, wenn fie etwas
dor oder ohne ihren Unterricht in göttlichen Din-
gen erkannt hatten. Alſo gab einer feinen Zuhö-
vern in der Berfammlung einen gewilfen Punct
der Lehre auf, und wuͤnſchte; Daß ihn GOtt
einigen unter ihnen offenbaren wolle, ehe
i) Auguflin. Tra&t. 4. in Ich. k) Id. lib. 1. contr.
c. 37
de Cardinal. oper. Chrifti prologo.
1.3. Don der Pflicht und Bezeigung derer erften Chriſten gegen G
m) Lib. xv. de Ciu. Dei c. 6. n) Greger.
—
fie ihn davon böreten i), indem f a
mußten, daß die Lehre von GHEL wi * inner⸗
„lich mit einer unausſprechlichen Anmuthigkeit
„eingegoſſen werde, nicht nur Durch die, fo auffer-
„lich pflanzen und begieffen bi 3 Bi — In
„dem felbfter , der den Wachsthum verborgen
„dazu giebt; alfo, daß er nicht nur die Wahrheit
„zeige, fondern auch Die Liebe miteheile k), Wiür-
„den fie nun den HErrn, den Geber alles Guten,
„bitten, fo würden fie alles, was Erkenntniß
„würdig it, oder zum wenigſten das meifte, ler-
„nen durch fein Eingeben vielmehr, als Durch Er-
„innerung eines Menfchen. Wiewol man eben
„damit erweife, Daß man das innere Licht zum.
„Meifter Habe, wenn man äufferlich die gute
„Bermahnung billige, und der Verftand nicht
„irre ). Wo aber GH das Herz nicht durch
„feine innere Gnade regiere und treibe, fo —
dem Menſchen die Predigt der Wahrheit nichts m).
Auch bemerkten fie ſonſten von Denen Lehrern,
„daß fie oft, wenn ſie von göttlichen Dingen reden
„wollten, durch den Heiligen Geift plößlich geleh-
„tet würden, und auch dasjenige fehr mohl aus-
„fprechen Fonnten, was fie in Feiner Vorbereitung
„zuvor gelernet gehabt, n). Die Art befchreiber
davon etlichermaflen ein alter Seribente 0). “Wie
„per Blitz die Wolfen zerreißt, und der Glanz
„nicht ſowol das Auge erleuchtet als ſchwaͤchet;
„‚alfo wirft du bisweilen von einer Bewegung ge-
„rührt, und empfindeft auch, daß du gerührer
wirſt; gleichwol aber fieheft du nicht den, der
„dich beweget. Es werden dir etliche geheime
„Worte gefagt innwendig, die du nicht ausfpre-
„chen Fannft, damit du nicht zweifeln dürfeft, er
ſey bey dir, ja in dir, der dich ziehet, und ſich
„doch nicht fehen läßt, wie er it. Alfo entbeut
„fih GOtt der Seelen, und geußt Dir etwas von
„einem Lichte ein, Damit er dich locket und auf:
wecket. Denn wo du ihn gar nicht fühleteft, fo
„wäre Feine Hoffnung da, daß du ihn verlangen
„oder fuchen wuͤrdeſt.
11. Ferner fteher auch nicht zu leugnen oder zu
übergeben, daß die Alten fein Bedenken getra-
gen, die Erleuchtung GOttes bald eine Offen⸗
barung , bald ein Eingeben , Yufichlieffen,
Frfcheinen, Zeigen, Befebl, u. ff. zu nennen,
Welches denn auch die beruͤhmteſten Lehrer tha-
ten, von Denen man verfichert feyn kann, daß fie
in gutem und heilſamen Berftand alfo werden ge-
redet haben, weil jie dem Mißbrauch fonften mie
derfpra-
Pelag. de Grat. Chrifti c.13. 1) Id. de Grat. N. T.
M. Comm. in ı Reg. x. 0) Cyprianus ſ. Auctor lib,
derfprachen, und dennoch deswegen den guten
Brauch folder Redensarten nicht gar wegwer-
fen wollten, weil fie der Heiligen Schrift gemäs
waren. Die erfte brauchet Auguſtinus fehr ofte,
als wen er fehreibe: Has dir der SErr diefes
geoffenbaret, ſo verachte ich deme Jugend
nicht p). F im Anfang eines Buchs: Daß
ich dieſes erE aueführen werde, hoffe ich
auf den , der mir in diefer Sache ſchon
viel bey dem Nachdenken gezeiget bat, und
zweifele nicht, er werde mir auch das übri-
ae geben q) Wiederum befchreibet er geift-
liche Lifänner , die den Blauben nicht al=
lein angenommen , fondern auch durch die
VOffenbarung GOttes verftanden haben r).
* Und abermal: Ich Flopfe bey GOTT mit
der. Begierde meines Herzens an, daß er
uns diefes Beheimniß offenbaren wolle,
ehe ihr mich böret s) Gebe BOTT,
daß es euch offenbarer werde, ebe ihr mich
böret t). Vieler andern Stellen zu geſchwei⸗
gen, von welchen auch Poßidius Fhreiber, er
babe aclebret, was ihm GOTT im Ge:
bet und Nachdenken aeoffenbaret habe u).
Sozomenus redef alfo von einem Kanfer, der
mas fonderliches in der Kirche gethan, daß
es ihm BOTT offenbaret babe x). Yiero-
nymus befennet, man bedürfe in allen Aus—
legungen der Propbeten die Unkunft des
Seiligen Geiſtes, daß fie Durch deffen OF:
fenbarung aufaefchloffen werden, durch def:
fen Eingeben fie gefcbrieben find y). An-
dere drücken es anders aus. Zum Erempel:
„Der gütige HERR hat feinen Kindern alles
gezeigt, damit fie willen, wem fie es zu
„danken haben z). Es gefallet dem Heiligen
„Get, mas die VBerfammlungen der Hei:
„ligen fchlieffen, oder er lehrt fie esa). GOtt
„hört nichts von mir, als mas er mir zuvor fel-
„ber gefagt oder gezeiget hat b). Der Heilige
Geiſt bat den Ehriften diefes aufgefchlofien <).
Was hätte von Chriſten beffers koͤnnen gefpro-
schen werden, als was der Heilige “| in euch
„geredet hat, d)? und was dergleichen Ausdruck
meehr iſt.
12. Der einfältige Gehorſam erwieſe ſich auch
darinn, wenn ſie das als einen goͤttlichen Befehl
ps >
00003. Cap. Don der Erleuchtung der erften Ehriften. 25
— ——— —— —ñ— — ——⸗
annahmen und ausrichteten, was ihnen der HErr
bey oder jenem ſonderbaren Se Um:
ftänden zu thun oder laffen nach der Negel fei-
nes Worts in ihren ur zeigte, Siehe Job,
14, 21, Pbil,3, 15. Eph. ı, ı. So fihriebe
Cyprianus etlihemal von fih: GOTT ba-
be ihm, als feinem gerinaften Anecht, nach
feiner Büte etwas zu befeblen gewürdiger,
daß er es andern fagen follte,, er fep auch
von andern Pflichten durch göttliche Büte
te erinnert worden e). Dionpfius Alexan⸗
drinus erzehlet von fih, wie er in der Verfol—
ung auf göttlichen Befehl entwichen fey f).
Fin anderer fagt, ee Fönne nicht befebreiben
alle Dermabnungen, ale Warnungen und
Troft , alle Regierungen und Wege, da:
Durch ihn der HErr gedrungen babe, dem
Volke fein Wort zu verfündigen g), Und
damit wir aus den folgenden geiten nur ein
Erempel beybringen, da die Gabe der Wunder
foll aufgehörer baben, fo fehreibee Euſebius von
Conftantins dem Groflen, daß er nach Be:
bet und Saften dasjenige getban, was ihm
GOtt in den Sinn gegeben h). Welches auch
damals von ihm in einem Triumphbogen geruͤh⸗
met wurde, der ſich alfo anfieng: Er babe aus
Eingeben GOttes getban i).
Qvon. Instinctv. Divinitarıs. MENTIS,
"MAGNITVDINE - - - -»-
Remp, VLrvs. Est.
13. Nicht weniger pflegte man diefe Sache bey
andern Gelegenheiten ein Eingeben oder Ein—
blafen emimvosav ſ. Zumvoav zu nennen. Wie
denn die bewährteften Lehrer alfo vedeten. Zum
Erempel: *So viel meine Wenigfeit vermag,
„und durch die Hülfe des göttlichen Eingebens
„Daher ausgerüfter ift, babe ich fchreiben wollen k).
„Einiges Gute ift fo übergroß, daß es allein die
„Önade eines göttlichen Eingebens wirket, daf-
„ſelbe zu faſſen und zu ehunl), Die Gdte lieben
„und im Gebet beharren, die werden heimlich
„dasjenige gelebret, was fie nicht mußten. Denn
„die Wahrbeit ſelbſt zeiger fich ihnen nach ihrem
„Verlangen, und lebret fie m). Des vn
„Chriſti Eingeben lehrer uns. Wo fein Einge-
un niche ift, da find die äufferlichen Worte ver-
„ges
- - - -
up) Epill. 75. q) Lib. de DoAtr.Chr.c. 1. ry Id. de Fide et Symb. c. 1. s) Tradt. 4. in Ioh. t) In PL. 3e-
u) In Vita Auguft.c. 4. x) Lib. vır.c.8. y) Proam. in Hof. z) Barnabas Epift. p. 223. a) Gregor
« Neo-Cafareenfis a ano c.7.etScholia Balfamenis ac Zonaræ ib. b) Auguf.lib.x. Confefl. c.z. c) Leo M-
* ii. ad Conitantinop. d) Ambrof. epift. 33.
e) Epift. ı1. et 37. atque alibi.
f) Apud Eujeb. lib. vie
E. c. 40. canf. lib. vır.c.7. g) Auguf.lib. xı. Cont. c.2. h) Vita Conft. M.lib. ı1.c.ı2. i) Apud
Baronium Anno CECXlI.n. So.etalios. k) Cyprianss Exhort.adMartyr. I) Terswil.de Patient.c.ı. m) Me-
carius ho, 12.
ni
* “oo
26
„gebens m). Wie befißte ver HErr anders, als
durch Eingeben des Guten innmwendig in der See⸗
„ten 0)? Wenn du den HErrn, den Geber alles
„Guten, in der Reinigteit bitteft, fo wirft du al-
„tes denfwürdige, oder zum wenigften das mei⸗
„fte, durch fein Eingeben vielmehr als durch der
„Menfchen Erinnerung lernen p)._ Der Glaube
„felbjt wird durch ein heimliches Eing eben GOt⸗
„tes durch die Gabe der Gnade geſchenkt, nicht
durch Menſchenwerk q). Der es mir eingege⸗
„ben hat, daß ic) euch diefes verfprochen, der
„wird mir auch geben, daß ichs erfülle r). Ich
„glaube von der Barmherzigkeit GOttes, daß
„er es euch alfo eingeben wird, s). Welche Re⸗
densart fie denn auch ſonderlich von berühmten
Seren , ganzen Berfammlungen derfelben und
ihren bewährten Schriften haufig fegeten, tie
denen befannt genug ift, welche die Schriften
der Alten gelefen Haben. Nur etliche zu fegen:
Sie haben es durch das Eingeben des Schoͤ⸗
pfers aller Dinge und vom Heiligen Beift
angeblafen gefebrieben t). Bon Athanaſio,
Bafılio, Yyſſeno und andern, find erbauliche
und von BÖtt eingegebene Bücher, gefchrie-
ben worden, u. ſ. m. u). Auch druckteñ fie.eben
diefes auf andere Art aus: Auguſtinus ſagt:
Der gottliche Wink oder Wille wurde mir
in der Tiefe meines Herzens £und gethan x).
Ignatius: Ich ruffe den zum Zeugen an,
in welchem ich gebunden bin, daß ichs
nicht von menſchlichem Steiß erfahren habe,
fondern der Beift prediger mir, und faget
so y). Clemens Merandrinus : "Das
önmutbige und liebreiche Wefen, das in
dem Wienfeben liiſt, und das ee)
(ie Ovonua) BÖttes genennet wird z). ie
aa aan Berfammlungen fteher : Sie
haben dieſes aus Eingeben des Heiligen Bei-
fies ausgefprocen a): eo fey durch Aegie-
zung und Einſprechen des Heiligen Beiftes
geſchehen, (Emwevovros ao) Eunyneavros T8
MmVEunaTos) b). BOTT fönne auch einem
jeden ein gerechtes Urtheil einblafen (eumvev-
ey) und es denen perfammleten Kchrern
nicht verfagen ©): Und in folgenden Zeiten,
n) Augufl. Tract. 3. in Ep. Ioh. 0) Id. Serm. zor.
ad Rom. III. ap. Centur Magdeb.
£) Pofhdins Vita Aug. protm.
Add. Hnopſis Concil. Oecum.
lit. B. c.
y) Epift. ad Philad. z) Lib. 1. Pxdag. c. 3. a)
dus Africana epift. ad Caleftinum in Synodico Beuerigii Tom. 1. p
Euchar. adu. Berengartum initio,
e) Lanfraneus de
PL. 33. b) Id, in PL, 45. i) Arhanaf, de Incarn.
V.c. 4. p.178. r) Augufl. in Pf. 33. conc. 2.
u) Johannes Antiochenus Orat. ap. Corelerium
Gr. de Conc. 1. ap. C. Rittershufium Pxpoſ. Nouell. p. 51. -Blaftares Syntagm.
11. p. 75. Synodici Leo M. ep. 66. Caffodor.
*
geben thun, das, beiß t
gethan d). Die göttliche Büre wi
u. ſ. w. e).
HA
dir diefes einzugeben,
14. Sb nun wol folche und dergleichen Worte
nicht eben alfezeit nac) dev Wahrheit mögen ſeyn
gebraucht worden: fo wurden fie do ne Wie
derfpruch in der Kirche damals gehöret. %
Frommen Fonnten dabey ohne Anftoß un
den bfeiben, weil fie die Worte ihres Heilandes
vor fich hatten, daß. die Welt den Heiligen
Beift nicht empfangen Fönne, fondern nur Die,
fo ihn fiebeten und fein Wort hielten. Joh. 14, 17.
D. der Weish, 1, 4. Wo f alfo Feine Früchte
des Geiftes bey einem Menfchen funden, da war
auch aller Ruhm von feiner Wirfung vor er-
feuchteten Augen vergebens, Dabey fie dieſe
Wahrheit jedermann vorbielten, damit niemand
durd) Sünden die Erleuchtung GOttes hin-
dern follte. So fihrieb Theophilus auch an
die Henden: Denen, die den Günden erges
ben find, erfebeine GOtt durchaus nicht,
wo fie nicht erft von aller Befleckung gerch
niget werden. Denn diefe uͤberſchuͤttet eben
die Yugen mit Sinfterniß f). Eben wie ein
anderer fehreibet: “Das Licht der Gerechtigkeit,
„das alle Menfchen erleuchter, gibt nicht einem
„jeden feinen Schein, fondern nur denen, die
„fich vecht gegen GOtt verhalten. Das Licht
„gehet dem erechten auf, nicht dem Sünder,
„Denn wie die Sonne aufgehet nicht den Fle—
„dermäufen, oder andern Nachtthieren : alfo iſt
„zwar das Licht Belle, aber nicht alle genieſſen
„08 8). Wer ſich nicht durch Gottſeligkeit mit
„SSTT befannt und gemein macht, der kann
„feine Werfe nicht mit reinen Augen fehen h).
„ur wahren Weisheit und auch zur Erforſchung
„der Schrift ift nothwendig ein frommes eben,
„und die Reinigfeit der Seelen, und eine Chriſt⸗
„liche Gotefeligkeit, damit das Gemüthe die Ga- +
„be, die es verlanger, — erlangen koͤnne, ſo
„viel nemlich der menſchlichen Natur zukommt,
„von göftlichen Dingen zu begreifem, ). _Alfo
bezeugen fie allen, daß fie das Geheimniß des
Glaubens in reinem Gewiffen haben a 1
ı Tim.
de Temp. Id. de Grat. N. T. c. 37. Primaſius
s) Id. Sa Ei de —
Tom. ı. Monum Gr. p.166.
Diu. Led. c. 17. etc. x) Lib. vını. Confefl: c. 4
Concil. Carthagin. Gr. c. 69. b) Synopfisl. c. c) Syno-
. 676. 4) Bedalib, IIII. in Sam.c.
etalii. f) Lib, ı1. ad Autolyc. p. 95. 8) Baflk M. in
Verbi p. 262.
— — —
|
‚9 Man ai fich vorfehen, damit
der innwohnende Heilige Geift um der Suͤnden
willen die Wohnung des Herzens nicht verlieffe,
und man werde wie ein verftöreter Garten, da
„eeine Tugendfruͤchte wachſen k). Denndas Ge⸗
„müche Fonne zu Feiner Betrachtung fen ſeyn,
„das noch lauter irdiſche und vergängliche Dinge
> „öiefer Welt begehre. Das Auge der Seelen
Fkoͤnne nicht in die Höhe fehen, wenn der Staub
„der irdi Luͤſte es gleichſam verfchlieffe und
„bedede, 1), Wovon auc) der Märtyrer No:
manus zu den lan vedete m):
Berwerft die Finſterniß der ſtummen Gößen,
nd fchautdas Licht der reinen Hoffnung an.
Das reine Seelen nur pflegt zu ergeßen,
« Weil fonft der Leib fo weit nicht fehen kann.
Die göttliche Natur faßt GOttes Kraft
allein,
Und kann der Majeftät im Lichte fähig feyn.
Und ein anderer n):
Es kann die Weisheit nicht den böfen Sinn
bewohnen,
Den feiner Lüfte Macht ſtets hin und wieder
reißt:
Wo die Gerechtigkeit mit Strafe noch muß
lohnen,
L Da geht der HErr nicht ein, es weicht fein
anfter Geiſt.
15. Sie machten hiebey einen Unterfcheid un:
ter der buchftäblichen aufferlichen Erfenntniß, und
9 unter der wahren lebendigen und feligmachenden,
dazu derneue Menfch erneuert wird. Colofl. 3, 10.
Davon einer fehr fein redet: DieWiffenfchaft,
die vonMenfchen herruͤhret, vermehret diellebung
* „und dev Gebrauch: Diejenige aber, welche aus
„der Gnade GOttes berfommt, wird durch Ges
zrechtigkeit, Sanftmuch und Barmherzigkeit
„verbeſſert. Jene koͤnnen auch die fallen , fo
„noch ihren ee unterworfen find. Diefer aber
„find nur die fähig, welche davon frey find, und
„die auch) im Geber das Licht ihres Verſtands be
„erachten, damit fie erleuchter werden,, 0). Zu
dieſer erforderten fie nun nach der Schrift ernſt⸗
nlicdy eine reine Seele, weil ein Unreiner
- GÖ6tt, als die höchfte Reinigkeit, nicht obne
Befabe berühren würde p). a, der SErr
ſey nicht ſo unvorfichtig, daß er in cin un-
cein Befäfle die Salbe des Segens Irgen
J D2
‚k) Hieronymusin Thren.c.2. h Bernhard. ſerm. 45.de mod. bene viu.
n) Id: ll
Thed. p. |
) Hilar. inPf. sı. t) Id.inP£L ug. u) Id.inPLısg. 2) Thalafins Centur. II.
Aquit. Epigr. 26.
Ki
J
Bu *
3. Cap. Von der erften Ebriften Erleuchtung.
wolle, wo es nicht von allem Unflath der
*
after frey fep, und die Wiſſenſchaft des Sei⸗
tigen Beiftes aus der Schrift nicht unbefleckt
bewabre; fo wenig als ein Fluger Menfch Föftti-
che Specereyen im ein verdorben Gefälle legen
werdeg). Es feyunftreitig, daß die Furcht des
„HEren erft der rechte Anfang der Weisheit wer—
„de, und wer in Furcht und Verlangen nach
„GOTT zum Worte GOttes gebe, der werde
„mie aller Nichtigkeit gelehret und erleuchter,
„ja von der Wahrheit felbit in dem Gottesdienft
„unterrichtet. Denn er komme zu dem Brun—
„nen der Wahrheit felber r). Hingegen wer von
„saftern überfchüttet, und durch die Lüfte des
Fieiſches an feiner Seelen unterdruͤcket fen, der
„ien von dem Fleiß eines verftändigen Nachfor-
Ichens in der Schrift ferne s). Alſo werde erit-
„lic erfordert, daß man den Weg der Wahr«
„heit gehe durch ein beftandiges Leben, in Befleif-
»{lgung der Unfchuld, und fodann die Zeugniffe
„GDktes erforfche, und mit gereinigten und ges
„beiligten Herzen fie unterfuche t). Denn wenn
„ein folcher der oder Zuhörer da fey, der auf'die
Erkenntniß GOttes erbißer it, und dem die
„Gabe der geiftlichen Gnade die Erkenntniß als
„les zu unterfcheiden und Mu verftehen mittheile,
„der brauche fich diefes alles nach ihren eigenen
„Kräften und Wirkungen u). Ja, es fen uns
„möglich, daß das Gemüche zur Erkenntniß
„eomme, wo es nicht erſt die Gemuͤthsverwir⸗
„rungen von fich abgetvieben habe x).
Wer reche in Ruhe fteht, Fann nur des HEr⸗
ven Willen
Aus feinem Wort erfehn: wenn von dent
turm der Welt
Das Herz ſich reiffet los, und läßt in GOTT
nur ftillen, ;
Dadurch er wehrt, was fonft dem eigen
Sinn gefällt. j
Des HErren Tempel wird nur in der Still
gebauet:
Wie man den Grund allein in ftillem Waſſer
Tr ſchauet y).
Wilt du mit dem vollen Sicht
Seines — ſeyn umgeben,
Mußt du leben
Stets vor feinem Angeſicht,
m) Apud Prudentium hym. 9. de Cor.
11. adu. Symmach. 0) Bajıl. M. ap. Socrar.lib. ırı1.Hift. Eccl. c. 23. p) Gregor. Naz. lib. 1. de
81. qg) Cafianus Collat. xritı.c. 4. x) Chryfofl. hom. in Matth. 'z1. ap. Coteler. Tom. 111. p- 121.
Sent, 50: y) Profer.
28
Blos von eigner Ehr und Lieb,
tedig von der Welt Getuͤmmel,
Nach dem Himmel
Muß dich führen GOttes Trieb.
Denn fo wird der Fürft der Welt
Nichts an dir zu fordern haben,
Wenn die Gaben
Nur ein reines Herz behält.
Dort bey Eprifti Gegenwart
zei du feinem Glanz entgegen:
einetwegen
Scheinft du auch nach Engels Art 2).
16. Dis war der Weg der wahren Ehriften in
ihrer Erleuchtung, daß fie nicht allein ihr Herze
zu derfelben durch den Heil. Geift reinigen lieſſen,
fondern auch) dadurch nod) weiter geheiliget wur⸗
den, und die wahren Früchte ihrer Erfenntniß in
dem Wachsthum der Heiligung festen. Da hieſſe
es bey ihnen: Die Salbung des Heiligen Bei-
fies erleuchtet das Herz der Gläubigen, und
verfeget es in eine beftandige Stille und Au-
be., Und diefe Salbung Fönnen wir ganz
gewiß haben, wenn wir nicht dem Heiligen
Beift wiederfpenftig und undanfbar werden,
und ibm wiederftreben a). Der Heiland of:
fenbaret uns zwar die Erfenntniß feines Va⸗
ters, aber er treiber auch vor allen Dingen
dabey zur Bortfeligfeit, und überredet uns
zur Tugend und zum Verlangen nach himmli⸗
ſchen Dingen b). Solches war das Kennzeichen
einer Seelen, die nicht mehr blind war, daß das le-
bendige Waſſer nicht allein in ihr zu quellen anfieng,
fordern auch Ströme von ſich flieflen liefle. ob.
7, 38. Wie der theure Märtyrer Ignatius von
„fich fehreiber: “Das lebendige Waſſer, das in
„mir quillet, fpricht innmendig zu mir: Komm
„her zum Vater! Sch babe nicht Luft zur _ver-
Faͤnglichen Speife, noch zur Wohlluft diefer Welt.
„Meine Siebe ift gecreuziget, und ift Feine Brunft
„in mir, die da etwas lieb hätte ec). Denn wenn
Gstt feine Gnade tief und innwendig in die Her⸗
„zen goffe, fo geſchahe es mit einer unausfpred)-
„chen Süßigkeit, alfo, daß er ihnen die Wahr⸗
„heit nicht allein zeigte, fondern auch die Siebe
„jugleich ſchenkte. Alſo lehrete GOtt Diejenigen,
„die er nach dem Fuͤrſatz beruffen hatte, und
„fchenfte ihnen zugleich die Gnade, daß fie wiſ
„fen Fonnten, was fie thun follten, und daß fie
„hun Fonnten, was fie wußten,. Dahero auch
1.3. Don der Pflicht und Bezeigung derer erften Ehriften gegen BOtt.
angemerket wurde, wie Paulus von feinen TI
falonichern fhreibe: Sie hätten von GOtt ge-
lernt, ı Theil. 4, 9. und damit anzeige, dis
fey das gewiſſeſte Rennzeichen, daB man von
GOtt gelehret ſey, wenn man das auch thue,
was man gelernet babe. Wer aber wiffe,
was er thun folle, und tbue es nicht, der
Gnade, fondern wiſſe es nur nach dem Be-
feg und Buchftaben,, nicht aber nach
Beift d). Diefe Gnade nun erwieſe ſich in ih⸗
nen fräftig, daß fie von ihr befannten, fie be—
fehle der Seelen innwendig durch das Ein⸗
geben des guten Beiftes, und wer etwas
gutes thue, zu dem babe GOTT geredet,
damit niensand fich fein felbft, fondern GOt⸗
tes rühmete e), In Summa, des Heiligen
Geiftes Verrichtung war bey ihnen diefe: Er
eröffnete ihnen die Schrift, erneuerte ihren
Derftand, verbefferte ihn zum Buten, und
brachte fie unser die rechte Zucht und Ge—⸗
horſam f). :
17. Wenn fi) nun die natürliche Neugierig:
feit auch in göttliche Geheimniffe ohne Demuth
und Gehorfam einlaffen wollte, wußten fie die
wahren Chriften fein auf die That zu weiſen; mie
wir auch unten von den Lehrern fehen werden.
As jener junge Schüler des Chriſtenthums fich
viel um allerhand gefchriebene Lehren befümmer-
te, und ein alter $ehrer fein fruchtlofes Herze
ſahe, fprach diefer zu ihm: Gebe bin, und
thue das erft, was gefchrieben ıft, darnach
will ich dir mehr fehreiben g). Jener fromme
Mann, Pambo genannt, hörte die Worte aus
dem 34. Pf. Harre auf den HErrn, und halte
feinen Weg: darauf wollte er die folgenden Wor-
te nicht weiter hören, gieng davon und fagte:
Fr babe aenug, wann er zuvor diefe Wor-
te in der That Fönne auslernen h). Denn,
wie einer die Urfache Binzufegt : Wer immer
viel lernen will, der erlangt die Wahrheit
nicht von der Wahrheit, denn diefe treiber
ihn von fich, als unwürdig folcher Bnade,
weil er es verkehrt angreift i). Welches auch
ein erfahrner Ehrifte wohl erfannte, der, als er
von einigen um eine Nede angefprochen ward,
nicht antworten wollte, fondern ge Jetʒund
iſt es nicht mehr Redens Zeit. Mo die Sri
der noch von den Yelteften forfebeten,
habe noch nichts von GOtt gelernet Ion &k
und
auch
2) Paulinus Carm. ad Cytherium. a) Olympiodorus in Ecclef. 9. ap. Centur. Magdeb. VI. c. 4. p. 75. 'b) Arha-
naf. l. c.
Temp. f) Tertullian. de Vet. Virgin. c. 1.
b) Sorrases lib. II. c. 23. i) Chryjoft- 1. c.
e),Epift. ad Rom. d) Augwflin. lib. 1. de Grat. Chr. conır. Pelag, c. 133.
g) Inter Apophth. ap: Coselerium To. 1. Mou, Gr. p. 396.
e) Id. ferm 201, de
ı\
ca 3. Cap. Don der erften Ehriften Erleuchtung.
R auch thaten, was ihnen gefaget ward, da
gab ihnen BOTT die Bnade zu reden.
— JNunmehr aber, weil fie zu : forfeben, aber
J cht thun, was ſie hören, bat ihnen GOtt
die Gnade zu reden benommen, weil niemand
ft, der eo thue k) Und ein anderer war-
net ebenfalls feine Mitchriften: “Das Neid)
| „GHDttes befteher nicht allein im Worte und
no „Hören, als wenn ein Redner da bey den an-
ern ſchwatzet. Denn dis wiederfuhr den Kin:
„dern Sfrael, da fie immer die Schrift forfche:
„ten — ſie an den HErrn ſtets daͤchten,
eichwol aber die Wahrheit ſelbſt nicht an—
ge en, fo mußten fie ihr Erbe andern laf-
„fen. Alfo, wer geiftliche Reden ausfpricht, und
„doch nicht das Wort mit famt der Kraft befiget,
„det un einem andern das Erbe 1), Weder
„die Erfenntnif Dt ohne die Liebe gegen GOtt
„etwas, noch der Begrif aller Geheimniffe, noch
„der Glaube, noch die Weiffagung, fondern es
sit alles leer und vergeblich ohne fie, m). Wel-
ches denn der uͤberſchwaͤnglich beſſere Weg war,
den ihnen Paulus gezeiget hatte ı Cor. 12. und 13.
„Ja, es ſey beffer, daß einer nichts wiſſe, und
„ur GOTT glaube, und in der Liebe bleibe,
„die alle Menschen lebendig mache, auch nichts
„anders zu erkennen verlange, als ‘Efum Chri⸗
ſtum den Sohn Gottes, der für uns geereuzi⸗
„get iſt, als daß er durch ſubtile Fragen und viel
Gecchwaͤtze in Bosheit verfallen). Die Be:
„rachtung des Gefeges GOttes beftehe ja nim-
„mermehr in Worten des $efers, fondern in dem
wirklichen Gottesdienft; auch nicht darinn, daß
„man nur die Bücher und Schriften durchgebe,
„fondern daß man das, was drinnen ftehe, mit
| „der That erwäge, und Tag und Nacht darin-
„nen arbeite,, 0).
| 18. Mit eben diefem Grunde trieb auch ein
| anderer die Schwäßer ein, wenn er fie fragte,
wie doch die Erkenntniß GOttes deutlicher
erwieſen wuͤrde? durch das Leſen und Aus—
ſprechen der Worte, oder durch die Werke
des Blaubens, die zugleich Das Herz bewe-
gen und ändern Welches leßtere fie ihm denn
von der Wahrheit überzeugt Bieten mußten p),
„Denn mer einmal die Wahrheit felbit zur
*
4
4
Richtſchnur Kat, und das Zeugniß von GOtt,
„das ihm vorgeleget iſt, der verſtuͤmmelt die
Erkenntniß GOttes nicht durch allerhand Fra:
J
29
„gen, ſondern er richtet alles auf dieſes Kenn—
„zeichen ein, daß er in des HErrn Liebe zuneh—
„men möge, welcher um feinet willen fo viel ge-
„than Bat,, g)., Wie nun etwa eine Arzeney als:
denn erft ihre Kraft aͤuſſert, wenn fie nicht nur
kuͤnſtlich zugerichtet, fondern auch wohl angewandt
wird; fo wird auch der Muß der geiftlichen Er-
„innerungen nicht eher Fund, bis fie ifre Kraft
„Durch die Zeugniffe der Beſſerung erwiefen ba-
„ben r). Zum Erempel: Bey der Erfenneniß
„GOttes muß der Seelen nicht verborgen blet-
„ben, wen fie fich felbft ganz fchuldig ſey, da—
„mit fie nicht aus Betrug etwas anders an feiner
„ſtatt verehre. Dis ift die hoͤchſte Erkenntniß
„und voller tebens und Kraft, die den Menfihen
„zu allem Fleiß der Gottſeligkeit entzündet s).
„Nun darf zwar niemand in Erkenntniß feiner
„Pflicht nachlaͤßig ſeyn, aber er muß die Worte
„GoOttes ja nicht alleine hören, fondern aud) ver«
„ſtehen, und feinen Willen ehun ı). Wie alfo
„alle Heiligen das Wort in ihren Herzen bewaß-
„ret haben, nicht mit Worten und Erfenntniß
„allein, fondern mie Worten und Werfen zus
„gleich, da fie in dem Geber des H. Geiftes blie-
„ben, und das Irdiſche verfehmähen lerneten u).
„Denn darzu wird den Frommen die Kraft zu
„urtheilen und zu unterfcheiden zwiſchen Boͤſen
„und Guten gegeben, daß fienun ohn Anftoß und
„Abmweichen wandeln fönnen, und diefes als ein
„Auge brauchen, feinen Bund oder Einftimmung
„mit den böfen Gedanfen machen, fondern alfo
„mit göttlichen Gaben gezieret vor dem HErrn
„wirdig erfunden werdenx). Alfo war die Wahr⸗
„beit allenthalben eine Mutter der Heiligkeit, nirs
a ftieß fie an, nirgends fehlete fie bey ihren
„Kindern, fie bereitete das Herz recht ; denn der
„HErr iſt nahe denen, die aufrichtiges Herzens
„iind y). Eine jede Lehre wird durch Gottſeligkeit
„erft völlig. Denn mas hülfees fonft, wenn man
„ven Ölauben wollte bewahren, und doch in Wer⸗
„een gottlos feyn,,? Darum kann auch die Wahr:
beit durch das Leben allerdings verleßet werden,
wenn man, wie der heilige Mann en GOtt
mit Worten bekennet, aber mit den Werken
verleugnet 2).
Armer Menſch, was kann dirs helfen, daß
du GOtt mit Worten liebeſt?
Ah! durchfuche doch dein Leben, ob du dich
im Lieben übeft.
3 Hat
k) Felix Abbas in Vitis PP. lib.v. c.3.n. 18. 1) Macarius hom. 28. fin. m) Irenaus lib. 111. c. 15. n)Id,
b. I1.c. 45. 0) Hilarius in Pl. 1. p) 4rhanaf. Vita Anton. p. 15Ö. q) Irenaus lib. 1.0.47. r) Bafıl, M.
J Orat. de Ira. s) Hieronymus vel alius auctor Epift. de Viro perfecto. t) Bafıl. M. Reg. Mor. via. c. 1.
* u) Macarius hom. 37. x) Id, hom. 4. y) Chryjofl. hom. 19. in Pf, ug. 2) Id. hom. 7. in ı Tim. 2.
- Hat dein Kerze nichts Davon, was die Zun-
ge Gutes ſpricht:
Glaube, vor dem hellen Aug deines Schö-
pfers taugt es nicht.
Iſt die Richtſchnur deiner tieb dir befannt,
- doch ohne Frucht,
So bat Satan deinen Tod zu verdoppeln
nur gefucht a).
19. So genau und weislich mußten fie die na-
fürliche und buchftäbliche Erfenntniß von der
wahren zu unterfcheiden. Jene erfannten fie
zwar aud) vor eine Beyhülfe zum Guten, aber
nimmermehr für zulänglic) noch heilfam zur Se:
ligfeit b). Sie fahen, wie nicht alle, die lefen
und ftudiren, eine geiftliche Erfenntniß erlangen,
und gleichwol funden auch die Unglaubigen und
Gottloſen einige Wiffenfchaft dadurch; aber “es
„fen nicht die, fo aus GOtt ift, die durch den
„Geift gegeben wird, fondern nur eine folche, die
„aus der fleifchlichen Natur durch die Hebung des
Fleiſches zuwege gebracht wird, welche auch die
Heyden haben, Wer aber mit Gebet nicht an=
„hält, noch mit der Goftfeligfeit, fondern nur
„ourch den Fleiß im Leſen etwas gelernet hat,
„der weiß felbft nicht, was er andern prediget.
„Hingegen die geiftliche Erfenneniß wird nicht
„allein auswendig gelernt, fondern auch innmwen-
„dig gefühlt; nicht nur in der Schrift gelefen,
„fondern aud) aus dem Herzen vorgetragen, ©).
Unterdeſſen bielte man doch die Erkenntniß und
die Uebung derfelben vor nöthig und felig, wo
fie im lebendigen Glauben gefchehe. Dazu denn
eine demüthige und genaue Betrachtung des goͤtt⸗
lichen Worts erfordert ward , welches fie auch
deswegen mit Nachdruck nenneten das Wort
Gottes einfeben (introfpicere) und tief hinein»
fhauen d). Dabey fonderlich ihr getreuer Rath
war, daß fich die Seele durch den Heiligen
Beift vorbero abfondern lieſſe von der Welt:
liebe, und fih allein dem SErrn überge:
be, und feinen Willen forgfältig forfchete e).
Sie müßte feyn wie ein Kaufmann, der aus
wdifchen Dingen groffen Gewinnſt erlangte: “fo
„müßte fie ihre Gedanken, die etwa in der Welt
Zerſtreuet gewefen, durch die Hilfe des Heiligen
„Geiftes und alle Kräfte fammlen, und ihren
„ Berftand in die ewige Welt überführen laffen f).
„Sie müfle leenen in ihrem Innerſten fic) auf-
„halten, Die Ausfchweifungen ihres Gemüchs
u . b r
1.3. Don der Pflicht und Bezeigung derer eriten Chriſten gegen GOtt.
„im Zaum halten, und alles aͤuſſere vergeſſen.
„Wer zur Betrachtung
„habe, und goͤttliche Din
„muͤſſe allein innere Guͤter
„nun fleißig Achtung gegeben habe,
„ſucht, auch endlich gefunden, mer er ſey,
„ſe er durch göttliche Offenbarung erfennen,
„ey ſeyn na, was er GOtt vor eine Wo)
- fo müf-
„bereite, und mit was vor Gehorfam er ihm ges
„fallen folle z). Denn fonft werde das He
Fnimmermehr angeführt zur Betrachtung k
Kg wenn es nicht von dem Aeuffe
„fleißig abgezogen werde, und von dem Tumult
„ver irdifchen Begierden ruhe, h). Diefes pra-
cticirte jene gottfelige Weibesperfon wohl, welche
alle ihre Aufferlihe Sinne gleichfam zufchloß,
damit fie mit ihrem Geelenbräutigam vertraus
licher umgeben Fönnte, und fagte aus der hei—
ligen Schrift: Ich bin bey meinem Gelieb⸗
ten, und er ift bep mir i). Welche Mittel
denn die Ehriften herrlich und bewahrt befunden ;
tie mir weiter fehen werden.
20. Hier durfte fh niemand mit dem Vor:
wand der Einfalt bey feiner Traͤgheit und Uns
wiſſenheit in göftlicher Erkenntniß behelfen.
Sagte nun jemand, die Einfalt fey ihm genug,
fo wieſen fie ihm, mie ein Thörichter und
Unwiſſender nicht einfältig koͤnne heiſſen,
ſondern er ſey gottlos und argliſtig. Denn
ſonſt haͤtte der HErr nicht befohlen, klug zu
ſeyn wie die Schlangen. Petrus befehle hin⸗
gegen, daß man zur Derantwortung jeder:
mann bereit feyn folle, 2 Pet. 3. und Paulus:
Das Wort Ehrifti ſoll reichlich unter den
Ebriften wohnen. Col. 3. Es fen ja ganz uns
gereimt, daß ein Handwerksmann das feine ver-
ftehe, aber ein Chrifte Feine Rechenfchaft feines
Glaubens geben Fönne, beffen Unwiſſenheit ifm
doch einen ewigen Verluſt zuziehe. a, die
Heyden felbft wendeten alles daran, daß fie ihre
tügen bekräftigen möchten, und die Diener der
Wahrheit getraueten fich nicht, ihre Lehre zu ver=
theidigen k). Unterdeſſen geffunben verftändige
Ehriften gerne, daß es in der Erleuchtung un⸗
terfchiedliche Grade gäbe, und müffe doc zum
wenigften ein jeder den Grund feines Heils im
Glauben —— haben. Indem ja dieſer nicht
durch Muthmaſſen oder Meynen im Herzen ge⸗
a) Profper. Epigr. 6. b) Eufebius lib. VI. Præpar. Euang. e. G. Augufl. c. 27. de Spir. et Lit. et Origenes in
Rom. ı1. c) Chryfoß. Oper. imperf. in
atth. c. 7.
hom. 9. f) Id. hom. 24. initio. g) Bernhardus de interior. Dom. c. 16. |
. 3) Syneletica in Vita n. 9. ap, Coseler. Tom. ı, k) Chry/of. hom. 16. in Ioh. fine.
e) Macar.
d) Hilarius can. 31. B Matth. et alii. ...
oral.
) Gregor. M. lib. V.
Be ten Dinge Luſt
fi
rkennen wolle, der
en. Und wenner
AR
Heget werde, fondern in gewiſſer ifenkhafe, \
4
‘
4
m 9 Boe—3
mehr als dem andern.
ER
rer
re
f
\
„fein
yaus dem
„zum Berge des
*
„da das Gewiſſen Beyfall giebt . Wer alſo
ana GDttes gelangen, der mu
e ee er ſinnlich Na unvernünfs
„eigen Bewegung veinigen. Und wenn er nun
— die aus den Sinnen entſtehet,
Herzen verſtoſſen hat, ſo kann er erſt
HErrn nahen, nemlich zur
m). Er muß immer geden⸗
ottesgelehrrhei
„fen, wenn er ei mas begriffen hat, daß er noch)
„um anders bitten muß, fo er noch begreifen
„ſolle. Er muß dasjenige meijtens lieben, was
„in ihm bleibt. Durch gutes deben muß er auf-
„ſtei durch die Reinigung erlangt er das
reine Out, Will er einmal ein Sottesgelehrter
„und der göttlichen Natur würdig werden, fo
„muß er Die Gebote bewahren, und in denfelben
„wandeln. Denn die Uebung der Gortfeligkeit
„it eine Stuffe zu weiterer Erfenntniß,, n).
21. Demnach lehrete fie der Heilige Geift in
feinem Worte naͤchſt der Erfahrung die Stuffen
und den Unterfcheid der Gnade erfennen. Und
ob er wol bey einem jeden wohnete, der fein
faͤhig war, und ſo genugſame Gnade ein—
aoß, als wenn er alleine bey einem nur waͤ⸗
re; fo äufferte fich doch feine Kraft bey einem
Daber kam co, daß
etliche kuͤnftige Dinge zuvor wufiten, Ge—
heimniſſe verftunden, verborgene Sachen
begreifen Fonnten, Gaben hatten, einen
bimmlifiben Wandel führten, u. f. w. o).
Ja, bisweilen war auch die Gnade mächtiger
als zu andern Zeiten, fie entziindete den Men-
fehen heftiger, fie machte ihn geſchickter als fonft,
wenn fie ihm entzogen und verringert ward, nach-
dem er dazu bereit war oder nicht, und fo viel
ihm möglich feyn mochte p). Es geſchahe oft bey
gelaffenen Seelen, Daß GOtt, der fonft_ in eis
„nem unzugänglichen Sicht wohnt, in ihre Herzen
„etwas von feinem !icht aus Gnaden fchickte,
„weil er doch die Liebe felbit ift, und fich alfo
„durch den Geiſt nad) dem Maas ns
„Schwachheit in ihn fenfte q). ‚Denn nachdem
„fie einmal die Eritlinge des Geiftes empfangen
„batten, die fie auch wirklich fühleten; ſiehe, fo
am über fe die Verſtaͤndniß der Geheimniffe,
„die Wiflenfchaft der Weiffagung, das Wort der
„Weisheit, die Feftigkeit der Hoffnung, die Ga—
„ben gefund zu machen, und die Herrfchaft über
„die bofen Seifter,,. Welches alles fie nach ihrer
0) Ba
3. Cap. Don der erften Ebriften Erleuchtung. zı
eigenen Bekenntniß als ein Tropfregen durchdrun⸗
ge, und wenn es einmal in ihnen angieng, mit
vielen Früchten fich mehrte r). Denn fo ruͤhmten
fie fich auch in ihren Gedichten und Liedern s):
Ein Licht treibt uns zum andern Licht noch
mehr:
Wer dis hat, gehet immer weiter :
Der Reiche bleibe von aller Gnade leer:
Bey Armen wirds noch täglich heiter ,
Wenn GOtt, der Brunn des Lichts, uns feheinet,
Und mit ihm felbft im Licht vereine. =
22. Ib nun wol der allein weife HErr eintgen
Seelen ein hohes Maas der Erleuchtung zulegte ;
fo überhuben fie fs doch deswegen nicht über
andere; wie wir bey ihrer Demuth fehen wollen.
Jenes rühmten fie an denen, die ihren Heiland
wahrhaftig aufgenommen hatten: Denn die
Seele n fagten fie, wird des Beiftco in fei-
nem Sicht tbeilbaftia, und wird erleuchter
von dem Glanz feiner unausfprechlidhen
Herrlichkeit. Ja, fie wird ganz ein Licht,
ganz ein Unctlig, ganz voll Uugen , weil
die unausfprecbliche Schönheit des Lichts
Chriſti in fie koͤmmt, und in ihr wohnst t).
a, wie leibliche Augen Flärlib alles ſe—
ben + alfa iſt den Herzen der Heiligen alles
offenbar von den göstliben Zierden, Ki:
ner gläubigen Seelen wird geoffenbaret,
was leiblichen Augen verborgen ift u). ns
dem fie bisweilen von der Gnade durch
einen geheimen Derftand und Weisheit und
unerforfeblicbe Erkenntniß des Beiftes un-
terwiefen wird darinne, was mit Mund
und Zunae nicht Fann ausgefprochen wer-
den x). Dem ungeachtet nur mußte doc) unter
ihnen niemand aufhören zu wachfen in der Erz
kenntniß ZESU Zeit , weil fie doc) noch)
nicht den höchften Grad darinn erreiche hat
ten. Je mehr fic) einer in die Höhe ſchwun⸗
8 je näher er gleichſam zur Sonne kam y).
estwegen fie den Wachsthum des Ver-
ftändnig durch die Bnade der Offenba—
tung niemals ausſchlugen, und wußten,
daß auch fie die Verheiſſung angienae,
der HERR werde ihnen in allen Derftand
geben 2). So giengen fie immer weiter über
alle natürliche Vernunft, und wurden mehr von
GOTT gelehrt, als fie mol gemenner Gen
enn
M. lib, de Spir. S. c. 16. p) Macar.hom. 8. ) Cajfiodor. de Amie. r) Hilar. inPf. 64. $) Greg.
‚D Ex Be Bernhardus ep. ıgo.ad Innoc. m) Greger. Nyf Or. de Vita Mof. n) Gregor. Naz. Or. a9,
Naz. Carm. 25. Sent. Eleg.5. t) Maar, »
e) Zülar, lib, xı, de Trinit, ’ pre
uw) Id,hom,34. 2) Id.hom.ug. y) Chry/ofl. hom,aa. ad Ebr.
32
Denn fie lerneten GOTT, ihren Schöpffer,
von GOTT felbft, und daß das Wort GOtt
fey, u. ſ. w. a). Dadero ſie abermal mit Recht
von dieſer Gnade fungen b):
Iſts möglich, daß dem mas verbergen mag
fcheinen.
Der felbft das allfehende Auge recht Fenne?
Ein Eprift ift mie JEſu verbunden in einen,
Da niemand die Lieb und Bekanntfchaft
zertrennt.
Ihr Wollen und Wiſſen
einig befliſſen, ll
Daß nichts vor der Weisheit fid) unbefanne
nennt,
Indeſſen blieben fie doc) gedachtermaffen dabey
in der Demuth, und verlangten nicht mehr zu
verftehen, als was dem HEren gefiel. Es hief-
fe bey ihnen eine überflüßige und fündiiche
Yleugierigkeit, wenn man das erforfchen
wollte, was GOtt wollte verborgen gehal⸗
ten wiffen; hingegen aber auch war ce ein
ſchaͤndlichetr Undank, wenn einer das leugne⸗
te, was GOtt offenbaret hatte c). Denn
wie follte das unrecht gewefen feyn, wann
fie etwas zwar erfannten, das übrige aber
Edit anbeim ftellten, damit aß GOTT
allsseit ihr Lehrer bliebe, fie aber ftets Schü>
ler wären d)! Vielmehr aber geriethe es der
Herrlichkeit GOttes zum Preiß, wenn jie einige
höhere Erkenntniß erlangten. Darüber ſich nicht
allein die Apoftel rühmeren in GOTT, fondern
auch andere neben und nad) ihnen. Gelobet ſey
GOtt, fhriebe Barnabas, daB er die Weis-
beit und den Sinn feiner Geheimniſſe in
uns geleget bat e). Und Janatius gefte-
bet, daß er himmliſche Dinge Iehren koͤnne,
denn er wiffe fie, und ſey nicht in allen
Stüfen gebunden, fondern er Fenne ‚die
Engliſchen Ordnungen, und die Herrfchaf:
ten, beydes fichtbaren und unfichtbaren, ob
er es gleich den Kindern, als Schwachen, nicht of-
fenbaren wollte f).
23. Wo ſie nun wußten, daß ihre Brüder ſchon
in ſich hatten, das fie hören Fonniten , da er:
mahnten fie einander, daß ihnen die Uebung im
Norte noch mehr dienen follte, und als ein Berl
ins Seuer feyn, dadurch 8 groͤſſer würde. Denn
„wo etwas da wäre, das ernähret koͤnnte werden,
1.3. Don der Pflicht und Bezeigung derer erften Chriſten gegen GOtt.
„das wuͤrde fo zunehmen und bleiben g). Ge—
„wiß (fagten fie), es —— groſſer Greuel,
„ſeyn, wenn des HErrn Werk in der Seele gar
„aufhörte, oder nicht mehr zunaͤhme, da gleich:
„wol der Satan immer mwirfet, und in den Gott
„lofen Die Bosheit vermehret. Der HErr bat
„ja deswegen feinen Tröfter gefandt, daß, weil
„die menfchliche Schwachheit nicht alles auf ein-
„mal faflen kann, fie alfo nad) und nad) regieret,
zin Ordnung gebracht, und zum Wachsthum
„der Zucht geleitet würde, h). Solchergeſtalt
mußte nachft dem Zeugmiß und Berfiegelung des
Heiligen Geiſtes alles ihnen baju helfen. Da fa-
ben fie, “daß man durch den Geift IEſum Chri⸗
„ſtum erkennen müffe, daß er der HErr ſey, und
„zwar auf Feine andere Weife, als wie einer etwa
„das Honig koſtet, und daraus erfennet, daß es
„ſuͤſſe iſt, nemlich aus feiner eignen Befchaffenz
„heit i). Alfo pflege auch der a ſich ſelb
„zu offenbaren, Chriſtus ſich ſelbſt zu verkuͤnd
„gen, der Heilige Geiſt denen ſich ſelbſt zu zeigen,
„die es werth ſeyn. Chriſtus rede in den Heili-
„gen und der Heilige Geiſt auch, k).: Aus wel⸗
chen nothwendig eine göttliche Gewißheit eneftehen
mußte, daß das Evangelium nicht nur im Worte,
fondern in der Kraft und in dem Heiligen Geift
und in vieler Freudigfeit und Gewißheit bey ihnen
war, ı Thefl, ı, 5. Welches auc) den Coloflern
angewuͤnſchet ward, c. 2,2. Dergleichen ruͤhm⸗
ten die Lehrer hernach von denen Gemeinen. Cle⸗
mens von denen Corinthern fehreibet, “Daß jeder-
„mann ihre vollfommene und unbetrügliche Er—
„eenntniß felig gepriefen babe, und ihren ftarfen
„und feiten Glauben vor tüchtig erfannt,, 1).
Ignatius von den Ephefern, “daß fie fich nie-
„mand betrügen liefen , weil fie ganz GOttes
„wären, und nach GOtt lebten, indem Feine Luft
„in ihnen wäre, m). Und von fich felbft: “Es
— mich wol etliche verfuͤhren wollen nach dem
Fleiſch, aber mein Geift laͤßt ſich nicht verfüß-
„ren, den ich aus GOtt empfangen habe, denn
„ich weiß, von wannen er kommt, und wohin er
„faͤhrt, und ſtraft das verborgene, vr). Solde
Gewißheit Eonnten fie auch in geringeren Dingen
haben, Rom. 14, 5.14. 23. Davon Er ſchoͤn
redet: «Wir müffen fo felig und in fo voͤlligem
„Olauben wandeln, daß wir unfers Gemillens
„wegen ruhig und ficher feyn fönnen, und wuͤn⸗
„fchen, daß dis in uns aljo beftändig bleiben moͤ⸗
„ge.
a) Id. lib. 1. initio. b) Hymnus Auguſtini de Gloria cœli. ce) Ambrof. lib. ı. de Voc. Gent. c. 7. d) de
naus lib. 11. c. 47. €) Epift, p. 221. f) Epift. ad Trall, &) Auguf. Tract. 1. in Ep. Ioh. h) Tersull.
de Vet. Virgin. c. 1. i) Cyrillus Alexandrinus lib. xııı. Thefauri e. 3.
I) Epift, p. 3. m) Ep. adEph. n) Ad Philad,
k) Epiphanins lib. ı11. Tom.T ,
— —
ne Ahr rei
EV
lich an zu fchei
*
—*
98. Alleine vermeſſen muͤſſen mir nicht ſeyn,
„denn. ein Vermeſſener ſcheuet und Hüter fic)
— und iſt in deſto gröfferee Gefahr. Der
” RR aber forget für feine Rnechte nach feiner
„Barmherzigkeit, daß fie ſich auf feine Güte ver-
„laffen Fönnen 0).
24. Was aber hieraus vor eine unausfprechli-
che Süßigkeit und Vergnuͤgung folge, das druck⸗
ten fie in allen ihren Lobſpruͤchen des göttlichen
Wortes, der Epriftlichen Lehre und der wahren Er-
kenntniß, aus. Warlich (fagten fie aus Erfah—
„tung), mer die Erkenntniß einmal berüßret, und
ale Rn genoffen bat, die von ihr fommt, Der
wird dem Satan in feiner eiteln Ehrſucht mebr
„nachfolgen, wenn er ihm gleich weltliche Lüfte an-
„bietet. So lange man aber jene nicht gefchme-
„tet bat, ſo wircket das thätige Seben, und muß
a.fe orfaß immer GOtt aufopfern, damit
„altes geſchehe, zu folcher Erfenntniß zu gelangen
;,P), da fängt denn die Sonne im Herzen lieb-
‚ undihre Stralen durchdrin-
„gen gleichfam Mile feine Glieder, damit der
„tiefite Friede darinnen regiere q). Und fo bald
„ver Menfch fein —— ‚ nemlic Sinn und
„Gedanken, GOTT widmet, und Feiner andern
„fo mache fie der HERR feiner Geheimniffe
eilhaftig in gröfferer Heiligkeit und Neinigfeit.
gibt fich ihr ſelbſt zu einer Bimmlifchen Speife
„und zu einem geiftlichen Trank r). Alsdenn
’
3
2
9
„findet fich in ihm eine göttliche Weisheit, oder ei⸗
„ne Erkenntniß görtlicher und menfchlicher Dinge,
„und desjenigen, woher alles feinen Urfprung
„bats). Es werden ihm da die Pforten des Lich⸗
„tes mehr und mehr gene, weil ex ſiehet und
„erfennet, was ihm GOtt und fein Gefalbter zu
„verſtehen gibt t). Er ficher das hoͤchſte Wefen
„mit den verborgenen Augen des Herzens, wel
„ches die hoben Dinge fubtiler Weile in fic) zie—
„bet, und die Stralen der göttlichen Befchaus
„ung durch folche Bildungen, die über alle Sinnen
„ſteigen, am fich locket u). Diß war der alten
0) Tertullian. pref. lib.de Cultu Femirn.
‚Sache oder unmüßen Gedanken Raum gibt,
a I i
3. C. Donder erften Cheiften Erleuditung. 53
23
„Chriften wahre Weisheit, dadurch fie din Vater
„oer tichter in der Gottſeligkeit verehrten mit dem
„Opfer ihres tobes und Danfes x). Indem
„jadie Weisheit nichts als Wahrheit ben ißnen
„war, darinn fie das hochſte Gut fahen und befalfen,
„und dabey felig waren y): Dahero nennten fie
„nicht fpigfindige und freche teute weile, fondern
„folche, die eine gewiſſe Erkenntniß GOttes und
„ihrer felbft hatten, und dabey derfelben gemäß
„iebeten. Die übrigen alle, fie mochten gelehrt
„oder ungelehrt feyn, bielten fie fir Thoren und
„Narren z). u
25. Endlich legte ihnen der H. Geift auch eine
wahre Rlugbeit ins Herz, welche war eine
gewiffe Erfenntniß deffen , was man thun
oder Iaffen ſollte. Wer num dieſer folgete, der
konnte nie von feiner Pflicht abweichen, niemals
auch in die Verführung der Laſter gerathen a).
Die andere böfe Artder Klugheit verwarf ihr lau:
terer und geheiligter Sinn, welches ein ſpitzfindiger
Fuͤrwitz, und nur fäbig iſt, das gefchwinde zu
erdenfen, was zum Eigennußdienet, die Einfäl-
tigen mit Betrug zu bintergeben. Sondern fie
mepnten die Isutere reine Vorlichtigfeit, da—
durch fie erfannten, was zu thun wäre
oder nicht, und bey welcher fie nicht Fonnten
ins Derderben geratben b). Wozu ihnen denn
abermal der ZERN alleine dir Öhren und
Augen ihrer Herzen auftbun mußte, daß fie
fein Wort hören und feinen Willen daraus
tbun Fönnten c). Um dieſe Kraft baten fie auch
ifren lieben Bimmlifchen Vater ſtets, daß
fie genau abmeſſen Fonnten , was gut oder böfe
wäre , und unterfcheiden lerneten , was von
GOTT oder Matur in und auffer ihnen herkaͤ—
me d). Sie wurden ganz ein Auge, wie dorten
von den Cherubim ſtehet, damit fie auf allen
Seiten fich umfehen Fonnten, weil ſie immer
mitten unter den Stricfenwandeltene). Und alfo
konnte es gar wohl von einem Chrüten heiffen,
daß er Flug wie die Schlangen, und doc) dabey
ohne Falſch als die Tauben war, Maeth.ıo, 16,
€ Das
) Euagrius Seitenfis cap. 21. ap. Coteler. Tom. III. p. 75. Mon. Gr.
@, Macar. hon.ı6. r)ld.hom.rg. s)Ba/i.M. in Prouerb. P-456. t) Iufinus Martyr.Dial. cum Tryph. p. 120.
u),Cyrillus Alex.lib. I. cont. Iulian. p.ı2.
x) Auguft. de Spir. et Lit. c.13. y) Id.de Lib.Arb. lib.I. z) Id.
lib.de Veilit.Cred. c.ı2. a) Rafıl.M. in Prou. p.460.feq. b) Id.hom.2ı. de Felicit. c) Precatio Ephrem.
Syri ap, Gerhardum Stud. Theol, Meth, P.I.c. a.
'Tom, II. Monum. Gr. p.244. >
J
a I *
d) Macar. hom.4.initio. e) Euthymii Vita ap. Cotelerium
| “
34 1.3. Don der Dir und Daycigung Derr eften Ebrifen genen ED
Das ⸗. Gap, =
Bon ihrer Wiedergeburt und Kindſchaft
Summarien. . j
——
rn!
Herren
W
D-m wahre Wiedergeburt $.r. kam der H. Geiſt nicht zum Menfhen. =. Gelbige hielten fie daber fürmas hohes, herr⸗
liches und übernatürliches, 3. dabey das Weſen derMenichen an fich felbft bliebe: 4. wie auch für was nothmendiges,s.
durch den Geift des Glaubens gewirket, 6. zum unbefchreiblichen Ndelder Geelen 7. und heiligen Feben, 8.
fonder!
au Wiedererlangung des Ebenbildes GOttes, 9. und frölichen Kindſchaft GOttes, 10. der fie würdig lehten au alöder
göttlichen Natur Theilhaftige, ı2. zu einer lebendigen Hoffnung, 13. Vorzug desinnern Menſchen. 14. Unterſcheid zwi⸗
$ 1
fihen ge natürlichen und wiedergebornen Menſchen. 15-
amit aber niemand auf die Aufferliche
Berrichtung alleine fallen, und der inner-
lichen Wirkung Gottes bey der Taufe
vergeffen möchte, fo nahm man die Ne-
densart Pauli wohl in acht, wenn er die Taufe
nicht die Wiedergeburt felbft, fondern ein Bad
der Wiedergeburt nennet, Tit.3,5. Denn wie
etwan Abraham ſchon vor feiner Befchneidung
wiedergeboren war, und Diefe nur empfieng zum
Siegel der Gerechtigkeit ; fo Fonnte es auch feyn,
daß einer, aus Mangel, zwar noch nicht getaufer,
dennoch aber wahrhaftig mwiedergeboren war.
Hingegen konnte einer getaufer, und Dennoch we—
gen feines Unglaubens nicht wahrhaftig miederge-
boren feyn. Gleichwie ein Juͤde zwar Aufferlic)
befchnitten feyn Fonnte, und gleichwol diefe feine
Befchneidung fehon wieder eine Vorhaut rourde,
wenn er nicht aud) im Geift befchnitten war, Rom.
2,25.26. Es befennet Yuguftinus Deutlich 2),
„man habein der Chriftlichen Kirche einen from-
„men Catechifmusfchüler höher gehalten, als ei-
„nenböfen Ehriften, ob er fehon getaufet worden,
„Denn aud) der ungetaufte Hauptmann Corne⸗
Aius fen viel frommer und feliger, als der ge—
„taufte ee Jener fey noc) vor der Taufe
„mit dem H. Geift erfüllet worden, diefer fey
„auch nach der Taufe vom unfaubern Geift ge-
„evieben. Und wie nun dem frommen Catechi—
„Imusfchüler die Taufe noch mangle zur Erhal⸗
„fung des Reichs GOttes; alfo mangele dem bo-
„fen Ehriften, der getaufet ift, die wahrhaftige Be-
„eehrung. Dennder gefagt habe: So jemand nicht
„aus Waller und Geift geboren wird, der wird
„nicht ins Himmelreich Eommen; der habe auch
Igeſagt: Es fen denn eure Gerechtigkeit über-
„füßiger, als der Schriftgelehrten und Phari—
aͤer, fo werdet ir nicht ins Himmelreich kom—
„men. Dennz-auf daß der Catechiſmusſchuͤler
„nicht zu ſehr auf ſeine Gerechtigkeit pochte, und
„die Taufe vergchtete, fo wird geſagt: Wo nicht
„jemand aus Waffer und Geift miedergeboren
„wird, Fann er nicht ins Himmelreich Eommen.
„Hingegen, daß die Getauften nach der Taufe
„nicht faul und ficher in Sünden liegen bleiben,
„fo ſteht gefchrieben : Wenn eure Gerechtigkeit
„nicht überflüßiger it, u.ſ. f Aber hievon foll
unten im I. Buch ein meßrers folgen BJ.
2. Wenn alfo der getaufte Menfc ein Heuch-
ler war, fo kam der Geift GOttes nicht zu ihm,
und der Menſch blieb in feinem vorigen ver-
dammlichen Zuftand. “ Denn (fage diefer teh-
„rer abermal ce) es Fann einer wol mit der Taufe
„CHriſti getaufee feyn, und doch Fünnen feine
„Sünden nicht getilget feyn, wenn fein Herz in
„ver Bosheit und Laſtern beharret. Alsdenn
„aber nußet fie zur Vergebung der Suͤnden, wenn
„erfich befehret, und von den Laſtern abftehet.
Weswegen dem Menfchen feine Sünden behal-
„een wurden, und nicht fonnten vergeben werden.
Alſo vedet einer fehr nachdenflic) von feinem Ba-
ter d), nachdem er zuvor gewarnet hat, daß man
diefe Sache mit gebeiligten Ohren faffen und glau-
benmüffe: *Erfamzu der Wiedergeburt, darin-
„ne wir durch Waſſer und Geift von neuem gebo-
„ren werden, Durch welche wir eine Schöpfung
„und Heiligung des Ehriftlichen Namens, und
„eine Beranderung und Uebergang des Irdiſchen
„in das Himmlifche, befennen. Diefem Manne
„warnunalle fein vorhergehendes eben eine Bor-
„bereitung zur göttlichen Erleuchtung , und eine
„Reinigung, die vor jener Neinigung hergieng,
„und der himmlifchen Gabe Sicherheit verliehe,
damit die Taufe der Reinigfeit des Lebens ficher
„konnte mitgetheilet werden, und diefes Gute DR
„»&e=
a) Lib.IV. adu. Donat.c.ır. b) Add. c.8.de Fide & Oper. Expof.ad Rom. p. 334 Tom.IV.Conf.Gerhard. Confell.
Cathol. ib.IL. Art.5. c.ı. p7ı2. c) Augufl.I. de B.Cont. Donet. c. i2. d) Gregor. Naz, Or.in Fun.Patris,
— — —
| 4. C. Don ihrer Wiedergeburt und Rindfchaft GOttes. 35
"5 Gefahr litte in der Befchaffenheit der Seelen, Wenn GOttes Geift in uns die böfe Art jer-
„welche wider die Gnade £ nd ungeborfam F richt, —
Zu ſeyn pfleget „. ER er Und fängt von vornen an die geiftlichen Ge—
Y 3. Snsgemein war ifre Erkenntniß und Ge- ſchaͤfte.
niuß der Wiedergeburt ſehr herrlich fiemochtenun Da kommen wir hewor als jetzt geborne
in ihnen vorgehen ‚wenn und wie ſie wollte.“? Man Söhne:
„bielte diefes vor die erfte Stuffe zur Seligkeit, zu
„einem neuen Menfchen wiedergeboren werden,
„nach der Vergebung der Sünden e), Es fey
„gar eine andere und vortreflichere höhere Ge—
„burt, dienichts mit irdifchen Dingen gemein ha:
„be f), Nemlich, esfeyen zweyerley Geburten,
„die eine von der Erden, die andere vom Himmel,
„die eine vom Fleifch, die andere von der Ewigkeit
„undvon GOTT felbft 8). So geben fie auc)
bey unterfchiedenen Dingen vor: jene bey dem
„alten Adam , diefe bey dem neuen Menfchen h).
„Deswegen nennten fie nun diefe legte eine andere
„Geburt i), eine Reformation und Veraͤnde—
xung des Menfchen k), eine Geburt, die von
„neuem gefchiehe 1): u.f.f. Siebemerften, daß
sdiefes eigentlich heiſſe, aus dem Geift gezeuget
„werden, wenn der Menfch dasjenige wird nach
„der ihm gegebenen Maffe, was der ift, aus dem
„er geboren wird; nemlich ein Geift, wie gefchrie-
„ben fteher: Was vom Geift geboren wird, das
„iſt Geift, Joh. 3, 6. Von oben herab geboren
„werden heiße, Den alten Menfchen ausziehen mit
feinen Werfen und Begierden, und den neuen
anziehen, der da erneuert wird zur Erfenntniß
„nach dem Bild des Schöpfers m). Wiewol
„die lieben Alten auch die Hoheit diefes Werks
»und ihres Verſtandes Blödigkeit wohl erfann-
ten, und dahero hievon demürbig und ehrerbie⸗
- »tig vedeten,. Dahero befennet Silarius von
lich felbft n): “„Ich Habe zwar den Glauben
„meiner Wiedergeburt, und gleichwol Fenne ich fie
»nicht recht, und habe doc) ſchon, was ich nicht
„weiß. Denn ich werde ohne mein Empfinden
„wiedergeboren, und doch mitder Kraft der Wie:
»dergeburt begabet „. Ein Chriftlicher alter
' ns beſchreibet dieſes zwar poetifch, doch gruͤnd⸗
lich 0):
MWie offenbar BE des Glaubens hohe
raͤfte!
* W RG
Die wahre J naht ſich uns mit ihrem
i
’
Das hoͤchſte Alter gehe in zarte Kindheit ein.
Der muß ein Wundermenfcd) von zwey Ge-
Wburten ſeyn,
Wer GOTT recht preiſen will mit engliſchem
etoͤne.
4. Hierbey erinnerten fie auch, wie gleichwol
das Wefen des — 39 an ſich ſelbſt nicht ver⸗
aͤndert oder gar abgeſchaffet werde, wenn er nun
aus GOTT geboren wuͤrde. “Er lege zwar ab,
„was an ihm alt und verderbet ſey; aber der Leib
„bleibe doch, wenn das Gemuͤth und Sinn veraͤn—
„dert werde p). Wenn der Menfch wiederum
„zur wahren Gottſeligkeit kommt, (davon ge:
“heben ſteht, der Geift gehet und kommt nicht
„wieder, denn wenn ihn GOtt nicht umfehrte, fo
„kaͤme er nicht wieder,) fo wird er nicht ein neu Ge⸗
„mächte. Es wird fein ander Weſen in ihm ges
„ſchaffen, fondern das verderbte wird wieder er—
„ueuert. Es wird auch nichts von ihm hinmweg-
„genommen als das Boͤſe, fo die Natur nicht ge—
„abe bat. Denn in Adam war die Natur ohne
„Verderbniß, welcher aber durch feinen ungebor=-
„ſamen Willen ſich viel Bofes zugezogen hat, und
„auf die Nachfommen fortgepflanzet und ver:
„mehret. Diefes nun, Damit es überwunden
„und zunichts werde, verrichtet allein die Gnade
„unfers Erlöfers, der fein Werk durch fein Werk
„wieder zurechte bringt ,, ; wie alfo Ambroſius
hievon redet g). Indeſſen mußten fie wohl, daß
es ein volliges und überfchwänglich groſſes Werf
des H.Geiftes fen, daß, wie Ebriftus die Fülle
der Bottheit in ſich wohnend babe, alſo fie
auch in ihm erfüllt wäre (Phil. 3, 20.Colofl.2,
9.) weil alle die, fo durch die Hoffnung des
Blaubens zum ewigen Leben wiedergebo-
ren find, nun in dem Leibe CSriſti blei-
benr).
5. So falfeten fie auch die Worte ihres Heilan-
des in völligem Glauben, der ihnen von der un-
umgänglichen Nothwendigkeit der Wiedergeburt
fo theuer bezeuger hatte: Wahrlich, wahrlich,
& 2 ich
ud e) Hilarius prologo in Pf, Expofit. f) Chryfoffomus hom.24.inloh. g) Azeufin. Trakt. ıı.in Ioh. h) Idem
in Epift.57.ad Dardanum et Tradt.5.in Ep. Ioh. i) Terzuilianus c.qu.de Bapt. k) Ibid.c.3. h Clemens Alex.
] P-56. m) Bafılius M.c.22. Summ.Mor. n) Lib.r2.de Trinit. fine. ©) Araror lib. II. Hiſt. Apoftol.
P-606. p) Cyprianus Ep.2. q) Ambrof.de Voc. Gent.l.c,3. 2) Marar.|.c.
36
ich fage dir, es fey denn, daB jemand von
neuem geboren werde, Fann er das Reich
GOttes nicht feben, Joh. 3, 3.5. Wer nun die
Kraft dieſes goͤttlichen Werks in ſeiner Seelen
empfunden hatte, der erkannte auch deſſen
Nothwendigkeit, und fehloffe aus des HERAN
Munde, daß die andere Geburt fo noͤthig fey ,
als immer einem dieleibliche ſeyn fönne, der in die
fe Welt gehen folle s). Hielte es gleid) die Ber-
„nunft für unmöglich, fo fey es doc) einem Chri⸗
„ten fo nöthig, daß feiner anders koͤnne felig
„werden: Und was denn höchft noͤthig ift, das
„machet GOtt auch leichte. Die irdifche und
„fleifchliche Geburt ift aus der Erden, drum find
ihr himmlifche Dinge verborgen. Denn mas
„hat Himmel und Erden mit einander zu thun ?
„Aber die geiftliche Geburt öffnet uns die Him⸗
„„melspforten gar leicht „t). Dahero trotzten fie
recht auf diefen Weg gegen alle Unmiedergebor-
ner Miemand betrüge uns, die Schrift ift
„,gar zu Elar, ihre Glaubwürdigkeit hat einen fe-
„ten Grund, diefer Glaube ift allgemein. Alle
„Unmiedergeborne find verdammt, niemand. ift
„davon befreyt, als ein Wiedergeborner u). Nicht
die Geburt, fondern die Wiedergeburt macht ei-
„nen Ehriften, weil niemand durch feine alte Ge-
„burt, fendern allein durch die neue von feinen
„Sünden Fönnte gereiniget werden x). Wenn Die
Seele nicht mit groſſer Treue und Flehen hier in
„Diefer Welt die Heiligung des Geiftes überfommt,
„und theilhaftig wird dev görtlichen Matur , mit
„der Gnade vermenget wird, durch Deren Kraft
„und Hülfe ſie alle Gebote vein und ohne Tadel
„‚tbun Fan, fo ift fie nicht geſchickt zum Himmel:
„‚reich,. Denn mas einer hier Gutes davon erlan-
get haben a das wird an jenem Tage fein Le⸗
‚ben fen y).
"06, [ea wurde aber diefe übernatürliche Kraft
dem H.Geift zugefchrieben : “Durch welchen fie
„nach dem Bild und Gleichheit GOttes feyn konn⸗
„ten, und der göttlichen Natur theilhaftig werden;
„„dahero auch in derfelben nicht eine fleifchliche
Nachfolge der Erbfchaft, fondern eine Gemein:
„.Ihaft der Gnade in der Kindfchaft geglaubet
„ward 2). Dieſer Geift machte die, fo fremde
waren, zu Rindern durch die Wiedergeburt von
„oben. Sie empfiengen 2 wenn er fie beiligte
„und entzündete, und überfamen zugleich Die Ge—
2)
8) Hierönymuslib.XTI in Fzech. €) Chryfoffomus hom.4.ir Matth.
x) Idem lib.IIT. de Pece.Mer etRemifl.c.9. y) Macarins homil. 44. fin.
a) Bafılius M.hom.deFide. b)Chryfß.hom.inPentec. c) Macarius hom.2. init. d) Ambrofı
e) Proſper. Aquit. lib. de Ingratisp.671. £) PanlinusepilwadAufon
sont Pelag.
de Spir.S. c.6.
kb. LI. de Voc, Gent. c.9.
— nn — — —
B. Don der Pflicht und Bezeigung derer erſten Ehriften gegen GOtt.
— —
„meinſchaft der Gottheit, das Kindesrecht, das
Pfand des ewigen Erbes, und die Erſtlinge der
rein feige Güter 2). Dieſer Geift erwieſe ſich
„bey ihnen wirklich als eine Erneuerung des gött- _
„lichen Bildes, eine Vollendung des Gemuͤthes,
„eine Berbefferung der Seelen. Er fchuf in ih:
„nen den Glauben, daß fie von GOtt angenommen
„wurden, und lehrte fie, wie fein Gottlofer ſol
schen Schatz haben fönnte b). Desivegen ſchrie⸗
„ben fie auch alles der Gnade GOttes lauterlich
„zu, und ermahneten einander freulich , wi
„fieden HERAN anruffen möchten, er wolle
„ihnen den alten Menfchen ausziehen, weil er alleine
„die Suͤnde wegnehmen koͤnnte. Denn die, foden
„Menſchen gefangen halten, und in ihrem Reich
„verwahren, find ſtaͤrker, als er. Der HERR
„aber hat verheiſſen, daß er uns von dieſer Knecht⸗
„ſchaft erlöfen wolle ©), Diefe Gnade GOttes
»erzeiget ſich vornemlich in allen Werken, wenn
»fie durch Ermahnungen aufmüntert , durch Ex—
»empelerinnert, durch Drohungen fchreckt, durch
Wunderwerke antreibet, wenn fie Berjtand und
»MWeisheitgibt, guten Rath einbläft, das Herz
»erleuchtet , mit Glaubensbegierde erfüllt, den
„Willen heitiget „ u.f.m.d). So finger auch je-
„ner gottfelige Alte davon e):
Der neue Önadenfchein von Ehrifti Siebe
Zeucht unfern Sinn, befiegt die Härtigfeit
In GOttes Kraft, die im verborgnen Triebe
Von innen aus Herz, Muth und Sinn ver⸗
neut:
Und nicht allein durch Rathen und durch Lehren
Den Menſchen kann im Augenblick umkehren.
Und Paulinus ſchreibt ſeinem Vater dieſes zum
Preis nad) f): e
ch hab nicht von mir felbft, mein GOTT, ver ⸗
haftes eben =
Verworfen und verdammt, Die Önade Fam
zuvor,
Ihr neuer Sinn hub mic) zu GOttes Reich
t empor,
Nicht meine Kraft. Ich muß ihm nur die Ehre
geben.
Hat er zuvor an mir wol etwas Guts erſehn?
Ach nein! der Dank ſoll ihm, nicht aber mir
s geſchehn.
Welche uͤberſchwaͤngliche Gnade denn der Glaube
annahm, und zu ſeiner Staͤrkung brauchte.
Darum
u) Anguflinus ferın.14. e Verb.Apoft.de Bapt.
z) Ambrofiuslib. I.
R
—
ſto anders eine neue Creatur i
C
——— Polycarpus ihn — Mutter
ee Rinder GOttes, daraus fie gleichſam
‚gezeugetwordens). Undeinanderer fagt: “Die
Wahren Kinder GOttes find, fo nicht das Geſetz
gebaͤre, ſondern der Glaube, der in EHrifto
ach ifth). Ein Eprift wird nicht nach feinem
»Wefengeboven, fondern durch den Ölauben, der
„chen darzu fommen ift. Die Unwiſſenheit
Fentſtehet im Sleifch, aber der Glaube wird durch
die geiftliche Schöpfung eingepflanzet,,i). Ein
ſolcher lebendiger Glaube “halt GOTT nicht
„nach dem Sinn des gemeinen Verſtandes, fon-
„dern der, fo uns zu der Görtlichfeit feiner Na—
„tur beinget, halt uns nicht auf in leiblichen Ge-
„boten, fondern reiniget den Geiſt von allen La—
„ſtern die Veraͤnderung des Herzens, durch
„deſſen Tod wir in der Taufe begraben werden,
gt wir zum $eben der Ewigkeit wiederkom:
„men, indem die Wiedergeburt zum Leben ein
Tod iftausdemseben, und wir den Sünden ab:
„ſterben, zur Unsterblichkeit aber wiedergeboren
„iwerden,,k). Aber bievon weiter unten.
7. Da fiengnuneinneugeborner Chrifte an über
alle natürliche Menfchen erhaben zu werden, und
gehörte nicht mehr nach dem Geiſte unter die eiteln
vergänglichen Creaturen. "Es ift gar etwas
„Hohes und Unterfchiedenes um die neue Ereatur,
ſagt einer von ihnen, )fie ift von allen Leuten Die:
„fer Welt unterfchieden durch die Erneurung des
„Sinnes, Ruhe der Gedanken, Liebe des HErrn
„und bimmlifchen Frieden; denn deswegen iſt der
HERR eben kommen, daß er die, fo wahrhaf-
„tig an ihn — dieſer Guͤter wuͤrdigte. Sin⸗
„temalder Chriſten Herrlichkeit und Glanz, und
„bimmlifcher Reichthum unausfprechlich ift 1).
„Ein folcher Gläubiger batenun ſtets von GOtt,
„daß er in feinem Sinn immer mehr verändert
„würde durch die Umkehrung feines Herzens, da-
„mit feine Bitterfeit in lauter füfles Weſen ver-
„wandelt wuͤrde m), Denn wer alfo zu GOTT
„nahet, und wahrhaftig mit EHrifto regieren
„will, der muß mit dem Sinn hinzu treten, da-
„mit er geändert und ganz umgekehret werde von
„feinem vorigen Zuftand und Wandel. Er muß
„alfo den neuen und heiligen Menfchen erweifen,
„der nichts vom alten mehr habe, wenn er in Chri—
it, Denn deswe:
on ihrer Wiedergeburt und Rindfcbaft GOttes.
37
„gen ift unſer HErr JEſus CHriftus Fommen,
„oaßer die Natur bekehre, verändere und verneues
„re .und diefe Seele reformire , die wegen ihrer
„Sünden in die Gemürhsbewegungen verwi—
„ckelt ift, Damit fie a mit feinem göttlichen
„Geifte vereiniget und vermenget werde. Alſo
„it er kommen, daß er ung mache ein neu Herz,
„neue Seelen, neue Augen, neue Ohren, eine
„ueuegeiftliche Zunge, und, Be ichs aufeinmal
„tage, neue glaubige Menfchen, oder neue
„Schläuche, die er mitdem Lichte feiner Erfennt-
„niß anfuͤlle, undden neuen Wein, den H. Geift,
„hinein gieſſe „n). So gar mächtig erzeigte fich
die Gnade in ihren Gefäflen, und mußte in allen
gepriefen werden, wenn fie den Derftand er—
öffnete, das Herz erleuchtete, mitden Srüch-
ten des Glaubens es ausrüftere, und allıs
in alten bey ihnen wurde 0).
8. Die allernächfte und offenbarfte Frucht der
Wiedergeburt war bey ihnen ein heiliges Leben, in
Erinnerung Epbefi 2, 10. c. 4, 22. Col. 3,10. 1 Joh.
2,9. 65,18. Daß fie deswegen wiedergeboren
„wuͤrden, damit die Sünde in ihnen gebrochen
„werde, mit welcher fie geboren waren. Denn
„eben deswegen ift die Wiedergeburt von GOtt
„verordnet, weil die erſte Geburt fündlich iſt p).
„Drum bat die neue Ereatur diefe Eigenfchaft
„ourchdie Gnade, daß die, fo GOttes Gefchöpfe
„iind, die in EHrifto durch die himmlifche Geburt
„erschaffen werden, nicht von Saulbeit trage und
„muͤßig ſeyn, fondern in der Kraft zunehmen,
„und wandeln auf dem Wege guter Werke
„Denndas heißt erfchaffen werden, aus der alten
„Ereatur eine neue werden ; das heilt, aus dem
„Bilde des irdischen Menfchen zum Bilde des him̃⸗
„üfchen verändert werden, welches derjenige entwe⸗
„ver durch die Mitarbeiter der Gnade öffentlich,
„oder heimlich durch die Handreichung des Geiftes
„anfange, vermehret und vollendet, deſſen Acker—
„werk, Gebau und Gemächte wirfindg). Mens
„lic, er formiret und machet fie, nicht daß fie
„Menſchen, fondern daß fie fromme Menfchen
„ſeyn follen; wie David ſagt: Schaffe in mir
„GOtt ein rein Herz r). Und wer aus dem
„bimmlifchen Vater geboren ſeyn will, der muß
„etwas vortreflichers thun, als die andern Men:
„fchen, nemlich in Fleiß und Arbeit, in Eifer, Lie—
E3 „be,
8) Epift. ad Philipp: h) Ambrof, lib. I. de Sacram. init, 1) Auguft. Qu. V. et N. T. 86. k) Hilarius I. de
Trinit. init. 1) Mararins hom. 5,
Laur, c» 31. *
1
m) Idem hom. 3t. init,
Gent. c.9. p) Leo M. cp. 86. ad Nicetam, q) Ambroſius lib. I. de Voc. Gent, e. $.
n) Id. hom. 44. init. 0) Ambrof. II. de Voc.
5) „Arguft Enchir. ad
„be, gutem Wandel, in Glauben und Furcht; da-
„mitdie, welche fo berrliche Güter verlangen , den
„HERRNerblich befisen fonnen 5). Es iſt ja
„nicht in Menſchen Kräften, daß man von fo vie⸗
„tem Uebel befreyet wird, fondern in GOTTES
„Hülfe. Deswegen muß man ja dankbar feyn;
„und wer einmal frenmwillig und von Herzen ge-
„horſam worden ift, nicht gezwungen, ‚Der muß
icht zuruͤcke weichen zudem, was ärger ift, und
„davon er nicht ungerne ſich abgefondert hat t).
„Wann alfo der Schöpfer unfere Siebe von der
„Welt abgewandr hat, darinnen wir jtarben
„Durch unfer böfes Leben, und die Seele anfange
„zu leben in dev Gortfeligfeit, En erfüllet wird
„das Wort Pauli : Stellet euch nicht diefer Welt
„gleich; fo folget bald das andre drauf: fondern
„werdet verändert durch die Erneuerung eures
„Sinnes; nicht nach der Art, als wollten wir ei-
„nem andern nachfolgen, oder nad) eines Men-
„schen Anfehen leben. Denn er hat nicht gefagt:
„Der Menfch werde nach feinem Öefchlecht, fon-
„dern nad) unferm Bilde und Gleichniß, damit
„wir prüfen, welches fein Wille fey u).
* 9. Bon folchen herrlichen Wirkungen aber
werden die folgenden Capitel überflüßig zeugen.
Jetzund bemerfe ich nur noch, daß fie die Her—
wiederbringung des verlornen Bildes GOttes
als den Hauptzweck ihrer neuen Geburt ange-
fehen haben. Denn “eben wie er die Menfchen
„zuerft erfchaffen gehabt; alfo bringt er die Er-
„Ichaffenen wiederum zurechte; er erneuert fie
„Durch eine göttliche Schöpfung, welche das erite
„Gefchöpfe in vielen Stücken übertrift x). Und
„wiedas Herz nach der Bufle, dadurcher Dievori-
gen verderbten Gewohnheiten abgethan hat, wie⸗
„verum gebeffert und verändert wird, alſo wird
„auch der Leib nach dem Tode in der Auferftehung
„verbeffert werden y). Derjenige, fo viel Wun—
„der gethan hat, wird jaaud) eine zu ihm befehrte
„Seele, die, feine Barmberzigfeit anflebet, re-
„‚gieren und führen zu einer freudigen Befreyung
„von denen Affecten, und zu einem Stand aller
„Tugenden und Erneuerung des Gemuͤths, wenn
„er fie heilet und abführet von ihrer Blindheit,
„Taubheit, und vom Tode des Unglaubens, Un-
wiſſenheit und Verwegenheit, zu einem ruhigen
an ‚ und zur Neinigfeit des Herzens 2).
„odenn es muß alferdings Die Seele geveiniget
“ =
s) Macariushom.14. t) Theophyladius adRom. VI. 17. u) Auguſt lib. XIII. confeſſt c.22. x) Gregor. Naz. Orät. 40.
de Bapt. y) Auguft. lib. I. de Dodtr. Chrift.c.ı9. 2) Macariushom.4. a)ld. hom.ı7. b)Id.hom.26. <)Pro-
ber Epigr. 105... d) Hilarins 1, de Trin. e) Macar. hom. 45. f)Profper Epigr. 69. 8) Ambro/. V. de Sacr.
c. 4.
„und in ihre Natur wiederum
„nemlich in die reine und untadelid
„Alsdenn gehet der Menſch durch d
„Geiſtes und die geiſtliche ʒerge
„Herrlichkeit des erſten Adams fort, ı
deſto herrlicher, weil derſelbe Menſch gar
„tert wird b). “ f . *
Es ſoll fein Merkmahl in dir bleiben
Der Larve, dieder Satanträgt; 7
Das Bild, das EHriftus dir einpraͤgt,
Kann damit nicht Gemeinfcyaft treiben.
Drum freue dich, daß dir in EHrifti eben
Sein Bild und Theil nun ie wieder ges
eNc).
„Hier find neue Sinne des mwiedergebornen Ber-
„ſtandes vonnoͤthen, damit einem jeden fein Herz
„nach der Gabedeshimmlifchen Urfprungs erleuch- _
„tet werde. Daher mußeiner erftdurchden Ölau:
„ben in dem Wefen GOttes ftehen, und wiſſen, ;
„daß er göttlicher Natur theilhaftig worden ſey d),
„Diefer hat alsdenn geben und Seligkeit gefun-
„den, weil er wiederum zu feinem —
„gekehret iſt. Und iſt alsdenn Feine fo sraffe
„meinfchaft, als zroifchen GOtt und der Geelen.
„Hier gefällts GOtt alleine fich zu offenbaren und
„zurrußenie), "6
Ein Kind ann feinen Vater Fennen,
In feiner Liebe liebt es fich ;
Man Fann es GOttes Spiegel nennen,
Sein Licht, fein Glanz, fein ander Sch-
In EHrifto ifter ausgezogen *
Vom Fleiſche dieſer Sterblichkeit
Sn CHriſto iſt er aufgeflogen,
Und lacht der fehnöden Eitelfei. ag
Kurz: Alles ift an ihm nun neu. —
Sag, ob er Gott nicht ähnlich fen F)$
10. Wie hoch mußten nun diefe Herzenerquickee
werden, wenn fie, nach der Angftund Schmerzen
diefer Geburt, ihrer Kindfchaft von dem Bimmli-
fchen Vater verfichertwurden. Es bieffe von fol-
chen wahrhaftig: “Du bift nun aus einem böfen
„Rechte ein frommes Kind worden, drum fehrei-
„be e8 nicht deiner Kraft, fondern der Gnade
„CHriſti zu. Hebe deine Augen auf zu deinem
„Vaͤter, nenneihndeinen Vater als ſein Kind ge).
„Denn der Neuwiedergeborne und feinem GOtt
„durch die Gnade mwiedergebrachte Menfch ſaget
„vors erftezu GOtt: Vater! Was a >
Err
anne ——
J
2
+
u » feinen a ni ni are 8 Be ih⸗
„nen fchon die Kindſchaft geg ? Die Kin-
f „der aber diefer Welt werd Kinder GOt⸗
tes ohne die Wied » aber nachdem wir
"Bots Kinder nd P wird der innere Menſch
„von Tag zu Tag erneuert, und durch das Bad
„der Wiedergeburt gebeiliger i). Wir werden
Gottes Freunde und Hausgenoffen, und das
„elare und himmliſche Sicht ſcheinet alsbald der
„Seelen, die zu GOtt fommt k), Der Glaube
die Gnade des H. Geiftes, der allen Unter:
d eib de Menſchen zufammen faßt, batunsin
„eine Form a und mit einem Föniglichen
„Character oder Zeichen begabet, Was iſt aber
„dieſer Gnade zu vergleichen 1)? Der Menfch
wird alfo rein durch die Kraft GOttes, er wird
— ssworfreflicher, als er zuvor war; und GOttes
Fr»; n, nachdem er in feiner Seelen das bimm-
slifche Zeichen empfangen bat. Denn die Aus-
»erwehlten GOttes werden durch das Del der
»Heiligung gefalbet, und werden mächtige Po-
s»stentaten und Könige m). Solche Chriſten ge—
»hören in eine andere Welt, fie find Kinder des
»himmlifchen Adams, einneu Gewächfe, Kinder
P „vdes H. Geiftes, berrliche Brüder CHrifti, die
ihrem Vater ahnlich find, und feinen Glan;
an fich haben, und zu jener Stadt, Art und
Kraft gehören rn). Immaſſen diefes des Hei:
Landes einige Abficht und Arbeit geweſen it, daß
er aus fich felbft, aus feiner Natur Kinder zeugte,
- "durch den Geift, voncbenberab, Ahdem es ihm
fehr angenehm war, wenn fie aus feiner Gott:
„he geboren winden. Er will, daß alle Men:
"(chen diefe Geburt erl ; denn er ift für
alle geftorben, und hat alle zum Leben beruffen.
Das seben aber ift die Geburt aus GOTT von
"oben, ohne welche die Seele nicht leben Fann.
wWer nun dem HErrn glaubet, und hinzu trit
und diefe Geburt erlangt, der macht ein El⸗
„tern gleichſam im Himmel groſſe Freude 0). Es
wurde aber Re: gar Feine fleifchliche Nachfolge,
„‚‚ondern die Erbfchaft des Glaubens gemeynet.
„Diefe Hoheit des Urfprungs beftunde in den
„Erempeln des Lebens, und die Ehre des Ge-
chlechts wurde durch die Gleichheit des Glau-
„bens erhalten. Deswegen mußte ein jeder durch
„fein geben die Berwandfchaft bewahren p).
ut
— —
—
4. Cap. Von ihrer Wiedergeburt und Bindſchaft GOttes.
i. Und alſo gieng bey ihnen die Herrlichkeit der
Kindfchaft genau mit ihren Pflichten zufammen,
daß, “wenn nun der H. Geiſt über fie kommen,
„und fiemit der Salbung der bimmlifchen Herr
„lich£eit überfchürter harte, fie auch zu Kindern
Gottes durch des Vaters Stimme gemachet
„worden waren 9), (Rom. 8, 15. 16.17. 9, 8.
„al. 3,26. c.4,5. 1Joh. 3, 1.2.) fie alsdenn wohl
„acht hatten, daß fie ihres fogroffen Vaters nicht
unwuͤrdig ſeyn mochten r). Ja, man bielte kei⸗—
„ne Ermaßnung für Fraftiger, als wenn die
„Schrift fie GOttes Kinder nennte. Denn wer
„wollte fich nicht ſchaͤmen, etwas diefem Vater un:
„anftandiges zu begehen, daß er ein Kneght der
„Sünden würde, derdochein Sohn GOttes beif-
„fen wolle? Darum wurde ihnen immer Die
„groffe Ehre der himmliſchen Wahrheit eingepra-
„get, und diefe Ehre machte fiebefchamt über allen
„Sündens). Denn der allein Fonnte ſich als ein
„Rind Gottes erweifen, welcher durch die Suͤn—
„den nicht beflecfet wird, fondern von göttlichen
„Tugenden glängete t). Wer fih nun als ein
„Kind GOttes anfahe,in dem Geift der Kind-
„ſchaft, und den Vater anzureden getrauete, der
„mußte von feinem böfen Gewiffen los feyn, und
„nach feinem Reiche feufgen, den Willen GOt—
„tes durch feinen Beyſtand ehun, und denen En-
„geln auf Erden gleict werdenn). Diefe Liebe
„und diefe Gnade forderte in ihnen etwas gleiches,
„nehmlich die Liebe, dadurch fie ihrem Vater und
„ihrem Bruder Chriſto aleichfam als durch eine
„Bermwandfchaft verfmüpfee wurdenx). Ab:
„ſonderlich mußte von folchen Kindern der Wille
„ihres Vaters in feinem Teftament vollbracht
„werden, damit fie auch der Demuth und Leiden
„Chriſti theilhaftig würden, wenn ſie Erben GOttes
„und Miterben Chriſti ſeyn wollten y).Dis hielten
„ſie für den einigen und wahren Adel, daß fie GOt⸗—
„tes Willen thaten. Die alleine waren viel naͤher
„bey GOtt, die feinen Willen vollbrachtenz ).
12. Solche Gemeinfchaft aber mit GOtt hiel⸗
ten fie fo hoch und fräftig, daß fie auch Fein Be—
denfentrugen, die Wiedergeburt eine Dergöttes
rung, in gefundem Verſtand aus 2 Petr. 1,4. ju
nennen. Memlich, nicht daß der Menſch dadurch
zu einem Gott werde in feiner Natur, wenn er
zum
h) Cyprianus de Orat. Domin. init. i) Augufl, I. de Nupt. et Concup.c.ıg. k) Bafılius Exhort. ad Bapt. I) Chry-
J[eR.hom.9. in Ioh. I. m) Macarius hom. i5.
g) Hilarius l c. fin.
nit,
n) Id. hom. 16.
r) Auguffinss lib. II. de ferm. Dom. in Monte.
eg ferm. 67. u)Zeo M. ferm. Il. in Nat. Chrifl. c. 5.
„in Nat. c.3. 2) Chryfof. hom. 45. in Matth.
o)Id.hom.30. p) Hilarius can.2.in Matth.
s) Hieron. ad Demetriad. de Ynrgi-
x) Angufl. Manual. c. i9. y)Leo M.
40
zum Bilde GOttes wiederum erneuert: wird.
Siehe oben n. 4. und im 19. Cap. n. 10, Denn
dasjenige ift nicht gleich eben das Weſen des an-
dern, das ihm gleich iſt a). Unterdeſſen fchreibt
doch Gregorius Nazianzenus: die Chriſten
werden durch die Taufe vergoͤttert b). Ein an-
derer: Sie werden durch die Wiedergeburt von
„dem Geift vergöttert, inden fie von ihm zu Kin-
„dern angenommen, und alfo durch dieſe Anneh—
„nung und Gnade Götter werden,,c). Miede-
rum einer aus Pf. 82,6. *GHDdre will nicht der
„Sterblichen und Vergaͤnglichen GOTT feyn,
„ondern derer, Die in die himmliſche Berrlichfete
„follen verwandelt werden, und den alten Men-
„ichen'ausgezogen haben, hingegen den neuen an=
„gezogen, welche dem Leibe der Herrlichkeit GOt⸗
„ces gleichformig feyn follen. Und obdiefe gleich
„durch den Glauben Götter werden, fo ift doc)
„eine ewige DBarmberzigfeit fonderlich die Ur-
„sache d). WennderMenfchrein wird, fo wird
„er hernach vergöftert, und wird GOttes Sohn,
„und befomme in feine Serfe das himmliſche
„Kennzeichen e). Wer dem Herrn anhanger,
„der ift ein Geift mit ihm. Dis gefchieher, wenn
„der Menfch verfchlungen wird von der Gnade f),
„wenn die Seele nun gereiniget und mit dem N.
„Geiſt verknuͤpfet ift, und mitdem Geift vermen-
„get auch zum Geiſte wird; da wird fie ganz zum
„Licht, ganz zum Auge, ganz zur Freude und
„Bergnügung, ganz zur Liebe und Erbarmung,
„ganz zur Guͤte und Gnade 8). Da fümmt fie
„oucch Die Kraft des Geiftes und die geiftliche
Wiedergeburt zur Herrlichkeit des erften Adams,
„und wird deſto herrlicher, weil ein ſolcher Menfch
„gar vergüftert wird h). And endlich in jener
„Welt werden die Sanftmüchigen GOttes Kin-
„der und Götter werden, wenn fiein Die göttliche
„Natur werden verwandelt feyn,, i). Diefe
und dergleichen Neden brauchten die Alten, wenn
fie dadurch nicht eine Verwandlung in das
göttliche Wefen, fondern göttliche Einleuch-
tung oder Einſtralung verftunden, die der
Zwed der göttlichen Bebeimniffe war, da⸗
durch der Menſch zu GOtt nahe, und alfo
vergoͤttert werde k).
13. Ueberhaupt aber waren ſie wiedergeboren
zu einer lebendigen Hoffnung, ı Pet. 1, 3.
„Damit fie durch dieſe Geburt das Leben ererbten,
1.3. Don der Pflicht und Bezeigung derer erſten Ehriften gegen Ott. "rn
— —
„gleichwie fie durch Die erſte Geburt den Tod ge⸗
„erbet hatten h. —— zur Müßenen
„boren, fo wurden fie nun mi
„Ruhe und zur ewigen Gluͤckſeligkeit
„Menſch, daraus fie geboren wareı
„der neue Menfch aber EHriftus, di
„verneuert wurden. Durch den mareı
„neu und zu einem andern. $eben gezeu
»Diefer gab ihnen Diefe Kraft, als er den
„durch fein Kreuz überwand, den G
„durch fein Blut erlöfete, den Menfchen mie G
„ven Bater wiederum verfühnete, und den
„lichen wieder lebendig machte Durch die bimmlifche
»Wiedergeburt,, n). _ Und deswegen nennte
man dieſes eine Wiedergeburt zur Un—
ſchuld 0): indem fie gewiß glaubeten, daß der.
allein zur Herrlichkeit erhaben werden fülle, der
den Bund mit feinem Vater freulich halte in der
Kraft Diefes mächtigen HENAN * Wenn
nemlich es alſo zugehet, wie es einer ſehr ſchoͤn be⸗
ſchreibet g): *Es wurden nun meine Begierden
„von der Weltliebe zurück gehalten, und die See—
„le fieng an in einen frommen Wandel zu freten..
„Da wurde an mir das Wort erfüller: Stellet
„euch nicht diefer Welt gleich; und der HERR
„betätigte aud) das folgende über mir: fondern
„werdet verändert in der Erneurung eures Sin⸗
„nes. Denn dazu wird der Sinn eben veränderf,
„daß er die erkannte Wahrheit ſiehet, und bedarf
„keines Menſchen, der ſie ihm zeige, ſondern wenn
„or HERRſie ihm weiſet, ſo gefaͤllt ſie ihm, und
„er pruͤfet, was fein Wille ſey, . Der Märty-
edergeboren zur
Der alte
rer Juſtinus druͤcket es mit einem Worte aus, daß.
nemlich das Leben folge auf die Wiedergeburt,
wie auf eine leibliche Geburt fich des gebornen
Kindes Leben aͤuſſert r). —
14. Aus dieſem Grunde ruͤhrete ihre Erkenntniß
von dem inneren Menſchen her, welchen ſie
nach Anleitung der H. Schrift, 2Cor. 4,16. Eph.
4,24. Col. 3,10. aus Erfahrung wohl befchrieben,
und von dem aͤuſſern Menſchen unterfchie-
den, „Jener (lehrten fie,) ift verftandig, hurtig,
„geſchwind, geiftlich, fubtil und ewig: er ahmet
„ven höchften Wefen nach, fo viel an ihm iſt.
„Der Adel einer folchen Seele thut es der Natur
Gottes nach, ſie hat nichts leibliches, irdiſches,
Ichweres oder vergaͤngliches in ſich. Dieſen
„müffen wir anziehen, nemlich die Erkenntniß
„Gottes, den Glauben der Ewigkeit, die laute—
re
2) Achanaſius de Sent. Diony/,p. 372. b) Orat.6.deSph. c) Elias Oretenſis apud Colbergium Chriſt. Platon. P. II. e. 7.
d).Hilariusin Pf. 135. e) Macariushom.ız. f) Id. hom. ı6. -g) Id.hom.g. h)Hom.26. i) Hom. 34. k) Io. Da-
ma/cenus lib. IL, Orthod. Fid. c. 12. 1) Ireneuslib. V.p.293. m) Auguf. fern. 160. de Temp. n) Cyprianus lib. I.
adu, Demetr. 0) Hilarius inPf.63. p) Leo M. ferm. 13. de Pa, q) Auguf. XIII Confefl.c.22. r) Apol, II. p. 97.
hieſſe Adam,
den ſie
“
4. C. Don ibrer Wiederaeburt und Rindfchaft GOttes.
Dieſes ziehen
enſchen, da⸗
Seelen nach
nt, und vollkom⸗
iligfeit,, s). Alfo
„dem Bild unfers Schöpfers
J fie es für noͤthig, daß er beyder Zus
nd und Alter betrachteten, fo wol des Men»
fchen, den man fiehet, als des verborgenen und
inneren, 1 Pet. 3,4. t) welches Athanaſius alfo
erkläre aus Pf. 51,12. “Paulus deutet nicht auf
„wey Menfchen, die im HERAN weſentlich
"hllen gefchaffen werden, er will auch nicht, daß
„wir wahrhaftig einen andern Menfchen anziehen
„tollen, fondern er deutet durch den Menfchen, der
Be na gefchaffen ift, an das teben, das
„nach feiner Kraft foll geführer werden,, u) ‚Und
ein andrer: **Diefe zwey Dinge, geboren und
„wiedergeboren werden, gehören zu den zweyen
Menfhen: das eine zu dem erften Adam, das
„andere zu dem andern, CHriſto. Deswegen
„müffen wir auch geboren und wiedergeboren
„werden. Denn wir gehen Durch Die neue Ge—
„burt ausder Sünden aus zur Gerechtigkeit. Nie-
„mand aber wird von neuem geboren ohne die
„wirkende Gnade des Geiftes, welche durch den
„andern Adam, EHriftum, gegebenift x), So
„hieſſe nun bey ihnen Die Seele der innere Menfch,
„dadurch der leimerne Klumpen belebet, vegieret
„und erhalten wird, y). Auf diefes innere
Wefen müffe man fonderlich fehen, und nicht, was
den Menfchen nur äufferlich umgibt z). Denn
das Reich GOttes iſt innwendig in ibm a),
und wer Die ufferlichen VBerfuchungen überwin-
den wolle, der müffe dahin ftreben, daß fein in:
nerer Menfb nah GOtt alles wirke b).
15. Nicht weniger aber ſahen fie fodann den Un—
terfcheid Flarlich zwifchen einem natürlichen Mens
schen und einem Wiedergebornen. Sie mußten,
daß die heilige Schrift drey unterfchiedene Dinge in
diefen benennet, nemlich Leib, Seel und Beift:
As Theſſal. 5,23. Euer Beift ganz famt
Seel und Keib muͤſſe unfträflich behal—
ten werden. Ebr. 4, 12. Das Wort GOttes
durchdringet, bis daß cs ſcheidet Seel
und Geiſt, auch Mark und Bein. Luc. ı, 46.
47. u. aum. Und weil fie diefe Kraft der Wie:
dergeburt von dem Geift GOttes in ibre Seelen
41
geleget funden, welche über alle Natur und Ber—
une fliege, fo Eonnten fie aus Erfahrung davon
zeugen. Wir erfennen zweyerleh Arten der
„Geifter, (fagten fie auch zu den Heyden,) deren ei-
„ner die Seele heiſſet, Die andere und vortreflichere
„iſt das Bild oderdie Gleichheit GOttes. Bey—
„des war denen erſten Menſchen gegeben, daß ſie
„theils aus der Materie beſtuͤnden, theils über
„Diefelbige ftiegen e). Hingegen erfannten die
„Reßer nicht, daß drey Dinge waren, daraus
„ein vollfommener Menfch beftener, nemlich
„Fleiſch, Seel und Geift, da das eine zwar felig
„macht und formirt, welches dev Geift ift, dasan-
„dere aber, das mit ihm vereinigt und formirt wird,
„welches das Fleiſch ift. Dasjenige aber, das
——5 dieſen beyden iſt, iſt die Seele, welche
„bisweilen folget, und von jenem erhoben wird,
„bisweilen aber, wenn fie mit dem Fleiſch über:
„einftimme, in irdiſche Luͤſte verfäller Welche
„nun Das nicht haben, mas fie felig machen und
„zum Leben erfchaffen kann, die heiſſen Fleiſch und
„Blut, weil ſie den Geift GOttes nicht in ſich ba-
„ben d). Denn ein anders ift das Hauchen des
„natürlichen tebens, welches auch einen feelifchen
„(Yuxmov) oder natürlichen Menfchen mache,
„und ein anders ift dev lebendigmachende Geift,
„der ihm geiftlich macher. Daber auch der HErr
„beym Efaia (6. 42-) faget, das Hauchen fey al-
„lem Volk auf Erden gegeben, der Geift aber ei-
„gentlich denen, welche die ivdifche Süfte ver—
„ichmähen. So ift nun das Anhauchen zeitlich,
„der Geift aber ewig, der den Menfchen allzeitvon
„innen und auſſen umgibt, allzeit dauret, und ihn
„nie verläßt, e). So führe diefes ein anderer
zehrer aus dem 3 B. Mof. ır, 44. c. 19,2. ber:
Der HERR habe die Heiligkeit nicht von dem
„Seit des Menfchen gefordert, weil diefer vor
„ich ſchon beilig erfennet werde, und alfo Fei-
„ne Ermaßnung zur Heiligkeit erwarte, als wel—
sche feine eigene Natur ſey. Das Fleifch aber
„werde zur Heiligung angeführet„f). Gregorius
Nyſſenus erfennet bier zwar aus ı Theffal« 5.
und Matt. 22, 37. einen Unterfcheid der Kräften
in dem Menfchen, ftellet aber die Eintheilung nach
der ungegründeten Philofopbie etwas anders an,
und ziehet die Worte CHriſti etwas zu weit g)
mit Ambroſio, der fie von dem Verſtand, Willen
F und
s) Hlarius in Pf. 129. t) Bafılius in Prou. I. init. u) Orat. 3. aduerſ. Arrian. x) Augu/ſtinus Epiſt. 57. ad
Tardanım. y)Id. de Spir, et An. c. 34.
2) Cyrillus Alex. ad Ioh. VI. 42.
a) Luc. XVII. zı. de quo
Origenes ad Matth. XIII. 32. Chryfoft. hom. 23. et 24. in Ioh. et Ifidorus Peluf. lib. III. Epift. 206. et lib.
V. epift. 345. b) Inter Apophthegmäta Patrum ap. Corelerium» Tom. I, Monum, Ecel. Gr. p. 355.
d).Irenans lib. V. c. 12 e) Ibid. p. 564. F) Tereullianus de Monoganı. e. 2.
tianus Or. ad Grxc. p. 150.
g) Lib. de hom. Opific. c. 8
c) Ta
42
und Gedächtni des Menfchen verftehet h). Es
gedenket aber auch Hieronymus , daß zu feiner
Zeit aus dem Orte Pauli entweder der Geift für
den Berftand, die Seele für das Leben, und der
$eib für das fichtbare Theil genommen worden.
Andere aber haben den Geiſt genennet die Kraft,
1.3. Don der Pflicht und Bezeigung derer erſten Ehriften degen GOtt.
— m — — —ñe
dadurch das Gemuͤth, der Sinn und Gedanken ver⸗
ſtanden werden. Er felbft aber nimmt den Geift
für die Rräfte und Gaben des. Beiftes, die
durch den Menſchen entweder erwecket oder
gedampfer werden, ı Theffal, 5, 29. 1). Siehe
folgendes. Eapitel.
h) Lib. de dignit. hum. condit. i) Queft. ı2.ad Hedibianı, Add. Origenes lib.I.ad Rom. et alii Veteres, vt re⸗
centiores taceam.
Das s.
Kapitel,
Bon der reichen Ausgieflung ded H. Geifted im
Neeuen Teſtament.
Summarien.
Hfrssiehung des H. Geiſtes, $.1.. der allein das Gute wirket, 2. umd durch fein Zeugniß verfiegelt,3. aber nur in keu⸗
fihen Herzen, 4. zu mehrer Reinigung, s.
ten fich die erften Chriften Geiftliche, 8. brauchten auch die geiftlichen Gaben, 9. als Gefalbte, ıc.
durch feine mancherlen Wirkungen ’6. und Gaben. 7.
en. 7. , Davon nenne
die in goktlicher Gewiß⸗
beit und Wahrheit, in. wie auch in lebendiger Erfahrung fkunden ı2. Durch die uͤberſchwaͤngliche Gnade des Neuen Teſtaments 13.
$5 aber die erften Chriften ſolcher en
Seligkeit theilbaftig wurden, fahen fie
im Glauben und Demut immer aufden
Urfprung, und preifeten die reiche Gnade
des HErrn im neuen Bunde, und das überfchwäng-
liche Maaß des Geiſts, das ihnen nun gegeben ward.
Und da erſtlich etliche Juͤnger auch nicht einmal
mußten, daß ein H. Geiſt wäre, Ap. Geſch. 19, 2. fo
wuchs hernach die Erkenntniß und der Genuß dieſer
groſſen Herrlichkeit deſto mehr, daß ſie durch den
Geiſt aus GOtt wiſſen konnten, was ihnen von
Gott geſchenket war. ı Cor. 2, 12. Roͤm. 8, 15. Von
deſſen Ankunft und Innwohnung erinnerte man zu⸗
foͤrderſt, daß, “weiler verborgen und unausſprech⸗
sylich fen, muͤſſen ihn auch nur Diejenigen geiftlich er-
„eennen, weiche die göttliche Gemeinfchaft des H.
„Geiftes in ihrer Seelen zu empfahen gewuͤrdiget
„worden,,a), Und diefes ruͤhmete nicht allein Pau-
tus vonden Corinthern zu feiner Zeit, fondern auch
hernach Clemens geftehet, daß über fie eine pöl-
fige Yuogieffung des 5. Beiftes geſchehen wä-
re,unöfiedabero voll gutes Willens geweſen b).
Dergleichen Exempel dann faſt unzaͤhlig find, und
nun ferner vorkommen werden. Wie ſie denn dem
Einwurf immer begegneten, den Fleiſch und Blut
machen wollte, daß der H. Geiſt nur den Apoſteln
‚gegeben fen, die andern Chriſten aber wären feiner
Gaben ähig. Denn fie zeugten,wie Paulus felbft
gebetet haͤ te, daß die Epheſer mochten an dem inn-
wendige n Menſchen geftärfet werden: Und daß der
nicht EHriſti ſey, der den Geiſt CHriſti nicht habe,
(a
Auctor Hierarchia Ecclef.c.2. b) Clemens Rom. epift.p.3. c) Macarius hom. 37 d) Macarins hom. 30.
hom.ı5. f) Bafins M. de Spirit. 8.c.16. g) Hilarinslib, U. de Trin. fine,
L
Kom. 8,8. Dahero ein jeder herzlich birten müfle,
Daß erdie Gnade des 9. Beiftes überfomme,
Damit er dahin wiederum gelange, wonon er
vertrieben worden, nemlich zu dem Bilde
GOttes c).
2. Diß war nun unter ihnen eine göttliche Wahr-
heit, “daß die Seele ohne den Geiſt nichts thun Fön-
ne, was GOTT angehet, fondern daß fietodtfey
„ohne diefe himmlifche Seele oder den Geift GOt⸗
„tes, eben wie der Leib ohne die Seele todt ift, und
nichts thun kann d). Es Fonne zwar mwolgefchehen,
„daß die Seele in dem geiftlichenDienft,der in dem
„innern Menfchen verborgner Weiſe geleifter wird,
„aus ihren eigenen Kräften oder Geilt dem Herrn
„diene: aber dennoch fey es ganz unmöglich, daß
„jemand G0Ott diene und angenehm fey ohne diefe
„Gnade zu allem feinem Wohlgefallen,, e). Denn,
fo wenig als eine Armee ohne ihren Führer, oder ein
Chor der Sänger ohne Directore bleiben Fünne, fo
wenig fey es möglid) bey der Seelen Regierung,
daß ihr geben ohne den Geift beſtehen koͤnne F),
„Und wenn das menfchliche Gemuͤthe nicht Durch
„den Glauben die Gabe des Geiftes erlange, fo ha-
„be es zwar einige natürliche Erfenntniß GOttes,
„aber Das Licht der wahren Erfenntniß babe es
„nicht ge). Wer dahero feine Berderbnißnicht er-
„eenne, die den innern Menfchen mit unordentli-
„schen Bewegungen beflecket, und erfenne nicht in
„ich die Hilfe des H. Geiftes, welcher feine
„Schwachheit ftärfer, und feine Seele erneuert in
der Freude des Herzens, der wandele ohne Erkennt⸗
niß,
old
EIERBDER TE. EEE —
--
2)
f
5. C. Don derreichen Yusgieffung des 3. Beiftes im Yleuen Teftament.
„niß, und wife nichts von der mannigfaltigen Aus-
stellung der Gnade und des göttlichen Friedens
erjenige, der die Menſchen erſchaffen, erloſet
„und beruffen hat, muß in ihnen durch den Glauben
„und H. Geiſt wohnen, und zu ihnen reden, ſollen
„anders die Menſchen nicht vergeblich arbeiten i).
3. So mußten fienun an dem ihnen gegebenen
Geifterfennen, daß GOtt in —* liebe, Joh. 3,
24. underfabren, daß fienun Rinder wären, weil er
den Geift feines Sohnes in ihre Herzen gegeben
batte.Gal. 4,6. So oft fie nun etwas qutesden-
ken und thun Eonnten,batten fie ein Zeugniß ben fich,
daß der H. Geift in ihnen a Würden fie
aber etwas böfes gethan haben, ſo waͤre es ein Zei-
chen gewefen, Daß er von ihnen gewichen wäre k).
Drum finget einer von ihnen gar vecht 1):
GH muß der Urfprung feyn und Führer unfter
baten,
Wenn aus des Herzens Brunn das Gute
flieſſet rein:
Soll unfer Chriſtenthum im HErren wohl gera-
then,
So muß ein aͤußres Werf des innern Zeuge
feyn.
Der Geift erweiſt fich bald, derinder Seelen
wohnt:
Der Reine — das Licht mie Licht be⸗
ohnt:
Nur fromm macht wieder fromm. Die Warm’
kommt vonden Flammen:
Was eine Wurzel hat, das finde ſich bald zu-
fammen,
Maſſen denn ein andrer,ohne Zweifel aus lebendiger
Erfahrung, befennet, da GOTT ofteden Seini-
„gen etwas von feinem Licht aus Gnaden mittheile,
„ober gleich in einem unzugänglichen tichte wohnt ;
„und weiler die Liebe felbft it, fo komme er doc) zu
„ihnen durch feinen H. Geift nach dem Maaß ihrer
„Scmwachheit m), Welche Seelen aber nur von
„berzlicherund unerfättlicher Liebe zu GOtt bren-
„en, die erlöfe er immer von ihren unordentlichen
Bewegungẽ, daß fie eine völlige Erleuchtung, und
„den H. und verborgenen Geift erlangen, ſamt der
ne Gemeinfchaft in der Fülle der Grade.
* a Bingegen träge und läßige Seelen in ihrem
„Fleiſche leben, weil fie folches nicht fuchen, und die
„Heiligung ihres Herzensdurch Geduld und Lang⸗
ymuth nicht zu erwarten hoffen. Diefe haben Feine
*
r t) Tertullianus de Spectac. c.15.
%
> ;
h) zus hom, vlt. i) Augufin. Tract. 4. in Ep.Ioh. k)Chry/oß. hom.3. de Bapt.Chr. I) Profper. Epigr, 23-
1) Caffiodorus (,potius Perrus Blefenfislib. de Amicitia. n) Macariushom. 10. 0) Augufl.ep. 3.ad. Volufian.
3 i. g)Lib. de dpix. $. apud Cenrur. Magd, Cent. IV. c.13. r) Enerr. in Etai. VI. $) Clemens Alex.
43
„Gemeinſchaft mitdem Geift in der Fülle zu aller
„Gewißheit, vielweniger aber erlangen fie durch
„den Geiſt Befreyung von ihren böfen Begier-
„den, m). Wienun die Apoftel und Juͤnger des
HErendie Gabe des H. Geiftes als eine VBerheif:
fung des Batersermarteten im Gebet und Verlan-
gen ihres Herzens, und alsdenn erſt mit demfelben
erfüllet wurden ; alfo thaten auch diefes hernach alle
wahre Rinder GOttes 0). Er ward durch IEſum
CHriſtum ihren Heiland reicylich über fie ausgegoſ⸗
fen, und durch ihn wurden fie erneuert, Damit fie
durch deffelben Gnade gerecht und Erben wur⸗
den der ewigen Herrlichkeit. Tit. 3,6.7-
4. Wie denn diefes unter ihnen gewiß und ausge-
macht war, daß nach ihres Heilandes Ausfpruch
die Welt und alle ihre Liebhaber den 5. Beift
nicht empfangen Fönne, Job. 14, 17. Sondern
daß er fliche von den Abgörtifchen und weiche von
den Ruchloſen. B. der Weisheit 1,5. Dagegen
werde er alleine gegeben denen, die ibm gehor⸗
ben. Apoft. Gefch.5,32. Drum bemerfete Ire⸗
naͤus wohl, daß GOtt zwar allen Menfchen eine
„vernünftigeSeele verliehen habe; alleine den Geiſt
„eigentlich nur denen, welche die irdifchen Luͤſte mit
„Fuͤſſen freten,„p). Und Eyprianusfaget: “Der
„H. Geift machet ihm nur in Feufchen Gemürbern
„eine Wohnung, er machet die Seelen der Heiligen
„mit allerhand Tugenden fruchtbar, und befördert
„ihre friedfertige Begierden fo fehr, daß ihr Wan—
„del ſchon im Himmel iſt, weil die Liebe in ihnen aus⸗
„gegoſſen iſt durch den H. Geift,, 9). Baſilius in⸗—
gleichen: Wie die Bilder der Geſichter nicht in
„einer jeden Materie entworfen koͤnnen werden,
„yondern in glatten und durchfcheinenden Dingen;
„alfo Fan die Wirkung des Geiftes nicht in allen
„Seelen, fondern nur indenen ſeyn, welche nichts
„ungleiches noch verfehrtes in fich haben. Ein un:
„ordentliches Leben ift unfabig göttliche Wirkung
„zu genieflen r). In denen aber, welche ſich in der
„beilfamen Lehre üben, erweiſet ſich ein goͤttlicher
„Ausfluß (wmsgeore) der über ſie ausgegoſſen
„wird s): Indem der HERR haben will, daß fein
„Geiſt bey ruhigen, gelinden und friedfamen See⸗
„ten fen und erhalten werde, nicht aber dur) Wuͤ⸗
„ten, Bitterfeit, Zorn oder Schmerzen verunruhi⸗
„get werde, als welcher nach der nite feiner Natur
„zart,gelinde und fanft zu ſeyn pfleger t). Und folche
„ſeyn und beiffen alleine Wohnungen des H. Gei-
52 ftes,
44 228. Don der Pflibt und Bezeigung derer erften Chriſten gegen GOtt.
„ftes, die denfelben bey fich haben (mveuaaropo-
„eor), u). Denn
Der Geift ziehtnur in folche Seelen ein,
Die heilig und in Einfalt lauter fenn x).
In keuſche Herzen gießt der HERR nur feine
aben
Sie koͤnnen nur den Duell vom Himmel flief-
fend haben y).
5. Nicht allein aber liebte der Geift GOttes bey.
denen Ehriften eine reine und heilige Wohnung,
fonderner reinigte fie aud) noch mehr, und machte
das Wort Pauli an allen feinen Werkzeugen
wahr. Wo der Geiſt ift, da ift Freyheit,
2 Cor. 3, 17. Wernun indemfelbigen wandelte,
der vollbrachte die Lüfte des Fleifches nicht. Gal.
5,16. fondern zeigte Die Früchte des Beiftes.
verf. 22. (Siehe das vorhergehende Cap. n. 6.
und die folgenden von- der Erleuchtung und Er-
neuerung.) Denn, wie Tertullianus fchlieffet, “da
„der Satan allzeit wirkt, und feine Bosheit täg-
lich vermehret, follte denn wol das Werk GOttes
„ſtille liegen oder aufhörenzumachfen? Da doch
„ner HErr dazuden Heiligen Geift gefandt hat,daß,
„weil der Menfch nicht alles auf einmal faffen
„kann, er allmählich regieret und in die Ordnung
„gebracht würde, ja endlich zur Vollkommenheit
„geleitet von dem Führer dem Heiligen Geift. Iſt
„alſo diefesdas Amt des Tröfters, daß erdurch ſei⸗
„megucht uns regiere, die. Schrift eröffne, den Ber:
„ſtand beffere, und alles zum Guten vollende 2):
„Wie alſo diejenigen felig werden durch diefe Ge:
„meinfehaft des Geiftes, welche immer im Guten
„zunehmen, und Früchte des Geiftes bringen ; fo
„iſt der vor fleifchlich zu halten, der in des Slei-
„ſches Gefchaften liegen bleibet, und fann nicht ins
„Himmelreich kommen, weil er den Geift GOt—
„tes nicht annimmt a). Denn diefer opfert und
„heilige dem HERRN nicht allein die Anoftel,
„ſendern auch alle Gläubigen b). Er erfüllet die
„Gemeine GOttes ganz: Er wirft die Flammen
„feiner Liebe aus fich felbft in die Herzen der Aus-
„erwählsen, damit er fie mie ein Blitz durch
„Schreien treffe: Er entzündet aber auch die
„tragen Herzen zu feiner tiebe, und die er anzuͤn—
„det, die erleuchtet er auch, damit fie nach der vori⸗
„gen Kälte nun brennen, und durch das Feuer
„der Liebe eine Flammedurch ihr Erempel von fich
„geben <). Und diefes hieffen fie die Bewegung
„des Heiligen Geiftes, wenn er durch die verborge-
PM | 9
„neEingebung feiner Gnade den Menſchen reizet
„und treibet, das wahre Gut zu lieben, und ihm ein
„Verlangen eingibt, fein Leben zu beſſern d).
„Denn, daß alle gute Worte und heilige Werke
„vom Heiligen Geiſte eingegeben werden, ohne
„den nichts recht gethan wird, das hatte ſie der
„Apoſtel gelehret ı Cor. 12, 3. Yliemand kann den
SEren JEfum nennen, ohne durch den Yei-
ligen Beift. Es find unterfehiedene Baben,
aber es ift eben der Beift e). Drumbielten fie
„diefes einige für hochſtnothig, daß ein Chrilte
„den Schatz und das Leben in feiner Seelen habe,
„welches iſt der HERR, er möge nun etwas thun
„oder beten, oder lefen wollen, damit er Diefesunbe-
„wegliche Gut behalte, nemlich den * Geiſt k).
„Wer nun nicht wollte nach ſeiner Wiedergeburt
„wiederum verfallen, der mußte nicht faul ſeyn bey
„der Anregung des Heiligen Geiſtes, ſondern ſeine
„Seele durch ihn bewahren g).
6. Die andern Wohlthaten und Kraͤfte des Heil.
Geiſtes befchrieben fie insgemein fehr ſchoͤn, ob ſie
fie wol alle an fich felbft vor unausfprechlich ach-
teten. Man fiehet aber doc), wie fie in völliger
Gemeinfchaft und Genuß deſſelben geftanden ha—
ben, da fie feine Wirfungen fo fertig zu erjehlen
willen. “Der Heil. Geift (fchreibet Eyprianus)
„tilget die Sünden, machet die Gottlofen gerecht,
„die Todten lebendig. Diefer befriediget die Zanf-
„füchtigen, und verbindet fie durch das Band der
„iebe. Diefer bringet unsin den Himmel, veiffet
„unsab von den Eitelfeiten diefer Welt, machet
„uns zu Erben des oberen Reiches, darinn die hoͤch⸗
„ſte Gluͤckſeligkeit iſt h). Dieferifts, der die Pro-
„pheten inder Gemeinefegt, die Lehrer untermeift,
„die Sprachen regiert, Kräfte und Gefundma-
„hung wirket, Wundermwerfe tbut, die Unter:
„ſcheidung der Geifter regiert, die Negierung
„mittheile, Rathſchlaͤge eingibet, und andere
„Önadengaben austheilet, ja dadurch Die Ge-
„meine des Herrn überall und in allen vollfom-
„men und herrlich machet i). Durch den Heiligen
„Geiſt wiederfährt den Gläubigen die Wiederein-
„ſetzung in das Paradis, die Auffahrt in das Him-
„melreich, die Wiederfunft zur Kindſchaft, das
„Vertrauen, GITT feinen Bater zu nennen,
„CHriſti eheilhaftig zu werden, ein Kind des
„Lichts zu fenn, des ewigen Lebens Miterbe zu
„werden, und kurz, in aller Fülle des Gegens zu
„le⸗
u) Prout Veieres dixere Sanctos: vt Dororheus apud Caueum Hiſt. Liter. Seet. IV. p iis. x) AratorHift.Apoft.Lib.I.
P-585. y) DrepaniusGrat. Art. pro defenſ. ap. Fabricium Poet. Chrift.p.732. z) Lib.deVel.Virgin.c.ı. a) e-
naus |. c. b) Eucherius Comm. in Reg. ap. Cent. Magd.V.c.4. €) Gregor. M.lib. V. in Ezech. hom.
€) Ambroj. II. de Voc. Gent.c. 9. f) Macarius hom.3.
1) Tertullianus lib, de Trinit. c.3.
fod.1. c.
Monum. Grec. Cotelerii. h) Lib, cit.
1. 5. d) Cas-
g) Syneletica apud Ahanaſium Vit.p.237-
. C. Vonder reichen Ausgieſſung des Geſſtes Neuen Teftlament. . 4
„leben, ſo wol in diefer alsin jener Welt, in den
„Gitern,die uns in Berbeiflungenbengeleaet find,
deren Wirfung wir durch den Glauben faſſen,
als fehon gegenwärtig, indem wir die Gnade als
„in einem Spiegel betrachten. Denn wenn das
Pfand fo herrlich ift , wie so wird das Voll⸗
„tommene fen? Und fo die Erſtlinge alfo be-
„haffen find, wie wird die Vollendung dieſer
„schre ſeyn Denn dieſer Geiſt iſt bey einem
„jeden fo kraͤſtig, als ob er bey ihm alleine wäre,
„und gieffet feine völlige Gnade über ihn aus,
„Die ihm gnug ift. Die Seelen, fo vom Heil.
„Geift gleichlam angeblafen worden , und von
ihm erleuchtet find, Die werden auch geiftlich, und
aſſen dieſe Gnade wiederum auf andere flieffen.
„Daherfommes hernach, daß fie kuͤnftige Dinge
„zuvor wiſſen, Geheimniſſe verſtehen, verborge-
„ne Lehren begreifen, Gaben haben, himmli—
„hen Wandel führen, mit den Engeln gleich:
„am fchon jauchzen,, die Freude one Ende ge:
„nieflen, in GOTT beftändig bleiben , ihm
„gleich werden, ja gar GOTT werden, darüber
„nichts höbers feyn ann 1). Da dieſe Gnade eine
„iſt, fo wirket je doch durch den Willen GOttes
„und im Mamen Ehrifti viel Kräfte. Denn fie
„vereiniget fich mit der Zungen zur Weisheit,
„eines andern Gemuͤth erleuchtet fie in der Weiſſa⸗
„gung, einem andern gibt fie Macht Geifter auszu:
„treiben, einem andern die Gabe die Schrift aus:
„iulegen , bey andern ftärft fie die Maͤßigkeit,
„andere unterweifer fie zum Almofen , andere
„tebret fie faften und zur Gortfeligfeit fich üben,
„und Jeibliche Dinge verachten, einen andern
„bereitet fie zur Marter: Und. alfo wirket fie in
„andernimmer etwas anders „ m), Gieher Cor.
12,4. undfolg.
7. Ferner reden fie auch infonderheit von feinen
. Gaben. Zum &rempel: "Daß diefe Gabe, die
„ſie in EHrifto hatten, ewig bey ihnen bleiben
„würde, alsein —* ihrer Hoffnung, ein Pfand
„ihres fünftigen Ecbes in den Wirkungen der
„Gaben, ein Licht der Seelen, ein Glanz der Ge—
„muͤther n). Durch Gaben würden fie ge-
„teiniget, und aus diefem Brunn würde der
„Strom des lebendigen Waffers auf fie ausgegof
ſen o). Ottt regiere fie durch den Geift feines
„Wohlgefallens und feiner $iebe, und bewege die
„Natur zumuten; und da GOTT durd) feine
„Barmherzigkeit die Menfchen habe befehren
k) Baflius M.lib, de Spir.S.c.ı,. UIdem ibid.
de Trinit. 0) Idemin Pf. 64.
2) Tertullian. de Monog. c. 14.
hom. 44.
* E
y)-Arator Hift. Apoft.lib. I. p.592.
m) Cyrillas Hiero/ol. Catech. XVI. p.ıgo.
pP) Gennadius Scholarius Confefl. Chrift.p.57 4) Bernhardus ferm. 74.
s) Cafliedor.l.c. t) Irenaus lib. V.c.2.
„wollen vondem Betrug des Satans, fo habeer
„diefe neue Schöpfung angefangen durch den H.
„Geift p). Diefer mächtige , heilige und füfle
„Geift ftärfe nun das Schwache, mache das Un—
„gleiche eben, veinige die Herzen, das ſchwer und
„enge imdiefer böfen Welt ſcheinet, mache er leicht,
„die Schmach verwandele er in Freude, die Ver—
„achtunginEhreg). Dahero niemand ſich mehr
„entfchuldigen koͤnne, daß das Fleifch ſchwach fen,
„denn der Geift fen willig, daß er das Fleiſch über-
„winde, damit das ſchwaͤchere dem ftärfern wei—
„chenmüfle r). Wenn nundie Seele mit dem H.
Geiſt vereiniget fey, fo mache er den Geift des
„Menfchen lebendig, untermeife ihn, wie er GOtt
„‚lieben, fuchen, finden, halten und genieflen koͤnne.
„Er felbft ſey in ihr hernach die Sorgfalt, dadurch
Gott in Demuth verlanget werde ; die Gottſelig⸗
„feit, die ihm im Geift anbete; die Weisheit, die
„ihn findezdie tiebe,die ihn babe,und die Freude,die
„ihn geniefle s). Und alfo werde das Fleiſch vom
„Geift befeffen, nehme die Art des Geiftes an,
„und werde dem Worte Gottes gleichförmig, daß
„es in einemneuen geben wandele, und GOTT
„gehorfam ſey. Weil wir nun oßne den Geift
„Gottes nicht felig werden Fonnen, fo vermahnet
„der Apoftel fhon, daß man im Glauben und
„‚feufchen Wandel nach dem Geift wandele , da=
„mit man nicht das Reich GOttes verliere, wenn
„man den KH. Geift nicht empfangen haber). Der
Menſch kann allein durch die bimmlifche und
„göttliche Natur, dasift, durch die Gabe des H.
„Geiftes wieder gefund werden, und zum teben
„eommen,wentt fein Herzdurch den H. Geiſt gereis
„niget iftu). Es kann auchdie Seele niche über
„das gefährliche Meer der Sünde und über den
„greulichen Abgrund der boͤſen Geiſter und Begier⸗
„den gehen, wenn fie nicht den himmliſchen und ſub⸗
„tilen Geift Chrifti empfangen Bat, der über alle
„Bosheit hinüber gehet, und durch den fie gerade
„zur wahren Ruhe Fommt „x). Welche Gnade
jener Pete alfo preifety):
Der gute Geift legt unsdie Gaben ben,
Die nicht vom Maaß, nod Zahl, noch
Schwachheit willen:
Die Hoffnung fen, wie groß fie immer fen,
Erift uns doch zu aeben mehr befliffen :
Die Gnad har Wir fhen und Verlangen
Weitdurchdie Gaben übergangen.
3 “ Und
n) Hilarius lib.IL,
u) Macariushom.20.fine. x) Id.
—, er — — — — —— — — —
46 1.3. Don der Pflicht und Bezeigung derer erſten Chriſten gegen GOtt.
And ein andeerin einem uralten Gefange ruffet ihn
alſo an z):
Schoͤnſter Troͤſter, liebſter Gaſt,
Unſrer Seelen einigs Leben,
Sanfte Kuͤhlung, ſuͤſſe Raſt,
Die uns Troſt in Noth kann geben,
Seligs Licht, erfuͤll die Sinnen
Derer, die dein Lob beginnen.
Ohne deine Majeſtaͤt
Iſt im Menſchen nichts als Suͤnden:
Waſch mich, wenn ich zu Dir tret,
Netze, was du dürr wirft finden,
Heile die verwundten Glieder,
Wärme das erftarrte wieder.
Dergleichen tobfprüche und Befenntniffe von des
H.Geiſtes Wirfungen bey den lieben Alten fich
faft unzählige finden. a
8. Bon diefer hohen Gnade nennten fic) die
erften Ehriften ohne Bedenfen , und zwar mit gu:
tem Grunde nach Pauli Anführung, Beiftliche,
und wußten von dem Unterfcheid und Mißbraud)
nichts, welcher hernach unter dem Pabftehun
aufkam, da fich allein die Cleriſey Beiftliche
nennten, davon wir unten im I. B.7. Cap -fehen
werden. Alfo redet der Apoftel von allen Chri—
ften insgemein, Nom.8, 5.9. ı Cor.2,15. 0. 3, 1.
c.14,37.Öalat. 6,1. und nad) ihm Janatius von
den Ephefern a): * Die fleifchlich gefinnet feyn,
„koͤnnen nicht geiftliche Werke thun, noch die da
ssgeiftlich gefinnet feyn , fleifchlihe. Was ihr
„aber auch nach dem Fleiſche thut, das ift geift-
„lich, denn ihr thut alles in CHriſto . Üri-
Senes redet Ambrofium ‚feinen Freund, alfo
anb) : “O derdu wahrbaftigein Menſch GOttes
„bift, ein Menſch in Chriſto, der du dich aus al-
„ten Kräften bemüheft geiftlich zu feyn„. Ein
andrer befennet deutlich ? Wir find alle Geiftli-
„che, wennder Geift CHrifkiin uns ifte). Wie:
derum: Der Apoftel nennet Diejenigen mit
„Recht Geiftliche, die das Pfand, den Geift ba-
„ben, und nicht den Luͤſten des Sleifches dienen,
ſondern fich felbft dem Geift unterwerfen, und
„in alfen derftändig wandeln „„d). Und abermal:
„So viel ihrer GOTT fürchten, und glauben an
„die Zufunft feines Sohnes, und den H. Geift
„durch den Glauben in ihe Herz ſetzen, die wer—
„den mit Recht genennt Keine, Geiſtliche und
hym. in Afcenf.Dom. ap. Fabric. Poet. Chr. p.gıc. a) Epift.3. ad Ephef, b) Pref. Comm. in Ich.
2) ur de Trin. d — lıc. e) Ibid, t) Tercullian. lb. Il. di cultu fœm. c.3. g) Id.dePudic.
21. hy Auguf. lib.ILL.cont.2. Epik, Pelag. <.2. i) Macar. hom. ı7. init, k) Lib, VILadRom. VILL 26.
1) Auguf. XIN.Confeil, c.23. mı) Chryfef. nom. 1z. ın Matth. 1) drenaus V. au -
„GDtte lebende Leute, denn fie haben den Geiſt
„des Vaters, der den reiniget, und zum
„eeben GOttes erhoͤhet. Wie nun das Fleift
„ſchwach iſt, alfo hat der willige Geift ein Zeugni
„vom HErrn überfommen. Diefer ift mächtig,
„das zu vollbringen, worzu er willig iſt e). Ein
„andrer vermabnet alfo £): Wennes ja rühmene
„gilt, fo ift es vathfamer, daß mir, Die wir geiftli-
„che Dinge fuchen, uns der Herrlichkeit des Geiftes,
„rühmen, als des Fleiſches. Die Gemeine ift des
„Geiſtes durch den geiftlichen Menfchen , nicht ift
„fie eine Anzahl der Bifchöffe 8), Die Gered)-
„tigkeit des Gefeges wird erfüllet in denen, die
„nicht nach dem Fleiſche leben, das ift, nach ven
„Menſchen, der von der Gerechtigkeit GOttes
„nichts weiß, und feine eigene aufrichten will;
„fondern in denen, die nach) dem Geift wandeln:
„Wer wandelt aber nach dem Geift, ohneder vom
„Geiſt Gottes getrieben wird b) ?
9. Mit diefer Herrlichkeit der wahren Kinder
Gottes wußten ſich nun die erſten Chriſten fehr viel,
und befaffen dieſe Gnade zu ihrer ſeligſten Erhaltung
und Erquicfung. Denn wiein dem Alten Tejtamene
die Salbung etwas Föftliches und fonderbares war
an denen Prieftern und Propheten, fd (fagten fie)
roerden auch die Ebhriften durch dieſe Enade
Beiftliche, die durch die himmliſche Salbung
gefalbet find, alſo, daß fie Könige ſeyn und Pro⸗
pbetender himmliſchen Bebeimniffei). (Da:
von unten folgen fl.) Dahero auch die Lehrer ſich
darauf beruffen, daß die Ebriften,weilfie Geiſt⸗
liche wären, alles unterfuchen follten,und wenn
fie etwas tiefers erforfebten, alsdie Lehrer, fein
bey fich behielten, (nicht den Schwachen oder Un⸗
würdigen Fund machten,) wie Origenes haben
willk). Weil doch ein Beiftlicher allein alle
Dinge richten kann, was zu richten ift ) und der-
jenige nur dazu küchtigift, der ein reines Auge
bat, das ift, einen geiftlichen Sinn, der ftets
auf himmliſche Dinge ſiehet m). Bey Diefer
Benennungaber bemerfet Jrenäus fehr wohl, daß
ein wahrer Chrifte ein Beiftlicher biefle , nicht
daß er das Fleiſch gleich los werde, fondern
weil er in die Gemeinſchaft des Beiftestrete,
und diefer Geift nicht nur nad) feinen Kräften,
fondern auch nad) feinem Wefen in ihm wohne
n), Indeſſen war ihrer aller herzliches Berlan-
€. 5. Donder reichen Ausgieffung des 9. Geiſtes im Neuen Teftament. 41
gen, “daß fie von diefem Geift möchten getrieben
werden, als dem Geift der Freyheit, durch den
„die Kinder Gottes regieret werden, damit ev
„ihrem Geift Zeugniß geben koͤnne, daß auch fie
„unter feinen Kindern wären; indem fie ein Geſetz
„mit Chrifto hätten, und wie er, alfo auch fiein
„der Welt wären 0). Solche Seelen wurden
„init dem Heil. Geift gleichfam vermenget, und
„EHrifto ähnlich, fie hatten in fich die Kräfte der
„Macht des Geiltes ohne einige Veränderung ,
„wurden innerlich und Aufferlich rein, unbefleckt
„undohne Tadel. Denn weil fie durch den Geift
„vollendet wurden, fo Fonnten fie Feine fündliche
„Frucht bervorbringen; fonderndie Frucht des
„Geiftes fehiene aus ihnen immerdar auf das
„berrlichite aus,,: wie es einer von ihnen alfo be-
fchreibet p).
10, Unter andern Namen aber, wodurch diefe
Kraft des H. Geiftes ausder H.Scrift von ihnen
ausgedrucker wurde, war der merkwuͤrdigſten eine,
daß fie es die Salbung nennten. GOtt ifte,
ſchreibet Paulus, der uns gefalbet und verfie-
gelt, und in unfere Herzen das Pfand, den
Beift aegeben bat. 2 Cor, ı, 21. Und Johannes:
br babtdie Salbung von dem, der beiligift,
und wiſſet alles. ı oh. 2, 20. 27. Die Sal:
bung, die ibe von ihm empfangen habt, blei⸗
bet bey eu, u. ſ. f. Diefes fehrieben fie nun
dem Geift Gottes zu, deſſen Salbung die Herzen
„der Gläubigen erleuchte, und in eine fefte Ru—
„be feße. Welche Salbung dennaud) alle Chri-
„ſten haben koͤnnten, wenn fie nicht dem Heili—
„gen Geift als Undanfbare und Störrige wider:
— 3* 9) Darum muͤſſe CHriſtus in ihren
„Herzen ſeyn, feine Salbung müffe bey ihnen
„bleiben, wenn das Herz nicht in einer Wuͤſten
„und durftig bleiben wolle r). Immaſſen allein
„die Auserwählten von dem heiligmachenden Del
„eingefalbet werden , und werden Könige „ 5).
Siehe unten von dem geiftlichen Prieſterthum
2. Buch 7. Cap. Alfo glaubten fie gewiß, “daß
„alle, die mit der Salbe des Heiligen Geiftes
„geſalbet und geweyhet wären, wahrhaftig fünn-
„ten Chriſti genennet werden , weil doch CHri⸗—
„ſtus der Leib feiner Glieder feny„t). Siebe un-
ten von dem Chriftennamen. Man erkannte
auch hernach noch, “daß die Bifchöffe und Aelte-
„ſten nicht alleine Priefter und Gefalbte genennet
„würden,fondern alle Ehriften waren Chriſti oder
„Geſalbte, wegen der geheimnißvollen Salbung,
„und daß fie alfo alle Priefter wären, als Glieder
„des einigen Hobenpriefters,„, u), Nemlich nach
Ausfage jenes Scribenten x) :
Wenn EHritti Salbung * von oben herge-
ickt
Die ſeine Glieder dann von innen kraͤftig
ſchmuͤckt.
Dieſe Salbung aber wurde bisweilen auch durch
ein aͤuſſerliches Zeichen angedeutet, wenn man
nemlich die Taͤuflinge zu ſalben pflegte, anzuzei-
gen, daf die Bläubigen nun Ehrifti theilhaftig
worden wären, und dabero billig Befalbte
bieffen, wenn fie nemlich das Bild des 9.
Beiftes empfangen hätten y). Wovon aber
bier nicht weiter zu gedenfen ift z).
1. Aus diefem allen erfolgte bey folchen geſalb⸗
ten Ehriften eine göttliche Gewißheit und eine
völlige Ueberzeugung von ihrem Heil und denen
noͤthigen Pflichten. Sie waren einmal dem
„Wandel und der Bosheit der irdifchen Luͤſte ab-
„geſtorben, drum börten fie nicht mehr in fich die
„Stimme der dunfelen Streitigfeiten, das Ge—
„ſchrey des eitlen Gezaͤnks, und den Tumult der
„Oeifter der Finſterniß. Denn fie waren verſetzt
„neine Stadt voll Friedens, Gewißheit und götts
„lichen Lichts. Dafelbft Icbten fie, da wandelten,
„hörten, redeten und wirkten fie geiltliche Werke,
„die GOtt anftandig warena). Sonſt fonnteja
„ohne die Wirkung der göttlichen Kraft niemand
„die Geheimniffe oder Weisheit GOttes erfennen ,
„oder reich und ein Ehrifte ſeyn. Denn die nach
„dem Innern Menfchen geführet werden von der
„göttlichen Macht, die find alleine weiſe und
„tapfere Streiter b). Ein anders iſt ja, aus einis
„ger Willenfchaft etwas nur erflären, ein anders
„ſt, im Wefen , in der That Gewißheit, und nac)
„den innernMenfchen ven Schaß, die Gnade, den
„Schmack und die Kraft des Heil. Geiftes haben.
„Welche aber bloffe Worte vorbringen, die laffen
„fich von Einbilgungen führen, und werden in ih—
vem
6) Bernhardus Epift. 11. P) Macar. hom.ıg.fire. d) Olympiodorus in Ecclef.9. ap. Cenrur Magdeb. VI. e.4.
#. — —
Idem hom.i7.
* — ya £ 4
Accuſt. Tract. 3. in epiſt. Ioh. s) Macarius hom. i5. t) Auguf. lib.XVII. deCiuitateDeic.4. ) Beda
lib. I. in Apoc.c.20. x) Aratorinit. Hiftor. Apoſtol. y) Cyrillus Hierojolymit.ap. Albaſpinaum lib. I. Obſeru. 20.
2) Vid. poft Tersull. Cyprianum aliosque Amalarius c.23. ofhic. Ecclefiaft. Durantus derit. Ecclef. Dalleus de
—— €. 2, etlib, I. de Cult. Latin, e. in. 12. Larroquanus III. Adu. S.e. 7. &e.
a) Macarius bonyı. b)
J
48
„rem Sinn aufgeblafen c). Wehe aber einer
„folchen Seelen , dienur in ihrer eigenen Natur
„itehen bleibt, und des H. Geiſtes nicht iſt theilhaf⸗
„tig worden. Denn es find Feine bloſſe Worte,
„fondern Werfe des geiftlichen Lebens, Werke
„der Wahrheit, die in einer würdigen und glaͤu⸗
„bigen Seele vollbracht werden. Wer nun Gottes.
„Thron worden ift, und den der H. Geift vegiert,
„und deffen ganze Seele ein geiftliches Auge wor⸗
„den, und ganz Licht: Wer auc) mit der geiftlichen
„Speifeernähret ift, und vondem Waſſer deste-
„beng wirklich getrunfen hat durch die Erfah»
„rung, und die Kleider des verborgenen Lichts an⸗
„gezogen, alfo, daß fein innerer Menfch in der Er-
„rabrung dis alles hat: der lebet wahrhaftig
ſhon in dem ewigen Leben, und feine Seele ru⸗
„bet fehon aus mit dem HEren d).
12. Drum erforderten fie bey diefem allen eine
Yebendige Erfahrung, Damit Diefe zu der wahren
Freenntniß in allen Stüden des Ehriftenthums
Binzufommen möchte. Philip. ı, 9. Weil doch
alle, Die den Det Geiſt überfommen hatten, end⸗
ich mit jenen befennen mußten, daß ſie nun felbit
gehöret und erkannt hätten , daß diefer IEſus
wahrlich Chriſtus(ein um ihrent willen Gefalbter)
fen, deſſen Glieder fie im Glauben durch den Heil.
Geift worden. Job. 4,42 Zumal da auch Diefes
in der Natur ſtatt finde, Daß nach dem Anſehen und
Erfahren erſtlich das Lieben und Vertrauen eines
Dinges folgee). Denn wer nun dasjenige recht
erkannt hat, der muß es aud) nad) erlangter Er⸗
kenntniß glauben; und dieſes iſt auch eine Gabe
der Önaden f). Ob aber wol bisweilen der HErr
ihnen die Erfahrung und Empfindung der himm⸗
lifchen Dinge entzoge, und “ Die Erftlinge feiner
„Süßigfeit, nicht die ganze Fülle derfelben, auch
„nicht zur Sättigung, fondern zum Vorſchmack
„nur darreichte; fo konnten fie doc) auch durch Die
„geringite Erfahrung probiren, tie füffe ex ſich
„ihnen Fünftig werde darbieten, wenn feine Herr—
„„lichfeit wird offenbar werden ‚und derjenige mit
„aufgedecktem Angeficht ſich fehen wird laffen, ven
ſie in der Zeit bier angebetet gehabt „,e). Ein an⸗
ders aber war es mit denen Seelen , Diedurc) die
geindliche Demuth vor dem HERAN nad) ih-
rem groffen Wachsthum dennoch nicht wußten ,
was fie ſchon vor Herrlichkeit empfangen hatten
und genoffen, Denn diefe waren fchon im
1.3. Don der Pflicht und Bezeigung derer erften Ehriften gegen GOtt.
*
Glauben und deſſen Erfahrung gleichwol feſt ge
gruͤndet, und da ſie —— im Guten, lehr⸗
te fie doch die Gnade, fich ſelbſt von Natur vor elend
und leer zu halten, und arm an ſich zu ſeyn, ob fie
gleich bey GOtt reich waren b), Denn auf ein
leeres Schwäßen ohne Kraft und a, rung lief:
fe man es unter vechtfchaffenen Kindern Gottes
nicht anfommen. Wer aber ohne Schmad
geiftliche Worte brauchen wollte,dem bezeugten
fie ernftlich, “ daß es nicht genug ſey, von der geiſt⸗
„lichen Bollfommenbeit, Erquictung oder Befrey⸗
„ung von tüften zu reden, wenn man Feine Kraft
„und Gemwißheit davon habe. Es fen eben als wen
„einer bey groffer Hige ein Dürres Feld durchwan⸗
„dere, und in feinem geoffen Durft ihm ſelbſt einen
„Brunn volllebendiges Waſſers abmahle, und fi)
„vabey trinfend voritelle, da feineSeele matt und
„lechzend bleibet: Oder, als wenn einer von der
„Süßigfeit des Honigs redet, der doch die Kraft der
Suͤ ßigkeit nie gekoſtet hat. Gewiß (fagten fie) wer
„endlich ſtuffenweiſe zum wahren Weſen in CHri⸗
„ſto kommen iſt, und etwas in der That erfaͤhret, der
„wird erſt ſelbſt hernach den Unterſcheid ſehen und
„bekennen. Ich habe es nicht ſo befunden, wie ichs
„mir eingebildet habe, denn ich redete anders, und
„der eilt wirfete ganz anders: Das Reich Bot-
„tes beftebet nicht in Worten, fondern in der
„Rraft, ı Cor.4.i). Dahero, als jener junge
Chriſte von vielen ihm unerfahrnen Dingen redete ,
antwortete ihm ein Alter: “Du haft noch keinSchiff,
„haft auch dein Geraͤthe noch nicht darauf geladen,
„und bift dennoch ſchon an den beftimmten Ort
„.nemlich in Gedanken) gelanget. Wenn du erft
„das Werf verrichtet haft, fo fange die Reden an,
„die du jeßund davon führeft ,,k). Und jener finger
recht bievon) : ;
Die Zunge verftummet, und kann es nicht fagen,
So fann es auch niemand inSchriften vortragen:
Erfahrung die lehret vom Glauben getrieben,
Was diefes bedeute, dich, SESU, zu lieben.
13. Nimmermebrlieffen fie auch dem alten Adam
und feiner Trägheit zu, daß er die uͤberſchwaͤngliche
Gnade des M. T. gering, oder dem alten Bunde
gleich achten dürfte. Sie FanntendiegroffenBerbeif — 1
ſungen Gottes wohl, die er aufdieneue Zeit geleger
hatte, das geöffere Licht des H.Geiftes, Die mehrern
Kräfteder Heiligung ‚das kraͤftige Erempel des $e-
bens EHrifti felbft, den ganz neu Por,
y Bund
e) Ibid.hom. 27. d) hom. ıı. €) Eyrs sozv ro so av effatum Platonis, equo ethabent Clemens Alex. IT:
Pædag. ©.5-
Macar.hom. 27.
bymni: Jeſu dulcis memoria.
M
Ifid. Peluf. III. Epilt.254. Theodorirus fexm. vlt.adu.Gr. f) Hilarinsin Pf. 118. 8) Casfiodor.l.c. h)
i) Id. hom. 17. k) Inter ApophtbegmataP, P. apud Cprelerinm Tom.l. p-453. 1) Audtor
———
—
——— —
Bund der Önaden, die nähere Gemeinfchaft und
Verwandſchaft mt GOTT, u. ſ. w. Daraus
ſchloſſen fie feſtiglich: “Hier muß nun eine gröf-
„fere Kraft und Tugend erwiefen werden, weil
„nun eine vielfältige Macht des Geiftes ausge-
” en ift, und die Gabe der Erfcheinung JE—
* Hriſti ſo groß worden, m). Denn, wenn
die H, Schrift im Alten Teftament denen Juden
ihre Strafen drohet, fo feßer fie allzeit dazu,
„daß in den legten Zeiten GOTT ihm aus allen
„Voͤlkern würde viel getreuere Diener ermählen,
„denen er feine Gnade würde geben, die auch viel
„völliger feyn wuͤrde —* der Herrlichkeit ihres
„sebrers, des Meßia: Darauf denn auch derje⸗
„nige fommen fen, welcher zur Verbeſſerung und
„Erleuchtung erfcheinen follte, nemlic) EHriftus
„GOttes Sohn 0). Da wurde die Gnade ent:
„deckt, fo im Alten Teftament verdeckt lag, der
„Fuͤrhang ward hinweg getban, undfie erkannten,
„was bedeckt und unbefannt war,, 0). Dißalles
m) Chryfofl.de Virginit. n) Tertull. Apol, c.21.
15. r) Tertull. c. ı. de orat.
h 6. Cap. Don der erften Chriſten lebendigen und thätigem Blauben.
0) Augufl.in PL. 143.
49
gefchabe * das reichere Maaß des Geiſtes bey
den erſten Chriſten, welche im Glauben alſo
ſchloſſen Pr “Wenn der H. Geiſt fo reichlich
„auf den Schatten ausgegoffen iſt, wie viel reich-
„licher wird esgefchehen über das Neue Teftamene
„über das Kreuz und die Zukunft EHrifti, daei-
„ne groffe Ausgieffung und rechte Trunkenma—
„hung davon gefchehen fol? Welche nun
„(Ichloffen fie weiter) Kinder des Lichts und des
„Amts des Meuen Teftaments find durch den H.
„eilt, die lernen nichts von Menfchen, weil fie,
„nach EHrifti Worten, von GOtt gelehret find.
„50.6. So fihreibee nun diefe völlige Gnade
„felbit die Geſetze des H. Geiftes in die Herzen q).
„Da ift alles aus Fleiſchlichem in das Geiftliche
„verneuert, mweildieneue Gnade GOttes das Ev-
„angelium eingeführet hat, und das ganze vorige
„alte Wefen abgefchaffet, Darinnen denn der Geiſt
„GOttes, und das Wort GOttes, undder Sinn
„GOttes, CHriftus JEſus beftätiger ift r).
P) Macar. hom. vlt. q) Idem hom.
Das 6. Kapitel,
Bon der erſten Chriften Tebendigem und thaͤtigem
| Glauben.
Summarien.
De (ebendigen Glauben $.1. fhreiben die erſten Chriſten alles zu, 2. als dem Grunde der Geltgfeit.3. Dadurch er-
fenneten fe GOtt 4. und JEſum Chriſtum, 5. ſahen auch allein auf das Unfichtbare, 6. mit Verleugnung ihrer Ver—
nunft.
Ungeacht fish die Unaläubigen daran ärgerten, 8. jo wurden fie eben Dadurch deſto feſter: 9. Daher nenneten fie
fich Gläubige, 10, fteitten fonderlich mider die Hcuchelen, in. undbrachten Srüchte des Glaubens, ı2. ſtraften den todten
Glauben, 13. hielten ale Werke ohne den Glauben für Sünde. 14. Etliche Früchte des Glaubens: als Liebe, 15. Geduld,
Ueberwindung der Welt, 16. Kraft zur Heiligung, 17. nebſt der Hoffnung zur Geligfeit. 18.
Amit ich nun infonderheit auf die here
chen Wirkungen diefer Gnade fomme, fo
war zuförderft die Ausgieffung des H.
Geiftes über Die erſten Chriften gefegnet zu einem
lebendigen Glauben und deffen herrlichen Früch-
ten. enn darum nennete iin Paulus einen
Beift des Blaubens. 2 Cor. 4,13. a mit
ihm befannten daher alle wahre Lehrer, daß nie-
mand denfelben aus eigenem Vermögen nach der
Matur, fondern allein durch diefe überfchwängli-
che Gnade haben koͤnne; «Der HERR mußte
„ihnen den Glauben geben, wenn fie ihn anruf-
„ren follten ‚ev mußte ihn eingeben durch die Gnade
„feines Soßnes, durch den Dienft feines tehrers,,,
tote einer von fich felbft befennet a), “Die Wahr:
„beit mußte ihnen da zu Hülfe fommen, damit ih⸗
„nen im Glauben durch) den Geift des Vaters of-
«
+ Ir
„fenbaret würde, was in dem Herzen des Vaters
„verborgen liege, und fein Geift mußte durch fein
„zeugniß fie überzeugen, daß ſie GOttes Kinder
„wären. Welches er dann that durch feinen
„Beruf und Rechtfertigung umfonft, im Glau—
„ben, b). Wie nun aber ihr lieber Vater im Him⸗
mel nichts chat durch feinen Geift, das ihnen
nicht nöthig wäre zu einer vollfommenen Selig—
feit; fo erfuhren fie dieſes zuförderft in dem
Werk des Glaubens, der das einige Mittel ihrer
Seligfeit war. Alfo erklärte fich einer gegen
die Heyden: «Wenn du von der Weisheit und
„vom Worte GOOttes wirft unterrichter ſeyn, und
„mit ihr eines Sinnes werden, auch eilig und
„eeufch leben, fo wirſt du gewißlich GOTT fchaus
„en fönnen. Vornemlich wird der Glaube er-
„rordert, und die Furcht des HERAN, welche
G „zywey
a) Augufl.lib.1.Conf.c. ı. b) Bernb. ſerm. 5. in Dedic.
50
„wey Stuͤcke in deinem Herzen vorhergehen
„muͤſſen ©).
2. Desgleichen beſchreibet ein andrer die Noth⸗
wendigkeit des Glaubens in dem ganzen Ehri-
ſtenthum alſo: Wir haben überall den Glauben
„vonnoͤthen, als einer Mutter des Guten, einer
Arzney unfers Heils, ohne die niemand die Leh—
„‚re wichtiger Sachen faflen Fann, fondern denen
„gleich iſt; welche ohne Schiffdie See überfahren
„rooflen, und wenn fie nicht weit fortfommen,
„und an Händen und Züffen vom Schwimmen
„muͤde find, von den Bellen uͤberdecket werden.
„Nicht anders leiden die am Glauben Schiff:
„bruch, welche fich auf ihre Bernunft verlaflen d).
„ES find zwar groffe Sachen, die GOtt uns bat
„geben wollen, aber Die Seele faffet die Gröffe fei-
„ner Rarhfchläge nicht. Darum ift der Glaube
„Dazunöthig. Denn diefer ift die Beilfamfte und
„vornehmfte Arzney der Seelen. Der Glaube
„machetinuns, daß wir GOttes Wohlthaten mit
„Dank annehmen und ung beffern. Er läffet
„uns nicht zu, von einiger Sache zu zweifeln oder
Zu ftreiten, fondern fchaffet uns Ruhe von dem
„allen„e). Und daher Fommts, daß die erften
Epriften fich unter einander felbft ermahnten und
mwarneten, “Daß ein jeder fich fleißig prüfe und un=
„terfuche, oder pfüfen liefle von andern, wie
„er ſich feinem GOtt gewidmet und geglaubet ha⸗
„be, ob es gewiß nach feiner Wahrheit gefchehen,
„ausfeinem Wort, oder aus Einbildung feiner ei-
„genen Gerechtigkeit. Wer nun glaube, daß er
„eichtig und wuͤrdig fen zum Reiche GOttes, und
„von oben herab ein Kind GOttes geboren und ein
„Miterbe EHrifti fey, und daß er mit ihm inal-
„te Ewigkeit herrſchen werde, der muͤſſe auch in den
„geringften Dingen Glauben an GOtt haben f).
3. Sie befchrieben aber ven Glauben, fo ferne
er fich in der Rechtfertigung und Heiligung eines
Menfchen durch feine ganze Lebenszeit Fräftig
erweiſet, oft fehr nachdenklich. us Paulo
mußten fie, daß es fey ein fefter Grund der
Dinge, die man boffer, und eine Lleber-
zeugung derer, die man nicht fiebet, wel:
ches fie oft zuißrer Stärfung wiederholten. Ebr.
ır, +. So heißt der Glaube bey ihnen “ eine völ-
„lige Ueberredung,,, bald “eine feite Ergreifun
„der himmlifchen Sachen, eine freywillige Berfaf-
c) Theophil. Antioch.lib. I.ad Autolyc. p. 274:
hom 48. g)Clemens Alex. Cepe itali
—
1. d. Don der Pflicht und Bezeigung derer erften Ebriften gegen GOtt. *
„fung, eine Beyſtimmung der Verehrung GOt⸗
„tes, ein Weſen der gehofften Dinge, ein Be⸗
„weis der unſichtbaren, eine vereinigende Bey⸗
„ſtimmung der gezeigten Sache, eine Kraft und
„Tugend zum ewigen ebene). Wiederum nenn⸗
ten ihn einige ‘* einen unſchuldigen und reinen
„Beyfall, dadurch die Chriften zu GOtt treten
„dadurch wir in feinen Geboten wandeln, dadurd)
„wir den HERRN mit einem verfühnten Herzen
„ehren, welcher denn zweifelhafte Dinge aus:
„ſchlieſſet, gewiſſe Hingegen behält, die Verheiſ
„ſungen verfiegelt h Andere erkannten den
„Ölauben vor die erfte Erleuchtung des Herzens
„u der höchften Wahrheit i), und befannten mit
„Juſtino dem Märtyrer, daß fie in demſelben eine
„göttliche Kraft der Lehre gleichfam gefangen ge-
„nommen , und der Nachdruck des Worts über-
„wältigetbabe k). Cie wären durch. die Macht
„ver Wahrbeit felbft überwunden worden, und
„hätten fich alfo im Glauben GOtt übergeben !).
„Ihre Gedanken waren durch den Glauben an
„GOott befeſtiget worden, fie hätten nun das ge-
„ſuchet, was GOtt angenehm und gefällig geme-
„ſen, fie haͤtten dem Weg zur Wahrheit gefolget,
„und gerhan, was zu feinem Willen gehöret, m).
Und mas dergleichen. Befchreibungen, entweder
von dem ganzen Glauben oder deſſen Stücfen
und Kennzeichen, beyden Alten mehr waren.
4: Ein folcher rechtfchaffener Glaube gab GOtt
allein die Ehre, daß er an ihm und an feiner Erea-
fur hienge. Und fcheuete fich jener gläubige Befen-
ner in der Gewißheit nicht, zu — Er woll⸗
„te nicht einmal dem HErrn ſelbſt glauben, wenn
„er einen andern Gott verkuͤndiget haͤtte, an den er
„glauben ſollte, auſſer den Schoͤpffer der Welt,,:
wie dieſes ein anderer an ihm lobet, und den Nach⸗
kommen zum Zeugniß hinterlaſſen hatn). Auch
hatten fie im Gebrauch, keinen andern in ihre Ge
meinfchaft aufzuneßmen, “als der ihn allein an⸗
„nehme, unddem Guten, foinihm lieget, nach—
„folge, nemlic) feiner Gerechtigkeit, Freundlich-
„keit, Maͤßigkeit, undallem, was GOttes eigen
„iſt, der mit feinem gefeßten Dramen Fann benen-
„net werden, : wie eben diefer alte Lehrer Juftinus
befenneto). Da wurde nun der Zweck des Hoch:
ſten erfuͤllt, daß GOtt wiederum nach dem Fall
in den Menſchen herrſchete, und alleine geehret, ja
alles in allem ward. In welchem Abſehen man
Charit. i) Auguf.adu. Crefcon.l.7. k)Apol.II.p.31. 1) 4rnob. lib.I. adu. Gent. p. 42. m)Clemens Rom,
Epift.p.45. n) Irenanslib. 1V.c. 14. ex Iuffini Martyris lib. cont. Marcionem, et exillo Eufebinslib, IV. c. un.
0) Apol. II. p. 58.
die- u
d) Chryfoß. hom. 32. inIoh. e)Id.hom.r.in ı Tim.ı. f) Macarius
. II. ftrom. p. 362. 365. 371.384: &c. h) Chryjofl. hom de Fide, Spe et
. p) Auguftin.hom. 18. inter L Homil. q)Hilariuscan.z.inMatth. r) Proſper Epigr. 45.
F 6. C. Von der erſten Chriſten lebendigem und thaͤrigem Glauben.
diefes nur für “einen völligen und vollkommenen
„Glauben hielte, wenn die Seele gewiß fen, daß
„alles aus GOtt Herfomme, und auch ihr Glau-
„befelberp). Denn es mußte bey ihnen alle Hoff:
„nung auf der Treue feiner Verheiſſungen und
„auf der Macht feiner Kräfte gefeget werden,
„daß man alles von ihm erbate, von dem man
„ſelbſt den Anfang des Lebens hatte „q) · Und
wie jener fich damit aufgerichtet hat r):
as der ftarfe Zebaoth dir verheißt, das wird
erfüllet :
Er braucht Feine fremde Kraft, wenn er dein
’ Verlangen ftiller:
Hier kann Glaube ficher feyn , und in Hoffnung
triumphiren:
Denn der Urſprung iſt gewiß, deſſen Wort kann
nicht verfuͤhren!
5. Abſonderlich iſt denen lieben Alten JEſus
CSxiſtus, der u des [ebendigen GOttes, der
Unfänaer und Vollender ihres Blaubens
in der That und Wahrheit gemwefen, davon
nicht allein die Apoftolifchen, fondern aud) die
folgende Schriften haͤufig zeugen. ch will
nur etlicher Zeugniffedavon gedenken. Zum Er-
empel: Janatius befchreiber die Gemeine GOt⸗
tes zu Philadelphia alfo, “daß fie fich von Herzen
„freue des Leidens unfers Herrn JEſu EHrifti,
„und gewiß verfichert fey nach aller Barmber-
„igkeit feiner Auferftehung,,s). Don fich felbft
befennet er diefes: “ch habe EHriftum zum ur⸗
„alteften Grund; fein Kreuz und Tod, wie auch
„feine Auferftehung, und der Glaube durch ihn,
„ſind mir unbewegliche Grundfeften, in welchen
„ich begehre gerecht zu werden,,t). Und die zu
Smirna vermaßnet er: Weſitzet euch felbft
„Durch den Glauben, welches ift das Fleifch des
„HEren, und durch die Liebe, welches ift das
„Blut JEſu EHrifti,u). Clemens ingleichen
die zu Corineh: taffer uns das Blur CHriſti mit
„unverwandten Augen anfchauen, und bedenken,
„wie koͤſtlich fein Blue vor GOtt fen, das um unfter
„Seligkeit willen vergoſſen, der ganzen Welt die
Gnade der Befehrung anbeut x). Alles mu
„in uns der Ölaube, der da iſt in CHriſto, befräfti-
en,y). Irenaͤus: “Es iftbefler an GOtt gläu-
ig feyn,und in feinertiebe beharren,dieden Men:
„tchenlebendig macht, auch nichts willen wollen,
Er)
2
„als JEſum CHriſtum den Sohn GOttes, der
ei >
51
„fuͤr uns gekreuziget iſt, als alles wiſſen wollen,, z).
Gregorius Nyſſenus a): "Wir finden CHriſtum
„durch den Glauben, daß er in unſer Herz, als in
„teine Wohnung, fomme, und wenn wir ihn fin-
„ven, fo halten wir ihn durch den Glauben bey
„uns, daß er darinnen bleibe,. Umbrofius:
„ChHriſtus wird nicht durch Bande und Striche
„ver Ungerechtigkeit erhalten, fondern durch die
„Bande des Herzens, durch die Berfnüpfung
„der tiebe, Durch Die Bewegung des Herzensb).
„Ohne diefen Glauben an Die Menfchwerdung,
„Tod und Auferftehung EHriftibaben auch die al⸗
„een Gerechten nicht koͤnnen gereiniget werden,
„daß fie Gerechte würden; und die Ehriftliche
„Wahrheit zweifeltnicht, daß fie durch die Gna-
„de GOttes gerecht worden. Aller Gläubigen
„Herzen wurden eben durch diefen Glauben des
„Mittlers gereiniget; und die Siebe wurde in ib-
„nen ausgegoffen durch den H. Geift, der da bla=
„fet, woermill, und nicht dem Verdienſt folger,
„ſondern fehaffet erftlich das Gute c).
6. So wohlaber als GOtt, an den fie glaubeten,
unfichtbar war, fo wohl wußten fie auch, daß alle
Wohlthaten, damit ihr Glaube zu ehun hatte, ihnen
nicht in die Augen fiele, weil er fievon folchen Din:
gen überzeugete, die fie nicht faben. Ebr. ı, 1.
Sie mußten mit Abraham oftehoffen, da nichts zu
hoffen war. Roͤm. 4, 18. und deswegen beſchrie—
ben fie ſich vor den Heyden “als eine * Geſell⸗
„ſchaͤft, die unter einerley Zucht und in einem
„Slaubensbund der ewigen Hoffnung lebete d). -
„Darinnen fehäßte man den Glauben für das
„böchfte Gut, wenn er aus einem brennenden
Herzen und heftigen Liebe herkam. Denn diefer
„reigte ihre Weisheit an, entdeckte die menfchlicye
> ihrigfeit ‚ ließ die Vernunftſchluͤſſe fahren,
„und redete von himmlifchen Dingen , und was die
„menfchliche Weisheit nicht erfinden Fonnte, das
„regierte der Glaube, und lehrete fiees e). Ein
„jeder erlangte fo viel von göttlicher Gnade nad)
„des HEren Verheiſſungen, fo ſtark fein Glaube
„war, und fo viel er glaubte, daß er empfangen
„würde. Es war auch nichts fo groß, das der All
„mächtige ihnen nicht geben Fonnte, wo nur ihr
„Glaube nicht wankte f).
Mas ewig ift, kann nicht ein fterblich Auge ſehn,
Sein Glanz verdunfele bald die Blödigfeit
der Sinnen:
2 Was
s) Epift, 5. 6) Ibid.
u)Ep.7. x)Epift.adCor.p.ıo. y)lb.p.3r. z)Lib.II.c.45. a)Orat. 6. inCant.Cantic. b)Lib. III. de Vir-
rn p-130. Tom, I. c) Auguf. Lib. II. cont. Pelag. de Pecc. Orig: c.24: d) Tertull. Apol. e. 39.
om, 62. in Ioh. f) Cyprian. Exhort. ad Mart. c. 10,
*
RER
e) Chryfoft,
52
Was aufder Erden kreucht, kann fichtbar vor
uns ftehn,
GoOtt, den verborgnen Geift, Fann nur der Glaub
gewinnen,
Das ift fein Glaube ih ‚ was nicht unficht-
ar faßt:
Die Hoffnung —— in dem Entfernten
a
8).
7. Damit ſchloſſen ſie nun von der Einfaͤltigkeit
des Glaubens nicht allein die aͤuſſerlichen Sinnen,
ſondern auch die Vernunft ſamt ihren Einwuͤrfen
und Schluͤſſen aus in der Kraft des HErrn.“ Diß
„hieſſe man alleine Gottſeligkeit, nicht zweifeln,
„und das war ihnen Gerechtigkeit, GOtt glauben,
„nicht auf ungewiſſe Dinge fallen, noch in thoͤrich⸗
„te Reden ausbrechen, noch durch Vernunft die
„Kraft GOttes errvägen, oder feine Macht ein-
„fhränfen, die Urfachen der unausfprechlichen
„Gebeimniffe erforfchen wollen: Sonvern dar:
inn beftund ihre Seligkeit, IEſum EHriftum be:
„eennen und von Herzen glauben, daß er von den
Todten auferftanden fen, b). Drumfagte ein
Gläubiger mit Wahrheit von ſich: “sch frage
„nicht, was die Weltweifen fagen; der Glaube
„überwiegt alle Urfachen und Schlüffe. jene
„werden immer von ihren Anhängern mehr ver-
„laffen, weil fie fo haufig disputiven: Diefe neh:
„men täglich zu, weil fie nur einfältig glauben.
„Den Weltweifen wird nicht mehr geglauber;
„aber ven armen Fifchern wol: den Logicis nicht;
„aber wol den Zöllnern i). Wer nun Glauben
ſuchte, der fragtenicht nach der Vernunft, und
„wer göttlichen Glauben forderte, der feßte
„menfchlid) Anfehen zurücke k): Sie erinnerten
„einander herzlich, daß ja niemand Urfachen wiſ
„fen wolle davon, was GOtt thaͤte, ob fie ſchon
viel Werke deflelben beftürzt machen möchten.
„Denn dem Herrn fomme es ja allein zu zu be=
„fehlen, die Rnechte müßten nur gehorchen. Ueber:
„dis fen des Glaubens Eigenfchaft diefe, daß er
„das Wort feiner Weisheit annehme, obgleich die
Art feiner Ordnung unbefannt bliebe). In
diefem Borfaß erflärte fich ein alter Lehrer ſehr fein
vordem Angefichte GDttesund der Gemeine m):
„Heiliger Vater, Almächtiger GOtt, fo viel ich
„durch deinen mir gefchenften Geift werde Kraft
„haben, fo will ich dich als einen ewigen GOtt und
»Bater bekennen. Miemals will ich auf folche
Thorheit und Gottlofigfeit fallen, daß ich deiner
e
g) Paulinus Nolanus Panegyr. 2. de obitu Celſi. h) Hilariu- lib.X.de Trinit. i) Ambrofius lib. I.de Fide ad Gr.
tian.c.5. k)PetrusChryjologusferm.58. 1)Chryjofl.hom.2.inRom. m) Hilar.de Trinit.fine n)Lib.XVII.
1.3. Don der Pflicht und Yeseigung derer erften Ehriften gegen BVrr.
U — — — — — — — — — — —
„Allmacht und deiner Geheimniſſe Richter ſeyn,
„und dieſen meinen ſchwachen Begrif über den
„gottfeligen Glauben deines unendlichen Wefens
„und deiner Ewigfeit erheben wollte. Denn der
„ſchwache Ausdruck unferer unvollkommenen
„Natur hindert ja meine Erfenntniß nicht, die ich
„von dir Babe, daß das Unvermögen, dich zu be=
„fchreiben, den Glauben wollte ſchweigend machen.
8. Hieraus mochte aber das Aergerniß und Ge⸗
fpötte der Gottlofen und Ungläubigen e
ſeyn, das fievon der Einfalt der Gläubigen in ih-
vem verfehrten Sinn fafleten. Ich will jetzo nicht
gedenfen von der Erzehlung des befannten Juͤdi⸗
fchen Gefchichtsfchreibers Joſephi, der von CHri⸗
ftoerzehlet, daß er ein weifer Mannund Wunder:
thäter gewefen, und ein Lehrer derer, welche die
Wahrheit gerne aufgenommen haben. Biel un-
ter den Gelehrten frauen diefem Zeugniß nicht,
und meynen einige, er habe es nicht von Herzen
gemeynet rn). Die Worte des Erzatheiften und
Spötters Celſi find klar, wie fie Origenes erzeh⸗
let 0): “Es gibt Chriften, die weder eine Urfache
„ven ihrem Glauben geben noch nehmen wollen.
„Sie fchreyen nur immer: Unterfuche nicht und
nicht erft nach, fondern glaubenur, fowird
„DI
„Klugheit ift bös, die Thorheit aber ift gut und
„beilfams. Dem aber Origenes fehr gruͤndlich
antwortet, und ſonderlich zeiget, daß die Glau⸗
benspuncte von den Ehriften gar nicht fohin an-
genemmen, fondern genau unterfuchet worden,
Aber denen Unmoiffenden, welche vom Heyden:
thum zum Chriftenehum, von einem boͤſen und
verderbten Leben zur Unfchuld und Heiligkeit be-
ruffen werden, denen fage man, daß fie den heil⸗
famen Geboten CHriftiglauben, und heilig leben
follten, und indeflen in der wahren Lehre ſich weiter
unterrichten lieflen. Ueberdis, fo heiſſe man dienur
ohne Urfachen glauben, dasift, ob fie gleich nicht
alle Lehre flugs verftehen Fonnten, und die Wahr-
beit vertheidigen, die wegen ihres blöden Verftan-
des alle Gründe des Glaubens nicht fo wohl faffen
fonnten: Und darinne ſey janichts unrechtes oder
thörichtes, was die Noth felber nicht anders zu:
laffe. Genug, daß ein jeder Ehriftegewiß ware,
daß fein Glaube in göttlichen Worte feft gegrün-
detfey. Darum machte auch Julianus, der heyd⸗
nifche Ränfer, diefen Einwurf vergebens p); Die
Chriftliche Religion ſey mit einem Dun
n
Antiquit. Iud. c. 4. allegatusab Enfebio, Hieronymo, Ifidovo Peluf, Sozomeno , Phorio aliisque. Vid. de eo differt. fin-
gulares Fr. Spanhemii, Io. Andr. Bofıi et Chriflophori Arnoldi in Teftimonio Flauiano. 0) Lib. I. adu, Celf. p.8.
stlib. VI.p.282. p)Lib. de Cefaribus ſ. Satyra in eos in fine. re
neftanden
NEE ALERT Br
dein Glaube felig machen. Diefer Welt-
]
6. Cap. Don der erften Chriſten Iebendigem und thaͤtigem Glauben.
5 * ne Blauben —
Jener fromme Einſiedler redete die Heyden des-
wegen alfo an: “Wir überreden euch, wie unfer
„Lehrer gefagt hat, nicht mit feheinbaren Worten
„menfchlicher Weisheit, fondern in einem offen-
„baren Glauben, der vor der Befräftigung der
„Worte hergehet. Glaubet nur, fo werdet ihr
„ſehen, daßein Glaube, der GoOtt ſich übergibt,
„nicht aber ein eiteler Hochmuth der Beredtſam⸗
„keit, folche Zeichen erlange. Fliehet nun zu dem
„Gebot des Gefreuzigten, und folget uns feinen
„Dienern nach, und feyd mit diefer Erkenntniß zu—
„frieden, fo werdet ihr binführo Feine Beweisthuͤ⸗
„mer der menfchlichen Thorheit mehr fuchen 9).
„ Werke laſſen fich nicht ohne Glauben
„begreifen, GOtt laͤßt fich felbft nicht one Glau-
„.benfinden, wer nun dem Glauben noch wider-
ſehe, der bezeuge es damit, daß er die Vernunft
„mit dem Glauben vermengen wolle. Dieſes
„‚(fagten fie) ift des böfen Geiftes Stimme, der al:
„es gerne anfällt und verderbt, was görtlich
iſt ) In Summa, aller Unglaube ift Thorbeit,
weil er ſich der Klugheit feines unvollfommenen
„Derftands gebrauchen will, indem er alles durch
„die Meynung feiner Schwachheit regiert, und
„das vor unmöglich hält, was er nicht begreifen
„‚fanns). Desmegen fein wahrer Ehrifte ſich von
„ven Winden vergeblicher Difputationen umtrei⸗
„ben laffen ſoll, oderdurch betrügliche Fragen und
„Spisfindigfeit verbindern und ſchwaͤchen:
„ſondern der unverruͤckte Glaube muß in den
„Haven der Gortesfurcht einkehren, und alles
„nach der Schrift glauben und befennen, und ei-
„ne gottſelige Gewißheit wider alle Läfterung
„vornehmen und befißen t).
9. Je gröffer aber oft der Widerfpruch der
Vernunft oder der Welt und des Satans war, je
fefter wurde der Chriſten Glaube, wie etwa ein
Baum durch die Bewegung der Winde fefter ein-
jumurzeln beginnet. Drum * die Apoſtel
nicht allein ſo viel von dem ſtarken Glauben der
Chriſten zu ihren Zeiten, ſondern auch nach ihnen
andere Lehrer· Als wenn Elemens von den Co:
rinthern fehreibet: “Es habe niemand bey ihnen
pelebet, der niche ihren ftarfen und allenthalben
„fkraͤftigen Glauben geprüfet und vor tüchtig ge:
53
ee ‚ und dabey ſich über ihre Gottſeligkeit in
„ChHriſto nicht verwundert Hätte,„u). Janatius
zeuget von andern, “erhabeerfannt, daß fie voll
„eommen und gefchickt wären im unbeweglichen
„Glauben, als die mit CHriſto JEſu ans Kreuz
„gefchlagen worden beyde am Fleifch und am Gei-
site, und daß fie gegründet wären im der Liebe
„durch das Blut Seh EHrifti, auch eine völlige
„Freudigkeit hätten zu dem HErrn JEſu ChHri⸗
„ſto, daruͤber er auch GOtt preiſet, der ſie ſo weiſe
„gemachet habe,,x). Diefes war ihr ſtetiges Be⸗
muͤhen und Suchen, “daß fie zu dem wahrhafti⸗
„gen Heiland abig traten, und die Verheiſſung
„und denneuen Bund erlangten, den der HERR
„durch fein Kreuz und Tod erneuert, und die Pfor—
„ten der Höllen und der Sünden zerbrochen, und
„die glaubigen Seelen da heraus gefuͤhret, Denen
„er den Tröfter gefchenft, und fie in fein Reid)
„wieder eingeführet hatte y). Denn wer hatte
„unter denen Gläubigen fich weigern wollen
Gtt zu glauben, von dem fie fo viel Pfande
„ihres Glaubens erlanget hatten 2)? Eben daher
„bieflen fe ja Glaubige, daß fie dem, was ihnen
„von GOtt verkuͤndiget ward, ohne einigen Zwei—
„rel glaubten, und nicht ftrauchelten oder anſtieſ⸗
„in, Wäre es etwas menfchliches gewefen, was
„ſie gelehret waren, fo hätte es billig erſt müflen
„unterfuchet werden. Weil es aber göttliche
„Dingemwaren, fo wußten fie ‚daß man fienurde-
„mütbig verehren und glauben müffe. Glaubte
„aber jemand nicht, der mußte wiſſen, daß er auch
„nicht GOtt angehörte +).
So bald der Glaub das Heilumfaffer hat,
So hat fein Wanfelmuth im Herzen ftatt:
Wer aber nicht ergreift die Wundergaben,
Der mag den Tod und bos Gewiſſen has
ben b).
10. Und von diefer lebendigen Kraft nennten
fie fid) nun unter einander Gläubige, oder cin
Volk, das vom Glauben den Namen
führete c). Paulus gedenfet deswegen vor⸗
nemlich von den Coloffern, daß er gebörck
babe von ihrem Blauben. Col. 1,4. Da—
bey Chryſoſtomus wohl bemerfer, daß die Blau-
bigen nicht nur deswegen alfo heiffen, weil fie
glaubten, fondern auch deswegen, weil ib-
63 nen
9) Arhanaf. Vit. Antonii. r)Chryfoß. hom. in Matth. XXI. 23. ap. Corelerium Tom. III. Momm.Gr. p. 132. et 140
s) Hilarıuslib. II. de Trinit. t)Id.lib. X.
u) Epift.p.2. x)Ep.ı. adSmyrn.
y) Macar. hom. 38. z) Theo-
Philus ad Autolyc. lib. —* 74. a)Chryfofl.hom.ı.inl. Tim, b)snencns Hiſt. Euang. lib. UI. p. 474. ©) Pon-
rius in Vita Cyprianic. 6.
54
nen die Derbeiffungen und Bebeimniffe
BOTTES anvertraust wären, die auch
nicht einmal die Engel vor ihnen erkannt
hätten d). Wohin es auch angefehen war,
wenn man einen Anterfcheid machte unter denen
erleuchteten und getauften Chriften, und unter
denen, die noch nicht völlig unterwiefen und ge—
tauft waren, da man nur jene pflegte Blaubige
zu nennen, diefe aber Catechumenos, welches
fonderfich nad) den erften Zeiten in Gebrauch)
Fame). Wiewol man zwar fonft insgemein oft
erfuhr, daß es mit dem Namen der Gläubigen
nicht ausgerichtet war, und dahero ſchon mit Ori⸗
gene gefteßen mußte: “Wenn ein Gatechifmus-
„Schüler, der noch nicht getaufee wäre, das Ge—
„bot EHrifti bielte, Die Gerechtigfeiten und ‘Be-
„rehlein acht nahme, fo verurtheilteer in Verglei⸗
„chung den, der dochein Gläubiger hieſſe, und die
„Gebotenicht Hielte ,, f). Sa, es geſchahe bismei-
len, zumal in folgenden Zeiten des Verfalls im
Chriſtenthum, “daß man fahe, mie ein Cate-
„chumenus fich von aller Wohlluſt enthielte, der
„Belt gute Nacht gab, allem abſagte, was er —*
„te, den Armen austheilete, und doch nur ein Ca—
„techifmusfchüler hieſſe, ja daß er ofte in der
„heilfamen Lehre beffer unterrichtet war, als ein
ſo genainter Öläubiger,,g). Demnad) hatten
fie wohl Urfache einander zu ermahnen, Eraft
diefes Worts, teil fie deswegen Blaubige hief-
fen, “weilfie GOtt glaubeten, und die ihnen an=
„verfrauete Gerechtigkeit befäflen, Dadurch er denn
„ihnen zugleich die Heiligkeit, Reinigkeit der See:
„ten, Kindfchaft und das Himmelreich anver-
„trauet babe. Sie hingegen hätten dem HEren
„hinmwiederum angelobet Freygebigkeit, Gebet,
„Demuth, und alle andere er h).
ır. Bey allen folchen Betrachtungen des Glau⸗
bens fehnitten die erſten Chriſten dem Fleiſch alle
Gelegenheit ab, unterdem Schein der Heucheley
einen Glauben mitdem Munde vorzugeben. Da
Half bey ihnen Feine Enefehuldigung, “daß es ef-
wa dem Herrn genug wäre, nur mit dem Her-
„zen an ihn zu glauben, ob man es gleich mit der
„hat nicht bewieſe, und alfo des Glaubens und
„der Gottesfurcht unbefchadet fündige,. Denn
antworteten fie folchen verirreten Seelen: Du
wirft auch alſo der Vergebung unbefcha-
Kae ir. <<
1.3. Don der Pflicht und Bezeigung derer erften Thriffen gegen BOrt.
det in die Hölle verftoffen werden i).
Drum pflegten fie niemals den Glauben von gu⸗
ten Werfen abzufondern, ob er gleich nicht durch
diefelbe gerechte machte. Glauben ift, den
Wilten GOttes thun k). Darum, wer glau-
ber, der thut den Willen GOttes, dasift, erfann
von der Siebe GOttes nicht abgefondert werden |).
Was ift der Glaube: fraget ein eur
ter Chrifte, und antwortet: “Daß der Men
„CHriſto glaube, d. i. GOtt treu fen, das ift, GOt⸗
„tes Gebote treulich halte. Denn, (ſetzet er hin⸗
„uu) wie die Knechte oder Haushalter reicher Her-
„ren ohne Zweifel nicht treu koͤnnen heiſſen, wenn
„ſie die ihnen anvertrauete Sachen verſchwenden;
„alſo find auch diejenigen Chriſten untreu und un⸗
„glaͤubig, welche die von GOtt ihnen zugetheilte
„Guͤter verderben. Fragftdu, was dis vor Guͤ—
„ter ſeyn? Es ſind die, durch die wir glauben und
„Chriſten ſind, m). Und abermal ſchreibet
er n): “Weil das der Glaube eines Chriſten iſt,
„die Gebote Chriſti treulich halten, fo iſts jage-
„wiß, daß der feinen Glauben hat, der untreuift,
„und daß der nichteinmai glaubet, daß CHriſtus
„ſey, der EHrifti Gebote verachtet. Und dahero
„comme allesdahinaus, daß, wer die Werfe eines
„Chriften nicht thut, der ſey auch Fein Ehrifte ,,.
Tertullianusfagt esrundberaus: *Es ift nichts
„wahrhaftiges indenen, die GOtt, den Vorſteher
„und den Meifter der Wahrheit, nicht Fennen,
„Diejenige mögen zufehen, wie es ihnen gehen
„wird, diedas Gute nicht ganz befigen, und auch
„das, was ſie noch haben, foleicht mit dem Böfen
„vermifchen 0).
12. In dergleichen redlichen Herzen war nun
der Glaube gefchäftig feine Früchte zu bringen,
und recht thatig zu werden. Sie befannten mit
Grund der Wahrheit und mit volligem Zeugni
ihres Gewiſſens auch vor ihren Feinden: Mir
„verlangen ein immermwährendes und reines $e=
„ber zu dem Umgang mit GOtt, dem Bater und
„Meiſter aller Dinge: Wir eilen zu der Chriſtli—
„hen Befenntniß, und glauben feſtiglich, daß die⸗
„jenigen es erlangen Fönnen, welche mit der That
„ſelbſt vor GOtt erweiſen, daß fie ihm nachgehen,
„und den Umgang feines Lebens lieb haben, darinn
„feine widrige Bosheit zu merfen ift,, p). Po=
Iycarpus fchreibet nicht weniger an die a
in⸗
d) Homil. 1. ad Coloſſ. e) Occurrit ſæpius apud Auguſt. Tract. 44. in Ioh. lib. de Paſtor. c. 13. Hom. 49. inter L.
Epiſt.23. ad. Bonifac. Ambroſium lib. I. deSacram.c.ı. Chryſoſt. hom. 24. in Ioh. Gregorium Naz.or.40.de
Bapt, aliosque. f) in Epiſt. Rom. II. 26. ) Auguf. Tract. 4.inIoh. h) Chryſoſt. hom. 21. ad Pop. Antioch.
i) Tertullian. dePenit.e.5. k)Ireneuslib.IV,c.14. 1) Bebelinsad Irenzil.c. Antiq́. Ecel. Sec. II. artic. 3.p. 289.
ın) Saluianus lib. ILI. de Gubern. Dei p. 70. vbi vid. Ritzershuf.not. p. 86. . n) Id, I, c. lib. IV. init. o)Lib. de
Cultu Fem.c.ı. p) Zuffinus Martyr Apol, I. p. 57-
S
6.€. Von der erften Ehriften lebendigen und thätigem Glauben.
Kinder GOttes: “Der Glaube, dereuch gegeben
zuift, iſt die Mutter unfer aller, da die Hoffnung
„folget, unddie Siebe vorgebet melche iſt in GOtt,
zin ESrifte und indem Mächften. Denn wer da⸗
„bon innwendig erfuͤllet, und der Gerechtigkeit er-
„geben iſt, und Siebe hat, der ift ferne von aller
Sünde, g). Ein anderer veder die ficheren
Heuchler alfo an: "Was Hilft dihs, mern du
„durch den Glauben allein gerecht wirft? (Eben
„roie Jacobus c.2.0.14.) Wir wünfchen, daß
„du auch von deinen Wohlthaten eine Sreudigkeit
habeſt, daß du ftets daran gedenfeft, was GOt-
„ces iſt, göttliche Dinge im Sinn habeft. Wir
„ordern weiſe Gedanfen und ein anftandiges $e-
„ben nicht nuraufeinen Tag, noch auf zwey oder
drey, fondern durch dein ganzes geben r). Es
„it ja fonftdas Lehren nichts nüge zur Seligkeit,
„wenn das teben vom Unflat der after gleichſam
„überfleuße und verumveiniget wird. Darum
„muß es alfo eingerichtet und unterwieſen werden,
daß es GHtt gefalle, und alle Schande, Bosheit,
„Geiz und dergleichen hinweg falle s). Wenn
„man aber gleich mit unzählichen Worten Be—
„trachtungen anftellt , und redet von der Geduld
‚und Glauben, und doc) nicht ermeift, wenn die
„zeit da iſt; fo werden die Worte nicht allein
„nichts nuͤtzen, fondern auch fchaden. Wenn
„ir aber vor und nach den Worten eine Probe
„unferer Werfe ablegen, fo find wir auch tüchtig
„andere zu ermahnen darinn, was wir mit der That
„erfüllet haben 9. So bald du nun (ſagten fie)
wirſt gläuben, fo bald wirſt du auch mir Wer:
„een gezieret feyn: Micht daß ihm Werfe man:
„gen follten; fondern weil der Glaube vor fich
—* voller guter Werke iſt. Die Werke ſind
Wer aus den Menſchen und gegen die Menſchen:
Der Glaube iſt aus den Menſchen gegen GOtt.
„Der Glaube erklaͤret den Bekehrten für einen
„simmelsbürger. Der Glaube macht den ir-
„dilchen Menkben zu GOttes Freund und Bes
„fannten. Denn auffer und ohne den Glauben
„iſt ja nichts gut u).
13. Demnach ftraften fie diejenigen feharf
durch Fräftige Ermabnungen , welche ihnen einen
andern Weg zum eben machen, und einen todten
Glauben einbilden wollten. "Wie kann der fagen,
„(bieffe es) daß er an EHriftum gläube, der nicht
„ehut, was EHriftuszutbunbefoblen bat? Over
Wwie willder zuder Belohnung des Ölaubens ge:
”
55
„langen, der die Treue — nicht will
„halten? Er muß nothwendig wanken und irre
„gehen, und von dem Geiſt des Irrthums ergrif—
„fen, ja als Staub vom Winde zerſtreuet werden.
„Er wird nicht in feinem Wandel zur Seligkeit zu:
„nehmen, weil er die Wahrheit des beilfamen
„Weges nicht hält; x). Diefes war alfo ein un-
fehlbares Kennzeichen eines vechten Glaubens,
nemlich das rechtfchaffene ungebeuchelte Wefen in
EHrifto, nemlich wenn fie forderten: Zeige mir
deinen Blauben mit deinen Werken!
‘ac. 2,18. “Nimmermehr thut der Glaube,
„was des Unglaubens, noch der Uinglaube, was
„des Glaubens iſt y). Wienun etwa der Schein
„der Sonnen die Sonne felbft zeigt, und von ihr
„ausgeht; alſo erweiſen die Werfe den Glauben,
„und alfo wirds wahr, mas Jacobus faget: A:
„brabam ward aus den Werfen gerecht, als aus
„zeichen des Glaubens z). Denn gute Werfe
„iind Zeugen des Glaubens. Wenn aber ein Ehri-
site nicht gute Werke thut, fo Fann er feinen Glau—
„ben nicht bewähren, und eben dadurch, weil er
„ibn nicht beweifen kann, ifter eben fo gut zu ach-
„ten, als waͤre er nicht,, : wie Salvianus weitlaͤuf⸗
tig bezeuget. Welcher ſonderlich dieſe noͤthige
und treuherzige Warnung darzu thut: nemlich,
es duͤrfte ja Feiner uͤber den göttlichen Zeugniſſen
zornig werden, fordern Darinnen beruben und zu—
nehmen, nicht aber widerfprechen, wenn der A—
poftel einen folchen Heuchelglauben dem@teufli-
fehen gleich achtet: Denn niemand koͤnne ihm et:
was durch die Einbildung eines folchen Glaubens
ohne gute Werfe zufchreiben. Deswegen aber
fage er, daß die Teufel glauben: ie diefe zwar
„glauben, daß ein GOtt ſey, und dennoch in ver-
„kehrtem Weſen dahin leben: fo hätten auch et»
„liche Menſchen einen teufliſhen Glauben, welche,
„da fie vorgaͤben, daß fie GOtt glaubten, dennoch
„von Sünden nicht ablieffen a). Ueber welche
boͤſe Art die treuen Lehrer fehmerzlich Elageten :
24 ſo gottlos waͤren, daß ſie ſich ſtellten,
„als haͤtten ſie den Glauben, und hoffeten, er folle
„te ihnen helfen ohne Werke der Gerechtigkeit bey
„GStt. Und durch dieſen Irrthum wurden fie
„betrogen und begiengen ſchreckliche Sünden, in=
„dem fie glaubeten, GOtt ſeye nicht der anderen
„Sünden, fondern des Unglaubens Richter b).
14. Gleichwie demnach der Glaube nie ohne gu⸗
te Werke bey ihnen war, alfo waren auch Feine
gute
g)Epift. ad ep 3. N) Chryffl.kom.2. moral.in 2Cor.l. s) Idem hom. 3. in To. t) Id. hom.$. in Gen.
e,
u) Id. ferm. de Fi
brof, ib. U. de Cainet Abel e.i. a)Lib.IV.
i
MM
Bi
Lege Nat.et Spir.$. x) ia de Simplicit.Pralat. y)Igrarius Epift. ad Ephef. z)Am-
e Gub. Deip.103.legg: b) Auguf. de Vita Chriſt. c. 13.
56
gute Werke ohne den Glauben, und was nicht
aus dem Ölauben Fam, wurde auch von ihnen für
Sünde gerechnet. Nöm. 14,23. Dafür aber wur:
den fiedurchdie göttliche Weisheit bewahret, daß
fie fein Werf dem Glauben vorfegten, oder fagten,
man fönne vor dem Glauben etwas gutes thun.
Denn fie wußten, daß eben die Werke, die
man thue vor dem Glauben, doch ver-
geblich wären, ob fie ſchon loͤblich febie-
nen. Drum mußte niemand feine Werfe vordem
Glauben gut Beiflen : "War fein Glaube da, fo war
„auc) Fein gut Werfda: Denn die Jntention und
„Abficht machte erftlich ein Werk, das Abfehen aber
„und die gute Meynung wirkte der Ölaube,, c).
Diefer ift diejenige Weisheit und Klugheit der Ge⸗
rechten , die der Brunn aller Pflichten ift.
Denn was ift fonft fo voller Ergebung und
„Dienft, alswenn man dem Urheber feinen Fleiß
„und Ehrerbietung wiedmet? Und diefer Brunn
„wird denn indie übrigen Tugenden alle geführet.
„Denn £eine Gerechtigfeit fann ohne diefe görtliche
„Klugheit (des Glaubens) feyn d). Alles, mas
ſonſt die Menfchen ehun, in Keufchheit, in Er-
„baltung, in Betäubung des Leibes, in Austhei-
„lung ihrer Güter, das thun fie alles vergebens,
„wenn fie es nicht im Glauben thun. Sie thun
„‚es ohne Grund, menn es nicht gefchicht in Er-
„‚eenntnißdes einigen GOttes und Vaters, und in
Bekenntniß feines eingebornen Sohnes e).
Will gleich ein rg natürlich) frommer
inn ⸗
Sich hier und dar mit guten Sitten ſchmuͤcken
So faͤllt ſein Trug doch endlich aller hin,
Er kann ſie nicht aus wahrem Glauben ſchicken.
Die Fruͤchte ſind nur falſcher TugendSchein.
Warum? Es muß ihm lauter Suͤnde ſeyn,
Was die Natur in ihrer Hoffart zeiget:
Der Unglaub iſt zu boͤſer Frucht geneiget f).
Derowegen lernten fie nun eines an dem andern
kennen, den Ölauben an Werfen, und die Werfe
am Glauben. *Ein Glaubiger wurde bey ihnen
„nicht nur an der Gemeinfchaft der Lehre erfannt,
„fondern auch an einem neuen $eben: nicht nur
„an dem, was er von GOtt empfangen hatte, fon-
„dern aud) an dein, was er Gtt wiederum auf-
„opferte: Davon mußte er glänzen, und allen
„bekannt und offenbar werden, auch in feinem An⸗
„geficht, Reden, Stimme, Gang, Kleidung und
1. B. Don der Pflicht und Bezeigung derer erften Ehriften gegen GOtt.
Bar 2
Br
—
„andern e). Der Glaube hält alſo die Gebote,
„erfüllet die Zufagen, er machet Greunbe GOttes
„und CHriſti. Niemand kann die Verheiſſungen
„des Ölaubens erlangen, er erhalte denn fein Be⸗
„eenneniß mitden Werfen: Keiner wird der Be:
„lohnungen eheilhaftig, wenn er den verfproche-
„nen Glauben nicht behalten will. Alſo wird dem
„Menfchen die Belohnung des erfüllten Glau-
„bens vergolten, oder die Strafe wegen deflen
Verwahrloſung zugemeffen b). _ Maffen das
„nur ein wahrer Glaube ift, der darinn, was er mit
„Worten fagt, mit Werfen nicht widerfpricht i).
„Wer nun den Glauben ohne Werke zu behalten
„gedenft, und dadurch am leßten Gericht felig zu
„werden, der wird in feiner Hoffnung betrogen
„erden, weil erihn Durd) fein böfes geben verlo-
„ren hat, den er doch durch fein äufferlich Befennt-
„niß erhalten wollte k). Kurz: aus den äuffer=
„lichen Werfen muß aud) der innwendige Glaube
„bekannt werden I): Und fehmeicheln ihnen alle
„diejenigen vergebens von ihrem Glauben, die ihn
„nicht mit Gottſeligkeit zieren m). Denn er ift
„ja der Urſprung der Gerechtigkeit, der Anfang der
„Heiligkeit, das erfte in der Andacht, der Grund
„des Öottesdienfts n). Deswegen waren fie
„nun, denenesein Ernſt war,nicht faul, Gott zu die⸗
„nen, verlieffen fich auch nicht alfo verfehrrer Weiſe
„auf die Önade, als wenn es ihnen GOtt frey geftel-
„let hätte, und Feine Früchte forderte, was er durch
„den Tod feines Sohnes erworben hat. a, defto
„mehr wichen fie vom Bofen, und thaten Guts.
» Sie wacheten, fucheten, Elopfeten an und beteten,
„und bemübeten ſich zu überwinden die Welt und
„alles, GOtt aber allein gefällig zu feyn o).
15. Inſonderheit aber nur eflicher Früchte zu
gedenken, fo hiefle es aus dem Apoftel in Wor⸗
ten und Werfen: Der Glaube fey durch die
Kiebe thaͤtig, Gal. 5,6. 1 Joh. 4, 8. a 5,1
Alſo hatten ſie darinne abermal ein herrliches
Kennzeichen “eines völligen Glaubens und Ge:
„horfams, nemlic) die Liebe zum Gehorſam, und
„daß jie alles, was fie thäten, aus Bewegung
„der Liebe ausrichteten, alfo, daß der Wille des
„eiebhabers der Mothwendigkeit des Werfs zu:
„vor kam p). ‚Das war bey ihnen exft Glaube,
„der durch die Siebe wirkte, nicht durch die Furcht,
„nicht aus Benforge der Strafe, fondern aussie-
„be zur Gerechtigkeit. Welche tiebedenn ebenauh
f „da⸗
©) Auguflin. in P£.31.Prxf. d) Ambrof.lib. I. de Offic. c. 25. et 27. e) Origenes lib. I.in Iob. f) Profper Aquitan.
adu. Pelag.p. 672. 8) Chryſoſt. hom. 4.in Matth. h)Idem ferm. 33.de Fide Abr. et Immolat. In i) 2
M.hom.29.inEuang- k)lId.lib. W. Moral. c.14. 1) Id. hom. 30. inCantic. m) Jidorus Hijpal. lib. II. de
SummoBonoc.2. n)Chryjoft. kom. de Fide, Spe et Charit. 0) Aug:«/?. lib. II, cont. Pelag. alleg. etap. Magdeb.
Cent. V.c.4.p-1gt. PPMilarius in Pſ. 118.
er zu führen war, wo der Glaube felbft her⸗
N nlich von GOtt. Sie erkannten woehl,
„daß nichts in ihnen wäre von Liebe, fie würde denn
"pinißnen ausgegoffen durch den H. Geift, der ih—
| ngegeben war, dadurch er fie zu feinen Liebha⸗
„bern machte,gleichwie ſeine Gerechtigkeit fiedurch
F AUCH, *
„feine Gabe gerecht, der Glaube JEſu Chriſti fie
„glaubig machteq). Man bemerkte flei wie
die Schrift allzeit die Liebe fo gar nahe zum Glau⸗
ben feße, weil diefer ohne jeneeitel fen. Mit tie:
„be fey esein Glaube eines Chriften, ohne Liebe fey
„esein Glaube eines Teufels. Fa, welche nicht
ect die wären arger als die Teufel, weil
ey
E)
driftum Bafleten, und nicht vor ihm erzit⸗
orten r), Woben fiefich auf die Erfahrung be-
„zogen, daß fie alleine eben) was an GOTT
„glauben hieſſe, die ihn liebten, Die nicht nue dem
"Samen nachECßriften wären,fondern inden Wer⸗
„een und im Leben: Dann ohne die-tiebe fey der
Glaube doch eitels), Es mußte gewiß ein leben-
„diger Glaube feyn, dadurch gleichwol die Ehriften
„leben follten. ie aber das Leben des Leibes aus
„der Bewegung gefnirer wird, alfo ver Glaube
„ausden Werfen. Denn der Glaube lebet allein,
„der durch die Liebe wirket: ift diefe Falt, fo ift der
„Glaube auch mangelbaft t).
16. Esdrang ihnen auch tiefins Herz, wenn ih-
hen noch Yacobus in feinem Brief bezeugete, fie
folltenwiflen, daß, wenn ihr Glaube rechtfcbaf:
fen waͤre / ſo wirkte er Geduld. Jac. iy 3. Alles,
was die erſten Märtyrer und Bekenner IESu
litten uͤber ſeinem Namen, das ſchrieben ſie der
Kraft des Glaubens zu, gleichwie ſie alle andere Tu⸗
genden aus dieſem Brunnen herfuͤhreten. Denn
Da ward bey der Evangeliſchen Predigt der Glau⸗
„be derer, die in CHriſto glaubten, ſo geſtaͤrkt durch
„den Wachsthum, daß fie fich nicht entzogen, über
„ver Befenntniß des göttlichen Namens ihr Blut
„vergieffen zulaffen. Zum wenigſten Freuzigten
„fie die Glieder Er teibes aus Liebe zu CHriſto
„Durch eine ernfte Züchtigung in den Ai
siten,, u). Gogiengesbey den erften und wahren
Epriften: Ihr Glaube fhien anfangs Flein, ge:
„ring und ſchwach zu ſeyn, und ertiefe feine Macht
„nicht, ftolzierte auch nicht: Aber wenn er nun
durch mancherlen Anfechtungen euͤbet wurde,
„da erwiefe er bald feine Kraft, da gab er eine Waͤr⸗
sen
>
vt
6. Don der erſten Chriſien lebendigem und thätigem Blauben.
chlichenLuͤ⸗
57
„me des görtlichen Vertrauens von I und war
„in ihm eine folche Hige des göttlichen Feuers, daß
„er nicht nur ſelbſt brannte, fondern auch andere,
die daran Theil hatten, zum Brennen bradhte,, x).
Da mußte das unfehlbare Kennzeichen des Glau=
bens eintreffen, nemlich die Leberwindung der
Welt. ı 505.5,4.5. “Die Welt haffete zwar den
„Glauben in ihnen, weil fieimArgen liegt ; fie ward
„aber auch durch den Glauben überwunden. Die
„Heiligen bezwungen durch den Ölauben Koͤnig—
„reiche. Ebr. 11,33. Und warum follte der Ölau-
„be nicht Sieg gehabt haben, der doch Leben hat-
„6%, 3)? So wußte jener Märtyrer Flavianus,
als er vor den Nichter geführet ward, in feiner See-
len gewiß, “daß fein eigener und feiner Vorgaͤn⸗
„ger Glaube dem Richter die rechte Meynung
„würde abzwingen, auch wider feinen Willen z).
Immaſſen weder ein Menfch, noch ein Teufel,
„noch fonft jemand wider einen Gläubigen und
„Liebhaber des Worts beftehen fann,, a). Da—
ber Fam es auch, daß im Anfang des Evangelii mes
der Simonis des Zauberers, nod) anderer Feinde
MWiderftand beftehen Fonnte. Denn der Blau-
be, der Blanz der Wahrheit, und das göttli-
be Wort überwand in den Upofteln alles;
wie Eufebius davon zeuget b). In welchent
Glauben dorten ein frommer Lehrer den Einwurf
etlicher Schwachgläubiger wegraumte, daß Ni un=
ter der Verfolgung nicht könnten Zufammenfünfte
halten: “Womit (head er) willedu es fonft an-
„Ffangen, als mit Ölauben, wodurch auch die Apo—
„ſtel allzeit ficher waren. Kann der &laube Ber:
„ge verfegen, fo wird er ja auch einen Soldaten
„oder andern Feind abhalten fonnen. Drum haft
„ou nur Glauben und Weisheit noͤthig. Wirft
„du diefe brauchen, fo haft du Feines Befchenfens
„vonnöthen: brauchft du es nicht, fo wirſt du auch
„dein Geſchenke verlieren, ( das du gibt, die Feinde
zu begütigen) ce).
17. Ueberbaupt fiehet ein jedes erleuchtetes Her⸗
ze wohl, wie hoc) fieden Glauben und deſſen Kraft
erhoben, fo wol in.der Nechtfereigung des Men:
ſchen, (davon im erſten Cap.) als auch in der *
ligung und in der Verherrlichung deſſelben. Man
böre nur, was vor Herrlichkeit der Maͤrtyrer Igna⸗
tius im Glauben ſuchet und findet, und dahero
andern feinen Brüdern zeiget d), Es iſt euch
, „nichts
9) Auguft. de Spir.etLit.c.30. r) Tract.2.inEp.Ioh. s) Id. ferm. ıgr.de Temp. t) Caffod.deamic. u) Ew- |
cherins\ib. ILL. in Gen. ap. Cent. Magdeb.V.c.4.p. 180. x) Ambrofius ferm. I, de Grano Sinapi. y) Bernhar-
dus Serm. I. in Octau. Pafch.
b) Eufebins lib. IL. Hiftor. EccleG;c. 14.
z) Acta Martyrum ap, Baronium A.CCLX.n.23. a) Chryjof.hom, i5. in Rout-
c) Tertallianss de Fugain Perfecut.c, 19, d) E,
piſt. Le.
„nichts verborgen, fo ihr den Glauben an EHri-
„tum JEſum und Die Siebe vollfommen habt, wel⸗
„ches der Anfang und das Ende des Lebens ift.
„Denn des tebens Anfang ift der Glaube,das En-
„de aberdie Liebe, Welche beyde, fo fie vecht bey-
„ammen find, bereiten fie einen Menfchen GOt⸗—
„tes, das andere alles gehöre zu guten Werfen.
„Es fündiget niemand, der fich des Glaubens
„ruͤhmet, und haſſet Feiner, der die Liebe hat:
„Denn an den Früchten erfennet man den Baum.
„Alſo werden die, fo fich Chriften zu feyn ruͤhmen,
„durch ihre Werke erfannt. Denn das ift nicht ein
Werk bloſſer Berheiffung, fondern es befteher in
„der Kraftdes Glaubens, darinne man muß bis
„ans Ende erfunden werden, Und ein anderer
mit kurzen Worten: “Der Glaube ift niemals ob-
„ne göttliche Kraft und Tugend, und Feine Wir:
„kung der Kräfte gibt ein gewiſſes Heil ohne den
»Ölauben,, e): Deswegen auch der HERR alle-
zeit, wenner Kranfe heilen wollte, erftlich nach ih—
rem Glauben fragte, damit fie durch ihren Glau-
ben und feine Güte erhalten würden, wenn diefe
beyde vereiniget wären; wie von den Alten bemer-
ket wurde).
18. Ich will jego nichts von der wunderthaͤti⸗
sen Kraft des Glaubens bey den erften Ge-
meinen erwehnen, davon unfen etwas folgen
foll; fondern Fann nur diefes von ihnen verfi-
ern, daß ihr Glaube in dem H. Geift ihnen eine
unendliche Hoffnung ihrer Herrlichkeit beygeleger
habe. Sobald auch fchon im Anfang des Evan-
geliidie Heyden von Chriſto hörten durch die Apo-
ftel, “wurden fie mit Freuden und Glauben erfül-
„let, verleugneten ihre Goͤtzen, und ergaben fich
„telbft dem unerfchaffenen GOTT duch EHri-
€) Origenes in Matth. 13. f) Arhanafıns de Pallione Dom. fern.
„ftums Damals und in folgenden gelten
bielte man den Glauben “fürden größten Reich-
„ehum, Schaß und Ehre, indem er den Sünder _
„felig machet, die Schwachen Beiler, die Catehi-
„imusfchüler taufet, die Gläubigen che
„macht, Die Bußfertigen wieder zurecht ingt,
„die Gerechten vermehret, die Märtyrer krͤnet,
die Jungfrauen, Witwen und Eheleute in Ref
„beit erhält, die Lehrer ordnet, zum Himmelreich
„bereitet, im eroigen geben mit ven H. Engeln ges
„mein macet,. Ein jeder mußtewiflen, “Daß
„er vor allen Dingen Glauben haben follte, der ihn
„GOTT müßte angenehm machen. Wenn er die=
„fen hätte, fo muͤßte erdahin fehen, wie feine Wer⸗
„te aud) vollkommen tmwürden,,. 18 abe
fahen fie wol für unmöglich an, “Daß einer fönn:
„te tugendhaft feyn ohne Rechtfertigung, und
„daß er follte gerecht feyn ohne Glauben.
„Drum wurden fie in diefem geben nicht müde, als
„zur Zeitder Saat bis ans Ende, und verharre-
„een, bis fie endlich ernten Fonnten, was fie ge-
„faet hatten. ° Ufo Dezeugete Conftantinus
der Groffe in einem öffentlichen Befehl, es habe.
fih GOttes Macht fonderlich darinnen eriwiefen x
„Denen, die die H.Schrift hoch hielten, und feines
„von den Geboren aufzulöfen begehrten, habe
„er zu viel Gütern und einer groflen Stärfein
„ihrem Vorhaben, nebenft einer guten Hoff
„geholfen: Den Gottlofen fey aber das Wider:
„fpiel wiederfahren, und was ihrem Willen ganz
— gervefen,. Und eben dieſe lebendige
Erfahrung von den herrlichen Wirkungen des
Glaubens befeftigte fiein der Hoffnung der Herr-
lichkeit, die GOTT geben follte; wovon weiterunfen
foll gefaget werden.
Das 7. Kapitel, | |
Bummarien,
Bon dem Chriftennamen und deſſen Kennzeichen. 1
©" fchändeten den Chriftennamen nicht durch Sünde, $. 1. fondern druͤcketen ihn aus in Worten und Werfen, 2. Chri⸗
ften zu feyn,3. und den Namen in der That zu fuͤhren 4. in Lauterkeit, ohne Heuchelen. 5.
Kennzeichen eines wahren, 6., Die Suͤnde aber eincs falſchen Chriften und Heuchlers. 7.
Lich, 8. lebten heilig, umdie Laͤſterer zu Überzeugen und zu beſchaͤmen, 9. als treue und rechte Haushalter GHttes, 10,
wurden die Heyden überzeugek, zu. je mehr fie dem Evangelio wurdiglich wandelten ı2. ımit ihrem Erempelz,
F.
Eiter floſſe von ſich ſelbſt aus einem le⸗
bendigen Glauben, daß ſie auch ihrem
Beruf, ja dem Chriſtennamen ſelbſt
ſich gemaͤß bezeigten in ihrem Wan⸗
Gottſeligkeit war alſo das
Wider dieſe eiferten fie auch öffent:
Dadurch
une, e ”
det. Dieſer Titel war ißnen viel zu theuer und iwereh,
als daß fie ihn hätten mit vorfeglichen Sünden be-
flecken, und die Feinde darüber läfternd machen
ſollen. Es ift bekannt, wie der Name der
nn, erſt
zu Antiochia auffommen fen, Apoft. Gefch.
da fie zuvor Galiläer und Mazarener unter
den Feinden bieffen a). Diefer Name nun hatte fei:
nen Urfprung von der&albung,die wir fehon oben
betrachtet haben, von welcher €. ſtus gem
ward, deſſen Salbung nach feinem Föniglichen,
Hriftus genennet
‚priefterlichen und propbetifchen Aemtern denen
wahren Ehriften zu gute kam b). “Ein Ehrifte hat
„feinen Urfprung von der Salbung; (ſaget Ter:
„tullianus zuden Heyden, Jauch wenn ihr uns ver-
„kehrter Weife die Chriſten nennet, (gensss) leget
„ihre ung einen Titel von der Annehmlichfeit oder
„Otte bey,der von der Annehmlichkeit oder Guͤ—
„tigkeit entſtehet. So haſſet manan unfchuldigen
„Menfcheneinen unfchuldigen Namen. Gaget
„gleich einer, man haſſe die Leute um des Namens
Vrhebers willen, fo iſt es doch nichts neues, daß
„eine Lehre ihre Nachfolger von ihrem Schrer benen-
„me„c).Athanafius feger noch dieſen Urſprung da-
zu, man habe müffen einenkinterfcheid machen von
„ſo vielen andern Nachfolgern neuer Lehrer, welche
„die Ihrigen auch Jünger nenneten, mit eben dem
Namen, der fonft der Gläubigen eigener Titel
„war, d). Demnach Ben ſie zwar, daß die⸗
fer Name der Chriſten neu ſey, aber nimmer:
“ mehr, daßihre Lebensartund Wandel neulich
Re
*
————
2
r On erdichtet wäre e).
2. Die Kraft diefes Namens druckten fie aus in
Worten und Werfen, wenn fie befannten und er—
wiefen, auch denen Heyden anzeigten, daß Chriſten
„nichts anders wären, alsAnbeter des hoͤchſten Koͤ⸗
nigs, nachder Lehre EHrifti F). Sie wären eine
„ſolche Geſellſchaft, die ſich zu einerley Dienſt GOt⸗
„tes bekenne, unter einerley Zucht und Bund des
»Ölaubens und der ewigen Hoffnung lebeten g).
„Sie verftünden alle das einige wahre Gut, wären
pin einerley Ruhe beyfammen, Eenneten einander
„an dem Zeichen der Unfchuld und Befcheidenbeit,
liebten fich unter fich, waͤren ©laubensgenoffen,
„Rinder eines Vaters, und Miterben der Hoff:
„nung h), Ein Chriſte fey ein folcher Menfch, der
durch die Erkenntniß EHrifti und Lehre gezieret
„ſey mit Maͤßigkeit, Gerechtigkeit, Geduld und
„muthiger Tapferkeit, auch gottſeliger Bekenntniß
„des einigen und hoͤchſten GOttes.ʒi). Oder wie es
jener Bekenner vor der heydniſchen Obrigkeit be-
»
cc
* TE. Don dem Chriſtennamen und deffen Rennszeichen.
59
ſchrieb: “Es wären die Chriften folche gortfelige
„seute, welche GOTT dieneten, an den Namen
„des eingebornen Sohnes JEſu CHrifti glaub:
„ten, allen gutes thaͤten, und von ihm die Belop-
„nung boffeten,, k). And ein anderer: Ein
„Ehrifteift, der von GOtt dem Vater das We-
„ſen der Taufe empfangen hat, nemlich des H.
„Geiſtes, und dahero der ewigen Hoffnung,, 1).
Don der Gnade diefer H. Gabe Bieffen fie billig
Ehriften, zuvor aber wurde eigenelich niemand die-
fes Namens werth gehalten m). Kurz: Das
Chriſtenthum war bey den Alten eine Nachfol⸗
ae der göttlichen Natur n). Davon wir nun wei⸗
ter infonderbeit fehen wollen.
3. Denn fie gaben nicht allein dieſes nur mit
Worten vor, fondern ihres Herzens tuft und Ver-
langen gieng dahin, ein Chriſte nicht nur zu heiſſen,
fondern auch zu ſeyn. Ein folcher Ent war bey
Janatio, als er feinen Glauben in der Verfolgung
beweifen ſollte. “Bitter nur, (fehrieb ev) daß ic)
„ſtark werde, äufferlich und innerlich, auf daß es
„uiche allein Worte mit mir feyn, fondern auch
„der Wille dabey ſey. Damit ich alfo nicht allein
„ein Chriſte heiſſe, fondern auch erfunden werde.
„Wenn ich derjenige befunden werde, fo Fann ich
„auch fo heiſſen, und ein gläubiger Menfch ſeyn,
„ob mic) gleich die Welt nicht davor halt,, 0).
Ueberhauptzeugervonallen Örigenesp). “Es
„muͤſſe jedermann befennen, daß die Lehre EHrifti
„recht Beilfam und gut fen, wenn er nur auf das
„seben derfelben fehe, die ihr anbiengen, und da-
„ben ihren jegigen Wandel mit dem vorigen ver-
„gliche. Wir Ehriften (fagte jener mit freudi-
„gen Gemiffen,) haben das Geheimniß unfers te-
„bens nicht in dev Weisheit dieſer Welt gefeger,
„fondern in der Glaubenskraft, die uns von
„ODE durch EHriftum mitgetheilet ift. Diefes
„beweiſet täglich die Drönung der Dinge, diemit
„uns vorgeben, und euch unfere Lehre angenehm
„machen Fonnen,, q). Welche Gnade fie in
Dankbarkeit ihrem Heiland ganz zufchrieben.
„Der HErr JEſus, (fagten fie,) dev einige und
„wahre Gefalbte des HErrn, hat die ganze Zier-
„de des ehrwuͤrdigen und beiligen Namens auf
„uns gelegees er hat ung nicht etwa Vorbilder
oder Schättenwerfe übergeben , fondern die
2
Eh) Us
a) Suidash.v. Theodoretus TIL. c. 7. Iohannes Antiochenus in Chron. ap. Seldenum. b) Theophilus Antiochenus lib-
T.adAutolyc.p. 77. c) Apol.c.3.de Nomine Chreflus et Chreffianusteftantur infuper Metonius in Claud, c, 25-
Tactantins IV. c. 7. Iuftinus Apol. IL. p. 54. Hieronymus in Gal. V. 22. Euſeb. I. H. E c. 4. d) Apol.cont. Arium.
e)Eufebinsl.c. f) Arnobinslib.L.p.ı$. g) Tersull. Apol.c.39. h) Minutius Felix Octau. p. 367.
k) Acta Pachomii ap. Baronium A. CCCXVI. n. 27. qui etde hoc nomine vid. A. XLIII. n. ı>. iS
3. m)Cyrillus Hierof. Catech. 3. n) Gregorius NyjJenus de Profefi\ Chrifti. 6) Ep. ad Rom. p) Lib-
1) Eufeb.t.c-
Tertull. lib.
La * 21. q; Antonius apud Arharafium in Vita,
60
„Tugenden und Kräfte blos, famt dem himmli-
Iſchen Leben durch die Lehren der Wahrheit, da wir
„mit ihm vereiniget werden, r). Wer dis an ih:
nen mißbilligee, oder lälterte, den hielten fie nicht
einmal vor einen Menfchen. Und gleichwel
fchien es den Heyden und Gottloſen eine unglück-
felige Religion zu fenn, "den hoͤchſten GOtt, den
HERAN über alles anbeten, in aller Angele-
„genheit mit demüchigem Gehorfam anruffen,
„mit allen Kräften und Sinnen umfaffen, lieben
„undaufnehmen s). N
4. Aber fie felbft waren völlig überzeugt, “daß
„die Kraft diefes Chriftennamens ihnen eine
„geoffe Hülfe gebe zu einem tugendhaften Leben,
„wenn fie auch diejenigen in einer hoͤhern Le—
„bensart zu feyn emfig waren, wie fie genen-
„net wurden 1). Wenn einer nun den Chri-
„ftennamen annahm von EHrifto, der Kraft
„und Weisheit ift, fo ward auch die Kraft zu-
„‚gleich genennet, wenn er nur wider die Sünde
„tapfer und männlich ftritte. Auch erwieſe er, daß
„er die Weisheit bey fich hatte, wenn er das Beſte
„immerbar erwählefe. In welcher Bereinigung
„der Weisheit und Tugend ein vollfommenes Le-
„ben beftunde, indem durch jene erfannt ward,
„was recht und gut war, durch diefe das erfannte
„verrichtet umd befräftiget mußte feyn u), Dis
„und fein anders war bey ihnen das Ehriften-
„tum, daß die Chriften am Geift arm, ſanftmuͤ—
thig, barmberzig, friedfertig wären,
„diefem Wege nicht wandelte, der irrete durch Um⸗
wege und hatte einen böfen Grund x). Wer
„aber (fegten fie hinzu) nicht nur durch fein Be⸗
„eennenig Ehre fuche, fondern durch Werke felbft
„befannt werde, dem ſey GOTT alleine nahe. Bo
„nun GOTT fen, da koͤnne niemand nachftellen
„oder fihadeny). Daraufes auch angeſehen war,
wenn fie Fremde in ihre Gemeinen aufnahmen:
Da jene vor allen Dingen glauben und verfprechen
„mußten, daß fie alfo leben konnten, wie fie geleh⸗
„ref waren,,z). Man tiefe ihnen ernſtlich und
nachdrücklich, daß der Fein Ehrifte ſey, wer nicht
die Werke eines Chriften thue. Denn der Name
fen gar nichts ohne Wirfung und —
Was fer ſonſt das H. Wort ohne den Dienſt an⸗
ders, als ein Zierath im Koth. So ſey auch an
den Chriſten der Name gleichſam ein guͤlden Klei⸗
1. 3. Von der Pflicht und Beseigung derer erften Ebriften gegen GOtt.
Wer auf
vorhergehende Bölfer ihre gute Mamen verloren
wenn ihr Gehorſam aufgehoͤret hatte 2).
5. Man hatte hierinnenfi immer m
Heucheley zu flreiten, daß ja der Chriſtenname
in der Wahrheit und Lauterkeit erhalten und ge⸗
fuͤhret wurde. Dahin giengen fd viel Erinnerun:
gen hievon. *Es ift billig, (bieffe es,) nicht allein
„ein Chriſte zu heiſſen, fondern aud) zu feyn b),
„eaffet uns, als EHrifti Jünger, lernen nad)
„Ehriftenehum wandeln. Denn fo ſich jemand
„mit einem andern Namen nennen läßt, als mit
„dieſem, der ift GOttes nicht. Es ſtehet fehr übel,
„ven Mamen IESU aufder Zungen führen und .
„das Juͤdenthum (oder Hendenthum) im Herzen
* c). Wer nach boͤſen Begierden le⸗
„bet, der wandelt nicht in den Satzungen ſeiner
„Gebote, und fuͤhret Fein Leben, das CHriſto an-
„ſtaͤndig ift d). Derjenige bekennet den Namen
„vergebens, der CHriſto nicht nachfolget. Willt
„du ein Chriſt ſeyn, ſo en EHrifti ift, und
„nimm alsdenn den Chriftennamen mit Hecht
„ar, Heiſſet num einer ein Chrifte, fo erfenneter
„CHriſtum für feinen HERRN. Und er ifts
„wahrhaftig, wenn er ihm in allem gehorcherund
dienet: Wo nicht, fo iſt er ein Spoͤtter Chriſti, o
„daß er fic) feinen Knecht nennet, dem er doc)
„nicht dienen will e). Alfo ift derjenige erft ein
„wahrer Ehrifte, der es nicht nur dem Namen
„nach, fondern im Werfeift, der in allem CHriſto
ur und felget, der heilig, unſchuldig, un:
„beflecke ift, in deffen Herzen die Bosheit Feinen
Platz finder, Bingegen die Gottesfurcht und das
„Öute allein bey ihm bleibet, der niemand beleidi-
„gen fann,fondern jedermann belfenwill. Derift
erftein Ehrifte, der nach Ehrifti Erempeldiegein-
„de nicht haſſet, fondern feinen Widerfachern Gu-
„testhun kann, und für Berfolger und Feinde bes
„een. Denn wer einen zu beleidigen oder ihm zu
ſchaden bereit ift, der leugt, daß er ein Ehriſte
„iey f). Niemand heiffer recht ein Chrifte, als
„ver im geben EHrifto ähnlid) wird 2). Erzeigt
„er fich nichtinder That einen Ehriften, fo mögen
„on gleich alle fo nennen, ift ihm doch) der Titel
„nichts nüße, dadie Sache felbft fich bey ihm niche
„findet h), Wer aber nun fein Chriſt iſt, der iſt
„ein Widerchrift. Der aber ıft Fein Chrift, der
‚im Leben und Sitten EHrifto entgegen iſt ). |
„Der HERK felbit Bat das Zeichendes E —
nod: Wer deſſen mißbrauche, der fen wie eine Sau n s Chriſten
thums nicht an den Namen gebunden, fonden 1
Fr p
mit einem güldenen Halsband; Ja es hätten alle
|
B „an
Eufeb.lib.I. c.3.H.E.- s) Armobiusl.c.p.17. t) Gregorius Nyff.de Prof,Chrift.p.268. u) Idem de Perfect. {
— * = Macarius hom. 27. fine. y) Ioh. Mo/chusPrat. Spir. c.III. z) Iufinus Apol. 1.p.93. a) Sa 4
wianus lib. IV. de Gub. Dei p. roo. b) Ignarinsep.ad Magneſ. c) Ibid. p. 50. d) Clemens Rom.ep.p.5. €) Au. ”
guft.de Vita Chriſt.c.i. £) Ibıc. 6. g) Id, de 12.Abuf.Grat.gr.7. h) Id. Trast.z.in Ep-Ioh, 3 ld, Spec.perc.c.g. y
u 3 pr
*
* EC. 7. Don dem Chriſtennamen und deſſen Kennzeichen.
„an dieBefenntniß. Weilnicht der bloſſe Name
ee
Zeug:
„EHriftieinen Chriſten macht, fondern die
—— 9 no ee in
niſſe mehr bey den Alten ſtehen.
6. Wir haben oben n. 6, aus Cypriano von
dem wahren Chriftenleben gehöret, und wollen
es im folgenden Eapitel ferner betrachten. Hier
foll ung dieſes dienen, daß man in der erſten Kir-
che die wahre Gortfeligkeit für ein gewiſſes und
nötbiges Kennzeichen geachtet eines wahren Chri-
ften, worinnen alle Berftändige einig find, daß
die 18 Chriſtennamens im Thun beftan-
den der Einfalt des willigen Glaubens.
Heiligkeit war ein Kennzeichen der Chriſtli—
chen Zucht, und gleichham der Mittelpunct, da=
Bin alle inien der Ehriftlichen Lehre giengen. ABer
einen Chriſten nennte, der druckte gleichfam ein
Bild in das Gemürh von der Keuſchheit und Un-
fhuld, und einem Herzen, das von Luͤſten frey
war‘). Das war es „Was fie einander fo fejt ein-
bunden: * An den Früchten erfennet man den
„Baum, und wer ſich einen Chriften ruͤhmet,
„der wird an der That erkannt: Diefe beftehet in
„der Glaubensfraft. Beſſer ijts, fchweigen und
„ein Chriſte ſeyn, als ſagen, und nicht ſeyn m).
„Gleichwie zwey Bildniſſe dev Münze find, eines
> „Gottes, das andere aber diefer Welt; fo bat
„auch ein jeglicher Gepraͤge, die Unglaubigen das
„Kennzeichen dieſer Welt, die Glaubigen aber
„in der Liebe das Kennzeichen Gottes des Vaters.
„durch IJEſum CHriſtum n), Zwiſchen einem
Pen und Heyden muß nicht allein der Glau-
„be, fondern auch das geben einen Unterſcheid
' „machen, und die unterfhiedene Religion durch
„unterfchiedene Werke zeigen „, 0), Und folche
Kennzeichen leuchteten nun bey den eviten
Chriſten vortreflich hervor, alſo daß fie vor den
Augen ihrer Feinde und Laſterer fich darauf beruf⸗
fen durften: “Reiner wird bey uns für einen
Chriſten, oder für vecht reich, verftändig und
„großmuͤthig geachtet , er rede und lebe denn,
„wie es recht und Beilig iſt Kurz: Diefes ift
„unfer auftand) die wir GOtt nachfolgen : Wie
„unfere Begierdeift, fo find auch unfere Worte:
Wie dieſe find, fo ſind auch unfere Werfe: Wie
„unfere Werfefind , fofind auch unfer teben und
2
_. 39. ad Aufon.
Wandel, und fo ift das ganze Leben der Chriften
Op. imperf. in Matth. hom. 19.
0) Hieronymus epift. 14. ad Celant.
x) Saln:anus lib. II. fine.
A.CCLXXXVI. n.16. u) Enar. ep. ad Rem.
255
h Vid. Spanhem. Or. de Chrift. degen.
p) Clemens Alex. Protrept.p.76. 9) Paulinus Nolanus ep.
s) Zuftinus Apol. L. p. 64-
— ——
6
„durchgehends gut „ P). Denn, finger einer hier-
von aus Erfahrung a): Ps
Wie, fandes HErren Furcht von Chriſten bleie _
en? -
Ach nein, ihr Merkmahl iſt zu klar:
Von jener laͤßt ſich nur ein Chriſte treiben:
Ein Böfer wird er Bosheit felber offen:
ar.
7. Hingegen vedeten fie fehr ernftlich und ſcharf
rider die Heuchler und öffentliche Sünder,
welche diefem theuren Namen einen Schand-
fleck anhiengen. “Diejenigen, die fich Ehriften
„beiffen, verlieren die Kraft eines folchen Na—
„mens durch die Sünde, Denn der heilige Na:
„me nutzet allerdings nicht ohne das Leben, weil
„das Leben, fo von der Bekenntniß abweichet, die
„Ehre des fchönen Titels verderbe durch die ver
„achtlichen und niedrigen Werfe. a fie find
„deſto mehr durch diefen heiligen Namen ſchuldig,
„wenn fie von demfelben abweichen, weil fte deito
„boshaftiger GOtt unter dem Titel der Neligion
„fpotten, indem fie in der Religion fteben, und
„dennoch fündigen „r). Ja ſie erklärten fich öfz
fenelich alfo vor den Heyden: * Welche nicht al⸗
„ſo in ihrem geben befunden werden, wie ChHriſtus
„gelehretbat, von denen ültesein gewiß Kennzeis
„chen, daß 5 nicht Chriſten feyn, ob fie gleich
„die Lehre EHrifti mit der Zunge bekennen.
„Denn nicht die, fo nur bekennen, ſondern Die
„ihre Bekenntniß mit der That bekraͤſtigen, (ſaget
„er ſollen felig werden „s). Wie alſo inſonderheit
dorten von einem ſolchen use gefager wurde
unter. den Brüdern: “Torquatus bat lange
„gelogen, daß er ein Chrifte fen. Aber die
„Kraft des heiligen Namens felbit empfindet
„es gleichfam übel, daß ihr Name von denen fol
„gebraucht werden, die ihn nicht lieben. Denn
„dieſer Chriſtenname bat wahrhaftig örtliche
„Kraft, nemlich bey den Nachfolgern Chriſti, die
„die wahre Weisheit gelernet, und die bofen Lüfte
„tapfer beftritten und gedaͤmpfet haben „).
Sahen fie jemand davon abweichen, oder nur
von dem rechtfchaffenen Wefen in EHrifto in et-
was wanken, ſo riefen fie ihm forgfaltig zu:
„Fuͤhre nicht EHriftum im Munde, und achte
„etwa die Welt höher u). Laſſet uns mit folchen
„Pflichten GOtt befanne werden, und von ganzem
85 „Kerzen
m) Ignat. ep.ad Magn.
t) Adta Martyrum ap. Baronium
62
„Herzen feinen himmlifchen Geboten gehorchen,
„und vielmehr feinen Willen thun, als daß wir foll-
„een uns nur ruͤhmen, was er thun Fönne. Denn
„er verwirft Die, welche durch) ihre Sünden von
„feiner Erkenntniß abgehalten werden x). Habt
„ihr CHriſtum nicht im Herzen, fo Fonne ihr ja
„nicht Ehriften heiſſen. Niemand erhebe fich al-
„ſo, daß er wolle nod) alfo genennt werden nad)
„oem Namen, aber mit feinen Werfen fich als ei-
„nen Feind erkläre. Denn was ift das vor ein
„Chrifte, der geradewider die Gebote des HErrn
IJeſu zu hun gedenkety).
Die aufgeblehte Wiffenfchaft,
So nur den leeren Namen fuͤhret,
Hat Schein und Truggenug, doc) keine Kraft,
Sie weiß nod) gruͤndlich nicht, was wahre Chri-
ften zieret,
Drum muß dabey
Die tiebe feyn ohn alle Heucheley.
Wer ihmden Titel will vom Ehriftenehum bey:
legen
Der fey doc) ohne Feucht bey Gott nicht fo ver:
wegen z).
Bringt dir Die Lehre nicht ein frommes Leben
ey,
So wiſſe, daß dein Sinn nur doppelt ftraf-
bar ſey a)!
8. Ja, es war ihr Eifer wider alle Heucheley
fo ernſtlich, daß ſie auch öffentlich die Heyden er-
füchten, und ihnen frey ftelleten, fie möchten die-
jenigen getroſt ſtrafen, die nur Ehriften
bieffen, aber Eein Heben nach den Geboten
Chriſti führten b). Indem fie wußten, daß
fie, die es rechtfehaffen mit GOTT und. feiner
Ehre meynten, von den Feinden nichts Fonnten be—
fchuldiget werden. Wie redlich gieng jener Be—
Fenner heraus im Namen aller: “Wir verlieren
„den Ehriftennamen , (fchrieb er, Jiwenn wir das
„ehun, was Ehriften nicht anfteht, nemlich, daß
„wir das Chriftenehum verleugnen ,,c). Inglei⸗
chen: Es ift Fein Chrift unter uns, der folche
„Bosheit begehe : es fey denn, daß er nur be—
Ichuldiget werde um des Namens Chriſti willen.
„280 er auch anders befchaffen ift, fo ift er weiter
„ein Chriſte, d). Und abermal: * Solche Dinge
„zu thun Kat nie ein einiger Ehrifte ihm laflen in
„ven Sinn kommen. Spricht einer, es wären
„gleichwol einige unter uns auch wol von der Re—
*
iften gegen GOtt. |
„gel eines fo reinen s abgemwichen; fo gelten
„ſie auch bey uns nicht mehr vor. Chriften e);
„Sind ja einige, die Die er Lehre unter uns niche
„nachleben, fo mögen fie zufehen
„nicht vor Die Unſrigen. ſt iſt
„ſich über uns beklaget, als daruͤber, daß
„ſten ſeyn. Worüber leidet ein Chriſte fon
„uͤber feiner Lehre? die doc) keiner num fol
ak bat befchuldigen Fönnen, daß fie mic Ui
„teufchheit oder Grauſamkeit beflecket ſey f). $
„Chriſte fan gottlos feyn , wofern er ein wahrer
„Chriſte ift, und Eein Heuchler , 8). Diefe Art
aber mußte nad) ihrer geündlichen Erinnerung
wohl unterfchieden werden von der rechten Wahır-
beit, wie der Name von dem Mißbrauch und
Sünden, und ein redliches Chriſtenherz von der
falfchen Einbildung. Die wahren Chrijten mei-
deten ja den Umgang der Heuchler und Boͤſen,
wollten mit ihrem Scheinglauben und Sünden |
nichts zu fehaffen haben , und behielten alfo, foviel
an ihnen war, den Chriftennamen im rechten,
heiligen undreinen Gebrauch h), Unter fich felbft
aber war diefes ihr fleißiges Ermahnen : taffee ”
„uns mehr mie Werfen als mit Namen erweifen,
„mas wir nach unferer Bekenntniß find, Damitder
„Titel mit dem Werf einftimme, und das Werk 7
ſich auf den Namen ſchicke, auch der Name nicht
„leer, und unfere Schulddefto gröffer feyi). Denn
„es iſt nicht nur in falfchen Worten, fondern auch
„in verftellten Werfen Unwahrheit. Es find ja
„eügen, wenn man fich einen Chriften nennet, und
„doch Chriſtliche Werfe nicht thut ,, k). Weilnun
die Chriſten zur Öemeinfchaft des allergrößten,güft-
lichften und vornefmften Namens Eommen ww ;
durch die Güte des HEren,alfo,daß ſie mit dem Ma⸗
men Chriſti beehret find; ſo will es ja nötbig feyn ,
daß man alle Bedeutung ſolches Worts und Na-
mens auch an ihnen fehen koͤnne, Damitesnichteme
falfche Benennung fen, fondern fieaus ihrem geben
ein Zeugniß davon haben: Welches Bregorius
Yiyffenus mit ſehr feinen Gleichniffen erklaͤret:
wie man nemlic) Feinen Stein oder Baum einen
Menfchen nenne, oder ein Bild das Wefen felbft;
alfo müffen auch die Chriften zuförderft werden,
was fie genennet werdanzc. ). | |
9. Dahin gieng nun ihr Verlangen theils für
fich, theils fir ihre Mitbruͤder in der Welt, daß fie
alkfamt ehrbarlich wandelten gegen on
v
x) Hilar.can. 6.inMatth. y) Auguf.ferın. 13.de Temp.inNat.Dom. 2) Alcimus Auitus lib. ad Sororem p.
435. a) Id.l.c. b) IMfinusl.c.
‚Athenagoras Legat.pro Chr. p. 4.
Id. ferm.deAbrah, 1) Or. de Perfedt. Chrift.
ur
c) Terztull. Apol.c. 2. ( 8
h) Tertullian. ſib. V.ad Nation.c.5. i) Ambroj.c.3. de Dignit. Sacerd. )
d) Id.c.44. e)Ib.c.46. f) AdScapul.c. 4.
%
J
—
fo drauffen waren, ı Theffal.4,12. damit nicht
das Wort GOttes verlaͤſtert würde, fondern
die Lehre vielmehr in allen Stüden gesieret,
und der Widerwärtige befebämer würde,
und nichts hätte, Das er von ihnen möchte
. Böfes ſagen. Tit.2,5. 8.10. Diefes war ihr
Zweck bey allen ihren äufferlichen Bezeigungen
und Umgang, weiles ihnen doch nun allein um
ihres Heilands Ehe und Neich zu thun war. Es
war ihnen wohl befannt, wie ihr HErr und Mei-
ſter num einen höhern Grad und
achsthum des
Glaubens forderte, daß fie fo wolvon eigenen ta-
ftern frey ſeyn ſollten, als auch von den äufferlichen
und zufälligen, dadurch fie oder andere geärgert
koͤnnten werden m), Den Nußen diefer Warnung
”
„gut. Keines von
re.
Chriſten erftes Gebet in der Gemeine dahin einge:
meiß einer fehr fein vorzuftellen n): * Wenn das
„Chriftenthum eine Nachfolge Gottes fenn foll,fo
„wird der ungetaufte Menfch unfern GOtt nach
„dem äftimiven, was vor ein geben er von uns fehen
„wird. Denn er hat gehoͤrt, daß es in der Nach—
„folge Gottes folle geführer beiffen. Siehet er nun
„allerley gute Erempel, fo wird er den GOTT auch
„vor gut halten, den wir verehren: Wird er aber
„einen von uns mit böfen Luͤſten beloden und dem
WViehe gleich leben fehen, oder ſonſe in andere Af-
„fecten dahin geriffen werden, und gleichwol bö-
„ren, daß derfelbe fich dennoch für einen Ehriften
„ausgebe ; Be jener durch fein böfes Leben ma-
„hen, daß Ott, den wir anbeten, gelaͤſtert werde
„unter den Anglaubigeny„. Go beweifet auch
ein anderer mweitläuftig, wie die Bekenntniß des
Chriſtennamens vornemlich mit der That aefche-
er müffe 0).
ihnen) wer es leugnet , daß er ſey, wovor er fich
gleichwol ausgibt, der leugnet es entweder dar⸗
“Denn (ſagt wiederum einer aus
„um, weil; ibm fein Gewiſſen fagt, er babe ein un-
— derſelben Lehre nicht gemaͤſſes Le⸗
„ben gefuͤhrt, oder er die Sache felbft nicht für
£ enden reimet fich zu einem
„wahren Ehriften p).
"10, Zudem war auch der befehrten und getauften
richtet für fie undalle Brüder in der Welt,‘ daß
„fie alle gefchickt und würdig feyn möchten, damit
„fie nach erfannter Wahrheit auch durch die Wer:
„te felbft guteund treue Haushalter erfunden wer:
„den möchten, und die ihnen gegebenen Gebote be-
„wahreten g), Worauf fie denn lebenslang er:
7.€. Don der erften Chriften Ieben
>»
4 o
igem und thaͤtigem Glauben. 63
„kannten und bedachten, wie heilig fie indem gan⸗
„ien Wefendes Glaubens wandeln müßten,damit
Fie in ihrem Gewiffen überzeugt und ficher wären:
Sie wünfchten auch darinne zu verbarren „r).
Hingegen konnten fie den Heyden und Gottloſen
getroft vorhalten , wie fie von ihren Göttern nicht
zur wahren Gottfeligkeit geführer würden, ir
wie der wahre GOtt feine Chriſten führte s). Wann
dann die blinden Seute fich beſchwerten, daß gleich:
wol die Religion aus dev Welt vertrieben würde,
und der Görterdienft gehindert fen; fo antworte:
ten fie aus folchem Grund: “Iſt der wol ein
„Vertilger der Religion und Anfanger der Gott:
„lofigkeit zu nennen , dev den wahren Gottes-
„dient in die Welt ‚eingeführet bat? der den
„blinden Menfhen und in der* Gortlofig-
„feit wahrhaftig Erfoffenen die Thuͤre zur
„Gortfeligkeit geöffnet, und gezeiget bat, unter
„wen fie fich demürhigen follten? Iſt wol eine
„einzige Religion wahrhafter, mächtiger, gerechter,
„als den hoͤchſten GOtt kennen, ihn anbeten, der
„alles Guten Duell und Urfprung ift,0? Gewiß,
fie würden fich nicht mit fo groſſer Freudigkeit auf
die herrlichen Früchte ihrer Neligion bey ihren
ärgften Verleumdern und Feinden bezogen baben,
wenn fie ihr Gewiſſen nicht von aller Uebelchat
losgefprochen hätte,
1. Dazu Fam diefer herrliche Mugen, daß der
heilige und unfträfliche .Ehriftenwandel denen
Gortlofen fo gar gewaltig unter die Augen leuchte-
te, und fie dadurch von der Wahrheit und Moth—
wendigfeit des wahren Ehriftenthums überfüßret
werden konnten. Damuftenicht allein der Teu-
fel ſelbſt in feinem Orackel befennen , daß er fid)
um der gerechten Menſchen willen nun im
Dunkeln muͤßte hören laffen, die jego auf Erden
lebeten u): Sondern fie, die Ehriften, traten
gleichfam mir ihrem Heiland auf, und forderten
von den Feinden, wer fie einer Sünde zeihen
koͤnnte. * Die, Gemeinen- GOttes (fagten fie)
„find die Lichter der Welt, wenn man fie gegen den
„gemeinen Haufen der Leute hältx). Die ehr:
„wirdige, aufrichtige, frene, demuͤthige und reine
„Untermeifung der göttlichen Lebensart und
„Chriſtlichen Gottſeligkeit ift durch alle Gefchlech-
„terder Griechen und Barbaren mit einem bellen
„Glanz und Zierde ausgebrochen : Und die Mn"
iche
m) Bilariuscan.4.inMatth. m)Gregor. Nyj. de Profefl!Chrift. p. 272. 0)Clemens Alessandr.lib.IV. ftrom.p.502.
ſeqq. p) Eufebiuslib. IV. H.E.c.u. ex Iufini Apol.I. q) Iufinusl.c.p.97. r) Tertullian.c.2.de Cultu
Fam. s) Id. Auguflinus plurimis comprobat lib. I. de Cin. D.c. 4.6.19. 22. et 26. Vid. ib. Coguaus in Not.
U ArnebinslI. adu. Gent. p.54.
P-140.
u) Eajebies lib. U. Vit. Conft. c. 50.51.
x) Origenes lib. III. cont. Celf.
!
*
64 1.3. Don der Pflicht und Beseigung derer erften Ehriften gegen
„liche Flecken der Gemeine, welche unferer Keli-
„gion von den Mißginftigen war angehänget
„worden, ift zugleich mit der Zeit verlöfchet und -
u nichts worden „, y). Jener befannte gern,
Ar: N von der heydniſchen zur Chriſt⸗
lichen Religion getreten wäre, weil er beyjener
nichts beiliges oder Gottgefaͤlliges, bier
aber alles gefunden hätte 2). ;
12. Dahero vermahnten fie einander fo freulic),
daß doc) ja ein jeder dem Evangelio wuͤrdiglich
wandeln möchte unter den Heyden, 1 Petr.2, 12,
in Betrachtung Fein geöfferer Greuel vor GOTT
fey, als eingeben, das feiner Heil. Lehre zuwider
laufe. Salvianus, der hierinnen fehr ſchoͤne
Gedanken hat, weiß diefes fehr nachdenklich zu
befchreiben 2): Wo iſt das allgemeine ah das
„fie glauben? Wo find die Geboteder Keuſchheit
„und Gottesfurcht, Die fie lernen? Sie lefen das
„Evangelium, und find doc) unkeuſch: Sie hö-
„ven die Apoftel, und faufen fich voll: Sie wollen
„EHrifto nachfolgen, und dannoch rauben und
„stehlen fie: Sie leben übel, und fprechen, fie
„haben ein gut Geſetz. Kannman das mol von
— ſagen? Nein: An den Chriſten wird
„EHriftus geſchmaͤhet und fein Wort gelaͤſtert.
„Denn fo würden die Heyden fagen von folchen
„Böfen: Siehe, was das vor Ehriften find, es
„ift alles falſch, was fie fagen, daß fie gufs lernen,
„daß fie fich rühmen, daß fie Die Gebote des Keil,
Geſetzes halten. Denn fo fie guts lernten, fo thaͤ⸗
„ienfieauch guts. Die Secte ift fo gut als ihre
„Anhänger. — gelehret werden, darnach le⸗
„ben fie ohne Zweifel. Alſo muͤſſen fie ja ihre
Propheten Unreinigkeit lehren, ißre Apoftel
„müffen gottlos gefinnet feyn, unddie Evangelia
„„müffen ihnen das predigen, was fie thun. Kurz:
„Die Ehriften würden a ‚wenn fie Ehri-
„„ftusheiliggeleßrerhätte. Denn mo follte doc) ein
„fronmer tehrer feyn, derfogar böfe Schüler ha⸗
„ben follte, ? Sp ſchrecklich, aber gruͤndlich
ftelleten fie ſich die Läfterung der Feinde vor, die
aus dem bahn $eben der Chriſten entſtehen Fonnte:
Wodurch fie denn vedliche Herzen defto behurfa-
y) Enfeb. IV. H.E. c. 7.
2) Iuffinus Orat. ad Grec. p.37.
musep.14.ap. Celand. e) Terzullian, de Cultu Fœm. c 13.
mer machen wollten, ſich vor allem Aergerniß
bey dem Chriftennamen zu hüten
13. Hingegen fchallte ihnen immer im Herzen
und Ohren des HErrn Befehl: Haffer euer I
Licht Leuchten vor den Menſchen, daß fieeure
gute Werke ſehen, und euren_ Vater im
Simmel preifen, Matth.5,16. ** Die, fo noch
„Drauffen waren, follten Such, der Glabigen
„Erempel gewonnen werden „ damit die 3 ıcht
„und Frömmigkeit der Religion Die Religion
„telbft angenehm machte: Und Diefes. alles mit-
„een unter dem unfchlachtigen und verfehrten Ge- °
„ichlechte, aufdaß die unglaubigen Herzen der
—— aus dem Lichte guter Werke die Fin:
„ſterniß ihrer Unwiſſenheit erfennen möchten. Co⸗
„loſſ. 4,5. Rom. 12, 17. Diltip- 2,15. “Gelig
„waren denn die, fo ihr Leben alfo heilig und be=
„daͤchtig eingerichtee hatten, daß man von ihnen
„nichts böfes aud) erdenfen möchte, indem ihre
„geofle J—— ſelbſt wider alle Verleum⸗
„oung kaͤmpfte, und niemand etwas ſuchte zu
„Dichten, was er wohl wußte, daß man nicht glau·
„ben wuͤrde: Zum wenigſten, daß boͤſe Gemuͤther
„keine Gelegenheit hätten zu afterreden„ b).
Sie folten dahero ihr gütiges gelindes MWefen je
dermann kund feyn laflen, Phil. 4, 5. “ damit
„die Bosheit feinen Zugang mehr beyißnen hat-
„te, und fie den Bofen zum Erempel und zum
„zeugniß dienen Fonnten. Warum hätte fie
„tonjt der HEXR — und einer Stadt,
„vie auf dem Berge liegt, verglichen, wenn ſie
„nicht im Finſtern auch leuchten follten? Ein gu⸗
„tes und voͤlliges Gut liebet Feine Finſterniß,
„fondern will gefehen feyn „„c). Alfo verwahren
fie auf. allen Seiten in der Kraft des HEren ihre
Beftung, damit fie nichrberaus und dem Läfterer
ins Urtheil fielen, nachdem der Schade unaus-
forechlich groB zu beforgen war, nemlic) ihres
eigenen Glaubens Shiffbruch und die Laͤſterung
des göttlichen Namens, dem zum Preis fie ja al-
leine in dev Welt lebeten, und von dem fie Chri-⸗
ften, Kinder GOttes, und Erben der Herrlich-
keit hieſſen.
Das
3) Lib.IV. de Gubern. Dei p.150. b) Hierony-
£
Ehrifti Lehre
Das 8. Sapitel,
hr Wandel nah GOttes Wort, fonderlich nach
und Erempel.
Summarien.
| ira Ausübung ber Chrifklichen: Lehre‘ $. 1. wurden fie dem Worte GOttes gehorfam. 2. GSonderlich waren Chriſtiei⸗
gene Worte ihnen ihre fägliche Speile 3. zur Verleugnung aller Lafter,g. jemertber ihren Chriſtus war,s. Durch
deffen Kraft fie auch alle feine Worte möchten erfülen 6. im ernſtlichen Tugendwandel,7. fo unmöglich es der Natur auch
immer ſcheinet: 8. Deren Scheingründe fie Leicht widerlegen Fonnten. 9. Klagten nimmer über Die Strenge der Chriſtli⸗
en Pehre, 10. fondern thaten alles aus Piebe zu Ehrifto, ı1. umdlebten nach feinem Erempel, 12. woran man fie ale
briften kennen Eonnte. 13.
erlangen wir fonderlich nun nach den nö-
thigiten Stücken, zu hören, worinnen fie
als wahre rechefchaffene Ehriften erfun-
den worden; fohaben wir bereits gefehen, mie fie
fi immer auf die Worte ihres Erlöfers beruffen,
und Er diefe zu ihrer Richtfehnur im Glauben
und geben angenommen haben. Memlich fiedrun-
gen ftets auf die Prarin und Ausübung der Ehrift-
lichen Lehre, damit ſich niemand mit einem un-
fruchtbaren Glauben berrügen möchte. Der
war nach) ihrem Begrif weife, der zwar wenig
„Worte von der Gottſeligkeit machte, aber in der
„That > mehr erwiefe, unddurd) ein unfträf-
lches $eben feine Worte glaubwürdig machte a).
„Bo nun der flare Wille des HErrn ihnen vor
> „Augen lag aus feinem Worte, da erinnerten fie
© „fich bald ihrer Pflicht. Sie hielten es alsdenn
„por eine Verwegenheit, überdem Befehl GOt—
„tes zu difputiren, ober noch lange gut fey. Denn
„ſe erinnerten fich wohl, daß fie nicht deswegen fol
„gen follten, weil \r ihn für gut anfahen, fondern
„rveil es GOtt befohlen, Zum Gehorfam fey vor
„allen Dingen genug die Hobeit der göttlichen Ge:
„walt, und das Anſehen des Gebieters, nicht aber
„der Mugen des Knechts, b\. Wiewol der HErr
> auch dien ihnen vorlegte, wie wir hernach erſe—
hen werden. Die wahren Kinder hielten dis für
den größten Stolz und den fihandlichiten Un—
dank, wenn eine Seele deffen Willen zuwider
„teben wollte , von dem fie doch das Leben felbit em⸗
„pfangen hatte, dadochder HErr dazu etwas auf:
Zulegen pflege „damit er etwas zu vergelten
„babe c).
2. Bon ſolchem herzlichen Gehorſam nach dem
Worte GDetes reder einer von ihnen fehr fehon
an die Unglaubigen zu ihrer Weberzeugung d):
„Uns ift Das göttliche Wort ohn Unterlaß vor
a) Gregor, Naz.Or. 26. in Frag. Grand.
Sir verlangten Chriſto ahnlich zu werden 14.
Il
„Augen gelegt, und die Befehle unfers Königes
„bey den göttlichen Verrichtungen. Denn wenn
„Die Kraft des Worts die Seele durchdringt, ift
es gleichfam eine friedfame Pofaune, indem der
„Seelenfrieg erreget worden, und ein Inſtru—
„ment, dadurch die böfen Süfte vertrieben werden.
„Es ift ein Runftftück, fo das natürliche Feuer
„in der Seelen verlöfchet. Dieſes machet ung
„nicht etwa zu Poeten und Rednern, fondern leh⸗
„tet uns, und machet aus Sterblichen Unfterblis
„che, aus Unfterblichen Götter: Bon der Erden
„verfeßet es uns an die Derter, deren Grenzen
„über dem Himmel find. Das har mich an fich
„gezogen, nemlich die Macht der Lehre, die volf
„Gottes ift, unddie Kraft des Worts: Denn wie
„ein erfahrner Beſchwoͤrer eine ſchreckliche
„Schlange verjage ; aljo vertreibee diefes Wort
„aus dem inneriten Herzen die erfchrecflichen Bes
„wegungen der Sinnen aus, und zwar erftlich
„die Begierde, daraus aller Greuel entfteher,
„Feindfchaft, Zanf, Neid, Zorn, rc. Wenn nun
„die Begierden verjaget ſeyn, fo entſtehet einegrofs
„fe Ruhe und ftilles Werter in der Seelen zn.
Diß war die Ordnung wie fie bey ihrem Findlis
chen Gehorfam die Kraft des Worts h herrlich in
ihren Seelen empfunden. Dabin aud) die freye
Befenntniß eines andern gebete): *Da ich nun
„durch einen fo groffen Lehrer auf die Wege der
„Wahrheit bin gefübrer worden, fo weiß ich das
„alles, was es fen, ic) kann von jedem recht urthei=
„ten, ich thue dem göttlichen Namen Feine
„Schmach mehr an, und gebe einem jeden ohne
»Bermifchung die Ehre, die ihm gebührt „. Und
folgende nachdrückliche Bermaßnung f)y Du
„mußedeinGcdächtniß geiftlicher Weife üben, nicht
„fo wol die Gebote im Buchftaben zu behalten,
„als den Geift und Kraft davon, Dudarfit dich
u ich
J— „nicht
b) Tertullian, de Panit. c.4. c) Hieronymus ep. 14. ad Celant.
d) inflinus Or.adGr.p.42. €) Arnobins lib.l. p. 28. f) Hieronymasl.c.
4
- . j —*
J
66
„nicht fo wol der Befehle GOttes erinnern, als
„ftets an fie denfen. Es fey dir auch nicht genug,
ſie auswendig zu fönnen, und mit den Werfen
„vergeffen, fondern ferne ſie deswegen, damit du
Ithuſt, was du zu thun gelernet haft. ac. 2, 23.
„Drum laffe dein Bibellefen und deine Andacht
„nicht auf dem Durchblättern beruhen, wie Die
Phariſaͤer, fondern auf dem Thun, nach dem Be—
Fehl des Apoftels, ı Cor.ıo,31. und des Prophe-
„ten, Pſaid, 104. Denn aud) die herrlichſte Lehre
„wird befchamt, die von dem Gemiffen ſelbſt geta-
„deltwird 2). Dergleichen Zeugniß dorf denen
„Eorinthern bengelegert wird, daß ſie auf des HErrn
„Wort genau acht gegeben, und esin ihrem In⸗
„.nerften verborgen und verwahret haben h).
3. Alleine von diefem Gehorfam wird weiter un=
ten folgen. Vorjetzo müffen wir aus denen Alten
anmerken, wie fieihrem Meifter und HERAN
ſo treulich und genau gefolget, daß fie auch feine
Worte, die er auf Erden geredet, unausgefegt
gebraucht, und fich dadurch im Glauben und Ge—
herfam geitärfet haben. Alfo,da fie fo oft ihn von
ſeinen Geboten höreten fagen beym Johanne c. 13, 34.
C.14,15.21. C15, 10.12. i Joh.2,3.7 .8. 2. konnten fie
leicht glauben, daß die felbftändige Weisheit diefes
nicht ohne groffe Urfache fo oft wiederholet haben
würde. Nicht als ob fie das Alte Teſtament ver-
worfen, oder fein allgemeines Gebot abgerhan
hätten, und ein neuesangenommen, fondern daß
es durch Die völlige Liebe im neuen Bunde erneuert
und erflärt worden wäre. Wovon einer alfo aus:
fuͤhrlich fehreibet : “Es ift auch das Alte Tefta-
„ment Eein Gefeß, wenn es geiftlicher Weiſe ver-
z’ftanden wird. Denen wird nur das Gefeß ein
„alter Bund, die es fleifchlic) verftehen, weil es
„da feine Kraft nicht habenfann. Unsaber, die
wir es geiftlich und im Evangelifchen Berftande
„annehmen und erklären, iftesallzeit neu, nicht
„nach dem Alter, fondern nach dem neuen Ber-
„ftande. Das hat eben Johannes gemeynet 1 Joh.
„2,8. Ein neu Gebot fchreibe ich euch, daß ihr euch
„untereinander liebet. Da er doc wohl mußte,
„daß das Gebot der Liebe vorlängft gegeben war
„im Geſetz. Aber weil die tiebeniemalsabnimmt,
„noch das Gebot der Siebe alt wird; fo fagter, das
„fen allzeit neu, was nicht veraltet. enn Das
„Gebet der Liebe machet die allezeit im Geift neu,
„diees bewahren und halten : Einem Sünder
„aber, undder den Bund der Siebenicht Hält, wird
3 *
ty]
©
1.25. Don der Pflicht und Bezeigung derer erften Ehriften gegen GOtt.
„auch das Evangelium alt. Es fann ifmauch fein
„neuer Bund ſeyn, wennernichtden alten Men-
„ſchen ablegt, undden nenen, der nad) GOtt ge=
„ichaffen ift, anlegt,,i). (Sieheunten n. ı1.) |
4. Demnach beviefen fie fich vor Freund und
Feind auf die Gebote ihres Heilandes, darunter
fie alle feine heilfame Lehre von dem wahren Weg
zum Leben verftunden, und fonderlich auch feine
Worte von Verleugnung aller Rachgier, Eigen-
liebe, Ehrfurcht, Weltluſt und dergleichen ; wie wir
unten bey ihrer Sanftmurh erfehen werden.
„Wir leiden alles geduldig, (fprachen fie,) und
„wünfchen denen, die uns verfolgen, daß fie
„Barmherzigkeit erlangen, und wollen nicht im
„geringiten uns an ihnen rächen ; mie uns der
„neue Gefeggeber befohlen hat k). Mehmet eure
„Zuflucht zu dem Geſetze des Gefreuzigten, und
„folget uns, feinen Dienern,nah,,1). Diß ift
das Bebot meines 5ERXRXV, fagte jener
Märtyrer, das mir gegeben ift, als er von
denen KRundfchaftern angetroffen ward in dem
Evangelio lefen und die andern Chriften unter-
richten m). Wir verdammen alles andere, was
„nicht EHriftus gelebret hat. EHriftus ift der
„Weg der Gläubigen. Wenn nun CHriftus
„nicht eben das gelehret hat, mas wir lehren, fo
„halten wir es für verdammlic „,n). Wir haben
bereits oben gefehen, (Cap. 7. n. 6.) wie fie das zu -
einem gewiffen Kennzeichen eines wahren Yün-
gers JEſu angenommen, wenn er feinem Worte
treulich nachfolgete. Dem ich nur noch etliche
Zeugniffe beyfügen will. “ Was hilfts uns, (fpra-
„chen fie)daß wir CHriſtum unfern HErrn nennen,
„wenn wir in der That und in Werken uͤbe
„werden, daß der Satan in uns herrſchet
„iſts nicht offenbar, unter was vor einem Herrn
„ein Unzüchtiger, Blutſchaͤnder, Ungerechter lebe ?
„Kann ein folcher wol fagen,daß er unter CHriſto
„ten, wenn er das thut? In wen EHriftus herr⸗
ſhet, da wird Feine Unreinigkeit noch Unrecht be⸗
„gangen o) . Dasfoll unfer Geſetz feyn, dadurch
„wir von den Heyden erkannt und unterſchieden
„werden. Dieſes muß denen vorgeleget werden, die
„zum Glauben treten, daß fie ſich bedenken, wenn fie
„zu uns kommen, ob ſie es wollen beftandig bewah-
„ren, und fich feibit verleugnen lernen p). Wer nun
„nicht alfo lebet, wie EHriftus gelehret bat, der gibt
„ein gewiß Zeichen von fich, daß er Fein Chriſte
„ſey 4). Wir aber, die wir die Gebote des hochgelob-
ten
Id.ep.16.ad Principiam. h) Clemens Rom, adCor.p.3. i) Origenes hom. 9. in Num. k) Iufinus Dial.
cum Tryph p.235. I) Arhanaj. Vit. Anton. m) Adta Euplii Martyrisap. Baroxium A. CCCII.n.146. et
Cotelerium Tom. 1. Mon.Gr.p.196. n) Ambrof.lib, ILL. de virgin. ©) Origeneshom, ı2. in Num. p) Ter-
aull. deldolol.,c.24. q) ufinns Apol. I. p. 63.
I
7
“FA ° CE
E ER
8.C. Ihr Wandel nach Bottes Wort,fonderlib nab Ebrifti Lehre und Erempel.
„ten Erlöfers halten ‚und bendes zu thun und zure-
„den gelernet haben nach feiner Lehre, fegnen die, fo
„unsfluchenr). 2
5. Man bezoge fich disfalls auf die Weiflagun-
gen des Alten Teftaments, wie GOTT verheiffen
=
hätte, “gegen die —— ihm aus allerhand
Voͤlkern viel getreuere Diener zu erwaͤhlen, als die
„Juͤden geweſen waͤren, denen er feine Gnade woll⸗
„te verleihen in groͤſſerer Maaſſe, wegen der Bor:
„treflichfeit ihres tehrers,,s). Und fo ergieng es
auch hernad) , wie fie die Gnade deswegen, ein je-
der zu feiner Zeit, rühmeten. “Die Gebote Eprifti
„wurden nun denen Sollen in der ganzen Belt
„gelefen, und mit groſſer Ehrerbietung gerne gehö-
„riet. Miemand wunderte fich faft mehr über fo
„viel taufend junge Leute: Wenn fie eshöreten le:
„fen, fehlugen fiean ihre Bruft, und bemüßten fich,
„ſie zu erfüllen. ine fo unzäbliche Menge trat
hieln Weg der Berleugnung an t). Es wan-
„delten fo viele in eben dem Geift mit den Apofteln
„und Propheten, folgeten der Heiligen Fußſta—
„pfen mad) in ihrem ganzen geben, und erwiefen
„einen Evangelifchen Wandel in groffer Freudig-
„keit ihr Lebelang ,,, wie Bafılius von Gregorio
Thaumaturgo befräftiger a):“ Wenn fie von dem
»Befehlibres Meifters geböret hatten, fb wurden
„aus folchen Worten Werfe, und folgeten > dem
„Kreuze blosnach, ftiegen hurtig Die teiter Jacobs
„zum Himmelauf,x). Cs fonnteauch nicht an:
ders ſeyn, wenn fie in dem Licht des H. Geiſtes er-
wogen, wie hoch fte gleichwol ihr Heiland zuerft ge
tiebet hatte. “Deſſen Stimme nicht allein, fondern
„auch fein Blut forderte von ihnen Treue und
„Danfbarfeit. Er war deswegen fürnpe geftor:
„ben, daf fie nicht mehr ihnen felbft leben möch:
„ten, fondern ibm. CHriſto aber leben, hieſſe bey
„ihnen, feine Gebotehalten y)y. Wer fichnun ein-
„imaleiner hoͤhern Art des Ehriftlichen Lebens er-
—5 hatte, der mußte immer auf die Stimme
„Chriſti im Evangelio acht haben,undden Wandel
„nachdem Evangeliv zu einer geraden und unver:
„anderlichen Regel feines Lebens brauchen, und alfo
„alles nach derfelben Willen zu GOtt richten z).
„Denen Ungeborfamen aber, Unglaubigen und
„Eigenfinnigen antwortete man: Was haft du bey
Gott und EHrifto zu ſuchen, wenn du nad) deinen
„Geſetzen leben willft a7? Derernftliche Unterricht
„der apoftolifchen Schriften, die vollfommene seh:
r) Origeneslib. V. inter Celf.p.273. s) Tertull Apol.c. 2t.
©.29. x) Hieronym.ep.ı3.adPaulin. y) Id.ep.14.adCelant.
grin. a) Tertull.deldol.c.5. b) Saluian.lib. III. de G.D. p. 72.
9
67
„re der Evangeliſchen Bücher kann und muß nicht
„gelchmälert oder nachgelaſſen werden. Soll die
KH und der Scheu vor GOtt fo bey dir gewach-
„fen ſeyn, daß du Das auch anfichteft, was du in Ge⸗
„horfam nicht thun wille? Dder wille du das nicht
„einmal leiden und hören, was du nicht thun wille ?
„Sollvein Glaube rs weit verfallen ſeyn, daß du
„dasjenige für uͤberfluͤßig haͤltſt, was der HERR
„dir heilſamlich verordnet hat? nemlich fuͤr den
„andern Morgen nicht ſorgen, mit einem Rock zu⸗
„Frieden ſeyn, feine Feinde lieben, feinen Wider:
„waͤrtigen gutschun, für feine Berfolger beten b).
6, Dergeftalt trugen ficeinen ſehr tiefen Re—
fpect vor allen Worten ihres yEfu , und fammle-
ten im Gehorſam des Glaubens gleichfam alle fei-
ne Wortedemürhigauf, daß Feines aufdie Erden
file, fondern alle und jede in und durch fieerfüllet
wirden, nach der Kraft, Die da in ihnen wirfere,
Geſetzt auch, daß fie bisweilen nicht den wahren
Unterfcheid des Geſetzes und Evangelii fo vollkoͤmm⸗
lich in allen Stuͤcken getroffen haͤtten c): So war
doch ihr Erkenntniß vonder Gnade des Neuen Te=
ftam. und fonderlich (welches am meiften hoch zu
ſchaͤtzen war) ihr Gehorfam, den fie ihrem JEſu fo
erne erwwiefen ,„ dem Worte GOttes gemäß. So
— zum Exempel, Irenaͤus wider die Irri—
gen, daraus der erleuchtete Leſer ſelbſt alles nad)
dem Worte prüfen kann d), ber Matth.5, 20. u. f.
„Alles das iſt dem Alten nicht zuwider, oder hebet
es gar auf: fondern es erfüllt und erweitert es F
„wie er ſagrv. 20. Was war aber da überflüßiger ?
„1. Zwar nicht nur an den Vater, fondern auch an
„den nunmehr geoffenbarten Sohn glaubenz2.nicht
„nur fagen, fondernaud) thun, und nicht nur don
„böfen Werken fich enthalten, fondern auch von ih-
„ren Luͤſten. Diefes aber lehrte er nicht als dem
Geſetze zuwider, fondern er erfüllte das Geſetze,
„und pflanzte uns deſſen Öerechtigkeiten ein „„ꝛc.
Undanderswo e): “Bey dem HErrn wird nicht
„allein der Ehebrecher verftoflen, ne aud), der
„ehebrechen will; nicht allein wird ein Todtſchlaͤ⸗
„ger des Mords fehuldig ſeyn, fondern auch, der
„ohne Urfach über feinen Bruder zürnet ; Denn er
„bat befohlen, nicht allein Die Menfchen wicht zu
„baffen, fondern auch die Feinde zu lieben ;nicht nur
„nicht falfch zu ſchwoͤren, fondern auch garnicht zu
ssfehwerenz nicht nur nicht übel von dem Naͤchſten zu
„reden, fondern auch zu feinem Racha oder duNarr
2 Au
t) Augufl. de VeraRelig.c.3. #) Lib.de Spir.S.
2) Gregor. Nyff. Or. de iis qui Hierof. pere-
c) Proutde Irenæo iudicat Chemnitins
Or.de Le&t. Pat. cum minus diligenter loqui de Diferimine L. et Euang. etfi de fide et juftificagione pie et com-
mode loquatur. d) Lib.IV.c.27.
e) Lib. II.c. 57.
68
„zu fagen ; nicht nurnicht zu fchlagen, fondern auch
„venandern Backen darzurecken; nicht nur allein
„fremde Dinge zu verleugnen, fondern auc) über
„ver Beraubung desSeinigen nicht zu ftreiten; den
RMaͤchſten nicht zu beleidigen, und ihm nichts übels
„u thun, aber auch gegen die, fo esunsthun, lang-
„müthig und guͤtig zu ſeyn,. Wiederum ein an-
derer 5 : «Wir nehmen diefes nach dem neuen
„Gebot in acht, dadas alte abgerhan ift, welches
„ſich mitdem Schwerdt rächere ‚und gleiches mit
„gleichem vergolte: Aber das neue Gebot ftifter
„Gütigkeit , und verwandelt die vorige Grau:
„famfeitin Ruhe, denalten Fluch wider die Fein⸗
„de des Geſetzes in friedfertige Verrichtungen „
Ingleichen noch einer aus ihnen g): “Niemand
„darf jego vor dem Geſetze fliehen: Das alte ift
„vergangen, fiche, es ift alles neu worden. Da»
„mals war noch mehr Freyheit: man durfte effen
„oder falten, jeßo iftdas ganze Leben gleichfam ein
„ftetigesaften. Damals durfte ſich ein Beleidig-
„ter wehren, jego muß er Geduld haben. Dort
„oräuete den Zornigen das Geſetz, bier iſts ihnen
„zuwider. Dort reichte es dem Kläger das
„Schwerdt , hier die Liebe. Dort lieſſe es auc)
„wol etwwas dem Fleiſche zu, hier laͤßt es nicht ein-
„mal zu etwas Böfes zu fehen. Dort ließ es viel Wei⸗
„berzu, bier will es aud) eine wohl eingefchränfe
„miflen. 2. Cor.7,29. Fraget aber jemand, warum
Gott jetzo mehr von den Epriften fordere durch
„das Evangelium, als durchs Gefeg von den Juͤ⸗
„den; fo ift die Urfache Flar. Wir muͤſſen GOtt
„deswegen mehr geben, weil wir mehr ſchuldig
„find. Die Süden hatten nur einen Schatten der
„Dinge, mir die Wahrheit felbft; jene waren Knech⸗
„te, wir find Rinder; jene hattendas Joch, wirdie
Freyheit; jene den Fluch, wir die Gnade; jeneden
„tödtenden Buchftaben , mir den lebendigma-
„chenden Geift. Den Süden ward der Knecht zum
„sehrer geſandt, uns der Sohn felber „,,u.f. w. Wor⸗
aufer endlich alſo ſchleußt: "Was kann nun der
„Menfch für feine Erlöfung nur, geſchweige für
„die andere Wohlthaten GOtt geben, da er GOtt
„ſich felber fehuldig it? Und das ift die Urſache,
„warum unsder HERR ihm anjeßo näher will
„verbunden wiſſen.
7. Die jeßt erwehnte Urſache ſetzen auch andere
hinzu, und verknuͤpfen ſie mit dem groͤſſeren Maaß
des Geiſtes und der Heiligung in demſelben.“Weil
1. B. Don der Pflicht und Bezeigung derer erſten Chriſten gegen GOtt.
„nemlich nunmehro im R. T. eine gröffere Gnade
TR
„des H. Geiſtes ausgegoffen fey,und eine groffe Ga⸗
„beder Erfcheinung JEſu EHrifti, fo müßten die
„Chriſten auch eine gröflere Kraft und Tugend da-
„Durch bemweifen „K). . Es müffe allerdings die
Heiligkeit im N. T. berrlicher ſeyn, nachdem der
Weg zu ihr erftoffenbaret worden, Ebr.g,g. «DIE
„ſey das vollkom̃ene Geſetz: Verleugne deine Güter,
„ſtehe maͤnnlich, wage dein Leben an die Predigt der
„Wahrheit, verachte das Srdifche, habe nichts mit
„dieſem geben mehr zu thun; wenn die jemand Ge-
„walt oder Unrecht thut, fo fegne ihn; wenn er dir
„flucht, ſo ehre ihn; diß gehet uͤber alles : Solche und
„oergleichen $ehren follte man vernehmen „, i) +
Woben aber die Lehrer in den folgenden Zeiten be
tig £lagen , wiediefer lautere Gehorſam gegen die
Gebete Ehrifti gefallen und verſchwunden fen; der:
gleichen wir aus Salviano, Chryſoſtomo, Au⸗
guftino und anderen, unten im 8. Buch fehen wer:
den. So ſchreibet einer von Pauline, daß er faft
der einige zu feiner Zeit geweſen, der nach den Wor-
ten EHrifti alles verleugnet Babe k). Sonderlich ift
merkwuͤrdig, was ſich mit dem bekannten Lehrer
Origene zugetragen hat, theils der alten Chriſten
einfaͤltigen Gehorſam, theils auch die ungleichen
Urtheile der Menſchen daruͤber zu erkennen. Dieſer
ſehr gottſelige, eifrige und gelehrte Mann mochte
ein aͤuſſerſtes Verlangen ben ſich haben, feinem Hei⸗
land in allen zu folgen. Unter andern trug er kein
Bedenken, dasjenige leiblich an ſich ſelbſt zu voll⸗
bringen, was der HErr etwa in anderer Meynung _
ausgefprochen hatte, Marth.19,ı2. Woruͤber denn
von vielen ohne Noth fehr harte Urtheile fielen, ja
fo,daß fienicht Härter hatten feyn Eönnen, als wenn
er alle Lehre IJEſu EHrifti auf einmal umgekehret
hätte 1). Unterdeffen fiehetman doch aus vielen.
Zeugniffen, daß esdem guten Mann der hoͤchſte
Ernſt gemwefen feyn muß, feinem Heiland zu ge
horchen. Er flaget darüber an einem Orte m): Der
Feind ftreiter wider uns heftig durch feineneue
Schriften, die wahrhaftig Seinde des Evange⸗
li find, uf. w. allwo er vermuthlich über die Ty-
ranney fich beflagt, welche man Damals wider fein
ferupulos Gewiſſen begeuget. Anderswo erklaͤret er
fich alſo: “„Ich erzittere , wenn ic) bedenfe, was
„over HErr uns befohlen hat. Ich will auch der er-
„ſte Ankläger meiner felbit feyn, ich rede von mei-
„ner eigenen Befchuldigung. EHriftus fagt,
„der fenfein Jünger nicht, den er etwas noch be-
„Aigen
f) Tertull. lib.adu. Iud. p.ı6t. 8) Saluianns lib. IT. cont. Auarit. p. 58. fegq. h) Chryfoß. de Virgin, — —
hom. 14. in Act alleg. et a Cent.Magd.V.c 4. pr8i.
Baronius A. CCXXXII. n. 5. m) Comm.inIoh.init,
k) Sulpitins Senerus de Vita Mart. p. 242.
4
we .
#
8.C. Ihr Wandelnah GOttes Wort, fonderlich na Cheifti Lehre und Erempel. 69
»fißen fehe, und der nicht wahrhaftig allem abfage.
„Was thun wir aber? ch will nicht an doppelter
„Sünde Schuld haben. Sch befenne es öffentlich
„vor der Gemeine, es fen alfo gefchrieben, aber
„ich habe es noch nicht gethan. Weil wir aber
„oeswegen erinnert werden, fo laffet uns eilen von
„den Prieftern Pharaonis, welche alhier ihr Theil
„haben, zu den Prieftern des HErrn zu geben, de=
„nen ihr Theil der HERR ift,, m)! Welchen
Ernft ihm auch andere redliche Scribenten nach-
fagen, daß er, unter andern Hebungen des Gehor-
fans und der Berleugnuna, fonderlich die Wor-
te des ZERXAN in den Evanakliis genau
in acht genommen habe o). Das denn ein
gottsfürchtiges Herze, ſo da weiß, was ein anftößi-
ges ſchwaches Gewiſſen ehue, ihm überlaffen, aber
nimmermehr verläftern oder verfpotten wird.
8. Gleichwienun aber denen lafterbaften Men:
fchen die Gebote der Gerechtigkeit bitter und be:
ſchwerlich find p); alfo Aufferte ſich diefes noch
vielmehr unter Juden, Heyden und Maulchri:
ften. Jener Gedanfen offenbaret jener Juͤde,
wenn er zu einem Chriſten alfo redete: Kure
Gebote, die in eurem fo genannten Evanae-
lio fteben, find fd aroß und wunderſam, daß
wir uns einbilden, fie Föonnen von niemand
achalten werden 9). Unter denen Chriften
funden fich je zuweilen einige, welche wider des
HEren Worte diefes einwurfen: Wer bat wol
dieſes alles jemals erfüllen Eönnen? De:
nen aber ein berühmter Lehrer wohl antwor⸗
tet: Was bey den Menſchen unmsalich iſt,
Das ift bey GOtt möglich r)., So klaget guch
einer bitterlich über das verderbre Chriſtenthum
in diefem Punct: “Wie viel find ihrer Woly die
„nur Diefen Worten (Matth. 5, 39.) befcheibent-
„lich * oder, ſo ſie es zu thun ſchienen, in
„ihren Herzen dabey beruheten? Es fehlt fo weit,
„daß einer einem den Backen darrecke, der ihn
„ſhlaͤgt, daß er vielmehr darinnen feinen Sieg
„iuchet, wenn er mit Schlagen Herr wird, s).
Er fraget auch zuvor: “Wer folget wol in den al-
„lerwenigſten Geboten GOtt? Ich fage nicht von
„denen, davor viele fo fliehen, daf fie fic faſt verflu-
„schen. Wer willvon dem Verbot der Sorgen hoͤ⸗
„ren? wer nimmeden Befehl von 2.Röcken auffich?
„Wer ehut feinen Feinden guts? ich will fagen
„richte mie Werfen, fondern nur mit Worten ?
„Man gehorcher nicht allein nicht allen Worten
Gottes, fondern faft gar feinem mehr : Und den⸗
„noc) feßtman diefes noch zu feinen Sünden hin⸗
„iu, daß man fich noch für fromm und Heilig
„hält ).
9. Alleine die wußten alle Scheingründe wohl
hinweg zu räumen, welchen es ein vechter Ernſt
war, ihrem Heiland im Glauben treu und danf-
bar zu werden. Sie antworteten nicht nur des
nen Heyden gründlich deswegen mit Laetantio
undandern, fondern auch denen Heuchlern in der
Kirche: Warum werden wir insgemein für Nar—
„ren, eitele und thoͤrichte Leute gehalten, Die wir ei-
„nem Meifter folgen, der nach eurer eignen Götter
Bekenntniß flug ift,,u)? Gegen die, fo fich bey ih:
vom Ungeherfam und&cfel gegen des HErrn Wort
dennoch vor Ehriften ausgaben, galten folgende Er:
innerungen x) Glauben wir Chriſto nicht, fo find
„wir Feine Chriften : Wir glauben ihn aber nicht,
„wenn wir feine Droßungen nicht vermeiden.
„Nun kann man ja den keinen Chriſten heiſſen, der
„nicht einmal CHriſtum mwertb achtet ihm zu
„glauben. Sind wir aber wahrhaftig gewiß,
„daß wir von ihm durch fein Blut erlöfer find, lie-
„ben mir ihn in der Wahrheit, fo füllen wir ja
„nichts mehr verlangen, als was wir erfennen,
„daß ev haben wolle y). Darum ifts in einem
„jeden Vorſatz eben fo grofle Sünde, das Ver:
„‚botene hun, oder das Befohlene unterlaffen. Wir
„dürfen da nicht nach unferm Gefallen auslefen,
„welche Gebote des HEren wir verwerfen, wel—
„che wir als geringe und Fleine ausfeßen wollen ;
„Es ift zu befürchten, ein folcher werde nach dem
Vrtheil GOttes auch ben Verachtung und Auflö-
„fung der £leinften Gebote verfallen, Und wer
s,fih vor dem kleinern fcheuet, der kommt nicht
„leicht zum geöfferen. Ich weiß aber auch nicht,
„ob man fönne eine einzige Sünde für gering
„achten, dadurch GOtt verachter wird, Der üt
„wol der Klügite, der nicht fo wol ficher, was
an geboten fen, als wer es befohlen habe z).
„Gewißlich der ift ein Feind EHrifti, ja ein Wis
„derchrift, dem die Gebote EHrifti nicht gefals
„ten. Wir haben noch lange nicht getban, was
„die Apoftel gerhan haben, daß wir unsdaran ärs
„gern wollten a). Die Verachtung eines jeden
Gebots gereicht dem HENAN zur Schmach.
„Denn fein Gebot GOttes foll uns verächelich
J 3 „vor⸗
n) Hom.ı6. in Gen. ©) Eufeb.VI.H.E.e.3. p) Lactantiuslib. I. Infit.e.5. q) Tryphonapud Iuſtinum Dial,
er X) Tertull.c. ı2.de Idol. s) Saluian. lb. II. G. D. p. 80. t) Ib.p. 72. u)Lib. IV. Init.c.13. x) Salnian.
‚Il. de Auar. p.76. y) Hieronym. ep. 14. ad Celant. z) Id.l.c, a) Id.cp.23.ad Marsellam,
79
„vorkommen, wenn wir ohne Widermillen und
Zweifel auf feinen Urheber acht haben b). ya,
„wer haͤlt eben die H. Schrift fonftfür wahr, als
„der, fo ihr die höchfte Autoritaͤt laͤſſet, daß er
„dasjenige nicht deswegen anfeinde, was feinen
„Sünden entgegen ftehet, fondern es vielmebr lieb
„babe zu feiner Befferung, und fich freue, daß
„feinem Schaden nicht weiter nachgefehen wird c).
„Der allergeößte Schade ift, daß ein folcher im:
„mer weiter von der Wahrheit weicher, und Die
„Strafen auf fich bringet derer, fo etwas von oder
„zuden Wortendes Herrn thun d).
Dem ungezähmten en find EHrifti theure
Lehren
Ein allzuhart Geſetz und unertraͤglich Joch:
Doch kann den treuen Hals dis Joch gar nicht
verſehren:
Er iſt gebuͤckt und weich, und ſucht ein meh-
vers noch e).
10. Keinen hörte man über die Strenge der
Chriſtlichen Lehre klagen, als wer auch nicht in dem
geringften freu zu feyn $uft hatte, Die wahren Kin-
Der insgemein erfannten darinnen lauter Heil und
Süßigfeit: Das neue Gebot unfers ren
IEſu CSriſti bat Fein Job der Nothwen⸗
digkeit, fehreibt einer aus der Fülle feines Her-
zens f). Und ein andrer: Ihr feyd in allen
Stücken geſchmuͤckt mit den Beboten JEfu
Eärifti, über welche ich mich freue, daß ich
durch euch reden mag g). Wiederum rühmer
einer Diefes gegen die Heyden h): “Bey denen
„Ehriften wird die Sünde ausgetilget, die Ge—
„rechtigfeit geübet, es herrſchet das Gefeße GOt⸗
„tes, der wahre Gottesdienft wird gehandhaber,
„die Wahrheit regieret fie, die Gnade erhält fie,
„ver Friede decket ſie, das göttliche Wort führe fie,
die Weisheit lehrt fie, Ehriftus, das wahre Le—
„ben, treibt fie, und GOTT allein herrſcht über
ſie. Das fey ferne, daß wir anfolche Laſter den-
„en, geſchweige fie thun follten „! Wiederum fag-
„ce jener aus Erfahrung: Der Heiland lockt
„uns an durch die Neizungen feines füffen und
„fanften Joches, damit er den Gläubigen die Er-
„tenntniß des höchften Guts benbringe. Und
„was ift Doch angenehmers, als fein och ? Dem
„Vater angenehm werden, von Sünden abfte-
„ben, das Gute verlangen, das Boͤſe verwerfen,
„alle lieb haben, feinen haſſen, ewige Sachen er-
„langen, von gegenwärtigen nicht eingenom—
1. B. Don der Pflicht und Bezeigung derer erften Chriſten gegen GOtt.
„men werden, dem andern nicht thun, Be
„felbft nicht gerne lite 1)? _ Das Gebot ſchont
„unfers Unglaubens, und beſchwert uns nicht mit
„ſchweren Auflagen. Der geneigte Wille aber
„eomme aus dem Wachsthum des Glaubens,
„wenn wir in dem, was im Gebot uns nicht
„zu hoch auferlegt ift, aus einem freyen Gehor-
„ſam uns diefes und jenes enthalten, k). Daß es
aber auch) Teicht fey, zeigen andere alfo an aus
Joh. 5, 3. Wenn GTT unfere Sünde weg⸗
„nimmt, daß wir die ſchwere Laſt des Eigenwil⸗
„tens hinweg werfen, und unter dem leichten Joch
„der Liebe wieder Athem fchöpfen,, fo werden wie 7
„richt mehr durch die Enecheifche Furcht im Zaum
„gehalten, noch durch eine vergebliche Luſt ver-
„rühret, fondern wir werden von dem Geift der
„Freyheit gefrieben als Kinder, wir haben ein
a mit CHrifto: Wie er ift, fo find mir in
„ver Welt, Denn die, welche das thun, was der
„Apoſtel ſagt: Seyd niemand nichts ſchuldig,
„denn daß ihr euch unter einander liebet; die ſind
„wie GOtt, und ſind nicht Lohnknechte, ſondern
„Rinder. Alſo find auch die Kinder nicht ohne
„Geſetz. Ein anders aber ift das Gefeg, fo von
„oem Geift der Rnechtfchaft in der Furcht gegeben
„ift, ein anders, vom Geiſt der Freyheit in der Lieb⸗
„lichkeit 1). Wer nun mit den Tugenden recht
„verbunden ift, der denke nicht mehr an das Ge—
„ſetz oder Strafe, fondern er redet und thut, was
Se
„feine, Fertigkeit im Guten mit ſich bringe m).
„Denn was kann Chriftus anders als lauter Öuts
„befehlen, wo er im Herzen ift,, n)? Darum rie-
fen digeiänbe juo):
as Elagft du über Schwierigkeit bey ZESU
füffen tiebsgefegen ;
Kennſt dudes Ölaubens Kräfte nicht, die Deine
Y Berge Eann verfeßen ?
„Der groffe König famdeswegen herunter, Denen
Menſchen die Gefeße eines himmlischen Wan:
dels und einer himmlifchen Gefellfchaft zugeben,
„die er als einen Kampf vorftellte. Werbierver:
„rundet wird, und es geduldig leide, der hat Eh⸗
„re und Preis davon: Und wer aud) den andern
„Backen darrecket zun Schlägen, der wird unter
„den H. Engeln gelobet: weil der Sieg da nicht
„nach Rache, fondern nach Eluger und großmuͤ—⸗
„ehiger Geduld abgemeffen wird. Das ijt das
„neue Gebot zu Erhaltung des Ruhms, und der
„neue Weg zufämpfen p).
b)Id.ep.1.ad Demetriad. c) Augufl.lib. I. de Serm. Dom. in monte c.Ir. d) Irezaus lib.V.c.vit. e) Profper Epigr.
109. f) BarnabasEpift.n.2. g) Ignat.Epift.adEphef. h) Theephilus Anrioch.lib. III. ad Autol. p. 127. i)Hila-
rius can.JL.inMatth. k)Id. inP£. 118. 1) Beraharaus Epift. II. ad Cartuf. m) Ewagrins Scitenfis Cap. 42.ap. Cote-
lerium Mon.Gr. Tom.1l.p.gı. n) Angufinuslib.L.Homil.hom.ı6. 0) Projper Epigr.u1o. p) ZrdorusPelnfiot.Lib.
IIl.ep. 127.
Is Nie:
8. C. Ihr Wandelnab GOttes Wort, fonderlich nad Ebrifti Lehre und Erempel.
1 Miemand aber bilde ihm hierbey folche Hei-
ligen ein, wie fie etwan hernach im Pabſtthum, un-
| —— Vorwand der Gebote Chriſti, ſich aufge:
et haben. Nicht daß ſie mit Saͤcken, haͤrnen
Kleidern, Geiſſeln und Peitſchen, unglaublichen
und Wachen dahin zu reichen gemeynt;
v
fondern man mußbierdie erfte Kraft der Chriſtli⸗
chen Gottſeligkeit genau Fennen aus den Worten
Eprifti felbft, und fodann ihm ein Bild und Abrif
von folchen Machfolgern Ehrifti machen. Es
darf auch niemand befvemden , wenn er Bier oder
anderswo lefen wird, daß die Alten viel gefchrieben
und gethan haben, welches mit der heutigen Le—
bensart gar nicht einftimmt: Nemlich, diefe Leute
waren denen Apofteln näher, und zeigten noch ein
reines und mit feinen Weltgütern beflecktes
Chriſtenthum. Indeſſen muß man nicht alles
gleich verläftern, fondern vielmehr fein Leben dar:
aus Andern, und hingegen fein eben vor verdäch-
tig Balten, daß es fo fehr vonder Ermaßnung und
Erempel fo groffer $eute abweicht, die doch Chriſti
und der Apostel Worten nachgelebet, und vom 9.
Geift getrieben folche Dinge binterlaffen haben,
mit denen das jetzige Leben nicht überein koͤmmt.
Dahero billig eine ſolche Lebensart anzuftellen
wäre, daß man nicht erſt Noth hätte, CHrifti
Lehre auf unfere Lehre und Leben mit Haaren
zu ziehen, fondern daß wir unfere Sachen alle
a dem wahren Original, Chrifto, einrichteten.
> Wir werden weiter unten hören, wie fie alle ihre
|
N
Dinge nachitdem Glauben in der wahren Liebe ge-
fest: Hier will ich nur mit wenigem zeigen, daß
fie gewiß geglauber haben, es fenen alle Gebote und
Lehren in die Liebe verfafler, nah Röm. 13,8. Gal.
5,14. ı Tim. 1,5. Go fihreibet Clemens fehr
fhön s): "Wer Liebe in Chriſto hat, der halte
„auch Eprifti Gebote: Wer fann aber das Band
„der Liebe GOttes ausfprechen,,? Und nach ihm
ein anderer ı); “Im Alten Teftament war das
„Geſetz Auflerlich vorgelegt, bier wird es innwen-
„dig ins Herz. gefheieben. Die Liebe iſt das Ge:
„fe GOttes. nn aber die Lebe GOttes in
„die Herzen ausgegoffen wird durch den H. Geift,
fo iftes ein Gefeß des Glaubens, und ein leben-
- „digmachender Geilt bey dem Liebhaber. Wenn
wwir aber nun wahrhaftig Chriſtum lieb haben, fo
„werden wir nichts weiter wollen, als was wir
„toiffen, daß ibn gefalle 2 Drum iftein anders
„das geiftliche Gefege, deflen Befenner auch mit:
€, €) Hom. 7. in Ezech.
zu
„ten unter den Tyrannen und Schwerdtern nichts
„fürchtet. Von diefer Furcht machet ihn die Lie⸗
„be fren aus reinem Herzen. Darum ift fie auch
„des Gefoßes Ende, das dem Gerechten nicht ge=
„geben it. Die Liebe ift das Ende, weil fieeine
„Vollendung aller Werfe ift, und das Böfe ver-
„tilget x), Db nun wol die Anfanger im Chri⸗
„ſtenthum noch aus Zwang etwas gutes thun, ſo
„ehun es doch die andern aus Siebe, und nicht al:
„lein deswegen, weil es ißnen befohlen wird, ſon—
„dern fie lieben auch im Thun das, was fie fehuls
„dig find y).
Die Liebe ChHriſti haͤlt nen wahrhaftig fein
ebot,
Umfaßt die Menfchen insgemein, befiegt Gefeg
und Tod ?).
Wer rechte Liebe fuͤhlt, weiß nicht von Muͤh
zu ſagen,
Weil ihn der Liebe Thau bey aller Hitze kuͤhlt:
Wer wollt noch über Laſt und Joch und Knecht⸗
fchaft Flagen ?
Der wird nicht mid noch matt, wer rechte
tiebe fühlt a).
12. Weil fie auch der HErr nicht nur auffeine
Worte, fondern auch auf fein Erempel geriefen
hatte; (Matth. ı1, 29. cap. 16, 24. Phil. 2, 5.
ı ob. 2, 6. ı Pet. 2, 21.) fo bliebe auch bierin-
nen ihr Gehorſam nicht auffen, daß fie nicht feinen
Sußftapfen reulich nachgefolget waren. Zwar
funden fich überall zu ihren Zeiten Erempel, “die
„ſie Durch den fchmalen Weg führen, und ven
„rechten Weg des Evangelü zeigen Fonnten: Es
„ſtund ihnen der Apoftel Benfpiel vor Augen,
„ı Cor. 4,16. Aber das Erempel gieng und
„ieuchtete über alle. Ben manchen ſchien es miß⸗
„lich zu ſeyn, ihnen in allen zu folgen: Aber wer
„dieſer Wahrheit felbft folgte, der konnte nimmer⸗
„mehr irren, Wer aber ſich noch mit den Exem—
„peln fo vieler behelfen und entfchuldigen wollte,
„den wiefen fie auf das Erempel, von dem jeder:
„mann er mußte, daß man ihm folgen ſoll⸗
„te,b). Diefes treiber auch Origenes c): **Laffee
„uns niemand nachfolgen, und wenn wir folgen
„wollen, fo ift uns EHriftus vorgeftellt, es find
„ung die Apoftelgefchichte befchrieben, mir leſen
„auch der Propheten geben in der Schrift. Die:
„ſe Vorſchrift ift richtig, diefer Vorſatz ift beſtaͤn⸗
„dig: Wer dem folger, der geher ficher mies)
nd
s) Epift.p.63. t) Auguf.deSpir, etLit.c.r7. u) Hieronym.ep.14.ad.Celant. x)Cafhodor. de Amic. y) Gre-
or. M.lib. I. imEzech.hom.ıo, z) Venantius Fortunatnslib. ILL. de VitaHom. a)ld.lib, VI. b) Bieron.
72
Und Elemens von Rom: Wir fehen, wie alle
„Gerechten mit guten Werfen find gezieret ge—
„wefen, auch der HERR felber hat fich damit
„ausgefcehmückt mit Freuden. Da wirnun (fagten
ſie) diefes Mufter vor uns haben, fo laffet uns
doch nad) feinem Willen aus allen Kräften rin:
„gen, und das Werk der Gerechtigkeit wirfen d)!
Faſſet uns der himmlifchen Lebensart nachah—
„men, damit unfer Herz defto mehr von der Erde
„abgezogen werde e)! Das Leben Chriſti foll un-
„fere sebensregel feyn, wie fein Tod unsvom Tode
„erlöfer. Jenes muß unfer Leben untermeifen, die-
„fer unfern Tod zunichte machen. Sein leben
„war mühfelig, fein Tod Föftlich ; alles beydes ift
„uns nöthig k). Wir haben ja von Chriſto den
„Namen, drum müffen wir aud) = Heiligkeit
„‚ererben, wie wir feinen Namen überfommen ha-
„ben. Es find aberdrey Stüfe, dieuns CHriſtus
„zur Uebung gewieſen hat: (1) Verſchmaͤhung der
„weltlichen Fitelfeiten, da er auch nicht wollen Koͤ⸗
„ig werden; (2) Hebung der Buffe, da er auch als
„ein Lamm erwuͤrget worden; (3) eine zweyfache
„wahre Siebe, da er auch für feine Feinde gebeten g).
13. Und dieſes gab ihnen abermal ein vortrefli-
ches Kennzeichen, daran fie rechte Chriften fennen
Fonnten, wenn fie das wahre Bild des niedrigen
und alles verleugnenden JEſu an ſich hatten.
Drum bieffe es Damals; “Der hat den neuen
Menfchen angezogen, und kann mit dem Apoftel
„Tagen : Ich lebe nicht, fondern Chriſtus lebet in
„mie, welcher feinem Wandel nachfolgen Fann,
„und alle feine Tugenden in fich ausdrucken ; alfo
„daß er fanftmüchig fey wie er, und demuͤthig
„von Herzen, und gebe fein Leben für feine Sreun-
„de, gleichwie er es für feine Schafe gelaffen bat.
„Daß er auch gegen ihre Schläge nicht antworte,
„nicht auf Scheltworte wieder fchelte, fondern die
„Hoffart durch Demuth überwinde h). Auf
ſoͤlche Art henkten fie das Zeichen des Chriften-
„ehums nicht an den bloffen Namen, fondern an
„die wahre Bekenntniß: Denn nicht der bloſſe
„Name Ehriftimachte bey ihnen einen Chriſten.
„fondern die Wahrheit oder das rechtſchaffene
Weſen in Chrifto. Eph. 4, 21. (vH aAnSeız) i).
„Das Erempel Eprifti muß uns erinnern, was
„vor eine Salbung wir müffenempfangen haben,
„damit wie auch einen heiligen Wandel führen,
„die wir eine H. Salbunghaben. Wer nun Chri⸗
”
d) Epift.p. 43. ©) Theodoritus et Theophylactus ad Coloſſ. III.1. £) Bernhard. ferın.ad mil. temp. c. ır. g)Id. Sent.
c.35. h).Hieron.lib. II. Ephef. 4. i) Chryfaff. Op. Imperf.in Matth.hom.ıg. k)Auguft.de Vit.Chrift.c.ı. hibid. 7
c.14. m)Claudianus Mamertus cont. Pot. n) Thalaflius Centur. I. Precept. ap. Neandrum Sent.Gr. 0) Baſi.
lius M.hom, ıo.in Hexatm, p) Heronymus ep. ıo.ad Furiam. q} Cafiod.\.c. x) Ambrof.adVirg. deuot. GL
1. 3. Don der Pflicht und Bezeigung derer erften Ehriften gegen SDR.
„ſto nicht nachfolget, derträgt den Namen verge
- “nk
Pr
„bens. Willt du nun gerne ein Ehriftefenn,forbue,
„was Chriſto zugehoͤret k). Haͤltſt du mol den fir |
„einen Chriften, der in einem Stüce den Zrom-
„men nachfolger? Das fen ferne, daß der ein Chri- 4
ste fen, oder ein Kind GOttes. Derjenige ifts
„nur, der den Weg Chriftinachwandelt, und Chri-
„ſto in allen nachfolget,, 1). Diejenigen nun, die
fich folcher treuen Nachfolge geroiß bewußtwaren
in ihrem geben, Eonnten mit jenem frommen Poe-
ten auch vor den Unglaubigen fingenm):
Wann unfre — die Gnad er⸗
quickt
Muß die Natur dem reinen Weſen weichen:
Der teib kann nicht den hohen Flug erreichen,
Weil GOttes Geiſt ung jenem Tod entruͤckt.
Da folgen wir dem Fuß des HErrn mit ſchnel⸗
lem Schritt;
Er geht ung vor,er zieht uns nach, wir gehen mit.
14. Immaſſen fie wohl ben fich ſelbſt und bey an⸗
dern anmerften, “wie die Seele in die Höhe ge—
„fuͤhret würde, und in den Dingen enge einge-
„ichloflen liege, dahero a heraus wolle, und
„dahin verlange, wo CHriftus ihr Vorlaͤufer
„iſt n). Dahero eilte fie nun GOtt gleich zu wer⸗
„den, weildas Chriftenthum dahin gienge, Damit
„fie Chriſtum anziehen und ihm aͤhnlich werden
„möchte 0). Eines hienge da an dem andern?
» Wer leben wollte, mußte an EHriftum glauben ;
„wer an ihn glaubte, Der mußte aud) wandeln,
„gleichwie er gewandelt hat p): Wollte fi je
„mand deffen weigern, der mußtewiffen, daß er
„das ſchwere Joch der weltlichen Luͤſte noch nicht
„abgeworfen habe, oder da ers einmal abgewor-
„fen, nun wieder auffich genommeng). Ein ſol⸗
scher, der den Fußſtapfen Ehrifti nicht nachfolg-
»te, konnte Feine Keufchheit zeigen, weil er feine
„hatte ;Eeinen Glauben, den er nicht bey fich fun⸗
„de; feine Lehre, weil er ihr nicht folgte; ausge-
„nommen die teuflifche Klugheit der Welt. Er
„baßte die Mäßigfeit, die Enthaltung läfterte er,
„die Demuth unterdrückte er folgends, das nuͤch⸗
„tere geben verachtete “er, die Aufrichtigkeit bat-
„te er nicht, Schamhaftigkeit hatte» ex megge-
„morfen„scr). Dagegen war denen gehorfa-
men Herzen diefe glaubige Nachfolge ein gewiſſes
Zeugniß, daß fie dem Tod entfliehen würden,
wenn fie wandelten nicht nach den Menfchen,
„hondern
nf
an i .
9. Cap. Don der erften Ehriften allgemeinen Beborfam gegen GOtt.
„ſondern wie JEſus CHriſtus gewandelt bat s).
Maſſen er eben dazu den bewaͤhrteſten und
„bimmlifchen Weg an ſich felbft gezeiger bat, daß
„niemand von dem Feind Fonnte hintergangen
werden, wenn er aus feinem Sieg über den Teu⸗
v
„fel gewiſſe Unterpfande feiner Sicherheit hätte:
„Und darum Baf ernicht allein gelehret, fondern
„auch gethan, damit wir ihn ſo wol reden böreten,
‚ „als auch zugleich wie ein Bild und Mufter an-
„fähen, und von ihm eine Borfchrift unfers Thuns
„nahmen, indem wirs von ihm hören: Lernet von
„mir, denn ich bin ſanftmuͤthig und von Herzen
Demuͤthig t). Diß hielten fie alfo für eine fonder-
„bare Wohlthat, daß fie fehen konnten, wie ihr Mei:
s)Ignarinsep.ad Trall. t) Achanaſius cp. ad Marcell.
73
„ſter fie nicht allein mir Worfen, fondern mit der
„That alles Gutes und Heilfames gelehret habe,
„worinnen er felbft recht und heilig gewandelt
„bat,,u). Demnad) war diefes Fürzlich ihre
Meynung insgefamt x):
Folg CHrifto nach, thu veche, und fleuch die
Suͤnden:
Bezieh den Himmel auf der Erd.
Der Koͤnig wird ſchon ſeinen Diener finden,
Daß dir ſein Reich zum Erbtheil werd.
Wo er iſt, ſoll auch ſein Nachtreter ſeyn:
Wer hier bey ihm nicht iſt, kommt dort nicht
ein,
Man geht da nur auf EHrifti Weg binein.
u)Id. de Pafl. etCruc. x) Paulinus carın. ad Cyther.
Das 9. Capitel,
Bon der erſten Chriften allgemeinen Gehorſam ge
gen GO
tt.
Summarien.
gm adttlichen Wien $.1. unterworfen fie fich gänzlich, 2. ihm alein zu leben, 3. ohne die gerinafte Verlegung
feines Willens, 4. den fie auch über allen menſchlichen Willen festen, s. auch wider die Thrannen. 6.
fen fich alle Umſtaͤnde gefallen, 7. und waren von Herzen geborfam. 8.
Sie lieh
Welcher Gehorſam auch äuferlich ausbrach, 9.
je mehr fie den göttlichen Willen erkannten, 10. der nichts als der Menſchen Beſtes ſuchet: ı1. Daher lieſſen ſie GOt—
tes Willen an fich vollbringen. ı2-
ne Weife dem Gehorfam entziehen möch-
te, führete fie der Geiſt JEſu EHrifti
mehr und mehr zu einer allgemeinen Unterwer—
fung unter allen Willen GOttes, wo, wie und
wenn erihnen auch eröffnet möchtewerden. Wel:
ches denn abermal in der Kraft des ihnen ge
ſchenkten Glaubens gefcheben mußte, daß fie ihre
Seelen im Gehorſam der Wahrbeit reinigten,
ı Petr. ı, 22. weil fie wohl wußten, daß die nur
ins Himmelreich kommen würden, die den Wil:
len des Vaters gethan hätten. Matth. 7, 21.
„Nun forderte ja der HErr nur einen Gehorſam
„des Glaubens, der Unfchuld und des wahren
„Gottesdienſts von ihnen, nemlich nur, daß fie
5 aber ihr Fleiſch und Blut ſich auf —*
„ihn lieben ſollten a). Deswegen ſahen fie wohl
zu, daß fteallesmit Sorgfalt nad) den Geboten
„GoOttes thaten, damit es zur Stärfung ihres
„Glaubens und zu deſſen Ehre gereichte, deſſen
„Werk es war,, b), Sie lieffen es aber darinn
aufdie Wirkung des HErrn anfommen, dem fie
ſich ganz übergaben. * Sie hielten ſich nicht da—
„u, vom Geſetz befreyet zu ſeyn, J ſie nur von
„G0tt abweichen ſollten, fondern daß fie ihn de—
I.
„ſto mehr liebten, je mehr ſie Gnade von ihm em⸗
„pfangen hätten. Je mehr ſie ihn aber lieben wuͤr⸗
„den, je mehr würden fie Herrlichkeit erlangen,
„denn ftervaren indes Vaters Augen c). Denn
„weil der Satan den Frommen am meiften wi—
„derſteht, daß ihr Herz nicht in allem GOtt fol-
„gen folle, fo müffen fie defto eifriger bitten und
„neben, daß GOttes Wille in ihnen gefchehen
„möchte: Und damit diefer gefchehe, ſo hatten fie
Gottes guten Willen vonnötden, das iſt, fei-
„ner Hülfe und aus; weil doch niemand aus
„feinen Kräften ſtark iſt, fondern allein durch die
„Gnade und Barmherzigkeit GOttes ficher ſeyn
„Fann d). Diefes war ihr Verlangen, das fie fo
„orte ausdrückten, daß doch der HErr ihnen das
„Weſen und die Kraft feines Willens darreichen
„möchte, und fie dadurch felig wären auf Erden»
„und im Himmel, nachdem dasder kurze Innhalt
„feines Willens it, die Seligfeitderer, Die er zu
„Kindernangenommen. Er, der HErr JEſus,
„batte fich erklärt, nicht feinen, fondern des Va—
„ters Willen zu thun: und das war ohne Zweifel
„allesdas, waserthate, des Vaters Wille. Da⸗
„her werden mir nun als zu einer Vorſchrift ges
„ruffen,
a) Hilariusin P[.2, b)Id.inPf.rıg. c) Henaus lib. Vec. 27. d)Cyprianus deOrat, Domin.
74
- „euffen, daß wir ihn auch verfündigen, wirken
„und leiden bis in den Tod. Auf daß wir aber
„Diefes erfüllen koͤnnen, haben wir den Willen
Gottes nöthigs,e). Alfo war denn diefes Die
Weisheit der Heiligen, der Gerechten eigene
Klugheit, den Willen GOttes recht zu erkennen.
Dadurch Eonnte ein Menfch alles überwinden im
Gehorfam der Wahrheit, weil er nun. GOttes
Ebenbild wieder wurde f).
2. Wie nun diefe Kraft des Gehorfams von
GOtt ausgieng, alfo gieng fie aud) wiederum zu
GOtt, das ift, fie ward allein dem HErrn an-
gewandt zuallem Gefallen. Deffen Willen prüf-
ten fie ſodann nad) Erneuerung ihres Sinns,
welches der gute, woblgefallige und. poll
Fommene ſey, Rom. 12,2. Darum rungen
fie nun vor dem HEren, wie Epaphras für die
Coloſſer, daß fie allefamt erfüller wären nach
dem Willen GOttes. Col. 4, 12. Ihre Er:
innerungen giengen gleichfalls ernftlih dahin:
„gaffet uns mit allen unfern Kräften zu feinem
Willen nahen , und das Werk der Gerechtigkeit
„wirken g). Unfer Ruhm und Sreudigfeit befte-
„be darinnen, daß wir uns feinem Willen unter-
„werfen, und die ganze Menge feiner Engel-be-
trachten, wie fie vor ihm ſtehen und feinen Wil-
„ten hun b). Es muß alles nad) GOttes Wil-
„fen gethan feyn, daß wir den Fußſtapfen unfers
„HErrn und feinen göttlichen Lehren nachfolgen,
der da erinnert hat und gefagt : ic) bin nicht vom
„Himmel fommen , daß ich meinen Willen ehue,
„tondern def, der mich gefandt hat, Joh. 6, 38. i)»
„Derjenige thut nur feiner Pflicht ein Gnügen,
der ſtets feines Schöpfers gedenft, und woran
„er Luſt hat, allzeit hut, daß er auf den Willen
„GDttesfehek). Weilmirdenn ſehen, daß red-
„lüche und fleißige Rnechte nach ihres Herrn Sinn
Jeben, wie viel mehr (fagten iD müffen wir uns
„in Gottes Willen ſchicken? Denn einem nach
„feinem Willen leben, iſt doch die Art, feine Liebe zu
„gewinnen, und fic) gehorfamlich unterwerfen ıft
„der befte Weg , einem recht zu Willen zu leben.
„Wir find Knechte des lebendigen GOttes/ der uns
„durd) fein Urtheil nicht etwa nur in Band und
„Eifen wirft, oderfreylaflet, fondernder uns in
„Erigfeit Wohl oder Weh zuſpricht. Deffen
„Strenge zu entgehen, vder aud) feine Güte zu
ER
1.2. Don der Pflicht und Bezeigung derer erften Ehriften gegen GOtt. er
„genieſſen, fo ein groffer Gehorfam nöthig ift, fo
„groß feine Drohungen Re aa a I a
nee Gerechtigkeit oder Güte find 1). Kurz:
„Dem Herrn alleine ftehet aa befllen, den
„Rnechten nur zu gehorchen *
3. Die Bereinigung mit GOtt vereinigte die
Glaubigen auch mit feinem Willen, und mer
durch die Berleugnung feiner felbft in GOtt ein-
gieng, demgienges, wie einem Tropfen Waſſer,
der in ein Gefäß voll Wein fälle, und dadurd
von fich felbit abkommt: ““Alfo (fagt einer) wenn _
„der Wille des Menfchen in GOtt einkehret, fo
„wird alle menfchliche Begierde auf eine unaug:
„iprechliche Art gleichfam verfchlungen und ver-
„wandelt n), Denn ein Heiliger wendet in allem
„feinem Thun feinen Fleiß an, daß er fein Werk
„nach dem Willen GOttes, der es ihm auferlegt
„bat, vollende, damit auch feine Werfe den Wil-
„ien deffen, der es ihm befihlt, vollbringen und
„ehren Fonnen, Alsdenn wird auc an ihm er:
„füllt das Wort: Ihr effet odertrinft, oder mas
„ihr thut, fo thut alles zu GOttes Ehre ,, 0).
Dagegen “wer zwar den Willen GOttes thun
„will, abernichtnach dem Willen GOttes, noch
„aus Liebesbegierde zu ihm, dem wirds nicht
„gelingen, p). WBestegen fie auch in ha
haften Fallen den Rath gaben, daß man bey
zweyen Befehlen GOttes den erwaͤhlen follte, da-
zuder Here mehr geneigt wäre nach feinem geof-
fenbarten Willen 9). Insgemein war es bey
gehorfamen Kindern feite gefeßt, “Daß fie nichts
„nac ihrem Gefallen: einführen durften, oder
„auch erwählen, was ein anderer eigenmächtig
„eingeführt hatte. Denn alfo hatten auch die
„Apoftel nichts vor fich felbft gethan, fondern die
„ordnung, die fie von EHrifto empfangen hatten,
„denen Völkern treulich empfohlen r). Welche
„allgemeine Lehrer denn auch ihnen bezeuget hat—
„een, wie fienun EHrifti Eigenthum worden ma-
„ren durch feine Erlöfung; deswegen fie dem
„nEren alfo folgen müßten, daß fie Binjort im
„geringften nicht mehr ihnen felbft lebten, fon-
„dern dem, der fie ihm fo theuer erworben hätte.
„Ste wären nun nicht mehr ihrer felbft mächtig,
„fondern der ſey ihr HErr, der fie erfauft babe,
„ſie aber feine Knechte. Alſo folltedenn fein Wil:
„te ihnen zum Geſetz des Lebens vorgeleger feyn ER
4,50
e) Tertullian. lib. de Orat. c. e quo fere vt Magiftro fo Cyprianus defumfit. f) Ifdorus Abbas ap. Cozelerium
Tom.I.Mon.Gr.p. 487. 8)Clemens Rom. Ep.p. 43.
I) Terzull.de Pat. c. 6. n
Nat. Ioh. o)Bafılins M.Inft.Mon.c.3. p)Idemin Aſcet. 9) Terzull, Exhort ad Caſtit. c.3.
Prefer.adHer.c.6. 5) Gregor. Nyf. de Perfect. Chrift, p..282. ?
nes lib. VIII. cont. Celf. p. 415.
h)It.p.44. i)Cyprian. deDife. Virg.n.6. k) Orige-
m)Chryfof.hom.2 adRom. n) Berahardus Serm. de
r) Idem de
9. Cap. Don der erften Chriſten allacmeinem Gehorſam gegen —A
2. Ja es war denen wahren Kindern GOttes
fo viel an dem Willen GOttes gelegen, daß fie
auch folche Erklärungen davon thaten, welche
der Bernunft fehr entgegen, und gleichwol ſchon
im Alten Teſtament ofte volljogen worden waren.
Nur eine zu erwehnen, fo fehreibet ein gewiller
Mann aus der den Kirche alfo: Was nach
GOttes Witten geſchieht, ob es aleich böfe
zu ſeyn febeint, ſo ift es doch GOTT aller-
dinas lieb und angenehm. Yingegen was
auffer GOTTES Willen gefbieht, und
anders, als ers haben will, ob es ſchon
febeine GOTT zu gefallen; fo ift eo doch
die allerböfefte und ungerechtefte Sache,
b gleich einer einen WMenfcben umbrinat,
wenn es GOTTC alfo baben will, fo iſt
es doch ein Todtſchlag, der beffer ift, als al-
fe SreundlichEeit. Wiederum, wenn einer
febonet, und aegen einem freundlich ift, auf-
fr GOTTES Wiepnuna, fo ift er bos—
baftiger als alle Mörder; denn nicht die
Natur der Dinge, die geſchehen, fondern
der Wille und Schluß GOTTE & machte,
daß etwas böfe oder aut ift t). Aus diefem
Grunde will einer die Jungfrauen nicht verurthei-
fen, welche, der Schande zu entgeben, fich felbit
bisweilen ums $eben gebracht haben. “Denn
„ſſhreibt er) wie, wenn fie das gethan hätten,
„nicht aus menfchlichem Irrthum und Betrug,
„ſondern aus göttlihem Befehl, noch aus Un:
„wiſſenheit, fondern aus Gehorfam? Wenn aber
„Go0tt etwas befihlt, und ohne Umſchweife an-
- „deutet, Daß ers befehle, wer wollte fodann den
„Gehorſam beſchuldigen? Wer wollte die Folge
„noch anklagen,, v)? Alfo griffen fie vem HErrn
feine unumſchraͤnkte Majeftat nicht an, noch ta:
delten feinen Befehl, er fehiene gleich noch fo un:
möglich, hoch und wunderlich; anug, daß Die-
fer allgemeine ewige Monarche fie gemürdiger
hatte, feine Wege fie wiſſen zu laffen. Hatten
fie von dem einen Befehl aufzuweiſen, fo mochte
gleich Himmel und Erde vergehen, oder ihr ars
mer seib felbft unter allen Tyrannen leiden müflen ;
fo reichte ihr Gehorfam auch bis an ihr Blut und
Leben, wie an den Märtyrern befannt ift.
5. So wohl aber als fie ihren eigenen Willen
verleugnen lernten, fo wohl befunden fie fich auch
t) Chryfafl. Orat. I.cont. Iud.
z) Tertull. dePat. c. 6.
u) Auguf. I, de Ciu. D. c. 26.
75
fhuldig, über anderer Menfchen Willen den gött-
lichen zu fegen, und auch ohne und wider GOt—
tes Willen feiner Creatur zu gefallen. Auch ſo
gar in zuläßigen Dingen, welche noch von From⸗
men gelobet wurden, erforfchten fie dennoch ge—
nau den Willen GOttes, und fahen nicht auf
der Menfchen Urtheil und Gutachten, fondern
auf den Wink ihres Vaters, Als der heilige
Mann Tanatius endlic) dem Martertod wohl
hätte entgehen Fönnen, und er dennoch GOttes
Wohlgefallen anders erkannte, antwortete er
auf alle Bitten der Nömer diefes: Ich wilt
nicht mehr nach der Menſchen Willen le—
ben: Ich bin mit Eeifto gekreusiget x).
Ein anderer Lehrer feßer eine fehöne Urfache hin—
zu: Wenn man nur gerne den Wfenfeben ge-
fallen will, fo beziehet ſich das nicht auf
das Wohlarfalen GOTTES, (eben wie
Paulus fagt Gal. 1, 10. und Petrus ı Epift. 4.
dv. 2.) weil cs nur der Heute wegen ange—
fangen wird, denen einer gefallen will.
Fo ift aber Fein aröffee Band den Men—
feben zu gefallen, als daß niemand ewas
um fein felbft willen begebre. Denn was
mean zu feinem eigenen Yugen tbut, muß
bisweilen dem andern zuwider fepn: wer
aber nichts um fein felbft willen verlanat,
fondern alles einem fremden Willen zum be-
ſten thut, der Fann wol mit Recht dem an-
dern arfallen. Über nur in allen Dingen
Menſchen gefallen wollen ohne Abſicht auf
GOtt, beißt, GOtt mißfallen. Dennman
muß nicht GOtt zur Schmach denen Men—
ſchen gefallen, ſondern nach feinem Wil:
Ien y) Wollen wir denn nun noch (fraget
„iener) GOTT zu gehorchen Bedenken tragen,
„dem wir doch alleine unterworfen find? Wie
„ungerecht, ja undankbar ift es doch, wenn
„man dasjenige dem nicht wieder geben will, von
„dem man es hat, nemlich was man von einer
„fremden Guͤtigkeit erlanget hat z).
6. Demnach) war es num ausgemacht bey allen
rechtfchaffenen Herzen, daß GOtt von ihnen une
umganglich Gehorfam forderte, und fie ſich dazu
aufalle Weiſe ohne Ausnahme bequemen mußten,
Wann die Tyrannen etwas unrechtes ihnen zu:
muthen wollten , war diefes ihre meifte Zuflucht,
8a und
x) Ep. adRom. y) Hilarius in Pf. 52.
„
76
und gleichfam die ficherfte Sreyftadt, darinn GOtt
fie bey ihrem Gehorfam erhalten mußte. “Es ift
„gut, (fprachen fie,) daß GOtt uͤber uns alle HErr
„ft, dem wir auch alle angehören, wir wollen oder
„wollen nicht» a). Wan mus da GOTT
mehr geborcben, denn den Menſchen, Ap.
Geſch. 4,19. c.5,29. Diefes drucfet jener mit ei-
nem artigen Gleichniß aus, genommen von den
Prieſtern im Alten Teftament, 3 B.Mof. 19,7.
„Nachdem wir zu EHriftofommen find, und das
„Del feiner Salbung empfangen haben, ihn aud)
„in ung tragen, fo dürfen wir nicht wieder aus
„den Tempelausgehen, dasift, vondem Chrift-
„lichen Vorſatz nicht weichen, daß wir uns mit
„dern Unglauben der Heyden vermifchten, fondern
„wir müffen uns allzeit innmendig aufhalten, das
„if, dem Willen GOttes dienen b). Sollte
„auch der HERR gleich etwas wider den gemei-
„nen Lauf befeblen, fomußes doch gefchehen, ob
„es gleich noch nie da gefchehen ware. Denn
„wenn einem König in feinem Reich frey ftehet,
„etwas neues zu verordnen: Wie vielmehr muß
„die Creatur ihrem Schöpfer ohne Bedenken und
Zweifel dienen indem, was er gebeut c)*
7. Die Einfalt des Glaubens brachte dieſes bey
den Kindern mit ſich, daß ſie ſchlechthin auf das
Wort ihres Vaters thun und leiden wollten, was
er uͤber ſie beſchloſſen hatte. Vom Leiden werden
wir bey der Materie von der Geduld hoͤren:
Hier ſchallet uns die Stimme der Alten in die Oh—
ren; "Man muß den Worten GDttes gehor-
schen, und nicht ängftlid) nachforfgen, ob man
‚gleich deſſen Urſache nicht weiß, d). Wie au
diefer Ausfpruch: „Ich lobe einen folchen Glau⸗
„ben, dereherglaubet, daß etwas in acht zu neh-
„men fen, ehe ersnoch gelernet hate): Denn da
s;fie erft dem Willen GOttes tief nachzudenfen
„pflegten, wenn fie erkennen wollten, was etwa
„auch fein verborgener Wille ſey. Denn feinen
„offenbaren Willen wußten fie alle. Bisweilen
„ließ der HERR etwas zu, da es drum nicht fein
„ganzlicher und vollfommener Wille war, f).
In dem andern aber mußten fie ihrem eigenen Wil⸗
fen nichts zulaſſen, fondern ihn dem Befehl GDF-
es übergeben damit nicht der menſchliche Wille
mehr Freyheit hätte als der goͤttliche. Drum
ſprachen fie freudig: “Ich weiß wohl, daß ich von
der Welt frey bin, abe richt von GOtt; Alf
1. B. Don der Pflicht und Bezeigung derer erſten Ehriften gegen GOtt.
„ſtehet mir zu, dem HErrn freywillig meine Pflicht
„zu leiten, ihm gehöret zu, mirzubefehlen, ch
„muß ihm aber nicht allein folgen, fondern auch
„tiebfofen: Jenes thue ich nad) feinem Befehl,
„dieſes nach meinem freyen Willen,, g). Hier
galt fein Meiftern, Fein Berbeffern, fein Einſchran⸗
en noch Ausdehnen der Wernunft und des ver:
derbten Willens, der noch nicht völlig mit GOtt
einftimmte. Ein jeder mußte willen, “daß erdem
„Befehl GOttes widerftrebte, ob er gleich aus
„guten Ras es thäte: Denn er trennte fich
„oadurch von GOtt ab, weilerhättemit der hoͤch⸗
„ſten Ehrerbietung annehmen follen, was von
„oem HErrn gefaget worden h). N
8. Wer wollte aber zweifeln , daß ein folcher Ge-
horfam denen wahren Ehriften nicht von Herzen
gegangen fen. Siedurften ſich da nicht an anderer
Leute Urtheil Fehren, fondern GOtt mußte in ihrem
Gewiſſen der befte Zeuge feyn ihres Gehorfams.
„Bisweilen gefchahe es, daß einige Thaten von
„GoOtt gebilliget wurden, die dod) die Menfchen
„verwarfen: Andere lobten die $eute, und GOtt
„verdammte fie. Denn es Farın oft eine Sache
„anders fcheinen zu ſeyn, als des Menfchen Herz
„befchaffen ift 5). Zuforderft war Fein Zmeifel,
„daß ein guter Wille aller Tugenden erfte Stim-
„ne ſey. Diefer fteure fich auf feinen Urfprung,
„und berube in dem ewigen und unveränderlichen
„Willen GOttes, daß er wahrhaftig geiftlich wer-
„de. Denn werdem HERRN anhangt, ift ein
„Geiſt mit ihm, indem durch die Gemeinfchaft
„des Erleuchtenden, unddeß, der erleuchtet wird,
ch) „des Negierenden, und des Untergebenen, alles
„Thun auf eines gerichtet wird, und was denn
„eins wird, allen beyden zukommt k). Beſtehe
„demnach die Art des Gehorfams aufder Si
„beit der Gemürher I): Und diefe entitehe aus
„wahrer Siebe, welche denn wiederum ihre Pro-
„benablege, wennder Menfch die Gebote GOt—
„tes halte, und ihm in Andacht und Werfen die—
„ne, dem ohnedem dienennur eine Herrfchaft fey.
„Drum fey der Gehorfam nichts nuͤtze, wenn er
„micht aus Siebe entſtehe m), dieweiſ Diefe fich be-
„mühe, den Sinn und die Abficht des Gebots ge-
„horfamlich zu erfüllen n). Darinn fuchten fie
„den Grund eines wahren Gehorſams, daßnemlich
„aller Gehorfam und Dankbarkeit in Gedanfen
„beftehe, Wenn der Menfch nicht träge fen zum
»OU=
a) Tertull. Apol.c.24. b) Hierön. ep. 25. ad Paulum. e) Auguf2. III. Confeft: c. 8. d) Chryfoflomi verba laudata
a Kromayero Cent. V. Hift. Eccl. p. 199.
e) Terzull. c. 2.de Cor. Mil.
f)Id. Exh.ad Caltit.c.3. g)Id.deIe-
jun.c.13. h) Bafl. M.Reg.ı2.p.293. 1) Auguf. I. Conf.c.9. k)Ambroßl. de Voc. Gent. c, 2, 1) Ter-
zullian, de Poenit, c. 4. m) Caſſiodorus de Amic. n)Id,ib.
[4
ae
u u ⏑——
9.€. Don der erfien Ehriften allaemeinem Gehorſam gegen GOtt.
„Guten, noch ſeinen boͤſen Gedanken und Un—
„ordnungen Unterhaltung gebe, fo ziehe er frey⸗
„willig das Herz in die Sit, undtreibe gleichfam
„ſeine Gedanken zum HEren: Und. da werde der
HErr freyroillig zu ihm fommen und ihn zu fich
„iammlen. Demnach müffe man immer ihm zu
„gefallen fuchen, und feiner innwendig gehorfamlich
„warten; Man müffe ihn in fich fuchen , und die
Gedanken mit Gewalt zu ihm hinan treiben, und
„feinen Willen und Neigung zu ihm kehren o).
9. Gieng nun der Gehorfam von Herzen, fo
ließ er es gewiß nicht bey dem bloffen Mundwerk
bleiben, daß er nicht ins Werf ausgebrochen wä-
ve. MWaswiürdedarinnen für eine Heiligkeit der
Pflicht beftanden feyn, wenn man fich nur mit
dem Namen hätte einen Knecht Gottes genennet?
Da doch nurder Beborfam nach dem Willen
GOttes den Weg zum Simmel findet, nicht
aber der Ylanıcp). Vielmehr geziemeteesdenen,
die der Gnade nun gewürdiget waren, “Daß fie
„von ihrem Willen groffen Fleiß, Bemühen und
„viel Früchte der Liebe ausgehen lieſſen, das ift, fich
„ganz und gar in die Liebe Gottes übergaben und
„aufopferten, feinen Willen alleine thaͤten, und
„von allen fleifchlichen Lüften gänzlich wichen „,9).
tieffen fie dieſes in fich wirfen durch den Geift
Gottes, fo wollten fie bey ihrem Wachsthum in
der Gnade von feinem Eur mehr wiffen. Sie
„lieſſen fic) bey ihrem Gehorfam in feine fo enge
„Schranfen einfperren. ihre überflieffender
„Wille breitete fich in die völlige Liebe aus, und
„war zu allem Anbefohlnen ganz frey und freu-
„dig. Aus Hurtigfeit und munterem Herzen be-
„trachtete er Fein Ziel mehr, er erſtreckte fich in
„eine unendliche Srenbeit hinaus ,, r). Das konnte
weder die Furcht noch die Eigenliebe hun, denn
diefe find nur bey Knechten und tohndienern: Aber
die Liebe macht freywillige Herzens). Und das
dt es, warumder Herr hiebey nicht auf das auf
ferliche Wert fo wol, als auf das Herz zu fehen
verfprochen hat. Wer zueiner Sache willig ıft,
„per hat fie doch zum menigften durch feirte Fer-
„tigkeit auf fich genommen, ob er fie gleich nicht
„verrichtet hätte. Denn man urtheilt auch un:
„ter Menfchen die Dinge von dem guten Wil-
„ten, nich von der Wirkung. Der Kranz wird
„wicht von dem Ende und Ausgang,fondern vonder
77
„Meynung und Willen gewunden‚t): Wie
SER: muß diefes vor dem Herzensfündiger ftatt
nden ?
10. Betrachteten fie endlich, wie der HErr in
allen nicht feinen, fondern ihren Nutzen fuche, fo
wurden fie defto Fräaftiger zum Gehorfam verbun-
den. Dr Witte GOttes ift unfere Yeiliaung.
Fr will,daß wir fein Bild wiederum werden,
damit wir heilig ſeyn, wie er heilig iſt a). Wie
ſelig war denn die Seele, ſo des Vaters Willen in
und an ſich vollbringen ließ in Gelaſſenheit und
Demuth. In ſolchem Verlangen beteten die glaͤu—
bigen Kinder fo herzlich: “Ach HErr, zeuch uns zu
„die durch die Kraft deiner Allmacht! Laß die
„nicht nach ihrem eignen Willen herum fehmweifen,
„die du mit deinem theuren Blut erloͤſet haft! Laß
„dein Bild nicht verdunkelt werden, welches allzeit
„herrlich iſt, wenn es durch deine Gegenwart be—
„ſchuͤtzet wird! Laß nicht zu, daß der Satan oder
„wir ſelber deine Gaben vernichten; denn alles
Fiſt ja gebrechlich, was dir will entgegen ftehen »
x)! Welches Begehren denn der Gnadige und
Barmherzige an feinen Gefaffen rechtfchaffen ev:
füllte, alfodaß ihn auch darüber vor den Heyden
preifen fonnten. Denn fte fchrieben alfo an fie:
„Ihr haltet davor, und zweifelt nicht, daß folche
„eeute auch nicht mit Gedanken die geringite Bos⸗
„beit begeben fonnen,deren ganzes teben nach GOtt
„‚eingerichtetift , als nach der Kegel und Nichts
„ſchnur, damit ein jeder fich ihm unfträflich und
„ohne Tadeldarftelle y).
11, Jener fromme Lehrer fagte wol recht: Wie
felig wären wir alle, wenn wir. unfern
GOtt fo willig hoͤreten, als fertig er ift,
uns zu erbören 2). Wahr ifts: Er geneußt
nichts von den Menſchen, und ift fo begierig, ib:
nen etivas zu geben, als eine Mutter ſeyn mag,
dem Rinde ihre volle Bruft zu reichen. Und fiehe ,
die Menfchen follen alles von ihrem Schöpfer ha⸗
ben; gleichwol aber find fie fo träge zu nehmen,
wenn fie es auch nur ein wenig Gehorſam Foften
föllee. “Der Gehorfam gegen GOtt gilt ja ihm
„nichts, er bedarf auch feiner nicht: Er aber theiz
„tet denen, die ihm dienen und folgen, Leben und
„unvergaͤngliches Wefen ſamt ewiger Herrlichfeit
„init. Er thut noch dazu Öutes feinen Dienern,
„davor, daß fie ihm dienen, und feinen Nachfol-
83 “gern,
0) Macarius hom.z1. p) Hilarius cen. 6. in Mätth. a) Macar.hom.29. ?) Bernharduslib.de Prxcepto et
Difpenf. s) Id.ep. rı.
lib, Diuin Lect. c. 33.
t) Madorus Peluf.lib. III. ep. 399. i
y) Athenagoras Legat: p.35. 2) Salnianns lib. Il. de Gub, D. p. 49-
u) Terzull. Exh.adCaft.c.r. x) Casfiodorns
78
„gern, darum, daß fie ihm nachfolgen, ungeacht
„er Feine Wohlthat von ihnen geneuſt. Denn er
„iſt ja reich und vollfommen, und ohne Mangel.
„Aber deswegen fordert er Sa won von ihnen,
damit, weil er fromm und barmherzig ift, er
„denen wohl ehue , die in feinem Dienft behar—
„res, Denn fo ſehr der Menfch GOttes bedarf,
„fo wenig bedarf GOtt eines einigen. Derowe⸗
„gen ift Dis die größte Herrlichkeit des Menfchen,
„daß er im Gehorfam Gottes bleibe a). Selig
„find demnach die, fo da willen, daß du über fie
„geherrfcher haft, o HErr, denn fie werden alles
„aus deinen -Dienern, entweder zu thun, was
„noch nöthig ift , oder aufs Fünftige zu ſehen „;
ruffet einer nicht unbillig ausb). -
ı2. Endlich war aud) dis bey den Alten. der
Hauptzweck des Chriſtenthums, daß GOttes
Wille an ihnen nun voͤllig vollbracht wuͤrde.
Dis iſt der Zweck der Menſchen, der zur
Vollkommenheit führt, daß fie thun, was
GOtt haben will. Deswegen. ift auch das
Wort felbft Menſch worden, und bat fo viel
gelittenc). Wer es erfahren hatte, der fonnte
davon zeugen, daß dadurch erft der Menfd) mwie-
derum in feine Ruhe eingehen müffe. Denn fein
wahrer Sriede beftebet darinne, wenn er von
dem Willen GOttes nicht getrennet wird,
und an dem allein Luft bat, was BOTT
lieber a). Ein folcher, der nun in GDet einge:
drungen ift mit feinem Ölauben, und mit ihm ein:
ftimmig worden, weiß von Feinem andern Willen
9 Irenauslib. IV.c.28. b) Auguſt. Confeſſ. lib. IIL.c.9. c) Athanaſ. lib. de datisfact. Fugæ et in Hiſt. Trip.
€) Macar. hom. I.
lib.6. c.22. d) Leo M. Serm. 9. in Nat. Dom.
1. 3. Don der Pflicht und Bezeigung derer erften Ebriften gegen GOtt.
ne
mehr, als von diefem 'gnädigen, guten und voll-
fommenen GOttes Willen. “Es gehet ihm, pen
„einem, der in einer Stadt nun gefterben ift.
„Derfelbe hört nun nicht mehr die Stimmen der
„Einwohner, das Geraufc und den Laͤrm der
„Leute empfindet er nicht ; fondern er ift ganz ab-
„geftorben, und an einen andern Ort gefchaffer,
„da feine folche Stimmen und Geſchrey mehr find,
„wie in der Stadtwaren: Alfo, wenn die Seele
„ven geben abgeftorben ift, und entwichen ausder
„Stade der böfen Lüfte, darinn fie zuvor lebete,
„hoͤret fie nicht mehr bey fich dieStimme derdun-
„telen Streitigkeiten, das Gefchren des eiteln
„Gezaͤnks, den Tumult der böfen Geifter in der
„Finſterniß: fondern fte ift hinuͤber gebracht in die
„Stadt, die voller Frömmigkeit und Friede ift, in
„die Stadtdes göttlichen Lichts. Dafelbft lebe fie
„und höret, da wandelt und hanthieret fie, und wir—
„ket geiftliche Werke, die GOtt gefällig find. Dar:
„um laſſet uns auch bitten, daß wir durch GOttes
„Kraft fterben an unferm eigenen Willen, und aus
„oder Welt diefer Finfterniß entweichen, und der
„Geiſt der Sünden von uns genommen werde, wir
„hingegen empfangen und anziehen das geben des
„bimmlifchen Geiſtes, und aus der Bosheit zum
„echt EHrifti gebracht werden, und bey ihm ru-
„ben in der Emwigfeit„e)., Mit folchen und der-
gleichen Betrachtungen unterhielten fie ihre leben-
dige Hoffnung, und munterten fich zur Freudig-
feit auf, dvem HErrn mit ihrem Heiland bis in den
Tod gehorfam und treu zu verbleiben.
Das ıo. Capitel, I
Bon Haltung der Gebote bey den erften Chriften,
Summarien.
De erſten Chriſten war. es ein Ernſt, GOttes Gebot zu halten, 6.1. die nicht unmöglich, 2. als nur muthwilligen
Suͤndern, 3. weil fie die Gnade dazu nicht hatten, 4. durch welche Die Gebote koͤnnen gehalten werden,s. wenn nur
der Menfch feiner Seiten Die Gnade durch Sündenicht hinderte. 6. nichts
wenn nur das Herz der Kraft nicht widerffrebete, 8, welche von GOtt kam, 9. fondern ohn allen Widerwillen 10.
freyer Luft und Liebe gehorfam wurde, 11,
$.
feichwie die erften Chriſten ißre Lehre und
Leben insgemein nach dem Worte GOt—⸗
tes einrichteten,, alfo thaten fie es auch
darinn , daß ſie die Gebote Gottes nach den
Denn dem Glauben und biebe iſt nichts unmöglich, 7-
aus
I»
klaren Worten ihresHeilandes gerne hielten, wie er
fie ihnen fo treulich anbefohlen hatte, Joh.8, 51.52.
C.14: 15. 21,23. 24, 0.15, 10. Und folches mußte nun
vedlich zugehen mit einem allgemeinen — *—
ſam
— — — — — — —
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2 275
10. C. Don Haltung der Geboten bey den erften Chriſten.
Sam, “nicht daß man fich darinnen nur unter:
„wuͤrfe, wenn etwas den natürlichen güften anfte-
„ben möchte, das andere aber verachtete, was
Fleiſch und Blut zu ſchwer ware, und zur Frey:
„beit in EHrifto Zuflucht nehmen wollte a). Denn
„das wäre ein verfehrter Handel, wenn man die Ge⸗
„bote Gottes nach feiner Schwachheit ermeffen und
„hägen wollte, und nicht nach den Kräften der
„Heiligen. So müßten fie einem wol unmöglich
„vorfommen, daß man meynte, esfey genug, wenn
„man nur die Feinde nicht haßte; das aber fen zu
„viel, wenn man fie auch lieben follte, diß Fönne die
„menfchliche Natur nicht ertragen. Aber folche
„mußten wiften, daß EHriftus feine unmögliche
„Dinge auflege, fondern vollfommene; wie Da-
„vid ſchon an Saul, andere an andern gethan ha—
„ben„b). Durfte fich dahero niemand mit der
Schwachheit des Fleifches fhmeicheln. Denn die
Lehrer gaben dem Fleifche damals nicht Raum, fon:
dern zeigten, “wie der Geiſt Bingegen ftark ſey.
„Fleiſch ſey freylich eine zartliche Sache, aber der
„Geiſt fen etwas himmliſches. Warum follten
„denn (fagten fie) Chriften zur Entfchuldigung fo
„fertig ſeyn, daß fiedas nur entgegen feßen, was
ſchwach iſt, aber das ftärfere nicht vertheidigen ?
„Warum follten irdifche Dinge dem himmliſchen
„nicht weichen müffen? Iſt der Geift ſtaͤrcker als
„das Fleiſch, weil er auch großmuͤthiger ift, fo fol-
„gen die Heuchler ohne Urfach dem ſchwaͤchern
Fachc). Iſt das Fleifch ſchwach, fo wird es der
„HErr regieren, denn feine Kraft wird in der
„Schwachheit vollbracht. Ein Schwacher ver-
„langt doch allein nach dem Arzed). Drum muß
„doch das Schwächere immer dem Stärferen wei:
„chen. Hat nun gleich der HErr gefagt, das Fleifch
„fen schwach, fo hat er doch auch von der Willigfeie
„des Geiftes geredet , dieſer muß das Fleifch über-
„winden. ©).
2. Auch erinnerten fie nachdrücklich, wie diejeni—
gen, fo Die Gebote GOttes für -fchwer oder un-
möglic) hielten , fich felbft verrierhen, und zeigten,
wie fienoch feine Kraft der Wiedergeburt empfan:
gen, vielmeniger gebrauchtmüßten haben. Davon
die Worte Eypriani fohr fchön find f) : Dein
„Geſetz, o HErr, befibltnichts unmöglichs, nichts
sicheres. In etlichen locken unsdeine Berbeiffun:
„gen an, in etlichen ziehen und ſchrecken die gedrohe-
„een Strafen die Herzen von der Begierde zu ſuͤn⸗
79
„digen ab. Wenn deine Gebote unmöglich wären,
„oder mit ſo viel Schwierigkeiten belegt, oder dein
„Wille wäre fo verborgen, daß er nicht Fönnte ver:
„ftanden werden, wasdeine Majeftär von uns for:
„dert; (ob gleic) niemand wider Willen fündiger,)
„ſo Fonnte noch die Sünde in vielen enefchuldiget
„werden, woferne uns nicht die Mäßigung deines
„Befehls, unddie Erkenntniß der Wahrbeit und
„der Unterfcheid der Gebote, durch ihre offenbare
„Autoritaͤt einen guten Rath gegeben hätten, und
„zugleich dabey wären die Moglichkeit und die
„seichtigfeit, die Erkenntniß und die Macht. Du
„befihlſt mir, mein GOtt, daßäch dich Lieben folle :
„Diefes Fann ich und muß auch. Du befiblit ,
„daß ich dir innerlich und Aufferlicy unterworfen
„fen, und von dem Mächften gebeuteft du, daß ich
„ihn nach meiner Maaſſe meſſe: Ich danke dir,
„gütigfter GOtt, daß du mir zuvor geſchenket haft,
„was Du von mir forderft. Aber, wirſt du ſagen,
„wie, follten die Gebote Gottes nicht ſchwer fenn ?
„Erfahren wir nicht alle faft das Gegentheil? Das
„ſage ich zwar mit vieler und grofler Beyſtim—
„mung, es gefchehe durch unfere Schuld und wi:
„orige Gewohnheit, daß das ung ſchwer wird, was
„von feiner Natur leicht, angenehm und lieb:
„lich ift,,. Ein anderer faffer diefes Eürzer alfo g) :
„Denentafterhaften undllebellebenden find die&e-
„bote der Gerechtigkeit bitter. Hingegen iſt, was
„gut und recht ift, denen Frommen angenehmer,als
„ven Bofen das Boͤſe und Unanftändigeh). Ya,die
„Bosheit und ein lafterhaftes Leben ift fchwerer
„und verdrüßlicher als die Tugend ; das Joch aber
„der Tugend ift fanftei). Denn was ift wol
„ſchwer unter den heilfamen Geboten? Vielleicht
„reinen zum Feind zu haben, Eeinen zu haffen, feinen
„zu fchelten? Das Gegentheil diefer Dinge ift zum
„wenigſten verdrüßlicher K).
3. Blieb es alfo darbey: “Solange ein Menſch
„in Sünden verharrer, fo hält er die Gottſeligkeit
„für unangenehm, ſchwer uͤnd rauh, hingegen die
„safter für ſuͤſſe und annehmlich: Wenn fie aber ei-
„ner nur auf ein Furzes verläßt , fo wird ihm die
„Sünde erſchrecklich und ſchaͤndlich, die Gottes:
„Furcht aber anmutbig und leichte vorfommen „H.
Dennod) ift diefes denen faft nicht möglich bey *
Gewohnheit, “dieder Babyloniſchen Dienftbar-
„keit ergeben ſind, und die angewohnten Laſter
„nicht wieder verlernen wollen, wiſſen auch nicht,
„daß
a)Bafılius Cafarienfis epift. ad Diodorum ap. Beuereg.Synod. Tom. II. P. I. p.320. b) Hieronymuslib. I. in
Matth.c.6. c) Terzull. lib. I. ad Vx.c. 4.
Jofl.hom,. 16. in Matth.
d) Id. de Refurr. c. 9.
Bapt.Chr. g) Zadansiuslib.l.c.4. h) Id.c.23. i)Chry/of. hom.36.inMatth. k) Ib. hom. gı.
f) Serm. de
e) Id. de Monog. e. 14.
iChry-
go n 3. Don der Pflicht und Bezeigung derer ecften Thrifien gegen Eur.
„daß dieſes ihr Elend nicht von dem fanften Joch
„des HEren, fondern von ihrem eigenen Uebel ber-
„rühreym): Hingegen “wenn die Natur ift un-
„ters Koch gebracht, wird von dem Geift ihr alles
„teicht gemacht n), indem ja die Natur da nichts
„rider den HEren und Meifter der Natur ver>
;MAgz0). Wer denn noch unverfchämter Wei:
fe dem HEren feine Kraft und der geheiligten
Seelen den fchuldigen Gehorſam abfprechen woll-
te, der mußte ein folhes Urtheil hören: “Die
WBosheit ift unverſchaͤmt, fie unterfteher fich ef-
„was öffentlich , und thuts auch öffentlich. Das
„find die, welche GOtt verleugnen und fagen, es
Fſey unter denen Menfchen Fein Wachsehum mehr
„übrig im Gottesdienft, fondern das fen ihnen
„alleine gut,daß fie ihrem Baud) und der Schwel⸗
gerey leben, und nehmen alfo GOtt feineBorfor-
„ge, Willenund Macht. Diefes find die böfen
„Mäuler,, p). Und wiederum: Sprichſt du,
„die Macht des Widerfachers fey ftärfer, und die
„Sünde herrfc)e ganz uͤber den Menfchen, fo
„machft du GDEE ungerecht, als der des Men-
„chen Natur fo verdammet habe, daß fie dem
„Satan gehorchen müffe, welcher alfo fie beherr-
„fche, und ihm fie durch eine nothiwendige Macht
„untermwerfe g).
4. Die Ölaubigen erfannten wohl, wievieldem
Namen des HErrn und feiner Ehre dran gelegen
wäre, Daß ihm diefe Mache bey feinen Kindern
gelaffen würde, indem ihm alles, dem Menfchen
aber nichts von folcher Kraft müffe zugefchrieben
werden. Weswegen fie auch) von Herzen eiferten
wider alle, fo den menfchlichen Kräften hiebey et-
was zueignen , nicht aber alles lauterlich GOtt
felbft wieder aufopfern wollten. Mac) ihrer teh-
ve und Prari Eonnte Fein Jude, Fein Heyde, Fein
Unbefehrter wahrhaftig nach den Geboten Gottes
leben ‚weil erdie gehörige Gnade nicht hatte. Da-
her fie diejenigen mwiderlegten, welche meynten,
„die Gnadehelfe nur den Menfchen, daß fie nicht
„fündigeen, weil ihnen Dadurch offenbaree werde die
Erkenntniß der Gebote, daß fie wiſſen, was fie hun
„oder laſſen ſollen, nicht aber, daß ihnen dadurch ge⸗
„‚feiftee werde, daß fie das Erfannte wollen und
„eönnenehun. Denn, (fagten fie)es ift beydes Got-
„tes Gabe, ſo wol wiſſen, was man thun folle, als
„auch gernethun,damitdas Wiffen nicht aufblehen
„eönne,wenn die Liebe beflert „r). Und freylich war
m) Casfiodor.de Amic.
n) Gregor. Naz. Carın.26. in Senf.
die Bnade der Brund aller ihrer Seiligung.
„Hat die der Menfc) empfangen, fo wächft die täg-
„liche Reu und Buffe, und wenn es ihm die Gnade
„aus dem Licht der Weisheit zeiget, fo wird der
„Menfchrein, erftreitet wider die Lüfte des Flei-
ſches, er Fämpfet wider die Uebertretung Adams.
„Und Damit der Menfch fic) nicht bey feiner $röm-
„migfeit überhebe, und den Sieg feinen Kräften
„zufchreibe, fo fager ihm der Apoftel: Was haft
du , das dunicht empfangen hafts) ? Welche See⸗
„te aber fich duͤnken läßt, fie arbeite und wirfe
„vor fich durch ihre Kräfte, darauf fie ſich ver-
„laßt, und meynt, fie fönne vollfommene Werfe
„ehun ohne Mitwirkung des H. Geiftes, die irret
„weit: Denn ſie iſt nicht gefchickt zum Reich Got:
„ces, wenn fie von ſich und vor ſich allein ohne den
„H. Geiſt vollfommen rein will feyn. Denn wo
„ver Menfch nicht zu GOtt gehet, und die Welt ver-
„ſchmaͤhet, und in Geduld und Hoffnung glaubet,
„daß fie etwas Gutes empfangen werde, das voniß-
„rer Natur ganz unterfchieden, und die Kraft des
„H. Geiſtes ift, alſo, daß der HErr von oben herab
„der Seelen das göttliche Leben eindrucke; eine fol
„he wird keinesweges das wahre Leben empfan=
gen. Wenn alfo derMenfch nicht durch den Glau⸗
„ben die Gnade erlangt, fo ift er untüchtig zum
„Reich Gottes. Hingegen wer die Gnade des
„Geiſtes empfangen hat, der wende fich nicht von
„ihr Durch ——— oder Uebertretung, und
„ſchmaͤhe fie alſo, ſondern kaͤmpfe nach und nad),
„damit er das ewige Leben ergreifen möge t).
5. Diefe Gnade war bey ihnen der Anfang,
Mittel und Ende in der Haltung der Gebote:
„Sie ermahnt die Gläubigen, erinnert, fchreckt,
„treibet an,gibt Berftand, eheilt Anfchläge mit, er-
„leuchtet das Herz,undrüftee es mit Begierdendes
„Glaubensaus. Ihr muß der Wille unterworfen
„erden und vereinigt, wenn er durd) die erwehnten
„Mittel erwecket ift,damit fie goͤttlich in ihm wir-
„ee, und anfange zuüben, was er aus dem himmli⸗
„ſchen Saamen zum Fleiß empfangen bat. Wenn
„er abweichet, fo kommts von feiner Unbeftandig- _
„eeit Herz wenn er zunimmt , ifts von der
„Hülfe der Gnade. Welche Hülfe auf un-
„zahliche Arten öffenelic) und verborgen ange-
„wandt wird, und wenn ie von vielen ver—
„ftoffen wird, ift es ihrer *Bosheit Schuld u).
„Alles ift allein eine Gabe der göttlichen Guͤte, daß
„der
0) Hieron, epift. ad Vitalem. p) Hilar. in Pf.ı1g.
q) Macarius hom.3. r) Concil. Milenitanum Il. c. 4.ap. Beuereg. Carthagin, c.13. s) Chryſoſt. hom. I. de
Ad.etEva. t) Macar.hom.24. u). Ambrof,de Voc. Gent, lib. II. c.9.
e- _
10. C. Don Yaltung der Bebote, bey den erſten Chriſten.
„der Unverſtand des Menſchen & einem gehoͤri⸗
„gen und jedem zukommenden Gehorfam unter
„tiefen werde,,x). Woraus denn die groffe Kraft
leicht zu fchlieffen ift, die denen Wiebergebornen
beygelegt wird ; davon jener vecht fager: GOtt
„iſt ja nichts gleich noch überlegen. Was ift
„oenn nun ftärfer und feliger, als der , der GOtt
„zum Helfer bat y)? Wo aber Oott ift, wer will
„da nachftellen oder fehaden z)? Darum, wie
„niemand Werke ver Gerechtigkeit hun kann, er
„nehme denn alles aus dem ‘Brunnen, da ein
„vollfommenes Leben ift: Alſo ift auch niemand
„mächtiger alles zuthun, als ein folcher a). Denn
„denn GOttder Ereatur feine Güte und Gnade
„mittheilet, fo gebet ihm felber nichts ab, fondern
„er wird immer gröfler, weil die Majeftät GOt—
„tes aus der Kraft der Creaturen offenbar wird.
„Und je herrlicher die Creatur wird durch eine
„groͤſſere Mirtheilung feiner Güte, defto mehr
„wird die Güte GOttes, und feine Liebe gegen
„die Menfchen, wie auch feine Macht beistefn.
„Welches denn fowol in fichtbaren als in un-
„ſichtbaren Dingen wahr bleibet,, b). Auffolche
Art wurdedem HErrn auch bierinne feine ſchuldi⸗
ge Ehre gelaffen , daß nemlich der Chriſte in fich
denfelben wirken lieffe nach feinem Wohlgefallen,
und alfo ihm felbft auch nichts davon zueignete,
en was gefchahe, GOtt wiederum über:
ieffe.
6. Auf Seiten des Menfchen war nun noͤthig,
daß die Gnade nicht gehindert würde, wenn fieden
Gehorfam wirken, und im Glauben und Liebe aus:
brechen follte. Weil doch diefes allein des
„Glaubens Wert ift, daß er num nicht mehr fün-
„dige, wie zuvor der menfchliche Irrthum mach:
„te, Daß man fündigte, wenn einer den Weg der
„Unſchuld und Gerechtigkeit bewahret, ohne
„Wanken auf der en Spur fortgebet,
„an G0tt mit allen Kraften und ganzem Herzen
„hanget, fo wird ihm fo viel zur Freyheit ge-
hen fo viel die Gnade in ihm vermehret wird.
„Der verliehene Geiſt befommt feine Freude.
„Denn in den bimmlifchen Gaben ift Fein Maaß
„moch Ziel; der Geift wird da in Feine Grenzen
„eingefchränft , er flieflet und überflieffet ftetig,
„wen nur unfer Herz begierig ift. So viel wir
Glauben bringen, der ihn falle, fo viel fchöpfen
„wir überflüßige Onade, Mas ift alsdann in
81
„einer ſolchen Seelen vor eine Macht, was vor
a »„ ©)? Berlanger demnach GOtt Bier
nur Glauben, als dem alle Dinge möglic) find d),
Diefes bat GOtt darum alfo geordnet, daf der
Menfch wiſſe, “es werde fein zuvor gefangener
„Wille nicht alfo befreyet, daß er nach feiner Era
„neuerung Feiner Hülfe mehr beduͤrfe, ſondern
„daß er höre, ohne CSriſto Fönne er nichts
„thun, oh. 15, 5. und mit David fage: Dis
„bift meine Zuͤlfe, verlaß mich nicht, e)!
Hingegen mußte auch auf der andern Seite nicht
für unmöglich gehalten werden die Gortfeligkeit,
noch die Befleißigung derfelben für unbefanne
oder entfernt, denn es liegt an uns hernach,
„efagte einer,) wenn die Gnade GOttes ung zuvor
„kommen ift, ob wir wollen oder nicht,,f). Und
bierinne ward die Gnade desMeuen Teftaments
don dem Zwang des Gefeges augenfcheinlich uns
terfchieden: Daß das Gefeg nur Hörer mache,
die Gnade aber Thäter. Damit Ffonnte allem
Einwurf der böfen Arbeiter begegnet werden, wenn
fie vorwendeten g): * Das Gefeg der Chriften
„iſt zu groß, zu hoch und zu unausfprechlich, wer
„wills erfüllen ? Ja, (ſagten fie,) es wird erfuͤllt in
„dem Namen unfers Erlöfers. Wer noch daran
„zweifelt, der fomme zum Glauben, und fage niche
„lange: Wer wills erfüllen? Wenn jemand von
„ſeinen Kräften es erwartet, der wirds nimmer—⸗
„mehr erfüllen. Er muß aber glauben, und fich
„ver Gnade GOtttes annehmen, und fommen,
„daß er ihm till Belfen laffen. Alle Glaubige
„teben indem Namen Eprifti, ein jeder erfüllt nach
„feinem Grad die Gebote EHrifti, es mögen nun
„Eheleute, oder ledigeteute, oder Jungfrauen ſeyn.
„Drum fage nicht mehr: Wer Fan das erfüllen?
„‚Derjenige erfüllt es in mir, der reich kommen iſt
„zu mir Armen, vollzumir Leeren h),
7. Undnachdem Glaube und Siebe unzertrenn⸗
lich in einem Herzen bey einander wohnen, fo be:
ruften fie fich auf die Kraft aller beyder, und wie—
fen, daß diefen beyden göttlichen Wirkungen
nichts unmöglich fer. “Das Recht der Liebe fie-
„het nicht er, was 08 fülle, was es vermöge, was
„draus werden werde. Diesiebe fennet Fein Ur-
814 ſie hat keine Vernunft, ſie weiß von der
„Welt nichts. Die Liebe nimmt nicht einen Troſt
„erſt von der Unmoͤglichkeit, ſucht nicht Mittel in
„der Schwierigkeit. Die Liebe macht, daß das
g „Ver⸗
x) Hilarius in Pf. 118. y) Ioh.' Moſchus Prat. Spirit. c. rıo. 2) Idem c. sm. a) Augufinus de Spir. et Lit,
©. 7. b) Gennadius Scholarius Confefl: n. 10. ©) Cyprianus lib. ad Donat. d) Chryfofl. hom. ı1. in Matth.
e) Auguft. de Corr. et Gr. c. r.
fl. f) Athanaf. Vit. Anton, ap. Cent. Magd. IV. p. 762.
Gal. 2. ibid, Cent. V. p. 165. h) Angufl. in Pf, 40.
g) Primafıns in
82
„Verlangen brennet vor Begierde, und diefe Be-
„gierde gehet zu ungebäßnten Wegen i). Wenn
„alfo die Liebe GOtt und den Menſchen von rei-
„nem Herzen, von gutem Gewiſſen und unerdichte-
‚tem Ölauben ermwiefen wird, fo widerftrebet man
„der Sünde gar leichtlich, und hat in allem Guten
„einen Ueberfluß, verwirft die Luͤſte der Welt, und
„verrichtet alles mit tuft, was der menfchlichen
»Schwachheit ſchwer und unangenehm fcheinetk).
„Demnach liebet ver nur inder Wahrheit,der ohne
„Furcht und Traurigkeit, von freyen Stücfen, und
„nicht aus Zwang die Gebote halt, 1), Siehe
Eap. 13.9.8. “Eine folche tiebe bringet den Wil:
„ten mit ſich, guts zu thun, welcher denn defto
„fruchtbarer feyn wird, je heftiger er ift, wenn er
„das Thun des Menfchen regieret. Alsdenn weiß
„er Feine Maaffe, er bedenket nicht feine Kräfte,
„fondern fällt blind aufdas Geliebte, und betrach-
„tet nur das, was er vor fih bat. Was aber
„fchwer, hoch und unmöglich, und diefem gegen-
„waͤrtigen Leben fchadlich feyn möchte, das merfet
„er nicht vor der groffen Bergnügung feines Her-
ens,m). Golchesthutben den Ölaubigen die
1.3. Don der Pflicht und Bezeigung derer erſten Ehriften gegen Sdr. —
Lina ww.
judicirten, die eine folche Lebensart antre
wollten, gottſelig zu leben: Denn fie wüßten,
daß ein jeder die Rräfte erlangen Fönnte,
ob er gleich am Leibe oder fonften ſchwach
wäre p). Mur forderte man ein gläubig und
gehorſam Herz dazu, das vom H. Geiſt ge:
veiniget, wiedergeboren und erneuert worden.
„Es mußte der HEre fein Geſetz darein fchrei-
„ben, daß fie die Erfenntnig GOttes nicht
„durch die Lehre menfchliches Fleiſſes, fondern
„durch den Unterricht des höchften Lehrmei—
„ters empfiengen. Sie mußten es vom Va—
„ter gehört und empfangen haben, und aus
„dem Jerthum auf den Weg des Lebens gebracht
„ſeyn, ſo wurde ihnen Das Herz verändert, Gutes
„zu verftehen, und Gutes zu wollen, und die
„Furcht eingepflanzet, dadurch fie in den Gebo-
„ten GOttes unterrichtet wurden q): Solche er-
„leuchtete Ehriften (yvasızol) konnten fid) von
„Sünden enthalten in Worten, Sinnen, Ge—
„danfen und Werfen r). Wer aber die Öebote
„GDttes noch für ſchwer hielte, der mußte wif-
„fen, daß er noch keine Kraͤfte befommen hatte,
Siebe oder die herzliche Neigung der Seelen zu dadurch ihm die Gebote fo leicht werden Fonn:
GOtt, die aus Erfenntniß feiner Wohlthaten ent-
ſtehet, dadurch fie ihm nun gerne im Glauben fol-
genmill. “Einem folchen Glaubigen iftalsdann
„nichts unmöglich, einem Liebhaber wird nichts
„ſchwer, einem Sanftmürbigen ift nichts verdrüß-
„lich, vor Demüthige wird nichts zu hoch gefun-
„den, denen Die Gnade hilft, und das Berlan-
„gen zu gehorchen alles leichte macht rn), Ein
„‚folcher thätiger Glaube ift mie Wahrheit der
„Grund des Gottesdienfts, das Bandder Liebe,
„eine Hülfe des Gehorfams. Diefer befeftiget
„die Heiligkeit, und ſtaͤrket die Reinigkeit des Her-
„iens. Er Bält die Gebote, erfüllt das Geſetz,
„vollbringt die Verbeiffungen. Er machet GOt—⸗
„tes Freunde und Freunde EHrifti. Niemand
„wird die Verheiſſungen des Glaubens erlangen,
„wo er niche fein Bekenntniß in der That hält
„und erweiſt 0).
8. Zu einer ſolchen Pflicht gegen GOtt Fonnte
nun jedermann von dem H. Geift tüchtig gema—
chet werden, wo er nurnicht widerſtrebte. Jener
Bekenner fchriebe an die Heyden ohn Bedenken,
Daß die Ehriften die Heute nicht erft erwa
aus dem Ungeficht oder andern Rennseichen
3) Petrus Chryfologus ferm.147. k) Bernhardus ferın.
„fen, wie fie uns angepriefen werden, nemlich an- -
genehm und ſuͤſſe. Deswegen ein foldyer herzlich
„feufzen müffe, daß er die Gabe empfange, da-
„durch fie ihm leicht werden möchten. Niemand
„dürfe fich einbilden, daß er GOttes Gebot voll-
„bringe, wenn er fie fo thut, daß fie ihm ſchwer
werden. Denn nur einen frölichen Geber habe
„Gott lieb. Jedoch muͤſſe er aud) nichtin Ber-
Zweiflung finken, wenn fie ihm noch ſchwer vor-
„tommen, fondern vielmehr anzuflopfen und zu
„fuchen getriebenmwerdens). Zumaldaer wiſſe,
„daß bey GOtt leichte fen, was bey Menfchen
Iſchwer ift: und daß dahero niemand fich ent-
„‚fchuldigen und fagen dürfe: Wer wird das alles
„erfüllen Fonnen,t)? So gelte aud) die Ent:
fehuldigung nicht, als ob es einem möglicher fen,
als dem andern, und einer vor dem andern mehr
Freyheit habe, nicht nach GOttes Gebot zuleben,
dadoch nicht allein insgemein allen, fondern auch
jedem Stand und Alter infonderheit feine Regel in
H. Schrift gegeben wird u).
9. Denmach wie die göttliche Kraft, Die in dem
neugebornen Menfchen lag, von GOtt felbft Her-
kam, deffen Natur er war theilhaftig worden; %
N)
14.deCanaDom. 1) Ambrofius in PC CXVIII. ferm. 13.
m) Cafhiodorus de Amic. n) Bernhard. fern. de Conuerf. ad Cler.c.30. 0) Chryjoffom. ferın.33. de fide Abr. et
immol.Ifaac. p) Tatianus Or. ad Grace. p. 167. q) Ambrofius de Voc.Gent.lib. J.c.3. x) Clemens Alex. lib. II.
Strom.p.3g1. S) Auguft. de Perfect. Inft. cont. Cœleſt. c. 10. t) Tertull. deldol,c.ı2. u) Maximus Tanrinenfis
fern. 7. inter Ambrofianos,
*
10. C. Don Haltung der Gehote bey den erſten Chriſten. 83
fo ſchrieben ſich alle derſelben Wirkungen, Aus—
fluͤſſe und Kräfte von GOtt Ber; Er Fam
„eine Gemeinfchaft der göttlichen Heiligkeit und
„der geiftlichen Kraft, eine Verknüpfung der Ge-
„mürhsneigung zudem HErrn durch eine verbor-
„gene Siebe. Wenn nun der Menfch immer im
„Gebet bliebe, fo ward er von der göttlichen Liebe
„entzündet zu einem brennenden Verlangen nad)
„Gott, und empfiengdie Gnade der Vollkommen⸗
„beit in dem beiligmachenden Geifte,, x). Sodann
ſcheueten fie fich nichrgegen jedermann zu befennen
zum Preis GOttes. “Wir halten die Gebote des
„hochgelobten Heilandes, und haben gelernet, nach
„feiner =” beydes zu hun und zu lehren, y).
Item: Das * — Chriſten Glaube, daß er die
WBebote EHrilti treulich Hält. Wer Ehrifti Ge-
„bote verachtet, Bat auch CHriſtum nicht z). CHri⸗
nftus bat nicht allein das Geſetz für uns erfüllt, fon-
„dern er bat auch uns gefchenft, daß wir es thun
„koͤnnen durch den Glauben; er thut esauchdurch
„uns a). Dis iſt die au GOttes, die als ein
„Geſetz in die weifen Seelen eingefchrieben wird,
„daß fiedeito beffer und hoͤher leben, je vollfomme:
„er fie es betrachten und verftehen, und je fleißiger
„fie es bewahren,, b). Und was dergleichen Be—
Fenntniffe der Alten mehr find.
10. So ferne aber war von den rechtfchaffenen
" Kindern aller Widerwillen und Verdruß über
den Willen GOttes, daß vielmehr diefes ihre höch-
fie Freude war, nachdem fie nicht den Geift der
Furcht empfangen Batten, fondern der Kraft, und
der Liebe, und der Zucht. Davon fie denn aus
dem Herzen fehr fein zu reden mußten. “Linfer
„GOtt naten fie) ift ein Hausvater, der ber
„das ganze Haus herrfcher: Den Knechten und
„ungezähmten gibt er ein Gefeß, das ihnen zu:
„femme, den Freyen und durch den Glauben Ge—
„rechtfertigten gibt er auch gehörige Gebote, den
„Kindern eröffnet er die Erbfchaft c). Die An:
„faͤnger thun nur Gutes wegen des Gebots, aber
„das Gute der Vollfommenen ift aus Liebe, die
„esnicht allein ehun, weil es geboten wird, fondern
„das auch lieb haben, was befohlen wird, 4).
So ijt denn nun der in der Frömmigkeit weiter
kommen, “der nicht einmal mehr will Bofesthun,
„vor dem, der nur nicht darf, dem es nicht allein
„befohlen wird ohne Sünde zu ſeyn, fondern der
„auch feine größte Freude daran hat e). Und was
„follte auch wol einem Ehriften angenehmer feyn,
„als die Verſoͤhnung mie GOtt dem Vater, die
„Offenbarung der Wahrheit, die Erkenntniß feiner
„Irrthuͤmer, die Vergebung fo vieler Sünden?
„Iſt wol eine gröffere Bergnügung, als der Eckel
„dor der Wohlluftfelbft, die Verachtung der gan-
„zen Welt? Die wahre Freybeit, ein freudiges
„Gewiſſen, ein gutes Leben, das find der Chriſten
„tägliche Luſtſpiele F). O felig ıft die Seele, die
„durch gewiſſe Zeichen der Gnade GOttes und
„des Eingebens der bimmlifchen Gnade, GOttes
„Gegenwart erfährt. Sie entzuͤndet die Liebe,
„machet das Herz gehorfam und demuͤthig, und
„erfüllet allen füffen Willen des Vaters g).
ır. Alfo war in gewiffer Maaſſe ein gottfeliges
Seben fehrver und mübfam, nemlich denen Unge—
übten, aber auch lieblich und leicht denen, die ſchon
geübte Sinnen hatten zum Unterfiheid des Bo:
ſen und Öuten b). Dahero befannte jener von fei-
ner Defehrung diefes i): “Wie gerne begab fich
„mein Herz unter dein leichtes Joch, o Chriſte
„JEſu, mein Helfer und mein Erlöfer ! Wie füf-
„te ward mir alsbald, die mir fonft angenehmen
Thorheiten fahren zu laffen? Was ich zuvor zu
„verlieren fo fehr gefürchtet hatte, das war mir
„nun eine Freude fahren zu laffen. Denn du
„nahmſt es von mir, und giengft an deren ſtatt
„zu mir ein, der du über alle Wohlluſt ſuͤſſer bift ;
„aber nicht dem Fleifch und Blut,,. Und ein an-
derer redet davon auch aus Erfahrung nach dent
Wort des HEren: Die Seele , die den HEren
„als einen wahren Schag empfangen Bat, vie
„bringet viel Früchte des Geiftes leichtlich, und
„vollbringet alle Gerechtigkeit und Gebote GOt⸗
„tes, Die der Geiſt befohlen hat, infich. und vor
„sich rein, lauter und untadelich k), Der HErr
„wohnet in ihr, er vollendet ünd ftärfer fie in al-
„ten feinen Geboten. Was fie zuvor aus Zwang
„und mitunmilligem Herzen gethan bat, das thut
„ſie nun gerne, indem fie fich allzeit angemöhne
„zum Guten, den HEren allzeit im Gedaͤchtniß
„behält, und feiner in groſſer Liebe erwartet 1).
„Da merden ihr die Pflichten der Tugenden gleich:
„ſam natürlich. Denn weil der HErr mit ihr
„vertraulich umgehet, und fie mit ihm, fo voll:
„bringe er in ihr gar leichtlich feine Gebote, und
„erfuͤllet fie mit geiftlichen Früchten,’ m), Auf
folche Are mußten ihnen wol die Gebote GOttes
lieb und füffe werden, und gar nicht ſchrecklich noch
fhwer, “weil fie als Kinder, nicht aus Furcht
2 „der
x) Macar. hom. 40. y) Origenes lib. V. ad Celf. p.273. 2) Salnian. lib. III. de Gub. D. p. roo. a) Chry/of. hom. 16.
in Matth. b) Auguff. ib. Il.de Ordine. e) Irenaus lib. IV. c.21. d) Gregor. M.honı. 10. in Ezech. e) Tertull. de
Panit.c.6. f)IdemdeSpectac.c.a9. g)Caflodor.de Amic. I) Eurhymii Vitaap. Corelerinm Tom. Il. init.
1) Anguftinus IX.Conf.c.ı. k) Macarins hom.ıg. 1) Idem hom. ı9. ın) Ideml. c.
84
„der Strafe, Enechtifcher Weife unter dem Geſetz
„waren, fondern aus freyer Liebe mit dem Gefeß
Zu fenn Luft hatten. Denn wer das Gebot ger:
n) Auguflinus lib. I. cont. Pelag. de Grat. Chr. c.13.
1.3. Don der Pflicht und Bezeigung derer erſten Ehriften gegen GOtt.
„ne thut, der thut es in der Freyheit: und was er
„alfo lernt, das lernt er deswegen, damit ers
„auch thue pn),
— — —
Das u. Kapitel, —
Von Vermeidung aller vorſetzlichen Suͤnden bey
den erſten Chriſten.
Summarien.
Da wurden fievon ihren Widerſachern ſelbſt unſchuldig gefprochen und gerühmet. $. 1. Cie waren aber nicht allein
äufferlichunfträflich; 2. ſondern murden auch in ihrem Gewiſſen vor GOtt von vorfeslishen Sünden fren gebrochen, 3.
welches fie nicht für unmöglich hielten; 4. _jeboch gaben fie GOtt allein alle Ehre in ihren guten Werken, s. darinn fie fich
durch einen ernftlichen Kampf männlich übeten, 6. den fie vor unumgänglich hielten. 7. Ihre Ermunterungen daztı. 8-
Solcher Kampf wurde durch die Kraft GOttes Leichte gemacht, 9. je ernftlicher ihre Eifer war GOtt zu dienen, ıc. welcher
keine Scheintugenden, fondern vollfommene Leute haben will, 11. die zu GOtt im Glauben hindurch brachen. ız.
$. 1.
ann einem Menfchen in wichtigen Sa:
chen aud) die Feinde ein gutes Zeugniß
geben müffen , fo ift felbiges allerdings
Fräftiger, als von feinen tiebhabern und Freun-
den. Die erften Ehriften lebten in folcher Un-
ſchuld, daß ſich auch ihre Widerfacher und argften
Berleumder oft ſchaͤmen und fie rühmen mußten.
Der heydnifche Präfident Plinius fonnte unter
Trajano durch alle Mittel Feine andere Bekennt⸗
niß von ihnen erzwingen, als daß fie fich bey ih⸗
wen Zufammenfünften unter einander ver-
bunden hätten, nicht zu einer böfen That, (fo
ſchreibt er ausdrücklich an den Känfer,) fondern
daß fie keinen Diebſtahl oder Straffenraub
oder Ehebruch begeben wollten, daß fie nie-
mand betrögen, das anvertrauete But nicht
Ieugneten. Wenn fie fib deswegen unter
einander verbunden hätten, giengen fie wie-
der von einander a), Ein anderer fihrieb eben
an den Kayſer Adrianum: es ſey böchft un-
recht, daß man die Ehriften zum Tode ver-
Dammte, da man doch Fein Laſter mit Be—
ſtand der Wahrbeit ihnen ſchuld geben Fön-
ne b). Gleichergeftalt ſchrieb Untoninus in
Afien an das Volk, und war unmwillig, daß fie
den Ebriften ſolche Laſter beymäffen, welche
inan Feinssweges bey ihnen finden Fönnte,
a) Plimius Secundus lib. X. ep. 97:
b) Eufeb. lib. IV.H.E.c. 8. 9.
a fie wären viel freudiger und getrofter zu
GOtt, als fie (die Heyden) c). Wie wir denn
auch oben bereits gefehen, wie gefroft fie fich auf
die Zeugniffe ihrer Feinde beruffen, ihre Unſchuld
vor aller. Welt befannt, und die zu ftrafen gebeten
baben, welche nicht nach der Lehre Chriſti unter
ihnen lebeten,
2. Nur etliche Stellen anzuführen, fo fehreibee
Juſtinus an den Kanfer Untoninum: Wir bit-
„ten, daß dochrecht inquiriet werde, was man den
„Chriſten vormwirft, und wenn es bemiefen wird,
„daß es fich alfo verhalte, daß es gebührend be-
„ſtraft werde, oder auch fhärfer als fonft geftrafe
„werde. Wenn aber niemand etwas weiß, was
„er befchuldigen Fönne,fo fagt euch ja die Vernunft,
„vaß man um einer böfen Nachrede willen un:
„fchuldigen Leuten Anrecht thue, ja vielme
„euch felbft, wenn ihr nicht nach Urtheil und Recht,
„fondern nach Affecten ftrafen wollet, d).
weiter unten fchreibeter: "Wir bitten, daß
„derer Thaten gerichtet werden, derer Iramen find
„angegeben worden, damit, wenn einer offenbar
„feiner Uebelthat überführer ift, als ein Ungerech-
„ter, nicht aber als ein Chrifte, geftrafet werde,
»WBird aber einer unfchuldig erfunden, daß er
„auch losgefprochen werde alsein Ehrifte, als der
„nichts unrechts gethan haty e). Daß ift alfo
immer
co) Epiftola apud Iuſtinum Martyrem
Apol. I. p. ıc0. et Eufeb. IV. c. 13. quam tamen Dodwellws difl. de Paucit. Mart. ad mentem Chrifliano-
zum fictam, alii interpolatam eenfent, d) Apol. II. p. 54. e) Ibid. p. 56. ⸗
*
— —
——
)
ı1. Cap. Don Vermeidung aller vorfeglichen Sünden bey den erften Ebriften.
immer proteftirten, man möchte die Böfen nicht
für Ehriften anfehen und — noch dem theu-
ron Namen einen Schandflef anhängen, fondern
fie in ihrer verderbten Bosheit an ſich felber be-
frachten. Anderswo fagt er feiner Widerpart
getroft unter Augen: “Bir wollen gerne in der
Furcht mit den Leuten reden und handeln nach
„der Vorfchrift des göttlichen Worts, und nicht
„aus Begierde und Liebe zum Gelde ‚zur Ehre und
„Wohllüften; denn deren Feines Fann ung Jemand
„jeihen,, 6). Ein anderer ſchreibet gleichfalls :
„Ste ftehen uns nach Leib und Leben, und werfen
„ein Haufen Bubenftüceauf uns, die uns nicht
„einmalinden Sinn fommen find. Wenn aber
„einer uns einer Fleinen oder groffen Uebelthat
„wird überweifen Fönnen, fo entzieben wir uns
„nicht der teibesftrafe, fondern find bereit, auch
„vie allergraufamfte zuleiden. Werden wiraber
„nur des Mamens wegen angeflagt, fo fommts
„euch zu, uns durch Gefege von diefem Unrecht
„zu helfen. Denn bis auf diefen Tag ift das,
„was man von uns ausfprengt nur ein Gedichte
„eines ungewiffen und vermifchten Gefchrenes,
„wie denn auch Fein Ehrifte noch der geringiten
„Uebelthat ift uͤberzeuget worden, e). Tertul-
lianus machet auch ein langes Regiſter von
Sünden, die er alle von den Chriften auf die
Heyden öffentlich fehieber: “Wir wollen uns
— er) auf eure Gerichtsbuͤcher beruffen.
„Da ſind ſo viel Uebelthaͤter unter allerhand Titeln
„angefchrieben : Aber welcher Meuchelmoͤrder,
„Dieb, Kirchenrauber, Füungfrauenfchänder ,
„Baderdieb, ift da angefchrieben, der auch ein
„Ehrifte befunden ware? Wenn man euch auch
„die Chriften vor Gerichte ftellet, wer ift unter
„ihnen ein folcher? Die Eurigen find es, womit
„die Gefangnifle angefüllet find. Da ift Fein
„Ehrifte unter, es fen denn, daf er nur um des
— J— willen angeklaget ſey. Iſt
„er auch anders beſchaffen, ſo iſt er weiter kein
„Ehrifte,,h). And zuvor ſchreibt er eben fo freu-
dig: Wenn ihr von unferer Schuld fo gewiß
„ſeyd, warum wird es uns denn nicht fo gut , als
„andern Lebelthätern, die felbft oder durch Vor—
„ſprecher ihre Unfchuld ausführen dürfen ? Allei-
„ne man bat uns nie folcher Gnade genieflen
„ten, fondern verdammt ohne vorhergegangene
„Inquiſitioni). Und in folgenden Zeiten La—
ctantius: “Was Fann wol unferm Volke vorge:
85
„worfen werden, deſſen ganzer Gottesdienft und
„Religion darinn befteher, daß wir opne Uebelthat
„und Schandflecken leben? Wenn nundie Fein:
„de fehen, daß fie das Boͤſe thun, die unfrigen
„aber nichts dergleichen begeben, was nicht que
„und recht iſt, 6 koͤnnten fie ja daraus fchlieffen,
„daß die Ken ſeyn müßten, die das Öuterhun,
„fie aber böfe, die fchjandliche Dinge thun. Denn
„es ift ja nicht moglich, daß, wenn wir in.allem
„unferm Thum nicht ivven, in der Hauptſum—
„ma irren follten,„, k). Endlich, daß Ic) Die ans
dern übergehe, befennet Arnobius vor ihnen:
„Wir bitten GOtt, daß wir einen Vorſatz zur Un—
„ſchuld befommen mögen, und uns von allem Boͤ—
„ten durch Entbaltung aller Sünden reinigen ).
„Wir leben untadelich, und unfträflich, fromm,
„gerecht und gut, wir find Feines Laſters fchuldig;
„uns überwältiget feine böfe Luſt, Feine Unzucht
„macht uns zu Schanden, wir behalten die Rich—
„tigkeit aller Tugenden m).
3. So ftund es um fie mit denen öffentlichen '
Sünden, die denen andern Leuten in Die Augen,
und der Dbrigfeit in die Strafe fallen. Aber fie
beruften fich auch weiter vor dem allfehenden
GOtt * ihr Gewiſſen, daß ſie ſich ſonſt keiner
vorſetzlichen Suͤnden bewußt waren: Sie bekann⸗
ten frey, daß diß ihre hoͤchſte Sorge waͤre, ſich
unfträflich und untadelich GOTT zu erzei⸗
gen, und auch nicht mit Gedanken etwas
Böfes zu begeben n). , Es regiere fie CSri⸗—
ftus, das wahre Heben, die Weisheit Ihre
fie, das göttliche Wort führe fie, Die Gna—
de erbalte fie, drum dächten fie nicht einmal
an etwas Ööfes, viel weniaer thäten fiedaf-
felbe o). Diefer Ruhm, den fie auf GOOtt fuͤhr—
ten, und feine Ehre dadurch Kae ‚ kam nun
denen blinden Leuten ungereimt vor, weil fie we—
der aus dem Worte GOttes, noch) aus der Er-
fahrung ein anders mußten, als daß der Menfch
muͤſſe Aindigen, Sie wußten von Feiner Gnade
und Kraft GOttes, und wie weit diefe es indem
Menſchen bringen koͤnne. Dagegen batten die
erleuchteten Chriſten einen Unterfcheid lernen mas
chen unter Sünde haben, und Sünde shun,
aus ı Joh. , 8. €:3,8.9. Diefe mußten und er
wiefen mit ihrem Leben, daß einer ohne Bos—
— leben koͤnne, ob er gleich noch Suͤnde
aͤtte. Zum Exempel: Ob gleich mit dem
Bruder Auen Feine Bosheitfünde iſt, a
3 ie
f) Dial. cum Tryph. P.308. g) ArhemagorasLegat.p.2. h) Tertallian. Apol.c.44. i)Ib.c.2. k)Lib. V. Inſt.
€.9. DLib.T.adu.Gentesp. 19. m) Lib. II. p. o7. n)Arhenagorasl.s.p-35. 0) Theophilns Antioch. lib, UI,
[4
Autolyc, p. 127.
85
die Hölle verdient, fo macht fie ihn doch des
Berichts fhuldig. Bringt fie nun Schuld
mit fich, fo ift es eine Sünde: Ylun aber de-
ber alle Sünde wider GOttes Bebot, dar-
um muß auch die Schwachheitfünde das
Bebotübertreten, als, unnügeReden, Tha=
ten, Gedanken. Diefe werden allzeit wider
GOttes Bebot begangen. So find es nun
Schwachheit⸗ nicht Bosbheitfünden, ausge:
nommen, wenn fie aus Verachtung zur Be:
wohnbeit worden p). Von der Erbfünde und
ihrer Wurzel Fonnten und wollten fie ſich nicht
frey erfennen, fo lange fie noch im leifche wal-
leten , deffen Schwachheit fich noch immer äuffer-
te, aber auch nad) und nad) abnehmen mußte.
Denn die Stuffen befihrieben fie alfo: Erftlich,
daß der Menſch fib von böfen Werken ent:
balte, hernach auch der böfen Worte, und
endlich auch der Bedanken von böfen Din-
gen, die er nicht herrſchen lieſſe g)-
4. Alſo lehreten und lebeten fienun, zum Zeug-
niß wider alle Irrige und Boshaftige, “Daß der
„Menfch durch GOttes Gnade koͤnne ohne Sün-
„de feyn, aber niche vor fih: denn vor ſich und
„aus feinem eigenen Willen Fonne er nicht F
Suͤnde feynr). Wenn nun alſo ein getaufter
Chriſte fein Leben zwar nicht ohne Schwachheit⸗
„doch ohne Bosheitſuͤnde führe, und die taͤgli—
„chen Suͤnden ihm vergeben werden, darum
„er im Vater Unfer bete, auch andern thue, waser
„von GOtt verlanget, der würde von einem Leben
„zumandern übergehen, wenn er ftürbe,, s). Und
darinne unterfchieden fie einen muthrilligen
Sünder von einem ſchwachen. „Nicht alle die
„ind Gottloſe, welche Sünder find. Aber ein
„Gortlofer ift nothwendig auch ein Sünder, t).
In dem Gottloſen herrſchete die Sünde, in dem
Srommen nicht, ob fie gleich noch in ihm woh—
nete u), Diefer enthielte fich von allen We—
„gen der Bosheit; ob ihm gleich überall Reizun:
„gen dazu bevor ftunden, fo zog er ſich doch durch
Gottes Kraft zurück x). Die nun fleifchlic)
„gefinnet waren, Fonnten nicht geiſtliche Werke
„ehun, noch die Geiftlichen fleifchlidye. Der
„Ölaube that nicht, was des Unglaubens war,
„noch der Unglaube, was des Glaubens war y).
„Es mar ihm auch nicht genug, daß er ſich von
„wiſſentlichen Sünden aufferlich enthielte, fon-
1.23. Don der Pflicht und Bezeigung derer erften Ehriften gegen GOtt.
„dern er mußte in fein Gemuͤth geben, und die
„Schlange in den innerften und tiefiten Gedan—⸗
„een feines Herzens toͤdten lernen. Denn nicht
„alleine CHriftus und die Apoftel, fondern au)
„fo gar die Weltweifen bemuͤheten fic) um die Rei⸗
„nigfeit des Herzens,,z). Da mußte er die
Sünde in ihren Lüften nicht herrfchen laffen, ihr
zu folgen mit feinem Beyfall. - Denn auc) diefes
wäre eine vorfegliche Sünde gewefen, ob gleich
das äufferliche Werf nicht erfolge. Denn
„Gott richte die Werfedes Herzens, dasift, Die
„Gedanken mit ihrem Vorſatz: Und wenn gleich
„die Hand Feine Ungerechtigkeit gethan habe, fo
„koͤnne doch das Herz Böfes thun, weil fic) der
„Menfch aͤuſſerlich der Sünden fdyäme a).
5. Wer die groffe und göftliche Kraft erfannte,
die der HERR inder Wiedergeburt feinen Kin-
dern beygeleget hatte, der Eonnte dem leicht glau-
ben, was jie disfalls von der Gnade rühmeten.
Sie überlieffen auch gerne alle Ehre dem
Schöpfer in guten Werfen, und je geöffer die
Gnade war, je mehr fahen fie im Gegenfaß ihr
Elend, und fehrieben ihnen felber garnicht etwas
von folhen Kräften zu; wie wir unten von der
Demuth hören werden. Hingegen vergaben fie
auch der Macht GOttes und ihrem Preis nichts,
wenn fie fie gleichtwolin ihren Herzen empfunden,
fondern befannten, was fie in ihnen durch Ueber-
windung der Sünden gethan hatte. Es waren
bey ihnen Feine bloffe Worte, fondern Werfe des
geiftlichen gebens, Werke der Wahrheit, die in
glaubigen_ Seelen vollbracht wurden. "Wenn
„der HERR wirklich die Seele befist und fuͤhrt,
„ſo überwindet er fie allezeit, und führet in allem
„die Seele zur himmliſchen und göttlichen Weis-
„heit. Denn er ftreitet nicht lange wider die
„Bosheit, fondern er ift durch feine Autoritaͤt und
„Macht ihr allezeit überlegen, und hat allezeit
„Sieg b). DerH.Geiftiftunfer Pfand, folan-
„ge der in uns ift, fo fündigen wirnicht c). Und
„wenn mir nur ung vornehmen geiftlich zu leben,
„ſo werden mir nicht fündigen. - Bey folchen ift
„eeine Berdammniß, die nicht nach ihrem Willen
„teifchlic) leben, und in EHrifto, das ift, in
Glauben EHrifti find, und ein geiftliches
„Leben führen, d)y. Dergleichen Lebensart
von denen erften Chriften uns befchrieben wird,
„wie unter ihnen auch die Fleinen Knaben und
4 „Maͤgd⸗
PChemnitius P. II. Loc. Th. de pecc. ex Auguft. et Bernh. de Præe. et Diſp. c.14. q) Zaäantiuslib. VI. e. 13.
r) Auguft. lib. III. cont. Pelag.ap. Vrbanum RhegiumLoc. Th. p.5. s) Ambro/.Exhort. ad Penit. t) Hila-
riusinPfal.I. u) Afterius hom. 1. in P£.5. ap- Cozelerium Tom.Il.p.ı2. x) Hilar.inPf. 118. 'y) Igaatius ep.
ad Ron. z) Macar. hom. ı7.
a) Hilarins in Pf. 37.
b) Macar.hom.ı. c) Bedain Leuit. 6. ap. Cent. Maga.
VIIL.c.4.p.100. d) Theodulus in Rom. 8. ib. V. Cı4. P. 164:
Ä
er
— —
4
ın. Cap. Don Dermeidung aller vorfeglichen Sünden bey den erften Chriften. 87
..
„Mägplein, die fonft für die ungelehrteften und
‚„elendeften verachteften Perfonen gehalten mer:
„den, durch Hülfe ihres bochgeprie enen en
„des Die Lehre von der Unfterblichfeit der Seelen
„mehr mit Werfen als mit Worten befräftigten
„und erwiefen. Da hingegen die groffen Welt:
„weiſen viel von der UnfterblichFeit vedeten, und
„doch mit ihrem geben zeigten, daß fie es für eine
„Fabel hielten, e). Drum gab es auch folche
Leute Damals, welche an ihrem Ende mit Wahr—
heit GOtt preiſen konnten, daß fie nicht vorfeglic)
efündiget harten. Wie Ephram Syruo auf
— odbette bekannte: In meinem ganzen
Leben babe ich niemals meinen SErrn und
Meiſter erzuͤrnet, noch naͤrriſch Bewäfcbe
aus meinem Munde gehen laſſen; ſo habe ich
auch niemals einen Menſchen gelaͤſtert oder
gefluchet, oder die geringſte Streitigkeit und
Wider waͤrtigkeit mit einem Chriſten in mei⸗
nem ganzen Leben gebabt f), Wobey denn
nothwendig aller eitler Ruhm und Einbildung
ferne von ihnen ſeyn mußte, follte anders nicht
alles Gute auf einmal verloren werden.
7. Manmußte aber Bierinnen des Kampfs nicht
vergeffen, dazu Ehriften verordnet find, undohne
welchen niemand gefrönet wird. “Der Streiter
si nur getreu, (hieß es da,) der feines Königes
Gegenwart verlanget, fein Reich wünfcht, nach
„dem Triumph begierig iſt g). Er ift ihm felber
„feind, und ftreitet mit feinem Herzen, Fann ſich
„auch mit feinen bofen Gedanfen niemals vertra-
„gen. Dasübrige aber, nemlich die Sünde gar
„ausrotten und das anflebende Boͤſe, überläßt
„er allein göttlicher Macht: denn er fann es nicht;
„fendern nur ftreiten, widerftreben , verwunden,
„bauen. Gomufi man in feinen verborgenen Ge:
„danfen dawider ſtreiten, als wider einen Mör-
„der, der bernach nie wird Ruhe laflen, woman
„ihm einmal Platz gelaffen hat. Fahre der Wille
„nur fort zu widerftreben, in der Arbeit zu feuf-
„zen, fofangter an Oberherr zu werden , er fällt
„und ftehet wieder auf: wirft gleich die Sünde in
„to oder mehr Kampfen die Seele nieder , fo
„eommtediefedochendlicydahin, daß fie die Sün-
„de befiegt: Hält fie da Stand, und läßt nicht
„nach, fo wird fie nad) und nach mächtig und er=
„leuchtet, und befiegt völlig die Feinde. So lan-
ge aber wird die Stndeden Menfchen fen , bis
„er zu einem vollfommenen Mann werde, und
„auch den Tod überwinde. Alſo überwinden
„die Menfchen auch den Teufel, h). Liegt alfo
der Unterfcheid darinn, ob einer ftarf oder fchwach
ift im Kampf. “Etliche werden heftig von der
„Sündeangefochten und gereizt, die aber immer
„muthiger zum Kriege und vorfichtiger werden,
„und die feindliche Gewalt verachten, aud) darin—
„nen in Feine Gefahr gerathen, denn fte find be-
„ſtaͤndig und ficher in ihrer Seligfeit , weil fie wol
„geuͤbet find wider die Laſter, und viel erfahren
et Andere find noch ungeuͤbet, und fallen
„bald ins Berderben, wenn ein Streit oder Pla-
„ge entfteher i): Wenn er aber hernad) feine
„Seele fallet, und feinen Begierden feind ift, fo
„befommte er ein groſſes Maaß des Geiftes, und
„wird durch die göttliche Rrakein reiner Menfch,
„und beffer als er felber k), Denn wenn der
„HERR fieher, dafs fein Herz bereit und fertig iſt,
„und fich ſelbſt antreibt zu aller Gottſeligkeit, Ein—
„falt, Sanftmuch, Demuth, Liebe und Gebet,
„to fchenfe der HERR fich ganz folcher Seele,
„und erfüllet diß alles in ihm wahrhaftig, vein, ob:
„ne Gewalt und Mübe, was er zuvor nicht mit Ge:
„walt haͤtte thun fonnen wegen der innwohnenden
„Sünden, und die Pflichten der Tugenden wer—
„ven ihm bernach gleichfam natürlich. Denn
„darauffommeder HERR zu ihm, und gehet mit
„ihm um, und er mit dem HERRN er voll-
„bringet in ihm ganz leicht feine Gebote, und er-
„füllet ihn mit geiftlichen Früchten 1).
7. Die Nothwendigkeit diefes Kampfs wider
die Sünde war ihnen offenbar, da ihre erleuch-
tete Augen fo viel Feinde noch um fich fahen.
„Denn wer dem wahren OOtt zu gefallen fucher,
„und fich einen offenbaren Feind der Sünden er—
„klaͤrt, der hat einen zwenfachen Kampfvor fich ;
„fe wol in denen fichtbaren Dingen diefes Lebens,
„daß er fich enthalte von diefen irdifchen Zerſtreu—
„ungen, und von der Liebe der weltlichen Bande
„und Sünden, als auch heimlich) in dem Streit
„wider die boͤſen Geiſter. Maflen dev Menfch
„nach der Uebertretung des Gebots mit zweyerley
„Banden gefeffele ift: In diefer Welt mit der
„Nothdurft dieſes Lebens, der Liebe der Welt, und
„der fleiſchlichen Wohlluͤſte, des Reichthums, der
„Ehre, der Guͤter, des Weibes, Kinder, Freunde,
„Vaterlandes, Kleider, Wohnungen und aller
„fichtbaren Dinge. Davon gebeut ihm das Wort
„GoOttes, los zu werden mit feinem eigenen Willen,
„da⸗
e) Eufeb.lib. I. Prepar. Euang.c.4. f)Vitaeius cit.a Caveo Chriſt. Primit. P. III. c. 3. g) Petrus Chryſologus
fern. 68. h)Masariushom.3. i)lb.hom.ıs. ) Ibid. h hom. 19.
83
„damit er dem Gebot wahrhaftig koͤnne unter-
„worfen feyn: Innwendig aber ift Die Seele ver:
„wickelt und eingefchloffen, ja vermauert und mit
„Ketten der Finfternig umgeben durch die böfen
„Geiſter, alfo,daßerden HErrn nicht lieben, an
„ihn glauben und beten kann, wie er wuͤnſcht. Da-
„her ift mın der Kampf nöthig m), Demnad)
iſt es nicht fo leicht, das Herze rein zu haben of-
„ne vielen Kampf und Mühe, damit die Lafter
»ausgerottet werden. Denn es kann einer wol
„Gnade haben, der noch Fein reines Herze Bat.
»Dahero kommts, daß etliche fallen, weil fienicht
„glauben, daß nach der empfangenen Gnade noch
Finſterniß und Sünde übrig ſey. Auchmuͤſſen
„alle Heiligen durch den fehmalen und -trübfals-
„vollen Weg GOTT bis ans Ende gefallen n),
„Benn man aber one Streit und Arbeit Eönnte
„ſelig feyn, fo wäre das Chriſtenthum nicht mehr
„ein Stein Des le: es wäre auch weder
„Glaube noch Unglaube mehr. Der Menfch
„wäre auch unbeweglich und unveränderlich zum
„Guten oder Bofen, wenn er nicht mehr dürfte
sftreiten wider die widrige Macht. Es wäre
„auch Feine Belohnung noch Strafe zugemwarten,
„wenn er nicht das Boͤſe meiden und das Gute
„ehun Fonnte 0), Einmal find Chriften Streiter
„des bimmlifchen Röniges, haben ihre geiftliche
„Waffen angethan, und dürfen nicht anderswo
„ſeyn, alsbeyihm. Sie ftreiten unterdem, der
„ihnen nahe genug ift. Ihr Wandel muß im
„Himmel feyn, fo find fie bey ihm p).
8. Die Vermahnungen der Alten zu derglei-
chen Kampf wider die Sünde find faft unzählich.
Hier will ic) nur etliche Derter ſetzen, die die Art
deflelben deutlich machen koͤnnen. Vornemlich
flohen fieda im Gebet zu GOtt, daß der die Wel-
len ihrer Gedanfen in ihnen ftillen möchte. Die:
fes forderten fie, daß es unaufhörlich gefchehen
folfte, gleichwie die Apoftel ihr Geber alfo durch ein
Ringen, Streiten und Räampfen befchrie-
ben batien 9). Sodann ermunterten fie zur
Wachſamkeit über fein Herz und die aufiteigen-
den Gedanken. Wofern einer fein geben nicht
„recht bewahrt, wasergedenfe, rede, oder thue,
„ver wandeltnicht vor fich, meil er fich in feinem
„eigenen Thunnicht kennt, noch fich in Erkenntniß
„fein felbft gleich als einen Fremden tractirt.
„Diele fündigen und halten es deswegen für
ſchwer, weil fie fid) felbft lieben, und mit ver-
inPf. 65. u) Id.inPf. 63.
a) Macariushom. 26,
1.3. Don der Pflicht und Beseigung derer erſten Ehriften gegen Od.
„ſchloſſenen Augen ihnen felbit durch Selbſt—
D g IN felbft durch 2
„betrug heucheln r). Aller Fleiß muß von &
„Menſchen auf die Gedanken gerichtet ſeyn, daß
„man die Materie der böfen bey a abfchnei-
„de. Er muß auf GOtt acht Haben; noch dem
„Willen feines Eingebens folgen, fondern, wenn
„er alle feine Gedanken verfammlet hat, Die na-
„eürlichen von den böfen unterfcheiden s). Es
„muß wider den Teufel und feine Waffen mit Ge-
„bet geftricten ſeyn, und der Sieg unfers Kampfes
„wird durch) die frofocfende Stimme erwieſen t),
„ivenn man die einfchleichenden Gedanfen mit
„over Erinnerung GOttes unterdrucft hat, und im
„Streit wider das Fleifch durch die Furcht des
„Namens GHftes beſchuͤtzet worden ift u). Dazu
„gehört viel Hebung, weil der Feind durch äufferli=
„he Neizungen ſtuͤrmt, und durch innerliche Ge—
„danken zu übermältigen fucht, mehr aber durch)
„innerliche, denn er fommt ftets geiftlich und oh—
„ne fichtbares Mefen angezogen x), Wer nun
„zum Krieg des lebendigen GOttes beruffen iſt,
„der Darf nicht denken, daß er zur Ergoͤtzung fom-
„me, fondern er muß ſchon in Friedenszeiten
„ourch Arbeit und Ungemach den Krieg lernen
„ausftehen y).
9. Die innwohnende Kraft GOttes aber machte
indeffen alles leichte, wenn fiedurd) alle Hindernif-
fe hindurch brach in ihren Werkzeugen, und es
lichte machte, two es noch dunfel war. “Die
„gafter mußten bey den Frommen nicht einmwur=
„zen, fondern gleich im Anfang gefödtet werden?
„Denn die Begierden, die ſchon erftarfet find, find
„gefährlich, und was ſchon erwachfen ift, wird
„ſchwerlich umbracht. Aber wenn die Lüfte nur
„ourchfahren, foiftsleichter, fiezudampfen. Se—
„tig ift nun der, der gleich anfangs alle böfe Be—
„gierden, die aus dem Willen des Fleiſches entfte-
„ben, erftlich unter das Joch feiner Geduld und
„Kraft beugt, bernach fie an dem Glauben und
„der Furcht GOttes, als an Felfen, zerfchmettert 2).
„Wird gleich ein folcher ferner vom Feind ange- Ä
„fallen, fo kehrt er doch in GOTT ein, ziehet die
„Kraft aus der Höhe an, und kommt zur Ruhe: |
„der Satan fehläge von auffen, eraber iſt innwen⸗
„dig ficher unter goͤttlicher Macht, und leider kei—
„nen
Schaden, dennerift voll GOttes, a). Da
her alsjener alte Chrifte gefragt wurde: woher ee
zu ſolcher Weisheit kommen fey? antwortete er
Ich Babe nie einen Gedanken in meinem Herzen h
vr-@
m) Macarius hom. zı.initio. n)Idemhom. 26. fine. o) Id. hom. 27. p) Chryjoffom.hom.55.in Matth. q) Arha-
naf. Vita Syndet. ap. Coteler."Tom.J.p.212. r) Gregor. M.hom.4.inEzech. s) Macarius hom. 6. t)Hilarius
x) Athanaf.l.c.p.220. y)TertulliannsadMart.c.3. 2) Hilarius inPL.136.
=
—
Bi > ER 7 #
AZ
„verbleiben laffen, der GOtt hätte erzuͤrnen koͤn⸗
„nen b) · Wie nun etwa unter denen 3
„immer einer dem andern Abbruch thut, fo, (ſaget
„einer,) wenn die böfen Geifter uns gleich wollen
schaden, fo buͤſſen fie doch ben unferm rieterlichen
= Kampf mehr ein, nah Pf. 17,39). Sobald
aber als ein folcher Feind überwunden ift, warneten
fie treulich, ja nicht ficher zu fenn. Denn die Be-
gierden kommen von fich felbft wieder, und bringen
durch ihren unverfehenen Anfall groffen Schaden.
Ein Funfe kann unter der Afche lang verborgen
liegen, und doch endlich ein groffes Feuer erre-
gen: und ein böfer Gedanke verurfachet unver:
muthet ein groß Herzeleid d).
O Sünder, klage nicht nur dein Verderbniß
- an,
Die Lüfte der Natur, den böfen Willen:
gern feine Macht .mit Gottes Allmache ftillen,
Der Geift ift da, der in dem HErren alles
kann e).
10, Zu allen diefen Uebungen gehörte nun ein
rechter Exrnft und Eifer GOtt & dienen, undihn
nimmermehr zu beleidigen. Glaube mir, (fagte
jener alte und gute Streiter JEſu CHrifti ,) ich
babe es erfabren, ein unverbrüchlicher
Glaube geaen GOtt, und ein 5. Leben find
ftarke Waffen wider den Satan. Kr fürch-
tet ficb vor der Bottfeligen Wachen, Be:
ten, Saften, Ganftmurb, Verlcuanung,
Demuth und Derachtung eiteler Ehre, darm-
berziafeit, Zerrſchaft über den Zorn, und
fonderlich vor der reinen Liebe zu Chriſto.
Die Schlange weiß, daß fie nah des SErrn
Befehl unter der Berechten Süffen liege N.
Womit jener Poete übereinftimmeteg):
Die Seele muß den Zepter richtig führen,
1 Der Lüfte Macht fälle durch des Geiftes
Kraft:
Die fuch bey GOtt, willt du dich recht regieren,
Der die allein Triumph und Frieden fchafft ;
Denn Feiner fann die argen Lüfte dämpfen,
Er wolle denn in CHrifti Liebe kaͤmpfen.
Se ſchwerer aber der Anfang des Kampfs gefchie:
nen hat, je angenehmer war hernach der Sieg,
je füller die Ruhe. “Ehe die Seele zur Vollkom⸗
"ie gelanget , wohnet fie gleichfam in der
„Wuͤſten, da fie in den Geboten Gottes geuͤbet,
ir. F Don Dermeidung aller vorſetzlichen Sünden bey den erſten Chriften.
” ec
89
„und ihr Glaube durch die Berfuchungen geprü=
„fee wird, Machdem fie aber überwunden Dat,
„und ihr Glaube bewaͤhret worden, fo koͤmmt fie
„uu einer andern Anfechtung. Und alfo gehet fie
„vurc alle Berfuchungen des Glaubens und Le—
„bens von einer Kraft zur andern, bis fie zur
„Bollendung kommt, und das verheijfene ewige
„Erbe empfaße,, k). Davon unten bey der Ge-
duld gehandelt wird,
ır. Solche und dergleichen Proben eines recht-
fehaffenen Glaubens leuchteten vor allen Schein-
tugenden und vor aller natürlichen Froͤmmigkeit
deutlich bervor. "Bey einem Weltfinde Fonnte
„auch diefes fich finden, daß er ſich von den Suͤn—
„den durch Befleißigung eines befcheidenen ftillen
„eebensenthalte, daß er die Ehre aus Liebe zur Ru-
„De verachte. Aber GOtt wolle in feinem Wort
„ihm vollfommene Leute haben, die er zu groffen
„Erempeln fege der ewigen Geligfeit : Diefen
„wolle er nicht gemeine Tugenden beylegen , ſon—
„oern fie vollenden, daß fie ſelig ſeyn ). Dabero
„denn die Weifen diefer Welt von den Tugenden
„vergeblich diſputirt haben, die fie doch nicht ha—
„ben erreichen Fönnen, weil fie den nicht kennten,
„der uns von GOtt zur Weisheit, Gerechtigkeit,
‚Heiligung und Erlofung gemachtift. Was ha—
„ben die mit denen Tugenden zu thun, die die
„Kraft und Tugend GOttes, EHriftum nicht Fen=
„nen? Wo ift wol die wahre Klugheit, als in
„ver Lehre EHrifti? Wo iſt die wahre Gerech-
„tigkeit, als in EHrifti Erbarmung? Wo iftdie
„wahre Mäßigkeit, als in CHriſti leben? Wo
„ft die wahre Stärke, als in CHrifti Leiden?
„So find Denn die alleine weife, die feine Lehre
„kennen: allein gerecht, die durch feine Erbarımung
„Dergebung der Sünden erlangen : allein mäßig,
„die feinem $eben nachfolgen : allein ſtark, die
„oie Erempel feiner Geduld im Creuz behalten.
„Drum arbeitet einer vergebens, wenn er fie an—
„ders woher hoffen will, als von dem HErrn k).
„sebet gleich einer in guten Sitten, fo lebet erden-
„noc) übel, wo er nicht zu GOttes Ehre lebet.
„Denn das iſt der Frommen Eigenſchaft, daß fie
„ſich im HErrn ruͤhmen, noch fich felbft anders, als
„nur in GOtt lieben. So lange aber das dir gefaͤllt,
„was GH mißfaͤllt, ſo iſt dein Wille Ba. Der
„gute ar aber iſt der Saame aller Tugenden).
I2,
[2
b) Silwanus Abbas ap. Cotel. Tom.T.p. 681. c) Ewagrius Scitenfis ib. Tom.III.p.gr. d) Nilus deg. Vit.cogit.
ib. P.196. ©) Prudentius Hamartig. p.ı91. f) Athanaf.VitaAnton. g) Profper Epigr. 18. h) Origenes
hom. 27. in Num. i) Hilarins in PLı. k) Bernhardus Serm.22. in Cant. 1) Ambrof. I. de Voc.
Gent. c.2.
90
12. Gehörte demnach gar ein heftiger Durch-
fampf dazu, eine fchmerzliche Geburt, eine
gründliche Reinigung des Herzens, eine recht-
ſchaffene Berleugnung, wo die Seele von Sün-
den gereiniget, und hingegen mit wahren Tugen-
den gezieret feyn follte: Denn, (wie abermaleiner
von ihnen diſcurirt,)“es Fann etwas guts gefche-
„hen, da doch die , von denen es gefchieht, nicht
„wohl dran thun, wenn fie es thun. Alſo iſts
„aut, daß man einem Menfchen in Gefahr bey-
„ſpringt: Aber wenn der, der es thut, Die Ehre
„bey GOtt nicht lieber hat als bey Menfchen, fo
„thut er nichts gues, denn er iſt felber nicht gut,
„indem ersthut. Denn das fen ferne, daß man
„das einen guten Willen heiffen follte, welcher in
„ſich felbft, oder andern, und nicht im Herrn fich
„ruͤhmet. Ein boͤſer Baum kann nicht gute Fruͤchte
„bringen, ſondern das gute Werk iſt deſſen, der auch
„durch Boͤſe etwas Gutes thut w). Woferne nun
„die Seele nicht durch eine beſſere Huͤlfe von den
„feurigen Pfeilen des Boͤſewichts nad) vedlichemn-
„Kampf befreyet wird, ſo taugt der menſchliche
„Wandel nicht, denn er iſt ferne von der Kraft und
„Tugend GOttes: Wer aber verlange der güft-
„lichen Herrlichkeit theilhaftig zu werden, und
„CHriſti Geftalt in feiner vornehmften Kraft an⸗
m) Auguftinus lib. IV. cont. Iulian. Pelag. c.3. n) Macar.hom.24. 0) Profper Epigr. 7.
g) Idemlib. de Ingratit.
m ee
1.9. Don der Pflicht und Bezeigung derer erften Chriſten gegen GOtt.
„zufchauen, als in einem Spiegel, der muß den.
„mächtigen Schuß GOttes aus unerfärtlicher
„eiebe Tagund Macht anflehen. Welches denn
„niemand erlangen Fann, er ftreite denn erft recht,
„und enthalte ſich von den weltlichen Süftenzc.,„,n).
Ein Epriftlicher Poete ſchreibet in gebundener,aber
wohlgefaßter Rede zu Deuffch alfo hievon 0):
Das allerärgite Satanskind
Hat von Natur doch etwas guter Gaben,
Die man bey Bos und Guten finde.
Doc muß man hier Bei Glaubens Augen ha⸗
* ben,
Die ſehn, wie GOttes Rinder ſich
Weit über die Natur und Tugend ſchwingen:
Natur ſucht GOtt nicht lauterlich,
Die Gnade laͤßt nur GOtt das Opfer bringen
Und anderswo p):
Betruͤg dich nicht, o Menſch, durch falſcher
Tugend Schein, —
Du wirſt dabey nicht froh, noch reich und ſelig
eyn.
Wird aus dem Glauben nicht die Froͤmmigkeit
entſtehen, N
So wirft du Sind und Straf flatt der Be
lohnung feben 9).
p) Id. Epigr. 69.
Das ı2. Sapitel, |
Bon der Vollkommenheit bey den erften Chriften.
Summarien.
Hi erſten Chriften nenneten ſich Vollkommene $. ı- wegen ihres aufrichtigen Gehorfams,2. doch in fo fern ihre Voll⸗
kommenheit von GHtt herrührete, 3.
alein durch Chriſtum, 4.
welches ihr lebendiger Glaube war.s. Sie befann:
ten auch eine Volltommenheit im Leben, 6. die von derhöchiien Bollfommenheit unterfhieden,z. und was Unvollfommenes
an ſich habe und noch zunehmen muͤſſe 8. durch Die tägliche Buſſe und Erneurung. 9-
$.
af ſowol die heiligen Männer GOttes
in der Schrift, als ihre Nachfolger aus der
7, Scheift eine Bollfommenbeit von denen
wahren Chriften geftanden haben, ift aus beyder-
ley Schriften offenbar. Gleichwol aber wollten
fie weislich unterfchieden wiſſen denrechten Ber:
ſtand von dem falſchen. Vollkommen bieffen
fie das, dem dar nichts mangelt. Diefen
Titel aber legten fie den wahrhaftig erleuchteren
und miebergebornen ‚Ehriften bey, Nachdem
wir wiedergeboren find, haben wir die
Dollfommenbeit erlanget, fagten fie ohne
Bedenken von fi), denn wir find ja er-
KH
2) Clemens Alex. Padag.c.5. Conf lib, IV. Strom. p. 527. fegg. vbi, quisfirperfedus, prolixe docet.
1.
leuchtet worden ; diefes aber heißt GOTT
erfennen, So ift denn der nicht unvoll-
fommen mehr, welcher das Vollkomme—
ne erkannt bat. Wenn wir getauft wer-
den, werden wir erleuchter, fodann zu
Rindern GOttes angenommen, und bier:
Durch vollfommen gemacht, da wir vollfom-
men find, werden wir unfterblib. Was
ſollte nundem noch mangeln, der GOTT
kennet a)? Bey welchen ſich denn ein groffer
Wachsthum im Glauben und tiebe fand, und
die aud) weiter darnach frebten, die nennte
man nad) der Borfchrift göttliche Lehre niche fel-
2
er
a Sn
—
"er ai fich überall ausbreitete ,,. f).
12. C. Don der Dollkommenbeit bey den erften Chriften. gr
ten Bolllommene, wie die Apoftel felbft thaten,
ı€or.2,6. Eph.4, 13.14. Col.1,28. 2 Tim.z, 1
7 .
Phil, 3,15. Jac. 1,4. Ebr. 5, 13. 14. Sonderlich
aber nen fie nötig, den Gebrauch diefer
Worte nicht fahren zulaffen, nachdem unterfchie-
dene Irrige in unvechtem Berftand fich deffen an:
gemaſſet hatten b). Dabey wichen fie von dem
Einn des Geiftes nicht ab, und wenn man der
meiften Worte recht anſiehet, fo haben fie alfe ei-
nen guten und fehriftmaßigen Berftand. Nem—
lich , fie zeigen gemeiniglich Durch die Vollkommen—
eit einen aufrichtigen, lautern und redlichen
Sinn des Menfchen an, da er alleine GOtt und
feine Ehre ſuchet, und Feine Nebenabſichten in
feinem Chriſtenthum führer.
2. Mur etliche Erempel zu zeigen, fo fehreibet
Jgnatius von den aläubigen Römern ec): «Sie
„ſeyn nachdem Fleifch und Geiftin allen Gottes
„Geboten vereiniget, unziveifelhaftig erfüllet oder
„vollfommen mit alleviey Gnade GOttes, und
„gereiniget von allem falfchen Schein, Grego⸗
xius Ylasianz. von einergottfeligen Frauen:“ Die
„groͤſſeſte Vollkommenheit ihres herrlichen Geiftes
in gewefen, daß fie fich nicht ſowol aufferlich
„befliffen Babe fromm zu fiheinen, als vielmehr
„wirklich fich befliffen recht in der That gottſelig
u fenn, fonderlich in verborgenen Werfen der
„Gortfeligkeit d). Denn das bielten fie für den
„Endzweckder Menfchen, der fie zur Vollkom—
„menbeit führt, daß fie thun was GOtt haben
„will,,e), Undwer einmal einen wahren Glau-
ben famt aufrichtiger ungefärbter Liebe hatte, der
„kriegte auch einen vollfommenen Geborfam in
„feine Seele, daß er ihm feine Grenzen mehr feß-
Zumal
da befannt war, “wie das Gebot des HErrn
„nicht nur das äufferliche Werk forderte, fondern
„auch die Meynung des Willens „). Dahero
ter von ganzem Herzen GOTT gehorchete, den
bieflen fie in gewiſſer Maaffe volltommen oder
völlig; wie wir nun weiter fehen werden,
3. Hier fahen ihre Glaubensaugen abermal
lauterlich aufden HErrn und feine Gnade , als
welche allein an ihnen mußte gepriefen werden :
—* in Anſehung derſelben hennten ſie das an ſich
nvollkommene dennoch vollkommen, weil es von
J
dem vollkommenen Gute herruͤhrete: Es ift
recht ungereimt, hieſſe es, eine Gnade von
GOtt zu benennen, die dennoch nicht volf-
fommen und, allentbalben völlig wäre h),
Nemlich, weilein Kind GOttes nun mit dem gött:
lichen Willen übereinftimme, daß es in dem Stanz
de fey, Darinnen es zum Bilde GOttes nach und
nach gelangen koͤnne; fo ſtehe darinnen eine Boll:
kommenheit, daß fein teib, Seelund Geift voll:
kommen und lauter und unanjtößig behalten wer—
de; wie Irenaͤus redet, und dazufeßet: “Diefe
„fund nur vollfommen, die den Geift Gottes in fich
„beharrend haben, und die Seele und Leib obne
„Klage verwahren, auch die, ſo des Mächten iſt,
„erhalten belfen„i). Dem ein anderer frommer
Lehrer beyftimmer : “Du irdifcher Menfch muße
„ven himmlifchen Geilt empfangen; und wenn
„deine Seele mit dem Geiſt vereinige ift, und der
„bimmlifche Geift in deine Gele eingezogen ift, fo
„bit du ein vollfommener Menfch in GITT,
„ein Erbe und Kind, denn es hat GOtt alſo gefals
„ten, daßer ausdem Himmel deswegen fäme, und
„deine Natur annahme, die er mit feinem göttlichen
„Geiſt vereinigte k). Auf diefe Weife muß der
„neugeborne Menfeh da ftehen vor GOtt in der
»Bollfommenbeit, erhaben im Geift, und durch
„die Vollendung der göttlichen Gaben vollkom—
„inen, er muß niche wiederum durch feine Be—
„gierde in Die niedrigen Eitelfeiten diefer Welt
„herab fteigen , noch von feiner Hoheit weichen,, 1,
Und alfo pflegee bey den Menfchen ofte auch in
geiftlichen Dingen etwas Gutes vollfommen zu
febeinen, weil es ſo ſehr aroß und berrlich ift,
daß mannur durch einen göttlichen Trieb und
Durch die Wirfung der Gnade daffelbe zu faſ
fen mächtig ſeyn Fannm). h
4. Ueberdis erkannten fie Feine andere Vollkom—
menheit, als die fie in und durch Ehriftum JEſum,
ihren Heiland, hatten. Drum war dis ide ernfter
Schluß: Fin volfommener Anecht Chriſti
bat nichts als Chriſtum. Oder wenn er etwas
bat auffer Chriſto, ſo iſt er febon nicht bollkom⸗
men n). Welches der berühmte Einſiedler Uns
tonius woßl in acht nahm, indem erdenen andern,
die in der Einfamfeit lebten, nachdrücklich bes
jeugfe, daß fie ja in Chriſto allein ihre Dolls
M 2 kom⸗
b) I. Thomafıus Sched. Hift. Philof. th.43. Idem de Gnoficis obferuat, quibus Clemens contradidturus in
alterum extremum abierit, Se. proprie ſanctitatis (etfi ad Deum omnia referat).
Orat. ı1. in laud. Gorgon.
c) Epift.ad Rom. d)
€) Bernb.de Præc. et Difpenf. f) Arhanaf.deSatisf. Fuge. g) Bafıl. M.hom.
de Virg, h) Clemens Alex. Ie. et ap. Cenr. Magd.1l. c.4: P. 37. i) Lib.V.p. 550. k) Macar.hom.32.
I) Hilar, in Matth. can, 25.
m) Terinil.dePat.c.ı. n) Hieronymus ep. I. ad Heliod.
pr
92
kommenheit ſuchen müßten 0). Und der fromme
und geiftreihe Macarius fehreibet gleichfalls:
„eafler uns GOtt Herzlich anruffen, bitten und
„flehen, daß er uns den Schatz feines Geiftes
„ſchenken wolle, damit wir alfo rein und ohne
„Tadel wandeln koͤnnen in allen feinen Geboten,
„und alle Öerechtigfeit des Geiftes rein und voll-
„koͤmmlich erfüllen durch den himmliſchen Schaß,
„welcher ift EHriftus: denn wer diefen wahren
„Schatz recht erlangt, der wird leichtlich alle Guͤ—
ter ohne Mühe überfommen,,p). Und ausdie-
fem Grunde nenneten nun die erften Chriſten ein-
ander vollfommen, wie wir nicht allein bey den
Apofteln ſehen, fondern auch bey den apoftolifchen
Männern, deren Worteunshier vorfommen wer:
den. Jetzt denfe ich nur an den einigen Jana-
tium, der alfo fchreiber: Weil ihr vollfoinmen
ſeyd, fo feyd auch vollkommen gefinnt: So
ibr aber Buts thun woller, ſo will es euch
GOtt gebeng). Wie er auch die Smyrnenfer
Vollkommene im Blauben und in der Liebe
nennet r). Und anderswo fchreibt ev: Wer das
Wort TEfu CSriſti befist, der Fan auch
wabrbaftig fein Stillfebweigen hören , auf
daß er vollfommenfeys). Wiederum : Meine
Seele achtet ihn ſelig, weil ich fein vollfom-
men Herz gegen GOtt erkannt habe t). An:
derer zu gefchweigen.
5. Zivar war diefe Vollkommenheit in Ehrifto
feine todte Einbildung oder müßiger Gedanfen
im Herzen, ohne Fräftige Empfindung und Wir-
Fung in der Seelen. Ach nein: Sondern wie fie
überhaupt in ihrer erften Liebe auf lauter Kraft,
Geift und geben drungen, alfo war auch diefe
Blaubensvollfommenbeit etwas recht vollfomme-
nes und gefegnetes zu ihrem Heil. Denn fo ba-
ben wir gefeden, daß Janatius die Glaubigen
ʒu Smyrna mit Wahrheit nennen fonnte Vollkom⸗
mene, oder Erfuͤllete indem Glauben und in
Der Liebe. Und Elemens Romanus preifet die
vollkommene und gewiffe Erfenntniß der Co⸗
rinther felig,welches ihr Glaube war u). Der andere
Tlemens von Alerandria faget frey: Die Voll⸗
kommenheit im Leben ſey nur der Glaube und
Die Wiedergeburt x). Irenaͤus redet auch ſehr
fhön daven: “Wenn dudeinem GOTT wirft ge⸗
„ben, was dein ift, das iſt, den Glauben an ihn, und
„ven Gehorſam, fo wirft du feine Weisheit em-
„pfangen ‚und ein vollkommen Werk GOttes wer:
0) Athanaf in Vita aud in Catal. Teft. Verit. 39.
1. 3. Don der Pflicht und Bezeigung derer erſten Ebriften gegen GOtt.
p)Homil. ıg. q) Epift. ad Smyrn. r) Ibid.
adEphef. t) Epif.adPhilad. u) Epift.p.2. x) Ibidemlib.I.Pxdagog. y) Lib. IV. c.76.
hom.ızs. a) AugnfkinusSerm. V. deVerb. Apoft. b) Bedalib. II. in Prou. c. 22. laud. a Cent. Magdeb. VIII.
c.4.p.108. ce) Lib. VIl.c.5. d) Arhanafıns Or.3. cont. Arian.Conf. H. Valeſius ad Eufeb. p. 253.
„den. Wirſt du ihm abernicht glauben, und feinen
„Händen entgehen wollen, fo wird die Schuldder
„Unvollkommenheit an dir liegen, der du nicht gee
„horchet haft, nicht aber an GOtt, der dich geruf:
„ten. Denn das Sicht hört deswegen nicht auf,
„weil etliche fich felbft blenden y).
6. Und wie diefer Glaube nie müfßig in ihnen
war, alfo gedachten fie auch nach der Schritt ei⸗
niger Vollkommenheit im Leben. Denn (ſchloß
fen fie) “wenn in aͤuſſerlichen Dingen der Menſch
„durch viel Stuffen in die Hoͤhe ſteigen kann; wie
vielmehr erlangt man die himmliſchen Geheimnif
„fe Durch viel Stuffen und Förderungen, Und ſo⸗
„dann wird derjenige vollkommen, welcher durch
„viel Uebungen und allerhand Verſuchungen fort⸗
„gegangen ijt,,2). Demnach hieſſen fie diejenigen
Vollfommene im Chriſtenthum, die in Gegen:
haltung der Schwachen und Anfänger fehon weit
in der Gottfeligfeit Eommen waren. Sorederzum
Erempel einer von den Stuffen des Wachsthums:
„Wenn du deinen Lüften in allem folgeft, fo bift
„du ganz fleifchlich ; wenn du denfelben nicht
„nachgeheft, fo ſtreiteſt du und ringeft; aber
„wenn du gar nicht böfe Luft haft, fo biſt du
„vollfommen , a). Ein anderer fchreibt: “Die
„Vollkommenheit der Tugenden in diefem Leben
„iſt, daß mir den HEren fürchten in heiliger Furcht,
„d.i. dag mir ihn mit reiner aufrichtiger Lebe eh-
„renz,b). Diefes meynt aud) Lactantius, wenn
er den Chriſtenlauf furz faller: Der Menſch
„wird unfterblich, und lebet aus GOtt, wenner
„ourch das himmliſche Bad gereiniger, die Kind-
„beit ableget mit allen Flecken des vorigen Lebens,
„bingegen in der göttlichen Stärke zunimmt, und
„ein vollfommener und völliger Menfch wird, c).
Wiewol der Mißbrauch diefes Worts bey dem
Berfall des Ehriftenthums hernach fo groß worden
ift, daß man auch ſchlechthin, ohne Abficht auf einen
thaͤtigen Glauben, alle und jede Getaufte Voll⸗
fommene, die Ungetauften aber Unvoll⸗
Fommene genennet hat d). Mit befferem Zug
und Recht gaben vdiefen Titel die alleverften
Chriſten den heiligen Märtyrern, wenn fie durch
das Wort, vollfommen werden, insgemein
den Maͤrtyrertod befchrieben, als in welchem
der im Herzen gepflanzte Glaube, famt der
Siebe , Hoffnung und Geduld zur höchiten Staffel
gelangten. Deswegen fie auch Dionyſtus Aa
tinus
D
s) Idem
zZ) Macar.
2
12. €. Don der Dollfommenbeit bey den erften Chriſten.
. MI, »
93
„vieler Süßigkeit der Gnade, fo Bat er doc) noch
Jrinus vollkommene Wärtprer nennte e).
Und Zufebius fpricht von Marino, erfey voll-
Fommen oder vollendet, das ift, um EHrifti
willen umgebracht worden f). Sonſt aber zie—
% es Clemens Alerandrinus fonderlic) aufdie
iebe, wie nemlich diefe fich fonderlic völlig in
ihnen erwiefen babe gegen ihren Heiland, wenn
er fehreibe: daß der Maͤrtyrertod vornemlic)
eine Dolfendung oder Vollkommenheit heiſſe,
weil fie das vollfonmmene Werk der Kiebe er:
wieſen haben 2).
7. So emfig fie aber waren, fich vor aller Si-
cherheit und Trägbeit im Chriſtenthum zu hüten,
und dem Fleiſche ja nicht Kaum zu geben durch Ge:
ringſchaͤtzung der Gnade, die in ihnen Fräftiglic)
wirken wollte: fo ferne waren auch die wahren
Kinder von allem Hochmuth und Einbildung der
böchften und rechten Dolffommenbeit. Sie
erhuben zwar die Kraft GOttes gebührender
maͤſſen; aber fie erkannten auch in Demuth ibr
eigen Elend, und je höher fie jene hielten, je mehr
wurden fie in fichfelbft erniedriger. Dahin gien-
gen fo viel Herzliche Warnungen der Alten, wie
wir unten bey der Demuth fehen wollen. So fa-
get nicht allein Paulus felbit Ppil. 3, 12._ fon-
dern auch feine treue Nachfolger: Als Igna—
tius: “O6 ich wol gebunden bin um des Na—
„mens GOttes willen, fo bin ich doch in JEſu
„EeHrifte noch nicht vollfommen worden : (wo er
„nicht in oben angezeigtem DVerftand die Marter-
„krone verfteber,)denn jetzo fange ic) an ein Juͤnger
„zu fenn,„h). Cyprianus: Niemand gefalle ihm
„telber wohl, als ob er ganz unfchuldig fen, damit er
„ſich nicht überhebe und verloren gebe,,i). Jufti-
nus: Ein anders ift, untadelich fenn, ein anders,
„von der Suͤnde frey. Wer frey von der Sünde
„iſt, der ift ganz untadelich, ein Untadelicher aber
„iſt —— nicht nothwendig von der Suͤnde
„frey. riſtus iſt allein von der Suͤnde
„frey, k). Andere warnen treulich vor zweyen
Uebeln: Theils, daß niemand aufler dem Befehl
Go0ttes einige Lebensart anfangen follte nach eige-
nem Öutachten : Theils, daß fie auch bay ihrer wah—
ven Gorrfeligfeit und groſſen Gaben fich nicht erhuͤ⸗
ben.“ Sch habe (fagt ein alter erfahrner Lehrer) noch
„feinen vollfommenen oder freyen Ehriftenmen:
„ſchen geſehen. Beruber gleich einer in F Gnade,
„und gereichet an die Geheimniſſe GOttes, und zu
innwendig die Suͤnde bey ſich. Solche pflegen ſich
„bisweilen wegen der unendlichen Gnade für voll⸗
„eommen und frey zu halten, aber fie finds nicht
„wahrhaftig und völlig). Kurz: Es gibt zweyer⸗
„fen Vollkommenheiten in der Schrift: Die eine
„iſt unvergleichlich hoch, und eine vollfommene
„Gerechtigkeit, die nur mit GOttes Tugenden zu
„vergleichen iſt: Die andere, wie fie unferer Ge—
„brechlichkeie zufomme , welche nicht in Berglei-
„hung gegen Gott und nach feiner Wiflenfchaft
„vollfommen beifferm). Darum war hiebey der
„befte Nach diefer, daß dis die Gerechtigkeit der
Bollkommenen fen, daß fie fich niemals ſelbſt für
Wollkommene achteten, damit fie nicht von dem
Zweck des Saufs, den fienoch nicht geendet hatten,
„abmwichen, in die Gefahr des Abfalls geriethen,
„wenn fie das Verlangen, immer zu wachlen,
„verlaffen hätten n), Denn niemand fen doch
„vollfommen, der nicht immer verlange vollfoms
„mener zu werden. Und darinne erweife ſich ein
„jeder als einen Vollkommenen, wenn er immer
„weiter zunehme 0).
8. Naͤchſt dem Fonnte fie auch diefes Fräftiglich
von ihrer Unvollkommenheit im legten Berftand
überzeugen, weilihnen fo oft geboten ward in der
Schrift und fonft, daß fie wachfen und völliger
werden follten. Siehe Eph. 4,15. Phil: 3,13
1 Theff. 4, 1.20. Dergleichen Ermunterungen fie
denn unter einander ohn Unterlaßtbaten. Da hieß
es bald aus berzlicher Mennung: "ch ermahne
„dich durch. die Gnade, damit du angezogen biſt,
„daß du noch fleißiger fenft in Deinem tauf, und
„alle erinnerſt, daß fie felig werden p). Mehmet
Zu, meine Bruͤder, unterfuchet euch allezeit ſelbſt
„aufrichtig ohne Heucheley. Mißfallt euch all:
„zeit Darüber, was ihr fend, damit ibr dahin ges
„langer, was ihr noch nicht ſeyd. Sprecht ihr
„aber, es ift genug, fo feyd ihr verloren. Setzet
„allzeit Hinzu, gebet immer fort, wachfet ters, ges
„bet nicht zurück, weichet nicht ab. Der muß
„zurück bleiben, wer nicht fortgehet q). Laßt ung
„zufehen, wann wir Chriften fern wollen, was in
„uns vor Kraft und Tugend gewachfen fen, nach—
„dern wir wiedergeboren worden. Was vor Des
„much in guten Taaen, was vor Geduld in boͤſen,
„was vor Freude in Trübfal, was vor Sanftmuth
„in Beleidigung, was vor Keufchbeit bey Gelegen-
M 3 „beit
e) Ap. Eufrbium lib. VII. H.E.c. un. f)Lib. cit. e.15.conf. ibi Valefius p.ı5o. g) Lib. IV. Strom. p: 495. n) Epift.
ad Ephef. i) De Orat. Domin.n. 16. k) Quaft. orthod. 141. I) Macar. hom 8. fine. m) Hieronym.l. ———
lag. n) Zeo M. ſerm. 2. de quadrag. c, 2, 0) Bernhardsep. 34. ad Drogonem. p) Igaar. Ep. ad. Polye. q) Auguſt.
ferm. 15. de Verb. Apoft.
„heit zum Ueberfluß r). Haft du von deinem
„Schöpfer ein geoßmitbiges Herz befommen, fo
nimm es in acht, und gib genau auf deine Traͤg⸗
„heit acht, die div die erwünfchte Vollbringung
„ver Befehle GOttes benehmen will. Sen nicht
„eräge in dem, was dir der HErr befohlen hats).
„Iſt er dein Vater, fo hoffeimmerdar etwas meb-
„ters von ihm zu lernen und zu empfahen, weil er
„gütig ift, und unendlichen Reichthum hatt).
„Dfleget auch der Satan räglid) mehr zu den Kin-
„ern der Bosheit zu bringen, wie füllte denn das
„Werk des HEren aufhören? da er Doc) des-
wegen den H. Geift gefandt hat, daß, weil Die
„menfhlihe Schwachheit nicht alles auf einmal
Faſſen ann, er nad) und nach regieret, und zu der
»Bollfommenbeit gebracht würde u).
9. Wohin es denn mit der täglichen Buſſe und
Erneurung angefehen war, wenn fie gelebret wur=
den, “Daß es nicht genug ſey, wenn man Die ein-
„mal — Erneurung nun fuͤr gnugſam hal⸗
„ten wollte, und nicht taͤglich, fo zu reden, das neue
„eeben felbft erneuern. Wie nun der alte Menfch
„von Tag zu Tag veralten müfle, alſo werde der
„neue ftets erneuert, und fey niemals fo vollfom-
„men daß feine Erneurung nicht wachfe x). Es
„müffe noch hier in dieſem teben gefchehen, daß
*
7
-
94 1.9. Don der Pflicht und Beseigung derer erften Ehriften gegen GOtt.
„ber alte Menfch aus- und der neue angezogen
„rwerde. (Col. 3. Rom. 6. Eohef. 4.) Esdinfe
„feine Zeit vorbey gehen, darinn nicht der Geiſt ver⸗
„andert werde, des Vergangenen vergefle, und
„nach dem Künftigen fic) ftredfe y). Daraus
„werde alfo ein neuer Menfch, der nun feinem
»ÖDTT wiederum durch feine Gnade zugeitel-
„tet werde 2). Diefer gebe ihm fodann Das Ger
„ſetz der Unſchuld, fehreibe ihm die Art zu leben
„vor, nachdem er ihn geheilt hat, laffe v auch)
„nicht mehr ohngezaͤhmt herum geben, ſondern
„halte ihn mit feinen Drobungen im Zaum;, a),
Alsdenn werde an der Seelen erfuͤllet, was der
Apoftel ſagt: Stellet euch nicht diefer Welt
gleich, und darauf folge auch das andere: Wer-
det verneuet im der Neuigkeit eures Ge—
müths b). Und wenn alfo die Seele gewahr
werde, wie viel noch zur völligen Keinigung ges
höre, fo fey ihr die Zeit ihrer Pilgrimſchaft deito
£oftbarer, der Ernft zu ihrer Beſſerung defto groß
fer, und ihr Wandel defto behutfamer, Ja, es
treffe auch bey jedem rechtfchaffenen Herzen ein,
was Tertullianus vonden Chriften zu feiner Zeit
befannte: Es ift Feiner unter uns, den es ge-
reue, ohne daß er auch in vorigen Jahren
Fein Ehrifte gewefen ift c)
x) Hieronym.ep.35.ad Paminach. et Ocean. s) Bafıl. M. hom. in Prou. VI. 4. ap. Cozeler. Tom. I.p. 30. t) Irenaus
lib. Il.c.47. u) Tertull. de Vel. Virg. c.ı.
e) Apol. c.ı.
Das 13,
x) Origeneslib. V.in Rom.
ftefac. z) CyprianusdeOr. Dom.n.6. a) Idemlib. de Dife. Virg,n. 2.
y) Hierezymasad Principiam de ve-
b) Auguſtin. lib. XIII. Conf. c. 22.
Sapitel,
Bon ihrer wahren Liebe zu Gtt ihrem Vater.
Summarien.
Behudere Stücke der Chriſtlichen Schuldigkeit:$.1. Als zufoͤrderſt ihre herzliche und hruͤnſtige Liebe zu GOtt mit Ver⸗
leugnung des Irdiſchen. 2. Zu ſolcher Liebe verlangeten fie eine zuaͤngliche Erkenntniß GOttes, z. wie auch ein unghla
figes Gebet und Ringen darnach ohne Furcht und Zweifel. 4. Aus ſolcher Liebe hielten fiedie Gebote Chriſti s. lauterlich in
allen Stücken;6. weil die Piebe das ganze Geſetze erfuͤlle und ewig bleibe, 7. auch dem Menichen ſelbſt Taufer Heil und Ger
ligkeit bringe, 8. 1 { GH
die Herzen, ıo. wirkete eine unendliche Güßigfeit. ıı.
$
eriten Ehriften gegen GOtt kuͤrzlich vor:
geitellet worden, foferne fie Der wahre
Grund alles übrigen Verhaltens gegen denfelben
gervefen ift. Nunmehro ſoll uns ihr Wandel zu
einem feinen Spiegel dienen in denen fonderbaren
Stücken der Chriſtlichen Schuldigfeit gegen den
wahren GOtt. Da ich denn zuförderft zeigen foll-
2: hieher ift uns die allgemeine Pflicht der.
und die wahren Kinder GOttes von Heuchlern unterfcheide.g. Hoͤherer Grad der Liebe vermundere
I
te, was vor einen Greuel ſie an aller theils groben,
theils fubtilen Abgötterey gehabthaben. Alleine
ich feße das nörhigite aus bis auf die Erzehlung
von ihrer wahren Berleugnung, vechten Gebrauch
der Creaturen, Maͤßigkeit und Klugheit, und der—
gleichen dahin zielenden Materien. Im übrigen
bat auchder Herr Cave in feinem erften Ehriften-
chum im 5. Cap. des J. Theils weitläuftig davon
gehan⸗
ET ET Re
—— FE a
—
*
Weie er denn auch alda im Anfang die Schuldig⸗
keit gegen GOtt wohl eintheilet, remotiue, in den
| ZSaß der Abgoͤtterey, und pofitine, in die bei:
Tige Gorafalt für den Gottesdienſt des
SErrn. Wenner aber im Anfang des 6. Cap.
diefe Stüde erzehlet, die zur Ehre GOttes
und wehren Anbetung gereichen, nemlic)
die Sorafalt des Orts, der Zeit, der Per:
fonen und der Urt des Gottesdienfts; fo
ift wol das Vornehmſte dabey ausgelaffen:
Und hätte ich wünfchen mögen, daß die Worte
des HEren ob. 4, 23. 24. wohl wären überlegt
worden, da er darinnen den Gottesdienſt des
Treuen Teftaments von dem vorigen unterfchei-
def, und jenen darinne fegt, Daß man den Vater
im Geift und in der Wahrheit anbeten würde.
Wovon aber im Anfang des 2 Buchs foll gere—
det werden. Jetzo erinnere nur dieſes, daß bie-
bey der weſentlichen Stücfedes wahren inne-
ren Bottesdienfts ganz vergeflen, und weder von
Glauben, noch Kiebe, noch Furcht, noch Der-
trauen, noch Hoffnung, oder andern höchitnötbi-
en Theilen gedacht worden fer. Da doch die-
bes alles in nicht geringer Maaſſe bey den Erft:
lingen der Gemeinen hervor geleuchtet bat, wo:
von auch Feine ſchlechte Merkmahle und Zeug:
niffe übrig find.
2. Bon ihrem Glauben find mir bereits im 6.
Cap. in etwas berichtet worden. Hier werden
wir mit ihrer herzlichen und brünftigen Liebe zu
thun haben, wie he gegen ihren GOtt theils im
Herzen gegründet a theils fich wirklich ge-
äuffere hat. Memlich fie mußten wohl, daß die
menſchliche Natur auch in ihrer Verderb-
niß noch immer etwas haben wolle, dar-
auf fie ihre Liebe werfen Fönne; und Iafle
fib das Herz immer auf acwiffe Bewe-
gungen und Affeeten zieben; ein Verlan—
gen werde immer durch das andere unter-
druckt, und eines wacfe aus dem an-
dern a). Machdem fie nun in ihrer, Erleuch-
tung dasmahre und allein liebenswürdige Gur
erkannt und wirflich zu genieſſen angefangen bat-
ten, fo Fonnte es nicht anders ſeyn, Die Liebe und
die Zuneigung ihres Geiftes mußte alsbald auf
folches Gut fallen, und zu einem gewiffen Stück
und Kennzeichen des wahren Chriſtenthums wer-
den. War demnach bey ihnen die Liebe zu
GOtt cin folches lebendiges Weſen in
13. C. Don ihrer wahren Liebe zu GOtt ihrem Vater.
gehandelt, bey deffen Bericht ich dißfalls beruhe.
95
ee 1 RER TE A
der Seele, das zwey Dinge aufs aenaufte
durch die Zuneigung des Herzens mit einan⸗
der knuͤpfte, nemlich das liebende Herz des Kin—
des mit dem geliebten Vater im Himmel b).
Dergleichen Begrif von diefer Pflicht aus ı Cor.
6, 17. und ı ob. 4, 16. auch gar gemein war
bey denen, die fie vechtfchaffen ausübeten. So
faget einer davon: «Was heißt GOtt lieben von
„ganzen Herzen? Nemlich, daß dein Herz nicht
„geneigt fen etwas mehr zulieben, als GOtt. Daß
„ou es nicht fücheft in Geld, Silber, Gütern,
„Ehrenämtern, Zierarh, Kleidung, Kindern,
„Eltern oder Freunden; fondern daß du wik
„ſeſt und glaubeft, du habeſt dis alles in GOtt,
„und alfo ihn über alles hoch halteſt c). Wo
ſich diefe Neigung funde im Herzen, da eilte
„ein Menfch, GOtt ſeinen Bater recht zu er—
„kennen, als dem er ſich ganz fehuldig erfannte,
„oem er dienen und fich widmen müßte, auf den
„er alle feine gefaßte Hoffnung feßte, in deſſen
„Güte er bey ullen Trübfalen als in einem fichern
„Haven ruhete. Diefen zu erkennen ward er mit
„einem feurigen Verlangen entzündet d).
3. Zu einer folchen wahren tiebe erforderten fie
vor allen Dingen einegnugfame Erfenneniß GOt⸗
tes und ſeiner Wohlthaten, durch welche fie an:
geflammet und erhalten werden muͤßte. So un⸗
terrichtete dorten Juftinus einen tehrbegierigen
bievon, und ſchriebe: „Wenn dumun die Guttha=
„ten deines GOttes wirft erkannt haben, was mey⸗
„neſt Du, mit was vor Freuden wirft du erfüllee
„werden ? Oder wie Boch wirft du den lieben, der
„dich erft fo ſehr geliebet bat? Wenn du aber nun
„ihn anfangen wirft lieb zugewinnen, fo wirft du
„feiner Guͤtigkeit nachfolgen e). Mabrlich,
„(Schreibt ein anderer,)du bift unfinnia, o Seele,
„wenn du den (nicht etwa gar nicht, fendern nur)
„laulich oder ſchlechthin liebeft, der div mit fo bet-
„tiger Liebe zuvor Fommen ift, und div noch viel
„berrlichere Dinge verfpricht,,f). Dahero jener
Altvater ſehr nachdruͤcklich und beweglich redete
zu einem Weibe, die die erfte Siebe CHriſti verlaf-
fen hatte: “Was haft du wolan JEſu zu tadeln
„gefunden, daß ‚du nun fü lebeit,, &)? Wodurch
fie auch wiederum gewonnen und befehret ward,
Freylich, (feger noch jemand hinzu) ift Feine kraͤf⸗
„eigere Reizung zur Siebe, als wenn man einem
„mit Siebe zuvor komme. Und da ift wahrhaftig
„das Herz ſehr harte, welches Feine Liebe will ver-
„gelten, wen fie an ihn gewandt ift,, h). Jar
mel
a) Hieronym.ep.22.ad Euftoch. b) Auguftinus lib. VII. de Trinit.c.10. c) Chryföfßomus hom. 37.Doin. ıg. poſt
Pentec. d Hilarius lib. I.de Trinit. init.
! e) Epift. ad Drögnetuni p. 386.
pophth. PP.ap. Corelerium n.40.p. 485. Tom. I. h) Augufi. de Catech. Rud, c, A
f) Cafiodor,de Amic, g) A-
96
weil die Siebe felbft von GOtt iſt, fo erfannte man
esbillig, daß fie auch wiederum auf GOtt gefüb-
ret wurde: “„Es ift höchitnörhig, Daß der, wel-
„cher aus der Gnade GOttes lieber, nichts als
„GDtt alleine liebe, Damit die Ströme wieder
„dahin flieffen, woher fie fommen find, und der
„Bach nicht von feiner Duelle abweiche, welcher
„von der Fülleder Gnade haufig heraus fleußt,, i).
Denn von Gott fordert und fuchet auc) Die Seele
alles, bey dem der Brunn des tebens ift. Zu—
maldaauch von Natur ein jedes Herz zur Erfennt-
niß der Ewigkeit geneigt ift, und ein Verlangen
nach feinem Urſprung in GOtt bat, weil es feine
geringe Verwandſchaft mit ihm an fich erkennt,
und daher defto mebr durch die Önade zu ihm ge
zogen wird H. Es galte noch immer bey ihnen
der Zuruf Sobannis, ı Jod. 4, 19. Laſſet uns
ihn lieben, denn er hat uns erft aclieber! Und
0.7. Die Liebe ift von GOtt. Welches denn
auch ein Ehriftlicher Poet aus der Erfahrung ob-
ne Zweifel befräftiget 1):
Wer eben und Freude im Herzen will finden,
Der fchließ eg dem Lichte des Geiftes nicht
zu: >28
Soll fihs mit au höchften Gut völlig ver-
inden
So ſchafft ihm die Siebe unendliche Ruh.
4. Aber aud) hiezu gehörte wahrhaftig ein fteti-
ges Wachen über fein eigen Kerze, und ein unab-
läßiges Gebet und Ringen um die wahre beitän-
dige riebe zu GDrt. Denn wer fich ſtets fel-
ber treibet, zu bebarren im Gebet, der wird
von der geiftlichen Liebe zur göttlichen Liebe
entzündet, und zu einem brennenden Derlan-
gen nah GOtt, er empfanget auch die
Gnade der Vollkommenheit von dem 2.
Geiſt, der ihn heiliget m). Und in einer fol-
chen Liebe ift alsdann Feine Furcht noch Zweifel,
noch andere Widermärtigfeit, denn ‚die voͤlli⸗
ge Liebe treiber die Furcht aus. ı ‘Job. 4, 18.
Darum auch jener alte geübte Chrifte zu fagen
pflegte: Ich fürchte mich vor GOtt nicht
mehr, fondern ich liebe ihn n). Biel weni-
ger leidet dieſe völlige Liebe der Creatur Liebe
und die Liebe diefer Welt neben fih in einem
Herzen. 1 Jod. 2, 15. So jemand die Welt lieb
bat, in dem ift nicht die Kiebe des Daters,
r. 3. Don der Pflicht und Bezeigung derer erften Ebriften gegen GOtt. **
„Eine iede Chriſtenſeele, die Chriſti Braut iſt,
m VE I u
“ . ”
» =:
„muß ihren GO alfo lieben, nichts in
„over Welt it, das fie mehr oder fo fehr liebe
„als GOtt. Wie viel fie aber mehr die
„Creatur liebet, je weniger lieber fie GOtt.
„Was heißt aber von ganzer Seelen GOtt
„lieben? (fraget einer, und antwortet zugleich:
„Es ift, ein feftes gewiſſes Kerze haben, in
„der Wahrheit und im Glauben wohl gegruͤn—
„det fenn,, 0), Woben fie denn wohl erinnerten,
es fey fo ferne,daß ein Chriftedie Creaturen mehr
lieben koͤnne, als GOtt, daß er vielmehr durch fie
immer Fräftiger zur Siebe gegen ihn angetrieben
werde. “Gefallen dir die Seelen wohl,(hieffe es,)
„daß du fie in GOtt liebeft, fo wiſſe, daß ſie auch
„veranderlich find, und in GOtt nur müffen be—
„feftiget werden, Drum liebe fie nur in GOtt,
„und veiffe fie mit dir zu GOtt, und fprich: Den
„laſſet uns lieben! den laffet uns lieben! Er hat
„oiefes alles gemacht, und ift nicht weit von ung,
„Gehet wieder in euer Herz, ihr Uebertreter, und
„hanget dem an, der euch gemacht hat. Ruhet in
„ihm, fo werdet iherubig feyn. Alles Gute, was
„ihr lieber, ift von ibn, und fo viel es zu ihm ge=
„führe wird, iſt es erſt gut und ſuͤſſe p).
5. Inſonderheit aber vergaß ein redlicher Lieb⸗
haber GOttes niemals des wahren Kennzeichens
der Liebe, welches der Heiland ſelbſt geſetzt hatte:
Wer wich liebet, der wird mein Wort halten,
ob. 14, 23. Und verf. 15. Liebet ihr mich,
fd halter meine Gebot. Siehe auch c. 15, 10.
ı job. 5, 3. Aus welchen Worten ein befann-
ter Lehrer unter den Alten dieſes fchlief-
fer: “Die wahre Liebe hat eine groſſe Gewalt,
„und wer vollkoͤmmlich geliebet wird, der eignet
„ich den ganzen Willen feines tiebhabers zu.
„Es ift auch nichts-heroifchers, als die Siebe,
„Wenn wir nun Chriſtum wahrhaftig lieben, und
wiſſen, daß wir durch fein Blut erlöfer find, fo _
„oürfen wir nichts weiter wollen, nichts mehr
„ehun, als was wir erfennen, das er von unsha-
„ben will, g), Und abermalhänget einer diefes
alfo an einander: “Die Siebe wird angeblafen,
„und verurfacher Dasjenige überflüßig, was gefa-
„get ift, (Joh. 5.) ich fuche nicht meinen Willen, °
„ſondern deß, der mic) gefande Bat. Denn fo
„wird Diefe Leberzeugung gewiß in dem Herzen
„liegen, daß das, was recht getban wird, dem *—
„ſten
i) Caffod. 1. c. k) Hilar. in Pf. 62. 1) Profper epigr.9. m) Macar. hom. 40. n) Apophth. 1. cn. 32,
0) Chryfoft. hom. 42. in Matth. p) Auguft. lib. IV, Conf. c. 12. q) Hieronym. ad Celantiam.
7
-
.
*
— —
13. Cap. Von ihrer wahren Liebe zu GOtt ihrem Vater.
„ſten Richter und Vergelter gefalle, und das Boͤ⸗
„fe hingegen von ihm verdammt werde. Dar:
„aus denn auch diefes gewiß folger, tie ich meyne,
„daß, der fo gefinnt ift, auch die Gebotedes HEren
„nicht nach der Menfchen Gefallen thut r), Ei—
„ne folche Seele lebet alles, was fie lebet, ihrem
„Gott zu gefallen, Alle ihr Sinn und Geift
iſt in GOtt. Sie läffet Feine Zeit zu, da fie
„des Gebots vergefien ſollte. In allen Gedan-
„een und Werfen denft fiean GOtt. Sie weiß,
„wie nöthig und vortheilhaftig ihr diefes ſey, wenn
„fie ſich in Liebe ftets in die Hinde GOttes durch
„ein ftetiges Andenken des Willens GOttes ein-
Iſchleußt s). Sie fucher ftets die Heiligung des
„Geiſtes, fiehangerftetsmit ihrer Liebe an GOtt,
„da wandelt ſie, da betet fie, in ihm ſetzet fie ihre
„BGedanken zur Ruhe, von allem andern weicher
„fie ferne. Daber wird fie würdig, daß fie die
„Gnade erlangt, ohne Anftoß zu leben, Dem geift-
„lichen Bräutigam angenehm zufenn r).
6. Dergleichen tob leget Euſebius einem, Der-
tius Epagathus genannt, bay ‚Daß er von feuri-
„ger Liebe GOttes und dem Antrieb des H. Geiftes
„entbrannt geweſen, und daher in allen Geboten
„GOttes und feinen Satzungen lauterlich ge
„wandelt habe. ya, erhabedahere et Leben fo
„genau eingerichtet, daß, ob er gleich ein junger
Menſch geweſen, erdennoch eben des tobs werth
„geachtet worden, welches die Schrift dein alten
„zacharia gibt (Luc. 1, 6.) su) Wozu auch
jener fromme Einfiedler fo treulich jedermann fte=
fig vermahnete, daR ja niemand der SLiebe
CSriſti etwas vorsichen falre x), Dabey
er die Herrlichkeit der Fünftigen Güter ſamt der
göttlichen Gnade und feinen Wohlthaten vorftell-
te, wie GOtt feines einigen Sohns nicht verfcho-
net, und füraller Menfchen Seligfeit ihn dahin
gegeben hätte. „Alſo Hielte man nun damals
„diefes für eine wahre Probe der Liebe: Wenn ein
„Menſch GDttes Gebot hielte, fo liebte er ihn
„auch; wenn er demjenigen in Andacht und Wer—
„ke diente, deſſen Dienft vielmehr eine Herrfchaft
„iſt. Denn fonft war ihnen bekannt, daß alfer
„Gehorſam vergeblich) ware, der nicht aus lau:
„terer Liebe flieſſe y)y. Diefe war bey ihnen der
„rechte Weg, und das Leben gleichſam der Tugen-
„den, der kojtlichere höhere a, (1 Cor. 12,31.
96, 13, 1. u. f.) darauf der Seelen das Heil
„Go0Sttes gezeiger wird. Sie war ihnen ein Licht
8) Bafılins M. Reg. fufnus difp. p. 424. s) Hilarins in Pfng. t) Macariws hom.4. u) Lib. IV. H. E. c. 7.
Athanaf.Vit. Anton.p.rıg. y)Caflod.l.c, z)Ibid. a)Greger. M.hom.z0,.inEuang. b) Augujf. Tract. 75.
97
„im Herzen, das die Sinnen und Begierden des
„Menfchen belle machte, daß er wiſſen Eonnte, wo
„eichtund Freude fey, 2). Zudem warneren fie
auch einander freulich, daß fie nicht ihnen ſelbſt
frauen möchten, wenn ihr Harz ohne Zeugniß der
Werke ihnen eine Liebe einbilden möchte. “Denn
Jur Liebe des Schöpfers gehöre Zunge, Harz und
„das ganze geben. Die Probe der tiebe fen die
„Erweifungdes Werfs a). Die tiebe muͤſſe mit
„ver That BetoiMen werden, damit der Name nicht
„ohne Frucht fen 6). Sie müffe ftarffeyn, damit
„das Herz nicht durch der Walt Ehre oder Luft ab-
„geführet werde, Es müffedie Weisheit CHriſti
„ver Seelen ſuͤſſe werden e). Ja die Gottſeligkeit
ſelber ſey nichts anders, als ein ſtetes Andenken
Gottes, eine ſtete Neigung zu feiner Erkenntniß,
„eine mermuͤdete Bewegung des Herzens zu ſei—
„ner tiebe, daß fein Tag noch Stunde einen Knecht
Gottes finden dürfe, darinn er nicht entweder
„in einer Hebung, oder im Fleiß zum Wachsthum
„im Guten, oder in der Suͤßigkeit feiner Empfin-
„dung und Freude des Genuffes vor GOTT fte-
„be, d). Summa, diß ſey der göttlichen Liebe
unmittelbare Wirkung, daß fie die Seele fo weit
vermöge, daß ſie GOtt gerne in allem wollte gefäl-
figfenn. Diß mochte wol jener Altvater Pam-
boim Herzen haben, der, als er eine Comödian-
ein fich fo Reißig ſchmuͤcken fabe, darüber bitterlich
weinte, und auf Befragen die Urfache gab: Ich
weine zwar auch über das Elend des ar-
men Weibes, aber vornemlich darum,
weil ich niemals ſo groſſen Sleiß ange-
wendet babe, meinem BOTT zu gefallen,
als diefe, daß fie böfen Keuten gefallen
möge e).
7. Wann nun ein Chrifte alfo die Liebe in ſich
wirken. lieſſe, fo war nächit andern auch diefes
fein geringer Vorzug daraus, daß dem weifen
G0Ott gefallen hatte, Fein gröffer und älter Gebot
zugeben, alsdiefes, und daß die Liebe das ganze
Geſetz erfülle, Rom. 13,8. 10. nicht weniger, “Daß
„fie bleibe und beſtehe, wenn ſchon die andern alte
„aufhören müßten. Ja, daß weder die Begrei—
„fung der hoͤchſten Geheimniſſe, noch der Glaube,
„noch die Weiflagung etwas wäre ohne die Liebe,
„welche den Menfchen vollfommen mache bier
„und in jener Welt. Denn ſie wußten, daß ihre
„Siebe zu GOtt niemals aufhoͤren werde, ſondern
„je mehr fie ihn alsdenn anſchauen würden, je
mebr
x)
inIoh. c) Bernhard, ferm. 20. inCant, d)Id.Epift.ad Fr,de Monte Dei, e) Socrates lib. IV. c. 23. et Vise
Patrum Gr. Lib. V. c.3.n. 14. etc.
98
„inehr würden fie in lieben £). Das erite bewie-
„ten fie auch aus der Erfahrung. Denn, (fagten
„ſie,) wie ein Eheweib, das den Mann recht lie-
„bet, weder die Ehe bricht, noch tödtet, noch
„ſtihlt: alfo, wer GOtt wahrhaftig liebt, der er=
„fuͤllet das Gefeß 2). Ein folcher wird auch fein
„ziel noch Maak finden, daß er aufhören follte,
„Gott zulicben. Kommt ereinmal zum Genuß
„GOttes, fo weiß er von Feiner GSattigung, je
„mehr er ihn gefchmeckt hat, je mehr hungere ihn
„nach ihm. Er wird von einer unübermindli-
„chen Brunft gegen GOtt getrieben, und je gröf-
„fer fein Fleiß ift zu wachfen ‚: defto armer halter
„ſich in feinen Augen, als ob er nichts fey,, b).
Daß alfo auch hierinnen Feine Gefahr von geiftli-
cher Hoffart zu beforgen war, daß ein Liebhaber
GOttes nun die völlige Erfüllung des Gefeßes
vorgegeben hätte; fondern je weiter er in Die
Liebe GOttes gleichfam verſank, je weniger Eonnte
erfagen, daß er GOtt recht liebte, weil GOttes
Liebe, damit er ihn zuerſt gefiebet hatte, ihn noch
unendlich weit hierinnen übertraf.
8. Zudem fo triebeinen rechten Liebhaber GOt—
tes die herzliche Siebe Fräftig an, feinem GOtt im-
mergehorfamer und gefälliger zu werden. Da-
zu fie abermal eine lebendige Erfahrung forder-
ten, die aus Erkenntniß der göttlichen Wohlthaten
ihm eingepflanzet und vermehret ward. Wo
aber die Liebe zunahm, da ward der See—
Ien mehr Serrlichfeit bereitet, die ihn
wabrbaftig Tiebte 1). Wovon auch ein be-
rühmter Sehrer diefe Gedanfen hat: "Wir Men-
„ſchen lieben GOtt, die Sterbliche den Unfterbli-
„chen, die Sünder den Gerechten, das Gefchöpfe
„oen Schöpfer. Meynft du, daß GStt einen
„Vortheil davon habe, daß du ihn liebeſt? Wird
„mol dem HEren etwas zumachfen, daß du ihn
„lieb Haft! Dder wird ihm etwas abgehen, wenn
„du es nicht ehuft? Du wirft durch die Siebe bef-
„ſer, und nicht ers, k). Wie aud) ein anderer
folgende: “GOtt fordert Liebe von uns, nicht
„daß er einen Mugen von unferer $jebe vor fich ge:
„nieſſe, fondern daß die Liebe — uns ſelbſt
„zugutfomme, die wir ihn lieben. Denn er for—
„dert deswegen Liebe und Gehorſam, daß wir wür-
„dig erfunden werden moͤgen der Gnade ſeines
„Heils und ſeiner Guͤte. Nun aber dienet der
„Gebrauch des Guten, zum Exempel des Son:
.ben, die er auch noch in diefer Zeit an ihnen nach
“
1.3. Don der Pflicht und Bezeigung derer erften Ebriften gegen GOtt.
„nenfcheins, des Lichts, des Geruchs, nicht dem
„Geber, fondern dem NMehmer. Darum, was
wir find, das ift vielmehr unfer Vortheil, alsdek
„fen, der uns darzu untermeifet 1). 3
9. Und wenn nur diefer Nutzen aus einer herz=
lichen Siebe erfolget wäre, daß fie ein gewiſſes
Kennzeichen ihres wahren Glaubens bey fich ge=
babt, fo wäre es ein unfchägbar Kleinod zu nen⸗
nen: gefchmweige, da fo viel andere Herrlichkeit
fich äufferte. Hier fonnteman einen Heuchler vor.
einem redlichen Rinde GOttes Fennen lernenz wie
einer davon den Ausfpruch fehr eifrig thut:
„Alle, Die GOtt nicht lieben, find entfremdet von
„ihm, und Widerchriften. Db fie gleich in die
„Kirchen gehen, find fie doch Feine Kinder GO:
„tes. Es Fann einer die Taufe haben, und fann doch
„boͤſe ſeyn. Es kann einer den Namen eines Chri⸗
„ſten tragen, und kann dennoch gottlos ſeyn. Er
„kann alle Geheimniſſe haben, und kann boͤſe ſeyn.
„Aber wer Liebe hat, der kann nicht böfe feyn,, m).
Hingegen ſchreibet jener: “Gib mir eine Seele,
„die nichts als GOtt liebt, und was um GOttes
„willen zu lieben ift, der EHriftus nur ihr Leben
„it, die ſtets ihren GOtt vor Augen bat, die all-
„jeit mit ihm behurfam wandelt; diefe ift wür-
„dig der Vorſorge ihres Liebhabers, und der Öe-
„roogenheit ihres Braͤutigams, n). Dahero
auch der Ausfpruch jenes alten Lehrers wahr be-
funden wird: Wer in der Liebe fteber, dem
wird Feine Sünde zugerechnet; weil doc)
nichts verdammliches an denen ift, die in EHri-
fto find, welches durch die Liebe gefchießt 0). Und
diefes hat ein Chriftlicher Poet alfo ausgedrücket
nach unferer Sprache:
Ein reiner und erleuchter Sinn
Kann von der Tugend Früchten effen: |
Die Lieb ergreift und treibt ihn hin ‚At
Zu GOtt, mo fie recht eingefeffen, x
Da wird er nie vom Lieben leer, F
Es fleußt aus GOttes Duell noch mehr p).
10. Wer zu einem höhern Grad der tiebe kom⸗
men war, der erfuhr, daß des HErrn Verheif--
fungen wahrhaftig waren, gegen die, fo ihn lie
feiner Weisheit erfülle. “Er ward davon über-
„mogen und gleichfam trunfen gemacht, ja ver=
„fchlungen und gefangen genommen in eine an—
„dere Welt, gleich als ob er feine Matur nicht
„mehr
N
f) Irenauslib. V.c.25. 8) Hieronym. procem. inCantic. h) Macar. hom. 15. i)Ireneuslib.V.c.ı2. k) Augufl.
ferm. 2. de Diuerfis. 1) Hilar. in Pfal. 2.
m) Auguft. Tra&t. 2.in Ep. Ioh. 1.
n) Bernhard. fern, 69. in Cant.
0) Almericus ideo aduerfus Innocent, II. iniquam fententiam defenfüs ab Yrö. Rhegio Loc. Theol.p.63.
P) Projper Epigr. gi.
x 13. Cap. Don ihrer wahren Liebe zu GOtt ihrem Vater.
„mehr empfünde, g): wie davon die Alten viel
u rühmen wiffen, fo mir unten fehen wollen bey
dem Nutzen des wahren ——— Wenn
„der Stral des Iebendigmachenden Geiſtes GOt⸗
„tes in ihr Herz fiel, fo ward es verwundet von
„görtlicher Siebe gegen den himmliſchen König
„eHriftum JEfum, und fie wurden zu diefer
„unausfprechlichen Herrlichkeit im Geifte getvie-
„ben, zudem unbegreiflichen Reichthum des wah:
„ten und ewigen Königes. Deffen Verlangen
„bielte die glaubigen Seelen gefangen, und fie
„waren ganz darinn vertieft und verſenkt, wuͤnſch⸗
„ten auch, die unausfprechlichen Güter zu erlan-
„gen, die fie im Geifte fahen. Sie hielten auch
„gegen feine Gnade alle Herrlichkeit der Welt, al-
„ten Reichthum und Hoheit der Könige und Po-
„eentaten für nichts. Denn ſie waren von der
„ööttlichen Schönheit verwundet, und das Leben
„Der bimmlifchen Unfterblichfeit war in fie einge-
„föffer. Deswegen begehrten fie die Liebe Dies
„simmelsföniges, und hatten ihn nur allein in
„ihrem Verlangen vor Augen; durch ihn befrey-
„ten fie fich von aller Liebe der Welt, und entriffen
ſich den Banden der irdifchen Eitelfeiten, da-
„init fie diefe Begierden allein in ihrem Herzen
hegen Eonnten r). Alle Ereaturen riefen ihnen
„gleichfam zu in ihren Herzen: Liebe den, der uns
„gemacht hat! Sie liebten zwar nicht Aufferli=
„hen Schein, Ficht, Stimmen, Geruch, Spei-
„fen, und dergleichen: Und dennoch funden fie
„in GOttes Liebe altes , wen na fchiene etwas,
„das fein Drt begreift, und erfchallte, was Feine
„zeit rauben Fann; wenn fie ſchmeckten, was
„nichts verzehren Fann s).
ı. Solche Früchte trug die genaue Freund:
fhaftstiebe mit GOtt: Sie waren nicht. Auffer-
Jich noch fichtbar. _ Die Liebe felbft belohnte fich
„in ihnen: Ihre Frucht war Friede und Freude
„im Heiligen Geifte r). Die Seele bienge fo dem
„Schöpfer in der tiebe defto genauer an, je füller
„08 ihr ſchmeckte, wie freundlich dev HErr ſey.
„e groͤſſer Die —— 7— von dem Guten iſt,
Je gröffer ift auch derfelben Seligkeit u). So:
„dann ward ihr Verſtand helle und lauter, ihr
„Verlangen ward gleichfam warn , fie wuͤnſchte
„lich in feinen Liebesarmen, ihn zu umfaffen; fie
99
„merkte, daß fie ihn fchon Bielte, und beforgte,
„daß ſie ihn wiederum verlieren möchte, Deswe-
„gen verbande fie ſich demfelben immer näher
„oucch eine anmurhige DBerfnüpfung der Liebe,
„Das war der Liebhaber der Seelen, der unficht-
„barlich, aber barmherzig und gnädig fich zu ihe
„nahete, daß er ſie erweckte, und ihr eingabin den
„Schoos ihrer Liebe ſich ſelbſt, daß er ihre Liebe
„bruͤnſtiger machte, ihre innwendige Augen er—
„leuchtete, ihre Begierden entzuͤndete. Er gab
„ihr die Erſtlinge, ob gleich nicht die Fuͤlle ſeiner
Suͤßigkeit zu en: damit fie in folcher Er-
„fahrung probirte, wie füffe er fich nun erzeigen
„werde, wenn er in feiner Herrlichkeit erfcheinen
„wird, x). Welche Wirfung der göttlichen Lie—
be ohne Zweifel auch derjenige erfahren Bat, der
uns folgenden Ausdruck davon Binterlaffen, nad)
eines andern Ueberſetzung y): *
Dein tieben, o JEſu, das ſpeiſet die Sinnen,
So bald dir die Seele kann Schmack abgewin«
nen;
Das ſaͤttigt ohn Eckel mit himmliſchen Gaben,
Und mache mehr Verlangen und Hunger zu
haben.
Wenn man dich "said fo will man mehr
eſſen
Wer trinket, dem wird nie genug eingemef:
en:
Man Fann nichts N man kann nichts
egehren,
As JEſum, daßerdoch die Seele follnäßren.
So bleibet die Liebe fein immer in Flammen,
So fchläger die Lohe beftändig zufammen:
Sie laßt ſich nicht löfchen, man Fann fie nicht
Kun dämpfen,
Sie waͤchſet, und weiß mit Verfuchung zu
kaͤmpfen.
Und ein anderer 2):
saß die Begierden nur nach GOtt hinziehen,
Was göttlich ift, fen deiner Seufjer Ziel:
Er Bat dir noch nicht Fiebe gnug verliehen:
Die Siebe Beifcht von ihm doch nie zu viel,
Der tiebfte Fann der Braut nie was verfagen :
Den ihm follft du noch ! noch Hunger
lagen,
N 2 Das
q) Macarius hom. 27. r) Idem hom. 3. 5) AuguflinusX.Confell:c. 6. t)Cafroderusde Amic, u)Ibid,}.c,
7
x)Ibid. fine. y) Autor hymni: Ieſu dwleis memoria. 7) Gregorius Nazianz, Carın, 27.
100
1.3. Don der Pflicht und Bezeigung derer erften Chriſten gegen GOtt.
Das 14. Kapitel, Ka
Bon der erften Ehriften Sucht und Vertrauen gegen
Summarien.
Ri hre Furcht und Ehrerbiefung vor GOtt zu beweiſen, S.1. beriefen fie fich auf die eingepflanzte natürliche Erfenntnif, 2.
tes, 4.
die ein Hende wider die Ehriften unter
andern vorbrachte, Daraus man erfen-
nen Fann, wieder Satan auch die allerbeften Dinge
zu verdrehen und zum Bofen anzumenden weiß.
Nemlich, er redete alfo von ihnen: Was erdich-
„ten ihnen doch die Chriften vor Ungeheur und
„wunderliche Dinge? Siefagen, ihr GOtt, den
„ſie weder weiſen nach felbft fehen koͤnnen, forfche
„fleißig nach aller Menſchen Sitten, Werken und
„Worten, ja nach den verborgenen Gedanken,
„weil er nemlich herum gehe, und uͤberall zugegen
„fen. Sie wollen haben, er ſolle den Leuten fü be—
„ſchwerlich, unruhig, unverſchaͤmt und neugie—
„rig ſeyn. Denn er ſoll bey allem Thun da ſtehen,
„ſoll an allen Orten herum vagiren, da er doch eis
„nem jeden unmoͤglich dienen Fann, weil er mit al⸗
„ten befchäftige ift,,2). Dem ungeacht, antwor-
tet dennoch ein gottfürchtender Chriſte darauf
getroft: Eben deswegen glaubten die Chriften
nur GOtt, weil fie ihm weder fehen noch weifen
fönnten, fondern nur empfinden. Sie merften
feine Kraft ja täglich an feinen Werfen. Und
wie Fonnte erdas Thunder Menfchen nicht in acht
nehmen, da alles im Himmel und Erden mit
GOttes unendlicher Majeftät angefüller fen? Ex
iſt (faget er) nicht allein um uns herum, fondern
aud) in uns. Wir wirken nicht allein unter ihm,
fondern auch mit ihm und feiner Kraft b). And
eben diefe Allgegenwart und unumſchraͤnckte Ma-
jeftät GOttes war ein gemwiffer Grund ihrer
Furcht und Scheu vor ihm. Wovon einer an
die Heyden folgende Befenneniß that: “Wir
„glauben, daß GOtt, wenner anders wahrhaftig
„Gott ſeyn ſoll, alleshoren müffe, was ein jeder
„redet, fo wol, als wenn er gegenwaͤrtig wäre;
„ja er muͤſſe zuvor wiſſen, mas ein jeder in feinen
„heimlichen Gedanken ſtillſchweigend faffe, Denn
a) Ccilius ap. Minntium Felicem Oav Pr335..% b) Ib, p. 368.
e) Tertull, 1,€,
d) Tertullian. lib. de Teitim, Anime e. 2.
und ſonderlich auch auf die Erleuchtung des H Geiſtes und Einwohnung des HErrn, 3. wieauchauf die Heiligkeit GHOF-
welche Ircht und Demuth vor GOtt wirket, 5. als einem Schöpferund Richter der ganzen Welt. 6. _d
Eindlicher Liebe und Vertrauen verbunden, 7. ohne Vermegenheit und Verzweifelung; 8.
in kindlichem Vertrauen; 10. ohne Schüchternheit und Rißtrauen gegen GOtt. ır.
$.
En tbörichte Befchuldigung war es wol,
och mit
zur Befrenung von Sünden, 9,
IJ.
„das iſt eine goͤttliche Eigenſchaft, alles mit ſeiner
„Macht erfuͤllen; nicht ſtuͤckweiſe, ſondern uͤberall
„ganz ſeyn c).
2. In folchen offenbaren Wahrheiten war ih—
nen nun leicht, denen ungereimten Einwuͤrfen
der fichern Weltkinder zu begegnen, da fie fich ges
troſt auf die ihnen eingepflanzte natürliche Er-
kenntniß beruffen fonnten. Denn ſie ſchloſſen alfo
wider ſie, theils ſie ihrer Pflicht zu erinnern,
theils ihnen die Urſachen ihrer Gottesfurcht dar—
zulegen: Wenn die Seele entweder gar goͤtt⸗
„ch, oder doch von GOtt gegeben ift, fo muß fie
„ohne Zweifel ihren Geber erfennen. Kennet
„fie ihn nun, fo muß ſie ihn auch fürchten, als einen
„ſo groffen Urheber ihres Wefens. Und mie follte
„ſie ihn nicht fürchten, deflen Gnade fie ja lieber
„wuͤnſcht, als feinen Zorn? Woher Fomme nun
„die natürliche Furcht vor GOtt in der Seelen,
wenn Oott nicht zürnen fonnte? Wie follte man
„ſich vor dem fürchten, der nicht zürnen Fann $
„Was fiheuet man fonft, als den Zorn? Woher
„aber (fchließt er weiter) ift der Zorn, als da—
„ber, weil GOtt acht Hat aufdie Menfchen? Und
woher ruͤhrt dieſes, als von dem Gerichte GOt⸗
„tes? Woher fommtdas Gerichte, als von feiner
„Macht? Wer hat aber die hoͤchſte Macht, als
„ODE alleine,, 4)? Wie denn eben auch diefer
Mann, der die angeführten Worte feßet, dabe
anmerfer, daß die Gortlofen deswegen fonderli
die wahren Ehriften verachteten und vermwürfen,
„weil fie aus Furcht vor dem verkuͤndigten Gerich⸗
„te GOttes zu der Zucht des wahren Ehriften-
„thums ſich begeben hätten. Sie aber meynten,
„GoOtt Damit eine Ehrezu ermeifen, wenn fie ihn
„von aller Sorge der Aufficht losfprachen, als
„dern fie nicht einmal Zorn beylegen mwollten,, e),
Und ein anderer fucher denen Ruchloſen
ihr
©) Ärnobins lib. VI. adu, Gent. p. 241°
ni
4
14€. Don der erſten Chriſten Furcht und Vertrauen gegen GOtt.
ihr Gewiſſen zu rühren, wenn er fie alſo anve-
‚det: “She flrafer nur die Uebelthaten , die be-
sangen werden ; bey ung aber iſt auch ein böfer
*
edanke ſchon Suͤnde. Ihr fuͤrchtet euch vor
„denen, die etwas mit euch wiſſen; wir ſcheuen
„uns auch vor unferm-eigenen Gewiſſen, ohne
welches wir nicht ſeyn Fonnen „,f). Ya, einge-
lehrter und erfahrner Mann, der fic) lange Zeit
nad) der wahren Weisheit in der Welt umgefe-
ben, und fie alleine bey den Ehriften gefunden
hatte, fagte ihnen unter Augen: “Er babe erfah—
„ren, daß diefes die einige, gewiſſe und felige
„Weisheit fen ; denn fie habe eine Scheu bey
„ſich, und Fönne diejenigen erfchrecken und überzeu:
„gen, die von dem rechten Weg abgewandt ſeyn,
„weil nemlich fie eine göttliche Ehre, Furcht und
„Scheu, ja gleichfam einen Schauer vor der
„Majeftat des Hochften in die Herzen bein:
geg).
3. Zu dieſem Grund, der in der Natur lag,
ſetzten fie noch einen Fräftigern, den fie aus der Er—
leuchtung des H. Geiftes faſſeten, welche über die
allgemeine Gegenwart Gottes auch feine fonder:
bare Anmwefenbeit zeigte, und zur gebührenden
Ehrerbietung gegen den groſſen HEren aufwecken
fonnte. Das meynten fie durch das Wandeln
por dem ren, ı Buch Mof, 17,1. und durch
andere dergleichen Beſchreibungen eines gott:
fürchtigen Lebens. Pf. 139,7-10. Pi.35, 23. 24. Job
34, 24.22, Ef.29, 15.16. Memlich die, fo auf
des HEren Wege acht hatten, ſahen wohl, daß
er ſich nirgends unbezeugt liefle. Wer die un:
zaͤhligen Zeuaniffe GOttes recht forſchete, der
bliebe wohl felia; er fonnte auch nicht anders
als fromm leben, weil er wußte, daß er oh—
ne diefen Zeugen nicht fündigen konnte, und
daß er nicht in der Welt allein Icbte, Ob
nun gleich der natürliche Menfch, dem ungeadit,
zur Sünde geneigt ift, fo ſcheuet er fich doch vor
einem Zeugen zu fündigen, als zu ftehlen, zu ehe—
brechen, und dergleichen, ya, wenn auch das
Gemürbe aus Begierde zum Böfen ben den Gott:
Iofen fehon bereit zur Sünde ift, fo wird doch feine
d———— zuruͤk gehalten, wenn ein Zeuge da-
zu kommt. “Was follte aber nun ein Chriſte nicht
thun, der da weiß, daß er nicht allein von GOTT
„umgeben fen, fondern auch von fo vielen Zeug:
„niffen der geiftlichen Kräfte, als Dienern des
„Hoͤchſten bſ. Eine folhe Scheu muß die Huͤte⸗
f) Minutins Felix Od. p. 373.
kan. de Preferu. adu. Hæret. c. 43.
g) Zufinus Martyr Dial. cum Tryph. p. 225.
Cyprianus ep.2. k) Tertullianus lib. de Spedt, c. 27.
101
„rin unſerer Unſchuld ſeyn, daß der HErr, der
„in unſere Herzen guͤtigſt eingefloſſen iſt, durch ſei—
„ne himmliſche Gnade uns bey richtiger Wirkung
„erhalte in der Wohnung des Herzens, damit die
„Sicherheit nicht Nachlaͤßigkeit verurſache, und
„der alte Feind aufs neue uns himerſchleiche —
wie ein geuͤbter Chriſte davon an andere feine Bruͤ⸗
der ſchreibet i). , Mit welchem Grunde einſten ein
eifriger Lehrer einige verführte Herzen zurüf hal—
ten wollte, Die entweder aus Menfchenfurcht oder
aus Meugierigkeit fich unter den Heyden bey ih-
ven Feften hatten finden laflen. Denn , (fagte
er) wenn gleich dich jemand dort für einen Chri—
„ſten anfiehet, fo denfe doch, was deinetwegen
„un Himmel vorgehet. Zweifelſt du noch, daß
„eben in dem Augenblick, da du in der Gemeine
„des Teufels bift, alle Engel gleichfam zufchauen,
„und einen jeden Chriften bemerken, der dabey
„iſt, k)? Dergleichen Beweisthum auch ein an—
derer in gebundener Rede führer :
Wo willt du, Sünder , doch vor GOttes
Antlitz bleiben ?
Das Wort, dadurch dein Leib und Seel gebildet
ſeyn,
Erfuͤllt dich durch und durch, durchgeht dir
Marf und Bein.
Wo foll dic) Flug und Flucht vor feiner
Hand hintreiben?
Denf nicht, du wolleft dich vor dieſem GOtt
verftecken:
Er Fann dich auch aus Grab und Finfterniß ers
wecken),
4. Naͤchſt dem hatten fie einen Eräftigen Trieb
zur wahren Furcht vor ihrem Vater an feiner Hei:
ligkeit, als deffen reines und unbeflecktes Weſen fie
in eine Heilige und ernfthafte Scheu abermal feßte,
fi) an ihm zu aka Ef. 8,13. Sie ſchloſſen
abermal alfa: “Wo Gott iſt, da iſt auch die Furcht
„vor GOtt, welche ver Weisheit Anfang ift. Wo
„aber Furcht iſt, da ift eine anftändige Ernfthaftig:
„feit, und ein wachfamer Fleiß und herzliche Sorge
„falt, auch eine — Gemeinſchaft und ehrer⸗
„bietige Unterwerfung, nicht weniger eine andaͤchti⸗
* ergebenſte Aufwartung und Gefliſſenheit.
„Da iſt die Gemeine unter ſich eins, und alles
„göttlich „m). Daraus erfolgte eine ſelige
Schambaftigfeit, dadurch fich die Kinder Got—
tes ſchaͤmeten zu ſuͤndigen. a, wenn auc) gleich
N 3 Men:
h) Hilarius in Pfal.rıg. i)
l) Marius Victor lib.I.Genef. p.321. m) Tertul-
102
Menfchen nicht um ſie waren, “fo feheueten fie
„das göttliche Aneliß defto mehr, je mehr fie
„glaubten, daß GOtt reiner ſey, alsein Menfd);
„und daß erdahero defto ſchwerer beleidiger würde
„von dem Sünder, je mehr er von aller Suͤnde
„entfernet ift,,. Eine folche Schamhaftigfeit pfle-
get, nach der Anmerfung eines fehr fromen Lehrers,
die Schande zu verhüten, daß der Menfch die
Suͤnde nicht begehet, oder, wenn fie zuvor began-
gen ift, in der Buſſe fich felbft ftraft und in der
Bekenntniß los wird n). Demnach “führe ein R
„Rind Gottes ein ſolch geben, das dem Anfchauen
„Gottes anftehee, und unfchuldig ift: weil er
„auch die Gedanken und Bewegungen der Herzen
„eennet , und Fein’ Unreiner feines Anfchauens
„werth iſt ,0). Diefen Beiligen GOtt hindert
ſeine Reinigkeit nicht, daß er auch nicht die boͤſen
Werke, und alſo alles anſchauen und wiſſen foll-
tep). Darum, (ſchreibet einer,) wie ich mich in
„Öegenmwart eines vornehmen Mannes nicht, aus
„Verachtung deffelben, zu einem geringen wenden
„wuͤrde: alfo muß ich mid) auch nicht ‘gegen
„GOtt verhalten. Glaube ich gewiß, daß er mir
„zugegen fen, und weiß auch, was ihm mohlgefälle,
„ſo Darf ich mich nicht abwenden, Menfchen et:
„was zu Gefallen zu thun, oder die Gebote Got—
u Ki faffen, und nach der eute Gewohnheit
le eng):
5. Jener erfaßrne Altvater wurde von einem
Sehrbegierigen gefragt: Wie doch die Surchtdes
SErrn in die Seele Fame! Dem er denn alfo
antwortete nach eben diefem Grunde: Wenn
der Menſch Demurb vor GOTT und fei-
ner Heiligkeit bat, und nichts weiter be-
figtr). Woraufauceinanderer fahe, wenn er fie
nochnaher führte zu der Regel der Gortesfurcht,
nemlich dem göttlichen Gebot, welches aus der
Heiligkeit des HEren feinen Urfprung hat. Denn
(fagter, wenn er eines aus dem andern führen will, )
„der Anfang der menfchlichen Seligkeit ift die
Furcht Gottes, und die Wurzel alles Guten ift
„das Gefes GOttes. Nun beitehet aber das Ge-
„‚feß nicht ohne die Furcht, noch die Furcht ohne das
Geſetz. Denn das Gefeß hat die Furcht gleichfam
„zum Diener feiner Gebote; die Furcht aber vor
„ven Geboten wird vondem Gefeg gerichtet. Wer
„alfo mit Furcht zu Gottes Geboten trit, und zu
„dern Gefeßgeber felbit naher, der wandelt un-
„ter den Heiligen, und wird unter Die Srommen
«
1. B. Don der Pflicht und Bezeigung derer erften Chriſten gegen GOtt.
„gerechnet. Hingegen wer wider die Gottesfurcht
„noch verwegen ft, und mit Kühnbeit zum Ges
„ſetz GOttes naher , der ift Feiner Gnade werth,
„iondern wird als unfüchtig verworfen. Darum
„die,fo mit Zucht und Verlangen das Gebot Got-
„tes zu halten anfangen, die werden in allen Rech—
„ten gelehret und erleuchtet, ja von der Sr
feibft im Gottesdienſt unterrichtet „s). Es Fonnte
auch bey erleuchteten Herzen nicht anders feyn, als
daß ſie ihrem GOTT gar anders und mit tieferer
everenz begegneten, als etwa die ficheren Welt—
leute thaten und noch thun. Wer mit ſeiner An⸗
dacht zum Stul Bortes ftieg, und dafelbftim
Beift ftets vor feinem Antlitz ftunde, der
mußte ja in fleter Scheu fichen, damit er
nicht auf einige weife von feinen Heil. We-
gen wiche t). Die Gegenwart , und zwar Die
heilige und vollfommene Gegenwart der Ik
feit GOttes, war in ihnen fo Fraftig, weil ſie ihnen
Geiſt, Seel und Leib durchdrunge, daß fie lieber
ai litten, ehe fie felbige wiſſentlich beleidiger
äften.
6. So groß war die Kraft der lebendigen Er-
kenntniß GOttes, daß fie ihre Früchte durch das
ganze Leben der erften Chriften austheilte, Wer
wollte es ihnen denn verdenfen, daß fie diefes für
die größte Runſt Bielten, daB fie wußten,
GOtt ſey der Schöpfer und Xichter der
ganzen Welt, der einem jeden feinen rech—
ten Lohn gebe nach der Befcbaffenbeit fei-
nes Lebens u)? Daraus fie denn diefes mei-
ter fich felbft und andere erinnerten: Bey allen
unfern Lebensarten müffen wir das Unden-
Een des göttlichen Berichts faffen und be-
halten; damit, wenn wir etwas thun, uns
die Erinnerung deffelben beyfalle, oder
vielmehr niemals entfalle, und alſo unfer
Thun den Geboten GOttes folge. Geligift
denn der, welcher nichts ohne Andenken an
GOttes Gericht, undalfo obne feine Surcht
tbutx). Dis war der Kath jenes Alten, daß
ein Chrifte allzeit, wenn ihm etwas Boͤſes in
Sinn fame, fih zu. GOTT fehren follte, ihn
fuchen und an fein ewiges Gerichte gedenfen, ſo
wiirde Die böfe Bewegung alsbald, wegfallen,
und nicht mehr zu ſehen feyny). Wie denn die:
fes nach der Vorfchrift göteliches Worts der Fra:
tigften Gruͤnde einer war , der fie in der wahren
Furcht behielte, nemlich die Gerechtigkeit Got:
— tes,
n) Bernhard. Serm. adMil. Temp.c.ı2. » 0) Hilariusl.c. p) Conſtantinus M. Orat. ad Sanct. Cœt. c.s. q) Ba-
‚flius M. Reg. fuſ. difp. p. 423. r) Euprepius Abbas ap. Corelerium Apophth. P.P. n.5. p. 436. s) Chryjo-
omus hom: in Matth. XXI, 23.ap.eund. Tom.IIL.p.ı2ı. t) Macarius hom.15. _u) Bafılins M. hom.r. in
Hexadın. x) Hilarins in Pf, 118.
y) Cronius ap. Cortelerium l. e. p. 314.
— BE
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IK
14€. Donder erften Ehriften Furcht und Vertrauen gegen GOtt.
tes, dazu fie der Heiland felbit angeführet bat-
te. oyranıh 10,28. Funden fich einige, die da ficher
werden wollten, fo erweckten fie fie durch dieſe Liv:
fahen: EHriftus würde fich nicht betrügen noch
fpotten laffen. Er febein das Herz, Menſchen
nur nach dem Ungefichtez). Wollte ſich je-
mand durch Verbeiffungen nicht bewegen
laffen, den möchten die Strafen ſchrecken.
Wäre ibm gering, was BOTT verfpräce,
der müßte erzittern vor feinen Drobunaen.
Zum Böfen müßten auch Feine Drobunaen
zwingen, vom Buten ſollten ihn Feine Der:
beiffungen abſchrecken a).
7. Jedoch verhuͤteten fie auf alle Art und Wei:
fe, daß diefe Ehrfurcht vor der Gerechtigfeit Got-
tes auf Feine Fnechtifche Sclaveren verfiele, die
das Vertrauen und die Findliche Liebe zu GOTT
aufbeben möchte, und den Gottlofen eigen ift;
1%%05.4,18. fondern fie fahen dahin, wie fie
ihren geliebten Vater im Himmel auf feine
Weiſe beleidigen, und nicht aus Furcht der
Strafe ihm dieneten. Drum machten fie einen
Unterfcheid , wenn fich einer fürchtete vor der
Strafe , weil er gefündiger hat, und wenn er fich
beforgte, er möchte Fünjtig fündigeny und dahero
über feine Belohnung befümmert feyn mußte. Je—
ne geftunden fie feinem Kinde GOttes, aber wol
biete b). Denn diefe war der ganzen wahren Kir⸗
che Ehriftigemein, als welche die Wege ihrer
Aufrichtiafeit und Einfalt in Surcht anftena,
aber in der Siebe vollendete. Durch die
Furcht wurden bep ihnen die Laſter unter-
druckt, aber durch die Liebe wurden ihre Tu—
genden erwecket, daß alfo beydes mit einan-
der wohl vermenget ſeyn konntee). Man fahe
bey verftändigen Chriften wohl zu, “daß man die
led des HErrn in der Liebe bleiben lieſſe,
„und daß ihre Bewegung eine völlige tiebe vollen:
„dete. Denn fo wardiefes der Liebe eigenePflicht,
„ven Willen Gottes folgen, feinen Saßungen
„nachfommen, auf feine Bergeiffungen Frauen .
Denn fie fuchten *die Gottesturcht nicht im *
„tern und Zagen vor GOtt, ſondern im Gehorſam,
„in Erkenntniß der Wahrheit, und in den Werken
„eines unſchuldigen Lebens „. Wollte einer nur
deswegen GOtt fürchten, weil er durch Donner
und Hagel, durch Erdbeben und anders Schaden
gethan, fo war Fein Glaube in folcher Furcht a).
2) Hieronymus ep. 4.ad Rufticum.
a) Auguflin. in Pf. 49.
€) Gregor. M. lib. I. Expof. Moral.c.12. d) Hilarius in Pf. 127- i
f} Macarius hom.ız. g) Terzullian. de cult. Fœm. e. 2. h) Caſſiodorus lib. Diuin. Lect. c.32.
101
Und diefes meynte jener alte geübte Jünger CHri—
fti, wenn er von fich verficherte, er fürchte fich
nicht mebr vor GOtt, fondern Ticbe ibn,
weil nemlich die völlige Liebe die Furcht austreibe.
Joh. 4,18. Roms, ı5. e). Kin andächtiger
Scribente von den Alten vergleichet Die wahren
Chriſten den Eleinen Kindern, welche bald weis
nen, bald lachen. “So haben fie (fpricht er) bald
„den Troft des Geiftes, bald Thränen, Trauren
„und Klagen, Sie find in Furcht nebenft der Freu-
„de: fie fragen gleichfam ihre Seele immerin ih—
„ren Händen, und trauen nicht auf fich felbft, halten
„ſich auch niemals für etwasf).
8. Die Mittelſtraſſe lehrete fie der Heil. Geiſt,
ihr Führer und Wegweifer, daß fie zwiſchen Ver—
wegenbeit und Verzweiflung , unanftoßig ibren
tauf zum Himmel fortfegten. Davon lieſſen fie
fich alfo heraus: "Wir wandeln zwar fo beilig
„und in der Gewißheit unfers Glaubens, daß wir
„in unferm Gewiſſen ficher und gewiß ſeyn Fon=
„nen, und wünfchen, daß wir darinnen beharren
„mögen; jedoch find wir nicht dabey verwegen.
„denn wer zu Fühneift, der ſcheuet jich weniger,
„er huͤtet fich nicht fo, und ift dabero in groͤſſerer
„Gefahr. Die Furcht ift der Grund des Heils;
„die Verwegenheit it eine Hinderniß der Furcht.
„Drum ift es beffer, wenn wir denken, wir
„eönnen noch fündigen : denn fo merden wir
„uns fürchten, und bey der Furcht uns vorſehen,
„ben der VBorfichtigkeit aber felig werden. Indeſſen
„wird der HErr doch wol für feine Knechte ſorgen,
„und fie Fonnen fich zu ihm alles Gutes verſe—
„ben„g). Dis war ihre Warnungsftimme
unter einander: Waſſet uns den Richter niemals
„für abwefend halten, fo werden wir nicht als
——— vor feinen Richterſtul kommen dür:
„ren h):
Niemand kann fo ficher fenn,
Den die Furcht nicht Klugbeit lehrer,
Die denn der Gefahr abwehrer,
Wenn der Feind fchleicht heimlich ein,
Sey nicht ficher, o mein Chriſt,
Weil du noch im Fleifche bift i)!
„Ein jeder Babe acht auf fich ſelbſt, und durchfuche
„täglich fein Gewiſſen, und probive das Werk fei-
„nes Herzens, mit was vor einem Eifer und Fleiß
„fein Herz gegen GOtt angetan fey k). Um—
„faͤn⸗
b) Anbroſius lib. X.Epift. 84. ad Demetriad.
e) Pite Pıtrum Gr. lib. V.c. 17. n. .
i) Alcimns
‚Auitus lib, I,adSor. p.428. k) Macar.hon, 29. fin.
*
104 28. Don der Pflicht und Bezeigung derer erften Chriften gegen GOtt.
Fanget ihn gleich eine lebendige Hoffnung famt
„der Gnade GOttes, daß er nicht mehr trauret,
„ſondern mit Freude überfchirttet wird, wie einer ,
„der einen geoffen Schaß gefunden hat; fo muß
„er Doch immer wachen und forgen, daß er ihn
„nicht verliere, weil fo viel Räuber darnach
„erachten!).
9. Derowegen war diefes ihre herrliche Feucht
bey diefer Pflicht, daß fie von ihrer Unreinigkeit
täglich mehr befreyet wurden; wie Hingegen der
am nächiten bey der Sünde ift, der one Furcht
vor GDtt iſt m). Sintemal, wenn der Menſch im:
merdar vor GOtt ſtehet, und vor feinem An⸗
geficht acht hat, alle Stunden in Surcht und
Zittern feine Seligfeit zu wirken, Philz,rz.
fo Kann ihn der Seind nicht ſchrecken: Gleich-
wie die Soldaten, wenn fie vor ihrem Führer
ftehen, weder zur_ Rechten noch zur Linken wei—
hen dürfen n). Da muß die Seeleden gewöhn-
lichen Laſtern widerftreben, und dargegen kaͤm—
pfen, wenn die Furcht GOttes in ihr ifto). Sie
hüter fi), Daß fie nichts vermegen oder ohne Be=
dacht ehue, davon fie GOtt Feine Kechenfchaft
geben Fönnep). Ihre Frucht des Glaubens befte-
het in einemfreuen Gehorfam, und die Frucht des
Gottesdienſts ift die Folge, die fie in Bewah—
rung der Gebote Gottes beweifer q). Welches
denn gerißlich bey den erften Ehriften herrlich ein-
£raf, in deren Namen einer auch ungefcheuet an
die Heyden fehriebe: “Wir, die wir willen, daß
„wir von GDEL allein gerichtet werden füllen, der
„alles fiehet, die wir auch zuvor fehen, daß eine
„ervige Strafe erfolgen werde, ringen billig nach
„per Unfchuld, weil wir ihre vollfommene Er:
Fenntniß haben, und wiſſen, daß wir uns nicht
„verbergen koͤnnen, und daß gleichtwol die Pein
„ewig feyn werde. Wir fürchten dabey den, vor
„dem ſich auch der Richter fürchten follte, nemlich
„GDtr, und nicht den Landshauptmann „r). Eine
ſolche herrliche Probe feiner wahren Gottesfurcht
legte dorten der alte Polycarpus öffentlich ab,
da man ihn zum Fluchen zwingen wollte. ‘Denn
er antwortete alſo: Ich babe nun 86. Jahre
GOtt gedienet, und er bat mir nie etwas zu
Leide gethan: Wie follte ib nun meinen
Rönig, der mich bis auf diefe Zeit ohne
Schaden erhalten har, noch ſchmaͤhen s).
10, Wie aber hätteesmöglic) feyn Fönnen,daß
es denen wahren Chriſten an herzlicher Zuverſicht
zu GOtt ermangele hätte, da fie Glauben und
tiebe in reicher Maafle vom HEren empfangen
batten? Ja, fie hiengen vielmehr mit unbewegli=
chem Vertrauen an feinen Verheiſſungen, verfa-
ben fich zu ihm in allen Fällen des Guten, und
erwarteten es zu ihrem zeitlichen und ewigen Heil
von feiner Güte und Wahrheit. Davon ift ein
offenbares Zeugniß am Tage von ihren Feinden
elbit, wenn der Käyfer Untoninus Pius an die
fiatifchen Untertanen fehriebe: “Die Chriften
„waͤren viel freyer und vertraulicher gegen GOtt,
„als ſie, die Heyden „t). Wozu auch Clemens
feine glaubige Corinther weiter antrieb, wenn er
fie ermahnte: “Unfere Herzen follen, in dev Hoff
„nung aufs Zufünftige gegruͤndet, ihm feftiglich
„anhangen ‚Sder da freu ift in feinen Berbeiffun-
„gen, und gerecht in feinen Gerichten ; der da
Kt! verboten zu fügen, und alfo viel weniger
„ſelber lügen wird: Dennes ift GOtt nichts un-
„möglich, als nur fügen. Darum muß unfer
„Glaube ermuntert werden, daß wir bedenken,
„wie nahe ihm alles ſey. In dem Worte feiner
„Herrlichkeit. hat er alles feit geſetzet, und mit ei=
„nem Wort kann er alles wiederum umfehren„u).
Und noch) ein anderer: “Wenn du bey dir gewiß
„bift, daß GOtt mächtig und freu fey , fo glaube
„an ihn, alsdann wirft du alles deffen, was fein iſt,
„theilhaftig werden wirft ou aber in deinem Her⸗
„zen niedergefchlagen, ſo traueſt du ihm noch nicht,
„Es ift nicht genug, daß du glaubeft, er fey ins-
„gemein mächtig, fondern traue ihm auch in deinen
„eigenen Sachen, er wird auch an dir Zei:
„chen thun x) ·
ır. Wir werden weiter unten ſehen, wie die Her-
wiederbringung des Ebenbildes GOttes bey ih-
nen der Hauptzweck Ihres Chriſtenthums geweſen
ſey. Nun hatten ſie aus der H. Schrift gelernet,
daß der erſte Menſch ein Herz gehabt ba-
be, das ganz frey und nicht febüchtern ge-
gen GOTT gewefen, teil es rein, und ihn
zu fchauen und zu genieffen fähig gefchaffen wor-
deny). Alfo fahen fie num gar wohl, daß, wo
fie wieder zu dem Derlornen kommen wollten, fie
notbivendig von ihrem natürlichen Mißtrauen,
Zweifel und Trennung von GOtt umkehren, und
wie
l) Id. hom.16. m) Apophth. Patrumap. Coteler. p. 676. n) Ibid. p. 687. 0) Macar. hom.ız. p) Ambrof.
lib, 1. Offic. c. 24. q) Hilar. in P£.11$.
r) Terzull. Apol.c. 45.
Iuftinum Mart. p.100. Opp. & Eufeb.lib. IV.c.ı3. H.E.
s) Eufebiuslib.IV. H. E.c.14. t) Apud
u) Epift. adCor.p.36. x) Euprepius ap.Corelersum
Tom.I.p.435.Monum.Gr. y) Achanaſius Orat. adu. Gent.
vw
14. C. Von der erſten Chriſten Furcht und Vertrauen gegen GOtt.
wie die Kinder werden müßten, Gleichwie nun
„ein Kind fich ſelbſt nicht warten und Bien Fann,
„fondern weinet nur, und wendet die Augen zur
„Mutter, bis fie ſich deffen jammert und es auf-
„nimmt; fotraueten glaubige Seelen allezeit allein
„auf GOtt, und 440 ihm alle Gerechtigkeit zu:
„Denn fo wol der Reben ohne den Weinſtock ver-
„dorret, fo wol kann er ohne CHriſtum nicht gerecht
„und ſelig werden,,z).. Auch hatten fie bey fo
vielen Fallen in ihren VBerfolgungen und Trübfa-
len erfahren, nie fie fonderlich in Furcht der Ge-
fahr und in Noͤthen auf GOtt müßten trauen. Ih⸗
re Hoffnung war allzeit getroft, und mußten im
Glauben, daß fie auffer Gefahr wären mitten in
den Anfechtungen, weil CHriſti Dienft in ihnen
wachte. *Wachte der Glaube EHrifti in ihnen,
„fe durften fie fid) vor dem meltlicyen Mund
„nicht fürchten, font rief ihnen EHriftus zu:
„O ihr Kleingläubigen! warum fend ihr fo furcht-
„ſam, a)? Zudem erforderte von ihnen abermal
ihr ECHriftenftand, daß “fie um das Künftige
„nicht befümmert waren, fondern nur für die
„Reinigung ihrer Seelen von den übrigen Ge-
„brechen forgten, damit fie nicht durch Miftrauen
„wegen der Fünftigen Dingessieroffe Sünde
„begiengem Dei, wenn ke e aufbörte,
„fo fienge GOtt recht völlig an forgen, und
„‚verfcharfte ihnen durch feine Guͤt nicht
„befümmert waren, einen gro tlgang in
„der ewigen Herrlichfeitb). Die Heyden thaten
„nur diefes, daß fie mit der Sorge des Unglau-
„bens geangftiget, mit der Weltliebe aufgebal-
„ten, und von den Lüften des Fleifches eingenom-
„men wurden. Diefe fuchten feinen Weg zum
195
„Reiche GOttes durch Glauben und Bekenntniß
„DEE, Hingegen mußten nun auch darin-
nen die Chriften von ihnen unterfchieden werden,
daß fie aus Verachtung der gegenwärtigen
Dinge nur für göttliche foraten. Dazu war
un Grunds genug, weil GOttes Worre
abrbeit find, und alle Rraft der Geſchoͤpfe
in feinen Reden liegt. Dabero ihnen auch
nicht zweifelhaftig fepn Eonnte, noch unkraͤf⸗
tig, was er ibnen verbeiffen batte. Aber
diefes wird ung ferner die Erzehlung von ihrer
Verleugnung, Geduld und Zufriedenheit erflären.
Wannenhero ich bier abbrecye, wenn ich nur noch
einige Zeilen aus einem goftfeligen Poeten werde
überfeget haben, die von der Gefahr feiner Zeiten,
und der Ehrilten groffem Muth in GOtt alſo ohn⸗
gefehr lauten ce):
Wie fteuert fihder Glaub fo ftarf auf GOtt,
und fann uns fefte feßen!
Er find t in Unruh Sicherheit, die Zuverficht
kann nichts verlegen.
Laß ftürmen! Wirfind eins mit GO. Laß
alle Werter zornig fenn !
Wer GH fürchte, darf fich fonft vor nichts
mebr fürchten, denn das Herziftrein.
Die andern mögen ficher ſtehn bey ſtarken
Roſſen und bey Wagen,
Sie haben doch den Glauben nicht, der uns
zu EHrifti Schirm Fann fragen.
Uns waffnet nur des Kreuzes Schild, und die
Bekenntniß JEſu macht,
Daß ſeines Namens feſtes Schloß des Feinds
auch ohne Waffen lacht, ıc.
z) Macar. hom. 31.. a), Hilar. can. 8.inMatth. b)ibid.c.s. c) Panlinus Natal. Felicis VIII.
Das 15. Kapitel,
Bon der eriten Chriften Hoffnung zu GOtt.
Summarien.
DEM dem Vertrauen war eine Tebendige Hoffnung, 6. 1. deren Grund war GOtt, 2. deffen Verheifungen fie traueten,
je mehr die Erfahrung fie überzeugete.3. Solche Hoffnuna gieng mit Lauter unfichtbaren, Eünftigen und ewigen Gütern,g-
deren Genuß fie erwarteten, um,s. ungeachtet alles Widerſpruchs 6. Diele voͤllige Hoffnung war recht das Leben und der
Muth der Ehriften, 7. dadurch fie der ſuͤſſen Ewigkeit mit Freuden ſchon entgegen cileten. 8. Darum beteten und ſeuf⸗
ten fie ſo herzlich nach ihrer Erlöfung, 9. _fubren auch erntlich fort in ihrer Reinigung, 10. je gewiſſer fie von der
Belohnung überzeuget waren. 11. Durch Hoffnung thaten und litten fie alles; ı2. auch vedeten fie in der Marter von nichts
Tieber, als davon. 13 Golches machte fie auch detroſt ben dein Feiden und Tod ihrer Mitchriften: ag. _ Denn fie waren innigſt
mit einander verbunden, i5. als Mitgenoffen des himmliſchen Serufalems: 16. Obwol ihre Hoffnung von den Unglaͤubi⸗
gen verfpottet wurde, 17. welche nichts anders konnten, als der Wahrheit wideriprechen, 18. daher jene deſto behutſamer
mit dem Gebeimmiß der Hoffnung umgiengen. 19.
9 $1. An
106
n diefem herzlichen Vertrauen auf GOtt
bienge nun unmittelbar die ——
nung, in Anſehung der kuͤnftigen Ver—
heiſſungen, ſie mochten nun die Zeit oder auch die
Ewigkeit betreffen. Welche ſie denn ebenfalls,
wie die andern Gaben, von GOtt —A der
deswegen ein GOtt der Hoffnung bey ihnen
— weil ev fie durch die Kraft des 5. Bei-
es ihnen ſcheukte. Roͤm. 15,13. Sie danften
zuförderft demfelben, daß er ihren Gottesdienft
nunmehr im Neuen Teft. nicht, wie zuvor, durch
äufferlichen Pracht und fichrbare Umftände ge-
ſchehen lieſſez ſondern daß die Zukunft des
HErrn JEſu ihre Seelen von diefem Anfchauen
„abgewandt hatte zur Betrachtung der himmli⸗
„hen Dinge, und zur Erwegung geiftlicyer Ber-
„heiffungen, Denn da er das, was groß fchiene,
„auf Erden abgethan hätte, habe er den Dienft
Gottes von fihtbaren Dingen auf unfichtbare
„gebracht, und vom Zeitlichen zum Ewigen. Un-
Ferdeſſen fordere der HErr JEſus EHriftus
„wahrhaftig Ohren, Die Diefes hören, und Augen,
„die diefes fehen Fonnen,, 2). Und hierinnen
liege ein groſſer Unterfcheid zwifchen den Welt
Findern und wahren Ehriften: “Die unmieder-
„geborne Seele (fagten fie) ift mit ihrem Wil-
„ten und Gemuͤth noch in feine andere Welt über-
„bracht, wie von den Wiedergebornen ftebet, daß
ihr Wandel im Himmel fey. Diefe aber find
„ftets den himmliſchen Gedanfen ergeben, und
„betrachten die ewigen Guͤter wegen der Ge:
„meinfchaft des Geiftes, weil fie von oben aus
„GDrt geboren, und in der Wahrheit und Kraft
Gottes Kinder worden, auch alfo zu einem ge=
„wiſſen Stand, Feftigfeit und Ruhe fommen
„find, wiewol nicht ohne groſſe Muͤhe nach langer
Zeit, b). Nachdem nun eine fo groſſe Berän-
derung in ihnen vorgegangen mar, und dieſe Hoff-
nung von Gott in fiegeleget worden, fiehe, fo war
diefe nicht allein dahero feft, weil fie von dem 9.
Geift erwecket, und alfo unbetruͤglich war , fon-
dern auch, weil fie auf GOtt wiederum geführet
wurde. Dahero war dis ihr Grund: “Es war:
„tet auf diejenigen eine ervige Ruhe, die in diefem
„geben recht Fampfen, nicht als eine fchuldige Be-
Aohnung, fondern durch die Gnade des gütigften
„GDttes, auf den fie gehoffer haben c),
2. Wer wollte ihnen denn diefen Urfprung und
Grund ihrer Hoffnung in Zweifel gezogen haben,
we
L 3. Don der Pflicht und Bezeiaung derer erſten Ehriften gegen GOtt.
$. I u Rind \ sm: . . j
welcher GOTT felbft mit allem Reichthum fei-
ner Güte und Wahrheit war? —* a
ter, Sructuofus,ließdas feine legte Wort fenn vor
feiner Marter an feine Brüder, da er dem Genuß
feiner Hoffnung am näbeften war: Die Liebe
und Derbeiffung GOttes Fann nicht fehlen
weder bier noch insFünftige 4). Ingleichen
richtet fic) nebenft andern ein. befannter Lehrer
damit auf: “Sch betrachte drey Dinge, darauf
„meine ganze Hoffnung befteht, Die Liebe der
„Rindfchaft GOttes, die Wahrheit, feiner Ver—
„beiffung, und die Macht feiner Erfüllung. Da
„mag nun meine närrifche Vernunft murren,
„ſo fehr fie will, und fagen: Wer biſt duwol, oder
„wie groß ift doch Die Herrlichkeit, Daß du fie zu
„erlangen hoffeſt? So will ich getroft antworten?
Ich weiß, an welchen ic) geglaubet habe, und
„bin gewiß, Daß ev mich aus übergroffer Liebe
„zum Rinde angenommen, daß er auch wahrhaf-
„tig ſey in. feinen Verheiſſungen, und mächtig in
„derſelben Bollziehung, denn er Darf ja thun, was
„er will. Dis ijt die dreyfache Schnur, die
„ſchwerlich reiſſet, Die er uns aus unferm Vater⸗
„landeindiefes unfer Gefängniß herab laßt. Die
„laſſet ung fefte halten, daß er uns in die Höhe
„»yiehe, und bringe bis zum Anfchauen der Herrlid)-
„teit des groſſen GOttes e). Micht weniger fahe der
„andern frommen HerzenÖlaube alleindarauf,und
„freueten fich, daß der HErrdie fohoch gemürdiger
„hatte, denen er alle Schulden erlaffen, auch durch
„feine Verheiſſung ihr Schuldner zu werden,
„Denn feine Barmberzigfeit währe ewiglich
„über fie, f). Darum Fonnten fie wohl fingen:
Die Hoffnung, die ſich noch unficyrbarlich hält,
Bleibe doch fo ehfbar im uber ges
gründet,
Als wär fie zugegen, wenn fie uns gefällt:
Weil Gott ſich uns felber zum Bürgen ver-
bindet g).
3. Unddazu hatten fiefo vortreflihe Mittel an
dem göttlichen Worte, und deffen füffen Berbeif-
fungen, an der Erfahrung in den Erempeln ih-
ver felbft oder anderer, an der Aufmunterung
durch andere, an der. vielen Uebung in allen
ihren Trübfalen, und dergleichen. Indem Wor-
te des HErrn funden fie bey ihrer Arbeit und Lei⸗
den viel herrliche DBerheiffungen des ewigen Le⸗
bens, enn fie kleinmuͤthig werden wollten, fo
un⸗
a) Origenes hot. 23. in Num. b) Macarjus hom. 5. c) Bafılius M.inPf. 114. d) Acta Martyrii eius ap. Baronium
A.CCLX.n,66. €) Bernhardus Serma.de 7.Fragu, f) Auguſtin. lib. V. Confeſſſe.9. 8) Projper Aquitan.Epigr.32.
J
15, Cap. Don der erften Ebriften Hoffnung zu GOtt.
funden fie darinnen die vechte Speife für ihre
Seelen , die fie fättigen und Rirfen Eonnte,
und nimmermehr fterben fieffe b), Die Er-
fahrung war ihnen aud) fein fandigter Grund
biezu, wenn fie fahen, und mit Händen fait
greifen fonnten, wie fo vieles ſchon von göftli-
chen Weiffagungen erfüllet worden fey. Womit
fiedenn auch die Feinde der Wahrheit trotzen, und
den Grund ihrer ee geben konnten. (1 Petr.
3,15.) Dergleichen Tertullianus an die Heyden
in feiner Berantwortung folgender maflen that i):
„Die Wahrheit einer Weiffagung ift ein rechtes
„zeugniß eines göttlichen Urfprungs. Dahero
„willen wir auch, daß wir denen zufünftigen Din-
„gen ficherlich trauen dürfen, die alfo koͤnnen be-
„mwiefen werden, weil fie mit jenen, die täglich
„für wahr erkannt werden, zugleich prophezenet
„worden. Es ſind eben ſolche Worte, eben folche
„Buchſtaben, eben ſolcher Trieb des H. Geiftes,, .
And ein anderer Bertheidiger der Wahrheit vedete
fie eben alfo gerroft und ſcharf an: “Der ift ein
„Narre, dernicht den Weilfagungen der Dropbe-
„ten glaubetindemmenigen, was noch übrig ift,
„da er ſiehet, daß ſchon fo vielerfüllet fen, welches
„damals noch nicht erfüllet war, als es verfündi-
„get wurde, k). Eben diefe bewegende Urfache
brauchte Paulus felber aus feiner Erfahrung zu
feiner Starfung, da er hoffete, GOtt werde fie
auch Fünftig noch erlöfen, weil fie GOtt bisher
vom Tode erföfet babe, und noch täglich erlöfe.
2 Eorinth. 1, 10. Wie aud) fein treuer Machfol:
ger Polpcarpus die Ölaubigen durch die Exempel
ihrer Vorgänger in der Geduld und Hoffnung un:
terbielte, wenn er an fie fehrieb: “ch biete euch,
„feyd gehorfam, und ermeifet alle Geduld, die ipr
„mit euren Augen gefehen habt an Ignatio undan-
„dern. Glaubet gewiß, daß dieſe alle nicht ver:
„‚geblich, fondern im Glauben und Gerechtigkeit
Ahren Lauf vollendet haben, und nun in dem ib-
„nen gehörigen Ort bey dem HErrn feyn, mit
„welchen fie auch zugleich gelitten haben. Denn
„ſie Haben nicht Biel elt geliebet, fondern den, Der
„tür ung geftorben und auferftanden iſt 1).
4. So gieng demnach ihre Hoffnung mit lauter
unfichebaren , Fünftigen und ewigen Gütern um.
Denn die Söffnung, die man fiebet, i
nicht Hoffnung. Denn wie kann man deß
hoffen, das man ſiehet? fehriebe Paulus
107
an die erften Chriſten zu Rom, c.s,24. Undan
die zu Corinth: Wir wandeln im Blauben,
und nicht im Schauen. 2 Cor. 5,7. Wie
auch fein Gefaͤhrte Barnabas davon redete: “nz
„den wir durch den Glauben in dem Worte der
„Verheiſſung genähret werden, fo werden wir
„alfolebendig gemacht, und berrfchen über die Er-
„dem). Das fihaffete der H. Geiſt in ihnen, der
„ihnen alle Furcht benahm, und fie niche mehe
„bloffe Menfchen fenn ließ, wenn er fie anblies,
„ſondern erbube fie gleichfam in den Him—
„mel felbft, daß fie alles dafelbft betrachten Eonn-
„ten, n). Hinderte fie alfo gar nicht die Abwe-
fenheie folcher unfichtbaren Guter, fo ferne fie ih—
nen noch bevor ftunden, daß fie deswegen in der
Hoffnung nicht hätten ſchon felig fern koͤnnen.
Rom.8,24. . “Das Evangelium, das euch vers
„Fündiget wird, vermag etwas fürtrefliches,
„nemlich die Zukunft unfers Heilandes JESU
„CHriſti, es ift die Vollkommenheit der Unfterb-
„lichkeit, undifteuch alles zugleich gut, ſo ihrs in
„der Liebe glauber „, fihreibet Janatius 0):
Welcher auch gar weislich feine Mitbruͤder und
Schweſtern von dem Sichtbaren abzuführen fuch-
te, als ihn eben diefe Hoffnung nun nach der
Maͤrtyrerkrone begierig gemacht batte, daran er
von einigen aus guter Meynung gehindert wur-
de. Was man feße, (ſchreibet er,) das iſt niche
„ewig. Denndas Sichtbare iftnur zeitlich, das
„Unſichtbare aber bleibee ewig,, p), Welche
Befchreibung mie der Paulinifchen überein kommt,
die er von den wahren Kindern der Ewigkeit feßer.
2 Cor. 4,18. Wohin auch ein Alter mit dicfen
Verſen gezielet hat g):
Die Kron ift dir gewiß, wo dich nicht binder
Das, was div noch vor Augen liegt,
Schau, wiedie Macht der Hoffnung übermwin-
det
Wenn dich nichts eitels mehr betriegt.
Was ewig iſt, muß auch unſichtbar ſeyn:
Was du noch hoffſt, geht nicht in Sinnen ein,
. Ein gleiches Bekenntniß von be Kraft der
Hoffnung , dadurch fie zukünftige Dinge als gegen»
waͤrtig machen Fann, thun auch andere nach der Zeit
ſt der Apoſtel und apoſtoliſchen Maͤnner. Als, wenn
einer aus ihnen die Weltgeſinnten dadurch zu bewe⸗
‚gen ſucht: “Was werden das wol vor Guͤter ſeyn, die
O 2 „eein
h) Chivfoft. hom. gr. in Matt. i) Apol. c. 20. k) Auguf. lib. X. de Ciu. Deic.32.etin Pf. 62. eX quo habet
Projper Sent. 214. I) Epift. ad Philipp. apud Eu/ed. lib. III. H. E. c. 36. m) Epift. p. 223. n) Chryf-
For. bom. 74. in Ioh. 14. 0)Epift, ad Trall. p) Idem ad Rom. q) Panlinus Epift. 2. ad Aufon,
108
„fein Auge gefeben, und fein Ohr gehöret hat ? Und
„gleichwol haben wir diefe fchon jeßund einiger
„maffen durch den Glauben, indem der Glaube
„uns diefelben vorftellet und einbilder,, r). Ein
anderer rühmet an ganzen Gemeinen “die völlige
„Freudigkeit ihrer Hoffnung, 5). Ja er geden-
ket ausdrücklich “den Genuß der Guter, die die
„Ehriften erwarteten, t). Und von fich felbft
zeugeter, “fein Geiſt wiſſe, woher er fommen fey,
„und wohin er wieder gebe, u). Wiederum thei-
fet einer gar gründlich die Dinge, Damit die wahre
Hoffnung zu thun hat, in zeitliche und ervige ein.
„Die Hoffnung (fagt er) hat Feine gegenwärtige,
„fondern zufünftige Dinge. Sie hoffet aber entwe⸗
„ver auf die Vergeltungen des Ölaubens zu einem
„geiftlichen geben, oder aufdie Zufunftdes HEren
„telber. Und folche Hoffnung erlanget die Hülfe
„GOttes x). Dergleichen Säuglinge des Glau—
„benshabenihre größte Bergnügung an den Ber-
„heiſſungen GOttes. Denn fie werden von fei-
„nem geringern Dre der zeitlichen Gluͤckſeligkeit
„aufgehalten, man fiehet und merfet auch nicht,
„weil fie von oben gebunden und gezogen werden,
„ſondern fie fehicken ihr Herz und Much nur auf
„verborgene Hoffnung unfichtbarer Dinge y).
6. Mit diefem Grunde wehrten fie fid) ſowol
wider die Einwuͤrfe ihrer eigenen Vernunft, als
der Unglaubigen; von denen, meil fie nur ihren
fünf Sinnen glaubten, fie immerdar hören muß-
ten: Wo ift nun eure Hoffnung, ihr Ehriften?
„Bo bleibt eure Enthaltung, euer Faſten, eure
„Keufchheit, eure Berleugnung? Der Tod
„berrfchet ja gleichdurch über alle. Ja, wir genieffen
„auch alle Güter der Welt, und brauchen uns der
Frehheit im Leben. Worinne feyd ihr nun beffer
„ben eurer Hoffnung, ? Aber dieſe Elende wuß-
tennicht, daß ihr eben mit EHrifto noch verbor-
gen war in GOtt. Eoloff. 3, 3. Indeſſen mußten
die Rinder GOttes, daß fie doch mit ihm offenbar
werben follten in der Herrlichkeit z), Ihr Wan-
del war dennoch) im Himmel, nicht nur nad) dem
Borbild, fondern wahrkaftig. Faingeoen wiefe
bey den Gottlofen ihre Verwirrung, Unbeftändig-
feit, und zweifelhafter Sinn ihre Furcht und
Schrecken, daß fie Feine Hoffnung hatten a).
Wovon bald ein mehrers folgen fol. Es war al-
[es vor den Böfen verborgen, was bey diefer Hoff»
nung in den Frommen vorgieng. “Denn, wie die⸗
„fe in der Vollendung leben werden im Licht und
x) Terzullian. lib. de Spetac. c.30.
in P£ 118. y) Theodoritus Orat. 5. Therapeutic. z) Hilarins l.c.
c) Paulinus Nolanus Paneg. in Celfum. d) Profper Aquit. Epigr. 105.
dentinslib. II. cont, Syimmach. p. 248.
1.3. Don der Pflicht und Bezeigung derer erfien Chriſten gegen GOtt.
„Glanz, und nichts anders ſchauen ſollen, als
wie Chriſtus in der Herrlichkeit ſtets zur ech:
„ten des Vaters fiße; alfo werden fie auch Bier
„Ichen ofte in jene Welt gerücket und gefangen ge=
„nommen, daß fiedafelbftim Geift anfchauen koͤn⸗
„nen, wasdafelbft vortreflic und wundernswuͤr⸗
„dig iſt a). Denn, die noch auf der Erden find,
„vie wandeln nach dem Geift und innern ne
„doch ſchon im Himmel, und leben in jener Welt,
„Und wie einreines lauteres Auge allezeitdie Son⸗
„neanfehen kann; alfo ein recht gereinigtes Herze
„ſiehet allezeit im Geift die Herrlichfeitdes Lichtes
„ChHriſti und ift Tag und Macht bey. dem
„Herrn, b). Aus welcher lauteren Duelle auch
jener feinen Troſt herlangte e): i
Was foll vor Troft und Ruh das matte Hetze
aben,
Wennnicheder Hoffnung Grund uns Fräftig
unterftüßt?
Drum weg mit Furcht und Leid! der Tod kann
bier nichts haben
Zum Anfpruch, da uns nun der Hoffnungs:. |
anker ſchuͤtzt.
Und wiederum einer feine Vermahnung d):
Wer etwas will in CHrifto feyn,
Wer Freude ſucht, und forfcht gebeimnißvolle
Sachen,
Der muß zum Himmel dringen ein,
Undlieben, was da iſt, mit Beten und mit Wa⸗
chen.
Er freue fih in GOTT, eriftein Himmels-
ga
Beſitzt in Liebe ſchon r ei noch die Hoffnung
i aßt.
7. Gewiß, es war dieſe voͤllige Hoffnung recht
das Leben der Chriſten, undein — —
cke ihres Wandels auf der Erden. Sie ſchaͤmeten
ſich auch nicht, ſich nach derſelben bey den Ser
zu befchreiben, wenn fie ſich nennten eine Geſell⸗
ſchaft, die unter einerley Zucht und in ei
nem ÖBlaubensbund der ewigen Hoffnung
lebete e). Welches auch jener Eluge und from-
me Poete an einen Weifen und Oroffen Diefer
Welt fchriebe f):
Wir fuchen den HErren des $ebens im Glau-
n
Und laſſen uns Licht und Een nicht rau⸗
> 2) DEN, , =
Der
s)Ignatins ad Magnef. t) Idem ad Smyrn. u)Ad Philad. x) Hilar.
a) Macarius hom.3ı. b)Idemhon.. 17.
e) Tertull. Apol.c. 39. f) Pru-
15. Cap. Don der erſien Ehriften Hoffnung zu GOtt.
Der elle Tag feuchtet mit vollen Genaden ,
Die Hoffnung die fann uns ur Herrlichkeit la:
r N.
e
Da gehet der Glaube mit munteren Schritten,
- Und wann die Geduld noch fo viel hat erlitten,
So iffet doch jener vom Baume des Lebens,
Und feufzet nie nach der Erlöfung vergebens.
Doc) fchicke fich nicht ziweyerley Freude zufam-
men,
Drum brennenurdie Hoffnung in himmliſchen
Flammen.
Eben diefe ſuͤſſe Gedanfen erweckten den Geift des
Er aͤrtyrers Ignatii, daß er zu einer folchen
efolution geiffe, die wol Fleiſch und Blut nim-
mermehr einwilligen Fonnte. Denn er fehriebe
heldenmuͤthig an die Römer: “eo fange ich erft
„an, ein Juͤnger EHrifti zu ſeyn, weil mich nichts
„mehr anficht, weder das Sichrbare, noch das Un:
„tichtbare, damit ich nur zu EHriftofomme. Laß
„berfommen über mich Feuer, Kreuz, häufige
„Thiere, —— Zertheilung ꝛc. wenn
ich nur zu JEſu fomme,. In ſolchem Glauben
war wol recht ver Ehriften eigene Nahrung, und
„wer ohne EHrifto war, der fonntenimmermehr
„zum teben Fommen,, &). Das erfannte jener
omme Mann wohl, da er feine Gedanken alfo
in gebundener Rede an Tag legte h):
Mein lautrer Sinn faßt JEſum inniglich ,
Und fteht fo lang in vollem —
ruhm;
Bis daß ich ſelbſt im Schauen freue mich:
Indes bin ich ſein liebſtes Eigenthum.
ch wuͤnſche nur der Kleineſte zu feyn
n GOttes Volf, das feinen Glanz nimmt
ein.
Zwar bitt.ich wol zu viel, doch aibt er auch
nichts ſchlechts:
Und wer ihn bitten will, der fordre nur was
rechts i).
Insgemein traf diefes Kennzeichen bey allen
wahren Kindern ein: "Was die Ehriften ehun,
„das thun fie aus der Fünftigen Hoffnung. Wer
„aber an das Zukünftige nicht gedenfer, der iſt
„deswegen eben fein Ehrifte, kann auch nicht er:
„langen, was GOtt am Ende verfprochen bat k),
8. Bisweilen waren die lieben Leute fo vertieft
und gefangen von der Suͤßigkeit ſolcher Hoff-
nung, daß ihnen ihr ganzeo Heben oft
*
g) Hilar. can. 9. in Matth. h) Gregorius Nazianz. Carm. 6. Exhort. ſui.
l) Orat.28.p.
k) Auguftin,lib. de X. ‚Chordis c. 4.
473.
109
wie ein einzeler Tag vorfam, aus Verlan—⸗
gen nad ihrer Erlöfung, gleich als dort von
Jacob gefagt wird ı B. Mof. 29, 20. Wie der
Öottesgeleßrte Bregorius aus feinem Herzen re⸗
det 1): Sie waren alfo übermältiget von dem
„Berlangennahdem Himmel, daß fie ftets fuch-
„ten, was droben ift. Daran dad)ten fie, da-
„ſelbſt lebten fie ſchon im Geiſte, fpaziereten da ber:
„um mit ihrer Andacht, ihr Herz wandelte im-
„mer alda vor lauter göttlicher Liebe und geiftli-
„chem Verlangenm). Mußte ihnen diefes nicht
„ein ſchoͤnes Luſtſpiel gemachet — — wenn ſie
„im Glauben ſchon die Zukunft des HERAN
„in der Mähe erblickten, wie er prächtig im Iris
„umph einbrechen rwird, Was war ihnen das
„chen im Vorrath vor ein Kauchzen der Engel?
„was darauf vor ein Reich der Gerechten? was
„vor eine fehöne neue Stadt Serufalem,,? Wels:
ches fie albereit im Geift erkannten und erblickten,
und davon unter einander vedeten n). Gollten
fiedann nicht alles, was fie bier noch taten, nach
diefer Nichtfehnur der zukünftigen Dinge eine
gerichtethaben ? Sollten fie fonft etwas vor müß-
lich geachtet haben, was nicht zu der Gnade jenes
tebens gereichete, oder hätten fie wol nur auf die
Kuft dieſes Lebens feben follen 0)? Zwar
mußten fie gar wohl, daß fieihren GOtt hier nicht fo
vollfömmlich lieben Eönnten, als in der Ewigkeit
gefchehen würde. Aber doch wußten fie aud) diefes,
„daß er ihnen die Liebe noch hier befohlen habe , daß
Kie fi) immer erinnern möchten, was fie im
„Glauben von GOdtt bieten, wobin fie ihre Hoff-
„nung voraus fehicken, und wie fie fich zu dem,
„was davorn ift, ſtrecken follten p).
9. Daher rübrete ihr febnliches Verlangen, das
ihre Hoffnung gleichfam befeelte, und fie ftets in
achfamfeit und Müchternfeie zu erhalten ver:
mochte. Ihr Gebet und Seufzen gieng nur dahin,
wenn fieriefen : I HErr! gib uns einen Theil mit
„den Propheten und den Apofteln deines Gefalb-
„een: Verleihe, daß wir beyden Füllen deines ein—
„gebornen Sohnes erfunden werden,, ‚u. f. 1. wie
Grigenes bezeugt, daß man zu feiner Zeit öfters
alfogebetetbabeg). Ein andrer befennet von ſich
felbft, daß unter feinem Gebet ofte nach vielem Fle⸗
ve und Thränen, daer feine Augen gen Himmel
eftändig aufgehoben gehabt, ihn gedeucht habe,
er fen ſchon unter dem Chor der heiligen Engel, und
babe er daher voller Freude und Frolocken gefuns
03 gen
i) Seduliuslib. I. Oper. Pafch. p.334.
ın) Macar.bom.4. n)Tertull, de Spedtac, c.30-
0) Ambrof.lib, 1. Otlicıc.9. pP) Auguf.lib, de Spir,etlit,c.26. g)Homilzı.in Ierem.
110 Lö
gen aus dem KHohenliede 1, 4. Zeuch mich dir
nab, fo Laufen wir! Der König führer
mich in feine Rammer r), Gleichwie er auch)
von denen erzehlet, die ſich von der — —
dert hatten, und allein beyſammen lebeten:
Wenn einer unter ihnen anfaͤngt von dem Rei⸗
„che CHriſti und von der kuͤnftigen Seligkeit und
„Herrlichkeit zureden, und das Künftige zu ver-
Fuͤndigen, fo hätte man da fehen follen, wie fie
„alle die Augen gen Himmel erhoben, und mit
„Seufjen und Weinen gefagt ausdem 55. Pfalm:
„oO hätte ich Flügel wie Tauben, daß ich flüge und
etwa bliebe, s)! Wiederum bezeuget einer von
den wahren Ehriften, ihr Verlangen und Hoffen
fen fo ernftlic) gewefen, “daß fie auch den HErrn
„von freyen Stuͤcken um die Zukunft feines
„Reichs würden erfucht haben, wenn er es glich
nicht im Vater Unfer befohlen hätte. enn
„ſie hätten alle geeilt zu der Umfaffung ihrer Hoff-
„nung, da die Märtyrer felbft unter dem Altar
„noc) ſchryen um die Befchleunigung feines Ge-
„richts,, 1). Dergleichen Verlangen man von
einem, Befarion genannt, erzehlet, Daß er fich
mit lauter Hoffnung des Zufünftigen gleichfam ge⸗
nähret und unterhalten habe, fen daher im Glau-
ben ftarf und feft, und in der Geduld fo gelaffen
gewefen, daß eralsein Gefangener nur auf feine
Erlöfung gewartet u). Welcher Grad der Hoff:
nung die Märtyrer fo freudig machte, weil fie
wußten, wiebald fie alfo vollendet Fonnten werden.
„Denn eine erleuchtete Seele iftin dem göttlichen
FLichte ganz verfenfer durch einen völligen Glau-
„ben, Daß fie Auffert begehree für EHriftum zu
Iſterben. Denn fie vertrauet ihm, fie werde alfo
durch die Gnade des Geiftes vollig erloͤſet werden
„von der Sünde und ihren bofen Bewegun-
Igen‚x). Welche Hoffnung denn auch nicye ver
gebens ift. Denn wenn die Öedanfen ftets
„genau an den Himmel gebunden find, fo über-
„eomme ihn die Seele bald zur Erbfchaft , y)-
Wovon aud) der Meifter eines fchönen alten Lieds,
das vom Paradies handele, etwas zu fingen weiß z):
Meine Seele dürft und ächzet
Nach dem Duell des tebens hin :
Schau, wie die Gefangne lechzet
In dem Kerfer, den ihr Sinn
Gerne wollt zerbrochen wiſſen.
Ach wie gerne war fie los,
2
Don der Pflicht und Bezeigung derer erften Ehriften gegen GOtt.
Aus der Fremde weggeriſſen
Zu der rechten Heimat Schoos!
10. Aber wo dieſer Grund feſte im Herzen lag,
da reinigte ſich die Seele mit allem Fleiß, und fuhr
in der Heiligung emfig fort, ı Joh. 3, 3. 2 Cor.
7,1. Weil er ja wohl fahe, daß er ohne Diefelbe
den Herrn nicht ſchauen würde, und alfo die Wir⸗
fung feiner Hoffnung nicht erlangen. Als die
Ehriften anfangs von den Heyden befchuldigee
wurden, daß fie ganz greuliche Bosheit unter
einander trieben, fo beruften fic) jene eben unter
andern auf diefe ihre Hoffnung, die unter ihnen
blühete, und gaben den Feinden zu erfennen, ob
es wolmöglich ware, daß ein Menfch bey folchen
Sünden ſich dennoc) getrauen Fonnte in das ewi⸗
ge Leben einzugehen, oder daß
einander daſſelbe als eine Belohnung verfprechen
möchten. Es würde ja Feiner fo raſend feyn, der
bey ſolcher offenbaren Gottloſigkeit noch hoffte
felig zu werden. Es fey ja wider die Vernunft,
daß ein goftlofes Leben der Weg zur Ewigkeit feyn
follte. Womit fie alfo ihren unfchuldigen Wan-
nung fo groß und wichtig wäre a). Ihnen war
ja allen wohl befannt, “wie das Erbe der fünfti-
„gen Herrlichkeit ja Feinem ſchlechthin befchieden
„wäre, fondern unter gewiffer Bedingung, b). Db.
fie nun wol feine dr nechte waren ihrer
Gottſeligkeit dem HErrn etwas abverdienen woll-
ten; fo bunden fie fich doch im Gehorſam
bens an die Drönung ihres GOttes, und Fonnten
leicht gedenken, daß der gerechte und ke Go
Heuchler und böfe Knechte nicht würdigen koͤnnte
feiner groffen Herrlichkeit. Vielmehr war diefes
vorgelegte Kleinod ihnen ein Eräftiger Antrieb fort⸗
zufahren in dem Kampf, derißnen verordnet war.
Sonft würde ja wolniemand ʒzu GOtt genaher
feyn, wenn er an ihm nicht einen Dergelter ge:
mußt haͤtte. Alſo würden, zum Erempel,junge $eufe
nicht keuſch und züchtig gelebet Haben, woferne fie
nicht geglauber hätten, daß eine unverwelkliche
Rrone bevorftehe ce). Dahero forderfejener von
einem wahren Juͤnger SEfu, daßer allenthalben
mit einer lebendigen Hoffnung umgeben feyn muͤß⸗
te, weil es fo leicht gefcheben Eann, daß eine Seele
trage und zur Arbeit untüchtig werde d),
11. Hier hatten fie abermal ein Kennzeichen ei
nes wahren Chriſten, ob diefer oder jener etwas
Hieronymus Ep. 22. adEuftoch. s)Idem ibid. t) Tertullian. deOration.c.5. u) Apophth. Pat. ap. Corelerium
:- Tom. I. Mon. Gr. p.467. x) Macar. hom.ıo. fine. y)Hypperechins Apophth.n. 7.1. ce. p. 702. z) Auguffino
tributusap. G. Fabricium Pot. Vet.p.815. a) Tertull. Apol.c.8.
b) Afferinshom.2.inPf,5. c)Cyrillus Hie-
rofolym. Catech. V.p. 40%. d) Cyrillus Scythopolitanus in Vita dabæ n. 16, ap. Cotelerium Tom, III. p. 241.
— ‚die Chriſten,
*
del beweiſen wollten, eben daher, weilißre Hoff-
noch mit ihrer
late.
le _
«
Bat!
lebendiges vont Glauben und Hoffnung in feinem
Seren ‚hätte oder nicht, nemlid), wenn er feinem
eruf auch wuͤrdiglich wandelte. “Einen Hey-
„den, der nichts weiß von der Belohnung in der
Auferſtehung, noch ein. Gerichte glaubet, kann
„man nicht erkennen, ober deswegen nicht fromm
„fen, weil er die Gerechtigkeit nicht liebt, oder
„weil er Feine Belohnung Davon hoffet. Wenn
„eraber ein Chriſte worden ift, und weiß, daß ein
Zukuͤnftiges Gericht fen, und dennoch hernach
„fündiger, fo ifts offenbar , daß er daher fündige,
„weil er das Gute nicht liebt, Eben wie man
einen echter nicht befchuldigen Fann , wenn er
nicht Fampft, da Feine Belohnung aufgefeger ift;
aber, wenn er den Preis ſiehet, und doch nicht ftrei-
ten will, ſo wirds offenbar, daß er wegen feiner
Traͤgheit nicht hat gewollte). Hingegen wen die
Anmwartung zur Belohnung im Herzen liegt, der ift
als ein Soldat hurtig zum Kampf f). Denn die:
fes ermuntert das Gemuͤthe zum Guten; indem
‚auch ein jeder Arbeiter die Arbeit zu ertragen fer-
tiger wird, wenn er den Lohn zuvor fieher g). Weil
dann im Neuen Teftament das Geſetz Chriſti nicht
mit Drohungen, ſondern Verheiſſungen treibet,
die, fo ihm freywillig dienen; fo bedachten die Erſt⸗
linge des Meuen Teftaments vielmehr hiebey ihre
Pficht, “daß fie die Erkenntniß feiner keifamen
Zucht wohlbrauchten. Es maren auf fiedie En-
„den der Zeiten gleichfam abgelaufen; fie waren
„von GH vor der Welt noch zur Hochfchägung
„ſolcher feligen ei beftimmt: Darum waren fie
„auch da, die Welt zu züchtigen und zu beffern,,,
und alfo vielmehr fic Flber b). Demnach war
die Erinnerung; der Fünftigen Dinge und auch des
Gerichtes denen Re en gar fein Schrecken, fon:
dern ein geoffer toft und. herzliche Aufmunte—
tung, daher fie auch einander der Worte ihres
Heilandes erinnerten, welche er ihnen binterlaffen
hatte von feiner Erfcheinung und von feinem
Reich. Wie denn auch fonderlich unter ihnen,
nebenft andern, ein Spruch befannt war, der
dem HEren zugefchrieben mard, wie er ihn in
den Tagen feines Fleifches ausgefprochen hatte,
und alfo lautete: Worinnen ich cuch finden
werde, darinnen werde ich cuch auch
richten i). Dahin vielleicht auch andere mit
eben ſolchem Ausdruck und Erinnerung zieleten k),
4
— 15. C. Don der erſten Chriſten Hoffnung zu GOtt.
ja
a
a
12. Indem nun die Hoffnung insgemein ein
Grund und Urſprung aller Verrichtungen auch
im gemeinen Leben zu ſeyn pfleget, davon auch
die Heyden gewußt haben 1); fo mußte fie vielmehr
der Hauptzweck alles Cpriftlichen Thuns und taf-
fens feyn. And noch vielmehr erzeigte fie ihre
Kraft bey denen häufigen Trübfalen der erften
Kirche Neuen Teftaments, da gewißlich ihre Freu-
digfeit, Troſt und Stärfe aus ihrem Glauben
und Hoffnung herkam. Die Apoftel und ihre
Nachfolger “legten ein Fraftig Zeugniß von der
„Auferſtehung Ehrifti, als dem Grund ihrer Hoff-
„nung, ab, und zwar in der That felbft, und wie—
„fen denen Leuten, daß fie ihr Leib und Leben niche
„würden mit fo geoffer Freude verſchmaͤhet haben,
„wenn jie nicht gewiß uͤberzeuget wären, daß fie
„zu Ehrifto auffahren würden,,; wie Chryfofto=
mus von Petro, Paulo Ignatio und andern re⸗
detm). Gehe merklich ift es, was von einer be-
kannten Maͤrtyrin, Blandina, berichtet wird, daß
fie, ob gleich ihr ganzer Leib in dev Marter voller
Wunden gewefen, dennoch) den andern durch ihre
Freudigkeit erwieſen babe, es fey da nichts ſchreck⸗
liches, wo die Liebe des Baters herrfche, und nichts
trauriges, wo die Herrlichkeit Chrifti iſ.. Wie
denn auch ihren Mitftreitern zugleich die Mar—
ter cine Sreude war, und die Hoffnung auf
die Verheiſſungen eine Erquifuna. — Sie
aber felbit fühlte gar nichts von Schmerzen,
weil ihre Hoffnung und ihr Herz darauf
acht hatte, was fie alaubeten), Wie denn
auch Cyprianus überhaupt von ſich und feines
gleichen fo viel ruͤhmet nach der Gnade, die ihnen
gegeben war: “Bey uns bluͤhet eine ftarfe Hoff
„ung, ein ftandhafter Glaube, ein aufgerichtetes
„Herz beym Untergang eines ſchwachen Alters,
„eine freudige und muntere Geduld, und eine
„Seele, die allzeit ihres GOttes verfichert und ge—
„wiß iſt. DBetreffend aber die Gefahr, mennft du
„wol, daß die Chriften und Knechte GOttes darz
„nach fragen, die das Paradies felbft zu fich einla=
„der, und welche die Freude und Fülle des himmli—
„ſchen Königreichs erwartet ? Ya, fie find immer
„vergnügt, freuen fich in GOtt, und leiden das
„Elend und Unglüc diefer Welt großmuͤthig, weil
„fie noch von einer andern Belohnung und Se:
„tigkeit in jenem Leben verfichert find o).
13, Die
€) Chryfoft. hom.3. in Matth. f) Oyrillus Hierofolym. Catech. XVII. p. 210. 8) Orillus lic. h) Primafıus in
Rom. 2.ap. Cent. Magdeb. V.c.4- P.165. i) Zufinus Martyr Dial. cum Tryph. p. 267. Clemens Alexand. lib.
de Diuite c. 40. et Bafılius M.ep.adCh.Ion. k) Hieronym. ep. 4%. ad Ruftic, Arhanafıns Vita Anton. p. 90.
Balfamon ad Neo- Cæſar. Concil.c.ı2. h Vid. vel Seneca lib. IV. de Benefic. e. 33. et Euripides Iphigenia in
Tauris, m)Homil, de S.Ignatio, n) Zweb.lib, V. c 1. H. E. 0) Lib. ad Demetrian. p. 209,
112
13. Die theuren Seelen redeten in ihrer Mar-
ter auch von nichts lieber, als von ihrer Fünftigen
Hoffnung, fo gar, daß auch die Heyden oft begie-
rig wurden, davon eiwas zu vernehmen, Wie
jener Richter Aemilianus einen Märtyrer aus-
fragte, ob auch unterfchiedene Stufen ihrer Herr-
lichkeit ſeyn würden? Wovon er ihm Durch die
Bergleichung mit dem Geftirne einigen nörhigen
Bericht erftattete p). Da Eonnte fie oft die un-
ausfprechliche Geduld der Ehriften überführen,
oder zum menigften, nachdenfend madyen, ‘es
„müßten ihre Berheiffungen nicht nur aus ihrem
„eignen Gehirn erfonnen ſeyn, fondern fie litfen
„um deß willen, an den fiegläubeten,, 9). Wor-
auf fich jener berufte und fragte: “Io bat wol
„da Angft und Kummer ftatt? Wer ift bey dem
„Elend zaghaft oder traurig, als der feine Hoff-
„nung und Glauben hat? Denn der muß fich
„nur vor dem Tode fürchten, der zu CHriſto nicht
„geben will. Der aber will nicht zu CHriftoge-
„ben, der nicht glaubet, daß er mit Chriſto herrſchen
„werde. Denn es ſtehet geſchrieben, daß der Ge⸗
„rechte aus dem Glauben lebet. Biſt du nun ge-
„recht, und lebeft aus dem Glauben, glaubeft
„du wahrhaftig an GOtt; warum nimmt du
„nicht an, wenn du zu EHrifto geruffen wirſt, da
„ou bey ihm feyn follt, und von feiner Verheiſſung
„ganz verſichert ſeyn Fannft,, r)? Undein andrer:
„Wenn die deute noch nicht an CHriſtum glauben,
„ſo fehen I den Tod vor fehredlich an, wenn fie
„aber zu feinem Glauben und Lehre fommen find,
„,fo verachten fieden Tod fofehr, daß fie gar zu ihm
„eilen, und werden Zeugen CHriſti wider den
Zod, von der Auferftehung,, s)- Indeſſen war
doch diefes alles vor den Augen der Stolzen ver-
borgen, und die Seffnung der Frommen hatte
vor der Welt Fein Anfehen, und daher auch Feinen
Beyfall. Ya, man lachte die Gottſeligen aus, daß
fie aufetwas U nfichtbaves hoffeten, “weil die Güte
„GH tes fo lange verborgen bliebe, famt den
„groffen Schägen und Vorrathskammern bever
„Dinge, die endlich allen aufgefchloffen werden
ſollten, wenn Gedanken, Worte und Werfe nach
„der Gerechtigkeit GOttes werden unterfuchet wer:
„den,t). Gieheı Cor. 15,19.
14. Nun machte fie aber diefe Hoffnung Micht
allein vor ſich getroft, fondern auch bey dem Leiden
p) Acta Martyrum ap. Baronium A. CCLX.n.46. q) Origenes lib. II. adu. Celf. p. 65. r) Cyprian. de Mortalit.
— he
1.3. Don der Pflicht und Bezeigung derer erften Ehriften gegen GOtt.
und Tod ihrer Mitchriften, damit fie ihrem be»
|
4
—
hen Stande keine ſolche Schmach anthaten, und
traurig waren, wie die Heyden, die keine Hoff⸗
nung hatten, ı Theſſ. 4,13. Weswegen fie
auch die im HErrn Enefchlafenen annoch Brüder
und Schweitern nennten, und in ihrer Gemein-
fchaft blieben. Da hieß es: “Unfere re
„gar nicht zubetrauren, die durch des HErrn Ab-
„rorderung von der Welt frey worden find u),
„Die feligen Brüder find durch den Ausgang ei-
„nes herrlichen Todes zur Unfterblichfeitübergan-
„gen, x). Und was dergleichen Ausdruck mehr
war. Ihr Grund war diefer, “weil doch alles
„GOtte leben muß, und in feine Familia gerechnet
„wird, was zum HErrn wiederkehret y). Das
„himmlifche Jerufalem war ihrer aller Mukter,
„und war theils noch) in der Pilgeimfchaft, theils
„tebte es ſchon im Himmel, z). Und deswegen
leugneten fie nicht, Daß fie unter einander durch
diefe gemeine Hoffnung alfo genau verbunden waͤ⸗
ven, daß fie auch mit den Berftorbenen in einem
Dienft bey GOtt ftünden a). Gleichwie fie auch
diefes theils in Maßigung des Traurens bey ih- 1
rem Abſchied erwieſen, theils in ihrem fleißigen
Andenken, welches fie oͤffentlich und heimlich
thaten. Davon bey ihren Bezeugungen gegen die
Todten ſoll gedacht werden. In dieſer
riefen fie einander gleichſam zu, wie jener bey einem
verftorbenen jungen, aber frommen Menfchen by: °
gebemwoht, ihr Brüder, lebt in Ewigkeit!
Uns iſt mit euch ein gleiches Erb bereit.
Welche Gleichheit fie auch bey ihrer Beftartung
durch allerhand Umftände anzeigten; als wenn ei-
nem auf fein Grabmahl ſolche Worte ohngefehr
geſetzet wurden, da er gerne neben den Gebeinen
der Märtyrer liegen wollen c):
Du willſt in gleicher Ruh mit deinen Brüdern 1
ſchlaffen
Drum Fanftdudir ein Grab bier bey den From⸗
men fchaffen.
15. Da hatte Feine Mißgunft, Fein Eigennug
ftate, fondern es war der Beruf in CSriſto
einer bey allen d): Sie waren alle von
GOtt zur Gerechtigkeit und zum ewigen
Le⸗
s) Athanaf.de humanit. verbi. t) Gregorius Naz.Or. in Athanaſ. u) prian, deMortalit. x) Id. Ep. 12.
Add.Ep.1.et6g. y) Hieronym.Epitaph. Paulx. 2) Auguſt. in Pf. 149. et Beda hom. de Nocte Nat. Dom.
a) Hieronym, lib. XVII. in Iefai. b) Paulin. Carm. 13. de obitu Celfi. <) Inferiptio Sepuichri ap. Gruterum
Thef. infer.p.MLV.n.6. d) Clemens Rom. Ep.ad Cor. p. 20.
F
ver.
Heben in gleicher Ordnung wiedergebo-
gen e), und dahero nothivendig an der Stadt
GOttes im Glauben Conforten und Mit:
erben in einer Hoffnung f). Auf welche Art
auch die Apoftel, den andern zur Nachfolge,
Hlaubten und redeten: Ebr. 3, 1. Phil. 3, 10.
2 Cor. 4, 18. Und diefes Band ward unter ihnen
für ſehr ſtark und Eräftig geachtet, daß fie fich des-
wegen unter einander für gleich hielten, “weil
„Gott ihnen alles in höheren Dingen gemein ge:
„macht hatte, als, den Beruf, das Evangelium g),
„eine Hoffnung, eine Anwartung, bh): Hingegen
waren diefe beyde Arten einander fehr zuwi—
der, nemlich derer, “die ihre Hoffnung auf welt-
„liche Dinge fegten, und eh auf GOtt ihren
„HErrn ftellten,, i). Dieſe Art “gienge auf ei-
„nem Weg einher, und ſtreckte fich nach dem Zu:
„eünftigen mit ganzer Hoffnung und Glauben,
„darinnen fie beyfammen ftunde„ K). Dabero
fie jich auch unter AN) nennten Bruder, die eine
Soffnung und Glauben ihrer Zrlöfung hät:
ten 1): fonderlich aber WMWiterben, Epb. 3, 6.
ı Det. 3, 7. Witerben der Gnade m), tbeil-
baftia des Reichs, ewige Wirerben in dem
böchiten Darerland n), die zualeich mit zum
Keben wiederkehrten, zugleich verberrlicht
wurden 0), Wohin fie denn nicht nur diejenigen
vechneten, welche zu der Zeit mit ihnen befehrt
waren, fondern auch, die Eünftig noch herzuge—
bracht werden follten. Weswegen fie alle Men:
hen für ihre Nächten erkannten, auch ehe fie
noch Ehriften wurden pP). Denn fie wußten
‚nicht, was vor GOTT nod) gefchehen würde.
Darum lebten fie alle auch nach der Hoffnung
des Erbes, dazu vielleicht noch viele gelangen
fonnten. Darüber fich auch jener fromme Ehri-
fte erfreute, daß er nun den zu einem wahren
Sreund haben koͤnnte nach der Hoffnung des ewi⸗
gen Lebens, den er zuvor fehon fehr lieb gehabt
hatte nad) dem zeitlichen $eben q).. Denn dis
allein gaben fie fir das rechte Band der Liebe
und der Zinträchtigkeit aus, nemlich einerley
Hoffnung ihres Berufs r): Eph. 4, 4. damit
fie alle “in einer Gefellfchaft und Brüderfchaft
„den Glauben unverrückt zu GOtt bebieften, und
„teiner untreu noch meineydig erfunden würde,
„ſondern beftändig in der Kindfchaft bliebe s).
€) Minutius Felix in Odtau, et Ladantius Epiſt. c. 2.
8) Chryfftomus hom. ı. in Rom. h) Auguffinus in Pf. 85. i) Id. inPf, 52. k) Paulinus
Ep. 42. ad Auguft. 1) Martyres Gallici ad Afiaticos ap. Eufebium lib. V. H, E. c. 1.
Tob.c.14. n) Aug.de ı2. Abuf.c.7. 0) Greg. Naz.Or.dePaup. Am. p) Aug. inPL 25.
adMartian. r) Bernh.Ep.129. $) Ambro/.inıCor.t. t) Ang.de bono Conj, c.23.
hom. de PremiisSpir.S. x) Ambrof. lib, V. Ep. 20. y) Aug. de Ver. Relig. c. 46.
Cod. 271
a) Chryf. hom. 8. de laudib. Pauli,
is. Cap. Don der erften Chriſten Hoffnung zu EEkr.
13
16. Solche gemeine Hoffnung ward durch
die unterfchiedene Stuffen der Herrlichkeit nicht
verringert bey denen, die da mußten, “vie
„dieſes groffe Gut doch allen wide gemein
„ſeyn, daß fie im Reiche GOttes mit Abra-
„ham, Iſaac und Jacob zu Tifhe fisen foll:
„een, ob fie gleich nach ihrem seben von
„unterfchiedenem Lichte glänzen würden ı), Cie
„würden gleichwol das Bimmlifhe Jeruſalem
„beſitzen ohne Drang und Drücken, fie wuͤr—
„oen es alle haben, und ein jeder würde es
„ganz haben. Der groffe Reichtum werde
„ohne Mangel feyn u). Dieſe Erbſchaft fen
„allen wahren Chriſten vorgetragen nad) der
„Bereifung, und nicht- aus dem Gefeß,, x).
Deswegen waren die nun alle “Blutsverwand-
„ee unter einem Vater, die ihn liebten und
„einen Willen ehäten. Sie wären Brüder,
„reil fie von einem Vater in feinem Tefta=
„ment zu einem Erbe beruffen worden, y).
So fuchten fie auch alle im Glauben cin Da-
terland. Ebr. ı1, 14. Darum riefen fie
einander zu: Warum eilen und laufen wir
„nicht, daß mir unfer Vaterland fehen, und
„unfere Eltern forechen koͤnnen? Es wartet
„alda eine groffe Anjahl unſer von lieben
„Freunden, Brüdern, Soͤhnen; eine anſehn—
„liche Menge verlanget uns, 2). Sie faben
an denen Apofteln und andern, wie fie alle
Menfchen zu dieſer Gemeinfchaft der Hoff:
nung eingeladen batten, teil doch im Geift:
lichen die Herrlichkeit mehr glanze, wenn Dr
viel fie genieffen a), Darum hieß cs aber:
mal bey ihnen : “Saffee uns in unfere Heiz
„nat fliehen! Da ift unfer wahres Vaterland,
„da ift unfer Vater, von dem twir evfchaffen
„find, wo unfer Jerufalem feyn wird, die Stadt,
„die unfer aller Mutter iſt b). ch biete euch,
(fagte ein treuer Lehrer Zu feinen Schafen )
„liebet mit mir, laufet mie mir im Glauben
„fort, verlanget das himmliſche Vaterland c)!
„Wir halten das Paradies für unfere Heimat, die
„Patriarchen für unfere Väter. Warum eilen
„wir nicht und laufen, daß wir unfer Baterland
„fehen und unfere Väter begeüffen konnen d)? Ein
„jeder Pilgeim muß ja in diefer Welt feufzen:
„O du gutes Vaterland! O himmliſche Heimat!
P „Du
f) Aferius hom. ad Luc. 18. ap. Phorium Biblioth.
m) Ambrofius de
g) Idem Ep. 135.
u) Id. inP£. g3. et Chry/f
z) Cyprian, de Mortal.
) Ambr. de Iſaae et Animac.g. c) Aug. Tradt. 36.in Ich. d) Spr.l.c.
14 21.8. Don der Pflicht und Bezeigung derer erjten Ehriften gegen GOtt. i
„Du Sand des Schauens! Du WehnungderEn-
„gel e)! Findeft du einen Ehriften, fo findeft du
„einen Bürger von Jeruſalem, einen Mitbürger
„ver Engel, der auf dem Wege lechzet und ſeuf—
nic Gefelle dich aber zu ihm, er iſt dein Ge-
Faͤhrte, und wanderemit ihm fort f). Der geift-
„che Wandel muß durch den Ankerder Hoffnung
„in jenem Vaterland fefte gefeget feyn g). hr
„fend auf diefer Wallfahrt begriffen, und muͤſſet
„Fleißig hören, was euch von eurem himmliſchen
„Jeruſalem verfündiger wird,,h). Und wasder-
gleichen Ermunterungen hievon mehr unter den
alten Epriften eufchalleren.
17. So ſuͤſſe aber das Andenfen der fünftigen
Herrlichkeit bey den Kindern des Lichts war, fo bit-
ter fchten es den Kindern der Finfterniß und des
Unglaubens zu feyn, die ohne GOtt, ohne EHrifto
lebten in der Welt, fremde und auffer der Bürger:
ſchaft Iſrael, und fremde von den Teftamenten
der Berheiffung , Daher fie auc) Feine Hoffnung
hatten. Eph. 2,12. Maflen denn die alten Chri—
ften ofte Elagten über die Bosheit der Feinde, wel-
che alle ihre Befenntniß von ihrer Hoffnung ver-
wurfen und verfpofteten. Sa, es war vielen auch
wol Ernft aus groffer Blindheit, daß fie meynten,
es wäre die groͤßte Schande, wenn fich die Ehriften
einer Hoffnung rühmen follten der Herrlichkeit,
die GOTT geben follte. Rom.s,2. Ohne Zwei—
fel war den Bofen daben bange, es würde alsdenn
ihr Reich und ihre Herrfchaft in der Welt auf
hören, wenn die Srommen berrfchen follten. “Sie
„orohen (fageteiner) der ganzen Welt den Unter:
„gang, und haben ihr Verderben im Sinn, und
„find nicht mit folchen alten Weiberfabeln ver-
„enge, fondern fegen ihrer noch mehr zu: Daß
„fie nemlich nach dem Tod wieder würden geboren
„werden; und folchen Luͤgen glauben fie unter ein-
„ander, aus weiß nicht was für einer Zuverficht:
„Wer ſie hörte, der folltemeynen , ſie waͤren ſchon
„wiederum lebendig, fo gewiß reden fie davon i).
Welche Berfpottung denn immerhin währete, alfo,
daß hernach auch andere Scribenten Davon geden⸗
fen: “Wir werden von euch verfpottet, wenn wir
„verfündigen, daß GOTT vie Welt richten
„wird. Drohen wir euch mit der Hölle, fo lachet
„ihr unfer öffentlich. Mennen wir euch das Pa-
radis, welches ein Dre ift, der den Geiftern der
„Heiligen bereite ift, daß fie da goͤttlich follen er-
e) Aug. ferm. 145. de Temp. f} Id. Tr.io.inEp.Ioh. g) Id.inPf. ı5.
in Nat. Dom. i) Cecilitis ap. Minut. Felic. p.335.
„quicket werden,fo glaubet ihr eher etwas von den
„Elyſiſchen Feldernk). Ihr laffer euch duͤnken,
„daß ihr beſſer verfteher als wir, Daß nemlich diefes
„Geſchwaͤtze und Kinderpoffen fen, was wir uns
„verfprechen, daß es uns von dem höchften Köni-
„ge zukommen werde,. Item 1): Es gefälle
„euch das gar nicht, was CHriſtus fagt, und wird
„mit groſſem MWiderwillen von eud) angehört.
„Ihr rechnet es für närrifche Weiſſagungen m)»
„Die Griechen (fchreibet ein anderer) glauben
„nicht die neue Schöpfung, die vonden Chriften
„verkuͤndiget wird n). And eben darinnen wird
„Irrthum und Wahrheit von einander gefchieden.
„Jener weiß nur von irdifchen Dingen, weil er
„reine bimmlifche Verkeiffungen hat; er ſcheuet
„fich nicht zu fündigen, weil er meynt, es werde
„nicht geftraft werden; er Diener den Saftern,
„weil er Feine Belohnungen der Tugenden boffer.
Wer aber im reinen Glauben befennet, daß er mit
„allen müfle offenbar werden vor dem Richterſtul
„EHrifti, 2 Cor. 5,10. der wird ferne von Sünden
„ſeyn. Gal,5, 24. 0).
18. Ebenermaffen hielte man es für noͤthig, bey
der Lehre von zukuͤnftigen Dingen jedermann zu
warnen, Daß gotelofe und fündhafte Herzendaf
„ſelbe nicht faffen Fönnten, oder wenn fie es faf-
„feten, doch es nicht merfen lieffen, und wünfchten,
„daß es nicht wahr wäre, weilfie, von ihren Suͤn⸗
„den verführet, diefelbe liebten „. Alfo würden,
zum Exempel, Geizige und Mohllüftige lieber
wollen, daß alles nur möchte erdichter feyn, da=
durd) fie gedrungen werden, ihre Begierden zu
verleugnen. Solche und dergleichen Leute wären
es allein, die der Wahrheit Fünftiger Verheiſſun⸗
gen widerfprächen p). Wenn demnach die Gott:
lofen es denen Frommen vor übel hielten, oder gar
als Irrthuͤmer verbieten wollten, das Zufünftige
nicht aus dem göttlichen Worte vorzutragen, fü
beriefen fie fich auf die Verheiſſungen, auch wol
vor den Heyden, die nun aus der H. Schrift be:
reits erfüllt waren, und fchloffen alfo : «Mein!
„was ift doch das vor ein Verbrechen, wenn wir
„das Zufünftige aud) glauben, nachdem wir durch
„zwey Stuffen fehon den Glauben gelernet ha—
„ben? (nemlich, da das Vergangene und Gegen:
„waͤrtige fo eintrift ),, g), Nicht weniger begeg—
neten fie den Ungläubigen alfo: “Wenn die zu-
„fünftigen Dinge fo befchaffen find, daß fie nicht
ü „mie
h) Honorius Auguſtodunenſis ferm.
k) Terzullian. Apol. c.47. D Arnobius lib. II. adu.
Gent.p.57. m) Ibid.p.ı5. n) Iufiaus Martyr Qu. et Refp. ad Gr. p. 167. 0) Hieronym. Ep. 14. ad Ce-
lantı p) Ladantiuslib,VIl.c.ı. q) Tersull. Apol. c. 20.
EN
Ci
4
15. Cap... Don der erfien Chriſten Hoffnung zu GOtt.
„mit vorher gefaßter Einbildung koͤnnen begrif:
„ren werden : Iſtes denn nicht beifer getban, man
„glaube aus zwey ungewiffen Dingen vielmehr
„en, mas einige Hoffnung mit ſich bringt, als
„was gar Feine bat ? Denn bey jenem ift Feine
„Gefahr, in dieſem ift ein groſſer Schade, nem-
„lich der Verluſt des Heils, wenn nun mit der
„zeit offenbar wird, daß es erlogen gewefen. O
„ihr Elende, Br fie fort, ) was wolle ihr wol
„tagen? Fürchtet ihr euch nicht, daß das etwan
„möchte wahr werden, was ihr jeßo verſchmaͤhet
„und verlacht? Oder denket ihr zum wenigſten
„nicht heimlic) daran , daß, was ihr jeßo nicht
„glauben wollet aus Hartnaͤckigkeit, Die fpate Zeit
„euch verweifen, und eine unmiederrufliche Neue
— möchte,r,? Ya, fie ſagten ohne Scheu:
„Wer den Verkuͤndigungen der Propheten nicht
„glaubet, der iſt ein Narr, da es noch das betrift,
„was noc) davon zu erfüllen uͤbrig ift, da doch
„ſchon fo viel davon erfüllet worden, was damals
„nicht war, als es verfündiget ward s).
19. Unterdeffen giengen fie doch mit folchen Ge—
eimnilfen von der Eünftigen Hoffnung, nad) der
eisheit, Die GOtt darreichte, behutſam und
treulich um, alfo, daß fie den Anglaubigen und
Spöttern mit Willen Feine Gelegenheit und Ma-
ferie gaben zu läftern und zu ſpotten, und fich alfo
weiter an GOttes Wahrheit und Herrlichkeit
J— zu lie Dahero, wenn denen
nfängern im Chriſtenthum dergleichen Hoff-
nung von der Fünftigen Zeit (eAmis T3 wer
Asvr@- Kiav®-) durch die Lehrer beygebracht
worden war, fo ward ihnen zugleich auferlegt,
leichtlich Eeinem Unglaubigen oder ungeuͤbten Ca⸗
techismusfchüler was davon zu fagen. Sie follten
ſolche Geheimniſſe ibrem Deraelter bewab-
ren, wie Eyrillus Hierofolpmitanus redete
an feine Zuhörer 2). So bemerfer aud) Vrige-
nes über den Drt Röm. 11,25. von der Fünftigen
Bekehrung der Juden, daß der Apostel mit
Fleiß diefes als ein Geheimniß wolle gehalten
115
willen, “damit die Glaubigen und Vollkomme—
„nen diefen Verſtand bey ſich felbit als ein Ge:
„heimniß GOttes möchten verfchiweigen , und
„nicht denen Unvollfommenen und Untüchtigen
„austragen „ u). And Lactantius befchleuße
auch alfo feine Bekenntniß von der fünftigen Herr⸗
lichkeit JEſu Ehrifti, und deffen vor und nachge=
benden Umjtänden x), “Dis ift die Lehre der
„Heil. Propheten, der wir Chriſten folgen. Dis
iſt unfere Weisheit, welche die Diener der ver
„gänglichen Dinge, die der eiteln Weltweisheit
„nachhangen, als eine a A Eitelfeit vor:
„lachen. Denn wir pflegen fie nicht öffentlich zu
„vertheidigen oder zu befeftigen , weil uns GOtt
„befible, daß wir in der Stille und mit Schwei⸗—
„gen diefes Geheimniß im Verborgenen und in-
„nerhalb unfers Gewiſſens —— ollen, und
„ja nicht gegen die offenbare Weltkinder mit Wi-
„oerftand und Zanf ftreiten, die nicht Lernens,
„ſondern Spottenswegen GOtt und die Religion
„böslich anfeinden. ennes foll und muß das
„Geheimniß auf das allergetreuefte verborgen
„und bedecket werden, fonderlic von uns, die
„wir Glaubige heiſſen. Jene aber läftern dis
„unſer Stillſchweigen als ein Zeichen des boͤſen
„Gewiſſens: Daher ſie auch den Keuſchen und
„Unſchuldigen verdammliche Meynungen andic)-
„ten‚. Indeſſen iſt gewiß, daß dergleichen
Vorſtellungen und Betrachtungen der kuͤnftigen
Herrlichkeit deſto fleißiger unter ihnen ſelbſt ſeyn
getrieben worden: wie wir oben geſehen, daß ſie
in ihren Zuſammenkuͤnften meiſtens von dem
kuͤnftigen Reiche ChSriſti, von der Herrlich-
Feit und a ag aa Zu den obi-
gen Urſachen aber Fam noch diefe, weil folche
Lehren viel Puncte in fich bielten, die der heyd-
nischen Obrigkeit wuͤrden alsrebellifch und ſchaͤd—
lich feyn vorgetragen worden. Davon wir an:
dersmo fehen werden , in der Materie von der
Verſchwiegenheit geheimer Dinge bey der erften
Kirche.
r) Arnobius l.c. P.55. ) Angufin. lib.X. de Ciu. Dei c.32. et in Pf. 62. atque ex eo Pro/per Aquit. Sent, 214,
x) Lib. VII. c.26.
t) InProcatech. p.6, u) lib. VIIL. ad Roın. p. 590.
Das
er ae: u ee
Das 16. Capitel, * a;
Bon der erften Chriften Demuth gegen GOtt.
Summarien.
⸗
rer - 5 J W B.
ie erſten Chriſten waren demuͤthig, $-1. je mehr fie ſich felbit Eenneten. 2. Demuth war der Grund ihres Chriſten
Dho 3. Daher hielten fie deſto feſter daran, nach dem Exempel Chriſti; 4. erkannten ſich für nichts,s. 5
ren ſorgfaͤltig, die Demuth im Verſtande zubewahren, 6. wie auch im Willen,7. meiſt im Verborgenen vor GOtt; 8:
Blieben ferne von aller Aufblehung,g. und hielten fich für unnüge Knechte; 10. Doch aber priefen fie defto mehr die
Snade Gottes in ihnen, u. und nenneten fich wol davon Heilige, iꝛ. doch ohne alen Hochmulh, 13. im wahrer Wer:
leugnung, ohne alle Berftellung, 14. _ und Cinbildung, ıs.- ob fie wol gerühmet wurden über ihrem Guten. 16.
— ee ie * — ſie aber — ſo uno fie es für- eine Stäupe. 77: Am weis
en haffeten fie den Eigeneuhm, 18. durch Erniedrigung vor GOtt, 19. dem fie alles zum Preiſe wieder auf ur
dadurch fiein ſteter Ruhe und Vergnuͤgung blieben. zı. y ſ is —— —
F. 2 Dar
Kr% leichwie der ganze Zweck des wahren
Ehriftenthums dahin gehet, daß der
Menſch von feinem natürlichen Hoch-
muth herunter und zurtiefen Demuth erniedriger
werde; alfo erhielte der HERR auch denſelben
bey denen Glaubigen in der erften Kivchen. Da
bieffe es von folchen in der Bulle gedemüthigten
Seelen, wie von Paulino gefchrieben wird: ** Sie
„wurfen den groffen Hochmuth und Pracht diefer
„Welt von dem zwar großmürhigen, aber nun
„defto niederigern Hals herunter, Damit fie ihn un⸗
ter das Joch CHrifti thäten a). Und wie von
Dictorino fteher: Es deuchte ihn, daß er grof
„fer Sünden fehuldig wäre, daß er über den Ge—
„beimniffen der göttlichen Demuth ſchamroth
„worden war, und hingegen fic) der gottlofen Re—
ligion der ftolzen Teufel nicht gefchamet hatte, die
„er als ein hoffärtiger Nachahmer mitgemachet :
Dahero ward er vorder Wahrheit nun ſchamroth,
„nicht aber mehr vor der Eitelkeit, b). Wir haben
oben von ihrer Befehrung gefehen, wie ſie darinnen
angefangen haben, fic) felbft recht zu erkennen. Und
diefe Selbfterfenntniß brauchte GOtt defto Fräfti-
ger zu ihrer Erniedrigung , je mehr Elend und
Greuel fienach ihrer verderbten Natur an fich ſelbſt
erblickenfonnten. Das hielten ſie für eine gött-
liche Sache; ja für die erfte Kection im Chri⸗
ftentbum , daß ein Wenfb ſich felbft Fen-
nen Iernete, denn dadurch Fomme man
auch zur Erkenntniß GOttes, und wer
diefen recht erkenne, der werde GOTT
ähnlich c). Alſo dienete die Selbiterfenntniß
nicht allein dazu, daß fie hernach dasjenige erwählen
konnten, wosu fie am meiſten geſchickt und
geneigt waren in geiftlichen Dingen; fondern
auch, daß fie vorher ihre Bebrechen fein wuüße
ten, und gerechte Richter über fich felber
waͤren, damit fie das Gute in achtnähmen,
von dem Böfen aber immer me abwi
chen d). 4 * —
2. Hingegen iſt es dem unmoͤglich, in ſeinen Au⸗
gen niedrig zu werden, der ſich ſelbſt nicht erſtlich
kennet. IJe weniger ſich einer ſiehet, je weni
„kann er ihm ſelbſt mißfallen: Se ——
„das Sicht iſt, das ein Chriſte aus der Gnade cı
„pfangen hat,je mehr erfennet er fich für frafbare)ı
Wer aber ihm felbft noch wohlgefällt, der Fa
Gott nicht gefallen, nicht allein in dem, was er für
„gut hält, und doch nicht gut ift, fondern auch
„in dem, was wahrhaftig gut ift, und doc) nicht
„fein eigen, fondern GOttes iſt, Darinnendie
erleuchtete Herzen eine groffe Verſuchung er—
fannten, und eine eitele Thorbeit, dafür be
inder Furcht des HErrn hüten lernetenf). e
fahen wohl, daß eine folche, auchnur fubtile Hoffart,
der gefährlichfte Feind von der wahren Miedrigfeit
wäre, und deswegen fonderlich für einen Greuel
zubalten, “weil fie alle Mictel zur Buffe und Bes
„eenntniß ausfchlieffe, und den Menfchen zu aller
„Bosheit verwegen, und gegen allen Rath und
„Beftrafung verftockt mache, g). Dahero je-
ner erfabrne Ehrifte feinen Brüdernrierhe, fo oft
ihr Herz ihnen durch Hochmuth zu fehaffen ma—
chen wollte, daß ſie fich felbft ernftlich alfo anrede⸗
ten: Weiche von mir! denn wer bin ich? Was
„habe ich wol jemals gutes oder vortrefliches ge⸗
„cehan,;? Daben fie denn die groffen Son der
aͤr⸗
a) Augufin. Epiſt. 4t.adLicentium. b) Idem lib. VII. Confefl!c.2. c) Agapezus geheda Regia n.3. ch
Ambroſ lib.1. Offic.c,40, e) Gregorins M. Lib. XXV. Moral, c. 3. £) Auguſt. lib. X. c. 39. Confelſ.
Caſſiodorus de Amis:
£)
5)
er. .
AN ne tn ee 2
in
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kann
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—
—
ug Cap. 16. Don dererften Chriſten Demuth; gegen GOtt.
Märtyrer und andere herrliche Gaben der be-
ruͤhmten Ölaubigen erregen follten, damit fie in
Gegenbaltung ihres Lebens Dadurch befchämer
und erniedriget würden h), a, fie mußten ge:
wißlich die Gefahr für deſto gröffer achten, je
mehr ihnen der HERR Gnade beygeleget hatte.
Denn fieerfuhren ja wohl,“ daß die andern tajter
„denen tragen und unnügen $euten nachftelleten,
„aber die Hoffare denen Emfigen und From:
„men ,i). Habe der Menfch gleich alles andere
überwunden , fo bleibe doc) diefe Berfuchung des
Satans nod) zurücfe. Er mache es wie ein lifti-
oldat, der zuerft die Eleineften Pfeile ver-
fchieffe, und zulegt ein fcharfes Schwerdt auszie-
be, welches eben die Hoffart ſey k) Davon auch
24 Epriftliche Poet alfo fchreiber 1):
ie Hoffart hat wol taufend Waffen,
- Damit fie uns kann Unruh fchaffen :
Sie braucht dazu die beften Werke,
\ ‚ Undmeßre im Guten ihre Stärke,
3. Demnach bliebe es bey allen Kindern Gor-
tes wahr, was Eyprianus erfannte: «DIR fen
„der erfte Eingang zur Religion, wie es der erſte
„Eingang Chriſti in die Welt geweſen, daß, wer
da gottfelig leben wolle, der müfle niedrig bey
bit gefinnet feyn, und fich nicht vornehmen,
en zu wandeln,die ihm zu hoch und zu wun⸗
„verlich ſeyn. Der Grund der Heiligkeit Ku alle-
„zeit Die Demuth gervefen; bingegen habe der ftol-
e Hochmuth auch nicht im Himmel beftehen
j „eönnen,. And ein anderer: “Wer ein geiftlich
„Gebäude durch die Gnade EHrifti angefangen
„hat, der zum Grund des wahren Gottes:
Edi e Demuth legen. Es mag einer alles
—.
„Gute haben: wo er den Grund der wahren
| „Demuth nicht haben will, fo kann es nicht befte-
ben. as von unten aufgebauet wird, Das
„wird in die Höhe gerichtet, was von oben erhö-
„ber wird, falle zu Bodenm). CHriſtus felber
„bat den. Weg durch lauter Demuth gebabnet ,
„weil die Menfchen durch Hoffart von GOtt ab:
„gewichen waren, und dahero zu ihm nicht ohne die
— wieder gelangen konuten. Ja, GOTT
„ſelbſt hat ſich um m erniedriget, Damit
„auch der menfchli a alfo ſich nicht
„entbrechen dürfte, den ßſtap en Gottes nach⸗
„zumandeln, weil ev doch demuͤthigen Menſchen
„nicht folgen wollte n). Alfo befteher nun die gan-
17
„e Zucht der Chriſtlichen Weisheit nicht in vie⸗
„ten Worten oder fubtilem Difputiven, noch in
„der Begierde eines eiteln Ruhms, fondern in der
„wahren und willigen Demuth 0). Diefe muß
„zum Grunde alles Guten geleget werden, und
„ohne fie iſt an Feine Tugend einmal zu geden-
„een,„P). Jener Altvater wußte bey allen feinen
geiftlichen Uebungen doch nichts nöthigers und
beffers zu rüßmen, als diefen Wca, daß man
ſich felber befebuldigte und anklagte 9), dadurch
er eine ftete Erniedrigung vor GOtt an fich fel-
ber verftund. in anderer wußte denen Lehrbe—
gierigen gleichfalls nichts nötbigers vorzutragen,
als diefes: “Sie follten Trübfal hoͤher achten als
„Ruhe, Schmac) für beffer als Ehre, und Ge:
„ben für feliger als Mehmenr),
4. Diefes war nun ihre vornehmſte Sorge, wie
fie feit an der Demurb halten möchten, fo wol
aus Betrachtung der Hobeit ihres Waters im
Himmel, und Dagegenbaltung ihres Elendes, als
auch aus dankbarer Erfenneniß der groſſen Barnı:
herzigkeit defjelben gegen jeden. Dabey fie denn
allen Genuß lauterlich ibm allein zuzufchreiben ,
und fich deffen unwerth zu fchägen gelernet hatten,
auch deswegen alle Gnade wiederum ibm auf:
opferten, und zu des HEren Preis anwendeten.
ı Perr.5,5.1Cor.4,7. Sie wußten ganz wohl,
daß fie in CHriſto IESU alles hatten und wa=
ren, was ißnen ihr himmliſcher Vater aus ewiger
Siebe zugedacht und verheiffen hatte: Gleichwol
waren fie an fich felbft in ihren Augen nichts, eben
deswegen, weil fie von GOtt alles haben mußten.
Mit was vor Freudigkeit muß ſich doch Janatius
erinnert * der Demuth, die in den Chriſten zu
Magneſig nad). eben dem Grunde wohnte, als er
fo an fie fehriebe: ch weiß, daß ihr euch nicht
„laſſet aufblafen, denn ihr Habe IEſum CHriſtum
„in euch felbft, oder feine Demuth (wie der Aus:
„leger es gibt). Sch wid daß ihr ſchamroth
„werdet, wenn ich euch lobe, wie gefchrieben fte=
„bet, der Gerechte lage fich felbit any, s). And
freylich wirkte das Exempel JEſu das meifte bey
ihnen, wie wir oben bey feiner Nachfolge im 8.
Cap. gefehen haben. Philip.2, ı.u.f. Da lief
fen fie fic) feinen Hochmuth einnehmen, fondern
fie giengen alsbald bey folchen Anfechtungen mit
ihrer Andacht in das Paradies, und winfchten das
zu ſeyn, was fie noch nicht waren, fondern erft
N 3 wer⸗
h) Xlus de VIII. Vit.Cogit.p.214. i) Idemib.p.ar2. k) Syneletica in Vita ap. Cotelerium Tom. J. Mon.Gr.
P.232. |) Profper Aguitan. Epigr. as. m) Cafarius Arelarenfishom. it. n) Augufl. ın Pfal. 33.
0) Leo
M. Serm. VII. inEpiph.c.4. p) Chryfof.hom.35.inGen. qg) Fir« PP.Gr.lib, V.c. 15.11.19. x) Paphnu-
tius in Apophth. ap, Corelerium Tom. I. p.560. s) Epifl.ad Magnef,
118
werden folltent). Wozu ihnen auch viel dienere
die Aufferliche Verachtung und Verfolgung von
der Welt u), da der HERR felberdiefen ſchmalen
Weg ihnen vorgegangen war, und fie ihm nachzu⸗
folgen geruffen hatte, wie mir bey der Verleug—
nung hören werden. Ja, ihr liebreicher Vater
felber that ihren Seelen oft diefes zu gut, daß er
ihnen den völligen Genuß der Önade und Erqui⸗
Kung entzog, nur damit fie nicht ſtolz werden,
und in Sicherheit geratfen möchtenx). Sodann
lernten fie recht, ſich für unwuͤrdig halten deffen,
was fie fhon von GDte genoffen, odernod) wei⸗
ter genieffen follten. Damwurden fierecht acm am
Beift, und dabeyfelig gepriefen, Matth,5. morin-
nen fie blieben nad) dem Willen des HEreny).
5. Solche Armuth am Geiſte vermochte Die
Gnade in ihnen zu wirfen, ungeacht fie fie vor
fich felbft niemals leer ließ von ihrer Kraft und
Sicht. Denn fie durften nichts von ihr in ihrer
Eigenheit befisen, und fich Damit groß machen;
fondern vor fich felbft waren fie doch im Beift
niedrig und ſchlecht, nichts babende, nichts
wiffende, ob fie gleich viel hatten und wuß⸗
ten. Sie nennten ſich mit ifrem Vater Abra-
ham auch bey ifrem ſtaͤrckſten Glauben dennoch
vor dem HERAN Staub und Aſche. Sie
meynten nicht, daß fie etwas wären, fondern
hatten ein zerfnirfcht und zerfchlagen Herze z).
Die Worte ihres HEren und Meifters waren
ihnen 'ftets vor Augen, daß fie nicht in das
Sinmelreich Fommen würden , wo fie
nicht umfebrten, und wie die Rindlein
wuͤrden. Matth . 18, 3. 4. c. 19, 14. Je mehr
nun der alte Adam bey den ſtolzen Herzen unwil⸗
lig ward, daß er vernichtet werden ſollte, je kindli⸗
cher wurden die Glaubigen geſinnt vor ihrem Va—
ter, der eben durch ſolches Gleichniß die Hoffart
deſſelben anklaget und richtet a). Denn fie muß-
ten ja wahrhaftig Kinder feyn, wann fie anders
wiedergeboren und zum eroigen Leben erneuert wa⸗
venb). Aus diefer Kraft Fonnten fie immer an.
der Bosheit mehr zu Kindern werden,und doch zu-
gleich an dem Berftändniß vollfommen feyn.
ı Cor.ıq,20. Wer fich nicht alfo erwiefe in der
That , den erkannten fienicht davor c), Man er-
fußre auch wohl, “wie der die Hoheit GOttes
„nicht erreichen Fönnte, der bey ſich felbft nicht ge-
„ring und nichts würde in Erkenntniß feiner fel-
t) Hieronym. Epift.22. ad Euftoch. u) Vita Syneleticæ n. 33. Coteler. x) Macar. hom. 29.
18. 2) Macar. hom.ı2. a) Auguft. in Pf. sı2.
cont. Valent.c.2.
III. Oper. Pafchal. p. 548.
1. B. Don der Pflicht und Bezeigung derer erftien Ehriften gegen Ed. |
JJ 2. ci cheasnnieieechinge
d) Casfiod.de Amic. €) Hilar.can.tı, in Matth,
—
„ber,,d). Es hatte auch dem Vater einmal ge-
fallen, den Unmuͤndigen feine Weisheit zu offen:
baren, Mateh. ıı,25. 26. und denen. De die
Geheimniſſe dev bimmlifchen Worte zu verbergen.
„Den Kindlein an der Bosheit, nicht am Ver—
„ſtand, gab ers; denen aber, die in der Einbil-
„dung ihrer Tporheit Flug feyn wollten, gab er
„nichts: Welches denn billig war, weil die end-
„lich zu Narren werden mußten inihrer Weisheit,
„welchenicht in GOtt Kinder zu werden verlang-
„een e). Solche Kinder wurden fie durch den
„Glauben und Gehorfam deflelben, diedem Va—
„ter folgten, die Mutter liebten, den Brüdern
„fein Bofes gönnen wollten, Feine Sorge für Die
„Nahrung hatten, nicht hoffartig waren, nicht
„zornig, nicht lügenhaft,, glaubten dem, was
„man ihnen fagte, und hielten für wahr, was ſie
„hörten. Und diefe Gewohnheit und Wille mach⸗
„te ihnen den Weg zum Himmel leichte. Wer
„darin feſt gefeget war, der hatte die ArtderDe-
„much JEſu an fich,,f). Wovon einerin gebuns
dener Rede ohngefehr alfo ſchreibet )
Der ift vor allen hoch geftiegen, N
Wer andern fich ganz unkerwuͤrfig macht:
Wer allen kann zu Füllen liegen,
Der ift von GOtt und Engeln hoch geacht,
Iſt wie ein Kind, das fein Öeprange lieber,
Nicht Aemter ſucht, nicht ſtolz und fen.
fig it, Nik
Nicht Wohlluſt und an fehnöde Geldfucht lies
et:
So mußt du feyn in dena Sinn , mein
riſt.
Je tiefer du zur Erde wirſt gebeugt,
Je hoͤher denn dein Geiſt gen Himmel ſteigt!
6. Das konnte allein goͤttliche Kraft und Weis⸗
beit in ihnen ſchaffen, daß fie zwar Feine Fnechti-
ſche ſchuͤchterne Furcht gegen ihren Vater hatten,
doch aber immer forgten, roie fie die geiftlichen Ga:
ben A anwenden und behalten möchten. Und
„in dieſer Sorgfalt blieben fie fein niederträchtig,
„daß ihnen ſolche niedrige Gedanfen von ſich
„ſelbſt gleichfam” natürlich wurden. Je hoͤher
„Erfenneniß fie von GOtt erlangten, je mehr hiel⸗
„ten fie fich für einfältige Sydioten ; und je mehr fie
„gelernet hatten, defto weniger meynten fie zu
Wwiſſen. Denn die Gnade fuhr in ihnen fort,
„und
b) Id. ferm.ır. de Diuerf.ad baptizatos. c) Terzullian,
£) Ib.can.ıg. g) Celins Sedulius lib.
3
r —
nel —
—
y) Idem homil.
— er |
a 66 Cap. Don der erften Ehriften Demutb geaen GOtt. 1
„und hatte ſie durch und durch eingenommen, daß
„fie fie, wie eine Amme ein Kind, truge, und gen
„Himmel führte, b). Biel weniger aber lieſſen
fie ihrer natürlichen — 5 Raum, “Daß fie
„anf einigem Wahn beftehen bliebe, aus Einbil-
„dung, fieverftünde alles wohl, fendern fie fchä-
„meten fichnicht, etwas zu beſſern oder zu andern,
„und ſo ſie noch ein mehrers erfahren ſollten, das
„wollte ihnen GOtt fehon offenbaren, Phil. 3,
915.91). Hatte eine Seele ihre natürliche Thor:
beit einmal gruͤndlich erfannt, und die Unerfah-
renheit ihres Unverftandes geſehen, fo war ſie de—
fto mehr begierig, immer durch die Klugheit der
Goerechten zur Weisheit GOttes gebracht zu wer-
den. Sie fihränfte die Kraft und Weisheit
GOttes garnicht enge ein, aus Einbildung einer
ommenen Erkenntniß, fondern wußte, daß
nur von GOtt wohl erkannt und geglauber wer-
de, worzu er felbit der Helfer und Grund ift k).
Auf ſolchem Wege ward fie bewahrt vorden Ber-
uchungen des Widerfachers, der denen Unvor-
ichtigen mit folchen fcehändlichen Gedanfen nach:
t, dafi fie ſich einbilden, fie haben nun ſchon
\ fen ‚ was andere noch nicht müßten, und er—
teten ihnen einen Haufen gutev Betrachtun:
, Die fie ihnen felbft zufchrieben !). Von die-
aren die wahren Kinder weit entfernet. Und
war ihre Demuth in ihrem Berftande.
’ Anfehung ihres Willens war vornemlich
pre Demuth herzlich, aufrichtig, und nicht ver-
telle oder ungegruͤndet. “Der Ehre GOttes
„und feinen in fie gelegten Onadengaben ward
4 ——— vergeben. Er machte ſie groß am
„Gemuͤthe, aber demuͤthig im Herzen: indem Ih—
„rigen waren fie niedrig geſinnt; aber in ihrem
„Sinn waren fie nicht niedrig: denn diefer war
„ſchon im Himmel, undihre Seele wohnte ſchon
„inder Höhe, m). So Fonnten ſie hoch feyn und
Fonnten niedrig fern. Phil. 4,12. Wer wollte
dann auch dicke ihnen für einen eitelen Ruhm
auslegen, wenn fie gegen die Hayden von fich be-
zeugen, wie jener thate: Bey uns verlanget
„inan Feine eitele Ehre, wir find auch nicht unter:
zfchiedener Mennungen; fondern wir fiheiden
„uns von gemeinen und irdifchen Dingen ganz
„ab, find den Geboten des HErrn ergeben, und
„folgen dem Gefes der Unfterblichfeie. Was nur
„zum menfchlichen Ruhm fich ſchickt, davor ha—
„ben wir einen Greuel. Die Reichen betrachten
„nicht allein mit uns des HErrn Willen, fondern
x
13
„auchdie Armen. Ein jedes Alter wird bey
„ſchlechthin geehret,, n). Dagegen konnten
auch den Heyden nicht unerinnert laffen, wie Te-
bey aller ihrer vermeynten Demuth dennoch lauz
ter Ehre und Lob fuchten. Als, wenn fich die fa-
cedamonier grauſamlich geiffelten, und dabey ei-
nen geoffen Ruhm der Geduld zu erjagen meyn—
ten, auch nach ihrem Tode Ehrenfeulen und
Bilder erlangten. Den Epriften aber wurde es
für eine Raferey ausgelegt, wenn fie um GOttes
willen alle Schmach und Schmerzen litten, und
dabey die Auferftehung wahrhaftig hoffeten 0).
Weswegen diefe ſich auch unter einander freulich
ermahneten, “daß ja niemand mit verftellter
„Demuth Ehre füchen, oder gar ſich in Hoffart
„ſelbſt erheben möchte, fondern fich von ganzem
„Kerzen vor dem HErrn beugte in wahrer De-
„much und Armuth des Geiftes p). Ein anders
„ſey, die Tugend Babrgafeia gaben; ein anders,
„nur die Gleichheit derfelben. Diejenige Hoffart
„ſey noch viel ſchaͤndlicher, die unter einigen Jei-
„chen der Demuth fich verſtecke, gleichwie insge-
„mein Die after greulicher feyn, Die unter dem
„Schein der Tugenden verborgen liegen. Dar:
„um follte ein jeder Chriſte der Niedertraͤchtigkeit
„nachjagen, die nicht gewiefen und verftellet wer-
„de mit den Geberden des Leibes oder gebrochener
„Stimme, fondern die mit reiner Bewegung des
„Herzens ausgedrucket werde, 9)y. Denn die
verftelltee Demuth koͤnne man bald an ihren
Stöchten erfennen. Zum Erempel: Wenn ei-
ner gefchimpfer wird, und es nicht vertragen kann,
fondern alsbald wiederum ſchmaͤhet, der fen noch
garnicht niedrig gefinnt, ob er gleich Aufferlich ei-
nen Schein davon fehen laffe, und eben darinn eine
Ehre füche r).
8. Im Gegentheil war dieſes “ein gewiſſes
„Kennzeichen der Chriſtlichen Gottſeligkeit, daß
„einer zwar dieſe insgemein für das höchite Gut
„achtete, aber fonderlich diejenige recht für fein
„Eigenthum befäffe, welche unfichtbar und der
Welt unbefannt wäre,,; wie jener von feinem
Bruder öffentlich dergleichen bereugete s). Det
denn auch von einer frommen Cpriftin erzehlet,
„daß die hoͤchſte Vollkommenheit ihres herrlichen
„Geiſtes dieſe geweſen, da ſie ſich nicht ſo wol
„fromm vor der Welt geſtellet, ais wirklich da—
„bin getrachtet habe, in der That recht gottſelig
„zu leben, fonderlich in folchen gottfeligen Wer:
„ten, welche demjenigen nur befannt find, der in
„das
h) Macar. hom. 16. i) Hilar.lib. XI. de Trinit. k)Id.lib. IV. h Vita Synelet. Le.n. 49. m) Hilar. inPf£. 130.
n) Tatianus Or, ad Gr. p. 167.
lant. r) VitaSynelet. l.c.n.;9.
0) Tertullian. Apol. c. vlt.
$) Gregor. Nazianz. Orat. io. de Crfario,
P) Hieronym.inDan. III. q) Id. epiſt. 14. ad Ce-
—
120
„das Berborgene fiehet „e). Dergleichen auc)
von einer andern, mit Namen Spncletica, gele-
fen wird, “daß fie nicht fo wol ſich bemuͤhet habe
„guts zu thun, als ihre guten Werke zu verbergen,
„nicht zwar efwan aus Meid, fondern aus dem
„Trieb der göttlichen Gnade „nach Match.6,3.u).
And fo follte es ja billig unter allen vechtfchaffe-
nen Chriſten zugehen, “daß man alle eitele Ehre
„verſchmaͤhete, und in allen guten Berrichtun:
„gen dahin ſaͤhe, damit alles Gepraͤnge und affe—
„ctivtes Lob ferne bliebe. Dazu denn Die, fo et=
„was Guts gethan hätten, fich des apoftolifchen
„Worts fleißig erinnern mochten: Nicht aber
sich, fondern die Bnade, die in mir woh-
„net. ı Cor. 15,10. Und des HEren ſelbſt: Oh—
„ne mich Fönnt ihr nichts thun. Joh.r5, 5. x).
Sonſt pflegt ein folcher eitler Ruhm alle Tugen-
den zu verdunfen, und den’ Glauben zu ver-
treiben; wie CHriſtus fage: Wie Eönnt ihr
alauben, die ihr Ehre von Menfeben ſuchet?
ber die Ehre bey GOTT ſuchet ihr nicht,
Soh.5,44. Denn das Gute muß um fein felbjt,
nicht um eines: andern willen erwählet werden ,
woferne man nicht das für beffer halten mwollte,
weswegen man etwas thut, als die That felber,
die von GOTT herkommt. Da doch nichts
beffers ift, als GOTT und GOttes Werk y).
Dabero war dis ein £reflich Zeichen bey den Al⸗
ten des wahren Chriftenthums: Mer GOTT
„gefalle, der will es vor Menfchen verborgen hal⸗
„een; und ob er gleich alle Schäße feines Königes
„befist, fo will er fie Doc) verbergen, und überall
„befennen: Der Schag iſt nicht mein, fondernein
„anderer hat ihn nur bey mir eingefegt. Ich bin
„ein Bettler, und wenn er ihn von mir fordert,
„fo muß ich ihn Bingeben. Wer aber fage: Sch
„bin reich, und habe genug, und bedarf nichts, den
„hielten fie für Feinen Chriſten, fondern für einen
„ireigen Menfchen ,„2). Ueberhaupt achteten fie
es fiir ratbfamer, das Gute, das fie haften, zu
verbergen, als damit zu pralen. Wie ein Bett-
ler, wenn er Almofen ſuchet, nicht ſchoͤne Kleider
zeigt, fondern die halbbloffen lieder und ABunden,
damit er Barmherzigkeit erlangea). Dder mo es
ja die höchfte Noth erforderte , etwas Gutes öf-
fentlich fehen zu laflen, fo bemüßeten fie ich, “Daß
doch ihre Abficht im verborgenen gut bliebe, damit
ie dem Naͤchſten ein gut Exempel gäben, und
1.3. Don der Pflicht und Bezeigung derer erften Ehriften gegen GOtt. a
„zeit — bleiben, und ſie allein
geſelenD)..
9. Bor GITT ihrem Vater war der wahren
Kinder Auge fo einfältig und vedlich, daß ſie meht
wünfchten, als ihnen felbft zutrauten, fronm |
zu ſeyn ©). Denn ihm felbit etwas ———
fer GITT, waͤre kein Glaube, ſondern einegrof-
fe Untreue gewefen. Der hieſſe nur —
a
glaubig, der ihm felbit
ir hoffte, fondern ihm felbft als ein unnuͤtz Ge⸗
faß fchiene. Dis geſchahe; “wenn fich die See—
„te immer felbft unterfuchte vor dem, dem die
„Demuth fonderlich gefällt, und alfo ihr felbft
„mißfiele, damit fie dahin kaͤme, was fie noch
„nicht meynte zu fenn. Denn wo jemand fagte,
„nun ifts genug, fo wares aus mit ihm; er mußte
„vielmehr immer dazu thun, und fortwandeln, und
„zunehmen d). Sonſt war nichts gefährlicher bey
„ver Öottfeligfeit,als das Andenken deflen, was
„etwa guts gefchehen war. Denn es brachte
„gleich zweyerley Schaden, einmal, daß es trä=
„ge zum Wachsthum machte, und dann, daß es
„zum Hochmuth reiste„e). Wer nun feiner
Sünden vergaß bey dem Guten, was er hernach
gethan hatte, und hingegen auf diefes immer far
be, ja wol gar fich deswegen nun für ganz heilig
bielte, der Dachte nicht auf die Strenge des? A:
ters, wie er vor ihm über die Unvolllommenbelt
feinee Werke nicht trotzen koͤnnte; Er ſahe auch
nicht, wie viel er überdis noch fehuldig war zu
thun. Wie etwa ein Neifender nicht fo wol
„fiehet auf ven Weg, den er ſchon zuruͤk gelegt
„hat, alsaufden, denernoch vor fich weiß ; m
„wenden die Auserwählten ihre Augen hinweg von
„dem, was ihnen gefallen koͤnnte, fie unterdru-
„Een alle unordentliche Freude über ihren guten
„Werfen, undfind über dem vielmehr betruͤbt,
„was fieentweder gar nicht, oder unrecht gethan
„haben. Ja, ſie halten fich alles Guten unwuͤr—
„dig, und fehen faft allein ihre Froͤmmigkeit nicht,
„die fie doch allen zum Erempel ohne ihr Willen
„ſehen laſſen t). Finden fie einen Fehler an fih,
„ſo demüthigen fie fich vor GOtt, und beffern ihn :
„Iſt etwas Gutesbey ihnen, fo beharren fie viel-
„mehr in dem Borfas, alsdaß fie ſich dadurch foll-
„ten aufblehen laffen, vderandere verachten, und
„ihnen eine Gerechtigkeit Daher zufchreiben ,, g).
Sie hüten ſich auch dadurch vor dem Fall in den
nicht glaubte, no
„doch in ihrem Derlangen wünfchten, daß es all: Hochmuth, daß ſie ihre Tugenden gegen Das Leben
froͤmme⸗
t) Idem Orat.ix. de Gorgon. u) l.c.n.ıs. x) Nilus de VII. Vit.Cogit. p. 200. y) Ewagrius Scitenfis Cap.
z) Macarius hom. 15.
pref.
a) Bernhard.Sern. 3. in Adu. Dom. b) Gregor. M. hom ır. in Ezech.
Paulinus in Precat. d) Berrhard. Serm. 5. in Vig. Nat.
M. lib. XII. Moxal.c.6. 8) Arhanafias Vit.Anton. p. 144.
€)
e) Auguſt. Serm.15. de Verb, Apoſt. f) Gregor.
J—
us EB 3*
J Me
— * halten, und alſo vor ihnen genie⸗
.
10. Bey ihrem groſſen Licht der Erkenntniß und
aͤuſſerſten Verleugnung nun ſpuͤrete man doch ei—
nen fo niedrigen Sinn, daß fie aller Hoffart ſpin—
nenfeind waren. enn “wären gleich ihre
„übrige Werfe des Glaubens alle herrlich gewe—
„ſen, daß ihr Geborfam in der Bewahrung aller
„Befehle des HErrn verblieben wäre; fo wuͤrde
„doch ihr Andenken verlofchen ſeyn, wenn fich die
„Hoffart eingefunden hätte i). Die demüthige
„Erwartung in dem Gefallen GOttes mußte den
„ohn einer langen Geduld erhalten, wenn fie die
Frucht der Gottfeligfeit in dem Glauben ihres
„Herzens bewahrten, und Fein Lob von Menfchen
„verlangten k). Hatten fie gleich unzählige
Fruͤchte der Gerechtigkeit gethan, fo war es doch
„denen, die in CHriſto waren, als wenn fie nichts
„gethan hätten, wegen des unerfättlichen Berlan-
„gens, das fie nach dem HErrn Batten,, 1). Alfo
mußten fie, zum Erempel, fagen von ganzem Her:
zen, wenn fie im Geber beharret waren: “ch
„babe nicht im Geber beharret, ich muß nun erft
„anfangen mich zu üben, Dabey fie gleichwol
allzeit eine Hoffnung und Vertrauen von dem
Fünftigen Reich und ihrer Freyheit haben muß:
gen, und fagen: "Bin ich heute noch nicht frey,
nicht willen in Demuth, und zurück denken,
R sea ich morgen frey werden m). Sie muß⸗
dat fie nun befaffen, was fie ver ihrer Wieder:
”
„geburt noch nicht hatten, dazu fie die Gnade
„brachte Sie mußten ihre Geelen nicht achten,
„wondern fich von Natur für verwerflich halten,
„ob fie gleich vor GOtt herrlich waren. Wenn
ſie in der Erkenntniß GOttes wuchſen, war es ih⸗
„nen noch immer, als wenn fie nichts wuͤßten:
„Bor Gott waren fiereich, vor fich felbft arın,,r).
Dahin jener alte Lehrer fein Abſehen hatte, als er
einem, der ſich ruͤhmte, wie er allezeit an GOtt
gedachte, alfo antwortete: “Es ift eben nichts
„Grofles, Daß du deine Gedanfen bey GOtr halt.
Aber das ift viel, wenn du ficheft und erfenneft,
„daß du geringer ſeyſt alsalle Creaturen,,. Wo:
mit er dem ungeuͤbten Menfchen feine Einbildung
von feiner groffen Andacht benehmen wollte 0).
Ein anderer pflegte fich alfo in diefem Stück der
Niedrigkeit zu üben: Wenn einer zu ibm fan,
der ihn für einen frommen, heiligen Mann mit
16. C. Don der Ehriften Demuth gegen GOtt.
121
Furcht und Scheu anfabe, fo redete er gar nichts
zu ihn, und war betruͤbt: Wenn aber ihn einer
verächtlich fractirte, und ihm feine vorige Suͤn—
den vormurfe, fo antwortete er ihm mit Freu:
den p).
ı1. Michts defto weniger, und ungeacht fie in
fo groſſer Miedrigkeit nie Herzens vor dem
HEren ftunden, fo vergaben fie Doch dabey feiner
Ehre nichts, daß fie die Gnade, die ev an ihnen
gerhan hatte, nicht hoch gepriefen hätten. Mur
fehrieben fie nichts ihnen felber zu, wenn ſie
fich felbft unter einander dennoch im richtigen Ver:
ſtand Heilige, Gerechte, Fromme, Goͤttſelige,
und dergleichen, ohne Bedenken nennten: Wel—
ches bereits von denen Apoſteln haͤufig geſcha—
be, davon ihre Briefe noch zeugen, und denn
von ihren Nachfolgern., Man wußte dazumal
nichts von dem Mißbrauch, daß man nur ge:
gewiſſe Leute für Heilige ausgab, oder auch die
Berftorbenen nur alfo nennte, wie Baronius q)
und Albaſpinaͤus bey den Papiften-mit andern
geftehen r). Vielweniger Fam es bey den erften
Chriſten auf bloffe Titel an, fondern es war theils
ein Zeugniß der Gnade GOttes an ihnen, theils
eine Aufinunterung, dieſem Beruf gemäß zu wan⸗
deln. Denn fo- befchrieben fie einen Heiligen,
der des Glaubens tbeilbaftig worden war,
und dabey ein unbefleet und untadelich Le—
ben führte s); oder Ffürzger, der im Biguben
und Heben heilig war; wie es Chryſoſtomus
etlihemal ausdruͤckt t). Der auch zu feiner
Zeit bey dem Verfall mit der neuen Gewohn—
beit übel zufrieden war, daman die wahren Ehri-
ften nicht we wollte Heilige nennen, fondern
ihnen andere Namen von zeitlichen Dingen gab u).
Denn, (wie ein anderer die Urfache anzeigt,)
„der macht fich einer groſſen Suͤnde fihuldig,
„der etwas fir unheilig erklärt, das doch Bei:
„lig iſt, oder ein unheiliges Glied fir Beilig
„ausgibt, weiler alfo an dem Leibe EHrifti ſuͤndi⸗
„get und irret. Efa. 5, 20. X). Demnach erfannten
fie den “wahrhaftig für Beilig, der nach dem in-
„nein Menfchen gereiniget und gebeiliget war,, y)-
Deswegen * ſich alſo einander erinnerten:
Wenn der Apoſtel die Chriſten Geheiligte nen—
„net, fo kann auch ein jeder Glaubiger ſagen: Ich
„bin heilig. Dis iſt keine Hoffart eines Stolzen,
„fondern eine Bekenntniß deffen,der nicht
— ar
h) Gregor. Naz.Carm. ıg. de Beatit. i) Hilar.inPf.ug. K)Id. inMatth.c.4. 1) Macar.hom.ro. m) Id. hom.
26. n)Id. hom. 27-
no, Tertull. etc. s) Chryfoftom. hom. I. in Ephef.
hom.ro.in2Cor.4. x) Hieronymus in Philem. Conm.
\ 0) Vita PP. Gr.lib. V.c. 135. n. 47.
vbi € Scriptura, Igmatio, Polycarpe, Tertull. et aliis probat.
p) Ib. lib. VII. c, 12.1.2. q) An. XLIII. n. 15.
r) Lib. I. obferu. 25. n. 4. e Concil. Milenita-
t) Idem hom. io. in Ebr. et hom. I. in Coloſſ. u)Idem
y) Macarins hom. 17.
>
122
„bar willfenn. Denn wo dufprächeft, du waͤreſt
„heilig vor dich felbft, fo bift du ſtolz; aber wo du
„an EHriftum wahrhaftig glaubeſt, und fein
„Glied bift, und doch dich nicht Heilig nenneft, fo
„biſt du undanfbar. Damit du nun weder hof⸗
„‚fartig noch undankbar ſeyn moͤgeſt, fo ſprich zu dei⸗
„nem GHer : Ich bin heilig, weil du mich geheiligt
u weil ichs empfangen habe, nicht weil ichs
„ſchon gehabt Habe; weil du mirs gegeben haft,
nicht weil ichs verdienet habe,, 2), Wiedavon
auch ein Chriftlicher Poete gedenfet a):
Wie, wird die Heiligkeit, die alles heilig machet,
Was ihr Gemaͤchte iſt, yon uns noch heilig
eyn?
Ja, wenn das Herz vor in reinem Glauben
wachet
Da kann der heilge Schmick in Tempel ge⸗
hen ein.
Wenn der uns heiligt gr ee Seel und Geift
erhebet
Darauf der ganze ir in reinem Wefen
ebef.
12. In diefem Berftande wares nun in öffent:
licher Gemeine bräuchlich, die Chriſten Heitige zu
nennen ‚wie aus der befannten Formul zu fehen ift,
die fie bey dem Nachtmahl hatten: Den Heiligen
ift alles heilig, da fie denn mitheller Stimme
Heilige genennet wurden b). Nicht weniger tha⸗
ten ſie es in ihrem Briefwechſel, daß ſie einander
nenneten heilige Brüder ec), heilige Schwe-
ſtern d), gottfelige und heilige Bruͤder e), ja wei-
terhin gar an einander fihrieben: Deine Yeilig-
feit, deine Gottſeligkeit, deine Undacht, u. ſ. w.
Eben fo hielten fie es auch, wenn fie ſich und an-
dere für Keine erfannten und befannten, dadurch
fie folche verftunden, “die alles durch den Glauben
„an den Vater und Sohn feftiglich thaten, und
„von dem Worte GOttes Tag und’ Macht rede-
„.ten,damit fie mit guten Werfen gezieret wären,,f).
Dazu fie ein unbefleckt Bewiffen und reines
“er; erforderten, ohne welches niemand das
Brod des Lebens eflen Fonnte g). Der Muß
aber folches reinen Lebens wurde für beftän-
dig und ewig von ihnen erkannt, deflen Fleiß
fie auch für das befte Bielten b), Denn ob
1.2. Don der Pflicht und Bezeigung derer erften Ehriften gegen GOtt.
gleich) das Fleiſch durch die Sünde verunrei-
niget und verderbet war; fo mußten fie doch
wohl, “daß es der HErr wiederum beiligte , mit
„feinen Geheimniffen und Zucht gleichſam Flei-
„dete, und feine Neinigfeit liebte, feine Züch-
„tigung beforderte und billigte,, )). Dahero
dis ihr fonderbarer Grund und Troft war,
daß a fie felbft rein, und deswegen
felig fprechen wollte. Joh. 13,10, 15,3. Matth.
5, 8 ı.
13. Inzwiſchen Bielten die wahren Chriften
gleichwol feft an der Demuth, und wollten ſich
nicht rühmen, -als hätten fie das nicht empfangen,
was fie doch von GOtt alleine hatten. ı Cor. 15, 7.
Die Gnade war bey vielen überfchwänglic, groß,
und die Gaben leuchteten an ihnen maͤchtiglich;
aber defto mehr hatten fie Erinnerung noͤthig, daß
fie fich Feiner Hohen Gnade überhüben. *Esmag
„einer gleich (ſchriebe Clemens von Rom) gläu-
„big feyn, oder mächtig in der Erkenntniß, weiſe
„in Prüfung der Neden, Feufch und reinin Wer-
„fen: Je groͤſſer er ſcheinet zu feyn, defto niedri⸗
„ger foll er werden, und nicht das Seine fuchen,
„fondern was allen nußet,, k). Und ein ande-
„rer: Wenn wir erhoͤhet werden, und uns auf die
„Salbungen und Werfe ver Gerechtigkeit ver—
„laffen, oder mit der Hoheit eines Amtes begabet
„ſeyn, fo müffen wir uns nicht erheben, oder GOtt
„verfuchen, fondern niedrig gefinne bleiben; viel
„weniger durch die Ehre der Welt und der gegen⸗
„rwärtigen Thorheiten uns fangen laffen,, 1).
Denen denn viel andere beyſtimmen, wovon ich
nur etliche anführen will. “Es müffen zwar
„alle Ehriften die Demuth bewahren, weil Feiner
„pie Lehre des Evangelü recht erfennet, der nicht
„den HEren JEſum als einen $ehrer der Demuth
„orinnen findet. Matth. ın, 29, Aber die find
„tonderlich deffen bedürftig, welche etwa mehr
„Gutes vor andern haben, Damit es heiffe: Je hoͤ—
„ber du bift, je tiefer vemüthige dich, damit du
„vor GOTT Gnade findeft. Sirach 3, 20. m),
„Sieheſt du einen fich erheben und ftolziren, weil
„er etwa eine Gnade von GOtt erlanget hat, und
„wenn er gleich Wunder thäte und Todten auf-
„weckte, wofern er nicht ganz niebrig ift, und
„ſich für nichts haͤlt, noch arm am Geifte, und
„elend
2) Auguffinus in Pal. 85. a) Calius Seduliss lib. III. Op. Pafch. p. 540. » Chryfoß.hom.ı7.ad Ebr. c) Pau.
linus ep. 30. Hieronymus Ep. 35. 55. et lib. I. adu. Iouin, Augufin. Ep. ad Memorium etc. d) Ambro/, Ep.
64. €) Cyrillus Alexand. Epift. Canon. de Proelo.
15. h) Gregor. Naziarz. Carın. I. ad anim. ſinnn.
1) Irenans lib.V.c.14. m) Auguftinus in PL. 33.conc. 2.
*
f) Irenaus lib.V.c.ı2. g) Oigenes Tract. in Matth.
i) Tertullianns de Reſurrect. c.9. K) Epiſt. p. 63.
t 16. Eap. Don der erften Ehriften Demütbigung gegen EUtr. 123
IB 1111112121200 — —— — — — — — — nn
„elend iftz fo wird er unwiſſend von der Suͤnde
„hingeriffen. Sa, mern er auch Zeichen thun fonn-
„ee, muß man ihm nicht glauben. Denn das
nit das Zeichen des wahren Chriſtenthums, daß
„der, ſo GOtt gefällt, esden Menfchen zu verber:
„gen ſuche n). Wie die Ehriften dem äufferlichen
„allen abgefaget haben; alfo, wenn fieaud) Weis⸗
„heit befigen,, oder Beredtſamkeit, fo muß er doch
„alles ferne von fich thun, und für nichts achten,
„damit er auf die ehörichte Predigt möchte er-
„bauet werden, welches die wahre Weisheit ift 0).
»Die aufferordentlichen Gaben find nur Erinne-
„rungen, wer aber darauf beftehet, der ift doc)
„klein, ob er ſchon im Licht ift. Denn es find viel
„unter den Brüdern zu ſolchem Grad gelanget,
„und haben die Gabe gehabt, gefund zumachen,
„zu weilfagen, und Sffenbarungen zu haben.
„Weil fie aber zur vollfommenen Liebe nicht kom⸗
„men find, darinn das Band der Vollkommenheit
„iſt, find fie in Streit gerathen und verloren wor:
„en p). Esgehört ſich vielmehr, GOtt zu dan-
„een, wenn er durch ung etwas thun will, daß
„wir würdig werden von ihm beruffen zu ſeyn.
„Und diefes foll bey aller Tugend gefcheben q),
„damit fich niemand für den Urheber feines Gu—
„ten halte, und in feinem Herzen fage: Dashat
„mir meine Kraft und Geduld zumege bradıt;
„fendern, daß er den HEren feinen GOtt bey fich
„babe, weilerdie Kräfte gibt, daß man Tugend
„wirken Fann r).
14. Dergleihen Vermahnungen waren nun
nicht ohne Frucht, fondern wir finden vielmehr
berrliche Erempel davon, fonderlic der Maärty-
ver. Don denen zu Vienne wird ausdrüclich al-
fo gefchrieben: “Sie waren fo weit wahre Nach:
„folger EHrifti, daß fie, da fie in folcher Herrlich:
„fkeit ftunden, und nicht ein oderdas anderemal,
„ſondern fo oft Die Marter ausgeftanden batten,
„ſich Doch nicht Märtyrer nennten, noch uns an-
„dern zulieffen, fie alfo zu beiffen, fondern, wenn
„wirs thaten, ung fehr darüber ſchalten: Denn
„ste fagten, EHriftus wäre der einige Zeuge oder
„Märtyrer,,s). Janatius felber befannte vor fic) :
„Ob ich wolgebunden bin, fo bin ich doch nichts
„gegen einem unter euch, die nicht gefangen
nd, t), Und Eertullianus im Namen aller :
“
„Bey uns it alle Begierde der Ehre und der
„Würde erfaltet und erlofchen,, u). Wie auch
Gregorius Yasianzenus: “Denen Chriften ift
„esangenehmer, über der Gottſeligkeit zu leiden,
„ob es gleich niemand erfahren föllte, als den an-
„dern, wenn fie follen in der Bosheit wachfen,, und
„dabey in Ehren leben. Denn wir fragen nichts
„darnach, vb wir den Menfchen gefallen oder
„nicht, und verlangen nur, die Ehre bey GOtt zu
„erlangen x), Alwo er fonderlid) Die Feinde der
„Wahrheit widerlegt, welche vorgaben, die Chris
„ften gaben ſich nicht in Gefahr aus Liebe zur
„Wahrheit, fondern aus Begierde der Ehre, .
Weil fie nemlich an ihren Lehrern und Weltwei⸗
fen es gewohnt waren, daß fie aus Ehrgeiz alles
ausgeftanden hatten y): Wie fiedenn ausdrücklich
läfterten: Daß die Chriſten in unermeßlicher
„Anzahl, unter dem Schein eines rühmlichen To:
„des ‚einen anftändigen Ausgang ihres Lebens als
„befleckte Leute gefunden Hätten, z). Dawider
fie denn nachdrücklich fchrieben und bezeugten,
„tie gleichwol die Ehre denen ganz verboten wä-
„te, deren Prüfung in aller Erniedrigung beftün-
„de a). Ihre Ehre wäre nur geiftlich, himmliſch
„und ewig b): und fieverlangten auch, als Knech—
„tedes HErrn, Feine andere Ehre, als die fie von
„ihm hätten. Wenn fienun den HEren verherr-
„lichten, fo würden auch fie mit herrlich gemacht.
„Ihr Ruhm fen dasteiden um Chriſti willen, und
„je mehr fie etwas ſchmaͤhliches und fehändliches
„ieiden müßten, je herrlicher fie fich achteten c).
15. Man erfannte aufSeitender wahren Juͤn—
ger JEſu wohl, wie denen armen teuten das Er:
ermpel der wahren Demuth gemangelt hät:
te, “welchesnunmehrodurchden HErrn Seh
„EHriftum fehr belle leuchtete, und dem aud) alle
„Hoffart in dem Herzen der Stolzen weichen, ja
„ſterben müßte, d). In der Kirche felbft waren
ie unwillig auf die, fo fic) ihr hoffaͤrtiges Herze ver-
Kieen lisffen, und wegen ausgeftandener Mar:
ter ihnen etwas einbilden wollten. Denen fie
denn zeigten, wie es ihnen nichts belfen würde,
wenn fie auch ihren teib brennen liefen, mo-
fern fie nicht die Liebe GOttes hätten e). „Ja, es
„fen fein anderer Weg, die Wahrheit zu erlangen
„und zu behalten, als der von dem gebaͤhnet fey,
—2 „der
nm) Macarius hom ı5. 0) Idem hom. i7. p)Idem hom. 26. q)Petrus Abbas ap. Corelerium Tom. I. p. 648.
r) Ambrof. lib. I. de Cain et Abel. s) Epilt. ap. Eufebium lib. V. H. E. c. 2. t) Epift. ad Magnef. u) Apol.
c.38. x)Orat. I. in Julian.
y)Ibid. et Terzullian. Apol. c. 46.47. Hieronymus Ep. 26. ad Pammach. et34.
ad Iulian. Augufinus lib. V. de Ciu. D. c. 13. 14. etc. 2) Maximus Madaurenfis ap. Augnflin. ep. 43. Afcle-
piades ap. Prudentium hymn. 14. de Coron. v. gi. ſeqq. Lucianus in Peregrino. a) Terrullian.\ de Vel.
Virg. c.13. b) Cyprianus Ep. 25. et. 81. c) Chryfoflemus in 2 Theil, I. d) Auguſtin. Ep. 56. ad Diofco-
rum. €) Tertullian. adu, Praxeam. ct.
124
„der die Schwachheitihrer Tritte wohl gewußt ha⸗
„de. Dis ſey aber allzeit die Demuth: wo dieſe
„nichtinallem, was man Gutes thue, vorher ge=
„he mit Arbeiten, und folge, ſo koͤnne die Hoffart
„alles aus den Händen nehmen, wenn man ſot
„über dem Guten zu ſehr freue, Denn die übri-
„gen Safter müffe man in Sünden beforgen ; aber
„die Hoffart auch beyrechten Thaten, damit nicht
„das Gute durch die Begierde des Lobes verloren
„gehe k). Sin Betrachtung deffen eine Seele, die
„G0tt und die Wahrheit lieber, ob fie gleich viel
Gutes empfangen hat, vertrauet nicht auf fh
„ſelbſt, fondern forfcher defto dürjtiger und ohne
„Aufhoͤren: Und je mehr fie den geiftlichen
„Wachsthum in fich fpüret, je mehr hungert und
„durſtet fie nach dem Genuß der Gnaden; jerei-
„‚cher fie auch am Geifte wird, defto armer halt
„fie fih, und ift ohne Eckel begierig nad) ihrem
„himmliſchen Bräutigam,, g)., Davon jener al-
fo fchriebe h):
Auch diß, HERR, ift die Gabe deiner Gna—
de
n,
Wenn man erkennt, daß alles deine fen:
Da fann uns nicht die Eigenlicbe ſchaden,
Wo du den Sinn fo niedrig machftund treu,
Daß er dir Fann in Demuth alles laffen,
Und nichts verlange in Eigenheit zu faſſen.
16, Inſonderheit wurde von den Ehriften er-
fordert, Daß fie nicht aus ihrer Veſtung fallen
durften, wenn fie ſchon von andern über ihrem
Guten gerühmer, und alſo verfucher wurden. Ei:
ne ernſte Beftrafung oder brüderliche Erinne—
rung mußte ihnen lieber feyn, alsder Mund derer,
die entweder aus rechtem Herzen oder wol gar aus
Heucheley fie über etwas lobeten ; davon wir un-
ten bey ver brüderlichen Beftrafung im 7. Cap.
des II. Buchs werden zu reden haben. Gie
fchägten den für Elüger, der allen Ruhm meidere,
als der fich unter die Knechefchaft foldyer Eitelkeit
begab ;). Zumal wenn dazu fich das Gewiſſen
noch eines andern und wol des Wiberfpiels be-
wußt war, was füllte fie denn ein Aufferliches Lob
geholfen haben K)? Drum gaben fie diefen fchö-
nen Rath: “So oft man von jemand gelobet
„wuͤrde, fo follte man immer in fein Herz gehen, und
„wo man das Öuteniche drinnen finde, Das einem
„beygeleget werde, fo müffe man vielmehr daruͤ—
f) Augufl.l.c. 8) Macar. hom. 19.
k) Auguf. in Pfal. 45.
h) Cl. Marius Victor præf. in Gen.
l) Gregor. M. lib. VIII. ep. 45. ad Palladium.
n) Auguf. fern. 22. de Verb. Dom. 0) Agaperus Scheda Reg. n. 31.32. p) Macar. hom. 12.
P. P. ap. Coteler. Tom. I. Mon. Gr.p. zı1. r)Poemen ap. Coteler. Apophth. p 602.
s
1.3. Don der Pflicht und Bezeiaung derer erſten Ehriften gegen GOtt. Em
„ber betrübt und demüthig werden 1), Maı
muͤſſe ſich ſchaͤmen, wenn man fich über dem $o-
„be anderer erheben oder freuen wolle, da einem
„etwas bengeleget werde, das man nicht habe m).
„28er aber fein Thun auf anderer Leute Ruhm 4
„ße, der muͤſſe nothwendig zu Schanden werden,
„wenn jenes aufhöret n), Diefollten erft für di
„wahren Freunde gerechnet werden, die ni
„tes loben, was man fage oder thue, und deren
„Schmeicheleyen muͤſſe man fich männlich wi⸗
„oerfegen. Denn es fey einerley Sünde, über
„oem Böfen ver Feinde zürnen, und über der
Heucheley der Freunde ſich laffen betrügen 0).
Wer noch Ehre bey ven Menfchen fuche undlie-
„be, und von ihnen wolle hoch gehalten feyn, und
„mit Bergnügung leben, der weiche von dem
„rahren Weg ab, Ein Ehrifte müffe mit dem
„Gekreuzigten gefreuziget werden, mit dem lei
„oenden JEſu leiden, vamiter auch mit dem Bar:
„Derrlichten verberrlichee werde p). Wer über
„ein Verdienſt von den Leuten geehret und gelo=
„bet werde, der leide viel Schaden; wer aber fein
„von allen verachtet und nievergefchlagen werde,
„over folle erſt vecht erhöbet werden q). —*
17. Welche alſo die wahre Klugheit der Ge-
rechten auch bierinne brauchten, die bielten es
fir noͤthig, daß fie andere nicht ins Angeficht lo—
beten, fondern viel lieber ſtille ſchwiegen, als ihm
gefährliche Verfuchungen zuziehen, vder ihn gar
in Hoffart und Selbjtliebe ftürzen möchten r).
Es wären ja nicht alle Chriften fo ftarf, das Lob
anderer ohne Annehmlichkeit und Gefallen zu
übergehen, ja es ſey noch viel fehwerer,
wenn man fein: Lob ohne Yewegung an-,
hören follte, als Shmab und Sport zu
ertragen s). Noch elender aber wäre es, wenn
mangar feinen andern Grund hätte, den andern
zurübmen, und gleichwol ihn unvorfichtiger Wei-
fe heraus ftreichen wollte; wie jener Ehrifte einem
blinden Heyden diefes vorbielte, der dem blinden
Glück die Tugenden eines andern zufchriebe, und
gleichwol ihn deswegen fo erhube rt). Wovon
auch ein anderer alfo funge u):
gapft du Dich den Ruhm aufblehen,
Den ein Hruchelmaul Dir gibt;
O fo können alle fehen,
Daß dein Herz fich felbft noch liebe,
i) Chry/of. hom. 4. in Matth.
m) Bernhard. Ep. ıg. ad Petrum
g) Apophth.
s) Nilus de VIII. Vit.
Cogit. fine. t) Nodorus Pelufieta lib. ILL. Ep. 102. ad T’heodorum Scholafticum. u) Gregor. Naz. Carın .27.
Rn
er
AN
Lobſt du andre, die dunichh
EKennſt, fo iſt dirs auch fein Ruhm.
Drum behalt zum Eigenthum
Demuth, wenn dich Stolz anficht.
Solch ein Bekaͤñtniß that Ignatius von fich felbit :
Ich bin fehr flug (fchreibe er) in GOtt; aber ich
Mieſſe mich 2 rn a den Ruhm
„umfomme. Denn nun muß ich beforgen, und
„mich bewahren vor denen, die mich aufblafen.
„Denndi teden, ftäupen mich,,x). Da wir
fehen, wievieldiefer geubte Mann gleichwol noch
geſtritten und gelitten habe überdem Lob, das ihm
feine Liebhaber unvorſichtig beylegten. Wie er
auch anderswo ſaget: “Was must michs, wenn
„michjemand lobet, und läftert meinen HEren,„,y)?
Und abermal freuet er * uͤber die Chriſten, “daß
„fie ſich nicht aufolafen lieſſen, denn fie haͤtten
JEſum EHriftum in fich, ja er wille, fie wür-
„oen ſchamroth, wenn er fie lobete z).
18. Moch viel weniger hatte bey den Demuͤthi⸗
en der fchandliche Eigenrußm ftatt, da er auch
en der Vernunft verhaßt und verachtet zu feyn
pflege: Welchen fie aber nicht nur etwa in den
Worten fcheueten, fondern auch in ihren Werfen,
ja gar in ihren Gedanken unterdrückten und
daͤmpfeten. Wollte ja oder mußte jemand Zeug:
niß haben feines guten Wandels, fiehe, fo follte
er es lieber von einem andern, als von fich felbft neh-
men: "Ein Weifer mußte feine Weisheit nicht in
„Worten, fondern in der That en und ein
„Niedriggefinnter durfteihm nicht felber Zeugniß
„geben, fondern einen andern von fich zeugen laf-
2 a). Ja, was noch mehr war, die alfo in
ihrer groſſen Heiligfeit demuͤthig blieben, die er:
fuhren gar, daß GOTT felber ihre Gaben befannt
machte und auebreitete auf alferhand Arten, zur
Nachfolge der andern b); ob fie gleich alles von
Seen gerne verborgen gehalten hätten. Daben
ruͤhmeten ſie fich allein GOttes; wie wir bald in
dern Capitel vom Lob GOttes fehen wollen. Denn
darinn Fonnten fie ficher gehen, und durften fich nicht
ſchaͤmen, oder beforgen, daß diefes ob nicht gut
und gegründet ſeyn moͤchte c). Den andern
Ruhm hielten ſie fir hoͤchſt gefährlich, “wenn ei-
„ner von Menfchen gefürchtet oder gelieber wer:
16. Cap. Don der erfien Epriften Demuth gegen GOtt.
125
„ſolcher GOtt felbft niche rein lieben und fürchten.
„Er widerſtehet auch den Hoffärtigen, und don-
„nert wider den Ehrgeiz der Welt. Wenn nun
„ein Ehrifte unter menfchlicher Gefellfchaft noch
„teben und von Menfchen notbwendig geliebee
„und gefürchtet werden muß, fo ſetzet ihm denn
„der Feind feiner Seligkeit zu, daß er gerne will
„gefürchtet und geliebet feyn, nicht um GOttes
„willen, ſondern vor fich jelbit d). So ift ihm
„Das Gute, dasanihm gelobet wird, lieber, weil
„es auch andere lieben. Wo es aber recht zugien-
„ge, ſo ſollte man über fein ob nicht beweget wer-
„oen aus Eigenliebe, fondern um des Naͤchſten
Beſten willen ©). Drum haben die Worte und
„Werke eine gefährliche Verſuchung bey fich von
„oem DBerlangen des Lobes, welches die Bey—
„ſtimmung anderer fuchet, und fo gar den Men:
„chen dabin bringe, daß er fich über dev Ver—
„ſchmahung der weltlichen Ehre felber rühmer,
„und dabey leugt, weil er innerlich fich darüber
„erhebet, was er äufferlich zu verachten feheint F).
„Sogar ſubtil iftdiefe Begierde nad) eiteler Ehre,
„daß fte ſchwerlich kann begriffen werden. Sie
„kann in allem Bornehmen eneitehen, in Geberden,
„Habit, Gange, Neden, Schweigen, und in
„allen Dingen: Ja der Feind iſt darinn fo liftig,
„daß er den mit Berſchmaͤhung der Schande zu
„fällen ſucht, den er durch Ehrgeiz nicht erheben
„kann a).
10. Dawider war nun das befte Mittel eine
gründliche Erniedrigung vor GOtt, welche der
Geift GOttes in feiner Kraft in feinen Werkzeu—
gen fchaffen koͤnnte. Einige dawider kaͤmpfende
Seelen brauchten einen folchen Ernſt, daß fie
nad) dem Rath der hierinnen geuͤbten Ehriften,
wenn ſie ja mußten etwas Lobwuͤrdiges von ſich ge⸗
denken oder erzehlen laſſen, zugleich auch ihre Feh—
ler und Gebrechen mit offenbarten, damit ja ihr al⸗
ter Adam dadurch recht beſchaͤmet und unters Joch
gebeuget wuͤrde ). Insgemein waren ſolche
doch alle niedrig geſinnet, in feinem Dinge der
„eiteln Ruhmſucht ergeben, dem Joch anderer viel-
„mehr unterworfen, als daß fie ihnen andere hat-
„ten unterwerfen follen i). hr ganzer Ernſt
„war, daß ihr ob möchtein GOtt ſeyn, und nicht
„von ihnen feiber, weil doch GOtt denen feind iſt,
„die fich felbft vühmen „. Zum wenigften lieſſen
„ben wolle, nurdamit er feine Freude daran haben ſie ihnen lieber Zeugniß vonandern geben, wie iß-
koͤnnte. Denn, (feßten fte hinzu,) d nnein ven Bätern geſchehen war, alsdaß fie fich ir
x a) 9 en
sv
= 3
"
£ x) Epift. ad Rom. y) ad Smyrn. z)ad Magnef. a) Clemens Ep. ad Corinth. p. 50. b) Vita Synelet. n. 21.
2 €) Auguflin. in Pf. 94. d) Idem lib. X. Confefl: c, 36, e) Ibid. c.37. f) «38. g) Nilus L c. p. 208
h) Vita Synelet,n.38.1.c. i)Clemens de Cor. p.3.
”
mm — —— — —
126 1. B. Don der Pflicht und Bezeigung derer erſten Chriſten gegen GOtt.
ben follten k). Undfo erfüllten fie die Worte des
H. Geiftes, ı Cor. 1,31. In folhem Sinn fon-
derten fi) die Kinder GOttes von denen Fleifch-
lichgefinneten gerne ab, “daß fie fich des Fleiſches
„niemals ruͤhmeten, weil es ihnen übel würde
„angeftanden haben, nachdem fie fich einmal
„durch das Gebot GOttes zur Demuth befannt
„hatten: Zumal da aud) alle Ehre an fic) felbft
„eitel iſt, und aufblehet, vielmehr aber die, fo
„vom Sleifch herfommt,,; wie Tertullianus frey
im Namen aller Rechtfchaffenen redet, und dazu
feger: Wenn wir uns ja rühmen muͤſſen, fo
„it es beffer, daß wir uns, die wir geiftlichen
„Dingen nachfolgen, der Herrlichkeit des Geiftes,
„als der Herrlichkeit des Fleifches ruͤhmen. Laſſet
„uns an den Dingen $uft haben, damit wir zu
Ithun haben, und darinn Ehre fuchen, dadurch
„toir hoffen feligzumerden. Ein Ehriftefann fic)
„zwar auch des Sleifches rühmen, aber nur da,
„ivenn das Fleifc um EHrifti willen in Stuͤcken
„zerhauen wird, damit der Geift in ihm gekroͤnet
„werden möge,)). Welches Ignatius wohl er-
wiefe, als er fich nicht allein felbit mit Paulo nur
CHriſti ruͤhmete, Gal.6,14. fondern auch diefen
Ausfpruch thate: Es fündiget niemand, der
„ſich des Glaubensrühmet: Und die fid) Chriften
„zu ſeyn rühmen , werden an den Werfen er
„kannt, m). Wie auchnac) ihm ein anderer Leh⸗
rer: “Wer Gott feine Werke erzehlet, was er-
„ehlt er anders, als GOttes Gaben? O daß
„ſich Die Menfchen Fennen lernten, und die ſich
„ruͤhmen, indem HErrn fihrühmten n)! Wenn
„ichnun fromm bin, und befenne GOTT diefes, fo
„iſt das nichts anders, als daſſelbe ihm nicht felbft
„jufchreiben, weil ja der HErr allein den Gerech-
„ten fegnet 0).
20. Denn diefes war vielmehr der Zweck des
ganzen Chriſtenthums, daß die Menfchen lerne-
ten GOtt wiederum alles aufopfern, was Pe ihnen
felbft und ihren Feinden zuvor zugefchrieben hat⸗
ten. Weswegen auchder HERR den Demüthi-
gen hold feyn mußte, 1 Pet.5,5. und ihnen Gna—
de geben; aus welcher Gnade fie bewahret wur⸗
den vor allen Fällen. “Denn (fagten fie) ein
„Demütbiger Eann nicht fallen. Denn, wie follte
„der fallen koͤnnen, der unter allen Dingen ift?
„Die Geringhaltung feiner felbft ift ja die rechte
„Niedrigkeit: Die Miedrigfeit aber ift eine grof-
„te Erhöhung, Würde und Herrlichkeit, p).
Wenn nur der Menfch immer alles GOtt zufchreis
DLib. II. de Cultu Foem. c.3.
p) Macar.hom.ı9. q)Id.hom.26.
k) Idem. p. 39.
lib. X.c. 2.
m)Ep.
bet, und von Herzengrund fager: “„Ich hätte
„dis und jenes nicht thun Fünnen, wo mich GOtt
„nicht geſtaͤrket haͤtte; ſo ſiehet GOtt das gute
„Herz an, daß es dasjenige ihm zueignet, was
„es thut: Und dahero theilt er ihm wiederum mit,
„was geiſtlich, goͤttlich und himmliſch iſt, g
Da ſammleten die Demuͤthigen ihre Kraft imfic
bis zur Zeit, da fie fie auffern follten, Alf
mans an den Maärtyrern, Viele, die zuv
ganz elend und verächtlic) gefchienen hatten, Die
wurden hernach zur Zeit des Kampfs gekroͤnet:
und hingegen, diebey vielen groß geachtet wurden,
sourden verkehrt und fielen ab r). Der fromme
Einfiedler Antonius erzehlte einft, wie er alle
Stride des böfen Feindes auf der Erden ausge
breitet gefeben, und dabey gefraget, wer diefe
vorbey geben Eönne? Darauf ihm diefe Ant:
wort worden: Die Demuth. Sintemal diefe
„oen Menfchen zwar Beiliglich und im völligen
„Glauben einher gehen laflet, daß er in feinem
Gewiſſen überzeugte und ficher feyn Fann; doch
„macht fie ihn nach der Beftändigkeit wünfchen,
„daben er denn nicht verwegen und boffärtig wer-
„den darf; fondern, wo er noch immer in De
„much und Furcht des HErrn bleibt, fo wird er ſich
wol allem huͤten, und dabey ſelig wer—
„den 0).
21. Endlich betrachteten fie ſonſt allerhand
herrliche Vortheile und Mugen diefer edlen Kraft
GOttes in der Seele: Daß, zum Erempel, ein
Chriſte dadurch in fterer Ruhe und VBergnügung
bliebe. Denn wie etwan ein hoher Baum aufei-
nem hoben Berge beweget wird, auch durch eine
geringe Luft; Hingegen ein niedrig Strauchlein
in einem tiefen Thal meiftens vubig bleiber t):
Alſo wer in feinem Herzen ſich felbft für gering
„und niedrig halt, der wird Ruhe haben, ermag
„ſeyn, wo er will u). O (fagten fie zu einander)
„es ift befier in dem Schafftall EHrifti klein er-
„funden werden, und in gutem Andenken, als
„ſich höher als andere duͤnken laflen, und aus den
„Schranfen heraus geftoffen werden x). -
„tiebe Demuth verlanget immer nichts oder we—
„nig, und erlanget doch alles ganz, was fie fte-
„Pen laͤſſet y): Dadurch wiederfaͤhrt erſt dem
„Demüthigen von GOtt und Menfchen die größ-
„te Ehre, undnicht allein Ehre, fondern auch ei=
„ne herrliche Vergeltung. Wer nun niedrig von
„ſich Säle, der thut eben fo viel, als wer die größ-
„ten Thaten thut. Iſt jenes niche bey dieſem 4; fo
oͤn⸗
n) Auguflin. lib. IX. Confefl.c.ı3. o)Ibid.
ad Ephef.
r) Chry/of?.hom. 20. inRom. ' s) Terrullian. de Cultu Feenı.
c.2. t)Chryfoffom.hom.2.inMatth. u) Be/ario» in Apophth, Gr. n. gı.ap. Coreler. x) Clemens Rom.Epilt..
P-73. y) dmbrof,Serm, 14. in Pf. u8-
De ©
”.
16. C. Don der erften Ehriften Demuͤthigung gegen GOtt.
„koͤnnen fie auch nicht groß feyn. Denn Gott ift ja
„nichts angenehmer, als wenn man fich zu den ge-
„eingen Dingen rechnet. Ein ſolcher, der in ſei⸗
„nem Gemuͤthe erniedriget und niedergefchlagen
„iſt, wird zu Feiner Ruhmraͤthigkeit erhoben, Fein
„Neid alone ihn, fein Zorn, kein Grimm: Er
söift Feinen andern Saftern unterworfen z). Hie—
„durch wird die Seele nach und nad) gereiniget,
„und zu GOtt gebracht, von dem fie durch Hof-
„fart abgeriffen war: dis iſt die erſte Stuffe zu
»ÖDTT, weil fie im Glauben alles von GOTT
2) Chryfof. hom. 3. in Matth. a) Auguſtin. in PL. 33.
127
„nimmt, und ihm wiederum überläßt,, a). Daß
es recht heißt nach den Verſen eines alten Chriften
in unferer Spracheb) :
Sey nicht ftolz, das fäller dich :
Niedrig ſeyn, und mäßiglich
Don fich Balten, hebt dich auf,
Und vollendet in GOtt den Lauf.
So wirftdumit GOtt vereinigt,
Wenn fein niedrigs Wefen fcheine
In dem Grund. Drum bleib gering :
Demucth iftein Wunderding.
b) Gregorius Naz. Carın. 27.
| Bon der erſten C
Sumn
Ott allein war ihr Lob, F. 1. auch in der Marter, 2.
G
aus dem Glauben, 3. zur Dankbarkeit, 4.
freudiges Bekenntniß, 5. _fonderlich auch mit dem Leben, 6.
Das ı7. Kapitel,
hriſten Lob, Dank und Sreude in
und gegen GOtt.
arien.
nkba durch freyes und
aus völigem und aufrichtigem Herzen, 7. für die goͤtt⸗
lichen Wohlthaten. 8. Solch Lob GOttes war ihr Wohlleben, 9. und EDtt war ihre Freude 10. durch Wirkung des
9. Geiftes. 11. s
us fo herzlicyer Demuth erfolgte von fich
felbft, daß die wahren Chriften fodann
\ fic) Fein, GOtt aber alles Lob zufchreiben
mußten. Bendes wird von denen erften Chriften
Elar werden, wenn ich nur anfangs etliche Zeugniffe
vorbringe, daß fie GOtt für alleleibliche und geift-
liche Wohlthaten in CHriſto geht boch gepriefen
haben. hr eigen freyes Bekenntniß gibt nichts
anders, fo fie an die 5* thaten. «Wir ver⸗
„ehren (ſagten ſie) den Schoͤpfer dieſer Welt, und
„loben ihn, fo viel wir koͤnnen, in der Art unſers Ge:
„bets und Danfs bey allem, was wir darbrin-
„sen a) Wir loben und preifen den Meifter al-
„ier Dinge durch feinen Sohn IEſum EHriftum
„und den H. Geift,,b). Sie riefen vor Begierde
des görtlichen Lobes vor den Unglaubigen aus:
„O du böchfter und größter Urheber aller unficht-
„baren Dinge! Oder du felbft nicht gefeben wirft,
„und von feinen Maturen jemals bift begriffen
„worden! Wahrlich du bift wuͤrdig, wuͤrdig bift
„du, (woanders mit fterblichem Munde Fann ge:
„ſaget werden, daß du würdig fenft,) dem alle le:
„bende und vernünftige Matur nicht aufhöre
„Dank zu haben und zu fagen! Dem das ganze
„eben ſich ſammle, mit gebogenen Knien vor dir
a) Zuflinus Martyr Apol.II.p. 60. b)Ib,p. 98.
P-345: ©) Ambrofins ib. X. Ep. 82.
1.
„niederzufallen, und mit unaufhoͤrlichem Gebet
„vor dir zu fetm! Denn du bift die allererfte Ur—
„fache, der Kaum aller Dinge, der Grund deffen,
„was da iſt, unendlich, ungezeugt, unfterblich,ftets=
„während, einig: Won dem man nur muß ftill«
„ſchweigen, wenn man dich verftehen will, und
„nichts reden, daß dich nur einige Muthmaͤſſung
„finden Fonne, u. f mw. ,,c). Diefe und dergleichen
lobesvolle Erfenntnig GOttes war unmittelbar
mit dem wahren Chriſtenthum verfnüpfer, und in
der ganzen Welt ausgebreitet, welches beydes jener
Bekenner zufammen fegte; “Es ift nicht ein einzig
„Geſchlecht der Menfchen, unter Barbarn, Grie—
„chen, oder andern allen, ſie heiſſen wie fie wollen,
»Elgmaxobii oder Nomades, die gar in feinen Haus
„fern wohnen, oder Sceniten ‚ oder Die fich vom
„Vieh ernähren, unter denen nicht dem Vater und
„Schöpfer alter Dinge in dem Namen des gefreus
„zigten JEſu Gebet und Dankfagung gebracht
„werde, d). Und vondenen, die in dev Einſamkeit
lebeten, ſchreibet ein anderer: “Welche fich zu die⸗
„fm Lobe begeben haben, die laffen Tag und Nacht
„lieder erfchallen : Dis iftnemlichder Engel Verz
„richtung, immer im tobe GOttes ftehen, und mie
„ſtetigem Gebet ihn verfühnen e),
2. Son⸗
c) Arnobins lib, IL, adu. Gent, p.22. d)ZwPixns. Dial, cum Tryplı,
nn nn N - Er ' . a
128 18. Don der Pflicht und Beseigung derer erften Chriſten gegen GOtt.
2. Sonderlich funde ſich bey denen heiligen
Märtyrern ein unendliches Verlangen GOtt zu
preifen, auch an ihrem teibe, es wäre durch Seben
oder durch Tod; wie Paulus auch) verlangte Phil.
1,20. Dergleichen wir von Polpearpo wiſſen,
daß er “bey feiner Marter als ein Widder ausder
„Heerde genommen, und zum Brandopfer, das
„GVTT angenehm war, dargeftellt worden,.
Der auch vor feinem Tode öffentlich feinen HEren
alfo preifere: Ich lobe dich über alle, dic) prei-
„’fe ich, Dich verherrliche ich Durch den ewigen Ho⸗
„benpriefter IEſum EHriftum, deinen geliebten
„Sohn, durd) welchen dir zugleich mit ihn und
„dem H. Geiſt fen Ehre nun und in den zufünfti-
„gen Zeiten der Zeiten! Amen,,f)! Der theure
Maärtyrer Romanus ward,nebenft anderer Mar-
ter, auch in feinem Gefichte fo zerriſſen, daß ihm
der Mund aufgefchnitten und gleichſam viel Mau-
ler gemacht wurden. Darüber er denn dem Ty⸗
rannen dankte, daß er nun gleichfam viel Mäuler
„eönnte aufthun, und von CHriſto reden. Zuvor
„habe ein Ausgang den Preis.eines fo groffen Na-
„mens enge eingefchloffen gehabt, und wäre zu
„dem vielen Lobe GOttes zu Flein gewefen : Mun-
„mehr finde feine erdabene Stimme viel Ausgaͤn⸗
ge, und gebe viel Tone aus vielen Haͤlſen von
ich; fie fpreche hie und da CHriſti und des Va—
„ters ewiges Lob aus; ja, jo viel Wunden er ha-
„be, fo viel Mäufer lobten den HERAN, g).
Andere Exempel will ich anjego übergeben, da zu-
mal von ſich fetbft folgt, wie groß der Preis GOt⸗
tes in dem Tode der Zeugen ZESU geweſen fey,
nachdem fie in ihrem ganzen teben GOtt gepreifet
hatten. Sie trugen aud) Fein Bedenken, GOtt
über feiner Huͤlfe und Erlöfung zu preifen, wenn
etwa ein Tyranne geftürzt, und durch des HErrn
Hand geftraft war, oder ſonſt ein groffes Zeichen
der Güte GOttes geſchahe; wie alſo die Chriſten
bey dem Lintergang des Tyrannen Licinii GOTT
öffentlich mit Lobgefängen und Reigen in der
a bh). Memlic) es war ihnengleich
viel, fie mochten Trübfalen oder Freude haben, in
beyden hörten fienicht auf den HErrn zuloben,
3. Alles ihr Lob aber entftunde aus ihrem leben-
digen und munteren Ölauben, den fie unter ein-
ander hatten, daher. fie GOTT mit Sreuden
und einfältigem Herzen loben Fonnten, wie
die erften Jünger, Apoft. Gefch.2, 47. Welches
denn aus dem überflüßigen Genuß und Erfah:
rung der göttlichen Barmherzigkeit folgte, Siehe
* = ” 3
.
—
J
Ap. Gef). 14, 27, c. 15, 3. € 21,19.2 The ya
Diefen Grumd —— Ra YA ——
denen Heyden bezeugte: Wir thun de en
„Geluͤbde und Gebet um des‘
„feften Zuverficht willen, die wir q
„ben, 5), Und ein anderer Zeuge u
„Die nme örtlichen Wahrheit un
„be gab dem Menfchen die wahre Erkenntni
Gottes ein, und vermehrte ſeine diebe gegen if
„Wo aber Die tiebe zunimmt, da wird ein gröffer
ob aus der Kraft zugerichtet denen, die ihn lie⸗
„ben: Gleichwie hingegen dem erften Menfchen
„Wahrheit und Liebe genommen ward, als ex wis
Dder GOtt feine eigene Ehre aufrichten und undank⸗
„bar werden wollte, k). Welches ein frommer
Mann ſehr fhon aus-tebendiger Erfahrung be-
ſchriebe: Wenn die Seele von dem Keiche des
„Todes erlöfet ift, und das Pfand von GOtt em⸗
„pfangen Hat, und des H. Geiſtes theilhaftig wor=
„Den, (das ift, gläubig worden ift,) und nunmehr
„hinter fich ihre Feinde ſiehet, denen fie zuvor ge⸗
„dient hatte, wie fie vor. ihren Augen untergan⸗
„gen; fo hüpfee fie gleichſam über dem Troft.mit,
„einer unausfprechlichen und Kerrlichen Freude,
„und ruhet alfo in dem HErrn. Aisdenn finget
„der Geift, ven fie empfangen bat, dem HEren'
„ein neu Lied auf der Harfen, oder den vernlnfti-
„gen Saiten der Seelen, und den fubrilften Ge—
„danken von der Gnade GOttes: fie ſendet ihre
„gieder zu dem. lebendigmachenden. ZESU.
„Denn wie die Luft, fo durch eine Pfeiſe gehet
„einen Ton von fich gibt; alfo lobet der H. Geiſt
„durch die heiligen und mit ihm begabten Men-
ſchen GOtt mit reinem Herzen, und finger und
„betet vor ihm: Lob fen Dem, der die Seele von
„oem Dienfte Pharaonis erloſet bat, und, fie zu
„feinem Thron, Wohnung, Tempel und reiner.
Braut gemacher, ja fie fchon noch) bey Diefem Le⸗
„ben in das Neid) des ewigen Lebens eingeführet
hat,). Dergleichen aud) ein feiner Ehritli
cher Poet alſo anzeigte m); a
. Es müffe im völligen Glaubender Geift
Den ewigen Urfprung erheben undpreifen:
Die Zunge befinge, was göttlich nur heißt,
Sie jauchze und lob' ihn mit munteren Weiſen!
Die Reden, fo Chriften zualler Zeit führen,
Die muͤſſen nur CHriſti Bekenntniſſe zieren,
Wecnr dis hat gethan dk.
Den ſtehet es an, 2,
Noch ferner in allem fein Lob zu berüßren
4. Wir
£) EufrbinsibIV.H.E. c.15. 'g) Prudehtins hyin. X. de Coron. 'h) Kufeh.lib.X, c.9. i) Zuffinus Apol. I.
'p.47. h) Irenanslib,V,c.1.3. 1) Macarins hom. 47. m) Drepanins Catın. ad Moduinum de Lect. Script.
—— ze rei ne
——
4 werden weiter unten erkennen im 1.und
2.Capitel des 2. Buchs, wie fie ihren GOtt im
Gebet und ann gepriefen haben. Denn aud)
diefes war bey ihnen das vornehmfte Stuͤck ihres
Gebets, wie wir aus diefem Zeugniß fehen : "Es
„ſind zwey Arten deslieben Gebers: Die eine ift,
„oadurch GOtt verberrlicher wird in Demuth des
„Herzens; die andere, da die Bitte zugeſetzet wird,,.
Wobey fie denn auch den Rath geben, “daß man
„von dem Lobe GOttes anfangen follte,der alles er-
„ſchaffen hatz und wenn man GOTT gepriefen
„babe, fo folleman in aller Demuth weiter fagen :
sOHENN, ich bin zwar nicht werth, daß ich mit
„dir rede. Sodann fünne man von ihm bitten,
„was zu bitten ift,,n). Siehe ı Tim. 1. Diß
leugneten fie abermal vor den Heyden nicht, daß
die Dankfagung zu GOtt ihre vornehmfte Pflicht
wäre, und wie hingegen die blinden Leute dem qui:
tigften HERAN mit fo ſchrecklichem Undank be-
gegneten, Sie zeigten ihnen, “wie ungerecht es
„gleichwol fen, und wie undanfbar, daß fie das,
„was fte durch eine fremde Guͤtigkeit von andern
„erlanget hätten, demfelben nicht wiedergeben
„wollten, durch den fie es hätten empfangen,
„nemlich GOtt 0), And darum erzeige er ihnen
„auch hernach er ‚ weil fie ihm für das Gute
„richt danken wollen. Sie wären vor dem fihul:
„dig, dem fie bishero fo undanfbar gewefen, P).
Konnten fienun diefes denen Heyden ernftlich vor-
halten; fo mufiten fie ja defto mehr an fich das Ge—
gentbeil erweifen mit einer herzlichen Dankſagung
in Worten und Werfen. Dazu fie Erinnerung
genug funden, fo wol in der H. Schrift, als auch
unter einander. Da bieffe es: Weil wir alles
von Gott haben, fo follen wir ihm auch in allem
„Dank fagen, demdie Ehre gebührt in die Ewig⸗
„eeit: Amen g)! Es gebühret euch, auf allerley
Weiſe herrlich zu preifen FEſum CHriſtum, der
euch herrlich gemacht hatr). Wer GOTT feine
„guten Werke erzehlet, der erzehlet lauter Ge:
„ſchenke GOttes; wer fich ruͤhmet, der ruͤhme
„ſich in dem HErrn GOTT wird in den
„Frommen gelobet, nicht fie ſelbſt: Micht weil fie
nfoiche find, fondernweiler fie Dazu gemacht Bat :
„Nicht weil fie etwas fönnen, fondern weil er in ih—
„nen und Durch fie etwas Fann t). Der Menfch
seine unvollkom̃ene Gabe empfangen hat, damit er
n) RBafılins de Vit. Solit.c. 2.
50%. X) Ignatins Ep. ad Smyrn.
€.23. N) Clemens Alexand.lib. II. Pxdag. c.2.
17% Eap. Don der erften Ehriften Rob, Dank und Freude in und gegen GOtt.
0) Tertullian. de Pat. c. 4.
s) Augufin.lib.X. Confel: c. 13.
2 y) Ibid.l.c. \pud 7
. Mil. c.2. Yidorem Veicenfem lib. I. de Perfecut.Vandal. Cyprianum Epilt. 16. et alibi paſſim.
129
„ihn noch mehr lieben lerne. Denn dem mehr verge
„ben wird, der wird mehr geliebet. Er muß aber fich
ſelbſt kennen, daß er fterblich und ſchwach ift, und
„zugleich GOtt, der fo unfterblich und mächtig iſt,
„ah er dem Sterblicyen die UnfterblichFeit, und
„dem Zeitlichen die Ewigkeit ſchenket. Er mufi
„aber auch die übrigen Tugenden GOttes verfte:
„ben, Dadurch er unterrichtet werde, und wifle, wie
„groß GOtt ſey. Denn GHre ift des Menfchen
„Herrlichkeit: der Menſch aber iftein Behaͤltniß
„und Werkftattder Wirfung, Weisheit und Kraft
„Gotteg,, u). Und was dergleichen Ermahnungen
mehr waren, die ich bier um der Kürze willen über-
gebe, und nur noch ein Zeugniß beybringe von ih-
ver Dankbarkeit auch für leibliche Wohlthaten
GOttes, welches alfo lautet: “Ehe wir dieSpei-
„ſe zu uns nehmen, fo gebührt fichs, daß wir den
„Schöpfer aller Dinge loben x). Wir muͤſſen
„auch im Trinken dem HEren fpielen, wenn wir
„feiner Geſchoͤpfe theilhaftig werden. Ehe uns
„ver Schlaf überfällt, ift es heilig und gotefelig,,
„daß man ihm danfe y). Auch des Nachts muß
„man oft aufftehen und GOtt loben z).
5. Und wie fie die Vortreflichkeit der Chriftli-
chen Lehre erfahren der alfo ſchaͤmeten ſie ſich
des Evangelii von ChHriſto JEſu gar nicht, noch
feines Zeugniffes; Rom.ı, 16. 2 Tim.1,g. fon:
dern ſuchten darinnen ihre größte Ehre, daß fie
feinen Namen vor Freund und Feind befannten.
Welches fie auch in ihrer Marter , und dendaben
vorgebenden Bekenntniſſen, Bertheidigungs-
fhriften, gerichtlichen Ausfagen und andern Ge—
legenbeiten ſattſam erwieſen. Sonderlich hieſſen
diejenigen bey den Alten Bekenner, welche zwar
den Namen IESU vor den Feinden freudig be-
Fannten, aberdesmegen nicht getodtet wurden, ob
fie ſchon Gefängniß, tandsverweifung, Berluft
der Güter und andersausftunden. Welchen Un:
terfcheid vonden Märtyrern felbft wir. deutlich fin:
den a). Euſebius befchreiber fie, Daß fie al.
„tenthalben unerfordere mit Freuden vor den
Richterſtuhl getreten , ſich für Chriſten bes
„Fannt, und vor Feiner Marter gefürchtet, ſon—
„dern mie unerfihrockenem Herzen GOTT vor:
„trauer, und mie Luft, Freude und Jauchzen ihrUr—
„muß allzeit dem HErrn dankbar feyn, da er auch „ „theilangehört haben; alfo,daß fie auch bis an ihren
„legten Ddem GOTT Lob gefungen und gefa-
R „get
p) Idem Apol.e.ao. M Clemens Rom. EPpiſt p.
t) IdeminPf. 44: u) eneæus lib. III.
z) Ib. c.9. a) Apud Terzullian. de Cor,
130
»986, b). Undein anderer faget von ihnen, daß
„fie wie Seulen unbeweglich geftanden, und
„durch EHrifti Stärfe tapfer gemachet worden,
„damit fie, als glorwuͤrdige Bekenner zurück
„fommen mögen. Habe fie gleich der neidifche
„Feind nicht zu Maͤrtyrern machen wollen, fo ba:
„be er doch die Befenner nicht wollen verlegen
„oder befchadigen „<). Wie denn auch ihr Ruhm
deswegen bey den andern Ehriften fehr groß war,
alfo, daß fie auch die Gabe Wunder zu thun, und
Teufel auszutreiben, erlangtend), Davon aber
unten ben ihrer Geduld ein mehrers. Hier will
ich nur noch einige Bermahnungen anhängen,
daraus man fehen Fann, wie fie einander zu folcher
Befenntnißaufgemuntert haben, “Fürchtet euch
„nicht vor denen, die den Leib toͤdten, (fagten fie
„aus Match 10.)daf ihr nicht etwa aus Furcht des
Todes nicht frey genug faget,was ihr gehöret habt,
„noch getroft verfündiget, was man euch ins Dhr
„allein geredt hat. Deriftnichtnur ein Berräther
„ver Wahrheit, der diefelbe übergehet und offen-
„barlich gügen redet, fondern auch der, fo nicht frey
„die Wahrheit redet, die man frey ausfprechen muß;
„oder fie nicht frey vertheidiget, Die er vertheidi-
„gen foll; der ift ein Verraͤther der Wahrheit.
Denn mit dem Herzen wird geglaubet zur Gerech-
„tigkeit, und mitdem Munde wird befannt zur Se-
„ligkeit e). Der HERR hat ausdruͤcklich gefagt,
„er wolle den verleugnen vor ſeinem Vater, der ihn
„vor den Menſchen verleugne, weil die, fo in ſei⸗
„ner Lehre beſtaͤtiget ſeyn, eine freye Beſtaͤndigkeit
„ihn zu bekennen haben muͤßten. Was wir nun
„fuͤr Zeugen vor den Menſchen geweſen ſeyn von
ſeinem Namen, ſo werden wir ſein Zeugniß vor
„feinem Vater haben. Matth. 10. f). Daß dan⸗
nenhero auch darinne von gottſeligen Herzen ein
groſſes Lob Gottes geſuchet und geſetzet ward, daß ſie
ſeinen Namen allezeit und uͤberall frey bekenneten.
6. Alleine ſie erinnerten auch gar recht aus
Matth-7,21. “daß man fo groſſe Belohnung
„nicht durch die Befenntniß allein erhalte, wo nicht
„die Werfe des Glaubens und der Gerechtigfeit
„damit verfnüpfet wären, g). Darzu verbinde
der fchuldigeDanf gegen GOtt, welcher ja niemand
⸗ 42
1.3. Don der Pflicht und Bezeigung derer erften Ehriften gegen BO.
mit Worten allein abfpeift , fondern aud) in der
That fegnet und-verforget , und deswegen aud)
wirkliche Dankbarkeit wiederum erfordert. Drum
vermahnten fie einander abermalalfos Liebe deinen
„Schöpfer, preife den herrlich, der dich vom Tod er⸗
„töfet hath). Lobe GOtt mit deinen fchuldigen Ge-
„uͤbden, daß nicht allein die Zunge und Stimme
Gott lobe, fondern auch dein Gewiſſen, Leben und
Thun. Hoͤre nicht auf fromm zu leben, fo hoͤrſt du
„nicht auf ihn zu loben: Alsdenn hoͤrſt du auf ihn zu
loben, wenn du von der Gerechtigkeit und feinem
„Wohlgefallen weicheſt. Wenn du aber von deiner
„Gottſeligkeit nicht weicheft, und deineZunge gleich
ſchweiget, fo fehreyer doch dein Loben, un GOTT
„höret Dich in deinem Herzeni). Das heißt,den
„HErrn preifen in den Gemeinen, wenn man alfo
„lebt, daß er Durch eines jeden Leben gelobet wird.
„Denn wer mitder Zunge wohl von ihm redet, mit
„den Werfen aber übel, der lobet ihn nicht. Der:
„jenige läftere GOtt, im deffen Leben man nicht
„findet, was er fagt k). Daher ift befoblen, den
„HEren zu preifen, nicht allein von unferer Ha-
„be, die wir den Armen geben, fondern auch mit
„allen guten Werk von der ganzen Herrlichkeit,
„die man von ihm empfangen hat. Man foll in
„allen Dingen GOttes, und nicht feine eigene Eh⸗
„refirchen!). Wer alſo nicht fündiger, der faget
„ÖDTT Dank, daß er vonder Barmherzigkeit
„des HErrn nicht verlaffen worden, Damit er hätte
„in Sünden verfallen koͤnnen m). vr”
7. Solche wirkliche Danfbarfeit Fam ihnen
nun garnicht ſchwer noch verdrüßlich vor, fondern
fie befannten vielmehr, “wie GOtt fo guͤtig fey, Daß
„er auch für feine Wohlthaten feinen andernDanf
„haben wolle,und nur vergnügt fey, wenn man ihn
„dafür lieb haben). Es gefalle nunmehro im
Neuen Teftament dem Herrn. fein ander Opfer
mehr, alsdas indem H. Geift und feiner Wirfung
aus freyem Herzen gefchehe 0). Ja, je mehr die
Epriftendem HEren Danf abftatten, jemehr ge
nieffen fie aufs neue Gurthaten von ji ser vergelfe
Wohlthaten mit Wohlthaten, und forderenur ein
redliches Herz, nicht aber fchmeichlende Worte p).
Daß dannenbero der Kaͤyſer Conſtantinus in fei-
nem
b) Lib.II.H.E.c.9. ce) Vidor.l.c.de Mafcula quodam Archimimo. d) Vid. Sidonii Apollinaris Carmen libs
VII. Epift. 17. etconf. de Confefforibus generatim Voezius P. II. Polit. Ecel. p. 92. Hottingerus in Analedtis
Hift. Theol. p. 354. ae de extorribus Albajpinens lib. I. Obferu. 21. Anton. Pag: Crit. Hift. Chron. ad A. Chr.
#ECL. n.9. Pear/on Annal. Cyprian. p.20.
e) Chryſoſt. hom.25.in Matth. f) Hilar. c.ıo0.in Matth. g)
Hieronym. Epift ad Celant. h) Barnabas Epiſt. p.248. i) Augufin. lib.L. homil. ı6. k) Id. in Pf.25.
D Hieroaym. lib. I. in Prou. c. 3
ın) Caſſipgorus Diuin. Ledt. c. 32.
n) Bafılins M.Reg. fuſ. difp. p. 118.
0) Chryfof.hom.38.inMatth. p) Agaperus. Sched. Reg.n. 6,
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‘ ch N vr 4
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Don der erſten Chriſten Lob, Dank und Sreude in und gegen GOtt.
Ze ci
ns
131
„keit einmütbiglich mit einem Munde den Vater
nem Edict recht und wohl fagen liefle: “Du grof-
zer HERR und GOTT über alles, dir fey
„Dank! Se mehr deine FreundlichFeitden Men-
„chen durch allerhand Wohlthaten Fund wird,
„je mehr wird denen die Zucht deines göftlichen
„Worts angenehm gemacht, welche die rechte
„Weisheit haben, und der wahren Gottſeligkeit
„fich befleißigen,, 9). Und diefe dankbare Liebe
machte eben die Märtyrer auch fo freudig und
lobbegierig: Wie von der Blandina ftehet, daft
ben 9* aͤuſſerſten Marter CHriſtus groſſe Ehre
gehabt, indem ſie den andern zum Exempel erivie-
fen, “wie doch nichts ſchrecklich ſey, wo Die Liebe
„des Waters berrfche, und daß nichts trauriges
„ſeyn Fönne, wo EHrifti Ehre und Herrlichkeit
„fen, r). Davon aud) jener gar herzlich fingets) :
Kann ich nicht dein $ob erreichen,
Hoͤchſter Herrfcher , will es gleich
Ales Reden überfteigen,
Wär man davon noch fo reich,
A mein Herz nod) viel zu Elein,
einem Preis genug zu fenn:
Dennoch bin ich hoch erfreuer,
Daß mein Vorfag redlic) it,
Und mein Mund fid) doch nicht fcheuet,
Zu befennen als ein Chriſt,
aß dein Ruhm mid) überwiegt,
Und den fehlechten Danf befiegt.
Dann erfüllt mich Glaub und Liebe,
Wenn ich ſeh, du fenft fo hoch,
Daß ich auch) nach deinem Triebe
Dich doc) höher finde noch.
Wohl! dar ich did) lobe fren,
Schlecht, doch ohne Heucheley.
8. Es wird auch unten bey ihrer Einigfeit of
fenbar werden, tie ein grofles an dem einträchti-
gen tob GOttes gelegen ſey, und wie fie diefe fo
fleißig bewahrer, damit fie alle mit einem
Wunde einmütbialich lobeten GOTT und
den Dater unfers HErrn JEfu Chriſti. Rom.
15,6. Sie ſtimmten darinn mit einander über:
„ein, als die Saiten auf der Harfen, dadurch die
„einmüthige fiebe JESU CHrifti gelober wur:
„de; wie Janatius von denen zu Magnefia
redet und rühmet €), Denn, (fähret diefer wei-
„ter fort,) es follten auch alle und jede ein Chor
„feun, auf daß fie mit einftimmeten in der
„Gleichheit des Sinnes, und einen lieblichen Ge:
„rang GOttes an fic) nähmen, alfo in der Einig«
g) Enjebius lib. II. Vit. Conft. c. 34.
Magnef. u) Chry/offom.hom. 16.1» Matth.
Chryfoftem, hom. 26. in Gen.
r) Id.Lib.V. H.E. c.ı.
x) Augufin. in Pfal.99.|
a) Idemhom. 15. in Gen. et hom. ı. in Tit,
„oberen duch JEfum CHriſtum, aufdaß alle
„hörten und erfennten, durch wen fie etwas Gu—
„tes wirfeten, indem fie Glieder feines Sohnes
„waren, Darum war e8 gut, daß fie in unfträfe
„licher Einigfeit waren, damit fie GOttes theil-
„baftig wuͤrden immerdar „. Gintemal diejes
der groffefte Vortheil von ihrer Dankbarkeit war,
daß fie GOttes und feiner MWohlthaten immer
noch mehr fahig wurden. Wie fie disfalls aus
Erfahrung zeugten : “Die Danffagung lege
„GOtt nichts zu, uns aber macher fie ihm nod)
„mehr vertraulich, Wir werden noch mehr zur
iebe gegen die Menfchen gereizet, wenn wir uns
„ihrer Wohlthaten erinnern: Vielmehr, wo wir
„rein an GOttes Güte gedenfen, werden Bo
„iger fenn, feine Gebote zu halten „u). oʒu
fie denn eben aus dieſem Lobe Kräfte und Stär:
Fung fuchten. “Niemand meyne, (fagten fie,) er
„werde im Lobe GOttes aufhören müffen. Euer
„eoben ift gleichfameine Speife. Je mehr ihr lo—
„bet, je mehr werdet ihr Kräfte befommen,und je
„mehr mird euch der HErr füffe werden, den ihr lo—
„detyx). Diefes hielten fie für * den Weg des
„Heils, darauf fteihr wahres Heil, JEſum Epri-
„tum ‚den Hohenpriefter ihrer Opfer,den Beſchuͤ—
„5er ihrer Schwachbeit funden „, aus Pf.so.Yy).
Ihre stetige Arbeit liefen fie ſeyn, Die allgemei-
nen und fonderbaren Wohlthaten zu unterfuchen,
und ihrem Vater im Himmel dafür zu danfen.
„Daraus fie denn angetrieben wurden, ein gutes
„geben zu führen, und der Gefahr der Bosheit zu
„entgehen. Denn das Andenken feiner Wohl—
„thaten war ihnen eine tüchtige Lehrmeifterin zu
„einem tugendhaften $eben, die fie nicht ließ in
„Dergeflenheit und Tragbeit verfallen, oder dem
„Boͤſen nachfolgen z). Denn fo nahmen fie ſich
„wohl in acht, daß fie der Güte GOttes nicht
„unmürdig erfunden werden möchten , fondern
„vielmehr noch andere erlangten. So treu war
„der Vater gegen fie, daß, wenn er ſahe, daß fie
„das Gute wohl und mit Dankfagung brauchten,
„er ferner fie mit geöfferen Gaben erfüllte ,, a).
Wovon einer fein Herz alfo vor ihm im Geber
ausfchüttere : “Du nimmft, o Vater, deiner
„Kinder Danffagung gerne an: So mache
„mich num würdig, dich ftets zu loben , und Dir
„er Deine viele und groffe Woßlehater zu dan:
„een, fin die angenehme und unangenehme Wohl:
„thaten, weil Dualles mit gutem Bedacht gerban
R 2 „haſt.
s) Profper Aquitan. Epigr.61. t) Epiſt. ad
y) Clemens Rom.Ep.p.47. 2)
sd, “
132
haft, Du freueft dic), ung Guts zu thun, du
„petrübft uns in Deinen Ermahnungen, und trö-
ſteſt uns wiederum. Lob fen deiner NBeisheit,
„Preis fen deiner Allmacht, u. ſ. f. b)
9. Wiewol aber nun ihr getreuer Vater ihnen
diefes alles aus dem Ueberfluß feiner Liebe fchenfte,
daß fie fich über feine Wohithaten erfreuen Fonnten;
fo gefchahe es doch nicht vor ihrer wahren Reini—
gung und Befreyung von ihrem meiften Berderb-
niß. Darein fie ſich aud) willig ergaben, und wohl
befcheideten, “daß fie bey dem HErrn fuchten nice
„Süßigfeit und Wohlleben, fondern nur, was ih—
„men felig ware). Indem ja in der Freundſchaft
„GDktes feine auffere Frucht eben gefuchet werden
„mußte, da er die Liebe felbft ift, Die niemals ver-
„s.bet, und deren unmittelbare Früchte find Freude
„und Sriede in dem Heil. Geift „d). ‘Daher Fam
es, daß fie auch von ihren Lehrern und Brüdern fo
ofte zur geiftlichen Freude ermuntert wurden. Phil
4,4. 1 Theſſez, 6. Sie fonnten ja auch nicht an-
ders, alsaus der Erfenntniß feiner Liebe ſich uͤber
ihm ergetzen undihn preifen. Und Ddiefes geftun-
den fie gar gerne vor Den Henden, und fuchten ihre
harte Herzen auch durch diefes Zeugniß zu erwei⸗
chen. Wir find vergnügt, wenn wir Das fefte fe-
„gen, daß von GOtt nichts fehädliches oder ver-
„perbliches herfomme. Dis behalten wir, dis
wiſſen mir,in diefer U: Erfennt-
„niß bleiben wir beftehen, daß nichts von ihm gez
„fchebe, das nicht ſuͤſſe und heilſam fen, und aller
„rende und Siebe voll, das auch unendliche und
„unverderbliche Wohlluͤſte mit fich bringe, Die ihm
„jedermann bilfig ſollte herzlich wünfdyen , und al-
„les andere für röprlichhalten e). Denn (fegten
„fie Dazu, ) wer nur auch felten fündiget , der
„chmecket doch den Tod: mer aber das geiftliche Le—
„ben vollfommener erfanget hat, der ſchmeckt ihn
„nicht, fondern geneußt immer Das Brod des Le⸗
bens . Wie nun das Leben GOttes ſelbſt ganz
„undgarztichts anders, als ein H. Zelt und Wohl
„ieben iſt 3 alfo war ihnen ihr Chriſtenthum
„das fie mit GOtt wiederum vereinigte,) ein fte-
„tes Eſſen und Trinfen: Je mehr einer von def:
„fen Leblichkeit genoflen Batte, je beftiger wurde
„fein Herz gereizet als unerfättlic und ohne Eckel
„nachzufuchen und zu effen,, Und diefes bezeug-
7
b) Genhadius Scholarius Orat. ad Deum
Gr. d) Cafkodorus de Amic initio.
3. g) Clemens Alexandr. lib. VII. Strom. p. 530.
Ep. 14.
k) Gregor. M.lib. XII. Expof Moral. 6.14. 1) Bernhardus Epift. 114.
c.22. n) Mararins hom.ss. ©) Idem hom. 7. P) Hilarius in Pf 64,
—— Be = Be
1.2. Don der. Pflicht und Bezeigung derer erften Enriften gegen GOtt.
ten ſie, “daß es nicht in bloſſen Worten beſtuͤnde,
„fondern es fen die Wirfung des Heil.Geiftes, die
„da geheimnißweiſe der Geelendiene,,h). Weg-
wegen e8 jenem aufrichtigen Lehrer nicht verarget
werden kann, daß er von fich fchrieber “Er hiel⸗
„te alle Thränen und Traurigkeit für verloren,
„welche einer auffer der Buſſe und Gebet vergöf-
„ſe „„nemlich ein befehrter Chriſte koͤnne nicht
anders als froͤlich ſeyn in feinem Heiland ;).
10. Und wie diefe Pflicht von GOtt kam, und
zuihm gerichtet war, alfo war auch GOtt darinnen
alles, daß fie nemlic GOTT für ihre wahre
Sreude einig hielten. Welches fich darinnen
erwiefe, wenn ein Menfch den Schöpfer nicht
„verließ, und if fic) oder an den Ereaturen Freu:
„de ſuchte, Dadurch er lauter Traurigkeit funde,, k)-
Der Schöpfer, und nicht das Gefchopfe, mußteihre
Dergnügung feyn, die auch von ihnen niemand
nehmen konnte, wenn fie fie befaflen. Wenn fie
„alle tieblichFeit mit diefer verglichen , fo war es
„nur Traurigkeit: alle Süßigfeit war dagegen
„Schmerz: alle Armuth bitter: alle Schönheit
„Unflath, ja alles beſchwerlich „U. Wie alfo ei
ner aus der Erfahrung befannte: “Es ſey ferne,
„eo Herr, vondem Herzen deines Knechts, daß ich
„in einiger Freude mich ergeße, und für felig ach-
„te. Denn es ift eine Freude, dieden Gottloſen
„nicht gegeben wird, fondern denen, die dich um—
„ſonſt ehren, deren Freude du felber bift. Und
„dis ift das felige Leben, zu dir, von Dir, deinetwe—
„gen fich freuen. Denn esilt allein, und feinan-
„dersm) Wer GOtt geneußt, der weiß von fei-
„mer Sättigung, und je mehr er ihn geſchmecket
„bat, je mehr hungert ihn, Ein folcher wird von
„einer mächtigen Liebe und Begierde geführt n).
„Gott iſt ja Die Liebe felbft, und wer dieſe hat, der
„befiger das himmliſche und göttliche Feuer Chriſti,
„und faffer eine groſſe Erquickung und Freude in
„ſich, darinnen er aud) gebunden bleibet o). Er
„wird von feinen Gütern angefüllt, und hoͤret
„nicht auf, zu fehöpfen und zu trinken von der
»Önade der himmliſchen Gaben, wird auch von
„oen göttlichen Reichthuͤmern voll und trunz
„een p).
in. Da war aber an fich felbft offenbar, daß Fein
Gottloſer einen Tropfen von fol MöreelebiE
— oͤn⸗
4
Confeſſioni annexa. c) Nilus in Præceptis ap. Neandrum in Sent-
€) Arnobius lib. II. adu. Gent. p. 102.
f).Origeres hom. in Matth.
h) Macarius hom.ı7. 1) Sidorius Apollinaris lib. VII.
m) Augafin. lib. X. Confeſſ.
Bi 4 ar u
5 ‘
44
san
Sa
koͤnnte, weil fie der H. Geift allein wirfen mußte.
„Denn das Schmeden der Freundlichfeit des
„HEren, Pf. 34. war eine Kraft des Geiſtes, die er
„indem völligen Glauben wirkte, und fein Amt
„im Herzen verrichtete q). Wer da gefalbet war
„an dem innern Menfchen durch das heiligende,
„erfreuende, bimmlifche und geiftliche Del der
Freuden, der befam ein Zeichen des ewigen Le:
„bens ‚ nemlich das Pfand des H. Geiftes und
„Tröfters;r) Alwo ſich denn unterfchiedene
MWirfungen Aufferten, wenn fie die Önade GOt—
tes alfo fuͤhrete. “Bald freueten fie fich, und
„huͤpfeten vor Frölichfeit und unausfprechlicher
„Bergnügung, als bey einem koͤniglichen Mahl.
„Bald war ihnen zu muthe wie einer Braut, die
„ich an ihrem Bräutigam ergetzet, nemlich in
„himmlifcher Wohlluſt. Bald wurden fie wie
g) Macarius hom. i5.
ı7. Cap. Von der erften Chriſten Lob,
r) Id.hom.ı7. s) Id. hom.1g.
-
en ——— ——üü—
Dank und Freude in und gegen GOtt. 133
„die Engel voll lauter Hurtigkeit und Einfalt. Bis⸗
„weilen erquickte fie als ein herrlicher Trank der
„Geift, daß fie trunfen wurden von göttlichen
„und geiftlichen Geheinmiffen s). Zuweilen er
Faſſete fie die Gnade, daß fie wie ein Rind von
„ihr getragen wurden. Sie durchdrunge ihr Js
„nerftes, riſſe ihe Gemüth von der Erden, und
„truge es in den Himmel zu dev vollkomme—
„nen Welt und zur ewigen Bergnügungt).
„Aber wiederum, nachdem die Gnade fie etwa
„völlig entzündet und getroͤſtet hatte, ward fie ih-
„nen entzogen oder verringert nach GOttes weifer
„Berordnung, fo viel ihnen gut war „u). m
welchem allen die in ihrem Gehorfam und Treue
gegen ihrem Vater blieben, und fid) feinem Wil
fen ergaben, welche dem Beruf wurdiglich wan—
delten.
t) Id. hom. 16. u) Id. hom. 8. fine.
Das 18. Kapitel,
Bon den Früchten und Vortheilen des wahren Ehri
ſtenthums
insgemein.
Summarien.
Si hoffeten eine Belohnung F.n. wegen der Wahrheit und Verheiſſung GOttes, 2.
- Dadurch wurden fie zur Heiligung erwecket, 4. woraus viele herrliche Vortheile entſtunden 5-
beriefen. 6. Sonderlich sröjteren ſie ſich der Hoffnung ihrer Geligkeit 7.
beitändia bis ang Ende,g. in geiftlicher Sorgfalt und Wachjamteit,ro.
beſiegten fie alles. 12.
x nter denen feligen Früchten der Gerechig,
IH fir IESU EHrifti, die die erſten Epri-
s x ften durch den Glauben hatten, war nicht
die geringfte diejenige Freude und der Preis in
GOTT, welche mir jego betrachtet haben. Da
wir uns zuförderft erinnern müflen, was wir oben
von den Alten gehöret, daß alle Pflichten der wah—
ren Chriften zugleich unmittelbar ihre herrliche
Belohnungen mit fih führen, ja felbft Beloh—
nungen ſeyn, und daher füglich auf bende Arten
betrachtet werden fünnen. Sie beruffen fich ins-
gemein auf des HErrn Flare Verheiſſungen, daß
ein gottfeliger Wandel aus Önaden nicht unbeloh-
net bleiben würde. Die Bottfeligkeir ſey fo gar
zu allen Dingen nüg in diefem und zufünf-
tigem Leben. ı Tim. 4,8. Rom. 2, 6. 7. 2 Cor.
5,10.2%. Das mußten fie ſich fehr wohl wi-
der die Heyden zu gebrauchen, wenn diefe ih:
nen ihre Hoffnung aufs zukünftige verwarfen
a) Theophilus Antiochenus lib. III. ad Autolyc. p. ıar,
die man nicht verachten müffe.3.
T worauf fie fich auch
und Herrlichkeit. 8. Dadurch waren fie ſtatk und
und Borfichtigkeit ohme Heberhebung. ii. Dadurch
*
und verachteten. Davon wir bereits bey ihrer
Hoffnung geſehen, und ferner bey ihrer Geduld
wahrnehmen koͤnnen. Ja, es mochten auch bis—
weilen wol anſtoͤßige Herzen dieſes einwenden
wider die Uebung der wahren Gottſeligkeit, wie
dorten Autolyeus beym Theophilo thut: “ch
„ſehe, daß die, fo ein heilig Leben führen, unzaͤhli—
„chem Uebel unterworfen fern; bingegen Die, ſo
„nichts fuchen, als ihren eigenen Mugen, ſehe ich
„ingröfleen Ehren und Glück auf der Welt le—
„ben,„a). Oder wie jene beym Malacyia 3,14. 15.
Fo ift umfonft, daß man GOTT Diener,
und was nugt co, daß wir feine Bebot
balten $ u.f.f. Darüber auch fonft ein from«
mer Lehrer Flagte: “Die meiften werden von der
Pflicht der Barmberzigfeit und anderm Guten
„abgehalten, weil fie meynen, der HERR achte
nicht das Thun der Menfchen , oder wiſſe nicht,
„was mir heimlich thun, was unfer Gewiſſen im
R3 „Schilde
134 128. Von der Pflicht und Beseigung
derer erften Chriſien gegen GOtt. —
„Schilde fuͤhre; oder ſein Gericht ſcheine gar
„nicht gerecht zu ſeyn, weil die Sünder reich ſind,
„in Ehren, Gefundheit und Freude leben; hin—
„gegen Die Gerechten in Armuth, Ehre,
„ohne Kinder, in Schwachheit des Leibes, in fte-
„tem Trauren fißen muͤſſen b).
2. Diefen Befchuldigungen der Gerechtigkeit
und Güte GOttes begegneten die wahren Chriften
fehr wohl. Zuförderft leugneten fie, daß GOTT
denen Frommen auc) nicht zeitliche Belohnungen
fehenfe, obwol nad) feiner Weisheit, mie der erfte
fage: Wollen wir die Wahrheit befennen, fo ha⸗
ben die Heiligen allerdings ihre gebührende Ehre,
„die Gottlofen hingegen ihre Strafe... Hiernechſt
beruften fie ſich dennoch gefroft darauf, daß ſie
nur auf das Unfichtbare hätten lernen fehen. Sie
fagten den blinden Leuten, “daß fie doch weiter fe-
„ben lernten in die Ferne, und auf das Ende aller
„Dinge warten, c). Sodann feßten fie des ewi⸗
gen GOttes Wahrheit zum Grunde, daß GOtt
nicht ungerecht ſey, zu vergeffen ihres Werks
und Urbeit der Liebe. Ebr. 6, 10. GOtt
„‚(fagten fie) der $ehrer der Wahrheit und Zucht,
Jaͤßt fich nicht betrügen, fondern er ift ein Rich»
„ter der Wahrheit. Nun ift aber die Gluͤckſelig⸗
„‚feit eines jeden nicht nach dem weltlichen auffer-
„lichen Ueberfluß zu fehäßen, fondern nach dem
innwendigen Gemiflen, weldyes die Thaten der
„Unfchuldigen und Boshaftigen unterfcheider, und
„die Strafen und Belohnungen wahrhaftig und
„ohne Falfchheit austheile.. Zum Erempel: Ein
„Unfchuldiger ftirbt in feiner Einfalt, in feinem
„guten Willen, und feine Seele wird in Wohlluſt
„fett; der Sünder aber, ob er fehon aͤuſſerlich
VUeberfluß zu haben feheint, von gutem Geruch
„oufter, in lauter Wohlluſt fich waͤlzet, fo bringt
„er doch fein geben mit einem böfen Herzen zu,
„und ftirbe, da er nichts mit fich nimmt, was er
„geflen hatte, ohne den Lohn feiner Bosheit, Wer
„dis bedenkt, der leugne doch, wenn er Fann, daß
„eine Vergeltung des göttlichen Gerichtes ſey, A).
Sonſt Bien fie auch diejenigen, Pauli und Lazari
Erempel betrachten, denen es nicht anftunde, daß
es denen Böfen hier wohl, denen Srommen
übel gienge, Luc. 16, 19. 2 Tim. 4, 7 Ap.
Gefch. 14, 21. €). Gewiß, fie gründeten fich mic
ganz anderm Glauben auf des HErrn Berheiffun-
gen, als wol die Heuchler und Maulchriften hun
wollen. “Das Berfprechen, (fagten fie,) das den
Chriſten gefchehen iſt, iſt unausſprechlich, alfo,
daß alle Herrlichkeit und Zierde des Himmels
b) Ambroſius lib. J. Offic. c.12. c) Theophilus 1. e.
g) Arnobius lib. 1. P. 18. h) Irenans lib. IV. c. 28.
„und der Erden, und die andere Ergöglichfeit,
Reichthum und Schönheit in feiner Bergleichung
„an den Glauben und Reichthum nur einer eini-
„gen Seele hinreiche. Wie fommts dann, (ſag—
„ten fie,) Daß man dennoch bey folchen groffen Ber:
„heilfungen und Erinnerungen des HErrn zu ihm
„nicht vollig kommen will, und nicht ſich ganz
„ihm überlaffen f) ?
3. Darum war es fehr weislich gehandelt, wenn
ie denen armen Seelen, die nur auf Wortbeil,
gen und Luft in ihrem Thun und Laſſen ſahen,
auch zeigten, wie das Chriſtenthum Eeine ſchaͤdli⸗
che oder verderbliche Sache fey, als die Vernunft
ihr wol einbildete. “Wir wollens euch mit einer
„Befchreibung Euch vorlegen (fehrieben fie): Wir
„Ehriften find nichts anders, als folche Leute,
„die nach der Lehre Chriſti den hoͤchſten König und
„HErrn verehren. hr werdet nichts anders in
dieſer Religion enthalten finden, wenn ihrs recht
„erweget. Dis ift die Summa der Sache, Die=
„fes ift das vorgefegte Ziel der göttlichen Pflich—
„een, undder Endzweck GOttes. Micht, daß er
„eben tuft habe, wenn ihm fo viel taufend zu Fuffe
„ralfen: Unſer Vortheil ifts, und das Infekt Nu:
„gen angehet 8). Er braucht nicht unfers Auf-
„wartens, Daß er uns deswegen befohlen hätte ihm
„zu folgen, fondern daß er uns das Heil gäbe.
„Denn, dem Heiland folgen, ift eben fo viel, als
„feiner Seligfeit theilbaftig werden, dem tichte fol-
„gen, ift des tichts genieffen. Welche aber im Lichte
„iind, die erleuchten das Licht nicht, fondern fie wer-
„ven vom Lichte erleuchtet. Alfo bringt der Dienft
Gottes ihm nichts ein, er bedarf re) deflen
„nicht: vielmehr hat er feinen Dienern teben und
„unvergängliches Wefen verheiſſen. Deswegen
„aber fordert ervon uns Gehorfam, Damit er, weil
„er guͤtig und barmberzig ift, Denen Gutes thue, die
„in feinem Dienfte beharren. So wenig GOtt
„des Menfchen bedarf, fo viel bedarf der Menſch
Gottes Gemeinfchaft. Denn das ift die Herr-
„lichFeit des Menfchen, daß er in GOttes Dienft
„verbleibe, Deswegen der HErr auch zu feinen
„ungern fprach: Ihr habt mich nicht erwaͤhlet,
„jondern ich habe euch erwaͤhlet, anzeigende, Daß,
„die ihmnachfolgten, ihn nicht herrlich machten, fon-
Dern er ſie k). Deswegen wäre es ja warlich die
„hoͤchſte Unſinnigkeit, wenn man des Heilands
„Befehle nicht beſſer in acht nehmen wollte, und
„bingegen den Wunſch feines aͤrgſten Feindes er-
„füllen. So viel Worte in jenen find, fo viel find
„Berheiffungen. Nichts iftleer von der ſo nuͤtzli—
„chen
d) Ambrof.l.c. e) Id. e. 13. etı5. f) Macar.hom. 4.
o
u 12 4
= - rs 4 ; —
18. Cap. Don den Früchten und Vortheilen des wahren Chriſtenthums insgemein. 135
* Lehre, ohne wenn die Zunge von den grof
„fen Thaten GOttes fehweiget 5). a, eben des-
„wegen zuͤrnet der HErr, und dieunendliche Güte
„wird beleidiger, weil man fie auch mit fo grof-
„tem Verluſt der herrlichiten Belohnungen den:
„noch erachtet, und nicht allein feine Befehle, fon-
„dern auch feine Verheiſſungen fir nichts hält k).
4. Es ift ſchon bey der Betrachtung ihrer Hoff:
nung erjehiet worden , wie dieſe ihnen eine fonder-
bare Aufmunterung im Chriſtenthum gegeben ha⸗
be. So wurden fie nicht allein in der Beiligen
Schrift dazu ermuntert, fondern auch bernach von
ihren $ehrern und andern. Wie, zum Erempel,
TJanatius an Polycarpi Zuhörer fchriebe: Ges
„tallet doch dem, dem ihr zu gefallen kaͤmpfet,
„von welchen ihr auch Lohn haben werdet. Laſſet
„die guten Werfe eine Beylage fern, auf daß ihr
„auch eure Einnahme würdiglich empfahet,, 1).
Und Tertullianus an die Martyrer im Gefäng-
niß: „Ihr werdet bier einen Kampf antreten,
„darinn GHdre felbit die Gefchenfe austheilet, und
„der H. Geift euch den Lauf lehrer Der Kaͤm—
„pfer Sohn ift die Krone der Ewigkeit, unfer Mit:
„bürgerrecht im Himmel, der Engel und unfere
— —— die in alle Ewigkeit dauren ſoll m).
„Der Gewinn der Gotrfeligfeit ift warlich groß,
„er it überflüßig , nicht von nichtigem Reichthum,
„ſondern von ewigen Gefcbenfen, darinnen Feine
„gefährliche Verfuchung, fondern eine beitandige
„und ewige Gnade iftn). Das Gefer Chriſti
„drohet nun nicht mehr das Schwerdt den Sun:
„dern, fondern es verſpricht die Belohnung denen,
„die frey dienen. Dabero fteauch Lob von GOtt
„baben, der allein ins Herz fiehet 0), Der Nutz
„der guten Werfe ift Heiligung und $eben p).
„Deswegen werden fie ein Saamen genennt , weil
„man von den Werfen den Sohn erwartet, wie
„man von dem Saamen die Frucht fammlet q).
„Denn der HErr hat gar deutlich befohlen, was
„er befohlen hat, und groſſe Dinge daben verheif-
„fen 5). Dazu er auch durch die Buſſe feiner
„Verheiſſungen vorgebauet hat, damit er dem
„Heiligen Geift eine reine Wohnung bereitete,
„und Diefer fich mit feinen, bimmlifchen Gaben
„gerne darein begaͤbe. Alfo hält er die Verwer—
* des Guten nicht fuͤr genehm, ſondern muß
„das auch annehmen, was er ſelbſt wirket und
„beſchuͤtzet. Nimmt ers aber an, fo muß ers
„auch vergelten s).
Der Weg zur Herrlichkeit ift rauh und unge
ahnt.
Mer fich zur Dir bin aus diefer Tiefe fehnt,
Den ſchrecke Fein ug Iſt Schon die Mit:
e groß
So denf er, was das füy, zu ruhn in Chriſtt
Schoos t).
GI befihlt nichts Gutes mir,
Go0tt verbeut Fein Böfes nicht,
Daß er alles auf fich richt,
Und nicht nutzen wollte dir.
Hein, der braucher feinen Knecht,
Den font alle Welt verehrt,
Wenn er dejfen Vortheil mehrt,
Der ihn liebt und fürchtet recht v).
5. Damit wir aber nun zu denen vornehmften
Früchten des Chriſtenthums infonderbeit fehreiten,
fo raumten die erften Ehriften vor allen Dingen
den Einwurf hinweg, daß die Ehriften alles Un—
glück in die Welt brachten , und alfo viel weniger
Segen, Belohnung und Vortheil von ihrem Gor:
tesdienft haben Fönnten. Und hievon hat der Herr
Cave fehr gründlichen Bericht erftatter im ı. Theil
feines Chriftenthums im 3. Capitel, fo deswegen
lefenswürdig it, und mich einer Arbeit disfalls
überhebt. Wie denn auch fein Wunfch fehr denf-
wirdig iſt, Den er am Ende dieſes Buchs feßet :
„Daß nemlich die Zucht der eriten Kirche der
„Ebriftlichen Welt noch fehr erfprießlich und hoch—
„ſelig ſeyn würde, daferne fie wiederum zu ihrer
„vorigen Macht kommen fönnte,: welches denn
insgemein von allem Guten, fo die erften Chri—
ften hatten, wahr ift. Ich will Bier nur erliche
Zeugnifle fegen von dem Vortheil infonderbeit,
den die wahre Gottſeligkeit im aufferlichen und
bürgerlichen Leben mit fich bringe. So fehrei:
bet unter andern Lactantius, indem ev wider
die Unglaͤubigen davon ftreiter: Das Bofe al-
„les wäre nicht auf Erden, wenn die Leute fich
„zum Gefes GOttes verbünden, wenn fie alle
„ehaten, was nur unfer Volk thut. Wie felig,
„wie gulden würde der Menfchen Zuftand fern,
„wenn durch die ganze Welt Sanftmuth, Got:
„tesfurcht, Friede, Unfchuld, Billigfeit, Maͤß
„nigfeit und Glaube wohnete. Man bätte end»
„lich nicht fo viel Gefege vonnoͤthen, die Leute zu
„regieren, weil GOttes Gefeg allein zu einer voll:
„eommenen Unfchuld genug wäre, auch brauchte
1) Cafhod. Diuin. Le&t. e. 16. k) Bafıl. M.Reg.contr.p.ı2. 1) Ep.adPolyc. m)Lib.adMart.c.3. n) Am-
bro/. lib. 2. Offic. c. 6.
ap. cord. p. 183. q) Greg. M. in Pf. panit. 3.
0) Primaf. in Rom. 2. apud. Cent: Maga. V. c. 4. p. 165. p) Theodul. in Rom. 6.
r) Auguft, ferm. 255. de Diuerf.
s) Tertullianus de Panit.
c. 2. t) Venantius Fortunatus lib. II, de Certam. Piorum de Medardo. u) Profper Aquit. Epigr. 39.
136
„es keiner Gefängniffe, noch Schwerdter der
„Hauptleute, noch Schrecken der Strafen, wenn
„die heilſamen Gefeße GOttes den menfchlichen
„Herzen eingedrucket, die Leute freymwillig zu den
„Werken der Gerechtigkeit antrieben,, x). Und
Ürigenes: “Das fand hat mehr den Chriſten,
„als andern zu danfen, indem fie den Seuten wei-
„fen, wie fie fich gegen GOtt, den wahren Beſchuͤ—
„ser und Erhalter des Sandes, verhalten follen,
„und den Weg nad) der obern Stadt im Himmel
„Anden, y). Wie auch Tertullianus: Wo
„die Menfchen GOtt geſuchet hätten, fo würden
„fie ihn erkannt, nach dem Erfenntniß geeßret,
„nach der Ehre mehr gnädig als zornig erfahren
„baben z). Gefeßt auch, daß diefe unferesehren ft
„falſch wären, fo find fie doch nothwendig, find
„fie thoͤricht, fo find fie doc) ſehr nuͤtzlich. Denn
„Die werden ja hierdurch gewißlich beffer, die dar—
„an glauben, aus Furcht der Strafe und Hoff—
„nung der ewigen Erquickung. Alſo iſt es ja
ſehr nuͤtzlich, daß man glaube, es fey wahr.
„Man Ffann ja das unter feinem Schein verdam-
„men, was fo überaus geoffen Mugen hat. Wahr-
„lich, wenn es auch falſch und ungereimt wäre,
ſo wäre es Doch niemand ſchaͤdlich a).
6. Daß aber auc) die Früchte des Ehriften:
thums ſich wirklich alfo Damals erwieſen haben,
geben unterfchiedliche herrliche Erempel, Bekennt⸗
niffe und Ausſpruͤche Elar an den Tag, deren ich
nur einige gedenken will. Juſtinus bedachte fich
gar nicht, vor den Tyrannen zu bekennen: Wir
„erhalten und befördern den Frieden mehr in der
„Welt, als alle Menfchen. Denn mir lehren,
„daß Fein Gottlofer, Geiziger, Verraͤther, auch
„fein frommer und tugendhafter Mann vor den
„Augen GDttes verborgen fenn koͤnne. Wuͤßten
„und glaubten diefes alle Menfihen , es würde
„feiner ſich jemals unterftehen, nur etliche Au-
„genblike den taftern und der Bosheit zu fol-
„gen, b). in anderer widerlegt gleichfalls ihre
Perleumdungen mit dem Augenfchein und der Er-
fahrung: “Das gegenwärtige Elend ift noch viel
„geringer gegen dem vorigen, feit dem die Belt
„Chriften befommen hat, denn von der Zeit an
„find die Sünden noch durch das unfchuldige Le—
„ben fo vieler Menfihen gemäßiget, und bey GOtt
„mehr Fürbitter worden. Welches er denn be-
weilt mit dem, daß bey Dürer Zeit Die Hayden
nn. 2 u ” >» —4
1.28. Don der Pflicht und Bezeigung derer erften Ehriften gegen GOtt.
m mm un nn
die Chriſten aber mit Faften und Beten die H
GoOttes erhielten, den Himmel bewegten, ©
fein Herze rührten, da doch Die blinden Leute alles
ihren Gößen zufchrieben c). Und wiederum fihrei-
bet einer, der in eben der Materie begriffen ift:
„Wenn alle Könige und Voͤlker den Geboten der
„Chriftlichen Lehre mit gerechtem und frommen
„seben folgeten, fo würden nicht allein fie alle ſe—
„lig werden, fondern auch hier auf Erden das Re—
„giment mit der Glückfeligkeit dieſes Lebens gezie-
„tet werden,, d). Welches auch jene barbarifche
und bisher ungläubige Völker erkennen lernten,
daß nemlic) der GOtt der Römer (oder Ehri-
en) denen einen gewiffen Schug leifte, die
ihn fürchten und ehren. Dahero fie aud) alle
einmüchig fih zum Glauben an Chriſtum be-
gaben e).
doch immerfore in Feeffen und Saufen iR
J
tt
7. In Anſehung aber ihres innerlichen Zuſtan⸗
des waren ſie ſchon, nach Pauli Ausſpruch, in der
Hoffnung ſelig. Kom. 8, 24. nachdem fie der
HErr nach ſeiner Barmherzigkeit dazu gemachet
hatte, Tit. 3, 5. Etwas hiervon haben wir ſchon
oben von den Früchten der Wiedergeburt und
Kindſchaft GOttes gehabt: Hier will idy mic)
auch darinne nicht aufhalten, da ich zu andern Ma-
tevien eilen muß. Ueberhauptaber wardiefes bey
denen fefte gefeßt, Die das gütige Wort GOttes
geſchmecket hatten famt den Kräften der zufünfti-
gen Welt: Die Auhe des Gewiffens und
die Sicherheit der Unſchuld machen ein fe-
liges Leben f). Darum redeten fie zu einander
und erbaueten fich alfo: “Wenn du GOttes Sit
„worden bift, und der bimmlifche Führer in dir
„it, und deine Seele ganz zu einem geiftlichen
„Auge und Licht worden ift: Wenn du auch von
„der geiftlichen Speife ernährt und durch den geift-
„lhen Trank getraͤnket bijt worden, auch die
„Kleider des geheimen Lichts angezogen haft:
„Benn endlich dein innerer Menfch in der Er-
„fahrung davon einen Ueberfluß hat; fiehe, fo le-
„beit du wahrhaftig fchon im ewigen Leben, und
„deine Seele ruhet von nun an mit dem HEren.
„Siehe, du haft diefes in der Wahrheit vom
„HEren erhalten undempfangen, daß du ein ewi⸗
„9.8 Leben lebeft, Fühleft du aber nichts Davon
„in die, fo weine, aͤchze und Flage, denn du haft
„ohne Zweifel die geiftlichen und ewigen N
ze IE
x) Lib. V.c.8. y) Lib. VIII. adu. Celf. p. 427. z) Tertullianus Apol.c. 40. a) Ibid.c. 49. b) Apol.II.
p.59. c) Terzullianus Apol. c. 40.
6,30. f) Ambrofizs lib. II. Offic. e. I.
d) Auguſtinus lib. II. de Ciuit. Dei c. 19.
€) Socrates lib. VII. H. E.
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. - - 3 2
18. C. Don den Srüchten und Vortheilen des wahren Chriſtenthums insgemein. 137
„thuͤmer noch nicht erlanget, noch das wahre te-
yenempfangen 8). Die Ruh
»Seelen iſt der geheime und
„bimmlifchen Reichs. Da und
„tet fiedenn, was dorten ai mandelt fie,
„da lebet fie, da befindet fich ihr Gemuͤthe ſtetig h).
„Was fie nun innwendig wird als einen Schaß
„geſammlet haben, das wird alsdenn offenbaret
„werden und ausbrechen, gleichwie die Baͤume
„nach dem Winter aus der innern Kraft und der
„Sonnen Wirkung Blätter, Blüthen und Fruͤch⸗
„‚te bringen is).
8. Wir haben ſchon von hrer Hoffnung ver-
nommen, wie fie fich auf die künftige Herrlichkeit
bezogen, und gewiß geglauber, und von Herzen
befennet, daß diefe auf ihren lebendigen Glauben
unfehlbar erfolgen würde; fo gar, daß fie fich
auch alfo befihrieben: Es wären folche Leute, die
gewiß verfichert wären, daß diejenigen, fo
nach dem Exempel CSriſti tugendbaft Icbe-
ten, mit GOtt auſſer allem Leiden und
Schmerz leben würden k). Gie gaben auch
dahero Urfache, warum fie fich fo der Unſchuld
in allem befleißigten: Nemlich, “weil fie über-
„euget wären, daß fie GOtt müßten für ihr gan-
„yes geben Nechenfchaft geben, fo hätten fie ein
Maͤßiges, ftilles und von vielen verachtetes te:
„ben erwaͤhlet. Denn es fer Fein Uebel in die:
„tem eben fo groß, ob es auch gleich Lebensge—
ahr waͤre, das fie nicht müßten für gering, ja —*
nichts achten, gegen der Gluͤckſeligkeit, welche ſie
„von dem hoͤchſten Richter erwarteten, die ihnen
wegen ihres ſanftmuͤthigen, ſtillen und mäßigen
Ebens verheiſſen fen. Sie erfenneten ein viel
herrlichers Leben, als ihr Mund ausfprechen
oͤnnte, wenn fie rein von aller Sünde zu ihn
ommen wuͤrden 1), Die Unterwerfung und
Demuͤthigung unter GOtt fey die ewige Ruhe.
„Daß Gstt, der alles zuvor weiß, Boͤſen und
Frommen gewiſſe Wohnungen bereitet habe.
„Denen nemlich, die nach dem tichte fragen, ſchen⸗
„ee er aus Gnaden das Ficht der Unvergänglich-
„‚feit, und wer feine Gemeinfchaft begehre, und in
„feiner —— dem gebe er die Guͤter,
„die er bereitet habe m), Dis fen das Ende
„ihres tebens, fo nach der Vorfchrift der Wahr—
weh eingerichtet fen, nemlich die Seligkeit n),
„Wenn dieſem Weg und den Geboten der Chrift-
„lichen Religion nachgefolget würde von den Koͤ—
g) Macariushom.ı. h) Ibid. hom, 4:
i) Id. hom.5.
m) Irenauslib. IV.c. 78. n)Gregorius Nyff. inPf. c.1. ap. Bebelium de Offic. Chrift. p. 235.
deC:D.e.19. p)Idem Tract. 3.inlöh, q)Epift.ad Roman.
„rigen und allen Voͤlkern, fo würden fie den Gi-
„pfel des ewigen Lebens zu einer allerfeligften Herr:
„ſchaſt befteigen Eönnen,,o). Auf ſolche und der—
= gleichen Weiſe erinnerten ſie ſich ſelbſt und unter
einander der herrlichen Belohnungen, ob fie ſchon
eben deswegen nicht eigentlich dem HErrn dien-
ten, fondern immer lauterer zu werden, und ihn
um fein felbft willen zu lieben fucheten : Ex ſelbſt
folfee ihr fehr groſſer Lohn ſeyn p).
9. War aber je etwas Fräftig, die Herzen zum
beftändigen Kampf bis ans Ende zu ermuncern,
und darinnen zu erhalten, fo war es gewil das
Kleinod, das ihnen die himmliſche Beruffung
GOttes vorhielt in CHriſto JEſu. Phil.3, 13.14.
Diefe machte fie forgfaltig und wachſam in allen
Stuͤcken, daß fie das Vertrauen und den Ruhm
der Hoffnung bis ans Ende feſt zu behalten ſuch⸗
ten. Ebr. 3,6. Und dahero war nicht allein Pau
[us und andere um die Beftändigfeit bis ans En-
de bemuͤhet, fondern auch die heiligen Märtyrer,
und insgemein alle wahre Rinder GOttes. Son:
derlich drucket Janatius feines Herzens Berlan:
gen gar ſchoͤn aus, wenn er fchreiber: «Der An:
„rang läßt fich wohl an, wenn ich nur Gnade er:
„tangte, Daß ich mein Erbrheil unverhindert end-
„lic, überfommen möchte. Wahr ifts, es iſt
„ſchwer zu GOtt zu kommen, fo ihr mein verfcho-
„nen werdet (daß ich nicht leiden dürfe). Bittet
„nur, er ich ftarf ſeyn möge aufferlich und inner:
„ich, auf daß es nicht allein Worte bey mir feyn,
„ſondern auch der Wille daben ſey,, q)y. Welches
denn auch ein anderer that, als er feine Seele felbft
alfoanfprah: Sey nicht leichtfinnig, meine
„Seele, und werde nicht taub an dem Ohr deines
Kr Höredoch! das Wort felber fehreyer :
„Da iſt der Dre einer ungeftörten Ruhe, wo die
„Liebe nicht verlaffen wird, wenn fie nur nicht
„verläßt. Siehe, Dis alles vergehet. Vergehe
„denn ich auch mit ? fagerdas Wort. Ya, fchlage
„oortdeine Wohnung auf: Da ergib was du hatt,
„meine Seele, da du Durch fo viel Berrug er—
„muͤdet bift. Ergib dis der Wahrheit, was du
„von der Wahrheit Haft, fo wirft du nichts verlie:
sten, r). Undeben folche Warnung ftellte jener
fromme Mann ihm felbft und andern vor, da er
ſich als einen Knecht des HErrn betrachtete, der
um des vergangenen Dienftes willen den gegen:
waͤrtigen und zufünftigen gar nicht verfaumer,
noch fagen dar er habe nun inden übrigen Ber
S rich⸗
uſtinus Apol.I.p.4r. 1) Arhenagoras Apol.p. ar.
0) Auguft, lib. H-
r) Augnflin.lib, IV. Confefl: c. ın. u
u u
138 18; Don der Pflibr und Bezeigung
\ ad — 1 ar‘
.
derer erſten Thriften gegen GOtt. r
richtungen Freyheit wegen dergefchehenen Arbeit;
fondern ev muß mit ftetem Fleiß immer eben den
Dienſt leiften, damit er dem HErrn gefalle, und
niche Furcht und Streiche zu Lohn befomme.
„&o müffen wir denn (faget er) dem göttlichen
„Willen gehörchen, wiſſende, daß, wieder gerech-
te Bergelter einen jeden finden wird, fo werde er
ihn auch richten. Der unfelige Judas verlor in
„einer Macht alle vorige Zeit. Darum muß die
Feſtigkeit des Vorfages immer unterhalten wer-
„den, wozu mir auch GOtt zum Helfer haben % I
10. Wohin auch alle Erinnerungen der Alten
giengen, wenn fie einander ermahneten und baue-
ten, damit Feiner von ihnen verloren würde: De-
rer ich nur etliche hieher feßen will, . “Niemand
„ift Flug, er fey denn auch. glaubig. "Niemand ift
„itgeöfler als ein Chriſt: Keiner aber iftein Chri⸗
Iſte, ohne der, fo bis ans Ende befarret,, t) Daß
demnach ihr Sinn hierinnen auch mit dem goͤtt⸗
lichen einftimmig mar, welcher nur auf das
Ende fahe, wie darinnen das angefangene We—
fen behalten wuͤrde oder nicht. Darum redeten
fie ausdrücklich alfo: “Bey den Chriſten fraget
„man nicht fo wolnad) dem Anfang, als nad) dem
„Ende. Paulus fieng nicht wohl anz aber ev endete
deſto beffer. Judaͤ Anfang iſt zu loben; aber
„das Ende ward durch die Verraͤtherey verdam-
„met u), Wir nennen uns aud) auserwaͤhlte
Juͤnger EHrifti und Kinder GOttes, weil man
„auc) Die fo nennen muß, welche wiedergeboren
„find, und gotefelig leben: Aber alsdenn find fie
erſt wahrhaftig, was fie beiffen, wenn fie darin—
„ne bleiben, DENN fie fo genenne find. - Ha—
„ben fie aber Eeine Beſtaͤndigkeit, das ift, bleiben
„fie nicht Darinnen, was fie angefangen haben,
Io heiſſen fie nicht wahrhaftig, was fie heiffen, und
„noch nicht find. Denn bey GOTT find fie das
„nicht, dem ja befannt ift, was fie feyn werden,
„uemlich aus Frommen Bofe x). Demnad) fey
„8 ferne von uns, daß wir fo reden, und uns bey
„aller Nachlaͤßigkeit dennoch für ficher halten foll-
„ten. Es ift wahr, Feiner kommt um, als ein
„Sohn des Berderbens: Aber GOtt ſagt Ezech. 3.
„Der Gottlofe werde zwar fterben, aber fein Blut
„folle von des Wächters Hand gefordert werden,
„Darum, weildieMenfchen die Yuserwäßlten von
„denen Verworfenen nicht wohl unterfcheiden
Foͤnnen, fo follen fie alle gerne felig haben wollen,
„daß fie nicht verloren gehen y). Thun alſo die
s) Atbanafıns Vita Anton. p.121. t) Terzullian. de Præſer. e. 3.
„am beften, die bey ihrer Erquickung und Fre
„dennoch mit Furcht und Zittern ihre —
„wircken, damit ſie nicht etwawo ſich verirren, ſon⸗
„dern allzeit mit der Gnade uͤbereinſtimmen. Eben
wie etwa einer, der einen Schatz hat, und an un⸗
„ſichere Oerter reiſet, zwar ſich uͤber dem Schatz
„treuer, doc) aber auch fürchtet, Daß die Raͤuber
„auf feine Art ihn überfallen. und plündern möch-
„ten, Daß es alfo eben fo viel ift, als wenn erfei-
„men eigenenteib in Haͤnden trüge,fo wohl verwahrt
„erißn. Siehe nun, wir find alle Fremdlinge in
„fichtbaren Dingen. Wo nun der Scyag iſt, da
„tollauchunfer Herffeynz). © 7
Mile du, Menfch, foficherfenn?.
Mein! des Feindes. Lift foll did) Sorge, Fleiß
und Wachen lehren, *
Hier gehſt du in Ruh nicht ein,
Da das Fleiſch dem Geiſte ſucht den Gehorſam
zu verwehren.
Strauchelt doch der Froͤmmſte wol, daß ihn
ſelbſt der Feind erſchreckt.
Tugend wird von Laſtern oft, Ruhm von
Suͤnd und Schand bedeckt a).
11, Dergeftalt unterhielten fie fich und andere
in der Sorgfalt und Beiligen Wachfamfeit,
indem fie fahen, wie ihrer Diele zwar anfien-
gen fromm zu werden, aber fd wenige zum
Zweck gelangten. In den Schranfen lie—
fen zwar Alle, aber einer erlangte das Blei⸗
nod. Drum mußte es von ihnen. beiffen :
„Laufet alfo, daß ihrs ergreifet b). Sonſt
„würde fie der Anfang nichts helfen, wenn fie
„nicht auch darinne beharrten c). Es fey ja
„dem Menfchen alles mit Bedingung „gegeben,
wenn er es recht anwende. Er habe zwar eine
„Stärfe des Geiftes überfommen, dadurch die
„Schwachheit unterftüßer werde; aber alfo, daß
„fie die Vorfichtigen befchüge, nicht die Verwe—
„genen; daß fie die bewahre, fo den boshaftigen
„Suͤnden abfagen, nicht die ſich immer mehr ver-
„tiefen. Der H. Geift ift ihnen zum Schuß-
„herrn gegeben, aber daß er zu Hülfe komme
„denen, die dem Gegentheil entfliehen wollen d),
„Denn die Be fey defto groffer, wenn einer
„nach feiner Befehrung wiederum in Sünden
„und $after verwickelt wird, undanfbar gegen
„die empfangene Gnade ift, und nachdem er die
„Hand an den Pflug geleger Kat, fich umfieher
; „laulich
u) Hieronym.epift.1o.ad Furiam. x) Auguftin.
de Corrept. et Grat.c. 9. y)Ibid. e. iq. 2) Macarius hom. 27. a) Alcimus Auıtus lib.adSor.p. 428. b) Hie-
sonym.ep.28.adLucinium. c) Bernhardus ep. 78. ad Saggerium, d) Cyprianus de Singular. Cler.
> ui des Wegs zur Wahrheit:
find wenig, die wieder zur vorigen Stuffe kom—
24 x äh nu —._
abfällt. Derer
„men follten ; fondern wenn fie a
* fie immer weiter unrein, und die Boͤ—⸗
° „fen werden noch mehr böfe,, ©). Daß demnad)
bey ihnen die fleifchliche Sicherheit gar weit von
der geiftlichen Geroißheitdes Glaubens unterfihie-
Jene führte di fheinliche Ge-
fahr des Verderbens mie, diefe eine groffe De-
muͤth und gewiſſes Heil; wie wir bald ſehen wer-
den, Die lieben beute kenneten die Liſt des Sa-
tans wohl, drum wußten ſie fie auch meiſterlich zu
befchreiben.. “Wenn die Seele in ftilfer Ruhe
„ſchwebet, fo bruͤllet der Feind und aͤngſtet fich,
„weicher, ein wenig zurück, und giebt achtung, ob
„fie auch nur ein wenig einfchlafen wolle, und
„alsdenn ·faͤllt er fie an: Und worinnen ſie meynt
„ſicher zu ſeyn, darinnen trit er fie zu Boden F).
„Deswegen, wie ein Kaufmann in feiner Hand⸗
„lung immer gerne mehr haben will, und vor al-
„tern Schaden ſich vorſieht: alſo muͤſſen die viel
„mehr wachen, die um den wahren Schatz han—
„deln, und mehr gutes verlangen; hingegen aber
„auch den geringiten Berluftvom Feinde ſchmerz⸗
„lich empfinden, jedoch den Much nicht ſinken laf-
„fen, oder um eines unverfehenen Falls willen
„alles wegwerfen 2). Vielmehr muß man alfo
„heilig und in völliger Glaubensgemwißheit ein-
„bergehen, daß man in feinem Gewiſſen feft und
„ſicher ſey, und nur wuͤnſche, daß es beharre:
„Aber verwegen darfman nicht feyn. Denn wer
„ſo iſt, der ſcheuet ſich wenig, er huͤtet ſich nicht,
„und iſt in —— Gefahr. Hingegen ſorget
„der HErr für Die Seinen nach feiner Barmher—
Zigkeit, daß fie zu feinen Woͤhlthaten fich alles guts
—— koͤnnen h).
o der ftandhafte Geiſt
Nichts widriges ſich laͤſſet ſchrecken,
Und keine Macht zerbricht den aufgerichten
inn:
Wo uns des Glaubens Kraft noch immer hin
Ohn Hinderniß zum HEren weift,
‘a, fich noch mehr zur Treue läßt erwecken:
"Da ijt der HErr gewiß enug,
Dem ift die Gnad und alles zuzufchreiben.
Weor aber fich
Darüber trotziglich
e) Vita Syneletieæ n. 108. ap. Cotelerium.
f) Bernhard. ferm.3. indie Pet. et Pauli.
u “
Pr ira
nn
.
| A den Scüchten und Dortbeiten deo wahren Thriftenthums inogemein 139
„laufichundfleifchlich wird, oder nach der Erfenne:
Als über eigne Kraft ſucht zu erheben:
Der handele nimmer Er P ’w
Der Feind wird in gewiß dahin noch treiben,
Daß, wenn er meynt zu ftehn, wird er in Suͤn⸗
den leben ).
12. Nach dieſer Ordnung hielten fie ſich nun, una
fo überwunden fie endlich alle Hindernitfen. Da
fiegten fo viel 1000 Märtyrer, fo viel Bekenner und
andere Chriſten uͤber die allergröffeften Berfuchun-
gen, und blieben dem HEren getreu bis in den Tod;
wie wir weiterhin bey ihrer Verleugnung und Ge-
duld erfennen werden. “Der Herr hatte ifnen
en daß fie follten beharren Eönnen,er wollte
„feine Frucht in ihr Herz geben, daß fie nicht von
„ihm reichen follcen, ev wolle fie befuchen, daß er fie
„recht fromm mache k). Da nun nichts koͤſtlichers
„und heiligers feyn Fann,alsdie Berheiffungen und
„Befehle des HErrn, die erdenen geheiligten Kin-
„dern zum Schatz der Unfterblichkeie fehenker ; fo
„müßten fie alles fühlen und glauben,und feine Un⸗
„gewißheit eines zweifelhaften Willen fich aufbal-
„ten laſſen: Sie mußtenbitten, flehen, anflopfen ;
„mit Beten die Barmberzigkeit, mit Suchen den
„Wachsthum, mit Klopfen den Zugang gewin⸗
„nen H. Alsdenn, und wenn eine Seelerecht glau-
„bet, und in der Gottſeligkeit lebet, ift es unmög-
„lich, daß fie in Unteinigkeit der Sünden falle, und
„in den Irrthum der böfen Geifter,, m), In
welcher Gewißheit des Glaubens ein frommer
Eprifte gewiß war, daß der in ihm das gute Werf
angefangen hatte, es auch vollführen würde. Phil-
'1,6.1E0v.1,8.1 hell. 3, 13. 6. 5,23. Davon ei-
ner ohne ara in groſſer Freudigkeit feines Geiz
ftes alfo ſunge n):
Mein lautrer Geift bat CHriſtum längft um⸗
affer
)
Ich leb in Hoffnung und in voller Ruh,
Mir ſchadet nichts, was a: Frieden
haſſet:
Ich eile ſrey auf GOttes Wohnung zu.
Da foll das Himmelsbitd mic) ihm verbin⸗
den;
Die Freude wird alda Fein Ende finden.
Und ein anderer in gleicher Gewißheit 0):
GOttes Zufag bleibe uns feit,
Unfre Treu wird nimmer wanfen:
Die Gedanfen
Sind bisher von ihm geweſt.
S2 Gehn
g) Pita Synclet.n. 69.
h) Terzull. de Cultu Faem. c.2. - i) Profper Aquit. Epigr. 33. k) Ambroj.\ib. I. de Vocat. Gent. c.3. I) Hilarıns
can. 6.inMatth. m) Macarius in Vitis P.P. Gr. lib. VII. c. 38.1.2. n)Gregorius Nazianz. Carın, 6. Exhort,
fi. 0) Alimns Auitus lib.adSor.p. 434.
140
Gehn aud) ferner zu ihm Hin.
Stürme ihr Winde! ſtoßt ihr Feinde!
2 Lee Freunde!
Welt, braud) deinen Heuchelfunn !
Wiſſet alle, die ihr ſucht
Uns zu flürzen und zu fällen
Zu der Höllen:
Wir find felig, ihr verflucht!
Sa gewiß, wer einmal den HEren JEſum recht
in der Wahrheit hatte Fennen lernen, der Fonnte
ihn ja als die höchfte Seligfeit und Süßigfeit
nicht verlaffen. Syener Fromme Mann befprach
deswegen eine abtrünnige Seele fehr beweglich:
Was baft du doch an deinem JEfu tadelns
wertb gefunden, daß du von ihm abgefalfen
EL RN 1 7 i —
1.2. Don der Pflicht und Bezeigung derer erſten Chriſten gegen GOtt.
biſt p)? Die ihm treu waren worden in d
die wußten wohl, wem fie nun geglaubet hat⸗
ten, und waren gewiß, daß er auch ihre Beyla-
ge BR: würde, 7 an jenen Tag, 2 Tiny,
12. Die armen blinden Weltleute vermwunder-
ten fich über ihre groffe Beftandigfeic, und hiel⸗
tens ‚für eine Raſerey, fo gar, daß ſie auch ein
Spruͤchwort daraus machten: Die Anhaͤnger
Moſis und CSriſti werden eher ihre Lehren
verlaffen, als die, fojunter den Weltweifen
und Yerzten den unterſchiedenen Meynungen
ergeben find 9). Aber die Glaubigen waren ih⸗
res Grundes gewiß, darum fie nichts fcheiden
Fonnte von der Liebe GOttes in CHriſto JEſu
ihrem HErrn. Roms 1.) 2)
384 —
hr
p) Iohannes Abbas Apophth. ap. Cotelerium Tom. I. Mon. Gr. p. 483. 9) Galensislib. III. de Differentia Pulſuum
Daß 19.
Sapitel,
Von der Herwiederbringung ded göttlichen ( benbildes
Summarien.
Seine Katur,$.r. welcher fie theilhaftig wurden in CHriſto durch die Heiligung 2.
und Nachahmung GOttes, 5.
achteten fie für ihre aröfefte Herrlichkeit, 4. als ein Ebenbild ihres Waters, 5. nach deffen Eigenfchaften fie muß:
ten gebildet werden, 6. fo fie at
Bilde GOttes eileten, 8.
weil fie der göttlichen Natur theilhaft wurden. in.
wahren Chriſtenthums iſt die Herwieder⸗
bringung des verlornen göttlichen Eben-
bildes. So faffen es einige fehr kurz: Das
Chriſtenthum ift die Nachfolge der göttlichen
Yatur a). Eben wie Petrus die Berheiffungen
GOttes erwehnet, daß die Chriſten theilhaf⸗
sig werden follten der göttlichen Natur, fo
fie fliehen die vergänglichen Lüfte der Welt.
2 Petr. 1, 3.4. Nemlich fie wußten aus des
HErrn Wort, wie er fie dazu verfiben bat-
te, daß fie gleich ſeyn follten dem Ebenbil⸗
de feines Sohnes. Roͤm. 8,29. Diefes aber
mochte nun der Vernunft noch fo unglaublich
verkommen, fo befenneten fie Doch ungefcheur:
„Wir bemühen uns mit allem Fleiß und Mi:
„be, fo viel uns möglich, GOtt gleich zu wer—
„pen b). Ihm iſt zwar an fich ſelbſt nichts gleich ;
„doch gehet eines jeden verjtändigen und. geiftli-
„chen Wefens Fleiß dahin, daß es mit GOtt ver
&' alferfeliafte und vornehmfte Frucht des
durch eifrig Gebet erhielten, 7... je mehr fie die. Günde haffetem,, und mit Evnft zum
um den Engeln aleich zu werden, 9. welches bie Alten wohl eine Dergötterung nenneten, 10.
91.
„einiget werde, und verlanget ftets mit unaufhör-
„chen Verlangen und Bemühen, den göftli-
„chen Klang zu faffen, daß es fortfahre, GITT
„nach Vermögen nachzuahmen, und der görtli>
„chen Erkenntniß wuͤrdig werde c). Saffet ung
„aus allen Kräften GOtt ähnlich werden, und
„mit ihm verfnüpfet ſeyn, welches denn gefchiehe
„nach der H. Schrift, wenn mir die vortreflichen
„Gebote GOttes lieben und thun,, d). Diefen
Zweck erzehlet auch einer. von dem Chriftenthum,
daß er ißn erkannt und gefunden habe: Ich fuch-
„te, wie ich Doch die Wahrheit finden möchte, und
„da ich mich fleißig umfahe, gerierh ic) über etliche
„ungeleßrte Bücher, (die heilige Schrift,) diefen
„glaubte ich, weil ihre Worte uns vonder Dienft-
„barkeit der Welt [os macheten, und von vielen
„Fuͤrſten und unendlichen Tyrannen abzogen ,
„auch uns beylegten nicht zwar etwas neues, fon-
„dern was mir zuvor empfangen, und aus
„der
@) Gregorius Nyffenus de Profeſſ. Chriſt. p. 27. et Baſilius M. hom. io. in Hexaem. b) Eufeb.lib. IV. de præpar.
Euang.c.9. e) Dionyſius Hierarch. Cal.c.ı2. d) Idem Hierarch, Ecel. c. 2.
9
—*
|
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|
u w
BR -
„der Schuld: unferes Irrthums verloren: hat-
Pr 21,003 7 ER Be
J BER li
> 2. Dahin gieng nun altes Thun und daſſen der
. en Chriften: Sie fahen au ale 36 aten
tes ihres Vaters, alle Handlungen und Wir:
kungen feines Geiftes, alle feine DBerheiffungen
und deren Erfüllung alfoan, daß fie dahin gerich:
tet. waren; Genen, m
\
en den neuen
, der 3u der Erkennt
jert ward, nach dem IE:
böpfers, Coloſſ. 3, 10. in
erechtigkeit und Heiligkeit,
Menſchen anie
niß GEOttes er
benbilde des
rechtſchaffener
> Epk 4,24. damie ihr Verſtand und Wille er- ‘
euert und geheiliger würde, als wir BR ihrer
Wiedergeburt ſchon erfannt haben. So cherge⸗
ſtalt glaubeten fie, “daß der Renfſch feinem
„GoOtte nach deffen Gleichheit wieder gegeben
wuͤrde, welcher zudor nad) dem Ebenbilde Got⸗
ztes erſchaffen war. Nun wird aber das Bild in
„dem Abdruck oder Conterfey, die Gleichheit aber
„in der Ewigkeit betrachtet. Denn er empfaͤn⸗
„get denjenigeh eh GHrtes, welchen er Damals
„von feinem Anblafen empfangen hatte, aber her:
„nach durch die Sünde verloren, f). Diefe Se
ligkeit erfannten fie, wie fie von CSriſto allein
berfomme, “derißnen das Heil wiederbracht hat⸗
„te, daß fie, in JEſu CHriſto wieder erlangten,
„was fie in Adam verloren hatten, nemlich nad)
„So reinigte denn der HErr die Seelen, daß er
„ſie zu der Heiligkeit bringen möchte, darinnen
„der erfte Adam gemachet war, h). Weldye an:
dere Geburt viel wunderbarer war, als
der erfte Zuftand. In ihren Augen war es
viel mehr, “Daß GOtt in den legten Zeiten her⸗
y„vieder bringen wollte, mas verloren war, als
daß er zuerſt gemacht hatte, was nichts war ;).
3. Bey dieſer Betrachtung und derfelben wirf:
lichen Genuß war ihr Ölaube immer gerichtet auf
die Herrlichfeit, die fie verloren hatten, damit
nach derfelben Art die Erneuerung von dem H.
Geiſt in ihnen gewirker würde. Don jener wa—
von fie gewiß, daß fieaus einer völligen Erfennt:
niß GOttes berfam, daraus der Menfch getrie-
ben wurde, “feinem Schöpfer in der Liebe deſto
„vertraulicher anzubangen, je füfler er ſchmeckte,
„wie der HErr freundlich iſt. Und je groͤſſer die
>
e) Tatianus Orat. adu. Grxcos p. 165,
18. Cap. Don den Srüchten und Dortheiten deo wahren Chriftentbumen nie:
„bern Bild und Gleichheit GOrtes zu fern g).
f) Tertullianus de Bapt. c. 5.
141
„Vergnuͤgung an dem Guten war, je gröffer ward
„auch feine Seligkeit, k).. Demnach fd mußte
aud) in der Erneuerung des HErrn Klarheit in
ihnen alfen fich fpiegeln mit aufgedecktem Ange:
ſichte, alſo, daß fie in eben daflelbe Bild verflärer
wurden von einer Klahrheit zu der andern, als vom
Geift des HErrn. 2 Car. 3,18. Dieſe Heili-
gung warder Wille ipres Baters. Denn er woll:
te haben, daß fie fein Bild und Gleichheit würden,
daß fie heilig wären , gleichwie er heilig
ift I), 1 Petr. 1,15. volllommen, wie cr
vollfommen ift, Match. 5, 48. barmber-
zig, wie er barmherzig iſt. Lic. 6,36. Was
ollte denn von ihnen anders geſchehen, daß ihre
Werke den goͤttlichen aͤhnlich würden, als die:
fes, “daß fie von allen Suͤnden und Bos-
„beit nach Vermögen frey wären, wie auch von
„derſelben Beflecfung, ſowol in Worten als Wer:
seen, und im Herzen rein und leer,,? Disbief-
fe bey ihnen wahrhaftig “eine Nachahmung der
„göttlichen Bolltommenbeit, die man an GOtt
„am Himmelgemahr wird,,: Wie folltees anders
die theurſte und allergröffefte Verheiſſung feyn ?
2 Pet. 1,4. m). Golchergeftalt war bay ihnen
das Chriſtenthum wahrhaftig nichts anders,
als “eine Gleichheit GOttes, fo viel der menfch-
„lichen Natur moͤglich ift. Wer wollte ein Chri⸗
„ſte ſeyn, der mußte dazu thun, daß er GOtt gleich
„würde. Er mußte CHriſtum anziehen zn).
Fragte fie jemand aus Unglauben oder Zweifel,
wie man denn gleichwol GOtt koͤnne gleich wer:
den? fo antworteten fie aus einem feften Glau—
ben: “Das Evangelium wolle nicht haben, daß
„uun eine Natur der andern, die. menfchliche der
„göttlichen in allem ganz gleich gemachet werde,
alien daß man nur die guten Werfe GOttes,
„ſo viel möglich, im Leben nachmache,, 0). Wenn
nun die Befchreibung des Chriſtenthums bey ih⸗—
nen fagte, es fey eine Nachahmung GOttes, fo
muͤſſe num auch ein folches teben geführet werden
unter den Chriften nach der Gleichheit GOttes;
Damit, wenn auch ein Unglaubiger die Erempel
alles Guten an ihnen fahe, er auch ifren GOtt für
gut Bielte, den fie verehrten p).
4. Wie freudig befannten fie diefe ihre Abſicht vor
den täfterern und Berfolgern! Wie mußten fie
fichnicht vieldarauf, daß fiedurchdes HERRN
Barmherzigkeit auf diefen Weg gebracht worden
S3 wa⸗
g) Irenaus lib. III.c. 20. h)Cafio-
dorus vel Audtor alius in Pf. L. p. 4. i)Zeo M. Serm. 13. de Paflion. Dom. c. 1. k) Caffodorus lib. de
Aınic. initio.
I) Tertulian. Exhortat. ad Caftit. c. 1. m) Gregorius Nyf. Orat, de Perfedt. Chrift,
n) Bafılins M. hom, 10. in Hexaem, 0) Gregorins Nyff. lc. p. 272 p) Id.L«.
waren! Sie redeten ganz frey von dieſer Herrlich⸗
keit; wie wiranfangs — haben: “Wir muͤſ⸗
ſm alle Hinderniſſe hinweg werfen, und unſern
„vorigen Stand mit groſſer Begierde wieder zu
„erlangen fuchen,, 9). Da geftunden fievonden
Apoſteln und ihren Machfotgern: “Diejenigen,
„welche in Adam zum Bild und Gleichheit GOt⸗
„tes gebildet waren, erlangten nun das vollfom-
„mene Ebenbild und Gleichniß EHrifti, waren
„ibm in feinen Kräften niche ungleich? Die zuvor
Irdiſche waren, wurden nun Himmliſche. Sie
ſollten nun das Reich GOttes predigen, nemlic)
das Bild und Gleichheit GOttes, daß es nahe fey,
„und daß die Menfchen nun folkten zur Wahrheit
„angenommen werden‘ r). Wer denn num den
„alten Menfchen ausgezogen hatte,“ und Denen
„xEfus felber die Kleider des Reichs der Sinfter-
„miß abgenommen hatte, der hatte den neuen und
„bimmlifchen Menſchen IEſum CHriſtum ange-
„zogen, alfo daß das Auge mit feinem Auge, Die
„Ihren mit feinen Ohren, das Haupt mit feinem
Haupt gleichfam übereinfäme, undder Menfch
ED) ; © » hi 7
ganʒ rein würde, und das Bimmlifche Bild trü-
ge. Dennder HERR hatte ihn mit neuen Klei-
„dern des Lichts angezogen , ‚mit Kleidern des
„Ölaubens , der Soffnung ‚ Liebe, Freude, Frie—
„dens, Guͤtigkeit, * armberzigfeit und derglei⸗
„hen Kleidern Des Lichts und Lebens, die göttlich
„und lebendig, ja voll Re Ruhe wa⸗
„ten, daß, wie Gott die Liebe, Guͤte und Önade
ſelber iſt, alſo auch der neue Menſch dieſes werde
„Durch Die Gnade. And wie das Reich der Fin—
„terniß oder Die Sünde in der Seele verbor-
„gen- it bis an den Tag der Auferftehung ;
„alfo auch erleuchtet zwar Das Reich des Lichts
„und das bimmlifche Bild IEſu EHrifti nun
im Geheimniß die Seele, und herrſchet in der
„Seele der Heiligen, aber es ift verborgen vor
den Augen der Menſchen: Und CHriftus wird
„allein mit den Augen der Seelen gefeben, bis an
„ven Tag der Auferſtehung, da auch der Leib ſelbſt
wird offenbar und verherrlichet werden durch)
„des HEren &icht, dasnun in des Menfchen Seele
„verborgen liegt, Damit aud) der Leib zugleich mit
„der Seelen herrſche, die nun ſchon das Reich
„EHriftiempfangenhat, und ruhet, und erleuch⸗
„tet wird in dem ewigen Lichte,). Aus diefen
und dergleichen Befchreibungen fiehet man wohl,
was fie vor Herrlichkeit an ihren erneuerten See⸗
— — ——
2*.
”
“ g) Tatianus 1.c.p.159.
1. 3. Don der Pflicht und Bezeigung derer ceften Ehriften gegen Ott. ' .
r) Hilarius can. ıo. in Mätth.
(en erfanne amd, a ee
riſto eheuer und
hingen. "Dapfen
hoch achteten. nn fie erinne eswe⸗
—
Be: Br 63%) Ä Et ihnen
„fleißig empfohlen hätte, Damit fie diefe Beylage
„bewahren follten, und der SER eh e dank
„an ihnenerfennen möge, und fein. Bei uden,
wie er es erſchaffen hattet)... 5.
5. Es ift bereits erweßnet worden, wie fi fi
befliffen, ihrem Vater im Himmel immer ähnli-
cher zu werden nach feiner Heiligkeit,
menbeit, Barmherzigkeit und andern Eige
ten. Immaſſen fie, auch die Binder
nicht anders beſchrieben und erkannten, ix
Menfchen, die zu feinem Bilde erneuern
ihm ‚abnlich worden wären, bis auf die
Siebe der Feinde u), nad) Matth. 5, 48. Da-
ben fie wohl erinnerten, daß die alte Schwachheit
„nicht fo gleich verzehret werde in der Stunde, da
„einer getaufet wird ,, fondern die Erneurung
„fange. an, von der Vergebung der Sünden, und
Je mehr einer geiftlich gefinner fey , je mehr werde
„er zu GOttes Bild erneuert x)... ‚Drum wolle
„ver HErr JEſus, derden Baterder Glaubigen
„ihren wahrbaftigen Vater genennet hat, daß
„auch die, fo von ihm geboren find, der Boll-
kommenheit des Guten Abnlich feyn, melches an
„ihm gefehen wird y), Sen es denen Menfchen
ahnt
Eon
fie
„lieb und ruͤhmlich, wenn fie. Kinder ‚haben, die
„ihnen äßnlich ſeyn, und fey es ihnen eine Freude,
„daß fie fie gezeuget Haben, wenn die Kinder den
„gineamenten des Vaters gleich feyn: Wie viel
groͤſſere Freude füllte nicht GOtt der Vater ha⸗
„ben, wein fie alle alſo twiedergeboren werden,
„daß die göttliche Hoheit in- A Bee und,
„Ruhm gepriefen wird, z) 2, Wi
einander vergeftalt erinnerten: »GOtt hat dich
„zum Erben, EHriftus zu feinem Freund gemacht,
„und durch ihn bift Du ein Rind des Vaters wor-
„oen. Biſt du nun fein Erbe, fohalteauch veffen
„Willen, der dirs vermacht hat; Biſt du fein
„Rind, ſo zeigedie Lineamenten der Geftalt deines
„Vaters a), Dazu gehoͤret viel Fleiß, daß man
„das in der Taufe eingedruckte Bild GOttes rein
„undunverleßt behalte: Niemand aber wird die:
„fe Macht uns Fonnen benehmen, wenn wir fie
„uns nicht erft felbit rauben,, b). Ja, von fich
felber vedeten fie aus überzeugten Herzen alfo:
„Bir find des Geiftes theilhaftig worden, welchen
„wir
s) Macarius hom. 2. fine. t) Ahanaſius Vit. Anton.
p. 122. u) Auſtinus ſib. cont, Adimant.c.5. x) Idem lib. II. de Pecc. Mer. et Remniſſ. e.7. y)Gregor. Nyf-
ſenus Or.de Perfec. Chr. 2)
hom.ı.inIoh. b)Idemhom, ro. in Ioh.
Cyprianuslib. de Zelo et Liu. et Ambroſius lib. I. de Spir.S.c.6. a) Chryfoflomus
und
ie fie denn auch
M —
wir unverruckt behalten muͤſſen, denn wir muͤſſen
damit uns vor GOttes Nichterftuft ftellen, da-
‚mit, — geben des uns von ihm
„eingedruckten Bildes und Adelse),
— ua Ak) 9 \
6. Indem nun diefes der eunfte Wille GOttes
war, daß feine Glaubigen ihm wiederum aͤhnlich
werden follten ; ſo mußte es ihnen auch an beilfa-
men Mitteln nicht fehlen, Dazu zu gelangen : “Als
„er den erften Menfchen ſchuf, bildete er feinen
„seib gleichfam mit feinen seiligen Händen, und
„befeelte ihn durch fein Anblafen zu feiner Gleich:
Br Da er nun foll erneuert werden nach dem
Verfall, fo fiehet erdie Züchtigung deffelben ger-
e, er lieber deffen Reinigung, und alfo macher
ser ihn wiederum neu,, d). Wer bier nicht
;ewalt thut, der wird das Simmelreich
nicht erlangen, Matth. 1, ı2. Sollte aber
„bie nicht Gewalt nörhig fen, wenn das Fleifch
„ſeyn will, was GOtt ift, und dahin wieder auf-
„ſteiget, wovon die bofen Engel felbit gefallen
„ſind ec)? Hierzu gehörte wahrlich nun bey de:
nen, die Diefen Zweck fuchten, ein geofler Ernft
und eine Bemuͤhung, GOtt immer ähnlicher zu
werden. ‚Die Form oder Art des Wandelsbey
„ven Glaubigen mußtevon dem Mufterder göttli-
„chen Werfe genommen werden. Denn GOtt
„eonntemit Recht von denen feine er for-
„dern, die er ja zuvor zu feinem Bilde und Gleich-
„niß gemachet hattey. Sie wußten auch und be-
fcheideten ſich gar wohl, "daß fie die Hoheit feiner
„Herrlichkeit nicht anders würden überfommen,
„als wenn in ihnen auch Barmherzigkeit und
„Wahrheit gefunden würde. Die, fo felig wer:
„den wollten, mußten eben mit folchen Eigenfchaf-
„ten zu ihrem Seligmacher kommen, mit denen er
u ihnen kommen war (nemlih Barmherzig:
* 4 ! —
„reit und Wahrheit) ,, f). Aber hievon iſt ſchon
oben bey der Wiedergeburt und Nachfolge EHri:
fti Erwehnung gefchehen : Dazu noch diefe Zeilen
aus Ak hriſtlichen Poeten zu feßen waͤ—
ren g):
Laß nur Fein Merkmahl nicht von Adam in dir
bleiben:
Die Form des Alten darf Fein Bild des neuen
ſeyn;
«
€) Gregor. Naz. Or. ad Arianos.
dorus Diuin. Led. c. 33. 1) Macarius hom. ır.
d) Tertullian. de. Refurr. Carn. c. 9.
ftoch. f) Zeo M. de Quadrag. c. 7. ad Pf. XXV. 10.
etoiederbringung, des göttlichen Ebenbilde. — 143
elmehr fol diefes Dir die alte Furcht vertrei-
REN SEEN. N) \ n j
Daß nun dein neuer Menfch in GOttes Reich
geht ein,
7. Man fichet auch wohl, wie fehr ihnen dieſes art:
gelegen fen gewefen , wie herzlich fie darum gebe-
tet, wie eifrig fie fich und andere dazu angetrieben.
Wohin es audy mit folgendem Gebet angefeben
war, welches einer unter ihnen fegte: “O HErT,
„ziehe ung doch zu dir mit dev Kraft deiner All:
„macht, laß uns nicht nach unferm Willen herum⸗
ſchweifen, die du mit deinen theuren Bluterlö-
„tet haſt. Laß dein Ebenbild nicht verdunfelt
„werden, welches allzeit v yift, wo es bey
„deiner Gegenwart befchüße d. Laß weder
„dem Teufelnochuns felber zu, daß deine Gaben
„umgekehret werden, Denn alles ift ja viel zu
„gebrechlic), daß es deiner Macht ſich entgegen
ken fönnte,, h). Freylich mußte die Macht des
9: Geiſtes bier alles thun, und den Menſchen von
einer Klarheit zu der andern bringen, und in daf-
felbe Bild verflären. 2 Cor. 3,18. Da es denn
zugieng, wie es ein erleuchteter Mann von denen
Alten vorfteller: “Die glaubigen Seelen falten
„das göttliche Feuer innwendig, und diefes himmli⸗
„ſche Feuer bilder das himmliſche Bild in dem Mens
„sehen. Wie etwa die Kinder Iſrael, als fie
von dem lebendigen GOtt abfallen wollten, das
Gold ins Feuer wurfen, das denn cin Goͤtze
ward, daß alſo das Feuer gleichfam ihren Vor—
ſatz nachmachte, weil fte ein Bild haben wollten,
und daffelbe in ihren Gedanken innwendig fehen
gebildet hatten, darauf fie denn auch aͤuſſerlich
das Bild ehreten: Alſo “macher dev HEr den
„Gedanken der Glaubigen und Frommen nach),
„und formiret nach ihrem Verlangen das Bild,
„welches nun zwar noch in dev Seelen verborgen
„liegt, aber zur Zeit der Huferftehung aufferlic) er⸗
„icheinen wird, wenn er ihveseiber Inn- und aus⸗
„wendig verherrlichen wird, 5). And diefes ins
nerliche Berlangen fchaffte in ihnen, daß, “wenn
„fie nun GOtt wahrbaftig erfannten, fie GOtt
„ähnlicher wurden, dazu fie erft mußten würdig
„undgefchickt gemacht werden. Sodann redeten
„und dachten fie auch, was GOttes war, und
„wurden feiner würdig, wenn fie nichts thaten,
„das GOtt unanftandig gewefen wäre k).
8. Bey
€) Hieronym. Ep. 22. ad Eu-
» g) Profper Aquitam Epigr. 105. 5) Cafio-
k) Agapetus Scheda Regia n. 3.
144
8. Bey muthwilligen Sündern aber fuchten fie
£ein Ebenbild GOttes, als welche vielmehr des
Satans Sarve angerfömmen harten. Wie follte
man, zum Erempel, das&benbild GOttes bey
Zoffartigen finden, da an ftatt deffen unrei-
ne und befliche Thiere wohnen, die das In⸗
nerfte der Seelen befigen !)? Vielmehr mußte
aller Fleiß, Sorge und Mühe der Seelen in Er:
forſchung der geiftlichen Natur beitehen, “daß
„fte wille, mie fie durch die Gottſeligkeit folfe ge-
ievet, und mit dem Schmuck des himmliſchen
Geiſtes und der Gemeinſchaft der Reinigkeit und
BHeiligkeit JEſu CHriſti begabet werden m).
2 I, r
„denn ihr eh Deswegen zu den Men-
6b)
„chen kommen ezu fallen in der leiblichen Na⸗
„eur, damit di tenfehen hingegen faffeten, und
„zu fenn verlangten, was ev it, und fie zu Der
Herrlichkeit wiederum eileten, dazu er Die Natur
„ihres fterblichen Leibes auch abgeſondert hatte.
Alſo ſollten ſie denn erfinden das, worinnen ſie er⸗
„funden waren worden, wenn fie die göttliche
„Natur erlangten, da zuvor GOtt die menfchliche
„angenommen hatte, Hier mußte nun die Zucht
„noohl angenommen werden,damit fie dieſer Gnade
Nicht verluſtig würden, n). Wollte diefes ih:
vem Sieh und Blut ſchwer ankommen, fiehe, fo
war die Sache der Mühe ja noch wohl werth, wenn
es auch hie und da noch fehlte an der vollfomme:
nen Erneuerung. Gnug, daß fie gewiß waren,
daß die Erftattung diefes ‘Bildes völlig ſeyn wür-
„de, nenn pie Weisheit nicht durch Irrthum, Die
„Siebe Go0ttes nicht durch andere Begierden ver-
derbet werden Fönnten o).
9. Wann dann foldy Verlangen und folche
Feucht des Verlangens fich in Anfehung der
Gleichheit mit GOtt bey ihnen funde, fo war es
weniger Wunder, wenn fie auch den Engeln gleic)
zu werden boffeten, und fich deſſen im Glauben
rühmeten. Womit ſie denn theils auf ihre Ver⸗
ſoͤhnung durch CHriſtum mit dem Vater fahen,
Eraft weicher fie vor feinen Augen rein und gerecht
feyn Eonnten ; theils auch auf Die Heiligung und
Vollfuͤhrung des angefangenen guten Werks in
eitund Ewigkeit. Zumal da aud) ihr HERR
und Meifter fie verfröfter hatte, daß ſie den En⸗
geln GOttes follten gleich werden, Matıh.
22,30. Sie ſchloſſen von dem erften alfo: “GOtt
„hat mit einem Wort Himmel und Erden erfchaf-
1) Clemens
Fun. Patris. i
Spanhemins Orat. de Chrift. Degen. p. 552.
— — — — — — 0 WE a
1. 3. Donider Pflicht und Bescigung derer erſten Chriſten gegen
tauſend. Gollte
Alex. lib. II. Pxdag. c.2. m) Macar. hom. 9. n) Hilarius in Pfal. 2. 0) Cafiod. lib. de amic.
initio. 'p) Chryjof. hom. 2. in Pialm. 50. q)Id. init. Comm. in Ioh. i
t) Hiftoria Mon. Agypt. ap. Corelerium Tom. IH. Mon. Gr. p. 182
Pr nz
x —
——— ch will, dal
„eönnen auflöfen , und dich na uf
„englifchen Grad verfegenp)? Wer
„Gaben empfangen hat, derift, fozurede
„mehr ein Menfch, er wohnet auch nic
„(mit feinem Geifte) aufder Erden; ſondern er
„über alle Dinge dieſer Welt erhaben, und kom
„u einem englifchen Zuftand, wohnet au
„ver Er ;
au
den nicht anders als in dem Himmel, 9).
Auf folche Art redeten die Alten ohne Bedenken ut
Anſtoß und zwar die bemährteften Lehrer 3
Als, wenn Eaflioderus von Denen zu Rom ſaget,
„fie hätten ein recht bimmlifches Leben gefuͤhrt,
„und das feinem Verlangen der Sterblidyenmeßt 5
„unterworfen gewefen, x). Bregorius von er
nem andern: “Er ſey mit vortreflichen und eng: ⸗
„lichen Sitten begabet gewefen,, s). Wieder-
um einer: “Er habe nicht mehr einen Menfchen,
„fondern einen Engel präfentirt, ſo daß fich jeder-
„mann über feinen Wandel und Umgang ver-
wundert habe,, t); Und was dergleichen mehr
fich findet. Da zwar gewiß ift, daß fid) fonder-
lich bey den folgenden Zeiten viel zweifelhafte und
ungegründete Redensarten hievon finden, wel-
cher ich auch Hier „ob ich wol in groſſer Menge fönn-
te, nicht gedenken will. Genug, daß kein Ber-
ftändiger leugnet, es haben die Herzen der erſten
Epriften nicht ſowol von einem müßigen Sicht der
Einbildungen gefunfelt, als von den Flammen -
der göttlichen Liebe, die Zungen feynvondeme-
bet und Lobe entzündee, Hände und Fuͤſſe von Be⸗
gierde, Gutes zu thun und zu helfen, getrieben
worden u): Alfo,daß auch fo einiger maſſen der
Willedes Vaters auf Erden gefchafe, wie rim
Himmel von denen H. Engeln geſchieht. Davon
ich aber bie weiter nichts berüßre,
10. Bey diefer Materie muß ich auch diejenige
Redensart mit wenigen berühren, da die Alten
ohne Bedenken von denen Seelen, die zum Bil⸗
de GOttes nun erneuert worden, gefaget haben: ""
fie ſeyn in GOtt eingegangen , vergöttert
und GOtt gleich worden. Es findfchenoben
im 4.Cap. $. 12. die meiften Stellen hievon ange-
führet werden, Denen ich nur etliche benfügen will.
Ihr Grund war bey diefem Ausdruck, befage ihrer
Befchreibung, diefer: Weilder Menfch, —_
R u tt
J
r) Diuin. Lection. s) Orat. in
u) Ita loquitur F.
Zu eäl
j -
GHrtdurch den Fall getrennet war, nun wiederum
— a GH ——— Natur
Be aftig,und aufs Be mit ihm einswird,
deaß es keine Vernunft, kein natürlicher fleiſchlicher
WMaenſch , der nichts davon erfahren hat, faſſen mag,
ſondern alles für Thorheit, ja Luͤgen und Greuel
achten muß. Alfo ſaget Origenes ausdruͤcklich und
ohne Bedenken: “In Chriſto iſt der Menſch ge:
„fund worden und herwieder bracht. Ich ſage, in
riſto, von dem das fuͤrnehmſte und groͤſſeſte
> „Erempel der Gnaden ift,durch welche der Menſch
„ohneeinig Berdienft GOtt worden ift. In ihn BO
ifts erftlich offenbaret worden; aber durch ihn
En Fe A feiner Gottheit haben wir alle
„die Gnade empfangen, daß wir Goͤtter werden
„ou
j „glau en, und durch die Kraft,daß wir feine Gebo-
„te halten „x). Und abermal : “CHriſtus wird
„felber diejenigen unterweifen , wenn fie es faffen
rFroͤnnen, fo ferne er die Weisheit iſt. Er herrſchet
nur in ihnen fo lange, bis ev ſie dem Vater un:
„cerwerfen wird, der ihm alles hat unterthan, das
„it, damit, wenn fie nun GOttes fähig worden
„find, GOtt ihnen alles in allem fey. Alsdenn wird
„rolglich auch die leibliche Natug diefen höchften
„Zuſtand, dem man nichts zufeßen kann, erlan:
„gen„Y). Sein ae Elemens von Aleran-
dria fchreibet gleichtalls: “Das ift ja wol eine hei⸗
„tige Schrift, welche die Menfchen heilig und zu
„Göttern machet „,2). Hieronymus fagt von der
ganzen Creatur: GOtt wird allesin allem feyn,
„daß Die ganze leibliche Natur in das Wefen ver-
wandelt werde, welches beffer ift als alles," nem-
„lich in das göttliche, darüber nichts beflers ift,,a).
Dionyfius gleichfalls infonderbeit von dem Men-
*
m x) ApudCafpar. Hedionem Vnion.Diffent. y) Lib. III. de Princ. c. 6. z) Orat.ad Grxcos.
tum. by Hierarch. Cal. e. 1.
rn. Din ie Herwicderbringung des göttlichen Ebenbildce.
die Gnade des Ölaubens, damit mir an ihn
145
— — eher
ſchen: “Die vereinigende Kraft erfüllet uns hefti⸗
nger,und Fehret uns zu der Vereinigung des verbinz
„denden Beiftes,und zuder Einfalt, die da vergöt-
„eert. Denn aus ihm und zu ihm ift ja alles, nie
„das heilige Wort ſaget. Das Heil kann nicht ans
„ders befteßen, wo nichtdie, fo es erlangen, zu Goͤt⸗
„tern werden, Diefe Bergötterung aber ifteine
„Nachahmung Gottes, fo viel nur möglich ift, und
„eine Berfnüpfung und Bereinigung mit GOftb).
ir. Ferner fehreibet alfo das ganze Concilium
zu Conftantinopel an den Kayfer Juftinianum:
ft mache diejenigen, die fein theilbaftig
werden, zu Böttern.(Jesgyei)e). Und lange
zuvor an die Heyden felber Juſtinus der Märty-
ver: “Das göttliche Wort ift ein Meifteritück, fo
„das in der Seelen liegende Feuer auslöfcher, Es
„machet ung, nicht zu Poeten oder Rednern, fon-
„dern, wenneslehrer, macht es aus Sterblichen
„Unfterbliche, und aus Menfchen Götter. Wenn
„nun die Begierden ausgetrieben find, foerlange
„die Seele Kube und Kauterkeit: Wenn fie von
„dem Boͤſen erlöfet iſt, gehet fie zu dem, der fie
„geſchaffen hat. Denn es muß wiederum dahin
»gefeßt und herwieder gebracht werden ‚woher es
„entftehet , woher etwas ift oder worden ift,,d). An-
derer Stellen zu gefchweigen, da bald Perfonen ,
bald ihre Berrichtungen, Reden, Gedanfen, An-
fchläge und dergleichen, göttlich, vergöttert, von
GOtt gefcheben, in Gon gethan, u. ſe f. genen⸗
net werden. Welches alles den Hauptzweck des
wahren Chriſtenthums anjeigte, ſo da war bey den
erften Gemeinen die völligeBereinigung mit GOtt,
und Herwiederbringung der göttlichen Natur:
—* wir nun im folgenden Capitel weiter hören
werden.
a) Epift.ad Aui-
c) Synodus in Trullo S. Quini-Sexta CPra»a in Epift. ad Iuftinianum UI. Imp.
apud Beueregium Tom. I. Synodici p.is2. d) Iufinus Orat. ad Grxcos p. 40.
J
..
IC — — — — —
Das 20, Kapitel,
Bon der Bereinigung der erften Chriften mit GOtt.
* —
Summarien.
Hi Bereinigung des Menichen mit GOtt $. 1.
mit der Geelen durch den Glauben ; 3.
Chriſto erforderten: s. Welches
ſeyn, 7. in deffen Gemeinichaft fiealles befaffen: 8.
feine Gemeine regieret, 10. daß fie vol GOttes wird ıı.
mabl, ı2. als einefeufche Braut EHrifti, 13.
15. Aus folcher Vereinigung
feite blieb bis ans Ende: 19.
war ben denen ‚in welchen Chriſtus wohnete, 2.
‚eine Verbindung GOktes
und geſchahe auf eine geiftliche Weife, 4. mozufieein rechtichaffen ABefen im
fie aus den Früchten erkannten. 6. Sie bemüheten fich Reden und Glieder EHriſti zu
Diefe war der Grund ihrer Geligkeit, 9. meil EHrikus dadurch
\ durch einen ‚göttlichen und jüen Zug zum himmlischen Freuden:
„die fagen konnte: Ich bin EHriffus. 14-
einpfunden fie die ſuͤſeſte Ruhe der Geelen,
Noch jonften andere Benennungen.
16. durch deren Erquickung ı7. ihre Hoffnung
T $1.Der
J
146
Ende zu ſeinem himmliſchen Vater ſo
herzlich gebetet, daß feine Glaubigen doch
alle möchten eins ſeyn, gleichwie der Vater in
ihm, und er in dem Dater, daß fie alle auch
in dem Pater und Sohn eins waren, ‘ob.
17, 26.21. Diefes war alfo gedachter maflen der
Hauptzweck und herrlichte Nutz des Chriften-
tbums, den Feine Religion in der Welt fonftdar-
thun und weiſen konnte. Als jener Märtyrer
Ouintinus hörte, daß man das Chriſtenthum
einen Aberglauben nennte, antwortete er aus die-
fem Grunde: «Es ift die hoͤchſte Ehre, und der
Froͤſſeſte Ruhm, wenn man Ggtt erfennt, und
„hm diene. Man muß diefe Religion nicht fo
„leichtfertig nennen, weil man ja fiehet, daß fie
„ihre Nachfolger auf die hoͤchſten Stuffen der
Gluͤckſeligkeit unmittelbar bringt. Denn eben
„diefe Religion und Feine andere ifts, darinnen
„ſich der hoͤchſte GOTT, der Schöpfer Himmels
„und der Erden, und JEſus EC Hriftus, der Hei-
„and, durch welchen alle Dinge gemacht find,
„und der in allem feiner göttlichen Natur gleic)
zift, geoffenbaret hat,, a). Inſonderheit aber
fahen fie alle diefe Gnade an, wie fie alleine durch
den Glauben an JEſum ChHriſtum gefchehen,
und alfo denen wahren Ehriften alleine mitgerhei-
tet worden: davon wir bald weiter hören werden.
Dahero erkannten fie Ehriftum für den Anfang
und Brund zur HYeiligung und Berechtigfeit,
memlich durch den Blauben, und nicht an-
ders. Denn auf folhe Weife wohnet er in
den Thriften b). Daß alfo , wo der Heiland
durch den Glauben im Herzen wohnte, und durd)
die Siebe eingewurzelt und gegründet ward , der
Vater famt dem H. Geift auch gewiß war und
wirfte. Eph. 3,17. ob. 14,13.
2. Und dis war die fürnehmfte Urfache, warum
fte, nad) Anführung der H. Schrift , meiftens und
am öftern Chriſtum bey diefer Vereinigung be=
nennten: Joh. is, uf Wenn zum Erempel
Ignatius Eph.n, 22. 64, 15. c.5, 32. Die
Thriſten Glieder Chriſti nennete), und die
Dereinigung des Fleiſches und des Geiſtes
JIEſu EHrifti wuͤnſchet Y: Wiederum, wenn
er aus Öal.2,20. von ſich ſaget: Chriſtus lebe
in ibm. e), und in den wahren Kindern fey Fein
Hochmurh, weil fie JEſum in ſich hätten f),
a) Ada Quintini äpud Surium Tom.V. d. 31. Octobr.
I getreue Heiland hatte noch vor feinem
adEphef. d) Ad Magnef. €) AdRom. f) AdMagnef. g) AdEph. h) Ibid.
Clemens Alsx. Protrept. p. 7ı. etlib. I. Pædag. c. 6.
Epift. ad Solit, Vit. ag.
1.9. Don der Pflicht und Bezeigung derer erften Ehriften gegen BOr.
.
.
Di.
*
—
Item: CSriſtus rede in ihnen, wie in Pau⸗
1dg): Anderweit aber nennet er fie Pilgrime,
die GOttes Tempel, Eäriftum und den 2 F\
Beift im Herzen tragen, und in allen Stu:
Ken mit den Beboren JEfu CHriftigefbmüdt —
ſeyn h): Singleichen , fie waren vol Bittes
und des Heil, Beiftesi): Der . Beift Ichre -
fie das reden, was Chriſti fey,u.f.w.k). Ein.
anderer vedet noch ausführlicher Davon, wenn Fa
aus ı Cor. 3,16. c.6,19. die Chriften Tempel |
GOttes und feine bewohnte Zaͤuſer nennet,
weil fie nemlich “auf alle Art und Weiſe mie
„ODE verbunden werden, und in Gemeinfchaft
„treten in der Verwandtſchaft durch fein Blur,
„dadurch fie erlöfet find, undin der Zuſammen⸗
„ſtimmung durd) die Nahrung, meldye aus dent |
„Wort gegeben wird, wie aud) in dem unver
„ganglichen Wefen durch feine Lehre und Lebens⸗
zart). Und abermal fehreibt ein befanneer
Scribente: “Die Seele und der Leib reiner und
„keuſcher Menfchen ift ein gottgebeiligter Tempel
Ddes groffen GOttes, der von allen muß angebetee
„werden m).
3. Womit denn zugleich die Are der Verein
gung fein angezeiget wurde, welche in einer herz⸗
lichen ftetigen Verbindung Gottes mit der Seelen
bejtund, fo durch den!in der Liebe thätigen Glaus
ben geſchahe. Memlich, “wenn der liebe fanft:
„müthige Heiland an dem Herzen des Menfchen
„anklopft, und ſagt: Thue mir auf, meine
„Schmefter ; fo gehet er da hinein, wenn ihm auf
„gethan wird. Wenn aber der Menfch verzeucht,
„ſo weicht er wiederum, indem er nicht mit Ge—
„alt, fondern nur mit Ueberredung und Nath-
„geben die Wahrheit verfündiget n). Und weil
„zwar GDee die Liebe felber ift, aber fonderlic) der
H. Geift die Liebe heiſſet, und er die Liebe des
„Baters und des Sohnes ift, die Suͤßigkeit, die
„Einigfeit, der Rußund das Umfaffen, und was
„unter beyden Fann gemein feyn; fo wird Die Seele
„abfonderlich Durch den H. Geift mit GOtt wun-
„verbarer Weiſe vereiniget. And diefer Geiſt ift
„in diefer Vereinigung ein Geſchenke GOttes.
„Er machet den Geift des Menfchen lebendig, leh—
„ret und bilder ihn, machet, daß er GOtt lieben,
„fuchen, finden, behalten und genieflen fann. Er
„it in der Seelen felbft,die Sorgfalt deß, der
GOtt
b) Gyrillus Alex.lib.IV,inToh.Euang.ci29. c) Epift.
i) Ibid. k) Ib D
fi) Origenes lib. IV. adu. Celß, p.177. n) Arhanafıns
Inu 7
et in Demuth; die Ehrerbietung dep ,
s zn im Geift anbetet; die Weisheit, wenn
„er GOtt findet; die fiebe, wenn er ihn hat; und
„Die Freude, wenn er ihm geneußt „ 0). Solche
vom 9. Geift entzündere siehe machet denn der
‚Seelen ein Verlangen, diefes wird ‚Immer
ſtaͤrker, und febreiter zu fonft unmsöglichen
Dingen, bis fie das, was fie liebet, baben
ann p). Daß dahero die Kiebe felbft nichts an-
ders it, als ſolches lebhaftes Weſen, welches
zwey Dinge einander verbindet, oder ver:
langt zu verbinden, nemlich das SLiebende
und Geliebte, gleichwie hier Gott und die Seele, q).
4. Es waren aber ferne von den erleuchteten
Chriſten alle grobe fleiſchliche Gedanken und Ein-
bildungen, nachdem fie das Wefen GOttes und
ihres Geiltes nad) Nothdurft erkannt hatten,
Darum zeugten fie: GOtt wohner in den Herzen
„der Frommen, nicht durch einen leiblichen EM
„gang, noch durch den Eingang einer ſchwerfaͤl⸗
ligen Natur, alfo, daß er anderswo nicht woh:
„nen fönnte, und nur da bleibe, wo er fich hin
„begeben hat; fordern durch eine geiftliche Kraft
„begibt er ſich in die Herzen, die von irdifcher
Befleckung frey find, und ergeufit ſich nad) Arc
„eines Lichts, wenn die Thüren der Unſchuld
„gleichfam offen ftehen, damit er die Seelen er-
„ieuchte. Findet er diefen Raumeines gottfeligen
„Herzens nicht bey dem Menfchen, fo gehet er
„nicht hinein „r). Alfo liefen fie ihren Berftand
von eben diefem Licht reinigen, daß er diefes Ge—
heimniß EHrifti und der Gemeine (Epb.s, 32.)
nur in etwas begreifen koͤnnte. Und fodann fa-
ben fie diefes alfo an: “GDre, der da unendlich,
„unzugänglich und unerfchaffen ift, hat nach fei-
„ner unendlichen Güte einen $eib angenommen,
„und fich alfo von feiner groſſen Herrlichkeit ver:
„ringert, daß er mit feinen fichtbaren Creaturen
„ſich vereinigen fonnte, nemlich mit den Seelen
„ver Heiligen, und fie alfo des ewigen Lebens
„theilhaftig würden. Da er nun alfo Menfc)
" glporden, Puff er die Heil. Seelen, die ihm lieb
yund freu find, und vermifcher fich mit ihnen, wird
sein Geift mit ihnen, wie Paulus fagt: (1 Cor. 6,
>17.) Und, daß man fo reden mag, die Seele
„wird zur Seele, ein Wefen wird das andere, da-
+ „mie die Seele in einemneuen eben wandeln Eön-
site, und das unfterbliche geben empfinden, die
#
3 r) Hilarius in Pf. 131.
h, y) Auguflin.Lib. VII, Confeſſ. e. ı2,
“ R R
147
„ewige Herrlichkeit erlangen, nemlich die Seele,
„die GOttes werth iſt und ihm gefällt s). Diefe
„aber iſt ihm angenehm, die fich ganz und gar dem
„HErrnüberlafien bat, und ihm.allein anbanger,
„wandelt in feinen Geboten ohne einige Vergeſſen⸗
„beit. Diefe verehret den anfommenden und
„überfchattenden Geift CHriſti wirdiglich, und
„eann mit ihm ein Geift und eine Mafla oder
„Weſen werden,„,t). Dergleichen Befchreibun-
gen bey den Alten fich bin und wieder mehr fin
den.
5. Man fichet aber aus allen ihren Worten
und Werfen, die wir von diefem Punct lefen,
daß fie hiezu ein gortfeliges teben und vechtfchaffe-
nes Wefen in EHrifto fchlechterdings erfordert
haben, viel weniger dem natürlichen Menfchen
jemals diefe Herrlichfeit ohne feine gruͤndliche Be:
kehrung verfprochen oder zugefchrieben. Wovon
fieden Flaren Ausſpruch GOttes vor fid) hatten ,
ı Cor: 3, 17. und anderswo. Darum fchriebe
Tanatius recht aus Eph.2, 19. 20, 21. 22. vonden
Ephefiern : „Ihr ſeyd Steinezum Tempel des
„Vaters zubereitet, zum Bau GOttes des Va⸗
„ters, und aufgerichtet durch die Baukunſt
„CHriſti, welche iſt das Kreuz, und habt den H.
„Geiſt zur Richtſchnur, und werdet aufgefuͤhret
„durch den Glauben, und durch die Liebe von der
„Erden zu GOtt erhaben, und wandelt mit den
—— Derhalben ſeyd ihr alleſamt
„Pilgeime, die GOttes Tempel, EHriftum und
„den H. Geift im Herzen tragen, und feyd in al⸗
„ten Stücken geſchmuͤckt mit Geboten EHrifti
„JEſuu). Und Jrenaus: “Die Glaubigen
„ehun den Willen des Heilandes nad) feinem Wohl⸗
„gefallen; und welche die Liebe gegen ihn bewah-
„ren, denen theilt er feine Gemeinfchaft mit,,x).
Wiederum ein anderer redet von ſich felber alfo :
Mir iſts gut, in GOtt zu bleiben: denn wenn ich
„richt in ihm bleibe, jo Fann ich auch nicht in
„mir bleiben. Er aber , wenn er in fich bleiber,
„machet alles neu, und weil er mein HERR ift, be:
„darf er meines Guten nicht, y). Aus Yob-ıs, 4
u.f.1%0h.2,6. Wer da faget, daß er in
ibm bleibet, der fol auch wandeln, aleich-
wie er acwandelt bat. And c.3, 6. Wer
in ibm bleibet, der fändiget nicht. dv. 24
Wer feine Gebot hält, der bieiber in
ibm, und er in ibm. Sa, eben aus Er
2 er⸗
0) Caffioderus de Amic. med. p) Pesrus Chryſologus Serm.147. q) Anguflinus Lib. VIII. de Trinit. e. 10.
s) Macarius hom,4. t) Idem hom. 9.
u) Epift.ad Epher x) Lib. V. e. 20.
Bereinigung nahmen fie die Kraft, andem Wein-
ſtock EHrifto recht zu wachfen; ſie wurden an ihm
gereiniget,daß fiemehr Frucht brachten. Syoh.r5, 2.
Wo alfo der Glaube war, da war auch unmittelbar
Liebe im Herzen, diefe aber Fann den HErrn JE-
fum durch ihre Bande halten, durch die Berfnü-
pfung des Geiftes und Zuneigung der Seelen z).
Hingegen hielten fie das für ſchlechterdings un—
möglich, “Daß eine Seele, die durd) weltliche
„Eitelfeiten zerftreuet und eingenommen ift, eini-
„ge Gabe der Erfenntniß erlangte, wo ſie nicht in
„ihrem Herzen eine rechte Hütte GOttes aufrichten
„laffe, und von aller Beflekung der Sünden reini-
„gen a). Ehriftus Fonne durchaus nicht in eine
„Seele eingehen, diein Sünden todt fey, weil er
„ja die Weisheit felber fey: Diefe aber kommt
„nicht in eine boshafte Seele. Eben wie das
„sicht niche fteht bey der Finfterniß, das Leben
„nicht. mit dem Tode, Wer denn nun ifm noch
„Sünden bewußt fey, und fie nicht durch die Buf-
„te erhal, der dürfenicht hoffen, daß CHriſtus
„in feine Seele fommen werde: Denn der Priejter
„darf zu feiner todten Seele fommenb).
K
6. Daran hatten die andern auch ein gemiffes
Kennzeichen, ob diefer oder jener GOtt und fei-
nen Geift in fic) habe oder nicht, nemlich, wenn
fie wahre Früchte der Gerechtigkeit bey ihm fun-
‚den: Wie einer alfo von feiner Mutter ermehnet,
„daß alle Ehriften, die fie gefennet, wegen ihrer
„Gottſeligkeit GOtt felber an ihr gelobet , geehret
„und geliebet haben. Denn fie bätten GOttes
„Gegenwart in ihrem Herzen gefpüret, Davon
„oie Früchte ihres heiligen Wandels Zeugen gewe—
„ſen e). Huch wenn ein Ehrifte Gottes Gegen:
wart und Beywohnung immer mehr verlangte,
war ihnen dis gleichfalls ein gut Zeugniß, daß fie
mit GOtt wohl ftünden. In mwelcher Gewißheit
jener aus. Erfahrung fehriebe : „Wenn man die
„Gegenwart des gerechten HErrn verlange, fo ift
„das eine Dffenbarung eins guten Gewiſſens.
» Denn diefe Fann alleine derjenige verlangen, der
„von einer groffen Neinigfeit feines Herzens ge—
„wiß iſt. DieSonne verlange nur belle Yugen
„anzuſchauen, dieſe Eonnen allein die ſchim—
„mernden Stralen vertragen, welche ganzreine
„Augen haben: Alfo begehren die nur die Öegen-
„wart ihres HErrn, die fid) eines reinen Her-
„zens bewußt find „d). Welches fie durc) ein fei-
1.3. Don der Pflicht und Bezeigung derer erften Toriften gegen Br.
nes Gleichniß vorftelleten: *Ein Köni
„zu feinem Dienft in feiner Reſidentz nicht Bi
„hirten oder andere unreine Leute, fondern fchöne
„und wohlerzogene Leute: Alfo dienen dem himm⸗
„lfchen König lauter reine und untadeliche See
„lien. Wo ein König wohnen foll, da wird alles
„wohl gereiniget und bereitet , geſchmuͤcket undge-
L>t
J
—
— EIN
„ieret: Wie viel eines groͤſſern Zierats hat die
„Wohnung der Seelen vonnöthen, daß der da _
„hinein ziehen und wohnen koͤnne, der ohne allen
„Flecken und Tadel ift? Denn in einem folchen
„Herzen ruhet GOtt felbit, und die ganze himm⸗
„liſche Gemeine e).
7. So fein genau giengen fie den Worten ih—
res Erföfers nach, “Daß fie als Neben EHrifti
„in ihm gewurzelt wären, und ihm auch alleine
„Frucht brachten, und alles, was ihm anftünde,
„und feinem Willen gleichformig ware, thun und
„haben möchten „f). Sie erinnerten ſich gar wohl,
was fie vor ein Haupt.an EHrifto JEſu hatten,
und mas fie vor Blicder an ihm feyn müßten,
nemlich “in aller Berrichfung feiner Gebote, daß
„fie Darinnen und in dem Gebrauch der Gabendes
— Geiſtes ganz vollkommen waͤren, nach der
Wuͤrde ihres Haupts, welches CHriſtus war „g).
Maſſen er diejenige Kraft eben ift, darinnen und
durch welche fie GOTT mwirdiglich wandelten,
Eoloff.2,6.7. ohne den fie nichts thun Fönnten,
Joh. is,5. War nun jemand ein lebendiges
„Glied deffen, der im Himmel herrſchet, der
„mußte auch mit allem Fleiß nach einer mäßi-
„aen verftändigen Lebensart trachten, Die Barm⸗
„herzigkeit willig üben, den Gift des Unglau—
„bens ausroften, den Betrug, als des Satans
Freund, abwenden, die fügen, als Pfeile des Wi-
„derwärtigen, haffen ‚„u. ſ. w. k). Rom.6, 5. 7,4.
1°%05.2,6. In Summa:
Man muß der alten Art des Lebens müde feyn,
Das Böfe muß in uns der Wohnung Got-
tes weichen: |
Des Satans Siündenreih nimmt GOttes
Eiß nicht ein: '
Denn feine Hofitatt kann ſich nicht damit‘
vergleichen i). ’
3. Wie nun eines ohne das andere nicht feyn °
fonnte, fo fonnten fie auch nicht leugnen, —
* ee⸗
2) Ambroſius lib. III. de Virgin. a) Cafkanus Cællat. XIV. c.9. b) Origenes hom. 12. in Leuit. c) Aug
tin. lib IX. Confefl: c.9. d\ Cafiodorus lib. VII. epiſt. 35. €) Macarius homil.15. f) Bafılius M. Rasa h
Moral. LXXX. «3. 8) Bafıl.l.e. h) Athanafıns Oxat. in S. Paſch. i) Profper Aquitan. Epigr. 95. —
—
—
*
3—
—
ER ar
4% „X “ v
dieſem $eben mit GOtt nicht vereini-
Sede
get ſeyn würde, die hie nicht mit ihm eins worden
wäre: Denn nur in EHrifto ſtunde ihre Selig:
keit. Wo CHriftus ift, (ſagten und glaubten
„fle)da ift alles, da iſt feine $e Berge
„bung der Sünden, da ift Gnade, da it Die
„Scheidung der Todren und Lebendigen K). In
„ihm fannmanalles haben, alle Seelen muͤſſen
„zu Chrifto treten , fiemögen von leiblichen Sün-
„den Franf ſeyn, oder an die weltlichen Luͤſte ge-
„bunden, oder in unvollfommener, doch berzlicher
„Andacht begriffen feyn , oder auch) von vielen Ga-
„ben und Tugenden vollkommen, alles ift in des
Errn Hand, und CHriftus it uns alles. Wille
Ren =
„du deine Wunden heilen, er ift ein Arzt; Bit
„du von Suͤnden befehwert er ift die Gerechtigfeit ;
„Brauchſt du Hülfe, er iſt die Kraft; Fürchteft
„du den Tod, er ift das Leben; Verlangſt duden
„Himmel, er.ift der Weg dazu ; Wille du aus
„der Finfterniß heraus, er ift das Sicht; Suchſt
„du Speife, er iftdeine Nahrungs). Dhne die:
fe Gemeinſchaft mit CHriſto hielten fie niemand
für einen Chriſten: denn fie fehloflen alfo: “Wer
„ſich für einen Chriften befennet, der geſtehet, daß
„er Ehrifti eigen fen: Wer EHrifti eigen ift, der
„muß nothwendig in CHriſto fern. Iſt er in
„CHriſto, fo befennet er freylich in ChHri—
„ſto, wenn er fich für einen Chriften befen-
„net m). Hat CHriftus die Seele ganz einge:
„nommen, fo kann der arge Feind unmöglich Platz
„in ihr finden n). Was follte aber der mit den
„Zugenden zu thun haben, der die Kraft GOttes,
„Chliſtum JEſum nicht kennet? Wo ift fonftei-
„ne wahre Kluaheit, als in der Lehre E.Hrifti ?
„Woher kommt fonft wahre Gerechtigkeit, als
„ausder Barmberzigfeiet JEſu? Wo ift wahre
„Maͤßigkeit, ohne in EHrifti gehen? Wo iſi wah-
„re Stärfe, als in dem Leiden CHriſti? Sofind
„denn die alleine Flug, die feine Lehre haben; die
„auein gerecht,die aus ſeiner Erbarmung Erlaflung
„ihrer Suͤnden empfangen haben; alleine die ſind
„mäßig, die feinem Leben nachwandeln; die nur
ſtark, die die Erempel feiner Geduld im Creuz
„behalten 0).
9. Co weit war diefe fonderbare Gegenwart
des Herrn don der allgemeinen unterfchieden, daß
dieſe zwar auch ihnen eine groffe Hülfe und Troft,
> jene aber allein ihr Grund der Geligfeit war.
Godtt iſt zwar allenthalben, (bieffe es davon, )aber
u berigtonmen und ſtreitenden Seelen nabet er ſich
Lei ren 0) Bernhardus ferm. 22. in Cant,
17. n) Idem hom. 28.
- E *
Mu «
vr "Cap. 20. Den der Dereinigung der erften Ehriften mit GOtt.
da ift Verge⸗
149
„er fich fonderlich , zu denen nemlich, die nicht mit
„oem Befenntniß allein fich ſchmuͤcken, —— in
„der That ſich aͤuſſern: Wo aber GOTT iſt, wer
„wollte da nachftellen koͤnnen oder fchaden ? Es
„iſt ja nichts gröffers als er, nichts ihm gleich,
„oder nur ein wenig geringer. Was ift nun wol
„ftärfer und feliger, alsder, welcher GOtt zum
„Helfer Bat p)? Dergleichen gereinigte Seelen
„find ja Tag und Macht bey ihrem HErrn, und
Fehen die Herrlichkeit des Lichtes CHriſti, eben wie
„der Leib Chriſti mit der göttlichen vereiniget,
„allezeit bey ihm ift mie dem Heil. Geiftg). Aber
wehe der armen Seelen , darinnen GHFE nicht
„wandelt, daß er mit feiner Stimme die geiftli-
„chen Thiere der Bosheit daraus treibe ! Wehe
„der Wohnung, darinnen der HErr nicht wohnt!
Wehe dem tande, das feinen Bauherrn hat, der
2,08 bauer! Wehedem Schiff, darinne fein Steuer:
„mann ift, denn es wird von den Wellen des
„Meers und dem Ungewitter herum getrieben, und
„muß verderben! Wehe der Seelen , wenn fieden
„wahren Führer Chriſtum nicht in fich hat! ‘Denn
ſie ſchwebet in einem graufamen Meer der Fine
„tterniß. Sie ſchwebet inden Sturmminden der
Gemuͤthsbewegungen, und wird von den böfen
„Geiftern als einem Ungeftüm herum getrieben,
„bis fie endlich verloren geht. ehe der Seelen,
„wenn fie EHriftum nicht bat, der fie recht baue,
„damit fie Früchtedes Geiftes bringen fan! Denn,
„weil fie wüfte und voll Dornen und Difteln iſt,
„ſo befommt fie endlich das Feuer zu tohn, Wehe
„oder Seelen, wenn fie ihren HErrn EHriftum
„nicht in fich wohnend hat! denn weil fie verlaſſen
„iſt, und mit dem Unflath ihrer böfen Begierden
„erfüllet, ift fie eine Wohnung der Stunden „r)
So hoͤchſtnoͤthig war ben ihnen Diefe Gemeinfchaft
mit GOtt, daß fteauch aus berzlicher Liebe und Mit⸗
leiden das Wehe und den Verluſt ſolcher von GOtt
Hr ae Seelen zuvor fahen und verfüns
igten, Me
10. Wo nun alles mit der Vereinigung GOttes
und derSeelen richtig war,da folgte unmittelbar eis
ne wunderbare und geheime Gemeinfchaft derfelben
unter einander, Denn dazu waren fie beruffen,ı@or,
1, 9, 1Joh.i, 3.6, 7.dat fie Bemeinfcbaft füllten
haben mit dem Dater und mit feinem Sohn
JEſu CSriſto. Unddiefes verhielten fie auch ven
Unglaubigen nicht, fondern fagten nach der Autori—
taͤt der Schrift, "Daß GOttes Sohn dem teibe
T3 „Chriſti,
k) Ambrofias lib.I. Epi.5. 1) Id. ſib. TIT.de Virgin. m) Tertullian. ad. Gnoft.c.9. n) Cafloderss Diuin,
p) I. Mofchus Prato Spirit. c.90. 91.
g) Macarins hom.
150
„Chrifti, welchesdie Gemeine war, gleichfam die
„Seele fen, die Glieder aber des ganzen Leibes ſeyen
„alle Glaubigen. Denn wie die Seele den Leib
„febendig macht und bewegt, der von fich felbft Fei-
„ne lebendige Bewegung hat: Alfo erwecket das
„Wort mit einer wunderbaren Kraft feinen Leib
„dazu, was er thun ſoll; es beweget auch ein jedes
„Glied der Gemeine, und thut nichts ohne Urſa—
„he ). Wernun die Liebe zu Chrifto bewahret,
dem theilet er diefe Gemeinfchaftmit. Diefe Ge⸗
„meinfchaft aber nenneten fie das Leben, Licht und
Genieſſung GOttes undderer Güter, die in ihm
ind ch: Wenn nemlic) die Kräfte der Seelen,
die etwa bisher in die Vielheit zerſtreuet worden,
„nun in den einigen Zuftand verfeget werden, dar⸗
„innen fie mit GOTT vereiniget und gefammler
zderden, und ihnen durch diefe Sammlung der
„jertheilten Dinge eine genaue und unzertrennli-
she Gefellichaft und Einigkeit mit dem gegeben
„wird, was wahrhaftig etwas ift u). Welches
„fie abermal mit einem Gleichniß erklärten, und
„agten: Wie ein Haus, darinn der Herr gegen-
„wärtig ift, in allem wohl geordnet, geziert und
„verforge iſt; alfo, wenneine Seele GOT in fi)
„hat, iſt fie von allen. Arten der Schönheit ge:
„Ihmückt, denn fie hat den HErrn mit allen feinen
„Schäsßen in ſich wohnen und bleiben. Wehe
„aber der Seelen, darinn er nicht wohnt, die ift wol
„verlaffen und wuͤſte, voller, Unreinigkeit und
WVerwirrung, ja die Höflenteufel und Kobolde
„wohnen drinnen. Sie hat niemand in fich, der
ihr etwas Öutes rathe undfie freibe. Hingegen
„find bey ihr folche, Die fie von ihrem DBräuti-
„gam trennen, und ihren Sinn von Chriſto
„verkehren. Siehet aber ver HERR, daß ſie ſich
wiederum in fich felbft ſammlet, und ihn ſuchet,
Tag und Macht feiner wartet, ihnin allem anruf⸗
„tet ; fo wird er fich nach feiner. Verheiſſung ihrer
„annehmen, fie von Sünden reinigen, und Ihm
„felbft eine unbefleckte und untadeliche Braut
„varftellen x).
15, Ihnen war gar wohl bekannt, wie die ewige
Liebe Gttes nichts geringes oder kleines feinen
Rindern mitcheile, fondern fie erfülle fie recht mit
ihren Reichthuͤmern bis oben an, daß fie recht
voll GOttes werden, wie ſie vedeten y). Des-
“ wegen fie “alfo leben mußten, daß fienicht allein
„in die Gemeinfchaft ver Engel wieder kaͤmen,
s) Origenes lib. IV. adu.Cel£. p. 177. t) Irenaus lib. V.c, 20. u) Dion us Hier. Eccl.c.3. — 4
hom.33. y) Vidorinus Afer Carın. de Maccab. et Prudentius —— præf. 2) Caflodorus Dnun.
Le&t.c.16. a) Prudentius hymn.ı3. de Coron. b) Auguflinus lib. I. Confell. c.2, c) Hilarins in Pf. 118.
d) Idem inPf.ız2, €) Macarinshom.ıg. f) Chry/oßem.lib. ı. de orando Deum. REN
e u. «ZZ
|
„fondern auch diefes an- ihnen erfül
„was fo gar lieblich und .
„daß GOTT alles in allen fey, 9
„wie er iſt. Sodann konnten ſie J
„lichkeit angefuͤllet werden, Damit |
„Dürftigkeit mehr geplaget würd
„tolchen Worten nicht gerne folgen, Ale? -
ſes ward ja noch an vielen in diefem Leben erfüle, |
wie alfo von Cypriano geſchrieben ſtehet: «Der
„eilt GOttes, der in die Propheten ſich ergof-
„fen hatte, wardauch vom Himmel über ihn aus-
„geſchuͤttet, der befänftigte fein Herz, beiligte den
„Mund, durchdrange den Sitz der Seelen, hegte
„das Gemuͤth, gieng durch alle Glieder. Da em-⸗
„pfunde er innerlich Gott, und faſſete ihn in fein In» °
„nerſtes hinein „a)» Ueber foicher Herrlichfeitver- |
wundertefich einer, der fie au) empfangen hatte,
und fragte dahero in Einfalt: Was iſt, o HErr,
„fur ein Det in mir, daßmein GOtt folltezumie
„eommen, der Himmel und Erden gemacht. hat ?
„Iſt denn wol, mein HErr und mein GOtt, etwas
„in mir, dasdid) faffen koͤnne? Faſſen dich wol
„Himmelund Erde? Ja, mas du gemacht haft,
„darinn biftdu, und weil du mich erfchaffen Haft, ſo
„biſt du auch in mir, und erfülleft mich „b). Und ein.
anderer fchreibet davon: “Indem GOTT ins
„wandelt, wird.erunfer Theil, wenn wirdie Welt +
„verlaffene). Sind wir gleic) in Adam nur Erde
„worden, ſo find wir dochnun Himmlifche in Ehri-
„fto, und Epriftusift unfer Bewohner, und durch
dieſe Innwohnung Chriſti wohnet aud) derjenige
„inuns, der in CHriſto wohnet (nemlich der Ba-
„ter) a). Wer dieſen Schatz von dem Water bit⸗
„tet und erhält, nemlich den HErrn ſelbſt, der in
ſeinem Herzen ſcheint, der hat Die Gerechtigkeit
„und den Beſitz aller Gottſeligkeit aus dem Schatz
„EHrifto, der in ihnen iſt, und durch ihn häufen
„fie noch mehr Reichtbümer in fich zufammen e).
„Denn es kann ja nicht feyn, daß der die Finſterniß
„nicht meiden ſollte, fo in den Sonnenftralen ſte⸗
„het: Alſo kann es auch nicht feyn, Daß der neh
„ſterblich bleibe, welcher mit GOtt vertraulich um- |
„sehe. Denn die Hoheit felbft diefer Würde
„bringet uns zur Unſterblichkeit ). 22
12. Wollte ſich jemand biefen Weg noch ver- 2
druͤßlich und rauf einbilden, dem begegneten fie
etwan alfo: Der Vater ziehet uns zu dem
1. Er
—
* N
N " x
Sohn, Diefe Gewalt gef a Herzen,
„nicht ! — er — Fa
aude nur ommſt u zum n:
ſo wirſtd u gezogen. Denke nicht,
he und beſchwerliche Se:
ywaltthaͤt und lieblich, ja die
| u ichk dich. Wird nicht
„ein Sc es in feinem Hunger
—6 vird es ja nicht mit dem
ſondern durch ſein Ver—
[ So fomme du auch zu
„CHriſt ht an weite Reiſen. Wenn
„ou glaubſt, mt du zu ihm. Man kommt
Ri dem, der überall iſt, nur mit Liebe, 8). Die
aber, ſo es fhon erfahren hatten, was Chriſtus
mit ſich brachte in die Seele, vederen fehr fchön
davon: «Mir iſt (fagten fie) Chriftus ein Freu:
„denmahl, mein lieblichiter Gedanke ift Ehri-
tus, JEſus ift meine Freude, JEſus ift mein
„Berlangen, JEſus ift mein Leſen, JEſus ift
„meine Ruhe b). O wie ſelig ift die Seele, wenn
„ſie die Freundlichkeit GOttes und das Eingeben
„der himmliſchen Gnade mit ihrer Gegenwart um
„ſich aus gewiſſen Zeichen erfaͤhrt! Es beruͤhrt
ſie eine Suͤßigkeit und eine neue Anmuth, daß
ſie, auſſer ſich ſelbſt geſetzt, jauchzet vor himm—
See Wohlluſt. Der HErr beweiſet ihr bald
„feine Gegenwart, weil alle ihre Sinnen frölich
“ „werden. Ihr Verſtand wird ganz helle, ihr le—
iendiges Verlangen wird warm, fie reget fich
„und ſtrecket fich, ihn zu umfaflen, da fie ſchon
yweiß, daß fie ihn bat, und deswegen verbindet
] ir ihn mit einem anmuthigen Band der inner
fen Liebe. Dis it, o Seele, dein Geliebter,
„der unfichtbar, aber voll Erbarmens und Freund⸗
„lichkeit Dir fich naher, daß er dich erwecke, daß
„er fich Dir eingebe in den Schoos deiner Siebe, Al-
„ſo reicher er Dir die Exftlinge feiner Suͤßigkeit
& „dar, nicht daß du gleich fart werdet, fondern
„nur koſteſt und prebireft in ſolcher Erfahrung,
yvwie ſuͤſſe er fich dir ergeigen wird, wenn er nun
pin feiner —— erſcheint, M. Aber hievon
haben wir bey der geiſtlichen Freude ein mehrers
Seſehen.
Em Endlich ftellten fie eben das unter dem Na-
men des Bräutigams und der Braut vor, aus
% ru h ,
ob. 3, 29. 2 Cor. 11, 2. anzuzeigen, daß die
"u Se re Braut Chriſti, die nun mit ihm
vereiniget worden in der Siebe, ihre Keuſch—
’ E Er “a
17
..*
m) Gr
ur
20. Cap.. Don der Dereinigung der erſten Ebriften mir @Ötr.
*
151
beit bewahren müffe, darinnen, daß fie nach
dem Willen ihres Dräutigame allein wans
dele k). Davon ein andächtiger Mann allo ver
dete: Zeige mir eine Seele, die nichts anders
„liebt, als GOTT, und was fie um GDttes
„willen lieben muß, welcher eben nur Chriſtus
„allein ft, und fehon lange gewefen ift, welche
„nur damit zu thun bat, dafs fie GOTT vor ſich
„ſiehet, und mit ihm immerdar wandelt, die auch
„Willen und Vermögen bat, ihm zu gefallen:
„Diefe ift würdig der Vorforge ihres Braͤuti—
„gams, der Majeftät deffelben, feiner Gunft und
„Regierung H. Gold) ein Herze wird alle Be-
„gierden auslöfchen koͤnnen, an GOtt allein &
„bangen, und in die Höhe gezogen werden. Gie
„wird ganz Ehrifti fern, bis fie ihren Bräutis
„gam Ehriftum fehe: Sie laͤßt fonft niemand zu
ch ein in Worten, Werfen oder Gedanken und
„Bewegungen, denn fie hat ibn alleine lieb. m),
„Sie lebet ohne Anftoß fort, und iſt dem geitli-
„ben Bräutigam höchft angenehm. Iſt fte ein—
„mal von ihm in die geheime und göttiiche Ge—
„ſellſchaft deffelben aufgenommen, und bat die
„himmliſchen Güter geſchmeckt, fo will fie gerne
„und vedlich ihrem Bräutigam gefallen, und das
„Amt des Geiltes, das ihr anvertrauet ift, ge—
„bührend vollbringen. Darum berrübt fie nie
„ieinen Heiligen Geift, fondern behält eine vor=
„trefliche Liebe und Treue gegen ibn. Sie war:
„delt in dem gallaft ihres himmlifchen Koͤniges
„recht, und umfafler die Gnade, wie fie nur kann,
„und wird alfo Herr über alle Güter JEſu Chri—
„fin) Sogar, daß auch alles, was in Aufler-
„chen ihm angehört, auch ihre iſt: denn er ver:
trauet ihr auch alles das Seinige 0). Auch laͤſ⸗
„ſet fie ihre Liebe nicht verringern, wenn er fie
„ſchilt; fondern fie Elebet an feinem Ereuze, und
„fuͤhlet doch daben, tie fie täglich zu ihrem Braͤu⸗
„tigam naher fomme. Weil fie nun vor himm—
„lichen Verlangen verwundet ift, und nach der
„Oerechtigfeit hungert, fo begehrt und erlangt fie
„die DBeltralung des H. Geiftes, p). Solche
und dergleichen Gedanfen begten die lieben Alten
vondiefem hohen Geheimniß, nicht als füfle Traͤu—
me, fondern als Kraft, Leben und Seligkeit, die
ſich wohl in ifnen zur Ueberzeugung und Gemwiß-
heit ihres Geijtes bisweilen überfchwänglich auf?
ferte. Maſſen dis von fich felbit folgte: Wo
Gott ift, da ift auch der Himmel und alles Gute,
* 14. War
Dr a
3% er ferm. 2. de Verb, Apoft. h) Hieronymus vel alius Audtor. lib, de VII. Ordin. Eceleſ. fine.
2» s de Amic, med. k) Bafılius M. Moral, Reg. LXXX. c. 2. h Bernhardus Serin. 69. in Cant.
Naz. Orat. in dict. Euang. m) Mararins hom- 15. 0) Idem hom, ı6. p) hom. ı0,
152
14. Warsalfo diefes gar nicht zu vermundern, -
wenn fie bey fo groffem Geheimniß fehr nachdenf-
fiche Reden führten, darein ſich Die Vernunft, die
GOtt und feine Wirfungen nicht fennet, auch
nicht ſchicken kann und ſoll. Denyyt fagten fie)
„eine Seele, die wie ein Eifen im Feuer ftets in
„der Weisheit und in GHtt ſtehet, die iſt GOtt,
„alles, was fie verfteht, thut unddenft. Deswe⸗
„gen fie auch nicht Fann veränderlich genennt wer⸗
„den, weil fie das unwandelbare Wefen GOttes
„aus der Bereinigung des göttlichen Worts un-
„aufhörlich gleichfam durchfeuert und befißet,, g).
Sie fcheueten ſich nicht, Fraft dieſer Bereinigung
zu fagen: Ich bin Chriſtus; wegen der über-
ſchwaͤnglichen Salbung, die fie mit ihrem Haupte
gemein haften, als wir eben beym Chriftenna-
men gefehen. “Wir werden alle Chrifti oder
„Gefalbte genennet (fagten fie) wegen der gehei-
„men Salbe r). Denn der ganze $eib mit feinem
„Haupte ift EHriftus, deswegen mir alle feine
„Gefalbte mit Hecht Chriftos nennen koͤnnen s).
„Wer auf Chriftum getauft wird, der wird auch
„Chriftus genennet t). Wer den Namen von
„Chrifto bat, melcher Kraft und Weisheit ift,
„der wird auch mit ihm Kraft genennet, wenn
„er wider die Sünde tapfer ſtreitet: indem er
„aber das Gute ermählt, bemeifet er die Weis—
„beit, u). Worinnen denn nad) den flaren Wor:
ten GOites im gefunden Verſtande recht geredet
wurde, wie foldyes Herr Doctor Spener längft
erwiefen bat in der dritten Predigt von der mah-
ven Gerechtigkeit.
15. Zum wenigſten war diefer Ausdruck unter
ihnen zu allen Zeiten ganz gemein, daß fie die, fo
mit GOtt vereiniget waren, und davon genugfa-
me Zeichen er , nenneten Bottvereinigte,
mit GOTT Erfuͤllte, Beifttragende, und
dergleichen, aus Roͤm. 8,14. 2 Pet.ı,2r. Igna⸗
tius redete fchon fo, wenn er ſich felbit nennet in
dem erften Brief eoPogov einen Bottesträger
Hleichfam, andere xaisoPogss, vaoPogss, folche
Seelen, die Ehriftum und feinen Tempel in
fib hatten x). Clemens nad) ihm: Der
1.8. Don der Pflicht und. Bezeigung derer erften Ehriften
©; m
.
en BO,
Menſch, der genau non GOtt geführet wird,
wird Reo Ooe S· GOttes Wohn a.
gleichſam fein Leib y). Gregorius Razian⸗
jenus: Ich werde hernab GUT
wenn meine Seele mit GOTT wird ver-
mifchet z). Und wiederum: Mille du GOtt
werden, fo thue Butes, und ſtehe ale GOtt
vor GOtt in herrlichem Blans, — mit
den Engeln a). Andere legen dieſen Namen
folchen Leuten haufig bey, daß fie. aus GOtt nach
dem Geift geweſen EvFeo, Yeopogaı, XasoPo-
gar, Yenvöyor, mveumaropogon Welche ich we-
gen der Menge übergehe b), und nur diefes, fo
hierher gehöret, daraus bemerfe, wie gerne fie
dieſes groffe Geheimniß recht genau und deutlich
ausgedrucket und befchrieben hätten, wenn fie nur
Worte genug gefunden, und nicht das meifte und
vornehmfte der Erfahrung überlaffen müflen.
Daß demnach diefes göttliche Werk wol ein Ge-
heimniß, das groß iſt, bey denen lieben Alten.
bliebe, Eph. 5.
16. Ich kann mich aber wol bey dem Ende die⸗
fes erften Buchs auf das Herz eines gottbegieri-
gen Leſers beruffen, ob nicht dieſe Zeugnifle der.
alten Ehriften aus rechefchaffenen Herzen und der
Erfahrung gefloffen, und alfo nicht bloffe verftell-
fe, aus andern ausgefchriebene , geftohlne und
nachgeäffete Reden gewefen. Die lieben Leute
hatten ja wahrlich gut veden und fehreiben von
denen göttlichen Dingen, die der, HErr ihnen in
fo groſſem Maaß zu ſchmecken und zu üben gab.
Es war ihnen um den Genuß GHftes ein purer
lauterer Exrnft, und alfo Fonnten fie audy ni
leugnen noch unterdrucken, was fie gefehen und ge=
höret hatten; dieböfe Bernunft in ihren damaligen
Widerfachern, und den undanfbaren abtrünnigen
NMamenchriften, mochte davon gleich zu ihrem Ge-
richte aufs Argfte urtheilen. Alſo rühmten fiefich
nun auch weiter ungefcheuet der feligften Ruhe iß-
rer Herzen, die fie genoffen, und der ihnen noch bes
vorftehenden Herrlichkeit: welche wir auch noch.
zulegt mit wenigem davon wollen reden hören.
Es war diefes der Friede, den ihnen ihr Sn w
=
g) Origenes lib. II. de Princip. c. 6. r) Beda in Apoc. lib. I. c. 20. s) Auguftin. lib, XVII. de Ciu. Deic.2.
t) Hieronym. in Pf. 27. u) Gregorius Nyjfenus Orat. de Perfe&t. Chrift.
x) Voces iftas vindicat et ex vfu
fimilium feriptorum reftituit aduerfus Dalaum Iohann. Pearfon P. II. Vindic. Ignat. c. ı2. Exemplis mani- -
feftis ex Clemente Alexandr. VII. Strom. et Excerptis Bafılio M. de Spir. S. c. 5. et homil. in Natiu. Phorie
Epift. I. de Syn. Vita Iobio ap. Photium Cod. 222. Steph. Gobaro ib. Cod. 232. aliisque produdtis. Conf. 7.
Voffiws ad. Ephef. p. 273. C. S. Schurtzfleifchii Mem. Antig. Eccln. 4. y) In Excerptis. ap. Pearfon. 1. c.
z) Carm. 5. adu. Dæmonem.
a) Carm. 27. in Sent. n. 23, et 56. item Carın. 31.
rotheus Lib. de LXX. Interpr. ap. Caueum Hift. Lit. Sec. IV. p. 115. Audtores Canonuma Blaflare
b) Ita laudantur Do-
ntag.
Alphab. præf. Hiflor. Monaft. Audtores a Simeone Theſſalonicenſi ap: Cotelerium not. ad Tom. I. Monum.
Gr. p. 748. Syncletica ibidem in Vita p. 206. Antonius in Apophth, ibid. p. 350. Macarius ibid. p. 546.
Conf. idem Tom. I. p. 417. Tom, II. p. 240. 273. 309. 583.
T werden,
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. Az e
Y 2.0.0720, Cap. Don der Dereinigung der erften Chriſten mit GOtt.
erlaffen hatte, Joh. 14, 27. c. 16, 33- den fie
Eid —— ih, ne wirklich
auf ihnen durch den H. nen Einmal wa⸗
ron — des Unfried ns (08: Die rech⸗
ten Epriften waren der Welt abgeftorben , fie bat-
tennunangefangen GOtte zu leben, daher wur⸗
den fie von einer doppelten Ruhe aufaenom:
men, nemlich in Derrichtung guter Werke,
und in Betrachtung der Bottheit c). In bey:
den war eine feligfte Bergnügung und das Neich
GOttes wi i ıftig. Nom.ıs,ı. Memlich,
„daß die Seele nicht mehr verwirret wird nebenſt
„der Erkenntniß wahrhaftiger Dinge 4). In
„ſolchem Zuftand kann fie leicht ihre Feinde Fen-
ſo 88 geoffen Frieden haben die, fo
„das Wort GOttes lieben f). Bisweilen ruhen
„fie in Höchiter Stille, Lauterkeit und Frieden, daß.
„lie allein geifkliche Wohlluſt mit unausfprechlicher
„Erquickung und Fullegenieffen g). Denn wenn
pen böfen Gedanken ea find, fo halten fie
yden rechten Sabbath oder Ruhetag, und ruhen
wi f „in der wahren Ruhe, find ftille und frey von al=
„len Werfen der Finſterniß. Diß ift der rechte
»Sabbarh, die wahre Seelenruße, die von den
Pboͤſen Gedanken des Satans gereinigetift, und
yin dem ftetigen Frieden und Freude des HErrn
»berußet h).
17. “Gleichtwienunder HErr bey den Iſraeli⸗
ten Befehl gab, daß auch die unvernünftigen
* iere ruhen follten ; alſo, alsder HErr JEſus
kam, und den wahren Sabbath brachte, erquick⸗
J „ter die Seele, fo mit den Laſten der Sünden und
zunreinen Gedanken beſchweret war; ev erleich-
i e ihre ſchwere Laſt, nahm ihnen das Joch
Ungerechtigkeit, und erquickte fiewiederum,, .
th.11,2. i). Damitaber niemand diefes für
einen ungegründeten Ruhm halte, fo höre er, was
ie fich vor ——— heraus fielen die ja auf ihr
hun und Laſſen wohl acht hatten. "Wir haben
—— diß allein die wahre und
*
m
muͤtzliche Weisheit ſey, denngver fich darinnen ü-
„bet, dem wiederfaͤhrt die allerlieblichite Ruhe k).
„Wir haben befunden, daß die Worte GOttes uns
R
153
„vonder Dienftbarkeic der Welt los machen, und
„uns von vielen Herren, ja von unendlichen Ty-
ne N. Wie fiedenn auch nicht bey
der Erquickung in — ſondern ſich
auf die verfprochene Ruhe in jener Welt beriefen,
weil doch Die blinden Leute äufferlich nichts ange:
nehmes, viel weniger ruhiges und friedliches an
nen erſehen konnten. Daher fames, daß fiedie
hriſten beſchrieben, “daß es Leute wären, welche
„gerviß glaubten, diejenigen würden auffer allen
„Schmerz mit GOtt leben, welche hier nach dem
„Erempel EHrifti in dev Kraft gelebet hätten m).
„Daß fie aud) deswegen fein Uebel fo groß achteten
„in Diefer Welt, gegen der Glückfeligkeit, die fie von
„dem hoͤchſten Richter erwarteten, und ihnen um
„ihres ftillen, mäßigen und fanftmüchigen Lebens
„willen verheiffen ware n). °
18. Wenn man ihnen vorwarf, fie wären ja
fd vielem Elend unterworfen, die heilig Tea
ben wollten: fo bieffen fie fie nuc weiter bin
aus fehen, und auf das Ende allee Dinge
warten. Woben fie ih denn aufder Unglaubigen
eigen Gewiſſen und natürlich Erkenntniß GOt«
tes bezogen, dadurch fie überzeugt waren, es
müffe die Seele unfterblich und eine Belohnung
nach diefem Leben ſeyn. Dergleichen diejenigen
abfonderlich weitläuftig ausführten , melche der
Epriften Lehren und Leben wider die feindliche
Befchuldigungen in ganzen Schußfchriften vers
theidigten. Davonoben, in dem Capitel von ih—
rer lebendigen Hoffnung, das merfwirdigfte ges
zeiget iſt. Ich ſchlieſſe aber hiemit diefes erite
Buch, nachdem ic) zwar nicht alle, doch die mei:
ften und vornehmften Pflichten der erften Chriſten
gegen GOtt erzehlet habe, und zugleich Fürzlich
die Früchte und Wirkungen derfelben erwehnet.
Nunmehr folger ihr öffentlicher oder gemeiner,
und fonderbarer oder heimlicher Gottesdienft zu
betrachten, foferne er auch mit zu denen Pflichten
und Uebungen der Gottſeligkeit gegen GOtt gerech⸗
net wird, worauf wir fobald zu den Pflichten ges
gen fie felbft und a Nächten fchreiten
wollen.
* 6) Beda inGen.23. d)Euagrius Seitenfis Capit.n.2. e)Ibid. n. 55. f) Hiftor. Mon. AEgypt. ap. Cotelerium
Mon.Gr. Tom. III. p.173. g)Macarius hom.19. h) Id. hom. 33.
- Trypl»p.225. 1) Tatianus Orat.adGr.p.163. m) Zuffinus Apol. I.p. 4t. n) Arhenagoras Apol, p. 12.
2 Ende dei erſten Buche
i) Macarius l.c. k) Iufinus Dial, cum
u
u
154 BClCo)mM
Dos Mndere Bud,
Von der erſten Chriſten gemeinen und fort
derbarem Gotkesdienſt.
Das 1. Capitel/
Bon ihrem Gebet zu GOtt.
BSummarien.
ller Gottesdienft $.1. muß im Geift geſchehen, Durch Liebe in der That. 2. Mißbrauch des Worts Gottes *
Die erſten Chriſten hielten das Gebet für hoͤchſtnoͤthig, als das rechte Opfer durch den H. Geiſt
Herzen. 5.
Glauben, 8. je mehr fie fih vor GOtt demüthigten aus, lebendiger Erfenntniß der Majeſtaͤt GOttes. 9. Sie
hte eiſt, 4. aus reinen
Zum Gebet kamen fie oft zufammen: 6. welches fie mit göttliche Kraft und Freude erfüllete 7. * den
itten
auch ohn Unterlaß wider alle fremde Gedanken, 10. um im Geiſt und Wahrheit zu beten, ı1. und in der Freyheit des
Geiftes, ı2. mehr durch eine beſtaͤndige Erweckung des Gemuͤths, als viele Worte. 13. Wie fie laut geberet, 14, ſon⸗
berlich mit Beugung der Knie, ı5. welches herirach gemißbrauchet worden. 16. Wo ſie gebetet, 17. wann, 18. wie
oft, 19. Sonſt andere Umſtaͤnde des Gebets. 20
Ehe wir zu den Stücken des Gortesdien-
ftes felber fehreiten, ift noch von dem
Gottesdienſt insgemein etwas zu ge
denfen. Daß vie Gottheit desmenfch-
lichen Dienftes an fich felbft nicht brauche, mußten
auch die Heyden aus dem Licht der Natur, unddaß
vielmehr alles, was fie GOtt leiſteten, ihnen felbit
zum Beften gefchehen müffe 2). So mußte dann
dieſes unter Chriſten nod) viel geroiffer feyn, zu-
mal wenn auch jene zugleich befenneten, daß dem
göttlichen Wefen nicht mit Aufferlichem Schein
und Pracht fo wol, alsmiteinem gehorfamen Her⸗
jen gedienet werde. Die erleuchteten Chriſten
efcheideten fich gar wohl, daß man dem wahren
Gott nicht in öffentlicher Verſammlung allein,
fondern allenthaiben und zu allen Zeiten dienen
muͤſſe, und diefesaus reinem Herzen, und in der
That und Wahrheit. „Ihr vernünftiger Got—
„tesdienft mußte feyn, daß fie ihre Leiber begaben
„zum lebendigen, heiligenund GOtt wohlgefälli-
„gen Dpfer. Roͤm. 12, 1. Ein reiner und unbe:
„flecfter Gottesdienft vor GOtt dem Vater fey
„der, die Wänfen und Witwen in ihren an E
„len befuchen, und fich vonder Welt unbefleckt be-
„hatten. Gac.1,27. Werin Gerechtigkeit, Frie—
„de und Freude im H. Geift EHrifto diene, der ſey
a) A’uro
Saluftins Philoſophus Lib. de Deo c.XV.p. tor. b)
Js %
„ODE gefällig,, Roͤm. 14,17. 18. u. ſ. w. Da:
hero die Verſtaͤndigen den Gottesdienſt und
deſſelben Art vornemlich in zwey Stuͤcke ein—
theilten, nemlich in die gottſelige Lehre und
Ausrichtung guter Werke. Weil doch die
Lehre ohne gute Werke GOtt nicht angenehm
nöch gefaͤllig iſt, und die Werke ohne gott⸗
ſelige Lehre von ihm auch nicht geachtet
wuͤrden b). Und alſo war ben ihnen alles Thun -
und taffen nach göttlichem Willen ein wahrer
Gottesdienſt. Wie fie alfo aus GOttes Wort
einander unterrichteten: Der Schöpfer hat uns
„deswegen Augen und Ohren gegeben, damit
„ihm aflesdiene, daß wir reden, masfein ift, daß
„tie thun, was ihm angehört, daß wir ihm un-
„aufbörlich lobfingen, daß wir ihm Danf opfern,
„und alfo unfer Gewiffen reinigen .c), Au
„werden Die Ba felbft denen Are *
„GOttes nicht umſonſt von GOtt zugeſchickt,
„ſondern daß ihre wahre Liebe gegen ihren Schö-
„pfer geprüfet werde, d). In Summa: Sie
erfannten viel Arten des Bottesdienfts. Denn
„wer etwa betet, der dienet GITT, wer fa-
„tet, und GOTTES Wort treiber, inglei=
„chen wer Gaſtfreyheit über, der dienet auch
» Ott e).
2. Da⸗
nev ve Iäov avevdeis, nuereeus wWPeheins Even "Ylıovraı
Gr
illus Hierojolymitanus Catech. IR P 23. *)Chryfa-
9
Jomns hom. 2. in Matth. d) Bafılius M. Epift. 202. €) Theodorerus Comm, ad Rom. I. 9.
Er
* 2
’
|
nr 48
4
er;
“in 2 5 9
‚Erempel ihrer Bor
Baftmike gedienet . Rom, 1.9. Phil.
; 3. 1 Theſſ. 1,9. u. fe w. Demnach befchrie-
* ſie den wahren Gottesdienſt ausdruͤcklich alſo:
„Der Dienſt es iſt eine ſtete Sorgfalt der
eelen bey dem, der GOtt kennet, und ihre fteri-
Bemiß ing ober Befiyäftigung in GOtt
Zurch die Liebe, die niemals unterlaffen wird.
Auch ift dee Dienft gegen Menſchen theils der,
an ech theils damit ihnen fonft gebienet
„wird: wie etwa Die Medicin den teib, die Weis-
„beit die Seele beflert„f). Gesten fie alfo den
wahren Gottesdienft in der wahren Gottfeligkeit
und Liebe zu GOtt unddem Nächiten, Wie aber-
mal einer ſchreibet: «Was ift die Gortfeligfeit
„anders, als der Dienſt GOttes? Und womit
wird ihm fonft gediener, als mit der Liebe? So
„iſt nun die Liebe von reinem Herzen und gutem
Gewiſſen und unerbichtetem Glauben die gröffe-
Iſe und wahre Tugend, denn fie ift des Geſetzes
„Ende, g). Und ein anderer, nachdem er den
äufferlichen Pracht des Juͤdiſchen Gottesdienſts
erwehnet hatte: Lob fen der Zufunftdes HEren,
„daß er unfere Seelen von Diefem abgerifjen, und
„zur Betrachtung Bimmlifcher und geiftlicher
„Dinge gebracht. Er hat den Gortesdienft von
„oem fichtbaren zum unjichtbaren geführet, vom
zeitlichen zum ewigen. Indeſſen fordert der
HErr JEſus Chriſtus wahrhaftig Ohren, die da
„hören, und Augen, dieda fehen,h), Wiederum
—X einer aus Joh. 4, 23. “Welches find
„die wahren Anbeter ? Die, fo den Gottesdienſt
„an feinen gewiſſen Ort einfchränfen , die GOtt
„im Geiſt dienen, wie Paulus. (Rom. ı, 9). Alfo
„muß Diefer unſer Gottesdienst nicht Leiblich ſeyn
in uns, das ijt, er muß durch die Seele undihre
einigkeit geleiltet werden,, i). Undaus Matth.
23,29. Wird auchjemandder leere Name fe-
„tig machen, daß er zum Volke GOttes gehöre?
a was hilfts einer Hure, daß fie einen Eeufchen
- „Namen führe? Washilfts einem Sünder, wenn
[2
i
|
|
.,-
" „er fich einen Diener GOttes nenne? Wie wolle
„ihr der Höllen entflichen, wenn ihr Kirchen bauet,
*. doch nicht die — des Glaubens in der
„Gemeine habt? die Bibel leſet, aber ihr nicht
>
CE. Don der erften Chriſten Geber zu BOxrt, :
2 . —— nn
glaubet? die Propheten, Apoſtel und Maͤrthrer
155
„mit Namen nennet, aber
„Bekenntniß nicht felger 97
3. Naͤchſt dieſem Verſtaͤnd des Worts, Got⸗
teodienſt, kam hernach ein anderer auf, welcher
nicht wenig mißbrauchee wurde, als die Ehriſten
durch die Aufferliche Ruhe und Sicherheit verlei-
tet wurden, ihren Gottesdienſt entweder gänzlich,
oder doch meijteng, in den Aufferlichen Uebungen zu
fegen, daraus hernach das Pabſtthum entftunde,
Da vergaß man des wahren innwendigen geiftli-
en Anbetens nach und nad), und nennte gar
dasjenige einen Gottesdienft, worinne doch Gdrr
vielmehr den Menfchen, als fie ihm dienten. Zum
Erempel: im fünften Jahrhundert nennte man
fhon das 5. Abendmahl einen Gottesdienſt
obne Blut, aus welcher Redensart hernach
die Papiſten ihr Meßopfer mit nahmen).
Da man doch dem einfältigen Volke zum be:
ften hätte befutfamer reden, und fie nicht von
dem Innern wahren Dienft und Gehorfam des
Glaubens zu dem äAufferlichen abführen follen.
Nach der Zeit ift man immer bey diefem Miß
brauch blieben, und noch) weiter von der erſten
Sauterfeit abgewichen, da die erſten Chriften ih:
ten wahren Gottesdienſt zuförderft in denen
Picheen gegen GOtt, fo iin vorhergehenden Buch
efchrieben And, feßten, nächft dem aber in der
Uebung des Gebets, Danks, Singens, Worts
GOttes, und dergleichen. Mach welchen gemei:
nen Brauch die Scribenten der folgenden Zeiten
alfo reden: Wie unter Conſtantino dem Groſſen
Euſebius benennet das Beber, Singen der
Pfalmen, Leſen der 5. Schrift und Ausle-
gung derfetben, das Scanen und Benieffung
der Beheimniffe m). Welches alles ein ande:
rer, als eine nadı GOttes Willen gefchehene Sa-
che, für heilig hält n). Wir wollen hier zuför-
derft den Gottesdienft in folhem gemeinen Ber—
ftand betrachten, wie er fo wol in der Gemeine
als in geheim gefcheßen, und vors erite ihr Geber
in denen Stücken und Umftänden anfeben, welche
zu erfennen nüßlich ſeyn möchten.
4. Daß das Geber unter den Chriften fir
böchtnochig geachtet worden, kann niemand in
Zweifel ziehen, der ihren Geborfam weiß, und
die Flaren Befehle ihres Meilters dagegen hält.
Matth. 7,5. Luc. 18, i. u. f. Die Weisheit GOt
tes, Die in ihnen wohnte, lehrte fie auch, “daß fie
Ua „nicht
ihren Werfen und
f) Clemens Alex.lib. VII. from. p.700. g) Augufl.lib. II. de Sent. Tac. ad Hieron.6,8. h) Origeneshom. 23. in
Nu
m. *i) Chryfeff. hom. 23. inloh. k)ld. hom. 45. in Matth.
l) Cyrillus Alex. Epift. ad Neftorium.Conf.
Cafaubonus Exerc.XVI.n.4#7. m)Lib. IV. Vit. Conft,c.45. n) Hefjchius ib. VII. in Leuit.c. 24. ;
—
x
u Im
156
„nicht allein beten follten, wenn etivas widriges
„oorfiele, fondern allzeit müßten fie im Gebet wa⸗
„chen, damit, wenn ihre Seele müde, und von
„ven böfen Lüften überwunden wollten werden,
„GStt fie erhören und befreyen möchte, 0).
Diefes fonnten die Gläubigen wohl verftehen, dar⸗
um hielten fie auch diefe allein für geſchickt, ven
HEren im Geift und Wahrheit anzuruffen. Denn
ob wol fie bey ihrer Bekehrung gleichnach Erfennt-
niß ihrer Sünden fich im Flehen und Seufjen vor
GIF demuͤthigen mußten, und diefer geangftete
Geiſt von GDEr nicht verachtet ward ; fo durfte Doch
feiner in wiſſentlichen Sünden weiter ftecfen, und
von feinem Herzen Deswegen verdamme werden,
fonft hatte er in feinem Gebet feine Sreudigfeit
zu GOtt, weil er feine Gebot nicht bielte. ı ob.
5,21. 22. Darum wollte Paulus 9. Zaͤnde
aufgshaben wiffen, ı Tim.2, 8. Dem die Kin:
der Wahrheit hierinnen- auch treulich folgten. Und
deſſen ruͤhmten fie fich auch vor den Feinden, daß
fie GOttes Rnechte wären, die von ibm er-
langten, was ſie hofften. „Ich ehre ihn allein,
„(ſagte Tertullianus,) wenn ich ſeiner Lehre we—
„gen umkomme, und bringe ihm ein weit herr—
„licher und fchöner Opfer, nemlich ein Geber in
„in einem Feufchen Leibe, aus unbeflecter
„Seele, und das der H. Geift in mir wirker:
„richt etwa vor ein paar Pfennige Weyhrauch,
„oder etliche Tropfen Wein, aud) nicht ein unrei—
„nes Gemwiffen,, pl. Der auch fonft fehr fein
biervon redet: "Das Geber muß mit dem An-
„denken der Befehle GOttes verfnüpfet fen, da-
„mit wir nicht fo ferne von den Ohren GOttes, als
„von feinen Geboten feyn. Diefes bahner dem
„Gebet den Weg zum Himmel. Denn esfannja
„ein unreiner Geift von dem H. Geift unmöglid)
„erkannt werden, ein frauriger von dem freudigen,
„ein gefangener von dem freyen. Niemand
„nimmt ja feinen Feind an, niemand läßt einen
„andern, als feines gleichen, zu fich. Was wäre
„es nun vor eine Art, mit gewaſchenen Händen,
„aber unflätigem Geifte beten? Da doch auch die
„Hände geiftlich müflen geveiniget feyn, als, von
„Falſchheit, Mord, Graufamfeit, Zauberey und
„Sieden, welche in der Seelen zuvor gefaßt,
„ourch die Hände hernach gefchehen. Diß iſt die
„wahre Reinigfeit, q). Siehe Ef. ı, 15. 16.
Pf. 50,16. 17. Pf. 66,18. Spruͤchw. 27, 9. Und
mit dieſem Grunde befchämte er die, fo noch etwa
2
a S
*“
„fagt, man müfle das allzeit thun, was allzeit ſei⸗
„nen Nutzen Babe, ft num den Menfchen das
„Gebet täglich, ja alle Augenblicke nörbig, fo ifts
„auch die Enthaltung, die zum Geber gehöret,
»Das Gebet muß ja aus dem Herzen flieffen:
Muß fichnundas So der Sünden ſchaͤmen, fo
ſchaͤmt fich auch das Gebet verfelben. Der Geift
„bringt das Geber zu GOtt. Iſt der Geift num
„bey fich felbft einer Sünde fihuldig, fo ſchaͤmet
fie) das Gewiffen, wo follte es dürfen das Ge⸗
„bet zum Altar GOttes bringen s)? a
5. Diefes war ihre beftändige Meynung, welche
fie mit fo vielen Worten und Werfen bezeugten,
Zu diefen gehörte alle ihr — Wandel,
wie wir ihn theils im erſten Buch geſehen. Zu je⸗
nen ſetze ich etliche wenige Zeugniſſe und Vermah⸗
nungen von dieſer Sade: “Das Gebet hat fei-
„nen Nutzen, wenn der, fo da betet, halsftarrigin
„Sünden bebarret, ob er gleich lange betet x). Ein
„Sünder beſchweret fich nur noch mehr mit der
aſt feiner Bosheit, wenn er verwegener Weife die
„gottlofen Handegen Himmel ausbreitet, und mit
„oem befleckten und läfterlichen Munde das Geber
„zu GOtt fehickt, als wäre er ihm nichts böfes be
„wuße.Ein folder ſchmaͤhet GOtt noch dazu, daß er
„ihn verachtet. Drum muß der ihm wolbewußt und
„feiner Unſchuld gewiß ſeyn, der zu GOtt unſchul⸗
dige Haͤnde aufheben will u). Man muß ſich vor
„allen fündbaften Hinderniffen hüten, allen böfen
„Willen haſſen, und die weltlichen Lüfte, böfe und
„eitele Gedanken, und ihm allein ftetsanhangen, -
ſo wird er geſchwinde Belfenx). Wer aber Feinen
„Glauben noch Liebe hat, auch fich darum nicht be⸗
„eünmert, infeinem Gebet und in der That felbft
„einen Glauben noch Bertrauen zu Gtt bat
„weil er fich felbft nicht Fennet, auch nicht weiß, daß
„es ihm Daran mangelt, der Fann es aud) von GOtt
„nichkerlangeny). Niemand wird erhört, wenner
„mit Angſt des Herzens und Zweifel betet, fondern
„wenn er reine Haͤnde zu G tt aufbebtz). Alfo
„muß der Glaube in dem Betenden ſchreyen, die
Werke, die Begierden, das beiden, das Blut muß
„ſchreyen. Denn vor GOtt ſchreyen auch Die Ge=
„danken, a). Und vaß fie dieſes wirklich ig ge -
glaus
0) HilariusinPf.63. p) Apol.c.28. q)Lib.deOrat.c.9. r) Lib. de Spectac. c. 24. s) Exhort. ad Caflit, 1.
10. t) Chryfofß. inEfai. I. u) Auguf.deVitaChrift.c.ır. x) Macarinshom.4. y) Id.hom,ıg. z)Chry-
JoR. hom.g.in ı.Tim. a) 4mbro/.lib. I. de Cain et Abelc.9.
—
49
— BR
Wirfennen CHriſtum nur im Glauben, -
Und wenn wir vor GOOtt treten hin,
So faßt die —— Tauben
Und ihre Einfaltunfern Sinn:
a *
Dabitte ißmder fromme Mund:
Wenn wir vor ihm mit Thränen ringen,
Sobeugt fid) Herz und Knie zur Stund.
Dann kann dem Winfeln und dem Klagen
vu Feine Huͤlf verſagen.
6. Dahin mochte wol die Gewohnheit hernach
Fire da man mit offenbaren Suͤndern nicht be-
nmollte: welches aber nach und nach, wie die
beften Gewohnheiten alle, zu einem groflen Miß-
brauch gediehen ; als an feinem Dre foll erwiefen
werden c). Die aber, foda glaubig und gottfelig
waren, bielten ſich vor allen Dingen im Gebet
ftets zufammen, und hielten die Verheiſſung des
HEren fir unfchägbar: Wo zween unter cuch
eins werden auf Erden, warum es ift, das
fie bitten wollen, das ſoll ihnen wiederfab-
ren von meinem Dater im Simmel. Matth.
18,19 Wie eifrig blicben die erften Juͤnger
CHrifti im Gebet mit einander! Wie a5 fie
—* timme einmuͤthiglich zu GOtt auf! Apoſt.
eſch. 4, 24. c. 2, 42. c.6,4. Sie giengen mit
einander zum Gebet zuſammen, Apoſt. Gefch. 16,
16. und wo fie nur Gelegenheit hatten, zu dem
HEren zu flehen, da brauchten fie felbige. Pau
fus kniete mit allen zu Epheſo nieder und betete,
6.20, 36. auch am Ufer unter freyen Himmel.
.21,5u.f1. Die folgenden Enriften hielten
annoch genau darüber, und fehrieb einer im Na—
men aller an die Feinde: "Wir fommen zu Eh—
„ren unfers GOttes zufammen, daß wir ihn tie
„mit gefammter Hand durch unfer Bitten und
„Flehen überwinden und befiegen: Und diefe Ge⸗
„male ift GOtt angenefm,, *). And ein ande-
ver in eben der Meynung: “Am Sonntag kom:
„men fie alle zufammen : Nach dem Geber ftehen
„wir alle auf, und fchütten unfere Bitte vor GOtt
„aus d). Man follteda hören die Stimme des be-
157
„tenden Volks, und vernehmen, wie die andad)-
„tige Verfammlung unter der Abhandlung der
” niſſe antworte e). Das Volk ftehet
„des Rachts auf, gehet noch vor Tage in das Det:
„baus, und befennet in Berrübniß mit unauf⸗
„börlichen Tränen vor GOtt; endlich ſtehet es
„von Gebet auf, und wird zum Pfalmfingen
„angeführt, £), Won fonderbaren Erempeln
will ic) nichts anführen, derer faft unzählich ſich
finden, und bie und da noch vorfommen werden,
Doch nur einige zu erwehnen, ſo gedenken die Ge⸗
ſchichte der Märtyrer zu Nom, daß, als die Chri-
ften an feinem Orte unter der Verfolgung ficher
geweſen, fie fich bey einem mit Namen Caſtulo
heimlich aufgehalten, der oben in dem Pallaft des
Känfers gewohnet. Alda haben fie alle mit
Seufzen, Steben, Gebet und Saften Tag
und Nacht vor GOtt angehalten, damit
fie feiner Bekenntniß würdig wären g). Wo:
bey fie es auch einem verwieſen, der fih vom
Beten und Faften entzogen batte. Dionpfiusges
denfer von einem, Narciſſus genannt, daß ec
mit ihm zugleich um den Zuftand der Be-
meineim Bebet befümmert gewefen bh). Wie
fie denn aud) diefes im Gebrauch hatten , daß,
wenn einer zu dem andern Fam, fie ginander
nach gegebenem Ruß zum Gebet einluden
und ermahnten i), Welche-Ermahnungen fie
auch einander fihriftfich und mündlich vorbiel:
ten: als Janatius that an die zu Magnefia:
„Komme alle zufammen zum Gebet: es ſey ein
„Gebet, ein Sinn, eine Hoffnung in ungefärbter
„„siebe und Freude, denn CHriſtus iſt einer, über
„welchen nichts Föftlichers iſt, Und Elemene
andiezu Rom: “taffet unsin Einigkeit verfamme
„ter feiner groffen Berkeiffungen theilhaftig wer
„ven, und zu ihm mit einem Munde heftig und
„brünftig fehrenen,,. Andere ingleichen: «Man
„eann zwar alleine auch beten, aber nicht fo, wie in
„der Gemeine, da das Geſchrey einmuͤchiglich zu
Gott geſchickt wird. Du wirft nicht jo erhoͤret
„werden, wenn du fir dich alleine beteft, als mit
„deinen Brüdern. - Denn bie ift etwas mehr,
„nemlich die Einträchtigfeit und Einftimmung,
„und das Band des Friedens, u. ſ. w. k). Der
„HErr bat verfprechen, ganz und alles zu geben,
u 3 „was
b) Pr ——— Cathem. hymn. matut. c) Vid, Concil. Läodie. Gregor. Neo-Cefar. Ppiſt. Can. c. 1. 7. et 8. de
anitenfibus. Coneil. Niranum J. c. 13. Ancyranum c. 4. et alie Gr&corum conititutiones ap. Blaftarem
it. M. Syntag. c. 6. Harmenopulum. Sed. V. Epit. Can. tit. 3. etc.
*) Tertuliian. c.39. Apol. d) Iuflinus
Apol. Il.fine, itemque Arnobius lib, ad. Gent, Cypri ‚larius i
A ? B . . Cyprianus de Orat. Dom. c. 6. e) Hilarius in Pf. 65.
2 Bafıl. M. Epift. 63. ad Cxfar. 8) Apud Baronium A. CCLXXXVI.n.ıo. h) Eufebins üb. VI. c. 10. H.
» 3) Sulpitins Seuerus dial. 1. p. 262. k) Chryfof?. hom. 73. ad Antioch,
“
®
A a Te TE I TEE TEE TITLE DEE
158 2.8. Von der erften Ehriflen gemeinen und fonderbarem Bottedienfl..
—— — — — — — — ——— — — —
„was die Einigkeit des Gebets fordern werde.
„Matth. 18,19. So viel vermag die Einftim-
„mung der Bitte, 1)! Aber hievon ein mebrers
im 3. B. am 2. Cap. J
7. Will jemand wiſſen, woher fie ſolch Gebet
gelernet oder genommen, der erinnere ſich Der
theuren Berficherung GOttes, da er alten feinen
Kindern den Geift der Gnaden und des Gebets
geben will, Kom. 8,15. 26. Gal. 4,6. Der denn
nicht allein auf den Apofteln und ihren Juͤngern,
fondern auch auf den folgenden Kindern GOttes
ruhete. Drum fagten fie, “fie beteten ohne Antrei⸗
„ber und Vorbeter, weil fie aus dem ‚Herzen bete⸗
„ten, aus unbefleckter Seele, und wie das Gebet
„der H. Geift in ihnen wirkte, m). Wovon
einer aus der Erfahrung ſehr nachdenklich redete:
„Wenn die Begierde zum beten nicht von uns
„gefucht, fondern uns eingegeben wird, wenn et—
„was geſchwinde in das Kerze kommt dadurch
„das Verlangen zum Gebet mit unausfprechli-
„hen Seufzern erwecket wird; fo muß das Ge⸗
esbet nicht aufgefchoben werden; es treffe den
„Menfihen an, wie es wolle, n). And wieder⸗
um ein anderer: Wir muͤſſen zu GOtt beten,
„nicht nach der leiblichen Gewohnheit, oder nach
„der Art zu fehreyen oder zu fehmeigen ; fondern
„auf das Herz fleißig acht Haben, auf GOtt war-
„ten, bis er fomme und die Seeleheimfuche durch
„alle ihre Ausgänge und Wege, und uns alſo leh—
„te, wenn mir reden oder ſchweigen follen, Das
„Herz muß nur in Gott befeſtiget fenn 0). So⸗
„dann, wenn man nur anfange jich vor GOtt zu
„beugen, fo wird das Herz mit görtlicher Kraft
„angefüllet, und die Geele freuet fic) mit dem
„HEren, wie eine Braut mit dem Bräutigam p).
„Auch wenn einen zuvor böfe Gedanken geplaget
„haben, wird der 9. Geift im Geber fo zu ung ge-
„locker, daß fie nicht vor feiner Gegenwart bleiben
önnen 9)-
* PR Bo Ar der Geiſt felbft das Gebet in der
Seelen that, wie folftediefesnicht im Glauben und
in dev Wahrheit gefchehen feyn, zumal, da ber
HErr ihnen dieſe einzige Bedingung vorgeleget
Hatte: Glaubet nur! Marc. 11,24. Jac I, 6. Al⸗
fo mußte ihre Zuverſicht ſich auf fein Wort
gründen, Pf. 27, & Ihr Biaube und Der-
langen mußte zu ihm ſchreyen r). Denn
]) PetrusChryfdlogus ſerm. 132.
de Verb. Dom.
oft. hom. de Profedtu Euang.
hom. 28. 4
9—
m) Tertull. Apol. c. *
hom’23. ») Id. hom.g. q) Mor. Hiſpal. lib. III. de Summo bono c. 7.
Haan) “ in’pr. 5. ap. Cotelerium Tom. 11. Mon. Gr.p. 36.
x) Bernhard. Serm. 4. de Orat. et Ieiun. d
'a) Clemens Epift. p. 32. b) Ib. p. 4. c) Profper inPl. 108. dy Macar.
Eein aͤuſſerlich Gefchrey braucht der liebe GOtt
nicht, fondern das Vertrauen zu GOtt iſt das rech⸗
te Geſchrey s), Es mußte ohne Scheu und
Shan in aller Zuverficht geſchehen, und
gleichfam mit einem heiligen Ungeftüm, als
ein Kind vor feinem Vater pflegt, Luc. 11, 8.9.1).
„achtet es aber an Glauben, fo feblet es am Ge⸗
„bet ſelbſt. Denn mer wollte beten, wenn er nicht
„slaubete? Der Glaube ift der Brunnquell des
„Gebets: Wo nun der Urſprung vertrocknet ift,
„kann der Bach nicht flieffen. Wie wollen fie an-
„ruffen, anden fie nicht gegtaubet haben? Drum
„wer beten will, muß glauben, und muß beten, daß
„der Glaube nicht aufhöre, darinnen er betet.
„Der Glaube ſchuͤttet das Gebet aus, das getha-
„ne Gebet erhält die Starke deffelben u). Ein
„rurchtfam Gebet dringet nicht durch den Him⸗
„mel, denn die unmäßige Furcht hält das Gebet
„zurück, Daß das Geber nicht fort kann. Aber eine
„glaubige und demüthige Bitte gehet durch die
Wolken, und kommt gewiß nicht leer wieder x).
„Ber nicht Gewalt thut, der wird das Himmel:
„reich nicht zu ſich reiſſen. Wer nicht ungeftim
„anklopft, wird Fein ‘Brod erlangen y). Iſteine
„Seele nun gleic) an ihr felbft unwuͤrdig, ſo muß
„ſie Doch nicht müde werden im Gebet, auch nicht
„zweifeln, fondern freymuͤthig zu GOtt nahen,
„wiſſende, daß fchon bey GOtt felbft Vorbitte
„genug ift, nemlic) feine Barmherzigkeit z). Der
„Vater ift barmherzig und freu gegen alle, die
„ihn fuͤrchten und zu ihn kommen mit reinem Her-
„zen und Einfalt. Denen gibt er feine Gnade
„reichlich, 2), Und folchen Glauben ruͤhmet
Clemens an denen Corinthern, “Daß fiemit einer
„heiligen und andachtigen Zuverficht ihre Hände
„zudem allmächtigen GOtt ausgeftreckt, und fei-
„ne Güte angeruffen hätten,, > Anderer Erem=
pel zu gefchweigen, Diefer Glaube aber mußte
allein auf CHriſtum gerichtet feyn, und in feinem
Namen allesbitten nach den Worten des HEren,
Joh. 16, 23.24. 2 Cor. 1,20. Darum “das Ge-
„bet, dasnicht alfo geſchahe, das erlangte nicht nur
„eine Gnade, fordern es ward auch felbft zur
„Sünde c). Und denen die Sonne der Gerech-
„tigkeit nicht aufgegangen war, die blieben in der
„Finſterniß ihrer Sünden, und fonnten den Va—
„ter nicht im Glauben fehen d),
9 Ein
n) Auguffin. II. ad Simplieian. qu.4. 0) Macar.
r) Ambrof.\.c. s) Afterius
t) Macarius hom. 4. u) AugsflinusSerm. 36.
y) Hieronym.Ep. 22. ad Eultoch. z) Chry-
u jr - k An it
* 4
rg —7—
NE: 2, Cap. Don der erften Ehriften Gebet zu GOtt. #80
„rem HErrn, dafelbft wandelte fie mit ihren
=»
—
(ch Vertrauen, das fie zu GOtt hat⸗
| Ten Die Suwerfihe au fich felbft,
id aufihre Wuͤrdigkeit, und erhielte fie fein in de:
muͤthiger Erfenntniß ihrer Unmürdigkeit vor der
ge lich£eit Sdte, da fie fic) mit Abraham
r Staub und Afch en. ı Buch, Mof. 18,
27. Darum warneten fie einander: “Siehe zu,
„daß du dich nicht im Geber erhebeft, denn das
„Gebet des Demüthigen dringt durch die Wols
„een Will dir eine Hochachtung deiner ſelbſt
„um Gebet aufiteigen, daß du die Seligfeit nicht
in Demuth fucheft, fondern im Vertrauen auf
„dein Berdienft, fo denke, daß die empfangene
„Önade zwar eine Pier ‚zu beten fchenft,
„aber niemand muß darauf ein Vertrauen, es
„zu erlangen, feßen. Vielmehr geben diefe vor:
„bergefihenfte Gaben diefes, daß man von der
„oarmberzigfeit, die dieſes gegeben, noch ein
„meßrers hoffe f). Sintemal derjenige allein
„in der Wahrheit zu GOtt betet, der fich felbft
„in Demuth wohl erfennt, daß er Staub fen,
„ihm felbjt feine Kraft zufchreiber, und alles Gu⸗
„te, waserthut, von der Barmberzigkeit feines
„Schöpfers berfüßrer g). Ein ſolch Geber ift
„alsdenn ftarf, das in einem niedrigen Geifte ge-
„Chieht, und aus einem zerfchlagenen Herzen.
„Pſ IJ. bh). Geſetzt auch, daß einer GOtt allen
„möglichiten Gehorſam erweiſe, fo kann ihn doc)
„der Geiſt GOttes wohl dabey demuͤthig von Her⸗
„sen und arm am Geiſte machen, ). Wie fie
aber die innerliche Demuth und Zucht von den
wahren Anbetern erforderten , fo vielmehr die auf-
ferliche, “daß fie allamit rechter Zubereitung, an-
„ständiger Stille, reinem Herzen und Gemuͤth
„möglichft ihr Geber vor GOtt ausfchütteten k).
„Ihr Neden im Gebet mußte auch mit Zucht ge-
„scheben, in Betrachtung, daß fie vor GOttes
„Augen ftünden, den fie weder mit dem Aujferli-
„chen noch mit der Art ihres Gebets erzürnen durf-
„ten !). Daberfahen fie es lieber, wenn fie we-
„nig im Gebet fonnten reden, und ihr Beriangen
„nur bruͤnſtig bliebe m). Da betete denn eine be:
„gierige Seele alfo, als wenn fie fchon aufgenom-
„men, und vor dem Angeficht ver Majeſtaͤt und
„dem Thron GOttes ftünde, da taufendmal tau-
„gend ihm dienen, und jehenmal hundert taufend
„vor ihm ftehen. Go betete fie vecht, wenn fie
„fonft an nichts dachte »). Cie hienge ganz an
„Gedanken, da fehüttete ſie ihr Gebet aus ‚da leg:
„te fieihre Begierde in die riebe GOttes ——
Wiewol dieſes nicht eben durchgehends und zu als
len Zeiten gefchahe, indem die Weisheit Gttes
fie nad) ©efallen regierte, tie es dem Menfchen
nüglid) war. Bisweilen entbrannte fie beftiger,
bisweilen gelinder, nachdem das Licht etwa mehr
entzündet und fcheinend oder ſchwaͤcher ward p).
Indeſſen äufferte fich doch die Kraft des Gebete zu
der Zeit, da es noth war, augenfcheinlich herrlicher.
Alf, da Polycarpus nun feiner Marter nabe war,
betete er vor allen, und wurde von der Gnade
des HEren fo erfüllen, daß die Unwefenden
fo ihn hoͤreten, darüber ganz auffer fich feibft
geriethen q). Bon einem andern erzehlet man,
daß, als er fich zur Erden niedergeworfen, und
überaus heftig gebetet,, die Umftehenden bey fich
felber gedacht haben: O Err, welch Bebet
der Deinigen wirft du fonft erbören, wenn
du das nicht erböreft! Denn, wie dazu gefe-
Get wird, eo fehlete nichts mehr, ale daß er
im Beber gar die Seele ausbliefe r).
10. Nun fam es zwar von der noch übrigen
Berderbniß her, daß fie nicht allzeit aller unnü-
Gen oder bofen Gedanfen im Gebet fonnten los
werden, fondern bisweilen darüber klagten s):
Doc) verliefen fie fich darinnen auf die Liebe ih-
ves Vaters, der ihnen immer mehr Gnade geben
würde, ihn im Geift und in der Wahrheit anzu:
beten. Joh. 4,24. Sie hörten auch nicht auf, ein-
ander zu ermaßnen, “daß das Herz beym Gebet
„von aller Verwirrung frey ſeyn muͤßte, in der
„Abſicht und aus einem folchen Geift flieffen, der
„dem gleich fey, wohin es geſchickt wird t). Und
„wie der Leib, wenn er etwas arbeitet, ganz auf
„das Werf gerichtet wird, und allefeine Glieder
„einander dazu helfen; aljo muß die Seele aud)
„den HErrn alfo gewiedmet werden, in dem Fles
„ben und Sieben, daß die Gedanken nicht herum
„fattern, und die Hoffnung muß auf CHriſtum
„gegruͤndet werden. Alsdenn wird er erfcheinen,
„und die wahre Art zu beten lehren, undein rein,
„geiftlih und GOtt anftändig Geber darrei—
„hen, u) Go trieben fie nicht allein zur Anz
dacht auf gefeßliche Iwangsweife, fondern erin-
nevten einander der Gnaden E RISTT und
der übrigen Mittel zur wahren Anbetung. Zum
4 ems
e) Ambro[.l.c. f) Bernhard. Serm.z.in Cap. Ieiun. g) Gregor. M. lib. IL. Expof‘ Moral. «27. h)Chryfofl.hom,
15.in Matth. i) Cyrillus Alex. in Sophon. n. 34. k)Clemens Alex.lib. III. Pxdag. c. ıt.
Dom.c.5. m) Augufl. Epift. ız1.
q) Eufeb. H.E.lib. IV. c. 15.
I) Cyprianus de Orat.
n) Bernhard. de interna Domoc.48. ©) Masariushom.4. p) Id. hom.$.
r) Augufin. lib. XXH. de Ciu. Deic. 6.
s) Vid. Chryff. hom. 12. in lib. diuerf.
homil, Auguflin. ib X. Confell:c.35. Hilarins in Pf. 136. Euagrius Scitenfis in Monach, n. ı2. ap. Corelerium
Tom. II. p. 115. Men. Gr. t) Tertullian. ©. 9. de Ora
t. u) Macarins hom. 33: init.
*
160
Erempel, fie gaben folgenden Rath: “Wenn du
„zum Gebet fommft, fo forfche dein Herz und
„Sinn, und wünfche bir ein rein Gebet zu GOtt
»zufchiken. Siehe, ob etwa eine Hinderniß bey
„oirfey, nemlich, ob dein Herz mit dem HExrn
„allein zu thun habe; eben wie das Herz des Acker⸗
„manns mit dem Ackerbau, oder des Weibes mit
„dem Mann: Item, ob andere Dinge deine Öe-
„danken zerftreuen x). Dannentfcheide wohl die
„aufferlichen fremden Gedanken , die dir etwa von
„deinen Feinden eingerorfen werden. Aber ver-
„laß dich ja nicht auf deine eigene Kraft dabey,
„pielveniger fey mit einem Aufferlichen Gefchrey
„zufrieden, fondern vollende deinen Kampf inn-
„wendig, bis du durch beine Andacht erlangft, was
„du begehrft, nemlic) die aufiteigenden Gedanken
„abtreiben, und nach des HEren Willen wandeln
„Eannft y). Dazu gehört ein einfältiges Berlan-
„gen, darinnen man vor GOtt ſtehen muß, Damit
„nicht durch Unachtfamkeit oder Sorgen zeitlicher
„Dinge das Herz eingenommen werde, und alfo
Feine reine Begierde zu GOtt gerichtet werden
„fannz). Esift aber noͤthig hiebey, daß das Fleiſch
»gekrenziget und die unvernünftigen Süfte abge:
„than werden a). Wer alfo nüchtern lebet, der
„eann vor Gtt ftehen als gegenmwärtig.vor feinen
„Augen : er Fann die böfen Gedanken bald met»
„een, und ihnen widerſtreben, daß nicht die
„Worte allein, fondern aud) das Herze mit. den
Worten zu GOtt Eomme b).
ır. Aus diefen und dergleichen Stellen fiehet
man, wie fie fonderlich auf das innere Herzens:
gebet gedrungen, und gerne allzeit im Geiſt und
in der Wahrheit beten wollen. “Sie fuchten
Gott in dem innerften Berborgenen ihrer See-
„ten, welches fie den innern Menfchennennten,
„und darinn beteten fie auch zu ihn, alsin feinem
„Tempel, darinnen EHriftus wohne: ‘Drum
„hielten fiees eben nicht für nöthig zureden, wenn
„fie beteten, mit lauten Worten, ohne wenn es Die
„andern hören follten und mit einftimmten, Denn
„obrwolder hoͤchſte Lehrer die Jünger etliche Wor-
„te zu beten gelehret Hatte, fo hatte er fie doch nur
„unterrichtet, wie fie im Gebet reden follten c).
„Sie hielten diefes für Die befte und fuͤrnehmſte
„Berrichtung, von dem Geräufche zu weichen,
„das auffer dem Menfchen ift, und in das inner-
„‚fte geheime Gemach und Gabinet des Herzens zu
x) Id. hom. 15.
de Int. Dom. c.48. a)Chryff.hom.32.inIoh. b) Id. hom. 30. in Gen.
2.8. Don der erften Ebriften gemeinem und fonderbarem Bottesdienfl.
„gehen, dafelbft GOtt anzurufen, mwoeir .
„mand feufzen und weinen ſiehet. Diefes Räm-
„merlein müffe einer zuſchlieſſen, wider allen
„aufferlichen Berdruß jich felbft demuͤt
„loben und preifen, der die Seele ermah
„unterweifet,, d). Denn fo legten etli—
Worte EHrifti aus, Matth: 6,6. Das Ri
merlein ſey die Tiefe des Herzens, die Thi
re fey, davon Davidfagt: SErr, bebüte mei⸗
nen Mund, und bewahre meine Lippen e).
Pf.141,3. Und diß nenneten fie auch, das Ge-
ſchrey des Herzens; wie wir oben gehöret $. 8. und
erklärten es mit einem feinen Gleichniß: Viele,
wenn fie zum Richter fommen, und bey ihm fuppli-
eiren, wiſſen nicht viel Worte von ihrer Sache zu
machen, oder Al deutlich und prächtig vorzutra=
gen; fie verlaffen fich aber auf den Richter, der
folche Sachen befier verfteher als fie: drum bit—
ten fie alsbald, daß er nicht ihre elende Wor-
te anfehen wolle, fondern nach feiner Weisheit
und der Sachen Befchaffenbeit mit ihnen verfah⸗
ven. So, wenn der Menfch mit GEStt redet, fo
bittet ev, daß er nicht feine elende Worte anfebe,
fondern felbft in feinem Herzen lefe, was ihm an
Worten mangle, weil ers Doch nicht alles aus-
fprechen koͤnne f). Wenn fie alfo nicht zu beten
wußten, entweder aus Armuch am Geifte, oder
wegen der Hobeit der Sachen, diefie bitten woll⸗
ten; fo verlieffen fie fi) darauf, daß der Beift
fie doch vertretemit unausſprechlichem Seuf⸗
zen, und ihre Unwiffenheit durch die Kraft
der geheimen Weisheit erfege g). Durch) deffen
Anführung wurden fie zu einer höheren Art des
Gebets gebracht, die fiealfo befchrieben: “Es iſt
„ein feuriges und wenigen befanntes, ja unaus-
„rechliches Gebet im höheren Grad, fo alle
„menfchliche Vernunft überfteige, auch durch
„feine Worteoder Ausrede gefchieht, fondern das
„die Seele, ſo durch den Ausguß des bimmlifchen
Lichtes erleuchtet worden, mit zufanmengefaß-
„een Sinnen, als aus einem überflieffenden
„Brunnen haufig ausfchüttee zum HEren, da-
„ourch fie denn in einem Augenblick fo viel und
„groſſe Dinge hervor bringe, dergleichen das Herz
„nicht weder durchgehen oder ausfprechen Fann,
„wenn es wieder zu fich felbft fomme bh). Diefes
„Gebet wird von Feiner Bildungskraft oder
„Worte erkannt, fondern durch die feurige Begier-
„De des Herzens in einer unausfprechlichen nt⸗
zuů⸗
y)Id.hom.6. z)Cyprianus de Orat.Dom.c.6. Chryſoſt. hom. 2. de ſide Anne. Bernhard. lib.
c) Auguflin.lib. deMagiftro. d)
Ta. in Pfal.34. e)Ambrof.l.c. f) Afcriushom. 2.in Pf. 5. ap. Coselerium Tom, II.Mon.Gr.p. 26. g) Hila-
riusinP£.142. h) Caflanns Cellat, IX. c.25.
1. Cap. Don der erften Ehriften Gebet zu GOtt.
„uͤckun en Gemuͤths, nad) der unausdenfli-
en Gef windigkeit des Geifteshervor gebracht,
„und zu Oott auſſer allen Sinnen und jichtbaren
„Materien mit unausfprechlichen Seuffern aus:
„geſchuͤttet ;). -
12. Hier iſt die Frage, ob fie gewiffe Gcbers:
formuln gebraucht, und fich an diefelbe gebunden
oder von andern binden laffen? Dabey denn zu
wiſſen üft, daß fie das von dem HErrn JEſu felbft
gezeigte Geber des Vater Unfers ſehr hoch gehal⸗
ten, und unter einander fleißig gebraucht und er-
klaͤrt k); fo gar, daß fie es Infondetei das Be:
bet genennet 1). tem, das von GOtt ge-
lehrte Beber der Bläubigen m), einen Yus-
zug des Evanaeliüi n), und fo weiter genennet,
Welches denn auch taglich von ihnen gebraucher
wurde, und deswegen das tägliche Beber hief-
fe o). Diefes war alfo bey den erften Chriften
nebenft denen Pfalmen Davids im Gebrauch,
tie fie nemlich ein jeder nach) der Führung und
Trieb GOttes anwenden möchte: Immaſſen nie:
mand unter ihnen alfo eingefchränfe ward, daß
er allein diefe oder andere Formuln brauchen, und
nichts aus dem Herzen hätte beten dürfen. Ter—
tullianus, als er von dem Vater Unfer geredet
hatte, befchlofie er alfo: GOTT allein hat uns
„tebren koͤnnen, wie er wollte angebetet feyn.
„Dieſer von ihm verordnete Dienft, der durch
„feinen Geift ſchon damals befeelet ward, als er
„aus feinem göttlichen Munde vorgetragen wor:
„oen, fteige gleichfam mit einem Privilegio zum
„Himmel, und empfihle diejenigen dem Vater,
„die der Sohn gelehrer bat. Weil aber doch der
„HErr, der die menfchliche Nothdurft wohl fahe,
„abfonderlich nad) diefer gegebenen Betart dazu
„test: Bitter, fo werdet ihr nehmen; undes viel
„Dinge gibt , Die noch nad) der Beſchaffenheit
„eines jeden müffen gebeten werden; fo hat man
„auc) das Necht, nach dieſem ordentlichen Geber
„auch andere Bitten hinzu zu thun,, py. Damir
fehen, daß fie neben dem Geber des HEren auch
andere Arten gebrauchet: welches er auch anders⸗
wo anzeigt, wenn er erzehlet, daß die Ehriften
ohne Antreiber und Vorbeter zu beten pfleg-
161
BER NIEERE EEE
ten, weil fie co von Herzen thäten-g), Wal:
che Worte Sranciftus Zepbyrus ehe alfo er⸗
klaͤrt: “Wir ſprechen nicht das Geber nach, das
„uns der Priefter vorate, fondern aus dem Sig
„unfers Gemuͤths und Geiſtes mit Seufzen und
„Stoͤhnen beten wir,. Juſtinus aber, wenn er
ihre Zufammenfünfte erzehlt, ſetzet noch daben,
„der Borfteher Habe Geber und Dankfagung ge-
„than, fo viel er Kraft gehabt Babe. Darauf
„denn das Wolf mit einem Amen es beftätiget
„babe, r). Naͤhere Fußftapfen von diefer Ge—
wohnheit findet man fehtverlich bey den Alten, fon-
dern vielmehr groffe Anzeigen der Freyheit des
Geiftes in diefem Stuͤcke, daß fonderlic) diejeni-
gen, fo nım im Chriſtenthum weiter kommen wa—
ren, zu Eeiner Formul gezwungen worden, oder
andere zwingen wollen. ie man es denn auch
daraus ſieht, daß denen Catechifinusfchülern
kurz vorder Taufe Fein ander Gebet alsdes HErrn
vorgeleget ward s), fondern dieſe mic den andern,
den Bater felbft anzuruffen gelehret wurden. Dem
nach findet man feine Dr gewiſſe anfgefchriebe:
ne Gebete oder Geberbücher bey ihnen, bis auf
die Zeit, da es mit der Lauterkeit ſchon ziemlich
auf die Meige Fommen war. Denn Tonftanti-
nus der Känfer fehrieb denen noch heydnifchen
Soldaten eine fonderliche Gebetsformul vor, dar:
innen fie fürnemlicy für die Wohlfahrt des Kay:
fers, des Neichs und der Armee beten follten :
Mit was vor Frucht oder Grund, Fann ein Ber:
ftändiger bey folchen Umftänden leicht urtheilen,
Der gelehrte Leſer Fann fie noch bey Euſebio fin-
dent). Weiter machte man nun gar ein Geſetze
daraus, und befahl auf denen Eoncilien, “nur die
„Gebeter por dem Altar herzulefen, die in dem
„Synodo beftätiget waren,,u). Endlich wurden
überall der gemeinen Gebete und Formuln fo viel,
daß ein jeder Bifchof bey fo verwirrtem Zuftand
feinee Gemeine nad) Gefallen vorichriebe,
elches fie auch thaten, wenn etwa groffe Land⸗
plagen oder andre ungewöhnliche Dinge ſich hervor
thaten. Dabey ich mich aber nicht weiter auf:
balten kann, fondern zu noͤthigeren Dingen
gebe x).
* 13. Ohne
) Id. Collat. X. c.ır. k) Vid. Cypriani, Tertulliani, aliorumque Expofitiones. I) Cyrillüs Alex. in EL. 49.
m) Cyrillus Hierofolym. Catech. IV. Neo Dur. et Chryfoft. hom. ı0. in Colofl: n) Terrullian. lib. de Orat.
c. 1. et Chromatius in Matth. V. Tom. II. Biblioth. P. P. 0) Hieronym. Epift. 39. Auguflin. Enchir. ad
Laur. Concilium Toleranum IV. c. 9. Hilarius, Theodoretus etc.
p) De Orat.c.9. q) Apol.c. 28. x)Apol.
II. p. 98. s) Theodoretus Epit. Diu. Decret. e 28. Hanc Orationem T3s AuUNTaS non docemus. Auguf,
hom. 42. Fer. II. Pfalm: Accipite hodie, quomodo inuocatur Deus, t) Lib. IV. Vit. Conft. M. c. 19.
Concil. Carthagin. c. 106. in Synodic. Gr. x) Ita @egor. Taronenfis memorat rogationes ante Afcenfio-
nis Domini triumphum celebratas,
a Mamerco Epifcopo inftitutas, dum urbs multis terreretur prodigiis: qua
procul dubio litanıis et precibusfiebant. Side». Apollın. lib. VII. Ep. ı. aduerf. Gothos taliainftituta narrat.
162
13. Ohne allen Zweifel hat denen rechtfchaffe-
nen Chriſten das von Chriſto empfohlene Beten
im Herzen gelegen, das im Geift und in der
Wahrbeit gefchehen follte. Er hieſſen fie recht
dasjenige viel beten, “bey BOtt durch eine lang-
„wierige und heilige Erweckung des Gemuͤths an-
„klopfen: weil doch diefes Werk meijtens mehr
„mitSeufzen alsReden,mehr mit Weinen als Aus⸗
„ſprechen gefchieht. Er, der HErr, hatte befann-
„ter maflen alles durd) das Wort erfchaffen, und
„alfo fuchte er auch Feine Menfchenworte, y).
Wer hätte da die Macht des H. Geiftes und fein
MWohlgefallen binden wollen, da, wie es einer
feßr genau befchreibt, “er bald ausbrach in die
„Rlagen der Traurigen, in Seufzen und Schlu:
„Een der Schmerzbaften , in gefchmwindes Ge—
„ſchrey und Ausruffen des Erſchreckten? Sollte
„da etwas Die Gewohnheit, oder die Vernunft,
„oder Bevachtfamfeit thun Eonnen ? Alfo, die bren⸗
„nende und heftige Liebe, fonderlic) die göttliche,
„wenn fie ſich nicht mehr halten Fann, achtet fie
„nicht eben, mit was vor einer Ordnung ober
„Geſetze, oder Wenigkeit der Worte fie ausbre-
„che, wenn fie nur feinen Verluſt davon bat.
„Bisweilen verlange fie nicht einmal Worte, bis-
„weilen gar feine Stimme, und ift mit Seufzen
„vergnuͤgt. Wer follte da noch eine wohlgefeßte
„Rede oder folenne Worte fordern? Was wollte
* „man ſolchen Bewegungen vor Regeln und Ge:
„ſetze vorfchreiben koͤnnen? Es gilt hier Feine Mo-
„deration, Feine eingerichtete Ordnung, es bricht
„aus vor jich felbft, auch wenn man nicht will,
„oder es nicht weiß, aus Dem Innerſten des Her-
niens,z). Eben fo hielten fie es auch mit der
Kürze oder Länge des Gebets, und überlieflen es
eines jeden Gutachten und Freyheit, bemerfeten
auch dabey, daß dem HErrn die Pharifaer auch)
deswegen mißfallen hatten, weil fie lange Gebete
vorgewendet. Match. 23,14. Dabero einige lie-
ber oft und kurz, als lang und mit Berdruß, oder
Gefahr allerhand Berfuchungen, zu beten vie-
then a). Insgemein aber fahen fie gern, daß
viel Plapperns vom Bebet hinweg blieb, denn
das hiefle nur, eine noͤthige Sache mit über-
flüßigen Worten anzeigen. Hingegen viel be-
ten bieffe: bey GOtt mit einer langen Erwe⸗
Kung des Herzens um erwag anhalten. Alſo
thaten es fonderlich die in der Einſamkeit in Egy⸗
pten mwohneten,, “daß fie zwar ofte, aber fehr
Br 7
2.8. Don der erften Ehriften gemeinem und fonderbarem Bottesdinfl..
„kurz beteten, und gleichfem nur lauter Stoß—
„gebetlein, damit nicht ihre Andacht und Aufz
„merffamfeit durch Die Sangroierigfeit verſchwin⸗
„den möchte, b). Sie mußten wohl, daß ber
Herr auch ganze Nächte im Gebet verharret hats
te; aber fie machten einen Unterfcheid unter den
Worten, und der Begierde und Andacht des Her-
zens, welche fie freylic) immer zu behalten wuͤnſch⸗
ten °). Denn darauf fahe ja Der Bater im Him⸗
mel fonderlic), und durfte alfo der Worte nicht
erft d), welche auc) wol Heyden machen Fonnten.
Matth. 6, 7.8.
14. Eben fo bielten fie es auch mit dem Laut⸗
beten , dawider fie zumeilen eiferten , wenn fie
merften, daß es von einigen zum Schein, oder
andern zur Hinderniß gefchabe. Siehe $. u.
Da fie es ſonſten vor gut hielten, wenn, fic) oder
andere zu erwecen, mit lauter Stimme gebetet
wurde. Wie, fie denn auch in den übrigen Um—
ftanden und Stellungen des teibes beym Gebet
niemand etwas vorfchrieben, fondern es der Wir—
fung der Gnade in einem jeden lauterlicy, nach
der Vorſchrift görtlichen Wortes, überlieffen.
Denn fie erklärten fich ausdruͤcklich alfo: "Wenn
„man Die Begierde zu beten nicht ſucht, fondern
„ins Herz befommt, fo muß es nicht verfcheben
„werden, der Menfch mag da angetroffen wer-
„oen wie er will, daß er etwa fuchen follte, zu
„ſitzen, oder zu ftehen, oder nieder zu fallen. Denn
„vie Abficht des Herzens machet dafelbft Sor—
„gen, und vergißt fich oft fo, daß fie nicht weiß,
„in was vor Poſitur des Leibes ſie geweſen -). Es
„iſt uns nicht vorgefchrieben, wie der Leib zum Ge=
„bet ſolle eingerichtet feyn, wenn nur das Herz
„vor GOtt gegenwärtig feinen Vorſatz ausrich⸗
„tet: Denn bald ftehen wir im Geber, wie der
„zöllner, bald figen wir, wie David und Elias:
„Und wenn wir auch nicht im Liegen beten vürf-
„ten, fo ftünde nicht geſchrieben: Ich ſchwemme
„mein Bette des Nachts, f). ynzmwifchen wuß⸗
ten fie gleichwol, daß die Bewegungen des Her-
zens meiftens den Leib auch zu der oder jener Stel-
lung ohne Gefuch oder Zwang mit zu bringen
pflegten. Die aufferlicben Beberden wären
doch immer Zeichen und auch Wirkungen
dcs inneren 2). Wenn nur Feine Heuche—
ley fich mit untermengte. Alſo befchrieben fie
nun ihre Geberden hierbey , mie fie fie an fich
und andern angemerfet hatten: *Biele ae
„da
"y) Auguflin. lib. de Orando Deo ad Probam c. 10. 2) Bernhard. ferm. 67. in Cant. a) Caffianus Collat.X.
«5. b) Auguſt. l. e. c) Chryfofl. Hom. Diuerf. hom. 12.
d) Chryfof.1.c. e) Auguſtin. LI. ad Simplic-
u. 1V. f) Eucherius Comm. lib. II. in Reg. c. 48. ap. Centur. Magdeb. V. c. 6. P. 371. 8) Chryfofk,
om, 52. in Ioh.
*
9F
=
m“
®
1.Cap. Don der erften Thriften Gebet zu GOtt. 163
„daß fie fich zur Erden niedermerfen, das Haupt
— ‚ beiffe Thraͤnen dabey ——
„innerlich heftig ſeufzen, die 3 ausſtrecken,
„und ſonſt viel Fleiß darinne bezeugen h). Die
Betenden machens mit ihrem $eibe, wie es Sup⸗
„Plicanten und Fußfälligen anftehet, daß fie die
„Knie beugen, die Hände ee zur Erde
„rallen, und fonft allerhand fichtbarlich chun, ob-
„wol ihr unfichebarer Wille und Meynung GOtt
„befanne ift, er Feine Zeichen bedarf, daß
„ihm das menf Herze offenbar werde, fon-
„dern daß fich Der Menfch vielmehr dadurd) felbit
„ermuntere, demuͤthiger und heftiger zu beten und
„ju feufjen,,i), Bey diefen allgemeinen Zeug:
niffen will ichs bewenden laflen, und die ſonder—
baren Gebräuche nicht alle ducchgehen, die entwe-
der aus Aberglauben oder andern unnuͤtzen Abfich-
ten in folgenden Zeiten, da man auf das Auffer-
liche verfiel, auftommen find. Es find folche
Dinge ſchon von vielen andern aufs genauefte be-
fhrieben, und Bier dienen fie wenig zur Machfol-
ge. Mur noc) etwas zu gedenken, fo beteten die
Männer mit bIoffem Haupte, wie fie ausdrück-
lich befannten , und zwar, weil fie ſich nicht
ſchaͤmten k): Die Weiber aber mit beveckten
Häuptern, nad) des Apoftels Anordnung, ı Cor.
11, 4. Davon einer ein ganzes Buch fehriebe 1),
und diefe Weife miederum,einführete. Sie bete:
ten auch mit ausgebreitefen Janden, als wel:
che unfcbuldig waren, wie fte vor den Feinden
ruͤhmten m): welche, wenn fie es fahen, fpotte-
ten je der ‚armen Cpriften, und fagten, fie zaͤh⸗
ken die Wolfen unter dem Bebet n). Paulus
wollte gleich anfangs reine Yande aufgehaben
miffen, ı Tim. 2, 8. welches feine Saul
den Ihrigen aud) einprägten 0), und dem Aber:
glauben des Haͤndewaſchens vor dem Gebet fteuer-
ten p), den etliche von Juͤden und Heyden in die
Gemeine einführen wollten 9). as aber das
Aufheben der Hände bedeuten follte, zeigten fie
denen Unmiflenden, nemlich, “weil die Hände
„viel —* Thaten dienen, fo müßten fie deswe-
„gen au BE werden, daß fie auch der Dienſt
„des Gebets von der Bosheit abziehen möchte,
„damit man fe nicht befchäme, und ihnen die
„Freyheit raube durch Sünden, r). Daß diefes
— in der Form eines Kreuzes geſchehen,
mweifen uns die Worte Tertulliani s), die wir
ſchon gehöret, und eines andern : ae Häne
„de ausſtrecken iſt ein Zeichen des gefreuzigten
„Heilandes, das wol ein jeder Betender ehun
„follte, doch nicht die Aehnlichkeit nur zu geiz
„gen, fondern in der That felbft, und aus Liebe
»gegen feinen Heiland. Denn wie ein Gekreu⸗
„Figter gewiß genug ftirbt, alfo foll auch billig
„ein jeder Beter die Lüfte feines Fleiſches und jede
„unordentliche Begierde tödten,, t), Und noch
eines andern: “Wir follen mit aufgehabenen
„Händen beten, damit wir das Leiden des HErrn
„auch mit den Geberden unferer Glieder vor
„itellen u).
15. Inſonderheit war das Anien unterm Ges
bet durchgebends gemein, und zwar nach den
Erempeln der Heil. Schrift Neuen Teftaments,
Math. 17,14. Marc. 1, 40. $uc. 5,8. und des
Heilandes felber, Luc. 22, 41. 45. der Apoftel und
Juͤnger, Apoſtelgeſch. 7, 59. 60. c. 9, 40. c. 20,
36. 0.21, 5. Ephef. 3, 14. Alfo wird von den
Maͤrtyrern gefagt, daß fie in ihren Möthen auf
die Erde gekniet, und zwar nach der gewoͤhn⸗
lichen und eigenen Weife der Ebriften x):
Von denen auch ein anderer fchreibt, es fepdurch
ihr Anien und Saften die Dürre (durd) ei-
nen Regen) vertrieben worden y): der fonft
diefer Gewohnheit fehr ofte gedenft. Wiederum
fagen andere: Wir beugen die Knie im Geber,
„und kehren uns aus allen Gegenden der Welt
„gegen Morgen zu, wern wir beten z). Wenn
„wir die Knie beugen, und ung wiederum auf
„richten, fo weifen wir wirklich, daß wir durch |
„die Stunde zur Erden gefallen.find, und durch
„die Güte des Schöpfers wiederum in den Him⸗
„mel geruffen werden, a), Welche Bedeutung
der Demürbigung die Alten fehr ofte anzei-
gen b), mie auch eine eiferige und ernite
Anbetung GOttes c). Und diefes thaten fie
nicht allein ingeheim fir ſich, fondern auch öfz
fent⸗
h) Id. hom. 68. Tom. VI. Opp. i) Augu/f. de Cura pro Mort. c. 5. k) Tertull. e. 28. Apol. 1) Lib. de
Vel. Virg. m) Ib. c,
Chryjoft. hom. 6. in ı. Tim. et alibi.
28. n) Ib.c.24. 0) Clemens Rom. ad Cor. p. 32. Clemens Alex. Str. VI. p. 670.
p) Tertull. de Orat. c. 11. Cyrillus Hierofol. Catech. V, Musay. Chryf.
„hom. 43. in ı Cor. et hom. 6. in ı Tim. q) De Romanis teftantur P/urarchus in Marii Vita aliique, de
Iudxis Pocokius Not. ad Portawı Mofis c. 9. p. 388. X) Chryfaß. in Pf. 141. s) Tertull. Apol, c. 39.de Orat.
c.ı1. t) Aferius hom.de Prec ap. Photium Cod. 271. u) Maximus T. — hom. 2. deCruce et Sepult,
Doin. Exempla habent Conflantini quidem Eujebius lib. IV. Vit. Conft. c.15.a
lib. VI. Rom. Subterran, c. 20. x) Enfeb. lib. V.
H. E.c. 5.
iorum ex imaginibus Aringus
y) Tertull. ad Seap. c.4. z) Lib. de Cer.
Mil. c. 3 lib. adu. Iud. c. 10. et lib. III. adu. Mare. c. 18. Origeres hom.5.inNum. a) Bafıl. M. de Spir. S.
e. 27. b) Eucher. lib. UI. in Reg. c. 58. Anshelmus in Epift. ad Epheſ. c, 3. etc. €) Chry/.hom.32,in ı Cor.
— *
— P
N
F Tan 2
“ *
164 2. B. Von der erſten Chriſten gemeinem und ſonderbaren Gottesdienſt.
fentlich ſchaͤmete man ſich gar nicht, niederzufal-
len vor der hoͤchſten Majeftät, und fic) gleich-
fam da in den Staub zu legen, ohne Unterfcheid
des Stands oder Gefchlechts. Dazu ermahnete
ein treuer Lehrer feine Gemeine, als es ohne Zwei⸗
fel mochte unterlaffen feyn: “Ich bitte und er-
„mahne euch, liebften Brüder, daß, fo ofte man
„betet, ihr nicht allein die Herzen, fondern aud)
„die Leiber treulich beuget. Denn ich fehe, wenn
„der Diaconus ruffet: Laſſet uns knien, daß das
„meifte Volk als Seulen aufgericht ftehet, wel⸗
„ches denen Ehriften weder anftehet noch — |
0
„indem in dev Gemeine gebetet wird,, d).
thaten fie auch insgeheim, wenn fie alleine bete-
ten, als wir DS genannt Juſt, lefen, daß
er ſtets auf den Knien gebetet, fogar, daß auch fei-
ne Knie alles Fühlen verloren von dem ſtetswaͤh—
renden Miederfallen e), Don Martino weiß
man faft dergleichen £), wie auch von vielen an-
dern g), die entweder im Gebet die Knie nur,
oder auch den ganzen Leib gebeugt und zur Erden
geleget haben. Wie abermal ein frommer Lehrer
die Seinigen , ohne Zweifel aus guter Meynung,
vermaßnte, “Daß wer ja aus Schwachheit nicht
„knien oder den ganzen Leib und Rücken beugen
„eönnte, er doch zum menigften das Haupt oder
„ven Hals kruͤmmen und bücken möchte, h). Von
dem Gimeone Stylita fehreibet man, daß erbis-
weilen ganze Nächte durch im Geber gelegen, und
fih alfo-gebücker habe, daß er mit feinem Haupt
Die Füffe berüßren fönnen i)., Daß aber nachge-
bends nicht follte in dergleichen Aufferlichen Bezei⸗
gungen viel Schwachheit und Aberglauben mit
untergelaufen feyn, ſtehet nicht zu leugnen: da
man nicht allein eine Reßerey draus machen woll-
te, wenn einige nicht im Gebet Fnieten, fondern
aufgericht ſtunden k); fondern auch im Pabftehum
ift nach und nach die Sache ganz zum Mißbrauch
gediehen durch den Zwang und Meynung des Ber:
dienfts. Sehr mwunderlic) ift es, was unter an-
dern die gottlofen Priefter von den armen Wal-
denfern angemerfet haben, und als Feßerifch ver:
worfen, nemlih, “daß fie ihre Knie beugten auf
„die Erden, und fic) etwa auf eine Banf fteuer-
„een, und fo lange im Gebet verharreten, bisman
„wol dreyſig oder vierzig Water Unfer fprechen
„fönnte: und diefes thaten fie dazu alle Tage,
„ivenn fie bey ihren — waͤren, vor und
„nach Eſſens, und des, Nachts, auch früh und
„ven Tag über etlichemal,. Und was verglei-
chen Feßerifche Kennzeichen mehr von den Baali-
ten erzehlet wurden 1).
16. Der HErr Cave bemerket fonderlich von die⸗
ſem Kniebeugen, daß es des Sonntags und in den
Tagen zwiſchen Oſtern und Pfingſten niemals ge
fchehen ſey, welches auch unterfchiedeneZeugnifle be⸗
jtätigen. Siehe en Erftes Ehriftenthum ı. Be
9. C. p. 301. u. 7. E.p.172.u.205. Allein, daß diefe
Weiſe nicht durchgaͤngig zu allen Zeiten in Acht ge⸗
nommen worden, ſiehet man aus dem Exempel Pau⸗
li ſelber, der eben zur Zeit vor Pfingſten am Ufer nie⸗
der kniete und betete. Ap.gefch. 20,36. So waren
zwar auch die Abſichten der aͤlteren Chriſten hierinne
gar fein, nemlich die Erinnerung der Auferſtehung
Chriſti und ihrer eigenen, welche auch Petrus Ale⸗
xandrinus anfuͤhret m): aber gleichwol iſt es offen⸗
bar, daß es hernach zu lauter Gewiſſenszwang wor⸗
den, da man, wie es Herr Cave p. 173. ausdruͤcket,
ſchon auf dem Concilio zu Nicaͤa dieſe A
jo hitzig beſtritten und verfochten hat, und in dieſem
und dem andern zu Conſtantinopel ein Gebot daraus
gemacht n). Darüber denn gleich Derrechte freye
Gebrauch, die reine * heilſame Abſicht, und alſo
das ganze Weſen der Sache, ſo zu reden, verloren
wurde : daher fie zudem Unterſcheid der Tage mit zu
zehlen war, Gal. 4, 10. nimmermehr aber die Apoſtel
u ihren U — haben konnte; wie der Autor der
Fragen und Antworten beym Juftino haben mwillo).
Naͤchſt diefer befchreibet Herr Cave p. 302.1. f. die
Gewohnheit der Alten gegen Morgen zu beten, wel-
che der gedachte Autor gleichfalls ohne Grund den
Apofteln zufchreibt p). Bafılius geftehet vielmehr,
daß fie diefelbe aus Feiner Schrift gelerner haben:.
„WelcheSchrift hat uns doch gemwiefen,daß wir ung
„im Gebet gegen Morgen Fehren follen,,? fraget
er g): dem auch Damafcenus beyftimmt. Biel-
mebr ift offenbar, daß es fehon unter den Heyden
gewöhnlid) geweſen r): obgleich die Chriften, fo
viel ihrer dieſe Gewohnheit behalten, fie gereini-
get, und von der natürlichen Sonne, die jene an-
beteten, auf Ehriftum mögen gezogen haben s).
n=
d) Cafarius Arelatenfis hom. 34. e) Eufebius l.c. 23. H.E. f) Sulpitius Senerus Vita Mart. n. 15. g) De
Carthaginenfibus vid. Auguffin. XXI. de Ciu. Dei e. 6. de tota Ecclefia Clemens Alex. Stromatum fine.
Pfeudo-Clemens Conftit. Apoft. lib. VIII. c. ız. Walafridus Strabo de Reb. Eecl. c. 25. et alii.. h) Ce/arius
ferm. 285. in Append. nouif: Auguftini. i) Theodoretus in Vitis Pat. k) Damaſcenus de Hxrefibusn. gı
ap. Cotelerium To. I. Mon. Gr. p. 323. 1) Ex vetufto libro Inquifitorio Caralogus Teſtium Verit. p. 759,
m) Epift. Can. €. 15. p. 23. Synodici Tom. I. n) Synodus in Trullo ce. 90. 0) Queft. 115. p) Quæſt. ug,
9) Lib. de Spir. S. c. 27. vel potius Audtor laruatus (v. Coc#s Cenf. Scr. p. 246.) x) Tertuil. Apol. ec. 16,
Apuleins lib. II. et de templis. Vitruuius lib. IV. c. 5. 5) Ita iudicat Zoh. Arndins de Superftit. c. ILL n. 73,
a
u
=
u. Cap. Don
See diefes wohl einevon den wichtigften
bfichten hiebey, daß fie auf das Paradies gefe-
hen, ı3.Mof. 2, 8. und dabey GOtt gebeten, und
verlangt, daß er fie doch wiederum in ihr altco
Hand bringen möchte t). Alſo fuchten fie
ihr altes Daterland un fzeten immer dar-
nach; wie Damaſcenus redet u), und mit ihm
viel andere x). Welche eualeid) der Wiederfunft
des Herren u von Morgen fich dabey erin-
nerten
y).
17: ie tollen noch zwey Limftände ihres Ge:
bets Fürzlich anfehen,nemlich die Zeit und den Ort,
und hernaͤch zu nöthigeren Anmerfungen fortge-
ben. Bon diefem hatten fie aus dem Munde des
Errn ſelbſt gehört, daß die Zeit kaͤme, da fieden
ater an feinem gewiffenDrt follten anbeten, Joh.
4,21. und von Paulo, daß fie an allen Orten
beten follten. ı Tim. 2,8. *EHriftus (fagten fie,)
„bat mit feiner Zufunft jeden Ort gebeiliget, alle
Plaͤtze ftehen zum Gebet offen: Die ganze Er:
„de ift heiliger, als der Ort, der damals im Alten
„ZTeftament das Allerheiligſte hieß ). Man muß
„das Heilige nicht an gewiſſen Dertern, fondern
„in dem Thun, Leben und Sitten fuchen : Wenn
„diefe nach des HErrn Gebot befchaffen find, fo
— nicht, du ſeyſt im Heiligthum, ob du
„gleich auf dem Markt oder gar auf dem Echau-
„plaß wäreftz,, welches fie aus Pauli Erempel
p. Geſch. i9, 31. bemwiefen 22 ber hievon foll
bald mehr geredet werden. enn ihnen aber der
HErr befohlen batte, in NG Kämmerlein zu ge
hen, und zum Vater im Verborgenen zu beten,
Maͤtth. 6,6. fo fehloffen fie daraus, “daß fie an
„allen Orten beten dürften, und daß das Geber
„der Heiligen auch im Gefaͤngniß, unter den wil-
„den Thieren, im Feuer, im Meer, und anders:
„wo dom HEren aufgenommen werde ,, b). Und
ob fie wol meiftens Durch das Kämmerlein das
Innerſte des Herzens felber verftunden; (Siehe
oben $. ı1, und die angeführten Scribenten c) fo
fiehet man doch aus ihren Schriften, daß fie auch
am zu ihrem Gebet einen ftillen, einfamen und
eyen Ort gefucher haben. Ben Berfolgung
mußten fie ohnedem meiftens des Nachts ihrem
GH dienen, mie wir unten erfennen werden:
J und ſonſt richteten fie ſich nach dem Exempel ihres
er erſten Chriſten Gebet zu GOtt.
165
Meifters, “der ſelbſt oft an abgelegene Oerter
gieng, daß er da freyer beten und ſich der Welt ent⸗
„reiften möchte, tie er Denn auch endlich gar feine
„Herrlichfeit den Juͤngern an einem einfamen Or⸗
„te offenbarte,,d). Matth.14,23. c.26, 36. u. ſ. w.
Alfo liefet man bey einem alten Seribenten, der
unter dem Mamen Elementis des H. Petri Nei-
fen befchrieben hat, daß diefer Apoftel in einen Gar⸗
ten allein gangen ſey, dafelbft zu beten e): inglei»
chen, daß er mit einigen andern hinaus vor Die
Stadt an den Seehaven gangen und gebadet
babe, darauf fie mit einander an einen geheimen
Het gewichen, allda ihr Geber zu thun H. Ein
anderer lobet eine fronmme Weibesperfon deswe-
gen, weil fie bey den Denkmalen der Märtyrer
heimlid) ofte geberet, und die Menge des Volks
disfalls gemeidet, fo wol aus Demuth, ihr Gebet
nicht fehen zu laffen, alsauch den Hinderniffen bey
dem Getuͤmmel zu entgeben 8). ‚Sie wußten
freplich, “daß fie GOTT überall hörte, wenn fie
„auch nur innmendig ruften undbeteten h), Ja,
„daß es GOtt viel angenehmer wäre, wenn man
„allen Ruhm vermeiden wollte i), und vor Men:
ſchen verborgen bleiben. Genug, daß GOtt in
„ihren Herzen zugegen wäre k). Diefem brach:
„ten fie ihr Opfer dar, das fie nicht weit holen
„durften: fie Eonnten überall vor ihn fommen,
„daß er fie fegnete 1). !
18. Bon der Zeit werben wir unten bey ihrer
Morgenandahe und Machtverfammlungen et
was bören, ingfeichen wie fie vor und bey Tiſche
gebetet haben. Insgemein hatten fie abermal
des HErrn Willen vor ſich, daß fie allzeit beten
folften. $uc.ıg, 1. ı Thefles,ı7. Daher auch die er⸗
ften Jünger beftändig im Geber blicben,
Apoft. Gefch. 2,42. welches wir auch fehon von
Jacobo Bone haben $.15. Go fordert Igna⸗
fius von Polpcarpo in dem Schreiben an ihn,
er follte ohn Unterlaß beten, wachen , un
einen muntern @eift haben. Und dieſer
felbft von denen Wittwen, daß fie für alle un«
aufhoͤrlich beten, in dem Brief an die Philip:
per, Und ein anderer vonallen Weibsperfonen,
„daß fie an allen Orten und Enden, und zu als
„ten Zeiten die Regel des Apoftels in acht nehmen
ſollten, und bey allen Gelegenheiten ihres GOt—
£&3 tes
*
t) Bafıl.M.l.c. u) Lib.IV.Orthodox, Fid. c.13. x) Gregor. Nyf.hom. 5. in Orat. Dom. Chryfoß. et Theodo.
retus in Gen. II. P/eudo-Clemenslib. II. Conftitut. Apoft.c.61. y) Clemens Alex. Strom. VII. p. 727. Atha-
nal, qu.37. ad Antioch. Dama ſcenus l. e. Corippus lib. 1. 2) Chryjof.hom.z2.deCruceetLatrone. a) Cyril-
Ins Alex. lib. XII. in Leuit. b) Hilarins can.5.
inMatth. ©) Idem in Pf. ug. Auguffinus de Magiftro c. ı.
‚Caflianus collat. X. c.35. d) Tersullian. ad Mart.c.2. e) Lib.VI. Recognit. p. 99. f) Id.lib, VIIL p.ı16.
) Hieronymus de Marcella Epift.16. ad Principiam. h) Auguf. in Pl. 137. 3) Chryjoß. hom. 44. de#ehte
oh. et Pauli. k) Bernhardus de Int. Domo c.48. 1) Augufl. in Pl. 41.
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166 2.3. Don der erften Ehriften gemeinem und fonderbasem Bottesdienft
— — — — — — — — —— — — ñ —ñ —ñ — — —ñ —ñ —
‚tes gedenken,„m). Welches ſie denn ſonſt auch
me trieben, und es einem Chriſten für hoͤchſt
ſchaͤdlich achteten “wenn er nicht unaufhörlid)
„betete, und das Licht EHrifti alfo nicht immer
„in fein Herze laffe n). Das müßte ja allzeit ge:
„übet werden, was allzeit nüglic) {ey „, 0). Der
HERR habe befohlen, nicht immer zu arbeiten,
zu a ‚ ju wachen, fondern nur ohne Unterlaß
zu beten: weil jene Dinge zwar auch das Gemuͤth
erfordern; dieſes aber ohne Huͤlfe des Leihes, und
alſo ohne ſeine Schwaͤchung geſchehen kann p).
Niemand aber entſchuldigte ſich da mit der Un-
möglichkeit des ftetigen Gebets, fondern die ge-
horfamen Kinder wußten in dem Lichte des Heil.
Geiſtes die Sache ſich und andern ſehr weislid)
vorzuftellen. Memlich zuforderft, Daß ihr gan-
„5.8 Leben und Wandel fo befchaffen war, daß es
„nor dem Angeficht GOttes als ein Gebet ange:
ſehen wurde. Denn fo fonnte die Seele ohne
Aufhoͤren Durch die Begierde des Glaubens vor
„ihrem Scyöpfer ftets ftehen,„g). Alſo lieffen fie
ihr Heben ein ftetes Bebet feyn r), und waren
nicht fo alber, daß fie ſtets hätten ihre Knie beu-
gen, den Leib niedertverfen, die Hände aufheben
wollen; fondern fie meynten das ftete Derlan-
gen nah GOtt und feinem ewigen Sabbath,
das fie behielten, fie möchten aͤuſſerlich thun was
fie wollten: dis war ihre ftetige Stimme s), Sie
Eonnten ihren Leib wol ruhen laſſen, zur Noth—
durft , und dennoch ohne Unterbrechung beten,
und das Geber im Werfe ausüben t). Wer al:
fo immer auc) äufferlich zu beten pflegte, der muß-
fe den andern nicht verachten, der indeffen arbei-
tere, noch der Arbeitende den Betenden; fondern
ein jeder Eonnte das Seine zu GOttes Ehren
hun, und dennoch fonnfen fie beyde ohn Unter-
laß, nach diefem Berftand, betenu). Es gad aber
in dem vierten und folgenden Seculis Leute unter
den Mönchen, welche man Euchiten nennte oder
Betende, dieaus den Worten CHriſti und Pau:
Li fchloffen, man müßte ftets auch Aufferlic) dem
Gebet obliegen. Daher fie, nach dem Zeugniß iß-
ver eigenen Feinde, fo viel beteten, dafs es die für
unglaublic) bielten, fo es nicht felber gehöret x).
Sb fie nun wol hierinne ivreten, fo mochte doch
ih.r Gehorſam und Treue gegen des HEren Wil-
len nicht eben fo zu verwerfen, viel weniger, wie
man damalsthate, für eine Ketzerey auszufchreyen
m) Tersull.de Vel. Virg.p.504. n) Chryfof.lib. I.de
feyn : davon aber unten ein mehrers. Beffer und
glimpflicher begegnete vn ein alter Vater, Lus
eiusgenannt, da er fie fragte, ob fie auch Affen
und ſchliefen? und als fie es niche leugnen konn⸗
ten, weiter fragte: Wer denn zu der Zeit für
fie betete? Darauf er ihnen zeigte , wie er. gleich-
wol bey feiner Handarbeit ohne Unterlaß betete, _
und was er erwuͤrbe, davon gabe er den Armen,
die denn auch zu der Zeit für ibn beteten, wenn er
ſchliefe oder fpeifete y). 1
19. Wenn aber jemand von dem äufferlichen
mündlichen Gebet frage, wie ofte fie denn gebetet
haben; fo iftdie Antwort erftlich, daß es fehrofte
gefchehen. Denn man hielte das für hoͤchſt nos
ehig, “Im Gebet immer. zu beharren, mit veinem
„Gewiſſen und Glauben fein Verlangen ftets zu
HÖDEE zurichtenz). Keinen Eckel an dem Bitten
„zu baben, da die Güte des Gebers nicht müde wird
„zu geben,„a). Da galt feine Entfchuldigung,daß
fie zu viel zu verrichten hätten: Denn entweder fie
brachen eine Eurze Zeit den zeitlichen Dingen ab,
oder behielten doch ein aufgehaben frey Herz zu
GoOtt, dadurch ſie doch ein vollfommen Geber vers
richten fonnten. Es kann auch, (forachen fie,) ei⸗
„ner lange beten, der auf dem Markt oder Kat
„baus herum gehet: Es Fann einer in der MWerf-
„ſtatt fißen, und, zum Erempel,nehen, und dennoch |
„eine Seele GOtt immer aufopfern. Esdarfgar
„wohl ein Diener, wenn er einfauft, ab: und zus
„geht, ein Koch , und dergleichen, dennoch mol
„beten, wenn er auch nicht in die Gemeine kom—
„men kann. Denn GOTT fcheuer feinen Dre,
„ondern das Einige fordert er, ein andachtig
„Herz und nüchterne Seele. Paulusbetete auch
„im Gefängniß, im Stock und Eifenliegend, und
„beivegte doch die Örundveften des KRerfers,, b).
Darum leugneten aber fie nicht, daß fie taͤglich zu
GOtt ihre Zaͤnde aufbüben, und die Barm⸗
herzigkeit GOttes ſehr ofte im Gebet ſuch⸗
ten c): Wie dorten einer von Pontitiano, einem
Glaubigen, gedenft, daßerofte vor GOtt mi
vielen und langen GBebeten nieder gefallen
fepd). Und ein anderer geftehet, daß fie insge⸗
mein ohne Unterfcheid allenthalben geber
haben e). Sonderlich aber gefchahees deſto oͤſte
je mehr ihnen etwa Gelegenheit dazu gegeben wu
de: wie alfo die Apoftel ſamt den Juͤngern bey wich-
tigen Berrichtungen zu thun pflegten, Apoſt. Geſch.
6
’
OrandoDeum. 0) Tertull.Exh.adCaft.c. 10. p) Ena-
grius c.49. ap. Cotelerium Tom. III. Mon.Gr.p.95. q) Caffiod. in Cant. c.1. Gregorius M.inıReg.I. r)Caf-
hanus Collat. VIIL.c.2. s) Auguf. in Pf. 37.
t) Hilarius in Pf. 1. etıgı. u) Macarius hom.3.
x) Fate-
tur Auguflin. de Hxref. adQ.V.D. in 37..aliique infra producendi. y) VitePP.Gr.lib.V.c.ı2.n.9. 2) Am.
brof,adEph.6. a) Caffodor.inPL.ıg. b) Chry/of.hom.79. ad Antioch.
19. d) Augufl. lib. VLRL. Confefl;e; 6.
c) Salniannslib. I.de Gub, D. p.
% ‘
w
6,6. €. 10,9. c.14, 23. auch bey ihren geiftlichen
—— und dergleichen. Alſo
verſichert Socrates von einem, Petirus genannt,
daß er an ſeine Betrachtungen allzeit ein Ge⸗
bet angehaͤnget babe f),. Welches man denn
auch in vielen Schriften der Alten Dapmeipıen
Fann. Maſſen diefes einmal bey ihnen gewiß
„war: Wer eine Rede oder Berrichtung —
„der kann keine beſſere Ordnung halten, als daß er
von Gott anfange, und in GOtt wiederum be-
»g) Drum ſchrieb jener dieſe Art den
en vor: «Man muß nicht eher Speife neh:
he man Be hat; nicht eher aufftchen,
ın dem Schöpfer gedanfer. Wenn man
eher, muß uns das Geber wapnen ; wenn
„wir eingeben, müffen wir zuvor beten, ehe wir nie=
„derſitzen. Der teib darf nicht ehe ruhen, bis die
„Seele zur Ruhe kommen ift;h). Welches fie
denn oßne Zweifel auch damit anzeigten und übe-
ten, wenn fie bey folchen Gelegenkeiten die Form
des Kreuzes vor ſich machtens weiches der *
Cabve zur Gnuͤge dargethan hat im ı Th. 0.Cap.
u 275. der auch von den gewiffen Etunden des
Gebets etwas meldet p. 214. und es recht eine Juͤ⸗
difche Gewohnheit nennt, Daneben aber auch nicht
ohne Uxfach zweifelt, ob fie eben fo genau und
punctuel in ihrer Hausandacht dabey geblieben
ſeyn. Zum wenigſten hielte manwiefes für einen
guten mi daß der, fo etwa den ganzen Tag
weltlichen Gefchäften beladen geweſen, we:
ens nur eine Stunde zum Geber anmwendete,
nd fein innerer Menfch alfo von der Welt ab-
gezogen und zu GOTT wilderum geſammlet
Ai ⸗
wuͤrde i).
20. Ber im übrigen allein den wahren leben⸗
digen GOTT angebetet haben, wird niemand in
Zweifel ziehen, der ihren Glauben, Liebe und Ge—
Di ausdem vorhergehenden Buch erfannt hat.
aß fie auch in dem, was ſie gebetet, groffe Vor:
fihtigfeit und Unterfcheid gebraucher,, iſt aus allen
ihren Worten und Werfen offenbar. Alle ihre
bete, davon wir noch einige Spur übrig haben ,
} gen auf lauter geiftliche, göttliche und himmliſche
| inge. Ein andersgab die lautere Abficht niche
30, welche war, nurdem Vater in EHrifto wohl
zugofalfen. Ya, man achtete es für “ unmöglich,
daß der etwas unanftandiges bitten follte, der
>
vn m
1. Cap. Don der erflen Ehriften Bebet zu GOtt.
Sie:
167
„doch in ae JEſu fen, und feine Gebote
„hielte k). ollte ein Kind GOttes beten, fo
„bat es lieber groffe Dinge von ihm, ewige, nicht
„vergängliche Güter, daß es ſeyn möchte, wie die
„Engel im Himmel ). Das mufite es bitten,
„daß der Vater ihm das Wefen feines Willens
„darreichte, damit es hie und dort felig wäre, weil
„doch diefes die Summa feines Willens ift, die
„Seinigen felig zu baben„m). Und diefes ſuch⸗
ten fie nun bey ihm in Findlichem Glauben mic
einfaltigen Seelen, nicht allein für fich,fondern auch
füralle Menſchen, infonderbeit für ihre Brüder
und Schweſtern in der ganzen Welt,als esunsim
11. B. am 3. Capitel wird offenbar werden. Das
bey fie ſich nichts anders als einer gewiſſen Erhö-
rung verfichern Fonnten, kraft der uͤberſchwaͤngli⸗
chen Berbeiffungen , die ifnen der HErr zu gefals
len fo gar ofte wiederholet hatte. $uc-ti.,9>13. Joh.
16,23. 24. 1Joh. 5,14. 15. —— uff Ja, ſie
erfuhren wol in der That, daß ihnen der HErr
aus dem Reichthum feiner Güte mehr gab, als fie
jemals ven ihm hätten bitten können m. ch
Fonnte biebey unzählige Sobfprüche von der Kraft
des Gebets aus den Alten berfegen , wo nicht diefe
ganze Erzehlung von der Herrlichkeit der erften Ge—
meinen ein fattfam Zeugniß davon überhaupt abs
ftattete. Mur dis einige erinnere ich noch, daß fie
nicht genug gehabt, von GOtt zu bitten, fondern fich
auch befliffen , das Erbetene wohl zu brauchen, und
die Gabe nur zu erwecken, die in ihnen durchs Ge⸗
bet gelegetwar. Don ihrem Danf ift ſchon oben
ER und von ihrem fterigen wirklichen
ebet oder Verlangen, und Ergebung in GOTT.
Hierbey erkannten fie nun wohl, daß das Herz
bierinnemüffe erbalten werden, wie cs im Bes
bet ſich GOtt aufgeopfert bätteo). Daswar
es, was ein frommer Mann fo ſehr bejammerte,
daß er in feiner Jugend zwar GOtt um feine Re⸗
gierung angeruffen, weil ev von deffen Nothwen⸗
digkeit überzeugt gewefen, aber im Grund des
Herzens doch gewuͤnſcht, daß ihn nur EOtt niche
alsbald angreifen und nad) feinem Willen leiten
möchte. Dahero er auch in greuliche Sünden ge⸗
fallen fey pP). Denn, mie ein anderer ſagt, die
gertgefälligen Werke, und der Gebrauch feiner
erbetenen Gnade find das rechte ftetige Geber und
Reden von feinem Gefeß q) : Und ein jedes Vers
langen der Glaubigen ift ein unaufhörlich Ge—
ſchrey
e) Tertull. adu. Pſych. c. io. f) Lib.IV.H.E.c.23. Gregor. „A ‚ Fuiga i jerony
ad Euftoch. Ep. 22. et in Reg.Mon, ji) —— —— ie a: ——
Ambrof.in Pf. u18. m) Tertull. deOrat.c,4. n) Ambroj.lib, V,
p) Auguflin. lib. VIIII Confeſſ. e. J. q) Hilarius in Pf, 1
k) Cyrillus Alex. lib. X. ın Joh. c. ıg. 1)
inLue, 0) Bernhard. de int, Domo c. 48.
⸗
168
4
2. 3. Don der erften Chriſten gemeinem und fonderbaren Botteodient.
ſchrey vor feinem Angefihter). Beſtehet es alfo und dem HER
nicht fo wol in Worten, als in der That, und in erften Chriften
dem, was man aus Gehorfam im Glauben thut, «Een befchaffen.
N. re
en
r) Id, in Pfal. 141. s) Bedain Mare. IX. adu. Auguſt. lib. II. ad Simplic. qu. 4.
Das 2. Kapitel,
Bon dem Singen der erften Chriften.
Summatien.
Di erſten Chriſten pflegten zu ſingen 6. 1. allerhand geiſtliche Lieder, 2. wie es geſchehen 3.
und Verſammlungen. 4.
ben ihren Liebesmahlen
Das Singen behielte man in folgenden Zeiten bey; 5. man feste aber gemwiffe Cantores
dazu, melche aber almählig auf Comodiantenart zu fingen anhuben, 6 ſo von dem Singen der erfien Chrüften ganz ums
terfchieden war. 7. Mißbrauch der Müfic. 8.
brauchtens auch bey ihrer Arbeit, 10. ohne Unterlaß, 11.
Freude im 9. Geiſt, 14.,
und Gaffen, ſelbſt im Leiden und Marter. 17-
Die erften Chriſten gewoͤhnten fich von Tugend auf zum Singen, 9. ge
fonderlich im Herzen, 12. i
alles GOTT zu Ehren, 15. nicht allein im Herzen, 16. ſondern auch) öffentlich auf den Märkten
Was fle fonderlich gefungen. 18. .
zu reichlicher Erbauung 13. umd
§. 1.
Reben dem Gebet war unter den aͤuſſerli—
chen Uebungen das Singen nicht die ge-
ringfte, als welches ſchon im Alten Te-
ftament gar fehr getrieben ward: Und dahero be-
hielte der Heiland ſelbſt und brauchte die Pfalmen
und obgefange der Juden. Matth. 26,30. Dem
die Apoftel folgten, und nicht allein felber im Ge-
fängniß fungen, Apoft. Gefch. 16,25. fondern auch
die Ihrigen dazu freulih anmahnten, Coloff.3,
16. ı Cor. 14,26. Eph.5,19. Jac.5,13. Dbaber,
und wenn die erften Chriften angefangen vor fic)
felbft Lieder zu machen, ift nicht fo gar nach allen
Umftänden gewiß a). Das liefet man wol bey vielen,
mie % die Sache felbft von dem HErrn und fei-
nen Apofteln Berführen, und aufihre Erempel und
Befehl gründen b), auch ic) dabey auf die allge-
meine Gewohnheit der Ehriften getroft beziehen,
daß alfo an dem Alterthum derjelben gar Fein
Zweifel überbleibt e). Sie hieltens auch fehon im
erften Jahrhundert zu Zeiten Kayſers Trajani
fo, daß auch die Heyden Davon zu fagen mußten.
Plinius fihriebe von ihnen an diefen Monarchen,
fie pflegten an einem gewiffen Tage vor det
Sonnen Yufgang zufammen zu kommen,
und Chriſto, alseinem GOtt, ein Lied zu fin-
gend). Dergleichen Zeugniffe aus den allererften
Kirchenferibenten im Fortgang vorkommen wer-
a) H, Valefius Diff. de Therapeutis ferius hymnos a Chriftianis compofitos et poft Antoninorum tempora de-
den. Socrates und aus ihm Ylicepborus lib,
Xu. c.8. erzehlet unter andern von Ignatio, daß
er in einem Gefichte die Apoftelgefehen, wie fie Die.
H.Dreyeinigkeit mit Lobgefängen einer um den an⸗
dern im Himmel gepreifet hätten: welche Art zu
fingen , (Antipbonien genannt) er der Gemeine zu
Antiochia gewiefen, Davon es hernach zu andern
Gemeinen ausfommenfeye). Dem fen aber tie
ibm wolle, fo war es doc) bey den Alten insgemein
eine ausgemachte Sache,daß fie ohne den H. Geift
und feine Regierung weder erhörlich beten, noch
Gott gefällig fingen Fönnten, und daß daher diefer
der Urſprung ihres Gefanges feyn müffe. “Und
„wie die Zunge famt dem’ Herzen ihn wuͤrdiglich
„befingen müffe, alfo müffe aud) GOTT alleine
„das fchenfen, was man finge. Niemand aber
„eonne Diefes thun , moferne er nicht von ihm
„enpfange, was er fingen wolle f).
2. Esmangelt aber nicht an uralten Zeugnife
fen von ihren Gefängen, die In unter einander
gemacht und abgefingen Haben. Ueberhaupt
ſchreibt Eufebius aus einem alten Buche vonden
Chriſten, “fie hätten geiftliche Lieder und Gefan-
„ge auf allerhand Arten und Weifen GOtt zu Eh—
„ren aufgefeßt „, 8): Er gedenfet aud) der * Pfal-
„menund tobgefänge, die vor Alters von glau=
„bigen Brüdern gemachet gewefen, darinn wir
„ſtus
mum ait: cui Thom. Bruno de Therap. P-199. redte refpondit, retinuiffe tamen Iudæos Iudaicos , cui ego addi-
derim: et a paganis conuerfis etiam receptos. b) Auguflinus exprefle epift. CXIX. ad Ianuar. c.13. et Cor-
eil. ToletanumIV. c.ı2. c) Bafıl. M.Epilt.6. ad Neo-Cef. Cler.
d) lib. X. epift.97. quo prouocat Terrul.
lianus Apol.c.2. e) Lib. VI.H.E.c.8. a Valeſio quidem in dubium vocatur in Not. adh. I. p. 78. et a Zoach.
Hildebrando Rit; Orant.c. V. th.7. Vid. omnino Per. Haloixius c. 5. Vitz Ignatii. f) Augu/fin. in PL. 34.
&) Eufebins Il. H.E. c. 17.
*
*
—
2. Cap. Von dem Singen der erſten Chriſten. 169
„tus, das Wort GOttes, als wahrer GOtt gelo-
„bet worden, h), Und anderswo erzehlet er,
wie Paulus Samofatenus folche $obgefange
EHrijti abgefchaffer habe, unter dem Vorwand,
K wären zu neu i). Sozomenus verſichert gleich-
s von Ephrem dem Syrer, daß, als er geſe—
wie die Syrer durch ſchoͤne Reime und Ver⸗
e Fönnten gewonnen werden „ babe er ihnen der-
feichen verfertiget, die fie bis dahin fleißig ge-
* ). ichen Urheber der Geſaͤnge
finden wir u edliche noch, ob gleich ihre Lie⸗
der faſt alle verloren worden. Von Elemente
Aterandeino haben wir noch einen Lobgefang
EC rifti übrig, der feinem dritten Buch, von der
Enriftlichen Zucht, mit angehaͤngt iſt. Sippoly⸗
tus, oder wer der Scribente foniten iſt 1), feget
in feinem Buch, daß fein Mund Lobgeſaͤnge,
und Preis, und Pfalmen, und geiftliche SLie-
der geredet babe m): von dem auch fonft noch
ein Denkmahl übrig ift, darinnen der Lieder
über die ganze Schrift erwehnt wird n). U-
thenogenes fchriebe kurz vor feiner Marter ein
tied, und hinterließ es den Seinigen 0). Au—
auftinus gedenfer eines Gefanges, den Ambro-
fius gemacht p): und das Concilium zu Toleto
vieler, andern von dieſem und Hilario, welche es
wider die Verächter eingeführer willen will 9).
Dergleichen man noch viel übrig bat von Brego-
rio, Silario, Ambroſio, Prudentio, Drepa-
nio, Sedulio, Damafp, Damaſceno, Sy—
nefio, Cheophane, Werropbane, Sortuna-
10, Beda, Paulo Diavono, Sulberto und an-
Dern. Ja, es ward bey guter Zeitnoch in der Kir⸗
che des Liedermachens fo viel, daß das Conci-
lium zu taodicea verbote, die Pfalmen, fo von
Privatleuten aufgefeget worden, in der Gemeine
zu brauchen r), das ift, von Unerfaßenen, die
nicht vom Heiligen Beift ibnen gleichfam in
die Feder dictirt waren 5). Wiewol ein an:
derer recht Dabey urtheilet, es ſey eben nichts dar ⸗
an gelegen, von wem ein gottfeliger Gefang ge-
macht ſey, wenn er nur nach der Schrift einge-
3. Wir Haben anfangs gefehen, wie etlicye
dem heiligen Ignatio die Art des Singens zu—
freiben, da die alten Ehriften fich in unterfchie-
dene Chöre und Parteyen gleichſam abrheileten,
und alfo den HEren mit ihren tiedern fehr anmu-
thig lobeten, wie etwa" bey uns die Sitaney und
das Lied: HEre GOtt dich Toben wir x. ge-
fungen wird. In den erften Zeiten zwar erhube
ein jeder N Stimme im Singen, und lobeten
fie alfo alle‘ einmüthiglich auch) mit dem Munde.
Wiewol der Here Cave faft muthmaſſen will,
als wenn das fecum inuicem canere beym Pli⸗
nio eben fo viel hieſſe, als die Lieder mic einan⸗
der und eins ums andere abfingen (im 1 Th. c.o.
P-290.), ungeacht erden Uefprung derfelben Sing:
art Janatio nicht abfpricht. Theodorus aber
leget die Erfindung dem Flaciano und Diodoro
bey, daß fie zuerft die Eböre der Singenden
in zwey Theile getheilet haben, und gewie-
fen, wie fie die Davidifche Melodey eins ums
ander fingen follten: ob ev gleich (welches merk:
würdig ift,) geftehet, daß es zu Antiochia erft auf-
fommen ſey u): Welches aud) Suidas wieder-
holet, und die Zeit unter Conftantio feßet x).
Die Art und Weife leget uns ein anderer deutlich
vor Augen, wenn er dieſe Gewohnheit vertheidi-
get, und alfo davon fehreibet: "Das Volk ſtehet
„des Machts auf, gehetvor Tagindas Berhaus,
„und wenn es vom Gebet aufgejtanden, wird es
„zu den Lobgeſangen geführt, da es in zwey Thei⸗
„te geſondert, "eins ums andere ſinget und ſpielet,
„(avrrbdigsıv EAANAcıS) dadurch fie denn ih—
„re Andacht ftärfen, und ihre Herzen fefter ma-
„chen. Dann wird einem aus ihnen aufgetra-
„gen, daß er anfangt, was zu fingen ift, welchem
„oie andern nachfingen: und fo wird in Abwechs:
„lung der Dfalmen und dazwifchen gethanen Ge-
„beten die Nacht Bingebracht,, y). Inſonderheit
it bekannt von Ambroſio, wie er faft zuerſt die—
fe Weife in die Lateiniſche Kirche gebracht habe,
welches ich lieber mit des Scribenten eigenen
Worten (wie ich allzeit nach Möglichkeit thue,)
richtet, und zum Muß der Gemeine gefeget wer- Srzehlen will. Als die Gemeine zu Repland ın
det).
groſſer Bedrängniß war wegen der Berfolgung,
D)] „wach⸗
h)V.c.28. i) VII.c.29. et Epiſt. Synodica Concil. Antiocheni Il. Tom. I. Cone. p. 809. k) Lib- III. c. 16. )Lib,
de Confuinmatione Mundi. m) Vid. Phorius Cod. 202. Cocus Cent. Scr. pP. 227. et Riuerus P. II. Crit. S. e. it. m)
In Latercuio Hipvolyti, quod exhibent Scaliger de Emend. Temp. et Caue Hiſt. Liter, Sec. II. p. 68. qui
hanc ledtionem adu. Moynium vindicat: NAAI. EIC, TIACAC. TAC. TPADAC,
0) Martyro-
logium Romanum d. 18. Ian. euius et Bafıl. M. meminite, 29. de Spir. S. Conf. Thom. Smith Mifcellan.
P-152. p)Lib. IX. Confefl! c.ı2. q) Can. ı2.
r)Can.59. s)Vt explicat Agobardus lib. de ritu can. Pfal.
ap. Valefıum ad Eufeb. p. 153. Alii vt Gens. Herwerus nt vulgares et priuatos, Dienyfius Exiguus ple-
beios. Conf. Gundlingius Obferu. ad h. 1, p. 453. VL.
iander ad can. hunc Centur. III. H. E. lib. III. c. 38.
u)Lib. II.H.E.c.24. x)Invoce xogos. y) Baſil.M.epiſt.63. ad Clex. Neo·Cæſ.
*
—E
re u, A:
. - — — —e —— —
170 2. B. Von der * n Chriſten gemeinem und fonderbarem Gottesdienſt. ‚
—_ en
„wachte das fromme Volk in der Kirche, und
„var bereit, für feinen Auffeher zu fterben. Da
„ftellte man an, daß Pfalmen und Lobgeſaͤnge,
„nach Artder Morgenländer, gefungen würden.
„Und von der Zeit an hat diefer Brauch bis auf
„dieſen Tag gewähret, indem es auch viel ande
„te Heerden GOttes in der ganzen Welt nad)-
„ehun, 2). Sonſt will man. von eben diefem
Manne fehreiben ‚als wenn der tobgefang: SErr
GOtt dich Toben wir 2. vom Himmelherunter
gebracht werden fey, da er Auguſtinum getau⸗
fer, und daß er ihn nebenft Auguſtino auch alfo
wechfelsweife abgefungen habe a), Welche Er-
zehlung vielleicht Daher entſtanden ift, weil die
Seribenten berichten, es fey diefes Singen zwar
von ihnen gefchehen, aber nachdem ihnen der
Geiſt auszureden gegeben habe: Daraus die
Unerfahrnen jene Nedensartgenommen b). Dis
ift aber zum wenigften unleugbar, daß die fatei-
nifche oder Abendlandifche Kirche ſolche Weife et—
twas ſpaͤter angenommen babe. Um den Anfan-
ger bey ihnen laſſe ich mich) jego unbefümmert, und
gehe zu noͤthigeren Anmerkungen e).
4. Sin ihren Zufammenfünften vergaffen fie
niemalsdas Singen, und geftunden aud) vor den
Heyden, daß fie dariinen GOtt zu Ehren füngen,
und zwar nicht allein bey denen allgemeinen oͤf⸗
fentlichen Berfammlungen, fondern auch bei ih—
ren tiebesmahlen und andern Gelegenheiten.
Dis befchreibet einer von den älteften Scribenten
alfo: “Wenn nad) geendigter Mahlzeit die Haͤn⸗
„de gewafchen find, und Lichter herein gebracht
„worden, fo wird einer von unsaufgeruffen, GOtt
„mit einem Lied zu loben : welches er entweder aus
„der H. Schrift oder den Pfalmen nimmt, oder
„auch nach feinem Vermögen felber macht. Dar:
„aus kann man fehen, wieviel er müffe getrunfen
„haben, d). Da wir Elar fehen, daß es einem
jeden frey geftanden, felbft in der Gemeine aus
feinem Herzen Lieder zu fingen, ob fie gleich nicht
alleseit nach der Kunſt gefegt geweſen feyn mögen.
Nemlich, wie ein berühmter Mann hiebey an-
merkte), und felbft ein Papifte gefteber f), es
wardas Monopolium dersehrer, oderder Greul,
da fie alles alleine in der Kirchen feyn und thun
wollen, denen fo genannten tayın aber nur ums
Geld verkaufen, in der Kirchen noch nicht auf
fommen. Daher etliche nicht unrecht fchlieffen,
es ſey immer alfo gehalten worden von den Apo=
ſteln an, bis fich viel gelehrte und funftreiche Leute
zum Chriftenthum befennet, und alfo die erfte
Einfalt zufingen aufgehoben ). Ihre
im Geift brachte es nicht — Ba „daß
alle, fo zu fagen, für einen, und einer für
alle ſungen h). Und fo hielten fie es bey ihren
Mahlzeiten, dabey fie zuerft ihre meifte Andacht
hatten. Worzu auch Eyprianus vermaßnte:
„Es ſoll aud) Feine Stunde bey den Mahlzeiten
„ohne Himmlifche Anmuth feyn: Das mäßige
„Gaſtmahl foll von Pfalmen erfchallen, und
„nachdem du etwa ein gut Gedaͤchtniß haft, fo
„finge mit heller Stimme: Die gottfelige Fieblich-
„keit kann auch da wol die Ohren reizen,, i). Ein
anderer befchreibt es eben alfo: “Man hält da
„feufihe und mäßige Freudenmahle, nicht mit
„vielem Wein und Frefferey, oder ſchaͤndlichem
„Selächter, fondern mit göttlichen Gefangen und
„Anhörung beiliger Neden,, r Und wiederum
ermahnet einer darzu: „Lernet ſolche Lieder fingen,
„nicht allein beyder Arbeit, fondern auch über Ti-
„ſche. Denn mweilder Satan am meiften bey den
„Mablzeitennachftellt, und ſich der Freſſerey, des
„Saufens und Gelächtersdaben bedient; ſo muß
„man fich-fonderlid) vor und bey Tifche mit der
„Huͤlfe des Geſangs verwahren, auch wenn man
„aufiteht GOtt heilige Lobgeſaͤnge fingen, 1).
Welche leßtere Worte ung zeigen, daß, ob gleich)
die Liebesmahle nach und nach aufgehoben wor-
den, dennod) das Singen bey Tifche noch behal-
ten worden; davon auch andere Sceribenten jeu=
gen m). Bon jenen rebet noch Tertullianus,
wenn er eine Chriftliche Frau, die einen heydni-
ſchen Mann batte, frage: Was fie doch dem
Mann, oder er ihr, fingen Fönnte, da fie
zweyerley Religion wären?! Dabey er es für
nöthig hält, daß man bey Tifch etwas von Bors
bören müffe, man müffe da GOttes gedenken.
® und Eheiftumantufenn). Aus welchen Stel-
len ihr Singen bey denen Berfammlungen offen-
bar ift.
5. Als
'2) Auguftin. ib. IX. Confefl.c.7. &) Vid. Caue Hift. Liter. Sec. IV.p.215. b) Dzciusin Chronico ap. Durantum
tib. IT1. Ration. Diu. offic. e. 15. c) Wo in Chronico Ambrofio tribuit : itemque Rudolphus de Obf. Can. propof.
12. alii Damafo Ep. Rom. rurfus alii Ceeleftino, Vid. Pol. Virgilius lib. VI. inu. c. 2..d) Tersul, Apol. c. 39. e)
Dannhauer.Chrifteid. Ad. 1. p.ı77. f) Corn. a Lapide ad AA. XVI.p. 273. g) Grotiusad Matth.XXVI. 50. h)
Augulin. in P£. 123. 1) Lib. ad Donatum fine. k) Theodorerss de Euang. Verit. ap. Barozium A.LVII. n. 7. et
in Martyrol.c.4. h Chry/oß.hom. inPf. 41. m) De menfa Theodofii Imp. v. Sozomen. VII. c.23.de Monachis
Hieronymms ep. 22. ad Euftoch. de Diuitibus idem ep. 47.
P- 452.
n)lib. II.ad Vxor.c.6. vbi v. Albajpinaus in Notis
«
x be *
J
nn en
; man Be die Zufammenfünfte bey
uhe in eine andere Form brachte,
behielte man dennoch den Gebraud) der Gefänge
noch feſt. Alfoliefeeman von Athanaſti Zeiten,
„daß in der Gemeine eine menftimmung
„des Pfalmenfingens geböret worden,, 0). fu:
guftinus feget ausdrücklich, “es vergehe Feine
Zeit in der Berfammlung der Brüder, daman
„nicht entweder ee finge, oder lefe, oder
„diſcurire, oder da die Vorſteher nicht laut be-
„teten,, p). Daß auch vor und nach dem Geber
und andern Uebungen meiftens gefungen worden,
iſt fchon aus a tem Bericht offenbar,
wie auch aus dem Gebrauch, da fie ihre Gebete in
Lieder faſſeten, und ſich Dadurch defto mehr ermun-
ern un “Wenn ihr GOtt mit Pfalmen und
„sobgefangen anflehet, (ſchreibet ein Lehrer,) fo
„fen diefesin euren Herzen , was mit der Stimme
„vorgebracht wird, q). Da er denn auch von
der Privatandacht redet; gleichwie diefe Ver—
mahnung eines andern auch dahin gehet: “Du
„balt zur Wachfamfeit treue Gebülfen, das Ge-
„bet, das Faften, das Pfalmenfingen, das dein
„Herzerquicken Fann,,r). Daauchnachmals die
Andacht der Ehriften ziemlich abnahın, und es fehr
chlaͤferig auch in ihren Berfammlungen zugieng,
o gar, daß man die meifte Zeit mit Singen, ohne
Gebet oder Meditation des göttlichen Worts , zu:
brachte s); fohielte man für-nöthig, daß es fo ver-
ordnet wurde, “es follten allzeit zwiſchen den Ge-
„fangen Gebete gethan und Capitel gelefen wer-
„den, t), damit die Leute nicht gar alles uͤber—
drüßig würden u). Wie aber alles zur Erbau-
ung bey denerften Chriſten eingerichtet ſeyn muß-
te: fogebührtefichs auch bey den Liedern, darin-
nen eine Seele, wo fie nur acht hatte, viel Un-
terricht, Ermaßnung und Stärfung erlangen
konnte. Und dieſes erzehlet einer von ſich felbit, wie
er nad) erlangter Taufe in der Gemeine zugebört,
dadiefe fchöne Art des Trofts und der Ermahnung
geübet worden durd) die Stimmen und Herzen
der Brüder, biemit groſſer Andacht zuſammen ge-
fungen. O wie fehr(fpricht er,) meinte ich da
„über die Lobgeſaͤnge und Lieder, als ich durch die
„Stimmen der lieblichfingenden Gemeine bewe-
„gt ward! Diefe Stimmen floffen mir in meine
„Ohren, und göttliche Wahrheit wurde mir gleich⸗
„faminmein Herz ausgegoflen. Da entbrannte
„innwendig der Affect der Andacht, unddie Thraͤ—
„nen fchoffen mir hervor, alfo daß mir mit ihnen
„recht wohl dabey war,, x). Dergleichen Fuß:
feapfen finden wir mehr bey andern: als, wenn
Gregsrius Nyſſenus gebenft, daß die Lehrer
ihre Gemeinen in fonderbaren Liedern untermie-
fon, tie fie gegen Arme und Gefangene freyge—
big feyn follten y)._ Woraus aud) zugleich abzu:
nehmen fteher, daß diefes alles nothwendig in der
Mukterfprache „eines jeden Volks geſchehen fen,
und fich die antichriftifche Gewohnheit, in frem:
der Sprache auch das geringfte bey der Gemeine
‚seele lange hernach eingefchlichen babe:
iewol einer fchon im fünften Jahrhundert dar:
auf ſchilt, daß etliche in fremder
gen und geredet haben z).
6. So giengenun das Singen die ganze Gemei⸗
nean, wie wir im 4. een und war diefe bey
dem folgenden Verfall der Cleriſey ofte viel emfiz-
ger und andächtiger darinnen, als ihre Lehrer
felbft; deswegen auch Kanfer Juſtinianus inei-
nem Geſetze ihnen alfo zureden mußte: «Wenn
„die meilten Layen ihrer Seelen zum beften in die
„Gemeine fommen, und fo fleißig beym Pſalm⸗
„fingen find; mie füllte es nicht eine Schande
„Leyn, daß die Elerifey, fo dazu beftelfe ift, ihr
„Amt nicht verfichet,,a)? Es war nemlich die Arc
desSingens ſchon Damals ganz anders, da man
gewiſſe Leutezu Sängern oder Cantoren , wie noch
beutiges Tages, zubeitellen anfieng, die die Lieder
anfangen und aushalten müffenb). Welche Leute
man denn bernach unter die Cleriſey mit rechne:
te e), und ihnen endlich gar Aufſeher bey groffen
Gemeinen vorfegte f). Sie befamen auch das
Privilegium, daß niemand als fie auf das Pult
treten und fingen durfte, wider Pauli Sinn,
ı Cor. 14. 8). Da doc) zuvor es jedermann
frey ſtund, alfo, daß auch der Kanfer Konftanti-
nus ſelbſt ſich nicht ſchaͤmte, in der Verſammlung
zuerſt den Stang anzufangen h). Dama’s wußte
2
prache gefuns
* > von
o)Sorratesll.c.nı. P) Augufin.Ep.ıg.adIanu.l.c. q Heronym. Epift.adLxtam, quitamenlib. I,in Habac.
€. 3. ait: Ne/cio am decens fit, orare cum cantico, nifi forte prophetice per deledtationem. x) Bafıl. M.Exh,ad
Bapt. s) Ita Gumdlingius adCan. Laod.p.165. t)Coneil, Laodic.c.17. u) Balſamon et Ariflenus ad h. 1.
Auguflin. lib. IX. Confefl, c. 6. et 7. y) Orat. dePaup. Am. z) Ambro/.in 1 Cor.14.
x)
a) !. 42.C. de Summa
Trinit, $.10. b) Ita Officium horum deferibit Nicon in Pandedte ap. Carolum Dufrefnium Gloflar. Gr. p. 196.
yanem nal ddev werd uerss nal üxas wol drunr@- zul mecraInyada TiAzE, e)
Concil, Carthagin. Il. c. 21. Clericorum nomen etiam Leölores et Pfalmifl« retinent: Confentiunt Canones Apofl.
€. 42. Harmenopulus Promt. Iur. Gr. lib. IV. tit. 5. $.2. Simeon Theffalonicenfise.5. de. ordin. f) TeWTroVar-
Tal Acuesircı ray Larry ap. Codinum, Iohannem, Citrenfem &c.v. Du
Concil. Laodic. <. 129. et Aquisgranenfe c.76. h) Eufeb. lib. IV. Vit. Conſt. M.
. Y _
.
refnins Le. p. 321. et 328, g)
* 2.3. Don Ei
hriſten gemeinem und fonderbarem Gottedien
man noch) nichtsvon der gefünftelten,, viel weniger
von der Inftrumentalmufic, am allerwenigften
vo aunen , wie Balſamon ausdrücklich ſchon
zu feiner Zeit erinnert i). Diefes wurde allen Glie-
dern der Kirchen fleißig eingebunden , “Daß fie Fein
„unförmlid) Sefchrey inder Gemeine beym Sin-
„gen machten, oder etwas unanftändiges dabey
„thäten, ſondern mitgroffer Andacht und Bewe⸗
„gung dem HERAN ihre Lieder_opferten, k):
So Balſamon abermal die Comödianten-
art im Singen und überflüßigen Derände-
+ zungen und Drebungen der Stimme erwehnt
und mißbilliget. Welches auch fehon Ehryfo-
ftomus im fünften Seculo verbieten mußte, da
ers auch theatraliſche, ausgedehnte und nach
dem Sprung oder Tanz eingerichtere Lieder
nennet (Exrerauevas xal awnceıs) 1). Wor-
auf auch ein anderer eifriger Lehret zielet, wenn
er über Epheſ. 5. fehreibe: Hört das, ihr jun-
„gen Leute, hört das, die ihr in der Gemeine fin-
„gen folle, man muß GOTT nicht mit der
„Stimme, fondern mit dem Herzen fingen, nicht
- „als wie die Comodianten die Kehle mit einem
„füffen Runftgeröne gleichfam ſchmieren, oder in
„der H. Gemeine eheatralifche Moden und Lieder
„hören laffen,, m). Ja, man batte ben fo groffen
einreiffendem Mißbrauch nöthig zu erinnern, wie
auch die Heyden folche affectirte und thörichte
Eingart "verwarfen, dergleichen Baronius un-
fer andern viele anfuͤhrt n),
7. Inden erften Gemeinen wäre diefes wol ein
foldyer Greulgemwefen, daß Eeiner bey einem folchen
Gaufelmefen in der Berfammlung würde ver-
blieben feyn. Es fieng fich auch gleich mit dem an⸗
dern antichriſtiſchen Weſen an, und leugnen die
Centuriatores Magdeburgici mit Grund der
Wahrbeit, daß dem Bregorio, Biſchof zu Rom,
die Erfindung des Singens nach den Noten
zuzuſchreiben ſey o). Vielmehr ward es hernach
erſt unter einem groſſen Schein des Nutzens in die
Kirchen eingefuͤhrt, nemlich, “Daß die Gemeine alle
» Worte der Schrift mit einem gebührenden
„Nachdruck und GefchicklichKeit ausdrücken lerne-
„fe, und zur Andacht beweger würde, p). Welches
dem befannten Buidoni Aretino beygeleget wird,
der die fchlechte Singart Gregoriinach der Kunſt
zu feßen angefangen g): da zuvor auch noch zu
Ambroſti Zeiten folche-Sieder niemals mit mo-
duliven und veränderter Stimme gefungen wor—
den r). a, man vedete oderfprachdie Lieder viel-
mehr aus, als daß man fie ſunge s), Damit’ es
ja alles wohlanftändig zugienge. Denn die, fo
auf ihr Herz recht acht gaben, ‚befunden bey fich,
und befennetengar gerne, daß fid) einige eigene
„euft beym Singen mit einmifchete, und fie über
„dem göttlichen Wort nicht fo fehr beweget wur-
„oen, wenn es gelefen, als-wenn es gefungen
„ward. Aber ihre Fleiſchesluſt betruͤge fie oft
„auch darinn, indem die aufferlichen Sinne nicht
„allzeit dem Verſtande folgten, fondern fie viel-
„mehr führen wollten, und dadurd) Unrecht tha=
ten. Auswelcher Urfach einer gefteher, “Daß
„er bisweilen lieber wollte, daß alle, auch die lieb-
„lichſten Öefänge von ihm und der Gemeine diß-
„ralls ferne feyn möchten,,, und daß ihm hinge⸗
gen rathfamer fehiene, waser von Athanaſio ge⸗
höret, “welcher die Pfalmen mit fo gemäßigter
„Stimme abfingen laflen, daß es vielmehr ein
„Ausfprechen als Singen geheiſſen habe,. Wie:
wol er dabey gerne zugibt, wenn einer durch Die
Sachen felbft, und nicht durch den Geſang, zur Anz
dacht beweget werde, fo fey auch ein grofler Nutzen
dabey: Ein gottfeliger Chriſte aber pflege doch
immer zwifchen ver Gefahr der Luſt und dem Ge-
nußdes Nußens zu bleiben). Was würde die
fer liebe Mann gefaget haben, wenn er in folgens
den Zeiten die Thorheiten bey dem Singen in den
Kirchen gehöret hätte? Gewißlich, ee würde eben
fo, wo nicht eifriger, als. Sernbardus, damider
gefchrieben haben: "Es find etliche liederliche
„seute, die mit ihrer gefünftelten Stimme ſich viel
„wiſſen, und andere dabey verachten. Sie fin=
„gen aus Hoffart anders, als im Buchfteht, fo
„ieichtfertig find fie in der Stimme und Gemuͤth,
„und zwar mehr, daß ſie den $euten, als GOtt ge-
„fallen. Wenn dualfofingeft, daß du Lob dabey
„ſucheſt, fo traͤgſtdu deine Stimme feil. Du
„ierbrichſt die Stimme; fo zerbrich doch auch dei-
„nen Willen: Du haͤltſt die Harmonie der Stim-
„me; halte auch eine Eintracht in deinem Le—
„den, u)! Moch dennoch mußte das bernad) un: -
ter dem Antichrift eine Ketzerey heiffen, wenn Die
Waldenfer, Petrobrufianer und andere Zeugen
der Wahrheit bekenneten,“ BOtt werdedurch Das
„Ge⸗
a)adSyn. VI. ean. 4. k) Idem Concil.e. 75. D Chryfafß.hom. in Seraphim etin Vidi Dom. m) Heronymus lib. III.
inEph. n)Annal. A.LX. n.30. itemque Thomas Aguinas 2.2.9. 91.a.2. ex Ariffotelis VII. Polit, c. 6. 0) Centur.
VI.c. 6.p.163. p)Ibid. Cent. VIII. c.6. p.ıg1.e Chron. Carionislib. II. q) Genebrardusad A.C. MXXXI. e Sige-
berto.Conf.Caluifins ad A. MXXIL. Baronius A. cod. p. 74. Sigonins de Regno Ital.p.195. r) Diferte ita Chronicon
Projperi a Pichæo editum p.332. Anno IJ, Theodofii. s) Auguſum. lib. X. Confefl: c,34. Conf. G. I. Voſſius de Scient.
Mathem. p. 89. t) Auguſt. l. c. u) Lib. de Inter. Doin. c. 51.
er
—
| ‚&: inge der Paffen in der Kirche nur ausgela-
—* koͤnne durch Feine kuͤnſtliche Mufiggbe-
- „gütinet werden x).
v
8, Bielweniger ift zu gedenken, daß man in den
erften Zeiten Inſtrumentalmuſie gebraucht ha—
be, welches auch die Papiften ſelbſt geftehen, von
denen ſolche Mißbraͤuche eingefuͤhret find y).
Dabero fager der Autor beym Juftino fchon,
„fhlechthin fingen fehicke ſich nicht vor die Kinder
„und Unweiſen, (das ift, vor die im Alten Tefta:
„ment,) fondern mit todten Inſtrumenten und
„Rlapperwerfe, (zgörarev) zum Tanze fingen,
„Deswegen auch in den Gemeinen der Gebrand)
„des Gefanges nicht durch folche Inſtrumente
„und andere Findifche Dinge eingefübret fen, fon-
„dern es bleibe darinne bey einem ſchlechten Ge-
„ſange. Diefer erwecke das Gemuͤthe mit einer
„Anmuth zu der Begierde deſſen, was gefungen
„wird (welches die Inſtrumente ja nicht thun
„koͤnnten) 2). Die übrigen Seribenten gehen
auch alle einmürhig dahin, und verweifen die In—
ſtrumentalmuſie in das Alte Teftament. Zum
Erempel Ehryfoftomus: "Damals waren wol
„ſolche Anftrumente, damit fie ihre Gefänge dar-
„brachten; nun aber kann man an deren ſtatt den
„seib felber brauchen, wenn jedes Glied thut, was
„GOTT zu bobe gereicht. =» Alfo werden fie
„alle ein Pfalter und Either, und fingen ein neu
„Lied mit Werfen, nicht mit "Worten „ a).
Und Iſidorus Pelufiota faget eben das b), wie
auch Auauftts, der ausdruͤcklich gedenfer,
daß die Either aus der Gemeine bleiben muͤſſe c).
Sa, welches zu verwundern,nec) vor 400 Nah:
ven fihreibet Thomas Aquinas alfo: «Die Rir-
ssche braucher Feine muficalifche Inſtrumente, Ci-
„thern und Pfalter zum göttlichen Lobe, damit fie
„nicht Juͤdiſch zu fenn fcheine.- Im Alten Te:
„ſtament wurden fie gebraucht, cheils weil das
„Volk fleifchlicher und hartnaͤckiger war, und al-
„ſo durch ſolche Inſtrumente wollte beweget ſeyn,
„wie durch die irdiſchen Verheiſſungen; theils
„weil ſolche leibliche Inſtrumente, als Vorbilder,
„etwas anders bedeuteten. » Diefe bewegen auch
„das Gemuͤth mehr zur $uft, als daß dadurch in-
„merlich eine rechte Andacht foilte gemacht wer:
„den. Noch vor dem, zu Zeiten Bernhardi, ve:
dete ein berühmter Abt Aelredus folgender maffen
davon: "Woher fommen nun in die Kirche fo
„viel Orgeln und Cymbeln, da doch die Borbil-
x) Petrus Chwmincenfis ap. Centur.. Magdeb. VIII. c. 5. p.
y) Ioh. Bona de Pfalmodiap. 420. Gregerius de Valentia annot. in Thom. 2. 2. difp- 6. a. 9. z) Qua
2..€. Don dem Singen der erften Cor
Pr * ©
A 173
„ver aufgehörer haben? Wozu dienet denn nun
„das fehreckliche Brauſen der Blasbälge, das
„vielmehr ein Gepraßle, als. eine liebliche Stimme
„von ſich gibt? Wozu dient das Zerren und Zer-
„reiffen der armen Stimme? Diefer fingt mit
„unter, jener ſchreyet anders, ein anderer quaͤcket
„noch höher, wiederum zertheilt einer die Moten,
„und zerhackt Die Worte in Eleine Bißgen. Bald
„macht man die Gtimme Flein, bald grob, bald
„ſtoͤßt man fie heraus, bald wird fie langer und
„groͤſſer. Bisweilen (es iſt Schande zu fagen)
„wiehern fie wie die Pferde, bisweilen machen fie
„die Stimme fo ſpitzig, als wenn J alle maͤnnli⸗
„he Gravitaͤt weggelegt und Weiber worden waͤ⸗
„von; wiederum drehen fie fie Fünftlich herum. Da
„‚jollte man fehen, wie der arme Menſch den Hals
„ſo weit aufſperrte, als wollte er jeßt die Gele
„ausblafen, oder ben einem lächerlichen Innhalten
„der Stimme mit einem Stillfchweigen droßen,
„oder auch die Entzückungen der Sterbenden
„nachmachen, Inzwiſchen wird der ganze Leib
„mit allerhand Pickelberingsgeberden befchyäfti«
„get: Da drehet man die $ippen, die Augen im
„Kopfe, und die Echultern bin und wieder, und
„bey einer jeden Mote müffen die Finger fich recht
„beugen. Und diefe lacherliche Confuſion heißt
„man noch einen Gottesdienſt. Ja, man ruft
„und fchrent, wo das am meiften gefchebe, da wer-
„de GOtt am fehönften gedienet„: Bis bieher
das lebendige Conterfey der närrifchen Verſpot—
tung GOttes bey dem fo genannten Gottesdienfte
unterdem Antichrift e).
9. Was aber fonften andere F) von dergleichen
Mufic gedenken, ift nach einhelligem Confens
der Gelehrten von ihrem Privar-und häuslichen
geben zu verftehen. Wenn, zum Erempel,Elemens
fehreibet an die, foer zur Ehriftlichen Zucht anfuͤh⸗
ver: NBofern du Fannft in die Leyer oder Cither
„fingen, (oder wie wirjeßo reden, auf dem Clavier
„ſpielen,) Fann Divs niemand verargen. Du wirſts
„vielmehr dem David nachthun, dev GOtt lieb und
„angenehm war, 2). Dabin ohne Zweifel aud)
diejenigen fahen, welche diefe und dergleichen Mu—
fic lobeten und recommendirten b). Denn fonft
bielten fie es denen Meletianern, einer gewiſſen
Secte im vierten Jahrhundert, fehen fehr für
übel, daß ir in ihren Berfammlungen Schellen
oder Cymbeln brauchten , und dazu fungen i).
Wie denn auch bis diefe Stunde die Griechifche
V 3 Kiez
332. et Reinerius in Teffium Verit. Catalog. p. 750.
« 107.
a) In Pf.144. b) Lib. II, Ep. 176. c) In Pf. 32. d) I. c. Artic. 2 n. 4. et Comm. in Pf, XXXII. 2. e) Apud
Bonam |. c.
risberienfss lib, 1, P
P j F} ö
f) Prudentius Apotheofi. Cyprianus ad Donatum. g) Lib. II. Piedag. c. 4.
1) Theodoreius lib, JU. Haret. Fab, Epiphan, Hr. 68.
h) Vt oh, Sa-
-— u pr}
En ET — NT EEE FNT IE GEETTET Zain JE
4 73 2
Rirche feine Mufic in ihren Berfammlungen
Hat k), und etliche Gemeinen unter dem Pabſte,
welche Feine Neuerungen annehmen wollen, der-
gleichen in acht nehmen I): ja auch indes Pabfts
eigener Capelle zu Rom nicht m), Betreffend
infonderheit die Orgelwerke, find felbige erſtlich
im fiebenten Jahrhundert n), oder nad), anderer
Kechnung, gar im neunten befannt worden 0),
durch Inbention eines Mufiei, mit Namen Di:
talianus: wie denn der Gricchifche Känfer Eon-
ftantinus der Franken Könige Pipino Die erfte
ſoll uͤberſchickt haben p). ¶ Woraus klaͤrlich er⸗
hellet, daß dieſe Gewohnheit unter der vollen
Macht des Roͤmiſchen Antichrifts eingeriffen fey,
da man an ftatt des einfältigen Pfalmenfingens
ein folch groß Getöne zu machen begunt, damit das
gemeine Volk dadurd) immer ftummer würde,
und ihm alle Heryensandacht folgends gleichfam
hinweg gebfafen würde, wie ein gettfeliger Mann
davon fchreibet in der Wächterftimme c. 11. Bon
den übrigen Mißbräuchen folgender Zeiten
dem Singen zu fehreiben, willich mich nicht auf:
halten, als, zum Erempel, von der Moͤnche und
Ronnen ihren Hebungen. Wir werden unten
deutlich fehen im 7. Cap. des 2. Buchs, wieferne
derfelben Anſtalt insgemein zu billigen geweſen
oder nicht. Es ſtehet nicht zu leugnen, daß im
Anfang einige gute Herzen ſich zufammen gefun-
den, die in ihrem einfamen geben nebenft andern
auch dis wohl in acht genommen, daß fie ihren
Gott mit Lobliedern preiſeten; wie Ueneas
Basaus von ihnen redet ): Man fahe ihre Woh⸗
nungen an als Yütten voller fingenden Choͤ⸗
ger), und gab es unter ihnen folche Geſellſchaf⸗
gen, varinnen weder Tag noch Nacht aufgehöret
wurde zu fingen und Gott zuloben, die man da⸗
bero arorunres, Nichtſchlafende bieffe s), meil
fie unter lauter Lobgeſaͤngen der Zukunft CHhri⸗
ſte erwarteten €), und ihre einige Erquickung
„am Worte Gttes, Gebet und Gefang fuchten u),
„auch alfo gleicyfam der Engel Berrichtung auf
„‚fid) nahmen, %)- Alleine der Mißbrauch und
die unzähligen Irrthuͤmer find dabey nach) und
3. Don der erften Ehriften gemeinem und fonderbarem Botteodienfl. ——
nad) fo groß worden, daß man feinen Preis GOt⸗
tes po finden Fann, welches insgemein von
ihren Horis Canonicis und andern bräuchen
wahr bleibt: Maffen denn diefes Bregorius IT.
ſchoͤn recht gerviefen hat denen Pfaffen,die vor Faul-
heit nicht gerne predigen, fondern nur Meffe hal⸗
ten und fingen wollten: CHriſtus babe nicht ge-
fage: Gehet hin und heuler und plerret, fon-
dern prediger y)! Wie aud) die Petrobrufianer
es mit Recht ein Befpötte, einen Zeitverderb
und dergleichen genennet haben 2).
10. Es wäre aber wol abergläubifch und ge⸗
zroungen heraus kommen, wenn die erften Chri—
ften nieht eher afs bey Berfammlungen hätten fin-
gen wollen, oder dieſe ſuͤſſe Arbeit denen Lehrern
und andern Vorftehern allein überlaffen. Sie
freueten fid) vielmehr darüber, wie jener Groß-
vater eines jungen Kindes, daß ein noch
ftammiendes zartes Zuͤnglein den ren
CSriſto ein fröliches Halleluja fingen konn⸗
tea), Und dazu führten fie ihre Kinder an,
daß ihnen alle woeltliche Lieder unbefannt
blieben, hingegen der sarte Mund mit anınu-
tbigen Pfalmen gleichſam von der Wiegen
an GOtt gewiedmer wurde, wie fie einander
darzu ermaßnten b). Ihr Geift und Seele war
einmal dem HErrn aufgeopfert, und feines tobes
voll, darum wollte auch immer ifr Mund davon
übergehen. Man pflegte auch bey der Arbeic
dem HErrn feine Lieder zu fingen, wie einer von
diefer. Weife erzehlet: «Du magft dic) wenden,
„wohin du willft, jo finget der Ackermann Hinter
„dem Pflug ein fröliches Halleluja. Der muͤh⸗
„fame Schnitter ergöget fi) mit Pfalmen, und
„der Winzer finget etwas von Davids Lobliedern.
„Dis find die Gefänge bey uns, dis find Die Lie-
„beslieder, wie fie insgemein heiffen ; davon ruffen
„die Hirten, Damit wapnen ſich die Landleute„c).
Und ein anderer befinget dieſes alfo von Denen
Schiffleuten d):
Der gebücten Schiffer Chor x
|
Hebt die Stimme doch empor,
k) Vid. Martin. Cruſius Turco -Grxc. Chytraus de ſtatu Ecel. Or. Alex. Roffaus de Relig. P. XIV. p. 614. I) Bo-
m) Idem Roffaus Il. cc. P. XII. p. 600.
nal. c.
n) Platina Vit. Pontif. p. 96. et Balans e Mantuano.
0) Aimoinus lib. IV. Hift. Franc. c. 114. p) Auezeinus lib. III. Annal. Boi.p. 174. Marianus Scotus Chron. A.
DCLVII. 9)
Lib. de Anim, Immortal. p.ı321. r) Athanafıns Vit. PP. p.136. s) In Bithynia tales in 3.
turmas diuifi per vices canebant. Vid. Dufrefaius Gloflar. Gr. h. v. p. 40. De Latinis Berahardus Vita Ma-
lach. t) Pit« Pat.Gr.lib. IL. Inie. u) Augufl. deVper.Mon.c.ı. x) Ambrof. lib.
omnino, Hieronym. Ep. 22.ad Euftoch. Orho Frifingenfts ib. VIL.c. 7.ligs plures.
7) Petrus Cluniacenfis 4
et in Catal. Teft. Verit. P. 92.
En ad Lætam. b) Ibid,
nymus Ep. 7
Ep. 10.
c) Id. Ep, ız. ad Marcellam,
Ep. 82. Add. Caffanus
y) In Jare Canon. dift.
s Hift. Bohem. c. 35. a) Hiero-
d) Sidonius Apollinaris Lib. I.
*
l. c. Æneas Sylı
ER
4
«
3
\
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2.€. Don dem Bingen der erften Ehriften.
era bis der Schall —
Gililt den ſtarken —
Wenn fie EHrift Wunder preiſen
Mit den angenehmften Weifen.
Singe, froher Wandersmann,
and und Waſſer Hört dich an!
Dieſes thaten die treuen Knechte Chriſti gar nicht
aus Gewohnheit oder zum Zeitvertreib, wie etwa
die Heyden oder Heuchler auch thun koͤnnen; ſon⸗
dern vielmehr aus herzlichem Verlangen, immer
mehr Vorſchmack der goͤttlichen u zu ba:
ben, und felbige alfo zu ruͤhmen. rum zeigen
fie denen Unwiffenden, “wie auch bey der Arbeit
„eönne gefungen werden, und diefelbe als mit ei⸗
„nem Feldgefchren verfüflee fern. Wenn die
„Handwerfsleute auch mit fhandlichen Fabeln
„und Gefchwäße ihre Zungen und Herzen beflec:
„ten, und doch dabey arbeiteten; was follte einen
„Knecht GOites Kindern, daß er bey der Hand:
„arbeit an das Wort GOttes gedenfe, oder dem
„Namen des Allerhöchften fpiele e,? Man
„eönne doch mit der Zunge fingen, und das Herz
„eönne achtung geben, wenn fte gleich die Hande
„zum aufferlichen Werk ausftreckten f).
ı1. So waren demnach fonderlich die Hausva-
ter fehuldig, ihren Weibern und Kindern “folche
„Geſaͤnge zu lehren, die fie bey ihren ordentlichen
Geſchaͤften und über Tifche fingen koͤnnten, weil
„ſie eine Kerrliche Arzney wider die Anfech-
„eungen waren, g). Bon welcher Schuldigfeit
mir unten ein mehrers reden wollen. Insge—
mein war das ganze Leben der rechtfchaffenen
Chriſten, fo zu fagen, ein ftetes Singen und Spie:
len, wie es einer alfo ausdrucket: Das ganze
Leben eines Blaubigen ift cin beiliges Seft,
Gebet und Lobgeſaͤnge, Pfalmen und Lie—
der h). Und abermal: “Der Menfch ift dem
„HEren eine Eicher, durch die Uebereinftimmung
„init ihn, eine Pofaune in feinem Geift, ein Tem-
„el durch das Wort, auf daß jene ihn preife,
„dieſer ihn an fich ziehe i), Niemand laffe fs
verdruͤſſen zu beten und zu fingen, und denfe, fo
„lange David im Streit war, trat er die Wohllü:
„ſte unter fich k),. Drum muß zum mwenigiten
„Geber und Gefang ftets im Herzen fenn,, 1). Auf
folche Weife beſchreibt Tertuͤllianus den Fleiß
F
175
in diefem Stücke gar anmurhig: «Die Pfalmen
„und Sobgefänge erfchallen auch unter zweyen
„Glaubigen, und reizen fid) unter einander auf,
„wer feinem GOtt am beften fingen koͤnne. Die-
„ſes a EHriftus, und freuet fich darüber.
„Diefen laͤſſet er feinen Frieden: Wo zween find,
„da ift er auch, Wo aber er ift, da iſt der Boͤſe
„nicht, m). Und ein anderer finget von einem
damals befannten Mann n):
Er funge ftets dem HErren Preis,
Die Zung und Mund fpiele immerzu:
Sein Pfalter hatte niemals Ruh,
Er funge fters dem HErrn Preis.
Meynet jemand, diefes fey unmöglich geweſen,
ftets zu fingen, und doc) das Geinige dabey zu
verrichten, der erinnere ſich, was die lieben Alten
im vorhergehenden Eapitel vom ftetigen Gebet ge»
faget haben, und vergleiche folgende ihre Worte
damit, fo wird ihm aller Zweifel entfallen, Wir
„fingen (fagen fte,) nicht mit dem Fleifch, fondern
„mit dem Herzen. Den $eib hören auch die Baby-
„lonier fingen, den Schall aber des Herzens hoͤret
„nur der, fo Jeruſalem bauet. Darum fpricht der
Apoſtel, werner die Bürger derfelben ermuntert
„zu tiebesgefängen,und Verlangen in diefe fchönfte
„Stadt zu fommen: Eph. 5. Redet unter ein
„ander mit Pfalmen. Singet nicht daher, woher
„ihr fend, in Babel; fondern daher, wohin ihr
„fuchee zu kommen. Die Babylonier koͤnnen
„sonst ein Lied GOttes zierlich herſingen o). Wie
„viel find ihrer, Die mitder Stimme fingen, und im
„Herzen ſchweigen: Wie viel fehweigen mit den
„sippen, und fehreyen mit den Begierden ? Denn
„die Ohren GOttes find bey dem Herzen des Men
„ſchen p). Drum finge den Pfalm in deinem
„Herzen, das nicht in der annehmlichen Stimme,
„iondern im Affect des Gemuͤths beftehet, wieder
„Apoftel fagt: Spielet dem HErrn in euren Her:
ae. Eph. 5,19. Pf. 46, 7.9). Dergleichen ſtil⸗
les Singen auch bey öffentlichen Uebungen einft des
nen Anwefenden empfohlen wurde, damit fie andes
re in ihrer Andacht nicht Binderten r).
12. Hiemit verboten fie Feinestveges das laufe
Eingen, fondern wollten nur einander zur An—
dacht und Ernſt dabey erwecken. Wer es recht er-
fah⸗
©) Auguftin.de Oper. Mon.c. 17. f) Nilus in Parænet. g)Chryföfl. inPf. 41. h) Clemens Alex. Strom. lib. VII.
i) In Protrept.p. 4. k) Augu/f. Serm. ı7. ad Fratr. in Erem, 1) Epiphanius in Vitis PP. Gr. V. c. 12. $.6. etap-
Cotelerium Tom. II. Monum.Gr. p.90. m) Lib. II. ad Vx.c.8. n) Paulus Diaconns lib. I. de Geftis Longob.
&.26, 0) Augufl.inPL 123. p)Id,inPLug. g) Hieronym, Ep. 4. adRuftis. x) Cyrilus Hierofolym. Pro-Catech-
”
ar
PS
176
abren hatte, der wußte, “Daß zwar ohne Zerftreu-
u. — ein groſſes Werk waͤre; F recht von
„Herzen zu fingen ſey meiſtens noch wichtiger s).
„An Beirachtung, daß fich ofte_ die verborgene
„Berderbnif unter Die Öeheimniffe des Ölaubens
„mengen will, und mitten unter göttlichen toblie-
„dern der Gedanke folcher feindfeligen Begier-
„den ſich mit einfchleichet,, t). Dahin giengen
num ihre brüderliche Bermahnungen: “Wenn ihr
„in Gefangen und Pfalmen zu GOTT betet, fo
„muß das in dem erzen ſeyn, was auf dem
„Munde liegt u). Thut in der Gemeine das,
was euch heilfam ift, betet und finget, Damit ihr
„im Beten Vergebung erlangen, und im Singen
„zur geiftlichen Freude kommen möget x). Wenn
„ou vor GOttes Angeficht Pfalmen und Lieder
„‚fingeft, ſo erwaͤge das fein im Herzen, was du
„mit der Stimme fingeft. Dein Gemuͤth muß
„mit dee Stimme eins feyn. Denfe nicht an-
„ders, als mas du fingeft, fonft verleurſt Du die
Frucht deiner Arbeit y). _ Meine Brüder, ic)
„ermahne euch, lobet den HErrn, wenn ihr Hal:
„ieluja finget, fo ermahnet ihr alle dazu: Drum lo-
„bet ihn aud) mit allen euren Begierden, daß nicht
„allein die Zungen, fondern auch euer Gewiſſen, Le—
„ben und Thaten es thun. Hoͤret nicht auf wohl
„zu teben, fo (ober ihr ihn immer z). .
13. Es ift auch bereits vorfommen, wie ihnen
diefe Uebung zu vieler Beflerung im Ehriftenthum
gediehen: Dazu fie auch jedermann gerne anführ-
£en, und gedachter maflen Herz, Mund und That
zu einem rechten Lied erforderten, “Denn dis war
ihre Mennung: Derjenige ſinget erſt GITT
„recht zu Lobe, deffen Werke mit der Stimme
„übereinfommen. Denn nach geendigtem Liede
Ichweigt die Stimme; aber ein Leben, das ftets
„im Gutsthun beharret, verſchweigt nie GOttes
„so, fondern freuet ſich, daß diefes in ihm gewir⸗
„eet werde 3). Drum gebet nicht allein auf den
„Shall achtung, (hieß es unfer den Brüdern,)
„wenn ihr GOtt preifer, fondern lobet ihn ganz.
„Es finge eure Stimme, es finge aber auch euer
„seben b). Wer durch ein böfes geben GOtt be=
„feidiget, der lobet ihn ja nicht; aud) nicht der,
„per feine Frömmigkeit ihm felber zufchveibt c).
„Es mögen auch gleich alle Das Halleluja mitfin-
„gen, und in die Gemeine mitgeben; Die Kin:
s) Euagrius Abbas ap. Coteleriuml.c.p.438. €) Hilarius inP£. 135
‚fis hom. 30. y) Bernhard. ferm.32. de modo bene viu. z) ugufl. lib. L. Homil. hom. 16.
Sent. Aug.n.36. b) Augufl.lib.L. Homil.hom. 16.
2.3. Von der erfien Ehriften gemeinem und fonderbarem Bortesdienft.
„der GOttes werden doch nicht anders von den
„Rindern des Teufels unterfchieden, als durch
„die tiebe,d). So und aufdergleichen Art fuchten
die fiebemseute aller Heucheley — damit
keiner ſich auf das aͤuſſerliche verlaſſen, und den
Kern des Chriſtenthums darein ſetzen moͤchte.
Wie man denn auch dazu in folgenden Zeiten, die
dem Berfall am naͤchſten waren, hohe Ur
hatte, da fich die meiften andem äufferlichen Sin-
gen, Beten und Hören begnügten, und aus Ge—
wohnheit alles mitmachten. Wenn nun einige
gar als beftellte Sänger in der Gemeine fingen -
mußten, fo hatte man ja wohl nöthig, fie zu erin⸗
nern, daß fie es ja nicht ums Brods willen hun
follten, fondern, daß fie mit dem Herzen glaub-
ten, was fie mit dem Mund fungen, und
auch mit der That erfüllsten, wie der Aelte—
fte fie einft erinnern mußte e). Auch wurde
allen gezeiget, wie eine grofle Hülfe im glau—
bigen Gefang wider die Anfechtungen liege,
„Es fey eine Beruhigung der Seelen, ein Zei-
„chen des Friedens, das die verwirrten Gedanfen
„oampfe, den Zorn und andere Affeeten ftille, die
„eiebe erneuere, und eine Bereinigung durch die
„Einftimmung der Stimmen mache, jaein unter⸗
„ichiedenes Volk durd) eine einmuͤthige Melodey
„vereinige f), Das Lobfingen ſetzet die thieriſchen
„Bewegungen in ihre richtige Ordnung, und ma-
sschet eine Harmonie des Herzen gegen die görtliche
„Dinge und unter einander, durd) Dietieder der -
„göttlichen Liebe und Wirkungen derfelben g).
„Sie reizen allezeie zur Erinnerung des Guten,
„eühlen das erhitzte Gemuͤth fänftiglich ab, und
„löfchen die boſen Begierden aush), _ a, fiever-
„treiben den Tr
„Rraft des H. es, und die Trägheit zum
„Dienfte GDttes,, 1). Deswegen jener Altva- -
ter dis für fein bewaͤhrteſtes Mittel Bielte, fein Ge-
muͤth nach der Aufferlichen Zerftreuung wieder zu
ſammlen, wenn er nemlic) betete, funge und fonft
feine Andacht hatte k). J
14. Darinnen waren nun redliche Herzen von
Po unterfchieden, daß fie die Frucht ihres
—— ml genoffen, und auch Aufferlich
zeigten: Denn wie das Herz befchaffen
mar auch der Gefang, wie eseiner Furz den Hey⸗
den felbft anzeiget: “CHriftum finget der Ges
„rechte,
. u) Augufl. Ep.109. x) Cafarius Arelaten-
a) Projper in
ce) Id. in PL. 49. d).Id. Tradi.5. in Ioh. e) Concil.
Carthagin. IV.c.ı0. f) Auguflin.proleg. inPf. 9) Dionyfius Hier. Ecel.c.3. „h) Ewagrius Scitenfis Capit.
@.43. 1) VitaSyneleticen. 40. ap. Cozelerium T.1.p.227. k)Apophth, PP. ib. p. 481.
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* 2. Cap. Von dem Singen der erſten Chriſten.
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vechte aus Schuldigfeit, der Falfıhe zum Be—
trug ‚ der Negente zu feiner Herrſchaft, der
” „Soldate zum Treffen, der Stolze zur Hoffart,
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„der Reiche zum Austheilen, der Arme zum Neh—
„men, der Trunfenbold bey dem Giafe, der Bert-
er vor der der Some, daß ers auch
„ehe, der Boͤſe, daß er betrüge, und in Sum:
„ma, ein ebverbietiger Chrifte und ein beuchlevi-
„ſcher Hende, 1). — fand ſich bey den
wahren Kindern GOttes eine herzliche Freude bey
und nach dem Singen; davon mir fehen etliche
Zeugniffe geſehen, welchen ich nur noch etliche zu⸗
ſetzen will. wußten auchdie Heyden von eini⸗
ger Ergögung im Singen zu rühmen , welches
doch gegen Die geiftliche Vergnügung in GOTT
und feinem $obe nichts war, als wir deren über-
— Vorzug oben im 17. Cap. des 1. B.
etrachtet haben. Lactantius redet hiervon ef-
was zu ihnen, wenn er ſchreibet: “Hat man Luſt,
„Sefänge zuhören, fo ift es am lieblichften, GOt—
„tes Lob zu befingen und zu vernehmen. Dis ift
„die a von ‚ eine Gefäßrtin der Tugend.
„Sie ift nicht Furz noch Binfällig, fondern dau—
„ret und erquicfet ohn Unterlaß,, m). And wie
im natürlichen auch ein jeder durch ein Lied feine
Arbeit ſucht zu verfüffen n); fo viel mehr hat es
GoOit den Seinen zu gut gethan. Der Heil,
„Geifkgfahe wohl, daß das Herz der Menfchen
„dem Weg der © trfeligfeit zumider wäre, und
„oielmehr zu den tüften diefer Welt fich neige:
„Dahero bat er die Kraft feiner Lehre mie anmu—
Ißn Melodeyen vermenget, damit durch die
eblichkeit der Lieder auch der Nutzen des goͤttli—
„chen Worts mit beygebracht wuͤrde,, o). Die:
ſes rechneten fie num billig unter geiſtliche Wohl⸗
luͤſte p): und bezeigten ihre Freude auch wol mit
äufferlichen Geberden, ohne Scheu oder Benforge
der Berfportung g). Zum mwenigften war ihnen
diefes ein Fräftig Mittel wider die übermäßige
Traurigkeit, wie jener alſo bey feiner Betruͤbniß
den Pfalter ergeiffe, und einen Pfalm daraus ab-
funge von Gnade und Necht, dem die andern,
von ihm erwecket, frölid) antworteten r).
“15. Zuletzt müffen wir noch ihre Lobgeſaͤnge mit
wenigen befeben , von deren Grund fehon oben
im 1. Buch 17. Cap. gefagee worden. Nemlich
ihnen war befannt, wie diefes der Seligen im
Himmel füffefte Berrichtung fey, und daher erin⸗
nerten fie ſich auch ben ihrem ſchwachen Lob auf
Erden, dafs fie gleichwol im Geift mie den En»
geln zugleich vor GOtt kunden, und mit ib-
nen ihre Lobaefänge abfüngen s). Solche Ge:
danfen legt ein fehr gottfeliger Mann alfo in gez
bundener und wahrhaftig durch diefe Sobbegierde
gebundener Rede vor t):
O hätte ich Flügel einfaltiger Tauben !
o wollt ich zum englifcjen Ehören Bin:
‘ ebn:
Da follte mich niemand der Freude berauben,
Da blieb ich bey Ehrifti Verlobeten ſtehn:
Ich wollte ihm fingen,
Mein tobelied bringen,
Man follt mich den erftenim Danfen erſehn.
Sich bin zwar im Kerker des Leibes verfchloffen:
Doc) flieget mein, rg im Vorrath
abin,
Er fpielet und bat ſchon die Glori genoffen,
Die zu fi binreiffee der Gläubigen Sinn.
Mein Innerſtes findet,
Wenn fichsfo verbinder
Mit Engeln, den englifchen Liebesgewinn.
Nun lobeten fie zwar auch mit ihren Liedern die
heil. Märtyrer, Bekenner und andere u): welches
fie an fich ſelbſt würdig waren: aber ihre Haupt:
abficht war doch allzeit zulegt, GOtt felber. Da-
ber auch Janstius aus Ehriftlicher Demuth die-
ſem allein gedanfet und gefungen wiſſen wollte,
nicht ihm x): weil er wohl fahe, mie fo leichte die
auch fonft beften Gemürber auf ſolche Männer fal⸗
len, und vor den Abgörtern ſich nicht völlig huͤten
fönnten. Ihrer aller Sinn und Gewohnheit gieng
vielmehr dahin, wie es einer den Henden nachein
ander erzehler, “daß fie den Schöpfer der Welt
„allein ehrten, und mit Gebet und Dankfagung
„in ihren Verſammlungen, fo viel fie konnten,
„lobeten. Sie bezeigten ſich gegen ihm auch alfo
„erfenntlid), daß fie ihm vernünftige Gottesdien-
site und Sobgefünge zufendeten y). Alle die Gar
„ben (faget ein anderer,) opfern wir GOtt, es fey
„Weiffagung, oder Gebet, oder Lehre, oder Lob—
geſang, oder Pſalm, und wenn etwas anders
3 „von
I) Auguf. Epiſt. 42. ad Madaurenfes, m) Lib. IV. c. 21. n) Perrus Chryfologus ferm. 10. in Pf. 28. 0) Au-
guft. in Pf. Prolog. p) Id: deBono Vid. c. 21. q)v. Theophil. Alexandrin. lib. I. Pafch. ap. Cenr. Magdeb.
IV. c. 6x Conf. de Hicctis Aftetis Dama/cenus de Her. c. 84. hymnos Deo oflerentibus er xegeias Ti-
vera) —— r) Auguff. lib. VIIII Confefl.c. 12. s) Chryf; hom. 24. in Ad. t) Paulin. Nolanus
Carm. ad Nicetam.
u) De hymnis encomiisque martyrum ab Ephrem Syro compofitis v. Sozomenusl,c, €. 16.
de Laurentii laudibus Pradenrius hymn. 2. de Cor. de aliisib. hymn. 6. fine, et Liber de Coronis ſummatim. For-
tunat. de Certam. Mart. etc, x) Epilt, ad Rom. vbi v. 7/. Vofins inNot.p.294. y) Inf. Martyr Apol. ]]. P.60:
m.
=
—
. -
e _
178 2. 3. Don der erſten Ebriften gemeinem und fonderbarem Bottesdienft.
„von dergleichen geiftlichen Gaben uns ins Herz
„kommt. Disaber Fann ihm nicht angenehm feyn,
„wo es nicht auf einen lauteren Glauben fich fteu-
„ret, und darauf, als aufeinen Altar, feſtiglich ges
„leget wird, Damit es rein und unverfälfcht fen,
„was wir veden „2z). Alfo, wenn etwa unter ih—
nen eine fonderbare Gnade, Wunderwerf und
dergleichen geſchehen war, fo hätte man fehen fol-
len, wie da die ganze Gemeine voll freudiger
Stimme war , indem jedermann der Ordnung
unbefchadet rief: GOTT Hob! BOTT fey
Dank! Miemand wollte da fill ſchweigen.
Wenn die Lehrer das Volk gruͤſſeten, fo.antwor-
tete es mit Frolocken und Lobliedern. Ya, man
trug oft Bedenken, etwas zu handeln oder or-
dentlich zu reden, wenn Die Herzen an einem
Werke GOttes genug zu betrachten und zu loben
funden:. Dergleichen einer bey. einem gewiffen
Wunderwerke verfichert gefcheben zu feyn a).
16. Und dahin mochtees aud) anfangs mit den
Sobgefüngen gemeynet feyn, die man des Nachts
und Morgens zu fingen anfteng nach gewiffen vor-
gefchriebenen NBeifen: Daß, zum Erempel, die, fo
fih nun GOtt allein zu dienen gewiedmet hatten,
früh in lauter gobliedern und Preis GOttes fin-
den lieffen b). Wie denn die Scribenten der fol-
genden Zeiten des Morgenlobs und ordentlichen
Gebets ofte gedenken c), als wir unten bey ih—
ren Morgenandachten fehen wollen. Es mechte
aber diefes tobfingen gefcheben, wenn und wo es
wollte, fo gieng es denen wahren Kindern non Her⸗
zen. Cie fonnten ſich vor ihrem allfehenden Va—
ter. darauf beruffen, wie jener thatd): ö
So foll dann unfre treue Stimm des HErren
$ob und Wunder preifen,
Weil unfer Werk fonft nichts vermag.
Es fingt von ihm der ganze Tag;
Die ftille Nacht ſchweigt auch nicht till, und lo-
ber ihn mit füffen Weiſen.
Auf diefen ihren lieben Vater war alle ihr $ob ge-
richtet, fonft wollten fie von feinem andern willen,
und widerfprachen Bierinnen den abgöttifchen
Heyden gemwaltiglich, zeigten auch ihnen mit ih—
ren Erempeln ein anders e). Ja, ſie hatten von
David gelernet, ihn für jede Wohlthat mit einem
Goberbaren Eieoe yaRbEh. RD
üßnen £) 3: >).
Dir geben wir den Dank, o reicher Vater,
wieder:
Man finge für jede Gab dir auch befondre
Sieber. ee.
5 — —
Und abermalg): —9—
Kann auch der edle Geiſt ein ſchoͤner $uftfpier,
J bringen,
Der ſchon in Gottes Licht und ſeinem Him⸗
mel wohnt,
Als wenn fein muntrer Sinn dem HEren be—
ginnt zu ſingen,
Der ſolcher Dankbarkeit mit noch mehr
Gnade lohnt?
Ob ſie nun wol ihren Mund zu einem ſeligen
Werkzeuge ſolcher Loblieder brauchten, ſo waren
ſie doch auch vergnuͤgt, wenn ſie im Fall der
Unmoͤglichkeit und unumgaͤnglicher Hinderniſſe
ihm nur mit dem Herzen innwendig lobſingen ſoll⸗
ten. Keines bunde ſich da fo gefeßlicy an das
äufferliche Lobfingen, daß er eben in demfelben
das wahre göttliche Lob gefuchet hatte. Man bielte
es zwar für gut, wenn einer mit der angenehm-
ften Art lobfingen konnte h); aber ihr vornehm-
ftes Thun war das Singen und Spielen in ihren
Herzen. Wenn fie fonderlic) eine herrliche Freu-
de oder Tröftung vom Vater empfangen hatten,
und ihr Geift in feiner Liebe ruhen konnte, fiehe,
„da funge dieſer dem HErrn abermal ein neutied
„auf der Harfen von den vernünftigen Saiten der
„Seelen , in denen fubtileften Gedanfen von der
„Gnade GOttes. Und alfo ſchickten fie ihrem
„Erloͤſer gobgefänge zu , daß der H. Geiſt in ih-
„nen GOtt mit reiner Stimme lobte, fpielte und
„betete, eben wie der leibliche Ddem durch eine
„Pfeife einen Laut gibt „,i), oder die Saiten auf
der Harfen lieblich mit einander fimmenk).
17. Hunden fie nun eine Begierde ben ſich, GOtt
zu lobfingen, fo fehameten fie fic) aud) nicht, oͤf⸗
—
—
x
\
fentlich auf den Märkten und Gaffen , in den =
Rathhaͤuſern und fonft mitten unter ihren Fein-
den und Spöttern zu fingen. Die Stärfe des
Geiftes war in ihnen ofte vielzu ftarf, als daß fie
fih von ein wenig Furcht vor Berfpottung, Scha=
* den
2) Auguftin. lib. I.de Serm. Dom. in Montee. 16. a) Id.lib. XXII. de Ciu. Deic.6. b) Arhanafıns ad Virgin,
c) Epiphanius Expof. Fid. n. 23. d) Prudentius Cathem. pr&f. €) Origenes lib. Vp.239- lib. VIII. p. 435.
aliique. f) Prudent.\.c.hymn. poft-cibum. g) Ibid. ante cib.
Macariushom.47-. k) Irenaus lib. Il. c. 43.
5*
h) Nilus de VIII. Vit.Cogit, p.217. i)
.
A
> ie 1 zen A ——
*
den oder Ungnade der Menfchen zuruͤcke halten
ließ. As die Chriſten unter Maximino, dem Tp-
- zannen, GOttes Vorſorge fo augenfcheinlich über
ich faben, “giengen fie alsin. Chören Baufenweis
—* * Maͤrkte und Straſſen ungeſcheut, und
zungen ihrem GOtt Lobgeſange und Pfalmen
„mit helfen Stimmen,1). Ingleichen da fie
von dem Märtyrer Babyla in feinem Tod fo viel
Gnade erfahren hatten, frugen fie feinen Leich-
nam tiber 6000 Schritt weit in vollen Lobge⸗
fangen und mit ſolchem Jubelgeſchrey, daß co
gen Himmel feballete: Darüber auch der Kay:
fer Julianus fehr ungehalten wurde m). Zu
Bafılii M. Zeiten waren die Leute gleichfalls fo
begierig nach dem Lobe des HEren, daß fieniche
allein zu Haufe fungen, fondern auch den Pfal-
ter und andere Gefangbücher überall auf den
Märkten und fonft mit fich herum frugen und
fungen n). Wie frölic) waren theils die Märty-
rer felbit, theils ihre Brüder bey ihrem Leiden!
ie begetgten fie ihres Herzens Vergnügung in
ihren tobgefängen! Da börte man Paulum und
Silam im Kerfer GOtt lobfingen , wo andere
fonft vor Angft und Herzeleid vergehen möchten.
Ap. Gefch. 16,25. ° Welches jener fromme tehrer
billig denen Heuchlern vorhielte, daß es Feine
Kunft fey, in der fo genannten gepflanjten und
äufferlich glückfeligen Kirche Lob zu fingen, fon-
dern im Gefängniß, in Ketten und Banden, nach
empfangenem Staupenſchlag 0). Alſo, da die zwey
Märtyrer, Marcellianus und Marcellus, an ein
Holz aufgehaͤnget wurden, füngen fie frölich
mit einander: Siebe , wie fein und lieblich
ifts, wenn Brüder einträchtiglich bey einan-
der wohnen p). Theodorus wiederholte mitten
in der Marter mit einem freudigen und rubigen
Gefichte den Pfalm: Fo müffen zu Schanden
werden alle, Die den Bildern dieneng)! Anz
dere giengen zur Marter als zur Eöftlichen Mahl—
zeit, und hunen einmuͤthiglich durch die Gaffen:
Ehre ſey GOtt in der Höhe! Die ift uno cin
gerwünfchter Tag, und höher als alle Sefte,
ein Tag des Heiler)! Wiederum einige hörten
I) Eufeb. IX. c.I. m) Rufinus lib.I.H.E.c. 35.
2. Cap. Don dem Singen der erften Chriſien. N 179
auch mie Freuden und Lachen ihr Todesurcheil
an, daß fie Lobgeſange und Pfalmen fungen,
und GOtt bis an ihren legten Seufzer dank:
tens). Ein Weib, als ifrem Sohne jegt füllte
das Haupt abgefchlagen werden, funge noch die-
fen Pfalm Davids: Der Tod deiner Heiligen
ift werth geachtet. Diß ift dein Rnecht, dei-
ner Magd Sohn. Damit fiedenn ifremSößn-
lein gleichfam felbit zu Grabe ſunge t). Von ei-
v andern Epriftlichen Jungfrau, Agnes finger ein
vete u):
Sie gieng als im Triumph, fie fang die ſchoͤn—
ften Lieder,
Ihr Geift war Freuden voll, und eilte dahin
wieder,
Woher er fommen war,
Zu Haufe machten fie es in ihren Trübfalen nicht
anders, fondern wenn fie fich nicht vor den Fein-
den durften ſehen laffen, waren fie beyfammen,
fungen und fpielten dem HErrn im DBerborge-
nenx). Wovon unten bey ihrer Geduld ein
mebrers.
18. Daß ich nur noch erwehne die gemeinfte
Arc ihrer obgefänge, fo waren fie ftets mit dem
herrlichen Worte der Glaubigen im Alten Tefta-
ment verbunden: Zalleluja! das iſt: Lobet den
Hrn! Wodurch fie einander zum Lobe noch
mehr ermuntern wollten. Und dißerſchallte nicht
nur in der Gemeine, fondern auch überall; auch
der Ackersmann ließ binter dem Pflug, der
Schiffer auf dem Waffer ein fröliches Halle
Iuja erklingen y). Die Eleinen Rinder einer
Spannen lang lernten ſchon mit ſtammlender
Zunge ihrem ZErrn JEfu ein Halleluja fin-
gen 2). In der Gemeine fungen fie gleichfalls
fo a): Daher man noch bey ihnen von Pfalmen
liefet, die mit dem Halleluja verknuͤpfet find b):
(Ballelujatici Pfalmi) und von dergleichen Gebe:
tene). So wiederholten fie auch 9 das Seilig,
Heilig, Seilig, aus Jeſa. 6. Welche ihre dokoNoYſe⸗
„oder Lob = und Herrlichkeitſagen fie bey ihren Lob⸗
gefangen fonderlich brauchten d). Meiſtens pfleg⸗
— 2 ten
n) Bafıl. M.inP£. I. p.126. Conf. Victor. Tunnunenfis in
Chron. Probo v. c.Conf. de hymno resp. (0 Hilarius lib. adu. Auxent.p.214. pP) Adtaap. Baronium
A.CCLXX.n.23. q) Rufinusl.c. c.36, r)
t) Prudentins hymn.ıo.Cor. u) Ibid. hymn.
et Sidonius Apollinaris lib. II. ep. 10.
or Vticenfslib. III. Perfec. Vandal.
n DBaron. l.c. n.a. y) Hieronym. ep. ı7. ad Marcellam
z) Hieron.ep.q.adLxtam. a) Augufin. Tradt.5. inloh.Lib.L. Ho-
s) Eufeb. VIII.c. 9.
wil. hom. 16. et epiſt. 86.178. Paulinus Nolanus ep. 12. Pidlor Vricenfis Lib. III. Perfec. Vandal. b) Auguf,
in Pfal. 105. €) Concil.in Trullo €.73, Alleluiarix fupplicationes. Conf. Alcuinus de Rit. Eccl. Vet. fine,
Conflantinus Presbyter lib. I. Hift. €. 28. Ordinarius Premonftratenfis ap. Dufrefanium Gloilar. Lat.p. 191. et
Greci in Grxcov. A ANEABUEgIOV p. 541. d) Aoy&- EUXRRISIROS eft ap. Chryſoſt. hom. 55. in Matth.
waranuSeis eis dooheylav : quem amd dogonoylas dgyauevar nal eis TETO TENeur@vres
— 116
canebant.
%
——
180 2. B. Don der erften Chriſten gemeinem und fonderbarem Bottesdienft.
ten fie es hiebey alfo zu halten: Dievorbergeben- Stimmen alle, und beten mie Sreudene):
den Worte der gobgefange, als: HErr GOTT, Wie fonderlich von denen abendländifchen Chri-
dich loben wir, und dergleichen, fungen fie ent- ften gefager wird, Daß einer ziwar den Pfalmen
weder in ziven Chören um einander wechfels- abgefungen habe, die andern alle hätten erſt mit
weife, wie wir oben gefehen, oder nurihrer weni⸗ —— bey dieſem Beſchluß: Ehre fey
ge, die andern hörten mit zu, und ſtimmeten in GOtt dem Dater, Sohn und 2. Beiftf).
ihren Herzen mit ein. Zulegt aber,bey dem Be⸗ Viele andere Arten der Lobgefänge übergehe i
Ihluß und dem dreymal Heilig, erhuben fie ihre anjeßo, *
canebant. De Tarayio teftantur et plura narrant Damafenus lib. II. Orth. Fid. c. ro. et Epift. fingulari
P.501. Opp. Concilium fextum c.8ı. et ibi Balfamon, qui id — per ecftafin in calum rapto et ab Ange-
lis audiente relatam efle ait, de quo et Nicephoruslib. XIV.c.46. Paulus Diaconus lib. XIV. in Theod. De
additamento lites narrant Ewagrius lib. III. c..44. Ephraim Thheopolitanus ap. Phorium Cod. 228. Conf. Be-
weregius ad Conc. p. 162. Bora de Pfalmod.c.XVI.p.340. e) De Therapeutis quidem habet Phil, Vid. |
Thom. Bruno de Therap.p.ı99. f) Caffanus lib.I.Infit.c.ıo.
Das 3. Kapitel,
Bon der erften Chriften Zuſammenkuͤnften, derſelben
Ort und denen Kirchen,
Summarien.
sy erften Chriſten bunden ſich nicht an aufferliche Tempel, 9.1. weil GOtt nicht, kann eingefchloffen werden, 2. ſon⸗
dern vielmehr an allen aufferlichen Tempeln Eeinen Gefallen hat. 3... Mißbrauch der Tempel, 4. Die erſten Ehrilten
kamen zuſammen entweder in — 5. oder auf den Kirchhoͤfen, 6. und unterm freyen Himmel, 7. auch wol in Ge—
fangniffen, 8. oder wie ſie ſonſt wollten oder konnten. 9., Mit der Zeit, erhielten fie einige Häuſer zu ihren Zuſammen⸗
kuͤnften, 10. welche aber insgemein fehlechte und niedrige Gebäude waren. ıu. Solche gebrauchten fie ohne Aberglaus
ben, ı2. ohne fich daran zu binden, ı3. vder gar ein Heiligthum daraus zu machen. 14. Defto mehr drung man auf das
Be 15. das man ſchmuͤcken und GOtt wiedmen müßte, 16. als feinen eigentlichen Tempel. 17. Bedenken über
eren Cave Bericht von den Zuſammenkuͤnften und Tempeln der Chriften. 19221. Mit der Zeit fieng man an die Tempel
au mißbrauchen. z2. Mit Berfaumung des innern Gottesdienftes 23. bauete und fehmückete man die Kirchen. 24. Das‘
gab Gelegenheit zum Hochmuth, Heucheley und Weppigfeit. 25. Bon denen Kirchweihen und deren Mißbrauch. 26,
§. 1
Rachdem wir die zwey fürnehmften Uebun- chen Ehre GOtt nicht anthun, und ihn in fo en=
9 gen des öffentlichen und ſonderbaren Got: ge Schranken einzuſchlieſſen ſuchen, viel weniger
tesdienfts, nemlich Beten und Singen , den Gottesdienft an foldye Haufer binden. Apoft.
befehen; gehen mir nun zu ihren gemeinen Uebun- Geſch. 17,24. Dergleichen Benguik that dorten
gender Gottſeligkeit, die fie untereinander gehabt, Stephanus an die Juͤden, Ap. Geſch. 7, 48. da
und fehen vor allen Umſtaͤnden den Dre derfelben: er fih auf des HEren Wort aus dem Alten Tex
Da es denn an geündficher Nachricht nicht mar» ftament berief: Ef.66,1. Welches fonft auch
gelt, wenn nur das Gemürhe von ſolchem Begrif wider folhe Meynung bey den Kirchen fehr
frey ift, dev alles nach der Art feiner Zeit und Orts fharf rede. 1B. Mof. 49, 6: Eye. 7, 14
will eingerichtet willen. Die erften Ehriftenhat- cap. 16, 24. 31. 39. Hof. 8,14. c. 10,2, A⸗
ten unter den Berfolgungen immer mit den Hey: mos 7,9. Joel3,5. Gegen die Heyden führ-
den zu kaͤmpfen, da denn unter andern auch diefer ten fie diefe Wahrheit fehr weitläuftig ausa), und
Einwurf vorfamr Warum denn die Ehri- fagten unfer andern alfo: “Was follih GOTT
ſten Feine Tempel, wie alle Dölfer, hätten! „vor einen. Tempel bauen, da diefe ganze Welt,
Die blinden Leute hielten dis für die größte „von feiner a gemacht, ihn nicht faflen Fann ?
Ehre ihrer Götter, wenn fie ihnen eigene Lem „Und wie follte ich die Macht einer fo hohen Ma-
aueten und einweiheten. - Die Chriften aber be> „‚jeftätin ein kleines Haus einfchlieffen , da ich, als
zeugten ihnen fehr grimdlich, man duͤrfe derglei- „ein Menfch, weizlauftiger wohne: Iſts aan
| . eſſer
a) Arnobius prolixe lib. VI. adu. Gent.p.239. ad 244.
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> 3. Cap. Don ihren Zufsmmentünften, derfelben Ort, und Rirchen. 181
„beffer, daß man ihn in feinem Herzen Beiliger ?
»%a, allerdings muß erim Herzen geheiliget wer-
„den, b). Eben fo fchrieb Eyprianus: “Was
„follte aber GOtt vor einen Tempel haben fon:
„nen, deffen Tempel die ganze Welt üft,, c)? Und
nad) ihm Lactantius: "Warum hebt ihr eure
„Augen nicht gen Himmel auf? Warum feht ihr
„vielmehr auf die Wände, Holz und Steine, als
„dahin, wo J daß GOTT ſeyn ſoll?
„Was follen noch lange die Tempel und Altare,, d)?
Ingleichen Elemens Mlerandrinus: “Werden
„wir denn GHOFE in einen Raum faſſen, der doch
„nicht kann umfchrieben werden ? Oder wollen
„wir den einfchlieffen in Tempel von Händen ge:
„macht, der alles begreift? Was foll das Werf
„der Bauleute und Steinmeßen heilig feyn, und
„ihr garftig befudele Handwerk? Sind fie wol
„beſſer als die, fo die $uft und allds darinnen,
„oder vielmehr die Welt, der göttlichen Herrlic)-
„keit anftandiger gehalten haben ? Die Bilder
„und Tempek, fo von geringen Leuten gemacht
„werden, find aus unnüßer und eitler Materie
„gemachte: Darum müjfen fie auch ſelbſt eitel,
„unnüße, materialifch und unbeilig ſeyn, e).
Endlich, unter vielen andern Gregorius Nazian⸗
zenus: „GOTT wohnet nicht in Häufern von
„Menfchen Händen gemacht, alfo auch) nicht in
„den —— der Kirchen f).
2. Sie beſchaͤmten auch die abergläubifchen
$eutedamit, daß fie ihnen diefe Neuerung des Kir-
Denn *obfchen (fagten
„ſie) Numa diefen abergläubifchen Vorwitz ein-
„geſetzt bat, fo waren doch damals weder Bilder
„noch Kivchen. Es waren nur elende Gebäude,
„und Feine Kirchen, die mit ihrer Höhe den Him-
„nel ftürmenmöchten,, 2). Andere rückten ihnen
die Zeugnifle ihrer eigenen Glaubensgenoffen vor,
und bielten fie mit der heil. Schrift zufammen.
„Das Wort verbeut, Kirchen zu bauen und alle
Opfer, und deutet alfo an, daß der Allmächtige
„in keinem Orte fen. Ef. 66. Welchem aud)
Euripides gar ſchoͤn benftimmer:
Wie folle des Menfcyen Hand ein Haus doc)
fonnen bauen,
Darinn der höchfte GOTT verfperrr fich lieſſe
hauen ?
So fagt aud) Zeno, “man müffe weder Kirchen
„noch Bilder machen, weil den Göttern nichts
„„ukaͤme, was zufammen gefegt und vielfältig
„ware: Es wird nicht noth ſeyn, Kirchen zu bauen,
„denn eine Kirche muß man nicht für was herr—
„liches oder hohes halten, u. ſ. w., h). Derglet-
chen Bekenntniß that auch Juftinus der Märtys
rer, als er befragt ward, wo die Chriſten zuſam—
men kaͤmen: “Meynſt du, daß mir uns alle an
„einem Dre verfammlen? Mit nichten: Denn
„der Chriften GOtt laͤßt ſich in Feinen Ort ein-
ſhraͤnken; fondern, weil er unfichebar ift, fo er—
„rülfet er Himmel und Erden, und wird überall
„von den Gläubigen angebetet, und nad) feiner
„Herrlichkeit gepriefen, i). And nad) ein Bes
kenner Ehrifti antwortet alſo: "Auch der uner-
„fahrenfte Chrift ift verfichert, daß ein jeder Ort
„in der Welt ein Theil des ganzen fen, und daß
„die ganze Welt ſey GOttes Tempel. Alſo betet
„er an jedem Orte, wenn er die finnlichen Augen
„zufchleuße, und die Gemüthsaugen erhebt k).
3. Hier möchte man nun wol denken, es rede
een diefe Heilige Männer nur von heydnifchen Tem⸗
peln, wie die Papiften einwenden; Allein, es er
weifen die Theologi wohl, daß jene disfalts feinen
Unterfcheid gemachet haben unter den Kirchen der
Heyden und Epriften 1). Sondern, wie es ihre
Worte, die bernach $. 4. kommen werden, Flar
geben, fie fegen die Tempel des Leibes JEſu Chri⸗
fti und feiner Gläubigen denen von Händen ges
machten Tempeln gerade entgegen. Insgemein
aber wurden fie von den Gottloſen nicht allein be=
fihuldiget, daß fie Feine Tempel hatten, und die
andern Kirchen als Todtengraber verachteten m );
fondern fie geftundens aud) felber ohngeſcheut,
daß fie nicht aus Noch, fondern gerne Feine haͤt—
ten. So ſchrieb nächit andernnoch am Ende des
dritten Secuͤli Urnobius: “hr pflegt uns hier—
„innen eine groſſe Miſſethat bayzumeflen, daß wir
„weder heilige Haufer zum Dienjte ver Anbetung
„aufbauen, noch Altäve machen. = = Diefes
„aber unterlaffen wir nicht darum , als ob wir
ottlos und frevelhaft gefinnet wären, oder die
— ohne Urſache verachteten; ſondern weil
„wir meynen, daß fie (wo fie Götter wären) dies
„fe Ehre entweder verlachen, oder Darüber zuͤr—
en, 0), Andere Zeugniffe übergehe ich mit
Fleiß, weil die Sache alzugewiß, und wider F
3 e
7
b) Cæeilius ap. Minutium Felicem p. 367. Octau. c) Lib. de Idol. Vanit. d) Lib. II. c. 2. approbatus et a
Flacio Catal. Teft. Verit. Ib. I. p, 34.
2) Tefkullianus Apol. c. 25.
ap. —— 332. n) La VI, initio,
Hi > * *
e) Lib. VII. Strom. p. 714. f) Orat. ad Heronem Philoſophum.
h) Clemens Alex. Strom. lib. Vp. 584. et Origenes lib. I. aduerſ. Cell. p. 6.
1) In Adtis ap. Baronium A. CXXXXV. n. 2. kK) Origenes lib. VII. adu. Celf, p. 362.
Antiquit. Ecck Sec. ILL. Art. 4. $. 9. et Theologi preiertim Practici vniuerſe.
1) Vid. vel Bebelius
zn) Ita queritur Cxecilius
*
**
182 2.3. Don der erften Chriften gemeinem und fonderbarem Bötteodienft: - z
fe Aberglaubifche laͤngſt von unparteyiſchen Feu-
ten erwieſen iſt; wie wir unten fehen werden, und
bereits im 2. Cap. $.17. gehöret haben.
4. Wie aber diefe erleuchtete Leute den Abgrund
der menfhlichen Thorheit fahen, fo erfannten fie
auch an denen Heyden, wie fich die armen Seelen
auf dis ihr Aufferlich Weſen verlieffen, und in-
deſſen immer in ihrer Bosheit fortfuhren. Drum
ftellten fie ihnen auch diefes vor, “wie fie ihren
BGoͤtzen nichts innerliches, Eein reines Herze, Eel-
„ue Ehre noch Furcht darbrächten. Wenn fie
„auch ihren eiteln Gottesdienſt vollbracht hätten,
„to lieffen fie alle Gottesfurcht in der Kirche, und
Wey der Kirchen , und brächten gar nichts mit
„ſich heraus. Daher kaͤme es auch, daß fiedie-
„ſes weder fromm, noch feſte und umveraͤnderlich
„machen Fonne,, 0). Sie fragten das verfuͤhrte
Volk: Woher ift alles fo verfehreworden, daß,
„da fo viel Kirchen in den Städten find, fo viel
„Bilder der Gößen , ihr dennoch mit fo vielen
Geſetzen und fo fchrecklichen Leibesſtrafen den haͤu⸗
„rigen Saftern nicht feuern Fönnet , und fie fich
„deſto eher vermehren, je mehr man fie zu ver—
„hüten fucht „p)? Ein anderer fpottet faft mit Elia
der Elenden bierinnen, wenn er der Chriſten
und Heyden Gebet einander entgegen hält: “So
„laßt denn den einen feine Hände im Geber gen
„Himmel aufheben, die andern nach dem Altar‘,
„darauf er fein Vertrauen gefeßt hat; einen an-
„ern (wie ihr von uns mennt,) im Gebet die
„Wolfen zählen, einen andern die Kirchengemöl-
„be; einen feine Seele GOtt heiligen, den andern
„eine Bocksfeele opfern, g). Und wiederum:
Wenn es etwa im Sommer nicht regnen will,
„ſo Freffet ihr doch und faufer immer fort, und
„bringet dem Jupiter ein Opfer, ſuchet im Ca—
„pitolio , was ihr Doch vom Himmel erwarten
„ſolltet, und meynet, die Wolken follten fic) bey
„oenen Gewoͤlben aufziehen „r). Dabey zeigten
fie ihnen mit ihrem Erempel ein anders , daß es
dem wahren GOTT überall angenehm fey, wo
man iin nur ehre. Daher Famen fie nun zufam-
men, wenn und wo fienur fonnten. So mad):
ten es die Apoftel und ihre Jünger. Avoft. Geſch.
2, 46. c. 12,12. c. 20, 20. u.f.f. Davon wären
ſehr viel Zeugniffe anzuführen: ich will aber nur
0) Laifantius lib.V.c.20. p)Arnobiuslib. VI. p. 263.
Dannh.Chrifteid. Art. I. p. 188. Bebelius l.c. Balduinus Caf.Confe.Lib.II.c.ıo. e Polya. Virgslio lib. V.Inuent.c.6.
Quen/kedins Antiqu. Bibl. et Ecel. e. 9. e Plarina in Califto. p.26. etalii plures Proteftantium, Vid. nouiflime
e Reformatis F. Spanhemius Introd. breu.H.E. Sec. II. p. 42. 74.93. et pleniori pallim.
Ann. CLXV.n.vle. u) Ib. Ann. CCLXX.n.4. x) CCLXXXVI.n.ıo. y) CCXCV.n.g9. Conf. A. CCCIII.
n.ı2. z)Italoquuntur Centur. Magdeb. Cent. VI.p. 358. a) Victor Vticenſis lib. II. Perfec. Vandal. b) so-
crates lib. VI. c. is. c)-Homil.3.in Act.
27 ©
*
etliche Denkmahle der erſten Zeiten anſehen, dar-
aus Flar wird, daß fie in den erften 200 und mehr
Jahren von Feiner erbauten Kircheetwas gewußt
haben s). — 3
5. Alfo feget Baronius felbft aus denen Ge-
ſchichten der Märtyrer, es fey dem Kayfer An—
tonino vorgebradyt worden, wie in einem Sau⸗
fe von den Chriſten Zuſammenkuͤnfte gehal⸗
ten würden, der auch viele davon gefangen ge—⸗
nommen t). Item, an einem Ort über der Ti-
ber war ein Haufe Ebriften bepfammen ge-
weſen, die gefungen und fich gefreuer : Wel- -
he auch, da etliche andere angeflopfet, aus
Furcht nicht ‚aufthun wollen u). Ja, es ſtehet
ausdruͤcklich, “es ſey Fein Ort damals ſicher ge
„weſen, fich zu verftecken, nnd hatten ſich vielebeyg
„einem Chriſten, Caftulo, aufhalten muͤſſen, Die
„mit Faſten und Beten Tag und Nacht angebal-
„een: es wären auch zu ihnen Männer und Wei:
„ber Fommen,,x). Wiederum: “Es wäre die
„Verſammlung der Ehriften in zwey Haufern
„gefchehen vor dem Marft Saluftii „y. Der:
gleichen geheime Berfammlungen gefchahenaucd
hernach, da man zwar folche öffenslihe Haufer -
genug hatte, abereine Partey der Ehriften durch)
Zertrennungen und Spaltungen Die andere aus
den Kirchen jagte, Daher die ſchwaͤchſte fich oft mit
Privathaͤuſern behalf: Denn fie waren nicht an
die Kirchen fo abergläubifch gebunden, daß ſie
nicht bisweilen die öffentlichen Derter verliefen,
und in einem Privatplag zufanmen Famen z). -
Alfo hatten fie bey der Vandaliſchen Verfolgung
ihre Andacht, wo fie Fonntena), und unter den
Arianern zu Eonftantinopel: gleichfalls, Wegen
der Austreibung Chryſoſtomi fonderten fich viele
von den öffentlichen Berfammlungen ab, und
hielten die Dftern in einem öffentlichen *Babe-
haus, hernach in einem Spielhaus, endlich gar
an vielen Orten oder unter freyem Himmel b).
Wie denn diefer vorfrefliche Lehrer zu feiner Zeie- E
mwünfchte, daß ihre Verſammlungen alfo”
fepn möchten, wie die Apoſtoliſchen, d
Fein Wann nob Weib abaeföndert Wwor-
den c): weil er den Verfall auch Kierinnen mie”
Schmerzen fahe; wie wir bald. fehen werden.
Unter dem Arianifchen Kayſer Dalente Mn die
andern
g)Tertullian. Apol.c.24. x) Ibid.c.40. s) Confentiunt
t) Adta Praxedis
Be *
andern nur in einem Eleinen Häusgen ihre Zu-
oder auf die Gottesäder achen k). Welche
4 j Br *
3. Cap. Von ihren Zuſammenkuͤnften, derſelben Ort und denen Rirchen. 183
ſammentunſte d). *
6. Eben fo mußtens auch unter dem Roͤmi—
ſchen Joch die armen Waldenſer und andere Zeu⸗
gen der Wahrheit machen, als die Pfaffen uͤbel
vertragen konnten, daß weltliche Perſonen und
Layen die H. Schrift anders uͤberſetzten, erklaͤrten,
und in Does Zuſammenkuͤnfte hielten, und da⸗
bero verboten wurde, es weiter zuthun. Daran
fich denn jene nicht kehrten, weil ihr Hunger nach
dem wahren Worte GOttes durch die Gebote der
barifaer nicht geftillet wurde, da in denen Kir-
chen niemand das Wort recht lehrete: worüber
ſich aber VBerfolgungen erbuben ©), Die erften
Chriſten mußten meijtens auf den Gortesäctern
und Grabftellen ihrer entfchlafenen Brüder und
Schweſtern zufammen kommen, welche man
areas oder Plage nennte, und auf Seiten der Ver⸗
folger deswegen auch nicht mehr leiden wollter).
Inſonderheit ift bievon ein merfwürdiges Denk--
mahl noch zu Kom vorhanden auf dem Gottes:
aker Galifti von einem Märtyrer Alexandro,
„das unter andern alfo lautet: GENUA. FLE-
GTENS.VERODEO.SACRIFICATURUS,
_ AD, SUPPLICIA. DUCITUR. O, TEMPO-
RA. INFAUSTA. QVIBUS, INTER. SA-
A. ET. VOTA. NE, IN. CAVERNIS.
IDEM, SALVARI POSSIMUS, Dasift:
Er ift zum Tode aeführer worden, als er vor
"dem wabren GOtt feine Bnie gebeuget, und
"ibn opfern (beten) wollen: O elende Zeiten,
da wir nicht einmal beym Gottesdienft und
- Gebet in den unterirdiſchen Rlüften und Lo—
chern ficher ſeyn Fonnen 2)! Solche Zufammen-
fünfte wurden ihnen oft verboten von den Hey—
ben, wenn das vebellifhe und von den Pfaffen
. aufgewiegelte Volk fchrye: Ihre Pläze follen
- nicht mebr ſeyn h)! Zu Eypriani Zeiten wur:
f de geboten, daß die Ebriften an Eeinem Orte
*
Zufammenkuůnfte halten ſollten, und nicht auf
die Gotteoacker geben i). Alſo ſagte auch der
Richter zu Dionyſio und feinen Brüdern: Ihr
duͤrft nicht mehr Sufammenfünfte anſtellen,
Gewohnheit denn auch ſehr gemein ward, daß
das Volk auch auſſer den Verfolgungen dahin
gienge, und daſelbſt mit einander betete)).
7. Demnach famen fie meiftens unter freyem
Simmel zufammen, davon fie das Erempel
Ehriſti und feiner Apoftel vor fi) hatten: wie
von diefen ihre Gefchichte bezeuget , c. 16,13. (MD
zwar argoreuyn auch ein Bethaus ſeyn Fann, wie
es auch der Syriſche Dolmeiſcher gegeben,) und
6.17, 17 €. 20,36. 6.22, 5. An ihren Machfol-
gern faben es ohne Zweifel die Heyden , daher fie
drüber fpotteren , und fagten, die Cbriften
zählten unter ihrem Geber die Wolfen m),
Da doch ihre eigene Lehrer und Philoſophi felbit
unter freyem Himmellehreten, wieihnen jene vor
bielten n). Gleichwol ließ ihnen das Verlan—
gen, ihren GOtt unter einander zu loben, Feine
Furcht vor Schmach oder Schaden zu. Diony:
ſius erzehlet alfo bievon : “Als wir von allen ver=
„folget und dem Tod übergeben waren, bielten
wir doch mit frölichem Herzen ein Felt. Es
»fehiene uns ein jeder Ort, der zur Art der Mar:
„ter beſtimmt war, gelegen genug zu fenn , da
„wir Zufammenfünfte mit groflen Freuden hiel⸗
„ten. Es mochte nun ſeyn ein wuͤſtes Feld, oder
„Einöde, ein Schiff aufder See, oder ein öffentli-
„cher Gaſthof, oder auch ein ſchrecklich Öetäng-
„if 0). Und weiter gedenket er, wie unficher
— gelebet, daß ſie ſich weder Tags noch
Nachts fehen laſſen durften; und zwar waͤhrete
diefes ſehr langep). Unter dem Kayſer Licinio
mußten die frommen Leute auch aus den Sradten
in das freye Feld, in die Wälder und Berge ents
weichen, und da beyſammen bleiben g). ‘a, man
verbote ihnen endlich, daß fie auch auf dem Felde
Feine Zufammenfünfte balten _follten r).
Dergleichen auch bernach unter den Kayſern ges
ſchahe, die ſich Ehriften nennten, da ofte der
ſchwaͤchſte Theil unter freyem Himmel zuſam⸗
men fommen mußte. Weswegen Bafılins die
zuNicopoli tröftere 5).
8.Wir
d) Socrat. IV. c.i. e) Verba ſunt Caralögo Teſt. Verit. lib.VII.p.706. f) Terzull. ad Scap. c.3. g) Apud
Reinefium Infeript. Clafl! XX. p. 953. et alios. Talia deferibit quoque Barenivs A. CCXXVI.n.8.LVII.n.ı2g.
CXXX.p.90. T. II. quealii in dubium vocant , nec ftatui iftorum temporum mifero fplendorem conveni-
re iudicant. h) Tersul.l.c. i) Ada pasfioniseiusp. in. k) Enjeb.Vll.c.ın. 1) Hieronymus de feipfo
narrat in Ezech.XL. Prudentinsde aliis hymn. 10. de Cor. de Alexandrinis Hifforia Tripart. lib. V. c.3. etc,
m) Terzull. Apol.c. 24.
n) Auguflin.lib. XVII.
de Ciu. Dei c.41. 0) ap. Eufeb.lib. VH. c. 20. et 22,
p) Ib. c.2ı.et lib.VJ.c.41. qg) Eujeb.X.c.g. r) Id. lib. I. Vit. Conft.M. s) in Ep, Tom, II. Synodic;
P.I. p.183. Conf. de Valente Rufinus lib. I. H.E.c. 5.
N
4 =.
i nen, =
184 2. B. Don der erften Chriſten gemeinem und fonderbarem Gottesdienſt. J
8. Wir haben jetzo aus Dionyfii Briefe gefe-
ben , daß fie aud) in Gefängniffen zufammen
kommen, Darinnen ihnen Paulus und Silas vor-
gegangen waren, die darinnen GOtt geiobet hat-
ten. Apoft. Gefh. 16,25. Diefer Gebraud darf
niemand Wunder nehmen, der weiß, daß ihre
Gefaͤngniſſe meiftens ihre Herbergen gewe-
fen ı), Daher tauften fie nicht allein darinn, nach
Pauli Erempel, Ap. Gefch. 16,32. dergleichen von
Fructuoſo ud und einem Scharfrichter gelefen
wird x); fondern handelten auch da GOttes Wort
und des HErrn Abendmahl mie einander. Son:
derlich it die Hiftorie des Martyrers Luciani
denkwuͤrdig, die alfo befchaffen iſt y): Alser kurz
vor feiner Marter gefangen lag, umd die Brüder
gerne noch einmal das Abendmahl mit ihm gehal-
ten hätten, gleichwol aber Fein Tifch dazu vorhan-
den war, ſprach er: Der Tifch ſoll euch meine
Bruft fepn, der hoffentlib GOTT nicht we-
niger gefällig ſeyn wird: Ihr aber Ur ein
beiliger Tempel ſeyn, daß ihr mich allenthal-
ben umgebet. Und alfo wurde es auch verrich-
tet,
9. Aus diefen und dergleichen ift unleugbar,daß
weder die Apoftel noch ihre Jünger beftandige und
gewiſſe Derter ihrer geiftlihen Handlungen ge-
habt. Welches auch der Autor der Fragen an
die Nechtglaubigen beftätiget, da er fager, die
Bemeine habe von eben den Leuten empfan-
gen, wo fie beten folle, von denen fie das
Geber feiber babe, nemlich von den heiligen
Apoſteln 2). Nun riefen dieſe den Vater an
allen Drten an, ı Cor. 1, 1. nad) ihres Meifters
Willen. oh. 4, 21=24. Dahero wenn fie fic)
verfammlen mollten, fo thaten fie es, wo fie
wollten und Fonnten a). Wären fie hierinnen
abergläubifch geweſen, fo hätten fie immer bey
der Verfolgung unvergnüge feyn müffen. Aber
fie Elagten nicht_fowol darüber, daß fie nicht
durften an gewiffen Drten beyfammen ſeyn, als
daß fie ſich gar nicht verfammlen durften. “hr
„gebet täglich achfung auf unfer Wefen, täglich
„werden wit verrathen, auch in unfern Verſamm⸗
t) Loguuntur ita Alta Martyrum ap. Baronium A. CCLX.n.47. Conf. Hilarzus adu. Auxent. p.214. u) Pru-
dentius hyınn. 6. deCoren. et Ataeius ap. Barozium A.CCLX.n.62. x) Euſebius VI. c. 5. y)Ada ap. Ba-
z) Aptıd Jufinum Cuæſt. 118. ad Orthod.
CLXV.n.2. b) Terzull. Apol.c.7.add.c.39. et Minut. Felix p.367. c) Vid. Eufebins in Chronico fub Se-
uero et lib. VI. Hiſt. e. i. VIl.c.ır. d) Epift.advtrosque. e) Ap. Enfeb.VIl.c.ı0. f) Itadiferte Ammia-
nus Marcellinns lib. XXVIL. Hiftor. Paffo Cypriani p. u. Altaap. Baronium A.CCLX, n.37.
ronium A. CCCXI. n. 7.
lib. IV.p.ıgr. h) Lactantius lib. 3. c. 11.
— —
„lungen uͤberfaͤllt man ung,,, fagten fie zu den Sein:
denb), Maſſen zur Genüge bekannt ift, wie ſcharf
ihnen oft alle Zufammenfunft verboten worden , fo
gar, daß man fie dadurch gar auszurotten geſu⸗
het c). Sie aber kehrten fich nicht an die grau—
famen täfterungen , die fie wegen ihrer beimlichen
Berfammlungen hören mußten, welche Herr Ca⸗
ve im ı Theil 4. Cap. erzehlet. Die Apoftel un-
terlieffen es nicht, in Haufern zufammen zu kom⸗
men, wie fie es vom HErrn empfangen hatten!
Apoſt. Geſch. 1, 4. c. 2, 46. c. 5, 12. 42 c. 12, 1%
Ihr getreuer Jünger Janstius vermaßnte Diezu
Smyrna und Ephefo , “fie follten ofte Berfamm: -
„lungen haltenund zufammen fommen zur Dan:
„ſagung und Ehre GOttes, denn alfo wuͤrden die
„Kräfte des Satans zerftört»d). Und Diony-
fius erzehlet von fich, Daß er die Brüder vermah⸗
net habe, “daß fie fleißig Zufammenfünfte hiel⸗
— wozu er auch mit feinem Exempel geholfen
abe e). I
—— — 4
10. Indeſſen, wenn die Obrigkeit ein wenig |
gütiger wurde, fo fiengen fie bisweilen an einige
Gebaude zu ſetzen, Darein fie zufammen giengen,
wovon Here Eave etliche Zeugniffe anführet , die
wir unten befehen wollen. est mußnur gezeiget
werden, ob fie ſchlecht oder prachtig gewefen. Das
erfte aber ift ganz leicht zu bemweifen, und gibt es
auch ihr Name, weil fie fie damals nicht Tem-
pel, Bafilicas, oder Fönigliche prächtige Be-
baude nennten. An dem Worte Tempel hatten
fie einen Greuel wegen des beydnifchen Miß— 4
brauchs, wie Herr Cave zugibt p.140. Hingegen
nennten fie fowol die Berfammlungen ſelbſt alg :
F
ihre Oerter CONVENTICVLA und Conciliabula,
oder kleine Zufammenfünfte, ungeache fie die
Böfen eben fo zum Spott hieffen; wie wir far
aus denen glaubwürdigen Scribenten fehen ),
Alſo beklagt Arnobius, daß die Yeyden die
CEonventicul der Ebriften niedergeriffen 9). %
Ein anderer erzehlt, wie eine ganze Menge
Chriſten mit ſamt dem Eonpenticulverbrannt
worden h). Sie gedenken auch in folgenden Zeiten,
daß fie an allen Orten Conventicul angerich ⸗
"tet,
a) Fatetur Iuftinus ap. Baronium A.
g) Arnobins
nn
3. Cap- Don ihren Zufammenkünften ‚ derfelben Ort und denen Rircben.
tet, und auf dem Felde Conventicula gehal⸗
ten ). Dergleicyen Redensarten auch hernach
von denen Kirchen ohne Bedenken gebrauchee
worden k). Ueberdis merket ein gelehrter Mann
—
F
>
is
T
ſehr wohl an, daß man ſie damals nur Saͤuſer, oder
Gerter des Bebets, exxAnsias oder Der:
ſammlungen benennet, weil ſie ganz che
und nach dem Anfehen von Privathaͤuſern nicht
unterfchieden gewefen 1): Wannenhero es auch
Eommen fey, daß die Heyden, fonurdas Aeuſſere,
nicht aber das Berborgene des Herzens zu ſchaͤtzen
wußten, fie immer befchuldiger, fie hätten Feine
Tempel. Hingegen fey die Hige der Andacht in
den Herzen der Chriſten damals defto heftiger ge-
weſen, und habe ſich in ihren Herzen fein ab-
ven Gottſeligkeit geſammlet, nicht aber mit äuffer-
lichen Dingen zerftreuet, Weswegen aud) ber:
nad) Tonftantinus und KLicinius inihrem Edict
von der Chriſten Sammelplägen alforeden, daß
man leicht feben koͤnne, es fen nichts merfliches
dran geweſen, indem fie es nur auch Derter ihrer
Zufammenfünfte Bieffen. Welcher wahrbaftige
und gründliche Berichte bey Durchlefung des
Herrn Cave wohl zumerfen, und mit anderer Pa-
piſten Bekenntniffen zuſammen zu halten ift m).
ı1. Die Sache an ſich ſelbſt befennen die alten
Seribenten öffentlich, wenn fie dabey ihrer eige-
nen Häufer gedenken, Tertulliani Worte: Das
Haus unferee Tauben ift feblecht, führer auch
Here Cave an, P. 139. und 146. ungeacht er
immer ein Aufferlich Anfehen der Kirchen auch)
von demfelben haben will. Unterdeſſen urtheilet
einer auch von denen folgenden vermennten glück-
feligen Beiten nicht zum beften, wenn er ſpricht:
„Viele bauen jego die Wände, und fegen ihre Kir-
„chen auf Seulen. Da glänzen die Marmel:
»fktine ‚ die Gewölbe fchimmern von Golde, der
„Altar wird mit Edelgefteinen verſetzt: Aber die
„Diener EHrifti erwaͤhlt man nicht recht. Mie-
„mand aber werfe mie den jüdifchen Tempel hier
„vor. Denndamalsmurde das von GOtt gebil⸗
„liget, als die Prieſter opferten, und man mit
"ur die Sündentilgen wollte. Esift aber die
„ſes alles zum Fürbilde vorhergegangen. Jetzo
„bingegen, da der HErr felber arm worden ift, und
„die Armuth feines Haufesverordnet hat, fo laffet
a
185
„uns nur an ſein Kreuz gedenken, und ben Reich⸗
„thum für Koch achten, n)._ Ausfolchern Grun-
de lobet dorten Bulpitius Severus eine Kirche
in Orient, dienur aus geringem Solzwerk zur
ſammen gefügt, und nicht prächtiger ale ei⸗
ne gemeine Herberge gewefen 0). Und wer
wollte auch den bedrangten und armfeligen Leu⸗
ten diefes zumefjen, daß fie in groffen Gebaͤu⸗
den eine Ehre oder Luft geſuchet, da dis ihre er-
fe Grundregel war, alles zu verleugnen? Da:
hero hat niemand an prächtige Kirchen oder Pallä-
fte zu denfen, wenn er ja von einigen Häufern
der Chriſten höre, fondern an fihlechte und mäßige
Gebäude, wie die Gelehrten davon reden p).
12. Und da fie auch gleich folche eigene Haͤuſer
hatten, ließ ihnen doc) die Kraft CHrifti, die in
ihnen wohnete, nicht zu, daß ftemit Aberglauben
daraufgefallen wären, und dieſes für etwas Beili-
‚ges oder fonderbares an fich ſelbſt gehalten Bärten.
Sie wußten wol göttliche Dinge von menfchlichen
Erfindungen zu unterfcheiden, und erinnerten
fich immer, wie fie Feinen ausdrücklichen Befehl
Kirchen zu bauen im Neuen Teftam. hätten. Die:
fes bezeugten fie nicht nur, gedachter maffen, denen
Heyden, fondern auch den ſchwachen und unge-
übten Ehriften. “Sie follten und wollten nicht
„allein indem Tempel beten und danfen, fondern
„auch zu Haufe in der Schlaffammer. Ya,fie
„hatten und heiligen GOtt in ihrem Herzen, weil
„es GOttes Tempel war,, q). So fihriebe einer
von dem Kammerer, (Ap. Gefch. 8.)*er babe mehr
„am Waffer gefunden, als in dem vergüldeten
„Tempel zu Jerufalem,, r); Damit er weiſen woll⸗
te, wie ſich GOtt vom Anfang des neuen Bundes
an feinen gewiſſen Ort gebunden, ob gleich die
Apoftel noch anderer wegen mit hinauf in den
Tempel gegangen. Jener erleuchtete Mann konn⸗
te jich nicht drein finden, da ihn die Chriſten im-
mer zur Befenneniß in der Kirche noͤthigten, und
zwar nicht den Dre, fondern die Gemeine dadurch
verftunden: Drum fragte er: Sind cs denn
etwa die Mauren, die einen Ebriften ma-
chen s)? Eben wie einer von unfern Theologis
bievon fehreibet, da er es Rinderpoffen nennt,
wenn man die Kirchen der Reger nicht
brauchen wolle. Denn was follte doch der
Aa Stein:
i) Rufinnslib. I. Hift. c. 9. lib. IT.c.3. k) Hieronymus aliquoties lib. T. in Zachar. c. $. epift.3.ad Heliodorum et ali-
bi: Sidonius Apollinaris lib. VIL. Ep. 6. et e Gracorwvayayn, Iusencaslib. II. Hiſt. Eu.p. 482. I) Defiderius
Heraldus ad Arnobiump. 347. ex Eujebio lib. VIII. e. 13. et vlt. m) Vt Baronii A. LVII.n. 102. Albafpineinot. ad
Tertull. ad Vx.c. 4.ct aliorum. n) Hieronymus Epift. 2. ad Nepot. que verbamirum! etiam in Iure Canonito
approbanturc. Gloria 71. cauf,2. 9.22. 0)Dialogo I. p) Cenrur. Magdeb. Cent. IV. p. 227. Micrelius ib. II. H.
Ecel.p. 81. Kromayerus Cent. II. p. 89. Bebelius, Dannhanerus, cxterique Il. cc,
Hieronymusad Paulinum. s) Auguſtinus lib.VIII.Confefl: c. 2.
% -
* Kr
—
Q Lactantius lib. VL.c.25. r)
146
Steinhaufen zur Xeinigfeit oder Unrei⸗-
nigfeit des Bottesdienfts thun ı)? Wel-
- her auch fonft den Pracht der folgenden Zeiten
im Tempelbauen ftrafte, weil er doch zur
Ir
een Bottfeligkeit nichts thue, und
‚die Iebendigen Tempel viel höher follten ge-
halten werden u). Damit tröftete aud) ein
frommer Mann die, welche feine Kirchen hat-
ten: Wedenket, (ſagt er,) die ihr unter freyem
„Himmel den Schöpfer Himmels und der Er-
„oen anbeten müßt: Die eilf jünger waren ver-
„fchloffen und verſteckt; Die aber, fo den HErrn
„ereuzigten, ı bielten ihren öffentlichen Gottes-
ndienft in den berühmten Tempel,,. Alswollte er
fagen: Es ift eben an dem äufferlichen nicht
gelegen; Die koͤnnen auch in die Kirche geben,
die doch CHriſtum mit ihren Sünden täglic) Freu-
zigen, und die müffen ofte verjaget werden, die
tebendige Teinpel GOttes find x). Wie denn
auch ein anderer berühmter Lehrer ausdrücklich
wider die damaligen Heuchler ſchrieb: Ich er⸗
„innere euch diß einige: Hüter euch vor dem Anz
„tichrift. Denn ihr habt euch unrecht in die Wän-
„de verliebt: Ihr verehret die Gemeine GOttes
„böslich in den Dächern und Gebäuen: unter
„diefen gebet ihr ohne Grund den Frieden vor. Iſt
„denn noch lange dran zu zweifeln, daß inden Kir-
„hen der Antichrift figen wird? Mir find Die
„Wälder, und Berge, und Seen, und Gefäng-
„niffe ficherer. = Denn darinnen find entiweder
„die Propheten blieben oder verfteckt worden, und
„haben im Geift GOttes geweiflaget y).
13. Niemand wundre fih, daß diefe Lehrer fo
ſcharf reden, der den Verfall ihrer Zeiten weiß,
und wie der Aberglauben famt dem äufferlichen
Schein fo mächtig gewachfen, und das Innere
ganz erfticker bat. Daher mußten tvol eiferige
Manner die armen $eute von dem Xeuffern aufs
Innere führen, fo gar, daß fie bisweilen lieber
wollten rathen, daß die geuͤbten Ehriften bey fo
groffen Mißbrauch dem HEren in der Stille die-
neten. Und in ſolchem Abfehen ſchrieben fie einft
an gottbegierige Seelen, fie folten nicht im—
er unter fo viel Volks in die Verſammlung
geben 2). Auch lobeten fie einige, daß fie an
den Sefttagen lieber zu Haufe blieben, damit
fie den Tumult and Lärmen des Volks ver-
meideten a). Welche legtere Worte Herr Cave
* * “
KR j h r 1
2.3. Von der erften Ehriften gemeinem und fonderbarem Bottesdienft.
felbft lobet p. 467. Eine Ehriftliche Seele fonn-
fe, nach ihrer Meynung,in ihrem Kämmerlein
auch ihren Vater loben, da der SEtr felber
an abgelegene Oerter gegangen, alda frey
zu beten, und ficb der Welt zu entreiffen,
Davon wir zunächftbeym Geber gehoͤret haben b).
So bielten fie denn ftarf an der Gnade des Meu-
en Teſtaments hierinnen, daß fie nicht mehr an
einen gewiſſen Drt im Gebet gewiefen waren.
„uns (fagten fie,) hat CHriftus bey feiner Zu=
„kunft Die ganze Erde geheiliget, und Paulus
„will an allen Drten heilige Hände aufgehaben
„wien. Sehet, die ganze Welt ift gereiniget,
„und. wir Dürfen GOtt überall loben. Ja, der
„ganze Erdboden ift Heiliger den Chriften, als
„juder Zeitdas Allerheifigfte war c), Wer foll-
„ten fonft Die wahren Anbeter feyn, als die, fo
„den Gottesdienſt an feinen Det einfchränfen,
„die GOTT im Geift dienen d)? Drum, wie
„werdet ihr dem Gericht der Höllen entgehen,
„die ihr Kirchen bauef, und den Glauben ver
» Wahrheit in der Gemeine nicht behalter? vie
„ihr Die Schrift leſet, und ihr nicht glaubet? die
„Propheten, Apoftel und Märtyrer lobet, und
„doch ihre Werke nicht nachthut, noch ihrer Be—
„eenneniß folge e)?
14. Sogar aber machten dieverftandigen Alten
fein Heiligthum aus ihren Kirchen, wenn fie ja ei-
nige bey friedlichen Zeiten hatten, Daß fie vielmehr
ihnen Fein Gewiffen machten, folche Gebäue im
Nothfall zu andern Angelegenheiten zu nutzen. Der
Biſchof zu Carthago, Deogratias, “raumte den
„armen Gefangenen zwey Kirchen ein, darein er
„ihnen Stroh und Betten zum Nachtlager berei⸗
„tete, f). Ja, das Concilium zu Conſtantino⸗
pel beſchloſſe ausdruͤcklich, “—daß man auch Saft:
„thiere duͤrfte in die Kirchen ziehen, wenn ſonſt kein
„Raum für Fremde da waͤre, damit das Vieh nicht
„verduͤrbe ,. Und ſetzet dieſe Urſache hinzu,
„weil der Sabbath um des Menſchen willen ges
„macht fey, und daher alles des Menfchen Wohl-
„fahrt vorzuziehen wäre, g). Unter den Paäb-
ften aber gienge, nebenft andern,auch diefe Abgoͤtte-
rey im vollem Schwange, daß man an die Kirchen
alle Heiligkeit binden wollte, und wer ein anders
aus GOttes Wort zeigete, mider Danck und
Willen ein Ketzer heilen mußte. So gieng es nicht:
allein im Anfang einigen in der Griechifchen Kir⸗
che
4) 2. Ofiander Cent; V. Hift. Eeel. ib. IV. e. 13. ad can. 33. Concil. Epautt. u)Id.ib. e. 22. x) Bafliüs M.l.c. y)
Hilarius lib. adu. Auxent, fine.
2) Hieronymus Epift. ı2. ad Gaudent. a) Ib. Ep. 22: et lib. de feru. virg.
b) Teriuli. ad’Mart. e.2: €) Chryfoft. hom. 32. de Cruce et Latrone. dyId. hom. 32. in Ioh. e) Id. hom.
45. in Matth. f) Victor Vricenfis lib. I. Vandal. Perſee. 5) Trulanum ſ. Sexium can. 88.
J
———
3. Cap. ‚Don ihren Zufammen ünften, derſelben Ort und denen Rirchen.
187
die man deswegen verwarf, fie wider
den en Mißbrauch nn fg ba-
ben daß man ihnen dahero die Verachtung
der Rirchen und AUltäre Sant gab h);
fondern auch in der Lateiniſchen fehr vielen. Die
armen Petrobrufianer mußten deswegen Die arg:
fen Keßer ſeyn, weil fie bekannten, “GDtt fen in
„den Kirchen nicht gnadiger als anderswo, ob fie
Igleich fonderlichgemweißet wären,, i). Die Wal-
denfer ingleichen, weil fie die Rircge nennten
ein Steinhaus oder Strohhaus, und die
Beiftliben, Pbarifäer; item, “fie hielten die
„gemauerte Kirche eben fo heilig, als eine Scheune,
Gott wohne auch nicht darinn, denn er habe ge:
„fagt, er wohne nicht in Tempeln von Menfchen:
„banden gemacht. Das Gebet gelte darinn nicht
„mehr, als in der Kammer. Die Zieraten der
„Kirchen wären groſſe Sünden, und fen es befler,
„die armen Leute Eleiden, als die Wände. Es
„ſey immer Schade, daß das fchöne Tuch fo auf
„ven Steinen (Altären) verfaulen füllte: EHri-
„ſtus hätte feinen Juͤngern nichts dergleichen ge—
„geben, k). Item, Berbardus und Dulcinus
find auch deswegen für er gehalten wor⸗
den, weil fie gelehret, das Gebet ſey GOtt
nicht weniger an einem andern, als einem
geweiheten Ort angenehm). Dergleichen
Leute unfere Theologi beftens vertheidiget haben,
und ihre Urfachen beybringen, fonderlich, weil
die Kirche GOttes nicht beftünde in einer
Menge sufammen geklebter Steine, fondern
in der Einigkeit dev verbundenen Blaubi-
gen. Wie fie denn auch weislich bemerken, daß
die Papiften die Kirchen und Altäre ganz naͤrriſch
und falfch aus dem Alten Teftament beweifen
wollten, und deswegen wider die Zeugen der
Wahrheit einengroffenKrieganfiengenm). Bon -
den jo genannten Patavinern n) und Albigenfern
Fr man dergleichen 0): daß ich anderer ge:
weige.
13. Die alte Wahrheit hat immer unter dem
falfchen Gottesdienft mit bervorgeblicker, welche
in der veinen Kirche mit vollen Stralen fchiene:
Denn in derfelben drunge man auf die inneren
Herzenstempel, ob man gleich Feine Kirchen hat:
te. Bon weldyer Wahrheit faft unzählige Zeug:
niffe vorhanden find, davon ich aber nur (che we⸗
nige aus den uraͤlteſten nennen will. Naͤchſt
Paulo, von dem es die Chriſten gelernet, ı Cor.
3,16. c.6,9. 2Cor. 6, 16. vermahnee Barnabası
„gaffet uns ein vollfommener Tempel GOttes
„feyn,,! Und anderswo ſchreibet er: “Die irrens
„oen Süden festen ihre Hoffnung mehr auf den
„zempel, als aufden HEren, der fie gemacht
„batte, als wäre esein Haus GOttes, und woll⸗
„cen in im Tempel beiligen. Aber böret, was
„der HErr fage, da er den Tempel verwirft. Wer
„bat den Himmel gemeffen 2c.2 Alfo fragen wir,
„ob GOtt einen Tempel Babe? Der ift es, wo
„er ſagt, daß er etwasmache,,p). Aus welchen
ein andrer dergleichen Ausſpruch auch anführet q).
Ignatius nennt die Ephefier Tempelteäger,
Botteoträger, (vaoPogss, FeoPogss,) und er-
mahnet fie, “fie follten alles fo tun, als daß
„ODE in ihnen wohnete, damit fie feine Tem⸗
„pelmären, underfelber ihr GOtt in ihnen, was
„erift, und wie er erfcheinen werde vor ihrem An:
„gefichte,,. Und an die zu Philadelphia: “Ber
Wahret euer Fleifch als einen Tempel GDttes,,.
Cyprianus gleichfalls: Wiffet, daß eure Glie⸗
„der GOttes Tempel find. == Derfelben Bor:
„fteher und Hüter find wir. Laſſet uns dem die⸗
„nen, deffen mir eigen zu ſeyn angefangen ba=
„ben, r). Aus den folgenden ade Auguſti⸗
nus: Was ſucheſt du einen geſchickten und heili⸗
„genOrt, wenn du beten willſt? Reinige dein ne
„nerftes, und treib alle boͤſe Lüfte hinaus, bereite
„Dir ein Rammerlein in dem Frieden deines *
FZens. Willt du in einem Tempel beten, fo bete
„in dirfelber, und mache es allzeit fo, daß du ein
„Tempel GOttes feyft. Denn Gott erhoͤrt da,
„woermwohnet, s). Ehrpfoftomus: Willt du
„Gott einen Tempel bauen? Gib denglaubigen
„Armen Lebensmittel, fo haft du ein vernünftig
„Haus GOttes gebauet. Denn die Menfchen woh⸗
„nen wolin Gebaͤuden, GOtt aber in heiligen Men:
sfchen„ t). Und ein alter Ehriftlicher Poet u):
Oott fuͤllet felbft die ganze Welt, erift von kei—
nem Dinge weit:
Wir duͤrfen fand und Waſſer nicht mie Muͤh
und Koſten erft umziehen,
Dat man ihn etwa finden wollt im Tempel fei-
ner Hevrlichfeit.
Wille du fein rechter Tempel feyn, mußt du
dich nach ihm felbft bemühen,
Aa 2 Don
h) Mafläliani apud Damafcenum de Hxrefibus her. g0. Tom. I. Cozelerii p. 204. i) Centur. Magdeb. Cent. XI.
5.P.337. K) Catalogus Teftium Verit. e Codice vetulto lib. VI. p. 725 et 733. ) Ibid. p.867. m) Centur. l. e pre.
lixe. n) Pamelins ad Tertull. de Idol. c.7. p.293. 0) Hifl. Ecel. Gothana lib. LI. c. 4. fedt.5. et alii plures. p)Epif.
209. 8245. g)Clemens Alex. lib. II. Strom. p. 410. r)Lib. de Hab. Virg. s) In Sent, Profperi n. 333. --- t}
Homil.45.inMatth. u) Profper Aquit. Epigr. $2.
v
* 4 u" 2 0 v — —
188
Bon andern vielenScribenten will ich nur die Stel⸗
len zur Nachricht hieher ſetzen, darinnen entweder
die ganze Gemeine alsein Tempel, oder jede See—
leinfonderbeitvon den Alten gerühmet wird x).
16. Inſonderheit bemerken die Verftändigen,
wie genau die erften Chriften folchen inneren Tem:
pel denen äufferlichen Gebäuden entgegen gehal-
ten haben y). Sofaget Kactantius: Was iſts
„nöthig, mit vergeblichem Bauen den Platz ein-
„nehmen, der fonft ven Menfchen dienen fann?
„Das Herze des Menfchen ift ein bejtändiger und
„unberseglicher Tempel: diefen ſchmuͤcke man
„vielmehr, und laffe ihn mit der wahren Gottheit
„erfüllen, 2). Und wiederum: “Der Tempel
Gottes find nicht Steine oder feimen, fondern
„der Menfch, derdas Bild GOttes tragt. Wel-
„her Tempel nicht mit verganglichem Gold ge=
ſchmuͤckt oder mit Edelfteinen geziert wird, ſon—
„dern mit ewigen Gaben der Tugenden,, a), Ein
andrer: “Die Kirche ift GOtt fehr lieb, nicht die
„mit Mauren umgeben ift, fondern die mit dem
Glauben eingefchloffen wird b). Die Kirchebe:
„ftehet aus Zufammenfunft des Bolfs c). Wenn
„wir aus Holz und Steinen dem Heil. Geift eine
„Kirche machen follten, fo wäre es Beweiſes ge-
„nug, daß er GOtt ſey: Aber nun iftesnoch viel
„elärer , weil wir ihm nicht eine Kirche bauen, ſon⸗
„dern fie felbft feyn follen,, d). Aus welchem und
dergleichen Ausdruck der Alten Flar zu ſehen ift,
daß fie die gebaueten Zaͤuſer niemals die Rir-
che genennet , welches ohnedem die Gelehrten
bey ihnen wohl anmerfen e), ob es wol nad) der
x) Irenaus lib. V. p. 550. Minutius Felix O&tau. p. 367. Ladtantius lib. I. c. 20. et
Zeit bey dem Verfall angangen f), Wie denn
auch der fel. Lutherus in feiner Dolmerfchung der
Bibelniemals das Wort Kirche fuͤr das Wort Ge⸗
meine geſetzet, ſondern allzeit die Gemeine
nennt, ob es wol über hundertmal vorkommt:
malen das Wort Kirche, oder das altfächfi-
fehe Kyrick, unddas Englifhe Church, aus dem
Griechifchen xugarn (des YEren — her⸗
fommt 3). Welches Wort fie bey dem fang
des Kirchanbauens nebenft andern gleich zu brau=
chen anhuben b), und fie fonderlic) des HEren
und GOttes HYaufer nenneten i): daß ich von
anderen prächtigern Mamen nicht gedenfe k).
Hier füge ich no) die Worte Yieronymi an, das
mit er alle Zuverficht auf den äufferlichen Schein
disfalls niederwirft: Wer immer fagt: Yie
ift des ZErrn Tempel! (Jerem. 7, 4.) der
höre doch von dem Hpoftel: hr feyd der
Tempel BBttes ')V *
17. Diejenigen, ſo der Alten Reden und T
fen genau unterſuchen, entſchuldigen ſolche Ma—
men alſo, daß ſie, zum Exempel, die Kirchen daher
Gotteshaͤuſer genennt, weil fie den Namen
JEſu, den fieden HErrn infonderheit hieffen, im=
mer im Munde hatten, und daher auch Die Orte,
oder was fie fonft des HErrn wegen in acht nah:
men, davon benennetenm). Es erklären ſich aber
die meilten fo deutlich hievon, daß es Feines Zwei-
fels bedarf. Die Berftandigen mißbilligten
nicht nur den übeln Gebraud) folder Namen, der
leicht auf eine Meynung von äufferlicher Heilig:
feit und Heucheley fiel, fondern feßten auch gera=
de
.c, 8. Clemens Alex. 1. c,
et Protrept. p. 4. itemque lib. VIL Strom. p. 737. Auguffin. lib. XIL de Ciu. Dei c. 9. lib. de Magiftro c.
1. Epift, 57. ad Dardanum. Enchir. ad Laur. e. 56. Lib. II. de Serm. Dom. in Mönte. Lib. de Nat. et Grat.
6.64. Prudentius Pfychomach. q. 24. Cathoner. p.37. et hymn. 10. de Cor. Chryfoffomus hom. 18. in ı Cor.
6. hom. 13. in 2 Cor. 6. ferın. 13. de Seandalo, hom. 38. in Matth. Petrus Chryfologus ferm. 12. p. 20. Gre-
gorius Naz. Carın. 24. ſ. voto. Hilarius in Pf. 67. Sidonius Apollinaris lib. VII. Ep. 17. et innumeri alii. y)
Bebeliusl.c. z)Lib. I.c.20. a)Ib.lib.V.c.g. et IV.c.13.Lib.deIrac.23. b)Chryfoß. hom. 26. de Pen-
tecofte. c)HilariusinPf.68. d)Augufin.Epift.66. e) Templanon dicta effe Ecclefias probat Iac. Gotho-
fredus ad Cod. Theod.tit. X.1.neS. Bapt. iter. p. 253. etli iam Ambrofinsita feribat Epift. 33. f) Baronius aduer-
tit, Tertullianum quidem Ecclefiam fepe nominare: de Idol. c.7. ad Vx.II.c.9. de Vel. Virg. c.3. et. 13. de
Cor. Mil.c. 3. itemque Pamelius ad Idol. c. 7. not. 29. ſed Auguſtinus improbans ait Qu&ft. in Leuit. Er hoc
uotidianus vſus loquendi obtinnit, vt in Ecclefiam prodire, ad Erclefhım confugere non dicatur, niſi ad ip-
Em locum parietesque prodierit atque confugerit, quibus Ecelefie-congregatio continetur. Vid. Ann. LVII.
n.98. "g) Ita redte Walafridus Strabo c.7. de Reb. Eccl. Vid. Fullerus lib. II. Mifeell.f.c.9. Beueregins
not. ad c. ı5. Ancyr. p.178. Synedic. h) Eufebius ſæpe lib. IX. e. 10. et de Laud. Conft. M. c. 17. Cy-
rillus Hierojol. Catech. 18. et Concilia, Ancyranum c. 15, Neo-Cafar. c. 5. Laodic. c. 28. CPtan. VI. c. 74.
Vnde Latinorum Dominicum et Germanicum Dom e Rufno lib. I. c.3. Cypriano vel alio-Audt. fermo-
nis de Eleemof. Hieroaymo Chron. A. III. Olyınp. 276. Saluian. VI. de Prou. p. 236. Conf. Fullerus et
Beuereg. 1. c. i) Concil. Gangrenje c. 5. Zeno Veronenfis ad Pf. 126. ferın ap. Heraldum ad Arnob. VI. p.
347. Tertull, c.7..de Idol. et Il. cc. Origenes hom. 5. in Pf. 36. Hilar. in Pf. 126. k) Vt Bafılicarum Eu-
feb. III. V. C. M. c. 30. 35. 37. 51. IV. e. 17. 60. Chryſoſt. hom. 2. in ı Thefl. Auguf. I. de Cin. Dei cr.
Hieren. ep. 16, #t 53. 1) Epit. 13, ad Paulin. m) Sic Bearus Rhenanns not. ad Eufeb. lb. IX. c. 0,
£ F
*
V.
e das Gegentheil. “Die Gemeine (ſagten ſie,)
eſtehet nicht in Waͤnden, ſondern in der Men⸗
„ge der Frommen n). Die Kirche iſt nicht in den
$ ven, fondern in der wahren Lehre. Da iſt
„die Kirche, wo ein wahrer Glaube ift 0). Wir
„nennen die Gemeine nicht den Ort, fondern die
»Berfammlungder Auserwählten p). Die Kir-
„chen, oder vielmehr die Gemeinen, haben weni-
„ger Ehrerbietung 9). Die Gemeine ift ein Wort
„einer Zufammenkunft und Berfammlung,, r).
Und was dergleichen Erflärungen mehr find. a,
eb man gleich zu Conftantini M. Zeiten fehr auf
den äufferlichen Pracht fahe, ‚fo preflete doch die
Wahrbeit dem fonft fehr nach Gefallen redenden
Fufebio diefe Bekenntniß aus bey Einweihung ei»
ner Kirchen, daß vor allen Dingen der innere See⸗
lentempel müffe gebeliger werden, und Die ganze
Gemeine ein folcher ſeyn s). Wiewol er bald da:
von abgeht, und die herrlichiten Sprüche und
Verheiſſungen aus der H. Schrift, von der un:
fihtbaren Gemeine, auf diefe neue und andere
Kirchen unveche zieht, da er fonderlich ven Kayſer
und andere überreden will, als wären alle Verheiſ⸗
fungen aus Efa. 49. 52. 61. Pf. 103. ꝛc. damals
durch Erbauung diefer Kirchen erfüllet worden.
Im übrigen ſetzet auch Auguſtinus diefes feſte,
„es muͤſſe alles geiſtlich im Herzen vorgehen, was
„in leiblichen Tempeln von Ehriften gefchebe, wenn
„ſie nemlich tn ſeyn, Beilig und gerecht le-
„benz, t). Auf welche Art fie denn die Berglei-
chung der Gemeine mit einem Tempel ofte aus:
führten, aus Eph. 2, 21.22. u),
18. Mac) folder unparteyifchen Borfteflung
diefer Zeugniſſe vonden Kirchen till ich mit weni⸗
gen den Bericht des Hrn. Cave durchgehen, um
u feben, worinne er hievon different feyn möchte,
& feheinet aber gleich anfangs im 6. Cap. be
der wahren Anbetung denjenigen Gorresdienft
zu verftehen, der von der Seelen gefchieht , fofern
fie noch an gewiſſe leibliche Umftände in diefem
teben gebunden iſt. Zu deren Geber aber an ſich
felbft Fein räumlicher Ort erfordert wird, fo weit es
geiftlich ift, und von einem Geift gerhan wird, in-
dem dieſer es —— in als auſſer dem Leibe ver—
richten kann. Daher auch der HErr JEſus ſelbſt
den Ort als kein Stuͤck des Gottesdienſts wegraͤu⸗
met, Joh. 4, 23. ungeacht die Seele mit ihrem
») Chryfofl.lib.XLV. Homil. hom.20. 0) Hieronym
et aCent. Magdeb. Cent. II. p. 39. et Chryfof. hom 19.
3. C. Don ihren Zufanmenkünften, derfelben Ort und denen Rircben.
..
189
vereinigten Leibe beym Gebet an einem Orte it.
Vielweniger aber beftehet nun der Bottesdienft
gutes Theils in Aufferlicher Handlung, wie er
ferner fagt, wo man nicht den Auffertichen allein,
und zwar in den Berfammlungen, anfiehet, von
welchen aber bey den allererften Ehriften wenig zu
finden war. Denn es befennet Herr Cave felbit
p · 352. 355. und 660. daß fie feine Bequemlichkeie
dazu gehabt: fo müßten fie denn entweder gar fei-
nen odereinen verſtuͤmmelten Gottesdienft gehabt
haben. Wer wollte aber glauben,daß fiein den eriten
Zeiten fchon gewiffe eigene Haͤuſer, oder gar (wie
es der deutfche Leberfeger gibt) Kirchen gehabt
hätten? Daß der Sölter (Umegsov)Ap. Gefch. ı,
13. ein gewiſſer beftimmter Dre gewefen, wird nicht
bewiefen, fondern nur gemuthmaſſet aus alten Sa-
tzungen: Da Bingegen durch fo viele Zeugniffe fe=
ſte ſtehet, daß fie Feinen gewiſſen und allen befann=
ten oder anbetohlnen Dre haben Fünnen. Die
Urfache der geſchwinden Zufammenfunft Apoſt.
Gefch. 2, 6. war die groffe Stimme vom Him-
mel,und der Apojtel bekannter Aufenthalt dafelbft,
nicht aber eben, weil man durchgehends gewußt,
daß dieſes gemeiniglich der Dre wäre, viel weniger,
weil es die Apoftel abgerede oder befoblen, dahin
zukommen: vielmehr mußte man fie oft zufams
men ruffen. c. 14,27:
19. Betreffend fonderlich die Worterar' cixov,
Ap. Gefch. 2, 46. die Herr Tape wider den ge-
mohnlichen Verſtand für ein fonderlich beftimme
Haus annimmt; fo laffer dieſes der ganz allgemeine
Gebrauch des Woͤrtgens xara nicht erzwingen ;
wie es auch Lutherus recht überfeget, als es
gleichfalls fo ſtehet c. 5, 42. c. 8,3. c. 15, 11. C.20,20.
it, 1, 5. Luc. 8, 1. und von den meiften Dolmet-
ſchern nicht anders gegeben wird x). Und wie
Fonnen die Apoftel Haufer dazu ordentlich ge-
wiedmet haben, darin fie ale in einer Rirche u-
fammen fommen wären, wie der deurfche Ueberfe-
* de ſuo dazu thut, ſo in dem Hollaͤndiſchen nicht
ehet, da ſie ſie doch verkauften, und das Geld
fammleten, nicht aber dis oder jenes Haus behiel⸗
ten, welches gemeldet werden müßte, wo es gefche:
ben, c. 4, 34: 45.? ° Wie fann man auch durch Die
exxAnsias oder Gemeinen die Häufer und niche
die Leute allein verftehen, da fie doch der Apoſtel all-
zeit gruͤſſet? und zwar nicht alfo, daß er die Gemeine
Ya z der
in PC 133. p) Clemens Alex. VII. Strom. p. 710. laudatus
in Io. ib. Cent. V.p.356. q) Salsianus lib. IV. de Prou.
1) Chrufoß. in Pfal. 149. Tta Hefychiush v. er Amela,suvoö@-, ruvarywyh. s)Lib.X.c.3. t)Serm.252.
de Temp. u)Id.inPf. 133. et derm 252. 253. fegg. de Temp. Chry/of?. hom. 40. inMatth. x) Vid. Polss Tom,
IV. Bibl. Crit»P. 1338. ibique Salmafıns aliique, Bietericus P. IL. Antiquit, N, T. p. 54.
AJ
,
190
ie el *
der ganzen Stadt nennt, welches er doch hätte
thun müffen, wo ev ein gemeines Haus damit ges
mepnet hätte, fondern nur eine gewiſſe Familie,
dergleichen Herr Cave nn nennet p. 274.
Eiche Roͤm. 16, 5. ı Cor. 16, 19. Philem. v. 2.
Col. 4,15. Die alten Chriften, — * nach
der Apoſtel Zeiten, erklaͤren das Wort exaAnzia
viel en des 17.9. Die Worte aus
ı Cor. ı1, 22. werden von dem bioffen Ort allein
wider den wahren Sinn Pauli angenommen;
Denn das Wort errAnsia bedeutet durchgehends
im Reuen Teftament die Gemeine, und hier wird
es im 22. Ders durch die Armen erklärt, Ja es
wird auch bier ausdrüclich die Bemeine GOt⸗
tes genennt, durch welche einer ja nimmermehr
die todten Wände ohne die lebendigen Tempel
GHrtes verftehen wird. Ein anders ift, daß her—
nach) die Kicchenferibenten nicht in fo lauterem
Brauch geblieben find: Paulo wollteich zum we—
nigften folchen Mißbrauch nimmermehr zufchrei-
ben, Das em) TO Kurov. 20. heiffet niche eigent-
lic) ein gewifler Det, fondern die Berfammlung
felbft y) :und kann diefe von jenem in ſolchem Ber
Stand nicht abgefondert werden. Der Grund des
Gegenfaßes, der P. 133. gemacht wird, ift abermal
dem Sinn des H. Geiftes und der gegebenen Er-
klaͤrung der erſten Chriften felbit zuwider. Nem—
lich, es follen die gemeinen Haͤuſer von denen Kir
chendarinnen unterfehieden werden , daß die Eo-
rinther in jenen wol hätten freffen und febmau-
fen dürfen, in diefen aber nicht. Der theure
Mann redet bie vom Eſſen nach dem Yunger,
v. 34. und hat ihnen weder daheim noch in der
Gemeine zu freffen jemals vergönnet ; fondern das
war fein Gegenfaß: In Gegenwart der Brüder
follten fie nicht mehr bofen Unterfcheid und Spal-
tungen machen, ihre Mahlzeiten aber hinfuͤro da-
heim alleine nad) Nothdurft Halten; und das nicht
eben, weil der Ort ihrer Zuſammenkunft heiliger
waͤre, fondern damit fie nicht die Gemeine GOt-
tes, und fonderlich Die Dürftigen, v. 22, beſchaͤme— fi
en und verachteten.
20. Bonden Zeiten nad) den Apofteln ift oben
zur Gnüge dargethan, wie man damals feine ge-
wilte Derter haben Fonnen: welches alles Herr
Cave verfchmweiget, und im 7 Cap. p. 214. leug-
net, daß bey den Gräbern öffentlicher Goftes-
dienst gehalten worden; ob er es wol p. 324. be-
kennet. Hier willer p. 138, fonderlic) von dem
y)]Dudum commonftrauit Horzbeckins Exam, Beuerl. p. 79.
b) Ann. CCXXIV. n. 4. 5.
2.B. Von der erſten Chriſten gemeinem und
andern Jahrhundert (weil er vom erſten nic
findet,) beweiſen, daß fie gewiffe und aefegte
Üerter gehabt, und zwar erftlich mit Baronio
z) aus $uciano. Alleine, zugefchtveigen, daß der
Auctor und das Alter diefes Buchs re ift;
fo gedenfe er auch nur dafelbft eines Haufes, da er
viel Treppen hinauf ſteigen müffen, welches one
Zweifel einem reichen Manne zugeftanden, und
etwas vergüldet geweſen: Daraus aud) Baro⸗
nius den Pracht der eriten Kirchen ungereimt ge⸗
nug behaupten will, Hieraus aber ſchließt fichs
gar nicht, daß fie alda ordentlich und allein zu—
ſammen gefommen feyn, Sin dem re
aus Elementis Epiftelp. 52. ftehet Fein Wort von
Chriſto, fondern er fagt nur, der HErr habe im Als
ten Teftament bejtimme, wer, wie und wo ihn die
zguoen anruffen follten, wie aus der ganzen
Sonnerion Flar zu feben ift, da er im folgenden
der Leviten, des Hohenpriefters und dergleichen
gedenfe, dabey aber nicht auf das Neue Teſta⸗
ment applicire, deffen Vortreflichkeit im Geiftli-
chen er wohl verſtunde. Dieandern Scribenten
reden zwar von den Dertern ihrer Zufammenfünf-
te, aber von einen gewiſſen, beftimmten oder ge-
feßten, davon doc) die Frageift. Wie denn aud)
das Wort Ecclefia bey folchen alten Seribenten,
wider ihre Meynung, durch Rirche überfegt
wird, nemlich) da man nur das Gebäu verftehet.
Denn Tertullianus redet verbliimt von Tauben-
bäufern (ſiehe Pamelium p. 536.), und Juftinus
nenne den Ort, wo die Brüder verſammlet
werden a), beftimmet aber Fein gemifles Haus.
In der Erzehlung Lampridii ftehet auch kein ge-
meiner oder öffentlicher Gortesdienft, viel weni-
ger eine Kirche, wie Baronius abermal hieraus
nebenft Heren Cave folgern will b); fondern es
heiße nur, daß an ſolchem Ort gebetet worden,
welches auch die Heyden an den Chriſten in ihren
Familien gewohnt waren. Die andern Geheimnif
fe aber ihrer gemeinen Zufammenfünfte frigten
ie nicht zu fehen, und deswegen lieffen die Chriſten
ihre Berfammlungen nicht gerne befannt werden.
21. Ferner fchreibet er von den ruhigen Zeiten,
p. 141. die Kirchen wären darinnen gar bald in
die Höhe Fommen, oder gröffer worden, nad)
dem Hollandifchen. Zufebius, der allein hier an-
gefuͤhret wird, gedenfet hier Feiner Höhe noch
SerrlichEeit, fondern daß fie nurin die Laͤn⸗
ge und Breite weiter gemacht worden c) we—
: gen
z) Ann. LVIL .1oL. 2) Apel. Il. p. 97.
— x
en der zunehmenden Menge. So war auch
Diefes Bechenbauen nicht das alte Yerfom-
‚men, fondern eine neuere Gewohnheit; wie wir
ofte gefehen. Siewurden auch damals bald ein-
geriffen, und in Grund vertilget d): und da fie
Meriminus faum wiederum- zugelaflen batte,
wurden fie dennoc) das Jahr darauf wieder ab-
eriffen ©). Die Gelegenheit gaben die Chriften
Fiber, weil fie fie fo unermeßlich hoch aufrichte-
ten, und allzu 3, ra auch alfo den Hey:
den mit fo unnöthigen Dingen und Pracht Berdräß
und Mißgunft erweckten, als Eufebius ausdrüd-
lich befennet F).. Die Heyden merften wohl, wie
die Chriften fich durch ihre Connivenz immer
mehr bervor thun wollten, und im äufferlichen
racht es ihnen gleich thun; welches Herr Cave
elbft befennet p. 14. 134. 145. und 161. nebenft
Herrn Wirfio inder Borrede p. 29. und andern e):
ungeacht die Verftändigften unter ihnen heftig
dawider eiferten, wie man im Tertulliano ſiehet.
Ueberhaupt aber war es mit ſolchen Häufern nichts
beftändiges, bis man unter Conftantino in Si-
cherbeit geriethe, und dennoch aud) da nicht lange
Herr war, fondern die Kirchen baldden Arianern,
bald andern Feinden überlaflen mußte, ja die
—— daruͤber kein Ende hatten.
22. Bey dieſen und folgenden Zeiten iſt nun
abermal noͤthig, das Wahre von dem Falſchen, und
den Brauch vom Mißbrauch wohl zu unterſchei⸗
den. Gewiß iſts und augenſcheinlich, daß die
Scribenten unter Conſtantino M. und weiterhin
von der erften fauterfeit um ein merfliches abge-
wichen find; wie wir im legten Buch ausführlich
fehen wollen. Euſebius, aufden Herr Cave ſich
meiftens beziebet, fehmeichelt öffentlich dem Kay:
fer in der bey Einweihung der Kirche gehaltenen
Rede. Er nennet ihn einen Salomo, einen Koͤ—
nig des neuen und viel Berrlichern Jeruſalems,
welches er jeßo angerichtet, und mit fo viel Gold
und Evdelgefteinen verfehen hätte ; item, einen an=
dern Zorobabel, den Bifchof zu Tyro, einen Be—
alcel, weil er etwa mehr auf den Bau diefer grofz
Ion Kirche, als auf feine arme Schafe mochte In-
fpection gehabt haben. Und dergleichen Exem—
pelgiengen zu felbigen Zeiten haufig vor, da bey
der äufferlichen Pracht die innwendige Kraft ver-
loſche. Hatten die erften Chriſten bey ihren Wer:
felgungen den Heyden ihre Pracht und Hoffart
»or übel gehalten und vorgeworfen, fo ärgerten
her —
Tap. Don den Zuſammenkuͤnften, Ort, und KRirchen der erſten Chriſten.
191
fich num diefe wiederum an den Ehriften, da auch
die flügften unter ihnen felbft den Pracht ihrer
Kirchen verlachten. Wir haben oben fchon etli⸗
che Stellen aus ihnen gefehen, dazu wir nur noch
etliche feßen wollen. Der eiferige Hieronymus
fehrieb alfo zu feiner Zeit: "Andere mögen Kir:
„chen bauen, die Wände mit Marmelüberzichen,
„groffe Pfeiler herzu führen, fie oben vergülden,
„uff. Sch tadele es endlich nicht. Einem je—
„den gefällt feine Weife. Es ift doc) zum aller-
„menigften beffer, als das Geld vergraben. Aber
„du (fromme Demetrias,) haft einen ganz andern
„Borfaß, nemlich Chriftum in den Armen zu Elei-
„den, und in den Kranfen zu befuchen,, h).
Item noch ernftlicher: “OD welch ein Greul ift
„das! die Welt will baldeinfallen, und die Sün-
„den fallen bey uns nicht. Die Wände und Ge-
„wölber fehimmern von Golde, aber Chriftus lie-
„get in den Armen nacket vor unfrer Thuͤre.
„Drum gehen auch Schafe und Hirten zu Grun—
„de. Wie das Bolfift, fo find die Priefter, .
Und weiter unten: Die wahre Kirche ift die
„elaubige Seele, diefe ſchmuͤcke und leide, diefe
„befchenfe und nimm Chriſtum darein auf
„Bas hilfts, daß die Wände von Steinen glaͤn⸗
„zen, und Ehriftus in den Armen Hunger leidet,,i) ?
Alwo auch Erafmus es noch deutlicher machet in
den feholiis, nemlich er äftimire diejenige Andacht
gar nicht, wenn man fein Geld zur Erbauung
und Aufpusung der Kirchen anwende. Ya, er
fey gar ungehalten über fie, und wolle es zwar
niche verwerfen, doch nur in Vergleichung ganz
gottlofer Dinge, dergleichen das Geldvergraben
iſt. Beſſer fen esinsgemein, das Geld an Arme,
als lebendige Tempel, zumenden, ob es gleich viele,
zumal Bornehme, nicht glauben wollten. Wor—
inne denn Ambroſius ihm beyftimmet, wenn er
auf gleichen Schlag fehreiber: “Es wäre befier
„geweſen, daß er die lebendigen Gefaͤſſe erbielte,
„als die metallene. Denn davon kannſt du nicht
„Rechenſchaft geben : was wollteft du dazu fagen ?
„Ich beforgte, es möchte den Tempeln GOttes der
„gierat mangeln. So mird dir geantwortet
„werden: Die Geheimniſſe begehrten fein Gold,
„und gefällt auch nichts um des Goldes willen,
„was mit Gold nicht erhandelt wird. Die Zier⸗
„de der heiligen Dinge it die Sosfaufung der Ge:
„rangenen,, k), Und Iſidorus Pelufiora : “Zu
„der Apoftel Zeiten, als Die Gemeinen von den
„Gas
c) Eufeb. V.C. M. lib. IT. c. 35. et lib. VIII. Hiſt. e. 3. ch Ib. lib. VIII. e. 2. e)Ib.lib. IX.e. to. X. e. 8. f)Lib, VIIL
c.1. 8) Baronius A. LVII. n.
6. et 105. A.CC.n. 5. CCCXXIV.n.79.Cafaubonus Exerc. XVI.n. 43. h)Epift.g«
ad Demetr. i)Ep. 12. ad. Gaudent. k)Lib. IL, Offie. e. 25. quæ loca laudantur a Theologisnoßtris, Vid, Quenfle-
dius Antiquit. Bibl, et, Eccl. p. 799,
192
„Gaben des Geifteseinen Ueberfluß hatten, und in
„ihrem geben herrlich waren, waren gar Feine Kir—
„chen: Aber zu unferen Zeiten find die Kirchen
„mehr, alg ſichs gehört, ausgepußt. Deswegen
„wird die Kirche jegund gleichfam als im Theatro
verſpottet (ꝛouodelro/), daß ichs nicht ſchaͤrfer
Jausdrucke. Ich aber, wenn ic) ſollte die Wahl
„haben, wollte fieber zu jenen | Zeiten gelebet
„haben, da die Kirchen zwar nicht fo ausgezieret
„waren, aber die Gemeine mit bimmlifchen und
„göttlichen Gaben geſchmuͤcket war, als zu unfern
„zeiten, da die Kirchen zwar von allerhand Mar-
„mel glänzen, aber die Gemeine von jenen geiſt—
„lichen Gaben leer und entblöffee iſt 1). _ Und
mitten unger dem Nömifchen Antichrift Bern-
hardus: “Die Ausputzung der Kirchen und ſchoͤ⸗
„nen Gemäßlde ift ein Juͤdiſcher Gebrauch, und
„hindert Die Andacht, indem.es das Anfehen der
Betenden auf ſich ziehe. D Eitelkeit über Ei-
„telfeiten! (fchreyet er,)aber eben fo unfinnig als
„eitel! Die Kirche ſchimmert in Wänden, und in
„ven Armen ift die Gemeine elend! Sie kleidet
„ihre Steine mit Gold, und läffet ihre Kinder
„blos liegen, m)! Wie auch nod) lange zuvor
Ehtyfoftomus: “Wille du ein Gotteshaus
„bauen? Gib den glaubigen Armen tebensmit-
„tel, fo haft du ein vernünftig Haus GOttes ge-
„bauete n). i
23. In den folgenden Zeiten erzehlet einer ein
Spruͤchwort, das man aud) in Deutfchland ge-
brauchet: Dor diefem hatten die Chriſten elen⸗
de finftere Rirchen, aber lichte Herzen: Nun
haben fie helle ſchoͤne Birchen, aber finfte-
re Herzen. ngleichen von dem Kirchenor-
nat und Geraͤthe: Dor Zeiten hatte man hoͤl⸗
zerne Relche, aber güldene Priefter, Jetzo
find güldene Reiche, und hölzerne Prie-
er 0).
han I 800 Jahren viel Bedingungen, ob
und wie man Kirchen bauen folle, fürnemlid)
von vechtmäßigem Gelde, in rechter Maaß, und
daß man vielmehr den Armen beyfpringe, als
die Kirchenwaͤnde ausſchmuͤcke. Dabey er
Gregorii I. Erempel lobete, der ſich nicht um
den Kirchenbau und Zierath befümmert, fon
dern um das Lehren und die Almofen p). Aus die—
Sa, ein befannter Scribente feßet -
2. B. Don der erften Ehriften gemeinem und fonderbarem Botteedienfl..
fem Grunde nun find die Unfrigen billig mit dem
Pracht der Kirchen, auch wie mans von dem er-
ften Chriftlichen Kayſer liefert, nicht zufrieden,
und fehreiben ihren Urfprung dem Überglauben
und böfer Nachfolge der Heyden zug). Es
fey fo gar ohne Noch gervefen, fo fehrectliche Un-
koſten auf ein unnüßes Gebau zu menden r):
Vielmehr fen es den damaligen Bifhöffen noch
ünmer eine Schande, daß fie fo viel Geld darein
gefteckt, ungeacht fie von vielen Frommen oft er-
innere worden, es an die Armen zu verwendens):
maſſen fie doch nur damit ihren Hochmuth ver-
rathen haben, und einen närrifchen Ehrgeiz, der
bey den Seuten Ruhm gefucht, aber bey den Klu-
gen und Srommen feinen gefunden ı). Es muß-
te zwar wol heiſſen, der Kayſer gäbe es aus fei-
nem Schaß her: Aber Sieronymus fahe mei-
ter, und wieſe, woher diefes Geld zufammen ge-
preffet wäre: Drum“nennet er fie Zaͤuſer, die
von den Strafen der armen Heute, und
durch die Arbeit der Derdammten ausgepu=
get worden u), Bon Conſtantino M. mer-
Een die Scribenten einmürbig an, daß er im
Bauen gar fehr verfchwenderifch geweſen; wie wir
unten fehen wollen. Im Kirchenbauen gab ersnicht
weniger an den Tag x); davon ihn die Bifchöffe
fein hätten ab- und zum mäßigen Bauen anmah⸗
nen follen, an ftatt daß fie ihn deswegen in den
Himmel erhuben. Ja, man bemerfet auch dieſes,
als eine Neuerung feiner Zeiten, daß er den Kits
chenbau denen Bifchoffen übergeben hat y); da
fie doch mit der Seelenforge nimmermehr fertig
werden Fonnten.
24. Es waren auch die Abfichten folcher Stif-
tungen nicht fo rein, daß nicht einige damider
fehreiben follten ; wie vermuthlich in diefen Worten
Lactantius thate: “Handeln denn diefe Elüger,
„fo öffentliche Gebäude aufführen, und ihrem Na-
„men ein Gedachtniß machen wollen * Aber auch
„dieſe vergraben ihr Geld unrecht in die Erde, weil
„das Andenfen den Todten nichts hilft, und ihre
„Werfenicht ewig find, fondern durch Erdbeben,
„Feuer, Krieg, oder mit der Zeit vergehen, 2).
Salvianus eiferte zu feiner Zeit, daß esdie Chri-
ften nunmehr auf das Aeufferliche ankommen lief-
fen. Sie liefen zu den Kirchen, fielen da auf
„die
l) Lib. I. Epift. 246. laudatus a Dannhauero Chrifteid. Act. I. p.ıgg. m) Apol. ad Guilelmum. - n) Homil.
51. etgt. in Matth. 0)-Auentinus Annal. Boi.ap. Flacium Catal. Teft. Verit. p. 987. p) Walafridus Strabo
de Offic. Eeel.e.14. 9) Centur. Magdeb. Cent.Vl.p.358. x) L. Ofiander Hilt. Ecel: Cent. IV. hb. I. c.37. et
lib. Il. c. 38.
t) Ibid. lib. IV. c. 22. et29.
C. z) Lib.Vl.e. ır.
s) Idem de Theophilo Epife. Alexandrino Cent. V. lib.I.c. 7. vbi de Ifidori Presbyteri monitis.
u) Epift.ıy. X) Cenzur. Magdeb.1V.p.41. y) Ibidem. p. 281. ex Euſeb. II. V.
3. Cap. Don ihren Zufammentünften, derfelben Ort und denen Rircben.
„die Erde, behiengen die Altäre und Kirchehüren
SR enfen: Da fie doch vielmehr den
Sünden von Herzen abfagen, die Opfer der gu:
„ten Werfe bringen, und einen neuen Wandel
zeigen follten a). Dabrachdenn die Abgötte-
ten, Heucheley, der Aberglaube, und andere
greuliche Sünden mit den Kirchen — in die
Chriſtenheit aus, alſo, daß man ſich uͤber die Blind⸗
heit folgender Zeiten bey dem Berfall inden Mor:
gen:und Abendländifchen Gemeinen entfegen
muß. Man fuchtedie Sünden damit zu büffen,
wenn man nur etwas zu den Kirchen N
tie von Michaele Paphlagone befannt iſt, daß er
feines Ehebruchs und Mords wegen viel Kirchen
gebauet habeb),. Brunichildis, ein ae
gottlos Weib, bauete doch viel Kirchen, den Leu—
ten damit die Augen zu blenden, daß fie fie auch
für fromm balten ſollten e). Clodovaͤus pußte
die Kirche Dionyfii treflich aus, feine Sünden
dadurch zu büffen a). Dergleichen Hiſtorien oßne
geh! vorhanden find. Man war auch auf das
irchenbauen fo erpicht , daß mans lieber an
— Dingen fehlen ließ. Kayſer Ju—
inianus nahm den Schuldienern lieber ihre
Beſoldungen, und baute Kirchen davor, dazu er
eine unfägliche Summa brauchte e). Die Roͤmi—⸗
ſchen Bifchöfe hielten fonderlich diefes fir ein
groſſes Stüc ihres Hirtenamts, dafs fie Zeit, Geld
und Sorgen mit Kirchenbauen zubradıten, und
über den Birchenwaͤnden ganz rafend und
toll waren, da fie indeffen der lebendigen
Tempel vergaffen, mie einer von Honorio I,
redete f). a, es war fein Pabft, der nicht
etliche Kirchen aufs neue bauete; und in Gum:
ma: Wo das Land am beiten war, da ftif-
teten fie die febönften Kirchen, Hof. 10,1. 2.
Und wenn fie nun gebauet waren, mußten fie
nicht, wie fie fie abergläubifch genug halten foll-
ten. Es giengen nid)t allein die MWallfahrten
wegen der dahin gebrachten Heiligehümer und
Keliquien an, fondern man machte auch Frey-
ftädre daraus. Ja, foblind waren die armen teu-
te, daß fie öffentlich ein Gefege machten: Wenn
ein und oder Schwein in die Rirche Fame,
fo follte man acht Taae lang Feinen Gottes—
Dei darinn baltene). Wer fichb in dem
Chor lange aufbielte, dem wurde eine ge:
a) Lib.VI.de Gub.p.237. b) Zonaras Tom. III. p. 590. c) Rob. Gaguinus Hiftor. Franc,
e) Zonaras Tom.Ill.p.52. f) Georg. Wicelins.
nal. A.DCLX.
193
wiſſe Buffe auferlegt ): und überhaupt dürfe
fid) niemand daran vergreifen, weil die Zierde
der Rirchen und die darinnen wohnende
Gnade des Heil. Geiſtes unauofprechlich fep,
Und was dergleichen wunderliche Meynungen
mehr waren i).
2°. So gar fehr mißrierhe der Vorſatz, den Hey:
den hierinne nichts voraus zu geben, Daß fauter
Hochmuth, Eitelkeit, Heucheley und üppiges
Werfen die Kirche verderbte, nachdem man ausden
Verfolgungen in die Ruhe, aus den Wäldern in
die Städte, und aus den Löchern in die groffen Kir—
chen fommen war k). Da Nor der bitteren Kla⸗
gen bey aufrichtigen Lehrern fo viel, derer ich nur
etliche fegen will, wie man ſich auf den Aufferlichen
Schein verlaffen, und die Kraft und Wefen ver-
loren gehabt. Alfo fchreiber ein berühmter Mann
damals: “Du wirft fehen, daß viel Trunken—
„bolde, Geizige, Betrüger, Spieler, Ehebre—
„cher, Hurer und Zauberer die Kirche anfüllen
„an den Feyertagen , die Doch an den Feten der
„Heyden in den Comoͤdien fißen; undda wirft du
„verfuchet werden , ihnen zu folgen,,). Und
abermal : “Ein folcher Sünder gehet frech zur
„Kirchen, und hebet die gottlofen Hände unge-
„ſcheut gen Paare m). tem anderswo :
„Der Gottloſe ſpricht: Ich will zur Kirchen geben,
„will einmalein Morgenzund Abendlied fingen,
„auch täglich GOtt danken, n). Endlich: “Sie
„mögen gleich allein die Kirche gehen, alle ge-
„tauft fenn,und die Wände bauen, fowerden doch
„oie Kinder des Teufels von Gortes Rindern nur
„Durch die Liebe unterfchieden „o). Galvianus
Flaget auch hierüber ſehr Beftig und ofte:
„Worinne wollen wir uns noch des Chriftenna-
„mens wegen fchmeicheln, da Fein Winkel in
„allen Kirchen nicht voller Nergerniffe und Tod-
„ſuͤnden ift? Die Gottlofen geben ja überall alle
„in die Kirche, ohne einige Reverentz, nicht, daß
„ſie da ihre alte Sünden beweinen oder ablegen
„wollten, fondern fie denfen faft mitten unter dem
„Gebet darauf, und thun es, wenn fie heraus
„eommen,p). a, fieenthielten ſich fo gar in der
Kirchen ihrer Bosbeit nicht, da ihrer viel in die
Rirche Eamen, nach den Weibern zu feben,und
andere Thorheiten da zu üben 9). Viele ſaſſen da
und ſchwatzten oder lachten unter einander,und
Bb giengen
d) Spondanus An-
g) Can. 71. in Nomocanone ap. Cotelerium
Tom. I. Monum.Gr. p.gr. h) Nicephorus Can. 2. ap. Coteler.Tom.IIl.p.445. i) Criminat. Grxc.adu.Lat,
ib.p. 510.
m) de Vit.Chr,c.ı. n) InPl.49.
k) Itarem exprimit G. T. Meierus de Can. Colledt. p. 2.
0) Trad. 5.in Ioh. Conf. lib. II. de Ciu. D. c.35. et Chry/o/f?, hom. de
l) Auguflinus de Catechiz. Rud. c. 25.
DauidetSaul, p) Lib. Ill. de Gub, Deip.92. q) Chryfofom. hom. 74. in Matth.
194
nd
giengen fonft ohne alle Beflerung wieder da-
von r). Die allermeiften giengen nur aus bloffer
Gewohnheit und zum Zeitvertreib oder Schein zur
Kirghen: wie Sidonius von dem König Theo:
dorico erzehlet, er ſey mit einem theatralifchen
Pomp in die Rirche Fommen, und habe fid)
auch andächtig geſtellt. Aber, (fest er Dazu,)
wenn ich dirs vertrauen darf, er nimmt dieſe
Ehrerbietung mehr aus Bewohnbeitin acht,
als aus gutem Herzen s). Zu welchem Unme-
fen viel Half der verkehrte Bortrag derer Lehrer, da
fie die Leute überredeten, es ſey damit ausgerichtet,
wenn fie nur in der Kirche wären, Dabin ohne
Zweifel auch diefe Worte eines befannten Biſchofs
giengen:“ Du mußt auf Gott hoffen,bey ihm ſitzen,
„und an ihm hangen, ihn an den heiligen Orten ver⸗
„ehren , da man am beften zu ihm beten kann,„t).
Wie denn auch von ſolchem Zwang zur Kirchen Ge⸗
ſetze gegeben wurden u): und wie unter den Heyden
die Chriften zuden Gögentempeln getrieben wur—
den; fo zwange man die Ehriften hernach zu Denen
Kirchen, wenn fie aus einigen Urfachen nicht flugs
erfcheinen wollten x). Was war es denn Wunder,
Daß endlich Leute auftraten, die denen bofen Lehrern
ins Angeficht ſagten, fie zwüngen die Leute zur
Rirchen zu geben um ihres Profits willen y)?
Der hätten fie fich nicht mit jenen entfchuldigen
koͤnnen, dadie Bifchöffe und Geiftlichen fo lieder-
lid) waren bey ihren größten Einfünften, daß fie
nichts an den Gebäuden renopirten,und es ofte auf
die Altäre, und den Leuten auf die Köpfe regne—
tez)? Gerwißlich,der Greuel, den der Satan in der
Kirche mit diefem aͤuſſeren Scheinwefen angeridy
tet, ift nicht auszufprechen : Sch will auch) hier
nichts weiter Davon gedenken.
26. So übergehe ich auch unzählige andere
Mißbräuche mit den Kirchen und ihrem Angehoͤr,
Ornat, Glocken, Gütern und dergleichen. Nur
diefes will erinnern von der Form und Einthei-
fung derfelben, wie fie Herr Cave p.145. erzehlt,
ohn Unterfcheid der. Zeiten und anderer nöthigen
Umftände, Selbige gehören gar nicht in und vor
die Zeiten Conftantini, fondern lange hernach,
und zwar meiftensin die Griechiſche Kirche. Von
denen Rirchweihen , Davon er p.160, handelt,
x) Bafılius M. in Pf. 28. et Chryfoflomus hom. as. in Adta. s) Sidonins Apollinar. Ep. de eo, Cafiodori Operibus
prefixa. t) Cyrilius Alexandr.lib. III. in Ef.p. 482. |
ptifmo canon. 31. et 59. Synodi in Trullo, de aliis alix leges,
Donatifis per Macarium legatum imp. ad Bafilicam compulfis, y) de Waldenfibus Codex Vetus in Catal.
Tef. Verit.p.734. 2) Luirprandus lib. VI. c.6. de RomanisEpife. narrat.
p. 90. et IV. p. 281. Kromayerss Cent.1. H. E.p. 92.
Relig. Cult. obi.c.9. e) Lib.VI.c.20. d) Vid.de
Socrates II. 0.8. ©) Cedrenus in Leone Philofopho,
2. 3. Don der erften Ehriften gemeinem und fonderbarem Botteodienft. —
Bajtlio Sozomennslib. IV. c. 13. de Luſebio Id, III. c.5. et
° *
—
folget vor ſich ſelbſt, daß, weil die Kirchen fo fpat
erbauet worden, und man langfam und nad) und
nach auf den Aberglauben gefallen, aud) die Ein-
meihung erft zugleich mit andern Mißbräuchen
angegangen fen ; wie die Gelehrten auch fonft be-
£ennen a). Als fie aber auffamen, wurde viel
heydnifches Wefen dazu gethan, nach Heren Ca⸗
ve p. 168. und Baronii eigenem Geſtaͤndniß b).
Und bierzu gehöret auch das überflüßige Gepraͤn⸗
ge bey verfelben Einweihung. Zwar finde ich
eben bey Eufebio die Einweihung der Kirche zu
Tyro nicht fo herrlich befchrieben, als esin Herrn
Cave Erzehlung ausgedruckt ift p 161: wie es
auch fonft der Einfalt und Demuth der Chriften
entgegen ift. Viel weniger lefe ich bey einem,
daß man dadurch Die Kirche Babe herrlicher und bes
ruͤhmt gemacht, und zwar aus fonderlicher Weis-
heit und Aufrichtigfeit. Zum menigften war diefes
nicht die rechte apoftolifche Weife, die wir oben er=
Fannt haben. Die unfeligen Fruͤchte, fo aud) aus
diefen Menfchenfagungen entitunden, find am Ta-
ge, da nicht nur in dem Pabſtthum fo viel Thor-
heiten dabey erdacht worden, die mir nur zu er=
wehnen grauetz fondern auch überhaupt mitten
unter den Chriſten wahr ift, was Lactantius
von ven Heyden damals fehrieb: *Die Spiele
„find wegen der Einweihungneuer Kirchen geftif:
„tet: Wenn nun jemand ihnen beywohnt, der
„tale von dem wahren GOtt ab,,, nemlich durch
die dabey gewöhnliche Ueppigfeiten, Freſſen und
Saufen c). Anfangs fchiene es unterden Geiftli«
chen bey den Rirchweiben oder Rirchmeffen
ganz ehrbar zuzugeben. Sie invitirten einander
weit und breit zu folchen Golennitäten d): Dazu
kamen nach und nach auch andere Perfonen, daben
esdenn ohne Effen und Trinfen nicht abgehen durf-
te: wie alfo Conſtantinus Afer den Rayfer Leo⸗
nem zu einer ſolchen Einweihung lude, und her—
nach zur Mahlzeit mit bebielte e) Aber die Sache
wurde endlich fo weitfäuftig und ungebunden, daß
es auf lauter Freſſerey Binaus liefe. So fihriebe
Apollinaris an einen hievon : * Laffe immer eine
„groſſe Gaſterey und weitläuftige Mahlzeiten zu=
„richten, es werden von vielen Orten Compagnien
„ziu Die Fommen, Alfo habens die guten Leute be
ſchloſſen⸗
u) de Cana S. eſt Nouelſa ꝗg. etızı. Iuſtiniani, de Ba-
x) Optarus Milenitanus lib. III. fatetur de
a) Vid.Cerrur. Magdeb. 11.
b) An. XLIV.n.88. Conf. omnino Dalleus lib. IV. de
foffen, nachdem ifnen die Zeit der innftehenden
Fund worden ift,, *). Dabey wollten
fich die groffen Herren auch nicht ſchimpfen laſſen,
fondern fractirten da die Herren Öeiftlichen nach
Würden, welches 3* onftantinus thate 3),
und nach ihm andere 1), Damit aud) diefer Sa-
je nicht vergeffen würde, feßte man ordentlich,
a all — Zeiten Kirchweih ſeyn
ollte ). Da hatte nun der Satan auch disfalls
in der falfchen Chriftenheit gewonnen Spiel, weil
Die greulichen Leppigfeiten, Freſſen, Saufen, Tan-
zen, Spielen und dergleichen, nunmebro,fo zu fagen,
wefentliche Stücfe diefes Feſts wurden: Darüber
das Concilium zu Chalons klagen mußte, “es fen
„allen unanftandig, daß die Leute bey Kicchwei-
„ben oder an Fefttagen zufammen liefen, ſchaͤnd⸗
£) Lib.IV.Ep.ı3. g) Theodoritus lib. I. c. 31.
Conecil. Aurelian.V. Pol. Virgsl, VI. e. 8.
P- 569. etc.
e 4. Cap. Von der Zeit ihrer geiftlichen Uebungen.
h)Sigeberti Contin. A. MCLXV,
k) Can. ı9. 1) Sandio Pragmatica ‘c. 92. in Caral. Tefl. Verit,
105
„liche Lieder füngen, da fie beten und fingen foll-
„fen, k), Welchen läfterlichen af bel Zeu-
gen GOttes im Pabſtthum angegriffen baben,
obwol meiftens vergeblich, weil er ſich durch den
Schein des Guten zuerſt fo feftegefeßer hatte. Ja,
es fehlte fo viel, Daß man etwas von dem alten
Herkommen abgefchaffer hätte, daß vielmehr die
Pfaffen immer unverfhämter wurden, und wel
gar ohne Scheu an den Kirchmefien Bier und
Wein ſchenkten, den Leuten Karten und Würfel
um einen Gewinn leßnten, und fonft unglaubliche
Bosheit trieben 1). So weitwar der erften Kir:
che Unſchuld von der verfallenen ihrer Bosheit
entfernet, und fo klar fället uns ihr Unterfcheid in
die Augen, welches wir ferner in andern Stücken
noch mehr erfennen werden.
i) Felix III. Canon, in
Das 4. Sapitel,
Bon der Zeit ihrer geiftlichen Uebungen.
Summarien.
eiſtliche Dienſt GOttes $.1: war bey den erſten Chriſten ein ſtetiger Ruhetag vom Voͤſen, 2.
Den — der Apoſtel, 4. nicht mehr nach den juͤdiſchen Satzungen, 5.
auch wol den Sonnabend. 8.
fen, 9. sonderlich durch Ruhe von Sünden, 10. mie auch von äufferlicher Arbeit. ar.
nung dafür. iꝛ. Andere Feſte vor den gemeinen Mann, 13. ohne gewiffen Urſprung. 14. ern
en, 15. melche von etlichen abgeichaffet und verworfen. 16. Bedenken über Herrn Cave Bericht von der Zeit des
Gottesdienttes der eriten Chriſten am Sonntage, 17:19. an Dftern, 20.
machen. 6. Indeſſen fenerten fie auch den Sonntag, 7-
Vab
$.
er andere Umftand der geiftlicyen Uebun—
gen iſt die Zeit, nicht zwar fo ferne fie ge-
wiß zu der oder jener beſtimmet und ge-
feet ift, alg wie etwas entweder in einem ftets-
währenden Stric) der Zeit, oder in einem oder ans
dern Stück davon, obgleich nicht allzeit nach dem
Zwang oder der Vorfchrift, gefchicht. Diefes,
wie wir bereits vom Gebet und deſſen fteter Uebung
im 1. Cap. Bee gibt uns alsbald das Wort
geiftlich zu verfteben, welches fo viel beißt, als
was von einem Geift und auf Geiftes Art nach
en Natur gefchieht oder ift: welches auch die
de
de Alten wohl erfannten, befooe 2 eug⸗
niſſe, die ich bald feßen will. Der Here Cave
mennet p. 170. Der Menfch fönne nicht alle:
mal wirklich in dem Dienft des ren eins
gewickelt ſeyn, (oder nad) dem Holländifchen,
fich befig houden, ) fondern zu gewiſſen und ſonder⸗
‚und ein ewiges Feſt, 3.
noch jemanden ein Gewiffen darüber zu
Jener mußte gefenert werden von al:
Mifbrauch des Sonntags: War:
Sernere Vermehrung der efte im
an Pfingſten und andern Seiten. 21. 22.
I
lichen Zeiten. Meynet er damit den aufferlichen
Dienft allein, fo ift fchon erwiefen im ı. Capitel
$. 1. 2. daß der innerliche geiſtliche Dienſt GSttes
allzeit der fuͤrnehmſte bey den Alten geweſen fen.
Dahin fie denn das Licht der Gnaden eleitet,
und hoͤher gefuͤhret, als das Licht der Ya
jemals einig Volk hat führen fonnen: Denn die-
fes konnte fie zwar wol endlich auf gemilfe Zeiten
zu ihrem vermennten Gottesdienſt bringen, aber
nimmermebr an ihren Herzen verändern oder den
Dienft Gott gefällig machen. Daher auch) ihr
Erempel hier von Herrn Cave nicht wohl angefüb-
vet wird, als deren Gründe und Praris den heyd⸗
niſchen ſchnurſtracks entgegen ſtunden, und des—
wegen ſo viel Streits bey ihnen erregten.
2. Bor allen Dingen will ich der erſten Chriſten
eigene Worte erzehlen, darinnen fie fich erklären,
wie im Neuen Teſtament nunmehro ein ftetiger un-
Bb 2 auf:
196
aufbörliher Sabbath und innerlicher Gottes-
dienft ſeyn müffe, der denn auch dem äufferlichen,
nad) aller Geſtaͤndniß, weit vorgehet. So fagen
aber Fuftinus und Tertullianus zu den Juden
ausdrüclich: “Das neue Gefege willhaben, daß
„ihr einen ftetigen Ruhetag haltet „a). Und Ori-
genes zu den Heyden: “Ein jeder Bollfommener,
„der nach GOttes Wort und Natur in Worten,
„Werfen und Gedanfen ftets alfo bleiber, wan-
„oelt ftets an des HEren Tag, und hält beftän-
„dig des HErrn Tage, wird ftets gefickter vecht
„zu leben, und von den tüften dev Welt fich zu ent-
„balten,,b). Undanderswo: “Wer in EHrifto
„lebet , der lebet allzeit im Sabbath, indem er
„von böfen Werfen ruhet, hingegen die Werfe
„der Gerechtigkeit unaufhoͤrlich —— Sie
beſchrieben aber dieſen ſtetswaͤhrenden Sabbath
alfo, daß fie zufoͤrderſt erinnerten, “wienunmeh-
„ro die Feyer des Sabbaths aufgehoben wäre, die
„Durch Die Ruhe eines Tages vorgebildet worden,
und fodann dazu feßten, “daß Die Seele von al-
„ien Fnechtifchen Werfen oder Sünden ruhen
„müffe, hingegen in der Hoffnung der Fünftigen
„Ruhe auf heilige Werfe befliffen feyn, aber dar-
„über fich nicht , als ob fie ihr eigen wären, ruͤh—
„men, fondern erkennen, der habe fein Werk in
„ihr , der zugleich wirket, und doch ruhet „d)!
Davon reden fie nun fehr nachdrücklich: “ GOTT
„kuͤndiget uns einen Sabbath an, der ift innmen-
„dig im Herzen: Denn viel ruhen mit ihrem Lei—
„be, aber im Gewiſſen ift lauter Tumule und Unru⸗
„be: Alle boͤſe Menfchen koͤnnen nicht den Sab-
„bath halten, denn ihr Gewiſſen ruhet nirgends.
„Wer aber ein gut Gewiſſen hat, derift ruhig, und
dieſe Rube ift der Sabbath des Herzens. Denner
„gibt auf die Berheiffungen Gottes acht, und was
„er in Gegenwart nicht hat, dahin ftreckt er ſich zu
„dem Zufünftigen, daß alles in ihm helle und
„fröfich wird, Und diefe Freude in der Ruhe der
»aufinung ift unfer Sabbathe). Unter dem
„Schatten des Gefeßes hat GOtt einem jeden be-
„fehlen am Sabbath zu ruhen. Dis war das
Fuͤrbild des wahren Ruhetags, dender HERR
„der Seelen fchenft. Denn die Seele, die von den
„böfen Gedanken beſreyet ift, begehet den wahren
„Sabbath, und ruhet inder wahren Ruhe. Dor-
„ten gebot auch der HERR dem Vieh, zuruben:
2. 3. Don der erſten Chriſten gemeinem und fonderbarem Bo ———
„Hier, da der HErr kam, und den wahren 5
„eigen Sabbath brachte ‚ erquickte —
„ſchwerte Seele k).
3. Eben fe gedenken und ruͤhmen fie auch von
einem ftetigen Folk und Feyertage, Daß, “gleich
„wie das ganze Leben GOttes ein fteriges Fubel-
„feſt ift (mavnyugs &yle) 9; alfo auch, ER
CHriſtum von den Todten erwecfet glauben,
„auch ein fteriges und ewiges Feſt habenh), Die
„erfte Stufe zum Himmel fey, alle Tage in im⸗
„merwährender Gortfeligkeit zubringen, und Die
„ganze Lebenszeit durch in Heil. Gortesdienft das
„rechte Ofterfeft CHrifti heiligen , i). Dahero
aud) jene- Märtyrer eben ſich nichts darüber be:
fümmerten, da fie in ihrem geoffen Elend die O⸗
ftern halten mußten. Den Heyden fchiene zwar
Diefelbe Zeit (da diePeft regierte,Jnicht bequem zum,
Feft zu feyn; den Ehriften aber war jeder Ort feyer-
lich: daben fie fich erinnerten,, wie die H.Maärtyrer
im Himmelnunein völliges Feſt hielten k). Sol⸗
cher ftetiger Sonn- oder Freudentag fienge fichbey
den befeßrten Chriften von ihrer Wiedergeburt an,
da fie, gleichfam als am Sabbathtage, rubeten
pon ibren vorigen Werken, und nun im neuen
eben wandelten, daß GOtt ſein Werk in ih⸗
nen hatte, nachdem fie von ihrem Thun abgelaſ⸗
feni). Demnach) ward nicht allein des HErrn
Tag, fondern alle Tage gefeyert, tie fie aus:
drüctli) bekannten m). Denn fie wollten mit
dem HEren ein Geift werden, und diebeitimmten
Sabbather erfüllen, Damit fie nicht zu den ſechs
Werfeltagen gehörten ‚ von welchen die Apoftel
nicht waren, fondern zu des HEren Tagen),
„So, (fagten fie,) feyren wir das Feft, die völlige
„Ruhe der menfchlichen Natur, den Tag der
„Auferftehung , daran uns der HERR JEſus
„in das verheiflene Erbe eingeführer hat, Die wir
Gott im Geift dienen: Denn uns , die wir an
„ven Buchftaben des Geiftes bangen, ift es eben
„die Ablegung der fleifchlichen Dinge, und die
„Bereinigung mit GOtt durch den Dienft im
„Geift. Diefer Sabbath ift die Ruh: von Sün-
„den, und iſt beydes eines und von den Geiftlichen
„erfüllet 0). Wozu auch) Ignatius die Brüder
ermahnte: “Ein jeder unter uns halte geiftli-
„chen Sabbath, er freue ſich über der Bewahrung
„des —
a) Dial, cum Tryph. p. 226. er/adu. Iudæos e. 4. b) Lib. VIII. cont. Celfp.850. c) 'Tradt. 19. in Matth.
d) Profper Sent. ex Auguſtino 278. €) Auguft. in Pf. gı.
c.30. g) Clemens Alex. lib. VII. Strom. .
h) Hierozym. Ep. 150. ad Algaflaın qu. 10.
f)' Macarius hom. 35. initio, et enæus lib. IV.
i) Paulinus Nola-
nus Nat.IX. k) Dionyfius ap. Euſebium lib. VII.c.22. 1) Augufin.lib: IV. de Gen. ad lit. e. i3. laudatus a
Gerhardo Loc.XV. de Lege n.ı:0. m) Origeneshom.20.in Gen. n) Hierozym.lib. XV. in Iefai.e.56. 0)
Damafcenns lib. IV. de Orthod. Fid. c. 24.
—*
a
fe
s, nicht in der a ng teibes, und
„vermwundere fich über GOttes Werk, p). Mit
diefen und dergleichen Worten zeigten fie zu allen
* den Unterfcheid des Alten und Neuen Te—
aments auch bierinnen an, und verwehreten nad)
Möglichkeit ben unwiſſenden und ſchwachen Ehri-
ften, daf fie nicht auf den einzigen Tag der Wo—
che allein fallen, und die übrige Zeit auffer der
rechten Ruhe in GOTT zubringen, und alfo in
Wahnglauben geraden möchten.
4. Dannenhero die Apoftel felbit und ihre Juͤn⸗
er nicht allein einen folchen ftetigen Sabbath und
ottesdienft in ihren Herzen begten, fondern auch
aufferlich ſehen 5 Denn die Apoſtelgeſchich⸗
te zeugen ausdrücklich von ihnen, daß fie alle ein-
mürhig mit beten und flehen täglich und ſtets
bey einander geweſen. c. 1, 14. €. 2,46. c. 5,
2.42. Wie fie denn auch ſchon von den Hey—
den gebeten wurden, zwifcben Sabbaths fie zu
lehren. c. 13, 42. Denn nachdem einmal durd)
einen öffentlichen Schluß der Apoftel alle Mofai-
ſche Ceremonien aufgehoben waren, c. 15, 10.24.
28. Fonnten fie ſich nicht an diefen gewiſſen Tag
alleine binden laſſen, fondern bielten ſich nur ver-
bunden, dem HErrn eine Zeit auch zum aͤuſſerli—
chen Dienft, jedoch nad) der wahren Ehriftlichen
Freyheit, anzuwenden. Der Juͤdiſche Sabbath
mar einmal unter ihnen abgeſchafft, wie die aͤlte⸗
ften Seribenten bekennen q), und die wichtigen
Urfachen hinzuſetzen, weil nemlich GOtt habe nö-
thig gehabt, dem ungeborfamen und halsſtarrigen
Volke eine gewifte ordentliche Zeit zu (gen zu ſei⸗
nem Dienft, da es font gar nicht an GOtt wuͤr—
de gedacht haben r). Danundas Bolfim Neuen
Teftament dem HEren im neuen Wefen des Gei-
ſtes zu dienen anfteng, und aus einem lautern in-
neren Gehorſam, Gal. r, 1. fo ward es billig in
diejenige Freyheit gefeßer, daß es auch darinnen
an feine gewille Zeit gefeglicher Weife gebunden
ward: Indem ja dem HErrn befannt war, wie
fie diefe Freyheit nicht zum Deckel der Bosheit
brauchen, fondern als Knechte GOttes dennoch
deſto herzlicher und eiferiger, ja mehr als an ei-
nm Tag, ihm dienen würden. Wer nun alfo
GOtt im Geift obgedachter maffen in einem fteti-
gen Sabbath dienete, der war (auffer gewiſſen
Umftänden der Aergerniß und anderer, an fein
Geſetze der Zeit gefeflele. Immaſſen auch unfere
004% Cap. Don der-Zeit ihrer geiftlichen Uebungen.
197
Theologi gerne zugeben, daß die Chriften einen
Tag in der Woche gebeiliget haben mögen, nicht
ſowol kraft einer moralifchen und alfo verbindli-
chen Auflage und Satzung, als nach der Aehn⸗
lichkeit des Sabbaths, und in Betrachtung, daß
es billig fen, GOtt auch eine gewilfe Zeit auszu=
ſetzen, ſonderlich für die, fo GOtt noch gezwun-
gen und mit Widerftand, und nicht in einem wil-
ligen Geifte dienen s). Und aus foldyen Grün-
den, nemlich der Bortreflichfeit und Freyheit des
Meuen Teftaments, widerlegen die alten Chriſten
die, fo noch der Juͤden Sabbath behalten woll:
ten t), und fchafften ihn ausdrücklich ab u), un-
geachtet er von den Apofteln, die jedermann aller:
ley wurden, eine Zeitlang noch mit gefeyert wer:
den war. Av. Geſch. 13, 42. c. 16, 13.
5. Wie die Juͤden darauf drungen, GDtt ha—
be gleichwol den Sabbath fo ernftlidy anbefohlen,
und eine gewiſſe Zeit haben wollen zu feinem Dienft, _
fo wiefen die Ehriften, daß diefes Geſetz ſowol,
als das natürliche Recht felbit, die fleifchlichen und
ungehorfamen Herzen angienge; die achorfa-
men Rinder aber, also Abraham und alle
Berechte, batten GOTT wohlacfallen bis
auf Mofen obne Haltung des Sabbatho x).
Wie denn auch die Urfache, die der HErr dazu
gefeger habe 5. B. Moſ. 5, ı5. nunmehro aufge=
böret habe, nachdem etwas vortreflichers Fommen
fey: Dahero Fonnten nun die Heyden, die an
Chriſtum glaubten, dennoch das Erbe empfahen,
ob fie gleich den Sabbath nicht hielten y). Sie,
die unglaubigen Juͤden und alle Halsitarrige,
verftünden die geheimen und geiftlichen Urſachen
des Sabbaths nicht, und müften als Knechte fo
unter dem Geſetz gehalten werden, weil fie GOtt
nicht mit reinem ungezwungenen Herzen als Kins
der dienen wollten ): Die Ehriften aber wären
nun von folchen fleifchlichen und leiblichen Din—
gen gewichen, und zum Geſetz des Geiſtes gelan—
get, daher fie auch keinen Sabbath mehr biel-
tena). Dergeftalt ward insgemein Damals von der
nach Juͤdiſcher Art gefegten Sie des Gottesdienſtes
aus dem geoffenbarten Willen GOttes geurtheilet,
alſo, daß nun der ſiebente Tag in der Woche nicht
mehr ordentlich gefenert ward, und dieſes auch von
der Jünger Hälfen wegfiel. Nun ift die Frage, ob
denen erften Epriften ftracks ein neues Joch aufz
geleget worden, und fie aus Befehl der Apoftel
Bb 3 oder
p) Epiſt. ad Magnef. q) Zuffinus ad Tryph. p 227. et 235. Tertullian. adu. Iudæos c. 2. 4. Origenes VIII. c,
Celf. p. 393. etalii.
r) Iufinus lc. Angu/lin. 'Tract. 3. inloh. Damaftcen. 1. 3.
cal. ap. Qnenfled. Theol. Didadt, P. III. Set. II. c. 1. qu. 4:
XXVIIT. n. 32. Enfebins III. c. 27. Theodorer. lib. II. Hxret. Fab. c. ı.
s) Dorfchaus not. ad De-
t) Vid Epiphanius adu. Ebionxos Hæret.
u) Vid. Canon. 29. Laodic. Conc.
x) Zuftinus. ©. p. 236. et 241. y) Idem ib. p. 243. 2) Damafcenus lc. a) Origenes Lib. IL. adu. Celf.
u
198
oder anderer einen andern Tag alfo zu feyern ge
zwungen geweſen. Die einmuͤthige Antwort al-
ler Verftandigen ift, man wiſſe nicht gewiß,
wenn, wie und wo der füogenannte Sonntag in
den erften Gemeinen auffommen ſey. Man lieſet
war, daß die Juͤnger auf einen Sabbath zu:
——— kommen ſeyn, Ap- Geſch. 20, 7. ‚und
daß Paulus an einem folchen die Almofen einem
jeden bey fic) felbit binzulegen befohlen habe;
1 Cor. 16,2. Aber nirgends wird ein gewiſſer
Tag in der Wochen benennet, viel weniger des
Eren Tag, wie man ihn bernach aus Gutach⸗
ten der Lehrer geheiffen hat. Mach der Apoſtel
za findet man gleichfalls feine Spur bis zu
Ende der erften hundert Jahre, da Plinius er-
jehlet, die Chriſten wären an einem gevoiffen
Tag (Rato die) zufammen fommen b). Igna⸗
tius fchreibet zwar auch von des ren Tag;
aber feine Worte ſcheinen mehr in ſich zu halten,
als fie insgemein gebrauchet werden. Er fpricht
nach feiner Sprache alfo: Die, Pandenalten
Werken noch halten, find nun in neue Hoff:
nung geratben, und feyern nicht mebr den
Sabbath, fondernleben nach des Errnke-
ben, daran das Leben auferftanden iſt: And
auch er und feines gleichen haben durch; den Tod
und Auferftehung den Olauben empfangen, dabey
fieverblieben. _ Darauserdenn fehlieffet, fie fönn-
gen ohne ihm nicht leben; und will diefes fagen:
Wenn auch die, fo noch an den alten Satzungen
und geſetzlichem Wefen hangen, einen neuen Sab:
bach haben, und alfo ohne die Erinnerung Chri⸗
ſti und ſeiner Wohlthaten nicht zu leben gedenken,
aud) wir, die wir nun von dem einigen Lehrer
CHriftounfern Glauben empfangen haben, dabey
verharren; ſo haͤnget ja beyder Leben an ihm, ob⸗
gleich einer GOtt freyer und Eindlicher Dienet, als
der andere c).
6. Daß aber diefer oder andere Lehrer ſollten
ee gewiffe Tage anbefohlen und den
emeinen damals aufgedrungen haben, lefen wir
nicht. Es liefe auch) gerade wider ber Apoitel
schre, die feinem wollten ein Bewiffen machen
oder machen laſſen über beftimmte Seyertage,
oder Yeumonden, oder Sabbather, Col.2,16.
aus deswegen fehmerzlich Flagten, wenn jemand
b) Lib. X. ep. 97. Epiſt. ad
uerfe. .e) Apol. II. p. 98.
e Execut. et
ò—— — — — —— ———
2.3. Von der erſten Chriſten gemeinem und ſonderbarem Gottesdienſt.
Magnef. ‚d)Vid. Z. Ofander Cent. I. Lib. IV. c. ıt. p. 158, et Thheologi uni-
r h f) a 251. de Ten. Pu v. Riuerus lib, EV. c. 16. Crit, S. Cocus p. 365.
) Iuftinus ]. c. et Tertullianus Apol. €. 16. et ib. I. ad Nat. c. 13. it. Valenzinianus Iun. A. 1.3. Cod. 4
Exadt. Conf. Baronins A. CCCXXT. n. ıt. —
Ant. Led. c. 22. Marskamus Canone. Chron, p. 192. G. I. Voſſius lib. II. Theol. Gent, c. 34.
noch Tage, Sefte und Fahrzeiten hielte: Gal
4,10. Wie fie denn ausdrücklich frey ftelleten,
man möchte auf die Tage halten oder fie alle
gleich achten, wenn nur ein jeder in feinem
Sinneine völlige Freudigfeithabe, und alles dem
Herten thue. Rom. 14, 5.6. Sollte auch die
Abſchaffung des Sabbaths ein Zeichen der Frey⸗
beit im Neuen Tejtament ſeyn, wie die Gelehr-
ten anmerfen d), fo mußte warlich diefer neue
Sabbath oder Sonntagfein Bandfeyn, die Ge⸗
willen wiederum zu feſſeln, welche wahrhaftig in
EHrifto durch eine gründliche Reinigung frey wor:
den waren: Denn von folchen reden wir hier al⸗
lein, nicht aber von Knechten der Suͤnden, von
denen bald ein anders folgen ſoll. Das bekann⸗
tefte und ältefte Zeugnißvondem Sonntag mag
wol beym Juftino feyne), welcher alfo fehreibet :
„um Sonntage kommen alle zufammen, die in
„den Städten und auf dem Sande wohnen, und
„leſen die Schriften der Apoftel und Propheten, +
Und abermal: “Am Sonntage halten wir insge-
„mein mit einander Zufammenfünfte,,. Wobey
zu merken, daß er Feines Gebotes oder Verord⸗
nung gedenft, fondern nur als von einer einge:
führten Gewohnheit redet, aus denen unten vor=
fommenden Urſachen. Ingleichen geftehet er
vorhero ausdrüdlich, daß fie flets bey einan⸗
der gewefen, nach der Apoftel Art: Worauf er
denn feßer, daß fonderlich Sonntags alle zuſam⸗
men fommen ſeyn. Aeltere Urkunden finden ſich
hiervon nicht, viel weniger Davon, daß die Apo⸗
9 dieſen Tag eingeſetzet haben. Denn was der
lutor eines Sermons in Auguſtini Schriften
hiervon ſaget, daß ihn die Apoſtel und apoſtoliſche
Männer mit groſſer Solennität anbefohlen haͤt⸗
ten, bat feinen Grund, und fommt mit famt fei-
nem unbefannten Angeber billigin Feine Confide-
ration F). Iſt Dahero nicht wenig zu vermun-
dern, daß unter fo vielen Stellen, die bey den
Alten von diefem Tag handeln, Feineeinzige fonft
ihn den Apoſteln zuſchreibet.
7. Da aber nun nachgehends diefer Tag fei
Recht in der Kirchen erhielte, fo — a
nicht allein den Sonntag vor den Heyden z
bey denen der erite Tag in der Wochen alfo bief-
fe b); fondern abfonderlich den Tag des HEren,
(xvgioe⸗ —
h) Rationes habent Celius Rhodiginus lib. XIII.
8
>
4. Cap. Don der Zeit ihrer geiſtlichen Uebungen.
(xugiannv oder vnv v3 Kugia iuegav) thelis und
vornemlich darum, weil der HERR JEſus an
felbigem Tag auferftanden war, Matth. 28,1.
Marc. 16,1. i), daß alfo diefes ein Andenken der
durch ihn gefchehenen neuen Schöpfung fern fol:
tek): theils auch, weil dem HErrn alleine daran
follte gedienet werden 1); ja aud) darum, weil er
der König und Herr der andern Tage gleichfam
genennet ward m): Weswegen aud) die Kanfer iin
alfo in ihren Ausfchreiben titulirten n), und an—
dere ihn fonft nicht genug loben underheben Fonn-
teno). Andere fcheinen auch diefen Urfprung des
Mamens Binzu zu thun, weil man daran das
Abendmahl des HEren zu halten pfleget p): Daß
ich geſchweige der Urſachen, die fie aus der erften
Schöpfung nahmen, weil nemlih GOTT daran
das Licht erfchaffen, und die Finfterniß vertrieben
habe q). Die erfte und fürnehmfte Urſache war
nun nicht allein dev Grund diefes Namens, ſon—
dern auch wol der ganzen Feyer und Abfonderung
diefes Tages von andern; alſo, daß die Ehriften
wol zu einer Ehrerbietung und Hochhaltung ge:
gen felbigen bewogen werden fonnten, wenn fie
diefer groſſen Wohlthat, die an dem Tage gefche-
ben war, erinnert wurden: Wiewol fie, wie ſchon
erwehnt, auch an andern Tagen eben das, was fie
an diefem Taae pfleaten, verrichteten, wie Herr
Cave felber ofte geftehet, p. 172. 175.192. »
8. Es war aber auch diefer Sonntag fo gar nicht
über die andern Tage erhoben, daß auch, zumal
in den morgenländifchen Gemeinen, der Sonn:
abend oder Sabbatheben fo heilig gefenert ward;
welcyes Herr Eave genugfam erweifet, P.184. u. f.
da er auch geftcher, Daß man alle norhtvendigite
Stuͤcke des Gortesdienfts daran verrichtet ha—
ber): ob es gleich im übrigen von felbit folger,
daß es nicht auf jüdifche Weife gefchehen. Er
merfet auch wohl an, daß es denen bekehrten Juͤ—⸗
21
199
den zu Gefallen gefchehen, wieviel andere Dinge
mehr alfo behalten wurdens). Dabey man aber
niche verhüten konnte, daß nicht einige dabey jü-
denzeten: undftehet dahin, wie viel der auf fol-
che arme Seelen gelegte Fluch in den Conciliis
geholfen oder gefchaderhabe t). Man ſiehet aber,
wie die, fo folche Gewohnheit hoch gehalten, fie
immer auch mit der Autorität der apoftolifchen
Zeiten befeftigen wollen: Darum fie auch in.den
Epiften Janatüi diefes mit eingerücket, wie es
der Augenfchein gibt v). Zu gefchweigen der an=
deren Berfälfhungen, da man unter dem Ma:
men der Apoftel diefe und dergleichen Menfchen:
faßungen behaupten wollen x). Und will icheben
nicht denen zuwider fern, welche murhmaflen,
es feye dieſe Feyerung des Sabbaths neben dem
Sonntag von den Kegern , den Ebioniten, ent:
ftanden, und alfo zur Ungebuͤhr fo lange Zeit von
ganzen Gemeinen behalten worden y). Alſo,
daß die auch geirret müflen haben, welche das
‘och denen Ehriften fo vermehret, daß fie auch
gefaget, eo Fönne der Sonntag nicht ohne
den Sonnabend, und diefer nicht ohne jenen
aefepert werden 2); item, es fey eine ſchoͤne
Verbindung aller beyden a).
9. Was aber den Sonntag allein betrift, fo
Aft er ohne Zweifel aus fehr heilſamen Abfichten
von den andern Tagen abgefondert und gebeiliget
worden. Darunter wol die fürnehmite dieſe
war, damit diefe unordentliche Derfammlung
nicht den Glauben an CSriſtum ſchwaͤ—
chete, wenn nemlic) ein jeder nach Gefallen ſich
einfinden wollte, oder aus Faulheit, Eigenfinn
und dergleichen, ausbleiben; wie einer alfo redet b):
Nemlich, die Glieder der Gemeinen waren nicht
alle gleich ftarf, und zum inneren wahren Gottes⸗
dienft völlig geſchickt; ſondern es waren viel
ſchwache, ungeubte Milchkinder Darunter, in-
gleichen
i) Ita diferte Iuftinus lc, Theophilus Alex. ap. Balfam. Collect. Can. Arhanafı ferm. in Matth. XI. Chryfofl«
in Pf. 119, Ambro/.lib. X. ep. 83. Augu/fn. ep. 119. ad Ianuar. et XII. de Ciu. Dei e. 30. it. Tradt. 120. in Joh,
Conſtantinus M. Orat. ap. Eu/eb. de laud. c. 9. Sozomen, lib. I. c.$. Maximus Taurin. ferm.3. de Penter.
et plures.
k) Athanaf.l.c. Cyrillus Alex. hom. 6. de Pafch. Tom. V p. 72.
1) Serm. a5ı1.de Tremp. ap.
Auguflin. m) Nomotanon, €. 416. ap. Cotelerium Tom. I. Monum.Gr. p. 134. et inprimis Ignatinsl.c. n)
Valentin. Le.et Conftantinus M. 1. 1. Cod. Theod. de Feriis. 0) Bafılins M. de Spir. S. e. 127. Afidorus Pelu-
hora lib. I. ep. 114. Contt. M.ap. Eujebr 1,6. vbiconf. Valefins in not. p. 279. Chryjofl. hom. 5. de Refurr. p)
Hieronymus lib. Il. in Gal.4. Licer diem Dominicam sccepto torpore Dominico indefinenter celebrare. 4) Iu-
finus 1.c.e quo forte habet Gregorius Turonenfis ib. X. Hift. Franc. c. 30. r) Probatet Petauins e Socr. et
Sozom. Animadu. ad Epiph. p.333. s) Confentit
Epift. ad Magnef. de quoloco egregie diferit ferius deEpift. Ign. p. Yı.
Obf. 13. *) Contil.Laodie.l.c. u)
Albafpinaus lib. I.
x) Canon Pfeudo-Apoftolicus
ap. Coreler.1.c. etn.36. 9.74. Petrus Anitiochenus ap. eund. Tom. Il, p.132. 9) Vid.G. Buchnerus diſſ. de
Ni. XUB. §.vlt. 2) Ita diferte Gregor. Ny/. Orat. adu. repref. xgre ferentes, a) Aßerins hom. de Re-
pudio. b) Audtor. Comm. in Galat. ap. Hieronymum Tom. IX. lib. II. c. 4,
*
in
200
2
»
2. B. Von der erften Ehriften gemeinem und fonderbarem Bottesdienft.
Alten, daß man diefen Tag gottfelig zubringen foll-
gleichen oft grobe oder. fubtile Heuchler, Hoffärti-
ge, eigenfinnige, oder aud) anftoßige Köpfe. Die:
fe hatten ja mol vieler Anweiſung, Zucht und
Uebung nöthig, fie mußten in Ordnung und gebd-
rigen Schranken gehalten werden, damit fie
„ nicht in Sicherheit , Faulheit und andere Sün-
den verfielen. Und dazu waren nun gewiſſe an⸗
geordnete Zeiten ſehr dienlich. Drum faͤhret ges
dachter Scribente weiter fort: “Es find etliche
„Tage beftimmet, daß wir alle da zufammen
„eommen: Nicht, daß diefe Tage beiliger ſeyn als
„die andern ; fondern, damit allezeit, welches Tages
„ir uns verfammlen, unfere Freude aus dem
„Anfchauen unter einander defto gröffer werde.⸗
„gr die find die Berfammlungen an den Tagen
„von Seien Seuten verordnet, welche mehr mit der
„Welt als mit GOtt zu thun haben, und gerne
„vor ihren andern Berrichtungen GOtt ihr Opfer
„bringen wollen. »= Alfo ift uns vergönnet, des
„HEren Tag allzeit zubalten ohne Aufhören, mit
„Genieffung des Seibes des HERAN, Daß
demnad) fic) Fein Gottloſer und Heuchler hierin-
nen die geringfte Freyheit einbilden durfte, als
wenn er im Neuen Teftament von allen Äufferli-
chen Pflichten frey wäre, und ſich Dadurch nicht
müßte zum innerlichen wahren Gottesdienſt leiten
laffen. Denn ein ſolcher mußte wiflen, daßer aud)
nach dem natürlichen Rechte fchuldig war , eine ge-
wiſſe Zeit GOtt zu wiedmen, gleichwie die From-
men ihr ganzes tebenlang GOtt dienen in Heilig:
feit und Gerechtigkeit. Weil nun GOte felbft
gleich anfangs einen gewiffen Tag erwaͤhlet har,
deffen Heiligung nicht eben in Ausſetzung des fie-
benten Tages in der Woche, fondern in der See—
Ienrube und im Gehorfam beftünde; fo trefen
warlich die Flüche, fo auf die Sabbathſchaͤnder
im Alten Teftament geleget worden, auch alle im
Meuen Teftament , fo diefe Ruhe in GOtt aud)
an den Tag verfehmäheten : indem fie nicht allein
feine allgemeine Ruhe von Sünden und weltli-
chen Lüften verlangten, fondern auch diefe wenige
Stunden dem HEren nicht heiligen wollten. Sie
ftieffen damit auch allen Segen , Anfang und
Wachsthum zu ihrer Befehrung und Erneuerung
veraͤchtlich von ſich, da fie ihren armen Geelen
nicht fo viel Zeit lieffen, ſich von fo unendlicher
Zerftreuung zu fammlen und ruhig zu werden, al-
fo von ihrem Thun abzulaffen, damit Gott fein
Werk in ihnen haben möchte.
10. Dabin giengen nun alle Bermahnungen der
te. Denen wahrhaftig geheiligten Seelen durften
fie diefes eben nicht einbinden, als welche nad) oben
erzehlten Gründen ($.2. und 3.) alle Tage, jaun-
aufbörlich, dem HEren Sabbath und Sonntag
fenerten ; fondern es war denen Schwachen und
DBoshaftigen nöthig, daß man ihnen bezeugte,
wie diefer Tag nicht für alle gehöre, fondern
nur für die, fo der Sünden abgeftorben wä-
ten und GOtt Iebeten c). Wir haben ſchon
oben gehoͤret, wie ſie einmuͤthig gelehret, daß der
Sabbath im Alten Teſtament nur ein Vorbild
der inneren Ruhe geweſen ſey: Darauf drungen
ſie nun, daß ſie an den Glaubigen muͤßte erfuͤllet
werden d).“Der halte gar übel Sabbath, der nicht
„vonböfen Werfenrube. Esmüffevielmehreine
„ſtetige Ruhe von Sünden da ſeyn, denn ein guf
„Gewiſſen mache erft die Seelerubig e) ; fonftfey
„bey fnechtifchen Wercken oder Sünden Fein Frie⸗
„de noch — ): Und wer ſich zu folchen
„Werken noch bewege, der ſey ein Knecht. der
„Sünden. Drum fey esnicht genug, am Sab-
„bath Aufferlic) ftille figen und fehlafen , oder
„wohlluͤſtig leben; fondern man muͤſſe vom Böfen
„ruhen, und nur thun, was der Seelen heilſam
„iſt „8). Sieftellten auch das Erempel der blin-
den Süden für, “wie diefe ihren Sabbath nur _
„knechtiſcher Weiſe Bielten zum: Saufen und
„Bosheit, in Faulheit und Muͤßiggang, in
„Schwaͤtzen und Lachen „b). Welche Erinne-
rungen alle zwar auf den ftetigen Sabbath und
inneren Gottesdienft mit giengen , der denen Un—
wiſſenden bey ſolchen Gelegenheiten befannt ge-
macht wurde, daß es dahero Feiner Fabeln und
Gedichte bedurfte,die Heiligung des Sonntags den
Leuten gefeßlich einzubleuen, wie wol in dem Pabft-
thum geſchahe, da die beften Pflichten gegen GOtt
ohne Grundlegung des Glaubens und der Liebe mit
lauter Geſetzen und Zwangsmitteln auferle—
get wurden. Wie man denn etwa vor 400 Jahren
einen Brief herum trug, der vom Himmel ſollte ge-
fallen feyn, darinnen fürnemlich die Heiligung des
Sonntags mit fchredlichen Drohungen anbefoh-
len ward i). Konnten aber die Prediger nicht auf
Evangelische Art durch wahre Umkehrung der Her-
zen ihre Zuhörer zur Sonntagsfeyer bringen, fo
mochten fie es wol mit folchen Drohungen, gefeß-
lichem Treiben , und Auflegung des denen Un—
gehorfamen unerträglichen Jochs nimmermehr
erhalten. 1.50
c) Athanafınsl.c. d) Auguftinuslib. IV. deGen.adLit.c.13. e) Profper exhoc Sent.ır4. f) Ibid. n.322.
g) Hieronym.lib. XV. in Iefai. c. 56. uſt.
ſienſi Raynaldus Annal. A. MCCI. u. 34. 35, quiet ipfe
p. 417.
Aauguſt. Tract. 3. in Ioh. &inPf.gr.. i) e Rouedeno et Matrh. Pari-
refutat, Vid. F. Spanhemins Hiſt. Eccl. Introd. Sect. XIII.
U ang
-
—ñ—i —
u. So war auch damit nichts oder wenig aus⸗
ichtet, wenn man bey dem Verfall des Chri—
ms nur die Leute auf die Aufferliche Enthal-
tung der Arbeit wiefe, der wahren Entfaltung
aber gar nicht, oder ſehr felten und fchläfrig ge⸗
dachte. Es war wol fein und loͤblich, daß in fol-
genden Zeiten die Obrigkeit am Sonntage alle Ge⸗
vichte, Proceſſe, Handlungen, Arbeit verbote, und
denjenigen vor einen Sacrilegum erklärte, der da—
wider handelte k): Aber weiter reichten folche
Anftalten nicht, alsdaß fie äufferliche Furcht und
Behutſamkeit erweckten bey denen, die noch für
Chriſten pafliren wollten. Die andern triebens
doch heimlich, wie fie wollten. Diefe Verbote aber
zeigen uns zum wenigſten, wie man damals in und
nach Eonftantini Zeiten nicht einmal Aufferlich
mehr fromm getban bat, fondern daß, Unordnun
und Spott der Heyden zu verhüten, folche harte
Gefegenörhig geweſen: Da doc) diefe aufferliche
Ruhe auch ſelbſt dem leibe, denen Laftehieren und
andern vorträglich iſt, Damit fie ausruhen und zur
Fünftigen Arbeit gefchickter ſeyn koͤnnen. Welche
Abficht einer unter den Alten anzeiget: “„GOTT
hat den fiebenten Tag zur Ruhe gegeben um der
Fruͤbſal und Mühe willen indem teben,,. Und
ein anderer: “Esiftzumiflen, daß deswegen von
„den H. Vätern den Chriſten verordnet und be-
„rohlenift, daß anden Sonntagen und Selten der
„Heiligen manruben foll, und von irdifchen Ge—
„Ichäften ledig feyn, Damit man zum Dienft GOt⸗
„tesgefchickter ſey, wenn nichts verhindert und zu:
„rück halt; Denn wenn man die irdifchen Sor-
„gen fahren läßt, fo kann man das Herz beffer zu
„SDkrterheben, 1), Welche Urfache denn auch
die Concilia geben, wenn fie verbieten, “daß
„man nichts auf dem Felde am Sonntag ar-
„beiten folle, damit man defto leichter zur Kirchen
„gehen und dem Gebet obliegen fönne,, m). Und
diefe Satzungen, wie fie in der verderbten Ehri-
ftenbeit ſchon geftellet worden, Haben das arme
Volk auf allerhand böfen Wahn verleiten koͤnnen,
als wenn es, zum Exempel, mit dem äufferlichen
Kirchengeben und Beten nun genug fey am
Sonntage; item, als ob man nach verrichte-
"tem Botteodienft (mie die blinden Leute reden,)
nun thun dürfte, wasdem alten Adam nur gefiel,
und was dergleichen Erfindungen der Vernunft
in böfen Werken mehr find. Das Geſetz des
$aodicenifchen Concilii iſt auch ſehr zweifelhaft ges
) ’ \
E 4. Cap. Don der Zeit ihrer geiftlichen Uebungen. 201
ſetzt, und habens die Boͤſen fo Fönnen verftehen,
es fen einerley, ob fie GOtt eine Zeit von ihren
weltlichen Dingen ausfesten oder nicht: Denn es
bieffe, “die Chriſten follten den Tag des HErrn
„feyren und rußen, wenn fie nur fönnten,, n).
Wie denn auch die Ausleger es für indifferent hal⸗
ten 0). Sonſt wurde auch von den Kayſern
den Ackerleuten bald das Arbeiten am Sonntage
zugelaffen p), bald verboten g): Daß die armen
teute wol bisweilen nicht gewußt haben, bey der
damaligen groflen Unwiſſenheit im Chriſtenthum,
woran ir recht thäten oder nicht.
ı2. Das follte zum wenigften allen von Rechts
wegen bekannt feyn gemwefen, daß, gleichtwie zu
allen Zeiten, alfo auch am Sonntage, alle Uep-
pigkeit und Sünden verboten wären; als, die
überflüßigen Bafterepen, das Steffen und
Saufen in den Wirtbebäufeen, das Sprin⸗
gen und Tanzen, Schreyen und Schwer:
men, und dergleihen Werke des Satans, da
man ganze Städte und Dörfer zu Barkü-
chen macht, wie es einer von den Felttagen der
Heyden befchveibet r), der diefen Greul damals
den Gottlofen ohne Scyamröthe vorwerfen konn⸗
fe, welches in folgenden Zeiten den Heuchelchri-
ften unmöglich war, da man foldye und noch
wol ärgere Greul entweder zuließ oder felbit mit⸗
machte; alfo, daß wol eben von folcher Berderb-
niß wahr wurde, wie es vor dieſem von dem
beydnifchen Feften gebeiffen hatte: Die Freyheit
„alles Böfen muß eud) eine Ehrerbietung, die
„Gelegenheit zum Praffen ein Beiliger Dienſt beif-
sfeny. Sch will diefes nicht ohne Beweis gefas
get haben, fondern beziehe mic) auf diß, was
unten bey dem Verfall im 8. Buche folgen foll,
Chryſoſtomus Flager deutlich genug darüber zu
feinen Zeiten: “Einige von unfern Brüdern
Iſchreibt er,) meynen, fie halten Feine Feyerta⸗
„ge, wenn fie nicht ihrer Schwelgerey und Wohl:
„euft ein Genügen chun. Aber, ich muß frey
„reden, das heißt nicht, GOTT ein Feſt de
„fondern es befudeln. Diefe Freude ift mit
„Thränen zu bemweinen, ihr Jauchzen wird ein
„groffes Trauren nad) fich ziehen, fo GOtt niche
„verſohnt, fondern erzuͤrnt. Es mag einer zur
„Ehre GOttes ein Felt zu feyern meynen, wie er
„wolle, ſo iſt es GOtt eine Schmad), wenn er es
„in Schande und Sünden thut, AN Und ein
anderer noch vor ihm: “Lafer ung niche Fefte
€ c „hal⸗
K)L.a. Cod. Theöd. de zen: et Exact. et L.1.C.eod.de Feriis, Leo Aug. NouellaLIV. l)Clemens Alex. Strom.
VI.p. 682. Serin. 251. de Temp.ap.Auguſtinum. m) Concil. Aurelianenfe III.c.28. n) Can.29. 0) Balfamo
adh.t. » Conftantinus I. 3.C, uff, de Feriis, Cabilon. Conc. c. 18. „DLe l.e. x) Tertullianus Apol, c.35. 5)
Serin. 8. de Refurr.
—
FJ
202 2. B. Von der erſten Chriſten gemeinem und ſonderbarem Botteodienft,
„as Joch der — auf, denen, ab
„halten nur in feiblicher Ergetzung, in Veraͤnde⸗
„rung der Kleider, oder in Freflen und Sau:
„fen, deren. Frucht ift Die Geilheit, fondern in
Reinigkeit der Seelen, und Munterfeit des
„Geiftes, und in gortfeliger Andacht, t). Und
wiederum noch ein anderer: “Die Freude eurer
„Feſte muß vorfichtig feyn: EHriftus muß bey
„euren Mahlzeiten feyn; Die Schwelgerey, der
„ueberfluß, das Tanzen und Springen, das
„Singen und Mufieiven, die Wohllüfte müflen
„von euch ferne ſeyn, und mit den Gaftgeboten der
Herodias abgetban werden, damit eure jeßige
„Freude zum ewigen Frolocken gelange, u). Und
lange hernach ein befannter Lehrer: “Ertlidye müf:
„‚fen Beute cam Weihnachefeft) traurig feyn, weil
„fie diefe Nacht mit Spielen zugebracht, in Freſſen
„und Trumfenbeit gelebet, in allerhand Aber:
„glauben und Gaufeleyen Die Zeit verderbet ha-
„ben, x). Aus welchen und dergleichen Klagen
der greuliche Mißbrauch und Berfall von dem
wahren Nugen der Sonn und Fefttage offen-
bar wird, daher auch unzählige andere Greulent-
ftanden: Zumal da hernach die Gedächtmiftage
der Heiligen mit fo ſchrecklichem Heberfluß, Ueppig⸗
keit undthörichten Ceremonien begangen wurden,
daß es Feine Heyden hätten aͤrger machen Fön-
nen y). Aber davonim legten Bud) ausführlich.
13. Bon foldyen mochte eswol heiffen, wie Yu-
auftinus von den unglaubigen Juden fagt: Es
iſt beſſer am Sonntage adern, alstanzenz).
Wie denn auch längft von Berftändigen ange:
merfet worden, daß, je mehr die Aufferlichen
Sagungen und Geprange der Fefttage zugenom-
men, je heftiger auch der Hochmuth, Sicher
heit und fleifchliche Sinn der Heuchelchriften ge-
mwachfen. Die allererften Chriften hatten entwe⸗
der bey ihren groffen Trübfalen gar Feine, oder
doch fehr wenige Feyertage. Die meiften Fefte
häuften fich hernach durch die Menge der Märty-
rer und Heiligen, deren Gedächtniffe man an-
ngs ausguten, hernach aus falfchen Abfichten
eyerte. Hingegen hielten die Apoftel Feine ande-
te Feſte, alsdie fie etwa noch der befehrten Juden
wegen mit halten wollten. Es zeugen auch die
Alten, wie ſie keine dergleichen eingeſetzet oder den
Gemeinen aufgebuͤrdet. Wir wollen einen aus
ihnen hievon hören, der es alſo an Tag legt: “Die
Apoſtel und die Gemeine ſelbſt leget nirgends
„Worte kommen, fondern die Leute haben felbfi
„das Ofter- und andere Feſte, ein jeder an fein
„Drte,aus einer Gewohnheit gefeyert, damit die
„arbeit etwas nachlaflen, und man ſich etwa des
„eeidens EHrifti beffer erinnern koͤnnte. Auch
„baben die Apoftel oder EHriftusuns niemals der⸗
„gleichen zu halten befohlen, vielmeniger drohet
„uns das Evangelium deswegen Strafe, wie
Moſes den Süden; fondern das ſtehet nur ge-
„ſchrieben, daß EHriftus in der Zeit der unge⸗
„ſaͤuerten Brode gelitten habe: demnad) war das
„Abfehen der Apoftel nicht, uns Fefttage einzufes
naeh fondern ein vechtfchaffenes Leben und die
„Gottfeligfeit einzuführen, a). Aus welchem
Grunde denen Unmiflenden gezeiget wurde, wie
diefes Halten der Feyertage allerdings denen zur
Sünde würde, die fie in Mennung eines Ver-
dienftes oder Nothwendigkeit, und nicht aus lau-
teren, glaubigen und freyen Herzen in acht neh—
men: wie ihnen Paulus ernftlic) geſaget hatte
Gal. 4, 10.11. und Eol.2,16. Immaſſen fieauc)
fonft erkannten und redlich PR “daß fie
„meiftens um des gemeinen Manns willen einge:
„ſetzet wären, der ofte mehr gläubig zu feyn fehiene,
„als ers in der Thatfey, undentweder nicht kann
„oder nicht mill ein ftetiges Feft dem HErrn fey-
„ern. Diefer habe dahero nötbig folcher empfind-
„lichen Erinnerungen, damit er nicht gar von
„feiner Schuldigfeit abgebe b).
14. So wußten fiedemnad) feinen gemiffen Ur⸗
fprung von der Feyerung der Feſte zu weifen, fon-
dern beruften fich, nicht ohne Zweifel, auf die
Tradition der Apoftel und ihrer Nachfolger,
oder auf ganze Concilia, vondenen fieden Nach:
fommen wäre empfohlen werden -), Wie man
denn auch; fonft fchlechte Nachricht hievon bey
den alten Kirchenſcribenten findet, als melche
entweder gar Feine, oder nur die drey erwehnen,
Parafceven oder den Charfreptag, Dftern und
Pfinaften, welche auch die folgenden Autores alfo
benennen d): Denn mit denen Gedachtnißtagen
der Märtyrer Fam es etwas fpäter in Schwang.
Zwar reden etliche aus den Alten_alfo von dem
Urfprung der Sefte, daß fie GOtt den Urheber’
derfelben nennen; wie alfo einer ſchreibet:
„GDtr habe nad) feiner Güte ven Menfchen vie
„beilige Tage als Kafttagegegeben, damit fiezum
„we⸗
Gyegor. Naz. Orat. 48. in Iulian. u) Petrus Chryfologus ferm. 127. x) Difeipulus de tempore ferm. in Vi-
il. Nat. Don. y) Conf. interim lo. Sawaro not. ad Sidonium p 265. 2) Augufl. in Pl 91. a) Socrates
lb. V. Hift. Eeel. c. 22.
b) Origenes lib. VIIL- adu. Celfum p. 392.
e).Auguflinus Epiſt. 119. ad Ianuar.
d) Ita Origenes 1. c. Hieronymus ad Gal? 4. qui Martyrum dies annumerat,.
4
*
*
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J
— En en
—
„wenlgſten mit geringen Pflichten CHr
ww
2]
4. Cap. Don der
nach-
„foigten, welche ſonſt ftets in diefer Welt Ge—
— vertiefet Hua e). Aber fie wollen
GDEE nicht zum unmittelbaren Anfänger damit
angeben, fondern nur feine Regierung und Bor:
forge damit andeuten, wie ohne ihn und feine Zu:
taflıng oder Führung auch diefe Tage den Men-
ſchen nicht waren vorgeleget worden.
15. Was andere Schritten von meßrern Feft-
tagen gedenken zu diefen erften Zeiten, iſt nicht
für eicheig anzunehmen, wie die Gelehrten mei
ftens längjterwiefen haben. Man hat unterdem
Verfall, und fonderlich im Pabſtthum, nur da:
durch die vielen unnöchigen Feyertage feite fegen,
und dem Volke angenehm machen mollen f).
Nachgehends aber wurde eine feltfame Weife in
die Gemeinen eingeführt, da ıman denen aus dem
Heydenthum neubefedrten Chriſten zu Gefallen
allerhand Tage zur Foyer ausfegte, und an ſtatt
ihrer heydniſchen Götter ihnen den Namen der
Üpoftel und anderer Heiligen beylegte g): wel-
ches wol gar die vornehmſten Lehrer zu vathen be-
gunten h), Damit fie denn nichts anders aus-
richteten, als daß viel heydnifche, läfterliche und
gottloſe Gewohnheiten und Greul in die Gemei-
nen Ya Ta , mit welchen mh Männer ge
nug zu Fampfen hatten: wie ſie fie denn auch mit
— ganzer Verſammlungen nicht aus-
votten fonnten, nachdem ein wenig Sauerteig den
ganzen Teig verfäuert hatte ). Damit war es
nun um die erfte Lauterfeit auch bey den äufferli-
chen Uebungen geſchehen: Und damanfahe, daß
es dem gemeinen Volke wohl geftel, wenn es viel
Seneioge und Jahrzeiten batte, Daran es mit
nm und Wohlluſt die Zeit zubringen konn⸗
te; fo haufte man an allen Drten folche Gedächt-
nißtage über alle maffen, und diefes unter dem
Schein einer fonderbaren Andacht und Heilig:
feit, damit, mo etwa fich Leute finden möch-
ten, die folchen brauch rügten oder entdeck-
ten, man ihnen mit dem größten Nachdruck be-
gegnen Fönnte; wie folgen foll,
16. In Anfehung folches greulichen Miß—
brauchs fchricben einige verftändige Lehrer unge-
feheut von der Haltung foldyer Seyertage, “es
Ey beffer, zu yt ſtille —* ‚ als daß man, in
„Meynung die Feſte zu begehen, der Teufel Raub
rer geiftlichen Liebunaen.
„und Theil werde, (nemlich durch die gewoͤhnli—
„che Aberglauben und Ueppigkeit) ,, a). Ande
ve trugen Fein Bedenfen, in ihren Gemeinen die
meiften Fefttage gar abzufchaffen,, wie ein gewiß
fer Bifchof nur noch vor 300 Yahren gethan
bat b). Und will ich Bier nicht viel erwehnen von
denen Zeugen der Wahrheit, oder, nach dem
Antichriftifchen Stylo, Kesern, den Albigenfern
und andern, welche J— lehrten, “man muͤſ⸗
„ſe niemals von der Arbeit feyern, alsam Sonn»
„tage <); ein Tag fen wie der andere, man lefe
„von feinem Felt der Ehriften im Evangelio d):
„die Pfaffen würden dadurch reich, die Layen aber
„arm, weil fie feyern müßten; es giengen viel
„Sünden unter dem Beiligen Schein vor; die er:
Ite Kivche babe ganz wenig Feſte gehabt „ e):
Welches auch die Stände des Römifchen Reichs
unter dem Pabft ſaͤmtlich urgirten F). Sa, wie
diefes der eriten Kirchen erfter Schade war, daß
die falſchen Apoftel juͤdiſche Ceremonien den Ehri-
ften aufdrungen ; en aufferte er fich auch darin-
nen, daß man nächitden jüdifchen auch beydnifche
Fefte gedachter maſſen einführte, und hernach
niche wieder abfebaffen wollte, da doch das Abfe-
ben derfelben erfüllet war, nemlich die Reizung
der Unglaubigen zur Befehrung 2). Zwar gien-
gen die erſten Ehriften hierinnen ſehr behutfan,
und proteftirten fleißig wider alle jüdifche und
Ce Satzungen; ja fie befannten öffentlich
gegen Freund und Feind, “fie lebeten durchaus
„nicht mehr nach dem Geſetz, hielten auch Feine
„Sabbathernoch Feyertage, wie die Juden,, h).
Diefe rückten ihnen auch vor, “Daß fie wie Die
„Heyden lebeten, ohne Sabbath und Fefttage,,N).
Alleine, fie verantworteten fich gründlich, wenn fie
fehrieben : Wir feyern auch den Tag des HEren,
„und die Oftern, auch andere Feftage der Chri—
„ten. Aber weil wir wiffen, wohin diefes alles
„gehöre, fo halten wir nicht diefelben Zeiten, fon-
„dern das, was in den Zeiten bedeutet wird. Wir
„verwerfen mit dem Apoftel (Cal. 4.) die Hal-
„tung der Zeiten, damit wir mit ihm die Bedeu:
„tung eben ver Zeiten behalten, und billigen den
„Unterfcheid der zwey Teftamenter, alfo, daft in je-
„nem die $aft dev Knechte, in diefem die Hexrlichkeit
„der Kinder beftehet,, k), Item: Wir halten
„es nicht eben fo: Denn wir feyern Feine heydni⸗
2 „ſche
©) Paulinus Nolanus Nat. Fel. IX. f)Vid. Spanhemius Se&t. II. Introd. p. 77. g)Teftatur prolixe Theodo-
retus lib. VIII. de Martyribus p. 395.
h) Vt fecit Gregorius M.lib. IX. c. 71. Conf. Hofpiniauus de Orig. Felt.
e.IV.p.15. i) Vid.Canon. 39. Cone. Laodiceni etaliiapud Martinum Bracarenfem c.773.. a) Nilus de VIII. Vit.
Cogit. p. 175. ap. Coelerium Tom. III. Monum. Gr.
logo Teflium Verit.lib. XVIII. p. 787:
©) Eneas Sylains Hilt. Bohem. c. 35.
b)Michael Altifiodorenfis tefte Nie.de Clemangis in Cata-
d) Audtor Anonymus in Catal
Tefl. Verit.p.733. e)Ibid.p.748- f) Inter 100 Grauamina Germanorum n,36. 8) Ita Kromayerus Cent.
UI. Hiſt. Eee. p. 151. h) Aſtinus Dial,cum Tryph. p. 227. i) Ibid. p. 229. k) Aug fin. contr. Adimant, c, 16.
304
. „dern wir effen in der Lauterkeit das Lngefäuer-
„te ). Wir halten nicht die Oftern der unge-
„fäuerten Brode, fondern des Kreuzes und der
„Auferftehung: Wir zählen auch nicht 7. Wo-
„hen in Pfingften, fondern mir verehren die Zu—⸗
„‚tunft des H. Geiſtes. Sa, die ganze Zeit unfers
„eebens Halten wir ein ftetswährendes Feft,, m).
Und in folhem Sinn zeigten fie denen auch ein
anders, die ſich noch an die jüdifchen Feſte hiel-
ten, und von dein, was geiftlich dabey offenba-
et war, nichts wußten u). Wer alfo diefe ge-
feßte Zeiten anfahe, nicht aber als einen Ver—
Biene aus Zwang oder Aberglauben mitmachte,
der Fonnte ja wol zu feiner Uebung diß oder jenes
Feſt feyern.
17. Damit aber dieſe Erzehlung von den Feſten
ferner erlaͤutert werde, ſo wollen wir des Herrn
Cave Bericht zur Hand nehmen, und die nothig-
ſten Punctebetrachten. Selbiger ſchreibet naͤchſt
dem, was oben im 1. $. iſt beſehen worden, p.170.
daß die alten Ehriften “zu allen und jeden Zeiten
„ihre fonderbare Zeiten , feft gefegte und beftimm-
Ite Tage gehabt,,, eben wie er zuvor von dem Or⸗
tegeredethatte. Gleichwol aber beweifet er felbft
p. 177. 181. 248. 352. und fonft Bin und wieder,
Daß fie wegen der Berfolgungen heimlich und Doc)
nicht ficher zufammen fommen wären. Dahero
vielmehr aus dem, was $. 1.2.3. gedacht worden,
zu erfennen ftehet, mie fie nach Möglichfeit dem
HErrn ſtets gedienet, und beyſammen gerefen,
fo oft und wenn fie nur vermocht haben. Wel-
ches diejenigen nicht leugnen, fo den Zuftand der
alferevften Gemeinen genau und innwendig anfe-
hen, und gerne zugeben, daß alle Zuſammen⸗
kuͤnfte bey ihnen heilig und feyerlich geweſen,
die fie nach Befchaffenheit ver Zeit, Orts und an-
derer Umftände gehabt, nachdem etwa ihnen die
Feinde es zugelaffen oder nicht o). Was infon-
derheit p. 172. von dem Sonntag und dem Gte-
Hen im Gebet erwehnet wird, ift oben im 4. Cap.
vorkommen. Die Nachtverſammlungen p.176.
werden unten zu betrachten feyn. Von dem Fa⸗
ſien am Sonntag gebenfet zwar Tertullia-
nus an dem p. 178. angezogenen Ort, aber nicht
verbotsweife, wie esdie Worte geben, Jana-
tii Zeugniß gilt Bier nichts, fondern ift ibm
von einem, der dieſes Gefeg gerne den. Apofteln
1) Hieronym. in Eph. 5.
II. c. 6. p. 95. et alıi.
r) Epift. 28. s) Plures
; . . =; f -
2.9. Von der erften Thriften gemeinem und fonderbarem Bortesdienft.
„fche Fefte, wie jene, in Sreflen und Saufen, fon-
m) Id. lib. IT. in Gal. 4. n) Philafrius Hær. p. 91. 0) Vid. vel Centur. Magdeb.
pP Lib. V. c. 13. et VIL c. 24. Vid. Crit, S. IL, c. 2. gu,
hune morem non cenfent vniuerfalem; Bellamo et Zonaras excipiunt Aftetas ad
Can. 66. Apoflol. Conf. Ofiander Cent, J. lib, II. c. 23,
x ER DU
mg nen
oder apoftolifchen Männern hat zueignen wollen,
untergefehoben , und vielleicht, wie Rivetus
meynet, aus denen Conftiturionibus Clemen-
tis p). Augsuſtinus feßet vielmehr ausprüd- |
lich, Ser finde nicht, daß es durch des HErrn
„oder der Apoftel Befehl beftimmer fey, welchen
»Tag man faften folle oder nicht,, 9). Sa, Hie-
xonymus bemerfet, daß die Apoftel auch am
Sonntage gefafter habenr). DasUrtheilift auch
gar zu ungerecht, daß, wer am Sonntag fafte-
te, ein Mörder Eprifti fen, welcher Eifergemwiß-
lich unverftändig, und der Chriftlichen Freyheit,
wie auch der Prari in den Sateinifchen Gemeinen
ſchnurſtracks zumider liefe s). Von der Hochhal⸗
tung des Sonntags in anderen Stücten, fon
derlich in den Kayſerlichen Mandaten, ift ſchon
Meldung gefchehen. Das Gefeß aber Theodo⸗
fi, fo p. 180, gelobet wird, ift gar ein fchlecht
genanif bievon, zumal wenn man es gegen Die
einigfeit der — Chriſten haͤlt. Denn hier
wird geboten, daB nur des Sonntags Feine
Eomödien und andere Schaufpiele follten
gehalten werden, dadurch denn tacire und ftill-
fehweigend die andern Tage dazu gewiedmet wer⸗
den. Hingegen bielten die erften Chriſten diß al⸗
les zu allen Zeiten für Werfe des Satans und
des Fleifches; als wir unten fehen werden. Wird
demnach folch unlauferes, ja offenbarlid) gottlo-
fes Wefen zu ihrer Schmad) unter daserfte Chri⸗
ftenehum gerechnet, ja von ven heutigen Chri-
ften wol als ein Erempel und Grund angenom-
men,
18. Ferner feget Herr Cave p.180. “es fen der
„Sonntag ganz durch und durd; mit öffentlichem
Gottesdienſt zubracht worden „, , welches von
den erften Zeiten nicht zu verftehen ift, (mie auch
der Hollandifhe Dolmerfcher es ganz anders als
der Hochdeutfche gegeben, ) nemlich, “daß fie nur
„ben dem folennen Gottesdienſt ftets zugegen ge-
„refen,,, weil er ihm auch fonft felber wider⸗
fprechen würde, da er p. 176. gezeiger, wie fiein
den Berfolgungen haben müffen frühe vor Tage,
und alfo eine Furze Zeit zufammen fommen,
Vielweniger gilt dieſe Redensart der deutfchen
Ueberfegung ven den erften Ehriften, “man habe
„ſich ein Gewiffen gemacht, wenn man niche in
„das
q) Anguſtin. Epiſt. 86.
9
4. Cap. Von der Zeit ihrer geiſtlichen Uebungen.
„das Haus des HErrn gienge,„; weil ſie damals
von feinem folchen ar etwas wußten , befage
‚vorhergehenden Capitels. Der Canon des
oncilii zu Illiberis lautet eigentlich nach feinen
eigenen Worten alfo: "Wann einer in der Stadt
zit, und drey Gonntage nicht zu der Gemeine
Fommt, der foll fich eine kurze Zeit enthalten, da=
„mie man fehe, er ſey beftraft oder erinnere wor:
„den, Mun wurde diefes noch unter den Ver—
folgungen befchloffen t), da man auf die Aufferli-
hen Hauſer noch nicht dringen und fehen konnte.
Demnad mochten diefe feute wol diefes unter:
fagen, daß fich fein Ba von andern entziehen,
und auffer dev Gemeinfchaft der Heiligen leben
follte. Welches fie denn mit gutem Recht thun
konnten, da fie noch in fauterem Glauben und
H. Wandel ftunden bey denen groflen Trübfalen,
die fie veinigten,, und dahero niemand eine Gele—
genheit, ſich abzufondern von öffentlichen Gemei—
nen, nehmen konnte. Indeſſen läßt fich diefes
Erempel nicht aufalle Zeiten der verfallenen Kir-
chen ziehen. Denn was Herr Cave p. 182. von
Euſtathio fehr odiös vorträgt, wird nicht von als
len alten Seribenten gleich erzehlet. Sozome⸗
nus faget diß von feinen Jüngern, was ihm bie
Schuld gegeben wird. Seiner Perfon wegen
beruft er ſich nur auf das gemeine Gefchren, “Daß
„man vorgegeben, ev fey vor groffem Eifer und
WVorſichtigkeit in einige (vielleicht der Vernunft)
„ungereimte Mennungen gerathen, die von den
„Kirchengefegen (nicht den göttlichen) abgemi-
„‚chen,,; feger aber dazu, daß ihn etliche ent:
fchuldiget, und nur etlichen von feinen Juͤngern
dieſes für übel gehalten v). Wie ihm denn Epi⸗
pbanius, der fonft mehr als zufcharf cenfirt, die⸗
fes Zeugniß gibt, “daß fich viele über ſein Leben
„und Wandel verwundert gebabt,,. Andere be:
ſchweren fich über ihn, daß er Das Leben der Ein-
famen gar in einen englifchen Zuftand ſetzen mol:
ken, den Eheftand verachtet, auf die Verleugnung
der Güter gedrungen, die Reichen überhaupt ver-
dammt, Fein Fleikh gegeſſen, und dergleichen x):
Welches alles, wie es fich mit der ihm beygemef:
fenen Unzuche zufammen reime, kann id) nicht fe-
ben. Dat er auch unverhört und ohne zugelaſſe—
ne DBerantwortung verbammet worden, zeuget
Soerates ausdrüclich von der berten Berfluchung
wider denfelben, da eresalles aus einem irrenden
und unuͤberzeugten Gewiſſen gethan kann haben,
will ich nichts fagen y). Der andere angeführte
Co
205
Canon aus dem Antiocheniſchen Concilio iſt allzu⸗
ſehr nach der Weltart, und nicht ganz geſetzt, da
es alſo heißt: “daß, wenn ein Aelteſter oder Diaco—
„nus fich aus Verachtung (nicht zum Schimpf,)
„feines Bifchofs von der Gemeine abfonderte, und
„abfonderlich Verſammlungen bielte, und einen
„Altar aufrichtete; auch, wenn T, der Bifchofda-
„von abrufte, nicht beruhen noch geborchen wollte,
„da er ihn ein und zweymal vuffe, der folle abgefest
„werden, Bleibe er aber dennoch, und mache die
„Gemeine aufrübrifeh, der folle durch die aufferliche
„Gewalt als ein Aufrührer bezaͤhmet werden, Da
fonderlich darauf gefehen wird, wenn dergleichen
Bosheit und vorfeglicher Ungehorfam gegen einen
frommen und unfträflichen Aufſeher offenbar ift:
Denn fo ſtehet ausdrücklich daben in dem vom
Herrn Tave angezogenen Canone Apoftolico, Her
„tolle abgefeßer werden, wenn er nichts habe, dar-
„inne er den Aufſeher in der Gortfeligteit oder Ges
„rechtigkeit tadeln fonne,,: Welches nicht hätte fol
len ausgelaffen werden, indem daraus folget, daß
derjenige nicht fo gleich zu ftrafen fen, welcher an
dem Vorſteher dergleichen zu tadeln habe,
19. Was biernächft p, 133: aus Ignatio vorge:
bracht wird, ift noch ſehr zweifelhaft, ob eben der
wöchentliche Sonntag oder der jahrliche Tag der
Auferftehung Ehrifti gemeynet werde. Bey den
Worten Theopbiliift wohl zumerfen, daß er es ei⸗
ne bergebrachte Bewohnbeit, nicht aber ein Ge⸗
feg oder dergleichen nennt, item, esaufdie Billig-
Feit gruͤndet, daß man den Tag des HErrn fenern
folfe. Von der Feyerung des Sabbaths neben
dem Sonntag ift ſchon geredet worden, wieferne
fie gebilliget worden oder nicht. Gregorius war
zum wenigften fo eiferig wider diefelbe, daß er
diejenigen Prediger des Untichrifts nennte,
welche am Sonnabend zu arbeiten verbicten
wollten z). Auch ift nicht zuglauben noch zu bes
weifen, daß in den erften Zeiten folche Satzungen
vom Faften und dergleichen, fo man am Sonna⸗
bend hernach verboten, befannt gewefen , als wel⸗
che gerade wider der Apoftel Lehre liefen, die nie—
mand wollten Gewilfen machen laffen, auch über
Speife oder Trank oder Sabbather ꝛc. Coloff. 2,
16. Aus welchem Grunde alles $ob diefer und
dergleichen Menfchengebote auf einmal hinweg
falle: Da zumal auch andere Gemeinen in fol:
chem erwählten Dienft immer das Gegentheil in
acht nahmen, nach Heren Eave eigener Bekennt⸗
€&r3 niß
1) Anno CCCV. iuxtaBaronium ad hune Anmmm, Rieeidinm Chronol. Reform. Tom. II.p. ısr.äliosque, w)Lib.
III.c.i4. x) Her. 75. Ofiander Cent. IV.Lib, III. «24. y) Lib. III. . 43. 2) Gregorins M. lib. II. epißt, 3,
en
206
niß p. 187. u. f. und fonft Fluge Leute ſich an der-
gleichen Mitteldinge gar nicht bunden, p. 189.
Die übrigen Anmerkungen vom Faften verfchiebe
ic) ins 4. Buch. Ueberhaupt ift wol wegen der
Feyer der Sonn- und Fefttage diefes der befte
Kath, den einer von den Alten hinterlaſſen bat:
„Es fey nichts nüße, bey der Menſchen N
„zu ſeyn, wo man nicht auch gewiß den Selten
„der Engel beywohne,, oder gottfelig lebe 2). Oder
den ein anderer versweife ausdrücet b):
Der Sündendienft, des Satans Sclaveyey,
Des Bauches Sorg, und andre Seelenbande
Sind abgethan, damit man ruhig fey,
Und Gottes Will ergeh in jedem Stande,
Nicht unfer felbft: So bleibt die wahre Ruh
Am Werceltag und Feften immerzu.
20. Auf die Fefte infonderbeit zu kommen, war
die Oſtern das erſte und fürnehmite, welches bey
den Deutſchen ohne Zweifel von einer heydniſchen
Göttin, Oftern genannt, den Namen hat, wel-
cher die alten Sachfen jahrlich im April opfer-
ten c). Daß aber num Die erſten Ehriften Die
Zeit der Auferjtehung Chriſti zur Erinnerung der-
felben angewandt, iſt gewiß genug: aber von den
andern Umſtaͤnden, der Dreyen Tage, der Ueberein⸗
ftimmung mit der jübifchen Oſterzeit, u. |. wm. Iſt
nichts verhanden, viel weniger ein gewiß Gebot
oder Sagung, wie Socrates ausdrücklich faget d).
Wäre von der Apoftel Zeiten an diefes Feſt im⸗
mer unverrücht gehalten worden, fo häfte er feines
fo groffen Streits hernach bedurft von der rechten
Zeit deffelben: Aber fo bald man anfieng, fid) in
der Kirche über folchen Umſtaͤnden zu zanfen, ver⸗
for man die rechte wahre Feyer und Kraft derda-
ben betrachteten Wohlthaten Chrifti: Immaſſen
das Aergetniß bey dieſem Streit fo groß ward,
daß ganze Gemeinen einander in den Dann tha⸗
ten; die, fo nicht in allem mitmachen wellten, zu
KRegern machten, unddem Satan ein recht Freu
denfeft dadurch anvichteten : mie Herr (Cave aus-
führlich erzehlet p. 197. U. f. und bier andersmo
gezeiget wird. Nachdem aber nun durch Geſetze
der Sbrigkeit die Zeit dieſes Feſtes feſt gefeßet war,
fo gieng unter Conſtantino der Pracht auch Dabey
an, welchen Herr Eave berrlid) genug befchreibet,
und daben des erften Chriſtenthums ganz vergißt
p. 201. Da follte es das feyerliche Wachen,
a) Idemhom. 23. in Euangel. b) Profper in fine Lib.
Ba
2.3. Don der erften Ehriften gemeinem und fonderbarem Gotteodienſt.
durch man aus der Nacht Tag machen mw
welches doc) an den Papiften p. 215. getadelt wird.
Es hätte aber ein wahrer Chriſte von ſolchem
Ueberfluß wohl fagen mögen mit Recht,
als dort die Jünger: «Diefe Wachsſackeln koͤnn⸗
„ten heuer verfauftund den Armen een Inder
die Wachsfadeln und Lichter ausmachen ie
delty. Die armen verfolgten Ehriften in de
eriten wahren Kirche hatten aus Noth bey ihren
nächtlichen Berfammlungen und in den Löchern
der Erden Lichter angeftecker, p. 215.nunmehra
machte man ein Geprange Daraus, und die Kir-
chen u Theatris. Zwar ſollte diefes ein Dorbild
und Vorlauf der aroffen Sonne der Gerech⸗
tigkeit heiffen ©); aber feliger war es, mer dieſe
Sonne fehon feibft wirklich im Herzen feheinend
hatte, der durfte nicht erſt Fackeln ihm zum Vor—
bilde laffen vor die Augen ſtecken. Die dabey
ausgetheilte Gefchenfe waren meiltens auf den
überflüßigen Kirchenornat, Bau und Pracht ge-
richtet, und bey dem, was etwa den Dürftigen
davon zu gute Eommen, ift zu münfchen, daß Fei-
ner feinen Lohn an Job der Menfchen und er
ter Ehre dahin gehabt mag haben, und die Linke
nicht mag gewußt haben, was die Rechte gethan,
wie der HErr ausdrücklich dabey erfordert. Die
toslaffung der Gefangenen wird auch an ihrem
Ort unterfuchet werden. Endlich iſt Bier eine
fonderbare Solennität übergangen worden, nem⸗
lich die Taufe, davon Herr Tape p. 319. han:
delt, daß fie an Oſtern gefchehen fey.
21. Die Pfinaften ward gefeyert zum Ge—
daͤchtniß der fichtbaren Ausgieflung des H. Gei-
ftes, und deswegen der Tag des 5. Geiſtes
genennet f). Daß es aber zur Apoftel Zeit ſchon
foll gehalten feyn, bemühen ſich einige vergeblich
zu beweifen g), wie Herr Cave felbft anmerfer
p. 204. Tertullianus und Örigenes gedenfen
deffen erft im dritten Syahrhundert, und im vierten
ward es erftlich von einem Concilio zu feyern ge-
boten h). Wiewol die Gelchrten daraus fchlief-
fen, daß vielmehr die ganzen funfjig Tage von
Oſtern an bey den alten Chriften ein ſtetiges Feft
geivefen i), welches auch etliche ausdrücklich be-
kennen k). Dod) ift es bald im fünten Seculo nur
auf den funfzigften Tag nach Dftern verlegert),
und, wieDftern, in 3 Tage endlich nad) langen Jah⸗
ren eingefchränfet worden m). Bon dem
Weih⸗
de Ingratis. c) Beda in Hiſtor. vid. Matth. Martinius
Lexic, Philol. d) Lib. V.c. 22. Conf.Chemnit.exC. Tr.P.IV.p.808. €) Gregorins Naz.Orat. 43. f) Gre-
gorius Naz. Orat. de Pentec.
g) Epiphanius her. 76. ex Act. XX. ı6. contendit, itemque Polyd. Virgi-
Zins Jib. VI. Inuent. c. 8. h) libericano c. 43. i) Albafpinaus ad h. can. p. 322. ) Ambrofius ib. VIII.
in Lue, c. 17. et Serm. 61. 1) Anguflinus Epift. 118. m) Ab Epifcopo Conftantiz feculo IX. }
<
ee
-
4. Cap. Donter Zeit, ihrer geiftlichen Uebungen. 207
Weihnachtfeft, wie wir im Deutfchen es nennen,
ift eben das zu wiſſen, was von den vorigen evin-
nert worden, daß. es, wie alle andere, erſt lange
nach der Apoftel Zeit gehalten worden. a, der
Tag des 25. Decembris, daran wirs de nern,
wen im fünften Seculo bey der Griechiſchen
irche eingeführet worden, wie Chryſoſtomus
befennet n). Man feyerte aber an diefem Feſt
fonderlich zugleich auch das Gedaͤchtniß der Er-
ſcheinung des Sterns und der Offenbarung bey
der Taufe Ehrifti 0), bis hernach der Geburts:
tag Chriſti abfonderlich gehalten ward p):
welches ſehr fpäte gefcheben ift, da man vor dem
fiebenten Seculo feine Spur davon in den Con-
ciliis findet g). In den übrigen wird dem Leſer
des Herren Cave Bericht dienen fönnenp. 206.
22, Die übrigen Fefte übergehet Herr Tave
billig, weil fie zum erſten Chriſtenthum nicht ge=
hören ‚und die größten tiebhaber der Menfchen-
fazungen unter den Papiften und andern Ge-
eten von denfelben dennod) feinen Beweis aus
em Alterthum finden koͤnnen. zum Erempel:
Neue Jahrfeſt wollte zwar Baronius ger:
ne den erſten Chriften beylegen r); aber es
widerfprechen ihm feine eigene Glaubensgenof-
en s), die vor dem vierten Jahrhundert Feine
eugniffe aufbringen Fönnen. Daß alfo diefes
ff mitten unter dem Pabſtthum auffommen
it. Das Himmelfsbrtefeft ſchreiben abermal
einge unverfchämter Weife ven Apofteln zu r);
da man doch vor Auguftini Zeiten feinen Buch⸗
ftaben davon bey den Aiten Tiefe. Dieſer
aber befennet auch, man finde nichts vor feiner
„Zeit davon, bis die Mfingften in wenig Tage ein»
gefchloffen worden, da habe man es abſonderlich
zu feyern angefangen v). Das Seft der Licht:
meffe, wie wirs noch nach dem Päbftifchen Sty-
fo nennen, foll von Juftiniano im fechften Secu-
lo angeftellet feyn x). Das Seftder Heil. Drey⸗
einigfeit aber ift nicht zuerft der heutigen Urſa—
che wegen, fondern darum gefeyert worden, weil
es der achte Tag nach Pfingften war, welche Ta-
ge nach den hohen Felten einige aus der Juͤden
Gewohnheit auch fenerten. Daher auch nod) das
Evangelium von der Wiedergeburt darauf gele—
get ift, fo man den Meugetauften erfläret bat.
Aber auf diefe Art, wie es heute zu Tage gehal-
ven wird, iftes vor dem fiebenten Jahrhundert
nicht befannt gewefen y). Auch _gedenfet der
Männzifche Synodus im neunten Seculo unter
den andern Fefttagen diefes gar nicht 2): wie
denn auch andere alte Scribenten diefer und fol-
gender Zeiten nichts davon willen, bis ohngefehr
in das woͤlfte Seculum a), woraus die Ungewiß⸗
eit dieſes Feftes zu ſehen iſt. Mit den übrigen
——— hat es gleiche Bewandniß, daß ſie nem⸗
lich nicht gar zu alt ſeyn koͤnnen. Als, das Jo⸗
hannisfeſt ſoll zwar ſchon im achten Jahrhun—
dert geweſen ſeyn; alleine es iſt noch die Frage,
ob der Sermon oder die Predigt die man beym
Maximo Taurinenſi findet, richtig, oder von
andern eingeſchoben ſey b)? welches auch von dem
Sermon zu fagen ift, der dem Athanaſio falfch-
lich zugefchrieben wird‘, von der H. Maria c),
darinnen das Seft der Verkuͤndigung Maria
fehr hoch gepriefen wird, da dieſes doc) fowol, als
das anderevon Mariaͤ Yeimfuchung, unter dem
— erſt vor etlich hundert Jahren einge:
etzet ift d)., Endlich hat auch das Michaeliofeſt
keinen gewiſſeren Urſprung oder Grund, indem
es die Papiſten auf lauter Fabeln bey deſſen Be—
weis anfommen laffen e); die andern nichts aus:
füßrliches davon zu berichten wiſſen F), ohne daß
man für gut angefehen, die Wohlthat der heil, En-
el daran zu betrachten, zu welcherlen Andacht alle
Sefte find angeftellet worden g). Die Ecdächt:
nißtage der Upoftel, Märtyrer und anderer
Heiligen find vom Heren Eave wohl unterfucher
worden.
n) Homil. 31. de Nat. Dom. in Diuerfis. 0) Vid. Chemnitiws Exam. Conc. Trid. P. IV. p.g10. de Orientalibus.
p) Cafanbonus Exercit. II. n. i1. ſeqq. q) Sec. VII. Bracarenfe II.et Toletanum X.fanxerunt. r)Refutatusa
Cafaubono Exercit.II.n.9. s) Bellarmino lib. III. de Ecel. Triumph. c. 15. t) Polydorus Virgilius 1, c. u)
Epißt. 118. ad Ianuar. x) Nicephorus lib. XXVAI. c. 28. Conf. Hojpinianus de Feftis Chrift. p. 55. feq. y) Se-
cus ac Perronius tradit lib. III. de Euchar. c. 19. Vid. Brewiarium Roman. Domin. Trin. Ledt. IV. c.6.
z) Cap.
36. p. 287. Tom. II. Concil. Gall. a) Geruafins ſeculo XII. de Thoma Cantuarienfi narrat, eum inſtituiſſe An-
noMCLAII. inHift adh. A. b) Durandus lib. VII. Ration.c.26 Hejpinianusl. c.
c) Tom. III. Operum :
fatente Baronıo A. XLVIIT. et Bellarmino de Ser. Ecel. p. 59. d) Seculo XIV. ab Vrbano VI. et Sec. XV.
a Concilio Bafıleenf Se. 43.confirmatum. e) Ex Hifforia Lombardica et Surio Tom. V. fabulas habet Ra-
ronius An. DCXCIIL n. 43. Conf. ad Martyrologium Rom. d. XXIX. Sept.
f) Vid. Seldenus de Synedr.
lib. III. c. 15. g) Augufl, lib. X. de Ciu, Dei c. 4. et Lib, XXXI. contr. Fauſt. c. 12. Conf, Chemnirins
l.c. p. 809.
Das
Pr
208 2.3. Von der erften Ehriften gemeinen und onderbarem Bottesdienft. i
nm 1m nn — —
Das 5. Kapitel,
— —
Von denen Perſonen in der Gemeine, und ſonder⸗
lich denen ſo genannten Layen. ©
Bummarien. ah
DD: Layen unter den erſten Chriften $.1. führeten ein heilig Peben bey ihrer Tebendigen Erkenntniß EHOtted, 2. hatten
auch Adundergaben. 3. &rempeldavon.g. Denn Eott offenbaret feine Geheimniſſe den Unmuͤndigen, 5. und ſiehet
Eeine Verſon an, 6. mie an den Apofteln zu fehen, 7. durch welche GOtt allen feinen Rath vollitreckte. 8._ Benennung
der erften Chriften. 9. Sonderlich wurden fie das geifkliche Prieſterthim genennetz 10. Warum? ı1. Sie gaben ſich
durch ein heiliges Leben GOtt zum Opfer dar, ı2. erbaueten einander durch Lehre und Leben, 13. auch wol Ungelehrte
und Handwerksleute, 14. ſo mol als die Lehrer. 15. Die Zuhörer prüfeten auch ale Pehren in der Surcht GOttes 316.
Hatten auch Freyheit, Die Lehrer brüderlich zu erinnern; ı7. welches aber nachmals aus Hochimuth verboten murde. 18-
Unter den eriten Chriffen fuchte Feiner über den andern zu herrſchen, 19. ſondern die ganze Gemeine wurde mit au Ra-
the gezogen; 20. doch nicht in allen, zumalen geringen Gachen. 21. Mit der Zeit maflete ſich die Obrigkeit folches
Recht an. 22.
$.
achdem die beyden Umftände, Zeit und
9 Ort, betrachtet worden, gehen wir der
Ordnung des Herrn Cave nach, und fe=
ben nun nach Nothdurft auch die Perfonen,
woraus die Gemeine beftanden: Da denn felbige
von ihm in Lehrer und Zuhörer eingetheilet wer-
den, wovon unten Erinnerung gefcheben foll.
Diefe nimmt er zuerft, theilet fie abermal ab in
unterfchiedliche Haufen, und erinnert wohl dabey,
daß diefe Eincheilung von den ruhigeren wen
der Ehriften gelte, weil doch oßnedem offenbar ift,
daß manbeyden Berfolgungen in fo groffer Ber-
wirrung dergleichen genaue ar halten
Fonnen. Wie denn aud) die Grade der Catechiſmus⸗
ſchuͤler (von denen wir unten im ı2. Cap. mehr hö-
ren mwerden,) aus lauter neueren und unter dem
Berfall lebenden Scribenten bewiefen werden.
Der Unterfcheid unter den gemeinen und gehei-
men $ehren wird weiter unten vorfommen, wie
auc die Art und Befchaffenheit der öffentlichen
Buſſe. Jetzo gehe ich,nac) Heren Tape Einthei-
lung, zur Betrachtung des Volks insgemein,
fofern es weder Lehrer noch Zuhörer maren,
fondern das gemeine Recht aller Chriſten hat-
te, und berüßre von felbigen das merckwuͤrdig—
fte, weil ich fehe, daß Herr Eave diefe Materie
ganz übergangen hat. _ Er befchreiber fie aber
als getaufte, betätigte und nun heilig lebende
geute, denen man gar wohl die allerhöchiten Ge-
L
Beimniffe und vornehmſte Stücke der Religion
anvertrauen koͤnnen. Inc
2. Daß nun das Volk insgemein in der erften
Epriftenheit alfo befchaffen geweſen, zeigen nicht
allein die im erften Buch dargelegte Befchreibun-
gen von ihrer Erleuchtung, Wiedergeburt, u. ſ. f
fondern auch) folgende genauere Nachrichtungen,
Ueberhaupt war es denen Berfechtern der Chrift-
lichen Wahrheit leichte, fich vor den Laͤſterern der-
felben auf den Augenfchein zu beruffen, daß die
Chriſten durchgehends, fo wol die Lehrer als die
übrigen, erleuchtete, weiſe und heilige Leute wa—
ven. Denn fo fehrieben fissan die Feinde: Bey
„uns fann man aud) von denen die Weisheit hören
„und lernen, die nicht einmal lefen und fehreiben
„eönnen; die zwar unmiffend und in Worten un:
„geübt, aber am Verſtand Flug und glaubig
find, a). Und wiederum, wenn fie die Unmwif-
fenheit und Thorheit der heydniſchen Philoſophen
vorgeftellet hatten; “linter denen Chriſten fin-
„det ein jeder geringer Handwerfsmann, was
„GoOtt fey, kann es auch andere lehren, und her-
„nach alles, was zu feiner Matur gehört, mit gu-
„een Gründen erweifen b). Ob ſchon die groffen
„2Beltweifen viel von der Unfterblichfeit ge—
„ſchwatzet haben; fo haben fie doc) mit ihrem $e-
„ben und Thaten bewiefen, daß fie esnur für eine
„einfältige und findifche Fabel geachtet. Bey
„uns hingegen erweiſen und befräftigen auch bie
„eleinen _
a) Iuſtinus Martyr Apol. II. p. 93. b) Tertullianus Apel. c.46.
E
ut ——
”
BT
5. Cap. Don dem Perſonen in der Gemeine, und den fogenannten Layen.
„kleinen Knaben und Mägdlein, die ungelehrte-
„ſten, elendeften und verächtlichiten Perfonen die-
8 gehre, von der Unfterblichkeit der Seelen, mehr
„nie Werken als Worten, durch Hülfe des hoch⸗
„gelobten Heilandes,, ce). Wie dann diefe Be.
gen der Wahrheit fich hiernaͤchſt ſonderlich aufdie
Prarin und das ehätige Chriſtenthum dev gemei-
nen Leute bezogen, und fagten, “Daß nicht allein
„vie Weltweifen und andere Gelehrte, fondern
„auch Handwerfsleute und ungelehrte Idioten
„an den A JEſum geglaubet haben,
„alle Ehre, Furcht und den Tod felbft verachtet,
„und feſt und. be an geblieben ſeyn d). Und
„wenn man unter den Ehriften feinen Nutzen fei-
„ner Bekenntniß mit Worten erweifen fonne, fo
„bezeugten denfelben aud) die Privatleute , die
„Handwerker und die alten Weiber, in der That
„und mit den Werfen. Denn fie fagten da nicht
„etwa Fünftlich geſetzte Reden ber, oder zählten
„die Worte an einer Schnure, fondern —
„wirklich Exempel der Tugenden und anſtaͤndige
„Werke,,: welches fie denn mit vielen Erempeln
beftätigten e). a, fie Fonnten auf diefe allge
meine Weisheit, die der HErr ihnen allen gege-
ben bafte, vecht trotzen, und den groffen Pbiof-
phen mit ihren geringften Kindern und Weibern
drohen, daß fie fie follten widerlegen koͤnnen:
„aſſet ſie nun lehren (hieſſe es), wenn fie Wahrheit
„haben, und fich darauf verlaffen koͤnnen! Saft fie
„reden und nur muchzen! laßt fie mit uns difpu-
„eiren! gewißlich, es foll noch ihre Thorheit von
„unfern alten Weibern, die fie für nichts achten,
„und von Kindern ausgelachet werden, F), Alfo
waren zu den erften Zeiten der Gemeinen alle
Gläubigen, und nicht die Lehrer allein, mit den
Gaben des Heil. Geiftes bereichert, daß fie den
Glauben lehren und vertheidigen Fonnten auf wun⸗
derbare MWeife, und Petrus mit Recht von ihnen
fordern durfte, ihres Glaubens Verantwortung
jedermann zu thun; wie es einer befchreibet 8).
Welche groſſe Herrlichkeit zu befchreiben ich mich
viel zu fchwach befinde, und bey der Anführung
offenbarer Zeugniffe gerne beruhe.
3. Bon denen fonderbaren MWundergaben,
Weillagungen, Sprachen, Gefundmachung, Aus:
treibung der böfen Geilter, u. ſ. w. foll unten in
fonderheit im fiebenten Buche folgen. Immaſſen
e) Eufebius lib. I. Prepar. Euang. c. 4. d) Iufinus Apol. I. p. 49- or:
g) Bened. Iuflinianus ad Epift. Pet. ap. Dannhauerum Chriftei
tius lib. V. c. 20.
h) Zuftellus ad Cod. Can. Eccl. p. 197. Pfannerus de Donis Mirac. Ecel.
Apol.c. 23. k)Deldac.ır. 1) Scholiaftes Harmenopuli Epit. Cant.
n) Klherwed Epift. 12. ad Donat. 4
iftum in Catal. Tefl. Verit. P.804: 9) Bernh. Wefterod. ib. p.674:
m) Lib, VII. adu. Celf. initio.
p) Marthias Parifienfis lib. adu. Anti-C
N. a
209
die Seribenten geftehen,, daß auch die fogenann-
ten Layen dergleichen Gaben häufig gebabt, nach
der allgemeinen Berbeiffung Ehrifti, Marc. 16,
19. h), Wie denn Tertullianus gedenkt, daß
auch die Ehriftlichen Soldaten Teufel ausgetrie—
ben haben i), und die Eltern insgemein an ihren
Kindern dergleichen gethan k): Alfo, daß hernach
zur Ungebühr diefe Verrichtung von denen Lehrern
allein angemaffet worden 1). ya, Origenes faget
ausdrücdlich, es baben diefes meiftentbeile ge-
meine Leute mit einfaͤltigen Worten gethan m) :
Und ein anderer erwehnet, wie auch die Fleinen
Rinder der Teufel gefpottet, und fie vertrie:
ben haben n). Syn folgenden Zeiten geftchen
groſſe und berühmte Lehrer denen Ungelehrten
nicht weniger groffe Gaben, Weisheit und Hei-
(igfeit zu. in hochgelehrter Mann, als er einft
fein Elend bey aller feiner Gelchrfamfeit betrach⸗
tete, und gegen die felige Einfalt der gemeinen
Leute bielte, ergrif er feinen Freund bey der Hand,
und rief vor groffer Ki. aus: O was ift
„das! mein Freund, was laffen wir zu! die Un:
„gelehrten machen fich auf, und nehmen uns den
„Himmel vor dem Mund hinweg! und mir find
„mie aller unferer Gelehrfamfeit ohne Herz und
„Muth, welzen uns im Fleiſch und Blut herum.
„Schämen wir uns denn auch nur ihnen zu fol=
„gen, da fie nun voran gegangen find, und wollen
„wir nicht einmal meßr ißnen nachgeben, 0)?
Wie denn, zumal bey dem Verfall ht, ders
ftändige Leute wohl erfannten, wie die Zöllner und
Sünder, das ift, arme, unwiſſende und verführte
Herzen, durch wahre Befehrung eher zur Erkennt:
niß kommen fönnten, als die, fo fid) eine völlige
Weisheit durch des Satans Betrug einbildeten,
und dennoch arm, blind und blos wären, Der:
gleichen Bergleichung einer ungeſcheut machte,
wenn er die Beiftlichen, Pharifarr; die Layen
aber, Zoͤllner nennte, und dieſe jenen im Geiftli:
chen weit vorzoge p). Ja, man bemerfte aus der
ftetigen Prari und Erfahrung, daß die Layen ſich
nie fo heftig und boshaftig der Wahrheit und Gott:
ſeligkeit widerſetzet und die Kirche geplaget hat—
ten, als die, fo ſich Lehrer zu ſeyn untermunden
hatten g): Alfo,daß nicht nur an jenem Gerichts:
tage die Lehrer von ihren eigenen ya wuͤr⸗
den beſchaͤmet werden, ſondern auch noch hier
Dd durch⸗
©) Athenagoras Apol. p. 12. f) Tactan-
d. Th. I. Phæn. 5. p. 204.
c.ın.n.5. 1) DeCor.Milit. c. ır. Conf.
Sedt. I. tit.9. Balfamon ad c. 26. Laodie.
0) Auguflin. lib. VIII. Confefl. c. 8.
> n j
Er
210
durchgehende alle untüchtige Prediger, fo ſich über
das Volk erheben und herrfchen, durch der gemei-
nen Leute einfältige Weisheit und Gottesfurcht
beftrafet ſeyn r).
4. Einzele Erempel von den Gaben der unge:
lehrten Lute Fommen durchgehends ohne Zahl
vor. Mur einige zu gedenken, fo iſt fonder-
lich berühmt der denkwuͤrdige Handel auf dem
Eoneilio zu Micha. Es trat da in Gegenwart
vieler Bifchöffe und anderer Lehrer ein Philofo-
phus auf, und machte mit feinen fubtilen Ein-
wuͤrfen wider die Chriſtliche Wahrheit ihnen al-
len fo viel zu ſchaffen, daß fie ihm weder auf
feine Gründe richtig antworten , noch die ihri-
en recht behaupten Fonnten. Er trieb fie aud)
4 lange herum, bis endlich ein gemiffer Beken—
ner Chrifti, ein einfältiger fchlechter Mann,
aufitund , und begehrte mit ihm zu difputiren.
Die Biſchoͤffe erftaunten über dieſes elenden
Menfchens Vorhaben, fehameten fich heimlich,
daß ein gemeiner Mann ihnen allen vorgehen
follte, beforgten auch dabey, es möchte mit fei-
ner Einfalt und Ungelehrfamfeit gegen die ver-
fchmiste Argliftigkeit des Weltweifen nicht wohl
ablaufen. Aber was gefhah? Der arme Mann
blieb bey feinem Vorſatz, und fieng alfo an zu
reden: Höre, du Weltweifer, in dem Na—
men JESU CZSriſti, böre die Wabrbeit!
Es ift ein einiger GOTT, der Himmel
und Erden gemachet bat, uf. w. Darauf
er feinen einfältigen Glauben erzehlte, und be-
ſchloſſe: Blaubeft du nun, daß diefes wahr
ſeyJener ward fo auffer fich felbft gebracht
über der Kraft diefer Worte, daß er verftum:
mete, als ob er nie hätte reden oder diſputiren
gelernet, konnte auch kaum Diefes wenige ant-
worten: Es fdjeine, daß es wahr fey, mas
jener gefagt. Darauf fprach der Mann; Glau:
bet du es gewiß, fo komm und folge mir nad)
in das Haus des HErrn, da du das Siegel die—
fes Glaubens empfangen follft. _“Alfo wollte
GOTT weiſen, - (wie die Gefchichtfchreiber
„hinzu feßen,) was die Einfalt des Glaubens
„auch bey den Unmündigen vor Kraft habe,
„und daß das Reich GSttes nicht beftehe in
„Worten, fondern in der Kraft. Daher er
„diefen Mann erweckte, der nichts anders wuß—
„te, als IJEſum EHriftum , und diefen, mie
„er gefreuziget warz. Geſtalt auch der Phi:
lofophus hernach befannte, “er. hätte zwar aus:
2.8. Von der erften Chriſten gemeinem und fonderbarem Borteedienft.
„fommen fünnen , fo lange er Worte Worten
„bätte enfgegen geſetzt, nemlich der gelehrten
„Difchöfe ; aber da anftatt der Worte eine fo
„greife Kraft aus dem Munde diefes Idioten
„gangen wäre, hätten ja die Worte der Kraft,
„und der Menſch GOTT nicht widerftehen koͤn⸗
„nen, 5). Syn den übrigen Erempeln will ich
kuͤrzer und fparfamer feyn, meil unten dergleichen
J vorkommen wird. Von Antonio, und ei⸗
nem Knechte aus der Barbarey, iſt oben im
1. Buch im 3. Capitel gedacht worden. Je—
nem wurde auch von GOTT einsmals gezeiget,
(wie e8 viele als eine merfwürdige Sache an—
führen,) daß alle feine Weisheit, Heiligkeit und
ftrenges Leben nicht hoher vor GOTT geachtet
würde , als der einfaltige Wandel eines armen
Schuſters zu Alerandria, der ihm benennet
ward t), Evantium, einen frommen Mann,
fonnten feine weltlichen Geſchaͤfte nicht hindern,
daß er nicht, ob er gleich Fein Lehrer war,
einen fehr guten Chriften abgab u), Warti-
nus mar gleichfalls ein — und einfaͤl⸗
tiger Menſch: dem ungeacht fehlte es ihm an
der wahren Weisheit, ja aud) an der Bered—
famfeit nicht x): nemlich, wie Urnobius zu
den aufgeblafenen heydniſchen Weltweifen fagte:
Das ift wol lauterer , wahrbaftiger, und obne
Betrug und Luͤgen, was von einfältigen Her—
zen und ohne Schmeicheley vorgebracht und ge-
than wird y). Wann dann die pe bofe
waren, Daß ungelehrte, unerfahrne $eute gleichwol
etwas gewiffes von GOtt und göttlichen Dingen
fagen wollten, davon doch fo viel hundert Sabre
her Fein Gelehrter etwas gewiſſes hatte befchlieflen
koͤnnen; fo antworteten fie ihnen getroft : hr müf-
„fet wiffen, daß alle Menfchen, ohne Unterfcheid des
„Alters, Gefchlechts und derWuͤrde, verftandig er-
„chaffen fern. Die Weisheit wird nicht durch das
Gluͤck erlangt, fondern in die Natur eingepflanzet.
„Sie felbft, die Philofopbi, find zuerft en
„de albere Leute gerefen, ehe fie etwas gelernet
„haben, Darum darf fic) niemand darüber er-
Fuͤrnen, wenn alle Leute gleicy von göttlichen
„Dingen nachforfcheten , vedeten und glaubten,
„Dann die Wahrheit darf nicht erft durch Pracht
„und Anmuth der Worte befleiftert werden, fon=
„dern ift eine gerade Regel des Rechtens z).
5. Die Urfachen diefer Gaben bey denen Unge-
lehrten werden mir unten ausführlich erfennen.
Unfer HErr und Meifter ſetzet fiein dem I
allen
5) Ib. e Durando de Concil. celebr. p. 678. ) Rufinus lib. I. Hift. Eccl. c. 3. Socrazes, Sozomenus et Hiſt
Tripart. lib. 11. c. 3.
Dial. II. de Vit. Mart.
t) Arhanaf, Vit. Pat. p. 166. Catal. Tef. Veris. p. 39. lib. I. u) Sulpitins Seuerus
x) Id. lib. de Vit. Mart. p.242. y)Lib.I.p.43. 2) Minnsins Felix Octau. p.327.341
nn 1 — —
>
— _ -
5.Eap. Donden Perfonen in der Bemeine, und fo
fallen feines himmlifchen Vaters , daB er fei-
ne ı imniffe den Unmuͤndigen, nicht den
Weifen und Rlugen offenbaret babe. Match.
11,25.26. Und Paulus bezeugte im Anfang des
Evangeli allen, daß GOtt das Thörichte vor
der Welt, und das Schwache, und das Un—
edle und Verachtete erwählet habe, ja das da
nichto ſey: ı Cor. 1,26.27.28. Welches dennoch
Weisheit bep den Dolltommenen fen. c. 2, 6.
Wie denn einer nach ihm den Heyden gleichfalls
vorhielte: «Es muntere allerdings die Ehriftliche
„sehre Die Leute zur Weisheit auf. Und der Hei—
„land felbft habe ihm folche Jünger ausgelefen, die
„er für tuͤcht 9 gebalten ‚daß er ihnen die Geheim⸗
„niſſe feiner Religion entdecfete,a). Gleichwie
fie nun überall mit einfältigenm Auge auf den
Preis GOOttes fahen,, alfo erfannten fie in dieſem
der Vernunft widrigen Punct wohl, was der
HERRN pdaben fuche: nemlich, wenn er die Rei:
den und Weifen und Gelehrten diefer Welt leer
laſſe von feiner himmliſchen Weisheit, und den
Einfältigen und Ungelehrten fie ſchenke, fo ſey esja
offenbar, daß diefe Gnade nicht der menfibli-
chen Rluaheit, ſondeen der aöttlichen Rraft
zuzufchreiben ſey b). Dahero fomme es nun,
daß oft ein gemeiner geringer Menfeb durch
den Beift wiedergeboren, und in einen wei-
fen Wann verwandelte werde, dem viel Be-
beimniffe offenbar würden, ob er gleich ſei⸗
ner Natur nach unerfabren ſey ce). Golcher:
gejtalt werde erfüllet, was David von ſich fa-
ge, “er fey gelehrter denn alle feine tehrer „: Pf.
119, 99. nemlich “die, ſo zwar vorgeben, daß fie
„den Schlüffel der Erkenntniß haben , und fich
„vor tchrer des Geſetzes ausgeben , aber dennoch
Feinde der Wahrheit find. Ueber welchen
orten einer, der dieſes erklaͤret, ausruffer: “O
„eine felige Weisheit des Schülers! O eine er-
„baͤrmliche Unwiſſenheit der Lehrer! Die tech»
„renden wiſſen nichts, und die Sernenden verſtehens
„beffer als fie. Diefes aber fönnen fie ohne Ruhm:
„räthigkeit wohl ſagen, weil fie von GOtt gelehret
find, und nichts von ſich felber haben „s). Syn
etrachtung deflen jener gelehrte Vorſteher ſich
erne demüchigte, und einen Ungelebrten wegen
Feiner Gedanken um Rath fragte. Als ihn aber
einer darüber befprach, warum er den ungelehr-
ten Bauer fragte, da er doch in Sprachen und
allen fo erfahren wäre; antwortete er gar fein:
“nm
u "
tlich den fogenannten Layen. arı
„Ich kann wol viel Sprachen; aber das AB €
„diefes Bauers habe ic) noch nicht gelernet
meynte damit feine einfältige und chätige Weis
beit e). Aufwelche Art ereben auch einem andern
antwortete, der ihn fragte: warum doch die Ge-
lehrten fo wenig guts an fic) hätten; die Sandleute
aber und Ungelehrten in Egypten wären fü reich
an der Gorrfeligkeie? Darum (fprach er), “weil
„wir aus unſerer Belehrſamkeit nichts davon ge-
„bricht Haben; diefe aber mit ihrem Fleiß zu fol-
„cher Gottſeligkeit kommen find ir).
6. Aus Diefer weifen Berordnung GOttes ler⸗
min] num insgemein Diefes, dat bey GOTT
Fein Anfehen der Perfon ſey. “Sorge deswegen
„nicht, (fage einer auch in den folgenden Zeiten,)
„wenn du ein Laye bift: GOTT fieher die Perfon
„nicht an, denn der Himmel ftehet eben ſowol den
„Layen offen, die die Gebote halten, als der Cleriſen
„undden Mönchen, Denn es koͤmmt allen gleicher
„maffen zu, Glauben, Liebe und Hoffnung zu be-
„halten, und GOTT von ganzem Dr en zu die⸗
„men„e) Ja, man merfte aus der —*
an, daß die Chriſtliche Lehre von den geringſten
Leuten im Volk anfienge fortgepflanzt zu werden,
und fo nad) und nach fortgehe, bis fie endlich auch
an die Vorfteher des Volks fommeh), Und das
war es, worüber fich die Boſen und Unglaubigen
fo heftig beſchwerten, “daß das tumpenvolf und
„die ungelebrten gemeinen Leute, ja die Weiber und
„Kinder ſich zufammen vottirten wider die Weis-
„beit der Groſſen, und daeine neue Secte anfien-
„gen „). Weldyes auch ein alter Autor von dem
Hohenprieſter der Juͤden erzehlet: von dem zwar
gewiß iſt, daß, ob ers gleich nicht erzehlte, er es den⸗
noch wirklich alſo gemacht Babe, wie wir ſehen
Apoft. Gefch. 4,12. Memlich, es.babe jener Pe:
trum alfo angefaßren, “warum er fich diefes unter-
„ſtuͤnde, da er ein.ungelehrter Fiſcher und Bauer
„wäre, das Amt eines Lehrers auffich zu nehmen,,?
Dem denn diefer alfo begegnet: “Wenn ich, wie du
„richt ‚ein Idiote und Fifcher, ja ein Bauer
„bin, und dennoch über die gelehrten Priofter mic
„meiner Weisheit gehe, fo fell dir das vielmehr
„eine Furcht einjagen. . Denn wenn ich aus eini=
„ger Gelehrſamkeit diſputirte, und euch gelehrte
„und weife Herren eintriebe, fo wuͤrde es fcheinen ,
„daß mir esdaslange Studieren, nicht die göttli-
„che Kraft zumegegebracht hätte. Munaber, da
D>d2 wir
a) Origenes lib. III. adu. Cell. p.138. b) Iufinus Apol.II.p 93. c) Marariushom.26. d) Hilariwsin P£.ug.
e) Vita Patr. Gr.lib. V.c. 15.n. 7. et Apophrh. Patrum ap. Cotelerium Tom. I.Monum,Gr.p.354. f) Ibid,
n. 7.
Minutinm Fel. p. 332.
g) Lib. de Salutar. Docum. ap. Augnfl.c.38.
h) Ofiander Cent. UIL.lib.I.c.7. i) Cxcilius ap.
212 2. B. Don der erften Egriften gemeinem und fonderbarem Botresdienft,
„wir Ungelehrte euch Gelehrten überweifen, wer
Fiſt fo thoͤricht, Daß er nicht fehen folfte, dis fen
„eein Werk der menfchlichen Kluabeit, fondern gött-
„licher Wille und Gabe, k)? Womit gewißlich
die Weisheit diefer Welt zur Thorheit gemacht
wurde: als auch Gamaliel eben dafelbft befen-
net, “er, als ein geehrter und alter Mann, fehä-
„me fich dech nicht, etwas — auch von
Kindern und Unerfahrnen fernen, 1). Wie
hingegen auch ein andrer beruͤhmter Lehrer kecht
ſchloſſe, “es ſey naͤrriſch, wenn man den etwas
„lehren wolle, der es ſchon wiſſe,, und alfo, wen
die Salbung lehre, der dürfe nicht, daß ihn je-
mand lehre, ı Job. 2,27. m). Sa, wie fonftein
gelehrter Mann weiter gebet, es kann aud) ein Laye
nicht weniger wohl unterroiefen und in der Schrift
mächtig fenn , als nimmermehr ein Kirchendiener;
der auch deswegen zum Urcheil von der- Lehre und
Benftimmung allerdings muß gelaffen werden:
welches man nur vergeblich und ohne Grund leu-
gnet r). Aber bievon bald ein mehrers,
7. Eine vortrefliche Probe diefer feiner verbor-
genen Weisheit that der HErrandenen allererften
Lehrern der Ehriftenbeit, denen Apofteln, deren
fehlechter Stand und groffe Unwiſſenheit allen be-
kannt war, fo gar, daß fie auch der Rach zu Jeruſa⸗
lem für ungelehrte Leute, Idioten und Layen hielte,
Ap. Geſch. 4, 13. Und ſo hat er es, wie Ber:
ftändige anmerken, bey allen Hauptveränderun-
gen gehalten, daß gemeiniglich Ungelehrte und
Idioten, anftatt der Gelehrten, ven Durchbruch
haben thun müffen 0): darunter feine Weisheit
allezeit diefes gefuchet, und bey denen Gläubigen
erhalten hat, daß die Ehre der Befehrung nicht
menfchlicher Kraft, Weisheit und Beredfamfeit,
oder hohem Stande gegeben würde ; fondern al-
lein ihm, der denen Apofteln ein ftilles Wefen, ei-
nen demüthigen Sinn, und doch einen groffen
Ruhm gegeben, und fie aus dem niedrigften Po-
bel bis in ven Himmel erhaben hat p). “Hätte
Gott dazu vornehme Käthe erwählet, fo wuͤr⸗
„ven fie gefaget haben: Mein hoher Stand hat
Ahn dazu bervogen. Hätte er reiche Leute, groffe
„Redner, Weltweifen und dergleichen ausgelefen,
„fo wiirde eg ein jeder ihm felbft zugemeſſen ha⸗
„ben. - Aber da ſprach er: Gib mir dieſen Sifcher
„ber. Komm ber, du armer Menfch, und folge
„mie. Du haft nichts, du weißt nichts, du kannſt
„nichts: darum folge mir nad. Du Spiete,
„Armer, folge mir auch. Du haſt —
„man ſich ſcheuen koͤnnte, du biſt leer: einem
Een Brunnen muͤſſen leere Gefäffe kommen.
„Alſo verlies der Fiſcher ſeine Netze, und ward
„ein goͤttlicher Abgeſandter Man lieſet nunmeh⸗
„ro die Worte dieſer Fiſcher, und die groſſen
„ner muͤſſen ſich unter fie beugen q). Ja, waͤren es
„auch Philoſophi und Redner geweſen, ſo haͤtte
„man alles ihrer Kunſt zugeſchrieben: Daesaber
„Zoͤllner und Fiſcher waren, die nicht einmal leſen
„konnten, und dennoch die Juͤden und Heyden ſo
„freudig von dem Glauben an JEſum anredeten,
„und m groſſer Kraft ihn verfündigten;z follte
„man nicht nachgefraget haben, woher fie eine
„tolche Gewalt hätten r)? Darum mußten e8
„nun arme — „Bauern, Fiſcher
„und dergleichen ungelehrte Männer, ja Unmuͤn⸗
„dige ſeyn, die unter allen Völkern fo groffe Din-
„ge thun follten s). Sogar machte ver HErr als
„te Bernunst zu fehanden, daß diefe Handwerks⸗
„teute, Fifcher und Zöffner, und ein Zeltfchnei-
„ver oder Teppichmacher, (wie Paulus war,) die
„ganze Welt ändern follten t). Da fiedochaud
„hiebey furchtfam und fehüchtern, ungelehrt, un=
„befannt und unerfaßren waren, die Feine Phi-
„loſophie gelernet hatten, in Feine Gerichte oder
„andere Gollegia fommen, mit Leuten nicht um—
„gangen, und noch darzu mit vielen Dingen in
„ihrem Gemiflen beladen waren, die fie wohl haͤt⸗
„ten zurück ftoffen koͤnnen u), Sie hatten Feine
„Grammatica gelernet, fich mit Feiner Logica ge-
„waffnet, noc) fonft die freyen Kuͤnſte gefehen,
„und waren ihrer dazu ſo wenig, und follten Doc)
„die Weifeften viefer Welt fangen und bekeh—
„ren, x). So fhlug der Herr alle Kunſt und
Hoffart der Gelehrten darnieder!
8. Gleichwol richtete GOtt durch diefe einfälti-
ge Leute alles aus, was er befchloffen hatte, ja
unvergleichlich mehr, als was jemals Kunſt und
Wiffenfchaft in der Welt hat ausrichten fonnen,
„Durch Diefe Fifcher, (fchreibet abermal einer aus
„Verwunderung,) durch die Zöllner und ben Tep-
„pichmacher hat er feine Evangelifshe Lehre allen
„Stationen beygebracht, und nicht allein die ber-
„eifchen Römer, fondern auch alle andere Völker
„überzeugt, Daß fie Die Gefege des Gefreuzigten
ö „an⸗
Auctor Recognitionum Clementi adferiptarum lib. I. p. 24. 1) Ib. p. 25. m) Hieronymus Epift. 22. ad
Euftoch. n) Ziegleras de.Diacenis VIII. n. 4-
) Sedulius lib. Il. Op., Pafch. fine.
0) Dannhanerus Tom.I. Theol. Confeient. P. If. p. 429.
q) Auguk n. Serm. 59. de Verb. Dom. quiet conf. Serm. 27. de Verb.
Apoft. Tract. 7. et i9. in Ioh. r) Orig. lib. I. adu. Celſ p.30. s) Arnob. Lc. p. 37. 38. t) Theodoret. Serm.9.
Therap- et Hr. Fab. initio. u) Chryjof.hom. 24. et 34. in Matth. Auguſtin. in Fragm. Tom. X. p.1693-
Bu
—
5. Cap. Don den Perfonen inder Bemeine , und fonderlich den ſo genannten Layen. 213
„angenommen. Sie mußten fich Feiner a
„oder Armeen bedienen, en Obaufamfee, on⸗
„dern der Worte, dadurch ſie den Vortheil dieſer
„sehre zeigten )). So geringe als dieſe Leute
„dem Anſehen nach —— koͤſtlich waren ih⸗
„re Seelen bingegen vor GOtt. Sie waren arm
„am Geld, aber reich an unſchuldigem Wefen ; nie-
Idrig vom Stande, aber hoch an Heiligkeit ;
„fehlecht von Kunſt, aber Foftbar wegen ihrer Ein-
„faltz unbefannt in ihrer Lebensart, aber durch-
auchtig wegen ihrer hoben Gaben; ihrer Pro-
„feßion nach gemeine Leute, aber nach ihrem Be—
„ruf etwas fonderliches z). Alf überftiegen fie
„alles Geſchlechte, Stand und Alter. Es wa—
„ren zwararme Fifcher,unbefannt,arm,ungelehrt,
die die Hande voll Netze und Fifche hatten, ſchmu⸗
„tige Kleider trugen, befudelte Fuͤſſe undalte Lum⸗
„penfrugen, und wie fie etwa aus ihrem Fifcher-
Fahn ausgetreten waren: Alleine, welches war
wolme m, folchen Leuten Weisheit zu geben,oder
„gar Todten zu erwecken ? Er machte fie frey
„von diefer Zeit, erlöfete fie von diefer Welt, daß
„fie nicht mehr davon waren, fondern alles über-
„wundeny„a). Und eben diefes verdroß auch die
hochmuͤthigen Weltweifen fo fehr, daß folche Leu⸗
te fich unterftanden hätten, fie und die ganze
Welt zu veformiren , da doch überall, ihrer Mey:
nung nad), die Religion auf gutem Fuß ſtuͤnde.
„Sie bedauerten nichts mehr, als daß Fein Ge-
„lehrter, etwa ein Ariſtarchus oder Ariſtopha—
„neo, dergleichen vorgetragen Di b).
9. Diefe und dergleichen Urfachen, warum der
HErr ſo geringe Leute zu Lehrern erwaͤhlet, jogen
nun aufrichtige Chriſten aufihre treue Nachjol-
ger, und erkannten gerne, daß, wo fie noch edel,
weife, hoch und gelehrt vor der Welt fenn wollten,
fie GOtt nicht zu er Dienft erwaͤhlet hätte, als
ae Paulus bezeuget Batte, ı Cor.t, 26. 27.
enn fonftfönnte fic) ja ein Fleiſch vor ihm ruͤh⸗
men, wennes etwas aus feinen Kräften in geift-
lichen Dingen verrichten fönnte, verf.2g. Keiner
unter denen wahren Kindern GOttes war fo ver-
toegen oder hochmuͤthig, follte es auch) der belieb-
tefte Schrer fern, daß er dem Chriſtenvolk fein
geiftliches Prieftertfum nehmen, oder nur ftreitig
machen wollte. Sie wußten alle, daß es gar zu
offenbar in des Herrn Willen gegründet: wäre,
1 Petr.2,5.9. Zwar erfannten fie auch wohl die an-
y) Chruffl. hom. 1. in Matth.
2) Petrus Chryfolagu: Serm. 18.
dere Privilegia und Hobeiten, die ein jeder gemei-
» ner EHrifte hatte ‚da fie, zum Erempel, alle Geiſt⸗
liche hieſſen, und nicht die Lehrer allein, wie oben
fhon im 5. Cap. des 1. Buchs $. 9. erwieſen ift.
Ingleichen Diener Chriſti, wie einer alfo aar
befcheidentlich redet zu feinen Zußörern: * Ein
„jederit CHrifti Diener. Wer alfo EHrifto die:
„nee, den wirdder Vater ehren. Wenn ihr nun
„höret, meine Brüder, daß EHriftus ſaget: Wo
„ich bin, da foll mein Diener auch ſeyn; fo den-
„ket nicht nur an die frommen Auffeber und Leh⸗
„rer (an die böfen gar nicht, denn die werden
„nicht bey EHrifto fern). Diener ihr auch nad)
„eurer Maſſe EHrifto, und lebet gottfelig ,c).
Nicht weniger erkannten die Lehrer alle gefalbte
Epriften für Propheten, und fagtens "Alle
„Chriſten werden auch Propheten genennt , die
„zum Königreich und Priefterehum und prophetie
„schen Amte gefalbet werden. Denn niemand
kann den prophetifchen Sinn erflären, wo er
„nicht den Geift der Weiſſagung hat,,d). , So
benahmen fie auch ihnen den Titel der Könige
nicht , und lehreten, wie der H. Geiftißnen allen
„den föniglichen Character eindrückte. Sie hatten
„Gemeinfchaft an einer Matur mit CHriſto, ih⸗
„rem hoͤchſten Könige. Dis fen die Kraft des
Glaubens e). Er felbft, EHriftus, beiffe des-
„wegen ein König aller Könige, Diefer mache
„reine Glaubigen zu Königen, wenn er in ihnen
„berrfche, wenn der Geift die Oberhand habe, und
„die böfen Luͤſte unterliegen , und der Menfch ſich
„ſelbſt wohl zu regieren willen), Wer alſo GOtt
„ähnlicher werde, der werde ein Füniglicy Ge:
„iclechteg), und ſey ein König, weil ev Fein
Sclave der Sünden mehr fen bh). Daß dem-
„nach alle Auserwählten GOttes mit dem heilig:
„machenden Deldes H. Geiftes gefalbet werden,
„und zur böchiten Stafel der Ehren gelangen,
„daß fie Könige werden ). Denn wie das im
„Alten Teftament etwas föftliches war, daß Ko:
„ige und Propheten eingefalbet waren; al vaud)
„die Geiftlichen, die mit der himmlifchen Sal—
„bung eingefalbet find, werden durch die Gna—
„de Gefalbte, alſo, daß fie auch Könige und Pro-
„pberen find ver himmliſchen Geheimnifle ,, k).
Und alfo befchrieben fie die Herrlichkeit aller Glau⸗
Ei insgemein , fie mochten $ehrer oder andere
eyn.
d 3 10. Aber
&antins ib.V c.2. c) Auguflin. Tract. sı. in !oh. d) Chryjof. Oper. Imperf. in Matth. c.7. et hom.3. in
2 Cor.
e) Idhom.g. inloh. f) Origenes hom. 6. in Indic.
g) HrlarinsinPf,2. h) Id. in PL. 60. ct 135.
3) Macarinshom. 15. k) Id. hom, 17. et Chrj/oß. hom. 4. in 2 Cor. et hom. 6. in Ebr,
a) Hilarinslib. II. de Trinit.p.ı7. b) Ze
214
— — — — — — —
10. Aber vor allen andern ward unter den ers
ften Chriften-das geiftliche Prieſterthum beliebt
und bekannt, auch von den Sehrern ernſtlich gezei-
get und empfohlen: wie denn diefe theils die Sa-
che ausdrücklich behaupten, theils Die Urſachen
und daher entftehende Pflichten anzeigen. “Uns
„hat der hoͤchſte Priefter von dem Seinigen ges
„eleidet (denn die in CHrifto getauft werden, ha-
„ben ihn angezogen), und zu Priejtern gemacht
„feinem GOtt und Vater, nad) Johannis ai
iß. Denn er ruffet auch deswegen den Juͤng⸗
„ling zurücke, der erſt feinen Bater begraben woll⸗
„fe, Damit er zeigte, wir würden alle von ihm Prie-
„itergenennt, denen er im Alten Teſtament ver-
„bot, ſich an ihren Elternnicht zu verunreinigen,
B. Moſ.2i.) ). Wir find wolchöricht, wenn
wir meynen, denen Layen ſey nicht vergönnt, mas
„Priefternfrey fteht. Sind denn nicht aud) die
„sayen Priefter? Es ftehet ja gefchrieben: Er
„bat uns zu Prieftern gemacht. Den Unterfcheid
„zoifchen der Elerifey und dem Volk Hat die Auto-
„uität der Gemeine gemadht,, m): Bey welchen
chen Worten Pamelius, ein Papifte, weil fie ihm
ar zu deutlich hievon gefchienen, Dazu feßet : diß
Eönne der Ketzerey Lutheri gar nicht favorifiren,
welcher alle Layen zu Prieftern mache n) : da
doc) ein anderer nicht weniger gelehrter Papifte
diefe Worte billiget 0); ungeacht ein andrer die
fes für einen der ſchaͤdlichſten und verfluchteften
rrthuͤmer Lutheri mit ausfchreyet, Daß er alle
hriſten für Priefter erkläre, und feinen Linter-
fcheid im Stand oder Geſchlecht mache p). Die:
fen aber, und allen Dienern des Antichrifts jtehen,
naͤchſt dem göttlichen Wort, ferner fo viel herrliche
Gründe der erften Chriſten entgegen, und ver-
Dammen in dem Mamendes Herrn Zebaoth al-
fen Widerfpruch, Sie befennen ausdrücklich, es
Ʒweifle gar Fein Gläubiger daran, daß das jüdifche
„Priefterehum ein Fürbild geweſen des Fünftigen
„eoniglichen Priefterthums, das nun in der Gemei⸗
„ne ſey, Bo alte die geheiliget werden, fo zu
„dem Leib EHrifti-gehoren, des hoͤchſten Prie—
ſters : welches fie immer aus 1 Petr. 2. bemei-
fen g). Auch erinnern fie mit gutem Bedacht,
„wenn von Koͤnigen und Prieftern Off. 20. gere-
„det werde , fo heile es nicht von den Biſchoͤffen
„und Xelteften allein, ee nun eigentlich
„pflegten Priefter zu Beiflen, ) fondern von allen
EZ
2.3. Donder erften Ehriften gemeinem und fonderbarem Bottesdienf,
„Chriften, weil fie alle Glieder eines Priefters
„feynr). Es werde auhdurd) den Stamm Levi
„im Alten Teftament bedeutet das ganze Fönigli-
* Prieſterthum im Neuen Teſtament, zu wel⸗
„chem alle die gehoͤrten, die wahrhaftig ſagen
„koͤnnten: Der HErr iſt mein Erbtheils). Denn
„es müfle nicht allen etwa nur bey der priefterli-
„chen Würde bleiben , fondern ein Priefter e
„auch zum Kämpfer wider den Teufel gefal=
„bet t), Drum fey es ja um das Chriſtenthum
„nichts geringes ses fen ein groffes Geheimniß, daß
„einer zur Föniglichen Hobeit, zum Priefterehum
„beruffen fey u).
ır. Eben alfo nennen andere die Ehriften ein
Volk, das in der ganzen Welt leuchtet, ale
ein Föniglich Prieſterthum x), und fegen den
Grund dazu, nemlich die genaue Bereinigung
der Glieder mit ihrem Haupte EHrifto, dem
ervigen Hobenpriefter. Denn, (fagen fie,) “wir
„iind alle mit einander ein koͤniglich und priefter-
„lic Gefchlecht, Die wir in EHrifto getauft find,
„und unter EHrifti Namen gerechnet werden y).
„Wir find alle Glieder des Hohenpriefters, alle
„werden mir mit dem Freudenöl gezeichnetz),
„over himmliſche Hohepriefter hat ſich für ung ge-
„opfert, und mit feinem $eibe alfo vereiniget, daß
„niemand unter den Heiligen ift, der dieſes Prie-
„ſteramt nicht trage, weil er ein Glied des eri-
„een Priefters ift,, a), Aus diefer Bereinigung
fahen fie die Salbung an, wie fiedaraus flofle auf
alle wahre Glieder, dadurch ein jeder zum geiftli-
chen Prieſterthum gefalbet werde b). “Denn
„weil alle Glieder mit dem Haupte CHrifto eins *
„find, fo hat GOTT in CHrifto ein neu Priefter-
„ehume), alfo, daß fie alle, die an EHriftum
„glauben, unddurd) die Heiligung der Taufe ge-
„reiniget werden, nun zu Prieftern, Königen und
„Propheten gefalbet werden d), Diefe Gal-
„bung gibt den Chriſten die Würde eines folchen
„Priefterehums, das nimmermehr foll ein Ende
„nehmen „e). Fragte jemand, “wer denn ge
„falbet und gezeichnet Habe? fo war die Ant—
wort: G0Ott durch den Geift, durch den er Könige
„und Propheten zu machen pflege , gleichwie fol-
„che Lute vor diefem gefalbet worden: Nunmeh-
„vo hätten die Chriften drey Ehrenftellen, denn fie
„mürben unter andern auch Priefter, indem, fie
ihre
)) Tertullianss lib. de Moneg. c. 7- m) Exhort. ad Caftit. c.7. n) In Not. ad Tertull. p. II31. et Feuarden-
tius ad Irenaum p. 74. 0) Heraldus ad Arnobium p.285. p) Alphonfus a Caftro lib. XIII. adu. Her. v. Sa-
cerdotium ap. Gerhardum lib. II. Conf. Cathol. e. 16. p. 866.
Lib.XX. de Ciu, Dei c.10. quod repetit Beda ad Apoc.20.
q) Augufin.lib. II. Queft. Euang. c.40. “r)
s) Id.Lib. V. Queft. in Deuteron. c.16.et/Qu.
Euang.l.c: t) Profper Sent.34% u) Macarius hom.27. x) Gregor. Naz.Or.I.in Iulian, y) Hieronym.
in Malach.c.ı. 2) BedainıPet.II: a) Idem lib.L.inApoc.c.ı. b) Anguflib, XVII. de Ciu.Deic.4. c
Id.deVitaChrift.c.ı. d) Apud. eund. Tom.X. Append. Serm.3. e) Zeo M. Serm. 3. de Aſſiunt.
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f
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5. Cap. Don den Perfonen in der Gemeine, und fonderlich den ſo genannten Layen. 215
„ihre Leiber zum Opfer gaben, f). Und dieſes
Seimmip pflegte man etwa in der Gemeine bey
der Taufe Buch eine äufferliche Salbung anzu=
deuten, davon viel Zeugniffe verbanden find g),
fonderlic) derer, die diefe Sache geiftlich und wohl
deuten. Wie etwa Cyrillus die Täuflinge erin-
nert, daß fie alfo - theilbaftia wuͤrden der
priefterlichen Benennung von EHrifto h),und
Tertullianus’fie auf das Vorbild im Alten Te:
ftament weifeti), Herr Cave hat auch fehr
ründlich davon gebandele im ıo. Cap. des uͤ.
— p. 331.
ı2. Dabey erinnerten fie nun einander ihres
Priefteramts, als ein H. Volk, ı Petr. 2,9. und
lehrten insgemein, “daß die alleine wahrhaftige
et GHttes fern, dieeinreines Leben führen,
„und nicht alle Priefter fenn Heilig, fondern alle
„Heilige ſeyn Priefter kd. Denn weil der HErr
„ieine Geheimniffe und Aemter fo herrlich ausge:
„tbeilet babe unter feine Heiligen; fo müffen fie
Ich aud) alle alfo bezeigen , daß fie des Priefter-
„itands würdig feyn, und die empfangene Gnade
„durch ihr Leben ausüben ,, !). Und im folcher
Abficht mochte wol Tertullianus die Ehriftlichen
Weibsperfonen Priefterinnen der Reuſchheit
nennen m), und ein andrer von * ſchreiben, ſie
enthielten ſich von allen Wohlluͤſten als GOtt⸗
geheiligte Prieſter n). — aber ge⸗
dachten ſie hiebey an die geiſtlichen Opfer, die ſie
dem HERRN deswegen darbringen ſollten.
ı Petr. 2,5. Roͤm. 12, 1. Philipp. 2,17. 18. Ebr.1z,
16. “pr gehet, (ſagten Die Lehrer,) in das Hei-
„igthum, und ein jeder hat in ſich fein Brand⸗
„epfer, daß es allzeit brenne. Wenn ich abfage
„allem , was ic) habe, und mein Creuz aufhebe
„und EHrifto nachfelge , fo habe ic) ein Opfer 4%
„bracht auf den Altar GOttes. Oder, wennich
„meinen $eib gebe, daß er brenne„ und Babe vie
„‚siebe, und erlange die Ehre der Mer, fo ha⸗
„be ich mich zum Brandopfer gebracht. Wenn
„ich meine Brüder liebe, alfo, daß ich mein geben
„für fie laſſe, wenn ich für die Wahrheit und Ge-
„rechtigkeit bis inden Tod fampfe, fo babe ich ge:
„opfert. Wenn ic meine Glieder von aller böfen
„stuft toͤdte, wenn mir die Welt gekreuziget ift, und
„ich der Welt, fo ifts auch geſchehen: und ich
„werde felber ein Priefter meines Opfers 0), Und
„alfo opfern bis auf den beutigen Tag diejenigen’
„ſo GOtt im Geift ER geiſtliche Opfer als Kins
„der Sfrael, mic den Früchten und Tuaonden der
„Seelen in reinen Gefäffen und $eibern p): Da
„werden fie Priefter , wenn fie fich GOtt felbft auf:
„opfern, und ihren Leib abfchlachten und darbrins
„gen, 9). Aber hievon anderswo.
13. Daran hienge nun unzertrennlich die Pflicht
ſolcher erleuchteten und geheiligten Seelen, mit
dem Worte GOttes gerne und ſtets umzugehen,
damit es unter allen reichlich wohnen möchte, Co—
(01. 3,16. Wie fie denn diefes auch ein Opfer
der Priefter im Neuen Teſtament nennten, nem:
li das Kchren und GOttes Wort handeln r).
Und Hierzu vermaßnten nun die Lehrer ihre Zuhoͤ⸗
ver, und führten fie mit Ernſt aufißre Scyuldig-
Feit nach dem apoftolifchen Fürbilde : davon wir
zu — Denfmable finden. Dahieſſe es
in der Gemeine: aſſet uns nicht fo nachlaßig
„ſeyn in unferer Geligfeit; ae laffet ung
„von geiftlichen Dingen reden. Einer nehme
„die Bibel in die Hand, ruffe feine Nachbarn zu-
„ſammen, und befeuchte mit dem göttlichen Wort
„fein und der Zufammenfommenden Herz, daß
„ihr alfo der Lift des Teufels entgehen möget s).
„Ich will, SE ihr alle Lehrer feyd, und nicht
„allein unfere Lehre anhöret, fondern aud) andern
„unfere Lehre zubringer, die Irrenden faſſet, daß
„fie wwiederfehren zum Wege der Wahrheit : wie
„auch Paulus fagt: Bauer einer den andern. Alfo
„wird GH unfere Anzahl vermehren, und ihr wer⸗
„det die Gnade veichlicher genieffen, wenn ihr für
„eure Glieder forget. Denn GOtt will nicht, daß
„ein Ehrifte nur mit fich felbft vergnüge fen, ſon⸗
„dern daß er auch andere baue, nicht allein mit der
;schre, fondern auch mit dem $ebenı). Wille du
„bey EHriftofeyn, forbuefeinen Willen: Dis ift
„aber fein vornehmfter Wille, daß du dem Nächften
beſſerlich fenft. Er fpricht : Petre, haſt du mich lieb,
„weide meine Schafe. So hat er nun dis zum Zeis
„chen der Liebe geſetzt, welches er nicht zu den Pre:
„digern allein, ſondern zu uns allen gefagt hat, de—
„nen auch die geringſte Seite vertrauet ift: Denn
„wenn fie auch gering iſt, muß fie deswegen niche
„verlaffen werden. Ein jeder unter uns hat
„Schafe, die weide er nun : Ein Hausvater
„rede und thue nichts, als was feiner Familie zur
uf⸗
) Chryffl.hom.3. in2Cor. g) Vid. Dallews de Vnct. Extr. Zarroquanus Lib. III. Adu. S. e. J.et ali. h-
Hierofolymitanas Catech. illum. vie.
Fom.c.12. n) Origeneslib. VII. c. Cell. p. 360.
i) Lib. de Bapt. €. 6. et Origenes hom. 9. in Leuit.
lib. IV. Strom. p.537. Chry/of. Op. Imperf. hom. 43. ın Matth. ß
0) Id. hom.p. in Leuit.
\ ; k) Clemens Alex:
Origeneshom. 3. in Num. im) Decult.
€.66. 9g) Chryfofl.hom.4.in2Cor. r) Ita Balfamon et Zonaras esponit Canenem AP. Concilii in Truke
‘ Chryfolt.hom. 5.inGen, t) Ib,hom.7.
p) Hieronym.lib. XVII. in Iefai. :
a
u
216
„Aufnahme der Gortfeligkeit dienet ꝛc. u). Gleich⸗
„tie der Lhrer fehuldig iſt, die Wahrheit, Die er
„von GDet gehöret hat, frey zu verfündigen; al⸗
„’fo ift der Zuhörer ſchuldig, diefelbe treulich zu
„vertheidigen. Thut ers nicht, fo iſt erein Ver⸗
„rather der Wahrheit . Saget jemand: was
„gehet mich mein Naͤchſter an? der erinnere ſich
„och des Knechts, der ſein Pfund vergrub.
„Matth. 25,25. Ihr wiſſet ja, mas ihr in euren
Haͤuſern thun folle mit euren Freunden, Haus»
„genoffen, Clienten , Kleinen und Groflen, wie
„GITT euch die Thuͤre feines Worts aufthut.
„Da rubet nicht, Chriſto etliche zu gewinnen,
„teil iht von EHrifto gewonnen feyd „y). Und
wag dergleichen aufrichtige Erinnerungen mehr
waren ben den Alten. ie. denn auch nicht nur
einzele Lehrer, fondern auch ganze Berfammlun-
gen derfelbeu befennten, daß man überall de⸗
nen, die ihn. von einer geiſtlichen und der
Seelen nüglichen Sache fragten, antworten
dürfe Dahero auch einige redliche unter den
Papiften noch zugeben, daß die fo genannten
Hhen, wenn fie es verftehen, mit ißren Meden
oder Schriften privatim Die ara zum Ölauben
und guten Wandel bringen Fönnen a).
14. Sa, es geben aud) einige unter ifnen wei⸗
ter zu, daß wol Privatperfonen, Die nur Dia-
coni oder. Sayen, aber mit der abe zu *
ausgeruͤſtet geweſen, “das Wort des Glaubens
„ausgeftreuet haben, nicht fo mol vor, ſich und
„nach ihrem Amte, als nad) der von den Apoſteln
„gegebenen Commißion und ‚aufgetragenen
„Pflicht, auch wol vielleicht aus eigenem Liebes⸗
„evieb und Eifer„b). Welches ſie denn, vonder
Wahrheit überwunden, befennen, nachdem aus
der Apoftelgefchicht erhellet,
lich gefehret haben. Als von Stephano und an-
dern bekannt iſt c. 11,19. und von Aquila und
Apollo c.18,24.26. Dergleichen Drdnung auch
Paulus in den Gemeinen angerichtet hatte,ı Cor.
14. Tertullianus leugnet nicht, “daß bey den
„erften Chriſten ein jeder Handwerfsmann habe
„lehren Eönnen, und beweifen, mas GoOtt fey„»c).
Geſialt es von fich felbft folgte, wenn jemand
mächtig zu lehren wäre, Daß er ja fein Pfund nicht
2. 3. Don der erſten Ehriften gemeinem und fonderbarem Bottesdienf.
vergraben muͤſſe. “Ber viel lieſet und verfte-
„bet, (fagten fie insgemein,) der wird Davon er—
„füller ; wer erfülletift, der begießt auch gerne an⸗
„dere damit d). Wer vom H.Geiftvoll ift, und
„die himmliſchen Reichtbümer wahrk” ig erlan⸗
„get hat, der kann aus feinem eigenen ( reden,
„und die Seelen der Zuhorenden erquicen, wenn
„er ihnen das Wort der Wahrheit fuͤrtraͤget, u
„bie geiftlichen Worte miftheilee?! Er a
„nicht forgen, daß es ihm mangeln werde, weil
„er den Schaß der bimmtlifchen Güter in bi
„trägtye). Alfo legte dort Cyrillus zum Gr
diefer Pflicht die Gottſeligkeit, als er an einen Kay-
fer fo fihrieb: “Du bift fo gottfelig, daß du auch
„andere lehren Fannft,f). Die ganze Prarin
aber der alleverften Gemeinen leget uns ein alter
Scribente alfo deutlich vor Augen : *Zuerft lehr⸗
„ten und tauften fie alle, wenn und wo nur Öele-
„genheit war, = Damit nun die Gemeine wüchfe
„undzunahme, fund im Anfang allen frey, Das
„Evangelium. zu_predigen, zu_taufen, und bie
„Schrift in der Gemeine zu erflären. Aber, da
„nun die. Kirche alle Orte eingenommen bat, fofind
Zuſammenkuͤnfte gefeget worden, und Regierer
„ame den andern inden Öemeinen verordnet, daß
„niemand vom Volke, der nicht verordnet war,
„diß Amt nehme, welches ihm nicht anvertrauet
„war, und die Gemeine fing an, ganz in einer
„andern Drönung regiert zu werden. » Denn es
„ſchien eine ungereimte, geringe und verächtliche
„Sache IR feyn, wenn fiealle eben das koͤnnten.
Daher fommtsnun,daß weder die Diaconiin der
„Gemeine predigen, noch die Layen taufen. Des⸗
„wegen kommen auch die Schriften der Apoftel
„nicht in allem mit diefer Verordnung überein, Die
wie. die, fo nur zum „nun in der Kivchenift , meil jene im Anfang ge-
Sehren gefchickt gewefen, ohne Unterfcheib öffent- 3 3
s„fchrieben find „s). Welche Nachricht ſehr auf-
richtig und wohl geſetzet ift, und dem Leſer weiteres
Nachdenke rſachen mag .
15. Unter denen Exempeln iſt hievon ſonderlich
bekannt die Geſchichte Origenis, von dem die Hi⸗
ſtorici einſtimmig bekennen, daß er noch als eine
Privatperſon lange zuvor, He er in die Cleriſey
aufgenemmen morden, zu Cäfarien in der Ge-
meine öffentlicd) gelehret babe. Worauf denn der
Biſchof
u) Id. hom. 78. in Mattk. X) Ibid. hom. 25. y) Auguſtin. Tradt.1o.inIoh, 2) Zonaras ad Can. 64. et Bal-
nonad can. 20. Synodi Quini-gextæ e can.ii. Concil. Sardicenſis.
Rep. Eeclef. c.4.n1.70.
hom.1$«
qui
a) M. Antonius de Dominis lib. II. de
b) M.A.de Dominisl.c. c) Apol.c.46. d) Ambrof.lib. VIL.ep.44. €) Macarius
f) Hierofolymitanns Epift.ad Conftantinum A. g) Ambrofius vulgo creditus Comm. in Ephef. IV.
produdtus etiam a Cent. Magdeb. III. c. VII. p. 276. et Dannhauero Chrifteid. Ad. 1. Th. I. Phen, 7. p. 224.
hic in omnibus confentit, Conf. et Zieglerus de Diac. c. VIII. n. 7. |
r
3 RN
— — — — — —— — — — — — — — — — —
5. Cap. Don den Perſonen in der Gemeine und ſonderlich den ſo genannten Layen. 217
Bifchof zu Alerandria aus Meid und —
gegen efen Mann es nicht leiden wollte, und vor»
gab, “es ſtehe denen Layen (fonennte ev ihn aus
Hochmuth und Berachtung,) gar nicht zu, daß fie
„in der Gemeine lehrten, es fen auch nie erhört
„oder irgendwo gefchehen,„: Es ſtraften ihn aber
die andern öffentlich fügen, und zeigten Die Pra-
rin und Gewohnheit der Kirchen. “Denn (fchrie:
„ben fie,) wir wiſſen nicht, warum du fo eine offen-
„bare Luͤgen geſetzt haſt, da es doch gewoͤhnlich ift,
„daß, wenn fich einige finden, die die Brüder in dev
„Geimeine unterrichten koͤnnen, und das Volker:
„mahnen, fie allzeit von den Auffehern zu lehren
„eingeladen werden,,: Dabey fiedie Erempel des
Yieonis, Paulini, Theodori und anderer an—
führen, und fchliefien, “es fen ganz fein Zweifel,
„daß nicht an andern Orten viele Dazu gefordert
„werden, welche das Werf des HEren im Wort
„und in der Lehre gebührend erfüllen Fonnen,, h).
Womit denn dem neidiſchen Biſchof, derdas Mo:
nopolium gerne gehabt haͤtte, das Maul geſto—
pfet ward, und gezeiget, wie gottlos es gehandelt
ſey, ee ‚ und die Weiflagung ver-
achten, oderdie Gaben des Geiſtes die ſich in ei-
nem jeden zumgemeinen Muß erweiſen, in denen
geringen geuten verrerfen, und nur an die gewei⸗
bete Priefter binden. Weswegen auch hieraus
ſehr wohl gefchloffen wird, “Daß damals die Layen
„in Gegenwart Des Auffehers in der Gemeine oͤf⸗
„fentlich gelehret Haben,, i). Auguſtinus zu fei-
ner Zeit bekennet, es ſey diejenige Weiſe abkom—
men, da ihrer mehr in der Gemeine gelehret und
geweiſſaget haben: 1Cor. 14,29. Weldyes auch
in den juͤdiſchen Gemeinen gebräuchlich gewefen,
wie aus Luc. 2, 46. c.4,15. zu ſehen k). Chry⸗
Pftomus beflage auch, daß bey dem Verfall
nur der Schatten von dieſer herrlichen Weife
übrigfey, undbefennet, es follte von Rechts we—
ennochalfofeyn, daß ihrer drey oder mehr weif-
83* einer nach dem andern. Nunmehr aber
ſey nichts mehr davon uͤbrig, als daß das Volk
dem Gruß des Predigers antworte: Und mit
deinem Geiſt! Dadurch noch angezeiget wer-
‚de, wie ſie vor dieſem auch alſo geſaget, aber von
dem Geiſt getrieben, nicht von ihrer ei⸗
genen Weisheit 1). Ein andrer unter denen
alten Lehrern bemerket gleichfalls aus ı Cor, 14.
„daß auch die gegten und Öeringiten inder Gemeis
„ne ſtatt haben, und nicht verachtet werden füllen,
„als Glieder eines Leibes, wenn ihnen etwas of:
„fenbaret werde, m). Melcher auch mit Chry⸗
ſoſtomo gedenket, daß dieſe Gewohnheit
durch Unachtſamkeit verloſchen, und zu—
erſt aus den juͤdiſchen Synagogen herkommen
ſey n). Dieſes pflegen auch andere zu befräfti-
gen 0), unddaben auf die Regierung des H. Gei⸗
ftes fonderlich zufehen,, wiederfelbe in der Gemei⸗
neeinen jeden *5* — oder reden heiſſe, ſo muͤſſe
es auch dabey ergeben p). Dazu noch etliche den
groſſen Nutzen feßen, den dieſe Uebung habe, nem:
lich die Erweckung der Gaben des Geiſtes in einem
jeden Glaubigen, derſelben Erhaltung und Ver—
mehrung, ingleichen die Verhuͤtung der Traͤgheit
im Guten und des Neids, die Erhaltung der tie
be, die Demuth bey den Han und andern q).
Aus welcher Prari der erſten Gemeinen denn
auch die Englifche einsmals alfo befchloffen hat,
diefe Ordnung der Weiffagung aus Paulo zu be:
halten. Zufolcher Gemeine follten nicht allein die
Kirdyendiener genommen werden, fondern auch
Lehrer, Aelteften und Diaconi, wie aud) aus dem
Volke die, fo ihre vom HEren empfangene Gabe
um gemeinen anwenden wollten. Dabey
Flle ein gewiſſes Buch aus der H. Schrift nad)
der Drdnung erkläre werden, enn aber einer
das feine gethan Härte, fo follten die andern, nach
Gurbefinden, etwas zur Erbauung dazu fegen,
und endlid) die Berfammlung mit einem Geber
befchloffen werden r). Aus welchen Anftalten
insgemein diefes zu erfehen ift, daß man gleichwol
allezeit auf die Tüchtigkeit und Gaben derer gefe:
ben, mwelchein der Gemeinediefes verrichten, un®
dadurch aller Unordnung zuvor kommen follen.
Wovon weiter unten.
16. Ferner waren die Chriften insgemein ſchul⸗
dig, nicht allein fich felbit unter einander , fondern
aud) die, fo unter ihnen Lehrer waren, zu ermah⸗—
nen, und nad) Crforderung dev Noth zu ftrafen,
zu warnen, undeines befjern zu berichten. Von
dem erften foll unten gehandelt werden. Zufoͤr⸗
derft war ihnen allen befohlen, die Beifter zu
prüfen & und die nötbige Gabe eben Fraft be
ee e⸗
I) Eufebius lib. VI. e. 20. Cent. Magdeb. III. c. VIII. p. 129. - i) Centur. 1. c. c. VII. p. 123. k) Lib. IV. de
Ciu. Dei c.9. 1) Homil. in ı Cer. 14. m) Au&tor Comm. in ı Cor. XIV. fub nomine Ambrofii. n)1d.
in Eph. 4.
0) Crocius de Imp. Summ. Poteft. circa Sacra c. ı1. p) Theophyladus ad ı Cor. 14. q) Ame-
Jins lib. IV. Caf. Conft. c. 26. r) Artic. I. Synod. ap. Hornbekium Epilt. ad Durzum p. 273. Confer de
docentibus Laicis (Rarngnrıras ddaraacı) teftimonium Balfamonis e MSto ad o. 09. Trull. ap. Be.
mereginm p. 160. Annot. ad Synodum, qui tamen reiicit fine ratione.
Befehls dazu verbeiffen, ı Joh. 4,1. » Theflal. 5,
21. Dabero auch Paulus von feinen Kindern
haben wollte, fie ſoilten richten, was cr fage,
ı Cor. 10,15. Mun war diefes nicht allein noͤ⸗
thig, wenn fie die Lehrer erwaͤhlten, als im fol-
nden Cap. zu ſehen ift; fondern auch allezeit, in
etrachtung der groffen Gefahr, die theils durch
böfe Erempel, theils durch gottloſe Lehre von de—
nen Lehrern den armen Schafen zumachen koͤnnte.
Ein befannter Scribente faget ausdruͤcklich, und
zwar nach der Wahrheit: Man muß auch nicht
„denen Eatholiſchen oder vechtgläubig feheinen-
„den Bifchöffen benftimmen, wenn fie etwa be=
„erogen werden, und wider die H. Schrift etwas
„mepnen, s). in andrer erfläret es noch gez
nquer: «Man foll nicht einmal Paulo gehor-
„chen, wenn ev etwas ausfeinem eigenen oder et-
„was menfchliches faget, fondern nur fofern er
„als ein Aroftel EHriftum in ſich redend hat „
Woraus er denn weiter dieſes fehleußt: “Wer
„einem Menfchen als Menfchen gehorche, der ha—
„be keinen Lohn, fondern nurder, fo CHriſtum in
„oen Menfchen höre, t). Welches auch Durch
ein Gleichniß erlautert wird: Wenn du Klei-
der Faufen willft, fo fucheft du mehr Kaufleute
„als einen, und wo du die beften Waaren findeft,
„da Faufft du: Drum muß das Bolf auc) bey
„allen gehrern herum gehen, und unterfuchen, mo
„die lautere Wahrheit gefunden werde , und wo fie
„oerfälfeht fen. Denn esift nicht verboten, aller
„ihre Bekenntniffe zu erfennerf, und das Befte zu
„erwählen. Der Apoftel fpricht : Prüfer alles, u).
Dem, wie Lutherusdavon redet, foden Zuhörern
Das Recht über die Lehre zu urtheilen genommen
würde, was mag und darfnicht ein Lehrer wagen,
abs möglich wäre, daß er fehen ärger als der Teu-
fel wäre? Hinwiederum, fo das Urtheil den Zu-
hörern vergoͤnnt und geboten wird, was mag oder
darf ſich ein Lehrer unterftehen, wenn er ſchon
mehr als ein Engel vom Himmel wäre? Aber
hievon bey den Conciliis ein mehrers x). Aus,
welchen Urfachen der redlihe Umbroſius recht auf
die Gemeine fich berief, als ihm der Kayſer eine
Eonferenz anbefohlen hatte vom Glauben: “Sie
„mögen fommen (ſchrieb er,) in die. Gemeine, und.
„mitden Volke zuhören: nicht daß einer als ein
„Richter da fiße, fondern daß ein jeder von feinem
„Herzen eine Prüfung anftelle, und erräßle,
„werner folgen wolle. Es wird von dem Diener
„felbiger Gemeine gehandelt: Wird ihn. das
3) Augufi, ib, adu, Petit, Epiſt. c. u.
Fom. II. Altenb. p zog. - y) Lib. III. Epiſt. 32.
Eyrillus Alex. lib. VL. in Ioh. c.20.
213 2.2. Don der erften Ehriften gemeinem und fonderbarem Botreodienfl,
t) Chryfof?.hom.2.in2 Tim.
—
Volt Hören und ihm gefallen laffen, daß er bi
„geftritten Babe, fo mag es feinem Ser
„gen, ic ni ton. Ich
„auch nicht gedenfen, daß das Vi f
dem vorigen Kanfer gefordert, - Ich waͤ—
Are auch gerne ins — Emma nn
„ten, welche fagten, man müffe von dem Glauben
„in der Gemeine vor dem Volk bandeln,, y).
feinen Zubörern redet: "Meine Brüder, ich wol
„ce Diefes bey euch ausführlicher beweifen, aber.
bens fundig feyd, foentziehet er ſich der Prüf
) *
„aller. Wer ehut euch nun Unvecht ? er
„det, 2)? Aus welchen Worten die Prapis der
erften und folgenden Gemeinen offenbar wird,
der Furcht GOttes erfennen mußten.
17. Bon der brüderlichen Beftrafung und Erz
find, werden wir unten im7. Cap.des 3. Buches,
$.5. hören. Man hielte es insgemein für recht,
den Vorgefegten nichts unter die Bank
ſteckte, was einer Befferung brauchte: Gleid)-
ich wills ihm nicht mißgönnen.. will
„urtheilet bat, auch den, fo es . :
„es meine Bifchöfe und das Wolf zugelaflı
Wie aud) anderswo, da er wider die Arianer zu
„weil er (Aurentius) wohl weiß, daß ihr des Glau⸗
„eure Unterfuchung verlangt, eder der, fo fie mei-
kraft welcher vie Zubörer allegehreprüfen, und in
mahnung, fo die Untere den Oberen ſchuldig
und der Bottesfurcht gemas, daß man
wie es auch löblich war, ihnen ſonſt alle Ehrer-
bietung zu erzeigen a). Da galte aberüberhaupt -
der Ausſpruch eines alten Lehrers: “Die Grofr
„fen ſchaͤmen fich, etwas von Öeringern zulernen,
Wwelches aus einer heimlichen Seucheder Hoffart
„herkommt , dadurch das Herz ihm eine e
nbidung der Klugheit — m von —
„Geringern etwas lernen will, damit es nicht ſchei⸗
„nie, als haͤtte man diß und das nicht gewußt, oder
„als ſey man geringer in der Lehre, als ein anderers
„weil man doch uͤber glle gerne ſeyn wollte: Aber
„wenn das Herz mit der wahren Niedertraͤchtig⸗
„keit * iſt, ſo ſchaͤmet es ſich nicht, auch
„von einem kleinen Kinde etwas zu lernen. Denn
„die Wahrheit muß von allen gefaſſet werden,
„von wem man fie nur kann erlangen, b) And
aus dieſen wichtigen Urfachen hat man ſich auch
unter dem Pabſtthum nicht völlig erfühnen: wol⸗
fen, denen fo genannten Layen diefes Recht ganz
zu benehmen. Sondern man geftehet ausdruͤck
li) in den Päbftifchen Rechten, daß die Leh⸗
rer bisweilen billig von den Hayen be=
firafer
u)Id. Oper. Imperf. in Matth.c.23. x)
2) Orat. adu. Auxent. a) Gregerius M. in Paſtor. b)
—
viel bey den gorelofen Pri
ficafer werden c)) Wiewol man es immer
einzufchränfen gefucht Bat, und nur auf die
Rebre ziehen wollen, weil doch das Leben gar zu
teen zu ſtrafen Gele—
heit geben würde d), Diefes aber hat man
ungefeheut gefehrieben , “daß einem verftändigen
ayen mehr, als dem Pabft felber muͤſſe geglau-
„bet werden,„: tem: Es Fonnten alle Ver—
„ſaͤndige die Lehre unterfuchen und auslegen, etli-
ssche nach ihrem Amt, etliche auf die Art des leh⸗
nrens,,; ec), Wondent schen aber ward gleichwoͤl
auch in Conciliis befchloffen, “daß die Layen follten
„ihre Klagen wider die Kirchendiener eingeben duͤr⸗
‚fen, wenn fie nurdie Wahrheit vorbrachten,, f).
elches denn auch für recht und noͤthig erkannt
ward von denen, die der Elerifen Bosheit Fann-
tene). Hingegen war es gewißlich, nach der Ver⸗
ftändigen Ausfpruch, hoͤchſt umbillig, daß, wenn ein
Kläger viel Befchuldigungen wider die Fe vor:
brachte, aber fie alle bis auf eine einzige beweiſen
konnte, er doc) inden übrigen gar nicht füllte gehoͤ⸗
ret werden h), Denn man konnte wohl merken,
daß ſolche Sagungen dahin zielten, damit die Zu:
benjtüce der fo genannten Beiftlichen nicht
offenbar würden; wie ein berühmter Scriben-
fe redet } Der auch von feinen Zeiten und Ge⸗
meinen Elagt , daß bisweilen gortlofe Kirchen:
Diener von groffen Herren geheget würden, da
inzwifchen die Schafe Ehrifli aufs ärafte gewei⸗
det , und mehr eingeriflen als gebauet würden, wo⸗
für fie alle GOtt Rechenſchaft geben follten k).
Und anderswo erinnert er, bey dem Gefeg eines
Concilii, daß kein Richter einen Prediger zu er:
feinen zwingen folle: “Ob gleich die Politici
„Das nice eben verforgen follen, was den il
„alleine zufomme: fo ifts doch gewiß, daß Die
®Seiftlichen fich immer ar im haben „damit
„die Politici ihr geben und Wandel nicht unterfu-
„chen follen. Sie follten aber billig vielmehr alfo
„leben, daß fie die Unterfuchung leicht ertragen
„eönnten, wenn fie gute Leute anftellten,, 1). Da⸗
von aber unten folgen foll.
18. Diefem nad) hatten vechtgefinnte Lehrer
ftets ſowol wider ihre eigene, als auch anderer
natürliche Hoffart zufämpfen, daß fie nicht über
das Volkherrichen, und des Armen Rath ſchmaͤ⸗
n möchten: wie ein vedlicher Mann alfo dem
ochmuth derer Bifchöffe zu feiner Zeit eiferig be-
e2
e) —— cauf.2.9.7. A)e. Oues.cauf.2.q.7. et Pfeudo - Clemens Epiſt. ad Eccl. Hierof. p. 23.
7. Cap. Don den Perfonen in der Gemeine, und fondertich den (5 genannten Layen.
2ig
geanen mußte, als fie allen Rath, nicht Allein der
Geringen und Layen, fondern auch der andern
Kirchendiener verachteten a Wie fehr aber
proſtituirte fich die Elerifey in folgenden Zeiten, da
man fich einsmalsnicht ſcheuete, diß Geſetz zu ma⸗
chen: “Es fey unanftandig, daß ein Weltmann
„einen Prieſter richten follte, ob er ihn gleich mic
„feinen Augen fühe etwas Bofes hun. Da füllte
„er 10 Schritte von ſolchem Priefter weichen,
„denn er wiſſe fein Berborgenesnicht,, n). Hät-
te man folchen teuten nicht mit Sieronÿmo ant-
worten follen: «Warum denn Danicl, der Fleine
„Knabe, die Aelteften gerichtet Babe? Es mathe
„ja die Würde des Kirchendienfts Feinen Chi:
„ſten. Sey doch der Hauptmann ſchon durch die
Gabe des H. Geiftes gereiniget worden, da er noch
„ein Heyde geweſen 0). Sintemal diefes (tie
„erandermeit feßet,) eben das gröffefte Elend vor
„die Lehrer iſt, wenn fiein ihren Sünden nicht be:
„itraft werden. Denn dabero häufen fie immer
„Sünden mit Sünden, und wollen doch für hei-
„tige, felige und nad) GOttes Geboten wandelnde
„seute angefehen feyn. Drum (fehleußt er endlich,)
„ists ſchwer, einen Bifchof zu verklagen: Denn
„wenn er gleich gefündiget bat, fo glaubt man es
„nicht; wenn er auch gleich überniefen wird, fo
„wird er doch nicht geftraft,, p). Diß waren
die Früchte der unterlaffenen Pflicht der Zuhörer
bey dem Verfallder Kirche, wohin es die Elerifey
mit ihrer Herrfchaft und Bosheit ER harte.
Diefe Hätte vielmehr bedenfen follen in Demuth
und Furcht GOttes, was Tertullianus an die H.
Maͤrtyrer ſchriebe, als er fich entfchuldigte, daß
er gleichwol diefe Beil. Leute noch zu erinnern fuchte :
„Es gefcheben aud) wol an die vollfommenjten
„Kaͤmpfer Bermahnungen, nicht nur von ihren
„Aufſehern, fondern auch von unerfaßrnen und
„geringen Leuten. Ja, detgemeine Mann felber
„ruft ihnen einigen Unterricht zus, 9). Dem ich
nur noch den Difeurs Petri Damiani hievon
benfügen will: “Wenn gefagt wird, es dürfe Fein
vn der Kirchen die Verbrechen feines Bi—
„ſchofs, und was an ihm zubeffern ift, einer gröffe-
„ren Gemeine Elagen. enn wen wirds beffer
„geſagt, alsdem, derder Obere ift? Was ift aber
„das für ein Hochmuth und Greul, daß ein Biſchof
„teben dürfe, wie er wolle, recht oder unveche 3
„Warum miller nicht von feinen Untergebenen hoͤ⸗
„ren
€) Gerfon. P. I. de
m. Doätr. confid. 5.et 6. ap. Gerhardum Confefl! Cathol. lib. II. A. I. e. 2. p. 410. qui hicomnino conferen-
dus. f)Concil, Epaunenfec.24. g)Ofiander adhhunc can. Cent. V. Hift. E.lib. IV.c.ıg. h) Ita Coxcil. African.
€. 97- 1) Ofander ib. lib. I.c.4r. K) Idem Cent. VI.L.II.c.4. 1)Idem e. 17. ad Can. ır. Cabilonen/hs. m)
Or. shom. rt. in Exod.
lioder. p)Id.inEcclef,$. q) Ad Mart.e.i.
n) Can. 51. Nemo -Can, ap. Cotelerium Tomi. I. Mon. Gr. p. 77. 0) Epiſt. I ad He.
220
„ren, was er vor Ercefle begangen hat! Zumal
„wenn es nicht den Richtern, fondern andern
„Geiftlichen gefaget wird, damit das, worüber
„die Weitleute etwas zu lachen würden haben,
„rein ehrbar von den Prieftern beygeleget werde,
„Da iftsgewißlich nörhig, daß der. Verklagte ent
weder feine Unfchuld gründlich darthue, oder ſich
Ffuͤr einen armen Suͤnder demuͤthig erfenne, nicht
„aber vorwende, er koͤnne von feinen Untergebenen
„nicht verflaget werden. Ward doch über Petro
„felbftein Streit, alser zuden Heyden eingangen
„war, der auch feinen ungern Rechenſchaft gab.
" „Und wenn er in der Klage den Titel feiner Macht
„vorgefchüßet hätte, fo ware er fürwahr Fein Leh⸗
„ter der Demuth gewefen. Drum ferne ein
Biſchof auch, den Juͤngern von feinem Thun und
„saflen Rechenfchaft geben, und Baltees für Feine
„Schande, mennervonibnen beftraft wird, fon=
„dern achte ihn als einen heilfamen Arzt, u. ſ.
10. 1). Bis hieher von diefer Materie, nach Anlaß
der gemeinen Pflicht der Ehriften in der Ge:
- meine,
19. Unter denen erſten Chriften bewieſe ſich
aud) in folchen Fällen die Einigkeit des Geiſtes
« mächtig, daß feines über das andere herrſchen,
feines weifer und beſſer feyn wollte, als das andere,
als uns bey ihrer Eintracht und Gleichheit Fund
werden wird. Daran binderte fie der Unterfcheid
der Gaben, Aemter und Berrichtungen garnicht.
„Bar gleich einem die Aufſicht, die Lehre und Ber:
„mahnung fonderlich befohlen, fo waren fie doc)
„alle einer in EHrifto, ineinem Geift zufammen-
„gefuͤget, und gleichfam geleimet,, s)., Alfo faf
fen fie in ungetheilten Gütern, und hatten alle an
Denen Rechten Theil, melchediefer oder jener Per-
fon infonderbeit vertrauet wurden. Diefes wur:
de nun im vielen andern Stücken bedeutet, wenn,
zum Erempel, die ganze Gemeine gewilfen Leu:
ten das Lehramt fonderlich auflegte, welches nad)
dem gemeinen Recht ihr fonft in allen vn Glie⸗
dern zukam. (Davon im folgenden Cap.) In—
Ben, wenn die, fo nicht $ehrer waren , bey de⸗
nen Kirchenverfammlungen, Berathſchlagun—⸗
gen über geiftlichen Dingen , bey Streitigkeiten im
Glauben, Annehmung oder Abfonderung der öf-
fenslichen Sünder und anderen folchen Gefchäf-
5) In Catal. Tefl. Verit.
2.8. Don der erften Ehriften gemeinem und fonderbarem Bottesdienf.
ten mit zugezogen wurden. Damals nahmen die
Lehrer ihnen nicht die Herrfchaft in Der Gemeine,
fondern thaten alles mit ihrer Bewilligung. Sie
fonderten die Irrigen und Gottloſen mit ihrer
alfo an, Die Kirchendiener erwaͤhlten fie
gleichfalls alfo *). Und in Summa, wer nach der
politifchen Art davon redenwill, der weiſet, wie in
der Kirche Feine Monarchiſche Regierungsart,
fondern eine Ariftocratifche oder vielmehr Demo-
cratifche gemwefen fey, da man nichts, ohne des
Volks Gutachten gethan u). Denn die fo ge
nannten Layen forderten mit Recht ein Theil vom
der Jurisdiction in der Kirche, fonderlich in denen
Kiechenurtheilen über die offenbare Sünder x).
Es iſt aber die Rede immer von erleuchteten und
gottfeligen Chriſten, welche ihr mohlgegründetes
Gutachten über den und jenen Punct geben muß⸗
ten, und obgleich die Lehrer in der Schrift gewieg⸗
ter feyn Eonnten, als fie, dennoch) von denen vorge=
tragenen Sachen verſtaͤndig urtheilen Eonnten :
Nachdem es insgemein, und fonderlich bey der er⸗
ften Lauterkeit der Kirchen gar wohl feyn Eonnte,da
ein ſolcher Laye, wie man ihn jego nennt, eben fo
mächtig in der Schrift war, als eine geiftliche Per-
fon y). Summa, manthate damals nichts, da⸗
bey man nicht die ganze Gemeine zu Rath gezogen
hätte, anders, als jegund, da man dem Volk im-
mer weiter fein Recht befchneibet ;mit was vor Ges
wiſſen, iſt leicht zu erachten. Begehrte gleich das
Volk nicht Herr zu feyn, fo ſahen doch aud) die
Vorſteher nicht fo allein auf ihre Autorität, fondern
auf die Srenheit der ganzen Gemeine z), Mit
was vor Recht Fann denn jemand einem alten
Scribenten eine Keßerey aufbuͤrden, wenn er
ſchreibet, da “fey ſchon eine Gemeine, wo ihrer
„drey ſeyn, obs ſchon nur Layen wären,, a)? Sin⸗
temAlja die Lehrer weder halb noch) gar die Kirche
ausmachen, Die alle ihre Gewalt naͤchſt GOtt
von der Gemeine empfangen haben: Biel we—
niger aber fann entweder ein. alter oder neuer
Pabft, ohne daß er GStt nicht beleidige, ihre
von GOtt verliehene Macht alleine an ſich zie>
ben und mißbrauchen. 5
20. Datrugdemnad) Clemens kein Bedenken,
die ſtreitigen Yeltejten zu vermaßnen, daß fie ß
erkl
— ab, die Bußfertigen nahmen (ie.
au
€
ds
pP’ toyg. vbi et p. tot. e Speculo Vifionis pröphetia refertur: Es werde endlich
wegen der groſſen Faulheit der Prieſter gefchehen, daß die Layen fich des Worts und Kirchendienfis annehmen, und
das Amt und Geld den Geiftlichen entziehen würden, und dieſe endlich gar herunter kommen. s) Gregor. Naz.
Orat. de Modett. in Difp. t) Ofiander Cent. I. lib. IV. e.ıt. w)M, Anton. de Dominislib. I. Reip. Eecl. e.
12.t0to. x) loach. Hildebrandus Dil. de Epife. $. 5. y) Zieglerus de Diaconis c. IX. n.
l. c. 9. 227.
Chritteid, Art. I. Th. 1 p. 370.
4. 2) Hornbekius
a) Tertulliänus Exhort. ad Caftit. c. 7. adu, Pamelinm in Parad. 17. vindicatus a Dannhauero
*
a EI
— — m — — — — 1 — mn — — —— — —
5. Cap. Von den Perſonen in der Gemeine, und ſonderlich den fo genannten Cayen. 221
erklaͤren möchten, “fie wollten alles thun was if:
„nen von dem Volk befohlen würde, wenn nur
„der Schafftall CHrifti mit feinen Aelteſten uͤber
ihnen in Frieden mohnete,, b). Cypriani De-
muth und Weisheit oben gar viele mit groffer
Verwunderung, da er aus redlichem Herzen be-
fennt, und an die Gemeine fchreibt: Ich habe
„euch nicht alleine antworten wollen, weil ich von
„Anfang meines Auffeheramts nichts ohne eu:
„rem Kath und Einitimmung des Volks nad)
„meiner eigenen Meynung babe -thun wollen.
„Wenn ich aber werde zueuch fommen, fo wollen
„wir von dem, was gefchehen ift, oder gefcheben
„toll, ingemein handeln, wie es die Ehrerbietig-
„keit unter einander erfordert,, c). Alfo geden-
Fet die Gemeine zu Rom, daß fie mit gemeinen
Schluß und Rath ver Auffeber, Aelteften, Dia-
conen, Befenner und des Volks, etwas angefan-
gen haben d): nicht anders als Ehrpfoftomus
von der erften Hauptverfammlung zu Jeruſalem
(Ap. Geſch. 15, 22.) anmerfer, daß fie nicht tyran-
nifcher Weiſe geboten, fondern es babe allen alfo
gefallen, (märı radra dcx&,) fo gar fen damals
fein Hochmuth in der Gemeine gewefen e). Ein
folches allgemeines Recht erfannte aud) ein Bi:
ſchof zu Rom bey dem Volke, wenn er von der
Gewohnheit fchreiber, da die Kicchendiener dem
Volk und alle einander den Frieden wünfchtenbey
den Berfammlungen. *Es wird dadurch) ange:
„deutet, (ſaget er,)daß das Volk zuallen dem ſei⸗
„nen Beyfall gegeben babe, was in der Gemeine
„und mit den Geheimniſſen gehandelt worden,, f).
Gleichwie infonderheit von der Handlung mit de:
nen Bußfertigen bekannt genug ift, daß fie nicht
ohne Beyftimmung des ganzen Voiks angenom-
men worden 2). Welches ebenfalls über der
Beſtrafung der Gefallenen wohl in acht genom⸗
men ward b); Davon beym Eypriano und an-
dern offenbare Denkmahle verhanden find. Nicht
weniger ift vorlängft ausgemacht, was man von
denen Maärtyrern fonderlich findet, fie mochten
nun $ehrer oder andere Ehriften ſeyn: nemlich,
man die vornemlich auf ihren Ausfpruch, wenn
die Gefallenen follten wieder in die Gemeine
aufgenommen werden, daß feiner leichtlich ab-
geriefen wurde, den fie recommendirten i). Ja,
fie Eonnten oder mochtens bisweilen nicht erft
denen andern Brüdern oder auch Lehrern anzeigen,
wenn fie einige wieder in die Gemeinfchaft aufnab:
men, von deren wahren Buffe fie verſichert waren.
Welches ihr Gutachten auch von den berühmteften
Lehrern wohlaufgenommen ward,die fich fcheueten,
diejenigen zu tadeln oder zu richten, welche ſchon
Chriſu Bepfiger gleichfam, und feines Reichs
und Berichte theilbaftig wären : wie aus Dio⸗
nyfii Schreiben beym Euſebio zu fehen ift k). Bon
welcher Gewohnheit ein anderer auch an fie felbft
fehriebe : «Den Frieden pflegen von euch aud) die⸗
„jenigen loszubitten, welche wegen ihrer Sünden:
„tälle ihn bey unferer Gemeine nicht haben. Sie
„erlangen ihn wiederum bey uns Durch eure Vor
Ichrift, 1). Dieſe Sache aber nebenft ihrem
Mipbrauch wird unten vorfommen m).
21. Bisweilen aber war es nicht möglich, in gle
len, zumal geringen Dingen, die Stimmen der
ganzen Gemeine zu fammlen, wenn es die Eilfer-
tigkeit oder hoͤchſte Moth anders erforderte: Wes-
wegen man fonderbare Aelteſten aus der Gemeine
auslafe, welche nicht eben am Worte arbeiten muß:
ten, fondern, wie bald foll gefaget werden, mit an
dern Berrichtungen zu thun hatten, im Namen der
ganzen Gemeine, und wie ein Auoſchuß derfelben
waren n). Bon diefen jeuget ein alter Scribente fo
viel: Die Kirche hat vor diefem Aelteften gehabt,
„ohnederen Rath man nichtsinder Gemeine that.
Ich weiß abernicht, (Elaget er weiter,) durch was
„vor eine Unachtfamfeit es abfommen it, obne
„Durch der Lehrer ihre Faulheit, vder vielmehr Hof
Fart, indem fie gerne allein etwas feyn wollen, 0).
Daraus man klar fichet, es ſeyn folche alte ehrbare
bewährte Männer gewefen, die auf Lehrer und Zus
börer fleißig acht haben müffen, und dabero hernad)
von den hoffärtigen Geiftlichen unterdrücker wor:
den, damit fte alleine Hahn im Korbe blieben ; wie
ein beruͤhmter Mann davon ſchreibet p). Alfo wa⸗
ven es nicht folche Aelteften oder Presbyteri, die da
ordentlich lehrten, denn diefe find noch ſtets blieben;
fondern die urälteften Seribenten unterfcheiden fie
mit Fleiß von den andern, wenn fie, zum Erempel,
benennen Aufſeher, Aelteſten, Diaconen_und
Aelteſten dee Gemeine 9); item, die Clexi—
Ee3 fiy
b) Clemens Rem. Epilt. p. 69. c) Epift. 5. laudatus a Cauæao p. 375. Primi Chrift. et in Catal. Tefl. Verit. lib
I. p. 32. d)Ibid. Epiſt. 3. e) Obferuante Rigaltio ad Ep. 5. Cypr. fi) Innocentius I. Epit. I.c. 1. g)
Cyprianus Epift. 30. et 31. vbi vid. Rigaltius in Notis et Valefins ad Eufeb. p. 137. h) Ibid. Epift. 33. et
60. i) Ib. Epift. ı2. et ex co Baronius Ann. CCLIII. n. 58. 'k)Lib. VI.H.E.c.42. D Tersullian. cv
ad Mart. m) Vid. interim Tee Epift. 10. tr. 12. 14. 16. Terzull. de Pudic. c. at. et conf. Baron.l.c. Al-
bafpinans lib. I. Obf. 20. lib. II. Obf. 19.
i 2 n) Italoquitur de iis Chemsnirius Loc. Theol. de Eccl.p.145. 0)
Audtor Comm. in ı Tim. V. fub tomine Ambrofi vel Bilarii Diaconi.
pP) Hornbekiusl.c.p.2ıg. g)SicAdta
purgationis Cæeiliani et Felicis ap. Abaſpinæuni adlib, L Oprari Milenirani, Auguflinns Epiſi. 137. et lib, III.
contr. Crefcon.c. 56, aliique plures,
!
222
ſey und die Aelteſten des Volks, Maͤnner
aus der Bemeine r), und dergleichen. Ihre
Berrichtung und Gerichte befchreibet Tertullia-
nus alfo: “Uns ftehen allzeit bewährte Aelteſten
„vor, die folche Ehre nicht mit Geld erfauft, fon
„vern durch das Zeugniß ihrer Lehre und Lebens
„erhalten haben, s). Ihr Amt erfehen wir aus
einem alten Briefe Gregorii, da gedacht wird,
tie vor folche Aelteften der Gemeine die Klagen
über die Lehrer gebracht, und mit Zuziehung der
andern abgethan worden t). Geſtalt fie insge-
mein auf das Leben aller andern die Aufſicht bat-
ten, und fie darüber zur Rede fegen, beftvafen,
und fonft nach göttlichen Willen verfahren konn⸗
ten u). Dabin denn viele nicht unrecht die Derter
inden Epifteln Pauli ziehen, da die Aelteften, als
der Prediger Mitgehülfen, erwehnet werden. Sie-
he ı Cor. 12, 28. Rom, 12, 7.8. Ap. Geſch. 20, 28.
und fonderlich ı Tim. 5,17. alwo fie von den Lehren⸗
den unterfchieden werden. Origenes legt ihnen
auch eine Berrichtung bey, fo fie im Namen der
Gemäne gehabt, nemlich, daß fie die neu ankom⸗
menden Catechifmusfcyüler geprüft, unterrichtet
und fonft in acht genommen x): Wie er fie
- denn Rirchenräthe nennet, welche das von
GOtt eingerichtete Regiment bedienen und
verwalten folten, die aud) etwas fonderbares
in ihrem $eben vor andern gemeinen Leuten
hätten, nemlich eine fonderbare Weisheit und
unfträflichen Wandel y). Diefe Art Leute nun
ift, vermuthlich, wo nicht vor, doch gleic) bey
dem Anfang der Epriftlichen Kayſer abfommenz),
und wird nicht ohne Urfache von vielen wiederum
gewuͤnſchet, daß fie bey Den Gemeinen feyn moͤch⸗
te.a): gleichtvie fie auch bey einigen Proreftiren-
den find.b). Unterdeffen wird abermal aus die-
fer Gewohnheit der erſten Kirchen offenbar, wie
ſehr man immer auf alle Glieder der Gemeine
und ihr habendes Necht gefeben, daffelbe auch bis
zur Zeit des Verfalls auf allerhand Weife zu er-
halten gefucht.
22. Als aber hernach die Obrigkeit ſich zum
Chriſtenthum befennte, brauchte diefelbe in vie:
len Stücen dasjenige, mas der Gemeine insge-
r) Ada purgat. I. c. Optatus ipfe l.c. s) Apol. c. 39.
16. ib. t) Lib.
39
XI. Ep. 19." u) Bebelins Antiqu. Ec
rt 5 in
2.3. Don der erften Ehriften gemeinem und fonderbarem Borteodienft. i *
mein zukam. Ich will und kann um der Kuͤrze
willen hie nichts davon beruͤhren, ſondern verfpare
das noͤthigſte auf andere Stellen. Von Con⸗
ftantino dem Groſſen ift bekannt, wie er ſich der Kir⸗
chenſachen, der Streitigkeiten, der Lehre und an:
derer Angelegenheiten fo fehr angenommen. Er
rief Concilia zufammen, gab fein Öutachten vor
vielen an Tag, und fagte einften ausdrücklidy zu
denen Bifchöffen, die er bey ſich an der Tafel bat:
te: “Ihr ſeyd zwar darüber gefegt, was innerhalb
„der Gemeine zu thun iftz ich aber bin von
„ODE zu einem Bifchof Darüber verordnet, was
„auffen iſt,. Welche Worte Eufebius lobet, daß
er geredet habe, eben als ober auch ein Biſchof ge⸗
weſen wäre c). Der auch anderswo an ihm ruͤh⸗
met, “daß er ſich bey den Zwiſtigkeiten der Lehrer
„als einen rechten Bifchof aufgeführer habe, und
„Synodos angeftellt, dvabey er ſelber geſeſſen, und
„mitten unter ihnen vom Frieden mit allen gehan⸗
„delt Habe, d). Daher ihn auch vielleicht erliche
Kirchenferibenten (iramssorov) den Apoſteln
gleich halten, und einen Upoftel unter den
Rönigen nennen e): mit was Recht, wird
anderswo klar werden. Zum wenigſten iſts
gewiß, daß andere privat- und geringe Perfonen
dergleichen Lob und Titel nicht, wohl aber Verfol-
gung genug davon getragen würden haben, wenn
fie ihnen in Kirchenfachen fo viel als diefer Kay—
fer herausgenommen hätten, _ Auf gleiche Arc
fchriebe ein Bifchofan den Kayfer, er erweifenicht _
allein ein Röniglich, fondern aud) ein Priefter-
lich Bemütbe, weil er neben der Reichsſorge
auch für die Religion fo fehr bemuͤhet ſey. Und
an die Kayſerin: “Sie forge für die Religion
„und den Kirchenfrieden,, f). Und Theodofius
befennet von fich, diß fey der Kayferlichen Ma-
„jeftät fürneßmfte Sorge, die Unterfuchung der
„wahren Religion, g). Dergleichen Befchrei-
bungen von der Macht, und Pflicht der Obrig-
keit in Kirchenfachen faft in allen Mandaten -
und Gefegen der Potentaten vorfamen: Im—
maffen fie darinnen fo viel Anftalten und Verord⸗
nungen von geiftlichen Dingen machten, nadh-
den die Lehrer, fo ſich fonft diefer Sachen alleine
angemaßt, und das Volk davon vertrieben hatten,
I: fih
Conf. idem c. 7. Exhort. ad Caftit.et Fr. Iunius in Not.
cl. Se&.I. Art. 4. p. 77. x) Homil. ı1. in Exod. etlib.
III. adu. Cell. y)l.e. c. Cell. z) Spanhemzins Introd. H. E. Sec. III. p. 82. Conf. omnino Grotius de Imp.
Summ. Poteft. c. XI. n. 13. Salmafıns de Epiſc. et Presb. c. V. p. 397. Blondellus aliique.
ns Breuiar. p. 626.de Vocat. Min. Eccl.n. 18. Großgebauer W ichterft. p. 53.
za Epift. XX. p. 128. de Anglis Cottonusc. 2.de Rat. Eccl. Nou.
a) V. Hülfeman-
et 140. b)De Geneuenfibus Be-
Angl. &c. c)Lib. III. Vit.C.M. c.24., d) Ibid.
lib. 1. e) Apud Arndium Lexic. Antiqu. Eccl. p. 580. f) Leo M. Epilt.7. 17. it. 18. 50: 36. 8) Epiſt. ad
Horimiftam aliique ap. Grosium de Imp. Summ. Pot.
P- 93.
fich nicht getraueten, alles allein zu beftreiten. Da⸗
—* er alles den — Herren, als dem
ihnen fo verachteten Poͤbel in Händen laſſen
wollten. Ich will nicht ſagen, daß die Kaͤyſer gar
——
h) Editæ a Grethere Ingolſtadii 1600.
Das 6.
—55 %.Cap. Don den Ebriftlichen Weibsperfönen in den erften Bemeinen.
223
gleichen Reden man noch vom Kayſer Leone übrig
bat h). Und diefes wäre vor dismal von denen
Perfonen in der Gemeine überhaupt, ohne Anfex
bung ihrer gemiffen Eintheilung, genug.
Kapitel,
Bon denen Chriftlichen Meibsperfonen in den er-
ften
Gemeinen.
Summarien.
peibsrerfonen find auch Miterben der Gnade des Lebens, $. 1. und daher nicht zu verachten, weil GOtt feinen Unterſcheid
machet;2. ſondern ſie gleiches Recht mit den Männern haben an dee Gemeinfihaft der Heiligen. 3-
Schwellen, die wolöfters Maͤnner an Glauben, Liebe und Hoffnung, übertrafen. 4. Erempelfokber. 5. .
nach welcher fie durchs Wort GOttes die Ihrigen unterrichteten; 7.
fe Weisheit und Erfenntniß GOttes, 6. u
der Roth lich man fie auch [ehren zum gemeinen Nuten, 8.
Daher heiffen fie
Sie hatten.oft groß
im Fall
brauchte fie auch zu ordentlichen Werrichtungen, 9. deren
Mancherleny waren, 10. welches aber mit der Zeit aufbörete; aus was ürſachen un. Laͤſterung der Heyden wegen der Ges
weinfbaft und Umgang mit Werbern, iz. ob fie wol von beyden feltem fchuldig waren. 13. Im der erſten Kirche durften
die Weiber auch taufen, 14. zumal im Zal der Roth: ı5.
6 5
geweſen, als auch Miterben der Bna-
de des Lebens, ı Petr. 3, 7. und von
ifnen einige nothwendige Anmerkungen nicht
zu übergeben find; als till ich felbige aufs kuͤr⸗
zefte hieher ſetzen. Zwar die Erempel aller
erleuchteten und gottfeligen Weiber der erſten Ge-
meinen hat man nicht richtig aufgezeichner: fo fin-
det man auch in der Apoftelgefhieht fehr wenige
benenntz davon die Urfache ſeyn Eann, weil fie mit
öffentlichen Berrichtungen wenig zu thun gehabt.
Indeſſen werden doch die Weiber gleich anfangs
mit benennt, welche mit den Apofteln fters bey
DI diefe allzeit ein Theil der Gemeine
N
a einmüthig gewefen: c. 1, 14, und
eknach die zu Philippis, zu denen die Apo—
fe pflegen zu reden, wenn Ir zuſammen famen,
c. 16, 13. Wieauchinfonderheit die Lydia von ih:
rem Glauben und tiebe fehr herrlich befchrieben
wird, v. 14.15. Hernach gefelleten fic auch zu
Theſſalonich der fürnehmften. Weiber nicht we:
nia zu Paulo, und wurden alſo glaubig, c. 17, 4
Inſonderheit aber wird Priſcilla, Aquila Ehe:
meib, fehr gerühmt von ihrer Erleuchtung; alfo,
daß fie auch nebenft ihrem Manne Apollinem, ei-
nen beredtenund in der Schrift mächtigen Mann,
den Weg GOttes genau lehrere, c. 18, 2. 18. 26.
Wie fiedenn auch eine Gemeine in ihrem Haufe ge-
a) Epif. 16. ad Principiam.
habt. ı Cor. 16, 19. Sa, Paulus rühmet fie, daß
fie für fein geben ihren Hals dargegeben habe.
Röm, 16, 3, Alwo er auch unterfchiedene andere
Weiber nennet und grüffer, als, feine Schweſter
Phöben, v.1. Mariam, v.5. Tryphenam und
Tryphoſam, welche in dem HEren gearbeitet ha-
ben, v. 12. die Perfida, fine liebe, v. 12. die
Mutter Ruffi, Nerei Schweſter, Uppiam, die
liebe, Philem. v. 2. u. ſ. w Andere Erempel
werden unten bey ihrer Hausbaltung und Privat
leben vorfommen.
2. Indem ic) aber nur ein weniges von ben
Weibern unter den erften Ehriften gedenken will,
erinnere und brauche ich mich billig der Worte
Sieronymi, damit er ſich enefchuldiget, wenn er
von ißnen fhreiber: Vielleicht fpottet ein uns
„laubiger Ser, daß ich mich in dem Lobe der Weis
„ber aufbalten wolle. Aber wenn er fich erinnert,
„wer dem HErrn am treueften nachgefolger fen,
„nemlich die H. Weiber, fo mag er mol fich felbjt
„wegen feiner Hoffart, als andere wegen einiger.
„Ungefchicklich£eit befchuldigen. Wir urteilen.
„die — nicht nach dem Geſchlechte, fon=
„dern nach dem Herzen, und balten die Verſchmaͤ—⸗
„bung des Adels und der Guter fin die hoͤchſte
„Ehre & Und gewißlich, wer insgemein ‚des
HErrn Gnade an allen Ereaturen gerne —
er,
224
der muß auch vielmehr feine überfchwängliche
Barmberzigkeit an denen zwar nad) der Natur
ſchwachen, aber auch ofte nach der Gnade ftarfen
Werkzeugen erfennen und rühmen. Die lieben
Alten wußten wohl aus Pauli Unterricht, daß in
CHrifto Fein Wann noch Weib ſey, fondern
alsumal einer. Gal. 3, 28. Col. 3, ı. Darum
fagten fies *Es fen eine Kraft und Tugend bey
„Mann und Weib b); aud) wenn die Men-
„hen noch im Fleiſche lebeten und doch in CHri⸗
„to wiedergeboren wären, fey doc) Fein Mann
„noch Weib mehr ch. Miemanden helfe fein
Geſchlecht oder Alter etwas, wenn das Herze
„nicht fromm fen. Die einige wahre und gemei-
„ne Freundfehatt mit ChHriſto fey, den Willen
Gottes thun d). Der Schöpfer des menfchli-
„chen Gefchlechts Habe wollen weiſen, wie er für
„benderlen Gefchlecht gleich forge, und beydes felig
„haben wolle: Daher müfle der Mann von dem
Weibe geboren werden, (gleichtvie zuerft Das Weib
„von dem Mann genommen war,) damit man al⸗
„10 fühe, wie bey GOtt Fein Unterfcheid fey zwifchen
„Mann und Weib in Erlangung der Selig—
„feit„, e). Daher gelte in GOttes Reid) fein
Geſchlechte, Alter, Stand, oder andere Umftände
mehr; “ein alter Mann werde eben fo wiederge-
„beren aus GOtt, als ein Fleines Kind: dieſe
„Geburt Fenne auch fein Gefchlecht noc) Alter F).
Der Glaube kann —— und Alter wohl ver⸗
gleichen,
Hier muß Fein Unterfcheid an Stand und
Gütern ſeyn:
Es darf das Weib dem Mann an Seligfeit
nicht weichen,
Wo CHrifti Gnad regiert, da geht Natur
nicht ein g).
3. Daß nun bey den erften Ehriften das weib⸗
liche Sefchlechte aud) in die Gemeinfchaft der Hei⸗
ligen gehöret habe, fehen wir überdis auch hier—
aus, weil fie fie ebenmäßig vor gefchickt 31
zur Heiligung und Erlangung des Ebenbildes
GOttes, nachdem fie auch anfangs dazu erſchaf—⸗
fen geweſen. hr feher Die Gleichheit des
„Rechts: (fagte ein Lehrer,) Es ift ein Schöpfer
„Manns und Weibs, ein Bid GOttes, ein
„Recht, ein Tod, eine Auferftehung h), J
„dem Bilde GOttes wird Fein Gefchlechte betrach⸗
—24
2. B. Don der erſten Chriſten gemeinem und ſonderbarem Bottesdienft, er
„tet, und die Weiber koͤnnen von der Heil. Ger
„meinfchaft nicht abgefondert werden, die da
„Miterben find der. Hoffnung, in deren Herzen
„man eine gemeine Natur mit ung erfennet,, i).
Davon n. eine Jungfrau, mit Namen Julitta
alfo zu reden wußte: Wir find ebe fomol na
„dem Bilde GOttes erfchaffen, als die Männer.
„Ein Weib, das von dem Werkmeiſter bereitet
„iſt, it auch) der Gottſeligkeit fähig. _ Und was
„its Wunder? Sind wir nicht in allem denen
„Männern verwandt, K)? Zu melcher Her
wiederbringung fie auch einerley Mittel bey ihnen
erkannten, weil doch Mann und Weib fo wol zum
Böfen als Guten die Wahlund Kraft haben koͤnn⸗
fen ). Denn “die görtlihe Gnade nehme fie
„alle gleich auf, und fo viel den Dienft GOttes
„berrift, fey weder Mann noch Weib mehr, fon
„dern fie erlangen eine Belohnung in Chriſto m).
„nd wie wollte aucheiner da das ala lan=
„ge unterfcheiden, wo nicht des Leibes Kampf, fon»
„oern ber Seelen erfordert wird, welche Fein Ges
„ichlecht Kata)? Alfo gelte in dem Dienft Chris
„ſti Fein Une heid des Gefchlechts , fondern der
„Herzen, 0). "Welche Urfache abermal Siero—
nymus braucht, wenn er fagen will, “warum er
„öfter an Aal als an Männer fehriebe,
„und das ſchwaͤchere Gefchlecht diefem vorziehe;
„Denn (fpricht er,) ich tue es deswegen ; damit
„jenen ihr Stand nicht gerene, und die Männer
„nicht auf ihr amen ftolz werden, zu deren
„Beſchaͤmung " heilige Leben der Weiber in der
„Schrift gelober wird,, p). Und diefe Gewohn⸗
heit der Alten leugnet auch einer vor den Heyden
nicht, wenn er ſchreibet: Weil uns, die wir die
„Geheimniffe des wahren Gortesdienfts empfan-
„gen haben, die Wahrheit von GOTT offenbaret
„iſt, und wir GOtt, dem Brunn der Weisheit und
„Fuͤhrer der Wahrheit folgen, fo ruffen mir alle
ae der himmlifdyen Mahlzeit zufanımen, ohne
„den geringften Unterfcheid des Geſchlech
„oder Alters,, q). Ein mehrers hat ein beruͤhm⸗
ter alter Scribente in einem eigenen Buch hin-
terlaffen r). {
4. Ein-fonderbares Denkmahl ihres Antheils
In an der Gemeinſchaft der Heiligen waͤr der Name,
damit ſie, kraft der allgemeinen ee
un
j b) Gregor. Nyf. Orat. de Vita Mof. c) Hieron. Epift. 24. ad Theodorum. d) Chryfff. hom. 45. in Matth.
€) Maximus Taurinenf. hom. 9. f) Panlinus Nolanus Epithal. in Iuliarı.
h) Gregorius Naz. Orat. ad Matth. XIX. ı.
de Vita Mart. v. 415.
g) Panlinus. Perrocorius lib. IV.
i) Augufl. lib. XII. de Trinit. c. 7.
k) Apud Bajil. M.hom. in Iulittam. 1) Gregor. Nyff.Or. de Vita Mof. m) Iufinianus Imp. Nouella Con-
fit. V. 1m) Ambrofius in P£.ı. 0) Hieren.lib. XII. Iefai. pref. p) Id.Epift.ı6. ad Princip. q) Zactantins
lib.I.c.1. x) Ambrofiuslib. de Viduis. Conf. omnino Gisb. Fostius Polit. Eccleſ. p. 32.
Ber —
6. Cap. Don denen Chriſtlichen Weiboperfonen in den erfien Bemeinen. 22
und Kindſchaft von den Männern beehret wur:
den, da fie bey denen Apofteln fchon Schwe—
ſtern bieffen, Rom. 16, 1. ı Cor. 7, 15. c. 9: 5.
i Welchen die Juͤn—
ı Timss, 2. acc. 2,15
ger treulich nachfolgeten, als Ignatius s) und
andere apoftoliiche Manner. Tertullianus
ſchrieb alfo an die Ehriftlichen Weiber, als er
von ihrer Kleidung etwas lehren wollte: Ihr
Maͤgde des lebendigen GOttes, ihr Mitdie—
merinnen, meine liebe Schweſtern: ch rede
Zu euch nach dem Recht meiner Brüderfchaft,
„und dadurch ih euer Mickneche bin, ı). Ein
anderer gleichfalls: “Wir find alle in CHrifto
»Blutsverwandte, Brüder und Schweitern,
„da wir aus einem Vater gezeuget find, Sie
zift eine Schwefter aus der Geburt nach dem
„Geift: Sie Bat ein Fleiſch und Blut mit dir
„von dem erften Menfchen; jie bat auch eine
„Gnade mit dir von dem HErrn empfangen, u).
Und noch ein berüßmter Lehrer: “Daß fie eine
„Schweiter in EHrifto ift, dasiftfie mir unddir,
„und allen,, x). Wie fie fonft die glaubi-
gen Weibsperfonen Bieflen lieb’! Schweſtern y),
allerliebreichfte, theure, beige z), aefegne-
te, auserwählte Schweitern 2), und derglei-
chen: Solchergeftalt trugen fiekein Bedenken,
ihnen die gemeinen Güter in EHriſto ohne Un-
terfcheid zu laſſen. Welches oßnedem bey den
Männern nicht ftund, fie den Weibern zu neh—
men: nachdem ſich jene wohl erinnern Fonnten,
wie gar ofte dieſe im Glauben einen Vorzug ge:
habt Hatten. «Du fieheft ja, (faat einer,) daß
„vas himmliſche Bild GOttes Fein Geſchlecht ach:
„tet, und der innere Menfch im Herzen feinen
„Unterſcheid leider. Ya, da der Herr auferftans
„den iſt, hat erdie Weiber denen Männern vor:
„gezogen, Denen er zuerjt erfchien; anzudeuten,
„va Feiner hinfuͤro das weibliche Gefchlecht
„verachten fülle. Auch bliebe Fein Mann bey
„dem gefreuzigten JEſu, und die Weiber blie—
„ben bey fo groffem Schrecken, Tumult und
„Gefahr alleine beftändig,, b). Welches denn
noch mehr befräftigen die vielen Exempel der Wei-
ber — die ſich in der Marter ofte geduldiger und
beſtaͤndiger erwieſen haben als die Maͤnner.
„Die glaubigen Weibsbilder haben unter denen
„Maͤrthrern die Welt und ihr Gefchlechte felbit
„überwunden: und da fie mit dem Teufel ge
[2
s)Epift.ad Polic. t)De CultuFaem.c.r. u) Bafıl. M. hom. in Laciz.
*
w
„kaͤmpfet, Baben fie männlicher geftritten, als
„die Männer fie martern fönnen,, c). Sa, wie
einer, der es felbjt mic gefehen, befennet: “Sie
„haben den göttlichen Glauben fo veite behalten,
„daß fie ſtaͤrker gewefen, als ihr Geſchlechte je-
„mals vermocht, und denen andern ein Exem—
„pel mit ihrer Beftandigkeit gegeben, d). Daß
demnachdie Chriften ſich wohl alfo gegen die Hey-
den ihrentwegen rühmen Eonnten.- “LUnfere Kin
„der und MWeiblein überwinden ſtillſchweigend
„ihre Peiniger, und das Feuer Fann ihnen aud)
„nicht einmal einen Seufzer auspreflen. Ge:
„bet, diefes ſchwache Geſchlecht und gebrechliche
„alter laͤßt fich am ganzen Leibe zerreiffen und
„brennen: nicht ausMoth, denn fie Fonntens ja
„wol entübrige ſeyn, fondern aus freyem Willen,
„weil fie GOtt vertrauen e).
5. Auch erinnerten die Lehrer nicht ohne Urſa—
che die Ihrigen insgemein der Erempel gottfeli=
er Weiber aus dem Alten Teftament. Wie al—
o Elemens von Nom damit die ungehorfamen
Corinther beſchaͤnte: Viel Weiber find: durch
„die göttliche Gnade geftärfee worden, und ha—
„ben viel erefliche und männliche Thaten ge-
„ehan,, f). Worauf er die Judith, Eſther und
andere befchreibet. Hieronymus führet es gleich⸗
falls alfo aus: “Wenn Barad hätte wollen zu
„der Schlacht gehen, fo hätte Debora nicht über
„die Feinde triumphiret: Jeremias ward ins Ge-
„fängniß gelegt, und weil Iſrael den Propberen
„nicht aufgenommen batte, fo wurde Yulda, ein
„Weib, erwecket: Die Priefter und Pharifaer
pereuzigen EHriftum, Maria Magdalena aber
„weinet bey dem Kreuze, bereitet Salbe, und
„ſuchet ihn bey dem Grabe, gehet zu den Apo-
„ſteln: Diefezweifeln, fieaber glaubet,,u.f. w.
da ers durch Alle Erempel der gottfeligen Frauen
aus der Schrift beweifet g). Gleichwie er
auch anderswo Melaniam, eine vornehme Frau,
ihres Heldengeiftes wegen lobet, daß fte bey dem
gefchwinden Tode ihres Ehemanns und zweyer
Söhne auf einmal ganz-getroft und muthig ges
blieben b). Deswegen ſie auch ein anderer eine
fo männliche Chriſtin nennt, die mehr als ein
Weib wäre i). Tertullianus hielte diefes gar
niche für unmöglich, daß ein Weib eben fo viel
als ein Mann um Chriſti willen leiden fönnte, da
auch heydniſche Frauen um Ehre und Ruhms wil⸗
len
x) Augufl. Epiſt. 38. ad Lætaim. y) Heron.
Epiſt. 39. Tertull. de Hab. Mul. initio. z) Anguſt. de Vita Chriſt. Proleg. Ambro/.lib. de Virgin. ı. et Epift. 64.
PaulinusEpift. 37. a) Idem. Epift. 49. Dionylius ad Chryfophoram ap. En/eb. lib. IV. H. E. c. 23. Ambrof. ad
Virg, Deuot.c.1.&c. b) Alcimus Auitus lib. ad Sororem p. 430. e) Augufl. Serm.5. de Sandtis. d) Cyprianus lib.
IV.ep.t. e)La&antinslib. V.c,13. P)EpiR.adCor.p. 70. g)Epilt.16,adPrincip. h) Epifl, ad Paulinum:
i) Panlinus Epift. 2,
226
*
2. B. Von der erſten Chriſten gemeinem und fonderbarem Gottesdienſt.
fen ſo viel ausgeſtanden hätten k). Geſtalt denn „die Männer, fondern auch das Frauenvolf
auch die Martergefchichte voll find von Erem-
peln folcher Heldinnen im $eiden um des Namens
JEſu willen. Von der Blandina zeugen felbft,
die es geſehen haben, “daß CHriſtus an ihr erwie⸗
„ſen habe, daß bey GOtt einer groſſen Herrlich—
„keit gewuͤrdiget werde, was vor Menſchen ge-
„ring, elend und verächtlich fey: Denn fie habe
„in einer unausfprechlichen Marter die Liebe zu ih—
„rem Gott mit der That bewiefen, und nicht nur
„zum Schein gezeiget,, 1). Der feligen Jung—
frauen Agnes Leben ward nach ihrem Tod in allen
Gemeinen bey allen Bölfern gerühmer, “weld)e
„ihr Alter; Gefchlecht, und die Tyrannen felbft
„bezwungen hatte,,, wie die Scribenten von ihr
berichten m), und dazu feßen, “wie groß Die
„Kraft des Glaubens in ihr geweſen müffe feyn,
„oe auch ein Zeugniß von fo einem Hefchlecht und
„Alte (denn fie war etwa ı2. Jahr alt,) erhalten
„babe, 2), Dergleichen Herrlichfeit GOttes,
fo er auch) an dem meiblichen Gefchlecht in dem
Zeugniß von JEſu EHrifto erwieſen, diefes ganze
Buch) nicht faſſen würde: deswegen ich jeßo al-
les übergehe.
6. Nicht weniger geftunde man ihnen eine no-
thige und zulängliche Erleuchtung und Weisheit
ju, welche fic) bey dem weiblichen Gefchlechte
gleichfalls zum Preis GOttes aͤuſſerte. Wir ha—
ben oben gefehen Cap. 5.8.2. daß die Ehriften fich
der Weisheit und Erfenntniß ihrer Weiber vor den
Feinden gerühmer und darauf getrotzet haben.
Muften-fie gleich viel Lafterungen ihrentwegen
leiden, fo bezeugten fie ihnen doch, daß fienichts
neues vorhätten, fondern wie die heydnifchen
Weiber bisweilen aud) etwas fonderliches lern=
ten, fo befliffen fib auch die ihrigen der wab-
ren Weisheit, und dürften fie deswegen die
Spötter garnicht auslachen. Sie redeten das
göttliche Wort bey ihnen, und arbeiteten doch
dabey mit viel anftandigerem Fleiß, alsjene 0),
die fich einbildeten, es wäre Fein Flug Weibs-
bild unter den Ebhriften p). Alleine, es erfub-
ven in der That diejenigen, fo auf des HErrn
Wege achtung gaben, daß die Erkenntniß und
der Glaube CHrifti den Leuten alle Todesfurcht
benehme, alfo, “daß auch Kinder zum Tode um
„CHriſti willen eileten: Dazu fi) nicht allein
„durch heilige Uebungen und Andachten bereite
„und erwecke,, q)., Bon fonderbaren Muftern
der göttlichen Weisheit hat die erfte Kirche viele
aufzumeifen, da aud) Propbetinnen im Meuen
Teftament waren: Wie nur in der Schrift be-
Fanne find Elifaberh, Luc. 1, 41. Maria, verf.
46. Hanna, tuc.2,38. die Tochter Philippi, Ap.
Geſch. 21,9. u. f w. Andere Erempel werden im
Fortgang vorfommen.
7. Insgemein aber Fam» allen Chriftlichen
Weibsperfonen zu, daß fie den Weg zum $es
ben fo wol als die Männer lerneten, gleichtwie dor⸗
ten die India acht hatte auf das Wort, Ap. Gefch.
16,14. Die tehrer hielten diefes für “der Wels
„ber größten Zierat, wenn fie ſittig und fromm
„waren, und ihr Geſpraͤch immer von dem göft-
„lichen Wort hielten, s). Anders, als man fic)
wol im Pabftehum und fonften nad) Are des Anz
tichrifts unterftehet, auch das fernen und GOt—
tes Wort handeln ihnen zu unterfagen t), und dig
abermal Daher, wenn ein Handwerk und Kauf:
handel mit dem Wort gemachet wird, wider den
klaren NBillen des Apoftels. ı Cor. 14,25. Die
alten Ehriften aber hielten das für gar nichts
neues oder ungewöhnliches , daß fie zu Haufe
und vor fic) die VBerftändigeren von geiftlichen
und nüglichen Dingen fragten u). Ya, fie berufe
ten fid) auf das Erempel der Prifeilla, daß die
Weiber zu Haufe wol die Ihrigen Ichren
und unterweifen dürften. Und insgemein fa
ben fie das Erempel Pauli an, der den Römern
die Epiftel durch ein Weib ſchickte, anzuzeigen,
„vaß man nicht lange in Perfonen waͤhlen foll-
96%, x). Deswegen fie auc) gerne geftunden ge=
gen alle Laͤſterer, “Daß die Yungfrauen unter
„oen Ehriften bey dem Spinnrocen göttliche
„Reden führten, y). Und dahin deuteten etli-
che die Worte Pauli, Tit.2,3. da er haben will,
daß die alten Weiber follen gute Lehrerinn
feyn, und die jungen Weiber lehren; womit
er ihnen das Wort der Ermahnung zu Haufe
zulaffe 2), daß fie die andern lehren follen, was
gut iſt, es feye num die Lehre zur Gortfeligkeik,
oder andere gute Sitten a); Wie alfo eben die
Lois und Eunice den jungen Timotheum unter:
richtet hatten, 2 Tim. 1, 5. 63,15. ' '
8. Die
e
k) AdMart.c.4. I) Apud Eufeb. lib. V.H.E.c.1. m) Hieron. Epift. 4. ad Demetriad. etex eo Martyrologium Rom. z
XI Kal. Febr. Conf. Prudentius hymn.$.de Cor. n) Ambrofins lib.I.de Virgin. 0) Tatianus Orat. ad
Gr. p.
168. p)Ib.p.169. q) Arhana/.lib.de Humanit. Verbi. s)Gregor. Naz.adMul. feornantes. t) Vid. Zimmer-
mannus de Presbyterif. $. 7. u) Ita Balfamon ad can. 70. Concil. Trullo e lib. VIII. Bafılicon. tit. 1. c. 1. decr. 5.
x) HieronymusadRom.x6. y) Tatianus l. c. laudatus et a BebelioSec. II.art.2. Antig. Eccl.p.209. 2) Chryfoft
adh.l. a)Hieron. adh.l.
ER
5
%
7
6. Cap. Don denen Chriſtlichen Weibsperfonen in den erften Bemeinen.
8. Die rechten Kinder GOttes fannten —
dem Licht des H. Geiſtes, was von ihrem Va—
ter herkam: Daͤher wurfen fie die Gnade GOt—
tes nicht weg, die ihnen der HErr an ihnen oder
andern zeigte, die Beſitzer mochten ihrer Ver—
nunft noch fo geringe ſcheinen. Vielmehr äfti-
mitten und brauchten fie die Gaben der Gnade,
wenn fieauch ein Weib hatte, zum gemeinen Nutz.
Der fonft fehr eigenfirmige Kopf, Hieronymus,
ward durch die hohe Erleuchtung einer vornehmen
—— ſo gedemuͤthiget, daß er dieſe
ekenntniß aufrichtig von ihr that: “Was mir
„durch langen Fleiß gefammlet, und durch vie:
„les Machjinnen gleichfam in unfer Wefen ver:
„wandelt haben, dashat fie alles geſchmecket, ge—
„lernet und behalten, alſo, daß man nach unſerer
„Reife zu ihr als einem Richter gieng, wenn etwa
„über einem Spruch der heil. Schrift Streit ent⸗
„Itanden war. Daben er aber berichtet, wie
fie nach des Apoitels Willen fich befcheidet babe,
„damit es nicht fehiene , als fchimpfte fie das
„männliche Gefchlechte, und Die Prediger, die
„fie bisweilen von dunfeln und zweifelhaften
„Fragen zu Mathe zogen„. Wicwol er dabey
befennt, “daß fie auchden Irrigen öffentlich wi—
„derſtanden habe, und GOtt mehr als Menfchen
„gefallen wollen,, 6). Solchen und dergleichen
vom H. Geiſt ausgerüfteren Perfonen haben die
Verſtaͤndigen allezeit, mit tuthero, zu lehren zu:
gelaffen, wenn es der Nothfall erfordert, und
feine Männer haben reden koͤnnen oder dürfen c).
Dergleichen einften inder Verfolgung unter Kay-
fer Licinio gefchabe. Denn als diefer aus Bos—
beit verbot, daß unter den Ehriften die Männer
nicht mehr mit den Weibern fich zum Gebet ver-
ſammlen ſollten, unddiefe jener Zufammenfünfte
nicht befuchen durften, fondern etliche Weiber
folften ausgelefen werden, welche die an-
dern lehren ſollten; fiehe, da verlachten fie
ihn nur, und kehrten fich daran garnicht 4). In
Betrachtung deffen wird auch von einigen Anti:
hriftifchen Lehrern zugegeben, “daß ein Weib
„wol öffentlich predigen Fönne, wenns nur der
„Pabſt zugebe,, ©). Ungeacht die meiftenaufden
feligen Lutherum ſehr ungehalten find, daß er es
mit feiner deutſchen Bibel im Anfang dabin ge-
bracht, Daß auch, wie etliche fpörtifch davon ve-
den f), die Weiber anſtatt des Spinnrodens
227.
die Theologie trieben, und wol gar Säße
aus Pauli Epifteln zufammen fchrieben,, davon
fie bereit waren zu difputiren und in allen Schu-
lenzurefpondiren. Geſtalt fie fich dabey beſchwe—
ven, daß fich etliche gar mit öffentlichen Schrif:
tenin Difputateinlieffen. In den eriten Gemei-
nen war ja das nichts feltfames, daß der HErr
den Unmündigen vor den Feinden, und font of:
— den Mund aufthat, und viele durch ſie
ekehrte. Die Märtyrin Coͤcilia mußte in ihrer
Marter deswegen wol fo lange beym Leben blei-
ben, “damit fie frey von GOtt reden Fonnte, und
„die andern in der Befenneni des Namens JEſu
„CHriſti ftärfte 2).
9. Es ift aber fonderlich aus den erften Gemei⸗
nen befanne diejenige Gewohnheit, da ſie gewiſſe
Weibsperfonen zu ordentlichen Bervichtungen
in der Gemeine beftellet haben, welche man Dia⸗
coniffas nennte, Paulus gedenfet ihrer fchon,
und zeiget an, daß es betagte Witwen gewefen,
und ſonſt gotefelig, ehrbar und gutes Namens
ſeyn müffen. ı Tim.5,9. Diefen ward nebenft
andern auch diefes aufgetragen, daß fie fonder-
lich das Frauenvolf , fo ſich wollte taufen laf-
fon, zuvor wohl im Chriftenehum untervichteten.
Dazu hatte man nun zwar auch wegen der Zucht
und Ehrbarfeit Urfache: Aber fie fegen nod) eine
andere, die nicht weniger wichtig ift. Nemlich,
eswurden deswegen ſolche feute dazu genommen,
welche Kinder geboren und aufergogen Batten,
damit fie defto beffer wuͤßten den andern
mit Anterricht, Aatb und Troft zu bel-
fen, weil fie die Erfahrung von allerhand
Affecten hatten bh). Dazu fam noch, daß bey
unficheren Zeiten es fich nicht allzeit wollte
thun laffen, daß Lehrer bey Weibsperfonen
ohne Verdacht und Laͤſterung der Gottloſen, die
nichts als Umveinigkeit in ihren Herzen baften,
aus- undeingiengen. Dahero denn ſchon Paulus
dergleichen zu feinen Gehuͤlfinnen (sywegysis)
brauchte, wie er die Prifcam nennt Rom. 16,3.
tem, die Evodian und Syntychen, Phil. 4,
2.3. wie auch die Phöben, die an dem Dienft
der. Gemeine zu Kenchrea war, Nom. 16, 1
Andere ihre Verrichtungen , als, Almofen aus-
tbeilen, Wartung der Kranken und dergleichen,
übergee ich i). Don ihrer Pflicht im Lehren re-
der nicht allein Paulus Tit. 2,3. fondern auch ber-
Sfa nad)
b) Epifl, 16. ad Principiam. c) Ita Zurherus ſæpe, Tom. II. Witteb. Lat. p. 249. et Tom. V. p. 455. &c. Conf.
zZ
lib. I. Vit. Conft. M.
e) Emmanuel Sa Aphor. Confefl. v. Foemina n. ı.
s ad Lancellstum lib. II. Inftit. I. Can. tit. 3. $. 2. 1.4. Schmidius Mul, in Ecel. p. 87. d) Eufeb,
f) Fewardentius ad Irenai I.c.9.
Pamelius ad Tertull. de Prxfer. e. 41. g) Ada eius ap. Barenium Ao. CCXXAIL n. 12, h) Tertulianns
lib. de Vel. Virgin.
*
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Mu nn rs ud EEE Earl 5, EEE
228 2.28. Don der erften Ehriften gemeinem und fonderbarem Borttesdienft.
ag nn 17 pen Ba — 0 00
nach en da in einem alfo befchloffen
ward: Die Witwen, oder geheiligten einfamen
„Weiber, welche zu dem Dienft, die Weiber zu
„taufen, erwählet werden, follen alfo zu dieſem
„Amt gefchickt ſeyn, daß fiedie unerfahenen Wei—
„ber mit tüchtiger und gefunder Unterweiſung leh-
„ten, wie fie vor der Taufe dem Täufer antıwor-
„een, und nach der Taufe leben follen,, k)
Diefes war in den abendländifchen Gemeinen.
Wie denn auch Hieronymus zu feiner Zeit geden-
fer, daß es in Morgenlandern noch gebräuchlic)
gewefen, da folche Diaconiffen “in der Taufe
„und im Dienfte des Worts ben der Gemeine ge
„oienet haben, 1). Und ſolche Perfonen hielten
Die Alten insgemein den anderen ne für nö-
thig, “damit, wo jene nicht hin durften fommen,
„dennoch diefe auch unter das Frauenzimmer mit
„dem Wort des HEren fommen fonnten,,; wie
Eicmens Alerandrinus davon redetm), Ob
aber und wie etwa die Presbyterz oder Aelteften-
meiber von denen Diaconifiis unterfchieden gewe—
fen, hindert uns bier nicht n); viel weniger Die
vielen andern Umftände, die man bey curiöfen
Antiquariis finder. *
° 15. Merfwürdiger iftunter andern diefe Ver—
richtung folcher Witwen, die man beyeinem ural-
ten Scribenten findet, daß nemlih, wer habe‘
heyrathen wollen , felbige zuvor um Rath ge-
fragt 0)... Zu gefchweigen, daß fiebender Taufe
der Frauensperfenen aud) die Yus- und Anflei-
dung verrichtet, da man die Täuflinge ganz ins
Waſſer zu- tauchen pflegte p). Und um folcher
und dergleichen Verrichtungen willen fagen etli-
che, fie feyn gar mit unter die Zahl der Kirchen-
Diener gerechnet worden g): _ Zum menigften
muthmaſſet mans von denen, fo nun lange dabey
geweſen, und aller Sachen recht Fundig waren r).
Meiches aber alles von denen Zeiten anzunehmen
wäre, da man als einen gewiſſen Orden das Pre-
digamt abgefondert, und der Gemeine ihr
Hecht benommen bat, Ja, man finder gar, daß
diefe Weiber recht ordinirt und zum Amte einge
weihet worden s) : Zum wenigften wurden ihnen
gewiß die Hände aufgelegt, und fie alfo eingefe-
gnet t) . Diefe Anftalt aber itendic —
worden, ohne Zweifel wegen der vielen Erceffe
bey dem Verfall der andern Glieder aller in den
Gemeinen. Es mengte ſich da bald einige Ge-
winnſucht, Hoffart und andere Mißbraͤuche
mit unter, alfo,daß ganze Eoncilia fie abſchaffe—
ten u), abfenderlic) in der abendländifchen Kir-
chen x). Der Berderb war fchon durch Die
Nachlaͤßigkeit der Auffeber fo tief eingewurzelt,
daß man da fein ander Mittel fahe, alsdiegan-
ze Sache aufjußeben, welche von den Apofteln
ſelbſt fo treulich war angerichtet und gebrauchet
worden. Go weit hatte es der Satan gebracht,
daß man den Brauch mitdem Mißbrauch zugleich
wegwarf, und alles in dev Gemeine gehen ließ,
wie es gienge, - Pi
1. Immaſſen man auch weiterhin theils
durch einreiffende Mißbraͤuche, theils aus ande-
ven geheimen Urfachın ſich bemühbete, denen fo
genannten Sanen, und alfo auch dem weiblichen Ge-
fchlecht folgends alles Recht und Freyheit bey der
Gemeine zu nehmen, und das defto eifriger, je
Pabſithum herein zu brechen an-
mächtiger das
fieng. Dadurftendie Weiber gar nicht mehr in
der Kirche fingen, weil fie etwa mehr auf die
Stimme als des HErrn tob achtung geben mod)-
ten, nachdem alle göttliche Dinge ohnedem ver-
kehrt waren; wie der Seribente dazu feßt y).
Ja, man verbote ihnen endlich wol gar, daß fie
nicht zum Altar treten folltenz), welches doch fonft
zugelaflen war a). Nun hatte zwar Paulus ge-
fehrieben, daß ein Weib in der Bemeine
febweigen follte, ı Cor. 14,34. ı Tim, 2, ın
welches auch die Scribenten fleißig wiederho-
len b): wie denn fonft damals das Frauen--
volE in Berfammlungen und auf der Gaflen
nicht allein ftille feyn, fondern auch bey den mei=-
ften
i) Vid. Cafaubonus Exerc. I. ad Append. Baron. n. 23. Cafalius de Vet. Chrift.Rit. c. 29. Zieglerus de Diac.
ce. XIX.n. 8. ſeqq. k) Cozeilium Carıhag. IV. c. ı2. 1) Comm. ad Rom. 16. m) Lib. III. Strom. et Epi-
phanius Her. 79. N) Vid. Zieglerusl.c.n.ı. Zimmermannus |. c.n. 34. 0) Ita e Terzulliani lib. de Mo-
nog. ce. ıı. dedueit Albafpinaus lib. I. Obf. 24. p) Epiphantus |. c. Iuflinianus Imp. Nouell. VI. e. 6. Con-
fit. Apoß. lib. I. ec. 15. 9) Terzull, lib. I. ad Vx. c. 7. et Exhort. ad Caſtit. Cozcil, Arauficanum 1. c. 26.
et Aurelianenfe U. c. 18. Epaunenfe c. 21. 1) Beneregius ad Can, 19. Nicen. Pez. Gregorius Tholofanus €.
XXXVIL. de Benefic. n. 6. ap. Zieglerum I. c. n, 33. s) Probat e Nouella l. c. et Epann. Concil. Sirmer-
dus Not. ad. Conc. Araufie. I. et adu. Baronium A. XXIV. n. 288. Albafpinens ad Nicen. Can. I. Ordi- |
nätarıum Diaconiflarum certe meminit Epiphanius Epift. 60. ad Hieron. modum narrat Blafßares Synt. .
c. 11. p. 71. t)Vid. Concilial.c. et Valefius ad Sozom.p. 163. u) Laodicenum c. 11. idque ex parte tantum iuxta-
Petauiumad Epiphan. p. 349. et plane in Arauficano et Aurelian.Il.cc. x)De Orientali Balfamon ap. Leuncla-
uium in Ture Gr. Rom. p. 381. Conf.Blafares.c. y) Yidorus Pelufotalib.]. Epiſt. 90. z) Laodicen. c.44.quo pro-
tıocat Concil. Parifienfe Sec. IX. lib.1.c. 45. et ad Gelafii deeretumtit. 26. a) Falfamon ad Epift. Dionyßi. Conf,
Valefins adEujeb. VIl.c.9. b) Tersull. de Vel. Virg. c. 19. Confir. Apoſt. lib, III. c.6. et9. Auctor. Comm. in
1 Cor. 14. ſub nomine Ambrofü, Hieronymus Conum. ad ı Cor. 14.
2 { % *
BA 4
|
—
auftreten lieſſen, und in der Ge:
-
—
6. C. Don denen Chriſtlichen Weiboperſonen in den erſten Gemeinen.
ſten Voͤlker verhuͤllet gehen mußte, ihre Zucht
und Demuth zu — Aber Sb eben
chen von Paulo gemennet geweſen, die von eini-
en bey dem Verfall angeführet wurden, it gar
(ehr zu zweifeln. Alſo Kaget einer , es fey deswe⸗
gen verboten, damit jie nicht den Geiſt erheben,
„und die Geheimniffe der Weisheit einfehen, und
„von dem Wiffen aufgeblafen werden, daß fie da:
„von berften möchten, c). item, ein ander gibt
vor, es werde dadurch angedeutet, wie nunmehro
die Männer andere lehren und überzeugen follten,
nachdem Adam fich von dem Weibe bereden laf-
fen, das nun deswegen ſchweigen muͤſſe d). Ein
anders war es mit dem Vornehmen derer Ir—
rigen, wenn fie ohne Bedacht etwa ihre Weiber
meine verrichten, davon fo lange denen
Scribenten glaub Man aibt diefes
muͤſſer
n fd lleine,
wenn gleichweol Tekrullianus,
jwar auch denen
zu ihnen
ſich endlich ſchlug, des Apoftels Befehl fo fcharf
behauptet, fo ftehet dahin, ob ihnen in einigen
nicht unrecht ge UM mag f), sabfonderlich in
Beſchuldigung nzucht davon unten wei:
ter.
12. Es ift befannt, was
denen
ſtreuet worden, meil fie mit unfchuldigen Herzen
in der wahren Furcht GOttes in ihren Berfamm-
lungen auch Weiber gehabt, und fie um der ge-
nommenen Xergerniß willen vor dem Dienft des
HErrn nicht ausgefchloflen. Konnten gleich die
Feinde nicht allzeit etwas Arges wider fie erden-
fen, fo fpotteten fie zum wenigiten der Chriftli-
hen Männer, und fagten, fie ſaͤſſen unter
den Weibern, Tunafrauen und Rindern,
und fcbwagten mit ihnen, wenn fie aus dem
göttlichen Worte fich unterredeten g). Der:
gleichen ungegründeten Verdacht wir bereits auch
von Kicinio $. 8. gefeben, der die Frommen aus
Säfterungen von
+ feinem unreinen Herzen urtheilte, und fie mit feiz
nem Koth beflecfen wollte h). Maſſen Diefes auch
durchaangig der Heyden Klage war wider die
Chriſten: "das lichtfcheuende Volk, die leicht:
„alaubigen Weiber, die bald aus Schwachheit
„ihres Öefchlechts fallen koͤnnten, und andere aus
„dem gemeinen Poͤbel verführten, käme des
fen wider die Epriften daher ausge”
229
„Nachts zufammen, fehwagte nur von ihren
„Dingen in Winkeln, verachteten die Kirchen,
„verlachten die Heiligthuͤmer, jammerten über die
„Priefter,,, uf. mw. Welches der Präfident dorten
dem H. Fructuoſo bey feiner Marter vorbielt:
„Du ftreueft (fagte er,) eine neue Lehre aus, und
„machit, daß die leichtfinnigen Magdlein nicht
„mehr zu unferm Gottesdienft fommen, Ders
„Damme doc) einmal die Lehre der alten Weiber!
„(fo bieffe er das Chriſtenthum.) Was der Kay:
ar anbeten, das follen wir alle anbeten„i).. So
erzehlet auch Euſebius, daß die Heyden etliche
Welbsperſonen gezwungen baben, fehändliche
Dinge von den Chriften auszufagen, die fie in ih—
ven Zufammenfünften begiengen, welche man
aleich ad Acta gebracht, und die unfchuldigen
Epriften nach denfelben verdammt k). Von
den greulichen Sünden, Blutfehande und an—
derer Bosheit will ich nicht einmal fagen, die man
den Frommen allzeit ſchuld gegeben; auch nicht,
wie herrlich fie fich a cheidiget, Davon ganze
Schriften zeugen 1). Denen Zeugen der Wahr⸗
heit unter dem Pabft machte es die Welt eben alfo,
da man vor etlich hundert Jahren den Walden-
fern, Hußiten, Gerhardo Dulcino, und andern
vermenfiten Kegern unverſchaͤmter Weiſe fchuld
ab, ja öffentlidy in die Welt fehriebe, fie frieben
ben ihren Conventiculm und Zufammenfünften
Unzuche und allerhand andere Greul m). Unter
den Heuchelchriften gieng es denen redlichen Herz
zen.nicht viel beffer, wo jene nur die geringfte Ge⸗
legenheit faben, daß fte ihnen einen Schandfleck
anhängen Fonnten. Wenn der qute Origenes,
dem GOtt eine fonderbare Gabe die Ehriftliche Leh⸗
ve vorzufragen bengeleget hatte, aus eiferigem Ber:
langen, das Chriſtenthum fortzuflanzen, die
MWeibsperfonen unterrichtete, fo verfchenten ihn
viel Boͤſe mit dergleichen Berleumdungen
nicht n). Wir Haben oben gehöret die Urfachen,
warum Sieronpmus,dervortrefliche tchrer, gerne
mit dergleichen Perfonen von göttlichen Dingen
gehandelt und mit ihnen umgegangen: Dieſes
deuͤteten ihm die Heuchler und Gottloſen fo arg,
daß man ihn auch mit der Paulain Verdacht hatte,
die ernebenft andern zu einem einſamen seben ges
bracht hatte o). Da nun diefes denen bewährte
ſten — Lehrern geſchahe, was war
f3 es
c) Paulinus Epift. 4. ad Seuerum. d) Audtorap. Ambrofium ad Lue. 20. e) De Quintilianis Epiphan. Hær. 49.
Damafcenus de Hxref. n. 49. aliique.
f) De iis Epiph.l.c. Auguflin. de Hær. e. 27.
g) Tatianus Orat. adu.
Grec. p. 276. h) Cxcilius ap. Minutium Felicem O&tau. p.332. 1) Prudentius hyınn. 6.deCoron. k)Lib.IX.H.
E.c.i. h Vid. — Antiochen. lib. III. ad Autol. Tertullian.lib. I.ad Nation. c. 3. et Apol. e. 8.39. Minu-
rius1.c. uffinus Apol. II.
der Cent, IV. H.E.lib, IV. c. 19,
m) Catal. Tel. Verit.p.96g. 1015. n) Vid. Baronins A. CCXXXV. n. 45. 0) Ofian-
Ev
230
es Wunder, wenn es denen fo gienge, Die man ohne:
dem in Lehr und geben verdächtig bielte ?
13. Allein, die Unſchuld der Srommen wird un-
tem bey ihrer Keufchheit offenbar werden. Denn
deren Regel war allezeit bey ihrem Umgang un-
ter einander, welche der H. Janatius aus Gal. 3,
23. gab, “daß fie einander liebten und ehrten, und
„niemand feinen Nächften nad) dem Fleiſche anfä:
3,52, fondern in CHriſto JEſu, p). Unterdef-
fen giengen fie in Unſchuld her, und bewahrten das
Geheimniß des Glaubens in reinem Gewiſſen:
ungeachtet ihr freyer und ungezwungener Um—
gang, ihre Herzliche Liebe, die fich oft nicht halten
ließ, und ihr Friede und Freude in dem H. Geift
nur Verdacht, Mißgunft , Eifer und Rache bey
den Weltfindern und Heuchlern erweckte. Da-
her Tertullianus ausdruͤcklich feget, “die Liebes⸗
„bezeigungen unter einander machen fie bey den
„Bofen verdächtig, q) . Der Satan, als ein
Erzverleumder, wußte wohl, was ihm auch Durch
diefe ſchwaͤchere Werkzeuge vor Schaden gefche-
hen Eonnte, dahero wollte er die geiftliche Bereini»
gung durch folchen blinden Laͤrm foren. Er
fabe, wie wol ofte ganze Völker durch der Wei—
ber Dienft und Erempel befehret wurden. So
Ichete eine gefangene Weibsperfon den König in
Iberien, wie er CHriftum anbeten und verehren "durch in geiftlichen ‘Dingen Fein
füllte, und untermiefe ihn im Glauben. Darauf
der König fein Volk lehrete, und gleichfam ihrer
aller Apostel ward: Daß alfo die Männer durch
ihren König glaubig, die Weiber von der Köni-
gin unterwiefen wurden r). Welches Erempel
geroißlich fehr merkwürdig iſt, und von unter-
fihiedenen Scribenten gerühmet wird. Geſtalt
denn Socrates infonderheit von diefem WBeibe Bin»
zu feßt daß fie mitten unter den Barbaren von
göttlichen Dingen gehandelt, in ftetigem Faften
und Beten vor GOtt (ohne Zweifel um die Be—
Ehrung der Leute) beftandig angehalten. Der-
gleichen weiß man aud) von der Progati, einer
Schweſter des Königs in der Bulgarey, daß,
nachdem fie zu Conftantinopel als eine Kriegs:
efangene gewefen, und da eine Ehriftin worden,
—3* der König und das Volk durch ihren Vor⸗
hub befehret worden, welches fonjt von diefer
Lehre nicht hören mollte 5).
14. Da wir alſo fehen, was in der Gemeine mit
und von denen Chriftlichen Weibsperfonen ge-
p) Epift. ad Magnef. q) Apol.c. 39. r) Rufaus lib.
s) Regennolfeius Hift. Eccl. Sclauonicaruın,
lib. ı0. Infrudt. Hift, Theol. c.13.n.26. y) Lib. de
_ ER 1: |
2.3. Don der erften Ehriften gemeinem und fonderbarem Bottesdienft. " |
ſchehen fen, fo Eönnen wir auch endlic) dasjenige
echt nicht vorbey gehen, welches fie bey der er-
ften Kirchen hatten, zu taufen. en jivar
auch die verftandigen Ser benten Beh fie im Fall -
der Moth anderen Ehriften die Vergebung der
Sünden anfündigen, oder die Abfolution fprechen
koͤnnen, nachdem einem jeden Thriften frey fteher,
zuermaßnen und tröften, ja ausdrücklich geboten
iſt ‘ef. 2,3.H0f. 6,4. ı Theſſ. 5, 11. Ebr. 10, 24.0).
Bon Reichung des H. Abendmahls wollen diejes
nigen, fo feine abfolute Nothwendigkeit deſſelben
erkennen, nicht eben etwas gewiſſes fegen, fondern
laffen es vielmehr in Zweifel, oder übergeben es
eines jeden Gewiſſen u). Von der Taufe aber
ftimmen alte und neue Lehrer meiftens überein, und
geitehet Hr. Cave p. 312. insgemein von allen Lay⸗
en, (alfo auch von Weibern,) daß fie vorzeiten ge—
taufet haben, und zwar aus Tertulliano und
Zieronymo, welcher Zeugniffe fonft die andern
Keformirten in Zweifel ziehen x). Manfann Kb
zwar auch hiebey auf die Analogie des Alten Te—
ſtaments beruffen, da die Weiber aud) die Kinder
zu befchneiden pflegten, 2 B.Mof. 4, 25.1 Macc.
1,63. Aber der Hauptgrund im Neuen Tefta-
ment ift das allgemeine Priefterrecht aller Chri—
ften, und die Gleichheit derfelben in Seerifo, da⸗
ann noch
Weib iſt. Gal. 3,28. Wie nun denen Weibern
privatim andere zu lehren oblieget; alfo Fönnen fie
auch imMothfalltaufen. Daher ſetzet Tertullia-
nus ausdrücklich: Die Layen haben auch Das
„Recht (die Taufe zu geben). Denn was von
„allen gleic) genommen wird, kann auch von allen
„gleich gegeben werden, Memlich es fen genug, _
„daß mans im Nothfall brauche, wenn die Be—
„Ichaffenheit des Dres, der Zeit und der Perfon
„oazu reibet. Denn da wird die Nefolution des
„Helfenden ausgenommen, wenn die Gefahr da-
„zu freibet , weil der an dem Verderben eines
„Menfchen fchuldig ift, der nicht darreichet, was
„er in der Freyheit vermag, y). Und Hierony-
mus auseben diefem Grunde: Ohne des Aufſe⸗
„hers Befehldarfweder ein Aelteſter noch Diaco-
„mus taufen. Welches doch ofte im Nochfall
„auch denen Layen, wie wir willen, vergönnt iſt.
„Denn mie eg einer empfängt, fo Fann ers auch
„geben,, 2). Bon welchem Recht und Gewohn⸗
beit auch hernach Yaymo zeuget, wenn er fpriche:
Im Anfang des Glaubens kauften fie alle, und
. nicht:
I.H. E. c. 10. Sorrates lib. I.c. 20. Sozomenus lib. II.c. 6.
't) Ita 1.4. Schmidins Mul. in Eccl. p. vlt. u) Id.ib. x)Forbefius _
Bapt.c.17. z) Dial,adu. Lucifere,4.
„nicht allein Männer, fondern auch Weiber,
„wenn die Noth vorhanden war a).
—X
15. Zwar wird in etlichen Satzungen der Con:
eilien dieſes den Weibern verboten, wenn das vier—
te ik Carthago befchloffen hat: “Ein Weib, ob es
„gleich eilig und wohl unterrichtet wäre, foll es doc)
„in der Verſammlung fich nicht unterftehen die
„Männer zu lehren, oder zutaufen,, b); Alleine
die andern erfläaren esgar wohl, daß es gemeynet
fen auffer dem Nothfall, in welchem alles zu:
gelaffen ift c); wie die Widriggefinnten felber
efennen d). Ein anders wars, mas etwa bey
denen Marcioniten und andern in Gebrauch kam,
welches die Frommen und Ölaubigen nicht angien:
ge, oder an ihrem Necht hindern Fonnte e). Da-
a) Comm.inıCor.I. b) Can. 100. collat.cum 99.
6. Cap. Don denen Ehriftlichen Weibsperfonen in den erften Bemeinen. -
231
Fe diefe Weife annoch in denen Gemeinen bey«
ebalten ward; wie wir aus vielen alten Scriben⸗
ten erfehen F);alfo, daß auch noch das Concilium
zu Sloreng alfo feßte, da fich die Griechifche Kir—
che mit der Römifchen vereinigen wollte: “m
„Fall der Noth Fann auch ein Laye und Weib,
„ja auch ein Ketzer taufen, wenn er nurdie Weiſe
„der Kirchen in acht nimmt,, g). Und_von der
Griechifchen Kirche befennet ein gewiller Scriben⸗
te, daß auch die Hebamme im Morhfall caufähne
„eönne,,, welches auch bernach gelte bh). Ya, em
berühmter Mann in Engelland leugnet nicht,
daß, obgleich die Taufe den Weibern verboten fey,
dennoch, wenn fie rechtmäßig von ihnen gefchebe,
werde fie nicht verworfen i), Wovon unten bey Be⸗
trachtung der Taufe ein mehrers. ‚
©) Walafridus Strabo c. 26. de Reb. Eccl. Lombardus lib.
IV. Sent. dift. 4. et Gratianus c. Mulier. dift. 4. de Confecrat, Conf. Gerhardus L.de Bapt.n.36. d) Vid. G. 1.
Vofius de Bapt. Difp.XI.th.ıo. e) Epiphanius Her. 42. et de CollyridianisHer. 79. Damafcenus de Heref.
€. 42. Conf. Terzull.c. 42. de Prefer.
Confecrat, Srrabo Lombardusll.cc. 8) In Decret.
Eecl. Gr. ap. Schmidiuml.c. i) Cafaubonus Refp. ad.
Das 7.
Bon erlicher Chriſten
ſo
e
Leben
Morus de Offe. lib. ABB 2a.<t Gratianus ex eoc.conftat. dift. 4. de
u
de Armenorum vnione. h) Metrophanes Critopulus de
Epift. Perronii Obf. 3. ap. Gerharduml.c.
Kapitel, ;
ven und einſamen
t.
Summarien.
Etlihe unter den erfien Chriſten übeten fich aufeine fonderbare Weiſe im Chriſtenthum. $.1.2.. Was Mönche dazumal ge
weſen, 3. und wie fienelebet. 4.
Untericheid zwiſchen diefen und heutigen Mönchen: 5.
Die Alten ſuchten in folcher Yes
bensart unverhindert GOtt zu dienen, 5. umd fich in der Gottſeligkeit zuüben. 7. Urjprungumd Anfang folcher einſamen Yes
bensart 3. 9. aus Liebe zur Gottieligkeit, 10. wie auch Notb,ın. nach dem Erempel der Effäer. iꝛ. Bon wem die Eine
fiedler exit herkommen. 13. Deren Lebensart, 14.
achdem diefe Art der Chriften unter den
g Gemeinen zeitlich und noch unter denen
Berfolgungen aufgefonmen ift, und man
fo gar vieles in den alten Schriften davon finder,
auch beyden Theologis nicht wenige merfwürdige
Sachen von ſolchen Leuten angeführer und ge-
ruͤhmet werden; fo muß ich bier gleichfalls einige
Nachricht hievon erftatten, foferne es zur Erlaͤu—
terung der Hiftorie von den erften Chriſten Diener.
Daraus denn ein jeder von felbft ſchlieſſen kann, wie
‚weit der nachfolgende Mönchftand und andere $e=
bensarten der verfallenen Chriften von jenen er:
ften unterfchieden fen. Geſtalt ich auch bier, wie
in den übrigen Anmerkungen, auf das alleine ſe—
be, was etwa GOtt in dieſen Leuten gutes dabey
geroirfet, und deswegen denfwürdig feheinet; auch
was hingegen nach und mach von Menfchen
⁊
ohne Aberglauben und Abgoͤtterey. 15.
I
auffer und wider göttlichen Willen dazu gefeget,
oder an dem Guten verderber worden. So ift
demnach zuforderft zu wiſſen, daß es unter dem
Haufen der Ehriften immer dergleicyen Leute ge—
geben, welche aus fonderbarem Verlangen, GOtt
unverhindert zu dienen, fich auf ein ernftes und
eifriges Chriſtenthum aeleget, und die Hebung der
Gortfeligfeit und der Verleugnung fonderlich ge=
trieben, Denn ob zwar die erften wahren Chri—
ften insgefame in voller Ausübung des Glaubens
und der $iebe ftunden ; fo gab es doch, wie fonft bey
allen, auch gewiſſe Stuffen unter ihnen im Ehri-
ftenthum: da einige zwar im Grunde des Herzens
dem Herrn auch redlich anhiengen, und ein uns
fträflich Leben führten, aber doc) ihres Aufferliz
chen Berufs wegen nech in vielen Sorgen und
Berrichtungen diefer Welt verwickelt wohn %
ur
232
durch fie wider ihren Willen, ja mit ihrem groffen
Bekuͤmmerniß und Jammer von derjenigen Aus:
übung der Verleugnung in etwas zurück gehalten
wurden, darnach iht Herzzwar fehnlich Verlangen
trug. Hingegen andere, und deren nicht wenige,
wurden entweder von andern Feinden oder Freun-
den durch gortgefällige Mittel und Wege vonden
überflüßigen Gefchäften abgezogen und befreyet,
Eonnten in der Einfamfeit und Stille, auffer dem
eräufche und Getuͤmmel der weltlichen Unruhe,
ihr seben ungeftört zubringen in einer ernftlichen
Uebungder Gortfeligkeit und Bereitung aufein an-
der seben : Und dieſe hieſſe man nun Afcetas, oder
Lebende, von eben diefer ihrer fürnehmften Ver—
richtung; ingleichen Philofophos, oder Weisbeit-
liebende, von ihrer feligen Hebung in der wahren
Meisheit GOttes, wie ſolches aus den Seribenten
befanntgenugift. Daß alfo ſolche Afceren nicht
eben Mönche oder Einfiedler feyn mußten; fondern
es waren folche Leute, Die auch wol bey ihrem
bürgerlichen geben einen ernften Vorſatz hatten
und erwiefen, fichin der wahren göttlichen Weis—
heit und in einem göttlichen geben übeten, eine ein⸗
gezogene,mäßige, und gottgefällige Lebensart fuͤhr⸗
gen, und vor andern in der Verleugnung der Welt
und ihrer felbft ftunden a). ws
2. Diefe Leute fahen bey ihrer Eyxexreiw ober
Enthaltung und Berleugnung fonderlich auf die
Erempel der Alten, welchen der HERR felber
folche Lebensart vorgefchrieben hatte, daß fie ein
ander geben führen follten, als die übrigen Iſraeli—
gen, welche fonft zwar auch GOtt gefällig waren.
Sie wußten von Simſon, vonden Naſiraͤern und
Rechabiten, daß fie einen Wein getrunfen , oder
ander ſtark Getränfe, und fonft andere Gelübde
dem HErrn gethan und gehalten, Buch) Richter
13,7. 4 Buch Mof. 6,6. 7. Jerem. 35.1. f.w. Ob
nun wol ſoiche Sagungen an ſich felbit aufge-
hoben waren, fo war doch Feinem im Neuen Te-
ftament auch Die Uebung der wahren Berleugnung
verboten, fondern vielmehr einem jeden genau ein⸗
gebunden worden: Und dahero nahmen nun etliche
ſolche ſtrenge Lebensart vor, wobey ſie in der Heili⸗
gung beſſer zu wachſen meynten. Daß alſo die
ganze Chriſtenheit in zweyerley Arten der Chriſten
theilte, wie ſie ein Hiſtoricus deutlich beſchrei⸗
et in folgenden Worten: «Es find in der Gemei-
„une zwey Lebensarten eingefuͤhret: die eine uͤberſtei⸗
„get unfere Natur und die gemeine Weiſe der Men-
‘
” 2
2. 3. Don der erften Ehriften gemeinem und fonderbarem Bortesdienfl, _
„ſchen, denn fie fordert feine Ehenoch Kinder, noch
„Oüter, noch ander Vermögen, und ift gang von
eute
„dern gemeinen und gewöhnlichen geben der
„entfernet, hingegen allein dem Dienfte GOttes,
„aus unermeßlicher Liebe zu himmliſchen Dingen,
„ergeben. Welche nun diefe Weife angenommen
„haben, die find gleichfam von dem fterblichen geben
„abgefchieden, und tragen nur den Leib auf der Er⸗
„den herum, wohnen aber mit ihrer Andacht und
„Herzen im Himmel, verſchmaͤhen als Himmels-
U
„bürger das Leben der andern Menfthen, als die .
„gleichfam für das ganze Geſchlecht GOtt gewied⸗
„met find,und zwar nicht mie Schlachten oder Blut⸗
„vergieffen, oder Rauchwerk, fondern in wahren
„Grundfägen der Gottſeligkeit und einer Zunei-
„gung eines reinen Herzens, wie auch mit Worten
„und Werfen, dievon der Gortfeligkeit herflieſſen,
„womit fie GOtt erbitten, und gleichfam ihr Prie-
„ſteramt für fich und andere, die ihres Gefchlechts
„ind, verwalten : Und eine folche Lebensart iſt voll-
„eommen in dem Chriſtenthum. Die andere Le—
„bensart aber iſt etwas freyer und den Menfchen
„näher. Diefe begibt fich in Eheitand, verforgetdas
Hausweſen, ſchreibet den rechtmaͤßig ſtreitenden
„ihre Schuldigkeit vor, verlaͤſſet auch nicht den
„Ackerbau, die Handlungen,und andere bürgerliche
„Nahrung, Dienet aber dabey ihrem Orr b).
3. So befchrieben die alten Hiftoriei diefe Ark
zu leben unter denen Ehriften, welche denn nachge-
hends,da man allmählich die erite Liebe verlieffe,und
in der Uebung des wahren Chriſtenthums immer
faulicher ward, ziemlich in dem gemeinen geben un-
befannt wurde, alfo, daß diefe Lebensart faft nurbey
denenEinfamen oder fo genanntenEinfiedlern und
Mönchen bliebe. Nun darf man fich bey.diefem
NamenderMönche gar nicht folche Leute einbilden,
tie man fie jeßo insgemein fiehet, von der apoftoli-
ſchen Weiſe ganz entfernet undabgefallen. Denn,
mie ein bewährter Scribente redet, es iſt unmoͤglich
zu fagen, wie vielveiner, lauterer und von allen Ar—
ten des Aberglaubens freyer dasjenige Moͤnchsle—
ben der Alten geweſen, als das heutige e), Die Alten
hatten weder fo ftrenge Gelübde der ewigen Keuſch⸗
heit auffich, riefen auch Feine Heiligen an, mußten
von feinem eigenen Verdienſt des ewigen Lebens,
fonderk lebten in der Einſamkeit, wie und fo lange
fie wollten d). Cs waren auch) fonft unter ihnen
Diejenigen Dinge noch nicht befannt, welche nach-
mals die ganze Sache verderber haben, als da
find
a) Vid. Salmaf. Not. ad Tertull. de Pallio p. 42. Cafaubonus Exercit. II. ad Baron. Dufresnius Gloffar. Gr.
129. Valefius ad Eufeb. lib. IL.c.17.p.34.et 161.etalii. b) Enjebius lib.I. Demonftr. ade — —
Catal. Teſt. Verit. lib. 1. p. 43. in Baſilio. d) Ofiander Cent. IV. H.E.lib. Il. c. 42.
2
)
”
”
*
4
h
'.
find alferhand gezwungene und vergebli
unmoͤgliche Geluͤbde, an
7. Cap. Don etlicher Ehri
r gar
Unmiffen-
beit und Unerfahrenheit in görtlihen Dingen,
‚aber iſche Kleidungen und andere Satzun—
en, nebenft vielem abgöttifchen verkehrten Got⸗
tesdienft und heuchleriſchem Wefen e). Sie,die er-
ften Einfamen, machtens wie die Propbetenfin-
der, welche vor Elifa wohneren, 23. Kön. 4,
38.u.f. f). Sie übten ſich in der Erkenntniß
- ©9ttes und ihres Keils, wie auch in allen Stuf-
fen der Seiligumg, und hatten unter den Gemei:
nen zuerſt ein ſolch gut Zeugniß, daß fie aud) ge-
meiniglich zum Dienfte am Worte gezogen wur:
den: wozu fie denn, nad) des Herrn Eape Aus:
fpruch p. 257. die Strenge ihres Lebens und die
Reinigkeit ihres Wanvdels geſchickt machte, alfo,
daß fie auch oft alsbald zu Auffebern gemacher
wurden, wie es aus Athanafio zu beweifen fte-
bet 3), und fonft befannt genug iſt.
4 Welche nun alfo befchaffen waren, daß fie
in der Einſamkeit von ihrer Hände Arbeit lebeten,
den Gottesdienit deito befler zu lernen und abzu-
warten, die hatten wohl Urfachen, nad) der Theolo—
gen Urtheil, welche zu einem göttlichen Beruf ge:
börten 4). Denn folche heilige teure unterhielten
fich nur mit der Hoffnung eines beffern Lebens, und
fchieften fich alfo zu göttlichen Dingen ernftlich an,
daß fie aus Siebe zur Gottſeligkeit von der Gefell:
ſchaft der Leute ſich Tosmachten i), ob fie gleich
nicht alle und allzeit bey folcher Are blieben, fon-
dern etwa aus Moth andere Verrichtungen antra-
ten. fo gab es unter ſolchen Gefellfhaften im⸗
mer guteund fromme Leute, welche die Ehre CHri:
fti zu befördern mit allem Ernſt fuchten, und den
Grund ihrer Seligfeit nicht in diefen ihren Stand,
fondernin CHriſto legten; wie von ihnen fehr wohl
gezeuget wird . Sonſten aber hatten ſie auch
hoͤchſtnuͤtzliche Verrichtungen auf ſich, wenn ſie
vornemlich ſich der Unterweiſung junger Leute
annahmen, als welche insgemein die Abſicht ſol⸗
cher Könebiorum oder Klöfter warı). Dabey
denn folche Leute gerne bey der Lebensart anderer
Chriſten blieben wären, mwoferne fie niche für die
Gaben, die fie in denen irdenen Gefäffen trugen,
forgtaltig gewefen, und alfo einſam leben wollen,
daß fie Doch auch nad) —— Weiſe zu le⸗
ben verändern konnten m). iv wollen aber fol:
ber einen aus den alten Seribenten davon ver:
nehmen, der fie alfo befchreiber: “Ich Habe das
€) Spanhemius Introd. H.E. Sec. IV. p. 114.
n fonderbaren und einfamen Webensart.
f) Chemilisloco eitando.
233
„seben unterfchiedener Heiligen gefehen, derer
„nicht wenig waren, und denen ein Aeltefter vor
„fund, ein fehr frommer und gelehrter Mann:
„Ich habe auch fonft ihrer viele gefannt, darunter
„ein jeder hoͤchſt verftandig, anſehnlich und voll
„goͤttlicher Weisheit war, die den andern vorftuns
„den, welche bey ihnen wohnten, und in Chriftli«
»cher Liebe, Heiligkeit und Freybeit unter einan=
„der lebeten. Sie find auch niemanden beſchwer⸗
„lich, fondern fie ernähren fich ihrer Hände Arbeit,
„nach der morgenländifchen Art und des Apoftels
» Befehl. Ich habe auch erfahren, daß viele une
»glaubliche Falten haben, daß fie nicht etwa eins
»mal täglich vor Nachts fpeifen, wie uͤberall gez
„woͤhnlich ift, fondern ganzer drey Tagenach ein:
»ander, oder wol länger ohne Speis und Tranf
»bleiben. Und zwar ift diefes nicht allein bey Maͤn⸗
„nern, fondern auch bey Weibern. Denn e8
»wohnen aud) viel Witwen und Jungfrauen bey«
»fammen, ernähren fich mit fpinnen und weben,
»und haben die Frommften und Anfehnlichiten
„über ſich gefeßt, die nicht allein gefchickt find das
„Leben zu regieren, fondern auch den Berftand zu
»unterweifen. Unter diefen- wird niemand zu
„ſchweren Dingen gezwungen, die er nicht tra=
»gen kann. Keinem wird etwas auferlegt, deflen
»er fich weigert, er wird auch von den andern nicht
„verdammte, weil er fich für fchwach befennt ,
»daß ers ihnen nachthun Eonnte, Denn fiewiffen
„wohl, wie fehr die Liebe allen empfohlen fey. Sie
„willen, daß den Neinen alles vein iſt. Alfo ver-
„werfen fie nicht die Arten der Speiſen, als ob fie
„unrein wären, fondern fie wachen mit allem
„Fleiß, daß fie ihre Begierden dampfen, und bin:
„gegen die Liebe gegen die Brüder unterhalten
„moͤgen n),
*
5. Aus dieſen und andern Beſchreibungen wird
einem jeden Verſtaͤndigen offenbar, und durch die
Gegenhaltung der heutigen Moͤnche noch klaͤrer
werden, daß dieſe alte einſam lebende Chriſten mit
den folgenden keine Gemeinſchaft oder Gleichheit
haben. Jene wurden aus ſehr guter Intention
der Alten geſtiftet, zur Anferziehung gelehrter
Leute, wie auch keuſcher und zuͤchtiger Weibs—
perfonen: Und dieſe ſollten nun wiederum zu ſol⸗
chem Gebrauch angewendet werden, nach der Theo-
flogen Gutachten o). Sa, wie Lutherus ſchreibet,
wenn jemand fein Gewiſſen und Seele erlöfen kann
durch
g) Epift. ad Dracont. Conf. Vita
Auguflini e.it. h) Chernitius P. IL. Loc. Theol. dePaupert. p. 164. i) Schurzfeifchins Diſſ. de Ich Eonnal.
n.10. K) Ofiander Cent. V.lib. IV, c.ır.
gufiin. lib, de Mor, Monach. c. 33.
I) Dannhauerus Chrifteid. Th.I. p. 472.
0) Auguft. Conf. Art. VI. Apol. Art. XIII Articuli Smalcald, III.
m) Idemib. 'n) Au.
234
durch diefe Lehre, und im geiftlichen Stand alfo
leben, daßernicht dadurch fromm und felig zu wer⸗
den gedenfet, fondern nur feinen Glauben darin-
nen üben will über feinen $eib, und feinem Naͤch—
ften dienen, ſo mag er drinnen bleiben, und nicht
herauslaufen. Wer aber foldyen Stand verlaf-
fen oder meiden’will, der foll zufehen, daß er den
Schal nicht fucken laffe, und esnicht aus rechtem
Gruͤnd thue. Denn der alte Adam ſchmuͤckt fi)
gerne, und nimm eine Ellelang, wo ihm ein Fin:
ger breit erlaubet wird p). Welche Worte denn
theils den wahren Endzweck ſolches einſamen Le—
bens bey den Alten entdecken, nemlich die Be—
taͤubung und Zaͤhmung des Leibes in wahrem
Glauben, theils auch eine noͤthige Warnung mit
ſich fuͤhren.
fuhre es oft, daß viele die Kloͤſter deswegen zu
ſeiner Zeit verlieſſen, damit ſie deſto freyer leben
und dem Fleiſche mehr Raum geben moͤchten, weil
fie zuvor etwa zum wenigſten unter aufferlicher
Zucht und Gehorfam hatten ftehen müffen.Dem-
nach warnet er hie vor dem’ Betrug. des alten
Adams, der das Gute mit dem Boͤſen, die nöthi-
ge Demütbigung des Fleifchesmit dem Aberglaus
ben der Möndye im Pabftthum, zugleich gerne
abgefchaffet wiften wolle. Da doch weder das E-
vangelium felbft, noch Lutherus jemals die rechtmäf-
fige Cafteyung und andere Uebungender alten
Einfamen aufhebet, wie feine Widerfacher oder
untreue Nachfolger mennen. Vielmehr fieher es
diefer Mann für einen Betrug des Fleifches an,
wenn man unter dem Vorwand fleifchlid) geſinnet
ſeyn und leben wolle, und fagen: Ich bin Fein
Mönch oder Nonne. Ich führe Fein Bloſter⸗
Ieben. Welchen bereits der alte Chryfoftomus
antwerten mußte, als ihm die Weltfinder und
Heuchler ayf feine Vermahnungen zur wahren
Gortfeligkeit eben alfo antworteten: “Wille du
„denn, daß wir gar Mönche und Einfiedler wer-
„den füllen? Denen er alfo begegnete : “Das
„ifts eben, was icham meiften befeufze, daß ihr
Meynt, die Einfamen müßten allein fromm le—
„ben: da doh CHriſtus allen mit einander ge-
„meine Gebote vorgeleget hat. Er faget nicht
„allen zu den Mönchen, fondern auch zu Ehe—
maͤnnern: Wer ein Weib anfieht, u. ſ. w. 9).
6. Die Abſicht der Alten in dieſer Lebensart, ſo
fange fie rein und gottgefaͤllig blieb, war dieſe,
p) Poft. Eeclef. P. I. p.i75.
AM. lib. II. Ep. 62.
Por +
2. B. Don der erften Ehriften gemeinem und fonderbarem Gotteodienft.
Nemlich Lutherus beforgte und er=.
q) Chryfoflomus hom.$. in Matth.
t) Audtor Vitz eius in Fpitome.
37. 9) Eufebins lib. VIL.c. 32. 2) Idem lib. de Martyr. Paleft.c. 5.
_
*
.
nach aller vedlichen Scribenten Einftimmun
daß fie unverbindert GOtt dienen möchten, 1€
7, 34:35. Wir werden bald vernehmen, wie fie e
durchdie Verfolgung und Unruhe unter den Hey⸗
den zur Einfamfeit gebracht worden. Wie aber
diefes ihnen dazu Anlaß gab, fo kam fonderlic)
noch Hinzu der Vorſatz und Ernft, dem HEren
in ftillem Geift ungeftört und. ohne Zefteenng
des Weltgerummels zu dienen: Wie davon
ein alter Lehrer gedenfet, daß die Anschareten,
oder fo fich in die Einfamfeit begeben hatten, Diez
fes nicht aus Rleinmürbigfeit oder Ungeduld
gethan gehabt, fondern aus Verlangen eines
gröfferen Wachsthums und aöttlicher Be—
trachtungr). Und ein anderer fehreibet davon
ebenfalls: “Die Einfamen haben fürnemlich eine
„ernfthaftere Lebensart erwaͤhlet, Damit fie Buſſe
„thun möchten über ihren begangenen Sünden,
„und die Fünftigen ſowol an ihnen felbft als an
„andern verhüten„s). Welche Abfiche denn auch
diejenigen hatten, welche etwa auf eine Zeitlang
ſich dem gemeinen $eben entzogen, und in einfas
me Derter ſich verfügten; wie alfo Ehrpfoftomus
felber , der fonft das gemeine bürgerliche Leben auf
alle Weife zur Gottfeligfeit anführte, gleichwol
zwey Jahr lang in eine a allein fich begab,und
da feine Hebungen inder Gottſeligkeit hatte ) Und
noc) zwey andere berühmte Lehrer, Bregorius von
Nazianzo und Bafılius,erwählten ein ſolch ein⸗
fan teben von allen andern Eitelfeiten des Le—
bensu). Welches auch insgemein die Afteten zu
ihrem Zweck hatten, fie mochten leben wo und wie
fie wollten, daß fienemlich ſich in dem lebendigen
Glauben, und einem Leben, das aus GOtt ift,recht-
fehaffen überen, und alfo mit GOTT immer näher
vereiniget würden.
7. Sofchreibet man von Silvano, “daß er ſich
„bemühet babe, fein Chriſtenthum genau zu füh-
„ren, (dxeBas xasıavilew,) und fich in dem
Afcetifhen Leben geübet,, (weunrncv Blov
&rzav ) x). Gleichwie Paulus feßer, man folle
fich feibft üben zur Borttfeligfeit, ı Tin. 4,
7.8. Und dergleichen Erempel von ſolchem
Abfehen der Alten finden fih hin und wieder inden
Kirchenhiftorien, als von Petro Alexandrino,
und andern y), von gemiffen ungfrauen
(demagIevcıs arnuretous ), die fi zu ſolchem
ernftlichen Chriftenehum begeben z), und ande:
| ren
E 3
r) Caffianus Collat.XVIII.c.6. 5) Gregorius
u) Socrates lib. IV.c. 26. x) Socrates lib. Vu. 14
*
"5
»|
4
4
“a
n. apoftolifches Leben führten, wie es
| iſtoricus befchreibet b). Dahero man die
Sache felbft eine PiAosoQiav, oder Liebe zur
Weisheit, und die Perfonen Qiäoropss, Kieb-
haber der Weisheit nennte, wie oben erwehnet
worden c), Demnach Fönnen wir disfalls von
dem Abſehen ſolcher Leute verfichert ſeyn, foferne
nemlich ein jeder in gottgefaͤlligen Schranken
Chriſtlichen Demuth bliebe, und nichts um
- feiner Ehre und Hochhaltung willen anfieng, oder
Damit er vor den Leuten gefehen fenn möchte ; wie
ſichs Hernach bey dem verderbten Chriſtenthum
aͤuſſerte. Denn im Anfang fehen wir aus den
einftimmigen Zeugniffen der Alten, daß fie fich
nur angelegen feyn laflen, dem Wort des HErrn
in allem treulich nachzuwandeln, und mit vollfom-
- menen Herzen ihm anzuhangen. Deswegen bey
ihnen diefe &rxnrıs oder Uebung der Borrfe:
ligkeit für nichts anders gehalten ward, als für
Die Cehre des Erin felber; wie fie ausdrüd:
lich veden a).
8. Alles diefes werden wir noch beffer erfen-
nen, wenn wir ein wenig nach dem Urſprung die—
je einfamen $ebensart fehen. Davon zwar die
iebhaber derfelben nicht leugnen, daß die Öelegen-
heit gewefen fey die Verfolgung und Unruhe der
Feinde, welche zu vermeiden, einige anfangs fich
in die Wälder und Würteneyen verkrochen, und
davinn nachgehends blieben wäarene). Sie wol-
Jen aber zuforderit alle Befchuldigung der Rurcht:
ſamkeit oder zartlicher Vermeidung des Kreuzes
weggeräumet willen, und erkennen zwar nach den
-
>
}
Umſtaͤnden dieſe Flucht für einen Anlaß zu ſolchem'
‚‚einfamen Wandel; aber die Sache felbft mit ih:
ten Gründen und Abfichten fuchen fie in alteren
Zeiten, ‚und in dem Anfang des Chriſtenthums
felbft, nemlich-die wahre Uebung der Gottfelig:
keit, Verleugnung fein felbit, Berfhmähung der
Welt, und Nachfolge des armen Lebens CHrifti,
Ausübung der wahren Liebe zu GOtt und dem
Nächiten, nebenft anderen Früchten eines thäti-
en Ölaubens, Welche Stücte des wahren Chri—
ne nur den Umftänden nach vom Anfang
. _
— ren mehr a),twelche in ſolchen Uebungen ſtunden,
Cap. Von der erſten Ebriften fonderbaren und einfamen Pebensatt. 235
der Chriſtlichen Lehre bey einigen auf andere Wei.
fe ausgeübet worden wären, als bey den übrigen ;
aljo, daß fie fich dem Geräufche der Welt entzo⸗
gen, und ob fie ſich gleich in den Städten und un«
ter der Menfchen Gefellfchaft meiſtens aufgebal:
ten, dennoch ein abgefondertes, ftilles und einfa-
mes Steben geführer haͤtten. Nun leugnet zwar
fein in der Antiquität_ Erfahrener, daß das einfa-
me Leben gar ſehr alt ſey F), und fihon zur Zeit der
Berfolgungen, lange zuvor, ehe die Kanfer ſich vor
Epriften befannt haben, in Schwang fommen ges
wegen g): ingleichen, daß die Verfolgungen eben
ein groffes beygetragen zu Vermehrung folcher
Leute. Alleine, von den Umftänden und der Art
diefes Lebens bleibet noch zweifelhaftig, ob es eben
alles von den angegebenen UIrhebern, Paulo, Yila-
rione, Antonio und anderen, berzuführen fey.
9. Wir wollen aber viel lieber einige von den
Alten felbft Hievon vernehmen. Alſo fhreibetder
in dieſer Materie berühmte Mann Taßianus
mit Einſtimmung vieler andern: «Die Zucht und
„sebensart der Cönvbiten, oder derer, To ein ge⸗
„mein Leben mit einander führen, Bat ſich von der
„zeit der apoftolifchen Predigt angefangen:
„Denn die ganze Menge der Gläubigen war fo
„beſchaffen, (Apoft. Gefch. 2,4447.) wie man
„nun etliche wenige in den Cönobüs kaum mehr
„findet. Als aber nach dem Hingang der Apoſtel
„die Gemeinen anfiengen laulich zu werden , ſon⸗
„lich die, welche aus den Heyden und allerhand
„Voͤlkern zum Glauben fich begaben ‚ von denen
„die Apoftel, nach den erften Buchftaben des Glau-
„bens und der alten Weife des HeydentBums,nichts
„mehr forderten,als daß fie fich vom Goͤtzenopfer
„Erſtickten und Blut enthielten, und diefe Frepbeit
„nun auch die Vollkommenheit der Gomeine zu
„Jeruſalem allmaͤhlig zu beflecken anfieng, auch
„bey dem Wachsthum der Menge die Brunft
„des erſten Glauben erfaltete: Da wurden nicht
„allein die Neubekchrten, fondern auch die Borfte-
„ber ſelbſt durch dieſe Zerruͤttung allzuften. Dieje⸗
„nigen aber, die noch einen apoſtoliſchen Eifer hat
„ten, dachten noch an die alte Vollkommenheit
„giengen aus ihren Städten binaus, und von denen
(6) g 2, „hin⸗
a) Vid.Can. Apofl.c.51. et 53. Concil. Trull.c. 45. 46. Suidas, Heſichius, Etymol. M. k. v. et e recentioribus Dufse].
Gloflar. Græc. h. v.p.139.feq. b) Socraseslib. IV.c. 23. €) Sozom. paſſim. Baflius in Afceticis Tom II. Opp.
aliique, d) Clemens Alex.lib.1V. Strom.E gentilibus Philofophos pradticos vocant Qrxyr&c Artemidor.slib.
IV. c. 35. Arrianus lib. III. Diflert. c. fingul. megl KTRUNTEWS, Plutarchus Vit. Lycurg. dealiisPaujanias in Eliac,
Herodianuslib. II.c. 10. et VII. c. 2.aliique. €) Caffanusl.c. f) Ofrander Cent. IV.lib. U.c. 29. g) Vid.idem
l.c. et alibi. Hif. Eccl. Goth.lib. II. c. 3. feet. 5. Hortingerus Hiſt. Ecel. c.IIl. ſect 2. p. 123. Spanhemivs Hift. Eccl.
1. c. aliique, prefertim Cenrur. Magdeb. paflim. poftantiquos Hieronymum in Vita Pauli. Sozemenum lib.L. c.13.
Nicephorum lib. VIII. c. 39. Conf, Baronius An, CCLILL. n. 108. x
P rt
5
5 4
—8 *
236
„hinweg, welche meynten, fie oder die Gemeine
„GDttes dürfe nun leichtfinnig und nachläßig le
„ben, blieben alfo in abgelegenen heimlichen Der:
„tern. Da fie denn anfiengen, dasjenige vor fich
„und abfonderlich zu üben, was fie wußten, daß
„von den Apofteln aller insgemein war verordnet
worden: Und alfo ift diefe Zucht der Juͤnger
„gleichfam twieder warın worden. Die ſich denn
„nach und nach) von dem Haufen der andern Glaͤu⸗
„bigen abgefondert, und dahero Monachi und
„Meyalovres, Einfame genennet worden, weil
„ſie heyratheten, und von der Geſellſchaft
„der Eltern und dem Umgange der Welt ſich ent⸗
„bielten. Diefes ift allein die urältefte Are der
„Mönche geweſen, welche nicht nur der Zeit nach,
„fondern auch nach der Gnade die erfte ift, und
„alleine viel Jahre lang, bis auf die Zeit Pauli
„und Antonũ gewaͤhret Bat i). n
10. Ferner feßet er daſelbſt Hinzu, wie die ge-
dachten Männer hernach diefer apoftolifchen Zucht
zwar nachgefolget, daß fie mit ihren Juͤngern
nicht zufrieden gemwefen mit dem Sieg, dadurch)
fie unter ven Menfchen die Lift des Satans unter
die Füffe getreten; fondern daß fie auch zu einem
offenbaren Kampf mit den böfen Geiftern in die
größten Wüftenenen hinaus gegangen, nac) dem
Exempel Johannis des Taufers, Elia und ande:
ver, von denen der Apoftel fage: “Sie find her-
„umgangen in Pelzen und Ziegenfellen , derer
„die Welt nicht werth war, mit Mangel, Trüb-
„fal und Ungemach, und find im Elend gangen
„in den Wüften, auf den Bergen, in den Kluͤf—
„ten und Söchern der Erden,,. Ebr. I1, 37. 38- k)
Bon welchem Einfiedlerleben wir bald etwas hoͤ—
ren wollen. in anderer faſſet die Sache etwas
Fürzer und fpricht : Wenn die Gläubigen die
. „Worte Ehrifti hörten, (von der Berleugnung
„und feiner Nachfolge, Matth. 6, 24. c. 16, 24.
3610,37. 6.19, 27. 28. Suc. 14,26. Marc. 10, 29.)
„fo giengen fie hinaus auf die Berge, fo viel ihrer
„den HErrn fuͤrchteten, dafelbft übten fie ſich in
„dem einſamen afcetifchen geben. Wenn nun die-
sfes befannt ward, Famen viele zu ihnen, dar-
„unter etliche diefem Guten nachfommen wollten,
„und fiengen an mit ihnen alfo zu leben. Alſo
„fiengen fie fid) allmählich an zu mehren, und
„wurden rovasıgıa oder einfame Derter genen:
„net, nachdem diefe gute Sache erſt in Egypten
„aufkommen, und von dar in alle Länder ausge-
i) Collät; XVIIL c. 5. cui confentiunt Chryfof. hom. 13. in var. loca Matth. Hieronym. Epift. 10. Conf: M. An-
l) Iohannes Antiochenus de Donat. Mon. c. 3. apud Cotele-
sium Tom. L; Monum Ecel. Gr. p. 164. ex Athanafio in Vita Anton, et Theodori Studitæ hymno de 00.SS,
10n. 6 Dominis lib. Il. c.ı2. k) Cap. 6. 1. c.
im) Chemnitins Orat. de Led. Patrum in Bafıl.-
— ö—— — — — — — — — ——
2. B. Von der erſten Chriſten gemeinem und ſonderbarem Gottesdienſi.
zu begeben und abzuſondern von dem Umgang der
„da fie mit einander ihre Zeit mit gewiſſem Leſen,
welchem befannt ift, daß er eine folche Gefellfchaft
-
»
„breitet ward, 1), Gehet demnach die —
dieſes Scribenten dahin: Im Anfange des Ehre
ſtenthums habe Feiner Urſache gehabt, ſich alleine
Heiligen, weil ihrer aller Glaube ſo bruͤnſtig, und
die Liebe fo voͤllig geweſen. Es wäre auch noch
nicht rathſam oder zulaßig, wenn Die Gemeinen
annoch in folchem herrlichen Zuftand wären, Allein,
nachdem dis alles bey ihnen erfaltet und endlic
gar verlofchen, fo wären nun viele, Die es nad) ©
mit GOtt redlich gemeynet, aufdiefen Borfaß kom⸗
men, und hätten folche Lebensart angefangen. Die
Derfolgung aber feynurein Anlaß gewefen, denfel-
ben-defto eifriger auszuführen, je mebr fie nicht als
lein von Feinden äufferlich geängftet, fondern auch
oft von Heuchlern und falfhen Brüdern an vom |
Lauf ihres Chriſtenthums gehindert worden.
1. Daß aber diefe Urfache nicht allein von den
alten Einfamen gewiß und wahr, fondern auch
wichtig geweſen, Das geftehet auch ein berühmter
Theologus , wenn er von Bafılio fchreibet, er |
Babe zwar der Einfamfeit und dem Möndftand
allzuviel beygelegt; “Aber, wenn man den Zu
„ſtand felbiger Zeiten bedenke, fo koͤnne man auch
„vie Sache recht einfehen. Es habe damals ff
„graufame Unruhe und Streitigkeit gegeben, daß
„auch die Ehriften einander in der Kirchen mit
Ibloſſen Degen angefallen, und man nur mit lau-
„ter Gefchrey und Schmähungen unter einander
„oifputiret habe. Weil nun diefer gute Baſilius
„gefeben, daß befcheidene und Ehriftliche Gemuͤ—⸗
„eher hier nichts fchaffen koͤnnten, fey er mit feinem
„tieben Bregorid auf eine Inſel alleine gewichen
*
„Singen und andern Uebungen der Gottſeligkeit
„jugebracht,, m), Go urtheiletdiefer vortrefliche
Mann von dem einſamen Leben diefes Bafılii, von
einfamlebender Perfonen erichtet und regieret
babe. Davon eben fein treuer Freund Bregorius
diefes erzehlet, und ihm gar den Urfprung der Kloͤ—
fter zufchreibet; “Damit er nicht allein von fich,
„fondern auch von andern in der Gottſeligkeit
„mwachfen möchte, fo hat er zuerft die Kowoßıx
„oder Klöfter ausgefonnen, und die alte Weife der
„Einſamen, welche auf dem tande herum lebeten,
„unter eine gewiffe Ordnung und Kegel gebracht,
„die dem Gortesdienft naher fam. Denn als er
„gefehen, daß die, fo im gemeinen $eben unter
an⸗
3
}
„andern vermenget wären, andern zwar wol, aber
F „ihnen felber nicht nüßeren, weil fie nothwendig
uch vielem Boͤſen lebeten, das einem ruhi⸗
nen Mhd vollfommenen geben entgegen fchiene;
N „uingegen, daß die Einfamen in ihrem Vorhaben
feſter und GHOre näher ſeyn Fönnten , aber dabey
„nur ihnen allein nüge wären, weil fie Feine Er—
- „fahrung noch ——— hätten; fo ver:
„einigte er beyderley Lebensarten. Dahero ließ
„er die Klöfter nicht weit von den andern Leuten
„bauen, Damit fie andern dienen koͤnnten, und doc)
„auch ihre Ruhe oder Friede durch die Vielheit
„nicht geitöret würde n),
12. Diefes zeiget uns die ee gut ger
meynte Abfiche der Alten bey diefer Lebensart in
Anfehung des verderbten Chriſtenthums, daraus
fic) einige gerne wiederum reiffen wollten. Wie
dann ſonderlich im legten Buch zu ſehen ift, daß
| ‚über den elenden Zuftand bekuͤmmerte und
dabey nach GOre begierige Herzen nicht zu ver-
denken gewefen , daß fie alle möglichte Mittel er-
griffen, ſich von der Welt los zu reifen, zumal,
wenn fie fich nicht getrauet, von derfelben fich fo
eckt zu behalten. Welches alfo wol der wah:
aß gewefen ſeyn mag, nächft den äufferli-
ı Berfolgungen, warum einige ein folch Leben
gefangen. Ich will mich aber jego in feinen
> Streit einlaffen, ob man aus der Lebensart der
Eſſaͤer, einer gewiſſen Gefellfchaft unter den Juͤ—
den, ſehen koͤnne, daß gleich anfangs folche Lute
n der Chriftenheit geweſen. Gewiß iſts, daß die
alten Epriften faſt auf eben die Art ihr Leben und
Wandel befchreiben, als man hernach von den ein:
amen Chriſten findet o). Ya, daß fie aud) die-
elbe für Chriſten gehalten , die fi) aus dem Au-
denthum befehre und noch etwas daraus behalten
hätten, auch defto eher zum Glauben bereit ge-
wefen, weil fie fich in Verſchmaͤhung der Welt
und anderen Stücen der Gottſeligkeit ſchon geuͤ—
bet gehabt. Wie man denn nirgends lefe, daf
diefe dem HErrn JEſu zumider gewefen, als die
andern Gecten p). Es haben aber vorlängft ge:
lehrte $eute ex profeflo davon gehandelt, und
bier wird ung diefer Streit wenig oder nichts die:
nen, da wir nur auf Die Elare Hiftorie der alten
Gemeinen fehen 9).
13. Was aber infonderheit das Einfiedlerle:
ben betrift, fo ift mit Einftimmung bewährter
Hiftoricorum aus allen Umftänden zu fchlieffen,
7: Cap. Don der erften Ehriften fonderbaren und einfamen Lebensart.
237
daß das einfame teben Johannis des Täufers da⸗
zu Anlaß gegeben Babe, zu gefchweigen der alten
Erempel, Elia und anderer, Sch will abermal
die Sache lieber mit der alten Scribenten ei:
genen Worten vorlegen, daraus der Leſer alles
genauer wird faffen Fonnen. So fehreibet aber
Sieronpmus hiervon: "Es haben viele gezwei—
„felt, welcher Einfame doch zuerft in einer Wüfte
„gewohnet habe: Denn etliche holen es weit ber,
„nemlich von Elia und Johanne; andere aber,
„tie man insgemein dafür hält, fagen, Anto—
„nius fen der Anfänger diefes Borfages gewe—
„fen, welches auch zum Theil wahr ift. Denn
„er iſt niche fo wol felber vor allen der erſte gewe—
„ten, als Yu er die andern dazu aufgereizet hat.
„Es fagen aber Umatbas und Macarius, diefes
„Antoni Juͤnger, beftändig aus, daß einer, mit
„Namen Paulus von Theben, der Urheber gewe—
„fen 6). Eben diefer Autor erzehler ausführ-
lid), wie es zugegangen, daß diefer Paulus in die
Wuͤſten, und alfo zum Einfiedlerleben kommen
ſey: nemlich, er fen im ı5. Jahr feines Alters feis
ner Eltern beraubet worden, babe ein gottfelig
geben geführt, und fey wegen dergraufamen Ver-
folgung unter den Kayſern Decio und Valeriano
auf ein Landgut gewichen. Da ifn aber fein
Schwager den Feinden verrathen wollen, habe
er fich in die nächiten Wälder gemacht, und da—
felbft den Ausgang der Verfolgung erwarten
wollen. Er babe aber endlich aus der Noth muͤſ
fen eine Tugend machen, und wegen der langwie—
rigen Unruhe nicht Fonnen zurück fommen. Als
er nun lange in ver Wuͤſteney herum gegangen,
fey ihm endlich eine Höfe aufgeftoffen , da vor die⸗
fem ſich falfche Münzer aufgehalten, darein er
fich begeben. “Dieſe Wohnung (wie er ferner
„fchreiber,) gewann Paulus lieb, als die ihm von
„GOtt war gezeigt worden, und brachte er fein
„ganzes Leben, nemlich ı13 Jahre, alda im Bes
„een und Einfamfeit zu. Seine Speife und
„Kleidung war ein Palmbaum,, : (nemlich von
den Blättern Fleidete er fich, und die Früchte ges
noß er, den Saft trunk er.) Es Fam auch nach—
gehends auf GOttes Eingeben ein anderer Ein—
fiedler, Antonius, zu ihm, der fhon go Jahr ale
war, und da jener ftarb, begrub ihn diefer, er
aber lebte 105 Jahre ı). Diefer hatte einen Juͤn⸗
pe, Silarion, welcher hernach diefe Lebensart
n Syrien und Palaͤſtina ausbreitete u). Von
93 wel,
n) Gregerins Nazianzenus Monodia de Vita Balıl. 6) Eufebius lib. 11. H. E. c. 17. Hieronymus de Ser. Eccl.
in Marco. p) Ita H. Grorius Animadu. Riuet. Barozius A. LXIIII. n. 9. fegg. 4) Vid. Nie. Serarii Tri-
herefion et Scaliger in eius Elencho,
Supplem. u) Id. in Vita Hilar,
2
J
s) Hieronym. iu Vita Pauli init,
t) Idem ibid, et in Chron. Eufeb,
238
A ET. &
welchen legteren beyden man fehr viel herrliche
— und — obgleich nicht alles
ohne Chriſtliche Pruͤfung anzunehmen iſtz dar⸗
unter aber die Theologi auch das Gute nicht ver
werfen.
14. Es wäre viel von diefer Leute Lebensart,
heiligen Uebungen im Glauben und Liebe, ſtetigem
Beren und Falten, Kampf wider die boͤſen Gei-
fter, Wunderwerfen, Keufchheit , Genuͤgſam⸗
Eeit und andern zu ſchreiben, ingleichen von der
Art ihrer Wohnungen und Cellen, ihrer Klei-
dung, Speifen und andern Umftänden ; Alleine,
das merfwirdigfte wird hin und wieder erinnert,
und im übrigen muß ich Zeit und Mühe auf an-
dere Dinge ſparen: Zumal da ſich ofte bey füls
chen Erzeblungen, die man ohne Zahl bey den
Alten finder, das Wahre von dem Erdichteten kaum
entfcheiden läffet- Diefes muß ich nur noch bey
diefem Punct erinnern, daß Die erſten Einfiedler
und Mönche feinen fo nothwendigen und etwas
bey GOtt verdienenden Stand aus ihrem geben
gemacht, fondern ihn für freywillig und gut ge⸗
halten. “Ein Monch (Bieffe es,) hat nicht allein
„deswegen dieſen Namen ,- weil er Fein Weib
„bat, ſondern weil er dem Dienft und der Lie⸗
„be Gottes gewiedmet ift, und forget, wie er
„dem HEren, und nicht der Welt, gefallen mo-
gen X) Alſo, daß in den Augen rechtglaubi-
ger Epriften beyderley Stände gut waren, wenn
auf beyden Seiten dem HEren von ganzem
Herzen gedienet_tard. Wie jener den Aus
ſpruch thut: «Das befchauliche geben (wie es
„aenennet Ward, Yewgla), und das andere gemel-
„une iſt beydes angenehm und Dee Ermäß-
„.te die, welches die gefällt y). Selig ift zwar
„der, der in der Erhebung feines reinen Herzens
„den Olanz des himmliſchen Lichts beſchauet;
„aber derjenige ift auch nicht unfelig , der mit
„der Handarbeit Gott shret, und dem on
„Mann mit guten Erempeln vorgehet — 8
„find ihrer viel felig worden, die in den — *
„gewohnet haben, indem fie ein einfames eben
verlange haben: viel Einfiedler hingegen find
"oerloven worden, weil fie gethan haben, was
„die andern inggemein thun a). Denn es kann
5 on Matth Gregerius Nazianzenus Carın. 27. z) Idem de Beatitud. a) Vita
3) Chrfoftomus ham, Tora Ma 7 lb. VI. de Sacerdotio.
Syneletiee c. 97: b) Ibid.
.
⸗ —
= 3. Don der erfien Ehriften gemeinem und fonderbarem Borteodienfl..
„einer unter der gröfleften Gefellfchaft dem Her—
„zen nad) dennod) allein feyn, und ein Einfa= >
„mer mit dem gemeinen geben im Kerzen Ge»
„meinfchaft haben b).
15. Gleichwie demnach insgemein- die erften
Epriften vor aller fubtiler Abgoͤtterey fich herzlich
hüteten, und dahero alles aberglaubifche Wefen
flohen , hingegen mit aufgerichtetem lauteren
Sinn ihrem GITT und Vater dienetenz Alf
erwiefen fie fich auch hierinnen nicht anders, daß
fie nemlich den wahren Gottesdienſt nicht an Dies
fen einfamen Stand bunden, und die andern Le—
bensarten verwarfen. Dahero ſie es vielmehr
für eine gröffere Kraft des HErrn anfahen, wenn
eine Seele auch mitten unter der Unruhe diefer
Welt dennoch im Glauben und tiebe unanftoßig
fortwandelte. Hingegen fagien fie, “wir vers
„wundern uns eben über die Einfamen nicht fo
„ehr, daß fie vor fich felbft leben, und nicht be-
weget werden, over in geoffe und viele Sünden,
„fallen,,: Gleichwie am Ufer ein Schiff regieren
feine Kunſt ift, fondern in dem Meer, da das
Ungeritter ftürmet ec). Daß fie alfo einander
zeigten, wie wir fehon oben im 2. Capitel gefe-
ben, daß man wegen der Bosheit der Gottlofen
nicht eben aus der Welt laufen müffe, fondern da
vielmehr, wegen des geöffern Winerftands, auch
geöfferen Kampf ausüben, mie etwa der HErr
eine jede Seele führte. “Wir verfuchen oft, wenn
„wir unsüber das Leben derandern beklagen, den
Ort zu verändern, und etwa ein einfames.teben
„ju erwählen: da wir doch vielleicht nicht willen
„wie der Dre nichts helfe, wo der Heilige Gei
„mangle. Lot war ja auch in Sodom Beilig, und
„fündigte erft aufdem Berge: Wen Cains Bos⸗
„beit nicht wacfer über, der Fann fein Abel wer-
den, d). Diefes fehrieben aud) die groffen Liebe
haber des einfamen Lebens von fich, und bezeug-
ten, wie fie fo gar hierinne feinen Zwang oder an⸗
dere GOit mißfällige und der Chriftlichen Freyheit
nachtheilige Meynung begten, fondern eine jede
Seele der Führung des Höchften und feinem Rath
überlieffen. Wovon anderswo weiter Zu fehreiben
Zeit feyn wird. Dismal fey es mit der kurzen
Nachricht Hiervon genug.
d) Gregorius M. lib;I. in Ezech. hom. 9.
Dis
, —X
lo) Br
TE — — — —
—
—* | Dis 8.
Capitel/
Bon der Wahl und Beruffung der Lehrer in den
erften Gemeinen.
Summarien.
n der erſten Kirchen Funde man ſonderlich den Lehrern nach dem Leben. F. 1. Dem ungegchtet nahmen fie wohl ein
Amtan: 2. nicht aus Ehrgeiz, ſondern nach vieler Weigerung. 3.
ermählet, 6. die ihre aufferliche Handthierung beybehielten; 7 liche,
Reubekehrte waren. 8. Die erſten Ehriften faben nicht auf eine fonderbare Gelehrſamkeit, 9-
Erempel davon. 4,5. Handwerfsleute zu Lehrern
sie auch ohrinfeifliche Perſonen, ungeachtet es ofte
nbestare Gel x fondern nur auf wahre
Gortesfurcht und rechte Theilung des Worts.ı0, Dagegen achteten fie die falich berühmte Kunft ber —3 i
nichts, ja für Schaden. ı.. Doch nahmen fie keinen zum Lehramt ohne genaue Prüfung der Lehre und des Pebens: 12.
die Pehrer in der erften Kirchen erwaͤhlet und beruffen : 15.
Dazu fiedie aeikbickteften und beiliaften aus. dem Volk hervor ſuchten: 13. wider andere proteftirfe man. 14- 3
a ‘ pr } s nicht ohne Confens der. Gemeine: 16. „ welcher das Recht mit
Don wen
der Zeit von den Birböffen genommen worden. 17. Die eriten Chriften erkannten keine für würdige dehrer, ohne die
vom Heil. Geift und der ganzen Gemeine erwählet und beruffen. 18. Erempel davon. 19.
u
us diefem allgemeinen Haufen der Chri-
ften wurden nun einige Perfonen zu tech»
rern und Auffehern erwaͤhlet und beruf:
fen, die wir nunmeßro zu betrachten für uns neh—
men; und zwar erftlich, wie fie aus der Gemeine
nn geruffen, und verordnet worden zum
ienft des Worts. Geben wir aber den unfi-
cheren Zuftand der erften Gemeinen an, und mer:
ken aus den Hiftorien, wie die Berfolger abfon-
derlich erbittert gewefen auf die Lehrer, die ihrer
Meynung nad) das Volc fo verfuͤhrten; fo kann
auch ein Vernünftiger leicht fchlieffen, daß man
jo damals nicht eben , wie in der vermennten
luͤhenden und gepflanzten Kirche, nach folchen
Aemtern gedrungen und bemübet habe. Ichwill
erft jenes mit etlichen Zeugniffen darebun, ebe ich
weiſe, wie eiferig man die Kivchenämter geflohen
habe. So gieng es dem Heil. Polycarpo , daß
* manvor allen andern fuchte, fich feiner zu bemaͤch⸗
tigen, indem das Volf an ihm bienge 2). Nicht
weniger war Abibus vor allen andern zu Edeſſa
in Gefahr, weil er inder Stadt umher gieng, und
das Volk im Wort unterwiefe und zur Gottſelig⸗
| feit muthig machte b). Ein anderer, Vettius
Epagathus genannt , mußte gleichfalls deswe-
gen fterben, weil er durch Lehr und eben den an-
dern vorgangen war, oder, mie Die Feinde rede:
ten, ein Erempelder Bosheit gewefen. co, Darum
feste man auch denen Lehrern mit fo heftiger Mar:
c.28. f) Id.de Vit. Conft. lib. I. et II. c. ı.
ter zu, weil man boffete, wenn dieſe nachgeben
und abfallen, oder doc) ſchweigen würden, jo waͤ⸗
ren die andern leicht zu gewinnen: wie alfo Dio⸗
nyfius von fich fehreibet d). Und in ſolcher Ab:
ficht wurden die Mandata und Befehle vornene
lich wider die Vorſteher eingerichtet, als man von
WNarimino ©), Licinio h und anderen weiß g); ale
fo, daß die wenigften Lehrer Damals eines natur—
lichen Todes fturben : welches von denen meilten
aus den Martergefchichten bekannt ift h). Dabero
jener blutduͤrſtige Tyranne vondem Heil. Lauren⸗
tio, als er ihn gefangen hatte, vor Freuden ſunge,
nach Prudentit Bericht ):
Wie wohl ifts ung gelungen,
Daß felbft ihr Meifter und ir Haupt
Uns in die Hande falle.
Der fey den andern zum Exempel vorgeftelle!
Es ift uns ja erlaubt,
Da wir die Jünger zur Berleugnung zwungen,
Daß auch der Raͤdelsfuͤhrer ſchmeckt,
Wie weit ſich unſre Macht erſtreckt.
2. Wiewol aber dieſes eben nicht die Hauptur⸗
ſache war, weswegen die gottsfuͤrchtigen Leute
das Lehramt ausſchlugen, oder ſich dazu nicht
ſelbſt antrugen; dennoch Fonnte es bey denen
viel zurücke halten, welche noch blöde und wider
alle Furcht nicht gewapnet waren, Diejenigen
aber, fo es für eitel Freude achteten, wenn fie
mit Chrifto leiden follten, fonnten auch wol cin
ſolch
a) Eufeb.lib.IV.c.ı5. b) Acta ap. Baronium An. CCCXVI. n. 48. qui et conferatur de hac re An. CCLX. n.
42. €) Eufeb.V.c.ı. d). Ibid. VI. ce. ı. etde Hyppolyto Prudentius hymn.ıı.deCoron. e) Eufeb.lib. VI.
- 1 8) 1d. de Diocletiano lib. VIII. H.E.c.3. et 6.
Antbimo Nicomedix Epife. VIII. c. 6. dealiis ib. c.13.IX.c. 6,etalibi i) Hymn.2.de Coron.
h) Idem de
240
folh Aufſeheramt begehren,oder in ihren Herzen
verlangen, nach Pauli Worten ı Tim, 3, 1. indem
ie aud) gleich zu allen denen Eigenfchaften und
flichten fich verftunden,, Die dabey ſeyn mußten,
verf. 2.3. Denn fo und nicht anders nahmen
die Alten diefe Worte Pauli an, nad) dem wah—
von Sinn des Geiftes, und verhüteten allen Miß-
brauc), Der fic) nach und nach bey der äufferlichen
Kirche mit einfchleichen wollte. Deswegen er
Elärten fie nun diefen Sprud) alfo: “Das Bi-
„Ihofamt ift ein Name eines Werks oder Amts;
„aber feine Ehre: Denn es hat den Namen da-
„von, daß der, welcher vorgeftellet wird, auf
„die Untergebene achtung gibt, und für fie for-
„get*). Wer nun ein fold) Auffeheramt begehrt,
„ver begehrt ein Werk, und Feine Ehre oder Wuͤr—
„de; Arbeit, feine Ergöglichfeit oder Wohlluſt;
„ein Werk, dadurch man in Demuth geringer
werde, nicht durch die Höhe fid) aufblehe und
zerhebe,,k). Item, fie gaben zwar denen Ehr-
begierigen zu, Daß das Amt ein gut Werk fey ;
aber nur alſo, daß auchdaben wäre, was darauf
folge, nemlich, daß fie auch unfteäflich wären.
Denn “es wären nicht alle Bifchöffe wahrhaftige
Aufſeher. Es finde ſich oft neben Petro auch
„ein Judas, und bey Stephano ein Nicolaus,,t)-
Ja, je Föftlicher diefes Werk fen, je mehr fen die
ganze Gemeine ſchuldig, in Erwaͤhlung eines Auf:
fehers recht fürfichtig zu feyn m). Denn, weil
ein Bifchof unſtraͤflich feyn müffe, fo verrarbe
derjenige fich felbft , der zwar um den Dienft an-
halte, aber zur Gortfeligfeit Feine Luft babe n).
‚Sonderlich erinnerten .fie auch bey dem Wort
begehren, mie es anzunehmen ſey. Nemlich, “es
„ſey ein anders, aus einem menſchlichen Affect
„und Verlangen um eine folche Stelle ſich bemü-
„hen, ein anders aber herzlich verlangen, daß man
„allen dienen mögeo), daß man ihnen mit Lehr
„und geben vorgehe, undder erfte bey der Marter
„fen p). Denn damals, zur Zeit der Apoftel, ſey
Fes zrear Löblich gewefen, ein ſolch Amt zu verlan-
„gen, meil es eben fo viel war, als die Marter-
„Frone verlangen, nachdem die Aufſeher immer zu-
Ferſt zum Tode gefordert murdeng) : Aber, wer
„8 der Ehre wegen begehre, der begehe eine
„groffe Thorheit aus Hochmuth feines Herzens, r).
*) Augufinuslib. XIX. de Ciu. Dei e. 19.
BernhardusEp.42. p) Ambrof.l.c.
"2.9. Don der erften Ehriften gemeinem und Ponderbarem: Sorreodienft,
k) Hieronym. Epift. 88. ad Ocean.
Projper lib.I. de Vita Contempl.c.20. n) Ambrof. velquisakusinh.l.et Zßdor. Pelufiota lib. I. ep. 104.
q) Gregor. M.P.1.Paftor.c.g. r) Chryfaf. hom. 35. in Matth. et lib.
Kurz: Das innerliche Verlangen zum Guten lo=
be Paulus, nicht die böfe tuft und derfelben Aus=
bruch zum Ehrgeiz, Bemuͤhung nach guten Pfar⸗
ren und Dienften ; wie wir jetzo redens).
= 3. Man bielte es für fehlechterdings unmög-
lich, daß ein folher GOTT lieben und fürdjten
follte, der doc) noch nach Ehren ftrebere. Denn
eben damit, wenn er ein folch Amt aus falfchen
Abfichten verlangte,werde er ja fchon fträflich, da er
fich ohne göttlichen Befehl der Gemeine felbft vor-
fegen wollte). Und daher finder man faft unzaͤh⸗
lige Erempel derjenigen , die mit groſſem Zwang,
ohne und wider ihren Willen, der Gemeine vor-
gefeßet worden. Hingegen mar man beyden er=
Iten Gemeinen deflen ganz ungewohnt, daß einer
ſich felbft dazu anbieten, viel weniger darum bit-
ten, am allerwenigjten ſich mit tijt oder Gewalt
eindringen follte. “* Wenn dich aud) fechshun=
„dert Seute zu einem Kirchendienft beriefen,
„(fchrieb ein berühmter Mann), und dich zwin⸗
„gen wollten, fo ſollſt du doch nicht darauf fehen,
„fondern erft deine Kräfte wohl unterfuchen, und
„nicht, als nur mit Zwang folgen. -= Es wartet
„gewißlich eine ewige Strafe auf die, fo das Auf
„ſeheramt nicherecht verwalten Fönnen, und fich
„doch vermwegener Weife, und wie es kommt, in
„ſolche Gefahr ftürzen u). Einem Kirchendie-
„ner. ftehet nichts dergleichen zu, mas die Welt
„oornimme, zu Aemtern zu gelangen. Ja, esift
„fo ferne, Daß er jemand darum anfprechen oder
„bitten füllte, daß er vielmehr zurück tretin muß,
„ivenn man ihn bittet, und gar davon fliehen ,
„wenn er eingeladen wird x). Und wienunder,
„fo auf Erfuchen dennoch ſolch Amt abfchlägt, Defz
„ſelben alleine würdig iſt; alfo ift der gewiß zu
„vermwerfen und abzumeifen, der noch darum fich
„bemühet. Denn wer alfo in die Höhe fteigen will,
„der nimmt nur immer nach dem Innwendigen
„mehr ab,wwann er äufferlich zu wachfen ſcheinet, ).
Und diefes erfannten auch die Politici wohl, dahe=
ro der Kayſer Juſtinianus felbft diefe Verfügung
machte: Ein Biſchof ſoll von allem Ehrgeiz ent⸗
„fernet ſeyn, daß man ihn ſuchen und zwingen
„muͤſſe, daß er auf Erſuchen zurück weiche, auf Er—
„fordern gar davon gehe, und ihm allein die Not
„zu feiner Entſchuldigung diene. Denn der i
wars
I) Id.Ep.1.adHeliod. m)
0)
III. de Sacerd. Conf. Gerhard.L. de Minift.$.n. 66. 1. H. Prfiaus de Offic. Chrift. p. 98. Cramerus lib. IV.Eecl.
c.1. 5) Theodorerus ad ı Tim.3. t) Forzunatuslib.I.deCertam. Carın. deLeontio u) Chryjoflomus Lib.
IV.de Sacerdot.p.ıg0. Toın. IL, x) Claudianus Mamertus apud Zieglerumde ClexicoRenit.p.143. y) Gre-
gorins M.lib, VIL ep. 112. et apud Grasianum e. ficut qu. 6.
*
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r
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4
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—
„tvarlich des Amts nicht werth, der nicht wi⸗
si feinen Willen dazu verordnet wird, z).
uf weiche und-dergleichen gemachte Berorönun-
gen fich auch andere bezogen, und die, fo felber
liefen, wenn fie nicht gefandt waren, damit be
fhämten, weil es auch in politifyen Aemtern
alfo gehalten wurde a). BE
4. Unter denen Erempeln finden wir gleich an⸗
fangs Elementem von Rom, der nad) heftiger
Weigerung von Petro foll verordnet worden feyn.
(aravamouev@ al riv meosarlav magaı-
r3uev@&>) b). Ingleichen Cornelius, einer von
feinen Nachfolgern,, dem Cyprianus das ſchoͤne
Zeugniß gibt, daß er recht Gewalt dabey
gelitten, da cr das Aufſeheramt mir Wider⸗
willen auf ſich genommen ce). Auguſtinus
gedenket etlichemal von fich felber, wie ungerne
er daran gegangen, da er erft zum Aelteſten,
hernach zum Auffeher von dem Volk gefordert
worden, alfo, daß er auch vor allen Leuten bit-
terlich Darüber gemweinet d). Er bekenner auch
feinem GOtt unter andern diefes bievon: “ch
„kann nicht ausfprechen alle deine Ermahnungen,
„o Herr, alle deine Schrefungen und Troft,
„und Negierungen, dadurdy du mich getrieben
„haft, dein Wort zu verfundigen, und deine
Beheimniſſe deinem Volk auszutbeilen ,, e):
Davon ihm auch andere Zeugniß geben. Er
felbit gedenket von einem Piniano, den das
Volk zu Hippon zum Amt eines Aelteſten ge:
zwungenbabe, meilfiefahen, daß er alle das Sei-
nige aus Liebe zu GOTT verlaffen hatte f), Um:
brofius, wie er noch als ein Politicus ſich noth—
wendig zum Auffeheramt ungefchickt halten muß-
te, al ward er mit feiner größten Beftürzung
vonder Öemeinedazu geruffen. Er mochte aber
nun vornehmen wasermollte, damit er fich deffen
unwuͤrdig bezeigen möchte, ja endlich gar da-
von gehen ,, fo fuchte und fande ihm endlich
doch das Volf, und belagerte ihn fo lange, bis
vom Kanfer Confens kam, und er es annehmen
mußtes). Bon Ephraim dem Sprer iſt bekannt,
daß er ſich unfinnig geftelle, alser gemerft, daß
man ihn zum Aufſeher machen wollte 1), Mar:
tinum konnte Hilarius gleichfalls auf feine Weife
z)L.3. Cod. de Summa Trinit.
. MortePetri et Pauli apud Zufellum ad Cod.Can.Eccl.
} e)Lib. XI. Confefl: c. 2.
Vita, et ipfe lib. X, Epift. 82. ex co Baronius An. CCCLXXIV. n. 4.
Sewerws Vita Mart. c.4. k) Nicepherus lib. VIII. ) |
0) Theodoretus lib. 1. c. 7. Hifl. Tripart. lib. IL. c. 5.
55. d)Pofkdius in Vitac. 4. ipfe Epift. 225.
Eius vita et lib. I. de Sacerdot.
P-39. g)Ipfe de fe in Vitis Pat. Gr. lib. V. e. ı. n. 25. et ap. Cı
P- 52. FE) Concil. Valentin. Epiſt. ad Ecclefias. s) Epiphanins Epilt.
nn ——— —— — — nn
9. Cap. Don der Wahl und Beruffung der Cehrer in den erftien Bemeinen. 241
zueinem Kirchendienſt — bis er ihn endlich 7
t
"mie Sit krigte ). Mic
fo k), mie auch mie Baſilio M. 1), Gregorio
Nazianzeno m), Ehrnfoltomon), Euftathio o),
Fulgentio p), Macario g), und unzähligen ans
dern. Dabero jene mit Ruhm und zum Erempel
denen alten Lehrern es nachfagten, “Daß fie aus
hanaſio gieng es eben "
x
J
„Beſcheidenheit und Schamhaftigkeit alle Wuͤr⸗
„de des Predigtamts ausgefchlagen baben, ja _
—*7 ſich boͤſe Dinge bekennet, die fie deſſel⸗
„ben unwerth und alſo frey machen ſollten,“
Welches fie denn für ein Zeichen der Heilig-
Feit an ihnen annabmen r). Diefe und dergleis
chen fromme $eute mochten wohl bedacht haben
was os heiſſe, eo folle nicht jedermann fich unter⸗
winden Lehrer zufepn, und wiffen ‚daß fie de=
fto mehr Urtheillempfaben würden. Jac. 3, 1.
5. Etliche brauchten noch gröfferen Ernſt, ſol⸗
cher Anforderung der Gemeinen los zu fommen, ob
fie ſchon endlich in des HErrn Willen und Schi—
ckung fich ergeben mußten, und leiden, was fie zu⸗
vor nicht gewollt. Denn zulegt änderte doch der
HERR folhen Widerftand in eine gehorſame
Freudigfeit, feinen Befehl auszurichten, zu ges
ben, wohin er fiefandte, und zupredigen, was er
fie bieffe. Jer. 1,7. Einige, ſo bald fie etwas von
der Gemeine Vorhaben merften , betheurten
ernftlich und hoch, daß fieesaus Empfindung iß-
vos Unvermögens nicht auf ſich nehmen koͤnnten.
Wie alſo Paulinianus, ehe erfichs verfahe, in der
Gemeine von vielen Diaconis umringet und ange⸗
faſſet ward, damit er nur erft ein Diaconus wer
den möchte. Dabey man ihm den Mund zuhiel⸗
te, daß er nicht mit Betheurungen unbe:
dachtſam berausfahren möchte, nachdem
er fich ofte für den Unmürdigften zu ſolchem Amt
erklaͤret und befannt hatte s), Ammonius, der
bisher ein einſam Leben geführer hatte, und wußte,
daß nach einer gewiſſen Saßung Fein am teibe ver-
ſtuͤmmeiter dazu genommen ward, febnitte
ibm ſelbſt gefebwinde ein Ohr ab, da man
ihn gefangen hatte, und durd) Fein Bitten und
Stehen wieder loslaflen wollte. Als man aber
diefes nicht achtete, fondern ihn dennoch ordini—
von wollte, drohete ev dazu, er wollte = Die
un:
*
2) Claudian. er Fortunar. |. Conf. omnino Zieglerus le. b) Anonymusde Vita et
p.92. et Vendelinum Diuin.de Clem. Temp.p.14. c)Epilt.
f) Epift. 225. 8) Paulinus Presbyter in
h) Sozozenus lib. III.c.16. i)Swlpiris
m) Apolog. de Orat. paflim. n)
p) Audor Vitz eius
Coteleriunm in Apophth. ‘Tom, I. Mon. Gr.
60. apud Hieronymum,
c. 44. ) Vita eius.
ae Mi,
“
"242
v
2.3. Don der erſten Chriſten gemeinem und fonderbarem Bottesdienft.
*
Zunge auch abfehneiden : Darauf fie ihn zu: und, wie man fie hernach nennte, $ayen, wo-
frieden laſſen mußten ı). Welches Erempel ein® von ein Roͤmiſcher Bifchef alfo ſchriebe: “Die
2
"anderer Scribente denen ehrgeizigen Pfaffen
billig vorhaͤlt, und meynet, man werde nimmer-
mehr ſolche Ammonios mehr finden »). Don
der ungewiſſen Hiftorieeines, mit Namen Mar:
ci, till ich nicht gedenken, der ihm felbit den
Finger foll abgefihnitten Haben x). Wieferne
„ auch folches zu entfchuldigen fen oder nicht, über-
laſſe ich dem erleuchteten Leſer zu bedenken, und
ſehe zum wenigſten einen groffen Eruſt, eine
tiefe Einficht in die Schwierigkeit folcher Aem—
ter, und eine herzliche Demuth an folchen Leu—
ten, " Hieronymus kann es gar zu lebendig vor-
ſtellen an einem Nepotiano, wenn er fehreibt:
„Was mar da vor ein Seufzen bey ihm, vor
„ein Heulen, vor flüchtige ſchuͤchterne Augen!
„Er Elagte, er koͤnne das Amt unmöglich tra-
„gen, und fihüste feine Kugend vor, Die P fol-
Ichem hoben Werke fich nicht fihickte. Aber je
„inehrerwiderftrebte, je mehr reiste er das Ber:
„langen eines jeden Unwiſſenden auf fih, und
ward defto würdiger, je unwuͤrdiger ev ſich be-
„eennte, y)., Syneſius faget von fich, er haͤt⸗
te lieber vielmal den Tod ausftehen wollen, als
daß man ihn zum Auffeher gemacht habe; ja, er
wäre viel furchtfamer dazu gangen, als ein Ue-
beithäter zum Tode z). Maximus beflagte fid)
nod) immer, daß ihn Die Bürger mit ihrer Siebe
durch einen gemeinen Aufſtand zu foldyem Amte
etragen und gezwungen hätten a). Anderer
— zu geſchweigen.
6. Nun iſt die Frage, woher denn ſolche Lehrer
genommen worden, und worauf man ſonderlich
bey ihrer Wahl geſehen babe bey den erſten Ehri-
ften. Wir haben bereits von den allererften, de-
nen Apofteln, im 5. Cap. $. 3. genugfam erkannt,
was die Anoftel vor ihrer Berufung geweſen,
nemlic) arme Handwerfs- oder Bauersleute,
die von dem Heiligen Geifte zu folchem hoben
Werke tuͤchtig gemachet waren. 2 Cor. 3, 6. Welche
denn auch nicht aufhoͤrten bey ihrem Lehramte zu
wirken und zu arbeiten mit, ihren eigenen
Zaͤnden. ı Cor. 4, 12. Ap. Geſch. 18, 3. c. 20,
3435. So muften ja auch ihre Nachfolger
aus der Gemeine abgefondert und beruffen wer-
den, und alfo waren es Ölieder der Gemeine,
„ayen Fünnen allerdings —5 werden: Denn
„diefe werden ja nicht alfo geboren, fondern můf
„tens erftlich werden, b); Gleichwie im Alten
Teftament Abraham, der Vater aller Leviten und
Juͤdiſchen Priefter, allerdings Fein Priefter, fon-
dern aus dem Sayenftande war c). Welches
fonderlich bey denen Päbftlern und Pabftenzen-
den zu merfen ift, die eine ordentliche Succeßion
im Prieſterthum haben wollen, da doc), wenn
fie auf den Anfang fommen, fie nothwendig ei-
nen Layen nennen müflen, der die andern geleh-
vet bat, Es lehrete aber wol die Noth bey de—
nen bedrängten Gemeinen, folche Lehrer zu neh—⸗
men, die ver HERR felbft geſchickt machte,
nachdem man auf groffe Kunſt und andere auf: -
ferlihe Dinge nicht ſehen konnte: Wiewol aud)
diefe Gewohnheit bey den Gemeinen nach der
Zeit ziemlic) überblieb. Ich will mich Bier nicht. -
mit Sabeln aufhalten, als, daß der Evangelifte
Marcus foll einen Schufter zum Patriarchen in
Alexandria gemacht haben d): Welches doc dem
Stande nicht zum Schimpf von etlichen erzehlet
wird. Sondern man hat genauere. Urfunden,
daß dergleichen mit Handwerks: und andern ge=
meinen $euten gefcheben, zum Erempel: Sir-
mus, ein Jandelsmann, der zuvor ein Ma=
nichäifcher Ketzer geweſen war, wurde ein Aelte—
fter zu Nippon e). Severus, einTuchniacher,
murdeein Aufſeher k). Alerander, ein Bohlen⸗
brenner, ward von den Griechen auch hiezu er-
waͤhlet; wobey es alfo hergieng: Erft ward er der
Gemeine ganz beſchmutzt vorgeftellt, wie er aus
feiner Hütten Fam, Deswegen er verworfen ward.
Als er fich aber gemafchen und gereiniget hatte,
und eine verftandige und nachdruͤckliche Rede
that, die zwar nicht oratorifch gefegt war, nahm
man ihn willig an, ungeacht ihn etlicye junge
und nafenmweiße Leute verfpotteten 9). In dem
Anfang des Evangelii nahm man die Berwande
ten des HErrn IJEſu, Simon und die andern,
und forderte fie zur Aufficht der &emeinen als Mär-
tyrer und DBefenner, ob fie gleich geringe Leute
waren. So erwählte man damals mit GOtt,
mas thoricht vor der Welt und gering und alber,
aber dennoch voller Weisheit GOttes war; als _
wir oben von denen fayen insgemein gefeben haben.
7. Wie
t) Sozomenus lib. VI. c.30. Soerateslib. IV.c.23. u) Petrus BlefenfisEpift. 22. x) Gloffa Juris Canon. ad Dift: 55.
c. 4. Marcum Euangeliftam nominat; fed Barozius Anachoretam A.XLV.n.46. yJEpift.3. ad Heliodor. in
Epitaphio,eius. z)Epift.ır. a) Apud Sidonium Apollinaremlib. TV. Epift.24. b) Inmocentius 1. Fpilt. ad Fe-
licem ,3. ce) Chryjoffomnshom. 5. aduerf.Iudxos. d)Eutychins Originum Eeelef,Alexandr. initio, vbivid.
Comm. Seldeni. €) Poffidins Vita Aug. c.15. f) Ita Gratianus ipfe Dift. 61.0.8. g) Baronius A. CCXXXL. n. 12.
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daß auch bisweilen bey ihrem $ehramte ihre
Sn hierung getrieben; alfo thaten es auch viel
andere, doch oßne Da ihres Hauptberufs,
eheils aus Noth, theilsausanderen Urfachen, ſon—
derlich damit fie niemand möchten befchwer-
fich feyn, und allen gute Erempel geben, aud)
zeigen, tie fie fich folher geringen Werke gar
nicht fehämten. Davon einer alfo fehreiber:
„Paulus arbeitete unfchuldig und ehrlich, was den
„Menfchen zu Nutz Fam, wie etwa die Werke der
„Schmiede, Zimmerleute, Schuſter, Bauern und
„dergleichen find. Denn die Ehrbarkeit felbitta-
„delt das nicht, was die Hoffart derer tadelt, die
„iwar ehrlich beiffen wollen, aber nicht ſind.
»So fihämte fich denn der Apoftel nicht, eine
»Bauerarbeit anzugreifen, oder ein Handwerk
Zutreiben. Ich ſehe auchnicht, vor wen er ſich
ärte ſcheuen koͤnnen. ı Cor. 10,32. Warens
„die Juden, fohatten jadie Patriarchen Kühe und
»Schafe gehüter: Warens die Griechen, ſo wa⸗
„ren ja viel Schufter bey ihnen anfehnliche Philo-
„ſophi gewefen: Wars die Gemeine GOttes, fo
„iſt Joſeph felbft ein Zimmermann oder Rade:
„macher gemwefen,, bh). Womit denn abermal
aller Hochmuth derer ſchamroth wird, welchen al»
les, was von geringen Handwerksleuten ber:
kommt, anftinfet, es mag aud) noch fo herrlich
und voller Weisheit ſeyn. Wer die Gefchichte
der berühmten $eute merfet, und denfelben nach»
denft, der wird finden, wie bey Jüden und Hey:
den die gelebrteften , vornehmiten teute allezeic ein
gewiſſes Handwerk oder Profeßion bey ihren an:
dern Kuͤnſten begriffen haben ; wie felbft die Pa-
piften befennen i). Und möchte man wohl fagen
mit jenem vedlichen Lehrer: Vor dieſem ernähr:
„ten fich die Apoftel mit ihren eignen Händen, Evo:
„heninden Stuben und Löchern zufammen, und
bezwungen doch Städte, Schlöffer und Dörfer.
Jetzo aber leider ! vecommendiren die weltli—
„hen Benftimmungen den göttlichen Glauben,
„und EHriftus wird für ohnmaͤchtig gehalten,
„indem man unter feinem Namen lauter Hoch:
„much treibet„, k). Wie auch mit einem andern:
„Paulus fchämte ſich nicht, (wie jetzo viele,) nach
„ſo vielen gethanen Wunderwerken und Leh—
„een in der Werkſtatt zu ſtehen und Felle zu ne:
8 . Cap. Don der Wahl und Berufung der Lehrer in den erften Gemeinen.
fm nun aber von denen Apofteln gewiß ift,
ea
thie
„die boͤſen Geiſter erzitterten vor ihm. Ja, er ruͤh⸗
„mete ſich noch, geſchweige daß er ſich gefchäme
„hätte, daß ihm dieſe feine Haͤnde gedienet hats *
„tet, I). Mach deſſen Exempel richteten fich
nun aud) Darinne Diejenigen, fo Freyheit ben fich _
dazu funden. Epiphanius lobet etliche Kirchen
diener und Auffeher, welche, nach Pauli ihres
„Vaters Erempel, mit ifren eigenen Händen
„wirkten, was fie etwa vor eine Kunſt oder Hand»
„werk erfunden, das fich zu ihrem Stand und
„Sorgen ſchickte; damit alfo ihr Herz fic) in der
„Berfündigung des Morts —— und die
„Haͤnde auch ſelbſt Frucht braͤchten, davon ſie
„auch den Duͤrftigen zu geben hätten. Und
„diefes thaten fie ungezwungen, aus freyem Her
„zen und überflieffender Liebe, indem fie ja fonft
„wol von ihren Zuhörern ernähret mwurden,, m).
Dergleichen infonderheit von Hilario, Bifchof zu
Arles, gewiß it, daß er Bauerarbeit getfan, nur
damit er die Armen ernähren fonne, ungeacht et
aus vornehmen Gefchlechte und zärtlich erzogen
gewefenn). Spiridion, den man von der Heer⸗
de zum geiftlichen Hirtenamte gezogen batte,
* doch noch nicht auf die Schafe zu hüten o).
a, Theodoretus nennerein Haufen folche Leute
unter den Lehrern, die Berber, Weber, Schmic-
de, und andere Sandwerkoleute gewefen p).
Dergleihen auc) von den Mönchen befannt
iſt M. Wie denn auch fich ein Canon von dem
vierten Concilio zu Carthago findet, der haben
will, daß ein Kiechendiener, ob er gleich im
„Worte GoOttes erfahren fen, dennoch durch eine
Kunſt feine Nahrung fuchen ſollte. Erfönne,
„ohne Abgangfeines Amts, etwa ein Handwerk
„oder Ackerbau treiben, zumal wenn er zur Ars
„beit ftarf genug mwäre,, r). Welche Anftalt recht
zu unterfuchen bier nicht Raum feyn will: Zum
wenigften kann nicht die grofle Unwiſſenheit und
Machläßigfeit in der Griechiſchen Kirche, wie
auch die fchädliche Hindernig durch Hausbaltun:
gen der Prediger, vielweniger der Geiz, dadurch
gemeynet fern. Wohin auch das Geſehze gehört,
fo bey ven Griechen golte; “daß ein Scufter,
„oder zugleich ein Priefter fey, wenn erden Gottes:
„dienſt verrichten folle, indeſſen nichts anders thun
„tolle, s). Uns mwird bier bald Fund werden, wie
ba wich⸗
h) Auguftin. deOper.Mon.c.13. i) Baronius A. LII.n. 17. Cornelius a Lapide Comm. ad 2 Theft. III. 8. San&ius
Conim. ad Art. XVIIL 3.
k) Hilarius adu. Auxent. p. 282.
I) Chryfof?. hom. zo. in ıCor. m)Her.go.
n) Gennadius Catal. Illuftr. Vir. Jaudatus et ab Ofandro Cent. V.lib. II. c. 3. qui a Leonis calumniis vindicat.
0) Socrates lib. I. c. 8. et ı2. et in Apophth, Pat. ap. Corelerium Tom. I. Mon.Gr.p.689. p) Therapeut.S. de
Cur. Grec. Atſect. q)Sozomen. lib. Vl.c. 27: 28.29. et VII.c.27. Epiphanius Hex.go. et in Panarii fine. r) Can.
52. 53. ap. Grarianumdilt, 91.c.2.et3. s)In Nomo-Canone ap. Coreleriumc, 102. p.95. Tom. I.
243 *
„ben, Und dennoch ehrten ihn die Engel, und
7 ⸗
*
*
—
244
wichtig das Lehramt gehalten worden, und daß es
den ganzen Menſchen erfordert habe.
8. So niedrig waren nun diejenigen geſinnet,
fo etwa von einem Handwerf zum Kirdyen-
dienſt beruffenwaren. Anders aber machten es
die, welche von anderen weltlichen Gerichte:
und Dbrigkeitlichen Berrichtungen dazu Famen,
deren fie fich nach ſolchem Beruf ganz begeben
mußten, und ihres Amts alleine warten, Man
bat aber viel Erempel, daß Leute unmittelbar
zum $ehr- und Auffeheramte gezogen worden,
die zuvor in lauter Civilfachen und Erpeditio-
nen geftanden waren. Umbrofius ward aus
einem Gouverneur Bifhof zu Mayland t):
Philogonius aus einem Advocaten zu Antiochia
u): Francilio aus einem Rathsherrn zu Tours
x): Dejiderius aus einem Politico y): Der-
gleichen Hr. Cave mehr erzehlt in der Englifchen
Devication feines Buchs. Ja, die Gewohnheit
nahm fo fehr überhand, daß das Volk zu, Con-
Stantini Zeiten noch unmer ſolche Leute haben woll-
te, dadurch Die politifchen Aemter fehr entbloͤſſet
wurden z), Wie denn aud) hernad) man fonft
die Sache fehr mißbrauchte 2), dawider Die
Derftändigen ihr Mikfallen fattfam bezeug-
ten b), weil bey dem Berfall alles, und alfo aud)
diefes verfehre wurde. Der Apoſtel hatte in den
Gemeinen verhüten wollen, daß Fein Bifchof ein
Neuling oder Neubekehrter feyn follte, vecQv-
2G wie e8 die Alten annahmen,veopars&-,
der erft neulich erleuchtet war c). ı Tim. 3,6,
Womider auch hernach die Kayſer und Concilia
Verordnung machten 4). Obwol auch biebey
ſich abermal viel menfchliche Satzungen mit ein-
mengten, da man fonderlich forderte, es füllte Fei-
ner zu einem Bißthum fommen, to er nicht alle
Grade der Elerifey von untenan durchgangen
wäre e). Indeſſen mangelts nicht an Exem—
peln und Praxi der Freyheit, welche der HErr,
der der Geiftift, feinen gehorfamen Kindern gab,
daß fie den Preis ihres Baters ſamt dem Heil der
Gemeine zum einigen Zweck hatten. So liefer
man von Cypriano, daß, obgleich Paulus die
*
t) Socrates IV. e. 25. Soxomenus VI. c. 24. Rufimus IL. e. ı1. u) Nicephorus VIII. ec. 6. x) Gregorius Turonen-
‚fs ib. III. c. 16. y) Id. lib. VIIT. c. 22. z) 1.6. Cod. Theodof. de Epife. et Cler.vbi vid Gorhofredus p.30,
a) Vid. de Clodovzo quosdam pœnæ loco ordinante Gregor. Turonen/. lib. II. c. 41. de Merouxo Ado Vi-
ennenfis Etat. 4. Catal. Tefl. Verit.p. 554. b)Gregorius Nazianz. Or. Fun. in Bafıl.M, c)Suidas veoQu-
u I} [3 ’
3@ ‚0 vewst ıDureudes. Balfamon ad c.7.Sardic. 6 veo@wrisos.
c. 1, Concil. Nicenum. e. 2. Laodic. c. 3. Apoflol. go. Conf. M. Anton. de Dominis lib. III. de Rep. Eccl. c.4.
n. 8. ſeqq. e) Concil. CPranum Primum & See. c. 17. Arelatenfe III. c. 3. Caius Ep. Ro. ap. Auctorem de
Rom. Pontif. &c...£) Pontius Vita Cypriani initio. g) Balſamon et Zonaras ad c. $. Apoftol. h) Sozorze-
nus lib. VII. e. 8. Blafares Syntag. V. c. 1, p- 370.
k) Quenfledius Eth. Paſtor. p. 178.
2.3, Von der erften Ehriften gemeinem und fonderbarem Botteodien, }
A
Neulinge oder Meubefehrten ausgefchloffen Bas
te, er dennoch mit feinem Erempel gewiefen Be
be, wie man mehr durch Glaubenals durch die i
Zeit Fortgang nehmen und wachſen Fonne, ud |
alfo fein Neuling mehr fey F). vr auch die |
gewiffenhaften Lehrer immer den Fall ausnafe
men, wenn nicht die göttliche Gnade einenfol-
chen Meuling doch gefchicft mache zum Lehren, 1
und er es mit guten Proben ermeifen koͤnne g). J
Wobey fie ſich vieler dergleichen Erempel erin- |
nerten, Davon die Gemeinen nichtwenig Wachs: |
thum gehabt hatten. Nectarius war Faum ge=
tauft, da man ihn zum Auffeher in Conftantis
nopel und zugleich zum Director des Concilii i
machte, wobeh er auch viel that b), Woraus -
ur Önüge erhellee, wie man. fich auch in dem |
eruf der Lehrer an nichts gebunden, was nicht )
zum Wefen diefes Amts unmittelbar gehöree .
hat: als wirnun aus folgenden weiter fehen wollen,
9. Denn es ftehet nicht zu leugnen, daßeine
einfältige Erfenntnigund liebe GOttes, und des
wahren Wegs zuiim, famf denen nöthigen Gas
ben beyden erften Ehriften, vornemlich zu einem ' |
rechten Lehrer erfordert worden, ob er gleich in >|
Gelehrſamkeit, Weltweisheit und Künften nicht \
erfahren gemefen. Deralleinweife GOtt brauh
te zur Pflanzung feiner Kirchen an ftattgelehrteer
Leute ungelehree Idioten, beftürmte mit fhr
fchwachen Werkzeugen des Teufels Reich, das
ſich durch fo viel Künfte und Gelehrſamkeit feft
gefeget und gleichfam verfchanzer hatte Er
ließ den Schaß des Evangelüi in unanfehnlichen
Gefäffen vortragen, da die Vernunft haͤtte
meynen follen, er füllte die gelehrteften Leute
dazu nehmen: wie ein berühmter Mann von
der Neformation Lutheri redet ). Er wollte
aber folche verächtlicye Perfonen erwaͤhlen, da=
mit er den Hochmuth derer beſchaͤmte, die den
Ungelehrten feinen Himmel lafien, wollen k).
Und ob gleidy Paulus, der zu Gamaliels Füffen
gefeffen war, zu diefen Ungelehrten gerechnet
ward, fo waren fie doc) nicht beyfammen, daß
diefer jenen mit feiner Gelehrfamfeit hätte bey-
‚ fprin-
d) Iuftinianns Nouella CXXIII.
i) Dannhanerus Tom. I. Theol, Conk. P. II. p. 429.
’
bhohen Worten oder hoher Weisheit, die
> göttliche Predige zu verfündigen, Damit der Glau
be nicht auf menſchliche Weisheit beſtuͤnde,
Cor. 2,12. 3. 4.5. Und wer dieſes noch leug⸗
nen oder verdrehen wollte, der wuͤrde ihre eigene
Bekenntniß, die Hauptgruͤnde ihres göttlichen
- * Glaubens, und die ganze Harmonie der erjten
* Kitchenbiftorie über den Kaufen werfen wol:
len. in alter befannter Lehrer redet fehr
nachdenklich hievon: “Die Fifcher haben uns
„die Zucht des Lebens vorgefchrieben, und nicht
befohlen, daß ihrer etliche von Kindheit an follen
errwaͤhlet werden, wie die Weltweifen zu thun
„pflegen; haben auch Feine gewiſſe Zahl der Tab:
pre vorgefchrieben, die Gortfeligfeit zu voll-
„bringen, (oder, wie wir veden, gewiſſe Sabre
„auf Univerfitäten erfordert,) fondern zu jedem
„Alter insgemein geredet. Denn jenes ik nur
„ein KRinderfpiel, dis aber eine thätige Wahrbeit.
„Sie haben auch diefer Difeiplin einen gewif-
„fen Ort eingegeben, nemlich den Himmel, und
„derſelben Lehrmeiſter, GOtt felbft, gezeiget, der
auch gewiſſe Gefeße gegeben. Die Lehrer aber
dieſer Diſciplin find Fiſcher und Zöllner, Schu:
" gfter oder Zeltmacher, '). Wir werden unten
fattfam vernehmen, was die erſten Chriften von
der heydniſchen Philofophie und anderer eitelen
Gelehrſamkeit gehalten, und wie ferne fie fie an
einem Lehrer und Chriſten insgemein zugelaffen ;
ingleichen, was fie von gefünftelten gelehrten
Predigten gehalten. Diefes ift wol gewiß, daß
fie Feinen in feiner Unwiſſenheit oder Faulheit ge-
ſtaͤrket, fondern vielmehr eine göttliche Weisheit
und Erfenntnif bey einem Lehrer gefuchet ; wie
Paulus haben will, ev folle lehrhaftig fenn, ı Tint.
3, 2. das ift, wie es die Alten erklären, “der in
„göttlichen Dingen unterrichtet ſey, und dazu die
„seute überzeugen koͤnne, was fich gebühret : nicht
" „aber der mit geoffer Beredtfamfeit auftrete, oder
„in Worten eine grofle Zierlichkeit Findifcher Wei-
„ſe fuche,, m). Sie fonnten gar wohl leiden, wenn
einer zuvor dergleichen bey den Hunden gelernet
„hatte, wie alfo viel Philofophi zu Chriſto befehret
J wurden: aber nach ihrer Bekehrung achteten ſie
die Zeit und Gemuͤthskraͤfte dazu zu koͤſtlich, nadh-
dem fiewußten, daß die Reichthümer und Schäße
der göttlichen Wahrheit niemals erſchoͤpfet Fönn-
ten werden. Tertullianus urtbeiltevon den heyd⸗
nifchen Wiffenfchaften alfo: “Es frage fich von
7
*
A
1) Chryfoft. hom. ı. in Match. m) Theodoresus ad ı Tim. 3.
ı Tim, III. qu. 3. p.1302. p) Hilarius lib, VII. de Trinit. initie. 9) Hieronymus Fpiſt. 2.adNepot, *
x
8. Cap. Don der Wahl und Beruffung
+ fpringen fönnen. Er felbjt aber kam nicht mit
r Lehrer in den erftien Gemeinen. _ 245
„den Schulmeiftern und andern Profefloren der
„Sprachen und Künfte. Es ift aber fein Zwei⸗
„rel, daß fie mit der Abgötterey grofle Verwandt:
ſchaft haben. Zwar möchte jemand einmwerfen,
„wenn die Knechte GOttes feine Gelehrſamkeit
„lehren dürfen, fo dürfen fie fie auch nicht lernen.
„Wie wollte aber einer zur menfchlichen Klugheit
kommen, oder zu einigem Verſtand oder Der:
„richtung, da fie ein Inſtrument zum ganzen Le—
„ben iſt? Alleine, laßt uns die Nothwendigkeit
derſelben anfehen, wie fie eines Theilsnicht kann
„‚sugelaffen, andern Theils gar muß gemeidet wer-
„ven. Ein Glaubiger will zum wenigiten ſie lie—
ber lernen als lehren. Wenn ein Glaubiger die
„Künfte und Sprachen lehrt, die mit dem Lob der
„Abgötter verfmüpfet find, fo recommendirt er
„fie ja eben damit, er beftatiget fie, da er fie er-
„jehlet, er gibt ihnen ein Zeugniß, indem er fie
„ausfpricht, da doch das Gefeg fie zu nennen ver—
„beut, Diefer Glaube wird jadem Teufel gebau-
„et von Anfang der Gelehrfamteit ber,, n). So
vederen die Alten von der hendnifchen Gelehrfam-
feit, und fahen wohl, daß GOtt durd) die, fo
mittelmäßig unterrichtet waren, mehr ausrichte,
als durch die fubtiliten und feharffinnigften Do—
ctores, bey denen Feine Gorrfeligfeit und Demuth
ſey; wie einer von unfern Lehrern vedet 0).
10, Daß fie nun zuförderft die wahre Gottſe⸗
ligfeit von einem Lehrer gefordert, werden wir
bald ſehen: Diefe mußte auch bey deſſen Wahl
der Grund ſeyn, wo dasandere etwashelfen Er
und alles in feinen richtigen Gebrauch ſetzen.
Sonft bielte man es für den “größten Schaden
„der Zußörer, wenn die thörichte Predigt mit eis
„einem Schein der Wirfenfchaft vorgetragen wer=
„de, und fie in die gröffefte Thorbeit durch eine
„Einbildung der Weisheit verführet würden,
„Drum gehöre zu einem nüglichen Predigernicht
„allein, daß er nur unfchuldig lebe, oder nur ges
ſchicklich predige, fondern beydes: Denn ein
„Frommer fen nur ihm felbft nuͤtze, wenn ers ans
„dern nicht lehren koͤnne; ein Gelehrter aber har
„be feinen Nachdruck in der Lehre, wenn er nicht
„unfchuldig lebe,, p). Wovon aud) ein anderer
fehr weistich fehreiber: “Ein einfältiger Bruder
„halte ſich deswegen nicht für heilig, wenn er
„nichts gelernet hat, und ein Gelehrter und Ber
„redter balte die Heiligkeit auch hoch. Ja, es ift
„viel beffer, eine heil. Unwiſſenheit als ſuͤndliche
— haben, 9): Der auch *
b3 über
n) De Idolol.e.10. 0) Balduinus Comm, in
246
über den Verderb feiner Zeiten Elagt, “daß man
in der Gemeine lehre, was man felber noch nicht
„gelernet habe, und wenn man durch Eingeben
5,028 Teufels koͤnne bey dem Volk nur tob haben,
„fo meyne man wider fein beffer Willen und Ge-
wiſſen, man wiſſe das, davon man den andern
„etwas vorfchwaßen Fünne, r). Alfo erkannten
fie eine gruͤndliche Erfahrung im göttlichen Wort
einem !ehrer für hoͤchſt nöthig, damit er nicht
allein vor Antrit feines Amts, fondern auch her—
nad) noch immer Darinnen lernte und fäglic) zu—⸗
nähme s). “*Denneinfoldyer, der die H. Schrift
ſtets betrachte, würde auch alles darinnen wohl
„in acht nehmen, und alfo vollfommen werden,
„2 Tim.3, 15.16. 1). Daher vermahnete jener
alte sehrer feinen Juͤnger: “dis die H. Schrift
„zum öftern, und lege ſie niemals aus den Han-
„ven: lerne zuvor erſt, was du andere [ehren
„willft;, u), Und ein anderer: “Wenn du Die
„Geheimniffe in der Heil. Schrift forfcheft, fo
wirſt du den andern defto häufiger Die Lehre ein:
„flöflen, je fleißiger du lernen wirft, x). Sum:
ma, fie hielten nichts foftlicher an einem Kirchen:
Diener, als die Gottſeligkeit und rechte Thei⸗
Yung des Worts. Indem alle ihre Hoffnung,
Zeil und Belohnung daran hienge y),_ Und
fie wir oben bey der Erleuchtung aller Chriften
gefehen, daß die Kraft des 2. Geiſtes und eine
wahre Gottesfurdyt ſamt Ehriftlicher Einfalt und
Demuth dazu erfordert worden; alfo waren vor-
nemlich alle diefe bey den Lehrern
fechterdings noͤthig.
—— — unnuͤtze Geſchwaͤtze und die
falſch beruͤhmte Kunſt achteten ſie fuͤr Schaden
gegen der uͤberſchwaͤnglichen Erfennenig JEſu
Enrifti und feinem lauteren Evangelio, das er
den Ummündigen zu offenbaren verheiffen hatte.
Sie wußten, “daß der Glaube an Ehriftum und
„die Geßeimniffe feines Heiligthums ohne die
„Rünfte der Grammatica und philoſophiſchen
„Wiffenfhaften müßten erbauet werden, da Die
Feinde und Weilen diefer Welt aud) erfannt hat⸗
„ten, wie die Mauren des Evangelii ohne diefe
„Dinge wären in die Höhe geſtiegen: ob fie
„gleich gemeynet hätten, alles durch ihre Logica
„und Rhetorica über den Haufen zu werfen, 2).
Und weil alfo die Weisheit diefer Welt, oder die
Weltweisheit, bey GOTT Thorbeit, und wider
GOttes Weisheit war, fo war diefes auch der⸗
jenigen Erflärung, die ſonſt wohl ftudierer hattenz ?
„ch will der erfte feyn, der die Weisheit lobet,
„wenn man fich in der H. Schrift über, und °
„nichtsdiefer Uebung vorziehen,,a), MWiefieaber
dieſe Hebung in der Schrift wollten verftanden ha⸗
ben, zeiget ein anderer an, wenn er ausdrücklich
faget: “Die Theologie habe bey ihnen gar Feine
„ragen und MWortfriege, fondern entiveder die —
„Ketzer haben fie drein gebracht, oder durd) fie
„wären erft Keßer worden. Wer nun etwas
„dergleichen wiſſen wolle, und finde nicht euriofe
„Leute, dem fey es beffer, daß ers lieber gar nie
wiſſe, damit er nicht viel in Kopf Frige, das m
„nicht wiſſen folle- Der Herr JEſus fagte: dein”
Glaube hat dich feliggemacht; nicht die Uebung
„der Schrift. Der Glaube hangt ander Kegel:
„Du haft das Wort, und aus der Bewahrung
„des Worts die Seligfeit. Aber die Hebung be:
ſteht in einer (oft fehr ſubtilen) Curioſitaͤt, und
„hat ein Lob von dem Fleiß der Wiffenfchaft. Die
„Curiofieät aber muß dem Glauben weichen und
„ver Seligfeit. Zum wenigften muß fie nicht
„binderlich ſeyn wider die rechte Regel. Nichts
„mehr wiſſen, ift alles wiſſen, b). Und anders-
wo, nachdem er die Thorbeit der Philoſophen ge- —
wiefen: “Ein Chrifte Bat fehr wenig zur Erfennt-
„niß nöthig. Denn er darf nicht lange Worte
„fuchen, denn der Apoftel verbeut die unendlichen
„ragen. (ı Tim. 1, 4. c.6,4.2 Tim. 2,23, Tits3,9.)
Run kann man aber nichts weiter hierinne finden,
„als was man von GNDftlernet. Das alles ifts,
„was von GOrE gelehret wird, c). Diefe und
dergleichen ihre Worte zeigen, wie fehr fie vor dem
Schaden der feudhtigen Fragen und Wortfriege
gewarnet, und gleichfam zuvor gefehen und gefürd)«
tet haben, was hernach bey dem Verfall gefchahe,
da die Kirche Feinen gröfferen Schaden litte, als
wenn fie durch die philofophifche Gelehrſamkeit
und in dem welclichen Ueberfluß zu: machfen
fehiene. Denn obgleic) die weltliche Erudition
an ſich ſelbſt nicht bofe war, fo brachte fie doch lau⸗
ter Rotten und Secten unter die Gemeine, und
ließ feinen Wachsthum zu, den die erften Gemei--
nen in einem reinen $eben vielmehr, als in genauer
Ausmeffung der Gottheit genoffen ; wie Erafinus
redet d). Darum haften die Berftändigen wohl
nöthig, fich mit jenem berühmten Lehrer vorzuneh-
men,
x) Id.in Eceleſ.3. Cyprianus Epift. ad Pompei. adu. Stephan. t) Chryſoſt Oper. Imperf.c.7. u) ieron. ad
Nepot.l.c. x) Claudianus Mainertusap. Sidonium lib. IV, ep. 2.
y) Flanianus Epift. ad Leonem.M. ap. Co-
zeleriumm Tom.1.Mon.Gr.p.50. Z) Origeneshom. 4. in Cantic. a) Gregerius Naztanz. Or. de Modeft. in z
* Difput. b) Tertullianus de Præſc. e. i4. c) Lib. de Animac.2. d) Pref. in Hilarium p. 10. 4
a #
„8. Cap. Don de
men, “daß fie ein gottfelig Herz behalten, die Wif-
r in wenig Morten der 9. aſſen,
„und die Anfuͤhrung des Heil: Geiſtes überall
„brauchen mollten, nebenft feiner Erleuchtung,
> „piefieeinmalempfangenhatten. Diefen wollten
„fie als einen guten Gefährten ben ſich haben, und
„mitten durch dieſe Welt hindurch wandern e).
—
> 12. Damit id) aber wiederum zur Sache fom-
me, fobeweifet Hr. Cave gar wohl, daß man in der
Wahl ſolcher Perfonen fehr genau verfahren, und
= ihr Leben und Wandel unterfucher, ob fie fich auch
nach Möglichfeit der Gottſeligkeit befliffen hätten
p. 253. Denn von andern Künften und Wiſſen—
ſchaſten hat er bey den erften Chriſten nichts fin-
den koͤnnen. "Paulus wollte niemand balde
> die Zande von Timotheo aufgelegt willen, da⸗
a mit man nicht fremder Sünde theilbaftia
> würde. ı Tim. 5, 22. Dem folgten rechtfchaffe
> ne Auffeher und alle Kinder GOttes treulich nach.
Diie in der Antiquitat Erfahrnen fchlieffen aus
denen Hiftorien, daß man damals bey der Er-
waͤhlung der Prediger auf die Erfenntniß des
wahren Gottesdienits, den Eifer und Gaben
Gsottes, und fonderlich aufein unfchuldiges Leben
geſehen babe f). Alfo gedenket ſchon Bafılius zu
> feiner Zeit, dapes im Anfang des Evangelii gang
lauter damit zugangen, und man nur auf ein bei:
- a reflectiret habe. Bor, dieſem war die
„Gewohnheit, die Kirchendiener nur nach ge:
„naueſter Prüfung in die Gemeine zuzulaffen,
„und ward alle ihre Lebensart aufdas allerfleißig:
„ſte unterfucher, ob fie auch in ihrer Jugend fich
„wohl gefaflet und caftener hätten, Damit fie die
sheiligung recht führen Fönnte, ohne welcdhenie:
. „mand Gott fehen wird 2). Was ifts (fchreiber
ee die Hände einem geſchwinde auflegen, als
„das Amt denen geben, die man nicht geprüfer
„har? Und was heißes, fremder Sünden fich teil:
— er machen, als daß der, fo ihn verordnet, ein
„ſolcher wird, als der ift, fo unwürdig beruffen
ꝓ„wird, 1)? Betreffend aber die Gelchrfamkeit,
die zu einem Schrergehörte, fuchte man viefelbe all-
- zeit in Erfennniß GOttes und Erfahrung in der
chrüit, ı Tim. 4, 6. c. 3, 2.Tit. 1,9. Daher
- ward auch bernach in den Concilien verordnet,
„daß man die Candidaten eraminiven follte, ob fie
.
e Wahl und Beruffung der Lehrer in den erften Bemeinen. 247
„im heil. Evangelio und den apoftolifchen Schrif—
„een wohl geübet, ja in der ganzen göttlichen
„Schrift erfaßren waren, und nad> den Geboten
„das ihnen vertrauete Volk lehren, und erhalten
„eonnten. Denn das Wefen des Priefteramts
„ten insgemein das Wort GOttes und die wahre
„Erfenneniß der göttlichen Schrift»), Daß
demnad) ferne von ihnen war alle fcholaftifche
Philoſophie und Verdunkelung der Tauteren
Wahrbeit GOttes; fondern fie behielten, nach
eines gelehrten Mannes Benftimmung, ihre erfte,
reine und Originaltheologie von denen Apofteln,
ohne Menfchenfündlein, Gloſſen und verwirrte
Fragen k). Wie denn auch hieraus ihre lautere
einfaltige Abficht auf die wahre Erkenntniß GOt⸗
tes bey der Wahl erhellet, weil fie diefelbe allzeit
mit einem heiligen eben verfmüpften, fo gar, daß
auch bey dem Verfall man dennoch dieſes in den
Kirchenverfaffungen und fonft verordnete, daß
ein folcher “in Feinem tafter befunden werden
„muͤſſe, fondern von anftändiger tehre und Leben
„fenn ). Man müffe zufehen, ob erim Glauben
„unverfälfche und in der $ebensart untadelich
„Wäre, m). Sem: Das Volk müffe ihm ein
„gut Zeugniß geben fonnen (welches ja vom tes
„ben am meiften zeugen fonnte,) nr). Derjenige,
„der einem andern die Saft des Kirchendienfts
„auflege, müffe es ficher und ohne Wanfen feines
„Herzens thun koͤnnen, daß er recht lehren, und
„die Lehre mit den Werfen erweifen fonne,, 0):
MWoraus man ſiehet, daR fie alles beydes für un—
umgänglich nöthig angefehen, und eines mit dem
verwechſelt, als wefentliche Stücke diefes
mes.
13. In den folgenden verderbten Zeiten der
Kirche beftunde diefe Anftalt in Worten und vie—
len Befehlen; bey den erften Chriſten geſchahe
alles wirklich, ohne Worte, Befehle und Gefeße,
gleichwie alles, was der Heil. Geift in ihnen wir:
kete. Man durfte Da feinen Widerſpruch der
Heyden beforgen, daß man nicht öffentlich beken⸗
netes Die Auffeber wurden den Ehriften vor:
„gefegt, wenn fie erft fir tüchtig erfannt worden,
„und cs nicht durch Geld erfauft, fondern durch
„das Zeugniß ihrer Lehre und Lebens erlanger hat⸗
„een p). Wer unter ihnen der Geſchickteſte aus
„allem
©) Gregorins Nazianzenus lib. V. de Theolog. fine. f) Ofiander Cent.I.Lib.IV.c.ır. g) Ep. ad Chorepifco-
2 pos ap. Beuereg. Tom. II. Synod. P:374. h) ZroM. ap. Hincmar. Rhemen/em Epift, ad Hadebertum in Caral,
Tefl. Verit.p.241. i) Concil. Nicen.ll.c.2. k) ZieglerssLib. de Epif. c.IV. n.32. fegg. h Toleranum, IV.
— e.18. m)Can, Apoftol. go. et ibi Zonaras in Scholiis.
n) Theophilus Alexandr, Epiſt. Can, Synodic, Tom, IL
P-172. 0) Gregor. M.in Reg. XIV. p) Tersullianus Apol. c;39.
*
9 Ir = .
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248
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„allem Bolfe fey, der Weifeite, Heiligfte, und
„in allen Tugenden Ban. der werde da-
„zu errählet, und zwar in Beyſeyn der Gemeine,
„damit feiner einen Scrupel oder Urfeche zum
„Widerfpruch behalten möchte. Und diß fen es,
„roas der Apoftel fage, er müffe ein gut Zeugniß
„von denen haben, die drauffen find, q). I Tim.
3,7. Alfo ſchriebe Eyprianus an die Gemeine
nad) Carthago in folder Angelegenheit: “Bey
„der Einfesung eines Lehrers pflegen wir euch zu-
„vor um Rath zu fragen, und das Leben und Ver⸗
dienſte eines jeden durch gemeine Berathſchla—
„gung zu erwegen,r). Und Athanaſius ſchrei⸗
bet ungefcheuet an Freund und Feind, mas das
Volk und alle ihm bey feiner Wahl vor ein Zeug-
niß gegeben hätten: “Er habe alles Gute an fh,
„erfey ein emſiger eiferiger Chrifte, einer von de—
„nen, die fid) in der Gottſeligkeit fonderlic) übeten,
„er konne wahrhaftig ein Bifchof feyn,, 5). Zur
Zeit der Verfolgung pflegte man fonderlic) bey
Erfegung folder Aemter auf Die Märtyrer und
Dekenner Chrifti zu fehen, von deren lebendigen
Glauben und Geduld man durd) fo viele Proben
war verfichert worden, und dahero ihr Amt defto
gefegneter hoffen konnte. Wie alfo Tertullianus
von einem gedenket, der wegen der Bortreflichfeit
des Marterftandes Auffeher worden vor andern,
die man auch vorgefchlagen hatte t). Zu Zeiten
CEypriani ward ein junger Menjch, Aurelius,
nach feiner Landsverweiſung und ſchrecklichen
Marter bey der Gemeine zum $efer beftellt,
toben jener diefes feßer: “Es ſchickt fich nichts
„beſſer vor folche Leute, als wenn fie ‚von dem
„Stochaufe zum Leſepult in der Gemeine fom-
„men; u). Freylich beffer, ſaget ein eiferiger
Mann davon, als wenn unfere Studenten aus
den Bier - und Weinzechen, von dem Fecht:
boden, aus’ dem gottlofen academifchen Leben zu
dem Tiſch des HEren und Predigeftuhl kom—
men.
14. Wenn man folche Proben von einer Per-
fon nicht wußte, gaben fie billig ihr Bedenken da-
von, wie dort von Novato gefchahe: “Mit was
„vor Thaten oder Wandel But er dieſes Amt er-
„lange? Hat er in der Gemeine vom Anfang
„her geivandelt ? Hat er viel Kämpfe ihrentmes.
n?
„gen ausgeftande ft er in vieler und groffer
„Gefahr geweſen um der Gottſeligkeit willen ,, ?
Hatte er Feines von dieſen aufzumeifen, ward er
q) Origeneshom. 6.inLeuit. r) Epift.38. s) Apol, II.
febins lib. VI. c.42. H.E. y)lulius. Epife. Rom. in Epift.ad Athanaſ. Apol. 2.
11.5. a) Gregorins M.lib. I. ep. 48. ad Adeodatum. b) Concil. Nicenum c.9. ©) Gregerins Naz. Orat.Fun.in
Bafıl.M. d) Dialogus Queft. LXV. quæſt. vlt. ap. Auguffinum Tom. IV. Append. , e) Hieroz.lib. XVI. in Ie-
fai.c.5g. f) AmbrofissinPL.ug. g) In Edicto prolixo, v. Catal. Tefl. Verit.p.267.
*
3
2.3. Von der er ſien Chriſten gemeinem und fonderbarem E
1— u F
Fe a = _ —
1 1
für untuͤchtig gehalten, ein fo wichtiges A
verwalten»). ja, wenn ein fremder und der Ge-
meine unbekannter Mann wollte eingefchoben wer-
den, proteftirte man feyerlich dawider, fonder=
fich wenn die Gemeine ruhig war, und man
bewährtere Leute haben Fonnte; wievon Bregorio _
befannt ift y). Daher fehrieb ein Römifcher Bi-
ſchof an die in Frankreich, es ſey nicht möglich,
daß man nicht einen befannten und bewährten
Mann befommen fünne, und müffe Feiner aus
einer fremden Gemeine eben genommen werden z).
Und einanderer in felbiger Stadt verhütete ernſt⸗
lich, daß Feiner zu folchen Aemtern follte gelaffen
werden, “er fey denn nicht zu jung und in feinem
„Thun rein. Man müffe erſt ihr Leben unterfu- +
„chen, und nicht mit Liſt und Gewalt durchdrin-
„gen, a). Ja, mer auch einem, der grobe Sün-
den befannt hatte, die Hand auflegte, deſſen Ber:
ordnung ward von der ganzen Berfammlung für .
unrichtig erfanne b). Weil ein anderer ja dazu
würdiger ſeyn konnte, der in göttlichen Dingen
wohl erfahren war, und fein Fleiſch Durch die Herr-
fchaft des Geiftes lange genug bezwungen hat—
te c). Summa, fie hielten diß für das gemilfe-
fte Kennzeichen, wen GOtt dazu ermähler ha- _
be, den nemlich, welcher nicht durch weniger $eu-
te Lob oder Schmeichelen, ſondern “Durch eine
„wahre Gortfeligfeit und apoftolifche Thaten da-
„zu erwaͤhlet, und fodann von dem ganzen Volk
„angenommen wurde, nicht aber felbft zu herr—
„chen begehrte, d),_ Man bielte auch dieſes
für “Feine fchlechte Sache, die Perlen alfo vor.
„die Säue zu werfen, und das Amt nicht den
„Heiligen und im Gefeg GOttes Geübten zuge
„ben, und alfo fremder Sünden theilhaftig u
„werden, da man doch bey Beförderung dee
Frommen ihrer Gerechtigfeie Fonnte theilbaftig
„werden, e), Und, was noc) mehr war, man
hielte nicht allein für nöthig, “nur a Pre Ei
„diger zu wählen, fondern aud) aus den Srom- "
„men die Allerfrommften,, f). Welches den
auch bey dem Verfall der. Kirchen viel redliche
Herzen erkannten und haben wollten, alfo, daß
aud), wo etwa noch fromme Obrigfeit war, dar:
auf fonderlich gefehen wurde; wie alfo Carl dee
Groſſe ausdruͤcklich Befehl gab, Feinen Lehrer zu
wählen, der nicht wegen feines Jebens und Weis- -
heit dazu füchtig wäre, Damit er mit Erempeln
und Worten denen Untergebenen nutzen koͤnne g).
Ind
€) Lib.adu,Hermog.c.2. u)Lib. II.ep.5. x).Eu- )
2) CeleflinusEpift. M.adGalles
echifcher Kayſer, Uteriuo €
em Reformationsman
fo denen böfen P
gut Zeugniß geben zu ihr
doch unausforechlichen S ie
thue. Vielmehr, füge ‚ follten hinfuͤhro die,
ſo die andern an heiligem Leben übertreffen, denen
andern in Beförderungen vorgezogen werden h).
Dt ne?
15. Dun, pmufen die Perfonen vornemlich
vor Ko hl befchaffen feyn. Wollen wir
aber ferner wiſſen, wer fie denn erwaͤhlet und be»
ruffen habe; fo müffen wir die Zeiten wohl von
einander unterfcheiden, und die Hiſtorie des Ver-
derbs Inge m bis ins legte Buch verfpa-
”.2
ren, gleichwie wir in andern Materien gethan
baben, den eriten Seculis hatte die ganze
Bemeine oder Menge diefes Recht, daß fie
mit Einftimmung ihrer Lehrer diefen oder jenen
ausfonderte, und zum Dienft am Wort dar»
| ftellte: wie es zur Apoftel Zeit mit ra
+ Apoft. Gefch. 1, 23. und Stephano gienge, Ap.
Geſch.6,5.6. und mie den Aeiteſten, c.14, 23.
| MWorauffichnebenft Cypriano undandern Chry⸗
foftomus bejoge: * Höre (fage er), wie die
„Apoſtel auch die , denen fie vorftunden, mit
zu Nathe zogen. Denn, alsdiefieben Diaconi
„verordnet wurden, brachten fie es erft dem Wolf
„yor; da fie Matthiam erwählten, handelte Pe-
„trus erſt mit allen, die da waren, Männern
„und Weibern. Denn diefe Sache befteher nicht
„in Hochmuch der Vorſteher, noch in der Unter-
ogebung der andern, fondern fie iffrgeiftlich, und
„darinn fuͤrtreflich, daß fie für euer Heil wachet,
„richte aber mehr Ehre noch verlangt. Denn
„mir follen alle wie in einem Haufe wohnen in der
BGGemeine, und als ein Leib gefinnet fern unter
„einanderzyi). Diefes Necht wurde nun in der
Kirche fleißig beybehalten und gebrauchet, indem
man es für unbillig, ja gottlos bielte, daß das
WVolk diefes feines Rechts beraubet wuͤrde k).
Denn daß diefe Sache bey der ganzen Gemeine
ein wohlgegründetes Recht geweten, kraft deſſen
"fie nicht allein ein Zeugniß und Benftimmung von
m neuen Lehrer abftatten müffen, fondern auch
die Wahl und wirkliche Beftättigung dabey ges
Artic. 2. p. 203. et516.
Afrianus⸗ Epift. 68. cuiuset vid. Ep. 33.55.
a
habt, ift von vielen wider der
h) in Nowells de Ele&tionibus ap. Corelerium Tom. II. Monum. Gr. p. 184. 189. © —*
k) Zieglerus de Diacon.c. IV.n.6. h Vid. vel Chemnitius Exam. Conc. Trid. Br gi Stunden
de Minift. n. 94. feqq. et Confefl! Cath. P. IL. lib. 2. p. 795 fegq. Ziegl. l.c.n. 6.(gg. Bebelius Sec. II. g. Ecel.
m) Audtores cit. et M. Ant. de
Petrum de Marca, Beueregius ad Synodic. p. 47. Hälfemannus Breuiar,
6) Autor Catalogi Tefl. Verit.p.32. ı
.249
{ apiften und ande-
rer Tpranney längft erwieſen 1). Smmafkn die
— Exempel aus der erften Kirchen die
vielen Sagungender Obrigkeit und andere Urkun⸗
den dieSache fonnenflar machen m). Die Nad)-
folger der Apoftel und apoftolifchen Männer, be
8 ſich getroſt auf Die hergebrachte Gewohn ⸗
heit der Apoſtel, und die folgenden zeugten von
ihren Zeiten, daß es durchgehends in allen Laͤn—
dern alfo mit der Wahl der Prediger gehalten
würde, nemlich, “daß man einen Yuffefer in
„Gegenwart des Volks erwaͤhlete, als welches
„das Leben eines jeden wohl wüßte». Sa, fie feßen
dazu: “das Volk thue das aus Gehorfam der
„göttlichen Gebote, und habe Macht, die, fü es
„werth wären, zu erwählen, die Unwuͤrdigen zu
„verwerfen. Es fomme von göftlicher Aufori-
„tät her, Daß ein Prediger vor aller Augen erwaͤh⸗
„tet werde, n) u. ſ. w.
16. Sch enthalte mich biflig, einzele Exempel
zu erzehlen, nachdem auch feiner fo unverfchäme
feyn wird, der die kacta leugnen follte, da zumal
Berbardusund andere eine Deduction derer roͤ⸗
miſchen Verordnungen aus der Antiquität mas
chen, die deswegen hin und mieder ergangen find.
Nur diefes achte ic) fonderlich merkwürdig, daR
man dem Volk die Perfonen zur Wahl nicht al-
[eine vorgeftellet, und ihnen auf Feine Weiſe we⸗
der durch Lift noch Gewalt die Freyheit benom-
men, fie zu vermerfen ; fondern auch gerne geſe—
ben, daß. es felbft erliche darſtellte, und von de—
nen, foetwa Macht über fie hatten, forderte, Cs
kam da nicht auf etliche Perfonen oder ll
via an, die hernach das arme Volk feheuen hatte
müffen,. und mit allen zufrieden feyn, der Lehrer
bätteihm anftehen mögen oder nicht, ob er ihm
ſchonzum Schein wäre vorgeftelle worden; viel⸗
ek auf Gift und Gaben, auf Gunft und
Freundſchaſt, auf cafus obliquos oder andere,
verdammliche Wege, wie ein bewährter Scri-
bente von dem antichriftifchen Greuel im Pabjt-
thum Kehren) fondern auf eine gottgefällige,
und vom Hin Geift regierte Zufammenftimmung
der Gemeinen, als fie noch lauter und durch das +
Si Feuer
i) Homil. 18. in2Cor.
422. Gerhardus Loc.
Deminis lib. III. Reip. Eccl. c.3.av.2--29. ct adu.
de Minift, Voc. n.5. aliique. n)
u. 6
v
250
euer der Trübfal im Glauben bewährer waren.
Da gefihahe es nun, daß fie ſolche für tüchtig
erfannte Männer recht forderten und erfuchten,
ihnen vorzuftehen p), nachdem fie fie an Lehr und
geben untadelich befunden hatten. Welches Sor-
dern auc) noch unter denen Kayſern gefchahe g).
Dahero bey denen heutigen Bifchöften annoch der
Titel, poſtulirt, kommt, zu einem Zeugniß über
alle, die dem Volke das von GOTT verlichene
Recht genommen, und es zu deffen Unterdruckung
mißbrauchet haben r). Geſtalt denn diefes Wort
fiftiger Weile bey denen Papiften nach und nach
von der Wahl getrennef , und etwas fonderliches
zur Befeftigung ihres Staats daraus gemacht
worden iſt. Don der xergoroviz hiebey gibt Herr
Tave Nachricht p. 249. wie auch vielanderes).
17. Diefe apoftolifche Weife fcheinet aber bald
mit dem Berfall der Kirchen abgefommen zu feyn,
indem aus dem vierten Canone des Picenifchen
Eoncilii fchon offenbar ift, wie man die Wahl
eines Bifchofs an drey dergleichen Bifchoffe feit
Binden wollen, und der andern Glieder der Ge—
meine mit feinem Worte mehr, wie fonft gefche:
ben, gedacht Hat. Welchen unbilligen Geſetze
es auc) die Gelehrten meiftens Schuld geben tr).
Wiewol aud) ein anderer Canon haben will, “daß
„man dem Volke nicht zulaffen folle, die Wahl
„over Prediger zu thun,„u). Denn obmwol einige
dieſes entſchuldigen und einfchränfen wollen x);
fo ift doch das tyrannifche Gebot fo augenfchein-
li), daß es nicht Fann geleugnet werden. Im—
maſſen auch um felbige Zeiten die Gemeine über-
haupt von ihren meiften echten durch die Elerifey
verdränger zu werden anfieng. Dahero Fein
Wunder war, daß man in diefem Werke ein
gleiches verſuchte, ungeacht feiner fo feften Grün-
de und Urfachen. Weiterhin gieng es nun hiemit,
wie mit andern, ganz unverfchamt zu, da man
immer mehr dergleichen Saßungen machteg und
das Volk alfo indie Furcht jagte : “Dem Volke
„(hieß es), foll nicht vergönnee feyn, die Priefter
„zu wählen, fondern das Urtheil foll bey den Bi-
„thöften ftehen „y). War eben fo viel geſagt, als:
Die Gemeine fol ihre Lehrer nicht mehr prüfen,
fündern blindhin alles für gut annehmen: die
Schafe follen ihren Hirten nicht mehr ruffen und
fennen, fondern ohne Unterfcheid Mierhlin:
gute Hirten hören, und mit aller Speife vorlieb
nehmen: mie ein berühmter Mann redet z). Ge:
fest aber , daß auch einige Fehler oder gar Er-
ceffe bey etlichen vorgangen wären, fo wäre doc)
die Sache felbft nicht fo auf einmal hinweg
fen gewefen; da man fonft die allerhervlic
Dinge , fo der Lehrer Nachlaßigkeit in Mißbr
gerathen lieffe, haͤtte vermerfen müffen. Aber
hievon im legten Buche ausführlih.
18. Wäre das Volk durch der Lehrer Fleiß
und Erempel inder erſten Lauterkeit erhalten wor⸗
den, fo hätte man ſich Feiner Unordnung oderan-
derer Inconvenientien bey der Wahl beforgen
dürfen. Denn die erften Gemeinen waren des
Heil. Geiftes voll, und thaten alles nach des
HERAN Willen. Alfo ſiehet man auch, wie
ſolche Ermählungen durch den Heil. Geift und
demnach fehr glücklich gefchehen find. Wovon
abermal Chryſoſtomus faget, der es gerne wies
der nad) der erften und beften Weife gehabt hätte:
„Damals, (zu den erften Zeiten, ) gienge nichts
„menfchliches vor : denn Die Lehrer kamen durch
„ven Geiſt der Weiffagung. - Und wie es damals
„geſchahe, fo folles auch nochigefcheben, wenn wir
„ohne menfchliche Affecten folche Wahl halten,
„und nichts ivdifches anfehen, nocy nad) Gunft
„oder Haß etwas thun „a). in gewiſſer alter
Autor thut diefen Ausſpruͤch: "Wer nun von
„Menſchen ordiniret ift, der ift Fein Diaconus
„oder Yeltefter in Anfehung GOttes. Darum
„findet fich unter denen Lehrern feiner, der fein
» Pfund verleurt, wenner nachder Vorwiſſenheit
„von GoOtt ordinirt wird. = - Wenn er aber ein
„Sünder iſt, fo ift er nicht von GOTT,
„ſondern von Menfchen ordinirt, nach der Bor:
„roiftenheit GOttes, und iſt als ein gemeiner
„Mann unter denen, die nur ein Pfund empfan-
„gen haben ,„b). Und anderswo: “Ein unmiffen-
„der und boshafter Bifchof ift fein Bifchof,, fon-
„dern trägt den Namen falfch, als der nicht von
„GOtt, fondern nur von Menfchen ordinirt ift,,c),
Wie auch abermal Ehryfoftomus: “Das Amt _
„eines Priefters bedarf einer göttlichen Benftim-
mung
9
u
p) Exempla ſunt apud Auguflinum de Piniano Epift.25. de Ambrofio ap. Sozomenum lib. TIL. c. 16. Parlinumin
Vita, aliorum ap. Zieglerum de Epifcopis c. VI.
€. Th.de Epife. & Cler. p.39. r)Vid. Zieglerusl.c.
g) 1.49. Cod. Theod. de Decurion. Vid. Zar. Godofredus ad. 6. *
s) Iuftellusad Cod.Can. Ecel. p. 204.C. S. Schurrzflei/fchius
Difiert, peculiari. Beweregius 17. ad Can Apoft. p.9: Vferiusad Ignatii Ep. adHeronem. t) Exantiquis Bal.
! famon, Blaflareset ones fere Græci interpretes. Vid. Beueregius ad Synodic. p.47: u) Zaoditenus XIII. x)
.M. Anton. de Dominis lib. UL. Reip. Ecel.c.3.n. 50. et cum eo Gundlingius ad h Can.
Bracarenfisc.ı. Tom. ll. Coneil. z) Gerhardus Loc. de Minift.n. 97. fegg.
y) Cap. Gr&c. Martins
a) Homil.5.inıTim. b)Lib.
VII. Conflit. Apofol.c.ı. ©) Ibid.c.2. laudat.a_M. Anr. de Dominislib. II. Reip. Eccl. c.ı. n. 51. aduerfus
Sixtum Senenjem lib. VI. Bibl. S. An. 108.
u”
“
P
rk 4 end
8 Cap. Don der Wahl und Beruffung der Lehrer in den erfien Bemeinen.
Ba re ge 0 EEE un"
bet von Eelerino, “daß er niche durch menfchlt-
mung, mit der erwaͤhlet werde, welcher der
noürdigfte iſt: gleichwie Timorheus alfo erwaͤh⸗
„let ward, d). So erfennet auch Athanaſius,
die Wahl und Beruffung eines Lehrers müffe alfo
eſchehen, nad) des Apoftels Befehl: “Das fich
a A "das Dt verſammle zugleich mit dem
„Heil, Geift, die mit einander einen Aufſeher ſetzten,
„öffentlich einen vor den Lehrern darzu forderten,
„denn weiter nachforfcheten und alfo die Sache
„volljögen „e). Und von einem folchen Fonnte
Tanatius mit Wahrheit fagen: “Einen jeglichen,
„Ion der Hausvater felber ſendet zu feiner Haushal⸗
„tung, den muß man alfo aufneßmen, als den,
„der ihn gefandt hat,f)._ Hingegen fieher esgar
anders aus bey anderen Erwählungen, wie fie ei⸗
ner in der verderbten Kirche befchreibt: “Bor die-
„ſem wurden fie erwaͤhlet durch Einftimmung
„der Cleriſey, des Volks Erfuchen und Zuruffen,
„auch oft durch göttliche Offenbarung, und wur-
„den wider ihren Willen zum Amte gezwungen:
„Nun fommen fie dazu durch Ehrgeiz, Begier-
„de zeitlichen Gewinns, vollfchändlicher Bosheit
„und ohne Beruf, ohne Wahl, ohne Erforde:
„rung, wider alles Recht, Durch weltliche Gewalt
„und Zwang ; nicht daß fie bauen, fondern ein-
„reiffen, nicht ven ku fchaffen, fondern
„rauben und ftehle w. g).
19. Vondenen Apofteln will ich nicht fagen und
ihren Juͤngern, wie fie die Lehrer nach den vori-
gen Weiſſagungen über fie eingefeger haben, Tim.
4. und c. 1, verſ. 18. 2 Tim. i, 14. Apoſt. Gefch.r,
24. Sie giengen, (fpricht Clemens) durch
„Städte und Flecken, und ſetzten den Glaubigen
mauffeger und Diener, nachdem fie fie in dem
„Heil. Geift geprüfet hatten ,„b). Und Zufebius
fagt von Johanne; Er habe Aufſeher geſetzt, die
„hm von dem Geifte gezeiget worden „i). Wel:
ches denn auch das Anfehen der erſten Biſchoͤffe
gar fehr groß machte, wie die Gelehrten anmer:
Een k), Aleine ‚ich will nur etliche Erempel aus
folgenden Zeiten vorbringen. Cyprianus fihrei-
d) Hom.6. inı Tim. 4. et Theophyladtus ibid.
Clemangis Epift. 31. h) Epift. ad Cor. p. 36.
e) Epiſt. ad Orthod.
1) Lib. IIL.H.E. c.23.
“ng
251
„che —— ſondern durch göttliche Gna⸗
„de gewuͤrdiget, erkohren ſey. Denn als er nicht ein⸗
„willigen wollen, ſey er in einem Geſichte des
„Nachts auf Anmahmen der Gemeine dazu ge:
„trieben worden, daß ers denen nicht abgefchla-
„gen, die es ihm riethen. Zumal es auch unbil-
»lig geweſen wäre, daß der oßne eine Stelle bey
„der Gemeine wäre, den GOTT alfo durch die
„Wuͤrde der himmliſchen Herrlichkeit beehret hät-
„te, Wobey Riaaltius die Weisheit Ey-
prians fonderlich bewundert, daß er fich diefes
Gefichts fo meifterlich zu bedienen gewußt 1).
Und bey einem andern Orte, da Eyprianus
gleichfalls einen göttlichen Befehl zum Grunde
legt des Berufs eines Aelteſten, merket er an,
daß GO damals auch felbft Zeichen bey folcher
Wahl gethan Habe m). Afo, da zu Rom das
Volk einen Auffeher wählen wollte, faste ſich eine
Taube auf das Haupt Sabiani, welches die Ge-
meine als ein Zeichen des Heil. Geiftes annahm,
und ihn dazu erwäßlten). Don AUmbrofio wa-
ven alle Anweſende einig, daß feine Wahl durch
fonderbaren Befehl und Willen GOttes gefchehen
fen, weil zumal das Volk alles fo einmuͤthig dabey
war 0): Welches auch von Ylectario gefaget
ward, daß es nicht one GOTT gefcheßen wäre:
(8x &3ee) ingleichen von Alexandro daß ers
durch eine Offenbarung worden fey p). Proclo
ward in einem Gefichte gezeiget, wen man zum
Auffeher nehmen follteg): Daher er einen Sands:
hauptmann, ber oßngefehr ihm zuſprach, unver:
ſehens die Hand auflegte , und zum Biſchof mach⸗
te, welches denn ein Seribente unter die Beroi:
ſchen Thaten rechnet, welchedurch fonderbare Be:
wegung des Heil. Geiftes geſchehen r). Insge⸗
mein mar dieſes der Alten Meynung, daß bey
foichen Gaben ein Auffeher nicht eben allzeit, und
einem jediweden Rechenfchaft davon geben dürfe,
was der Welt nicht anftehe, wweil ibm von dem
Heil. Beift die Vorſorge der Seelen anver-
trauet wäre s). Ap. Geſch. 20, 28,
f) Epift.adEphel. 2) Nicolaus de
k) Hammondus Dillert. c. IV.
n.5. *) Epift.39. 1) InNot.adh.l. m) Epift.go. n) Eufebins lib. VI.H.E.c.29. repetitum ab Ofian-
dro Cent. III. lib. IT. c.9. et Bebelio Sec. III. Ant. Eccl.art. 2.9.2. 0) Socrares lib. IV. c. 25. Sozom. VI. c.24.
p) Sozomenns lib. VII. c. 8.et Hieronymus in Catal. Ser. Eccl. in Alex. q) Socrates lb. VIL.c.48. r)Ofan-
der Cent, V.lib, I.c,25. s) Can. Apoflol. c.38.et ib. Balſamon in fchol,
Das
232
2. 3. Don der erften Ebriftengemeinem und fonderbarem Bottesdienft.
* —
P:
_— =
Das 9. Kapitel,
Vron der Lehrer Pflichten insgemein.
Pu 5 |
Summarien. —
e erſten Lehrer ſelbſt erkannten ein unſtraͤſliches Lehen ſchlechterdings für hoͤchſtnoͤthig bey Lehrern, $. 1. als die fo wol
Di
D mit Leben als Lehre erbauen müßten. 2. Andere Lehrer litte mannicht, 3-
4. Denn das Bolf fiehet am meilten aufs Leben des Lehrers. 5. Iſt das nicht aut, fothut er unfa
er kann nichtsrechts lehren, fondern verfäljipet das Wort, 7, weilder Geift Gottes nicht fein F
weil fie nicht nachdrücklich erbauen Eönnen :
lichen Schaden: 6. Den
ührer if. 8-, Wefentliche
Requifita eines Predigers, ohne welche die Lehre unkräftig wird, wie man auch im Wabfithum eine ztemliche Zeit befannt hat.
9. Mußten alſo Pehrer in der erften Kirchen untadelich ſeyn, ıo, auch Eeiner Todfünde oder anderer Fehler beichuldiget werben
koͤnnen. ı1. Eine furze Abbildung eines Lehrers: Erempel unfträficher Lehrer. 12. Wichtigkeit 13. und Schwerigteitdes
Lehramts, 14. welche GOtt überwinden half, je getreuer die Pehrer waren als heilige Boten und Engel GOttes. Ereimpel
Bafilii M- ı5.. Leber die Vernunft aller feifchlichen Rehrer ruurde Dadurch Feucht gefchaffet, je unfträflicher der Lehrer lebte.
16. Wie treuen Lehrern von Zuhörern begegnet worden 17.
ſahen. 19.
atte man nun ſo ſorgfaͤltig nach ſolchen
& IB Schrern fich umgefehen, wie fie die Apoſtel
bejchrieben; fo war es aud) nöthig, Daß
fich die Erwaͤhlten in der That alfo ermiefen vor
GStt und der ganzen Gemeine. Ich will demnach
albier nur freulich erzehlen, wie die Lehrer felbft
insgemein ein heilig und unfträfliches Leben ſchlech⸗
ferdings nothwendig erfannt haben, und fich alfo
wirklich verhalten, nachdem ic) fchon gezeiget, und
theils unten zeigen will, wie fie in der $ehre be-
fchaffen feyn müflen. Da fonnten aber die Glau-
bigen leicht fchlieffen, wenn denen Chriſten insge-
mein ein untadelicher Wandel gebühre, und fie im-
mer völliger werden müßten, was nun vielmehr
denen zufomme, die ein Fuͤrbild der Heerde feyn
follten , nicht allein in Anſehung ihrer Perfon, fon-
dern auch ihres Amts. Drum hieß es bey ihnen:
Was von allen andern geſagt iſt, das gehet viel:
„mehr die an, dieallen zum Exempel dienen follen,
„und die deſto mehr den andern an Andacht vor-
„geben füllen , je mehr fie geehret werden. Denn
„wenn auch dem gemeinen Mann und dem
ſchwaͤchſten Frauenvolk GOTT eine folche voll-
„fommeıite Regel des $ebens gegeben Bat; wie viel
vollkommener will ernicht die haben, von denen
„jene lernen follen, daß fie vollfommen feyn a):
„Darum, ob ſchon alle der Gerechtigkeit nachtrach-
„ten muͤſſen, fo muͤſſens die doc) vielmehr thun,
„die folche Ehre von GOTT haben, daß fie der
„himmlifchen Gnade am nächiten fommen, je
„mehr fie von den irvifchen Lüften entferner feyn
„follen„»b). Und mwieein H. Märtyrer fhreiber:
IL,
„Es müffen zwar alledie Zucht und ein unſchuldi⸗
„ges Seben bewahren; aber fonderlic) die Borge-
„teßten, bie andern ein Erempelfollen geben. Wie
„Eönnten fie auch fonft der andern Zucht und Une
„fchuld regieren, wenn aus ihnen felbft böfe Ep-
„ernpel und Berderbniß entitehen „ c) ? Welches fie
aus Gegenhaltung des Alten Teftaments fehr
wohl ausführten , da von dem Priefter und Le
piten eine fonderbare und allergenauefte Neinig«
keit gefordert ward vor, allem andern Volk a).
Daraus fie zeigten, wie vielmehr nach diefem
Vorbild ein Lehrer im N. Teftament arfReinigfeie
feines Herzens den gemeinen Mann weit, weit über:
treffen müßte, und fodann an Heiligkeit feines
Lebens, an Weisheit und Beredtfamfeit von göft
lichen Geheimniffene). Hingegen fahen die Ber:
ftändigen gar wohl, es würde die Gemeine Got:
tes nichts mehr zerrüffen, als wenn man wuͤrde
fagen Fönnen: Die Lehrer find gottloſer als die
Zuhörer N).
2. Hiervon hatten ſie nun den flaren Willen des
Herrn vor fi), Der fonderlih durch Paulum deut⸗
lich und ofte verfünbiget worden war, daß ein
Bifchof unfträflih und untadelich feyn follte,
ı Tim. 3, Tt1,7. Micht zwar daß er Feine
Sünde oder natürliche Verderbniß mehr an fich
baben follte, denn fo hätte fein Diener in der Ge⸗
meine fonnen beftellet werden *) ; fondern daß er
feine tbun follte, und alfo von aller rechtmäßigen
Befchuldigung derfelben frey feyn Fonnte g), viel
meniger Gelegenheit den Säfterern Dazu gäbe,
“Da fehen wir, (fchreibet einer hievon), wie viel
von
a) Saluianus Lib. II. adu. Auar.p.68. b) Cafioderus Lib. III. Var. Ep.7. c) CyprianusEp. 62. .d) Saluianus
l.c. e) Erafmuslib. III. Eccl.p.ı6. f) Ex Auguffino repetit Durandusde Concil. P. II. tit.32, et in Carah
Tef. Verit.p.693. *) Auguſtin. lib. I. adu. Epift. Pelag.c.14. 8) Chry/eßl. hom. 2. in Tit.
Be rl
*
nach der Lehrer Verhalten. ı8. Auf was für Lohn treue Lehrer
7
— — ————
*
u —
vs
„von uns $ehrern gefordert werde. Das allge:
„meine Zeugnig und Gerüchte foll unf
„Thun und daſſen zeugen, damit in unferm Amte
„fein Schade gefchehe, fondern vielmehr ein jeder
„den HErrn über feinem Diener preife, wenn er
*. fiehet, und = anbete, weile: fo fromme
Knechte hat. Sintemal dis der Preis GOttes
„if, wo eine unfchuldige Zucht in feinem Haufe re:
platt»). Diefer Haus a nun vor feiner
Auffahrt nicht allein felbft den Willen feines Va⸗
ters getban, und fodann auch gelebret, Ap. Geſch.
1,1, fondern ihnen auch dergleichen zu tbun befoblen,
daß fie die Menſchen lehreten halten, mas er ih:
nen befohien hatte, und alfo vielmehr ſelbſt daſſel⸗
be hielten. Matth. 5, 19. und 28,20. Diefes nahe
men bie rechten Lehrer unverbrüchlich in acht, und
bewaßrten ficy mit Paulo in der Kraft GOttes,
“daß fie nicht andern predigten, und felbit ver-
werflich würden, ı Cor. 0,27. Weswegen fie fich
unter einander ermahßnten, wie ver HERR
ſchlechterdings haben wolle, daß fie in aller Ge—
rechtigkeit einher gehen, und fonderlich zuerſt
tbun, bernach lehren follten: “Damit fie ihre
„sehre mit einem guten Leben angenehm machten,
„und mit guter Lehre die Erfenntniß einpflanzten.
„Die That ift eher, als die Worte, Denn der
„HERR fagt im Evangelio: Wer alfo thut und
„tehrer, der wird groß ſeyn. So höret man ja,
„daß die That vorher gebt, und die Lehre folget.
„Denn die erſte Lehre ift, aufs thun. Denn
„wenn die Worte aufhören , fo lehret das gute
„Werf den Menfchen eben das, indem man ſie—
„bet, nie Die Herzen doch durch die Kraft geruͤh—
„ret werden , ob aleich die Stimme die Obren
„nicht erwecket. Denn wer wollte ſich nicht wun⸗
„oern und freuen, wenn er ein gut Werf ſieht,
„daß ers nachmachet, und als einen ſtummen Mei-
„fter daran hat, indem er durch das Erempel ge:
„iehret wird? So gehen alfo die Werke ven Wor-
„ten vor, ja die Worte ohne Werfenügen gar nichts.
„Denn alfe hat der HErr befohlen zu lehren, damit
„nicht die Hoffart der Worteohne gute Werfe un.
„nüßlichmwäre. So werden wir nun beffer mit der
„That , als mit der Stimme unterrichtet. Die heili-
„ihrem Exempel. Die Augen überreden mich eher
„bon etwas, was fie fehen, als die Ohren von dem
„Hören, :fagt Umbrofiusim 76.Sermon ). Ja,
fiefagten öffentlich, “derjenige Lehrer fen ein rechter
h) Ambrof.lib. I. Offic. c. 50.
dignit.
Sent. ©) Nicephoruslib. V.c.38.
9. Cap. Don der Lehrer Pflichten insgemein.
rvm
* Maͤrtyrer reden nicht, und lehren uns doch mit
i) Chryfft. hom. 17. in Matth. 7. Oper. Imperf.
cerd. c.4. m) Gregorius Naz. Carm. 27. et ap. Damafcenum Orat.3.delmag. n) Idem ibid, in
— —
2
253
„Heuchler, welcher nicht erſt das Gute thue, ehe ers
„lehre.Und bewieſen dieſes alſo: *XIndem er
„das Gute lehrt, gibt er ſich bey den Leuten für ges
„recht aus; indem er aber Böfesthut, ſo macht er
„‚fich felbft in feinem Herzen zum Sünder ,,k).
Wohin denn alle ihre herzliche Vermahnungen
giengen, deren ich nur etliche gedenken will.““taifet
„uns doch, (fagten fie,) das mit der That beivei-
„fen, was wir dem Namen nach find, damit der
„Name mitder That übereinfomme, und die That
„mit dem Mamen. Ach! lafferden Namen nicht
„leer, undeure Sünden voll feyn; die Profepion
„göttlich, die Thatunzuläßig; die Ehre groß, das
„eben ſchaͤndlich ) !
Wille du ein Lehrer fern, ſo lehr in Werfen :
Kannft du das nicht, fo fang fein Lehren an,
Du biſt fonft aus der Hirten Zahl gethan.
Wer Fann ſich bey dem leeren Lehren ftarfen ?
Du fehadeft mehr mit deinem teben,
Wenn du nur Wort, nicht That willſt geben.
Doch ſchmuͤck die Lehre mit der That,
Und frag, wer Worte nöthig hatın).
Endlich war dis ihr Schluß:
Ein einig Werk kann auch viel Worte uͤberwie⸗
gen:
Ohn Worte find ja viel zu jener Welt ges
\ racht;
Nicht aber ohne That. Wer will mit Worten
triegen,
Und nichts im Werk erweiſt, wird nicht von
uns geacht n).
3. Jener erleuchtete Lehrer war in feiner Jugend
durch die Heftigkeit der Marter gefallen, daß er
CHriftum fait verleugnet hatte. Alsermun einft
in der Gemeine aus dem 50. Pſalm diefe Worte
las: Was verfündiaeft du meine Rechte, und
nimmft meinen Bund in deinen Mund, fd
du doch Zuchrhaffeft ? fiehe, da wurde fein Herz
fo voll Kammers über diefe Worte und der Erin»
nerung feines vorigen Falls, daß er öffentlich Thrä-
nen vergoß, und erfantıte, wieer unwuͤrdig ware,
den Bund des Herrn in feinen Mund zunehmen 0).
Dergleichen Exempel wir bald mehr fehen werden.
Wozu auch die Veragpnung eines alten Concilit
gehöret, die demjenigen Kirchendiener zu predigen
verboten hat,der dvenGößen,aus Zwang oder Furcht
der a geopfert, ober ſchon hernach widerruf⸗
en,
k) Ibid. 1) Ambrof.lib. de
254
fen, und eg bereuet gehabt p). Denn man litte
folhe Heuchler nicht damals in der Gemeine, ge
ſchweige bey der Aufficht derfelben,, Die andere
lehren wollten, was fie felbft noch nicht gethan
hatten, nach Matth. 7, 3. 4. Da hätte man
ſehen follen, wie die Lehrer mündlich und fchrift-
lich zu allem Guten vermaßnten, “nicht mit Wor-
„ten allein, fondern auch Fraftig mit ihrem Exem⸗
„pef, Damit es nicht ſchiene, als fpielten fie nur
„Comödien, und nur eine fremde Perfon auf der
„Canzel prafentirten,, 9» Wie ernſtlich redet
einer an folcyer Stelle hievon zu feiner Gemeine:
„Ihr ſehet, meine Brüder, mit was vor Zittern
. „ich diefes fage: (Pf. 50, 16. 17.) Wir nehmen
„pen Bund GOttes in unfern Mund, und ver-
„eundigen euch die Nechte und Zucht GOttes.
„Und was fagt GOtt zum Sünder? Was ver-
„fündigeft du? So verbeut er nun den gottlofen
„Predigern,. Und nachdem er diefen Einwurf
gemachet hatte: Wo bleibet aber das: Matth. 23-
Was fie euch fagen, das thut. So antwortet
er: *Diefes ift gefage darum , daß fich nicht
„fürchten, die es hören, nicht aber, daß die
„ficher werden, welche Gutes reden und Boͤſes
„hun, r). Don welchem Lehrer auch nach fei-
nem Tode gerühmet wird, daß er nicht allein ein
Schriftgelehrter zum Himmelreich gelehrt gewe—
fen, ſondern auch einer von denen, zu welchen
gefagt wird: Alſo redet und alfo thut: und
von Denen, Davon EHriftus ſagt: Wer alfo
thut und Ichret die Leute, der wird groß
beiffen im Simmelreich s). Dergleichen Lob
dem Gregorio Nazianzeno beygeleget wird,
„daß er, als ein Lehrer des wahren Gottesdien-
Ites, zwar viel mit Worten, aber mehr mit fei-
„nen Erempeln gelehrethabe: ja, feinen Zuhörern
„hätte er nichts befohlen, was fie ihn nicht zuvor
„felber thun fehen,, 1). Und einem andern Gre⸗
gorio in diefer feiner Grabfchrift u):
Er machie feine Lehr aud) in dem Leben wahr,
Und ftelle fih de zum fhönften Mu-
er dar,
An dergleichen Lehrer Fonnte jener mit Recht
fehreiben : “„Ihr babe nicht allein das lautere
„Evangelium ohne allen Fehler verkehrter $ehre,
„fondern ihr lehret und übeg es ritterlic), nad)-
„dem ihr Feinen Menfchen Jum Meifter anneh-
„met, und in ber That euch als Lehrer erweifer,x).
Gleichwie auch) Tertullianus feine Schugrede jo
p) Concil. Ancyran. c.2. Ita Dannhauerus Chrifteid. Act.I. Th. I. p.272. r) Aueuf. in PL. 49.
2.3. Don der erften Chriften gemeinem und fonderbarem Bottesdienft.
unerſchrocken befchloß, nachdem er gewieſen, wie
die Heydnifchen Lehrer Heuchler wären, Die nicht
thäten, was fie fagten: “Die Ehriften (fehreibee
„er,) lehren mit der That und mit Erempeln,, y).
Und anderswo: “Die, fo etwas lehren und re—
„eommendiven wollen, müffen erftfelbft in Beob-
„achtung dejfelben erfunden werden, und durch
„oen Nachdruck ihres eigenen Erempels Fraftig
„andere bewegen. Damit nicht die Worte, wenn
„die That nicht dabey ift, gleichfam beſchaͤmet wers
„den, 2). Dem auch ein anderer beyſtimmet,
da er eben wider die heuchleriſchen Weiſen dieſer
Welt ſchreibet: “Die Frommen muͤſſen viel-
„mehr das thun, als ſich in die Winkel verkriechen,
„und nur andern zu thun befehlen, was ſie ſelbſt
„nicht thun. Denn wer zwar lehret, aber es nicht
„thut, der entzeucht ſeiner Lehre den Nachdruck.
„Wer wollte doch wol gehorchen, wenn die Lehrer
„nicht ſelbſt dem folgen, was fie andern auflegen?
„Es iſt gut, etwas Löbliches befehlen; aber wenn
„mans ſelber nicht practicirt, fo iſts eine Luͤgen
„und Thorheit, Daß man das Gute auf der Zun—⸗
„ge und nicht im Herzen haben will a).
4. Eben diefer Scribente fraget die Heuchler
alfo: “Soll derjenige thun, was er andern befihle
„oder nicht, welcher den Leuten Gefegevorfchreibt,
„und ihr geben vegieren will, ? Und antwortet
alfo: “Thut ers nicht, fo find die Gebote ſchon
„aufgehoben. Denn, entweder fie find gut, und
„ſetzen den Menfchen in einen glücklichen Zuftand,
„ſo darf fich der Lehrer nicht von dem Haufen aus⸗
„tchlieffen,, fondern muß eben fo leben, wie er
„lehrt, ſonſt wird er feiner Lehre den Credit bes
„nehmen, und fie verächtlich machen, weil er mit
„oen Werfen niederreißt, was er mit Worten
„baue, Gind fie aber böfe, fo ift er doppelt ſtraf⸗
„tallig,, b). Und ein anderer, da er einen folchen
thätigen Lehrer gelobet hatte, faͤhret alfo in feinem
Difeurs fort: “Eine Lehre, die mit der That ge-
„zieret ift, kommt billig allen glaubwürdig vor;
„ohne dieſes aber ift fie nur lächerlich, und machet
„den Lehrer zum Ankläger feiner felbft, ob er gleich
„noch fo fleißig lehrt, c), Daß demnach insge-
mein diefe Yusfprüche bey den Alten gemein und.
gewiß waren: “Eine Rede hat Feine Autorität
„und Nachdruck, die nicht durch Exempel befta-
„tiget wird. Es iftgottlos gehandelt, etwas Guts
„befehlen, und doch felber nicht ehun d). GOtt
„will, daß ein Ehrifte den andern erbaue, nicht
„durch
s) Poſſi-
dins in Vita c. 31. t) Ruffizus lib. IL H. E. c.8. u) Magno in Epitaphio Operibuseiusannexo. x) Audtor
libri de Cibis Iudaicis ap. Terzall. p. 1272.
b) Lib, IV. c. 23.
y) Apol
Ne. 50:
ce) Sozomenns de Chryfoftomo Lib. VIII. c. 2.
z) Lib. de Pat. c.ı. a) Ladanr. lib. III, e. 15.
d) Cafiodor. lib. XV. var,ep. 8.
„durch Lehren allein, fondern auch durch Thun.
—— nicht fo oft auf den Weg der Wahr-
„beit, als auf die Sorge des Lebens. Denn es
„zroird nicht fo mol gefehen auf das, was man fa:
„get, als was man hut, Er daß man mit
„unendlichen Gefchwäge, zum Exempel von der
„Geduld, Betrachtungen anftellete, und fie zu
„rechter Zeit nicht eriwiefe, fo werden die Worte
„nicht fo viel nuͤtzen, als die Werke ſchaden.
»Wenn man aber vor und nach den Worten die
„Werke zeiger, fo iſt man würdig, andere zu er-
„maßnen; weil doch Ehriftus nur die felig preift,
„die es a Sieheſt du, daß er das
Werk voran feßt, Die Lehre hernach. Gehet nun
„die That vorher, fo ifts ſchon genug zur Lehre
„denen, Die auf uns fehen, wenn gleich Feine
„Worte folgen. Darum leffet uns ja mit allem
„Fleiß erſt mit Werfen als mit Worten lehren e)!
„Von einem Lehrer ifts fehr verdrießlich, wenn
„ers fagt, und nicht thut, befihlt, und felber
„nicht gehorcht. Denn er wird auch durch das
»Erempel eines gehorfamen Zubörers beftraft,
daß er andern etwas zu thun gibt, was er felbft
„nicht verſuchet hat f). Er ift fein felbit Richter,
„wenn er wohl lehrt, und übel lebt. Denn durch
„gut Seben und Lehren wird nur das Bolf erbaut ;
„aber durch gut Lehren und bös Leben zeiget er
„EDEL, wie er ihn verdammen fell 2). Und was
„ſollte ein folcher Weltmenfch lehren Eönnen, der
„den Fußſtapfen Ehrifti nicht folge? Sollte er
„Reufhheit lehren, die er fe'ber nicht hat? oder
„ven Glauben, ven er noch nicht gefunden Bat?
„die wahre Lehre, der er nicht folgee? a, viel:
„mehr die teufelifche Klugheit diefer Welt Hat er,
„und nicht die göttliche h).
F % 5. Naͤchſt diefem, daß tehr und geben unum-
gänglich beyſammen ſeyn muͤſſe, erinnerten fie
aud) diefes, daß gleichwol die Sicheren nicht un-
terlieffen, fi) nad) den Erempeln ihrer Vorgaͤn—
ger zu richten und darauf zu beruften. efegt
nun, fagten fie, daß ein böfer Lehrer immer fehren:
et, man folle nicht nad) feinem Leben, fondern
nach feiner Lehre hun, aus Matth. 23. und fich
alfo feibft fein fir einen verdammlichen Bharifaer
ausgibt, der das Weh fiebenfach auf fih habe:
ſo werde fich doch der Gortlofe daran nicht kehren,
und fagen, diefes Urrheil fey unrecht :). Denn
„was A das Volk anders thun, wenn es durch
„Wohllüfte und böfe Werfe von dem Vorſteher
Oper. Imperf.
*
9. Cap. Von der Rebrer Pflichten insgemein. 255
„zu dergleichen Greuel gereizet wird? Gollte es
„nicht für zuläßig Kalten, was von im, als 06
„es frey ffünde, getban wird? Ya, die Leute mey⸗
„nen noch, es fen überdis ganz löblich, was der
„Aufſeher für luſtig oder nuͤtzlich halte k). Sollte
„da nicht das Volk, wenn ein-folcher etwas in der
„Gemeine verbeut, heimlich fagen: Warum thuft
„du felbernicht, was dufagft ? Darum ift das wol
„ein zärtlicher Lehrer, der mit vollem Bauche und
„rohen Backen vom Faften prediget. Ein Mörder
„kann auch wolaufden Geiz fchelten. Bey einem
„Diener Chriſti aber muß Her ‚ Mund und Hand
„zufammenftimmen 1). Es Ind ja, leider! derer
„genug, die ihr böfes Leben durch das Erempel ihrer
„eehrer entjchuldigen, und inihren Herzen oder auch
„wol mit dem Munde fprechen: Thue erft felber,
„was du andern befihlft m)! Ein folcher Lehrer
„aber,der feine Zubörer mit Worten bauet, und mie
„Werken ärgert, der fchleußtdas Reich GOttes zu,
„kommt ſelbſt nicht hinein, und läßt andere auch
„nicht zuyn). In Betrachtung deifen, that jener
Lehrer fehr weislich, daß er vor feine Zuhörer fich
ftellte, und auf feinen unftraflichen Wandel fich be=
tief und fprach : * Sch lebe vor euren Augen. ch
„weiß, daß die, fo gerne frey leben wollen, fich mit
„anderer Leute Erempel gerne behelfen, oder fie ver⸗
„leumden, damit fie nur ihres gleichen haben.
„Darum will ich nun, daß ihr auf mein Thun und
„Laſſen achtung gebet. Ich verlange nichts von
„euch, als die wahre Gottfeligkeit,, 0). Und ein
anderer fprach: "Ein Prediger muß zu den Vers
„achtern feiner Ermahnungen getroft ſagen Fün«
„nen: Bedenket doch das Fünftige Gericht.
„Wer aber das nicht felber bedenket, wie will ers
„andern fagen Ffönnen ? zou den Weltkindern
„muß er ſagen koͤnnen: Habt nicht lieb die Welt;
„aber die Weltliebe muß ihm felber ſchon vergan⸗
„gen ſeyn. Sonſt kann er zu keinem Hoffaͤrtigen
„ſagen: Lege den Ehrgeiz ab, wenn er ihn felbft
„ſtuͤrzet. Zu den Trundenbolden: Huͤtet euch
„vor der Voͤllerey, wenn er fich felbft rafend voll
„fauft. Denen Berfchwenderifchen kann er die
„Mäßigfeit nicht loben, die er ſelbſt verachtet,
„Den Öeizigen ann er die Geldliebe nicht wider:
„taten, indem er damit behaftet ift. Ein Feind:
„feliger kann Die Zaͤnkiſchen nicht zum Frieden
„bringen, Denen Richtern ſchaͤmt er fich von der
„Gerechtigkeit zu predigen, die.er felbit beleidiger.
„Die Unterdrücten darf er nicht vertheidigen,
„weil
e) Chryfoftom. hom. 7. in Gen. f) Augnjlin. Serm. 3. de Verb. Dom. g) Chry/aßem, hom. 43. in Matth.
h) Ambrof. lib. ad Virgin. Deuot. cr. i) Hieronym. lib. III. in Terem. c.ı6. k) Chry-
Jotom. de Symbol. 1) Hieronym. Epift. 2. ad Nepot. m) Augufin. lib. IV: de Doch. Ch. c. 27. n) Aus-
helm. in Matth. 23. 0) Auguſtin. Serm. 5. de Diuerf.
u.
— —— —— ⸗ — — — —— ——
256 2.3. Don der erſten Ehriften gemeinem und fonderbarem Bottesdienft.
„weil er Perfonen anfiehet. Und was er Gutes
„unterläßt, und Böfes thut, das darf er weder
„verbieten noch gebieten, meil er den nöthigen
Nachdruck verloren hat durch feine widerwaͤr⸗
„tige Thaten P),
6. Im Gegentheil ftärfeten die gottſelige Leh—
ver ihre Untergebenen in dem wahren Weg zum
$eben, gleichwie hernach die Böfen das Volk in
zeitliches und ewiges Verderben geftürzet, und
durch ihr Erempel ihre Berdammniß vermehret
haben. Denn es gefchahe doch bey beyden, was
einer an feinen Freund fihriebe zu feiner War—
nung: Auf dich find aller Augen gerichtet :
„Dein Haus und dein Wandel ift gieichfam auf
„eine Warte oder hohen Thurm geftelle: Deine
„Hauszucht ift eine Meifterin der öffentlichen
RKirchenzucht. Was du ehun wirft, das men:
„nen alle, daß fie es thun müffen. ‘Drum fiehe
„zu, daß du nicht etwas begeheit, davon diejenis
„gen übel veden Fonnten, fo dic) ſuchen zu vers
„ieumden, oder das die nachthun koͤnnten, Die
„Dir gerne in allem nachfolgen wollen 9). Die
„Herzen ber Schwachen werden durch Das Leben
„eines böfen Aeiteſten gefchlagen ; die aber , fo
ſicher feyn, verfallen Daher deſto freyer in Die
„Sünden r), indem ja immer die Erempel kraͤf⸗
„tiger find als die Worte s). Fa, der Nachdruck
„der tehre wird Dadurch eben verloren, wenn das
„Wort nicht mit dem Werke befräftiget wird ı).
„Und wer nun feines Lebens wegen in Verachtung
„eommt, a Predigt wird gleichfalls verſchmaͤ⸗
„Betz, u). Aus weldyen Sprüchen der Alten ein
bekannter Lehrer, weil er fie ſonderlich ruͤhmet,
dieſes ſchlieſſet: Wenn nun gemeine Chriſten,
die mit Laſtern behafftet ſind, ſollen ausgeſtoſſen
werden aus der Gemeine; wie viel mehr Ernſt
und Eifer foll man brauchen, das Leben der Pres
diger zu zahmen, und die Laſter abzufchneiden,
weil ihr böfes Leben den Heiligen Geift in den
Frommen betrübt, fie felbft die Gottſeligen be-
feidigen und verfolgen , ihrer mehr mit ihrem
Erempel verführen, und die Lehre ſelbſt dadurch,
gefchmähet wird. Wie denn Auguſtinus fagte:
„Niemand thut in der Kirche geöffern Schaden,
„als der verfehrt lebt, und dennoch ein Lehrer
zfeyn will. Denn Feiner will ihn über feiner
„Sünde ftrafen, und die Schuld wird überaus
„febr zum Erempel angenommen, wenn der
p) Profper Auit. lib. I. de Vita Contempl. c. 15. q)
mnitio Loc. de Eccl. c. V.p. 163. s) Leo M. ibid.
pftommen aber erwecken es vom
„Sünder zu Ehren des Predigtames, in |
„rem Minifterii, noch darzu jechtet wird, x).
Und Ehrpfftomus: “Die Miiefter m
„chen, daß das Volk in Sür
„eberheit, und machen, daß e8
„wachet, als eine fterige Pofaune, y).
fagte auch einer zur Zeit dev Verfolgung:
„die Führer ſelbſt fliehen , wie foll e8 ein gemeine
„Ehrifte beffer verftehen ? Wer will ——
„überreden, daß fie Fuß halten und männlich
„itehen,, 2)? Und ein anderer unter dem vömi-
ſchen Antichriſt a);
\ 2 —n u B
Schauf, die arme ee falfchen
xten Weg:
Irret er, fo irrs ſie mit, es mag krum und
abpwaͤrts gehen.
Ach! ſo folgt ſie ſeiner Spur, denn ſie kann
den beßren Steg
Von ſich ſelber finden — Pi die vechte
F | ahne ſehen.
Erträge Milch und Woll — gibt den Woͤl⸗
en Fleiſch und Haut.
Weh den Schafen, die noch ſind einem
Wolf vertraut!
Wie auch lange zuvor noch ein bewaͤhrt
Mann b); Ä s d
Wer feinen Sinn beherrſcht, und göttlich
kann regieren,
Der mag ein Führer wol in der Gemeine
feyn:
Wer nicht fein eigen Herz vor GOtt bewahret
rein v.
Wie ſollt der Mierhling doch die ganze Heer⸗
de führen ? ;
7. Aus diefen und dergleichen offenbaren
Früchten der Lhrer war nun denen erleuchteten
Herzen ferner Flar, daß alles, was von füldyen
verkehrten tehrern Fame, ſchaͤdlich und verdamm⸗
lich ſey. Ihre Lehre war ihr vornehmſtes Werk:
weil nun die Werke alle bey den Gottloſen boͤſe
waren, fo wußten fie, daß ihnen ihr Heiland be:
fohlen hatte, daß fie nach folchen nicht thun
follten: Matth. 23, 3. wie der fel, Lutherus mic
ihnen deutlich ſchreibet. Denn, wie er weiter
fortfaͤhret, wo das Leben nicht gut iſt, iſts felt«
ſam,
Hieron. Epiſt. 3. ad Heliod. r) Idem laudatus Che-
t) Gregor. M. ibid.c, u) Idem ibid. x) Chemnitins
l.c. y) Chryfof?. hom. 51, in Matth. Oper. Imperf. z) Terrul. de Fuga in Perfec, c, ı1. a) Baleus in
Catal. Teft. Verit. p. 703. b) Panlinus Nolanus Carm. ad Cyther. ;
J
«112
j seiner vecht predige , er muß immer
wi -felbft predigen, welches ev ſchwerlich
ehue ohne Zufas und Mebenlehren c). Wer
um zeitlichen Genuffes, Gunft, Ehre und Guts
‚willen prediget, der wird alfo predigen, daß er
felbft verdammt wird, ob er gleich vecht predigte.
‚Nun aber faffen diefe nicht vecht predigen: dar⸗
um ſagt Paulus, 24 — nicht allein umſonſt
laufen, (und predigen,) ſondern auch ſelbſt ver—
worfen werden d). Wenn alfo bey den Predi-
gern die Weiſſagung erfüllet wird, daß das Ge—
ſeg bey dem Peicfter nicht mehr iſt; (Ezech.
7, 26.) fo iſt nicht allein aus der Apologie der
Augfpurgifchen Eonfeßion von dem Pabftehum,
fondern auch allem verderbten Zuftand des Lehr:
ſtands gewiß, daß ihren verkehrten Säßen
nicht zu folgen ſey e). Ihr Dttergezüchte, ſagt
der Heiland, wie Fönnt ihr Gutes reden,
dieweil ihr böfe feyd? Ein böfer Menfch bringe
ja.böfes herfür aus feinem böfen Schatz? Matth.
12, 34 35. in Borttlofer kann nichto rechts
Ichren, denn es kommt nicht von GOTT,
Sirach. 15, 9. und alfo folglich vom Teufel, der
das Wort auch anführte, aber verfehrt und ver-
ffünmelt, daß es nicht mehr GOTTES Wort
bliebe. Denn zu rechter Lehre gehört die Weis-
eit, & gibt GOTT Gnade dazu. Undaus die:
em Grunde fagen die Alten mit Benftimmung
efannter Lehrer ausdrücklich alfo davon: "Die
„guten Lehren find zur Seligkeit nichts nüße, wenn
„das Leben mit Sünden beflecket wird f). Wenn
„einer gleich mit unzähligen Worten redet, und
„es nicht zu feiner Zeit mit der That beweilt, fo
„twwerden. die. Worte nicht fo viel nügen, als die
„Werfe ſchaden #). Ein Auffeher muß von
„der Zeit feiner Wiedergeburt anfein bös Gewiſ
„fen mehr haben. Denn wie kann er fonft das
„Uebel aus der Gemeine fchaffen, wenn er He
„che Tafter fällt,, h). Welche und dergleichen
unten gefeßte, Worte gar nicht den menfchlichen
Kräften oder Verdienſt bey dem Lehramte etwas
zufchrieben, param nur zeigten, wie das Wort
des HEren in einem lebendigen Glauben durch
den Heil. Geift fo muͤſſe bey den Lehrern Fraftig
feyn, daß es nicht allein von ihnen fo obenhin
nachgeredet, fondern auch durch fie von GOTT
vorgetragen werde. Matth, 10, 20. Luc. 24, 49.
Esmachet jadie Sache ſelbſt und die tägliche trau⸗
rige Erfahrung offenbar, daß durch die Gottlo—
2 ' r
9. Cap. Don der Cehrer Pflichten insgemein.
257
figfeit der Kirchendiener dem $auf der Himmli-
ſchen Lehre und der Fruchrbringung des Worte
Feine mittelmäßige Hinderniß gemachet wer=
de. Welche nun recht lehren, aber gottlos le—
ben, die reiſſen mit ihrer Bosheit wieder ein, was
ſie zu bauen ſcheinen. Sie bauen den Himmel
mit Worten, aber die Hoͤlle mit dem Leben. Die
Zunge widmen fie GOtt, die Seele dem Teu—
fel; nach dem Urtheil eines bewährten Autors i).
8. Gleichwie nun die Welt insgemein den 9.
Geiſt nicht empfangen Fann, Joh. 14, 17. alfo
glaubten aud) die erften Chriſten gewiß, daft
ihn vielweniger weltgefinnte tehrer haben koͤnn⸗
tem Der Märtyrer Eypprianus feßte alfo eineg
zu dem andern: Das Opfer (oder der Gottes-
„oienft) kann nicht geberliget werden, wo der H.
„Geiſt nicht iſt, und der HErr iſt keinem durch def
„fen Opfer oder Dienftnüglich, der den HEren ſei⸗
„ber beleidiget hat, k). And. abermal beruft
er fih Kauf des HErrn Berordnung, welcher
„in feinem Evangelio beweife und Fund mache,
„wie Durch Die alleine die Sünden koͤnnen verges
„ben werden, welche den H. Geiſt haben. Joh.
„21, 22. 23.1), Woraus der Sinn der eriten
Epriften hievon fattfam zu ſehen ift, da fie fonders
li), nach eines Anmerkung, unter den Verfol—
gungen über der Reinigkeit der Lehrer defto mehr
hielten, damit die Kirchenzucht, und alfo der inne-
ve Wohlſtand ungefränfe bliebe m). Ja, ich
will noch mehr fagen, man erfenneteaud) in fols
genden Zeiten denjenigen nicht für einen Sehrer,
der nicht gerecht lebete, fondern man fagte un—
gefcheut, “es hätten ihn nur Menfchen, niche
„aber GOTT verordnet. Man müfle aus dem
„Ausgang und Wirfungen erkennen, wer von
„GOTT verordnet fey, oder von Menfhen«
„Denn wer fein Amt redlich ausrichte, br je
„offenbarlich von und aus GOtt verordnet. er
„aber fein Amt nicht wohl vollende, der fey von
„Menſchen eingefeßt,, 0). Auf folche Art ierne—
ten fie alle an ihren Früchten erfennen, und blie—
ben gedachter maffen dabey, daß der Heil. Geiſt
zu folchen wichtigen. Werfen unumgänglich nos
thig ſey. Denn, fagt wiederum Cyprianus,
„wie Fann einer das geben, was er felbft nicht hat 2
„Oder wie Fann er geiftliche Dinge verrichten, der
„den H. Geift verloren bat 0)? Wer noch von
„den Banden feiner Sünden gefeffele iſt, der kann
„iveder ie noch löfen pP), Der HERR hat
au
©)In Conc. Ecel. Domin. III. Adu. p.48. d)Id.Dom.Septuag.p 272. e)Apol.A.C.Art. X. fine. f) —
homı. 3. in Ioh. ap. Cent. Magad. IV. p. igt. Idem hom. 7. in Gen. ib. h) Hieron. in Tit. r.
i) Gerhard. L. de
Minift.n.275.p.445. k) Fpiſt. 65. I)Epift.69. m) RigaltinsComm. ad Epiſt. Cypr. 65. n)Chryfof. hom.
3. in Matt. Oper. Imperf.
rad, 1.inMatth.
o)Lib, r, cp. 12. etin Concilie Carthagin. I. Epift. ad Iouianum.
P) Origenes
or =
—
258
„vern Suͤndern gefagt: Nehmet hin den Heil.
„Geiſt 2%. q). Und was dergleichen Ausſpruͤ⸗
che mehr find, Die ein gelehrter Mann hievon ge
fammlet hat r). Daß es demnad) nicht igenug
war, wenn einer fi EHrifti Diener eigenmäch:
tig nennte, oder an Petri und Pauli Stelle zu
feyn vorgab, und auf ihrem Stuhl fißen wollte,
Sondern man bezeugte einem: jeden Heuchler,
„daß die nicht allzeit Kinder der Heiligen ſeyn, die
ihre Stellen einnehmen, fonderndie, ſo nach ih⸗—
„ren Werfen thuny. Viel weniger gelte von
folchen das Wort CHriſti: wer euch höret, Der
hoͤret mich; weil fie nemlich nicht von Ihm. geleh:
vet noch) gefandt wären). Ü. ur ms
0. Ferner war diefes bey den erften Gemeinen
und weiterhin nichts ungewöhnliches, daß fie
von den Eigenſchaften und wefentlichen requifitis
eines Predigers alfo redeten: "Er muß erft ge
„reiniget werden, ehe er andere reinigen will:
„erſt felber weiſe ſeyn, ehe er die Weisheit lehret;
„felbft zuvor ein Licht werden, und darnach er:
„leuchten; erſt muß er felbft zu GOTT nahen,
hernach auch. andere hinzufuͤhren; geheiliger
werden, und dann erftlich heiligen; Hände
„bekommen, ehe er andere führt; Nach haben,
„ehe er ihn braucht). Es muß ja eine reine
„Hand fenn, welche von befudelten Gefäffen die
„lecken abwafchen foll, damit nicht eine unreine
„es noch ärger und befudelter mache, wenn et-
„was unveines das andere Kandthiert. Darum
„wird zu den Lehrern gefagt: Neiniget euch, die
sihr des HERRR Gerarbe traget, Efa. 52,11.
„Wenn aber das Begentheil geſchieht, (fo doch
„GoOtt verhüte!) wie foll der das Uebel aus den
„Schafen abtkun, wenn er in gleichen Sünden
sftecker, oder noch in groffern? Ein folcher ift
„Fein Haushalter , fondern ein Berderber. Der
HSIERN aber ift ein Haushalter,, u). So er:
kannte man insgemein, daß zum mwenigften die Leh⸗
ve durch des Sehrers Sünden gering und verad)-
fee werde , und alfo Folglich zu Feiner Wirkung
kommen koͤnne x). Ja, die päbftifchen Movali-
ften geftehen willig, daß bis aufdie Zeiten Thoma
von Aquino, oder das dreyzehente Seculum, es Fei-
rn er iggmensen ” a — — hun. Au —
2.2. Don der erften Chriſten gemeinem und ſonderbarem Bottesdienft.
„auch nicht zu Räubern oder Wucherern oder an-
net. Als wenn es nemlich in des Pabfts Gew ’
nem frey geftanden, von einem offenbar
der, fonderlich ver in Unzucht gelebet, die Sacra= _
menta zu empfangen y). Woraus ein befannter
Mann fchlieffet,, man habe alſo da
daß durch des Dieners Unreinigk
dere verunreiniget werde, ach aber |
der Pabſt Martinus V. erftlich ein anders ve
ftünde, zu befchlieffen, wenn die Saeramenta
beflecfer werden Fonnten oder nicht 2). Wie man
ſich denn auc) mitten unter der Tyranney der Cle⸗
riſey nicht gefürchtet, öffentlich zu befennen, daß
„die Wortedesjenigen Predigers ganz billigumd
„recht nicht geachtet würden, wenn fie nicht au |
„der That herkaͤmen, oder wenn er ein ander
„nie Worten, ein anders mie Werfen Ichreya).
Ueberdis findet man auch noch im pabtlihen
Hecht und fonften Geſetze und Verordnungen,
„daß man fich wol duͤrfe von einen Prediger hin⸗
„weg und zu einem andern menden, wenn man
„jenes Unmiffenbeit beforge 6), oder ſonſt fein
„seben und Wandel im Verdacht habe. ce). Wel-
ches auch Verſtaͤndige für billig erfennen, “daß,
„wenn ein Kirchendiener offenbarlich gortlos
„und unrein ſeh, und jemand billig einen Scheu
„frage, von ihm das Abendmahl zu empfangen,
„ihm die Veränderung nicht Fonne verfagt wer⸗
„den, d) . Diefe und dergleichen Bekenntniſſe
gefchahen unter dem Joch des Roͤmiſchen Anti-
chriſts, da man von denen andern, die wider
den Verderb der Kirchen eiferten, nicht leiden
konnte, daß fie auch befennten, die boͤſen Pfaffen
Eönnten die Geheimniffe in der Gemeine weder ge⸗
ben noch nehmen ; wie vonden fo genannten Apo-
ftolieis e), Petrobrufianern und andern be= »
kannt iſt f). te A
10. Bis hieher haben ung die alten Chriften die 7
Nothwendigkeit eines gottfeligen Lebens bey ei-
nem $ehrer gezeiget. Nunmehro follen fie uns
Fürzlich derfelben Befthaffenheit vor Augen legen
davon zwar in folgenden Capiteln infonderh
Nachricht gegeben wird. Insgemein hatten fie
Dauli Mufter und Worte vor ſich, die fie auch
treulich überlegten, und in die Uebung brachten,
£ A Me
g) Augu/fin.\ib. III. de Bapt. c. 28. r)M. Anton. de Dominislib. IV. de Rep. Ecel. c. 12.1. 54, 8) Gratianus Dift.
41. laudatusa ChemnitioL. de Eecl. p. 151.
adFr. in Erem.
Burtado Tr. ı. Refol. 25. et aliiap. Zieglerum ad lib. II. Inftit. I. C. Laneelorti tit. 2... 7-
Beda in Pf, 9. ap. Cens. Magdeb. VIII. c..IV. p. 162. .
d) Carpzouins Defin. 291. Zieglerus 1. c. ad. tit. 5.9.6. har
f) Petrus Ciuniacenfis in Explan. aduerf, eos, de Waldenfibus, Albigenfibus vid.
asque $. fi quis. Extra eod.
Serm. 66 in Cant.
t) Gregorius ( t
x) Exprimente Quenfledio Ethic. Paft. p. 198. vbi Chryfoftomi verba mutilate citantur y)
TheologusOr. Fun. de Athanaf. u) Auguflin. ſerm. 36.
z) Zieglerusl.c. a)
ec) Cap. emnis vtri-
e) Bernhard.
b) Can. fin. de Panit. Diſt. 6. aM
Catal. Tefl. Verit. Centur. Magdeb. et Hiftorici vniuerfe.
-
indem fie die Epifteln an Timotheum und Titum
für ufter Bielten, welches
v1
Augen haben follte g). Nun ſollte dieſem nach
‚einen Auffeßer unfteäflich, ı Tim. 3,2. und unta⸗
delich ſeyn; das ift, den niemand einer bor-
feglichen Sünde zeihen Fönnte, oder der nicht allein
an fich felbft ihm nichts böfes bewußt waͤre, fün-
dern der auch keinem Gelegenheit und Anlaß abe,
ihn deffen zu befehuldigen. "Das war num unter ih-
nen ohnfehlbar gewiß, “dag GOtt einen Prediger
„der himmliſchen ehr frey Baben wollte von der
„Sünde, damit er feine Ausfprüche in einem rei⸗
„un Munde mit reinem Herzen handeln möge,
„ſonſt würdeer aus feinem Munde fein Wort Bin-
„weg nehmen,. Dahero auch Paulus vermah⸗
ran folle die Gabe nicht aus der acht laſſen,
man auch nicht durch Nachlaͤßigkeit der
„Berfündigung des Worts unwuͤrdig werde b).
Beiſſe einen Lehrer noch fein böfes Gewiſſen,
„wie ſollte er das Uebel aus der Gemeine thun Fon-
Men da er ſelbſt in. Sünden gefallen? Oder mit
was vor Freudigkeit koͤnne er andere Suͤnden
rafen, da er ihm ſelbſt a antworten
‚ev Babe gethan, mas er ftrafe,, )7 Wo
nade Bereiche, da bereite fe einen folchen
Mann zum Diener des Worts, der nichts in
oft e, was zur Hölfen führe, fondern einen
„rechten Arm, und der frey fen, damit feine
Werte in Anſehung ſeiner Kraͤfte von allen
Bas unterfchieden fenn,,, das ift, daß er
viel ftärfer und freyer durch die Gnade wider alle
Sünden fey, als alle andere k). Denn, fchrei-
‚bet ein Lehrer und redet gleich noch fo viel, fo wird
er * wenige Suͤnden mehr Aergerniß geben,
Schriften in ganzen Folianten beſſern
fo . Alfo, daß ein folcher auch auffer allen
Verdacht der Sünden feyn muß, geſchweige auf
fer der Schuld felber, damit er alſo ein unfchul-
diges Leben führe m). Und bierauf fahe man
in den erjten Gemeinen fo genau, daß man
auch keinen zum Dienfte des Worts zulaffen woll:
te, der zubor einer Sünde wegen beruͤchtiget war
geroafen ‚ober gleich dafiir Buffe und der Gemei-
e Satisfaction und Abbitte gethan hatte. Wie
alfo das erſte Concilium zu Toledo befchloß:
„Wir fehen es für gut an, daß Fein Buͤſſender
„zum Kirchendienft gelaflen werde;,,: das ift,
8) Sie Augufinus monet lib. IV. de Doctr. Chrift
Tom. I. p. 450.
s) Lib. In Celf. p..147-
Maurss Epift, ad Heribaldum.
2, 7
7 9. Cap. Don der ehrer Pflichten insgemein.
„. kyId. Epift. ad Fabiolam. h C. Dierericus Ant. Bibl. N. T. p. 108.
0) Can..2. vbi vid. Albafpinaus in Not. p. 341. 0) Can. ı8: p) Agarhenfe c. 43. Apofol. ı® in Nomocan.
ap. Corelerium "Tom. I. Mon. Gr, p. 70. ct alii ib. n, 260, p. 15. Nicephorus CPranus in Can, n. 36.ap.eund.
q) Concil. Valentinum I. c.
t) Socrates lib, I. c. 36.
259
Ber Va he 79° 72.
wie es fich felbft erklärt, “Eein ſolcher, der nach
„der Taufe wegen eines Mords oder anderer
„ſchweren Sünden öffentlic) Buffe gethan, und
„vor dem Altar verföhnet worden, n). Und das
vierte Dafelbft gehaltene Concilium: «Mer hin⸗
„fürs zum Stande des Lehramts erfordert, und
„in Feinem dergleichen befunden wird, (daf er
„in wiſſentlichen Sünden verwicfelt oder ein
Neubekehrter ꝛc. ſehy) und in der Prüfung von
„gutem teben und Lehre iſt, der foll dazu eingefe-
„het werden, 6). Dergleichen viel andere mehr
alfo verordnet haben p). Ya, man feßte noch da=
zu, daß auch der füllte abgewiefen werden, der
„bey der Ordination eine Todfünde noch bekannt
„bäffe,, 4). Go gar wollte man diefes Amt uns
tadelich geführt willen, daß auch diejenigen Din-
ge, welche einem gemeinen Chriften Eeinen
Schandflecken andiengen, dennoch einen Sehre
untuͤchtig, oder zum wenigſten verächtlich machen
fonnten x).
rn. Ehe auch noch folche Geſetze gemachet wur:
den, war doch diefes die durchgehende Gewohn-
beit der erften Chriſten, nachdem klaren Zeugniß
Drigenis, daß fie feinen leichtlich zu diefem Amte
liefen, derin Suͤnden gefallen war s). Dabero
man unfer andern von Afterioliefer, daß er des-
wegen für untuͤchtig erfanne worden zu dem Amt
eines Auffebers, weil er in der Verfolgung ver-
leugnet hatte, ungeachtet er mie der Gemeine
wiederum verföhnet war ı. Rachgehends
machten zwar etliche einen Unterfcheid unter dern
fharfen Kecht, und der genauen Zucht, welches
fie dißfalls gerne gelten lieffen, und unter der
Selindigfeit. enes fahen fie_ fir doͤchſtnothig
an zu erhalten, “damit Feiner, aus Hoffnung zu
„ſolchen Ehrenftellen, (mie fie Gortlofe dafür
„bielten,) über andern Sünden auch fich zur Buf-
„te anftellte; ſondern vielmehr ein -folcher Ge:
„rallener fich Feine Rechnung auf einige Anneh⸗
„mung machen koͤnnte, und alſo ihm feine Demu-
„tbigung deſto heilſamer würde Da zumal
„es dem Volke GOttes ein groß Aergerniß war,
„ſolche Perfonen zu haben, die fo gar lafterhaft
„wären, x). Sollten die Chrilten insgemein
niemand ärgerlich ſeyn, und einen guten IBandel
auch vor denen, die drauffen waren, führen ;
fo war es ja noch vielmehr noͤthig bey ihren Bor:
Kk 2 ſte⸗
.c. 16. h) Hilarıns in PC. IIS. i) Hieronymus in Tik r.
m) GerhardusL. de Minift.n. 277
r) Vid. Albajpineus omnino lib. IL. Obf. Eccl. 34.
Auguft, Epiſt. 150. ad Bonifac, x) Rabanus
260
—* Die, ob fie gleich ihres guten Gewif-
ens fid) tröften konnten, mußten fie dennoch um
der Boshaftigen willen von allen ein gut Zeug-
niß haben y). Darum fchrieb auch ſchon Igna⸗
tius von folhen: "Es follen die Diener der Ge:
„heimniſſe JEſu EHrifti fic) in allem durchaus
„wohl verhalten, denn fie ſind nicht Verwalter
„über Speife und Tranf, fondern Diener der
„Gemeine GOttes. Darum -follen fie fich vor
Beſchuldigungen als vor einem brennenden
Feuer hüten, z). Sn folgenden Zeiten forder-
te man nicht weniger ein fold) unſchuldiges Leben
vonihnen, das aud) den geringften böfen Schein
nicht haben durfte. Es wurde nidje nur von der
Obrigkeit 2), fondern auch in der Gemeine mit
‚gemeiner Einftimmung beſchloſſen, “daß ein
Aufſeher (oder wie wir reden, ein Superinten-
dent, einen geringen Hausrath und Tiſch hielte,
„und das Anſehen feiner Würde im Glauben und
„guten Meriten feines Wandels, b), und alfo
in einem äufferlichen Dinge Ehre oder Anſehen
fuchte. Ihr Glaube follte fie vor GOtt und Men-
fchen fo unfträflid und lauter machen, daß fie
gleichfam ein gefälliges Opfer werden fellten dem
Herrn. “Wie die Priefter im Alten Teft. (fpricht
„ein alter tehrer,) ihre Opfer ohne Fehl bringen
„mußten, alfo muß derjenige zufehen, jo das
„Evangelium verfündiger, daß Fein Fehl oder
Flecken in feiner Predigt erwachfe, Fein Man:
„gel in feiner Lehre, Feine Schuld in feinem Dien-
„fte: fondern daß er fich felbft zuerft GOtt auf:
„opfere, und erft feine Glieder der Sünden tödte,
„ſich felbft den Laſtern erft abfchlachte, damit fein
„Opfer durch feine Sehre und Erempel GOTT
„angenehm werde zum an feiner Zuhörer c).
12. Wir haben im 1. Buch vernommen, wie
seit fich der gute und genaue Wandel aller wah⸗
ren Chriften erftreckt habe. Dazu waren nun
wie Lehrer nicht allein durch die allgemeine Pflicht
verbunden, fondern aud) ihrer fonderbaren
Schuldigkeit nad. Welches fie felbft vor fich
gerne befannten: “Der, welcher andere regieren
„toll, muß nothwendig von einer folchen Herr-
„lichkeit des Guten die andern übertreffen, daß
„er, als die Sonne, die andern Sterne mit feinem
„Ölanz verdunfele. Er muß ein unbeflecktes
„und ordentliches geben führen, damit alle auf
2.8. Don der erfien Ehrifien gemeine und fonderbarem Botteodienft.
„ihn und auf fein deben, als auf ein vortrefliches
te feden Fonnen d). An denen Kirchen:
„dienern wird nichts gemeines erfordert, nichts,
„das fonft gemeinen Leuten zuſtehet, oder ihrer
„eebensart und Gewohnheit. Die
„Wichtigkeit des Amts erfordert einem
Itaͤndige Gravität, ein eunfthaftes Leben, einen
„groſſen Nachdruck. Denn, wie, follte das
Volk fich vor dem fcheuen , der nichts: fonder=
„bares vor demfelben hat! Was foll es an ihm
„toben, wenn es nichts an ihm erfiehet und ers
„kennet, wasüber daffelbe ift, oder wenn es gar
„an ihm finder, deflen es fich ſelbſt fchämete.e)*
Daß demnad) eine jede Berrichtung eines Bor:
„itehers fo weit andere Werke der Chriſten übers
„treffen follte, ſo weit das Leben eines Hirten von
„dem Leben der.
„ftets forgfältig. bedenken, wie nöthig es ihm
„ſey, die gerade Kegel zu behalten, der unter
„feinem Namen das Bolfeine Heerde heiſſet, £);
und alfo mit ihm, ais ihrem Hirten, verglichen wird,
der ja nothivendig weiſer, beiliger und beffer feyn
foll g). , Diefe und dergleichen Erinnerun
thaten die Alten ihnen felbft und andern, ſich zu
erwecken und vor aller Sicherheit und Nachläßig«
Feit zu bewahren. Man fiehet durchgehends aus
ihren Schriften, wie fie die Sünden der $ehver
nicht gering, fondern vielmehr fchrecklich befchrie- ,
ben, wie fie denen Nachlaͤßigen Feine Polftee uns
tergelegt oder ihre Bosheit entfchuldiget, fondern
ernftlid) geftraft: der
Hirten aufs böchfte getrieben und wirklich aus=
geuͤbet, wie es der HErr von allen bey Berluft
der Seligkeit forderte. Aus diefer H. Erkenntniß
und feligen Borfag floflen nun. dergleichen Zeug⸗
niffe von dem Willen GOttes: “Die Goftfelig-
„‚feit eines Lehrers muß nicht mittelmäßig feyn,
„daß er fich nicht allein huͤte, wie er ſchweren Suͤn⸗
„ven nicht zunabe fomme, fondern auch mit den
„allerfleineiten nichts zu tbun habe. Er foll fer
„tig ſeyn zur Barmberzigkeit, fie, Die Gefallenen
„uruͤcke ruffen, mit den Elendenleiden, Sanft:
„much bewahren, Gottſeligkeit üben, den. Zorn
„meiden. Er muß eine Pofaunefeyn, das Volk
„zur Andacht zu ermuntern, und zur Ruhe zu
„bringen b). Er muß unfchuldig in Sehr und
„eben feyn, und allen ein Erempel werden ar
. Ya
3) Lucius Epife. Rom. ap. Gratian. c. iubemus de Confecr. diſt. 1. 2)’Epift. ad Trall. a) Iufinian, evemı-
Aynres iegeas requirit. 1. 41. C. de Ep. et Cler. itemque GEeuuas Kol OBMEUMTES vol mayraxogen
— ——— Nouella VI. c. 1. Alexius Commenus Plov dveminntrov Exovras in Nouella ap. Cosekr,
"Tom. II. p. 193. b) Carthagin. IV. c. 15. €) Origen. lib. X. in Epift. ad Rom. d) Chry/oß. hom. ı6, in
» Tim. €) Ambrof. lib. I. ep. 6. f) Gregor, M. ib. I. Paſtor. © 2 8) Kierom ap. Gratianum $. vnum
diß, 35: b) AmtbrofAib, X. ep. 8.
erde entfernet iſt. Erfollte ſich
hingegen die Pflichten der
4
„Tugenden der Gottfeligfeit und Ehrbarfeit i).
Auch dasjenige, was an andern eben feine Sün-
„de zu ſeyn fcheinet, ward doch anden Lehrern für
„unzulaßig geachtet,,: Sogar vielmehr forder-
‚te man von ihnen, wenn fie erwaͤhlet und ausge:
fondert wurden k). And darauffahe der beruͤhm⸗
te Chryſoſtomus, als er feine untergebene Pre-
diger dahin brachte, daß fie genau nad) der
Regel leben follten, und die nicht zuließ, welche
dawider handelten, fagte ausdrücklich , “die
„eönnten die Würde des Predigtamts nicht, ges
„nieffen, welche Fein vecheichaffenes Leben führ-
sten 1), Und hierinnen gienger allen mit feinem
Erempel vor, und reizte viele, die ihn hörten,
zur Gotefeligfeie. Denn “er führte ein ganz goͤtt⸗
„lichesteben, (wie die Hiftorien von ihm zeugen,
„und erweckte die Herzen feiner Zuborer, daß fie
„feiner Gottesfurcht nacheiferten. Sein Wan-
„del war ernfthaft und gravitatifch, feine Lehre
„lauter und treflich. Drum brachte er die leicht-
sjlich auf feine Meynung, die ihn hörten , weil er
„nicht nach der Kunft oder Gelehrſamkeit, fon:
„dern lauterlich nach der Wahrheit die Schrift
„erklärte. Denn (wie fiedazu fegen), eine Pre:
„digt, die mit den Werfen gezierer wird, iſt bil-
„lig für glaubwürdig zu achten. Wonicht, foift
„der Prediger ein Betrüger, und tadelt- feine
„eigene Worte, und wenn er im Lehren noch fo
„fleißig wäre,, m). Dergleichen Ruhm hat auch
bey den. Alten Aiexander, Auffeber zu Antiochia,
„dem fein guter Wandel fehr viel in feinem Amte
„half. Denn da er fich in der Einfamfeit lange
„’in der Gottſeligkeit geübet hatte, ward er ein
„vortreflicher Kämpfer, und lehrete die Zufeher
„mit dem Wort, beftätigte aber auch das Wort
„mit feinem teben n).
13. In Summa, die rechrfchaffenen Hirten
dachten immer mit Furcht und Zittern zurück an
die Worte und Erempel der Apoftel, an die In—
ftruction des Erzbirten felbft, und an fein Exempel.
Drum leugneten fie gar nicht, wie die falfchen
irten zu thun pflegen, ihre Pflicht und derfelben
ichtigfeit. in bewährter Bekenner JEſu
Chriſti ſchriebe hievon ungefcheut : “Die Apoftel
„wollten diejenigen in allen Stücfen vollfommen
„und untadelich haben, denen fie die Gemeinen
„anvertraueten, und die fie zu ihren Nachfolgern
„„binterlieffen. Denn, wenn fie rein und lauter
„wandelten, war dev Nusen feßr groß: Wenn
9. Cap. Don der Lehrer Pflichten insgemein. 261
„fie gefallen wären, wäre es ein geoffes Elend ge:
„wefen,o). Ein anderer fagte ausdrücklich, dies
„jenigen wären Pharaonis Priefter, und nicht
„GDttes, welche nicht alles verleugneten, was fie
„hätten, und alfo des HEren Jünger waren,,, wie
Ehriftus gefagt babe p). je näher fie bey Chriſto
zu feyn hoffeten, je genauer müßte ihr Wandel
nach feiner Lehre und Erempel eingerichtet feyn;
welches aber von nichts als lauter Berleugnung
fein felbft redete. Und in Anfehung deffen, wie
auch der geoffen Verantwortung, wur nun in ih—
ven Augen das Lehramt eine hochwichtige, ſchwere
und böchftgefährliche Sache ; alfo, daß, wie wir im
naͤchſten Capitel gefeben, es etwas feltfames war,
wenn jemand ein Bilchofsamt in den erften Zei:
ten begehrte, Man bielte es nicht für eine fo ge—
ringe, luftige oder profitable Sache, wie in dem
Berfall gefcheben, daß man fie gar erfaufen, er—
betteln und fonft an ſich practiciven hätte wollen,
fondern die Haut fehauerte den guten euten, wenn
ſie an die Schwerigkeit und Gefahr dieſes Amts
gedachten, Miemand durfte ſich da einbilden, er
ſey num Beilig oder felig, weil er fich einen Diener
Chriſti nennete: Die erleuchteten Männer konn—
ten ihm bald ein anders bezeugen: «Wir müffen
„rien, (fagten fie,) Die wir Lehrer feyn, daß wir
„deswegen nicht flugs felig feyn, weil wir Lehrer
9), Kann einer vor fich felbft kaum am
„Tage des Gerichts Nechenfchaft geben, mas
„wird nicht mit den Predigern gefcheben, von
„denen alle Seelen follen gefordert werden, r)?
Ezech. 3, 18. Ebr. 13, 17. Sollten doch wol vor
ein folch Amt die Engel erzittern ‚und ihre Schul:
ten entziehen, gefchtweige arme Menfchen 5), indem
es auch fonft insgemein die ſchwerſte Sache ilt, ei-
nen Menfchen zu regieren, der fo veränderlich und
eigenwillig ift ı). *Wielmehr war nun diefes in
„ihren Augen eine Kunft aller Rünfte, und die
„allerſchwereſte Sorge, Seelen regieren, da es
„oem Menfchen fonft auch ſchwer wird, wenn
„er fich ſoll recht regieren laſſen. in Lehrer
„muß alle Sorge auf den innern Menfchen wen«
„den, und den Borfaß haben, daß die Seelen,
„über die nichts Föftlichers ift, wohl verforgee
„und gereiniget werden, u). Mit was vor ei⸗
ner ſhweren und gefährlichen Schuld Biel-
ten je & verhaftet zu fern, “daß fie für fo
„viele Seelen Rechenfchaft geben follten. O!
„(ruffer einer aus,) ich Unglückfeliger! wo ſoll
Kk 3 ich
3) Valentinianus ad Epiſcopos de eligendo Epiſe.Mediolan. k) eo M.ap. Albafpineum lib. II. Obſ 344. 1) Thee-
doretuslib. V.c.28. ım) Sozomenus lib. VIII. c. 2.
n) Theodoretuslib. V.c.35.
0) Zrenaus lib. II. c.3. p)
Origenes hom. 16. in.Gen. q) Idemhom. 7. in erem. x) AugnfinusSerm. VII. in Quinquagef. s) Bernhar-
ans SCHE Ad, de Aſcenſ. ) Gregorins Nazianzenns in Apol. u) Idem ibid, et Gregorius M. lib. I, Paltor. proleg.,
?
262
— —— — — | — — nn
sich mich hinwenden, wenn ich einen fo groſſen
Schatz und diefe theure Beylage, die Thriftus
„vor feinem eigenen Blut: Foftbar gehalten bat,
„nachläßig verwahre? Wenn ich das Blut des
„HEren, wie es vom Kreuze getroffen, aufge:
„fammlet hätte, und es ftünde bey mir in einem
Glaſe verwahret, das ic) oftemit mir herum tra—
„gen müßte, wie wuͤrde miv bey fo groffer Ge—
„fahr zu muthe fern x)? Wenn nun Paulus be-
„zeugt, er ſey unſchuldig an aller Blut; Apoft.
„‚Gefchicht 20. fo werden die alle daran ſchuldig,
„die zwar Priefter Beiffen, und dennoch über ihre
„eigene Sünden noch) der Zuhörer ihre häufen,
„und, fo zu fagen, noch mehr Tode ihnen anthun,
Wweil fie ſo viel Seelen ermorden, fo viel fie ihrer
„zum Tode gehen fehen, und dabey laulich feyn
„und ſtille ſchweigen y).
14. Und dieſe Erinnerungen wurden hernach
deſto noͤthiger, je ſicherer die Lehrer — zu
werden, befage des legten Buchs diefer Erzeh—
fung. Dahin gehet Auguſtini Difeurs bievon,
daraus man den Verfall’ der meijten Lehrer, und
Hingegen den lautern Sinn der Frommen fehen
Fan: Es ift (fchreibt er,) in dieſem geben,und ſon⸗
Dderlich zu Diefer Zeit, nichts leichters, luſtigers,
„und den Leuten angenehmers, als das Amt eines
„Bifchofs, Nelteften oder Diaconi, wenn Die Sa:
„he obenhin und heuchlerifcher Weiſe getrieben
„wird. | ers, |
„eigers und verdammlichers, ja auch in diefem
„geben, und vornemlich zu Diefer Zeit ſchwerers,
„mübfamers und gefährlichers, als ein fold) Amt,
2), Wie er denn auch von ſich felber alſo vor der
emeine redete: Db ich gleich für die Laſt mei-
„ner Buͤrde Tag und Macht forgen muß; jo muß
‚ich doc) defto ſchaͤrfer dran denken, je mehr id)
„zu Jahren und meinem legten Tag naher kom⸗
„me. Ich habe einen groſſen Kummer, wie ich
„denn meinem GHdtt werde Nechenfchaft geben
koͤnnen von euch allen. Denn das it der Unter-
ſcheid zwifchen mir und euch, daß ihr nur für
„euch werdet müffen Verantwortung thun, ic)
„aber für mich und für eud). Deswegen iſt meine
„Bürde nun defto geöffer,, a): Eben diefer auf:
richtige Mann erzehlet von ſich felbit, wie er vor
feiner Erleuchtung Das Biſchofamt fuͤr eine lieb-
liche und herrliche Sache gehalten Habe wegen der
äufferlichen Ehre, die ihm von den größten
Politicis gefhahe, Daher befenner er, daß er
Aber vor Gott ift nichts elenders, trau⸗
2. B. VDondererften Ebriften.gemeinenm und fonderbarem Borteodienft.
Ambroſium für einen glückfeligem Mann gehal⸗
ten habe, weil er fo groffen Reſpeet von den größ-
ten Leuten genoffen. Ye ——
„konnte nicht merken, hatte auch noch) nicht erfah⸗
„ren, was er vor Kampf ausſtund wider ſolche
Verſuchungen der Ehre und alles Boͤſen, was
„er vor Troſt in feinen Widerwaͤrtigkeiten hatte,
„wie fein Herz das Wort des HEren immerin -
„sich felbft wiederholte. Es umgab ihn ſtets eine
„Menge des Volks, deſſen Nothdurft er verſorg⸗
568%, b)ıc. Davon auch dieſer Ambroſtus fel-
ber ſagt aus Erfahrung: “Die Ehre eines Bir
„ſchofs ift vor Menfchen zwar groß; aber das
„Elend ijt defto gröffer, wenn er fällt. Denn je
höher er zu ſeyn ſcheint, je ſchwerer üft der Fall, wenn.
er durch Nachlaͤßigkeit gefchicher, Drum ge—
„hoͤrt zu einer groſſen Gtuffe groſſe Fürfichkig-
„eeit. Wem mehr vertrauet ift, von dem wird
„man viel fordern,, e). Und ein anderer war:
net alle Unvorfichtige alſo aus Hoſ. 4, 6. Waſſet
„uns nicht ſo wol froh ſeyn, wenn uns Ehrenſtel⸗
„len angeboten werden, als vielmehr immer fuͤrch⸗
„ten, daß uns die Ehre verdammen werde, wenn
„wir ſie nicht recht brauchen. Die Lehrer ſind zu
„aͤſtimiren; aber ihr Fall iſt auch ſehr groß, wenn
„fie ſuͤndigen. Freuet man ſich, wenn mandazu
„kommt, fo fürchte man ſich auch vor dem Falle
„Denn wir müffen nicht allein von unfern Suͤn⸗
„den Antwort geben, fondern auch von allen ans
„dern, deren Gaben wir mißbrauchen, und doc)
„nicht um ihre Seligfeit befünmert lebend). >
15. Gleichwie aber die rechten Hirten nach dem
Herzen GOttes alles vermochten durch den, der
fie mächtig machte, Chriſtum; fo half er ihnen
bey diefen Schmwerigkeiten dennoch auch freu:
lich durchbrechen, und rüftete fie mit allen nö:
thigen Kräften aus, weil ihm felbft, den HErrn,
am meiften an ihrer gefegneten Arbeit gelegen
war. Wer da nur treu mar, und fich von dem
Hausheren gebrauchen lieffe als ein gereinige Ges
faß, der krigte wider alle auch unmoͤglichſchei⸗
nende Hinderniffe taglicd) neue Kraft, und rich—
tete fein. Amt tedlih aus. Paulus beru
fi) auf das Zeugniß feiner Zuhörer, wie hei-
lia, und gerecht, und unfträfllich fein und
anderer Wandel bey ihnen gewefen fey:
ı Theff. 2, 10. Ignatius ruͤhmet von dem Auf⸗
feher zu Tralles, Polybio, daß, als er ihm zuge-
forochen, “ihm gedaucht habe, als fahe er feine
gan-
x) Bernhardus Serm. 3. in Aduent. Dom. y) Gregorius M. hom. in Ezech. II. 2) Auguftinus.ep. 148. ad Va-
lerium. a) Lib. Homil. L.homil. 25.
muslib. XIII. inEzech. c. 45.
b) Lib. VI. Confeſſt c.3. c) Lib. de Dignit. Sacerd,c, 3... d) Hierony-
i
|
2
7
!
2
EFT
janze Gemeine, (wegen ihrer gleichen Gotrfelig:
fit )und erbabe an ihm wirklich Befunden, tap
ealtefame Nachfolger Chrifti wären, ©). a,
haupt zeugen alle Kirchenhiftorien, was vor
eine Treue, Eifer, Arbeit und Gortfeligkeit die er-
1 Sehrer mitten unterden ſchwerſten Berfolgun:
erwiefen, welche die Sicheren mit ihren Er:
eitpeln überzeugen Fonnten, wie möglich es fen,
bey ruhigem Stande in Aufferlichem Frieden vor
GOtt fein un untadelich zu führen, da folches
von ß vielen tauſenden unter der groͤßten Unruhe,
bey fo unendlichem Widerſtand der gefaͤhrlich—
ſten Feinde, geſchehen. Dieſe blieben ihrem HErrn
und Meiſter bis in ihren Tod getreu und gehor—
fan, fie verlieſſen in der größten Gefahr ihre
Schafe nicht, EN um fie war görtlich, ihr
leiß unverdroften, ihre Lehre lauter und Fraf:
tig Durch den Heil. Geift, der in ihnen wohnete,
ihr Leben ein herrliches Mufter und Vorbild
der ganzen Heerde. Man hörte und merfte da
feine Klage über allzu ſchwere Arbeit und Muͤhe,
feine Entfchuldigungen der tafter an $ehrern und
Zuhörern, Feine Heifehliche Affecten, Feine öffent:
liche Aergerniffe unter den Dienern des Worts.
Da, da mochten die Lehrer mit Recht Engel Br
en, die ihnen nicht den Namen felbit aus Hof:
art beylegeten, und dadurch ein Anfehen ben den
euten haben wollten, fondern von dem Heil.
Geift ihn überfamen, und dadurch zu einem de-
fto reineren Wandel getrieben wurden. Sie be-
merften, daß fie deswegen “Engel oder Boren
hieſſen, damit fie die englifchen Eigenfchaften im
ntebren nach Vermögen ermiefen, und das Amt
„richteten, 6). Insgemein aber redeten und
* J nach der Engel Exempel ver⸗
urctheilten ſie von dem Verhalten derſelben alſo:
Diejenigen koͤnnen nach der Erkenntniß auch zu
„der der Apoſtel gerechnet werden, (oder ihr
Amt erlangen,) welche ſich in des HErrn Gebo:
„ten geuͤbt, und dem Ebangelio gemäs vollfom-
„men gelebet Haben. Dis ift ein wahrer Aelte-
Iter bey der Gemeine, und ein rechter Diaconus
„oder Diener des göttlichen Willens, wenn er thut
„und lehret, was göftlich ift, niche als einer, der
„von Menfchen verordnet wird, oder der nur des:
wegen für gerecht gehalten wird, weil er ein Ael⸗
„tefter ift, fondern daß er als ein Gerechter in den
„‚Aelteftenftand verfeßer fen, eg). So verbiel:
te fich, unter vielen andern, Bafılius M. deflen $e:
ben und Wandel feine Zuhörer fo unfträflich be:
Pr
9. Cap. Don der lehrer Pflichten insge
if, ad Trall. F) Dionsfis Hierarch.Cal.c.12.
Nazianzenus Or, Fun. in Baſil.M. i) Epifl. ad Trall.
mein. 263
funden, daß fie ihn zum Erempel aller Tugenden
annabınen; fogar, daß auch etlicheaus übermäßt-
ger Lebe zu ihm feine natürliche Gewohnheiten
nachmachen wollten, als da war, eine blaſſe Far⸗
be, langſames Beben und Reden, Bleidungs⸗
art, und dergleichen h),
16. Wie follte aber nun eine folche Gnade oßne
Frucht ſeyn geweſen? Die theuren Verheiſſungen
des HEren famt den Gefchichten der erſten
Gemeinen verfichern uns gewiß, daß Feine Ar—
beit von folchen Lehrern, in dem HEren gethan,
vergebens geweſen ſey. Wir finden fehon in der
Apoͤſtel Gefchichten fo viel unausfprechliche Herr⸗
lichkeit GOttes, die er durch den Dienft der Apo—
ſtel und anderer offenbaret bat bey den erften
Ehriften. Mach ihnen weifer Janatius an fei-
nem eignen Erempel und an einem andern, Was
ein getreuer Diener Ehrifti ausrichten Eonne, nem⸗
lich mehr, als die Vernunft aller fleifchlichge-
finnten sehrer ihreinbilden Fann, ungeachtet fiedie
klaren Zeuͤgniſſe davon übrig bat. Wir Fonnten
es auch Faum glauben, was in den erften Gemei—
nen ausgerichtet worden, wenn wir nicht Die une
zäbligen und überaus herrlichen Siegel des Amts
bey ven Apofteln und ihren Juͤngern anfehen, (ich
meyne die Seelen, fo fie wahrhaftig zu Chriſto
gebracht gehabt,) und gegen den folgenden und
noch währenden Zuftand Kalten wollten. Mit
was vor Freudigkeit mochte wol Janatius an
jene Gemeine 'fchreiben , als er Hirten und
Schafe in fo völligem Glaube und Liebe ſtehen
fahe. „Ich habe (fchreibet er,) an eurem Aufſe—
aber ein Benfpiel eurer Liebe empfangen, und
„bey mir bewahret. Sein äufferlicher Wandel
iſt fchen ein groffer Unterricht, und feine Sanft-
„much iſt eine Kraft, dafür aud) die Atheiſtent
„fönnen beſchaͤmet werden, ). Nemlich diefes
war der ganze Zweck und Mugen des Medigt⸗
amts, daß das Wort Frucht bringen follte zum
eigen Leben , und die Menfchen aus IR ders
dammlichen Zuftande geriffen, mit GOtt aufs
genauefte wiederum im lebendigen Glauben ver⸗
bunden wuͤrden. Darum redeten fie hievon füls
gender maſſen: “Alle unfer Fleiß und Mühe ge
„bet auf den innern Menfchen. Unfer Borfas
„it, daß die Seelen gereiniget und verſorget wer⸗
„den. Unfere Abfiche ift, der Seelen gleichfam
Fluͤgel zu machen, und fie aus der Welt heraus
„zu reiſſen und GOtt zu liefern, das görtliche
„Eben:
8 Clemens Aloxandrinns lib. VI. Strom. p. 667. h) Gre-
264
„Ebenbild, wenn es nun da ift, zu erhalten, oder,
„wenn es Gefahr leidet, zu verwahren, oder,
„wenn e8 gar verdorben ift, wiederum zu feinem
„vorigen Stand zu erneuern, und EHriftum
„durch den Heil. Geift in das Haus des Herzens
„einzulaffen. Syn Summa: Unſer Zweck ift,den,
„der zu der obern Menge gehöret, zu einem
Gott oder göttlich) zu machen, und ihm die ewi⸗
„ge und himmlifche Seligfeit zu weifen,, k). Da-
zu erforderten fie nun angeführte Pflichten alle,
und fagten getrojt wider alle Heuchler, die fic)
auf ein blofles verkehrtes Gewaͤſche verlieffen:
„Ein guter Wandel des Predigers gibt der Pre-
„digt den Nachdruck, daß fie auch die unbändig-
Iſten Herzen bezwinget. Die Predigt, wenn fie
„an ſich felbft vecht ft, Kat zwar vor fich eine
„Kraft; aber wenn die Predigt gerecht iſt, und
„der Prediger auch gerecht, fo hat fie doppelte
„Kraft 1). Alsdenn fehläge der Saame des Worts
„leichtlich aus, wenn die Gottſeligkeit des Predi-
„gersdaffelbe indem Herzen des Zuhoͤrers gleich-
„am befeuchtet,, m). Und alfo bezoge man fich
auf den Augenfchein und die Erfahrung: "Wenn
„ein Lehrer inder Gemeine mit Lehr und Leben wohl
„gezieret ift, und die — alſo zur Gottſelig⸗
„keit kraͤftiglich antreibet, fo ſehen wir, daß alles
„Volk geſchaͤftig iſt in Almoſen, in Faſten, in
„Mäßigkeit und Keuſchheit, in Aufnehmung der
„Armen, u. ſ. w. Wenn er aber nicht mehr da
„it, fo fiehet man, wie das Volk nad) und nad)
„eraftlos wird, und weil ihm die Speife benom-
„inen worden, gleichfam vermwelft, und alles zu
„grunde gehet, was zuvor zu blühen fehiene m).
17. Alleine, diefe Sache wird uns in folgenden
nach jeden Stücken nody mehr von denen erften
Chriſten flar werden. Jetzo füge ich nur nod)
bey, wie folchen treuen und löblichen Vorſtehern
die Zhhörer insgemein begegnet haben: Denn
von folhen und nicht von untreuen Miethlingen
ift bey den erften Gemeinen Die Rede: Der an-
deren Tractament wird im legten Buche zu fehen
feyn. Da erfannten nun die Frommen gar wohl,
daß fie denen Aelteften und Lehrern Gehorfam und
Ehrerbietung fchuldig wären. Dieſe vermwiefen
denen Gottloſen aud) ihren Ungehorfam, den nie
mand als Berftockte ihnen erzeigten: Wie unter
andern Elemensdie Früchte folches Ungehorfams
darinn zeigt, wenn fie dabey die Furcht GOttes
„fahren lieffen, und in ihrem Glauben blind wür-
*
2. B. Don der erſten Chriſten gemeinem und ſonderbarem Borteodienft,
„den, noch in ſeinen Geboten einher giengen,
„ein Chriſto anſtandiges 5 ührten,, n), Und
{ an diejenigen bl
„ten follten, denen diefe Gnade von GOtt wieder-
ferner fordert er, “daß fie
„fahren wäre, mit denen follten fie eins feyn
„iiederträchtigem Sinn,, 0). Und weil di
ter damals in der Kraft GOttes ihre Zu
recht weideten, und nicht ſich felbft, nicht ihre (
Chre,
Musen oder Luſt, ſondern alleine ihr ewiges
Heil fuchten; fo hatten fie es auch wiederum zu
genieffen, indem die Schafe ihrer Hirten Stim—
me,fennten, ihn liebten und ehrten, und benen
Fremden nicht folgeten. Wir haben aus Trendd
gehöret, wie die Apoftel zu ihren Nachfolgern
vollfommene und untadeliche Borfteher der Ges
meinen gemacht haben: Wer fich nun auf derfel-
ben Succeßion, Autorität und daraus folgenden
Gehorfam beruffen wollte, der mußte auch) zuför-
derſt in der Demuth einher gehen, und Beinen
blinden Gehorfam fordern, fondern, wie Yiero-
nymus redet, mit der Ehre zugleich aud) die Me-
riten haben: in der 13. Epiftel. Ignatius war
ein theurer Zeuge Ehrifti, und dennoch bekennet
er nicht nur mir Worten, fondern von Herzens:
grund, “er ſey nicht werth, Daß er einer von ſei⸗
„ner Gemeine (gefchweige denn ihr Auffeher) feyn
„tollte, weil ex der Kleinefte unter ihnen fe, P)-
Wer fo den Sinn Chrifti zeigte, der hatte nie über
Ungehorfam, Verachtung und Schmach zu kla—
gen: Denn von den Frommen erhielt er fie frey-
willig, von den Bofen verlangte er fie nicht. Da
hingegen bey dem Verfall die boͤſen Lehrer zwar auf
ihre Autorität und Macht trosten, und die Ehre
und Gehorfam forderten, aber feinen erhielten.
Wenn die Miethlinge auch Ehre präfendirten,
und auf Pauli Befehl erogten, ı Tim. 5, 17. fo
krigten fie von den Verſtaͤndigen Die Antwort:
„eaffet uns nicht nur fehen, wie er die Helteften
„voppelter Ehre werth achte, fondern aud) noch
„vielmehr acht haben auf das, was er dazu gefe-
„set hat: die wohl vorftehen. Was beißt aber,
„(fagten fie,) wohl vorftehen ? Hoͤre, was Chriſtus
„tage: Ein guter Hirte läffet fein Leben für die
„Schafe. So heißt nun wohlvorftehen, Feines
„Dinges fchonen, fie zu regieren q).
18. Solchergeſtalt ſetzten die erften Chriften
allzeit diefe Bedingung bey, wenn und warum
ein Lehrer in Ehren zu halten ſey. Vor falfchen
und bofen Hirten harte fie ihr Heiland fo treulich
gewar⸗
k) Gregorius Nazianzenus Apolog. 1) Chryfoffomushom. 40. in Matth. Oper. Imperf. m) Hieronymuslib. I.in
Se 4. n)Epift.adCorintb.p.5. 0) Ibid,p.49. p)Ep.ad Trall, g) Chryfof.hom. a j
7—
T
3
2
14. VDenn, EU
ſich auf Mofis Stuhl zu figen, der doc) im
i ur Bere nicht mehr war, fo zeigten fie
ı Heuchlern, wie fie diefen Stuhl durch ihr
fes Heben ſchmaͤheten ). “Es find (fag:
„ten fie,) viel Priefter, aber wenig rechte Prieſter,
„viel dem Namen nach, wenig in der That. So
„ſehet num zu, wie ihr auf diefem Stuhl ſitzet,
„denn dev int mache feinen Priefter, fondern
„der Priel acht den Stuhl. Micht der Ort
„heiliget den Menfchen, fondern ber Menſch den
„Ort Wer wohl fißet auf dem Stuhl, der be-
„kommt Ehre von ihm, wer übel figer, der thut
„ihm'nur Schmad) an, s). Mic folder Be—
Dingung redeten fie von diefer Ehre, die man
‚ „feeplich denen mit allem Fleiß geben ſolle, wel⸗
nhe das Fuͤrbild der Lehre des HErrn wohl bebiel-
| „ten, und zwar eben zur Ehre GOttes ſelbſt.
„Wer einen folchen nicht höre, noch aufnehme,
| „an defien Seligkeit müffe man verzweifeln t).
| „Und weiche das Wort der Wahrheit alfo recht
„bandelten, die folle man fo aufnehmen, als den
„HErrn felbit, zu der Ehre de, der fie gefandt
„babe, JEſu Chriſti unfers HEren,, (und alfo
nicht zu ihrer eigenen) u). Welche aber nur der
Apoftel Worte auswendig nachfprachen, aber ih:
ren Wandel und Berleugnung nicht zeigeten, Die
mußten abermal von denen, die das Anſehen batz
ten, dieſes hören und merken: „Seyd ihr an
yſtatt der Apoftel, ſo machet nicht allein ihre Worte
„nach, fondern nehmet auch ihren Wandel und
„DBerleugnung an x). Bildet euch nicht ſowol
„eine Freude ein, wenn euch Ehre angeboten wird,
„als daß ihr euch vielmehr fürchtet vor der Ver-
„dammung eurer Ehre, wenn ihr fie mißbrau=
het, y). In Erkenntniß deſſen verhielte fich je—
ner f auch in der verderbten Kirche febr
weislich, als ihn feine Zuhörer alle Ehre antha—
ten. Denn er forach öffentlich zu ihnen: “ch
„bitte euch, darum helfet mir beten, daß ich ein
j „ſolcher fen, als ihr mich achten möget zu feyn.
| —— meine elende Perſon vielmehr mit eurem
SBGeboet in Himmel, als mit eurem oben und Eh⸗
rei 2). Rechtſchaffenen Borftehern folgte ohne
dem bey denen, die fiezuaftimiren wußten, Die
Ehre auf dem Fuß nach, und ihr Wandel wurde
überall befamıt genug. Fa, je weniger hernach
der wahren Hirten wurden, je theurer und werther
wurden fie von denen gehalten, die Licht und Fin:
EEE DZ BEER
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A, — 9. Cap. Don der Lehrer Pflichten insgemein. 205
fie zu meiden, und als Blinde fahren ſterniß, Chriſtum und Beliat zu unterfcheiden
Marrh. gar 15, 4 ruͤhmten mußten. Die Obrigkeit ſelbſt, wenn fie GOtt
kannte, und feine Wahrheit liebte, begegnete de—
nen redlichen Arbeitern in dev Kirchen anders, alg
den andern, Man fiebet cs ben dem ganz ver—
derbten Zuftand der griechifchen Gemeinen an dem
Kanfer Alexio Comneno, Diefer verordnere
in einem Ausfchreiben nebenit andern löblichen
Dingen auch folgendes: “Es follen auch die nach.
„aͤßigen Kirchendiener ofte ihrer Pflicht erinnere
„werden. Welche aber wahre Früchte ihres Am—
„tes aufweiſen Fonnen, die füllen gröffere Ehre
„enpfangen, weil fie dem Gebot des HErrn ges
„borchet haben. So follen auch diefelben uns
„kund gemacher und angezeigee werden, Damit,
„wir auch ihnen eine gehörige Ehrerbietung er—
„weifen koͤnnen. Ein folcher Mann wird auch
„der ganzen Gemeine bekannt werden, zum Mus
„gen feiner felbft und vieler anderen. - Immaſſen
ſich doch das Gure allezeit ausbreitet, nemlich
„Werk und Wort, ohne welche niemand den
„HEren fehen wird a).
19, Diefes aber war das mwenigfte, ja nichts
gegen dem, was die wahren Diener JEſu Chri—
ſti und feines Worts von dem Herrn felbft er
warteten und empfiengen. Bey der Welt waren
ie ohnedem verworfen und verachtet; bey den
rommen hatten fie aud) Feine äufferliche fonder-
bare Belohnung zu erwarten, denn diefe hatten
felber wenig oder nichts in der Welt übrig: Alfo
war der HErr felbit ihr beiter Sohn. Darauf
freueten fich die Apoftel und ihre Junger, troͤſte—
ten fich unter allen ihren Trübfalen damit, und
legten ihren treuen Machfolgern nichts anderes
vor. Iſt denen untreuen Lehrern und weltförmi-
gen Vorftchern eine doppelte Verdammniß be
reitet, fo waren die Nachfolger Chriſti ihrer Se:
ligkeit deſto gewiſſer. Demnach hielten fie auch
alle ihre Muͤhe, Truͤbſalen, Wachen und Sorgen
fuͤr keine Unruhe, ſondern, wie der gedachte ob—
liche Kayſer redet: "Wer Glauben an GOtt und
„ein heilig Leben verfündiger, der hält ſolche Ar-
„beit alle für eine felige Rube, indem er dadurch
„ſowol feine eigene, als der anderen Seelenruhe
„befördert. Zum wenigſten thut er feiner Pfliche
„ein Genüge, weil ee doc) für die ganze Hecide
„an dem fhrecklichen Gerichte Rechenſchaft ge-
„ben muß, 5). Und wie ein fehr after Lehrer
ſchreibet; Die Diener GOttes ſollen wiſſen, daß
„ſie ein Theil mit denen haben, die fie verfohner
gl „haben.
2) Chryfaftomus homil. 25. in Matth. 23. s) Idem ibid. t) Bafılius Mor. Reg.36. u) Ib. Reg. LXXII. c.3
x) Hieronymus lib. I. in Mich. c. 2, y) Idem lib. XIII. in Ezech. c. 45. 2) Sidanius — ar
Ep. 9. a) In Nouella apud Cotelerium Tom, IL. Mon. Gr. p. 186. b) Ibid. ap. Corelerium p. 199.
Apollinaris Lib, vH,
— un. %
er) #
266 2.8. Von der erften Ehriften gemeinen und fonderbarem Gottesdienſt. i
„haben. Was heißt aber, einen verfößnen ? Wenn
„du einen Sünder nimmft, und ermahneft, war⸗
„neſt, lehreft, unterrichteft, zur Buſſe leiteft, von
„Irrthum bringeft, von Sünden befferft, und ihn
„alfo macheft , daß er befehret wird, und ihm
„ODE gnaͤdig ift, fo haft du ihn verfohne. Biſt
„du num ein folcher Priefter, und ift deine Lehre
„und Rede alſo befchaffen, fo wirſt du dein Theil
„mit dem haben, den du alfo gebeffert Haft „,. Und
nach) dem ers aus .ı Cor. 3. bewiefen , fähret er
fort: «So hören nun dis die Diener GOttes, wo
„deren Theil fen, und befleißigen fich deffen. Gie
„halten ſich nicht in eitelen und überflüßigen Din-
„gen auf, fondern denfen, daß fie Fein Theil an
Gott haben werden, wo fie nicht die Sänder
„von ihrer Bosheit befehret haben ,,e). Wir ha-
ben oben fiyon die Belohnung der Chriften ins-
c) Origenes hom:5. in Leuit.
Das 10,
Bon der Lehrer ſonderbaren Pflichten.
gemein gefeben, nie fie ficy bey denen erften «
funben: Woraus ve die doppelte, ja vielfa
Krone der wahren Lehrer auch offenbar wird, d
er
Petrus ihnen vorhielte 1 Pets, 4. als der uch
ſchon im Glauben theilhaftig ———— 7
die offenbaret werden foll, verf.r. o nur an:
ders diefe Befchreibung der Aelteiten an Denen
wahr wurde, die fic) Lehrer und Aufſeher nenne⸗
ten, daß fie Fürbilde der Heerde würden, und
theilhaftig der Leiden, Die in CHriſto find, ohne
welche die darauf folgende Herrlichfeit vergebens
gehoffet würde ‚nachdem CHriſtus einmal in bey⸗
den feinen Gliedern ein Fürbild gelaffen hat. Aus
welchem allen des Herrn Cave Difcurs p. 260. zur
Gnuͤge erläutert wird, davon im letzten Buch aus⸗
fuͤhrlich ſoll geſaget werden.
X
Capitel, —
FE
Summarien. tr
ag ypiebem daß Pehrer fich dem H. Geift überlaffen mußten, $.1
Wurde ihnen Ehre angethan, defto mehrerniedrigten fie fich, 3.
geber , nicht Prälaten. 4. Ungeachtet etliche die Wuͤrde des Schramts fchr groß machten,
$.1. war höchfinöthig das Gebet aus demüthigem Herzen. 2°
hielten fich nur für Diener, nicht Herren ; für Rath-
fo war. ihnen doch nicht mit praͤch⸗
tigen Titulm gedienet, fondern nenneten fich Mitarbeiterac. 5. Ihre Demutb und Gelaffenheit gegen ihre Verfolger. 6
Sie mengeten fich ‚nicht in weltliche Suchen, 7. er
gen alles mit der größten Ganftnuth,
auch in Verfolgungen, ohne
Zorn und Zankſucht, in rechter Temperatur zwiſchen Ernſt und Gelindigkeit, ohne alle Rache und Gewalt. 8. waren daben
gutthätig und gaſtfrey, forgend für, die Armen,
pel folcher Lehrer. ı2. Der
falt, Treue und Weisheit im Fehren,
nen und zu unterrichten, Exempel. 19.
2 men, 9. ohne Geiz, in wahrer Berleugnung 1>-
Deren Genügfamfeit, 13. Maͤßigkeit und Nuͤchternkeit i4. in Efen um
Ermahnen 20. 16. Ihre beftändige Wachſamkeit über die Seelen. 5
ohne Menfchen gefalig zu fenn, alles zur Ueberzeugung ihrer Zuhörer. 18. Ihre Hausbefuchungen, um die Zuhörer
überflüßiger Güter.un. Erem:
in Efen und Trinken. ı5. “Ihre Sors⸗
17. Gielehreten,
iu fen:
G.0T %
EM ch Fan, allzu groffe Weitläuftigfeit zu
Pa vermeiden, nicht alle und jede Requifira
eines Lehrers, wie ihn die erften Chriften
haben wollen, ausführlich befchreiben, und will
demnach nur ben etlichen wenigen, die vielleicht Die
fürnshmften feyn, verbleiben. Ihre Weisheit und
Erkenntniß, wie auch ihre Heiligkeit haben wir be-
reits gefehen. Dem ic) nur diefes noch) beyfü-
gen muß, daß fie zuförderft diefelbisen Stücke,
und alles andere imder Kraft und Wirkung des
Heil. Geiftesgefuchet und gefunden haben. Alſo
faget Paulus nicht allein vondenen Bifhöffen,
daß fie der Heil. Geijt müffe einfegen ; Apoft.
Geſch. 20,28. fondern es forderten auch die Apo-
ftel fo gar von denen Diaconis oder Dienern, die
damals ordentlich und meiftens mit leiblichen
Dingen zu thun Karten, daß fie voll Seiligen
Beiltes und Weisheit feyn follten, c. 67 3.
iſt, “von Ehriftlichem rechten Eifer fo entbrannt,
„daß man fehen Fönne, fie würden von dem Heil,
„Geift regiert,,a). Diefe Gnade war ja wol in
$ehr und eben das einige Nothwendige, “daß ein
Kirchendiener von GOTT Ierne, in !efung der
„heiligen Schrift und heiligen Betrachtungen ;
„und fodenn, auch das Volk arfolefre. Ermuß-
„te aber das lehren, waserfelbervon GOTT ge-
„ferner hatte; nicht aber aus feinem eigenen Her⸗
„zen, oder in menfchlichem Sinn, fondern was
„per Heil. Geift Iehret: Gleichwie Mofes deswe⸗
„gen immer inder Hütten war, daß er von GOtt
„ernste, was er das Volk lehrin follte,, b).
Und alfo erfannten fie gerne in Demuth, daß fie
nicht
3) L.Ofrander Annot.adh.l. b) Origezeshom. 6. in Leuit, laudatus a Gratiano nomine Hieronymi c. Siquis
diſt. 36.
>
|
%
—*
*8 — —
wicht von ſich ſelbſt tuͤchtig waren, das Amt des
1 Teſtaments zu fuͤhren.
nuͤtzli
Wollten ſie aber
chtig ſeyn, ſo mußten ſie ſich von dem Heil. Geiſt
„ar bereiten laffen, und nicht feinen Wirkungen
. "Alsdenn war erjt ihr Wachen
‚ wenn fie der Heil. Geift ſamt den
„Zuhoͤrern recht regieren konnte, und nicht allein
„die Heerde, fondern audy die Hirten felbit wohl
„bewahrte c). Hier, bier (fagten und glaubten
„ſie), ift abfohderlidy und am meiften GOttes
„Gnade und Friede hoͤchſtnoͤthig. Denn wer
„ſich auf diefe nicht. gründet, und dennoch das
„Volk regieren will, durch den wird alles ver:
„derben und umfommen. Du magit ſonſt noch
„ſo gefchickt zum regieren feyn wollen, fo wird doch
alles untergehen, wo du nicht dabey eine ſolche
„Gnade haft, undden Frieden, der aus GOTT
ꝓ„iſt, A). Und freylich war und ift es noch nicht
anders, wie ein fehr berühmter Mann von ihnen
fehreibet: “Es ift zwar allen Chriften geme'n, den
„Heil. Geift in Finem Herzen wohnend haben ;
„aber fürnemlich Fommts einem Prediger zu,
„den fein vollfommener Mufter kann vorgeleget
„werden, als von dem höchiten $ehrer, der da
„heiſſet, Wort, das it, ein Bildund eine Stim—
„ine GOttes. Es kann aud) die Zunge des Pre:
„oigers nicht anders kraͤftig ſeyn, als wenn der
Geiſt Chriſti in dem Herzen wohnt, und feinen
„Mund bewegt und den flieffenden Worten eine
„geheime Kraft beyleget. Die Stimme des $eh-
„rers Fann die Ihren berühren ; GOTT aber allein
„verändert die Herzen durch ein verborgenes Ein-
„geben. Indeſſen thut der Lehrer das Seine,
npflanger ‚"begieflet ‚und fordert von EHrifti Geift
„das Gedeyen, folget auch in allem dem hoͤchſten
„iehrer nad) 3
2. Immaſſen derjenige erft vecht mit den
„Menfchen reden und handeln Fann, welcher erft
„von ganzem Herzen mit GOtt geredet oder gebe-
„tet hatz,, wie Diefer Mann andersmo zeiger f).
Muͤſſen alle gute Gaben vondem Vater des Lichts
berfommen, ac. 1,17. fo bedarf ein Lehrer des
Gebets vielmehr, als die andern ‚die in gröfferer
Noth und Gefahr ſtecken, daß fie GOtt beleidigen
„möchten, 3). Diefes mußte nun für fa und
ihre ganze Heerde treulich gefchehen, nad) Pauli
und anderer Erempel, Röm.ı1,9.10. 1Cor.ı1,4.
ermögen treulich nach e).
c) Auguflinus in Sent. Profperi n. 36.
Ibid. lib. III. p. 608.
10. Cap. Donder Lehrer fonderbaren Pflichten.
d) Chryſoſt. hom. i. in Tit.
g) Chryföf. hom.ı. ad Tit.
267
Epb. 3,14: Phil.ı, 4. Coloſſ. 1,9. 1 Theff.a,2. Im
ehren . ie gleichfalls —— —*
„daß da mehr Gebet noͤthig waͤre, als redneriſche
„Kunſt, damit ein ſolcher im Gebet fuͤr ſich und
„die, ſo ihn hoͤren, eher ein Beter ſey, als ein
„tehrerh). Wenn die Königin Eſther, als fie
„für Das zeitliche Heil ihres Volks reden wollte,
„betete, daß ihr GOTT gefchickte Worte in ihren
„Mund legen wollte : wie vielmehr foll der beten
„um folche Gnade, der fürdas eroige HeilderMen-
„chen im Wort und in derLehre arbeitet „i)? Dazu
ward nun bey den erften Lehrern Neuen Teſta—
ments der Grund durch eine herzliche Demuth
und Erfenntniß des eigenen Elends geleget,welche
vornemlich und ganz unausbleiblich bey einem
wahren Lehrer ſeyn mußte, wo er Frucht fihaffen
follte. Denn Paulus wollte einen Aufſeher Haben
bey der Gemeine, der nicht ihm felbft wohlgefiel,
Te. 1,7. (av$adng) auch nicht vom Stolz aufge
blafen (rupwder)ı Tim.3.6. Daher erfannten fie,
„daß die Niedertraͤchtigkeit der Grund ihrer Weis-
„beit fen, und der Teufel allein den Ehrgeiz auf die
„echrftüle der Kirchendiener bringe „k). Abfonder«
lich warneten fie diejenigen, denen GOtt vielleicht
vor andern mehr Gaben beygeleget hatte, damit fie
deswegen defto mehr gedemüchiget würden, und
nicht etwa fich darauf verlieſſen ). Weil doch, ge—
dachter maffen, “die ganze Zucht der Epriftlichen
„Weisheit in wahrer freywilliger Demuth beftün-
„de, nicht in vielen Worten, nicht in feharfen
„Difputiren, und Begierde des Ruhms und
„eobs m),
3. So mußte nun ein Lehrer, zumal der über
andere die Aufficht hatte, “nicht feine Freude und
„Ehre darinnen fuchen, daß ihm andere untergeben
„waren, und nur auf fich und feinen Vortheil fohen
„Denn ein folcher würde fich ſelbſt, und nicht die
„Schafe geweider haben n). Sye höher ihn die
„Leute machen wollten, jedemütbiger mußte er in
„feinem Herzen feyn o), defto einfaltiger werden,
„und doch alles Flüglich verfehen vor GOTT und
„Menfchen,, p). Wie alfo Janatius von dem
Auffeber der Gemeine zu Philadelphia zeugete,
„er habe ihn erfannt, daß er nicht von fich Fibften >
„noch durch Menfchen , noch um eiteln Ruhm, fon:
„dern in der Liebe GOttes des Vaters und des
„Herrn yh EHrifti das Amt in der Gemeine
2
„babe
e) Erafmus Eceleſiaſt. Lib.I.p.3. f)
h) Auguflin.lib. IV.deDoätr. Chrift.c.ı5. i) Ibid.
" €.30. k) Chryfofl.hom.3.ad Philip. I) Id. hom. 38. ad Antisch. m) Zeo M.Serm.7.in Epiph.Dom, n)
Auguftin.lib. dePaftor. c. 1.
0) Ambrof.de Dignit. Sacerd. c.3.
p) Polycarpss Epift. ad Philip.
—
268 2.8. Don der erften Ebriften gemeinem und fonderbarem Botteodienft.
„babe, qg). Lind ein anderer von dem Auffeher
zu Tours, Martino, “er fey nach feiner Wahl
„eben der beftandig geblieben, wie er zuvor ges
Wweſen, nemtich in eben der Demuth feines Her-
„jens vor GOft,,, daben es ihm doch nicht an
Gunft der Seinen und Yutorität gemangelt habe,
Er habe zwar die Stelle eines Bifchofs verfehen;
aber die Sebensart und Gottfeligfeit eines Einfa-
men nicht verlaffen r). Eben dergleichen Proben
zeigte auch Auguſtinus, wenn er von Herzens:
grund alfo zu feiner Gemeine redete: „Ich rede
„‚von diefem Orte zu euch, der höher zu ſeyn ſchei⸗
„netz aber GOtt weiß es, der den Demürbigen
„Gnade gibt, mie ic) vor Furcht unter euren
Fuͤſſen liege. Mic) vergnügen gar nicht eure
„Stimmen, wenn ihr mic lobet, als wenn ihr
„in Andacht eure Sinden befennet. a, wie
Iſehr ich Mißfallen habe an eurem toben, und
„Gefallen an eurem Wachsthum, das weiß der,
„der uns von aller Gefahr erlöfen wolle, und ung
„vor aller Anfechtung bewahren,, s). Und aber-
mal: “Euer Lob befchweret mid) vielmehr, und
„bringe mie Gefahr: Ich muß es jmar leiden ;
„aber ich erzittere dabey. Euer Loben find nur
„die Blätter; ich ſuche aber Früchte Ley euch x).
Ich fehe meine Gefahr wohl, wenn ihr mich lo-
bet, wo ich nicht auch acht habe, wie ihr lebet.
Ich mag von Böfen nicht gelobet werden, ich
„habe einen Greuel und Edel davor. Darum
Bbenehmt mir diefe Saft, u)... Und vielfeicht war
auch diefes anderer Biſchoͤffe Abfiche, wenn fie
ich felbft in ihren Schriften und fonften Humiles,
emüthige, Niedrige, Beringe nenneten x):
damit fie nemlich etwa Diejenigen, fo fie zu fehr
ehreten, und in fubtile Abgötteren bey übermäßi-
ger Hochachtung ihrer Gaben verfielen, damit zu⸗
ruͤcke halten moͤchten. Wiervoles faft ſcheinet, daß
eine heimliche Hoffart dahinter ſtecke, weil es ſchon
bey dem Verfall meiſtens anfieng, und ſonſt nicht
allzeit fo leicht zu vermuthen iſt, daß ein von Her-
zen Demuͤthiger ſich felbft demuͤthig nennen follte,
4. Darinne hatten fie Befehl und Exempel ge—
nug wor fih, daß ein jeder tehrer, er würde fo
hoch achalten als ex wollte, dennoch ſich nur ale
einen Diener bielte und auffuͤhrte, nicht aber
über das Volk herrſchte, ı Det. 5, 3. Der
Meifter felbft hatte es befohlen, Marc, 10, 43.
9 Epift. ad Philad.
Paulus felbit und die andern wollten von jeder: *8
mann dafür gehalten ſeyn, ı Cor. 3, 5. c. 4, ee
2 Cor. ı1, 23. Eph. 3, 7. Col.ı,23.y), Dah
ſich auch die niedriggefinnten Lehrer alfozunennen
Fein Bedenken trugen, ja für die grö rech⸗
neten z). Aud) erinnerten jie alle ‚ihrer
Pflicht: Wer felig werden will, und den andern
„vorgefeßtift, der fommedeswegen zu Feiner Hert= -
„ſchaft in der Gemeine, fondern zum Dienft der-
„felben und des Evangelii, wenn ic) fo fagen ſoll.
„Die Gemaltigen herrfchen zwar über fiez unter
„euch aber folls nicht alfo feyn. Dennuntereuch
„herrfchen nicht Fürften, fondern wer unter euch)
„groͤſſer ſeyn will, der wird der allerniedrigfte feynzy3
welches fie aus dem Erempel Eprifti bewiefen *).
In Erkenntniß deffen fihriebe abermal Ignatius
je herzlich an feine Brüder : “ch gebiete euch nicht,
„wie Petrus und Paulus, denn fie waren Apoftel
JEſu Chriſti; ich aber bin der Öeringfte: fie wa⸗
„ren Freye als Rechte GOttes; ich aberbin auch
„jegund noch ein Knecht, (Da er aus geoffer
Demuth fich in anderm Berftand auch noch einen
Knecht nenner) a). Diefe und dergleichen |
Flävungen waren warlic) bey den neuen Diene
nicht leere Worte, fondern fie ermaßnten ſich
felbit, fo lange es heute hieffe, alfo ernſtlich aus
2 Cor. ı, 21 und ı Petr, 5, 3. “Ein jeder uns
„ter uns halte dafür, daß er dem Volk nicht als
„ein Herr, fondern als Rathgeber von GOTT
„gegeben fen, wie Paulus fid) einen folchen Rath-
ober des Neuen Teftaments erwieſe. Ein Here
Mat Diefe Macht, daß er befihlt und fehlechtbin
„‚feßt, was er haben wolle; aber ein Rathgeber
„überredet nur die, fo da wollen, was ihnen gut
„it. Darum ifts eine groffe Gutthat und Hülfe,
„wenn der Rathgeber verftändig und geneigt ift,
„welcher Das erfegen Fann, mas denen, die da wol-
„len, an Weisheit mangelt,, b). Dis bieffe bey
ifnen “die apoftolifche Weiſe, daß die Herrſchaft
„immer unterfagt, und das Dienen befohlen wür=
0%. Chriftus Babe den Namen: der Diener
felbft eingefest, und mit feinem Exempel gezeiget.
Wer wollte fich (fagten fie,) noch diefes Titels
„ſchaͤmen, oder dadurch geſchimpft achten, den
„der HErr der Herrlichkeit ihm felbft erft gegeben
„bat, ©)? Werdiefen Grund wohl bewahrte, der
erklärte fich ohne Bedenken vor feiner Gemeine,
wie
f) Sulpitins Senerus de Vit. Mart. ©. 7. s) Auguſtin. in Pl. 67. t) Id. Serm. 5. de
Verb. Don. u) Lib, L Höom. hom. 25. x) Ita Sidonins Afollinaris lib. VII. ep. 12. Baifamor Schol. ad
c. 42. Coneil: Carrhagin. et ad 6.9. Coneil. Trail. itemque Epiftole et Decreta Pontificum paſſim. Conf.
lo. Sanaro adSidonium l.e. y) Confirmät prolixe M. Anton. de Dominis lib. T. de Rep. Ecci.c. 2. z) Ita
Cyprianus Epit. XVIII. n. 2. *) Origenes homil. 6. in Ieſai.
homil, au. de Profp. Fort. c) Bernhardus lib. I. de Confiderat.
* ’
a) Epift. ad Rom, b) Baflıns M.
op
“
En
m.
tie Ehrpfoflomus
dieneſt, unddaß du nicht nur mit allen dem
‚„eommen zu weiden, nicht zu unterdrücken 2
=
that: “Wir herefchen nicht
„über euren Glauben, meine Liebſten: Die Lehre
„des Worts ift uns anvertrauet, nicht Die Herr:
- zfehaft, nicht die Autorität oder Gewalt ,, d).
Dieſer trefliche Sehrer Flagte oft über Die Ver—
achtung und ungerechte Beurtbeilung, Die er von
den Ungehorfamen und Gottloſen leiden muͤßte e):
und gleichwol demuͤthigte er fic) nach dem Willen
GoOttes fo herzlich vor allen. Deflen hatte nun
ein anderer unter der Herrfchaft ver Elerifey wohl
Urfache, die ftolzen Prälaten zu erinnern, wenn
er ſchriebe: Wenn dich CHriſtus gefande bat,
„ſo wirft du leicht Denfen, daß du nicht kommen
„jenft, daß du bedienet werdeft, fondern —
ei⸗
„rigen, ſondern auch mit deinem Leben dieneſt. Ein
„wahrer Nachfolger Dauli wird gewiß mit ihm
„ragen: Micht daß wir euren Glauben beherr-
„chen, fondern Gehülfen ſeyn eurer Freude, Ein
„Erbe Perri wird Petrum gerne jagen. hören :
„Nicht über das Volk herrſchende, fondern als
„ein Fürbitd der 378 f). Undabermal: *Du
„mußte zwar die Wölfe bezwingen ; aber über die
„Schafe nicht herrſchen, denn du haft fie über:
5. Nun weiß man zwar gar wohl, daßerliche alte
Scribenten die Würde und Hoheit des Lehramts
feßr groß machen , und über alle Majeſtaͤt der
Obrigkeit fegen : Dergleichen Sobfprüche auch im
wahren Berftand von folchen Lehrern, die CHri—
fti Sinn gewiß baben und wirflich zeigen, auch
nicht alle ungegründer find b). Alleine, es evin-
nert einer hieben gar wohl, daß gleichwol in fol-
chen Redensarten viel hyperbo!x oder allzu milde
Befchreibungen mit vorkommen, zumal bey ige
nen, welchen noch viel von der Rednerkunſt an:
— als Gregorius Nazianzenus, Chryſo⸗
omus, Ambroſius und andere gewefen :). Da-
durch man oßne Zweifel damals das Volk fuchte
beſſer in Gehorſam und Ehrfurcht zu erhalten,
nachdem es fhon durch viele Nachläßigfeit bey
rubigen Zeiten fehr verwildert war. in anderer
feget nicht unbillig hinzu, daß folcher Lobſpruͤche
wegen Fein Prediger nun dürfe fich mehr heraus:
nehmen, als ihm von GOtt gegeben fey, fondern
1
10, Cap. Don der Lehrer Eindetbären Pflichten.
269
in der Furcht des HERAN ohne menfchliche At
fecten das Seine thun k). Mit vielen und prächti-
gen Titeln war den erften Aufſehern und Aelteften
garnicht gedient, da fie auch Eluge Heyden unter
die gröfleften Thorheiten vechneten. a, die Ver—
ftändigen wollen nicht einmal glauben, daß ſich
Janatius jemals felbft einen Biſchof genennt ha⸗
be, ſondern vielmehr die Auffchrift feines Briefs
an Polpcarpum erdichtet fer, da er zumal in einem
andern Brief fich nicht werth achtet, daß er
einer von der Bemeine ſeyn ſollte ): Geſchwei⸗
ae, daß einer zur felbigen Zeit ſich hätte den
Dornehmften oder Oberſten unter den Prie—
ſtern, oder den böchften Priefter nennen follen,
wie man hernach that, da es bey dem Verfall in
öffentlichen Concilüis verboten werden mußte m),
dem Hochmuth zumehrenn). Gewißlich, es war
ja hoͤchſtnoͤthig, Daß man verhütete, “Damit nicht
„der Hechmurh aus der Welcin die Gemeine CHri—
„‚fti eingeführee würde, welcher doc) das Licht der
„Einfalt und der Demuth denen bringt, Die
Gott fehauen wollten, als einmals die $ehrer
in Briefen einander ermahneten 0). Daher fam
es, daß, die da rechtfchaffen waren , oder doch
ſeyn wollten, einander gleich feyn wollten vor
GOTT, und fich unter einander Mitaͤlteſten, Mit⸗
arbeiter, MitEnechte, Mithelfer, und dergleichen
nennten p); wie wir bald fehen werden. And wer
Fonnte es aud) denen verärgen, Die über andere ge=
ſetzt waren, wenn fie gleichwol aus heiligen Urſachen
von denfelben die Schmach gerne ertrugen, und
nicht unter demSchein,ipe Amt zu rechtfertigen, oder
GOttes Ehre zuretten, ihre Ehre behaupten, oder
Rache ben wollten + dergleichen unter andern
von Martino gerühmet wirdg). So war es
auch dem apoftelifchen Sinn gemäs , wenn fie
fich fo zu ihren lieben Zuhoͤrern herunter liefen,
daß fie mit jenem apoftolifchen Manne von Herzen
fagten: „Ich will euch nicht als ein Sehrer, fon
„dern als einer unter euch diefes weifen > r).
Welches fie denn die nörtliche Weisheit wohl leh—
vete, daß fie buch foiche Niedrigkeit mebr Liebe,
Gehorſam und Treue bey den Ehriften funden ,
als wenn fie eben auf ihre Autoritat und Mache
zur Unzeit und über die Gebühr gepochet hatten.
ars 6. Gegen
d) Chryfof.hom.t2.adEphef. e) Lib.V.deSäcerd. f) Bernh. Epilt. 237. ad Eugenitm Epife, Rom. g)1d. Lib,
I.
tali omnino et Greg. Na&. Orat. 1. etc,
C
Confiderät. h) Vid, Cyprian. ep. 66. Chryfof?. libris de Sacerd. paflim. Ambroj.libro de Dignitate ſacerdo-
I) Quenfed, Eth. Paftor. p. 291. k) Era/mus Lib. I. Eeel.p. 69.
l) Zfancus
Voffus Not. ad Ignat. Epilt. p. 266. m) EEax@- Tav begEwV ; dxg&- begeug. Can. 42. Concil. Carthagi.
nenf. 1) BalfamonSchol. adh.l. 0) yrzo
I. p) Vid. interim Ofander Cent. 1, lib, IV. e ii.
P. 210. ——
Pi
us Africana Epift. ad Coleitinum
p. Rom. p. 676. Synediei Tom.
9) Sulpisins Semernsh, © €: 36. x) Barnabas Epiſt
270
6. Gegen die Menfchen insgemein war Die
Demuth der Lehrer nicht weniger herzlich, doch
vorſichtig, gegen die Brüder aber ganz fonderbar
und voller Siebe, Es war der Demuth Eypris-
ni gar nicht entgegen, wenn er gegen feine Ber-
feumder fie befennete, und fich auf das Zeugniß
aller Brüder ‚und auch der Heyden felbit bezoge,
ja auch feine Widerfacher felbit, “wie er täglic) den
„Brüdern diene, und alle, die in die Gemeine
„eamen , mit Freuden und Wünfchen aufneb-
„me,s), Auch befand Auguſtinus nöthig, in
der Berſammlung von fich zu fagen, “er liege al»
„fen unter den Züffen, ob er gleid) etwan äufler-
„tich höher ftehe.als die andern,„t). Ein anderer
erkannte gleichfalls wohl, “daB niemand Den
„gehrftand für eine Ehre achten müffe, fondern
„für eine groſſe Buͤrde. Dis folltedie erſte Sor-
„ge bey folchen feyn, daß fie den Neid mit einem
„niedrigen Sinn überwinden möchten, u).2Baren
fie aber diefes gegen jedermann fhuldig, fo erfanns
ten fie fich vielmehr der Obrigkeit verbunden in
aller Demuth zu begegnen, und in der Klugheit
der Gerechten, dabey der göttlichen Ehre nichts
zu vergeben; fo gar, daß auch Tyrannen und Ber=
folger ihre Sanftinuth und Demuth erkennen
mußten. Alfo, daYmbrofius den Arianern auf
Befehl des Kayſers die Kirchen follte einräumen,
fehrieb er in geoffer Beſcheidenheit unter andern:
„Weil ich gezwungen werde, fo Fann ic) nicht wi⸗
„oerftreben, ich) Fann nichts als jammern und
„weinen dabey. Die find die Waffen eines Pre-
„digers, anders kann und will ich auch nicht wis
„oerftehen. Wollt ihr meine Sachen nehmen,
„fo nehmt fie Hin: Wolfe ihr den Leib anfallen, fo
2.3. Don der erften Ehriften gemeinem und fonderbarem Gottesdienſt.
einſt alfo vermahnete: “Laß Dir die Einigkeit an-
„gelegen feyn, über welche nichts bejiers iſt:
„Trage fie alle gleich, wie auch dich der HErr :
„Habe mic allen Geduld in der Liebe, wie du
„auch ehuft,,y). Alſo, da zu Nom unter den
Brüdern ein Zwiefpalt entjtund, ſoll Clemens,
der Aufſeher, vor allen aufgeftanden feyn und
gefagt haben: «Wenn diefer Streit meinet wegen
„entitanden ift , fo mill ich weichen und gehen,
„wohin ihrs haben wollet , und thun, was von
„der Gemeine befohlen wird, wenn nur die Heer-
„de EHrifti in Frieden wohnen kann, ‚). Wel⸗
che Worte er in ſeinem Brief den Corinthern
„ſchreibet, und fie alſo deſto Eräftiger zur Des
muth ermahnet a). Sa, man will auch dazu fer
gen, daß er fein Amt niedergelegt babe ‚ damit
nicht Die Begierde, der —— zu ſeyn, den
Nachkommen zum boͤſen Exempel dienen koͤnn—
teb). Welches auch von Gregorio Nazianzeno
geruͤhmet wird, der, als man ſeinet wegen in der
Gemeine uneinig und ſeiner uͤberdruͤßig war, von
freyen Stuͤcken auftrat und ſprach: “Es fen fer-
„ne, daß meine wegen unter den Dienern GIE
„tes eine Uneinigkeit entftehe.- Wenn diefe Un-
„ruhe von mir herrüßret, fo nehmet und werfet
„mich ins Meer. Darauf er auch vor fich als
ein Priuarus lebete bis an fein Envdec).
7. Sich babe mich etwas lange in diefer Pflicht
der Lehrer aufgehalten, deswegen ich in den an«
dern defto Fürzer feyn muß, Der Herr Cave
meynet p 264. Die Kayſer haben der Cleriſey
geoffe Ehre angerhan, wenn fie fie mit Wacht
und Bewalt in bürgerlichen Sachen ausge:
will ic) euch wol gar entgegen geben: Wollt ihr @üfter, wie er redet. Nun ift zwar dieſes bey
”
„mich in Bande werfen, oder umbringen, fo foll
„mirs lieb feyn. Ich will mid) nicht mit dem
„Bolke verfhanzen, noch an den Altar halten „
Diefer fo beliebte Mann hätte leichtlich das ganze
Volk wider die Dbrigkeiten aufbringen koͤnnen;
aber feine Befcheidenheit ließ ihm dergleichen nicht
zu, viel weniger veizte ev das Volk durch Schmä-
en und gäftern auf der Kanzel wider ſeine Obrig-
Kir zu Mißtrauen und Ungehorfam auf x). Davon
unteneinmehrers. Aus folchem niedrigen Sinn
mußte notwendig ein groſſer Friede innerlich ,
und eine liebliche Eintracht Auflerlich mit dem
Raͤchſten folgen. Wozu ein Auffeber denandern
dem Berfall ver Kirchen gefchehen, und hat man
diefe Gewalt ger ſchaͤndlich mißbrauchet ; wie er
felbit alsbald befennen muß, und wir unten fe
hen werden : Alleine, mit der eriten reinen Kirche
war e8 gar anders bewandt. Hatte gleich Pau-
lus einiger Klagen gedacht, die vor dem Auf:
feher oder unter den "Brüdern follten entfchieden
. werden; ı Tim. 5,19. ı Cor. 6, 1. fo war doch nur
feine Meynung , das unnüße Zanfen und Urthei—
len zu vermehren, und die Nergerniffe, da fie vor
den Unglaubigen ſtritten. Dahero ein befannter
Bifchof fehr wohl fchreiber : Wer die Gewalt, das
„Regiment zu führen, mit dem Predigamt ver=
„Enüpft,
s) Epift.66. ad Florentium. t) Enarrat. inP£.67. u) Nepotianus ap. Hieronymum in Epitaphie eius Epift.
3. ad Heluid. x) Orat. in Auxent.
lib. II. H.E.c.9.
Ir: y) Ignatius Epift. ad Polycarpum.
Conf. Vendelinus Diuin, de Clement. Temp. p. 14. a) Epift.p.69. b) Yenaelinus L. c. p. 17.
z) Epipbanius her. Carpocrat.
c) Rufınns
*
—— 2 * * — —
10. Cap. Von der Lehrer ſonderbaren Pflichten.
„enüpfe, der will Sachen zufammen ſetzen, die
„mit einander nicht beftehen koͤnnen. In den
Zalten Zeiten haben fie zwar Priefter und Richter
„zugleich an einer Perfon gehabt; aber warum
„jiehet man es auf diefe Zeiten, und will, Das
Zuſammen fügen, was Gdtt gefchieden Bat „d)?
Solcher Papo -Cefariz, oder paͤbſtiſchem Kay-
Neben und Eingrif der fo genannten Geiftlichen
n weltliche Verrichtungen der Obrigkeit, haben
fie treue Lehrer allzeit männlich widerſeßt, ſo
ange, bis endlich die Tyranney der Pfaffen im
Pabſtthum alles uͤberſchwemmete, und aus den
Auffehern Emisroneig erAergoenioaome wur:
den, Die in ein fremd Amt ariffen, ı Pet.4,15.
„Wer den Brüdern vorfteher, (hieß es in der er-
„ten Kirche, ) der muß Sorge tragen, nicht für
„menfchliche Dinge, noch für meltliche Handel,
„diefe Sorge foll ferne von allen Vorſtehern ſeyn:
Mein fie follen eine folhe Sorge anfangen,
„dergleichen Paulus von fich ſchreibet; ch trage
„Sorge für alle Gemeinen e), weil alle und jede
a er nur allein dem Altar dienen, und zum
„Gebet und Flehen ihre Zeit anwenden follen,
„nachdem gefchrieben fteher: Rein Kriegsmann
„fliche fich in Handel der Nahrung, auf daß er
„gefalle dem , der ihn angenommen bat, (2 Tim.
2,4.) und diefes gleichwol von allen geſaget iſt:
Wie oh follen diejenigen an weltliche Stri⸗
„ce und Befchwerungen fich nicht binden laffen,
„welche in lauter geiftlichen und göttlichen Din-
„gen befchäftiget find, oder von der Gemeine wei-
„hen, und zu weltlichen und irdifchen Berrichtun-
„gen gehen f,? Werden Kanfer im Kriege diene,
„der muß von Entfcheidung der Streitigkeiten,
„von Gerichtshändeln , von Proceſſen, von
Kaufmannſchaft und allen frey ſeyn: Wie viel-
? Dahero man fo-
„mehr ein Diener EHrifti ,, 2)
gar auch nicht zugeben wollte, daß Rirchen-
diener die Teftamente verwalten und erequi-
ren follten, als tutores teflamentorum; mie
alfo Eyprianus einften den Beminium Victo-
rem beftrafte aus denen obberührten Urfachen b):
Bon welcher Sache anderswo wird zu reden fenn
bey der Verforgung der Wanfen, im ı1. Cap. des
m. Buches $. 3. Von dem Apoitel Petro will ei⸗
ner berichten, daß er Elementen bey feiner Ein-
weifung in Die Römifche Gemeine alfo angereder
271
— — —
habe: Du ſollſt Vorſteher über allerhand Sachen
„verordnen, damit du denen weltlichen Sorgen.
„nicht ergeben ſeyſt, fondern nur zum Gebet und
„Verkündigung des Worts Muffe babeft »i).
Die Sache an ihr ſelbſt ift richtig; geſetzt, Daß
auch die Erzehlung erdichtet wäre. Chryſoſto⸗
mus weiß ſich nicht genug zu beklagen, daß zu
feiner Zeit die Biſchoͤffe um lauter weltliche Din-
ge forgeten, unter dem Schein , die Armen, Wit:
wen, Wayſen und Kranken zu verforgen : wovon
unten ein mehrersk). Das iftgewiß genug, DaB
es ſehr gefährlich ſeh vor einen Lehrer, wenn er
nach der Predigt zu weltlichen Sorgen eilet, zum
Wuͤcher und Handel, zu Gafterenen, zu rb⸗
fehaften, zu auewartigen Geſandtſchaften und
Eommißionen, den Vornehmen und Reichen auf⸗
zuwarten und Viſiten abzuſtatten, zu Jagen, Vo⸗
el zu fangen, geſchweige zum Saufen, Spielen,
ansen, Fechten und dergleichen; wie ein gelehr⸗
ter Mann vedet D).
8. Wir haben fhon aus Janatio gefeben, wie
er Polycarpum zur Sanftmuth und eſcheiden⸗
heit angefuͤhret, oder vielmehr nur ermuntert,
„daß eralle erüge, und die frommen Juͤnger
„nicht allein liebte, ſondern auch die giftigſten
„und ſchaͤdlichſten durch Sanftmuth ihm unter⸗
„than machte ; weil doch nicht eine jede Wunde
„;fich mit einem Pflafter heilen lieſſe: Diebeftigen
„Krankheiten ſolite ermit Einflöffen lindern „ m),
Welcher denn auch diefe Herrliche Tugend an dem
Auffeber zu Philadelphia rühmer, “daß er ſich über
„feine Sanftmuth verwundert habe, da er mit
„Stilfehweigen mehr ausgerichtet, als andere, Die
„viel plaudern. Er babe erkannt fein tugendhaft
„und volifommen Gemuͤth gegen GOTT, wel-
„ches unbeweglich geweſen, ohne Zorn, in aller
„‚Gelindigfeit des lebendigen GOttes ,, n). Und an
„dem zu Tralles: “Sein äufferlicher Wandel ſey
„„üchtig zur Zucht, und feine Sanftmuth ſey eine
„Kraft,dafüir auch die Atheiften ſich ſchaͤmen müß-
„ten „o)Und ſolche Sanftmuth bewieſen nun diefe
Nachfoiger CHrifti fonderlich bey Verfolgungen,
da fie auch Bierinnen der Heerde ein Fuͤrbild wur⸗
den ; wie wir ſchon oben gefehen. Andere Exempel
werden uns unten, bey der Geduld und Sanftmuth
aller Ehriften, vorfommen, Hier wollen wir nur
% etliche
d) Syzefins Epiſt. 37. adır Andronicum. .e) Origenes lib.IX. in Epiſt. ad Rom. f) me: lib. 1. ep. 9: lau-
. h)
datus a Danzhanero Chrifteid. AA. I.th. 1.p.385. 8) Ambrofiuslib. I. Offic. c.7
Ibideml.c. i) Ma-
rianns Scotus in Chronicoad A. C.MLXXXVI. k)Homil;g7.inMatth. 1) Erafmns Eccleſ. lib. I.p.ı6. m)
Epift.adPolycarp. n) Ad’Philad, 0) Ad Trall.
—
u
372
etliche Sprücheder Alten davon anmerken: Pau-
fus fordert von folchen, daß er auchnicht eg yiX@>,
zorn = und zankfüchtig feyn folle, Tit. 1,7. das iſt,
daß er nicht immerdar zürne, und bey einem ge-
ringen Gefchrey eines Fehlers, wie die Blätter
von dem Wind, beweget werdep). Ingleichen,
daß er nicht haderhaftig ſey, ı Tim.3, 3. 2 Tim,
2,23. 24. Fein Schläger, ı Tim. 3,3. Tit. 1,7.
- auch nicht mit der Zungeg). Denn ob er gleich
denen Verſtokten unangenehme Dinge verfündi-
gen muß, fo muß doch dieſes auch aus Liebe ge-
ſchehen, damit dem Zuhörer fein Heil daraus er-
wachfe;_gefegt, daß er Darüber ſich erft betrüb-
ter). Dabey aber, wenn er nun das Boͤſe ab-
ſhaffen will, muß er die Widerwärtigen gewin⸗
„nen, die Trägen erwecken, denen Unmiflenden
„anzeigen, was geſchehe, und was fie zu gewar⸗
„ten haben s). Er muß, (fagtenfie, ) mit dem
„Stab Weh, oder der Zucht, das Manna der
„sieblichkeit verbinden t), und. Ernſt mit Gelin-
„digkeit vermengen. Er muß tiebe haben, aber
zfie muß nicht weichlich machen, Schärfe , aber
„ſie —— verhaͤrten; Eifer, aber er darf nicht
„ohne Maaß wuͤten; ein guͤtig Herze, aberdaß es
„nicht mehr ſchont, als es moͤglich iſt u). Kurz,
„das Amt der gerechten Beſtrafung muß nicht zu
„Waffen der Wüterey werden „x). Biel weni-
ger aber durften die Lehrer CHrifti Regel über-
gehen, daß fie auf Rache, Ge enwehr, Wie⸗
derſchelten und Vergeltung des Boͤſen mit Boͤ⸗
fem hätten denken wollen; da wir unten ſehen
werden, wie genau es ‚allen Chriften verboten
fey.e Denen unfer fo vielen Trübfalen und
Schmach geübten Lehrern der erften Gemeinen
durfte man das nic) lange verbieten: fie hatten eg
aus dem Wort durch lange Erfahrung genug ges
fernet. Mach der Zeit war es nothig, dem aus>
brechenden Hochmuth und Tyranney der Cleriſey
mit Machezu fteuren, und zu verbieten, „daß fie
„niemand mit der Hand fehlageny), auch nicht an
„denen, die ihnen unrecht gethan, eigermächtig
„Gewalt brauchen follten,, 2). Und gleichwol
funden ſich rachgierige Ungeiſtliche, welche einen Un⸗
geriheid machen wollten unter den erſten Seiten,
p) Hieronymus Comm. in h.l.
g) Idemadh.l. ct Chryfß. hom. 10. in ı Tim. ethom. 2. in Tit.
2.3. Don der erften Ehriftengemeinem und fonderbarem Bottesdienft.
da nur die Beduld in der Rirche ftart geh
hatte: Da hätte man wol den Mantel müffen
fahren laſſen mit dem Rock; nun aber fey es ein
andersa). Welche fubtile oder vielmehr grobe
und fleifchliche Diftinction einem berühmten Scri⸗
benten ſehr ungereimt fcheine, weil doch ein Hey⸗
de fonft die wahren Chriften nicht unterfheiden
an als am Gehorfam ihres Meifters, dev
dieſes ausbrücklich befohlen b). Hievon aber mic
mehrerm an feinem Orte. "Yan
9. Weiter gehörte, nachdem Muſter dererften
gehrer Neues Teftaments, zu einemrechten Hirten
diefes , daß er gutig ſeyn, und gerne Guts thun
follte. Tit. 1,8... Der Grund deſſelben mußte feyn
die Liebe, und das Daher flieffende Mitleiden-bey
des Nächften Elend. Dahero jagte auch Po—
Iycarpus, “daß die Aelteften follten barmherzig
„ſeyn, alle Kranke und Schwache befuchen,, die
Witwen und Wayſen und Armen nicht vergef
„fen, fondern allzeit vor GOtt und Menfchen et⸗
„was gutesfchaffen,c). Hier lehrte fie abermal
die göttliche Weisheit, daß fie nicht eher wahre
Liebe würden erhalten, fonderlich bey den Wi-
derfpenftigen, als wenn fie mit feölichen Herzen
jedermann umfonft Guts thäten d), Wenn fie,
zum Erempel, einen armen Unwiſſenden vor ſich
hatten, und ihm viel vorpredigten, fo erfuhren
fie ofte, und befenneten, daß fie nicht fo leicht
durchdringen Fönnten, als wenn fie ſich mitleidig
und gutthaͤtig gegen ihm erzeigten e). Dieſes
ward durchgehends für ihre Pflicht gehalten,
und ihnen bey dem Verfall der Kirchen auch von
der Obrigkeit felbit vorgelegt, “Daß fie nicht uf
„follten „E).
ı Timoth. 3,2. Tit. 1, 8. o fehrieb einer an
Nepotiaͤnum: Deinen geringen Tifch follen
„ein die armen Leute und Fremdlinge wiſſen:
„da bitteft du CHriſtum ſelbſt zu Öafte,, 9).
Und anderswo r “Einem fünftigen Auffeher
„wird vor allen die Gaſtfreyheit anbefohlen,
„Denn wenn alle gerne Die Worte ausdem Evan-
»gelio
T) Ambrof,
Serm.$3. 5) Anguflin. lib. IV. de Doätr. Chrift.c. 4. t) Gregorius M.lib.I.ep.25. u) Id.lib.XX.Moral.
c.6. x) Idem hom. 10. in Euang.
y) Ita fanciunt Canon. 27. Apofolicus vulgo dictus Syn. Conſtantinop.
c. 5. Agathenfis ©. 3. Iulianus Patrieius Nosella CXV.e. 442. add. Phorii Nomo Canon.tit. IX. c.26. Birchardus
Wormatienfis lib. I. Deeret. c. 202.
rus Abbas Cellenfis ep. 10.
z) 1.15.16. Cod. Theod. de Panis.1.57. Cod, eod. de Appellat. a) Pe-
b) Zieglerus prxf. ad Comm. de Epife.
c) Epift.adPhilip. d) Vid. Erafmus
lib.I. Eeclef.p.15. €) Gregorins M. lib. U. Paftor.c.7. f) 1.5. Cod. Theod, de Luftrali Collat. g) Hiero- -
nymus Epift. 2. ad Nepot.
„zeitliche Güter fich befleißigen, fondern den Ar F
„men helfen, und den Bedraͤngten beyfpringen
Wohin aud) fonderlich es mit den
Ermahnungen zur Gaſtfreyheit angefehen war,
17
Beer
TEE EEE EG
a nF
J
sein agberen wünfchen, wie vielmehr ein Auf:
„teher, deſſen Haus eine nemeine Herberge aller
„seute feyn foll,, h)? - Wie wollte auch fonft ein
Lehrer zu dergleichen Sicbeswerfen die Seinigen
anmahnen, wenn er felbft fein Haus vor Frem—
den zufchleuße )? Oder wie will er gaſtfrey heif:
fen, wenn er nur vornehme veiche Leute bewir-
thet, die es ihm wieder pengelten koͤnnen? Was
Danfswirder davon haben? Ja, Lahme, Blin-
de, Kruͤppel und Arme ſoll ein Chriſte, und viel»
mehr ein Prediger, zu ſich laden und fättigen K),
Luc. 14,12. 13. 14. Die erſten Diener EHrifti
unter feinen Gemeinen hatten diefes fo herzlich
ausgeubet, daß auch hernach bey der veraͤnder⸗
ten Anftalt in der Kirchen diefes ihre Verrichtung
micbliebe, die Yemen, Witwen , Wanfen, Kran:
fen, und dergleichen zu verſorgen, und verfürs
gen zu laffen. Und diefes mußten fie aus denen
dazu verordneten Gütern thun, wie dergleichen
Verfügung aufdenen Concilüs öfters geſchahe ).
Au den apoftolifchen Gemeinen waren gewiſſe
iener dazu beitelle, die zu Tifche dieneten, das
ift, die Almofen, und was zum Unterhalt der
Dürftigen fonft gehörte, verforgten. Apoſt.
Geſch. 6, 8.9. m). Da aber diefe Anftalt,
wie vielandere, bald aufgehoben wurde, fo muß:
ten doch Die andern Kirchendiener das Ihrige
mitbeytragen. Juſtinus erzehlet von feiner Zeit,
daß ein jeder Chriſte etwas habe contribuirt, wel:
ches zufammen bey dem Borjtcher aufgehoben
werde, amd diefey komme damit den Wanfen,
Witwen, Kranfen, und andern Dürftigen zu
Hülfe: Denn er ſey der Verſorger aller
Armen on). So fchreiber auch Cyprianus fei-
nen Untergebenen zur Nachricht, daß die ganze
Summa der Almofen unter die Kivchendiener
ausgetheilet ſey, Damit diefe denen wiederum aus:
fpenden Fönnten, welche in Morh ftecften o).
Und was dergleichen Urkunden mehr find, die
unten bey ihrer Freygebigkeit vorfommen werden,
Insgemein war damals einem Lehrer die
größte Ehre, die Armen verforgen p).
ı0. Sollten aber die Lehrer aud) Bierinne den
Willen GOttes tbun, fo mußte die wahre Ver:
leugnung der Welt und ihrer eigenen Lüfte bey
den fenn, daß fie des HErrn Worte nicht in
ind fehlugen, oder mit menfchlichen Gloſſen
zu verdrehen fuchten, Matth. 10, 9. und weder
Silber noch Gold befaffen, nicht gewinnfüchtig
am
h) Idem Comm. in Ep.ad Tit. i)Idem ap. Gratianum dift. 42. initio. k)Guil. Effius Comm. in ı Tim. 3.
10. Cap. Don der Lehrer fonderbaren Pflichten.
273
waren, nicht geldliebend, ı Tim. 3, 3. c. 6, 11.
Tit. 1,7. ı Petr. 5,2, Es mar fein eigenfinniz
ger oder unbilliger Ausfpruch , den ein eifriger
Lehrer auch bey der ſchon ziemlich’ verderbten Kir=
che that: Welcher reicher ift, als wie er zum
„Predigtamt kommen iſt, der darf nichts, was
„er übrig bat, feinen Söhnen geben, fondern
„denen Armen und heiligen Brüdern und Glau:
bensgenoſſen, welche alle Schulden über-
„weffen. So kann er dem HErrn wiedergeben,
„wasfeinift, q). Und ein anderer lange zuvor:
aſſet uns hören, was CHriſtus Anker Here
„oenen Prieftern befoplen Habe: Wer nicht ab:
„faget allem, was er hat, der kann nicht mein
Fauͤnger ſeyn. Ich evzittere, (fahre er fort,)
„wenn ich das fage, denn ich Flage mich felbit
„vor allen andern an: CHriſtus fagt, der fey
„nicht fein Jünger, den er noch fehe etwas befi-
„sen. Was thun aber wir? Wie Fonnen wir
„Das lefen oder dem Volk erklären, die wirniche
„allein dem allen nicht abſagen, was wir befigen,
ſondern auch noch das erwerben wollen, was
„wir nicht hatten, da wir zu EHrijto kamen.
„Wollen wir es deswegen nicht lefen, weil uns
„das Gewiſſen beftraft? Ich will nicht doppel-
„ter Sünden fihuldig fern; ich befenne, daß
„ichs noch gethan habe. Aber eben daher laſſet
„unseilen, es zu erfuͤllen, und von den Prieftern
„Pharaunis, welche noch iwdifche Guͤter beſitzen,
„zu den Prieftsrn des HErrn übergeben, die auf
„ver Erden Fein Theil haben, fondern deren der
„HErr ihr Theil iſt, ); welches er andersivo
wiederholt s), Dem ein anderer in dem legten
vollig Beyfall gibt, wenn er fehreibt: Der
„eigene Reichtum der Priefter ift himmliſch,
„nicht irdiſch, nemlich die heil. Lehre, ein Herz,
„das alles verſchmaͤhen kann, ein untadelich Se:
„ben; ihr Gewinn ift, wenn fie viel zu EHrifto ges
„bracht Haben; ihr Triumph ift die Mavter,, t).
Und abermal: "Suche nicht bey dem Dienit
„CHriſti Reichthum; behalte nicht mehr, als
„was du Batteft, da du ins Amt Fameft,, u).
Wiederum erlautert dDiefes einer aus dem Vor—
bild des alten Prieſterthums und fagt: Die Lehe
ver im Neuen Teftament ſeyn nicht allein nach dem
neuen Bund alles zu verleugnen gebalten und
verbunden, (nach welchem auch ein jeder Chriſte
es fehuldig fey,) fondern auch nach dem alten Ge:
feß. Das alte Gefes habe zwar allen vergoͤnnt
Guͤ—⸗
I)
Concil, Antiochen. c. 25. Chalcedon. c. 3. et alia. Vid. omnino Zieglerus de Epife. lib. III. c. 22. et 28. n) Vid. Idem
de Diac.c.$.
n) * P-97. o)Epift.5.
“46. 1
r)Origenes
. p) Hierozym, Epiſt. 2. ad Nepot. q) Hieronymus lib. XIV.in Ezech.
om. 16. in Gen. produdtus era Cheimnitio Loc. de Paupert.
s) Id. hom. 15. in Leu. laudatus
aCent. Maga. lll.c.4, t)Hieron.ad Nepot. et ib. Erafmus. u)Ibid.
En i
244
Güter zu haben; aber die Leviten habe es einge-
ſchraͤnkt, daß fie weder Aecker noch Weinberge,
noch fonft etwas befallen. *Daber man (fpricht
„er,)fchlieffen fann, ob GOtt wolle feinen Dienern
„die im Evangelio leben, zulaffen, daß fie ihren
„Erben follen etwas Binterlaflen,. Den Apo-
fteln felbft habe der HErr die Taſche vom Leibe
und den andern Rock genommen, auch Die Fuͤſſe
bloß gemacht, und nicht einmal einen Stab in
der Hand gelaffen x). Und mit folcher willigen
Berleugnung war es möglich, auch die Nah:
rungsforgen zu meiden, damit fie hingegen
defto fleißiger auf die Seelen acht haben koͤnnten.
Dafür forge, fihreibt Paulus, darinnen fey du
ſtets: 1 Tim. 4, 15. nicht denfe auf den Acker:
bau, auf die Tafche, auf Geld, auf weltliche
Händel y). Aus diefem Grunde ftunde es aud)
ben den Alten feinem folchen zu, Geld aufzu-
beben, nnd die Urmen abzuweifen, aus
Beyſorge nemlich des Fünftigen Mangels z).
Solche niedrige Sorgen ziehen nur das Herze von
höbern Angelegenheiten ab, von der Großmuͤthig⸗
feit und Verachtung der Welt, die einem Lehrer
nöthig ift.
ır. Niemand konnte fich damals bey fo klarem
Schein der göttlichen Wahrheit entfchuldigen
oder ausnehmen, nachdem diefer Wille des Va—
ters auf die Befreyung der armen menfihlichen
Herzen von-ihrer Mühe und Dual bey den Sor-
gen der Nahrung gieng; noch vielmehr aber auf
Die völlige Reinigung derer, in welche er den
Schas feiner Weisheit und Wahrheit legen woll-
te, daß fie altesund neues daraus hervor bringen
koͤnnten ohne Hinderung irdifcher Sorgen und
Begierden. Wer mollte fo frevelhaftig fern,
diefen feligften Willen des Schöpfers zu fadeln,
derja wol feinen Ereaturen und auch feinen Die:
nern und Boten folche nichtige Dinge hätte re—
commendiren fönnen, wo er ſie nicht hoͤchſt ſchaͤd⸗
lich befunden haͤtte? Wollte Fleiſch und Blut
einwenden, Paulus habe ja ſelber geſagt, man
ſolle fih vom Alter naͤhren; fo geftunde man
gar gerne, man follte zwar davon Ieben, aber
fib nicht davon bereichern a), oder gar da=
von praffen und febwelgen b). Sagte er wei-
ter: dem drefebenden Ochſen foll das Maul
nicht verbunden werden; fo rar die Ant:
ort: „Ja, mir wiſſens wohl; aber der Apo-
>) Salnianus lib. II. de Auaritia p- 69. qui hie omnino videndus.
uflin. Serm. 49. de Diuerf.
ibide dy Id. lib. XIIL. in Efai. c. 45.
Vit. Contempi. c. 14. g) Epift. ad Philad.
a) Hieronymus Comm. in Tit. I.
e) Ofiander Cent, I. lib. IV. c. II.
ul ir 4
|
|
2.85. Von der erften Ehriften gemeinem und fonderbarem Bottesdienft.
„tel mißbrauchet ſich auch diefer Freyheit nicht,
„und werner Nahrung und ein Kleid hat, fo iſt
„er zufrieden und arbeitet. Ja, er verfichert
„auch Diefes von feinen Juͤngern, daß er feinen
„geſandt habe, der von den Öemeinen entweder
„eönnte oder wollte etwas nehmen c). Diejeni-
ngen aber, welche die Gaben ihrer Zuhoͤrer miß:
„brauchen, follen für alfe ihre Sunde Rechen:
„schaft geben,, d). Womit diefe Lehrer weder
ihnen felbft noch andern die höchftnöthige Les
bensmittel abfehneiden wollten, fondern nurauch
darinne alles lauter und nad) dem Willen GOt⸗
tes anftellten. Denn fonft ift ja befannt, wie
man bey denen erften Chriſten aud) zur Erhaltung
derfelben zufammen geleget habe. Wiewol es da⸗
bey geſchahe, was ein Hiftoricus meldet, daß
der Lehrer Befoldung und accidentia damals
meiftens Derfolgung und Marter gewefen,
und fie auffer dem fich fparfamlich Kinbringen
müffen e). Und das hiefle, vom Evangelio Ie-
ben, ı Cor. 9, 14. nemlich alfo: Der lebet vom
„Evangelio recht, der nichts eigenes haben will,
„der nichts hat, und auch nichts zu Haben begeh⸗
„tet, und nicht das Seinige, fondern gemeines
„ur befiget; kurz: bey feiner Arbeit am Ev-
„angeliv die noͤthigen Lebensmittel: empfan-
„get f).
12. Nun hätte die Vernunft folches abermal
leugnen mögen: Darum wurden ihre lebendige
Erempel vorgeftellt, daß es möglich fey, des
HErrn Wort zu leßren, ohne daß man dabey
reich werde, oder Heberfluß Babe. Pauli Exem⸗
pel war ihr vielleicht zu hoch, den fie als einen
Apoftel auch hier ausnebmen wollte, ob er ja
ſchon öffentlich rühmete, “er babe ihrer Fein
„Silber nody Gold, noch Kleid begehrt, (ge -
Ichweige denn genommen,) und feine Hande ha⸗
„ben ibm und noch andern zur Nothdurft gedie-
„net: Apoſt Gefch. 20,33. 34. 35. ı Cor. 9,12. Er
„fen niemand befchmwerlich gewefen,,. 2 Cor. ıt,
9. c.12, 13. Aber fiehe, da trit auch Ignatius
auf, und gedenfet ein gleiches von ſich: “&sdarf
„Feiner ruͤhmen weder heimlic) noch öffentlich,
„daß ich jemand beſchweret habe, es ſey an Klei⸗
„nen oder Groffen,, 2). Ein anderer in folgen:
den Zeiten fchreibet ebenmäßig: “Daß ich, fo
„lang ich Auffeher geweſen, Fein Haus befeflen
v„ha⸗
y) Quenftedius Eth, Paſt. p. 26. 2) Au-
b) Id. lib. I. in Mich. c. 3. c) Idem
f) Projper Aquit. lib. II.
*
_
*
wi
h
“
a
ıo. Cap. Don der Lehrer ſonderbaren Pflichten.
„habe, feinen Acer, feinen Heller, fondern die
Armuth freywillig ergriffen, aß hau) alles,
Wwas ich von meinen Eltern ererbet habe, unter
„die Armen vertheilet habe, das wiſſen alle in
„ganz Drient,, h). Wiederum zeuget einer von
Fruperio, Bifchof zu Set, “daß ers gema⸗
„chet, wie die Witwe zu Sarepta: Er babe
„felber Hunger gelitten, und andere gefpeilt,
„ſey ganz bloß gewefen, und doch Habe ev mehr
„mit anderer Leute Hunger als mit fich ſelbſt Mit-
„ieiden gehabt, undallesdas Seineden Brüdern
„EHrifti gegeben, Gleichwol (feßt er dazu,) fen
„nichtsrarers als ein ſolcher, derden Leib CHriſti
„‚fpeife, und den Geiz ausdem Tempel austreibe,
„va er nicht ohne Peitſchen und Schelten die
»Wechfeltifche umftoffe,. Math. 21, 12. 13. ).
Der beruͤhmte Ambroſius ſchreibet alfo an ſei—
ne Feinde: „Ich gehe in deſſen Fußſtapfen ein—
„her, der fuͤr uns arm worden iſt, da er doch
„reich war. Und, o daß ich koͤnnte dieſe meine
„eumpen ausziehen, darein ich gebüllet bin, da—
it ich ven Dornen diefer Welt bloß entfliehen
Foͤnnte, welchediejenigen hindern und halten, fo
zu GOTT kommen wollen, k)! Mocy einer
vief den Heiligen Geift felber vor der Gemeine zum
Zeugenan, der da durch Petruman Simon dem
auberer das verdammet hatte, als er mennte,
die Gnade des Segens fönnte ums Geld gefaufet
werden, daß er in feinem Thun weder auf Geld
„noch auf Gunst fehe, 1). Baſilius M. fchrieb
an Julianum den abgoͤttiſchen Kanfer, als er
eine Summa Gelds von der Gsmeine forderte:
„Eurer Majeſtaͤt ift ja zur Gnuͤge befannt, wie
„ich auf Geld mein Vertrauen nicht feße.
Demnach verſchonen mich diefelbe, der ich ſo viel
„befiße, daß, wenn ich es heute verzehren wollte,
„‚felbiges nicht einmal zureichen würde, m), Und
daß er ſich hierinne nicht nur fo geftellt habe, ift
aus dem Confens aller Antiquicat befannt, Die:
fe und dergleichen vergnügfame Lebensart der teb-
ver hatte gar nichts mit dem papiftifchen
voto paupertatis zu thun, fondern e8 beſchaͤmt
die Heuchler vielmehr auf allen Seiten, die aus
einem vergnüglichen fparfamen Leben einen
Zwang oder einen Aberglauben machen, oder al-
les verdächtig und irrig ausruffen, was ihrem
herrſchenden feifchlichen Sinn nicht anſtehet.
12. Noch viel weniger Fann man denen erften
h) Theodoretus Epift. ad Leonem.
Apollinaris in concione ad pop. lib. VII. ep. 9.
#4 C. 9. repetita in Iure Canon C. Non oportet Dift. 44.
g) Hinsmarns Remenſis Epift. ad Tornacenfes.
tiatorem
*
*
i) Hieronym. Epiſt. 4. ad Rufticum.
275
Lehrern nachfagen, daß fie in Ueberfluß und
Pracht gelebet, und einen Staat nach der Welt:
Finder Art geführet haben. Unter den Verfol—
gungen war obnedem nicht daran zu denfen,
und hernach lehrete der Heil. Geiftdie, fo ihn ge—
horchten, auch ein anders: Es unterlieflen
auch nicht erfabrne Männer die jüngeren dazu
anzuführen. DergedachteBafilius fchreibet weis
ter an den Kanfer von fich: “Bey uns haben die
„Koͤche nichts zu thun, und dürfen nichts fchlach=
„ten. Unſere delicateften Speifen find Kraut
„mit groben Brod, und faurer Wein, damit
„unfere Sinne durch Freffen und Saufen nicht
„ihre Begierden unterhalten fönnen, n). Ein
anderer weiſet den Mußen "davon ſehr artig:
„Wo ein wenig Kraut, ſchwarz Brod, und
„mäßige Speis und Tranf genoffen wird, wo
„der Reichehum für überflüßig und unnoͤthig ge
„achtet wird, da darf man niemand fchmeicheln,
„weil man nicht auf den Mugen fieht,, 0). Und
freplich fiel bey ſolchen genügfamen Predigern
alles Elend aufeinmalmweg , welches Diejenigen lei⸗
den, fo noch etwas fammlen und Ueberſchuß machen
wollen. Da mar nicht zu beforgen, daß fie auf
andere auch vor der Welt fehandliche und_verbo-
tene Mittel fielen, wie hernach bey dem N
gefchahe: Denn da mußte man oͤffentlich verbie-
ten, “daß Fein Kirchendiener follte eine Schen-
„eebaben, und nicht nur nicht Binein geben, viel
„weniger andere darinne bedienen, Wer Diefes
„thus, der füllte abgefeget werden„. _ Bon
welcher unebrlichen Handtbierung (ı Tim. 3,
3. Tit. 1,7.) auch bernach einer an einen folchen
fchriebe: Wenn du den Stand deines Berufs
„bedächteft, fo würdeft du vielmehr mit Nach:
„lefen als mit Handlung, mehr mit Studieren
„als mit Waaren zu thun haben, Es iſt ges
„fäbrlich an einem gemeinen Mann, aber ver
„verblich an einem Kirchendiener, mit Handeln
„‚teich werden , und durch Feilbietung der Waa-
„ven fich felbft dem Teufel feilbieten;, p). Und
wiederum ein anderer: Die Lehrer follen Feinen
„Gewinn mit fhändlicher Handtbierung fuchen,
„noch weltliche Dinge verforgen, mit Hintanſe—
„sung des Dienftes GOttes,, q). Und in ſol⸗
cher Abficht, damit die Lehrer auch nicht durch
verſchwenderiſches Leben dazu verfüßret würden,
verordnete man auch, “daß ein Biſchof einen
Mm a2 ganz
k) Apolog. IL. 1) Sidoniug
m) Epift, 208. ad Iul. nm) Bafılins \.c. O Synodus Sex-
p) Pesrus Blefenfis ep. 17.ad Clericum negar
276
„ganz fchlechten Hausrat, Tifh und Koft ha—
„ben follte, und fein Anfehen in folcyen Dingen
„j nicht fuchen r). r
14. Mod) vielmehr war ihnen die Maͤßigkeit
und Ylüchternfeit nöthig, ı Tim. 3, 2.3.8. Tit.
1,7.8. damit insgemein auf eine folche mächtige
Hegierung des Heiligen Geiftes gefehen ward,
wodurch fie ber ihre Gemuͤthsbewegungen herr⸗
fchen, und alles wohl in Drönung halten fonn-
ten s): Und dieſes follte nicht nur zu Haufe,
fondern aud) bey andern und in Berfammlungen
gefcheben. Won jenen war diß die Meynung
der Gerechten auc) in folgenden Zeiten: *Ein
„Aufſeher foll mit mäßiger Speife zufrieden feyn,
„oiejenigen, fo er, bey fich hat, nicht zum Eſſen
„oder Trinken nöchigen, fondern allzeit ein. Er-
„empel der Müchternkeit feyn. Es ſoll alle Spur
„eines fehändlichen $ebens ferne von feinem Ti-
„ſche feyn, Fein Spiel, Feine unnüße Reden ge-
»„höret werden. Die Armen, Fremden und
„Kranken füllen dabey fißen, welche an feinem
„Tiſch den Segen empfangen zum Lobe EHrifti.
„Er foll da in der heiligen Schrift lefen, und
„mündliche Ermahnungen thun, daßer feine Gaͤ—
„ſte nicht allein mit leiblicher, ſondern auch mit
„geiſtlicher Nahrung erquicke, auf daß alſo in
„allen Dingen gepreiſet werde JEſus EHriftus,
„unfer HErr *). Die $ehrer insgemein follen
„fich hüten, daß fie fic) von allem Ueberfluß der
„Belt, Wohllüften und Spielen enthalten, vor
„ven gemeinen Öaftereyen fliehen, und ihr Herz
„mit einem einfältigen Wandel offenbaren, t).
Von ſolchen Gafigeboten aber ift infonderheit
diefeg dev Alten Praxis gewefen: “Ein Kirchen-
„diener kommt bald in Beratung , wenn er
„oft zu Gaftegebeten wird, und esnicht abichlägt,
„Bir wollen vielmehr niemals ungebeten, felten
„aber gebztenfommen u). Auch wenn einer aus
Noth dazu getrieben wird, gereichts ihm zur
„Berkleinerung. Denn bey foldyen Öafterenen,
„da viel Leute beyfammen feyn, entfteher oft Zank
„und Truntenheit, und fonft andere Werfe des
Fleiſches x). Zar foll ein Seelforger alfe der
„Seinigen Häufer Fennen, und fie lieben als fein
„eigenes: aber er foll vielmehr ein Troͤſter in i-
„rem Anliegen feyn, als ein Gaſt beyißren guten
»Tagen,y). So machte es unter andern Chry⸗
x) Concil. Carthacinenſe V. c. 15.
tenſom P. XIII. Decrer. c. 73.
c.9, Palladius in Vita.
nullus dift, 44°
initio.
x) Auguftin. Serm. 36. ad Fr. in Erem. y) Hieronymus. c,
a) Corcilium Agathen/e c. 41.
c) Concil, Laodicennis ©. 24. et Carthaginenje II. c, 27.
2. 3. Von der erften Ebhriften gemeinem und fonderbarem Gottesdienft. -
foftomus, daß er zu feinem gienge, der ibn zu
Saite bat, ob er glei) fonft gerne die Leute be—
füchte. Und dig nicht aus Eigenfinn, wie es
ihm die Böfen auslegten, fondern aus obangereg-
ten Urfachen,, und weil er fich fo ge in der
Maͤßigkeit übere: miewol auch einige die
Schwachheit feiner Natur für eine Gelegenheit
dazu bielten 2). Andere Erempel uͤbergehe ich,
da ein gleiches von denen Gottesfürchtigen zu
glauben if.
15. An übermäßiges Trinfen, Saufen und
Schwelgen ward bey den erften Chriften insge-
mein nicht gedacht, und viel weniger bey ihren
Vorſtehern. Da durfte es Feines Menfchen-
gebots dabey, wie in dem verderbeen Zuftand,
als man aus Mor erft diefes auch den Lehrern auf-
erlegen mußte, daß Ste fich nicht vollfaufen follten.
So ordneten hievon die Concilia und andere Ge-
ra Die Prediger follen vor allen Dingen die
„Trunkenheit meiden, welche aller. Safter Anfang
„und Nahrung ift. Wer fich aber trunfen tein=
„ket, der foll dreyfig Tage lang von der Gemein-
„Ichaft abgefondert feyn, oder aud) am Leibe ge
„ſtrafet werden ? Kein Aelteſter foll ſich ge—
„luͤſten laſſen, bey Trauermahlzeiten oder an—
„dern Gaſtgeboten ſich voll zu trinken, auch
„keine Geſundheiten Beſcheid zu thun, oder an:
„dere Dazu zu zwingen, oder Fabeln und naͤrri—
„ſche Hiftorien dabey zu erzeblen oder zu fingen:
„viel weniger leiden, daß in feiner Gegenwart
„Scherz getrieben, gefpielt und gegaufelt wer:
„de, weil dieſes alles teufliſch, und in den Kir⸗
„chenordnungen verboten iſt b). Auch ſoll Fein
„Kirchendiener, von dem oberften an bis auf ven
„geringften, in die Schenfhäufer gehen, ohne
„Noth, dafelbft zu trinken und eſſen, es ſey
„denn, daß fie auf der Reiſe dahin gehen muͤß—
„een 0). „Und damit niemand meynte, Das
Trinken ſey wol verboten, aber das Freſſen und
Schwelgen nicht, fo ward gleich alls gefegt:
„Beil ein Bifcpof nicht foll ein Vollſaͤufer fern,
„fo darfer auch fonft nicht unmaßig leben. Denn
„die Trunfenheit wird nicht deswegen verboten,
„damit die Freſſerey verftattet fen, fondern der
„Apoftel rechnet beydes unter Die Worfe der Fin-
„fterniß, 9). So war auch) ſchon von Paulo
der geringfte Heberfluß im Trinken und Ei ver⸗
oten,
s) Chryfoffomus hom. 2 in Tit. Euſebius Ep. Rom. ap. Iuonem Carno-
t) Ifidorus Hijpalenfis lib. de Oflic. II. ız. u) Hieronymus Ep. ı. ad Nepot.
z) Socrates lib. VI.e.4. Sozomenuslib. VII.
b) Concil. Nannetenfe apud Gratianum c.
d) Apud Gratianum 1. e.
N
ı0. Cap. Don der Lehrer fonderbaren Pflichten.
boten, daß auch ein übermäßiger Trunk ſchon
$eib und Seele verlegte, wie fie aus ı Tim.3, 8.
erfannten e). Von dem Spielen ifts noch viel:
mehr gewiß, weil es auch denen Ehriften insge:
mein von GOtt und hernach von der Obrigfeit
verboten war, daß fie nicht einmal dabey fißen
durften f) Daß man alfo vielmehr von Seel-
forgern alle Ueppigkeit ferne willen wollte, und
folglich auch alle Unkeuſchheit und ärgerliches Le—
ben,indem ja ein Auffeher ein Licht ſeyn follte, und
bey feinem reinen geben der ganze Leib der Gemei—
ne wohl ftund, oder bey feiner Unreinigfeit fich übel
befand g).
16. So viel ſey von der Lehrer Pflichten im
Neben gefagt: num will ich auch von ihrer Dor-
forge und Eifer im ehren, Ermahnen,
Strafen und Tröften etwas weniges geben.
fen. Der Wille GOttes hievon iſt dem Buch—
ftaben nad) befannt aus dem Alten und Neuen Te-
ftament, Jerem. 1, 10. Ezech. 34, 4: daß fie zuerft
auf fich felbit und auf die ganze Seerde acht
babenfollten, fie zu weiden, Apoft. Geſch. 20, 23.
über ihre Geelen wachen, Ebr. 13, 17. das
Wort zu rechter Zeit oder zur Unzeit predi-
gen. 2 Tim. ,2.u.f w. Hiezu gehörte ja wol
wachen und munter um fich fchauen, und alfo ei-
ner ganzen Gemeine zum Beften in allem leben h):
in Betrachtung derjenigen Strafen und des
Schadens, davon im legten Buch geredet wer:
den fol. Das mußte eines redlichen Arbeiters $e-
ben und Thun ſeyn, wenn ers freulich mennen
wollte, daR er die Schwachen beilete, die Wunden
und Eiterbeulen abthäte, etliches mit Güte, etli-
ches mit Schärfe zu gewinnen ſuchte ). Alſo,
daß nicht nur von dem Volk ſchlechthin Gehor—
fam gefordert würde, fondern er für ihre Seelen
herzlich forgte, fchlaflofe Mächte im Nothfall
darüber hätte, damit er über ihr Heil wachen, und
für fie Nechenfchaft geben koͤnnte Y. Ach wie
treulich und ernitlich warneten fie da einander vor
Nachlaͤßigkeit! "Es ift hoch zu beforgen, daß
„wir zu diefem Amte nicht unwuͤrdig kommen,
„und wenn wirwon der Gemeine dazu angenom—
„men find, uns auf die faule Seite legen, nachläf
„ſig werden, oder, welches noch ärger ift, dem
„Muͤßiggang, Bauch und Wohllüften dienen,
e) Theophylaätus adh..
pen. X. de Vit. et Honeft. Cler. Conf. 1. vIr.C. Inf. de Aleat.
277
REN 0-2
„und mennen, wir haben nun eine Ehrenftelle
„gekrigt, und feinen Dienft 1), Die befohles
„ie Sorgfalt der DVerfündigung des Worts
„gehst alle insgemein an, die Kirchendiener
Sen wollen, Denn wir haben das Recht von
„denen Apofteln gleichfam geerbet, dadurch wir
„verbunden find, daß wir alle Arbeit über uns
„uehmen derer, welchen wir nachfolgen füllen
„m). Wo alfo die Auffeher das Volk nicht mie
„Weisheit weiden, unterrichten, und das Wort
„recht theilen, fo tragen fie nur den bloffen Titul
„herum, n). Und diefes mufite nun in allen
Stücken der heilſamen Lehre geſchehen alfo, daß
fie nicht nur etwa Chriſtum predigten, was man
„von ihm glauben füllte, fondern auch, was die thun
„ſollten die zur Vereinigung des Libes Chriſti
„eommen wollten. Es mußte nicht allein alles
„von Chriſto felbft gelehret werden, fondern die
„Kraft feiner Auferftehung, die verheiffene Gabe
„feines Geiftes, was feine Glaubigen vor Glieder,
„und welcher ihr Haupter fen, wie er ſie fuche, lehre,
„liebe, befreye, und zum ewigen $eben bringe. So
„mußte Ehriftus im Evangelio ganz gepredigee
„werden, nicht allein zum Glauben, fondern
„auch zum geben, damit nichts ausgelaffen wuͤr—
„de, was Dazu gehört,, o). Da durfte fich Fein
Lehrer entfchuldigen , er möchte vielleicht unfonft
arbeiten, es würde doch niemand verloren, als
die Kinder des Verderbens. Denn es fonnte ja
niemand die Auserwählten fo genau von den Ver—
worfenen unterfcheiden, daß er deswegen an ih—
rem Blut unfchuldig fenn wollte. Vielmehr “muß
„ten fie gerne alle wollen felig haben, damit fie
„nicht alle verdürben, oder verderbeten p).
„Thue du, (hiefle es da,) was dir gebührt, GOtt
„wird ehun, was ihm zukommt. Pflanze, bes
Kieſſe, fo Baft du das Deinegetban, GOtt wird
„ſchon das Gedeyen geben, wo er will; wo er et=
„wa nicht will, da verdirbt doc) nichts 9). Wen
„nun der oberfte Hirte einmal zum Hirten gefogee
„bat, der muß allen Schafen gebuͤhrende Vor—
Mer thun, Feines mit ungeitigem Eifer zurück
„ſtoſſen, Feines durch Heuchelen oder Traͤgheit ver=
„derben laffen, viel weniger die Zeit mit weltlichen
„Dingen zubringenr).
17. Auch mußte Feiner in diefem Fleiß laß wer⸗
den und aufhören, in Meynung, er Babe nun fei-
Mm z ner
f) Canon Apofolicus apud Gratianumc. ı. dift. 35. Innocentius III. Epife. Rom. ibid. c.
g) Gregor. Naz. Fpift.22. h) Chryfaffomus hom.
3.deSacerd. i) Ambrofiwslib. II. Offic.c. 27. k) TheophylaitusadEbr.ı3. 1) Hieronymuslib. XL. in Ezech,
e.3. m) Caleflinus Ep. Rom. epift. 7. adSynod. Ephef. n) Bafılius M. Epiſt. 61. et 69. 0) Auguffinuslib. de
Eide et Oper. c. 9. p) Idem de Coxrept, et Grat.c,16. q) Berahardus lib. IV, de Confiderat, anitio, x) so
Carnotenfis epilt. 4.
% J
*
* 2
— — a IR 7 7 2 * —
278 2.2. Von der erften Ehriften gemeinem und fonderbarem Bottesdienft.
— — — — — — ⏑
ner Pflicht mit einem oder andernmal ein Genuͤ⸗
gen gethan. Sendern da befannten fie ein ans
ders, wenn fie als Wächter auf der Hut ftehende
einander zuviefen: Laſſet uns alle Tag. und
„Nacıt bezeugen des HEren Willen, mit feiner
„Bosheit uns dahin veitfen laſſen, fie zu gewinnen
„fuchen, und von den Striden des Teufels zu er⸗
„retten. Wo wir auch dieſes nicht vermoͤgen, ſo
„müffen wir doch unſere Seelen vor der ewigen
Berdammniß bewahren, s). Zu dem Ende
ward auch ein jeder bey feiner Einweifung alfo
ohngefehr erinnert: “Du muße nicht müde wer⸗
„en zu lehren, fondern das anvertraute Volk
„unaufbörlich zu feiner Seligfeit unterrich-
„ten, und felber deinen Dienft redlich _ aus-
„richten, damit du nicht untüchtig werdeft und
„vertverflich durch Nachläßigkeit,, t). Da ad)-
tete man nicht genug zu feyn, wenn man etliche
Stunden in der Woche zu dem Volk redete, die
übrige Zeit an Feine Sorge der Seelen gedachte,
fondern es hieſſe da: “Ein Prediger muß fäglic)
„und ſtuͤndlich lehren, mas zur Seligfeit noͤthig
„tft, und wachen über die Seinigen, damit fie
„Feine Todfündebegehenu). Denn Haushalten
Gottes ift fonderlich befohlen, zu wachen bis
„zur Ankunft ihres HEren, und für alles Heil
„des Volks zu forgen. Er muß mit gefchickter
„eehre und Wahrheit das Schwache ftärfen, das
„gerriffene ergänzen, das Verkehrte befehren, und
„das Wort des Lebens zur Speife der Ewigkeit
„ven Haufe austheilen. In dieſem allen muß
„er. angetroffen werden, und fodann Das $ob
„vom HEren empfangen x), Er muß ruffen
„und ſchreyen unaufhörlich, keinen Sünder ver-
„[honen, nicht ſchweigen und das Uebel in der
„Gemeine laffen gehen y). a, alle Tage, alle
„Stunden, und mit unaufhörlicher Sorgfalt
„muß er bedenfen, was er vor eine Buͤrde Der
„Haushaltung frage, was er vor Rechnung dem
„HEren davon thun Fonne,, Us f.w. 2). Und
diefe Sorgfalt wird ihn alsdenn nimmermehr
in Trägbeit und Nachläßigfeit gerathen laſſen,
nachdem auch. der Heil Geift. felber die From—
men ihrer allgemeinen und fonderbaren Pflichten
wohl zu erinnern weiß, und denen es vielmehr zei:
gen-wird, welche fo viel andere zu verforgen
aben.
18. Diejenigen, fo Feine Heuchler waren, (mie
fie Ezech. 13. und anderswo befchrieben werden,)
machten auch da feinen böfen Unterſcheid, oder
fahen Perfonen an, nad) dem Erempel ihres
HEren, dem fie dieneten, fondern trugen das
Wort in Sauterfeit jedermann vor, ohne Men⸗
fehen Zucht und Reflexion auf Gunft oder Haß, _
So thaten die Apoftel, welche ausgeſandt wa-
„ren, Die Irrenden wieder zu bringen, mit denen
„ſie demnach nicht nach der gegenwärtigen Einbils
„dung handelten, fondern nach der Offenbarung
„ver Wahrheit,,: wie ihnen ihrer Nachfolger einer
Zeugniß gibt a), So mwolltens auch erleuchtete
sehrer vor allen haben: “Niemand füllte unter
„ihnen auf Die gemeine Neden fehen, und deswe⸗
„gen etwa Menfchengunft oder Lob dem Zorn
„GoOttes vorziehen. Keiner follte ein Menfchen-
„enecht werden, Gal. 1, 10. wer Paulo folgen
„wolle, müfle aufpören Menfchen gefällig zu feyn,
„und Ehrifti Knecht werden,, b). Gleichwie al-
fo von Hilario gerühmer wird, daß er in feiner
freuen Arbeit “dennoch groffe Liebe bey allen
„gehabt, unerachtet er die reine Berfündigung
„des Worts ohne Anfehung der. Perfon ver
„richtet, c) . Diefer und andere machtens nicht
wie “die Pharifaer und Schriftgelehrten, die um
„der Gefchenfe willen die Sünder im Volk nicht
„allein nicht ſtraften, ſondern ihres Nutzens we—
„gen noch lobeten, und ſie ſelig prieſen. Aber
„ſolche ihre Patronen haben ihnen feinen Troſt an
„ihrem Gerichte gebracht. Dis aber war bey id-
„nen ein wahrer reiner Lehrer, der ven Leuten
„Thraͤnen, nicht Lachen auspreffete, der den
„Sünder ftrafte, Eeinen fohin für felig oder glück-
„lich preifete, noch dem Urtheil des göttlichen Ges
„richts vorgriffe. O (fagten fie,) laſſet uns die Ur:
„theile der Menfchen verachten, und durch ihre
„soben uns nicht erheben, über ihre üble Machre=
„ven nicht betrüben, fondern gerades Weges fort-
„gehen auf den Steigen, die die heiligen Prophe—
„ten betreten haben d)! So brauchten fie eine
„wahre Rlugbeit, und wußten ihre Lehre zur Ueber—
„zeugung ihrer Zuhörer allzeit einzurichten, e).
Sie wußten auch, daß fie um vieler Urfachen
willen recht wachen follten. *Zur Zucht zwar, daß
„die Heerde nicht Durch ihre eigene Sünden ver—
„duͤrbe, zur Bewahrung, daß fie nicht, wo fie
„nun geheiliget war, durch des Satans Lilt ver-
„führet würde,,. Syn jenem mußten fiedie Schärfe
der
s) Bafılius M.ep.ad Amphiloch. c. 84. t) Formula eft in Iure Greco - Romano lib. VI. p. 427. u) Hefychius
lib. VI. in Leuit. c. 21. x) Hilarius c. 26. in Matth. y)-Auguffinus Serm. 106. de Diuerſ. z) Ambrofins
Serm.24. a) Irezans lib. III. c.5.. b) Hieronymus ep. 2. ad Nepot.
€) Bernhardus in Sent.
* Arelat. d)BHieronymnslib. I. in Thren. c. ı.
c) Gennadius Catal. Scr. Iluftr. in Hil.
.
|
|
u
=
110. Cap. Don der Lehrer fonderbsren Pflichten. ° ‚279
der Gerechtigkeit, indiefem den Geift des Raths,
in allem aber Gebet und Wachen brauchen. Hie
war Weisheit vonnöthen, das Wort recht zu thei⸗
len, und Gefeß und Evangelium lauterlid) vor—
zutragen; als wir bald weiter fehen werden.
19. Bon ihren öffentlichen Lehren foll im fol:
genden Meldung geſchehen: Hier aber berühre
ich, mit Furzen von ihren fonderbaren Unterrich—
ten, fo fie fhuldig waren einem jeden Chriſten in:
fonderheit zu Haufe zutun. Es war ihnen nicht
genug, etwa nur auf Erforderung zu Kranken
oder andern Troftbedürftigen zu geben, fondern
fie ftellten die Hausbefuchungen fleißig an, zumal
in den erften Gemeinen unter denen Verfolgun:
gen, da die Apoftel nicht allein hin und ber
in den Häufern lehrten, Apoft. Geſch. 5, 42.
und einen jeglichen infonderbeit ermahneten;
c. 20, 31. ı Theff. 2, u. fondern auch ihre Nach:
folger, nach ihres allgemeinen Meifters Exem—
pel, bier und da einigen befonders wichtige Ge—
heimniſſe erklärten. Marc. 4, 10. ob. 11, 23.
Wozu fie ſich denn aud) deswegen verbunden ſa—
ben, damit fie erfahren Fönnten, wie ihre anver-
traute Seelen vor GOtt lebeten, und ob das
Wort der Wahrheit auch Frucht bey ihnen fchaf:
fete. Auf diefe Prarin der erften Lehrer wiefen
die Verftändigen in denen folgenden Zeiten die
Prediger, und zeigten, wie die Apoftel “deswegen
„die ganze Welt durchzogen wären, Damit fie alles
„Bolt der Predigt des Evangelii theilbaftig
„machten. Alfo follten nundie Vorſteher, ein je
„der in feiner Gegend, eben das thun, weil es ja
„nicht einem folchen eine Schande wäre, fondern
„vielmehr eine groffe Ehre, wenn er in eines ar-
„men Mannes Hütten gienge, fein Leben unter:
„fuchte, und ihn zur Gottſeligkeit anführte.
„Denn alfo ware er ein rechter Nachfolger der
ylnger Chriſti, und Ehrifti felber, wie er auch
„eben Damit das Amt eines Aufſehers erſt erfülle,
„Darum follte ein jeder wiffen, daß er ſolch Amt
„der Arbeit wegen auf fi) genommen habe f).
„Auch muͤſſe ja ein geiftlicher Vater feine Kinder
„recht Fennen lernen, das denn am beften durch)
„ſolche Befuchungen gefchehen Fünne,: wie alfe
diefes noͤthige Stuͤck unter andern Chriſtliche
Obrigkeit vorzuftellen und zu befehlen wußte 2).
Daß fie demnach gewiß waren, man muffe da
nicht allezeit auf Gelegenheit hierzu warten , ſon—
dern, wenn es die Noth erforderte, folches thun,
wie es die Propheten, Ehriftus felbit, und die Apo—
ftel machten h). Diefes fabe Baftlius M. wohl,
als er in Ponto Auffeher ward: Drum “gieng er
„inden Städten und Flecken herum, und ermun—
„terte die traͤgen Herzen deſſelben Volks, triebe
„und zündete fie an zur wahren Gottfeligfeit, und
„machte fie für ihr Heil forgend,, ). Auguſti⸗
nus erzehlet felber von fich, daß viel Leute zu ihm
kommen wären, und mit ihm von der Chriftli-
chen Lehre gehandelt hätten k). Daraus man
fiehet, daß fie auch nicht abgehalten worden zu ib=
rem Lehrer zu gehen, und beyihm fich zu erbauen.
Alle beyde Art gab demfelben groflen Vortheil,
daß ernicht vergeblich arbeitete, Denn ein Hirte
muß ja feine Heerde vecht fennen. “Der aber
„kennet feine Heerde, welcher wohl weiß, was ein
„jeder Untergebener vermöge; Der erfennet durch
„ihre Bekenntniß ihre Herzen, durch die Aufſicht
„ihre Werfe, durch Die Erfahrung ihre Kräfte,
„durch ihre Gemuͤthsbewegungen, worzu fie ges
„neigt ſeyn. Und folche Fonnten feine Stimme
„hören, weil er fie nach. eines jeden Beduͤrfniß
„einrichten Fonnte,, ). Ben folcher Befchaffen-
beit der Sachen war es ja nicht möglich, daß fie
nicht groſſen Nutzen unter den Gemeinen fehaffen
follten, da fie ja einem jeden bequeme Speife ges
ben Fonnten zu feiner Zeit. Und folcher maflen
erfülleten die wahren Hirten ihre Pflicht auch in
den fonderbaren tehren,
f) Alexius Commenus in Nouella apud Cotelerium Tom. II. Monunı. Gr. p.197. 8) Ibid. p. ı92. h) Vid. P.
Tarmouius de Ofhic. Miniftf. apud Dedekennum Vol. I. Confil. memb. 3. ſect. 2.
i) Rufinus lib. I. H.E. «8.
k) Auguftin.lib. de Diuinat, Dæm. initio. 1) Hugo de S. Vidore lib. 11. de Clauftro Anım fine.
Das
+ 4
*
280. 2.3. Vondererften Ebriften gemeinem und fonderbarem Gottesdienſt.
Das u. Kapitel, P *
Von der erſten Lehrer Untericheid, Stuffen Ar
zahl und andern Umſtaͤnden.
Summarien.
Hi: erſten Chriſten giengen brüderlich mit einander um.$.1. Die Lehrer nennefe man mit befondern Namen, 3. €.
Apoſtel 2e. Doch ohne Mißbrauch. 2-
gegangen. 4. Gaftpredigten, fo hernach des Mißbrauch wegen verboten wurden. 5.
—
Rechtſchaffene Lehrer zuͤrneten gar
nicht, wenn ihre Zuhörer auch ben andern Erbauung ſuchten. Es waren da noch feine Parochia oder eingeſchraͤnkte Marz
ven. 6.
kamen der Lehrer. 8. j
Es worden. Bi Was ein Biſchof fen und bedeute. ır,
von jeder Art an einem Det geweſen.
me. . Was der Biſchoͤfſe ihr Ant geweſen, 15.
che Abweichung davon.
der Diaconorum tt verändert worden.
$.
as annoch die Perfonen der Lehrer inden
erften Gemeinen JEſu Chriſti betrift,
haben wir noch einige Umftände von ih-
nen anzufehen. Ihren Unterſcheid unfer einan-
der und von denen andern Chriſten, erfennet
ein berühmter Mann nicht unbillig in dent Miß-
braud) ſehr gefährlich, und für den erjten aus—
geftveueten Samen des Antichriſt, daraus Die
Einbildung hernach jo feſt in die Gemüther ge-
drucker worden, als wenn die fo genannten
$ayen niche GOttes Erbe und Volk wären a),
Welches denn die erleuchteten Männer damais
fehon zu fehen begunten, und darüber bitterlich
Elagten b): Wovon aber alles in das legte Bud)
verfparet wird. Das iſt gewiß, daß im Anfang
des Evangelii Feine ſolche Sonderung der Cleri⸗
fey von den Layen ſtatt gehabt, ſondern fie erſt
lange bernach auffommen fen, als daſelbſt foll be-
wiefen werden. Tertullianus bedauerte ſchon
damals den Mifbraud) des Borzugs, den man
fonft den Lehrern gerne ließ; und ſchriebe dahero
ungefcheut, “es ware da ſchon eine Gemeine, wo
„ihrer drey beyfammen wären, mo es auch nur
„sayen feyn möchten, c). Man mußte wol von
sehrern und Zubörern, von Hirten und Schafen,
von Vorgängern und Nachfolgern; aber einen
Erlicher Eifer wider die Veränderungen der Gemeinen und Aemter. Urſache folches Eifers. 7. Unterſchiebliche
j ie ferne Biſchoͤffe und Aelteſten unterſchieden gewefen. 9. Sb die Biſchoͤffe von GOit eingefe=
Ob viele Arten der Lehrer im der erften Kirchen, 2. und wieviel
Was die Vielheit vor Schaden gebracht. 13.
Mem das dort Elerifen zukom⸗
welche von feinem Vorzug oder Nang mwiffen wollten. ı5. Mmaͤhli⸗
Bittere Klagen Über Unterdrückung der Velteiten. 17-
Was Archidiaconi, Cardinal unter den
Von dem Alter der Lehrer, 19. Mißbrauch. Erinnerung dawider. 20.
a, Eifer dawider. Verrichtuͤng
incoms und Subdiaconi verrichtet. 19-
I« \
eigenen Orden oder Stand, mit abfonderlichen
Namen, Kennzeichen, Titeln und Gefegen, harte
mannoch nicht. DieÖlaubigen insgemein hatten
einerley Kechteund Privilegia in dem Reiche der
Gnade, die Lehrer fonderten nicht die Zuhörer von
ſich ab, oder ftieffen fie viel Stuffen verächtlich Bin:
unter und von fich,fondern nahmen alle wahre Kin⸗
der GOttes gerne zu Brüdern an, handelten alfo
mit ihnen in gleicher Liebe, und lieſſen fich die Ehr—
erbiefung und demüthige Liebe derfelben zu einem
Hochmuth bewegen. Drum brauchten die Apo—
ftel auch bey Erwehnung ihres Amts dennoch den
Brudernamen, Apoft.Gefch.15, 32: c.16,40. 1 Tim,
5, 1.2. C. 4, 6. und hernach die andern Lehrer d),
Welche auch gerne befenneten, fie wären denen
Zuhörern in allen gleich, ohne in der Arbeit
und Sorgee).
2. Bon denen fonderbaren Namen, als Cle—
rus, Clericus, Elerifep, Beiftlichfeit, Prie-
fterfebaft und dergleichen wußte man anfangs
nichts, fondern die, fo den Gemeinen am Worte
dieneten, nennte man insgemein Lehrer, An—
führer im Worte, nyapeves TE Aorys, Dor-
ficher, (m@esäras,) f) Sührer der Bemei-
nen, (EnxAngiäv WEoNyauEvss, ne) g),
redi⸗
a) Dannhauerus Chrifteid. Th. I. Art. T.p.459. b) Tertullianus lib.de Monogamia. Origenes hom. 7. in Ierem.
et aliiinfranominandi. c) TertullianusExhort. adCaftit.c.4. d) Petrus Alexandrinus hom. de Pœnit. e. 8.
" Cyprianus Epilt.59. alii apıd Eufebismlib. IV. c.24.42.IIl.c.23. V. c.2. Conf.de formulis in fermonibus Bernh.
Ferrarius lib. I. de Conc. Vet. c. 29. de Fraternitatis nomine pro Chriſtianis vniuerfis Barozius A. XLIII. n.
14. Barthius lib. XLV. Aduerfar. c. 8.
€) Chryfoffomus hom. 4. in 2 "Thefläl.
f) Iuftinus Apol. II. p. 97-
Synodus CPtana VI.c.19. 8) Glemens Romanns Epift. p. 2.30. et Alex.lib.I. Paxdag. c.4.
‚3. €. Behr
Beſchreibung derfelben: Ihre Sreyheit allenthalben zu lehren; 3. wie weit felbige
>
E
.
—
—— — a
Lat j ;
IL,
Prediger, des Worts von der Gottſcligkeit b),
in weiter: In welchen Namal keine Betr
fhaft, Hoffart, Infallibilitaͤt oder dergleichen
enthalten war. ya, man war fo gar nicht ecfel
oder eigenwillig bey folchen Titeln, daß man auch
mol andere Lehrer, als die erften, pflegte Apoſtel zu
nennen. Paulus ſchaͤmte ich nicht, Undroni-
cum und Juniam berühmte 4poftel zu nennen,
Roͤm. 16, 7. wie aud) andere, Phil. 2, 25. 2 Cor.
8, 23. i). Ihr Grund war richtig, weil ja alle
wahre Lhrer von GOtt abgefandt find, wie das
Wort mit fich bringe. Daher fagten fie: “Ln-
„fer Dienst foll nicht ums Geld feil ſeyn, damit
„das Werf unfers Apoftelamts nicht beitehe in
„defis des Geldes, k), Wie denn auch infon-
derheit diejenigen apoftolifchen Maͤnner bieffen,
welche von denen Apoſteln felbit unterrichtet und
zu lehren verordnet waren I). Nachgehends
aber wurden fonderlich diejenigen Apoſtel be—
namet, die ausgangen waren, heydniſche Voͤl—
fer zu befehren, und dafelbjt den Namen JE—
fü zu verfündigen, wo er vorhin noch nicht be:
kannt war: welches man von vielen Erempeln
weiß, Bey denen aber ward diefer Name am
meilten gemißbraucht , die bey dem Verfall in
groffen Bisthuͤmern faflen, als weltliche Poten-
taten , und fich dennoch Apoſtel, und ihr ver-
mepntes Amt Apoftolatum , ein Apoſtelamt
nennten m), Da denn diefer Titel fo gemein
ward, fonderlich bey den Päbten n), daß man
ihn auch ganz unwuͤrdigen Perfonen, wie auch
den Kanfern of beylegte 0), Es fen aber mit
dem Mißbrauch wie es wolle, fo wußten doch die
alten Chriſten die Urſachen dieſes Namens viel
nders anzuzeigen.
; 3. Die beite Befchreibung ſolcher Apoftel, apo-
ftofifchen Männer und erſten Lehrer iſt wol die,
welche man bey Euſebio liefer “Sie hatten den
„erften Grad in der Machfolge der Apoftel, oder
„selgten zuerſt den Apofteln nach, und waren
„örtliche Schüler folcher vortreflichen Männer,
eo bin und wieder den Grund der Gemei-
„nen, welcher von den Apofteln felbit war geleget
=
“ »
T Don der erften Lehrer Unterfeheid, Stuffen, Anzahl und andern Umfländen. 283 —
„heilſfamen Samen des Himmelreichs durch die
„ganze Welt aus, und vermehrten felbigen über=
„all, wie denn die meiften damaligen Jünger aus-
„berzlicher Liebe zu der wahren Weisheit das erite
„heilſame Gebot erfülleren, ihre Habe den Armen
„austheilten, und fodann in die fremde Länder
„zogen, und das Werf der Evangeliften ausrich-
„teten, das iſt, denen, welche vom Glauben noch
„nichts gehöret hatten, Chriſtum predigten, und
„ſich fehr bemuͤheten, ihnen das Evangelium
„GOttes zu lehren. Diefe, wenn fie folchen
„Ölaubensgrund geleget hatten, fo frßten fie
„ihnen andere Hivten vor, und befahlen ihnen die
Aufſicht auf das, was fie nun gepflanzer harten.
Wobey auch ihre Wunderwerfe geruͤhmet wer,
den p), Wie denn eben diefer auch noch im drit⸗
ten Jahrhundert bezeuger, daß damals noch Ev-
anacliften gewefen, und zwar viele, die dazu
bereit waren, daß fie in goͤttlichem Eifer,
nach dem Exempel der Apoſtel, das goöttli⸗
che Wort fortpflanzeten und verfündiaten 9).
So hielte mans in der erſten Kirchen, und
zwar ohne Einſchraͤnkung in gewiſſen Grenzen
und Abtheilung ſonderbarer Bezirke, darinn *
che vom Geiſt GOttes getriebene Leute haͤtten
bleiben ſollen. Die Begierde, den Ramen
GOttes zu verfündigen, und allen Menfchen
gebolfen zu willen, war viel zu groß, als daß
fie ſich einfpannen und umſchraͤnken ließ. Und
nachdem die Gemeinen nun zugerichtee und ge⸗
wiſſen Vorſtehern übergeben waren, hielten es
doch gewiſſenhafte Lehrer fir nuͤtzlich, wenn ande⸗
ve Fremde, auch wol die, fo noch keine ordentliche
Lehrer waren, das Volk oͤffentlich unterrichteten:
gleichwie wir oben von Grigene geſehen haben,
daß er ſolches zu Caͤſarien gechan babe r). Won
einem andern befannten Mann wird aud) ver-
ſichert, “daß er nicht etwa nur in einem Sande
„das Wort des ewigen Heils genau und wohl ver:
„fündiger habe, fondern wo er hinkommen und
„gebeten worden fer, 5). Noch lange zuvor,
als Polycarpus durch Afien reifere, “tärkte er
„überall, wo er bin Fam, die Gemeinen mit dem
„worden, Sie ſtreueten die Predige und den „Wort der Ermahnung,, 9. Wobey einer gar
Rn fein
hy Eufebiss lib. I. Demonftr. Euang. fine. i) Conf. Baronius A. LVIIT. n. 9. Dannhanerus Chrift. p- 98.
k) Hilar. can. 10..in Matth.
m) Sidonius lib. V. ep. 4.
1) Eufebins lib. III. H. E. c. 37. Conf. Barthius lib. XXXXIL. Aduerf. c. 44.
. vbi vid. Sauaro in Not, Ennodius ad Marcellinum. Petrus Antiochenus ad
Dominicum Gradenfem apud Corelerium Tom. II. Monum Gr. p- 113.
fegg. Ribliorheca Patrum, Marculfus lib. I. Formul. e. 2. Binius aliique.
n) Vid. vel Zeoxis M. Fpiſtolæ 48:
0) Iufiinian. et Conftantin. A.A.
veoss Amösorcı dicuntur in Demonftr. Chronograph. Græca ap. Combefifium Autor. Biblioth. PP. Gr.
p. 37. ab aliis Conftantinus Iramosoros. Conf. omnino Cafaubonus Exereit. XIII. n. 4. et Blondellus
Apol. Hieron. Set. II. p. 85. p) Eufebins lib. III. c. 37.
s) Pofhidins Vita Auguftin. c.9. t) Eufebins lib, II. c, 35.
q) Idem lib, V,c.7. r) Ibid. lib, VL c. 20-
*
+ [4
282
fein anmerfet, “wie die Arbeit fremder Lehrer, fo
„mit fonderbaren Gaben des Geiftes ausgerüfter
„find, denen Gemeinen fehr heilfam zu ſeyn pfle-
„ge, die einer Beſſerung und Reformation be-
„oürfen, u) Alſo, da es fchon in der Kirche‘
fehr übel zugieng , und viel fromme Lehrer ins
Elend verjaget waren, zogen diefe in den Laͤndern
herum, damit fie dennoch ihren Dienft am Worte
vollendeten, und giengen von Stadt zu Stadt,
prebigten alfenthalben das Evangelium, ob fie
ſchon gefangen waren x). Ja, insgemein war es
Feinem Lehrer gewehrt, in andere Gemeinen aud)
zu geben, und dafelbft zu lehren, auch für fie zu
forgen, mie die Öelehrten-anmerfen y).
4. Weil ich aber einmal in diefe Materie Fom-
men bin, will ich das übrige noch gedenfen, was
von der Lehre und Sorgfalt eines Fremden bey
andern Gemeinen etwa anzumerken iſt. Daß
die Apoftel alle eine allgemeine Sorge für alle
Gemeinen getragen haben, und an Feine gewiſſe
Gemeinen gebunden gewefen, ift ſchon längft wi-
der das Pabftehum erwiefen, aus Matth. 28, 19.
2 Cor. 21, 28. Nachdem aber nun gewiffe Ge:
meinen eingetheilet, und mit Vorſtehern und Ael⸗
teften verfehen wurden, und zwar Ture Eccle-
fiaftico, wie es eine jede Gemeine vor gut be-
fand, damit nemlic) Feine Bermirrung gefchehen
möchte; fo ward doch, als die Gelehrten bemer-
fen, diefes nicht fo ftrenge angeordnet, daß nicht
inzwiſchen ein Auffeher feine Pflicht auch in ande-
ren Öemeinen hätte erweifen Fonnen, weil fie doch
nach dem göttlichen Recht nicht unterfchieden wa—
ren z). Dabero fehreibet ein alter Bifchof zu
Kom an einen andern: “Bey den Alten gieng ein
„Auffeher ohne Linterfeheid von einer Stadt zur
„andern, wie es die Noth oder Nutzbarkeit erfor-
„derte, 2). Alſo fager einer von Eypriano: “Er
„ftunde nicht etwa nur der Gemeine zu Carthago
„oder dem ganzen Africa ver, fondern allen Abend- -
„ändern, ja auch dem Orient felbft, bis an das
„Ende gegen Mittagund Mitternacht, b). pi:
pbanius war nur Biſchof in Enpern, und be:
fteffte doch bey Jeruſalem einen Diaconum und
Aelteſten, davon er fich gegen felbigen Bifchof
Johannem alfo rechtfertigte: “ch bin Dazu aus
„der Furcht GOttes getrieben worden, fürnem-
u > En
. j MR
2.8. Don der erften Ehriften gemeinem und fonderbarem Bottesdienft. -
„lich, meil fein Unterfcheid in dem Prieſterthum
„GSttes ift, und wo man dem Nußen der Ge—
„meine dienen Fanh. Denn ebwol ein jeder Auf
„feher eine gewiſſe Gemeine unter fich hat, die er
„verforgen muß, und niemand über ein fremd
»Maaß fich ausbreiten foll; fo gehet doch die Liebe
„Chrifti allen vor, ce). Alfo war Polycarpus
Aufſeher zu Smyrna, und Fam doch nad) Nom,
ordnete eines und das andere Dafelbft in der Ge—
meine an, ungeacht Anicetus wirklich Biſchof
war. Er predigte da, befehrte die Irrigen, und
that, was fünften Aniceto zukommen wäre. Und
dennoch beſchwerte ſich Anicetus nicht darüber,
fo viel man weiß d). Ein anderer ſchrieb lange
nach diefer Zeit von ſich: “Ich Habe mich mitder
„Bedingung endlich in der Beaneine zu Barcello-
„na beftellen laffen, daß ich) mich an diefe Ge-
„meine nicht binden lieffe. Ich binnur zu einem
„Diener GOttes, nicht aber an den Dre Diefer
„Gemeine eben eingeriefen worden, e). Inſon⸗
derheit was die Vorſorge fremder Gemeinen be-
trift, ſo durch Schreiben und andere Anordnuns
gen gefchehen Fonnte, ſchreibet ein gelehrter Mann
alfo gründlich Bievon: Die alten Auffeher gaben
niche allein auf ihre eigene Heerde wohl achtung,
die fie mit Wort und Beiligem Wandel lehreten,
fondern erwieſen auch darinnen, daß eine unzer—
£rennliche Siebe, ein Glaube, eine Gemeine, und
ein Bifchofame nur wäre, indem fic) ihre Sorg-
falt auch) über weitentlegene Gemeinen erſtreckte.
Die fle nun mit ihrer Stimme megen der Entle=
genheit im Wort des HErrn und wahrer Gott
feligfeit nicht unterrichten Eonnten, die erinnerten,
ftraften, lehren fie durch Briefe, und predigten
alfo das Evangelium auf zweyerley Are f). Das
hieffe,febriftlih und muͤndlich das Wort verfün-
digen: (dyg&Pws ,Eryyedpws,) dajenes, wel:
ches mit der Feder gefehieht, nicht weniger Nutzen
hat, als diefes 2). Und das ift die lrfache, warum
mannicht allein Elementis, Ignatii, Polycarpi
und anderer apoſtoliſchen Männer Briefe an andere
Gemeinennoch hat, fondern auchnachgehends Cy⸗
priani, Ambroſti, Yuguftini, Bafılit und ande:
rer, die man (E’yrvzAds, nagoAmds) nennte,
oder Circulares, womit alle Gemeinen in diefem
und jenem nöthigen Punce unterrichtet wurden h).
5. Betref⸗
n) Ofrander Cent. IE lib. III. e.2.H.E. x) Id. Cent. III. Iib. III. c. ı1. y)M. Anton. de Dominis lib. II.
de Rep. Eccl. e. 7. n. 3. 10. et ı1. 2) M. Anton. de Dominis ]. c. n.4. approbante Dannhanero Chrifteid.
p. 221. a) Felagius II. Ep. 2. ad Benignum ap. Bizium Tom. II. b) Gregorius Naz. Orat, 19. c) Ep. 60.
apud Hieronymum. d) Irenaus lib. HI. adu. Her. e. 3. et ap. Eufebium lib. V. c. 20. vbi Palefins vel ftudio
vel præcipitanter male vertit. Vid. Stephanus le MoyneProleg. ad Varia S. p.7. ©) PaulinusEp. 6. f) Pa-
gricins Innins ad Clem. Epift. praf. ) Clemens Alexandrinus lib. 1. Strom. h) Ka$oNg Fels Misc,
Oecumenius in lacob. I, 1. Vid. omnino Ferrarius de Ant. Epift. Esclef.
— 7—
vr
u
«
„möge auch fonft noch ſo w
De er
u. Cap. Don der erften Lebrer Unterfeheid, Stuffen, Un zahl und andern Umſtaͤnden. 283
5. Betreffend Das mündliche Ei
Gemeinen, fo ward auch insgemein dafür gehal-
ten, “man Fönne den für feinen fremden Lehrer
r fen, i). Dahe⸗
to nennte Eyprianus die fremden Lehrer gleich
wol feine Eollegen, damit er ihnen die fhuldige
tiebe und Ehre erzeigte k). Alſo geſchahe es nun
fehr ofte, daß, wenn ein fremder Kirchendiener
in eine Gemeine kam, man ihn um einigen Un—
terricht, oder, wie wir reden, um eine Gaſt—
predigt anſprach. Davon indenen fo genannten
apoftolifchen Sagungen alfo ſtehet: Der
„Aufſeher foll den Fremden bitten, daß er zudem
„Volk vede, was zur Lehre und Erbauung dient.
„Denn die Ermahnung und Unterricht der Frem⸗
„den pflegte feßr angenehm zu ſeyn, und auch fehr
—muͤtzlich ). Db aber gleich hernach verboten
wurde, daß kein Biſchof in des andern Gemeine
eigenmaͤchtig lehren, oder in ſeine Rechte einen
Eingrif thun ſollte m); fo ward es doch vergoͤnnt,
wenn es mit Wiſſen uͤnd Willen deſſelben Aufſe—
* geſchah, wie die Ausleger ausdrücklich ſolche
efeßelimitirenn). Gleichwie naͤchſt Johannis
zu Epheſo Exempel, auch des Gregorü Theologi
befannt ift, den das Volk mit vielen Bitten da-
bin brachte, daß er in feines Vaters Gemeine
lehrte, weil diefer aus Betruͤbniß über die Suͤn—
den feiner Gemeine, und GOttes erzeigten Zorn
betrübt war, daß er nicht mehr (ehren wollte o).
Dagegen wurden nun die Verbote meiftens des-
wegen verfaflet, weil bey dem Berfall des Ehri:
ſtenthums einige fich unterfteßen möchten, ihre
Gemeinen aus fleifchlichen Abfichten zu verlaffen,
und in andern Gemeinen ſich aufzubalten, dadurch
etwa Schaden geſchah; wiewol aus den unten
gefeßten Stellen eine Furcht vor Verachtung auch
zu fehen it pls Deswegen nicht allein dem
Fremden foldyes bey Strafe der Remotion, wie
wir reden, unterfaget wurde ,. fondern auch dem-
felben Auffeber, da er ſich aufbielte, angedeutet,
ihm nicht zu dulden g). Wie denn auch fonft in
einem Eofcilio verordnet wurde, daß Fein Ael—
gefter oder Diaconus abſolut oder ohne Denen:
„achten, der in der nl Kirchen fen , er
i) Auitus E pi, 9.ad Crfariun Arelatenf. de Maximiano. k)Epift. 32. et Rigaltius Not.adh.l. 1)Confir. Apofl.
m) Concil, CPtanum1. c. 2. VI. c.20. Chalcedon. c. 20. Carthagin.1. c. 10. IL c.ıt.
lib. I. c. 62»
* 4
——
———— gewiſſen Dres ſollte verordnet wer-
den r).
Mikbrauch mag Anlaß gegeben haben, als wo—
durch der Satan viele an fich felbit unfträfliche
Dinge aus den Gemeinen binaus gefchaffer hat.
6. Aus diefem ift zu ſehen, wie mit der Zeit
nach und nach die Einfchranfung der Glaubigen
in gewiſſe Diöcefes und Diſtricte geftiegen, bis
endlich ein völliger Zwang daraus worden, welches
die Regierſucht und Tyranney der Bifchöffe
machte, fonderlich derer Roͤmiſchen. Man wuß⸗
te in den erſten Gemeinen nichts von folchen ges
zwungenen Froßndienften, die die Chriſten ihren
Lehrern gleichfam zu Gefallen hätten leiften muͤſ⸗
fen. Da war kein Neid, Fein Afterreden bey den
treuen Dienern JEfu Eprifti, daß fie es den Ih⸗
rigen gewehret oder verarget hätten, wenn fie etwa
anderer Unterricht auch brauchen wollten. Auch
liefet man bey ihnen von Feinem VBerdruß über
die , denen das Volf etwa um ihrer herrlichen
Gaben willen häufiger zulief : womit ein Hoffar-
tiger nur feine Mißgunſt und eigene Liebe verra-
then, und die Leute immer mehr von fich abge-
wandt hätte. Anlangend aber die Parochias oder
eingefchränfte Pfarren , finden wir davon auch
nichts bey den erſten Ehriften, wie fie hernach auf:
kommen find, und ward das Wort magomen ,
og0:x60, ganz in einem widrigen Verſtand ges
nommen, als es fonft Beiffen muß. Damals
hieß eine magemiz oder magsmEra EnaAndla,
eine ſolche Gemeine, die als Fremdling
und Pilgrim nur bier auf Erden lebete,
nicht aber ihren gewiffen Siß mit Gebäuen und
Grenzen feite eingerichtet hatte ). Nachgehends
biefie mans eine gewiſſe Dioces oder Kreis, darüber
ſich eines Bifchofs Aufſicht erftrecfte t), oder
auch nur eine Gemeine in einem gewillen Ort u).
Was aber etliche aus denen falfchgenannten apo-
ftotifchen Regeln beweifen wollen, Fann, nach aller
Gelehrten Einftimmung, von den erften Gemeinen
nicht angenommen werden x), da zumal ſchon
Darinnen ein Bifchof über viel andere fich will er:
oben, und alſo eine Monarchie aufgerichtet wif:
N Indeſſen aber wußten fich doch wol dierech-
na ten
TIL. c. 20. Arelatenf. 1.c. v7. Epiftola Synodi Antiochenzap. Ew/eb.lib. VII.c.30. n) Balfamonadc.20. Trull,
0) Ideml, c.et Gregorius ipfe Orat. de Grandine. p) Concsl. Antiochen. c. 3. q) Concil, Heorutfordenfe c.6. ap.
Bedam lib.IV. Hift. Ecel. e. 5. r)Chalcedon. c.6. s) Sie roœcgonico pro peregrinatione Ador. 13, 17. ı Per. 1, 17:
TALORETE Ex2Ansla Smyrnenfis ap. Eufebium lib. IV. H.E.c. 15. t) De Diecefi Hierofolymitana Cyrillus
Hierojol. Catech. XIV.de Calamenfi Augufl. lib. XIV. de Ciu. Dei c. 6. dealia ideın Epiſt. 251. et Concil, Antio-
chen. €. 9.1.26.C. luft. de Epife. Aud. et |. 35.C.eod, de Epife. et Cler. u) Eufeb.lib. V. e. ı8..et alibi. Conf. Palefius
adEuf. p. 4. Sirmondus ad Epift, Sidonii vlt, Zufellus ad Cod. Can, Ecel.p.197. x) Can. 14.33. et34. Apoſtol.
Dazu ohne Zweifel eben dergleichen
4
284 2.8. Von der erften Thrifte
ten Ehriften in der Furcht GOttes zu befcheiden,
daß fie ihre freue Hirten nicht verlieflen, ein anders
aber gefchahe denen böfen und faulen Hirten zum
Zeugniß in der verfallenen Kirchen, wenn die
erleuchteten Ehriften anderswo Weide fuchten.
7. Hiebey erinnern wirunsder Frage: obaud)
in den erften Gemeinen die Lehrer von ihren Stel-
len hinweg ziehen, und fich zu andern -Gemeinen
beg.ben koͤnnen ? Nun bat man inden erſten Zei-
ten eben feine Erempel daven, daß es gefchehen.
Vielmehr finden fich Elare Verbote Dawider, da
es nicht allein unterfagt ‚fondern auchals eine Ge—
wohnheit nur angefeben und aufgehoben wird, ja
nod) der Einwurf weggeräumet, wenn auch einer
gleich dazu gezwungen würdey). Es follte ein
„jeder in feiner Gemeine verbleiben, die er von Anz
„rang von GOtt empfangen hatte, noch von der-
„ſelben weichen,,z). Ja, es ward aud) nach dem
Eoncilio zu Tiicäay darinn es verboten worden, fo
genau in acht genommen, daß man auch als etwas
fonderliches an den Arianern anmerfte, als ſie Me—
letium von Sebaftia nach Antiochia befürderten a).
Immaſſen auch denen Anhängern Euſebii vorge:
halten wurde, “warum fie die Stellen der Aufſe—
„ber fo ofte veränderten: da doch die Untergebenen
„ſich über der Entziehung ihrer bisherigen Lehrer
„betrübten, und von den Eingefchobenen viel lei:
„den müßten „b)? Ausdiefen en nun nennte
es Ofius auf dem Coneilio zu Sardis “eine böfe
„Gewohnheit und ſchaͤdliche Verderbniß, die man
„ganz ausrorten follte „c). Und Damafus woll-
te die, fo cs thaten, ganz von der Gemeine aus:
gefchloffen wiſſen a). Dergleichen Ausfprüche ſich
hin und wieder fehr viel bey den Alten finden e). Al-
leine, es offenbaret ſich gleich, warum diefe $eute.
dawider ſo heſtig geeifert haben; wenn, zum Exem⸗
pel, Oſius hinzu feßet, es ſey die Urfache Flar, wa:
vum mansthue: nemlich, “man habe noch Feinen
„Biſchof gefunden, der von einer gröfferen zu ei=
„ner geringern Stadt habe ziehen wollen. Dabe:
„to es gewiß fen, daß fie aus Geiz, Hochmuth und
Regierſucht folches fuchten,„). Und darum ge-
ſchahe es, daß fo viel Bedingungen bey Zulaffung
derfelben gefeger wurden, weildie Beränderungen
der Aemter fo gemein endlich) waren, daß die
y) Concilium Nicenum €. 15. etex eo HieronymusEpift, ad Ocean. Canon. Apoftolicus 14. etibi Balfamon. Antioche-
z) Antiochen.l.c.
Roın. ad Orientales Epift. ap. Arhanafium in T. I. p.379. ©) Concil.Sardicenfec. 1. T.T.Synodici.
Synodica ad Paulinum apud Theodorerumlib. V.c. ıı. quo conf. Vaiefiusia Not. h.l.et ad Sorrarislib. IV.
e) Vid Hitronym.1.c. Pelagius II. ep. 20. Tom. I. Binii p. 695. Leo M. Epift. 82. et in Iure Canon. e.
aus 21 Cartbagin. IL c,18.et IV. c. 27.
c.26.
Non oportet etc. Si quis Epifcopuscanf.7.g.1. f) Concil. Sardic. Le.
Wolffgangus Artingerus Comm. ad Methodii Prophetias in
k) Ofiander Cent. IV.lib. III. H.E.c.2. 1) Zieglerus de Epife. c. XII. n. 8.fegg.
h) Plat:na in Vita Antheri Epife. Rom. i)
Catal. Teft. Verit P.990.
qui omnino videndus.
n gemeinem und fonderbarem Gottesdienft.
*
Rechtſchaffenen nicht genug darüber klagen koͤn⸗
nene). Solche blinde und thörichte Hirten hat⸗
ten nun in dem allgemeinen Berverb ganz ver-
geffen, was Petrus fagt: Sie folften die Heerde 8 Re
weiden nicht um febandlichen Gewinne wil-
len, ı Petr. 5,2. Durch diefe ungegruͤndete Ver⸗
anderungen aber legten fie-an den Tag, warum
es ihnen bey ihren Aemtern zu thun wäre, nemlich
um die befte Bequemlichkeit, Ehre und Bortbeile,
die fie nur haben Fonnten. Davon einer unter .
dem Antichwift ſchreibet: “Sie fehen nur auf iß-
„ren Eigennuß , und daß fie nur gute Vergnuͤgung
„haben mögen; ingleichen, daß fie etwas zuram-
„ben und zu ftehlen haben, und deswegen fuche
„ſie immer veichere Aemter. Nicht daß ſie darau
„ſehen ſollten, wie ſie die Schafe weiden und gute
„Hirten ſeyn möchten, ſondern fie fragen vielmehr
„fleißig nach, „wie viel’fie jährlich Einfommen
„haben koͤnnen. Von der Seelenforge ift da
nicht zu gedenken, denn man hat gar zu viel vor
„die Einfünfte zu forgen,,h). Und ein anderer :
„Sie Fennen nicht einmal ihre Zuhörer, fondern -
„denken nur, wie viel fie einzunehmen haben, und
„halten Tag und Macht bey groffen Herren um
»Dienftean;;i). Und gewiß, wo einmal die Ein⸗
bildung bey einem Lehrer einciffe, er wäre ja zu
gelehrt oder zu hoch zu dem geringen Amte, das
er zur Zeit harte, es fey ja unbillig, daß er follte -
Waffer trinfen, da andere viel geringere Wein
trinken Fonnten, (wie ein Scribente redet, ) da
mußte wol folche Thorheit in dergleichen “Ehr-
„geiz und Beftrebung nach höherer Beförderung,
„wie mans nennt, ausbrechenk). Und dennoch
„ſchuͤtzte man immer GOttes Ehre und der Ge-
„meinen Nuß bey folcher Schmähung des goͤttli⸗
„chen Namens vor. Drum wollten aud) die
„Bedingungen , die man bey folchen Veraͤnde—
„rungen machte, nicht mehr zureichen wider die
„mie Macht einveiffende Hoffart und Geiz der a
„Elerifey, eb man.gleic) alles zu verhüten fuchte, r
„iondern die Verftandigen fahen leicht, daß die
„genaue Zucht nunmehro dadurch gefallen, und
„alles in Verderb gerathen warı). Ob mol
„indeffen von treuen, redlichen und gewiffenhaf-
„ten Arbeitern ein anders gewiß ift, welche
„nicht
a) Sozomenuslib. IV.c.28. b) Inlins 1. Epife.
d)Epift.
g) Vid. Chemnitius Loc. deEcel p.ı5t.
r
„nicht als mit groffem Kampf und nach viel
„berftand und Ausflüchten ihre sr
„geliebte Schafe verlaffen fönnen m), fat
„aehen, bisfievon dem HErrn feibit in eine andere
„Ernte ausgeftoffen werden. Matth. 9, 37.
(erßarderan) “r.
8. Nunmehro wollen wir fehen, 6b, und was
für Unterſcheid unter denen Lehrern nach ihrem
Aufferlichen Stande, Nanten und Berrichtungen
r ebrer Liner
bey den erften Ehriften gewefen fey. Es ift aber
hiervon ein fo vielfältiger verwirrter Streit un:
ter den Gelehrten, als fonft von einigen andern
Sctuͤcken der Kirchenbifterion feyn mag, und hat
fich der Ehrgeiz und Hochmuth ſonderlich hiebeh
hervor getban, da ihrer viel die Sache mit Fleiß
verdrehet und falfcylich vorgetragen haben. Sch
will aber die ganze Sache erit ganz einfaltig und
kurz nach ver Wahrheit vor Augen legen, und fo:
dann jedes aenugfam botveifen. In dem Meuen
Teftament lefen wir von feinerrandern Art derer,
die Den Gemeinen vorgeftanden, als von Aelteſten,
die unter einander gleich, und gemeiniglich nach
dem Alter auch die Aelteften bey den Gemeinen
waren. Die Diaconi aber wurden bernach zu
Dienern der ge n Nothdurft aud) abaefon-
dert. Apoft. Gefh.6. Mac) diefem wurde aus
der Zahl der Aelteften einer heraus genommen,
und zu einem Auffeher oder Vorſteher über Die ans
dern erwaͤhlet, welchen man einen Biſchof non-
nete, oder, wie wir reden, einen Guperinten-
denten, der doch den andern im Amteoder Mache
nicht borgienge ‚ fo lange die Ehriften in der De—
mutbblicben,, und alles mit gleicher Einftimmung
vor GOtt thaten. Aber, fobald diefesin den Gemei-
nen fich änderte, Fam auch diefer Stand in eine
ganz andere Forme, wiewir nun nach einander
erfennen werden. Zwar möchte wol jemand men:
nen, Paulusrede ja von unterfchiedlichen Stuffen
der Apoftel , Propbeten , Evanakcliften , Hir-
ten, Lehrer, Ephef, 4, ı1. Aber er erzehler da
nicht folche Orden oder Grabe, fondern vielmehr
mancherley Gaben und Aemter,damit die Aelteften
insgemein, und ein jeder nach dem Willen GOttes
ausgerüftet ſeyn follten n). Alfo, daß die “Apoſtel
„war Evangeliften, die Evangeliften auch Pro:
„pbeten, die Proptern auch Hirten, und die Hirten
——
ſcheid Stuffen, Anzahi und andern Umfländen, 285
„‚sehrer fenn konnten 0). Diefe ale aber waren un⸗
„ter dem Mamen der Nelteften begriffen. Wie
„denn auch unter diefen alten Fein fo ſtrenger Unter:
„fcheid gemacht wurde, daß nicht einer, gedachter
„maſſen, auch ein ander Amtbätte,verrichten koͤn⸗
nen, und die Freyheit dabey nicht verlegen „p).Linz
ferdeffen verwerfen deswegen die Verſtaͤndigen dies
fe Gaben eben nicht, weil fie nicht mehr gebrauch»
lich find, fondern geben gerne zu, daß fie in den
Gemeinen ferner gebrauchetwerden fonnen, nach⸗
dem es die Noth erfordert g).
9. In dem Neuen Teftament finden wir, daß
die Mamen ver Bifeböffe, Aelteſten, Diener,
u.f f.ofte verwechfelt werden, alfo, daß die Bi—
feböffe bald Aelteſten beiffen, Apoſt Gefch. 20,
17.18. Tits, 5.7. 1 Petr.5,1,2, bald Diener,
ı Cor. 3,6.r), und fonftmit andern Namen bele-
get werden. , Daraus Berftandige mit Grunde
Die Gleichheit der Diener EHrifti unter einander
fchlieffen, ob ſie wol einige gebührende Ordnung
unter ihnen gerne zugeben, nad) denen von Men-
ſchen eingeführten Gewohnheiten, die dem höheren
örtlichen Rechte doch nichts benehmen koͤnnen s).
Man arfannte aud) auffer der Schrift, “Daß Dies
„fe Wörter damals noch gemein gewefen waren, .
„alfo, daß auch ein Bifchof ein Diaconus oder
„Diener genennet worden, (aus Tier. undı Eos
vinth. 12, 5.)r . Daberofieauch dimzovor Acya,
Diener des Worte noch hernach Bieffen v), und
ihr Amt ein Dienft zur Verwaltung der Ge:
beimniffe GOttes x): welches die Gelehrten
langft bewiefen haben. Daßaber die Biſchoffe
im Anfang nichts anders als Aelteſten gewefen,
haben fie nicht weniger gruͤndlich gewieſen. Man
nennte nicht allein noch imn.er hernach die Bifchöffe
a ceoPuregss oder Aelteften,item Senes oder Al⸗
tey), fondern fie waren auch in den erften Zeiten
nichts mehr an Macht und Ehre, als die übrigen.
‘ch koͤnnte hievon ſehr vieleZeugnifie der Alten vor⸗
bringen, aber an ftatt aller will ich das klaͤreſte neh⸗
men aus Yieronymo der alfo davon fihreibet, da
einer die Bifchöffe denen Aelteften vorziehen woll-
te, : Weil der Apoftel deutlich lehret, Daß die Bi—
„ſhoͤffe und Aelteſten eingrlen fern, was fommt dem
„Dienerein, daß er ſich über diefe erheben will?
„Verlangſt "pe Zeugniß? Höre,was ſtehet PIE .
j n3
„lin.
m) ‚Vid. Soerares lib. VII. c. 36. et Canones dii Apoflolicus Carthagin. IV. 27. Pelagiusl.c. Heraclius Imp. in lure
Gr. Rom. lib. II.n. 4.
Hift. Eceleſ. qu. 10. p. 20.
ptoresmox nominandi.
c.26. X) Augufini Epilt. 232. Conf. Blondellus Apol. pro Hieron. Scät. Il. n. 22. qui adu. auctorem
n) Ita Centuriar. Mrgdeb, pronuntiant Cent. II. c. 7. P. 95-
p) Chemnitins P. II. Exam. C. Trid. p. 413. ſeq.
o) Vid. Micrelius lıb. IT.
q) Idemib.p. 415. r) Vid. Scri-
s) Chemmitiusl.c. t) Chryfoflomushom.2:adPhil. u) Confitur. I
Qfk-
ftionum V, et N.T. probat. y) Demonitrat, Zarroguanns lib. II. Aduerſ. S.6. 17.
— Bu
IE PER WW
286
er —
„lip.1,ıc. und ſiehe das Exempel an Apoſtelgeſchicht
„20, 28. und damit Feiner aus Zankfucht vorgebe,
„es wären ineiner Gemeine mehr Biſchoͤffe gewe⸗
„fen,fo höre noch eins, da es offenbar ift,ein Biſchof
„und Aelteſter fen einerley, Tit. 1,19. item ı Timoth.
24. 1 Petr. 5. 2 ohan. v.5. 3 Johann. v. i. Daß
„aber hernach einer eriählet worden , der den an⸗
„ern vorgeſetzt wurde, das geſchahe, Spaltungen
Fu vermeiden, daß nicht ein jeder folches Amt zu
ſich ziehen und die Gemeinen trennen möchte,z).
Dem ich nur noch einen ausdenfelben Zeiten beyfü-
ge, der alfo redet: Es iſt faſt gar fein Unterſcheid
„unter einem Bischof und Aelteſten; denn auch
„denen Aelteften ift die Sorgfalt für die Gemeine
„aufgetragen, und was Paulus fagt von den Bi⸗
„ichöffen, dasgehöret auch den Xelteften. Denn
„jene find nur allein nach der Drönung höher, und
„oiefes fcheinen fie alleine mehr zu haben, als die Ael⸗
„teften,,a). Diefe und dergleichen gewifle Urfun-
den ſcheinẽt die Hoffart derer Lehrer zur Gelegenheit
folder Erhebung der Bifchöffe anzugeben , wie
Sier onymus anderswo ausdrüclich ſchreibt, “es
Fey damals gefchehen, nachdem durd) des Teufels
„Eingeben Spaltung worden, undein jeder ge-
„mennet, diejenigen , die er getaufet habe, wären
„feine, undnicht CHriſti. Weswegen dis Mit-
„tel wider die Spaltungen und Zankſucht ergriffen
„roorden fey„. Woraus er denn fchleuße : “Die
»Bifchöffe follten demnach wiſſen, daß fie mehr
„aus Gewohnheit, als aus der Wahrheit der göft-
„lichen Verordnung über die Xelteften wären, und
„daß fie die Gemeine insgemein regieren folltenb).
10. Die andern alten Kivchenferibenten reden
gleichfalls nicht anders, und zeugen Flar, fheils,
daß ein Bifchof und Xeltefter dem Namen und
der That nach einerley gewefen, theils, daß von de⸗
nen Apoftein anfangs mehr als ein Biſchof in
einer Gemeine beftellet worden, nemlid), fo viel
Bifchöffeals Aelteften; und was hernach geändert
worden, das fey eine Gewohnheit, die nuran ſich
felbft Turis humani fey, und Menfchen zu Urs
hebernhabe, Wie denn ein ſehr gelehrter und bey
J
— — — — —— — — = - - _—— —- a —
2.3. Don der erften Chriſten gemeinem und fonderbarem Bottcedienft.
N Eu “
Berftändigen beliebter Mann diefes alles aus mehr
als 30 alten Zeugniffen behauptet Bat e): Ohne
was andere unpartepifche Autores in groffer Men:
e davon anführen, indem diefer Streit vor vielen
Jaten ſehr beftig erreget wordend). Der Herr
abe getrauet fic) felber nicht, etwas gewiſſes von
der Frage zu feßen, ob die Biſchoͤffe von
BGOTET felbft eingefeget geiwefen : Säffet
auch zu mit denen fo genannten SPresbytes
vianern, dep fie erft im andern Jahrhundert über
die andern Aelteſten gefeßet worden, p.233. Die
meiften wollen lieber feine gewiſſe Zeit beftimmen,
nenn diefe Ausnahme der Biſchoͤffe gefcheben,
weil man Feine rechte Nachricht davon bey dem Al:
terthum findet: Wenndie Worte in Elementis,
Ignatii und Polycarpi Epifteln alle unverfaͤſſcht J
waͤren, ſo — man ſchlieſſen, daß zum wenig⸗
ſten zu ihren
Alleine, einem erleuchteten Berftand fallt es leicht,
in denſelben viel Betruͤgereyen anzumerken, wel⸗
che die Patronen der geiſtlichen Monarchie im
Pabſtthum und ſonſt hiebey begangen haben, Uns
genuͤget doch hiebey, daß wir oben angefuͤhrte
Puncte gewiß aus der Antiquitaͤt erkennen, ſon—
derlich, Daß die Hoffart derer, die unter allen wol«
len hoch gehalten feyn „ul QiAomenrevovrov)
3 ob. verf. 9. eine Gelegenheit , will nicht jagen
Urfachediefer Ungleichheit worden. Der Herr Ca⸗
ve feßet die Bifchöffe höher als die Aelteften:
Chryſoſtomus aber, und alle andere Rechtſchaf⸗
fene halten diefen Stand für Feine Ehre, ſondern
für eine groffe Sorge @rıunv, EA Toovar
av) ee). Hieflen fie fehon die Erften unter den
andern Yelteften F), fo folgte doch daraus nicht
gleich eine Gewalt über die andern ‚denn Hierony-
mus faget auch noch von feiner Zeit, “daß die Ge-
„meinen mit einſtimmigen Rath der Aelteſten vegie-
„ret worden„ eg). Immaſſen auch in den erſten
Zeiten ſolche Herrſchaft und Eminenz durchaus
nicht ſtatt funde, da ein jeder ungeheiſſen das
Seinige that, und ihrer aller ein Herz und Seele
war in ungefaͤrbter Bruderliebe. Daher auch
die Schwaͤchſten und Ungeuͤbteſten doch ——
ohne
o 1%
2) Epift-85.adEuagrium. a) Chryfofomus homil.ı.in ı Tim. b) Comm.in Tit. et ap. Gratianum c. olim
dift. 95.
c) Danid Blondellus de Presbyteris et Epifcopis [. Apol. pro Hieron. Amfterod. 1646. d) Salmafıns [.
Wa Mejlalinus de Epife. et Presb. etin Appar. dePrim. Papz. Larroquanus Obi. ad Vin
dic. Pearfon. p. 292.
Iac. Godofredus adCod. Theod. Tom. I.p. 437. et Tom. IV. p.331. Hornbekius Not. ad Vſſerium de Redudt.
eifen e8 etwa angegangen ware,
Epife. Rirtershufins ad Saluian. p. 1. Zieglerus de Epife.c.3.toto et ad Ius Canon. Zaneellorri lib. I. tit. 2. 6.3.
Centur. Magdeb. 1.lib. U. e. 2. et Il.c.7. etc. E Theologis Chemaitius Exam. C. T.P. II. de S. Ordin. p. 413.Ger-
bardus Confeff. Cathol. Tom. III. Artic. VI.c. 3. etLoc. de Mihift. n. 234. fegg. Hälfemannus Breuiar. e.19. Sup-
plem. et Diff. de Miniftro Ordin.th. 26. fegg. Hildebrandus. Diff. de Aerio. S. B. Carpzonius Exam. Mafen.p.
1029. Quenftedius Ant.Eccl. p. 84.etc. e) Homil.2.in Acta Apoft.
ion g) Epift.4.ad Ruſtic. Conf. Gerhardas. Conf. Cath. lib. II. c. 3. p:805.
f) Apud Autorem Qu, V.etN. T.q«
—
ohne Murmeln thaten, bisdie-alte Lauterkeit un:
ter Lehrern und Zuhörern verlofche, und lauter
Bunt Meid, Afterveden, Widerftand und eitel
öfe Dingentftund, davon unten Zeit zu veden
feyn wird,
ı. So war demnach die Hoheit, oder fo ge-
nannte Hierarchie der Bifchöffe durchaus nicht
von GHre oder denen Apofteln her, wie fie eine
Herrfchaft über das Erbe GOttes einführte.
And wer die Redensarten CHrifti und feiner
s — in der erſten Kirchen in acht nehmen will,
wie es denn alfo ſeyn foll,) der muß den Stand
der Auffeher vielmehr eine iegodsazevizv oder
iegodanlav, einen geiftlichen Dienſt, als
eine jegagxfav oder geiftliche Serrſchaft und
Gewalt nennen und adıten h). Alleine, eben
mit folchen gerinafcheinenden Dingen, Titeln
md Namen begunte die Gewalt der hochmuͤthi—
gen ar e zu fleigen, ehe man fichs vermu-
thete , bis Fein Steuren mehr halfe Man gab
zwar mit dem Munde noch vor, was Paulus
gemwiefen harte, daß ein emisxomos oder
Bifchof :) einen Aufſeher bedeutete, daß er foll:
te als ein Wächter auf gl Hut ftehen, und mit
aller erfinnlicher- Sorgfait auf fih und auf die
ganze Heerde acht Haben. Allein, die erften Lehrer
———— und uͤbten dieſes beſſer aus. Wenn
Ignatius ja einen alſo nennete, ſo ſetzt er gar
weislich dazu: “Na, vielmehr auf welchen ge—
„ſehen iſt worden von GOtt dem Vater und JE—
zu CHriſto, der da iſt ein Aufſeher über alles,, k).
Und ein anderer erinnert ebenfalls: “Der Bi—
„ſchofsname ift Fein Name der Ehren, fon:
„oern der Arbeit. Denn es ift ein griechifcher
„Name, und ift daher genommen, meil der, fo
„auf die, weldyen er vorgefeßt wird, fleißig ach-
„tung gibt, (fuperintendit, ) indem er für fie
„ſorget. Darausmirfehen, daß der Fein Bifchof
s’ten, der zwar herrfchen , aber nicht Nutzen fchaf-
1. Cap. Donder erften Lehrer Unterſcheid, Stuffen, Unzaht und andern Umſtaͤnden. 287
- 1
“ »
Erinnerung viel andere gethan Baben m); wel:
ches eben fo viel war, als wenn heutiges Tages
zu erinnern nöthig befunden wird: “Der Eu
„perintendententitel bedeutet Feine Ehre, fondern
„eine Arbeit: Wer nur herrfihen, aber nicht die
„Gemeine beffern will, der wiſſe, daß er Fein
„Superintendene fey,,; wie andere aus Auguſti⸗
no wiederholen n). Denn diefer Name ift mit
dem Biſchofstitel Yleichgültig, wie die Gelehr-
ten wiſſen; denn die Sateinifche Kirche in folgen-
den Zeiten beydes ohne Unterfcheid gebraucht
hat o), welches auch das Wort, Epborus, mit ſich
brachtep). Aber von diefer Pflicht der Lehrer
insgemein haben wir beveits gehoͤret.
12. Um die angemaßte Berrichtungen,Nechten,
Privilegia und andere Sachen derer Biſchoͤffe,
wie fie in der verderbten Chriftenheit gewefen ,
laffe ich mich unbefümmert, weil es zum erſten
Chriſtenthum disfalls nicht gehört. Ich ſollte
auch die andern Grade und Unterfchiede der Cle—
rifey eben deswegen vorbey gehen, wenn ich nicht
einige nötbige Erinnerungen alfo unterlaffen müß-
te. Esijt fchen erwehnt worden, wie unter den
Apofteln nur Aelteften und Diener oder Diaconi
gewefen. Das waren die Titel und Stuffen alle
zu der Zeit der eriten Einfalt, da man noch das
einige Rothwendige liebte. Machdem jerftreuete
man fich in die Vielheit, und erfonne auch viel
andere Mamen und Aemter unter der Elerifey.
m: geſchahe alles nach und nach. . Die Apo—
ttel Batten erftlich Diaconos geordnet ; zu Zeiten
Cypriani hatte man ſchon Subdiaconos, bald
darauf Famen Archidiaconi q)y. Zwar kann
man esden frommen Lehrern nicht vor einen Hoc)-
muth oder Herrſchaft auslegen; gefeßt, daß
auch von ihnen einige waren aus guter Meynung
eingefeßt worden r): alleine, die folgenden Zeiten
fönnen davon nicht entfchuldiget werden s).
Man fuchte auch die Schriften der Alten deswe—
„ren will). Welche Anmerkung und nötbige gen zu verfälfchen, und flickte, zum ————
ite
h) Vid. Zieglerus pref. ad Comm. de Diaconis. i) Balfamon ad Can. Apoft.s$. Conf. omnino Zieglerus de
Epife. c. ı. k) Epift. ad Polyc.
et ad Magnef.
D Augufinus lib. XIX. de Ciu. Dei c. 19. cit. iz
e.ı1. qui Epifcopatum c.8.9. 1. m) Adorus lib. IV. Etymol. ap. Gratianum c. cleros Dift, 21. n) Anshel-
mus Comm. in t Tim. 3. 0) Ita adhibent Hieronymus Ep.85. ad Euagrium , Bernhardus lib. II. de Confi-
der. ad Eugenium, Glofaror Iur. Canon. inc. Fratrem Dif.g6. Anonymus lib, de Ætatibus Mundi in
Catal. Tefl. Verit. p. 739. Rabanus MaurusPoem. 4. et 10. Conf. Gerhardus Loc. de Minift. n.231. et Con-
fem Cath. p. 865. Vrbanus Regius Loc. Comm. de Pentific. p. 65. S. B. Carpzovins Mafen. p. 1058,
Conringius de Rep. Germ. p. 134. p) Apud Philoflorgium ſæpe lib. I. Hift. Ecel. n. 9. ib. III.n. 4. lib,
De 8. g)Rigaltius ad Cyprian.ep.$. r)Ofiander Cent, IV. lib, II. H.E. 6.48: ad Concil, Antioch, c,
0. 20, 5
s) Vid, Chemnitins Exam. P. II. p. 414
*
=
288 2. B. Don der erften Ehriften gemeinem und fonderbarem Bottesdienft,
— en — ee ee an
Titel nach einander in einen Brief Cornelii, Bi⸗
ſchofs zu Rom: als wenn daſelbſt genennet waͤ—
ren Bifchöffe, Aelteſten, Fr Unterdie⸗
ner, Nachtreter, Leſer, Teufelsbefbworer,
Thuͤrhater t): welches auch in Janstii Epiſteln
gefchehen war u). Indeſſen geſtehen doch auf⸗
richtige Scribenten, “daß nicht mehr als Aelte⸗
zften und Diener in der erſten Kirche bekannt ge⸗
„wefen, und daß man von dieſen allein einen
„apoftolifchen Befehl Babe, x): Weldjes auch
von feinem Berftändigen geleugnee wird. Biel-
mehr hat allezeit in der Thar bey wahren Ehrijten
der Rath Hieronymi gelten follen, der die Lehrer
zu Alerandria ‚lobet , ‚daß fie mit gefamter
Hand die Gemeinen vegierer haben. Sintemal
ja eine Gemeine nicht beſſer regieret werden Fann,
als wenn EHriftus in der Eintraͤchtigkeit ihrer
alfer Haupt iſt, Darunter fie leben, und wenn die
Auffeber alle im Amte gleich) find, (ob fie ſchon
nach den Gaben unterfchieden feyn moͤchten,) und
vereiniget unter einander in Einmuͤthigkeit der
$eßre, des Glaubens, Gebets, der Geheimniffe und
tiebeswerfe y).
73. Bon der Anzahl der Sehrerben jeder Gemei⸗
ne hat man nicht fo gar genaue Nachricht ; ohne
daß man aus dem Verhalten der wahren Ehrijten
überhaupt fchlieffen Fann , es babe nirgends an
Perfonen fehlen müffen , fo viel ihrer zum Werfe
des Amts nötbiggewefen, dadurch der Leib CHri—
fti zur Genüge bat erbauet werden koͤnnen z).
Nur wollte ich nicht gerne fagen, daß man eben
auf die Befoldung oder Leibesnahrung gefehen
habe, ob eine Gemeine found fo viel Sehrer erha⸗
ten fönnte: fondern, wer ihr Vertrauen zu GOtt
und Genuͤgſamkeit fennet, wird einen andern
Begrif von Sehrern und Zußörern haben. Bis:
weilen fehlte es gleichwol an tuͤchtigen Perſonen,
entweder wegen der Verfolgungen, da man, ob-
erwehnter maflen, den Lehrern am erften nad) dem
geben ftunde , oder anderer Urfachen wegen. So
Elagte Yurelius auf dem Conciliv zu Carthago,
„oa ein folcher Mangel an Lehrern ſey, und viel
Gemeinen fo gar verlaſſen ſtuͤnden, daß man
„nicht einmal einen Diaconum finden koͤnnte, viel⸗
man ihnen helfe, damit die V
Je a *
„weniger andere.⸗Er koͤnne auch forthin das taͤg⸗
„liche Wehklagen des vor Jammer fait ſterben⸗
„den Volks nicht erfragen, ſondern ge
miß der
„Seelen niemand verdammen möchte „a). Wel-
her Zuftand geroißlich elend genug mag geweſen
feyn, dem derjenige faft gleich ift, wenn man in
volkreichen Orten, die fid) bishero vermehret und
erweitert haben, gleichwol bey der alten und ges
ringen Anzahl der. Lehrer bleiber, da man Doc)
fonft in ſolchen Fällen weltliche und andere Aem⸗
ter wohl: zuerweitern weiß b). Bey den Yüden
war allezeis über 27 Perfonen ein $evite verordnek.
4 DB. Mof.2,32.C.3,39. Und Lutherus meynte,
wenn unfer HERR GDE einmal werde Chrie
ften machen, ſo haͤtte er jede Stadt in viel Theile
eintheilen , und genugfame Lehrer darüber feßen
wollen, daß niemand Mangel litte, wie fonft
geſchehe c). Wenn mir dem angezogenen Brief
Eornelii trauen wollen, fo find zu Rom etwa
Anno 260. gewefen nachit dem einen Biſchof
46 Uelteften, 7 Diaconi, 7 Gubdiaconi, 42
Aufwärter, 25 Teufelsbefehwörer,, Lefer und
Thuͤrhuůter, und 10400 Witwen und Urs
me d): Juftinianus, der Kanfer , ordnete zu feiner
Zeit, daß zu Conftantinopel in der größten Ge—
meine feyn ſollten 60 Yelteften, 100 Disconi,
40 Diaconifinnen, goGubdiaconi, uo Kefer,
25 Sänger, 100 Thuͤrhůter, zufammen 525
Perfonen e). Dabey er gedenket, daß ihrer
zuvor noch vielmehr gewefen. Nun iſt wol an
dem, daß damals, jafchon im Anfang der Chriſt⸗
lichen Kanfer fehr viele zum Kivchendienft ſich
begaben, weil fie mit groffen Freyheiten Befchen-
fet wurden, dahero ihre Abfichten fehr bös und .
fündfid) waren f). Wie denn. auch font der
Schwarm der Elerifey im Pabftehum, zum hoͤch⸗
ften Mißvergmigen und Befchwerniß der Obrig-
Feit und Gemeinen, zufebends unter der aufferli-
hen Glückfeligkeit fich vermehrete 2). Alleine,
es iftdoch, gedachter maffen, unleugbar, daß nicht
auch unter Berfolgungen fi) dennoch viele. zum
Lehramt haben brauchen laffen. Ya, je mehr
die Gaben des Heil. Geiſtes Damals gemein wa-
ven, je bäufiger brauchte fie gerne ein jeder zum
* gemeinen
t) Epift. Cornelii ad Fabium ap. Er/ebium lib. VI.c. 43. qux verba ab aliena manu irrepfiffe se connexione fenfus
et Ratu iorum temporum facillime adftruit Dor/cheus Exercit. ad Diu. Addend.adp.5. u) Epift. fuppofiti-
tia ad Antiochenos., x) Anacletus Epift. 3. ap. Carranz.am Summ. Concil. p. 15. Petrus Lombardus Lib. IV. Sent.
Dift.24. y) Verba funt Apologix A. C. Artic. 4.
z) Centuriat. Magdeb. Cent. 1I.c.7. 94. Ofiander Cent.
VI. ib.I.c.14. a) AdtioneIl.c.51.apud Beweregium Tom.I.Synod. b) Quistorpius Pior. Defider. p. 121
* c) Poft.Eeclef.P. II. p.52. d) Apud Eufebium lib.VI.c.43. ©) Nonella UI.c.1. f) Gregorius Nazian-
zenus Apol. Vid. Zieglerus de Diacon. c. I. n. ı6. etc. V.n.5. g) Vid.velquerela lo. Sichardi in Argumento
Epiftole Zephyrini Epife. Rom. Bafil. 1526. edito.
ınd. Den der erſten Lehrer Unterſcheid, Stuffen, Anzahl undandern Umſtaͤnden. 289
gemeinen Nutz. "Hingegen war hernach wol die
Mengegroß, aber die Kraft deſto kleiner: nu-
merus erat fruges confumere nati, fie füllten
‚nur die Stellen aus, und fraffen das Fette von der
Heerde, und —— Menge verderbte noch mehr,
indem fie zur Sicherheit und Bosheit verhalf.
Die Herren Bifhöffe waren dabey zufrieden,
wenn nur ibnen Feiner an die Geite und in den
Genuß ihrer Einkünfte gefeget würde; mit den
armen Kayen mochte e8 geben, mie es wollte.
Genug, daß fiemitder Menge ihrer Elienten das
Volk und den Magiftrat, als mit einer Armee,
in Gehorfam und Furchterbalten fonnten. Das
allgemeine Prieſterthum hatten fie ihnen aus den
Händen gefpielt, dadurch manche Seele noch Bät-
te t werden Fünnen, nach dem Exempel
der erften Kirchen, da fo viel geiftliche Priefter
waren, fo viel Ehriften lebeten,
14. Nunmehr haͤtten wir infonderheit einen
jeden Grad der Kirchendiener anzufehen: Al—
feine wir begnügen uns gerne an ihren allgemei:
nen Pflichten und Verrichtungen, mie Li *
theils entdecket ſind, theils noch entdecket ſollen
werden. Wir wollen aber vielmehr dem HErrn
Cave nachgehen, und was er davon im 8. Cap.
von p. 231. angemeldet, ganz kuͤrzlich erwaͤgen.
Daß GITT allzeit ein gewiffes auserfehenes
Volk zu feinem Erbtheil gebabe iſt wahr im Al:
ten Teftament: Aber im Meuen Teftamene hatte
Petrus mit Wahrheit en daß aus aller-
ley Volk, wer ihn nur fürchte und recht ehue,
ihm angenehm fey. Apoft. Gefch. 10, 34.35. Daß
auch bernach im Alten Teftament allein die Levi⸗
ten, und nicht ganz Iſrael fein Erbtheil gewe—
fen, finden wir wol nicht, aber wohl, daß der
SERR ihr Erbe gewefen. 5 Bu, Mof. 10, 9.
Biel weniger folget nun daraus, daß diefe Eih-
fhranfung des Erbrheils der Leviten nun auch
auf die Priefter Neuen Teftaments fommen fey,
Wir willen ja unfehlbar aus GOttes Wort und
der Antiquität, daß alle Chrilten vor GOTT
eiftliche Priefter find, befage des 5. Cap. diefes
Buds. Mun braucht man ja feine leibliche
Priefter im Neuen Teftament mehr, fondern ihr
Unterfcheid und ihre Briuilegia find langft aufge:
hoben mit dem Ceremonialgefeß, alsdem Schat⸗
ten: fo fäller denn auch diefer fandige Grund
hinweg, darauf ſich gerne alle Papiften und
Pabftenzende fteuren wollten, welche die Xelte-
ften und Diener der Gemeinen gerne neben dag
alte Prieſterthum fegen wollten. Sonderlich
aber ijt es klar wider die Redensart des Heiligen
Geiftes, daß das Wort xAng@- oder Exbrheif
(davon man die Clericos und Cleriſey eigen-
mächtig benennt Bat,) allein von den Lehrern ge:
brauchet werde. Petrus felbft nennet in feiner
Sprache ausdrüdlic das ganze Chriftenvolk
alfo, ı Petr. 5,3. und zwar an dem Ort, da
er befißle, die Aelteften follen nicht über das
Volk herrſchen (Reraxugievenräv xArewy)h).
Bey diefem rechtmäßigen Berfkand ‚ tie es drey⸗
zebenmal im Meuen Teftament fteher, und nie
die Lehrer allein bedeutet, härte man follen bleiben,
und nicht neben den Worten des Heil. Geifteg
auch feinen Sinn und Befehl verkehren, wie her:
nach geſchehen ift. Es wird fonderlich im
„Pabjtehum (und leider! auch nunmehr un-
„tet denen Proteftanten,)diefes den euren weiß
„gemacht, als wenn die Lehrer und Kicchendie-
„ner fonderlicd das Erbe GOttes wären, und
„ſie dahero mit Recht die Clerifey hieffen i). Al:
„leine unfere Theologi haben vorlängft den
„handlichen Mißbrauch gezeiger, und gewiefen,
„daß wegen diefes Hochmurbs folche Elerici billig
„ein Rathscollegium der Pharifüer bey Hiero-
„nymo bieffenk). Dann wie die Pharifaer aus
„ſich etwas fonderliches machten, und dem an:
„dern Volke alles benaßmen, mas ihm vor
„Rechts wegen zufam: fo hat man diefen Na—
„men denen Schafen, welchen fie von dem Apo⸗
„ſtel hatten, nach und nach benommen, und ſie
„durch die veraͤchtliche Benennung der Layen, ſo
„viel möglich geweſen, unterdruͤckt, alſo, daß es
„ſchon zu Tertulliani Zeiten eingefuͤhret war;
wie gelehrte und verſtaͤndige Männer bemer-
fen !). Die deswegen gar nicht, wie einer von
des Hn. Cave Sandsleuten daraus fehlieffen will,
auf die wahren Hirten ungehalten find, fondern
vielmehr auf den Hochmuth und die Erhebung
eines über den andern, fie mag bey Hirten oder
Schafen ſeyn m). Genug, daß ein anderer von
denen Bifchöfflichen in Engelland felbft gefteher, °
das Volf werde mit Recht xAAe@- oder die
Cleriſey genennt n); ob man gleich vielleicht
20 dag
k) Vbi Oecumenius exponit Jegov Fusqua: Erafmns gregem, qui cuique forte contigit gubernandus, Anno-
tat. p. 533.
1) In Iure Canon. c. Clericus Cauſ 12.94. 1. Bellarminuslib. I. de Memb. Ecclef. milic.c. 1. Gree. de
Valentia Tom. IV.dif.9.q.5. K)Conm. in Matth. 10. Vid. Gerhardus Loc. de Minift.n.37. 1) Lib. deMono.
gamia. Vid. Rigaltins ad Cyprian. Epift. 8. Ignarii verba Epilt. ad Philad. manifefto fuppofititia funt. Conf.
Zieglerus ad lib. III. I. Can. Zancellori tit, 8.5.12. m) Iohannes Oxenienfis Epifcopws adCypr.l.c. n)Aenr.
Dodvvellus Didert. Cyprian. I. n. 10.
290
das Recht des geiftlichen Priefterefums ihm
nicht gerne laffen wollten, welches ihm eben
die Papiften mit Veränderung. der Namen
abfchneiden wollen, als auch die Politici wohl
obferpiren 0). Machdem aber diefer Gebrauch
des Worts fo eingeführet war, fo fuchte man
freylich allerhand aillufiones und Auslegungen
darüber, dergleichen Hieronymus efivan ma=
chet p)? weiche aber aleichwol auch von dem
Volk insgemein gelten Fonnen 9).
15. So viel von diefem Namen der Eferifey
nad) Gelegenheit der. Worte des Hn. Cave, wel-
her nun weiter die Geiftlichen aus einem Geſetz
Conftantini beſchreiben will, ungeacht ſich fo viel
fchrifemäßige Befchreibungen davon aus dem
vorhergehenden lauteren Chriſtenthum finden,
Wiewol auch endlich dieſe angezogene nichts
mehr als einen Dienft bey der Aeligion anzel-
gen: dabey ich aber mich nicht aufhalten kann.
Die Eintheilung der fo genannten Geiſtlichen in
iegapevas UNd Umneeras oder Diener, foll in
den erften 400: Jahren geweſen feyn: obwol
zuerft niche fo-viel Arten waren, und ſchon oben
bemwiefen worden, wie man in dem erſten Jahr—
hundert und weiter nur allein von Xelteften und,
Diaconen gewußt, und die anderen Arten laͤngſt
hernach eigenmächtig eingeführet worden. Die:
fer Umterfcheid der Zeit will notwendig in ade
genommen ſeyn; zu gefchmweigen, daß abermal
die geringeren allein Diener follen geheiſſen ha—
ben, deflen Gegentheil ſchon gezeiget worden tft.
Sa,wo ein VBerftändiger nur felbft den unfiche-
ren Zujtand der erften Seculorum bedenft,
wird er leicht erachten fünnen, daß man da von
vielen Dienern und überflüßigen Aufwaͤrtern fei-
nen Staat machen dürfen. “Auf die Bifchöffe
„inſonderheit zu kommen, fo ift-aus dem obigen
s„flar, daß die Bifchöffe lange nach der Apoftel Zei-
„een hoͤher als die Aelteften gehalten worden, und
ʒwar nur nach der Ordnung, nicht aber nad) der
„Gewalt oder andern Rechten. Daß dannen-
„hero an Feine fonderliche Hobeit der Biſchoͤffe in
„den erften Gemeinen zu gedenken ift, Unter de—
„nen Aemtern derfelben wird erzehlt, daß, fie die
„Sünder aus der Kirchen gejagt, und die Kir:
0) Zieglerusl.c.lib. L.tit. 4. $. r. et lib. de Diac. e. n. 1.2.
ee ; 48 p. 330. Bebelius Ant. ‚Eccl. Sec. I. Ad. II. $. 2. Menzerus Exeg.
omnino B. Meifners Philof. Sobr. P. II.
2.9. Don dererften Chriſten gemeinem und fonderbarem Bottes
„chendiener abgeſetzt habenz wobey zu feßen w
„te, daß es nicht von ihnen allein, fondern von -
„den gefamten Lehrern mie Zuziehung der Ges
„meine gefchehen, und zwar nicht. fo, daß man .
„fie nur ſofort aus der Kirchen gejagt, fondern
„in geoffer Liebe und Sorgfalt mit ihnen gehan⸗
„delt, bis fie aus_der Gemeine ausgefehloffen
„worden, als an feinem Orte entdeckt werden
foll. Daß er in dem Nach der Geiftlichen obe
„an, ingleichen in der Kirche auf einem hohen
„Biſchofsthron gefeflenz, gilt von der verfalles
nen Kirchen, aus deren Scribenten es auch be=
”
mwiefen wird, nicht von der reinen, da meiftene |
theils Galgen und Rad, oder ein Roſt über dem
Feuer ihr Thron mar, der. auch Laurentio beffer
gefiel, als des ſtolzen Tyrannen Thron, welcher,
ihn martern lieffe. Wenn auchder Auffeher nicht
eher aufſehen wollte, als wenn das Volk in der
Kirche vor ihm ftunde, fo war das Auffehen ge-
wißlich ſehr fhleche und ohne Effekt, da ein
jeder leicht ſich andaͤchtig und ehrbar ftellen fonn-
te. Aber fo wußte fich die heuchlerifche Hoffart
im Aufferlichen Schein: auszubreiten, und doch
immer eine Farbe ihrem Thun anzuftreichen.
Man verordnete gar, mit Hintanfeßung anderer
yöchftnöthigen Dinge, wie fie nach einander in
Berfammlungen niederfigen ſollten ): Welcher
Anſtalt man nicht bedurft haͤtte, wo nicht der
Ehrgeiz ſchon unter den Lehrern geherrſchet haͤtte,
wie ein Scribente wohl anmerfet r), Denn
Ordnung wird unter Demüthigen ohne Gefege
wol behalten. Endlich feget Herr Cave auch
diefes Amt des Bifchofs, “daR er auf die Hal-
„tung der Kirchengefege gedrungen, ‚oder. nad)
„dem Holländifchen, diefelbe befohlen: Da er
„denn hoffentlich diefelbe alfo verftehet, foferne
„fie dem göftlichen nicht_entgegen find, oder
„gleich geachtet werden: Dieweil doch font fie
„das Urtheil gewiß treffen würde. Eſai. 29,13.
Hof 5, u. Matth. 15, g. Tit.ı,14. Von denen
Chorepifcopis p. 224. oder Nebenbiſchoͤffen
will ich, weil fie länaft abfommen find, nichts
melden, zumal die Öelehrten davon nicht in. al-
fen gewiß find s). _ ,
ı6. Die Ersbifböffe, Patriarchen und
Primates gehören folgends gar nicht ins al
Pr Deis
p) Epift.2.ad Nepot. q) Gerhardus l.c. Confentiunt
A.C. Artic. XIV. p. 640. Dannhauerus Ad. 1.Chrifteid. p. 854. Gifsertus Voetius P. IT. Polit. Ecel. lib.
I Tr. ce. 4. concl. 3:
tib. de Republ. Ecclef. c, 9. n. 17. Petro
3. *) Concilium Laodicenum C. 20. oO
Apparent diuerfa ſtudia et diffenfiones ex Perauie lib. IL Hierarch. Ecclef: ec. ı1.
de Marca lib. II. Concord. Sae, et Reg. €. 14. et aduerfus hos e
r) Ofrander Centur. IV. H. E. lib. Ill. c. 38. s)
M. Anton. de Dominis
Larroquano lib. I. Adu. $.p. 18. fegg. Salmafı Appar. de Prim. Papx p. 96. Blondello Apol. pro Hieron, dect.
MI. p. 93. cæterique.
*
a Zw
u ee A u ne
'
des Reichthums, oder die
mE. Dondererften Ehriften Unterſcheid, Stuffen, Anzahl und andern limfländen. 298
Chriftenthum, und ift ihr Weſen, fo prächtig
br ) von bielen und ——— be⸗
ſchrieben wird, langſt für antichriſtiſch erklaͤret
worden. Epiphanius dringet darauf noch in der
verfallenen Kirchen, und Ael⸗
ꝓteſten nach der Apo nung einander fol⸗
„gen follten,, t). Undnoch klaͤrer Hieronymus:
„Es mag ein Bifchof ſeyn, wo er will, fo hat er
„einerley Würde, einerley Die Macht
Miedrigkeit dev Ar-
muth, macht den Bifchof weder höher noch
„niedriger, u) Wie auch noch ein anderer:
„Das Primat oder der Borzug befteher nurallein
im heiligen Wandel und frommen $eben, das
„alle angehet, die Glieder der Braut find, x).
Womit der von Heren Cave gerühmte Vorzug,
Borfis und Rang diefer Leute fehr befchamt wird:
wie er ohnedem einen fchlechten Character benge:
füget, wenn er bekennt, “es feyen dergleichen
„Dingegefchehen, da das —— voͤllig in
die Welt eingefuͤhret (ja wol derſelben gleich ge:
„ftellet) worden, und- die Kirche fich nach dem
„Staat richten wollen,,, p. 238. Welches für:
mahr fein gut Zeugniß vor felbige Zeiten ift, und
mit dem, was oben vonden eriten Chriften p. 53.
gerühmer wird, nicht ftehen Fann, Die Aufrich-
tigften unter den Papiften thun von dergleichen
Dignitäten ein gleiches Bekenntniß y) (unge:
achtet die Bifchöflichen in Engelland mitden an:
Bern faſt einftimmen)z). Und die gelehrteſten Leute
Baben längft bemiehn ‚ daß fie erft nach Cypriani
— ‚ faſt dreyhundert Jahr nach CHriſti Ge:
urt, angefangen haben a). Immaͤſſen wir
auch von den * Lehrern gar ein anders bey ih⸗
rer Demuth erkennet haben, davon gedachter Cy⸗
prianus ſehr nachdenklich ſchreibet: Keiner un:
„ter uns ſetzet ſich zum Biſchof über die Biſchoͤffe,
„oder treibet ſeine Collegen mit tyranniſchem
Schrecken zum nothwendigen Gehorſam. in:
„dem ja ein jeder Biſchof ſeinen freyen Willen
„bat, nach der Freyheit feiner —* „weder von
„andern gerichtet zu werden, noch andere zu rich—
„ten. Sendern wir wollen alle das Urtheil un-
„ters HErrn JEſu CHriftierwarten, welcher ei-
„nig und allein ups bat, uns zur Regierung
„ſeiner Gemeine einzufegen, und von unfern
„Werfen zu urtbeilen,, b). Welche theure Wor-
te auf einmal allen Hochmuth niederlegen, und
die, fo noch die Ehre in diefer Welt hoch achten,
zu einem niedrigen Sinn nah JEſu EHrifto
bilfig bringen follen.
17. Die Aelteſten, welche nun von Herrn
Cave p. 241. befchrieben werden, waren in den er:
ften Zeiten Bifchöffe, bis einer von ihnen her:
nach den andern vorgefeßer wurde, und da ift
erftlich wahr, daß fie die nächften bey dem
Biſchof gewefen, ja vielmehr ihm an Pflicht,
Macht und Recht gleicy, Eraft des oben geführ-
ten Beweiſes. Denn warum Herr Cave eben
allzeit die Macht und Gewalt denen Kirchen:
dienern, und nicht auch zugleich ihre Pflicht bey:
legt, ſehe ich nicht; ich will auch nicht hoffen, daß
er jene ohnediefe zulaßig und GOtt gefällig, oder
auch nöchig achten werde. Der Titel Clerici
fuperioris loci, und wie es im Deuefchen ſtehet,
vornehme Beiftliche, findet fich in den erſten
Gemeinen nicht, daber er erftlich aus dem Codi-
ce Theodofiano bemwiefen werden müffen, der
zwar viel hohe Titel, aber auch viel bittere Klagen
und ſcharfe Befehle wider die Laſter folcher vorneh⸗
men Geiftlichen in fich halt. So gehöret aud) die
Tyranney der Bifchöffe in die verfallene Kirche,
dadurch fie denen Aelteften vermehrten, in Ges
genwart ihrer zulehren, p. 242. Gintemal dies
fe eben das Recht in der Gemeine hatten, alsdie,
fo fich hernach über ihre Brüder eigenmächtig auf-
wurfen, und Monarchen feyn wollten. Wie
denn auch das einige Exempel der Africanifchen
Gemeinen Feinen Beweis auf andere machet,
nach feinem eigenen Geſtaͤndniß, viel weniger eis
nen rechtmäßigen Vorzug gründet: indem doch
die Frage noch immer bleibet: ob diefe Crfebung
mit Recht und nad) GOttes Willen gefchehen ſey?
Diefes Erempelaber, da Auguſtinus alsein Ael—
tefter zu predigen anfieng, that Damals vielen Die
Augen auf, daß fie auch vor den Bifchöffen das
Wort lehrten, und fich an die verfehrte Gewohn:
heit nicht Fehrten e), abfonderlic) da hernach jene
fo faul wurden, daß fie das Predigen gar unters
lieffen : wie wir an gehörigem Ort feben wollen.
Sozomenus und Socrates erzehlten eine feltfame
Urfache, warum zu Alerandria Fein Neltefter mehr
predigen dürfen, weil nemlic) Arius alda einer
—* war, als ob nemlich feine Nachfo'ger alle
Arianer, und alſo untuͤchtig zum Predigen ſeyn
Oo 2 wuͤr⸗
t) Har.'79. w)Epift.85.ad Euagrium. x) Augufinus lib. V.cont. Donat.de Bapt.c.16. y) Zeh. Zaunoius dif,
de Canone VI. Niceno et gius Propugnat. adu. H. Valefium.
ca producens ib. VI.Conc.c.ı. a)Salmafıns ib. de Prim. Papx omnino,
2) Beueregius ad c. 34. Apoftol. Petrum de Mar-
et adu. Sirmondum de Suburbic.Reg.
et Eccl.p. 31. fegg. Zieglerus de Epifc.c.IV.n. 6. feqg. ec. V.et XI.tot. aliique. b) In concil, Carthagin. apud
Binium Tom. I. Concil. p. 200.
c) Pofidins Vita Auguft. c.5.
292
würden d). So brach man Urſachen vom Zaun,
damit der Satan erſtlich den Hochmuth, hernach
die Faulheit und Sicherheit bey Hirten und Scha-
fen recht gruͤndete; da hernach weder Aeltefter
noch Biſchof mehr um das Lehren fich bekuͤm—
merten. Man hore aber, was Hieronymus von
jener Gewohnheit urtheilet: Es ift eine fehr böfe
„Weiſe (fchreibt er,) in etlichen Gemeinen, daß
„die Aelteſten ſchweigen, und in Gegenwart der
„Biſchoͤffe nicht reden, als wenn ſie es ihnen ent⸗
„weder nicht goͤnnten, oder ſie nicht wuͤrdig achte⸗
„ten, zuzuhoͤren. Gewißlich, dieſer weiſe Mann
traf den rechten Grund dieſes Greuels, dawi—
der er die Worte Pauli Cor. 14, 30. und
mit allem Recht anführet e). Und vffenbarete
fi) der Aneichrift aud) dißfalls mächtig, als
man auf dem Eoncilio zu Hifpali unverfchämt
ſetzte, “es follte Fein Aeltefter das Volk lehren
„oder vermahnen in Beyſeyn des Bifchofs,, F).
Da dod) diefes nicht allein das Amt der Kirchen:
Diener insgemein war, nachdem einhelligen Be:
kenntniß der Kirchenväter 8); fondern auch die
Diaconi dergleichen, nach feinem Bekenntniß
p.243, tbun mußten b).
18. Wider folche Unterdruckung aber des
Rechts ber Xelteften im Lehren und andern nöthi-
gen Berrichtungen, ſchriebe abermal Hieronymus
ſehr freymuͤthig: “Die Yelteften follen predigen,
„Rein Bifchof zürne hierüber, und laffe ſich von
„Mißgunſt aus teuflifcher Verſuchung aufble:
„sen, wenn Die Nelteften zur Zeit das Volk er-
„mahnen, in dev Gemeine lehren, oder daffelbe
„iegnen,, i). Was ferner die Diaconos und ihre
Anzahl anlanger, fo fehe ich nicht, warum man
eben feßet p. 243, daß die Zahl derfelben nicht habe
geändert werden duͤrfen, da Doch ihre ganze Ber-
richtung, wie fie von den Apofteln angeftellet war,
befannter maſſen geändert worden, und ihre Vor—
forge für das Leibliche bald aufhorte, Das an-
geregte Eoncilium ift darinnen abergläubifch ge-
wefen k), und von andern Conciliis widerleget
worden )Y. Wie aud) viel Gefese und die Ver—
ftändigen insgemein fid) dißfalls nach der Be—
fchaffenheit der Gemeinen gerichtet Haben m),
Die Acchidiaconi find zwar von langen Zeiten,
aber doch nicht bey den erften Gemeinen gemwefen,
eo.
-
BE SE — EEE EEE EEE a EEE
2. 3. Don der erften Ehriften gemeinem und fonderbarem Gottesdienſt.
wie die päbftifchen Canoniften felber nicht leug⸗
nen. Das
Fleiß vor andern n), und daß er der erfte in der
Ordnung war, nichtaber, daß er der fürnehmfte
(deyav) nad) der Gewalt und Herefchaft hätte
feyn follen o). Mit, dem Cardinal unter-denen
Diaconis haben die erften Zeiten viel weniger et-
was Ar thun. Es mochten aber mol folche Leute
der Biſchoͤffe Augen heiſſen müffen, wenn diefe
felbft nicht mehr in der Verderbniß fahen, und -
dazu Feine Augenfalbe verlangten, ſondern lie
ber mit fremden Augen fehen wollten. Solche
Regierer waren wohl zufrieden, Daß andere ihre
Arbeit, fie aber das Einfommen und dabey gufe
Tage hatten, wenn nur jene ihnen nicht gleich,
fondern geringer an Ehren und Einfinften was
ren, daher fie auch gerne immer geringere Stuf⸗
fen der Kirchendiener erdachten, als hier von
denen Subdiaconis gedacht wird, p.245. Welche
man ohne Zweifel deswegen geringer an Titeln
und Würden machte, damit fie derjenigen Bers
richtungen ſich nicht ſchaͤmen möchten, welche die
Diaconi zu thun Bedenken trugen, oder anderer
Geſchaͤfte wegen nicht vermochten. en
19. Bon denen Frorciften oder Teufelsbe-
fbwörern foll unten gezeiget werden, wie man
diefe allgemeine Gabe der eriten Ehriften hernach
zur Ungebüpr aufeinfonderlich Amt —
Der Lehrer Amt wird, auch balde unterſucht
werden. Bon denen Thuͤrhůtern achtet Herr
Eave felbft der Mühe nicht werth, wie aud) von.
andern Bedienten viel zureden, dabey ich es auch
gerne bewenden laſſe. Zum Befchluß. will. ich
nur noch etivas von dem Alter der Lehrer beyfügen,
davon Herr Cave fehr wohl urtheilet, es fey nach
Befchaffenheit unterfchiedlic) geweſen, p.255. Und
freylich befannten die Alten hiervon, “ver HErr
„babe feine gewiffe Anzahl der Jahre beftimmer, ‚da
„er von den Auffehern Befehl gerhan Habe, P),
Darum durfte Feiner eben einen erleuchteten und
gebeiligten Chriften “nad den Jahren urtheilen,
„oder Die grauen Haare für die Weisheit, die
„Weisheit für die grauen Haare rechnen,
(B. Weish. 4, 8.u.f.) Sie ermegten den
Glauben “nicht nach den Zeiten g).. a da
in⸗
q) Ille lib. VII. c.19. hie lib. Ve. 21. e) Ep. II. ad Nepot. f) Conc. Hifpal.II.c.7. & Vid. vel Ambrof.lib. I. Offic-
c.7. Origenes hom. 6. in Leuit. Leo M. Ep. 62.et 63. Hieronymus lib. II. in Ephef. c.4. h)Chryfoformus, adhuc
Diaconus, plures häbuit homilias, vt adu. Iudxos, de Deo incomprehenfibili &e. Conf: Zieglerus de Diacı
c. VIII. n. 34. i)Epift.4. ad Ruſt. et ap. Gratianum c. Ecee. dilt. 95.
)) Nicenum in Canon, Pfeudo - Arabicis c. 62. Trullantım ce. 16.
n)Fpift, 85. ad Euagr. 0) Zieglerus Lac. XVII. n. 1.
Apoſtol. lib. III. €. 19. .
äuen. Hieronym. Epift. 13.ad Paulin.
Rid Zieelerus de Diac.c. V.n. 6
ın) Iufinianus Nonella V].c. 3. Audtor. Coaflit."
pP) Chryfoft.hom. in Viduam
nfehen ſetzet Hieronymus auf den
v *
11. Cap. Von der erſten Lehrer Unterfebeid, Stufen, Unzapı und andern Umſtaͤnden. 293
„hindert das Alter nicht, wo ſich die himmli⸗
e Gnade eingeufit r). Ein jedes Alter ift der
„Gnade GOttes reif genug, und auch nicht zu
„ſpaͤte. Denn man fiehet, wie viel junge Leute
„übertreffen die Alten an Verſtand, find an ißrer
„Froͤmmigkeit fchon alt, fommen der Zeit mitib-
„ren Meriten zuvor, und erfegen mit Tugenden,
„was dem Altermangelt. Sammel mar ein from⸗
mer Juͤngling, der ein fertiger Zuhörer GOt—
en elne, Auch —— der
„tes war, da er redete. e
„eher geheiliget als geboren war, als er ſich we-
„gen —* Kindheit entſchuldigte, ward doch
„über viel Völker gefeßt,, u. ſ. m. s). Aus die
fen Urfachen fahe man von Anfang der Chri—
FE
be nicht ſowol auf ein gewiſſes Alter, als auf
rechtfchaffene Tugenden, die zu einem. $ehrer ge
hörten. Wie Paulus Timothei Jugend (veorn/&)
genuafam anzeiget, und Janatius des Auffehers
zu Magnefia mit faft eben den Worten. Vigi—
lius ward ſchon im zoften Jahr feines Alters Bi:
ſchof zu Trident t), und Eleutherus in eben Die:
fen Jahren über Illyricum u). Daß dahero die
abergläubige Saßung des Concilii zu Neocafarien
abermal hinweafalle, welche 30 —* erforder⸗
te x), und eine andere, die 35 haben wollte. Sin—
temal die dabey gefegren Urfachen in geiftlichen
und göttlichen Dingen, dergleichen die zum Lehr—
ame tüchfigmachende Gnade ift, nicht zureichen,
almo Natur von Rechts wegen und nach GOt⸗
tes Willen weichen muß, abfenderlich, wo ein
Ze. den Mamen eines Beiftlichen mit Recht
haben will.
20. Ein anders aber war es bey dem Verfall
des Chriftenefums, da vechtfchaffene teure billig
alfo Flagten: “Viele fangen eher an zu lehren,
„als fie aus den Kinderjabren fommen find, ehe
„fie die heilige Schrift faum mit dem Namen fen:
„nen, ich will nicht fagen, ehe fie aus dem Wuft
„und Koth der Sünden und Laſter geriffen find.
„Wenn fie zwey oder drey Wörter von der
„Froͤmmigkeit austwendig gelernet haben, und
r)' Athalaricus Gothorum R. ap. Goldafum Tom. III. Conſtit. I.
dus Epift. 42. Add. Marie Cafliobolite Epift. ad Ignatium ev
y) Gregorius Naz. Apol. I. .
b) Honorius III. Epift. in Ture Canon, c. 14. X. de Temp. Ordinar, & Gregorins M. lib. II.
u) Nicephoruslib. III.H.E.c.29. x) Can. ır.
hard, |. c.
Epißt, 47. ad Columb,
„war nur vom Hörenfagen, oder den Mans
ztel recht in die Falten legen koͤnnen, fo ſprin—
„gen fie gleich. auf die Kanzel und zum Pule
5. a ta ein Arze oder Mabler,
wenn er nicht die Naturen der Krankheiten
„weiß, oder bie Farben mifchen kann, und aller-
„band Se mit dem Pinfel machen. Aber einen
Aufſeher Fann man nun leicht finden, der niche
‚lange erſt vorbereitet, ſondern ganz neu geba=
„fen ift, zugleich geboren und auch befördert, wie
„die Poeten von den Rieſen gedichte Haben.
Wir machen an einem Tag Heilige, und heiß
„fen fie mit einem Worte gleich weiſe und ges
„lehrt ſeyn, die doch nichts gelernet haben, und
„nichts anders zum Kirchendienft bringen, als
„ven Willen 2), Man befördert da Schulfnas
„ben und junge Leute zu geiftlichen Aemtern, und
„wenn fie kaum der Ruthe entlaufen find, fo fol=
„ten fie die Aelteften regieren, Da find fie froh,
„daß fie nur aus der Schule fommen, und faſt
„feober, als daß fie nun groffe Leute worden
„iind. Man läuft zum Pfarrdienft in je=
„den Alter und Stand, gelehrt und ungelehrr,
„als wenn man eben da ohne Sorgen leben fonn=
ste, da man erft recht in die Sorgen geftecke
„wird, a), Alſo riſſe diefer Mißbrauch fo ſehr
ein, daß auch junge Leute von 14 Jahren follten
Diaconi werden, wie deswegen ein Roͤmiſcher Bi»
fchof einen in Engelland davon abhalten mufite,
und meynte, ev wäre nicht vecht bey Sinnen, daß
er folche Dinge vornähme b). Und lange zuvor
mußte deswegen einer diefe Erinnerung thun:
„Man foll durchaus nicht junge Raben in geift-
„liche Aemter feßen, damit fie nicht defto gefahr-
„licher fallen, je geſchwinder fie in die Höbe ftei-
„gen wollen, ©). Aus welchen allen ein er—
leuchteter tefer den rechten Brauc) von dem Miß—
brauch, und des HEren Willen von Menfchen-
faßungen durch GOttes Gnade unterfcheiden
wird, welches in allen andern dergleichen Mate:
rien noͤthig ift.
Imper. p. 207. 9 Bernhar-
duvumov. t) Audtor Vitæ eius.
z) Id. Orat. de Bafil.M. a) Ber»-
Das
“
2:8. Don der €
e
Summarien.
—5 4 rn, 3
ie erſten Chriſten laſen bey ihren öffentlichen Verfammlungen die heilige Schrift, $.1. wie au andere erbaufiche Sl:
DD" Be sit mit der Zeit Pefer beſtellet worden, welche fie zugleich überfeget. u Shre an. 4. Was fie
der; 2.
tften Ehriften — indes erbar -
Bon dem öffentlichen, Leſen und Predigen
Gotteodienſt. 9
Kapitel,
orts.
BEN;
geprediget.s. Was eigentlich eine Predigt ſeh und heife.6. Was pe erſten Chriften vor Terte enommen. 7. Bon wen
gewiffe Sonn = und Feſte vangelia und Epilteln erwaͤhlet, und aus wa
befondern Gaben ; Erempelbavon: 10.
die fie aber durchs Gebet erhalten mußten.
auch nach geendigter Lehre: 14.
Ehriften, 16.
Urfach 5 8. wie, auch wo Die Pehrer geprediget, 9-
N
‚yeınpeldaı durch Wirkung und Beyſtand des 9. Geiftes, ıı. dem fie fich zu Werkzeugen ie
Lieifen, auch mit Weisheit von ihm ausgeruͤſtet wurden, 12. nach fen
nem Willen und aus feinem Licht und Gnade zu leh
. Erempel.13. Die Lehrer erfuchten auch die Zuhorer um ihre Bitte für den deh
Daher fie deito getroͤſter und freudiger reden konnten, welche Gnade benm Berfall
und nach verloſchen, jeungetreuer die Lehrer darinn waren, i5. undnach der Kunikpredi
dieungeachtet aller Rednerkunſt dennoch beredt waren in Einfalt durch g
Bien, twelches ferne war von den er
ie fich richteten nach dem Zuftand der Zuhprer mit Chriſtlicher Borfichtigkeit 18. und weislicher Theilung des Works, wel⸗
—— — gemißbrauchet worden. i9. Die erſten Chriſten vermengeten auch nicht Die göttliche Wahrheit mit der hend:
nischen Gelehrfamfeit und Hercdtiamfeit 5 2>.
fondern brauch
ten einen einfältigen apoftolifchen Stylum, giengen auch Chriſt⸗
Lich um mit Irrigen; mit der Zeit aber Tegte man ſich auf eine heydniſche Rednerkunſt. Klagen darüber.21. Wie die er-
fen Lehrer ihre Reden difponiret, und was fievorgetragen: Abweichung davon : Klage darüber. 22. Wie lange die erſten Leh⸗
ver geprediget, ohne die Zeit abzumeſſen, inögemein Eur; und gut, 23. doch nad) gewiſſen Umſtaͤnden waren fie auch wol
weitlauftig- 24:
Nutzen ꝛe.
kung. 26.
auswendig 27. 2
ches hernash gemißbrauchet worden. 28.
unmehro kommen wir endlich auf die für-
: ® nehmften Arten ihrer öffentlichen Uebun⸗
gen, und zuförderft auf die gemeine Le—
fung und Handlung des göttlichen Worte.
Da denn über das oben erwehnte zu merken,
daß jene von Anfang des Ehriftenthums ein-
5 war, nachdem man auch bey den Juͤ⸗
den das Alte Teftament ordentlich in den Schu:
len zu leſen pflegte, Apoft. Geſch. 15,21. und an-
derswo, So befenner Juftinus, daß in der ge
meinen Berfammlung *die Schriften der Apo—
„itel und Propheten gelefen worden, fo lange es
„pie Zeit gelitten, a). Und Tertullianus fa-
ger: Wir Eommen zufammen, die Beil, Schrift
„zu hören, b) · Ein anderer aus den folgenden
Zeiten feßet die vornehmſten Stücke folcher Uebun⸗
gen, und darunter aud) diefe kuͤrzlich: Wenn iſt
Wwol eine Zeit, da die Brüder in der Gemeine
„verfammlet werden, da man nicht entweder lie-
„tet, oder Reden hält, oder Die Vorſteher mit
„lauter Stimme beten, ce)? Welche Zeugnille
neben andern ung anzeigen, wie man Feine gewiſſe
Stücke eben gefeget, fondern fo viel etwa Die Zeit
a) Apol.II,p.98. b)-Apol.c.39.
ec) Auguflinus Epift. ııg.ad Tanuar.
Die Frucht der gpoſtoliſchen Verkündigung war die Bekehrung vieler Millionen Seelen, ohne eigene Ehre,
fo wol bey Pehrern ald Zuhörern; 25. Alles aufdie Erbauung im Glauben und Piebe, nicht ohne Kraft und Wir-
Die Zuhörer wiederholeten und prüfeten das Wort mit den Ihrigen zu Haufe. Deſſen Wirkung immvendig und
Dieerften Ehriften lehreten in aller Liebe, Sanftmuth und Demuth, ohne uͤber bie Gewiſſen au herrfihen, wel⸗
§.
oder andere Umſtaͤnde, ſonderlich bey Verfolgum
gen, zugelaſſen. Geſtalt ſie auch die heil. Schrift
nach allen ihren“ Büchern laſen.
Pfalmen gedenfer dorten Sulpitius Severus,
daß fie öffentlic) gelefen worden d). Bon denen
Evangelien nebenft andern Büchern erwehnet
das Laodiceniſche Concilium e), und andere
Denfmahle der Alten. Das Neue Teftament
hielten fie insgemein nöthiger und nüglicher zu le=
fen, als das Alte. “In jenem (fagten fie,) tes
„ven Die Rnechte,.in diefem der HErr felbft. In
„jenem wird es verheiffen,, in dieſem erfüllt. Dort
„ift der Anfang, hier die Vollendung. Dort wird
„ur der Grund gelegt, hier wird der Gipfel des
„Glaubens und der Gnade darauf gefeßt, E).
Wie viel fie aber eigentlich) gelefen, und wiefiedie
Lectionen eingetheilet, Fann man von den erften
Zeiten nicht fo genau wiſſen: oßne daß die folgen-
den Scribenten bisweilen der gewöhnlichen $e-
etionen gedenfen und anderer Abtheilungen,
(Seripturarum Solemnia, megizenas, 2deOn)
deren Wiffenfchaft ung bier eben nicht viel Helfen
wird g).
2. Diee
d) Vita Mart.c.7. e) Can. ı6.
f) Hieronymus lib.l.adu. Pelag.c.9. 8) Augujkinus Iib.XXII. de Ciu. D. c. 6. Gregorins Nyſſen. 3. Or.cont. Eu-
nom. Epiphanins lib. de Ponder. n, 7. Clemens Alex.lib. III. Protrept. etc.
ttliche Weisheit, ı7. Fraft welch
Bon den
a
®
37%» Cap, Don dem öffentlichen Lefen und Predigen des Wort
. 2. Diefesiift aber infonderheit merfwirdig, daß
manmebenjt denen Canonifchen Büchern in der
l. Schrift nicht allein die andern, als den
irach, das Buch der Weisheit, Tobiam, Efra
und dergleichen gelefen, fondern auch anderer be-
ruͤhmten Männer Briefe und Schriften. Leber
die Erempel, fo Hr. Tape p. 287. anführet, bat
man auch fonit einige Merfmable bievon. An:
fangs zwar iſt vermuthlich, daß nur das Neue
Teftament, nemlich die Evangelia und Epifteln
der Apoftel gelefen worden , wie etliche in folgen:
den Zeiten muthmaſſen b). Wie denn auch ber-
nach deswegen ein Verbot gefchehen, daß man
nur die Canonifchen Bücher lefen follte, darunter
auc) die andern mit gerechnet werden, als To—
bias, Judith, Eſra, Eitber, die damals auch
nonifch genennt wurden: dabey fie gedenken,
es fey diefes von den Vorfahren alfo angeordnet
binterlaffen worden ;). Täachft diefen lafen fie
auch in den Gemeinen die Hiftovien der Märty:
rer und anderer heil. $eute, wie es nicht allein
riuatim von denen Vorftehern angeordnetk),
ondern auch öffentlich von ganzen Berfammluns
gen verftatter ward '). Unddiefe Anftalten moch:
ten ohne Zweifel aus dem allgemeinen Vorſatz
herrühren, daß die Gemeinen auf alle Weife er-
bauet und zum Lobe des HErrn aufgemuntert
wuͤrden. Dabin es auch mit allen Uebungen von
Rechts wegen angefehen war.
3. Im Anfang nundes Evangelii ift vermuth—
fich, daß, wenn fie in ihren Zufammenfünften die
beilige Schrift_gelefen, nichr eben abfonderliche
Leſer dazu beftellee worden find, wie bad be
nach gefcheben m). Denn wir finden erit in Cy⸗
priani Schriften, daß ihrer Meldung aefchiebet,
und fonderlich, daß es faft der erfte Grad zu an-
dern Kirchenamtern gewefen np). In denen
Roͤmiſchen Gemeinen aber mochten esdamals wol
noch die Diaconi verrichten 0): Gleichwie ber:
nach ganz junge Leute bey denen Griechifch.n da=
®. in genommen Ka 7 Unter andern aber
chtun
®
oll diefes mit ihre Bar g geweſen fenn, daß
fie die heilige Schrift dem gemeinen Volke zugut
aus den andern in Die an jedem Ort gewöhnliche
295
Mutterſprache überfegen müffen 9). Denn in
diefer allein pflegte man damals bey den Gemei⸗
nen das göttliche Wort zu handeln, nach: des.
HErrn Willen, ı Cor. 14, 2. Alſo gedenket ein
Hiftoricus,eg fey ein Feind des heil. Martini, mie
Namen Defenfor,in der Gemeine gewefen,da gleich
der achte Pfalm gelefen worden : verf. 3. Deftruas
inimicum et defenforem: Worauf das Volk
überlaut gefchryen, und jener zu ſchanden wor—
den. Daraus man fiehet, daß in den Lateinifchen
Gemeinen aud) damals fen Lateiniſch gelefen und
gelehret worden r). Hieronymus fagt, er habe
Mind Sandsleuten eine Dalmatifche Ueberſetzung
der Bibelgegeben, damit fie fie auch verftehen koͤnn⸗
ten s). And anderswo fagt er, Die heil. Schrift
werde bey allen Bölfern gelefen t). Chryſoſto⸗
mus und andere zeugen ebenfalls, daß die Syrer,
Araber, Indianer, Perſer, Mohren, und unzählie
ge, ja alle andere Voͤlker ſie in ihren Sprachen
gehabt und geleſen u).
4. Was aber nun infonderheit die Auslegung
der Beil. Echrift, die Ermahnungen und Reden,
oder fo genannten Predigten’an das Volk bes
erift, fo geſchahen diefelbe meiftentheils nach Ge:
legenheit und Beranlaflung eines Orts, oder, wie
wir es nennen, Tertes aus ber heil. Schrift, wie
der Hr. Cave wohl fißet p. 290. daß vie Predigten
damals nichts anders gewefen, als theils gewiſſe
Auslegungen einiger Stücke der heil. Schrift,
theils Vermahnungen. Daß alfo hiebey an fei-
ne oratorifche Kunft oder vernünftige Reden
menfchliher Weisheit zu gedenken war, daven
die erften Chriſten abgefagte Feinde waren, als
wir bald vernehmen werden. in berühmter
Theologus zeiget gar eine andere Methode zu pres
digen oder Artem homileticam, als fie bey dem
Verfall des Chriſtenthums eingeführe iſt; wenn
er aus Tertulliano diefe Nachricht anziehet:
„Bir Fommen zufammen die Beil. Schrift zu hoͤ—
„een, wir fpeifen den Glauben mit heiligen Worz
„ten, wir richten die Hoffnung auf, befeftigen
„die Zuverficht, und die Zucht der göttlichen Ge—
„bote erhalten wir mit vielen Ermaßnungen. Da
„geſchehen auch Beftrafungen, Erinnerungen
— „und
h) Walafridus Strabo deReb. Ecche. 22. i)Carthagin. inCod.Can. Ecel. Afric.c.47. k) Affirmat de Gregorio
Thaumaturgo Gregorins Nyffenus Orat. in eum,
l) Coneil. Carthagin, Gr. c. 50.
tribuit Baronius A. XLLV. et Beneregins lib. 11. Vindic. Can. Apoft. c.2. n.4.
xedte Baronins CCLIN.n.93 Conf. Ziegierus de Diac. c. VIIl. n.>4
m). Apoftolis originem falfo
.n) Epift. 17. 24. et33. 0) Id
p) Tuflinianus Noxella CXIIL annum
eoncedit octauum, quod quidem negat Sreph. le Moyze Var. S. Tom. Il. p. 956. qg) Epıfhanius Comp.Doätr.
P- 530.
E) Sulpitins Senerus lib. 1. Vit. Mart. c.7: s) Epift. 134. ad Sophron.
t) Comm. inP£. 86. u) Ho-
mil. 1. in Ioh, et Theodorer. lib. V. Therapeut. Conf. Mornsws lib. II. de Euchar, c. 7. Chemnitius P. U. Exam.
P- 367.
-
296
— — —t — — —— —
„und eine goͤttliche leder Dergleichen
auch Origenes Elärlich gedenfet: “Wir ermah⸗
„nen das Volk durch Leſen und Erklären zur
„Gottfeligkeit und zu andern Tugenden, die un:
„mittelbar dazu gehören. Wir führen es ab von
„der Verachtung GOttes und andern Affeeten,
„Die auch) von der Vernunft abweichen,, y): Dem»
nach ſchließt man auch aus der Apoftel Geſchicht 13,
15. daß nad) Verlefung einer gewiſſen Stelle der
heiligen Schrift diefelbe von den Lehrern ausgelegt
und zum gemeinen Mugen angewendet wordenz),
Wie alfo in den alten, obwol unrecht genannten
—— Hr Saßungen befohlen wird: “Mac
„Verleſung der ek „Epiſteln, Apoftelge-
„chichte und Evangelien foll der Berordnete das
WVolk grüffen, fodann daſſelbe mit Ermahnungen
„‚anreden,, a). Davon ein uralter Lehrer ſchrei—⸗
ber: Wenn du oft zur Gemeine fommft, dem
„Worte GOttes Gehör gibft, die Erklärungen
„der göttlichen Befehle faſſeſt, fo wird dein Geift
„ourch Die göttlichen Worte ftarf werden, gleich-
wie das Fleiſch von der Speife, b). Und ein
gewiſſer Hiftorienfchreiber meldet von den Gemei⸗
“nen in Cappadocia und Eypern, daß fie auch
des Sabbaths und Sonntags abends zufam-
men fommen find, und bey Lichte von den Auf
feßern und Welteften Die heilige Schrift erflären
bören .c).
5. And diefes ifts, warum man auch in denen
noch übrigen Tractaten der folgenden Scriben—
ten, darinne fie etwa Erklärungen und Reden an
die Gemeinen gethan, ſolche Denkmahle findet.
Als, wenn Yuguftinus bisweilen feine Rede fo
anfange: «Bis hieher iſt der Pfalm gelefen wor-
„oen,bis hieher foll er aud) abgehandelt werden,,d).
Und wiederum: “Meine Brüder, wir haben ge
„hört, da das Evangelium abgelefen ward, daß
„der HERR fpricht: Wer mic) lieber, der wird
„mein Wort halten. Es find viel Dinge, Die in
„oiefen Worten des HEren erfordert werden. So
„viel aber der HErr uns zu ſchenken wuͤrdiget
„nach unferin und eurem Maaß, was wir reden und
ihr Bören follet,, 2c. ©). Wie auch Ambroſius:
„Meine Kinder, ihr habt das Buch Hiob lefen
„hören, der in der feyerlichen Zeit Durchgegangen
„worden, f), Bisweilen nahmen die ehrer gar
4 u
® > 23
2.3. Don der erften Ehriften gemeinem und fonderbarem Bottesdienf, 1
Gelegenheit von dem Pfalm zu reden, den man ges
fungen hatte, oder lieſſen etwa denjenigen erft ab⸗
fingen, den fie erflären wollten, wie man aus eis
nigen Merfmaßlen bey den Altenfiehtg). Augu⸗
ſtinus faget abermal: *Diefen Pfalmen betrach-
„tet mit uns andächtig, wie wir ihn mit einander
„frölich gefungen Haben h). Eure Liebe weiß, daß
„wir die Nede von dem Pfalm, den wir jegunder
„abgefungen haben, bis — verſchoben ha⸗
„ben, i). Und von dieſer Arbeit hieſſen die Leh⸗
rer Ausleger des Worts k) Tractatores, die
daſſelbe abhandelten 1), und ihre Reden Tracta⸗
te m), Somilien »), Sermonen o), oder, wie
wir jego reden, Predigten, fonderlich wie fie
nad) der Zeit bey rubigem Stand der Kirchen auf
Famen, da fie um ein merfliches auf andere Arc
eingerichtet waren, als unter dem Druck der Chris
ftenbeit. *
6. Bey dieſer Gelegenheit muß ich von dem
Worte, Predigen, aus der Antiquitaͤt dieſes er—
innern, daß es heutiges Tages meiſtens in anderm
Verſtand genommen wird, als es in der Beil.
Schrift und bey denen alten Chriften FR
lich) gebrauchet worden. Hoͤret man von Predi-
gen reden, fo macht man fıd) gemeiniglic einen
Begrif von einer Stunde langen Rede, die
über einen gewiſſen Tert nach der Rednerfunft
wohl eingetheilee, mit einem Exordio und al
fen andern Partibus verfehen, und fo auswendig
hergefaget wird; fogar, daß auch das unverftän-
dige Volk ein Sprüchmwort daraus gemachet hat,
und eine jede lange verdrüßliche Rede eine Pre=
digt zu nennen pflege. Nun ſoll nicht allein
bald gezeiget werden, wie bey den Apofteln und
ar Nachfolgern auch bisweilen nur etliche
orfe dennoch eine Fräftige und genugfame Pre-
dige von JEſu Ehrifto geweſen; fondern es ift
auch aus der heil. Schrift und der Dolmetfchung
des Herrn Lutheri gar ein anderer Verſtand zu
fehen. So werden Jonaͤ Worte, die er zu Nini-
ve ausſprach, eine Predigt genennet, c. 3, 2
Matth. 12, 41. Hingegen ftehet aud) von dem
Errn JEſu, daß er *einelange Predigt gehalten,,
arc. 6, 34. oder nad) dem Griechifchen, gar
viel Dinge gelehret habe. Alſo wenn Nom. —*
— ehet,
“u
x) Apol.c.39. y) Origeneslib. II. adu.Celf. p.142. 2) Gerhardu: Loc. de Minift. n. 65. a) Lib. VIIT. Con-
ftit. Apoft.c.4. b) Origeneshom.g.inLeuit. c)Socrateslib. V. c. 22.
g) Bafılius M.inPf.ı14. h)InPf. 44.
inloh. f) Lib. V.ep.33.
d) Enarrat.inPf.39. e) Tract. 74.
i) In Pf. 147. ° k) Eufeb. lib. VIII. H.
E.c.24. 1) Hieronymus adu. Heluid. et Epift. 50. ad Pammach, Auguſtinus pallim. Vincentius Lerinenfis c. 40.
Commonit. m) Ambrof.lib. TI. ep. 14. Hieronym. Epilt. 65. Opratus Mileuitanus lib. IV. Auguflinus pallım,
prxfertim in Tract. in Ioh. n) Augufin. in Pf. 11g:a fermone familiari et facili dictæ, iuxta Fr. Bern. Ferra-
riumJib. I. deS. Conc.Rit.c.5. 0) Augufl. 1. c.
3
St ı En >
ee
et; der Glaube komme aus der Predigt,
—— GOtt mache durch thoͤrichte
Predigt felig,u. ſ. w. darf niemand an eine ſolche
ausgeftudirte Predigt nur denfen, indem alle an-
dere Arten der Lehre aus dem Wort mit ein:
gefchlofien find. Das Wort Predigen oder
predicare, (zngussen),ftausder Gewohnheit
der alten Völker ſommen, da fie Durch ge:
wille Boten und Diener p), durch Serolde,
Ausruffer, u ichen, etwas ausruffen, an:
fündigen und fagen lieffen 4). Daß demnach
ungurze, oder predigen, nichts anders war, als
verfündigen, Fund tbun, anfagen, ohne Ab-
ficht auf die Art des Vortrags, wie und mit was
Unftänden derfelbe gefhehen möchte: indem der-
gleichen Ankündigung auch mol mit "etlichen
Worten nur gefchehen Fonnte, auch wol von einer
Sache, die entweder fehon befannt vder unbekannt
warr), nachdem es etwa die Noth erforderte.
Undin ſolchem Gebrauch war das Wort angursen
oder pradicare ‚item, predigen, auch in dererften
Chriftenfeir ‚ da mans von denen Diaconis
brauchte, die mit zwey oderdrey Worten dem Volk
etwas anfagten s): ingleichen von denen Propheten
und andern, welche oft gar wenig Worte machten ,
aber deſto mehr Kraft in den Herzen lieffen t).
7. Damit ich aber wiederum aufmein Vorha⸗
ben fomme, fo ift weiter zu wiffen, daß man ſich
auch in folgenden ae doch nicht allzeit fo genau
an einen gewilten Tert gebunden, fondern biswei-
len , nachdem der Geift auszureden gegeben, und
die Gelegenheit es font zugelaffen, zum Volke
geredet babe. Wirbaben fchon gefehen, wie esin
der apoftolifchen Kirchen gehalten worden, da
zwey oder drey geredet und die andern gerichtet
baben, ı Cor. 14, 29. Siehe das 5 Cap. des ıı Buchs
$.14. Mach der Zeit, da auch fchon einer allein
auftrat, liefle man ſich doch nicht von noͤthigeren
Erinnerungen durch die ordentlichen Materien ab-
halten, Sie nahmen auch wol ganze Bücher
durch, wie wir nochdie Tractaten Auguſtini über
“
22. Cap. Don dem öffentlichen Leſen und Predigen des Worte.
297
Johannis Evangelium , Epifteln und Offenba-
rung haben. Von welchem Ießten Buche ein
merfwürdiger Canon (dev fechzehente in der Orde
nung,) auf den vierten Coneilio zu Toledo gema=
chet ward: “Beil viele die Autorität der heiligen
„Offenbarung nicht annehmen wollen, und nicht
„ſo werth achten, fie in der Gemeine GOttes zu
„predigen s als ſoll derjenige aus der Gemeine
„ausgefchloffen feyn, der fie hinfuͤro nicht in der
„Gemeine annehmen oder fie von Ditern bis
„Pfingiten nicht predigen wird, Alſo that
einften Eyprianus ‚da er einen vornehmen Mann
öffenelich zu ftraffen noͤthig befand x), und Augu—
ftinus , als er von einem gefchebenen Wunder»
werfe redete y). Wie man auch in einem alten Bus
che von Petro lieſet, daß er in einer langen Rede
die Gelegenheit von der Vorſehung Gttes zu
lehren foll genommen haben aus einem Wunder:
werf, das er gleich gerhan gehabt z). Don wel-
cher Art zu lehren einer insgemein fagt, “daß man
„in der Gemeine entweder die Gebote GOttes
„vortrage, oder Wundermwerfe erzehle, oder die
„Gaben GOttes preife, oder auch mehrere Wohl⸗
„thaten von ihn bitte,,a). Und bey ſolchen Be:
gebenheiten fanden die Lehrer rathſam, weniger
als fonft zu reden, und den Chriſten vielmehr die
Güte GOttes zu eigener Betrachtung zu überlaf-
fen db). Immaſſen fie auch fonft bey dergleichen
Fällen und insgemein bey der Fräftigen innerfichen
Wirfung des Heil.Geiftes viel Worte für unnörbig
achteten. Gleichwie einer von folchen erleuchte-
ten Herzen befennet, daß nun an ihnen erfüllet
worden fey aus ı Cor. 13, 8. daß die Weiſſagun⸗
gen sufbören. müffen. Weil nemlich in ihnen
„eine fo gewiſſe Untermeifung des Glaubens, der
„Hoffnung und Liebe gefchehen,, daß fie das Voll-
„kommene nun befigen, und das Stuͤckwerk nicht
„mehr füchen ce).
8. Um die Eintheilung der biblifchen Bücher
und Capitel will ich mich bier nicht befümmern ; in:
dem doch bey fo vielem Nachfchlagen die Autores
Pp dennoch
x
p) Sic Hefjchius h.v p. 420. Knguxes ol &yy eAoı, ol dieäxevon, ol Tag Umngerinds emirehdyres mesgeis.
* ungu& ’ ay yer& ? Uarov&>, meesfeurns. 9) Anussı@- ungu& ap. KElianum lib. II. Var. c.ız.
angvyuarz præconia publica.ibid. c. 23. et ap. Zucian dial. Merc. et Char. p. 279: rs anguno
On. Theen Progymmn,
Majx p. 233. neu Eu, WO NE
. 133: TOIS ERKANTIAIS RNgUTTEN, de Mercurio Lucianus Dial. Merc. et
choliaftes Thucydidis ad lib. P. 8. Zucian. Tim. p. 132. Conf. de publicis
preconibus Dalechampins ad Plinii Hiſt. Nat. p. 459. Pet. Faber lib. II. Semeftr.c.6.
r) Hinc Bafilius M.de
Spir. $. c.27.diftinguit ra doyuaret ANGUYWATE ; illa tacenda, hxc publicanda efle ait. Conf. Quenfle-
dins P. IV. Theol. Didadtc. i2. p 399. s)Diferte eCanone 2. Ancyrano comprobat Zuffellus Not.ad h. P.179.
t) an@aaWw- -maba Te Jegas, "yneus ,eml TavEvriunv Aeyerzu, ruQins eo Durav Voarumdlc
Erymologycum Magnumb. v. V fun monftrant ScriptoresEeclefiaftici pasfim.
XXIT. deCiu. D.c8. 2) Recognition. Clement, lib. IV.p 76.
lib. XXII. e. s. &Id. de Doätr. Chr.c.3$.
99°
% “a
x) Sorrateslib.VI.c. 5. y)Lib,
a) Tugufin.lib. I. deCiu.D,c, ag b) Ibid.
298
dennoch Faum etwas gemwifles geben fonnen d).
Bon den Eintheilungen aber der jego gewoͤhnlichen
Sonn und Seftevanaelien und Zpifteln fin-
det fich bey den erften Ehriften gar nichts, ob es
gleich etliche gerne Daher führen e), und zum we:
nigften den Zeiten Hieronymi zufchreiben f), oder
Yuguftinum zum Urheber machen wollen g).
Alleine, obwol an denen Gedaͤchtnißtagen der
vornehmften Wohlthaten GOttes die Alten etwa
dergleichen Materien aus der H. Schrift in der
Gemeine lafen und erflärten b); fo ift doch aus
feinem die Art der heutigen Pericoparum oder
Eintheilungen zu erweifen; ja aud) nicht einmal
aus Bregorii M. go Homilien, welche nicht al⸗
lein nach den Terten felbft nicht mit den heutigen
übereinfommen , fondern auch viel neuere Ueber:
fehriften haben , als damals gebräuchlich gewe—
feni). Dahero, ob es gleic) nicht fo gewiß ſchei⸗
nen moͤchte, wer eigentlich der Anfänger der Sonn:
und Feittagsevangelien gewefenk); fo ift doc)
dis unleugbar, daß es erſt unter dem römifchen
Antichrift angegangen. _ Die meiften fchreiben es
Alcuino I) und Paulo Diacono, oder Warne⸗
frido zu m), welcyer auf Befehl Carl des Grof-
fen die Erflärungen diefer Evangelien zum we—
nigften aus den alten Kirchenvätern gefammlet
und in Ordnung gebracht hat n). MWorinnen eis
nige meynen, daß man auf der Juͤden Gewohn-
heit in ihren Haftaris und Parafchis oder Ab-
theilungen des Geſetzes gefehen habe o). Diefes
äft zum wenigſten Daher zu fehen, daß ohne Zivei-
fel der römifche Antichrift hierunter auch einen
Vortheil gefucher habe, zum wenigſten, damit man
den Leuͤten nach und nad) die ganze Bibel aus den
Händen auch hiedurch drehete, und immer mehr
neue Menfchengebote haufen Fonnte, womit die
Gewiſſen gebunden und der Freyheit beraubet
wuͤrden. Da man zuvor ungehindert die Lehren
des Chriſtenthums nach einander aus der heiligen
nd ni Pr' Tu
* EL
2.3. Donder erften Thriſien gemeinem und ſonderbarem Gottesdienſt.
—
Schrift nach dem Maaß der Weisheit: und: der.
Gnade vortragen durfte, und nicht cher auf an⸗
dere Puncte fam, bis die erften recht indie Her⸗
zen eingedrucket worden : fiehe, da füllte nunmehro
die Schrift nicht mehr ganzder Gemeine bekannt
werden, und Jahr aus Jahr ein von einerley ges
prediget feyn. Dabey die, jo fich nur mit Nach-
lefen bebalfen , endlich nicht mehr wußten, was fie;
daraus predigen follten , damit fie die. Stunde,
nur hinbrächten. Dazu Fam auch diefe Liſt des
Wiverfachers, daß er dadurch die Lehrer nachlaf-
fig machte, indem-fie nicht auf alle Terte in der
Schrift gefchicke feyn durften, fondern fich nur;
auf etlidye so Evangelia des Jahrs gefaßt halten.
Daher Famen nun die unzähligen Poftillen , wie,
man fie nennt, oder Auslegungen , welche
(Poftilla ) nach den Tertworten gefeßet waren:
Dergleichen Mißbrauch noch diefe Stunde in
dem verderbten Ehriftenehum am Tage liegt. Den
öffenbaren Uefprung dieſer Gewohnheit erkennet
der fel. $ucherus zum öftern, daß er in dem Pabft-
thum und in deflen Finfterniß.gewefen p). Wie
er auch fonft den Erfinder für einen ungelebrten,
ungefchickten , unverftändigen Werkheiligen und
dergleichen erfennet g) : welchen nun die Gemei-
nen fo lange Zeit haben folgen müffen.
9. Unter denen Umftänden der geiftlichen Be—
trachtungen des Worts find noch) übrig die Per-
fonen, welche darinnen dem Volke vorgegangen.
Da wir denn ſchon von denen Aelteſten und Die-
nern , wie auch von denen andern Ebriften
geſehen, ob und wieferne fte in der Gemeine ge-
lehret haben. Hier achte ich aud) unnörhig, von der
Pflicht derer Biſchoͤffe, oder wie wir reden, In⸗
ſpectoren und Superintendenten, einige Urfunden
darzubringen. Ihrer Sermonen oder Reden
(Surusy,wird im Concilio zu faodicea gedachtr);
wie auch in andern Conciliis s), Daß dahero
von denen erften Lehrern viel weniger ameile! **
leiben
d) Capitula iam nominant Tertullianus lib. V. ad Vx. c. iI. Auguſtin. Tract. 2. in Ioh. neDoNou, Gregorius
Nyf.de Hom. Opif. TirAgs,
xandroI. € Sec. II. adferibere improbat Zeo Allatius di. I. de Lib. Ecel. Gr. p. 49.
Daniafı Epift. ad Hieronymum fpuriam effe oftendit Blondellus Pfeudo-Ifid. p. 516. rm
h) Ita 4uga/finus procem. in Epift. Joh Hieronymus adu. Vigilant.
gpore , qui tament dubix funt fidei.
monftranit E. W. Tenzelins diß: de Rit. Le&t. S. n. 52.
Suidas in v.Mattheus. Vid. Critiei Scriptores inV.etN.T. e) Quosdam Ale-
f) Vid. Allatinsl.c. Sed
g) Ex Sermonibus de Tem-
i) Com-
k) Vid. Hildebrandus de Conc. Vet.c.I.n.36. 1) Ioh.
Mabillonius Tom.1. Anale&t. p. 25. qui cont. Tom. V. Vit. Ord. Benedidtip. 767. Carolus Dufrefnius Gloflar.
Lat. V. Ledionarium. m) Sigebertus Gemblacenfis Chron, A. LXXXVIL, conf. Pamelius ad Tertull. Apol.n.sor.
nn) Prxfatio CaroliM.in Homilias Pauli Diaconi ap. Mabillonium Anal. l.c. Sixtus tamen Senenfis id Alcuino
tribuit lb. IV. Bibl. S. p. 233. ©) Quiforpins Pior. Defid. p. 23. P/erfferns C.I. Crit. S. qui 3
p) Po. Ecclef.
P.1.p.19. P. III. p. 134.250.272.360. g) Ibid. P.I. p. 119. 150. TIL 82. 134:)188. et Poft. Domeft. P. II. p.6ı. It.
Tom. II. Ien. Germ. p. 270. Add. Horringerus Cap. VIL-Hift, Ecel. p. 469. Quiforp. Ic. Gerhard. pre. ad Ho-
mil. Euang.et homil. I. p. 19. Bannbauerus Tom. I. Theol. Confeient.P. IL.p. 1015. qui quædam Euangelia fua-
viehimä omilla conqueritur. Balduinus Homil. Epift. Domin. dedic. quiplerasque Epiltolas mere legales pro-
numeiat. C. H. Sandhagen prxf. ad S. Schmidii Comm. Gerim. Lunzb, 1685.12. X) Can. 19.
s) Carthagin. IV
t.20. Quini-Sext,c.ig, etibi Balſamon. Valentin. Ill. c.16
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‚nach fo geftanden oder gefeffen
7 Cap. Don dem öffentlichen Ceſen und Predigen des Worte.
bleiben Fann. Diejenigen nun 8 g
‚werden ohne Zweifel der aͤuſſe ' Stellung
„ daß ihre
Stimme von allen Zußörern vernommen werden
koͤnnen. In den eriten Zeiten fonnte man da feine
Eeremonien machen, oder Kanzeln aufbauen, we:
nm Kirchen gezeigten Umſtaͤnde.
Der HEre JEſus und feine Jünger predigten bald
im Schif, bald aufdem Felde, auf den Gaffen, in
den Haufern, Schulen, Gefängniffen, ja oft auf
den Kabenfteinen , Kreuzen, Gaigen, Rädern,
Scheiterhaufen und dergleichen, wenn fie GOtt
preifeten mic ihrer Marter und Tode. Und fo
lobete es auch der Märtyrer, wenn einer von
„dern Stockhaufe oder der Marterbanf auf die
„KRänzel kam ).. Alshernach bey der aufhören:
den Verfolgung die Zuhörer fich haͤuften, und fie
nicht, wie zuvor, in einer geraumen Stube mehr
Pas hatten, fondern man groffe und hohe Ge—
baͤude zum Pracht ohne dringende Noch aufführte,
da war es freylich nöthig, daß die lehrer etwas
bößer ftunden,, alsdas Bolf. Und dahero geden-
Een fie in diefen Zeiten der höberen Stelken, dar:
auf fie geftanden. Wie alfo Huauftinus von ſich
zu feinen or fagte, “er ſtehe zwar an einem
„erbabenen Det und rede, er liege aber dabey vor
„Fuͤrcht unter ihren Füllen, weil er wiſſe, wie
„gefährlich es fen, von diefer hoben Stelle Ne:
sschenfchaft zu geben u). And anderswo: “Die
„beilige Schrift und Lehre zur Gerechtigkeit er-
„ſchalle von dem hoͤheren Orte vor allen : Die, fo
„es thaͤten, die hörten es zu ihrer Belohnung ,
„die andern zum Gerichte „x). Erftlich pflegten
fie auch nur bey dem Tifch oder fo genannten Altar
etwa auf Stuffen zu treten, darauf fie über Das Volk
feben fonnten y). Bis bernach die *Predigeitühle z),
„Suggeftus a), Ambones oder b) Kanzeln,,
auffamen, die man von dem abgefonderten und
eingefchränften Dre alfo nennte. Woraus man
abermal einen’ groffen Mißbrauch in der ver-
derbten Kirche machte, nicht allein in andern
abergläubifchen Dingen, fondern fo gar auch in
den Ratren da man ſie die Chrone der Xedner,
Enrogimastgöves, oder Stühle zu denen Reden
t) Epift, 62. u) Serm. 62. de Verb. Dom. fec. Matth.
299
ewiedmet, nennte ec). Paulus von Samofato,
ein Bifchor, ließ fic) einen Hohen Stuff bauen, wie
die Herrendiefer Welt haben, und wenn erdarauf
predigte, hatte er lauter feltfame hochmuͤthige Ge:
berden an ſich, ftampfte mit den Fuͤſſen, fchlug mit
den Händen aufdie Hüften, und gab fonft feine Hof:
fart in allem an den Tag d).
10. Soviel von den Umftänden diefer Sache.
Betreffend aber das Lehren und Predigen felber,
tie es in der erften Kirchen lauterlicy nach des
Herren Willen getrieben ward, fo ward es von
den lehrbegierigen und bedürftigen Herzen für
fehr noͤthig und heilſam geachtet; wie wir in fols
cher Maaffe oben bey der Erleuchtung gefehen has
ben. Der HERR JEſus ſelber hatte fich des
Lehrens nicht gefchamt, und Br Apoftel erites
Werk war, unter den Ungläubigen Juͤnger zu ma⸗
hen, Matth. 28. Dabey aber fahen es die Ver—
ſtaͤndigen, fonderlid) die,fo es vertichten follten ‚für
£einefo leichte Sache an, daß es in iftem Ver—
mögen beftanden hätte, wenn und wie fienur pre=
digen wollten. er ſchon ein wahrer Chriſte den
lebendigen Glauben in ſeinem Herzen, ſo — er
doch wohl, daß hiezu wiederum eine ſonderbare
Gnade erfordert wuͤrde, dieſen Glauben andern
wiederum vorzutragen. Wie alſo einer den Un—
terfcheid diefer Gaben anzeiget, wenn er glauben
und lehren, oder vom Glauben reden, unterfcheis
det, und fagt, jenes hätten auch die Apoftel ſchon
anfangs gehabt, aber nicht zugleich diefes e) Denn
wenn es Feine Gabe von GOrt wäre, fo wäre fie
allen Menſchen gemein, da doch auch unter Leh—
tern, zum wenigſten nach der äufferlichen Bered⸗
famfeit, eingroffer Unterfcheid war. Dahero man
fonderlich von den berühmeeften Predigern in den
alten Gemeinen vieles angemerket bat. Dergleichen
einften waren, Alexander, ein Xeltefter und im
Lehren fehr geubter Mann FJ; Lucianus, ein Auf:
feher zu Nicomedia g); Apollinarius, aus Sy:
rien h); Bafıliusi), Gregorius, zu Cäfarien ;
Dionpfius, von Corintho, die*groffe Erfenneniß
„und Gnade hatten das Wort zu predigen „ K);
zngteichen Alerander, feiner Profegion nach ein
Medicus, ger Liebe GOttes und Freudig-
p2
x) Lib. II.de Ciu.D.c. 28. Add. ib.XXU. c.6. y) De
„keit
‚Chryfoffomo vt ſingulare notat Socrares lib. VI. c.5. quod — conſcenderit, ubi v. Valefinsp. 76. 2) Pulpi-
ta didta a Cypriane J. e. Cont. Panuinins de Voc. Ecclef.h.v. Tribunalia fublimia, vnde Antiftes Deum prædicat
ap. Prudentium hyınn. ıı. de Cor. Cyprianus Epift. 68.
a) Glofarium Stephani: Suggeftum, Ayux , vo.
Hinc Chryfoflomus aliquöties Pquce nominat homil. 88.. Serm.I. in Pentec. b) inCone, Zaod.l.c. Vid.omni-
no F. B. Ferrävsuslib. III. de Conce. Vet. c. 2.
lib. VI. c. 30.
c) Nicera
€) Chrwof. hom. 24. in Matth, Oper. Imperf.
'honiates de Manuele Comneno lib. VIT. d)Enf.
f) Eufeb.lib.VIl.c.26. g) Trishemins de
Script, Ecel.h.v. h) Sozemen»slib. Vic. 17. 3) Idib. k) Ru/eb. IV.c.25.
*
300
„keit zu reden war, und an den apoftolifchenGaben
„reinen Mangelbatte „). Wie auch bernach Chry⸗
ſoſtomus, der “neben feinem göttlichen geben auch
„den Zuhörern den Eifer feiner Gottſeligkeit leicht-
„lich einpflanzete, weil er nicht nach der Kunſt
„und Macht der u dazu zwunge ; fondern
„zur Erläuterung der Wahrheit die Heil: Schrift
„erklärte „m), Bon Eypriane tird. gleichfalls
bezeuget, es habe ihn ganz Africa beflage, weil
es durch feine Reden fo gründlich war untervich-
tet worden. Denn "der Geift GOttes, der über
„die Propheten fommen war, hatte ihn aud) mit
„den Brunn der Beredfamfeit erfüllen).
ıt. Und freylich war es bey denen erften Ehri-
ften eine unftreitige Wahrheit, Daß der Heil.Geift
alleine die Zunge recht beredt unddie Worte zum
Lehren geſchickt machen fonne, “Sollte einer
„‚geiftreich lehren und predigen, wie man zu reden
„und dakum vor der Predigt zu beten pfleget, fo
„mußte er ja gewißlich auch vom Heil. Geift reich
und erfüllet feyn von Gaben, wie dorten Pau-
lum der Geiſt drange zu bezeugen den Juͤden
IEſum, Apoft.Gefd).18,5. Daher er aud) ver-
ficherte , daß das Evangelium, foerihnen verfün-
diget hatte, “nicht allein in Worten bey den Be—
„kehrten geweſen ſey, fondern beyde in der Kraft
„und in dem Heil.Geift, und in geoffer Gewiß—
„heit,, 1 Thefl.1,5. Der HErr hatte ihnen ‚ver-
heiffen, der Heil. Geiſt füllte ihnen zuder Stunde
geben, was fiereden follten, dieweil fe es nicht waͤ⸗
ten, diedaredeten, fondernihres Bäters Geift, der
durch fie redete. Matth. 10, 19. 20. Alfo mußten
fie nun vor Feine Derantwortung forgen, ſon⸗
dern vielmehr erwarten, was ihnen der Geiſt
GOttes eingebe. ° “Denn (fagten die Alten
„hiebey auch in folgenden Zeiten), unfer Glaube
„fell auf alle Befehle des göttlichen Willens. acht
„haben, fo wird er zur Antwort mit Weisheit
.„ausgerüfter werden ‚ da uns Abraham zum Er-
„ernpel dient, dem es an feinem Widder man-
„gelte, als er opfern wollte, o). Dis war ihnen
Feine fremde Lehre, fondern eine göttliche unfehl-
bare Verheiſſung. Wer fie in Demurb faffste,
und nicht felber ſeyn wollte, derda redete, fondern
fich der Regierung dieſer theuren Gnade überließ,
der erfuhr, daß fie nicht‘ fehlete. Denn er ift
y 14 lib. V.c. 1. m) Sozomenus lib. VIII. c. 2. Socrateslib. VI.c. 4.
=. ee 144
2.3. Don der erſten Chriſten gemeinem und ſonderbarem Gotteedienſi.
treu, der es verheiſſen hat. Alſo redeten fienum
‚und glaubegen, ohne Ueberlegung mit der Bernunft,
auc) von dem Worte, die heilige Schrift fey fo
befchaffen, daß jedermann Bar — AR
koͤnne, wenn er num in Andacht und Gottſeligkeit
dazu fommep). Man fuchte diefe zwey Stü-
che bey einem Lehrer, “da n GITT lerne-
„te, die heilige Schrift laͤſe und oft betrachtete,
„fodenn erft das Volk lehre ———————
„das lehren, was er von GOtt ſelber gelernet hat⸗
„te, nicht aber aus ſeinem eigenen Herzen, oder
„aus menſchlichem Sinn, ſondern was ihn der
„Heil. Geift Iehrte,;,g). And. deswegen riefen
ſie einander ernftlich zur «Mede, was des Geiftes
iſt, und wo es möglich ift nichts andersr) Es
„iſt hoͤchſtnoͤthig, (fagtenfie, ) Daß man erſt mit
»Eifer und Seien a ee R A er
„uns Kraft gebe, feinen Reichthum zu begreifen,
„nemlich den wahren Schag CHriſti in unferen
„Herzen mit der Kraft und Wirkung des Heil.
»Geijtes. Alsdenn, wenn wir nun zuvor in
„uns ſelbſt den Nutzen, die Seligkeit und das
ewige Leben, nemlich den HErrn ſelber, erlanget
„haben, ſo koͤnnen wir auch andern helfen, indem
„wir aus dem innerſten Schatz EHrifti alles Gu⸗
Ye geiftlichen Reden hervorbringen, und Die
„bimmlifche Geheimniffe erklären. Denn alfo
„Hhat es der Güte des Vaters gefallen, daß er bey
„allen wohnete, die ihn fuchen und an ihn glau=
„benzs). Und diß war der weifen Männer
Kath, wenn fie einen fahen deswegen die Heilige
Schrift alleine lefen, damit er esnurdenandern _
wieder herfagen konnte, daß alſo fienicht in feinem
Herzen durch den Heil. Geift verfiegelt'und ins ter
ben verwandelt war, vielmeniger zuerftin ihm an⸗
fienge Frucht zu fhaffen, eheer andere lehrte. Dem
fagten fie aus der obigen Verheiſſung: "Siehe
„zu, daß du in der Reinigkeit deines Herzens ohne
„Sorgen ſeyſt, und alsdann redeſt ).
12. Es iſt auch ſchon oben im erſten Buch ge⸗
zeiget worden/ wie fie ohne den Heil. Geiſt keinen
wahren Verſtand den Schrift: noch Grund der
Seligfeit zugelaſſen, da fie eben denen unglaubi-
gen Henden und Heuchlern bezeugten , wie Die
muthwilligen Sünder den Heil. Geift und das
Erkenntniß GOttes ohne ihn nicht Haben TORRENT
„vie
n) Pontissin Vita. Prudentius hymn. 13.
0) Hila:ins Can.ıo. inMatth.- -p) Zofirws Ep. Kom. in Iure Can. c Qu. Ecclef, dift. 36. q) Origezes hom. 6. in
Lenit. laudatus ibid.l.c. e. 3. 2) Gregorins 1
z.Or.de Modeft. s) Macarius homil. 1$.
in Apophth. PP. ap. Cotelerium Tom. 1. Monum, Gr. p. 668.
t) Ammon Abbas
7
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viel alfo den andern wieder vortragen.
„Wir fagen, daß nicht ein bloſſes Wort diefe Er-
Fenntniß fen, fondern eine göttliche Weisheit und
das Licht, welches der Seelen nun (in der Wie:
„dergeburt) eingepflanzer wird aus dem Gehor:
„ham gegen das Wort, und fodann alles offen-
„baret, was in der Geburt iſt, und den Menfchen
„lehret, daß er fich felbjt erfenne und feine Gedan⸗
„ken zu Gtt richte o). Es ift ja unmöglich, daß
»man mit der Menfehlichen Natur oder Berftand
„ſo hohe und göttliche Sachen erfennen Fann, fon:
„dern es ift diejenige groffe Gabe noͤthig, Die da:
»mals vom Himmel auf die heiligen Männer ber:
»ab kam. Welche Männer feiner Nednerkunft
»bedurften, oder mit Zanfen etwas thaten, fon
„dern ſich nur Iauterlich dem Heiligen Geift
ȟbergaben.Lnd alfo brauchte fie der Heil. Geift als
„Werkzeuge, uns die Erfenneniß göttlicher und
„himmliſcher Dinge zu offenbaren x). Und diß
„waren meiftens ungelchrte einfaltige Leute, da—
„mit man fabe, wie das nicht aus menfchlicher
„Weisheit berfame, fondern in der Kraft GOt⸗
„tes geredet wurde, y); ı Welche und dergleichen
Ausfprüche nach dem klaren Willen GOttes in
der beil. Schrift fich faſt unzaͤhlig bey denen Als
ten, fonderlid) aus denen erſten Seculis, finden.
Immaſſen fie diefe Kraft des Geiftes auf a
Seiten für unumgänglich nötbig achteten. Cie
merften aus der Erfabrung an, wie die Wirkung
des Heil. Geiftes ſich in den Herzen der Ehriften
gleichfam verdoppele, wenn Lehrer und Zuhörer
von ihm regieret würden. “Der Lehrer lernet cben
„im ehren immer mehr, (fegten fie,) und wenn
„er redet, fo böret er oft zugleich (von dem Heil.
„Geift) mit denen Zuhörern. Es ift ein Mei:
„ter ſowol deſſen, der da lernet, als der da leh—
Fret: der befeuchter Sinn und Verſtand allei-
316, 2), So erfuhren fie auch wiederum, “daß
„oem $ehrer mehr Gaben beygelcget würden,
„mwenndie Zuhörer begieriger und hungeriger nad)
„dem Worte waren. Der HErr gebe jenem das
Wort haͤufiger, den Zuhörern zum beiten. Bis:
Weilen aber werde ihm auch aus Schuld der Zu-
„börer das Wortentzogen,, a). Daher ward nun
diefes bey ihnen für einen *groflen Irrthum ges
‚„balten, wenn man meynet, es koͤnne doch einer
„ein rechter Lehrer feyn, wenn er gleich den Heil,
„Geiſt nicht in ſich wohnend habe; da doch ohne
„denfelben niemand (und alfo auch Fein Prediger)
Jeſum einen HEren nennen fönne;, ı Cor. 12, 1.
wie es durchgehends ihre Schriften bezeugen. '
Siehe oben das 3. Cap. im u. Buch b), Aus
welchem Grunde auch diefes der Lehrer größtes Lob
war, wenn fie lebrten, was GOtt ihnen gab. Wie
alfo Auguſtino nachgefaget wird; “er habe das
„gelehrt, was ihm GOtt bey feinem Geber und
„Andacht zu verftehemioffenbaret,, c). Und Mar:
tino, einemandern Bischof, daß er nichts menſch⸗
„liches gelehret, alser den Heyden das Wort GOt⸗
„tes verfündiger. Es habe ihm der Geiſt folches
„angekuͤndiget, da er über der Blindheit des ar—
„men Volks herzlich gefeufzee und entbranne ges
„weſen d).
13. Und’ daher geſchahe es nun , daß die er-
leuchteten Lehrer ihr Predigen und Lehrden nicht
eben’auf ein langwieriges, angitliches und muͤh—
fames Studieren, und Auswendiglernen anfom:
men lieſſen. Denn obgleich Fein’ Verſtaͤndiger
verwegen feyn wollte, wie die wilden wuͤſten
Schreyer und Speyer, nad) Lutheri Beſchrei⸗
bung, die fich auf die natürliche Fertigkeit ihrer
Zunge verlaffen, und nichts als Ehre und Men:
fchengunft bey ihrem Predigen fudien e); fo
lieffe fich doch der Glaube derer Rechtſchaffenen
vornemlich mit der Gnade genügen, darinne fie
ſtunden, und fie fehöpjten aus der Fülle GOttes,
was ihnen nöthig war, wo fie auch im Fall der
Moth ex tempore oder ohne vorhergehende ſon⸗
derbare. Meditation lehren mußten. Denn ge—
wißlich lieffe dor HErr ſie da nicht leer von feinem
Lichte und deffen Schein, wo es feine Ehre betraf,
und der Menfchen Heil daran lag. Dazu denn
die Hebung und lebendige Erfahrung ein merkli—
ches beytrug: Wie man alfo von Attieo, einem
Bifchof zu Eonftantinopel, weiß, daß er erftlich
mit groffer Mühe geprediget, bernach aber eine
folche Freudigfeit im Reden erlanger babe, da er
im wenigen freu geweſen, daß er ohne vorherges
bende Meditation ofte gelehret fl, Es wollte
aber der HErr um foldye nörbige Weisheit und
Gnade in ftetigem Geber ernftlicdy angefprechen "
ſeyn. Darum unterrichtete jener geübte Lehrer
die andern alfo: “Ein Lehrer foll, was heilig und +
„gerecht und que ift, auch thun, wenn ers fügt,
„denn fonft darf er nichts anders fagen. Er ſu—
„sche es mehr in dem gortfeligen Gebet, als in der
„Macht zu reden, und zweifle nicht, damit er,
„wenn er für ſich und feine Zuhörer betet, erst ein
Pr 3 „Beter
u) Clemens Alexandrinus lib. III. Strom. p. 444. X) Iufinns Martyr Cohort. ad Gent. p. 8. y) Id. Apol. II,
pP: 93.
tius hymn. 10. init v. Era/mus'Ecclef. IB. I. p. 4.
2) Clemens Alexandrinus lib. I. Strom. p. 275.
p 5
a) Gregorius M. lib, I. Moral, c. 5. b) Pruden-
c) Pofhdius in Vita e. 3. d) Suipisius Senerus Dial. II.
c. 5. €) Hieronymus in Ecclef. 9. f) Socrates lib. VI. c. 2.
*
302
„Beter fey als ein Nebner. a, eben in der
„Stunde, da er hinzutrit zu reden, ehe er noch
„ven Mund aufthut, muß er die vürftende Seele
„zu GHDtE heben, Damit er wieder hervorbringen
„eönne, was er in fich getrunfen hat, und aus-
„geile, was ihn erfüllet hat, nemlich die Gnade
„des Geiftes,, b). Welche herrliche Erinnerung
wahrhaftig bey allen denen höchftnöthig befun-
den wird, die im Namen GHftes einer ganzen
Gemeine den heiligen und vollfommenen Willen
Goſttes vortragen füllen; indem damals diß ein
allgemeiner Weg war, ehe man etwas Geiftliches
zu Handeln anfieng, “daß man wuͤnſchte und bate,
„esmöchte der HErr einem die Pforten des Lichts
„zuvor aufthun, weil fonft nichts, erkannt und
„verftaftden werden kann, wo ihm nicht GOtt und
„Chriftug Berftand gebe, i). Und deffen waren
die erften Lehrer fo gewiß, daß fie nicht aus Ge—
wohnheit oder nad) anderer Erempel, fondern
aus herzlicher Erfenntniß ihrer Schwachheit und
Berlangen den HEren zu dienen, zuvor auch
oöͤffentlich beteten. Dergleichen mir noch beym
Ambroſio aufgezeichnet finden: “OD HErr, ic)
„bitte dich und flehe demuͤthiglich, gib mir allzeit
„eine demüthige Erfenntniß, die da erbaulic) fey:
„gib mir eine fanfte und weife Beredfamkeit , Die
„ich nicht laſſe aufblehen, und über die Brüder
„ihrer Gaben wegen fich erhebe! Lege doch dein
„ort des Troftes und der Ermahnung in mei-
„nen Mund durch deinen Heiligen Geift daß ich
„mächtig fen, die Frommen zur Beſſerung zu er-
„mahnen, die fo aufverfehrten Wegen geben, mit
„Wort und Erempel zu der Richtſchnur deiner
„Wahrheit zu bringen! Laß die Worte, die du
„deinem Knecht geben wirft, fcharfe Spiefe und
„brennende Pfeile feyn, die da Die Herzen der Zu-
„börer durchdringen und entzünden zu Deiner
Furcht und Siebe, k)! Co betete diefer fonft
Hochberedte Mann nody um Weisheit und Er:
leuchtung GODttes. Yuguftinus, der in fo groß
fen Anfehen war, that es gleichfalls ſtets. “ch
„elopfe nun, (fprach er,) mit dem Berlangen mei:
„nes Herzens bey dem HEren unferm GOtt an,
daß er uns dieſes Geheimniß eröffnen wolle. Eure.
„Siebe bete auch mit mir in Der Andacht und De:
„muth für uns. ‚Denn es ift ein groß und tief
„Geheimniß , wie ich befennen muß 1). Der
„Heilige Geift lehre uns doch in dieſer
Auguſtinus lib. III. de Doctt. Chr. c. 30.
Orat. 3.ad Pop: 1) Pref. in Pf. 33.
Pfalmos, Ambrofü, Bafıli , Chryfellomi,
h)
Ecclef. p. 608. p) Exhort. ad Bapt. q) In Pf. 32.
ehe: Hi 19. et alibi palim,. u) Optarus Mileuitanus lib. VIL. fine.
ME
2.3. Don dererften Chriſien gemeinem und fonderbarem Bortesdienf,
„Stunde, was ich fagen folle,, m)! Welche Weife
er und andere alte Lehrer noch in ihren Schriften
vielfältig fehen laffen n). Und fofonnten fie auch,
und nicht anders, mit Menfchen recht reden, wenn
fie erft von ganzem Herzen mit GOtt gefprochen
und gehandelt hatten 0).
14. Wie nun in allen Berrichtungen des Lehr⸗
ames einem ſolchen nöthig war, was Janatius
von dem Auffeher zu Smyena erforderte, “DAR
„er befete , damit ihm offenbaret würde , mag
„unfichtbar ift, und ihm nichts mangelte, fondern 3
„et Ueberfluß Babe an alterley Gabe,,: Alfo be
fand es die Demuth der Lehrer auch noͤthig
fie die Zuhörer (auch um ihre Fuͤrbitte anfpras
chen. Dis bekannte der wohlgeibte und treflihe —
Lehrer Baſilius von ſich: «ch bedarf des Gebets
„derer, die den HErrn lieben, daß die Gnade
Gottes und feines Ehrifti durch den Heiligen
„und guten Geift ung erinnere und lehre, was er
„von GDEE gehöret hat, und unfer Herz auf den
Weg des Friedens leite,, p). Auguſtinus aber-
mal: Meine Brüder, heiſſet uns reden, Damit
„wir Luſt befommen, und betet, daß wir auch
„eönnen q). Weil ich durch euer Geber bin ge-
„ftärfer worden, daß ic) dasjenige erfüllen koͤn—
„uen, was ich verfprochen habe; fo wird euch auch
„iefes ferner Fund werden, wenn mir eure gott⸗
„ſelige Andacht und Fürbitte Hilft r). Bittet
„für uns, daß mirs leiften koͤnnen, und bringet
„hungerige und andachtige Herzen mit euch „, s)-
Wenn aber’ nun der Unterricht vorbey war, ſo
bekannten fie auch damit, daß fie nichts, GOtt
aber alles gethan hätte, indem fie aud) Damit das
Gedeyen folcher Arbeit abermal von GOTT mit
einander erbeteten. Da betete die Gemeine nicht
allein insgemein für die allgemeine Noth t); fon:
dern abfonderlich riefen die Lehrer den HErrn um
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fernere Gnade an, und befchloffen ihre Predigten, _
wie wirs nennen, mit einem herzlichen Wunſch
und Gebet, Wovon einer Diefes berichtet: “Der
„Aufſeher fange nicht an zum Volk zu reden, ehe
„er im Namen Gottes das Volk gegrüffer hat.
„Der Ausgang ift dem Anfang gleich: ein jeder
„Unterricht in der Gemeine wird in dem Namen
„GDttes angefangen und befchloffen,, u), Zum
Erempel, fo fchloffe Chryſoſtomus feine Rede:
„Damit mir feine Zeit vergeblich zubringen, fo
„wollen wir aufhören , und nach unferem Ge—
h „brauch
i) Iufiinus Martyr Dial. cum Tryph. p. 225. k) Ambrofius
m) Serm. ıı
Gregoriorum ceterorumque fermones.
3. de Diuerf. n) Vid, eiusd. Tra&t. in Ioh. Enarrat. in
o) Era/mus lib. III.
r) Traft. 5. in Ioh. s) Tract. 37. ib. t) Concil.
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„brauch zum Gebet fehreiten,, x). Auguſtinus
that bisweilen ein ſolch Gebet: “Wir wenden
„uns nun zu dem HErrn unferm GOtt, dem all:
„mächtigen Vater, und fagen ihm mit reinem
„Serzen, fo viel unfer Elend vermag, hoben und
„wahren Dank. Bitten aud) von ganzer See—
„len feine fonderbare Guͤtigkeit, daß er unfer Ge-
„ber nach feinem Wohlgefallen erbören wolle, den
Feind von unferm Thun und Gedanken durd)
„feine Kraft vertreibe , uns den Glauben ver:
„mehre, unfer Herz vegiere, heilige, und geiftli-
„che Gedanken gebe, und zu feinem Heil bringe
„durch JEſum EHriftum, feinen Sohn, unfern
„HELEN, der mit ihm regieret und lebet in der
„Kraft des Heiligen Geifles, wahrer GOtt in
„die Emigfeiten. Amen, y). Dergleichen
Schlußgebete fich abermal häufig bey gedachtem
und den übrigen Scribenten finden,
15. Was war es nun Wunder , daß folche
Feen ‚, die von GHtt alles Licht, Gnade und
raft alleine im demuͤthigen Geber fuchten, aud)
aus der Fülle des Geiftes zu denen Menfchen ge-
troft reden Fonnten? Sie waren einmal von aller
ängftlichen Vorbereitung, Marter des Gedaͤcht—
niſſes und andern frey, nachdem fie den Urſprung
aller Weisheit mit ihren bimmlifchen Reichthuͤ—
mern in fich hatten. Die Schrift fagte ihnen,
es follten Ströme des lebendigen Waffers von
ihnen flieffen, wenn fie an JEſum wahrhaftig
glaubten, Yoh.7, 38. Und darauf wagten fie
es, fo oft der HErr ihnen zu veden den Mund
aufthat; und fiehe, ihr Glaube trug hundertfäl-
tige Frucht zur Gewinnung und Ueberzeugung
derer, die fie hörten und alfo ſelig wurden. Bey
dem Verfall aber war es Fein Wunder, daß, da
die übrigen Kräfte des Heil, Geiftes abnahmen,
oder vielmehr von den Menfchen nicht mehr ange:
nommen und gebraucht wurden, auch diefe Gna—
de im ehren nach und nad) verlofdye. Die an:
noch etwas von der alten Kraft hatten , fahen
wohl, wie weit es mit den meiften Lehrern Fom-
men war. Dabero fie einiger maffen diejenigen
zu entfchuldigen fuchten, welche felber nichts vor:
bringen fonnten, fondern, was andere ausgear-
beitet, nachfprechen mußten. Alleine fie festen
doc) eine ftarfe Bedingung hinzu, wenn nemlic)
der, fo das thäte, eben eine ſolche Perfon präs
ſentirte, oder fonft gleichen Ernft und Eifer in al—
12. Cap. Don dem öffentlichen Leſen und Predigen des Worte,
303
lem erwiefe, nur daß ers nicht ausdrucken Fünne
tea). Durch diefe Indulgenz aber der Lehrer ge
fchahe es hernach, daß ſich viele dieſer Sache miß⸗
brauchten, und nicht felbft den HErrn um ſei—
nen Geift und Licht baten, oder feiner Kraft und
Wirfung Raum lieffen, fondern der anderen
aufgefchriebene Sermonen nachſchwatzten; wo—
von man viele Erempel aus den verderbten Zeiten
findet b), daß fie der andern Homilien oder Pre-
digten auswendig gelernet und dem Volk alfo
bergefagt haben. Ja, die ſonſt fo hoffärtigen Bi—
fchöffe bielten fichs vor Feine Schande , ihrer
Presbyterorum oder Aelteſten aufgeſetzte Reden
u gebrauchen, wie von Salviano ſchon gedacht
ift, daß er ſolche Predigten ausgearbeitet habe,
die hernach die Biſchoͤffe auswendig gelernet ba=
ben ce), Welches gewißlich diefen Leuten auch
vor der Welt feine Ehre war, wenn fie vor groſ—
fer Faulheit nichts felber thun wollten, fondern
immer zu den Poftilfen, wie man fie jeße nennt,
liefen, und mennten, fie hätten nun ihrem Amte
ein Genüge gethan, wenn fie, wie die Kraͤhe mit
fremden Sedern, fih ſchmuͤckten, und anderer
Leute Arbeit von der Kanzel herfchwaßten, wie
ein Theologus davon urtheilt d). Es ift (ſagt
„ein anderer, ) eine rechte Efelsarbeit, die eine
„groffe Dummheit , Unwiſſenheit und Faulheit
„anzeiget, wenn man anderer Leute Arbeit aus
„denen Poftillen auswendig lernet, und fü ber:
„plaudert, e). Solche elende Prediger waren
und find noch ohne alle Frucht in dev Gemeine,
fie find Faltfinnig in Affecten, unnüß im Leh⸗
ven, untüchtig im Appliciren, und Fünnen fic)
niemals nad) der Beſchaffenheit ihrer Zuhörer
richten F). Und auch diefes war ein unbetrüg:
liches Kennzeichen der verfälfchten und verderb—
ten Kirchen,
16. Denen evften Lehrern war es bey ihrem
Predigen gar um Feine Kunft, Beredfamkeit, ho—
be Wilfenfchaften , und die daher gefuchte Ehre zu
chun. "Man lafle (ſagten fie) die prächtigen
„Reden und nach den Kunſtregeln eingerichtete
„Sermenen den Gerichtsftuben und Kanes
en. Wenn aber von Sachen zu reden ift, die
„reinen Pomp noch Pracht bey fich haben, fo muß
„man nur fehen, was man rede, nicht mit was
„vor Annehmlichkeie man es vorbringe ; nicht
das
x) Homil. 3. et 4. de Incomprehenf. Dei. Conf. hom. in Pf. 7. y) Concion. Tom. VIIT. fine., Vid. eius
Tract. et in Pf. pasfim. a) Augufinus lib. IIII. de Doctr. Chrift. c. 29. b) Vid. Hieronymus Catal.
Script. Eccl. in Eufebio Eniefeno. Gennadins de Script. illuftr. in Cyrillo Alex. c) Ideın ibid c. 67. vbi
Baluzins in noua editione Saluiani redte legit: Homilias Epifcopis fadas multas feripfit: pro: Epijcopus
fadus i. e, elaborauit, quas dein Epifcopi recitarunt: non enim fuit Epilcopus.
d) Egid, Hunnius Meth.
Cons, initio. €) Balduinus Initit. Min, Verbi p. 120. f) Quenfedius Eth. Poſt. p. 92.
5
304
„was die Ohren jucke, fondern was den Zuhörern
„müßt, Daben fie auch der heydniſchen Welt—
weifen Erempel anzogen, tie die in der Ausre⸗
de immer eineniedrige Art gehabt, Damit die ernſt⸗
haften Sachen nicht dadurch verderbet würden g).
Diefes war nun: bey den Exleuchteten “Die erſte
„Weisheit, die ſcheinbare Weisheit verſchmaͤhen
„fönnen, die in verfchmißten Reden und Wort⸗
„friegen beftchet,,, Davon Die berühmteften Pre:
diger, wie man fie jeßo nennt, befannten: Es
„wäre ihnen lieber, wenn fie fünf Worte in der
„Gemeine mit Verſtand reden Fönnten, als un⸗
„jahlig_ vieles mit einer vaufen Stimme, bie Die
„geitlichen Kämpfer zu. feinem Streit aufmun⸗
„terte. Hingegen lobten fie die Weisheit, dadurch)
„Die Unbekannten befannt worden, und nicht von
„dem Schein Ehre erlangt haben, fondern damit
die Fifcher die ganze Welt in den Netzen des Ev:
„angelii gefangen haben, indem fie mit reinen,
„vollkommenen, aber kurzen Worten die eitele
„Weisheit überwunden haben, b). Bon welcher
einfältigen Lehrart der Apoftel (wie fie auch in ih—
ren Schriften noch hervor leuchtere, und wir ſchon
geſehen haben im 5. Cap.) einer aus der Erfah—
rung den Heyden vorhaͤlt; “Diefe einfälcige
„Schriften, die von aller Pracht der griechifchen
Beredſamkeit entblöffet find, Dazu auch Furz und
„geringe, find doch nunmehro allen Menfchen be-
„tebt,, i). Wie denn aud) Die Heyden felber zu—
vor fih an die einfältigen Reden ftieflen , aber
dennoch) fich über Die groſſe Weisheit und wichtige
Sachen verwundern mußten. Dergleichen Ge—
danken dorten einem bengelegt werden, Die er alfo
von Petro foll befannt haben: “Es Daurete mid)
„des guten Manns, daß er Feine Logicam gelernt
„hatte, fondern ſchlechtweg und ohne Kednerkunft
Herſagte, was er von feinem Sohn GOttes ge-
Hoͤret und gefehen hatte. Denn er befeftigte
„feine Säge mit feiner Veränderung der Argu⸗
„menten, ſondern brachte aus dem umftehenden
„Bolfe nur Zeugen hervor von den geſchehenen
„Wundern. Gleichwol ſtimmete das Volk ger-
„ne dem bey, was ſo (auterlich gefaget wurde.
„Die Gelehrten aber und Philoſophi lachten ihn
„aus. Er aber ſahe nicht einmal darauf, fon=
deru voffendete feine Rede mit eben dem Ernft,, k).
Und diefen ihren Vorgängern folgten alle wahre
gehrer treulich nach: wie alfovon Didymo gefagt
— — ——— — —
2.38. Don der erſten Chriſten gemeinem und ſonderbarem Gotteodienſt.
wird, “er hy in Wiſſenſchaften und Ausreden
„unerfaßren geweſen, und habe alſo einen apofto-
„lifchen Mann auch im Reden ertviefen, fewol
3
„im Berftand, alsin einfältigen Worten !), Ege—
„ſippus redete und fehriebe ganz ſchlecht, damit
„er auch die Ausrede derer haben möchte , welchen
„er im geben nachfolgte, nemlich der —— M
Symerius, ein Auffeher, war ſehr begierig — —
goͤttliche Wort, darinnen *er mehr mit dem Kern
„des Verſtandes zu thun hatte, als mit dem Pracht
„der Worte,.n). Und in Summa, Athana⸗
fius zeuget noch von feinen Zeiten, “daß man
„insgemein in der Mukterfprache mit ganz einfäl-
„tigen Worten, ohne einzige verſtellte Beredſam⸗
„keit geprediget habe o).
17. Nun war zwar eben dieſe Einfalt der goͤttli⸗
chen Predigt den natürlichen Menfchen der größte
Anftoß, indem ja folhe Herzen über nichts mehr
verftockt wurden, als über dem unanfehnlichen We⸗
fen der görtlichen Worte und Werfe p). Gleich:
wol galt aller Höhe der Bermunft zumider die Ord⸗
nung GOttes, Daß erdurch thoͤrichte Predigemwollte
die Ölaubenden feligmachen, 1 Cor. ı, 21. Dieer-
(euchteten Ehriften wußten durd) di: Gnade, die ih⸗
nen gegeben war, “Daß deswegen nicht flugs etwas
„wahr fey, weil es mit Beredſamkeit vorgefragen
„worden, auchnicht deswegen falfch, weil etwa der
Mund nicht fertig ift, es auszufprechen,, q). In—
defien erfubren fiedoch, “Daß gleichwol, wo die wah⸗
ve Weisheit alsin einem Pallaft wohne, dafomme
fie nicht oßne Dienerin hervor, fondern es folge ihr.
„eine anftandige Beredfamfeit auch unbegebrt auf”
„dem Fuſſe nad), r).. Dahero, wenn die Unglau-
bigen fo fehr mit ihren Nednern prangeten, wurden
ihnen von den Ehriften folche Leute vorgeftellt, Die
auch folche äufferliche Gabe des Vortrags hatten,
und fie an fic) zu GOttes Preis beiligen lieffen 5).
Wiewol inzwifchen Feiner fir) von der wahren
Kraft auf das Aufferlicye leere Wortgepraͤnge
ziehen ließ, nachdem die Urfachen der göttlichen
Weisheit hierinnen fo wichtig waren, Daß, wer
diefes erwaͤhlte, nothwendig jenes verlieren mußte.
„Wenn von GOtt dem HErrn die Rede ift, (hieß
„8, ) fo fteuert Die Sauterfeit der Worte den Be—
„weis des Glaubens nicht auf die Kraft der Be-
„redfamfeit , fondern auf die Sache felbft t).
„Ein Siebhaber der Wahrheit befleißiget ſich nicht
„der affectivten Worte, fondern fuchet fleißig, was
S „vor
g) Arnebius lib. I. p. 45. et Cypröanus lib. ad Donat. init. h) Gregorius Naz. Or. de Grandine i) Theodo-
vers Serin. VII. Therapeut. k) Autor Recognitionum Clementis lib. I. p. 5. 1) Hieronymus de Script.
Feel. in Did. m) Id. ibid in Egef. n) Sidozinslib. VIL. ep. 6. 0) Athanaj. homil. de Semente,
g) Auguflinus lib. V. Confef: c. 6.
s) Hieronymus de Ser. Ecel. præf. t) Cyprianus 1. c.
tulian. de Bapt. cont. Quint.
pP) Ter-
r) Id. lib. IIII. Doctr. Chrift, c. 6
|
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9
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01% Cap. Von dem öffentlichen Leſen und Predigen des Worte.
= eine Materie we vor or Gemuͤths⸗
„bewegung zu jedem Vortrag nörbigfeynn). Ja,
man hielte für die größte Schmach der goͤttlichen
theuren Wahrbeit, wenn man ihr noch mit geblüm-
ten Worten eine Farbe anzuftreichen fuchte. Drum
„erhielten fie auch einen gewiſſen Ausſpruch des
„Glaubens, der nicht in weitgefuchten und über:
FAuͤßigen curiöfen Worten oder Fünftlichen Ver—
„enüpfungen der Vernunftſchluͤſſe beſtaͤtiget
- „wurde, fondern in Einfalt alten steichgin ange:
„kuͤndiget ward, und eben darinnen die Kraft des
„Ölaubens erwiefe, was überden Glauben war,
x). Zudem erforderte es ja die Schwachheit des
armen Volks, nach deflen einfältigem Verſtand
fih die Lehrer -nothivendig vichten mußten,
„Denn zum gemeinen Volk muß auch aufgemei-
ne Art geredet werden, allen muß man fagen,
„was noͤthig iſt, nachder Art, die allen anſtehet;
„eine natürliche Ausſprache it den Einfa'tigen
„lieb. Ein Khrer foll zu allen nügliche Dinge
„reden, y). Der böchite GOtt hätte ja auch
leichtlich in feinem Worte koͤnnen hochtrabend
und prächtig reden; “aber er hat nach feiner
„Weisheit die göttlichen Geheimniſſe nicht damit
„vermenget, damit auch alle verftehen Fünnten,
„was er allen zu gut vedete z). Deswegen wäre
„die Nednerkunft vielmehr Höchftfchädlich gewe⸗
„ten, weilfieder Welt dienet, und in bofen Din-
„gen ihr gerne gefallen will, die Wahrbeit unter:
„drucket, und nach Geld, Ehre und Luft trachtet
„in den Gottlofen 2). Drum mar es am beiten,
„wenn die gute Sache felber, Die vorzutragen
„war, einen Lehrer beredt machte, dazu die Weis:
„heit GOttes und die Wahrheit keibh ihm übrig
„genug feyn konnte b). Wenn die Weltweifen
„an Worten reich waren, fo waren fie am Ölau-
»benarm, und fehlten der Wahrheit; die einfäls
„tigen Diener GOttes aber waren an Worten
„arm, an Kraft reich. Jene redeten mit viel
„Worten von lauter Unglauben, diefe mit weni:
„gen von lauter Glauben. Jene verloren bey
„ihrem Schwaßen immer mehr Anhänger, diefe
„thaten ihrer täglich mehr zur Gemeine, c). Kurz,
rechte Prediger fahen mehr, wie fie die Herzen
gewinnen, als wie fie biel Worte machen
wollten d).
18. Zwar ift bieben an Feine folche unziemliche
Einfalt zu gedenken, die etwa Unverjtändige und
Traͤge vorfihügen, als ob nicht in der unverftell:
305
ten Maͤßigung der Worte dennoch eine goͤttliche
Weisheit und Vorſichtigkeit in den Sachen ſelbſt
noͤthig waͤre geweſen. Srmafen es jaallenthals
ben eintrift, was ein unbefannter, doch fehr alter
Autor feget, daß es Petrus fol gefagt haben;
„Es ift nichts ſchwerer, als in dem vermengfen
„Haufen des Volks von der Wahrheit zureden,.
Denn man darf nicht alles fo fagen, wie es iſt,
um derer willen, die nur aus Bosheit zuboren,
Gleichwol muß man doch Wahrheit reden wegen
derer, die fie lieben, und doch dabey die Perlen
nicht vor die Säue werfen e’. Die erſten Chriſten
hatten im Gebrauch, daß fie zuvor die Leute fleißig
prüften und unterwieſen, ehe fie mit ihnen zuhoͤ⸗
ven durften den göttlichen Geheimniſſen €). Und
insgemein war Dis der — Vorſichtigkeit, daß
fie, wie die H. Schrift ſelber thut, ſich im Lehren
nach eines jeden Faͤhigkeit gerne richteten, und
gleichſam aus der Höhe ihrer Erkenntniß zu den
Schwachen und Einfältigen herunter ſtiegen,
und eben wie eine liebreiche Mutter den zarten
Rindern febwache, den andern ſtarke Spei⸗
fe gaben. 1 Cor.3,1.2. Ebr. 5, 12. 13. Nemlich
weil fie unterſchiedene Arten der Chriſten vor ſich
atten, deren etliche geübt und ſtark, etliche
nah und neu waren; p richteten fie fich in
der lauteren Weisheit nach einem jeden. Nies
durch fahen fie bey allem Vortrag die vechte be=
queme Art, “Daß fie ſich nad) eines jeden from:
„men Herzens Verlangen und Beſchaffenheit
„richteten , wenn fie die himmlifhen Geheimniſſe
„entdeften, 8). So mußten die klugen Haus—
halter Altes und Neues hervor zu bringen, und
jedem zu rechter Zeit feine Gebühr zu geben, Luc.
12,42.h), Darum vühmet Yuauftinus don denen
Epriftlichen Sehrern, “Daß fie ſich wohl vorgefeben,
„daß fie nichts vortrugen auf gemeine Art, was
„noch nicht Zeit war; fondern den Schwächeren
„die Milch haufig und fleißig einflöffeten , die ſtar⸗
„ee Speife aber ſelbſt mit wenig Verſtaͤndigen
„genolfen, Sie hätten von der Weisheit unter
„ven Volltommenen geredt, denen fleifchlichen
„aber und ehierifchen, obwol etwas geänderten
„Menfchen hätten fie einiges verdeckt, aber nies
„mals etwas unwahres gelehrt. Denn es wäre,
„ihnen gar nieht um eitele Ehre zu thun geweſen,
„fondern um den Wachsthum derer, zudenen fie
„sich gefellet gebabt,, i). Dergleichen Weisheit
er au P der Eatechiſmuslehre und fonft bc
q noͤ⸗
0) Theophilus Antioch. lib. I. ad Autolye. initio. X)Gregorius Ny. vita Thaumat. _y)Chryfologus Serm. 42.
z) Ladanriss lib.VI.c.2r. a)Idem lib. V.c.r.
b) Idem IIT. c. 13.
c) AmbrofiusinPl.36. d) Bernhardus
Serm.16.inCantic. e)Recognit.lib. III. p.54. f)Origenes lib. VIII. adu. Cell. p. 420. Iheodorerus1, de fide.
g) Hilarins can. 10. in Matt. h) Vid. Erafmnslib. I. Eecl.p.9. i) Lib. de Ver. Relig.c. 28.
306 2.3. Don der erften Ehriften gemeinem und fonderbarem Bottesdienft.
noͤchig achtet k). Ingleichen bemerfet ein ande:
rer an Cypriano, daß er mit den Heyden fo weis:
lich verfahren, indem er bey ihnen die göttlichen
„Worte ausgefegt, und fie von Anfang an als
„Unmiffende unterrichten wollen, damit er ihnen
„alfo ven Abbruch destichtszeigete, und fie nicht
„ganz blendete, wenn er ihnen den ganzen Ölanz
„vorbielte,,'). Und indiefer Abficht machten die
alten ee room einen Anterfcheid unter den
erften Buchitaben der Lehre CSriſti, und
unter der hoͤhern Weisheit und Vollkom—
menheit derfelben m), aus. ı Cor. 2, 6. unter
ſiarker und verftändiger Speiſe, die für
geübte. Rämpfer gehörte, und unter Rin-
dermilch n). Benydes aber, erfenneten fie
doch vor ein Wort, gleichwie Milch eben ſowol
fpeift, als Fleifch, obgleich diefesfefter, und jenes
meicher ift 0). Alſo ermahnete dorten Pinytus
den Dionyſium, Daß er doc) die ihm anvertrau-
„te Gemeine nunmehro mit ftärferer Speife und
„völfigerer Erkenntniß weidete, Damit fie nicht im⸗
„mer bey den Milchlehren ſich aufbielten und in
„der Findifchen Unterweifung aus Nachläßigkeit
„alt und grau würden, p). Ein anderer han—
delte gleichfalls fo weislich, da er in der. Öemeine
erwehnte: “Er wüßte zwar wohl, daß. vieledas
„würden faffen koͤnnen und auch zuvor wiſſen, ehe
„ers erklärte: er wollte aber doc) die andern des
„Unterrichtsnicht berauben g). '
19. Wiederum nahmen fie auch folche Klug-
heit indenen Stücken der Lehre in acht, welche
das $eben und die Hebung des Chriftenthums be-
trafen. Sie legten den Sicheren Feine Polfter
unter durch. falfhen ungegründeten Troſt und
Mitbrauch des Evangelii, die niedergefchlage:
nen Gewiffen aber fuchten fie vielmehr Durch daf-
felbe zu heilen, und theilten das Wort auch Bier-
inne recht, indem fie jedes und bey. jeder Per-
fon zu feiner Zeit von jeder. Sache weislich vor:
trugen. Wußten fie,daß De Kinder in
ihrer Pflicht fleißig waren, fo erweckten fie ihren
Iauferen Sinn noch mehr, indem fie nicht mit
aefglichem Zwang auf fie losdrungen, fondern
fie vielmehr rühmeten r). Bey allen fahen. fie
erftlich genau auf ie geben, und darnach richte:
ten fiedas Wortein, wie es fich auf fie ſchickte );
k) De Catech.Rud. c. 135.
wie es eines jeden Alter, Wachsthum und Be
ſchaffenheit liste, fo übten und lehrten fie ihn
forgfaltig t · "Sie veränderten ihre Stimmen
„nach der Bedürfnißder Zuhörer: Bald brenne-
„ten und fchnitten fie feharf, bald fegten fie wie—
—* Be ni d — or fie mit der Ru-
the, bald in tiebe und im Geift der Sanftmut
er "Wie fie es fonderlich mit denen See
fen der Ehriftlichen Sehre gehalten, ift aus fo vie-
len Zeugniffen der Alten befannt. Man theilte -
nemlich gemeiniglich die goͤttlichen Lehren ein in
doyuara oder geheime und verborgene, und
unguyporaoder kundbare Kehren x).
jenen verfchonten fie die Schwachen und Einfäl-
tigen, Diefe wurden denen Anfangern und allen
andern vorgefragen. Unter jene techneten fie
aber Feinesmweges die zwar hohen, aber doc) zur
Seligfeie höchitnöthigen Geheimniffe von der
ervigentiebe ves Vaters in EHrifte, von der Her
wiederbringung des menfchlichen Gefchlechts,
und fo fortan; fondern andere Puncke, davon
die Unerfaßrnen einen Anftoß hätten nehmen mo-
gen. Davon aber hier zu reden nicht Gelegen-
beit iſt. Nur ein Bekenntniß Origenis anzufüß-
ven, fo ſchreibt er deutlich: „Was wir herrliches
„und goͤttliches haben, das bringen wir alsdenn
„erft in öffentlichen Reden vor, wenn rechtfchaf:
Ffene Zuhörer da find: Sonſt verbergen wir die
„tiefen Sinnen und gehen fie mit GStillfchwei:
„gen über, bey denen, die noch Milch nörhig ha:
„ben„y). Jgnatius fchreibt vonfich, “er fonne
„wol Bimmlifche Dinge ſchreiben, aberer fürchte,
„er möchte ihnen Schaden thun, weil fie noch
„Kinder wären, und alfo erſteckt werden wür-
„den z). Orxrigenes befennet nochmals, da
nod) viel Geheimniffe in der Schrift lägen, die
man noch nicht wiffe, und verfparen müffe, bisfie
GOtt eröffne. Denn es wären “viel'geheimere
„sehrer in der Gemeine, da nicht einmal die
„Priefter fich Bin wagen dürften,, a), Es ward
aber infonderheit hernach, um die Zeit Jrenäi, dieſe
difeiplina arcani, oder Geheimhaltung der hohen
Sachen, aufdie Taufe und Abendmahl gezogen, da
man die Ungetauften nicht zuderen Erklärung und
Handlung laffen wollte, und deswegen einen Unter-
feheid machte bey denen Catechiſmusſchuͤlern uns
Ä ter
D La&antiuslib.V.c.4. m) Origenes Philocal. c. 1. n)Clemens Alex. lib. T. Pxdag.
c.6. Origeneslib.IIL.c. Cell: p. 143. Augufkinus in Pf: 130. lib. deSymb.ad Cät. c. 1. Tradt.35.et q. 9. inIoh.de A-
gon. Chrift. c. 33. Ambrofins de Bened. Patr. c. 4. etlib. I. de Virgin. Chryfofforsus hom. 41. inMatth. et 10. 29. in
Genef.Hieronymus lib. XIII. in Ief. <. 49. et XVII. c. 60. epift. 46. et 62. &c. Conf. Eucheriss de Serm. Spir.
Intellig.c.g._ o)Clemensl.c.
’Tradt in Ioh. r) Zeno Veronenfis Serm. 2. de Auarit.
u) Chryfaffomas hom. 2. in Galat.
1H.adu,Celf, n.14. z)Epifl.ad Trall. a)Hom.;.in Leuit.
de Mor. Ecel. c. 30.
p) Ap. En/ebiumlib. IV. c. 23. et Hieronymum de Ser. Ecel.
q) Anuguflinus
s) Gregorius M. lib. XXX. Moral.c.5. t) Auguflinus
x) Bafılins M,ad Amphiloch. de Spin. S.c.27. y)Lib,
Mit
ne
ee, ee
2}
72. Cap. Don dem öffentlichen Leſen und Predigen des Worte. 307
ter denen TeAemmregois oder Dotfkommenen,
oder drerezegeis oder Unvollfommenen, da-
Bi; Herr Cave Nachricht geben eapn p. 212. ne⸗
1 nft andern gelehrten Hiltori
cisb). Darun-
fer man fonderlich fuchte eiftlichen Reli-
gion ein nr zu machen ben den Henden , de-
nen Ungetauften aber ein Berlangen, bald ge-
tauft zu werden e). Allein, ich will nicht fagen,
wie Diefer Zweck hiedurch gar nicht erreichet wor:
den fey, nachdem auch die Heyden eine Geheim—
haltung ihres Gottesdienfts hatten, und des we—
gen von den Chriſten deſto verdäachtiger gehalten
wurden d). Sondern es ift nur mehr als zu
offenbar, af man bierinne von der Apoftel Wei-
fe aanz abgewichen fey, welche von Diefen allen
frey umd offen veden, wie denn auch die allerer- .
ften Ehriften Davon ohne Bedenfen an die Hey:
„den in ihren Berantwortungen fihrieben. Fieng
ſcch alfo dieſer eigenmächtige Unterfcheid in der
Kirhen an, da man andub die Catechifmus-
63 von der Gemeinſchaft und dem Ort ſel⸗
er abzuhalten: von welcher Sache anderswo zu
reden ftehet. Dis ift merklich hiebey, daß diefes
alles Faum fo lange gedauert bat, als die neuen
Chriſtlichen Kayſer für den Aufferlichen Gottes:
dienft fleißig geforget, und die aufferliche Zucht
ein wenig im Schwange erhalten wurde, Her—
nach gieng es ſchon um das fechfte Seculum alles
wiederum über den Haufen, fonderlicy bey denen
vielen Streitigkeiten, die eben über folchen Pun—
cten entjtunden. as war aber Diefes vor ein
ungereimter und antichrijtifcher Schluß, den
man wol.gar auf ganzen Concilüs machte, “daß
„den Catechifmusfchülern das Evangelium nicht
„folltegelefen werden,,? Den andere hernach ſelbſt
Schande halben wiederum aufheben mußten f).
Man bunde den armen Leuten fcharf ein, fiewa-
von noch taub zu folchen Lehren, da fie doch wol
nach vieler Lehrer Befenntniß, den Heiligen Gei
längit gehabt hatten g). Und wie abergläubifc)
war das Menfchengebot, fo.man unter dem Na⸗—
men der Apoftel berumtrug, daß, “wenn ein
„felcher unverfehens etwas von den vorgegebenen
„Geheimniſſen geböret hätte, fo follte man ihn
„augenblicks taufen, daß er nicht mit Berachtung
„ivieder Davon gienge,, h). © handelte man mit
%
diefen Dingen, und fo ein groffer Mißbrauch era
wuchs bey den Beilfamen Uebungen der Chriften.
20. Damit ich aber auf mein Vorhaben wie:
der fomme, fo läßt fich ferner dieſes ausder erften
Lehrer Schriften erfennen, daß fie Feine weirliche
und hendnifche Gelehrſamkeit, auch Feine andere
menfchliche Kunſt oder Wiffenfchaft mit dem lau:
tern Wort dee Wahrheit vermenget oder nur zu⸗
fammen gefüget haben; weil fie nur von denen
goͤttlichen Geheimniffen und Gründen der Selig:
Feit bey dieſer Sache gedenfen, Von den Apo—
fteln ift es fchon allzu Elar aus ideen Vermahnun⸗
gen und Erempeln, deren und vieler andern Ge—
lebrfamfeit wir oben im 5. Cap, $. 7. erörtert ha⸗
ben. Bon denen folgenden treuen Juͤngern
JEſu finden wir nicht, daß fie aus dem Predis
gen eine Kunft, und alfo auch aus dem Chriſten—
chum eine Dunft gemacher hätten. Ihnen war
eseinrechter Ernft, CHriſtum lauterlich und ohne
Menfchenzufag zu predigen, anders als die, ſo
mit füffen Worten und prächtigen Reden die
unfcbuldigen Herzen verführen. Rom. 16, 18.
Es war eben diefes ein groffer Beweis wis
der die Heyden, daß diefe in ihren Sügen noch
gefchmückte Reden und gefärbte Worte bedurften,
jene aber in Beweifung des Geiftes undder Kraft
die — einfaͤltig vorlegten, und dennoch
mehr dabey ſiegten: wie fie dieſes ſehr ofte wi-
der die Feinde anfuͤhrten. “Sie zaͤhlten die Wor:
„te nicht an einer "Schnur ab, oder fchwäßten
„ganze zufammen gefeßte Reden oder Drationen
„auswendig ber, fondern bewiefen gute Exem—
„pel und Merfe von fich,,; mie fie ungefcheut an
fie fehrieben k). „Sehet, (Iprachen fte,) ung Un—
gelebrten find etliche Worte genug. Wir haz
„ven den einfältigen Glauben JEſuͤ EHrifti ges
„ternet, und doch eure Abgötterey beficget, und
„durch die Predigt des ſchmaͤhlichen Kreuzes find
„eure vergoldete Tempel eingefallen. Die
Schwatzhaftigkeit der Sophiſten, das Difputis
„ren der Ppilofopbie kann den Glaubigen nicht
„fchaden 1), Denn die Wahrheit fucher jich
„niemals zu fehminfen, und was gewiß it, laßt
ol nicht fo herum führen durch Umfchweife der
„Rede. Die Vernunftfchlüffe, Befchreibun-
„gen, und alle Zieraten, dadurch) man Benfall
Dqa2 fucht,
b)Vid, vel Inflellus ad Cod. Can. Eccl. p.r74. Bona lib. I. Rer. Liturg. c. 16. et nouiflime Tob. Pfannerus de Cate-
chumenispalin, inpr.c.2. t) Tersuliannslib. I.ad Nation. c.7. Origeneshom. 13. in Exod. d) Terzullia-
nus Apol.c.7.ct facri profanique Scriptores paſſim.
Clius Rhodiginus lib. XVI. Ant. Let. c. 9. Gyraldus de Annis p. 59. &c.
g) Audor Serm. 46. de verb. Dom. ap. Augufin. Tom. X.
Albafpinaus in Not. p. 394. Pfannerus |.c.p. 217.
Vid.vel Alex. ab Alexandro lib. Ill. Gen. Dier. c. 18.
f) Arauficanum 1.c. 18. vbi vid.
h)Conflit. Apefloi.lib. VIL. c.26. vt exponit Alba/pineus lib. II. Obf. 2. k)Arhenagoras Apol.p.2r. 1) Arha-
#afiaus Vita Anton. p. 178.
“
*
308
ucht, helfen nur denen, die noch Be
en — ſie koͤnnen keinen Abriß der
„Wahrheit darſtellen m). Das Reich GOttes
beſtehet nicht in Beredſamkeit ſondern im
„Glauben. Das Heil iſt der Welt nicht von
„groffen Rednern, fondern von Fiſchern gepredi-
„get worden, die doch Diefes und jenes auch hät:
„con geftatten Fönnen, wenn es der HErr haͤtte
„hun mollen, n). Diefe und andere Zeugen
der Wahrheit “brauchten feine Redner oder
„Predigefunft, auch nicht Zanfen und Difpu-
„tiven, fondern haben ſich nur müffen lauterlich
„der Wirkung des Heil. Geiſtes übergeben 0).
»Darum ift ja bey Kindern feine Beredfamkeit zu
zfuchen. Hat gleich die Auslegung in der Ge⸗
„meine etwa eine Anmuthigkeit im Ausfprechen,
„fo muß man fie doch meiden und verftellen,, da-
„mit man nicht zu etlichen wenigen Schülern,
„fondern zum_ ganzen menfchlichen Gefchlechte
„rede, pP). Zudem fchickte fich ſolche falſchbe⸗
rühmte Kunſt des geſchminkten Predigens gar
nicht vor einfältige Herzen, “fie Fonnten aufge:
„blafene Worte nicht verftehen, die Gelehrten und
WBerſtaͤndigen aber verdammten die Ruhmre—
digkeit dabey,: wie ein Hiftoricus wohl anmer-
ket 9). a, “es ſchadete noch) vielmehr, wenn er
„wohlund fertigredete, aber gottloslebte. Das
„geben Bingegen eines Prediger hatte vielmehr
„Nachdruck über alle großfprecherifche Worte r).
„Und wenn die Wahrheit aufferlic) noch fo ſchoͤn
„aufgepußt wird, fo wird fienur mehr Damit ver-
„ehrt, weil fie vor fich felbit gefchmückt genug
ft, 5). Solche falfche Lehrer füllen mol die
Öpren, aber machen die Beutel leer, und find
nichedie geringften unter denen Kretzſchmarn, die
das Wort GDrtes.um des Bauchs und Geizes
willen verfälfchen; 2 Eor. 2, 17. wie fie Lutherus
in der Randgloffe, und noch ein anderer Mann
befchreibt rt). 3
21. So fiheueten auch die rechten Lehrer fich
nicht, dem einfältigen Stylo der Apoftel nachzu-
folgen, und die, fo Wahrheit fuchten, fielen ihr
eben deswegen bey, weil fie Feine prächtige Worte
oder hochtrabende Reden führten, wie fie felbit be-
Eennten u)... Daher bielten fie die für “Heuchler
„und Schmeichler, welche mehr nad) der Luſt als
„zur Erbauung redeten, x). Sie paßirten bey
Berftändigen zu allen Zeiten nicht einmal vor ge-
lehrte Leute, wenn fie mit vielem affectirten Plau-
m) Ambrofiuslib. I. p. 44.
mas Epiftisg.ad Pammach. q) Socrate⸗ de Philippo Presbyt. lib. VII. c.27.
t)LE. Dierericus Antiq. N. T. p. 417.
c. 27. 9) Ladantius hb.Ill. e. 1.
rillus Alex. lib. X. inIoh.c.26. y) Hieronymus Ep. 2. ad Nepot.
menruslib. I. c. iu. b) Zieglerus de Diac. c. XIII. n. 65.
2.38. Don der erften Chriſten gemginem und fonderbarem Bortesdienf. -
Verdacht dern das Volk in Verwunderung fegen wollten y).
„Wer einen ſchoͤnen Stylum und nett gefeßte Re—
„den hören will, der mag den Ciceronem oder
„Duintilianum lefen; (fagten fie,) unfer VBorfag
„aber ift nicht, daß man unfere Worte unter dem
„Schein des Guten lieben foll,, z), Da nun
fromme Lehrer nicht einmal folche Worte zu—
gaben, wie viel weniger Fonnten fie heydnifche
Spruͤche, Künfte, und andere ihre en
beydem Worte GOttes hiuſetzen laffen! Dieje⸗
nigen Fonnten und mußten nur Pauli Erempel fol-
gen, welche auch Heyden vor 1 hatten, undfie
aus ihren eigenen Schriften überzeugen mußten :
Aber in ganz Ehriftlichen Gemeinen heydniſche
Sachen handeln, wäre ihnen mehr als heyd-
niſch vorkommen. Niemand unterftunde fich,
dieſen Greuel in der reinen Kirchezu begeben, weil
fie alle taufendmal beflere und nöthigere Dinge
vorzutragen wußten. . Esiftaud) in der verderb-
ten Kirche Fe — und häufiger auffommen,
als da die fcholaftiiche Philofophie befannt ward.
Die Alten giengen in der DBerfündigung des
Worts fo lauter und genau, daß auch, als eins:
mals Triphylius in Eypern das Bolflehrte, und
nur ein Wort beſſer geben wollte, als es etwa im
Bucheftehenmochte, (fcimpodium für graba-
tum,) ihm alsbald von Spyridone folches ver-
wieſen, und feiner gefuchten Ehre wegen vorgerü-
cket wurde a). Am allerwenigſten ift vor dem Ber-
fall der Kirchen die unchriftliche und bittere Ver—
dammung derer Irrigen im Gebrauch gewefen, als
hernach etwa gefchehen feyn mag. Gieerfannten
wol, daß durch Zanfen, Schmähen, Afterreden, Be-
trügen, fügen und Berdrehungen nichtsanders aus⸗
ERS wuͤrde, (mie ein redlicher Seribentedavon
efennet,) als daß ihre eigene Autorität zu grunde
gehen würde, die Herzen der Zuhörer, die man zur
Goͤttſeligkeit erwecken follte, angeſtecket, und die
Epriftliche Eintracht zerriffen, ohne welche man
doch Fein Ehrifte feyn Fönne b). Won andern nach
und nach) einfchleichenden Mißbräuchen will ich
nicht gedenfen, fondern nur diefes erinnern,daß fich
mie dem Berderb der Chriftenheit auch zugleich die
heydniſche Rednerkunſt, die fhmülftigen präch-
tigen Worte und Erfindungen mit geaͤuſſert ha—
bey bey denen Lehrern, die der Welt nunmehro
gerne gefallen wollten: Alfo, daß auch die Papiften
geftehen, daßin denen alten Kirchenvätern, als
Chryſoſtomo und andern, viel mit nah =
4,77
11) Sulpitius Seuerus præf. Vit.Mart. o) Iuflinus Cohort. ad Gent. p. 9. p) Hierony-.
r) Auguflinus Lib.1V. Doctr. Chr.
u) Tatianus Or. ad Gr. p.175. x) Cy-
z)Idem. lib, VIII. in Iefai. c.24. a)sozo-
v
— —
12. Cap. Don dem öffentliche Kefen und Prediaen des Worte.
e bien e nicht einmal ein rechter Sinn zu fin-
nz man fo viel auf vednerifche Are eine Sa-
che zu eraggeriven in allzu groſſer Licentz geredet
abe c). Epiphanius befenner gerne von feinen
—* Weil ein jeder nun duͤrfte erklaͤren, und
vor Hoffart und Einbildung zum Guten untuͤch⸗
worden ſey, ſo habe man zwar in ſubtilen
WVernunftſchluͤſſen ſich geuͤbet, und befliſſen die
„tete mit ſchwatzen zu betruͤgen; aber dar—
„über verfa an auf unnuͤtze Fragen und
„rechte Gottesläfterungen. Hingegen fen man
„vor diefem ganz Furz im Lehren geweſen, da
„man darauf * babe, wie man den Zu⸗
„börern Nugen ſchaffe, nicht aber nur die DB:
„ven Fügelte,, 4). Gewißlich, wer nur der fol:
genden Scribenten ihre Sermonen genau an:
fiehet, und fie gegen die erfte Einfalt und Lauter⸗
keit haͤlt, der wird den groſſen Unterſcheid greifen
koͤnnen. Viele wurden auf heydniſche Art in
lauter ſolcher ſchwuͤlſtigen Erudition erzogen, das
hienge hernach manchem guten Mann noch an, ob
er gleich ſelbſt die Eitelkeit erkennen lernte. Da-
her lieſet man ſo viel Klagen uͤber das verderbte
Predigen und die darein gefuͤhrte Rednerkunſt.
Man ſiehet ja, (ſagte ein eiferiger tehrer,) wie die
„allerunerfahrenſten in der Kirche im groͤßten Flor
„ſeyn, und weil ſie einmal kuͤhne und unver—
„Ichame worden, und ſich mit dem Maule wohl
„behelfen Fönnen, fo halten fie ſich vor Flug und
„gelehrt, ungeacht fie nicht bedenken, was fie
„plaudern, fonderlich, wenn ihnen der gemeine
„Mann wohl will, der mehr durch leichtfinnige Re-
„den bewogen wird, e). je weiter nun die alte
Einfalt verlofche, je mehr nahm Bingegen der
Greuel der Verwuͤſtung aud) auf denen Kanzeln
zu, befage der ferneren Erläuterung.
22. Betreffend die Ordnung und Eintheilung
ihrer Lehrart, finder man davon nichts aufgezeich-
net. Aus denen folgenden Lehrern will man zwar
einigen Beweis führen, daß ſonderliche Eingän-
ge gebraucyet worden f). Alleine, obwol etliche:
mal bey Chryſoſtomo und andern dergleichen
Vorbereitung zu denen Hauptpuncten fteher, fo
find doch hingegen bey ihm und den andern allen,
derer Sermonen man noch haben Fann, wol hun⸗—
dert, ja taufend, die Feine gewifle Difpofirion, Me—
thode oder Eintheilung, viel weniger eine unan-
fändige gefünftelte Zergliederung der Schrift—
ftellen anzeigen. Man liebte wol, fo viel fichs
359
thun lieffe, gute Ordnung im $eßren, man gienge
auch, wenn aus der Bibel etwas zu erklären war,
die Worte nach einander durch, aber nie bande
man ſich genau in geroiffe Schranken, oder fpan-
nete die Kraft des H. Geiftes und feine Führung,
deren Nothwendigkeit wir anfangs Bieben aefe=
ben, in ſolche Säße ein, die die Sache mehr ver:
wirren als fordern fönnten. Alfo gibts bendenen
Patribus der Nugenfchein, wie fie bald auf diefe,
bald auf eine andere Materie geratben , nachdem
fie etwas zu erinnern bey den Zuhörern nöthig bes
funden: noch vieimehr wenn aufferordentliche
Gelegenheit vorfiel. Wie Umbrofius ira er⸗
wehnt, daß er den vorigen Sonntag gar nichts or=
dentlich gelehret, fondern nur etliche Sünden ges
ſtrafet, und fie ohne Troft von fich gelaflen ha—
be 2). Aber diefe Bosheit begiengefeiner, daß er
mit fremden und unnügen oder Privatfachen die
Zeit Bingebracht haͤtte, oder gar Fabeln und Poſ⸗
fen mit eingemenget. Sie redeten wol im Fall
der Noth vor der ganzen Gemeine von wichtigen
Angelegenheiten, zum Erempel, von der Kirchen
zucht, den Almofen, Berforgung der Armen, Erz
haltung des fo genannten Gottesfaftens, und ders
gleichen, als man von Yuauftino liefer h), ver
es bierinnen Ambroſio nachgethan : Aber andere
unnötbige Reden waren ferne von dem Munde
eines treuen Botſchafters JEſu Chriſti. Hinge—
gen iſt unter dem roͤmiſchen Antichriſt und ſonſt
unter dem verderbten Chriſtenthum eine ſolche
Verachtung des goͤttlichen Worts auffommen,
daß man daffelbe Faft nicht werth achtet mehr in
den Mund zu nehmen, fondern lieber allerhand
ungereimte zufammen gefuchte Hifterien, Fabeln
und Gleichniffe mit verfehrter Application unter
dem Namen fdhöner. Realien verfauft, und die
armen Herzen mit ſolchem Wuft beladen wieders
um nach Haufe ſchickt. Da flagen auch die Kius
gen bitterlich über, “nie mancher Prediger bey
„feinen Thorheiten nicht ferne von offenbarer Ras
„ſerey ſey . Sie gehen das Evangelium ganz
„vorbey, fractiven ein Haufen nichtswuͤrdige
„Fragen, und agiren vechte Marftfchrener k),
„Der Ariſtoteles ſey manchmal mehr aufder Ratta
„el, als Chriſtus und die Apoftel 1). Von Chri—
„ſto und ſeinen Geheimniſſen hoͤre man wenig,
„oder nichts rechts predigen,, m). Von ſolchen
und dergleichen mag wohl wahr werden, was Cuthe⸗
rus fhreiber: “Mo das Wort aus der Kirche
ng 3 „koͤmmt,
c) Petauius ad Epiphanium Hær. LIX. p. 244. Conf. Chemnitius Orat. de Lect. Patr. in Chryſoſt. d) Hxr. LXIV.
f) Vid. Hildebrandus de Conc. Vet. c. I.n. 2ı.
n.40. €) Hieronymus in Ecclef. 9. g) Ser. 6. de Margarita.
b h) Pofidius in Vitac.24. i) Era/muslib. 1. Ecclef. p. 44. k) Polyderus Pirgilins lib. V. Inuent.<.9. 1) oh, Tri-
hr themins Epift. in Catal. Tef. Ver.p. 988. m) Apol, A,C, Art. XI.
*
gıo
„eönmnt, und etwa Schwäßer auf den Predigt:
ſtuhl gelaffen werden, Die ihre eigene Kunſt vor-
geben, fo iſt esumdie Kirche geſchehen, und wird
„ver Haufen gleich wie ihre Prediger find, n).
Hätte der vedliche. Hieronymus zu ſolchen Zeiten
gelebt, fo hätte er eben von folchen Greueln, der
gleichen Heyden bey ihrem Gögendienft nicht zus
lieffen, gefagt, was er foniten jemand vorbielte:
„Schäme dich, daß du von einem Heyden über:
„troffen wirft! Des Teufels Diener ſind beſſer als
„die, ſo ſich Eprifti Diener nennen o)
23. Wir haben bereits gefehen, wie die erften
Chriſten eine Predigt nicht eben einer Stunde lan:
ge Rede genennt, ſondern eine jede Berfündigung
des göttlihen Willen, fie fen mit wenig oder viel
Worten geſchehen. Man befehe Ap. Geſch. 2, 4
11. da die Glaubigen voll Heil. Geiftes mit an-
dern Zungen predigten, und die groffen Tha—
ten GOttes ausredeten. Alwo leicht zu er-
meflen iſt, daß es Feine an gewifle Stunden ges
bundene Rede gewefen ſey, ingleichen wenn Pe:
trus c. 3, 12:26. etwas weniges zu dem Volk re
dete, und ſprach: Er predigte Ehriftum. verf.
20. Dergleichen fehr Furze, aber der Kraft nach
ſehr lange Reden man alda mehr finder, welche
nicht affein die Scheift, fondern aud) die Kirchen-
feribenten gleichwol amguymare, Coneiones,
Predigten nennen p). Alſo finden ſich viel Er-
empel folcher kurzen Vorträge des Evangelit. Als
wenn Barnabas zu Rom dieſe Predigt foll ge-
halten haben: Hoͤret mir zu, o ihr römifchen
„Bürger! Der Sohn GITIES ift im tande
FJuda zugegen, und verheiſſet allen, die ihm
„geherchen wollen, das ewige Leben. Wenn nur
„ein jeder fein Thun nad) dem Willen deß, der
„ihn gefande hat, einrichten wird. Darum fo wer
„vet befeßre von eurem Böfen, und von dem Zeit:
„lichen zum Ewigen. Erfennet, daß ein GOtt
„und Regierer Himmels und der Erden fey, vor
deſſen gerechtem Angeficht ihr Ungerechten diefe
„Welt bewohnet. Aber wo ihr befehret werdet,
„und nach feinem Willen thut, fo werdet ihr fei-
„ner unausfprechlichen Güter und Belohnungen
„genieffen, und zu der Fünftigen Welt kommen
„und ewig felig werden, g). Dis foll die ganze
n) Poft Eecl. P. III. p. 373-
„ Recognit. Clement.lib: 1.p. 5.
2.3. Von der erſten Ehriften gemeinen und fonderbarem Bottesdienft. -
Predigt geweſen ſeyn, eben wie Paulus zu
Arhen that, Apoft. Gefdy 17: und zu Lyſtra, Cs
14. welches auch mehr Nachdruck hatte, als wenn
er viel Worte gemacht ‚hätte, Und eben fo
machten es die heilige Männer gemeiniglich auch
unter den Ölaubigen: Wie alſo Stephanus; der
Auffeher zu Rom, zu der Gemeine foll geprediger
haben: Meine: Kindlein, höret mich! Ale tore
„zeit haben, laffer uns Gutes wirken. Vornem⸗
„lic, ermahne ich euch, daß ein jeder fein Ereuz
„auf fich nehme, und unferm HErrn JEſu Chri—
„ſto nachfolge, der uns gemürdiger hat zu fagens
„Ber feine Seele lieber, der wird fie verlieren r).
Wenn auc) gleich das Wort bisweilen fic) ver-
308, und lange Predigten gefihahen, fo fahe man
doch allezeit, daß fie ſich an Feine gewiſſe Zeit bun⸗
den, fondern der Wirkung des Geiſtes Raum
gaben, und bald etliche Stunden nad) einander,
bald kaum eine Kalbe oder Biertelftunde predig-
ten. Dergleichen kurze Sermonen wir noch viel
bey den folgenden $ehrern: finden, die kaum eine
Biertel- oder halbe Stunde Formen gewaͤhret ha⸗
ben s). Ihre Abficht war hiebeh dieſe, damit
„fie nicht mie der Vielheit das Herz gleichfam
„überfchwenmeten;wie eine Lampe mit vielem Dele
„ausgelöfchet wird t). Sie mußten, daß alles
„viele Schwatzen von den Heyden herkame, wel⸗
„‚che fich mehr befleißigten Die Zunge zu üben, als
„das Herz zu reinigen, u). Und daß es daher
eine Thorheit ſey, mit vielem Reden nichts reden,
wie hingegen Meispeit und Tugend, mit wehig
Worten viel, oder auch im Fall der Nothmit vie⸗
fen viel Gutes anzeigen, wie Lutherus rede. Mach⸗
folgends, bey dem verberbten Ehriftenthum, muß⸗
ten die. guten Lehrer ofte abbrechen, und kurz pres
digen, nicht, weil etwa die Zuhoͤrer nicht mehr
bedueften, oder hoͤren konnten, fondern weil fiedes-
Worts überdräßig waren, und ihnen die Zeit zu
lange währen wollte ; Davon man viel Merkmahle
nod) findet x). ' —
24. Nichts deſto weniger kehrten ſich die recht⸗
ſchaffenen Lehrer an etlicher loſen Leute Eckel und
Ueberdruß nicht, ſondern vollfuͤhrten ihre Rede,
nachdem es noth war. Unter den Verfolgungen
iſt vermuthlich; daß fie zu der Zeit es einge—
bracht
0) Epift. 25. ad Paulaın. p) Chryfoffemus hom. 3. et4. ad Alt. Apoft. «) Audtor
r) Alta Martyrum ap. Baronium A.CCLIX.n. 8.
s) Vt Macarii homilix 13.
22.36.39. Pauli Emeſeni ap. Catelerium Tom. I. Monum.Gr.p.48. Zeonis M. et Gregorii M. plurim&. Aliorum in
Chronico Alexandrinop. 736. ap. Nicephorumlib. XIV. c. 46. etc. *
u) Auguftini lib. II.de Serm. Dom. in montec. 3. x) Itaaperte Chryjeftemus homil. sa
num ethon.3.deLazaro,
t) Chryfoffemus hom. 3.de Verb. Vidi Domi-
megl 78 Aoyas Augu/tinus conc. L in Pf, 33. et in Pf, 60. conc. 2. in Pf, 48. Conf. Bal/amon et Ariftenus adc.17°
Laodic. ;
“
a
Eu
|
{
|
4
4
4
a Bapı "Don dem $ffenetichen Leſen md Prodigen des Worte,
bracht und nach gehofet haben, was fie etrva ander:
weit verfaumen oder abfinzen müffen, da fte von
den Feinden geftöret worden, Es fam da alles
auf die Regierung des HErrn an, und nicht auf
Menfchengebote oder Gewohnheiten. Denn fie
fahenden Schaden wohl, der aus ſolchem gezwun⸗
gerien oder durch Gewohnheit eingefchränften
orfesdienft entſtehen konnte. War fehen bey
Heyden und Heuchlern viel Worte machen fehänd-
lich, fo war es dod) bey Kindern GOttes nicht,
wenn es zur Erbauung gefchahe y). Alfo fagte
Chryſoſtomus nach einer fehr langen Vermah⸗
nung: „Ich Habe meine Predigt fehr lange ben
„&urer Liebe gemacht, und gleichwol fahe ich afle
„gerne folgen, und nicht mitten auf dem Wege
„umfehren. Fr diefe Willigkeit danke ich euch,
„und habe nun den Sohn meiner Arbeit,, z). Und
ein andermal:“ Ich habe vielleicht über die Ge-
„buͤhr zu lange geredet ; aber-es ift nicht umfonft
„gefchehen, fondetn daß die Abmwefenden von euch
„lernen, wie viel fie ihnen felbft geſchadet ha—
„ben,, a), Auguſtinus ingleichen: hr habt
„gefehen, wie meine Rede heute in der Gemeine
„über meine Gewohnheit gegangen ifl, weil ich
„die Sache nicht ganz erfläret batte, Die ich mir
„vorgenommen, Und anderswo, da er mit:
ten in der Rede alfo fagte: “ch wollte euch jego
„von mig gelaflen haben, da ich mitten in der Ab—
——— forge, es moͤchte euch zu lange währen.
„Aber ich muß bedenken, wie die Andacht alfoge-
„ſtoͤret würde. Willich alfo lieber euch beſchwer⸗
„lich feyn, als in der unvolltommnen Materie das
„übrige verfparen,, c). a, er Tobet auch deswe⸗
„ge feine Zuhörer : „Ich babe vergeflen, wie lan⸗
* ich geredet habe, und dennoch kann ich eurem
„Verlangen noch nicht genug thun. Ihr fend
„gar zu begierig und gewaltfam. Wollte GOtt,
„daß ihr mic folcher Gewalt das Himmelreich zu
„euch wifler,, 6)! Man pflegte auch zu den St
ten, Da der Auflerlicye Gortesdienft nun in Ord-
nung gebracht war, fehr ofte alle Tage e), ja
wol des Tages zweymal alſo öffentlich zu leh⸗
ten f), dergleichen von Ambroſio g), Auguſtino
h), Chryſoſtomo und andern berichtet twird, wel⸗
ches auch hernach bey Unterlaffung folcher Uebun⸗
x von der Obrigkeit wieder angeordnet ward:
auch befohlen wurde, “daßnicht etwa nur eine
*
—
1
y) Tertullianus de Patient.e.q.
c) InPl.35. d) InPf. 72.
Vit. Aug.c.u h) Idemc.s.
k) Hierenym. ep. 2. ad Nepot.
z) Hom. 2. ad Antioch.
€) Chryfoftomus hom. 4. de Verb. Iefai.
i) Alexius Comnenus Nouellan. 14. ap. Corelerium Tom. II. Mon. Gr. p. 186.
I) Profper lib. I. Vit. Cont. e. 24. et Bernhardus Serm. 59. in Cant.
312
„mal eine Ermaßnung oder Predigt follte zum
„Volke gehalten werden, fondern öfters, i). Wie⸗
wol diefes alles endlich nur aus Zwang und ſehr
Faltfinnig, auch vermuthlich ohne Frucht gefcha=
be; anders als in der erften reinen Kirche, da die
Apoftel nicht ei täglich im Tempel
und in den Käufern zu lehren, und zu vers
Fündigen IEſum Chriſtum. Apoſt. Geſch. 2,
46. c. 5, 42. —
25. Die Fruͤchte der apoſtoliſchen Verkuͤndi—
gung und Lehre fallen jedermann in die Augen,
nemlich die Bekehrung fo vieler Millionen See—
len, welche das Siegel ihres Umtes waren, und
die Zeugen ihrer Predigten fon werden am Ta-
ge des Gerichts. 1’ Cor. 9, 2. Ihr Wunfch war
auch, daß alle, die fie böreren, folche wür=
den, wie fie waren, nemlich Erben der Herr—
lichFeit. Ap. Geſch. 26, 27. Denn fie verbielten
nichts, fondern verfündigten allen Rath GOt—
tes öffentlich und fonderlich c- 20, 20. Erbielten
fie alfo ihren Zweck bey den Gottloſen nicht, fo
mußten fie doch, wie Selir, über ihre Worte er-
fehrecfen. c. 24, 25. Denn fie prediaten zufoͤr⸗
derft Buſſe und Vergebung der Sünden, und
war ihre größte Freude, wenn fie bey den Zuhoͤ—
vorn Thraͤnen auspreften, nicht aber geb und
Ruhm k), und daß ſie dadurch beifer würden,
nicht aber ihnen ihrer Schmeichelen wegen güns
ſtig. Dergleichen auch hernach ein Lehrer befen-
net, daß er diefes für eine Frucht feiner Lehre ges
halten Babe 1). Sintemal fein rechtſchaffener
Hirte fich felbft fuchen durfte, fondern die Heerde;
als wir oben insgemein erkannt haben; fo daß er
allein das Heil feiner Zußöter herzlich verlang-
te/ nicht aber, wie fonft geſchiecht, eigene Ehre,
Nutzen und Bequemlichkeit in der Welt m.) Da
heiſſet es in groſſem Ernſt bey ihnen: “Wer fuͤr ſei⸗
„nen Naͤchſten die Sorge über ſich nimmt, der be—
„denke wohl,ob er was aus Verwegenheit, oder Ehr⸗
„geiz, oder ſonſt ohne Grund zu lehren ſich aufge—
„worfen babe; ober feine Ehre darinne ſuche, da er
ehrt; ob er aufdiefen Lohn allein fehe, nemlich das
„Heil der Hörenden, und ob er nichts nach Gunft
„und Gefallen reden)? Wer lehren will,der verbin-
„det ſich GOtt hoͤchlich, daß ers nicht um Gewinns
willen, oder aus Ehrſucht thun wolle, nicht aus
ten , nicht durch Furcht zuruͤck gehalten,
nicht
b) Ap. Pofidium in Vita c. 15,
a) Hom. 9. in Gen.
g) Pofidius
f) Auguflinus in Pf. 88.
m) Augu-
* inus lib. IV. de C. D. e. 24. n) Clemens Alexandr.lib. I. Serm. p. 271.
4
312
„nicht aus Woplluft —— ſondern allein die
Seligkeit ſeiner Untergebenen zu erhalten. Da—
„von er nichts gegenwaͤrtiges geneußt, ſondern in
„der Hoffnung erwarten muß die Vergeltung der
„treuen Arbeiker, welche fie alle empfangen wer:
„den, 0). Und dahin fahen auch die erſten wah-
ren Chriſten insgefamt im ehren und Hören,
„Wir kommen zufammen, (fprachen fie,)die Heil.
„Scheift zu hören, wenn etwa nach Gelegenheit
„der Zeit Vermahnungen noth hun, oder fonft
„etwas zu lernen ift. Gewiß, wir naͤhren unfern
„Glauben recht mit den heil. Worten, wir mun-
stern uns zur Hoffnung auf, wir pflanzen den
„zuverfichtlichen Glauben, und prägen Dabey de—
„nen Menfchen die Lehre von guter Zucht und
„Wandel ein. Dagefchehen Ermahnungen und
„Beftrafungen p). _ Sn unfeen Conventiculn
„oder Zufammenfünften hoͤrt man nichts, als mas
„uns ann fanftmüchig, ſchamhaft, Eeufch, zuͤchtig,
„ireundlich und freygebig machen, und eine Ber-
„Enüpfung mit alfen, die unfere Brüder find, g).
Und in folgenden Zeiten: “Wir kommen in der
„Gemeine zufammen, nicht daß wir da nur fißen,
„fondern daß wir einen groffen Vortheil davon
„tragen. Gehen wirleer davon, fohaben wir eben
ſolche Berdammniß auf uns, als wenn wir nichts
„gethan hätten, ja es wiederfaͤhrt uns der Auffer-
„ſte Scyade r).
26. Demnad) gienge hauptfächlich ihr Abfehen
auf die Erbauung im Ölauben und Liebe: mie Ju-
fiinus erzehlet, “Daß der Vorſteher in einer Rede
„das Voik unterwiefen, und zur. Nachfolge fol-
„cher herrlichen Dinge ermahnet habe, s). Und
diefes hielten fie auch den Unglaubigen vor, "fie
„folten doch folche Conuencicula oderZufammen-
„Eünfte zeigen, darinnen das Volk hören Fönnte,
„was GoOtt haben wolle, von Ueberwindung des
„Geizes, der Hoffart, der Schwelgereyy,t). Bey
den Chriſten hörten bingegen die Leute, ‘vie fie
„bier in der Zeit leben konnten, damit fein jenem
„eben allzeit felig feyn möchten. Da höre man
die heil. Schrift und die Lehre der Gerechtigkeit
„vor allen erfchalfen, damit die, fo es thun, zur
„Belohnung, die andern zur Berdammniß anbo-
ten, 1). Und alfo war die Predigt der Apoftel
befchaffen, Daß ja den Blauben lehrten, und zu:
gleich ein apoftolifehes Heben, nemlich alles
3u verlsugnen x). Darinne hielten fid) auch
o) Ideın ibid. p. 273.
s) Apol. IT p. 98.
guſtinus in Pf. 147-
p) Terztullianus Apol.c.39. q)
t) Anguflinus II.de C.D.c.6.
2.3. Don der erſten Ehriften gemeinem und fonderbarem Gotteodienſt.
— — —— m
alle treue Lehrer am meiſten auf, damit ſie die Ih—
rigen auf den Tag des Gerichts bereiteten y): dabey
ſie fuͤr die, ſo es werth und benoͤthiget waren, des
Troſtes nicht vergaſſen, daß ſie ſich mit ihren rech⸗
ten Kindern und Zuhoͤrern über des HEren Gnade
und Liebe erfreueten z), welche in dem HErrn ger
thane Arbeit nicht vergeblich war, da fo-viel
Menſchen gewonnen und befehre wurden. Die
„Kraft des Geiſtes war in dem Anfang des
„Evangelii fo mächtig, daß eine unzähliche Men:
„ge gleich bey dem erſten Anhören die Gottſe—
„ligkeit freywillig zu Herzen faffeten, a). Von
derſelben Kraft waren fie ſo verfichert , daß fie
wol zu den Heyden dieſes von ihr im Glauben
ruͤhmen durften: “Gib mir einen Menfihen, der
„zornig, böfe und unbandig iſt; ich will ihn
„mit wenig Worten GOttes ſo fanftmürdig
„machen als ein Schaf. Gib mir einen Gei-
„zigen;z ich will Die ihn ges freygebig dar⸗
„itellen, daB er fein eigen: Geld felber austheilen
„toll. Gib mir einen Furchtſamen, er ſoll bald
„ven Galgen, Feuer. und. alle Pein verſchmaͤhen;
„uf w. So eine groffe Macht hat die Weis-
„heit GOttes, daß, wenn fie indes Menfihen Harz
kommt, fie die Thorheit, als die Mutter aller
„Sünden, auf einmal austreibt,, b). Wo auch
indeffen das Wort keinen Eingang bey den ver—
ftocften Herzen fande, fo war doch “ihre Arbeit
„nicht ohne Wirkung, fondern denen, Die da felig
„wurden, eine Beflerung, den andern ein Zeug-
„niß, damit fie unentfchulobar. waren wegen ihrer
„Sünden und. Berachtung. 2 Cor. 2, 14 U.
»f.0) Daneben brachten die Lehrer Doch. ihre
„Belohnung. davon, und wurden nicht weniger
„von Gott beſchenkt, da fie nicht gehöre wurden,
„als da man ihnen folgte, wo fie nur gethan hat⸗
„ten, was an ihnen war. Ihr Friede kam wie:
„der zu ihnen. Matth . 10,13.d). Hr
27. Wie fonft das Wort der Predigt von dem
Lehrer auch erfüllet werden mußte, haben wir. oben
vernommen , wie auch, daß dieſe Erfenntniß bey
den Zuhörern lebendig und thätig feyn ſolle.
Weil doch daſſelbe “nicht müßig in der Seelen
„ſeyn Eann, fondern immer etwas Gutes wirfer.
„Wozu der HErr allzeit willig ift,die Kraft den
„Hörenden zu geben, damit es ihnen fruchtbar
„werde, e). Dazubrauditen die, denen ihre Se:
ligfeit ein Ernft war, nachft der Kraft is
au
Arnobiuslib. IV. p.ı91. 1) Chryffl.hom.z. ad Antioch,
u) Ibid. c. 28.
t
x) Chryfoftom. hom. 4.in Ad. y) Au
z) Idem Tradt.35.inIoh. a)Enfeb. III. H. E. c. 37. b) Zachanziuslib. III.c. 26. c) Am-
brofins Serm. 83. d) Chryfofomushhom.ı. deLazaro. €) Macarins hom.3e.
ten in der
7
12. Cap. Don dem öffentlichen Befen und Predigen des Worte.
auch eine fleißige Wiederholung des gehörten
Worts, gleichtvie die Berroenfer täglich forſche⸗
chrift, ob ſichs alfo verhielte,
was fie gehöret hatten , Apoft. Gefch. 17, 11. Wel-
ches fie nicht dazu allein nöthig achteten, alles
wohl zu prüfen, was gelehret worden , fondern
auch defto feier das Gute im ra zu bewah⸗
von. Wohin die treuen Lehrer felbft Anleitung gaben,
unddenen Zuhoͤrern gewiſſe Puncte und Stüde
der H. Schrift zubetrachten vorlegten f),ingleichen
die vorgetragenen Materien zu wiederholen fleißig
empfohlen g); nicht weniger zuvor anfagten, was
fie Eünftig abhandeln wollten, dabey wuͤnſchende,
daß eo GOtt ihnen mörhte offenbaren , ehe
fie fie un börtenh)., Zu dem Ende ſchriebe
man mı a, wo es nöthig war , eine und an:
dere Anmerkung und Erflärung nach i), welches
zwar Origenes nicht bis in fein hohes Alter zu-
geben wollte x). Wenn fonderlich vortrefliche
Prediger befannt wurden, die vor andern groffe
Gaben hatten, fo waren ihrer viel hierinnen defto
emfiger, als man von Artico zu Conftantinopel
weiß 1). Und deswegen bielte Auguſtinus deſto
nöthiger, Weisheit im ehren zu brauchen, weil
er nicht allein vor Hörende, fondern aud) vor Le—
fende predigen mußte, Die es hernach andern com:
municirten m), Bisweilen wiederholten Die eh:
ver felbft ihre vorhergehende Süße kuͤrzlich n):
Die Zuhoͤrer aber, und fonderlich Hausväter, muß»
ten fie den Ihrigen zu Haufe fleißig wiederholen
und einfchärfen, dazu fie öffentlicy ermaßnet wur:
den o): welches auch insgemein denen Abwefen-
den gefchehen mußte p). Sie felbft aber, die Zu:
Be wenn fie vecht dazu tüchtig waren im
(auben und aa ‚ (jo man allzeit dazu er⸗
forderte, ) wurden alfo im Guten unterrichtet und
geſtaͤrket. Bisweilen Aufferte fid) die Bewegung
ihrer Herzen dabey mit Seufzen oder aud) Wei—
nen 9). Sonderlich aber war eine Gemwohnbeit
noch aus dem heydniſchen Wefen in der Kirchen
eingeriffen , daß, wenn der Lehrer etwas vortrefli-
ches vorgebracht hatte, die gemeinen Leute wolal:
le laut riefen und mit den Händen Flatfihten r)
(applaudebant) ; wie etwa die Heyden in ihren
Theatris zu hun pflegten 9). Diefe Unart war
f) Auguflin. in PC. 32.
g) Tra&. 67. inIoh.
VLe36. 1) Socrates VII.c. 2.
m) Augufl. in Pf. sı.
313
nundenen Verftändigen fehr zuwider, alfo, daß fie
oft ihr Mipfallen darüber bezeugen Sr An
es aber doc) nicht fo bald ißnen abgewöhnen. Da⸗
bey aber war der Mißbrauch fo groß, daß nicht
allein das Volk nach der Zeit über foldhen Dingen
einen Tumule erregte, die es nicht verftunde u)z
fondern auch etliche ftolze Prediger fich dadurch zum
Hochmuth mehr verführen lieffen. Darunter auch
feine geringe dit des Teufels verborgen war; wie
ein jeder Berftändiger leicht fehen Fann x),
28. Endlich ward auch von einem rechten Bo-
ten GOttes, der das Evangelium verfündigen
ſoll, erfordert, daß er in aller Siebe, Sanftmurh
und Demuth feines Herzens, alsvor GOttes An-
eficht, das Wort der Wahrbeitredere, nicht aber
Finem Fleiſch zulieffe, der Hoheit , die GOTT
gebührer, fih in Hoffart anzumaffen, und mit
Tyranney auch hier über die Gewiſſen zu herr—
fehen. Sie beſcheideten fich gar wohl, “dal fie
„alle nur einen Meijter hatten , und unter ihme
„Miefchiiler waren. Kein Verſtaͤndiger war fo
„thoͤricht, daß er meynte, er ware num Meifter,
„weil er etwa höher ftünde, als die andern „y).
Und alfo war es Fein Wunder, wenn fie, nachdem
Fuͤrbild der Apojtel und ihrer Jünger, die aan
zu geroinnen mit Demuth und Liebe den Willen
Gttes anfündigeen. ch zeuge euch diefes
„nicht als ein Lehrer, ſondern als einer unter euch,,,
fagten fie bey ihrem VBortragz). Alfo auch, wenn
fie etwas zu erinnern oder zu beftrafen hatten, war
das ihr Bedenken dabey: “Diefes wird nicht mit
„Schärfe und Härtigfeit, nicht mit Gebieten
„aufgehoben, fondern mehr mit Lehren als mit
> Befehlen mehr mit Bewegen als mit Droßen.
„Denn fo muß man mit der Gemeine handeln.
„Und wenn man ja Drohungen brauchen muß,
„fo muß es mit geoffer Betruͤbniß gefchehen,
„daß man aus der Schrift die Finftige Mache
„drohe, damit nicht der Lehrer in feiner Gewalt,
„fondern GITT in dem Worte gefürchtee wer-
02), Wer alfo gefinnet war, daß er Fein
Herr dor Glaubens werden wollte, der konnte auch
den Feinden getroft bekennen: “Mir fagen nicht,
„wenn mir a Hörer mich; fondern Hörer,
Rr
den
h) Tr.4. i)Id.lib.T. Retradi. c.23. k) Eufeb, lib.
n) Chryfofl. hom. ı6.inGen. 0) Id. hom 9.
ingen hom. 5. in Matth. et hom. 2. in Ich. p)Id.hom.9.inGen. q) Augnfl. de Mor. Ecclef:c.31. r)Vid.
ıym. Ep.2 ad Nepot. Auguflin. lib. IV. de Doctr. Chr. c. 10. et 26. Serm. ꝙ de Verb. Dom. in Matth.
-etSerm. 19. de Verb. Apoft. etc.
u) Chryfa/t. hom. 17. in Matth. hom. 30. in Ad, hom. 38. ad Ant. Yfdorns
Pelufiotalib. IIT.ep.392. s) Lipfiuslib. II Ele&t. c. 10. Alex. ab Alexandrolib. IV. c.2.et omnino Fr, Bern.
Ferrarınslibro fingulari Mediolani 1627. t) Auguf}.Serm. zo. de V. D. in Matth. Chryfoß. honm 2. de Laz.
hom.2.in Ad.u) Id. hom. 30. in Ad. Augufl. inP£. 147. x) Id. lib. IV. de Doctr. Chr, c. 24. Freron. 1.c. etde
Paulo Samofateno Enjeb.lib. VII. c.30.
) Auguftinus Epilt. 64. ad Aurelium,
y) Auguffin. Serm. 47. de Verb. Dom,
2) Barnabas Epilt. p. 210,
314
„den GOtt unfer aller, und um, den $ehrer
„der Gottesgelahrtheit,,b)! Wie auch die erſten
Lehrer wirklich thaten, weil fie ihr Gewiſſen Fei-
ner gefuchten Herrfchaftwegen befchuldigte. De:
nen Die, fo noch rechtfchaffen waren, hernach
folgten, und immer in ihren Lehren miederhol-
ten: “Glaube mir nicht ſchlechthin, wenn ich
„das fage, wo ichnicht Beweis aus der Heiligen
„Schrift bringe. Denn die Seligfeit unfers
„Ölaubens kommt nicht aus erdichtetem Difputi-
„ren, fondern aus Beweis der göttlichen Schrif—
„ten her,,c). Anders, als entweder das unverftän-
dige Bolf hernach bey der einreiffenden Unmilfen:
beit that, Daß es aus denen Dracula und unfehl-
bare Leute machte, Die etwa eine und andere Ga—
ben im Predigen und fonft hatten; oder aud), als
fie felbft eg zulieffen und gerne haften, wenn man
ihre Worte, als vom Himmel herab geredet, auf
nahm. Wie Hieronymus wohl beforgte d) und an-
derswo darüber alfo Flagte: “Nach der bofen Arc
„der Welt, die immer ärger wird, lehget man
b) Origenes lib. III. adu. Celfump. 199. c) Crillus Hierofolymitanus Catech. IV. p. 52.
f) Idem lib. XI. in Ezech. c. 34.
fin. e) Idem in Eccl.3.
⁊
2. B. Don der erſten Chriſten gemeinem und ſonderbarem Bottesdienft.
„nun in den Gemeinen, was man ſelber pe
„weiß. Und wenn man aus Eingeben des Teu-
„fels durch zufammengefeßte Worte ein Lob erwecket
„bat, fo denkt man wider fein beffer Gewiſſen, man
„roiffe fchon, was man andern wieder einfchma-
„sen Fonne e). Alle Ketzer verkehren zwar die
„Heil. Schrift: Aber auch die Männer in der,
Kirche bewahren die Wahrheit nicht, dieaus ihren
„Herzen etwas erdichten, und ihre Einbildung
„zur Meifterin machen, und alfo in gleichem Jrr⸗
„thum ſtecken. Wenn fie nun das Bolf überredet
„haben, esfey wahr, was ſie erdichten, und, wie
„aufden Theatris, ein Lob erlangen, denfen fie
„nicht mehr an ihre Unmiffenbeif, fondern machen
„ein ernfthaftes Gefichte, legen ihre Worte auf
„die Wage, und nehmen das Anfehen an, als
„wenn fie groffe Leute wärenyf), So war die al⸗
te Demuth und Einfalt der apoftolifchen Lehrer in
lauter Hochmuch und Spiegelfechten der verfehr-
ten Prediger verwandelt worden ; wovon unten
ein mehrers.
d) Epift. II. ap. Augu-
Das 13. Kapitel,
Bon der erften Chriften Catechiſmuslehren.
Sunmarien.
erſten Chriſten handelten auch das Wort in Privathaͤuſern; $.1. ſonderlich Catechiſmuslehren, 2. bie fie für das
nöthigite hielten, ald eine Handleitung zur göttlichen Erkenntniß, 3. von der Apofiel Zeiten an ;
N N Mehr Exempel; 6-
wiewol folche Eatechifinuslehren nicht an Lehrer alein gebunden waren; fondern auch Eltern und andere verrichz
t nachlaͤßig in Catechiimuslehren. 9.
und in Einfalt mit den Einfältigen, ı1.
heben, ı2. oder dunfeleReden zu führen: fondern fiengen an von den Feichteften Materien. 135.
Kueı 4. fonderlich Origenes und Eprillus: 5.
ielte; 7.
teten ” auch wol Ehriftliche Weiber. 8. Manmurden
ben, fonderlich mit Chriftlicher Weisheit 10.
\ c 1 denen andere ge=
ohne fich deffen zu ſchaͤmen, die man denn auch Beth
Wie die Catechifation gefche:
ohne fich über die —
Was das für melche fenn.ız.
Solcher Grund wurde geleget aus der Heil. Schrift, ı5. wodurch groffer Nutzen bey vielen Seelen gefchaffet wurde zur
Heiligung: 16,
wie auch bey den Lehrern felbit Vermehrung der Weisheit und Erfenntniß. 17.
vom rechten Ernſt im Eatechifiren, ungeacht alles Ermahnens dazu. ı8. Gänzliche Werfaumung
des Catechifirens, da⸗
wider Johann Gerfon gefchrieben umd fich der Kinder angenommen. 19. Zweyerley Catechiſmusſchulen; die Art darin
u Ichren, 20.
*
§. 1.
hen haben, darf ſich niemand einbilden,
dis ſey etwa ihre vornehmſte oder meiſte
Verrichtung geweſen. Ihr Hauptwerk war
vielmehr eine ſtets waͤhrende Arbeit im Wort und
in der Lehre, oͤffentlich und ſonderlich, durch einen
continuirenden Diſcurs, oder auch durch Unterre—
dung mis ihren Untergebenen. Die Apoſtel hat⸗
- & wir alfo der erften Lehrer Predigen gefe-
ten nicht nur des Tages etwa in der Gemeine ,
fondern auch des Nachts ermahner , nicht allein
alle über einen Haufen , fondern auch einen jeg-
lichen inſonderheit, und zwar nicht Faltfinnig,
fondern mit Thränen. Apoft. Geſch. 20,31. Sie
hatten nicht abein bey ganzen Berfammlungen
gelehrt, fondern auch in den Zaͤuſern bin und
ber» c. 10, 43. Welcher nun hernach auch bey
dem
— — 1B >} 4
‘
Almähliche Abweichung .
— SU > a Zu
a‘
ur MM.
——
. Cap. Don der erſten Chriſten Catechiſmuslehren.
dem Verfall des Lehramts annoch ihren Fußfta:
pfen folgte, der thatgleichalfo. Wem die See:
„fenforge anvertrauer ift, der muß die Häufer
„aller Ehriften lieb haben, als fein eigenes. Die
„seute follen fie mehr Eennen als Tröjter in ihrem
„Elend, als daß fie Tifchfreunde und Gäfte in
„guten Tagen ſeyn wollten. Sonderlich follen
„ste die Häufer der Witwen und Wanfen zu fin
„den willen, und die Schwachen befuchen a).
„Wer aber das ihm untergebene Wolf nicht uns
Fterrichtete, Damit die Gemeine Chriſti daraus
„erbauer wurde, der war in den Augen GOttes
„und feiner Kinder weder ein Apoftel, noch Pro-
„phet, noch Evangelift, noch Lehrer, noch Hirte
gun „b). Ein folcher fonnte ja fich nicht
entſchuldigen, wenn gleichwol einige unter feiner
Gemeine unbefehrt und gottlos ſtuͤrben, woferne
er nicht neben der oͤffentlichen Lehre auch einen je-
den infonderheit herzlich ermaßnet hätte. Esfoll-
te das Wore EHrifti unter allen Chriften, und
alfo vielmehr unter Lehrern reichlich wohnen. Col.
3. So haͤtte aud) der HErrdas Amt eines Seel-
forgers nicht in das Predigen allein eingefchrän-
ket und gefagt: O wie ein groß Ding ifts um
einen quten Prediger ! fondern in das ganze
Haushalten über die Geheimniffe,da er fprach : O
wie ein groß Ding ifts um einen klugen und
aetreuen Saushalter! fuc 12,42. Man batte
damals die Berfammlungen noch nicht zu Audi:
toriis gemacht, Darinne einer allein nur perorirte,
fondern einer half dem andern die Brüder unter:
weifen, einige hingegen richteten darüber, Cor.14.
Es waren da feine grofle Gebaͤue, dazu die we:
nigften wären fabig gewefen, fie mitder Stimme
zu füllen, wie man jeßo redet. Go lieffe man
es aud) nicht auf eine Stunde allein anfommen ,
und meynte, nun wäre der Gottesdienft aus; fon-
dern die Chriften alle waren voll Geiſtes, und
fonnten des Worts nie fatt werden. Sie waren
täglich bey einander und lobten GOtt mit einfals
tigen Herzen. Apoft. Gefch.2.
2. Diefes fahe jener alte löbliche Kayſer wohl ,
als er denen Lehrern bey ihrer groffen Nachläßig-
keit auferlegte, “daß fie nicht etwa nur einmaleine
„Predigt declamiven follten , ( empwynrıznv
Faurnv öuınlev,) fondern öfters, und nicht allein
„diefes, fondern ein jeder follte nachfragen, was
FT
515
„fie für Früchte gebracht hätten, c). Inſonder⸗
heit aber hielte man diefes vor einfältige, unwiſſen⸗
de und junge Leute für unmöglich, daß fie aus den
Drebigten allein den Grund der Seligkeit faſſen
önnten. Dahero, wenn fie die jegt vorhabende
Catechiſmuslehren trieben, fie nicht eben Fünftli-
che und lange Sermonen dabey anftellten, fondern
einfaltig und deutlich mit Fragen und Unterreden
fortfubren. Dahero war auch nach der Zeit dis
der fleißigen Lehrer Evinnerung an ihre Cated)is
fmusfchüler: Faſſe doch diefe Bermahnung, die
„in dem Catechiſmo gegeben wird, und lerne fie
„fo, Daß du fie fters bewahren Fannft. Denfe
„nicht ‚Diefe Untermeifung fey den Predigten gleich,
„Denn, obgleich diefe auch gut und glaubwürdig
„find, fo koͤnnen wir doch morgen lernen, was
„wir heute in jenen verfaume haben. Wenn du
„aber die Grundfäge von dem Bad der Wieder:
„geburt, die nad) der Drdnung dir gezeiget wer:
„den, heute verfaumeft, wenn wirft du es wieder
„einbringen,„d)? Womit fiedeutlich genug anzeig-
ten, wie in den Predigten nicht ſo deutlich, or:
dentlic) und leichte die Lehren vorgefragen und
eingepraget würden, als in dem Catechifno. Da-
ber auch gar nicht zu beweiſen ſtehet, daß man fol-
che lange Sermonen dabey gehalten, fondern wenn
die Alten von Iangem Zuhören ( xerunzorw
argoxresi) teden, und gedenfen, daß fie viel ger
ſaget haben bey der Catechiſmuslehre -);ift es von
der etwa zufälligen weitläuftigen Erklärung die-
fes oder jenes Puncts anzunehmen ). Demnach
war bey ihnen vielmehr wenig Predigens , aber
mehr Betens und Eatechifivens, und diß alles mie
groſſem Fleiß und Nachdruck. Man wendete
nicht etwa Catechiſmuspredigten vor,welche dach
nichts weniger als rechte Carechifirung geweſen
wären g) : fondern ihre meilte Arbeit beitunde in
2 be Geſpraͤch mit denen Zuhörern
von göttlichen Dingen 4). Verſtaͤndigedehrer fa-
ben aud) wohl, was bernach Lutherus gefchrieben :
Denfe janicht , die Jugend werde es allein aus
Predigten faffen: Wir mürfen nicht zufrieden fern,
wennder Catechifinus nur von Wort zu Wort ders
gebetet wird, fondern darum muß es euch zu thun
ſeyn, daß fte alles wohl verſtehen, Damit es niche
vergebens inden Predigten gelehret werde. Dazu
er —— und Examina erfordert.
r2 3. Weil
a) Hieronymus Epift. II. ad Nepotianum de Vita Cleric. b) Idem Comment. lib. II. in Ep. ad Epheſ e 4. c) Ale»
xius Comnenus Nouella ap. Cotelerium Tom. M.Monum.Gr. p. 186. d) Cyrillus Hierofolymitanus in Pro-
catech. e) IdemCatech. XVII. ) ItaHornbekius perperam Epitt. adDurxump. 277. 8) G. T. Meierus
402.Lib. Conc.
J
de Initiam. Chriftian. p. 137. h) Scriuerius Theſ. Anim. Corc. IV. n. 12. i) Catech. Mai. de Cana Dom. p*
| Ej
316
3. Weil dann nun ohne diefe Catechifirung
Feine Lehre mit Frucht gefchehen Eonnte ‚fo ward
auch diefelbe vor Die ältefte und bewährtefte Art
des Unterrichts gehalten, alfo, daß man ſich gar
nicht eine folche lange Predigt oder aufgefeßte
Rede einbildete, wenn man in der Schrift las 5
daß die Erzväter geprediget hatten von dem
SErrn und von feinem Ylamen. ı3. Mof.4,
20. c. 22,8. 0.13, 4. C.21,23.6.26,25. Es waren
ohne Zweifel heilige nterredungen bey gegebener
Gelegenheit von des HEren Willen an die Men-
fen. Alſo auch im Neuen Teftament, da Pe-
tus und andere fonft viel gelehret Hatten, hieffen
fie dennoch auch zarnxnseil, Catebifinusich-
zer k), ungeachtet man nur ven ihrem Predigen
und Lehren insgemein liefet, darunter alfo norb-
wendig dieſes mit enthalten feyn muß. Es war
diefe Lehrart bey allen Bölfern und in allen Re:
ligionen faft gebräuchlich, daß durch kurze und
leichte Sebrfäge die Hauptfumma der Lehre benge-
bracht wurde; mie die Gelehrten wiffen ). Biel:
mehr nun mußte diefes bey dem wahren richti-
gen Weg zur Geligfeit wohlin acht genommen
feyn. Und diefe Weife nenne mannum zarr-
xrew, Tatehifmum , wie dag More im
Grundtext alfo fteher $uc.1, 4, Gal. 6,6. von Sra-
gen und Untworten, darinnen gleichfam ein Wie⸗
derſchall m) gefchahe, wenn man die Lehrbedürf
tigen alfo unterwiefe. Es betraf aber dieſe Lehr⸗
art vornemlich die Grundſaͤtze des Glaubens an,
welche am nörbigften, und doch daben am leichte:
fen durch GOttes Gnade zu faffen wären. Da—
ber fie ſchon Paulus nennte die Milchfpeife, Ebr.
5, 12. 13. 1Cor. 3,1.2.3. die Elemente oder er-
ſten Zuchftaben (U 3 €) des Anfangs der
Worte GOttes; das Wort des Unfangs der
Chriſtlichen Lehre, Ebr. 6,1. Gleichwie her-
nach die andern Lehrer es benenneten die ſumma⸗
rifcheEinleitungn),(xeParawdgs eiraywyds)
die bandleitenden Kehren, (eirwywyırd uaIn-
para) 0), dadurch das Wort vom Anfang aug-
geftreuet wurde p), und die Leute, kraft folcher un-
termweifenden Worte, zum lebendigen Begrif des
k) Chryfiffemus hom. 4. in Ad. Apoft.
2.3. Don der erften Ehriften gemeinem und fonderbarem Botteodienft.
h Vid. Bottingerus lib. ll. Biblioth. Theol. c. ı. m. 5.
—
Chriſtenthums formirt und gebildet q). Und was
dergleichen Namen und Beſchreibungen bey den
uralten Seribenten hievon fich finden r).
4. Daß aber nun diefe Catechifmusfehre nicht
mit Worten allein fo befehrieben, fondern vom
Anfang des Ehriftentfums her unaufhoͤrlich ge⸗
trieben worden, davon find zum Ueberfluß Zeugnif: _
fe vorhanden. Die Apoftel und ihre Jünger
maren, gedachter maſſen, alle Catechiſmuslehrer,
davon Endertich Titus, Timorheus, Apollo, Sis
las, Marcus, tucas, Stephanus, Philippu
fehr viel andereberühmt find. Insgemein ſchaͤtz⸗
ten fich alle Hirten und Lehrer dazu hoch ver-
bunden: und war alfo die Kirche durch Catechifi-
ven gepflanzet, da die Lehrer nicht mit Difpu-
tiren umgehen wollten s) : mie ein Autor gar
wohl redet. In dem erften Geculoift fonderlich
des Hermæ Paftor, oder Buch vom Hirten,
berühmt gewefen, Rom. 16, 14. weldyes man fon
derlic) denen vor nöthig achtete, Die in den erſten
Buchſtaben der Chriſtlichen Lehre unterrichten
waren t). Naͤchſt dieſem und vielen andern, die
man damals nicht in Schriften wegen der un-
ficheren Zeiten loben fonnte, wird dem Diony-
fio zu Corinth diefesnachgerühmt, “er habe nicht
„allein mit gottfeliger heiliger Arbeit denen, fo
„feiner Sorge anvertraut geweſen, fondern auc)
„andern in fremden Sändern fehr viel Mugen ge
„bracht, fic) allen freundlich erwieſen, und einen
„Catechifmum oder Unterricht der wahren Lehre an
„ſie gefchrieben „ u). Babylas, im dritten Seculo,
friſchte nicht allein die Männer, fondern aud) Kin-
der zur Marterfrone an, welche er in dem Anfang
des Chriftlichen Glaubens untermiefe x). Panta-
nus war unter dem Kanfer Commodo ein be=
rühmter Lhrer, der eine Schule vor die Chriften
bieltezu Alerandria, allwo, wie die Hiſtorici dazu
fegen, eine Schuleder heiligen Schrift (dida-
axaNeioy Tav legwy Aoymyı, it. FnS KATNKÜTERS )
nach altem Bebrauch gewefen war, welche aud)
nod) bis auf die Zeiten Eufebii florirt habe y). Und
in diefer Schule Bat Clemens Mlerandrinus dem
Pantäno fuccedirt, Daß er nemlich der Mi
m)
Karıya , mOoTgemopdh, TagamD, vr) TE Ayo TH "YEven > — Zuciani ad AL: p. 5 Sed
Ay rns Puvns avripdeyua, Scholiaftes Sopkoclis in Ele. v. 108. 7x6 mges Tev ogugucv &vrıPpIey-
yeras. Id, in Phil.v.187. n) Qrillus Hierofol. Catech. IV. p.26. 0) Id. ib.p.36.
p) Athanafius Orat. III.
adı. Arrian. q)DienyfissHier.Eeel.c.6. r) Conf.ideme.ı. quiet SUYEWTEIS eoAoryizas appellat,vti
Origenes dexds, Clemens Alex. Umorunwreis, Lafantius Infitutiones in libris fingularibus,Gregorius Nyffe-
Rus KÄTAYHTIRdV Aöıyev, Orat. pecul. s) Meierusl.c.h.ı2r. t) Eufebinslib. III. c. 3. u)Nicephorus lib.
IV. Hift. Ecel.e,8g. x) Baronins AACCXLI.n. 16.
Ser. Eeel, in Clem Alex.
y) Eujeb, ib, V. e. 20. etlib, Vl.c.6. Hieronymus Catal.
Ua) Te
- J
” mw FE “- En 3
13: Cap. Don der erſten Chriſten Catechiſmuolehre. u 317.
fung der Tatechifmusfchüler vorgefeger ge
wefen, deffen Zuhörer und Schüler auch Ori-
nes war z). Deswegen ihn Hieronymus
Aagiftrum Catecheleos, einen Catechiſmus⸗
Ichrer oder Meiſter nennet a).
5. Bon gedachtem Origene wird fonderlic)
diefe felige Arbeit ar und zu einem groffen
Erempel vorgeftellet. Ihm ward von Demetrio,
dem Auffeher zu Alerandria, die Unterweiſung
der Catechiſ muslehre (Hr3xarıäv are)
aufgetragen, die er fehon zu Caͤſarien geuͤbet hat-
te b). Davon Lufebius diefes berichtet : "Als
„num zu Alerandria niemand mehr übrig war,
„der die erften Grundlehren unfers Glaubens zu
„seigen ſich bemuͤhete, weil fie alle wegen der
„Verfolgung derjaget waren, giengen etliche Hey:
„den zu ihm, da er oßnedem der Schularbeit da-
„mals noch oblage, und wollten das Wort GOt—
„tes von ihm hören. Da er denn 18 Jahr nur
„alt war, als er zur Unterweifung der Catechi—
„‚fmusfchüler beftellet wurde. In welchem Amte
„er groffen Wachsthum hatte zur Zeit der Ver—
„rolgungen,. Dabey auch gedacht wird, tie
fein gehabter Segen bey diefer Arbeie in Bekeh—
rung der Heyden die Unglaubigen fo fehr ver-
droffen, daß fie ſich zufammen rottirt, und das
„Haus, darinne er wohnte, mit Soldaten um—
„geben, wegen der Menge derer, die von ihm
„den Catechifmum lerneten;,. Er ward auch
von allen Seiten fo verfolget, daß er die Flucht
nehmen mußte, weil er fo gar viele zum Glau—
ben brachte ce). Aus welcher Catechifmuslehre
bernach viele zu Märtyrern wurden d), Mach
dieſen Zeiten war unter andern fonderlich befannt
Cyrilius, Auffeher zu erufalem , der in fei-
ner Jugend die Catechifmuslebren gefchrieben
bat, die wir noch griechiſch baben, ob fie wol
von etlichen vor geftümmelt und verfälfcht, von
etlichen gar vor eines andern Arbeit angefehen
worden Davon oben im Vorbericht Erweb-
nung gefcheben. Dem fey aber wie ifm wol:
le, fo bat er doc) bierinnen fonderbare Gaben
von GOtt gehabt, und bat ihn GOtt vornem—
lich von feiner Jugend an zu folcher heiligen Ver:
richtung ausgerüftet e).
6. Unter fehr vielen andern gedenket Siero—
2) Eufeb. et Hieronym. 1. 1. c.c.
a) Ibid. b) Eufebins lib. VI. c. 3.
Reatinus in Schol. ibid. Dan. Pareus Med. H. E. p. 171. d) Eufebius 1. c. e. 4.
npmus aud des Didymi und Bregorü Yla-
zianzeni, welche ex felbft zu Catechiftis oder
Catechiſmuslehrern gehabt habe f). Und
noch lange zuvor erwehnet Cyprianus ‚von
einem Leſer, Üptato, den er zum Lehrer
derer Tathechifinusfebüler (Dottorem Au-
dientium ) verordnet gehabt g). Inglei⸗
chen meldet Ebrpfoftomus von einem Dia-
cono , der fein guter Freund geweſen, daß,
als zur Peftzeit viel taufend Menfchen biswei-
len in einer Nacht ohne Vorbereitung und Un—
terricht getaufet worden, weil die Kehrer nicht
mehr achtung gaben ; babe er in die hundert
bis zweyhundert Menfchen zu fich genommen
und fie in den nöthigften Stücken unterwieſen.
Man fieher aber die damalige Verderbniß dar⸗
aus fo klar, daß etliche (ohne Zweifel die nach—
läßigen Lehrer, welche durch den Fleiß diefes
Disconi öffentlich befchämet wurden, ) dieſe
Mühe ifm vor einen Ehrgeiz auslegten , und
diefe felige; Arbeit nicht leiden Fonnten h).
Wiewol, demi ohngeachtet , auch eben Chryſo—
ftomus viel Lehrer in die heydnifchen Derter
fehicfte , die fie im Eatechifmo untermeifen
mußten, dadurch er feine Liebe und Hoch—
achtung diefer Sehrart fattfam erwieſe ;).
Gleichwie er auch vorgedadhten Diaconum des-
wegen fehr ruͤhmet und vertheidiget wider ſei—
ne fchändliche Verleumder, auch fehr wohl
dabey feßet, man müßte derer Boͤſen Aer—
gerniß und Widerfpruch nicht achten in de—
nen Dingen, die GOTT billige und befeh—
le k). Andere Erempel folcyer Catecheten
übergehe ich der Kürze halben. Tertullia-
nus zeuget insgemein von feinen Zeiten, es
babe nicht an Sehrern in der Erfenneni ges
mangelt, die man in nöthigen Dingen fra-
gen Fönnen 1). Und die Chriften wären
„nicht in Athen, fondern zu Serufalem ,
„nicht in der Ucademie , fondern in der
„Gemeine, und in der Halle Salomonis ,
„das iſt, im Wort GHOftes unterrichter m )-
7. Diefe und dergleichen erleuchtete Perfonen
erfennten in Demuth gerne, wie fie diefe Gabe
nicht von fich ſelbſt, auch nicht die $uft und den Fleiß
dabey aus ihren Kräften hätten, fondern daß ib:
Rr 3 ve
e) l.c. Hieronymus Catal. in Orig. et
€) Hieronymus Catal. in
Gr. Hier. Vid. eius Carechefes Grace editz Parifüis 1564. Latine per Io. Groderium ib. A. 1589, Graco-Latine
ibid. 1609. f) Hieronymus Epift. 37. ad Domniönem.
i) Theodoretus lib. V. Hift. Ecel. c. 29. k) Ibid
g) .Epift. ı3. ad Clexrum. h) Homil. 46. in Ada.
1) Lib. de Prefer .adu, Heret. c. 14. in) Ib. € 7
Aa
F
ve Tüchtigfeit alle von GOtt ſey Es war in den
Augen derfelben und aller frommen Ehriften fein
geringes oder indifferentes Werk oder Kinderfpiel,
daß ein Mann, der in der göttlichen Weisheit
wohl erfahren, und wol hohe Geheimniſſe verftund
und vortragen konnte, auch zu lauter fchweren und
tiefen $ehren gewoͤhnet war, nun follte gleicyfam
mit den Kindern und Cinfaltigen ein Kind und
- einfältig werden, mit ihnen ganz Findlich veden,
und fo zu fagen lallen, die erſten Buchſtaben des
Worts von vornen mit ihnen anfangen, und al
ler feiner Weisheit dabey vergefien. Dis war.
wahrlich dennoch Weisheit bey denen Vollkom—
= menen, unddefto höher zu achten, je feltfamer fol-
che Gabe auch in übrigen Lehrarten zu feyn pfle—
et, alles deutlich , kurz, und doc) gründlich ; ein-
eig und niedrig, jedoch wahrhaftig und unver
faͤlſcht vorzutragen. Gejtalt man die Schwerig-
keit folcher Verrichtung auch daraus abnehmen
kann, weil auch in den alten Zeiten fo wenig Leute
gewefen bey fonft häufigen Gaben des Heil. Gei-
ſtes, daß auch die, fo darinnen gearbeitet, nicht
alles beftreiten fönnen, wievon Örigine verfichert
wird. n). Wenn man alfo einen fand, der hiezu
tuͤchtig waͤre, bielte man ihn fehr werth, und fuch-
te ihn auf alle Weife bey folcher Berrichtung zu
erhalten. Wie alfo Auguſtinus von einem Dia-
cono zu Carthago fehreibet, “Daß die Chriften die
ne zu ihm zu führen pflegen, damit er fie in
„dem Epriftlichen®lauben unterrichtete.Lnd dieſes
„darum, weil man wüßte, er fen fehr gefchickt zum
„Catechifiren mit einem anmutbigen Borfrag,0).
Diefe eute waren ganz anders gefinnet, als Die
faulen Bäuche und eingebildeten Heiligen, über
welche Lutherus £lagt, und bittet, es folle fich Fei-
ner einbilden, er habe num die Hauptſtuͤcke des
Catechiſmi alledurchgelernet und erfannt, fondern
glauben, “daß der Heil. Geift müffe bey ſolchem
„sefen, Neden und Nachdenken feyn, der immer
„neue Bewegungen erwecke , ein gröffer Licht gebe,
„wenn man wolle in folcher Lehre zunehmen und Er-
„bauung davon hoffen p).
8. Weil demnach, gedachter maffen, des Heil.
Geiftes Licht und Kraft vornemlich bierinne das
befte thun mußte, fo. ward aud) diefe Pflicht nicht
an die Sehrer allein gebunden , fondern aud) an-
dern Chriſten zugefihrieben. Von denen Diaco-
niffen iſt bereits eriiefen worden, wie fie fonder-
lich das Frauenvolf haben im Catechiſmo unter-
n) Eufeb. lib. VI. c. 14.
0) Auguftinnslib. de Catechiz. Rudibusc. 1.
lib. VI. c.ı0. r) Bafılins M. Epiſt. 75. ad Neo-Cxfarienfes.
2272 Ne u
*
282 2. B. Von der erſten Chriſten gemeinem und ſonderbarem Bottesdinf.
weiſen muͤſſen, im 6. Capitel. So iſt auch ſchon
von denen Schulen a: Meldung ge⸗
fheßen, darinne man die Grundlehren aus der
heiligen Schrift fleißig gerieben ‚ melches dafelbjt
eine alte Bewohnbeit genennet und eine
Unterweifung der Glaͤubigen insgemein hieſſe
(daraßn röy mısöv ) q). Dazu kam auch noch
die Catechiſmuslehre in den Zaͤuſern, fo von
den Eltern, Präceptoren und andern geſchah,
nach) dem Willen GOttes. Eph. 6,4. 5 B-Mof.ö,
6.7. Jofu.5, 6.7. Wovon denn abermal die
Weiber nicht ausgefchloflen waren , wie nicht al⸗
fein das Erempel derer Diaconifinnen bezeuget,
fondern auch jener Macrinaͤ, der Amme des bes
ruͤhmten Lehrers Bafılii , welcher alfo von ihr
fehreiber : “Was Fonnte vor ein Flärerer Beweis
„unfers Glaubens feyn, als daß wir von der feli
„gen Srauen,unferer Amme, der Macrina erzogen
„find, die von euch (zu Cäfarea) herkommen iſt,
„von welcher wir die Worte des feligen Gregorii
„gelernet haben, die fie bis dahin im Gedaͤchtniß
„hatte, und ung, da mir Eleine Kinder waren, in
„ven Lehren der Gortfeligfeit unterrichtete und
„gleichfam bildete ,„„r)? Bon welcher Pflicht aber
der Eltern, Vormuͤnder, Wärterinnen und Lehr⸗
meifter unten folgen foll. .
9. Fraget nun jemand ferner nach den Umſtaͤn⸗
den, wie lange denn etwa ſolche Eatechifmusleh-
ve gewaͤhret babe? So iſt zwar bey den Alten kei—
ne gewiffe Zeit derfelben an fich felbft beftimmer zu
finden : Diefes aber it gewiß, daß man nicht
eben fo gar gefchwind davon geeilet habe, als die—
jenigen verlangten , welchen das Wort GOttes
ein Eckel und Berdruß iftz fonderndaß manfleif
fig mit.öfterem Wiederholen, nöthigem Erklären
und freuen Vermahnungen angehalten habe,
Dahero vermaßnet auch Cyrillus gleich im Anz
fang feiner Gatechifmuslehre alfo: “Bleibe fein
„beitändig in dem Catechifmuseramine , ob es
„gleich lange währen follte, Damit nicht etwa
„oein Herz einmal laß werde. Denn da befüm-
„meft vu Waffen wider deine Feinde in die Hänz
„de- Du haft viel Feinde, drumnimmauch viel
„Waffen zu dir „5). Dazu er nod) eine wichtige
Urfache feget, wenn er den Catechifmum mit ei»
nem Gebaͤu vergleichet, “welches wohl müffe
„nach der Drönung mit Banden verfnüpfet und
„verwahret werden, moferne nicht Lücken und
„Mängel darinne bleiben follten, und das Haus
„gebrechlich bleiben, Darum (fpricht er,) ift es
„Ja
p) Catech, Mai. pref. q) Eufebins
s) In Procatech. p. 3.
ee Cap. Dind
* dern gehaͤngt, und das uͤberfluͤßige
„abgeſchnitten werde, damit es ein vollkommen
„Gebaͤu werdet). Auſſer dieſen Urſachen con—
tinuirten diejenigen, ſo dazu einmal geſetzt waren,
mit ſolcher Arbeit ſtets, ab, daß auch ihre Schuͤ⸗
ler fo fleißig dabey waren, und ihren Lehrer Faum
Athen fchöpfen lieffen, wie abermal von Oriae-
ne gelefen wird u). Die Lehrer felbft fparten auch
feine Mühe biebey, und bereiteten fich auf diefe
Berrichtung fleißig , naͤchſt herzlicher Anruffung
dex göttlichen Hülfe. ie denn einige muthmat-
fen, man habe bisweilen gewiſſe Catechifmusfor-
muln aufgeleßt und vorgetragen; weil fich Euſe⸗
bius auf die Catechifmusichre feiner Vorfahren
beruffe, die er vor feiner Taufe gefaflet gehabt x).
Bon der Zeit aber ift bier nicht nörhig zu erin-
nern, wie lange man die $eute vor der Taufe im
Catechiſmo gelehrer habe, Denn einigebenennen
biebey 40 Tage y), andere aber nur insgemein ei-
ne lange Zeit z). Am beften ift es wol gewefen,
wo man fich nach dem Wachsthum der Schüler
gerichtet , und im übrigen fie dahin angehalten
bat, daß fie niemals aufhören follten, die Cate-
chiſmuslehre theils fleißig zu wiederholen, theils
noch mehr zu befeftigen, zu beſſern und vermeh—
ven, welches denen wahren Ehriften Feine Mühe
noch Schande war.
10. Wasferner die Art der alten Catechiſmus⸗
lehre betrift, fo mar nächft denen wefentlichen
Stuͤcken der Lehrart insgemein, wie wir fie im
vorhergehenden Capitel gefehen, vorallen Dingen
nöthig, daß fie “deutlich, einfältig, freundlich
„und Findlicy gefchehen mußte,,. Diefes forderte
alsbald von einem reblichen und verftandigen
Eatecheten fein eigen Gewiffen, wenn er lauter
einfältige, unverftändige und unwiſſende Leute
vor fich fahe, zu denen er ich nothwendig von
der Höhe feiner Weisheit herunter laſſen und
Eleinwerdenfollte. Wie weislich wußte fich Pau-
fus in alle feine Kinder. zu fchicken, wenn er
mit Süden, Gefeglichen , Befreyten vom Gefeg,
Schwachen, Starfen umzugehen hatte! “Allen
„wurde er alles, auf daß er des Evangelii theil:
„baftig würde, 1Cor. 9,19. u. f. Dazu gebör-
t) Ibid. Catech. II. u) Eufeb. lib. VI. c. 10.
ja noch wol der Mühe werth, daßein ( ein
en Dichte auf den andern at, in el
x) Ita Centuriat. Magdebure. Cent. IV.c. V.p. 278.
Hierofol.Catech. I. Myftag. p. 72. Hieronymus Epift. 26.ad Pammach. Hinc tempus Qu
319
te groſſe Borfichtigkeit. So befennet Auguſti⸗
nus von fich felber, der HErr habe ihm dieſe Gna⸗
de gethan: “ch Fann diefes von mir felbit bezeu⸗
„gen, daß ic) immer anders und anders bewe—
„get werde, wenn ich vor mir einen Catechi-
„Imusfchiifer fehe, der entweder gelehrt iſt oder
„ungeleber, einheimifch oder fremde , reich oder
„arm, ein Privamann, oder der in Ehrenaͤm⸗
„tern fißt, weß Standes, Geſchlechts, Alters
„oder Volks er fey, don was vor einer Secte er
„serfomme. Und nad) diefem Unterfheid der
„Bewegung meines Herzens flieffet alsdenn Die
„Rede, und endet ſich auch alfo „). Bon wel:
chem weiſen Umterfcheid ein anderer berühmter
Khrer alfo difeuriet: Die Lehre, fo zum Cate⸗
„hifmo gehört, iſt zwar denen noͤthig, welche
„das Leben, die Gottfeligfeit und wahre Religion
„regieren, damit die Gemeinen durch deren Hinz
„zuthuung- vermehret werden , welche felig wer:
„den. Und diefes gefchicht , wenn das Wort
„vom Glauben auch denen Unglaubigen zu Ob:
„een fommt. Alleine, es ſchickt ſich doch nicht ei⸗
„ne jede Lehrart fuͤr alle Zuhörer, fondern fiemuß
„nach Anterfcheid der Religionen verändert und
„bequem gemacht werden im Catechiſmo. Alſo,
„daß man ihnen einerley Zweck oder Rede zwar
„allezeit a und darauf ftets ſehe, aber doch
„nicht auf einerley Weife ihn befraftige und bes
„weißes, 6b). Welchenörhige Anmerfung ein an⸗
derer mit einem Exempel erläutert: “Nenn Du
zju einem fagen willft: Glaube doch Chriſto, weil
„er GOOtt iftz fo wird ex alsbald fagen: Woher
„toll ich das glauben? Bringſt du ihm nun gleic)
„die Propheten vor, ſo wird er fprechen: denen
„glaube er nicht, darum , weil fie Juͤden find, er
„aber ein Hende. Da mußt du denn die Wahr-
„beit der Propheten beweiſen, daher , weil fie
„fünftige Dinge zuvor gefagt haben, und man fies
„bet, daß es alles gefcheben fey „c). Andere zei⸗
gen eben folche Vorſichtigkeit in der Unterweifung
der Juͤden, wie man aus ihren Schriften ſiehet,
fo fie den Juͤden zur Ueberzeugung gefchrieben ha⸗
ben d): Gleichwie fie mit den Heyden eben foFlüge '
lich in ihrer Wiederlegung und Unterricht verfah-
ren haben e).
11, Aber
y) Cyrillus
gefimale Catechi-
zationi deftinatum, de quo et eius ieiunio vid. Io. Dallaus lib. III. de ieiun. et adu. eum Preneregins Cod.
Can. Vindic. III.c.7. Naralis Alexander di. IV. Sec. II. Art. 3.p.236. z) ItaConcil. Confantinopolit. 1.t.7.
a) Lib.de Catechiz. Rud.c.ı5. b) Greg. Nyfenus pref.Orat. Catecheticx. c) Auguf.lib. XIII. adu.Fauftum
Manich.c.7. d) Legatur vel Zuffini Martyris Dialogus cum Tryphone, Chryjf.Homiliz 6.aliique. e) Apo-
logetr, Iuflinus, Tertullianus Athenagoras, aliique; Theophilus Tutianus, Theoderetus, Enfebins, Arnobins, La-
#antins, Minntins ege,
304 {
ır. Aber fonderlich auf den Umgang mit Ein-
fältigen und Kindern zu kommen, war diefer de-
nen, fo ſelbſt als Kinder in das Himmelreich ein-
gehen wollten, febr lieb und angelegen , gleichwie
er denen hoffaͤrtigen Geiſtern, die zum Himmel»
reich noch nicht gelehrt und geſchickt find, Die Ar-
gefte Plage ſeyn muß. Ein in der alten Kirche
fehr beliebter Mann fehreibet Hiervon feßr herz⸗
fi , da er einen Diaconum vom Catechiſiren
unterweifen will: “Der Verdruß der Catechi-
„fmusfehre kommt aud) daher, weil fie ofte uͤber⸗
„orüßig werden, dahin wieder zu kommen, was
„fie den Umwiffenden beybringen follen: indem
„08 ihnen feheinet , ſie A deffen nicht mehr
„ihrer groſſen Wiſſenſchaft wegen nöthign. (Al⸗
fo derrathen fie ſich damit, daß fie in eigener Lie—
be nur fich felbft noch fuchen, nicht, aber die ar-
men Schafe). “Ein reifes Gemuͤth will nicht
„gerne in felhen gemeinen und kindiſchen Din⸗
„gen fortgehen. (Worinne doch ein kindlich
Herz feine größte Freude fuchet.) Aber (fra-
„get der liebe Mann, ) dergnuͤget dich denn fonft
„nichts mehr, als wenn dich nur die Liebe Dazu
„reizet? Sollte diefes nicht eine Luſt feyn, Die
zeiten und abgebrochenen Worte mit her
„zu lallen ? Und gleichwol wollen die Leute ins⸗
„gemein deswegen gerne Kinder haben, mit des
„nen fie alfo fpielen Fonnen. Einer Mutter ift
„es ja viel füfler, dem Eleinen Rinde Die gefauete
„Speife in den Mund zu ſtecken, als groſſe
„Stücden felber zu verſchlingen. Darum, (fäß-
„vet er weiter fort,) ac) Daß doch niemals aus un-
„fern Herzen weiche das Andenken jener Gluck⸗
„benne, welche ihre zarte Kichlein mit ihren
ſhwachen Federn überdedft, und die girrende
„Hühnfein mit einer gebrochenen Stimme zu fi)
„euffet! Und wenn, die Stolzen ihre Slügel ver-
„achten, fo werden fie den Raubvoͤgeln zu theil.
FJe williger und dienſtbegieriger Die Liebe auch
„zu den niedrigſten Dingen herab fteiget, defto
„mächtiger dringet fie Durch das innere durch,
„meil fie in einem guten Gewiſſen nichts fuchet
„von denen, zu welchen fie fich fo herunter läßt,
„als nur ihr ewiges Heil, f). Wie er auch de-
Eckelhaften und Hochgefinnefen einen feinen Rath
gibt, ihre naͤrriſche Einbildung zu überwinden:
Zaſſet uns (faget er,) mit denen Kindern Find:
„lich gefinnet werden in brüderlicher, mütterli-
„cher und värerlicher Siebe. Wenn mir darinne
„mit ihren Kerzen verknuͤpfet worden ſeyn, fo
SE EG % Tu. WM
wi: *
Chriſten gemeinem und ſonderbarem Botteodienft.
„wird uns alles auch neu und groß feheinen,
„was wir fie lehren. Sleichwie, wenn it in
„einem Garten — und mir derſelbe bekannt
„iſt, fo habe ich eben Feine groſſe Luſt mehr dar-
„an; wo ich aber einem Freund denfelben zeige,
„ſo werde ich auch angelocket, mid) darüber zu
„ergeßen: So gehets auch mit den Lehren, die
„ich ſchon weiß, und dennoch immer wiederum
„anderen vortragen foll g).
12. Es weiſet auch diefer berühmte Bifchof und -
Lehrer mit feinem eigenen Exempel, wie es ei-
nem ſolchen Catecheten nichts an feiner Autorität
benehme, wenn er demüchig und Eindlich mit den
Schülern umgehe. Ee nennet feine Zuhörer im
Catechiſmo, ſonderlich die fogenannten Compe-
tenten, welche nun um die Taufe anbielten, feine.
Mitfchüler (Contyrones), anzuzeigen, daß
er eben ſowol auch noch zu lernen hatte, und den
Catechiſmum noch nicht ausgeftudierer, und fie
dahero aud) fich nicht weigern follten, mit ihm
zugleich zu lernen b). Eben mie etwa eine lieb⸗
veiche Mutter fich auch dem Kinde gleich fteller,
wenn es etwas gerne thun foll, mit ihm lachee
und meinet, iffet und £rinfet, Damit es alles thue,
weil e8 die Mutter ein gleiches thun ſiehet. ie
kann aber ein $ehrer fid) den Schuͤlern gleich ftels
len, wenn er, nach Lutheri Befchreibung, miteiner
prächtigen Nede und rhetorifchen Pomp, oder mit
groſſer Spisfindigfeit, Die Kindermilch vorleget,
nicht aber aufs einfältigfte, damit fie alles defto
leichter und gewiſſer faflen mögen i)? Vielmehr
muß man mit eben demfelben fich für einen Kna⸗
ben und Catechiſmusſchuͤler noch) taglic erkennen
und gerne befennen, nicht aber, wie die ecfelhaf-
fen und delicaten $ehrer,meynen, man habe es
auf einmal fo gefaflet, daß man alle Doctores
in der Welt übertreffe, welche gewißlich den al-
lerſchrecklichſten Fall fchon gethan haben k). In
Summa, wer den Catechifmum mit Frucht trei-
ben wollte, der mußte “auf eine liebreiche ange-
„nehme Art die Hauptfumma des ganzen heiligen
„Evangelii mitdeutlichen Worten vortragen, und
„dazu Die göttliche Huͤlfe anruffen, damit die
„Gröffe der Verheiſſungen GOttes ihnen Elar
wurde, und fie nicht durch Schwerigfeit der
„Sache verdruͤßlich und abgefchrecfet würden 1).
13. Darum mar nun ferne von Flugen $ehrern
der Hochmuth des Herzens, der Worte und des
Umgangs. Sie meideten alle dunfele Medens-
ar⸗
) Auguſtinus l.c.c.1o. 8) Ibid. c.12. h) Auguſtinus Serm. 7. de Diuerf. i) Præfat. ad Catech, Min.
k) Idem Catech. Mai. pref. 1) Erajimus Schol. in Hieronymum Epiſt. I. ad Heliodor.
“nr
SR Eu
A
—— Cu — — — — — — ——
arten, und am meiſten philoſophiſche und andere
Kunſiwoͤrter, unnuͤtze Streitfragen, Wort:
kriege, Verwirrungen und Verdrehungen der
Wahrheit. Sie bekannten gerne, daß: fie we—
der hierinne noch in andern Lehrarten die
Schwachbeitder Lernenden beſchweren müß-
ten m). Sa, wie fieinsgemein von GOtt ein ans
ders gelernet hatten, alfo war diß ihre ernftliche
Mennung, “daß fein Stoiſch, Platoniſch oder
„logicaliſch Chriſtenthum eingeführeet werden
„muͤſſe. Wahren Lehrern fen Feine Euriofirät nuͤ⸗
ne, nachdem fie EHriftum JEſum hatten, aud)
„reine weitere Nachforſchung, nachdem fie das
„Evangeliumempfangen. Glaubeten fie einmal,
„ſo verlangten fie weiter nichts zum Glauben
„und alfo auch andere nichts auffer dem zu leh—
„ren)„,.n). Wovon ein anderer alfo nachdruͤck⸗
lich ſchreibet: “Es koͤnnte nichts ungerechteres er=
„dacht werden, als unfer Glaube, wenn er fi
ur auf Gelehrte ſchickte, und auf folche, die in
„der Beredſamkeit und logicalifihen Vernunft-
Iſhluͤſſen geübt find, wenn hingegen der gemel-
„ne Mann gleichwiedes Goldes und Silbers und
„aller Eöftlichen Sachen, alfo auch diefer entrathen
„müßte: wenn GOtt das, was hoch und groß ift,
„angenehm bielte, dasandercaber verachrete und
„verwuͤrfe, was niedriger ft, und über des gemei-
„nen Manns Berftand nicht geht, 0). Da nun
diefes in allen andern Arten der Lehre hochnoͤthig
und nüglich rar, wie vielmehr mußte man beyder
einfältigften niedrigften Lehrart wohl darauf fe-
ben? Und wiefiedas Epriftenthum einem Gebaͤu
verglichen, alfo fiengen fie fein andem niedrigften
Grund an zu bauen, nicht aber an dem hoͤchſten
Gipfel. Wir bringen euch (fagten fie zuden Zu-
„börern,) gleichfamSteine zu eurerErfenntniß, ihr
PHllt vernehmen von CHriſto, ihr folle von der
Auferſtehung hören, und was fonjt nach der Ord⸗
„nung follgefeßer werden. Werder ihr aber auch
„nur eines davon nicht veche fallen, ungeacht ihr
„Das andere und dritte wilfet, fo bauer der Bau—
„meifter zwar wol, ihr aber werdet ein gebrechlich
„Gebäude Haben, p). Dahin fahe man nun,
daß man von den nörbigften und leichteften Ma-
ferien anfieng, und indeflenandere höhere Sachen
beyſeit ſetzte. Wenn ein Catechiſmudſchuͤler
„von einem Glaubigen Geheimniſſe hoͤret, ſo weiß
„er nicht, was ev gehoͤret hat, (ſprachen ſie,) und
„dennoch widerſpricht er wol den unbekannten
— mb — — — — —
13. Cap. Don der erften Chriſten Catechiſmuslehren. —
„Dingen, oder verlacht fie gar,, ). Und dieſes
war ſonderlich gebraͤuchlich zů der Zeit, da man die
diſeiplinam arcani anfienge zu ſtabiliren alſo, daß
bey keinem Catechumeno oder ungetauſten Cate—
chiſmusſchuͤler von Geheimniſſen geredet werden
durfte r). Davbn aber im vorhergehenden Ca:
pitel fchon Bericht gefcheben.
14. Damit man aber fehe, was eigentlid) die Al-
genden Catechiſmusſchuͤlern vorgetragen, fo wollen
wir einen zwar unbekannten, aber doch ziemlich al
ten Autorem davon hören, der alfo ſchreibet: "Ber
„in dem Worte der Gorrfeligkeit ſoll unterrichtet
„werden, der muß vor der Taufe gelehret werden
„von der Erkenniniß des unerfharfenen GOttes,
„von der Erkenntniß JEſu desEingebornen,und im
„Glauben von dem 9, Geiſt. Er muß lernen die
„mannigfaltige Irdnung der Creaturen, die Did=
„tung der göttlichen Borfehung, die Gerichte dever
Gefetze. Es ſoll ihm gezeiget werden, warum die
„Welt erfiyaffen fen, und weswegen der Menſch
„zum Einwohner derſelben geſetzet iſt. Er muß ſei⸗
„ne Natur lernen erkennen, was er ſey. Er muß
unterwieſen werden, wie GOtt die Sünder ges
ſtraft Habe mit Waffer und Feuer, Die Heiligen din
„gegen geehret " allen Zeiten, alsden Seth, Enos,
Enoch, Moe, Abrabam,mit feinen Nachtommen,
„Meichifedech, Job, Mofen, Joſuam und Ealeb,
Phineas den Priefter, und andere,die zu allenZei-
„ten inder Heiligkeit hoc) gekommen find. Wie
„auch Gott fich von dem menfchlichen Gefchlechte
„nicht gervendet habe,fondern daffelbe zu unterfhie-
„denen Zeiten vom Irrthum und Eitelfeiten zur
„Erfenntnißder:Wabrheit wieder beruffen Babe, in-
„ven er daffelbe vonder Dienftbarfeit und Gottlo-
Fſigkeit zu der Freyheit und Gottfeligkeit, von der
„Ungerechtigkeit zur Gerechtigkeit, von dem ewi⸗
„gen Tod zum ewigen geben gebracht. Dieſes und
„vergleichen foll derjenige im Catethifino lernen,
„welcher zur Taufe tommenwill,, s). Gleicherge⸗
ftalt fhreibet-ein anderer eben ſolche Materie vor,
die dergleichen Leuten beyzubringen ſey, nemlich
man folle ihnen Fürzlich die Gefchichte der Kirchen
ausder H. Schrift befannt machen 1); fodann die
Urfachen anzeigen, warum CHriſtus habe fommen
muüffen, daben aber immer hinzuſetzen, was den
Menſchen im Chriſtenthum beſſert oder befeſtiget
u). Weiter muͤſſe die Hoffnung der Auferſtehung
wohl eingepräger werden, die Guͤte des legten Ge⸗
richts über die num und deſſen Schärfe wider
Ss vor die
— in Pſ. 5o. n) Terculliauus de Præſer. adu. Hxret.c.7. 0) Gregorius Naciangenus Orat. 26.de Mo-
p) Cyrillus Hieroſolymitanus in Procatech.
ifput.
s) 4 Apoftol,lib. VII c. 39.
q)ldem Catech. Illumin. 6. r)Id. in Procatech.
t) Auguftinss de Catechiz. Rud. cap.3. u) Idem ibid.c.4.5.& 6.
*
322
die Gottloſen, die Gerechtigkeit gegen alle x), und fo
fort. Andere nehmen noch genauer den Unter:
fihied folcher Sernenden in acht, und wollen nad)
denStuffen ißrer Erkenntniß alle Lehre eingerichter
wiffen, welches auch nörbig ift zu allen Zei-
ten y). ;®
15. Allesaber, wasdenen Schülern vorgetra-
gen wurde, mußte aus dem lauteren Duell der H.
Schrift flärlich genommen ſeyn, damit der Grund
des Glaubens göttlich und alfo feft und unbeweg-
lich würde. Denn wo alfo das Wort mit dem
Glauben derer Zußörer recht vermenget ward,
Ebr. 4, 2. daß es in den Herzen einwurzeln, le
bendig werden und Frucht bringen fonnte, da war
erftlich der Zweck diefer Catechifmuslehre erlan-
get. Dahero wurden auch vor dieſem die Cate-
hifmusfchüler ernftlich ermahnet, daß fie die H.
Schrift fleißig hören und leſen füllten 2). Wie fie
denn auch in den öffentlichen Berfammlungen zur
Anhörung des Worts fleißig angehalten wurden,
(emardraı Fns EvIes Tay mavıegav YeaDav, d-
yayvozens) a); tie auch zum Pfalmenfingen
und Beten b). Sya,die Öottesfurcht und Demuth
der freuen Lehrer lieffenicht zu, daß fie Die einfälti-
gen Seute auf fich felbft und ihre Autorität oder an-
dere Menfchenfaßungen geführet hätten; fon-
dern dieſes war ihr eunfter Wille, welchen ein be-
rühmter Catechifmuslehrer alſo den Seinigen
vorleget: "Du darfit mir janicht alsbald ſchlecht⸗
„hin Glauben beymeffen, wenn ich etwas vorbrin-
„ge, woferne du nicht einen Beweis davon aus der
„H. Schrift erhälteft, was ich dir auch fage,, ce).
Dergleichen Unterricht fie insgemein ihren Zuhoͤ⸗
rernaufrichtig gaben. Man meynte aber zumei-
len, die Sache bequemer anzufangen, wenn man
gemwiffe Symbola und Glaubensbefenneniffe auf-
feßte und denen ternenden vorgab, wovon fünder-
lich die folgenden Zeiten viel Merckmahle übrig ha-
ben. Alſo gedenfer Umbrofius von fich felbft, er
habe an einem Sonntage nad) der Berlefung der
Bibel und Dredigt etlichen Täuflingen das Sym-
bolum gelehrt 4): Auguſtinus gedenket deſſen of-
tee), und Cyrillus Sieroſolymit anus gedenfet et⸗
lichemal, nebenſt andern, daß die Taͤuflinge daf-
ſelbe vor der Taufe haben herſagen und alſo ihr
Bekenntnißthunmuͤſſen f). Dabey ich aber mic)
*
2. B. Don der erften Chriſten gemeinem und fonderbarem Bortesdienft. 4
ud R52
Er »
nicht aufhalten ann, da zumal die Sache mit den
Spmbolis unten vorfommen wird. Torch,
16. Inſonderheit aber Fahendie treuen Arbeiter
ftets dahin, daß ihre $ehre zu vielen Früchten der
Öerechtigfeit ausfchlagenmöchte, nachdem ja al-
les zur Beflerung ohnedem von ihnen geſchehen
mußte. Als jener junge Lehrer noch Daran zwei-
felte, “ob er nur dur) lauter precepta und Be-
„fehle oder durch Vermahnungen den Gate:
„chiſmum lehren follte,? So antwortete ihm ein
alter Mann: Die Herzen wären am beften zu
„gewinnen, wenn mandie Liebe und ven Glauben
zu GOtt fame der Hoffnung der zufünftigen -
, Bon dem, be
„Dinge ihnen verfündigte,, e).
ruͤhmten Catecheten Origene ift fchon erwehnet
worden, wie fo viel Maͤrtyrer aus feiner Cate—
chiſmusſchule entftanden ſeyn, vergleichen ge
nennet werden Piutarchus, HYeraclides, Hero,
zweye mit Namen Bereni, eine Weibsperfon, He-
rais, und andere, Die aus feinem treuen Unterricht
in der größten Marter beftandig bey Chriſto zu blei-
ben gelernet hatten b), Wie er denn au) ihrer
viele bis zum Tode begleitete, und aus dem goͤtt⸗
chen Worte kraͤftiglich durch die Gnade ftärfete i).
Woraus man leicht fehen kann, daß er ihnen feine
unnüge oder vergebliche Dinge wird vorgeredet,
fondern fie gründlich zum Glauben und Liebe des-
HErrn JEſu wird untermwiefen Daben, auch mit fei-
nem Erempel in der Kraft GOttes ihnen vorge:
gangen feyn. Denn fo wolltens die Alten insge-
mein haben, Darum men auch öffentlich ale
derft ihnen zeigte die Weiſe, wie man zu GOtt,
„der da rein und vollfommen ift, kommen Fünne,, »
Es mußte ißnen das göttliche Heben und
Wandel erfiärer werden. Man mußte fie
fragen, ob fie fib auch vorgenommen hät-
ten alfo zu leben! wie ein alter Scribente be-
richtet k). Ja, man forderte auch von denen ein
„eremplarifch Leben und Reden, welchedie Milch
„der Lehre indie Herzender Zuhörer einflöffen folk
„een. Sie mußten nicht von der weltlichen Ge—
„lehrfamfeit, fondern von dem apoftolifchen
„Worte ihre Ermahnung bernehmen. Ihre Wor-
„te andas Volk mußten ftetsvon der’ Keuſchheit,
„Verleugnung und andern bandeln,,. Welches
denn vot ihre allgemeine Pflicht erfannt ward 1).
17. Aus diefem allen zeiger fich die ——
eit
* *
x) Ibid. c. 7. ſeqq. y) Vid. Tertullian. de Pœnit. c. 6. et ibid. in Notis Albafpinaus p. 433. zZ) Auguftin. de
Catech. Rud. c. 9. a) Dionyſius Hier. Ecel. c. 3.
epift. 33.
cil. Bracaren[e c. 10. Agarhenfe c. 9. aliaque.
VI.c.3. i) Id ibid. k) Dioryfias Hier. Eccl. c. 3.
VIII. c. 4. p. 102.
b) Ibid.
e) Libro de Symb. ad Catechum. omnino et Serm. 135. de Temp. alibi. I. Cı
g) Auguflin. de Catech. Rud. c. 1.5. et 6. h) Eufebius lib,
c) Cyrillus Hierofol. Catech. IV. d)Lib. V.
x f) Catech. XVILL. Con-
l) Beda lib. VI. in Cantie. ap. Centur. Magdeb. Cent.
ee 7
*
Lz
* 3
13: Cap. Don der erſten Chriſten Catechiſmuslehren.
keit dieſer Lehrart mehr als zu klar, die uns auch
unten bey der Auferziehung der Kinder noch klaͤ⸗
rer werden ſoll. An Seiten der Lehrer ſelbſt half
ihnen dieſe Uebung zur Vermehrung ihrer Weis
beit und Erkenntniß, wie auch zu groͤſſerer Erfah:
rung in ihrem Beruf, Denn wenn man an:
„dern Weisheit beybringet, fo vermehrt man fie
„ihm felber. Se mehr man Lehre mittheilt, je
„mehr theile fie fü einem efbftmit, mde. Wenn
die Prediger (fpricht $utberus,) diefen Fleiß an-
wenden, fo verfichere ich fie theuer, und fie wer-
denswirflicherfahren, daß fie einen geoffen Nu-
gen davon haben werden, und daß GEott trefli⸗
che Männer aus ihnen machen werde, alfo, daß
fie felber einmalgeftehen werden, daß, je mehr fie
die Catechifmuslehre trieben und wiederhol—
ten, je weniger fie fteerreichen und verſtehen, fon-
dern immerdar noch lernen müffen nr). Die Al-
ten achteten diefes vor das befte Kennzeichen ei:
nes wahren $ehrers, wenn erdas Wort recht miß-
lich catechifiren oder lehren Fünne (Xaernyäv röv
Asyov) 0). Und freylich konnte Feiner hernach
mit Nutzen und Nachdruck andere Lehrarten,
Vermahnungen und Troft vortragen, wo er nicht
in dem Catechifmo einen guten Grund bey feinen
64 geleget hatte; ſo wenig als einer ein
ind leſen lehren wird, wenn es nicht das ABC
erſt begriffen; Suchte nun ein Lehrer das, was
CHriſti iſt, fo fing ers da am ſorgfaͤltigſten an, wo
es am noͤthigſten war; und das war der Cate—
chiſmus. a, ein in der Antiquitaͤt nicht uner—⸗
fahrner Mann ſchreibet insgemein Bievon aus der
Einftimmung der Alten und eigener Erfahrung,
„daß inder ganzen Welt feine Sache fey, damit
„ein Diener GOttes mehr Frucht fchaffen koͤnne,
„als mit dem einfältigiten und gemeiniten Cate-
„hifiven,, p). stem, er befennet, die allernüg;
lichſte Predigt ſey diefes, Dadurch der Grund
geleget werde. Und ihn reue nichts mehr, als
daß er nicht mehr Stunden an diefe Catechifmus-
übungen gewendet habe, Erwünfcheauch, daß
der Predigten ein groß Theil mit diefer Art zu
predigen möchten verwechfelt fern, die in Unter:
redung beſtehet g). Und was dergleichen Befennt:
niſſe erfahrner Leute mehr find.
ig. So herrlich aber der Nutzen diefes theu-
ton Werfs in der erften Kirchen gewefen ift, fo
fhläfeig ift es nach und nach fractirt worden,
da nebenft andern guten Anftalten auch diefe nach
m) Ifidorus Hifpalenfis lib. II. Synonym. c. 14.
p) Iofephus Hallus Irenic. Anglic. Sect. 23.
n) Przf. in Catech. min.
g)Idem Antiqu.Relig. praxfat. r)Chryjofomus hom. 46. in Ad.
323
undnach abfam. Zmar vergaffen die Schrer nicht
alsbald aufeinmal diefe ihre habe Prlicht , ſondern
es kam nach und nach durch eine wunderliche Liſt
des Satansin Abnehmen; mie ich faft aus vielen
Umftanden fihlieffen muß. Es ift aber meine
Muthmaſſung diefe: Bey den erften Gemeinen
war mandarinnen fehr eiferig, um das viele zum
Chriſtenthum antretende Volk erjtlich wohl zu uns
terweifen, und fodann in die Gemeine zu brin-
= Hernach, da derer wenig wurden, die als
Erwachſene getauft werden Fonnten, und die Ge—
meinen nicht durch die wahre Bekehrung und Wie-
dergeburt , fondern bey dem Berfallmeiltens durch
dienatürliche Geburt geftärfet wurden, da nahm
Diefe Uebung des Catechiſmi täglich ab. Denn
weil nur Fleine Kinder nunmehr getauft, diefe aber
niche vor der Taufe unterrichtet werden Eonnten,
vergaß man endlic) des Catechifmi, und ward
auch nachlaͤßig, ihn nad) der Taufe weiter fleißig
zu treiben. Dazu kam der Unterfcheid, den man
zwiſchen den Glaubigen und Catechumenis mach:
te, als wenn jene nun Feines Unterrichts mehr be:
dürften. Zu geſchweigen der vielen unnoͤthigen
Ceremonien und Umftande, die man beydem Ca=
techifiren der Täuflinge erdacht hatte, nachdem
die erfte Lauterkeit verlofchen war. Ofte gefcha-
be es auch durch unverantwortliche Nachläßig-
keit der Kiechendiener, daß viele ohne vorherge—
henden Unterricht getauft wurden, wie ſchon zu
Zeiten Chryſoſtomi ale und hernach wei-
ter r). Alfo Elager einer fchon unter dem Anti:
hrift, “daß durch die Faulheit der Vorſteher die:
„jenigen getaufet würden, welche noch nicht durch
„einen gründlichen Unterricht von dem fleifchli-
„chen Sinn gereiniget geroefen, s). Manbefand
auch vor hoͤchſtnoͤthig, daß bey fo groffer Nachläf-
figfeit denen Bifchoffen befohlen wurde, die un-
tergebenen Kirchfpiele fleißig zu befuchen , ob die
Catechifmuseramina noch getrieben würden t).
Nicht weniger auch zuverordnen, „daß die Sehrer
„das Volk fleißig ermahnen follten, das Glau:
„bensbefenneniß und Vaterunſer zu lernen, und
„diejenigen mit der Kirchenzucht anzufehen, fo
„esnichttbäten. Die Hausväter follten ihre Kins
„oder zur Schulen halten und denen Xelteften zu:
„ſchicken, daß fie den Glauben und Vaterunſer
„recht lerneten, und es andere zu Haufe wieder
„iehren Fonnten, u). Daß aber folche Gebote
wenig gefruchtet, erweiſet dev Augenfchein in fol-
Ss 2 gen:
0) Chryfaftom. hom.ı. in Tit.
Apoft. s) Beda lib. III. in Sam. c.9. t)Concil. Tarraconenje c. 8. Toletanum III. c.3. u) Concil. Me-
guntinum <. 45. Conf. Beza Epift. 20. p. 127.
324
genden Zeiten, da die Liceng der Priefter immer
mehr zunahm, und fein Verbieten mehr helfen
wollte. 4
19. Noch) ein Uebel Fam hiezu, daß man um
Gregorii M. Zeiten anfieng, denen fo genannten
Sayen die Bibel ausden Händen zudreben, den Ca⸗
techifmum allgemad) abzufchaffen, und dafuͤr ih⸗
nen Bilder hinzuſetzen in die Kirchen, daraus ſich
das arme Volk zur Seligfeit erbauen follte: wie
die Hiftorici längft erwieſen haben x), Nach fel-
bigen Zeiten gieng es damit fo fhläfrig und Falt-
finnig ber, daß derredliche Job. Berfon ein ganz
Buch ſchriebe von den Rindern, wie fie zu
CHrifto fouen gebracht werden. „ Darin-
nen er unter andern alfo klaget: “Was foll ic)
„nun thun? Es find auch etliche fonft gütige Leu⸗
„te anderer Meynung, fie droßen mir und den
„Kindern, daß fie zumirnicht kommen follen, und
„zwar aus allerhand Urſachen. Eie geben
„vor, meine Sitten ſchicken ſich nicht zu der Kin-
„der Gewohnheiten. Meines Amtes Hoheit
„(venn er war Kanzler in Paris,) müßte mit hö-
„bern Dingen zu thun haben. Es fey auch Zeit
„und Ort dazu unbequem. Endlich beforgten
„fie auch, weil die Sache fo gar ungemöhnlich
„fen, fo würden die Mißgünftigen nur etwas zu
„läfternbaben,y). Darauf er dann gründlich
nach der Reihe antwortet, und ſich gar nicht Diefe
hoffartigen Geifter von fo feliger Arbeit abſchre⸗
en lieffe, fie mochten ihn, als der ein Kanzler
war, einen Schulmeiſter oder fonft etwas nen—
nen, Er lockte aber die Rinder mit fehr liebrei-
chen Worten an: “Wie lange liebee ihr, lieben
„Kindlein,
„‚telfeit und ſuchet fügen? Kommet doc) getroft
„ber, es ftellet euch niemand auf dem Wege nach,
Pie wollen einander das geiſtliche Gute mittheilen,
Peil ich euer Zeitliches nicht ſuche. Ich will euch
„die ehren, ihr ſollt mir euer Gebet darreichen. a,
zyvir wollen für einander beten, daß wir doch felig
„werden, z). Ob es nun mol zumeilen unter
dem Pabſtthum folche Zeugen CHriſti gab, die den
Verderb auch in der verlofchenen Catechiſmus⸗
Ehre anzeigten; fo blieb es doc) immer bey der
ſchrecklichen Nachlaͤßigkeit der Pfaffen, bis Luthe—
vus ihn nebenft der Bibel wieder unter der Bank
hervorzoge. Welcher aber gleichwol ſchon über
feine Pfarrer klagt, daß fie eben, mie unter dem
eure Kindheit, wozuliebet ihr die Ei-
- %
Ri,
2.8. Don der erfien Ehriften gemeinem und fonderbarem Gottesdienſt. | *
Pabſtthum, den Catechiſmum unterlieſſen, und
gar zu Flug ſeyn wollten; andere aber die F.
beit und Bauchſorge fo Hoch Bielten, als wenn fie
allein desiwegen Prediger worden, und nur mas
Fer durchzubringen bevuffen waren a).
De
20. Daß ich aud) von denen Catechiſmus⸗
ſchulen infonderheit etwas gebenfe, fo waren
erley, ob fie gleich einften in drey Arten abger
let waren. Etliche waren nur Anfänger,
nur neulich dazu fommen waren, die man deswe—
gen (wreNesegss) Anpollfommene nennte:
andere waren fehon eine Zeitlang dabey gemefen,
und Bieffen dahero (TeAeiwrege) Vollkomme⸗
nere oder Voͤlligere b), jenen trugen fie die
allerzartefte Milchfpeife vor, das ift, die allerer-
ften Geiimde des Glaubens. Wie alfo Irenaͤus
von Paulo redete, “er habe die Heyden catechifi-
„tet, wie fie von dem Gößendienft zu dem wah-
„ren GOtt fich wenden follten,, und wie fein Sohn
„oeswwegen Menfth worden fey,, u. f. f. ce). Auf
folche Art theilte auch Origenes, der berühmte Ca⸗
techete, feine Schüler ein. Den einen Theilüber-
gab er einem, mit Namen Heracla, welches die
Anfänger waren: Den andern, Die man die
Dollfommeneren (reAeswregss) nennte, be
hielt er vor fich, und hatte mit ihnen vom Mor-
gen an bis in die Nacht zu thun, alfo, daß er kaum
Athem holen konnte, fo emfig war er und fie mit
ihm in der Catechiſmuslehre; wie die Scriben-
ten ausdrücflidy bezeugen d). Hingegen waren
nun die Sernenden nicht weniger emfig und eife-
rig ben folchen Uebungen, und wenn fie etwa nach-
läßig werden mollten, munterten fie die Lehrer
wieder auf. Wie eben auch diefer Origenes ofte
in feinen gehaltenen Predigten gethan hat, da er
bisweilen feinen Catechifmusfchülern verweift,
daß 5 nicht fleißig zur Anhörung des Worts Fä-
men e).
falls herzlich, “Daß doc) die Jungen fich nicht ſchaͤ⸗
„men follten von den Xelteiten zu lernen, da ja
Gott ſelbſt fich nicht ſcheue die Menfchen zu hoͤ—
„ren. Der HErr JEſus habe alsein Kind durch
„ragen fich lehren laflen, der durch die göttliche
„Allmacht das Wort der Erfenntniß feinen Hoͤhe⸗
„ren vorgetragen habe,, Luc. 2, 49 f), Auf bey⸗
% den
derfelben gemeiniglich und zu allen Zeiten F
—
d
x) Vid. vel Kromayerns Hiftor. Ecel. Cent. VI.p.263. y) Tra&t.XXXV.Confider.4. z)Ibid.Confid.3. a)Przf.
Catech. Min. Conf. idem Tom. Il. Isleb. p. 14. etalibi. Qusforpius Pior. Defid. p. 62. fegq. Brentius prefat. ad
Catech. Marrhefius Vita Luth. p. 59. et 135. Spenerus prefat. Catech. et Tab. Catech c. I. Pior. Defid. p. 145.
Gefenius prafat.ad Catech. &e.
Bona lib. I. Rer. Liturg. ec. 6. M. Anr.
e)Lib. 1V.c.41. d)Eufebinslib, VL c.15.
b) Balfamon, Zonaras et Ariffenusad Can. V. Neo-Crfarienf. Conf. omnino
de Dominis P. II. de Rep.Eccl. p. 157. Pfannerus de Catechum.
e) Homil.3.inNum, f) Beda lib. I. in Lucam. c. 2.
aule
Andere freue Lhrer warneten gleich⸗
az
13.Cap. Don der erſten Ehriften Tatechifmustchre. 325
der Seiten aber mußte alles mit Berzlichem Ge»
. bet — und vollbracht werden, weil ohne
daſſelbe keine Frucht zu hoffen war. Eine feine
Formul hat man noch von ſolcher Fuͤrbitte uͤbrig
aus einem ungenannten uralten Scribenten, tel:
che die Glaubigen für die Catechifmusfchüler u
thun pflegten. Sie lautet aber alfo: "HERR
„erbarme dich unfer! O du allmachtiger GOtt,
„der du deine Juͤnger durch Ehriftum zu Lehrern
„verordnet haft, daß fie die Furcht GOttes lehren
„ſollten! fiehe nun auch an deine Diener, die da
g) Lib. VIII. Conf. Apoft. c. 6.
„in dem Evangelio deines Gefalbten unterrichtet
„werden, und gib ihnen ein neu Herz, und erneus
„re einen aufrichtigen Geift in ihrem innerften,
„deinen Willen zu erfennen und zu thun, mit völs
„ligem Herzen und williger Seelen. Wirdige
„fie deiner H. Taufe, und vereinige fie mit Deiz
„ner Heil. Gemeine, und mache fie eberheftig dei-
„ner H. Geheimniffe, durch Chriftum JEſum, der
„unfere Hoffnung ift, der für fie geſtorben ift, _
„durch welchen dir fey Herrlichkeit in die Ewig
„keit, Amen g).
Das 14. Capitel,
Bon der Taufe bey den erften Chriften.
Summarien.
as das Wort Saerament bedeute. $. 1. Wurde mancherlen Dingen beygeleget; 2. hernach auch der Taufe. 3. Wer
in der erften Kirchen getauſet hat. 4. Db keine andere, als die vom Bilchof Erlaubniß dazu erhalten. s. Ob das _
mals auch Weiber taufen dürfen : wer taufen koͤnne. 6. Ob man auch Kinder getaufet habe: 7. In welchem Alter. 8-
Wann die Kinderkaufe ihren Anfang genommen. 9. Won wen fie verordnet. 10. Paten und Gevaftern ihr Uriprung. ıt.
Don wen fie erfunden; was Gelegenheit dazu gegeben. Pflicht der Paten: wie viel Paten ınan genommen. ı2. Db die
getauften Kinder ſchon glauben : ob die ungetauften verdammt oder, jelig werden. 13. Wie lange etliche ihre Taufe auf:
geſchoben: aus was Abfichten es etliche gethan. 14. Warum fich etliche erft auf dem Todtenbette taufen lieſſen; wie man
folche genennet ; mie mancherlen fie geweſen. ss. An welchen Feſttagen man fie getaufet. 16. Was man von denen gez
alten, jo ungetauft geſtorben; ob die Taufe fihlechterdings nöthig zur Seligkeit; ob man nach der Waffertaufe noch eine
Kemer Reinigung vonnöthen habe. 17. Worauf wahre Lehrer bey der Taufe am meiſten gedrungen; Verfall davonz
Ernſt wider den Mißbrauch der Taufe, 18. Ob auch nicht vor der Taufe der H, Geiſt fich bey vielen gefunden. 19.
Erempel folcher 20. DBluttaufe der Märtyrer; deren geheime Bedeutung: Erempel. 21. Interfcbeid der Woſſer- und
Bluttaufe. 22. Aberalaubiicher Mißbrauch bey der Taufe: aus was Abficht oftmals. 23. Klageftreit und Warnung das
wider. 24. Wozu die Taufe geſchehen müffe: wie damider gehandelt worden. 25. Woman getaufet: Gebet dabey. 26.
Bon Veränderung der Namen: vom Exorcifmo und deſſen Mifbrauch. 27. Von Confirmation oder Befrätigung der
Taufe, wann jolche angenangen, wie fie geſchehen; 28. von mem fie verrichtet, 29. Abficht der Confirmation, und wozu
fie gefihehen. 30. Nutz davon. 31, Dom Kirchgange der Kindbetterinnen, ob, wie, und wann er gefchehen. 32.
a
Nr die Leute alfo im Chriſtenthum geheime verborgene Sache insgemein, wie
rünblich unterriefen waren, taufte man der lateinifche Dolmerfcher das Wort uusnigiov
he indes HEren Namen. Ehe ich aber alfo ofte gegeben hat b), und andere Kirchen—
bievon weiter vede, muß ich zuvor vondem Wort feribenten daffelbe alfo nefmen ec): Bisweilen
Sacrament gedenken, wieman daffelbe in der al:
ten Kirchen etwa gebrauchet habe. Da denn zu mwif:
fen ift, daß diefes lateinifche Wort ſo wol bey denen
Drofanferibenten a), alsanderen unterfchiedlich ge:
brauchet wird, Es heiſſet bey diefen cine
aber bedeutet es chne Unterſcheid die Zeichen
der Beiligen und göttlichen Dinge, oder was
fonft etwa unter der Opinion der Heiligkeit
angefehen und angenommen worden — Alſo rech⸗
net Auguſtinus das Zeichen des Kreuzes un:
©s3 ter
a) Pro pecunia ap. — Varrolib. IV. de Ling. Lat. et Feſus pro iuramento idem et alii paſſim,
fpeciatimdemilitari: Vid. Zipfslib. I. de Milit. Rom. dial. 6. etc. b) In N. Teft. Ephef. I. 9. c.IIT. 3. 5.
€. V.32. Col. I.27. ı Tim. III. 16. Apoc. I. 30. e. XVII. 7. c) Hieronymus Comm. in Matth. II. et XXVII.
Tertullianus lib. IV. cont. Marc. Auguflinus palm, (quem exponit Anton. Reiferus Auguft. Vindicat. p. 407.
fegg.) Zeno VeronenfisSerin. I. de Abrah. et Serm.de Iuda. Fulgenriws quoque lib. de Incarnat. Salu. c.2.et 3.
Conf. Cafaubonus Exercit. XVI.n. 43. d) Cyprianustunicam Chrifti inconfutilem vocat Sacramentwm vnionis
Ecelefiaft, Lib. de Vnit. Escl. n, 6. it, Impofitionem manuum ep. 72. etc.
Ew
326
ter die Sacramente e): ingleichen die Gal-
bung, wie fie etwa bey den Tauflingen und fonft
gefchahe F), — dergleichen äufferliche Zei-
chen mehr. Gfeichwie er insgemein von den Sei-
chen feßet, die zu göttlichen Dingen gehören,
Daß fie Sacramente genennet. werden g).
Aus diefem mannigfaltigen Berftand des Worts
Sacrament befennet endlich die Apologie der
Augfpurgifhen Eonfeßion, daß man nicht daruͤ⸗
ber zanfen wolle, weil es theils in der Schrift
nicht jtünde, (wie auch der Herr Lutherus gerne
gefteht) 1), theils auch beyden Alten fo vielerley be-
deute. Nur erinnert fie dabey,daß die Sachen felbft,
die man damit benenne, aus dem Worte GOttes
beybehalten werden. Wie fie denn dafelbit drey
ſolche Sacramente benennt, die Taufe, das Abend-
mahl und die Abfolution i). Dabey auch zugibt,
daß in gewiſſem und rechtem Verſtand der Ehe—
ftand, das Geber, die Almofen und dergleichen,
Sacramente beiffen koͤnnen, indem die Alten aud)
alfo geredet. Daß demnach) 7 Sacramente der
Papiften von felbit wegfielen , weil ihrer alfo wol
unzählig würden. Syn Summa, es werde Fein
veritandiger Mann leichtlich über der Zahl oder
dem Wort felbft zanfen, wenn nur die Sachen
behalten würden, die GOttes Befehl und Ver—
heiffungen haben k). Wobey die Theologi un-
terfchiedliches erinnern , fo aber zu unferer Hiſto—
rie nicht eigentlich gehört ).
2. Iſt demnach gewiß, und aus ſo vielen Stel-
fen der alten Schriften zu fehen, daß der Mame
Sacrament ohne Unterfcheid von allerhand Sa-
chen genommen werde, die nur einige Ver—
wandfchaft mit geiftlichen Verrichtungen, Perfo-
nen und andern Dingen haben m), In denen
folgenden Zeiten aber foll es fonderlich bey dem
Auguftino von der Taufe ftehen, wenn er fehrei»
bet: «Der HErr und die apoftolifche Lehre hat
„uns an ftatt vieler fo wenigeund ganz leichte und
„reine Dinge übergeben, gleichwie da find, das
2.3. Donder erften Ehriftengemeinem und fonderbarem Bottesdienft.
2 *
Geheimniß (Saeramentum) der Taufe, und die
„Begehung des Leibes und Bluts des HEremy.
Wiewol er auch da fcheinet ein Geheimniß insge-
mein darunter zu verftehen, und diefe beyden nur
zum Erempel FR n), Andere alludiven auf den
Eid, den die Soldaten zur Fahne ſchwoͤren muß-
ten, und ziehen das Wort Sacrament aufden-
jenigen Bund, den die Ehriften mit GOtt ma=
chen o). Daß demnach bey den Alten ſich ſchwer⸗
lic) ein gewiffer und bejtändiger und dem heutigen
ähnlicher Gebrauch diefes Worts finden läßt.
Diefes aber war hernach auch nicht ungemöhn-
lich, als das Wort nun in Gebrauc Fam, von
denen geiftlichen Dingen, daß die lateinifchen Scri⸗
benten dennoch auch andere gemeine Sachen da=
mit benennten. Wie alſo noch Sulpitius Seve⸗
rus von Martino ſagt, er ſey indie Kriegsſacra⸗
mente verwickelt worden, (facramentis milita-
ribus implicitus, ) oderhabe müffen ein Soldat
werden p). Welche und dergleichen Nedensar:
ten man nicht würde gebraucht haben, wenn das
Wort nur allein von der Taufe und Abendmahl
waͤre gebräuchlich gewefen. Wenn man auc) in
folgenden Zeiten daffelbe alfo gebrauchte, ſo ver—
ftunde mun bald den Nußen folcher geiftlichen
Handlungen darunter, oder auch die ganze Sa—
che ſelbſt. Bismeilen faheman nur auf das inn-
wendige geiftliche Wefen dabey; wie wir alfo in
folgendem Capitel von dem geiftlichen Genuß des
Leibs und Bluts Chrifti fehen werden. Als auch
von der Taufe gleichfalls dekannt ift, daß fie eine
Taufe im Geiſt (Pertısua ev mVeunerı)
aus Math. 3, ı1. erkannt haben, wie fie alfo Bre-
gorius Nazianzenus nennet q). Sie feßten fie
auch da dem Waſſerbaden im Alten Teſtament
als einem Schattenwerk entgegen, “weil dor—
„ten der Leib abgewafchen wuͤrde, hier aber die .
„Taufe des Geiftes und des Feuers, (aus Apoft.
„Öefch.1,5. Matth. 3,1.) die befleckte Seele rei
„uigte und abwüfche r). Dorten beiigte die
„raue
e) InP£.ı4r. f)Lib.XIX.adu.Fauft.c.14. 8) Epift.5.adMarcell. h) Lib. de Captiu. Babylon. Tom. VI. Al-
tenb. i)Artic. VI:p.200.et202. k)Chemnitius Exam. C. T.P. II. p. 198. feqg. 1) Gerhardus Loc. de Sacram.
n. 5. Quenfedins P. IV. Theol. Didact. c.3. ſect. I.th.3. m) Ita v. gr. Arnobius lib. I.p. 4. Religio Chriftiana
veritatis abfconditx Sacramerta patefecit. Lactantius 1. 1.c. 1.Sacramentum verxreligionis accepimus. Lib. II.
c. 3. ER diuini Sacramenti et celeftisarcani. Add. lib. IV.c. 17 V.c. I. et 8. Saluianus lib. III. de Gub. Dei p. 71.
quistanta hæc fidei Sacramenta euftodiat. lib. IV. p. 143. Chriftinomen iam non Sacramentum, fed Sermo. lib.
VI. p. 208. Omnia Symboli Sacramenta. Add. p. 210. lib. VIL.p. 245. et River A in Not.p. 132. Tertullianus
de Pudic. c.9. vbi Pamelium falfo de Baptifino exponere oftendit Albafpinaus J— Item c.19. lib. IV. adu.
Marc. c. 12. et V.c. 18.de Prefer.c. 40. Hilarius toties promyfterio, lib. I.de Trin.p. 9. 12. 13.16.22 etc. Ac poft
alios demum Bernhardus derm. 2. deRefurr. Dom. Sacramentuminenarrabile, fufcitatio animæ ete. n) Lib.
1If. deDo@tr.Chr.c.9. 0) Tertullianus ad Mart. c.3.ad Pudic.c. 14. de Coron. Mil. Arnobins lib. II. p. 56.
Cyprianus ep. 74. aliique. Conf. Albafpineus ad Tertull. p. 488. Heraldusad Arnob. p. 98. et 195. Stewechius ad
Pegeriumlib. U. c. 3. et 5. et € Theologis Chemnitius 1. 4 Gerhardusl.c.n. 7. p)In Vita c.ı. q) Orat. 39-
r) Macarins homil. 32.
v2,
14. Cap. Von der
fe das Fleiſch, hier aber fen die Taufe des
r 8 und des Feuers,,s). Sych will aber
ae mich nicht aufhalten, fondern auf die
aufe der Alten felbft fommen. .
3. Diefe ward nun anfangs unter und bey de-
nen Juͤden von Johanne verrichtet, da fie ihre
Profelytos oder aus dem Heydenthum Lieberge-
fretene auch zu taufen pflegten, twenn fie in ihre Ge:
meinfchaft aufgenommen werden follten t). Wie
denn auch fonft fo vielerley Taufen (Barrızuo))
aus ihren Gefegen und eingeführten Gemwohnbei-
- ten bey ihnen waren, derer Ehriftus felber geden-
fer Marci 7, 8. und Paulus Ebr. 6,2. Dahero
ſchlieſſen nun die meiften, Johannes babe deswe-
en müflen folche Art des Badens und Wa—
fihens behalten, weil er im Ende des Alten und
Anfang des Neuen Teftaments ftunde, und GOtt,
damit er ihrer defto mehr gewinnen möchte, babe
ich nach der Menfchen Schwachheit, gleichmwie
onft überall in feinen gortlichen Einfegungen, ge—
richtet, durch eine fo freundliche Herunterlaffung
(svyraraßarıv) und Bequemung zudem, was
damals fehon gebräuchlich gewefen u). Andere
fegen Binzu, Johannes habe dadurch wollen zei-
gen, wie die Süden, ob fte fehon das Gefeg GDt-
tes vorwendeten, dennoch fo verderbe in ihren Ge:
wohnheiten wären, als die Heyden. Dazu habe
nun Ehriftus diefes Taufen von beyderley Art
Leuten, Küden und Heyden, befohlen, und feinen
Namen famt der Verheiſſung binzu gefeßet x).
Daß alfo diefer Taufactus ben den Süden nichts
unerhörtes oder ganz neues gewefen, (was nemlich
* die Aufferlichen Umftände betrift,) fondern ben den
üden neben der DBefchneidung ganz gewoͤhn—
lich, ja. gar ein Vorbild der DBefehrung der
Henden gewefen fey 2). Man verfteher aber hie—
durch nicht das ftetige Wafchen und Baden der
Süden, dadurch fie täglich fich reinigen mußten,
nachdem fie täglich verunreiniget wurden: fün-
dern die erfte Taufe, dadurch fie in die Kirche der
Süden aufgenommen wurden (initiabantur):
ndem denen Chriften nur von einem Bade be-
ohlen ift, welches nicht kann wiederholet mer:
den; wie Tertullianus von beyden redet a). So
merfen auch die Gelehrten aus den Juͤdiſchen
Faufe der erften Ebriften.
Rabbinen diefes an, daß die Juͤden die befehrten
Heyden, die fie alfo getauft gehabt, auch Wie:
dergebörne genennet haben, un® als ein jeßt-
gebornes Kindlein angefehen und befchrieben, ja
ausdrücklich geglaubet, feine ganze alte Berwand«
fchaft ſey mit der Taufe verſchwunden, und er ha=
be feine Gebutiße noch Kinder mehr, ungeacht er der-
gleichen hatte. And dis fen es, warum der HErr
JEſus Micodemo diefes vorbielte, daß er, als
ein Weifter in Iſrael, das nicht wiſſe, daß ein
Menſch geboren werde, wenn er alt fey? Joh-
3,10.b)
4. Nachdem die Taufe alfo angefangen, und
von Johanne gebraucher worden, amch hernach de=
nen Ypofteln befoßlen war, taufte man nun die
Erwachfenen, nachdem fie durch genuglamen Uns
terricht dazu bereitet waren ; wie wir oben im ers
ften Buchim 2. Cap. gehöret, da auch die meiften
und merfwirdigften Umſtaͤnde von ihrer Vorberei⸗
fung und anderen vorkommen find. Daß aber von
denen Apofteln und Juͤngern, wie auch allen wahren
Nachfolgern derfelben, die Taufe nad) der Vor—
ſchrift, die fie hatten, verrichtet worden, it aufler
allen Zweifel zu fegen, indem ihr allgemeiner Ges
horſam befannt genug ift, und aus der Apoftel Ge:
ſchichten überall hervor leuchtet. Da tauften nicht
allein die Apoftel, als Paulus ı Cor. 1, 14.16. (der
zwar befennet, daß ihn Ehriftus nicht gefandt
babe zu taufen, v. 17.) fondern aud) andere,
Apoft. Gefch. 8, 38. c. 9, 183. Immaſſen zu
diefen erften Zeiten alle Ichren und taufen
durften, wenn fie nur Belegenbeit hatten, da—
mit die Gemeine zunaͤhme, und hernach evitlich
den fogenannten Layen zu taufen gervehret ward,
alsdie Kirche aufandere Weiſe regieret zu werden
begunte c). Wie denn Tertullianus ſchon im Drits
ten Seculo ſaget: “Das Recht zu taufen habe der
„Auffeher,darnach die Aelteften und Diaconi, fonft
„baben auch die Layen diefes Recht, weil man ja das
„gleichdurch wieder geben koͤnne, mas man gleic)
„nehme, d). Wicwol er inzwifchen diefe Des
fheidenheit von ſolchen fordert, “daß fie ſich be-
„anügen laffen follten, wenn fie fich deſſen im
Mochfall bedienten, wo der Umftand des Orts,
„der Zeit oder Perfon es erforderez,. wi
yen”
s)Id:hom.47. t) Oftendunte Maimenide aliisque Tudzis Seldenuslib. III. deTur. Nat. et Gent. juxt. Dife. Ebr.
€. 2. it. Lib. I. de Synedriisc. 3. et L.ib. de Succef! in Bona Defumdt. c. 26. Ioh. Lightfoorus Hor.Ebr. ad Matth. III.
6. pP. 40. Conf. Hortingerns Ennead. Diflert. 5. p. 88. qui et de Gentilium et Turcarum Baerrırusis ib. p 99.
u) Ita generatim Chryfofomus hom. 3. in Tit.
A.1646. *3
tem. Add. Salwaſius Appar. ad Lib, de prim. Pap.
5 x) Hugo Grotius Differt. de Cœna Admin. vbi Paftores non funt.
‚qui Hugonem Brochtl,e Comm. in Danielem laudat, nullos a Chrifto nouosritus inftitutos dicen-
p. 192. Selden. de Synedr. L. c.
2) Grotius Aunot. ad
Matth. III.6. a) Terzullianus de Bapt.c.15. b) Seldenus Il.cc. c) Autor Comm. ap. Ambrofium in Eph. IV.
laudatus eta Dannhauero Chrifteid. Phen. 7. Act. I. p. 224. d) De Bapt.c.ı7.
328
chen Mochfall das Concilium zu Illiberis fegte:
„Wenn man zu Schiffe fährt, oder Feine Gemei-
„ne inder Mäpeift, fo Fann ein Glaubiger, der fei-
„ne Taufe noch ganz bat, in folcher Noch tau-
„fen, e). Welches ein anderer wiederholt F),
und — Sieronymus, der ſich auf dieſes, als
eine bekannte Sache beziehet, und die Urſache Ter—
tulliani auch hinzuthut 8). Hingegen hielte es
Auguſtinus vor Feine fo hochnöthige Sache oder
Sünde, wenn auch ein gemeiner Chriſte im Noth⸗
fall dennoch nicht taufen wollte, ungeacht er ſonſt
die Ungetauften vor unfetig hielte h), Die an-
dern giengen meiftens dahin, daß fie diefe Berrich-
fung gerne jedermann zulieffen, wo fie nöthig war;
achteten fie auch vor gultig, fo gar, daß man auc)
die Taufe vor richtig annahm, welche von Kin-
dern gefchehen war: als von Athanaͤſio bekannt
iſt, der feine Spielgefellen in feiner Kindheit im
Spielen getauft hatte i). Ingleichen wird eine
Hiftorie herumgetragen unter den griechifchen
Scribenten von Porphyrio, der, als er noch ein
Comoͤdiante gewefen, von einem andern im Spiel
mit Waſſer befprenget und als wie getaufet ward.
Worauf er von den andern verlacht, er felbft aber
in feinem Herzen bekehrt, und zum Märtyrer her-
nach worden feyn fol, Wie er denn auch dabey
Engel mic tichtern vor ihm fpringen gefehen ha-
ben foll, die geruffen: So viel euer getauft find,
die haben El angezogen k). Gleicherge—
ftalt Haben aud) etliche Ehriften einen Juden auf
der Reiſe getauft 1): anderer Erempel zu ge
ſchweigen.
5. Dieſes bekennet nun zwar unſer Hr. Cave
auch gerne im ro. Cap. p. 312. alleine er ſetzet doch
zuvor p. 310. es habe müflen nad) des Bifchofs
Bergünftigung und Befehl gefhehen. Nun ift
nicht allein ſchon Elar und ermiefen, daß man in
den erften Seculis von Feiner Eminenz eines Bi-
ſchofs über die andern, und alfo auch in. diefem
Fall gewußt habe: fondernes gibts auch die Na-
fur der aufferordentlichen Falle, (moferne er dieſe
alleine meynt,) daß man auch bey folgenden Zei-
ten in der Eile nicht allzeit nady dem Biſcho
laufen und Urlaub bitten koͤnnen, wie es die im
e) Can.38. f) Walafridus Strabo deReb. Ecel.c.24. g) Dial.adu. Lucifer. h) Lib, I. cont. Epift. Parmen.
2.3. Von der erften Chriſten gemeinem und ondecharem Botteodienft.
so...
Sliberitanifchen Concilio benennten Um
deutlich zeigen. _ Der Beweis aus des Fgnatli
Epiftel an die Smyrnenſer, welchen aud) der Hr.
Pearſon anführt m), ift ganz uͤntuͤchtig hiezu,
weil die Worte laͤngſt von denen Gelehrten mic
gutem Grund vor erdichter und a, von
andekn gar die ganze Epiftel vor falfch erkläre
worden. Wie denn auc) viel Eremplaria daſelbſt
alfo lefen m); “Es geziemet fich nichtoßneden Auf
„ſeher — (Beörlev pro Parken);
zumal, weil zuvor gefeßet worden: *Die Heerde
„gehet nicht hin, wo fie will (Badilarıy du aye-
„AM fondern wo fie die Hirten hintreiben,,s wel⸗
ches beydes genau zufammen haͤnget; alfo, daß
von dem Taufen bier garnichtdieRede feyn kann
0), Tertulliani Ausſpruch iſt bereits dargeleget
worden, wie weiter bierinne gehe. Machgehends
fuchte wol die Elerifey fowol in dieſem als an-
dern etwas eigenes zu haben, und diefes Recht den
Sayen auch zu nehmen, wie man fonderlich in de
nen Saßungen der Griechifchen Kirchen folche
Spuren findet, da man mol gar folche von nicht
ordinirten Perfonen Getaufte wiederum taufen
wollen p). Ja, man hat fich nicht gefcheuet, Die:
jenigen vom Reich GOttes auszufihlieffen, (wenn
nur auch GOtt dazu Ja geſagt haͤtte,) Die von Fei-
nem Kirchendiener getauft gewefen q), Wels
ches billig für ein unbedachtfam Urtheil gehalten
wird r). Vielleicht aber find bey dem Verfall
diefe harte Nusforüche Daher Fommen, weil man
Diejenigen zu ſchrecken gefucht, die aus Furcht vor
den übermäßigen Gebühren, welche fiedenen Prie-
ftern geben müffen, ihre Kinder felber taufen woll-
ten: darauf in der Griechifchen Kirchen einft, wo
es anders zu glauben ftehet, eine zwanzigjaͤhrige
Faſten zur Strafe gefeget worden s).
6. Was aber der Hr. Cave ferner p. 314. von
dem Taufen der Weiber fehreibet, daß es al:
lemal denfelben abgefchlagen worden, darinnen
folget er einigen andern Scribenten nad) ı), wel=
che mit ihme dafür halten, es fey dieſes alleine in
den alten Gemeinen bey denen Kegern, niemals
f aber bey denen Rechtgläubigen zugelaffen geme-
fen, daß die Weibsperfonen haben taufen Fün-
nen.
c.13. i) Balſamon Schol. ad Can. 19. Concil. Sardie. Sozom. II. c. 17. Autor Vitæ ap. Photium Cod. 258, en
k) Balfam.l.c. 1) Nicephoruslib. III. c.37. m) Not.ad Cypriani Exhort. Mart. n) Blondellus ex Antioch.
Serm.124. 0) Vofinsin Not.adh.l.p.261. p) Vid. Blaßares Syntagm. lit. B. c. II. p.42. Synodici e Can.
Apofl. 46. et 47. et Laodic. Conc.c.26.ct46. q) In Jexto Decrer. de Bapt. negl. r) Vid. Ofiander Cent. II.
H. E. lib. I. c. 12. s) In Nomo-Canone ap. Cotelerium c. 47. Tom.I. Monum. Gr. p. 76. t) G. I. Vofins
Diſſ de Bapt. XI. th. 10. fegq. Dan. Chamier Panftrat. Cath. lib. V.c. 14. n. 47. Rinetus Comın. in ‚Exod. V. 25.
Spanhemins Introd. Hiſt. S. Sec. IV. p. 109. preterveteres Caluinum, Bucanum, aliosque.
—
—
—*8
Te,
ge
14. Cap. Donder Taufe der erften Chriſten. L
nen. Alleine, esift augenfcheinlich ausdenen Wor-
‚ten der Kirchenferibenten zu fehen, daß die gedach-
ten Keßer ordentlich, oder zum wenigſten ohne
Noth, da fie fonft Kirchendiener haben Fönnen ,
den Weibern das Taufen zugelaflen haben. Sn =
maffen Tertullianus ausdruͤcklich dazu feßet,
„es werde den Weibern nicht vergönnt in der Ge-
„meine zu faufen „u). Epiphanii Worte find
auch davon klarx): davon auch der Canon des
Concilii zu Carthago redet, weil ev mit dem vor-
hergehenden verfnüpfet werden muß, daß fich
ein Weib nicht unterſtehen fol, in der Zuſam⸗
menfunft zu Ichren und zu taufeny): mie der
beruͤhmte Doßiusfelber geſtehet z). Geſtalt denn
auch dieſer Gebrauch in dem geiſtlichen Priefter-
thum und der- allgemeinen Chriftenpflicht ge
gründet war, und keinesweges denen Irrigen zus
zuſchreiben, indem er damals und Bernach, wie
Here Cave zugibt, weiter angenommen worden,
nach der wetolich anaeftellten Ordnung, daß
man einen Mann dem Weibe bierinnen vor:
gezogen p. 315. Siehe oben im7. Cap. $.ı4. Bon
der Taufe derer Irrigen und Keger, cb fie güitig
fey oder nicht, und dem Streit darüber, Fann
Herr Tave Bericht geben, p. 310.u.f. Es ereig-
nete fich aber diefer Streit noch zur Zeit des ge-
druckten und ziemlich reinen Chriſtenthums, da
es gewißlich denen Lehrern, mo fie ja über einer
Sache nicht einig werden konnten, nicht um Ge—
zanfe oder Ruhm des Sieges, fondern um Wahr:
beit und Gortfeligkeit zu thun war. Nun wer:
den wir unten fehen, wie fie bey denen Irrigen
‚ fonderlich auf ihr böfes Leben geſehen, und in den
erſten Zeiten einen Gortlofen und Keßer in eine
Claſſe gefeger haben. Dahero auch Cyprianus
und andere von einem, der taufen follte, vornemlich
den wahren lebendigen Glauben erforderten.
Gleichwie auch font das gedachte Concilium zu
Illiberis von dem Täufer haben will, er PU fei-
ne Taufe, richtig haben, Lauacrum ſuum inte-
grum habeto) das ift, wie die Gelehrten er-
klaͤren, er folle nicht in Sünden gefallen feyn,
„und-alfo alle Gnade und empfangene Wohltha-
„ten ja nicht wieder verloren haben ,„, a). Derglei-
hen auch ſchon vor Cypriano Aarippius, Auffe-
Kr zu Carthago, haben wollte in einem offentli-
n Concilio; welche doch nebenft andern vonden
übrigen nicht Deswegen verworfen wurden b). Jener
x
u) Lib. de Ve Virg. c. 9.
38. et ibi
x) Hr, 49. et 79. y)Canon. t00.et1or. Carthagin.IV. z) l.c.th.15
329
that aber einen folchen Ausfpruch auf einem Con⸗
cilio zu Carthago: "Wie kann derjenige das
„Waſſer reinigen und heiligen, welcher felber un-
„rein iſt, und den Heil. Geiſt nicht hat. Und da der
HHERR im fünften Buch Mofis fpricht: Alles,
„was ein Unreiner anrühree, wird unrein feyn:
„Wie kann der Täufer einem andern Vergebung
„der Sünden mittheilen, der nicht feine eigene
„Sinden auffer der Gemeine laſſen Fann,,c)?
Gleichwie auch Breaorius Yasianzenus auf
gleiche Art faft fchreiber: “Halte du einen jeden
„würdig und gefchicft genug, das Amt eines Täu-
„fers zu verwalten, wenn er nur unter die Gortfeli-
„gen gerechnet Fann werden , und nicht offenbar
—— und von der Gemeine abgewandt
„iſt d).
En will Bier der Drdnung des Herrn Cave
nachgeben , und nun die Perfonen betrachten,
welche getauft worden find. Ich werde aber ne—
benft ihme p. 315. auf Feine andere Frage fehen ,
als auf die Gewohnheit und Prapin der erften
Kirchen, und diefelbe,, wie ich fie bey denen glaub»
würdigen Scribenten * redlich und ohne
arteylichkeit in wahrer Furcht GOttes anzeigen.
hero von mir, als einem bloſſen Referenten, in
der quæſtione facti nicht weiter zu geben
gefordert werden Fann, oder etwa zu fchlieflen,
ob und wieferne die Praris der Nachfolger inder
apoftolifchen Kirchen bier oder anderswo die
Streitfragen entfcheiden Fonne oder nicht. Von
denen Ermachfenen ift bereits Mtelpung gefchehen,
daß fie getaufet worden , und wird balde ein
mehrers Pilger, Wegen der Taufe aber ver klei—
nen Kinder beruft fich der Herr Cave auf erli-
cher anderer hierinnen gethane Arbeit; welche aber
bey ung wenig befannt find. Dahero nörbig
feheinet, das fürnemfte nach, der Wahrheit Fürze
lich zu beruͤhren. Erſtlich ift gewiß, daß man
vor den erften 200 Jahren nah EHrijti Geburt
£eine Nachricht oder Spur davon in denen Kir:
chenferibenten felbiger Jahre findet , fondern alle
die, fo Herr Tape und anderer anführen ‚haben
nach der Zeit getebet und gefchrieben. Mun für
det man aber fonft von allen wichtigen Stüden
des Ehriftenehums einige Nachricht, oder zum
wenigften Merfmable in den erften Schriften
der Ehriſten. Dahero defto mehr fich zu ver»
wundern ift, daß bey fo öfterer Erwehnung der
Tt Taufe
a) Can,
ajpinaus in Not. p.zıg. b) Tefte iplo Cypriano Epift. 71. et 73. Conf. Augu/tin. lib. II. de Bapt.adu.
Dom. c7.. J In Conc.Cærthagin. I. Epiſt. ad Iouianum. d) Orat. 40. de S. Bapt.
330
Taufe bey den Erwachfenen der andern nie ge
dacht wird. ingelehrter und fonderlic) in der
Antiquitaͤt erfahrner Mann bemerfet und erweilt,
daß bis auf die Zeiten Tertulliani diefe Sache
ungewiß blieben fen, obgleich etliche möchten ge⸗
taufet haben, weilder HERR JEſus insgemein
gefagt: Kaffer die Rindlein zu mir Fommen!
Matth. 19, i4. Da habe man bernad) noch Sür-
forecher oder Paten geordnet, welches Tertullia⸗
no nicht gefallen, der deswegen alfo geſchrieben:
„Der Herr fager zwar: Laſſet Die Kindlein zu mir
„eommen! Eo laffer fie dann kommen, wenn fie
Ferwachſen, und gelehret worden, wohin fie kom—
„men follen. Laßt fie Chriften werden, wenn fie
„Chriftumfennen lernen. Waseiletdas unſchul⸗
„oige Alter zur Vergebung der Sünden? Wer
„die Michtigfeie der Taufe verfteht, der wird
„mehr ſich fürchten, wenn er fie empfangen foll,
„als wenn er fie verfchieben muß „e)· Wie er denn
anderswo alfo auch davon fchreibet + “Die Ehri:
„ſten werden gemacht, nicht geboren. Niemand
„aber foll vor glaubig gehalten werden, er. kenne
„denn EHriftum. Alſo muß er zuvor ven Chriſt—
„chen Glauben hören, wenn er nun gehört und
gefaßt hat, fo wird er von dem Glauben ein
„Ölaubiger genennt, Und damit Das, was ihm
„nun ins Herz geleget ift, durch ein Zeichen vorge:
„ftellet werde, und fein Herz deſto Eräftiger ruͤh⸗
„te, fo wird er getauft, m f w. f). Alwo ihn
zwar der Irfordifche Bifchof zu widerlegen ſucht,
aber feine ältere Urfunden aufbringen Fann.
Gleichwie er Auch anderswo ihn mit nichts an-
ders widerlegt, als daß er ihn arger als die Wie-
Ber fe da doch zwifchen einem fo hoch-
gelehrten Hiftörico, wie er ihn fonft nennt g), der
nach der Wahrheit eine Sache aus der Antiqui-
tät berichtet, und einem folchen gar Feine Berglet-
ung ift. Er zeiget — deutlich, daß eben
aus der Gelegenheit man habe die Kinder zu tau⸗
fen angefangen, weil ihrer viel auch zur Marter
gebracht werden h), n
8. Gleichergeſtalt hat dieſes ein anderer in
der Antiquität erfahrner Mann angemerkt, und
muß deswegen nebft Erafmo 5) von den Dapiften
leivenk). Er ſchreibet aber alſo: “Niemand
„laſſe fich Bier verleiten, es ward niemand vor
„diefem zur Taufe gelaffen , ohne in feinem er—
„roachfenen Alter , und wenn er wußte, was Die-
u,“ — * 4 u:
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2. B. Don der erſten Chriſten gemeinem und ſonderbarem Gottesdienſt.
* EEE Te -
„ſes Waffer bedeute, und wenn er bate, daß er
„damit abgewafchen würde, und zwar mufite er
b Ein Merk⸗
„nicht nur einmal Darum biften,,.
mahl finden wir hievon noch in der Taufe unferer
Kinder (Spricht er weiter). Denn das vn
wird gefraget, Das heute oder geftern geboren ift,
ob es wolle getauft fern, darauf die Gevattern
mit Ja antworten: Dabey er auch feßt, Daß Die:
fer Gebrauch in etlichen Orten Stafiens noch blies
ben ſey ). Wobey ein anderer Papifte erinnert,
diefer Sag ſchmecke nad) dem tuthertfum, weil
er die Art, die Erwachſenen zu taufen, nicht miße
billige. Denn Autherue fage auch, man müffe
die Kinder nicht eher taufen, bis fie zum Verſtand
fommen feyn, und felbft antworten Fönnten, daß
fie wollten getauftfeyn, und alfo mit Annehmung
der Taufe ihre Chriſtenthum bekennen fönn-
ten m) : welches aber,befannter maſſen, ohne Sn
gefchrieben wird. Es Bat aber auch diefes im
neunten Seculo fchon ein fleifiger Scribente ob-
ſervirt, deſſen Worte alfo davon lauten Es ift
„wohl zu merfen, daß zu den erften Zeiten nur
„denen die Gnade der Taufe mitgetheilet worden
„ſey, welche an Leib und Gemuͤthe fo weit ge—
„wachfen waren , daß fie wiflen und. verſtehen
„eonnten, was fie vor Mugen in der Taufe er-
„langten, was fie befennen und glauben follten,
„und endlich reas die Wiedergebornen in EHrifto
„in acht nehmen müßten „ v)y. Welche Scriben⸗
ten bey fleißigem Forfchen feine genauere und ge-
wiſſere Nachricht Davon finden fonnen. Die Al—
ten nahmen auch den Befehl des HErrn Matth.
28,19. alfo an, wie es Tertullianus ausdruckt:;
“Das erſte ift, Predigen, dasandere ift, Taufen;
„wenn zuerft geprediget ift worden ; fo darf der
„auch taufen, welcher hat dürfen predigen,,o). Und
ein anderer : "Man muß die Ordnung unveraͤnder⸗
„ch und unverbrüchlich Halten, die wirvondem
„Mund des HErrn felbft gehoͤret haben, der da
„fagt: Geber Hin, und machet zu Juͤngern affe
„Heyden ‚und taufet fie, Wiederum einer
in den folgenden Zeiten: *Erftlich, lehren fie alle
„Heyden, hernach, wenn fie gelehret find, tauchen
„fie fie ins Waſſer. Denn es kann nicht *
„daß der Leib das Geheimniß Der Taufe empfan⸗
„gen ſollte, wo nicht die Seele erſt die Wahr—
„heit des Glaubens angenommen har, Diß iſt
„die fürnemfte Drönung. Er Bat den —
efoh⸗
5 * * * . >
€) Rigaltius Not. ad Cypriani Epift. 64. p. 158. e Terzulliano de Bapt. c.18. reprehenfiideo ob futile argumentum
aCabaffriio Notit. Ecelef. See. I. Dif-1V. de Rit. Bapt. p. 28. cuin tamen ipfemet omnes ritus Papæos ex Anti-
quiratededueereäudeät. f) Ibid.l.e. g) AdCyprian.p.133. h) Ibid p. 23.
accufätus Bellarminolib. de Bapt. e. 8.defenfus a Gerhardo Loc. de Bapt. n. 183. E }
i) Paraphr. in Matth. pref.
Ludonmicus Vines Annet.in
‚Auguft.lib. 1. de Ciu. Deic. 27. exeufatusab eod. Le. I)l.c, m) Peilofellus Aduert. ad Augufi.l.c.p. 146. Tom.
IV.Opp: ni) Walafridus Strabo de Reb, Becl, e. 26.
o, Lib.deBapt.c.24. PP Bajılins M. cp. 78.
N
1
%
n
14. Cap. Don der Taufe der erften Ehriften.
„befoßlen , daß fie erft alle Heyden lehrten, her—
Be as — —— eintauch⸗
„een, und ſodann nad) dem Glauben und der
„Taufe lehreten, mas fie halten follten, „a). Daß
ich andere uͤbergehe. en r
9. Es ift bereits 7
wie man bey zunehmenden Verfolgungen auch
habe angefangen bisweilen die Kinder zu taufen.
Wiewol diefes erft zu Cypriani Zeit, und dazu
fehr felten geſchehen ift, weil man fo viel von der
Martertaufe liefet, (das ift, ) wie der Tod derer,
fo zwar noch nicht getauft, aber doch um CHrifti
willen ertödtet waren, eine Taufe genennet wor-
den; als wir bald hören wollen. Lnterdeffen bat
doch f Be, was einige vorgeben wollen,
die ertau
fe ſey erſtlich unter Nicolao dem
Andern, Römifchen Pabſt, aufkommen, etwa vor
700 Jahren. Da nicht allein gewiß iſt, daß fie
um Yuguftini Zeiten befannt gerorfen, als man
von der Nothwendigkeit derfelben mit den Pela-
ianern Streit batter), fondern auch noch zuvor zu
Reiten Cypriani. Denn bey diefem findet man
fo viel Nachricht 5), daß (1) damals über der Zeit
der Kindertaufe gefteitten worden , ob man die
Kinder am 2. oder gten Tag taufen follte. Nun
- hätte es zwar diefes Stkeits nicht gebraucht, wo—
—* —** Gebrauch zuvor im Schwange geive-
en wäre, weil man fich ja leichtlich auf die Ge-
wohnbeit oder Einfeßung der Alten Hätte beruffen
koͤnnen, welches aber weder diefer noch andere in
diefem Streit thaten. Gleichwol iſt nicht zu ge=
denfen, daß man entweder diefen Grund hierinne
vorbey gegangen feyn würde, oder die Gewohn⸗
heit der Apoftel und ihrer Nachfolger fo gar balde
vergeffen haben , die ein ſo groſſes Licht der ganzen
Sache hätte geben mögen, wo fie eingeführt ge—
wefen wäre, Aber eben dahero war man nun
nicht einig, und konnte ſich auf Feine Hergebrachte
oder zuvor exercirte Actus beruffen. (2.) Siehet
man Na daß es damals nur in den Afti-
caniſchen Gemeinen auſkommen geweſen; gleich⸗
wie Origenes von der Alexandriniſchen redet,
da er es fuͤr eine Tradition der apoſtoliſchen Kirche
ausgibt t). Im übrigen, was der Herr Cavep. 317
331
ausden Worten Cypriani u) fehlieffen will laͤſſet
ſich fehwerlich daraus erzwingen. Denn wenn er
klagt, “die abgefallenen Eltern beraubten ihre
„Kinder deffen, was fie bey ihrer erften Ankunft
„in der Welt befeffen,,: So kann er wol, nach
feinem eigenen Bekenntniß, das Recht zur Taufe
veritehen, und nicht allein zur Taufe, fondern auch
zur Chriſtlichen Auferziehung, Gemeinfchart der
Heiligen und * Seligkeit. Andere Gruͤnde hat
er nicht vorgebracht. Wenn er aber aus Augu—
ſtino zeigen will, daß Cyprianus in ſeinem
Schluß nur den Glauben der Kirche befeſtiget
babe, fo iſt an dem, daß jener nebenſt vielen ans
dern fid) auf die Tradition, Feiner aber auf Chri—
fti Befehl beruffe und gründe, Etliche, welche
fonft biebey angeführet werden, gedenken gar mit
Feinem Wort der Taufe, darunter der ältefte Jre-
naus ſeyn follu), wie auch Tertullianus, wel:
che nur der allgemeinen Wohlthaten EHrifti ge-
denfen. Origenes erwehnet weiter nichts im drit⸗
ten Jahrhundert, als “Daß denen Kindern die
„Taufe gegeben werde nad) der Obſervanz oder
„Gewohnheit ver Kirchen,,: Bon mwelcherley Ge-
wohnbeiten man nicht allezeit Urſache wiſſen Fön:
ne; wie er dazu feßt x): “Sie habe von den Apo⸗
„fteln eine Tradition deswegen empfangen „ Y)
In nachfolgenden Zeiten, da ſchon eine und an-
dere Streitigfeit darüber entftanden war, blieb
man doch auchdabey, “die ganze Catholiſche Kir:
sche lehre diefes,„,z). tem: "Die ganze Kirche
„behalte diefe Traditiona), Es (Bein Gewohn⸗
„heit der Mutter der Kirchen, eine apoſtoliſche
„Tradition, die nicht zu verachten oder fuͤr über:
„fluͤßig zu halten ſey „b). Dergleichen Ausdruck
man bey andern hievon findet c),
10. Woher man aber gefchloffen und geglaus
bet, daß diefes eine apoftolifche Tradition fey,
gibt eben der Scribente an Tag, welcher am mei:
ſten deswegen geftritten Hat, wenn er gleich dar-
auf diefe Regel ſetzet: "Was die ganze Kirche in
„acht nimmt, und gleichwol von keinem Concilio
„angeordnet, fondern nur allzeit fo benbehalten
„worden ift, Davon glaubet man gar recht, da;
„es durch apoftolifche Autorität alfo übergeben
Tea „ſey
g) Hieronymus Comm. in Matth. I. e. productus et a Centuriat. Magdeb. Cent. IV.c.5. p. 234. r) Largitur, nee
viteriusprocedit Frb. Regius Loc. Theol. de Bapt.pı 44. Vid. eius Lib. adu. Pelagianos vniuerfi. s) Epil.so.
ad Fidum. : ;
Lib.II.c.39. x) Homil.$. in Leuit.
‚guftinuslib, IV. de Bapt. adu. Donat. c. 2}.
Myft. I. Gregorius Naz. Orat. in S. Lauacr.
t) Fatetur Dannhauerus Chrift. p. gr. qui Mediolanenfem e recentiore Script. addit.
y) Lib, V. inRom. c. 6.
b) Lib,X,deGen,adlit.c.23. 6) Cyrillus Hierofolym. Catech.
u)
z) Chryfoflomushom.ad Neophyt. a) Au-
332
69,4). - Daraus man Elarlich fichet, daß es
diefem und andern an Urkunden und genauer
Nachricht muß gemangelt haben, und fie dem-
nach aus dem eingeführten Kirchengebrauch eine
Tradition fchlieffen und erfennen muͤſſen. Bon
deren Grund in der Schrift bier nicht zu reden ift.
Nie denn auch der Autor, der ſich unter dem Na—
men Dionyſu Yreopsaita verftecft gehabt, unter
dieſem Schein aud) im fünften Geculo nicht an-
ders zu,reden ſich getrauet, als “es habe denen
„sehrern gefallen, daß die Kinder alfo zur Taufe
„„follten gelaflen werden, wenn fie zuvor unter-
richtet worden„ e). Und auffolche Husfprüche
gründeten ſich ohne Zweifel Die Gefege der Obrig-
Feiten unter den Ehriftlichen Kayſern, wenn fie
gebeten, die Kinder follten ohne vorhergehende
Unterweifung getauft werden f). Ingleichen et-
liche Partieularconcilia im fünften und folgen-
den Geculis, welche die Kindertaufe bey Strafe
des Banns anbefohlen, fo zuvor Feiner fich un:
terftanden hatte g), da die allermeiften erft nach
ihren Kinderjahren getaufer wurden, und fich nad)
dem Befchl foicher Fleinen Berfammlungen gar
nicht richteten ; wie bald foll klar werden. Sa,
einige giengen nicht einmal auf ein fo altes Her-
kommen, fondern bezogen fich nach der Zeit auf
neuere Kirchenvaͤter, Baͤſilium, Bregorium-
und andere, deren Schriften fie deswegen vor
(‚Yeösmveusa) Lehren von GDfE eingegeben, Biel-
ten h). Ueberdis halt man auch diefes vor Fein
geringes Anzeigen, daß erft nad) etlich 100 Sab-
ren in der Ehriftenheit die Sache ſich angefangen
habe, weil man bey der Kindertaufe hernach *
die Umſtaͤnde behalten hat, welche bey der Tau—
fe der Erwachſenen im Gebrauch geweſen, als
da waren die Entſagung dem Teufel, (davon wir
im J. Buch 2. Cap. geredet,) die Salbung, wel-
ches Tertullianus befennet, daß fie bey den Er-
*
2. B. Von der erſten Chriſten gemeinem und ſonderbarem Bottesdienft,
wachfenen dazu fommen fey i). Dergleichen
Nachahmung bey der Taufe der Eleinen Kinder
einige vor ungereimt haltenk), ungeache fie die
Alten auf allerhand weitgefuchte Arten enefchul-
digen wollen I), Dergleichen war auch die un-
erhörte Gewohnheit, daß man den gefauften Kin-
dern alsbald das Heil. Abendmahl reichte, dahe
weil mans denen getauften Ermwachfenen glei
darauf zu geben pflegte m): welches gewißlich ein
geofler Mißbrauch war; wie wir im folgenden
apitel fehen wollen. Item, daß man die Fleinen
Kinder, zum Schein und Nachahmung der Grof
fen, den Eatehifmum vor dev Taufe lehrete und
fragte ; Daher auch nachgehends catechifiven eben
fo viel als taufen heiſſen mußten). Und was
dergleichen feltfameund neu erfundene Satzungen 4
mehr waren. > — -
ır. Da nun alfo diefe Art der Taufe eingefuͤh⸗
ret war, begunte man auch denen Kindern Fuͤr—
fprecher oder Beyſtaͤnde zuermählen, die man Pa=
ten und Gevattern bey uns nennet. Womit
abermal von denen abergläubifchen Leuten in der
Griechifchen und Sateinifchen Kirchen viel Men-
ſchenſatzungen gegründet wurden, indem (andere
zu gefchweigen,) man eine neue geiftliche Ver—
wandfchaft erdichtete zwiſchen dem Getauften
und Täufer, als zwiſchen Vater und Sohn o),
zwiſchen den Paten und dem Getauften, wie auch
deſſen Eltern p), item, zwiſchen den Paten unter
einander und deren Kinderng), und dergleichen
Schwachheiten mehrr). Welche zwar noc) leid-
licher waren, als da man, zumal im pabftlichen
Kechtes), gar ſolchen Perfonen einander zu bey:
raten verbote, unter dem Vorwand der geiftli-
chen Verwandſchaft, aber deutlicher zufagen, in
der Abficht aufdas Geld derer, die Erlaubniß
deswegen haben wollten:). "Welche und derglei-
„Or
d) Auguflinuslib.IV.de Bapt.c.Don.c.24. e) Hierarch.Ecel. c.5. ap. Centur. Magdeb. IV. c.5.p.233. £) In-
‚flinianus Inip. Nouella CXLIV.c.2. g) Concil. Milenitanum c.2.Gerundenje c.5. h) Iehannes Anttochen |
Orat. de Monaft. Difeipl. ap. Cozeleriums Tom. I. Monum.Gr.p.ı61. i) Lib.deCoron.c.3. k) 1o.Dalleus
lib. I. de Cult. Latin. Relig. e. 17. Bezzep. VIIL.p.74. 1) AugnflinnsEp.23. m) Communionem infantum -
ex eorum Baptifmo deducit Sparkemins Introd. Hiſt. S. Sec. II. p. 44. n) Flodoardus in Chron. A.MOXLV.
de Ludouico R. vid. Dufreſnius Gloflär. Latin. v.Catechizari. o) Itaiamloquuntur Pidor Vricenfis lib.lIE.
perfec. Vandal. Parlinus Nolanns ep.ad Seu. et Paulinus Petrocouius lib. II. Vit. Mart. v.230. it. Gratianus
30.qu.1.c. omnesfilii:et Glofa ib. p)Cozcil. Antifiodor. I. c. 25. Gratianus |. c Chromicon Marcianenje aliique
ap. Dufreinium: v. Compater. Leges Lombardica lib. Ltit. 8. et Capitula Caroli M.lib. V. e. 100. Conf. Altejferra
ad Gregor. Turon.p.175. 9) cuvrexvo ap. Balfamon ad €. 53. Cone. fexti. x) De Gradibus huius Cognatio-
nis vid. Harmenopolus lib. III. tie. 6.et eiusScholiaßesib. ettit.X. totus.. Blaſtares Syntagm. lit. B. c. 8. p. 52.
Conc. VI. Trull.c.53. Demetrius Chomatenus lib. megl BaYuav auyryevelzs. ELatinisIus eorum c.zo.qw3.
e.1. de Spirit. Cognat. in VI: etalibi. Conf. Per. Gregor. Tholofan. lib. IX. Synt. Iur: vniu.c. ı0.n.9. Ss) Synod.
‚Mogunt.c. 55. Romana c, 5.9.1.3. et 4zC.30. c. ı. fegg. de Cogn. Spir. in VI. t)l.iquis alumnam 25. C. de Nuptüis. —
Conf Nomo-Canon. Cotelerii e. I59. et 183. ſeqq. Tom. I. Mon. Gr. p. 93. et 99. Bal/amonl.c. e. Nouella Leoiis‘ |
XXIV. et lib. VIII. Baflicon c. 10. lit. 5. Blaßzresl.c. Durandus lit. I. Ration. c. 16.n. 17. M. Ant. de Domini, lib
I.de Rep. Eccl, c. 21. n. go.
BEN, ’r
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chen ſchreckliche Mifbräuche viele fonft redliche
Leut ————— der Wahrheit bewogen haben,
Gebrauch der Taufe bey dem verfallenen
Chriſtenthum
zeugen u).
gern nur etwas erzehle
eben fowel ungewiß-x)
8 mißbilligen, und darwider zu
aß ich aber von denen Bevat-
fo ift derfelben Urſprung
, und zum wenigiten vor
dem dritten Jahrhundert nicht bekannt gewefen y).
Tertullianus gederfet der “Sponforum oder
„Buͤrgen bey der Taufe, welche ſich in die Ge-
„fahr , wenn fie vor kleine Kinder alsbald
„gut fagten, indem entweder ihre Zufage durch
„einen geſchwinden Tod unerfüllt bleiben , oder
„die Kinder nicht gerathen möchten, Wels
chen Zweifel auch bernach , da die Sache fehr im
Schwange,gieng, ein Bifchof, Bonifacius, dem
Auguſtino alfo entdeckte: "Nenn ich dir ein klei⸗
„mes Kind darftellte, und dich fragte, ob es bey
„feinen anmwachfenden Jahren Feufc oder gerecht
„ieben würde, fo wuͤrdeſt du ohne Zweifel ant:
„werten: ch weiß nicht. Wenn du nun von feinem
„eünftigen teben div nicht getraueft etwas gewiß
„tes zu verforechen, und von feinen gegenwärti-
„gen Gedanken: Warum antworten denn die
„Eltern bey der Taufefür daffelbe, als Bürgen,
„und fagen, es thue das, was ein ſolches Alter
„nicht einmal gedenfen fann, oder wenn es ja
„fann, dennoch verborgen iſt,? Wobey diefer
Mann von Auguſtino Antwort verlangen nicht
von der Gewohnheit felbft, fondern von derſelben
Grund und Urfache a), die ihm jener zwar weit
läuftig, aber, nach der Verſtaͤndigen Urtheil b)
und dem Augenfchein felbft, nicht genugfam gibt.
Wie er Kenn auch von dem Glauben der Kinder
und andern Puncten nicht allezeit einerley ſetzet;
als wir bald fehen wollen,
12. Demnach befannten die Alten auch von die-
fem Gebrauch, daß er in der Schrift nicht gegruͤn⸗
det fen, weldyes ein jeder aus dem, was fihon er:
innert worden, ſiehet c), und die Oerter Matth.
14. Cap. Von der Taufe der erften Ehriften.
333
19, 13. Marc. 10, 13. nur vor eine Gelegenheit,
die man daher genommen, erfennen muß. Im—
maffen einige die Erfindung der Gevattern einem „
vömifchen Pabſt, Hygino zufchreiben wollen d);
warum ich bier mich nicht eben bekuͤmmere e).
Diefes ift unleugbar, daß fie erft von der Taufe
der Erwachfenen Bergenommen worden, welche
gleichfalls folche (avadsyss) Sulceptores oder
Aufnehmer 6), Offerentes oder Darbrin-
ger g), Patronos h), Adducentes i), und wie
man fie fonftnennte, erwäßlten. Geſtalt auch die
beften Ausleger Tertulliani Worte vonden Paten *
derer Ermwachfenen annehmen k), deren er anders⸗
wo gleichfalls gedenft 1). Der verlarvte Diony-
fine befchreibet den ganzen Proceß, wie ein Er-
wachfener , der zur Taufe Berlangen frage, einen
Glaubigen bitte, daß er ihn zum Aufſeher führen
wolle, und Binfüro fein eben mic vegieren helfe:
Der ihn aud) fodann in allem untermweife, wie er
fich verhalten folle, und zur Taufe befördere m).
Dergleichen geiſtliche Vormuͤnder man auch de-
nen zugeordnet hat, die etwa blödes Verftandes
gewefen n)., Was aber die Pflicht ſolcher Paten
insgemein betrift, fo erforderte man zuförderft
von ihnen, daß fie ihr Glaubensbefenninig wohl
verftunden, und vornemlich den Bund, der bey
der Taufe mit GOtt getroffen ward 0): Sodann
gelobten fie bey der Taufe an, daß fie ihre Tauf:
paten zum Glauben und Ehriftlichem Wandel
mit allem Ernft und Eifer anmahnen wollten,
nachdem fie einmal, im Namen Iben, abgefa-
get hatten dem Teufel und allen feinen Werfen
und Pracht p). Sie mußten erkennen, “daß fie
„bey GOtt fuͤr jene gut geſaget hätten, und des-
„wegen ihnen allzeit mit forgfältiger Liebe bege—
„gnen, und fie treulich ermahnen follten,,’ zu fol-
chen Pflichten, welche von etlichen weitläuftig ers
zehlet werden q). In Summa, fie follten ihnen
alles, was Wahrheit ift, mie Herz und Mund
beybringen r), und fie treulich erziehen laffen oder
Tg felb
u) De Albigenfius talem Pxdobaptifimum improbantibus teftantur Radulphus Anglus in Hift. MSta ap. Sar-
dium A. E. lib. II. p. 395. et 397. de Waldenfibus Audtor vetus in Caral. Tef. verit. p. 730. et 739. De
Petrobrufianis Cent. Magdeburg. XII. c. 5. p. 332. De Hincmaro Laudunenfi Hinemarus Rhemenfis Ep. ad il-
lum ap. Centur. Magdeburg. VIII. c. XIU. p. 487. etc. X) Vid. Dallaws 1. c. vit. qui Seculum Vtum demum
ponit. y) Pfanzerus nouillime Obferu. Eccl, P, II. c. 4. n. 2. Spencerus lib. III. de Leg. Ebr. Ritual. c. 2.
dect. 4. Joh. Filefacius lib. 1. Seledt. 3. et omnino Gerh. van Mafricht lib. de Sufceptoribus 1670. a) Ep. 23.
ap. Auguftin. b) Dalleus I. c. Pfannerus l.c. c) Vid. Gerhardus Loe. de Bapt. n. 268. qui Bucani effatum
Bun Quenfled. Antiq. Bibl. Eccl. p.334. d) Polydorus Vırgilius.lib. IV. de Inuent. <. 4. Hugo de Viwore
i . VI. c. 12. Platina in Hygino p. ı7. e) Vid. Dalleus de Confirmat. Mafricht de Suftept. p. 23. f) Dio-
A. MCXXIUI k) Rhenanns et Pameliusad. |.c.
— .. Definir. Dogm. Eccl.c 52.
i nyfins Areop. Hier. Eccl. c. 7. 8) Audtor. Qu. et Refp..Orthod. q. LVI. p. 424. Auguf. lib. I. de Pecc. Mer.
. “3 h) Amalarius lib.I. de Ecel. ofhic. c.3$. Concil. P I Le.54. 1) Ludolphus de Saxonia Vita Chr. p. 74.
Fideinffores ap. Aug«flin. Scrm. 116. 163. et 219. de Tem
Compatres idem ibid. et Parrini 1» Chron. Vrjperg:
V Lib. de Cor. Mil. c.3. m) Hier. Feel. l.c. n) Autor
o) Contil. Parif.c.2.ap Burchard. Wormatien/. lib. III. Decret.c.27. p) Auctor
* Serm. 116. et 163. de Temp. ap. Augu/ſt. q)Serm. 163.ibid. r) Auctor.homil. Gennadii Dogmat. Ecclef, annexæ.
134
felbft erzieden und unterrichten s). Endlich, wie
viel man ihrer nun in folgenden Zeiten dazu ge:
nommen, ift nicht fo gewiß zu feßen. Diejenigen,
fo nur einen Paten erwäßlten, davon auch nod)
alte Saßungen vorhanden find t), haben vielleicht
aufdie jüdische Gewohnheit gefehen, da auch nur
ein Zeuge bey der DBefchneidung feyn mußte u),
Bisweilen verordnete man auch wol von Drey-
enx), welches noch bey uns meiftens gebrauchlich
ift. Ich kann mich aber bey diefen Sachen , Die
- in der erften Kirchen feinen Grund Baben, nicht
„ auffalten; weswegen ich zu andern Ynmerfungen
fortgehe.
3. Es iſt aber bey dieſer Relation von der
Taufe der Kinder dieſes noch uͤbrig, daß wir ſehen,
warum und in was vor Abſichten dieſelbe geſche⸗
hen ſey oder nicht. Diejenigen, ſo ſie behaupten
wollten, hatten unterſchiedene Gedanken dabey
von dem Glauben der Kinder, ob und wie ferner
ihnen beyzulegen fen. Auguftinus ‚der von Die-
fer Sache am meiften gefchrieben har, redet nicht
allemal auf einerley Art davon: Bald befennet
er, “Daß die getauften Kinder noch nicht mit dem
„Herzen zur Öerechtigfeit glauben, und mitdem
„Munde befennen fönnen,,y): Bald aber feßet
er: Der Heil. Geift wohne in ihnen, ob fie es
„gleich nicht wüßten 2). Sngleichen, fie hätten
„feine Empfindung des Glaubens,,u.f.w. a)
Wie er denn auch ferner ofte wiederholer und bez
Fräftigen will, “daß die Kinder auf einen fremden
„Glauben
ihrer Eltern, Oder Taufpaten, oder der ganzen
Kirche b). Und Deswegen nennt er fie glaubig,
dazu fie durch diefe Handlung gelanget wärenc),
Daß er dahero einen hr insgemein ma⸗
het unser der Art des Glaubens bey den Erwach⸗
fenen, und bey den Kindern; welchen auch die
Theologi gerne zulaffen d), die fonften diefe Frage
vor die ſchwerſte und dunkelſte mit ſchaͤtzen e), die
aber in unfere vorhabende Hiftorie nicht weiter ge—
höret. Sonften aber folgen dem gedachten Au⸗
guftind auch andere darinnen nach, daß die Kinder
s) Ioh. Antiochenus ap. Cotelerinm l.c.p. 163. Tom. I.
aum itemque Bonifacius VIII. 1.5. Deer. t.3.in VI.
Not.ad Ifai. VIIL 2. Maffricht l.c.p. ıg.
y) Tra&t. go. in Ioh. etlib. IV. de Bapt. cont. Donat.c.24.
Epift. 23. lib. I. de pecc. Mer. c, 25.33. b) Epift. 23. 57. 105. lib. IV. de Bapt. cont. Don. c.24. Serm.ı4.de Verb.
c)Serm.de V.A.l.c. d) Gerhardus Loc. de Bapt. n. 228. (gg. Cherznitius P. II. Exanı, C. Tr.
Apoft. etalibi
de Bapt. p. 245. fegq. Affelmannus, Nifanius, Waltherus Diſſ. fingul.
2. B. Don der erften Ehriften gemeinem und fonderbarem Bottesdienft. -
sa würden,,, nemlid) entweder“
x) Odo Epife. Parif. in Statut. Synod, c. 3. Tom. VI. Bibl. P.P.p.63r.
eines fremden Glaubens genieffen f), Wie er 1
auch im übrigen die Nothwendigkeit der Ki |
taufe fo ernftlich vertheidigte, daß er ausdruͤcklich
denen vor der Taufe verjtorbenen Kindern die
Seligfeit abzufprechen, fein Bedenken ug,
und ofte alzu hart und unbillig — Rn...
er, zum Erempel, alfo ſchloß: “Wer nicht getauft 1
„iſt, der iſt niche mic EHrifto : wer nicht mie \
„CHriſto ift, der ift wider EHriftum,,h). Bis-
weilen aber fehreibet er ziemlich befcheiden da=
von i), und zeiget dadurch eben, wie das Herzbey
Diefer und den daran hangenden Meynungen
nicht eben fo fefte worden fey. In diefen Satz
aber fcheinet auch Eyprianus ſchon geröilliget zu
haben, wenn er feinen ungetauften Menfchenvon
der Berdammniß ausnimmf, ohne nur dieunge- *
tauften Märtyrer, vondenen wir auch bald hören
werdenk). Ingleichen Bennadius)), Ythana=
fius m), Theophylactus n), wie auch ganze Con-
cilia o), Diedie ungetauften Kinder gleichfalls ver- ·
dammen. Hingegen andere wollen den ee 4
treffen, und meynen, “fie werden weder verberri:
„chet noch gepeiniget werden von dem gerechten -
„Richter „p). a, meilihrer vorzeiten fo vieledie 7
Taufe bis ins hohe Alter verfchoben, und biswei-
len gar. ohne Taufe verfturben, wurden die Leh⸗
ver genöthiget ein gelinder Urtheil zu faffen,, zu...
mal, wennichmutbmaffen darf, von vornehmen
teuten. Wie, zum Erempel, Ymbrofiusden Kay
fer Dalentinianum, daer vorder Taufe geftorben
war, nicht verdammen wollte ‚fondern alles Gutes
von ihm hoffte, indem er gleichtvol nach derfelben
verlanget bätteg), {
14. Denen, fo noch nicht wiffen, wasvor Diefem
in der Chriftenheit gefchehen, wird es wunderlich, |
vorfommen, daß Leute follen geweſen feyn, die ihre
Taufe fo lange, oder bisins hohe Alter, ja wol bis
in den Tod verfchoben gehabt. Gleichwol ift es
nicht anders, wenn wir Die unzähligen Erempel
anfehen, famt den andern Zeugnillen, die fich fon-
derlicd) bey der Ausbreitung des Ehriftlichen Na—
mens
t) Decretum Leonisap. Burchardum l. e. c. 25. et Gratia -
u) Buxtorfus Synag.Iud. c. 2. p. 83. Tremellius et Iunius
{
hl
A ne
—— ae
z) Epift.37. a) Lib. I. depecc.Mer. c.ı9. Add.
©) Chemnit.l.c.p. 247. f) Lib. III. de,
lib. Arb.c. 23. Beda Conım. in Mare, 7. Haymo in Euang. de Afcenf. Dom. Berahardus Serm. 65. et 66. in Cantic.
g) Epift. 28. 82. 92. 94- lib. I. de pecc. Mer. c.23. lib. III. de Anim. et eius orig. c. 9. h) De pecc. Mer. l.c. i)Ibid.
c. 15. etlib. V. cont. Iul. Pelag. c.8. k)Epift.37. 1) Lib. de Dogm. Eccl. c. 74. et Fulgentius de Fide ad Pet.c.27.
vterque inter Opera Auguffini m) Quæſt. 90. ad Anticch. n) Comm. in Mare, 10. et ex his Corn, Ianferins in
Augufino Tom. I.lib. III.c.19. ©) Concil. Carthag. P) Gregorius Nax. Orat.40. et Niceras in Schol, ib.
g) Orat, Fun. in Valent. quo conf, Cafanbonus Exere. XVl.n. 43. v
Fr ie ur * 48 en
Urn! ar r
haͤuften. Denn ob fie gleich von Eltern,
hriften waren, geboren wurden, faufte
1 fie dennoch nicht alsbald, fondern lange ber:
- nad), wenn es die Zeit und Gelegenheit, oder anz
dere Umftande etiwa erforderten; davon wir bald
der alten Lehrer Meynung RR wollen. Alſo
zeuget der bier oft erwehnte Auguſtinus von ſich
ſelber, daß er in feiner Jugend bey einer gefähr:
lichen Kranfheit z in Verlangen nach der
> Taufe getragen babe, aber feine freomme Mutter
habe fie damals aufgefchoben, nachdem er wieder
0 gefund worden; weilnemlid) (wie er dazu fegt),
„nach ſolchem Babe die Schuld der Sünden bey
| „derfelben Befudelung defto gefährlicher ift,, r).
Weie er auch bernach bey ſeinem reifen Alter nicht
eher bat wollen getauft ſeyn, bis er gewiß war,
welchen Weg er nun erwäblen follte s), Derglei-
chen man auch von andern berühmten tehrern weiß,
als von Hieronymo t), Gregorio Nazianzeno v),
Ambrofio, Nectario und andern, die alle von
Epriftlichen Eltern geboren, und dennoch nicht
alsbald getauft worden. Go ift aud) eben diefes
von denen meiften erften Ehriftlichen Kayſern be—
fannt, als von EonftaneinoM, x), Conftantio y),
Theodoſio M. z), Valentiniano, und vielen, ja
. faft allen andern, die denen gemeinen Leuten bier:
k nen groſſen Anlaß und Urfaghe gaben. So ge:
denket ein befannter Scribenre von feiner Schwe—
f r Gorgonia, daß fie erit furz vor ihrem Tode
getauft werden, ungeacht fie eines Biſchofs Toch-
ter, und dazu ihrer Gottſeligkeit wegen überaus
beruͤhmt und beliebt war a). Als einſt unter dem
| Kayſer Arcadio zu Conjtantinepel in ungewoͤhn⸗
lich Sturmmetter entftund , begehrten die Leute
duse Furcht des Todes alle getauft zu werden, und
lieſſen ſich groß und klein überall auf den Gaſſen,
| in den Haufern und fonft, von wem fie nur fonn-
ten, taufen, damit fie dem görtlichen Zorn und
Strafe, ihrer Meynung nach, entgehen wollten b).
Dergleichen Unordnung und daben unterlaufende
abergläubifche oder beuchlerifche Dinge man bier:
bey genug antrift. Unter den Urſachen, welche
die, Denen ihr Heil noch ein Eruſt war, zu folchem
F
He 14. Cap. Von der Taufe der erften Chriſten.
4
335
——————— —— —
Aufſchub der Taufe bewegte, war wol die ſuͤr—
nehmſte, wie fie Yuauftinus jeßo von fich erweh⸗
net: Andere aber, die die Welt noch liebten, und
gleichwol fahen , daß man bey der Taufe dem Sa=
tan und der Welt famt allen tüften und Werfen
abfagen müßte, fuchten darunter Frijt noch wei-
ter zu fündigen, welches fonderlich bey dem Bere
fafl dev Ehriften fehe gemein ward c). Dannen-
hero auch Die Lehrer wider diefe falſche und gottloſe
Abfichten nicht genugfam eifern koͤnnen, und mit
eben den Gruͤnden foldhen — Herzen begegnen,
die fie wider die verſchobene Buſſe brauchen 4);
ungeacht wol gar Gefege und Verordnungen dese
wegen ergangen, und dadurch Freyheit gegeben
war, die Taufe zu verfchicben e).
15. Nicht wenige verfchoben die Taufe gar bis
auf ihr Todbette, aus ſchon gemeldeten Urfachen.
Denn fie glaubeten, Der Tod Fünnte ihnen nun⸗
„mehro nicht ſchaden, wenn fie bald nach der Taufe
„aus dieſer Welt fehieden,, wie es einer aus:
druckt ). Sollten fie" ja noch länger leben, fo
wuͤnſchten fie fich einen unfchuldigen Wandel; ſoll⸗
ten fie nun fterben, fo wollten fie Kb freuen zu
fterben, wie von einem mit Namen Bebiano, der
alfo verftorben, geredet wird 2), And wer in fül«
cher Abficht aus dringender Roͤth die Taufe nahm,
dem Fonnte es nicht eben als ein Zwang oder Hau-
cheley ausgedeutet werden, wie man doch wol
thun h), und folche in der Krankheit Getauſte ein»
ften nicht zum Lehramt laffen wollte :), Die aber,
fo ohne einige Vorbereitung, bI ı der Moth
willen, getaufet wurden, denen Are man billig
hernach auf, wenn fie wieder. genefen waren, daß
fie einen befferen Grund in ihrem Chriſtenthum
legen füllten k). Denn bisweilen gefchabe es wol,
daß fie in der höchften Unempfindlicykeit und To-
desnörhen lagen, und man fte dennoch ohne Be—
denken taufte. Wie einer von feinem Freund
berichtet, und dabey erwehnt, “er vor feine Perfon
„babe Dis Taufen gar nicht geachtet, indem er ges
„glauber, des Sterbenden Seele wide das fihon
„behalten, was fie ven ihm gehoͤret gehabt, nicht
„aber das, was nur an dem Leib geſchaͤhe, da fie
„nichts
r) Lib.I. Conf.c. 2. SLib.V. c. 14. ibid. t)Era/m. in Vita. Caue Sec. IIII. Hift. Liter. p. 218. u) Ipfe de
fe Orat. 19. in Laud. patr. x) Eu/eb. lib. IIII. Vie. C.M. c. 62. Socrateslib. I. c. 26. Soxomen.lib. II. c. 34. Theodor.
lib, I. c. 32.Hieronym.in Chron. A. CCCXL. y) Theoder. lib. III. e. 12 Sılpir. Seuerus lib. II. Hift. S. p. 107.
4 2) Socrates lib. V. c. 6. Ambrofius Orat. in eius Obitum. Orofiuslib. V.c. 30. &) Gregorius Nazianzenus
Orat. II. in Fun. Sor. b) Lib. de Vrbis Excid. c. 6. ap. Auguffinum Tom. VIII. c) Vid. omnino Gre-
grins Nazianzenus Orat. 40. Bafılius M. Exhort, ad Bapt. Gregorius Nyfenus Orat. fingul. Auguſtinus
a
F Mon. Gr. p.135. f) Aucuſtinus Enchir. ad Laur. c. 100.
R "Lat. p. 781. h) Concil. Neo-Cafar. c. 12. Vid. in id. Ofaxder Cent. IIII. lib. I. c ar.
dr u!
—
l.«. et Cornel, Epiſe. Rom. Ep. apud En/eb. lib. VI. H. E. e. 43. vbi conf. Valefinsp. 135.
Serm. 92. de Temp. Chryſoſtom. hom. I. in AG. aliique plures. d) Gregor. Bafıl. 1.c. ec) De prægnante
eft can. 6. Neo.Ca/ar. Concilii et Nonella XVII. Leonis Aug. item Nomo-Canon. Cotelerüi e. 19. Tom. I.
g) Anonyımus Poeta ap. G. Fabricium Poet.
i) Concil. Neo- Caf.
k) Conc. Laod. 0.47.
ww
»
336
„nichts von wuͤßte,, 1). Solche Leute aber nenn-
te man nun damals Clinicos, item Grabatrarios
oder Bertlägerige, weil fie gemeiniglich auf dem
Bette getaufet wurden, und Deswegen von etli—
chen geachtet waren, als wären fie nicht recht ge⸗
tauft m). Derfelben aber waren unterfchiedliche
Arsen: Etliche waren annoch Heyden, und da fie
etwa unverfehens gefährlich Frank wurden, be-
gehrten fie alsbald Ehriften, und getauft zu wer⸗
den , welches man ihnen nach gewiſſen Umſtaͤnden
nicht verfagen wollte n). Dergleichen Erempel
man hin und wieder findet 0): Welche die damwi-
dor geſchehene Werbote nebenft einigen anderen
Berordnungen nicht hindern Eonnten p). Andere
waren zwar ſchon zum Chriſtenthum getreten,
aber erft in der Catechiſmuslehre und Vorberei-
tung zur Taufe begriffen. Wenn nun folche mit
einer ſchweren Krankheit etwa überfallen wurden,
taufte man fie gleichfalls a). Noch andere wa—
von fehon längft im Chriſtenthum unterrichter und
geuͤbet, Hatten aber die Taufe bishero aufgefche:
ben, von denen wir ſchon gehöret haben, und
beym Heren Cave gleichfalls zu lefen ſtehet p- 322.
16. Noch ein gewilles Merfmahl, daß die aller-
meiften Chriſten als Erwachfene getaufet worden
find, geben uns die damals beftimmten Jahrzei—
ten „da fie gemeiniglich folhe Taufe verrichteten,
wie der Herr Cave aud) befräftiget p. 319. Prem:
lich er feßet davon, wie die Taufe nad) der or-
dentlic) eingerichteten Kirchenzucht auf zwey Ter-
mine des X geleget worden, Oſtern und.
Pfingiten. araus alsbald folgen muß, daß
Eypriani und der africanifchen Kirchen Anftalt
von der Taufe nach) der Geburt, gleichwie zuvor
nicht befannt, alfo hernach bald vertofchen ſeyn
muß, weil man nun ohne Unterfcheid diefe zwey
eiten beſtimmet bat. Von der Vorbereitung zu
Bi folennen Taufe, durch Buſſe, Faſten und
dergleichen, ift anderweit zu reden befferer Anlaß.
Bor Eypriano gedenfet ſchon Tertullianus,
wenn er fchreibt: “Die Dftern gibe eine feyerliche
„zeit dev Taufe, da aud) as leiden des Herrn,
I) Auguftin. lib. IIII. Confefl. c. 4. m) Cyprianus Epift. 76.
Arınthxo quodam Bafılius M. Epift. 186. ad vxorem eius,
2.3. Don der erften Chriften gemeinem und fonderbarem Botteodienft. wen, 4
„angedeutet worden, r)..
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„darauf wir getaufet werden, vollendet worden»
Und weiter: “Sodann ift die Pfingften Me 2
„Taufe ein weiter Raum, darinnen die Auferfte-
„bung des Herrn unter den Juͤngern ift betrachtet
„worden, und Die Gnade des H. Geiftes gegeben,
;sroie auch die Hoffnung der Zufunft des HEren '
Und zur felben und
folgenden Zeit pflegte auch den Kindern ihre Tau: -
fe nicht allein auf dieſe Seite, fondern auch auf viel
Jahre hinaus, bis in ihr veifes Alter verfchoben
zu werden 5). Welche Zeit und Art auch nad)
im achten Seculo in acht genommen und öffentlic)
dazu gewiedmet wordeg iſt 1); alfo, daß man an 1
andern Feſttagen fehlechterdinges zu raufen vers i
boten hat u): Ja, an einigen Orten feßte man — 4—
allein die Oſtern dazu an x): Mit was Recht
oder Unrecht, läßt fid) bier nicht, um Weitläuf:
figfeit zu vermeiden , unterfuchen. Bisiwellen
aber und an einigen Orten benennte man auch das
Set der Erfeheinung dazu, weil man an dem-
felben das Gedächtniß der Taufe Chriſti im Jor— |
dan feyerte y): welches aber die, Päbfte verboten,
und fonft andere Anordnungen machten, damit
fie nur etwas zu gebieten, und die Gewiſſen zu
binden haben möchten 2).
17. Darüber fturben ihrer viel ohne die Taufe
hinweg, theils wegen der gewiß beftimmten Zeit a), J
theils wegen ihrer eigenen Verſaͤumniß, weldye un:
ter denen erften Chriſtlichen Kayfern faft allgemein
und durchgehend war, die Wäter mochten noch fo
hißig dawider eifern, wie Herr Cave redet p. 322.
Ein anders aber hielte man von denen, die ohne ihre |
Schuldderfelben entrathen mußten, nachdem Chri⸗ |
ftus felber alfo mit Bedacht gefager Hatte: Wer.
nicht glaube, der woerde verdammt, nicht aber,
woer nicht getaufer würde. Marc. 16. Und aus
folchen Urfachen trug Umbrofius Fein Bedenken, 4
vondemKayfer Balentiniano diefes öffentlich zu fa-
gen, als.er noch ungetauft geftorben war: “Chriftus 7
„babe ihn felber getauft; feine Gottſeligkeit und gu: «
„ter Wille habe in abgewafchen,, b). Gleichwie
man aud) insgemein diefen Yusfprud) von folchen
"that:
n) Cyprianus |. c. Epiphanius her. 28. 0) De
p) Paganos a Baptifiuo arcendos fanxertint
Concil. Laodic, c. 46. Nicenum c. 2. et Trullanum c. 78. fed de zgrotis concellit Miberitanum c. 39. et Car-
thagin. c. 34. Conf. G. 1. Vous difl. XII. de Bapt. th. 5. Iuftellus ad Cod. Can. p. 187. Zimmermannus ad
Tertull. p. 106. 1. A. Bofius Exercit. fingul. de Clinicis V.E. q) Cyprianss,Ep. 13. Cyrill, Alex. Epiſt. Canon. ad
Epife. etc. r) Lib. deBapt.c.ı9. s)Ita Bebel. Antig-Eecl. Sec. II- Art.4.p-875. t) Greg.Il. Epife; Rom.Ep. 4. |
ad Thuring. Tom. I. Conc. Gall.p.514. 1) Conc. Gerund. e. 4. Wormat.c. 10. vid. Burchardus Decret. lib. IIII.
c.6. et 7. Ino Carnotenfis P. I. Decret c. 60, x)In Theflal. v. Socrar. lib. V.c.22. y)Gregor. Nazianz. Orat.39.
eis ro Erz Dare. Vicdor Vticenfis lib. II. Perfec. Vandal. et de Grecis hodiernis eorum Menologiumh. |
d.c. z) Sirieius Ep. Rom. in Deeret. P. 3. de Confeer. dift. 4. can. Non ratione etc. Si quis ab Epiph. )
itemqgue Leo M. Epitt. 4. Conf. Ioh. Vicecomes lib. I. c. 19. Ant. Bapt Rit. c.ı9. Vol. I. Obf. Ecel. et omni- \
no Io. Launoins de Tradit; Ecel. vet.circa temp. Bapt. a)Sorratesl. c. b)Orat. in Obitum eius. . ?
n
that: «Wie viel der Glaube ohne die fichtbare
„Zaufegelte, iiftan dem Schächer ee Denn
„alsdenn wird unfichtbarer Weife erfüllt, wenn
„die Noth die Taufe ausgefchloffen hate). Item:
„Es fey da der Heilige Geift alleine anug, weil
„fein Zeugniß den Nachdrucfchen habe d). Der
„Heil, Geift fönne hier ſchon allein Genüge thun,
Wo die Moth es nicht zugelaſſen, e). Welche
und dergleichen Säßeder Alten ihre andere Mey-
nungen in etwas erflärten, da etliche fchlechter-
dings und ohne Unterſcheid die Taufe für noͤthig
zur Seligfeit ausgaben. Als wenn eben der Am⸗
brofius, welcher Balentinianum gedachter maf-
” entfchuldige hatte, gleichwol ausdrücklich ſchrei⸗
endarf: “Der Catechifmusfchüler glaubet zwar,
„aber woferneernicht getauft wird, kann erfeine
„Bergebung der Sünden haben, noch die Gabe
„der geiftlichen Gnade erlangen,, f). Und ein
anderer: "Wir glauben, daß die Getauften al-
„ein den Weg zur Seligfeit haben, und daß Fein
„Catechifimusfchüler, ob er gleich in der Gottſe—
„ligkeit geftorben ift, das teben habe, ausgenom-
„men die Marterz, 2). Als wenn nemlich die
Gortfeligfeit ohne einen lebendigen Glauben, und
diefer ohne Seliakeit feyn könnte. Aber zu ſolchen
Ausfprüchen liefen ſich ohne Zweifel diefe Männer
bewegen, damit fie die Ihrigen defto forgfältiger
und begieriger nach der Taufe machen wollten:
obwol indefien viel Blöde und Schwache dadurc)
mochten zurück geftoffen, oder in Anfechtungen
aeferet werden, Daß ich nicht gedenfe, wie die
Heuchler und Gottlofen auf das aufferliche Werf
alleine verfielen , und fich für befehrt und wiederge-
boren wi fie mochten Glauben und gut Ge-
wiffen bewabret haben oder nicht; wie bald foll ge⸗
zeiget werden. Wiewol auch hierinnen die ver:
ſtaͤndigen tehrer fehr behutſam giengen, und nad)
der Taufe auch ein glaubiges und heiliges Leben
ernftlich forderten ,. als wir im 2. Cap. des ı.
Buchs gefehen haben. Dahero liefee man auch
wol ſolche Warnungen bey denfelben: “Ber et:
„wa meynt, Daß er in der Taufe diefelbe vollkom—
„inene Unfchuld, und die Reinigkeit wieder be-
Fkommen babe, die des ewigen Lebens werth fen,
„der erinnere fich, wie Johannes gefagt bat: Ich
„raufe euch zwar in dem Waffer der Buſſe; der
„aber, fonach mir kommen wird, wird euch felber
„taufen in dem Heil. Geift und Feuer. Er be—
„Denke auch, daß der HErr felber, da er fchon von
»sohanne getauft, und noch im Leibe war, alfo
ce) Auguftinus Lib. IV
de his qui init. c. 15. g) Gennadius de Dogm. Eccl. cr84. „ b) Hilarins Comm. in Pf. ug.
Bapt. c. 5. k) Auguflin. lib. IV. de Bapt. e. 21.
14. Cap. De der Taufe der erften Chriften.
337
„gefprochen Habe: Ich muß noch mit einer Taufe
„getaufet werden. Dabero ift zu fchlieffen, daß
„annoch nach der Waffertaufe eine Säuberung der
„vollfommenen Reinigkeit übrig ſey, die uns durch
„die Zufunft des Heiligen Geiftes beilige, in dem
Feuer des Gerichts fchmelze, und duͤrch den
„Tod von der Beflefung und Verbindung des
„Fleiſches uns faubere, oder durch die Marter in
„glaubigem und gehorfamen Blute abwafche h).
18. Alfo derungen die wahren Lehrer immer bey
der Taufe auf die wahre Bekehrung und Veraͤn⸗
derungder Herzen, obne welche die Taufe fienichts
belfen würde. Sie bezeugtendenen Sicheren und
Heuchlern, wie das Waffer frenlicy nicht ſolche
groffe Dinge thun koͤnne, fondern der mit dem
Wort vereinigte Glaube des Menfchen. Denn
(fagten fie,) Der Menfch wird wieder zu GOtt ge=
„bracht nach feiner Gleichheit ; und der Geift GOt⸗
„tes nimmt ihn wiederum auf, dener damals von
„reinem Anblafen befommen, und hernach durch
„die Sünde verloren batte, Micht daß wir den
„Heil. Geift in dem Waſſer empfangen, fondern
„daß wir im Waffer gereiniget find, und dem H.
„Geiſt bereitet werden, i), Weswegen fie auch
ausdrücklicd) vor jedermann befenneten, “fie Biel-
„ten in der rechtglaubigen Kirchen einen from—
„men Catechumenum höher als einen getauften
„Chriften, der doc) gottlos ſey. Der ungetauf-
„te Hauptmann Cornelius fey auch vielbeifer und
„feliger gewefen, als der getaufte Simon. Je—
„ner fen janoch vor der Taufe agpen: H. Geift
„erfüllet gewefen, diefer hingegen auch nach der
„Taufe von demunfaubern Geiſt angeblafen ,,,
u.f.m. Ja , fie fegenungefcheut dazu, ein getauf:
ter böfer Menfch muͤſſe noch erftlich befehrt wer-
den. Gleichwie dem frommen Catechumeno
„die Taufe noch mangelt zum Reich GOttes: Als
„fo mangelt dem böfen Ehriften, der da getauft
„it, die wahre Bekehrung. Denn derjenige,
„welcher gefagt bat: Wo jemand nicht aus Waf-
„fer und Geift wiedergeboren wird, kann er nicht
„in das Himmelreich Fommen ; eben derfelbe Kat
„auch gejagt: Es fey denn, daß eure Gerechtig>
„keit beiler ift, denn der Schriftgelebrten und
„Pharifaer, fo werdet ihr nicht ins Himmelreich
„teommen. = = Damit die Getauften nad) em—
„pfangener Taufe nicht traͤg und ficher in Suͤn⸗
„den liegen blieben, fo ftehet diefes alfo gefchrie«
„ben, k). In welchen und andern Worten die
Weisheit folcher Lehrer dem verderblichen operi
A uUu ope-
de Bapt. adu.Don.c.22. d)BernhardusEpift.77. e)Id.Serm. 24. in Feft. Iac. f)Lib-
ji) Tertullian. de
338
operato treulich begegnen wollen, oder derjenigen
anfeligen Einbildung der Gottlofen, da fie mey-
nen, das äuflerliche Werk und Berrichtung (zum
Erempel der Taufe,) bringedem Menfchen als-
bald die Gnade GOttes, Bekehrung und Wieder-
geburt, er möge Bufle und Glauben zu GOtt in
EHrifto haben oder nicht. Denn diefer greuliche
Irrthum riffe auch vor dem Pabſtthum ſchon mic
dem Berfallder Ehriltenindie Kirchen ein, gleich:
wie er nach dem vermeynten Fall deffelben an-
noch herrfchet. Dawider fegten fie nun damals
den Willen des HErrn deutlich: “Die Verge—
„bung der Sünden folger nicht auf die Taufe,
„woferne fie nicht allein vechtmäßig ift, fondern
„auch rechtmäßig behalten wird !). Sa, Die hei-
„lichen und göttlichen Dinge ſchaden vieimehr de-
„nen, fofieübelbrauchenm). Wer nun der ewi-
„gen Dein entgehen will, der laffe ſich nicht allein
„taufen, fondern er werde auch gerechtfertiget in
„CHriſto, und alfo gebe er wahrhaftig von dem
»Zeufelzu@siriftoübern), Der H. Geiftfleucht
„vor einem Heuchler, und wohne nicht in einem Lei⸗
„be der Sünden umterworfen, und dahero wird
„er fein Kind GOttes. Sie fcyeinen zwar, als
„wenn fie Kinder GOttes worden wären wegen
„oer Waffertaufes aber. in der Wahrheit find
„fe nicht Kinder GOttes, weil fie niche im Geiſt
„getauft find. Denn am Leibe find fie zwar ge-
„rauft, aber am Herzen find fie noch Catechu-
„meni eder Ungetaufte; indem das Waffer zwar
„den Leib ae. aber der Geiſt Die Seele 0).
19. Die erffen wahren Ehriften Fonnten mit gu⸗
tem Grund ihre Taufe mit einer wahren Be—
kehrung und Wiedergeburt befihreiben, indem ſie
es auch inder That alſo erwieſen. Geſtalt fienicht
allein nach der Taufe ſich als erleuchtete und ge:
heiligte Seelen in ihrem Leben erzeigten, fondern
auc) vor der Taufe ſchon viel Früchte des Geiſtes
und ihres Glaubens von fich fehen lieffen. Won
jenem haben wir bereits im 1. Buch Zeugniffe
genug gehat; von dieſem find nicht weniger vor-
handen. Dorten gab Petrus felber denen, die
dem Worte GOttes zuhöreten, das Zeugniß,
daß fie den Heiligen Beift ſchon empfangen
hätten; und befahl, fie darauf zu faufen in dem
Damen des HErrn. Up. Geh. 10,47.48. Son:
derlich ift berühmt das Exempel Eornelii, ibid.
verſ. 2.3. eins gottfeligen und gottsfuͤrchtigen
Mannes, von welchem die Alten ihre Gedanfen
infonderheit hatten. Sie fagten, “er babe auch vor
DIbid. ib. V.c.8. m)Lib. IL cont. Crefcon. e. 25.
p) Auguftin. Expof. Epift. ad Roın. p. 334. Tom. IV.Opp. g) Ibid.
. syHieronymasEpilt.1.ad Heliod. - €) Origezerhom®3. in Nuin. u) Ideml.c.
y)«tuguftin. de Fid, et Oper. c. 8.
2.3. Don dererfien Epriften gemeinem un
önderbarem Bottesdienft,
„der Taufe des HErrn Willen erkannt, und den
„Heiligen Geift empfangen, welches die offenbaren
„zeichen gewieſen hätten. Unterdeſſen ober
„doch die Taufe nicht verachtet, fondern fie viel-
„mehr defto gewiffer empfangen, indem er nicht
„geſaͤumet, die Zeichen des H.Geiftes zur Erkennt:
niß der Wahrbeit anzunehmen, davon die Sache
„Jelbſt ſchon in ihm vorher gegangen war, p).
Daraus fie denn fchlieffen, “Daß etliche auch vor
„der Taufedes HErrn Willen erfannt haben,, q).
Und “gleichiwie in Abraham felber die Gerechtig-
„keit des Glaubens vorher gegangen war, und |
„das Siegel des Glaubens zur Gerechtigkeit,
„nemlich die Befchneidung, dazu kommen ift; al⸗
„ſo iſt auch in Cornelio die Heiligung des Geiz
„ſtes vorhergegangen , in der Gabe des Heil. Geiz
„ſtes, und das Sasrament der Wiedergeburt in
„dem Waſſerbad der Taufe ift dazu kommen r).
„Durch diefe Gabe des H. Geiftes iſt er noch ge=
„reiniget worden, als er noch fr einen Heyden
„gehalten ward, s). Wie hingegen Simon, der
mit: Heucheley zur Taufe Fam, feine Gnade er-
langte ı). Aus diefem warnetenfienun die Heuch⸗
ler alſo: “Man findet in der Schrift, daß etliche
„Ungetaufte des Heil. Geiftes gemürdiget, an-
„dere aber vor untüchtig erkannt worden. Es
„it auch Fein Ziveifel, daß auchnoch indem Vol⸗
„te ſolche Cornelii, zu denen man fagen kann:
„Dein Geber und Barmherzigkeit ift gen Him⸗
„nel geftiegen! Und wiederum find in dem Bol-
„ee folche Simones, zu denen man geteoft fagen
„kann: O du argliftiger und böfer Menſch, m. ff.
u)! Alſo lieffen fie nun denen, die noch unge-
tauft waren, mit nichten die Freybeit, zu leben
wiefiewollten : fondern ihr ernſter Wille war die⸗
fer: "Niemand darf ſich felbft ſchmeicheln, weil
„er noch ein Zubörer und Schüler ift, als wenn
„ihm nun zu fündigen vergönnet wäre. Denn die
„Öetauften haben jafeinen andern CHriſtum, als
„die Ungetauften, x), Und dahero drungen
Die Sehrer auch bey denen Ungetauften auf ein.
heilig und gottſeliges Leben, und bewiefen ihre Er⸗
mahnungen aus Apoſt. Gefch. 2, 38. da Petrus
denen Juͤden erſt Buſſe zu thun gebot, ehe fie
getauft wurden, darinnen er nothwendig auch
die wahren Fruͤchte der Buſſe mit erforderte y).
Wie fie denn auch fonft die ungetauften und
alaubigen Catechumenos auch vor der Taufe als
wabhrbaftise und lebendige Blieder der
Gemeine und alfo des Leibes CHrifti erkannten '
und
n)Lib. XXT.de Ciu. Deic. 16. o)Chryffl. hom.z. in Matth.
r) Id. Lib, V.de Bapt. cont: Donat. c. 24.
x) Tertullianus de Ponit. c. 6.
Ä
e
r
f
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a
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J
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17
J
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u»
und hielten 2). Wodurch fie aber keinesweges
hren Taufe ihre Kraft benahmen, wie et-
ie Papiften daraus fihlieffen wollen: viel we—
niger dahin fahen, wenn fie etwa die mancherley
Taufen der Juͤden oder anna opusope-
ratum für unkraͤftig ausgaben a). Als, wenn fie
fihreiben; “Das Warfer des Meeres felber iſt
„nicht genug, die Sünden zu reinigen, fondern
„fie werden im Glauben durch CHriſti Blur ge:
„reiniget., Die Taufe hat auch Feinen Mugen,
„die nur das Fleiſch und den $eib reiner macher.
„Aber die Seelen müffen abgewafihen* werden
„vom Zorn, Geiz, Neid und Haß. Das Bad
„ver Bulle und Erkenntniß GOttes ift das wah-
a fer des Lebens, weldyes die Bußfertigen
Sei
und läutert.
eil ich aber gefager habe, die alten Chri—
ften feyen auch meiftens vor der Taufe von dem
Heil. Geiſt erleuchtet und gebeiliget gewefen, nem-
lid) nad) denen gehörigen Seaffen ſolcher Gna⸗
de, fo muß ich nur etliche Exempel davon anzie—
ben. Cyprianus, der theure Märtyrer, war
„roch nicht durch die andere Geburt (das iſt, durch
„oie Taufe, wie die Ausleger die damals gebräuch:
„liche Redensart erfläten,) mit dem völligen
„Glanz des göttlichen Lichts beftralet, und den:
„noch uberwand ſchon die Vorbereitung diefes
IAchts die alte Finfternißi,,, und er fieng an nod)
vor der Taufe fich felbft zu verleugnen ‚- indem er
alle das Seine unter die Armen austheilte b).
Bon Bregorio Meocäfarienfi will Nyſſenus ver:
fihern, daß er vor feiner Taufe fo heilig und gott:
felig geleberhabe, “Daß er feinen Unflat der Suͤn⸗
„den mit fich zur Taufe bracht,,c). Welches er ob:
ne Zweifel alfo verſtehet, er fen durch den Glauͤ—
ben in EHrifto bey feiner Bekehrung gerecht wor:
den, darauf er Feine muthwillige Sünden weiter
begangen, davon er in der Taufe hätte Buſſe
thun müflen. in anderer faget insgemein,
„daß viele den Willen GOttes auch vorder Tau:
„te erfannt,,, und alfo aus folcher lebendigen Er-
Fenntniß aud) gethan haben e). Wiederum bat
ein Mann das öffentliche Zeugniß vor der Ge—
meine, daß fein voriges Leben vor der Taufe
„eine ſtetige Bereitung zue Taufe gewefen,
„und die vorhergehende Keinigung babe ihn zu
z) Probat Gerhardus lib. II. Confeſſ. Cathol. Artic. V. ct.
14. Cap. Don der Taufe der erften Chriften.
. ie
339
„der himmliſchen Gabe defto fiherer gemacht, da⸗
„mit die Taufe einer folcyen Reinigfeit des Lebens
„ohne Gefahr anvertrauet worden, und dieſes
„Gut keinen Schaden litte bey einer Beſchaffen⸗
„beit der Seelen, die etwa wider die Gnade wi-
„derſpenſtig ſeyn möchte, f). Und mit ſoichen
rechten Taͤuflingen beſchaͤmten fie die Heuchler,
die es nur auf das aͤuſſerliche Werk ankommen
liefen, und weder vor, noch nach der Taufe
am Herzen vechrfchaffen verändert wurden.
„Wenn ein Lingetaufter (fagten fie,) das Gebot
„CHriſti halt, und die Rechte und Gebote bewah—
„ret, richtet er nicht in der Vergleichung denje-
„rigen, welcher fi einen Glaubigen (und. ge-
„tauften Chriften) nenne, und die Gebote nicht
»bält,,? aus Rom. 2,26. g). Geoſtalt es bey
dem abnehmenden wahren Chriftenehum fo ver-
kehrt daher ginge, daß auch ſchon ein bekannter
Mann zu feiner Zeit ſchmerzlich klagt, wie otlis
„he auch offenbare Gotelofen zur Taufe zulie-
„ten, und wolgar unverfchämter Weife diefes für
„eine verkehrte Weiſe bielten, daß man erft ei-
„nen lehren wolle, wie ein Chriſte follte leben, und
„darnach erſt taufen,. Wowider er ernſt⸗
lich eifert und ſchreibet. Andere Merkmahle fol-
len bald gedacht werden h).
21. Aber noch berrlichere Zeichen ihres Glau-
bens gaben diejenigen an den Tag, welche nach
vor der Taufe um des Namens JEſu willen
freudig den Tod und alle Marter ausftunden.
Diefes ift die berühmte Bluttaufe, wovon
die erſten Chriſten fo viel Worte machen, undfie
ohne einzig Bedenken der Waflertaufe gleich
achten. Davon fehr viel Stellen handeln in ih-
ren Schriften i). Nur einige Denfmahle an-
zuführen, fo nahme man die Märtyrer von der
gemeinen Regel aus: “Wo jemand nicht gebo=
„ren wird aus Waſſer und Geift, kann er das Reich
„OOttes nicht fehen; weil der HErr gefagt ha-
„be: er feine Seele verlieren würde um feinets
„willen, der follte fie wieder finden,, Matt. ı0,
32.k). Wie fie denn aucheine Bergleichung an-
ftelleen, indem die Märtyrer eben fo mit ihrem
Dlute, wie die andern mit Waffer begoffen wür-
den. Dahero fagten fie von ſolchen: “Er iftauf
„CHriſtum getauft, nicht von einemandern, fon
Uuz2 „dern
a)E Zufini Dial.cum Tryph. coniicit Scultetus P. I.
Medull.Pat.lib. I. c. 18. quo conf. Dannhauerus Chriſteid. p.929. b) Pontius Diaconnsin Vita p-2. ©) Orat.
Fun.de eo, quod Dor/chaus per hyperbolen excuſare videtur Heptad. Diflert. din‘ 6.
“ Rom,l.c. f)Gregorius Nazianzenus Orat. in Fun. Patris.
flinus
Spkide et Oper.c 1.12.13. 14.17. 18.19. 4)Vid.interim Teriwlianis, Cypriamus ,
Iud, e eitandis alii. k) Augufin.lib. II. de Anim, et Orig. eius c. 12.
t loc,
-
4 €) Anguflinus Expoſ.
g) Origenes lib. Comm. in Rom. c 2. —W
Origenes hom.7. it
340
„dern von feinem eitengn Glauben, nicht im Waf-
„fer, fondern in feinem eigenen Blute,,'). a,
fie führten auc) diefe Mennung daber, weil:
der Seiten des Heilandes Waller und Blut ge-
floffen wäre, und er felbft gefagt hätte, er müffe
ſich noch mit einer Taufe taufen laffen ‚ $uc.12,
50. er auch felbft mit Wafler und Blut kom⸗
men fen, 1 “oh, 5,6. “daß er durch das Waſſer
„getauft, und durch das Blut verherrlicher wuͤr—
0%, m). Auch fahen fie dabey auf Die geheime
Bedeutung und unmittelbare Wirkung der Tau:
fe, welche war der Tod und die Begräbniß mit
EHrifto; und ſchloſſen dahero, es würde Feiner
wahrbaftiger und beffer mit EHrifto getödtet und
begraben, als eben folche Märtyrer, die nicht zum
Schein oder mit Einbildung und Worten, fon-
dern wirklich unter vieler Marter mit EHrifto
lieten. Deswegen hieſſe es: "Ein Märtyrer, ob
„er ſchon ungetauft ift, foll doch froͤlich abfchei-
„den, denn dasseiden, ſo er um Chriſti willen er:
„duldet, wird ihm zu einer wahrbaftigeren Tau—
„fe werden, weil er in der That mit EHrifto ſtirbt,
„die andern nur im Fuͤrbilde. So foll er fich
denn freuen, daß er feinem Meifter nachfolgt;,
n): Devgleichen Märtyrer waren noch vor der
Taufe Rhanis und Heraclides, des Drigenis ge-
weſene Zußörer 0). Won denen zwar wegen ib-
rer Unterweifung nicht fo fehr zu wundern war,
als von andern, die zuvor Feinde des Chriften-
thums gemwefen, und weder Unterricht in der Seh:
re, noch Taufe genoffen hatten, gleichwol aber
vor der Taufe die Marter erduldeten: als man
von vierzig Soldaten zu Cäfarien liefet p), de—
ren Hüter oder Wächter dabey gleichfalls augen-
blicks bekehrt, und Darüber gemartert wurde, alfo,
daß er mit Wahrheit “ein Evangelifte GOttes
„ward, da ergeftern noch ein Verfolger gemefen,, ;
wie ein Seribente von ihm ſchreibet g).
22. Wir haben oben im ı2, Cap. des 1. Buchs
aus der Antiquität angemerkt, daß die Alten den
Marterftand eine Vollendung und Dollfon-
menmachung (TeAsiwcı) genennet haben.
Und diefen Namen gaben fie fonft der Taufe
auch, und Bieffen Taufen cben fo viel bisweilen
als Dollenden (reAeısrzı)r). Und daher Fa-
men die groffen Lobſpruͤche des Maxterftands,
weil fie ihn aus befagten Urſachen mit der Taufe
.'®
Es,
3 » ®
2.3. Von dererften Ehriften gemeinem und fonderbarem Bsttesdienft.
verglichen. “Wir, (fagt Eyprianus,,) die wir
„den Glaubigen die erfte Taufe gegeben haben
„tollen auch einen jeden zu einer andern Taufe
„bereiten, und fie lehren, daß dieſe Taufe
„nach der Gnade gröffer ſey, nad) der Kraft hoͤ—
„her, nad) der Ehre koͤſtlicher; eine Taufe, dar-
„innen die Engel taufen, und darinnen GOT
„und fein Gefalbter fich freuen; eine Taufe, nad)
„welcher forthin niemand mehr fündiget, darinnen
„er unfers Glaubens Wachsthum vollfommen
„macht, welche uns, wenn wir aus der Welt fehei-
„den, alsbald mit GOTT verfnüpfet. In der
Waſſertaufe empfange man : Vergebung der
„Sünden, in der Bluttaufe aber die Krone der
„zapferfeit s), Die Bluttaufe allein its, *
*
„uns reiner macht, als die ——
„bat. Ich beſorge, jene Art ſey höher a 5 Diefe.
„Denn, wenn diefe empfangen ift, fo find ihrer
„‚fehr wenig fo felig, daß fie fie bis an ihr Ende
„unbeflecft bewahren koͤnnten: wer aber mitdiefer
Taufe getaufet worden, der kann weiter nicht
;„fündigen. Und wenn es nicht verwegen heiffen
„ſoll, in folchen Sachen etwas fagen, fo Fonnte
„man fprechen, daß durd) die Waſſertaufe die
„vergangenen Suͤnden gereiniget werden, durch
„die Bluttaufe aber auch die kuͤnftigen hinweg
„genommen: Dorfen fe die Sünden erlaffen,
„hier gänzlich ausgefhloffen,, t) . Alſo Sie
man diefes für eine wahre und gültige Tau—
fe u), foger, daß fie die Waſſertaufe vertreren
folltebeydenen, die fienoch nicht empfangen, und
erfeßen bey denen, fo fie zwar empfangen, aber wies
derum verloren hatten x). Ja, man fchägte fie,
wie wir gefehen haben, noch höher, eben Deswe-
gen, “weil fie Bernach von Feinem Suͤndenkoth
„mehr Eonnte beflecfet werden,,, indem die Märty:
ver am Fleiſche litten, und alfo zu fündigen a
höreten y), auch fonft auf einmal der Welt ab—
fturben und GOtt lebeten. Wie alfo ein Poet ar
davon finget z):
Wenn der in feiner Tauf der Welt geftorben ift, * -
Der geiftlic) iy dem Tod mit JEſu liegt be⸗ 4
+
graben:
Wie follte nicht auch fo ein Helden-
vif
Der Taufe Kraft und Sieg in feinem Blute
haben ?
Ad)
VBaſil. M. Orat. de 46. Martyr. m) Tertullian. de Bapt. c. 16. Cyrillus Hierefolym. Catech. IIT Illum. et Cat. XIII.
n) Audlor Conflit. Apofol.lib.V.c.7. ©) Eufeb.lib.VI.c.4. p) Greyorius Nyffenus Orat in 40. Mart. Baſil. M.
hom. de iisd. q) Baſil.le. r) Sie AthanafızsOrat.3. in Arian, FeAEIWEIS T8 Partieuar&-- Gregor.
Naz. Orat. 1. in Iulian.
Or. 39. z) Projper Epigr. 89.
s) Exhort. ad Martyr. prefät.
Ciu. Dei e. 7. Epift. 108. et alibi. Profper ex eo dent. 149.
t) Origeneshom. 7.inIudie. u) Auguſt. ib. XII. de
x) Terzullian. de Bapt.c.16. y)Gregorins Naz.
—
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4
4
DIR; a
—
Wh ja! Die Gnade kann der Marter hohen
| reis
Erfuͤllen, wie man ſonſt von unſrer Taufe
weiß.
Welche Vergleichung ein anderer alſo vorſtellet:
Gleichwie der Taͤufling feinen Glauben vor dem
„Diener bekennet, und antwortet auf feine Fra—
„gen: alfo thut diefes ein Märtyrer vordem Ber:
let Jener wird nach der Bekenntniß mit
„Waffer befprengt, oder eingetaucht; diefer mit
|
F
„Blut begoffen , oder ins Feuer geſteckt. Jener
a
2
5
E.-
„befomme durch die Auflegung der Hände den
opel Geiſt; diefer wird eine Wohnung des H.
„Geiftes, indem nicht er esfelbft ift, der da redet,
„fendern der Geiltdes Vaters, der in ihm redet.
Fener communicirt das Abendmahl zum Ge:
Daͤchtniß des Todes Chriſti; diefer ſtirbet felber
„mit Ehrifio. Jener befennt, er wolle den
„Werfen der Welt abjagen; diefer verleugnet
„iein Leben ſelbſt. Jenem werden die Sünden
„erlaffen; in diefem gar ausg loͤſchet, 2) Und
dieſen Unterſcheid dev Wafler - und Bluttaufe
wiederholen viel alte Theologi b), von deren Re—
Densarten aber die neueren erinnern, wie biebey
ja nicht auf Menfchenwerf oder Verdienſt,
#» ben allein auf die Gnade muͤſſe gefehen wer:
den c).
— 23. Alles dieſes betraf die Taufe der Er—
wachſenen, wobey ich mich uͤber Vermuthen et—
was laͤnger aufgehalten habe, und in dem uͤbri—
gen deſto kuͤrzer werde ſeyn muͤſſen. Dannen—
hero ich auch nicht erwehnen kann die vielen Er—
findungen und Mißbraͤuche, die man nach der
Zeit bey der Taufe hinzu geſetzet hat. Als da et—
- fiche aus Aberalauben, oder zum weniaften nach
5, Km. Eave Urtheil p. 327. ohne Nord ſich pflegen
R. in dem Jordan taufen zu laffen d): wie von
*
Tonftantino felber bekannt it, daß er feine
Taufe deswegen fo weit hinaus gefchoben habe
) Jngleichen, daß man den Tauflingen Gals
=
u %
r.) — — — ———— — —— ——— — — 7
— 14. Cap. Von der Taufe der erſten Chriſten. 341
in den Mund geſteckt F), Ylafın und Öbren
aefalber 2), Milch und Zonig, oder aud)
Wein zu Foften gegeben h), und was dergleis
chen Dinge mehr find. Die wunderliche Ark
derer Marcioniten, welcher der Hr. Tave auch
gedenfet p. 323. will auch nicht weiter berühren:
wie auch die ehörichte Gewohnheit erlicher, welche
auch die Ihrigen, fo vor der Taufe unverfehens
geftorben, nach) dem Tode follen getauft haben i):
Welches man kaum glauben koͤnnte, daß es unter
Epriften gefcheben fen, woferne nicht die offen
baren Erzehlungen und die Verbote ganzer Con—
cilien davon zeugten k). Die närrifche Weiſe des
ter, die auch die Glocken und andere leblofe Din-
ge tauften, gehet mich auch Bier nicht an I). Ich
muß aber ur etlicher anderer Mißbraͤuche ges
denken, die ſich bey dem Verfall haufig hervor—
gethan. Denn da gerierhen die fleiſchlichgeſinn⸗
ten Leute auf den Wahn, daß fie, zumal wenn fie
vornehmen Standes waren, nur wollten von
aroffen Bifeböfen und Prälaten getguft
feyn; in der Meynung, es gäbe mehr. Reſpect
vor.den Leuten, als wenn fie ein gemeiner Kirchen
Diener taufte. Mit welcher Thorbeit die Lehrer
gar viel zuthun und zu ftreiten hatten m). An—
dere wollten\nicht eher gefauft fern, bis ihre ganz
je Blutfreypdfchaft und andere gute Freunde das
ben ſeyn FÜ Wiederum entfchuldigten
ſich einige, fie hatten fein fchon Kleid dazu, und
Fönnten ſich nicht prächtig genug dabey auffuͤh—
ven; oder es fehlte ihnen an der Verehrung,
die fie dem Täufer ‘geben wollten 0); nicht ans
ders, als wie etwa beutiges Tages die Entfchul-
digung gehört wird wegen des Abendmaßls, man
babe fein reinlich Kleid oder Feinen Beichtpfen:
nig; da dem Lehrer nicht einmal fo viel zugetraus
et wird oder werden Fann, daß er es umſonſt und
ohne Anfehen der Perfon thun werde. Unter dies
fem allen aber war eine grofle Bosheit verborgen,
da man die Sünde nicht gern verlaffen, die Luͤſte
verleugnen und GOtt von ganzem Herzen zu Dies
Uu3 - nen
Wr. b
) Genmadius de hecl Dogm,c.74. b) Gregor. Naz. 1. ce. Arhanaf. quæſt. 103. de Parabol. Euang. 70. Damafcenus
+ lib. IV. Orthod, Fid.c. 10. c) Vid. Chennitius P. II. Exam. de Sacram. p. 214. Gerhardus Loc. de Bapt.n. 5.6.
i Conf. Zreglern: ad Lancelloti Inft. 1. Can. lib. IT. tit. 3. 8.6. Dodwellius Di! Cyprian. XIII. n. 4. fegq. d) Vid,
m Audtor Vitx Bafilii ap. ann €. 4. Theodorituslib.1.H, E. c.32. Alexander Monachus ap. Gretferum de
Mi; Cruice e 1231. Zoh. Moſchus Prato Spirit.c. 138. etu76. Eufebinslib.1V. Vit. C M. c. 62. et Hieronymus de Loc.
Ebr. v. Torgan. f) Ifidorus Hijpalenfis lib. 1l. de Offie. c.26. Walafridus Strabo deReb. Eccl. c. 26. Conf. Vice-
comes lib. II. de Bapt. Cxrim.c. 42. et Dalleus omminolib. I. de Rel. Cult. Lat. c. 13. g) Auctorlib. I. de Sacram.
€.1. ap. Ambrofium. Conf. Laymannus lib. V. Theol.Mor. Tra&.2.c.9. h) Tertxllian. de Cor. Mil. c.3. et lib.
I. adu. Marc. c. 14. Hieronymus lib. XIL. in Iefai c, 55. et adu. Lucifer. Arnobins Junior inPf.74. „ 1) Probat Alba-
Spinauslib. 1. Obf. 9. e Balfamone Zonara aliisque.
k) Gregorius Naz. Or. 40. qui Cataphrygas füubindicare
ereditur, de gr Philaftrius idem prodit de Hæreſ. it. Concıl. Carthagin. IIl.c. 6. etin Cod. Can. Eccl. Africana
c.ıg. I) Vi
Re .
8
J
—* u.
ut, e
| Pontificale Romanumlib. IL c.de Bened. Camp. Conf. Gerhardus |.c.n. 166. Larroguanus lib. UI.
Aduerf, S.€. 36, Angelus Roccha de Campanis. m) Gregor. Nax. Orat,ı9. n)Idib, 0) Ideni lac.
x
[3 *
nen anfangen wollte, wie dieſes ihnen treue Leh—
ver genugſam vorftellten pl. Ein groſſer Miß—
brauch und Abfall war es auch, daß hernach die
Lehrer fo nachlaßig wurden, und ohne Scheu und
Bedenken der ernften Drohungen GOttes, ofte
viele ohne vorhergehende Borbereitung und Un:
terweiſung tauften, auch Damit nur den Haufen.
der rohen fichern Maulchriften zu ihrem und der
anderen Gerichte vermehrten. Wie alfo Ehry:
ſoſtomus Flaget, daß damals fehon viele taufend
alfo obenhin geraufet worden ſeyn g). Und die—
fes gienge nun mit den Erwachſenen und bey
der Taufe wider den Willen GOttes vor. Nach
der Taufe ftreuete der Satan nicht weniger Un:
Eraut dabey aus in der verderbten Chriſtenheit,
fo wol bey den getauften Kindern, als denen Er—
wachſenen.
24. Wenn man ſich in denen Schriften derer
Kirchenvaͤter umſiehet, die unter der aͤuſſerlichen
vermeynten Gluͤckſeligkeit der Chriſtenheit gelebet
haben, ſo trift man faſt unzaͤhlige Klagen an uͤber
den Mißbrauch dieſer und anderer Handlungen.
Kurz zuvor iſt nicht allein erwehnt worden, wie
man nach und nach offenbar gottloſe Leute
zur Taufe zugelaſſen, und noch dazu dieſen
Greuel unverſchaͤmt vertheidigen wollen, dawi—
der ein frommer Mann billig eiferte r): ſondern wir
haben auch bereits eine andere Klage gehoͤret, daß
„viele den Willen GOttes weder vor noch nach
„der Taufe haben erkennen wollen,., und alfo ohne
Zweifel ſich an dem bloffen Aufferlichen gerbanen
Werk begnuͤgen laffen, ohne lebendige Erfenntniß
der Wahrheit zur Gortfeligfeits). Das Conci-
lium Nicenum mußte ſchon zu der Zeit gefteben,
da kaum die Chriften ein wenig Luft gefrigt hat-
ten, und gleichwol fehon ficher worden waren, “Daß
„man Leute zur Taufe führte, die Faum aus dem
heydniſchen Leben zum Glauben fommen waren,
„ja gar alsbald zu Auffehern und Aelteſten über
„andere ſetzte, t). Welches denn nothwendig
von der Cleriſey geſchehen mußte, die uͤber derglei-
chen Sachen die Aufſicht hatte, woraus der Ver—
derb und Mißbrauch dieſer Handlung mehr als zu
offenbar iſt. Ueberdis funden ſich auch vor der
Zeit ſolche ſchaͤdliche Ketzer, welche wider das kla—
re Wort des HErrn zur Verfuͤhrung der unſchul⸗
digen Herzen ungefiheut lehrten: “Es müßte ei-
p) Idem et Bafıl M. Exhort. ad Bapt. Chryſoſt. hom. ı. in Act.
s) Id. Expof. ad Ronı. 1. c. i 55 — de
x) Refert et dubitat tamen Pear/on diſt. de Succefl. Rom. Pontif. de Alcxandro.
lib. de Fid. et Oper. c. ı.
Heref. Sedt. II c. 6. n.3.
Auguſt. l. e. c. 20. 2) Ibid. c. 20.
*
ö— — — — — — — —— — — — — — — ——— Sr
2.3. Don der erften Ehriften gemeinem und fonderbarem Bottesdienft. 35);
„ner nothwendig für Beilig gehalten werden wenn
„er nur getauft wäre, er möchte nun im übrigen
„gerecht vder ein Sünder feyn." "Denn die Suͤn⸗
„den fehadeten denen Öetauften nichts, und ein
„Oetaufter falle die Schuld der Sünden nicht
„in fich, es möchten auch noch fo groffe Sünden.
„unter feinen Werken fic) finden; gleichwie etwa
„die Matur des Feuers die Kalteniche in ſich faſſe,
„tondern vielmehr den Schnee zerſchmel —
Welchem boshaftigen Irrthum die —— in
Sicilien und Nom ernſtlich widerfprachen x).
Es blieb aber derfelbe nicht unter diefer Secte, ſon⸗
dern, weil er dem Fleiſch 3— Blut ſo wohl an⸗
ſtund, das hierinnen einen Deckmantel vor alle
Bosheit fande, breitete er ſich weiter aus, alſo
daß die verdammliche Ketzerey die ſonſt geruͤhm⸗
ten Orthodoxos, oder Rechtglaubigen, meiſtens
anſteckte, welche bey allen ihren offenbaren Sün-
den dennoch fich rer Taufe rühmten, und für
Wiedergeborne, Bekehrte und Heilige Bielten, ja
auch wol von denen fehmeichlenden Seelforgern
dafiir ausgegeben wurden. Wären nicht zu Yu:
guftini Zeiten folche Polfterprediger geweſen, fo
wuͤrde es nicht noth gehabt haben, ein ganzes
ſchoͤnes Buch wider fie zu fehreiben vom Glaͤu⸗
ben und guten Werken. Da er unter andern al-
fo herzlich warnet : Laſſet uns mit der Hulfe des
„HEren unfers GOttes fleißig hüten, daß wir
„die Leute nicht ficher mache ‚zu ihnen fa-
„gen: Wenn ihr in CHriſtum getaufet ſeyd, fo
kommt ihr zur ewigen Seligkeit, ihr möge Ie-
„ben, wie ihr woller. Laſſet uns nicht folche Chri⸗
„ſten machen, wie die Pharifäer Juͤdengenoſſen
„machten ; (nemlich ein Kind der Hoͤllen zweyfal⸗
„tig,) Matth. 23, 15. fondern laſſet uns vielmehr
„die gefunde Schre des HErrn unfers Meifters
„in beyden Stücken behalten, damit das Chriftli-
„che geben der H. Taufe gemäs fengund das ewi⸗
„ge Leben feinem Menſchen verfprochen werde,
„rvenn eins von beyden mangeln follte y). Die:
ſe Ordnung muß gehalten werden, daß die Taͤuf⸗
„inge Buſſe thun von den todten Werfen, und
„alfo Vergebung der Sünden glauben, nicht daß
„fie weiter fündigen dürften, fondern daß ihnen
„ihre vergangene Sünden nicht ſchaden, z). Sie:
he oben im n B. 2. Cap. IS
25. Diefer Mann klagt auch ferner von feinen
getauften Ehriften, auch da er wider die Dona-
’
9 Idem hom 46. in Act.
t) Can, 2. uw). Auctor Brædeſtinati ap.
* —
tiſten * R
r) Auguftinus
.
©
*
«
7
ar.
IT a
2 Zu
Ce. 1
ns ee
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h 14. Cap. Don der Taufe der erſten Epriften.
tiſten fehrieb: “Die Taufe follte zwar ein Geheim⸗
niß des neuen Lebens und der Geligfeit feyn,
„aber viel hatten dieſelbe nicht zum ewigen Leben,
‚„fondern zur ewigen Strafe, indem fie ein folches
„Gut nicht recht brauchten,, a). Anderswo war:
net er die Meugetauften treulich vor fülcher aller-
ſchaͤdlichſten Verfuͤhrung, die den Grund des
Ölaubens aufeinmaleinveiffen Fönnte : “hr fend
„nun zum ewigen geben wiedergeboren,, (fpricht
„er,) woferne ihr nur das, was in euch wieder:
„geboren ift, nicht durch ein böfes Leben wieder:
„um evftecket., Huͤtet euchdoch, daß ihr den bö-
„fen Glaubigen (vielmehr Unglaubigen und ver-
„kehrten Getauften) nicht nachfolget, und euch
„iwar für Glaubige befenner, aber im böfen Le—
„ben unglaubig ſeyd. Sehet, ic) bezeuge euch
„diefes vor GOtt und feinen Engeln, b), Ein
anderer nennet folche gleichfalls “Falfchgenannte
„Glaubige, die zwar beruffen, aber nicht auser-
„waͤhlet fenn, indem fie nach der Taufe fich wie:
„derum in Sünden zu verwickeln nicht feheuen.
„Die e8 denn eben fo machten, als wenn fie ein
„Feuer wieder anzundeten, das zuvor wol gelö-
„‚tchet war. Solche würden nicht in das Reith
„Gottes eingeben, weil fie es ohne Glauben und
„mit falfchen Herzen füchten,, e). ya, was noch
mæehr iſt, auch ſchon unter den Berfolgungen hat—
%
ten die Lehrer mic diefem Greuel zu Fampfen, daf
fie gruͤndlich zeigten, wie vor und nach der Taufe
der wahre Glaube und deffen Früchte noͤthig wäa-
ren. Willt du ohne Furcht und Glauben findi-
„gen, fo gehe auch ohne Vergebung in die Hölle.
ih leugne nicht, daß denen, die getauft wer:
„den, allerdings die göttliche Gnade und Tilgung
„der Sünden gewiß ſey; aber man muß ſich aud)
„bemühen, daß man dahin gelangen möge.
„Denn wer wollte dich fonft nur einmal mit
Waſſer befprengen, wenn du fo eine ungewiſſe
„und untreue Buffe halt (daß du nemlich gleich
„wieder fündigeft), GOtt nimmt feine Schäße
Wohl in acht, und laßt fie denen Unwuͤrdigen
„nicht zu Theil werden, d). Welche fchone
orte gewißlich mächtig genug find, denen
Heuchlern den Mißbrauch der Taufe vorzufteflen,
und zugleich zu verleiden. Wie er denn ferner
noch näher trit und fpricht: “Dis Bad ift ein
jegel des Glaubens, welcher Glaube von dem
lauben der Buffe angefangen wird. Wir
„werden nicht abgemwafchen, daß mir aufhören zu
„fündigen, fondern weil wir ſchon aufgehöret ha-
* —
v F + -
e). Und freylich war diefes des H. Geiftes Wil⸗
le, daß eines Chriſten ganzes SLeben cine täg-
liche Taufe fenn follte f), und fich Feiner der
Taufe zu getröften hätte, wo er nicht in dem
Bunde mit GOtt und einem heiligen geben ſtehen
bliebe. Wannenhero auch vonallen wahren Ehri-
ften diefes für den: Argften Betrug des Satans
gehalten ward, wenn entweder die Gerauften fich
auf das aufferliche Werk verlieffen, und bey aller
Bosheit und Heucheley alfo einen Goͤtzen aus
dem Taufftein machten, wie unfere Theologi re—
den, oder auch gar die Seelforger daran genug
hatten, wenn fie nur die Leute getauft hatten, un:
geacht fie fich um ihr fernercs Verhalten wenig
oder gar nicht befümmerten. So wird es jenem
Aelteften zu Zeiten Johannis des Apoftels ſchon
übel ausgedeuter, daß er einen ihm anvertraufen
jungen Menfchen nad) der Auferziebung endlich
getaufet, und hernach von feiner weiteren Sorg—
falt und Inſpection nachgelaffen, in Meynung, er
hätte ihn nun in völlige Verwahrung gethan,
wenn er das Giegel GOTTes ihm gegeben:
Da doch das folgende gottloſe Leben des Juͤnglings
auswieſe, wie er noch fernerer Aufficht auch nach
der Taufe nöthig gehabt 8). Es fteher auch nicht
zu leugnen, wenn man den Verlauf der Kirchen-
hiſtorien nac) einander mit denen noch vorban:
denen Schriften felbiger Lehrer zuſammen hält,
daß diefenicht felten zu folcher Sicherheit und Heu:
chelen der Ehriften nicht geringen Anlaß gegeben.
Man liefert fo viel Hohe Lobfprüche und Erhebun—
gen der Taufe bey ihnen, aber gar felten von
der Schuldigfeitderer, die ſie nun empfiengen oder
empfangen hatten. Dadurch denn, wie ein jeder
Verſtaͤndiger ficher, Die Leute fo leicht in Sicherheit
fallen, ſich auf das bioffe opus operatum verlaf-
fon, und alfo nichts weniger als die Kraft der
Taufe genieflen Fonnten. Von denen ungegrün-
deren und nicht fehriftmäßigen Reden und Lehren
will ich nicht gedenken, da man die Taufe die
Bekehrung, die Wirdergeburt, die Erneurung
felbjt nennte, ob gleich der Apoftel nur vom Bad
der Wiedergeburt geredet hatte, Den fchreefli-
chen Greuel der folgenden Zeiten kann ic) nicht
einmal berübven,
26. Nunmehro wende ich mich endlich mit Hn.
Eave zu denen uͤbrigen Umſtaͤnden, und zwar zuför-
derft zu dem Ort der Taufe, davon fehr wohl ge-
fagt wird p. 325. daß fie anfangsüberall vergönne
j ge:
"Li I. adu.Crefcon. c.ıg. b) Serm. ı1. de Diuerſis. c) Bedahomil.inO&tau. Epiph. d) Terzullian. lib. de
Panit.c.5. e)lId. ibid.c.6. f)Zurberus Catech. Mai. de Ba
quod de Baptifino exponit Dallaus lib. II. de Confirm, c. ı.
⸗ 4
u - ” ei er
— *
—*
2
*”. 343
„ben, da wir am Herzen ſchon abgemafchen find,
pt, 8) Emjebins libilll.c. 23. € Clemenre Alexand.
*
344
gewefen, und, weil man den ganzen $eib
einzutauchen gepflegt, bey vielem Waſſer gefche-
a fey. Das Verbot aber des Trullanifchen
Toncilii war nebenft andern neueren h) fogarun-
gegründet, Daß es auch hernach Känfer Leo bald
wiederum caßirte, und feßte, daß man auch in
Zauſern taufen möchte i). Zuvor tauften fie,
wo es nur angehen wollte, wie fie überall fonft
ihren Gortesdienft hielten. Die Apoftel tauften
im Befänaniß, Apoft. Gefch. 16, 33. in Privat-
Häufern, c. 9, 18- €. 10, 47. Fructuoſus hernach
ingleichen &): wie auch Bafilides im Gefangniß
gefaufet wurde 1). Und wenn wir einigen Ge—
lehrten folgen wollen, fo taufte man auch gemei-
niglid) über den Bräbern der verftorbenen Chri-
ften, ı Eor. 15, 29. Es gedenfet aber der Hr.
Tave fehr wohl, daß es in Gegenwart der Ge—
meine, wo moglich, geſchehen müffen, damit fie
Zeugen davon feyn, und fid) Daben vieles Guten
erinnern möchten. In welchem Abfehen ein Kay:
fer verordnet, daß Das Geber bey der Taufe laut
follte geſchehen, “damit die Herzen der Zuhörer
„zu deſto gröfferer Andacht und Lobe GOttes erho-
„ben würden, m). Deswegen man auc) Die
Oerter, da der Taufftein (wie man ihn jetzo nennt,)
ftunde, ſehr weit bauete, damit das Volk dabey
Raum haͤtte n). Von den andern Umſtaͤnden
will ich nichts gedenken: etliche ſind ſchon ſonſt
vorkommen; etliche hat Hr. Cave wohl durchgan⸗
gen, p. 327. bis 342. Dabey nur diefes noch zu
merken wäre, daß diefe und andere Ceremonien erſt
nach etlich hundert Jahren von Menfchen erfun-
den worden, da im Anfang Feine dabey zu fin
den waren, nad) feinem wahren Ausfpruch p. 327.
wie es denn Juftinus ganz einfaltig befchreiber:
„Man führe die, fo getauft follen werden, nad)
„gefchehenem Unterricht und Gebet dahin, wo
Waſſer fen, und wafche fie darinnen im Namen
„des Vaters aller Dinge, GOttes des HEren und
„unfers Heilandes JEſu Ehrifti, und des Heil.
„Geiftes,, 0). Dabey denn der merklichite Um—
ftand wol das herzliche Gebet ift, welchesdie gan-
je Gemeine mit dem Täuflinge wird gethan, und
nicht fo obenhin mit etlichen Worten und For—
muln die Sadye verrichtet haben, wie fonft bey
den verfallenen Chriſten geſchiehet. in fein Ge—
bet vor der Taufe findet man bey einem alten
h) Concil. Meldenfe c. 48. Colonienfe e.15. Clemens V. tit. 115. de Bapt. et eius efle&.
2.8. Don der erften Ehriften gemeinem und fonderbarem Gottesdienſi.
Scribenten, welches Fury alfo lauter: “DO HErre
„GOTT, gütig und von geoffer Siebe gegen die
„Menfchen, erhöre gnäadiglich unfer Gebet und
„öichen. Nimm aufdiefer deiner Diener Geber,-
„und Bilfihnen, und gib ihnen, was fie bitten, damit
„ihnen das Evangelium deines Gefalbten offenba=
„vet werde. Erleuchte fie, und lehre fiedein Erfennt- '
iß, und zeige deine Gebote und Rechte. Gib ih-
„nen deine H. Furcht in ihre Seelen, und eröffne
„die Dhren ihrer Herzen, Daß fie Tag und Mache
„in Deinem Gefege verbleiben, und befräftige fiein
„deinem Dienft. Bringeund vereinige fie mit deis
„ner H · Heerde, und ſchenke ihnen das Bad der
„Wiedergeburt, und das Kleid der UnfterblichFeit
„eines wahrhaftigensebens. Befreye fie aber von al⸗
„tem gottlofen Wefen, und gib dem fremden Geift
„richt Raum wider fie, fondern reinige fie, und
„nimm hinweg alle Befleckung des Fleifches und
des Geiſtes. Lafle in ihnen allzeit wohnen und wan⸗
„deln deinen Gefalbten, und fegne ihren Aus- und
„Eingang, undrichte alle ihr Thun zu — p).
27. Damit ich die Beylegung der Namen nicht
ganz uͤbergehe, ſo war dieſe in den erſten Zeiten
ganz unbekannt, indem ein jedes feinen Namen in
der Taufe behielte, wie es die Erempel der getauf-
ten undin den Hiftorien berüßmten Leute auswei⸗
fon. Nachgehends aber gibt es wol einige, je—
doch nicht allgemeine Erempel, daß bey der Tau:
fe ver Ermwachfenen die Namen geandert worden:
Als von der Athenaide, die der Bifchof Atticus in
der Taufe Endoriam nennte g); von einem ge=
mefenen Juden Joſeph, der hernach Johannes
hieſſe r), und von einigen in folgenden Zeiten s).
Wiewol man muchmaffen möchte, daß diefe Be:
nennung nicht in, fondern vor. der Taufe geſche—
hen t); zum mwenigften aber iſt es nicht durchge⸗
hends braͤuchlich geweſen. Endlich ift vom
Erorcifmo bey der Taufe, oder den Worten, da
der Täufer fpricht: Sabre aus du unreiner
Beift, u.f. fe zu willen, daß folche Beſchwoͤrung
zuerft bey denen Beſeſſenen, und nicht bey der
Taufe, gebraucht worden, davon unten im 7.
Buch: hernach auch auf die erwachſenen Tauf-
linge mit gezogen, als auf geiftlich Beſeſſene, und
endlich gar bey den Kindern auch gefcheben fey u).
Es erinnert aber Hr. Cave wohl p. 330, daß Diefer
Eroreifmus gar nicht den Teufel von dem Ge—
& tauften
i) Leo Aug. Noueila IV. et
XV. Conf. Rittershuf. in Not. ib. Cozc. Triburienf.e. 12. quod priuatum locum permittit. k) Adta eius ap. Ba-
ronium A.CCLX.n.62. 1) Eufebiuslib. VI. H.E.c.5. m) Leo Aug. Nouell. CXXXVII.c. vlt. n) Anafla-
fius Bibliothecar. de Leone III. Ep. Rom. exemplum habet.
VIII. c.5. 4) Socrateslib. VII. ec. 21. et Chronicon Alexandr.
0) Apol. II. p. 93. PPAuctor Conſtit. Apoſt. lib.
r) Amphilechins Vita Bafıl. c. vlt. s) Vid,
Theophanes Cerameus ho. 58. Ada Euftathii, Theopiftesetc. t) Ita Hugo Menardns Net. in Gregor. lib. de
Saeram.p:98. u) Vid. Dannhauerus dect. II. Myfteriof. Artie. 3. n. 60. u
Ms) *
*
tauften etwa habe austreiben ſollen, ſondern es
habe nur ſollen bedeuten, daß er von Natur ein
Kind des Zorns ſey. Dahero es endlich, zumal
bey dem Kindertaufen, zu einer Ceremonie
wuͤrde x), welche mit dem alten Auotreiben der
Teufel in den erften Gemeinen y), und mit dem
papiftifchen Wefen oder anderer halsftarrigen
Aberglauben Feine DBerwandfchaft gehabt z).
Es bemerfet aber auch ein gelehrter Mann diefes
fehr wohl, “daß diefer Erorcifmus unmöglich bey
„allen mit Grund der Wahrheit Habe gebraucht
„werden koͤnnen, Sintemalja ihrer viel ſchon
vor der Taufe, (mie wir oben geſehen,) befehret,
an den Herzen gereinigt, und vom Teufel befreyet
gewefen a). Dabero gewißlich vielen theuren
Wohnungen des Heiligen Geiftes unrecht geſche—
ben, und noch geſchiehet, zu Denen manchmal ein
—— Kirchendiener, der vom Satan mol fie-
enmal beſeſſen war, hintrat, und den Teufel
von ihnen ausfahren hieſſe, welcher doch nur des
armen Menſchen heimlich lachete, und den Tem⸗
pel GOttes ohnedem zufrieden laſſen mußte, Un—
terdeſſen konnte er wohl leiden, daß man ihn in der
Taufe beſchwor und austreiben wollte, (wie es ein
jeder, der die Formul hoͤrete, alſo annehmen
mußte,) da man doch die Kraft, Teufel auszus
treiben, vor verloren Inte, und ſelbſt dabey ge:
ftund , daß die Sache in GOttes Wort nicht ge-
gründet, Dahero auch oßne Kraft wäre. Wes—
wegen aud) denen Zeugen der Wahrheit unter
dem Pabftehum nicht zu verargen war, daß fie
diefen Exorciſmum bey der Taufeder Kinder vor
ungegründet erfannt b): gleichwie er auch von de-
nen Berftändigen für unnöthig gehalten wird, und
ar eine ganz frene Ceremenie , die man ändern
d gar abfchaffen koͤnne cy. Iſt demnach diefes
gewiß, daß die erfte Kirche von diefem Gebrauch
bey der Taufe das geringfte nicht gewußt habed).
28. Nachdem auch endlich) die fo genannte Con⸗
firmation oder Betätigung der Taufe in de:
nen alten Schriften befannt iſt; und felbige zwar
von Heren Eave etwas berüßret it, aber mit Be-
iehung auf etliche Englifche Scribenten, dieman
bey uns ſchwerlich und zum wenigften deutſch
14.Cap. Don der Taufe der erften Chriſten. 345
nicht haben kann; als will ich nur noch das noͤ⸗
thigfte melden. Es geſchahe aber vornemlich
bierben “die Wiederholung und Beltätigung des
„getroffenen Bundes zwifchen GOTT und dem
„Getauften,„ dabey dieſem von dem Lehrer die
Hand aufgelegt, herzlich Dabey gebetet, der Se—
gen gewünfcht, und eine nachdruͤckliche Vermah—
nung zur Bewahrung diefes Bundes , vor dem
Angeficht der Gemeine, gegeben ward. Man
hatte zwar auch vor der. Taufe eine Handaufles
gung im Gebrauch, die fo bald, als einer fich
zum Chriſtenthum befannt und angegeben hatte,
gefchahe, Dadurch er unter die Catechumenos mit
gezählt, und über ihn um die Gabe des Heil. Gei«
ftes gebetet wurde; davon auch Erempele) und
Befehle vorhanden findf). Wie denn Fein Zwei⸗
fel ift, daß, wie die Salbung bey der Confir=
mation, nad) Heren Cave wohlgegründetem Be:
richt, alfo aud) die Handauflegung ausder Juͤdi⸗
ſchen Kirchen Bergenommen worden, fonderlic)
um der ſchwachen Juͤden und Heyden willen, die
immer gerne etwas aufferliches und fichtbares
wollten haben. Wenn aber eigentlich diefe Eon:
firmation angangen fey in der Chriſtenheit, ift
niche fo leicht zu beftimmen , als fichs etliche einbil-
den. Daß um die Zeiten Tertulliani und Cy⸗
priani in denen Africanifchen Gemeinen eine
Handauflegung und andere Gebräuche nad) der
Taufe vorgegangen, zeugen ihre Schriften deutlich.
Jener hänge fie unmittelbar an die Taufe, wie es
denn vermuthlich fcheinet, daß es alsbald nad)
derfelben gefchehen ‚indem man bey denen Erwach-
fenen nicht eben warten durfte 2): Diefelgeroei-
net ausdrücklich, “daß die Getauften denen Bor-
„ftehern der Gemeine vorgeftellet worden, und
„Durch ihrer aller Gebet und Handauflegung den
„Heil. Geift erlangeten, und durch das Siegel
„des HEren (one Zweifel das Abendmaßl) »)
„vollendet würden ,,i). Und diefes weiß man von
denen Orientalifchen Gemeinen nicht fo genau, wie
die Geleßrtenanmerfenk). Welche auch fonft ne-
ben denen Theologis DO beweifen, daß aus
diefem Actuder alten Epriften ein Sacrament ver-
gebens von den Papiften gemachet werde ). Bon
Er diefer
) GerhardusLoc.de Bapt.n.264. y)Dequo Tertullianus de Prefer.c. 41. Cyprian. Epift. 76. Vid. infra lib.VIT.
f 2) Pameliss ell.cc. deducere conaturad Cyprian. P-
)
Pontificiis, a) Dannhauerus Chrifteid.p. 196.
254. cum Vicecomitelib. II. de Bapt. Cærim. c. 29. aliisque
Vid. Catal. Tef. Verit.p.730. ©) Dannhauerus dect. Il.
de Sacram. Artic. 3. n. 61. Gerhard, 1. c.n. 264. et 266. Dedekennus Confil. Theol. P. IL. p. 149. ſeq. G. Calixrus de
Fide non baptiz. fine, aliique. d) Vid. vel Kromayerus Cent. I. Hift. Eccl. p. 91.
Dial. II.n. 5. et Vita Mart.c.ı0. f) Con. Illiberifanumc. 59. et Arelaten[.1.c.6.
e) Apud Sulpitium Seuerum
e)Lib.deBapt.c. 8. etde
Refurr.c.8. h) Bebelins Ant. Ecel. Sec. III. p.ı020. i)EEpift. 73. k) Cens.Magdeb. Cent. IV.c-5.p 237. Dal-
laus L.IV.de Confirm. p. 127.
7 ——
I) Bebelius1.c. Dallaus lib. II.de Conf. c.1. Reiferus Auguftin. Vindic. p. 675.
feqq. Sen. Seulterus adu. Bofwerum c.23.5. B. Carpzouius Exam, Mafen. p. 992. ſeq.
“
— Ye
zu
a
346
diefer Yuflegung der Hände (welcher etwa Pau-
Ius in einem andern Berftand gedenken mag
Ebr. 6,2.) fehreibet weiterhin Hieronymus, es
fen auch zu feiner Zeit dis der Gebrauch) in denen
Gemeinen gewefen, “daß denen Gerauften hernach
„die Hände aufgeleget, und alfo der Heilige Geift
„angeruffen worden, m). Gleichwie einanderer
um. felbige Zeit fie nichts anders heißt, als das
Gebet über den Menſchen n), daß alfo diefe
Gewohnheit auch nach den Zeiten geblieben ift,
nachdem ſchon die Wunderwerke aufgehoͤret
hatten
29. Was den Umſtand betrift, daß es allzeit
von dem Bifchof gefcheben ſeyn foll, und zwar,
daß er fie durch fein heilig Amt babe ſtaͤrken
müffen; finde ich zwar die Sache felber, aber
nicht mit folcher Redensart ausgedruckt, Biel:
mehr aber weifet uns der alte Hieronymus ein
anders, wenn er im angezogenen Buche ſchrei—
bee: „Frageſt du bier, warum der Getaufte in
„der Gemeine den Heiligen Geift nur durd) die
„Hand des Auffehers empfange, den wir doch leh⸗
„ren, daß er in der wahren Taufe gegeben werde :
„fo wiſſe , daß dieſer Gebrauch daher komme, weil
„Der Heil. Geift erftlid) nad) der Himmelfahrt
„über die Apoftel kommen ift, Und findet man,
„daß diefes an vielen Drten gefchehen fey, viel-
„mehr zur Ehre des Kirchenamts, als nach der
Nothwendigkeit einiges Geſetzes. Sonften,
„wenn der Heil. Geift nur nad) dem Wunſch des
Biſchofs herab kommt, fo muß man diejenigen
„bedauren, die in Gefängniffen, in Schlöffern
„und abgelegenen Orten von denen Aelteften und
„Diaconen getaufet worden, und entfchlafen find,
„che fie der Biſchof hat befuchen Fonnen,, p).
Welche Worte uns lehren koͤnnen, theils daß nicht
eben alfezeit der Auffeher die Confirmation ver-
richtet habe , welches auch andere bezeugen 9);
theils daß der Heil. Geift an ihn und fein Beten
nicht allein gebunden worden, daß er die Getauf⸗
ten habe ftärfen müffen , wie denn nebenft an-
dern Arten auch diefe nicht die legte gewefen iſt,
die Tyranney und angemaßte Herrichaft der Bi—
* zu befeſtigen, daruͤber noch die Waldenſer
ei; dieſer Confirmation klagten r). Sonſt war
2.3. Donder erften Ehriften gemeinem und fonderbarem Gottesdien
“ Tr
L “
es frenlich gar löblich gethan, daß der Auffeher
in feinem Bezirk herum zog und Die Neugetauf⸗
ten fleißig eraminirte, wie ſie im Glauben unter⸗
Yet und zur Gortfeligfeit angewiefen worden,
dabey ihren Taufbund wiederholte, und fonften
alles chat, was zur Befeſtigung in der Gnade
GOttes dienen Fonnte. Alleine, wenn der Auf-
ſeher felbft nachläßig war, ift leicht zu erachten,
daß diefe Sorgfalt fehlecht und ohne Frucht mag
abgelaufen ſeyn, gleichwie fie denen Bifchöffen
rur de facto und aus Hochmuch alleine zu-
geeignet und beybehalten worden, nachdem fie
ſich einmal über die andern erhoben, und alle ge=
meine Rechte zu fich gezogen hatten ; wie ein alter
Autor ausdrücklich von dieſer Sache redet s),
30. Die Abfiche ſolcher Confirmation war nach
den unterfchiedenen Meynungen auch nicht einer=
ley. Diele achteten die Taufenicht genugfam zur
Empfahung des Heiligen Geiftes und zur Ge—
meinfchaft der Heiligen. Dahero wurden die
Getauften auch nicht alsbald vor Chriſten gehal⸗
ten , fondern erſt nach) der Confirmation, mit
der angegebenen Urfache: In der Taufe würde
die Erbfünde vergeben, in jener aber der Heilige
Geift, oder auch eine gröffere Kraft deffelben mit
getheiler. Dahin auc) einige Die Worte des Lao—
dicenifchen Concilii ziehen: “Diejenigen, fo ge
„taufet werden, follen nad) der Taufe mit dem
„bimmlifchen Dele gefalbet werden, und des Reichs
„Chrifti theilhaftig feyn,,; welche Nedensart Ey-
rillus eben auch bievon braucht £). Dem fey aber
wie ihm wolle, fo koͤnnen doch die pabftifchen
Seribenten daraus fein Sacrament erzwingen u).
Diefes aber geben’ die klaren Worte der Alte,
daß fie geglauber, der Heilige Geift werde erft-
lich bey diefer Confirmation gegeben. Ein unbe-
fannter Autor, dev um die Zeit Eypriani muß
gelebet haben, fehreibet alfo davon: —Weil unfer
„Heil in der Taufe des Geiftes, welche gemeinig-
„lich mit der Taufe des Waſſers verknuͤpfet iſt,
„berubet, fo fol die Taufe, wenn fie von uns ges
„ſchiehet, ganz und feyerlich, und nach alle dem,
„wie gefchrieben ftehet, abgehandelt werden,, x).
Da er entweder Die Taufe des Waffers und des
Geiftes für eine Handlung, oder diefe * die
m) Lib. adu. Lucifer. n) Auguſtinus lib. III. de Bapt. c. 16. 0) Secus atque fentit Ofrander ad c. 77. IIi-
beritanum Cent. IIII. lib. IL. ce. 2ı.
p) -Lib. adu. Lucifer.
q) Fatefur ex Hieronymo Sewerinus. Binius
Not. ad Gregor? M. Lib. IIL ep. 26. Conf. omnino Zieglerus Lib. de Epife.c. V. quod eſt de poteftate con-
firmandi.baptizates. r) In Catal. Tefl. Verit p.740. s) Beda Comm. in Pf. 26. €) Can. 48. e quo et
Cyrilla Hierofolmitane aliisqgue deducere conatur Alba/pineus lib. 1. Obf vlt. Add. Zazceliotus lib. I. Inftit.
Iur. Can. tit. III. $. 2. e can. nouiflime de Confeer. dift. 5. et can. ı. de Conf. dift. 5. u) Vid. Theologi
dicti et Chernitius Exam. P. UI. p. 254. fegg.
x) Audtor libri de Bapt. noniter. ap. Cyprianum p. 138.
quem Caue huic et Tertulliano cumparat Hift. Liter. Sec. III. p. 93. —
*
»
Eonfirmation nimmt, Und Cornelius, roͤmi⸗
feher Aufjeher, fhreibet von Novato, der auf dem
Bette getaufet worden: *Machdem er das übri-
„ge nicht erlanget bat, was er doch follte, nem:
„lich die Berfiegelung oder Befkätigung von dem
»Auffeher: Wie follte er denn den Heil. Geift er:
„langet haben, y)? Wie auch ein anderer roͤ⸗
mifcher Biſchof: "Alle Gläubigen follen durch die
„Auflegung der Hände den Heiligen Geiſt durch
„die Taufe empfangen, damit fie völlig Chriſten
„erfundenmwerden,, z), Alleine, die vechte Abjicht
follte fonderlich bey den Rindern wol diefe ſeyn ge-
weſen, wie fie ein gelehrter Mann anzeiget: Es
„mußte fleißig nacygefragee werden, was in der
„Taufe fo theuer verfprochen worden. Denn
durch wird dem Ehriftlichen geben fehr wohl
fi 0 vr wenn bey den jungen Seuten die ganze
Be
IJ
3
ntniß der Taufe durch eine öffentliche Hand⸗
Aung erneuert wird, und mit deutlichen U
„ten der Innhalt ‚der ganzen evangelifchen
„erkläret, Damit die Hilfe GOttes überall zuge:
„gen, und die Gröffe der Belohnung offenbar
fen Woben er auch klagt, daß diefe Weiſe fo
ſchaͤndlich unterlaffen werde: Die Chriſten,
„teil fie in dev Kindheit getaufee werden, wiſſen
„nicht, was fie in dev Taufe dem HErrn geſchwo⸗—
„ren haben, woſerne nicht gleichfam ein neu Ge—
„tübde dazu kommt, indem doc) Fein beiliger und
„theurer Geluͤbde feyn kann, als dasin der Taufe,
Wenn aber nun gleich ein gemeiner Ehrifte gei-
jet, huret, und fonft fündiger, fo befümmert
„ich niemand darum, ob das bochheilige Gelüb-
„de gehalten werde oder nicht, und. mennet ein
„jeder, das gebe ihn nicht an, fraget auch Feiner
„mach, was doc) Das fen, was er in der Taufe
„verfprochen babe a).
31. Demnad) ift aus den Flaren Zeugniffen ge:
wiß, daß die Ylcen aufler diefer Beſtaͤtigung Eei
nen zur völligen Gemeinſchaft dev Heiligen gelaf-
—* weil fie fie noch nicht faͤhig Dazu vor dem oͤf⸗
entlichen Gebet hielten. Da auch die Taufe der
Kinder in Schwang Fam, nahm man diefes ſorg⸗
gel in acht, daß ee ‚wenn fie erwachfen waren,
er Gemeine vorgeftellet, in dem Grund ihres
Glaubens und Chriftlichen Wandels wohl unter-
wieſen und geübet, fodann ihn Bundes und aller
ichten gegen GOtt kraͤftiglich erinnert, und
y) Ap. Eufebium lib. VI. c. 43. 2) Prbanus Epift. p.
b)
dracena Anno 1574. Artic.
\ lixens ir de Bapt. n. 147.
14. Cap. Von der Taufe der erſten Chriſten.
= 1. b) Quiforpius Pior Defid. p: 57. c) Chemnitius P. II. Exam. p. 359.
lib, I. Polit. Ecel. c, 14. Grosgebauer Wxccht. p. 64. Hornbekius Epiſt. ad Durzum P- 299.
347
alfo zu der Gemeine, nach eifrigem Gebet, gechan
wurden. So ward mit den Erwachfenen eben
das vollbracht, was fonft die andern thun mußten,
wenn ſie aus dem Heydenthum in die Chriftlichen
Gemeinen traten. „Wenn diefe böchjttöbliche
Kirchenzucht 66 ein Theologus Biervon,)
„noch gülte, fo würde die Sorgfalt der EL
„tern und Paten treflich erwecket werden , die
„fonft die Auferziehung, als eine wichtige Sache,
„unterlaffen , weil Ki fie oßne öffentlic)e Bes
„ſchaͤmung nicht verfaumen Fönmten,, b). Und
Dazu erfordert ein anderer diefe fechs Stücke,
als zu “einer hoͤchſtnuͤtzlichen, der Beil, Schrift
„und reinen Antiquität gemäflen Sache: 1) Die
„Erinnerung der Taufe, und des Bundes,
„ſamt der Zufage des Gehorfames gegen GOtt.
»2) Die Bekenntniß des Glaubens von dem
„Rinde. 3) Ein Eramen hiervon. 4) Ab:
„ſagung aller böfen und irrigen Meynungen,
»5) Vermahnung zum Wachsthum im Glau:
„ben und Siebe. 6) Ein öffentliches Geber,
„ſamt der Auflegung der Hände ohne Aberglaus
„ben, welches aud) nicht umfonft feyn wurde,
„weil es ſich auf die Verheiſſung gründet, dar-
„innen die Gnade der Beſtaͤndigkeit verfpros
„chen wird, cy. Welche Weife auch andere
berühmte Seribenten ruͤhmen, und zu fleißi-
ger Nachfolge ernftlich vecommendiren d): ge-
ſtalt fie auch ſonderlich in den Miederländifchen
und Englifhen Kirchen in öffentlichen Berord:
nungen eingefübret und erhalten worden ed.
Davon unfer Herr Cave feines Theils gefte-
bet p. 344. daß es nicht genug ſey, ſie zu er
halten, woferne es auch nicht vecht und nach
ihrer Gebühr geſchehe. Denn fo Fönnten die
unfeligen Spaltungen und Religionsfragen un-
terbleiben, wenn diefer fo herrliche und loͤb—
liche Kiechengebrauch nicht verachtet würde,
Andere von unfern Theologis geftehen gerne,
daß diefer Gebrauch in der Ehriftlichen Frey:
beit hätte koͤnnen beybehalten werden f), Im—
maffen ja wol der Mißbrauch im Pabftehun
von dem Gebrauch abgefondert werden follte,
nach dem Erempel vieler andern Gemeinen,
Si nicht alles beydes zugleich verworfen
aben.
32. Bey dieſer Materie iſt noch zu erinnern
von dem h genannten Birchgange der Rind-
Era bet⸗
68. it. Haymo in Pf. 26. a) Eraſmus Not. ad Hieron.
d) -Guilielmus Zepperus
€) Synodus Dor-
70. et Anno 1578. Artic, 64. Conflitur, Ecelef, Anglie. Cap. de Bapt. f) 6. Ca
. %
T
=
„
mitten. i
348 2.3. Don der erfien Ehriften gemeinem und fonderbarem Bottesdicenft.
besterinnen, daß davon inder erften Kirche nichts
zu finden ſey. Man fuchte wol in folhen und
anderen Angelegenheiten den Segendes HErrn,
und danfete ihm fir feine Wohlthaten : Aber von
dieſer Ceremonie, oder von einiger Menfchenfa-
Kung wußte man nichts, indem fie fi) au) von
den Sevitifchen Gefegen frey mußten, und alles
nur foferne brauchten, als es das Gewiffen zu—
lieſſe. Als aber hernach bey dem Verfall einige
denen Weibesperfonen miderriethen, vor ihrer
Keinigung in die Kirche zu Fommen, fo unter
ftunden fie fich doc) nicht, diefes als ein Gebot
auszugeben, fondern fehüßten nurden Wohlftand
und Ehebarfeit vor &). Hingegen zwunge doch
die Wahrheit vielen dieſe Bekenntniß ab: “Ein
„ſolches Weib follteman nicht allein von der Kir-
„chen nicht abhalten, fondern fie dürfe auch wol
„in denfelben Tagen communiciren. Ja, wenn
„eine Frau in eben der Stunde, da fie ein Kind
„geboren , in die Kirche Fame, dem HEren zu
„danken, fo ſey es gar Feine Suͤnde b). Es duͤr—
„fe ihr niches für Schuld angerechnet werden,
„daß fie deswegen, und fonft zu anderer Zeit
„nicht zur Kirchen kommen ſollte. Sey doch das
„blutfluͤßige Weib gar zum HErrn gegangen und
„habe fein Kleid angerühre, davon fie auch ge—
„fund morden„i). So wurde es nun in Die
ſechshundert und mehr Jahre in der Chriften-
beit, zumal in der $ateinifchen Kirche gehalten,
daß die Kindberterinnen durften in die Gemei—
ne gehen, wenn fie wollten. Mach der Zeit
aber, da der Antichrift nun fid) auf den Thron
gefeget hatte, wurden aud) hierinnen die Gewiſ
fen gefeflele und irre gemacht. In der Griechi-
fchen Kirche fegte man vierzig Tage an, nad)
welchen fich die Mutter mit dem Kinde vor dem
Kirchendiener ftellen, und mit gewiſſen Cere—
— Din ai, en.
'
monien und Formuln mußte weyhen laſſen k).
Dabey man zwar gerne geſtunde, daß das
Bebot im Alten Teftsment,von den Sechs⸗
wöchnerinnen , 3 Buch Mof: 12,6. die Chriſt⸗
lichen Muͤtter nichts angienge : Gleichwol
meynte man, es ftünde beffer , wenn fie etliche
Tage zu Haufe blieben, gleichwie die Jungfrau
Maria dennoch auch ohne Noth die Tage der
Reinigung ausgehalten hätte. Deswegen man
auch hierinne einen blinden Gehorſam fordertel).
Im Pabftehum aber lehrte man folgends unver⸗
ſchaͤmter Weife, “daß die Sechswochnerin nicht
„allein vor GOtt unrein, fondern auch unter des
„Teufels Gewalt wäre ,,; deswegen fie allerhand
Räucherns und Affenfpiels dabey brauchten m).
Die Verftändigen aber merften wohl, worauf
angefehen war, nemlic) daß die Pfaffen bey fol
ı Kirchengehen und andern Ceremonien nur
„Geld haben wollten: Dabero denn die fo genann⸗
ten Keger auch dieſen Greuel verdammten, und
hingegen lehrten, “daß ein Weib nach der Ge-
„burt Feines Einfegnens bedürfte, oder Einfüh-
„rung in die Kirche, n), “a, fie Bielten denen fo
genannten Geiftlichen offentlich vor, “Daß fie den
„armen Sechswöchnerinnen, dienichts zu opfern
„und zugeben hätten, die Einfegnung verfagtenz:
Item„es fen hoͤchſt unrecht, daß man fie nicht
„zur Kirchen laffen wollte, da es doch aud) Die-
„geiftlichen Rechte vergönnfen„o). Bon den
andern Thorbeiten hiebey, da fie foldhen Perfo-
nen die Heil. Margaretham zur Beſchuͤtzerin zus
geeignet — will ich nicht gedenfenp). Ins⸗
gemein ift Fein Zweifel, daß das meifte aus dem
Heydenthum bergefommen fey, da man auch ſol⸗
che Weiber zum Opfern und andern Neinigun
gen anhielte 9).
g) Gregorius III. P. R. in Can. Pœnitent. c. 25. et30. Tom. VI. Bist. AR 1) Gregor. lib. I. ep. 12. ad Au-
guftin. i) Id. ib. k) Iacobus Goar Euchilog. Grxc. p. 318. fegg. etib. Simeon Theffalonicenfis ceterique Scri-
ptores Græci recentiores.
dus Homil. Euang. P. I. p. 444:
l) Goarl.c.p.328.
m) Vid. Bidembachius Conf. Theol. Dec. I.p. 169. Gerh,
n) Waldenfes in Catal. Teft. Ver:t.p. 731.
0) Ib. p. 744. P) Arturusde
Monffier. Gynze.S. ad d.XX. Iul. Chermnitius P.IJI. Exam.C. Tr. p. 581. Conf. Gisb. Voerius P. 1. Polit. Ecel.
- · 333.
q) De facris Iunoni factis v. lo. Meurfius P. II. Exere. Crit.lib. II. c. 10. etin Syntagmate de Puerp.Sas-
bersus Collect. de Sacrif. c. 2. et3. Thomas Bartholinus de Ritu Puerper. Vet. Rom& 1677. $vo.
Pr
= (lo) 3% 349
we; Das 15. Sapitel,
Von des HErrn Abendmahl bey den eriten Chriſten.
Summarien.
Dirty ordentlich das Abendmahl ausgeſpendet. $.r., Wem es im Fall der Noth erlaubt gewefen. 2. Klagen wegen Mike
brauch des Abendmahls, 3. den mannach Möglichkeit in der erften Kirchen binderte 4. durch Abhaltung der Unwuͤr⸗
digen, s. welche zuvor Buſſe thun mußten, auch zum Theil ſelbſt nicht cher hinzu geben: wollten; auch jihonete man ſelbſt der
- Lehrer nicht. Benennung folcher Ausfchlieffuna : Erlichen wurde das Abendmahl nicht eberals bis aufdem Todbette geretz
het; Warnung an die Heuchler. 6. Don Verſchickung des Abendmahls an abweſende Kranken ; nie folche und Kinder es
genofen: 7. mann man das Abendmahl gebrauchet: warum taͤglich; nicht aus Gewohnheit oder Zwang, fondern frenwillig,
J ohne fich.an gensifte Zeit zu binden: Abfal davon: 8. Wie folcher almahlia zugenommen. Um welche Zeit die erften Chriſten
— das Abendmahl genofen. 9. Wo es gehalten. 10. Mas man zum Abendmahl dargebracht. Von den Liebesmahlen: Miß⸗
„brauch dabep: deren Abiibaflung: Schaden davon. 1. Wie das Abendmahl gehalten worden; ſonderlich mit Gebet und Erz
innerung des Leidens und Todes Chriſti: Abfall davon; Eifer dawider. 1. Mom Seanen, Heiligen und Dankjagen
dabey. 13. Bon den Gefaͤſſen, Die man zur Austbeilung des Brods und Weins gebrauchet. 14. Was man inter der Commu⸗
niongefungen: ı5. alles zum Gebächtnig des Todes Chriſti und Anzeigung ihres Glaubens an GOtt: Sieerinnerten ſich das
bey einander zum unfträflichen Leben. Von der Communion der Sterbenden und Kinder. 16. Durch das Abendmahl wur⸗
den fonderlich Glaubige vereiniget. 17. Kuß der diehe beym Abendmahl: von wen er hergefommen :_ Endzwekdeffelben. 18.
Mitbrauch des 9. Abendmahls: 19. Was dazu Gelegenheit gegeben ; 20. dahin auch gehöret, daß man mol Kindern und
Todten das Abendmahlgereichet.2ı. Anderer Mißbrauch, da mans nahm zum Zeugnig feiner Unſchuld. z2. Keiner Gebrauch
ben den eriten Chriften zu Stärfuna des neuen Menichen , 23. auch aufferdem aufferlichen Abendmahl. 24. Von ihren geiſtli⸗
2
J
E "=
chen Opfern; 25, Unterſcheid zwiſchen ihrem undder Süden Opfer. 26.
$.
ie wir bey dem Bericht von der Taufe
erfahren haben, daß die Praris der erften
Ehriften bey derfelben nicht allemal fo
klar in ihren Schriften ausgedruckt ſey; fo ift
auch einiger maffen wahr von dem Abendmahl des
HEren, was ein berühmter neuer Seribente da-
von feßet a): Es finden fich hievon in den erften hun⸗
dert Jahren die Zeugniffe etwas fparfam, | indem
die meilten Alten, ausgenommen die Schriften
der Apoftel, allzu dunfeldavon gefchrieben haben.
a0 willaber dennoch mit der Hilfe GOttes das
ornehmſte Fürztich, und, meiner Getvohnheit und
Zufage nach, treulich entdecken: Da ich denn
abermal der Irdnung des Hrn. Eave, fo vielmög-
lich, folgen will, jedoch Feine nörhig fcheinende An:
merfung dabey auslaffen. Die Perfonen, welche
es ausfpendeten, find ordentlich die Lehrer gewe—
fen, wieer aus Tertulliano beweiſet. Da denn
ohne Zweifel noch ein älterer, nemlich Tanatius
in dem Brief an die Smyrnenfer, angeführet wäre
worden, woferne derfelbe Ort nicht ſehr zweifel⸗
ft und eingefchob fehiene , und dazu die
uslegung unterſe Are; indem es entive
der heiffen kann v Dankfagung insgerggin,
*
I,
"oder auc) von dem Abendmahl, “es fen alsdenn
„gültig, wenn es in Gegenwart des Auffebers ges
ſchehe, oder deffen, demers vertrauet„b). Mach
diefen erften Zeiten aber wurden auch davon, wie
von allen andern, gewifle Saßungen gemacht, und
auch Senen gemeinen Dienern der Kirchen verbo-
ten, das Abendmahl auszutheilen e). Es brauch⸗
ten aber auch die Auffeber ihre Diaconosdazu, wie
nicht allein beym Juftino zufehen d), fondern auch
beym Eypriano, welcher gedenket, wie der Diaz
„conus denen Anwefenden den Kelch dargeboten
„babe,,’e): Dergleichen auch beym Tertulliand
gelefen wird f), der ihnen das Recht zu taufen
zufchreibt; welches unter der Tyranney des Pabits,
nebenft der Austheilung des Abendmahls, auf den
böchften Nothfall nur eingefchränker war g )‚dabey
man fich aufdie alten Regeln berief, die ohne Zwei⸗
fel in dem vierten Concilio zu Carthago enthalten
waren, alsin welchem der Befehl und die Gegen⸗
twart des Aelteſten dazu erfordert würde h). Son
fien aber hielten es die meiften alfo , daß fie das
Brod eintheilten und Binlegten, davon fodann ein
jeder ein Theilnehmen Eonnte, wie Elemens Ale:
xandrinus diefes den gemeinenGebrauch nenner i).
Er3 2.096
a) Emmanuel a SchelftrateExerc. ad Conc. Antioch.c.8.prxf.n.64 b) Ts. YoffusNot. ad h. L Obf.e Blondelle,
Antiochenum ferm. 124. diuerfa hic habere, defiimta ex Epift. ad Philad.
f) Lib. de Bapt.c. 17.
tit.a Gratianodift. 93. c.prefente, ji) Lib. I. Strem. p. 271.
I1.p.97. ©) Serm. V.de Lapfis.
c) Concil. Laodicen.c.ı15. d) Apol,
g) Conflis. Apof.lib. VIIT.c.28. h) c.38. repe-
u,
30% 2.8. Von der erfien Ehriften gemeinem und fonderbarem Bottesdienft.
2. Dbnun mol Fein befcheidener Menfch fich un-
terftunde, in Gegenwart des Auffehers oder Aelte—
ftendas Abendmahl ausjutheilen: fo mar es doc)
nicht allein in Abwefenbeit deffelben denen Dia-
conis, fondern auch anderen Chriften in dem
Mothfall vergönnet. Daß diefes (aud) auſſer der
Abſicht auf Erempel der eriten Kirchen, ) zuläßig
fen, beweifen die Theologi daher, “weilder HErr
„nicht denen Apofteln allein, fondern auch allen
Frommen und Gottfeligen befohlen, ihren buß=
„fertigen Mitbrüdern das Evangelium zu ver-
„eündigen: Deswegen nothwendig auch Denen
„alfo genannten Layen erlaubt feyn folle, auf den
hoͤchſten und äufferften Nothfall, (das iſt, zur
„zeit, wenn man feinen Kirchendiener haben
„mag, und von andern Mitchriften darum er-
„fucht und erbeten wird,) fo wol das Heil. Abend⸗
„mahl zu Balten, als auch zu taufen und die Ab—
„ſolution zu fprechen „kJ. Daß aber diefes mit
der Prarider erften Gemeinen genau überein Eom-
me, ftehet klar zu beweifen. Unter denen Berfol-
gungen ift einem jeden, der nur ein wenig felbigen
Zuftand weiß, offenbar, daß fie nicht allzeit mit de-
nen Lehrern das Machtmahl Kalten Fünnen, da
man diefen fonderlich nachftellte, und fie von den
andern abzuziehen ſuchte. Alſo fteher von einer
MWeibsperfon, Selicilla genannt, welche mit ei-
ner andern in der höchiten Bedraͤngniß und Ver:
folgung drey Tag in Faſten und Beten zugebracht,
und am dritten Tage mit ihr das Abendmahl gehal-
ten, darauf fie bald verfchieden ). Srumen-
tius, der von Alerandria aus unter die Mohren
fommen, und fein Lehrer war, brachte ihrer viel
dafelbft zu EHrifto, und lehrte fie, wie fienach Art
der andern leiten Zufammenfünfte halten, und
die Geheimniffe brauchen folltenm). In den fol-
genden Zeiten, da font alles ordentlich zugehen
ſollte, har man dennoch in einem allgemeinen Con-
cilio diefen Schluß gefaffet und publicire: “Ein
„saye foll in Gegenwart des Nelteften oder Diaco-
ni ihmfelbft das Ahendmahlnicht reichen : widri⸗
„gen Falls foll er acht Tage lang ſich der Gemei⸗
„ne enthalten „n). Woraus die Gelehrten dieſes
nothwendig ſchlieſſen: “Es werde denen Layen gar
k) Verba ſunt D.1.Galliin Confil. ap. Bidembachium Dee. TII. Conſil. 5.p. 148. ID
prid. Kal. Iun, ap. H. Grotium difi. de Cœnæ Adiminiftratione, vbi Paftores non f
0) Grotiusl.e. p)Schol.adh.c. Tom.I. Syrtodici. ' 'q) 54
Riraltiusad Terxtull. Exh. ad Cattit.c. 7. Conf. Thomas Hurzado Tract. V. c. 6. Refol: 63.2
C s) Adu. Rigaltium ſeripſit Albafpinaus lib. II. de Eucharift. c.8. quo conf. et
til. V. in Trullo c. 58.
1.C. Lancellotti lib. Il. tit.6.$.3
N
„nicht verboten, das Abendmahl felbft zu nehmen,
„fondern nur in Gegenwart des Diaconi oder Ael⸗
„teften,, : Zudem werde auch, da es ja alfo gefchehe,
fo eine Furze Strafe darauf geſetzt, welches-offen-
barlich anzeige, “daß damit eben Feine Miſſethat
„begangen , fondern nur die Ordnung nicht fo
„genau in acht genommen worden„o). Und da
Diefes der. wahre Sinn diefes Concilii fey,
ches fonft niche leichtlich der Cleriſey etwas von ih⸗
rem Vorzug. vergibt , zeiget der Scholiafte
naras an, wenn er dieſe Urſache Hinzu feße: 64
„ſcheine zwar, derjenige, welcher ſich dieſes unz
„terftehe, nehme ſich Den Vorzug des Prieſter—
— ſelber, im übrigen ſtehe es doc) frey in
*
hellet, daß hier von dem rechten Abendmahl die
Rede fen, wie die Gelehrten abermal beweifen g),
welche aber diefes alles von dem Mothfall verſtan⸗
den haben wollen, als worinnen ihnen fo gar un:
terfchiedene Papiften mit benfallenr), und wol
ehe darüber heftig geftritten haben s), aus etlichen
Worten des Tertulliani ı). Es ſcheinet aber
aud) einigen diejenige Weiſe hieher zugehören, da
die Ehriften das Abendmahl mit eigener Hand nah⸗
men und genoffen, und alfo gleichfam ihnen felbjt
hierinnen adminiftrirten u): wovon ich aber nichts
weiter gedenfe. Diefer Grund derer Papijten ifl
zum mwenigften von denen Theologis wohl umges
ftoffen worden, daß Feiner als nur ein Ordinirter
das Abendmahl austheilen fönne, indem man ih⸗
nen den Unterfcheid gewieſen unter dem, was guͤl⸗
fig und Eräftig ift, und was rechtmäßig oder nach
der gemachten Drönung gefchieher x).
3. Daß demnad) ein in der Antiquität fehr er⸗
fahrner Mann auch noch unter dem Pabftthum
diefes zu fehreiben gufen Grund gehabt hat: “Es
„fen zur Zeit der Apoftel auch von den Layen unter
„einander das Abendmahl gehalten worden, dabey
„fie das Gebet und Danffagung gebraucht, y)-
Welches auch ein anderer verftehee unter den
Morten: Sie brachen das Brod hin und ber
in den Häufern, Ap. Gefch. 2, 46, welche
feiner ohne Berdrehung und Berfalfchung anders
nehmen Fönnez). Und daß diefes von den ge
druck⸗
artyrologium Wetus ad d.
Idem ibid.
1
Grotius Epift. 257. et 258.260. 265. et Salmafıns in refp. ep. 17, 18. 20.21. qui et in difl, de Epife. et Presbyt.de lo-
co Tertulliani una cum Grotio pro Laicis pronunciauit. Quos Petauiusfrußtra refutauit lib. II. de Hierarch.
Ecel.c. 2. fegg. et Diatribe de poteftate cönfecr. et facrif. Sacerd. aDeoconcefla. t) Terzull.l.c.
Tontftallum.
u) M. Anton.
de Dominislib. IV. de Rep. Ecel.e.6.n. 254. x)Vid. Bebelizs Sec, I. Ant. Ecel. Artic. IX, y) Eraſmus Ep. 26.ad
z) Grotins Ep. 1.c. 7.ad Gallos.
ai
bivefenheit des Lehrerg,,p). Woraus auch er⸗
u
u;
er
ſehe darüber klagen.
Bu”
x .
15 Cap. Don des ZEren Abendmahl bey den erften Chriſten.
drudten Zeugen der Wahrheit gleichfalls alfo ge-
chehen, weiſet ihre Bekenntniß aus, da fie unter
= Antichrift und Verfall der Cleriſey offender-
zig zeugten: “Es koͤnne audy ein frommer Laye,
„nemlich bey folchem Zuftand,)das Abendinahl
„halten, und zwar auch auf einem gemeinen
FTiſch: Die Meffe der Pfaffen geſchehe um des
„Geldes willen. Bisweilen fpiele der Pfafte die
ganze Macht durch und faufe in der Schenke,
Fruͤhe adminiſtrire er das Abendmabl,,. tem:
„Man laffe es nicht allein öffentlichen Sundern
„austheilen, fondern auch denen offenbaren Gost-
„iofen ; hingegen denen, die es werth ſeyn, verfage
„mans: Auch gebe man es felten auf dem Sande
„ohne Geld; welches daher fomme , weil: man
„auch den Leuten Die Pfarren ums Geld verkau—
„fea). Daß aber von folchen falfchen Dienern,
die ſich doch dahero Haushalter über GOttes Ge-
heimniſſe nennten , das Abendmahl in der verderb-
ten Chriſtenheit alfo untreulich verwaltet worden,
geben viel klare Denkmahle davon. Nur eins zu
gedenken, fo Elagt fdyon zu feiner Zeit Auguftinus
darüber, und fehreibe an einen Bifchof Deswegen :
„Man Fönne diefen Mißbrauch nicht zulaffen, daß
„man mit denen EHrifti $eib empfangen follte,mic
„welchen man doch nicht einmal Brod eflen dürfe.
Cor.5, u. Zum menigften müfle ein folcher
Greul (der Trunfenbolde und Zankfüchtigen) von
„den Berfammlungen mweggefchaffer werden;,b).
„Wie er auch anderswo nicht leugnet, daß viel
„Döfe damals das Abendmahl empfangen ha—
„ben,„c). Davon auch Chryſoſtomus nebenft
vielen andern fehr ſchmerzlich klagt, da das Ue—
bei fchon in den Gemeinen völlig überhand ge—
nommen hatte: *Es find nunmehro, (fpricht er,)
„viel Chriſten in eine folche Traͤgheit und Ber:
„achtung GOttes fommen, daß, ob fie gleich voll
„unzähliger Sünden fteden, ſie doch an den Feſt—
„trazen ohne Bedacht und freventlich zu dieſem
„Tiſch treten, und nicht bedenken, daß die Zeit der
„Communion fein Feſt fen, fondern ein reines Ge:
„wiſſen, und ein Leben, ſo von Suͤnden gereiniget
„ſeyn fol ,d). Welche Klagen uns weifen Fönnen,
wie verkehrt nachgebends die Kirchendiener mit
diefer Handlung müffen Bausgehalten haben, da
diejenigen, fo noch fcharfe Kirchenzucht bielten, fo
S auch ferner denen be⸗
ängten Gewiſſen zu Muthe geweſen ſeyn muß,
die den ſchrecklichen Mißbrauch diefer Stiftung
a) In Caral. Tef. Verir. P.730.€ 740. b) Auguf. Ep.65. ad Aurelium Epife.
d) Orat. de B. Philogonio.
de Confecr. a
2 - 5
“351
des HErrn angeſehen, und des HErrn Tifch, und
der Teufel Tiſch nicht zugleich theilhaftig ih
koͤnnen.
4. Hingegen in den erſten Gemeinen ward Fein
Gottloſer zum Abendmahl gelaffen, da man meyn⸗
fe, es koͤnnte nicht genug Sorgfalt und Behutſam⸗
feit angewendet werden, wie Herr Cave wohl ſchrei⸗
bet p. 348. Diefe forgfältige Ordnung, welche
man noͤthiger achtete zu halten, als Menfchenfa:
Sungen, befenneten fie auch vor den Henden.
„Das Abendmahl darf fein anderer genieflen, als
„der da glaubet, daß unfere Lehre wahrhaftig fen,
„und der in dem Bade zur Vergebung der Suͤn—
„den und Wiedergeburt abgewafchen iſt, und alfo
„tebet, wie es CHriftusbefohlen Kate). Sn fül-
cher Meynung eiferte Eyprianus.ernftlich wider
die, fo gleich zum Tifch des HEren treten wollten,
nachdem fie ihrer Berleugnung wegen mit der Ge-
meine noch nicht verſohnt waren f), Bey denen
folgenden Zeiten hielten diejenigen Lehrer, fo noch
des HErrn Willen wußten und liebten, fehe ſcharf
darüber. Huauftinus ſetzt diefes als eine ganz
ausgemachte Sache: "Die Kammern und Uns
„ucht (fprichter,) werden für eine folche ſchreckli⸗
„che Suͤnde gehalten, daß Feiner dabey der Com:
„munion würdig iſt, der fich mie folchen Sünden
„befudelt Hat,,s). Inſonderheit ward auch des
nen Comoͤdianten, Bauklern ‚und andern füle
chen unnügen Kuͤnſtlern, folange die Communien
durch öffentliche Verordnungen unterfagt, bis fie
dergleichen Profeßion fahren liefen h). Welches
auch denen andern berüchtigten Perfonen durchge:
bends wiederfußr i); anders als es unter denen
— Scheinchriſten zugehet, da man nicht al⸗
ein ohn Unterſcheid und Bedenken ſolche Schand⸗
flecken des Chriſtennamens nebenſt andern greu⸗
lichen Suͤndern zulaͤßt, ſondern noch vol gar
zu entſchuldigen ſuchet k). Die alten Diener, fo
item HEren freulich dienen wollten, lieflen
ichs hoͤchſt angelegen ſeyn, diejenigen auf alle
eife und Wege mit Güre und Schärfe davon
abzuhalten, fo einer groben Suͤnde fehuldig wa-
ven, und noch nicht Burf gethan harten. Mie
Beilih redeten fie doch einem folchen ins Gawif-
en: Du hälteft das Gerichte GOttes gering,
„und verachteft auch die Gemeine, die dich warner.
„Du ſcheueſt dich nicht, den Leib CHriſt zu neh⸗
„men, geheſt zum Abendmahl als ein Reiner und
„Heiliger, als ob nichts unwuͤrdiges an dir wäre,
„und
c) Id. Tract. 2. in Ep. Ioh.
e) Iuſtinus Martyr Apol.II. p.97. f) Serm. VI. D ;
64. h) Concil, Arelatenfe 1. c 4: etz. item ILc, da Eh ride. ae napfs 128. 6.
ncellotum Inſt. L Can, lib. II. tit. SS.
i) Auenſtinus de Fide et Oper.c.12.et Grass, ift.2
k) Thomas Hurtado Tra&t I. Refol, — A
em
wN:
352
„und in diefem allen menneft du dem Gerichte
„Gottes zu entfliehen. Denkſt du nicht daran,
„was geichrieben ftehet: Darum find fo viel
»Schwache und Kranfe unter euch, und viele
„ichlafen. Warum viel Schwache ? Weil fie
„ſich niche felbit richten, noch unterſuchen, noch
verſtehen, was ba ſey, der Gemeine theilhaftig
eye Wir (die wir rechte Haushal⸗
„ter find,) nehinenan , nicht die etwa ofte fom:
„men, fondern die mit einem reinen Herzen und
„mit einem untadelichen Leben kommen: Dietre-
»ten allzeit hinzu, (nemlich mit Frucht,) welche
„aber folche nicht find, genieffens nicht einmal,
„weil fie ihnen felber das Gericht, die Verdamm⸗
niß und Pein nehmen, m). Welches von jenem
frommen Lehrer, Euthymio, unter andern gerüß-
met wird, Daß er nemlich nicht aufgehöret habe,
„denen Brüdern zubezeugen, und der Worte des
Apoſtels fie ofte zu erinnern, daß ein jeder auf
„sich ſelbſt acht haben, und fic) peüfen foilte, und
„jodayn erſt das Brod und den Kelch mit Furcht
„nehmen, Sie insgefamt haben fie aud) allzeit
Zuvor ermuntert, und nicht eher die Communion
angefangen, bis fie ihnen alle geantwortet, daß
fie ihre Herzen zu GOtt erhoben hätten.
Und darauf habe der Diener abermal feine Hande
gen Himmel ausgeftrecfet und geruffen: Das
Zeilige geböre nur vor die Heiligen; und wei
ter gefprochen: Weil ich nicht euer aller Werke
„willen Eann; darum bezeuge id) euch öffentlich,
„und gebe euch dieſe Prüfung an die Hand:
„Wenn jemand von Neid, Haß oder Zorn, oder
„Hoffart eingenommen ift, oder von Fluchen,
„ihandbaren Worten oder böfen Lüften verder⸗
„bet, der wolle doc) nicht eher hinzu gehen, bis
„er Durch die Veränderung feines Herzens won
„der Suͤnde gereiniget fey. So vielnun euer ein
„rein Gewiſſen haben, die treten Hinzu, und ſchaͤ⸗
„men fich nicht n)!
5. Mit gleicher Sorgfalt, Wachfamfeit und
Berleugnung aller Menfchenfurcht, handelten die
andern bey dieſer Sache, weldye die Ehre bey
Gott lieber hatten, als bey den Menfchen. “Ein
„Prediger befudelt den Tiſch des HErrn, (hiefle es
„beyfolchen,) der denen mit Sünden befleckten
„nicht befihlt, fich zu enthalten, fondern ohne Un-
„terfcheid das Heilige anrühren läßt, o). Und des»
roegen fehloffen fie nun nicht allein alle öffentliche,
oder fonft auf einige Weiſe entdeckte Sünder von
D) Origenes hom. 2. in P[.37. m) Chryfoß. hom. 17. in Ebr. 10.
0) Hefychiuslib. VI. inLeuit. c. ı.productusa Centur. Magdeb. V.c.6.p. 371.
p- 268. 1
ı7.adEbr. q)Idem ho. 6.ad Antioch, r)
Bi —
2.3. Don der erſten Chriſten gemeinem und fonderbarem Gotteodienſ.
der Communion aus, fondern lieffen auch den Dia-
conum allzeit zuvor mit heller Stimme ruffen:
Ta aryıa rois ayloıs! Das Zeilige geböret nur
vor Heilige! Dabey er in der Höhe ftehen muß⸗
te, daß ihn alle fehen und hoͤren Fonnten; etliche
tief er Hinzu und führte fie hin, etliche hielt er zu=
vice: Allen aber bezeugte er mit. diefen Worten;
Wer fi felbft anflaat, wer nicht heilig ift,
der trete nicht herzu p)! Dadurch er aller und
jeder ihre Sündenflecken berührte q), und die nuk
unter den Heiligen verftanden haben wollte, wel«
che neben dem rechten Blauben auch ein gut
Neben babenr). Alſo durfte Fein Eatechifmuss
„ſchuͤler, kein Unglaubiger, Fein Keßer, fein
Zankſuͤchtiger, kein Heuchler hinzu treten s). Wer
„nun noch fein Heiliger war, dermußte es durch
„wahre Befehrung werden,„,t). Demnach war
diefes Der treuen Lehrer ernftliche Nefolution:
„Es ſoll Fein Blutgieriger Binzu gehen, kein Unbarm⸗
„berziger,fein Unveiner. And dieſes ſage ich fo wol
„euch , die ihr hinzu gehet,als die ihr es austheilet. Es
„liegt feine geringe Strafe aufeuch, wenn ihr wiſſet,
„daß einer in einiger Ungerechtigkeit ftecke, und
„ihn Doch Diefes Tifches laffet theilhaftig werden.
»Denn fein Blut wird von euren Händen gefür-
„dert werden. Wennnunauchein geofler Öene-
„ral,ein Conful,ja eingefröntes Haupt felbft un-
„wuͤrdig hinzu geht, fo halte ihn zurücke, du haft
„mehr Gewalt als er: dir ift der reine Brunn des
„Bluts anvertraut, Wenn du num Unreine fies
„heſt dazu treten, ſollteſt du nicht betrübt und un-
»gehalten werden ? Und wie wirſt du Vergebung
»folcher Nachlaͤßigkeit erlangen. koͤnnen u) ?
„Drum (ſagt Ebrpfoftomus, ) laflet uns alle
'nfehlechterdings wegtreiben, die wir unmürdig
»Eommen fehen. Es foll Eelner communiciren,
„der niche ein Juͤnger ift :feiner, der unreines Her⸗
»zens ift, mie Judas, ſoll das Brod nehmen, da=
„mit er nicht dergleichen leiden müffe. Willt du,
»(fähree er im Eifer fort) dich nicht unterftehen,
ihn felbft abzuhalten, jo fage mirs, id) will das
„nicht zulaffen. Ich will eher mein Leben laffen,
»als daß ich ven teib des HErrn unwürdig, und
»mein Blut eher laffen vergieſſen, als daß ich das
„Blut einem andern, als einem Wuͤrdigen, zulaſ⸗
»fen mwollte,, x). Und dieſes waren nicht etwa
leere Worte bey folchen redlichen Lehrern, ſondern
fie erwieſen es in der That; fogar, Daß auch Am—
brofius den Kayſer Theodoſium felbit nicht nah
en
n) Vita eius ap. Cotelerium Tom. II. Mon.Gr.
p) Chryfoftomsshom.
Ideml.c. s) Conſtit. Apoflol.lib. VILL c. 15. et20. t)Ibid. lib. VII.
c.27. u) Chryſoſt. hom. 83. in Matth. x) Id. ibid.
4
EZ
broſius den Kayſer Theodofium felbft nicht zulaf-
fen wollte, als er fich ſchwerlich durch Mord ver:
ae hatte, Denn als er zum Tiſch des HErrn
nahen wollte, gieng ihm jener entgegen, und redete
ihn alſo getroſt an: "Halt inne, Kayſer! Denn
„einem folchen Sünder, der feine Hande mit Blut
„beſudeit hat, ift nicht vergoͤnnt, ehe er Buſſe ge:
„than hat, hieher zu gehen, oder die Geheimniſſe zu
„genieflen, y). Und dieſe Gewohnheit war nun
in denen wohlbeftellten Gemeinen ganz befannt, al-
fo, daß ihrer oft viel mie einander abgewiefen wur:
den, wie von Diofcoro ſtehet z). Wovon auch bey
dem.allergrößten Berderb des Ehriftenthums den-
noch etliche Merkmahle uͤberblieben, und man zum
Exempel die, fo öffentlich in Zanf und Streit leb-
ten, vondem Nachtmahl auszufchlieflen pflegte a).
Andere Urkunden werden bievon im Fortgang zu
ſehen ſeyn, und unten beyder Kirchenbuſſe.
6. Wollte nun ein folcher Sünder wiederum
Gemeinſchaft mit den andern Chriften bier und
fonften erlangen, fo mußte er vorder Gemeine fei-
ne Sünden befennen, abbitten, und fürdas gege:
bene Aergerniß gewiſſe Satisfattion thun,die wir
andersmo erzehlen wollen. Alfo wollte Cypria⸗
nus Feinem folchen das: Abendmahl gereichet wif-
fen b), und fchriebe Hievon folgendes: “Wann in
„oen geringern Fehlern, die nicht wider GOtt
„begangen werden , gleichwol Buſſe und Befennt:
„niß gethan wird zuvechter Zeit, da man das Leben
„deſſen wohl betraͤchtet, der da buͤſſet, alſo, daß kei—
„ner kann zur Gemeinſchaft kommen, wo ihm nicht
„erſt von dem Auffeher und allen Kirchendie-
„nern Die Hand aufgelegt iſt; wie vielmehr foll in
„groben und fehweren Sünden alles vorfichtig
„und mit Bedacht in acht genommen werden,, c) ?
Wer demnach den HEren fürchtete, dev forgte
nicht allein für feine Perſon, fondern auch für an:
dere, die ihm etwa anvertraut waren, “dafs erden
„Leib und Blut des HErrn in ein rein Deal
„aumahı, und wann er mit einigen Sünden be⸗
„lecker war, ließ er ihn in Buffe und Thraͤnen ab:
„waſchen, d), Wiealfo Dionyfius von einem er-
jeblet, daß er nicht zum Tifch des HEren geben
15. Cap. Don des SErrn Ubendmabt bey den erften Chriſten.
4
*
——
252
2
wollen, biser über einige Sünden öffentlich Buſ⸗
fe gethan gehabt, ungeachtet es niemand gewußt,
und ihn jedermann vor einen heiligen Bruder ges
halten e). So fehonte man auch bierinnen derer
tebrer nicht, fondern fie wurden eben forwol wegen
einiges Berbrechens vom Abendmahl abgefondert,
wie von einem Xelteften, Magno, gelefen wird F).
Und dergleichen Art des Ausfchlieffens von der
Gemeine hieſſen die Griechen za Iaigerw g) und
dxonwwnsiav TE unar(g-%, Knaur Xeıse,
dadurch fie des Nachtmahls nicht mit den andern
theilhaftig werden durften b). Wie denn auch
dieſes bey ihnen einſt der legte Grad der Kirchen⸗
buffe war, uegeıs rav ayızsuarwv, daß fie
endlich nach langer Demürbigung dazu gelaffen
wurden i). Von der Weife, welche einige Zeit
in der Kirche foll gewefen feyn , will ich nicht viel
edenfen, da denen allzugroffen Sündern das
bendmahl nicht eher als auf ihrem Tod-
bette gereichet worden. Davon das Coneilium
zu Illiberis viel Anordnungen gemachet bat, und
muthmaßlich um die Zeiten Eypriani k), oder
auch wol, nachdem die Novatianer befannt wor-
den, welche fich ohne Zweifel auf diefe Weiſe be:
ruffen, wo fie diefe ſcharfe Geſetze gewußt Bätten 1).
Es ward aber fuͤrnemlich die völlige Verſoͤhnung
mic der Gemeine, die Losfprechung von Sünden
und das Abendmahl darinnen bis aufdas Todbette
verſchoben, und zum wenigſten ein geoffer Ernſt
angedeutet, den man wider alle Sünder hatte, ob
gleich eines und das andere dabey beffer hätte koͤn—
nen angeftellet werden m). Geſetzt aber, daß bey
aller angewandten Sorgfalt einigeHeuchler fic) mit
unterſchlichen, fobezeugte man ißnen, wie fchon er=
wehnt ‚daß ſie es nur zu ihrem Gerichte ehäten, und
fie folcher Betrug nichts helfen würde, “weil fie nicht
„in dem Band des Friedens ftünden, das doch
„Durch die ſes Geheimniß angezeiget werde, n). Und
bierinne thaten die H. Väter wohl, daß fie durd) fol-
che Erempel die Sicheren zurück bielten , und biel-
ten es für unanftändig, ſolche berüchtigte Perfo-
nen gleich zur — — laſſen, wie es die Apo⸗
logie dy —— onfeßion an ihnen ruͤh⸗
Vy et
y)Sozomenus lib. VII. e. 24. 2) Sozomenzs lib. VI. c. 28. Auguſtin. lib. II. de Gen. ad lit. c. 40. a) Concil.
Nannetenfe c. ı. ap. Isonerm Carnotenfem P. Il. Decret. c. 122. Concil. Arelatenje II. c. 31. Conf. Valefius ad
Eufeb. p. 68. Cabaffutins Notit. Eccl. p. 322.
b) Epiſt. 14.
c) Ep. 17. d) Greg. Nyffenus Orat. de Perf.
Ehrift. e) Ap. Eufeb. lib. VII. c. 9. f) Gregor. M. lib. IIT. ep. 26. g) Formula exftat ap. Joh. Begeum in
Excerptis Conc. CPtani pro Photio. h) Id. ib, i) Gregor. Neo-Cef. Ep. Canon. c. 9. et il. et ib. Zonaras
in Schel.
k) Coniicit hoc Morinus lib. IX. de Panit. c.19. 1) Baron. Nouatianifmum fapereait, A. LVII.
fed mitius ſentit A. CCCV. p. 363. De fola v. Euchariftia exponit Cabaffstins Notit. Conc. Eccl. p. 71. alia
quoque vt abfolutionem et reconciliationem. Morin. 1. c. c. 3. lib. IV. c. zr. 22. Perawins Animadu. ad Epi-
phan. pe 229. Conf. idem Diatr. de Panit. in Obſ ad Synefium p. 74. { . ;
n) Anguft. lib. XXI. de Ciu. Dei e. 25. vbivid. L. Viues in
. ObL 1, et u. etin Not. ad Conc, Illiberit,
Net. *
m) Vid. omnino Albafpinaus lib. I.
&
*
x
354
met 0), unddie Schmalfaldifcyen Artikel einen
wahren und Chriſtlichen Bann nennen p).
Wovon aud) $urherus fo ofte ernftlich haben will,
„daß man denen frechen Sündern fagen folle, daß
„fie fich des Sacraments enthalten, weil fie.der
„Vergebung nicht fähig feyn,, g). _ Der fi) aud)
erflärt, “es folle Feiner hinzu gelaffen werden, der
„nicht wiffe, was er da fuche, oder wesivegen er
shinzugehe,, r). Aus welcher Urſache die Alten
feinen Catehumenum hinzu lieffen, weil er nicht
völlig im Glauben unterrichtet, und alfo gefchickt
wars). Dabero noch das Wort Meſſe feinen Ur⸗
fprug hat, indem der Diaconus vor der Commu-
nion zufolchen fagte: Ite, Miflaeft; ihr Catechu⸗
meni gebet hinaus; man läßteuch nun gehen t).
7. Was ferner der Hr. Cave p. 348. von de-
nen abwefenden Kranken und andern gedenft,
wie ihnen das gefegnete Brod und Wein zugefandt
worden, ift zwar gewiß; aber diefes hat weder mit
andern abergläubifchen&emwohnbeiten,noch mit dem
papiftifchen Aufheben der Hoftie bey den Papiften
einige Berwandfchaft, Man ſiehet vielmehr dar:
auseineganz andere Weifein ſolchen Dingen, als
etwa gemeiniglich gefchiehet. Es mweifen uns auch
alleilmftände, die man beyder Erzehlung folcher
Gewohnheiten liefert, daß man nicht allzu kleine
Stuͤcken Brodsdazu gebraucht habe, dieman bey
waͤhrender Handlung getbeilet; welches abfonder-
lich ben ihren tiebesmahlen , und wenn fie fonft bey
ihren Mahlzeiten des HEren Mahl mit gehalten,
ftatt Karte u). Die fo genannten evAoryioy oder
gefegneten Örode,. welche man bin und wieder
ſchickte zum Zeichen der brüderlichen Liebe, waren
auch nicht fo gar klein, wie es ihre Befchreibung
gibex). Wenn, zum Erempel,Paulinus dem Ali-
pio, feinem Freund, ein Brod ſchickte um der Einig⸗
keit willen und Romaniano und dem Licentio
fuͤnf ſolche Brode, eben auch darum, daß er ſie ihm
in Lebe verbinden möchte z). Daß man aber ehe⸗
mals das Brod in den Wein tunkte, geſchahe,
wie p. 348. gedacht wird, erſtlich nur um der
Kranken und Rinder willen, denen man das
o).Artic. V.p.ı83 p) Art. IX. p: 333.
q) Catech. Mai. p- 563.
ciliis beftätiger, wie noch in dem zu
fehahe a), melches aber ein anderes <
gehoben hat. Die Erzehlung von Gera
wie ihm das Brod in Waffer eingetunfe zug
fande worden, erinnert uns desjenigen Gebrauchs,
da man den Wein mit Waſſer vermifchte: Wi
Juftinus ausdruͤcklich gedenfer,daß bey dem Weir
auch dag Waſſer fey gefegnet worden, (Evxagı-
Sevr@- dwsral vdar@-)b) ‚ohne Zweifel aus
einer geheimen Bedeutung auf Joh. 19,34. nicht
aber, wie Eyprianus meynte, aus einem Befehl
des HEren c). Welchenzwar auch andere nach⸗
mals vorfchügten d), und fonderlich in der Grie⸗
chifchen Kirche fehr urgirten e): Der aber doch)
noch eher zu leiden ftunde, alsdaman gar Waffer
an ftatt des Weins nahm, aus Beyforge, man
möchte zur Zeit der Verfolgung durch den Geruch
des Weins verrathen werden f); oder auch aus
— in man wollte gerne nüchtern blei⸗
en g)- j
8. Der andere Umſtand dabey war die Zeit,
wenn und wie ofte fie das Abendmahl genom-
men, da der Hr. Cave p. 354. überaus gründlich
zeiget, tie bey dem erften Eifer der Chriften fel-
biges fäglich gefchehen, bernach mit der Abnahme
deffelben auch diefe Sache abgenommen habe.
Zu der Apoftel und in folgenden Zeiten bunde ſich
Feiner an gewiſſe Zeit, fondern fie blieben be—
ftändig in dem Brodbrechen (meoszugre-
eävres) , Apoft.Gefch.2, 42. Die Urſachen waren
nicht nur etwa die höchfte Noth, weil fie täglich,
ja ftündlich des Todes von den Heyden gewaͤrtig
ſeyn mußten; denn dazu waren fie gleich in ißrer
Befehrung bereit und im Glauben gefchicft ge=
macht; fondern die unausfprechliche Liebe und
Begierde zu ihrem Heiland, mit dem fie im Gei-
fte vereiniget waren, und an deſſen $iebe und Treue
fie nicht genug gedenfen Fonnten. Dahero fie auch
diefes fo gar ofte zu feinem Gedaͤchtniß ch
> aleich⸗
r) Ib. p. 552. s) Præter Corf. Bi 1b
"VI. c. 15. et Liturgias Iacoli et Marci fuppoßititia feripta meniinerunt Tımoth. Alexanı. Refp. Can. c. 9.
Anguft. Serm. 46. de Verb. Dom. Greg. Naz. Orat. 43. alii. Conf. Ca/aulonus Exerc, XVI. n. 43. ° t) Augu-
‚fin. Serm. 237. de Temp. Conc. Lerdenſe c. 5. Ifidorus Hifpal. aliique. Conf. B. Rhenanus ad Tertull. de Cor.
Mil. p. 40.
lerium Tom. III. Monum. Gr. p. 496.
1) Obiiciunt Gr&ci defectum a prifca Ecelefia in vfu minorum hoftiarıum Latinis apud Coze-
x) Innocentius I. ep. ı. ad Decentium c, 5. ap. Binium Tom. I.
Concil. p. 752. vindicatus a Gundlingio adu. Baronium et B.nium Not. adc.14. Laodic. y) Fpift. 33. Conf.
Laryoquanus lib. 11. Adu. S. c. 2. 2) Epift. 36. a) ap. Rheginonem Pruminenfem lib. I. de Difet, Ecclef.c,
70. et Conc. Claramontan. c..28. Conf. Gundiingius ad Eu atium p. 120. et Pet. de Marca ad Clarom. l.c.
Tom.X.Concil.p.581. b)Apol.II.p. 79
ctl. Carthagin. III. e. 24.
c) Epift. 6%. Conf. Spanherzins Introd. H.E.Sec. IlI.p.45. d)Coa-
e) Vid. BlafaresSyntagm lit. k.e.8.p. 153. f Cyprzan. Ep. 63. 65. 66. Conf. Baronins
A. CCLVIT. fine. g) Cıpr. 1. c. Conf. Clemmius P. 1I. Exam. C. Tr. p. 194. Dannhauerus Chrifteid. p.
600. Hepfnerus de Lana p. 9. To.
iefonft, fie affen oder trunfen, zu GOt—
es verrichteten. ı Cor. 10,31. Und
folchen theuren Kindern GOttes und Tem:
eln des H. Geiftes, die mit der Liebe Chri—
fi innbrünftiglih anaeflammer waren,
aße fich fehwerlich die Redensart mit Grunde
: fie äglich fromm worden;
hen Berfion des Caveifchen Buchs
a doch weder der Englifche noch)
ifche Tertalforedet) ‚fondern nur der taͤg⸗
lichen Communion gedenfer. Angeſehen dieſe
Diener JEſu Heil nicht erft fromm werden
durften, fondern bereits waren, und alfo nur fröm-
mer u werden oder in der Gnade zu wachen noͤ⸗
0 N. ie denn dieſe Formul, fo unter de:
emeinen $euten fehr gemein ift, auf beyden
eiten nicht kann gebrauchet werden: von denen
Frommen iſt fie,befagter maſſen, offenbarlich falfch,
von denen Heuchlern aber und Gottloſen noch viel
weniger wahr, indem fie dabey nicht fromm, fon-
dern viel verſtockter werden, ungeachtet fie fich et:
liche Tage vor und nach dem Abendmahl ziemlich
ebrbar und fromm anftellten. So war auch bey
denen erſten Chriften die tägliche Communion
Feine bloffe Gewohnheit, vielmeniger ein Zwang
oder Vermeidung des Banns, wie ausden falfh-
genannten apoftolifchen Satzungen vorgegeben
wird; fondern eine freywillige Uebung, Die der freu:
dige willige Geift in ihnen erweckte; alfo, daß ver-
muthlich iſt, wie auch wol einige etliche Zeit ausge:
feßt, oder fonft fich nicht fo gefeglich werden daran
gebunden haben; dergleichen aus der 34. Epiftel
Enpriani zu fehen iſt. Es find aber nebft denen
von Hn. Cave vorgebrachten Urfunden auch noch
viel andere, bis in die hundert und mehr Jahre
dor und nach den Berfolgungen, vorhanden. Cp⸗
prianus redet etlichemal fehr fein davon: “Die,
„fo wir zum Kampf aufmuntern und ermahnen,
„müffen nicht wehrlos gelaflen, fondern mit dem
„Schuß des Blutes und Leibes EHrifti verwaß-
„ret werden. Und weil das Abendmahl dazu ges
„halten wird, daß es ein Schuß fen, fo laſſet uns
„die, ſo wider den Feind ficher fern follen, damit
„ausrüften, h), Und abermal: „Es ſtehet uns
„ein ſehr fchwerer und fchrecklicher Kampf bevor
„dazu wir uns mit ungefarbtem Glauben und
Karker Kraft ausrüften füllen, als ‚Streiter
JEſu CHriſti, und bedenken, daß wir deswegen
„ven Kelc) des Blutes EHriftitäglich teinfen, da-
„mit wir auch ſelbſt um Chriſti willen unſer Blur
„vergieſſen Fonnen,denn das heißt, mit Chrifto wol-
„ten erfunden werden, dazuuns Chriſtus gelehrt,
„und ihm zu folgen gezeiget Bat,, i). Won mel
cher heil. Hebung der erften Chriften leicht zu den«
Fon iſt, daß fie nicht allzeit in öffentlicher Ver—
fanmlung, ſondern ofte (zumal in bedrängtem
Zuftand)inden Privarhäufern gefcheben ſeyn muß,
und fonft auf andere nur mögliche Weiſe, daben
man allein den Worten EHrifti nachkommen wol⸗
len, die andern Saßungen aber aus Noch, oder
auch aus Chriftlicher Freyheit nicht in acht ge—
nommenwerden. In den folgenden Zeiten, und
nach den Verfolgungen ward diefer Gebrauch ſchon
ziemlich eingefchranft, alfo, daß die Scribenten
nur gewiffe Derter benamen, da man täglich das
Gedachtniß des HErrn alfo gehalten. Gleich:
wie Hieronymus die Römifchen und Spanifchen
Gemeinen nennt k); Umbrofius die Meylaͤndi—
fehen !) ; Eufebius überhaupt die Kirchem) :Ben-
nadius und andere hielten es nach dem gar fürei-
ne Sache, die weder Lobens noch Scheltens werth
waͤre n); damit fich der ereignende Abfallvon dem
erften Eifer ziemlich äufferte, der endlich unter dem
Pabſtthum fo erfchreflich war, daß man audy
denen armen Waldenſern diefes für eine Ketzereh
anfchrieb, wenn fie alle Tagecommunicirten , und
bingegen lebrten, es fen unrecht, daß cs die an-
dern des Jahrs nur einmal thäten 0). Dergleis
chen ohne Zweifel auch noch ‚gelesen follte, wenn
einige diefen herrlichen Exempeln der Alten
nachfolgen wollten, wie fie einer nennte p): in:
dem doc) viel andere daran hangende Gewohn:
beiten nicht vorber geben und Dabey fern Fönnten.
Dahero der Ausfpruch eben diefes Mannes den:
noch wahr bleibt: Diß find Feine wahre und treue
„Diener, welche auf einigerley Weife das Volk
„von dem öftern Gebrauch der Commmunion ab:
„rühren oder abfchrecten q).
9. Wie aber die Macht der Religion augen:
fcheinlich zu wanfen begunte, nach Heren Cave
Ausſpruch, und alfo das erſte Chriftenehum nicht
mehr war, da lieflen es wol einige treue Lehrer an
fich nicht ermangeln, aber fie funden Fein Berlan:
gen mehr darnach bey den Leuten, jaob auch gleich
alle ſolche Heuchler Hinzugiehgen,, wurden ſie doch
bey ihrem Faltfinnigen Chriſtenthum nicht beffer.
Dis war es, warum einer fo herzlich Elagte:
„Wir ftehen täglich umfonft bey dem Altar, weil
D)) y 2 £ „nie⸗
h) Ep. 57. i)Ib. Ep. 58. k) Ep. 28. et 530. h Lib. V. de Sacram. c. 4. m) Lib. I. de Demonſt. Euang. c.
10. n)Lib. de Ecclef. Dogmat. c. 53. ©) In Casal, Tefl. Verit. p. 730. P) Chemnit. Exam. C. Tr. P. I.
p. 297. 9) Id. ibid.
356
„niemand ift, der communiciren will, r). Ba—
filius rühmte vor den beydem Hn. Cave angeführ-
ten Worten die tägliche Communion überaus
ſehr, fegte aber gleich die davon abweichende Ge-
wohnheit dazu, daß fie nemlich die Woche über
qmal nicht das Abendmahl hielten s). Man fie-
betauch, daß unter andern die zunehmende Men-
ge der Chriften zum Vorwand gebraucht worden.
Denn da zuerft, nach der alten Scribenten Be—
richt, alle wahre Ehriften, die nur in die Ver—
fammlung famen, des Nachtmahls theilhaftig
wurden, fiehe, da ſchuͤtzte man hernac) die en:
ge vor, da doc) die Verfammlungen hätten ein-
getheilt werden koͤnnen, und eine jede zur Gnuͤge
ihre befondere Andacht und Uebung haben t). Und
dahero kam es, daß man hernach nur des Sonn:
tags, endlich, als die Liebe erfalter, und
die Bosheit gewachſen war, (wie ein alter
Autor redet,) lieffe mans nicht allein zu, fondern
befahl’ auch noch, daß nur an den hohen Seft-
tagen, Oſtern, Pfingften und Weyhnach—
ten Communien gehalten würde u). Endlich lief-
fe es die Elerifey durch ihre Nachlaͤßigkeit gefche-
ben, daß des Jahrs gar nur ein einzigesmal
des HErrn Nachtmahl, und dazu mehr nach Men:
ſchenſatzungen, als nad) des HErrn Willen
gehalten wurde x). Lind dieſes einemal- feßten
fie auf Oſtern etwa vor 500, Jahren, In der
Sriechifchen Kirchen aber mag man wol, allem
Vermuthen nach, zum wenigften die Zeit von drey
bis vier Wochen lang behalten haben, wie ihnen
auch die Sateinifchen Scribenten y) nebenft ihren
eigenen Zeugniß geben z). Bon der Sonntägli-
chen Communion aber find zwar aud) etliche al-
te Denfmahle vorhanden, welche aber Feines-
weges melden, daß die Communion da alleine,
und nicht auch in der Wochen gefchehen feye 2).
Dergleichen auch von dem Sabbath oder Som:
abend gewiß ift, in Anfehung derer, die ihn mit
dem Sonntag zugleich feyerten b). . Bon dem
Theildes Tages, da fie es gehalten, ift diefes merk⸗
würdig, daß, wieesder HErrbey einer Mahlzeit
eingefeßet, $uc.22, 20, alfo auch die Ehriften um
Tifehzeit des HErrn Gedächtniß gefeyert haben,
wie ein uralter Scrihente gedenfet (tempore vi-
&us) c). Welcherley Gewohnheit nicht allein
r) Chryfoftomushom. 61.ad Antioch. s)Epift.289.
_ Bra
2.3. Don dererfien Chriſten gemeinem und fonderbarem Bottesdienft.
ee 0,
bey denen Berfolgungen ſonderlich mag im
Schwange geweſen feyn , weilfiegerne beyfammen
waren, um fich unter einander auf alle mögliche
Weiſe zu ftärfen und zu erfreuen bey fo vieleh Trübz
falen; fondern auch bernad) bey denen, die nicht
fo bald. von den erften Gitten abwichen. Die
Epriften in Egypten und Thebais nahmen das
Nachtmahl am Abend, nachdem fie gegeffen
und bepfammen gewefen waren (uer& ro eva-
xadven)d). Nun giengen zwar einige nach—
gehends nüchtern und frühe morgens hinzu ©),
übten fih aud) wol fonft im Wachen, Faſten
und Beten zuvor Die ganze Macht durch; wie
wir beym Athanaſio fehen f): allein, dieſes ge⸗
fchahe ohne Zweifel meiltens von denen, fo in ei-
ner entweder auferlegten oder felbft angeftellten
Dußübung fturden, Diejenigen aber, welche
nad) ihrer wahren Befehrung nun die Sreund-
lichEeit ihres Heilandes geſchmecket hatten, und
täglich oder doc) fehr ofte communicieten, tha=
tens auch bey ihren Zufammenfünften, Liebes⸗
mablen und andern brüderlichem Umgang, wie
p. 358. weitläuftig gemeldet wird. Aus welchem
allen denn offenbar ift, daß auch Darinnen Die
Freyheit der Gewiſſen in der erften Chriſtenheit
nicht gekraͤnket worden. g
1%. Der Ort wird dem $efer meiftentheils aus
dem obigen Bericht von dem Der irer az
menfünfte befannt werden. Unfer Hr. Cave ge-
ftehet, daß es in einem Privatbaufe von CHri⸗
ſto felbft geftifter, von denen Apofteln und anz
dern dafelbft gehalten, und zur Zeit der Ver—
folgung eben fo abgehandelt worden, welches die
dabey gehaltenen Mahlzeiten noch mehr befräf-
tigen p. 355. Von den folgenden Zeiten aber zei⸗
get ev ferner an, Daß ein Zwang draus worden
fey, in denen Kicchen allzeit daſſelbe zu halten.
Bey den Berfolgungen ift die Sache gewiß, daß
man in Befänaniffen g), auf den Bräbern
h), und fonft, wo man nurgefonnt, das Macht-
mahl gehalten habe. Cyprianus fehriebe damals
an die Aelteften , “fie follten es bey Denen Befen-
„nern im Gefaͤngniß thun, ). Juſtinus geden⸗
ket ſchlechthin des Orts, da ſie verſammlet wa—
ren
t) Petrus Bleſenſis Serm.16. u)Id. ib. et Concil. Agathenfe
Can.8. x) Innocentius II. ap. Gratianumc. 12. Omnis veriusque fexus de Pœnit. et Remifi y) Walafridus
Strabo de Reb. Eecl.c.20. 2) Concil. Sardicenfe <. 2. Zonaras Schol. ad Can. Apoftol.9. a) Iuffinus Martyr Apol.
II.p. 98. Pliziuslib. X. ep. 97. Tertullianus Apo!. c. 39. Conf. Iac. Vfferius Diff. de Epift. Ien. p. 71.
Euthymiin. 94. ap. Cotelerium Tom. Il. Mon. Gr. 9.279. b) Sozomenus lib. V.c. 22. Soerates lib.
d) Socrateslib. V.c.21. e) Augufinus hpiſt. ug.adlanuar, f)Apol, ad
h) Oruphrius Panuinins de Rit. Sepel. e. it. i) Epift. cit, vbi
e) Tertullian. lib. de Cor. Mil. c.3.
Conftant. et deFuga fua. g)Cyprian.Epilt. 5.
wid. loh. Pearfor in Not,
Audtor Vitz
VII. c. 19.
—
Da
15. Cap. Don des BErrn Abendmahl bey den erſten Chriſten.
ven k). Don Luciano, einem Märtyrer, wird
diefe feine Gefchichte erzehlet: Als er im Gefäng:
niß lag, und nun zum Tode verdammer war, be-
gehrten feine Zuhörer, mit ihm nocheinmal zu gu-
terLetzt das Abendmahl zu halten. Siewußten aber
nicht, wie ſie einen ins Gefaͤngniß unvermerkt
bringen möchten. Darauf ſprach er: “Der
„Tiſch ſoll euch dieſe meine Bruſt ſeyn, wel—
„cher, wie ich hoffe, nicht weniger GOtt anſtaͤn—
‘ „dig foyn wird, als ein hölzerner. Ihr aber follt
„mein beiliger Tempel ſeyn, indem ihr auf allen
„Seiten um mich herum ftehen füllt. Und alfo
„celebrirten fie mit einander des HEren Abend»
„mabl,, 1), Bon andern Privathaͤuſern iſt nicht
weniger aus Tertulliano und andern fchon längft
erwieſen worden m): wie auch, daß man fich an
feinen gewiffen Ort damit gebunden babe, ob es
ſchon gemeiniglich in öffentlichen Zufammenfünf-
ten geſchehen. Im Fall der Noth aber Babe man
ſich wol deſſen an allen Drten frey bedienet, wie
zum Erempel bey der Vandaliſchen Verfolgung
noch im sten Geculo gefchaben). Ya, auch auf
fer dem thaten diefes die berühmteiten Lehrer:
Wie Umbrofius zu Romeinſt in dem Haus einer
vornehmen Frauen das Nachtmahl austheilte 0);
Gregorius Nazianzenus zu Conftantinopel in ei⸗
nem Fleinen unanfehnfichen Haͤusgen, das eine
Kirche bedeuten follte pP). Von denen Kranken,
Alten und andern verftehet fichs von felbft, daß
fie in den Häufern communicivet. Von denen
Tifchen aber, oder fo genannten Altären ift auch
hieraus zu feben, daß man damit eben nichts fon-
derbares, vielweniger aberglaubifches erdacht,
wiewol hernach bey dem Verfall gefchehen. Die
Sache des Euſtathii, welche der Privatcommu-
nion wegen bier berühret wird p. 356. ift droben
ſchon zur Gnuͤge unterfucher worden.
ır. Bey der Urt und Weiſe wird p. 357. der
Oblationum, oder fogenannten Opfer und Ge:
ſchenke erwehnt, die bey den erſten Gemeinen vor
dem Abendmahl dargebracht und zur gemeinen
Nothdurft beftimmer worden find; davon niche
allein zu dem Nachtmahl, fo viel nöthig war, ge:
nommen, fondern auch die Armen und die Kir-
hendiener verſorget wurden, wie fie ohne Zwei—
357
1
fel in Geld und allerhand Speis und Tranf be:
ftunden, als wir unten bey der Ehriften Mildig-
keit fehen werden. Etliche Scribenten benennen
bier nur Brod und Wein q), oder verbieten auch
gar, etwas anders ju opfern r); andere melden gar,
daR zum wenigften ein jeder fo viel dergleichen mit
fid) bringen müffen, als zu feiner eigenen Contz
munion noͤthig geweſen s). Daraus abermalflar
ift, daß es Eeine fo gar Fleine Stuͤckgen müffen
geweſen fern, indem-fonft wol eines oder des an—
dern Gefchenfe zugereichet hätte. Und daher
kommen die Redensarten bey den Alten: Nach
„dem dargebrachten Opfer communieiren t), Die
„Opfer darbringen u), verwerfen, oder nicht ans
„nehmen, u. f 1. x). Ein gewiffer Autor bes
richtet auch, “daß die Kirchendiener von jedem
„Haufe Meel geſammlet, und davon die Brode
„zum Nachmahl gebacken haben, y): welches
eben auch zu diefen Opfern gehört. Der fernee
ve gründliche Bericht p. 358. von denen Kicbeo=
maäblen der erften Chriſten iſt werth, daß er wohl
gelefen und gemerfet werde. Er lehret uns
uneer andern auch diefes, daß das Abendmahl
zuerft bey denen andern Mahlzeiten gehalten
worden, wie fehon gedacht worden, und zwar
nach dem Eſſen. Was dabey von der Chriften
Mildigkeie gegen die Dürftigen zu merken iſt,
kommt unten vor. Hier ift wegen der Abſchaf—
fung folcher Liebesmahle und damit verknüpften
Communion zu gedenken, daf zwar damit aufden
Mißbrauch derſelben gefehen worden. Es iſt
aber fehr bedenklich, daß Judas in feiner Epiftel
v. 12. und Paulus ı Cor. ı1, 20. ſchon dieſes
Mißbrauchs ben den Liebesmahlen gedenfen, und
heftig darüber Flagen 2); gleichwol aber deswe—
gen die Sache ſelbſt Feinesweges abgefchaffer ha—
ben. Hätten diefe Apostel zuden Zeiten des Lao—
dicenifchen, Carthaginenfifchen und anderer Con—
cilien gelebet, fo würden fie zwar denen $euten die
Wichtigkeit der Sache mit Nachdruck vorgeſtel⸗
let, und eine Ehrerbietung und behutfamen Ge:
brauch derfelben erwecket, aber nimmermehr eine
folche beilfame Gewohnbeit ganz verworfen haben.
Alleine, fo gieng es gemeiniglich bey dem Anfang
des verderbren Chriſtenthums. Man fahe da
Dy 3 wohl,
k)l.c. 1) Nicephoruslib. VIII. c. 31. et Aa Martyrii eiusap. Baronium A. CCCXI. n. 7. m) Centuriat. Mag-
deb. Cent. II. c. 6. p. or.
n) Ibid. Cent. V.c.6,.p.371. 0) Paulinus Vita Ambr.c.4. p) Sozomenruslib. VII.
€. 5. 9) Concil. Matisconenfec.4. Amalarius Fortunatus lib. Ill. de Eccl. Offic. c. 19. Conf. Cafaubonus Exerc.
XVI.n.z1,fegg. Fr) Iulius Ep. Rom. ap. Gratianum c. Cum omne de Confecrat, dift. 2. s) Vid. Hugo Menar-
dus Not. ad Gregorii lib.de Sacram. Append. p.371. t) Vid. Auctor Confl. Apofl.lib. II. c. 26. III. c.$. et alibi.
in) Augnſin. Serm.de Temp.
x) Concil. Iliberit. 0,28. Carthagin. IV. c. 93. et 94. Ilerdenſe c.13.&c. y) Hono-
rius Auguftodunenjis lib.T.Gemm. Anim.c,29. 2) Vid, Lerinus Comm. in Epift, Judx p. 373. Martinez, Bol-
ducinsaliigue Comment,
”
111
353 2.3. Don der erften Ehriften gemeinem und fonderbarem Bottesdienft.
wohl, wie aus Schuld der Vorfteher und Sehrer
das Volk in erfchreckliche Sicherheit, und dahero
in Mißbrauch aller Ehriftlichen Freyheit gerathen
war, alfo, daß auch die allerbeiten Gebräuche, Ue—
dungen und Sitten, die auch von den Apofteln
ſelbſt geftiftet waren, ganz verfeßrt wurden. Aber
an ſtatt, daß man durch göttliche Weisheit und
Kraft diefe Dinge in ihren vorigen rechten Ge-
brauch und Ordnung wiederum hätte feßen fül-
fen, fienge man an, alles nach einander nritStrumpf
und Stiel auszurotten, und den Gebrauch mit
dem Mipbrauch abzufchaffen, da doch fonft die
Heuchler über denen Dingen, die ihnen anftehen,
zur Befchönung ißresalten Adams fich mit folchem
Unterſcheid wohl zu wehren wiffen. , Es ftehet aber
nicht zu leugnen, wenn man nur ein wenig in fol-
che Zeiten fiehet, daß durch ſolche Abfchaffung der
tiebesmaßle Fein geringer Schade gefchehen, theils
und fürnemlich an der Berfnüpfung und tiebe
der wahren Chriſten, die ja woldurch Ausſchlieſ⸗
fung der Gortlofen hätten ihre Uebungen fortſe⸗
gen koͤnnen: theils auch in gemeiner Verſorgung
der Armen, welche ſodann der Obrigkeit allein,
bliebe, da die Ehriften nad) und nad) von aller
thätigen Lebesbezeigung gegen den Naͤchſten ab-
geführet wurden a).
12. Die folgende Erzehlung von den Ceremo-
nien bey dem Abendmahl felbft iſt nicht auf alle
und jede Zeiten angefehen, fondern nad) denen
dabey angeführten Seribenten zu fhäßen , ob fie
in den allererften Zeiten befannt gewefen oder
nicht. Don dem Kuß der Siebe wollen wir
theils im 18. $. theils im 2. Cap. des 3. Buchs
$.8.u f. handeln. Die Art des Gebets, wie
jie p. 361. u. f. mit allerhand Formuln befehrieben
wird, ift nicht aus den erjten Öemeinen hergenom-
men. Vielmehr aber gilt hier das Bekenntniß
eines fehon unter dem Verfall und Pabſtthum
fhreibenden Autoris, das alfo lautet: “Was wir
„jego mit fo vielen Gefangen und Einfegungen
„ehun, das haben die Apoftel und ihre nächiten
„Nachfolger mit Gebet und der Erinnerung des
„seidens Chrifti, wie er felbit befoblen bat, ſchlecht⸗
„bin und einfaͤltig gethan. Unſere Vorfahren
„gedenfen, daß man Die Meilen (Communion)
„alfo gehalten habe: Man habe -das Gebet des
„HEren zuvor gefprochen, und feines Leldens ge=
„dacht, fodann habe man den Leib und Blut des
„HEren genommen, b), Und ein anderer von
Suffragatur Balth. Stolbergius Di. de Agapis n. vlt. |
3 J Lib. de Reb. Miſſæ c. ı. Tom. VI. Bibl. Pat. p. 710.
gleicher Condition: Die Meſſe ward in dem
„Anfang der Kirchen nicht fo gehalten, wie jetzund.
„Der fel. Bregorius hat nur das Baterunfer da-
„bey zu fprechen befohlen. Und mir fcheiners
„auch fehr ungefchickt zu feyn, daß man ein Ge:
„bet, das etwa ein Gelehrter gemacht Bat, dabey
„fprechen, und das Gebet des HErrn nicht brau⸗
„chen follte. Aber da der Staat der Religionge-
„twachfen, ift auch der Pracht groß mworden,, c),
Freylich waren bey den erften Tpriften feine Ums
ftände in ihrer Andacht, ſowol wegen der unſi—
cheren Zeiten, als auch wegen -ihres brünftigen
Glaubens und nmunterer Liebe, die fie allzeit und
auch bey des HEren Abendmahl hatten. Mad)
gehends, da die Epriften etwas laulich, und end-
lie) gar Falt wurden, hatte man nöthig, bey folchen
und andern Handlungen dem Volke zuzuruffen,
daß fie ihre Herzen zu GOTT erheben foll:
ten; item, beilige Dinge gebörten nur vor
Heilige, u.f. m. wie wir fchon gefehen. Immaſ—
fen ſchon Chryſoſtomus damals öffentlich in der
Gemeine beklagte, “Daß ihrer viel eben unter der
„Stunde der Communion mit Schwaßen und.
„Plaudern ſich aufbielten,, d). Und ein. anderer
befande gleichfalls noͤthig zu erinnern : Wenn ihr
„den Kivchendiener antwortet: Wir Beben un-
„ſere Herzen zu dem HEren: fo fagt es nicht
„nur mit dem Munde, und vagiret etwa indeflen
„doch bey den Sorgen dieſes tebens. Deswer
„gen ift uns ja diefe englifche Gortesgelaßrheit
„übergeben, damit wir in diefem himmliſchen tob-
„gefang mit dem oberen Heer Gemeinfchaft haben
„tollen, e), Wie aud) noch) ein eiferiger Leh—⸗
rer: Was fagft du, o Menfch, daß du dein Herz
„zu dem HErrn gerichtet habeft ? Und was thuſt du
„gteichwoldaben ? Dein Gemuͤth ift auf vergang-
„liche Dinge ohne Scheu gerichtet, und gleichwol
„iprichft du, es fen bey dem HErrn,, f). Auf fol:
che Weife fahen rechtfchaffene Lehrer weiter, als
auf die Aufferlichen Worte, Geſaͤnge, Gebete oder
anderen Pracht der Ceremonien, und forderten
das Herz und den Geift zu folhen Handlungen.
Damit fie denn dem einreiffenden greulichen
operi operato fteuren wollten, da die Leute
(wie noch gefchieht,) bey dem verderbten Chri—
ſtenthum meynten, wenn fie nur vor den Tifch
binträten, alles, was die andern. thäten, aͤuſſer—
lich in groffer Ehrbarfeit mitmachten, fo paßir-
ten fie vor GOtt und Menſchen als gute In
daͤch⸗
b) Walafridus Strabo de Reb. Ecel. c. 22. c) Berno
d) Homil. in Enczniis. e) Cril-
Ius Hierojolymitanus Catech. V. Myftag. f) Anafafıns Sinaita derm. de $. Synax. apud Ioh. Bonam Lib
11. Rer. Liturg. c. 10.
=
15. Cap. Von des ren Abendmahl bey den erften Chriſten. 359
daͤchtige Chriſten. Ja, wer ihnen ihre fo genann-
oe hätte in Sail ziehen oder ftören
wollen, der würde nicht wenig Srüchte eines
boshaften und vergalleten lieblofen Herzens von
ihnen auf einmal haben annehmen müffen, Und
gleichwol Fonnten diefe Heuchler alle fagen, nach
den angeführten Worten der Alten: Mir heben
unfere Herzen zu GOtt!
13. Die alten Seribenten gedenken hiebey des
Scanens, Heiligens Danffagens s): welcyes
durch eiferiges Gebet und Dankfagen zu GOtt
gefchahe, nach der Gnade, die einem jeden zu
der Stunde gegeben ward. Und alſo nennte
man die Abfenderung und Beltimmung der
äufferlichen Elemente *Brods und Weins, inglei-
chen den Gebrauch des Worts daben, eine Hei-
liaung, oder, wie wir reden, Conſecrirung h):
welches nach dem Erempel Chriſti alfo nachge-
machet wurde. So befennet einer auch vor de:
nen — “Mir, die wir dem Schöpfer zu
„gefallen trachten, eflen die dargelegten Brode
„mit Gebet und Danffagung,,i). Nach ſolchem
ward das Brod gebrochen, wie es der HErr IJE—
ſus aud) brach, Matth. 26, 26. Davon gemei-
niglich die Rirchendiener mit den andern auch
ein Theil genoffen, und alfo ihre Gemeinfchaft mit
der ganzen- Gemeine bezeugten; wie es,ein alter
Autor befchreibt k), Das Brod —* denen
Communicanten in die Zaͤnde gegeben; davon
wir viele Denkmahle haben 1), Anderfich A
die alten Lehrer die oder jene Sünde eines Men-
fchen ſchrecklich wollten vorftellen, da fie gedenken,
„twie er gleichwol feine Hände nach der heiligen
„Speife ausgeftrecft,und fie damit empfangen,,m).
Dabin auch gehörte, daß es denen Glaubigen da-
zu ofte gegeben ward, Damit fie es entweder ganz
oder ein Theil mit fich nach Haufe nehmen, und
nach Gefallen gebrauchen Ffonnten rn), WWel-
ches fuͤrnemlich bey den Verfolgungen im
Gebrauch gewefen feyn muß, da man nicht allzeit
g) Iuflinus Apol. II. p.76. 77 Irenans lib. IV. c. 34. etc.
P. II. Exam. p. 262. Dor/ch«
‚Rol. lib. VIII. c. 13.
us Pentadec. dift. VIII.n. 17.
I) Tertullian. lib. II. ad Vxor.c. 5. Eufeb. lib. VI.H.E.c. 42. Chry/of.hom. zı et22.ad An-
mit andern communicirenfonnte. Drum fraget
dorten Tertulfianus eine Chriftliche Frau, die ei⸗
‚nen bendnifchen Mann hatte, wie fie es doch wol-
le machen, wenn ihr Mann willen wollte, “was
„fie doch allzeit vor jedweder Speife Foftete,, 0);
welches nichts anders als aufgehobene Stückgen
von dem Machtmahl waren. Dergleichen Ges
wohnheit andere mehr gedenfen, wie auch von
dem Bein felbft, daß er fey aufgehoben worden p).
Welches beydes Baſilius eine alte Gewohnheit
nennet r), die aber doch durd) etliche Verordnun⸗
gen abaefchaffer ward s); aleichwie es auch her—
nach auffam, daß man das Nachtmahl nicht mehr
in die Hände, fondern alsbals inden Mund gab t).
Und wasdergleichen Umftände mehr waren.
14. Aus vielen andern Umftänden muß ich nur
nod) einen ertwehnen, nemlich die Gefaͤſſe, date
innen Brod und Mein ausgetheilet worden.
Diefe waren nunganz fchlecht, alfo, daß mannoch
zu Hieronymi Zeiten das Brod in einem gemeis
nen und von Holz geflechtenen "Speifeforbe auf:
trug, (woraus abermal die Gröfle des Brods zu
ermeffen ift,) den Wein in einem Glaſe u),
zuvor aber gar in einem hölzernen Becher dar-
reichte x). Wovon in dem päbftifchen Rechte
felbjt eine merfwürdige Rede ſtehet, die ein
Märtyrer, Bonifacius, follgeführet haben, dieſes
Innhalts: Bor diefem brauchten die güldenen
„Priefter hölzerne Kelche, nun Bingegen haben
„die hölzerne Priefter güldene Kelcye,, y)! Da:
bey denn aus dem Concilio Triburienfi geſchloſ⸗
fen wird, “daß man zum Abendmahl Feine glä-
„ferne Gefaͤſſe brauchen ſollte,, z). _Dergleichen
Anordnung hernach unter dem Aneichrift oft
gefchehen, daß man zum wenigſten aus Zinn oder
Silber, oder auch aus Gold die Kelche machen
follte a). Wiewol nun auch etwa unter dem
bedrängten Zuftand der Ehriftenbeit von reichen
Leuten dergleichen Foftbare Gefaͤſſe mögen hierzu
gewiedmet worden ſeyn; fo fieng doch diefe —
on:
h) Augufin.lib. XX. cont. Fauft. c. 13. Conf. Chemnitius _
i) Origenes lib. VIII. adu. Cell. k) Confitut. Apo-
tioch. Bafılius Epift. 289. m) Dionyfiys ap. Eufebium lib. VII. c. 8. Cyprianus Epift.56 et de Lapfis c. 13. et 16. Am-
brofinsad Theodofium Hiß. Tripart. lib. IX. c. 30.de quov. Sandius H. Ecclef. lib. III. p. 368. etalii. n)Cypria-
aus Serm.de Lapf. Ambro/.de obitu Satyrialiique. 0) Lib. II. ad Vx.c.5. p)Gregor. Nazianz.Orat. II. de Gor-
gonia. r)Ep.cit. s) Bal/amon Schol.ad c. 102. Cocil. Trullani : et e Concilio Rothomagenfi Burchardus lib. II.
Decret,c.26. t)Conf. Gerhardns Loc. de Cana n. 169. 170. Dor/chausl.c.n. 34. Gret/erus Not.ad Cantacuzenum
p. 913. u)Epift. 4. ad Ruftic. de vitris folum teftantur et Terzullianus de Pudic. c. 7. Cyprianus Gallus in Vita Cx-
fariilib. I. c. 14. acde Marcifallaciis per calicem pellucidum. Henæus lib.I.c. 9. cum Epiphanio Hxr. 34. x) De
Zephyrino Ep. Rom. hiec lignea tollente Plarina in Vita feribit,et Grarianus cum Binio ad Vitam eius, fed falfo,
indice Spankermio Introd. H. E. Sec. III. p. 735. Contilio Triburienf abrogationem tribuunt Iuo Carnotenfis P. IIL.
Decret c.282. et Eurchardus Wormatienfis lib. III. Deer.c. 223. y) Ineod. Concil. c. ı8. ap. Gratianum Deer.
de Confeer, dift. I. c. 44. et in Catal. Tef. Verit.p.987. 2) l.c. Conf. Duranduslib. I. de Rit. Eccl. c. 11. et I.«.
59. Rinetus Tr. II. Cathol. Orthod. q. 30. Dor/chaus Pentat. Diſſ. VIII.n. 10. a) Conc. Rhemenfe e. 6.
360
fonderlich unter den Chriſtlichen Kayſern und wei-
terhin am meiften an b). Da denn der Ueberfluß
fo überhand nahm, daß auc die Heyden fic) dar—
an fehr ärgerten. Wie alfo ein vornehmer Fay:
ferlicher Minifter, Felix genannt, mit einem an-
dern Groffen einsmals, da er in der Kirche zu An-
tiochia war, und die überfoftbaren Gefäfle fahe,
vor Verwunderung fprach : "Seht doch, mitwas
„vor Föftlichen Sachen dient mandem Sohn Ma-
Fria.! Worüber gewißlich die Chriſten beſchaͤmt
mußten werden, Die einen niedrigen und demuͤthi—
gen Heiland für ihren Meifter befennen woll-
ten. c). Zudem fteher dahin, wie ehrlich und loͤb⸗
lich es zugegangen, daß diefer oder jener güldene
Kelch in die Kirche kommen ift. Ein treuer Leh—
rer zeiget uns deutlich an, wie es etliche gemacht
haben, wenn ev deswegen diefes erinnert: “Laf-
ſet uns diefe Grube des Verderbens fliehen, und
„nicht mennen, es ſey nun genug zur Seligfeit, daß
wir, wein wir Witwen und Wayſen beraubet
„haben, etwa einen güldenen und mit Edelge—
„tteinen verfeßten Kelch opfern. Ach opfere Du
„eine Seele, weswegen Ehriftus ein Opfer wor-
„den ift, und mache diefe gülden! Wenn aber dei-
„ne Seele von Bley iſt, was werden dir die gül»
„denen Gefäfle nuͤtzen? Gewißlich, der Tifch war
„nicht von Silber, noch der Kelch von Gold, dar-
„innen Cheiftus den Juͤngern fein Blut gab,
Und gleichwol war alles dabey Föftlich und ehr-
„würdig, weil es voller Geift war, d). Wor:
aus der fihrecfliche Verderb felbiger Chriften of—
fenbar ift, da fie ganz auf den Aufferlichen Pracht
verfielen, und ihrer unter den Lehrern auch fo we—
nig waren, die das Herz und den Grund ſolcher
greulichen Heuchler unterfuchten; indem es denen
weltgefinnten Kivchendienern gar wohl gefiel,
wenn folche fehöne Gefchenfe den Kirchen ver-
ehret wurden, fie mochten nun mit Recht oder
Unrecht angefchaffet worden feyn. Ja, man erhu-
be noch dazu folche Leute bisin den Himmel, wenn
fie dergleichen Andenfen geftiftet Baften, und
fehämte fich nicht zu lügen, der Kelch, den der
HErr JEſus gebraucht, wäre auch filbern oder
güfden gewefen e). Im übrigen fichet man beym
Tertulliand, daß zuerft auf ſolchen gläfernen
Kelchen das Bid Chriſti geftanden habe, da
er als ein auter Hirte vorgeftellet worden, welches
man auch auf andere Sachen zu fegen pflegte f).
2. 3. Don der erften Ehriften gemeinem und fonderbarem Bottesdienf.
15. Untermährender Communion hat man ohne
Zweifel fchöne Pfalmen gefungen, welches fonder-
lich die Scribenten von dem 23. und 34ften Davids
verfichern, item, dem 42.103. und 145.8). Und die⸗
fes darum, damit eine jede Seele dDabey zum Ge⸗
daͤchtniß des Todes IEſu Chriſti, ihres Hirten
und Bifchofs, erwecket würde, welchen fie dabey
verfündigten, nach dem Flaren Befehl $uc, 22,19.
1Cor. ı1, 26. Dahero beſchrieben auch Die erften
Epriften diefe Handlung nicht anders,alsdurch eine
folche Dankfagung, damit fie den vornehmften
Zweck des Abendmahls andeuteten, welches die
danfbare Erinnerung der Liebe und Wohlthaten
JEſu Ehrifti feyn ſollte. Dem —— uͤnter
„den Bruͤdern (ſchreibet einer auch an die Heyden,)
„wird Brod und ein Becher mit Wein und Waſſer
„gereichet. Dieſes nimmt er an, und opfert dem
„Vater aller Dinge Lob und Preis, durch den
„Namen des Sohnes und des Heil. Geiſtes, und
„thut alfo eine lange Dankfagung dafür, daß
„er uns feiner Gaben gewürdiger hat: Nachdem
„er nun das Gebet und Dankſagung vollbracht
„hat, fo ſtimmet das ganze Volk mit freudigen
Zuruffen ein, und fpricht: Amen,, b)! Andere
gedenfen nicht weniger der «Worte der Anruf
„fung, die bey der Darreichung des Brods, der
»Dankfagung, und des gefegneten- Kelchs ge—
„fprochen worden,,, und daß man nicht ‘bey de-
nen berubet, die beyden Evangeliften und Apofteln
ftehen i).,. ie nennten das Segnen eine
Dantfaguna, einen Schatz aller aöttlichen
Guͤte. Mir verfündigen (fchreiben fie,) die
„unzähligen Wohlthaten GDttes über dem Kelch.
„Sodann £reten wir Binzu, und eflen das
„Brod des Herrn, und fagen Danf, daß er
„die Menfchen von dem Irrthum erlöfet hat, daß
„er ung zu feinen Brüdern und Miterben gema-
„chet Bat, da wir Feine Hoffnung batten, und
„gottlos in der Welt waren,, k), Und fp ver
mahneten fie aud) einander bey dieſer Handlung
treulich: “Bedenke, was die Apoftel gethan ha=
„ben, da fie des HErrn Tifches find theilhaftig
worden! Haben fie fic) nicht zum Gebet gefeh-
„ret, und Pfalmen abgefungen? Hort du nicht,
„wie die drey taufend, die an dieſem Tifch gegeffen
„und gefrunfen hatten, am Gebet und an der
„sehre ſtets beharret find, 1)? Und von diefem
vor⸗
b) Vid. Auguſtinus lib. III. cont. Crefcon. c. 29. Anaftafsus Bibliothecarius in Vita Sylueflri. Gregorius Turonenfts
de Glor. Martyr. c.38.
Bedalib. de LocisS. c. 2. et exeo Baronius A. XXXIV.n. 63.
c) Tbeodorituslib. III.H. E. c. II. 12.
d) Chryfoftomus hom. zı. in Matth. e) Sie
f) Lib. de Pudic. c. 7. vbi vid. Pamelius p. 718.
g) Dionyfins Hier. Eccl. c. 3. Cyrillus Hierofolym. Catech. III. Myftag. Pfeudo-Clemens in Liturg. h) Iu-
flinus Ap. II. p. 96. et 97. 1) Bafılins M. de Spir. S. c. 27. k) Chryfoffomus hom. 24. in ı Cor. 1) Idem
ibid.
IT EUER
®
.
r
/ yi* 15: Cap.
nAbfehen des Abendmapls hieß nun
diefe Handlung fürnemlich sine Dandfagung ,
(Euchariftia, Jwelcher Name fo ofte bey den Als
ten vorfommt; ob wolnicht zu leugnen ſtehet, daß
die Umſtaͤnde der Worte kiar machen muͤſſen,
ob, und wo diefer Name das Abendmahl eigent:
lich bedeutet: dergleichen fonderlich beym Igna⸗
tio m) und andern zu merken wären). Alſo
fihreibet Jrenäus Flar: «Das irdiſche Brod, da-
„zu die Anruffung GOttes kommt, iſt nun nicht
„mehr gemein’Brod,fondern eine Dankfagung»o).
Und Ehrpfoftomus: "Das ehrwuͤrdige und heil⸗
„ſame Geheimniß, das wir bey aller Verſamm—
„lung der Gemeine haben, heißt euxagısia
an ksung, weil es eine Erinnerung vie⸗
„tier Wohlthaten iſt, und den Anfang felbft der
aaa ecpen Güte gegen uns zeiget, und uns ver-
„bindet, ihm allzeit den fihuldigen Dank abzu-
„ſtatten p).
16. Aus dieſen Bezeigungen der erften Ehri-
ften folgte ferner das felige und freudige Anden:
Een ihres HEren und Meifters ‚und aller feiner
Wohlthaten, oder vielmehr war es unzertrenn:
lich mic folcher herzlichen Dankſagung verknuͤpfet.
„Die Chriſten, (Biefle es,) Bielten das Gedächtniß
„des Todes CHrifti in der heiligen Darbringung
„und Genieflung des teibes und Blutes Chri—
„ſti q) . Wir thun alles zum ORDER des
„HEren: Wir opfern nicht immer andere Opfer,
„wie der Hohepriefter, fondern wir thun einerley,
„dabey wir uns des einen Opfers erinnern „r).
Zu dem Ende pflegten die erſten Chriſten einan-
der diefes alles bey diefer Handlung zu Gemuͤthe
zu führen, wie fie abermal vor den Heyden nicht
leugneten s). Und damit bezeugten fie öffentlich,
wie fie mit EHrifto vereiniget waren, und durch
folche Fraftige Erinnerung feiner Liebe immer mehr
und genauer mit ihm im Glauben verbunden
würden cd), pn welchen Befenntniffen die wah-
ren Kinder GOttes an den Tag legten, mie fte
bereits mit ihrem Vater im Himmel verföhner,
‚Don des ren Abendmahl bey den erften Chriften.
— — —
361
vor ihm gerecht und heilig waͤren in dem lebendi⸗
gen Glauben an CHriſtum. Dahero ſie den Leib,
der für fie getoͤdtet worden, und das für fie ver»
offene Blut, fo ihnen zur Vergebung ihrer
Suͤnden geholfen hätte, eben zur Erinnerung ihrer
empfangenen Gerechtigkeit genoffen. Welcher
Gnade fich Fein muthwilliger Suͤnder anzuneh-
men batte, in der Einbildung, als wiederführe
ihm Vergebung der Sünden, fo ofter zum Abend⸗
mahl gienge, da er doch feinen Glauben und Buſſe
mirbrachte , und gleichwol ohne diefelben weder
vor, noc) in dem Abendmahl gerecht werden konn⸗
te. Vielmehr aſſe und trank ihm ein jeder Gottlo-
fer und Heuchler nur ſelbſt das Gericht dabey, un:
geachf er meynte, es ware mit dem bloffen auffer-
lichen Eſſen und Trinken ausgerichtet. Dazudie
Laulichkeit der Lehrer abermal ben dem Berfallein
groffes beytrug, welche die Aufferliche Handlung fo
fehr erhuben, und daran allesbängten, oßnegrund:
liche Befchreibung und Ermahnung, wie das Herz
daben befchaffen feyn müffe: welches wir gewißlich
bey den wenigften $ehrern der folgenden Zeiten
nach dem Sinn des HErrn finden. In der reis
nen und lautern Kirche ließ man niemals unerins
nert, wie man dazu das Nachtmahl genieffen füll«
te, “Damit man fein geben in einem lautern Gehor⸗
„am anftellen, und den alten Menfchen mit fei:
„ner Art und Wefen auszichen, hingegen alles in
„einem neuen geben thun möchte,,). Aus wel—⸗
chem Grunde auch die öffentlichen Sünder und
Unglaubigen nicht dazu gelaffen wurden. Von
der Communion aber derer Sterbenden liefert
man, nad) der allgemeinen Einftimmung der Ges
lehrten, in den erſten vierhundert Jahren nicht das
geringfte x). Der Apoftel Jacobus gibt zwar
unterfchiedene Rathſchlaͤge, was man mit Kran:
fen anfangen folle, aber gedenket des Abendmahls
mit Feinem Worte, ac. 5,14.15. Andere Scri-
benten viel weniger, da fie deffen Gebrauch auf
die in der Schrift benennen Abfichten alleine füß:
ven, welche waren, die Dankfagung und Vorbin⸗
3 dung
m) Is in Epifl. ad Philad. feribit: omadalere wi2- Euxagısla xenval , vbi vetus Interpres
male: Gratiarum Adionem conuertit, quod
Sınyen. defunt Verba in Pfeudo -Ignatio:
entia verba oftendunt.
UxXagisios nal WEOTEUXNS AMExXoVToi. citata tamen a
Vid. Pferii editio. Atin Ep. ad
Theodorito in Dial. III. qui Ara Is dicitur, qua ande Coena S. loquantur, N. L.Genuina tamen agnofcunt
Is. Voffiss in Not. p. 260, et ipfe Sche//ffrarius P. il. Antiq. Ulufr, dim TIL. c.4.
n) Grxci Scriptores pasfim
promifceue vfürpant iam pro Cana S. iam pro alio gratitudinis in Deum adtu. Sed aperte Iuflinus L c.
c 2 ⸗ g - u: te, ’ 95
nreodn m nur EUXALISÜ,
Origenes VII. e. Cell. es} za} auußoAov
Hay TNS mass rev @edy Euyapısiac, dor@ ev agısia aargmev@-. Add. Conc. Nicen, c. 18.
Clemens Alex. Strom. lib. I. p, 271. et 1b, — Chen. hom. 25. in Er 0) Lib. IV. c.34. —
16. in Matth. q) Augu/lin. Lib. XX. cont. Faufl. c. 18. r) Chryfoft.hom. 17.inEbr. s) Itadiferte Gerhard.Loc.
de Cana S. p. 215. Chemnit. P. II. Exam.p. 126. t) Clemens Alex. Strom.lib. I. P: 292. u) Alcimus Auitus lib. V.
P-413. X) Dallenslib. VI.de Cultu Lat. Relig.c. 3. Spanh. Introd. H. E. Sec. IV. P. 111. Quenfedius Antiqu, Eccl.
A 6—
362
dung der Siebe unter einander, Es fcheinet aber
hernach diefe Gewohnheit, ven Sterbenden das
Nachtmahl zu reichen, daher gefommen zu feyn,
weil man es denenjenigen Kranken nicht verfagen
wollte, die einer Sünde halben in der Buſſe ftun:
den, und gleichtwel vor ihrem Ende mit der Ge-
meine wiederum verſoͤhnt und vereinigt ſeyn woll⸗
ten, welches fie durd) diefe Nieffung anzeigten y).
And dis mag der Urfprung derjenigen Lobfprüche
feyn, die man nachmals dem Nachtmahl beygele-
get hat, daß es follte ein Viaticum ( reAeuradov
EPadıov) oderZehrpfennig heiſſen, welches bey dem
angehenden Verfall häufig von denen Sterben:
den gefordert ward z), da zuvor allein diebüffenden
Sünder es alfo nahmen ‚nicht aber Die in volligem
Ölauben und Liebe ftehenden Heiligen. Sa, es
ward unter dem Antichrift ausorticklich befohlen,
„der Priefter follte allzeit das Nachtmahl fertig
„haben für Kinder und andere, wenn fie jähling
„krank wuͤrden, a). Anfangs aber, da diefe Ge-
wohnheit angieng, ſetzte mandoch, daß die Com:
municanten zupor wohl follten geprüfet werden, und
fonft nicht des Nachtmahls theilhaftig ſeyn db): un:
geacht man feinen leichelich, oßnedie Verſoͤhnung
mit der Gemeine fterben lieflec).
17. Eine von den fürnehmften Bedeutungen
und Wirkungen diefes Mahls war die genauere
Bereinigung der Glaubigen unter einander, wel⸗
che fie aus ı Cor. 10,17. alfo befchrieben: “Wenn der
„HErr das Brod feinen Leib nennt, welches von
„der Zufammenfegung vieler Körner gemacht ift,
„fo zeiget er Damit an, wie unfere Gemeine verei-
„niget ſey. Wenn er auch den Wein. fein Blut
„nennet, welches von vielen Trauben und Bee:
„ren ausgepreffee ift, Kat es eben die Bedeu:
sfung,d). Dabey fie denn immer deſſen fi) und
andere erinnerten, wie fie alle eines Brods und
eines Weins theilkaftig würden e), und dahero
° wahrhaftig unter einander als Brüder und Schwe⸗
ſtern vor dem HEren leben ſollten). Wohin
fie auch mit dem Worte Communion, oder
2.3. Don der erften Ehriften gemeinem und fonderbarem Botteodienft.
— .
4
Gemeinſchaft, zielten, welches fie nicht allein
nad) Pauli Sinn brauchten, ı Cor. 10, 16. fondern
aud) davon , “daß ihrer viel eines Mahls mit
„einander theilbaftig wuͤrden, g), und welche nicht
dazu kommen durften, auch vonder Gemeinfchaft
der Heiligen und Brüderfihaft ausgefchloffen mas
venh); Geftalt man auch fonderlid) Diejenigen
alle von der Gemeinfchaft abhielte, welche in?
Zank und Widerwillen mit ihrem Nächften les
beten iy: Dabey vedliche Seelforger ofte in fol-
genden Zeiten Elagten, nie die Bofen ihren Brüs
„ern nachftelleten, mit denen fie Doch fo ofte an
„einem Tiſch des HEren gemwefen wären. K),
opoQuNss ndı cmorgumelss)i). Dagegen
Eonnten fie die füffe Berbindung derer geheiligten
Herzen unter einander, welche fie bey dieſem
Mahl ftifteten oder erneuerten, nicht genugfam bes
ſchreiben: indem fienicht eine bloffe Stärkung des
Glaubens dabey, nach Art der Heuchler, im Mun⸗
de hatten, fordern denfelben wirflic) und alsbald
durch Die Liebe thätig ſeyn lieſſen. Woraus aud)
dei der Unferfcheid Elar wird unter denen erften
hriſten, die allegeit in lebendigem Glauben und
völliger Liebe ftunden, und unter vielen folgenden,
weldye nur aus Heucheley oder Gewohnheit, ober
gefeglichem Zwang binzugiengen. Bon jenen bieffe
eswahrbaftig: "Ein Brod ift das Geheimniß der
„Einigkeit m): Wie nun jenes einsift, was man
„empfängt, alfo find fie auch eins, indem fie einen
„Glauben behalten, eine Hoffnung, und eine unzer=
„erennliche Sieben). Dis ift das Geheimniß des
„Friedens und der Eintracht, welches auf dem Tiſch
„geheiliget wirdo): Und niemand wird in diefe fo ſuͤſ⸗
„ie Speife Galle mengen,als ein Widerfprecher des
„Cvangelii,Pp). Bon denen dazu angeftellten Lie⸗
besmahlen haben wir ſchon gehört, wie auch von de=
nen geſegneten Broden, die fie einander zumZeichen
dersiebe undEinigkeit zugefchickt haben g). Die Par⸗
ticulargewohnbeit dererÖriechifchen®emeinen will
ich auch nicht groß berüßren, da fie einander vor dem
Abendmahl zur Berföhnung und tiebe ermahnetr),
welches
y) Con. Nicen.c.12. Araujican. c.13. Carthagin. IV. c.77.98. Aurelian. III. c. 6. Arelatenf.11..28.etc. 2) Oontil.
Nicen.et Carthagin. 1|.ce. quod tamen a Communione diftingui vult. Albaſp.
a) Capitul. Conc. M. lib. I.e. 161.
lib. II. deExtr. Vnct. c. 3.
lib, I. Ob£. II. quo conf. Dalleus
b) Conc. Nicen. l c. KET% ÖommaTias.
c) Synefius Epift, 67. ad Theophilum: Mndels idamoIaycı dederuev@- Euol , de Lamponiano quodam,
d) Cyprianus Ep. 5. ad Magnum. i
go. in Matth. Rabanus Maurus Comin. in Matth. 23.
e) Theodoritus Dial. I. Metrophanes Conf.Ecel.Gr.c.9. f) Chryfoß.hom.
g) Metrophanes. c. Chryſoſtom. hom. 60. ad Antioch.
hom. 27. in ı Cor. Ifrdorus Peluſiota lib. 1. ep. 228. Cyrilins Alexandr. lib. X. in Ioh. c.3. ‚Pachymeres Schol. ad
Dionyf. Hier. Eccl.c.3. Conf. Dufrefnius Glofar. Gr. v.rovwvid.
Alexandr.Refp. Can. Tom. 1. Synodizi p. 167. vbi vid. Balfamon. 2
lib. V.ep. 85. Origenes Comm.ad Matth.26.. 1) Theodoritus lib.I.H.E.c.6. m)Auguflin. Ep. 50.
0) Idem l. c. Conf. Chry/aftom. hom. de Laude Deierhom.r.
de Iudalfchar, p) Comm.inPf,69. 9) Vid.fupr. r) Chriftophorus Angelus de Rit, Græc. c. 2.
Ser. ad Infantes ad altare de Sacram. Tom. X.
h) "Axowaygrag vocat Timorheus
k) Ifidorus Peluf.
n) Idem
1) Conr. Antiochen. C.2.
—
8*
*
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4 ©
ns Cap. Von dee HEren Abendmahl bey den erften Chriften,
welches wir oben von denen —* auch ſchon erfah⸗
ren haben. Sondern ic) will nur des Ruffes der
Liebe hiebey kuͤrzlich gedenken, den fie einander bey
dem Nachtmahl gaben. Der Herr Eave berichtet
recht, daß ſie es vor und nachdemfelben gethan, p.
360. 366. Bordem Abendmahl erinnerte fie der
Kirchendiener felbjt mit die orten: Faſſet und
“Füffer euch unter einander s)!
A a x
sife aber, fich unter einander bey
dem Nachtmaßl zu Eüffen, Fam von denen Apo-
ſteln Ber, welche fo gar ofte dazu vermahnen, als
wir unten ausf ıbelich erkennen werden bey der
erften Ehriften Liebe. Diefen Kuß aber bey dem
Tifch des HErrn bieffen fie vornemlich den Ruß
des Friedens t), den heiligen Bruß, (doma-
- 2v,) Damit fie einander in dem HErrn grüffe:
ten und Füßen). Davonredet nun ſchon Ju-
ſtinus, und ſcheuet fich gar nicht, es denen Hey:
den Fund zu thun: “Mach geendigtem Gebet
„(fpricht er, ) griffen wir uns unter einander mit
„einem Ruß. Alsdenn wird dem Vorjteher das
„Brod dargereicht, u. ſ. w. x). Und ein anderer
Scribente: “Aus den Km der Apoftel ift die
„Gewohnheit der Gemeine übergeben tworden,daß
„die Brüder nad) dem Gebet einander mit einem
Kuß empfangen,,y). Wiederum in folgenden Zei⸗
ten fagt ein anderer zu feinen Zußörern: “hr
„wiſſet wohl, die ihr der Geheimniſſe ſeyd theilhaftig
„worden, was geſagt wird. Unſer Mund hat keine
„geringe Ehre erlangt, wenn er den Leib Chriſti
„ernpfangt : rg füffen wir uns vornemlich
„dabey)· Andaberinal: “Deswegen Füffet ei:
„ner den andern bey dem Abendmahl, damit aus
„vielen einer werden moͤge „a) . Wie auch noc)
ein berühmter Sehrer davon feine Schüler unterwei⸗
fer: Wenn der Diaconus ruffer: Umfaſſet und
„eüffer euch unter einander! fo geben wir auch ein:
„ander da vornemlich einen Kuß. Diefer Kuß
„verbindet die Herzen unter ſich felbft, und ver-
„ſpricht ihnen die Berfohnung alles Böfen,, b).
Darausdenn der heilige Endzweck diefes Küffens
offenbar iſt, welcher war die Berföhnung und Ber:
Enüpfung der Brüder unter einander zu unge:
faͤrbter Liebe, bey der fo füffen und fräftigen Erin:
nerung der allgemeinen Liebe und Vergebung
CHriſti, die er ihnen allen gegeben hatte. An ei:
) Confitut.
de Compundt. c. 3.
y) Origenes Comm. in Rom. XVI. 16.
" b) Gyrillus Bierofohym.1.c.
lib. III. Hift. c. 14
.
Apoftol, lib. VIII. c.ın. et Cyröllus
u) Id. ib, et hom. 77. in Ioh. Metrophanes l. c.
z) Chryfoflomus hom. 30. in 2. Cor.
c) Concil, Laodic, 6, 19. d) Chryfofl. hom. 28. adAntioch, e) Greg, Turonenf,
363
nigen Orten nennte man diefes den Frieden ge:
ben, weldyes auch in denen Conciliis angeordnet
war c), Hiernaͤchſt ward aber auch diefes damit,
und insgemein mit dergleichen Gemeinſchaft an⸗
gezeiget, Daß die Brüder vor GOtt in dem Ges
nuß feiner Gaben alle. einander gleich wären.
„Denn(fagten fie,) CHriftus wuͤrdigt einen jeden,
„u feinem Tifch zu beruffen, und diefes Mahl zu
„geben, da kommt herzu der Bettler, Lahme und
„Kranke, mit dem ungen, Reichen und in Pur
„pur und Kronen Prangenden, und wird diefes
„Tiſches theilhaftig. Und fiche, fie genieffen alle
„deſſelben, und iſt da Fein Unterfcheid,,d). Won
welcher Gleichheit insgemein zu reden im 3. Buch
Gap. 4. Gelegenheit feyn wird. Hier erinnere
mich nur noch des bernach gemachten Unterfcheids
bey dem Berfallder Kirchen, da manausdrücklic)
findet, daß die Könige unter denen Gothen aus
einem andern Keld) communiciret Haben, alsdie
——— Leute e): welches mit der Einfalt, Niedrig⸗
eit und Gleichheit der erſten Chriſten im geringſten
nicht uͤberein kam.
19, Dieſes waren nun die gewiſſen Früchte
folcher Uebung bey denen Glaubigen, wenn fie
in Einfale ihres Herzens, aus Gehorfam gegen
des HEren Worte folches verrichteren. Da Bin-
gegen bey Aberglaubifchen oder gar Unglaubiz
gen und Gortlofen Fein Mugen, fondern das
Gerichte gewiß erfolgen kann, nach dem Elaren
Urtheil ıCor. ir, 27.29. Welches auch von al:
lem andern unvechten Gebrauch wahr ift , den
wir nun feßen wollen , nicht zwar nach allen
Mienfchenerfindungen und Satzungen oder
Mipbräuchen, die bis dato dabey vorgegangen
find, fondern nur nach einigen, die in den alten
Zeiten auffamen. Derallergröffefte Mißbrauch
fand fich wol nach dem erften und lauteron Chris
ftenehum darinnen, daß man nicht mehr, wie
zuvor , fo ernfllih, genau und forgfältig einen
Linterfcheid unter Frommen und Böfen oder
Heuchlern machte, noch diefe mehr aus der Ge—
meine, und alfo aud) von der Communion aus—
ſchlieſſen wollte. Wir haben droben ſchon ſchwe—
ve Klagen redlicher Scribenten darüber ver—
nommen, welche die Gefahr der Kirchendie—
ner hiebey ſehr groß machen, gleichwie fie auch
352 wahr:
Hierofolym. Cat. V. Nyſt. t) Chryfoffomus lib.
x) Apolog. II. p. 96.
a) Homil. 31. ad Antioch.
J
4
8
Wohlthaten.
364
wahrhaftig nicht groß genug kann vorgeſtellet
werden. Immaſſen denn die Theologi vorlaͤngſt
dieſes mit unter den Goͤtzendienſt gerechnet ha—
ben, da man mit dem bloſſen aͤuſſerlichen Werk,
ohne vorhergehende gaͤnzliche Bekehrung zu
Gſ, die Gnade vermeynet zu erlangen, und
allesin der Kirche mitmachet, was nur dem alten
Adam zum Deckmantel feiner Heucheley dienen
kann. Als wenn nemlich der HERR, der Alfe-
hende und Gerechte, ſich Damit blenden lieffe, und
verbunden wäre, feine Gnade und Berheiffun-
gen allen zu fehenfen, die ſolche Zeichen lien
Aufferlich genöffen, ohne Abficht auf eine lebendi—
ge Ergreifung und Wirfung afler folcher theuren
Und hierwider haben die lieben
Alten, befagter maffen, auf das aufferfte_geeifert,
wenn die verfallenen Ehriften nun ihre Wohlfahrt
und Seligfeit in ſolchem Aufferlichen Werfe fuch-
ten, und doch niemals, wegen Mangels herzli-
cher Bufle, Frieden in ihren Gewiffen , Liebe zu
dem Nächiten, Freude in dem Heil. Geift und
andere Früchte des wahren Glaubens funden.
Das machte, fie Bielten nicht mehr, wie ihre
Borfahren, des ZErrn Abendmaͤhl, fondern
ein jeglicher Bielte fein eigen Abendmahl für
fib, wie Paulus redet ı Cor. ır, 20. 21. das iſt, ob-
ne herzliche Erhebung und Bekehrung zu GOtt,
ohne wahre Liebe und Bereinigung mit den andern,
ohne Demuth, ohne Berleugnung und Aufopfe-
rung ihrer felbft. Und dahero ward nun die
Welt voll Heuchler und Maulchriften, die immer
zu gewiffen Zeiten das Abendmahl hielten, und
dennoch nicht um ein Haar frömmer wurden, als
zuvor. Sie meynten, da würden fie mit Chriſto
vereiniget, von dem fie doch in einem unbußfer-
tigen Wandel fic) ftündlich mehr entferneten. Ihr
Geiſt follte mit dem Fleiſch und Blut Chriſtige⸗
fpeifee und ernaͤhret werden, da fie doch Fleiſchliche
waren, die feinen Geift hatten. Und in Sum—
ma, tie wir ben der Taufe die verkehrte Arc der
verderbten Ehriften geſehen, alſo ift fie auch bey
dem Abendmahl offenbar.
20. Als die erften Ehriftenden Tod des HErrn
täglich verfündigeen, und nicht nur im Nachtmahl,
fondern auch mit ihrer Marter und Tod GITT
zu preifen bereit waren, da ward auch der Wille
Deffelben herrlich erfüllt. Aber, da die erfte Liebe
nach und nad) verlaffen ward, und die Leute fonft
nichts mehr aus einem freywilligen Geift thaten,
fiehe, dahalf auch aller Befehl und Zwang , den
2. 3. Don der erften Chriften gemeinem und fonderbarem Gotteodienſt.
”-..
= —*
man wegen des Abendmahls verſuchte, ſo gar we⸗
nig, daß hingegen nur mehr Heuchler wurden, und
auch hierinnen ein merklicher Mißbrauch verbor-
gen lag. Ein befannter $ehrer gibt diefen herrli=
den Kath, daß die Kirchendiener die Leute nicht
zum Sacrament zwingen follen, fondern vielmehr
alfo weislich ehren, daß fie ohne Geſetze, allein
von ihrem Willen gezwungen, fommen, und e8
verlangen). Diefes fhaten aud) die, fo recht⸗
fchaffen waren , und fanden mehr Gehorfam, Treu
und Liebe bey ihren Zuhörern, als wenn fie mit
allem Bann und Drohungen fie dazu zu zwingen
gefucher hätten. Das Coneilium zu Antiochia, fo
“* Fa —
y
“
Hr. Cavep. 353. anfuͤhrt, will zwar diejenigen von 7 -
der Gemeine ausgefehloffen wiſſen, welche in die
Gemeine famen, und doch nicht mic derfelben bes
ten, oder das Abendmahl nicht mit genieffen woll⸗
ten: aber es feßet doc) mit groſſem Bedacht dazu,
wenn fie es in verfehrter Unordnung thaͤten
(ara la draktav). Gleichwie auch andere
Kirchenfagungen die Leute dahin anhielten, daß fie
ofte communiciren follten, ohne fo gar genaue Ein-
fohränfung und Beftimmung der Zeit: dahin auch
Zonaras eben gedachten Canonem mit erfläret,
nebenft andern aus dem Concilio zu Sardis und
Eonftantinopel g). Alleine, bey dem Anfangdes
Berfalls, nahmen fonderlich die römifchen Bis
fchöffe ihnen Diefes heraus, daß fie die Leute an ge=
miffe Zeiten banden, da fie communiciren follten ;
wie alfo Sabianus anfeßte, die drey Fefte, Dftern,
Pfinaften und Weyhnachten, “als wenn nemlich
„die Genieffung des Abendmahls an gewiffe Zeiten
„müßte gebunden werden, ; wie ein later wohl da⸗
von urtheilt h), der auch ſonſt eines andern Concilii
Satzung fo weit nur zulaͤßig achtet, “daß ein Chri⸗
„ſte auch bey einemandern Lehrer, oder mit einer
„andern Gemeine communiciren fönne, wenn nur
„aute Ordnung behalten würde. Es müffe aber alle
Tyranney der Elerifey über die Gemeine ferne
„ſeyn '), und ja niemand mit Strafen ‚ fondern mit
„Vermahnungen und guten Gründen jur Com:
„munion gebracht werden,,Kk), Dem ungeachtet
wollten die, fo einmal über das Volk hereſcheten,
mit lauter Bann und Grafen dazu‘ treiben.
Da erdichtete man denen erften fremmen Bi-
fehöffen Briefe an, als wenn fie eben folche Ty-
ranney getrieben hätten , und fchriebe Darein :
„Wer nicht ausder Gemeine wollte geftoffen ſeyn,
„der follte communiciren!), Die Erwachfonen
„follten alle Jahre einmal an Oſtern zum Nacht-
‚mahl
f) Catech. Min. Lutheri in prxf. fine. g)Schol.ad Can. 9. Apofol. h) Ofander Cent. III.H.E. lib.IK. *
*
i) Id. Cent. IV. lib. II.c. 28.ade. 7. Concil. Carthagin.I. k) Ibid.Eent. V.lib.I.c. 8.adc.3. Concil. Tolera, ?
I) Epiftola3. Anaclero fuppofita p.38-
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15. Cap. Don des ZiEren Abendmahl bey den erften Chriften
„mal fommen,, m): dazu audjeinanderer Pabft, heit ausdrücklich 2), und lange hernach andere
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365
‚nnoeentius der Dritte, Die Beichte feste. Auf Scribenten a), alfo, daß fie auch noch die Ehri-
denen neueren Eonciliis wollte man gleichfalls Ba:
ben, “der follte vor feinen Eatholifchen Ehriften
„paßiren, welcher des Jahrs nicht dreymal com
„municitte, n). Davon auch andere privatim
fehrieben: "Niemand fomme insewige Leben, der
„nicht den $eib und Be, nemlic) im Sa-
„erament, empfange», welches fie aus den Wor—⸗
ten Ehrifti Joh. 6, 53. beweifen wollten, da von
der geiftlichen Nieſſung geredet wird 0). Ja, es
Fam fo weit, daß auch diejenigen, welche vor En-
digung der Com̃union ausder Kirchen etwa giengen,
„mitdem Berräther Juda zugleich verdammt fenn
„follten,,„p). Und was dergleichen mehr vorgieng.
* or. Aus der Meynung, von der abfoluten Noth⸗
wendigfeit des Abendmahls zur Seligkeit, ent:
ftunde auch diefer Mifbraud), daß man auch de:
nen Todten daffelbe noch wol zu geben fein Be—
denfen truge. Davon viele zeugen, daß es gar
ein alter Gebrauch geweſen q), 6b es mol viel:
mehr ein groffer Mifbrauch war r), den die von
Herrn Cave angeführte Urfache p. 349. nicht
entfchuldigen kann, weil.es wider die Abficht die
fer Einfeßung lief. Deswegen auch die Concilia
es bald abgefchaffer haben s). Eben fo verfehrt
machte man es auch einften, da man den Eleinen
unmündigen Kindern das Nachtmahl reichte, wel:
ches zwar der Herr Cave — p. 364. mit in
die erſte Zeiten ſetzet, aber ohne Beweis: der Herr
Spanhem haͤlt vielmehr vor gewiß, daß kaͤum
in dem andern Jahrhundert Die Kinder dazu be—
ſtimmet werden, indem man weder bey Juſtino
noch Tertulliano etwas davon lefe +). Geſtalt
denn auch die Sgche an fich felbft foungereimt iſt,
daß die römifchen Scribenten ſelbſt fie niche bil:
ligen Fönnen v). Es läßt fich aber faft muthmaf-
5 daß fie eben mit der Taufe der Kinder ihren
nfang genommen habe, alldieweil fie die Seri:
benten allezeit an jene hängen, und gedenken, wie
man denen Kindern gleich nach der Taufe das
Abendmahl auch gegeben habe x); fogar, daß
fie auch nicht eher andere Speife genieflen duͤr—
fen y). Anguſtinuo gedenfer diefer Gewohn⸗
= Nomscanone eiusdem Tom. J. p. 132.
) Zephyrinusl. c. fupra, Confi Prbanus Regins Loc. Theol. p. 64.
"
ften in Nethiopien follen behalten haben b), der
gleichen ein berühmter Autor von denen Ruſſen
verfichern will c).
22. Bon der fogenannten Layencommunion wird _
unten vielleicht zu vedenZeit ſeyn. Noch viel ein greu⸗
licherer Mißbrauch gieng mit dem Abendmahl faſt
ſchon im fechften Seculo und weiterhin vor, da man
daffelbe zum Zeugniß feiner Unfchuld zu nehmen
pflegte. Und diefes that nicht etwa dasgemeine Volk
vor fich, wie es etwa noch bey der groflen Finfterniß
gefchehen mag, fondern die Eleriſey beftätigte diefen
Greuel mit ihrer Autorität in öffentlichen Berfamm-
lungen, und zoge es nur auf Kirchendiener; welches
beydesunanftändig ward). Wiewol zuvor einige
aus Unwiſſenheit oder Aberglauben andere bey dem
Abendmahl zu beſchwoͤren pflegten e). Auf diefe
Weife aber konnte fich ein jeder gewiſſenloſer und
atheiftifcher Böfewicht los machen von allerStrafe,
wenn er das Abendmahl darauf zu nehmen fich ver:
maß; wie dergleichen von dem berüchtigren Pabft
Hildebrand gewiß ift f). So fieng man auch fon
im vierten Seculo an, nächft dem, Daß man das
Abendmahl denen Todten gab, auch daflelbe gar
ihnen mit in den Sarg zu geben, weiß nicht aus
was vor aberglaubifchen Abfichten g). Bey ans
dern dergleichen ungegeünderen Vornehmen will
ich mid) nicht aufhalten.
23. Die erſten Chriſten wußten durch dasticht des
Geiftes GOttes die Einfeßung ihres HErin und
Meifters beilfamlich zu gebrauchen, und verfielen
bey ihrem lauteren Glauben auf £eine aberglaubifihe
oder gar abgoͤttiſche Mißbraͤuche bey dieſer Hand⸗
lung, wie hernach unter dem Antichriſt, und in denen
roͤmiſchen Kirchen geſchehen: Sie hielten fie auch an
den liebreichen Willen des HErrn, und waren mit
dem zufrieden, was er ihnen geben wollte. Konnten
fie fein Gedaͤchtniß alſo mit einander in der tiebe be⸗
gehen, fothaten fie es mit areflen Freuden ; wurden
fie durch die Feinde oder andere Zufälledaran gehin⸗
dert, fo waren fie auch ruhig, wiſſende, daß ihnen der
HErr von einer geiftlichen Nieffung unausfprechli-
he Berkeiffungen gethan hatte, Job. 6. Daran
333 bielten
n) Concil. Agathenfe c. 18. 0) Epiftola
ominici Patriarchx ad Petrum Antiochenum ap. Coteler. Tom. II. Monum Gr. p. ıı1. p) Can. 408. in
q) Balfamon et Zonaras Schol. ad «,83. Concil. Trull.
r) Hifl. Ecel.
Gohana lib. TI. c. 3. dect. 4. n. 3. Panhemius Introd. H. ER: Sed. II. p. 44. 5) Carthag. II c. 6. Trulla-
num c.83. t)l.c.p. 45.
aliique ap. Gerhardum. Conf, Cath. lib. I. P.
roli M. ap. Rhenanum l. c. z) Epitt. 107.
lib. IX. Hit. Eminan.R.
u) B. Rhenanus ad Tertull. de Cor, Milit. p. 38. Maldonatus Comm. in Ioh. 6.
II. c. 13. p. 269.
a) Capitula Legum Francicarum lib. I. c. 155.
c) Adamus Olear. Itin. Perf. p. 65.
4 % €.35. Conf. Rebel. Antiq. Eccl. Sec. III. p. 875.
x) Spanhemins l.c. y) Agenda tempore Ca-
i b) Oforius
d) Conc. Wermat.c.ı15. e) Eufb.lib. VI.
f) Domnizo de Reb. geft. Mathild. Marrh. Psrif.aliigire. Add. de
Lothar. Rege Herm. Contrad. inChron.A.g6g. — Chron.A.g70. P Spanhem. dec. IIII. H. E. Introd.p.au.
BR.
I *
Ps
366
hielten fie fic) in ifrenGefängniffen und andern Ber:
folgungen, und wußten, daß der Schächer amKreu-
3e,und viele andere, als die verjagten Chriſten, Ein⸗
fiedler und dergleichen, nie das Abendmahl äuffer-
lichempfangen hatten, und gleicywol nun felig wa⸗
ven h). Darauf führten treue gehrer die Ihrigen,
wie Janatius pflegte, wenn er an die zu Tralles
fihriebe: “Befiger euch felbft wiederum durch den
„Glauben, welches ift das Fleifch des HErrn, und
„durch dietiebe, welches iſt das Blur gen Cprifti,,.
Und an die zu Rom: “ch babe nicht Luft zur ver-
„gänglichen Speife, das Brod GOttes begehreich,
„das Himmelbrod, das Brod des Lebens, welches ift
„das Fleiſch Chrifti,des Sohnes GOttes. Ich be-
Igehre auch den Trank, nemlich fein Blut , welches
AIſt die unvergängliche Liebe und das ewige Leben,,.
Und diefes nennte er anderswo eine Arzeney der
Unſterblichkeit 1): Welches andere reine Lehrer
ohne allen Zweifel auch gemeynet haben, wenn fie
dem Abendmahl fo viel groffe Lobfprüche beygeleget,
und damit auf die geiftliche Nieffung vornemlich
mit gefehen. Ihre fürnehmfte Sorge war, fpricht
Herr Eave aus einem Alten p. 447. “Daß fie der
„himmlifchen Speife, die von oben herab kommt,
„theilhaftig münden, Wie fie denn auch befenne-
ten, daß fie, wenn fie in der vierten Bitte des Gebets
des HErrn um das tägliche Brod bäten, um ein
immerwährendes Bleiben in Chriſto fleheten,
und daß fie von feinem Leibe unzertrennt ſeyn
möchten. Welches fie denn damit bewiefen, “weil
„doch ſolch Brod den Gläubigen nur noͤthig wäre,
„das andere aber die Heyden fuchten,, k) Solchen
geiftlichgefinnten Herzen “machte ſich der HErr
„felbft zur Speife, und berußigte und erfüllte ihre
„Seelen mit geiftlicher Freude, weil er ein lebendi⸗
gesBrod iſt: Er machte fic) ihnen auch zum geift-
„lichen Trank; gleichwie er aud) denen alten Bätern
„alfo alles ward durch den Glauben). Denn (fag-
„ten die Lehrer Hiervon,) der HErr ernaͤhret diejeni-
„gen, foer zu feinen Kindern gezeuget hat, mitfon-
„oerbarer Erquickung, Nahrung, Speife ımd
Trank , und ſchenket fich ihnen ganz zu eigen mit fei-
„nem DBater, m). Dabero nennten fie nun ihren
Gott im Glauben “das Brod ihres innerlichen
„Seelenmundes, und die Kraft, die ihr Herz erbiel-
„ten); diejenige Nahrung des täglichen Brods,
„dadurd die Seele niemals Hunger leidet, oder
„von ihrem JEſu nüchtern ift 0); Damit ſich auch
„der Geift ohne allen Eckel immerdar fättiget p).
h) Ita Prb. Regius I. c. p. 57.
1) Macarius hom. 4. m) Id. hom. 14.
p. 540%. P) Projper Epigr. 10.
Tract. 25. ib. t) Cyprianus de Cana.
mus hymn. matut. ap. Fabricium Poet.
2.3. Don der erfien Ehriften gemeinem und fonderbarem Bottesdienft.
i) Vid. de h. 1. Finkius in Synopfi de Cana p. 3ır.
n) Auguſt. lib. I. Conf. c. 13.
q) Origenes hom. 16. in Num, 1 i
u) Gregor. Nazianz. Carın. ı9. de Diuerf. Beatitud. x) Anon
Lat. p. 786. y) Panlinus Nolanus in Panegyr.
2
24. Mit folchen und dergleichen fürerefid
Troftgründen unterhielten fie ihren innern Men:
fen, und erklärten fich,alfo weiter Hiervon: "Wir
„trinken das Blue Chriſti niche allein in dem Ge⸗
„brauch des Sacraments, fondern aud), wenn wir
„fein Wort annehmen, darinnen erft dag Seben befte-
„ber. Gleichmwie er auch felbft gefagt hat: Meine
„Worte find Geiſt und Leben q). Das heiffet erft
„recht ejfen , wenn man dieſe Speife genießt, und
„dieſen Tran trinket, in Chriſto bleibet, und ihn in
„sich bleibend hat. Und dahero, wer in Chriſto nicht
„bleibet, und indem Chriſtus auch nicht bleibet, der
„iſſet ohne Zweifel nicht geiftlicher Weife ſein Fleiſch,
„und trinket nicht ſein Blut, ob er gleich) mit den Zaͤh⸗
„nen leiblich das Sacrament beiffer,,r). Won dieſer
geiſtlichen Nieſſung redeten alſo die Lehrer bey dem
Mangel des aͤuſſerlichen: “Was bereiteft du die
„Zaͤhne und den Bauchdazu? Glaube nur, fo haft
„ou ſchon gegeffen,„,s). Sie befennten auch von fich
elbſt: *2QBenn mir diefes alfo thun, fo ſchaͤrfen wir
„nicht etwa die Zähne zum Zerbeifen ‚Buben wir
„brechen das Brod mit einem lauteren Gle
r r — e ” u „ :
„und theilen es, indem mir göftlichesund men
„ches fein unterfcheiden,„ı).Diefe wahrhaftige Com⸗
munion oder Gemeinfchaft mit Chriſto im Glauben
achteten fie fir hoͤchſtnoͤthig zur Seligkeit. Sie prei⸗
ſeten auch diejenigen “felig,welche eine ſolche Begier⸗
„de nach der himmliſchen Speiſe haͤtten, daß ſie ihre
„Seelen nicht damit ſaͤttigen koͤnnten, u). Wovon
etliche Chriſtliche Poeten alſo vor Zeiten ſungen x)?
eſaus iſt des Geiſtes Leben, 9
Uns ernaͤhret ſeine Kraft;
Wenn er uns fein Labſal ſchafft, Ai
Kann der Glaub uns Stärkung geben.
Schaut doch, wie wir trunken feyn
Don des Geiftes Freudefmein!
Ah komm, du frifcher tebensbrunn, komm
in mein Dürres Herz geronnen,
Wer dih, o JEſu! in fich Bat, den tränft
ein voller Strom der $uft:
Ihm ift auch bey dem größten Durft Eein
Mangel und Fein Durft bewußt,
Das macht, des Glaubens höchfte Kraft hat
felbft den Lebengquell gewonnen.
Je mehr er trinke, je mehr ihn dürft, daß er
nun ohn Aufhoͤren trinkt.
Wer ift, der bey dem Ueberfluß nicht garin
diefes Meer verfinft y)?
Und
k) Tertel. de Orat. c. 6.
0) Sedulizs lib. II. Oper. Pafchal.
r) Auguflin. Tract. 26. in Ich. s) ee
“ j
A
Pr.
—
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Pe
nz
*
ch war dieſes ihr lauterer Sinn, nach
den Worten JEſu, Job. 6. daß fie Chriſtum
im Beift und Blauben nicht weniger als im
* achtmahl genoſſen. Welches Eſſen vor ſich
allen Chriſten heilſam und zu allen Zeiten noͤthig
war, obne welches auch das aͤuſſerliche mündliche
0 niche allein nichts nüße, fondern auch hoͤchſt ſchaͤd⸗
Nic) und verdammlich war 2): indem diefes eine
Vorbildung des innerlichen geifttichen Genuffes
ſeenyn follte. Denn durch, diefe kamen die Glau—
bigen zur Gemeinfchaft mit Chriſto, welcher ſich
; ihnen mit aller feiner Seligkeit darinnen mit-
thoeilte, fein himmliſches Leben ihnen zu ihrer Un-
terhaltung gemein machte, und alfo ganz eins
mit ifnen ward. Hierauf hatte auch nach der
Alten einmürhigem Bekenntniß der HErr bey der
Einfesung geſehen, da er fich, nach dem Bericht
derer in der Antiquität erfabrnen Männer, aber:
mal nach der Menfchen Schwachheit bequemte,
* groſſer Liebe zu ihnen, eben wie wir bey der
Taufe c. 14. 6. 3. gejeden haben. Memlic) die
Ebraer hatten im Gebrauch, daß fie ihre Freun-
de an gewiflen Tagen zu fich baten, denen fie nad)
geendigteer Mahlzeit ein Brod vorlegten, das
leicht zu brechen und auszutheilen war. Diefes
TA theilten fie unter die Gäfte aus, und lieffen dabey
einen Keldy mit Wein einmal herum geben, da-
von ein jeder ein wenig Foften mußte. Sie feßten
auc) gewilte Danffagungen zu GDte hinzu für
alle Wohlthaten. Die Weiſe ſcheinet nun Ehri-
ftus bey der Einfegung behalten zu haben, da er
das Gedaͤchtniß feines Todes hinzu geſetzet bat.
And darauf haben ohne Zweifel die erften Chri-
1% vornemlich gefeben, wenn fie bey allen ihren
ablzeiten ‚da ihrer etliche zufammen famen, fon:
derlich bey ihren Liebesmahlen das Abendmahl
elten: nachdem ihr Heiland eben dieſes gefaget
Kor fo oft fie es thäten, und alfo mit einander
allen, fo follten fie diefes zu feinem Gedächtniß
hun 2). Aber genug von diefen.
25. Bey dem Beſchluß diefer Materie ingge:
mein von denen Den der erften Chriſten ge—
en GOtt, will ich noch etwas von den geiftlichen
pfern derfelben berichten, was und wie fie die-
felbe dem HErrn ihrem GOtt dargebracht und
davon geredet haben. Sienennten auch wol eben
das Nachtmahl des HErrn ein Opfer, aber
nimmermeßr in ſolchem verkehrten Sinn, als es
hernach unter dem Aneichrift auffame, wovon ei-
I 2; B. Don des SErrn Abendmahl bey den erften Chriften.
367
ner mit Flaven Worten redet : «Wir opfern und züns
„den gleichfam an das Gedächtniß jenes groffen
„Opfers, wenn wir nach denen Stücken,die von ihm
„ſind gelehrt worden, das Gcheimniß begehen, und
„DEE für unfer Heil Dank fagen, wie aud) andäch-
„tige Lieder und heilige Gebete dDarbringen. Sonſt
„aber opfern wir uns felbft ganz auf, und feinem Ho⸗
„benpriefter, indem wir uns ihm mie Worten, Leib
„und Seele wiedmen,, b). Aus welchem einigen
Opfer des Hohenprieſters Chriſti JEſu fie ferner die⸗
fes ſchloſſen: "Beil wir ſehen, daß Chriſtus ga felb>
„ten GOtt zu einem Opfer dargegeben habe, fo ftel-
„ten wir auch unfere Leiber GOtt zu einem lebendi-
„gen, heiligen und gottgefälligen Opfer dar, und
„werden ihm — Die Weiſe aber unſers
„Opfers iſt, daß wir uns die ſer Welt nicht gleich ſtel⸗
„len, ſondern durch Verneuerung unfers Sinnes
„verwandelt, Damit wir prüfen, welches der gute,
„wohlgefällige und vollfommene Wille GOttes fen.
„Denn in dem Sleifch kann der gute Wille GOttes
„nicht gezeuget werden, wenn es nicht nach dem Ges
„ſetz des Geiftesaufgeopfert wird. Dabero, twoferne
„sticht das Fleiſch zuvor durch die Todtung der Glie⸗
„der, denen man mit den Begierden folgt, durch ein
„lebendiges Opfer geopfert wird, fo Fann der wohl»
»gefällige und vollfonnmene Wille GOttes ohne
„Hinderniß indem Leben der Gläubigen nicht beob⸗
»achter werden, c). So bliebe demnach) der HErr
SEfus woleinzig und allein ihr Priefter,, und feine
erzeigte Gnade ihr einzigeswahres Opfer, dasden
Vater verfohnen Fonnte, und in welchen alle ihr
Thun und Laffen, ja fie ſelbſt mit Leib, Seel und
Geift, ein Bote Dpfer wurden. Und dabero
waren ihre Opfer alle geiftlich , innerlich, un® nicht
leiblich oder irdiſch, wieim Alten Teftament. In
ſolchem Berftand hieſſe ben ihnen alles, was Gtt
zum Preis öffentlich oder fonderlich gefchahe, ein
Opfer; mie wir fehr ofte bey Cypriano, Tertuls
ano und andern lefen d). Dabey fiedenn bis-
weilen auch diejenigen Oblationes oder Geſchen⸗
fe mit einfchloffen, die fie bey ihren Verſamm—
lungen zur gemeinen Mothdurft beytrugen e),
wie denn das Wortopfern, von offerre, nichts
als darbringen undanbieten heißt. Bon allen
ihren Opfern aber, fo fie dem HErrn brachten,
vedeten und glaubeten fie diefes: “Es Fann kei—
„ne Gabe GITT angenehm fon es ſey nun
„Weiſſagung, oder Gebet, oder Lehre, oder Lieder,
„oder andere geiftliche Gaben des Gemuͤths, wenn
„es
2) Formula Concordiæ Artie. VI. p. 744. 4) Hugo Grotius Dill. de Adminiſtr. Cœnæ, vbi Paftor non
eſt. b) Eufeb. lib. I. Demonftr. Euarig. c. ro.
Cypriani 37 explicat e Terzull, IV. cont. Marc. .p. 502. eteL. III. p. 497.
€) Greg. Nyfen. de Perfedt. Chrift,
d) Rigaltiusad Ep.
e) Vid. preter Theol, Yedelins
Exerc. IV. ad Igrar. Ep. Scultet. P. I, Medull, .; 54: Dannhauer. Chrilteid. p. 943 983.,
eh
—
368
„.es fi nicht auf einen lauteren Glauben grün-
„det, und auf denfelben gleich als auf einen Al- fchriebe an die zu Ephefo, “wie er münfche, daß. —
„tar, unbeweglich geleget wird, damit alles voll-
„eommen und untadelich ſey f). Ein ſolches
„wahres Opfer war alle ihr Thun, dadurch fie in
„einer heiligen Gemeinfchaft GOtt anhiengen 8).
„Und die Flamme ver Liebe verzehrte in ihren ge-
„beiligeen Seelen, als auf einem Altar, alles Bo-
„fe, und gab einen ſuͤſſen Geruch von fich. ‚Sie
„unterhielten auch diefes Feuer, welches Chriftus
„in ihnen anzuzünden gewuͤrdiget Bafte h),
26. Daß nun ihre Opfer geiftlich geweſen in
allen ihren Handlungen, die fie dem HEren zu
Ehren anftelleten, befenneten fie frey nach der
Borfchrift des Neuen Teftaments. Bir opfern
„nunmehr (fagten fie,) viel beſſer, als die Juͤ—
„den. Denn es ift fein fichtbares Feuer vom
„Himmel kommen, fondern der Heilige Geiſt von
„den Vater durch den. Sohn erleuchtet die Ge—
„meine. Wir brauchen aber auch geiftliche und
„innerliche Opfer. Wir verlaffen den groben
„Dienft, und find befehliget, einen fubtilen und
„geiftlichen darzubringen. Denn mir opfern
Gott zum fühlen Geruch allerhand Tugenden,
„lauben, Hoffnung, Liebe, Gerechtigkeit, Ent-
„haltung, ftetiges Lob und andere Kräfte i): Wir
„wollen nicht von ferne erft Weyhrauch bringen,
„fondern wir haben innmwendig ein Schlachtopfer,
„das mir opfern, innwendig Weyhrauch, den wir
„darbringen 4). Welches ift nun der rechte
„vernünftige Gehorſam, als der, welcher durd)
„den Geift und durch die Seele GOtt geopfert
wird? (GOoOtt iſt ja ein Geiſt, und wer ihn an-
beten will, muß es im Geift thun.) Was fei-
„nes $eibes bedarf, Feiner Werkzeuge oder Derter,,
„als daift, Sanftmuth, Mäßigkeit, Barmherzig⸗
„feit, Geduld, Langmuth, Demuth, 1). " Und
was dergleichen Bekenntniſſe von den wahren
Opfern mehr find, welche die Alten in ganzen
Schriften ausführlich Binterlaffen haben m), Wor⸗
auf ich auch hier nicht ſowol ſehen will, als auf ihre
wirklich abgelegte Zeugniffe, die am beften und
gewiſſeſten von ihrem ernftlichen Borfaß, GOtt
fic) felbft mic allem aufzuopfern ‚ zeugen. Jane:
tius erfüllte in der That, was er fich laͤngſt von
Herzen gewünfchet hatte, daß er nemlic) feinem
f)
GOTT ein völliges = werden möchte, ·
„er Durch ihr Gebet erlangen würde, zu R
„mit den wilden Thieren zu Fampfen, a da
„er durch Dis Zeugniß ein Jünger werden koͤnn⸗
„te deß, der fic) ſelbſt GOtt zur Gabe und Opfer
„dargeftellet Datz. Und da er feinem Martertod
ganz nahe war, fehrieb er abermal, und bate
„ſie möchten Fleiß anwenden, daß er GOTT
„geopfert würde, weil der Altar noch bereitet ware».
Ein anderer Märtyrer, Tharacus, befannte gerne
vor den Heyden, “daß er feinem GOtt opfere,
„aber ein vein Herz, denn andere Opfer, wären
„nichts nüße, mn). Bon Polncarpo berichtet ein
Scribente fehr fein, “Daß er bey feiner Marter
„mitgebundenen Händen, als ein anfehnlicher Wid⸗
„der aus der Heerde genommen, dem HErrn zum
„Brandopfer fey aufgeopfert worden, o): Dabey
er auch durch den ewigen Hohenpriefter, Chriſtum
SEfum, dem Vater Danf gefaget habe. Wie
derum fchreibee ein folcher treuer Knecht Ehrifti
unter der Berfolgung: Wenn ich alles verleugne,
„was ich habe, mein Kreuz nehme und Chriſto
„folge, fo habe ich mein Brandopfer auf dem Al:
„car GOttes geopfert. Wenn ich meinen Leib da-
„hin gebe; daß ic) brenne, und habe die &iebe, und
„erlange die Herrlichkeit der Märtyrer, fo habe ich
„mic zum Brandopfer dargeftell. Wenn ich
„mein geben für meine Brüder lafle, wenn ich für
„die Gerechtigkeit und Wahrheit bis in den Tod ſtrei⸗
„te, fo habe ich mich geopfert,, u. ſ. w. p). Und ein
anderer: «Wir ſchlachten GOTT blutige Opfer,
„wenn wir bis aufs Blut für feine Wahrheit kaͤm⸗
„ofen. Wir zünden ihm den lieblichften Weyhrauch
„an, wenn wir vor heiliger $iebe brennen, und uns
„ihm und feine Gaben in uns ganz wiedmen und
„übergeben,, 9). Welche und dergleichen herrliche
Erklärungen jebe häufig beyden Alten vorfommen,
und hier den Ueberdruß zu vermeiden , übergangen
werden müffen, Ein erleuchteter Ehrifte aber ſie⸗
het wohl aus en wenigen Denkmahlen, daß dieſe
Seute aus der Fülle ihrer Herzen und lebendiger
Erfahrung geredet, und diefe und andere GOtt
angehende Dinge mit groſſem und Eifer ge⸗
trieben haben, dafür fie nun auch in der Herrlichkeit
ewiglich erquicket werden.
Auguft. lib. T. de Serm. Dom. in Mont. c.10. g) Idem lib.X. deCiu. Deic.6. h) Idem derm. 254. de Temp.
quiet conf. lib.XII. de Ciu. Dei. c.9. lib. de Magiftro c. 1. Enchir. ad Laur. c. 6. Ep.37. Lib. de Nät. et Grat. cont.
Pelag. c.64. i) Oyrill Alexandrin lib. X. cont. Julian. k) Auguf. in Pf. 41. 1) Chryfofß. hom. u. ad Ebr.
ın) Vid. vel Zaöant.Epit. Din. Inftit.c. 2.toto et lib. VI. D. Inft. c. 24. Conf. Centur. Magdeb. Cent. Il. c. 4. p-38-
Cent. III. p. 42. ſeqq. II. p. 139. V. p. 218. etalibi. n) Ada eius ap. Baronium An. CCLXXXX.n.5. 0) Eu-
febins lib. IIII. H E. c. 15. P) Origenes hom. 9. in Leuiticum. q) Auguſtinus lib. X. de Ciu, Dei c. 4.
Ende des andern Buche.
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Von der
ritte Buch,
erſten Chriften Prlichten undBezet
gungen gegen einander.
369
h . Das I, Capitel,
Bon ihrer brüderlichen Bereinigung insgemein.
Summarien,
ebſt dem, daß die erften Ehriften fonderlich auf den Dienft GOttes ſahen, $. 1. waren ſie mit einander brüderlich vereis
niget. 2. Worauf fich ihre Brüdevfchaft gegründet, 3. Wodurch fie Bröderund Schweftern worden obıre Unterfcheid. 4.
Sie nenneten ih Brüder in dem Errn, nach GOtt in CHrifko 2c. 5. durch den D.Geift verbunden, und wiehergeboren aus GDLs
tes Wort: 6.
welches fie als ein Teſtament GOttes anjahen , dadurch ihnen allen gleiche Geheimniffe vermachet wären, 7.
doch wurde von einem jeden Mitgliede ein lebendiger thätiger Glaube erfordert, 8. der ihnen allen gemein war. 9. und
fie nicht nur vereinigte , ſondern ficatıch Härktes 10. melches fie denen Unglaubigen bezeugeten, undeiue allgemeine Brüder:
haft mitallen und zu allen Zeiten befenneten. ı1. Wie fie fich gegen die Widerſprecher und Keger verhalten, 12.
f .
und durch
den Geiſt der Ganftinuth und Liebe folche zu gerwinnen gefuchet, 3. Exempel davon. 14. Ahr Verhalten gegen Berführcte.
15. Mitihrem Glauben warein heilig Leben unmittelbar verknuͤpfet, dazu fie ſich ohne interlaß erıweckten 16.
Gic hatten feine Gemeinfihaft weder mit Heuchlern noch öffentlichen Sünden 18. wegen der
Wachsthum erfreueten. 17.
und über dem
ungleichen Natur. 19. Ihre Hoffnung von ihrer künftigen Erbſchaft wie der Name Water gebraucher WOLdEN, 20. wie
auch der Name Mutter 21.
N mir nunmehro zur Betrachtung ande:
ver herrlichen Früchte des Glaubens bey
denen eriten Chriften fortfahren, und
uerſt die, fo ſich unter ihnen ſelbſt geaͤuſſert, be—
hen; ift nicht die Mennung, als wären fie fol-
che Pflichten nicht in Anfehung der Verbindlich-
feit gegen BOtt ſchuldig geweſen. Denn ihr all⸗
gemeiner Vorſatz, welchen der Heilige Geiſt
durch den Glauben in ihnen gewirket hatte, war
dieſer, daß ſie alle ihr Thun, Leiden und Laſſen auf
Gott führen und im Gehorſam zu feiner Ehre ges
fhehen liefen. Weswegen auch diejenigen
flichten , welche fie ihren Brüdern infonderheit
FA waren, zwardiefe unmittelbar angiengen,
weil fie mit ifnen vornemlich zu thun Batten:
alleineder erfte Hauptzweck bliebe doc) das Wohl⸗
gefallen und der Preis ihres GOttes und des Hei:
landes JEſu CHriſti, in einem herzlichen Gehor⸗
fan des Glaubens.
2. Als der HEer JEſus feine Juͤnger, und mit
ihnen alle Slaubigen,auf das alfergenauefte unter
* verbinden und vereinigen wollte, erwaͤhl⸗
teemionderlich ein ſolches Band, dergleichen in der
Natur unter Brüdern und Scheitern zu ſeyn
pfleget. Denn er fprad) zu ihnen: Einer ıft
euer Meiſter, ihr aber ſeyd als Bruͤder.
a) Arkımagoras Apol pro Chriſt. b) Perrus Chryfolseus hom. r. de Auarit.
‚NE
Math. 23,8.
I,
Damit er nicht allein feinen Wil⸗
len, fondern auch die Kraft und den Urſprung dies
fer Bereinigung entdeefte, und eine volkommene
Geſellſchaft unter ihnen ftiftete, dadurch fie ſich
vonder Welt abfondern, Hingegen an einander de:
fto fefter halten Fönnten. Und diefe brüderliche
Bereinigung ward alsbald unter allen Chriſten fo
beliebt und befannt, daß fie alle fich derſelben mit
Freuden bedienten: nachdem der Maifter und
HErr felber den Grund dazu geleget, und fie bes
veits die herrlichen Srüchte davon genoffen harter,
Man fchamte ſich auch weder des Namens felbft,
noch der Verbindung, die dadurch ausgedruckeg
werd: alfo gar, daß man fieauch vordenen Heys
den nicht verborgen halten wollte, fondern frey da«
von redete, und es ein gerechteo Gebot nennte,
nemlih CHriſti JEſu, ihres eigenen und einigen
Meifters, “Daß unter ihnen, nach dem Alter, etlis
„che für Söhne und Töchter, etliche aber für
„Bruͤder und Schweitern gehalten würden, a),
und man “ich insgemein mit einander deg Chaz
„racters oder Kennzeichens der Brüderfchaft *
„diente b). Sehet, (ſagten ſie hievon unges
„ſcheuet,) alfolieben wir uns unter einander, weil
„wirunmöglich Haß hegen Fönnen. Alfo nennen
„wir einander Brüder, welches ihr nicht leiden
YAaa. „eüns
379
— —— —— r — — — — —
„‚eönnet ‚als Leute, die von einem Vater, nemlich
Gott herkommen, als eines Glaubens theilhaf⸗
„tig, als Miterben einer Hoffnung, c). Der-
gleichen Bekenntniſſe uns nun nad) der Drönung
feßr viel vorgefeget werden follen. Immaſſen
auchnachmals, da die Liebe ſchon ſehr laulich wor-
den war, dennoch aus der beil. Schrift immer von
treuen $ehrern erinnert ward, “daß die Chriſten
„unter einander Brüder heiflen müßten, ja daß
„unter vem Brudernamen insgemein ein wah⸗
„rer Chrifte angezeiget werde d); und die Brü-
„derfchaft von Nechts wegen nichts anders heiffe,
„als die Chriften insgemein,, e), wie fo gar auch
diejenigen annoch redlich bekennen, welche fonft
die Vereinigung der Chriften durch unzählige
Menfchenfagungen längft aufgehoben Hatten.
3. Da nun diefes Band der Chriften alfofefte
und bekannt gewefen, fo frage fichs billig und vor
allen Dingen: auf was vor einem Grunddaffelbe,
beftanden, und welches die Urfachen folcher ge-
nauen Bereinigung gewefen? Wir dürfen aber
hiebey an feinen heydniſchen Urfprung denfen, da
ettva Plato vor Zeiten die Mitbürger in einer
Kepublif alle unter einander als Brüder be=
fehrieben und haben wollen f). Auch dür-
fen wir nichteben gleich auf die Sgüdifche Gewohn⸗
beit fallen g), indem Bierunter etwas höheres und
göttlichers verborgen, alsnur eine bloffe Gewohn⸗
heit oder Nachahmung fremder Sitten, oder aud)
eine bloffe Nachfolge der Heiligen in der Schrift,
ohne gewiffe bindende Urfachen und Gründe h).
Sondern die Brüderfchaft der Chriften ſtehet auf
einem unbeweglichen Grunde, und auf dem, dar⸗
auf die Seligkeit ſelbſt gegruͤndet iſt, nemlich ſie
entſpringet aus der uͤberſchwaͤnglichen Liebe GOt—⸗
tes in CHriſto JEſu, dadurch er die wahrhaftig
Glaubigen von oben wiedergeboren hat aus dem
Waſſer und Geiſt, ſie zu ſeinen Kindern gemachet,
und einerley Wohlthaten genieſſen laͤſſet. Unter
denen natuͤrlichen Bruͤdern und Schweſtern iſt
das allererſte und gewiſſeſte Band einerley Ur—
ſprung und eine Geburt von eben denſelben
Eltern. Wie alſo insgemein nach der Natur von
denen Scribenten geredet wird: „LLeibliche Bruͤ⸗
„der feyn, Die von einerley Eltern herkommen i),
€) Minutius Felix. in O&tau. p. 367.
3.3. Don der erften Chriſten Pflichten und Bezeigungen gegen einander, .
ne, Diefe machet alleine Rinder GOttes und
d) Augujin.lib. I. de ferm. Dom. in Monte.
e —* m
„einerley Geburt Ber find, u. |. m. 1).
4. Wir haben bereitsoben gefehen , wie oßne die
neue Geburt, die aus GOtt durch das Wort der
Wahrheit gefchicht, Feiner ein wahrer Chrifte, oder
Kind GOttes und Erbe der Herrlichkeit ſeyn koͤn⸗
„die aus einem welt) k), von eie
")
Erben deflelben, nach Yob.ı,ı2, Rom. 8,6. und
alfo auch Brüder und Schweftern unter ein-
ander, als eines Baters Söhne und Töchter, die
einer Natur theilbaftig worden find m),
Und darauf fahen fie nun bey folcher Benennung, —
als auf eine gemeine Wohlthat und Recht, nad)
welchem fie Brüder wären, als nach der neu=
en und auserwählten Schöpfung on). Dan:
nenbero redeten und fehrieben die Frommen aud)
in folchen Gleichniſſen zu einander: GOTT
„bat uns zugleich auf dem Felde liegend gefunden,
„als Zwillinge gleichfam aus Mutterleibe gezo-
„gen, und zugleich aufgenommen 0). Es iſt dar⸗
„annichts gelegen, in was vor einem Stande ei-
„mer geboren fey, weil wir alle in EHrifto gleicher |
„Weiſe wiedergeboren werden; darum follen wir |
„allezeit Daran denfen, daß wir. alle durch einen /
„von neuem geboren worden, p). Der HErr |
SEfus vermahnee fo herzlich, “Daß fiealle beden-
„een follen, wiefie Brüder feyn, dasift, daß fie
„durch die Zeugung der neuen Geburt weit über
„oen irdifchen * —— worden, 9).
Dabey fie denn nechder Vorſchrift des Worts im⸗
mer einen Vater ſahen, und alfo unwider—
ſprechlich ſchlieſſen konnten: Wenn uns ein Va⸗
„ter beſeelet und angeblafen hat, was find wir nun
„anders als Brüder 3 und zwar vereinigter nach
„ver Seele, alsnachdem feibe r). Wie viel mit
„beſſerm Rechte heiſſen und find diejenigen Brü-
„der, welche einen GOtt zum Vater haben s)?
„Barum follte der nicht ein Bruder feyn, der einen
„Dater erfennet,, )® Und mas dergleichen .
Schlüffe mehr waren: Da fie auch fonft fic) alfo
davon erklärten: "Cie find alle einander vers
„wandte, alle Brüder, alle Söhne eines Vaters,
„Wenn wir auf das Geiftliche fehen, fo iftesein
„bimmlifcher Vater u). Diejenigen find allzumal
„unter einem Vater befreundet, dieihn lieben und
„feinen Willen thun. Es find Brüder unter ein-
„an⸗
e) Baronius A.XLIILn. 14.
f) Plate in libris de Rep. acinprimis in Menexeno paſſim, et ex eo Clem. Alex. 1. V. Strom. Zadtantius lib. III.
e. 21. Simplicius Comm. adEpietetump.65. g)Vt Erafmus Annot.ad Act. VII. et Thef.IV. h)Pamelü
coniectura ad Tertul. Apol.p.128. 1)Corn. Fronto lib. de Propriet. Serm. Harzzezopuluslib. I. Promt. Iur tit.
8.n.10. k)Feflus Grammaticush.v. I) Varrolib de Gradibus ap. Zfodorum Hiſpalenſem lib. IX. Orig. c. 6. et =
Seruius ad V. Aneid. Conf. Nic. Rittershufius de Grad. Cognat. p. 65. Oberzus Gifanius Obſ. in LL. p. 101.
m) Macarinshom.33. n) Clemens Alex. Strom. VII. o) Paulinus Epiſt. 5. ad Sulpit. Seuer. p) Hieronymus .
Ep.ı4.adCelant. q) Hilarius Can.24.inMatth. r)Ladantiuslib. Vl.cap.ıc. 5) Terzullian. Apol. e. 39.
t) Ambrofins Serm.33. u) Bafıliss M. hom. 20. in Laciz.
U , 00
„ander, weil fie GOtt durch ein Teftament zur
„Erb euft, x). Aus welchem Örunde auch)
die Donatiften allerdings Brüder von den an-
dern genennt twurden, wie fie einer ausdrücklich
befragt: “hr muͤſſet ja nothwendig unfere Brü-
„der ſeyn, weil GOtt der Vater eudy aufeben die
„Art zu Söhnen angenommen hat y)?
5. Und dahero Fam es, daß fie einander Bruͤ⸗
der in dem SErrn nennten, Phil.ı,14. Bruͤ⸗
der nach GOtt, xaro Ieov z), in dem Da:
ter a), nacheinem Dater b), u.f.tv. Gleichwie
fie diefer Vater alle geheiffen hatte Brüder zu ſeyn,
und ihn einmüchiglich zum Vater anzuruffen, da
fie nicht alleine beten follten, mein Dater, fondern
unfer Dater c), Matth.6.° Hingegen erfannten
fie freylich alle Gottloſe, Unbekehrte und Boshaf⸗
tige aus Joh. 8, 44. Ap. Geſch. i3, 10. vor Rin-
der des Satans d), der ſolcher unſeligen Leute
Dater e), Urheber und Sübrer wäre f),
nemlich in der Nachfolge feiner Bosheit g). Wer
aber von diefer Gemeinfchaft befrener war, und
des Herrn JEſu Erlöfung im Glauben wirklich
genoſſen hatte, der hätte diefe Gemeinfchaft mit
denen Heiligen allein demfelben, zu danken.
Denn auf deffen Wohlthaten und.
die Gnad? GOttes gegründet ; wie die Alten mit
Danf erfenneten und ruͤhmten. «EHriftus
„(fagten fie,) iftdas Band unfeter Gemeinfchaft,
„das unter uns die Einigkeit des Geiſtes befeftiger
zum Band des Friedens, und der, nad) dem
„Spruch Hiobs, Friede machet indenen, dieihm
„gleich find,, h), Deswegen nennten fte einan-
der nicht allein Brüder und Schweftern in
„CHriſto i), liebſte Brüder in JEſu Chriſto k),
„Brüder von CHriſto gezeuget,,!) u.f. m. ſondern
fie feßten auch aus Joh. 1, 17. ı Cor. 1,5. 2Tim.
1, 9. Diefes zum Grund ihrer Bereinigung, wenn
fie, zum Erempel, von den Armen an die Reichen
ſchrieben: “Sie find eines Worts mit ung theil-
„baftig und einer Hoffnung. CHriſtus, der der
„ganzen Welt Sünde getragen bat, ift eben auch
„für fie geftorben m), fie find auch GOttes Ge-
„chöpfe, fie find auch mit dem Blute CHrifti er-
„iöft. Miefönner ihr denn von dem brüderlichen
3, Theil euch wenden m)?
u. Cap. Don der brüderlichen Dereinigung der erften Chriften inogemein.
erfößnung ift „den
„mein, dadurch der Glaube befeftiget wird, und
Schaut, das Reich ift uns aemein
Allen ift dis Blur he *
Hoch und niedrig koͤnnens feyn,
Die des Heiland Lieb genoffen,
Wer an diefen glaubee ſchlecht
Hat mit uns ein Bruderrecht 0).
Alſo hielten fie diefe Für die allerfeligfte und
„wahrhaftigfte Brüderfchaft, die in CHriſto ge-
„funden wird, p). Ja, fieglaubeten und befann-
ten, “daß fie nicht anderswoher Brüder feyn konn:
„een oder worden waren, als aus der Gnadeder
Ertöfung CHrifti. Dahero auch Paulus alfo die
Seinen genennet hatte ı Cor. 15, 1. “weil er da⸗
„durch ihnen unzablige Gutthaten zu Gemuͤthe
„führen wollte 9).
6. Ein ſtarkes und unzertrennliches Band die:
fer Brüderfchaft gab die Gnade und Kraft des H.
Geiftes, diefich ſowol bey der Wiedergeburt, als
auch derfelben Erhaltung mächtiglich hervor thut.
„Wir haben (bekannten fie,) alle ein Gefchlechte,
„und wenn wir das Himmlifche betrachten, fo ift
„es ein Geiſt, deffen wir alle find theilhaftig wor-
den r). Wir haben den Geift mit einander ge
„wir einander verfnüpfer find, s). Welches fie
denn aus oh. 3, 15. ı Cor. 4, ır. Eph. 4,4.5.6.
und andern Orten fehr wohl gelernet hatten. Drum
fragte dorten Elemens, als er zur Einigkeit ver-
mahnete: “Haben wir nicht einen GOtt, einen
„Geiſt der Gnaden, der über ung ausgegoffen
„it, ty)? Und ein andrer bezeuget erftlich, “wie
„die Ölaubigen alle in EHrifto einander verwandt
„und verbrüdert find nachdem Geift, da fie einer-
„tey Gnade vom HEren empfangen haben. u),
„undalfo ein Pfand des Geiftes, der ihrem Glau-
„ben beygeleget worden, x), Und in folchem
Berftand erzehleteiner von denen Ehriften, “daß
„eine Gnade des Geiftes GOttes alle Glieder bes
„wohner habe, y). Welche denn auch in Eeinem
Druder müßig war, fondern Fräftiglich wirkete,
wie fie aud) denen Heyden vorbielten: Wie bil:
„ig werden doc) diejenigen Brüder gefchäger und
„genennt, welche einen GOtt vor ihren Vater ers
Ana 2 „kannt
x) Auguflin.lib.II.de Mor Eecl.c.46. Optatus Mileuitanus lib. IV. adu. Parmenian. 2) Eufebins VI.c.5. a)Cor-
nelius Epift.ad Lupicinum ap. Baronium A. CCLV.n.47. b} Paulinusl.c. c)Cyprianus de Orat.Dom. d)De
Polycarpo vid. Irenans lib. III. c. 3.
e) Athanafiuslib. I.adu. Arianos et Epift. de Sent. Dionyfii.
f) Epipha-
nins har. 77. Auguftinus lib. IL. de Gen. cont. Manichxos e. 27. Hieronymus lib. II. in Hof. c. 9. g) Ambrofius
lib. IV. in Lucam. c. 12. Hieron. |. e. e. 6. Auguflin. in Pf. 26. et 44.
I)Idemibid. m)Gregorius Nyf. Or.de Paup. Am. n)Berzhar-
lib. de Salut. Docum.c.ıg. k)Panlinusl.c.
h)Cafiodorus lib. de Amie. i) Auguſtinus
dusEpift 42. 0) PaulinusCarm.adCyther. p) Raibertss Comm. in Matth. XIX. 29. 9) Chryfoßl. hom. 38. in
1Cort. r)Gregorius Theologus Orat.ad Arian. s) Ambrofius ve} alius autor Comm. in 2Cor.IV. t)Epit.
adCor.p.63. u) Bafıl.M.hom.inLaciz. x)Gregorius Nyf. Or. de Paup. Am. y)Enfeb.lib. X. c.3.
*
372
„kannt haben, einen Geiſt der Heiligkeit getrun⸗
„een z), Diefer Geiſt leimet gleichſam *
get unfere Herzen an CHriſtum. Er iſt die ebe
„derer, welche unter einander verknuͤpfet find;
„der Keil Geift it das Band unferer Bereini-
„gung in EHrifto a).
Es iftein Geift, der uns ift zugefandr,
So viel wir find in CHriſto neugeboren,
Der lebt inung, meilfeiner Liebe Band
Ans hat zur $ieb und lauter Fried erkoßren?
Die Gnade, foden Brüdern ift gemein,
Muß in dem Geiftder Liebe einig feyn b).
Diefe Kraft des Geiftes hattedie wahren Gtaubi-
gen wiebergeboren durch das Wort der
Wahrheit, Jacob. 1, 18. und nicht, aus ver-
sänglihem , fondern aus unvergänglichem
Saamen des Wortes GOttes. ı Petr. 1, 3.
a Cor, 4, 15. 1 Joh. 3,9. 0) Wannenhero fie
auchdiejenigen ihre “wahre Brüder nenneten, die
„eben aus dem Worte wiedergeboren waren,, d).
Gleichwie fie auch aus dem Gefege des Alten Tefta-
ments berviefen , tie diejenigen Brüder ſeyn müß-
Ken, “Die eines Sinnes und eines Worts theik
zhaftig worden wären e),
7. Eben diefes Wort fahen die Bruͤder an als
ein Teftament und Willen ihres Vaters,
welches ihnen von dem HEren JEſu zu Vermerk
dung und Entfcheidung alles Streites übergeben
war. Wienunineinem Teſtament der letzte Wil⸗
le eröffnet wird, fo ſuchten ſie den Willen ihres ge-
meinen Vaters im Evangelio f). Da hieß es
denn: "Wir find ja Brüder, warum wollen wir
„ſtreiten? Unfer Vater iſt nicht ohne Teſtament
„geftorben, ja er hat eines geftifter, Schlag es
„auf, liesesher, ai Brüder, was follen wir
„lange ftveiten,, g)? So Bielten fie denn diejeni-
gen für Brüder, welche an einen Tefta-
ment, Dertrage und Beheimniffen Theil
hatten h): gleichwie in der Natur die Bruͤder ei-
nerley Geburt, Auferzicehung, Nahrung und der-
gleichen zu haben pflegen i). Geftale man nicht
alleinden Grund der Brüderfchaft felbft in ſolchem
gleichen Yrfprung und Wachsthum fuchte, fon-
dern auch die Urfachen ihrer Daraus flieffenden Sie-
de, Die Zuneigung der Gemuͤther unser ein:
3. D. Don der erfien Ehriften Pflichten und Zezeigungen gegen einander.
*
——
„ander wurde vermehret durch die Verſammlung
„der Gemeinen, durch die Mittheilung eines
Glaubens und der Taufe, durch die Verwand⸗
„fchaft der Geheimniffe, darausdie Ehrerbietung
„der Kinder, dietiebeder Eltern, die? eundfchaft
„der Brüder gegeuget wird,, k). daus diefem
Grunde uͤberwieſen fie auch ofte die ſtolzen Her-
ren, die ihre Knechte übel tractirten, daß fie gleich-
wol ifre Brüder wären nach der Gnade, da fie
„eben alſo, wie fie, CHriftum angezogen hätten, und
„einerley Geheimniſſe genöflen,, 1). Gleichwie
andere Diejenigen damit von dem jüdifchen Weſen
abhielten, “weil fie die Geheimniſſe gleichwol mit
„ven Ehriften gemein hätten,,, und alfo der Juͤ⸗
den Ceremonien nicht mitmachen dürften m);
Wie fie fich biebey auf Pauli Zeugniß beriefen,
daß die Einigkeit des Geiftes gehalten werden
müfle wegen einer Taufe, und weil fie alle
zu einem Leib in einem Beift getaufet wuͤr⸗
den. Eph. 4, 3. 5. ı Eor.12,13, Welches fie mis
groſſem Nachdruck wiederholten, und auf eine
Taufe twiefen, weil nur *ein Vater, ein. Erlö-
„ter, ein Geift und HErr fey np): Wovon wir
fchon nebenft dem Abendmahl des HErrn in denen
vorhergehenden legten Cap. des 2. Buchs geredet -
haben, da uns die Kraft derfelben Handlungen zur
Bereinigung der Brüder in der Gemeine aus der
Antiquitae Fund worden iſt.
9. Wie aber num oben aus dem Wort des
HErrn gezeiget iſt, Daß weder die Alten noch
fonft jemand die göttlichen Wohlthaten etwas hel⸗
fen mögen, moferne fie nicht durch einen lebendi-
‚gen Glauben gefaljet und gebrauchet worden ;
alſo gehet es in dieſer Sache nicht anders, Es
mochte alle Güte GOttes den Menfchen angebo=
ten werben, es mochten fie auch die andern allean=
nehmen; wo ein einziger Menfch ſich durch Un—
lauben und Bosheit Davon ausfchloffe, fo warer
ein wahres Glied der Gemeine, Fein Bruder noch
Miterbe EHrifti, Demnach erforderten fie auf
Seiten der Menfchen einen lebendigen, thatigen
und ungefärbten Glauben, dadurch alle Men-
fchen in ihre Gemeinfchaft haften fommen koͤnnen
und follen, wo fie nicht durch Unglauben ſich felbft
dev unendlichen Herrlichkeit beraubet —
*) Tersulian. Äpol.c.39. &) Chryfoß. hom. in bentec. b) Paulinus Carm.ı9. ec) id, — d) Clemens Alex. Strom,
ib. I. “ e) Barnabas ap. eund.l.e. f) Optatus Mileitanuslib. V, adu. Parınen.
Gregorius Nyf.l.e. 3) Valerins Maximus hib. V.e. 5. Arifloteles lib. VII. Ethic.
de Frät. Amore. Xenophon apud Stobaum Serm. LXXXIT.
Chryfoß. hom, ı, adıı, Judxos,
Spirit, 9, 6,3
) Auguflinus in Pf. ar. h)
Nicom, e. 12. Plutarchus lib.
k) Ambrof, lib. I. Offie e. 33.
l) Idem ſerm. 33. m)
n) E Cypriano Auguſtinus lib. V. de Bapt. c, Donat, €. 26, Ambroſius lib. I. de
*
Ei 1. Cap. Don der brüderlichen Dereinigung der erften Chriſten inogemein. 378
Diejenigen aber, fo nun erfeuchtet waren, und ge- unzertvennliche Verfnüpfung im Grunde verbors
ſchmecket Hatten die Guͤtigkeit des Wortes, hats gen; bey diefem ift allzeit Unbeftand, Uneinig ⸗
ten gelernet, mit dieſem Bruder - und Schwefter- keit und eitel boͤſe Ding. «Die Einigkeit der
namen alfo umzugehen, baf fie ihn alleine von „Gottſeligen ift nur, einen wahren Ölauben Bas
wahrhaftig Glaubigen —— und alſo den „ben; die Einigkeit der Gottloſen iſt, einen fal⸗
Ölauben zum Grund dieſer Wreinigung ſetzten. „ſchen Glauben haben,,: jene waͤhret in Ewigkeit,
Dis bemerften fie auch an denen Apofteln, wie diefe kann nicht lange Beſtand haben 2). Bey
fie die andern deswegen Brüder und Schweſtern dieſem allen aber machten die Erleuchteten einen
genennet hätten, weil fie ihre Zinftimmung im feinen Unterfcheid unter dem Glauben, den fie
Glauben damit bezeugen wollen o). Weswegen glaubten, und der in ihnen glaubte: in beyden
diefe fo ofte eines Glaubens, der Gemeinſchaft aber funden fie eine Herzliche Vereinigung unter
des Blaubens und fo weiter gedenken, er 4, einander, ch will diefes mitigren eigenen Wor⸗
4.5.13. Phil. 3, 16. Rom. 1, 12. Tit.1, 4. Phi⸗ ten ausdrücken: “Der Glaube (fagten fie,) ift ge—
lem. verf. 6. ı Joh. 1, 3. Judaͤ verf. 3, Die „mein, gleichwie man fagen Fann, allen Menfchen
apoftolifchen Männer, als ihre Nachfolger, frag- „ſey das menfchliche Angeficht gemein: Denn
sen gleichfals in groffer Gewißheit: “Haben wir „dis wird alfo gefagt, daß doc) ein jeder fein eis
„nicht einen Ehriftum, und einen GOtt, einen „genes hat. Alſo —4 wir mit Wahrheit, daß
»Geiſt und einen Beruf in Ehrifto,, p)? Und die „der Glaube eines jeden Glaubigen aus einer Leh⸗
folgenden Lehrer, die in folchem lautern Glauben „re ihnen eingedrucker ſey. Aber ein anders iſt
blieben, zeigten fehr gründlich, wie ja nur “eine „das, was man glaubet, ein anders ift der Glau⸗
„Regel des Glaubens ſeyn müfle, die nicht verän- „be feibft, der es glaubet. jenes iſt in denen
„dert noch verbeſſert werden Fonnte, g):_ Wie „Dingen, die man glaubet, daß fie jeßt ſeyn, oder
auch dahero nur “ein Glaube an fich felbft und „daß fie fünftig feyn werden oder gewefen find:
„eine Zucht fen r): und Fraft diefer Einigkeit ein „Dieſer aber ift in dem Herzen der Glaubenden,
„Leib der Gemeine s); der noch in diefem Leben „und Fan von demjenigen nur gemerft werden,
„eben dieſes gemeinen Ölaubens wegen eins feyin „der ihn Bat, ober ſchon auch in andern ift, nemlich
„allen, die einerley glaubeten t). „nicht eben derjenige Glaube ſelbſt, ſondern ein
„gleicher Glaube. Alſo heiſſet es doch ein Glau—
„be, nach der gemeinen Art, weil darinnen, wo
„er nur iſt, keine Ungleichheit iſt. Dahero es
9. Hievon erinnerten fie weiter, tie dieſer
Glaube von Paulo ein gemeiner Glaube genen-
net werde, weil darinne, foferne er allen vorge:
leget wird, ev oder andere Apoftel nichts hoͤhers
hatte, als Titus oder Die andern, Tit, 1, 4. dabey
alfo der Affect der Brüderfcbaft oder die Ver:
einigung im Glauben angezeiget wird u). Gleich:
wie Petrus cben alfo gerne geftehet, daß die an-
dern mit ihm eben denfelbiaen theuren
(irörınev als) oder einen gleichgültigen Blau-
ben überfommen hätten. 2 Petr. 1,1. Aus
welchem Grund fo gar auch ein eifriger Leh
rer “die Donatiften Hr Drüder erkannte, weil
„ſie einen GOtt anviefen, an einen Chriſtum glau-
„beten, ein Evangelium hätten, x). Alfo, “ob
„gleich viele Herzen waren, die den Glauben be:
annten, fo war doch nur ein Glaube, wenn
„fie glaubten, y), Denn ein wahrer thätiger
von GH gewirfter Glaube gehörte dazu, nicht
ein falſcher Wahnglaube; bey jenem war eine
hom. in Gal. ı.
hort. * Caſtit.c.J.
it. x) Auguflinus inPl.54. y) Id.inP£.74.
XI. de Trinit. c. 2. b) Clemens Alex, Strom,
Fomns hom. 73. in Matth,
6) Chat s
4
„auch vielmehr ein Glaube heiſſet, als viele Glau—
„ben,, (mult fides) 2), MWoraus überhaupt
„und kürzlich zu fehen ift, daß der Glaube, ob
* er mwolin einem jeden Olaubigen fonderlic) woh—
net, dennoch ein einiger Glaube an ſich bleiben,
und folglich auch ein ftarfes Band folcher glaubi⸗
gen Seelen ſeyn muͤſſe. —8*
10. Der getreue Heiland ſelbſt fuͤhrte ſeine
Juͤnger auf dieſen Grund ihrer buderlichen Berz
einigung, wenn er fie destvegen Drüder nennte,
weil Y einen Meiſter und Sührer oder SLeh-
rer hätten, nemlich ihn felbft. Matth. 23, 8.
Nach welchem Ausſpruch die andern Nachfolger
gleichfalls unter Brüdern ſolche Leute verſtun—
den und amzeigten, “Die einen GOtt und einen
„Lehrer hätten b), einen einzigen Meifter in diefer
„bimmlifchen Lehre c), von welchem fie alle hoͤrten
„und zugleich lernten, in defien Schule Eleine
aaa „und
P) Clemem: Romanus Epiſt ad Corinth. p.2%. g) Tertullianus devel. Virs. initio.
s) Hilarius inPF. ı2r.
t) Augufl. Tra&t.go.inIoh. u) Chryfof. hom. ı. in.
2) Ambrofius lib. I. de Spiritu S.e. 2. a) Augufin. lib,
P. 595: ©) Hilarius van. 24. in Mätth, et Chryf-
374
„und groſſe Mitfchüler unfer einander mären,, d).
Und weil denn ein folcher Glaube in ihrer göttli-
chen Natur wohnete und herrſchete, “fo waren
ſie durch diefelbe alle mit einander eins, durch
„eine ſolche natürliche Einigkeit, daß fie durch Die
„Natur und das Wefen eines Glaubens eins wa⸗
„ren. Denn fiewaren (gleid) wie die Apoftel zu-
„‚erft,) wiedergeboren zur Unſchuld, zur Unfterb-
„lichkeit, zur Erfennenig GOttes e). Davon
wir oben im dritten Cap. des erften Buchs mehr
gehöret haben. Demnad) war diefer Glaube nicht
alleine der Anfang ihrer Bereinigung, ſondern
auch eine Stärfung und —— derſelben.
Diejenigen, fo die wahre Freundſchaft und Liebe
von der falfchen recht zu unterfcheiden wußten, be-
Fenneten von jener fo viel: “Diefes iſt die wahre
„Berwandfehaft, die mit Chriſti Band verfnüpfee
„it, wenn fie nicht geſtiftet wird durch Mugen im
Hausweſen oder durch die leibliche Gegenwart,
„oder aud) durch die verftellte Heucheley, fondern
„durch die Furcht GOttes und den Fleiß in feinem
„Wortf). Wiefollten die nicht ein Herz haben, die
„einen Glauben haben? Wie follte nicyt ein Stan
ſeyn, wo ein GHdte ift? Wie ſollten Die Gemuͤther
„getrennet feyn in der Geduld, welche ein Leib zu:
„fanmen find in der Berfnüpfung des Ölaubens
„e)? Vielmehr macher der wahre Gottesdienſt
„allein, daß ein Menſch den andern lieb hat, und
„weiß, daß er mit ihm indem Band der Bruͤder⸗
ſhaft verfnüpfer ift,, h). Welche Wahrheit viele
3.5. Dondererften Ehriften Pflichten und Beseigungen gegen einander.
fentlich und heimlich ohne Bedenken und ſelbſt ge⸗
machten Unterfcheid, glaubige und felige Drü-
der, wie die Apoftel felber thaten, Col. ı, 2.
c.4,9. ı Tim. 6, 2, Ban: 5,12. Brüder,
die des Glaubens Yausgenoffen waren,
(oixeızs vns mlzek,) Gal. 6, 10. “treue, glaubige
„Brüder m), einftimmige vechtglaubige Brüder
„a), Brüder nach dem gemeinen Ölauben in GOtt
50), Brüder nach) dem Geift und nach einem
„Ölauben p), einträchtig in dem Gottesdienſt q),
„ſehr getreue glaubige Brüder, (misorarss
fideliffimos) u,.f.w.r). Von welchen Titeln wie
anderswo reden wollen. Die erfte Einigkeit des
wahren thätigen Glaubens erſtreckte ſich nicht et⸗
wa nur auf Die Zeit, da diefer oder jener lebte, ſon⸗
dern die wahren Glaubigen befenneten von ſich,
daß fie nicht allein mit denen brüderlich verbunden
waͤren, die in der ganzen Welt und an entferne-
ten Orten in einem lebendigen Glauben mit ihnen
ftünden, fondern auch mit allen zu allen Zeiten vor
und nach ihrem Leben. Dahero befcyrieben fie
nun die Gemeine Chrifti felbft alfo, “Daß es
„nicht Diefe oder jene wäre, fondern mie fie durch
„die ganze Welt ausgebreitet fey; auch nicht die
„nur, welche nun in den Menfchen lebe; fondern
„daß auch Die Dazu rn welche vor und nach
„ihnen lebten bis ans Ende der Welt, s), Wo—
von einer auch fagte zu feinen Brüdern: Wir fes
„ben viele von unfern Brüdern nicht, mit denen
„wir doch in Einigkeit des Geiftes verbunden find.
andere herrlich darlegen, und die Kraft diefes
Bandes, nemlic) eines wahren Glaubens, anzet-
gen i). *
ı1. Nichts anders bekenneten fie auch hievs
denen Unglaubigen, theils ſie von der Kraft des
Glaubens auch disfalls zu überzeugen, theils if»
nen die Urfache ihrer höchften Vertraulichkeit und
giebe zu entdecken, und überhaupt ihren GH
und Vater zugreiſen. In dieſem WBorfag ſchrie⸗
ben fie: “Diejenigen heiſſen und find mit Recht
„Brüder, welche aus einem teibe der Blindheit
„an ein Licht der Wahrheit hervorkommen find,
k). Und ferner: «Bir heiffen uns unter einan=
„der Brüder, weil wir eines Ölaubens theilhaf-
„eig worden find, (Confortes fidei) I). Sie
felbft, die Heiligen unter einander, nennten ſich oͤf⸗
„Was iſts aber Wunder, daß fie nicht eben bey
„uns find? wird find dennoch in einem $eib und
sabemein Haupt im Himmel, tr). Undinfe
Abſehen rühmteder befannte gehrer Jrenäus
von den Ehriften feiner Zeiten, “daß Die ——
„Gemeine zwar in der Welt zerſtreuet ſey, aber
„gleichwol Die Predigt der Apoftel und den Glau⸗
„ben fleißig bewahre, als ob fie in einem Haufe
„benfammen wohnete. Sie glaube aud) einerley
„und habe ein Herz und eine Seele, u). Jener
Märtyrer betere und dankete auch vor feinem
Hintrie dem HEren dafür, “daß er allen einen.
„Sinn gegeben hatte, und alle Glieder in ein
„Kennzeichen des Glaubens, als durch einen
„Bund, verfnüpfet wären, durch den Die Welt
„regieref, und ihnen unterthänig würde x).
12. Was
d) Augufin.in P[.23. e) Hilarius lib. VIII. de Trin. f) Hieronymus Epift. 102. ad Ambrof. 8) Paulinus
Epitt.37.ad Pammach. h) Ladantiuslib.V.Inft. c. 6. i)Gregorius Naz. Orat.3.de Pace etOrat.ad Arian. Ambro-
fius lib. I. de Abrah. c. 9. etlib. I. Offie. c-34. Augufl. Epift. 52.et 155.Hieroaym.Apol.adu.Rufin.fine,etc. k) Ter-
zullian. Apol.c.29. 1) Minntius Felixl.c. m) Eufebiuslib. VII. c. 29. n) Epiphanius her. 78. 0) Pauli-
nusEp.61. p) IdemCarm.adCyther. q) Hieroaym. Comm. in Malach.prxf. r)Conc. Carth. c. 37. Cyprian.
de Vnit. Ecel. Auguftin. Enchir. ad Laur.c.87. s) Auguſtin. lib. II. cont. Donat.de Bapt. c.6. t) Idem Tradt.
6.inloh. u)Lib.I.c.3. x) Prudentins bymn.4. de Coron.
I RR; »
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Don der brüderlichen Vereinigung der erften Ehriften insgemein,
375
12. Was ferner bey ——
des Glaubens diejenigen beerift, ſo in dem Grund
des Glaubens mit nr und beharrlichem Wi:
derfpruch gegen die offenbare Wahrheit irreten,
Be befagtem leicht zu ermeffen, daß fie von
hriſtlichen Perfonen zwar mit Sanftmurh be-
ftraft, ermahnet und unterrichtet, aber nicht für
Brüder neachtet worden. Und diefes in folchem
enauen Berftand des Worts, als oben befchrie-
en worden, als welcher klar dem Verhalten der
rechtmäßig vor GOtt aus feinem Wort überführ-
ten Irrigen enfgegen ſtehet. Dahingegen die
rechtfchaffenen aufrichtigen Lehrer, aus wichtigen
Urfachen und gottgefälligen Abfichten, diejeni—
gen annoch Brüder nennten, die entweder nur
an haften, in einem oder andern zu ir—
ren, und weil fie noch nicht überführer waren, Er-
mahnung, Unterricht und Warnung bedurften,
oder auch nicht anders in ihren Gewiſſen über:
euget waren, und dabey ein gutes Abfeben
fürn fo war dis das Gutachten eines be-
annten Sceribenten bey dergleichen Begebenbeit,
„man müffe die a derer annoch hingehen
„laflen, welche ſich von der Brüderfchaft getren-
„net hatten,, y). Und diefes fape die Weisheit der
Alten fonderlic) für nöthig an bey denen, die man
noch zu gewinnen hoffte da die von Chriſto und
den Apofteln anbefohlenen Grade nothwendig in
acht zu nehmen waren, follte anders GOtt zum
gehren, Ermaßnen und Strafen Segen und
Sueceß geben. Welche theure Worte Matth.
18, 15. u. f. Tit. 3, 10. wenn fie allenehalben und
bey denen unter dem Verfall ergangenen
tigfeiten in der Furcht GOttes erſuͤllet
wären, follte gewißlich der offenbare Greuel und
——7 unterblieben ſeyn, davon im letzten
uch folgen ſoll. Unterdeſſen thate man doch in den
vorhergehenden Zeiten, nach der allgemeinen Chri—
ftenpflicht, meiftens nach dem Willen des HEren,
und hernad) gefchahe bisweilen etwas zum Schein
oder aus andern Abfichten, daß man die Reger
Brüder nennete, So machte es noch Eyrillus,
Biſchof zu Alexandria, als Neſtorius mit feiner
Lhre befannt wurde. Er vermaßnte ihn in einem
Brief, als einen Bruder, daß er doch einerley
mit den andern halten und lehren follte z). Coͤle⸗
ſtinus, ein Römifcher Bifchof, fehricbe eben an
diefen auch als einen geliebten Bruder, unge:
y) Profper Aquitanicus Epift. de Grat.etlib. Arb. z)
Bat et Baronium A.C. DXXX. p. 552.
ib.
III. de Pace. g) Hieronymus de Ser. Eccl.h. v.
“ u rk I
; b) Balfamon et
€.38,etlib. V.c.9. Vita Pauli CPolitani ap. Phorium Cod. 357.
elef. h. v. Conf. Eujebius lib. VI. c. 45. Blafaves Syntagm. lib. X. c. vlt.
h) Comm. in Pf. 18.
achtet er dabey fagte, “es ftünden offenbare Got-
„tesläfterungen in feinem Schreiben, a). Bon
den Novatianern iſt nicht weniger Elar, daß fie
Brüder find genennet worden, wenn fie nicht für
„wol in dem Glauben geirret, als für folche Leu—
„te gehalten würden, die einen Haß wider die Brüz
„der hätten,,‚twiees einige ausdrückenb). Ob wol
andere verfichern wollen, daß fieden andern Chri-
ften meiftensgroffe Liebe erzeiget, und beyde Par-
teyenin Verfolgung vor einander zu fterben bereit
gewefen c). Alfo fchriebe auch Dionyfius Alex⸗
andrinus an Novatianum felber, “Daß er Doc)
„die Brüder möchte zur Einigkeit bringen d).
13. Diejenigen, welche Glauben und tiebe im
Herzen Gatten, wendeten alle Mittel an, ihre
Brüder zurechte zu bringen, oder wiederum auf
den rechten Sinn zu führen (veleräiv,ad]agrilen)
in dem Geift der Sanftmutd, Gal. 6, 1. Tit. 3.
10. Geſtalt fie ferner ſolch ihr Verlangen erwies
fen, da fie in ihren Ermahnungen und Wis
derlegungen den Brudernamen nicht vergaſſen:
Als zum Exempel Fauſtus, ein Bifchof, that in ei⸗
nem Schreiben an den Pelagianer Zucidum, da er
unter andern fehriebe, er hoffte, diefer Bruder
„würde fönnen wieder auf den wahren Weg ges
„bracht werden,, e), Ein andrer nennete den
Streit mit dem Apollinare eine beüderliche
Zwiftiafeit, (uyopaxlav aderQmnf) Wü
fanus fehriebe ein Buch wider die Brüder, wel-
„che von der Kirche zu der Keßerey der Encrati-
„ten abgewichen waren, g). Auguſtinus, der
nft eiferige Mann, redete gleichwol alfo in feiner
meine von den Keßern: Die Bosheit will
„nicht haben, daß ich die Keger wieder fuchen foll,
„aber die Liebe laͤßt das nicht zu, nad) welcher wir
„Brüder find. Ich würde nicht übel handeln,
„wenn ich meinen Knecht wieder fuchte, und
gleichwol foll ich böfe ſeyn, weil ich meinen Bru⸗
„oer ſuche. Ich fage noch einmal, ich fuche
„meinen Bruder, und bete zu dem HERAN
„nicht wider, fondern für ibn, h)._ Womit
er fonderlich auf die Donatiften ſahe, wel⸗
che von den fogenannten Catholiſchen Biſchoͤf-
fen in ihren Gefprächen nach der Vorſchrift der
„Ehriftlichen Liebe Brüder genennet wurden, inz
„dem fie fie nicht als ihre Feinde verfhmäßeten,
„ſondern als Brüder ehrten und liebten,, : wie r
au
Epift. H.adeum. a) Epift. ap. Binium Tom. I. Concil.
t Zonaras Schol. ad c. 8. Concil. Niceni. C) Socrates
d) Apud Hieronymum Catal.Scr. Ec-
e) Inlib. fingulari de Creaturis f) Orat.
Rn Zi
Pi. 227,78
a —
benten bekannt und geruͤhmt wird i), ale es auch
wahrhaftig nichtanders gefchehen k). So ſchloſſen
die Berftandigen auch aus fo vielen Stellen der
heiligen Schrift, an man an denen Kegern
„richt alsbald verzweifeln müßte, fondern fie vu
Buſſe ruffen, und ihr Heil aus brüderlicher Lie:
„be wünfchen, I), Welches fie abermal mit ih⸗
ren Erempeln zeugen, daß es ihnen ein rechter
Ernſt wäre, dem Willen des liebreichen GOttes
auch Bierinnen nachzuleben. Wie dorten Bre-
gorlus von Nazianzo denen Macebonianern be-
zeugte, daß er und andere nicht eben den Sieg und
zdie Oberhand fuchten, fondern Damit diefe Bruͤ—
„der wieder dahin umkehren möchten, durch deren
„Spaltung fie gefränfet würden, m), Und Ba⸗
filius redet fehr vorfichtig und Chriſtlich von der
Sache, wenn er unter andern Euftachio alfo zu
fehreibet : Die Wahrheit muß mit vielen Thränen
„von Gott geſuchet werden, wenn man will die
Freundſchaft eines Bruders verlaffen. Wie
„viel forgfältiger und emfiger, und mit tie viel
„gröfferm Bedacht muß das gefchehen, wenn fich
„jemand der Freundfchaft der lange vereinigten
Bruͤder entziehen wollten)?
14. Sole wichtige Urſachen verbunden die
Gottsfürchtigen zu Diefer Chriftlichen Sanftmuth,
damit auch mehr ausgerichtet wurde, als mit allen
fyrannifchen und liftigen Anfchlägen. Wie denn
auch fonft andere Gründe dazu kamen, welche das
Band der Siebe nicht fogleich zu zerreiffen rathen
mochten. Wenn, zum Exempel, man ſolche Leute
gleichwol für Ehriften halten Fönnte, als Aug
ftinus abermals deutlicdy befennet: Was ver-
ſteckſt du dich, o Ketzer, indie Finſterniß? Dubift
„ja ein Chrifte, fo höre doch Ehriftum, du biſt ein
„Knecht, höre Doc) den HErrn, du biſt ein Sohn,
„höre doch deinen Bater, beffere Dich doch, werde
„doch wiederum lebendig! Was irreft du, o Bru⸗
„der 0)! Micht weniger fahen fie darauf ‚ weil
noch viel gutes bey dem oder jenem übrig mar, wel-
ches fie alles noch für ein Theil der wahren Gemei-
ne hielten p). Gleichwie diefes ihre beftändige
Ausfage war: "Die allgemeine Kirche verwerfe
„gar nicht an den Ketzern die Geheimniſſe, die fie
„mit den Catholifchen gemein hätten, fondern fie
„nermwerfe nur und Bindere die Trennung, 9). Das
— —
376 3.3. Don der erſten Chriſien Pflichten und Bezeigungen ge |
aus ver Anciquität auch von partenifhen Scri- her fieeben wiederummeg
) ‚gen der Taufevonden Dos
natiſten fagten: “Ob gleich Diefe die Taufe der Ca=
„eholicken verwuͤrfen, und fie nicht für Brüder er-
„eennen wollten, fo erfenneten d
„eiften ihre Taufe für die ihrige,
„nen: Ahr fend Dennoch unfere Brüder, r). Und
Gregorius befennerabermalvonden Macedonia=
nern: Es finde ſich auch bey ihnen etwas lebhaf⸗
„tes, nemlich die wahre Lehre von dem Sohn
„Gottes, und ihr Leben fey auch fehr löblich, da⸗
„hero er fie auch ohne Bedenken Brüder heißt,
s). And Juftinus ſchreibt abermalvon den Do⸗
natiſten: Wir find Brüder, wir vuffen einen
„Gott an, wir glauben an einen Ehriftum, wir
„hören ein Evangelium, wir fingen einen Pfalm,
„wir antworten mit einem Amen, wir laffen ein
„Hallelujah erklingen, wir feyren ein Ofterfeft,,
t). And ein andrer von eben denſelben: “Wir
„koͤnnen von der Furcht GOttes nicht abweichen,
„weil ung der H. Geift vermahnet, wie follen zu
„denen, die unfere Brüder nicht feyn wollen, und
„ung haſſen, dennoch fagen: Ihr feyd unfere Brils
„der. Go find fie denn oßne Zweifel Brüder,
„obgleich nicht gute Brüder, denn fie müffen es
„nothwendig feyn. Wir und fie Baben einerley
jene der Dona=
Bruͤderſchaft, aber die Verrichtungen find un«
sterfchiedlich. Drum wird der Name der Bruͤ⸗
„verfchaft nicht abgeleger werden,, u). Woraus
die Weiſe mit ſolchen Leuten umzugehen erheller,
ſonderlich das Verlangen, die brüderliche Vereini⸗
gung zu unterhalten und zu ergänzen.
15. Endlich fchloffen die gortfeligen Alten auch
bigle nicht von der Einigfeie und Brüderfchafe
aus, welche entweder felbft die Wahrheit nich
anders erfennen Fonnten, oder von andern Dazu
veranlaffee waren worden, daß Spaltungen da=
durch in den Gemeinen entftunden. Paulus
felbjt nennete die verführten und irrigen Gala—
ter gleichwol noch feine Lieben Rinder, lieben
Bruder, u.f mw. Gal. 4,19. Wie es auch die
Alten anmerken und zum Exempel voritel-
len x). Cyprianus nennete STorentium gleichwol
feinen Bruder, ob er fehon eine Spaltung an⸗
gerichtet hatte y); Auguſtinus Die Donatiſten:
Ingleichen in dem Concilio zu Carthago heiſſet
die Bekehrung ſolcher Leute ein ————
ru⸗
i) Baronius ita loquitur A. C. DXI. p. 328. Tom. V. ex Auguſtino lib. II. adı. Gaudent. e. ır. et poft Collat. c. 35.
k) Id. Epift. ad Emeritum lib. I. cont.Lit. Petil. c. 29. et lib. II. c. ı. lib. I. de Mor.Ecel. c. 1.1, I. cont. Crefeon.
&. 6. 1) Hieronymus Coinm. in Hof. c. 2. m) Orat.de Pentec,
n) Epift. 73. o)In Pf ıg. p) Id.lib. II.
cont. Crefcon. c. 10. g) Id. lib. I. de Conſ. Euang. c. 5. r) In Pf. 32. s) Orat. de Pentec. t) InPf. 55,
u) Oprarus Milenitanus lib. I, adu, Parınenian,
te Rigaltio ad h. |, i
x) Anguflim lib. I. de Baptı c.ıo. y) Epift. 66. obferuan-
) fagten zuiß- - x
AT EEE —
TEE
14
‘
2 —
RRERT! «001 si:
Sruderfeelenz). Andere befc) ei
nung eine Abreiſſung von der Ei N
Zrüdera). Ya, man war erbietig und bereit,
folche Leute gleichtvol in der Tenne der Kirche
noch) zu leiden , wofern fie fich nicht felber abge-
fondert hättenb). Die andern aber, welche etwa
durch Berführung, —— oder Uebereilung,
entweder in Irrthum oder. böfes geben gerathen
waren, wurden ee em Mitleiden und Be:
dacht tractirt: Wie die Apoftel felbft alfo han⸗—
delten, als Paulus mit den Gorinthern, diezwar
verführt und verkehrt waren, und dennoch feine
"Brüder blieben und Bieffen. Gleichwie GOTT
boten harte durch Eſaiam, diejenigen als Brüs
ev doch zu Balten, welchedenen falfchen Prophe—
ten geglauber Hatten c). Ja, die gewiſſenhaften
Lehrer giengen mit denen Arianern nicht anders
um, die von andern waren verführet worden.
„Sie wurden aufgenommen, und nicht als Fein
De, fondern als ſolche Brüder befcheidentlich und
„brüderlich traectirt, welche nicht aus Bosheit wi-
„der das väterliche Erbe geftritten Hatten. Ja, was
„noch mehr iſt, man billige ißven Eifer, ob man
„wol ihn wegen der Feindfchaft nicht loben woll⸗
e Tren⸗
e d). Biel weniger aber konnten nun geringe
Streitfragen, die keinen Glaubensgrund beruͤhr—
ten, “das Band der Vereinigung zwiſchen denen
„Brüdern und Gliedern CHriſti zerreiſſen, oder
„die lautere Liebe zwiſchen den Brüdern ver-
„dunfeln e). Diefes erforderte die Eintrachtund
„Sriedfertigkeit der Glaubigen, daß, wenn matt
„lange etwas ſchweres und dunkels gefucht, und
„diefes wol gar unterfchiedene Meynungen in der
„brüderlichen Diſputation verurfachet Hatte, den⸗
„noch das Band der Einigkeit bliebe,,n.' Aus
welcher Abficht der Kayſer Tonftantinus M.
nicht unrecht feßte, “daß Brüder wider die Bruͤ⸗
„der nicht ftreiten follten um geringer Worte wil-
„en„g). _Amallerwenigften aber war bey denen
Rechefchaffenen der Unterſcheid aufferlicher
Dinge, Ceremonien, Bebräuche und derglei-
chen, faͤhig, die Brüderfchaft zu trennen oberauf
zubeben ; wie wir anderswo erfennen werden.
16. Nachdem nun gewiß bleibet, daß der le—
bendige thätige Glaube das fuͤrnehmſte Band der
Bereinigung unter den erften und allen folgenden
eo
z) Can. 71. Cod. Can. Eccl. Afric. a) Bafrlkius Epift.Ca
c) Au&or Comm. ap. Ambrofium a
f) Id.lib. II.de Bapt. c.4.
VeraRelig.c.5. ı
Pac. e) Auguflinus Epift. 86. ad Cafulanum.
num ap. Eujeb. lib. IT. de VitaC. M. c.69. et Socrateslib. I. c. 7.
A Cap. Don der beüderlichen Dereinigung der erften Chriften.
it der
Er
377
wahren Chriſten gewefen; fo ward damit nicht
weniger ein heilig und gottgefälliges Leben un=
mittelbar verfnüpfet. Wannenhero auch bey des
nen Urſachen der Brüderfchaft unter den Chriften
die wahre Gorefeligfeit niemals vergeſſen wurde,
ohne welche, als ein hoͤchſtnoͤthiges Kennzeichen
des Glaubens, feine Bereinigung oder Vertrau—
lichkeit entſtehen, viel weniger beftehen möchte,
So fagten fie demnach) ausdrücklich, “Daß diefes
„erftlic) vechte wahre Brüder wären, welche in
„gleicher Gottſeligkeit einerlen Beilige und qute
„Verrichtungen ehäten,„h). Giefeßten die Kraft
der Verbindung in denen Herzen darinnen, “daß
„fie nachder Gnade einander verwandt wären, dazu
„die Befleißigung von einerley Tugenden fehr viel
„bentragei), Und meilfie denn im Geift wandel:
„een, und nicht im Fleiſch, fo wurden fie auch mit
„ven andern verwandt, nicht durch die Blut—
„feeundfchaft , fondern durch die Gleichheit der
„Froͤmmigkeit . Sa, es wäre nur allein unter
„den wahren Ehriften eine wahre Freundfchaft,
„die Durch die geiftliche Vereinigung in dem Leben
„und Wandel geftiftet würdel): Diefer fey allein
„ein wahrer Bruder, der dem apoftolifchen Eben-
„bilde ähnlicher ſey m); und diefes ſey die rechte
„ſuͤſſe Harmonie ‚ wenn gleichfam eine unzertrenn⸗
„liche Eintracht von allerhand Tugenden in der
„Gemeine feyny). Welche Einftimmigkeit int
geben und götelichem Wandel fo Fräftig war bey
denen, die GOtt liebten, daß fie befenneten, es
gehörten alle wahrhaftig Fromme zuder Anzahl der
Epriften , und fonft feiner, Gleichwie (fagten
„fie, ) wiele von den Unferigen niche mie uns find,
„die durch ein gottlofes Leben von dem gemeinen
„keib abgerrenner find: Alfo ftehen viel Auswärti-
„ge bey uns, welchenoch vor ihrem Glauben und
„deſſen Bekenntniß dennoch ein gut Leben führen,
„und nur den Ehriftennamen nicht hätten, da doch
„die Sache bey ihnen I Ride 0). In ſolchem
ernſtlichen Fleiß, ihren Beruf und Erwählung fes
ſte zu machen, ſahen die Bruͤder unter einander
immer dahin, wie ſie in gleichem Gehorſam und
Siebe ihren gemeinen Vater preiſen möchten.
Wozu fie einander forgfältig veizten “zur Siebe und
„guten Werken, damit fie auch ſtillſchweigend
„durch die Erempel der wahren Tugend den Glau⸗
Bbob „ben
‚c.I.et Ariſtenus in Schol. ibid. b) Auguſtinus de
Cor. I.ıo. etXIV.6. d) Gregorius Naz.Orat.ı. de
g) Epift. ad Clerum Alexandri-
h) Clemens Alexandr.lib. VII. Strom. p. 323.
i) Ambrofinslib. 1. Oflic.c.33. K) Idemlib, de Viduis. 1) Augu/fin. lib.de Amie. c.2. m) Chry/f. hom.
aı.ad ıCor. n) Ambrofisslib. VILin Luc.c.15. 0) Gregerins Theologus Orat, de Fun. Pat. N
378
„ben der Bruͤderſchaft erbauen möchten »P), wie
alfo von einigen geredet wird. „Laſſet ung (rie⸗
fen fie einander zu,) denen Unſchuldigen und Ger
„rechten anhangen , denn diefes find die Auser⸗
„wählten GOttes. 9). Die Lehrer ſelbſt wuͤnſch⸗
ten öffentlich, daß ihre Zuhörer nicht ſowol der
Worte möchten noͤthig haben, als daß ſie ſich un⸗
ier einander vielmehr zur Liebe und guten Werken
aufmunterten, indem fie einer des andern gutes
geben betrachteten x). Siehe aud) 2 Cor. 9, 2.
1 Theff. 1,7. Ebr. 12,1. f
17. Hieraus folgte weiter, daß, wenn Die Bruͤ⸗
der einander in der Gottſeligkeit alſo ſtehen und
fortfahren ſahen, ſich einer über den andern herz⸗
lich erfreuete und GOtt hoch preifere. Derglei-
chen man an denen erften Jüngern fo ſehr wahr:
nimmt, Apoft. Gefch.ır, 23. €.14,27- €- 15,3. 4-12.
21,20. Man feste auch) dieſes zu einem Kenn:
zeichen bey den verdorbenen Zeiten hernach, wer
noch ein recht geartetes Glied an dem Leibe JEſu
wäre oder nicht. “Biftdu ein Bruder, (fagte ei⸗
„ner zu feinem Widerpart) fo freue dich über mei-
„ne Beflerung : bin ich dein Sreund, fofoll ich über
„deine Befferung dir Glück wünfchen,, s). Dis
war eine Probe der wahren Liebe und Einigkeit
unter Brüdern: nemlich, je mehr einer den andern
„liebte, je mehr freuete er fich über fein Gutes;
„und wenn ein anderer, den Du als dic) felbten
„lieb haͤtteſt, eben dieſe Seligkeit boeſaͤſſe ſo
„würde deine Freude noch einmal fo groß ſeyn,
‚weil du eben fo fehr dich über ihn freuen wuͤrdeſt,
„als über dic) felber t). Diefes war gar ein loͤb⸗
„licher und leichter Weg zur wahren Verbindung
„der Herzen, wenn ſie der Bruͤder ihre Gottſeligkeit
„betrachteten, da ihnen gewißlich des Herrn er-
„zeigte Gnade ein Vergnügen erwecken, und fie
„zur Siebe anfocfen mußte, dem fie füßiglid) an-
„bangen Fonnten„w). Deswegen bezeugten. die
Frommen auch oft ihre Freude, fo fie über
‘der Brüder gutem Wandel und allen wahren
Früchten ihres Glaubens empfunden. Etliche
fagten gar, “es wäre ihnen unausfprechlich, mit
" „mas vor Wohlluſt fie überfchüteer wären, wenn
„ihnen der andern Brüder vollfommenes Herze
„in der Erkenntniß göttlicher tiebe Fund morden
„wäre„x). Wiedenn von foldyen Chriſten ‚ bie, in
dem Verfall fonderlich, der Welt und ihren Lüften
& .
p)ApudBaroz.A. CCLXII.39. g)Clemens Romanus Egift.ad Cor.p. 60. r) Greg. Nyffexus Orat. in Iulian.
t).Zuguf. Manual.c.3. u) Be’nh.Serm.ro.in Cantic. x)Paulin. Nolanus Epiſt 14. ad
‚Apol. II. adu. Rufin.
Seuer. y) Crffodoruslib.de Amic. z) Origezes Tractat. 6.in Matth. 18.
3.8. Don der erſten Ehriften Pflichten und Bezeigungen gegen einander.
abzufagen vorhatten , noch gerühmet wurde, “da
„ein jeder den andern fo febr geliebet Habe als ſich
„felber, und daß die Freude ihrer aller einem je⸗
„den zu eigen worden ſey, indemdiefelbe durch das
Zeugniß eines guten Gewiſſens in der Gemein-
ge ’ der Liebe und der Freundſchaft entftanden
ſey y)» ae I OHR
18. Demnach iſt ferner unfehroer zu erkennen,
wie die wahren Chriften mit denen Heuchlern und
öffentlichen Sundern in feiner innerlichen Ber
einigung und Gemeinfchaft geftanden find, Wir
haben bereits vernommen, wiedie Böfen als Kine
der des Satans geachtet worden find. Darum:
tar diefes der Frommen ihre Meynung:
„fo gröblid) fündiger, derift fein Bruder, a;
„nicht etwa nur alfo genennet wird. Es ift ein
„geoffer Unterſcheid zwiſchen einem Bruder und
„einem, der nur fo genennet wird. Kein Gößen-
„Diener, oder Geiziger, oder Hurer iftein Bruder.
„Deswegen fagte Paulus: So jemand fich lieffe
„einen Bruder nennen„2). Wovon wiroben bey
dem Ehriftennamen ausführlid) berichtet worden.
Immaſſen die Chriften bierinnen dem gemeffenen
Befehl des HEren folgten, welcher alfo lautete,
„oaß man aud) von einem Bruder fic) enthalten
„folle, zu feiner Beftrafung, daman doch wol mit
„einem Heyden umgeben dürfte, nemlich, damit je⸗
„ner, dergelindigerhat, ſich fhame und befferea).
Siehe 2 Theſſe 3, 6.14. 1 Cor.5, 2. 13. Ephef. 5, 6.
7. 206 Worinne este Weisheitzuerfen-
nen ii daß ein gr Bruder follte vermeidee
„wer als der noch Hoffnung zur Beſſerung
„hätte, aver mit den Unglaubigen ſollten die Ehri-
„ſten gerne umgehen, Damit fie nicht immer von ih⸗
„nen abgefchieden lebten, und alfo gewonnen wuͤr⸗
„Oenyb) Wenn nun alfo ein Bruder gefallen,
und von der Gemeine deswegen beftraft ward, fo
bieffe er alſo von der. Brüderfchaft fo lange abge-
sfchieden c), von der Gemeinfchaft getrennt), aus
„der Zahl der Brüder ausgethan,, u: ſ. w. c) Hie zu
aber wurden fie ſowol durd) andere wichtige Urs
fachen, als fonderlich durch den groffen Schaden bes
wogen, der aus einem ärgerlichen Wandel diefes
oder jenes entftehen Fonnte, Denn ein folder fo
genannter Bruder war den andern ein Aerger—
niß ); denen aber, die drauffen waren, gab er Gele⸗
genheit zu läfterng). Zu geſchweigen, daß bie
Strafe
s)Bieron.
a) Auguflinusin Pf. 100. b)Scho-
liajßes Gr. adCan. 103. Coneilii in Trullo a Beneregio e MSto produäus p. 104. Concil. Arelztenfe ll.c. 19. Lug-
dunenfel.c.1. c) Eufebins IV. H. E.c.11. d) Cencil. Ancyran.c.3. Antiochen.c.1. 2.4.
e) Gelaſius Epift. ad
Orient. per Sirmondum edita. Theodorituslib. 1. H.E. e. a. ete. f)AilarinsinPf.104. 3) Autor lib. de Sin-
gularit. Cleric.
=;
4
Strafe GOttes durch) eine fehwere Sünde , die
nicht beftrafet worden, über die ganze Gemeine
han fommen fönnen k). Da es auch ohne dem
eichtlich durch des Satans Lift gefchehen mochte,
daß ein folcher Gefallener noch weiter fortführe,
und ſich mir Verfolgung der andern vergriffe, weil
ihm die erfte unbeftraft bingangen wäre.
19. Zwiſchen Böfen und Frommen, Heuchlern
und Necheichaffenen Fonnte demnach Feine wahre
Vereinigung ſeyn, tbeils angeführte Urſachen
wegen, theils weil jene eine heftige Seindfchaft und
boshaftigen Widerftand gegen diefe ordentlich
bezeugten. Ein eiferiger Mann fchriebe ehemals
fehr gründlich hievon, und unter andern folgender
maffen : «Die gröffefte Urſache der Uneinigkeit ift,
„der Unterfcheid des Willens: indem es entweder
„gar nicht oder ſchwerlich geicheben Fann, daß ei:
„ter Dasjenige an andern lieben ſollte, dafür er ei⸗
„nen Eckel hat. Dahero baffen die Gottlofen die
„Frommen nicht obne Urfache, an denen fie fo
„viel fehen, das ihnen zumider iſt. Denn jene le
„ben ſtets in Bosheit, diefe in Unſchuld; jene in
„Unzucht, dieſe in Keuſchheit; jene in Ueppigkeit,
"ieh in Einfamkeit und Stille; jene immer mit
„dem Teufel, diefe ftetig mit Chriſto „i).Dabes
„t0, wie ein anderer faget, wenn man gleich einen
Gerechten und Ungerechten andine Kette uſam⸗
„men binde, fo find fie doch’ von einander entfer⸗
zrehzyk). Die Erfahrung gab es jebetgeit,
gibt es noch denen, die darauf acht Men, daß
der Welt Freundſchaft GOttes Feindiche iſt.
„Wer der Welt mehr gefallen will, —
„DEN. Wer von der Welt will geliebet ſeyn,
„der wird von EHrifto gehaſſet: Die Welt lieber
„auch feinen, den GOTT nicht zuvor hat verwor⸗
„fen,m). Hingegen läffet die Welt denen From:
men nicht lange Frieden. “Sie tadelt, betrüget,
„beleugt und verläftert ihn, ja, fie fpottet fein mit
„feiner Gerechtigkeit, der er fich rühmt,,n). Diefes
gienge fonderlich auch indem verderbten Chriſten⸗
thum alfo zu, daß man Klagen gnug Davon finder
bey aufrichtigen Seribenten. ** Dielübellebende
„Ehriften verfolgen diejenigen, Die unter ifnen
„oottfelig leben wollen, und fagen ihnen die böfes
„ſten Worte: zum Erempel: E du bift gerecht,
„dubift ein Heiliger, du bift Elias, du biſt Pe«
„teus,du bift gar vom Himmelfommen, u. ſ.w. o).
Wie viel find jeßo , welche eine Seele drüber
W
mw Cap. Von der brüderlichen Dereinigung der erften Chriſten. 3
79
„verhöhnen und verfolgen, welche die Geheimni
„Gottes forſchet ‚und feinen Frieden —
„ſprechen : Der iſt raſend, oder voll ſuſſes Weins:
„Er kommt in keine Geſellſchaft, er verachtet alle
„euft, er hält das Geld für Koth, liebet Die Ars
„muth,u.f.f.P). So läftert man allen Heil. Wors
„ſaß, und Hält das für eine Erleichterung feiner
„Strafe, wenn niemand mehr heilig iſt. Aber
„den Frommen iſt es ungelegen, mic den DBöfen
„zugleich verdamme zumerden q). Indem fie aber
„für elend gehalten werden, willen fie, daß die
„Gottloſen noch viel elender find, und eines ſcheint
„den andern als vafend zu feyn,r). Derglei-
chen Klagen aber und andere Zeugniffe werden im
legten Buche * iger zu finden ſeyn.
20. Schließlich verbunde die Chriſten unter
einander nicht wenig die Hoffnung und Anwar
fung einer Erbſchaſt in der Herrlichkeit, von wel«
cher ſchon im iz. Cap. des eriten Buchs gedacht
worden, Daßdemnad) feine wichtigeirfache und
Grund _der Vereinigung wahrer Chriften mehr
übrig iſt, indem fie alle Fürzlich aus der Antiqui⸗
tät beſehen worden. Denn was man etwa liefee
von der allgemeinen Mutter, ver Kirchen, und dem
Vaternamen, wie der denen Lehrern zugeleger wird,
iſt niche ohne gewiſſen Unterfcheid anzunehmen,
Detreffend den Vatertitel, ift wohl in acht zu
nehmen , daß daraus Feine allgemeine Bruders
und schaft flieffen Fönne, die doch bey allen wahren
Epriften gewiß feyn muß, weil fichderfelbe in fol«
cher Abſicht nur auf die erſtreckt, fo Ba he
einigen Menfchen etwa bekehrt und unterrichtet
find. Zu geichweigen, daß diefes eine geringere
Art der Urfachen, und nur ein Werkzeug ift der
geiftlichen Geburt, da hingegen die höhern Urſa
chen weiter umfich greifen, und alleund jede wah⸗
re Kinder GOttes mit einſchlieſſen. Der HERR
JEſus verbietet feinen Juͤngern, fie follten nies
„mand Vater heiten auf Erden, Matth.23, 9.
„damit nicht die Gnade der göttlichen Wiederge-
„burt der Natur, oder Kraft, oder Heiligkeit eincs
„Menfchen zugefchrieben würde*). Wie denn
die menfchliche Thorheit Teichtlich auf folche Ab:
götterey fallen Fann, Daß fie vereinigen und wah—
ren Urſache ißrer Seligkeit vergißt, und auf eine
ſichtbard Perfon fallt, melcher fie gell oder
zum wehigiten die Beförderung und eſſerung
derſelben, zu danken haben will, Unterdeſſen ver
Bbb 2 der
h) Gregorius Neo-Cafarienfis Epit.Canon. c. 2. Conf.Chryjoß. hom.25. et feqq. ad Rom. hom.20. in ı Cor.etBafrlius
M.Reg.Moral.V.c.2. i) Saluianus lib. VIII. de Gub. Dei. k) Anguffınus in Pf. 93.
n) Augufinnsl.c.
r) Idem Epift.99. de Paula et Melania,
15: m) Chryfoflomns hom. de Premiis Spir.S.
Hieron, Comm. in Sophon. 3.
I) Hieronymus Epift.
0) Augufinusl.c. p)Id. in Pf. a q)
*) Anguflinns in PL 77.
380
det doch Paulus felbftalfo , und nicht wider Chri⸗
fti Befehl, ı Cor. 4,14: und fieherdamit auf feinen
Dienft, Sorgfalt und Arbeit, den er bey feinen
Kindern gehabt, als fie der HERR wiedergebo-
tens). Und diefe Redensart bat man hernach fo
häufig gebraucht, daß der Mißbrauch von dem
rechten Faum zu unterſcheiden geweſen. Man
fieng an, diefen Baternamen allein aufdiehößern
Kirchenämter zu legen, ohne die wahre Abſicht
deffelben, nur allein gleichfam als einen bloffen
Titel, darunter ein Borzug und Ehre auf weltli-
che Art gefucher wurde. Drum mußten die Bi:
fchöffe von ven Aelteftent), diefe nebſt denen Bi-
fchöffen von den Diaconis Väter genennet wer—
den u). Wiewol auch oft bierbey aufdas natür-
liche Alter gefehen ward x); und fürnemlich von
denen goftfeligen Lehrern auf die Pflichten folcher
geiftlichen Vätery). Von dem Namen Pabit,
welcher eben fo viel heißt als ein Vater oder Groß⸗
vater, und im Anfang allen Bifchöffen gemein
war a), will ich nicht fagen , weil deffen Urfprung
und Gebrauch offenbar ift,
or. Was endlih den Namen der Mutter
biebey belanget , welcyer der Gemeine insgefamt
gegeben worden, fo nennet Paulus ziwar das
obere Jerufalem die Wutter ihrer aller,
al. 4,26. welches aud) die Alten von der oberen
Kirchen annehmen b). Gonft finde ich faft fei-
ne Gelegenheit in der Schrift, woher fie ſo ofte
die Kivche auf Erden einer Mutter verglichen ba-
ben. Zuerſt befenneren fie, daß fie eine reine
Jungfrau wäre c), eine. heilige Braut und
Dertraute IEſu Chriſti a). Hernach geftun-
den fie, daß fie fehr gefchandee, verdorben und
geſchwaͤchet wordene), fo gar, daß fie ohne Scheu
fagten, “die Kirche wäre nur bis auf Johannis
Tod eine Jungfrau blieben„,f), und hernach,
theils und fürnemlich von den Gortlofen und
3.23. Don der erften Ehriften Pflichten und Bezeigungen g
Heuchlern durch den Meid der böfen Geifterg),
theils durch die Ketzer h), theils durch ihre eigene
vermeynte Bewahrer, die Kirchendiener i), verder-
bet worden, Wiedenn abfonderlicy im Pabſtthum
der Greuel nicht auszufprechen ift, den man mit
diefem Mutternamen getrieben, nachdem di
me Kirche einmal ihre Sungfraufchaft und I
nigkeitverloren hatte. Weswegen man garnicht,
wie gleichwol bey dem Berfall gefcheben, fo viel
Redens von diefer Mutter, der Ehriftlichen Kir
chen, hätte machen dürfen, fondern vielmehr die
verlorne Reinigkeit beklagen , und den Schaden
aufs möglichfte erfegen füllen. Hingegen begums
te die Cleriſey ſich auch Dadurch bald groß zu ma-
chen, weilfie fich fürnemlich,und hernach im Pabft:
thum ganz allein, unter dem Namen diefer ver=
meynten Mutter verftunden, die römifche Kirche
fürdie allgemeine Mutter ausgaben, und fid) gar
zu Männern ihren Gemeinen feßten. Alfo, daß
vedliche Männer wider fie fchrieben: Die Kirche
„ſey nureine Mutter, nicht aber eine een
Die Elerifey und die fleifchliche Kirche ſpreche im
„Herzen: Sch bin. eine Mutter und Mei-
„fterin , und fehe Fein Trauren von meinen
„Söhnen!) : aber es werden ihre eigene Kinder
„eommen, und ihr ihre Bosheit aufdecfen, daß die
„unverfchamteStirneder Huren fo geſchaͤndet wer⸗
„venfoll, daß man cs auc) füreine Gerechtigkeit
„achten wird, wenn man fie fchelten wird,,m).Ge-
ftalt die Bosbeit und Tücken der falfchen verderbten
Kirchen und ihrer Diener dahin geben, daß fie uns
ter dem anfehnlichen Titel der Mutter ihre ver-
meynten Kinder zu Sclaven mache, und fich hin⸗
gegen für unfehlbar und unbetrüglid) ausgebe, da-
mit fie ja berrfchen und die Gewiſſen anaftigen
koͤnne. So viel Anlaß Fonnte die menſchliche
Bosheit von einer Meynung nehmen, weiche oh—
ne wahren Grund des göttlichen Willens und-
Wortes entftanden war.
Das
s) Id. ib. etcont. Adimantum c.4: Chryfoß. hom.ı.in Tit.et ı Tim. hom.2.in Philem. t) Vid.;vel Hieronym.
‚ Epift. 79. et94. Coneil. Quini-Sextumc. 13. Orofiusap. Auguflinum cont.Prifeill c.ı. Conf. Baronizs Procenı. ad
Martyrolog. Rom.c:5.et 7. u) Ita Ambroj.lib. 1.Ofhe.c. 41. Auguſtinus de Hxref. et de Fide ad Pet. c. 1.Hieron.
Epift. 31.76. 83.91. etc. x) Idem Epift. 2. et 61. Concil. Carthagin. III. c. 44- vbi Epigonius de Vidtore:
— TV Reigav mare etc. y) Bafılins M.Epift. 29. ad Feftum et Magnum. Caffodoruslib. XI.Varior,
Ep.3. et de Sotere Eufebius lib. VI. c.23. Ambrofius lib. I. Off. e, 7.Hieronymus Epift. 9.et 62. Gregorius M. lib,
ll.ep.34. 2) Auſonius Carın. de Stud. Puer. Iuwenalis Sat.6. De TaTTas, Helladiusap. Photinm Cod. p,
279. Suidas, Hefychius , Glejjarium Stephani ete. Conf. Voſſius lib.I.de Vit,Serm c. 7. a) Fatentur Baronins
ad Martyrolog. Rom. X. Ianıtar. et in Annal. A. XXXIV. n. 324. Pzmelinsad Cyprian. Epift.3. Ferrarins lib.III.
de Epift. Eecl. c. 1. Conf. Sälmafins Appar. de Prim.Papxp. i38. b) Ambrofius Comm. inh. I. Augzfin. in Pf.
149. lib. XII. Confefit c. 15. lib. I. cont. Aduerf. Leg. etProph.c.7.aliique. c) Cyprianus lib. de Vnit. Ecel.
Tertullianus de Monog. e. 11. Epiphanius przf. et Hær 80: Bafılius M.Reg. Moral. LXXX. c.5. d) Augufinus
lib. II. de Symb. ad Cat. c. 6. et Commentatores in Canticum Salomonis vniuerfe. €) Eufebins lib. IV.H. E.
c.22. f) Idemlib.IN.e.32. 8) Evagriuslib.1.H.E.c.1. h) Iidorus Pelufiota lib. III. Epift. 408. 1) Bern-
hardusSerm. 77. in Cantic.etalibi. k) Idem Epift. ad Eugenium Ep. Ronı. l) Iorachimns Abbas Comm. in le-
rem.c.ı. m) Idem in c.3.ap. Wolfium Lect. Memorab. Tom. I. c. XI.p.328.
Ay
BR 0 en ce) x
| Das 2. Kapitel,
Von der herzlichen Liebe der erſten Chriſten unter
einander.
re roro Summarien. NE
er erſten Chriften inndruͤnſtige Liebe gegen einander war von natürlicher Picbe unferfebieden. Hoheit ſolcher Liebe, als
D welche allein durch den Geiſt GOttes muß gewirket werden, $. 1. und aus der Siebe GOttes eniſpringet, daher fie fich
gegen ale Menſchen erftrecket: 2. doch war die Liche gegen Bruder bruͤnſtiger. Worinn folche beftanden; wodurch ſie ges
Jeuget; mie weit fie.gegangen. 3. Sie mußte ohne Heuchelen und Falſchheit aus einer wahren Verleugnung herflieſſen;
4. worinn fie von der natürlichen und algemeinen Picbe unterfshieden geweſen. Wie hoch man ihre Ausübung gehalten. s-
DBezeigungen folcher Liebe gegen einander in der That: Muthige Bekenntniſſe davon wider die Feinde: Auch gaben fie unter
EIFILERZ ON?
fich felbft einander herrliche Zeugniffe davon, Erempel jolcher. 6. DBerdacht der Feinde, je vertrauter die Chriften mit eins
ander Icheten , und fich nach dem Fiebesumgang fehneten. 7.
für in Worten, Geberden und Werfen, wo sie fich auch immer antrafen.o: Wasihr Kuß bedeutet habe: 10. War⸗
Warum man fonderlich die Märtyrer gekuͤſſet: Erempel folcher,
fich auch be
um man einander aeküffet vor. und nach dem Gebet sirı,
Ahr Kuß der Liebe und des Friedens. 8. Ihre Liebe that
ernach ift das Küffen zur bloffen Gewohnheit und gezwungenen Höflichkeit worden. ı2. Wie, wo und wann fie fich gefüf-
et, auch ohne Unterſcheid des Geichlechts, 13. Erempel davon. Wie folches Kuͤſſen geſchehen müffen: 14. Morfichtigkeit das
bey. Mit der Zeit wurden die Weiber in Zufammenfünften von Männern geiondert ; endlich iſt das Kuͤſſen gar abgeſchaf⸗
fet wegen Misbrauchs, indem unreine Menſchen den boͤſen Lüften Raum lieffen 5 da hingegen bey wahren Ehriften Die reine Lies
be herrſchete. 15.
Gruͤnde von der Vereinigung unter de—
nen erſten Chriſten ſehen wir nun Die feli-
gen Früchte verfelben. Darunter denn die erfte
und berrlichfte ſeyn mag die innbrünftige Liebe und
herzliche innigliche Zuneigung ihrer Herzen gegen
einander, nach ihrem Urſprung, Art, Kennzeichen
und Früchten. Ich meyne aber Bier allein denje⸗
nigen höheren Grad der Liebe, welcher unter den
Epriften, als geiftlichen Brüdern, ſich findet, und
die natürliche und allgemeine Liebe wert überftei-
et, von welcher unten im v. Buch geredet wird.
Es hatte aber ver Heiland felber diefes zu einem
„wahren Kennzeichen aller feiner Juͤnger geſetzet,
„aß fietiche unter einander hätten,, Joh.3 34 35.
Gleichwie nun unter leiblichen Brüdern dieſes ein
Zeichen ift, daß ſie dem Geſetz der Natur folgen,
una eines Urſprungs Liebe und Treu von
KT: diefer kurzen Borftellung der wahren
ihnen te a): alfo Fonnten diejenigen erft für
wahre Brüder unter einander, und Kinder ihres
Daters erkannt werden, die fich unter einander lieb:
ten. Dis war das neue Gebot, das Chriftus und
feine Apoftel der ganzen Chriſtenheit hinterlaſſen
haben, S50b.15, 72. 1506. 2,7. c. 3, 18. c. 4, 7. 1
20.C. 5, 181 Cor. 13. TPet.1,22.1. f. vw. Woraus
wahren CHriften in dem Sicht des Heil, Gei⸗
bie Nothwendigkeit der Bruderlicbe erfann:
“er
Fabii
cariss hom, 2.
‚en
fen. Alles war ihnen in dis Gebot verfaffer,
„es möchte ſeyn Geduld in Verfolgung, oder $ie-
„be zum Guten, oder Haß zum Böfen,, u. f. w.
Dis war in ihren und auch in GOttes Augen
„gröffer als Opfer und DBrandopfer, wenn ein
„Ehrifte erwaͤgte, wie er gleichwol einen Leib mit
„dem andern hätte, der EHriffifen, und daß er fei-
„nen Bruder als feinen eigenen teib lieben müffe,
„das ift, als ſich felber,, b). Andere Stuͤcke des
Chriſtenthunis Fonnten die Heuchler noch mitma>
chen, “aber die Liebe des Heil. Geiftes fann Fein un:
„reiner Geift nachthun. "Alle Arten der Gerech-
„tigkeit finden fich noch ben den Betruͤgern; aber
„die Gnade der ——— Liebe hat ihm der
„Hell. Geift alleine vorbehalten, damit alfs an kei—
„nes Gerechtigkeit oder andern Zeugniß erfanne
„werde, woder H. Geiftfen, alstwiean der Gnade
„dertiebee). Denn wie GOTT die Liebe ferbften
it, und alfo auch Friede, Freude, Gütigkeit und
„Freundlichkeit, fo wird auch der neue Menfch
„durch deffen Gnade lauter Siebe, und wird gleiche
„fan mit den Kleidern des tichts, und der Freude,
„und des Lebens, und der Lebe angejogen,,d),
Daß denmach nächft der Siebe zu GOtt die Zunei⸗
gung zu den Glanbigen eine unausbfeibliche
Srucht des Glaubens bey den erften Chriſten ge-
wefen ift.
b3 2. Wie
) Vid.omnino Plutarchus Librode DiAXdEADI@, Stobaus Serm. $2. et exempla gentilium pasfim : Molioni.
dum fratrum ap. Plurarchum 1. c. Diofcurorumap, Taccantium lib. I.c. 20. Hieronisap.&lian lib. IV. Var. c. 1.
p. Valerium Maximum lib. V. c. 5. et Serecam Conf. ad Polyb. c. 35. Catonis ap. Plutarch. in Vita Quin-
ulũ, et Claudii ap. Trebeilium Pollionem ete. b) Hilarius in Pſ. ius. c)Chry/öf. hoin.4. in Matth. d) Ma-
382
2. Wie aber nun die Liebe der ‘Bruder ohne die
Siebe GOttes nicht feyn konnte, alfo war diefe der
Urfprung und Anfang von jener, und Dahero auch
ein fo gewifles Kennzeichen der wahıen tiebe, nad)
ı Job. 4, 10. Die Liebe zu GOtt kann in feinem
„ſeyn, Derden andern nich liebet, und die Liebe des
„Nächften ift in feinem, der GOtt nicht liebet e).
„Auch ann fonft nirgends eine wahre tiebe feyn,
„woferne fie nicht in Ehrifto und feiner Liebe ge-
Igruͤndet ift. Denn diefer ift das Band der Ge⸗
„meinfchaft der Heiligen, fo unterden Chriſten die
„Einigkeit des Geiftes befeftiget in dem Banddes
Friedens. Diefe Liebe drucker Chriftus in die
„Herzen ein, und beftätiget fie noch dazu mit fei-
„nem Erempel, f). Deswegen: gefteher einer
von den Alten, er habe zwar feine Freunde gelie-
bet vor feiner Bekehrung; aber es fey doch Feine
wahre Siebe und Freundfchaft gewefen : indern “a
„feine wahrhaftig ift, als wenn fievon GOtt ſelbſt
„geftiftet wird in denen, fo ihm anhangen in der
FWebe, die in ihre Herzen ausgegoflen iſt durch den
„Heiligen Geift, der ihnen gegeben worden,, g)-
Und diefes ift die Lrfache, warum fie ſich an dieſem
Gefeg des Geiftes genügen lieffen, und nicht eben
fo gefeglihe Regeln vorfchrieben, wie und was
maſſen man Liebe üben füllte. Nur blieb diefes
an fic) felbft gewiß, daß der Wille des HErrn
und deſſen Winf hiebey Die einige Richtſchnur feyn
follte, Hatten fie gleich eine allgemeine Siebe ge-
gen einen jeden, fo Aufferte fich doch diefelbe für-
nemlich gegen die, bey denen fie Anlaß und Gele-
genheit dazu funden. Wir wünfchen zwar allen
„in gleihmäßiger Liebe die Seligkeit, (hiefle es,)
„aber wir Eönnen nicht allen eben diefelben kiebes-
„pienfte erweiſen h), Wir follen alle Gläubigen
„lieben , aber weil wir doc) allen nicht nugen koͤn⸗
„nen, fo müffen wir denen fürnemlic) rathen, wel-
„che nach den Umſtaͤnden der Derter, oder Zeiten,
„oder anderer Dinge uns näher verbunden find,, 1).
Unterdeſſen war doch ihre Neigung im Grund ei-
nerley und gegen alle gleich, ob fie gleich gegen den
oder jenen merflicher war. Die Feinde felbft
zeugten von “den erften Chriften, daß fie einander
„liebten, ebe ki noch einander faft zu ſehen befä-
„men, k). Gleichwie auch die Abwefenheit ihre
Siebe nicht aufheben Eonnte, als jener Lehrer in der
Borfolgung gedachte, da etliche hinweg ziehen
mußten: Der Raum auf der Erden Fann uns
„nicht trennen, weil uns die Liebe Chriſti verknuͤ⸗
-
e) Augufin. de Fid. et Oper. c.13. f) Cafiodorus de Amic.
Comm. in Gal. 6. .i) Bernhardus de Modo bene viu. ferm. 5. f
apud Barozium A. CCLXXXVI. n. 4. m) Chryfoflomns hom. 21. in Rom. |
p) Ambrof.lib. II. de Cain et Abel c.9. g) Paulin. Ep. 26. Fr) Id. Ep.37.
o) Bafıl, M. Reg. Breu. 242.
3.3. Don der erften Chriſten Pflichten und Deseigungen gegen einander.
—
„pfet: Unſere Augen merken eure Abweſenheit
„nicht, weil wir euch mit den Augen des inneren
Menſchen anfehen!).
3. So ſehr nun als die allgemeine tiebeder bruͤ⸗
derlichen nachzuſetzen war, fo ſehr übertraf “diefe
„jene an Innbruͤnſtigkeit, alfo, daß die Brüder
„nicht ſchlechthin, fondern heftig mußten geliebet
„werden, und die Liebe nicht allein ohne Verſtel⸗
„lung, fondern aud) heftig, feurig und ftets wach⸗
„ſend ſeyn follte m). Solche geiftliche Liebe ift die
„böchfteunter allen Arten, gleichfam als eine Köniz
„gin, die über die Ihrigen herrſchet und regieret,
„weil fie aus keinem irdiſchen Dinge geboren wird,
„ſondern von oben herab fommt,, n). Weswegen
Petrus die brüderliche Liebe vonder gemeinen tiebe
unterfcheidet, 2 Pet. 1, 7.und jene, PiAadeAGIer,
fo ofte nachdrücklich beſchreibt und empfihlet, i. c. 1,
22. 6.4, 8. mit Paulo, Rom. 12, 10, 1 Thefl. 4, 9-
Ebr.13, 1. der auch eine PiAoscgylav inder PiAa-
derOL« erfordert, Roͤm. ı2, 10. daß die Brüder
eine rechte natürliche Zuneigung und Verbindung
unter einander häften : und wie in. der Natur
Blutsverwandte eins find, alſo auch durch Die
höhere Geburt in der göttlichen Natur eine ſtaͤrke⸗
ve tiebe angezündet würde, - Woraus;man ſiehet,
daß fie durch folche.brüderliche Liebe keinen lauli-
chen, fehläferigen Affect verftanden haben, fon«
dern “eine herzliche brünftige Begierde, dem an⸗
„dern alles gutes zu hung 0). Geſtalt fie denn
auch ihn alfo wirklich anzeigten, “daß das Recht
„ver Bruͤderſchaft die Liebe anflammete p);
„dem dieſelbe erforderte, daß, wie in den
„dern ein Geift im Ölauben und Befenntniß Ehri- -
„ſti ift, alfo aud) eine Liebe und. eine Bemühung
„ſeyn follte, den andern zu helfen q). ‘Demnad)
„pflegten fie ihre Liebe gar nicht nad) der Zeit ab«
„zumeffen, weil fie ja nicht zur Welt gehörte, fon
„dern geiftlich war und von Gott felbft gemirker,
„auch durch die geheime Verbindung der Geiſter i
„eins zuſammen geflofien war. Dahero fie auch
„nicht ſowol durch den langwierigen Umgang zu⸗
„nahm, oder durc Erwartung der Proben erſt ges
„ftärfet ward, fondern als eine Tochter der Weisheit
„alsbald in ihrer Stärfe und Gröffe geboren wurde,
„da fie von dem Geift durch) Chriſtum ihren Ur—
„fprung Battey.r). Und weil fie fogar genau in
einander vereiniget und gleichfam gefchloffen wa-
ven, fo thaten fie auch Den andern alles, was fie
g) Auguflin. lib. III. Confefi: c. 4. h) Idem
k) Minusius Felix Octau. p. 333. h Adta
n) Idem hom. 1. in Colofl.
sh
TE
er, i
Brite
”
* — — — —
2. Cap. Von der herzlichen
ſich ſelbſt gerne thun wollten. “Denn dis beißt
„eben von der Liebe geſaͤttiget werden, daß man
4 — die che fie, fendern ner
E , \ ‚> i Pr
„bereit ſey, für fie zu fterben. Diefes war die
Svolleommene tiebe, Ah nicht allein der Meifter
erwieſen hatte, fondern auch feine Jünger in ih:
„rem teiden,, N. Solche Herzen waren vecht
r eins in Chriſto, und wie Janatius von fich
ſchreibt, — an ſtatt der andern See⸗
„ten ſeyn wollten t), die fie liebten als ihre eigene
„Seelen u), und alſo ihr geben wohl für einander
angaben.
Aus diefer Innbruͤnſtigkeit der Liebe erfolgte
R nochivendig, Kat ie ferner auch redlich, unge:
\ Treue und Aufrichtigkeit der erften Chriften fo be-
- Fanne und bewährt, daß fie auch bey den Unglaͤu—
bitgen teeue und redliche Ceuts hieſſen, (hideles,)
da fie ja auch nicht einmal ihre Feinde beleibigten :
O was werden fie nicht vor Treue ihren Brüdern
erzeiget haben ch “Mer in der Furcht und Kebe
heuchelt und ohne Falfch ſeyn mußte, ar Die
*
—*
des HErrn lebte, der wollte vielmehr, Daß er
> sfelbft, als andere in Ungemach geriethen, y):
Liebe deinen Ylächften ale dich ferbft, Wie
den koͤnnen, wenn nicht GOtt ihre Herzen zu
wahrer Bruderliebe befeftiget hätte? Dadurch
aber ward eben das Band unter ihnen erhalten,
ER af fie mit reiner Aufrichtigkeit dem HErrn dienen
lich ſeyn, wie etwa die leiblichen Brüder geliebet
—J— werden, ſondern daß fie einander liebten als ſich
freylich eine wahre Verleugnung ihrer ſelbſt
ei ſeyn mußte, alfo, daß die Eigenliebe, und die da:
und Vortheil, verfehwunde, und Bingegen, wie bey
P". den alien JEſu, ein Herz und eine Seele
Bertrauen ihre Herzen entdecken, ihre ER
Dinge offenbaren, ind in Lieb und Leid Zuflucht
“war gereiniget von den todten Werken des Neids,
Alterredens, Eigenfinnes, Stolzes und anderer
Und biefes forderte des HEren Willen von ihnen:
— fonntenz). So mufite denn die tiebe “nicht zeit:
„felbft, das ift, als ihre eigene Seele, 2), Wo:
her entftehende Begierde nad) eigener Ehre, Luſt
3 . wurde b). Da durften fie einander Fühnlich im
haben c). Das machte, ihr Herz und Gewiffen
ſch adlichen Laſter, welche die Lebe unterdrucken
adh.l. x) Tertullian. Apol. c. 46.
7 a
f d
Ebr. f) Ib. hom. ı6. in Matth. g) Angufl. Trad. 47. in Ich.
Ley k) Hieronymus lib. III. Comm. in Galat. c, 6,
u % ’
0,
Liebe der erften Chriften unter einander.
hätten fie fonft unter fo vielen Stürmen befte:
8) Auguffin. Traötat. $. in I. Ep. Ioh. t) Epift: ad Smyrn. et ad Ephef.
y) Clemens Romanus Epiſt. p. 66.
a) Auguftin. de ver. Relig. c. 46. b) Chryfoß. hom. in didum:
Offie, €. 16. d) Afferius hom. in Pf. 7. ap. Corelerium Tom. II.
1) Epift. ad Smyrn,
*
Bin
und hindern. Darum konnte ein folcher Geheilig
ter feine Brüder und Freunde als feine Eltern und
leibliche Bruͤder achten 4), und genoffe alfo die
füllen Früchte des gepredigten Evangelit, welches
die Menfchen zufammen fügte, als Hausgenoffen
eines Glaubens und Mitgefäbrten nad) dem ewi
gen Vaterlande; alsmwir nun weiter fehen wollen.
5. Ueberhaupt war diefesdas twahre Kennzeichen
der Brüder nach dem gedachten Grunde, weil mei:
ſtens die Liebe in äufferliche Bezeigungen ausbricht.
Man erfannte zwar “viel andere Früchte des wah⸗
„ren Chriſtenthums, aber Feine geöffere und herr-
„lichere wußte man zu finden, als die Liebe der
„Ehriften unter einander, e). Welche auch dem
Herrn Eprijto felbft am angelegenften gewefen
war, da er zu feinen Juͤngern geredet hatte, “als
„eine Murter alles Guten, und eine gewiſſe Pro-
„be dev Jünger Eprifti f). Hierdurch werden die
„Heiligen von den Weltkindern abgefondert, und
„in einem Haufe einmuͤthig bey einander zu woh⸗
„nen getrieben 2), Maſſen eben darinnen unenda
„licher Unterfcheid ift zwifchen der gemeinen Liebe
„der Menfchen und der brüvderlichen; weil jene
„ſich gar nicht unter einander lieben , wie es ſeyn
„toll bh). Dahero Biefes bey den Frommen ein
„deſto uberfchwänglich groͤſſeres Gut ift, davon die
Boͤſen nichts genieffen, ob fie ſchon alles andere
„mit gemein Baben, als die Taufe und andere
„Dinge, i). Und dieſes war denen Juͤngern JE⸗
ſu ſo —* in ihr Herz gelegt, daß auch von Johan⸗
ne, dem fuͤrnehmſten tiebesprediger, erzehlet wird,
wie er in feinem höchften Alter, da er kaum von
feinen Zußörern in die Gemeine noch getragen wer⸗
den fonnte , nichts anders zu ihnen geredet, als die-
fs? Rindfein, liebet euch unter einander !
Kindlein, Tieber euch unter einander k)! Sein
treuer Nachfolger, Ignatius, faſſete eben auch das
wahre Ehriftenthum in diefe Summa: “Es beſte
„bet alles in dem Glauben. an GOtt, , in der aa
„nung auf Chriſtum, und inder Siebe gegen GOtE
„undden Nächiten,„1). Wie auch nach ihm der
Martyrer Eyprisnus: “Es mußeine ſolche Liebe
„behalten werden, damit in der Zuneigung gegen
„die Brüder eine Taubeneinfalt horvor leuchte, und
„in der Gelindigkeit man den $ämmern gleich
„fe, m). Dergleichen Ermaßnungen in denen
Schriften der Alten faft ohne Zahl vorhanden er
6. Daß
u) Ita e Chryfofl. exponit I. Voffus
2) Cafiodorus lib. V. Var. ep. 40.
Oportet hereles eſſe. c) Ambrof. lib. LIT.
Mon. Gr. p. 63. e) Chryfft. hom, 31. in
h) Id. ibid. Tract. 83. i) Id. inPt. 104.
nı) Lib, de Vnit. Ecel.
0
F
ö— — — — ——
334 3. B. Von der erſten Chriſten Pflichten und Bezeigungen gegen einander.
6: Daß aber die erſten Chriſten ſolche liebrei⸗
che Herzen gegen einander gehabt, ja voller, Liebe
und Zuneigung gemwefen, davon reden alle ihre
Worte und Werke, fo viel man ihrer noch von ih⸗
nen weiß, Wir werden nicht allein in diefem
und folgenden Büchern durchgehends deffen Zeuge
niffe feben, fondern auch infonderheit einige Proz
ben bier bemerken Fönnen. Denn erjtlich ſchaͤm⸗
ten fie fich nicht, ihre Siebe in Worten auf aller»
hand Art auszudruden, da der Mund überfloffe
von dem ſuͤſſen Affect, deſſen das Herze voll war,
Darum festen fie den treflichen Namen, aeliebter
Bruder, dazu, Feuvcv na] MEIEmaVeV övaueın),
und nennten einander liebſte, gewuͤnſchte, Her-
zensbrüder, aufrichtige, verbundene, in Chri⸗
ſio geliebte Brüder, u.f. w. weldyes man in
allen Briefen und Schriften der Apoftel und an=
derer heiligen Männer findet. Worbey aber ihre
aufeichtige Liebe nicht beruhete, fordern in der That
ſich alſo gefehäftig, thaͤtig und Fräftig erwieſe, daß
fo gar auch. die-argften Seinde bervogen wurden,
aus der Erfahrung unter einander von den Chri-
ften mit Berwunderung zu ſagen: Sehet doch,
wie fie ſich unter einander lieben o)! Welches
Zeugniß gewißlich defto eheurer zu achten iſt, je
höher — der Feinde eigenes Bekenntniß pfleget
gehalten zu werden. Sie ſelbſt, die Kinder des
Hoͤchſten, bekannten ein gleiches vor jenen ohne
Scheu oder Furcht der Berleugnung : Wir
„lieben ung unter einander, wir nennen ung un—
„ter einander Bruͤder: Beydes fehmerzet und
„macht euch mißgünftig gegen uns,, p): Welches
fie wol zu fchreiben angeftanden hätten, wofern
die Heyden ſelbſt nicht ſolche gewiſſe Zeichen ihrer
$iebe an ihnen geſehen hätten, Unter ſich ſelbſt
aber gaben ſie einander gleichfalls herrliche Zeug⸗
nie dievon, wie in Pauli Epiſteln zu ſehen iſt:
2 Cor. 7,6. Eph. 1, 15. Col. 1, 4. 8. Philem. v. 5.
7.1 Theil. 3, 6. C 4, 9, 10. 2 Thefl. 1, 3. Ebr. 6.
Welche Derter nachaufchlagen der begierige Leſer
belieben wird. Alſo zeuget auch nach der Zeit
Tertullianus überhaupt von Denen wahren Kin-
dern der “tiebe, daß fie unter einander brünftig
geweſen in der Bruderliebe, q). Und folgends
ein anderer wabrhaftiger Mann: “Als die Stim-
„me der Turteltauben fich hören ließ in unferm
„Sande, d. i. Das Gebot: Liebet euch) unter einan-
„der! fo haben viele taufend Seelen wahrhaftige
Freundſchaft geſtiftet, da fie heiliglic) , wahrhaf-
n) Theodoritus Comment. in Philem. v.2.
Od&tau. p. 334- g) Lib. V. adu. Marc. c. 14.
t) Idem lib.I. de Mor. Ecel. c. 32.
0) Tertullianus
r) Cafiodorus de Amic. I. c,
u) Hilarins in Pf. 121.
„tig, vorfichtig und ſtark
Ja, mar nice u er. ihn Die
„einftimmung in göttlichen und. menfchlichen
„Dingen, nebft einer groſſen Liebe und: Zuneis
„gung, r)? Wiederum wird in denen ſchon
ziemlich verdorbenen Zeiten dev Chriftenheit den-
noch verſichert von denen, die noch vechtfchaffen
warens Sie lieben ſich alle unter‘ einander,
„ein jeder. thut dem anderm, was. er kann, ‚fie
„lieben und tragen fich alle in der Siebe s).. Man
T
wachet über der Bewahrung der Siebe mit alz .
„lem Fleiß. Die Liebe wird fonderlich in acht
„genommen , der Siebe wird das Neden, Ef
„ien, Kleidung), Angeſicht und alles zu Gefal-
„ten angeftelet, bie Briber freten und verbin-
„pen fich zufammen in einer Liebe; dieſe zu belei-
„digen. halten fie für eben fo unrecht, als GOtt
„felbft zu. erzürnen. Wer der Siebe fih wi:
„derſetzet, Der wird von den andern gemeidet
„und überwiefer,, t), Und eben damals ſtehet
bey einem andern: “Es ift ein Leib der Ge-
„meine durch die Einigkeit. des Glaubens, durch
„die Geſellſchaft und Verbindung der Liebe, durch
„oie Eintracht der Werke und des Willens
„fie alle eins u).
7. Es wären hiebey unzählige andere Beweis⸗ art
thuͤmer darzubringen, mwoferne ich nicht nur Bier
Be |
ar
insgemein davon reden müßte, und bie fonderba- vi
ren Kennzeichen und Früchte auf die folgende Ca:
ollte Merkmahl
ift unter andern die Laſterung der Feinde, welche
7
ER
pitel verfparen wollte, Ein gemifles
über foldye liebe Kinder GOttes ergienge, als
wenn fie. in Unreinigkeit mit einander lebten. Die
Gelegenheit Hierzu mochte leicht feyn, daß die un
reinen Heyden den unfchuldigen und dabey un⸗
— kindlichen liebreichen Umgang der
boͤſen Herzen dieſelben auch urtheilten. Wie eis
ner ausdrüclich an fie ſchreibet: “Die Liebesbe⸗ “
„zeigung mache den Ehriften einen böfen Nach⸗
„elang bey etlichen,, x). Und freylic, war ihre
Vertraulichkeit fo unverfälfcht , ihre liebreiche
Geberden fo hKoldfelig, ihre andere Bezeigungen
gegen einander fo innocent und unaffeetirt, Daß fich
die Bernunft unmöglich darein finden fonnte. Da
Fonnten die Brüder. faft vor herzlicher Zuneigung, *
ihrer Herzen nicht von einanderbleiben, und wenn
fie dem Leibe nach gefchieden feyn mußten ‚1 ver⸗
angten
pP) Minutius Felix
s) Auguſtinus in PL. 99:
x) Tertullianus Apol c. 39. u
Apol. c. 39.
>.
viften ſahen, und dahero nach ihren ‚eigenen —*
——
*
* |
12
= -
|
*
a
*
45
=
-
2. ap. Don der herzliche:
langten fie immer wiederum einander mündlich
zu fprechen Paulus, der fonft gelernet hatte in
allem vergnügt zu fern, verlangte doc) feine ge-
" wünfchte Brüder und Schweſtern zufeben , zu be:
fuchen und mit ihnen indem HErrn ſich zu er—
freuen. Siehe Röm.ı,ız. 2 Tim. 2,4. (4,9: 2r.
Wobey er überall, neb enft andern wahren Mit:
gliedern, dan heiligen und untadelichen Zweck feßet,
daß aller anderer - wortlicher Argwohn
beſchaͤmet wird. Ich habe erfahren, (ſchreibet
Ignatius,) wie fein ie richtig wandelt in der Lie⸗
„be zu GOtt, und deswegen nahın ich mir vor,
„im Glauben JEſu EHrifti euch zu'fprechen,, y).
Und als einft Polycarpus bey ihm geweſen war,
erzehlet er, wie fehr er ſich mit ihn erfreut gehabt,
weil ihm gedaucht, er ſaͤhe an ihm feine ganze Ge⸗
meine z). Nemlich diefes lehrte fie eben die Ei:
nigkeit des Geijtes, daß fie gerne dahin giengen,
wo fieeinen Gerechten antreffen Eonnten, „Es ift
„ſehr herrlich, einen gerechten Manın- zu ſehen
„ſagt jener) , daß man ihn fehenach dem Ebenbild
„GOttes, und alfo nicht nachdem Auswendigen,
- „iondern nach) dem, was innerlich ift a). Und
„insgemein ift ja fonft die Liebe unter Gegenwaͤ—⸗
neigen annehmlich, unter Abwefenden etwas be-
Iſchwerlich b). Unterdeſſen wußten die Chri—
* auch hierinnen Mittel genug, ihrem Ver—
angen auch abwefendein Genuͤgen zu thun.“ Denn
„erftlich hindert ja Geifterund Seelen nichts, die
„nach einander Verlangen tragen, daß fie nicht
sin geheimer unbekannter Bereinigung zuſammen
„kommen follen, und fich unter einander umfaflen,,
ce). Hernac) fo waren ſie bey fih und vonandern
derfichert, “daß fie einander ſowol gegenwärtig als
„abweſend liebeten, und inden Herzen eingefchlof:
„fen blieben,, d). Mußten fie einander verlaſſen,
togeichaßees nur nad) dem Dre, nicht nad) dem
„Geiſt, nach dem fie ewig beyfammen blieben, und
„einander im Herzen berum trugen, ja ftets im
„Geiſt gegenwaͤrtig waren e). Ya, die tiebe CHri⸗
„ſti war —* vom Himmel über die Glaubi⸗
„gen gusgegoſſen, daß fie weder jene Welt, noch
der Tod trennen Eonnte, Und wenn gleich ihr
„Leib ftarb, fo lebte doch das Leben der Liebe in
„ihnen, wie fie einander von Grund ihrer Herz
„zen verficherten F), A
_ 8. Unter andern wurde auch fir ein groffes
R hen der Liebe gehalten der Ruß der Liebe
und des Friedens, davon zuvor bey dem A—
‚iebe der erften Ehriften unter einander.
>
bendmahl des HEren erwehnet worden, ſoferne
‚er bey demfelben im Brauch geweſen.
nsge=
mein aber hatten die erſten Chriften den Ne
der Apoitel vor ſich, daß fie einander mir dem
beit. Ruß der Liebe grüffen Pliten: Rom.
16, 16, ı Est. 16, 20. 2 Cor. 13, 12. 1 Theſſ. 5,
26. ı Pet. 5, 14. Auf welche oſt wiederholte
Ermahnung fie auch in Einfalt ſahen, wie wir
bey Origene fehen, derfichdaraufbeziehet: "Es
„fen eben aus den Worten Pauli diefe Weife in
„der · Kirche blieben, daß die Brüder einander
„nach dem Gebet mit dem Kußfichempfiengen,
„welches denn der Apoftel einen H. Ruß nenne,
„und Damit lehre, wie er muͤſſe befchaffen ſeyn:
Nemlich, vors erfte Feufch, fo dann ungeheuchelt,
„nicht wie Judaͤ Kuß war. Alſo mußteein glau-
„obiger Kuß vor allen Dingen rein und Feufch
eyn, und fodann auc) Frieden und Einfalt bey
„ſich Haben, inungefarbter tiebe,, g). Daßaber
diefes unfchuldige Küffen fürnemlich aus der
erslichen Bruderliebe gefloffen, und davon ein
Sen gewefen , weifer nicht nur Petrus, da er
ihn einen Ruß der Kiebe nennt, ı Per. 5,
14. fondern auch die folgenden Chriftlichen Lehe
ver. Und ift der Ruß dazu gegeben, daß er ein
„Fuͤnklein und gleichfam ein Zunder feyn foll,
„ven Affectanzuflammen, damit wir uns alfo uns
„ter einander lieben, gleichwie die Brüder einan:
„der lieb Haben, und die Väter ihre Kinder, ja
„noch viel mehr und heftiger. + Denn jenes ift von
„Natur, diefes von der Gnade, Auf diefe Arc
„werden die Seelen mit einander verfnüpfer.
„Und diefes ift fürnemlich die Sache, die uns die
„Bewegung des Herzens angreifet b), Im—
„maſſen diefer Kuß nicht alfo anzufchen ift, wie er
„etwa unter guten Freunden auf dem Markte
„und fonft gewoͤhnlich feyn möchte; fondern
„er verbindet die Se mit einander, und ver-
„fichert alle Verfobnung. _ So ift denn diefer
„Ruß ein Zeichen, daß die Herzen verfohner find,
„und alles Andenken des Unvechts hinweg fey,,
i). Anderenenntenes *ein Pfand der Siebe, wie
„ſich etwa die Tauben unter einander zu kuͤſſen
„pflegen, dazu bey dem Ehriftlichen Ruß noch
„das Zeichen der Freundfchaft und Gütigfeit kom.
„me, weil darinne die Treue einer völligen Liebe
„ausgedrucker werde, k). Dergleichen anmu—
ehige und untadeliche Befchreibungen fehr oft
bey den Alten angetroffen werden,
Cec 9. Welche
y)Epift. ad Magnef. z)Epift.ad Trall. a) AmbroßusSerm.ro.inPf.ıng. b)IdemSerm.2g. c) Synefiws Epiſt.
140.
d) Drepanius Grat. At. proDefenf. e) Paulinus Nolanus Carm. ad Nicetam.
F)Id.ibid. g)Origenes
Comm. adRom.XV1.16. h)Chryfoffomsshom.30.in 2Cor. i)Cyrillus Hierofolymitanus Catech.V, k)4m-
drofiuslib, VI, Hexacın.c. 9.
m mm mn m m nn ——
386 3. B. Don der erften Ehriften Pflihren und Beseigungen gegen einander.
9. Welche nun die Liebe völlig in Den Herzen
gegen die Brüder werden lieflen, die bezeugten
mie Worten, Geberden und Werfen diefelbe auf
alle erfinnliche Are und Weife. Darum fchrieb
jener an feinen Freund unter andern diefe Wor—
te: “O wenn mie doch der HErr JEſus CHri-
„ſtus nur die geſchwinde Ueberbringung des Phi⸗
„lippi bald verleihen möchte, wie wollte ich dei-
„nen Hals genau umfaflen, wie wollteic) deinen
„Mund mit vielen Küffen an mic) druden,, 1)!
Gleichwie er auch anderswo den Ruß für
ein Zeichen der Liebe und des Sriedens
gründlich erklärt m): weil doch beydes an ein-
ander hanget, und weder die Siebe ohne Frieden,
noch der Friede ohne Liebe feyn und beftehen Fann.
Weswegen diefes allzeit der erfte Ausdruck des
Kuffes bey denen wahren Kindern GOttes war,
daß, wenn fie einander als Ehriften erfannt hatten,
fie ihre Ehriftliche Liebe auch hiemit gleichfam ver:
fiegelten. So wird von einigen Reifenden erjeh:
let, daß, als fie in der Wildniß Ehriften unver-
muthet angetroffen, fie einander oft vor Freuden
und heiliger Zuneigung gekuͤſſet und zum Gebet
eingeladen gehabt n)., Wein unter den Berfol-
gungen die Bekenner aus der Gewalt der Tyran-
nen wieder zu ihren Brüdern famen, “fahen fiedie-
„fe mit frölichen Geberden und biengen ihnen mit
„ven heil. Kuß an, umfiengen fie mit unerfättli-
„chem Verlangen, nachdem fie fte lange Zeit zu fe-
„ben begehret hatten, ; wie ein folcher Zeuge CHri⸗
fti davon rühmet 0). Ingleichen, wenn etwa
einige aus dem Erilio wieder kamen, fo hiefle es,
mie er ebenfalls erzehlet: “Was war da vor eine
„Freude unter den Brüdern? Wir liefen zu, und
„umfaffeten alle, dieihnen entgegen famen. ie
„eonnten kaum den Küffen aller derer ein Genü-
„gen thun, die fich an ſie hiengen, die Augen des
WVolks Fonnten kaum von Sehen fatt werden,, p).
Auch wenn fie fonft etwa zufammen famen, oder
einer fich unverfehens in ihrer Zufammenfunft
einfand, bezeugten fie ihre Freude und Liebe mit
einem folchen Kuß, wie von etlichen zur Zeit der
Berfolgung fteher g). Wenn fie einander un-
verfehens begegneten, oder einer den andern, von
dem er zuvor Gutes gehöret hatte, nun Fennen
lernte, war der Kuß gleichſam ihr erftes Tracta-
ment, das fie einander vorfeßten ; wie abermal ei-
ner mit feinen Epempel beftätiget r). Kamen
fie ausder ee ‚ fo gaben fie einan⸗
derdie Hande, fielen einander umden Hals, und
theilten den Kuß des —— aus, welches nicht
m: herzliches Seufzen und Lob GOites ab-
gieng s). n
10. Ferner war diefer Ruß ein Ruß des
Sriedens, wie ihn Tertullianus nennet t): ein
Unzeigen, ‚Werkzeug und Dienft des Srie-
dens; tie ihn andere unter diefem Namen rüb-
men. Daher fie auc) den Srieden felbft al-
fo bieffen, und Sieden geben fo viel als einen
Ruß geben x), Denn fie bemerften aus des
Apoftels Bermaßnungen, “daß durch folchen
„Friedenskuß aller Gedanfe, dadurch fie Fonnten
„geftöret und verunrußiget werden, und alle Ge-
„tegenbeit zum Mißtrauen vertilget würde, da⸗
„mit der Gröffere nicht den Kleineren verachtete,
„noch der Kleinere dem Gröfferen etwas miß-
„gönnete : fondern daß dadurch alle Berad)-
„tung und Mißgunſt vertrieben wirde, indem
„oiefer Ruß alles gelinde und gleich machte, y):
Demnach war dis ihr einiger Wunſch Biebey,
„daß Durch die Eingebung der göttlichen Gnade
„fie einander in reinem Herzen und reinem Ge:
„wiſſen, nicht in Hinterlift oder Heucheley mit
„dem heiligen Ruß geüffen möchten,, 2). Und
aus diefem Grunde erinnerten die Gottſeligen auch
diejenigen, welche bey ihrem gewöhnlichen Ruß
dennoch Feine wahre tiebe und Eintracht bezeigten.
„Wie Fannft du nod) (fagten fie zu folchen,) den
„Ruß des Friedens anbieten mit diefem deinem
„zänfifchen und feinofeligen Munde a)? Wie
„kannſt du Frieden wuͤnſchen miteinem Mund,
„der voll Krieg und Streit ift,, 6b)? Undin diefer
Abficht brauchten fie auch diefes Friedensfiegel,
wenn fie ſich mit einigen inſonder heit gründlich
verföhnen und vereinigen wollten. Dazu fie EHri-
fti Erempel felbft vorftellten zur Warnung, wie
er von Juda fey gefüffer worden, daß er nicht den
Frieden vonihmempfienge, fondern vielmehr fei-
nen Frieden von jenem wieder nahme. Indeſſen
folle man dod) auch dis zum Beilfamen Exempel
brauchen, “daß er den freundlichen Ruß dem Feind
„des Friedens gegeben hat, mit ver Neigung, da=
„mit man die Feinde lieben foll c). P%
m. Zu
I) Hieronymas Epift.14.adRufin. m) Idem lib. IT. in Prou.c.24. n) Sulpitius Sewerus Dial. I. c. 0) Cyprianus
lib.deLapfisinit. p)Idem Epift.62. q)De Marco et Martha in Actis ap. Baronium A.CCLXX.n.4. n)E-
phram Laudat. in Baſilium ap. Cotelerium Tom. III. Monum. Gr. p. 59.
s) Paulinus Nolanus Carm. ad
Cytherium initio, t) Lib. de Orat. c. vltı x) Chry/ofomus Serm. ı. et 2. de Prodit. y) Id. homil. 31. in
Rom. z) Autor Lirurgia $. Marco tributz. a) Chry/ofl. fern. de ferut. paup. b) Id. hom. 2ı. in Rom.
e) Paulinus Epift. 2. ad Seuerum,
*
na ———
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d
2. Eap. Don der herzlichen Liebe der erften Ebriften unter einander,
ri. Zu dieſer Einigfeit des ar thateman,
als ein feines Zeichen , diefen Kuß auch bey dem
Gebet, wie man ausdrücklich liefet, daß er beydem
Baterunfer gegeben worden , nachdiefem Wunſch:
Friede fep mit euch! Zu dem Ende ſie wohl er-
innerten, “daß es alles aus gutem Gewiſſen ge-
„ſchehen follte, was die Sippen äufferlich zeigten ;
„das iſt, daß eben alfo das Herz des einen Bru⸗
„ders zu dem andern fich nahe, gleichwie die Lip⸗
„pen ch en fügten,, d). Zumal da auch
nach der gt unter denen Heyden der Kuß für
ein Zeichen der Siebe und der Eintracht geachtet
ward e). Dabero unter denen Chriſten defto
mebrerinnertwurde, daß EHriltusihr HErr ha⸗
ben wollte, an follten nicht Frieden mit dem Muͤn⸗
„de allein, fondern von Herzen halten, und den
„Nächiten nicht nur mit den tippen, fondern auch
„mit dem Affect grüffen,, f). Und diefes nah—
men fie nun defto mehr im Geber in acht, da fie
abermal den Ruß als ein Siegel des Gebets
hatten, wie fie es auch nennten.. Denn (fagten
Bi wenn muß man mehr mitden Brüdern den
„Frieden gemein haben, als wenn das Geber foll
„annebmlich aufiteigen,, daß fie alle an demfelben
„Theil haben? Welch Gebet ift mol tüchtig, da—
„von der H. Kuß angehen it? Wen bindert
„wol diefer Friedensfuß, wenn er dem HErrn
„feinen Dienft abftattet,, g)? Aus diefen Urſa—
chen grüffeten fie auch einander mit dem H. Kuß,
wenn fie vom Gebet aufgehöret hatten h). Dar:
aus wir fehen, daß dergleichen tiebeszeichen oͤf—
fentlich in den Gemeinen geſchehen, und durchge:
bends für eine gortgefällige und von ihm ge
heiligte, ja gefegnete Sache gehalten worden.
12. Diejenige Siebe, welche mit Ehrerbietung
und Hochachtung des Geliebten vermenget war,.
hatte auch nicht weniger Bierinnen einen Ausbruch,
daß fie fich mit folchem Kuffe zeigte. Dahero de-
nen ehrwuͤrdigen Perfonendamit in Demuth bege-
net ward, als da waren die Märtyrer und Be—
enner des HErrn, fo gering als fie äufferlich wa-
ren, IBunderthäter, getveue Lehrer und dergleichen
Perſonen. Von den erften fchreibet einer: “Es
„ten nichts lieblichers und höheres, als denen ih—
„ren Mund zu kuͤſſen, welche den HErrn mit rühm:
icher Stimme befennet hätten,, i). Und aus
en Erwägung fcheuten ſich die Glaubigen
387
nicht, die Märtyrer zu füffen, wenn fieauchfchen
in der Feinde Handen Ki. unter —
ten, darüber fie denn oft verrathen und für Chri⸗
fen erfanne wurden: Wie es etwa Hefychio er⸗
gienge, derden Märtyrer Julianum Eüffete ‚und
fich ihm in fein Geber befahl, darüber er gegrif
ſen ward k). Ürigeneopflegtedie Märtyrer bis
in den Tod zubegleiten, und Eüffete fie gerroft vor
allen, ob er wol deswegen einsmals fait wäre zu
todte gefteinigee worden I). Bon Eonftantins
will einer verficheen, daß er diejenigen Befenner
ofte gekuͤſſet babe, welche unter den vorigen Ber:
folgern etwa Schaden erlieten hatten m). Zum
mwenigften mag er bierinnen Die alte Gewohnheit
in acht gehommen haben, indem damals das An-
denken von folchen Zeugen CHrifti noch neu und
bofiebe war: Angeſehen man zuvor wol in die
Gefängniffe zu friechen pflegte, um alda die März
tyrer und ihre Ketten zu Füllen, und fieaus Ehre
erbietigfeit gegen ihren Glauben und Gehorſam
zu umfaffen; wovon man noch klare Merckmah—
le bey den Alten findet u). Gleichwie auch Pau:
to ſchon geſchahe, als er feinen fünftigen Tod vers
kuͤndigte; indem je ihm um den Hals fielen und
ihn kuͤſſeten, Apoſt. Gefchicht 20, 37.38. Mad’
gehends Fam es auch auf, daß man fonderlichde-
nen wahren tehrern aus Ehrerbietung mit einem
Kuß begegnete, feine Liebe und Ehrerbietung zu
mweifen, indem man unter den Borfolgungen ge—
wohne war, daß die Sehrer allzeit am meiſten von
den Heyden leiden mußten, welches aber hernach
bey dem Verfall auf eine Heucheley und bloffe
Gewohnheit, oder gezwungene Be binaus
liefe. Als etwa dorten einer von Conſtantio dem
Kayſer Elagte, “er empfange zwar die Priefter
„init einem Kuß, aber damit ſey eben Chriſtus
„auch verrathen worden,, 0). Dergleichen denn
mit dem Handfuß und andern endlic, überhand
nabın, gleichwie nod) heutiges Tages folche Ge-
wohnheit ein Compliment oder bloffer Deckman⸗
tel eines falfchen Herzens zu ſeyn pfleget: niche
anders, als die Heyden damit eme Devotion und
Demuth anzeigen wollten, die fie niemals, von
Herzen mepnten p).
13. Diefes mochten nun die fürnehmften Ab⸗
fichten folches brüberlichen Kuſſes feyn, welche fie
denn auf GOtt inder Summa führten, und feinen
Cecc 2 Preis
d) Auguffinus ferın, 83. de Diuerf. e) Ita Artemidoruslib. II. deSomniis c. 2. f)Chryfofomuslib. I.de Com-
punct. Cordis c. 3. g) Terrullianus de Orat. c. vlt. h) Iuſtimus Marryr Apol.IL p.96. i) Cyprianus Epift.
7. ad Confeſſores.
k) Baronius A. CCXXVIII. n. 2.
l) Eujebius lib. VI.c.3: m) Rufinus lib. I. Hift,
Ecel. ec. 4. n) Tertullianus lib. II. ad Vxor. c.3. 0) Hilarius Lib, adu, eum p. 201. p) Vid. G. 2 Poffins
lib, I. Theol, Gentil, c. 29. Lipſius lib, II. Eledtor,
96.
388
Preis auchdarinnen ernftlich fuchten. Gleichwie
es einer alfo zu erfennen gabe: Die wahren
„Chriſten kuͤſſen einander ‚Damit fie fich erinnern,
„daß GOtt uns in feinem Worte und in dem 9.
„Geiſt füßiglich Füffe und umfafle,, 9). Wie wir
denn auch gefehen haben, daß es offentlich und
- fonderlich geſchehen r), und alfo aud) dieſe Gele:
genheit die Guͤte des HEren, ihres Vaters, zu rüß-
men von den Kindern nicht gering geachtet. wor-
den. Wiewol man nicht cben fo genau ausge:
druckt findet, ob fie bey ihren Zufammenfünften
alle nad) einander den Ruß gegeben ‚ oder ein jeder
nur dem, welcher ihm am. nächften geweſen s),
Jenes ift defto mwahrfcheinticher, weil im Anfang
des Evangelü die Berfammlungen nicht eben all-
zuftarf und volfreich waren, und ofte ſich in
unterfchiedene Haufen durch die Häufer verrhei-
len mußten, wegen der Engedes Raums, da fie
noch feine Kirchen hatten, Wie fie auch überdis
nicht eben in ihren heiligen. Handlungen fo gefeß-
lich giengen, daß fie fic) nicht der Freyheit in allem,
und alſo auch darinn bediener hätten, und nach Gut⸗
befinden dis oder jenes, einmal weniger als Das
anberethäten. Noch mehraber iftdie Frage: ob
nur die Mannsperfonen unter einander allein,
und die Frauensperfonen auch allein, oder bey:
de unfer einander mit dieſem heiligen Kuß fid) ge>
gruͤſſe haben? Einige meynen zwar, nad) der
Bernunft habe es fich nicht wohl thunlaffen, daß
es ohne Unterfcheid des Gefchlechtes alfo gefchehen,
weil die Weiber von denen Männern abgefondert
waren, Aber ob es wolvondenen folgenden Zei-
gen möchte wahr feyn, fo läßt fic) dennoch von den
erften das Gegentheil fehlieffen, ja augenfchein-
lich erweifen t).
14. Der uralte und glaubwürdige Scribent
Tertullianus gedenket ausdruͤcklich, daß aud .
Ehriftliche Manns perſonen, ohne Verdacht oder
Gefahr einiger Bosheit, denen. NBeibsperfonen
den Kuß des Friedens mitgetheilee. Denn er
fragt eine Ehriftliche Srau, die einen heydnifchen
Mann hatte: ob dieſer auch zulaflen würde “aß
„ſie mit einem Bruder zum Kuß zufammen fom-
„men dürfte, u)? Dadurcher denn zeiget, theilg,
daß unter den Heiligen nichts ungewöhnliches
geweſen, wenn Ehriften von zweyerley Gefchlech-
te dennoch einander vor den allfehenden Augen
ihres Vaters im Himmel aus reinem Herzen ge:
kuͤſſet: theils auch, daß ein unglaubiger und al-
[2 1 EP
3.8. Don der erften Ehriften Pflichten und Dezeigungen gegen einander,
fo gotelofer, argwoͤhniſcher, unreiner Mann die:
fes nicht zulaffen würde, wol aber ein glaubigen,
gottsfürchtiger und vedticher ann. Und mas
waren auch ſonſt die Warnungen, Bedingungen
und Cautelen der Frommen anders, die ſie hiebey
zu ſetzen pflegten, als eben Zeugniſſe, daß es den⸗
noch uͤblich geweſen, gleichwie etwa auch vermuth⸗
lich viel Laͤſterungen der unreinen Heyden daher
kommen waren? Alſo warnet einer gar fein Dit»
vor und fpricht: “Der Kuß muß mit hoͤchſter
„Vorſichtigkeit mitgetheilet werden, Damit es
michts anders ſey, als ein gottſeliger Kuß: wel⸗
„cher, wenn er ein wenig mit unreinen Gedanken
„beflecket wird, fo entſiehet er ung von dem de⸗
„ben,, x). Und ein anderer deutet ziemlich klar
an, wie der heilige und Feufche Kuß gar wohl un⸗
ter beyden Gefchlechten auf folche gerrgefätfige
Art auch in den folgenden Zeiten habe gefchehen
fonnen. “Der Kuß des Friedens (ſchreibet er,)
„„gefchieht zum Zeichen des Friedens, alfo,daßdie,
„10 Gemeinfchaft unter einander haben, in der
„Gemeine den inneren Frieden mit dem aͤuſſer⸗
„lichen Ruß bemweifen, zum Zeichen der allgemei- "
„nen Siebe. Als wie etwa gefchieht, wenn ein
„Gaſt aufgenemmen würde. Er wird aber ge-
geben mit einer geiftlichen Bewegung des Her-
„zens, mit Bermifchung der Geifter, da GOtt,
„als der Geift, alles Feufch und rein macht, und
„einen bimmlifchen Geſchmack eingeuft, indem er
„fich felbft ihnen mittheilet y). €
"15. Die Gelegenheit, warum die Verftändi-
gen dergleichen Warnungen Binzu feßten, war Die
Beyſorge der Aergerniß unterdenen Unglaubigen,
undder Mißbrauch unter den Heuchlern. “Denn
„(ſagten fie,) die Liebe beſtehet nicht in dem Kuß,
— in der Wohlgewogenheit. Und wo der
Kuß gegeben wird, fo ſoll er doch geheim ſeyn,
„(uvsızov,) weilihnder Apoftelheilignenne, Er
„ſoll gefcehehen alsdenn, wenn man das Reich
Gottes wuͤrdiglich genoffen hat, daß man mit
„befcheidenem und verfchloffenem Mund die Zu-
„neigung des Herzens erweife, die ſich am meiften
„in Befcheidenheit erzeiget. Darum ift der gifti-
„ge unreine Ruß weit entfernet,, 2). Derglei-
chen Bedingungen wir fehon aus Origene und an=
dern erfehen haben a), Und ift es allerdings ges
wiß, daß nichts fo heilig, gofefelig und ehrbar
fenn Fann, Das nicht von Bofen zum Mißbrauch,
2 oder
9) Hieronymus hom. i. in Cänt. r)Vid. Albaſpinaus Not. ad Tertullian. ad Vx. IV.c.3. s)Dubitat Tob. Pfan-
nerus Obferu, Ecclef. P. II. Obſ. IIL n. ı5, £) Diflentit Qxenfledins Antiquit. Bibl. et Ecclef. p.566. u) Ter-
tullian, lib. I. ad Vxor. e 4, x) Athenagoras Apol. pro Chrift. p. 36. y) Auguflinus lib. de Amicit. c. 3.
2) Clemens Alexandy. lib. ILL Pzdag. c. ır.
a) Vid. prolixe Baronins A. XLV. n. 26. fegg.
Bir
anı iefe Weife ward inderreinen Kirche
auch rein bewahrt; hernach, da: fich fehon etwas
die Bosheit äuflerte, fo fonderte man in den Zu-
fammentünften die Weiber von den Männern
„ab; endlich ward bey dem Verfall der Ehriften-
gi der von Paulo den wahren Chriften befohlne
uß gar aufgehoben. Womit denn offenbarlich
angedeutet ward, daß nunmehr es an foldyen $eu-
ten in der Kirchen fehlte, die, nach! der Apoftel
Sinn, heilig und voll göttlicher Liebe wären, und
alfo zum Kuß der heiligen tiebe geſchickt. Es iſt
aber diefer Kuß erſtlich bey der tateinifchen und
Abendländifchen Kirchen abgefchaffer worden c);
ernach auch nach und nach bey den Gricchifchen
emeinen, die noch lange Zeit vieldavon behalten
haben, wiewol nur aus Gewohnheit, und bey dem
Abendmahl s). Als man es aud) noch bey den
Abendländern hatte, fonderten ſich die Kirchen—
Diener von den andern teuten aus Hoffart ab,
und kuͤſſeten nur ſich unter einander, und das
Bolt mufte dergleichen unter fich tbun e). Daß
alfo überall der Mißbrauch fich mit einfand, und
das Gute zu verderben fuchte f).
16. So gieng es bey denen zu, die dem Heil.
Geiftnicht völlig Pag liefen, ihre Herzen zu rei-
nigen von den todten Werfen. Da die Lüfte
„des Fleiſches gleichfam immer bey denen unrei=
„nen verfehrten Menfchen ausdampften, und das
„arme Herz umnebelten, daß die Klarheit der
„lautern wahren &iebe von dem Dunfeln der
Vnreinigkeit nicht fonnte unterfchieden werden,,;
mie einer von fich Flaget 2): davon wir bey der
Keufchbeit der erften Chriften reden werden. Die
— Cap. Don der berzlichen Liebe der erſten Chriſten unter einander.
ofen in Verdacht gezogen werben
339
wahren vechtfchaffenen GOttes Kinder erfuhren
viel andere und feligere Wirkungen der rechtſchaf⸗
fenen Bruderliebe in ihrem Geifte, damit der
teib hauptfächlic) nichts zu thun hatte, Dis
„war des Volfs GOttes eigener Vorzug, daß
„fie alle unter einem Vater Brüder, und unter
„einem GOtt eines wären, in einem Haufe eins
muͤthig einher giengen, unter einem Haupt eines
„seibes Glieder wären,, h)- In folcher Liebe lag die
Kraft und das Wefen ihrer Bereinigung, Daß fte die
ganie Gemeine Chriſti mit Wahrheit Fonnten Die
Brüderfchaft, und die Brüderfchaft wiederum die
ganze Gemeine nennen i), Die Erleuchteten
wußten alle, “daß nichts der Siebe zu vergleichen
„fen, und daß die Siebe die hoͤchſte Würde vor
Gsott geachtet werde, k). Da hatte auch die
ganze Ehriftenheit alles Gute aus ihrer gemei⸗
nen Öruderliebe, weil fie, nach Pauli Auffage,
„des Gefeßes Erfüllung ift, und wenn fie mit
„rechter Siebe unter einander verbunden waren, ß
„Fonnte ihnen alles gelingen; indem die Liebe
„der beffere und leichtere Weg zu andern iſt, 1).
Und diefes half auch einem jeden viel, daft, je tie-
fer fie von der Gnade in GOtt gezogen wurden,
je weniger konnten fie ihrer Brüder Darbey ver
geffen , alfo, daß ein Glied die andern alle feiner
Herrlichkeit mit eheilhaftig machte, da einjederdie
tiebe gerne. vollig ſeyn laflenwollte, und das Wort
JEſu befräftigen durch fein und anderer Exem—
pelm). Woven aber in folgendem infonderheit,
da wir nad) allen nothwendigen Stücken die Fruͤch⸗
te diefer herzlichen Bruderliebe fehen, und uns als
fo bey der allgemeinen Betrachtung nicht langer
aufhalten wollen.
b) Ita loquitur de hacre Gundlingiusad Concil.Laodic.c.9. <) Vid. Io. Dalaus lib. VII. de Cult. Lat. Relig.c.
33. d) Merrophanes Conf.Gr.Eccl.c. 9. p. 101.
€) Amalarius lib. II. de Offie. c. 31. Innocentius 1, Ep. Rom.
Epift. ad Decentium. f) Confentit Pfannerusl.c.p. 157. 8) Augufinuslib.I. Conf.c.2. h) Hilarius in PL.
132. i)Clemens Rom. ſæpe in Epift. e quo obferuat Spanbermins Sec. II. Introd. H. E. p.49. k)Chryff. hom-
in Verba: Nolo vos ignorare Fratres, quod Patres noftrietc. 1) Idem Ser. 32. de Charitate omnia diri-
gente. m) Macariushom. 4.
Das 3. Sapitel,
Von der erſten Chriften Eintracht und Sanftmuth
gegen die Bruͤder.
Summarien.
Yyılluige Einträchtiafeit unter ben erften Chriften $.1. wurde durch die Liebe gegruͤndet und befeſtiget, 2. als durch
das Band der Vollkommenheit und des Friedes, wozu fie fi
einander erweckten; z. auch wirklich dem Frieden
nachjageten, und in einmuͤthigem Geiſt wandelten, als wenn die groſſe Anzahl nur ein Menfch geweſen 4, Zeugniß von ſoi⸗
eher Einigkeit, und Vertheidigung derielben wider die Heyden mit Be Herzen. 5, Beſchreibung der Einigkeit
0.3 d
er
wi
399
t
3.3. Don der erften Ehriften Pflichten und Bezeigungen gegen einander.
— — — — —— — — — — — — —— — — — — — — — zz
der erſten Chriften. 6. Solche wuͤnſcheten fie einander an, beteten darum, und — derſelben — 53
7
ven Zuſammenkuͤnften und Mahlzeiten den 133. Pſalm 7. Wie fre ſich einander genenn
erhalten, und ihre Einigkeit befchrieben. 8.
dern, die durch eine ſuͤſſe Ruhe und Erquickung immer näher verfnünfet wurden? 9. Wa d
den jelbit füffe, wie vielmehr geitlichen Brüdern? wodurch fie verjüffet worden, und mas dadurch a
die eriten Cheiften fich dazu erwählet; worinn der Adel ihrer Einigkeit befanden, und was er mit
Zwar hat Satan nicht gefenert, Unfeieden auszuſtreuen; doch iſt ihm widerſtanden. Erempel davon. 13.
gütige Vergleichung. 14. Je mehr der Teufel darwider he: deſto
weil ſie Brüder waren, 16. und erkannten, was —— a⸗
daher ſie nachgaben, auch allen
Friedfertigen. 2. v hat ( e
Warnung und Proteſtation wider alle Uneinigkeit:
mehr ſtritten ſie wider ihn und die Uneinigkeit, 15.
den bringet: worinn der beffanden 5 17.
irdiiche Dinge: 18. fonderlich trug einer des
gehalten. 19.
+
$ ine unmittelbare und unausbleibende
Frucht der rechten Bruderliebe war bey
den liebreichen Kindern GOttes die Ein-
grächtigfeit. Denn weil fie einmal von einem
Geift gleichfam angeblafen und lebendig worden
waren, und in demfelben alle einher giengen nach
dem Wohlgefallen GOttes, ihres Vaters, fo war
auch bey ihnen ein Herz, fo lange ſich ein jedes von
dieſein Geift der Liebe und der Einigkeit regieren
ließ. Es erforderte die brüderliche Vereinigung
und Geſellſchaſt zuförderftdiefelbe,alfo, daß jeneder
Srund der Eintracht war, und wenn jene vecht
nach dem Willen des HErrn geftiftet war, fodenn
auch diefe wohl beftund. Dabey man immerdar
auf die Brüderfchaft der Ehriften genau fahe, und
derfelben Gründe auch zum Grund der Eintracht
legte. Wie der Apoftel felbft hat Eph. 4, 3:6.
wenn er den Fleiß erfordert, zu halten die Ki-
nigkeit im Beift durch das Band des Srie-
dens, und darauf diefe Urfachen nad) der Laͤn—
ge erzehlte, welche mächtig genug find, die Her?
zen zufammen zu fügen und zu halten in einem
Sinn und Muth. In der Natur war aud) bey
den Henden diefes Band der Brüderfchaft fehr
kraͤftig zur Einigkeit anzubalten; fo gar, daß fie
die Bruͤderſchaft nicht anders anfahen, als eine
Einftimmigfeit der Brüder und Sreunde a).
Ja, wenn auch gleich fonft bey ihnen das Recht
noch fo fehr gebeuget und verleget ward, fo hielte
mans doc) vor barbarifc) gehandelt, “wenn Bruͤ⸗
„der von einander im DBerfaufen oder font
Igetrennet wurden b), weil es eben die natürli-
„che Siebe nicht zulaffen wollte, ec). Zu gefchmwei-
gen, daß fonft die natürlidyen Menfchen viel an-
dere Urfachen folcher Eintracht bey den Brüdern
aus dem Licht der Matur vorzubringen mußten d).
Demnach hielten e8 auch die erleuchteten Ehri-
die Einigkeit zu erwecken
r die br
Iſt die Liebe der Henden weit gegangen, — geiftlichen Bruͤ⸗
e Liebe den Hey⸗
ichtet. 10. Er
geführet ı1. bey
Sch
Argısohn flohen, am wenigſten sanften fie fich um
andern Lait: was dadurch ausgerichtet; wie man fich gegen Unverfohnliche
3 ’
IL -
ften vor ungereimt, “daß, da die Gottloſen mit
„einander einftimmig und einträchtig feyn koͤnn⸗
„ten, und fie fich mit lofen Stricken zufammen kop⸗
„pelten, auch mol ofte durch ganz geringe und elen⸗
„de Dinge ihre Gemeinfchaft unterhielten, die
„Rinder GEOttes nicht auch) noch viel Eräftiger zu⸗
„ſammen halten follten,, e). Welches alle Zanf-
füchtige nicht wenig befchamen kann. »
2. Die Berftändigen nahmen eben aus folcher
brüderlichen Bereinigung einen groſſen Beweis
und Grund, die Eintracht überall zu ftiften, undzu
erhalten, indem fie jene immer mit der leiblichen
Einigkeit verglichen. Die Brüpderfchaft nad)
„dem Fleifch bringe nur eine Gleichheit des teibes
„init fich, aber die Brüderfchaft Chriſti macht
„auc) die Einmuͤthigkeit des Herzens und des
„Sinnes: Derjenige ift wahrhaftig ein rechter
„Bruder, der vol an Leib als am Gemüt
Frechtſchaffen it. Das ift ein wahrer Bruder,
„der einen Geilt und Sinn gegenden andern hat.
„Demnach iſt die Brüderfchaft Chriſti viel beffer,
„als die Brüderfchaft des Fleiſches. Dieſe i
„bisweilen unter fic) felbft feinöfelig, jene iſt ohne
„Aufhören friedfam,, f). Alfo waren diefes oc
dem Sinn des Geiftes und aller Chriften er
„rechte wahre Brüder, welche in einerley Sitten
„und Werfen mandelten, einerley thaten, mey—
„neten und vedefen in heiligen und guten Ver:
„richtungen, 8). Wie fie denn auch daher ei-
nen fchonen Grund nahmen zu einem Ginn
und einerley Meynung, weil fie nemlich alle
Brüder waren. Wir find Brüder, (fprachen
„ſie,) warum wollten wir uns denn noc) zanfen :
„Unſer Herz muß verſoͤhnet und berubiger werden,
„ver Vater hat ung nicht ofne Teftament gelaf- _
„ſen, h) ·
fen, 6) ei
a) Dio Chryfoffomus Orat.38. b) M.Serecalib. IV. Controu. 26. et in L.ad Gerulum Rationalem Conftantinus
A. Cod. Theodof, de Comm. diuid. ©) I. 41. $.2. D. de legatis 3. d) Vid. Plutarchus de DiNadEADIe
p- 332. ſeqq. Dio Prufeus1.c. Conf. Guazzus de Ciu. Conuerf. p. 348. ete. ©) Gregorius Nazianzenus Orat. ad
€os, qui exAegypto venerant. f) Ambrofius Serm, 9.ad Adt.a. g inus lib. ‚
ER 4 ) ofins Sem, 9.ad Adt.4. g) Clemens Alexandrinus lib VI. Strom
Worinnen fie einander noc) weiter
ten zu dem gleichen Urſprumg ihrer Geligfeit :
‚Bart alle gteichnpol eins waren, in fo groſſem
„Unterſcheid der Völker, Stände, echter,
„eam aus der Einftimmung, ihres Herzens, und
„diefes aus einerley Geheimniffen ber, weil fie eine
„Taufe und einen Chriſtum angezogen batten.
„Was follte da nicht die¶ utracht der Herzen
„thun, da fie Deswegen emes waren, weil fie ei:
„einen Chriftum angezogen hatten? Waren die:
„jenigen fchon eins, die da pflanzten und begoflen,
„wie follten fie auch nicht deswegen eins feyn,
„weil ifnen die Wiedergeburt gleich mitgerhei-
z„iet ward, 3)? Daraus erfannten fie gar wohl
ihre Schuldigkeit, “daß fie als Brüder in böch-
„fter Liebe mit einander umgeben müßten, fie
„möchten nun beten, oder das Wort des HEven
„tefen, oder fonft etwas thun, damit fie alfo einen
„wahren Grund ihrer Liebe hätten, und aller ihr
„Fleiß GOtt angenehm war, auch ein jeder den
„andern zum Gehülfen haben fonnte, wonn er in
„der Lauterkeit und Einfalt das Seinige verrich-
„tete, k). Wer fic) von diefer unumgänglichen
Pflicht entziehen, und den Frieden brechen, und
Hader anrichten wollte, der ward damals vor
fein Kind des Friedens erfannt und angenom-
men,
3. Wo nun die wahre Liebe herrſchete, als ein
Band der Dollfommenbeit, da war die Einig-
keit des Geiftes durch dieſes Band des Friedens,
Diefe war es, “welche die Einigkeit in fich begrif⸗
„fe, welche aus allen einen Leib machte, wel
„einen wahren Frieden mit fi führte, und ihn in
„einem reinen Herzen bewahrte. Denn cs
„eann wol endlich ein Friede heiffen, da doch fei-
„ne Liebe bey ift, aber die wahre Liebe hat allzeit
Frieden bey fich,, 1). Mun haben mir fchon von
der Einigkeit im Glauben und Leben etwas im ı.
Cap. gehört; von welchen beyden allerdings wahr
ift, mas ein alter Lehrer fhreiber: “Es ift ein
„Stüd der Chriſtlichen Vollkommenheit, fried-
Fertig ſeyn auch mit den Feinden des Friedens,
„aus Hoffnung ihrer Beſſerung, aber ja nicht
„our Einftimmung mit ihrer Bosheit. Denn
„im heiligen $eben ift die Eintracht des Friedens
ur herrlich, went ihrer viel fich eins laffen ge-
„fallen, Unterdeflen muß diefer Friede allein den
i) Hilarius lib. VIII. de Trinit. p. 100.
m) Dee Epigr. 2. 29.
vnam
k) Macarius hom, 3. initio.
igr. 2. n) Ita Gregorius Nazianzenus diuerfas feripfit Orationes de Pace; Nyjfenus
e Beatitudinibus ad Matth. 5. Bafılius M. Fpiftolas aliquos ad Fratres Occidentales, et ad Athana-
.
m 7 1er —— © 27 — — — ——— — —
3. Cap. Von der erſten Chriſten Eintracht und Sanftmuth gegen die Bruͤder. 391
Frommen gemein gemacht werden, und der Bund
„der Liebe auf dieſe Art eingeſchraͤnkt bleiben, da⸗
„mit man nicht mit Suͤnden und Laſtern ſich ver—
„binde, m). Und in ſolchem Verſtand finden
wir fo viel Berzliche Bermahnungen der Apoftel
und ihrer Nachfolger zu der Eintracht, daß die
Epriften einerlep oder eins denken und ge-
finnet ſeyn folten, (rd&vro Peovav,) Röm. ı2,
16. 0.15, 5. Sie follten dem nachjagen, was
zum Frieden gebörte, c. 14, 19. eines geden⸗
fen unter einander nab JEfu Ehrifto, da-
mit fie einmütbialih in einem Wunde
GOtt und den: Pater unſers ZErrn JE:
fü Chriſti verhertlichen möchten, c. 15, 5. 6.
Man vermahnete fie fo berzlid durch den
Yamen ds BErrn JIEſu Ebrifti, durch
welchen fie wollten felig werden, daß fie
alle einerlep redeten, und Feine Spaltun-
gen unter ihnen wären, vielmehr alle zu—
bereitet fepn möchten in einem Ginn und
in eben der Meynung, ı Cor. ı, 10, und mas
dergleichen nachdrücdliche Erinnerungen mehr
waren, welche weitläuftig zu lefen find 2 Cor.
3. Eph. 4,3. u. f. Phil 1,27. c. 2,2. Wie
denn auch nachgehends, als dieſe von den Apo—
ſteln geſtiftete Eintracht nach und nad) verſchwin⸗
den wollte, man noͤthig befand, nebenſt denen
beilfamen Erempeln auch ganze Schriften von
der wahren Eintracht ver Ehrſſten darzule⸗
gen n), und fonft auf alle Weiſe dieſelbe zu erhal⸗
‚ten o). -
4. Es bfiebe aber nicht bey Worten und Ber:
maßnungen allein, fondern fo bald das Wort des
Evangelii, als eine Borfchaft des Friedens zwifchen
GOtt und den Menfchen, erfchallete, fiche, da ſtifte—
te es einen wahren Frieden in den Seelen derer,
die da glaubeten. Cintemal nicht allein die Hin:
derniflen der wahren Eintracht ben denen Bekehr⸗
ten binweg fielen, als da waren, eigene Siebe, Eh—
ve, Nutz, $uft, und die daher entftehende Unord-
nungen des Meids, Berdachts, Afterredens, u. ſ. w.
Den es wurden auch die feligen Urſachen des
tiedens in die Herzen zugleich geleget. , Die
Herzen, die nunmehr gereiniget und aus GOtt von
neuem geboren waren durch das Wort der Wahr:
beit und des Friedens, die umfafleten nunmehro
eins
I) Ambrofius Comm. in Colofl: 3.
fium de eadem Chriftianorum Concordia 0) Vid. Chryfofemus hom. ı9. ad Eph. hom. 33. in Gen, Am-
brofins lib, II. Oflic. c. 3. Hieronymus Comm. in Prou, g. et Interpretes in Pf. 133.
einander aufdas innigfte und liebreichefte, da fie
zuvor auf das Aufferfte getrennet und von einan-
der abgewandt waren. Drum kann es auch der
Heil. Geift nachdrüclicy und mwefentlih genug
voritellen Ap. Gefch. 1, 14. c. 2, 1. c. 5, 12. c. 6,
24. Sie waren alle einmürbiglich, oder mit
gleichem Gemuͤth und Herzen bey einander,
oder in dem Einen. Sie wandelten alle
in eben demfelben Beift, und in eben denfel-
ben Sufiftapfen, 2Cor. 12, 18. Alfo waren Die
zuerft Befehrten befchaffen, denen folgenden
zum merflichen Erempel, daß fie alle ein
Zerʒ und Seele hatten, ob gleich in unterfchie-
denen Leibern, dadurch ihre hoͤchſte Einigkeit be—
fehrieben wird p). Zuvor, in dev Babylonifchen
Verwirrung, war in einem Bolf eine groffe Un-
einigfeit in den Sprachen, Meynungen, Abfich-
ten und Borfäßen: Aber. im Anfang des neuen
Bundes fahe man einftimmige Herzen, Reden
und Werke bey denen. demüthigen, beſcheide—
nen und frommen Herzen, als fie in eine goff-
gefällige Drdnung durch das Wort des, Evan-
elii gebracht worden waren q). Summa, das
olf, das aus fo vielen Leuten beftund, befam al-
fo ein Herz und eine Seele, und war bey fo grof-
fer Anzahl gleichfam nur sein Menſch n. Wie
der Herr darum fo fehnlich gebetet hatte zu fei-
nem bimmlifchen Vater, daß fie alle eins feyn
möchten, gleichwie er mit dem Water eins it, da-
mit daraus auch die Welt glaube, daß der Va—
ger feinen Sohn gefandt habe, nemlich Friedens
auf Erden und den Menfchen ein Wohtgefallent
zu ftiften. Joh. 17,21. Luc. 2,14
5. Mad) der Apoftel Zeiten finden A nicht
weniger berrliche Zeugniffe von der Eintracht
der erftenEhriften. Clemens von Nom leget
diefes Job den glaubigen Corinthern bey: “Sie
„haben einen tiefen und feligen Frieden genoffen,
„fie feyen aufrichtig und lauter gegen einander
kn) unfchuldig und unanftößig,, und haben
„alles Unrecht vergeffen. Aller Aufrufe und
Trennung fey ihnen einen Greuel geweſen,, 5).
Ein heiliger Märtyrer zeuget vor den Unglaubi-
gen hievon alfo t):
Die Heerde, die dem HErren angehöret,
Hat nur ein Geiftin dieſen Bund gefegt,
J oT. 2 4
Daher fein Sturmdasfefte Band verlegt.
Und ſolche Befenntnife von ifrer Einigkeit lege
ten fiedenen Heyden ungefcheuet or Me wohl
wußten, wie ſie darinnen vor den uneinigen
Gottloſen einen leichlichen Vorzug hatten.
Drum hielten —J dieſes nachdruͤcklich vor:
„Weil es gewiß ift, daß nichts wahrhaftiges von
„euren gehrern in dem Gottesdienft gelernet wer⸗
„de, und dieſes euch) ein Flares Zeichen ihrer Un-
„wiſſenheit ift, weil ihre Seelen alfo unter einan=
„der uneing find; fo iſt nichts mehr übrig, als daß
„wir zu unfern Borfahren zurücke gehen, welche
„nicht unter einander in den Meynungen uneins
geweſen find, oder einer dem andern feine Säße
„ummerfen mollen, weil fie von aller nn
„und Spaltungen frey waren, und die Lehre alfo
„vortrugen, wie fie fie’ don GOtt empfangen hat-
„ten, u) Darneben bielten fie auch denen Un—
Hlaubigen diefes vor, mie EB diefe berrlis
che Frucht der Ehriftlichen Lehre bey den Chriſten
nicht zu leugnen ſtehe, indem fie auch den Fein⸗
den unter die Augen leuchtete, und die Erfahrung
ihnen ein unrofderfprechliches Zeugniß abitattetes
Drum traten fie den zanffüchtigen Heyden uner-
ſchrocken unter Augen, und befannten diefes von
fih: Bor diefem wüteten wir wider einander
„mit Haß und Mord, und hatten mit denen, Die
„unfers gleichen voäßen, gar nichts gemein: nun⸗
j me, nahe uns Chriftus erfchienen ift, le⸗
„ber bir ganz vertraulich beyſammen, und beten
„für unfere Feinde, und ſuchen dieſelbe mit Guͤ⸗
ste zuvechte zu bringen„x).. In Summa, es
Fann von denen erften Chriften mit Grund der
Wahrheit gefaget warden, “daß fie das Recht
*
„des Friedens und der Einigkeit ſamt dem Na⸗
„men der Bruͤderſchaft unter einander gemein ges
„habt Habeny).
6. Wenn aber die Scribenten von denen fol⸗
genden Zeiten dergleichen gedenken von ihrer Ein⸗
trache und Liebe, gilt folches allein von denen, Die
annoͤch dem Geift der apoftolifchen Gemeine folge
ten, und in Die Zerrüttungen nicht willigten, wel⸗
che ſich bey der Aufferlichen Ruhe haufig hervor
thaten. Gleichwol rühmer einer nod) gegen eis
nen heydnifchen Negenten, ungeadye ſchon groß
fe Zwieſpalt in der Chriftenheit war: “Die Chris
„ften lebten überall nicht anders, als wenn fie in
„einer
p) Chryfoflomus hom. 33. in Gen. ethom. 4.in Ad. Apoft. q) Arator Hiftor. Apoft. lib. I. p. 374. r) Idem
ibid. p.579. s) Clemens Rom.Ep. ad Cor.p.3. t) Apud Prudentium hynın. Io. deCoron. u) Iuffinus.Mar-
zyr Cohort. ad Græc. p. 8. x) Idem Apol. II. p. 61.
y) Tertullianus lib. devel. Virg. c.26.
Nachdemer fie zu einem Sinn gelehret: :
J
f
J
3.CEap. Don der erften Ehriften Eintra
„einer Stadt als Mitbrüder eines Vaters zwi⸗
„ſchen einer Mauer wohnten, oder in eines Bas
„ters Haufe beyfammen herbergten,,z). Ein
anderer redet von denen, die noch ernitlic nach
der alten Regel lebten: «Die Chriſten find nicht
„ſchwuͤlſtig von Hoffart, nicht miderfinnifch von
„Halsftarrigkeit , nicht mißgünftig von Neid,
„iondern befcheiden, demüthig und friedfam ,
Ihr Leben iſt Höchft einträchtig und zu GOTT
„allein gerichtet,,a). Wiederum verfichert ein be⸗
-Fannter $eßrer von feinen eigenen Zuhoͤrern,“daß fie
„vor allem Zanf und Spaltung einen Abfcheu ge⸗
„habt, und Be“ fie dahero weiter, daß fie
„dieſes Erbe des Vaters, oder das Gur der Ein:
„tracht bis ans Ende behalten follten,, b). Und
noch ein anderer kann es fehr anmutbig vorftellen
mit folgender Befchreibung: “In CHrifte iftein
„Wille und eine Mennung. "WDeeegn lieben
„ſie alle einander, und ein jeder einen jeden, nach
„der Art einer englifchen Gemeinfcha
„die Siebe GOttes ift ausgegoffen in d
„ver Menfchen durch den Heil. Geiſt.
„meinfchaft diefes Geiftes gebet in
„Menfchen, damit dasjenige,
„iſt, allen nach der Liebe gemei
noch einer fehr fein —
nigkeit gruͤndlich beſe reibt: Es iſt ein Leib der)
„Gemeine, nicht daß er mit der Vereinigung der Lei⸗
„ber unter einander verwirret, oder als ein Haufe
„ohne Unterfcheid zuſammen vereiniget wäre; fü
„ern mir —* allzumal einer Durch die igfeit
„des Glaubens, durch die Gefellfchaft der Wiebe ,
„ourch die Eintracht der tiebe und des Willens,
„durch eine Gabe des Geheimniffes in allen,,d).
een Reden ſich Häufig bey den Alten
nden.
7. Es find auch noch überdis andere Merk:
mahle übrig, wie die Alten nach der Einigfeitdes
Geiites auf alle Weife und Wege geftreber haben.
Wir haben oben bey ihren Predigten gehöret, wie
fie dabey und fonft allzeit einander Frieden ange:
wuͤnſchet haben: welches nicht allein der Friede
in und mit GOtt war, oder die innerliche Ruhe
ihres Herzens, wovon im 1. Buch im 20. Cap,
gehandelt worden ; fondern auch der Friede mit
—_
cht und Sanftmuth gegen die Brüder. _ 393
einander , und mit allen Brüdern und Schwe⸗
fteen in der Welt. Darinne ſonderlich die
Scheer dem HERAN JESU nachahmten,
weldyer auch bey feinem Yofchied feinen Juͤn⸗
gern den Frieden hinterließ; Johan. 20 19.
wie fie ausdruͤcklich ſich erklaͤrten e)y. Darum
beteten ſie auch mit einem Herzen einmuͤthi—
glich, und bisweilen alſo, wie es einer auf—
gezeichnet hinterlaſſen hate)) D HERN, du
„baft uns den Frieden gelaſſen, und gegeben
„oie Eintracht unter einander; gib uns dod)
„den Frieden und die unzertpennliche Ver—
„einigung mit dire)! Dahin gieng auch)
aller Wunfch der Apoftel im Anfang und Bes
ſchluß ihrer Schriften, wie auch allee Gruß
der wahren Chriſten, wenn fie einander
Frieden mwünfchten , und mit dem Kuß des
Friedens ſich zuſammen Füffeten, davon im vors
bergehenden Cap. gedacht worden. Auch war
dis eine fehr feine Meile, wenn fiein ihren Zus
fammenfünften und Mahlzeiten zur Ermun—
terung ihres lautern und einigen Ginnes
den zſten Pfalm abfungen. Bon melcher
Gewoͤhnheit ſchon Tertullianus gedenket mit
dieſen Worten: „Siehe, wie fein und lieb:
„lich ifts, wenn Brüder einträchtig oder in
„Eins bey einander wohnen! Du Fannft aber
„dieſes nicht fo leicht fingen, als wenn du et=
„wa mit vielen zugleich fpeifeft,, h). Und
nachgehends erwehnet einer, “Daß fich die
Bruder auf folhe Art zu ermuntern pflegen,
„welche gerne einträchtig beyſammen mob:
pen mollen,i): Indem darinnen “die Lie—
„be der geiftlichen Brüder einem Foftlichen
„Balſam —— mwerde,„k), Woraus der
groſſe Ernſt und Eifer in Erhaltung der Eintracht
zur Önüge erbellet,
8. Zudem füchten die wahren Chriften einan⸗
der durch foldye nachdrückliche Reden zur Einige
feit zu erwecken, und darinne zu unterhalten,
welches nachgehends bey den erregten Strei—
figfeiten zwar fehr mißhrauchet wurde, Gie
nennten einander einmuͤthige Brüder,
mas, ) ) eigene, einflimmige
Bruͤder, (oPeregllayras,)") Brüder von
Dodd einem
2) Prudenziuslib. II. cont. Symmach. a) Auguftinwslib. I.de Mor. Ecclef. c.2. b) Gregorius Nazianzenus
Orat.I.de Pace.
c) Cafhodorus lib. de Amic.
f) Idem l.c.
g) Vid.Chr
d) Hilarius in PC. zı.
omus homil.3. in Coloſſ.
€) Ifidorus Pelufiota lib. I.ep. 122.
h) Lib.de Ieiun. c.3. i) AugufıausinPL. 133.
k) Hieronymus lib. VI. in IMai. Conf.omnino.de hoc more Albajpinens lib. I. Obferu. 16. 1) Epiphanias Her,
72. Sulpitius Seuerus præf. ad Defiderium de Vita
nyfius ap. Ewebinm lib. VII. c. 12.
Matt. Angu/tin. Ep. 47. Ambrofins ep. 69. et 78. m)Dio-
394
öunbuxes, löisg.)n) von einem Ginn und
Muth in CSriſto 0). Gleichwie fie such der ein-
mütbigen Brüderfebaft, der brüderlichen Zin-
tracht u. ſ. w. gedachten p). Wovon fich ein
Märtyrer vor dem Richter fehr freudig heraus
lieffe, als ihn diefer ermahnte, er möchte fein felbft
wahrnehmen, und es mit den andern Chriften
nicht halten, in Anfehung der erfolgenden Mar-
ter. “O (ſagte er,) unfer Sinn iſt ganz eins, wir
„dienen GOtt mit einem Herzen, denke ja nicht,
„daß du von einem unter uns etwas anders hoͤren
„wirſt, q). Welche Einigkeit etliche Lehrer alſo
erklaͤren, daß fie fagen,- “es ſey gleichſam eine
„Seele oder ein Seit ‚ allen $eibern bequem ge-
„mache nach der Wahl und Meynung, alfo, daß
„Miles von ihnen fo gefchehe, als wenn es aus ei:
„ner Geelen herfämer). Man ſehe ihrer zwey oder
„mehr in einem, weil einer dem andern unauf-
„hoͤrlich im Herzen ruhe, und zwar viel ficherer
„und lieblicher , als in feinem eigenen. Denn
„(ſetzt Diefer Hinzu, ) wie follte nicht die Vereini—
„gung der Liebe in einem Geift eine folche Einig-
„keit verurfachen unter verfchiedenen Perfonen, da
„pie fleifchliche Vereinigung machet , daß ihrer
„ywey in einem Bleifche feyn,,s). Davon ein an:
derer dieſes Gleichniß braucht : “Gleichwie wir
„oftefehen, wenn der Könige oder anderer Brüder
„und Collegen Bildniffe vorgeftelle werden, und
„man ihre Eintracht gerne andeuten’will, daß der
„Kuͤnſtler fie zufammen darftellet, und Binter ih»
„en die Eintracht in weiblichem Habit, welche
„fie beyde mit ven Armen umfaffet, und damit
„andeutet, daß diejenigen, welche dem Leibe nach
„unterfchieden zu feyn fheinen, gleichwol nach
„oem Sinn und Willen unter einander überein
„eommen: Alfo ftehet nun der Frieden mitten
„unter uns, und verfnüpfet uns beyde in ihren
„Schös zufammen, und lehrer, wiedie zwar un-
„terfchiedenen Leiber doch in einer Seele zufammen
mm md m en —— *
4. B. Von der erſten Chriſten Pflichten und Bezeigungen gegen einander. 2
einem Herzen und einer Seelen, Geopöxes, „fommen, da ung ihre Arme zufammenhaltent)., $-
‚9. Unterdenen Heyden war diefesnichts unge
woͤhnliches, daß die natürlichen Brüder ipre Ein»
kracht eheils ſonſt erwieſen u) theilsbisin den Tod
unverbrüchlich erhielten x). Woju fie die natürliche
tiebe und Neigung gegen einander brachte, alfo,
daß fie auch mit einander fterben und begraben
werden wollten y). Gleichwie fie ſich bey dem Tod
ihrer Brüder und Freunde zum menigften bes
truͤbt z) und fonft behilflich anftellten a), und da⸗
mit ihre Bereinigung an den Tag legen wollten.
Was follte nun nicht unter denen geiftlichen Bruͤ⸗
dern gefchehen, die der Geift GOttes einmal eine
genommen, und über die Natur und ihre Kräfte
geführet hatte? So unendlich höher als die All-
mache des HErrn in feinen Werkzeugen war, fo
fehr übertraf aud) die Kraft diefes zufammen Bal-
tenden Bandes alle natürliche Kräfte, die fich jes
mals zwifchen Brüdern und Schweftern in der
natürlichen Berwandfchaft äuffern koͤnnen. Es
lockte die in Chrifto vereinigten Seelen die füffe
Rufe und Erquickung Fräftiglich an, daß fie im-
mer näher mit einander verfnüpfet wurden, und
ihrer Einigfeit, Siebe und Verbindung Fein Ende
war. Gie hatten ausdes HErrn Munde gehöret,
wie fein und Tieblich es wäre, wenn Brüder
einträchtig bey einander wohneten. Diefe
ſuͤſſe Frucht lieffen fie nicht aus der Acht, fo ofte fie
zu Uneinigfeit wollten geneiget werden. Es ward
ihnen. bierbey fo viel vorgehalten : Wenn bie,
„Bruͤder in einem beyſammen wohnen, fo find fie
„zu einer Gemeine verfammlet; wenn fie Brüder
„Heiffen, fo find fie in der Liebe eines Willens mit
„einander einträchtig. Und dieſes war bey der er⸗
„sten Berfündigungdes Evangelii das fürnehmfte
„Lob der Glaubigen, daß ihrer aller ein Herz und eine
„Seele war, in einem Sinn und einerley Wil
„fen, indem fie im Glauben nicht getrennet, fon=
„dern in der tiebe verbunden, in ver Einmuͤthig⸗
er
„feit des Sinnes vollfommen warenb).
i „dem⸗
n) Paulus ipfe Philip. II. 20. Alexander ap. Theodorisum lib.I.H.E.c.2. 0) Paulinus Epiſt. 3. ad Seuerum.
4%
*
ir
p) Ambrofius ep. 78. Paulinusl.c. Victor Ep. Rom.ap Baronium CLXCVIU. n. 19. Farflus Regienfis
ibid. A.CCCCXC.p.455. q) Acta ap. Baronium A CCLIV. n.24. r) Chryſeſtomus hom.z. in Philipp.
s) BernhardusEpift. 53. ad Haimericum. t) PetrusChryfologus Serm. 149. u) Vid. Die Chryfaft. Orat.
XXXVIII. p. 471. x) SicIuthurnaap. Virgilium HEneid.lib.X. et Anna ibid. lib. V. Darii Filii ap. 4elia-
num lib. IXVar. c. 42. Rutilius ap. Plinium lib. VII. Hift. Natc. 36.Pyrrha ap. Moſchum Idyll. 2. ete. y)La-
toi et Pauli Epitaphium in Azrhologia Gr.lib. IIt c. III. Epigr. I.etaliud e. H. de Quinto Cicerone v. Tul.
lius Orat.proDomo. z) Varia exempla ſunt ap. Zinium lib. VII. Dee. 3. Florum lib. TI. c. 6. Valerium
Maximum lib. V. c. 3. Gellium lib. VIL. c. s. Homerum Iliad lib.XXIV. v. 798. Euripidem in Phenifl: v. 1327.
Ouidium lib. III. Trift. El. 3. Suetonium Aug. c. 6. et Claud. c.n. Conf. Gucherius lib.I. de Tur. Man. c. 13. et
lapides cippique diuerfi ap. Ferretum lib. IV. Muf. Lapid. m. 29. etlib. IIT. m. 53. Spo»iu lid. I. Itiner, Bar-
thium lib. IL. Aduerf. c. 1. Reineflum, Gruterum aliosque. De Ebræis vid. BuxterfusSynag. Iud. c.35. Meno-
chiuslib. VIII. deRep. Ebr. c. 6. Geierus de Luct. Ebr. c.3. aliique, quos hie ponere non licet. a) Conf. Se-
necaConfol, ad Polyb. c. 29. fegg. et Othonis epiftolaap. Sueroziumc,ıo.Vit, b) HilariusinPf. 132.
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delte, der genoß daher Be Wohlthaten, in-
„dem derMenfch eben zurGefellfchaftgeboren iſt c).
10. War nun auch bey den Heyden unter na-
türlichen Brüdern und andern vertrauten
freunden diefe Einigkeit eine fo anmuthige und
teizende Sache, daß fie vor Berwunderung dar:
Aber auseiefen : Owie ſuͤſſe ift doch unter Bruͤ⸗
dern die einträchtige Kiebed)! So mußte esja
noch ungleich mehr von denen durch GOtt verbun:
denen Brüdern wahr ſeyn. Wiewol, gedachter
maffen, diefer Vortheil nicht alleine bieben war,
fondern noch darzu die andern herrlichen Früchte
unausfprechlich waren, welche ſich von der Zeit bis
in die Ewigfeit hinein erſtreckten. Was hatten
die rechten Kinder des Friedens nicht darinne vor
Seligkeit zu genieſſen, daß fie mit einem Herzen
und Munde zu GOtt —* konnten, und alſo den
unendlichen Segen vom Vater erlangten, der auf
die Einigkeit des Gebets geleget war? Ihr getreuer
Heiland hatte ihnen theuer verheiſſen, wo zwey
oder mehr vereiniget wuͤrden zu bitten von
dem Vater, warum cs auch ſey, das ſolle ih⸗
nen wiederfahren. Matth. 18,19. Und ſiehe, dis
alles ward an denen erfüllet, die folche Bedin—
gung im Gehorfam beobachteten. Welches jener
treue Lehrer feinen Brüdern vorbielt, als fie in
Streit gerathen waren: “DO wenn alle Brüder
„insgefamt nad) dem Frieden eins wären,»den
„ihnen der HErr binterlaffen bat, fo hätten wir
„langt von der göttlichen Barmherzigkeit erhal
„ten,waswirfuchen. Ja, es wären diefe Trüb-
„falen nicht über die Brüder kommen, wenn die
„Brüderfchaft eines Sinnes gemefen mwäre,,e).
Deswegen Ignatius ſchon fo fleißig erinnerte, fte
follten ja fleißig beyfammen halten, denn “dadurch
wuͤrden Die Kräfte des Satans zerftöret, und dem
PWerderben würde durch die Einigkeit des Olaus
„bens gewehret. Es ilt nichts beſſers (fahrer er
„oafelbft fort,)alsder Friede, damit man allen
„Anlauf der Geifter, foin den Lüften und auf der
„Erden find, abwehren kann. Welches Feines
„euch verborgen iſt, wenn ihr andersden Glauben
„ar JEſum EHriftum unddie Liebe vollfommen
Bel * iz der Anfang und das Ende des Le⸗
„bens iſt k).
11. Und hiezu vermahneten nun auch andere fo
treulich , in Anfehung der gedachten Berbeiffung
GOttes, fo eraufdie Einigkeit geleger hatte. Sie
lobten deswegen den “Frieden, als eine Lauterkeit
„des Gemuͤths, eine Ruhe des Herzens, ein Band
c) Chryfoflomushom. 18. in Ioh.
Calio et Quindtio. e) Cyprianns Epiſt. $.
h) Prudentins hymn. 10. de Coron,
-
—
Er 3 x x
3. Cap. Don der erſten Chriſten Eintracht und Sanftwuth gegen die Bruͤder. 305
„demnach ſoſcher groſſen Gnade wirdiglic wan⸗
„der Liebe, einen Genuß der Wohlgewogenheit.
— würde alle Feindſchaft aufgehoben, der
„Streit gefchlichtet, der Zorn beygelegt, Die Hoffart
„untertreten, die Demuth geliebet und befördert, die
„Uneinigkeit verhücet, die Feinde verſohnet, und
„alles wohlgefällig gemacht. Wer in diefer Ein=
„tracht nicht erfunden werde , den verftoffe der
„himmliſche Vater, es enterbe ifn der Sohn, und
„der H.Geiftflieheifn. Denn mer das gute und
„beilfame Gebot verachte,, deſſen Gabe werde ver«
„worfen, und er Fönne nicht zur Erbfchaft GO:
„tes kommen, weil er das Teftament nicht halten
„wolle, g)., Wovon wir auch etliche Chriſtli⸗
che Poeten einmal hören wollen, davon der eine
alfo hievon faget, wenn er einen wahren Epriften
als einen geiftlichen Priefter abmahlet b):
Hier ſteht ein rechter Chrift, und bringe die
Dpfergaben,
In vollem ne ar ‚ der feinem GOtt
gefällt.
Wenn feine Kräfte nun den vollen Glauben ha⸗
ben
Wenn tieb und Eintracht fi) an Opfers ſtatt
darſtellt:
Da reicht er Sanftmuth dar, und wahrer Weis⸗
beit Scyäße,
Die holde —— der gruͤnen Hoffnung
udn?
Und daß der Vater fic) recht an dem Sohn er:
guße,
So opfert er fich ihm zu feinem Eigenthum.
Der andere ſchreibet auch gar fhön von der rechten
Eintracht ii):
Ein Geift, der himmliſch ift gefinnt,
Muß aller Brüder Herz umfaflen.
So bald er GOttes Reich gewinnt,
So fann er Fein Gefchöpfe baffen :
Da gebt die Lieb auf alle zu,
Sein Wille muß in ipm ausgrünen,
Er blüht in angenehmer Ruh,
Und will den Bruder fters bedienen.
So müffen feinem GOtt die Opfer wohlge⸗
fallen,
Weil fich die füffe Frucht der Liebe finde in
allen.
So fahen die erleuchteten Seelen die brüderliche
Eintracht mit rechten Augen an, wie fiedurch Chri—
ftum dem Vater fo gar angenehm und hold war.
Gleichwie etwa die Märtyrer von Carthago einſt
fehrieben, oßne Zweifel aus lebendiger Erfahrung :
„Wie wir einmuͤthiglich beyfammen find, alfo le⸗
D dodd 2 „ben
d) Menander Comicus ap. Stobaum Serm. go. etex eo forte Carullus Carm. de
3 f) Epift. ad Ephef.
i) Fortnnaruslib. VIII. Carınin-
g) Auguſtinus Serum. 57.de Verb. Dom,
356 3.8. Don der erften Ehriften Pflichten und Beseigungen gegen einander, er
„ben wir aud) bey dem HErrn zugleich, und be-
„ten vor ihm mit einander. Drummuß die Ein-
„tracht woͤhl bewahret werden in der fiebe, und die
„Bande der brüderlichen Zuneigung muß man
„twohl behalten. Alsdenn wird der Teufel nieder-
„geſchlagen: Alsdenn erlangen wir vom HErrn,
„was wir verlangen. Ja, diejenigen überfom»
„men das Erbevondem HEren, die Frieden mie
„ihren Brüdern gehalten Baben, wie der HErr
„felber in feiner Lehre faget Matth. 5. K) F
Und nachgehends ein befannter Scribente: Chri⸗
ſus gehet Durch) die brüderliche Einigkeit zu ung
„ein, als welcher unfer Haupt ift, damit die Öe-
„meine anifm hangeund bleibe,!), Mit welchen
und dergleichen Ausfprüchen fie ven Nutzen diefer
Pflicht deutlich genug vorftellten.
12. Sie hatten die Vorſchrift ihres Heilandes
und Meifters felber vor fich, der ihnen diefe Ber-
heiffung aus groffer Siebe und Nerlangen nad) ih⸗
rem wahren Heil binterlaffen hatte: Die Fried⸗
fertigen oder Sriedemacher (eienvorao!) fol:
ten GOttes Rinder heiffen und wirklich ſeyn,
Matth. 5,9. "Da er denn die Seligfeit zur Gna—
„oenbelohnug machte bey denen Kindern, daß fie
„es fenn und bleiben follten. Ihr allgemeiner
»Bater war Gott felber, und mer zu feiner Fa—
„inilie und Gefchlecht gehören wollte, der mußte
mit feinen Brüdern in dem Frieden der wahren
„Bruderliebe lebenm), Es war diefes die eige-
ne Bedingung: Wer ein Erbe diefes Vaters feyn
wollte, der mußte ſich nicht weigern, ein rechtes
Kind zu feyn, wenn er diefen Frieden bewahr-
fen). Er mußte ihn aber bewaßren vor allen
Dingen in feinem Herzen , bernach unter den
Brüdern Frieden ftiften und erhalten: “Indem
„ja fonft Fein Beten noch anderer Gottesdienit
„helfen würde, wenn indem Herzen die Laſter noch
„Krieg führten o). GOtt, der gerechte und all:
wiſſende HErr, leide fein Gebet eines unfriedfer-
„eigen Herzens, weil er gerne alle mit feiner Liebe un⸗
„ter einander verbinden wolle. Deswegen er
„befohlen Babe, vor dem Opfer allen Groll hinweg
„zu legen, und mit den Menfchen Frieden zu ma-
„chen, und alfo in den göttlichen Frieden wieder-
„um einzufehren, wie man insgemein durch Die
„eiebe gegen die Menfchen zur Liebe GOttes muͤſ⸗
„fe wieder kehren p). Und mweiler feine Zeit >
Ver ſohnlichkeit vorbey gehen laſſen will, fo fey fein
„gnädiger Wille, daß ein Chriſte fid) alsbald mit.
„dem Bruder verfohne; indem fonft die Berge -
„bung würde abge lagen werden , wenn man
„ſelbſt nicht vergeben hätteg). —
13. Damit aber auch von der Unterhaltung und
Ergaͤnzung der Eintracht etwas erwehnet werde,
fo iſt zu merken, daß freylich der Satan, als ein
Feind alles Friedens, gleichwol bey denen erften
Ehriften, mitten unter dem Genuß ihres tiefen
Friedens, nicht gefeyret, fondern zumeilen den
Saamen des Unfriedens auszuftreuen gefucht. Ib
es ihm nun wol nicht nach Wunfd) gelungen, daß
er die Kinder des Höchften aufewig von einander
getrennt gehabt, fo hater doch hier und dar einige
bintergangen, daß fie böfem Argwohn, heimli- .
cher Mißgunſt, Afterreden und dergleichen om
Dingen Gehör gegeben. Da mangelte es aber
nach der guten Hand ihres GOttes niemal an
freuen Warnungen, Bermahnungen und Unter:
richt, wodurch die abgewandten Gemüther wie⸗
derum konnten zurechte gebracht und miteinander
verföhnt werden. Und dieſes gefchahe auch ſchon
in noͤthigen Faͤllen von denen Apoſteln: wie wir ſe⸗
ben Nom. ı2, ı7. Eph. 4, 32. Phil. 2, 1. Col.. 3,12.
Theſſ. 5, 15. 1Pet.2, 1.c.3, 9. und in der ganzen er⸗
ſten Epiſtel an die Corinther, an welche auch hernach
Clemens einen herrlichen Brief eben zu dem Ende
abgehen lieſſe, daß er nemlich die Bruͤder wieder⸗
um in Liebe zuſam̃en befeſtigte, wie ein Hiſtori⸗
cus davon redet r). Dergleichen Schriften finden wie
hin und wieder in der Antiquitaͤt, ſonderlich in den
folgenden Zeiten, da die Streitigkeiten mehr uͤber⸗
band nahmen; als wir an feinem Orte ſehen wer—
den 5). Wer zu folchen Zeiten noc) den Frieden Got:
tes fich bewahren lieffe, der machte gerne aud) zwi⸗
ſchen andern Frieden , wenn er fie in Streit oder
heimiichen Groll gerathen ſahe So verfichert man
von Martino, daß, “alsdie Elerifey unter einan-
„der uneinig gewefen, und er dennoch gerne Frieden
„geſtiftet hatte, habe er Deswegen fich nicht entſchla⸗
„gen, weite Reifen zu thun, ob er gleich fehr alt
„gewefen , indem er dieſes für eine qute WVollen-
„dung feiner Berrichtungen gehalten, wenn er der
„Kirche den Frieden wieder fchaffte und Binterlief
„ſe „t.) Wie von Chryſoſtomo fteher, er fey we⸗
gen
k) Apud Baronium A. CCLXI.n.ır. 1) Auguflinus in PL. 132. m) Hilarius in Matth. can.4. n) Gregorius
M.!ib. VII. ep. 6.
lib. V. c. 6. ex Irenei lib. III. c.3.
6) Hieronymus Comm. in Matth.V.9. p) Hilarius l.c.
q) Idem ibid. r) Ewufebius
5) Tales furit Zrenei etaliorum epiſtolæ ad Victorem ap. Eujebium lib.V. c.24.
Mdori Pelufiotzad duos fratreslib. V. ep. 413. et ad alios ibid. ep. 195. 206. 423. Greg. Nazianz. Ep. 19. 20. 1. et
72. Baſilii M.Ep. 5.57. 63 etc. Hieron. Ep. 36. ad Caftoriam. Ambro/. Ep. 17. 24. 78. Auguflini in diuerfis et alio-
rum. Gregorii M. etiam lib. II. ep. 24. III, ep. 58. V. ep. 42. 43. etc. 1) Sulpatins Senerus Epilt. 3.
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3. Cap. Don der erſten Chriſten Eintracht und Sanftmuth gegen die Bruͤder. 397
— — — —— — — — — —
—9* —6 ſo bekannt worden, daß
en zum Richter haben wollen in feinen
häuslichen und andern Mißverftändniffen u). An
welchen und andern vedlichen Männern gewißlich
wahr worden it, was nachmals ein nicht unbe-
Fannter Scribent an einen andern gefchricben hat :
„Selig iſt der, welcher die Einigfeitdes Friedens
„mit brüderlicher Siebe zu erhalten ſuchet, noch fe=
„liger aber der, fo die von andern verlegte und
„getrennte Siebe Durch eine gottfelige Mühwal:
„tung zur Einigkeit eines Leibes befeftigen
„will x)
14. Inſonderheit redete Paulus denen Chriften
ſehr nachdruͤcklich zu, daß fie Doc) einander verge-
ben follten, und nicht etwa die Brüder vervorthel:
len oder beleidigen, viel weniger aber gar vor den
Unglaubigen mit ihnen rechten, ı Cor. 6,8. Da⸗
bey er einen groflen Beweis führt von der Verei⸗
nigung der Brüder unter einander, und dem da—
her entftehenden Vorrecht vor denen, diedrauffen
find y). Es ſey ja eine gröffere Sünde, mit einem
Bruder zanfen, als mit fremden, obwol diefes
auch verwerflich fey. Diefes Fönne aber alles auf-
gehoben werden , menn man die genaue
Verwandſchaft unter einander bedenke, und die
Liebe nicht erfälten laſſe. Vielmehr “follten Die
„Brüder immer der Eintracht und dem Frieden
„nachjagen, weil doch der Glaube allezeit auf den
Frieden fehe,z). Sa, es fen denen Chriſten al:
ler Streit und Zank fchlechterdings verboten , da-
von wir unten Bericht einholen wollen a) Da:
—* findet man auch bey denen Auctoren dieſe
Bezeugung, welche dem HErrn bekannt iſt, wie
fie wahr geweſen oder nicht: “Ich bezeuge vor
Gott, der mir zubört, Daß ich feine Anflage eines
„Chriften wider den andern billige, b). Hierzu
diente denen Friedfertigen fehr wohl, “daß fie allem
„Streit zuvor Famen mit gütlichem Vergleich,
„damit man die Partenen dahin bringen mwollte,
„wohin es etwa mit ihrem vorhabenden Streit
„angefehen warı,. Wie denn auch von Verftän-
digen gevatben wurde, “Feine öffentliche gericht:
„liche Klage anzufangen, oder de dennoch mit Ber:
trag aufzubeben,,c). Ihr Grund aus dem of
fenbatten Willen des Herrn genommen, war die⸗
fer: Woferne dich dein Bruder nicht beleidiger
[2
„bat, fo verdienter ja Gewogenbeit, daß du ihn lies
„beit. enn er dich aber ja etwa beleidiget hat,
„ſo iſt abermal Gehorſam noͤthig, daß du dich felbft
„und ihn uͤberwindeſt: Denn dieſes iſt ja die Sum⸗
„ma unſers Chriſtenthums, daß wir denen ‚die ung
„iieben, gleiches vergelten, denen, die uns belei-
„digen, Geduld erzeigen. Wernun am geduls
„digftenift bey dem Unrecht, der wird der Größte
„ſeyn im Himmelreich 4),
15. Hier war gewißlich Weisheit nötbig, den fo
liſtigen Anlaufen des Satans zu widerftchen,
und fich in der Beftung der Liebe und der Eintracht
zu bewahren. „Es fahe derarge Feind wohl die
„Veſtigkeit und Standhaftigkeit des Glaubens:
„er fahe aud) , daß er mic gottfeligem Leben ver:
„meßret ward, wie auch der Glaube von den Früch»
„ten der Gottſeligkeit reichlich überflofle. Darum
„ward er ergeimme und wuͤtete, daß er die Eins
„tracht trennen möchte, die Liebe zerftörte, und den
„Frieden aufheben Fonnte„e). Dagegen ſich die
Epriften mit Sanftmuth und ftillem Geifte zu ruͤ⸗
ften höchftnörhig hatten. Ach! wie ein groffer
Ernſt mußte da feyn, wenn fie als Kinder des
„langmuͤthigen Baters im Himmel, und als Bruͤ—
„der des langmuͤthigen JEfu erfunden werden
„wollten, damit fie in allem, was ihnen begegnes
„te, fo ſanftmuͤthig ſeyn möchten, nachdem Exem⸗
„pel ihres Heilands„e)! Wie fleißig hatte man
fich bey fo vielen Berfuchungen und Gelegenheiten
zu hüten vor dem “Andenken des gelittenen Un—
„rechts? Angefehen darauf fo leichte erfolgen koͤn—
„en ee Mißgunſt, Afterreden und der-
„gleichen. iefes aber wirket durch feine Bosheit
„den Tod ‚ob es gleich gering fcheinen möchte, weil
„es gleichfam die Eleineren Pfeile des Feindes find,
„und undermerke das Leben nehmen fönnen, da fie
„der Verwundete wenig oder nicht achtet,, g).
Zum wenigiten follte fie ja jedermann unter den
Chriſten für gefährlich angefehen haben , weil fie
vom Satan felbft Berrüßren, gleichwie die Liebe
und Eintracht der Brüder von GOTT Ber:
fomme b). Der Widerfacher wird durch den
„Frieden, und die Einigkeit der Brüder rechtſchaf⸗
„ten gequält, iy: Und woer fann, da zertrennt er
wol die allervertrauteften Freunde k), gleichwie Die
heydnifchen Poeten von den höllifchen Furien ge:
Dddz dichtet
u) Veodoritus ap. Photium Cod.373. x) Alcuinus ad Ethelardum ap. Guilielmum Malmesburienſem lib I.Hift
Pontif. Angl. p. 199.
xhort.ad Martyr.
Jologus 1. c. et Serm. 53.
Pi en hom.r6. in 1 Cor.
interin omnino Augreffines Enchir. ad Laurent. e.77.ctfegg. b) Hieronymus Apol. adu. 5
dad c. etlib. Vill.dePanit. ch Ambrofius ka 9 * Mr CR 08
g) Audtor Vie dyneletieæ n. 65. ap. Corelerium Tom.I. Monum. Gr. p. 24.
i) Opfasus Milenitanns lib. II. adu. Parınen.
2) Ambrofins Comm. in ıCor.VI.g. a) Vid.
ce) Chry-
©) Petrus ChryfologusSerm.149. Pf) Origenes
h) Chry-
k) Amer. Serm, 16, in PL. CXVIIL,
x
308 3.8. Don der erften Chriſten Pflichten und Dezeigungen gegen einander.
den der Uneinigfeit nachdrücklich vorzuftellen, wel⸗
dichtet haben , daß fie die einmüthigiten Brüder zu
Streit und Haß aufgewiegelt, und das Blut der
nächften Blutsfreunde vergieffen und vermifchen
helfen ) . So greulich ftellten aud) die friedlichge⸗
finnte Herzen einander die Feindſchaft und Zanf-
ſucht der Brüder vor.
16. Da erinnerte man weiter, tie gleichwol
unter Brüdern Fein Hader feyn dürfte Wir
„iind ja Brüder, (dießes,) warum zanfen wir
„denn? Safer uns unfere Herzen befänftigen m)!
O ihr Brüder, bietet doc eure Brüder um Ber-
„zeidung, thut gegen eure Brüder, mas der Apoftel
„fagt Eph. 4, 32. Seyd unter einander freunds
sich, berzlich, und vergebet einer dem andern,
„gleichroie GOTT euch vergeben hat in Chriſto!
„saffer ung doch dis alle Hören, und uns fuͤrchten,
„wenn wir gefündiget ‚haben wider unfere Bruͤ⸗
„der. Laſſet uns ja dieſes thun, weil wir leben,
was der Vater ſagt, Daß wir von unfern Bruͤ⸗
„dern Verſohnung ſuchen EN Wer alfo wieder
„jur Einigkeit kommt, der begibt ſich wieder von
„ver Sünde zur rechten Drönung. Denn wiees
„Der Natur gemäs iſt, daß aus viel Dingen
„eins werde, alfo ift es eine Sünde, Die Süßig-
„eeit der wahren Brüderfchaft verfaffen. Die
„Wahrheit begegnet dem Irrthum, daß, wmeilder
„Hochmuth die Menfchen durch Unterſcheid von
„einander gefondert hat, fiedie Liebe wiederum in
„ven Schoos der Brüderfchaft ſammlete: und
„rvie der HERR der einige wahre Befiger iſt, alfo
„auch foll fein befeflenes Gut, nemlich die ‚Herzen
„eins feyn,,0). Daher hielten es Die Friedferti⸗
gen für ſehr uͤbel gehandelt, “wenn ein Bruder
„ben andern nicht aufnehmen wollte, da doch der
„HErr felbft mit feinem Knecht redete, —
ſtehe einem natürlichen Menſchen zu, aber fein
„Unrecht thun nur einem Chriſten o). a, es ſey
„alle Zankſucht von den Auserwaͤhlten GOttes
„ganz fremde und entfernet, ). Alſo, daß diefes
ein geroiffes Zeichen ſey: Wer einen Bruder nicht
fehonet mit Haß und andern böfen Bezeigungen,
der werde aud) Feinen andern verfchonenr).
17. Welche demnad) bey ihren Brüdern gerne
einträchtigmohnen wollten, die mußten den Scha⸗
chen auch die Erfahrung bey allen ſich ereignenden
Zroiftigkeiten darlegte. “Du weißt, (fhriebe
„da einer dem andern,) mein Bruder, tie fehr bie
„Uneinigkeit ſchade, und was vor ein groſſer
„Feind fie unter uns fey. Denn ichrede mit Dir,
„als mit meinem Mitftreiter, der es erfahren hats).
„So lange Zanfunter uns ift, wird es fcheinen,
„als wenn wir nur aus Noth, nicht aus freywilli⸗
— Herzen den Glauben behielten. Die Feind⸗
ſhaft wird das Zeugniß der wahren Buſſe be=
„nehmen,„t). Womit fie auf die Worte Pauli
fahen, Sal. 5. und erinnerten, “wie die Brüders
„ſchaft, wenn fie einmal zertrennet wäre , nur
„von ihr felbft verzehret würde, w. Gleichwie
in der natuͤrlichen Bruͤderſchaft und Freundſchaft
nichts verderblichers iſt, als die Zwiefpalt x),
wie es denn die Heyden aud) erfannt und erfab-
ven habeny), da esfo viel Erempel bey ihnen aus:
weifenz). In beyden Fällen Eonnte es unmöglich
anders feyn, weil die Feindfchaft ſowol natuͤrli⸗
cher als geiftlicher Brüder dem friedfertigen GOtt
im Himmel, der aͤrgſte Greul ift. Er ſtrafet
nicht nur insgemein das Unrecht, an Brüdern be—
gangen a), ſondern vergilt es audy mit gleichem
Maaß: wie ein frommer Mann davon fagt:Haft
„du deinen Bruder berrübt, fo nimm ein gleiches
„an, haft du ihm etwas genommen, fo erwarte nur
„die Bergeltung,„>). Wie wir denn fchon gefehen
haben, daß ohne eine gründliche Verſoͤhnung mit
dem beleidigten Bruder GDet nichts gefällig ſey.
Davon auch jener Poete alfo ſinget c):
Gott gefällt Fein Opfer nicht, wo der Eintracht
holde Gaben
Nicht mit lauter Lieblichkeit deines Bruders
Tu Herze laben.
Wille du gleich voll Andacht feyn,und mit Beten,
Singen, Falten,
Dein Gewiſſen machen ftill, ey fo kann es doc)
nicht raften,
Nenn dein hartes ge — iſt eine ſolche Moͤr⸗
erhoͤle;
Drum muß Haß und Neid und Streit ganz
verlaflen deine Seele.
18. Ohne
1) Virgilins lib. VII. Aen. Statiuslib.V. Thebaidos. m) Auguf. inPf. 2r. n)Id.lib.L.Homil. hom.40. 0) Lean-
der in Serm. adSynod. Toletan. ap. Baron. A. DLXXXIX. p. 713. P) Hieron.Epift. 45. 9) Clem. Rom. Epift. p.2.
r) Ifidorus Peluf. lib. V. ep. 24. Aug. in Pf. 36. et Alexius Cominen.ap. Nice. Choniatenlib.I.Annal. s) Paulin.
Epift. 2. ad Seuerum. t)Hieron.Apol. IIL.in Rufin. u)Chryfoß. hom, 26. Oper. Imperf. in Matth. x) Vid. Came-
rariss Cent. II. Oper.Subeif. c. 43. Cent. II. c. 92. Gu#22u5 de Ciu. Conuerf. p. 538. 546. Perrarcha de Remed,
ver. Fort. dial.45.Chokier lib. IV. "Thef. Polit. c. 10. Seipio Amiratus diſſ. 6.in Taciti lib, XX. etc. y) Seuerus ap.
Herodian.lib. III. c. 13. et Xiphilinus Hift. in Severo: Agrippa ap. Sener.ep.94- Seilurus ap. Plutarch. in Apöpht.
Reg. et Stobasm fern. 82. Sertor. ap. Frortin. lib. IV. Stratagem. c. 7 · Micipfa ap. Sal N
ap. Photium Cod. 223. Conf. Claudius Minos adEmblem. Alciarip, 204. 2) Vid. Audtores cit.
Salluf.de Bello Iugurth.Aetius
a) Maximus
Confe/for lib, I.de Charit. c. 56. et lib. IV. c,33. b) Bafllins M. adGal. VI.7. ©) Prudensins in Pfychomachia.
er rer 7
ı
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Be eu Se u Zu
. *
ET TE EEE CHE TE
3. Cap. Don der erften Ehriften Eintracht und Sanftmuth gegen die Brüder. 399
18. Ohne ſolche brüderliche Sanftmuth Fonnte,
— Chriſten Bekenntniß nach, kein wah⸗
ver Glaube im Herzen beſtehen. Will ein Un⸗
verföhnlicher gleich beten oder font fich andächtig
anjtellen, fo wird ihm doch dabey immer dasjeni«
ge, was er feinem Bruder $eids gethan, vor Au-
gen ftehen d), und ein ſtetiger Anſtoß und Hinz
derniß feyne)! D wie gerne bewahrte fid) dann
ein Eluger Chrifte vor allen Beleidigungen, wie
legte ev alle Droßungen ab , und vergab feinem
Bruder alle Schuld ! Wer in feinem Urtheil ge-
recht und gütig iſt, der wird auch ein gleiches em⸗ Ph
pfangen f). Hiezu ward nun die Gelindigfeit
gegen die Micchriften erfordert, daß man den
Brüdern den Sieden zulich, und febentte,
(xaelsadoı iv ein Ta aderpn,)
mann man gleich Necht batte, vor Menfchen ihm
etwa anders zu begegnen, und man an ifm bier
und dar Fehler und Unrecht fahee). Dieſe Plicht
achtete man “fohochnöthig zur Einigkeit der Chri⸗
„ſten, daß oßne diefelbe weder Friede noch Ru—
„be unter ihnen fern Fonnte, wenn die Brüder
„nicht einander in Be und Sanftmuth heg-
„ten, und das Band des Frieden ch die Ein⸗
„trächtigfeit bawahreten h). In fslchen
„war Fein Aergerniß, wenn fie in der Bri
„liebe um der Einigkeit willen alles e
„indem doch die Bruderlicbe in der Ei
„eiebe beftunde,. War nun gleich einer beleidi-
get, under verlief und trennte dadurch die Frem-
men, fo glaubte man ihm niche, wenn er fich der
Liebe ruͤhmte, bis er fich anders erzeigte:). Denn
„wenn man einen fo harte und grimmig über die
„Sünden der Brüder fern fahe, daß er weder
„unbefonnene Worte noch andere Fehler vergeben
„wollte, der handelte nicht nach der wahren Ge-
—— k). Hiewider war naͤchſt der Fräf:
tigen Regierung GOttes ein bewaͤhrtes Mittel,
„daß man ſich vor aller boͤſen Meynung von dem
„Bruder huͤtete, und in Demuth dasjenige zu ſeyn
„verlangte, was man wollte, das der andere
„ſeyn follte: fo wiirde man nicht mennen, deran-
„dere fey das, was man felber noch nicht waͤ—
„rey). Viel weniger aber waren hieben zeitliche
und irdifche Dinge anzufeßen, um welcher wil:
len man fich mit dem Naͤchſten hätte überwerfen
wollen m), Was nur irgend ohne des Gewiſſens
Kränfung möglich war nachzugeben, darinne
mußte ein Chrift gern mit dem andern einftims
men. Sin allem aber mußte er “ein reines, ein«
„faͤltiges und fanftes Herzebaben, zugleich in den
„Reden aufrichtig, und im Leben unfträflich
„ſeyn. n). Welches alles, nebenft vielen andern
herrlichen Erinnerungen, fie durch die Gnade des
Geiftes aus feinem Worte gelernet haften, da fie
fonften dazu angeführet wurden, Epheſ. 4,2. u. f.
— — ee 4 5.7.Col.3,
12. 1Theſſ. 5, 14. 1 Det.4,8. jacı 5, 20. ;
19. Sonderlic) war diefes wol ein fehr heilſa⸗
mer Kath Pauli, daß einer des andern Laſt
tragen follte, Gal.6,2. das ift, “ein jeder follte
„in der Siebe des andern Schwachheit achten, wie
„feine eigene, damit er fie langmuͤthig ragen lern:
„te, bis der andere davon erlofet würde 0). Denn
„die Liebe felbft ift fo befchaffen, daß fie etliche er»
„trägt, mit etlichen wird fie ſchwach, andere
„ſucht fie zu erbauen, wiederum will fie nicht ger
„ne beleidigen. Zu etlichen buͤcket und läßt fie ſich
„herunter, zu andern hingegen erhebet fie ſich.
„Einigen begeanet fie freundlich ; wiederum andes
= „ren ernfthaftig. Keinem ift fie feind, allen er—
„weiſt fiefich als eine liebe Mutter pflegt,,p). Hier
durch ward mehr in der Gemeine CHrifti erhal-
ten und gebauet, alsmit allem unnüßen Streiten,
Fechten und Zanken der unrubigen Köpfe. Solche
Gemuͤther, die mit einander in Liebe Geduld hats
ten, konnte Feine Zwietracht fcheiden, und wenn
denn Mühe und Anfechtungen eindrungen, waren
fie defto vereinigter, einander benzuftehen q)-
Wie denn auch diefer Bortheil daher Fam , daß,
weil einer dem andern nicht mit Zorn und Rache
begegnet Batte, jener auc) wiederum diefem in laus
ter Lindigkeit und Stille begegnete r). u
bielten billig alle fromme Herzen für AAloblich,
„wenn einer zur Verſohnung nicht ſchwer zu brin⸗
„gen war, und ohne Klage und Anftoß unter den
„Brüdern wandelte, in folcher hürete fich
„nicht nur felbft vor allem, das andere von ihm
„dulden möchten, fondern er trug auch ſehr ger—
„ne, was an andern beſchwerlich wars)» —*—
enen
d) Nlus lib de Orat. e.13. €) Ewagrius Scitenſis Capit.n. 17. ap. Corelerium Tom. III. Mon. Gr. p. 74. f)
Leo M. Serm.XI. de Quadr. g) Baflius M. Orat. de Humilit. h) Cyprianus de Bono Patient. i) Au-
guflinus Tra&.I. in Epift. Ih, k) Hieronymus Comm, in Ecel.7. 1) Augwffinus in Pf. 30. m) Maxi-
mus l.c.lib. IIL. c.15. n) Morus Pelufora lib. V. ep.590. 0) Angufinuslib.I. de-Serm. Dom. in Monte.
p) Idem lib. de Catech. Rud. c. 16.
qu.7u 8) Bernhardus Serm, L in feſt. OO, SS,
q) Idem lib. de Singular. Cleric. c. 7.
1) Idem lib. LXXX. Quaft.
2
—— ——— — — — — — — — —— — — —— — —
400 3.
B. Von der erſten Chriſten Pflichten und Bezeigungen gegen einander.
EEE
denen gemeinen Anftalten,, fo hiezu etwas beytra=
gen Fonnten, war aud) diefe , daß man von denen
Unverfohnlichen die Gaben nicht annahm, welche
vordem Abendmahl fonft pflegten dargebracht zu
werden. . Dadurch ihnen angedeuter wurde, wie
fie unter die friedſamen Schafe nicht gehörten, weil
fie ſich feld ft durch Zankfucht, und Widerwillen ge
gen die Brüder davon ausfehleffen t): gleichwie
auch fonft er und en
get wurden u); indem doch nichts mehreinem Chris
ften zuftund, als verfohnlich und fanftmürhig zu
Dit * an na — Bruͤdern
ey den Heyden vor recht und noͤthig y), ja hoͤ
zuträglich erkannt ward 2). in 2 ! a“
t) Concil. Garthagin. IV.c. 93. Toletanum XT. c.4.ete Græcis Nomo-Canon. c.193. ap. Cotelerium Tom. 1. Mon,
Gr.p.ıco. u) Conflit. Apoftel.lib.II.c.27. X) Hieronymusep.48.Photiusep.146.aliique. y) Epiderus
Enchir. c. 58. et Commentator eius Arrianus lib. II. c.10. Plutarchus de Dirab. Arifoteles lib. VIII. Eth. ad
Nicom. c.12. etc. ex aliis Stobeus Serm.g2. 2) De Amphione et Zetho Horatiuslib. I. ep. 8. de Hetrufco,
Statiss lib. ILL. Silu. 3. de Antonino Philofopho Capirolinus in Vita: de Achille Eufarhius in Homer. "IA,
| ki Das 4. Sapitel, |
Bon der erjten Chriften Demuth gegen einander.
Summarie
At Erkenntniß ihrer Gleichheit entſtund die Demuth durch den Glauben; $.1. daher nenneten fie ni. und Schwe⸗
+ fieun nach den Erempelder Apoftelz in Erkenntniß, daß fie nichts eigenes hatten, jondern allesvon GOtt: 2. auch im geiſt⸗
Lichen Dingen achteten fie fich nicht höher als den geringften Menfihen 3. mit Beyſeitſetzung alles Vorzugs und Unterſcheids
des Geſchlechts. 4. Gründe folcher Erniedrigungs 5. , fonderlich aus Gleichheit beyderlen Geburten, der Teiblichen umd geiſt⸗
lichen; 6. wieinhöhern weltlishen Dingen, alfo auch im Privatleben, nach dem Erempel Pauli Philem. v. 16.7. 0b mol Die
Diener deswegen ſich nicht erheben durften ; zu welcher Schuldigkeitman auch öffentlich die Knechte vermahnete, auchder
Herren Pflicht Dabey nicht vergaß. 8. Fürnehmen Leuten verwieſe man ihre Strengigkeit gegen das Gefinde, 3. E. Ambrofius
dem Theodofio,undandere. 9. Wahre Ehriften gaben auch mit Worten ihre Demuth au erkennen; Erempel Eonftantini M.
und anderer. 10. Es ashtete einer denandern höher als ſich ſelbſt, vertrugen auch gerne Spott und Verachtung‘, um dadurch
deſto demüthiger zu werden, sı. je mehr fie Die natürliche Hoffart des Hexgens in ihnen erfannten. Sennzeichen der wahren
Herzensdemuth. 12. Wahre Ehriften waren am meilten bey ihren geiſtlichen Gaben demuͤthig, je mehr fie olche als Gnaden⸗
geihente GDttesanfahen, welches fie auch einander erinnerten,iz. Sie erhuben fich nicht über den, welcher fehlete. Demuth
der Heiligen gegen die Brüder. 14. Warnungen vor Hochmuth und Verachtung des Nächten; ı5s. weil Chriſten Brüder
fepn, jo erhud fich Feinerüberden andern. 16. Solche Demuth wurde geruͤhmet, jonften Lieffen fie fich ungerne loben ; daher fie
innerlich ruhig blieben: 17. Doch mußte die Demuth auch wirklich in der That erwieſen werden: Erempel des Gegentheils.
Nutzen der Demuth.18.
Ihre Demuthim aufferlichen : daher fie fich aller weltlichen Ehrenftefen entichlugen, 19. und folches
alles hatten fiegelernet von Chriſto durchs Evangelium, welches mit Nachdruck die Berleugnung des eigenen Ruhms lehret.
Ernſtliche Vermahnung zur Demutb. zu.
$
ächft denen angezeigten Mitteln, die Siebe
® undden Frieden unter Brüdern zu erhal-
ten, war wol bey den erften Ehriften eine
von den bewährteften, die wahre Niedertraͤchtigkeit
und ein demüthiger ftilleer Wandel unter den
Chriſten. Der wahre Grund hiezu mar, Die
Gleichheit derfelben unter einander, da nach dem
klaren Willen GOttes einer den andern nicht nur
gleich, ſondern aud) Höher denn ſich felbften Balten
mußte, und auch gerne wollte, wenn er rechtſchaf⸗
fen war, Mit dieſer Befenneniß giengen fie nun
ungefcheut heraus, und zeigten, “vie disfalls Fein
„Unterfcheid unter allen wäre. Es wäre aud) Fei-
„ne andere Urfache, warum fie einander Brüder
„nennten, als eben weil fie ſich unter einander
I.
„für gleich achteten. Denn indem fie alle menfch-
„che Dinge nicht nachdem Leib, fondern nach dem
Geiſt fchäßeten, fo bielten fie auch ihre Knechte
„für Brüder und Mitfnechte im Dienft Gottesa).
Bir werden (fprachen fie, ) alledurch die Gnade
„des göttlichen Bundes einander gleich gemacht,
„damit ja Fein Unterfcheid unterdenen feyn Fönne,
„welche die andere Geburt gezeuget hat, alsdurch
„die Arm und Reich, Knecht und Freyer, Adel
„und Unadel GOttes Sohn wird,, b). Ja, man
hielte es für “die äufferfte Unfinnigkeit, diejeni-
„gen nach den irdifchen Dingen noc) für ungleich
„zu achten, welche doch von GOTT zufammen "
„verbunden, und in wichtigen Dingen gleich
„gemachet worden waren c). Es war in den
„Augen
a) Lacdantius lib. V. e.6. b) Hieronymus Epiſt. 40. de Laud. Virgin. c) Chryfoftemus hom. ı. in Rom.
4: Cap. Don der erften Ebriften Demuth gegen einander. .
„Augen der Gerechten eine groffe Unbilligkeit,
„wenn in der Gemeine Feine Gleichheit gehalten
„ward, alfo, daß der Neiche vor den Ar-
„men mehr hinaus nahm d). ſey ferne, (ſagt
„ein frommer Mann,) daß in deiner Hütten, o
„GOtt, die Perfon des Reichen vor dem Armen
„angenommen werde, oder die Edlen vor den Uns
„edlen, da du vielmehr das Schwache diefer Welt
merahlee haft, daraus du das Starke zu
„Schanden madjteft,, u.f.w. e). So hatte be:
reits der Apoftel Jacobus die Chriften unterrich-
tet, undfo — fie auch dieſe Lehre in der That,
—— Glaube Feine Perſon anſahe, c. 2, 6.
Derſelbe hatte ſeinen Urſprung von oben, und
durch denſelben waren auch die wahren Kinder
Gottes mit einander gezeuget, und in dieſer Ab»
icht waren fie alle gleich edel, wie fie zum Eben-
ilde GOttes erfchaffen und wiederum erneuert
worben f).
2. Und hiemit gaben die alten Chriſten ſattſam
3 verftehen, theils die Gruͤnde ihrer Chriſtlichen
emuth , theils Die dabey vorfommenden andern
in und nötbigen Erinnerungen, welche fie
owol ri felbit noch, als andern nöthig befun-
den. ie AS denn ferner Feinen bequemer Aus⸗
druck ihrer Demurd und Gleichheit wußten, als
daß fie einander Brüder und Schweftern nenns
ten, darinnen ihnen die lieben Apojtel und Juͤn—
ger des Herrn vorgegangen waren. Deswegen
fie diefe Sache billig für eine aroffe Würde
der Gemeine und für einen engliſchen Zu—
ftand Bielten 2); daraus fie meiter fchloffen:
„Wenn die hoben Apoftel fich nicht geſchaͤmet ha-
„ben, die andern ihre Brüder, ihre Kinder, Aller:
„liebften zu nennen, warum follten wir unsdenn
„Ihämen ? A der HErr felber ſchaͤmet fich nicht
„ung feine Brüder zu heiſſen. Sehet, was er
„uns vor Ehre anthut? Er nennet unfere Knech—
„te feine Brüder, Freunde und Miterben,, h).
Und folche ihnen Binterlaffene Exempel waren
nun fehr Fraftig in ihnen allen, alfo, daß fie der
Sache in der Begierde GOtt zu gehorchen immer
weiter nahdachten ; Wie ſie gleichwol alles, wo—
„mit fie ſich höher zu feyn einbilden möchten, von
„dem gemeinen Vater hätten, und nichtseigenes
„befallen, ). Aus welchem Grunde jener weiſe
Alte diefen Rath gab zu einer gründlichen De—
muth gegen den Naͤchſten: “Du und dein Brus
4) Ambrofius lib. II. Offic. e. 24. e) Aueuffinus lib, VIII. Conf. c. 6.
h) Idem hom. 2. in Pliilem.
Redit. g) Chryjoffomus hom. 3. in Ad.
—
401
„der ſind zwey Bilder. Wenn du nun dich ſelbſt
„unterſuchſt und beſtrafſt, fo wird dir hingegen
„vein Bruder ganz löblich vorfommen: Wenn
„ou aber dir felbjt lobwuͤrdig fcheinft, ſo wird dein
„Bruder böfe in deinen Augen werden,, k), Wo⸗
miter anzeigte, wie Durch das eigene Lob und die
falfche Einbildung dem Nächiten feine Gaben fo
viel möglich gerauber, und von den Hoffärtigen
ſich felbit beygeleget werden.
3. Bey denen erſten Chriſten galte nad) ihres
HErrn und Meifters heilfamen Willen die Ber:
leugnung auch darinnen, daß fie fid) Durch De:
much nicht höher achteten in geiftlichen Dingen,
als den geringften Menfchen. Daredeten fieuns
geſcheut alfo hievon: WVerachte deinen Bruder
„ja nicht, und halte auch den Fremdling vor deis
„en Bruder, Wir find alle in CHrifto einan=
„der verwandt, alle find wir Brüder zufammen I),
„Denn (feßten fie Binzu,) haben mir alle einen Ba=
„ter, fo find wir alle nad) gleihem Recht auch
„Kinder. Bey Oott iftniemandarın, ohne der
„keine Gerech Kir bat: niemandiftreich, ohne
„der voller Früchte der Gerechtigkeit ift: niemand
„iſt fürereflich, als der ſromm und unfchuldig
„lebt,, m), ¶ Daher achtete man es immer nds
thig, “Die Reichen und Edlen diefer Welt zu er⸗
„innern, daßfte, wenn fie Chriſten feyn wollten,
„ja nicht über die Armen fid) erheben. Denn
„fie fagen alle auf eine Weife zu GOtt: Unfer
„Vater! Diefes aber koͤnnen fienicht mit Wahr:
„beit und Gottſeligkeit fprechen, wenn fie einan—
„der nicht für Brüder erfennen n). Alfo find fie
un alle in EHrifto Einer, fie fern reich oder arın,,
0). Und wer nod) fagen wollte aus Hochmuth
feines Herzens: “Diefer ift ein Schufter, jener
„ein Färber, einanderer ein Schmid; der mußte
„bingegen wiederum denken, daß er auch ein
„Ölaubiger und Bruder war,, p), Wollte ſich
jemand für groß halten, fo mußte er willen,
„daß fein Bruder eben auch fo groß war, ob er
„chen etwa leiblich arm war. Gott fahe doch
„Fein Reichthum oder Armuth Bierinnen an,, q):
u gefchneigen ‚ daß die Reichen in gröfferer Ge—
—* und Verantwortung fehwebten. Wer num
alles gerne wollte zurechte bringen, der mußte noth⸗
wendig hierinne eine Gleichheit treffen, daß dem
Ueberfluß etwas benommen und dem Dürftigen
zugeleget, und Die Ungleichheit in eine Gleichheit
Eee gebracht
f) Gregerius Nazianzenus Orat. 43.
1) Hilarsus c. 4. in Matth.
) Pemen Apophth. Pat. n. 148. ap, Cotelerium Tom. I. Mon. Gr. Eccl. p. 638. 1) Bafiliss M. hom. inLa-
ciz. m) Ladantius lib. V. c. 15.
n) Auguflious lib I. de Serm. Dom, in Matth. VL. 9.
lc. P)Chryfoffomus hom. 20. inı Cor, q) Theodulus in Epift. Rom. c. XII.
0) Ambrofins
. . . J J — — —
402 3. B. Von der erſten Chriſten Pflichten und Bezeigungen gegen einander.
für in Demuth von ihnen aufgenommen worden
wäre. Denn davon war dis ihre Bekenntniß:
gebracht wurde, ſowol in zeitlichen als in geiftli:
hen Dingen N
4 Ein folher Sinn nad) dem Vorbild des
demüthigen JEſu leuchtet aus allem Thun und
—* der erſten Juͤnger und ihrer rechten Nach:
9 ger hervor. In dem Anfang der Evangeli—
chen Predigt waren die glaubigen Herzen von
der Liebe zu Demfelben fo eingenommen und gleich-
fam überwogen, daß fie dabey aller ihrer weltliz
chen Hoheit, Vorzugs, Unterfcheids und anderer
irdifchen Dinge vergaflen. Die Reichen wur:
den denen Armen gleich, und theilten aud) ihre
Habe denfelben mit, die Armen blieben in ihrem
niedrigen Stande, und wurden immer mehr von
Herzen demüthig, als ihnen EHriftus von ihm
felbft zu lernen befohlen hatte Matth. in. Wo—
von ein feiner Poet unter den Alten im Namen
eines Märtyrers uns mit folgenden Berfen er—
innert ): i
Nicht der Adel, nicht das Blut meiner Eltern
kann mich adeln:
EHrifti Blut und fein Gefchlecht foll mir auch
fein Ranfer tadeln.
Weiße du nicht der Chriften Stamm, davon ih-
re Blüte grüne?
Der ift GOttes Mund und Geift: Dem das
$ob der Engel dient,
Iſt ihr Urfprung und Gefchlecht. Wer in def:
fen Dienften ftebet,
Iſt ein rechter Edelmann, weil der HErr ihn
felbft erhoͤhet.
Schlägt er aber aus der Are, daß er feine Tu—
gend Fennt,
So vergeht fein Adelftand, ob er GOtt ſchon
Vater nennt.
Unſre Marter iftder Sieg, der uns Schild und
Helm beyleget,
Wenn der Leib das Wapenbild mit dem Blut
beſprenget traͤget:
Seht, ſo ſteht ein tapfrer Chriſt niedrig, und
doch hochgeſetzt,
Weil ihm weder Spott noch Schimpf ſeines
Adels Ruhm verletzt!
N
Sierinne mußte, gedachter maflen, niemand die
Hoheit oder Geringfügigkeit feines Gefchlechts
hindern, daß er nicht in geiftlichen und himmli—
hen Dingen den andern gleich geſchaͤtzt und da-
») Agapetus Scheda Reg. c. 17.
Laud. Virginit. 2) Hieronymus Epiſt. 14. ad Celant.
t) Romanus Martyr ap. Prudentium hyınn. 10. de Cor.
„Durch die andere Geburt (welche gewißlich un⸗
„gleich Höher und herrlicher iſt, als die erſte fünd-
„liche,) wird ſowol der Edle als Unedle GOttes
„Kind, der irdiſche Adel wird durch den Glanz
„der himmliſchen Herrlichkeit ganz verdunfelt.
„Da Bat fein Unadel ftatt, da ift ——
„nes Kind, wo der Adel der goͤttlichen Geburt
„uns auszieret u). RE
5. Es waren aber folche Erinnerungen gar fehr
nothig, indem diefe Eigenſchaft des Chriftenthums
der Vernunft fo gar zumider und anftößig it,
daß fie alles vor GOtt und in feinen Augen gleid)
machet. Daher esleicht gefchehen konnte, daß je⸗
mand durch Betrug der natürlichen Hoffart ihm
etwas voraus nehmen wollte vor andern, die in
feinen Augen geringer waren. Darauf gehörten
nun ſolche Gründe: “nfere Religion kann kein
„Anfehen der Perfon annehmen, fie fiehet auch
„nicht aufdie Stände der Menfchen, fondern auf
„die Herzen eines jedweden. Knecht und Edel-
„mann wird da nach feinem Leben und Wandel
„geſchaͤtzet. Es ſchmeichelt ihm felbft einer um-
„ſonſt wegen feines adelichen Gefchlechts, weil fie
—34 alle vor dem HErrn gleich theuer und werth
„ſind, Die durch ein Blut ChHriſtierloͤſet find. Es
„liegt auch nicht dran, in was vor einem Stand
„jemand geboren fey, weilwirdech alle in EHri-
„ſto zugleich neu geboren werden,, x). Woraus
fie ferner diefe Ermahnungen zu ziehen pflegten,
und die natürliche Gleichheit aus einem Urſprung
dazu fegten: “Es wäre nichts fhrecflicher, als
„wenn wir unfere arme Brüder mit hochmuͤthi⸗
„gen Augen verfchmähen wollten, und diejenigen,
„oie ung aͤhnlich find, mit unertraglihem Edel
„und Hochmurh verwerfen, ja fie für unwuͤrdig
„achten unferer Siebe, weil fiearm find y),. Wer
„bat aber die ‘Brüder in der Gefellfchaft einer glei-
„chen Natur ungleich gemacht? Bir find eines
„reichen Mannes Söhne, und werden doc) für
„ungleich geachtet. Etliche werden mit dem Ue—
„berfluß der ganzen väterlichen Erbfchaft über-
„füllet, ein anderer aber beweint das allzu gerin⸗
„ge undarmfelige Theil, das er vonder fo reichen
„oäterlichen Derlaffenfihaft überfommen hat.
„Hat wol die Natur diefes alfo nach dem Ber:
„balten der Kinder ausgerheilt? D diefes lehre
„vielmehr euc) alle, daß ihr nad) dem Titel un-
„ter
u) Hieronymus de
y) Ambrofsus Comm. in Pf. 9. ;
— en wer
feinen Unterfcheid machen möger, wel-
jet By Titel der Brüderfchaft einander
eic 3 2)» Aue:
6. Demnach) fegten ſie beyderley Geburten, die
leibliche und geiftliche, zum Grund ihrer Gleich:
® und der daraus flieffenden Niedrigkeit ihres
innes, der allen fo höchftnötbig war. Drum
tedeten fie ofte fo berzlid einander der Armen
und Geringen wegen an: «Der Arme it jadein
„Bruder, ihr habteinerfey Elterngehabt, Adam
„und Eva: Ach fiche nicht auf dein ſchwuͤlſtiges
„er! Der Himmel, als das gemeine Dad) der
„Welt, bededer dich und den Armen zugleid);
„warum verachteſt du num deinen Bruder? Ihr
„ſeyd beyde in Mutterleibe nacket geweſen. Und
„wenn ihr ausdiefem geben gehen werdet, und die:
ne Fleiſch wird verweſet feyn, fo wird das Ge-
„beine des Reichen von dem Armen nicht koͤnnen
„unterfchieden werden a), Go gar Fennet die
„Natur feine reiche Leute, welche fie alle arm her:
„vor bringt. Sie ſchaffet fie alle zugleic), fie ſchleußt
„ſie auch wiederum alle in den Schoos des Grabes
„ein, b), Mer diefes unter den Chriſten nicht
erfanntund wohl geuͤbet haͤtte, der ware von den
Heyden und Unglaubigen beſchaͤmet worden als
welche dis alles wohl erfannten und bekannte ſo
weit ſich das Licht ihrer Natur erſtreckte. "Daher
fagte jener Bramine wol zu Alex andro dem Groſſen:
Wir veraͤchtlichen Menſchen haben alles mit dir
„gleich, Luſt, Erde, Waſſer und ſofort, und zwar
„ohne Krieg und Streit, c). Und ein anderer zu
eben demfelben: “Es ift graufam gehandelt, die:
„jenige zu feinem Gehorſam zwingen wollen , wel:
„heungseben die Natur als Brüder geboren hat,
„die von einem GOtt und Vater ein Erbe zu ges
„warten haben, d). Dergleichen Befenntnifle
fich ſehr viel auch in den heydniſchen Schriften fin-
den, daß fich alfo die natürliche Hoffart über
der Ehriften Demuth und Gleichheit defto we—
4. Eap. Don der erften Ehriften Demuth gegen einander.
403
gen gleichwol unter Cpriften Eein Unterfcheid vor
Gott ſeyn füllte, ſo durfte viel weniger im Privat⸗
leben dergleichen in Anſehung des geiſtlichen
Standes ſeyn. Go hielte man darinnen Her-
ven und Knechte, — und Maͤgde abermal
einander gleich in ſolchen Rechten, Verrichtim
gen, Pflichten und Vortheilen, die GOtt und
die Seele angiengen. Sie hatten darinne Pauli
Flaves Erempel vor fich, welcher den Onefimum
von Philemone, feinem Herrn, nicht mehr als ei-
nen Knecht wollte angefeben wiffen, und ihn ſelbſt
nicht mehr alſo, ſondern als einen lieben Bruder
anfabe: Philem. v. 16. Davon fie alſo ihre Gedan-
Fon eröffneten: “„Oneſimus, nachdem er den
„Geiſt der Freyheit überfommen hatte, fing
„nunmehr an, Fein Knecht, fondern ein Bruder
„jʒu ſeyn, aus einem Knecht ward er ein allerlichiter
„Bruder, ein ewiger Bruder des auch ewigen Apo-
„ſtels, und feines Herrn, dem nun das Band des
„Geiſtes den Onefunum verband, gleichwie zuvor
„der leibliche Stand f). Er ward feinem dem
„gleich, und ein Bruder feines Lehrers. Und
„damit Philemon nicht fich aufblafen lieffe aus
„Hochmuth, weiler fein Herr war, fo demuͤthig⸗
„te ihn Paulus, und nennt ihn einen Bruder
„nachdem Fleiſch und indem HErrn, damiter al-
„ſo die Urfache des menfchlichen Stands hinweg
„nehme, weil wir doc) alle von Adam herfom-
„men, daß wir uns unter einander als Brüder
„balten füllen, fürnemlich, wenn noch der
„Glaube dazu kommt, der alle Hoffart abfchnei-
„ven Eann,, 2). Moch einer paraphraſirt die Wor-
te Pauli alfo: Wenn er mein Bruder ift, fo
„wirſt du dic) ja nicht ſchaͤmen, ihn zum Bruder
„anzunehmen. Darinne nun, daß er ihn feis
„nen Sohn genennet hatte, iſt ein Zeichen einer
„jonderbaren Siebe, daß er ihn aber Bruder heif
„tet, damit hat er gezeiget, daß er einerley Ehre
„mit ihm werth fen, und einerley Liebe genieffen
„ſolle. Wenn nun Paulus ſich nicht gefchämee
niger zu vermundern oder gar zu beſchwerend „bat, einen ſolchen Menſchen feinen Bruder zu
2
bat, indem Natur und Gnade fie hiezu mäch-
tiglich und mit unwidertreiblichen Gründen an-
halten Fann e).
7. Wann aber num in höheren weltlichen Din:
z) Idem lib. V. in Hexaem. c. 18. a) Auguſtinus in Pf. 72.
Palladium lib. de Bragmanibus p. 28. d) ApudAnonymum de iisdem
„nennen, was wollen wir uns denn noch deffen
„ſchaͤmen h)? Und was, wollen wir noch im Reiche
„GOttes Herren oder Knechte Haben? Sie ha⸗
„ben ja alle einen Schöpfer, ein Wort, eis
„nen Mittler? Willt du du nun deinen Mirfneche
Eee 2 „für
b) Amtrofius lib. de Naboth.c.r. c) Apud
p. 98. €) Vid. e profanis Seneca
Epift. 44. 47. et lib. III. de Benef. c. 28. Boethius lib. III. de Confol. Philof. metro6. Anthologia Grac.lib.
1. c. gı. epigr. 2. E Chriftianis plures Auguf. lib. II. de Serm. Dom. in Mont. Qu.
V.et N. T. c. 32. Hie-
ronyımus Epilt. 30. et lib. III. in Thren. lerem. Paulinus Epiſt. 31. Baſilius M. hom. 2, in Hexaem. Laitan.
tius lib.
de Onibus c. 16. Gregor. Nyf. Orat. ad Matth. NXV. 45. &. f) Hieronymus Comm. in h. I.
vel quisquis audtor eſt Comm. in h. l. h) Chryfoffemus hom. 2. in Plulern.
V.c.15. et VI. c. 10. Chryjologus Serm. 95. et 156. Gregor. Naz, Orat. de Paup. Am, Audtor lib,
8) Ambrofius
-
404 3. 3. Von der erfien Chriſten Pflichten und Bezeigungen gegen einander,
für deinen Knecht Halten? Wenn du felbft fre
„bift ‚ fo wirft du * herrlicher ſeyn i). 1
8. Diefer Scribente fähret weiter fort, bey fol-
cher Gleichheit der Knechte und Herren dennoch
jene dabey ihrer Schuldigfeit zu erinnern, wie
—— ſich nicht erheben ſollten, weil ſie
rüder waͤren. ı Tim. 6,1..2. “Mas ſeyd
ihr (fchreibet er,) vor Rechte? Nicht GOttes?
„Drum horet nicht auf eure Herren zu lieben:
„Denn das geben beweifet erſt recht, wer ein
„Knecht oder Freyer fey. Hat doc) unfer Exlö-
ter EHriftus felbft aud) gedient. Es ift auch
„teine Schande, wenn man vor unedel geachtet
„ober gefcholten wird, fondern das iſt eine
„Schande, wenn man böfe ift, k). Und ein
anderer führet ihnen diefes gar fein zu Gemuͤthe
mit diefem Grunde: Wenn ihr diefer Ehre ge:
„wuͤrdiget fend, daß ihr eure Herren zu Brü«
zdern bekommen habt, fo follt ihr ihnen eben des-
„regen defto mehr nachgeben, 1). Wie denn aud)
vor nöthig befunden ward, Die Knechte deshal-
ben ihrer Pflicht zu erinnern, auch in öffentlichen
Berfammlungen, als fie vielleicht dieſes Recht
mifbrauchen wollten. Drum ward gefchloffen,
„es follte Fein Knecht unter dem Vorwand des
„Gottesdienftes feinen Herrn verachten,, m).
Hingegen vergaß man auch nicht, den Herren Dis-
falls ihre ection vorzulegen, und wenn fie hart
und ftrenge über wahre Ehriften, dieißre Diener
waren , berrfchen wollten, fo wußten ihnen redliche
Leute wolernftlich zuzureden. Als etwa Eypria-
nuseinmalsthate, Der aus dem z d.Mof. 25,42.
46, alfo ſchrieb: “Du forderft von deinem Knechte
„feine Dienfte, und da du auch ein Menſch biſt, frei-
„bet und zwingft du ihm dir zu gehorchen, da wir
„doch einerley Geburt haben, einerley Natur
„unferer Seiber, eine gemeine Art der Seelen,, n).
Womit ſolche Leute zum mwenigften auf ihren ge⸗
meinen Zuftand zurück gemwiefen und gedemuͤthi⸗
get wurden, zu denfen, mie fie disfalls nichts
voraus häften vor denen, die fie gegen ſich etwa
gering achteten.
9. Nicht weniger feheuten fich andere nicht, Denen
fürnehmften $euten diefes vorzubalten, warum
fie ihre ‘Brüder fo ftrenge hielten: zumal als
i) Gregorius Nazianzenus in Sent. iamb. n. 413.
hom. 16. in ı Tim. e
IV. q) Idem Serm. 33.
IL c. ıi.
k) Gregorius Nazianzenus 1. c. 11. 35.
m) Cortilium Gangren!e c. 3.
lib. V. H. E. e. 18. qui et de Macedonio narrat c. 20.
x) Baſilius Imperator Exhort. ad Fil.c. 14. 8) Audtor Conflis. Apofl, lib.
das Chriſtenthum nad) dem äufferlichen Schein
und Macht zunahm, und an der innerlichen
Kraft der Verleugnung, Demuth und Sanft-
much verſchwinden wollte, nachdem fo viel Groß
feund Edlediefer Welt ſich Aufferlich dem Kayſer
zu gefallen für, Chriften ausgaben, und dennoch)
alle ihre heydniſche Ehre, Lüfte und Vortheilezu-
gleich mit beybehalten wollten. Da galten
Erinnerungen redlicher $ehrer, wie dorten Am⸗
brofius zum Kayſer Theodofio fagte: Du regie⸗
„reftüber die, fo gleicher Natur mitdir und deine
„Mitfnechte find. Denn wir haben alle einen ,
„König und HEren,, 0). Ingileichen Elagte er
insgemein über folche ftolze Herren: “Sie for-
„dern fo-unerträgliche Dienfte von denen, die ih⸗
„res gleichen , ich will nicht fagen , ihre Brüder
„find, p). Item: “Cs ift hoch zu bejammern,
„daß ein Herr, der ein Chriſte feyn mwill,feinesCprift-
„lichen Knechts nicht ſchonet, und bedenket nicht,
„daß, ob er gleich feinem Stande nad) ein Knechi
„iſt, er Dennoch) nach der Gnade fein Bruder fey,,
px Solhen Sinn hatte auch jener Chriftliche
ayfer, wenn er ohne Zmeifel aus gutem Herzen
feinem Sohn ‚diefe Vermahnung hinterließ:
» Wenn du gleich zum Herrn über andere gefeßt
„biſt, ſo biſt du doch felber noch ein Knecht. Denn
„wir haben alle mit einander GOtt zu unferm
„HErrn. Er ift der Urheber und Erhalter der
„ganzen Welt, und wir find Leim und Korb, ob
„gleich ein Staub über den andern fich erheben
„will, r). Allen beyden Ständen gibt ein alter
Seribente diefe Erinnerung: “Der Herr follden
„Knecht lieb Haben, und ober gleich beffer
„ſcheint als jener, fo foller Dochbedenfen, daß er
„in Gleichheit unter ihnen fey , zum menigften fo-
„ferne fie Menfchen find. Welcher aber einen
„Chriftlichen Herrn hat, der foll in, der Herr-
„ſchaft unbefchadet, dennoch lieben, als feinen
„Herrn und Glaubensgenoffen, ja als feinen
„Vater. Desgleichenein Herr, der einen Chriſt⸗
lichen Diener bat, fol, des Dienftes unbefchadet,
„dennoch ihn lieben, als feinen Sohn und als fei-
„nen * wegen der Gemeinſchaft des Glau⸗
„bens Ss),
10. Hieraus iſt der niedrige Sinn derer, fo
die Welt mit ihrem Hochmuth und Tyranney ver⸗
4 chmaͤ⸗
)).Chryfoßomus
n) Cyprianus ad Demetrianum. 0) Theodoritus
p) Ambrofius vel alius auftor Commi. in Col.
— * —*
—
Ma 4
F 4.CTap. Don der erſten Chriſten Demuth gegen einander.
RT Mensen offenbar, zufamt deffen wah-
* runde, nemlic) der Steichheit aller, Sue
der und Schweſtern in geiftlichen und Bimmli-
fehen Dingen. Sie ermangelten aber aud) nicht,
baſſelbe in Worten und Werfen zu erweifen, oßne
daß fie en x einer Nuhmredigkeit oder
offart bätten befchuldiget werden Fünnen, da
* Ihe er Zeugniß geben mußte, aus was
vor Abfehen te ihre Demuth fehen lieſſen. Ge—
wißlich, wo das Herz von Niedertraͤchtigkeit und
Verlangen immer demuͤthiger und geringer in ſei⸗
nen Augen zu werden voll war, da gieng Mund
nd Hand und alle andere Kräfte des Leibes
* m Seelen gleichſam davon über. Wer
wollte denn dieredliche Befenntniß der alten Ehri-
ften beurteilen, wenn fie ſich unter einander und
auch gegen geringere Leute Mitknechte, Witdie⸗
ner, item Rnechte und Diener ihrer Brüder
nennten? Wenn man der Erzehlung einiger Hi:
ftorienfchreiber trauen foll, fo hat aud) Eonftan-
tinus der Groffe felber fih einen Mitknecht
der Kirchendiener befannt, und das ganze Volk
als feine Brüder und Mitdiener gegruͤſſet t).
Don einer fürnehmen Frauen, der Paula, zeuget
ein anderer glaubwürdiger Mann, “daß fte ihre
Familie von beyderley Geſchlecht alfo angerich-
„tet, daß aus ihren Knechten und Mägden Brü-
„der und Schweſtern worden, u). Won Mars
tino verfichert ein anderer ein gleiches, “wie er
„wechfelsweife feinem Diener aufgewartet habe,
„alfo, daß er ihm oft die Schuhe ausgezogen und
„gepußet, mit ihm zugleich gefpeifer, und dabey
„felber aufgewartet und zugetragen habe, x).
Einem andern gibt ein frommer Lehrer diefes
Zeugniß, “er habe ein fo vollfommenes Ba
An der Weisheit der göttlichen Siebe gehabt, da
„er ein Mitknecht feines Dieners, ein Knecht
„feiner Brüder, ein veicher Helfer der atmen
eute gemwefen, in groſſer Barmherzigkeit und
„Güte gegen alle,, y). Dergleichen Erempel
uns in andern Fallen bald mehr vorfommen wers
den.
u. Bon folhen hieß es mit Wahrheit, was
Clemens denen glaubigen Corinthern beyleget:
„Sie thaten alles ohne Anfehen der Perfon, wan—
„delten in GOttes Geboten, und waren dennod)
„dabey denen Obern unterthan,,, ob diefe ſchon
fonft fich ihnen gleich achteten 2). So war aud)
405
bey dergleichen erleuchteten und gedemuͤthigten Her⸗
feine Erhebung oder anderellnordnung zu beforaen,
indem ihre Demuth “ dahin führte, daß ſie gerne
andere über ſich erheben und herrſchen laſſen woll⸗
ten. Sie zeigten dieſes damit an, wenn ſie ande—
re ihre Bruͤder dieſes und jenes Guten wegen aus
gutem Herzen ruͤhmeten und anderen recommmen⸗
dirten, von jic elbft aber gerne ftille ſchwiegen,
davon wir oben bey ihrer Demuth gegen GOtt ges -
feßen. Sintemal diefes insgemein ein feines
Zeichen eines demüthigen Herzens war: wie jes
ner alte erfahrne Chriſte von einem urtheilte, der
ihn gelobet hatte. Denn als es dieſem berichtee
ward, gab er diefe Antwort: “Ich bin zivar des
„sobes von diefem Mann nicht wereh; jedoch iſt
„gewiß, wenn man einen Ehriften hört, daß er
„feinen Nächten ruͤhmet, fo denfe man fühnlich,
„derfelbe fey zu einem ziemlichen Maaf der Gott:
„ſeligkeit gelanget: Denn das ift eine groffe Volle
„kommenheit, den Nächften gerne ihm felbft vor»
„ziehen,,a). Nicht weniger gieng der wahren Chriz
ften Hebung dahin, daß fie gerne Berachtung, Spore
und Schmac) vertragen lerneten, nad) dem Für-
bilde ihres Heilandes, und nicht achteten, ob fie
von den Feinden verläftere und geſchaͤndet, oder
von falfchen und irrenden Brüdern beurtheilet
und gar verftoffen wurden, Alfo liefert man von
einem Mann, der feiner Heiligkeit wegen fehr bes
Fannt war; wenn zu ihm Leute kamen, die ihn als
einen frommen, heiligen und erleuchteten Lehrer
ehrten und mit grofler Scheu vor ihn traten, fo
redete er Fein Wort, oder doc) fehr wenig: wenn
aber einer zu ihm Fam, der in etwa nicht Eannte,
und dahero_ verächtlich tractirte, oder fonft allerz
band boͤſe Dinge vorwarf, dem antwortete er
mie Freuden, und mar ganz freundlid) und
liebreic) gegen ihn b). Und ift es allerdings
von folhen wahren Kindern GOttes zu glaus
ben, daß fie fich in folchen Dingen inder Demuth
geübet Haben, die der Vernunft ganz ungereimt,
oder zum wenigften ungewöhnlich vorfommen
find. Denn auch darinnen fichten fie die
Höhen ihrer hochmuͤthigen Vernunft niederzu⸗
[hiagen und zu demütbigen, was ihr am al—
erfelefamften vorfommen mochte, dadurch fie
fodann nach und nad) der Thorheit * Her⸗
ens los wurden, welche in den Augen der
erſtaͤndigen ein ſo groſſer Greuel iſt, als ſolche
Eee 3 Mit:
t) Eufebius lib. III. Vit. Conft:M. c. 17. 24. et 60. Sorrateslib. I. c. 9. Theodorituslib. L.H.E.c. 10. Conf. de Bafilio
Inp. Phorus Epiftola ap. Barenium A. DCCCLXXL. n. 24.
u) Hieronym. Epift.27. x) Sulpitius Seuerus in
Vitac,ı. y) Paulinus Epiſt. 12.adSeuerum. Add. Simeon Metaphraffes in Vita Pamphilii Martyris. 2) Cie-
mens Romanus Epift. ad Corinth. p. 2.
a) Matoes in Apophthegın. Pat. ı1. 7. ap: Corelerium Tom. I. Monum,
Gr, Eccl.p. 559. b) Macarius in Vitis Pat, Gr. lib, VII c. 12.1. 2,
En
206 3. B. Don der erften Chriſten Pflichten und Bezeigungen gegen einander.
Mittel wider die Hoffart der Vernunft immer
feheinen mögen.
12. Geſtalt fie denn bey aller ihrer Uebung auf
die Verderbniß ihres Herzens fahen, und infon- b
derheit wegen der angebornen Hoffart “auf alle
„Art und Weife erniedriget zu werden fuchten,
„und diefes vor allen Menfchen, damit fie fich für
„die geringften und elendeften hielten. - Daher
„durften fie Feine Ehre, Lob oder Ruhm von ei—
„nigem Menſchen fuchen, fondern nur den HErrn
„und feine Gebote vor Augen haben, ihm alleinzu C
„gefallen in Demuth und Sanftmuth ihres Her⸗
„zens,,c). Und von diefer wahren Herzensde—
much fegten die Gotefeligen diefe genaue Kennzei-
chen jedermann vor Augen, wenn fie lehrten:
„Wer Liebe hat, der verfchmähet Feinen einigen
„Menfchen, weder groß noch Flein, weder befannt
„noc) unbekannt, weder arm noc) reich, fondern
wird aller Leute gleichfam ihr Auskehricht, ner
„trägt alles, duldet alles. er Liebe hat, über-
„bebet ſich über Feinen, wird nicht aufgeblafen,
„afterredet niemanden, fondern ftrafet Die Ver—
„leumder: er neidet niemand, er eifert gegen kei⸗
„nen, er wird über des andern Fall nicht ſtolzy u.
f.w.d). Demnach ſuchten diefe niedriggefinn
ten Rinder GOttes gar nichts in ſich feibit, daruͤ—
ber fie fich Hätten aufbleßen oder höher achten fol-
len, als ihre Brüder. Von denen geiftlichen Ga:
ben wollen wir bald fehen, wie fie fich dabey ver-
halten: bey denen leiblichen war es in ihren Au—⸗
gen folgends ganz ungereimt, daß fid) jemand et-
was darauf einbilden oder ftolz feyn wollte. Die
natürlichen Dinge galten in diefer geiftlichen Ge—
burt und Verwandſchaft weniger als nichts.
um Erempel, was das Alter anlangt, nennte
— den jungen Timotheum gleichwol ſeinen
Bruder, und ſonſt machte er darinnen feinen Uns
terfcheid, wenn er bey jungen Leuten die alte
veife Weisheit fand, menn fie nur mit Des
muth verfnüpfet war e). In andern derglei-
chen Umftänden verbielten fie fih auch nicht
anders.
13. Am alfermeiften aber mußte die Demuth
unmittelbar mit den geiftlichen Gaben GOttes
verfnüpfet ſeyn, ſowol gegen den Geber felbft,
als einen allfehenden und gerechten HErrn, als
gegen die andern, welche geringere oder feine der⸗
‘ NS a Kun
” n “ *
gleichen Kasten. Wie "gerne aber opferten vie
wahren Kinder alles ihrem Water wiederum auf,
und fchrieben es feiner Weisheit und Güte, Kraft
und Wahrheit zu? Und wozu kriebe fönft die Glau⸗
igen Paulus an, wenn er vorftellte, wie die
Glieder Ehrifti mancherley Gaben hätten,
und dahero alles GOtt und feiner Austheilung
zueignen müßten, im ganzen ı2. Cap. der 2. Ep.
an die Corinth. item Roͤm. 12, 4. u. f.ı Cor. 4,
7. c. 7,7. Epb.4,7. Welchem die apoftoli-
ſchen Männer auch hierinnen treulich folgten, als
lemens abermal erinnerte: “Ein jeder unters
„werfe ſich feinem Naͤchſten nad) der Ordnung
„und nach dem Stande, darein er durch die Gna—
„de gefeger ift. Der Starke foll den Schwachen
„nicht verachten, der Schwache folldenStarfen eh⸗
„ren, Ein Weifer foll feine Weisheit nicht in Wor⸗
„ten, fondern in guten Werfen bemveifen. Ein De:
„muͤthiger muß fic) nicht felber Zeugniß geben,
„ſondern den andern laflen von fich zeugen. Wer
„am Leibe Feufch ift, der foll fich nicht aufblehen,
„weil er weiß, daß ein anderer fey, der ihm die Ga⸗
„be der Enthaltung Darreiche,, f). Und aber-
mal: “Es mag einer gleich noch fo glaubig, Feufch,
„mächtig in der Erfenntniß, weife im Wort, ges
„recht in dem Urtheilen feyn: je höher er ift, je
„demuͤthiger foll er feyn, und fuchen, was allen
„Nutzen bringe, nicht mas ihm nur zuträglich
„ſey, ). Dem ein anderer völlig beyftimmer,
wenn er an einen Freund davon alfo fehriebe:
„Bedenke doch, daß mancherley Gaben und Maaß
„der Gnaden fey, welche ein HErr in ven Glie-
„dern feines Leibes als ein Haushalter austheilet:
„indem er die Gaben nad) feinem Gefallen an
„dem $eibe unterfiheidet, und diefen $eib aus un-
„terfchiedenen Gliedern zufammen feßet und
„bauet, damit alfo auch der H. Leib vermehree
„werde, wenn man r vielerley Kräfte und Tu—
„genden an einem zählen kann h.
14. Wenn auc) gleich ein Bruderin einem oder
dem andern fehlefe, und alfo unter die andern er-
niedrige wurde, erhuben ſich diefe gar nicht über
jenen, fondern fuͤrchteten fich vielmehr, daß fie
nicht aud) verfuchet würden, Gal. 6,1. In fol:
chen Fällen hielte man diefes für das befte Mit-
tel, Daß fie einen böfen Verdacht oder Mey-
„nung von ihrem Bruder bey fich einwurzeln lief-
„fen. Sie wuͤnſchten vielmehr das zu feyn, was
„lie
c) Macarins hom.19.. d) Ephram Syrus lib. de Virt. etvit. Gr. MSto ap. Patr. Iunium Not. ad Clem. Rom. Fpift,
p. 64-
e) Vid. Chryfof.hom.r.in 2 Cor. ethom. 44.in ı Cor. f) Epilt. p. 48.
zus Epift. 2, adSeuer. Conf. Chryfoflomus hom. 20. et 21. adRom.
8) Ibid. p. 63. h) Panli-
ir
k
= : 4. Cap. Von der erfien Ehriften Demuth gegen einander.
nnfen
nicht —
ben alſo pflegte die wahre Gottſeligkeit und der
Fleiß in der Demuth unmittelbar verfnüpft zu
ey, als ohne welche Feine wahre Gottesfurcht
ehn oder beftehen konnte; als wir oben bey der
Demuth gegen GOtt gefehen haben. Hier habe
ich nur etwas weniges von der Demuth der Hei:
ligen in Anfehung der Brüder Binzu zu fegen. Die
Piehrigfeit der Apoftel ift befannt aus ihren Wor-
ten und Werfen, nachdem fie einmal von der Kraft
des H. Geiftes rechtſchaffen gedemuͤthiget waren,
alfo, daß fienicht mehr, wie zuvor, die Größten zu
feyn verlangten im Reiche GOttes. Paulus war
“ auch nach feinem Pharifäerftande fo erniedriget
durch die Fräftige Lmfehrung, als er zur Erden
gefchlagen, und alfo anders gelinnet ward, daß ev
„fich nicht werth achtete ein Apoftel zu beiffen, für
„pen fürnehmften Sünder bielte, den Geringiten
„unter allen nennte, für feine Brüder verbanner
zu ſeyn winfchte, u. fe mw. JIgnatius, ein
Mann vollH. Geiftes und Glaubens, ſchriebe von
ſich aus Hergensgrund, “er fen der Fleinefte unter
„allen Ehriften,, k). Das mußte nun gewißlich
Die Henden von der Kraft diefer Lehre überzeu=
gen, welche die Leute fo fein befcheiden und demuͤ—
thig machen Fonnte, als welche Tugend fie zum
wenigiten nicht radeln, fondern hoc) achten muß—
ten. Drum fagte ihnen einer ungefcheut unter
Augen, als er ihuen die Hoffart ißrer Weiſen vor-
geworfen hatte: Ein Ehrifte ift auch nicht ge:
„gen einen Armen hoffartig,, 1). Und ein ande:
rer jeuget von denen, die noch zu feiner Zeit der
alten Ehriften Fußftapfen betraten :*Es wird Fei-
„nem etwas aufgeleger, deffen er fich weigert.
„Man verwirft ihn auch deswegen nicht, weil er
Fſich zu ſchwach befennet, den andern es gleich zu
„thun. Denn fie wiffen alle wohl, wie fehr die
„eiebe allen anbefohlen fey m).
15. Wollte ſich nun bey diefem oder jenem ei-
niger Hochmuth und Verachtung des Nächften
hervor thun, fo war ihr Fleiß gefchäftig, ihn da=
von durch gründliche Vorſtellung abzubringen.
Da hieſſe es: "Wir find alle in Chrifto einer AR
„mögen arm oder reich feyn. Derjenige, wel:
‚scher heiliger ift, fo felbft nichts mehr zuei-
„gnen, fondern es gebühret ihm noch vielmehr de-
„mürhiger zu feyn n), Einer, der fich ftarf zu
3) AuguflinusinP[.30. k) Epift.ad Magnef.
„einen Eckel haben möchte,
Elenden leiden, damit ev erfahre, wie wir alle
407
„ſeyn duͤnken laͤſſet, foll defto mehr Mitleiden
„mie den Schwachen haben, als daß er vor ihnen
Er foll mit denen
„ein Leib find, und ein Glied mit dem andern ver-
„bunden ift, weil Feines ohne das andere ſeyn kann,
„und Das eine nothiwendig mit empfinden muß,
„wenn Das andere Schmerzen hat 0). So durf⸗
„te fein wahrer Bruder dem Schwachen auf den
„Hals treten, oder über ihn hingehen, wenn er
„gefallen war, fondern ihm die Hand reichen in
„rechter Bruderliebe p), nach des HErrn Wil-
„ten. Ein folch bruͤderlich Mitleiden half über-
„aus viel, und vereinigte die vedlichgefinnten Her-
„zen der Brüder immer näher mit der unend=
„lichen Erbarmung ihres Vaters im Himmel.
„Sie nabeten fid) defto mehr zu GOtt, je tiefer
„ſie fich unter fich felbft und den Nachiten durch
„Mitleiden berunter warfen. Denn Ehriftus
„hatte ihnen in allen bezeuget, wer fid) nicht er—
„niedrigte wie ein Kind, und mit Denen verwor—
„renen und verächelichen Brüdern mit leiden woll⸗
„te, ſollte ihm nicht in der Höhe zur Rechten fte-
„ben, g). Daher fam aller ihr Ernft und Ei-
fer, wodurch fie ihrem Vater und allen Brüdern
in wahrer Miedrigfeit ihrer Herzen dienen woll
ten und wirklich dieneten. Weswegen fie auch
feinen Hochmuth nicht leiden konnten, fondern als»
bald nachdrücklich erinnerten : wie annoch ein ver=
ftändiger Mann einem andern zufchrieb, und mit
diefen Furzen Worten ihm den Grund der wah—
ren Demürbigung gegen alle darlegte: *Der
„HErr hat uns gemacht, und nichtwirfelbft. Er ift
„eben derjenige in Geringen, der er ift. in den Groſ⸗
„fen r)»
16. In Betrachtung deffen hielten fie nun mäf-
figlich von fich felbften, und viel von andern, des
ven Gaben fie vor fich fahen. Ihr HErr und
Meilter hatte felber mit feinem Exempel fie uns
terrichtet, und es auch an Ermahnungen niche
fehlen laffen. Da er ihnen gewiefen, “wie fie als
„ie Brüder wären, Matth. 23. dadurch er ihnen
„denn den völligen Unterricht von der Demuth
argehen ‚damit fie fich wohl bevächten, wie fie
„Bruͤder wären, s). Nun ift es ja in der Ma=
tur unftreitig, daß unter leiblichen Brüdern und
Schweſtern eine gleiche Gefellfchaft und frener
Umgang feyn müfje, wie es auch die
sefene
ö I) Tertulianus Apol.c.46. m) Augufinus lib. I. de Mor. Reel.
c.33. n) Ambrofiaslib.1I.Offic.c.24. 0) IdemSerm.g.inPf.CXVIII.
p) Aferius Serm.de Panit. q) Eu-
thymius Zigalenus Serm.ad Dom. IX, Trinit. r) Gregorius Turonenfis Epiſt. ad Epift. Rom, ap. Surium Tom,
4 IV.d.i7. Nouemb. s) Hilarius can. 25. in Matth.
de
*
48 3. B. Von ber erfien Ehriften Pflichten und Beseigungen gegen einander.
befennen t). So gar, dak auch die Heyden vor
gut anfahen, daß man eben durch die Gleichheit
die Liebe erhalten müßte, welches unter folchen Per-
fonen ſich am füglichften chun läßt, die einerley
Urfprung, Rechte und Wohlthaten haben. Im—
maſſen aud) diefe Meynung von der Gleichheit der
Brüder, fie feyn nun leibliche oder angenommene,
biedurch unter denen Völkern gezeiget wurde,
wenn fie diejenigen Perfonen u) oder Sachen
Brüder zu nennen pflegten, mwelcheeinander gleich
oder ähnlich find x). Auch ward ſelbſt “die Lies
„be zwifchen guten Freunden fo Eräftig geachtet,
„daß fie diefelbe unter einander gleich machen konn⸗
„te, und der Höhere fic) gegen den Miedrigen, der
„Niedrige gegen den Höheren auch als hoher er-
weiſen mußte, Nachdem unter ungleichen Sit-
„een, Ständen und Meynungen fonft Eeine wah—
„re Sreundfchaft feyn, viel weniger lange befte-
„ben fann,, y). Darauf drungen nun auch die
geiftlichen Brüder und Schmweftern, damit das
Band der Liebe und des Friedens unter ihnen feft
und beftändig würde, und fie Fein hoher Sinn
noch Stolz hindern möchte an dem einfältigen
und niedrigen Umgang mit einander: da fie ohne
angenommene Öravität oder gezwungene Ernft-
haftigfeit einander begegneten : Feiner Elüger, beſ
fer oder höher feyn wollte als der andere, feiner
den andern zu unterdruden, zu verfleineun oder
niederzufchlagen fuchte, fondern fie an ſich felbft
und in ihrem Wefen gleich waren,
17. Wie wohl Elunge es demnach in den Ohren
Gottes und aller feiner Kinder, wenn ein recht»
fchaffener Lehrer vor dem allfehenden HErrn ale f
len feinen Zuhörern mit gutem Örunde, ohne daß
er jemanden damit nefchmeichei oder zu feiner
Berdammniß fie hoffartig gemachet hätte, ein
folh Zeugniß geben konnte: „Ihr waret_ alle
„niedrig gefinnt, ihr ruͤhmetet euchin feinem Din»
„ge felbft, und waret viellieber andern unferchan,
„als daß ihr euch andere unterworfen hättet, z).
Oder wenn ein anderer von denen, die fich ſonder⸗
lich im Chriſtenthum übeten, diefes fchriebe : Die
„fuͤrnehmſte Tugend folcher Ehriften ift, daß fie
„nichebey ihrer Berleugnung ftolz werden. Ein
„jeder ftrebet mit dem andern nad) der Demuth,
„wer der leßteift, den haͤlt man für den erften,, a).
t) Vid. vel Huge Grotiss lib. I, de Iure Belli et Pacis c. 1. $. 2.
Iunenalis Sat. 9. Plato Epift. 6. Aelianus lib. X. Var. c. 14. Scholiaftes Pindari in Od. alt. y.
Ingleichen, wenn andere verfichern wollten von
ihren Gemeinen: “Die Zucht derfelben fey fo
„unverrückt und richtig unter ihnen blieben, daß
„eein Bruder dem obern fic) habe vorfegen wol⸗
„len, b). Dieſes ift zum menigften gewiß von
denen, fo rechtſchaffen waren, daß fte aud) der
andern ihre demuͤthige ap gegen fich
nicht zugelaffen oder erfragen Fönnen, —
gleichſam unter einander in Liebe und Freundli
keit geſtritten, wer da demüthiger gegen den an⸗
dern feyn koͤnne.
Herzen fehriebe, als im diefer allzu ehrerbietig
feinen Gedanken nach, begegnet hatte: “Hüte dich
„hinfuͤro, daß du dic) einen Diener deines Brus
„ders und Mitknechts, der niedriger ift als du,
„richt fchreibeft, da du ein Knecht Cprifti und fein
„Freygelaſſener biſt. Denn es ift vielmehr eine
„Sünde der Schmeicheley, als eine Beweifung
„oer Demuth. Es iſt da genug Die Liebe von reis
„nem Herzen und unerdichtetem Glauben, was
„drüber ift, das ift vom Böfen,, c). Das hieſſe
ja wol recht: Fin jeglicher ſolle geſinnet ſeyn,
wie IEſus Chriſtus auch war, und dem an
dern mit Ehrerbietung von Serzen zuvor
kommen. Phil. 2.5. ı Pet. 5, 5. oh. 13, 15. 16,
Und fo behielten fie nicht allein Frieden auflerlich
mit den andern, fondern auch Ruhe innerlich mit
fich felbft, indem fie Feine Verachtung, Schmach
und Hohn, viel weniger andere geringe Dins
ge, die ihrem Eigenfinn nicht hätten anftehen
mögen, daraus feßen und Unfrieden anrichten
onnten
. 18.:Da glaubten fie alfo niemanden, der ſich
der Demuth rühmen wollte, wenn er es nicht
wirklich erwieſe. Wie etwa dorten ein weiſer
Lehrer einen unbefonnenen Juͤnger zu feiner Beil:
famen Beſchaͤmung überzeugte, daß er noch nicht
genug gegen GOtt und Menfchen demuͤthig waͤ⸗
re. Denn a!s diefer mic Aufferlichen Geberden
und Worten fic) fehr demuͤthig anftellete, und da
er angefprochen ward, mit den andern zu beten,
fich enefchuldigee, mit dem Vorwand, er fey fo mit
Sünden beladen, daß er auch nicht einmal Der
$ufe wert wäre; lieffe ihn der Alte gehen, bis er
es
—
u) De virtutibus ſimilibus ita loquuntur
Conf.
Barthius lib. XXIL Aduerf; c.7. x) De aliis rebus v. gr. manibus Pindarus ei. B. Sophocles in Oedyp.
Tyr. Plautus Penul. ad. 1. fc. 3. de mammis Feflus de V. S. h. v. Arifoteles lib. VII. Hiſt. Anim. c. 1, et
Gloffaria. Conf. Voffus lib. IV. de Vit. Serm. c. 25. Goclenius Lex. Phil. v. Fraternuzare. etc.
y) Ambro-
fius lib. III. Oflie. c. vlt z) Clemens Romanus Epift. p.3. a) Hieronymus Epift. 17. ad Marcell. b) Con-
cil. Milenit, In c. 13. ©) Panlinns Epiſt. I.
”
Gleichwie ein folcher redlicher
Eprifte an den andern ohne Zweifel aus gutem
204 Cap. Don der erften Chriſten Demuth acaen einander,
es Zeit zu ſeyn erachtete, ihn zu erinnern, er moͤch⸗
te en arbeiten, und nicht muͤßig geben.
Da ward jener fo voll Eifers und Unmuths, daß
er fich aud) äufferlich ſehr ungeberdig ftellete, und
damit feines Herzens Hochmuth genugfam ver»
rieth, weil er noch nicht die gelindefte Erinnerung
von feinem Bruder ertragen kounte d). So elend
nun als ſolche Herzen daran waren, die noch da⸗
u ihren Greuel bedecken und verbergen wollten;
ſelig war hingegen der Zuſtand derer, die nun
anfiengen —— natuͤrlichen Hoffart
recht gruͤndlich einzuſehen. Solche Erkenntniß
ließ ihnen nicht Ruhe, bis fie nach und nach ihrer
Unruhe los wurden, und durch wahre ernftliche
Uebung inder Demuth immer weiterfamen. “Se
„tiefer fich die Liebe folcher Herzen herunter ließ
zu den geringften Dingen ihres Mächften , je
„höher fliege fie immer auf zu GOtt, mit Ber:
„wunderung derer, Die darauf acht hatten. Und
„je mehr fie herab ſtieg zudem Miedrigen, je mehr
en fie mit groſſen und wichtigen Dingen zu
„thun e).
19. Aus dieſem allen läßt ſich nun ferner leicht:
= fchlieffen , wie demuͤthig und befeheiden fich die
er
en ig im Aeufferlichen aufgeführet ha⸗
ben, nachdem ihr Grund des Herzens einmal ge-
veiniget, und alfo GOtt gerällig war. Sie wa-
ren der Welt und ihrem Ehrgeiz und ſchwuͤlſti—
gen Weſen nunmehro abgeftorben, und fuchten
niche mehr, wie etwa vor ihrer Bekehrung, grof-
fe Leute in der Welt zu werden, Ehrenftellen zu
erlangen, und nur Ruhm und Lob unter den Men-
ſchen zu erjagen. Deswegen mwiderfprach ihnen
ihr Herz nicht, wenn fie vor den Feinden frey be-
Fannten: Wir haben nicht nöthig Parteyen zu
„machen, weil bey uns alle Begierde der Ehre
„und hohen Würde verlofchen ift. Es gehet uns
„auch nichts weniger an, als —
„chen, f). Ingleichen wenn fie den Unglaͤubi—⸗
gen ihre und ihrer Lehrmeiſter Hoffart vorhiel⸗
ten, und hingegen von fich felber mic, Wahrheit
fhreiben Fonnten: “Ein Chriſte begehret nicht
„einmal das geringfte Amt,, 8). Wiederum:
„Die Ehriften thun fich felbit damit Feinen Mus
a wenn fie der öffentlichen Aenıter in dem
„bürgerlichen Leben ſich entfchlagen, fondern fie
„thun esnur desivegen, Damit fie, zur Wohlfahrt
„der Menfchen, der Gemeine heiligere Dienfte
„thun mögen, b). Und abermal, als fie der
Heyden Ehrſucht und Hochmuth beftrafen moll«
d) Cafianus Collat. XVIII. c.8. €) Gregorius M.lib. I. ep. 24. f) Tertullianus Apol.c. 38. 8) Idem ibid.
1) Tersulianns de Idolol,c.ı6. k) Zarianns Orat, ad
l) Paulınus Nolanus Caxın, ad Cyther.
c.46. h) Origenes lib. VIII. adu. Eelf. p. 427.
Grzc. p. 150.
0
409
ten: “Der HErr felbft ift in Niedrigkeit und uns
„bekannter Weiſe herum gangen, bat feine ges
„wife Wohnung gehabt, Fein prächtiges Kleid,
„Fein fehönes Angeficht._ Er hat Feine Macht
„nicht einmal über die Seinigen gebraucht, fort«
„dern ihnen die verächtlichiten Dienfte gethan.
„Er hat ſich dem Reiche ſelbſt und der Herrſchaft
„entzogen, da er doch diefes alles wohl Härte brau-
„chen koͤnnen, als ein Sohn GOttes. Aber er
„bat das, was er nicht verlanget hat, verworfen,
„und zugleich damit verdammt, i), Wie denn
ein folcher wahrer Juͤnger JEſu fehr freudig fei-
nen Vorſatz entdeckt, wenn er eben gegen folche
blinde Leute bekennt: Ich begehre nicht zu regie-
„ren, ich mag Fein General werden, ich verlange
„feine Kronen nad) dem Kampf, ich bin frey von
„dem unfinnigen Ehrgeiz. Bin ich ein Knecht,
„ſo ertrage ic) die Knechtſchaft mit Geduld, bin
„ich frey, fo rübmeich mich der Freyheit nicht, k).
Dergleihen Bekenntniſſe gewißlich denen natür:
lichen Menfchen ſehr feltfam, ja bei und naͤr⸗
riſch müffen vorfommen feyn. Gleichwie hinge—
en die Ehrfucht denen Demuͤthigen als eine Na:
—8 nothwendig geſchienen bat.
20. Es war aber dennoch wahr und bliebe
gewiß von allen rechten Chriften, daß diefes ihr
lauterer Sinn gewefen , als fie darinnen Unter«
richt und Erempel genug von Chriſto und feinen
Nachfolgern zu allen Zeiten hatten. Die Predigt
des Evangelit ward alsbald fo Fräftig, wo fie ein«
mal Glauben erhielt, daß fie die Herzen I er⸗
niedrigte, und keinen Vorzug, Hochmucth oder
Eigenſinn leiden wollte.” Ein Chriftlicher Poete
Bath fid) dieſer Gluͤckſeligkeit in dieſen Wor—
ten 1):
So bald die Groſſen dieſer Welt
Den Hals vor GOtt in Demuth wollten beu⸗
gen:
Da mußt, was Hoffart theuer Hält,
Dem Kreuz und feinen Kräften weichen.
a,felbft des Scepters Macht
ard nicht in deffen Reich geacht.
Es ward der Purpur mit dem ſchlechtſten Tuch
verbunden,
Wenn bey den Fürften — die aͤrmſten Bettler
unden,
6* Geſellſhaft doch noch liebten ohne
J Scheu.
Sagt, ob mit Chriſto nicht die Demuth
kommen ſey?
Fff Es
druck in;der Evangelifchen Lehre von der Ver—
leugnung des eigenen Ruhmsund Eßre, welche
die Herzen nicht mit gemeiner , fondern göttlicher
Kraft angriffe, ihnen felbft täglich abzufterben,
und dem verachteten JEſu durch alle Schmach,
Spott und Verfolgung nadyzumandeln. Davon
bey ihrer Berleugnung im 4. Buch wird zu fehen
feyn. Es. hieſſe da mit groflem Ernſt: vO
„Menfch, lerne gehorchen, lerneunterchan feyn,
„ou arme Erde und Afche, lerne andern folgen.
Schaͤme dich, du boffartiger Staub! GOTT de-
410 3. 3. Don der erfien Ehriften Pflichten und Bezeigungen gegen GOtt.
Es mar auch fein geringer oder menfchlicher Nach⸗
„oft als du über andere feyn willft, fo oft voille du
„deinem GOtt vorgehen, und alsdenn bift du nicht
„göttlich gefinnet,,m), RE — 8
Sey vergnuͤgt mit dem Geringen,
Menfch, und ſcheue hohen Tand
taß Did) nicht zugroffen Dingen 1...
Führen, bau nicht auf den Sand." un
Niemand darf Verachtung fhyeuen,
Sie ift nur der Hoffart feind: he
Soll die Demuth nicht gedeyen ?
Daß man nichts zu fpat beweint,
muͤthiget fidy, und du willſt dich felbft echößen, Ey, fo mad) dichfelbft nicht groß,
„und über andere berrfchen. Denfe gewiß, fo Und von Eprifti —— nicht n)! ;
m) Bernhardus Serm.ı. in illud: Miffus eſt. n) Projper Aguitan. Epigr.uo.
Das s. Capitel, Ä
Bon ihrem brüderlichen Mitleiden und wirklicher Hulfe,
fonderlic) in leiblichen Anliegen, *
Summarien.
leichwie thaͤtige Liebe ein Kennzeichen der wahren Liebe if: g.1. alſo waren wahre Chriſten in der That gutthaͤtig genen
einander, weil fie fonft von Heyden wären beichämet worden. 2. Wahre Chriften verliefen fich nimmer einander, fondern
einer war des andern Steden und Stab nah dem Willen GOttes, jeder nach feinem Vermögen und Gelegenheit. 3. Hierzu
ermeckten fie fich Durch ihre Bruͤderſchaft, fonderlich gegen Glaubensgenoſſen, 4. wie auch gegen Dürftige und Kranke als
Mitglieder gutthätig zu ſeyn, weil ein wahrer Ehrift von Natuenichtanders kann, 5. und die Armen Chriſti Glieder find,
in welchen man Chriſto felbitdienet. 6. Erempel und Zeugniß davon. 7. Der erite rad der brüderlichen Hülfe war ein herz⸗
Liches Mitleiden, Dadurch viele von der Wahrheit uͤherzeuget wurden, je mehr Die Liebe daraus hervor blickte: Solches Mitleiden
Funde fich ſowol ben einzeln Perfonen, als ganzen Gemeinen, 8. welche deſto gefrofter und geduldiger waren, je mehr fie auf
die zukunftige Herrlichkeit fahen, und Mitgenoffen der Märtyrer werden follten. 9. Erempelfolcher. 10. Auch Färfeten und
tröfteten fie fich einander mit Worten und Erempel.ın, verlangeten nach der Geineinſchaft der Leiden und Marter: vielErem-
peliolcher: ı2. oder hatten zum wenigſten ein herzliches Mitleiden mit anderer Zrübfalen, dazu fie ſich auch ermeckten, 13.
welches ihnen das rechte Kennzeichen der wahren Liebe und Verbindung war, wann es ohne Murmeln gefchahe: 14. Darauf
entitunde Troſt und Erguickung, welche oft nöthiger und nuͤtzlicher mar als äufferliche Huͤlfe: Zeugniß und Erempel. ıs: Son⸗
derlich Eränkte fie, wann fie nicht helfen konnten, ſonſt waren fie willig, für ihre Brüder das Reben zulaffen; wodurch fiezu fol
cher Bolltommenheit gelanget. 16. Aus was Abfichten Brüder unter den Heyden und Chriften für einander geftorben : Diele
ME}
ohne eines Selbſi mords beſchuldiget zu werden: Erempel folcher, die ſich um der Brüder wißen in Lebensgefahr gewaget, 17-
deren etliche wirklich für die Bruͤder ſturben: Erempelfolcher. 18. 9 Pt
9 wie die bisher erzehlten Pflichten noth-
wendig beydem Band der Bollfommen-
heit fenn mußten, Fann noch weniger daf-
felbe ohne wirkliche Bezeigung der Liebe in thätiger
Huͤlfe beftehen, Denn ob gleich die Zuneigung
der Herzen gegen einander das — hiebey
ſeyn muß, ſo waren doch auch gewiſſe Kennzeichen
noͤthig, davon die wahren Bruͤder von den falſchen
unterſchieden werden koͤnnten. In Betrachtung
eben ſoiche wirkliche ———— die rechte
Wirkung und Frucht der innerlichen Gutwillig-
keit und diebe zu ſeyn pfleget. Daran wußte Pau⸗
lus zu erfahren, ob die Liebe rechter Art
wäre, oder das rechtſchaffene Weſen derſel⸗
‘
G. 1
ben ‚ das die wahre Probe aushalten Fönnte,
(79 yyasıov) 2Cor.8,8. Erforderte auch, die
Chriſten follten erzeigen die Yeweifung ihrer
Liebe Öffentlich vor den Bemeinen, v. 24.
Gleichwie er fonft die herrlichen Früchte der wah⸗
ren Siebe fehr nachdenklich befchrieben hat. 1 Cor.13,
4. u. f. Roͤm. 13, 8. u f. Die Rinder des Höchlten
hatten hievon das neue Gebotdes HEren vor ſich,
daß fie ſich unter einander lieben follten, nicht nur
mit dem Mund allein , fondern mit dem Herzen ,
und dieſes nicht allein, fondern auch mit der That
und in der Wahrheit, Siehe Nom. 12. 8, 13.
1 Cor. 10,24. Gal. 5, 13. 14. 6.6, 10. Phil. 2.4.
1Joh.4, 17. 18, Ebr,13,3. 16, !
i Ash 2, Die
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—â— an "220
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nd ri * * * % .
5. Cap. Von ihrem brüderfichen Mitleiden und Hülfe in leiblichen Anliegen. 410
2. Diefe und dergleichen Vermahnungen drun:
gen nun Fräftig durch Die Herzen derer, die da
gläubig worden waren, und erweckten den Geiſt
derſelben, daß fie nicht nur eine brünftige Neigung
Pag Affection gegen einander in ihnen empfun⸗
„auch nicht nur ein herzlich Verlangen einan-
der in allem förderlich zu ſeyn, fondern auch in der
That zufprungen, mo es noth war den Brüdern
uftatten zu Fommen. Denn wie fonft in ihren
übrigen Stücken des Chriſtenthums Werfe und
That das fürnehmfte war, und Worte oder Ver-
ftellung nicht gelten mochten, ſowol in den Augen
des alltehenden GHrtes, als der erleuchteten Chri⸗
ſten: Alfo Hatte auch Bier nun wirkliche Siebe und
Treue ftatt. And darinne war abermaldie wahre
Keligion von der falfchen unterfchieden. Diefe
füchte in Meynungen, Wortfriegen, beuchleri-
ſchen Berftellungen und anderen leeren Hülfen ei:
nen Schein: jene machte wirflich durch ibre gött-
liche Kraft, dadurch fie die Herzen bewegen fonn-
te, dag “ein Menfch den andern lieb hatte, und
„wußte, daß er a durch das Band der Bruͤ⸗
„derſchaft verknuͤpfet war: weil doch ein GOTT
ihrer aller Bater war, und fie allevon demfel-
„ben gemeine Wohlthaten genoffen, welche fie mit
„denen, die fie nicht hatten, theilen mußten. Da-
„hero durften fie niemanden fchaden, Feinen dru=
„ten, vor dem Fremden nicht das Haus verfchlief:
„ſen, noch das Ohr vor dem Bittenden veritopfen,
„tondern fie mußten frengebig , gutthätig und barm⸗
„herzig fen, a). Denn, bielten wol einige ver:
ftandige Heyden diejenige Zeit vor verloren, dar:
inne fieniemanden Guts getdan hatten b): Was
follte ein exleuchteter Chriſte nicht thun, der feines
Vaters Willen erkannt und lieb gewonnen hatte?
Er ſchaͤtzte das erſt für ein rechtes Leben, wenn er
„alle als feine Brüder lieben Eonnte, wenn er kei—
„nen beleidigte, fondern jedermann zu Dienften
zitund, die Knechtsgeſtalt mit feinem HEren ans
„nahm, den Mackenden bedeckte, den Hungrigen
„ſpeiſete, die Kranken beſuchte, mit den Trauri-
„gen Mitleiden hatte, dieTodten begrub, u. ſ. w. e).
3. Diefes war einevon denen Abfichten der ge:
nauen Berbindung glaubiger Herzen unter ein
ander, daß fie nemlich einander niemals verlieffen,
fondern allezeit treulich beyfammen bielten. Alfo
hatte es der HErr verordnet, daß, wie fonft ing:
gemein nichts Foftlichersit, als ein treuer Freund,
alfo auch in dieſer Chriſtlichen Geſellſchaft ein jeder
die Früchte der evangelifchen gehre und des Ge:
a) Ladant. lib. V.c. 7.
eG
bots JEſu Chriſti von der Bruderliebe reichlich
genieflenfollte. “Denn wie etwa zwey oder mehr
„Augen beffer und genauer fehen koͤnnen, als ein
„einzeles, alfo werden zwey oder mehr vereinigte
„Seelen, die in der Liebe eing worden ind, gleich“
„ſam zu einem Stecken und Stab. Dabero auch
„der HErr feinem Chriſten zugelailen hat, nur
„auf fich zu fehen, und ihm allein Rath zu fehafe
„fen, fondern bat befoblen, aud) andern zu ra—
„eben und zu helfen. Damit niemand unfreu-
„lich handelte und feinen Bruder zur Zeit der
„Noth verlieffe, den er in guten Tagen gelicbet
„hatte, d), So faben denn auch die gehorfamen
Kinder auf diefen Willen ihres Vaters und auf ;
das Band ihrer Natur, daß fie einander follten
„u Hilfe und mit allerhand Dienſtfertigkeit zu:
„vor Fommen, auch allen Nutzen gleichfam frey
„bingeben, einander mit Arbeit, Geld, oder auf
„andere Weife aushelfen. Damit alfo unter ih>
„nen die Liebe folcher Gefellfchaft wuͤchſe, und fei-
„ner fich durch die Gefahr von feiner Schuldigfeit
„abſchrecken lieffe, fondern alles vor fein eigen hiel⸗
ste, es wäre gut oder böfe e), Es war wol nach
„der Natur nicht verboten, fondern gut, daß einer
„ſich felbft auch verforgte; aber nach der Gnade
„war es vielherrlicher und feliger , daß man andern
„gerne behülflicdy war,, f). Welches auch gröffe-
re Berbeiflungen Batte, weil in jenem die Eigen-
liebe ſich mit Auffern Fonnte , in diefem die Ver:
leugnung zum Grund liegen mußte, mo es recht
zugeben follte. War es diefem oder jenem nicht
möglich, daß er mit zeitlichen Gütern dem Bru-
der beyfpringen Fonnte, fo gab es wol andere Mit⸗
tel und Gelegenheit, dabey er eine Probe feiner
Siebe ablegen Fonnte. Zum Erempel, wer fein
Geld noch Gut hatte, und dennoch an Gemuͤths—
gaben reich war, ber mochte diefe dem Naͤchſten
zu Muß anwenden, fü vr er feine Liebe aud) ers
mwiefen, daß fie rechter Art war g). Ein anderer
Eonnte etwa durch GOttes Segen erfegen, was
diefem an wirfticher Hilfe fehlte. Bey allen aber
mußte fich ein allgemeines Berlangen finden , den
Brüdern in allem Gutes zu thun, weil fie alle
aus GOtt geboren waren.
4. Hierzu bielte man nun fonderlich Eräftig zu
ſeyn, daß man einander der geiftlichen genauen
Verwand- und Bruͤderſchaſt herzlich erinnerte,
und dadurd) die Herzen deſto mehr zur Liebe und
Mitleiden gegen huͤlfbeduͤrftige Brüder bewegte,
Wenn fie, zum Erempel, die Liebeund Hülfe gegen
öff2 die
‚lib b) De T. Vefpafiano res pervulgata eft. ce) Hieronymus Epift. ad Amicum ZEgrot.
d) Afterius nom. in Pf. VII. ap. Corelerium Tom, II. Monum Gr. p. 64.
f) Macarius hom, 17. g) Altimus Auitus lib. ad Soror, P- 432.
e) Anıbrofiss lib. I. Otlic. c. 27.
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2
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41
die Armen vorſtellen wollten, ſo war der Bruder⸗
namen in allen ihren Ermahnungen zu ſehen, da⸗
mit ſie auch dadurch das Andenken des gemeinen
Bandes unter ſich erneuerten, und die, ſo es ver-
mochten, dahin verbunden, ſich um alle wohl ver-
diene zu machen h). So fagte einer öffentlidy-in
der Berfammlung zu allen, fie mochten noch fo
vornehn feyn, “Daß die elendeften Bettler, Auf
„fägigen, Kranken, Gefangenen ihre Brüder waͤ⸗
„ren, in Anfehung GOttes, weil fie eben denfel-
„bigen Ehriftum angezogen hätten an dem Innern
Menſchen, einen Geift zum Pfand der Seligfeit
„im Glauben erhalten,,i). Und ein anderer Leh⸗
ver fprach zu feinen Chriſten: “Gib deinem Bru-
„oder etwas, gib deinem Nächften etwas, theile
„deinem Mitgefährten etwas mit. Diefes teben
„it ein Weg, ihr wandert daraufzugleich fort, K);
Nun pflegte man zwar auch die Ungläubigen nach
der Natur als Brüder anzufehen, und deswegen
ihnen nach Möglichkeit beyzufpringen. Aber
diefes geſchahe nach der allgemeinen Liebe, ber
welche die fonderbare brüderliche in viel höherem
Grad fich heraus ließ, und ganz mit ungemeiner
Meigung und Begierde zu helfen verfnüpfet war.
Dis war des Apoftels Meynung , wenn er die
Gutthaͤtigkeit anbefohle gegen jedermann, fo lan-
ge ein Chrifte dazu Zeit und Gelegenheit funde:
aber am allermeiften gegen die Hausgenoflen des
Glaubens, Sal. 4, 10. Dem disfalls die folgen:
den Lehrer nachgiengen, und die Ihrigen alfo er-
innerten, daß fie zeigten , “roie die völlige Gutthaͤ⸗
sstigkeit ſich durch den Glauben, durch die Urfa-
„chen und alle Umftände wohl erweifen müffe, daß
„man zuerft mit den Hausgenoffen des Glaubens
„zu ehun haͤtte. Sonſt ware es eine geofle Suͤn⸗
„de, wenn man einen Gläubigen darben ließ,
„und gleichwol wiffe, Daß er dürftig’ ware, Hun⸗
„ger leiden müßte, und fonft in Elend fteckte 1),
7. Auch fahen fie die Dürftigen disfalls an als
ihre Mitglieder, die an einem Leibe Ehrifti hien-
gen, und deren $eiden fie alle mittragen follten ;
mie wir bald bey ihrem Mitleiden fehen werden.
Und dahero war auch disfalls ihre Hülfe nicht ohne
wichtigen Grund. “Einer mußtedes andern Hand
„fenn, desandern Auge, und gleichfam fein Stab,
„daran er fich halten Fonnte, und feinen Geift an
„ihm und feiner Siebe erquicfen,, m). Gleichwie
ein frommer Mann in feinem Tode nod) gerüß-
met wurde, Daß er in Befuchung der Kranken, in
nu
? =
3.3. Don der erften Ehriften Pflichten und Beseigungen gegen einander.
„Mittheilung unter die Armen und’ anderen tier
„besdienften wohl recht ein Stab der Blinden,
„eine Speife der Hungerigen, eine Hoffnung der
„Elenden, ein Troft der Traurigen gervefen,, , für
ferne nemlich GOtt, der einige Helfer, ihn zum
Werkzeuge hierinne gebraucht hätte n). Denn
e8 war überhaupt fchlechterdings unmöglich, da
— er In GoOttes feinen ran
Schweſtern follte unnüße oder gar ſchaͤdlich ſeyn,
in Anfehung folcher ftarfen Bande, dadurch 8
allen verwandt war. Wannenhero einer davon
gar recht fehreiber: “Wenn man fage, daß ein
„Ehrifte dem andern nicht Mugen fehaffen Fönne,
„ver ſchmaͤhe Damit GOTT felbit, und mache
„tn zum fügener. Denn es fen viel leichter,
„daß die Sonne nicht feheine oder wärme, als
„daß die Ehriften nicht leuchten follten 0). Es
„ſey auch nicht genug, daß ein Ehrifte nur Liebe
„in ‚fich habe, fondern er müfle auch vor Eifer
„gleichfam brennen, den Naͤchſten zu verforgen.
„Welches denn auch von felbft ausder Liebe fleußt,
„wie diefe von GOtt entzündet wird, daß alfo
„beydes von 'einander kann gefchäßer werden.
„Wer nun im Herzen zwar lieben will, aber Fei=
„ne hülfliche Hand leifter, der betreugt fich felb-
„ften,, p). Denn Johannes ſagte ſchon zu feiner
Zeit: Wer bey feinem Vermögen dennoch vor
dem darbenden Bruder fein Herze zufchlieffe, in
dem bliebe die Siebe GOttes nicht. ı oh. 3, 17:
6. Ueberdis fahe auch der Glaube fülcher Chriſt⸗
lichen Herzen auf die allerhoͤchſte Berwandfchaft,
davon Thriſtus felbft gezeuget hat, daB die
Armen feine Brüder und Glieder wären,
und was ihnen gefchehe, das werde er am Tage
feines Gerichts ruͤhmen, als fey es ihm felbft ge⸗
ſchehen, Match. 25, 40. 45. Diefn Grund ſahen
die Berftändigen für fo wichtig und feft an, daß
fie ihn immer zu dem vorigen feßten, nemlich zu
der gemeinen Brüpderfchaft ver Ehriften, ja noch
viel höher hielten. Alfo thate einer, wenn er folgen-
des davon fchriebe: “Wer in der Gemeine nicht
„Durch die Betrachtung feines Bruders fich bewe⸗
„gen will laſſen der laffe fich doc) durch Die Betrach-
„tung des HErrn JEſu felbft erweichen. Und
„rer nicht denkt an feinen Mitknecht in deffen Ar=
„muthund Mübfeligkeit, der fehe doch an, Daß er
„den HEren felbft in feinem Bruder verlaffe und
„verächte,, 9). _ Und abermal: Wir müffen
„Eheiftum felbft in unfern gefangenen Brüdern
, j „alt=
h) Scholiafles Gregorii Nazianzeni Græcus ad Orat. de Paup. Amore.. i) Gregorins ipfel.c. k) Auguffin.de
Difeipl. Chr. ce. ı. g
Nepot. 9) Chryfflemus homil. 20. in Ad.
1} Ambrof. lib. I. Offic. c. 30. m) Caſſiodorus lib. de Amic. n) Hieronym. in Epitaph.
p) Idemrhomil. zı. in Rom, q) Cyprianus lib, de Lapſis.
5. Cap.
„anfehen, und von der Gefängniß-befreyett,, r):
Wiederum reden die andern ebenfalls von der Sa-
he: “Derjenige wird auch Chxiſti theilhaftig ,
„welcher den Traurigen mitleidig tröfter, die Ma:
„enden Eleidet , die Hungrigen erquicket. Denn
„in diefen ift oft Epriftus felber s). Die Rei:
„hen follten billig unter ihre Söhne Chriſtum fel-
„ver rechnen als einen Bruder , den fie im Him⸗
„mel haben, und dem fie alles ſchuldig find, daß
i es mie ihm theilen muͤſſen ty. Wer feingeben
„tür den Bruder läßt, der läge es für Chriſtum
Felbſt: wer feinen Bruder fpeilt, der fpeifet Chri—
zftum u). Darum gib dem, der dir etwas Gutes
wuͤnſcht, es iſt Chriſtus felber. Er ſelbſt bittet das
„vondir, was er dir gegeben hat. Schaͤme dich nun,
„da er, als er reich war, fuͤr dich arm worden iſt, daß
„on immer Arme bey dir haͤtteſt, denen du mitthei-
„ien Fonnteft x). Was du alfo deinem Bruder
„hun wirft, das wird deinen HErrn felbft betref:
„fen, und er wird dirs vergelten, als wenn or felbit
„pie größte Wohlthat von dir empfangen hätte y).
7. Darinne legten fie einander folche loͤbliche
Erempel vor von denen , die dergleichen Worte
Eprifti fleißig in acht genommen hatten. Von
einemreichen Mann, Slorentio genannt, wird mit
diefer Nedensart verfichert, Ddaß er Chriſtum in
„unzähligen Armen erhalten, geſpeiſet, befucher
„und gefleider habe, 2), Welches ein befannter
Seribente nenner, “Chriftum durch Gutthaͤtigkeit
zum Bruder haben oder malen, («deADo-
mom) a). Memlich. “oberfelbft gleich folche
van nicht bedarf, fo bat er doch den Ehriften
„ihre Brüder und Nächten an feiner ftatt empfoß-
„ieh, Ya feinen Vicariis, die Wohlthaͤ⸗
„ten geben follen,, b). Und alsdenn Beiffe es,
man fpeife und berberge IEſum in’ den Ur:
menc). Welches auch einen groffen Troftdarinne
gab, “daß man feinen Abgang der Nahrung des:
„wegen beförgen darf, weil denen niemals Mate:
„rie Gufes de thun und auszutheilen mangeln
„rann, welche Ehriftum ſelbſt ſpeiſen, und die er
„tviederum felber fpeifer, a). Daß demnach
überall die Brüderfcyaft der wahren Ehriften zum
Grunde fag in ihrer Hülfe,, gleichtwie in der Natur
bey leiblichen Brüdern eine nicht geringe Urfache
Don ihrem brüderlichen Mitleiden und Zulfe in Teiblichen Anliegen. 413
der Beyhuͤlfe feyn Fonnte das Band der Brüder
und Verwandſchaft. Unter den Heyden war dies
fes fehr gemein, daß fie einander zuriefen: “Ein
„Bruder, muß dem andern beyftehen 2): Wer
„Brüder hat, der muß ihnen helfen, u. ſ. fi, F)}
Wovon ein heydnifcher und Eluger Scribente fehr
wohl aus dem Fichte der Natur zu reden wußte:
„Was ift die Brüderfchaft anders, alsein getheil-
„ter Geiſt, welche deſto glücklicher verdoppelt
„wird zum gemeinen Schuß, weil man auch an
„unterfchiedenen Orten einerley , ja mehr ausrich-
„ten Fann,, 2)? Bon welcher brüderlichen Huͤlfe
die Heyden noch manches feines Erempel geben
koͤnnen, foferne fie der göttlichen Ordnung hierin
nen nachgelebet haben h).
9. Der erfte Grad der brüderlichen Hülfe uns
ter wahren Ehriften war das herzliche und unges
heuchelte Mitleiden bey dem Elend der Brüder:
wovon fie Unterricht genug in der Schrift funs
den, daß mit einem Glied alle andere mit:
leiden föllten, ı Cor, 12, 15: daß fie mit den
Weinenden weinen follten. Rom. ı2, 15. Denn
wer mit allen Brüdern aleich aefinner war,
der konnte auch leicht gegen alle mitleidia, brüs
derlich, barmbersig und freundlib ſeyn.
ı Per. 3, 8. Darum gedachten fie gerne an die
Bebundene, als die im Beift Mitgebun—
denen, und derer , die Trübfal litten, als
die auch noch im Leibe lebeten, Ebr. 13, 3%
Die Erempel der Alten find hievon Flarund häu-
fig, als von welchen glaubmwürdige Scriben-
ten zeugen, “daß fie unter einander fehr liebreich
und mitleidig gewefen,, (runmaIntxel za) Pı-
Nösogyar) 1). Welches auch ein anderer an die
Heyden Fühnlich fehreiber, daß viele dadurch von
der Wahrheit überzeuget worden, weil fie gefehen,
„wie die Chriften in höchfter Geduld aller Marter
„10 ſehr übereinftimmeen, es fen bey allen einerley
„Verachtung des Todes, Daher fie nothwen—
dig fehlieffen Fonnten, “es müffe nicht ohne Grund
„fenn, was fo gar einftimmig bis in den Tod ver⸗
ztheidiget wirde k). Das machte, es war ein
„Lib, darinne Feine Trennung war. Die Liebe
„machte eine folche Verbindung, und die Verbin:
PR verurfachte die Einigkeit; diefe unterbielte
Fff3 „wie ⸗
r) Idem Ep. 62. Arbroſus Serm. 8. in Pfalm. CXVIIIt) Auguſtinus in Pſalm. XXXXVIII.
u) Id. in Pfalm. LXXXXI.
x) Id. de Dife, Chr. c. ı.
y) Chryfoflomus hom. 21. inRom. z) Hieron.
‚ Ep. 5. ad Florent, et de Gor; Onia. Gregor. Naz. Or. deCxfario. a) Chryjof. hom. go. in Matt. et hom. 45.
et 53. in Ad. b) Cafioder. de Amic. c) Paulinus Ep.ız. ad Seuer. d) Leo M. SermX. de Quadrag. c. 5-
€) "AderDos ende! me.gein Adiamanus ad P/aronem lib. II. de Rep. Dial. 2. quo conf. Erafmus in hoc Adag- .
2:
f) Pirgil. Aen.X. —* Socrat. ap. Xenopkont. lib, II. de Di. et Factis Socr.
g) Quintil. Declam. CCCXXXI-
h) Pandarusap. Firgii. VIII. Aen.Podalirius ap. Quintum Calabrum lib. VI. v. 45 ndari “
. Sig F VI. v. 458. Tyndaridæ ap. Herodorum
lib, VIIII. Pauſaniam in Atticisetc. 4) Chry/oß. hom.3.in ı Theil. k) Ladantinslib. V.c.13.
Wr
414
„wiederum die Liebe. Dahero wenn einige Ges
„meinen Frieden hatten, andere aber in Trübfa-
„ten waren, fo betrübten ſich jene über Ale ger
„ftand, dieſe eröfteren fich über jener ihrer Ru—
„be, 1). Diefes funde fid) nicht nur bey ganzen
Gemeinen, fondern auch bey einzelen Perfonen,
wie einer alfo fehreibet , “er leide groffen Schmer-
„zen mit feinen und Ehrifti Freunden, und bitte
Gottes Barmberzigkeit für fie m). tem, er
Fey fehr elend, wenn er feine Brüder fehe fo viel
„ausftehen,, vn). Und von einem andern fchreibt
ein frommer Mann: “Es fey niemand mehr mit:
Fleidig geweſen, in Betrachtung der Noch unter
„den Brüdern 0).
9. Solche Herzen wußten wohl, daß fie follten
Brüder und Witgenoffen der andern nicht
allein an denen Trübfalen und an der. Be-
duld IEſu Ehrifti, fondern auch am Reich
ſeyn, Dffenb, ı, 9. wie ſich Johannes befchreiber.
Und alfo litten fie alles geduldig, weil fie mußten,
daß eben diefe Leiden über ihre Bruder in der
Welt vollendet würden, ı Pet. 5, 9. Dabe:
vo, weil fie von der Nothwendigkeit des Leidens
gewiß waren , Apoſt. Gefch. 14, 22. 2 Tim. 3,
12. fo vereinigte fie der Geift GOttes in fo feſter
tiebe, daß fie aud) den Tod und alle Marter mit
einander auszuftehen bereit und gefchickt waren.
Dis war In ihren Gedanfen “eine wahre Brüder:
„fchaft, wenn fie durch feinen Kampf Eonnte zer⸗
„eennet werden, und dis ward einer herrlichen
„Krone werth geachtet, wenn die allerſchwereſten
„Fälle Feinen Bruder bewegen mochten, die an-
„dere zu verlaffen,, p). Vielmehr freueten jich die
rechten Jünger JEſu Eprifti, wenn fie fo vielan-
dere Zeugen der Wahrheit und Mitgenoffen der
Trübfalen entweder um fich ſahen, oder im Geift
von ferne erblickten. Wieein Mörtyrer, Primus,
befennete: "Ach wenn ich doch von meinem Bru⸗
„der auch in der Marter nicht gefchieden würde,
„da ich mit ihm nad) dem Herzen fo genau ver-
„bunden bin,, q)! Und ein anderer maßnete alfo
eine Mitftreiter zum Kampf in der Verfolgung
an: O ihr Brüder, ftebet fefte, und ftreitet be-
„ständig! Ihr habt gute Erempel vor euch, unfere
„Geduld muͤſſe euch zur Krone der Herrlichkeit
3. 3. Don der erften Ebriften Pflicht und-Beseigungen gegen einander, 07
N‘ 7 a,
„erbauen, r). Wiederum ein anderer: "Meine
„Brüder, es erwarten euch die Kronen. der Maͤr⸗
„tyrer, die Chöre der Bekenner find bereit, euch
„die Hand zu reichen, und euch.in ihre Zahl aufe
nzunehmen: Gedenfet an die Heiligen,,s)! Und
in-folher Bereinigung und Gefellichaft, der $ei«
den menneten fie einander Mitmaͤrtyrer,
(sumudgrugos, Commartyres) t), Gleichwie
dorten die zu Smyrna fchrieben, “fie hofften, daß
„ſie Mitgenoffen der Märtyrer werden follten,, u).
Als dorten — und Maximus um des
Namens JEſu willen hingerichtet worden, riefen
die andern dabey folgendes aus 2 Sam. T, 23.
Sie find guch im Tode nicht: gefebieden !
Denn “fie hatten (mie der Scribente hinzu: fe-
„tzet,) zugleich Ehriftum befennet , beyfammen
„in dem Gefängniß gewohnet, waren zugleich
„in ein Loch geworfen worden , wurden zugleich
„gekoͤpfet, und kamen in ein Grab zufammen zu
„liegen, hatten auch eine’ ewige Hütte im: Him⸗
„mel eingenommen, x). Bon etlichen andern
ſtehet gleichfalls gefchrieben, daß fie gleichfam
Collegen im Leiden gewefen und aud) Mitge⸗
noffen einer Rrone y). Und von allen heiligen
Martyrern: Sie feyn durch das Band der Eiz
„nigkeit verfnüpfetgemwefen, und haben Ehriftum
„zugleich einmürbiglic) befannt z), und. alfo mit
„einander zu. einem Triumph geeilct a), ’
10. Denen gefreuen und aufrichtigen Brüdern
war Diefes eine groffe Freude, wenn fie mit ein-
ander um Chriſti willen leiden follten, und dadurd)
nicht allein ihre Liebe zu GOtt und feiner Wahre
beit, fondern aud) ihre Bereinigung mit einander
Freunden und Feinden darlegen. Alfo bemerfee
einer von dreyen Märtyrern, “daß fie gleiche
„Marter zu einer Zeit gelitten, und da fie auch
„teibliche Brüder gewefen, nunmehro in der Hei⸗
„ligkeit Brüder worden, dadurch denn ihre Seele
„in der Bekenntniß eines Ölaubens gekroͤnet wor⸗
„dert, 5). Bon zweyen andern gedenftein Scri⸗
bente, “daß ihre liebe Bruderherzen in der Marter
„zufammen ftarf worden, nachdem. fie ‚durch
„die treue Brüderfchaft allzeit verbunden gemwe-
„fen, ec). And folhe Erempel findet man ſehr
viel in denen alten Märtyrergefchichten IR. I
ern
1) Angufinus in Ef. 30. m) Hieronymus Epift. 56: n) Idem Epift. 3. 0) Bafılius M. Epiſt. 42. de Athanafio
p) Chryfoftomus hom. 31. inRom. 9) Acta Pasfionis eorum. r)Montanus Martyr ap. Barozium A. CCLXII.
n. 19. s) Bafılins M. Epift. 65. ad Alexandrinos. t) Vid. Martyrolog. Rom. Kal. Febr. Menolegium Graco-
rum III. Kal. Mart. Epiftola Confefforum Carthagin. apıd Baronium A. CCLXII. n. 7. Tertullianus lib. de
Anima c. 55. u) In Epiflola ab Yfferio et Valefio reftituta ap. Eufebium. x) Chryfofem. hom. de his mar-
tyr. y) Martyrolegium Rom. d. VII. Iul. z) Auguflin. in Pf. 39. a) De Hilariano Adta apud Baranium
A. CCCIIL. n. 57: b) Ambrof, Serm. 73. de Cantio, Cantiano et Cantianilla et Marzyrolog. Rom. d. XXX.
Mai. c) Prudentins hymn. ı. de Cor.
”
“
.* %
5 er TOR «m,
5. Cap. Don ihrem brüderlichen 1
3 dern Urkunden. Gleichwie man auch von dei
e
Apofteln Perro und Paulo glaubet, daß fie an ei-
— die Marterkrone erlanget haben d).
Welcher leßtere auch feines Mitgefangenen Epa-
phrä gedenket an Philem. v. 23. und die Ebräer
Alm ‚ daß fie theils felber viel gelitten, cheils
emeinfebaft achabt mit denen, welchen
es alfo araanaen. Ebr. 10, 53. Geſtalt er
denn anderswo fein geringes Geheimniß eröff:
net, das mit Chriſto und der Gemeine vor:
Re wenn an allen Glievern feines geiftlichen
ke es die Leiden deffelben erfüllee und vollendet
müffen werden. ° Denn er fpricht,, er dulde
alles um der Auserwaͤhlten willen, auf daß
fie auch die Seligkeit erlangen in Chriſto
JEſu mit ewiger Herrlichkeit. 2 Tim. 2, 10.
Und noch deutlicher : Er freue fich in feinem
Leiden, daß er für die Gläubigen leide,
und erftatte in feinem Fleiſche, was noch
mangele an Trübfalen in Ebrifto für feinen
Keib, die Gemeine. Col. 1, 24. Daß dem»
nach das Maaß der über Chriftum und feine
Glieder beftimmten Trübfalen alle wahre Kreuz
Brüder Chriſti betreffe, und je williger ein je—
der fich dazu Baden laffe , je eher diefe beyden
insgefamt vollendet werden, je gefchtwinder auch
ein jedes feine Herrlichkeit erlange.
ur. Es gieng auch diefe Bereinigung im Leiden
nicht ohne Fräftigen Troft und Aufmunterung ab,
da einer den andern mit Worten und wirflichen
Erempeln ftärfte und erweckte zu gleichem Kampf,
wie er ihnen etwa verordnet war, Denn dis war
einer von den vornehmſten Mugen des Leidens,
„daß die ene Kraft des Geiftes dadurch
Ferwecket und wirklich erwieſen wurde e). So:
„dann, daß auch Dadurch der andere zum Nach—
„eifern aufgereizet und zur Hoffnung der Fünfti-
„gen Herrlichkeit ermuntere ward, f), Denn es
ift wol unftreitig, was jener aus der Erfahrung
ſcchriebe: Wenn ein Märtyrer leidet, fo leider er
„nicht allein für fich, fondern auch für feine Mie-
„gefellen. Für ſich leidet er zu feiner Beloh—
„nung, andern zumBenfpiel. Durch der März
tyrer Erempel haben ihrer viele den Glauben ge»
„lernt, und gefehn, wie man unter aller Schmach
„das ewige Leben fuchen müffe, und den Tod
”
iden und Zuͤlfe in Teiblichen Anliegen. 415
n zerachten 2). Alfo fieher man aus Pauli
„Zeugniß, daß viel Brüder in dem HErrn aus
„reinen Banden Zuverficyt getvonnen , und defto
„duͤrſtiger worden das Wort zu reden ohne Schen,,
Phil.ı, 14. Deswegen er fie auch zu eben dem
Kampf erwecket, welchen fie an ihm gefoben und
gehöret hatten, v. 30. Gleichwie auch Polycars
pus feine Brüder durch die Erempel Ignatii,
Rufini, Zofimi und anderer, zum $eiden ermahne—
te bh). And ein anderer lobete einen Märtyrer
deswegen, daß er den andern einen Much mad):
te, weil ev beftändiger war als alle Brüder, und
„en treuer Streiter GOttes,,.. Desgleichen ge-
denfen einige von der Blandina, *dap-fie zu ei:
„nem andern Kampf wäre aufgehoben worden,
„damit fie alfo die Brüder mit ihrem Erempel
„aufmuntern füllte, 1). Dergleichen die zu
Smyrna von Germanico bezeugen , daß er durch
feine groffe Geduld der anderen Schwachheit ge-
ſtaͤrket habe 4). Welches fie denn auch ins—
gemein mit freudigem Zuſpruch thaten, als man
von vielen lieſet, und leichtlich aus ihren andern
brüderlichen Bezeigungen fhlieffen kann 1) me
maffen von ihnen insgefamt die Scribenten vers
fihern,, daß fie unter fo graufamer Marter und
Pein denen Machfolgern zu dem alterfebönften
Muſter und Exempel gedienet m). Und daß
fie denen andern allen ein “Vorbild und gleid)-
„fam Herolden und lebendige Säulen und Denf-
„mahle der Geduld geivefen n).
12. Man fiehet Hiernächft aus fo vielen Exem⸗
peln ‚daß ſich ein groß Verlangen bey denen wah⸗
ren Epriften geäuffert habe nad) der Gemeinschaft
der Leiden, fo gar, daß fie aus folcher herzlichen
Begierde ofte gefunden, wornach fie gervünfcher,
nemlic) die Marterfrone zugleich mit ihren Bruͤ⸗
dern, As Enprianus nun zum Tod verurtheilet
ward, und feine Miechriften diefes hörten, riefen
fie öffentlich und einhellig: "Wir wollen auch
„mit Ähm enthauptet werden, 0)! KLauren:
tius ſprach fo fehnlidy feinem Collegen Riſto
zu, da er Bingerichtee werden füllte: «Wo
„wille du Bin gehen ohne deinen Sohn, mein
»Baterz, ? „Dem diefer antwortete: Was ver
„langeſt du meines Seidens theilhaftig zu were
„den? Ich uͤberlaſſe dir die ganze Erbfehak *
„ben
d) Eufebins lib. IT. c. 25. Oröfius lib. VII. e. %. Mariyrolegikn Rom. d. 13. Märt. et 29. Tui, Cönf. Per. Ribas
eneira P. I. Vit. Sandt. d. 29. Iun. €) Procopius Gazeus in Ieſalam p. ı2. f) Damayenns lib. I.de Orthod,
Fid.c.29. 3) Maximus Taurinenfis apıd Ambrofium Serin. 77. h) Epift. ad Philipp. 1) Lugdunenfts apı
Eufebium lib. V.c. 1. k) Ibldem c. 15.1) De Fructuoſo y. Prudertius hyınn. 6. de Cor.de Vifeinio Surins
Tom. IIT. de ı9. Iun. De Adriano Bede Martyrologium Li. Non Mart. et Menologium Grer. d. 28.Ang,
m) Clemens Romanus Epift. p. 60, n)Gregerins Nazianzenus Os, de Baülio, 0) Pafıo Cypriani p.13\
416
u Dyrrachio den Diener Chriſti, Aſtium, am Kreuz
angen fahen, wurden fie bewogen, daß fie fic)
gleichfalls vor Ehriften angaben, und deswegen
leiven mußten g).
zum Tode gefüßret ward, befannte ſich auch vor ei-
nen Cpriften, und ward alsbald mit ihm enthau⸗ fi
ptetr). Eulampia ſahe, daß ihr Bruder um Chri⸗
ſti willen gemartert ward, ſprang daher mitten in
den Kreis zu i
Geſelſchaft, da fie alle beyde in Del geſotten wur⸗
den; wie man von ihnen liefet s). Cinsmals ge-
ſchahe es au) , Daß etliche Chriſten bey der Mar⸗
fer ihrer Brüder ſtunden, und mit Augenwinken
= zur Beftändigkeit anmaßneten. Endlich aber
onnten fie fich nicht enthalten, daß fie “nid, her—
„vor raten, und fid) auch für Chriften bekenne⸗
en, 9. Andere wollten auch ihre Mitbruͤder
zur Standhaftigkeit in der Marter erm hnen,
machten es aber fo offenbar, daß fie ſich b.y den
Feinden verriethen, und ein gleiches leiden muß-
ten u). Secunda fahe ihre Schwefter vor dem
Kichter um Ehrifti willen peitfchen, und rief dar-
über zu. dem Richter: Warum thuft du meiner
„Schwefter folhe Ehre, mir aber Schmad), an?
„saß uns doch alle zugleich peitfchen, weil wir al-
„te beyde Chriſtum befennen, x). ; Womit fie
denn anzeigte, wie fie die Marker für ihre größte
Ehre, und die Geſellſchaft derſelben mit ihrer
Schweſter fuͤr lauter Freude hielte. Gleichwie
zweh andere Chriſten bey der Marter ihres Bru⸗
ders öffentlich) fagten: "Warum verdammeft du
„Diefes Mannes Glauben, den wir doc) mit ihm
„gemein haben, und, peinigeft in allein? Sein
„Glaube ift auch unfer Glaube, mir haben einer-
„ten Vorſatz mit ihm, y). Ein gleiches Ver:
langen gab jener Märtyrer Duirinusan den Tag,
wenn er vor feinem Tod alfo betete: HERR
FIeſu, laß mid nicht von diefem Vorſatz abge:
wandt werden, fondern nimm meinen Geiſt auf,
„und vereinige mich mit deinen Zeugen in der
„ewigen Ruhe, 2)! Und. Euſebius: “Lob fey dir,
„Her JEſu Ehrifte, daß du mic) genoürdiget
„haft, mit deinen Knechten zur ewigen Herrlich
„teit zu bringen a)! 5
p) Ambrofins lib. I. Offic. c. 41.
Odtobr. et in Menologio Grac. h. d.
n.4. x) Martyrol, Rom. d. XI. Iun.
3.3. Don der erften Chriſten Pflichten und Beseigungen gegen einander.
„ben; p): mie auch hernach gefchabe. Als etliche
Selici begegnete einer, als er fi
pm, umfieng ihn, und leiftete ihm
13. Dergeftalt waren die vechten Chriften: ges
finne wegen der Gemeinfchaft der teiden in dem
Zeugniß von Chriſto. In andern Noͤthen aber
thaten fie dergleichen , daß fie ſich nemlich der Trüb-
alen zum wenigften mit herzlichem Mitleiden
theilhaftig machten. : Eyprianus ſchriebe von fi
elbft und andern: “Wer wollte nicht in fol
„allen fichs jammern laffen, und dem Schmerz
„der Brüder für feinen eigenen achten? Die Ger
„faͤngniß unferer Brüder müffen wir für die un
„ſere halten, und derer Elend, die in Gefahr find,
„für das unfrige, teil wir zu einem Leib vereini-
„get find, 6), Andere fegten dergleichen in fol-
chen Begebenheiten; *Es heißt nicht nach der die⸗
„be wandeln , wenn man ſich von der Einigkeit
„oer Brüder alsdenn rennetic). Denn das ift
„ein vechter Chrifte, der fich Durch das Elend aller
„bewegen läffet, der feinen Armen unterdrucken
„läßt, der mic den Traurigen trauret, den Schmer⸗
„zen des andern fo ſehr fuͤhlt als feinen eigenen,
„oder durch der anderen Weinen auch zum Wei-
„nen bewogen wird d). Und wer die wahre tie
„be hat, der beſchuldigt nicht die andern, wenn fie
„fallen , fpottet nicht. deren, die. da ftraucheln, fon»
„ern hat Mitleiden und hilft ihnen, uͤbergehet
„den Bruder niemals in der Noth, e), Die
ſes war abermal ein ſchoͤnes Kennzeichen der rech-
ten Bruderliebe, wie fie fid) in der Noth des
Naͤchſten thaͤtig erwies. Deswegen geſchahen
ſolche und dergleichen Ermahnungen an die Bruͤ⸗
der: Werdet ja nicht müde Gutes zu thun, ſeyd
„nicht unter denen, zu weldyen gefagt wird : We:
„he denen, die Die Geduld verloren haben! Es
„wird zu allen und zu einem jeden inſonderheit
„geſagt: Wir find einer in Chriſto, wir find ein
»seib,, :; (alfo ſollen ja die Glieder des andern
Schmerzen; empfinden) f). Vergeſſet ja nicht
„des Mitleidens , denn diefes hat den HEren vom
„Himmel herab gezogen g)! Leider mit: den Elen⸗
„den, denn der Lohn davon wird groß feyn h).
14. Zu folchen Zeiten wurde es nemlich am mei-
ften offenbar, “ob seiner gern micleidig und bruͤ⸗
„verlieh gefinnet war. Denn wer in der Moth
„feinen Bruder verlies, deflen Liebe warnur er
sscheley und Verſtellung. Wer aber in der
ae ST . He n⸗
O Aarthrolog. Rom. d. VII. Iul. r) Ibid. d. XXX. Aug. 5) Ibidem d. X.
t) Id.d. X. Decembr.
y) Ada Paflionis eorum. Conf; de Digna quadam Eulogiws lib III.
u) Acta Martyrum ap. Baronium A. CCLXII.
Memor. Sand. c. 8. et Arsurus de Monflier in Gynzc. S. d. XIII. Iun. de. Lucio Eufebius lib. IIII. H. E.
c. 17. de Petro. Idem lib. VIII. ce. 6. Nicephorus VII. c. 3.
Z) Gregorius Turenenfs lib. I. Hift. Fr. c.25.
a) Ado Viennenlis Martyrolog. VIII. Kal. Sept. b) Epift. 62. c) Bafılins M. Orat. de Humilit. d) Au-
guftinus de Vita Chrift. c. 14. €) Ephram Syrus lib. de Virt. et Vit. Le. £) Anguftinns in Pf. 26. g) Nilus
in Parznef. dec. 18. h) Id. dec. 19. Conf. Baflins M. Ep. 63. et 68.
*
iebe
*
5.Cap. Don ihrem bruͤderlichen Mitleiden und wirklicher Hülfe in leiblichen Anliegen. 417
rBruͤder zu ſeinem eigenen / denn dieſer litte
Mit allen zugleich, 2 Cor. ı1. Die war eben die
„rechte Liebe, wenn fie ihren eigenen Nutzen hinten
„anſetzt, und fürdenjenigen forget, den fie zu lie—
„ben vorgibt i). Und diefes war wol eines der
„ſtaͤrkſten Bande, dadurch die Ehriften fich einan-
„der verbinden Fonhten, wenn fie nemlich in Leid
„und Freud mit einänder Gemeinfchaft harten. Da
ſie nun gleich etwa ſelber ferne vom Elend waren,
„fo waren ſie doch nicht ohne Mitleiden gegen ande ⸗
„re. So bald ihr Naͤchſter etwas leiden mußte, ſo
„ward ihnen feine Noch gemein, k). Sintemal
bey denen, die rechtſchaffen waren, dieſes richtig
eintraf, und, unausbleiblich aus ihrer Siebe loß:
„Weil fie ein Leib in der Einigkeit des Glaubens
„iparen „ſo hatten fie aud) einen Sinn in der Ge-
„duld 1). Siewarenja Brüder und Mitknechte
„untereinander, ſo war tenn aud) die Hoffnung,
„Freude, Schmerzen, teiden und alles unter ih»
„en gemein, weil fie einen Geift von ihrem gemel-
„nen Bater hatten, undalfo die Ihrigen richt an⸗
„ders als fich felbft anfehen durften. Zim wenig:
„ften war es unmöglich ‚ daß ein Glied ſich über den
„Schmerz des andern erfreuen follte. Ja, vielmehr
„der ganze Leib harte Mitleiden, und bemuͤhete fich
„dem einen zu helfen, m). Wenn demnach Nord
herein brach, forwaresfonderlich Zeit, dieſe Ber-
bindung zu erzeigen: da Fonnte man diefe Pflicht
fonderlich treiben und hoc) achten. “Sind mir
„nicht (hieß es unter ihnen,) einander näher als alle
„Brüder und Verwandte? So müffen wir nun
„auch diejenigen teiden als unfere eigene teiden uns
„jammern lajfen n).. Was unfere Naͤchſten um
„der Siebe JEſu willen übels leiden, das follen wir
zyin wage tiebemitifnen leiden, Wenn wir un⸗
„iers Bruders wegen leiden, fo ift es ein gewiß
Ren eichen, daß wir in dem Leibe der Gemeine
PH find; haben wir aber Feine Schmerzen
Mit ihm, ſo find wir ohne Zweifel ſchon von dieſem
„eibe abgefchnitten, Wenn diesicbe, ſo alle Glie⸗
„oder ſammlet, heget und lebendig macht, ficher,
„daß wir unsüber dem Sallanderer freuen, fo ſon⸗
dert ſie uns von ifremteibeab,, o). Wie fie denn
auch inſonderheit hiebey erforderten, daß man dis
alles ohne Murmeln, Beſchwerung und eigene
Ehre thun muͤſſe, und alſo wahrhaftig ſich als ei⸗
nen Bruder und treuen Helfer erzeigen.
15. Nun kann manleicht gedenken, wie folches
a —ı — EEE FF FA
sehnfäkig war, der machte mit Paulo das Elend
Mitleiden denen Bebrängten Epriften ein groffer
Troft gewefen , und das berrübte Herz derfelben in
dergleichen ee wenig durch die Gnade
GoOttes erquicket habe. Denn (mie fie aus der Er-
fahrung davon zeugten,) die Gemeinfchaft der feis
„ven und des Seufzens bringe denen Berrübten
„groſſen Troft p). Und der Genuß des Bruders
„troftes ift ein Theil der Fräftigiten Arzenenen im
„Elend, und wenn einem mit guten Worten zuge-
„ſprochen wird, erleichteresdiemüden Seelen nicht
„wenig g). Bisweilen ward auch diefer tröftli«
che Zuſpruch vielnöthiger und nüglicher, als die auf-
ferlihe Hülfe: Denn diefesthate ein Freund auffer
fich, aber in dem Mitleiden gab er gleichfam ſich
ſelbſt, und was in ihm innwendig warr). “Solch
„bruͤderlich Mitleiden gibt der Fampfenden Seele
„freylich eine groſſe Hülfe, und miderfteher den
„Stuͤrmen der Anfechtung alseine Mauer,,, weil
esnemlich aus wahrer Ehriftlicher fiebe, und diefe
aus einem lebendigen Ölauben herkam, der jaden
Satan unddie Welt überwindet s), Wie alfoein
frommer Matın von fich befenner, “daß ihm die
Gemeinſchaft des Seidens eines Bruders einen ſuͤſ⸗
„fen und groſſen Troſt gegeben habe, weil fiebeyde
„nach des Herrn Willen auch einerley Wort gefuͤh⸗
pretyt). Welcher auch anderswo fehr offenberzig
ſchreibet, „daß ihm die Liebe CHriſti feines HErrn,
„in welchem u. durch welchen er mit allen Chriſten,
„als mit Gliedern eines Leibe, verbunden fen, nicht
„zugelafjen Babe, zu’fchweigen in der Traurigkeit
— ruders, und ihm ſein Mitleiden und
„Troſt zu entziehen,, u). Und dieſe Bekenntniß
mag ihm wohl von Herzen gegangen ſeyn, mweilein
anderer von ihmbezeuget, “er habe alle Niederge⸗
»„fchlagene aufgerichtet, alle Bittende mit guten
„Worten und heilfamenZureden gerröftet; er Babe
„die Zagenden ermuntert, die Allzuͤheftigen befänftiz
„get, bald mit Worten, bald mit Werfen und Er-
„enpeln gebauet,, x). Gleichwie von einem an:
dern ſtehet, Ler ſey ein vortreflicher Tröfter gewe—
„ſen, und habe einen jeden mit feiner groſſen Liebe
„erquicket und geheget, ſo gar, daß er für feine
„Brüder ʒu ſterben bereit gervefen,, y). Und noch
von einen, “es fey Feiner traurig von ihm wegge⸗
„gangen,der über Unrecht oder Unglück feufzen můſ⸗
u. ; fondern er ſey von ihm erfreuet und getroͤſtet
„worden, z). Alſo fchrieb auch ein Biſchof an die
bedrangte Gemeine in Africa: “sieben Brüder,
„die Glieder leiden bey uns mit euch allen, weildie
‚ganze
99
i) Comm. ina Cor. VI. ap. Ambrof. k)Chry/aß.hom.22.inRom. 1) Panlinus Epift.37. m) Terzull.lib de Pa
nit. n) Merius hom. ap. Photium Cod. 271. 0) Audor lib.de Salut. Docum.c.52. p) Bafılins M.Orat.Mor.
ı2. 4) Hieronymus Epift. ad Amic. Aegr. r}Gregorius M, in Moral. ad Iob. XXVIII. 25.
t)Idem Epiſt. i. u) Id. Ep-37. x) Praniusin Vita ap. Surium.
z) De Euphronio Forsunarus lib, III. Carın,
kib. UI. Perfec. Vandal,
#
*
N ı s) Paulinus Epiſt. 37.
y) De Cypriano Vnizibirenfi Fidor Vricenfrs
418
„ganze Gemeine einseibilt. Euer Trauren iſt all⸗
„jeitunfer Jammer geweſen, wir ſeufzten ofte über
„euer Elend, wie uns Die Liebe Dazu triebe,, 2):
Jngleichen bat einer feinen Freund, daß er ihm
doc) nicht alles Elend der Brüder erzehlen möchte,
weil fein Schmerz dadurch nur vermehret wuͤrde
b). Ja, er geftundegern, “daß ihm fein Teoft
„recht ing Herz wollte gehen, wenn er einen Bru⸗
„der verderben müffe feben e). *
- 16, So weit erſtreckte ſich die Huͤlfe der wah⸗
ren Chriſten, im Fall ſie nicht wirklich Hand an⸗
legen, und auf aͤuſſerliche Art beyſpringen konn⸗
ten. Denn es geſchahe alſo, mas einer von ſich
erwehnet, daß ſein Herz fo ſehr betrübt worden,
als er viele feiner Micchriften voll Elends und
Sammers zu ſich fommen ſehen, und ißnen doch
nicht helfen konnen, ob er gleich gerne gewollt d).
Wor inne fie denn abermal von denen Heuchlern
und falſchen Bruͤdern unterſchieden waren, wel⸗
che ſich mit der Unmoͤglichkeit bey der Noth ih⸗
res Nächften entſchuldigen, ungeacht es ihnen
an Mitteln nicht mangelt zu helfen. Davon
jener recht wohl ſaget: “Was ift Das vor eine
„Barmherzigkeit, daß man. zwar einem Men:
Iſchen gerne das $eben gönnt, aber ihn doch
z,in der Noch nicht erhält? Das ift gewiß eine
„graufamesiebe, welche mit den Elenden Mitlei-
„den haben, und doch denen nicht helfen will, wel⸗
sche verderben follen,„e). Anders aber gienges un:
ter den erften und rechten Ehriften zu, bey welchen
das wahre Kennzeichen galte, daß fie aud) ihr Ke-
ben für die Brüder zu laflen bereit waren,
Joh . 3,16. gleichwie der Heiland felber diefes als
den größten Grad der Liebe angibt, Job. 15, 13-
Darüber auch diefelben ganz einig waren, und
folche dem Fleiſch und Blut entgegen laufende
gehre dennoch als göftlich und heilfam annahmen.
ie erkannten das Sterben für die Brüder,
als ein Werk groffer Liebe f). Und feßten
fonderlich diefe geiftlihe Urſache hinzu, „wenn
„‚man nemlic) gerne fähe, daß die Brüder gottfe=
s,lig leben möchten, und deswegen gerne und mit
„Nusen fein Leben für fielaffen wollte, 2). Und
hie zu fuchten fie nad) und nach ftuffenweife zu
gelangen, indem fie “damit anfiengen, wenn fie von
„ihrem Ueberfluß den Dürftigen mitteilten, und
„fodann weiter von GOtt fich durch Die Hoffnung
a) Agapetus Rom. Epift. ap. Baronium A. DXXXV.
€) Id. Epift. 70.
3.3. Von der erften Chriſten Pflichten und Bezeigungen gegen einander.
„des Fünftigen Lebens naͤhren lieffen. Darauf
„fie endlich zu folcher Vollkommenheit gelangen.
„mochten, daß fie ganz willig und bereit war
„für die Brüder ihre Geele er geben,, bh). Bel
ches alles nach dem Erempel der uͤberſchwaͤngli⸗
chen Siebe JEſu CHriſti geſchehen mußte, als “wel⸗
„cher auch für alle nach dem Fleiſch geſtorben,
„damit die Seinigen nicht ihnen felbft allein les
„benlerneten,, ). Aus dieſer Liebe follte die ihri
ge entzündet und gemehret werden, daß ſie auch
mit einander fterben konnten (Tuverapvven %,
suvanoInenew) K).
17. Welche num von dem Geift der Siebe AN
der Zucht dahin gebracht waren, daß fie willig
fich erzeigten In, Bes felanngen und anderer Mord,
mie und für einander den Tod zu leiden, die
fonnte man mit befferm und höherem echt.
cuvamogvgexovras vder Mitfterbende a
nen, als etwa die blinden Für Dan IR
dieſen hat man zwar Exempel, daß etwa Bruͤder
für einander geftorben feyn, welches auch von
den Ihrigen fehr heraus geftrichen wird D: Aber
es geben es doch alle Umſtaͤnde, daß folche Dinge
von innen entweder aus Zivang, oder eiteler Ehre
oder andern falfchen und böfen Abfichten gefche-
ben m), mie die Hiftorien es ausweiſen n). Ob
wol inzwiſchen man nicht in Abrede feyn kann, daß
das beriderliche Band der natürlichen Liebe, oder
auch, die genaue Freundſchaft auch wol den Tod
verſchmaͤhen Fönne, wenn Die Zuneigung redlich
iſt. Dahero aud) die Heyden riethen, daß man
im Öefechte die Brüder und guten Freunde zufam-
men ftellen folle, damit fie einander defto treuli-
cher beyftehen möchten o). Unter denen Chriften
aber war der Glaube zuerſt fo Fräftig, unddie Liebe
fo ſtark mie der Tod, daß fie Feine augenfcheinliz
che Gefahr ſcheueten, worinne fie einander Bel:
fen konnten. Welchesihnen keinesweges vor eine
Art des, frevelhaften elbftmords sub
war, weil fie den Flaven Willen GOttes vor ſich
harten, und es allezeit in der Köchften Noch zu ei-
ner beilfamen Abfiche ehaten. Wenn nun gleich
ihre Tod oder Marter nicht allezeit erfolgte, ſo ſahe
doch der HErr ihr Herze an, und nahm fie auch
disfalls an als ein völliges Opfer, indem fie ſich
dem HEren im Gehorfam aufgeopfert, und für
5 ihre
p. 245. . b) Bernhards Epift. 73. et 85. ad Rainaldın
dy Hieronymus pr&f. ad lib. II. in Ezech. e) Yalerianus Cemelienfis homil. 7. f) Au-
guſtinus Tract. 51. in Ioh. g) Idem lib. VIII. de Trin. e. 7. h) Idem Tradt. 6. in Ioh. Epiſt. i) 4m-
brofins Serm. de Fun. Satyri. K) Ephram Syr.\. e.
Pythia’ Tactantius lib: V; c. 17. et Ambroj. de Virgin.
l) Quintilianus Declam., 9%. m) Vid. de Damone et
n) De Horatiis & Curiatiis Zizins lib. I. Dec. I.
Florus Üb. I. &. 3. Valerius Max. lib. VII. e. ı. collat. cum Auguft. lib. III. de Ciu. Dei c. 14. De Scipio-
hibus Gellius lib. VAL c.19. Senera Confol, ad Polyb.c, 33. de milite quodam Zefimus lib. III. c. 6. 0) Ono-
dander 6. 33. Stkategic,
L)
—
er er - ä = RIO >
5. Cap. Von ihrem brüderlichen Mitleiden und wirklicher Zuͤlfe in leiblichen Anliegen. 419
—t — — — — — — — — — ——— — — — ——
ihre Brüder dargeſtellet hatten. Alſo verfichern
Er zu Smyrna von Bertio Epagatho;
„daß er bereit gewefen, um der Verteidigung
„willen für feine Brüder das geben zu laflen,, p).
Zacharias, ein Aelteſter ließ nicht nach auch mit
„Gefahr feines Lebens die Brüder zu vertjeidigen,,
9), Epprianus war gleichfalls bereit “für die
„Brüder zufterben, und ſich freywillig der Mar»
„ter zuübergeben. ya, er fuchte immer Gelegen-
„beit denen Bekennern Gefellfchaft zuleiften, da er
„hen an Muth und Kraft ein folcher Befenner
„wary nr), Welches alles ben ſolchen Herzen
vom der Fülle der Liebe, und diefe von dem
Seiligen Beift und feinen Wirkungen Berrüß:
tete; wie der Scribenteredet s), der folche Exem⸗
pel bin und wieder aufgezeichnet bat.
18. Etlichen Fam es auch wirklich dazu, daß
fie mit und für ihre Brüder fturben, da fie ent-
weder ihnen Troft zugefprochen,, oder andere noͤ⸗
thige Hülfe gethan, und darüber von den Feine
ben angefallen wurden. Alfo foll Eutropia, nad)»
dem fie dreyzehen Märtyrer im Gefängniß befucht,
mit ihnen zugleich durch erfchreckliche Marter hin:
gerichtet worden feyn t). Zu Zeiten Diocletiani,
des Tyrannen, hatte Albanus einen Ebriften bey
fic) zur Herberge, und da diefer von den Feinden
Hefuchet ward ‚- ließ fich diefer von denfelben lieber
zum Tode führen, als ei er jenen verrathen hät-
teu). Ein anderer, mit Namen Eyrillus, reichte
nur der Maärtyrin Anaftafia einen Trunk Waf-
fers, und ward alsbald gegriffen, daß er die
Marter zu Sohn dafuͤr befam x). Ein gewiſſer
Scribente berichtet auch von feinem Bruder vor
gewiß, “daß er viel lieber habe für andere fterben
„wollen, als ihm felbft leben,, y) ‚oder nur das Sei⸗
nigein der Weltfuchen, Von vielen andern zeu⸗
get ein fehr alter Mann diefes glaubwürdig, wie
- pP) Apud Eufeb. lib. V.c. 1. g) Rufinus lib. I.c.1. r) Vidter Vricenfis 1. c.
e3 zur Peſtzeit zugegangen: „Viele unter unfern
Bruͤdern Kir en Beat Siebe alle Sorge für
„ihre eigene Wohlfahrt fahren laſſen, und fich fe fer
„fte an einander gehänger, daß fie zugleich mit
„einander dahin gejtorben find, mern fiedie Kran⸗
„een befuchten, und ihnen dienten, 7). Und
insgemein fchreibee ein anderer von den evften
Zeiten: Naͤchdem die Wahrbeit ſelbſt bezeuger
„bat, daß niemand gröffere Kebe hat, als daß er
„ſein Leben gebe für ine Freunde: fo hat ſich die
„Gleichheit der Freunde unendlich vermehrt,
„Denn wie viele haben nicht allein das hrige
„um ihrer Brüder in CHriſto willen verloren, fon«
„dern auch alle Marter ihres Leibes willig ausges
„ftanden, und gar ihr geben für ihre Freunde ge
„laflen,, a)? Man fieher, daß diefes nicht erdich⸗
tet fen, aleich anfangs aus dem Erempel Pauli
felber, der von fich ſchreibet, er ſey willig geweſen
feinen Brüdern auch fein Neben witzuthei⸗
Ion, ı Theſſ 2,8. er wollte gerne dargeles
get werden für ihre Seele, weil er fie febe
liebe, 2 Cor. 12, 13. Dergleichen er. auch dem _
Aquilaͤ und der Prifeillä nachruͤhmet, Röm. 16, 4.
daß fie ihre Hälfe für fein Leben darge
geben. Johannes that, desgleihen, da er
zu einem verlornen Juͤnglinge fo herzlich fprach :
Ich will deinen Tod willig ausſtehen,
ich will meine eigene Seele für deine dar—
geben b). Von andern zeuget Elemens, “daß
„er viel gekannt habe, welche ſich felbit, andere
Zu befreyen, ins Gefaͤngniß und in Die Sclave:
„ren gegeben,,, und dergleichen Proben einer äuf-
ferften ticbe abgelegt c)._ Wie bernach aud) ein
Lehrer zu den Seinigen fagte: Er wüßte nicht,
„was er nicht für fie gerne leiden wollte, weil fie
„feine Brüder, Mitglieder und Kinder wären,
welches er von allen $ehrern fordert d). Hievon
aber bald ein mehrere,
s) Eufeb.\.c. *) Martyrolog.
Rom. d. XXX. O&tob. u} 1b. d. XXIL Iun. x)Ibid. d. XXVIU. O4. y)Ambrof.Or. deSatyro. z) Die.
nyfins Alexandr. in Epift. a) Cafiodorus de Amic.
b) Eufebius lib. UI. c. 2% C)Ep.p-7%. dh Chryfaf:
hom. 20. de Fuga ad Audit, qui et conf. kom. 6..de Laud. Pauli.
Das
a
——
66 apitee
Von ihrer bruͤderlichen Gemeinſchaft in geiſt ⸗
420
lichen Anliegen.
Summarien.
; 21 Dee
enhülfe in geifklichen Anliegen nach: der Lehre CHriſti und der Apoſtel; $. 1. fonderlich nach dem Erempel Paull und
B Moſis, dadurch viele erwecket wurden. 2. Groſſer Ernſt und Eifer der Chriſten für die Seligkeit ihrer Brüder; 1002
durch folche erwecket worden : die Lehrer ermahneten ihre Zuhörer dazu: Erempel Enpriant: 3. Solche Geelenforge gieng
alle Ehriften an: Vermahnung dazu: Gründe: 4. Dadurch fuchten fie ihre Brüder vor einem Sündenfall zu bewah⸗
ren, oder aus dem Gündenfall wieder aufzurichten, je mehr er Herzeleid gebracht. s. Worauf fich folches alles gegrünz
det. 6. Ihre wirkliche Traurigkeit über die geiftliche Noth der Brüder: Erempel Pauli und anderer. 7. GSolches Mitlei-
den war noch geöffer bey denen, Die in gleiche Fälle gerathen waren, mern auch der gefallene Bruder über folch Mitleiden un:
willig wurde; ſonderlich jammerte fiees, wenn ein folchen in feinen Sünden hinftarb, 8. Golche Seelenforge hbten’fie in
der Kraft des Geiftes von Herzen, ſonderlich durch ein gut Exempel, 9. welches groffen Nusenhat, 10. auch nureineseinigen
bewährten Ehriften: Erempel; daher hielten fie die Lebensbefchreibungen hoch, erwaͤhlten das Gute daraus, Ierneten aus ihrem
Schaden Elug werden, trugen ſolche einfaltig vor. Was gute Erempelvor Wirkung haben. ır. Warum man das Peben und
—
den Tod der Märtyrer in der Gemeine vorgeleſen; Paulus ruͤhmete auch bey andern die Gaben, ſo er dey diefem oder jenem fun⸗
de: Gleichniß: 12. Das war die beife Art zu erbauen nebft dem Gebet, 13. fo CHriftus anbefohlen ; auffolche Fuͤrbitte ſetzten
[3
ein
die inger SEfu ihr Vertrauen mit getroſtem und freudigem Muth. 14. Zeugniß von ihrem allgemeinen Gebet, darinn fie
eheimniß erfenneten. ıs. Vermahnung zur Fuͤrbitte für ale Brüder: 16. Vortheil und Kraft folcher Sürbitte: Zeugniß .
davon: 17. Daher die Apoftel 5 — ganze Bruͤderſchaft beteten, wie auch andere nachgehends; 18. fonderlich verlangten fie
fehr nach anderer Fürbitte, in
$
ann fich denn diefe Willigkeit bey denen
Kindern GOTTES in zeitlichen
und leiblichen Angelegenheiten fo
herrlich geäuffert Bat, was ſollte nicht in höheren
und geiftlichen Dingen von ihnen gefchehen feyn;
Je höher fie diefe vor jenen achteten, je gröf-
fer war auch ihr Ernft und Eifer, darinnen
dem Bruderzudienen. Ya, fie befiimmerten ſich
eben nicht fo ſehr um irdifche Morhdurft, als nur
foferne etwa die geiftliche Damit verfnüpft war ;
wie wir bereits im vorhergehenden Eapitel haben
abmerfen mögen. Es war ihnen dieſe Pflicht fo
ernftlid) anbefohlen, theils insgemein durch das
Gebot EHrifti von der Liebe, theils abfonderlich
durch den Unterricht der Apoftel. Geſtalt fie fich
verpflichter fahen, alles, was zur Befferung
unter einander diente, zu ſuchen. Rom. 14,
19: c. 15,2. Damit ein jeder dem andern mit
der Babe diente, wie er es empfangen bat:
te, als. ein guter Zaushalter, 1.Detr. 4, 10.
Alle aber insgemein mußten auf einander acb-
tung geben, zu der Liebe und guten Werfen
zu reisen, Ebr. 10,24.
allezeit ringe in Gebeten, damit fie vollfom:
men und in allem Willen BÖttes erfüllet
werden, Coloſſ. 4. darum, meil er, groffen
Fifer babe für fie, verf. 13. Als er auch von
fich felber mit Wahrheit zeugen Fonnte, daß
er groffen Kampf kabe für die Eolofler und an-
a) Chryfofom. hom. 15. in Rom. b) Theodulus inh.l. Eulogius lib. adu. Nouat. ap. Photium Cod. 380.
Welches dann Paulus,
von Epaphra ruͤhmet, daB er für die andern
onderheitdie Märtyrer; Erempel5 19. doch wurden fienicht ficher Dabey. 20,
I f - r
dere, 2,1. Wovon feine ganze Lbensbeſchrei⸗
bung, und fuͤrnemlich die Apoftelgefchichte fatt:
fam Zeugniß abftarten. Eben wie Clemens
bald hernach von denen Corinthern ruͤhmet, “Daß
„fie Tag und Nacht Rampf gehabt für die gan—
„e Brüderfchaft, Damit die Zahl der Auserwaͤhl⸗
„ten felig würde mit Barmberzigfeif und gutem
„Gewiſſen.
2. Inſonderheit iſt von Paulo das Bekenntniß
merkwuͤrdig, welches er nach dem groſſen Maaß
ſeiner Liebe von denen Juͤden hinterlaſſen, da er
nad) der Wahrheit in CHriſto und mit feinem
Gewiſſen in dem Heiligen Geift bezeuger, daß
er gewünfcher babe für feine Brüder nach
dem Steifeh (die Juͤden) von CSriſto verban:
ner zu ſeyn, Rom. 9, i. 2. 3. Welche Worte
die meiften dahin deuten, daß er “aus Berzli-
„chen Verlangen nach dem Heil der Süden und
„der Herrlichkeit CARFSTF diefes gewuͤnſchet
„babe, damitfie felig würden, unddie Schmad)
„einmal aufbörte, auch niemand mehr meynen
„eonnte, als hätte GOtt ihre Vorfahren Binter-
„‚gangen, Denen er fo viel Öutes verfprochen, und
„nun gleichtwol den Heyden zukommen laffen,, a).
Und dabey erinnern fie gar wohl, wie Paulus da-
mit “nicht verlanget habe, von CHriſto gebannet
„und gefchieden zu feyn,,, fondern vielmehr diefes
aus lauter Siebe und Zuneigung zu EHrifto ges
fchrieben habe b). Gleichwie etwa Mofes auch
zu Gott gefprochen, er follte ihn eher aus feinem
i Buch
4
J
u
"6. Cap. Von ber brüderlichen Bemeinfebaft in geiftlichen Anliegen.
Buch tilgen, wenn er die Iſraeliten vertilgen wollte,
2 Buch Moſ 32, 32. Da ſie doch beyde a ge:
wußt Baben, daß fievon GOtt nimmermehr Fönn-
ten gefchieden werden, indem fie aus lauter Liebe
zu dem böchften Gebot, GOttes Gnade felbit da-
egen lieber ftehen laffen ce). Welches die Alten
illig als eine groſſe Standhaftigfeit und Ber:
leugnung anfahen d), und dazu vo daß der
Apostel hierinnen Chriſti feines HErrn Erempel
ER vor Augen gebabt babe, als welcher auch fein
eben für feine nde gelaffen, und ein Fluch
für fie wordene), Wiederum vermwundern fic)
einige böchlich über die Macht der Liebe in Paulo,
daß er, wie Mofes felber, “als eine liebreiche Mut:
„ter gehandelt, die lieber mit ihrem Kinde zugleich
—— leiden will, als daß ſie ohne ihr Kind ef
„fen follte,, f). Dabey fie auch einen andern
Grund hinzu feßen, wieferne Paulus von Chriſto
gefchieden * wollen, nemlich alsdenn, wenn er
8 von dem geheimen und füllen Umgang mit
hrifto im Geift auf eine Zeit entziehen müflen,
und wiederum aus feiner Ruhe in Die Arbeit und
Geraͤuſche diefer Welt herab laffen g). Demfey
aber wie ihm molle, fo hat doch diefes Erempel
Pauli viele Chriften zu folchem Eifer für die Se:
ligfeit ißrer Brüder erweckt, alfo, daß auch in fol
genden Zeiten, da die Siebe durch die vielen Strei:
tigfeiten ſehr erfaltete, ein gewifler Lehrer dennoch
offenherzig von fich fehriebe, “er wolle gerne für
„die. Macedonianer (eine gewifle Secte felbiger
„Zeit,) verbannet feyn , wenn fie nur fich wiede-
„rum vereinigen wollten h).
3. Diefes ift überhaupt gewiß, daf die Chri-
ften, als fie noch über der erften Liebe hielten, hier—
innen einen groffen Ernft und Eifer famt einer
ernftlihen Bemuͤhung für die Seligkeit ihrer ch
Brüder und aller Menfchen insgefamt erwiefen.
Angefehen fie auch allzeit auf ihre Bereinigung
unter einander und die Daher entftehende ſchwere
Pflicht gefeben haben. Und wann fiedie Urfachen
diefer ihrer Sorgfalt angeben, oder Widermillen
und andere Hinderniffe ablehnen wollten, fo be-
ruften fie fich auf diefes ihr Bruderrecht. Gleich-
twiedavon einer, der an die Ehriftliche Weiber ei:
ne Bermahnung thun wollte, alfo anfieng: “ch
„unterwinde mich, euch anzureden in einer Sache,
„die eure Seligkeit bei ‚ nad) meinem Necht,
„das ich, als euer Mitknecht, disfalls Habe,, i).
428
Und ein anderer: “ch werde hiezu getrieben nicht
„allein Durch die Liebe und Dienft, den ich dir, als
„meinem DBefannten, fehuldig bin, fondern auch
„ourch die, die ich der ganzen Gemeine leiften
„muß, wenn der HErr durch meine Arbeit Diejes
„rigen, die er zu meinen Brüdern gemacht hat,
„etwas erbauen will, k). Wie denn aud) die
Lehrer felbft nicht unterlieſſen, die Ihrigen insge—
ſamt ſehr ernſtlich dahin zu halten, daß ſie alle fuͤr
einander in geiſtlichen Angelegenheiten wachten
und ſorgten. Denn es war jo ferne von ihnen,
daß fie die Seelenforge auf fich alleine nehmen,
und denen fo genannten Layen hätten entziehen ſol⸗
len, daß fie vielmehr einen jeden infonderheit ver-
mabnten, nicht allein für feine, fondern aud)-fei-
nes Druders Geele treulich zu forgen. Dazu
triebe fie die Schwerigfeit ihrer Pflicht, welche
die rechefchaffenen Lehrer wohl fühlten, und dahe—
vo gerne faben, wenn fie darinnen mehr Gebülfen
haben fonnten. Wie ängftlich ſchriebe oft Ey-
prianus bievon, wenn er feine Collegen und ans
dere Brüder erinnerte: Es ſtehe Feine geringe
„Gefahr denen vor Handen, welche ihre Brüder
„nicht ermaßneten, daß fie im Glauben unbeweg-
„lich ftehen follten, damit nicht die ganze Bruͤder⸗
„haft zur Abgötteren fiel und ganz verdürbe 1).
„Deswegen man den Brüdern und Schweltern
„unverdroffen rathen und helfen müflen, und fie
‚nicht laffen irre geben, Damit ein jeder dem geült-
„lichen Schwerdt und dem fünftigen Gerichtstag
„entgehen möchte m),
4. In Betrachtung diefer groffen Gefahr und
daher eneftchender Nothwendigkeit trugen fie die
Seelenforge fo weit allen Ehriften auf, als: ein
jeder dazu von dem Geift GOttes tuͤchtig gemMa-
jet war, Wie fie denn auch in ſolchem Ver—
ftand ſich nicht Seelforaer nennten oder nennen
lieffen, daß entweder die Leute felbft nicht für ihre
Seelen mit forgen, und dem tehrer allein alles hät-
ten überlaffen follen, oder auch daß fie die gemeinen
Chriſten von aller geiftlichen Vorſorge wegen ihrer
Brüder und Schweftern ausgefchloffen hätten.
Diefes ſiehet man in ihren Vermahnungen, wels
che fie an die Gemeinen deswegen thaten, “daß
„ein jeder feinen Bruder follte felig machen: Hier
„fen er befümmert, bier fen er forgfältig, (fagten
„fie,)damit wir alle mit groffer Zuverficht erfchei-
„nen in der Gemeinfchaft, und GDtt die aller-
Ögg 3 „koͤſt⸗
«) Bafılius M.Reg. fuf. difput.3. Origeneslib. VIT.inRom.c.6. d) Gregorius Naz. Orat. deFuga. €) Orige-
nes l.c. f) Cafiodorus de Amic.
Cul Fam. c. ı.
Mr “
En 2
g) Ibid. h) Gregorius Nazianz. Orat. in Pentee. i) Tersullianus de
k) Anguft. de Catech- Rud. init. 3
1} Ep.g. m) loem Ep. ıı.
*
422
„koͤſtlichſten Opfer bringen, wenn wir die irrenden
„Seelen zurecht geführet haben,, n). Ja, fie leg:
ten ihnen diefes vor, “als das wichtigfte Werk der
„Seligfeit, und als einen Beweis ihres eigenen
„Heils, da fie die fehönfte Gelegenheit zu herrli—
„cher Belohnung haben konnten, als wenn fie
nur im Seiblichen Sülfe leifteten,, 0). Und wie
bey den Lehrern diefes die feligfte Arbeit fey, alfo
fey auc) die Seelforge vor andern bey den Chri-
ften eine recht englifehe Derrichtung p). In—
dem die unvernünftigen Thiere zwar für ihren
Mächften nicht forgen, aber Chriſten, die einen
„Dater anruffen, und ihren Naͤchſten zum Bru-
„ver haben, müßten die Seligfeit aller Menfchen-
„gunft vorziehen. Denn es fey Fein Zeichen der
„eiebe, wenn man ſich nicht umſehe, was der Bru⸗
„der etwa mache q). Daß alfo es dabey bliebe,
„es fey fein beffer Kennzeichen des Glaubens und
„der Liebe zu Ehrifto, als wenn man die Brüder
„fleißig verforge,, r). Geftalt denn aud) alle an-
dere rechtfchaffene Hirten aus Begierde, die Ih—
vigen alle felig zu wiflen, diefes von Herzen wuͤn—
fcheten, was einer vor feiner Gemeine befannte:
„Ich wuͤnſche, daß bey euch diefer Eifer ſeyn moͤ—
„ge, daß ihr alle zur Liebe GOttes mit eud) hin-
„reiffet, und fie mit euch verbindet, famt allen,
„die bey euch find. Lieber ihr nun den Leib Chriſti
„und die Einigfeit der Gemeine, fo ziehet fie doch
„mit euch zum Genuß, und fprecht: Lobet mit
„mir den HErrn, u. ff. Mehmet mit euch, wen
ihr koͤnnt, ermahnet, traget, bittet, unterrichtet,
„tehree fie mit Sanftmurh und aller Gelindig-
sfeit, s). Summa, diefes war ihrer aller Mey:
nung aus dem offenbarten Willen GOttes, was
jene Ehriften bey einiger Gelegenheit ſchrieben:
„Dieſes ift bey der feften und wahren Siebe, daß
„man nicht allein ſich felbft felig Haben will, ſon⸗
„dern auch alle Brüder,„t). Und mas einer
fehr fein aus der geiftlichen Verwandſchaft ziehet,
nach den Worten aus ı B. Mof. 34, 31. Die
„Seele deines Bruders iftdeine Schweſter, ni
„du Diefelbe laffen den Lnbefchnittenen dienen, fo
„it dirs Sünde, u). Und diefes hieſſe bey den
Kechefchaffenen, “den HEren in der Wahrheit
„finden, vor wahrer Liebe zu ihm brennen, wenn
„man auch für die Geligfeit eines Bruders
„forgte.
5. Bon diefer Pflicht, fo ferne fie allen Chriſten
3.3. Don der erften Ehriften Pflichten und Bezeigungen gegen einander.
£3 — [7 — —
oblieget, iſt oben bey dem geiſtlichen Prieſterthum
Ps
*
mit mehrerm geredet worden. Hier babe ich nur
etwas zeigen follen, foferne fie aus der Vereini⸗
gung der Chriſten flieſſet. Welches nun ferner
ey Denen nod) nöfhiger war, Die etwa in groffen
Berfuhungen und anderen geiftlichen Seelen: -
noͤthen ſtacken. Da hatte die Vermahnung ftatr,
melche unter andern ein weifer Mann den Seinis
gen Binterließ : “hr muͤſſet für die, fo in Noͤthen
„ſtecken, nach aller Möglichkeit Sorge fragen x
„wenn ein Bruder mit böfen Gedanken zu ftreiten
„bat, fo muͤſſet ihr ihn allzeit ftärfen, und ohne
„uUnterlaß eurer. Aufmunterung genieffen —
„wie auch eures Unterrichts, Warnung und Tro⸗
„tes, Damit er nicht unverfehens oder nach und
nach unter Die Fuͤſſe getreten werde, und einen groß
„fen Fallvordem Satan thue„x). Wenn auch ein
Bruder entweder dem Fall und Sünde, oder an=
derm Böfen nahe oder bereits darein gerathen war,
gieng denen freuen Mitchriften daflelbe nicht nur
zu Herzen, fondern fie ſahen auch, mie fie ihm
wieder aus feiner Noth belfen möchten. Da
„feufzten fie über ihren Mächften, der hgerfün-
„diget hatte y), und hatten ein herzliches Mitlei-
„den mit feinem Elend, 2): Weil fiewohl erfann-
ten, was vor Sammer und Herzeleid esbringe, den
Herrn feinen GOtt verlaffen, Je mehr die Welt-
Einder fich freuen, wenn jieund andere ihre Suͤn⸗
den famt den Strafen häufen; je mehr jammer-
ten die Frommen, wenn fie fahen, wie der ſchwa⸗
che Bruder unmiffend den HErrn beleidiget, oder
fonft feiner Pfliche nicht gemäs gelebet hatte.
Und diefes gefchahe auch zu den Zeiten der Berfol-
gungen ernftlich, wenn etwa einer oder der andere
aus Furcht oder Heftigkeit der Marter abgefallen
war, daß fie für einander feufzefen und ihre Liebe
fi) zu allem möglichften Benftand dringen lief
fena). Jedoch lieflen fie ihr Herz eben dadurch
nicht verwirren oder in Unordnung bringen,
viel weniger zur Bitterkeit wider einigen Mens
fhen verleiten: fondern fie “forgten nur fleißig,
— Seele dem HErrn JEſu verderben
„möchte b).
6. Dis alles gründete fich auf die nahe Ver—
wandſchaft, die fie unter einander hatten. Da-
hero ruͤhrte dieſe ihre Bekenntniß und gehre : “ Der⸗
„jenige iſt aller Gottsfuͤrchtigen theilhaftig, wel⸗
„her weiß, daß die Schwachen, Armen, ——
„tan⸗
n) Chryſoſt. hom. 2. adu. Iudæos. 0) Idem hom. 2. in Gen. p) Idem hom. 3. in Ebr. q) Horn. 18. in Eph.
x) Idem hom.deS. Philogon. s) Augufl.in Pf.33. t) Smyrneufesinep.ad Valefium ad Eufeb. IV.c. ı5 n.ı2.
u) Hieronym.inEuagrium. x) Euthymius in Vitac. 107. ap. Cotelerium Tom. Il. Mon. Gr. pag.291. y)Nilus
Dec. 21. z) Bernhard,Serm, 2,de Reſurr. Dom, a)Lerrus Alexandr. Ep. Canon.c.ır. b) Augufl. Tract. 60.
‚in loh.
: * Zu
Pr b
*
N
„ſtaͤndigen und Gefallenen in der Gemeine mehr
„Wartung und Hülfe bedürfen : welcher auch mit
„folchen Seelen groß Mitleiven bat, und fie nicht
„verſtoͤßt oder verachtet, fondern mit den Schwa-
„hen leidet, Damit fie willen, wie wir alle ein Leib
„fenn, und ein Glied an dem andern hange, alfo,
„daß eines ohne Das andere nicht feyn Fann, und
wenn eines leider, fo leiden die andern mit,, c).
Alſo gieng es recht und nach des HEren Willen
zu in der Gemeine, wenn unter den Brüdern al
les gemein war, Freude und $eid,. Denn fei-
ner durfte alfo “fich über des andern Fall erhe—
„ben, und über den Niedergeſchlagenen nicht hin—
„weg gehen, d). Vielmehr war da ein Ehriftli-
ches Mitleiden und möglichfte Rettung das näch-
fte und befte Mittel. Kann ein Menfch traurig
thun, wenn ihm ein Sohn ftirbet, fo muß er viel-
mehr jammern, wenn er fündiget, und alfo geift:
licher Weife in Sünden todt ift. Verſtehet er
recht, was Sündefen, und “fieher etwas böfes von
„dem andern, fo wird er bald ihm Einhalt thun,
„und eine andere Jebensart zeigen; oder fonft ihn
„unter die rechte Zucht bringen,,e). Diefes ver-
ftunden einige darunter, wenn fiefagten, die ganze
Gemeine traure über einen Gefallenen f): Oder
auch, wenn fiedie Siebe felbft alseine liebreiche und
forgfältige Mutter vorftellten, welche ihr Innerſtes
egen ihre Söhne ausfchütte, ihre Bruͤſte gleich-
am vor Schmerzen zerreiffe über ihrem Schaden,
ie beweine und betraure, auch wiederum fammle
und zurechte bringe 8). Ingleichen wenn fieaus
den Worten Pauli Eph. 4, 30. diefes eine Betruͤ⸗
bung des Heil. Geiftes nennten, wenn er in de-
nen Srommen, als feinen Tempeln, durch die
Sünden der Befallenen betrüber werde, in-
dem er an ſich felbft nicht traurig fern Fann. Und
diefe Traurigkeit fomme “aus lauterer Liebe, die
„der Heilige Geift in ihre Herzen ausgegoflen
„bat, bh)... Welches alles gewißlich bey denen
rechten Kindern der Liebe eintraf.
7. Wie wir nunoben ihre wirkliche Freude über
den geiftlichen Woplftand ihrer Brüder erfannt Ba:
ben, alfo mangelts auch nicht an Erempel ihrer
wirklichen Traurigkeit über die geiftliche Noth
und Elend derfelben. Je näher etwa einem die
Brüder in tiebe verbunden waren, je empfindli-
cher wardisfalls der Schmerz und jetiefer er die
Noth und Gefahr hiebey einfahe, je übler gehabte er
fi) bey dem Fall oder Irrthum feiner Brüder,
c) Ambrofius Serm. 8. in Pf. CXVIII.
6. Cap. Don ihrer brüderlichen Bemeinfebaft in aeiftlichen Anliegen.
d) Tertullianus lib. de Pcenit.
423
Das wußte Paulus wohl zu befchreiben, wenn er fei-
ne Sorge für alle Gemeinen anzeigte: Wer ift
ſchwach und ich werde nicht ſchwach? wer
wird geärgert, und ich brenne nicht ? 2 Cor. Ir,
28.29. Ingleichen da er ferner bezeuger, wieihn
fein GOtt zu demütbigen pflege über die, ſo ge⸗
ſuͤndiget haben. c. 12,21. Einer von feinen treuen
Nachfolgern in der tiebe und Geduld JEſu fehrei-
bet ein gleiches von fich, “er leide und erfahre nun,
„was eben diefer Apoftel empfunden Babe, weil er
„mit feinen Brüdern leide und Schmerzen babe
„über denen, fo gefallen waren, und durch die ſchwe⸗
„re Berfolgung niedergefchlagen worden. Es ſeuf⸗
„zeten zivar alle Brüder über den Fall der andern,
„eraber fühle es gar genau, wie fie gleichfam von ſei⸗
„nen Eingeweiden einen Theil mit ſich zögen, und
„er einen fo groffen Schmerz durch diefe Wunden
„erleide, als wenn fie ihm felbft gefchlagen. waͤ—
„ren, ). Micht anders befchreibet noch ein treuer
Lehrer feinenSchmerzen “Sein Herze verſchmach⸗
„te über der Unruhe der Brüder, und uͤber die, foin
„Sünden fortführen. Er traure auch uͤber die, fo
„orauffen feyn, und trage groſſe Sorge derer wegen,
„die noch in der Gemeine ſeyn k).
8. Bon einem frommen Mann zeuget ein geroifz
Scribente in feiner sebensbefchreibung, “dafs
„wenn ihm einer feine Fehler bekennet Kätte,
„ſo habe er fo heftig vor Mitleiden geweinet,
„daß er den andern felbft mie zum Weinen
„bewogen; ja, wer ihn hatte fehen ſollen, ‚der
„würde gemeynet haben, er liege zugleich mit
„dem Gefallenen in folchem elenden Zuftand,1).
Wiederum ſchreibt ein anderer bekannter deh⸗
ver an einen Verirreten: “Es fen fehr traue
„tig zu Bören, daß er von den Böfen auf ihre
„Seite gezogen fer. Denn wie follte die
„Trennung eines fo lieben Bruders nicht trau⸗
„rig und elend fenn,, m)? Und noch einer in ders
gleichen Meynung: "Wir Batten uns fehr er-
„freuet, daß du der Gemeine einverleiber wareft,
„aber nun betrüben wir uns defto heftiger, daß du
„dich entzieheft von unferer Gemeinfchaft,, m).
Ueberdis war das Mitleiden noch gröffer bey denen,
die etwa in gleiche Fälle gerathen waren, weil fie
erfaßren hatten, roie ſchwer es disfalls zugehe, das
Herze wiederum in Ruhe zu bringen. Alfo fehries
be einer von feinen gefallenen Brüdern; “ch bes
„daure, daß ich eben indergleichen Stricken gewe—
„fen bin, aber ic) freue mich, daß mir daraus ges
. „ho 2
e) Auguffin. in Pf. 37. f) Id in Pf. 30.
Hieronymus lib. II. in Mich. e. 4. et Comm. in Sophönizr. g)'Auguffin. Trad. 2. in Ep. Ioh. h) Id. lib. IV. de
Gen. adlit.c.9.
i) Cyprianus Epift.ı7. k) Auguflinus in Pf. 39.
l) Paulinus Presbyter in Vita Ambrofit
m) Bafılins M, Epiſt. 76. ad Patrophilum. n) Gregorius M.lib. I, cp. 16. ad Seuerum,
—8
“ -
ee |
424 3 B. Von der erften Ehriften Pflichten und Bezeigungen gegen einander.
ET se ST en ee.
Folfen worden duch die Barmherzigkeit GOt⸗
ntes. ee aber ſchmerzet mid) nur aus
„brüderlicher Liebe, daß einige eben noch in folchen
Stricken gefangen liegen, 0), Wenn aud)
gleich der Gefallene diefes für Feine iebe erkannte,
und wol gar unwillig über den forgfältigen Bru⸗
der ward, fo kehrte fich doch der, foin der Weisheit
GoOttes wandelte, daran nicht. , Drum bieffe es
abermal zu einem ſolchen: “Meine Liebe hat groß
„Mitleiden gegen dir, ob du gleich ſelbſt nichts
„ennpfindeft, fie erbarmet fid) deiner, warn du
„fchon felbft dich dein nicht erbarmeft. ‘a, eben
„deswegen jammerſt du mich defto mehr, daß du
„feinen Schmerzen fühlft, ob du ihn gleich wirk-
„lich Haft, und da du fo erbarmenswerth bift, den-
„noch dich deiner ſelbſt nicht jammert,, p). Am
allermeiften aber mußte nun ein vedliches Herze
jammern, wenn etwa gar ein folcher Menſch in
Unerfenntnißgeftorbenwar. Denn ob fie das Ih⸗
tige nad) Möglichkeit an feiner Seele gethan ha-
ben mochten, fo war ihnen doch ein folcher Zuftand
feße leid, und mußte ihnen defto mehr zu Herzen
gehen, je mehr fie etwa Urſache zu zweifeln hatten.
Dahero fchreibt ein gotefeliger Mann gar nac)-
denklich von einem folchen Fall, der zu feiner Zeit
gefchehen war: “ch bin zwar rein von feinem
» Blut: Aber dis iſt mir noch nicht genug, meil ich
„nur meinet wegen ficher bin, nicht aber ſeinet we⸗
„gen, dahero die Liebe, die nicht das Ihre fucher,
„oillig mich dringet, ihn zuberrauren q).
9. Altes diefes machet uns die groffe Sorgfalt
der erften Chriſten für ihrer Brüder Seligkeit
klar. Sonderlich aber ift ferner offenbar, mie fie
diefelbe nicht in bloffen Worten geuͤbet haben, fon-
dern fürnemlic) in der Kraft des Geiftes und dem
innerften Herzensgrund, daraus alle ihre Ber:
richtungen berfommen mußten, fo fie regen der
Seligkeit ihres Bruders auf fi nahmen. Gie
hatten erfahren, wie die Erempel hierbey das mei-
fte thun Fonnten; dahero war fürnemlic) ihr
Fleiß darinnen groß und zu rühmen, wenn fie nicht
allein einander zur Nachfolge aufreizeten, fondern
auch fich felbft und andere durch einen unfträfli-
chen Wandel zum Mufter und Beyſpiel darftell:
ten. . Denn darauf gieng vor allen Dingen ihr
Thun und Laſſen, daß fie Diejenigen Pflichten, fo
fie für nöthig erfannten, denen andern mit ihrem
eigenen Exempel gleichfam recommendirten und
ö— — — — u
angenehm machten. Zumal da immer mehr
dieſes als auf bloſſe Worte geſehen ward Er j
denn “eine tehre, fie mag nod) fo herrlich ſeyn,
„dennoch gleichſam ſchamroth wird, wenn das
„Gewiſſen deffen, der fie vortraͤgt, widerfpricht,,,
wegen feines eigenen Ungehorfams 5). Alfo war
nun freplich nötbig, “daß die Brüder,unter ein
„ander gottfelig wandelten, und nicht allein. füı
„ſich felbft ein gut Gewiſſen behielten, fondern a
„nad Bermögen ſich vor allem hüteten ‚was ei-
„nen böfen Verdacht erwecken Eonnte bey einem
„ſchwachen Bruder, t). Geſetzt nun, daß einer .
mit Worten den andern nicht führen Fonnte,fo konn⸗
te er doch mit einem heiligen und fürfichtigen
Wandel eben fo viel, und oft mehr ausrichten, als
mit vielen Reden u), Man bielte auch diefes
„für den beften Rath in geiftlichen Dingen, wenn
„man den Bruder mit Erempeln. führen Eonnte,
„und ihn zu dem, was erthun follte,damit reizen,
„auch ſodann immer weiter. bringen. Denn fo
„wurde er gründlich zu GOtt geleitet, nicht. mie
„Worten noch mit der Zungen , fondern mit. der
„That und mit der Wahrheit 2), un.
10. Hievon wird weiter im folgenden Capitel
zu reden ſeyn, ſoferne es zur bruͤderlichen Beſtra⸗
fung gehoͤret. Hier erinnern wir uns nur noch
des ſchoͤnen Raths, den Paulus allen ſeinen Bruͤ⸗
dern gab, daß ſie nemlich nicht allein ihm als
ihrem Lehrer folgen ſollten, ſondern auch al⸗
len andern, die alſo, wie er, wandelten,
Phil. 3, 17. Und Johannes, der an ſeinen
Lieben ſchreibet: Mein Lieber, folge nicht
nach dem Boͤſen, ſondern dem Guten.
3. Epiſt.v. i1. Dieſes war nun in gewiſſer Maaſ
ſe vor wahre Chriſten ein groſſer Vortheil, daß ſie
immer unter ihren Bruͤdern und Schweſtern etli⸗
che neben ſich funden, an denen ſie etwas Gutes
ſahen, das ſie noch nicht hatten, und deswegen
GOtt auch darum zu bitten getrieben wurden.
Denn wer die Schrift Fennete und die Kraft GOt⸗
tes in feinen Glaubigen, der ließ fich gar nicht ab»
ſchrecken durch die Schwerigfeit diefer oder jener
Pflicht, daß er nicht hätte glauben und erfahren
follen, es fen ihm diefes auch, möglich, was feinem
Naͤchſten nicht unmöglich) gefallen waͤre. Des:
wegen rebete jener Lehrer ganz wohl davon, als er
einen ganzen Sermon hielte von der Materie,
daß man die Heiligen nicht allein Lieben,
fon:
0) BernhardusSerm.2. deRefurr.Dom. p) Id. Epiftol.ad Fulconem. q) Idem Epift.108. r) Zadantius lib.
IV.c.23. Ss) Hieronymus Epift.ad Principiam. t) Audtorlib.de Quibus ap. 4uguflinum c. 9, u) Caſſiodorus
Diuin. Le&tion.c.29. x) Gregorins M.lib. X. Moral. c.4. i ;
*
x
En
fondeen auch ihnen nachfolgen follte; indem
er unter andern Diefe Worte führte: Wenn wir
„die Gerechten und Glaubigen deswegen lieben ,
„weil wir den Glauben und die Gerechtigfeie in
ihnen vereßren, fo Eönnen wir doch aud) fern,
„was fie find, wenn wir deffen uns auc) befleißi«
„gen, was fie gethan haben. Denn es iſt uns
„richt ſchwer, dem nachzukommen, was von ihnen
„geſchieht, weil wirfehen, daß fie alles, was fie
„gethan, ohne vorhergehendes Exempel ausge
„richtet haben „y). Demnach brauchte ein jeder
vechtfchaffener Ehrifte die ihm beygelegte Gnade,
dadurch er GOttes und feiner Heiligen
Nachfolger werden möchte z). Davon auch
die Sehrer haufig zu den Gemeinen redeten, und
die Erempel der Alten ihnen zum Fürbild vorftel:
leten a), abfonderlic, aber die Nachfolge des ar:
men $ebens Chriſti emſig trieben; als wir ſchon
im 8. Capitel des 1. Buches gefehen.
11. Auch mochte wohl eines einigen bewaͤhr⸗
ten Chriſten Erempel vielen andern zum Bey⸗
fpiel dienen, daran fie lange Zeit genug zu be
trachten und nachpmaßmen finden Eonnten. Sie
felbft, die Lehrer, befenneren davon, “daß es ih:
„nen eine fcheinende Fackel fenn Eönnte, die ihnen
ie „ wie es fic) thun lieffe, daß fie diefen
„Wellen des Lebens, als einem Schiffbruch ent:
„gehen Fönnten, und ifre Seelen, die mit den
„Waſſern der Affecten umgeben waren, nicht in
„die Tiefen der Sünden ftürzen lieſſen, Und
deswegen bielten fie die Lebensbeſchreibungen
der Frommen für eine groffe Wohlthat, “daduͤrch
„ihr geben, vermitteljt der Nachfolge, zum Gu-
„ten angefübrer wiirde B Wobey denn die Ber:
ftändigen entweder felbit erfenneten, oder von an:
dern unterrichtet wurden, was in folchen Exem⸗
peln zu erwaͤhlen oder nicht, nachdem doch bey ſol⸗
chen, als Menſchen, einige Schwachheiten hier
und dar ſich gu finden pflegten, die niemand. als
ein Spötter oder Boshaftiger für Tugenden, und
alfo für gute Erempel ausgeben Fonnte; ob fie
gleich fonft zue Warnung dienen mochten, wenn
man nicht eben andie Klippe anftoffen und Schaden
leiden wellte, daran jene geftrauchelt hatten. In
ſolchem Abfehen fchrieb ein feiner Mann von des
nen, welchen man im Guten nacheifern follte:
„Erlege die Erempel der Vorfahren ohne groffe
"y) Chryfftomus Homil. de Martyr. laud. init. 2) Bafılius M. Reg. Moral. XXVII. c. 1.
6. Cap. Don ihrer brübderlichen Bemeinfebaft in aeiftlichen Untiegen.
425
„Kunſt vor, daß fie fein vernehmlich werden, und
„brauche dabey Eeine Liſt oder verſchmitzte Ausle-
„gung, fondern wolle gerne, daß diefes $eben der
„Alten ein Spiegelder Zucht bey allen ſeyn moͤch⸗
„tec). Wer nun diefen Zweck daben hatte, der
erreichte ihn auch oßne Zweifel Durch den Segen
des HErrn. Denndie Nachfolge der Heiligen
„war bey den Alten nichts anders, als ein inner:
oſter Trieb der Liebe, der einen Chriſten veizete der
„Seligfeit des Bruders auch nachzjufolgen d).
„Geſtalt folche Erempel von unterfchiedenen te:
„bensarten, wenn fie wohl vorgefteflet werden,
„die Gemuͤthsneigung anftrengen und befeftigen,
„daß man Hoffnung Erige, eben dem Guten fo
„nachzujagen, und e8 zu ergreifen, wie es einem
„andern Damit gelungen ift: gleichwie Hingegen,
„wenn das Boͤſe verworfen wird, einen jeden
„zur Vermeidung dergleichen Uebels antreibet und
„unterrichtet e).
i2. Inſonder heit war diefes das fuͤrnehmſte Abſe⸗
hen bey Erzehlung des Lebens und Todes der heiligen
Maͤrtyrer und anderer beruͤhmten Leute, weñ ma
ſie in der Gemeine verlas; davon wir anderswo hoͤ⸗
ren werden. Itgleichen weũ man die Bilder derſel⸗
ben nur zur Erinnerung und Nachfolge hinſetzte k),
und auf andere Art und Weiſe das Andenfen der
Gnade Gottes an ihnen zu erhalten fuchte. Davon
einer klar fehreibet: "Deswegen werden die Exempel
„der Heiligen in Schriften verfaffet,damit ein jeder
„nach Befchaffenbeit feines Gefchlechts oder Alters
„in feinem Borfag fortfahre,g). Weil doch, nad)
eines anderen Ausfvruch, “dasjenige die Herzen der
„Frommen viel Fraftiger zur Nachfolgedes Guten
„aufreizet, was etwa bey Menfchengedenfen
„Gutes geſchehen iſt, h). Weswegen der Apoftel
ſelber denen Chriſten fo einen Haufen, oder eine
Wolfe der Zeugen nad) einander vor und um fie
gleichfam herum ftellet, damit fe mit Geduld in
dem derordneten Kampf fortlaufen möchten. Ebr.
12,1. Welcher , wenn er auch fonft rechtfchaffene
Gaben der Gnaden bey diefem oder jenem fande,
rübmete er — gegen andere, damit auch ſie
durch jener Exempel gereizet wuͤrden. Dergleichen
ihm in Macedonia und Achaja mit den Corinthern
wohl gelungen. 2 Cor. 9, 2. Wie er von denen zu
Theſſalonich ruͤhmet, daß ſie nicht allein feine
Nachfolger worden und des ZErrn, ſondern
Hbh auch,
a) Sic idem’exem-
2 caftitatis arg Iofephum Or. 19. de Temp. Gregorius NY ferus Mofen Or. de Vita Mof. Mariam. Am-
1
ofins lib. I. O
Ny/fenus de Vita Mof. p. 170.
Gregorius Nyf]. c. 2. in Pfalm.
c. c. 18. Abrahamum idem lib. I. c. 26. et in libris II. de Abrah. alii alios.
e) Ambrofins lib. UI. Offic. c. vit.
f) Id nouisfime oftendit Frid. Spanhemius Hiftor. Imag. Reftituta Sed.I.
8) Maximus Taurinenfis Orat, in Natal. S. Agnetis.
b) Gregerius
d) BernhardusSerm.59.inCant. e)
h) Niceras Dawides in Vita Ignatii Patriarch,
4:6
auch, daß fie feibft ein Fuͤrbild gewefen allen
Blaubigen, 2 Theft. 1,6.7. Und folche brüberli=
che Reizung zur Nachfolge follte und mußte die
einzige Abſicht feyn und bleiben, wenn ja jemand
etwas gutes an fich oder andern lobete. Diefes
hatte der HERR befohlen, “daß ſie ihr Sicht follten
„leuchten laſſen, Matth. 5, 16. und alfo ihre gute
„Werke nicht eben verftecken , darinne fie einander
„nachfolgen mußten, auf daß alfo einer den anz
„dern zur Gemeinfthaft des Glaubens gleichfam
„einladen und erwecken möchtei). Wer nun ein
„sicht vielen andern zeigte, der war mit Recht ei-
„ne Fackel der andern, die ihr felbft brennet, aber
„andern den Scheinmittheilt. Dabingegen, wer
„im VBerborgenen nur Gutes thut ‚deswegen, daß
„es die andern nicht fehen follen , gleichfam nur ei=
„ne Role ift, davon niemand Nutzen hat k).
13. Das hieſſe wohl recht , feinen Nächften
durch einen guten Wandel ohne (Dort ge-
winnen: ıPet.3, 1. oder “den Glauben der
„Brüder mit Stillſchweigen durch die Erempel
„einer ftillen und gleichfam verfiegelten oder be-
waͤhrten Gottfeligkeit erbauen, : Wie jenesvon
den gottfeligen Weibern, diefes von zweyen from=
men Männern gefagt wird I). Und diefes war
eine der beften Arten feinen Naͤchſten zu erbauen,
welcher fie denn noch eine nicht geringere beyfüg-
ten, nemlich die Gemeinſchaft im Gebet, wie
fhon im 1. Capitel des2. Buches etwas gemeldet
worden. Diefe beyden fegten fie gerne zuſam—
men, weil doc) jenes ohne die erlangte Gnade von
GOITT vergebens vorgenommen wird. Wie alfo
jemand bedauret, daß ihrer viel nicht recht verftün-
den, “wie vielein gottfeliges Herz denen andern im
„Gebet nüße, und fein Leben zum Erempel die-
ne⸗ m). Und freylich hienge beydes unmittelbar
an einander. Erſtlich fahen die, fo GOtt recht:
fchaffen dienen wollten, daß diefes und jenesStück
des wahren Chriftenthums ben andern nicht un-
möglich fen. Darauf begunten fie diefe Art des
gertfeligen Lebens, wie fie fie an andern erfann-
ten, zu lieben. Denn wurden fie aus ſolcher Liebe
gedrungen, Hand anzulegen, in gewiſſer Hoffnung,
es werde ihnen aud) gelingen, weil ihrer fo viel der-
geftalt gelebet Hatten. And daher fiengen fie defto
getrofter und brünftiger an zu betenn). Daben
fie denn zugleich in die Gemeinſchaft des Gebers
mit den andern traten, und alfo den Lauf ihres
Chriſtenthums mit Freuden fortfeßten , eilende
3.3. Don der erften Chriften Pflichten und Bezeigungen gegen einander. ; ar
—* ar! Ad
©
nach dem gemeinen Waterlande , in hoͤchſtem
Berlangen, bald vollendet und befreyer zu feyn von
dem Elend diefer zerbrechlichen Hütten. Und fo
genoffen die Brüder unter einander die Gemein-
fchaft recht, foihrer aller Haupt, Chriftus JEſus,
ihnen ‚als feinen Öliedern, gefchenfet hatte; alfo,
daß ihre Seligfeit auch noch in dieſem Leben nicht
genug zu befchreiben war, die fie unter einander
aus einem lebendigen Glauben in völliger Liebe be=
fafen. ’
14. Wie fleißig aber empfahl der HERR un
Meifter felbft die Bereinigung den Chriften im
Geber? Matih.13,19. Wie fräftig lockte er dazu
mit feinen Berheiffungen von der Kraft des zu-
fammen gefegten Gebets? Le. und Luc. 18,7.
Und was — nicht die Juͤnger JEſu fuͤr eine
Kraft und Hoffnung darauf, wenn fieesnennten
die Zuͤlfe der Sürbitte, dadurch viel Danks
zugefchehen pflege durch viel Perfonen? 2 Eor.t,
ir. wenn ſie auch im Glauben wußten, daß ihnen
alles zur Seligkeit gelingen wuͤrde durch der Bruͤ⸗
der Fuͤrbitte; Phil. 1,19. ungeacht fie auch ſelbſt ei⸗
nen freudigen Zugang hatten zuder Gnade, darin-
nen fie ftunden, Denn eben daher fonnten fie
verfichert feyn durch den Heil. Geift, daß ihr ver-
einigtes Gebet nun deftodurchdringender, Fraftder
Berheiffungen, feyn würde, weil auch insgemein
eines Gerechten Gebet viel vermochteund wirken
Fonnte. Jac. 5,16. So war es ihnen dann eine
gröffere Freude und ein uͤberſchwaͤnglicher Troft,
wenn auch andere Ölaubige für fie mit Gebeten
rungen, wie Paulus die Coloffer von Epaphra
verficherte, c. 4,12. Und mitwas vor Erquicfung
und Freude mochte fich ein Ölaubiger damals er-
innern fönnen, daß er niemals allein vor feinem
GHrr niederfiel und betete, fondern daß fo viel tau⸗
fend andere Brüder und Schmweftern allzeit für
ihn zugleich beteten, rungen und fantoften, under
des Gebets aller Glaubigen in der ganzen weiten
Welt mit genoffe. Das machte, weil ein folches
glaubiges Kerze in der wahren Gemeinfcyaft der
Heiligen und der ganzen unfichtbaren Kirchen
fund, und mit allen im Geiftvordem Herrn eins
und verbunden war, ſie mochten ihn dem Leibe nach
kennen oder nicht. Gleichwie hingegen wiederum
in ſeinem Herzen bey ſeinem Gebet ſich eine ſolche
allgemeine Liebe und innigſte Zuneigung zu allen
Chriſten regte, dadurch er ſie gleichſam alle in ſein
Herz
i) Auguftinus lib. II. de Serm. Dom. in Monte ad Matth. V. k) Greægorius M. hom.ı. in Eaech. I. h Au
ſtims lib, I. de Mor. Esch, c. 31. m) Idem lib. VII. de Trinit.c, 9. —
6. Cap. Don ihrer brüderlichen Gemeinſchaft in aeiftlichen Anliegen.
Herz eingefchloffen batte, und darinnen fie GOtt
als ein Opfer darftellte zum Segen über fie und
über fich felber. j
15. Daß aber diefes bey ben erften Chriſten,
und insgemein bey allen wahren Kindern GOttes
alfo wirklich gemwefen, bezeugen ihre gethane Be—
kenntniſſe zu allen Zeiten. Cyprianus ſagt:
„Die Gemeine bete nicht nur für einen, fondern
„für das ganze Volk, und dis darum, weil das
„ganze Volk nur einer fey„o). Ein anderer :
»Man muß für das ganze Volk beten, das iſt,
„für den ganzen Leib, für alle feine Glieder, dar-
„innen ebendas Zeichen und Panierder Liebe un⸗
„ter einander ift, denn ein jeder betetda füralle,
„und alle beten da für einen jeden, Wenn du aber
„für alle beteft, fo werden auch alle wiederum für
„dich beten: denn du bift in allen,, pa Und die»
fes vereinigte Gebet nennten fie, diefer Vereini—
gung wegen, “eine Stimme eines einigen Men:
Iſchen, und doch nicht eines einigen. Nicht ei-
nes, weil viel Glaubige und gleichfant viel Kör-
„ner waren: und doch eines einigen, weil die Chri⸗
„ten alle Glieder und deswegen ein Leib find,,g).
Darinne war nun, wiein der ganzen Einigkeit
der Ehriften, ein groß Seeimnik verborgen,
welches auch die erleuchteten Herzen wohl erkann⸗
ten, daß unter allen Seelen eine *folche Einmuͤ—
tigkeit und Uebereinftimmung in dem Band der
,siebe wäre,,r). Gleichwie fie aud) eben varinne
die Gemeinfchaft der Brüder fegten, daß fie un-
ter einander “auch einen GOtt anriefen, und an
„einen EHriftum alaubeten„s). Und da ißnen
der HERR ihre Einigkeit durch einen $eib vor-
geftellet Karte, fo faben fie diefelbe nicht anders
an, als eine folche vollfommene Geſtalt, daran
fein Glied fehlen mußte, wenn der $eib füllte ge-
fund und anfehnlic) feyn t). Geſetzt nun, daß fie
fonft mit einem Zeichen ihre Liebe und Verbin—
dung zu erfennen hatten geben koͤnnen, fo war
Diefes Br genug, wenn fie, zumal in Noͤthen
und Gefahr , die Gnade JEſu EHrifti für fie an-
9— und damit ihre aufrichtige Liebe darleg—
ten u).
16. Und biezu hatten fie nun wohl Urſache ge-
nug, einander treulich anzuhalten, je mehr ein je
der auch vor ſich ermahnet ward durch des HErrn
Stimme, allzeit zu beten und nicht laß zu werden ,
6) Serm.6.de Orat. Dom.
Chryfoft.hoin. 79. ad Popul.
2) Macarinshom.3. a) Oprianus ep. 8.
€) Cafhiodorss Diuin. Ledt. c. 32.
p) Ambroſius lib. I. de Cain et Abel c. 2.
s) Auguflin. inPf. 54.
b) Idem ep. 62.
f) Alcimus Auitus lib. VI. de Virgin.
.
427
$uc. 8. Da mußten nun vielmehr, in Anfhung
der genauen Vereinigung, die Brüder in groffer
tiebe einander beyfteben , ſowol im Gebet als an-
dern Uebungen der Gottfeligfeit2). Drum bief-
fe es unter ihnen: “Ein jeder bete nicht allein für
„ſich, fondern auch für alle Brüder, wie uns
„der HERR zubeten befohlen hat, da er nicht ein⸗
„zen das Geber heimlich zu tbun geboten, fondern
„init gemeinem Geber und einmüchiger Bitte für
„alle zu beten,,a); wie Eyprianus an feine Bruͤ⸗
der ſchriebe. Und ferner: “Habe doch unfere
„Brüder und Schweftern in euren Herzen, und
„erzeiget ihnen ein gutes Werk in heiligen Gebe-
„ten für fie„b). Ingleichen anderswo : *Saffer
„unsja allerfeits für einander immerdar beten ‚un:
„tere Liebe fey beftändig vordem HErrn gegen un:
„fere Brüder und Schmweitern, Unſer Geber
„muͤſſe vor der Barmherzigkeit des Vaters nicht
„aufdören,„c). Wie auch andere alfo vermahne-
fen: *taflet ung ja für einander beten in dem
„Angeſicht GOttes, und ung vor ihm demuͤthigen
„und is Dein Wille geſchehe d)! Halter an
„mit Bitten und Flehen ohne Aufhoͤren, weil ge—
„ſchrieben ſtehet: Betet für einander, daß ihr fe-
„tig werdet. D eine unfchasbare Güte des Schoͤ—
„pfers, der uns diefen gemeinen Mugen verfpricht,
„wenn wir für einander den HEren anruffen e)!
„Es muß niemand verdrüßlich fallen, für feine
„Mitglieder mit Thranen und Seufzen zu Fant«
„pfen, daß ihm Feiner von der Zahl dev Brüder
„mangele £). Denn die Brüder müffen nicht als
„tein einträchtig, fondern auch mit Liebe unter ein>
„ander bleiben, einander tragen, für alle beten,
„und alfo vechte tiebhaber derfelben Beiffen,, g).
Zu welchem Ende fie fich wohl erinnerten, daß ih:
nen der HERR das Gebet des Vater Unfers
deswegen vorgefchrieben hatte, Damit fie niche
allein für fich allein, fondern auch als Brüder
für alle Epriften den Vater anruffen follten h):
wie wir ſchon im 2. Buch gefeben.
17. Gleichwol aber fuchten ſie einander gar nicht
mit bloffen Vermahnungen oder Befehlen dazu
zu bringen, fondern- fie zeigten gründlich den grof-
fen Vortheil, den fie aus der Gemeinfchaft des
Gebers erfahren Eonnten ‚und lockten einander alfo
freundlich zu folder Pflicht an. Sie rühmten
fich auch derfelben unter den Heyden: Wir Fom-
Hbbe „men
g) Anguflinus Tra&.7.inIoh. r)
t) Petrus Chryfologus Serm.122. u) Hieron.ep.56.
c) Epift. 61. d) Auguflinus lib. VL Hypognoft.
g) Bernhardus Serm.3.de Vigil,
Nat. Dom. h) Tertulianus, Cyprianus, Fortunatus aliique Comm, in Orat. Dom. Chry/oftomns hom, 14
Oper, imperf. in Matth,
423
„men zufammen,(fagten fie,) daß wir GOtt gleich:
„fam mit gefamter Macht durch unfer Gebet und
Flehen zu bewegen ſuchen. Diefe Gewaltſam—
„eie ift GOtt angenehmi). Man kann in der
„Gemeine viel fe beten, als allein, da eine fol-
„che Menge der Brüder ſtehet, da das Geſchrey
„einmüchiglich zu GOTT einbringt. Du wirft
„nicht fo wohlerhört, wenn du vor Dich alleine be-
„teft, als wenn du mit deinen Brüdern beteftk).
„Die Gemeinfthaft der Heiligen vermag destve-
„gen fehr viel in Betrachtung der Reizung zur
ssiebe unter einander zu guten Merken. Was
„einer nicht vor ſich alleine vermag, das Fann er
„mit andern zugleich. Deswegen ift das Geber
„in der Gemeine hoͤchſtnoͤthig, wie es geſchieht für -
„die ganze Welt, für die Gemeine felbjt, für Die,
„fo im Elend find, um den Frieden u,f. w. 1).
„Und mas follte wol der HErr ganzen Berfamm:
„lungen der Heiligen weigern koͤnnen, da er ei=
„nem oder wenigen nichts abfchlägt m) ? Wenn
Zer zwey oder dreyen Heiligen, die in goftfeliger
„Einftimmung beten, alles gibt, was fte fordern,
„was follte er wol nicht thun, wenn ſo viele in ei-
„nem Geifte einmüchiglid) zu ihm flehen „n).Wie
denn aud) diejenigen, fo auf diefe Berheiffung im
Bertrauen mit und für einander beteten, die
Kraft folhes einmuͤthigen Gebets 'mit groffem
Segen und Freuden erfuhren. Dergleichen ſchon
von Paulo oben gedacht worden, von andern
aber ebenfalls Bier und dar zu fehen ıft. Paulinus
befennet und preifet GOtt rl daß er ihn durch
„das Geber der Heiligen und Sieben erquichet habe,
„welches er auch gnadiglich angefehen,, 0), Ein
anderer geftehet auch, “daß er durch das Geber
„feines Freundes wiederum ftarf worden fey,p).
Noch einer bezeuget, daß der Gemeinen einmü-
thiges Gebet von GOTT beftätiget und N
worden g). Andere Erempel werden im Fort:
gange vorkommen. er
18. Bon den erften Gemeinen zeuget $ucas mit
fehr nachdruͤcklichen Worten , wie fie alle mit
einander einmütbiglich dem Beber und Sle⸗
ben obgelegen, und damit angehalten mir
den Weibern; Apoft. Gefch. 1, 14. c. 2, 42. ihre
Stimme einmüthiglihb zu BOTT erhoben
und gebetet,C.1, 24. c. 4, 24. c. 6,6. Däzu fie
ſich auch oft mit einander verfammler gehabt, wie
wir fehen c. 12,12, auch nichts eher angefangen, be⸗
3) Tertulianus Apol.c.39. &) Chryfafomns hom. 79.
fologus Serm.132. n) Leo M. Serm.3. de Ieiun, VII.Menf, 0) Epift. I.ad Seuer.
g) IuliusEp. Rom. ad Alexandrinos de Athanafio ap. Socratem lib- II. c. 13.
3.8. Don der erften Chriften Pflichten und Dezeigungen gegen einander, MM e
*
vor ſie es mit einem Herzen und Munde dem
HErrn vorgetragen, c. 13, 3.c. 14, 23. c. 20, 30.
021,5. Welches fie denn niemals unterlaſſen
haben, wenn auch gleicdy nur ihrer zwey beyſam⸗
men waren, wie von Paulo und Sila im Kerfer
befannt ift, c. 16, 25. Und ſo machten es auch ihre
treue Nachfolger, die damit am meiſten ihre
— fuͤr das Heil der ganzen Bruͤderſchaft
vor GOTT und den Menfchen bezeugten. Alſo
"wird von Polycarpo verfichert,, Daß er Tag und
„Nacht um den Frieden ver Gemeinen gebetet,
„und ſo gar aud) Feine andere Vorrichtung vor-
„genommen habe, r). Item, von Fructuofo, eis
nem frommen Auffeher zu Tarracon, der vor ſei⸗
nem Martertod von einem Bruder gebeten wur⸗
de, daß er doc) an ihn gedenken und für ihn be=
ten follte; welchen er alfo antwortete: “Ich muß
„beten für die ganze Chriftenheit von Morgen
„bis an den Abend, Denn wer wollte für einen
„jeden infonderheit fo beten Eonnen? Wer füralle
„und jede insgemein befet, der übergehet Feinen
„einpelen. Und wer fein Geber für den ganzen
„Leib CHrifti ausſchuͤttet, der übergehet Fein
„Glied deffelben,,s). Deme denn ferner diefes
fhöne Zeugniß gegeben wird, “Daß er umaufhor-
„lich gebetet habe,,. Deswegen ihn auch alle Brü-
der gebeten, daß er ihrer Doch nicht vergeflen
„möchte, t). Und folche Kraft des veremigten
Gebets erkannte Eyprianus wohl, und trug fieden
Seinigen vor, als er ein göttliches Geficht erzehl⸗
fe, das er gehabt hatte zu der Zeit, da die Brü-
der in Uneinigfeit zu GOtt gebetet hatten.. Denn
es war ihm gezeiget worden, “wie Diefes dem
a ſehr mißfallen hätte, welcher gefagtz
„Bittet, fo wird euch gegeben ; indem die &emei-
„ne unter einander uneins worden, und die Bruͤ⸗
„der darinnen nicht in Eintracht und Liebe mit
„einander einftimmig waren n),
19. Man fiehet aus der Gefchichte Fructuofi ,
daß fie die Fürbitte der Brüder fleißig und ernft-
lid) gefuchee und verlanger haben ; wie davon aud)
andere Urkunden zeugen. Paulus war ihnen
hierinne fehr ofte vorgegangen, da er von feinen
lieben Brüdern insgefamt fo emfig und herzlich
ihre Fürbitte verlanget und gebeten, als man ſe—
ben fann, Rom, 15,30. = 6,18.19. Col. 4, 3.
1 Theff. 5, 25. 2 Theſſ.3, 1. Ebr. 13,18, ae
in.
adPopul. 1) Idem hom. 38. in Ad. m) Perrus Chry-
pP) Bafılius M. epift. 6.
r) Eufebins lib. IV. H.E. c.1g.
0) Auguflinus Serm. 191, de Diuerſ. t) Acta eius Martyrii ap. Barozium A. CCLXII. n. 62. u) Epift. g.
2
ihn auch feine Nachfolger ruͤhmen x), und dabey
zugleich bemerken, wie er ebenfalls ein Gebet den
andern verfprochen, wovon feine, er nicht
weniger zeugen. Siehe Röm.ı, 9. 10. 2Cor.13, 7.
Eph.1,6. c. 3,14. u. f. Phil. 1, 9. Eol.ı, 9. u. f.
1 Thefl. 1,2. 2 Theff. 1, ı1. Philem. v. 4. Eben die—
fes thaten nun auch die andern rechefchaffenen
Lehrer und Ehriften insgeſamt, davon uns etliche
wenige Zeugniffe genug ſeyn können. mmaf-
9 ſie ſich dabey auf dieſe Exempel der Apoſtel
eriefen, und bekannten, “wie fie ſich freueten, daß
„fie in dieſe Familie auch gehoͤrten, und noch un—
„aleich mehr, als Petrus oder Paulus, der brüder-
"hen Hülfe im Gebet benörhiget wären, y).
Deswegen fie nun in Anfehung ihrer und der ge-
meinen Noth einander vermahnten, “daß fie uns
„aufbörlich in dem brüderlichen Frieden wacheren
„und beteten,,2). Ingleichen, “daß fieden Bruͤ⸗
„dern als einmuͤthige Brüder hülfen, und im
„Ringen und Gebet einftimmeten,, a). Auch
wird von einigen gemeldet, wieihre Demuth und
Verlangen zu GOtt fo weit gegangen, daß fie auch
diejenige, von welchen fie um ihre Fürbitte ange:
fprochen worden, vielmehr jum Gebet für fie ans
—7 — haben, und ſie alſo deſto kraͤftiger zur
emeinſchaft des Gebets angehalten und ver»
bunden b). Inſonderheit aber, war diefes Ver⸗
langen ſehr groß bey denen Maͤrtyrern, welche
ſich derfelben defto eher bevürftig ſahen, je näher
ie dem Kampf mit den argften Feinden waren.
rum fagte jener in ſolchem Fall zudem andern:
Bruder, bete für mich c)! Und die zu $non er:
fuchten gleichfalls ihre, Brüder, "daß Fi fie uns
„aufbörlich Geber gefchehen möchte , damit fie
„vollendet würden „ d). Ein anderer ſchriebe
aus feinem Erilio: Gedenket meines Elends in
„euren Gebeten,, % Und folche Arten des Ber:
langens nad) der Brüder Fürbitte findet man faft
bey allen alten Scribenten, fonderlich in ihren
Handbriefen F) und familiaren Unterredungen g):
anderer Urfunden zu gefchweigen.
20. Go weit gieng bierinnen die Gemeinfd) aft
nn — —— — — —— — =
6. Cap. Don ihrer brüderlichen Gemeinſchaft in geiftlichen Anliegen.
429
der Heiligen in ihrer Sorgfalt für ihrer Brüder
Heil und Seligfeit, foferne man fie nemlich aus
den äufferlichen Früchten und Wirkungen erfen-
nen Fonnte, Denn die innwendige Berfnüpfung
der Geifter unter einander, und ihre genaue Ei—
nigfeit in allen geiftlichen Angelegenheiten war
und ift wol einem fterblichen Menfchen unaus»
fprechlich. Sie felbft, die ſolche groffe Wunder
des Vaters im Himmel erfuhren und genoffen ,
konnten doch die Geheimniſſe derfelben nicht aus:
drucken, ungeacht fie fiegenoffen und in fic) hats
ten. Es triebe fie aber vielmehr die Hobeit fol-
cher Gnade kräftig an, fich diefer Herrlichkeit ſorg⸗
faltig anzunehmen, zu ihrer eigenen und der an—
dern Befferung. Unterdeſſen aber ließ ihnen die
innmwohnende Gnade feinen Mißbrauch diefer Ges
meinfchaft zu, daß fie entweder ficher dabey oder
fo nachläßig im Gebet worden waren, daß fie fich
auf die Fürbitte ihrer Brüder verlaflen, und das
hero felbft nicht gebererhätten. Vielmehr glaub-
ten fie, und erfuhren bey der Uebung ihres Chris
ſtenthums, wie das eigene Geber Fräftiger ſey,
als was ein anderer für ihn thue, wenn es nur
glaubig und ernftlich wäreh). Aus diefer. Urfa-
che antwortete dortein verftändiger Chriſte einem
andern fehr wohl, alsdiefer ihn um feine Fürbitte
anfprach, mennende, Damit ſey ihm ſchon geholfen,
ob er ſchon felbit nicht betete und machte, "ABiffe,
„(ſprach er,) daß fich weder GOTT deiner erbar-
„men wird, noch ich mich deiner annehmen kann,
„wenn du nicht auch felbft dich bemuͤheſt und zu
Gott beteft,,'). Im uͤbrigen wurden die Kin:
der ihrem bimmlifchen Vater auch darinnen aͤhn⸗
lich , daß fie alle ihre Brüder und Schweftern aus
reiner Liebe in ihren Herzen batten, und fie allzeit
dem Bater vortrugen nach dem Berlangen,das der
Herr undfein Geiftin ihnen nach dem Heil aller
Brüder gewirket hatte. Dieſes lieſſe fie nicht faul
noch träge ſeyn in der Arbeit für ihrer Mitglieder
erviges Wohlſeyn, als wir ferner bey ihrer brüders
lichen Ermahnung und Beftrafung ‚vernehmen
werden,
3) Chryfofomus hom.38. in Ad. y) Auguffinus lib. de orando Deo, fine. z) Id. Epift. ad Valentin. de
Grat. et lib. Arb. a) Panlizus ep. 20. b) Pofidonius in Vita Auguftin. proleg. c) Vidor Veicenfis lib.l.
de Perfec. Vandal. d) Eufebius lib.V.c.3. €) Hilarius ep. de Synod. adu. Arian,
f) Vid. vel Paulinus
Epift.2. 4: 8. 16. 17. 18. 20. 22. 23. 24. 26. 27. 29.feqg. 40. 42. feqq. etc. Bafılius M.Epilt. 8. 10. 50. 55.60.
65. 66. Gregorins Naz. Epilt, 10. 14. 28.30. 34.35. Theodoritus Epift. 82. Ambrofius lib. V. ep.
26, Gregorins
M. lib. I. ep. 4. 20. 41. et 46. lib. II, ep. 39. Augufinus aliique paflim. g) Vid. de Eudoxia Sozomenus lib.
VIII. €. 13. de Conftantino M. Eujebius lib. III Vie. c. 23. et IV. c.14. Sulpirius Seuerus Dial. I. c.2. etc.
on oflomus homil, de Profectu Euangelii Tom, VI. i) Antonius in Apophth, Grc. Pat.ap. Cofklerium
om.
Monum, Gr. p. 345.
56h3 Das
[3
430 3.8. Von der erften Ehriften Pflichten und Beseigungen gegen einander.
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Das 7. Kapitel, * lan, |
Bor ihrer brüderlichen Ermahnung und Befkrafung.
GSummarien: Et
Hi erſten Chriſten hielten auf die brüberliche Beſtrafung, weil Lehrer nicht allejeit bie Gelegenheit und Zeitbazu hat⸗
ten; $.1. moraus die Nothwendigkeit diefer Pflicht erhellet: Dennes nicht genug, vor fich fromm leben, daher war
man auf mancherley Mittel und Wege bedacht, die Nothwendigkeit zu zeigen: Erinnerung deswegen und ſtetiges Ermahnen, 2»
fo jelbit ben ſchon erleuchteten Seelen nöthig: Erempel: ohne fish Lange vorher zu bedenken, je gröffer die kuͤnftige Herr⸗
lichkeit in ihren Augen war; welches aus der Liebe herfloß: Exempel: fonderlich nahmen fie fich des irrenden Bruders
an, um fich nicht Durch Nachlaͤßigkeit ſchuldig zu machen , oder den Bruder in dee Gelbitliebe ſtecken zu laffen.3. Die
eriten Chriſten forgten aljo 1.icht weniger für des Naͤchſten Seele, als leibliche Wohlfahrt, daraus ihre wahre Fiebe und
Gemeinfhaft zu erkennen, weil der Heil.Geift, wo er if, immer was Gutes mwirfet : Gleichniß, 4. Zu ermahnen war
ren befugt und ſchuldig ale und jede Kinder GOttes, Lehrer, welche es auch waren : Zuhörer beſtraften ihre Lehrer innd-
thigen Dingen, welches die bemahrteften Lehrer felbft gerne ſahen: Erempel; ohne Beyſorge der Aergerniß; Doch mußte
es ın Demuth und Aufrichtigkeit geſchehen: Erempel: s. Auch mußte folcher ſelbſt von dem frey jepn, darüber er andern
zureden wollte, welches diefe Pflicht defto ſchwerer machte 5 doch war die Gnade und der Geift GSttes mächtiger, dadurch
alles geſchehen mußte 6. Vorſichtigkeit bep Beſtrafung anderer, die die menfihliche Gebrechlichkeiten erfannten, indem
fie ſich zufoͤrderſt ſelbſt ſtrafeten; 7. Sonderlich pflegten Neubekehrte andere ernfilich zu beftrafen, wozu ſie auch von an⸗
dern aufgemuntert wurden; daher fie durch aöttliche Weisheit fich Dazu regieren lieffen, und alles mit Bedachtiamkeit an:
fingen. DBermahnung an 2 Soͤhne wegen ihres annoch unbefehrten Waters. 3. Gonderlich befliffen fie fich „alles weislich
vorzutragen: Gleichnig von einer Mutter; Bey Verwerfung der Wahrheit waren fie geduldig; ohne Urſach durftefeiner
den andern heſtrafen; weisliche Ueberſehung der geringen Fehler, Beobachtung der rechten Zeit, melches die rechte Zeit zu
ſtrafen, und wie man ſich darein gefihicket. 9. Die Beftrafung mußte jonderlich aus Liebe gefchehen, ohne falſche Affecten, die
Sünde abzuthun und dem Bruder zu helfen, weilman fonft in GOttes Gericht verfallen wurde. Wie man in Abmwefenheit
des Bruders von feinen Sünden urtheilete, und fich gegen ihm bezeigete nach Pauli Bermahnung. 10. Ale Beftrafung
mußte aus Demuth herrühren; Erempel Pauli, Sgnatitze. nicht aus einem zornigen Anfall: daher brauchten fie bey Be⸗
firafung dem Liebreichen Brudernamen, nachdem Erempel Pauli und anderer 5 fo befliffen fie fich auch, allem Berdachtder Tas
delfucht zu entgeben : Exempel Hieronhmi. ır. Gigentliche Art zu beftrafen: Ermahnung dazu: Wirkung einer weiſen Be⸗
frafung: dazu gehörige. Bedachtſamkeit und Chriftliche Gelaſſenheit, wie auch Gebet für den Serenden , und Hoffnung zır deffen
Umkehrung. ız. Diejes haben die erften Chriften wirklich. practieiret, befanntens auch vor den Hendenz gegen gefallene
Glaubige bezeigten fie fich nicht feindlich, fo mußte es auch der Beſtrafte nicht als was feindliches aufnehmen ; Die Sreund-
Tichfeit und Sanftmuthhinderte gar nicht den Ernft und mäßigen Eifer, wie an Paulo und andern zu feben. 13. Gleichniß,
wie Liebe und Ernit bey einander ſeyn Fünnen. Die erften Chriſten baten einander felbft um brüderliche Beftrafung, und
ermahneten aud) die Ihrigen dazu: Gleichnig von Nothwendigkeit der Beftrafung: Erempel: Möglichkeit, daß bey Be:
firafung dennoch die Liebe bereichen kann. 14. Zuerfkerinnerte man den irrenden Bruder insgeheim, un ihn deſto eher zuges
winnen, jonderlich wenn die Suͤnde ingeheim geichehen ; öffentliche Sünden ſtrafte man auch öffentlich, ohngeachtet es vor
Has Eonnteaufgenommen werden: Gebeime Sünden trugen fie nicht aus; Vortheil davon; am wenigſten durfte fie der Aufſe⸗
her austragen. Vorſichtigkeit bey Beſtrafung. ıs. Gtuffen der brüderlichen Ermahnung; Man richtete fich weislich nach
eines jeden Zuftand : wollte fie — nicht feuchten, fo nahm man Zeugen dazu, endlich, wollte das nicht helfen, fo ſtrafte
man ſie dffentlich, und wol ſelbſt Die Vorſteher und Rehrer. 16. as fie gethan, wann bie Bermahnung nicht haften
mollen 5 folche geriethe den Ungehorfamen zur Sünde: warum ? ſonſten erzeigte man fich gegen fie gelaſſen; ı7. Doch zeige
fe man fein Mißfallen an der Sünde; weil! man fonft mit Theil dran nahm, ja, durch Stillſchweigen zur ferneren Sun:
de reizefe, wenn man heuchelte, ja gar den Sündern fihmeichelte, wofür man ſich bütete. 18. Wahren Ehrüfen war die
Erinnerung lieb, weil fie erkannten den Nutzen; fie Lieffenes gleich viel ſeyn, wer fie ſtrafete, um Kinder Des Sriedens zu ſeyn.
Vermahnung dazu und Erempel. 19. Nutz an Seiten der Strafenden und der Beſtraften. Wirkung und Srüchte ber Beſtra⸗
fung. 20
“
Gr
ſten Pflichten der Ehriften unter einan=
der , und fonderlich in Anfehung der Sorg⸗
falt für ihrer aller Seligkeit, war die herzliche Er-
mahnung und Beftrafung, womit fie ihre Ber:
und Siebe im Geift am allerflärften be-
meifen Fonnten, davon ic) meiftens mit ihren eiges
nen Worten reden will, Der Grund diefer Sa:
CE von Denen wichtigſten und noͤthig—
che ift ung bereits eben im 2 2 im 5. Cap.
bey ihrem geijtlihen Prieſterthum fund worden,
da wir gefehen, wie nad) des HEren Willen und
nach der eriten Ehriften Gewohnheit nicht nur
die Prediger und ſo genannte Seelforger für die
Seligfeit der andern geforget Haben , fondern auch
alle Ehriſten insgemein ſich des Heils ihrer Naͤch⸗
ſten anzunehmen haben. Denn fo —
ie
— —
7. Tap. Don ihrer brüderlihen Ermahnuna und Beftrafung.
die Lehrer ausdrücklich auch noch in den folgenden
Zeiten: “Schiebet nicht alles auf die Lehrer, laſſet
„nicht alles auf die Vorfteher anfommen, denn
„ihr koͤnnt einer den andern erbauen ei! Theſſ.a, 5
57.50 ihr koͤnnt hierinnen einander viel mehr gu:
„tes erweifen, als wir. Denn ihr gehet langer
„mit einander um, und wiſſet alles befier. Es
„iftja nichts ungereimtes, Öaftereyen zum Eſſen
„anzuftellen, und eine Zeit dazu auszufegen, daß
„man da zufammen Fame, und nahme in Ber-
„fammlung, was einem zur Sättigung nörhig
„iſt. Alſo geſchehen ja Zuſammenkuͤnfte zum Lei⸗
„chenbegaͤngniß, zur Mahlzeit oder andern Lie—
„besdienften des Naͤchſten. Warum follte man
„um Diefes nicht ehun und zufammen Fommen ,
„die Gortfeligfeit einander zu lehren? Ach freys
„lich! Drum (fegten fie dazu,) bitten wir euch,
„niemand verfaume Diefes, denn er bat groffen
„sohn vom HErrn,‚ a). Dem ein anderer völlig
benftimmete: Denket nichenur auf diefrommen
„Auffeher und Lehrer: Ihr müffer auch nach eu-
„rer Maafle EHrifto dienen, daß ihr feinen Na-
„men und feine Lehre prediger, wenn ihr nur
„koͤnnet b). Es ift feiner von der Schuld der
„verfäumten Unterweifung und Ermahnung frey,
„wenn ergleich Fein Vorſteher ift. Denner weiß
„ja viel, was in dieſem Leben zu erinnern und zu
„ſtrafen noͤthig ift,,c), Geſtalt auch diefes alles
bey denen erſten Gemeinen im vollen Schwange
gieng, und als es hernach allmaͤhlich abnehmen
wollte, wurde es doch von treuen Lehrern herzlich
gewuͤnſcht und geſucht. Darinne ſaßzten fie “die
„Würde der Gemeine, als in einem faſt engli—
„chen Staat, und wuͤnſchten, daß ihre Zufant-
„menfünfte auch noch fo fenn möchten, wie die
„apoftolifchen, nemlich, daß fie alle einmuͤthig bey
„einander, und feinervon dem andern getvennet
„oder unterfchieden wäre d).
2. Die Nothwendigkeit diefer Pflicht erheller
aus dem ausdrücklichen Befehl des HEren, zu-
amt derfelben Art und Mugen, wenn er davon
ym Matth.18,10. u. f.ausführlich redete. Da:
zu noch die Lehren der Apoftel, nebenft ihren
eigenen Erempeln kamen, worinne nicht weniger
Unterricht hievon gefchehen war, Epb.s5,ıu
Pe 14. Ebr. 10, 25. Gleichwie auch ſchon
im A. T. dergleichen Erinnerung an die Glaͤubi⸗
431
gen ergangen war, 3B.Mof. 19,17. Du follt
deinen Nächften firafen,suf daß du nicht fei-
net halben Schuld fragen müffeft. Demnad)
ward aud) denen Chriſten nachgebends von den
Berftändigen immer gezeiget, “wie esnicht genug
„wäre, wenn einer nur vor ſich fromm leben
„wollte, fondern er müßte auch nach dem Heil
„der andern begierig feyn ©). Ingleichen wie ein
„jeder dergleichen Unterricht, Vermahnung und
„Beſtrafung gerne fragen müßte, und wie fei-
„ner fo gar weife fen, der deffen nicht mehr brau-
„chen follte,,f). Man feßteganze Bücherdavon
auf, und zeigte, wie noͤthig diefe Sache unter
den Ebriften wäre, nachdem das Chriſtenthum
bier und da zu wanken anfteng, und man bier und
Dar mehr Bofes als Gutes faheg). Nicht weni⸗
ger, wie e8, nach dem Exempel der Apoftel, niche
mit dem Geber allein ausgerichtet, wäre, woferne
man nicht auch wirklich mit folchen Liebesdienften
anbielte, Dawider vor GOTT Feine Ausflüchte
helfen würden bh). “Das Gefes EHrifti wollte
„gerne alle felig Kaben , und damit werde fein
„Wille erfüllt, wenn man feinem ftrauchelnden
„Bruder rathe, daß er wieder zurechte komme i).
„Man muͤſſe ſich auch darinnen keiner fremden
„Suͤnde theilhaftig machen, wenn der Bruder
„ſuͤndige, daß man mit Ermahnung und War:
„nung anhalte,k). Und was dergleichen Erins
nerungen und Lehren Bievon mehr waren. Gin:
temal ein jeder Berftandiger gar wohlerfannte,
daß ohne folche Pflicht weder die Gemeinfchaft
der Heiligen, noch das wahre Chriſtenthum ſelbſt
beftehen könnte. Und obgleich Das Gute an ſich
felbjt Feines fünftlichen Lobes bedarf ‚und die Siebz
baber von fich felbft anlocket, fo wollte doch hinge⸗
gen das noch übrige Bofe durch ftetiges Schren und
Ermahnengedämpferfeyn. Gleichwiedas Reich
GOttes insgemein nicht denen Trägen und Sorg⸗
loſen, ſondern denen, die Gewalt thun, zu Theile”
ward. Matth. 11,12. 1). Darum hieß esabermal,
wie einer inder Gemeine einften bezeugte: “EHE
„wird unfere Menge fehr vermehren, und ihr werdet
„die göttliche Gnade überflüßiger genieffen ‚wen
„ihr ir eure Mitglieder vecht wachet und forget z
„Denn Gott will nicht Haben, daß ein Chrifte
„nur an ſich felber genug haben foll, fondern daß
„er andere erbaue, nicht allein in er Lehre, fon-
„dern auch im Leben und Umgang m),
3.96
a) Chryfoflomus hom.30. in Ebr. b) Augufinss Tradt.sı. in Ioh. c) Idemlib.ı. deCiu,Deie.9. d)Chry-
Joflomus hom. 3. in Ad. Apoft.
Reprehenfionibus. g) Auguflinus lib. de Correptione et Gratia inprimis cap. 3.5.6.
Itemque Chryfoffomus hom.2.ad ı Thefl. et hom. ı$. ad Ephef‘ hom. 30. ad Ebr. etalibi.
m. k) Casfiodorus de Amie. 1) VitaSyneleticz cap 69. m) Chryfoffommns hom. $. in Genef,
2. ap. Ambro
.
€) Chryfoflomus hom.6c. in Matth. f) Idem hom. fingulari de ferendis
h) Idem cap. 13. alibi.
1) Comm. in Gal.VT.
432
3.3. Don der erften Ehriften Pflichten und Yeseigungen gegen einander.
—
3. Ob nun wol bey vielen in dem erſten Ge- den befleckte, entweder wenn man gar darein
meinen das Licht des Heil. Geiftes, und die Kraft
der Heiligung 9 groß war, als wir aus den
gobfprüchen der Apoſtel und apoſtoliſchen Män-
ner fehen : So Bielte man dennoch dieſes nicht
vor unnöthig, daß fie einander noch mehr erbaue>
ten, und aljo immer völliger wurden. Gleich:
wie Jgnatius wohl wußte, und auch befannte, daß
die Glaubigen zu Magnefia vol GOttes wa-
ven, und gleichwol ſie zu ermahnen fuchte, jaeben
destwegen fie ermahnte, damit er fie erweckte zu
brauchen, was fie empfangen hatten. Als aud)
Petrus felbft nicht laſſen wollte die Brüder
zu ermahnen, wiewol fie es [bon wußten,
und aeftärker waren in der gegenwaͤrtigen
Wabrbeit; doc) achtete er billig, fie zu erwecken
und zu ermahnen 2 Petr. 1, 12.13. und ihren
Tauteren Sinn zu erinnern. 3,1. ja, es
war das Verlangen nad) der Seligfeit der andern
fo groß, daß fie ofte fi) nicht erft lange bedach⸗
ten, ob der andere einige Erinnerung noͤthig haͤt⸗
te, fondern gleich ihm diefes oder jenes vortrugen
und ankündigen und zuriefen, weil die bevor-
ſtehende Herrlichkeit in den Augen ihres Glaubens
fo gar groß und wichtig war, daß fie Davon un⸗
möglich ſchweigen konnten gegen Die, fo fie zu
Mitgenoffen Haben follten. “Das wardie rechte
„brüpderliche Siebe und Wohlgewogenheit: das
„var die vechte Freundfchaft und lautere Wan:
„del, wenn man fid) der geiftlihen Dinge be-
„fleiigte, den andern Die Hand bot und mit fich
„zum Simmel führte, So machte es Natha⸗
nael, als er JEſum geſehen Barte; drum tiefer:
„Wir haben den Meßiam funden! Diefes waren
„Worte von einer Seele, die nad) feiner An:
„Eunft verlangte, und nun froͤlich ward, als fie
„den Erwarteten fahe. Darüber fie auch_brün-
‚zftig wurde, daß fie denen andern Diefe fröliche
„Botfchaft bringen wollte,,n). Und fo machte
es noch ein jeder Chrifte, der JEſum gefunden
hatte, Deſto mehr aber befunden fie ſich Dazu
verbunden ‚wenn fiegar einen Bruder in Irrthum
oder Ungerechtigkeit gefallen fahen. Da durfte
siel weniger "ein Bruder den andern verlaffen
„oder verachten , fondern wie fie für einander
ſorgten, ehe fein Fall gefchabe, alfo mußtenod)
„mehr Sorgfalt hernach gebraucht werden: eben
„wie ein Medicus vor und nad) der Krankheit
„feinen Fleiß fparet„ 0). Sonft geſchahe ‚es
feiche, daß man fein Gewiſſen mit fremden Suͤn—
aud) eine Art des Benfalls geweſen wäre, nach
den Worten des HEren, Matth.1g. p) der wohl
wußte, daß noch immer an der vollfommenen
Selbfterfenntniß etwas mangelte, unddahero die
Warnung von andern unumgänglich noͤthig fen.
Zu gefchweigen, daß ofte eine auffteigende , aud
wol ganz unvermerfte Selbftliebe die Chriften
auch hindern Eonnee, ihre Fehler nicht fo wohl zu
erfennen, und folglich zu ändern, als fie ein ande
rer ſahe und frey ftrafen Fonnte. Wovon auch
ein alter ie Diefe Berfe Hinterlaffen hatq)ı -
Das Auge fiehe ſich felber nicht, E
Und fann doch Na En aufs allerfchärfite
ſehen:
So, wenn ein Fuͤhrer uns gebricht,
Kann unſer Wandel nicht vor GOttes Augen
ſtehen.
Da thut der treue — De Brüderfhaft
ehr viel,
Wie fchön ifts, wenn man fo einander führt
zum
willigte, oder doc) ftille er ſchwiege, welches
Ziel}
4. So achtete man tun diefes vor Die befte Al-
mofen oder MWerfe der Barmberzigfeit, wenn
man vor allen Dingen die Seele des Nächften
wohl verforgte. Denn die verfehrte Einbildung
hatte bey erleuchteten Herzen nicht ſtatt, da fich ei-
nige überreden, es feye fehon genug, wenn fie
dem Nächften am Leibe was zu gute thäten, die
Seele möchte gleich in Sünden und Elend ver-
ſchmachten. Da doc) die. Liebe am allerwenig-
ften an den leiblichen Gutthaten erfannt wird, am
fräftigften aber an geiftlichen Siebesbezeigungen,
dergleichen die brüderliche Ermaßnung damals
fürnemlich war. «Man. Eenner (ſpricht einer, )
„die wahre Siebe nicht nur aus der Mittheilung
„des Geldes, fondern auch und ammeiften an der
„Mittheilung der göttlichen Liebe,,r). Und ein
anderer; “Miche allein derjenige erweifet Barm⸗
herzigkeit, der den Hungrigen Speife, dem Nas
„enden Kleider gibt, fondern auch der gibeein Al⸗
„mofen, welcher den andern beffert. Denn es
„wird viel zu gut gethan, wennsgleid) diejenigen
„niche erkennen, die es genieffen, wenn, man auf
„ihre Beftes, nicht aber auf ihren Willen dabey fies
„he6,5). Alſo mußten die Brüder unter einanz
der in geoffer Liebe. und Freude umgeben, und
nicht allein in Gemeinfchaft zeitlicher Dinge ftes
ben, fondern auch in geiftlichen. Zum Erempel,
wenn
n) Chyyfoflomus hom. 18. in Ioh. 0) Idem Orat.5.inIud. p) Origenes hom. 3.in Leuit. q) Greg. Naz.Carın,
XXVII. n. 46.
Maximus Conſeſſor lib. I. de Charit. c. 261. s) Auguſtin. Enchir. ad Laur.c. 72.
>
—“
I —— Pr 1
⸗ x
. E17
wenn einer betete, mußte er mit Wahrheit fagen
fönnen: Ihh bin a Scha bern,
den mein Bruder befißt und anfchaft: denn er
ift gemein. Der Betende mußte von dem Leſen⸗
den fagen fönnen: Der Nußen, den mein Bruder
von feinem Leſen Bat, ift auch mein, nemlic) wenn
er mirs hernach wieder mittheilet, u. ſ. w. t). Denn
der H. Geiſt ruhete nicht, indem Herzen immer et-
mas: gutes zu wirken, als, die "Bewegungen der
—— und andere Liebesdienſte, als
„etwa die Bruͤder en ihnen mit dem
„Wortezudienen. Wiees denn auch in der Ma-
„tur fobewande ift, daß nichts, zum Erempel, im
Feuer feine Natur behält, fondern in Feuer ver:
„wandelt wird. Wer ins Meer fälle, der gehet
„in die Tiefen Binunter: mer aber allmählich
J ſteigt, der will auch alſo wiederum heraus
fkommen und die Menſchen wiederum ſehen. Al:
„ſo, wer einmal in die Tiefen und Abgruͤnde der
Gnaden hinunter ſteigt, gedenket noch immer
einer Mtgenoſſen. — feine Natur treibet ihn,
„nach feinen Brüdern ein Verlangen zu tragen,
„die tiebe zu erfüllen und das Wort zu beftggi-
„gen, u): Als man diefe Gemeinfchaft in geift-
lichen Dingen an den erſten Chriften ſahe, derer
Güter nicht allein gemein waren, fondern auch
fürnemlich derer Herzen ganz eins waren, ja
die ein Herz und eine Seele, alfo folglich auch ei»
En Sinn und Verlangen nach GOtt und EHrifto
ten.
5. Anfangend die Perfonen, welche zu ermaß-
nen befugt und ſchuldig ſeyn, und die Ermahnung
bedürfen, waren es bey den erften Chriſten alleund
jede Kinder GOttes. Denn wie bey GOtt Fein
a der Perfon ift, alfo auch nicht in diefem
Werke, welches er durd) die Seinigen und an if-
nen zu ihrer Seligkeit aus lauter Gnade that.
Drum wurden fie auch disfalls nachdrücklich ers
mahnet, daß niemand des andern Perfon anfe-
„ben follte, werner feine Sünden zu ftrafen Babe,
x). Daß demnach weder die Lehrer, noch fon
andere, die fich beſſer oder Höher dünften, von
diefer Pflicht ſich ausfchlieffen Eonnten,, nach ihrem
Gehorfam und eigenem Wohlfenn, noch auch woll:
ten nach ihrer Demuth und Beduͤrfniß. Wir
haben auch bereits oben gefehen, daß die Zuhörer
verbunden fenn, ihre Sehrer in nöthigen Dingen
gebührend zu erinnern, gleichwie insgemein bier:
inne die Unteren, als Chriften, denen Oberen, als
t) Macarius hom. 3. u) Idem hom. 40,
b) Tertulianus ad Martyr. c. i.
7. Cap. Don ihrer bruͤderlichen Ermahnung und Beftrafung.
x) Barnabas Epift. p. 217.
z) Theodoretus lib. IV. c. 3. Conf. Centur. Magdeb, Cent. IV. p. 279.
433
ihren Mitchriften, und der Gemeine fchuldig
waren, diefe auch von jenen es in Liebe aufneh-
men mußten. fo ſiehet man noch aus den
Schriften der Alten, daß die berühmteften und
bewähßrteften Lehrer gleichwol dieſes nicht allein
von ihren Zuhörern gerne gelitten, fondern auch
felbft Herzlich verlanget und gebeten haben, und
zwar noch in denen Zeiten, da der Hochmuth bey
den meiſten Obern fchon fehr geftirgen war: Als
fo erfuchete einer öffenelich Die Zubörer, “fie follten
„doch zu ihm kommen, und ihn befprechen, auch
„feine Entfchuldigung von ihm annehmen, oder
„ivenn er eines Fehlers überführet wäre, ihm ver-
„geben, weil dody bey fo vielen Verrichtungen
„man leicht fehlen Fonnte, y), Wie auch nicht
allein die erften Chriſten insgemein gegen ihre Leh⸗
ver diefes thaten, fondern auch hernachmals, da
die Stuffen unter denen Kirchendienern auffa=
men, dielinteren gegen die Oberen: da die Ael—
teften, wenn fie an denen Biſchoͤffen etwas une
gebüßrliches merften, fie beftraften, ermaßnten,
undgar, wenn es nicht helfen wollte, es den Ge—
meinen fagten: wie von Flaviano befannt ift, der
es gegen Paulinum thate 2). Dabey Feine Bey:
forge der Aergerniß ſtatt hatte, “weil derjenige
„ſelbſt an dem Aergerniß Schu ld hatte, der etwas
„Itrafbares begangen, und doch nicht erinnert
ſeyn wollte. Viel weniger war es wider die Lie—
„be, wenn manden Frieden aller andern mit dem
„Mifvergnügen eines einzigen erhalten Fonnte,,
a), Underdeſſen bezeugten diejenigen, welche an
Die Aeltern oder Berftandigen einige Erinnerun:
gen thaten, daß fie es in Demuth und Aufrich-
tigkeit ehaten,. Wie jener, der die geuͤbteſten
Märtprer zur Beſtaͤndigkeit ermahnete, alfo ſchrie⸗
be: „Ich bin zwar Fein fo groffer Mann, daß ich
„euch ermahnen fönnte: Jedoch werden auch die
„vollfommenften Kämpfer nicht allein von ihren
„tehrmeiftern und Auffebern, fondern auch von
„unerfahrnen und fchlechten Leuten ermahnet, und
ft „der Pöbel felbft gibt ihnen einigen Unterricht b).
6. Es mußten aber vor allen Dingen diejeni-
gen felbft von dem frey ſeyn, worüber fie andern
ureden wollten, weil doch diefe Pflicht denen Recht⸗
Khaffenen bisweilen ziemlich ſchwer ward, daß
fie entweder eben das an fich ſelbſt fpüreren, was
fie anandern ftrafen wollten, oder, wenn fie fich
javein befunden , dennoch den andern nicht fo Leiche
Sii bey ·
y) Chryfof. hom. 4. in TheM
a) Bernhardus Serm. 2, in Cant.
434 3.3. Von der erften Ebrifien Pflichten und Bezeigungen gegen einander. ae =
beyfommen mochten, „Es fuchet oft einer ver
„kehrte Leute zurecht zu bringen, daran aber
„aller menfchlicher Fleiß —— iſt, deswegen
„ers endlich geſchehen laſſen muß. Und was ſoll
„er auch anders chun? Er gehet ſolchen Seelen
„nach, redet ihnen zu, ſuchet ſie mit boͤſen und gu⸗
„ten Worten zu gewinnen, thut alles, und wen-
„vet alle Kräftean, kann aber doch nichts ausrid)-
„ten, c) · So gar ſchwer fallet es, den Zweck
bey folcher Ermahnung zu erlangen, Wo Bin-
egen der Geift GOttes freye Hand hatte, und von
einem Theil gehindert wurde, da offenbarte ſich
der Unterfcheid zwifchen göttlichen und menfchli-
chen Kräften. Wer mit Paulo feine Brüder
durch die Gnade erinnerte, Die ihm gegeben war,
der hatte Frucht von feiner Arbeit , Doch nicht von.
feiner, fondern von der Önade, die in ihm wohne⸗
te. Kom. ıs,ı5. Go gieng es unter den Erftlin-
gen des N. Teftaments zu, von welchen einer die—
fes anmerfer: “NBeldye den Geift der Gnaden
„und des Lebens haften, Denen war es viel zu we—
„ig, daß fie als heilige und fürtrefliche Zeugen
„GDttes ihr Föftliches Blue vergoffen, wann fie
„nicht auch andere zu Maärtyrern gemacht hät-
„ten durch Eingebung ihres Glaubens. Ihre
„siebe war fo groß, daß fie der ganzen Brüder:
„ichaft nach mehr zur Beftändigkeit riethen, ob
„fie gleich nur mit dem Erempel ihrer Gottge—
„iaſſenheit ſtillſchweigend den Glauben der andern
„hätten erbauen Fonnen,, d), Dis alles wirkte
in ihnen der einige Meifter. «Mer aber ihn felbft
„nicht ins Herz befommen hatte, und mit ihm
„seben und Seligfeit, derfonnte auch andern nicht
„rathen. Da bingegen die erleuchteten Seelen
„aus dem innmwendigen Schag Chriſti alle Gütig-
„keit der geiftlichen Worte hervor brachten, und
„ven Unmiffenden die himmliſchen Geheimniſſe
„‚erjehleten,, e). Mit diefen mußte alles ange:
fangen werden, follte anders etwasin dem HErrn
gefegnet feyn. Und eben diefer Geift mußte aud)
denen die Selbſterkenntniß beybringen, melche
an andern etwas zu erinnern haften. Indem
auch die Heyden diefes zum Grund ſetzten, “daß ei-
„ner zuvor feine eigene Bürde fehen lernete, ehe
„er andern etwas vorhielte F).
7. Demnach war diefes hierbey zuförderft ihr
Bedenken: "Wenn man ja jemand beftrafen
„oder erinnern muß, fo iſt vor allen Dingen zu:
uſehen, ob der Fehler ein folcher fen, den wir
„niemals an uns gehabt haben, oder den
©) Augufinus in Pf. 90.
d) Adta Agapii et Camdini ap. Baronium A. CCLXII. n. 39.
f) Hieronymus ep. 91. e PerfüSatyra3. 8) Aneuffinuslib. Hrde Serm. Dom. in Monte.
—
„wir. jeßo nicht E
„dergleichen an. uns gehabt, fo.
„denken, daß wir Menfchen |
„wol die Wurzel davon haben. Haben mw
„aber abgelegt, fo muͤſſen wir an die gemeine Ge:
„brechlichkeit denken, damit unfere Beftrafung
„aus feinem Haß, fondern aus Erbarmung fließ
„fee Denn fo werden wir verfichert fenn Ei
„nen, Daß unfer Auge einfaltig geweſen fey, die
„Ermaßnung möge gefruchtet haben, oder nicht.
„Wenn wir uns aber erinnern, daß wir in eben
„ſolchen Gebrechen begriffen feyn, fo müffen wir
„lieber. ftillfchweigen und feufzen, den andern
„aber nicht zur Nachfolge, fondern zur Behut-
„famfeit anhalten, 2). Die Berftändigen traue-
ten hierinnen ihrer Natur nicht, die fich gemei-
niglich durch anderer Verachtung erheben will.
Geſtalt es viel leichter ift, etwas an andern zu ta⸗
deln und zu ftrafen, als an ihm felbft das ſtraf⸗
bare wahrzunehmen, ‚gefchweige denn die Beftra-
fung anderer gerne zu leiden, noch viel weniger
von geringern ermahner zu werden, am allermwe-
nigſten wenn es öffentlich gefchiehet. Deswegen
jene auch diefe Erinnerung nöthig zu feyn:
„Wer jalehren und ermahnen will, der lehre ſich
„ert felbft. Wenn er nun felber alles gelernet
„hat, wasder HErr geboten, ſo werden fich viele
„finden, die ihm nachfolgen h). Zum mwenigften
„mußte fich erſt die Seele vor G tt demuͤthigen,
„und ihm ihren Zuftand befennen, ehe fiefremde
„Sünde ausfchaffen wollte. Denn eine Seele
„zuerwecen, iſt gewiß ein groffesund wunderba⸗
„res Geheimniß, dazu Feiner mitunreinen Hän-
„den fommen darf,, i). Sogar traf es richtig
ein was einer von der übeln Gewohnheit unvor-
fichtiger teute fchreiber: „Man nimmt ſich oft die
„Macht, andere zu beftrafen, ehe man ihnen ein
„Erempel feiner eigenen Befferung geben-Fann.
Man vermiſſet fich eine fremde Blindheit zuver-
„treiben, da man felbft nod) gar entweder im Fin⸗
„fterniß oder in einem fehwachen Licht wandelt.
3, m beften ifts, mit Exempeln lehren, ehe mans
„init Worten verfuchet,, k). _ Ja, wenn auch des
vergangenen Lebens wegen Fein Scrupel übrig
war, fo war doc) in Anfehung des Fünftigen Be-
fheidenheit noͤthig. Drum hieß es: Du weißt
nicht, was gefchehen koͤnne, Drum halte dich fein
in Schranfen. Bift du gleicy von Jugend auf
feomm geweſen, fo bift du doch nicht ganz ohne
Sünde, Merfeftdufeine beydir, fodenfe, daß
diefes
€) Macarius hom. 18.
h) Chryfoflomus hom.
5.in2 Thefl. i) Bernhardus Serun. 2. deRefurr. Dom. K) Hilarins can. 5.in Matth.
FT | «
Br 7. Cap. Don ihrer brüderlichen Ermahnung und Beftrafung.
f
ri
v.
FEINE ENT. ne, % vw. 4
diefesnichedein Werk, fondern der Gnade fey )).
Welches denn abfonderlich wider unzeitige und
verfeßrte Urtheile nöthig war, wenn unter dem
Schein der Ermahnung viel eigenwilliges Rich:
ten vorgieng. Man bielte e8 zwar vor eine groſ⸗
fe Freyheit, die Irrenden zu beftrafen ; aber fiege-
hörte nur vor die, zu denen man mit Wahrheit
nicht fagen Eonnte: Du Seuchler, zeuch zuvor
den Balken aus deinem Auge m). h
8. Und diefes traf fonderlic) bey denen Meube:
kehrten ein, welche bald die andern Menfchen
zu gleicher Seligfeit bringen wollten, dabey fie
Diefes Verlangen zu einem groſſen Ernſt triebe,
daß fie niemand etwas verſchwiegen, fondern fvey
indurch einem jeden zuvedeten, was fie etwan
Kit zu ihrer eigenen Ueberzeugung vor Eräfti
efunden hatten. Worzu fie auch von andern Ra
gemuntert wurden, welche ißre erſte Liebe und den
daher eneftehenden Eifer für gut und nüglich er-
Fannten. Drum redeten fie ihnen alfo zu: "Nu
„bet nicht eher, bis ihr CHriſto erliche gewonnen
„habt, nachdem ihr von CHriſto ergriffen ſeyd n),
„Es iſt nicht genug, daß einer vor fich glaubig
„worden iſt, wenn er nicht auch andere gewinner.
„Denn alfo wird der Saamen vervielfältiget,, 0).
Wie denn auch insgemein diefes Zeugniß von den
erften Ehriften gefunden wird: Als fie fich ſelbſt
im fo geoffer Seligfeit ſahen, erfülleren fie, was
efchrieben fteher: Laßt ſie hinzu geben, und dann
E en x fiengen an ihren Mächiten zu Huͤl⸗
fe zu fommen, und auc) ihre Brüder zu ftärken,
nachdem fie befehret waren p); gleichwie auch der
HErr Petro befohlen hatte Luc. 22,23. Da nun
die Kraft des Geiftes GOttes ſich in der Sache
elbft ben denen Ehriften alfo äufferte, regierte er
4 auch in der Art und Weife, als worzu die Weig-
er von oben herab gehörte, nachdem auch hie die
ernunfe nicht zureichte. Der Apoftel hatte ih⸗
nen gezeiget, daß fie den fehlenden Brüdern mit
fanftmüthigem Geifte wieder zurecht helfen foll-
ten. Gal.6,1. Da mar nun vor allen Dingen
Bedachtſamkeit noͤthig. Wie alfo ein alter Scris
bent von Petro erzeblet, daß er zweyen jungen
Ehriften, die noch einen heydniſchen Vater bat-
ten, alfo zugeredet habe: Ach weiß, daß ihr eu:
„won Vater ſehr lieber, ich beforge aber, daß ihr
„ihn vor der Zeit möchtet treiben, die Religion
„anzunehmen, darzu er ficd) auch vielleicht euch zu
„Gefallen verftehen wird. Aber das hätte Eeinen
I) Chryfaftomus hom. 5. in Tit.
u) Hieren. Ep. 22. ad Euftoch.
*
435
»Beftand ; denn was aus menfchlichen Abfichten
„geſchiehet, gehet leicht zu boden. Drum laffee
„ihn etwa eine Zeitlang nad) Gefallen leben, da er
„unterdeffen mit uns umgehen kann, und wenn wir
„andere unterrichten, freywillig und einfältig mit
„jubören. Hat er nun einen wahren Vorfaß die
„Wahrheit anzunehmen, fo wird er euch felbſt
„noch um Unterricht bitten, gefällers ihm aber
„nicht, fo bleibe ihr doc) Freunde. Denn wel⸗
„che Die Wahrheit nicht von Herzen annehmen,
„die verwerfen fie nicht allein hernach, wenn fie ih⸗
„nen unerträglich wird, fondern fie läftern fie auch
„dazu, undreden übelvon denen, welchen fieniche
„folgenfönnen, damit fie einige Entfchuldigung
„baben 9).
9. Nicht weniger verführen fie weislich in der
Ermabnung felbft, daß fie nicht etwan alles auf
einmal obne Drönung vortrugen; fondern wie
„eine Mutter dem Kinde die Speiſe nach und nach
„einflöffee, Damit fie allmählich herunter gebrache
„und zur Nahrung angewendet werde: So leg:
„ten fie einander die nöchigen Puncte nicht auf
„einmal vor, damit nicht alles fruchtlos wieder:
„um wegfiele, und vielmehr das Gute recht ing
„Kerze gepräger, fie felbft aber zu fernerer Er-
„bauung gefchiefter und willigerwurden,,r). Ja,
wenn etwa die Erinnerung gar verworfen ward,
vierben die Verftändigen, nur fo * zu ſchwei⸗
gen, und es bey noͤthiger Warnung bewenden zu
laſſen, weil man ihn ſonſt leicht gar zuruͤck ſtoſſen
konnte s). Ueberhaupt mußte Feine Gelegenheit
verſaͤumet werden, die der HErr zeigete: nur
daß beynörhiger Beſtrafung das Verbrechen of-
fenbar feyn mußte, darauf der Beſchuldigte fich
defto leichter erinnern ließ. Denn es galt aud)
bierinnen die Regel: Was du willt, daß man dir
„thun foll, das thue du einem andern auch. Wille
„du dich nicht unverhoͤrt Durch andere ſtrafen laſ⸗
„fen, fo tfueesandernauchnicht,,t). So mad):
ten es nun die, fo ihren Nächiten aufrichtig liebe
ten, abfonderlich in geringen Fehlern. Gaben
fie einen in der Uebung der Gottſeligkeit etwas lang-
jam, den “fcholten fie nicht alsbald, fondern fie:
„ſen fich vielmehr nichts merfen, daß fie etwäg
„wuͤßten, fprachen ihm unterdeſſen fleißig zu, und
„reisten ihn durch ihr Erempel zum Geber und an⸗
„dern Hebungen,, u). In ſolchem Verſtand nah:
men fie die Ermahnung Paulian, daß ſie andal-
Jii 2 ten
„ in) Hieronymus Comm. in Ephef. 4. n) Auguflinus Tra&t. io. in Ioh. o)Idem
in Pf. 64. „p) Hieronymus lib. VIII. in Iefai. c. 41. q) Clemens Recognit. lib. X. p. 151.
hom. 3. de Lazaro. s) Pamen in Pir. Parrum Gr. lib. V. c. X. n. 48.
r) Chryfoffomus
t) Auguflinus Serm, 202. de Temp,
436
ten follten mit. Erinnern zu rechter Zeit und
zur Unzeit, 2Tim.4,2. Nemlich nicht fen das
ungeitig, was dem alfo vorfomme, der fid) nicht
gerne ftrafenläßt, fondern diefes mußte alles “zu
„echter Zeit heiffen, was aus Siebe und Begier-
„de der Beſſerung mit fanftem und befcheidenem
„und brüderlihem Kerzen gefchahe, x). Die:
ſem Sinn famen fie treulich nach, daß fie nicht
allzuheftig, geſchwind und unbedachtfam waren,
viel weniger über nichtswuͤrdigen Dingen jan:
keten, fondern daß fie alles geijtlich oder nach des
Geiftes Führung thaten, weil fie auch geitlic)
waren y). Zu geſchweigen, daß ſie nach Beſchaf⸗
fenheit der Seelen, die ſie erinnern ſollten, auch
unterſchiedliche Maaſſe hielten.
10. In Anſehung ihrer eigenen Perſonen muß⸗
te es nicht allein aus reinem und unſtraͤflichem
Herzen alles geſchehen, ſondern auch zufoͤrderſt
ausherzlicher Liebe, und alſo nicht aus Haß, oder
einer boͤſen Gewohnheit zu tadeln und zu richten,
ſondern aus aufrichtiger Zuneigung des Herzens
gegen des andern Wohlſtand. „Niemals (hieſſe
„es,)muß man anders zu beſtrafen ihm vorſetzen,
wo nicht bey genauer Prüfung des eigenen Ge:
„rwiffens vor GOtt freudig Fann geantwortet wer:
„ven, man thue es aus Liebe z). Denn (wie
„dazu gefegt wird,) man muß nicht, deswegen ef-
„was anfangen dem Nächftenzuguf, damit man
„‚felber einen zeitlichen Gewinn davon trage:
„Man muß auch nicht das Herz und den Willen
„eines Menfchen ohne Urfach hintan fegen, von
„dem man nicht willen kann, mit was vor einem
Vorſatz es gefcheben fey. Und was man einem
„vor Siebesdienfte hut, muß in folchem Abfe-
„ben gefchehen, wie man fichs felbft von andern
„wünfchte, das ift, daß man Feinen zeitlichen Bor-
„theil davon erwarte, a). Demnach) war es am
ſicherſten, wenn ja ein Fehler oder Sünde eines
Bruders zu gedenfen war, daß man es ohne fal-
ſche Affecten (ra$as) that, und nur des-
wegen, damit man entweder die Suͤnde abthun,
oder fonft dem Bruder helfen möchte. Wer es
auffer diefen Abfichten vornahm, der that es nur
aus einer Begierde zu tadeln, Fonnte auch der Ber-
geltung GOttes ſchwerlich entgehen, daß er nicht
einen gleichen oder gröfleren Ball zu beforgen hat=
te b), Bielmeniger aber durfte man gar dem
z) Augufin. Expofit. ad Gl. 9)1
— in Gal. VI. a) Idem ibid,
Conſflictu Virt, et Vit. ©, &
3.3. Vondererften Chriſten Pflichten und Bezeigungen gegen einander.
armen Naͤchſten heimlich übel nachreden, noch feis
ne Sünden Mn iffen, oder mit ihm
deswegen einftimmen. n fo follte es feyn,
daß man dem Bruder aus herzlicher tiebe ins An-
geſicht aufrichtig trat, und ihm dis und jenes bes
fcheidentlich vorbiele, nimmermehr aber in Ab:
wefenheit übel von ihm urtheilte c). en
man fich allzeit dabey erinnern follte, man habe «
einen Bruder vor fih, und feinen ander
Saltet ihn nicht (fchriebe Paulus) als einen
Seind, fondern als einem Bruder feger ihm
den Sinn wieder zurechte, 2 Theſſ. 3, 15,
unterdeffen wermenger euch nicht mit ihm,
auf daB er befebamer werde. Welches alles
aus Siebe flieffen mußte, und aus Verlangen zur:
Befferung folches irrenden Mitgliedes. Wie er
es auch anderswo fo weislich unterfcheidet, und
einem jeden fein gehöriges Tractament will gege-
ben willen: Man folle die Unordigen wieder
zucechte bringen, die Bleinmuͤthigen
tröften, die Schwachen ertragen, gegen
alle langmuͤthig ſeyn. Als es denn auch der
Apoftel felber nicht anders machte, wenn er
nicht aufbörte, Tag und Ylacht einen jeg-
lichen mir Thränen zu vermahnen, Apoft.
Gefch.20,31. Ingleichen, wenn er mit fo herz
brechenden Worten und fo ftarfen Gründen fei-
ne Ermahnungen vorbrachte, wie wir fehen, daß
er die Seinen ermabnet durch die Barm⸗
herzigkeit GOttes, Nom. ı2. durch die Er-
mahnung in CSriſto, durch den Troft der
Liebe, durch die Gemeinſchaft des Geiſtes,
durch die Erbarmungen der Liebe, daß fie
doch feine Sreude erfülfenmöchten, Phil. 2, 1.
u. ſ. w. Welches alles nothwendig einen er
wuͤnſchten Eingang in die Herzen der Brüder ma⸗
chen mußte.
ır. Der Grund aber von diefem allen mußte
feyn eine herzliche und unverftellte Demuth, gleich»
mie alles Richten, unzeitige Schelten und zornige
Verfahren gegen die Brüder aus Hoffart berflief-
ſet. Es zeigten aber die Umftände und die Arten
der Ermahnung bald, wie das Herz eines Bru-
ders dabey ftunde. Wenn,zum Erempel, Paulus
zwar Philemoni mit gutem Fug hätte Befehlge-
ben fönnen , gleichwol aber lieber durch die LKie-
be ermabnen und bitten wollte, um ifn eher
dadurch zu gewinnen, Philem. v. 9. Ingleichen,
wenn
y) Baflins M Orat. Mor. de Modeſtia et Reg. gı. fuſ difput. z) Auguflin.
b) Maximus Gonfeffor lib. III. de Charit? c. 72.
e) AudtorLLib. de
=
wenn die apoftolifchen Männer eben diefen Weg
ben diefer Sache giengen. Als, wenn Janatius
an die Ephefer fehriebe: “Ich gebiete euch nicht,
„als wäre ich etrvas. Ich follte wol von euch er-
„innert werden im Glauben, Vermahnung, Ge—
„duld und Langmuth: Weilic aber aus Liebe von
„euch nicht fehweigen Fann, bin ich zuvor kommen
„euch zu ermaßnen, daß ihr mit mir laufet nach
„der Meynung GHDktes,, d). Und ein anderer:
Ich ſchreibe dieſes, meine tiebften,nicht allein, daß
„ich euch euerer Pflicht erinnere , fondern daß ich
„mich felbft erinnere. Denn ic) bin eben in den
„Schranfen, und mir ftehet eben der Kampf
„dot, e). Diefes mußte immer der rechte Brunn
fen, daraus alle Ermahnung floffe, follte fie anders
efegnetfenn. Was man aber aus ungleichem
Senn that, war vielmehr ein zorniger Anfall, als
eine Liebe des Beftrafenden. “Habe du nur tiebe,
„(biefle es) und fage denn, mas du willt, fo wirds nie:
„mals user feyn, was gleich den Schein ei-
„mer böfenXede hat. Wenn du nur verfichert bift,
„daß du den Borfaß haſt, mit dem Schwerdt des
„göttlichen Wortes den armen Menfchen zu be-
„freyen von feinen Gebrechen. Wenn dir aber
„etwa, indem du den Menfchen aus Liebe zu erin-
„nern angefangen, ein zorniger Affect einfommt,
„ſo mußt du gleich in groſſer Neue erfennen lernen,
„wie wir doc) garnicht über fremde Sünden uns
„erheben dürfen, weil wir oft eben bey derfelben
Beſtrafung fündigen, da unsder Zorn des Sün-
„ders leichter auch ergürnet, als fein Elend erbar:
„mensvollmad)t, f), Dabin gieng der lieben
Alten ihre Meynung, wenn fie den liebreichen
DBrudernamen fo gerne daben brauchten, um da—
durch fich und andere der Bruderliebe und Gemwo-
enheit, und der daher flieffenden Sanftmurh und
muth zu erinnern. Als, wenn Paulus ſetzet:
Die Ehriften als Brüder ermabnen und zus
rechte bringen, ı Tim. 5, 1.2. 2 Thefl. 3, 15.
Ingleichen andere Lehrer: “Einen brüderlich be-
„ttrafen 2), durch die Ermahnung der brüderli-
„chen Liebe ftärfen h), brüderlich erinnern, ver:
„mahnen,„u. ſ. f. Dis alles fchäßte man vor
defto noͤthiger, je leichter es war, daß man bey
einem oder andern in Verdacht geratben konn—
te, als ob man aus einer Tadelfucht etwas erin-
nerte oder bee . Dabero jener von fich ſchrie—
be, “er habe viel lieber zu den Sünden eine Weile
„still ſchweigen wollen, als daß man ihn hätte be—
d) Ep.adEph. e) Clemens Romanns Ep. ad Cor. p. 9.
i) Hieronym.Ep.47. K) Ibidem.
h) Gregor. M.lib. IV. ep. 9.
Pr * 7. Cap. Von ihrer brüderlichen Ermabnung und Seftrafung. 437
„fhuldigen mögen, er tadele und richte die Leu—
„885, 1). Wiewolerfich gleich dabey erinnert, “daß
„diefes nicht eben richten oder verleumden heiffe,
„wenn man die Wahrheitfage,, k), Im uͤbrigen
aber bliebe doch ein ſehr groffer Unterſcheid unter
der Beftrafung, die aus Bosheit und Wider—
willen, und unter der, welche in der Surcht
J— und nach der Wahrheit geſcha—
Del).
ı2. Wenn aber nun die wahre Bruderliebe
zum Grundelag, fofonntedie Beftrafung nicht an=
ders als liebreich, fanftmüthig und freundlic)
ſeyn. War etwas abzufchaffen, das nicht taugte,
fo mußte es Lnicht mit der Schärfe gefchehen,
„ſondern in dem Geift der Lindigkeit und Sanfts
„much. Denn dergleichen Dinge laffen ſich auch
„nicht fo durch Berrifchen Befehl abthun, fondern
„viel beffer durch Kehren und Erinnern, als durch
„Gebieten und Droben m). Es bemeifet aud)
„nichts mehr, daß ein Menfch geiftlic) fen, als
„wenn man mit fremden Sünden zu bandeln bat,
„da man mehr auf die Befreyung des andern ſe—
„ben muß, als daß man ihm auf den Hals falle,
„und etwa ſchmaͤhe und fihelte. Drum gehörte
„Friedfertigkeit und tiebe dazu, daß man diefes,
„nebenft der Betrachtung der gemeinen Gefahr,
„un Herzen* behielte n). Wer aber über den
„Bruder felbft und nicht blos über feine Fehler
„ungehalten ft, der zurnet ohne Urfache,, 0).
Ein jeder muß ja feinem Naͤchſten gefallen zum
Guten und zur Beſſerung, wie Paufus erfordert
Nom. ı5,2. Dabey diefer Unterſcheid gehalten
werden muß, “Daß man ſich etlicher erbarme, et=
„liche in der Furcht errette und aus dem Feuer
„reiffe,, Judaͤ v. 22. 23. Dahero famen nun
diefe Ermahnungen der Alten bievon: “Weil
„die Wahrheit gemeiniglich unangenehm iſt, fo
„wird durch die Beftrafung bisweilen die Liebe
„etwas geftört. Daher muß fie heftig ſeyn, nicht
„Ihmabfüchtig, fondern ia eine freundliche
„und licbliche Zurede gefchehen p)y. Wenn der
„Bruder ficher, daß ihm dis oder jenes nicht be—
„fehlsweiſe aufgetragen wird, fo gibt er feinen
„Willen cher drein, und wird demuͤthig gefinnt
„gegen den, der ihn erinnert, Denn man kann
„ourch gute Worte erlangen, was man mit
„groſſem Anfehen nicht haben mag 9). Eine freund:
„liche Beftrafung richtet mehraus, als eine unge-
„ſtuͤme Anklage, Jene beſchaͤmet einen, diefe
Jii3 „macht
f) Auguft. Expoſ. ad Gal. g&) Conc. Chalced. can. 20.
l) Mareus Eremita lib. de Lege Spirit. inter
Orthodoxogr. ım) Auguf. ep.61, n) Idem Expoß.in Gal. VI. 0) Id. lib, I. Retradi, c.ı9. pᷣ) Cafiodo-
rnsde Amie. g) Ambro/. Comm. in ı Tim. V.
Y
438
„macht ihn unwillig. Man muß vielmehr ver-
ſchweigen, was der andere nicht gerne will ver»
„rathen laflen: Denn es ift beffer, daß der Be—
ſtrafte denandern noch für feinen Freund halten
„eonne Man ſchicket fi) auch leichter in
wohlgemeynten Rath, als daß man den Beſchul⸗
digungen ſich unterwirft r). Wenn man auch
„gleich Zug und Macht hätte, mit gröfferer Auto⸗
„ritätdie Brüder zurecht zu bringen, fo muß doch
„allezeit die Beftrafung ohne Verluſt der Liebe
»gefchebens). Dazu aber gehöret viel Bedacht⸗
„famkeit, daß man den Bruder nicht alsbald Bin-
„tvegiwerfe, denn man weiß nicht, ob nicht auch
„das Gefunde zugleich an ihm mochte verderbet
„werden. Sondern man hat ja Mittel und Arz⸗
„nen gnug, man hat Vorſchriften davon. Ein
„Ehriite ift ein jünger des demuͤthigen und fanft-
„müthigen JEſu, der unfere Sünden gefragen
„bat. Wenn auc) glei) Widerftand da ift,
ſo muß man fangmüthig feyn, und niemals ver-
„zweifeln, weil noch immer Zeit zu Heilen iſt.
„Will aber auch feine Ermahnung helfen, fo ift
„dennoch GHDre zu bitten, daß er nicht ausgerot-
„tet werde. Sondern man laffe nicht ab, wer
„weiß, wenn er foll umgefchret werden? Wer
„weiß, wer JEſum noch fpeift, wenn er von Be—⸗
»thanien zurück kommt? Wer vor Heil. Geift
Heſalbet it, dem fehlts nie an heilfamer Salbe
„vor den Schaden der Brüder t). \
13. Ich übergehe gern fo viel andere Erinne-
rungen der Alten bievon, den Leſer nicht über Die
Gebühr hierbey aufzuhalten, und bemerfe nur
noch,daß ſie nicht etwa nur davon alfo geredet oder
gefchrieben, fondern daß fie es wirklich alfo pra-
cticivet haben. Denn fie erfenneten diefes auch
vor den Heyden, daß fie fi) in aller Ermaßnung
egen Glaubige und Linglaubige fo liebreich erwie⸗
en. Wir reden mider Die, fo von unferer
„Meynung abgehen, nichts böfes und gottlofes,
„fondern wir · laſſen, fo viel an uns ift, nicht ab,
„te auf beflere Gedanken zu bringen, zum Dienft
„des groffen Schöpfers allein zu führen, damit fie
„alles alfo thun, wie fie von ihrem Leben und Thun
„Rechenfchaft geben follen,,u). Gegen die Ölau-
„bigen inſonderheit lernten fie fich freundlich erzei⸗
gen, daß fie, wenn fieauch gefallen waren, “fie nicht
„als Feinde achteten, fondern als leidende Glie—
„der fie zurück ruffeten, damit ihrer aller Leib fe:
„lig würde,,; wie ein apoftolifcher Mann ſchrei—
3. B. Don der erften Chriſten Pflichten und Bezeigungen gegen einander,
bet x). “Wo num folche Siebe mar, da war auch
„Freundlichkeit und Fre Denn mer den an⸗
„dern lieber, der freuet fi einen Wohlftand,
„und wenn eribn ſiehet ſtraucheln, fo jammerts ihn
matt, und bewegt ihn wieder zu geifen, aber diefe
„Traurigkeit Fann feine Freude nicht ſtoͤren oder
„gar verändern, weil er weiß, daß Feine vernünf-
„tige Creatur bey GOtt in Ewigkeit vor
„bey). Inzwiſchen mußte aud) der Beitrafte
dennoch alles für Liebe und Güte annehmen, was
der andere an feiner Seelen that, gefeßt, daß ı
auch nicht fo gar lieblich und holdſelig a
„Denn manfann zwar wol auf einen ungehalten
„ſeyn, und dennoch ihn gerne beffern wollen: aber
„einem gar feind feyn, und ihn gleichwol glücklich
„wuͤnſchen, fchicker fich nicht zufanımen. Dietas
„ſter eines Menfchen entdecken gehöret einem from»
„men Freund zu: mern e8 aberein Gottlofer oder
„Heuchler thut, fo thut er ein fremd Werf,, z).
Alfo Hinderte die Freundlichkeit und Sanftmuth
gar nicht den Ernft und maßigen Eifer, den fie
gegen die Sünde hatten, fondern hielte ihn nur
in den gottgefälligen Schranken. Wie alfo
Judas der Apoftel fchriebe, man follte etliche in
Furcht erretten und aus dem Seuer rüden,
dv. 22.23. Und Paulus gab den Corinthern die
Wahl, ob fie iin mit der Ruthen haben wollten,
oder in der SLiebe und dem Beift der Sanft⸗
muth. ı Cor. 4, 22. Gleichwie auch die Alten
noch fich über Eypriani, des Märtyrers und $eh-
vers, Weisheit verwunderten, “daß er feine Mit:
„brüder zwar mie Namen nicht genennt, die geir—⸗
Fret hatten, aber doch ganz Flüglich und nad)«
„druͤcklich beftrafet, da er ihnen einebeiffende, aber
„auch heilfame Arzeney gegeben,, a), und zuvor
Pauli Unterfcheid gehalten, “der alfo die Seinen
„beitraft gehabt, daß er ihnen auch wieder gute
„Worte gegeben, und nad) dem Verweis auc)
te met gelinden Erinnerung fie getrös
„ et . x .
14: Davon war Die Liebe fogar nicht entfernet,
daß fie vielmehr der rechte Grund dazumwar. Denn
„die Liebe ift wie eine liebreiche Mutter, die das
„Schwache heger, das Verkehrte züchtiget, das
„Unruhige beftraft, und einem jeden das Seine
„zutheile, und doc) alle mit einander lieb Kar.
„Wenn fie fchilt, fo ift fie doch gürig, wenn fie lieb-
„koſet, fo iſt fie einfältig. Sie J groſſer
„Treue ſcharf zu ſeyn, aber ohne Liſt zu ſtreicheln.
Sie
r) Idem lib.VIII. in Luc. c. 17. s) Leo M. ep.84. t) Gregorius Naz. Orat.de Modeft.inDifput. u) Origenes
lib, V. adu. Celfum p. 273. x) Polycarpus ep. ad Philipp. y) Hieronym. lib. V. in Gal.
z) Auguft. lib.
II. de Serm. Dom. in Mont, c. ı9. a) Auguf. lib. III. cont, Epift. Parmen. c.ı. b) Ambrofius Comm,
in 2 Cor. IV.
”
Ur
.
“
X
uldig zuͤrnen, und demuͤthig unge—
„balten werden, c). Wer dieſe Liebe hatte, de
wollte gern alle felig haben, und jedermann die
heilfame Erinnerung geben; das übrige befahl
er GOtt. Und alfo waren fie nun geſinnet, die
das Werf der Seligfeit recht verftunden, und was
vor Weisheit und Ernft dazu gehoͤrte, wohl einfa-
ben. Sie baten einander jelber darum aus dem
104. Palm, “daß doch in allen Ermaßnungen
„gegen fie eine gehörige Schärfe gebraucht wuͤr⸗
„08, d): Und er ten auch die Ihrigen dazu:
„Einen jeden Ehriften folder Eifer umdas Haus
„des HEren freien. Als, wenn ihr ſehet einen
„Bruder zum Spiel laufen, fo wehret ihm, erin-
nert ihn, werdet betrübt darüber e). Gebet ihr
„andere zur Ueppigkeit eilen, verleidetsißnen, wie
„ihr Fönnt, halter fie an, gebt ifnen gute Worte,
„oder wie ihrs findet, ruhet ja nicht eher,,f, Sie
felbft befannten von fich öffentlich, “fie wollten lie:
„ber die Sünden der Brüder fehelten und ſcharf
„anklagen, als mit gelinder Verſchweigung noch
„Öbegen. Denn wer den fündigenden Bruder
„nicht ftrafe, der thue faft eben fo viel, als wenn er
„ihn zur Sünde nod) reize, g) . Drumentfchul-
digte auch jener Lehrer feinen Ernst alfo: Das
„faule Fleiſch Fönne nur durch Schneiden und
„rennen curiret werden, und der Gift müflemit
Widergift vertrieben fen, h). Auch fprach
ein anderer alfo in der Gemeine hievon: Meine
„Brüder, laffet uns dieZänfifchen durch die Macht
„ver Wahrheit aufjurichten fuchen, wenn fie durch
„den Unglauben gefallen find, ! Von welchem
Mann aud) fonft gemelder wird, “daß er auf die
„Sünder fo fehr ungehalten geweſen, als wenn fie
„ihm felber Leid gethan haͤtten, i)s von welcher
feiner Freymuͤthigkeit im Strafen viele zeugen k).
Gleichwie auc) ein anderer feine Ernſthaftigkeit
alfo vertheidigen wollte: “Wenn du mic) etwa
„vor allzubeftig anficheft gegen jemand, fo wiſſe,
„daß ich durdy Chriſti Gnade niemalsein Sclave
„werden will, und daß ich wohl erfahren habe, wie
„Wweyerley Urtheile über ſolche Sachen gefallen,
Denn mie mich die furchtfamen Nicodemiten
„vor verwegen balten, werden mich bie
„Standhaftigen vor frenmüthig anfehen,, 1).
Insgemein erkannten die erleuchteten Ehriften gar
me I, daß es möglich fen, “wenn gleich äufferlich
„d e Beftrafung
chrecflich laute, daß dennoch) inn-
£ 7. Cap. Don ihrer brüderlichen Ermabnung und Beftrafung.
439
„wendig im Herzen eine gelinde Liebe herrfche m).
„Und bey denen, die ſich nur durch Furcht retten
„lieſſen, achtete man ſcharfe Beftrafung nd:
„thig, Damit fie durch herbe Mittel genefen möch:
„een n) '
15. Nachdem aber dem Menfchen noch immer
etwas von Hoffart oder Furcht vor Schande und
Verachtung anhänger, fo war auch dis ein heilſa⸗
mer Rath, daß man nach des HEren Willen den
irrenden Bruder erft allein und ohne Beyſeyn ei:
nes andern erinnerte. Matth. ı8. Damit man
nemlich alfo “nur auf die Beſſerung fahe, dinge.
„gen der Schambaftigkeit zu ftatten kam. Denn
„ſonſt würde der Beftrafte vielleicyt aus Scham
„das Unrecht such vertheidiget haben, und wäre er
„ourch die Erinnerung nur böfer worden. Ja, er
„wuͤrde den, der ihn vor allen ftrafte, mehr für ei⸗
„nen Verraͤther angeſehen haben o). Drum mußte
„man heimlich beſtrafen, was heimlich geſchehen
„mat, p), nicht aber zur Schmach des Irrenden
alles gleich öffentlich darlegen g); damit denn alle
rechte Drönung übergangen worden wäre r).
Und diefes ward, gedachter maffen, fonderlich bey
beimlichen Sünden in acht genommen, daß fie ſol⸗
che aud) heimlich ſtraften. Wenn aber die Sun:
de öffentlich gefchehen war, mußte auch die Beſtra⸗
fung öffentlich geſchehen, damit der Sünder ge—
beſſert, Die andern zurück gehalten würdens). In
ſolchem Fall war ihre Sorgfalt fo groß, daß fie
dem Irrenden fein Verbrechen unter die Nugen
ftelfeten, er mochte es nun für tiebe oder Haß auf:
nebmen. Denn er mußte zum wenigſten erken—
nen, daß diefes öffentliche Beftrafen befier wäre,
als das Beimliche Tadeln und Richten t). Hierin:
ne aber giengen die gehorfamen Kinder aud) ihres
HEren Befehl gehorfamlich nach, weil er ihnen ges
faget harte, “Daß, wenn fie von ihrem Bruder eis
„ne Sünde fähen, fie fie nicht alsbald öffentlich
„austragen und ausruffen follten. Denn das
„wäre feine Beferung, fondern eine Berüchtis
„gung. Gondern wenn der Sünder fähe, daß
„mans heimlich halte, fo werde er fich fehamen und
„beſſern, u). And alfo hielte man es auch unter
denen $ehrern, wie davon eine Verordnung noch
übrig ift, welche alfo lautet: "Wenn der Yuffe
„ber eine Sünde nur allein weiß, fo foll er nichts
„austragen, fo lange ers nicht beweifen ann, fon=
„dern mit ihm zu feiner Befferung durch geheime
»< (=
c) Bernhard. Ep.2. ad Fulconem. d) Hieron. ep. ad Auguf. e) Auguf?. Tract. 10. in Ioh. f\Idem ib. e Pf. LXIX.
10. 8)
Ahnbrof.Serm. 6. h) Hieron. ep. 47. i) Chry/of. hom.in Matth XXI. 23. ap. Cotelerium Mon. Gr. Tom.
III. p.133. k) Sozomenus lib. VIIL.c.5. I) Idem c. 16. 20. Socrates lib. VI. c. 5. Nicephorus lib. XII. c. 35. m) Si
donius Apollinaris lib. VIL. ep. 18. n) Augu/?. Serin.ıg. de Verb. Dom. 0) Orig. hom. I. in Ezech. p) Auguf.
Serm. ı6.de Verb. Dom. q) Chryjofl. hom.5.in2. Thefl! r) Ambro/. in PL. 118. s) Auguft, Serm. 14. de Verb.
Dom, t)Idem de Confliätu Virt.et Vit.c.8. u) Orig. hom. 3. in Leuit,
BEE SIR —— um a: .
440 3. B. Don der erften Ehriften Pflichten und Bezeigungen gegen einander.
„Beftrafungen handeln, x). Eben folche Vor—
fihtigfeit war nöthig in den andern Umftänden,
als der Zeit der Beftrafung, daß ein Lehrer zwar
zu rechter Zeit und zur Unzeit anbielte. 2 Tim. 4,
12. und dabey doch die, von denen man eine Berfto-
Eungbeforgen mußte, fotractirte, daß fie nicht auf
einmal zurück geftoffen würden, und jodann alle
Scham verlieren möchten, aud) wol in ihren Suͤn⸗
den beharreten y). Was aber öffentliche Lafter wa-
ren, die jedermann in die Augen fielen und Aergerniß
anrichteten, die mußten auch oͤffentlich geſtrafet
werden, ı Timoth. 5,20. Wie es auch Paulus an
" DPetrothat, als er viele geärgert hatte, Öal.2, 11.2).
16. Dabin gehörten nun die Stufen der brü-
derlichen Ermahnung, wie fie der HErr felber
forgfältig vorgefchrieben hatte, Match. 18,15. u: f.
Darinnen man fich nad) eines jeden Befchaffenbeit
und Zuftand weistich richtete,wie er etwa am beften
zugemwinnen war. “Etliche konnte man beffer
„bewegen, wenn fie alleine erinnert wurden, etliche,
„wenn andere dabey waren. Denn bisweilen wer:
„ven heimliche Beftrafungen gar nicht geachtet,
„und da find öffentliche noͤhig. Andere, wenn
„fie noch fo frey gefcholten werden, ſchaͤmen ſich
„gar nicht mehr, fondern werden Durch geheime
„Erinnerung viel beffer, und vergelten hinwieder⸗
„um benen, diefie fo mitleidig gegen fich feben, ih—
„re Treue, daß fie ihnen folgen. Einigen muß
„man auch die geringften Fehler nicht verſchwei⸗
„gen, weil fie ihnen eine Klugheit dabey einbilden,
„wenn fie ihre Suͤnden fo wohl verhelen Fönnen. Ans
„dern hingegen ift etwas zu gut zu halten, damit
„fie nicht Durch allzu öftere Beftrafung fonft ver-
„weifeln,, a). Sm übrigen mußte aber diefer
Befehl Eprifti allzeit in acht genommen werden,
daß, wenn die geheime und befondere Erinne-
vung nicht half, alsdenn fie neben zweyen oder
drenen geſchahe, und endlich vor der ganzen Ge:
meine, welche Ordnung fo gar in der göttlichen
Weisheit gegründet, und von denen wahren Ehri-
ften bey den Sünden der Brüder wohl gebrauchee
wurde, wie wir bey ihrer Ausfhlieffung aus der
Gemeine mit fehen werden. Darinnedenn auch
Fein Unterfcheid gemacher ward, Daß man etwa
einiger Perfonen verfchoner hätte. Denn fo ferne
auch die Vorſteher und Lehrer oder andere Die gan=
ze Gemeine etwa geärgert hatten, foferne wurden
fie insgemein als Glieder der Kirchen angefehen
und beftraft. Wie denn auch diefer Regel Chri«
fti gemäs ein Roͤmiſcher Bifchof felber —
„Wenn der Roͤmiſche ſt wider einen Bru—
„der ſuͤndigte, und nach oͤfterer Erinnerung nicht
„die Gemeine hören wollte, fo follte er, nad) dem
„Gebot des HErrn, als ein Heyde und Zöllner ges
„balten werden, Denn jehöher er zu fennfcheine,
Je ſchwerer koͤnne er fallen, b). Welchen Aus:
fpruch ein Römifcher Cardinal Eegerifch und ſecti⸗
riſch nenne ec): Eben wie fonft dergleichen dem goͤtt⸗
lichen Willen gemäffe Befenntniffevor irrig gehale
ten werden, wenn fiedie vermeynte paͤbſtiſche oder
pabjtenzende Autorität der gemeinen Ebhriftene
pflicht untermerfen. *
17. Nun fragte ſichs hiebey: ob man alsdenn gar
ſtille ſchweigen follte, wenn Fein Wort der Ermah—
nung zu belfen fchiene, oder obman weiter anhal-
tenmüßte? Bon denen, Die etwa einem fonder«
lich zur Vorſorge anbefohlen waren, zweifelte nie
mand, daß man anhalten müßte, fo lange es der
Herr zulieflee Gegen die andern mußte die
tiebe auch nicht müde werden, fofernenicht alle Ge⸗
legenheit und Neigung dazu benommen ward,
„Wenn etwa ein böfesRind (fagten fie,) deine Be—
„ſtrafung verachtet, fo thue du nur, was Dir gezies
„inet, GOtt wird das Seinige an ihm und Die
„thun d). Du mußt nicht ganz an ihm verzwei⸗
„feln, noch alles auf einmal haben wollen, fondern
„vielmehr ehun, fovieldu Fannft, ob fie gleich wie
„verftreben, Ertrage alles, thue alles, wenn dir
„ihre Seligfeit ein Ernſt ift, und wenn du gleich
„nichts ausrichteteft, fo Fann Doch deiner Nach—
„läßigkeit hernach Feine Schuld gegeben wer—
„den, e). Indeſſen geriethe doch ſolche Verach⸗
fung und Hintanfeßung der Ermahnung denen
Ungehorfamen zur Sünde, weil doch GOtt durch
feinen Geift Herz und Mund eines rechtfchaffenen
Chriſten regiert, wenn er mit Liebe den andern auf,
den rechten Weg weifen will. Dabero fagten die
Berftändigen: “Derjenige widerſtehe Chriſto
„ſelber, welcher feinen Knechten widerftehe,, )
Nun waren aber das alle KnechteChriſti, die feinen
Geboten folgteng). “Es ſey eine ſchwere Sin.
„de, wenn man dem feind werde, der einen ſtrafe,
„ſonderlich wenn ers aus Liebe und nicht aus Haß
„thue,,, und fonft in der Drönung, die Chriſtus
gefeßet, bleibe b). Gegen folche empfindliche Ge-
muther verhielten die Öerechten fich weislich, und.
wenn
x) Conc. Vafenfel.c.8. y)Hieron.lib. II. in Matth.ıg. z)Vid. 4uguf.lib.I.de Ciu. Dei c. 9. et Expof. in Gal.
VI. a)Gregor. Nazianzenus Apol:I. b) Sylueſter II. Epift. ad Seguinum ap. Maimburgium lib. de Inft. et Pre-
rog. Eccl. Rom.c. 29. et Baronium A.DCCCCXCILn.s9. c) Baronıns I. c. d) Augnfkinus inPf.50. e) Id. in PL.
sı. f) Chryfflemus hom. 6. in Tit.
Amos V.
*
*
8) Anguflin. Tract. 3. in Epiſt. ioh. h) Hieronymus Comm. in
*
r
ſeiner Refo
A
38)
"
we.
#
wenn fiefein ander Mittel erſehen Fonnten, lieffen
J —— bewenden, oder erwarteten eine
quemere Zeit. Indeſſen litten ſie alles mit Ge⸗
duld, ſeufzeten und beteten für fiei). Geſtalt fie
endlich diefes vor “eine wichtige Urſache zu ſchwei⸗
„gen hielten, wenn man wußte, daß fie nur durch
Zureden ärger werden mi vden„. Gleichwie
fonft einige ie zu verſchweigen nörhig war,
wenn die, fo fie bören follten, dieſelbe nicht fallen
18. Es mußre fh aber ein Chrifte Biedurch von
n nicht abſchrecken laffen , wenn je
freußerzige Erinnerung nicht nad)
iſch nahm; angeſehen es disfalls leicht
geſchehen konnte, daß er ſich fremder Sünden theil:
haftig machte. Denn diefes glaubten fie, daß es
nicht allein gefchehe, wenn man eben die Sünde
begehe, oder dem andern darinnen helfe, fondern
auch, wenn man ihm nur im Herzen benftimme
und daran Gefallen trage. Fürnemlich aber,
kaonnten k),
und welches hieher geböret, wenn man zu der an=
u 9
“
-
bern Sünden ftille ſchweiget, die man doch beftra=
fen folle 1). Alſo befleckte die Sünde eines einigen
ißrer viele, wann fie nicht beftrafer ward; indem
derjenige es vor Feine Sünde hielte, welcher des:
wegen nicht erinnere oder gar abgefondert wur-
dem), Ja, fie bielten die Unterlaſſung diefer
Pflicht fo wichtig, daß fieesauch vor Reizung zu
fernerer Sünde hielten 0). Dahero man auch
anmerfte, wiediejenigen zugleich geftraft wurden,
die einerlen Sünden fchuldig waren. Weil die
Frommen billig diefes zeitliche Leben verachten ,
und nicht, wie die Gottloſen, lieb haben follten, da:
mit diefe überzeuget und befehret wuͤrden o). Ein
ſolcher Heuchler mochtenoch fo viel Liebe gegen die
andern vorgeben, “fo war er doch in der That ein
—“ Seelen, weil er ihre Suͤnden
icht beſtrafte, und alſo weder feine eigene noch
„der andern Geligkeit liebte,,p). Noch viel
fchädlicher war es vor beyde Theile, wenn nicht al⸗
lein zu allen Seblern-jtille geſchwiegen, fondern
auch mit ungegründeten tobfprüchen die Hoffart
der Heuchler unterftüßer und geftärfer wurde.
Dergleichen Schmeicheleyen kein Gewiſſen befrie⸗
digen fönnen, fondern feine Laſt nur gröffer ma=
> chen. “Da unterläffer man, durch Ermahnung ſei⸗
nen Nächiten zu beffern ‚ oder lobet ihn noch darzu
ins Angeſicht, damit dem Heuchler ſelbſt nichts
von feinem Ruhm abgehe, wenn er etwa den an«
2
*
inus lib. I. de Ciu. Deic.9.
Agapetus Sched. Reg.c. 22. u) Idem ibid.c. 29.
») Idem de Corrept. et Grat.c.15. a) Hilarinsin
or
_
u m
'”»
i) Anguf k) Idemlib.de Bon. Perfeuer. c. 16.
Ambrofius Comm. ad ı Cor. VI. n) IdemSerm. 6, o) Auguftinss lib. I. de C.D. c.9. p) Cafiodorus de
Amic- q) Auguflinus Expof. ad Gal. r) Hieronymus Ep. 22. ad Euftoch.
x) Bernhardus ep. 78.
Pf.140. b) Chry/of. kom.3.deLaude Pauli.
und Befteafung- 441
„dern durch Erinnerung beleidigte,,g). Wecwer
en jener eiferige Mann, alser eine nachdeuckliche
rmahnung thun wollte, diefes vorher erinnerte:
„Hier wird Feine Schmeicheley zu finden fen,
„Denn ein Schmeichler iſt ein heimlicher Feind»
„Ich will Feine prächtige Worte brauchen, die
„dich unter die Engel zaͤhleten. Ich mag dich
„auch nicht ſtolz machen, fondern will dir viel:
„mehr eine Beilige Furcht einjagen „). Welcher
auch anderswo bedauret, wenn jemand foldye
Scymeicheley und unterlaffene Beſtrafung für
eine Demuth oder, Wohlgewogenheit aufnchme,
und Hingegen vedliche * fuͤr neidiſch oder
hoffaͤrtig halte, die ihm ſeine Fehler entdeckten:
Dergleichen Leute billig thoͤricht handelten, daß ſie
ihr eigen Gewiſſen hintan ſetzten, und einem frem⸗
den Urtheil folgten, oder ſich gar uͤber ihren Be—
trug noch freueten s).
19. Welche nun den Grund ihres Heils recht
verftunden, die liebeten diejenigen, welche ſie treu—⸗
lic) erinnerten,, achteren aber die andern nicht, die
ihnen’ fchmeicheln wollten. Denn diefe fahen erſt
den vechten Mugen der Berzlichen Erinnerung ).
Ja, es war ihnen einerley , ob ein Feind fie ſchmaͤ⸗
bete und verfolgte; oder ein verftellter Freund ih⸗
nen beuchelte u). Darinnen war der Unterſcheid
offenbar, daß die Gerechten aus lauter Erbar—
„mung einen beftraften, die Sünder aber einans
„der in ihrer Bosheit heuchelten: Jene, daß fie
„heileten, dieſe, daß ſie noch zudeckten, was zu hei—⸗
„unmwar,x). Da ſie nun alfo durch die Erleuch⸗
tung des Heil, Geiſtes diefes erkannten, fo konn⸗
te ihnen jaalle Erinnerung ihrer Brüder nicht an⸗
ders als lieb ſeyn.
„icheueten Feine Beſtrafung, fie mochte von
„Freund oder Feind gefchehen. Geſchahe fie von
„Feinden, fo ertrugen fie es: That fie ein Freund,
„ſo hörten fie ihn gerne, oder auch, wenn er darinnen
„irrete, berichteten fie ihn eines beflern,„y). Die
Worte ihres HErrn und Meifters lagen ihnen
immer im Sinn, da er verfprodyen hatte, ihr
„Friede füllte wieder zu ißnen fommen, wenn er von
„andern nicht angenommen würde, Drum wollten
„ſie gerne Kinder des Friedens feyn , Damit ja der
— TESU CHrifti über ihnen ruhen moͤch⸗
„te,) ·
an von ihren Brüdern erinnert zu werz
den a); gleichwie ein Fluger Pariente den Arzt
vers
maß:
m)
9 fi) handeln laͤſſet b). Und hierzu
k
l) Bafılius M.de Bapt.c. 9.
s) IdemEp.13.adCelant. t)
y) Aeufinns lib. II. de Trinit.
Die Liebhaber der Wahrheit |
"AD waren die Gsrechten gefinnet,daß fie *
r
f
442 3:D. Von der erſten Ehr
RE ee. ©:
„maßnete der Märtyrer Clemens die Chriſten,
„daß fie doch Zucht faffen möchten, und nicht da-
„wider unmillig werden. Denn ihre Ermah—⸗
„nung unter einander fen fehr berrlich und uͤber⸗
„aus heilfam, weil fie. die Chriſten an GOtt im:
„mer fefter verbinde,,c). Gleichwie auch ein an⸗
derer an eine Chriſtliche Frau ſchriebe: Die See⸗
„en der Frommen find mie die klaren und fautern
Brunnen, die durch ihre Klarheit Die Borbeyrei-
„fenden zu trinken bewegen, wenn fie auch nicht
z„onrftere: Alfo dringet und ermahnet uns auch
„deine Weisheit, daß wir des göttlichen Waflers
„begehren,, fo aus beine Merzen quillet„d).
Mie auch ein anderer heiliger Mann fromme
Ehriften immer etwas zu fragen pflegte, und feine
Befferung gerne befennfe, wenn er etwas nöthi-
ges von ihnen gehoͤret hatte ©). Dergleichen
Sinn ſich bey allen Rechtſchaffenen funde und zum
öftern Aufferte; als ein berühmter Mann an einen
andern ſchriebe: “sch bittedich fehr, Daß du mid)
„nur getroft erinnerft, wo du es noͤthig befindeft.
Ich bin viel geringer als du, obgleich) fonjt auch
„der Gröffere von den Geringen Beſtrafung ans
„nehmen felfte,,f). Ein anderer befennete oͤffent⸗
lich, und erinnerte fich mit groſſem Vergnügen,
daß ein weiſer Mann ihn vongoielen Irrthuͤmern
befreyet hätte e). Und noch einer truge Fein Ber
denken, aud) feine Verleumder zu bitten, daß fie
ibn öffentlich erinnern follten , und nicht heimlich
haffen, fondern alseinen Bruder ermahnen b).
20, Was endlich die fürtreflichen Früchte der
brüderlichen Beſtrafung anlanget, fo giengen auch
- Diejenigen felbft nicht davon ker aus, melche die-
E23 felbe gegen ihre Brüder übeten. Immaſſen fie
Deswegen Eprifto herzlic) danketen, daß fie würdig
worden waren, fich auch in diefer Pflicht als Sieb-
haber GOttes und ihrer Brüder zu erzeigeni),
Der HERR ZEfus hatte ihnen verfprochen , fte
follten ihren Bruder dadurch) gewinnen. Matth.ıg,
16. Diefesnahmen fie alfo an, daß der Geminn
zweyfach wäre ; alfo,daß fie erft ihren ‘Bruder
verloren gehabt, hernach aud) deffen Seele, und
nun beydes wieder erlangten k). Auf Seiten der
DBeftraften war zuförderft ein feliger Friede zu
hoffen, und eine herzliche Bergnügung über Die
. Befferung des Bruders ). Geſetzt auch, daß,
„der Beftrafte im Anfang betrübet worden wäre,
„fo bedachte er doch hernach , wie es gemeynet
flichten und Beseinungen araen einander.
„war, und thatesnichtmehr, worüber er en
worden war. Je heftiger er hernach die Sünde
„baflete , je herzlicher liebte ex feinen Bruder, den
„er. als einen Feind feiner Sünden £
fe, m), Diefer Nutzen Fonnteja me
zen bewegen, daß fie einander nicht v
Anfehung der unendlichen Gefahr, weil fie jazum
wenigiten im Ausgange fehen konnten, was dieſes
vor eine groſſe Gutthat fey, dieman gar nichevor
eine Feindfchaft annehmen müffen). Auf
dern erftreckte fich die Wirkung davon, daß fie ſich
auch fcheuen lerneten: gleichwie die Beltvaften
felbft nach dem viel behutfamer wandelten o).
Und mochte freylich die wahre Liebe ſolche füfle
Früchte fragen, als aus welcher dieſes alles her-
floß. Es wollte fein Bruder den andern gerne
verderben faffen, viel weniger ihn an feinem Heil
hindern. Wenn nun die Erinnerung wohl *
ſchlug, ſo zeigte ſich ein uͤberſchwaͤnglicher Troſt
auf beyden Seiten, ſo groß zuvor das Mitleiden
geweſen war p). Sintemal auch biefes eine Art
der goͤttlichen Zucht war, die zur Seligkeit in
EHE mie fuͤhren konnte. Wer ſie faſſete, den
konnte ſie reinigen, und wer weiſe war, der erfuhr
auch darinnen die Treue GOrtesg).
=
Dieana =
9
PR
3
*
21. Wow Heil, Geiſt kraͤftiglich wirkte, da
konnte keine Vermahnung noch Warnung ohne
Frucht geſchehen. Welches ſonderlich an ven hei:
ligen Maärtyrern offenbar war, die das Wort der
Wahrheit Hal gm pen bezeugten, x
dern auch unter einandet ihren lautern Sinn er⸗
munterten, als man fießet ausder Erzehlung vun
denen, Die mit der Beil. Blanding gemartert wor⸗
den. “Sie brachte ihrer viel wiederum zurecht,
„welche ſchon CHriſtum verleugnet —— und
„durch fie gleichfam neu geborenund von den Tod-
„ten erivediet worden. Dahero fie auch fo geftär-
„eet wurden, daßfieaus Empfindung des füffen
„Worts wiederum CHriſtum befennetenyr).
Eben diefes erzehlet einer von feinem Freund, der
die Welt wiederum etwas lieb gerwonnen hatte,
und von ihm deswegen befprochen ward. Denn
*
“
*
J
er habe die Worte angenommen, nicht d —
ihn ungehalten worden waͤre, ſondern uͤber ſich
ſelbſt gezuͤrnet, und ihn hingegen deſto brünftiger
geliebet) . Welches auch insgemein von. allen
erbaulichen Reden der Srommen wahr war, als
wodurch unvermerkt viel Seelen aufgeweder und
c) Epift. ad Cor. p. 71. Enatlus, vt fertur, Epift.ad Mariam Casfiobolit. €) Antonius in Vita p. — f) An
guflinus Ep. ı9.ad Hieronym.
4hius Sebaflienfis Regul. qu.185.
2) Gregorius Nazianz. Orat, de Bafıl. M.
) Chryfoflomus hom. 61.inMatth. I) Augufkin. in PL. 85.
h) Bafılius M, Ep. 69. 1) Eufla-
m) Ideın Epift,
87. n) Id. deCorrept.Don.c.5. 0) Idem Serm. 14. de Verb. Dom. p) Idemlib. XVIIL. de Ciw D. c.5ı,
g) Lib.de Bono diſcipl.e.I. 5) Emfebiuslib, V.,Eıc.n 8) Auguſtin. lib. VE Confeilic. 7. —
m ’
2 Mi,
a
eg
443
Schaͤflein wären ihnen lieber, als die, fo immer une
ezeit vor
elt allgemei- gehindert fortgegaugen waͤreny). Endlich, wen
Vergeltung vorbehalten wurde t). affen auch gleich bey einigen alles na ——
ch die Frucht von GOTT zu erwarten war, ſchiene, ſo war doch die Vergeltung auf Seiten der
leichwie er ver Endzweck foldyes Liebesdienftes rer, die fiegethan hatten; gewiß, wie esdavonb
eyn mußten). “Sovielnunauh GOTT durch den Alten hieß: «Es ift zwar ungewiß, ob manal-
„die Gnade feines himmliſchen Eingebens Kraft „lezeit bey Verkündigung der Wahrheit Beyfall
„darreichte, fo viel konnte auch durch die Erinne- „finden werde. Aber gewiß iſts doch, daß manfie
xung ausgerichtet werden ,„x). Und ſolche See» „verfündigen müffe, und daß man deswegen eine
den, die ber HERRdurch dergleichen Siebesdien- „Belohnung zu gewarten habe, ſie moͤge nun an—
ſte verbunden hatte, wurden nun einander aufs „genommen werden oder nicht,,z). Wer gethan
genaueſte verwandt; fo gar, Daß etliche geſtun⸗ hatte, was er konnte, der hatte nicht weniger vollen
den, bie verirreten und wieder * gefundenen Lohn zu empfahen.
et) Vita A onii p-166. u) Apophthegın. Pat. ap. Cotelerium Tom. I. Mon. Gr. p- 342. X) Gregerius M.
hom. 6. in Euang. y) Bernhardus fern. 29. in Cant. 2) Chryjofemus hom.I. de Lazaro.
Das 8. Kapitel,
*
Border Gemeinſchaft der Güter ben den erſten
E+ Gemeinen,
—— —* Summarien.
—
* re den Guͤter ben den erſten Chriſten Grunds $. 1. Befenntniß davon. 2. Woher die Menfchen mas eigenthuͤm⸗
j > Lich befisen. 3. Ob die Gemeinſchaft im Leben noch er 4. Mußte Fein gezwungen Werk ſeyn; wird von Theologis
recommendiret; war ohne Unordnung und Bermengung der Glinde, ohne Verwirrung. „Berveis der Nothwendigkeit der
Gemeinichaft der Güter; fo jest eine fremde Lehre worden; 5. doc) wird fie von dem älteiten gelobet und recommendi=
tet. Woher ſie kommen muͤſſe⸗ Zeugnife von der erſten Chriffenheit, die dezwegen von vielen gelobet wird. 6. Ernſt bey
Gemeinihaft der Güter mit Berleuanung derjelbenz Bekenntniß davon vor den Henden, ohne Beyſorge, für Verwirrer
J ge u werden, 7. Lärerung der Heyden: Ablehnung derfelben 8. durch Vorhaltung three Bruderliebe, welche ihrer
N ch mittheilig fen durch Negung des H Geiftes: Bekenntnis davon: 9. Mehr Gründe wider die Läfterer, und Unter:
ee ri Wenn ſolche Geineinkhaft der Güter aufgeböret ; Urtheil daruͤber: Einige find daben gehlieben; Urſache der Abwei⸗
hung davon: ı1. Was Gelegenheit dazu gegeben; ı2. ſonderlich Abfall von der Liebe. Eimwürfe der Heyden wider fülche
Geweinſchaft; Beantwortung der Chriften. 3. Gedanken über Heren Cave Bericht 14. Wenbehaltung der erſten Gemein-
fchaftbep etlichen: Zeugniſſe davon ; ı5. Die Derter wurden Cönobia genennet; etliche hielten ſolche in ihren Häufern:
ie Erempel. 16. Ihre Abjichten und Vorſatz ohne Mißbrauch. 17.
— G u
(fo war es nun nach dem goͤttlichen Willen rung in nichtigen und fehlechten Sachen vorneß«
r bewandt mit der Gemeinfchaft der Heili- men. Werden wir in dem Geringften nicht treu
gen, was geiftliche und ewige Güter an- ſeyn, mer wird uns das Nechtfihaffene vertrauen?
langet. Nun gab zwar —6* ſich ſelbſt das al⸗ Lic. i6, 10. n. Dieſemnach hoͤrte die Gemein—
lerkraͤftigſie und ſtaͤrkſte Band, wodurch die ſchaft der Heiligen hierinnen keinesweges auf,
Glaubigen unter einander eins worden. Gleich» vielmehr waren ‚fie hierinne eben fo bruͤderlich,
ol aber feßten fie ihre Gemeinfchaften in zeitliz mittheilig und barmberzig, treu und aufrichtig,
chen Dingen nicht gar beyfeit, fondern hielten fie als in den wahren Gütern, indem beyderley Arten
nicht weniger zu Folge der göttlichen Verordnung, doc) von einem Vater berfamen. Die Wahrheit
> = Boch und were. Ihr lauterer Sinn vermochte diefes Berichts wird uns aus folgenden Urkunden
- leicht alfo zu fehlieffen: Wannuns der HERNin Klar werden, welche ich , gleichwie andere, unpar»
“w, igen und dauerhaften Dingen gegen einanz teyifch, und wie ich fie bey denerften Ehriften an-
der iren zu ſeyn geboten hat, alfo,daß niemand un= treffe, vor Augen legen will, in Berficherung, ein
teruns von den wahrbaftigen Gütern fagen darf, gottliebender Leſer werde esauchmiteinem folchen
es ſey fein eigen und nicht allen Brüdern gemein: Herzen erkennen. N —
wie, viel weniger dürfen wir eine Abſonde⸗2. R war von ihrer Pflicht hierinnen
f2 le⸗
444 3.3. -Donder erften Chriften Pflichten und Bezeigungen gegen einander.
hriſi
dieſes der wahren Kinder GOttes Bekenntniß:
„Der nach dem Bilde und Gleichniß GOttes er-
„neuert fen, der muͤſſe als ein liebes Kind Gottes
„Nachfolger ſeyn. Wie nun Die Güter GOttes
„insgemein jedermann zu Mugen und Dienfte
kommen: ſo gebe auch ein Chriſte, und theile
„mit, was er nur habe. Er fey wer oder wie er 5
„wolle, fü pflege er Gutes zu thun mie Worten und
„Werken. € N
„reich, der alfo thue, und lebe wie GOtt, indem
„er gleichfalls jedermann zu gefallen fey»2).
Diefe gemeine Gutthaͤtigkeit funden nun die Chri⸗
ſten in der älteften Hrönung Gottes gegründet.
Deswegen fie vor denen geizigen Heyden unge—
feheuer befenneten : GOtt hatdenen Menfchen die
„Erde gemein gemacht, daß fie in der Gemein:
„fchaft leben ſollten, nicht aber, daß der tolle und
„rafende Geiz ſich allcs allein zueignete, fondern
„daß es feinem daran mangelte, was vor alle ge-
„wachfen mar,b). So ift er auch ein gemeiner
Vatee ihrer aller, Damit Die Leute die gemeinen
Wohlthaͤten GOtties unter einander theileten, mil:
de, freygebig und mittheilig wären. Nun wuß-
ten zwar die Heyden aus ihren Poeten, daß im
Anfang der Welt ein folch aureum Seculum ,
oder guldene Zeit gewefen war, welches hernach
aber verderberund aufgehoben worden, Und die:
fes hatten die urälteften Seribenten aus. denen
Mofaifchen Büchern genommen, welches aud)
die Chriſten der Sache felbftnach gerne geftunden.
Alleine, fie giengen noch weiter ‚und feßten Diefes
hinzu: GOit, ‚als ein forgfältiger Vater, hat mit
„der herannahenden leßten Zeit feinen Boten ge
Fſandt der dieſelbige erfte Zeit famt der vertriebe⸗
- „nen Gerechtigkeit wiederbrächte, welche auch ih—
„rer wenige unter den Menſchen erlanget haben,
ob fie gleich demganzen Erdboden gegebenifte).
3. Als auch hernach die Ehriften nicht mehr fo
gar von allem Befis zeitlicher Güter entbloͤſſet wa⸗
ren, als im Anfang, fo lieflen fie zwar die menſch⸗
liche Ordnung an fich ſtehen, aber zeigten doch da-
ben, daß esim Anfang alfo gemefen, wie ein be
waͤhrter $ehrer unter ihnen ſchriebe: “Mach dem
„dem göttlichen Recht ift die Erde des HErrn,
„und was deinnen iſt. GOtt bat hat Arne und
„Reiche von einem $eimengemacht, und die Erde
„trägt auch Arme und Reiche zugleich. Jedoch
in folcher fen der Größteim Himmels »
„fer Hof ift mein, diefes Haus mein
„Knecht it auch mein. Drum gefehichts
alles
„durch das menfchliche Recht und der Sbrigtein
„Warum? Denn GOTT Bat durd) diefelbe die
„Rechte den Menfchen ausgetheilt. Nimm nun
„die Rechte hinweg, wer wird noch fagen dürfen :
iefer Hof iſt mein, dis Haus ift mein? Drum
efiget man nur die Güter Fraft der obrigfeitli-
J
dieſes, wenn er den Geiz und Eigennutz der
Heuchler widerlegen will: "Du fprichft vielleicht: ⸗
Was ift Daran ungerecht, wenn ich gleichwol F
„nichts fremdes mich anmaffe, und nur mein&i - ©
&
9
Redhte,,d). Und ein anderer bekennet eben
„genthum fleißig bewahre? D eine unverſchaͤmte
„Rede! Was nenneſt Du noch Eigenthum? Was
„und woher haſt du ——— ⸗
Sp nenne nun niemand etwas fein ei
PD) 5 jein eigen, was
„doch gemein iſt, es iſt ohnedem 3 ale zum Ge:
„brauch genug ift, prätendire worden. Iſt denn
„nun Go0Ott fo ungerecht, daß er des Lebens Noth⸗
durft nicht gleich austheilen füllte, und, daß du
„lauter Ueberfluß haͤtteſt, die andern darbeten und
„bungerten? Oder hat ersdesmwegen gethan, teil
„er Div Die Zeichen feiner Güte geben wollen, einen
„andern aber wegen feiner Geduld Frönen? Du
„aber meynft, du Fönneftbeydenen Gaben GOttes
„fein Unrecht thun, wenn du allein fo vieler Le—
„bensmittel verlangeft. Wer ift aber wol fo un:
„gerecht und fo geiztg, daß er die Nahrung fo vie:
„ter Leute nicht zu. feinem Gebrauch, ſondern
„bloß zum Leberfluß anwendet e) ? Die Natur
„weiß von feinem. Neichen, denn fie hat Alle
„arm gefchaffen, denn wir werden janichem :
„dern geboren, noch mit Silber oder Geld. Wir
„eommen nackend ans Licht und in Dürftigkeie
„aller Dinge, die Erde nimmt uns aud) blos wieder
„an, drum machet die Natur Feinen.Unterfcheid,
„wenn wir geboren und begraben werdenf). Es
wuͤrde auch Feiner arm feyn, wenn ein jeder die
Gleichheit, die GOtt gemachet hat, hierinnen nach⸗
thaͤte,jg). Ja, wollte GOTT, daß fie erſtlich alle
arm am Geiſt wären, denn würden fie einander
überflüßig Gutes hun; tie davon ein weiſer Mann
gefager hat: Die Menfchen koͤnnten am allerfelig-
„ften leben, wenn nur zwey Dinge nicht wären,
„das Meum und Tuum, Mein und Deinh). Es
„it ſehr ungereimt inden Teftamenten, wenn man
lei- _
„liefet: Diefer oder jener foll die Herrfchaft über
|
ws
u |
J
J
—4
——
ſpricht man nach dem menſchlichen Recht: Die: „die Aecker oder Haͤuſer haben, ein anderer aber
den
Clemens Alexandrinus lib. Strom, p.367. b) Laötantinslib.V.c.6. c) Idemibid.et c.7. d) Augufiaus
Trad. 6. in Ioh. citatus et a Gratiano dift. 8. et Chemnitius Loc. Theol. c. III. de Commun. Rer. p. 174. qui
tamen non eircumfpe&te fatis locutum ait, etfi fequentem Ambrofii locnın ibidem proferat c.IV. p. 177.
a)
absque monito. e) Ambrofius Comm.inLuc. ap. Chemmir.l.c. f) Idem lib. deNaboth.c.ı. 8) Greg.
Nazianz. Or. de Paup. Am. h) Cafliodorss de Amic.
M eo;
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3—
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ge
„den rauch und Mugen, Denn wir haben ja
zen Orca aber Feiner hat die Herr:
haft, i). En
2 4 Hieraus — nun die Chriſten eines
Theils ihre erfte Lebensart, wie wir bald nach de»
nen nötbigen Anmerfungen biebey reden merden.
Ein alter Scribente hat e8 unter dem Namen des
Apoftels Petri ale beſchrieben: "Die Gemein-
„ſchaft im Leben ift alfen nothwendig, und fonder-
„lich denen, die ihrem GOtt unftraflich dienen
„wollen, und dem teben der Apoftel und ihrer
„osünger nachfolgen. Denn es Bat billig unter
„allen Menfchen ein gemeiner Gebrauch aller
„Dinge in der Welt ſeyn follen, aber durd) die
„Ungerechtigkeit fpricht einer, diefes fen feine, der
„andere jenes, und alfo ift unter den Menfchen
— worden. Unterdeſſen haben die
Apoſtel und Juͤnger mit uns zugleich ein gemein
„eeben geführt, und jene alte Weiſe behalten,, k).
Und von diefer Gemeinfchaft fteher in den Ge—
fehichten der Apoftel gefchrieben, daß nicht allein
ihrer aller ein Herz und eine Scele gewefen,
fondern daß fie "auch afles gemein gehabt, und
„eeiner gefagt habe, daß etwas von den Gütern
„fein eigen fen, fondern es fen ihnen alles gemein
geweſen, alfo, daß fie Feinen Dürftigen unter ſich
— weil die Reichen das Ihrige hingege—
„ben, Cap. 2, 41. c. 4, 32. 34. Es führen fie
aber auch die urälteften Scribenten aus diefer na=
tuͤrlichen Gemeinfchaft der Gaben GOttes her.
Wie Eyprianus, nachdem er diefe apoftolifche
Gewohnbeit gerübmer hatte, Binzu thut: «Das
„beißt wahrhaftig Durch die geiftliche Geburt zu Kin:
„dern GOttes werden, das heißt nach dem himmli⸗
„tchenGefeg die Gleichheit GOttes des Vaters nach⸗
hun. Denn was nur GOOttes iſt, das iſt in un-
„ferm Gebrauch gemein, und niemand wird von
„feinen Wohlthaten und Gaben abgehalten, daß
„nicht das ganze menfchliche Gefchlecht der göttli>
„chen Güte gleichdurch geniefien follte. Wer nun
„etwas auf der —— und nach dem Exem⸗
„peldiefer Gleichheit feine Einkuͤnfte und Güter mit
„ver Brüderfchaft teilt , der wird GOttes des
vVaters Nachſoiger, indem er durch freywillige
„Austheilung fich gemein und gerecht erweift 1),
$. Es ift aber zu
fe Gemeinfchaft der Güter in der apoftolifchen
Kirchen nicht eben fo ein gezwungen Werf ge
wefen, alſo, daß einer, der ein Chriſte werden wol⸗
len, dazu getrieben, und nicht eher in die Gemei—
— — — —e ——
ap. Von der Gemeinſchaft der Güter bey den erſten Gemeinen.
ug : —
erſt hier zu wiſſen, Daß die—
—
nommen worden waͤre, bis er alles das
ne
Ceiı
muͤſſen: fondern es gefchahe alles aus fre B
fen ımd einfaͤltigem Herzen. Denn es war diefe
Sache aus fehr guter Intention und gottfeliger
Meynung angefangen (ie die Theologi wohl da⸗
von urtheilen) m), und deswegen von denen nach⸗
folgenden gehrern hoͤchlich geruͤhmet und zur Mach»
folge recommendirt. Dahero man bieben alle
unziemliche Gedanken, allen ungleichen Berdacht,
oder auch böfe Urtheile wider diefe Anordnung
der heiligen Apoftel fahren laflen, und GOtt viel:
mehr auch über diefe feine Gnade in der erften Ges
meine preifen muß ; wie die Alten deswegen haus
fig gethan haben. Denn fonft machte man fich
der Sünden theilhaftig, womit fid die Heyden
Biebey verfehuldeten, als fie diefer Gemeinfchaft
wegen ihnen die Lmordnung und Bermengung der
Stände, die Aufbebung alles Eigenthums, die
Gemeinſchaft der Weiber und dergleichen, vorwur⸗
fen und Schuld gaben, ungeacht die Chriſten Dis»
falls fenerlichft proteftirten, und eine von diefen '
Befchuldigungen vor wahr erkenneten. Indeß
fen lieffen fie fi doch von ihrem Vorſatz nicht
abfchrecfen, daß fie nicht, die Liebesdienſte defto
beifer zu üben, die leiblichen Güter einander ges
mein machten, aber davon Fein Gefeg oder Zivang=
gebot gaben, viel weniger eine Verwirrung des
gemeinen Gebrauchs einführten, ſondern gleich—
wol alles in quter Ordnung fanımleten und wies
derum austheilten. Welches denn auch unter
andern zur Heiligkeit ihres Lebens gehörte, und
ein groß Lob verdiente: mie unfere Scribenten ge⸗
ftehen n), Es deuteten auch die Apoftel ihren
Juͤngern und Machfolgern durch diefe ihre merk—
würdige Gemeinfchaft an, wie allerdings unter
alfen Chriſten eine gewiſſe Gemeinfchaft der Guͤ—
ter ganz notwendig fey : Nemlich, (mie oben
fehon aus der in der Natur gegründeten Gemein:
fchaft erheller,) wenn man weiß, daß man nichts
eigenes habe, fondern alles GOit angehöre: Da:
hero nun auch erfennet, wie man nicht das Geis
nige vor ſich allein behalten dürfe, wie und wenn
man wolle. Daraus man denn ferner überzeuget
wird, * man das Seine als ein gemeines Gut her⸗
aus zu geben verbunden ſey, wenn es zu Ehren des
allgemeinen HErrn und dem Mitknecht zur Noth⸗
dürfe möchig ift. Und obwol diefes nach den welt:
lichen Rechten von feinem gefordert werden kann,
fo kann es doch ohne Verlegung des göttlichen von
Kkk 3 der
i) Chıyfof.hom.2.ad Antioch.$,deflatuis. k) Audtor Recognitionum Clementislib.I.p.26. 1) Cyprianus lib.
de Oper. etEleemof. fine. m) Chemnit.Loc. Thi
«III. de Comm. p. 175. Ex aliis Baron. Annal. A. XXXIV.
n.27. n) Vid. vel Hit. Ecel. Goth. lib, II. e. II. Sech 3. n. 3. Ziegler. de Diacon. c. XIII. n. 6.
m“
Fr, ur
. oo
e hergeben und zu dem andern beytragen
em Bill
446
der Liebe nicht geweigert werden. Kurz Es
Fonnte die Yusübung der Siebe weder durch die
Gemeinfchaft der Güter, nody durch den eigen-
thuͤmlichen Befiß aufgehoben, oder auch gehindert
werden, Und folche Befchaffenheit hatte es mit
dem gemeinen Gebraud) der zeitlichen Güter in
den eriten Gemeinen, als einer nöthigften Folge
der Ehriftlichen Liebe. Welche aber gewiß ber-
nach und bis jego eine fremde tere worden; wie
die Theologi darüber Elagen 0); fo gar, daß die
meiften nur darüber lachen, oder wol gar Die apo-
ftolifche Anftale vor unrecht, oder irrig, oder
ſchaͤdlich anfehen, weil fie nemlich gewohnet find
dem Dürftigen entweder nichts, oder etwa einen
Heller, oder ein Stüdlein Brods zu geben p).
6. In Anſehung deffen wiffen nun die Alten und
bewährteften Lehrer diefe apoftolifche Weiſe nicht
genug zu loben, und den Ehriften insgefame zur
wahren Nachfolge zu empfehlen. Sie fegen
ausdrücklich den Willen und Trieb GOttes und
die Eingebung des H. Geiftes dabey zum Grund,
und zeigen, wie aus demfelben ein wahrer allges
meiner Gehorfam des Glaubens, aus diefem die
Siebe, und hieraus die Gemeinſchaft der Habe ge
floſſen ſey, und noch flieffen müfle Darum
ſchreibt ein berühmter Märtyrer davon: “Als Die
„Herzen im Anfang noch mitgröfferen Kräften an-
„gefüllet und ausgerüftet waren, Dader Glaube der
„Ehriften noch neu war, und gleichfam von Hitze
„und Eifer noch brennete, da verkauften fie ihre
Haͤuſer und Guͤter. Und das heißtin der Wahr-
„heit vecht, GOttes Kinder werden, q). Und ein
anderer eifriger gehrer + “Als das Blut unſers
„HErrn noch warn war, und der Glaube inden
Glaͤubigen noch brennete, da verfauften fie alle
„ihre Güter, und brachten das Geld dafür zu
„der Apoftel Fuͤſſen, damit fiewiefen, wieman das
„Geld mic Fuͤſſen treten folle, und davon ward
„einem jeden gegeben, wie viel und wie ferne er
moͤthig hatıey r): Welche Worte unfer Hr. Ca—
ve in der Vorrede feines Chriſtenthums anführt
und gedenfet, bey felbigen Zeiten und in felbigen
Jahren müffe man die rechte Gottesfurcht und
Einfale fuchen, welches er auch) wiederholet P. II.
c.2. 9.663. Andere geben nicht weniger diefer
Sache ein herrlich Zeugniß und nachdruͤckliches
sob. Dergleichen Auguſtinus meitläuftig thut,
da er die Steuern und Almoſen ruͤhmet, und da=
3. B. Don der erſten Chriſten Pflichten und Bezeigungen
gegen einander.
bey die apoftelifche Gemeinfchaft: veco is
ret 5): Ingleichen, wenn er anderswo biefel be.
vor ganz nothwendig bielt, da die Syüden denen
aus der Fremde kommenden Heyden alfo helfen *
müffen 1). Chryſoſtomus redet auch weitläufs
tig von, der Fürtreflichkeie dieſer Lebensart, und
nennet das “ein englifches Regiment, wenn kei⸗
„ner fagen koͤnne, daß er etwas ‚eigenes habe
„Die Kirche, als fie gleichſam geboren worden, has
„be diefes als die erſte Frucht hervor gebracht, u).
Wie er denn auch wuͤnſchet, “Daß die Zufammen«
„kuͤnfte noch alfo feyn möchten. Denn es fey feiner
„um die Nahrung bekuͤmmert geweſen, Eeinen habe
„die Sorge der Haushaltung geplagt, x): nemlich
weil darzu hernach gewiſſe Perſonen ausgeſondert
worden. Anderswo ſtellet ers in dieſem Gleich-
niß vor: Wie einer, der in ein groß Fuͤrſtenthum
„oder reiche Stadt ziehen will, alles das Seine zu
„Gelde macht, und fich dahin wendet: Alfo mach⸗
„tens auch Damals die Leute, die zum Himmelbe-
„ruffen waren, und zu der obern Stadt, zu dem
„Reihe GOttes: Sie waren gewiß, Daßdafelbft
„ihr Vaterland war, darum machten fie alle ihre
„Habe zu Geld, und.fchicften daffelbe durch die
„Hände der Apoftel dahin, y).; Anderer $ob-
fprüche von, diefer- Sache gefchweige Bier, mic
Fleiß, weil die fürnehmften anno) im, Fortgang.
vorkommen werden, RN
7. Daß fie aber Hiefes alles nicht eine bloſſe
Betrachtung feyn laſſen, fondern einen geoffen
Ernft, fehen wir nicht alfein aus fo vielem Ber
ſchreibungen der rechten brüderlichen Gemein
fondern auch aus andern Merfmablen.
werden ausihrer Genügfamfeit und Verleugnung
unten fehen, wie ſie nichts in eigener Siebe und
Berlangen befefien , fondern nad) des Apoftels
Willen diefer Welt Güter befeffen und gebraucht,
als befaflen fie fie nicht. Da nun alfo ihr Eigen⸗
nuß und Eigenliebe hinweg fiel, und fie nichts,
mehr vor ihr eigen erfannten, aus denen obigen
Gründen; fo fonnte es nichtanders ſeyn, es ma
te die Befchreibung eintreffen, Die fie von einem
erleuchteten Ehriften gaben, “Daß er nemlich
„ganz hurtig und bereit fey, feine eigene Guͤter den
en gemein zu machen,, 2). Nicht weniz
ger mußten fie von der Nothwendigkeit dieſer Ge=
meinfchaft fo Fräftig überzeugt ſeyn, daß fie ſich
auch nicht ſchaͤmten, diefelbe vor den —— zu
eken⸗
8 Penerus Pior. Defid. p. 43. p) Ibid. p. zur. 4) Cyprianusl.c. r) Hieron. Ep.8.adDemetr. s)Lib.deCa-
tech. Rud. c. 23. t) Lib. de Oper. Mon. c. 21.
u) Homil. 7. in Ad.
x) Homil. 3. in Alt, y) Homil. in
Verba: Oportet herefes effe. z) Clemens Alexandrinus lib. VII. Strom. P. 747.
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bekennen. Denn fie Mean zu ißnen: “Zuvor
„hatten wir unfere Einkünfte und Güter über al-
„ie Dinge in der Welt lieb, jego (da wir Chriſten
worden, ) bringen wir alles, was wir haben, in
„der Gemeinfchaft zufammen, und machen es de-
„uen Dürftigen gemein, a). ‚So befenneten fie
auch gerne, daßuncer andern in ihren Berfamm-
lungen Vermahn hierzu gefchaben. “Man
„hoͤret in unfern nticuln oder Zuſammen—
„kuͤnften nichts a als was leutſelig, guͤtig,
Feuſch, züchtig, ſchamhaft, freundlich, mittheilig,
„und zu ſolchen Leuten macht, die das Ihrige an:
„dern gerne gemein machen, b). And alfo rede⸗
ten auch die uͤ Ba meine: des Chriſtenthums
vor den Unglaubigen ohne Bedenken oder Beyſor⸗
e/ Daß man fie vor Rebellen, Berwirver oder auch
arren halten möchte, weil fie ohnedem mußten,
daß denen Weltleuten, und fonderlich denen Geiz:
halfen nichts widriger und närrifcher, ja unmög-
licher vorfäme, als felche Gemeinfchaft in Geld
und Gut; indem dergleichen Gemüther lieber al-
les zu eigen in dev Welt hätten, als daß ſie etwas
den andern gemein lieffen, vielmeniger übergäben.
Aber fie feßten disfalls die geiftliche Gemeinfchaft
in inmlifhen Gütern erft zum Grunde, und fag-
ten fodann von der Teiblichen frey öffentlich: "Wir
„leben aus gemeinen Gütern als Brüder, welche
font bey eud) (Heyden) die brüderliche Einigkeit
„bald trennet. iv aber, weil wir Herz und
„Seele gleichfam vermengen und gemein haben,
„tragen Fein Bedenken, auch unfere Güter ges
„mein zu haben. Alles ift bey uns im freyen
„Gebrauch, ausgenommen die Weiber, c), Und
was dergleichen Bekenntniſſe hiervon mehr vor:
kommen mögen.
8. Man fiehet auch die Prarin Biervon ausden
————— und Laͤſterungen der Heyden, die
deswegen über die Ehriften ergiengen. Denn fie
fprechen und erzehlen von ihnen : "Sie halten die:
„fe Dinge unter einander gemein ohne genauen
„»Ölauben,, 9): Sonverlich aber wollten fie aus
diefer unſchuldigen Gemeinfchaft der Habe denen
Chriſten aud) eine andere handliche Art der Ge:
meinfchaft Schuld geben, welche Tertullianuo
in denen erwehnten Worten ablehnet e). Wie fie
denn auch fonft die rechte Gemeinſchaft aus der
ar und ihren eigenenen Lehren bewiefen ; wie
”
A
inus Martyr Apol. II. p. 61.
in Peregrino.
‚maffen die Heyd ‚und wirklich
b) Arnobius lib. IIII adu. Gent. p. ror.
ehe =
in die Uebung bisweilen brachten, daB aute
Steunde alles unter ficb gemein hätten f).
Gleichwie fie auch fonft ihre eigene Rechte und
Bee lehrten, daß leibliche Brüder nicht
allein bey Sebzeiten ihrer Eltern ihr Erbtheil un.
getheilt laffen mußten, fondern auch, wenn es auch
hernach gerbeilet , dennoch nach dem Recht der Na⸗—
fur einander im all dev Noth mit allem zu Bel-
fen ſchuldig waren g). Danum (fagten fie,) unter
natürlichen Brüdern einige Gemeinfchaft aller-
dings bey allen Völkern ſtatt hat: Wer will
denn uns wehren oder verargen, wenn wir als
geiftliche Brüder in einem geiftlichen Erbesftehen,
und auch in leiblichen Dingen unfere Güter nicht
als eigen befißen, fondern von ungetbeilten Mit-
teln gleichfam leben? Wir halten diefes billig vor
ein groffes und bindendes Recht, dadurch wir ein-
ander mit Hab und Gut, ja mit unferm geben bey:
zuftehen ung verpflichtet achten. Denn (mie die
Alten davon redeten,) “es gefchabe eben Fraft die-
„tes Rechts der —— daß ſie in einer Ge⸗
„ſellſchaft bey ſammen lebten, weil fie durch den Ge⸗
„nuß einer Religion verbunden waren ; das ift, es
„mußten Diejenigen auch einen Beſit haben, die di:
„nen Glauben hatten, und weil fie einen Chriftum
„hatten, fo mußte auch ihre Ausgabeeinerley feyn.
„Denn die gottfeligen $eute hielten es vor unrecht
„und fündlich, daß fie diejenigen nicht ihrer Guͤ—
„ter follten eheilaftig machen, welche einerley
„Önade genoffen. Darum haben fie nun alle ins-
„gemein die Liebe der Brüderfchaft Chriſti wohl ge-
„offen, weil doch die Brüderfchaft Chriſti gröffer
„iſt, als die natürliche nac) dem Geblüte h).
9. Meberdis gründeten fie diefes alles auf ihre
ungefürbte Bruderlicbe, davon abermal die blin-
den Heyden nichts vechtes wußten noch erfuhren,
gleichtoie alle, die an ftatt der wahren Siebe zu Gore
und dem Nächften ihre eigene Liebe und die Liebe
der Welt in ihren Herzen herrſchen laffen. Gleich»
wol gaben fie aud) diefe ihre wahre Siebe zu einer
wichtigen Urſache an von diefer ihrer&emeinfchaft 5
wie wir nicht nur aus denen angeführten Bes
fenneniffen erſehen, fondern auch ausandern. Sie
erinnerten nicht allein, daß GOtt denen Juͤden
foiche Mitcheilung und Gemeinfchaft befohlen ge-
babt, wenn fie zum Exempel in der Ernte nic
nach⸗
€) Terzull. Apol. e. 39. d) Lu-
cianı \ — e) Vid. Epiphanius her. vlt. et de Communione vxorum ethnica. Plaro lb. V. de
Leg. Arrianus lib. II. Comm. in Epidtet. c. 4. f) Apud Senecam Fpiſt. 2. et 48. itemque lib. VI. de Benc-
fic. c. 12. Arifloteles lib. VII. Ethic. c. 5. et lib, VIILL c. 12. Cicero lib. I. Offie. et lib. de Amic. g) Ita
Bi, " Ethik. c,9. h) Ambrefius Serin. 9. et Auguflinus Serum. 26, de Verb, Apoſt.
’.
u
* un
’'"
448 3 J
——
ne
mas feine geweſen war; u. f. w. ſondern fie lehrten
her von ihren Bruͤdern
nfolisen, feinen2B
72 f inem jeden wiedergeben,
‚im Juͤbehahr €
uch treulich von “der kiebe, wie fie in feinem Din-
. :
„ge einen Unterfcheid oder Theilung mache, fondern
„mitcheilig fey, und gerne gemein mache (zuegisos,
nRdıkrgıros, zowavan)i). Wer die wahre Siebe
„habe, der erwerbe nichts vor ſich ſelbſt, er fage
„nicht, Daß etwas feineigen fey, fondern alles, was
„er habe, das gebeer andern hin. Wer die wahre
Wieode habe, der achtefeinen vor fremd, fondern er
„mache alle zu feinen Freunden,, k). Und insge⸗
famt führten fie dis alles vonder Gnade und Negie-
rung desH. Geiſtes her, der fich in ihnen allen durch
foiche Früchte fräftigerwiefe. Wie ſie alfo von der
ganzen Sache fehr nachdrücklich vedeten , und alles
mit der Erfahrung befräftigten: “Die Gnade un-
„fers HEren JEſu Ehrifti, und die Siebe GOttes,
„und die Gemeinfchaft des H. Geiſtes wirket dieſe
Zuneigungen der Gemeinfchaft unter einander in
„uns. Denn die Siebe ift nicht ohne die Gemein-
„haft, und die Gemeinſchaft iſt nicht ohne den
„geil. Geift. Unter den Chriſten iſt ein Wille
„und eine Meynung. Deswegen liebet ein je-
„der alle, und alle lieben einen jeden, und die fie-
„be GoOites ift ausgegoflen in die Herzen der
„Menfchen durd) den 4 Geift nach dem Bild ei:
„ner englifchen Öemeinfchaft. Die Gemeinfchaft
„diefes Geiftes kommt in die Herzen, dadurch auch
„allss, was fonft einem zu eigen iſt, denen andern
„aus Siebe gemein wird. Was bedeutete fonft
„die Gemeinfchafe der Apoſtel und Die Austhei-
„ung? Die Austheilung eignet die Sache, Die
„ausgetheifet wird, dem zu, welcher fie empfängt.
„Die Gemeinfchaft aber will nichts eigenes ha=
„ben, und die Siebe will auch das, was mitgethei⸗
„tet wird, nicht als eigen befeffen wiſſen, fondern
„fie will das Ausgetheilte in die Gemeinſchaft kom⸗
„men laſſen. Ja, die Siebe verurfacht, daß einer,
„noas er erlangt, nicht ihm felber, fondern GOtt
„und dem Nachſten gibt, Damit er nicht feine ei:
„gene, fondern GOttes Ehre aus GOttes Wohl⸗
„ehat füchen 1). Diefes war bey ihnen, und blie⸗
be wirklich die rechte brüderliche Liebe, die da
ungetheilet, lauter und aufrichtig war m).
Bon welcher fie auch fungen n):
Die Gnade nimmt ung alle Sinnen ein,
Wenn fie uns wird in unfer Herz gegoffen.
Der Wille läßt dis feinen Reichthum feyn,
Wenn jedermann hat feiner Lieb genoffen.
i s Alexandrinus lib. IE. Strom. p. 397. k) Ephram Syrus lib. de Virtut. et vit.
5 n) ae Hiftor. Apoftol. lib. I. p: 575-
de Amic. m) Bafılius M. hom. in Fame.
€ jriften Pflichten und Bezeigungen gegen GOtt.
Da trit die Zahl der Frommen in den
5 R i Bund, .
Sie fehlieffen auf die Bande ihrer Güter,
Und binden zu die einigen Gemuͤther: 4
Ihr Wandel ift, wie er im Anfang ftund,
& fließe uns erft der —
Wenn wir in ungetheilten Guͤtern ſtehen,
Und jeder fie als feine kann anſehen.
Die ganze Schaar lebt in der hoͤchſten Aul
Da mag uns nichts.von Eigenliebe binden,
Ggtt laͤßt uns fo den wahren Frieden finden,
10. Auch überzeugten fie die Läfterer diefer ih⸗
ver Gewohnheit Kr daß fie ihre Gemeine —
einer Republik verglichen, und ſolche Exempel
aus denen Heyden anfuͤhrten, da rechtſchaffene
Lute ofte alle das Ihrige N M
im gemeinen Mugen
bingegeben hatten, und fchleffen folgender maf
fen wider jene : Wenn die alten Negenten die>
„fer irdifchen Republik gelobet werden, daß fie
„das gemeine Wefen des ganzen Volks ihrem
Privatweſen alfo vorgezogen haben, daß auch
„einer, der nun Africam überwunden hatte, nicht
„einmal fo. viel hatte, das er feiner Tochter zur
„Ausftattung geben konnte: Wie füllte nun ein
„Buͤrger des ewigen Jeruſalems anders gefinnet
„ſeyn gegen fein Vaterland, als daß er alles, was
„er mit feinen Händen erwirbet, mit feinen Bruͤ⸗
„oern gemein habe, und erfiße, was ihm etwan
„mangele, aus dem gemeinen Gute? Alfo, daß
„er mit dem, deffen Erempel er nachfolgete, fagen
„möge: Als die Armen, aber die doch viele reich
„machen, 0). Welcher Schluß denn defto büns '
diger war, je weiter fich die Gemeinſchaft und der⸗
felben Grund, die Einigfeit der Ehriften, erftreckte,
nemlich auf unendliche ewige Güter. Daher
auch von denen Meubefehrten gefaget ward, als
ihrer Verſorgung wegen Zweifel vorfiel: “Wie
„find nicht ſo gottlos und thoͤricht, Daß wir. Der
„uenjenigen nicht vielmehr Die nöthigen Lebens—
„mittel darreichen ſollten, denen wir das hoch⸗
„tbeure Wort anvertrauet haben. Wir wollen
„vielmehr die Wohnung und alle Lebensart mit
„ihnen gemein haben,, p)., Und ein andermal
ward denen Gläubigen diefes gefagt: "Wenn du
„Nahrung oder Kleider. bedarfit, fo fehame did)
„nicht von andern zu nehmen, wenn fie dirs Dar-
„bieten. Wenn du aberetwas übrig haft, fo gib
„es dem Bin, der es bedarf, q). Aus diefen und
dergleichen Neden und Bezeigungen der a
| e
I) Caftodorus lib.
0) Auguffinus lib.
de Oper. Mon. & 25. p) In Recognit, Clement. lib, VIII. p. 128. 9) Enagrius Scitenfis apud Cotelerium
Tom. II. Mon. Gr. Eccl. p. 106.
u
|
”.
ihre Meynung und Gewohnheit hleb
ben, wie fie nicht auf einige geringe Mieeh
des Ueberfluffes gegangen —— ve ber:
liche und wahre Liebe dem Nachiten nichts vor-
behalten, vielweniger entzogen habe, was ihm
nörhig gewefen . Wie jie auch dieſe vechte Art
der Gemeinfchaft nicht denen Apofteln allein über-
laſſen, oder gar verworfen und verlajfen, ſondern
hoch geachtet, als eine nörhige Pflicht und gemei-
nes Kennzeichen rechtfchaffener Chriſten, als ſichs
ferner bier zeigen wird.
ıc. Wie lange aber die erſte apoſtoliſche Ce
meinfchaft der Güter gewähret babe bey denen
Chriſtlichen Gemeinen, ift nicht eben fo genau
beyden Alten ausgedrücker. Ein Roͤmiſcher Bir
— Urbanus, ſoll, nach etlicher Meynung, dieſel⸗
zuerſt abgeſchaffet haben, da er die zuſammen⸗
ebrachte Güter denen Kirchen zuzueignen ange⸗
En Bon welchem ein gelehrter Mann alfo
urtheilet: Bis aufdiefen Tag haben die Chriften
„noch alles unter einander gemein gehabt, aufdie
„Art, wie es die Apoftelgefhichte vorſchreiben.
Hierinne aber hat ſich Ur banus unterftanden, et»
„was zu ändern, wiewohl, wirdergefehen haben,
„Alſo iſt unſchwer zu ermeſſen, wie es zugegan⸗
„gen ſey, daß die alte Weiſe nach und nach abge:
„eommen, und alles Vermoͤgen bey etlichen we—
„nigen blieben. Es erhellet auch hieraus die Weife,
„wie man hoffen fönne, daß folche von den Alten
„ganz abgemwichene Gewohnbeiten wieder zurech:
„tegebracht werden Fonnten,, s). Welchem denn
andere erfahrne Scribenten beyfallen, daß die Ge⸗
meinfchaft der Güter nichtüber 200. Jahre nach
EHrifti Geburt gebauret habe t). Wiewol ins
zwifchen einige der erſten abnliche Gemeinſchaft
der Habe allerdings bey vielen lange hernach ge=
blieben ift: und ob es gleich) die andern Chriſten
nicht mehr alfo beybehalten mochten, fo ward fie
Doch unter denen Kirdyendienern und andern
folchen — noch geheget, die ſich der Welt
Geſchaͤften und Gewohnheiten begeben hatten;
wie abermal die Gelehrten bemerfen u). Son⸗
derlich war unter denen noch dergleichen zu fin:
den, Die fid) der Armen, Witwen und Wanfen,
und verlaffener Perfonen annahmen, oder fonft
ifre Habe auf einmal den Armen austheileten;
wovon im legten Capitel folgen foll x). Die Ur:
wel aber, daß diefe apoftolifihe Anftalt und Le—
sart unter denen Chriften abnahm und end»
TB. Cap. Don der Bemeinfebaft der Büter bep den erften Bemeinen.
ar zu fe=
Allan A
449
lid) ganz verlofche, war nichts anders, nach de
nmerfung der Verſtaͤndigen und dem an
ſchein felbjt, als die erfaltende und hernach gar
erfrorne Liebe der hen. Alſo, daß mans aus
genfcheinlich fehen kann, je laulicher die Chriften
bey guten Zeiten wurden, N ſchwaͤcher ward das
Dand der diebe und Einigkeit, und folglich auch
der Gemeinfhaft in geiftlichen und zeitlichen
Dingen. Ich rede hierinnen mit einem alten und
befannten Seribenten, der, nachdem er die erite
Gemeinſchaft des Apoftel höchlich Bee bat,
endlic) aljo ausdrücklich faget: “Dal; die Gemein⸗
„haft im Leben fait in allen Gemeinen aufge
„böret hat, muß man nicht der Autoritaͤt oder ei-
„nem Befehl zufchreiben , fondern dem Abfall und
„der abgelegten Gewohnheit, . Denn die Siebe ift
„nach und nad) erfaltet, welche alles gemein haͤ—
„ben will, hingegen herrſchet die Begierde, welche
„nicht fuchet das, was GOttes und des Nächften
„it, fondern nur, was ihr eigen üft,, y). Wor—
aus die Abweichung von der erften apoftolifchen
Weife in diefem Stuct ſamt derfelben Urſache deut-
lich erhellet, zumal wenn es mit dem zuſammen
gehalten wird, was unten im legten Such von
dem Geiz der verfallenen Ehriften zu fagen feyn
wird,
12. Einige auch von denen Alten meynen zivar,
daß diefe Gemeinfchaft, wie fie die Apoftel angeords
net, Feine Öemeinen unter denen Heyden nachge-
than haben follten *): welche aber davon feinen
Beweisbringen, auch nicht bringen koͤnnen, weil
hingegen fo viele Zeugniffe von andern, auch heyd⸗
nifchen Öemeinen vorhanden find, daß fie in Ir
cher Gemeinfchaft gelebet, obwol nicht auf eben
diefe Art derer zu Jeruſalem z)., Es mag aber
wol eine von den nachſten Gelegenheiten gervefen
ſeyn, wodurch diefe Gewohnheit gehemmet gder
auch abgefchaffet worden, daß die Cleriſey ſich nach
und nach der Herrfchaft und einfältigen Verwal:
tung derer Güter angemaſſet bat, die die Glaubi-
gen zur gemeinen Mothburft zuſammen gebracht.
Denn; da zuvor, nach der Apoftel Willen und
Drdnung,gewille Männer, die nicht ebenordent:
lic) des Predigtamtspflegten, über fol Bermö-
gen gefeget waren, und Die ganze Gemeine alfo
durch Diefe aus ihnen erwaͤhlte Männer alles ver⸗
waltete; fo zogen hernad) die Kirchendiener dies
fe Verwaltung allein zu ſich, und Buben alfo ne-
Ul benſt
s) Idem in Capit. c. 99. s) Io. Sichardus Argum. ad Epiſt. Vrbani p. 67. €) Centuriat. Magdeb. Cent. II. c.
VI. p. 93. u) Idem I. c. Zieglerus de Diac. c. XII. n. 7.
) Vei fentit Aug«ſtinus lib, IIL de Doctr. Chriſt. 6. 6. 2) Ziegterusl. c.
x) Centur. 1. y) due Carnotenſis Epift. 215.
450
benft der rechten apoftolifchen Sammlung aud)
die rechte Austheilung und Anwendung der ge
meinen Güter auf. Da fie hernach den größten
Theil zu ihrem eigenen oft uͤberfluͤßigen Unterhalt,
Das andere zu unnöthigem Kirchenbauen, und
andern Zierat, das wenigfte an die Armen an-
wendeten, fuͤr die es doch alles am meiften gewid⸗
met war; ſo gar, daß auch die Leute es vor einen
Kirchenraub achteten, wenn ſie einem verſchmach⸗
enden Armen von denen Kirchenguͤtern etwas ge-
ben follten; wie einer von feinen Zeiten Elaget,
davon bald ein mehrers a).
13. Es war au) fein Wunder, daß die Sa—
che endlich unter den Ehriften unbefannt wurde,
weil doch diefe nach und nach fo gar Faltfinnig in
denen Uebungen wurden, ſo zur wahren Berbin-
dung der Liebe unter ſich hatten dienen fünnen ;
hingegen aber der Feind auf alle Weife und auch
biedurch fie zu trennen fuchte, gleichwie er ihnen
durch die Heyden fo viel Hinderniffe vorlegte.
Wir haben bereits erfehen, mas die Heyden vor
Einmwürfe hiewider gemachet haben, weldyeden:
noch fonft unter ihnen felbft diefes vor ſchlechthin
unmoͤglich achteten, daß in einer Gefellfchaft eine
folche Gemeinfchaft ſtatt haben koͤnne, weil es
wider die Befchaffenheit der bürgerlichen Socie⸗
tät liefe b). Nun gaben die Chriften ven Hey⸗
den gerne zu, daß unter unbefehrten und alfo ver-
kehrten Menfchen freylich da lauter Zanf über
das Mein und Dein berfomme, wenn gleich ein
jeder das Seinige inne hätte, geſchweige denn,
wenn folche Leute gar in Gemeinſchaft leben foll-
ten. Sie mwurfen ihnen auch vor ißre groffe
Streitigkeiten über Hab und Gütern, als rechte
Kennzeichen ihrer eigennügigen weltgefinneten
Herzen. Alleine, von wahren, erleuchteten und
geheifigten Chriſten leugneten fie allerdings, daß
fie bey folcher “Lebensart dergleichen Zank und
Streit anfangen oder hegen würden; als wir un:
ten bey der Bergnügfamfeit fehen wollen. Sie,
die rechten Rinder GOttes, rechneten eben dieſes
vor einen groffen und offenbaren Unterfcheid zroi-
ſchen Glaubigen und Unglaubigen, daß jene mit
allem zufrieden und gegen andere mittheilig, folg-
lich auch friedfam und vertraulic) ; biefe hingegen
feines von beyden wären. Daherodenn alle ſelbſt⸗
gemachte oder vorgeſchuͤtzte Scrupel, Schroerig-
feiten und Ausflüchte der Vernunft und des Ei:
gennußens, von ber Liebe, die rechter Are war,
3.3. Don der erſten Chriſten Pflichten und Beseigungen gegen einander,
leichtlich aufgehoben wurden. Und wo die Be.
fehreibung der erften Ehriften bey einem Haufen
richtig eintraf, da fonnte auch eben diefe Lebens art
Kaum haben. Wo der Heil. Geiſt reichlich uͤber
die Chriſten ausgegoſſen wurde, und ihrer aller ein
Herz und eine Seele war, da konnten ſie auch wol
von Herzen ſagen, es waͤre ihnen alles gemein, und
nichts mehr eigen: gleichwie auch die Theologi
zugeben, “daß in dergleichen Faͤllen allerdings die⸗
ſe Gemeinſchaft zulaͤßig und —— ſey c).
14. Was nun hievon der Herr Cave an gedach⸗
tem Orte p. 664. berichtet, hat ſoferne feine Rich⸗
tigkeit, als er keine gewiſſe Zeit von der Waͤhrung
diefer Gewohnheit beftimmen kann, fondern nur ge⸗
denket, wie ſie nicht gar lange Zeit in der Kirchen
gedauert habe, welches denn von der oben benenn⸗
fen Zeit gewiß iſt. Betreffend aber den Beweis,
daß Paulus fehen eine Steuer angeordnet hat,
nnd dahero die Gemeinfchaft der Güter ſchon das
mals aufgehoben fey, ſtreitet nicht allein mit denen
Elaven Befenntniffen der älteften Scribenten, wie
wir fie gefehen haben, fordern auch mit dem Zweck
des Apoftels felber, der ı Cor. 16, 1. 2. nicht von
der Steuer redet, die für die Corinthifchen Armen
gefammletiverden folfte, fondern für auswärtige,
nemlichfür die zu Serufalem: verf. 3. Weswegen
aus dieſem Def vielinebr zu fehen iſt, wiedie Gala⸗
eifchen und Corinthiſchen Gemeinen nicht allein
für ihren Ort, fondern auch für fremde ihre Habe
bengetragen, und alrdisfalls ihre Gemeinfchaft
defto mehr bemiefen haben. Sonften ift andem,
was der Herr Cavepag. 396. feßer, daß die Chris
ften bey ihrer äufferften Verleugnung es dennoch
niche fehlechterdings vor unrecht gehalten, Güter
zuhaben, oder des Segens göttlicher Vorſorge fich
zu gebrauchen. Ingleichen, daß ſie ihren Unter-
halt nur geſuchet, foferne fichs mitder Sorge des
beffern Lebens thun laſſen. Alleine, was darauf
von denen fo genannten Apoftolicis erwehnet wird,
bedarfgenauere Unterſuchung, die ich etwa in das
legte Buch verfpare. Aus was vor Grund aber
ihre Lebensart eine allzufühne Nachahmung der
Apoftel genennet werde, da fie ſich in die größte Ars
muth gutwillig gegeben hätten, und deswegen alle:
zeit vor ärgerliche Ketzer gehalten worden, iſt nicht
fo leicht zu erſehen. Zumal warn man die Sebens-
art der berühmreften Kirchenlehrer dagegen haͤlt,
als, des Yuauftini, Origenis, Antonii und der-
gleichen, welche eben dergleichen Vorſatz ausübe-
ten; wie die Theologi von ihnen anmerfen d). =
15. Es
4) Erafınus fchol. ad Hierenyıma Epift.4._b) Ita Ariforeles lib. H.Politie.e.5. €) Vidı Kromayerns Cent, II. Hiſt.
Eecl.p.64. d) Vid. Chemnitins Loc, Meol. U: p. 104.
'
8. Cap. Don der Bemeinfchaft der Guͤter bey den erfien Bemeinen,
wehnung geſchehen, wie die Gemeinfchaft
ber Güter in folgenden Zeiten meiftens unter de⸗
nen Kirchendienern und andern Einfamen blie:
ben fey. Denn da aefchabe es bey der Hiße der
Berfolgungen, daß fich bierundda Haufen Chris
ften —— thaten, uͤnd an ſichern und unbe—
kannten Orten das Ihrige zufammen legten, und
in der Einfamfeit unter einander leberen. Die
Keichen gaben ihr Vermögen willig dazu, und
halfen die andern ernähren; wie ſich die Scriben⸗
ten auf die älteften Hiſtorien disfalls beziehen e).
Daß fie aber Bierinnen eben dem apoftolifchen
Erempelgefolget, bejguget ein beruͤhmter Mann,
wenn er ſchreibet; “Die Gemeine der Glaubigen
„war anfangs eben alfo beſchaffen, als jegund
„die Einfamen gerne fenn wollen, daß Feiner et
„was eigenes hat, Feiner unter hi reich iſt,
„keiner arm, und ihre Habe den Armen ausge
„theilet wird, f). Dergleichen ein anderer
nicht weniger nee Mann, Auguſtinus, mit
den Geinigen anftellete, wie in feiner gebensbes
fihreibung ſtehet: *Er fing an nach der Art und
„Regel zu leben, wie fie die Apoftelfelbft verord⸗
„net hatten. Inſonderheit, Daß niemand in bie:
„fer Gefellfchaft was eigenes hätte, fondern alles
„unter ihnen gemein war, und einem jeden nad)
„Nothdurft ausgerheilet wurde,. Welchetebens-
art derſelbe auch zuvor ſchon geüber hatte g), und
fie nahmals fleißig recommenbdirt bh), auch als
eine apoftolifche Weife hoc) und werth hielt i).
Geftalt er auch von Ni) felbit erzehlet, daß er nes
benſt etlichen guten Freunden aus Ueberdruß der
menſchlichen Eitelkeit einſam zu leben befchloffen
gehabt: dabey ſie das Ihrige zuſammen legen
wollen; wie er davon berichtet: Wir wollten
„aus unferm DBermögen eine Haushaltung auf:
„richten, alfo, daß bey unferer re, m Freund:
M Es ift bereits nach der Gelehrten Anmer-
„ſhaft Feiner etwas eigenes hätte, ſondern aus
„allen Stüden eine Maſſa, und diefe eines jeden
„wäre, ja alles allen angehörte k).
&, Don dieſer Weife zu leben nennteman fol-
dye Derter(Roweßı) Canobia, da etlichein der
Gemeinfchaft mit einander lebeten. Diefer $eu-
te Vorſatz befchrieben die Alten in diefem Stück
Selle: “Es waren Hütten voll fingender Chöre,
„die da beteten und fafteten, und von dem goͤtt⸗
„lichen Wort angeblafen waren, daß fie aus
€) Autor Quæſt. et Refp. ad Orthodox. qu. 110, ap. Zuflinum.
dius in Vita Auguftini c. 5.
h) Auguflinus Epift. 109. i) Idem de Oper. Mon. c. 22,
6.14. 1) Arhanafius Vita Anton. m) Rufinus lib.IL.H.E, c. 19. s He
e) Vita Euthymii c. 9t. ap. Corelerinw» Mon, Gr. Tom. I. p. 277.
451
„Verlangen nach der fünftigen Hoffnung unaufe .
„börlich arbeiteten , damit fie unter einander, und
„tonderlich denen Dürftigen Siebe und Barm
„berzigfeit erweifen Fonnten,, ). Gleichwie auch
von Baſilio erzehlet wird: "Wenn jemand der
„Welt abfagte, und das Seinige zu feinen Fuͤß
„ſen legte, 6 nahm ers an, und theilete unter fie
„aus, wie es nöthig war. Er lehrete fie dabey,
„unter einander eins zu werden, und mur für das
„nötbigfte zu fergen. Dabey er durch fin eigen
„Erempel, weil er von allem frey und los war,
„ihnen das apoftolifcye Wort fagte: ch will,
„daß ihr oßne Sorgen feyd,, m). Eben derglei-
chen findet man von fehr vielen beruͤhmten Auf:
ſehern der Gemeinen, daß fie folche Geſollſchaf
ten in ihren Häufern oder fonft aufgerichter, .
fonderlich mit folchen Leuten, die dem HEren in
der Stille und ungehindert zu dienen $uft gehabt.
Als man aud) von Martino lieſet, ver achtzig Yin
er beyſammen gehabt, dienichts eigenes befelfen,
Anbern alles zur Gemeinfchaft gewidmet, mit
einander gegefien und getrunken, und fonft in der
Einigkeit gelebet. Aus welchen man hernach,
feichwie aus andern ſolchen Pflanzgarten, die
Lehrer vor die Gemeinen genommen on), Inglei⸗
chen wird von einem, mit Namen Gerafünus, ger
ſchrieben, daß er ficbenzig folche Leute beyſammen
gehabt, dieein Herz undeine Seele gewefen, und
anz apoftolijch gelebet, alfo, daß Feiner etwas vor
Pin Eigenthum gehalten, fonderneinem jeden ger:
ne. alles gemein gemacht 0).
17. Wenn man die Abficht und den Vorſatz
folcher Seute in des HEren Furcht unpartenifch
überlege, muß man ihnen billig das Lob laſſen,
welches ihnen ein bekannter Theologus beyle et,
da er unter andern alſo von dergleichen *
gen Herzen urtheilet: “Etliche, da fie in den
„Städten bey der Verfolgung nicht ficher ſihn
„eonnten, haben, nach Art der Propbetenfinder,
„das Ihrige in die Gemeinfchaft zufammen gege-
„ben, undin der Einfamfeit fich ifrer Hinde Ar
„beitgenähret, Damit fie den Gortesdienit defto
„beiler lernen und abwarten fönnten. Diefe Ur:
„fachen gehören zu einem göttlichen Beruf, müf
„fen aber nicht aus der Einbitdung eines über:
„fluͤßigen Berdienftes herfommen, oder als wenn
„es ſuͤndlich wäre, etwas eigenes zu behalten.
Al 2 „Wie⸗
f) Hieronymus lib. de Script. Fccl. g) Pofi-
N k)Lib. VI. Confeik
n) Sulpitins Senerns lib. de Vit, Marc. c, 7.
3.%. Don der erſten Ehtiften Pflichten und Bezeigungen gegen einander.
gen, und von dem folgenden Mißbrauch d
päbftifchen Mönche und Monnen ———
terſcheiden; wie bereits oben insgemein aus der
Antiquitaͤt gezeiget worden. Bu
452
„Wiewol allmählich) die Meynung feines Ver:
dienſtes darzu kommen ift,, p). Aus welchen
Urſachen denn auch andere verftändige Männer
folche Weife der eiferigen Ehriften nicht mißbilli-
p) Chemnitius Loc. Comm. de Paupext. p. 176.
Das 9. Kapitel,
- Bon der erften Chriften Mildigkeit insgemein.
Summarien.
Hi erſten Ehriften waren milde gegen Dürftige $. 1. ausTiche, veichäich : 2. Erempelder Apoftel, die fuͤr bie Armen
reiche Allınofen ſammleten, wiewol fie es vor den Henden verfchiviegen. z. Sie waren mit dem nötbigiten Unterhalt
aufrieden, thaten ohne Unterlaß nach Möglichkeit aufs, fonderlich Neubekehrte; warum? 4. Erempel der Gemeinen in
Frankreich und anderer. 5. Das Vertrauen zum Vater im Himmel erweckte fie. 6. Wer und wieſern er andern guts
gethan: Eyempel: 7. zum wenigften mit einem guten Willens oder halfen einander wirklich, womit fie Eonntenz 8.
fonderlich waren die Keichen milde; Erempel: 9. - Anrede und Verweis an eigennuͤtzige Reiche: 10. Kennzeichen , ob ein
Keicher einwahrer Chriſt odernicht. sı. Eigentliche Arrder Chriſtlichen Mildigkeit vonder heydnifchen weit unterfchiedens
was Diefergemangelt. 12. Die Chriften waren milde ohne Heucheley und ohne Eigeneuhm, 13. aus wahrem Glauben bey
einem 9. Reben: ohne Hoffnung der Wiedervergeltung oder Lobes. 14. Exnſtliche und gründliche Berleugnung des Irdi⸗
fihen aus fiebeohn alle heimliche Abfichten: 15. vermahneten frölich zu geben, 10. ohne ferupulofen Unterfcheid und un-
gerechter Wahl unter Armen; 17. darüber fich Heyden veriundert : Weisheit der erſten Chriſten ben ihrer Srengebigkeit
nachdem Erempel GOttes: 18." Vorſichtigkeit in Übrigen Umſtaͤnden; etliche Erinnerungen hievon; denen man nach) ihrem
Berhalten mittheilete, nicht aber Retshen : 19. doch ſtaͤrkten fie feinen in der Saulheit. Im Mittheilen waren fie beftän-
dig: wodurch fie fich dazu erwecket. 20. Mas ihnen bieffe Gutes thun; im Vertrauen auf GOttes Derbeilung: 21. Wie
man muͤſſe Almofen geben , nicht vom Raube oder Diebesaut. Der Armen Schuldigkeit: 22. Gegen über gutth
tige Herzen
nicht aus Verdienſt geiftlicher Segen für leibliche Gaben, 23. umdgeiftliche Erquickung: Gewinn von dem Verluſt des
Zeitlichen: Reue über Entziehung der Almofens 24. Vertrauen auf GOttes Allwiſſenheit und Verheiſſungen, die auch erz
fület werden reichlich, 25. Mes thaten fie GOtt, auch nicht ohne, Lob vor Der Welt. 26.
; $.
achdem aber diefe apoftolifche Weife, alle
9 Habe unter der Bruͤderſchaft gemein zu
haben, bey vielen aufhoͤrete, und zwar
aus denen obberuͤhrten Urſachen: wurde doc) da=
mit weder die Pflicht noch) die Hebung der reichen
Mittheilung aller Nothdurft aufgehoben. Ich
will hier nur die nothwendigſten Merkmahle da:
von feßen, und das mitleidige, brüderliche und er⸗
barmende Herz der erften Ehriftenin etwas darle⸗
gen. Vor allen Dingen erfenneten fiedie Noth—
wendigkeit dieſer Pflicht ſowol insgemein ausder
ſchuldigen Bruderliebe, die ohne Wohlthun und
Mittheilen nicht feyn Fonnte, als aus dem fonder-
baren offenbarten Willen GOttes. Diefer war
fo oft wiederholet, daß fie fic) unmöglich des Ge-
horfams dabey entbrechen Fonnten, wie fie auch da⸗
voneinander herzlich erinnerten. Demnach erfen-
neten fie fich alle vor Schuldener GOttes, und daß
fie ipmin feinen Kindernnichtsgäben, mas fie ihm
nicht ſchuldig wären a): angefehen dis allesin lau-
gerer Abficht auf GOtt gefchehen mußte. “Wer
„dern Dürftigen nichts mittheilet, der thut eben
1.
„ſo viel, als wenn ers GOtt geraubet haͤtte: ja er
„ermordet den, welchen er darben laͤſſet, 5). Denn
man ſahe die Mittel, damit einem Dürftigen ges
holfen werden fonnte, nicht an als fein Eigenthum,
fondern als ein gehöriges Gut des Dürftigen, ob es
gleich durch Erbtheil oder eigene Arbeit erhalten
torden war c), ; |
2. Ich will aberin Beybringung vieler Sprü-
cheder alten Väter mic) nicht aufhalten, fondern
gleich zum Beweis fehreiten von der überaus groß
fen und der Vernunft unglaublichen Mildigkeie
der erften Chriſten. Es har ſich auch Die erfte Siebe
faft in keinem Dinge Berrlicher von auffen hervor
gethan, als in der überflüßigen Mittheilung alles
Guten gegen die Dürftigen. Es hatten auch die
Apoftel und andere gehrer faftauffeine Pflicht und
Frucht des Glaubens fleißiger gedrungen als auf
diefe; wie ein gelehrter Engellaͤnder anmerket d),
Geſtalt Eyprianus verfichert, “daß die —
„Ermahnung hiervon niemals aufgehoͤret habe,
e). Welcher auch an die Seinigen fehr ernftlich
bievon ſchriebe: Ich bitte, ihr woller fürdie Witz
. „ven,
a) Saluiannslib. II. cont. Auarit.p.49. b) Caſſiodorus lib. XIT. Var. ep.13. ec) Chryfoftomus hom. 34. ad Pop. de
Eleemef, d) Ih. Pearfon Not. ad Cyprianum de Oper. et Eleemof, e) Cyprian.l.c.
>
0. Eap. Von der erften Ehriften Mildigkeit insgemein.
* ‚Schwachen und alle Armen treulich forgen,
„und wenn Fremde und Dürftige da find, wollet
„ihr die Koften von meinem eigenen Vermoͤgen
„nehmen, welches ich bey meinen Mitaͤlteſten hin⸗
„terlaffenhabe. Und damit ihr etwas habet, wenn
„jenes ſchon verthan iſt, fo ſende ich euch hiermit ei
„ne andere Summa, damit ihr deſto veichlicher
„den Elenden helfen fönnet,, f), Wie er au) in
einem Brief erwehnet, daß feine Gemeine zu einer
Steuer eine groffe Summa zuſammen geleger ha⸗
be, die einige auf 25taufend Franzöfifche Pfund,
andere fat auf 800 Pfund Sterling, oder nach
unferer Münze ohngefehr 4000 Thaler rechnen g).
Welcherley Erempel bald mehr folgen follen, wenn
mir erft von denen apoftolifchen Zeiten noch werden
Fürzlich geredet haben.
3. Unter denen Apofteln ift wol Feiner in dieſem
Siebesdienft forgfältiger gewefen als Paulus, wie
davon theils die apoftolifchen Gefchichte, theils
feine eigene Briefe fattfam zeugen. Siehe Apoft.
Gefch. 11, 29. 30. c. 12, 25. C. 24,17. Nom, 15, 26.
2 Cor. 8,2. c. 9,1. c. it, 9. Gal. 2, 10. Insge⸗
mein lag diefe Sorgfalt allen Brüdern ob, wie
die apoftolifchen Gemeinen mit Freuden erwiefen :
Da,zum&rempel, die zu Antiochiaden Brüdern zu
erufalem nach ihrer Nothdurft fandten, als ein
rophet groffe Theurung verfündiger hatte:
„richt anders, als wann nun die Chriſten in der
„ganzen Welt eine einzige Familie worden ma-
„renz,; wie einer redet b), Inſonderheit ordne-
te Paulus an, daß fie alle Sabbarher, wenn fie zu:
fammen fämen, für die auswärtigen Dürftigen et
was beylegen follten, 2Cör.9,1.2. Daßaber fol:
che Steuren reichlich gegeben worden, gedenfet er
ausdruͤcklich c. 8, 20. und vermaßnet fie dazu 2 Cor.
9, 6, dabey man auch die andern nachdenflichen
Umftände mit Vergnügen fehen Fann, wie es zur
Apoſtel Zeiten damit zugegangen. And diefe Ge⸗
wohnheit ward nun in denen folgenden Gemei⸗
nen beybehalten, daß fie zur gewiſſen an für die
Dürftigen ſolche veiche Almofen fammleten.
Denndaß dergleichen Steuern nicht gering gewe⸗
8 ſeyn muͤſſen, werden wir bald weiter hoͤren.
Wenn die Chriſten denen Heyden ihre Weiſe hievon
Fund thun mußten, verſchwiegen fie mit Fleiß diefen
Ueberfluß ihrer Almoſen, damit dieſe ohnedem geld⸗
begierige und feindſelige Leute auch nicht dadurch
wider ſie gereizet werden moͤchten; wie es biswei⸗
len geſchahe, und man von Laurentio weiß, daß te, nicht anders, “als die Hunde um ein
j Al 3 9—
f) Epifl.8. g)Epift. 62. vbivid. Ich. Oxonienfi:
dentiushymn.2.deCoron. k) Tertull, N
P. 3. n) F. Spanhemins Oxat. de Chriſt.
453
er deswegen gemartert worden, die Schäße der
Chriſten zu verrathen ). Drum gedenken fienur
eines (modice ftipis) maͤßigen Almoſeno k), ei⸗
ner qutwilligen Bepfteuer!) uff.
4. Unter fic) felbft aber erinnerten fie einander,
wie nöthig es wäre, feinen nötbigften Unterhalt nur
zu behalten, das übrige den Dürftigen zuzuwen—
den; dabey fie immer an das Wort JEſu ges
dachten: Beben ift feliger denn ahnen;
Apoft. Gefch. 20. und daher mit dem Zchrpfen:
nia, den ihnen GOtt aab, gerne veranügt
lebeten, im übrigen aber licber zugeben ale zu
nehmen pflegten; wie von der Corintbifchen Ge:
meine geruͤhmet wird m). Don denen andern ift
nicht weniger gewiß, daß fie dergleichen gethan,
und daß fein Tag vorbeygegangen, da w nicht von,
dergleichen Früchten ihrer wahren Liebe gezeuger,
weil fie rechter Are war. Maͤſſen es nicht allein
durch Geld und Almofen gefchabe, fondern auch
durch alle nur mögliche Huͤlfe: da es niemanden
an Kath und Troft mangeln mußte, “den Armen
„nicht an Nahrung, den Kranken nicht an Arz—
„nenen, den Fremden nicht an Herberge, den Wit:
„wen nichtan Troft, den Wanfen nicht an Schuß,
„den Gebundenen nichtan Wartung, den Gefan-
„genen nicht an Erlöfung, den Todten nicht an Be⸗
„grabniß,n.f.f.n). Davon rühmer Dionpfius
die Gemeine zu Rom auch fehr, “Daß fie dieſe Ge—
„wohnheit von langen Zeiten her behalten, allen
„Brüdern gutes zu thun, und vielen Gemeinen in
„denen Städten Lebensmittel zuzufchicten. Wie
„fie denn nicht allein den armen Brüdern geholfen,
„iondern auch denen Gefangenen und in die Berg:
„werke Verdammten reichlich gegeben,, 0). Und
diefe groſſe Mildigkeit geſchahe fonderlich von de—
nen in überaus groſſer Maaſſe, die etwa neulich
Chriſten worden waren. Denn bey ſolchen war nicht
allein die erfte Liebe ſamt dem Glauben ftarf, fon-
dern es trieb fie auch fürnemlich diefes zur Aus—
theilung ihrer Habe, weil fie meiſtens mit Unrecht
und im Unglauben gefammlet war; wie fie aus-
drücklich befenneten: Was wir mit Ungerechtig=
„keit erworben Baben, als wir noch Heyden waren,
„müffen wir zu göttlichen FR anwenden,
„wenn wir glaubig find, und alfo gerecht wer—
„den,,p). Sie ſahen wohl die Gefahr der Reichen,
tie ihnen der Satan nachftellete, und zugleich mit
em behaltenen Schag auch ihr Herz — woll⸗
ind her⸗
3 „um
h) Hugo Gretiuslib. II. de Ver.Relig.Chrift. n.14. i) Pr
l) Zuflinianus Apol.1l. p.
m) Clemens Romanus Epilt,
x
‚Pr553: 6)En/ebius ib. Vıc.2 . pP) Ireneus ib. IV. c,49.
454
„um geben, das fie ein Stuͤck Kuchen inder Hand
„tragen fehen„. Dabey wußten fie aber, Daß,
wenn fie esden Dürftigen hingeben, GOtt daſſel⸗
„be ſo gnaͤdig aufnehme, und hundertfaltig wie—
„dergebe: Da hingegen der Geiz nichts als Sor-
„gen und Meid, die eitle Ehre, Dual und Angft,
„und die Wohlluſt Berderbnig und Koch übrig
nlafle 9).
5. a gedenket nun Irenaͤus von den glaubi-
gen Gemeinen, fonderlich denen älteften in Sran-
reich, “Daß bey ihnen geofie Barmherzigkeit und
„Mitleiden, Bruderlicbe und Wahrheit gewefen,
„oenen Menfchen zu helfen, alfo, daß ſie nicht al-
„lein-alles Gute ohne Vergeltung gethan, fondern
„auch alle das Ihrige den Leuten zum beften ange-
„wendet: a, fie haben auch dasjenige hingegeben,
„was fie faft felbft nicht mehr gehabt, Welches
er denn zu einem gewiſſen Kennzeichen des wah—
ren Glaubens wider die Keßer mache, als Pie
folches nicht thäten r). Sintemal ficeben hierin-
nen die rechte Art der Liebe erwiefen, wenn fie Mit-
tel hätten, und gleichwol “fich nicht vor reich Biel-
„ten, daß fie viel aufhüben, fondern daß fie es aus:
„theilten. Die Mittheilung und Gemeinma-
„chung Fönne fie gluͤcklich machen, (fagten fie,)
„nicht der Befis, undeine gütige Gemeinfchaft ſey
„eine rechte Frucht folcher Seelen »). Ein Gei-
Ziger aber fonneleichtlich überzeuget werden, daß
„er viel Re befiße, werner nur das noth⸗
„wendigſte behalten follte. Denn den tiebhabern
„der Eitelkeiten fey nichts genug, und wer Dasje-
„nige ohne Nutzen bey fich behalte, was doch den
Armen dienen Fonnte, der behalte fremd Gut bey
„ſich,, Dahero jene wahre Chriſtin alfo
fihloß, da fie das Ihrige den Armen millig gab:
„Wenn ic) Almofen bitten würde, fo würden ihrer
„oielnoch geben: Wenn aber diefer oder jener Ar:
„ie von mir nichts Frigte, da ic) ihm Doc) auch
„on fremden Mitteln noch geben kann, und Dar:
„über fterben müßte, von wem würde fein geben
„gefordert werden, als von mir,, u)? Und Diefes
waren die Früchteihrer herzlichen Liebe, wie fie fich
auch in dieſem Stücke gegen die Elenden äufferte in
anz fonderbareer Mildigfeit, und dabey durch
Peine Furcht vor Armuch und Mangel zuriick ges
halten ward. Ja, wenn fie auch nichts meßr vor
fich Hatten, fahen fie doc), wie fie von andern wohl⸗
habenden $euten etwas ausbitten und den Düriti-
gen geben könnten, Wie man von einem mit Na:
J
*
3. B. Don der erſten Chriſten Pflichten und Bezeigungen gegen einander.
— Tr a ET a N
men Albertius lieſet, welcher der Gemeine zu Hiee
rapoli vondem Kaͤyſer Antonino felbit eine Spen- _
de ausgebeten bat x), und Damit erſtattet, was in
feinem eigenen Vermögen nicht gewefen.
6. Wir werden bey ihrer Gnuͤgſamkeit fehen, wie
treulich fie mit dem zeitlichen Gut nach des HErrn
Wohlgefallen umgangen ſeyn, und dabey ſich kei⸗
nes Mangels befurcht, noch fuͤr den morgenden
Tag geſorget, wenn ſie heute etwas weggegeben
haben. Hier will ich nur einige Zeugniſſe davon
vorbringen, daraus ihr mildes Herz zu erfennen,
nebenft dem freuen Sinn gegen alle Brüder, auch
gegen Schwache und Irrige, welche fie mit ders
gleichen Gründen zurecht gewiefen. Zuförderft
erinnerten fie einander ihres Vertrauens zu ihrem
Vater im Himmel, dem fie alle die Ehre geben
mußten, daß er fie bey ihrem vedlichen Vorſatz ge-
wiß erhalten wuͤrde. „Es ift eine vergebliche
„Furcht, (fprachen fie,) wenn man beforget, man
„möchte durch Die Sreygebigfeit arm werden,
„Aber fey du J ſicher und unerſchrocken.
Was Chriſto zu Nutz angewendet wird, das kann
„nicht aufhoͤren. Wer fo elend iſt, daß er fuͤrch—
„tet, eg werden feine Lebensmittel aufhoͤren, Dem
„wirds endlich an wahren Heil und Leben man-
„gel, y). Davon auc) einer GOtt den HErrn
alfo vedend einführte: «ch Habe dich gemacht,
„und dir alles gegeben, wasdu haft. Und du willſt
„fo undanfbar feyn, und andern nichts zukom—
„men laflen. Siehe, id) will dir wiederum neh:
„men, was ich dir gegeben habe, lebe oßne mich,
„wenndufannft. Drum thue doch Barmherzig⸗
„keit, denn du wirft dadurch nichts verlieren, und
„mir auch nicht damit zumider feyn, der ich dirs
„gegeben habe. Gib dod) Hin, was zweifelſt du
„lange? Wirt du es Bingeben, fo will ic) dir mehr
„zumwerfen. Warum eigneft du dir das allein zu,
„was ic) dir und dem Armen zugleich gefchenfee
„babe? Warum willt du allein en was ic) vor
„bende gefchaffen babe? Warum fchreibeft du das
„Deiner Arbeit zu, oder Hältft es vor dein Gut?
„Ich will meinen Segen wegnehmen, behalte du
„deine Arbeit vor dic! Ich will meine Erbar—
„nung aufheben, und da wird dein Elend erft
„eund werden! Du meyneft, es werde endlich
„durch Dein Geben das Deinige ein Ende nehmen.
„Aber denkeſt du nicht an das Ende deines Le—
„bens? Wenn auch gleich dein Geld nicht aufhoͤr—
„fe, fo höre doc) dein teben auf. Drum ri
„di
— —
q) Chryfoff.hom.34.adEbr. r) Irenaus lib. II. c.57. s) Clemens Alexandrinus lib. IL Pxdag.c.6. £) Profper
Aquitanicus Sent. Aug.$n. u) Paula apud Hieronym. Epiſt. 22..ad Euftoch, x) Baronins A. CLXV, n. 14.
y) Cyprianuslib. de Oper, et Eleemof.
ar
..
9. Cap. Don der erften Ehriften Mildigkeit insgemein.
dich nicht lange: der dich zu feinem Haushalter
„geſetzet bat, wird dich nicht verlaffen,, 2). Und
gefegt, (fagten fie,) daß man auch arm dabey wuͤr⸗
de, fo preifet doch Ehriftus die Armen ſelig.
Der Glaube fuͤrchtet aucb Feinen Sun—
ger a). Zu gefchweigen, daß des HErrn Ver-
heiffungen nicht truͤgen konnten die, fo dran glaub:
ten, die denen Barmherzigen fo viel Segen ver:
fprechen. Es hatte vielmehr der Glaube darin-
nen einen feinen Kampfplaß, darinn er fich üben
Fonnte, und die iebe famt der Hoffnung befam da
die fehönfte Gelegenheit ſich Eräftig zu erzeigen, da⸗
her die auch feinen Mangel irgend inne fpürten, viel
weniger den geringften Schaden, welche alles im
Glauben thaten.
7. Diefes gienge nun diejenigen an, twelche noch
einen Ueberfluß von Lebensmitteln hatten, und
damit den andern, die nicht hatten, zu helfen ver-
bunden waren. Was aber die ganz Armen be»
frift, fo erlerneten ie in Ermangelung folcher
Mittel, gleichwol auf andere Weife ihre Siebe üben
und erweifen. Memlich, fie mußten, daß der HErr
das Herz anfahe, und den aufrichtigen Borfaß ih⸗
rem Mächften Guts zu thun, gefeßt, daß fie gleich
nichts vermochten. Darüber preifeten fie nun
den HErrn, wenn er ihr Herz fren, offen und bereit
gemachet hatte gegen ihren Nebenchriften. Wie
denn —— Zuſtand nichts neues war in denen er⸗
ſten truͤbſeligen zeiten, da oft die Allerreichfen
auf einmal den Raub ihrer Güter um Chriſtiwil—⸗
len von den Heyden erduldeten, welches fie nicht
allein mit Freuden litten, fondern auch nun defto
begieriger wurden, alles dahin zu geben, und den
Nothleidenden benzufpringen, wie fie erfuhren,
daß es ihnen wohl gefiel, wenn ein Bruder ihnen zu
Huͤlfe kam. Die Juͤngerin Tabea war fo voll der
guten Werke und Almoſen, daß fie auch, als fie
vermuthlich fonft nichts mehr zu geben hatte,
leichwol den andern Roͤcke und Kleider machte.
p. Geſch. 9,36.39. Denn auch diefes ward vor
eine groſſe Mildigkeit und wirkliche Almofen ge-
balten, gleichwie alle andere wirkliche Hülfe. Dar:
um es hieſſe: “Die Freygebigkeit ift zweyerley:
„eine, wenn man durch Hülfsmittel, Geld und
„vergleichen, beyſpringet; die andere, die man
„durch fe Beyhuͤlfe thut, welche oft viel
„beſſer und fürtreflicher ift,, b). Alfo wird von
455
Eypriano verfichert, “daß er nicht allein Feinen
„armen oder Witwe oder dergleichen leer von fich
„geben laffen, fondern auch die Blinden zurechte
„gefüßrer, die Lahmen felber getragen, die Ver—
te und Unterdruckten nad) Vermögen bes
„ſchuͤtzt cꝛ· Von Hilario,dem Auffeher zu Arz
les, ingleichen; *Er fey ein folcher Liebhaber der
„Armen gewefen, daß er um ihre Verſorgung niche
„allein in feinem Herzen, fondern auch durch feine
„seibesarbeir befümmert geroefen. Denn, ob er
„gleich von vornehmen Gefchlechte und fehr
var erzogen war, hat er doc den Ader-
„bau getrieben, Damit er die Armen verforgen
„eonnte d),
3. Welche nun mit diefen gleiches Sinneg wa⸗
ren, und “denen die Wahrheit GOttes offenba-
„tet, und Die Weisheit vom Himmel indie Herzen
„gefchicket worden, die fuchten einander zu übertra>
„gen, und durch bruͤderliche Hülfe die Muͤhſeligkeit
„dieſes Lebens zu erleichtern,„e). Alle ihre Uebung
in der Barmherzigkeit mußte einen guten Grund
in ihren Serzen haben, ob ſie gleich mit Geld und
andern Dingen nicht helfen konnten k).“Funden fie
„aufferlicy nicht, was fie mittheilen Fonnten, fo zeig⸗
„ten fiedoch einen guten Willen, oder gaben einen
„Rath, oder, wenns moͤglich war,halfen fie wirklich,
„oder beteten für die Elenden. Denn wer ein Harz
„voll Siebe hatte, der funde allzeit etwas zu geben,,z«)
Ihre Weife war, (wie es ein Scribente erzehlet,
daß, wenn fte,zum Exempel, nur ein Brod hatten, ſie
dennoch daſſelbe einem Duͤrftigen brachen, und
zu GOtt alſo beteten: «Siehe, HErr, ich gebe von
„meinem Wenigen meinem Bungerigen Bruder,
„gib du deinem dürftigen Knecht auch etwas,, h)!
Da hieſſe es recht, wie die Alten zu fagen pflegten ;
„Das Almofen muß nicht nach der Gabe, fondern
„nach dem Herzen angefehen werden i), Die
„Groͤſſe der Liebe wird nicht gerechnet nach dem
„Maaß deſſen, was man gibt , fondern nach der
„Kraft und nach dem Vorfaßk). Bey dem Als
„mofen haben fie zwar nicht alle einerley Vermoͤ⸗
„gen, aberduch gleiche Liebe 1). Und wer nichts
„zu geben hat, der ſchenke zum mwenigiten ein willi⸗
„ges Herze, und bezeige fein wahres Mitleiden.
„Denn es iſt auch einem Elenden eine herzliche
„Condolenz, oft ein Troft und Erleichterung, m),
Sa, diejenigen, welche die Gefaͤhrlichkeit des a
uls
2) Augufinu« lb. L. Homil. hom. 47. a) Hieroxymus Epift. 1. ad Hefiod. b) Ambrofus lib. II. Offie. c. 13.
©) Pontissin Vitap.3. d) Hieronymus de Script. Ecel.ineo. e) Tactantius lib. VI. c.ı8. f) Augufinus lib.
II. de Serm. Dom. c.2. g) IdeminPf.36. h) Bafılins M.Or.deLiberalit. i) Iidorus Pelufora lib, IV. ep.
118.6t193. K)Chryffomus hom. ı.ad Ebr. ethom. 34. ad Antioch. 1) Leo M. Serm. 3. de Colled. m) Gre-
gor. Nazianz.Orat. de Paup. Am.
F
456
flufles und Reichthums wohl Fannten, die hielten
auch diefes vor fchadlich, wenn einer dergleichen zu
haben verlangte, unter dem Borwand, als wenn I
defto reichlicher austheilen wollten; denn fie fa
hen nicht allein, wie dabey viel eitele Ehrſucht und
andere Thorheiten mit unterlaufen Fönnten, fon-
dern wie gleichwol auch die zwey Scherflein
der armen Witwen vor GOtt mehr gegolten, als
die groffe Gefchenfeder Reichen. Marc. 12, 43. n)« gen
Alfo, daß es auch nun denen Armen an Weisheit
und Mittel niemals in der erften Kirchen aeman-
gelt Bat, ihr mildes und liebreiches Herz Disfalls
zu erweiſen. 2 ’
9. Diefem nad) bliebe die wirkliche Ausübung
der Chriftlihen Mildigkeit bey denen, die etwas
vermochten, denen auch abfonderlich befohlen war,
in folchen guten Werfen reich zu fen. ı Tim. 6,18.
Dis war gleichfam der Vorzug und der Vortheil
der Reichen vor den Armen, daß jene für diefe
forgten, und ihre Nothdurft mit ihrem Ueberfluß
erleichterten. Welches die, fo den rechten Reich-
thun in GOtt erfannten und hoffeten, auch nicht
mehr alsgernethaten. Geſtalt fie felbjt davon vor
der heydnifchen Obrigkeit ausfagten : “Welche et-
„mas unter uns haben, die helfen denen Dürf-
„tigen allen,, 0). Als fie es auch wirklich vor
den Feinden errviefen: Wenn, zum Crempel,
Thraſo, ein vornehmer und reicher Mann, in der
Verfolgung denen Bekennern veichlid) ‚Lebens-
mittel darreichte, als ev fahe, daß fie fo übel tra-
ctivt und abgemattet wurden p). Wenn aud)
ein fürtreflicher Sehrer, Ephrem, bey einer groſſen
Theurung von denen Reichen in ſeiner Gemeine
viel Geld ſammlete, und damit die Armen und
Fremdlinge ernaͤhrte g). Wenn Apollonius, ein
veicher Kaufmann, die Kranken und Elenden
wartete und pflegte, fie mit Yrzeneyen und allem
verforgter). Ja, wenn insgemein durch Mildig-
keit der Reichen die Gemeinen alfo verforget wa⸗
ven, daß fein Chrift Damals betteln gehen durfte,
fondern einem jeden feine Nothdurft von denen
Vorſtehern gereichet ward 5). Wodurch denn
fowol die Safterung der Feinde, als alle Aer—
gerniffe und Sünden verhütet wurden., Dahin
giengen die herzlichen Bermaßnungen an die Rei—
chen, daß fie mit ihrem Ueberfluß den Mangel der
andern erfegen follten : Indem etliche reich, andere
w =
3.3. Don der erfien Ehriften Pflichten und Bezeigungen gegen einander.
arm waren, gaben die exften teilten welche et:
warn mehr Mittel Hatten, denen Armen gewille
Mahlzeiten, und verforgeten fie ſonſt; als wir bald
von ihren Liebesmahlen Hören wollen t). Da
aber nachgehends die tiebe fehr zu erfalten anfieng,
funden die Berftändigen nöthig, denen Reichen X
re Schuldigkeit nachdruͤcklich vorzußalten, und fon-
derlich die Gefahr bey Unterlaſſung derfelben zu zei
* ? 2. re
10. Alſo vedeten fie aber hiervon zu denen eigen⸗
nuͤtzigen Reichen: *Es iſt grauſamlich gehandelt,
„wenn du von dem, was du haſt, dem andern
„nichts gibeſt, da du weißt, daß er darbet. Du
„geheſt mit vollem Bauche einher, und denkeſt
„nicht an den ledigen Armen. Du befindeft dich
„wohl beyden Wohlthaten GOttes, und bedarfit
„nichts. Du Fleideft dich koͤſtlich, und.läffeft dabey
„den Armen frieren. Dadod) G tt das Vermögen
„euch beyden gegeben hat u). Der ganze Haufe
„der armen Leute feufzet über Deinen vollen Beutel.
„Du heuchelft dir noch felbit, wenn du mit Blut
„baueſt, um Geſchenke richteſt, um Lohn dieneſt, vor
„Geld weiſſageſt, und dennoch ſprichſt: Solch
„Uebel wird uͤber mich nicht kommen;x). Wenn
„du GOtt wahrhaftig liebeteſt, fo wuͤrdeſt
„du auch deinen Naͤchſten lieben, und alsdenn
„wuͤrdeſt du kein Geld ſammlen wollen, ſondern
„ein guter Haushalter GOttes ſeyn, und jeder—
„mann gerne das Deinige mittheilen y). Sprichſt
„du aber, du hebeſt fuͤr deinen Naͤchſten auch etwas
„auf, woher haft du dieſen groſſen Ueberfluß?
„Denn wer ſeinen Naͤchſten recht lieb hat, derſelbe
„wird nichts mehr als fein Naͤchſter behalten wol
»lenz). Du aber ſcharreſt die goͤttlichen Wohltha⸗
„ten begierig zuſammen, und haͤltſt es vielleicht für
„keine Suͤnde, wenn du die Lebensmittel ſo vieler
„alleine beſitzeſt. Denn wer iſt wol ſo ungerecht
„und geizig, als der, welcher die Nahrung ſo vieler
„Leute nicht zu feiner Nothdurft, ſondern zu feinem
„Pracht und Ueberfluß gebrauchet a). Wille aber,
„daß der Reichthum nicht dein, fondern GOttes iſt,
»er hat dich nur zum Haushalter, und nicht zum
„Herrn defielben gefegt. Dahero gibt und nimmt
„er ihn, werner will. Nun iſt man janurdarüber
„Herr, was in eines Gewalt ſtehet. Wie kann
»denn nun der Reichthum dein feyn, da du ihn nicht
nallzeit Haben kannſt b) ? =
11, Der⸗
n) Euagrius Scitenfis ap. Gotelerium Tom. III. Monum. Gr. p. 165. 0) Iufliaus Martyr Apol. II. p. 98. p)Adta-
Marcelli ap. Baronium A. CCXCVIII.n. 12. q)Sozomenuslib.I.c.ı6. r)Idemlib.Il.c.29. 5) Pröanus Epiſc.
Rom.in Epift.ap. Ioh. Sichardum p. 68. t) Chryjoflomus hom. 26. inıCor. u) Auguſtinus lib. L. Homil. hom. 47.
x) Hieronymus lib. II. in Mich. c.3. y) Maximus Confejfor lib, I. de Charit, c. 15. 2) Bafılins M. Orat. de
Liberalit. a) Ambrofins Comm, inLuc.ız. b) Chryſoſt. hom, 12. in Matth.
rn,
4,07 ala. 1 in FE a Zu
FE:
> 9. Cap. Don der erften Ehriften Mildigkeit insgemein.
11. Dergeftalt feßten fie diefes zu einem Kenn:
zeichen , ob ein Reicher ein wahrer Chriſt wäre oder
nicht. Denn fie fprachen alfo: “Wer noch ein
„Sclave von feinem Reichthum ift, der bewahrt
„ihn auch wie ein leibeigener Knecht, wer aber
„Herr darüber ift, der eheilet ihn auch aus wie ein
„Here c). Der Ueberfluß insgemein gehöret de:
„nen Armen von Rechts wegen, wer denfelben
„noch behalten und befigen will, der befißet fremd
„Gut d), Drum wenn dir Arme vor deinen
„Augen herum geben, fo unterlaß ja nicht dich ih:
„ter anzunehmen, Damit du nicht an dem ſchreckli⸗
„hen Gerichtstage die ABorte hören müffeft, die
„wider die Unbarmherzigen ausgefprochen wer:
„den: Ihr habt mic) hungerig gefehen, und nicht
„ernaͤhret, Matth.25. e). illſt du aber nicht
„einmal ohne Verluſt deiner Nahrung dem ar:
»men Bruder deinen Ueberfluß darreichen, wie
„willt du denen beyfommen, welche gar felbit ge-
„darbet und gehungert haben, Damit fie die Armen
„ernäßrten? Zwar, etwas befißen ift an fich feine
„Suͤnde, aber die Maaß muß darinnen wohl in acht
„genommen werden. Denn wie wollte man fonft
„mittheilen, wenn nichts mitzutheilen übrig bliebe?
„Alſo, daß nicht das Haben, ſondern das viele und
„ſchaͤdliche Haben zur Suͤnde wird. Unterdeſſen
„iſts doch eine gefaͤhrliche Sorgfalt, wenn man
„reich werden will, und die Unſchuld wird ſehr be—
„ſchweret, wenn fie zur Vermehrung des Reich—
„thums angeftrenget wird,,f). Davon auch fonft
bey den Alten gefungen ward g):
Der Reichthum wird den Ehriften nimmer
ſchwer,
Da nun ihr Herz iſt rein und frey geſprochen:
Wer vor das Geld gleich liebte noch fo fehr,
Dem ift nunmehr die Luſt dazu gebrochen,
Er weiß es wohl zu brauchen in der Zeit,
Da legt ers hin, wo es die Armen finden:
Wo gar fein Koft —* Dieb es krigt zur
Beut
Und da er kann die rechten Freund verbinden.
12. Was anlanget die Art der Chriſtlichen Mil⸗
digkeit, wie ſie unter denen erſten Chriſten im
Schwange gieng, war ſie vor allen Dingen weit un⸗
terſchieden von der falſchen und heuchleriſchen
Semaehigfeit derer Unglaubigen und Heuchler.
© 457
Mitleiden und Hülfe gegen die Dürftigen bewe⸗
gen Fonnte. GDre hat einem jeden diefen Affect
der Liebe eingepflanzet, daß einer dem andern im
Fall der Noth benfteher, hilft und heget. Wer
diefes Band zertrennete, der ward ne unter den
Par vor einen Böfewicht gehalten; wie es die
hriften ihnen zu Gemuͤthe führten b). Aber den
rechten Grund diefer Pflicht wußiten fie nicht, wie
die Chriſten abermal zeugeten: Dierechten Wers
„fe der Barmberzigkeit find eigentlic) unfer, die
„wir die Gebote und Worte GOttes empfangen
„baben,i). Ja, die armen blinden Leute fahen
auch wol einige Vortbeile, die aus der Frengebig-
keit erfolgen Eonnten: wie jener gar wohl fagte :
„Die Menſchen würden ein fehr geruhiges Leben
„führen, wenn nur dieſe zwey Worte aus der Walt
„gefchafft würden: Mein und Dein,, k). Alleine,
es blieb unter ihnen bey dem bloffen Wunfc) , weil
ihnen die lebendige Duelle, CHriſtus JEſus mit
feiner Siebe mangelte. Wann fie auch gleich eins
ander viel Gutes thaten, fo war doc) alles in
GOttes Augen unrein, da es nicht aus lebendis
em Ölauben in herzlicher Liebe und Demuth ges
3*
13. Deſto ſorgfaͤltiger nun waren die rechten
Chriſten, dem Willen ihres Heilandes nachzufom=
men, daß fie bey ihren Almofen in feinem Dinge
Heucheley trieben, jondern fieim Verborgen thäten,
damit ihr Lohn nicht dahin fiele, fondern öffentlich
von ihrem Vater im un gegeben würde. Hier-
innen erbielte fie die Kraft aus der Höhe, daß fie
ihre linke Hand nicht wiſſen lieffen, was die rechte
gethan hatte, und daß fte nicht zurücke dachten,
wenn fie etwas Gutes gethan hatten, vielmeniger
fich etwas darauf einbildeten. Siehe Matth. 6,1.
u.f. Jener fromme Mann zeiget feinen Unter
gebenen ſehr fein, daß fie weder das Kreuz nie—
derfihlagen noch ihr Gutsthun erheben mußte,
Denn er fprach : „Niemand meyne, wenn er
„die Welt verleugnet bat, daß er etwas grof
„fes verlaffen babe, denn die Erde, gegen den
„Himmel gerechnet, ift faft nichts. Wenn nun
„nicht einmal die Berleugnung der ganzen Welt
„ann der bimmlifchen Wohnung verglichen wer—
„den, fo bedenke doch ein jeder, ob er fich etwas
peühmen koͤnne, wenn er etwa ein wenig Geld,
eſtalt denen Kindern GOttes wohl befannt war , „oder ein Stüce Landes, oder etlihe Wände Hin:
wie auch die Natur einen Menfchen zu einigem „gegeben oder verlaffen bat) 1). Alfo gar war
mm ihnen
c) Hieronymus lib. I. in Matth.c.6. d) Auguflinus in Pl. 147. ©) Chryſoſtomus hom.87. in Matth. f) Ori-
genes hom. ıo.inLeuit. g) Hilariuscan.ıg. in Matth. h) Sedulins lib. III. Oper, Pafch p. 549. i) Zadan-
tiuslib. VI. c.10. k) Idem ibid, c.12. Auguflinus Serm,3.ad Fratr. in Eremo. 1) Antoniusap. Athanaſium
in Vita p. 120.
458
ihnen viel daran gelegen, daß fie nicht alleine dar-
auf fahen , ob fie Almoſen gegeben häften, ſondern
wie es gefchehen n). Der Heil.Geift erinnerte die
Seinigen gar wohl, wenn fie austheileten, ‚daß fie
nichts von dem Ihrigen gaben, fondern nur als
Haushalter in Sorgen und Furcht ſtehen müßten,
daß fie alles recht verwalteten o). “Saffet uns
Cieſſe es unter ihnen,) nicht hochmuͤthig werden,
Wenn wir von unferm DBermögen Den andern et—
„was beytragen, denn die Hoffart ftellet allezeit
„der Gotrfeligkeit nach. Was wuͤrde es uns fonft
„helfen, wenn wir gleic) durch die Mildigkeit ganz
„arm würden, und Daben deſto übermüchiger 104-
„ren p). : ö *
14. Ja, ſie erwieſen in der That mit ihrem gott⸗
ſeligen Wandel und heiligen Weſen, daß ſie ihr
Ehriftenthum nicht auf das aͤuſſerliche Almoſenge⸗
ben ankommen liefen, alsweldyes aud) die Gott—
Iofen und Heuchler vermöchten, fondern eben da—
bey einen lautern Glauben in ihren Herzen bes
wahrten. Und fonnteder Satan fir Feinesiweges,
als wie die Böfen, verführen und überreden ; als
wenn fie wol gottlos leben dürften, wenn fie nur
dabey dem Nächten guts thäten. Sie mußten
vielmehr, daß alle ſolche Opfer dem HErrn ein
Greuel wären, wo der Menfd) den allfehenden
HEren damit zu betrügen fuchte. “Denn wer
„ven Dürftigen fein Vermögen zwar darreicht,
„aber fein geben von der Sünde nicht bewahret,
„der will fein Geld zwar GOtte, fich felbit aber
„der Sünde übergeben: das Fuͤrnehmſte be-
„hält er dem Boͤſen vor, das Geringite feinem
„Schöpfer, r). Es zeigte ſich auch bald, aus
was vor einem Herzen die Gutthat floffe;_ ob fie
aus einem reinen gottfeligen Abfehen geſchahe,
Und fo ward fie aufrichtig und redlich gegeben, oder
ob es nur zum Eigennuß oder aus anderen falfchen
Abſichten geſchahe, und fo verrierhe ſich die unkech⸗
te Weife endlich zu rechter Zeit, Wenn nun ein
Chriſte ohne Yoffnungder Wicderpergeltung,
oder des Hobes etwas gutes thate , ingleichen
ſich dabey gortsfürchtig und gerecht erzeigte, fo
war fein Dienft angenehm s). Und deswegen
fahen fie in den erften Gemeinen genau zu, Daß
es alles ehrlich, als vor den Augen GOttes, zugien⸗
ge. Wie fie auch gegen die, fo Drauffen waren, da-
von erzehlten: "Wir haben einen gewiffen Kajten
„unter uns, aber wir ſammlen fein foldy Geld dar-
„itnen, wodurch man, als durch Tribut, die Reli:
n) Augnfliaus lib.L. Homil.
gorius M. lib. XIX. Moral.
Patient. c.7.
Epift.2.adNepot. a) Idem ibid,
’ AU — —
er 4m
*
RT, ee. &
| 3.3. Von der erften Ehriften Pflichten und Beseigungen gegen einander.
P R v Ze
„gion gekauft hätte. Hier wird Feiner dazu ge:
„mungen, ein jeber trägt das Seine freywillig bey.
Dis ift das Unterpfand der Siebe 2 5
15. Zu folcher Sauterkeiein denen fiebesbezeigun-
gen übten fie ſich durch eine ernfthafte und gründ-
liche Verleugnung der Welt, und abfonderlic)
ihres eigenen Nugens. Sie Fonnten auch bey
denen Berfolgungen ‚die Gelegenheit zu diefen Ue-
bungen gar leichte haben, daß fie eben fo freudig
und aufrichtig ihre Habe denen Brüdern darreiz
cheten, als willig fie den Raub der Güter von ih—
ven Feinden erduldeten. Geduld in erlittenem Ber
luſt ift allezeit eine Uebung zur Freygebigkeit und
Mircheilung gewefen, Wer ſich nicht fürchtet,
„das Geinige zu verlieren, den verdreuft auch
„nicht, andern etwas zu ſchenken. Denn wie
„wird fonft ver, welcher zween — den ei⸗
„men davon einem armen Nacketen geben, wenn
„fein Gemuͤth nicht auch fo beſchaffen iſt, daß er ei⸗
„nem, der ihm den Rock nahme, auch den Mantel
„vazugebe? Wie wollen wir uns Freunde mit
„oem Mammon machen, wenn wir ihn ſo fehr lies
„ben, daß wir feinen Berluft nicht ertragen koͤn⸗
„uen? Bir werden mit den Verlornen verloren
„gehen, Was haben wir doc) hier zu finden, da
„wir nichts als zu verlieren Haben? Heyden müfz
„fen. bey allem Schaden ungeduldig werden, als
„welche das Geld auch tvol gar dem geben vor-
„ziehen „u) · Hingegen hat bey den Chriften der
Eigennug feine Gleichheit mit der wahren Liebe.
„Die Siebe laßt fich nicht allein willig berauben ,
„fondern fie theilet auch gerne ihr Vermögen mit,
„jabismweilen wirft fie gar alles großmüchig Bin-
„weg. Da im Gegentheil der Geizige in allem
„vas Widerfpiel thut,, x). Aus diefen Urfachen
riethen die Berftändigen, fich ben allen Gelegen-
keiten, und nad) aͤuſſerſtem Vermoͤgen in biefer
Pflicht zu üben, damit man zugleic) in Ausübung.
der allgemeinen Liebe bleiben möchte. Alfo, “daß
„man ohne eigene Abfichten oder weitgeſuchte Ent⸗
„ſchuldigungen jedermann gutes thun lernete, daß
„dag Herze nicht etwan unvermerkt von der Liebe
„abgezogen würde,y), Des wegen achteten fie
es für eine verkehrte Sreygebigfeit, wenn einer ein
menig häfte en wollen, damit er einen gröf-
fern Vortheil dabey machen fönnte 2): Ingleichen,
wenn er unter dem Schein ber Vorſichtigkeit ent-
weder allzufärg'ich, oder auch garnicht mitthei⸗
lea): Nicht weniger, wenn etliche nur deswegen
etwas
hom. 27. 0) Gregorius M. P. III. Paftor.c.ı. PAuguſtinus Epiſt. roo. r) Gre-
s) Lactantius lib. VI. e. ı1.
us deO&o Vitiis cap. de Auaritia. y) Vita Syneleticæ ap. Coteler. c. 72. 2) Hieronymus
t) Tertullianus Apol.c.39. u) Tertullianus de
a a a
y 7
Cap. Von der erſten Chriſten Mildigkeit insgemein.
etwas darreichten, damit ſie nur des Ueberlaufs
und vielen Bittens los ſeyn moͤchten, nicht aber,
damit ſie aus innigſter Erbarmung die befümmer:
ten Seelen erquickten b).
16. Inſonderheit war diefes ihre ernftliche Er-
innerung und Hebung, daß ſie recht feöliche Geber
möchten werden, und fich von den Dürftigen nicht
lange um eine Gabe bitten lieſſen. 2Cor. 9,7.
„Sthiebets ja nicht lange auf, (fchriebe der Beil.
„Polpcarpus,) wenn ihr’ gutes hun Fünnet,, c).
Und ein anderer “Das ift eine vollkommene Lie-
„be, wenn fie die Nothleidenden ſchon Fenner, ehe
„fie noch mie Bitten dazu bewogen wird d). Die
„wahre Barmherzigkeit machet, daß Die Speife
„dem Hungerigen eher entgegen koͤmmet, als es
* durch Betteln ausgepreſſet wird. Wenn
* eich der Arme ſchweiget, ſo redet ihn doch ſein
„blaſſes Geſichte und elender Zuſtand an. Des-
Wegen eilet die Barmherzigkeit ihm zu Huͤffe zu
„fommen, damit fieißn nicht bitten höre, und ihr
ueigne, was GOtt gehöret„e) Biel weniger
wäre e8 —36 geweſen, wenn man die Huͤlfe
gar lange aufgeſchoben haͤtte, denn unterdeſſen
haͤtte der Elende verderben, oder zum wenigſten
groſſen Schaden leiden muͤſſen. Drum war fol⸗
gende Erinnerung gar heilſam: Wann du dei—
„nem Bruder helfen ſollſt, fo wende ihm nicht den
nRücken zu, siebe nicht darüber die Stirne zuſam⸗
men, ein ebeesauch nicht lange, fondern hilf
„hm, und bemuͤhe dich, deine Gutthaͤtigkeit mit ei-
„nem frölichen Angeficht und liebreicher Linterre-
„dung zu bedecken. Gehe ihm entgegen, als wenn
„du feinen Borfag erratben hätteft, und komme
„ſeinem Verlangen zuvor. in aufrichtig Ge—
„mürhe ſcheuet fid) vor nichts mehr, als etwas zu
„bitten. Weil du nun mit deinem Freund ein
„Kerze haben foltft, fo mußt du auch ein Vermoͤ⸗
„gen mit ihm Baben. Darum komme mit deiner
Wohlthat zuvor, Damit jenerdir vielmehr fcheine
„einen Gefallen zu thun, daß ers von dir angenom:
„inen bat, als daß du es ihm mitgetheilet,, F).
So lauter mußten die Wohlthaten, den Armen er-
wieſen, befchaffen ſeyn, daß alles aus einem frey:
willigen, aufrichtigen , fiebveichen und erbarmen-
den Herzen floſſe. Weswegen fie fich allezeit
bemuͤheten, ihre Pflicht ungehindert diefalls abzu⸗
459
„men ungehindert guts ehun koͤnne; Die Almofen,
„ohne daß fie von ihrem Manne deswegen geplas
„get würde, austheilen; die Kranken frey befu-
„chen, die Benfteuer ohne Bedenken einlegen
„oürfee).
17. Zu folcher Lauterkeit der wirklichen Liebe
gehörte auch diefes, daß ein Chriſte unter denen
Dürftigen Feinen forupuiofen Unterſcheid machte,
und der Verfuchung zur Unbarmberzigfeit etwa
dadurch Gelegenheit oder Raum gab. Denn der
HErr hatte ihnen insgemein geboten, zu geben
dem, der fie bitten würde, und fi) von ihrem
Fleiſch auf Feinerley Art oder Vorwand zu entzies
den. Drum hieffe es: "Was waͤhleſt du lange
„unter den Perfonen? Du wirſt jaden vor einen
„Menfchen halten, der dich deswegen uk
„weil ev dich vor einen Menſchen haͤlt. Drum
„fiehe niche auf den Schatten, fondern gib den
„Schwachen, Blinden, Lahmen und Verlaſſenen,
„welche fonft fterben muͤſſen, wenn du ihnen dic)
„entzeuchft,b). Dergeſtalt mußte aud) bier Die
Eigenliebe zurücke ftehen, daß niemand nad) feis
ner natürlichen Neigung eine ungerechte Wahlans
ftellete unter denen Bülfsbedürftigen Perfonen.
Denn wer nur feinen Blutfreunden, Gutthätern
und verfraufen Freunden hätte Helfen wollen, der
würde nichts löbliches gerdan haben , denn er
wäre es ohnedem fchuldig gewefen. Hätteer auch
diefes nicht einmal gethan, was doch die Matur
und Freundfchaft erforderte, fo wäre er ganz ver
werflich worden, hätte ev aber entweder Ehre zu
erlangen, oder Schande zu meiden, guts gethan,
fo Hätte er feinen Lohn dahin gehabt: mit denen
Zöllnern und Suͤndern, Luc. 6,32. Wer aber
ganz fremden und unbefannten Leuten zu Hülfe
Fam, der handelte wohl, weil er allein durch Die
Barmherzigkeit dazu gebracht ward. Daß es al⸗
fo nach dem Sinn der alten Ehriften unrecht if,
wenn man feine Unbarmherzigkeit damit entſchul⸗
digen will: Er ſey eonicht werth. Diefe hielten
es nicht einmalvor ein Geſchenke, was nur der=
jenige empfieng, der es wertb war i), Un—
terdeſſen ward der gute Wille gegen die Freunde
nicht aufgehoben, fondern nur auf die Pflicht der
wahren Barmherzigfeic gefehen , als welche GOtt
allein zum Endzweck haben mußte, da Die Gut—
legen. Gleſchwie einerden Eheftand zweyer wah⸗ thätigkeit gegen Freunde ofte nicht auf GOTT
ten Ehriften deswegen unter andern ruͤhmet, “daß lauterlich fabe k). Auch bedachten fie gar wohl,
„das Weib bey einem Epriftlichen Manne den Ar:
b) Augufinus Epift.ad Vincent. c) Rpift. ad Philipp.
wie leicht man bey einer partepifchen Wahl
Mmm a2 folche
d) Cafiodoruslib. IV. Var. ep. 26. e) Auguflinus
lib. L. Homil; hom. 35. f) Caffedor«s lib. de Amic. g) Terrullianus lib. II. adVxor.c.g. h) Ladantins
Kb.VI. cn. i) Idem c. 12. k) Ideml.c.
460
ſolche Dürftige vorbey geben Fönnte, die es vor al-
len andern werth wären!). Geſetzt auch, daß ein
offenbarer Sünder fie anfprach , fo war Diefes ihre
Meynung: Gib dem Sünder, nicht als einem
„Sünder, und laß diefe inniglihe Barmberzig-
„feit Deswegen nicht müde werden, weil dir ein boͤ⸗
„fer Menfch aufftößt. Dennein anders ift, feine
„‚menfchliche Natur, ein anders, feine Bosheit:
„gene iftein Geſchoͤpf GOttes, diefe ein Werk des
pMenfhren. So gib nun dem Werfe GOttes
„das Seine, und fiehe hierinne nicht auf das an-
„dere m).
18. Es merften auch diefe Gewohnheit die
Feinde denen Chriften ab, daß fie in ihrer Gutthaͤ⸗
tigkeit disfalls Feinen Unterſcheid machten. Wie
dann einer, mit Namen Pacbomius,erzehlet, daß
er, da er noch ein Heyde gewefen, fid) über der
Ehriften Gurthätigfeit nicht genuafam wundern
fönnen. Zumalda ihn feine Befanntenverfichert
hätten ‚daß fie gegen jedermann fo gar mitleidig und
guͤtig wären. Als er auch weiter gefraget, was
denn das vor Leute wären? habe man ihm geant-
wortet: "Die Chriften find fromme Leute, welche
„GDtE dienen, undanden Namen feines Sohnes
„Ehrifti glauben, dahero allen mit einander Gutes
„thun, und die Vergeltung von ihm hoffen,n).
Und von folcher allgemeinen tiebesbezeigung auch
gegen die Feinde, foll in dem FZünften Bud) aus-
führlicher Bericht gefcheben. Hier will ich nur
dieſes noch gedenfen, daß niemand die Freyge-
bigfeit der Alten dahero vor ganz unvorfichtig oder
unmeife anfehen müffe, fondern vielmehr glauben,
daß fie bey ihrer unpartepifchen, lautern und ein⸗
fältigen Lebesuͤbung gleichwol groffe Weisheit
gebrauchet, wie einen jeden der HERR bey die:
fem oder jenem Fall felbft regierte. So bliebe
nun zwar die gemeine Kegel: Gib einem jeden,
der dich bitter; alleine, fie gaben doc) nicht alle-
zeit einem jeden, was er bate. Hatten fie einen
Gottloſen vor ſich, und ſahen, daß er die leibliche
Wohlthat mißbrauchen würde; “fo gaben fie ihm
„etrvas beffers, nemlich eine gute Erinnerung.
„Und fo bliebe dennoch ihr Sohn groß bey
GOtt ). In ſolchem Fall fonnte fie ja fein
Feind mit Recht befehuldigen, als wann ihre Liebe
nicht allgemein wäre; nachdem auch Gott in fei-
ner Liebe dergleichen Vorſichtigkeit braucht.
)) Auguftinus de Vita Chrift. c. 14.
n. 27.
3.3. Don der erften Ebriften Pflichten und Beseigungen gegen einander.
m) Idem in Pf. 102.
0) Anguſtinus lib. I. de Serm.Dom in Mont.c. 40.
ES PLUS En
Denn viefes befannten fie für GOttes Eigen-
„ſchaft, daß er feine Güte niemand abſchlaͤgt, auch
„nicht erft fiehet , wer es verdiene oder nicht, ſon⸗
„dern in der natürlichen Nothdurft allen zu ftatten
„kommt p) ·
19. In den übrigen Umſtaͤnden zeigten fie nicht
weniger ungemeine Borfichtigkeit, nur aus Bet
langen, unanftößig vor dem HEren auch ben diefer:
Pflicht zu wandeln, und feinem mit Willen Anlaß
zu geben zum Mifbraud) oder andern Sünden.
Wir wollen etliche Erinnerungen Cypriani bier-
von hören, wie er fie an feine Brüder von den Al⸗
mofen gefchrieben : Ihr follet der Nothdurft uns
„ſerer Brüder mitnöthigen Geldmitteln beyſprin⸗
„gen, und wenn etliche Dabey ein Handwerk trei-
„ben, ſo thut ihnen dazu Vorfchuß, und erfülle
„ihr Verlangen. Zugleich aber unterfcheider ihr
„Alter, Zuftand und Verhalten wohl, damit ich,
„oder ich es verforgen foll, fie alle recht Fennen ler⸗
„ne) · ¶ Woraus zu fehen ift, theils, daß fie
die Dürftigen erft wohl unterfuchet , wie wir unten
bey ihrer Matricula fehen werden; theils auch,
daß fie fo gar auch die nicht hintangeſetzet, welche
zwar Handwerfe getrieben , aber fich nicht ganz
davon erhalten koͤnnen ). Es war aber damit
alleine hierauf gefehen, wie man nach MöglichFeie
allem Migbraud) vorbauen möchte. Man Bielte
es vor rathfamer, in Anfehung der Gortlofen eine
ernfte Liebe zu erzeigen, alsihnen durch Nachſehen
Schaden zu hun. “Es ift auch an fich beſſer,
„einem Hungrigen das Brod zu entziehen, wenn er
„nicht Fromm werden will, daer feine Berforgung
„gewiß weiß, alsihn zu fpeifen, da erdurch ungleis
„che Austheilung nur verführer wird,,). Am al-
lerwenigften fehickte fichs zur Klugheit der Ge:
rechten, wenn mangar wohlhabenden Leuten hätte
geben wollen. Drum mar diefes hievon das Be:
denfen der Berftändigen: “Es ift rathſam, nur
„oenen Dürftigen zu Belfen, nicht aber den Reis
„hen. Wer in ein volles Gefaͤß fehürtet, der
„verderbets vielmehr: was aber in leere Gefäffe
„gefammlet wird, das iſt recht aufgehoben, t).
Daraus folgete von fich felber, daß fie nicht über-
fluͤßige Gaſtereyen vor ſatte Baͤuche anftelleren ,
fondern noͤthige Mahlzeiten vor arme und Bunge: _
tige Leute u). r
20, Der Wille des HEren vonder ordentlichen
De:
n) Alta Pachomii ap. Baronium A. CCCXVI.
p) Arnobius lib. L p.37. adu. Gent. q) Fpift.
42. r) Rigaltius Not. adh.l. s) Auguflinus Epift. ad Vincent. t) Senator ad Epif. i
‚fiodorum lib. VIIL. Var. ep.27. u) Hieronymus Epift.g. ad Demetr. ; Pife. Mediolan. ap, Cas-
52 55 kg 1a zn al "lea 5 1 LESE i
9. Cap. Von der erften Ehriften Mildigkeit insgemein. 46r
Berufsarbeit zeigte ihnen auch diefes , daß fie kei⸗
nen durch unzeitige Mildigkeit wiſſentlich in der
Faulheit ftärferen. Worinnen fie dann nad) den
Umftänden weislich urtkeileten, und nad) Pauli
Vorſchrift einher giengen, 2 Thefl. 3, 10. 11.12.
daß fie nicht fremd, fondern eigen Brod af
fens). Und in folcher Willigkeit fuhren fie nun
fort, und wurden nicht müde Gutes zu thun, wiſſen⸗
de, daß die Zeit kurz war, und fie gleichwolnach
derfelben ernten follten, wenn fie nicht ablieflen,
Gal.6, 9. oderverdroflen würden Gutes zu thun,
2Thefl.z,13. Es iſt die Pflicht der Gutthaͤtig⸗
„keit noch langenicht erfüller,, wenn man ein oder
„abermal etwas hingibt. Denn es muß durch
„die ganze Lebenszeit gefcheben , gleichwie es in
„eeinem Dinge genug ft, Daß man einmal et
„was Gutes thue. Wer in den Echranfen läu-
Fet, und in der Mitten ſchon aufhoͤret, der ver:
„euret alle Mühe: Und wer einmal aufhöret Gu-
„tes zu thun, der verlieret Dadurch alles,,y).
Hiezu aber Eonnte fie Fraftiglich das Wort JEſu
antreiben, da er die Seinen verfichert, er wolle
dermaleinft öffentlich ihre Gutthaten, feinen gering-
ſten Brüdern geſchehen, ruͤhmen, als wenn fie ihm
felbft gefehehen wären, Matth. 25, 32.35. Diefe
Wahrheit wiederholten fie zu ihrer Stärfung of-
te; als wenn fie einander ermahneten: “Wer fich
„ja durch das Anfehen feines Bruders nicht will
„bewegen laffen, der werde doch beweget durch
„die Betrachtung EHrifti felber, und wer nicht an
„die Mühfeligfeit und Armuth feines Mitknechts
„venfen will, der erwaͤge doch, daß er den HErrn
„ſelbſt in den Armen verlafle,,>). In ſolcher Mey:
nung vedeten auch treue Lehrer den Ihrigen zu:
„Denket doc bey unfern gefangenen Brüdern,
„daß EHriftus in ihnen ift, und daß er müfle aus
„dem Gefängnif erlöfer werden a). Gib doch dem
Bittenden, denn es iſt EHriftus. Er felbft bitter
„von dir, was er dir ohnedem gegeben hat. Er ift
swegen arm worden, damit du Arme hätteft,
„denen du etwas geben Fönnteftb). Wer nım fein
„Lben für feinen Bruder läfler, der ſtirbet für
„EHriftum: Wer feinen Bruder fpeifet , der fpeiz
„ſet EHriftum c). Derjenige ift EHrifti theil⸗
haſtig, welcher die Traurigen mitleidig tröftet, die
„Nackenden Fleidet, die Hungrigen erquicket, denn
„in folchen ift meiftentheils CHriſtus d).
21. In diefem Sinn nennet einer das Gutthun
3) Theophylaäus ad 2 Theft: II.
Idem Epift. 62. b) Auguflin. de Die. Chr.c. 1.
y) Chryfoflomss hom. ı. ad Philipp.
c) Id.inPf gı.
gegen dieArmen, Epriftum zum Bruder machen,
(aeAGomomT) ©). Und ein anderer erzehlet
von einem frommen Mann, “er habe EHriftum
„in unzähligen Brüdern gefpeifer, befucher und
„verforgetz,). Woben fie aufdie wahren und glaͤu⸗
bigen Brüder CHriſti ſahen, welche ver HERR
alleine durch fie verftanden hatte. Und alfo wa⸗
ren fie aus folchen Berbeiffungen des HERAN
gewiß, daß ihm in denen geringften Brüdern das
Gute, und zwar auf feinen Befehl und Berbeif-
fungen geſchehe. "Wenn du feinen Geboten fol-
„geſt, (ſprachen fie,) fo wirft du ihnin einem jeden
„Armen fehen, und in jedem Dürftigen_anrüß-
„ren, in allen Sremdlingen beherbergen. Denner
„bezeuget, daß es ihm alles gefchebe, was den Ges
„‚rigften in feinem Namen gefehehe g). Selig ift
„der, deſſen Name fo ofte von GOtt gelefen wird,
„als die Rechnung eines Armen im Himmel gleich⸗
„fam durchgefehen wird b). Wasman nun einem
„Bruder thut, das fällt aufden HEren felbft, und
„wird dir vergolten, als ob er eine Wohlthat von
„oir empfangen hätte). Diefe und dergleichen
gortfelige Gedanken Fonnten nun nicht allein die
Glaubigen zu ihrer Schuldigfeit anhalten, fondern
auch in der Hoffnung der Fraftigen Vergeltung
ftärfen, und alfo defto Fräftiger aufmuntern,
22. Diefe Berheiffungen aber, wie wir fie bald
fehen werden, waren allein auf gottgefällige und
rechtmaͤßige Almoſen geleget, alfo, daß die, fo von
unrechtem Gut, und mit denen oben erzehlten Abs
fichten gegeben waren, von GOtt nicht angefeben
wurden. Die lieben Alten erkannten fehr wohl,“daß
„es nicht genug fen, Almofen geben, fondern das fey
„erft loͤblich, geben, wie man folle,,k). Der HERN
folltevon ihrer Haabe geehret werden,und von recht:
mäßigem Gewerbe. Wer aber vom Gebrauch fid)
nebren, und vom Raub der Elenden hätte Almofen
geben wollen , der würde anftatt der Vergeltung
Strafe und Zorn haben. Denn der HERR bat
nur Barmherzigkeit zu üben befohlen, nichr aber
zu rauben und zu ftehlen!). Gleichwie auch von
andern Sünden fein Willeoffenbar ift, daß man
vor allen Dingen GOtt ein folch Herz opfern foll,
„dergleichen der Arme und Fromme felbft opfere,
„gefeßt auch, daß Feine aufferliche Gabe dabey ſey,
„denn GOtt nimmt Hurenlohn und ander unges
recht Gut nicht an,m). So märe nun diefes
Mmmz Feine
z) Cyprian. Serm. de Lapfis. a)
d) Ambrof. in Pf CXIX.Serm.$. €)
Vid. Chryjoftomus hom. 45. et 53. in Alt. et hom.gc. inMatth. f) Hieron. Epift. 5. ad Florent.et Grey. Naz.
Orat. de Cxfario fr.
ff. hom. ar. in Rom.
Gregorins Naz. Carın. XXVII.n. 7.
g) Paulinus Epiß. ı2. ad Seuer. h) PerrusChryjologus Serm.14.inPf.XL. i)Chry-
k) Ghryfoflomus hom, 19. in Matth,
l) Auguftinns lib.L. Homil.hom.47. m)
"402
Feine Sarmberzigkeit,fondern eine Braufam-
keit geweſen, wenn einer Diefen hätte berauben
und jenen damit befchenfen wollen, einen aus-
ziehen, und den andern damit befleiden. Denn
mer aud) insgemein “fremd Gut dargibt, der hat
„feinen Nugen davon,n). Niemand durfte mey-
nen, *erwerde Damit gerechtfertiget, wennervon
„den Schweiß der Armen ein geringes Almofen
„gebe, und Davon, was er vielen genommen, ei-
„nen etwas weniges Darreiche. enn einer ge⸗
„ipeifet wird, und hingegen fo viele hungern, etliche
„wenige und kaum von vielem Raub bedecket wer-
„den. Eine ſolche Barmherzigkeit verlanger der
HEerr nicht, und begehret Feine Liebe, Dieaus der
Grauſamkeit gegen andere herkommen follte,
„Sondern folche Almofen billiger er, welche von
„gerechter Arbeit gereicher wird. Was Bilfts hin»
„gegen, wenn dir einer Gutes wuͤnſchet, Darüber
„ort Die andern fluchen? Gewiß, man darf nicht
„beforgen, daß GOtt nicht fo viel haben werde, da-
„mit er die Armen erhalten möge, wenn du gleich
„deswegen Fein fremd Gut raubeft,,o). Wienun die⸗
fes denen gefaget ward, welche andern efivas mit-
theilten: Alſo gebührte hingegen denen, die es em-
pfiengen, alles wohl und. nach Gottes Willen anzu-
wenden, undfonft fich gegen ihren GOtt und Vater
deswegen danfbar und gehorfam zu verhalten.
„Der Neiche (hieß e8,) verehre dem Armen etivas,
„und der Arme lobe GOTT darüber; daß er ihm
„einen anderngegeben hat; durch den feine Duͤrf⸗
geigfeit und Mangel erfeßet wird p).
23. Wannnun diefe brüderliche Pflicht in dieſer
gottgefälligen Drönung gethan und angenom-
men ward, fo war auch auf benden Seitender Se—
gendes HErrn gewiß. Nicht alsob die Almofen
an fich felbft etwas verdienten bey GOtt, oder den
Menichen für feine Heiligkeit vechtfertigeen; oder
als wenn aud) ‚der boshaftigfte Sünder deswegen
von GOtt nicht verdammet werden Fönnte,menn er
nur Almofen gäbe. Denn diefen Betrug des Sa-
tans und des Sleifches widerlegten die Alten nad)-
druͤcklich, und zeugten, daß denen Unwiedergebor⸗
nen alles vor GOtt Suͤnde fen, weil es nicht aus
dem Glauben gienge, ungeadht fie der zeitlichen Gut⸗
thaten wegen etwa 9 zeitliche Vergelkung ge—
noften a). Hingegen ſahen nun zwar die Gerech—
ten in Fr Einfaltihres Herzens bey ihrer Mildig-
£eit nicht auf die Beloßnung fürnemlich, als ing-
gemein auf des HErrn güfigften und liebreichften
A zu
—
3. B. Don der erſten Chriſten Pflichten und Bezeigungen gegen einander,
Willen, der ohnedem nie ohne Ausfhluß des Ser
gensund der Belohnung feyn fonnte. Wir Haben
ſchon gehört, Daß fie bey ißrer reichen Austheilung
ae feinen Mangelbeforget, fondern geglau-
et, und im Ölauben auch erfahren, daß der HErr
ihr Weniges dennoch fegnen würde. Denn wer
im Segen ſaͤet, der wird auch ernten im Se:
gen, und feinen Saamen vermehret ſehen,
daß er reich ſey in allen Dingen, wie Paulus
im Namen des HEren den gutthaͤtigen Ehrifte
verfprach, 2Eor.9,6.14. der auch an die Philips
per ſchriebe, er fuche nicht ihr Geſchenke, ſon⸗
dern die Frucht, daß die überflüßig wäre in
ihrer Rechnung, Pl. 4, ı7r. - Daß alfo die
Bergeltung ſolcher Liebe ſich nicht aflein auf zeitli=
che und leibliche, fondern auch auf geiftliche und
himmliſche Belohnungen erſtreckte. Davon die
Lehrer unter dem verdorbenen Chriſtenthum, da
die Liebe ſehr erkaltet war, etwas freyer redeten,
in Meynung, die Leute deſto kraͤftiger zu ermun⸗
fern, wenn fie ihnen dabey ewige Fruͤchten vor⸗
ftellcen r), Welche Intention von denen Theofogis
moͤglichſt entfchuldiget wird, und inzwifchenniche
geleugnet, daß der guadige Vater im Himmel
feinen Kindern auch die geringften Hebeswerfe mit
geiftlihen und himmliſchen Segen vergelte:
Drum fagten die Alten hiebon: “Was bedenfft
„ou Dich lange, deine Schaͤtze GOTT ſelber in
„Berwahrung zu geben, da du feinen Räuber zu
„beforgen haft, feinen Roſt noch Tyrannen?
„Ber in GOTT reich ift, der kann niemals arm
„feyn. Drum bringe das, mas ohnedem bald.
„vergehen foll, zu diefem groffen Opfer, damit du
„fie Die wahren Geſchenke eine ewige Gabe von
„GDre habeſt. Es ift ja eine groſſe Belohnung
„over Barmberzigkeit, wenn GOtt verfpricht, er
„wolle ihm alle feine Sünden vergeben. Er fpricht
„Wenn du das Bitten der Armen höreft, fo willich
„auch deines hören: Wirft du dich der Elenden er—
„barmen, fo will ich mich deines Elends aud) ©
„barmen : Wirftdu es aber nicht anfehen,nod) ih
„helfen, fo will;ich dein unbarmberzig Gemuͤth
* 7 fuͤhren, und dich nach deinen Geſetzen
„richten s). —J ke
24. So verforachen fie auch fich felbft und an=
derenim Glauben, daß der HErr ſtatt der leiblichen
Erquickung, die fie den Nothduͤrftigen thäten, fie
geijtlich erquicfen und erhalten werde. “Denn
„wer einen Hungerigen fpeifer, (fagten ſie,) BB
j "RE „dir
n) Chryfoffomus hom.72.inIoh. 0) Augufinus de Vita Chrift. c.ız. "p) Clemens Rom.Epift. ad Cor.p. 50.
g) Vid. omnino Auguſtinus lib. XXI. de Ciuit. Deic,22.27. r) Chemnitins Loc. Theol. P. IL.c.1V.deElce-
mof.p.177. $) Ladlansins lib. IV. c. 12.
u.
9 |
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4
rd Zu, en
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4
„wird hernach von dem Brod, das vom Himmel
} „fommt, ernäßrer t): Und Gott bereitet nur de:
F „nen Barmberzigen die Gaben feiner Barmher⸗
| igkeit, weil er fo groffe Luft hat an unferer Guͤ—
„tigkeit, daß er allen feine Barmherzigkeit denen
Barmherzigen miteheilen wird u). Und wie
„man fich gegen feine Mitfnechte verhält, fo wird
„man den Herrn felbft gegen fich gefinnet fin-
„oens). Diefer Gewinn, der den Geizigen ein
»Berluft fcheinet, ift beffer, als ein groſſer Vortheil
„im Geldund Gut, denn diefer ift einfältig und
„kurz, jener ER und ewigyy. Dahero be:
Fennet einer von fich felbft, er habe einiten einen
Armen obne Hülfe laſſen von ſich gehen , darüber
er in foldye Neue und Gedanfen gerathen : DO
„Herr EHrifte, ich bedurfte deiner Gnade, und bin
„, auch noch von derfelben leer , und gleichwol muß
„ich beforgen, daß ich nicht,nach meinem gemachten
Geſetz, (da ich den Armen von mir gewieſen,) auch
„von dir abgewiefen werde : Denn was einer nicht
„gibt, das Fann er auchnicht hoffen. Drum (fe=
„geter hinzu,) muß man lieber alles Bingeben, wenn
„man nur GOtt behält. Denn man fehenft op:
„nedem nur fremde Guͤter weg. Willt du nicht alle
„das Deine hingeben, ſo gib doch das meiſte, oder
„wenn du auch das nicht willt, ſo thue es von dei⸗
„nem Ueberfluß. Warum entzieheſt du nicht den
„Dieben und Mottendas Deine, da duden Sohn
Gottes felber zum Schuldner haben fannft ? Er
„ſhenket dir für ein wenig Brod fein Reich, weil
„du in den Armen EHriftum felber hegeit z).
25. Hatte demnach die Meynung der Gottlofen
bey denen Barmberzigen Feine ftätt, da fich Die
meiften von der wahren Liebe abhalten laflen, weil
ie meynen, GOtt gebe entweder gar nicht auf der
Senden Thun recht achtung, oder vergelte auch
nichts, was in feinem Namen Gutes gefchehe 2).
Aber die Frommen tröfteren fich unter einander,
daß es der HErr ſehe, und dafs er nicht ſo unge:
recht ſey, zu vergeſſen ihreo Werks und Arbeit
der Liebe, wenn fie den Heiligen dieneten,
Ebr,6,10. Wie denn fo gar viel theure Berbeif
fingen in der Schrift klar find, ſamt denen berr-
lichen Erempeln der Kinder GOttes, welche des:
wegen von GOTT reichlich gefegnet werden. Es
erfubrens auch die freuen Nachfolger derfelben in
der That, daß GOtt wahrhaftig ſey. “Se mehr
„ſie reichlich austheilten, je mehr fie in allen Stü-
.
Aga
1.0 . b) Perrus Chryfologus Serm. 194.
| u DE
1 " ET PRT Ho, Cap. : Don der erften Ehriften Mildigkeit insacmein. 465
„Eenreichwaren. Wer numreche reich fenn wolle
„te, der mußte reich ſeyn in Barmherzigkeit b).
„Was fie aufwendeten zur Speiſe der Armen, zur
„Wartung der Kranken, zur Erlöfung dev Gefan⸗
„genen, und auf andere Werke der Barmherzig-
„keit, das ward nicht verringert, fondern vermeh⸗
„rer. Es fonnte auch ninmmermeße bey GOTT
„verloren ſeyn, was die Mildigkeit im Glauben aus:
»gegeben hatte, indem ihr alles zur Belohnung
„beygeleget ward, was fie zur Beyſteuer den an⸗
„dern Darreichtec). Mer feine Liebe dem andern
„aus ſolchem Glauben mittheilte , der wendete fie
„wohl recht zum Preisdes HErrn an. Deswegen
„einem jeden, der etwas mittheilte, gegeben und
„uͤberfluͤßig vergolten ward. And aljo hatte der—
„felberecht ‚was er hatte. Denn alle Gnade und
„Gabe GOttes war ihnen zum Gebrauch anver-
„trauet und gleichfam geliehen. Denn fie vers
„pflichteten den, der fie empfieng, GOtt und dem
„Naͤchſten, jenem zum Preis, diefem zur Gemeine
„ſchaft 9).
25. Was nun alfo im Namen des ZEren
und auf feine Derbeiffungen aus lauterer Liebe
gegen die Elenden gefchabe , davon wußten fie,
daß es nur dem SErrn geliehen war, und
gleichwol auch ein Geſchenke ſeyn mußte. Dies
ſes zwar, weil fie es nicht wieder verlangten,,, je:
nes aber, weilder HErr fo groß und herrlich iſt,
„daß er es doch nicht unvergolten lieffe, fondern
„reichlic) alles wieder erfegte. Wer wollte nun
„niche ven HErrn aller Dinge gerne zu feinem
„Schuldner gehabt haben, oder ihm nicht fo viel zus
„trauen, da er verfpricht,er wolle alles erſetzen und
„wieder geben,„e)? Wer diefes recht verftunde und
glaubte , der erhube die Werfe feiner Barm—
„berzigfeit in das Heiligthum GOttes, das ift, er
„ſahe auf GOtt allein, wenn er die Nackenden klei—
„dete, die Hungerigen fpeifete, die Durſtigen traͤn⸗
„kete, die Elenden tröftete, den Unterdructen half,
„undallemiteinander lieb hatte. Denn diefes ift
„gottgefaͤllig und heilig, diefes heiliget uns in der
„Schwachheit unfersseibes. Alſo muß man ſtets
„zu GOtt beten, daß man Feine Barmherzigkeit
„für einen Schaden achte,,f ). Woven einer alfo
funge g): »
EHriftus hebt uns allesauf, was wir feiner
Treu beylegen,
Unſer
t) Teo us Orat. VI. ap. Combeſſſum Außtar. Biblioth. Pat. I. p.ı690. u) Hilarius in Matth. can. 4.2)
* eda Reꝶg.e. S. ) Greg. Nazianz. Carm.XXVII.n.14. z) Ibid.n.ı9.fegg. a) Ambrofinslib,
c) Leo M. Serm, I.de Ieiun.c,4. d) Cafiodorus de Amie,
©) Bafılins M.hom,4.inP£E.XIV. f) BilarinsinPß 133. g) Paulinus Epiſt. I, ad Aufon,
e
ee iA‘
a |
— — — — —— ——
* *
464 3.3. Don der erften Ehriften Pflichten und Bezeigungen gegen einander. RER
— — — — — —— — — ⸗
Unfer Schatz iſt nur im Himmel, da vermehrt Rechtſchaffenen ein anders, Zummenigitenlieb-
er unfer Theil:
Und verfpricht uns reichen Zins famt dem
unermefßnen Segen.
Alles gebt auf unfern Vortheil, und auf ewig:
während Heil.
Drum, wer willuns noch verdenfen, daß mir
ihm das Unfretrauen ?
Wer den Nutzen hatgenoffen, wird aufdiefen
Schulöner hauen.
Hätten die Heiligen auch auf zeitliches Job und
Ehre fehen wollen, (welches fie aber von ihrem Mei-
fter nicht gelernet hatten,) fo war ja aud) diefe nicht
ferne von folchen löblichen Thaten. Denn obgleich
die Unglaubigen fie bey ihrer reichen Austheilung
mochten für verſchwenderiſch oder leichtfinnig an-
fehen und ausfchreyen, fo erfannten doch Die
h) Agaperus Sched.Reg.c. 19.
i) Ambrofius Serm.gı.
ten und lobten die danfbaren Armen ihre Wohl:
thäter, und erfannten fie vor heilſame Werkzeuge
GHttes zu ihrer Erhaltung. Drum ermahnten
fie auch alfo mit diefem Grunde: "Wille du von
„allen geliebet feyn , fo erweife dich alseinen gemei⸗
„nen Wohlthaͤter gegen alle, Denn es macher
„nichts mehr die Herzen gewogen, alsdie Gutthä-
„tigkeit h). Es iſt beifer, daß man ein Vater
„vieler taufend Kinder heiffe,die man durch Barm⸗
en gezeuget bat, als ein Herr fey uber tau=
„send Goldgülden,, ').
he Wohlthaͤter von ihrer Liebe mir Necht Däterz
wie einer an dergleichen Perfon fchriebe: “Soviel
„zu Rom arme teute find, foviel haft du Kinderda-
„fjelbft,,k). Dergleichen Lobſpruͤche fich bey den
* — finden, die ich Kuͤrze wegen übers
gehe ).
k) Hieron.Epift. 26.ad Pammach. I) Vid. de Bafilio
M. Greg. Naz. in Orat. deeo, etipfe Bafılins Orat.de Liberalit. deMatre pauperum Tabitha. Arator lib.I.
Hift. Apoftol.de Anthufa, Menolog. Gr. ap. Baronium A. DCCLXXV. p. 337. Tom. VH. dealiis alii. Tier
Das 10. Kapitel,
Bon der Berpflegung der Armen unter den erſten
Spriften.
Summarien.
Hin Verſorgung der Armen lerneten fie von Chriſti Tüngern : was wor welche fonderlich verforget worden $.1.
von wen fie was fammleten: für welche: Ablehnung des Verdachts der Heyden von dem Ehriften:2. Nach welchem Maaß
und wen das Geld aufzuheben gegeben : Veränderung darinnen: Erfegung des Mangeld:.3. wie , wann und was man vor
Gaben zufammen gebracht
für die Armen: von wem manfeine Gaben dazu angenommen: Gaben nach dem Tode derChri=
fen ohne Aberglauben und Verdient. Sorgfalt der Vorſteher am auf die Diaconos, vondiejen aufdie Auficher. Ver—
mahnung an dieſelbe;
{ ihre Redlichkeit und Treue. 5.
fie Gelegenheit dazu,
nicht fo wol aufs Künftige als Gegenwärtige, welches nachher ganz abfommen und übel aufgenommen: 7-
ches Greuels; Erinnerung dagegen. Was man fonft mehr den Armen vermachet. 8-
davon; Ereimpel.9. Was fie Dazu bemeget:
Martini. 10. Mothwendigkeit die Nackenden zu Eleiden ;
keit gegen die Arınen. 11.
abgefommen. 14. Ob
Hausarme und Gebrechliche 5
etliche ihre Guͤtigkeit einzogen;
$.
0 mie eg insgemein mit der Mildigfeit ei-
nes jeden Chriften nach des HErrn Wil-
fen zugienge,daß ein jeder vor ſich felbft fei-
ner Pflicht dabey wohl wahrnahm ; war aud) Die all-
gemeine Berforgung der Armen angeftellet, da fie
alle ſich in Liebe disfalls vereinigten zu gemeiner und
eine jede Gemeine ihre eigene oder auch fremde Armen verforget; 5. | fahe ı
Exempel Conitantini. 16. Man wollte keinen betteln laſſen doch riß es endlich ein, daher
17. Man schrieb der Bettler Namen aufin Matrieulas zur Verwunderung der Seinde. 18.
\ Anfangs konnten Pehrer den Armen wenig helfen; hernach befamen
mwiervoles auch zuweilen fehl ſchlug; Unterfiheid unter dem erften und folgenden Lehrern. 6. Man ſorgte
N Aufdeckung fol-
Bon Speifung der Armen; Gegen
worinn fie fie mehr verforget, wovon dasaneifte verborgen blieben: Erempel
Verweis gegen Unterlaffung. Mehrere Arten ihrer Gutthäti
Zur Berforgung der Armen waren jonderlich die diebesmahle; Abficht derjelben; Demuth d
Sbern gegen die Aermſten, worüber ſich die Hepden vermunderfen; 12.
wie fie gehalten worden 13. und wozu; wie fie
fonderlich fahe man auf
)
I.
Denn
fo bald als die Glaubigen nad) der Auffahrt Chriſti
verſammlet und eine Geſellſchaft wurden, waren
ſie auch in dieſem Stuͤcke unter einander eins, daß
die Reichen denen Armen das Ihre mittheilten,und
alfo Feiner unter ihnen Mangel haben durfte. haben
"haben
zuſammengeſetzter Verpflegung berfelben.
Und dahero hieſſen ſol⸗
13
.
“ —_
- _
— a 5
aben oben das meifte bey ihrer Gemeinſchaſt in
üterngeböret, und wollem nun mit wenigem die
ich zu Hülfe kommen feyn mögen, Da denndie
> Arten unterfuchen, wie fie denen Dürftigen unter
49—
„ru
Anſtalt alfobald von denen Apofteln gemachet ge⸗
weſen, daß aus den zufammen gelegten Geldmit⸗
neine gewiſſe Caſſe gemachet, und daraus.einem
jeden nah Nothdurft erwasgereichet wurde. Wie
wir fehen, daß die tägliche Handreichung
alfo unter ipnen gefcheben, und die Witwen, Way:
fon, Kranke und andere elende Perfonen dadurch
verſorget worden, Apoft. we 6, 2. auch denenje⸗
nigen ihre gehörige Nothdurft gegeben, welche al:
le das Ihrige Dazu angewendet hatten: Alfo ges
denfen auch die folgenden uraltejten Seribenten
ſolcher gemeinen Caſſe und eines Baſtens,
darinne das Geld für die Armen gefammlet wor:
den, und darein ein jeder etwas nach dem Trieb fei-
ner Chriſtlichen fiebe zulegen pflegte; als wir bald
hoͤren werden a), Welches auch über die im 2. $.
des vorigen Cap. erwehnte Zeugniffe diejenigen
Erinnerungen anzeigen, da denen Auſſehern die
freue Sorgfalt für-die Armen, Kranken, Witwen
und andere ernftlich anbefohlen wird, Die fie aug
dem gemeinen Vorrath nehmen follten b). Da>
bey man fonderlich auf diejenigen Perfonen fahe,
die felbit wegen Schwachheitnichts bitten Eonnten,
und alfo. von den andern mußten verpfleget wer
den c). Solcher Leute gedenket unter andern der
Märtyrer Laurentius, daer ſie den Schatz der
Gemeine nennte gegen den: beydnifchen Iyran-
nen, undingtoffer Menge arme, lahme, blinde
‚und andere brefthajte feute ihm darftellete ) welche
von der Gemeine ernährer und verſorget wurden
Ir Ingleichen erwehnet der Nömifche Aufſeher
Cornelius, daß zu Nom bey feiner Zeit in Die 1590
Witwen, Kranke und Arme durch Gnade
Go0ttes alfs unterhalten worden e).
2. Zu dieſer gemeinen Caffa ſammleten fie von
denen, die nur etwas zu geben hatten, fonderlich zu
der Zeit, wenn fie etwa zum Dienft des HErrn oder
ER Es geſchahe aber auf-fül-
‚he Weiſe bereits zur Apoftel Zeiten, da Paulus
verordnete, Daß fie für ihre, und bisweilen auch
andere Gemeinen etwas beytragen follten: ı Cor,
16,12. Wie fonft der Armen allzeit von ihnen
„fleißig gedacht wurde, nach ihrer Abrede Gal. 2,
18. Demnach gedenken nun die allerälteften
Seribenten folcher Beyſteuern und Collecten,
h
i *
Tertu ie s Apol. c. 39. Iuſtinus Apol. II. p. 98. b) Cı
- R Ba e) Apud Eufebium ib, VL. H.E.'c. 43.
tim ‚hymn. 2..de,Coron. :
,h) Brudensins lc. i) Cyprianus Epift. 62. *
2
"10, Cap. Don der Derpflegung der Armen unter den erſten Chriſten.
405
wie fie in den Zufammenfünften geſchehen; als
welches fie aud) vor denen, die drauſſen waren,
nicht verſchwiegen. Zum Exempel: «Die Wohl:
„habenden, und die fo willigdazu find, geben ein je⸗
„der nad) feinem eigenen Wohlgefallen zufammen,
„tvas fie wollen £)., Alle Monat leget ein jeder
„etwas, was und wie vieler will oder Fann, zuſam⸗
„men. Denn keiner wird dazu gesungen, ein je-
„der träge das Seine freywillig bey. Dis iftgleich-
„ram das Unterpfand unferer Siebe. Denn es
„wird nicht auf Freſſen oder Saufen oder andere
„Delicateffen gewendet; fondern zu Erhaltung
„der Armen, und fie zu begraben, zur Hülfe der
Wayſen oder alten Leute, item derer, Die Schiff:
„bruch erlitten haben, die in den Bergwerken die⸗
nen muͤſſen, oder wenn einige in die Inſeln ver—
„wieſen oder ſonſt gefangen liegen, nur, weil fie ſich
„zu der Gemeine GOttes bekennen. Diefe alle
„werden von unferer Gemeine unterhalten. Wie
„wol auch dieſes Werk fonderbarer Liebe bey erlis
„chen noch Berdacht erivertet„g). Dis aber war
denen Heyden zu erzehlen noͤthig, weil von folcher
reichen Benfteuer und Zufammenfchieflung der
gemeinen Almofen auch oft viel böfe Nachrede un:
ter den Unglaubigen entftund, als ob die Chriſten
einen noch fo groſſen Schaß, weiß nicht auf was
vor kuͤnſtlge Anſchlaͤge, ſammleten. Wie zu bLau⸗
rentii Zeiten das Geſchrey gieng, die Chriſten Bär-
ten nicht allein lauter göldene und ſilberne Gefaſſe
bey ipven Zufammenkünften, fondern fie verkauf:
ten aud) alle ihre Habe, und brachten flugs zu 1000
Seitertien in ihren gemeinen Kalten, beraubten al:
ſo ihr Weibund Kinder des Ihrigen, verfteckten al-
les zufammen in ihren Schlupfivinfeln bh), Mun
iſt nicht ohne, daß bisweilen einige fehr reichlich hie
zu dargegeben haben, wie wir beym Cypriano fe
hen, da er aufeinmal in die 4000 Thaler zur Steu⸗
er geſammlet, und anandere Gemeinen verfchicke
gehabt i), Mankannaud) leichtlic) erachten, daß
es Feine geringe Summen mögen gewefen ſeyn,
die man nad) Berfaufung der Haufer oder liegen⸗
den Gründe zumgemeinen Muß gewidmet. Zus
mal da viele fürnehme und N zu EHrifto
gebracht, und alfo zu folchen Liebesdienften erıwez
cket wurden. Alleine, die Berleumdung der Hey
den wat nur dahin angefeben, damit denen Potenz
taten eine Begierde nach ſolchem Vorrath ankom⸗
men, und die Chriſten um das Ihrige gebracht wer⸗
den möchten; wie auch oft gefchehen iſt.
Man 3. In⸗
* DE. .
rianus Ep. $. c) Idem Epifl. 7. d) Apud Pruden.
? f) Iuffinus lc. 8) Tertull. I, c.
4 *
466
3. Indeſſen zeuget der gedachte Africanifche
Auffeher von den Chriften zu feiner Zeit, "Daß fie
„allzeit nad) der Stärke ihres Glaubens zu dies
„fen göttlichen Werk geneigt und willig gewefen,
„und auch Damals aus groſſem Mitleiden gegen
„ihre Miechriften zu den beilfamen Werfen Pe
„begierig ſich bezeiget. Wie denn, wenn denen
„Brüdern etwas begegnet fey, die Gemeine ißre
Beyſteuer ganz willig und reichlich gegeben, und
ſich unter einander durch Bitten und Flehen da-
„zu aufgemuntert,, k), Alwo er auch gedenfet,
daß man die Namen derer , die etwas beygetragen,
aufgezeichnet, und denen, fo es empfangen, famt
der Summa zugefthicferhabe. Juſtinus meldet
auch nach den obigen Worten, “wie mandas ges
„ammlete Geld denen Borftehern aufzuheben ge=
„geben, diedenn hernad) den Wayſen, Witwen,
„Echmachen und Armen, ingleichenden Gefan-
„genen und Fremdlingen ausgeholfen,,)). Und
folhe Art ward nun in denen Gemeinen beybe-
halten, obgleich die Umftände davon Bernach geän-
dert wurden. Wie denn nachmals viel berühmte
Lehrer folche Art der Collecten wiederum einzufüh-
ren fuchten, nachdem damit ganz anders verfah-
ren wurde, als man aus fo vielen Reden derfelben
fiehet , die ſie deswegen an das Bolf gethan Haben
m). Boneinem befannten Auffeher ſchreibet man
in feinem $eben diefes: “Wenn das Geld bey dem
„gerneinen Raften mangeln wollte, ſo that ersder
„Gemeine zu wiffen, und fagte, er hätte nichtsmehr,
„das erden Armen geben Fonnte. Er erinnerte auch
„wol öffentlich, nach dem Erempel feines Lhrers,
„wenn die Glaubigen die Caſſa der Gemeine ver-
„liefen, m). Welcher Mann aud) felbft in einem
Brief feine Gemeine einsmals bate, daß fie doc)
zufammen legen, und einem Chriften, der in
groffe Schulden gerathen war, benfpringen follten.
Wenn diefeCollectenicht zureichte, ſo follten fie doch
das übrige ans der gemeinen Caffe nehmen: wel-
ches auch von ihnen gerne gefchahe 0). Gleich—
wie er fonften zum öftern die Steuern, fo denen
Heiligen zur Apoftel Zeiten gefehehen waren, über-
auslobet, und vor hoͤchſtnoͤthig halt p).
4. Es ift im 2. Bud) bey dem Abendmahl er-
wehnt worden, wie man vor Zeiten bey denen
#
3. B. Donder erften Ehriften Pflichten und Bezeigungen gegen einander.
— *
we
die Ölaubigen, was fie etwa zum Gebraud) der Ge⸗
meine gewidmet gehabt, daffelbe aufden Tifch ge⸗
feget und gleichfam geopfert haben: welches man
707 Pogas oder Oblationes nennete, Es beftun,
den aber ſolche Gaben nicht alleine in Geld, fonde
auch in andern nöthigen Dingen, die man herna
theils brauchte, das Abendmahl des HEren davon
zu Baften, mie wir oben gefehen, theilsdie Armen
und aud) die Kirchendiener damit zu verforgen. Und
diefe Ordnung bliebe eine lange Zeitunterden Chri:- 7
ften, weil man fie ambequemften hielte zudem da-
mit gemeynten Abſehen; wie denn die Lehrer dazu
fieißigermaßnten: "Wir müffen zufehen, daß wir
„feinen Schaden an unfern Seelen nehmen , wenn
„wir den Tifch) in der Gemeine verachten, dervor _
„die Armen bingefegtift, daß mir nichtmitleeren
„Händen vorbey gehen. Drum muß er ja nicht
„nur blos zum Schein da ftehen, fondern zum Ges
„brauch, daß mir ihn Denen Armen lediglaffen q).
„Geber denen Armen nach allem Vermoͤgen Al-
mofen, undbringeteure Öaben, dieauf dem Al
„car gewidmet werden, r). Ingleichen wenn fie
von dem Gebrauch derfelben lehrten, “daß die
„Güter der Glaubigen, welche dem HErrn dar-
„gebracht würden, zu feinem andern Gebrauch
„angewendet werden füllten,als zu der&emeine und
„tonderlich der Ehriftlichen Brüder und Armen
„Nutzen, weil es die Geluͤbde der Glaubigen und
„Erbeheileder Armen wären,, 5). Wieman aber
fonft mit diefen Oblarionibus oder Gaben es ge-
halten, ift anderswo gezeiget worden, fonvderlich
wieman denen, die aufjer der Gemeinſchaft der
Glaubigen gefallen waren, ihre Gaben zurück ges
geben und nich angenommen, damit alfo auch in
diefer Sache eine Gemeinfchaft der Heiligen ange-
deutet würde. Von denen Gaben, Die man nad)
dem Tod der Ehriften annoch für fie in die Gemei- -
ne gebracht, ift die Sache auch bekannt genug, und
ausgemacht, daß man eben darmit Feine Berfüß-
nung vor GOtt oder Verdienſt gefucher, fondern
nur als ein Almofen und Andenfen zu guter letzt vor
Arme und Elende dahin gegeben. Wobey ich mich
auch nicht aufhalten, fordern zu nöthigern Din-
gen wenden will, da die Sache fo ofte gegen die
Roͤmiſche Kirche wiederholet worden t).
———
Wir
* ©
k) Idem ibid. 1) Loe. eit. m) Vid. Chryfofßomus hom. de Eleemof. et Collationibus Tom. III. Oper. Au-
gufiinus Serm. de diuerf. Zeo M. Sermonibus V. de Colledlis aliique.
m de Catechiz..Rud. c. 23. ?
in Epift. Conf. Albafpineus lib. I. Obl. 5. et 7. ©) Vid. velChem-
6) Adguflinus Epift. 214. p) Idem Lib.
215. de Temp. s) Prbanus Epifc. Rom.
n) Pofidius in Vita Auguflini c. 24.
g) PanlinusEpilt.32. r) Auguflin.Serm.
itins Exam. Concil. Trid. P. III. p. 337. ſeqq. Gerhardus Loc. de Morte n. 280. fegg. Dorjchaus Exereit.
— Cone.'Nic. Sedt. II.n. 30. fegg. G. Calixtus Exerc, de Sacrif. Chrifti. Quenfledius de Orat. et
Oblat. pro Def. &c.
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Verſammlungen dieſe Weiſe langeZeit gehabt daß =
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5. Wir fönnen aber alsbald aus dem jegter-
erfennen , daß diejenigen Perfonen, fo die
icht insgemein über die Gemeinen hatten, auch
in diefem Stücke fih der Sorgfalt angenom:
men haben. Anfangs ſehen wir, daß Die Apoſtel
dieſer Sorge ſo weit entſchlagen, als es ſie am
ienſte Worts und der Lehre hindern koͤnnen.
Des weg gewiſſe Diaconos verordneten, die
Rural aber (ben Apoſt. Geſch.6,1. 2. Die:
t
e Anſtalt aber iſt hernach aufgehoben, und denen
iaconis ſolche Verrichtung benommen, hingegen
von den Aufſehern angenommen worden u). Da⸗
von bereits oben im 2. Buch, von den Pflichten der
Lehrer, Nachricht geaebenift. Es wurde aber nad):
gehends denen Aufjehern die Borforge der Armen
auchin denen Conciliis anbefohlen , welche zuvor
die heiligen Männer aus freywilligen Herzen auf
fich genommen und treulich als vor GOttes Augen
verwaltet hatten. Wie esheiße in dem Antioche—
nifchen Concilio: Die Auffeber follen unter alle
„Dürftige austheilen mit aller Willigkeit und
„Furcht des HEren,. Und in einem andern:
Sie follten denen Armen und Schwachen geben,,
x). Wie auc) von denen Auffeßern auf dem tande:
„Sie follen die Güter vor die Armen verwalten,,
y). Diefes werden wir noch mehr und infonder-
beit erfennen aus dem, was von Verſorgung der
Witwen, Kranken, Gefangenen und dergleichen
berichtet werden foll. Es ward aber fülchen Per:
fonen hart eingebunden, daß fie in allen Stuͤcken
mit denen gemeinen Gütern redlich umgeben foll-
ten. Wie in dem Antiochenifchen Eoncilio forg-
fältig verordnet worden: Mas der Gemeine zu-
„gehöret, muß mit aller Sorgfalt und gutem Öe-
„wiſſen und Treue gegen GOtt, der alles ſiehet und
„richtet, verwahret werden. Es füllen es auch die
Aufſeher nicht nach ihrem Gutachten und Amt
„verwalten: Die Aelteften und Diaconi follen alles
„genau wiſſen, wasder Gemeine zuftehet, damit,
„wennder Auffeber ſtirbet, die Güter der Gemei-
„ne nicht untergefchlagen und verloren werden,,
z). Alfomurdediefe Sorgfalt auch vor einen fon-
derbaren Ruhm geachtet, daß der Auffcher entwe-
der felbft die Kirchenguͤter verwaltete, oder gewif:
feundtreue geute mit Einſtimmung der ganzen Ge:
meine feste a). Sie ſelbſt, fo viel ihrer ihr Amt red»
lich ausrichten wollten , nahmen fich der Nochdurft
der Armen möglichit an, und ſcheueten weder ihren
% ur
u) Can. vlt. x) Concil. Neo-Cafarienf. c. 14. y) Concil. Aurelianenfe I. c. 18.
b) Saluianus lib. IV. de Gub. Dei p. 144. %
tur in Coneiliis Chalcedonenfi c. 26. Hifpalenfs LI. c. 9. Toletano IV. c.
lit. B, c. 24. Itemque in Legibus Impp. vt in I. 46. $. 3. C. de Epije. et Cier. et Nowela LIII. Iuftiniani,
in Ture Canonum paflim. Conf. Pes. de Marca lib. VIII. de Conc, Sac. et c. guet Beueregius ad Synodic.
2. ad Nepot.
P-B2.
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— J *
— i — — —— — —— — —— — ——— —— — —— — N ——
51% Cap. Don der Verpflegung der Armen unter den erſten Chriſten. 1.2467
er
*
eigenen Schaden, noch Arbeit, Verdruß oder an⸗
dere Ungelegenheit. u
6. Nachdem nun arme und elende Perfonen vie⸗
len Anftöffen und Berfolgungen unterworfen find;
als gieng auch die Sorgfalt der Lehrer dahin, daß fie -
nach Möglichkeit fich ihrer Moth annahmen, und
mit Rath und That ihnen an die Hand giengen.
Zwar in denen Berfolgungen vermochten dietehe
ver eben fo wenig ihren Zubörern beyzuſtehen, als
andere, da fie ſelbſt am allerivenigften ficher waren,
Nachgehends aber, da die Kayſer fich vor Ehriften
befannten, Hatten die Aufſeher Gelegenheit und
Mittel, denen Armen bey fürnehmen Seuten hier
undda etwas auszubitten, wider unbillige Unter:
druckungen und Kraͤnkungen Schuß zu vorfchaf:
fen, und dergleichen mehr, obwol bisweilen ver-
geblich. Wie unter dem verderbten Chriſtenthum
ein eifriger Mann erzehlet, Baer einften einen ar-
men Mann bey einem Groſſen verbitten wollen,
daß er ihn nicht alles feines Vermögens beraubete,
darüberaber fehr ſcheel angefehen worden, weil je-
ner vorgegeben , er hätte fich bey CHriſti Namen
verſchworen, daß er ihm alles nehmen wollte, wor⸗
auf jener unverrichteter Sache abziehen müflen b).
Gleichwie ein anderer fchreibet, “er wolle lieber gar
„für niemand bey groffen Herren bitten, und Ehri-
„ſtum allein zum Richter anruffen, alsdaßer füllte
„bey Gaftereyen unter dem Saufen den Schuß
„der Mothleidenden ſuchen, c). Daß demnach
denen Armen mehr gedienet war mit der unmittel=
baren Liebe ihrer Brüder in den erften Gemeinen,
als hernach unter dem äufferlichen Pracht mit der
Recommendation und Vorſorge der groffen Bis
fhöffe und Prälaten, Die eriten $ehrer nahmen
fich felber aller Bedraͤngten ciferig an, und wo fie
ja durch wichtigere Gefchäfte verhindert wurden,
beftellten fie treuerfannte Leute dazu, zum wenigften
ihre Mitarbeiter am Worte. Welche auch etiwan
mit Rechnungen und andern Hausbaltungsfa-
chen fich nicht bebeifen Fonnten, die übergaben dieſe
Sorge gewiſſen Deconomis oder Verwalten,
von denen fie bernach genaue Rechnung forderten.
Dergleichen Gewohnheit man auch in folgenden
Zeiten zwar Bäufig anmerken kann «), aber zualeich
auch den Mißbrauch nicht leugnen, Dadie Bi-
fchöffe fich aufdie faule Seite legten, und um die ar-
men Leute wenig oder nichts befümmerten; die
Verwalter Hingegen und Kirchenvorfteher nach
Inn 2 ihrem
z)l. c. a) Hieronymus Epift.
) Hieronymus Epift.2.ad Nepot. d) Confitunın-
47. aliisque apud BlafaremSyntagm,
ac
*
* Kr: Mitteleneftunde.
U
2;
*
468
ihrem Gefallen und oft wider Gewiſſen mit den Al⸗
moſen umgiengen, und endlich lauter Mißbrauch
Geſtalt es auch dahin
am, daß man keinen ſo genannten Layen zu einem
Kiirchenvorſteher geſetzet hätte, damit die fo ge-
nannten Geiftlichen ja in allen Dingen freye Hand
behielten e). —
7. Wasdie Guͤter ſelbſt anlanget, die fuͤr die Ar-
men gewidmet waren, galte bey den erſten Chri⸗
ſten die verkehrte Gewohnheit garnicht, daß ſie un⸗
ter dem Schein der Vorſorge aufs zukůnftige denen
Armen, die ſie allezeit bey jich hatten, Das gering⸗
ffe vorbehalten Hätten, was zu ihrer Nothdurft ge⸗
widmet war, und zur Zeit der Noth erfordert wur⸗
de. Man fammleteda, fo oft ſich eine Gelegenheit
oder Nothfallereignete, und legte es nicht lange auf
Zinfen aus, fondern fuchte dadurch den beiten Wu⸗
cher, daß denen Brüdern und Schweftern EHrifti
damit benzeiten geholfen wurde. Sogar, daßes
auch redliche Männer vor beffer achteten, wenn
„ein Kirchenvorſteher gar nichts zugeben hatte, als
„ivenn man nur viel ausbitten wolle, daß mans
Hinlegte und verftecktg, f). Wobey ein Eluger
Scribente den Zuftand feiner Zeiten Dagegen hält,
und klagt, wie man esärger als einen Kirchenraub
achte, wenn man nur etwas von einem Capital
hinweg nehmen wollte, geſetzt, daß auch allearme
Leute auf einmal Hungers ſterben ſollten g). Dar:
über auch ſonſt viel Verſtaͤndige eifern, daß die Kir⸗
chenguͤter bey dem Verfall zwar zugenommen ha⸗
ben, die Gottſeligkeit hingegen und wahre Lebe ganz
abgenommen b). Wie man denn mit Verwun⸗
derung liefet, Daß der gute Cyrillus, Auffeber zu
Serufalem, von einem ganzen Synodo deswegen
derklaget worden, Daßer beygroffer Hungersnoth
die Schäge der Kirchen verfaufer, und die Armen
dafiir gefpeifer i). Dergleichen man auch fonft von
Ambroſio und andern weiß, welche die Kirchen⸗
ornate und koſtbaren Gefaͤſſe verkaufet und den Ar⸗
men zum beſten angewendet gehabt; als wir an⸗
derswo ſehen ek * won a
ner ihre Intention fehr wohl vertheidiget; wie unter
Ss J gedachte Biſchof ſchreibet: *CHriſtus
„bat die Apoſtel ohne Geld ausgeſchickt, er hat auch
„feine Gemeine oßne Geld geſammlet. Die Rir-
„che foll auch Fein Geld haben, daß fie es beylege,
„fondern daß fie es austheile, und in der Nord zu
- Ders — % - . ’ r - Pi : = —
3.3. Don der erften Ehriften Pflichten und Bezeigungen gegen einander,
„Huͤlfe fomme,. Dabeyerdes Märtyrerslau-
“ * - A
“ « =
*
1
rentii Exempel erzehlet, welcher, als man ihn um
die Schaͤtze der Kirchen befraget
eS J die Armen alle
mit einander hervor geführer, als welche “wahr: _
Hriftus und
„haftige Scyäge waren, in denen
„ver Glaube EHrifti wohnere
8. Ein anderer decker nicht weniger‘
auf, da man meynete, mandürfeebe
Armen fo fehr befümmert feyn, wenn mandie Kies
chen wohl auspußte,ein geroiffes Capital dreirt, und
den Predigern etwas vermachte, oder guͤldene Kel-
che davon ftiftete. Denn fie erinnerten, CHriſtus
„müffe viel anders verehretiwerden, wenn esnach
„feinem Willen gehen-folle, nemlic), daß man feis
„nen Reichtum ven Armendabingebe. Er ha⸗
ch nGreuf
be Feine goldene Gefäffenörhig, aber wolgöldene
ep) > P
„Herzen. Was hilft es, (fchreibet er,) Daß der *
„Tiſch von Gold glaͤnzet, und feine Glieder vor
runder verfchmachten? Du läffeft einen goͤlde⸗
„men Kelch machen, und gibſt ihm Feinen Becher
„voll Faltes Waſſers. Der Tiſch ift koſtbarlich
„bedecket, und du verſageſt den Armen ein noͤthig
„Kleid... Es iſt eben, als wenn du einen Hun—
„gers ſterben feheft, und ihm Doch nichts zu eſſen
„geben wollteſt, fondern einen Haufen göldene und
„ſilberne Gefäffe vorſetzteſt. Oder, als wenn du ei⸗
„nen erfrieren ſeheſt, und wolleſt ihm ein praͤchti⸗
„ges Gebaͤude zu Ehren en gebeitifmaber
„unterbeffen Fein Kleid. Alfo gehet CHriftus in
seinen Öliedern nacfend und Bungerig herum, und
„du fpeifeft und Kerbergeft ihn nicht, baueft aber
„unterdeflen fojtbare Kirchen, und ziereft fie
„prächtig aus, „uf w. ſ)Y. Ich enthalte mi
aber hier billig, dieſe Materie weiter auszuführen
weil, befagter maffen, die geftifteten Kirchenguͤter
hernachniche forvol den Armen zu gute, alszuans
dern Abfichten gebrauchet worden, davon im legten
Buch zu reden Zeit feyn wird. Man hatte aber
auch nebenft den baaren Mitteln zur Nothdurft
der Armen Betreydig und andere Lebens—
Mittel bereit. _ Dergleichen etwa groffe Herren
zu verehren pflegten, als man von dem Kayſer Jo⸗
viano und andern lieſet m). Dazu auch Privatper-
ſonen das Ihrige beytrugen, und am beſten zu ſeyn
achteten, wenn ſie es alsbald ſelber austheilen lieſſen
n). Daßich geſchweige von Geldſtrafen, Die man
in dem verfallenen Chriftenthum den Armen aus
tumdie
.
*
ii
u - Ein», ö
4 wm.
©) Concil.Hifpalenfel.c. f) Hieron. Epift. 2. ad Nepot. g) Erafmus Schol. ib. h)Onus Eccleſieæ ap, 1. C. Die.
tericum Antig. N. T.Pp:9.
1) Sozbmeruslib. IV. c.25.
k)Lib. II Oflie. e. 28. Conf. Acaeii verba ap. Socra-
zemlib. VIILaı. 1)Chryfflomus hom, 51: in Matth. m) Theodoretzs lib. IV. ea. H: E. Conf. de penu et
oleo Eccleſic. Arhanafınas de perſec. Orchod. et de frumento diftributo Ew/eb, lib. IV. Vit. Conſt. c. 28. Gre-
gerius M. lib. V. ep. 4.Synooss Thuronenfis IL. e. 5, n) Vid, de Donarlis Ecelcharum l. 57.0164.C, Theod,
de hæret, et 1.25. Codic, Theodej. de Iudæis.
N
-
*
a Hi =
*
theilen lieſſe o).
— eines ſonderbaren Gottesdienſtes aus:
9. Was ich bier von Speiſung der Armen er
wyehnet, finde ich auch inder Gewohnheit der erften
4
*
—
J⸗
5
>
s
.
Pr)
JeEſu, da er zu den
Gemeinen, da man ißnen auf gemeine Unfoften
thduͤrftigen Unterhalt gereichet. Bon dem Ab-
chen der tiebesmahle hierbey will ich bald reden.
Hier fege ich ein Stück aus einem alten ‘Briefe,
darinnen ein frommer Auffeher an die Seinigen
fehreiber : «Wenn diefer Fremdling feine Armuth
yorſchuͤtzet, fo Fann man ihm auch Bierinne zu Huͤl⸗
„fe Formen, unter denen, die von der Gemeine ge-
„‚fpeifet werden, Woferne er anders mir ſchlech⸗
„ter und unfchadlicher Koſt zufrieden ſeyn will,
„welche von der Gemeine zwar mäßig, aber nach
„der Gefundheit Dargereicher wird, p). Diefe
Weiſe aber, die Armen zu fpeifen, hatten auch die
Chriſten vor ſich, wovon die Erempel häufig vors
handen find. Paulinus ſchreibet von einem from⸗
men Chriſten alfo : "Er babedie Menge der Armen
„verfammlet, und fie laſſen nach der Drönung nie⸗
Derſetzen, zur Onüge fpeifen und tränfen. : Da-
„ben er ven Segen GOttes reichlich geſpuͤret, und
„ſich der 5 Brode erinnert, damit der HErr das
„Volk gefpeife. Es fey aud) faft die ganze
„Stadt zugelaufen, welche einmücbiglih GOtt
„Darüber gelobet, daß das verfehmachteteund hun:
„gerigeBolf fo wohl erquicket, u. fein Durft fo wohl
" „,gelöfchet worden, q). Bon einem andern wird
gerüßmet, daß er bey der Theurung felber Speife
gefammlet, einen Tifch den Armen angerichtet,
und ihnendaben aufgewarter Babe r). Dergleichen
Erempel wir unten bey Verpflegung der Kranfen
mehr fehen wollen. Von denen Chriſten zur Zeit
Marimini,des Tyrannen, liefet man,daß fie beyei-
ner groffen Hungersnoth ihre Barmherzigkeit fon-
derlic vor allen erwieſen. Denn "fie haben alle
— und verſchmachtete Leute an einen
„ort verſammlet, und Brod unter ihnen ausge:
„tbeilet, Dadurch fie ihren GOtt hoch gepriefen,
„und in der That gezeiget, daß fie alleine Diener
„des wahren GOttes wären s).
10, Ohne allen greift! dachten fie andas Wort
erechten fagen wird: Ich
bin bunacrig geweſen, und ihr babt mich ge
ſpeiſet, Mu 25. Denn % mußten, daß der
er auch diefe Art der Liebesbezeugung gebe:
ten und mit Berbeiflungen beleget harte. Ange:
1 Ken zur Erquickung der Armen und Schwachen
uͤrnemlich Speife und Tranck, Decke und
X o)xia 1.7. Codir. Theodof. quorum appellat. p) Oprianus Epiſt. 2.
10. Cap. Von der Verpflegung der Armen unter den erſten Thriften.
Feen
469
Serberge erfordert ward, jaalle möglichfte Be⸗
„ſhirmung und Unterhaltung wider Sunger,
„Durft, Kälte und Hiße, und was fonft einem
„Menſchen beſchwerlich und ſchaͤdlich fallen mag,
„und ihm feine Gefundheit oder Leben nidyt
„laͤßt, t). Zu dieſem allen aber achteten fie fich ver=
bunden durch die genaue Bermandfchaft, die fie
gleichwol mit dem elendeften Menfchen hätten.
Dahero war bey ihnen diefes eine der erſten Gut:
thaten im teiblichen, den Dürftigen Speift und
Trank zu reiben u), Daneben fahen die
Glaubigen auch fergfältig auf die Aleidung der
Armen, daß fie ihnen eine nöthige Decke fihaff:
ten nach den Worten des HErrn: Ich bin na=
ckend geweſen, und ihr babe mich bekleidet.
Welches dorten die fromme Tabea zu thun pfleg⸗
te, der es die andern im Tode nachruͤhmten, daß
fie ihnen Bleider gemachet hatte, Apoſt. Geſch.
0, 39, Und iſt wohl gewiß, daß man unzählige
Erempel von folchen und dergleichen Gutthaten
unter den erften Epriften gefehen und gehoͤret ha—
be, auch noch jego lefen Fönnte, woferne nicht viel
Schriften davon untergangen, und was das für:
nehmſte iſt, die demüthigen Herzen ihre Liebeswer⸗
Fenicht fund werden laflen, da nicht einmal ihre ei=
gene linfe Hand gewußt hat, was dierechte gethan
hatte. Dahero wir auch nur noch wenige folche
Erempel von andern aufgezeichnet übrig haben, die
uns in die Augen fallen. Es bezeugen aber die
Scribenten fonderlic von Martins, daß er nicht
allein insgemein noch vor feiner Taufeden Elenden
viel guts gethan, und unter andern auch die Na—
enden betleiderhabe,fondern auch infonderbeit die⸗
fes merfiwürdige Erempel Binterlaffen. Denn
„als er einften im Winter, da er nur fein einfaches
„Kleid getragen, einen armen Mann antraf, den
„alle Leute, ob er fie ſchon angeſchryen, vorbey
„giengen, merkete Martinus, daß diefer ihm vorbes
Halten ſey, weil ihm die andern feine Barmherzig—
„reit erwieſen. Was follte er thun ? Er Hatte nichts
„auffer feinen Rock, den er trug, das übrige hatte
„er ſchon andern Armen gegeben. Er nahm ſei—
„nen Roc, und ſchnitte ihn in zwey Theile, und
„gab den einen dem Bettler, das übrige zog er
„iwiederuman, Die Umſtehenden verlachten ihn
„beftig, andere aber, die verftändiger waren, ſeuf⸗
„ieten darüber, daß fie dergleichen nochnie geihan
„oärten, da fie doch wol mehr gehabt und den Ar-
„men leicht Eleiden koͤnnen. Worauf ihm auch
„des Machts der HEre Epriftus erſchienen mie
nn z „die⸗
a) Epiſt. n. ad Aletium. r) Gregor. Naz,
Orat.deLaud, Ball, s) Ewebisslib. IX. . H. E. Augejkinuslib, de Mor, Ecel. c. 27. u) Lactantius lib,
ne
J A
7
4
470
„dieſem Theil feines Rocks angezogen , Damit er
„fein Wort beftätigen wollen, daß er in den Ar:
„nen bekleidet werde x).
ı1. So hielten es die wahren Chriften vor eine
unumgängliche Notwendigkeit, daß fie Feinen
von Kleidern Eneblößten alfo von fich geben lieffen,
fondern zwar die Hungerigen fpeiften , aber auch
die Nackenden kleideten; wie ein alter Chrifte
feinen Jünger erinnerte y). Drum als ein Leh⸗
rer einft von feiner Gemeine vernahm, wie fie
nicht mehr ihre alte Weife behielten und übeten,
daß fie nemlich die Mackenden zu Eleiden pflegten,
verwies er ihnen diefes hart, und brachte fie wie—
derum zu ihrem guten Vorhaben z). Gleichwie
fonft denen Reichen immer vorgehalten wurde,
das GOtt befoblen babe, die Enrblöften zu
bedecken, und fie deswegen nicht zittern oder fich
weigern follten, dafjelbe zu thun a). *Dennman
„heiſſe zwar denjenigen einen Dieb, der dem Be:
„‚Eleideten feine Decke ausziehe; aber der andere
„fen eben diefes Namens wertd, welcher einen
„Nackenden nicht kleide, da ers doch) hun Fonne.
„Es ift (fagten fie,) der Mantel, den du in deinem
„Kleiderfchranf aufgehoben haft, des armen na—
Ickenden Menfchen ; die Schuhe, die du vermodern
„aͤſſeſt, gehören dem Elenden zu, der barfuß gebet.
Warum thuft du denen armen Leuten unrecht,
„oie du erretten Eannft,, b)? Nicht weniger nab-
men fie die Worte JEſu in acht, da er ſagt: Bib
dem, der dich bitter, und wende dich nicht
pon dem, der dir abborgen will. Item: Thut
wobl und leihet, da ibr nichts vor hoffet, ſo
werdet ihr Rinder des Ullerhöchften und euer
Hohn wird groß ſeyn. Matth. 5, 42. Luc. 6, 35.
Denn auch diefe Pflicht rechneten fie unter Die
„Stücke ver Chriftlihen Mildigkeit, daß man die
„Schuld eines Armen auf fic) nehme, wenn der
„Berbaftete nicht bezahlen kann, und zu bezahlen
„getrieben wird, da Die Schuld von Rechts wegen
„fol, und gleichwol von dem Armen nicht Fann
„geliefert werden, c). Go pflegete es bey ven
Arten ofte zu gefchehen, daß Die Schuldner, fo
nicht bezahlen konnten, ihre Zuflucht zu der Ge—
meine nahmen, welche fie denn von ihrer Schuld
befreyete. Und dazu fammleten die Auffeher das
Geld von denen Chriften ein, und vergnügten
alfo die Creditores, wenn’ jie erfannten, daß es
alles richtig und ehrlich zugieng d), Ein gleiches
3.3. Von der erſten Thriften Pflichten und Bezeigungen gegen
tander.
thaten fie mit dem $eihen, daß fie dem Dürftigen '
zu feiner Rothdurft, auch ohne Linterpfand, etwas
liehen. Denn fie fahen, daß ja der Arme Feine
aution ftellen Fonnte, noch einen Bürgen auf
bringen mochte, weil ihm Fein anderer frauen woll⸗
fe, und daß er gleichwol-in Gefahr feiner Ge:
fundheit, Nahrung oder gar feines Lebens ftuns
de R Dabero fie nicht Binderte dee Ausfpruh -
Salomonis, daß man nicht Dürge werden follte
für einen andern. “Denn, (fprachen fie,) GOtt
„weiß der Menfchen Geiz wohl, und daß der Re
„che dem Armen nicht leihen will one Verſiche⸗
„rung, Dfand oder Bürgen, ingleichen, daß er es
„nicht oßne Hoffnung des Gewinns thut,,: Aber
Chriſten find nicht alſo geſinnet k). Daß fie dem⸗
nach auch ſolches Leihen, da man nichts vor hoffe,
eine Are der Almoſen nennten, und aus Erbar—
mung ſich dazu bewegen lieffen.
ı2, Eine merkwuͤrdige Probe der herrlichen
Vorſorge vor Die Armen bey denen erften Ehriften
waren ihre Agap® oder Liebesmahle, von denen
ich ſchon etlichemal gemeldet Habe. Hier aber
muß ich davon gedenken, foferne ihre Abficht auf
die Berpflegung der Dürftigen gienge. Es geden-
£et aber derfelben fchon der Apoftel Judas in feiner
Epiftel v. 12. da er von den neben eingefchlichenen
Gottloſen ſagt, fie feyn Schandfleden in den
onyamass, oder Liebesmahlen der wahren
Ehriften, welche mit ihnen fpeifen, und fich
ſelbſt weiden. Ingleichen, nad) der meiften
Meynung, Petrus, wenn er gleichfalls über folhe _
klagt 2 Pet. 2,13. Diefe Mahlzeiten nun wur-
den deswegen in den Gemeinen alsbald anfang
mit angeftelle, damit fie bey dieſer Berfammlung
und ihrem freundlichen Umgang einander defto
beſſer Fennen lernten, und in der Liebe JEſu Eprifti
defto verbundener wurden. Weil bey folchen
gemeinen Genuß der Wohlthaten GOttes und
familiarer Unterredung ſichs mehr ließ indie Her:
zen eindringen, als etwa bey ihrem gemeinen
Gortesdienft, da ein jedes till und —
ich erweiſen mußte. Deswegen fie auch das
bendmahl zur Vereinigung ihrer Liebe dabey
hielten, als wozu diefes fürnemlic) von dem
HEren geftiftet war, befage des obigen Berichts.
Hiernächft aber fo war diefes die Abficht folcher
Maple, daß die Armen dabey gefpeifet und verfore
get wurden, Diejenigen, fo noch bey Mitteln -
wa⸗
x) Sulpitius Seuerus lib. de Vita Mart.c.1.et2. a) Auguſtinus Serm. 12. de Diuerf. b) Baſilius M. hom. de Aua⸗
rit. c) Ambrofiuslib. II. Otlic. c. i5. d) Augnſtinus Ppiſt. 214. ©) Chryſoſtomus hom. in Hexaem.
ibid. etin Apantifım. hom. de Eleemof.
f) Idem
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. Cap.
durft, und waren fo demuͤthig und liebreich, und
gleich unter einander, daß die Dberften gerne mit
den Elendeften und Aermſten aſſen, und gar Fei-
nen Ecfel vor ihnen trugen, Deswegen auch die
Scribenten der folgenden Zeiten diefes nicht
gnugſam rühmen und bewundern Fönnen, wegen
der groffen Liebe und Einigkeit, die daraus hervor
leuchtet. Sie nenneten fie dahero eine aanz
wunderfame und fürteefliche, Bewohn-
beit 2). Und die Nachfolger Eöniten den rechten
Gebrauch) ya nicht anders als gut heiffen
und loben. Die Henden felbft fcheinen diefe Wei-
fe den Chriſten abgemerker zu haben, da unter an-
dern Plinius an den Känfer von ihnen ſchriebe:
„Sie kamen zufammen mit einander zu eflen, und
„war ad promifeuum cibum, daß fie feinen Un-
„terfcheid unter einander machten,, b). Gleich—
wie die Heyden etwa, ausweiß nicht was vor Abfe-
ben, bisweilen ſolche mavdzrlas und sursite,
oder gemeine Mahlzeiten hielten,da Reiche und Ar:
me mit einander fpeiften,und diefe von jenen bewir⸗
thet wurden i),
13. Daß aber nun diefe Mahlzeiten fürnem-
lich unter andern dazu angeftellet worden, ift die
beftändige Ausfage der urälteften Geribenten.
Tertulltanus leugnete diefes Liebeswerk nicht vor
denen, die dDrauffen waren, wenn er fchrieb: “Un-
„ſere Abendmad zeit zeiget mit ihrem Namen, was
„fie fen, fie Heiffet &yarrn, welches bey den Grie—
schen Siebe heiflet. Es mag koſten was es will, fo
„iſt es ein Gewinn, aus Siebe Unfoften aufmwen-
„den. Denn wir bitten auch Die Armen zu ihrer
Erquickung, nicht wie bey euch die Schmaruger
„es fuchen, * Freyheit dienſtbar zu machen, daß
„tie ihren Leib unter Schmaͤhung ſaͤttigen mögen,
„ſondern auf die Weife, wie GOtt die Geringen
„am meiften anfichet. Wenn nun unfere Mabl-
„zeit fo einen ehrlichen Urſprung bar, fo ſchaͤtzet
„doc die Ordnung der übrigen Zucht eben da-
„ber, k). Alwo er dieſe milde und demüthige
Art den heydnifchen Gafterenen entgegen feßt, da⸗
bey nicht die Armen den Reichen gleic) geachtet und
- . freundlich tractirt wurden, wie bey den Chriften,
ſondern x — Brod mit tauſend Schmaͤh⸗
chraube
worten,
*
reyen und gottloſen Reden er:
Von der Verpflegung der A
waren, reicheten Bien den andern ihre Noth—
rmen unter den erften Chriften,
nen auch nachgehends andere Scribenten, die fie
deswegen loben und recommendiren. Als, wenn
Chryſoſtomus fhreiber: Die Reichen und
„Wohlhabenden brachten aus ihren Häufern
„Speife und Tranf zuſammen, riefen die Armen
„oazu, und richteten einen gemeinen Tiſch an und
„gemeine Maplzeiten in dev Gemeine. Und alfo
„wurden fie allenthalben durch die Gemeinfchafe
„‚des Tifches und an dem Ort zur Liebe bewegt,
„nicht ohne groſſe Vergnuͤgung und Nutzen.
„Denn die Armen wurden daben nicht wenig ers
„quicker und getröftet, die Reichen aber genoffen
„Die Frucht ibrer Liebe ſowol von denen, die fie
„tpeiften, als von GOtt felber, um deswillen fie
„ite fpeiften. Alſo Fam daraus fehr viel gutes.
Aber das Fuͤrnehmſte dabey war, daßihre Liebe
„und Neigung fo brünftig-unter ihnen waͤr, wenn
„ſie verſammlet waren z und nicht allein, wenn fie
„die a oe empfiengen, fondern auch, wenn
„fie diefelbe andern mirtbeilten I).
14. Andersivo erzehlet er eben hievon, “wie die
„erſten Chriften an gewiſſen Tagem gemeine Tifche
„angerichtet gehabt, und nach den Abendmahl alle
„zu einer gemeinen Mahlzeit zufammen kommen
„ivaren, dazu die Neichen Speifen mitgebracht,
„und die Armen und Dürftigen eingeladen, wors
„auf fie alle mit einander gegeflen, m). Wozu
noch andere fegen, daß die Armen auch mit fich
hinwegnehmen Dürfen, was ettva von der Mahlzeit
übrig blieben nr). Damit alfo ja der. Zweck ſol⸗
cher Mahlzeiten recht wohl in acht genommen wür-
de, weldyer war, “Die Erquickung und Verſor—
„aung der Armen aus einer herzlichen Bruder:
„iebe, 0). Weswegen auch ein gewiſſes Con
eilium diefes Werk befchreiber, daß die Chrijten
„aus dem Glauben tiebesmahle angeftellet und
„die Brüder zufammen geruffen haben, p):
Her, wie es einer erflärt, die Bruͤder zur Mabl-
„yet gebeten, q), Gleichwie man fonft folche
Zufammenfünfte &deADorovas, oder Brüder:
ſchaften zu nennen pflegte weil die Bruderlie-
be darinnen am meiften herrfchete und fich Fräftig
erwies r); Davon fie auch den Iamen trugen, wie
wir aus Tertullians und andern fehen. Welche
Benennung bernach dergleichen Mahlzeiten —*
ens
£) Chryfoflomushom. 27. in ı Cor. Theophylatus ad Cor. XI. h)Lib.IX.Epift. 97.vbi vid.G.1. Voffius et Chri/f.Kor-
© #olsusinComm.fingul. i)ItaPlurarchus in Vita Lycurgi et Scholiaffes Ariffophanis adPaceın et Pluton. k) Apol.
€.39. 1)Homil. 2ı. in Verba
a:
-,
Oportet harefes efle.
‚ adı Cor. 11,17. 0) loh. Meurfins Gloflar. Gr. Barb, v,&yo&rn. Conf. Heinfins Exercit. 5. p. 629. Albajpinaus
lib. I. Obf. 18. Aringhius Tom. IL lib. VI.Rom. Subterr. €.27. aliique. p)Coneil. Gangrenfs can. ur.
resSyntagm.lit. A.c.3. x) Vid. 1. R. WetfleniusNot.ad Origenis Epift. ad Aftic, c.39. :
m)Idem hom. 27.inı Cor. n) Vid. H. Grotius Comm.
» Blafla-
SE
u > —
‚5375
a7 ı
Faufen mußten. Eben diefes Zeugniß geben if:
‚+ « 5
47%
ftens behalten haben, au i
unfchuldigen Art abgewichen war. Wie alfo ein
bekannter Mann fehreibet: Unſere Agapæ oder
„giebesmaßte fpeifen die Armen, es fey nun mit
Fleiſch der Zugemüfe, s), Warum aber dieſe
fürtrefliche Weife abkommen fen, zeigen die Alten
aufrichtig an, wenn fie befennen, daß es “durch
„die Spaltungen abfommen, wodurch Die Liebe
„unter einander und Chriftliche Zucht verderbet
„und aufgehoben worden, ). Dazu hernach
"auch die Ueppigkeit Fam bey dem verfallenen Chri⸗
ſtenthum, welche fich ſchon zu En blicken
lieffe, aber durch Treue und orafale der Lehrer
fräftiglich zurück gehalten ward. Com. ın. Die
„Reichen begunten ſtolz zu erden, und Die Armen
„zu verachten und hintan zu feßen, warteten nicht
„aufdie Armen, wenn fie etwaihrer Berrichtungen
„wegen etivas lange auffen blieben, Und daru-
„ber wurden die Armen beſchaͤmt, blieben hunge⸗
„rig und mar lauter Unordnung; wie es ein
Scribente befchreibet u). Alfo, daß nebenft an-
dern fuͤrtreflichen Anftalten zur Verpflegung der
Elenden aud) diefe mit eingienge und verworfen
ward, zu einem merklichen Kennzeichen der erkal⸗
teten Siebe, Davon an feinem Dre mit meh-
rern.
15. As dieſe und andere Liebeswerke noch im
Schwange giengen, erſtreckten ſich zwar dieſelbe
— auf Sie Unalaubigen und ihre ävgite Feinde;
wie ich in einem fonderbaren Buch beweifen will.
Hier aber fragt ſichs, ob im Anfang eine jede Ge:
meine nur ihre eigene Arme verſorget; oder auch)
Fremden beygefprungen babe? Es ift aber ſowol
aus den apoftolifchen Gefchichten und Briefen, als
ausder Kirchenhiſtorie ſchon gezeiget worden, daß
fie ihre Liebe nicht eingeſchraͤnket, ſondern bey allen
Faͤllen einander ausgeholfen. Wir werden auch
bald ausfuͤhrlich vernehmen, daß fie gegen bie
© Seemdlinge eine unvergleichliche Liebe ſpuͤren laſſen,
od gleich ihre naͤchſten Brüder und Schweſtern
- Harinne gleichſam ein Vorrecht hatten, und die er⸗
fen zu den Gutthaten waren. Nachdem man
aber die Gemeinen und die Kirchengüter fo genau
eingetheilet gehabt, ift auch die tiebe dadurch merk⸗
(ich getrennet worden, als es die Hiftorien klar ges
nug geben. In einem Synodo zu Tours feßte
man gar, daR eine jede Stadt ihre Arme allein
„erhalten follte,, x). Man pflegte ʒwar wolzurel-
- 3 * —* er —*
s) Auguflinus lib. XX. cont, Fauft. c.20. t) Theophyladius Fon N ı Cor. XI. u) Chryff. hom. 2t. ad Ver- ö '
ba: Oportethzrefes eſſe. x) Synodus Turonenfis II. c.5. y) Exftat ap
m a
Style ee Sudan — —
3. B. Von der erſten Chriſten Pflichten und Bezeigungen gegen einand
auch da man von der alten len denen Reiſenden Briefe an andere Chriften oder
te 2).
ganze Gemeinen mitzugeben, damit man fie aufs
nehmen und verforgen möchte: Wie man dergleiz
chen alte Zormuln findet, darinne gebeten wird,
„dem und dem eine Merberge, Brod und Waſſer
»zureichen,,y): Alleine, die Art der folgenden ver-
derbten Zeiten war von Der erften liebveichen ife
weit unterfchieden. Erſt kenneten fie einander |
alsbald, wenn ein Fremder Fam, und bezeißten oh⸗
ne Unferfcheid und vieles Bedenken alle möglichfte
Siebe ; wie wir bald erfennen werden, Hernach
aber, da fo viel Spaltungen und Streitigkeiten.
die Liebe aufgehoben hatten, fo ſchloſſe man alle die,
fo man vor irrig oder, anderer Meynung beygerhan
hielte, von dieſer Wohlthat aus, und nahm alleine
die auf, welche zu allen Dingen fein Ja fagten
und ein Zeugniß ihrer Lehre mit fich brachten, um
das Leben möchte es bewandt ſeyn, wie es woll:
Welche Sache aber ic) auch bis ins legte
Bud). verfpare, DE
16. In denen erften Zeiten faheman mirfolheer
Gutthaͤtigkeit insgemein zwar auf alle Elende,
aber fonderlich auf Hausarme und folche, die ent⸗
weder aus Unvermoͤgen nicht Fonnten, oder aus
Schambaftigkeie nicht wollten, etwas. bitten.
Hierzu wendeten fie aud) das zuſammen gelegte
Geld fürnemlich an, als Gertutlianua derfichert,
„man gebe es denen alten und gebrechlichen $eus 4
„ten, Die nicht weiter ausgehen Fünnten,, a). 4
Gleichwie ſie dieſe Weiſe durchgehends in acht nah⸗
men, und einander deſſen erinnerten: “Man
„muͤſſe dieſe Borfichtigkeit brauchen, daß man "
„fonderlich denen mitcheile, welche ſich fchämen n
„etwas anzuneßmen, und mol. gar angftlich darz
„über hun, wenn fie es eınpfangen follen, 3 1
„08 gleich bedürfen b), Sie merften wohl, daß |
„ihrer viel zwar nothduͤrftig wären, aber doc) fid)
„icheueten öffentlich etwas zu fordern, ſondern lie⸗ 2
„ber in ihrem Elend ftill ſchwiegen und heimlich
„Roth litten, als bey öffentlichem Bitten ſham⸗
„roch werden wollten, c). Als jener Aufſeherei⸗
nem andern 30000 Goldgälden zu Almofen
überfchickte, bat er diefen fürnemlich, “er möch-
„te es Doc) unter Die austheilen, welche fich fcham= h
„ten zubetteln, nicht aber denen, welche ſolche Ga⸗
„ben mißbrauchten,. Dazu er diefe merkwuͤr⸗
dige Erinnerung ſetzte: Du mußt bier Fein Abſe⸗
„hen auf die Religion Haben, fondernnurdenden, w
„wie
ignoniuminter Formulas Veteres c.i.
etinter Varias c.15. 2) Vid.de avsaınais Clericorum Concilii Agatı enfis & 38. Epaunenfis c.6.1.c.5. et 6.
aliorumgue, et omnino Ferrarius lib. I. de Antiq. Epiſt. Gen, a) Apolı 6:39.
.M. Serm. 4. de Colledt.
*
) Hieronymus Epiſt. so. c) Zee
“
„wie du die Hungrigen fpeifen wolleſt, die aber ja
„nicht hintan fegen, welche in —— * mit
„uns nicht einſtimmen,d). Man will auch von
Conftantino felbit verfichern, daß er zwar auch de-
nen öffentlichen Bertlern, welche damals unter
den Ehriften fich bereits — Geld, Speiſe
leider austheilen laſſen; aber fuͤrnemlich
denenjenigen zu Dülfe kommen fey, welche durch)
Zufälle um das Ihre fommen, und weil fie es
nicht gewohnt, nicht betteln wollene). Und diefe
Weiſe war unter denen allerälteften Chriſten defto
leichter, je näber fie einander Fenneten , und ver—
fraulich mit einander umgiengen.
17. Eben diefe Weisheit und allgemeine Liebe
brachte fiedabin , daß fie in den erſten Zeiten nie=
mand leichtlich öffentlich berteln lieffen. Micht
zwar, als hätten fie fich diefes vor einen Schimpf
schalten, denn fie Bielten die Armuth für eine Eh:
re: fondern weil fie feinen Bruder oder Schwe:
ſu mit Willen darben lieſſen, und dahero ſie lieber
elber freywillig unterhielten, und nicht den Hey—
den zum Schauſpiel herum gehen lieſſen. ie
Unglaubigen gaben hierauf genau achtung, und
fchamten ſich über die aͤuſſerſte Sorgfalt der Chri-
ften. Man ficher es aus des Kanfers Juliani
Schreiben,darinnen er dieSeinigen zuBerforgung
der Armen anhielte, und die Bettler durch ihre gu:
te Berforgung abgeſchaffet wiſſen wollte: Wozu er
das Erempel berer oben anfuͤhret, und die
Freygebigkeit der Chriſten oder Galilaͤer, wie er
fie nennet, welche nicht allein von den Ihrigen
niemand betteln gehen lieſſen, fondern auch noch
dazu Die heydnifchen Armen verforgten. Jene,
nemlich die Juden, Batten einen Flaren Befehl des
Herrn, daß Fein Bettler unter ihnen feyn Ne
SB. Mof. 15,4. Von diefenlehret uns, wasdieer:
x In Zeiten betrift, insgemein ihre löbliche Borforge
ür alle arme Brüder und Schweſtern, alfo, daß
von den erſten Zeiten gar Fein Zweifel übrig bleibe;
zumal ſie auch die Unordnung und Unbarmher-
get gegen die Armen den Heyden vorwurfen f),
achdem aber ſich viel andere heydnifche Gemwohn:
beiten unter die Chriften mit einfchlichen, fand
ſich aud) bey dem äufferlichen ruhigen Zuftand
und
_ Die Menge der Bettler, daß man fich ihrer kaum
erwehren konnte. Wie denn einer darüber Elagte,
daf fo viel geizige Dettelleute zu Waſſer und tan:
de herum ſchweifeten, welche fich für Schiffbrüchi-
— - - — 7 - . x -
. 1. Cap. Don der Ebriften Dorforge für die Witwen, Alten, Rranten,Befangenen sc. 475
ge, Einfiedler und dergleichen Perfonen ausgäben,
Denen die Leute gerne zu geben pflegten, und fieals
fo betrögen 8). Ich weiß auch nicht, warumman-
denen Meflalianern verarger, daß fie gemeyner,
man müffe denen öffentlichen Bettlern nichts ges
ben: angefehen fie ohne Zweifel aufden Mißbrauch
diefer Gewohnheit gezielet b), ‚
18. Zum Beſchluß diefer Materie mill ich noch
gedenken, wie man die Namen der bülfbedürfti-
gen Perfonen gemeiniglich aufzuzeichnen pflegte ,
zu defto genauerer Nachricht und Verhütung alfes
Unterfchleifs und Berrugs. Sie nenneten fold)e
Leute, die ausder gemeinen Caſſe erhalten wurden,
alumnos fur confeflionis, die bey ihrer Be—
kenntniß auch zugleich ernaͤhret wurdeni). Sie
wurden in gewille Bücher eingefchrieben, die man
Matriculas hernachnennetek), oder Kavyavas €x-
xAnsiasıres \), da fonderlich allesin gewiffe Sa⸗
tzungen verfaffet wurde, Auch Bieffen die Armen
Aerarii nm) und Matricularii 0), weil fie aus
der gemeinen Caſſe ihren Unterhalt gereichet befa-
men. Und in diefer Anſtalt gieng e8 nun unter den
rechtfchaffenen Chriſten redlich zu, alfo, daß fie auch
vor ihren Beftigiten Feinden fich deffen nicht fchä-
men durften. Diefe ſahen vielmehr mit Berwun:
derung ihre unbefchreibliche Liebe an, daß ihrer
nicht wenig dadurch von der Wahrheit Fräftiglich
überzeugt, und zu EHrifto ph wurden. Die
Epriften fonnten auch fich getroft darauf beziehen,
und wenn fie ſich gegen Die Henden verantworten
mußten, wieſen fediefelbigen aufdiefe wahrhaftige
Srüchte ihres Glaubens, welche niemand leugnen
onnte. Gie feßten die heydniſche Härtigkeit der
Chriſtlichen Mildigkeit entgegen; als ein befann-
ter Lehrer an einen fuͤrnehmen beydnifchen Conſul
zu Rom ſchriebe: Die Güter unferer Gemeine
„find lauter Ausgaben vor Arme. Man laffe
„doch die Heyden herzäßlen , wie viel Gefangene
„von den Schägen ihrer Tempel erfaufet feyn, wie
„viel Arme fie unterhalten haben, welchen Erufans
„ten fie etwa Lebensmittel gefchicket,, u. ſ m. pP).
Womit man denn zeigen wollte, daß diefes alleg
von denen Chriſten Hingegen treulich gefihehe,
Was maffen aber nun infonderheit die Elenden
und Armen verpfleget worden, follnunmeßro nach
der Ordnung folgen.
Das
— 00
d) Atticusapud Socratemlib. VIT.c.25. e) Ewfebinslib. I. Vit.Conft.M. f) Zafantiuslib.VI.c. ır. Arnobins,
Jufinus, aliique.
g) Paulinus Nolanus Carm. ad Cytherium.
h) Damafcenus de Hxref.c.80. i) Tertullian.
lc. k) Remigiusin Teflamento ap. Bignonsum ad Form. Vet p. 356. aliiqueapud Pofßum lib.III. de Vit.Serm.
€. 24.0 DufrefniusGlofler. Lat.h.v. 1) Vid. Yalefins Not.ad Socrarislib.V.c.19. n) Apud Amöbrofiem Epift.
« 15. vbi v. Pefrus Nannius in Schol. 0) Gregorius Turonenfis lib. VII. de Mir. Mart. e. 29. et alii apud Bignenium
1.c.Conf, Dufrefniusl.c. pP) Ambroſius lib, V. ep. 32, adu, Symmachtm,
474 3.8. Don der erften Ehriften Pflichten und Bezeigungen gegen einander.
Das 11. Kapitel, | Mn
Bor der Ehriften Vorſorge für die Witwen, Wayſen,
Alten, Kranken, Gefangenen und Maͤrtyrer.
Summarien.
orſorge für Witwen; F.1. Exempel und Zeugniffe: 2. Vorſorge fuͤr Wayſen; 3. Vorſorge für Findlinge, für
V welche alle man Haͤuſer bauete 4. und Vormuͤnder festes 5. Vor ſorge fuͤr alte deute durch Aufrichtung der Hoſpitaͤle
und Krankenhaͤuſer; wer ſolche geſtiftet. 6. Rechte Sorgfalt für Kranke 7. durch Pflege und Wartung; wer die Infpection
drüber nehabt: 8. Erempel gottieliger Weiber, ſo fich der Kranken angenommen, wieauch fromme Männer. 9." Piebe der
Ehriffen gegen die Todten; Erempel: fonderlich gegen Märtyrer; Erempel, 0. Brüderliche Liebe gegen die Märtyrer,
wenn fie noch lebeten, wozu groſſer Muth gehörete, je gefaͤhrlicher es war, mit ihnen umzugehen; 11. Erempel der Liebe
gegen Märtyrer, auch durch Küffen der Ketten; ı2. Widerſtand der Seinde und Tyrannen durch Verbot der Liebesbezeugun⸗
gen, daran fich aber die Ehriften nicht kehreten, fo groſſe Gefahr auch immer daben fenn möchte: Exempel: i3. deito mehr
nahmen fie fich ihrer anz Ermahnung dazu; Vorſichtigkeit dabey; Pabfal für die Gefangene; 14. Beyſtand, wenn etliche
fbon zum Martertode verurtheilet waren; Erempel Männer und Weiber, 15. von denen oft Die Hüter der Gefängniffe be
gütigt worden; man nahm fich auch an der zum Bergwerk Berdammten ; Erempel. 16. Treue und Gutthätigkeit gegen
andere Gefangene; Erempel, 17-
ErempelVaulintz Urtheildes Herrn Cave davon; 18.
Vertheidigung. Auguſtinus
brauchte zur Ranzion die Kirchengefaͤſſe, wie auch andere gethan. ı9. Wodurch fish Die Chriſten hiezu erwecket. 20,
$.
[72 )o viel nun infonderheit die Verpflegung
NIE elender Perfonen betrift, fehen wir aus
S der apoſtoliſchen Hiſtorie, daß ſonderlich
der Witwen gedacht wird, welche von den Ge—
meinen nad) Nothdurft verforget wurden, Cap.6,
1. Nun ift ſchon im andern Bud) am 6. Capitel
von denjenigen Witwen erzehlet worden, welche
am Dienft der Gemeinengemwefen, und bey gewif-
fon Berrichtungen zugleich ihren Unterhalt ge-
habt. Meben diefen aber wurden auch die andern
verforget, Die zu öffentlichen Gefchäften nicht ge
ſchickt waren. Paulus befchreibet Deutlich , wie
fie befchaffen feyn follen, ı Tim. 5,36. Jacobus
nenne diefes einen reinen und unbeflecften Got:
„tesdienft, die Witwen und Wanfen in ihrer
Truͤbſal beſuchen, Cap. 1,27. JanatiusFlaget
deswegen über die falfchen Lehrer, “Daß fie ſich
„nichts um die Siebe befümmerten , nicht um Die
„Witwen, nicht umdie Gedruckten, Öefangenen,
„Hungrigen und Durftigen,, a), Und anderswo
vermahnet er Polycarpum, “er folle die Wirwen
„nicht verachten, fondern nächft dem HEren ihr
„Bormund fenn„b). CEyprianus ingleichen
die Aelteften: „Ich bitte, ihr woller dev Witwen
„und Schwachen und aller Armen euch fleißig an-
„nchmen,„c). Denen die andern freuen Knech—
te JEſu Ehrifti gefolger. Als, wenn Theophi:
I
Ius von Mlerandria ermahnete, daß die Witwen
„und Dürftigen alle Erquickungen genieffen ſoll—
„ten d). Es fen eine fonderbare Art der Mildigkeit,
„daß man, nach des Apoftels gehre,die Witwen wel
„verforge, ©). Denn er wollehaben, daß diejent-
gen Witwen von gemeinen Mitteln verpfleget wer⸗
den follten, welche ſich felbft nicht mehr ernähren
Fonntenf). Co fey es auch ein groffes Werf der
Gerechtigkeit, wenn man verlaffene Wayſen und
Witwen vertheidige, welches GOtt deswegen be=
fohfen habe, damit fein Ehrifte deshalben um des
Glaubens willen den Tod fliehen möchte, meil er
müßte, daß feine Hinterlaffene dennoc) von den
Mitchriften verforget würden &). Alfo mußte
weder Nahrung noch Schuß ſolchen verlaffenen +
Perſonen mangeln b).
2. Es gefchahe auch diefes wirklich nicht allein
von den erften Juͤngern, unter denen man dieſe
Sorge denen Diaconis aufgetragen hatte, Apoft.
Gefc). 6,3. welche eine Zeitlang bey diefen verblie⸗
bei). Gonft aber, was ihre öffentliche Verſor⸗
gung betrift, gedenfer Juftinus, daß der Vorſteher
das gefammlete Geld unter andern auch den Wit⸗
wen und Wayſen vertheilet habe. Von einem
frommen Lehrer wird — daß feine Wit:
„we leer und ohne Gabe von ihm ar
„ey
a) Epiſt. ad Smyrn. b) Epift. ad Polye. c) Epift.36. d) In Refponf. Epift.c.ı0. €) Ambroſius II. Off.
c.15. f) Hieronymus Epift. ad Saluinam. g) Ladantiuslib. VI. c. 12.
II. p. 98-
b) IdemEpit. Inftie.c.7. i)Apol.
*
5
nn nn mn nn nn nn — — — — — — — — — ————— — —
ı. Cap. Von der Chriſten Dorforgefür die Witwen, Alten, Kranken, Gefangenen x. 475
„ſey K). Und von einem andern, “Daß er nad)
„over apoftolifchen Borfchrift in Befuchungen fich
„alfo verhalten habe, daß nur allein Witwen und
»Wanfen in ihren Trübfalen beſuchet worden,, 1).
Welche gotfaefällige Weife vielen andern nad):
gerühmer wird m), daß fie fich auch derfelben ge=
Fo ihre Feinde annahmen, oder auch vor der
brigfeit ihre gerechte Sache vertheidigten n).
So ftehet auch von einem Aelteften, mit Namen
Too, “daß er aus Siebe zu EHrifto die Sachen
„der Witwen, Wanfen und Armen zu vertheidigen
„pflege,o). Micht weniger fchreibet einer von
Nebridio: Welche Witwe ift nicht durch feine
„Hülfe unterhalten worden? Welcher Wanfe hat
„nicht einen vechten Vater gefunden,„p,? Und
eben hiezu vermahnete noch einer, daß es fonderlich
denen Kirchendienern zufomme, “den Witwen ,
„die feinen Schuß von ihren Männern mehr hät:
„ten, mit Troft und Rath an die Hand zu ge-
* P. Von der gemeinen und öffentlichen
orſorge meldet nach Juſtino auch Tertullia-
nus, daß von den Collecten die armen Witwen
und Wanfen verpfleget worden). Und ein ande-
rer fchreibet in einem Buch, foer von den Witwen
gemachet, daß fie unter andern diefen Troft hätten :
„Einer froommen Witwen fanns niemals mangeln,
„obfie gleich in hohem Alter und Aufferfter Armuth
„lebte: Denn fie wird immer feute finden , welche
„fie als ifre Mutter ehren, und durch dargereich-
„te Sebensmittel ſich ihrem Gebet empfehlen wol:
„len,s). Wie dennin denen alten Urfunden hin
und wieder Meldung gefchieher der Witwen, wel:
che von den Gemeinen unterhalten t) , und des—
wegen auch unter die Armenregiſter gefeßet wor—
den u), Auch war denen Kirchendienern aufge
tragen, “ich der Unmündigen anzunehmen, und
„in der Furcht des HErrn Witwen und Wayſen
„u verforgen x).
3. Gleihe Gutthaͤtigkeit genoffen auch die
Wayfen, als wir guten Theils ſchon gefeben.
Geſtalt fie hierinnen meiftens denen Witwen
leid) tractivet wurden, und unter die miferablen
erfonen gezaͤhlet. Man verforgte fie nicht allein
i aus gemeiner Caſſa, ſondern that ihnen auch vor
k) Pontius in Vita Cyprianip.z.
gor. Nazianz. Orat. 33. de Athanafio idem Orat. pecul. de aliisaliı.
p) Hieronymus Epift.IX.ad Saluinam
s) Kern lib. de Vidua.
u) Zonaras ſehol. ad Bafılii M. Epift. Canon. Conf. Yalefius 1.c.
z) Gregorins Nazianz. Epilt. 79. ad Nemefium.
eius- 0) Martyrologium Roman. d. XIX. Mai.
epift.ı3. r) Apol. c.39.
gr. dift. c. Vidurx.
©.3. y) Teriullianus lib. ad Scap.c. 4.
I) Poffdins in Vita Auguftini c. 27.
ſich gutes. Keiner war fo boshaftig, daß er folche
Perſonen gepreſſet oder fonft aufdie geringfte Ark
beleidiget hätte. Die erſten Epriften Eonnten ſich
auf das Zeugniß der Heyden beruffen und ſagen:
„Wir gehen gewiſſenhaftig mie Wanfen um, wir
„erquicken Die Armen, und vergelcen nicht Böfes
„nit Boͤſem,y). Ein glaubwürdiger Mann ver:
fichert von feinem eigenen, Bater, wie er fo gar
vielen armen Wanfen aufgebolfen!2. Eleuſtus,
ein Chriſtlicher Sehrer, ift von Juliano deswegen
ins Elend verjaget worden, weil er für Witwen
und Wanfen Kbensmittel angeſchaffet hatte a).
Und ein anderer gedenket gleichfalls, daß die Fein⸗
de daruͤber ſehr wuͤtend worden, wenn ſie geſehen,
daß man den Wayſen und Witwen fo viel Almofen
zugemworfen b) · Auch wird vondem Kayſer Con⸗
ſtantino gefchrieben, daß er bey denen Perfonen
Datersftelle vertreten , welche durch ihren
Warfenftand ins Elend gerathen; und daß er
fonderlich die verlaffenen Jungfrauen ausgeftat-
tete). Dieſen Dater-und Muttertitul legs
te man ſolchen barmherzigen $euten bey, die an der
Eltern ſtatt die armen Kinder verforgten ; mie wir
im 26.$. des neunten Cap. geſehen. Es gieng
aber dieſe Sorgfalt abfonderlich die Lehrer an, wie
in denen fogenannten apoftolifchen Saßungen den
Auffehern eingebunden wird, die Wanfen zu ernaͤh⸗
vond). Deswegen jener fragte: “Wen foll ein
Aufſeher mehr vertheidigen, als die Wanfen,,e)?
Denn ob fie zwar fich fonft weltlicher Sorgen ent-
fhlugen,fodunften fie doch folcher piarum caufarum
ſich anmaffen f): alfo, daß fie auch Dormund-
ſchaften bey Witwen und Wanfen verwalteten 2),
wiewol endlich der Kayſer Juftinianus ihnen
auch diefes verwehrer h). Don der geiftlichen
Vorſorge folcher Kinder ift unten bey den Vor:
mündern zu IN
4. Eben fo hielte mans mit den Sindlingen,
welcher fich gutherzige Leute willig annahmen,
wann fie etwan von gottloſen Leuten weggeſetzet
wurden. Als nachgehends die Suͤnden in der
Chriſtenheit fehr überhand nahmen, und bey der
groffen Ueppigfeit zuweilen Kindermord und andes
ve Bosheit vorgieng,mußte man freylich verordnen,
9002 daß
m) De Baſilio M. Gre-
n) BafıliusM.tefte Amphilochio in Vita
n g) Gregor. M. lib.I. °
t) Vid. Can. 103. in Cod. Can. Ecel. Afric. et Gratianus
x) Concil. Chalcedon.
a) Hifloria Trip.
lib. VI.c.27. b) Achanaſius Apol. II. adu. Arian. c) Euwjebiuslib. I. Vit. Conft.M.c.43. d) Lib. IV. Con-
fir. Apofol.c.2. ©) Ambrofius Epift.27.ad Theodof. A. f) AriffenusadCan.9. Apoftol. g)Concil.Chalced.
6.3, h) 1.52. Cod, de Epife. et Cler. Conf. Ritrersh. ad Nouellas P. VIIL c. 1. et Pancırol,lib. II. Var. Le&.c.66,
"
476
daß folche Kinder vor die Kirchthuͤren geleget wur⸗
deni). Daher manliefet, daß folche neugeborne
Kindlein bisweilen dafelbft gefunden, und gewiſſen
Ammen aufzuziehen gegeben worden. m übri-
gen wiedmete man endlich auch gewiſſe Häufer zur
Berpflegung folcher verlaffenas Wayſen, die man
Orphanotrophia , oder Wayfen -und Sindel-
häufer neniete k),deren Borfteher Orphanorrophi
bieffen !),melche bald , nadydem die Kayſer fich vor
Epriften befannt haben ‚ auffommen find, und in
derfelben Gefegen fehr oft erwehnet werden,daunter
andern auch der Bermächtniffe zu Unterhaltung
derfelben gedacht mirdm). Gleichwie man auch
von denen Witwenhäufern anmerfen kann, wel⸗
che fiexgneored Pe und xngoxomeie benennten u):
wovon abermalin den alten Rechten zulefen ift o),
In folchen Wohnungen fuchte man die Kinder in
der Furcht des HEren aufzuziehen, und unter ge-
nauer Auffiche der beftellten Vorſteher zu halten :
ob wol nicht zu leugnen ‚daß auch bey diefer Anftalt
nad) und nac) viel Unordnung und Mißbrauch
eingefchlichen, fonderlich als fich die Aufſeher wenig
mehr um die Elenden undBedrängten bekuͤm̃erten.
5. Man fegte aud) dergleichen unmündigen und
unbewehrten Perfonen gewiſſe Defenfores oder
"Erörzes p), welche ihre Sachen bey vorfallenden
E:reitigfeiten führen und vertheidigen mußten.
Angefehen es felten denen ohnedem niedergefchla=
denen Perfonen an Berfolgern mangelte, und bey
dem verderbten Ehriftenehum auch vor Alters nicht
emangelt * In den erſten Zeiten zwar hatten
dieſe Anftalten nicht fo wohl ſtatt, da fie alle mit ein⸗
anderunter der Tyranney der Heyden lagen, und
feiner dem! andern fonderlich wider das Unrecht
der Gewaltigen beyfpringen Fonnte. Aber unter
denen Ehriftlichen Kayſern war es nöthig, bey zus
nehmender Ungerechtigfeit und Gewaltthaͤtigkeit
vieler fo genannten Ehriften, auchden Armen eine
zeitliche Zuflucht und Schuß zu beftellen. Diefe
wurde nun in denen Rechten verordnet g), wie auch
3.3, Vondererften Ebriften Pflichten und Bezeigungen gegen einander,
in denen Kirchenordnungenr),daß fie fonderlich wi⸗
der die Gewalt der Reichen ihr Recht haben muß⸗
ten s). Inſonderheit lieſet man von den
Defenſoribus Minorum, oder Vormuͤndern
und Worthaltern unmuͤndiger Perſonen t),
welche Verrichtung hernach gewiſſen Leuten von
Hof aufgetragen wurde u): Es wurden auch, ge⸗
dachter maffen, die Kirchendiener hievon nicht aus-
gefchloffen, fondern da fie es etwa unterlaſſen moch⸗
ten, ernſtlich befehliget, fich der Witwen, Wanfen
und Angefochtenen anzunehmen, fie bey groffen Ders
ten zu verbitten, und font dasjenige zu thun, was
ohnedem einem jeden Epriften zukommex). Allein,
es ſchlich fich auch bey diefer Angelegenheit ein grof-
fer Mißbrauch ein, da man, an ſtatt der Vorſorge
für die Elenden, die Kicchengebäude, Güter und
Diener nur zu behaupten anfieng, ja endlich gar aus
folchen Aemtern weltliche Staatstitul machtey),
den auch) die ayſer und Könige annafmen, warn
fie fich, ohne Zwelfel nur zum Pracht und Schein,
Adüocatos und Defenfores Eeclefiz, Befehüger
und Advoraten irchen tituliren lieffen z).
Welche 1a mit der erften Einfale
und Unſchuld Nichts zu thun hatte, da man nicht fo-
mol auf viele Bertheidigung oder Gegenwehr ſahe,
als nach CHriſti Wort und Leben gerne das Unrecht
über ſich ergehen lieſſe, befage des unten folgenden
Berichts von ihrer Sanftmuth.
6. Unter die erbarmungswürdigen Perfonen ge⸗
hörten auch die alten verlebten Leute, welche felber
nichtsmehr verdienen Fonnten. Diefen reichte man
unter denen erſten Chriſten nicht weniger ihren noth⸗
dürftigen Unterbalt,und ſammlete aud) vor fievon
der Mildigkeit der Brüder gewiſſe Alınofen; nad) _
dem Zeugniß der urälteften Scribentena), Man
richtete auch hernach vor die alten Leute gewiffe Ho⸗
fpitäte auf(Ingoxope3a), bey welchen man eben die
Anordnung machte, als bey Witwen und Wayſen⸗
häufernb). Gleichwie man auch für Kranke und
Prefthafte folche Nosoxoneiz, ———
et
i) Concil. Matiſtonenſe c.6. et Formulæ Veteres Bignonii lib.1I.c,37. K) Karayoyın rov cePavav -
ap. Euagrium lib.III. H.E.c. 12. etin1. 22. C. de S.S. Ecelefs, itemque ap. Cyrillum Scythopolitanum in Vita Sa-
be c.87-
l) 1.32.C. de Epife. et Cler. et Nonella Iuftiniani XLIII. et CXX. atque alibi.
m) Noxella Iuſtin.
CXXI.c.ıo. n) DeEleufio vid. Sozomerus Hb.V.c.ı5.et Nouella Leonis XIII. 0) l. ce p) Nicephorus Gal-
Bifßs in Excerptis Theodori Leitorislib. II. Io. Damafcenus lib. III. de Imagin. e Latinis Concil, Carthagin. V.
c.9. Caffiodorus lib. I. Var. ep. 45. et lib. 1X, ep.ıs. q).Iufinianus Nouella XV. r) Concil, Carthagin.]. c.
s) Iufin.l. c.et ZonarasSchol. adc. 3. Cozcil. Chalcedonenf. t) 1. 1.Cod. Theod. de Denunciat, 2. u) Comiti-
bus a Ludouico Pio lib. II. Capitul. c. 6. et abaaliis ap. Marculfum lib. J. Formul. CB, x) Concil. Sardicenfe c.7.
et Zonarasadc.ıu.Chalcedon. y) Vteftille: Primicerius Befenſorum in Actis Concil. Romani ap. Goldaflum
Tom.I.Conflit. Imp.p.aL. z) Lotharius Imp. ap. Bernhardum Epift. 139. Tohannes Imp. CPtanusap, Sguro-
pulum in Concil. Florentino Se&t. VI.c. 15. quo conf. Creygthon in Not. p. 28. Add. Disfre/aius Gloflär. Lat. h. v.
Tac. Gothofredus Gloflar. Cod. Theod. Bignonius ad Marculfuml.c.p.260. a) Tertullianus Apol. c.39. b)
Phocas Imp. in Nonella et Paulus Diaconns lib. XVI. Hiſt. Miſcell. c. 6. Geronzocomios Iuſtinianus in Novella lc.
memorat.
*
*
—⁊
@
— — — —— —— — on — — — — — —
m €. Donder Chriſten Vorſorge für die Wittwen, ten, Rranten,Befanaenen x. 47
— — — — — — — —— D——— — — — —
ſer bey ruhigen
Stiftung einer fürnehmen Frauen, Fabiolaͤ, zuge⸗
fehrieben wird e). Sie wurden aber nicht allein mit
gemeinem Confens, und auf Befehlder Obrigkeit,
fondern auch von Privarleuten geſtiftet. Alsınan
von Bafılio M. weiß ‚daß er von zufammen geleg:
ten Mitteln folche bequeme Gebäude aufgerichtet,
die Kranken überall ber zufammen gebracht, und
gewiſſe Einkünfte dazu gewiedmet babe, welche
er Kranken und Armenſchulen genennete),
Sie pflegten auch fonjten gewiſſe Renten dahin zu
vermachen f), und gemeiniglic) mit denen andern
Hofpitälern und Gaſthaͤuſern zu verknüpfen g) ;
auch die Kranken darinnen öfters zu befuchen und
zu erquicken k); wie wir fernerfehen wollen.
7. Ehe aber bey rubigen Zeiten diefe öffentliche
Anftalt gemachet werden Fonnte, ward fonften
nach MoöglichFeit der Schwachen und Kranken ge:
Be und gepfleget — Sul Sehen aud)
azu angewendet , nad) Juſtini Befenntnifi
Es achtete ſich auch ein jeder Chriſt infonder
verbunden, als worzu fie ſich unser ein
lich ermabnten. Denn es —* ihnen: “
„muͤſſen unſern kranken Bruͤdern beyſpringen,
„ingleichen den Ausſaͤtzigen und ol weil fie
„unfere Glieder find, denn fie find nicht allein Dürf-
„tig, fondern auch ſchwach und den meiſten ab-
„ſcheulich. Könnt ihr ihnen nun nicht mie Geld
„benfpringen, fo wartet, fpeifet, verbindet ſie k).
s fället etwan ein armer Lazarus vor deinen
&
>
„bewegen, die ihr an dem Tifch des HErrn mit ein-
„ander habt. Esmüffedich deine Geſundheit und
„die Wunden Chriſti überreden, damit du erlöfet
„biſt ). Drum muß feiner die Kranken verſaͤu⸗
„men, oder es genug ſeyn laffen, wenn er fpricht,
ser habe nicht dienen und aufwarten gelernet.
„Denn werfeine Zärtlichkeit vorwendet, oderdaß
»ers nicht gewohnt fen, der wiſſe, daß er bald eben
„in fold) Elend gerathen kann. Da wird er erft
„erfahren, daß er unverftändig geurtheilet habe,
„wenn ihm eben das gefchiehet, was er andern ge:
„than Bat nm). Es iſt gewiß eine groſſe Freund»
»lichfeit und Barmherzigkeit, wenn man Kranken
u Huͤlſe kommt, fieverpfleger , wartet und aufs
immt. Wer das thut, der bringe GOtt ein le:
„Fuͤſſen nieder, ſo laß dich doch Her nic
eiten aufrichtete c), derer erfte.
„bendiges Opfer, und was er dem andern in der
Zeit gibt, das wird er von GOTT empfangen in
„ver Emigfeitn), Diefes thut ein großmuͤthiger
„Chrifte, daß er Kranke befucht und pflegt 0).
„Derjenige it CHriſti theilhaſtig, der die Trauri⸗
„gen mitleidig tröfter, der bey dem Krankenbette
zfißet, nicht daß er auf die Erbfchaft als ein Vo—
„‚gelfteller lauret, fondern daß er die Krankheit
„und Schmerzen mit feiner forgfältigen Aufwar⸗
„tung lindere, und den abgematteten Patienten
„mit Zureden fröfte und ermahne,p). ‚Und von
feicher Pflicht fehlte es niemals an nöthigem Un-
terricht und vortreflichen Erempeln 9).
8. Ihre wirkliche Sorgfalt aber für die Kran
Een leuchtet aus allen ihren übrigen Schriften
hervor, alfo, daß auch die Heyden felber dieſes an
ihnen rühmeen und befennten: “Diefes wäre
„der Ehriften Verrichtung, daß fie die Armen uns
„terhielten, Die Kranken auf alle Weiſe erquicke—
ten,und ihre ſchwache Leiber mit Arzney curir⸗
„). Wie denn Eornelius allein von Nom
der, daß dafelbft noch unter den Verfolgungen
in die 1500 franfe , gebrechliche und verlaffene
Perfonen von den Ehriften unterhalten wordens).
Dergleichen wir von denen unter Marimino bey
der geoffen Hungersnoth fehon oben erſehen ha—
bens). Und dieſe Siebesbejeigung gegen die
Schwachen war bey den erſten Chriſſen fo gar
gewöhnlich, Daß es eine von den nüthigften Ver—
richtungen eines wahren Chriſten ſeyn mußte, wie
dort einer deswegen die Ehe ruͤhmet zwifchen
zweyen wahren Ehriften, weil fie beyde vor einan⸗
„der ungehindert die Kranken befuchen Fonnten,,u).
Da hingegen, wenn eines davon heydniſch und
gettlos wäre, folieffe, zum Erempel, “der Manıt
„das Weib niche die fchroachen Brüder befuchen ,
„daß fie dürfte auf allen Gaffen in die Hüsten der
„Armen herum gehen,,x). Es lage aber fonder«
lic) denen Lehrern ob, die Kranken zu befuchen ,
fürnemlic) ‚damit fiediefelben zu einem ſeligen Ab⸗
fehied bereiten helfen möchten, und denn auch, Das
mit ihrer Schwachheit moͤglichſt gerathen wäre.
So ward ihnen nicht allein hernach durch) gewiſ⸗
fe Satzungen diefes auferlegt y), fondern auch von
Berftändigen erinnert und beygebracht, alfo,
da
. *8 003
€) Enagriuslib.IV.c.35. d) Hierom. Ep.30. e)Greg. Nax.Orat.ineum. FL. 19. C. de S. S. Ecclefüs. MEpi-
phan. her.
I) Idem Orat. de Bapt.
Epit. c.7. p) Ambro/.Serm.g.in Pf. C
e. 43. t) Idem lib.IX. c.g.
77. h) Greg. Presbyter in Vita Gregorii Naz. i) Apol. II.p.98. K) Greg. Naz. Orat. de Paup. Am.
m) Iufin. ya Epift. ad Zen. et Seren. p.514._n) Ladantiuslib. VI. e. 12. o) Id.
# ? P£L.CXIX. q) Vid. Audtor Libri de Vifitatione Infirmorum inter Opera Au-
aufn r) Nedtarius PaganusEpift. ad Augu/finum inter Epift. huius 254-
H u) Tertullian.
s) Epift. ap. Euj/ebium lib. IV.
lib. II. ad vxorem c.$. x) Idem ibid.
©.3- y) InConfiz, Apofol,.lib. IV. c.a.et de Diaconis läb; ALL, 6, 39. Coneilı Anrelianenje V. c. al. etalibi. 3)
C: — * 1J
ARrian, Epift 36, ad bresbyt. et Diac, os
”
478
daß einige mit groſſem Ernft die Ihrigen dahin
anbielten, und wol mit Erinnerung des göttlichen
Gerichts ermaßnten a). Wie auch hernach die
Kicchendiener und Auffeher fonderlich die In—
ſpection über die Medicos und Kranfenwärter
hatten b), die man Parabolanos nenntec), inglei:
chen über die Kranfenhofpitäle und ihre Verwalter,
oder voroxouss 4), Dieredlichen Auffeher nah:
men fich ver Schwachen auf alle Weife an, alfo,
daß fie fie zugleich nad) Bermögen mie Arzney
verforgten, etwa dienliche Hausmittel reichten e),
und wol gar von den armen Leuten geholet wur-
den, die Kranfheiten zubefehen, und ihnen Rath
zu ſchaffen ).
9. Die übrigen frommen Ehriftennahmen fich
der Schwachen nicht weniger an, wie es fo viele
fhöne Erempel ausmeifen, ſonderlich gottfeliger
Weibsperfonen, als welche fonderlich zu Verpfle⸗
gung folcher Leute gefchickt und nöthig find. Yon
der Paula, einer vornehmen Frauen ftehet diefer
Lobſpruch: Welchen armen Sterbenden hat fie
3.5. Don der erften Chriſten Pflichten und Bezeigungen gegen —
‚„beiten lagen, auf ihren Schultern Binzu,mufche die
„greulichſten Wunden —— wol
„kaum haͤtte anſehen mögen„k). Welches auch
vielen andern nachgeruͤhmet wird, ſowol Manns:
als Weibsperſonen, ſowol vornehmen als gerin⸗
gen 1). Ein reicher Kaufmann, mit Namen A:
pollonius, legte fich fonderlich darauf, daß er den
Kranken und Einfamen mit Arzeneh zu ſtatten
fam m). Wobey ein Hiftoricus wünfchet, daß
dieſes Die reichen Kaufleute und andere nachthun
mochten, und ihr Geld nicht fonft fo unchriftlih
verſchwenden n). Victorius, ein groffer Herr,
war fonderlic) fleißig um Kranke und Sterbende,
er kam faft nie von ihren Betten, und tractirtefie
ſehr mitleidigo), Ein frommer Auffeher,mit Ma-
men Deogratias, war fo begierig,diearmen Ber:
triebenen und Kranfen in Rriegeszeiten zu ver-
forgen, daß, als er fonft Feine Gelegenheit hat⸗
te, er ſie in“ zweyen Kirchen beherbergte, darinnen
„Betten machen ließ, und fie alfo fpeifte und pfleg⸗
„tep). So erwiefen die Alten ihren Ernſt, daß
„nicht angezogen und gefletder? Welchen Kranz „ſie gerne iren Herrn JEſum in den Kranken
„een hat fie nicht von ihren Mitteln erhalten? Sie
ſuchte fie in der ganzen Stadt forgfältig auf, und
„bielte es recht vor ihren Schaden, wenn einer durch
„eines andern Speife und Arzney unterhalten
„murde„g). Von der Flacilla, des Theodofü
Gemaßlin, wird ingleichen gefthrieben: “Sie
„trug eine fonderbare Sorge vor die Schwachen
„und Gebrechlichen. Sie gieng in die Kranken—
„häufer und Hofpitäler,, diente ihnen mit eigener
„Hand, wuſch ihnen ihre Schüffeln aus, Eoftete
„vie Suppen ‚gab ihnen Löffel in die Hände, ſchnit⸗
„te ihnen Brod vor, und gabißnen zu effen, fpülte
„die Becher aus, u ſ. w.b). Welches auch ande:
re von der Selena verſichern wollen i). Fabio⸗
„la richtete auf ihre eigene Koſten ein Kranken—
„haus auf, fammlete alle Kranfeund Verlaſſe—
„ne da hinein, pflegte die Schwachen und Abge-
„matteten fleißig,,. Sa, wie man erjehlet, “fo trug
„fie wol gar die, fo an den abſcheulichſten Krank—
„befuchten,,, wie einer von einer frommen Frauen
ruͤhmet q.
10. Gegen die Todten hatte auch die Liebe der
Chriſten nicht aufgehört, ſondern, wie fie fie annoch
der Seelen nad) vor ihre Brüder und Schwe—
ftern r), vor ihre Miterben und Reichsgenoſſen hiel⸗
ten s), alfoblieben fiensch mit ihnen verbunden in
tiebe und Bereinigung'). Dabero vergaffen fie
auch nicht, die Leiber der Heiligen nah Möglichkeit
zu beftatten. Zwar werden wir unten bey den Be⸗
geäbniffen fehen, daß die wahren Chriften, und
fonderlic) die Märtyrer, eben auf die Berforgung
des Leibes nach) dem Tode nicht fo gefehen, als die
Unglaubigen, da ihnen gleich viel gemwefen, wie und
wo fie begraben würden. Alleine, fie wehrten doch
feinem ihrer Mitchriften, wenn fie ſich auch nach
ihrem Tode ihrer Leiber annehmen wollten, gleichz
wie fie fie etwa auch im Leben verforget gehabt,
Alſo fehreibet man von einer groffen Peftileng zu
Alexan⸗
a) Gregorius M. lib. II. ep. 5. ad Cantianum. b) L.42 Cod. Theod. de Epife. et 1.43. ibid. quo conf. * Gotho- P
fredus in Not. p.83. c) Ibid. et ap. Calium Rhodiginumlib. XXIX.c.ır. d) Iufinianus Nonella CXXIII.
c.23. €) De Athanafio Greg. Naz.Orat. de eo. f) DeChryfoftomo Theodoritus lib. III. de Laud. eius ar
Photinm Cod. 373. 8) Hieron. Epift.27.adEuftoch. h) Tbheodorstuslib. V.c.ı9. Paulus Diaconus lib. XII.
Hift.Mifeell. c.ı10. i) Theodor. lib. I. c.ıg.et Hiflor. Tripart.lib. II.c.18. k) Hieron.Epift.50. I) De
Gallicano Viro Confulari Martyrol. Rom.d.XXV. Iun. de Ephraim Syro Simeon Meraphraftes apud Surium
Tom.IV. d.ı. Febr. de Gratiano Aug. Aufozius in Grat. At.ad eum. De Anshelmo Cantuarienfi Edimerus
in Vita ap. Sarium Tom. Il. die 21. Apr. De Othınaro Walafridns Serabo in Vita c. 3. DeElifabetha Regina
Hungarix Sarius Tom. VI. d.19. Nou. etc. m) Sozomenus lib. VI. c.29. n) Oßander Cent. IV. H. E.
lib. III.c.43. 0) Sidonius Apollinarislib. VI. ep.ı7. p) Pidor Vricenfis lib. I. Perfec. Vandal. q) Hieron.
Epift, ad Demetr. r) Cypr. Epifl. 1, 12. et 68. Paulinus Epift. 20. et Carm. de Obitu Celfialiique. s) Ephef.
III. ı Pet. III. 7. Greg. Naz. Orat.de Paup. Am. 4mbrof.lib. de Tob.c,14.etlib, V.ep. 33. etc. t) Dionyſius.
lib. de Hier. Eccl. c. 7. Hieron, pro«m, adlib. XVIL. in Iefai. £ ie
*
“
onder Ehriften Dorforge fürdie Witwen, Alten, Kranken, Gefangenen x. 479
Aerandria, “daß gleichwol viele Brüder aus auch Onefiphorum und fein Haus deswegen ruͤh
„überfehwänglicher ‚Liebe Die Leiber der Heiligen,
„wenn fie fterben wollen, in die Arme genommen,
„ihnen die Augen zugedruͤcket, den Mund vers
sfchloffen , und inniglich zu guter letzt umfaffer in
„einem Sinn und Herzen, nad) ihrem Tode aber
„ihre Leichname abgewafchen, und zur Begräabniß
„alles angeordnet haben, — Von welcher
Sorgfalt wir unten bey den Begraͤbniſſen mehr
hoͤren wollen. Man wendete auch unter andern
das in der Gemeine geſammlete Geld dazu an,
„daß die Armen davon begraben wurden,, x). Wel⸗
hen Fleiß auch Privatleute auf ihre eigene Unfo-
ften erwiefen: Als, zum Erempel,jener bekehrte u:
de fehr haufig zu thun pflegte, der neben feinen rei⸗
hen Almofen auch die armen Berftorbenen zur Er
den beftatten ließ y); und ein anderer frommer
Mann, dem ein gleiches nachgerühmet wird z).
Als einft bey einer groſſen Hungersnot viel Leute
dahin ftarben, und die Ehriften fie nicht alle ex-
naͤhren konnten, erwiefen fie zum wenigften, was fie
vermochten, und begruben die Verſtorbenen 2).
Inſonderheit aber thaten fie folchen Liebesdienſt
denen Martsrern und Zeugen JEſu Eprifti, wel
dye um der Wahrheit willen Bingerichtet waren, fo
gar, daß fie auch ofte darüber betreten, und des—
wegen gleiches Todes theilhaftig wurden. Unter
fo vielen Erempeln will ich nur etliche erwehnen.
Hucina,eine eifrige Chriſtin,“ nahm fich fonderlic)
„auch nebenft ihren andern Liebeswerken der Be:
„graͤbniß der Märtyrer an, und ward nach ihrem
„Tode gleichfalls neben diefelbe in eine Hole, die
„fie ben erbauet hatte, begraben, b). Perpe-
tua begrub ingleichen in den Zeiten der Berfolgun:
em viel Leichname der Heiligen ©). Anderer zu
weigen.
1. Eben fo liebreich, mitleidig und bruͤderlich
erzeigte man fid) gegen die Märtyrer, weil ſie noch
lebten, und etwa um Chriſti willen in Gefäng-
niffen oder fonft leiden mußten. Sie erinnerten
fi) immer der Worte Pauli, daß fie der Ge—
bundenen gedenken ſollten, «lo die im Beift
mit acinden wären, und derer, die Uebels
ditten, als die auch noch im Fleiſch wären,
Ebr. 13, 3. Zumal da fie nebenjt Timotheo fo
treulich gewarnet waren, daß fie fich weder felbft
des —— ihres SErrn ſchaͤmen follten,
noch ſeiner Gebundenen, ſondern vielmehr bey
dem Evangelio mit uͤbels litten nach der
Kraft GOttes, 2 Tim. ı, 8. Gleichwie er
met und ſegnet, weil fie ſich feiner Rerten nicht
geſchaͤmet, fondern ihn oftmals erquicket, v. 16.
Wer den damaligen bedrängten und aͤuſſerlich
elenden Zuftand der Ehriften bedenket, wie fie
allen Menfchen auf der Welt zur Schmach und
Spott herum giengen, und ein Schaufpiel und
Greuel waren den Heyden und Unglaͤubigen, der
Fann leicht erachten, daß ein groffer Muth darzu
gehöret habe, wenn fich einer der Märtyrer nicht
fchamen follte. Diefe fallen als die ärgften Uebel-
thäter in den greulichften Gefängniffen, wurden
von den Heyden aufs ſchaͤrfſte verwahret, welche
genau acht hatten, wer bey ihnen aug= und eins
gienge, mit ihnen correfpondirte, oder fonft fich
ihrer eheilhaftig machte. Dadurd) wurden nun
ſolche, die fich der Märtyrer nicht ſchaͤmten, als«
bald vor unehrlich, infam und abfcheulich gehal—
ten, und mußten eben die Schmad), Laͤſterung
und wol gar folche Marter leiden, als jene. Wer
nun bier nicht alles verleugnet, und die Kraft des
H. Geiſtes in ſich machtiglich wirfend hatte, Zus
gleich auch in einer herzlichen Zuneigung und bruͤn⸗
jtigen Liebe gegen die Brüder und Schweitern
ftunde, der war zu fehwach, folche Verſuchungen
zu ertragen. Daß es alfo ein feines Zeichen Der
wahren tiebe und Vereinigung war, wenn ein
Ehrifte fich der Gebundenen des HErrn nicht ſchaͤ—
mete, und noch vielmehr, wenn er ihnen wirklich
benftund und Handreichung that.
12. Bon diefer Liebesbezeigung der Chriſten ge⸗
gen die Märtyrer infonderbeit lieffen fich faft une
zäblige Erempel darlegen, wenn es nicht zu weils
läuftig würde. Sch will aber nur die merfwürs
digſten heraus lefen , aus welchen fodann der gott—
feiee Leſer von den übrigen leicht einen Begrif
baben kann. Unter die Zeugnifle hiervon gehoͤret
wol billig die Bekenntniß und Anmerkung eines
— 5* der zwar der Chriſten dabey ſpottet, aber
eben hiedurch die Wahrheit an Tag legt. Er far
get, “es fey ein Ehrifte,mit Namen Peregrinus,
„eingezogen worden, den zwar die andern zuerft
„gerne auf alle mögliche Weiſe los gemacht hatten.
„Weil fie aber.fich vergebens bemuͤhet gehabt, hät:
„een fie doch von feinem Dienft und Aufwartung ges
„sen ihn etwas erinangeln laffen. Dabätteman
„gleich frühe vor Tag etliche alte Weiber um das
„Gefaͤngniß herum gefehen, die zu ihm gewollt, und
„ihm Handreichung zu thun verlangt, welches er
ſpoͤttiſch
w Eufeb.lib. VII. H. E. c. 22. x) Tertull. Apol.c.s9. y) Soerar. lib. VII. c.17. 2) Vitæ Patr. lib. I.e. 9. et Para-
diſus ſ.Hiſtor.Mon.Aegypt.de Patermuth, a) Eujeb.lib.VIILL. c.8. b) Marsyrol, Rom, d.XXX.Ian, ec) Ibid,
” - .
480
fpöttifch. genug befchreiber. "Man babe auc)
„unter andern allerhand Speifen zu ihm Binein ge=
„fragen, und ſich bey demfelben unter einander
„von ihren Dingen unterredet,, d), Und diefe
ihre Weife verſchwiegen die Chriſten gar nicht vor
den Feinden, fondern geftunden, daß ihre Aufſe—
her unfer ihnen von den zufammen gelegten Geld-
mitteln auch denen Gefangenen ihre Nothdurft
reichten e). Geſtalt den Feinden auch befannf
war, wie die Chriften einander fo fleißig befuch-
ten und verforgeten, ob fie es gleich gerne verweh⸗
venwollten. Alſo gedenket einer von einem Ehrift-
lichen Weibe, welche einen ungläubigen Mann
hatte, daß fie nicht dürfe zu denen Märtyrern
„ins Gefaͤngniß gehen, und ihre Ketten Füflen,, f).
Welches Küffen der Ketten aus tiebe und Ehrerbies
tung gegen die Zeugen Chriſti und ihre Leiden geſcha⸗
he, nicht aber aus einem Aberglauben, fondern
nur, daß fie alles vor gut und felig erflärten, was
umdes Namens JEſu willen ausgeftanden ward.
13. Es ſuchten auch die Feinde der Wahrheit
mie Liſt und Gewalt, die Ehriften von dieſen tiebes-
dienften abzuhalten, theils aus Neid und Miß-
gunſt, weil fie fich ſchaͤmen mußten, daß fie den
Ihrigen nicht gleiche Treue und Dienſtwilligkeit er-
wieſen, theils aud) aus Bosheit und Erbitterung
wider die Heiligen, denen fie nicht das Leben, viel
weniger einige Hülfeundsabung goͤnneten. Maf
fen die verfolgten und geplagten Leute hieraus grofle
Erquickung und Troſt genoffen, wenn fie die Liebe
und Treue ihrer Brüder alfo erfuhren. Die Bor>
forge derſelben war fo herzlich, Daß denen gefange-
nen Märtyrern nichts im Gefangniffeabgienge; wie
einer davon an fie fchriebe in dem Bud) an die Mär:
tyrer im Gefängniffe: *Gemwinner euer Geift im
Kerker nicht mehr, alsdas Fleiſch verlierer? Fa,
„der Leib verliert nichts, was nöthig iſt, durch die
„Berforgung der Gemeine und das Liebesfeuer
„der Brüder 8). Darüber wurden nun viele
Gläubige ergriffen, geftraft und getödfet, gleich
als ob fie die größte Uebelthat begangen hätten,
wenn fie ihre Brüder verforgten. Kicinius,der Ty-
ranne, ließ diejenigen mit gleichem Tode hinrichten,
welc)e den Gefangenen Barmherzigkeit erwieſen
hatten b), Er verbot auch, “Daß Feiner den Ge-
„fangenen und Berfolgten Durch Darreichung der
„Speife eine Gutthat erweifen follte, noch ſich der
„Hungerigen in ihren Banden erbarmete, auch
3. B. Don der erften Chriſten Pflibten und Bezeigungen gegen eina; r
ein Märtyrer ausdemKerker fehrie
”* r
m — —ñ e ñ—⸗
„ſonſt nicht barmherzig ſeyn dürfte, ob ißn gleich
„feine Natur Dazu bewegen wuͤrbe⸗ i): rd
Befehl die Ehriften mie Recht vorunfinnig, beftia-
liſch und unmenfchlich Bielten k). Die ſich auch
fonftdaran wenig fehrten, und deswegen dennoch iß-
ve $iebe nicht unterlieffen, ob fie ſchon mit $eib- und
Lebensgefahr ihre Bruderpflicht abftatten muß«
ten. Indeſſen wurden manche Epriften fo fehr ver-
wahret und von ipren Brüdern abgefondert, Daß fie
bisweilen gar Hungers fterben — als dorten
aͤrty Bir haben
„nun indie 5 Tagenureinmaldes Tages einwenig,
Brod befommen,und Waffer nach dem Maaß;1).
Ein anderer, Agapitus,ward in das tiefefte Gefaͤng⸗
niß gefvorfen und mußte 4 Tage lang Hunger lei⸗
denm): wovon aucheiner,mit Namen Hyacinthus,
farb). Und von diefer Art der Marter fehreibet
einer: «Die Ehriften mußten oft im Kerfer Hun⸗
„ger und Durſt leiden, und frigten entweder gar
„nichts oder fehr wenig zu eflen 0).
‚14 Weil nun die Tyrannen alfo unbarmhers
ig mit denen Ehriften umgiengen, und ihnen bey
ißren ſchweren Gefängniffen noch dazu keinen Un=
terhalt reichten: fo funden die andern defto nöthi-
ger, fich ihrer möglichit anzunehmen. - In dieſem
Vorſatz fihrieben die zu Nom an die zu Carthago:
„Die Witwen, Kranken und Hausarmen, wie
„auch Die in Gefängniffen wären, famtdenen Erus
„lanten, müßten die Handreichung von den Bruͤ⸗
„dern genieffen,, pP). Ingleichen Petrus von Ales
randria 3 .Die gefangenen Märtyrer pflegten
„von den Brüdern reichlich gelabet ju werden,,q).
So ermahnet auch Eyprianus dieSeinen: «Des
„nen glorwuͤrdigen Befennern muß man fonder-
„bare Verpflegung thun.. Und ob ic) wol weiß,
„daß viele aus ihnen von der Siebe und Gutthaͤtig⸗
„keit der Brüder aufgenommen worden, fo muß
„man ihnen doch alle Nothdurft reichen, wenn
„etwa einige darunter find, Die Kleidung oder an=
„dere gebensmittel brauchen , wie ich eud) gefchries
„ben * ‚ da fie noch im Gefaͤngniß lagen, r)s
Und abermal: „Ich bitte, ihr wollet nichts erman⸗
„geln laffen, was etwa aufzumenden ift —A
„gen, welche ven HErrn mit glorwuͤrdiget Stim⸗
„ine im Gefaͤngniß befannt haben, weil die ganze
„Summa dorten bey den Kirchendienern ver-
„theilt iſt um ſolcher Falle willen, damit ihrer viele
„in Händen hätten, wovon fie der —————
„dem
d) Lucianus de Morte Peregrini. e) Iuſtinus Martyr Apol. II. p. 68. f) Tertullianus ſib. II. ad Vxor. c. 3.
g) Tertullianus lib. ad Mart. c.2, h) Eujeb. lib. X. H. E. c. 8. ct Haymo lib. VIII. H.E. c. 4. i) Idem
tib. V. Vit. Conftant. c.54. k)Ibid. 1) Lucianus Ep. 22. ad Cyprianum,
ın) Ado Viennenfis in Martyro-
logio d. VIII. Kal. Sept. n) Martyrolog. Rom. d. V. Non. Iul, ©) Terzull. de Ieiun, c. 12. p) Epift. apud
Yalefium Not. ad Enfebii ib. VI. c. 43. q) Serm. de Panit. c. 2. r) Epifl 14.
-
In. m Donder Ehriften Dorforae für die Witwen, Alten, Reanken ‚Befangenen x. 481
nn —ñ — ñ — ln —e — — —— — — — nn
„dem Elend eines jeden helfen Fonnten„. _Dabey
er auch vermahnet, “fie follten zwar die Befenner
„im Gefangniß befuchen, aber nicht jo haufenwei⸗
‚nfe, damit fie nicht der Feinde Mißgunſt erweck⸗
„ten; fie follten auch vielmehr mit einander ab»
„wechſeln, und einer um den andern hingehen, s).
Woraus ihre Vorſichtigkeit ſowol, als andere Ge—
wohnheiten hiebey zu merken find, da er auch zus
leich gedenket, Daß die Diaconi daſelbſt das
bendmapl gehalten haben. Bey folchen Beſu⸗
chungen aber brachten nun die Brüder denen Ge-
fangenen allerhand Norhdurft und Labfal mit, fo
gut fie es etwa felber hatten. Zum wenigften be-
wieſen fie mit ihrem bloflen Zufpruch auch ihre un:
verrückte Treue und Beftändigkeitin der Vereini—
ung. Wie die Befenner zu Carthago in einem
Brief gedenken, “daß fie dureh die Befuchung der
Brüder erquicket worden, und alles Elend der
Nacht bey dem Troſt, den fie am felben Tag ges
„hoffen, vergeflen,, t). Ingleichen, “daß ſie in
nibrer Mübfeligkeit vom HEren durch ibren lieben
„Bruder tucianum gelabet worden ‚der die Ketten
„und Riegel gleichfam durchbrochen, und ihnen
„gleichſam in zweyen Schüfleln, d.i. durch einen
» Diaconum, den Herennianum,und einenCatechu-
menum, den Januarium, unvergängliche Speife
ngereichet,,, oder fie ermahnet und getröftet Babe u).
15. Wenn fonderlich etwa ihr Martertod feft ge:
feßt war, kamen die Brüder noch viel fleißiger, und
balfen ihnen nicht allein in leiblichen Angelegenhei-
ten, fondern ftunden ihnen fürnemlich mit herz-
lichen Ermaßnungen und Troft bey, freuten fich
mit ihnen über des HErrn Gnade, und wären ger:
ne mit geftorben , wo es des Vaters Wille gewefen.
As Fructuoſus nun verurtheilt war, “befuchten
„ihn die Brüder, und freueten fich mit ihm, da fie
„wußiten, er & nun zu einer fo groffen Herrlich
„eit über. Sie boten ifm auch aus berzlicher
„eiebe nd Erquickung an, die er aber nicht
„nah eine Zeit vorben war *). Derglei:
chen Erempel vielvorhanden find x), auch von ein:
zelen Perfonen, die ihnen dieſe Liebespflicht fon-
derlich — angelegen haben ſeyn laſſen y).
Pronide,ein Mann voll Glaubens und H. Geiſtes,
„ſchriebe nicht allein viel Verantwortuͤngen für
„die Ehriften, fondern ſtund auch denen, Die zu 9
„ins Gefaͤngniß kamen, mit herzlichen und liebli-
s) Epift. 5. t) Epift. Confellorum Carthagin. ap. Baronium A. CCLXII. n. 7.
„hemTruftbeynz). Thrafo, ein vornefmer und
reicher Mann, theilte denen H. Märtyrern übers
flüßig mit, was zu ihrem Unterhalt nöchigwar a).
Als die Chriſten einsmals hörten, daß viele ißrer
Brüder zu Rom waͤren gefänglich eingezogen wors
den, brachten fie denfelben alsbald alle nothige $es
bensmittel zugetragen, und waren ihnen ein grof
fer Troft in ihren ſchweren Trübfalen b). Andere
verfteckten fich bier und dar heimlich, wenn die Ver-
folgung allzu groß war, damit fie die Brüder beim _
lich und etwa des Nachts befuchen möchten. "GHDte .
„erweckte und rüftere auch noch immer Leute aus,
„welche denen Bekennern im Gefaͤngniß dienes
„tert, obwol mit tebensgefaßr, wie von einem
Euſebio ftehet ©). Es wagten fich auch wol Ehrift:
liche Weibsperfonen, und dieneten in folchen Fäls
lenden Heiligen; alsman von Lucina liefet, daß
je die Märtyrer im Gefängniß fleifiig befucher ha⸗
ve d). Andere reichten zum wenigften von ihrer
Habedar, was etwa noͤthig ſeyn mochte, und fei«
ner, der an den HErrn JEſuͤm wahrhaftig glaus
bete und die Brüder liebere, entzoge fich folcher
Schuldigkeit.
16. Man kann auch dieſes bemerken, daß die
Waͤchter und Diener der Gefaͤngniſſe bisweilen
von denen Chriſten ſind beguͤtiget worden, damit
ſie ſie deſto eher und freyer zu den Maͤrtyrern ge⸗
laſſen. So lieſet man von zwey Maͤrtyrern, Pio⸗
nio und Sabina, daß ſie nichts angenommen oder
genoſſen, was die Glaubigen ihnen dargebracht:
Weil aber die Hüter fonft gewohnt waren, daß fie
von den Ab: und Zugehenden etwas verehret be-
kamen, und diefes daher unterlaffen ward, warfen
fie fie indastiefjte Gefangniß, damit fie ja nichts
zur Erquicfung befommen möchten: worüber fie
aber gleichwol den HErrn mit einander lobten e).
Wenn auch von fremden Orten etwa Ehriften mo»
bin famen, fo war diefes ihre erfteBerrichtung, daß
fie die Befenner in den Gefängniffen befuchten.
Und fodann bewiefen fie ihnen alle moͤglichſte Lie-
besdienfte, dieneten ihnen, wufchen ihnen die Süß
fe, und zeigten fonft ihre herzliche Neigungen gegen
diefelbe: gleichwie man folches von einigen ſie—
ie ‚ die aus Perfide nach Rom fommen waren f).
Eben folche Willigfeit erwieſen fie denen andern,
welche etwa in die Zuchthäufer, in die Bergwer⸗
ke oder font zu anderer Arbeit verdammt waren.
Ppp Dio⸗
u) Ibid. n. U. *) Adta Fru-
&Auofiap. Baronium A.CCLXII.n.63. x) Vid. Baronius A. CCI. n. 14. et CCLX.n. 8. y) De Seueriano
vid. Martyrol, Rom... V-Id. Sept. de Praxede Martyrologia d. XXI. Iul. &c.
z) Eufeb. lib. IV. c. 14.
a) Ada Marcelli ap. Baronium A. CCXCVIII. n. 12. b) Ada Pachomii ibid. CCCXVI. n. 27. c) Eufeb.
lib. VII. c. ın.
A. CLXX. n. 2,
d) Martyrol, Rom. d. XXX. Ian, e) Adta eorum ap. Baronium A. CCLIV.n, 12, f)Ib.
"
482
Dionpfius rühmete es an denen zu Rom: "Die:
„ſes iſt eure Weife, ‚daß ihr allen Brüdern aufalle
„Art Gutes thut, und alfo der Armuth der Dürf-
„eigen aufbelfet, da ihr auchden Brüdern, fo inden
Bergwerken feyn müffen, darreichet,, 2). Von
etlichen Egyptiſchen Ehriften zeuget ein altes Mär:
enrerbuch, daß fie denen Befennern, die in Eili-
„eia zuden Bergwerken verdammt geweſen, wil⸗
Aigſt gedienet, und darüber ergriffen worden,, h).
Thraſo, deſſen ſchon gedacht worden, ließ auch un⸗
ter andern ſolchen Maͤrtyrern ihren Unterhalt mil
diglich reichen i), und einanderer, Praxedes be=
namt, balfin aller Nothdurft denen, fo in denZucht⸗
haͤuſern arbeiten mußten k). Anderer Exempel zu
geſchweigen, derer wir noch eine geoffe Menge her⸗
vor bringen Fünnten, wenn es nicht unnoͤthig
fhiene.
17. Dergleichen Treue und Gutthaͤtigkeit erwie⸗
fen fie auch gegen andere Gefangene, Die etwa aus
Berleumdung und falfcher Anklage, oder im Krie⸗
ge, oder fonft in der Feinde Handegerathen, und
Daben in Lebens⸗ oder anderer Gefahr und Noth
waren. Diefes rühmet einer von feinen Zuho-
rern, daß viel Gefangene von ihnen erlöfer, viel
„von Todesurtheilen befrenet, viel aus ihrem
„Verhaft genommen mworden,, I). Und von ei:
nem berühmten lehrer wird verfichert,, daß er auch
noch in feinem eigenen Erilio viel Gefangene von
den Barbaren erfauft und frey gemacht habe m):
gleichwie er zuvor in feinem Amte oft von den Leu⸗
ten, die feine Gutwilligkeit gewußt, angeſchryen
worden, daß er diefem und jenem möchte vom Ge⸗
fängnißloshelfen n). Einandrer pflegte bey vor=
nehmen $euten nichts anders auszubitten,, als folch
„boͤſegeld vor Die Gefangenen und Almofen vor die
„Dürftigen, 0), Da auc) einsmals unter an-
dern viel Chriftliche SJungfrauen gefangen genom:
men waren, die in defto greöfferer Gefahr ihrer
Keufchheit und Lebens ſchwebten, wurde von den
Bruͤdern willig undreichlich Geld dargefchoffen zu
ihrer Befreyung, wie esein uralter Märtyrer ruͤh⸗
met p). And zu dergleichen vorfallenden Ange:
fegenbeiten ward auch nachmals unter denen
Ehriftlichen Obrigfeiten gemeine Anftalegemacht,
daß die Kriegsgefangene und andere wieder auf
freyen Fuß geftellt werden Fonnten, Dergleichen
3.5. Don der erften Ehriften Pflichten und Bezeigungen gegen einander,
denn Juftinianus that, der vergönnte, daß man
unbewegliche Güter deswegen verkaufen dürfte, die
fonft der Kirchen zugehörten’g): Micht weniger,
daß die vermachten Gelder zufolcher Ranzion und
Befreyung der Gefangenen follten angewendet
werden. Und was fonft von ſolcher Vorſorge
mehr a —
18. Ich will hier noch einige Exempel beyfügen,
daraus der Ernſt in dieſer ee N
feben ift. Bon Paulino, dem Auffeber zu Nola,
erzehlen die Hiftorien nicht allein, *daßer viel Un⸗
„terdruͤckte errettet und aufgerichter, viel Gefange-
„ne erledigt, viel der Schulden halben Verhafte⸗
„te aus der Gläubiger Dienftbarfeic befreyer ha-
„be, r); fondern fie gedenken auch nachfolgender
wunderbaren That: “Als er alles aufdie Gefange-
„nen und Armen gewendet hatte, wasernur hab-
„haft werden Fonnte, hat er fich endlich felber für ei-
„ner Witwen Sohn dem Bandalifchen König ü-
„bergeben, undda men ihn hernach erfannte, hat
„er alle gefangene Sandsleuteaufdes Königs Ver
„guͤnſtigung mit ſich zurück bracht,, s). Wobey
fonderlich feine Worte erzehlet werden, da die Wit⸗
weihn um Hülfe angeruffen hatte: “O Weib, ich
„habe nichts, das ic) dir geben Fonnte! Nimm mich
„aberfelbft, und fage, ich fen dein Rnecht,,. Won
Diefer That des guten Paulini fallen verfchiedene
Urtheile der Scribenten: Unfer Hr. Cave ruͤhmet
fie als ein wunderbares Erempel, und als eine Liebe
mit Nachdruck, undeine That, die mehr gelobee
und verwundert, als nachgetdan werde p. 650,
Wie aud) die Theologi die Liebe diefes frommen
Mannes hoch halten, daß er.alledas Seine ange-
wandt, feine ‘Brüder zuernähren und die Gefan-
genen zu. befreyen, mozu er auch einen göttlichen
Beruf gehabt, nach Pf. 112, 9. Luc. 12, 33. 1).
Geſtalt Diefes Erempel nicht allein bey den alten
Chriſten befannt geweſen ift, fondern Clemens be-
zeuget ausdrücklich, “erhabe viel gefannt unter den
„Ehriften, welche fich felbft in die Rnechtfchaft und
„Bande dahin gegeben haben, daß fie andere wie-
derum frey machen fünnten, undviele, die der an-
„dern Knechte wurden, nur damit fie von ihrem
„jährlichen Lohn die Dürftigen erquicken, ſpeiſen
„und unterhalten Fünnten u).
19. Nichts defto weniger ſchreibet der Hr, er
ius
g) Apud Eufeb.1ib. IV. c. 23. h) Martyrol. Rom. d. XVI. Febr. i) Apud Baronium A. CCXCVIII. n. 12. et Adonem
in Martyrol. d IH. Idus Dec. k) Idem d. XXI. Iul. DZeno Veronenſis Serm.2. de Auarit. m) De Chryſoſtomo
Sozomenuslib. VIII. c.27. n) Teodoritus lib. IL in Chryſoſt. ap. Photium Cod.373, o) Nebridius ap. Hiero-
zymnmEpißt.9. p) Cyprianns Epift. 62.
ib. HI. Dial. c. 2. et Martyrol. Rom, d. XXI. Iun.
g) Nouela XXX.
t) Chemnitins Loe. Theol. Pl.
r) Praniusin Vita ap. Surium. S) Gregorius M.
aupert.p.146.E Veteri-
bus laudant propterea Auguffinus lib. I. de Ciu. Dei c. 10: et Epift. 39. Ambrofius Epiſt. 36. Hieronymus Epilt. 34.
Gregorins Turonenfis lib. de Glor. Confehi c,107. u) Epift, ad Corinth. p. 7°: I ©
u er⸗
+
- fiusin der Borrede von diefem Erempel, es ſcheine
mehr etwas ungefchicktes zu feyn, (een (eldfame
. [pooreloosheit,) als eine nachfolgungsmwürdige
und rühmliche Liebe. Nun ift vor allen Dingen
ausgemacht, daß esdisfallsallein darauf ankom⸗
me, tie des Mannes Herz Damals vor GOtt ge-
ftanden habe, und obdiefesim Glauben und wab-
rer Liebe von ihm gefchehen fey oder nicht. Das
legte wäre nicht ohne Widerfpruch des Gewiſſens
zu ſagen, fozeigen auch alle Umftände das erſte klar
an, und kann — dieſe Sache nicht nach der Ver⸗
nunft, vielmeniger nach der jetzigen Chriſten Art,
am allerwenigſten nach unſerem eigenen Sinn be⸗
urtheilet werden. Es kann auch wol die Frucht ei⸗
nes ſolchen Heldenglaubens vor Menfchenau-
gen ungefehickt und wunderlich feheinen , gleichwie
die meiften Wege, daraufder HErr feine Heiligen
* wunderlich ſind. Indeſſen aber ſiehet fie
nden Augen GOttes ganz anders aus, Zumal
da auch) ihr Ausgang der Seelen nach ſehr herrlich
undfelig, auch meiſtens nad) dem äufferlichen er-
ſprieslich war. Als wir auch von diefer That gefe-
ben, daß diefer Mann mit feiner willigen Sclave-
rey fo viel arme Mitgefangene erloͤſet, ohne daß fie
noch dazu die Unglaubigen vonder Vortreflichfeie
der —— Wahrheit und der Kraft der wah⸗
von Liebe werden überzeugt haben. Eben fo iſt auch
zu fchlieffen von andern vornehmen berühmten Leh ·
ren, vafe die Kirchengefaͤſſe, Kelche und andere
Foftbare Sachen genommen, und im Fall der Roth
verfaufet, das Geld aber jur Erhaltungder Elen—
den, und fonderlich zur Auslöfung der Gefangenen
angewendet haben. Diefesthat Auguſtinus, der
die Gefaͤſſe der Kirchen zerbrach und einfchmelzete,
und davon den Armen austheilete x), darinnen er
feinem Anführer, dem Umbroſio, nachgefolget,wel-
her esebenfalls alfo gemacht Bat y), ungeacht er
dabey diefeg klagt: „Ich habe einften groſſe Feind:
«schaft auf mich geladen, da ich die heiligen Gefäffe
„jerbrochen habe, damit ic) Die Gefangenen erlös
„ienFünnte,, z). Darausmanden verderbten Zu⸗
ſtand der damaligen Chriften, und hingegen die
freutige Liebe der annoch übrigen redlichen Iſrae⸗
liten erfennen ann, welche Gehorſam höher bielten,
Von der Thriften Dorforge fürdie Witwen, Airen, Rranten, Befangenen x.
483
als Opfer, und die Uebung der Siebe und Barmber-
zigEeit allem äufferlichen Pracht vorzogen. Und
eben diefes lieſet man auch von Ycacio, einemans
dern Auffeher, der auf dieſe Weife die gefangenen
Chriſten von den Perſern erkauft gehabt a); und
nicht weniger von Cyrillo zu Jerufalen b): wel⸗
che Thaten aber die Berftändigen freylich nicht arte
ders als loben fönnen c). Yım übrigen werden
wir von der Verpflegung der vertriebenen Erulan-
ten, Fremdlinge und anderer, im folgenden Capi-
tel nach Nothdurft vernehmen.
20, — muß ich nur noch etliche Erinnerun⸗
gen und Urſachen beyfuͤgen, welche die Alten von
dieſer Pflicht unter einander gebrauchet haben, da
fie alſo davon gefchrieben : Wir muͤſſen CHriſtum
„anfehen in unfern gefangenen Brüdern, und ihn
„von der Gefahr der Gefangenfchaft befvenen d),
„Beſuchet die Gefaͤngniſſe der Heiligen fleißig, da=
„mit Feiner im Glauben laulich werde e). Wenn
„ein Eprifte um des Namens JEſu willen und des
„Glaubens, und der Siebe halben gegen ihn in die
„Bergwerke, oder zu den wilden Thieren, oder auf
„den Kampfplatz verdammer worden, fo ver—
„ſchmaͤhet ihn nicht, fondern fehicker ihm zu, ſo viel
„ihr koͤnnt, damit euer feliger Bruder nicht unfer-
„drucket werde f). Derjenige ift auch Chriſti
„theilhaftig, der den Gefangenen niche feinen
„Dienſt verfage, denn in ſolchen ift gemeiniglich
„EHriftus g). Esifteinegroffe Mildigkeit, die
„Gefangenen erlöfen, und fie ausder Feinde Hän-
„den zuerretten, Die Menfchen dem Tod zuentzie»
„ben, fonderlid) die Weibsperfonen der Schaͤn—
„dung; den Eltern die Kinder, den Kindern die EI-
„tern wiedergeben, die Einwohner dem Baterlan-
„de wieder erfegen,„u.f.f.b). Dagegen “ifts eine
„groſſe Sünde, wenn mit unferm Willen ein Glau⸗
„biger darben muß, und in Gefängniß oder andere
„Noch geräth, und man ihm nicht Bilft, wenn erin
„Arreſt, oder gar in Lebensgefahr iſt i). Diefes
viſt der Öerechten eigenes Werk, die Öefangenen
„erledigen, da bey den Ungerechten nur wenige ſol⸗
schesthun, und deswegen vor grofle und wichtige
„Leute gehalten werden k). .
x) Pofidius in Vita c. 23. y)Idem ib. et Ambrofiss lib. II. Oflic. c.28. z)Ideml.c. a) Socrates lib. VII.
c. 21.
b) Sozomenns lib. IV. c. 25. c) Ofiander Cent. V. H.E.lib.I.c.27. d)CyprianusEpilt.62. e)Pius
I. Ep. Rom. apud Baronium A. CLXVII. n. 3. f) Conflir. Apoflol. lib. V. 1. 9) Ambrofiss Serm. $. in
PL, h) Idem lib, II, Oflie. c. 15. i) Ibid. I.c.30. k) Ladantinslib, VL. c. 12.
Wr
Pppe
Das
-
434 3:3. Don der erften Ehriften Pflichten und Beseigungen gegen einander,
Das 12. Kapitel, Sa Ta J
Von der erſten Chriſten Gaſtfreyheit. |
Summarien. Pur
ahre Liebe breitet fich auch über Fremdlinge aus/nach Chriſti und der Apoftel febre und Erempel, durch Gaſtfreyheit; 6.1.
W Vermbnuns a : 2. Erempel, 3.4. Gaſtfreyheit wurde auch in Eoneiliis verordnet und denen Vorftehern anbeſoh⸗
len: Erempel. 5. Unterfcheid der hebdniſchen und Chriſtlichen Gaftfrepheit. 6. Gaftfreyheit der Reichen und Pehrer 7. ges _
gen jedermann, auch negen Feinde: Erempel Bolycarpi ; doch mitBorfiihtigkeit, bald hie, baldda; 8. a man
den Glaubensgenoffen guts: Erempeleines Weibes mit Fremden , fonderlich den Märtyrern. 9. Die Art der Gafkfrepheit; fie '
gieng von Herzen , warteten jelber auf, ohne Klagen über ſchwere Zeit ic. Erempel einer Frau; jonderlich verforgten fie ein⸗
ander am Geifte, Erempel: auch wol beym H.Abendmapl. 0. Alles ward nachder Siebe und dem Herzen geſchaͤtet; Weberfluß
wurde auf Arme gewendet; ıı. waren gutthätig gegen Fremde als gegen ſich ſelbſt, Tieffen fich durch nichts Daran hindern; Ex⸗
empel: richteten fich nach ihren Brüdern in der Freyheit des Gewiſſens. 12. Man gabe auchden Frommen Necommendationge
\
fehreiben mit 5 was auszrızay vor Briefe geweſen, ik. ergnvizay,13. ohne folche wurde Feiner weggelaſſen noch aufgenommen : mau
recommendirte andere als fich ſelbſt, aus bruͤnſtiger Liebe, Die fich in allen Fällen zeigefe ; 14. felbftinden Waͤſten verpflegeten
fie Sremdlingeund Arme: Erempel. Alte Klöfter find für jederinanm offen geſtan den, Aufieher auch zum Dienſt der Fremden,
15. die man bewirthete, wiewol folches mit der Zeit abgefoinmen, und man die allgemeine Liebe aufgehoben. 16. Dahin gehoͤ—
rete das Fußwaſchen als ein Erempelund Zeichen der Demuth und Chriftlich Liebeswerk, doch ohne Aberglauben ; Urſache des
Zußwafchens, fo denen Reifenden eine Wohlthat war; 17. darinnen folgeten demüthige Geelen EHrifto ; Vermahnung da-
zu; Erempel: 18. wozu doch Kampf gehörete» Mothwendigkeit, Nuten —— Leetion vor die Hoffartigen : 19.
Manmufch auch denen Märtprern Die Süfes Erempel: jolches wollte man aufheben um des Unglaubens willen. 20. Hofpitäle,
Gaſt⸗ und Kranfenhäufer find anfangs ungersöhnlich geweſen, nachgehends ſehr bekannt worden ; andere Umſtaͤnde 21. da⸗
zu wurden begata und Capitalia vermachet mit angehängter Warnung vor Mißbrauchoder wol gar Fluchen, die gleichwol nicht
fo nachdrücklich als weltliche Rechte waren; 22. Gewiſſe Auffeher hatten die Verwaltung derfelben, wobey Morfichtigkeit
mußte beobachtet werden; 23. Benennung ſolcher Verwalter und Unterfiheid; 24. Untergang des rechten Gebrauchs der
Hofpitäler- 25. ;
rn
ie wahre Liebe breitet ſich allenthalben
aus, undtheilet fich gerne jedermann mit.
Sie läffer ſich nicht in enge Schranken
einſchlieſſen, noch auf geroiffe Perfonen verweifen
oder binden; fondern je ſtaͤrker ihre Wirkung ift,
jeweiter greift fie um fich, und erfaffet was K fann,
ziehet es zu fich, heget und pfleget es aufs befte. Und
fo genieffen nicht allein Einheimifche, nahe Ber:
wandten, Hausgenoffen und dergleichen eines wah⸗
ren Chriften, der nothwendig Liebe nebenft dem
Glauben hat, fondern auch Fremdlinge, als wir
nun an den Erftlingen der Ehriftenheit erfahren
werden, wenn wir uns nurein wenig zur Unterſu⸗
chung ihrer Siebe gegen die Sremden begeben wol-
len. Diefe aber war gewißlich fo wenig laulich,
als diejenige, fo denen Einheimifchen erzeiget wur
de, eben deswegen, weil fie allgemein war, und ſich
egen alle Brüder, ohne Abfehen aufdie Umſtaͤnde
der Zeit, Ortes oder Perfonen, gleich Fräftig erwie⸗
fe. Maſſen fie dazu insgemein Fräftiglic) erwe⸗
Eet worden durch die liebreichen Worte JEſu, als
er ihnen verheiffen hatte, dermaleinft öffentlich zu
ruͤhmen, daß er als ein Gaſt von ihnen beherberger
ad Roın.
worden Matth. 25,35. Auch hatten ihnen die A⸗
poftel deswegen nachdruͤckliche Ermahnungen ges
geben, und den Nachfolgern binterlaffen, fie foll«
ten ja der Gaſtfreyheit nicht vergeffen, mit
Erinnerung der Exempel aus dem Alten Teftament,
Ebr.13,2. welche auch_die Lehrer fleißig wieder.
holten a). So war ihnen auch die Art aus der
apoftolifchen Lehre befannt, daß fie ohne Mur-
meln gaftfrep gegen einander ſeyn ſollten,
ı Petr. 4,9. ja fo gar der Gaſtfreyheit recht nach⸗
jagen, Rom. 12, 13.
2. Bon den Apofteln Hatten es nun ihre Juͤnger
gelernet, - die es weiter ihren Nachfolgern verfün-
digten, und zugleich wirklich mit ihren Erempeln
beftätigten. Zur Zeit der Verfolgungen hatte
man defto nöthiger diefe Pflicht zu treiben, je weni⸗
ger die Ehriften von denen Unglaubigen aufge
nommen und verforget wurden. Dahero rede=
ten und fchrieben fie alfo zu einander: “Die Frem-
„lingen und Reifenden follen alle mögliche Erqui-
„fung von euch genieflen b). Gebet doch eu-
„ren Brüdern und denen Fremden, wendet euch
San
„nicht R
a) Vid. de Bidoksviez Abrahami et Lothi Ambrof. lib. II. Offic. c. 2ı. et lib. I. de Abrah. c. 5. itemque Comm.
XIL Augsfinws lib. de V. Hxref. c. 4. Gregor. Naz. Orat. de Paup. Am. Chry/of. hom. 11. et 33.
in Ebr. et ante hos omnes Clemens Romanus Epift. p.
c.ı1. b) Theophilus Alexandrinus Epift. Can. c. 10.
14: De illa Tobi Hofpitalitate al ib, I. Offie,
3—
vi.
Bar ns =.» ul *
Be 2 ee
Hauch Badurch zu
„ven bi
n Bruder, und die Fremde machet
euren Brüdern ce). Der HErr
„befißle uns, Die Fremdlinge lich zu Baben/als uns
Felbſt, und nicht nurals unfere Freunde und Ber:
" „wandten. —— die Heyden halten die Frem⸗
u
„den für ihre Freunde, und die — für ihre
„Brüder; Drum erweiſet ſolche Gaſtfreyheit, die
„Da iſt eine liebreiche Verpflegung der Fremden d),
Dieſes iſt eine fuͤrtrefliche Tugend, welche von
beydniſchen Weltweiſen nur zum Figennuß,
„und nicht zur wahren Gerechtigkeit angewendet
wird. Denn fie meynen, daß man nur fürneh:
„me Gäfte aufnehmen müfle, da doch das Haus
„eines gerechten und weifen Mannes nicht fürneh-
„men, fondern geringen und fchlechten Leuten of-
4 ſie en ſolle. Denn jene beduͤrfen nichts, weil
ſe Ueberfluß genug haben, ein gerechter Mann
„aber foll nur lauter gutes hun, daß 91 nichts
wieder vergolten werde e). Drum füllen nur
„Armeund Sremdlinge, und in ihnen Ehriftus, den
„Tisch eines Chriften kennen f). Er foll den Frem-
„den, Wanfen und Witwen nicht leer von fich ge-
we laſſen/ und bey feinem vor dem Namen eines
Fremden erfchrecfen, weil mir doch alle vor dem
HErrn wallen, fo lange wir im Steifch find g).
Kommet nun einer, der Feine Herberge hat, und
„bittet dich, fo nimm ihn um deffentwillen auf, der
„deinetwegen ein Gaft auf Erden worden iſt h).
„Du bift felber ein Gaſt, darum ehre auch die Gaͤ⸗
„ttei). Denn das iſt die Pflicht der Epriften, alle
„Dürftigen gütig, und nicht mit Murren aufju:
„nehmen k).
3. Auf die merkwuͤrdigſten Erempel zu kom—
men, fo hält noch in dem verderbren Chriftenehum
ein eiferiger Mann den Heuchlern das Erempel
Polyearpi vor, der auch feine eigene Feinde wohl
bewirthet, wen er ſchreibet: Welcher unter euch
8 wol fremden Leuten einen Tiſch mit groſſer
„Öutwilligkeit bereitet, wie der Zeuge Chriſti
„und fuͤrtrefliche Hirte der Gemeine zu Smyrna,
„Polycarpus, da fie ihn zum Scheiterhaufen
führen wollten, 1)2 Diefer heilige Mann aber
y
Be esnicht andersvonden Apofteln gefehen, von
elchen und ihren Juͤngern die Apoftelgefcd)ichte
bin und wieder Zeugniß gibt, Wie liebreich lude
dorten die glaubig gewordene India die Brüder in
ihr Haus, als fie ſprach: *Go ihr achtet, daß ic)
ı2. Cap. Vonder erften Ehriften Gaſtfreyheit.
„oem Re glaubig ſey, fo kommet in mein Haus
„und bleibet,,. Worauf fie fie auch) durch einen .
tiebesvollenZwang bewog. (Fageßiararo) Apoft.
Gefch. 16,15. Gleich als der H. Janstius von den
Chriſten 6 Smyrna ruͤhmet, “daß ſie ihn im Nas
„men JEſu Chriſti aufgenommen haͤtten, nicht als
„einen, der nurdurchreifete, fie haͤtten ihn auch den
„ganzen up Sat einer Stadt jur andern begleis
„tet, m). So wird audy von Perro erzehlet,
daß die Brüder ihm aus der Stadt Tripolientge-
gen gegangen, ihn famt feinen Gefährten angenom⸗
men, und in die zubereiteten Herbergen gefuͤhret
baben, Etliche wären auch “daruͤber berrübe
„worden, daß fie niemand hätten aufnehmen fün=
„nen, Denn fie wären alle fo bereit dazu gewe⸗
fen, daß wenn ihrer gleich noch fo viel härten ſeyn
follen, “dennoch mehr Wirthe als Gäfte,, wuͤrden
gewefen feyn m). Und als eben derfelbe nach Lao⸗
dicaam Fommen, Babe ißn ein reicher Mann auf⸗
genommen, der es vor unziemlich gehalten, daß ſol⸗
che Leute im Stall oder fonft wo bleiben follten, da
er doch alles vor fie bereitet Hätte 0), Wir wer«
den auch bald fehen, daß diefe Weife der Chri—
ften den Henden fehr befannt gewefen. Wie
denn auch ein Hende einem befehrten Chriften
Schuld gibt, “er fendeswegen zu Ihnen getreten,
„weil fie ihn fo wohl verforget hätten, er hätte unter
„ihnen überall freye Zehrung gehabt, und da er
„berum gereifet, hätten fie ihm überall begleitet
„und verforget p).
4. So wie nun die Chriften insgemein geſinnet
waren, hatte ein jeder infonderbeit dergleichen Vor⸗
faß, daß er in allen Stücken feinen Brüdern und zu
allen Zeiten diente. Cyprianus verordnete von
feinen eigenen Mitten auch unter andern darzu,
daß denen Fremden Unterhalt davon gereichet wur=
deg). Ein gleiches wird von Bafılio r), Athana⸗
fio s), Chrpfoftoms t), Auguſtino n),und faſt un⸗
zähligen andern bezeuget. - Diefer leßtere war fo
unermüdet und liebreich in der Gaſtfreyheit, daß
er fich allezeit nach der Fremden Beſchaffenheit
richtete. Hatte er Anfänger und Schwache ben fich,
fo aß er Fein Sleifch oder andere ſolche Speifen ;
mit Starfen lebete er aber auch frey x). Er
ruͤhmet auch von der Gemeine, daß fo viel
gaſtfreye, vdienftfertige und barmberzige Ceu—
fe darinnen gewefen y). Von Slorentio
Ppp 3 verſi⸗
©) Bafılius M.Orat. deMifericord. d) Clemens Alexand.lib. H. p. 307. e) Lactantius lib. VI.c.ı2. f NHieron ·
« Epift.2.adNepot. g)Lib de VII. Ordin.Eecl. h)Gregor. Naz. Orat. de Bapt. i) Idem in Monoft. Carm-
28. Kk) Ambroj. lib. 17. Offic. e. 3. et qui fingularibuslibris perferipfere Melito Sardenfis ap. Hieron. de Ser. Eccl-
Maximus Taurinen/.apud Gennadium lib. de Ser. Ecel. It. in Yiris Parrum Caput XII. ap. Photium Cod. 196-
N) Gildas Sapien: de Caftig. Eccl. ordin, ex Eufebio lib.IV.c.ı5, m)Epift. ad Rom.
I b.IN.p.1:0. p) Lucianus de Peregrino. Epiſt. 30. r) Gregor. Nazianz.Or.33. s) Idem Orat.
itus lib. III. ap. Phosium Cod. 373. u) Poffidins Vitac, 22. x)Ibid, y) Lib. de Mor,Eccl.c.3o.
IV.p.76. 0)
deeo. t) Th
n) Recognit. Clementislib-
* ‚486
verfichert einer, daß er Chriſtum in unzähligen
zur Herberge aufgenommen und auf fire Unko⸗
ſten unterhalten habe z). Von Paeſio, eines rei⸗
hen Mannes Sohn, wird erzehlet, daß er von fei-
nes Baters Erbeheil ein Haus gebauet, und darin=
nen alle Fremde beherberget und verpfleger 2).
Dergleichen auch von vielen andern hernach bey
Aufbauung der Hofpitäler gefaget wird b).
Zweyen Altvätern ward einften Die Antwort, als
fie um die Erfenntniß ihres Glaubens gebe-
tet hatten, fie follten zu einem gemeinen Mann,
mit Namen Zuchariftus, gehen, da würden fie
feßen, daß fie feine Gottfeligkeit noch nicht erlan>
get harten. Als fie zu ihm famen, erzehlete er
ihnen jeine $ebensart, und unter andern, wie er
von etlichen Schafen fid) ernäßrte, den einen
Theil gabe er den Yemen, den andern wende
er auf Fremde und deren DBerpflegung, und
den dritten behalte er mit feinem Weibe vor fich c).
Solche Hebung diefer Pflicht fand ſich nun durch:
gehends bey wahren Epriften, dieim Eheſtand und
gewiffer Familie lebeten, und fodann auch ihre
Kinder wiederum dazu anführeten. Gleichwie
manvon Baſilii Eltern weiß, welche ihre fonder-
bare Sorge die Aufnehmung der Fremden fen lief-
fen, ungeachtet es damals ſchon ziemlich) feltfam
worden ward)
5. Es war auch die Gaftfreyheit fo noͤthig und
wichtig in der Ehriften Augen, daß auch in gemei-
nen Concilis verordnet wurde: “Man follte,
„wann fonft Feine Herberge übrig wäre, die Pfer-
„de und andere Laſtthiere in die Kirchen ziehen,
„und. darinnen vor dem Wetter und andern
„Schaden verwahren, e) .· Gleichwie auch de-
nen Kirchenvorſtehern anbefohlen ward, von dem
anvertrauten Geld der Gemeine auch den
Fremden Guts zu thunf). Daher gebührete fol»
chen Gemeinen billig das Lob, welches dorten Cle—
mens den Corintbern beylegte, wann. er fchriebe :
„Wer hat nicht eure vortrefliche Gewohnheit in
„der Gaſtfreyheit gepriefen, g)? Und jenes, fo
er
3.3. Von der erften Ehriften Pflichten und Bezeigungen q gen
re
an —
Dec}
Te on
einander. }
“daß fie täglich in di
u en, ——
ideten und ſpeiſe⸗
die zu Antiochia hatten,
„dreytauſend Witwen,
„ge, Kranke, und dergleiche
„ten, h). Von Sulpitio redet einer fehr artig:
„Er ſey ein Gaſt in ſeinem eigene En e, Damit er
„den Gaͤſten ein Haus werde. Seine Wohnung
„ſey nicht mit Hausrath angefüllee, fondern mit +
Fremden und Armen, Dabei) er kaum felber in ei⸗
„nem Winkel Raum mehr habe, i). Und von,
Alethio: “Sein Haus fey eine Herberge Ehriftiz
„Er laffe aud) feinen Armen vor feiner Thüre lie⸗
„gen, fondern führe ihn mit Freuden in fein Haus,
„daß er entweder mit ihm fpeifen müffe, oder den⸗
„noch alleine gefättiget werde, wenn er ſelbſten et-
„wa vor ſich faftete,, k). Jugleichen melder man
don Spicidone,daß er gegen feine Gafte fo freund: ,
lid) gewefen, daß er aud) vielen zu Gefallen ſolche
Speifen genoffen, die er fonft nicht gegeffen 1).
Ein anderer wird von dieſer Liebesbezeugung
„ein Wirch dev Heiligen, genennet m), nod) ei-
ner Sein Diener der Fremdlingen, o), und wie-
derum ein frommer Mann wird gerübmet, wie er
„die brüderliche Gaftfreyheit erwiefen,, 0). Und
endlich noch jemand, “daß er die Kranken und
„Fremdlinge mit Worten und Werfen fleißig ge
„tröftee Babe p).
6. Dieſemnach mochten die Ehriften ja wol ge⸗
gen die Feinde ruͤhmen, daß in ihren Zuſammen⸗
„eünften und Schriften nichts anders gehüret
„werde, als was fie Fönnte zur Gafifreyheit und
„Mittheilung ihrer Guͤter antreiben,, q). Zwar
batten auch die heydniſchen Weifen ein langes und
ein breites von der Gaftfreyheit geichrieben und
viel davon moralifirer); auch fehlte es nicht unter
ihnen an gewiffen Borfchriften in diefer Sad)es):
Geftalt fie denn aud) zu dem Ende gewiſſe Gaſt—
bäufer etwa anrichteren, und einige Anftalt zu -
Berforgung der Fremden, Wanfen, Witwen u,
f. m. machten: Alleine die Chriften fagten ihnen
unter die Augen, das ihre Eittenlehren insgemein,
und auch abſonderlich ihr Lob der Gaftfrenbeie, in
Hieronymus Epift- 6. ad Florent. a) Palladius Hift. Laufiac. c. 15. b) Vid. infra $. 21. c) Vita Patrum
ib. VI. c. 3. n. 3. et in Apophth. Pat. apud Cozeleriv» Tom- II. Monum. Gr. Eccl. p. 433. d) Gregorius
Nazianzenus Or. in eum. €) Goncil. VI. in Trulls c. 88. f) Concil. Antiocherum c. 25. g) Epift. initio,
h) Chryſoſtom. hom. 67. in Matth.
m) Hiflor. Trip. lib. I. c. 10.
Tripart. lib. U. e. 24.
I. ad. Gentes. x) Vid.
i) Paulinus Epiſt. 2.
n) Germanis Antifiodorenfis ap. Surium Tom. IV. d. 31. Iul.
p) De Elefino ap. Marineum Siculum lib. V. Rer. Hifp. p. 799. g) Arnobius lib.
vel Plato lib. XII. de Leg. vbi 4. genera peregrinorum fecit,, et fingulis benefi-
k) Idem Epift. 33. 1) Sozomerus lib. I. c. II.
0) Hıftor.
cia, iudicia et defenfionestribuendasait,etlib.V. s) De euraorphanorum, fenum, pauperum etc. Idem lib,
VII. et XI. vbide ggDavay Ewi]gome. Conf. de Prytaneo Plurarchns in Cimone. Piato Apol, Socr. Sholiaftes
Thucydidis ad lib. I. p. 33. Arhenauslib. IV. c.9. ac omnino Car. Sigoninslib.I. deRep. Athen. c. 3. Ce), Rho-
diginnslib. XIII. c.32. Meurfins in Thefeo p. 65«
3
tion berußeten 1): Wenn fie aber
4 } fommen wollten, ſo liefe es
f Ehrgeiz oder Eigennuß hinaus. Und hieſſe
es wol recht, was ein Heyde von folcher rußmräti-
gen Gaftfrenheit bemerker, daß die Schmarußer
und Schmeichler das befte dabey davon truͤgen u).
Viel anders fahe es bey rechtſchaffenen Ehriften
aus: Ihre Gaftfrenheit flofle aus einem reinen
. d aus ungefärbter Liebe. Ihre Zunei-
war redlich, und Fam aus dem innen Men-
chen: Sie handelten darinnen fo gar löblich, daß
auch die Heyden zur Machabmung gereizet wur
den. Angefeben Julianus nicht allein insgemein
ihre Verpflegung der Armen nachmachen wollte,
fondern auch abfonvderlich dieſes that, wie es einer
er : Er befahl gewifle Herbergen und Häus
Hr zu bauen, die Sremdlinge darinnen aufjunch-
„men, denen Armen Gutes zu thun, fonderlich
„durch Necommendationsfchreiben an fremdeDer-
„ter. Welches er allesvon unfern Gewohnbeiten
„abgefeben hatte,,x). Solche berrlicheZeugnifte hat:
te die Gaſtfreyheit der Glaubigen vor GOtt und als
ler Welt. WeldyeVortreflichkeit num ferner aus fol:
gendenlUmſtaͤnden undAnftalten wird zu fehen ſeyn.
7. Was reiche Leute unter den Chriſten waren,
die fonnten und mußten auch vor andern williger zu
vbergen fern. Wie etwa der Gajus zu Corinth
eyn mochte, welchen Paulus feinen und der aan:
zen Bemeine Wirth nennte, Nom. 16, 23. one
Zweifel, weil erißnen in feinem Haufe Gelegenheit
» ihren Berfammlungen gegeben, und font viele
ewirthet hat. Gleichwie man aucin dehen alten
Maärtprergefchichten findet, daß ſolche wohlhabende
erſonen die andern alleaufgenommen. Als ein:
en der Kanfer verboten hatte, es follte Feiner et=
was faufen, er hätte denn zuvor den Göttern ge
opfert; hat ein vornehmer Mann, Ebromatius,
„die Ehriften alle zufammen heimlich in fein Haus
— und ſie alle ſo verpfleget, daß keiner
„Noth hatte etwas zu kaufen, und deswegen zu
„opfern MNachdem aber die Sache denen Fein:
den kaum verborgen bleiben konnte, und ſie ihn
= einen Ehriften zu halten anfiengen, wirfte er
y dem Kanfer ein Reſcript aus, daß er dürfte
iner Gefundheit wegen an dem Ufer in Campania
ſich aufhalten, da er ein groß Landgut hatte. Dar-
auf nahm er alle iften mit fich, “die mit ihm ge
„oben wollten, * vermeidete alſo die Verfol⸗
dift. 42. initio. c)lbid. can. vı.difl. 85.
de Caftigat. Ecel, Ordin. *
. So erwieſen ſich damals die Reichen
diefer ‚daß fie gerne das Ihrige mittheilten, ſo⸗
wol denen Armen, als auch fonderlich denen,die kei⸗
ne Herberge hatten, und bey unficheren Zeiten, wie
„ung
Obadja die Propheten und Männer Gttes, ver>-
ftecften und verforgeen, bie funfzig und da funfig,.
ı DB. Kon. 18, 4.13. Abfonderlicd) aber war dieſe
Pflicht deren Lehrern aufgetragen, daß fie gaſt⸗
frep ſeyn ſollten, nach Pauli Worten "Tim. 3,2. Tit.
1, 8. theils weil ſie ein Mufter aller Glaubigen ſeyn
ſollten, theils weil ſie auch gemeiniglich die beſte
Gelegenheit und Mittel dazu haͤtten, indem fie die
Armencafla bapen mußten, Drum mardaud) ei-
nem künftigen Yuffeber die Gaftfrenheit aufgerra=
gen. Denn wenn jedermann gerne die Norte
„hören will: Ich bin ein Gaſt gervefen, und ihr
„babe mich beberberget: Wie vielmehr foll dis ein
„Auffeber verlangen, deflen Haus eine allgemeine
„Herberge vor jedermann fern foll,, 2)? Deswe-
gen man bey den Zeiten des Verfalls fie noch im:
mer dazu antrieb, “daß, wenn fie denen Unterge—
„benen zwar auch von der Gaftfrenbeit predigten,
ſie es vor allen andern mit der That erfüllten a),
„Denn ie hatten fiefonft andern diefelbe anbefeh-
„ten koͤnnen, wenn fie ihr eigen Haus verfchloffen
„gehabt, 6)? Daher man aud) Diejenigen zu Leh—⸗
rern zu erwaͤhlen endlich vegboten, welche nicht gerne
berberaten e).
8. Gleichwie aber von der Chriftlichen Freyge—
bigkeit insgemein erwehnet worden iſt, daß fie uns
eingefchränfe und gegen jedermann offen ſeyn
müffen: alfo it es auch von der Barmberziafeie
gegen die Fremden wahr.
den Alten ein Spruͤchwort und gemeine Regel gewe⸗
fen: Weſſer iſt es, einen boſen Menfchen leiden,
„als daß man etwa unmwillend einen Frommen
„ausfchlieffet, indem man fich hüten will, daß man
„feinen Böfen aufnehmen will, d). Demnad)
fchloffen die erften Chriſten auch ißre aͤrgſten Fein-
de nicht aus; wie daffelbe die Erempel in folgen»
dem fünften Buch geben werden. Hier fen uns
nur das einzige des Polpcarpi genug, der auch die
Häfcher, welcheihn fangen und zum Tode bringen
wollten, geherberget und reichlich aefpeifet Bat ©).
Sonften aber hatte der HErr JEſus feinen Juͤñ⸗
gern befohlen, “fie follten, wenn fie in eine Stade
„oder Markt giengen, ſich evfundigen, ob jemand
„darinnen fey, der es werth fey, und bey demſelbi⸗
gen
Orat. I. in Iulian. u) Theothraflus c.21. Charadter. x) Gregor. l.c. y)Apud Raronium A.
.n.4. 2) Hieronymus Comm,in Tit. a) ConciliumParifienfelib.T.c.14. b) Apud Gratianum
4) Auge fhinns Epiſt. 149. €) Baſebius lib, IV, 8. 35. ei Gildas Sapiens
—
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87°
Es ift diefos unter:
+
483
„gen follten fie bleiben, bis fie von dannen ziehen
„würden, Matth. io, u. Damit er Neben uns
terwieſen Bafte, “daß K ich nicht follten in die
ae oder Befänntfe iſt derer einlaffen, welche
Chriſtum entweder verfolgten, oder nicht kenne⸗
„een. Dabero follten fie erft fragen, ob eine Ge-
„meineda fey, und ob Ehriftus bey ihnen wohne:
„Und fodann follten fie nicht anderswohin gehen,
„weil es das Haus werth und der Wirth gerecht
„wäre, F): wieesdie Alten annehmen und verfte-
ben. Es war denen Züngern Chriſti nicht ſchwer,
aus gewiſſen Umſtaͤnden, und ſonderlich aus der
Menfchen geben und Wandel zu ſchlieſſen, ob ihr
Wort bey ihnen ſtatt haben würde Sber nicht. So
mangelte es auch nirgends an glaubigen Seelen,
die fie famt dem Wort mit Freuden aufnahmen.
Diefe Erinnerung aber, von dem Herbergen der
Ehriften, war anfangs defto nöthiger, je weniger
‚die Künger an einem Dre lange ftille liegen oder
ſich gar haͤuslich niederlaffen Fonnten, da fie das
Evangelium ausbreiten mußten. Gleichwie es
allzeit nörhig ift, als ein Gaft und Fremdling auf
der Erden zu leben, wenn mandes HErrn Willen
denen Menfchen verfündigen muß, indem die
Welt einen bey folhen Verrichtungen nicht lange
an einem Drte leiden will. Zumalen auch ohne⸗
dem der Chriften Wandel in der That eine Pil-
grimſchaft ift, als wir bey ihrer Berleugnung der
Welt fehen werden,die in wirklicher Unruhe und un:
ftetem geben beftehet, nicht aber in bloſſer Specus
lation, da man mit Leib und Geel an den Erdklum⸗
pen, Häufer, Aecker und Güter gebunden und gefef-
fele ift. Siehes Ep. Job.v.7-8-
9. Indeſſen fahen die gaftfreyen gutthaͤtigen
Ehriften doc) fürnemlich auf gottfelige und glau-
bige Fremdlinge, daß fie allermeift den Glaubens»
genoffen Guts thaten. Alfo faget ein alter Chriſte
von einem Chriſtlichen Weibe, das einen Hey—
den noch zum Manne hatte: “Sie dürfe Feinem
„anfommenden Bruder den Kuß des Friedens ge-
„ben, feinem Heiligen die Füffe mafchen, feinem
„Speife oder Tranf bieten; und wenn ein Bru⸗
„der von der Fremde zu ihr komme, müffe fie ihn
„ineinem andern Haufe berbergenlaffen. Wolle
„fie ihm etwas verehren, fo fey ihr alles verfchlof
„fen, weil ihr nemlich der unglaubige Mann
„nichts vergönne,, 2). - Diejenigen, fo nur in et-
was von der Chriftlichen Wahrheit überzeuget
waren, hatten ſchon daran ihre größte Freude,
wenn fie heilige Männer konnten aufnehmen und
f) Hilarius can. 10. in Matth. g) Tertullianus lib.
3. B. Don der erften Ehriften Pflichten und Beseigungen ‚gegen einan
’ —
II. ad Vxor. c. 4. h) Auguſtinus lib. IX. Confefl: c.’3.
A u
der,
bey fic) haben. So gebenfet einer mit Namen
— e
aber, weil er eine glaubige Ehefrau gehabt, auch
ſelber ſchon ziemlich überzeugte worden durch ih⸗
ren Umgang, “babe,er ihnen eb e
„auf ſeinem dandgute wohnen moͤchten, welches ihm
„der HErr auch in der Auferſtehung der Ge—
„rechten vergelten werde. Denn fie hatten ſich
„auf diefem dandgute darzu wohl erquicket in bem
„HEren, und von der Unruhe der Welt ſich erhe
„lets e Sonderlich aber hatten die Glaubii
ſolche Chriften gerne beyfich, die um Chriſti willen
etwas gelitten hatten oder leiden follten, wie fie
auch ihr Umgang und Exempel nicht wenigzuftärs
fen vermochte, Als einſten zween Märtyrer, Agas
ping und Camdinus, gefangen zur Matter aneinen
andern Dre geführet wurden, kamen ißnen etliche
Chriſten entgegen, die fie baten, fie möchten doch
ihre Herberge fo werth halten, daß fie ein wenig
bey ihnen einfehrten; welches fie auch thaten i).
Da war tiebe und Ehrerbietung mit einander wohl
vermenget, und beydes erweckte die Chriftlichen
Herzen zur Gaftfreybeit, gleichtwie es aud) in uͤbri⸗
gen Gelegenheiten gefchabe.
10. Aus diefem allen ift nun ferner bie Art ihrer
Gaſtfreyheit zu fchlieflen, mie fie zuförderft fo wil⸗
lig, freundlich und herzlich geweſen, nicht ge«
zwungen, mit Murmeln (per& yoyyvarav)
oder Verdruß. ı Pet. 4,9. Sie erwieſen ihre
Willigkeit und Liebe oft damit, daß fie den Gäften
gemeiniglich felber dieneten und aufivarteten, daß
fie freundlich und von Herzen mit ihnen vedeten, fie
in aller Nothdurft verforgten, und nicht mit äuffers
lichen leeren Complimenten , wie die Weltfinder,
fondern mit der That ihre Gurherzigkeit fehen
lieffen. Alfo liefee man von einem frommen
Mann, daß er fonderlich zur Zeit der Theurung
die Armen und Fremden zufammen gelefen, ihnen
einen Tifch anrichten laffen, und felber dabey aufges
wartet k). Da börte man feine Klagen von
fehtveren Zeiten, von fhlechter Nahrung, von fei-
ner Armuch, von vielem Aufgang im Haufe, oder
andern ungeberdigen Stellungen gegen Fremde;
viel weniger von Schmähmworten wider fie, da⸗
mit man ihrer "möchte los werden, oder fie weit
hinweg treiben, ehe fie dem Haufe nod) nahe fä=
men). Es ift nicht zu verachten, was man von
einer frommen Frauen, des Kaͤyſers Marımi Ge:
mablin, fhreibet, wie fie einen gottfeligen Lehrer
ofte bey fi) gehabt und gehört, und aus grofer
⁊ Mr le⸗
i) Alta corum ap. Baronium A. CCLX. n. 38. h) De Bafilio M. ita Gregor. Nazianz. Orat, de laude
eius. 1) Sic LC. Dierericns Antiqu. N. T.adı Pet. IV. & 1
ten, daß fie ”
chen Worte ihn nicht von ſich laſ⸗
Er Habe ſich auch ihrer Dienftbar;
Hr fönnen, ulaſſen mif:
fen, m felbft bey der Mahlzeit aufgewar⸗
tet, und felber zugetragen und verrichtet ın).
Im übrigen aber fahen die Chriſten bey ſolchen Be:
Dienungen darauf, daß fievor allen Dingen aud)
“am Geiſte verforget und gelabet möchten fepn.
Wie ein Scribente von etlichen Chriften gedenket,
die nach erlittenem Schiffbruch zu einer Geſellſchaft
anderer Chriften fommen, die fie zwar mit gerin-
gen Tractamenten verſehen Fönnen, aber “gleich-
„wol die fehlechten Gaben durch ihre groſſe Liebe
„und herzliche Zuneigung völlig erſetzt gehabt;
„indem fie auch Durch ein herzlich Gebet ihre Säfte
"efälchert ‚und fie, mit folhem Zebrpfennig ver»
„ſehen, wieder von fich gelaffen,,n), Es ift fon:
ſten wahrfcheinlich, daß die alten Chriſten bey
Speifung der Fremden das Abendmahl des
HErrn mit einander zu halten pfleaten: Welches
fowol mit dem Zweck deffelben übereinfommt ,
nemlich der tiebe und Vereinigung der Brüder,
als auch mit der erften Chriſten Weiſe, da fie bey
ihren Mahlzeiten das Gedaͤchtniß des HErrn all:
zeit ar begiengen , und feinen Tod verfündig-
ten o),
m. Es ward auch beyderfeits, ſowol von Wir-
then als Gäften ‚die Bewirthung nicht nach dem
Ueberfluß oder Koftbarfeit der Tractamenten,fon-
dern nad) der Liebe und nach dem Herzen gefchäßer.
Denn ihre Meynung war diefe: "Ein Chriſt muß
„nicht unter dem Vorwand der Gaftfreyheit koͤſt⸗
„lich und überflüßig tractiren, denn auch diefes ift
„eine Liſt des Verfuchers, der ihm die Ruhe ftören
„will, Der HErr JEſus ſchiſt faſt die Martham
„deswegen, daß ſie ihr ſo viel zu ſchaffen machet,
„da doch das einige nur noth waͤre, nemlich
„GOttes Wort hören, wornach ſich das andere
„leicht findet, fuc.1o,41. Die Witwe zu Sare-
npta te den Propheten auch nicht koͤſtlich.
at ron.t7. Wenn du gleich nur Brod
+ „und Salz mit Waffer haft, fo Fannft du dabey
„ſchon eine Belohnung haben. Haft du aber
„auch dieſes nicht, fo empfange den Fremdling nur
„mit einem guten Herzen, und fchenfe ihm eine
„freundliche Rede, fo bift du ſchon gaftirey gewe-
„ien. Denn es fteher gefchrieben : Ein Wort ift
„beffer als ein Gefchenf, Sirach i8, 16.,p). Und
%
m) Sulpitius Seuerus Vit. Mart. c. 7.
Cap. Don der erften Ehrifien Baftfrepheit.
n) Paulinus Nolanus Carm.ad Cyther.
489
aus folchen Urfachen verbielten ſich nun die Chri-
ften auch darinnenachden Kegeln der Chriſtlichen
Mäpigfeit, und wendeten den Ueberfluß, den
ihnen GOtt etwa befcheret hatte, lieber auf ande:
re Arme, die fie allezeic beyfic) hatten. Es ward
auch deswegen einsmals im öffentlichen Coneilio
verboten, “daß die Aufjeher nicht allzu viel Unko—
„ften follen aufwenden, wenn fie Fremde haͤt—⸗
„ten, Womit vielleicht auf den Ueberfluß ,
Pracht und Schwelgerey gefehen ward, die mit
der Zeit unter den Ehriften ſich einfchliche,
12. Inzwiſchen erwiefen fie gleichwol auch ihre
Siebe mit möglichiter Gutthaͤtigkeit, fo viel ihnen
GOITT von zeitlichen Wohlthaten befcheret hatte,
Denn obwol ihre Mäßigfeit durchgehends groß
war, fo thaten fte doch denen Fremden lieber mehr
Güte, als ihnen felbft, zumal wenn fie von der Reiz
fe abgemattet, ſchwach oder krank waren, und alfo
einer Erquickung und Stärfung bedurften. Als:
Denn thaten fie, was einer von feinem Freund ge=
denfet: “Seine Freundlichkeit mar deswegen
„groß und gutthaͤtig, weil fie gottfelig war, und
„wenn er etwas don Speiſen reichlicher vorfegte,
„ſo that ers nicht feiner, fondern der Freunde Balz
„ben,„,r). Wenn fie auch gleich fonftzu ihrer Ue—
bung und Kafteyung zu faften pflegten, oder nur
geringe unfchadliche Speifen zugenieffen ; fo Buben
fie doch diefe ihre Ordnung auf, wenn die Brüder
aus anderen Orten bey ihnen einfprachen. Das
her ftehet von einem frommen Mann , als er
einften gefraget worden, warum er nicht, tie ſon—
ften, fafte, wenn jemand fremdes ben ihm wäre ;
babe er geantworter: “Das Faften ift allzeit bey
mir, euch aber Fann ich nicht allezeit bey mir —
„ben. Das Faſten iſt zwar nuͤtzlich und gut, aber
„es ſtehet doch in meiner Freyheit: Hingegen er⸗
„fordert das Gebot des HErrn die Erfuͤllung der
„eiebe als eine noͤthige Sache. Weil ich nun
„CHriſtum in euch aufgenommen habe, fo muß ich
„euch mit aller Liebe und Sorgfalt begegnen.
„So bald ihr aber hinweg fern werdet, will ich
„wiederum falten. nn die Kinder der Hoch:
„zeit falten nicht, fo fange der Bräutigam bey ih⸗
„uen it, Marc.2,19., 5). Desgleichen wird
diefes einem andern Ehriften als eine groffe Liebe
nachgerühmet, daß er zwar vor fich alleine den gan,
zen Tag Durch nichts geffen habe; wenn aber je.
mand bey ihm eingekehret, oder er zu den Liebes.
Nag " mab.
0) Vid. Io. FrontoEpift.de Ve_
terum DiAornaiıs. p) Enagrius Scitenfis in Monach. c. 3. apud Corelerium Tom. III. Monum. Gr. Eccleſt
p- 105. q) Concil. Carthaginenfe Ill. can. 2.
r) Sidonius Apollinaris de Maximo lib. IV. ep. 24.
s) Cafia-
»us lib. V. Infit. c/ 24. et Yirs Parrumlib. V.e. 13. n. 3. Conf. Cafsanns Collat. III. c.25. et 26.
*
40 3. B.
mahlen mitgegangen ſey, da habe er wol des Tages
zweymal gegeſſen, und deswegen durch GOttes
Gnade keine Beſchwerung an ſeiner Geſundheit
gehabt ı). Eben ſo hielten es auch die Frommen
mit der Art der Speife, daß fie ihren fremden
Brüdern zu gefallen fich in alles fchieften, Ueber-
Fuß und Mangel haben, hoch und niedrig ſeyn
fonnten. Wie jener Lehrer aus folcher Ehriftlis
cben Klugheit mit jedem Fremden auch gleic)e
Speifen genoffe, und alles mit Danffagung
nahm, damit es auch dieandern lernten u), Und
ein anderer gieng feinem Gaft mit feinem Erempel
vor, ermahnte ihn darauf, er follte auch) alfo ohne
Bedenken effen, mitder Urſache, er ware eben des-
wegen ein Ehrifte, und den Keinen fey alles rein.
So gienge es auch in den geringften Dingen bey
dem Umgang wahrer Ehriften nicht ohne Erbau-
ung und Stärfung im Ölauben und tiebe ab x).
13. Wenn fie auch entweder felbft den Fremden
nad) Wunfch helfen Fonnten, oder diefe andersmo-
hin verlangten , fo entftunden fie ihnen nicht, mit
Briefen und Zeugniffen zu ftatten zu fommen, da-
mit auch darinne ihre Siebe Feinen Abgang irgend
litte. Sie nennetendiefes hofpitalitatis contef-
ferationem und PiAofevias ev Erisohuualas auv-
Saaazı, oder ſolche Recommendationsfchreiben,
dadurd) denen Fremden ein Zeugniß mitgege—
ben, und is zur Aufnehmung denen andern be-
ftens empfohlen wurden. Dergleichen Art und
Erfindung auch der Kayfer Julianus denen Ehri-
ften nachmachen lieffey). In denen folgenden
Zeiten hatte man die Epiftolas susarızacz) und
traftorias, dadurch die Keifenden von einem Ort
zum andern recommendirt wurden a). Davon wir
eben fehon das nöthigite vernommen haben. Die
Alten, ſonderlich die Griechen, theilen folche
Commendatitias wiederum in zweyerley Arten
ein: die eine nennen fie droAurınds, Damit man
einen von fich lieffe, ihm ein gut Zeugniß gab;
die andere eieminds, darinnen man fonderlich der
Religion wegen fchriebe, was man noͤthig bez
fand b), Deren denn bey den Scribenten c), und
fonderlich in denen Conciliis ſehr ofte gedacht
t) Cyrillus Seythopolitanus Vita Sabz c. 64. ap. Cotelerium Tom. IT. p. 330.
e.22. x) Spiridion ap, Sozomenum lib.1. c. ı1-
Don der erſten Thriften Pflichten und
wird d). Gleichwie au
mer fchriebe, und ihnen“
„befahl, va fie fie aufneßmen
„HEren, wie ſichs ziemet den H
„Beyſtand thun in allen Dingen,
„rer bedürfte,,, Roͤm. 16, 122. :
ben, daß fie nicht allein gefchrieben, um denen Rei-
fenden leibliche Verpflegung zu verfchaffen, fon
dern aud) in allen andern Angelegenheiten ihnen
einen Zugang und Beyhuͤlfe auszumirfen. Denn
fie gedachten darinnen, daß es ſolche Perfonen
werth und bedürftig wären ; wie Paulus fehriebe,
diefe Phoͤbe wäre es werth, weil fie ihm und vies
len andern auch Beyftand gethan hätte. v. 2. Sie
zeigten,“daß es bekannte und geliebte Leute wäreny,
(Pı$rarss nal yvogluss,) und dahero feiner
weiteren —— noͤthig hatten e).
Immaſſen auch dieſes “ihr Recht der Gaftfrey«
„heit nichts anders fefte feßte, als weil fie einer:
„ley Geheimniffe mit einander empfangen häf-
„fen,„). Und darauf erfolgte denn billig alle
Epriftliche Gefliſſenheit und wirkliche Liebesbezeie
gung in allen noͤthigen Angelegenheiten.
14. Die ausarızal, oder Recommendations:
fehreiben wurden eigentlich nur denen Perfonen
bernach mitgegeben, welche der Religion oder an⸗
derer Urfachen wegen in einigen Werdacht gefallen
waren, nachdem nemlich in die Gemeinen viele
Zwiefpalten und Etreitigfeit eingeriffen waren;
wovon ic) in dem vorhergehenden Capitel'gefaget
babe, Die eigene) aber, oder Friedenobriefe,
waren durchgehends bey allen gebräuchlich, nach⸗
dem man fie zuvor wohl gepruͤfet hatte, daß man
auch mit ihnen bey Auswärtigen beftehen Fonnte;
wie von beyden ausdrücklich in einem Concilio
geredet wirdg). Und ohne dieſe wollten fie nie—
mand gerne reifen laffen , verordneten auch des⸗
wegen ebenfalls endlich, Daß feiner ohne Diefelben
aufgenommen werben möchteb), Damit aber
denen Gutthaͤtigen eben die Hande nicht gebunden
werden Eonnten ‚daß fie nicht nach ihrem Gewiſſen
noch hätten mit denen Fremden handeln koͤnnen.
Sie brauchten aber gegen die, fo fie rechtfchaffen
befunden, ſehr groffe Siebe, und wenn fie fie wieder⸗
um
in) Porfidius in Vita Auguſtini
( . y) Tertullianus de Prefeript.adu. Her. c. 20. et Gregor.
Nazianz. Orat.I.in Iulian. z) Vid. Can. Apoſtol 32. Concil. Carchagin. I. c. 5. et 6.aliaque.
‚finum fzpius vid. Formula eiusmodi apud Bigzexium in Form. Vet. c. 10, et is Var. e. 15.
a) Apud Augu-
b) Blafares Syn-
tagm.lit, A.c. 9. p- 25. Zanaras Schol. ad Can. ı2. Apoftol.etad Synodi IV. c. 11. BaJfarzon Schöl. adConcil.Chal-
cedon.c.ı1. €) Vid. omnino Ferrariss de Antigw Epift. Ecel. Gen. et Thomafizus de Teſſeris Hofpitalitatis.
d) Concil. Zntiechen.c. 7. Concil. Epaunen/e c. 6. Agachenſe €. 38. Conſtit. Apoflol. lib. Il.c.58.ete. €) Sozome-
ans UA V. c. 160. F) Tertallianns l. c.
g) Concil, Chalcedonenſe e. I.
h) Antiochenum c. 7.
Fi
mes don einem
1 a
\
u.
n fich lieſſen, fchrieben fie nicht weniger ver-
1dlich und herzlich an Auswärtige, denen fie fie
zu ihrer Treue und Liebe empfehlen wollten. Als
wenn fie etwa fehrieben: Ich empfehle eud) die:
„ten, als der mein eigen ift, fo wohl als mich felber.
„Und weil ihr mic) vor einen Theil von euch haltet,
„fo muß diefer auch euch angehören, weiler mic)
„angehet. Und diefe meine Necommendation
„kommt aus einer überfchwänglichen Liebe.
„Denn ich empfehle ihn euch nad) dem Geift und
„iur Hoffnung zukünftiger, ewiger und göttlicher
„Dinge Als nehmet ihn’ auf als mein Einge-
„weide, Die Barmherzigkeit EHrifti, unfers
Me ‚daß diejer ganz euer zufeyn an-
„fange „u. ſw. i). Dergleichen Formuln ich
ſehr viele vorbringen koͤnnte, wenn es noͤthig waͤre.
Wer den erſten Chriſten in ihr brennendes, lieb—
reiches Herze geſehen, und ſelbſt etwas davon er—
fahren und geuͤbet hat, was wahre goͤttliche Liebe
fen, der wird von ſolchem Ausfluß der erſten Chri-
ften leichtlich einen Bearif haben koͤnnen. Sie
waren aus inniger Verbindung ihrer Herzen be-
teit, ſich und alle das Ihrige denen Fremdlingen
ju widmen, und hieffe recht von allen, was ajeban:
chreibet: Sie tbaten treulich,
was fie thaten an den Brüdern und Bäften,
welche auch von ihrer Liebe zeugten vor den
Bemeinen. 3 Epift. Joban. d.5.6. Sie hatten
groſſe tiebe gegen alle Heiligen, und alſo auch ge>
gen die Fremden, Philem. v. 5. Und aus diefer
Siebe begleiteten fie auch die Brüder, wenn fieaus:
‚zogen, wie wir fehen Ap. Geſch. 20, 38. gaben ib:
nen mit, was ihnen noth war, c.28,10. und
wenn fie anfamen, giengen fie ihnen entgegen,
2.15. wiewir auch fchon oben von Petro, Paulo ,
Ignatio und andern gefehen haben.
15. Einige unter denen Chriſten, welche fich ent:
weder gar in die Wüften, oder in ein einfam ftille
teben begeben hatten, wollten diefer allgemeinen
Pflicht deſto weniger vergeffen, je mehr fievor an⸗
dern GOtt zu dienen fuchten. Diejenigen, welche
folche einfame Wohnungen erbaueren, ftifteten da:
bey gemeiniglich auch eine Verpflegung für die
Fremdlinge und Arme; wie ein Hiftorienfchreiber
etwa von feinen Vorfahren melderk). Sie ordne⸗
ten wol einige Behältniffe für die Neifenden , dar:
;
Donder Ehriften Dorforge fürdie Witwen, Alten, Rranten, Befangenen x. 491
inne man ifrerpflegen fonnte, und allen Fleifin
ihrer Aufnehmung und Wartung anwenden 1). Da:
von ein bekannter Mann folgendes befennet::Wir
„forgen in unferm einfamen $eben für die Gaſtfrey⸗
nbeit, und empfangen alle, die zu unsfommen, mit
„freundlichem und friedlichem Gefichte, denn wie
„befürchten, es möchte etwa Maria mit Joſeph
„keinen Kaum in der Herberge Haben, oder daß der
„Herr JEſus, wenn wiribn einfchlöffen, zu ung
„fagen möchte: Ich war ein Gaft, und ihr habe
„mich nicht aufgenommen„m). Und einanderer:
„Wer recht einfam leben will, der muß auch Barm⸗
„herzigkeit üben gegen den geringiten und fremden
„Druderyn). Ein ſolch geben mußte zugleich mie
für die Fremdlinge feyn (Feovenrsızn Evav) 0).
Daper ein gelehrter Mann wohl bemerket, daß die
alten Klöfter allen Fremden und Armen offen ger
fanden, und fie ſelbſt nichts anders als Hofpitäle
und Gafthäufer geweſen; zum wenigften, daß fol:
che Hofpitäle allzeit daran gebauet p),und die Klo⸗
fter ſelbſt Hoſpitaͤle genennet worden g). Alfolie-
ſet man von foichen Perfonen, die abfonderlich un.
ter ihnen auf die Annehmung und Berforgung der
Armen beſtellt gewefenr); ingleichen, daß man die
Anfänger dazu verordnetund angewiefen, daß fie
denen Fremden aufwarten müflen s), welches man
nennte, das Leben zudem Dienftder Baftfreye
heit anwenden t). Etliche nahmens von freyen
Stücken auf ſich, wie man liefert, “daß fie an die:
„tem Siebesdienft fonderlich ihre Vergnuͤgung ges
„habt, darinner auch vor diefem Abraham und
„Loth dem HEren gefallen Batten,., und davon da«
mals ſonderlich Macarius befannt war n).
‚16. In Bewirtung der Fremden verhielten fich
Diefe Seute;twie die andern Epriften, und kamen ihnen
mit aller Ehrerbietung und Freundlichfeit zuvor ,
weil ftenicht anders glaubten, als daß fiein wahren
Glaubigen dem ren Ebrifto felbft den Tifch
bereiteten x). Und von dieſer Weife ruͤhmet man
fonderlich die in Paläftina y),und hernach einige an-
dere, welche taͤglich mehr fremde Leute bewirthet und
verpfleget follen — * in dem Hau⸗
fe ſelbſt gewefenz). Woju ſie denn auch bey ruhigen
Zeiten Gelegenheit und Mittel genug hatten aus de⸗
nen Stiftungen der Reichen, davon fie denen Atmen
und Fremden Guts chun Fonnten, wenn fie nur
2492 wolle
i) Saluianus Epift. p.314. k) Sozomenus lib. V.c.ı5. 1) Cafianuslib. IV. Infit. c.7. m) Hieronym. Apol.
in Rufin.
menus lib. 1. c. ı2.
n) Autor Vitx Nili un. p. 127. VitaEuthymii c. 117. ap. Corelerium Tom. Il. p. apı.
p) lach. Vadianuslib. I. de Colleg. et Monalt Gerin. p. 24.
0) Soxc-
q) Idem ex Augufına
& Tradt 97. in loh. et An/egs/o lib. I.c. 70. et lib. IL. c.29. ı) Walafrıdus Strabolib. T, Vit. $. Galli c. 43. Ocho
Frifingenfis lib. VI. Chron.c.35. 5) Cafisnusl.c. t) Zidorws in Regula c. 4.
u) Cafianus Collat.XIV.c.4.
x) Cafıanus Collat.Ill.c.25. y) Ewagriss lib. I. H.E.c,21. 2) Geilielmus Malmesbursenfis lib. V. Rer. Angl.
p. 162.
or
492
- wollten a). Man kann aber wohlanmerfen, daß die:
fe Gewohnheit mitder Zeit unter den Mönchen im
Pabſtthum fehr verderbt, ja wol bey einigen gar
abgeſchaffet worden. Und fehe ich nicht, warum ſchon
inalten Zeiten denen Einfamen durch eine gewiſſe
* Regel eben verboten worden, mitdenen Fremden zu
effen b). Angefehen diefes vielmehr unter den er—
ften Epriften vor ein Stück der Freundlichkeit und
tiebesbezeigung geachtet ward, daß man mit den
Gäften zugleich fpeiftee), nachdem ı2.$. Daaud)
zuvor der Fleiß hierinnen gegen die Fremden fo
"groß war, daß, tie einer von denenin Thebais
erzehlet, fiedenen “"Ankommlingen faſt die Kleider
„zerviffen, fo gerne wollte fie ein jeder bey fich ha—
„ben,„d): fo ward hingegen nachmals zufamt der
Siebe auch diefe Wirkung laulich, und endlich ganz
kalt und verlofchen. Dazu fan noch, daß man
öffentliche Verordnung machte, *esfollten die Kloͤ—
„ſter nicht mehr weltliche Herbergen rerden,e),
das ijt, wie es erklärt roird : «Man follte Feine
„Beltleute oder Layen darinnen herbergen,, ).
Wodurch denn die allgemeine Liebe fehlechtbin auf:
gehoben, und auf die vermeynten geiftlichen Per-
fonen affeine eingefchränfe ward. Wie denn
diefes Privilegium hernach unter dem Pabftehum
eitel Unordnung und böfe Dinge anrichtete, daß
die Armen und Rechtfchaffenen verlaffen und ver:
ſaͤumet, und dafür die Bertelmönche und andere
Vaganten aufgenommen rurden, wenn fie fich nur
fuͤr Geiftliche oder Mönche ausgaben ; darüber
ſchon die Alten Flagten g).
17. Unter denen Dienften , welche man in der er-
ften Chriftenheit den Fremden ermiefen, war auch
das Sußwafcben mit begriffen, als welches füs
wol gegen Einheimifche als Fremde zu thun befoh⸗
len und gebräuchlich war. Der Herr Cave feßet
diefe Weiſe billig unter die Epempel der Ebriftli-
chen Demuth bey den Alten, darinne ihnen der
HERR ZEfus felber vorgegangen war, Joh. 13.
welcher , da er eben diefes gethan hatte, zu feinen
Juͤngern gefprochen: So ich, euer Meifter und
„Herr, euch) die Füffe gewaſchen habe, fo ſollt
auch ihr unfer einander die Fuͤſſe wafchen. Ein
Beyſplel Babe ich euch gegeben, daß ihr thut, wie
3.3. Von der erften Ebriften Pflichten und Bezeigungen gegen’einander. 4.12
% .
vv.
„ich euch gerban habe. Der Knecht ift nicht:
„fer denn fein Herr, noch der alle —*
„der, ſo ihn gefandehat,,. Es nennet es aber der
Herr Eave fehr wohl ein Chriftlich iebeswerk p.
381. Maffen es Paulus unter andern zum Kenn:
‚zeichen der rechten Liebe feßee, und mit der Gaſt⸗
frepbeit verfnüpfer, daß ſie der Heiligen Süf-
fe gewafchen müffe baben,ı Tim. 5,10. Alſo
ift fchon aus des Apoftels Zeugniß gewiß genu
daß Diefes Fußwaſchen ein Theil der Feaunblich
feit und Demuth gegen die Gäfte bey den erften
Chriſten gemefen fey. Man bilde fich aber bierbey
feine unnöthige Ceremonie oder aberglaubifche
Verrichtung ein, ſondern wiſſe, daß diefer Dienft
fonderlich in denen Morgenländern fehr nöthig
gerwefen, wegen der —* Hitze, Staubes und
anderer Ungelegenheit auf denen Reiſen. Zumal
da ſelbige Nationen ganz andere — trugen,
als wir, nemlich gemeiniglich bloſſe Solen oder
auch Hoͤlzer, die nur uͤber den Fuß zugebunden
wurden h). Und deswegen war nun das Waſchen
noͤthig und nuͤtzlich, gleichwie auch ſonſt zur Erfri«
ſchung der Glieder ; wie die Alten bey den Worten
des HErrn vom Fußwaſchen anmerkten: “Das
„Baden der Fuͤſſe laͤſſet das Ausdehnen derſelben
„etwas nach, welches aus dem Gehen entſtanden,
(nv &x r2 Baölrwear&- racw)i). Und da—
hero war auch diefes eine Wohlthat vor die Rei⸗
fenden, diefo gar auch unter den Heyden gewoͤhn⸗
lich war,foferne fie zu einer natürlichenSchuldigfeit
und Morkdurft gehörte k). Denn fonften mußte es,
befagter maffen, aus einervon GOTT gewirkten
Siebe und Demuth unter den Chriften herkom⸗
men, 4
18. Dazu verftunden ſich nun die demuͤthigen
und liebreichen Seelen gerne, und folgten dem Er»
empel ihres Meifters treulic), daß fie thaten, wie er
gethan hatte; alfo, daß auch diefe Weife noch ims
mer unter ihnen dauerte, da hingegen viele andere
ſchon abgefchaffee waren. Es vermaßnet noch
Auauftinusdazu: «Sammler die Fremden in eure
„Haͤuſer, und wafchet ihre Füffe, trocknet fie mit
„dem Tuch ab, kuͤſſet fie, und machet ihnen ein Bet⸗
68,1), Wie er anderswo diefes unter andern uns
ter die Kennzeichen eines wahren —
erke
a) Coſodorus Diuin. Le&t.c.29. b) In Regula Pachomii et apud Soxomenum lib.III.c. 14. ce) Vid. Caſanus
l.c. d) Hiftoria Monach. Aegypt. f. Paradifus ap.
f) Ariflennus in Scholiis ib.
cil. Chalcedonenfe c. 24.
Cotelerium Tom. III. Monum. Gr. Ecel. p.176. €) Con-
. 8) Audtor Libri de Periculis Mundi ap. Wolfum Led.
Memor. Tom.1.p.436. h) Probant prolixe de Ebrzis Heinfizs in Arift. c. II. p. 744. Ligtfootss Hor. Ebr.
ad Match. X. Geierus de Luctu Ebr. p 29r. de aliis vid. Zipßxs lib. I. Elect. c. 13. Tarzebus lib. XXVII. Ad-
ver£.c. 21. Rof’aus lib. V. Antig e. 36. et omnino Bened. Balduinus. 1)Cyrillus Alexand. adIoh. XIII. 6. Tom.
IV. k) Teflantur Scholizjtes Apollonti ad lib, II. p, 160. Plautus in Pers. Ad. V. fe. 2. et Captiu. Ad. V. Le.
1, altique, 1) Serim, 195. de Temp.
2 z
n Art —
—2
a ta, ap; Don der erften Ebriften Gaſtfreyheit.
Werke der Barmherzigkeit mit rechnet. m). _ Ein
anderer führer eine Jungfrau dazu an, fiefollte,
wenn fie ein heiliger Mann befuchte, Waſſer neh»
„men, und ihm die Füffe wafchen,, wi Zweifel
ihre Ehrerbietung Dadurch zu zeigen)n). piridio
fes feiner Tochter zu befeßlen : Wolan, waſche ihm
„die Füffe, und gib ihm etwas zu eflen,, (ſprach
er,)o); welche Gewohnheit auch von Hermia, eis
nem Epriften, geruͤhmet wird p). Denen die andern
nichts nachgaben, und ſowol fich ſelbſt als ihre
Brüderdazu aufmunterten. Gleichwie vorten
auch Rufticus alfo unterrichtet ward: «Diene den
„Brüdern, und wafche ihnen die Füfles 9). In—
gleichen andere, denen zugleich die Urfachen vorge-
ſten wurden: "Wir lehren eich nicht allein gaſt⸗
„frey fen, fondern auch die Gaͤſte fo demürhig-
„lich ehren, die ihr zur Herberge aufgenommen
„babe, daß ihr gegen fie gerne Knechtsdienfte
„thun wollet„r). Und dahero gedenfet einer
als eines fonderbaren Zeichens der Demuth
anMartino, daß er, als er bey ihm eingefehrr, nicht
allein Wafler zum Haͤndewaſchen felber gereicher,
Dr auch abends felbft die Fuͤſſe gewaſchen ha⸗
e, daben Fein Wehren noch Bitten geholfen s).
19. Weil aber die natürliche Hoffart zu ſolchem
verächtlichen Dienft fich nicht bequemen wollte, fo
kämpften die Ehriften nicht allein eben hierdurch
wider diefelbe , indem fie gerne dem Befehl des
HErrn gehorcheten, fondern fie fuchten auch an—
dere dazu zu bringen durch Vorſtellung der North:
wendigkeit diefer Pflicht. *EHriftus hat damit
„ein Gebot und Beyfpiel gegeben, daß fie nach die-
„em Erempel ſich nicht zu gut achten follten , alfo
„zu thun gegen einander, wie der Meifter felber
„aber bat, und daß aud) durch das Gebot denen
„Nachfommen der Nachdruck befeftiget würde,
AAlſo muß fich der Knecht nicht ſchaͤmen das zu
m;
j * muͤſſen wir ihnen
Fhun, was der HENK erft gethan hat). Wenn
wir nun der Heiligen Fuͤſſe werden gewaſchen ba-
„ben, und den Elenden zu Huͤlfe kommen ſeyn, ſo
„wirds heilſam ſeyn. Drum laßt uns deſſen be—
„fleißigen, damit wir im Himmel uns rühmen fo
„nen, daß wir der Heiligen Füffe gewaſchen haben.
„Wenn wir aber der Heiligen Fuͤſſe waſchen follen ,
ielmehr mit Geld aushels
fonderlich den Hoffärti-
: fWedenke doch, o Menſch,
ey), Dabey fie
gen ihre Lection pa 1
m) Serm. 114. etSerm. 3. Append. Tom.X. n) Arha
Ba wenn ein Fremdling zu ihm Fam ‚eben dies
“.
493
„in weſſen Geſellſchaft du dich begeheſt, wann du
„dich aufblaͤſeſt, und ſchaͤmeſt den Fremdling zu
„verforgen. Aber du ſprichſt, wie geſchieht denn
„das? Wenneiner etwa von Adelift, ſollte erwol
„den Gaft die Füffe wafchen ? Waͤre ihm das nich
„eine Schande ? Ja, vielmehr ifts ihm eine Schan⸗
„de, wenn er I nicht waͤſcht. Denn er mag gleich
„toooomal feinen Adel vorſchuͤtzen und erheben, fo _
„ift er docheben der Natur theilbaftig mit dem,
„den er wäfcht, und ift fein Mitknecht und gleicher
„Würde, Denke doch, wer die Füffe der Juͤnger
gewaſchen Babe, und fagenicht mehr von deinem
„Adelx). Wenn wir alle Beilige Dinge (Sacra:
„menta) vollbracht haben, foift euch auch ein Be:
Fehl durd) Wort und Erempel gegeben. Denn
„wir haben eines jeden Fuͤſſe gewaſchen, Damit wir
„euch zu unferer Nachfolge, oder vielmehr unfers
„HEren und Heilandes gereizet, daß, wie wir euch
„die Füffe gewwafchen, alfo auch ihr euren Brüs
„dern und Fremdlingen thut. as hält aber
„jemand diefes ihm für eine Schande, und bläft
„ſich in teuflifcher Hoffartauf, daß er den Befehl
„des HEren nicht thun will? Iſt er gleich in der
„Welt edel, fo foll er fich doch niche ſchaͤmen, Die
Fuͤſſe der Armen und in der Welt Verachteten
„zu wafchen; da doch dev HErr es befohlen, und,
„ebe ers befohlen, felber getban hat. Denn er hat
„das Erempel zuvor geftellet, damit das Gebot de:
„fto mehr angenommen würde. So bedenfet
„nun, meine Brüder, was es für eine unfelige
Thorheit fey, daß ein Knecht feinen Mitknecht
„nicht wuͤrdiget die Füffe zumafchen, da der HErr
„über alles, und der Meifter feinen Knechten und
„Schülern es getban hat. Er hat ſich unter die
„Geringern gedemuͤthiget, wir aber wollen uns
„nicht erniedrigen unter die, fo ung gleich oder auch
„beſſer find, u.f.w. y).
20, Weber diefe Gewohnheit mar auch nichts
neues in de Zeiten, daß fie den heiligen
Mär üffe wuſchen, zum Zeichen
ihre tung und Liebe gegen fie und ibren
ſelig ſtand. Drum ſagt jener von einer Chriſt-⸗
lichen Frauen, ſie werde vor ihrem heydniſchen
Mann “nicht zu den Maͤrtyrern ins Gefaͤngniß
„gehen dürfen, noch den Heilig afler zum Fuß⸗
„wafchen bringen„z). So wird auch von eini-
gen Chriſten gedacht,die nah Rom einften gekom⸗
men und “die Märtyrer befucher, dabey auch den
. 2.493 „Gefan⸗
iusad Virgin. 0) Sozomenus lib. I, e. it. p) Athana-
Sins Ep adfolit.vit ag. q) Hieron. Epiſt. 4. ad Ruſtic. r) Augufin. l.c. s) Sulpitius Seuerus in Vita e. 26.
t) Audor Libri de Ablutione Pedum ap. Cyprianum. u) Chryjefl.del.aud. Mon, x) Idem de Anima Hu-
milit. y) Augu/fin. Ser. 3. Append. Tom.X, 2) Tersullianuslib. II. ad Vxor.c. 4.
J
494
Gefangenen die Fuͤſſe gewaſchen, 2)... Daß al-
fo diefe Weite unter denen Chriften fleißig behal-
gen ward, und die Lehrer die Fhrigen derfelben im⸗
mer erinnerten aus Reſpect gegen die Worte JEſu.
Sa, wenn eseinige damit ablehnen wollten, daß fie
vorgaben, ſie thäten es doch mit dem Herzen, und
ſey eben nicht das leibliche Baden der Fuͤſſe gemey-
net 5b), fo fagten fie gleichtvol: “Es fey dennoch
„befler, und ohnftreitig der Wahrheit gemäffer,
daß es aud mit der Hand geſchehe, und daß fich
„deffen ein Chriſte nicht fchäme, mas Chriſtus ſelber
„gethan habe,,c). Welcher Grund ben denen Grof-
fen Nachoruc hatte, die des HErrn Worte in Ge⸗
korfam und Demuth annahmen auch davon nit
gend Eeinen Schaden hatten, Die Verſtaͤndigen
fahen hiebey genau aufdie Abficht des HErrn, daer
ihnen fonderlich die Demuth dadurd) eingebunden
hatte. “Der HErr bat das Fußwaſchen (hieſſe
es/) um der Demuth willen empfohlen, welche zu
„lehren er kommen war, wie er auch hernach erklaͤ⸗
„vet hat, d). Darwider wendeten nun einige
abermal ein, es würde endlich zur Taufe gerec)-
net werden, wenn man esfo noͤthig hielte. Des»
megen fie es auch unterlieffen , oder wol gat aufhe⸗
ben wollten e). Nun war freylich darinnen ein
Aberglaube, daß man dieſe Sache auf eine gewiſ⸗
ſe Zeit ausſetzte, und etwa den Getauften nach ihrer
Taufe die Füffe zu waſchen anfienge, welches der
Bifcof einften thun mußte F). Eben wie man
nadymals das Fußwafchen auf den Grünen Don-
nerftag legte, und alfo dasjenige zu einer aufferlichen
Eeremonie , Pomp und Pracht machte, was doc)
in der Epriftlichen Freyheit aus ungebundenem, de⸗
mürhigen,, liebreichen Herzen und zwar zur Noth⸗
durfeder Brüder geſchehen ſollte e). Im uͤbrigen
raͤumten die Alten auch dieſen Einwurf hinweg, als
wenn es gar. zu veraͤchtlich wäre, den geringften
Theil des Leibes zu bedienen. Denn ie fagten:
„Es fey viel ehrlicher, Die Fü Jeiligen zu be:
„rühren, als anderer böfer Leut upter denn
Chriſtus ſey in ihnen, und ſeyn ohnede mdie Fuͤß
fe der Heiligen fo mächtig, daß auch GOtt ihren
„abgechüttelten Staub zu rächen pflege h).
21. Nachde ‚die Hiftorie Des Fußwaſchens
kuͤrzlich bey dieſer elegenheit entworfen, will id)
nun endlich von den Soſpitaͤlern und Gaſthaͤu⸗
i Nan
ſern der Alten etwas weniges anhaͤngen.
a) Alta ap. Baronium A. CCXX. n. 2-
Le
Hildebrand. deRit. S. n. ı1. hi)
n) Archelaus Difput. adu. Manich.
ib. U. tit23. $. 1.
ad Lancellosum\.c. x) Canon. Moſtol. 38. et 41. et Zonaras in Schol.
Idem Epift. CXVIIII. c. 18. ad lanuar. €) Ibi
h) Chryjof. hom.39.ad Antioch.
0) Iufin. Nouella CXXL c. 10.
g) Ieflin. Nouella VI; c. 2. XLIII. CXXVEIL c. 23. et CXXI. c. 5. 10. Conf, Ziegler.
er RR
x
3.3. Don der erften Ehriften Pflichten und Bezeigungen gegen einander,
hat aber beym Hieronpmo geroiffe Nachricht, da
u feiner Zeit die Fabiola, eine Ehriftliche Ku
as erſte Rrankenhaus gebauet babe i %
Und anderswo fchreibet er, Pammachius habe
ein Hofpital an den Roͤmiſchen Haven (da viel
Stemde zu Schiffe anfamen,) aufgerichtet, da er
»gleichfam einen Zweig von dem ——
„hams gepflanzet,, habe, oder Abrahams Exem⸗
pel nachgefolget ſey ©). Daß aber dieſes damals
eine nicht ſo gar gewoͤhnliche Sache geweſen ſeyn
muß, ſiehet man daher, weil er gedenket, “Die gan⸗
„je Welt habe von dieſer Stiftung gehöre, 1).
Alſo erwehnet eben Diefer auch von der Paula, daß
„fie eine Herberge vor die Fremdlinge in Bethle—
„hen (da er wohnte,) aufgerichtet,, m). Marcel:
lus, ein Bifchof, richtete auch folche gemeine Her⸗
bergen an, und ward deswegen vor fehr gaftfrey ge-
balten (hofpitalifimus) n): anderer Ereme
pel zu —— Denn nach der Zeit wurden
ſolche Gebaͤue ſehr bekannt, da die Reichen gewiſſe
Verordnung in ihren Teſtamenten zu ſolchem Bau
machten: davon in denen Rechten viel zu leſen iſt,
fonderlich wie fie in einem Jahr nach der Vers
maͤchtniß haben müffen vollzogen werden o), die
Häufer felbft unter der Biſchoͤffe Aufficht bleiben,
und nicht wieder zu anderm Nutzen gefchlagen mer-
den p). Und foldye Gebäue nennte man hernach
facras et venerabiles Domos, ehrwürdige Haute
fer ‚weil fie zur Ehre GOttes und den Dürftigen
zum Beften, aus Liebe und Borforge gegen fie,aufe
gebauet feyn follten q).
22. Zu ſoicher VBerforgung der Fremden wur⸗
den nun von gutherzigen Perſonen gewiſſe tegata
und Capitalia vermachet und verſchrieben zu ihrer
Unterhaltung, deren hin und wieder bey den Alten
gedacht wird: ſonderlich wenn denen Auffehern
die Sorgfalt vor die Güter der Armen aufgetragen
mird, darunter denn auch diejenigen mit waren,
welche zur Nothdurft der Fremden und Reiſenden
gebrauchet wurden r). Inſonderheit wird ſolcher
„Güter, die zu den Hofpitälern vermachet waren,
„in einem Concilio gedacht, und dabey befohlen,
„nichts davon zurück zu behalten, zu verwenden
„oder abzuziehen. Wer diefes hun würde, der
„folltealsein Todtfehläger der Armen aus der Öe-
„meine geftoffen werden,, s). Und anderswo er=
wehnen die Gefege der Kayfer oftmals che
wur er⸗
b) Origenes in Ioh. 13. p. 374. Auguſtinus Tract. 58. in Ich. c) Idem
Ibidem. f) Id. Serni. 3. Append. Tom. X. g) Vid,
i) Ep.30. k) Ep.26. 1) Ep. 30. mM)Ep. 27,
p) Vid. omnino Lancellot. Inftit. I. Can,
s) Aurelianenfe V. c. 13.
*—
was vor Gewißheit des Herzens,
2/2 1
E %
ır. Cap. Vonder Ehriften Dorforgefürdie Witwen, Alten, Kranken, Gefangenen x 495
Vermaͤchtniſſe, und wollen damit allen Mißbrauch
und Unterfchleif verhuͤtet wiſſen t). Wozu aud)
bisweilen diefes fchreckliche Mittel, weiß nicht mit
rauchet ward,
daß man bey der Fundation die graufamften
küche und Wünfche dazu chat, welche die betref⸗
fen follten, fo etwas davon entwendeten u). Zum
wenigften waren die Erinnerungen und Urfachen
nachdrücklicher, welche von denen weltlichen Rech⸗
ten Disfalls angefüßret wurden, da es biefle : Was
en heiligen Dertern gehört, oder was an
derſelben Vorſteher, nach) der aufgetragenen Vor:
„forge, kommen foll, das foll bey denfelben Der-
„tern bleiben, und unter die in der Furcht GOttes
„ausgetheilet werden, welche in felbigenDertern find
„oder verpfleget werden. Denn es iſt offenbar,
„daß, wer etwas einem Vorſteher der Hoſpitale
„oder Kranfenhäufer, oder anderen binterläßt,es fen
nun ſchriftlich oder ohne Verfchreibung, er es des⸗
„wegen gebe, Damit es von ihm freulich verwaltet
„werde, weil er dabey gute en und Mey:
„nung von denen bat, welche folchen Dertern vor:
„gefeßet find. Denn es it auch höchft unrecht „
„wenn er dasjenige, was er unter dem Vorwand
„derer, Die er — „empfaͤngt, nicht auf die
„wendet, ſondern auf ſeine eigene Perſon, und zu
„feinem Gewinn brauchet, und dabey die Furcht
Gottes hintenan ſetzet x).
23. Der meiſten und fuͤrnehmſten Verwaltung
nahmen ſich die Aufſeher an, gleichwie ſie ſonſt vor
die Fremdlingen inſonderheit zu ſorgen hatten. Es
ward ihnen auch abſonderlich die Aufſicht uͤber die
Güter der Hoſpitale, ihre Einnahmen und Ausga—
ben befohlen ;tvie wir aus den Geſetzen der Kanfer
gehöret haben. Sonderlich aber waren fie ſchul⸗
dig, wohl zuzufehen, daß es redlich jugienge, inglei:
den, daß es an dürftige Perfonen gewendet wurde,
und die Verwalter damit in rechter Zerlchgigdeit
und gewiflenhaftigbandelten y). Und dieſes erfor:
derten auch) anderevon folchen Auffehern, wiewir
beym Gregorio M. fehen z) : welches jene alte
Verordnung gleichergeftalt haben will, da die
Aufbauung eines Hofpitals dem Bifcyof über
geben ward a). Nachdem aber auch von folchen
Perfonen ‚denen man billig alle Treue und Sorg-
falt hätte zutrauen follen , aleichwol nicht alles
vecht verfehen wurde ; mußte man darinnen andere
Anftalt machen. ie etwa von einem folchen
Hofpital in Frankreich auf einem Synodo be-
ſchloſſen ward, “daß die Einkünfte deſſelben nicht
„dem Bifchof follten uͤberlaſſen werden, oder zu
„dem Recht feiner Kirchen gezogen, fondern in ih.
„rem Stand bleiben. Allein , follte der Biſchof
„zufehen , in Anfehung der ewigen Vergeltung,
„daß allzeit gute und gottsfürchtige Vorsteher ge—
„ſetzet würden, und die Berpflegung der Schwa:
„chen und Aufnehmung der Fremden nach der er—
„ten Einfegung allzeit beftändig verbliebe,,b).
Gleichwie von einem andern folche gottsfürchtige
und tüchtige Hofpitalverwalter verlanget und bes
- Dinger wurden e).
24. Diefe Derwalter nennteman Eevodoxes ,
Aufnehmer der Fremden d) , Dorfteber
der Hofpitale ©), denen die Bewirthung der
FSremdlingen anvertrauet war f): Ingleichen
Hofpitalmeifter g) , oder Hofpitalberren
(Hofpitalarios, Magiftros Hofpitalium) h).
Man hatteaud) gerpiffe ragzpovzefss, Manfio-
narios, oder folcheseute, die an den Straffen ges
wiſſe Herbergen verwalteten, darein die Reis
fenden einfehren und bleiben konnten, wenn fie
nicht weiter fortkommen Fonnten i). Und diefe
hatten gleichfalls einige pias caufas, und geift«
liche Güter unter Händen , die fie an folche
Fremdlinge wenden mußten kl: Weswegen ihs
rer auch in denen Conciliis gedacht wird), nes
benft denen Exdhxois und Oeconomis. Diefe
legtere nennte man insgemein die Rirchens
vorfteber ‚ wie fie jego find, welche die Auffiche
über alle Einnahme und Ausgabe der Kirchen hat⸗
ri y ten,
t) Iuffinianus Now. cit. u) lohames Antiochenus de Donat. Monaſt. c.9 ap. Cotelerium Tom. J. Mon. Gr.
p.ı70. x) L.42. 6. 6. ©. de Summa Tinit. Add.l. 46. ibid. et Canon. 14. Contilii apud Saponariası
y) Iuflinianus Non. et Cod.1.c. z);Lib. IV. ep. 24. et Jib.X. ep. ii. a) Fomuila eft apud Marculfum lib. II.
Forin. Vet.c.ı. b) Comcil. Aurelianenfe V. <.15. €) Hintmarus Remenfis Adınonit. ad Ludouie. Germ.
R.c.ı0. d) Iuflinianus Nouella CXXII. 6.23: Pailarius Laufiac. c.3. Gregorins M, lib.IV. ep. 8.
et lib I. ep. 9. e) Canon 75. Nicenus, qui ex Arabico tonuerfus dicitur. f) Afidorus Peluſioca
dib. I. Epift. 105. et 392. 8) Vid. C. Rittershufins Expof, Nouell. P.l.c.7. 5) Ideml.c. i) Dionyfins
Exiguss Cod. Can. Eccl. Rom, Zidorus lb. IX. Origs €.4. Conf: Cuiarias ad 4. 5. C. de Epiſe. et Cler. et
‘de Manfionibus Laur. Pignerius Symb. Epift. 27. p.100: k)-Vid. Zwfellus ad Cod. Can. Ecel. Vniu. p. 222,
I) Can. 2. Coxcil. Chalcedon. Iufinianus inter Miniftros memorauit 1. 46. $.3. Codı de Epife. er Gier, vbä
Dionyfins Gorhefredus in Nota woyois L muonaßleriis dedueit ſecus atque alii,
*
496 |
ten, und gleihfam Vormuͤnder derfelben waren,
wie fie in den Rechten hieffen m), Und diefe muß:
ten nun alles, was zu. nöthigen Ausgaben, Almos
fen und anderen gehörte, austheilen, und darüber
den Ibern Rechnung thun n). Anfänglic aber
waren die Diaconi dazu beſtellt, von welchen die
Apoftel erforderten , daß es feyn follten Maͤn⸗
ner aus denen Bläubigen , (Bagrugsweva)
die ein gut Zeugniß hätten, voll Heil. Bei:
fies und Weisheit, Apoft. Gef). 6, 3. Wie
denn auch in denen fogenannten apoftolifchen Ne
geln gefagt wird, daß fie von dem Aufſeher die nö-
ehigen Ausgaben nehmen und “zur Nothdurft
„der Fremdlingen anwenden follten 0). stem,
„fie follten, wenn ein Bruder oder Schwefter an-
„käme, und Recommendationsfehreiben mit fic)
„brächte, zuerft zu ihnen gehen und fragen, wer
„fie wären p).
25. Alfo rar es mit diefen Haͤuſern bewandt in
denen Zeiten, dadie Chriſten unter dem Schuß der
Kanfer Aufferliche Nude hatten, daß man mit deren
Stiftung und Gebrauch auf die Sremdlinge und
andere Dürftige ſahe. Welcher Zweck aber nach
und nad) faft ganz vergeffen worden , nachdem
man zwar den Mamen der Hofpitale oder Gaſt⸗
haͤuſer behalten, aber die Sache ſelber nicht; ſon—
dern gemeiniglich folhe Stiftungen und Gebäue
dem Gebraud) der armen Sremdlinge entzogen,
m) Venerabilium locorum Oeconomi Nouella Iuſtin.
3. B. Don der erſten Chriſten Pflichten und Bezeigungen gegen einander.
und nur den Einpeimifchen zugewandt, die ein 9 *
wiſſes Geld hinein vermachen, und deswegen ihr
Lebelang darinnen unterhalten werden. Indeß
8 geben fo viel tauſend Arme, Fremde, Vertrie—
ene, Wanfen, Witwen, Abgebrannte, Krüppel,
Preſthafte und erbärmliche Perfonen vor den Thuͤ⸗
ren herum, denen die reichen Einfünfte der Hofpi-
£äler und Armenhäufer von GOtt und Rechts wer
gen zugehörten, aber nicht gereichet werden. Da:
ber oft viele unter freyem Himmel in hoͤchſtem
Ungemach verderben und fterben müffen, und den⸗
noch) mitten unter denen, fo den liebreichen
Namen der Chriſten noch führen wollen. Zuge
ſchweigen, daß man fdyon vor Alters untreu und
verkehrt mit den Gütern folcher und anderer Häu-
*
*
fer umgieng. Dahero auch die Verſtaͤndigen an-⸗
noch vor beſſer hielten, wenn einer, der den Armen
Gutes thun wollte, bey Lebzeiten ſelber und mit
eigener Hand daſſelbe denen Duͤrftigen austheilte,
als daß er es der Kirchen oder andern Hofpitalen
vermachte, Denn (fagten fie,) “was den Kirchen
„zugehöret, das wird mit der Zeit verwahrloſet,
„oder von Tyrannen ganz weggenommen: was
„man aber den Armen felber gibt, das fann auch
„der Teufel felbft nicht wegnehmen,, q). Und die⸗
fes alles lehrte fie und lehres noch Die Erfahrung,
nachdem man einmal von der erften Ehriften wah⸗
ven Berleugnung der Welt, brünftiger Liebe und
Findlichen Einfalt abgewichen.
LIIIL et CXXIII. c. 23. CXXL ce. II. Greg. M. lib. II,
Ep. 22. Vid. Lancelloeus Inft. I. Can. lib. II. tit. 23. 9.3. n) Gregoriss I. c. 0) Canon Apofl. 40. p) Con-
Pit, Apoß. lib, II. c. 58. 4) Chryfoftomus apud Balfamenem Schol. ad Can, 7. Concil, CPtani,
Ende des dritten Buche.
*
— U 4097
7 Bas Sie Bus,
| Von den Pflichten und Verhalten der Erſten
⁊
*
Chriſten gegen ſich ſelbſt.
Das 1. Kapitel,
Von der Verleugnungihrer ſelbſt.
Summarien.
Spyrsleugnung war der Grund des Verhaltens gegen fich felbit ben den erften Chriſten, nach der Pehre CHriſti und durchihre le⸗
bendige Kraft. $. 1. Erfenntnißdes Elendes vor GOtt erweckte fie zur Verleugnung (wie fie in der Schrift vorgeichrieben,)
in allen Dingen; Nothwendigkeit derfelben. 2. Sie muß fommen aus dem Glauben in Beweiſung des Geiftes und der Kraft;
Bekenntnis davon. 3. Die Verleugnung rechnete man nach dem Zuſtande des Herzens vorGOtt; Erempel derApoftel:4. was
Kinder Gottes allesverleugnen; Erempel; 5. Eigen Bekenntniß von ihrer Verleugnung, je mehr fie GOtt erfannten 6, Al-
fo wurden fie fren von ihrem eigenen Willen, den fie den Willen GOttes gänzlich unterwarfen 5; Erweckung dazu unter einan-
der : dadurch Famen fie zur Gemütbsruhe,. 7. Worinn ſie die Verleugnung jonderlich nöthig hielten ; Abjehen dabey 5 ihre
Ratur und Wirkung GOttes Wohlgefallen daran, 8. deſſen Willen man ſich Ledialich überließ; Erweckung dazu; Urfachen.
Aus der Verleugnung blühet wahrer Friede und Freude in GOtt hervor, aus Chriſti Verbeiffung, ohne eigene Kraft.9g. Durch
Rerleuanungdes eigenen Willens überwindet man alles, wie ohne eigene Ehre vor GOtt, alſo ohne faliche Abfichten gegen
den Nächiten , Dadurch fonft alles Gute verderbet wird; Bekenntniß eines Lehrers vonfich felbit. 10. Verleugnung der irdie
feben Woblluftre. dabey fie jelbit des Lebens nicht Khoneten ; Vermahnung dazu, ı1. wider den Sinn der Weltkinder,, wel:
che um des Irdiſchen willen oftihr Leben wagen; einem Ehriften aber ift ales Jrdifihe gleichviel; nicht ohne wirkliche Uebung.
12, Berleugnung um des Nächten wien geſchahe aus Eindlichem Gehorſam gegen GOtt; Erempel eines folchen Zeugen Chri⸗
fti; wiewoles den Welttindern ungereimt vorkam, , doch lieſſen fich Chriſten durch Spott nicht abſchrecken, fondern Lieffen fich
die Drdnung des Ereuges gefallen. 13. Durch die heilfame Gnade ſtritten fie wider Die groben Lüfte, fo fie auch befiegeten durch
die Treue der Gnaden GOttes, je unanftändiger der Seelen ſeyn würde, ſich durch irdifche Dinge zu verzehren , welches fie vor
die arößte Thorheit hielten. 14. Fortſetzung der Verleugnung durch Beten und Wachen, durch Erkenntniß und Geſchmack der
Einigkeit EHriki. ıs. Verleugnung der Güter und Herrlichkeit diefer Welt, wie auch der Anverwandten und des eigenen Pe-
bens, jonderlich bey Märtyrern : des Profits und Reichthums, je gefährlicher felbiger if; daber waren fie frey und zu allem be⸗
reit/ welches ihnen von Gtt als eine Berleugnung alles gerechnet wurde ;_ Erempel: folchebieffen Befenner: 16. Vorthei—
le hg Verleugnung, ſonderlich Rubedes Herzens; Erempel, Zeugniß. 17. Durch Verleuanung wird der alte Adam ent:
Eraftet und getödtet, und der Menfch gewiſſer malen unempfindlich gemacht; Gleichniß davon; Reſolution dazu 13. aus
Begierde zum Frieden der Seelen, jemebr fie erfannten , wie gutes Chriſtus mit ihnen meynte; die fuͤrnehmſten Früchte der
Berleugnung werden bisin jene Weltaufgehoben; Zeugniffe von dem Gegenmwärtigen und Zufünftigen, daher die Verleugnung
niemand gereuen kann. 19,
$. u
iefe Verleugnung ihrer felbft, als der Grunde fieget. Nichts defto weniger haben wir
Grund aller Pflichten gegen ſich felber, ei infonderheit diefe Sache Eürzlich berühren
leuchtet zwar aus allen Reden und Tha- follen, da wir num einen Anfang machen, das
2? ten der erſten Ehriften fürnemlich hervor, Verhalten derſelben geaen fich felbft zu erwegen,
und (äffet ung an derfelben Gewißheit im geringften als worunter die wahre Verleugnung der Grund
nicht zweifeln, wo wir nur ihr $eben ein wenig und Anfang fern mufite. hr einiger Meifter
unterſuchen. Geſtalt denn nicht allein im Erften und $ehrer hatte ihnen vor allen andern diefelbe
Bud) bereits von der Nachfolge JEſu CHrifti empfohlen, fo gar, daßerfie fonft vor feine Kün-
und andern dahin gehörigen Stuͤcken das nörbigfte ger nicht erkennen wollte. Wer mir nachfol-
vorgetragen worden, fondern auch in denenübri» gen will, (fprach er,) der verleuane fich ſelbſt,
gen Pflichten gegen GOtt diefelbe überall zum und nehme fein Ereuzauffich, und folgemir,
Er Rrr Matth.
Mattb.16,24. Marc. 8,34. Wer aber fein Arcuz
nicht auf fich nimmt, und mie nachfoiget,
der ift mein nicht werth, Matth.10,38. Dis
Wort des HEren JEſa warindenen lebendig , die
ihn fiebten und fein Wort hielten. Und foldhen
mangelte es niean Kraft und Stärfe, ſich ſelbſt zu
überwinden, zu haſſen und zu verleugnen famt der
ganzen Welt, und Chriſto bisin den Tod getreu zu
feyn : als wir nun vernehmen wollen. :
2. Zuförderft aber war ihnen offenbar aus die-
fen Worten durd) den 9. Geift und feine Erleuch⸗
tung, daß der HErr hiedurch von ihnen forderte
vor allen Dingen, tie fie in Erfennfniß ihres eige=
nen Elends vor GOTT fid) inniglic) erniedrigen
müßten. Aus welhem Grunde denn fobald er-
folgete ein ernftlicher Vorſatz, daß fie nirgends fich
ſelbſt und ihreeigene Ehre, Nutzen oder Suft zum
Zweck ihres Thuns haben wollten. Und alfo half
ihnen die Fräftig wirkende Gnade, ißreeigene die⸗
be zu überroinden und in Gehorfam unter GOTT
zubringen, auch alfo alles in gottgefälliger Drd-
nung zu thun und zu leiden, Immaſſen fie eben
diefes verjtunden Durch die Ablegung des al-
ten Wienfeben, dem ein Chrifte nicht mehr zu
Dienft und Gefallen leben mußte, alfo, daß er mit
Wahrheit fagen konnte aus Gal. 2, 20. Ich bin
mit Crifto zugleich gefreusiget. Ich
lebe aber, doch nun nicht ich, ſondern Fri:
ſius Iebet in mir. Undausc.6,14- Die Welt
ift mir gefreuziget, und ich der Welt.
War alfo bey ihnen gewiß und ausgemacht, Daß
„ein glaubiger Ehrifte täglich fein Kreuz auf ſich
„nehmen müffe und ſich felbjt verleugnen. Zum
„Erempel, wer zuvor unkeuſch geweſen, und id
„nun zur Reinigkeit gekehret, der verleugnet eben
durch feine Maͤßigkeit die Unzucht. Wer furcht⸗
„fam und ſchuͤchtern geweſen ift, und nun die Stär-
„ee angenommen hat, der weiß nicht mehr, werer
„zuvor gewefen fey. Wenn ein Ungerechter der
Gerechtigkeit nunmehro nachfolget, der verleug-
„net die Ungerechtigkeit», « Solchergeftalt pflegten
ſich die wahren Jünger JEſu “fowol in Berfol-
„gung, als in ihrem übrigen Wandelinsgemein,
„in Werken, Gedanfen und Worten zu verleug-
„nen, was ſie nemlich zuvor geweſen waren, und
„hingegen vor ſolche Leute zu bekennen, die in CHri⸗
ſto wiedergeboren waren, 4). Und diefe Prlicht
mar fo gar hoͤchſtnothig bey dem lebendigen wahren
Ehriſtenthum, Daß aud) ohne diefelbe Feine Chriſten
feyn konnten. Welches unter vielen andern Zeug:
3. Don den Pflichten und Verhalten der erften Chriften *F
niffen, die bald vorkommen ſollen, auch daher zu ⸗ “|
fehenift, weil fiedenen Heyden auch unter die Au
gen fagten, “fie koͤnnten nicht eher Ehriften werden, _
„oder von EHrifto Die
1 vheit glauben , bevor
„fie der Welt abfagten b). iR
3. Demnad) mußte eines jeden Chriſtlichen ’
zen einige Sorgfalt dahin gehen, daß (min 2
frommer Mann fchreibet,) “der Glaube fein geiftli=
„ches Wefen bebielte, und das andere alles be
„lieſſe. Er mußte alle irdifche und materialifche
„Hinderniſſe abſchneiden, damit erfelbft von aller
—— Liebe und Neigung zu en
„mehr und mehr entferner würde. Hingegen durfz
„te er feinem Herzen niemals zulaffen, daß es fich
—5 in Ehrgeiz, Liebe und Freundſchaft die⸗
„ter Welt, oder andere irdiſche Sorgen. So konn⸗
„te er in Hoffnung und Erwartung der goͤttlichen
„Gnade ruhigleben, und, wie EHriftus fagt, feine
„Seele in Gedult faflen, c). Daß aber diefe
Pflicht bey den erſten Chriſten nicht in bloffen
Morten, fondern in Beweiſung des Geiſtes und der
Kraft beftanden, geben uns faſt unzählige Stellen
der Alten Zeugniß. Nur etliche zu gedenfen, fo
ruͤhmeten fie a deffen in der Gnade IEſu EHrifti
auch vor den Feinden der Wahrheit: “Es gefchiebt
„durch GOttes Kraft, daß bey uns eine fo grofle
„Umkehrung des Herzens vorgehet, dadurch wir,als
„von einer hochſten Suͤßigkeit und Liebe zu allem
„Öutenüberwogen, die erkannte Wahrheit anneh⸗
„men, und die Sreimbfehaft EHrifti allen Dingen
„oiefer Welt vorziehen, ſ. Wiederum: «Die
„aöttliche Kraft hat uns die Flammen der Begier-
„den ins Herze geleget, und verurfachet, daß nun
„alle Völker in Einmuͤthigkeit des Glaubens zus
„fammenftimmen, zu wahrer Berleugnung ihrer
„ſelbſt und alle des Ihrigen e).
4. Ferner bewieſen fie aud) eben dieſes mit folz
gendem Schlup: “Wenn wirdie Welt mit ihrem
Weſen vor nüglich achteten, fo wollten mir alles
„leicht von GOtterlangen, dem ja alles zugehoͤret.
„Aber wir wollen lieber den Reichthum verſchmaͤ⸗
„ben, alsbehalten, und fordern von GOtt viellie:
„ber Unfehuld und Geduld ‚als andere Dinge, F),
Wie fie denn auch denen, foder Welt ergeben wa⸗
ren, gerade unter die Yugen fagten: “Wir pflegen
„das alles zu verachten, was fonft insgemein fo
„hoch gehalten wird. Dahero macht uns fein
unruhig, den uns unfere Feinde thun | J
Auch Feine Schmaͤlerung unferes ehr ⸗
lichen
„Schade
„wollen.
3) Hieronymus Queft. 3. ad Algafıam. b) Terzullianus Apol. c. 21. <) Macarius homil. 9. d) Arnobins lib,
JI. adu. Gentes p. 57. 0) Idem ibid, p. 63. f) Mi
nutins Felix in Octau. P. 375- * >
_
x
#
EN
”
—J
*
„rer anthun koͤnnet, 8). Von dieſen und
der —* im en pe Fonnten die
andern mit Recht zeugen, wasdiefe Berleugnung
betrift,; *So viel taufend Weltleute haben auf
en der Erkenntniß der Evangelifchen
*8 Wahrheit alles Zeitliche verlaſſen. Und wann
*
*
*
rau
„ſie es ja gebrauchet, lieſſen fie fich doch nicht davon
—— ‚ fondern litten lieber den Tod um id»
„tes Beilfamen Glaubens willen. Dadurch fie
„denen Unglaubigenwiefen, daß fie vielmehr das
Irdiſche befallen, als daß das Irdiſche ſie befäf-
„ie b)., Dafamen fo viel Kräfte zuſammen, die
ſich alle durch gewiſſe Proben in der Berleugnung
„gleichfam fammleten, und das Kreuz CHriſti zu
„ihrem Uxfprung batten,, i). Alfo, dag nichts
miehr die Chriſtenvon denen Henden unterfihiede,
- als eben diefes Kennzeichen des Kreuzes EHrifti
mit allen feinen Wirkungen.
5. Und folhe Verleugnung rechneten fie nun
nicht nach der Ghröfle derer Dinge, die etwa ver
Teugnet wurden , fondern nach dem Herzen und def:
fen Zuftande vor GOtt. Gleichwie Die Apoftel in
der Wahrheit alles verlaffen und verleugnet Bat
ten, ob fie gleich wenig gebabt, indem fiealles, was
man fonft begehren mag, völligmit Füffen getre⸗
ten, und nicht allein alle Sünden, fondern auch ſich
felbft verſchmaͤhet haben k). “Denn alsdie Se-
„ligfeit des himmliſchen Reichs verfündiget ward,
„ſo lerneten viele die Ehre dieſer Welt verachten
„und aufdie Herrlichkeit Soul hoffen. Siever:
„lieſſen allen Leberfluß , wurden mäßig, und über:
wunden den Geiz, übeten die Mildigkeit. Die
„Jungfrauen hafjeten den geißbiefes Todes, die
„Witwen wollten lieber Jungfrauen fern, die Be-
„kenner haſſeten ihr eigen geben ; den Märtyrern
„war esdiegrößte Sreibe zufterben,,!). Und mie
dorten von Denen bekehrten Perfianern verfichert
wird, folche erleuchtete Herzen “verlacheten alles
„Gegenwaͤrtige, und freucten fich vielmehr, wenn
„ſie Die unfichtbaren Dinge betrachten follten,, m).
Deswegen fie auch nicht zu verdenfen waren, warn
fie folche groffe Gnade an fich befenneten ; wie zum
Erempel Janatiusthat, alser von Grund feines
Herzens alfo vonfich fehriebe: “ch weiß, was mir
„gut iſt. Ich fange jetzund an ein Jünger zu ſeyn,
„weil mich nichts anficht,weder das Sichrbare noch
„Unfichtbare, daß ich nur zu JEſu CHriſto kom⸗
Te . Cap. Don der Derleugnung ihrer felbft,
Er „lichen Namens, oder wann ihr ſonſt etwas ſchwe⸗ „ıfe,, n).
499
umelcher Befenntniß gewißlich eine
unendliche Kraft GOttes ſamt einer langen Uebung
im Kampf wider die eigene tiebegehörte. Gleich:
wie er eben daſelbſt fortfaͤhret: “Goͤnnet mir, daß
„ich EHrifto, meinem GOtt, im Leiden nachfolge.
„Wer ihn alhier bat, der merfe, was ic) haben
„till, und habe mit mir Mitleiden, weil er ei,
„was mich Angitet, 0). Dergleichen herzliche
Zeugniffe fich in der ee Geſchichten über:
flüßig finden, die wir güten Theils bey ihrer Geduld
in eben diefem Buch erzehlen wollen.
6. Wie herrlich war denn diefe Erklärung in den
Augen GOOttes und aller feiner Kinder, welche je-
ner bewährte Chriſte auch) an die Heyden abgehen
lieſſe, da er fo treuherzig fchrieb: “ch mag nicht
„regieren, mir gefallet nicht veich zu werden ; ich
„verachte die Wuͤrde eines Öenerals; ich haſſe die
„Hurerey, begehre auch nicht um des Geizes wil⸗
„ten über See zu reifen, verlange feine Kronen in
„den Kämpfen, Auch bin ich von dem unfinnigen
„Ebrgeiz frey, den Tod verachte ich, tiber alle Ar—
„ten der Krankheiten bin ich ftärfer (nemlich am
„Geifte), Feine Traurigkeit ängftigetmein Herze.
„Din ich ein Knecht, fo erdulde ich die Rnechtfchaft,
„Din ich frey, ſo ruͤhme ich mich der Freyheit nicht,
p). So gar warddie Verheiſſung des HErenan
ſolchen Seelen erfüllet, daß fie recht frey wa-
ten, weil fie der Sohn frey machte, Job. 8,
36. Als auch ein anderer Fürzer, aber eben fo
nachdrücklich fich beraus liefle von dem Zuftand
feines Herzens mit diefen Worten: Sch bin von
„dem göttlichen Wefen angeblafen worden, und
„verfchmäße mein Haus, Vaterland, Weibund
„Kinder,babe fie auch nicht mehr lieb, fondern ftei-
„ge getroft in den Himmel felbit auf, q). Welches
fie denn nur eröffneten, umdenen armen Heyden
zu zeigen, wie weit es durch die Kraft des Allmächtis
gen zu u fen in dieſem erften und nöthigften
Stüd des Chriſtenthums, davon fiean ihnen ein
Erempel nehmen Fönnten.
7. Da nun alfo diefe gehorfame Kinder mit fol:
cher ftandhaften Kefolution ihre Eigenliebe über-
wunden, iſt leicht zuermeffen, wie nunmehro der
Wille des HErrn ihres GOttes hingegen bey ihnen
geherrſchet habe. Wir haben bereits bey ihrem
Gehorſam im 9. Cap. des 1. Buchs etwas hievon
gefeben, daß ihr eigener Wille und ihres eigenen
u Nr 2 Her:
2 g) Athenagoras Apol. p. 2. « h) Auguffin. de Mor. Ecch.c. 33. i) Arhanaf. in Vita Anton. ad gentiles Philo-
fophos. K) Razbereus Comm, in Matth. XIX. 27.
peut, Gr. n) Epift. ad Rom,
Amzuguöp. 179:
J
“
I) Hilarius in Pf. 143. m) Dheodoritus lib. IX. Thera-
o) Ibid. p) Tatianus Orat. ad Gr&c.p.150. 9)Hermias adu, Philof, Gent,
Lu
8:
4 9
Herzens Gedanken ſie an herzlicher Unterwerfung
unter göttlichen Willen nicht hindern koͤnnen; zu⸗
malen Da die lebendige Erfenntniß der Batertreue
ihres Erbarmers, ſamt derfelben Fräftigen Wir
fung, fie vom Eigenfinn und eigenen Gefud) maͤch⸗
tiglich zurück Bielte. Denn da war den erleuchte-
ten Rindern nicht unbekannt, wieder Unglaube und
daher entftehende Ungehorfam, eigene Wille und
Eigendünfeldarinne veitünbe, wenn der Menfch
feinen eigenen Willen dem göttlichen entge-
gen ſeget, wie von verfehrten Herzen getedet
wird, daß fie GOttes Feinde dadurd) feyn r),
weswegen fie hingegen diefes vor den —7
Rath erkannten, daß ſolcher eigene Wille durch
GOttes Kraft gebrochen und niedergeſchlagen
würde, Dis war ihnen der enge und ſchmale
Mea, Matth.7, 14. wenn die Seele ihren eigenen
„Gedanken Gewaltanthut, und um GDttes wil-
„len ißren eigenen Willen oder Begierden (da $e-
„Annore) abſchneidet und vermwirft,,. Das bief:
fe, alles verlaffen und CSriſio nachfolgen,
Matth.19,27.5)., Welchen Kath dorten ein ge
übter Ehrifte feinen Brüdern mitcheilte, oder viel-
mehr fie deffen wiederum erinnerte, werner zeigen
wollte, daß ein Ehrifte allzeit GOTT nach feinem
Willen genieffen Fönnte, wenn ernemlich fich nicht
nach feinem eigenen, fondern nach GOttes Willen
richtete. Wille du, (ſprach er, daß dir GOtt hel-
„fen ſoll, ſo glaube vor allen Dingen niemals dei-
„nem eigenen Argwohn, und hingegen trachte da⸗
„hin, daß du deinen Bruͤdern dich unterwerfeſt.
„Schneide Deinen eigenen Willen ganz ab,, (als
die Ölieder, die dich argern, Matth.ıg.) t). Wo—
mit fie denn gleichfam mit Fingern auf den Weg
zur wahren inneren Gemuͤthsruhe wiefen, da die
Gedanfen und Begierden des Herzens nicht mehr
fo-wider GOttes Willen und Wirkung fteeiten,
und nur Unfriede und Zorn, jaeitelböfe Ding in
den Menfchen anrichten koͤnnen; ſondern da hin⸗
gegen der Wille der Creaturen mit dem göttlichen
füßiglich einſtimmet, und in allem deffen Wohlge-
fallen beruhet, wilfende, daß der Bater fein Heil
in EHrifto JEſu ernftlich fuche, daß er es nim-
mermehr felbft beffer machen würde, daß auch er
niemals etwas anders verlangen werde, als wo⸗
durch der Seelen ewig wohl feyn kann.
8. Dis befunden die Kinder Gttes noch viel
noͤthiger in ſolchen Öelegenheiten, da fich der eige⸗
r) Clemens Rom. Epift. p. 48.
rotheus Doßtrin. 29. de Infenfibilit. Anim, in Orthodoxogr. p. 344.
Temper. x) Hilarius in Pf. 52. y) Idem in Pf, 64. z) Ambrofins lib. I. Oſſic. e. 12. RE
d
— Dalai: wi: L 32 h
4. B. Don den Pflichten und Derhalten der erften Thrifien gegen fie on
u „cHuung
- - _ u
ne Willenoch heftiger äuffern Fonnte, “Manade
„tete deffen Refolution und Muth eben nicht, wel⸗ “
„cher fich deflen enthielt, was i Be nicht Ki
„werden Fonnte, fondern deffen Berleugnfing war.
„erit rechtfchaffen, welcher feinem Willen und Ber J
„gierden den Zaum nicht lieſſe, ob er gleich Vermoͤ⸗
„gen und Mittel zu ſuͤndigen hätte, u).
ches mußte aus einem lauteren Herzen zu ein
aufrichtigen Abſehen, alleine GOtt gefällig zufeyn,
geſchehen, damit dem Vater alles in CHri vanges .
nehm wuͤrde durch den Gehorfam des Glaubens. a
Denn wenn der natürliche Menſch — en
fallen Eein geöffee Band und Mittelweiß, als
er nichts um fein felbft willen verlange und. “rd
fondern um des andern willen, indem es da nicht
ohne Widermillen abgebet, wo nur — eigenen 4
Nutzen geſehen wird: mas follte ein Kind feinem _ Fk
Bimmlifchen Vater nicht zu Gefallen thun in Ve ·
leugnung feines eigenen Nußens, Luft und Ehrein —
dieſer Welt x)? Es Sets I nen, —3
ſtel täglich, und CHriſtus lebet hingegen in ihm,
weil es nicht mehr ihm ſelbſt lebet, Gal.2. Ein
ſolcher “hat alfe Grenzen des unbeftändigen Er =
„genrotllensüberftiegen, er wohnet auch aufferdem
„seibe und der Suͤnden, nachdem Geifte, und wal- ENG
„let auffer dem Leibe, weil er noch im Leibe iſt. Er
„ſtirbet täglich, und lebet dadurch GOtt: CHri
„tus lebt in ihm, nicht er felber,,y)+ Das macht,
er iſt nicht wider EHriftum, fondern fuͤr und mit vr
en
ihm: deffen Wille iſt fein Gefeg und der Grund?
feines Heils. Alle fein Verlangen finder Ruheund
Bergnügung in dem liebreichen Wohlgefallenfer J
nes Vaters, der ihm von CHriſti wegen nimmer °
mehr zuwider wird, gleichwie auch der Heil. Geiſt
fein Herz ſo feſte halt, daß er ihm nicht mit Willen
zuwider leben oder entgegen wandeln dürfe, Der
Geift, welcher aus GOtt geboren ift, und nihe >
fündigenfann, batdarinne fein höchites Vergnͤ
gen, jafein ganzesteben, daß fein Wille GOttes
Wille, und GOttes Wille fein Wille it, ungeache .
das Fleiſch wider denfelben geluͤſtet und ſtreitet.
Er lebet dennoch *in einfaltigem Gehorfam und
„im Ueberfluß folches feligen Willens z).
9. So war der rechten Chriften Sinn geartet
und in der Zucht JEſu CHriſti durch feinen Geift
geuͤbet, daß er, nachdem Exempel deſſelben, nicht
feinen, fordern des Vaters Willen gerne
gefehehen lieffe, Matth. 26,39. Und fo mar auch⸗ i
die Sehre der Rechtfchaffenen dabin er
a
1
s) Ammonas in Apophth. Gr. ap. Cotelerium Tom. I. Monum. Gr.p.387. t) Do-
Tom.I. u) Baflius M. Orat. ı9. de
Di:
&
a |
ur un — + au IE ee * 4 —
* PR e
daß& Ott in dem Menfchen alles,undfiein fich felbft
nicht: Be nen. Da hieffe es mit groſſem
Ernſt unter ihnen : Wirf deinen eigenen Willen
inter dich, laß dich von deinenSorgen und Aeng⸗
b „iten frey machen,
j Der Herr nicht diefes um fein ſelbſt
fo wirft du 2: in dir haben,,
a)
= j — um deinet willen, und will dir gerne
die Ehre und den Vortheil deines Gehorſams über:
g 4 I, ls wäre aber jemals hochmuͤthiger
Bun fbarer gehandelt, als wenn man noch
„rider deſſen Willen leben wollte, von demman
Er „das Leben felbft empfangen bat? Und wenn man
deſſen Gebote verachtete, der deswegen etwas
ee Aue , Damit er Urſache habe, uns etwas wie:
ber zu ſchenken? GOtt brauchet ja unfers Wil⸗
j % ‚nien und Gehorfams nicht, fondern wir bedürfen
mol feines Willens, b). SD felig war und iſt
demnach die Seele, welche in ihr felbft GOtt
nicht mehr widerftrebet, die in ihrer Eigenheit
— erfticbe, auf daß Chriſtus ige zum rechten geben
werde! Das eigene Gefuch ift der Grund aller
Unruhe, Mißvergnügens und aller unordentli—
> - hen Bewegungen des Herzens. Die Berleug:
nung aber iftder Anfang und Brunnemalles Frie⸗
> dens, und der daher entjtehenden Freude im Heil.
Geiſt. Wer diefes alles in Chriſto fuchte, der hatte
es wirflichgefunden, und zu unendlicher Herrlich:
keit genoffen. - Sintemal die Verheiſſung nicht
truͤget noch wanket: Wer zu dem Heilande als ein
Muͤhſeliger und Beladener kommt, der fol Ruhe
nden vor feine Seele, und wer in fich felbft lauter
0 Elend und Mühe hat, und Deswegen feine eigene
Gerechtigkeit, Weisheit, Heiligkeit undalles ande-
ee fuͤr nichts hält und verleugnet, wiederum aber in
= Cprifte JEſu alles fucher, der finder den unbeweg-
lichen Grund feines Friedens, u al:
lem, was feinen Mangel erfeßen fann. Dafida-
bero niemand meynen darf, als hätten dieſe Chriſten
in ihnen felbft etwas gefuchet. Mein, die Demuth
Eprifti, fo durch den Glauben in ihnen wohnete,
machte ihnen allen eigenen Willen zunichte, und
Epriftum Bingegen zu allem, was fte verlangeten,
welches nicht oßne gründliche Verleugnung und
Abfagung des Ihrigen gefchehen Eonnte, Darunter
das Zeitliche das allerwenigſte war.
die reines Herzens find, weil fie GOTT
ſchauen ſollten, Matth. 5,8: “„GOtt aber und
„feine Wohnung kann die Seele in ihr ſelbſt nicht
1. Cap. Dom der Derleuanung ihrer felbft.
10. Alsdenn ward an ihnen die Verheiſſung
Chriſti erfüllee, wenn er diejenigen felig gevriefen,
„%
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„fchauen, woferne fie nicht höher gefeßet wird, als
„alle Dinge diefer Welt. Diefesgefchiehet nun,
„twein ſie ihre unordentliche Bewegungen und den
„eigenen Willen ableget und gleicyfam ausziehet,
„(als des alten Menfchens Werfe,) die fie fonft
„durch die Gedanken an die fichtbaren Dinge bins
den. So kann fie denn die Affecten bezwingen Durch
„die Kraft und Tugend des HErrn, und ihre eiteln
„Gedank ji in einer geiftlichen Betrachtung ſamm⸗
„len; 6). Und wie diefts in Anfehung GOttes
und gegen feine Majeftät noͤthig ift, daß die Seele
in feinem Dienft und Lob fich ſelbſt und ihre Ehre
nicht fuche: Alſo muß es auch gegen den Naͤchſten
in folcher Lauterkeit gleichfalls geſchehen, was um
deswillen gefchicher. Da gaben die erleuchteten
Herzen ſchaͤrf achtung auf ſich felber, wie fie es in
allem ihrem Thun meynten, fiebielten das vor eine
ſchwere Berfuchung, wenn man von den Menfchen
wollte gefcheuet oder geltebet fon, nur um deswil⸗
len, damit man ſich deſſen ſelber freuen koͤnnte, der
andere mochte etwas genieſſen oder nicht d). Wenn
dieſes in dem eigenen Geſuch geſchiehet, wird da—
durch alles andere Gute verderbet und auf einen
falſchen Zweck geführet. Davon aber oben ſchon,
bey der Fiebedes Nächften, geredet worden. Ein
beruͤhmter Lehrer that von feinem eigenen Herzen
diefe Befenntniß, wenn er feinen Grund genau erz
forfcher batte: Dis ift eine groſſe Berfuchung,
„wenn man von den Luten will Furcht oder Liebe
„baben, nicht um eines andern willen, fondern daß
„man fich nur druͤber ergögen könne, das doch feis
„ne Freudeift. Dahero kommts, daß GOtt dabey
„nicht recht geliebet noch in der Neinigkeit gefürchs
„tet wird. Sch werde bisweilen betrübt, wenn
„man mich [öbet davon, das mir felbft nicht gefällt,
„oder wenn man geringe Dinge böber hält, als fie
„es werth find. Diefes Fann aber dahero gefche:
„ben, weil ich gerne haben wollte, daß alle mit mir
„einftimmig fenn möchten, nicht aber, weil mich des
„andern Muß bewegt ;fondern nurdeswegen, weil
„mie das Gute angenehmer ift, wenn es auch
„andern gefällt, e). In welcher Bekenntniß
man fiehet, wie genau ſoſche Ehriften ihr Herz er=
forfchet haben, warum es ihnen in allem zu thun
fen, und wie die wahren Ehriften ihnen nichts leicht«
lich überfehen oder zu gute gehalten,das dem Willen
Gottes entgegen gefchienen.
ı1, Und fo ergieng es indenen andern Dingen al»
fen, welche fonft dem Fleifch und Blut angenehm zu
feyn pflegen, nemlich nicht allein in der eigenen Eh:
Art 3 te,
a) Sifoes Abbas in Piris Patrum Gr. lib. Vl e. In, 17. \ b) Hieronymus Epift. ad Celantiam. c) Euagrius in Capiti-
busc. 71,ap. Coreleriu» Toni. ILL. Monum, Gr, p. 92. d)Augufin.lib. X. Confeſſ. e. 36. etc. e) Id.ibid, e, 33.
e EN
‚502
re, jondern auc) in den eigenen füften, Bequem-
lichkeit diefes Lebens, Mutzen und Bortheilen, und
allem übrigen, wasder HErr JEſus zu verleugnen
befohlen hatte. Es war ihnen aber fo ein groffer
Ernſt, alles ihres eigenen Willens los zu werden,
daß fie aud) ihrer allernöthigften Dinge, ja des Le⸗
bens ſelbſt dabey nicht fehjoneten. Sie höreten auch
immer ausdem Munde JEſu: Wer zu ihm fom-
me, und gleichwol nicht neben allen dem Seinigen
auch fein eigen Leben baffe, fondern in unordent>
licher Siebe über GOtt feße,der koͤnne nicht fein Juͤn⸗
ger feyn, Marc.14,26. Davon wir bald bey ihrer
Geduld hören werden. Wie ſie denn diefe Wor-
te JEſu ofte wiederholten und einander vorhielten
zur Erweckung * wahren Liebe zu ihrem Meiſter
und HErrn. Als auch jener Märtyrer thate bey
ſeinem Tode, nachdem er die Eitelkeit der Welt vor⸗
geſtellet und fie gegen die Ewigkeit gehalten hat—
‚te. Denn er funge gleichſam mitten unter feiner
Marteralfo davonf):
Menfch, der Weisheit edler Sohn!
Laſſe Zeit und Erde fahren,
Du mußt fparen
Deine $uft aufjene Kron.
Denfe, diefer ſchnoͤde Leib
Daure, bis er wird zur Leiche,
Und erbleiche,
ja der Würmer Speife bleib.
Strecke dich zur Herrlichkeit,
Fahre fort nach OOtt zu reifen,
Ihn zu preifen
Seh dein ganzes Herz bereit.
Lerne dich recht felbft erkennen,
Welt und Fleifch nur Sclaven nennen,
Wie auch ein anderer frommer Chriſte g):
Mer untereuch will Chriſti Pfad betreten,
Der darf fich felbft behalten nicht. 1
Es muß nur feifch mit Rampfen und mit Beten
Verleugnet ſeyn, was ihn anficht.
Leib, Seel und Ehr, und was man weiß,
Weicht unſerm Heil und unſers GOttes Preis.
Ach! freuet euch das liebe Kreuz zu tragen,
Und Chriſti Reisgefaͤhrt zu feyn.
Wer ihm zu Lieb ſein Leben bie Fann wagen,
Der geht nicht todt zum Himmel ein,
Was er verliert, wird hundertfach erfegt.
Wer iſt, der uns den rechten Schatz verletzt?
12. Und hierinne ſtund ihr Sinn dem fleifchli-
chen Sinn der Weltfinder gerade entgegen, welche
f) Prudentins hymn.ao. de Cor,et ibi Romanus Mart. g) Lauencus lib. III. Hift. Euang. p. 492.
de Patient.c.7. i) Idem lib. ad Martyresc.2,
* a u * * —
4. B. Don den Pflichten und Verhalten der erſten Chriſten gegen ſich ſelbſi
lieber ihre Seligkeit, als ifr Geld, Ehre oder
Wohlluͤſte verlieren wollen, Weswegen aud) Bie-
bey die Frommen denen Böfen fid) entgegen feß-
ten, und ein Fräftig Zeugniß u Ontlihteie
der Lehre Ehrifti Daher nahmen. Was haben
„wir Doch (hieſſe es unter ihnen,) bier in der Welt zu
„finden, da wir nichts haben, als was wir ver⸗
„lieren müflen? Die Heyden müffen wol bey al⸗
„lem Berluft ungeduldig werden, als die wol gar
„das Geld dent Leben vorziehen. Denn das
„ehun fie, wenn fie aus Begierde des Gewinns.
„allerhand gefährliche Handlung auf der See zu
„ihrem Vortheil treiben ; wenn fie fich zu Schaus
„ſpielen oder Kriege verdingen, oder, wiedie Bes
„ſtien, Straffenräuber find. ms aber gebührt,
„nach einer andern Art das Leben anzuftellen, darin
„nen wir ung gegen fie verhalten, daß wir nichtdie
„Seele vor Geld, fondern das Geld vordie Seele
„Hingeben, in Mittheilung der Armen, und in Ge⸗
„duld, wenn wir alles verlieren, 6). Und aber-
mal: *Der mag fic) immerhin ängften, der noch.
„nach Bequemlichkeit und Wohlluft in der Welt _
„Verlangen träge. Ein Ehrifte hat auch auffer
„dem Gefängniß ver Weltabgefagt, und dem Ges
„faͤngniß in dem Gefänaniß. Cs ift gleich viel, wo
„die Ehriften in der Welt feyn, die doch ohnedem
„auffer der Welt find. Ob fie gleich etwas inder
„Welt verlieren, fo iſt es doc) ein guter Kaufe
„handel und Taufch, daß man etwas verliere, ein
„sgröfferes damit zu gewinnen,, i), Welches denn
nicht in bloffen Betrachtungen und müßigen Spe⸗
culationen, oder in einer felbft gemachten Andacht
bey ihnen beftund, fondern in einer wirklichen
ernftlichen Uebung, auch ehätiger Ermeifung be
aller Verfolgung und andern Trübfalen diefes Le⸗
bens. Denn, wiedenen wahren Ehriften esallein
um den Preis ihres GOttes und Vaters und Chri⸗
fti zu thun war, alfo lieffen fie niemals diefes heil»
fame Mittel aus den Händen, fo oft ihnen Gele
genheit gegeben ward, ihre Berleugnung in der
That zu bezeigen, welches fonderlich von denen Bei-
ligen Märtyrern und Befennern JEſu Eprifti
bald offenbar werden foll.
13. Wann nun diefe Verleugnung auch um
des Nächften willen geubet ward, fo geſchahe doch
alles in Eindlichem Gehorfam gegen den allgemei-
nen DBater im Himmel. Wir haben bereits im
3. Buch _am 5. Cap. vernommen, wie fie ihr $es
ben gehaflet und gelaffen um ihrer Brüder u
er
hb) Tersullianus
*
—
J
a
;
Wer wollte ihnen diefes nicht vor. eine wahre?
leugnung auslegen, da es nad) des HEren Willen
und Befehl geſchahe, und nicht nad) 2. Flei⸗
ſches Willen, welches gerne ewig gelebt hätte?
So wird dem Vettio Epagatho, einem Zeugen JE⸗
fu Chriſti, wohl nachgerühmet, daß er den Troͤſter
„den Heil. Geift in ſich gehabt, und feine völlige
Webe darinnen erwieſen, als er nicht Bedenfen
„getragen fein Leben für die Brüder zu laffen,
„Denn er war ein rechter Jünger JEſu Chriſti,
„der dem famme nachfolgte, wo es bingebet, Ki).
Solche äufferfte Berleugnung aber mußte nun des
nen blinden Woeltleuten und Heuchlern deſto une
gereimter und verfeßrter vorkommen, je mehr ih:
nen auch der geringste Gehorfam gegen GOtt un-
anftändig war. annenhero die Jünger YEfu
auch hierinn abermal Berleugnung nöthig hatten,
damit fie Fein Spott der Welt von ihrem Weg
abfchrecfte, noch die von der Vernunft gemachte
Einwürfe fie abwendig machten, welche oft fchein-
bar und fubeil genug zu fenn pflegen, und von den
erleuchteten Ehriften —9* recht erkannt werden
mögen. Cs bliebe doc) je und allezeit bey dem
Ausfpruch : "Alle, die nur gottfelig leben wollen,
„Geſchweige wirflich alfo leben,) die müffen Ber:
„tolgung und Spott leiden, von denen, die gott-
„los und ungleicy gefinnet feyn. Sie werden als
„Narren und Unfinnige verachtet, weil fie das
„gegenwärtige feheinbare Gut verfchmäben und
„verlieren, und ihnen felbft unfichebare und Fünf:
„tige Güter verfprechen. Wiewol eben diefer
„Spott auf die Boͤſen zurück fallen wird, wenn
„ihr Reichthum in Armuth, und ihre Stolz in
„Schande verkehrt werden foll 1).
14. Defto mehr aber fahen fie fich verpflichtet,
die groben Luͤſte und Begierden zu befiegen, weil fie
aud) das Leben ſelbſt zu verleugnen ſich nicht ent:
ziehen durften. - Dazu war ja eben die heilfame
Gnade GdDttes erfchienen in dem Sohne BU:
tee, daß fie verleuaneten die weltlichen Lüfte
und das unaöttliche Weſen, Tit. 2, ır. 12, und
daß die Werke des Teufels in denen Menſchen
zerftöret würden, ı Joh. 3,3. _ Wer denn nun
diefen Zweck an ſich erfüllen ließ, “dem half die
„Gnade, Daß er vor allen groben Luͤſten einen Ab:
Sysfcheu trug, und alte böfe Gewohnheit ſcheue⸗
ste, bingegen fein Herz mit Mache ftets zu GOtt
„erhube, fich felbft verleugnete, und alleine den
„HEren ſuchete. Einen folchen erbielte der güti-
503
„ge Vater im Himmel, daß er ſich vor allen Me
„sen und Stricken vorfehen konnte, feine Selig»
„keit mit Furcht und Zittern wirfete, und mit
„bochfter Vorſichtigkeit durch alle Nachitellung
„ver weltlichen Luͤſte hindurch gienge, und mit Ans
„ruffung der göttlichen Hülfe Durch feine Barnı=
„herzigfeit und Gnade felig werden wollte, m)»
Afo treu war die Önade, wo fie einmal eine See—
le ergriffen hatte, daß fie fie nicht mehr ließ “Durch
„die unvernünftigen und thierifchen Lüfte der Ber:
„derbniß unterworfen, feyn, und zu den Begier—
„den des Leibes ſich binneigen,,: Indem doc) die
Seele an ihr felbit ein unfterbliches edeles Wefen
ift, um welche es immer Schade wäre, wenn ſie
durch ihre Begierden an materialifche Dinge fich
bienge, und gleichfam erfaltete, wodurch fie voller
Bosheit würden), Da zumal die erleuchteten
Herzen dasjenige nicht einmal vor rechte Luſt ers
Eenneten, was die Welt davor ausgabe. Denn
fie fagten von ganzem Herzen von allen derglei-
chen Thorheiten: Wenn du, mein Ehrift, inder
„Welt noch Luſt ſucheſt, fo bit du noch viel zu
„zärtlich, ja du biſt noch allzu thoricht, wenn du
„das noch für Luſt anſieheſt und annimmſt o).
15: Zudem war den rechtſchaffenen Liebhabern
SEfu nicht genug, daß fie angefangen hatten ihre
Luͤſte und Begierden zu verleugnen, fondern fie feß=
ten diefe Berleuanung bisan ihren Todfort. Ge—
ſtalt fie wohl wußten un® täglich noch erfuhren, wie
fie ihrem alten Adam niemals trauen noch ficher
ſeyn dürften. Dabero gieng ihr Beten, Sorgen
und Wachen dabin, daß fie nicht in Anfechtung
fallen möchten. „Wie huͤteten ſich, daß fie nicht
„Durch die Schwachheit ihrer Natur und Gefellz
„ichaft des Fleifches von dem Ungeftüm der ein-
„ichleichenden Lüfte verfchlungen würden; indem
„ſie fie Doch noch mit betrüglichen Neizungen zum
„Verderben zu bringen fuchten. Darum wurden
site ermahnet, nach der Lehre des göttlichen Unter—
„richts, wachfame Sorgfalt des Glaubens zu
„brauchen, und den nachitellenden Feind ſtets zu
„fürchten, Damit ev nicht die unvorfichtige Sicher—
„heit überfallen möchte,, p). Wie fie denn auch
überdis gnugfane Mittel und Gründe hatten,
wodurch fie die Begierden dämpfen und verwer—
fen fonnten. Diejenige unausfprechliche Freude,
vuſt und PVergnügung, welche gottergebene
Herzen von ihrem Heiland genoffen, machte fie al-
ler Weltluſt leiche vergeffen, die geſchmecket hat:
ten
k) Viennenfes et Lugdunenfes martyres in Epift. ap. Eufebium lib. V.H.E. c. 1. I) Auguffinus lib. de Vera
Innoc c. 32. m) Macarius homil,
p) Hilarins in Pf. 63.
>»
%
4. Ambroſius lib. de Iaac, c. 2. 0) Tertullianus de Spectac, c. 28.
504
ten das güfige Wort GOttes und die Kräfte der
zufünftigen Welt. Daneben mangelte es ihnen
auch an andern Gelegenheiten-nicht, fich zu ergößen.
„Wenn fie, zum Erempel, an ftatt der Schau:
„fpiele und Noßläufe den Lauf des Himmels
„und der Sterne daran betrachteten, an ftatt der
„ichändlichen Fabeln die Worte GOttes von ihrer
„eräftigen Hoffnung abfungen; wenn fie dem ei-
„telen Gebrauch der glänzenden Metalle die if»
„nen beygelegte Herrlichkeit und jene Ewigkeit
„borzogen, und insgemein ihre Sinnen von allen
„Eitelfeiten und Thorheiten dieſes ——
Weſens auf die herrliche Freyheit der Kinder
Gottes wendeten, g). Welches uns im Fort⸗
gange noch klaͤrer werden wird, da wir infonder-
heit eine jede Art hievon durchgehen wollen,
16. Eben fo machten fie es auch mit denen übri-
gen Gütern dieſer Welt und aller feheinbaren
Herrlichkeit, fo treflich und groß fie auch in den
Augen der Stolzen feyn mochte. Diefes erwie⸗
fen die Bekenner des HEren JEſu, wenn fie alles
verlieffen, und Chriſtum allein im Herzen bediel-
ten. Da gemeiniglic von ifnen Ehre, Gut,
Freunde, Weib, Kinder, Bequemlichkeit, und alles
andere auf einmal in die Schanze geſchlagen wur⸗
de, und fie von allem entblöffee wurden, was fie
hatten. Zu gefchmweigen, daß die Märtyrer nächft
diefem allen auch ihr eigen Leib und Leben dahin ga-
ben und nicht theuer achteren ; befage des folgenden
anderen Capitels. Unterden Heyden und in ihrer
Sittenlehre war der Nugen von dem, was ehrlich
und gerecht war, weit unterfehieden, alfo, daß jener
meiftentheils diefem vorgezogen ward. Aber
„bey den Ehriften war dasjenige einerley, was
„nüßlich und was gerecht ift. Beil fie nicht zeit:
„lichen Profit, fondern ervigen Nutzen fuchten, r).
Denn da ihr König und HErr ausdrüclich geſa⸗
get hatte, eg würde ein Neicher ſchwerlich in fein
Reich Fommen; fo wurde auch diefes ihnen durch
Die Siebe zum Himmelreich leichte gemacht, daß fie
alles, was fie hatten, verleugnen Fonnten, und
wenn es der HErr forderte, verlaffen, wenn er es
zuließ, in ſolcher Verleugnung recht nad) feinem
Willen brauchen s). Solche Leute waren in ih—
von Herzen durch die Kraft GOttes zu allem be:
veit, und würden nicht aflein alle das Ihrige, fon-
dern auch fich felbft und ihr eigen Leben dahin gege-
ben und dem HErenaufgeopfert haben. Denen
nun, welchen es nicht Dazu Fam, daß fie wirklich
g) Idemin Pf. 1g. r) Ambrofius lib. II. Oflic. c.2.
das Leben laffen mußten, ward aber doch vor dem
HErrn alles für eine erleugnung ihrer
felbft gerechnet. Wie etwa von einem folchen Be⸗
kenner gedacht wird: “Er fey zwar von denen Ber:
„folgen durch Blutvergieſſen nicht geopfert wor⸗
„den; gleichwol habe er fich dem HEren darge
„ftellt, als einlebendiges Opfer zumfüffen Geruch,
„da er fein Kreuz auf fic) genommen, und —8
—— taͤglich nachgefolget ſey, auch alſo den
„Sieg eines Bekenners davon getragen habe, t).
Dergleichen Ehriften man Befenner nennete, und
infonderheit diejenigen Extorres, oder Erulanten
und Berjagte, welche ihr Hab und Gut, ihr Vater:
land J Freunde um GOttes willen verlaſſen hat⸗
ten U) 9
17. Die Vortheile dieſer Verleugnung erſtreck⸗
ten ſich durch alle Zeiten und Zuſtaͤnde ihres Lebens
in Zeit und Ewigkeit, gleichwie im erſten Buch
am 18, Capitel weitlaͤuftig erwieſen iſt. Inſon⸗
derheit aber brachte fie eine unſchaͤtzbare Ruͤhe des
Herzens mit ſich allen denen, die ſich mit Ernſt da=
zu refolviret hatten, Demnach erzehlte jener bes
kehrte Ehrifte recht von fich ſelbſt, “wie die
„Worte Eprifti ihn vonder Knechtſchaft der Welt
„befrenet hätten, und von fo vielen unzähligen
„Tyrannen los gemacht. Mac) welcher Erfennts
„niß er nundie alte Bosheit ablegen, und als ein
„eleines Kind blos vor GOtt erfcheinen wolle x).
„Und was iftauch feliger (fragt ein frommer Scri⸗
„bente,)und der Seelen anmuthiger, als die Welt
„verſchmaͤhen, und fic) höher als Die ganze Welt
„achten? Wer alfo auf dem Gipfel eines guten
„und ficheren Gewiſſens fteher, der hat die Welt
„unter feinen Füffen, und fiehet nichts an ihr, das
„ihm mehr gefallen koͤnnte. Vielmehr aber erblickt
„er dagegen jene unverwerfliche Erbfchaft,, y).
Weil nemlich fein Herz von der Eigenliebe und.
andern Hinderniffen frey und die rechten Schäge
zu faſſen fähig ift. Drum fagten foldye Ehriften
mit Wahrheit und aus der Fülle ihres Geiftes:
„Sollte uns wol einige Glückfeligkeit anlocken
„fönnen, daß, wir nicht vielmehr das wahre Gut
„mit allem Elend, als die falfche Gluͤckſeligkeit mit
„allen fheinbaren Wohlweſen ermäßleren? Die
„Könige mögen ihre Reiche vor fic) behalten, die
„Reichen ihren Reichtbum, bie Klugen ihren ein=
„aebilderen Berftand: Uns laſſe man nur unfere
Thorheit, welche auch nur deswegen Flärlic) ge—
„nug Weisheit iſt, weil fie uns die andern nicht
„gon⸗
s) Chryſoſtomus hom. 28. Oper. Imperf. in Matth. t) Wa-
lafridus Strabolib. I. Vitæ 8S. Gallie.32. u) Albafpineuslib.1. Obferu. 21. n. 1. x) Tatianus Orat. adu. Grac.
p-165. y) Cafliodorus lib. de Amie.
—
Me
%
a 1 7 “
„gönnen. Denn wer wollte fonft einem Narren
. „etwas me , wenn er nicht noch naͤrriſch
„waͤre Bes -
18. Wann alfo der alte Adam in ihnen erſau⸗
fet und getödtet ward mit feinen Lüften und Be:
gierden, fo erfolgte —— Tode des eigenen
Willens Ohnmacht, und in gewiſſer Maſſe eine
Unempfindlichkeit, folgends auch eine ſuͤſſe Ruhe
des Herzens. D zeigte einer mit dieſem
Gleichniß: “Gleichwie ein Todter weder durch
ob, noch durch Schande, noch andere Dinge be>
Weget wird, fondern da one Regung lieget:
Alſo muß der Menfd) auch) an feinem alten We—
„fen todt ſeyn, und weder aufder Menfchen toben
„noch Schänden, oder andere Dinge feben: Als:
„oenn Fann er zur Ruhe und wahrem Heil gelan-
„gen a). Denn wer folche Bewegungen ver:
"näher und überwindet, der ſchneidet zugleic)
„ibm felbit alle Gelegenheit eines bofen und ver:
„kehrten Eigenwillens ab,, b). Und dazu war
eine ernftliche Refolution nöthig, weil fie nicht
mehr zweifelten,, dieſes wide ihnen zum Heil ge-
reichen. Drum hieß es mit folchen Seelen: „Ich
„ſchwoͤre aller eigenen Ehre ab, Damit, wenn ich et-
„wadas Unzuläßige brauchete,, ich nicht dasjenige
„auch verliere, wasmir der HErr angeboten hat,
„nemlich den Frieden. Frieden verlange und
„wünfche ich nur zu haben, und font nichts
„mehr, ce). Sie Aen gar wohl, die der HErr
ſelbſt gelehret hatte, wie gut ers mit ihnen gemey⸗
net, daß ſie ſich erſt verleugnen ſollten, ehe ſie zu ihm
kaͤmen. „Er babe ihren Seelen recht wohl gera⸗
„then, allem abzuſagen, ‚damit ſie alſo faſt gedrun⸗
„gen würden, andereund himmliſche Dinge zu fu:
„chen, und ihr Herz bey GOtt zu haben. Wollten
„ſie alsdenn wieder zu den Gütern dieſer Welt keh⸗
„ren, fowirden ſie ſinden, daß ſie nichts von dem,
„was in der Weltift, mehr beſaͤſſen; und dahero
„muͤßten ſie wider Willen faſt das Herz zum
&) Ladantius lib. V.c.ı2. a) Macarius in Apophth.
rius in PL. 118. c) Bernhardus Serm. 13. in Cant. d) Macarius hom. ıt.
1. Cap. Don der Verleugnung ihrer ſelbſt.
505
„Himmliſchen ſchicken, alwo fie beygeleget was
„ren d).
19. Die fuͤrnehmſten und herrlichſten Fruͤchte
aber der wahren Berleugnung wurden denen ge=
treuen Dienern JEſu EHriltibis in jene Welt auf
gehoben: Dahero wir diefelbe Hier nicht eben be—
rühren. Ueberhaupt fchreibet ein erleuchteter
Mann von denen gegenwärtigen und zukünftigen
alfo: Wenn jemand un des HErrn willen das
„Seine verlaflen hat, dieſer Welt abgeſagt, und
„die Lüfte derfelben Hintan geſetzt, zuſamt feinen
„Guͤtern, Eltern und dergleichen: Wenn er auch
„ſich ſelbſt kreuziget, und arm, fremde und elend
„wird: fo muß er für die weltliche Rube dennoch
„ven göttlichen Frieden infich finden , fir die irdi⸗
„fen Luͤſte die Freude des Geiftes in feiner See>
„ie. An ſtatt der verweslichen Kleider muß er
„das Kleid des göttlichen tichtes an vem innern
„Menſchen anziehen; ftatt der alten und fleifch-
„lichen Gefeltfchaft, die himmliſche Gefeltfchaft in
„feinem Herzen erkennen; ftatt der Weltfreude,
„die Aufferlich ift, Die Freude des Heiligen Geiz
sites innwendig haben, und den Troft der himm—
„lifchen Gnade und die göttliche Sättiaung er-
„langen, alfo, daß ihm die Herrlichkeit GOttes
„erfcheine, wie davon gefchrieben fteher. Wer
„das nicht hat, der ift ein untüchtig Salz, und
„elender als alle Menfchen,. Woabernun die:
fes wirklich erfüllet ward, da gefihahe das Wort
des HErrn, welches er ‚von feinen rechten Küns
gern ausgefprochen hatte, Match. 19,29. Wer
verlafeen bat Haufer, oder Brüder, oder
Schweftern, oder Dater, oder Murter, oder
Web, oder Rinder, oder Acker, um mei:
nes Namens willen, der wirds bundertfältig
wieder nehmen. und das ewige Leben erer=
ben. Und fo Fonnte diefe wahre Verleugnung
feinen unter den Auserwaͤhlten gereuen.
Pat. ap. Corelerium Tom. I. Mon. Gr. p. 539. b) Hila-
Das 2. Kapitel,
Von der Verſchmaͤhung der Welt bey den erſten Chriſten.
Summarien.
yreleuanıing der Welt heißt, fich der Welt undihrer Verführung auf alle Weiſe entſchlagen und einen Edel und Abſchen
> davor haben, in der That und Wahrheit, von Herzen; Exempel: ſie wird von CHrifto gelernet, drauf auch wahre Fchrer
drungen mit Vehre und Leben. $.1. Vor erleuchteten Augen waren unſelig dievon der diebe der Welt gefeffelte Seelen, wegcn
ihrer innwendigen Seelenpein; mitleidige Warnung vor der Welt, je nichtiger und eiteler diefeit. 2. Wir die erfien Chris
fen die Welt verſchmaͤhet, nach Pauli weiſem Interricht und anderen ; 3. —— daͤmpfte man im Herzen bie Diebe der
Welt,
we
506
r _
4: B. Don den Pflichten und Verhalten der erften Ehriften gegen fich ferbft. a
ED Te 7055
weil der Umgang mit der Welt auch wol Kinder GOttes beſchmitzte deren etlichen fie zu verleuanen fauer ankam
Eifer dann erfordert wurde wider Luft und Furcht der Welt zu reiten; aus GOtt Geborne — fie —
fum: 4. Ernfihafter Kampf gegen alle Anbietung der Welt, je mehr ſie die Gefahr und Schaden davon ſahen, davon der Geiſt
des HErrn fie befreyete; Gleichniß: 5-
lebendige Vorftellung des Jammers und Thorheit der Weltkinder und Geligkeit der
Kinder GHttes, davon fie uͤberjeuget waren, 6. und die bedaureten, joder Welt noch nicht ganz entſaget hatten t
eine blofe Einbildung it, auch nie ohne Anfechtung ; defto mehr fie von aller Ercaturliebe enegiengen. Hr ne
frey von alfen unordentlichen Begierden, nicht ohne ſtetes Ringen; in Hoffnung einer andern Welt blieb ihre Seele unüber-
windlich; Triumphlie
e
ddarüber. 8- Zu folcher Berfihmähung der Welt Lieffen fie fich theils von GOtt ſelbſt bewegen, theils
durch Eremvel oder Bermahnung anderer, theils durch viele Trübfal und Verluſt des eitlichen dazu. gedrungen i
war Beftndigkeit vonndthen , die durch Betrachtung und Erkenutniß himmliſcher A gewirket —— 9. Be
fie fich vor Vilgeime in der Belt, vor Wandersleute, die zwey Wege vor ſich hatten; Beſchaffenheit folcher Wege: weil ihe
rerdie Welt nicht werth,
deswegen vor Narren gehalten zu werden 5
fo enthielten fie fich von fleiſchlichen Rüften, 10. waren fremd in ihrem Vaterlande, ſchaͤmten fich nicht
ihr Zuffand : 11. fie freueten fich in Verfolgung um der — willen,
ihr Geiſt in GOtt gerichtet war, als die wol auf dem Wege waren. 12. Was ſie in der Welt verleugnet 13. mit groſſer
Weisheit und Unterfcheidung, nach Pauli Erempel und Lehre, in je gröfferer Gefahr fie unter den Gottloſen Hunden h Dach fie
die göttliche Weisheit oftbleiben, und mas gutes fchaffen ließ:
Exempel; wozu aber ein männlich Herz gehprete. 14. N
u:
gen und Lob, fo Fromme von jolbem Umgange hatten s Schönheit der Tugend murde defto mehr erfannt ; möglich ein reines
Gewiffen zu bewahren: 15. zwar erfannten fiedie Schwerigkeit, da menfihliche Kräfte ee Fr En für:
fichtigen Wandelerweckten,
Berwirrung, darinn Zion gefangen liegt,
und böfe Geſellſchaft vermieden, doch bewahrete die Kraft CHriſti vor allen Sünden, 16. auf dei=
fen Befehl fie den Unflat der Welt meideten, und alesungrdentliche Sick el ng
en der Welt nenneten fie ein Babel oder Stadt der
foaber mit dem Herzen heraus gehet, endlich auch dem Leibe nach: Worjorge GOttes
für felbe. 17. Was andere durch Babel und Jeruſalem verftehen:: ihr Unterfiheid ; wen man den Namen Babel mehr bey:
geleget, auch ſeldſt Rom; mas da ſeyn, Hohen Babels, Gaſſen Babels,
Babels Character und Kennzeichen,
nach dem Berfallgenennet: 18.
ſches Befenntniß zur Bewahrung der Seelen. 19.
Ketten Babels: Römifche Kirche hat man auch Babel
daher ale Werfehrung billig Babel heiffet: er
Unordentliche Piebe der Anverwandtenmwurde verleugnet; Enthaltung von
gar zu vieler Befanftfchaft, ohne die ordentliche Liebe zu verwerfen : die Bruͤderſchaft Chriſti wurde der natürlichen weit vors
gezogen 20. nach Chriſti Lehre,
darnach fie Fruͤchte brachten und ihre gottlofe Anverwandten meideten, fofern fie Boͤſes an fich
hatten, deſto mehr aber die Brüder vorzogen: zı. wodurch fie mehr Dazu erwecket worden: alles beffund in der That und
Uebung, wozu die Starken dieSchnwachen antriehen , fonderlich in Berfolgungen, je mehr alsdenn die Noth ber Anverwandten
ſchmerzet: Rob der erften Ehriften hierinn; 22. einige Erklärungen der Liebhaber JEſu hierüber: Erempel; 23. Solches alles
Eaın her vom Vater im Himmel; Drdnungdepfiche,
nicht ungeduldig,
damit fie auf Feine Seite unordentlich auswichen. 24-
$.
nter denen Dingen, die der HErr JEſus
€ zu verleugnen befohlen, ift fonderlich die
Welt mit ihren $üften, Neichthümern
und hohen Ehren, famt allen andern Eitelfeiten
beariffen. Wenn nun diefe Lehre des Evangelii
in denen Herzen Fräftig worden war, fo war zu⸗
förderftnorhig, daß feine Jünger der Welt und ih⸗
vor Verführung fih auf alle Weife entfchlagen
und ihre tiebe und Freundſchaft verleugnen muß:
ten. Was die Weltfinder für die großte Ehre,
Nutzen oder $uft achteten, davor hatten fie einen
rechten Ekel und, Greul, als vor der größten
Schmach, Unluſt und Schaden; und zwar nicht
etwa mit Worten oder äufferlicher Verſtellung,
fondern in der That und Wahrheit aus Herzens:
grund, als vor GOtt, der ihr Innerſtes mo [£en-
nete. Wovenichdenn zuförderft einige Erkmpel
insgemein geben wollte, wenn es nicht im vorigen
Eapitel ſchon gefchehen waͤre. Alſo gibt auch ein
gewiſſer Sehrer feinem Bruder Cäfario das Zeug:
niß, daß er, ungeacht ihm wegen feiner Gaben viel
Ehre in der Welt gefcheben , dennod) das Chriſten⸗
chum für feine größte Ehre geachtet. “nd weil
i darinn EHriffusvorgegangen, Darüber auch rechtichaffene Anvermandten
werden konnten, vielmehr fich zu freuen hatten, warum ?
Zu welchen allen fie göttliche Weisheit erbaten,
Il
„er diefes gegen allen weltlichen Schein gehalten,
„ten ihm alles dagegen nur als ein Kinderſpiel und
Puppenwerk vorgefommen. Ja, er habe die
„Weltdinge alle nur. wie eine Comodie angefe
„ben, die gleich ihr Ende nehme, fo bald fie ange»
gangen. - Dagegen aber habe er die Gortfelig-
„Eeit, fonderlich wenn fie unfichtbar und der Welt
„unbefanntift, vor das ficherfteuud Dauerhaftefte
„Gut geachtet, welches man mit Recht fein Eigen:
„thum nennen möge, 2). Und ſolche der Vera
nunft unbefannte tectiones-lerneten diefe lieben beu⸗
te von ihrem Heilande felbft , der fich hierinnen ih⸗
ver Seelen herzlich angenommen batte, Daß fie in
der Weltliebe nicht verderben mußte. Dahero
drungen die rechten Lehrer auf diefes Hauptſtuͤ⸗
cke des Chriftenthums, und zeigten treulich mit
Lehr und Leben gegen allen Widerfpruch des Flei⸗
ſches, wie man die Welt verſchmaͤhen muͤſſe, als
welcher Pracht und Luſten fie bey ihrer Bekeh⸗
„rung zu GOtt entſaget hätten. Zumal da nichts
„in der Welt von Sleifchestuft, Augenluft und
„heffärtigem geben mit der Siebe Gottes beftehen
„eonne b). .
2 Das:
a) Gregor. Nazianz. Orat. 10. de Cxfar. frat. b) Cyprianus de Difcipl. et Hab. Virg,
sh
\ A
*
2. Cap. Don Verſchmaͤhung der Welt bey den erften Chriften.
2. Dagegen waren nun vor erleuchteten Augen
„diejenigen Seelen hoͤchſt elend, welche noch von
„der Siebe diefer Welt gefeffele waren. Weil fie
„doch gepeiniget wurden, wenn fie etwas verloren,
„undfchon, ebefiees verloren , ihren Sammer in
„Sorgen und Furcht fühlten, ce). In welcher
Betrachtung jie billig aus Herzlichen Mitleiden
einen jeden warneten undim eiferig zuricfen, tie
—* J die Heyden that in folgender gebundener
ede d):
I:
Laß der Begierde nicht den Zügel fchieffen,
Sey maͤnnlich, daß fie F nicht in die Feſſel
ylägt,
an acht, wozu dein Sinn dic) trägt:
ey nur im Gehn des ſchmalen Wegs befliffen.
Kein Glanz des Golds verbiende dich,
Kein Zuckergift der falfchen Ehr
Verkuͤrze dir dein armes $eben.
Trau doc) der Liſt der Welt nicht mehr,
Daß du ihr wollteſt die geringfte Herrfchaft
i geben.
Damit dein Hoffnungsgrund auf GOttes
Kraft beiteh,
Und dir die lichte Ewigkeit in vollem Glanz ent-
gegen geb,
II.
Dadiefes ung verfpricht des Herren Geift,
Und feiner Wahrheit Macht den ſchwachen
Glauben ftüßt:
Wer ift, der noch ein Ehrifte heißt,
Und doc) die Schwachheit noch vorſchuͤtzt?
Wer wollte wol die kurze Zeit
In ganz verfehrtem Sinn vorziehn der Ewig⸗
eit?
Sit der noch Flug zu nennen,
Wer nicht den Unterfcheid des Leibes von der
Eeel will kennen ?
Der jene Thierestuft
Der reinen Woplluft mag des Geiftes ziehen
vor
Ja, der ift wol ein Thor !
Was Menfch und Vieh recht fen, das ift ihm
’ nicht bewußt.
Drum ſchwinge dich, mein Geift, emper,
Und lern verachten Diefe Welt, ftch dorten bey
der Engel Chor.
Dis war ir Sinn nach JEſu EHrifto, den ißnen
c) Auguflinuslib. IV. Confefl. c. 4. d) Prudentiuslib. II. adu. Symmach.
Jaftem. hom. 29. Oper. Imperf. in Matth. g) Greger. Naz, Orat. ı$.
—
— —
507
der Geiſt JEſu EHrifti gegeben hatte, daß, wo
fie dee Welt brauchten, doch derfelben nicht
mißbrauchten, weil doch das Scheinwefen
(Ku) dieſer Welt vergebet. ı Cor. 7, 31
Und nicht allein vergebet fie und ift eitel, fondern
auch eine böfe Plage, “voller Sünden und fafter
„und alles Öreuels. Innwendig und auswendig.
„iſt die Welt voller Bosheit, böret auch nicht
„auf damit, fondern mird täglich mehr voller
„Aergerniſſe, welche denn niemand beſſer erfen-
„net und erfäßret, als wer auf den Wegen GOt⸗
„tes gehet e).
3. Wann aber ſolche Meidung und Verſchmaͤ—
hung der Welt geuͤbet ward, ſo war es nicht die
Meynung, ob muͤßte man deswegen gar aus der
Welt weichen, als Paulus ſelber weislich unter⸗
fcheidet, ı Cor. 5, 10. ı1. ſondern daß ſie alles, was
zur Welt gehörete und vom Argen war, meideten,
es möchte nun bey Brüdern oder andern fich fin—
den; wie wir bald hören wollen. Davon einer
gar fein redet: Fliehe die Welt dem Aufferlichen
„Umgang nach, nichtdemseibenah. Denn die
„Welt felber ſtehet nicht dem Satan zu nach der
„Natur, fondern nur in Anfehung des Verder—
„bens. Wermdunun vonder böfen Gefellfchaft
„dich entzogen haft, fo bift du aus der Welt des
„Satans gewichen, und wohneft gleichfam noch
„in der Welt deines GOttes. Drum meide die
„Welt, d.i. die süfteder Welt, damit, wenn du
„länger im Beſitz ihrer Werfe lebeft, du nicht ihr
„eigener Sclave werdeſt, f). Dieſes hielten die
Ehriften vordas “mwahrebeftändige Gut, daß ein
„jeder fein Kreuz auffaffete, und (dem Geifte nach)
„aus der Welt feinen Fuß hinaus feßete, auch da-
bey weinete und feufjete » = = = ein Leben führete,
„das von dieſem Leben ganz entfernet wäre, und
„endlich diefe Welt mit der zufünftigen gerne ver-
„taufchte g). O wiefeligiftder, (hieſſe es unter
„ihnen,) welcher mit allen den Seinigen CHriſtum
„faſſet, (oder alles mit dem Kaufmann verkauft,
„und die Perle an ſich handelt, Math. 13, 45,49.)
„der auch vor allem Neichtbum das Kreuz CHri—
„ſti allein traͤgt b)! Wahrlich, wer nurein wenig
„achtung gibet, der wird jafehen, wie elend diefes
„ganze Leben auffer GOtt fen, und dahero mir Be-
ran bier leben müffen, wo er nicht in be-
„ſtaͤndigen und ewigen Gütern fich felte ſetzt.
»Denn fonft ift alles in der Welt und ber Men
„ſelbſt Eitelkeit. Alſo wird ja ein Berftändiger ge:
„wungen, diefes eitle Seben zu verſchmaͤhen, und
Sss 2 zu
e) AugufinusinPL.rat. F)Chry.
h) Idem Carın. ıg. de Beatitud.
“
wir. rn
508 4. B. Don den Pflichten und Derbalten der erften Chriſten gegen ſich felbft.
„u dem heiligen, feligen und wahren $eben zu ei-
„in. Damuß alle Eitelfeit verfchwinden, und
„Muth und Sinn nach etwas beffers frachten.
„Man wird auc) diefes Leben unddas Licht diefer
„Welt nicht vor Tuftig ausgeben, wenn man
„anders die Güßigfeit des rechten $ebens kennt.
», Der aber hält jenesvor angenehm, welcher nicht
„einmal den Anfang des wahren Lichts empfunden
„hat, und nicht weiß, daß die Geele ein englifch Le—
„ben zu gemarten habe, wenn ſie diefer Eitelfeit
„entgangen feyn wird i).
4: Man faheaber vor defto noͤthiger an, alle Lie—
be der Welt in ſich und andern durch die Kraft des
Hoͤchſten zu dämpfen, je mehrman etwa erfuhre,
daß fie ſich noch in dem Herzen Auffern wollte,
„Ward gleich von denen Frommen der Wandel
„noch fo mäßig und wohl geführet, fo ward er doch
„bisweilen mit dem Staub des irdifchen Umgangs
„sleichfam etwas beftreut. Der Ölanz der See-
„ten, die nach dem Bilde GOttes erfchaffen waren,
„war nicht fo gar von dem Schmuß aller Eitel-
„keit frey, daß er nicht Fonnte ein wenig verdunfelt
„werden, oder Feines Neinigens bedurft hätte,, k),
So waren ohnedem gegen der Menge der Welt
Finder fo wenig geborfame Kinder GOttes, “wel:
„chen der Verluſt gegenwärtiger Dinge lieb war,
„und die Diefes vor den herrlichiten Gewinn ihrer
himmliſchen Hoffnung achteten, wenn fie die Be—
„gierden des Herzens überwinden, und des Leibes
„unterbrechen koͤnnten, ja alle vorgelegte Neizun-
„gen der ganzen Welt mit göttlicher Kraft zertre-
„ten und vorbeygehen mochten,„!), Daß dahero
der Ernſt der Ehriften deftogröffer feyn mußte, die
Welt im Glauben zu überwinden, und mit einem
Heldenmuth unter die Füffe zu treten. in fold)
Herze mußte auf beyden Seiten gewapnetund be-
reit ſeyn, und weder Luſt noch Furcht der Welt fich
von GOtt abwenden laffen, als damit dieſe für-
nemlich den Gläubigen zuzufeßen pfleget. Aber
toelcher aus GOtt geboren war, der überwand al-
les weit um deß willen, der ihn geliebet hatte, ı Joh.
5.4.5. Rom. 8, 37. Ihr Vorgaͤnger hatte Die
Welt ſchon überwunden, Daher Fonnten fie getroft
ſeyn, und ob fie gleich Angſt darinnen hatten, den—
noch funden fie in ihm Frieden, Joh. 16, 33.
5. Hier gieng es oft an einen ernfthaften Kampf,
wenn die Welt das hrigedenen Kindern GOttes
anbot, dieſe Hingegen wohl fahen, “Daß fie ohne Ver⸗
ſchmaͤhung der Welt nicht reich in dem Herrn
„ihren GOtt ſeyn konnten m). Gleichwol mußte
„a Aergerniß in der Welt kommen. Es regten
„ſich ſtets widerwaͤrtige Kräfte, Die ihren Seelen
„nachftellten. Sie ſahen wohl, wiegefährlid) die
„Ehre diefer Welt waͤre. Ihnen war nicht unbe-
„kannt, daß die fchändlichen Begierden unter dem
„Schein einer lieblichen Wohlluſt einfchleichen
„koͤnnten, und daß alle Artender Sünden unver:
„merfer ſich äuffern mochten. Ueberdis waren ja
„die Srommen ftetsdem Haß der Gortlofen unter=
„toorfen, und wurden wegen der Befenntniß der
» Wahrheit und der Leßre von der Gottſeligkeit ge⸗
„ſchmaͤhet und geplagef. Da war es Zeit, daß kei⸗
„ner durch) .folche Anlaufe und Trübfalen weich
„wuͤrde, und im Ölauben Paulo nachſprach: Wer
„will uns ſcheiden von der Liebe GOttes,u. f.f.n) ?
Dazu aber fandte der HErr feinen Geift in iſe
Herzen, der fie von der Weltliebe maͤchtiglich be—
frenete. Denn “wie etwan die harte Natur der
„Metalle im Feuer aufgelöfet und erweichet wird:
„Alſo, wann die Seeledas himmlifche Feuer der
„göttlichen Liebe in ſich bekommt, fo wird fie von der
„euft der Welt erlediget, und ihr hartes Weſen zer=
„ſchmelzet in dem Berlangen nah) GOtt. &r
„Glaube und Hoffnung erwartet alleine in hoͤch⸗
„öfter Innbruͤnſtigkeit GOtt und feine Gnade. Al
„tes andere freibet fie von ſich, halt es vor uͤberfluͤſ⸗
„fig, und ruhet allein in ihrem Brautigam o).
6. Dagegen mußten fieden Sammer der Welt⸗
Finder fehr lebendig aus dem Gegenfaß vorzuftel-
len, famt derfelben Thorbeit. “Etliche (fprachen
„ſie,) ſtolzieren über ihrem Reichthum, und wiſſen
„nicht, daß von der Mildigkeit geſaget iſt: Einer
„ſtreuet aus, und ſeine Gerechtigkeit bleibet ewig⸗
„lich. Andere werden angeblaſen durch die Ehre
„oiefer Welt, und bedenken nicht, wie diefesder
„fürnehmfte Segen GOttes ſey: Selig find, die
„va geiftlich arm find,denn dasHimmelreich ift ihr !
„Wiederum erheben ſich einige wegen ihres leibli-
„chen Adels: Dadoc zu denen in EHrifto Wie-
„vergebornen gefaget it : Ihr feyd das ausermählte
„Gefchleche. Alfo find die Gefege der Welt den
„göttlichen Gaben ganz entgegen, Der Teufel
„rühmete fich, daß die Welt fein wäre, als er CHri⸗
„tum verfuchte. Der HErr aber befihlet uns,
„der Welt abzufterben, auf daß wir ihm leben;
„Die Verſchmaͤhung des Reichthums in dem
HErrn ift der wahre Reichthum. Die Verach—
„tung
i) Origenes hom. 2. in PC 32. k) Chryfofl. hom. 38. in Matth, I) Hilarius can. 6. in Matth. m) Hilarins
in P& 118.
n) Idem in Pfal. eund. ©) Macarius hom. 4.
Ss en
2.Cap. Don Verſchmaͤhung der Welt bey den erften Chriften.
„tung der irdifchen Ehre ift das Himmelreich. Die
Demuth des Herzens ift die Zierat einer fönigli-
„chen Geburt,, n). Mit felchen Augen fahe man
unter den wahren Chriſten das Weſen diefer Welt
an, als die nicht gelernet hatten ſich derfelben gleich
u ftellen. Denn —— der Eitelkeit der
Get gründet fich auf die Erfahrung und Uebung
in diefer Verfeugnung. Dahero fie auch diefes
bemerften: “Wer noch ferne von der Gottfelig-
„keit it, dem werden die Welthandel als etwas
groſſes feheinen; wenn fie aber in Dem Lichte des
„göttlichen AWBortsangefehen werden, fo wird man
„die Nichtigkeit und een erkennen, daß
„fie wie das Waffer vorüber rquſchen g).
7. Inzwiſchen bedauerten fie doc) das Unglück
derer, Die noch nicht ganz der Welt entfager hatten.
Wie bey dergleichen Fall ein weifer Mann fehrei:
ber: Wie Flüglich meynet doch die menfchliche
» Blindheit zu fchlieffen, wenn fie beſorget, daß fie
„etwas von ihrer Luſt und Nutzen in der Welt ver
„lieren werde, r). Miches defto weniger ift und
bleibet dennoch alles in der Welt eine bloffe Einbil-
dung und nichts wahrhaftiges s). «Wer da be-
„quemlich und ruhig durch die Belt wandern will,
„der muß die Feindfchaft von dem Fürften der
„Welt leiden. Wer es aber nochdazu macht, tie
„dort die Kinder Syfrael, als fie durch der Amoriter
„sand in das gelobte zichen wollten, der wird noch
„mehr Anfechtung haben. Denn wenn er fic) er:
„klaͤret, er verlange nicht inder Welt zu bleiben,
„oder efwas unreines darinnen anzuruͤhren, ſon—
„dern wolle nur durchreifen in das himmliſche Ca—
„naan, fo wird der Sturm wider ihn bald ange:
„ben, t). Dem ungeachtet aber mußte diefe Re—
folution bey allen Epriften fern. Ihr Herz mußte
dermaſſen von aller Creaturliebe entblöffer ftehen,
daf fie von nichts mehr in der Welt mußten ; wie
etwa jener fromme Mann fagt: “Nenn der
„Menſch nicht in feinem Herzen mie Wahrheit fa
„aenkann: GOOtt und ich find allein in der Welt,
„onſt nichts, fo hat er noch Feine Ruhe in ſich u).
8. Und freylich mochte es nicht anders fern.
Wer fid) durch vielen Kampf von den äufferlichen
Banden der Welt und denen irdifchen Dingen hat:
te los gemacht, und nun anfiengdem Herrn anzu-
bangen, da er fich felbft dev Welt und ihrer Liebe
*
509
entzoge, der Fonnte an feinem Herzen frey und rein
feyn von folchen unordentlichen und herrſchenden
Degierden, und den innwendigen Streit derfelber
leicht erkennen, folglich auch glücklicher ſeyn in de⸗
ven Ueberwindung. Denn, wahrlic), “wenn mar
„nicht durch ftetes Ringen die Welt verleugnet, und
„ſich von ganzem Herzen von denen irdifchen Luͤ⸗
„ſten los macht, Bingegen dem Herrn allein ans
„banget, fo erfennet man die Lift der böfen Geifter
„und feine eigene heimliche Lüfte famt der Welt
„Bosheit nimmermehr, X). Die Ausermählten
GOttes wußtengar wohl, daß fie zu beflern Zeiten
von GO und zu einer andern Welt aufgehoben
würden. Dahero ſchwommen fie, als in einem wil⸗
den Meer, unter den Wellen und Stürmen der
Welt herum, und wichen dem Ungeftüm folange,
als fie Fonnten. Mur war diefesihre Sorge, wie
fie befenneten, daß ihre Seele unüberwindlich blieb,
als in einerBeftung, und fie Feine Sünde und Boss
heit der Welt mehr durchdringen und einnehmen
koͤnnte y). Gleichwie einer von einem Märtyrer
gleichfam zum Triumph fangez) : j
Er Bat die Freude diefer Welt
Und ihrer Lüfte Schaden,
Wie ſehr ste ihm auch nachgeftelfe,
Doch nie auf fich geladen.
So gar fehien ihm nur alles Tand,
Was fonft die Welt erhebet.
Das machts, er baute nicht auf Sand :
Darum er ewig lebet.
Und ein anderer von allen Chriſten a):
Es gibt noch in diefer Welt rußige Stunden
Bor Seelen, die GOtt in Verleugnung gefuns
den.
Die Feine vergängliche Wohffuft erreat,
Und nichts als die göttliche Liebe bewegt.
Die braucht fich dev Erden, als war es der Him⸗
mel,
Und fliehet das andre verfehrte Getuͤmmel,
Verſchmaͤhet die Träume der flüchtigen Zeit,
Und macht ſich zur Ewigkeit täglich bereit.
So glaubet und liebe fie nur göttliche Gaben,
Drum foll fie den Himmel unfehlbar auch haben,
9. Dergleichen Gehorfam gegen die göttliche
MWahrbeit war nun allerdings dem HErrn hoͤchſt
angenehm, es mochte nun die Gelegenheit oder der
Sss 3 erfte
p) Hilarius I. c. q) Chryfof. hom. 7. de Patnitentia. r) Tertull. lib. de Spectac. e. 2. s) Idemlib. de Coron,
Mil. c. 13.
t) Origenes hom. 12. in Num.
p. 397. x) Macarius hom. at.
u) Alonius in Apophth. Pat. ap. Cocelerium Tom. I. Mon. Gr.
y) Alcimus Auitus lib. IV. de Diluuio, 2) Audter hymni de Martyribus
ap. G. Fabricium Poet. Chrift, p. 102. a) Profper Aquitan, Epigr. 14
5ı0 4.8. Von den Pflichten und Verhalten der erften Ebriften gegen fich felbft.
erite Urfprung feyn, wie er wollte. Bisweilen
Eoriten einige verfichern, “wie fie zur Verſchmaͤhung
„der Welt durch das Eingeben GOttes, fo im Herzen
geſchehen, bewogen worden, da fie zum Verlan—⸗
„gen der em;gen Seligfeit erwecket geweſen, und
„oahero GOtt allein zu folgen und feinen Geboten
„anzuhangen durch eine heilfame Bewegung an-
„gemannet worden, Andere waren durch Exem⸗
pel anderer Leute oder ihre Ermahnung dazu ent⸗
zuͤndet worden. Wiederum etliche mußten durch
viel Truͤbſalen und Verluſt des Zeitlichen dazu ge⸗
drungen werden, daß ſie zu dem HErrn eilten, dem
ſie in guten Tagen zu folgen ſich geweigert hatten
b). Bey allen aber war nur Beſtaͤndigkeit von-
nöthen, “daß, wie fieetiva alles In der Welt zu ver-
ſhmaͤhen angefangen, alfo aud) daffelbe mit dem
„Herzen verliefen, und mit, feiner Begierde wie—
„derum zurück Fehrten,,: wie die Iſraeliten nad)
Eanpten wieder lüftern wurden, Wozu denn,
nächft andern Mitteln, eine ftete Hebung und Be—
trachtung himmlifcher Dinge nöthig war, wie fie
ſelbſt davon redeten : “Daß die Seele auf unficht-
„bare ewige Dinge gerichte,mit allen ihren Gedan⸗
„een und Kräften nicht mehr fajt merfe, ob fie
„noch im Fleifche fen, und weder fehe noch höre,
„was umfie vorgehe, als ob fie auffer fich felbjt ge-
„bracht wäre c).
10. Hiernächit zeigten fie eben ſolchen Sinn und
Borfag an, wenn ſie ſich als Pilgrime und Fremd⸗
linge in der Welt anfahen und verhielten, die das
Weſen diefer Welt nicht angienge, weil ſie nur in
einer Herberge albier haufeten und nach dem himm⸗
liſchen Vaterlande eileten. Nemlich das Leben
der Chriften heiffet auch in der Schrift ein Weg,
Wandel und Reiſe, wiees heiſſet: Jm neuen He:
ben wandeln, Nom. 6, 4. ebrbarlich als am
Tage, c. 13, 13. im Beifte, Gal. 6, 1. im Nicht,
ı50h.1,3.u.1f. Giehe 2 ob. v.4. Eph. 4
12, 6.5, 9. Phil. 3, 16. 17. Rom. 8, 4. ı Petr. 2,
12. Wie au der HErr felber von zweyen We:
gen gedenket Matth. 7, 13. die einander ganz ent-
gegen ſtehen, der eine breit und weit, der andere
enge fen, jener habe den böfen Geift zum Führer,
diefer einen guten d): Jener führe zum Leben, die-
fer zum Tod, jener werde von vielen betreten, diefer
von wenigen gefunden. Jener feheine gar be:
„quem und lieblich, und gleichfam mit Blumen
„der Wohflüfte beftreuet, Damit er die Mengeder
„Wandernden an fic) locker: Diefer feheine unge:
„bähntundtraurig, und erde von denen erwaͤhlt,
„vie nicht ſowol zur Luft reifen, als auf den Bor:
„theil des Bleibens fehen,, ©). Und dahero befen-
neten die nun gerne, welche die Welt einmal ver-
achteten,und ihr Thun vor nichtig erfennenlerneten,
daß fie Bäfte und Sremdlinge wären, weil die
Welt ihrer nicht werth war, und ſie auch der Welt
in ihrem Leben nicht anftunden, Ebr. 11,13. Wel-
ches dann ifnen gleich einen Eraftigen Trieb gab,
ſich zu enthalten von den fleiſchlichen Hüften,
ı Petr. 2, ı1. und von der Welt unbefledt zu
bewahren, Sac.ı, 27.
ı1. Da nun gleich diefe gehre abermal der Vers
nunft zumider fchiene, daß einer infeinem Vater⸗
land und bey den Seinigen dennoc) fremd und
ein Gaft feyn follte ; fo ſchaͤmeten fie ſich doch nicht,
auch diefes zu befermen, und vor den Unglaubigen
Narren zu feyn um Ehriftiwillen. «Die Chriffen
„(ſprachen fie zujenen, ) wohnen in ihren eigenen
„sanden nicht anders, als Fremdlinge und Pilgri»
„me. Sie haben zwar alle Dinge mit andern
„Bürgern gemein , wenn fie aber leiden follen, fo
„ieiden fie alles, als Fremde und Ausländer. Ein
„jedes fremdes Land ift ihr Vaterland, und ihr Va—⸗
„terland ift ihnen wie eine Fremde, f). Damals
konnten fich die Chriften insgefamt mit Grund der
Wahrheit vor Fremödlinge in Dev Welt halten und
ausgeben, weil fienicht allein von den Feinden, Die
da Herren diefer Welt waren, ſelbſt dafür geachtet
wurden, fondern aud) freywillig vie Welt mit ih-
ren Eitelfeiten verlaflen hatten. Sie hatten nir-
gends Feine bleibende Stätte unfer den Tyrannen,
befalfen wenig eigenes auf Erden, mit dem Herzen
aber befaflen fie gar nichts; und wandelten nur im
Berborgenen als gejagte Rehe, daman fie aufder
Erden nicht leiden wollte, und bald ins Elend ver-
jagte, bald von Hab und Guͤtern trieb, bald gar
durch Marter und Tod hinweg räumte. Alſo
woßneten denn die Freunde GOttes in Hütten,
gleich denen alten Patriarchen und Iſraeliten in
der Wüften, und waren auf dev Reife nach dem
Himmelscanaan begriffen, das fie vor ihr Ba:
terland rechneten: wir wir oben bey ihrer Hoff-
nung gefehen. Bon foldyen redlichen Pilgrimen
hieſſe es denn nun recht, wie von einem heiligen
Mann gefagt wird : “Das Vaterland felbft ver-
„rounderte fic) gleichfam,daß fein Bürger und Inn⸗
wohner dennoch ganz fremd darinnen war, und
„in feinen eigenen Grenzen nach der Kegel einer
„neuen tebensart als ein Pilgeim mwandelte,, g).
Oder, wieein frommer Lehrer von fich felbft befen-
nete, als man ihm mit der Landsverweiſung dro—
here: Ich Fann, eigentlich zu reden, nicht ins Elend
„der:
b) Cafhianus Collat-III.c.4. Ibid. c. 7. d) Bafılius M. hom. ı. in Pf. I. e) Hieronymus Epift. ad Celant.
f) Zuftinus Martyr Epift.adDiognetum. 8) Fauſtus Rhegienfis hom. de Maximo.
2. Cap. Don Verſchmaͤhung der Welt bey den erften Ehriften.
„verjaget werden, denn ich bin an feinen gewiflen
„Ort gebunden. Sich fen, wo ich wolle, fo finde ich
„mein Baterland. Die ganze Erdeiftdes HErrn,
„darinnen ich nichts als ein Sremdling und Pil-
„grim bin h). . ;
12. Daher kam es auch, daß fich andere freueten,
wenn fie um der Wahrheit willen verjagt, und
gleichſam von ihren Feinden felbft für Fremde und
Auswärtige erfläret wurden. Wie einer, dem
diefes wiederfuhr, getroft von fich und andern
fehriebe: "Wir freuen uns über unfere Landes-
„verweifung, und find frölich in dem HErrn, daß
„in uns die Fülle der apoftolifchen Weiffagung be-
„Itanden ift,, i). Und anderswo: „Sie haben
„die, fo ihnen widerfprachen, ins Elend vertrieben,
„und uns gedrungen, daß wir gerne Davon gangen
„find, indem fie uns etwas boͤſes zumuthen woll⸗
„ten. Aber laft uns immerhin allezeit im Elend
„wandern, wenn nur die Wahrheit verfündiget
„wird k). Genug, daß auch Jeruͤſalem fich wir:
„dig machte, daß fie vertilger ward, nachdem fie
„die Boten Chriſti ausſtieß, und fich feines Worts
„unmereh machte, 1). Desgleichen ein anderer,
der fich faft wie Baſilius erklärte m):
Sch forge nicht, wenn mich der Feind ins Elend
treiber,
Gnug, daß mein en nie aufder Erde
eibet.
Den Leib wirft keiner mir aus dieſer Welt
Ar, hinaus,
Sie iſt vor Freund und Feind nur als ein einig
“= u Haus,
in fich nicht nur bey diefer, fon«
elegenheit ; zu defto Fraftige-
9 r Herzen von aller Liebe und
er böfen Welt. “Ach !(fagten fie,)
——
„toir wandern noch in der Fremde, und koͤnnen
„nicht in unferer Heimat bleiben: Wir find noch
„auf dem Weg begriffen, und ſitzen noch nicht im
„Vaterland: Wir verlangen es noch, genieflen
„es aber nicht m). Laſſet uns demnach in dieſem
„eben an nichts anders gedenfen, als daß wir
„bier nicht immer ſeyn koͤnnen, und dorten uns ei:
„nen rechten Ort in wahrer Gottfeligfeit bereiten,
„davon wir niemals wandern dürfen 0).
b) Bafılius M. ap. Greeor. Naz. Orat. in laud. Bafıl,
in allem eines Sinnes ſeyn, Rom. i2, 15.
x >
Str
13. Dergleichen Sprüche der alten KRirchväter
Fönnte ic) haͤufig anführen, daferne es nöthig wä-
re. Ich will aber vielmehr noch einige nöthige _
Anmerkungen bicher feßen, die uns die Verfcehmä-
hung der Welt bey den erſten Ehriften deutlicher
und gewiſſer machen koͤnnen. Nemllich ich will
kuͤrzlich gedenken, daß ſie die Welt ſonderlich we—
gen der Boͤſen in der Welt verachtet und geflohen,
nicht aber wegen ihres von GOtt herruͤhrenden na=
türlichen guten Zuftandes. Immaſſen auch Pau-
lus gleich einen ſolchen Unterfcheid macher unter
dem, was böfe iftinder Welt, und unterder Welt
felbit, ı Cor. 5, io. Demyach wußten auc die
erleuchteten Chriſten gar wohl, "Daß fie deswegen
„nicht von GOtt getrennet fönnten werden, weil fie
„noch in der Welt ſeyn müßten, fondern nur, wenn
„fie etwas von den Suͤnden der Welt angerühret
„bätten,, p). Zwar mochte woleines jeden from:
men Herzens Wunſch ſeyn, “daß es nicht einmal
„in der Welt mehr bey den Gottloſen leben dürfte:
„aber doch war es genug, wenn fienur in weltli-
„hen Dingen von ihnen abgefondert wurden.
„Denn die Welt an ihr felbit gehörte doc, GOtt
„u , nur das weltliche Bofe aehörte vemSatan,, 9).
Demnach diente der Befehl GOttes feinem Theil
zur Entfchuldigung, wenn die Chriften ausgeben
follen aus der Welt, und gleichwol fich mit den
Frölichen auch freuen; daß einige fich allen, auch
natürlichen Berrichtungen und nörbigen Gefchäf-
ten hätten entziehen, andere aber noch derfelben in
ihren Eitelkeiten fich gleich ftellen wollen. Denn das
Freuen mit den Froͤlichen ift nur denen wah—
ten Chriſten unter einander befoßlen, daß; fie follen
Sonſt
aber hat das Licht keine Gemeinſchaft mit der Fin⸗
ſterniß, noch die wahre Freude im Heil. Geiſt
mit dem tollen Lachen dieſer Welt. Viel-—
mehr hatte der Heiland allen zuvor gefagt, fie
würden weinen, und die Welt würde fich
freuen r).
14. Gehoͤrte alfo zu einem unbefleckten Wandel
in der Welt, mitten unter dem unfchlachtigen vers
fehrten Gefchlechte, groffe Weisheit, daß man wohl
unterfcheidete, das Leben in der Welt, und mit der
Welt, unter den Gotrlofen, und mit denfelben.
Paulus fagte zwar, er fen jedermann allerley wor⸗
den, ı Cor, 10, aber nicht, daß er eben fo gottlos
geleber,
i) Hilarius lib. X. de Trinit. k) Idem lib. de Synod.
adu. Arian. I) Idem. can. 25. in Matth. m) Profper in Prec. ad Deum. n) AuguflinusSerm. 26.de Verb.
Dom. 0) Idem Tract. 32. in Ich, p) Tersullianns lib. de Spectac. c. 9. q) Idem ib. c. 15.
Idolol, c. 13.
x) Idem de
*
512
gelebet, ats wie jedermann, fondern “Daß er allen
„getallig wurde in Beſcheidenheit, Geduld, in auf-
„richtigem und ernfthaftem Wandel, in Freund—⸗
slichEeit und dergleichen, keinesweges aber, daß er
„mit denen Heyden Beydnifch, mit denen Welt:
„findern weltlich gelebet hätte,,. Alfo verbot er
auch den Chriſten nicht, mit den Abgöttifchen um⸗
zugeben; abernicht “Deswegen, damit fie auch mit
„ihnen fündigen dürften, weil fie unterißnen leben
„mußten. ‘Denn da hatte er auch verboten, mit
einem gefallenen Bruder zueffen. Alfo “durften
„fie wol mitden Heyden leben, aber nicht mit ihnen
zfterben. Sie waren ſonſt nach der Natur ihnen
„gleich, nicht aber näd) der Religion und Zuͤcht.
„Sie waren Befiger der Welt zufammen, nicht
aber des Irrthums und der Sünden,s). Solche
und dergleichen Erinnerungen waren nun böchit-
nöthig, wenn zumal die Frommen unter den Bofen
fid) aufhalten mußten, u. gleichwol entweder durch
allerhand Reizungen der weltlichen Lüfte, oder durch
Berfolgung und Plagen zum Befall und Nad)-
folge verfüchet wurden, KBisweilen ließ es die
göttliche Weisheit gefcheben , daß fie alfo mitten
unter den Gottloſen bleiben, und aud) dabey viel
gutes fehaffen mußten. Wieman bey einem alten
Autore von Gamaliel lieſet/ daß er zwardenCkrift-
lichen Glauben gehabt, aber durch ſonderbare Fuͤ—⸗
gung unter den Juden blieben ſey, damit, wenn ſie
etwas boͤſes wider die Chriſten vorgenommen, er
ihnen entweder mit feinem Nach weislich wider-
ftünde, ‚oder die Chriften erinnerte, damit fie ſich
üten Eonnten t). Daneben fande fich auch diefer
Mugen ‚ daß die Böfen durch den Limgang. der
Srommen defto eher gewonnen wurden ; wie wir
‚anderswo gefehen. Dazu aber gehörte ein ſtand⸗
haftig maͤnnlich Herz und ein gewiſſer Verſtand,
wenn man mit den Weltkindern alſo umgehen
follte, daß fie auch felig würden, ungeacht man
darüber viel litte u).
15. Bor die Frommen felbft war es nicht weniger
ſehr zutraͤglich, daß fie in der Welt, und alfo auch
unter Weltleuten noch wider ihren Willen leben
mußten. Denn “fie wurden dadurch beffer ge-
Abet und geleßret, wie fie dem Guten defto mehr
„nachftreben follten und anderen Gaben GOttes,
die jene nicht hatten. Wenn fie fahen, daß die
»Böfen ihren Untergang feheueten, fo wuchfe ihre
„,siebe zu GOtt inder Hoffnung ihres Heils, da die
„Gotelofen Feine Gnade erlangeten, Alſo mußte
4. B. Von den Pflichten und Verhalten der erften Ehriften gegen fich feibft.
„ihnen alles zum Guten mitwirken, und dieBöfen
„ſelbſt mußten ihnen durch ihr Erempel ein Troft
„ſeyn. Sie ſahen, daß ſie GOtt in allem herzlich
„liebete, weil er ihnen Gute und Boͤſe zum Nutzen
„dienen lieſſe, und da er alle Menſchen gerne ſelig
„haben will, dennoch das fremde Guͤte den Sein
„gen fonderlich zu eigen machet. Daß dahero
„durch die Gemeinfchaitdes Heil, Geiſtes zu ihrer
„Seligfeitdas Heil der andern binzugefeget ward,
x). Ueberdis hielte man es nicht eben vor fo loͤb⸗
lich, wenn einer unter den Jrommen auch fromm
„ſeyn wollte, fondern wenn man unter den Böfen
„dennoch fromm war und bliebe. Denn wie e
„eine gröflere Sünde ift, unter Frommen Benno
„nicht gortfelig feyn, alſo ift es noch viel ein groͤſſer
„Lob, unterden Bofen fromm feyn,, y). Geflalt
auch fonften allzeit die Schönheit der Tugend deſto
berrlicher fcheinet, wenn die Sünde entgegen gefe:
Bet wird 2). So gar, daß auch die Feinde der
Gottſeligkeit felbft die Gottſeligkeit oft in Ehren
und hoch halten müflen a). Und daß nun diefes de-
nen Kindern GOttes möglic) fen, mit unverleß-
tem Gewillen unter denen Weltfindern zu wan-
deln, zeiget der Geiſt GOTTES ofte, wenn er
von ihnen fordert, daß fie follen feyn “"untadelic)
„und unanſtoͤßig, unftraflihe Kinder GOttes,
„mitten in dem hartnaͤckigten und verkehrten zer
„ſtreuten Geſchlecht, darunter fie als Lichter in
„der Welt fcheinen,, Phil. 2,15. Item, wenn er
diefes den rechten Gottesdienft nennt, “fic) von
„der Welt unbefleckt behalten,,, Syac.ı. Wovon
denn die Kennzeichen der wahren Chriſten insges
mein ung verfichern, Daß es von denenfelben allen
wahrhaftig alfo practiciret worden.
16. Wir werben bald, im fünften Buche, ein
mehrers hören von dem Umgang der Frommen
mit den Böfen, woraus auch diefe Sache Flärer
werden fann, fonderlich der. unbeflecfte Wandelder
Ehriften, wie fie.gleichwol, als die Felfen in den
graufamften Wellen diefes Weltmeers, unbeweg-
lich und fefte beftanden feyn. Diefes erfannten fie
wohl, “daß eg eine fehwere und gefährliche Sache
„ſey, unter dem Ungewitter diefer Welteinen unan⸗
„ſtoͤßigen Glauben behalten, und fich vor dem
„Schiffbruch unter fo vielen Laften bewahren,,b).
Welches alles zu vermeiden, zu'leiden und zu ſtra⸗
fen das menfchliche Herz niche mächtig ift, “wo es
„nicht von GOtt gelebret wird, wegen der groffen
„iſt und Mache der Feinde, c). Dabero ee
ie
s) Tertullianusde Idolol.c. 14: t Auctor Recognitioritum Clementis lib. I. p. 25. u) Aacdor Vitæ Syn-
cleticz c. 71.
x) Caffiodoruslib.de Amic. y) Gregor. M. Expof.Moral. c. 1,
z) Cyrillus Alexandrinas in Ma-
lach.n.23. a) EphramSyrusLaud.in Baſil. b) Hlarius in Pf. 63. c) IdeminPf, ug.
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2. Cap. Don Verſchmaͤhung der Welt bey den erften Chriſten.
— — — — —
— Chriſten die andern ungeübten treu-
lich warneten, fürfichtiglich zu wandeln, weildie
Zeit ſo boͤſe wäre, Eph. 5,15. 16.17: Niemand
97 joe ſeyn, wenn etwa bey böfer Geſellſchaft
feine böfen Lüfte ftille wären. Dann fic pflegten
tool unverfehens aufzufteigen, und einen deſto eher
u fällen d). Wie denn auch die Bosheit der
Gi eiekinder felber fo beveit und hurtig ſey, die Un—
vorfichtigen zu beruͤcken e). Weswegen allezeit
die Verftändigen vor das Sicherſte hielten, daß
man böfe Gefellfchaft meiden muͤſſe. Denn fonft
müffe man entweder Boöfes leiden oder gar mitma-
chen f). Unterdeſſen aber war doc) auch die Kraft
Ehrifti, die in den Seinigen wohnte, mächtig ge-
nug, fie vor allen Anläufen und Berfuchungen zu
—— ja bey dem noͤthigen Umgang mit den
Weltkindern dennoch ihnen, ſtatt des beſorgten
Schadens, die oben erzehlte Vortheile zusumen-
den; indem doch einmal vor allemal ſich fcheiden
mußte, was nicht in ein Reich gehörte, und Chri⸗
ftus mit Belialnicht ſtimmen mochte. Denn, wie
ein Chriſtlicher Poet davon ſchreibet g):
Ein reines Herz faßt keinen Suͤndenkoth,
Auf glatter Haut bleibt doc) Fein Flecken ſitzen.
Der Hermelin leidt lieber gar den Tod,
Eh feinen $eib der Unflat folle beſchmitzen.
Wer in der Welt ſich doch bewahret rein,
Der mag ein Chriſt und Weltverächter ſeyn.
17. Alles diefes aber war denen, welche vor ihre
Seligfeit Sorge trugen, Urfache genug, daß fiedie
Welt als einen Unflat meideren, ob fie fhon in
derfelben noch leben mußten. Denn diefes hatte
der HErr unter andern gemeynet Ef. 52, 10, 12.
wenn er fie weichen und ausziehen geheiſſen, und
fein Unreines anruͤhren, wie es Paulus auch anzie⸗
bet 2 Cor,6, 17. 18. Aus welchen und andern
Worten fie das böfe Weltwefen als eine Verwir⸗
rung und rechtes Babel anfahen und feheueten,
gleichwie fie aud) ohne Bedenken alfo redeten. Da:
in fie denn nicht allein das Hendenthumrechneten,
Kndern alle böfeundunorbentlihe Abefr das ſich
etwa bey den Heuchlern und Gottlofen im Ehri en:
thum ereignete. Ich will aus fo vielen Stellen der
Alten nur etliche erwehnen, da fie aus der Erklärung
des ebräifchen Werts 932, oder Babel, erinner-
ten, daß es eine Stadt der Verwirrung hief-
feb), aus dem ı B. Mof. 11,7.9. Darum re:
deten fie alfo von der Sache: *Der Teufel iftein
„aber, alle auserwählte Seelen m).
513
„Vater aller Gortlofen, und ihre Mutter ift Ba-
„bel; (oder die Welt, die man fonft des Teufels
„Braut nennet;) diefe Stade ift die Gefellfchaft,
„aller Gottloſen von Morgen bis gen Abend, und
„hat das irdifche Reich inne, wir aber Haben Babel
„verlaſſen i). Babel ift diefe Welt, denn Babel
„beißt eine Verwirrung. Sehet, ob nicht diefes
„ganze geben eine Verwirrung fen! Was die Leute
„in eitler Hoffnung thun, das wiſſen fie nicht. In
„dieſer Verwirrung, das ift, in dieſem Babel liege
„Zion noch gefangen k). Diefe zwey Reiche (Zi:
„on und Babel,) And noch unterdeffen mit einander
„vermenget dem teibe nach, aber dem Herzen nach
„laufen fie Durch diefe Revolutionen der Zeiten bis
„andas Ende. Die eine ift, welche zu ihrem Zweck
Frieden hat, der ewig iſt, die heißt — die
„andere hat den zeitlichen Frieden zu ihrer hoͤch—
„ften Freude, und heiße Babylon. Jeruſalem
„wird in Babylon nicht ganz gefangen gehalten,
„denn Die Engel find auchihre Bürger. Dieaus- -
„erwählten Menfchen aber, welche Ehrifti Mit:
„erben werden füllen, die a er mit feinem Blut
„bon diefer Gefangenſchaft erfauft. Alfo wird
„nun ein Theil von diefem Jeruſalem in dieſem
» Babel gefangen gehalten, um der Sünde twillen; _
fie fanger aber an zuvor mit dem Herzen aus:
„zugeben durch die Bekenntniß der Sünden und
„Liebe zur Gerechtigkeit, Endlich wird fie noch
„am Ende der Welt nach dem Leib abgefondert
„werden. Unterdeſſen laͤſſet GOtt diejenigen in
„Babel nicht verderben, welche treulich vor ihm
„wandeln, und darinnen keine Hoffart an ſich neh—
„men, ſondern einen lautern Glauben erweiſen 1).
18. Andere reden faſt noch mehr und deutlicher
hiervon, wenn fiedurch “Babel verſtehen alle Boͤ⸗
fen, die die Heiligen verfolgen ; durch Jeruſalem
Wenn fie
„Babnlon ein Reich und Stadt des Teufels, und
„oyerufalem eine Stadt des HErrn Epriftibefchrie:
„ben, deren Unterfcheid in der Befehrung der Men⸗
„ichen offenbar worden n), Die eine baue der
„Teufel, die andere Ehriftus, vom Anfang der Welt
„ber. Jene richte fich in die Höhe auf, Damit fie
„deſto unfeliger falle, dieſe werde gedemuͤthiget,
„damit fie deſto beftändiger indie Höhe fteige,, 0).
Wie fie denn auch überdis dieſen Namen Babels
auch gewiſſen einzelen Dertern, Haufen und Ber-
fammlungen beylegten, welche fie vor Theile der
Ttt allge⸗
d) Nilus de Octo Vitiisc.de Fornicat. e) Auctor Vitæ Sahæ ap. Core! r. Tom. III. Mon.Gr.p.268. f) Aga-
etus Scheda Regia. g) Paulinus Nolanus Ep.2. adAufon. h) Hilarius in Pl. 136. i) Auguftinus in PL. 26;
) Idem in PL. 125.
”
ten 1) Idem in PC, 136. m) Hieronymus. in Pf. 55. n) Vid. omnino Augufirns in libris
de Ciuitate Dei, et ex co Cafloderns c. 16. Diuin. Le.
0) Cafarins Arelatenfis hom, ıt,
” J
514
allgemeinen Babelifchen Verwirrung erfennen
mußten. Als, wenn einer Seleuciam Ben Thurn
Babels nennte, da die Sprachen verwirret wor:
den, weil die Arianer nemlic ein Concilium alda
gehalten hatten p). Ein anderer nennet fehon im
fehften Jahrhundert Rom ein Babel, wegen der
allzugroffen Menge des Volks und der daher ent-
ftehenden Unordnung ga). Wiederum heiſſen bey
andern diejenigen Bölfer, Egypten r), melche
nicht in thätigem Glauben an Chriſtum ſtehen.
Spngleichen gedenken einige "der Höhen Babels,
„ivelche der HErr noch nicht zertreten und ernie=
„driget hat, 5): der Gaſſen Babylons, daraufdie
Unbekehrten mit ihren Gefährten und böfer Ge—
felichaft giengen «): “der Ketten des greulichen
„Babels, darinnen die Frommen das harte och
»Pharaonis noch tragen müßten, u). Nicht wer
niger befchrieben fie den elenden Zuftand der Welt:
finder alſo, daß fie “Der babylonifchen Dienft-
„barkeit ergeben feyn , indem fie ihre boͤſe Gewohn⸗
„beiten nicht ablegen wollen x); da hingegen Die
Frommen zwar in dem Dfen des myftifchen Ba⸗
„bels gleichfam wohlausgebrannt und gefchmelzee
„iverden, aber Doch mit Jeremia nad) dem himm⸗
„lifchen Serufalem feufjen, y). Inſonderheit aber
iſt hernach diefer Titel, nad) Dem Berfall, der Roͤ⸗
mifchen Kirchen von denen Zeugen der Wahrheit
bengeleget worden. Wie man alfo ſchon im neun-
ten Seculo in einem Schreiben der Niederländi-
ſchen Bifchöffe an den Pabſt Nicolaum liefer, daß
fie fic) zur Stadt GOttes gerechnet, die da gröffer
ſey, als “die Stadt, welche von den H. Propheten
„Babel genennet werde, als welche fid) der Gott—
„heit anmaßte, dem Himmel felbft gleich ſeyn woll⸗
„te, und fagte, fie fey ewig, babe auch niemals geir—
„tet, und Fönne noch nicht irren, 2). Derglei-
chen Kennzeichen der falfchen Kirchen insgemein
von dem Heiligen Geift beygeleget wird, ‘
19. So und nicht anders fahen die erleuchteten
Epriften den verderbfen und verwirrten Zuftand
- Diefer oder jener Gemeine an, wenn der Wider-
chriſt darinnen herrfchete, und nicht Jeruſalem
oder Zion, fendern Babel fich offenbar zeigte. Da-
von die Befenner der Wahrheit unter dem Ver—
fall ver Kirchen unter andern diefen Character ge-
ben: Wenn die Priefter Babels alleine herrſchen
nf cW#
„wollen, und feinen neben fich leiden Fönnen; auch
„nicht aufhören, bis fie alles unter ihre Fuͤſſe getre-
„ten haben. . Cie un in dem Tempel GSttes,
„und erheben fic) über alles, was fonft geehret
„wird. Ihr Geiz und Ehrſucht ift unerfärtich,
„und durch die Frenheit werden fie immer ärger,,
u. ſ. m.a). Wo ficd) dann dergleichen gewiſſe Zei-
chen der Berfehrung fanden, da haben die Alten
Babel erkannt, dieweil fie in Bekenntniß der
Wahrheit nicht heuchelten, noch der Welt zu gefalz
len redeten, eben wie die Propheten ein jedes mit fei-
nem anftandigen. Namen belegten. Welche Auf
richtigfeit je und allewege bey Frommen hoc) gehal-
ten worden, und noch der Wahrheit gemäsift, ob
gleic) Die, fo zu dieſem Reich gehören, folche Be—
Fenneniß niemals haben leiden wollen. Gleichwie
noch neulich ein berühmter und geleßrter Mann alfo
ungefcheuet und ohne Schmeicheley fchreiber, “er
„wuͤnſche, daß alle fich dahin bemüheten, damit die
„Feinde nicht mit Recht fagen Fonnten, Die Refor⸗
„inirten Kirchen und Schulen hätten nod) ein
Bild und Abdruck Babels wegen der verwirreten
„Sprachen der Bauleufe, oder zummenigften des
„bunten Nocks Joſephs, der vom Blut der Brüder
„noch roth fey, oder auch des Babelifchen groffen
„Bildes, das aus vielen Metallen zufammen ges
„ſetzt ſeyy b). Alle ſolche Bekenntniſſe aber Haben
jederzeit zu defto forgfältigerer Bewahrung der
Seelen bey den Frommen dienen nen: Damit
fi) niemand von der Welt durd) den Aufferlichen
Schein des vermeynten Öottesdienftes oder Reli⸗
gion verblenden lieſſe, fondern zuvor alles genau
prüfte nach dem Wort des HErrn indem Licht des
Heiligen Geiltes, was ihm von denen argliftigen
Weltkindern vorgeleget würde: Sodenn mochte
er ohne Menſchenfurcht allen Betrug und Heuche⸗
ley der Welt vermeiden, und ſich vor verkehrter Leh⸗
re in einem göttlichen Wandel bewahren.
20. Nicht andersbefand die Weisheit der erften
Ehriften diefes nörhig indem Umgang mit Freun⸗
den, in der Siebe gegen Anverwandte undandere Zu⸗
gehörige, als deren unordentliche Liebe gleichfalls
zu der Weltgebörte, und folgtic) verleugnet werden
mußte, Es mar überhaupt denen Seelen bien-
lich, die nun zu ihrer wahren Ruhe eilten, daß fie
fich nicht durch allzu viele Befanntfchaft zerftreue-
ten und verunruhigten, und alfo untüchtig mach⸗
; ten,
P) Greg. Naz. Or. in Athanaf. q) Hieron. Epift. ı7. ad Marcell. r) Terzuäian. de Spedtac. c. 3. s) Augufl.
lib. VII. ConfeM c. 2. t) Idem lib. II. c. 3.
u) Au&tor hymni.de Ieiun. ap. Fabricium: Poet. Chr. p. 807.
x) Calhoderus de Atmie. Hierorym, Ep. 22. ad Euftoch. Paulins in PL. 36. Prusentins Hamartigen p. 189.
y) Sidonivs Apollinaris lib. VIl. ep. 6. z) In Caral. Tefl. Verir. p. 142. a) Oratio Epifcopi ap. Audorem
Caral, Tefl. Verit. p. 393. b) Frid, Spanhemius Orat. de degenere Chriftianifmo. ; |
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4.8. Don den Pflichten und Derbalten der erften Ebriften gegen fich ſelbſt.
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2. Cap. Don der Derfebmähung der Welt bey den erften Chriſten.
ten, rider ihre übrige Bewegungen zu flreiten c),
Sonderlich aber harten fie defto emfiger zu wa—
chen über ihre Neigungen gegen die Ölursfreun-
de, je tiefer diefelbe von Matur im Herzen fteckte.
tar darf niemand mennen, als ob fie die ordent-
iche von GOtt eingepflanzte Siebe und andere
Pflichten der Blutsverwandfen damit getadelt oder
verworfen hätten. Denn vor ſolche asögyes,
oder Sieblofe und Störrige, müffen mir die Jünger
Jeſu ja nicht als welche durch Paulum
und andere eines befferen berichtet waren, Nom. r,
31. 2 Tim. 3, 3. Man finder vielmehr bin und
toieder groſſe Proben ihrer natürlichen, aber gott⸗
sefalligen und feiner Ordnung gemäffen Siebe ge-
en ihre Verwandten und Freunde. Aber diefe
elt follten und mußten fie durchgehends ver-
ſchmaͤhen und verlaffen, fie mochte fich in Fremden
oder ihren eigenen Freunden auffern und prafenti-
ren. Dis hielten fie vor “die eigene Kraft des Ev»
„angelii, daß um deſſen willen alle Blutsfreund⸗
„ſchaft verachtet würde d). indem ja die Herzen
„init einem beiligeren Band verfnüpfet werden
„mußten, als die $eiber e); und uͤberhaupt die
„Bruͤderſchaft Chriſti der natürlichen weit vorgien-
0%, f). Sintemal in En JEſu nun nichts
mehr galte, als der Glaube und eine neue Crea-
tur, Gal. 5, 6. c. 6, 15. als welcher alles in allem
feinen Gläubigen war, Col. 3, ı1. Deswegen
auch Paulus Kon von fich und feines gleichen ge-
ftunde, fie fenneten von nun anniemand mebr
nach dem Steifeb, 2. Cor. 5, 16.
21. Es war der Wille des HEren Biervon Flar
enug, den fie in Gehorfam des Glaubens vor
(eig annahmen. Wer Dater und Mutter,
Sohn oder Tochter mehr liebe, denn den
Seren IEſum, der ſey fein nicht werth,
Matth. 10, 37. Ja, werzu ibm kaͤne, und
baffete nicht feinen Vater, Mutter, Weib,
Rind , Deiber , Schweftern, der Fönne
nicht fein Jünger fepn, $uc. 14, 26. Diefe
Worte falleten fie zu Herzen, und bewegten fie
darinnen, bis fie eben dergleichen berrliche Früch-
te der Berleugnung brachten. “Hörer ihr, (ſpra⸗
xchen fie,) wie wir ermahnet werden, die allernäch:
„ſte Berwandefchaft unferer liebften Freunde von
„uns zu werfen, oder vielmehr aus den Herzen zu
„reifen, wenn wir an etwas fehen, (nemlich
Boͤſes,) damit wir nicht ihrer Sünden durch ih:
€) Ruagrius in Vitis Pat. Gr. lib. V. c.
Luc. VIII. f) Idem Serm. 9. g)
dem Elend erlöfer waren.
515
„ren Umgang theilbaftig werden, 8)! Go nah:
men fie die harefcheinenden Worte JEſu demuͤthig
auf, als die aus feinem wohlmeynenden Herzen ges
floffen waren, dadurch er verhüten wollte, damit
fie nicht um anderer willen Schaden an ihrer See:
len leiden mochten, nachdem fie vor fich hier von
Wenn fienun offenbar:
lic) ſahen, daß ihre eigene Eltern, Kinder, Ehe—
„gatten oder Gefchwilter Gottes Feinde waren, fo
„mußten fie fie baflen,, h), das ift, ihrer Bosheit
gram fenn, und von ihnen fo weit nichts willen
tollen, —* fie meiden und flieben i). Denn
alfo nahmen fie auch jenes Wort des HErrn an,
als er dem Syüngling, der ihm nachfolgen wollte,
nicht einmal feinen Vater zu begraben verſtatte—
tek). Wodurch er ihnen habe anzeigen wollen,
theils, daß ein völliger Glaube zu Feiner gewiſſen
„weltlichen Dienftleiftung verbunden fen, theils,
„daß zwifchen einem glaubigen Kinde und ungläus
„obigen Bater das Necht des väterlichen Namens
„nicht mehr übrig ſey, Matth. 8, 21. 2. Wels
ches fic) denn fo mächtig in den Gläubigen äuffer«
te, daß auch die Fremden denen naͤchſten Ver—
wandten von ihnen vorgezogen wurden, in Anfe-
bung des lebendigen Glaubens. “Wir müffen
„(hieß es durchgehends bey allen wahren Chriſten,)
„die Fremden mehr lieben, welche mit durch das
„Band der Liebe Chriſti verfnüpfee find, als die
„Verwandten, die GOtt nicht lieben, noch ihm
„dienen. Warum das? Weil das Band der
„Herzen Heiliger ift, als dasleibliche,, 1). In wel⸗
cher Meynung einer dorten an die Verwandten eineg
bekehrten Chriſten fchriebe , die nod) ungläubig wa⸗
ven: Er it euer Bruder zwar nad) dem Fleiſch,
„aber unferer nach dem Geift m).
22. Auch deuteten fie denjenigen Befehl GOt⸗
tes dahin, da er Mofi gebot, daß ein jeder fei-
nen Bruder erwürgen ſolite, Buch) Mof. 13,
6. fegg. und c. 33, 9. 3 B. Mof. 21, u. u. f und
erinnerten einander dabey, wie der Dienft GOt⸗
„tes aller Freundſchaft vorzuziehen ſey, die Gottfe-
„ligkeit aller Verwandtſchaft: Indem dieſes allein
„die wahre Gottſeligkeit iſt, welche göttliche Din-
„ge den menfchlichen, zeitliche den ewigen vorzie⸗
„det, 0). Einige verjtunden durch die Glieder,
welche abgeBauen und ausgeriffen werden follten ,
auch die nahen Anverwandten, welche durch gort:
Tea los
n.8. d) Chryfoffomus hom. 43. in Matth. e) Ambrofius Comm. iu
tlar. can. 4. in Matth. h) Amöro/. Serm, 15. in Pf CXVIIII.
i) Au-
guflis. Quæſt. ad Hilar. qu. 2. k) Hilar. c. 8. in Matth. 1) Bernhard. Serm. c. 5. de Modo bene viuendi.
ın) Mors Pelufiora lib. V. ep. 163. n) Ambrofius lib. VIT. ep. 55. itemque Iulius Marernus FirmicusdeEx.
ror. Profan. Relig. En/ebius Eimyfenus Serm. in Matrh. 10.
s6 4.8. Don den Pflichten und Verhalten der erſten Ehriften gegen fich felbft.
los Wefen Schaden thun möchten o). Dem aber
fen wie ihm wolle, fo genüget uns hier, daß wir ver⸗
fichere werden fönnen , es fey diefe Art der Ber:
ſchmaͤhung der Welt nicht in Worten bey den er-
ften Chriften, fondern in der That und Uebung be-
ftanden,, dazu frieben die Verſtaͤndigen und Stär-
Eeren die Schwachen Fräftiglih an, und hielten
ihnen die allerwichtigften Gründe folcher theuren
Lehre vor p). Denn da gefchahe es ja fonderlic)
unter den Verfolgungen, daß oft die Liebe der Ih—
rigen bey den bedrängten Chriſten mehr Schaden
that, als die größte Marter. Wo da nun nicht aud)
in diefem Stücde Berleugnung und Verſchmaͤ—⸗
Hung der weltlichen und irdifchen Dinge von dem
HEren erbeten ward, da mochte es leicht um das
Kleinod desrechten Kampfs geſchehen feyn. “Die
„Augen der weinenden Angehörigen hatten gröf-
„fere Macht, als die Berfolgungder Seinde, Wie
„viele fonnten ihre Kinder abfchrecfe , daß fie
„nicht um Ehrifti willen leiden follten. Da fielen
„die Weiber ihren Männern zu Fuffe, und wollten
„richte Witwen gelaffen werden. Aber wie Bät-
„een die Thraͤnen, fo haufig fie auch floflen, das
Feuer und die Brunft der Liebe auslöfchen Fün-
„ten, ? fraget einer ſehr wohl hierbey q). Dem⸗
nach haben die erften Chriſten dieſe Zeugniffe auch
bierinnen bey den folgenden: “Sie haben alle ih—
„te Bermandte, die fie von der Hoffnung der himm⸗
„lifchen Belohnung durd) irdiſche Schmeicheleyen
„abwenden wollten, nicht erfannt, auch nicht ein⸗
„mal gehört r). Es ward alles durch des HErrn
Wort abgefchnitten und feines eigenen Nechtes
„beraubet, mas etwa angenehm oder lieb feyn
„eonnte, oder dem Verlangen der ewigen Selig:
Fkeit vorgezogen werden mochte, Damit nicht, zum
Exempel, das Kind den Vater im $eiden weich
„machen follte s). |
23. Sie felbft, die treuen Liebhaber JEſu, und
Feinde aller feiner Widerwaͤrtigen, erklärten ſich
alfo hiervon öffentlich: “Uns iſt das Vaterland
„und der. gemeine Name nicht lieb, als die wir felbft
„vor unferen Eltern einen Abfcheu haben, wenn fie
„erwas wider den HEren rathen wollen, t).
Gleichwie aud) einer von folhem Herzen zeuget:
„Er meidete fein Vaterland, vergaß feiner Kinder,
riß fich von feinem Weibe, und fegte alle Verwand⸗
0) Hilarius ]. c. et Athanaf. Queft. ad Antioch. qu. 35. d
Exhortationes’ad Martyres. q) Auguf. in PL. 48. r) Idem in Pf. 74. 1
i. u) Petrus DamianusSerm. de S. Nicolao.
p. ı2. t) Ponzius Diaconus in Vita Cypriani.
„ten zurück, er fuchte Bingegen, damit er finden
„möchte, er funde, damit er wieder verlieren fonn=
„te, das ift, er verließ um Chriſti willen alles,, u).
Appianus entzoge fich von feinen ungläubigen und
balsftarrigen Eltern, und verachtete auch alle Dro⸗
bungen und Marter dev Feinde, und ward alſo ein
gefegneter Märtyrer x). „Perpetuam reiste Die
„Süßigfeit des ewigen Heils, daß fieihren Sıpn
„verließ, ihren Bater hintan feßte, der Welt nicht
„mehr anhienge, und ihr Leben um Chriſti willen
„ließ, y). Als Philoromus und Phileas von ih⸗
ren Verwandten und Freunden fo fehnlich gebe-
fen wurden, daß fie doc) ihr Weib und Kind fcjos
nen, und alfo Chriſtum verleugnen möchten, wa⸗
ren fie ihnen nichts zu gefallen, fondern litten den
Tod beftändig 2), Martyrius verlieh feine na-
„eürlichen Eltern und Gefchwifter, und wußte, daß
„er Gnade erlanger hatte bey GOtt, dem wahren
„Urheber des Lichts, a); mie ein alter Autor von
ibm fchreibet. Arethas, ein Maͤrthrer, betetegar
vor feinem Ende alfo: “DO mein König JEſu
„Ehrifte, wenn einer aus meinen Verwandten
„oder Bekannten, aus Berlangen der gegenwärti-
„gen Güter, dich, den Schöpfer verläßt, und Die
„iem König (feinem Richter) nadyfolget, fo laſſe
„ihm nicht zu, Daß er das genieffen koͤnne, was er
„vor gut hält,, b)! Wie fie denn auch in Anſe—
bung ihrer geiftlichen Verwandten oder aller wahe
ren Öottesfinder die natürlichen verleugneten.
Als man liefet von einem gortfeligen Weibe, Vi⸗
ctoria, welcheder Richter inder Marter fragte, ob
fie bey ihrem Bruder, dem Fortunatiano, ſeyn woll⸗
te, der noch ungläubig war? Dem fie geantwor-
tet: Ich will nicht, denn ich bin eine Ehriftin,
„und dieſe find meine Brüder, welche GOttes Ges
„bot bewahren,, c)., Diele andere Exempel über:
gehe ich der Kürze halben vor dismal.
24. Wer etwas von der natürlichen Neigung
der Eltern gegen Kinder, der Öefchwifter und an=
derer Freunde erfahren hat, der wird leicht urthei-
len fünnen, daß die Berleugnung folcher Bewes
gungen nicht .von Fleiſch und Blut Berfommen,
fondern von einer höheren Kraft, nemlic) von dem
Baker im Himmel felber. Denn dis alles war
denen Märtyrern Rinderfpiel und fremde
Dinge, wie einer von 40 ſolchen Zeugen Sen
i
p) Vid. Origenis, Cypriani, Tertulliani aliorumque
s) Autor Orat. de Laud. Mariyr.
x) Eu/eb. de Martyr.
Palxfl.c.s- Y) Augufin. in Pf. 48. etlib. de Tensp. Barbar.c.5. z) Marzyrol. Rom.d. III. Febr. et Eufebius
lib. VIII. H.E.e.9. a) Virgil. Epift. ap. Surium Tom. II. d. 29. Maj. et Baron. A.CCCC. p.ı04. b)Apud
Baronium A. DXXIL.p.92. c) Ibidem A. CCCII.n. 56. et ap. Arturum de Mon/lier in Gynzc.S.d. XL Febr.
ee =.» . N} > L Rn Bu a
02, Cap. Don Derfehr nähung der Weit bey den erſten Ehriftien. 517
fti redet d). Es war aber im Chriftentkum “die: - doc) der Chriſten Pflicht, ifre eigene Seele um
fe Srdnung bey allen Gemürhsberegungen CHriſti Namens willen zu baffen, warum, nicht
„ubthig, daß man erftlich die Eltern und Kinder vielmehr die Ihrigen h)? Zumal wenn diefe Bes
ya ni und unter GOtt liebetez damit, wenn es — vorgelegt ward: “Entweder laſſe CHri⸗
„die Roth erforderte, daß die Siebe der Eltern „ſtum fahren, und behalte Die Deinigen oder laſſe
„oder Kinder gegen die Siebe GOites ſollte gedal- „dieſe, und behalte Ehriftum, i)! ndeffen fahen
„ten werden, und gleichwol beydes nicht ftchen die Glaubigen gar wohl, wie ſchon erwehnt, daß
„eönnte, man die Pflicht gegen GOTT bewahre- der HErr hierinnen nicht tyrannifch mit ihnen ver⸗
tey e). Darinne fo gar auch der Heiland felbt fahren hätte, fondern daß nun ihnen obliege, Weiss
vorgegangen war, welcher feine Junger feinen heit zu erbitten, “damit fie weder die Natur um:
Verwandten vorzog, “damit auch fie in der Liebe „kehren, noch der Natur dienen möchten , fondern
„den Geift dem Fleifche vorziehen follten,, f), Es „vielmehr alfo fich drein ſchickten, daß fie ihren Ur:
konnten aber auch rechtfchaffene Eltern, oder an- „heber verebrten und von ihrem Vater im Himmel
dere Verwandten unmöglich darüber ungeduldig „nicht abfällig würden,„k). Deſſen Liebe mußte
werden, wenn ihnen GOTT felbit vorgezogen alles vorgezogen werden, da font auch insgemein
„ward: Vielmehr hatten fie fich zu erfreuen, daß es von allen Affecten hieffe: Heben und Haflen hat
„ihnen fo viel zugetrauet wurde, indem nocheiner jedes feine Zeit!)
„gefunden wurde, derißnen vorgienge„g), War
d) Gregorius Nyffenus Orat. 2. de go. Martyribus. e) Hieronymus lib. I. in Matth. c. 10. f) Ibid in c.ı2. g)
Auguflinus in Pf.128. h) Idem in Pf.xı7. i) IdemEpift.g9. k) Ambrofiuslib. VIL in Luc, e. 32. l) Id,
Serm.ız. in. PL. CXIX
Das 3. Kapitel,
Von ihrer Maͤßigkeit und Nuͤchternkeit.
Summarien.
yarligun ben allem Gebrauch der Creaturen, worinn fie beftanden ; Zeugniß davon: 6.1. Grund dazu wird inder Be:
- kehrung geleget von den weltlichen Füften ; Erempel Auauftini 5 Kampf wider Fleifh und Blut dazu nötbin,2. fowof
in Effen als Trinken, durch Faftenz Gpeife brauchten fie nur als eine Arznen, fubtile Wohnuf, gefährliche Ungewißheit deswe-
gen. 3. Vorwurf der Magerkeitvon Weltkindern achtetendie erften Chriſten nicht 5; Beſchaͤmung der Unglaubigen wegen ih⸗
rer Schwelgeren- 4. Gegen welche fie ſich ihrer Mäßigfeit getroſt ruͤhmen konnten: mic fie ſich ben ihrer Mahlzeit verbielten
und zur Mößigfeit erweckten: worinn fie folche geſehet z 5. alles durch Wirkung des Heil. Geiftes 5 Art der Speifen, Be
denken dabep, Maaffe im Ueberſſuß. 6. Gparfame und geringe Koft brauchten fie, um Dürftige von ibrem Ueberfluß zit ſpei⸗
fen; fonderlich war das die Lebensart der Aſceten, mas ſolche gewefen; Erempel: überhaupt brauchte man ſolche Sbeiſen,
dadurch die Luͤſſe nicht entzündet wurden, doch ohne Beſtimmung gewiſſer Speilen, 7. anderer Gewiſſen nicht zu binden 5 forte
dern nahmen alles mit Dankſagung, gebeiliget durchs Wort Gottes, in Chriſtl. Freyheit, als Kinder ihres Vatersim Himmel,
erduldeten auıh wolden Raub ihrer Güter mit Sreuden, thaten in der Entbaltung zumeilenzu viel, Exempel eines Märtyrers,
deffen Zurechtemeifung. g. Erklaͤrung der erfren Ehrüften vom Gebrauch der Ercaturen und des Weins z 9. ſie lieſſen fich un:
ter fein Zoch menichlicher Satzungen bringen, fondern thaten-alles willig : einer urtheilete auch den andern nicht sin allem war
die Mittelmaas ihre Richtſchnur, alles, nachdem es frommete, zu gebrauchen in Weisheit ; Verhalten Spiridionis, 10. item
Nepotiani, item Dionnfiis etliche giensen aar nicht zu Gafte, warum: deß fic ſich auch acaen ihre Feinde rühmeten : ıı., fie vers
wurfen micht die Gefchöpfe, ungeacht es einigen Schuld gegeben ward, fondern die Unmäßigkeit und unreinen Lüfte mit Beob⸗
achtung der Maffe. ı2. Erſte Ehriften machten keinen Unterſcheid unter Speifen, war auch Fleiſcheſſen wicht verboten bey Ge⸗
nieſſung der Erdfruͤchte warum die Heyden ſich des Fleiſches enthalten haben; Gewiſſenszwang iſt wider den Sinn der Apo—
fiel, wodurch viel Boͤſes geſtiftet worden; 13. Verſtand und Abſichten der aboſtoliſchen Verordnung zu Jeruſalem, i4. ge⸗
naue Beodachtung derfelben , doch nicht aus aberglaubiſcher Hartnaͤckigkeit, eigene Bekenntniſſe davon: ı5. bekehrte Juden
und Griechen hielten Darüber bey Gefahr der Strafe, welche Satzung wiederholet in unkerſchiedlichen Coneiliis, und durch andere
verinehret worden. DBerordnungder Griechischen Kanfer hierüber, nebftgedroheter Strafe; 16, daher die Griechiſche Chri⸗
ften noch beute dieſe Weiſe behalten, wie auch Rufen und Mofeoviter und andere ; Woher die Pythagoraͤer fein Blut gegeſſen,
denen viele andere gefolaet, Beſcheidenheit über die apoftoliiihe Verordnung. 17. Früchte der Mäßigfeit und Enthaltung ,
Wachsthum des Geites im Glauben und Erkenntnis, Schlachtung des alten Adams, welches ihr einziges Verlangen und Mes
bung mar, nach Intermeifung des Heil. Geiftes: Wortheil der Mättafeit in der Marter. 18. Go die Henden die Untüchtige
keit zum Guten heym Ueberfluß erkannten, vielmehr die Chriften ; Zeugnig, Gleichniß: man trachtete aleich beym Anfange der
Belehrung nach der Mäßigfeit, Erempsl; daher groffe Erleuchtung, Keufihheit, Weisheit, Munterkeit des Herzens und Leibes,
Abthuung der böfen Lüfte. 19.
‚ Ttez $. 1. Unter
= u w
2 * —
518 3. B. Von den Pflichten und Verhalten der erſten Chriſten gegen ſich ſelbſt.
um — — — — — — — — — — — — — — — — — — —— — —
Chriſten gegen ihre eigenen Perſonen aus⸗
zuuͤben hatten, war wohl eine der fuͤrnehm⸗
ften, die Mäßigung in allem Gebraud) der Creatu⸗
ren. Woben fie denn nicht alleineaufdie Mäfig-
keit im Eſſen und Trinken fahen, fondern auch
insgemein auf ein ordentliches, nuͤchternes und
weislich eingerichtetes Leben; darinnen fie einen
ganz andern und höhern Weg giengen, als etwan
die Heyden mit ihrer ficheren Lehre vorfchreiben
fonnten. Wir wollen einen aus ihnen Bievon fel-
ber anhören, welcher die ganze Sache aud) den
Unglaubigen fehr nachdenklich vorftefler: “Bey
„uns (fpricht er,) gehet Die Mäßigfeit und Befchei-
„oenheit im Schwange, die Enthaltung wird un=
„eer uns geheget, man hält viel aufdie Keufchheit,
„vertreibet alle Ungerechtigkeit, ſuchet die Sin
„oenauszurotten. Das Gefsge GOttes herrſchet
„bey uns, die Wahrheit vegieret uns, die Gna—
„oe erhält uns, der Friede befchüget uns. Co
„rübret uns das göttliche Wort, eslehret uns die
Weisheit felber, EHriftus, der das mahre $e-
„den ift, unterweifet uns, und GHtt allein leitet
„uns mäßiglich Durch) feine Regierung. Drum
„ſey ferne von uns, daß mir an folche Schand-
„ehaten nur gedenken follten, (welche die Heyden
„ihnen Schuld gaben, ) geſchweige, daß wir fie thaͤ—
„ten, a). Alfo erfülleten fie das Wort Petri, daß
fie in der Befcheidenheit Mäßigkeit darreichten,
(Eyredresv , Enthaltung,) 2 Petr. 1,6,
2. Diefes aber war ihnen überhaupt bey ihrer
Bekehrung vorgelegt worden, da die Verleug—
nung ihrer felbft, und folglich auch aller ihrer uns
ordentlichen Begierden zum Grunde ihres Lebens
gefeger ward. Daher fie alsbald von der Noth—
mendigfeit überzeuget worden, wenn fie fonderlich
an ihren vorigen elenden Zuftand gedachten , “da
„fie von allerhand Lüften, (welche die Welt mit dem
„ehrbaren Namen des Appetits befchönet,) umge⸗
„erieben , und als, mit Banden gefeflelt waren.
„Sie hatten fich von jugend aufden Wohllüften
„ergeben, und waren in diefer Sclaverey blieben,
„alslebendig Todte. Nunmehro aber, (nachdem
„sie CHriftum recht gelernet hatten,)war es Zeit,
„allen Heberfluß abzufchneiden,und den Lüften gute
„Nacht zu geben,„b), Der Geift rief ihnen noch
immer zu, daß fie wandeln folten nicht in
Steffen und Saufen , nicht in Rammern
a) Theophilus Antiochenus lib. III. ad Autolycum p. 127.
. $.°
Sy denen Pflichten, welche die erften
L “
und Anzucht, Röm.ız,ız. Welche Worte
dem befannten Auguſtino im Auffchlagen zuerſt
in die Augen fielen, als ihm bey feiner Bekehrung
eine Stimme zurief: Schlage auf und liesc)!
Dadurd) ihm und allen andern, welche es in der
Schrift lafen, angedeufet wurde, wie ſie alsbald
beyihrer Bekehrung eine Probeihres Gehorfams
auch bierinnen ablegen müßten. Maffen auch fie
felbft in dem Lichte des Heil. Geiſtes fahen, "daß fie
„nicht aflein mit denen böfen Geijtern in denen
„Himmlifchen zu kaͤmpfen hatten, fondern auch
„nie Fieifch und Blut; und diefes fürnemlic) Die
„Anfänger und noch Ungeübte im Chriftentfum.
„Da war Kampf nöthig mit allem Mißbrauch
„der Gaben GOttes, mit der Ueberfüllung, mit
„der Sättigung, mit dem Trunf, durch welchen
„auch wol ein Gerechter überladen worden mar.
Ingleichen mit denen Thieren, die zur Speiſe
gemaͤſtet werden, mit den Vögeln des Himmels,
„und mit allen andern Greaturen d).
3. Woraus wir alsbald ſehen, daß fie diejenis
gen nicht vor mäßige und nüchterne Herzen gehals
ten haben, welche zwar der Trunkenheit, aber
nicht der Freflerey abgeſaget hatten. Denn es
war befannt genug, wie Chriſtns in feiner Wars
nung gleich das. Freſſen voran gefeßt hatte: Yıls
tet euch, daß eure Herzen nicht beſchweret wer⸗
den mit Steffen und Saufen! $uc.21,3.4
Dahero war dis der Alten Meynung, “daßman
„mäßiglich fpeifen, und niemals den Bauch fo
„ausfüllen follte. Es fen nicht genug, daß man
„vom Wein nüchtern fey, wenn man vom Les
„berfluß der Speifen gleichfam voll werde, e).
Aber hiezu gehörte gemwißlich eine beftändige Les
bung und erniter Kampf wider die aufiteigenden
Luͤſte, darinne man, nad) des Heilandes Worten,
auf fich felbit acht haben mußte, Damit man von
ihnen nicht überwältiget wurde, Gin gottfeliger
Mann thut folgende ſchoͤne Bekenntniß disfalls
von fich felbft, und gleichfam im Namen aller :
„Wir unterhaiten den Binfälligen Leib mie Effen
„und Trinken, fo lange bis GITT die Speife
„und den Bauch hinrichtet, und er unfere Dürf-
„tigfeit mit wunderbarer Sättigung erfüllen
„wird. Indeſſen ift uns diefe Nothdurft ange
„nehm, und wir Fampfen doch wider diefelbe, da⸗
„mie wir nicht drinne gefangen werben. Ich
„führe täglich Krieg im Faſten, und bringe meinen
„geb ofte unter Die Knechtſchaft, und_ meine
„Schmers
b) Ambrofins lib. II. ep. 8. c) Auguflins lib.
VIIL Confefl.c.ız. d) Ambrof.lib.VI.ep. 38. e) Hieronymus Epiſt. 22. ad Euftoch.
ae
n
x
—
»
3. Cap. Von ihrer
„Schmerzen werden mit der Luſt vertrieben.
„Denn Hunger und Durft find Schmerzen.
„Die Arzuey ift bier durch die Gaben GOttes,
„rarinne Himmel und Erde und Waller unferer
+ „Schwachheit dienen, und dis Elend nennt man
„noch eine Wohlluſt. Du aber, o HERR, haft
„auch felbft gelehret, wie ich die Speife nur als ei-
„ne Arzney nehmen foll. Aber, indem ich wegen
„der befchmwerlichen Dürftigkeit zu der Ruhe der
„Sättigung fehreite, ftellet mir der Strick der
„Begierde felbft in dem Zugang nad. Denn
„dieſes ift auch eine Wohlluſt: und da die Urfache
„des Eſſens meine Gefundheit fern foll, ſo haͤnget
„ſich mit an die gefährliche Annehmlichkeit, oder
„will wolgar vorhergehen, damit ich der fuft wegen
„eſſen foll, welches ic) doc) nur zur Gefundbeit
„ehun muß. Dft weiß ich auch nicht, ob der Leib
„nach feiner Nothdurft etwas verlange, oder ob
„die betrügliche wohllüftige Begierde einen Dienſt
„von mir fordere, Damit will ſich ofte die un-
„glückfelige (ehierifche) Seele entfchuldigen, weil
„noch nicht gewiß fenn foll, was zur Gefundheit
„noch ſey, Damit fie alfo die Luft befchönen möge.
„Soldyen Berfuchungen füche ich täglich zu wi-
„oerftehen, und ruffe die Rechte des HErrn zu
„meiner Hülfe an. Ich böre gleichwol feine ge-
„bietende Stimme: Hütet euch ! Nun ift dieTrun-
„Eenheit ferne von mir, du wirft dich auch, o
„HErr, erbarmen, daß es ferne von mir weiche.
„Denn es kann niemand maßig ſeyn, du gebeft es
ihm denn‘).
4. Daß aber nun die erſten Ehriften folch mäf-
figes und nüchternes Leben gefuͤhret, Fönnen wir
nicht allein aus ihrem andern heiligen Berbalten
fchliefien, fo fich mit Feiner befchwerten Seele rei-
met; fondern auch aus ihrer Enthaltung und Ver—
leugnung aller Wohllüfte, Falten und andern
Uebungen, diewir bald befehen wollen. Wie fie
auch überdis gegen die Heyden fich von diefer ißrer
Weiſe heraus liefen, welches fie nicht würden ge:
ia baben, mo fie wegen ihrer Unmäßigkeit einen
orwurf von ihnen beforget hätten. Sie wur:
den vielmehr von den wohllüftigen und ſchwelgeri⸗
ſchen Welrfindern verlacher, daß fie fo mager und
elend ausſahen; fo gar, Daß man insgemein die:
jenigen vor Ehriften halten, und deswegen verfol-
en wollte, welche nicht fo fett und dick und aleich-
Km ausgeftopft und gemaͤſtet waren, alsdie, deren
der Bauch ihr Gortwar. Welcher närrifche Bor:
wurf Durchgebends wider die Frommen allzeit ge:
f) Angufinus lib. X. Confeſſt c.31. g) Zersullianus de Ieiun. t. 17.
i) Tertullianus Apol, c. 6.
—
Jaͤßigkeit und Yüchternkeit.
519
braucht worden. ift. Weswegen jener eiferige
Mann recht fihriebe: "Es mißfällt uns garnicht,
„daß wir mager find. Denn GEOtt gibt ja das
„Fleiſch nicht nad) dem Gewichte, gleichwie auch
„ven Geift nicht nach dem Maaß. Vielleicht
„wird das Fleiſch, wenn es gering iſt, leichter
„jur Pforte des Heils eindringen, und wenu es
„leichter iſt, geſchwinder auferftchen. Laſſet die
„echter und Spieler fich mäften als die Schwei ⸗
„ne. Solchen Leuten ftehet an über ihren Leib
„ſtolz zu jemn, weil fie teibesfräfte brauchen. Ans
„aber gebüßret andere Stärfe und Kraft, wie
„auch andere Kämpfe, die wir nicht mit Fleiſch
„und Blut zu Fampfen baben,g). Geftaltdenn
auch hinwiederum die Ehriften denen Unglaubigen
und Gottlofen ihre Schwelgeren und Ünmaͤßig⸗
feit nachdrücklic) vorbielten, und fie Damit befchä-
meten, hingegen GOttes Gnade an fich felbit defto
böber priefen,, welcher fie von ſolchem Unweſen er:
lediget hatte. eher nur (fprachen fie,) in eure
„öffentliche Zufammenfünfte. Denn da haͤnget
„man der Schwelgeren mehr als zu fehr, und über
„alle Maffen nach; da babe ihr Mufic, und Föft
„liche Tractamente, u. } f. Und ben folcher groffen
„Gewalt eurer Sünden wolft ihr noch die Schams
„haftigkeit einfchränfen, da ihr doch vor lauter
„Unmaͤßigkeit und Muthwillen in eine greuliche
„Raſerey gerathet, daher ihr endlich in die ab-
„ſcheulichſte Unzucht fallet, ). Woben denn vie
Chriſten unter andern beiwiefen , wie zwar die
Obrigkeit viel Sandesordnungen und Policeygeſe⸗
Ge auch dawider gemacht, aber die Heyden hät:
ten nichts weniger, als Diefe, in acht genommen ,
—5 — lebeten als das wilde Vieh in allem Ue—
erfluß und Ueppigkeit, als ſie Paulus beſchrie—
be, Kom. 1, 24-32.i
5. As die Feinde der Wahrheit von denChrifte
lichen Liebesmahlen und andern Zuſammenkuͤnf—
ten läfterten, daß die Ehriften dabey ſich pflegten
voll zu freffen und zu faufen, mie der Herr Ta—
ve genugfam beweiſet p- 452.u. f. Fonnten diefe
jenen getroft unfer die Augen treten, und ſich da⸗
gegen ihrer Mäßigkeit mit gutem Gewiſſen ruͤh⸗
men: *Es gehet bey unfern Mahlzeiten ehrbar
zu, daift Fein leichtfinniges oder unbefcheidenes
„Weſen. Wir effen fo viel, als einem Hungeri«
„gengebührer, und trinken, fo viel Feufchen Leu⸗
„ten dienet. Wir fartigen uns alfo, daß wir da=
„bey bedenfen , wie wir unfere Machtgebete zu
„GOtt thun müffen, Nach der Mahlzeit wird
„einer
h) Zuftinus Martyr Oratı adu. Grace,
$20 4.3. Von den Pflichten und Derbalten der erften Chriften gegen fich feibft.
— — — — — — — — — ——— — — — —— — — — —
„einer unter uns aufgefordert, daß er GOtt mit
„einem Liede loben ſoll, daraus kann man wohl ur⸗
Itheilen, wie viel er muͤſſe getrunken haben. Wir
„nehmen endlich alle unſere Sittſamkeit und
„Keufchheit inacht, alsdie eine Mahlzeit nicht fo-
wol von Speife als Heiliger Lehre gehalten ha—
„ben,„k), Mas ift in biefer Befchreibung, das
nicht dem Willen GOttes und der Ehriften
Pflichten gemaͤs, dem gottloſen $eben aber der
heutigen Ehriften zumider laufen follte? Billig
befehamte und verurtheilte diefes Leben nicht allein
damals die Heyden, fondern auch alle andere Gott⸗
fofe und Wohllüftige, wozu noch vielandere Be-
kenntniſſe dev Alten zu vechnen find, da fie immer
erwehnen, “wie ihnen befohlen wäre, nur darum
„zu effen, damit fie ihr geben feifteten, nicht aber,
„Daß die Wohfluft und das Effen der Zweck ihres
„gebens wäre, da fich ihr Aufenthalt auf ein- ver
„gängliches Leben bezoge. Drum mußte auch ih⸗
„re Nahrung ganz fehlecht und fo eingerichtet feyn,
„daß fie auf die zwey Abfichten diefes Lebens
„gienge, nemlich Gefundheit und Stärfe!). Wir
„folfen ſolche Speife uns erwählen, die nicht unferer
„suft und Begierde gefällt, fondern unſerm Leib
„dienlich ift und zur Arbeit geſchickt macht m).
Inſonderheit war auch dis ihre Meynung wegen
„des Trunfs, daß fie die Nuͤchternkeit vor eine
„Murteralles Guten hielten, und die Trunfenheit
„aller Safter Urfprung. _ Denn da bey andern
„Dingen der Geift defto freyer wird, wenn der Leib
„gedrucket und beſchweret iſt: fo wird hingegen
„bey der Völlerey Leib und Geift zugleich verder-
„bee n). Uns Ehriften (fagten fie,) will es unter
„allen Menfchen am übeljten anftehen, wenn wir
„die Gefchöpfe GOttes migbraucheren, und mit
„unferm ftetigen Durft die Trunkenheit entſchul⸗
digten. Wir müffen nicht, als nur zum hoͤchſten
„Durft trinken, und nicht wie die, fo am hitzigen
Fieber liegen, den Wein immer hinein gieffen 0).
6. Dis lehrte fie der Heil. Geift in feinen Wor-
ten, und brachte fie aud) in diefem Stücke zu ei-
nem Findlichen Gehorfam; dazu alfo nicht eben fo
viel Aeberredungen und Beweisthuͤmer nörhig
waren, wie die heydnifchen Sittenlehrer etwa
wol mit groſſer Mühe den Ihrigen eine ſolche Tu-
gend benzubringen fuchten, die fie die Maͤßigkeit
k) Tertullianus Apol. c.39.
MS TO WETW WEOTEVERTEON.
Leuit. 0) Iufinus \.c.p. 512.
nennten, Denn unter andern Stücden des gnä«
digen und guten Willensihres Waters war auch
dis Gefeß in ihr Herz fhon gegeben, und in ihren
Sinn gefchrieben, dem fie in lauterem —
zu ihrem eigenen Beſten mit Freuden nachkamen.
Da hingegen bey dem verderbten Chriſtenthum fo
viel geredet und gefchrieben würde von der Mäf:
figfeit und dem after der Völferey, und gleichwol
war dabey auch darinne Fein lebendiger Ölaubezu
feßenp). Gleichergeftalt hielten es die erften
Chriſten mit der Art der Speifen, daßfienemlic)
auch darinne ißren Lüften nichts nachlieflen, und
dem lüfternen Appetit folgten ; fondern, wie Hiero=
nymus redet in der 13. Epiltel, “fie achteten nicht,
„von mas für Eöftlichen Speifen fie den Unflath
„ammleten,. Man erfannte da nicht allein die
Dielheit der Speifen, fondern auch ihre Ze:
febaffenbeit für gefährlich: “indem die böfe
„Brunſt leicht entzündet werden Fonnte, wenn der
„Bauch mit allerhand Speifen ohne Unterfcheid
„angefüllet wurde,,g). Und gefegt, “daß ſich je—
„mand nicht eben verbunden achtete, von unter
„tchiedlichen Arten der Speifen ſich zu enthalten,
„ſo durften fie doch aud) nicht fo lüftern darnad)
„ſeyn, fonderlicy nach delicatem und niedlicdyem
„Eſſen, welches leicht eine böfe $uft erwecken Fonts
3865). Vielmehr aber befleißigteman fich über:
Haupt diefer Enthaltung, “daß man aud) miften in
„dem Ueberfluß dennoch die Maaß der Ehriftlichen
Beſcheidenheit hielte,,s). Dahin auc) unter an⸗
„dern gehörte, wenn die Chriften auch in ruhigen
Zeiten bey allem Ueberfluß, (den fie zwar nicht
lange bebielten,) dennoch ganz eingezogen und mäfe
fig lebeten, und nicht nur alsdenn, wenn fie die
Noch dazu zu treiben fehiene, da ihnen das Ihrige
genommen, oder font die Gelegenheit abgefchnit-
ten wurde. Womit fie alſo auch disfalls ein frey⸗
williges nüchternes Herz dem Vater im Himmel
täglich, ja ftündlich opferten.
7. So finden ſich auch nicht wenig Denfmaßle
ihrer fparfamen und geringen Koft, da viele lieber
andere Dürftigemit dem gefpeifet haben, was fie
vor überflüßig hielten, als fich felbft damit ver-
forget. Immaſſen einer ausdruͤcklich von folchen
fehreibet: “Sie verbieten ihnen gleichfam felbft
die Creatur, enthalten fich des Weins, und eſſen
„von feinem Thier: diefe haben den Mugen, *
„ſie
V Clemens Alexandrinas lib. II. Pxdag. quo conf. c. 2. quod eſt
m) Luſtinus Martyr. Epiſt. ad Zen. et Seren, n) Origenes hom. 7: in
p) Vid. vel Bafılius M. hom. adu. Ebriofos. Nilus de VIU. Vit.c.de Gula,
Ambro[.\ib. de Elia et Ieiun. Cafßarus lib. V. Inſt. de Gaftrimargia. Augujtinus Serm.de Sobriet. Tom.IXs et
alibi. Chryfologus Serm. 26. de Fideli Difpenfat. et qui de Ieiuniis feripferunt.
q) Nilusde VIL Vit. c. de
Gula. r) Clemens I. c. s) Caffodorus Diu. Led. c.23.
7
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eelen auch in Maͤßigung der Speifen auf, r).
Dergleichen Lebensart fonderlich von denen Afce-
ten geführt wurde, welche ſich vor andern in der
en übeten. Dieſe genoflen meiftens
nurSaljund Brod, nebenft einem Trunf Waf-
fer, oder auch, nach Vefchaffenbeit des Landes, duͤr⸗
re Feigen, Wurzeln, Kräuter und andere Früchte
der Erden. Wiealfovon Ammone und feinem
MWeibe ftehet, daß fie nur trocken Brod gegef-
fon u); ingleichen von Antonio, dem Eremiten,
daß er zur Speife allein Brod, Gals, und
sum Erand Wafler gebabt x). Cinanderer,
mit Namen Or, naͤhrte ſich von etlichen Rräu-
tern und Wurzeln, und tranf Waffer dazu y):
Gleichwie Johannes einſt von Seuſchrecken und
wilden Honig, Marc. 1,6. Von ganzen Ge-
fellfchaften gedenken andere, daß dieſes ihre größ-
te Seckerbisgen gervefen, ein wenig Rraut mit
Salz mewürzer und mit Waffer gekochet,
welches fie lapfanium, oder wilden Senf nenn
ten 2). In Syria gab’ es auch dergleichen Chri⸗
ften, welche auf den Bergen Kräuter jufammen
lafen und fich davon erhielten >). Undüberhaupt
erwählten fie ale ſolche Speifen, dadurch Die Wuͤ⸗
ſte im Zaum gehalten und nicht etwentzuͤndet
würden, fonberlid die man leicht bekommen
Fonnte, und nicht viel Fofteten b). Im übrigen
aber beftimmten fie noch Feine gewiſſe Speifen ;
wie hernach geſchahe.
8. Denn auch darinne lehrete ſie die Weisheit,
ſich an den Willen des HErrn zu halten, und weder
ihr noch anderer Gewiſſen zu binden mit Satzun⸗
gen über Speiſe und Trank; 1Cor. 8,8. Col. 2,
ı6. 1Tim. 4,3. Ebr. 13,9. als welches zum Ge⸗
feg des Alten Teftaments gehörte. Ebr. 9,10, Es
wäre denn Sache geweſen, daß man um ber
Schwachen willen fich etwas anders erweifen muß-
te, nad) der Vorfchrift des Apoitels Nom. 14.
ı Cor. 8. Sonften aber, und auffer ſolchen Fällen,
brauchten fie die Creaturen mit Danffagung, in
Gehorfam gegen ihren Schöpfer und Verleug—
nung ihrer eigenen Lüfte, allein zu ihrer Noth—
durft. Nachdem fie in dem Herrn gewiß wa⸗
„ren, daß alle Creatur GOttes gut und nichts ver⸗
werfliches fey , wenn es mit Dankfagung genom-
„men wird, Dur daß es geheiliget würde durch
+ t) Tereullian.de CultuFoem.c.9. u) Socrateslib. IV.c.23. x)Sozomeruslib. 1.c.13.
Caffianuslib. IV. Inft.c.ıı. a) Sozom.lib. VI:c.33.
| 3. Cap, Don ihrer Mäßigkeit und Nãchternkeit.
E [ iner" r noch Sorge unterworfen 0,
Abe fe onen ihrem Gtt die Demuth —*
521
„das Wort GOttes und Gebet ı Tim. 4,45.
Ap. Geſch. 10,15. Weil fonft ſolche arme Creatur
über den Dienft der Eitelkeit feufzere, Röm. 8, 20.
Denen Kindernnun, welche ihren alten Adam ges
Freuziget hatten famt feinen Lüften und Begier-
den, und denen alles durch die wahre Verleug—
nung einerley war, Batte der himmlifche Vater
bierinnen die Chriftliche Freyheit gefchenfer, die
Geſchoͤpfe zu ihrem Nutzen nach feinen Wohlge⸗—
fallen anjumenden, Indem ja obnedem alles,
was ihres Vaters war, aych ihnen von Rechts
wegen zugebörte, ungeacht es die Böfen eigen-
mächtig und wider GOttes Ordnung mißbrauch-
ten, und denen rechten Kindern das Ihre raube-
ten. Welches aber diefe auch Teicht gefchehen lief:
fen, theils weil fie ohnedem Bier Feine bleibende
Stätte harten und als Pilgrimelebeten,. beſage des
vorigen Capitels, deswegen dieſes ihre rechten
Guͤter nicht waren; theils auch, weil fie ihrem
Fleiſch und Blut niemals trauen durften, daß fie
fi) im geringften dev Welt gleich hätten duͤrfen
ftellen. In Betrachtung deffen war esauch eini-
gen nicht eben fo fehr zuverargen, oder doch eher,
als denen Wohllüftigen ihre Schwelgerey, zugute
zu her wenn fie in der Enthaltung von dem
Gebrauch der Ereaturen etwas zu firenge gegen
fic) felbft verfußren, oder aus Schwachheit den
Brauch von dem Mißbrauch nicht recht unterfchei:
den fonnten. Als man von einem Märtyrer, Als
cibiade, lieſet, daß er ein fo ftrenges Leben geführet,
und nurmit Wafler und Brod vorlieb genommen.
Worüber eben Attalus aus einer göttlichen Offen⸗
barung erinnert, wie er nicht recht thäte, daß er
die Creaturen GOttes nicht brauchte, und Damit
den Swachen einen Anftoß gäbe (&Aoıs ramov
sravdars UnoAumsnev&-), Daraufder Mär
tprer auch angefangen, alles ohne Bedenken zu
brauchen und GOtt darüber zu preifen c), Wie
man aber nach und nach mit folchen ferupulöfen
Gewiſſen unbillig verfahren, wird an feinem Orte
erinnere werden,
9. Dieſemnach war der rechten Chriften Mey:
nung und Erklärung von dem Gebrauch der Crea⸗
turen folgende, Die fie auch gegen die Henden er
öffneten: "Wir leben mit euch * ‚ und ha⸗
„ben einevley Speife, Kleidung, Hausrath und
„anderenöthige Dingegemeln. Wir find ja Feine
»ainblanifche DBraminen oder Gymnoſophiſten.
„Bir leben janicht in Wäldern, und begeben uns
„dieſes
y)Id.lib.VI.c.2g. z)
b) Cafffanus lib. V.c. 23. de Spir. Gaftrimargix. €) Eijfe-
Uuu
bius lib. V. c. 37. Nicephorws lib. IV. c. 18. et Marsyrologia in h. v. atque ex his Micrælius lib. U. Syntag. H.
E. Sect. T. qu. 22.
522
„dieſes bürgerlichen Lebens, Mir erivegen gar
„wohl, daß wir GOtt, unferm HEren und Schö-
„per, für.alles erfchaffene Gutezudanfen ſchuldig
„iind, und vertverfen Daher feinen Gebrauch feiner
»Werfe. Aber bey den Dingen felbft Halten wir
„groffe Maaffe, und brauchen fie nicht zu vieloder
„boshaftig.. Dahero wohnen. wir in der Welt
„unter euch nicht oßne den Marke, ohne Fleiſch⸗
„bank, u.f.f. d). Gleichwie fie. aud) font von
dem Gebrauch der andern Creaturen befenneten,
Die etwa von andern nur zur Wohlluft angewendet
wurden: Wer zweifllt denn, daß wir die Blu:
„men gerne brauchen, da wir doc) Roſen und fi-
„iien im Srüblinge nehmen, und was fonft unter
„ven Blumen von ſchoͤnem Gerud) und Farben
„tt? Denn wir pflegen fie auch zu ſtreuen und
Kraͤnze um den Halszubangen, Daß wir aber
„fie nicht auf den Kopf fegen, das haltet uns zu
„gut. Denn wir pflegen gerne an die Blumen
„mit der Naſe zu riechen, nicht aber mit den Haa⸗
„ren oder mit dem Hintertheil des Haupts,, e).
Welches und dergleichen gottgefalliges Berbal-
£en ihrer Berlengnung nicht entgegen war, zumal
da e5 nicht etwa allein ihre Erquickung und Ergö-
ung betraf, fondern auch wol die Nothdurft er⸗
— Wie alſo Paulus Timotheum erinnern
mußte, ein wenig Weins zu trinken um
des ſchwachen Magens willen, und daß
er immer krank wäre, Da er. ohne Zweifel zu⸗
vor aus guten Urfachen fich deſſen enthalten hatte,
ı Tim.5,23. Als auch hernad) der Autor eines
Briefs an Heronem ſchrieb: “Enthalte dich nicht
Dan und gar des Weins und des Sleifches, denn
ſie find nicht unveine. Der HErr fpricht: Ihr
ollt das Our des Lands genieffen: doch alles fein
„mäßig und ordentlich, weil es GOttes Gaben
zfind. Dennwer fann efien und frinfen, wenn
„ers nicht befcherer ? Iſt etwas gutes, foiftes fein,
Fiſt etwas bequemes, ſo iſt es auch fein f).
10. Die Freyheit der Ehriſten, damit fie JEſus
CHriſtus befrehet hatte, brachte dieſes mit ſich,
daß fie ſich auſſer dem fankten od) ihres Heilan⸗
des unter Fein Fnechtifches och menfchlicher Sa-
gungen bringen liefen. Ihre Enthaltung war
ungezwungen, ihr Genieflen der Creaturen war
freywiflig und goftgefällig. “Wenn einige
ſich etwa des Fleiſches, Weins oder dergleichen
„enthielten, nemlich in guter Abſicht, die Lüfte zu
„dämpfen, ſo wurde hingegen niemand zur Stren-
298 getrieben, was er etwa nicht ertragen konnte.
«
ä) Tertullianus Apol. e. 42. €) Minutius Felix Odtau. p. 376. f) Ignatio tributa Epift. ad Heronem Diac.
4.8. Don den Pflichten und Verhalten der erften Ehriften gegen fich felbf
„Keinem war etwas auferlegt, dawider er ſich
„weigerte, auch) nicht von den übrigen verdammt,
„roeiler fic) zu ſchwach erfannte,daß ers den andern
nachthun follte,, ); wie wir von denen Chriften
*— einen gemiflen Lehrer auch noch zur Zeit des
gefallenen Chriſtenthums verfichert werden.
Die Schwachen wollten zuweilen deswegen Eeinen
Wein trinken, weil den Gößen damit geopfert
wurde, und fie vielleicht die Gemeinſchaft mit ih⸗
nen durch Auruͤhrung beforgten. Die Stärfe-
ven aber verachteten dieſes in einem gröfferen
Glauben, weilfiewußten, “Daß nichts unrein waͤ⸗
„te, ohne Durch ein boͤſes Gewiſſen, . Darinne
fie fich an das Wort des HEren hielten: Das
verunreiniger nicht, was zum Mund ein-
geher, Matth. 158. Indeſſen enthielten fie ſich
doch auch, wenn es um der Schwächeren willen
nöthig war k). Und im übrigen bliebe dierechte
Mictelmaß, wie in allem, alfo auch bier ihre Nicht:
ſchnur. Denn ein. Unverftändiger durfte niche
meynen , “nun fey ihm zu ſchwelgen erlauber, weil
„ibm Die Freyheit in den Speifen zugelaffen wor-
„ven, oder es fey nun die Maͤßigkeit aufgehoben,
„iweil das Evangelium fo gar gütig und gelinde
„mit den Chriften verfahre. Denn obfihon dar⸗
„inne ihnen ein freyer Gebrauch zugelaffen war,
„fe golte es doch nur mit der Bedingung einer Ent⸗
„haltung und Mäßigung,, i). Und da hieß es
recht: Sie hatten es alles Macht, aber co
frommte nichf alles,“ı Cor. 10, 23, Alfo wan⸗
delten fie weislich in allen Dingen, daß fie auf.
feine Weiſe verftoflen mochten, und jedermann
allerley wurden zur Vefferung. Spiridion, ein
fonft ftrengelebender Ehrifte, befam einften einen
Haft, dem er Schweinefleifch vorfeßte, und ge-
troftzueffenanfteng. Als aber jener ſich weigerte
zuzulangen, vorgebende, er wäre ein Ehrifte, und
alfo feinen Aberglauben verrierhe, ſprach dieſer:
Ich bin auch ein Chriſte, und deswegen müffen
„wir uns deſto weniger folcher Speife entziehen.
„Denn das Wort GESttes faget ung, daß den
Reinen alles rein fey k). |
11. Dergleichen gedenfet einer von Ylepotiano,
einem weifen und frommen Mann, daß, wenn
er bey andern zu Tifche gervefen, eralles, mas vor-
geſetzet worden, gefofter habe, “damit er ſowol al-
„ten Aberglauben vermeidet, als aud) dabey ven:
„noch die Maͤßigkeit in acht genommen, |). Ein
anderer, mit Damen Dionyfius, pflegte zuvor vor
. ich
g) Auguftin. lib, de Mor. Eee. h) Id. de Mor. Monach, c, 14. i) Tercullianus lib.»de Ieiun. k) Soxe-
menus üb. 1. €, 11, 1) Hieronymns in eius Epitaphio.
. ‘ P 7
ev
—
3. Cap. Don ihrer Maͤßigkeit und Nuͤchternkeit.
ich fleißig zu faſten, aber er enthielt ſich doch nicht
2 leben andern ‚ fondern wenndiefe aflen,
fo feste er ihnen indeffen geitliche Tractamente
durch feine herrliche Umterredung vor m), Hin
gegen wenn andere ihnen ſelbſt nicht frauen woll⸗
ten, oder ſonſt genugfame Urſachen bey ſich fun—
den, ſo enthielten fie ſich dev Gaſtereyen und ande⸗
rer Mahlzeiten, die mit vielen und etwa im Ueber⸗
fluß gehalten wurden. Wie von Auguſtino ge-
meldet wird, daß er immer Ambroſii Erinnerung
wiederholt und fleißig gehalten Habe: “Man
„müffenicht zu Gaftegeben, wenn man gleich ge-
„beten werde, damit man nicht das Maaf der
„Erhaltung verliere, n). Maſſen auch ohne—
dem die rechten Ehriften alfo gefinnet waren, daß
fie nicht allein allen Ueberfluß bey folchen gemeinen
Mablzeiten ernjtlich verhuͤteten, fondern auch
viel lieber alles zur Erquickung der Armen an-
mwendeten, „und alfo von groſſen Gaftgeboten,
Schmäufen und Panqueren nichts wußten noch
voiffen wollten, Zu geſchweigen, daß dieſes ihnen
die erſten bedraͤngten Zeiten nimmermehr zulief
fen, wie wir bey ihren Liebesmahlen und Spei—
fung der Armen fehen. Drum Eonnten fie auch mie
gutem Fug davon andie Feinde ſchreiben, dieauf
alle ihr Thun undsaffen genaue Acht hatten : “Wir
„halten züchtige und nüchterne Mahlzeiten.
„Denn wir bangen ganz nicht der Schwelgerey
„nach, oder halten uns bey den Mahlzeiten mit
„Weinſaufen auf, fondern wir find in Ernfthaf-
„tigkeit frölicy, mit Feufchen und züchtigen Re—
„den, 0). And fo bliebe ein unendlicher Unter:
cheid unter denen wohllüftigen, üppigen und
chwelgerifchen Heyden, und unter züchtigen und
mäßigen Chriſten: damit auch der Laͤſterer hier-
bey nichts finden Fonnte, das er der Lehre EHrifti
Schuld geben möchte.
12. Bey diefem allen waren fie doch nicht fo
ehöricht, daß ſie um des Mifbrauchs willen , wel-
cher von den Gottlofen geſchahe, die unfchuldigen
Gefchöpfefelbft verworfen haͤtten: welches fo gar
auch von denen nicht zu vermuthen feheint, denen
man fonft dergleichen Schuld gab. Denn was
fan, zum Erempel, der Wein dafür, als eine Gabe
GOttes? Er bringe an fich feibft feinen Scha—
den, fondern die Unmaͤßigkeit derer, die ihn übel
brauchen. Drum fagt einer davon: “Sprich
„nicht, der Wein follte gar nicht fenn,,, fondern
vielmehr: Die Trunkenheit und Schmwelgerey
*
m) Caffiodörns diuin. lect. c. 23. n) Poffdins in Vita e. 27.
‚523
„fol nicht fenny, HB)! So auch von andern Crea⸗
turen, dieder Menſch genieffen mag, dabey nicht
die Unreinigkeit der Creatur, fondern die
unreinen Hüfte felber zu befürchten waren.
Sie wußten ja, daß Moe allerley Fleifch zu eſſen ers
laubet worden war, eben wie das grüne Kraut, .
und daß andere mehr'dergleichen genoffen hatten.
Aber Ir wußten auch, daß Efau durd) die Begierde
einer Linſen betrogen war, und daß David wegen
des Berlangens nah Waſſer fich felbft bald be-
ftraft hatte. Ingleichen, daß ihr HErr und Kö-
nig nicht mit Fleifch, fondern nur mie Brod verſu⸗
chet worden, dahero auch das Volk in der Wuͤſten
verworfen worden, nicht weil es Fleiſch verlanget,
ſondern weil es aus dieſer Begierde wi-
der den ZErrn gemurrer harte, In ſol—
cher Berfuchung batten fie nun nicht nötbig auf
die arme Ereatur ungeduldig zu ſeyn, als die doc)
wider ihren Willen und mit Seufjen dem Dienft
diefes verganglichen Wefens unterworfen war.
Sondern “fie mußten nur wider ihre eigene böfe
„Luſt kaͤmpfen, weil fie doc) den Appetit zum Eſ⸗
„ien und Trinken nicht auf einmal wegwerfen
„eonnten. Alfo hielten fie vielmehr ihren Mund
„im Zaum durch eine gemäßigte Enthaltung und
„Zucht, a). Dabey fchästen fie diejenigen ſon—
derlih vor ruͤhmlich, welche nicht auffer den
Schranfen der Nothwendigkeit ſich bringen lief-
fen bey dem Genuß der natürlichen Gaben des
re r). ynsgemein aber war denen wahren
Indern GOttes alles gut, rein und heilig, die im
Ölauben und einem allgemeinen Gohorfam gegen
ihren Bater ftunden, und indem Blute des Lam⸗
mes täglich mehr geveiniget und vollendet wur—⸗
den. Solchergeftalt war allerdings denen Rei:
nen alles rein, 2 Tim, 1, 15. und alfo auch ihr
Eſſen und Teinfen, ihr Schlafen und Wachen,
ihr Leben und Sterben, Nom. 14,7.8. Matth.17.
Luc. 11, 39. 41.
ır. Ehe ich mich. nach von diefer Materie wert
de, ſollte ich noch berichten, ob die erſten Chriften
auch einigen Spark in Speifen in acht ges
nommen. Wir haben aber bereits genugfam er-
kannt, daß in den erften Zeiten dergleichen nicht ge;
fehehen, welches fo gar auffer Zweifel zu fen
feheint, daß man auch bernad) in denen Lebens⸗
regeln nichts davon finder, welche den Aſceten
oder ſich in der Gorefeligfeit übenden Chriſten por
gefchrieben waren, — ſonſt von der Maͤſ⸗
ſigkeit viel vorſchreiben. Auch iſt inſonderheit
Uuu 2 von
0) Minutins Felix Octau. p. 367. p) Chryfft.
hom. 71. ad’ Antioch. q) Anguftin. lb. X. Confef.c. 31. r)Idem, ib,
f
u
Po 4
In 7
— — — mn — —— ——
524 4.8. Don den Pflichten und Verhalten der erſten Ehriften. aegen fich ſelbſt. j
von dem Fleifcheflen (hen Erwehnung gefchehen,
daß es nicht verboten gewefen: Wiewol man
auch der Natur nad) bisweilen vor zuträglicher
angefehen, andere Speifen, als Erdfrüchteund
dergleichen, zu genieſſen. Aus welchem Abfehen
vielleicht auc die Henden Diefesthaten s): obwol
noch viele von ihnen auf die Meynung von der
pereupuxure, oder Verſetzung der menfchli-
chen Seelen in dieThiere, hiebey ſehen mochten, und
alfo ganz andere Urfachen hatten , als jene Chri-
ften ) die ſich beym Prudentio alſo erklaͤret t):
Wir ſind ſo hungrig in ‚ baßarmer Thiere
t
u
Und Fleiſch durch Stahl und Mord den Hunger
müßte ftillen.
taßjene Barbaren ſich mit den Thieren füllen,
Uns ift ein Zugemuͤs bey fehlechter Mahlzeit
gut.
Sonſten aber glaubten die Heyden daß man zu
Saturni Zeiten (die ſie vor die gluͤckſeligſten und
beften bielten,) Fein Fleiſch, ſondern nur Erd-
Früchte und Obſt gegeſſen a). Welche Meynung
fie ohne Zweifel aus der Hiftorie des unfchuldigen
Stands Adams —5 haben, in welchem
der Menſch kein Fleiſch aß, auch nimmermehr kei⸗
nes wuͤrde gegeſſen haben, wenn er alſo blieben
wäre. ı B. Mof. ı, 30. Geſtalt es auch gewiß-
lic) eine Sünde gewefen wäre, wenn die Men:
ſchen damals hätten ein Thier umbringen und ef
fen wollen ; wie die Theologi beweifen x), nebenft be⸗
nen Alteny). Woraus denn unterfchiedliche an⸗
dere Wahrheiten offenbar werden, welche hieher
nicht eben gehören. Was aber ferner nad) den
erften Zeiten vor Menfhenfasungen und Ge:
wiſſens tricke auf die Bahn gebracht worden
find, ſtimmet, nicht mit dem lautern Sinn der
apoftolifchen Gemeine überein, und hat viel Unru-
be, Mißverſtaͤndniß, Zanf und böfe Ding in ver
‚Kirchen angerichtet, indem immer einer über des
andern Gewiffen herrſchen und Richter ſeyn wol⸗
len ; als wir unten im 8. Bud) fegen wollen.
14. Hiebey erinnern wir uns auch derjenigen
Verordnung der apoftolifchen Verſammlung zu
Serufalem, welche die “Enthaltung dom Dlut
#) Vid. Triptolemi prxceptumap- Calium
«. 20. Lipfiusad Taciti I. Annal p. 129.
gin.l.c.
p. 56. Tom. II.
Matth. et hom. 27. in Gen.
gene er Auguflino, Horneins lib. 1. Hiſt. Ecel. e. 10.
a
„und vom Erfticktennochaus dem Gebot GOrtes
„felber 1B. Mof. 9,4. 5.feßte,, Apoft. Geſch. 15.
28.29. c. 21, 25. Alwo auch eine wichtige Urſa⸗
che hinzugeſetzet worden ift: Denn des Leibes Le⸗
ben iſt in feinem Blut, 3 B. Mof. 17,10: 15. da⸗
zu aber andere noch diefes feßen: GOtt habe da⸗
Durch die Menfchen von aller Blutdürftigkeie und
Mord abhalten wollen, “Daß fie nemlich nicht, wie
„die wilden Beftien, wenn fie das Fleiſch verzeh—
„ret hätten, nun auch das Blut auflediten „ a).
Denn es fey hiemit angedeutet worden, wie ke
bar vor GOtt des Menfchen Blutfey ‚da er des an⸗
dern Bluts wegen dieſes Gebot gegeben habe b).
Andere Urſachen zu geſchweigen. Einige thun
noch dieſe Abſicht hinzu, es ſey von den Chriſten
hernach ſo ſteif daruͤber gehalten worden, damit ſie
ſich wider der Feinde Laͤſterungen von Kinder—
mord und andern Greueln deſto beſſer wehren
koͤnnten c); welches aus denen Bertheidigungen
derfelben zuerfehen ift, Diejenigen aber, welche
es vor eine juͤdiſche und alfo indifferente Sache
balten ‚ meynen, die Apoftel hätten damit nur den
Juͤden, welche Ehriften worden waren, einen Ge-
falten hun, und fichnad) ihren Satzungen noch
einigermaffen richten mollen d). Wiewol die
Worte Flärlich zeigen, daß dis Gebot denen Hey-
ben gegeben, und hingegen andere Sagungen der
Süden weggeraͤumet werden: Geftalt Die Juͤden
in der Obſervanz diefer Sache bis dato blieben wa⸗
ren; die Heyden aber, denen es in Moe, dem
Stammpvater nach der Suͤndfluth, gleichfalls
gegeben geweſen, hatten es vergeffen und verlafz
fen, daher es, nach etlicher Meynung, nunmehro
wiederum erinnert ward, als ſie wiederum in den
Bund mit Gott traten e). Weldyes dem Heil.
Geiſt alfo gefallen hat in denen Apofteln, wie Lu⸗
cas —
15. Es iſt aber aus den urälteften Schriften
offenbar, daß diefes Gebot der Apoftel 7
genden Zeiten fehr genau in acht genommen wor-
den, entweder weil fieaufdiebefagte Urfache, die
GHrt vormals dazu gefeget hatte, fahen, oder weil
fie den Vortrag der apoftolifchen Berfammlung
vor fo mercflich und wichtig achteten; zum wenig-
sten nicht aus einer natürlichen oder aberglaubi-
fchen Hartnäcigfeit, als welche von ganzen Beil,
Gemeinen bey fo vielem Sport und Berfolgung
der
Rhodiginum lib.XXVHL. Antiqu.Ledt. c.2. et Platonis mens ib. lib.IIE
von — aut eibum. 1 ’
x) Vid. ChemniriusP. IV. Exam. . Tr. p. 754. et alii. y) Hieronym.lib. I. adu. louin. p. 23. et li
a) Auctor Quait. et Refp. ad Orthod. ap. Juflinum Qu. 145. a
c) F, Spanhemius Introd. Hiſt. Ecel. Sec. I. p. 47. d) Barenıus A. LI. n. 20, ex Or;-
€) Sandius Nuel. Hilt. Eccl. lib. I. p. 54.
u) Diczarchus in libro Antiquit. ap. Rhodi-
b)cCh; yloflomn: hom. 75. in ö
st
e
——
*
der Seyben en nicht zu vermuthen fee. Es
fehreiben aber —* die beruͤhmteſten Seribenten
hievon an die Feinde der Wahrheit; als Tertullia-
nuo: “Wir laffen dev Thiere Blut in unfern Spei-
„fen nicht zu, fondern enthalten ung vielmehr von
„dem Erftickten, und allem in feinem Blut Erſtor⸗
„benen, auf daß mir nicht durch folches Blut ver-
„unreiniget werden. Wenn ihr (Heyden) uns
„auf die Probe ftellet, fo halter ihr uns Blut—
„würfte vor, weiliße nemlich gewiß wiſſet, Daß die:
„‚fes uns nicht zu geniefjen vergönner fey, wodurch
„ihr uns gerne wolltet fündigen machen. Im
„übrigen aber, woher fommt es denn, daß ihr glau⸗
„ben koͤnnet, es ftreben diejenigen nach Menfchen-
„blut, von denen ihr fo gewiß fend, daß fie einen
„Abfcheu vor dem Blut der Thiere tragen,, g) ? Und
anderswo: In Chriſto wird alles wiederum zu
„feinem Anfang gebracht, als die Frenbeit der Spei⸗
„ten, und dieeinige Enthaltung vom Blut, wie es
„von Anfang gewefen ift,, h). Ein anderer Ber:
theidiger der Chriſten leugnet ausdiefem Grunde
die Verleumdung, als wenn fie Menfchenfleifch
fräffen, “weil fie nicht einmal ein Flein wenig Blut
„koſten dürften,, i). Und einanderer: "Wir huͤ—
„ten uns fo vor Menfchenblut, daß wir auch von
„feinem Blut des Viehes in unfern Speifen ef»
zfen,, k). Einer, mit Namen Biblis, beantwor:
tete eben diefe Befchuldigung mit diefen Worten:
„Wie follten wir Kinder freflen, da wir ja nicht das
Blut der unvernünftigen Thiere eſſen dürfen 1) ?
16. Unter fich felbft hielten fie fteif und feft dar-
über,fonderlid) diejenigen,die ausdemHeydenthum
bekehrt waren. Denn die Juͤden achteten fich nun
durch ein zweyfaches Gebot hierzu verbunden m).
Dabey es ihnen ein folcher Ernſt war, daß fie ſich
alfo davon erklärten: “Weg mit den graufamen
Beſtien, welche Blut zu ihrer Speife haben!
„Denn es ift nicht recht, daß die Menfchen Blut eſ⸗
„fen,deren $eib nichts anders iſt, als Fleiſch aus Blut
„erfchaffen, n). Andere nennten diefes in folgen:
den Zeiten, den Beſchluß des N. Teftamente,
deffen Lebertretung mit grofler Gefahr und Ber:
achtung des H. Geiftes gefchehe 0), Man kann
re 3. Cap: Don ihrer Maͤßigkeit und Nüchternfeit. 525
auch aus denen Conciliis anmerfen, daß der apo=
ftolifche Schluß ofte bey ihnen wiederholet wor-
den. Der unbekannte Autor der apoftolifchen Ca-
nonum ſetzt gar eine zeitliche Strafe darauf, daß
nemlich, wenn ein irchenbiener Blut efle, der
folfe feines Amts entfeget feyn, einanderer Chriſte
aber von der Gemeine ausgefihloffen werden p}:
welche Sagung von etlichen andern Eoncilüs wie-
derholet worden 9). Wie denn auch noch) im fie-
benten Jahrhundert in einem allgemeinen Sy:
nodo davon Verordnung gemacht wird bey eben
dergleichen Strafe, wer das Blut Eünftlich wir:
zen und zur Speife zurichten würde r). In ei-
nem andern wurde angeordnet, daß man fleißig
nachfragen follte, ob aud) jemand vom Blut, von
Erſticktem und Zerriffenen gegeflen Bätte s).
Dergleihen Sasungen ſowol in der tateinifchen
als Öriechifchen Kirche nach) und nach garfehr ges
bäufet wurden, und mit vielen aberglaubifchen
Strafen und Ausföhnungen verfnüpfer ı). Als
auch nachmals die Abendländifche Kirche diefe
Weiſe unterließ, ward ihrdiefes von der Morgen:
ländifchen heftig verargetu). a, es nahmen ſich
auch die Griechifchen Kayſer der Sache an, da fie
nicht mehr fo fehr in Orient obferviret werden woll-
te, (entweder aus Gewinnfucht oder aus Lüftern:
beit,) und lieffen ausführliche Verordnungen des⸗
wegen ergehen. Dabey denen Verbrechern die
Eonfifcation aller ihrer Güter, Geiffelung und tanz
desverweifung gedrohet wurde x).
17. Und daher kommt es, daß die Griechifchen
Chriſten noch heutiges Tages dieſe Weife bebal:
ten y): welche auch von oma Ruſſen und Mo:
ſcowiter noch behalten haben, dergleichen auch von
denen Abyfinern und Maroniten befannt ift z).
Ohne Zweifel hatten es unter denen Heyden die
Phthagoraͤer aus den Schriften der Juͤden erſe—
ben, deren Meynung mar, es dürftenicht Blue mit
Blut ernaͤhret werden a). Diefen haben bis auf
dieſe Zeit die Braminen in Indien, wie aud) die
Einwoßner in Cambaja und Banian aefolget,
als man in den alten und nenen Reifebefchreibuns
gen liefert, daß ich der Türken gefchweige, Nun
Uuu 3 fehlte
f) Prout quidem arbitratur Pfannerus P. I. Obferu. $.I.p.ı20. g) Tertullianus Apol.c.9. h) Idem de Monag.
c. 5. iy Arhenagoras Apol.p.38. Minutius Felix O&tau, 1) Eufebiuslib. V. c.ı. et Nicephorus lib. IV. c.
17. m) Origeneslib. I. in Rom. e. 2. et hom. 16. inNum. m) Clemens Alexandrinus lib. II. Pædag. c. 3.
0) Patianus Barcionenfis in Parenefi ad Panit. p)Can. 63. vbi vid. Ba//amon in Schol. q) Conci! Ancyranum
€. 3. Gangrenfe c. 2. Aurelianenfe II. c. 20.
C r) Trullanum c. 67.
- Difeipl. lib. I. c.300. Burchardus lib. I. c. 94. et alii ap. Sandium I. c. Append.
$) Concil. Rothomagenfe A. 6$2. Reginode Eccl.
t)Vid eLatiniscitati: eGrzcis
Nomo-Canon Coteler.c.134.€t428. u) Criminatio Græc. in Latin. ap. Corelerium Tom. III. c. 44. alii apud
eundem in Notis p. 669.
x) Leo Imp. in Nowella LP.
y) Merrophanes, Goar, aliique Grxci. Brerewodius
Serutin.Relig.c.6.et9. z) De Aegyptüisaffirmat Scadiger lib. VII. Emend. Temp. de czteris Sandins I. ©.
a) Ap. Ouidium lib. XV. Metamorph. Sexrum Pythagericum in Sentent. n. 101. e ——
|
TB
“ *
526. 4.8. Vonden Pflichten und Derhalten der erften Ebriften gegen fich ſelbſt.
fehlte es zwar nicht an ſolchen Leuten, abfonderlic)
bey dem Berfall der Kirchen, welche ander Morh-
wendigkeit dieſes Gebots zmweifelten, entweder weil
fie meyneten, Die Urfache deffelben, nemlich die Bes
Fehrung der Heyden, wäre nun aufgehoben, oder
weil fie noch Begierde zu detgleichen Speifen Bat»
ten. Bon jenen war auch Auguſtinus, welcher
aber gleichwol fehr befcheiventlich von der Sache
urtheilet, und wegen des Erftickten dieſe Urſache
ausder Medicin anführer: weil nemlich das Fleiſch
von dem felbft erftorbenen Vieh der Gefundheit
fchädlicher fen, als von dem gefchlachteten b). m
übrigen befennet er feines Orts, daß man ſich dar-
an nicht gekehret habe. Ausdiefem allem aber ſie⸗
het ein jeder, Daßdiefe Anordnung der Apoftel von
niemand weder öffentlich noch ſonderlich verwor-
fen oder abgefchaffet worden. Weswegen viele
Verftändige aus Reſpect vor den Apofteln diefe
Weiſe noch immer vor zuläßig angefeben haben c);
oder zum wenigften an denen, Die ir gehalten, nicht
verdammen koͤnnen. Vielmehr befinden fie über-
haupt rathſam, daß Fein Chrifte den andern hier—
inne richte, fondern einen jeden bey feiner gefaßten
Mennung ftehen laſſe d).
18. Damit ich endlich auf die Früchte der waß-
von Mäßigkeit und Enthaltung komme, will ic)
die fürnehmften im folgenden Cap. bey dem Sa:
ften erwehnen. Hier erinnere mich, was die Al-
ten aus des Apoftels Matthiaͤ Sehren angemerfet,
daß er nemlic) die Seinen vermahnet, “fie follten
„ihr Fleiſch alfo Fafteyen und im Zaum Balten,
daß fie ihm Feine $uft vergönneten. Denn alfo
„würde der Geift im Glauben und Erfenneniß
„wachfen,, e). Und freylich fahen diefes die Chri⸗
fen vor ein ſchoͤn Mittel an, wodurch “ihr alter
„Adam in der Gnade Chriſti, ihres himmlischen
„Hobenpriefters, gefchlachtet werden, und ihr te-
„ben der Welt abfterben müßte.
„böfen Luͤſte, welche gleichfam die Seele des al-
„ten Menfchen find, durch ſolche Gnade verfchwin-
„denmußten,„f). Ihr tägliches Verlangen und
Uebung war, durch die Verlaſſung der irdiſchen
Begierden ihre, Seele abzuziehen und gleichfam
in die Höhe zu feßen, Damit weder Anzucht nod)
andere dafter ihr zu nabe kaͤmen 5). Hierzu un:
Indem die.
errichtete einen jeden die göttliche Weisheit nach
feiner Bedürfniß, daß fie fich zum wenigften immer
alfo in der Verleugnung uͤbeten, und über fich felbft
rechtfehaffen Herr wurden h). Ein befannter
Mann feger diefen Bortheil, den Die Mäßigkeit im
Leiden gebe: Ein Märtyrer (fprichter,) wird Feine
Strafe da leiden, fondern lauter Unterricht und
und Zucht. Er wird defto getrofter aus dem Ge-
fangniß zum Kampf geben, weil er wenig Fleiſch
auf dem $eibe Bat, und dahero die Peiniger nichts
zu martern gn ihm finden, indem ihm “feine duͤrre
„Haut ein guter Harnifch ware, i), Wobey
er von denen zärtlichen Chriften bemerket, daß fie
nothwendig Chriſtum in der Marter verleugnet,
weil fie fic) fo fleißig gewarter und gemaͤſtet haͤt⸗
ten.
19. Wie denn auch denen Heyden aus der Er-
fahrung befannt war, daß der Menfch bey groſſem
Ueberfluß zu guten DVerrichtungen wenig oder
nichts nüße fey. Vielmehr wußten die Ehriften,
was ein Ehriftliher Mann in dieſen Verſen ans
zeiget k):
Des Leibes Luft, die Feine Maafle weiß,
Undimmerfertin Fraß und Soff ſich naͤhret,
Laͤßt dem Gemuͤth nicht den geringften Preis, _
Der Geift verſchmacht, wo ſich das Fleifch noch
mehret.
Und auch in folgenden 1):
Der teichnam, der nurfterblich ift,
Und unfers Geiftes Kraft untüchtig koͤnnte ma⸗
den,
Muß recht gezähmer feyn, mein Chrift,
Durch Sorgen und Gebet, durd) Faften und
durch) Wachen.
Des Himmels Pforte it zu eng, der Weg zu
in
e
Daß vor ein Dickes in noch follte Kaum da
eyn!
Ein anderer ſtellete es in dieſem Gleichniſſe vor:
„Wie an elner Wage, wenn die eine Schale be
„ſchweret roird, fo fallet fie nieder, und die andere
„wird leichter: aljo gebet es auch mit Seele und
„Leib; wenn das eine zu ſchwer wird, fo wird das
„andere leichter,, m). Lind diefen herrlichen Nu—
Gen haben die Alten fo ernftlic) bey einem mäßi-
gen
b) Lib. XXXII. adu. Fauſt. c.13. c) Nominat Sandius G. 1. Voſſium, Dau. Blondellum, Cl. Salmafınm de Feen.
Trapezit. Chr. Becmannum Exerc. Theol. 26. Steph. Curcellaum in Diatrihe fingul. de Efu fangyinis, Thomam
Bartholinum Trad.de Sanguine vetito, Anonymum libro Anglico the tryallof. a blackpudding : tuın H. Grotiums
in Gen. IX. et Ad.XV. d)Gentianus Heruetus Comm. in Clem. Alex.1.c. Conf. omnino Beueregius Not. ad
c. 63. Apoftol. Baronius A. LI.n. 19. ſeqq. Centuriat.Magdeb. Cent. Il. c. VI. p.93. et Theologi vniuerfe. e) Eu-
febius lib. III. c.29. f) Macarius hem. ı. g) Ambrofins de Reſurr. h) Auguſtin. lib. ı. Qu&ft. Euang.
i) Tertullianus de Iejun. c. 12. i
lins M.Orat. quod Deus non fit Autor mali,
k) Gregorius Nazianzenus Carın. 36. in Lent. Iamb. |) Carm.16. m) Baf-
£
.” .
en Leben gefüchet, daß fie alsbald im Anfang ihrer
rung darnach getrachtet. Wie man von
Eypriano verfichert, “daß er bey dem Anfange
„feines Glaubens alsbald diefes für gottgefaͤllig
„geachtet, warn er fich der Enthaltung befleißig-
„te, denn da koͤnne erftlich das Herz gefchickt wer:
„den, und der Sinn zu völliger Faffung der Wahr:
„heit gelangen, wann er mit einer ftarfen Kraft
„der Heiligkeit des Fleiſches Lüfte zertveten,,. Da-
bey feine groffe Erleuchtung gepriefen wird, die er
noch vor feiner Bekehrung gehabt n). Aus die:
fem Grunde fragte einer ſehr wohl: "Die will ein
„Chriſte die Schrift verjtehen, und der Erfenntniß
„und Weisheit obliegen,als bey der Maͤßigkeit und
Nuͤchternkeit? Wie will er eine unverbrüchliche
u EB,‘ *
3. Cap. Don ihrer Maͤßigkeit und Nuͤchternkeit.
Bi
527
„Keufchheit behalten, wann fie nicht auf die Ent:
„haltung fich ſtuͤtzet? Wie verfchneidet fich einer
„um des Himmelreichs willen, wann er nicht die
„überflüßigen Speifen abfchneidet durch vie Ent⸗
„baltung derfelben 0)? Denn indem die Luft des
„aufleren Menfchen verhindert wird, ſo naͤhret fich
„die Weisheit des innern. Das Herz ift unter
„vielen Speifen nicht Burtig und munter, als wie
„unter der Maßigung,, p). Zu geſchweigen, daß
diefe auch die Befchwerungen des teibes verweh-
rer q), und alle Unordnung der böfen Luͤſte nach
und nach binweg nimmt, wann fie mitder wahren
Demuth verfnüpfer ift r). Aber bievon ein meh:
vers in folgendem Capitel.
n) Portius Diaconus in Vita. 0o)Origeneshom.to.inLeuit, p) Zeo M.Serm. IV. de Iejun, Pentec,c.2. 9) Eua-
grins Scitenfis in Capit.c.24. r) Nilus de VIII. Vitiisc, de Gula.
| Das 4. Capitel,
Von dem Faſten der eriten Chriften.
Summarien.
pr mar nicht was felbft erwaͤhltes, noch was verbotenes, wie es viele anfchen : bat guten Grund in der H. Schrift, welchen
weder die päbftifchen noch jüdischen Mißbräuche aufheben, wenn mans nur recht gebrauchet ‚nach Chrifti Unterricht: iſt wis
der eine gewiſſe Art der Teufel nörhig, der Apoftel Lehre und Ereinpel. $.ı. Nothwendigkeit der Kaſteyung durch Faſten,
Erempel der Heiligen X. und N. Teflaments, Vermahnung dazu, fonderlich bey wichtigen Angelegenheiten, Bekenntnis Tertuls
liani, Beſchwerung der Heyden über der Chriſten Falten, 2. um den Leib zu zaͤhmen, Gleichniß, aus Worfichtigkeit wider die
graufamften böfen Geifter- 3. Faſten hielten die erſten Chriſten für eine geiftliche Arıncy und vor Flügel des Gebets ohne einig
Verdienſt, 4. Aberalauben oder falſche Abfichten : wie das Falten ein Gottesdienſt wird, fonderlich noͤthig in anfangender
Bekehrung, wozu ein ernſter Kampfachorete, dadurch die Lüfte entkräftet wurden, Vermahnung dazu; 5. Viel Faften bielte
man vor notbig und müßlich. 6. Was fonften ein rechtes Faften fen, nemlich Entbaltung von Sünden iſt ein vollfommenes Fa⸗
fen von den Lülten, daher die Alten das Faſten ſehr erheben, welches einer Elugen Erklärung bedarf :7. was fie insgemein darune
ger verftanden und wozu es gut; 8. muß ſeyn obn Eigenruhm: Warnung davor: Freyheit des Gewiſſens beym Faſten nebſt Bes
obachtung der rechten Maafles Ereinpel etlicher, welche etliche Tage nach einander gefaltet 59. dem Falten wurde Feine gewiſſe Re⸗
gel voraefchrieben, fondern na chBefchaffenbeit der Umſtaͤnde geuͤbet, Bekenntniß davon, 10, Kennzeichen; eine gewiffezeit haben
die Alten dazu nicht beftimmet, fondern es iftin Chriftlicher renheit eine Zeitlang geblieben, Erempel, Warnung vor Exceß und
Beurtheilung anderer ; worinn esfonderlich zu jegen, warum man gewiſſe Tage zum Faſten angeſetzet gebabt ; wahre Chriften
fafteten und beteten allgzeit, Erempelder Moderation im gaften, 11. Abweichung vom rechten galten durch Vorkbreibung ge⸗
wiſſer Tages ız. Klagen über Mißbrauch, 13, fonderlich Schweolneren und Wohlluſt, daben fie fon ihr ordentlich Faſten btelz
gen, Urtbeil der Berftändigen darüberund Warnung vor Einbildung des Verdienftes, 14. ingleichen, daß ohne wahre Bekeh⸗
rung das galten Sünde ſey; Faſten ift bey vielen gezwungen geiweien, Klage über Eifel vor dem Saften- 15.
1 ⸗
Ge ich die merkwuͤrdigſten Sachen von
= dem Faften der erſten Chriſten erzehle, ift
SET der tefer zuförderft zu erinnern, daß man
daſſelbe Feines weges alseine ſelbſterwaͤhlte Lebung
oder fehlechte unnuͤtze Sache, viel weniger als ein
verboten Werk anfehen müffe. Denn (ivie ein
fürtroflicher Theologus davon fehreiber,) “etliche
.
„haben rechteinenAbicheu vor dem Faſten, alſo daß,
„wenn fienur den Namen hören, fie gleich zurück
„prallen, als wenn fie von Mord oder Ehebruch
—— Andere verwerfen gar die Lehre vom
„Faſten ohne Unterſcheid unter die Menſchenſa—
ꝓungen,. Da doch dieſelbe mit nichten unter
folche Lehren zu zählen ift, die entweder gar von
GHrr verboten und feinem Wort entgegen find,
oder auch Fein Erempel noch Zeugniß vor fich in der
Schrift haben. Denn es hat das Faften fehr vie⸗
le klare und fuͤrtrefliche Zeugniſſe und Erempel
um
528
im Alt. und N. Teftament vorfich, welcdyenebenft
denen Befenntniffen der erftenChriften wohl zu wiß
fen und vor Augen zu haben noͤthig iſt. Die päbfti»
fehen Mißbräuche Bindern hiebey den mahren
gotegefälligen Gebrauch gar nicht; noch viel weni-
ger aber die jüdifchen, welche der HErr felber ver-
wirft Efai.58. Zachar. 7. und Matth. h. aber dabcy
zugleich den rechten Gebrauch billiget und befefti-
get, Math. 6, 17. 18. und c. 11, 15. alwo er die
rechte Art des Faftens fehr wohl und forgfältig be-
fehreibet und feinen Juͤngern empfiblet «). ie
er denn diefelben aud) einften verfichere hat, daß
eine gewiſſe Art Teufel nicht anders, denn durch
Saften und Beten ausgetrieben werde, Matth.
17, 21. Seine Apoftel Haben nicht weniger geleh⸗
vet und wirffich mit ifrem Erempel gemiefen, daß
man Zeit zum Geber und Saften haben folle,
ı Cor. 7,5. Welches Beten und Saften, als
unmittelbar verfmüpfte Dinge, in der Schrift
fehr oft zufammen gefeßet werden, Matth. 17, 21.
Marc. 9,29. Luc. 2,37. Ap. Gefch. 14,23.
2. Alſo haben num alle alte Heiligen gethan,
(fpricht Lutherus,) denndurchs Faften iſt angege-
ben allerley Cafteyung und Züchtigung des tei-
bes. Welcher, obwol die Seele durch ven Ölau-
ben gerecht und heilig worden ift, dennoch nicht
"ganz rein ift von Sünden und böfen Neigungen,
Danım darfs, Daß er gezwungen und Faftenet, der
Seelen unterthänig werde, wie Paulus von ihm
felber fagt 1 Cor. 9,27. Und anderswo auch Ich:
vet: Mit viel Saften laffet uns bemeifen als die
Diener GOttes, 2 Cor.6. b). Da denn, mas er
von allen Heiligen faget, ausder Schrift ſowol als
denen Kirchengeſchichten unleugbar iſt; mie wir
nun nad) der Drönung fehen wollen. Im Alten
Teftament führen bie Theologi c) hierin an die
Erempelder Jfraeliten, B. Richt. 20.1 B. Sam,
7. undc. 31. 2 B. Sam, 1. und c. 12. Davids,
1.3. Rön. 21. und Eſther, c. 4. und g. Daniels,
€. 9. und ıo. der Niniviten, Jon.3. Aus dem N.
Teft welches uns hier ſonderlich angehet, find be-
Eanne mit ihrem Faften die gottfelige Hanna, welche
EDtemit Saften und Beten dienete Tag und
Yacht, $uc.2,37. Wie auch abfonderlic, die er-
ſten Juͤnger insgemein, welche mit einander fa⸗
fteten und dem Hrn dieneten, darauf auch
der H. Geift ihnen eine Antwort werden ließ, Ap.
Gefd). 13, 2. Deswegen fie abermal mit Saften
und Beten Paulum und Barnabam ausfonder-
ten und Binfandten zur Berfündigung des Worte,
a) Chemnitius P.IV. Exam. Conc. Trid.de Iejun. p. 745. b) Poft. Ecclef. P. I. p. 162.
d) Apolog.c.40. e) Cacilius apud Mixnutium Felicem Octau. p. 332.
g) Hefjchius in UTOTIO
[fi
4: B. Don den Pflichten und Verhalten der erften Ebriften gegen fich feibft. Er,
v. 3. Desgleicyen fie aud) thaten, wenn fie fonft
den Gemeinen Xelteften verordnen wollten, als
von diefen beyden geſchahe, c. 14,23. Und insge-
mein vermahnet nicht allein Paulus die Chriſten
berzlich bag 2 Cor. 6, 5. fondern ftellet auch bier:
innen fein Erempel ihnen vor, wie er in viel Wa⸗
den und Saften feinen Lauf vollende, 2 Eor. ıı,
27. Daß dannenhero von der erften apoftelis
fhen Gemeine unmiderfprechlich wahr bleibe,
daß fie nach Nothdurft und Gutbefinden, abſon⸗
derlich bey wichtigen Angelegenheiten, gefaftet ha⸗
be. Weiches aud) nachgehends alfo beybehalten
worden, wie nicht nur aus folgenden Anmerfuns
gen Flar werden wird, fondern auch aus dieſem
Bekenntniß Tertulliani zu fehen ift, da er im
Namen aller Epriften ſchreibet: "Wir verſchmach⸗
„fen faſt von vielem Falten und vergehen faftvon
„ſtetem Enthalten: Wir brauchen des Lebens ung
„ſo wenig, wälzen uns im Sack und in der Afchen
„herum, bervegen den Himmel, rühren GITT
„Das Herz, und erlangen feine Barmherzigkeit,
d). Beſtalt denn auch diefe Weife der Chriften
Denen Feinden wohl befannt war,als wir fehen, daß
fie unter andern fich über jene beſchweren, weil fie
nächtliche Zufammenfünfte und gewiſſe Sa-
ften hielten e): Gleichwie Julianus, der Kayſer,
ihnen ihr langes Saften ofte vorwarf F).
3. Damit uns aber aud) die Urfachen in etwas
Fund werden, warum die Alten das Faften vor noͤ⸗
thig und nüßlich geachtet, und warum es dem
Errn gefallen, in feinem Wort daffelbe an den
eiligen zu billigen, fo will ich bey Nachfchlagung
der alten Urfunden nur das fürnehmfte beytragen,
Es iftaber bereits aus Pauli und anderer Worten
Elar, daß fie fonderlich Dabey auf das unamızlav
und dsAuywyav, oder das Betäuben und Zaͤh⸗
men des Leibes gefehen, ı Cor. 9, 27: Dadurch
er wohl gebleuet, gezaͤhmet und bezwungen werde,
alfo, daß der alte Adam gleichfam Uramız, oder
blaue Flecke, als von Schlägen, Frige g), wie ein
Efelmit Schlägen fortgetrieben wird, nach der Ne:
densart Lutheri und der Alten felbft; welche denn
gleichermaſſen alfo fagten: “Wenn du ein Pferd
„hättet, das dic) durch fein Springen herunter
„werfen koͤnnte, wuͤrdeſt du ihm nicht zu Deiner
„Sicherheit das Futter entziehen, und es mit
„Hunger zivingen, weil du mit dem Zaum nichts
„ausrichteft? Mein Fleiſch ift mein taftehier,
Chriſtus iftmein Weg. Bisweilen führer michs,
„und
ce) Chemmit. 1. c. et alii.
f) Greg. Naz. Orat. Inueltiu. in Julian,
»
)
—
* a 000
4. Cap. Don dem Saften der erſten Chriſten.
nd will mid) von dieſem Weg abhalten. Aber
u durch das Faften mill ichg wol zähmen,h).
8 hieſſe damals von allen wahren Epriften ‚was
einer zur andern Zeit fehreibet: “Dem Satan
„wird die Macht der alten Herrfchaft nunmehro
sin der ganzen Welt benommen, uyd ihm ter:
„ven unzahlig viel 5 ſeiner Tyranney
sentriffen: Deswegen nun deſto groͤſſere Vorſich⸗
„tigkeit noͤthig iſt, daß die Seelen wider ihren
„Feind wacheni). Sintemal (wie er anderswo
Fredet,) dev Mugen der Entdaltung in allem
„Kampf der Ehriften fehr herrlich üt, alfo, daß
„die allergeaufamften böfen Geiſter, die fonft nicht
„ausgetrieben werden Fünnen, durch die Kraft
„des Gebets und des Faftens vertrieben werden,
„als ung der HERR verbeiffen hat, (Matth.
17, 21.) K),
F Ende des vorigen Capitels ſahen wir,
wie Fleiſch und Blut das Reich GOttes nicht er⸗
erben koͤnnen, und dahero ein gemaͤſteter dicker
teib gleichfam zu der engen Pforte des Lebens auf
dem fehmalen Weg nicht eindringen möge: So
tedeten und glaubten ſie auch von dem Faften, daß
baffelbe zur Demütbigung und Betäubung des
Fleiſches nüßlich wäre. _ Es war denen ernſthaf⸗
ten Ehriften eine rechte Arzney und eine Meiſte⸗
ein in ihren Uebungen, dadurch fie die Dornen
gleichfam von dem Acker ihrer Seelen ausrotteten,
und. auf dem engen Weg zum geben alle Kinder:
niffe des Fleifches abfchnitten!), Dabey fie fon-
derlich auf den Mugen ſahen, den fie daraus in if-
rem Gebet genofien, als wozu fie eine nüchterne
Seele bringen , und von Freflen und Saufen nicht
beſchweret feyn muͤſſen, nach) Eprifti Befehl,fuc.ar,
37. Deswegen fie aud) das Saften die Stügel
des Gebete nennten, Dadurch dag Gebet leichte zu
Gstt aufiteigen Fönnte m), Wie aud) beydes
von dem HEren zufammen gefnüpfet worden,
Marc.9. und bey denen Alten nicht getrennet
wardn): die auc) im übrigen Fein Verdienſt dar:
aus machten, wie in folgenden Zeiten gefchahe ,
da doch noch die redlichen Scribenten geftehen,
„daß das Falten nur zur Demuͤthigung des Flei⸗
sches erfunden fey,, 0). Gleichwie die erſten Chri—
fton nichts anders für den Zweck deffelben erfanns
ten, als daß der Leib fein in dev Demuth und #
Schwachheit bleiben follte,,, und nicht etwa über
den Geiſt herrſchen möchte p).
h) Augufinus de Vtilit. Ieiun. et Hilarion in Vitis Patrum: Afelle, faciam, vt nonealeitres.
I) Chryfoft.hom.3.in profe&tionem Flauiani.
Serm. II. de Quadrag. c.2. k) Idem Serm. cit.
lins M. nom. de Ieium et Chryfof. hom. 15. in Matth.
0) Zonarasad Can. Apoft.60. p) Timotheus Alexandrinus Refpont. Canon. p. 187.
Magdeb.11.«. 7. p.90. q) Hieron, Epift.22.ad Euftoch. r) Epift. ad Philipp.
529
„Ars ARE
5. Sie befcheideten ſich Bierinne gar gerne, da
eben dem lieben GOtt eigentlich mit Gen er
Fein Dienft gefchehe, indem es ja auch der ärgite
Heuchler thun Fönnte, wie Chriftusbezeuger, nur
daß er von den Leuten gefehen würde; alfo, daß
auffer den vechten Abfichten und Nutzen das Fa«
ften nichts weniger als ein Gottesdienit heiffen
möchte, ‚Und dahero hatten diejenigen alle ihrem
Lohn dahin, welche aus falfchem Abſehen, zum
Schein oder aus Zwang und Befehl, und niche
aus freyroilligem Herzen,diefe Uebung vornahmen,
oder fid) etwas darauf einbildeten, vorden Leuten
rühniten, und eine fonderbare —— daraus
machen wollten, Mit dieſem allem war dem lie:
ben GOtt nichts gedienet, fondern man ſpottete
und ſchmaͤhete nur feinen Namen damit, zumal
wer davon eines beffern berichtet war. Denn
daran Fönnte ja GOtt feinen Gefallen eben tra=
gen, wenn ein Menfch nicht Affe und den $eib leer
bebielte; ſondern diefeg gefiel ihm an feinen wah⸗
ven Kindern durch Chriſtum den Geliebten, wenn
fie aus inniger Begierde, ihrem Vater rechtfchaffen
u dienen, und ſich der weltlichen Lüfte auf alle
ege und Weife zu entfchlagen , ihrem Fleiſch
durch Faften und Kaftenen die Kräfte des Mi-
derftands benahmen q). Unddiefesfahen ſie wohl,
tie nöthig es ihnen wäre, abfonderlich in dem An⸗
fang ihrer Befeßrung zu GOit, da die Macht des
verderbten Fleiſches noch fehr groß und nicht fo
gebrochen war, als etwa nach langer Uebung in
der Gortfeligkeit werden konnte. Hiezu gehörte ein
ernfter Kampf und muthiger Streit in der Kraft
JEſu EHrifti, der durch ein nüchternes Seben fehe
glücklich fecundivet werden koͤnnte. Da denn zum
mwenigften, bey folcher Entziehung der überflüßigen
Nabrung,die Werfzeugederböfen Begierden,nents
lich die Ölieder auf Erden, merftich entkräfter, und
endlich nach und nach getödtet wurden. Dajuers
mahnete der altetefrer Polycarpus fo herʒlich, wie⸗
wol ganz kurz und einfaͤltig: “Lafer uns müchterr
„ſeyn in Gebeten, das Faſten uͤben, und mit Fle⸗
„ben den HErrn bitten, alsden Seligmacher unſer
„aller ‚daß er uns nicht in Berfuchung einfüpre,, r)
Als auch nachmals unzähligmal von andern froms
men Herzen in guter und nüßlicher Abficht gefches
en.
Err 6. Der:
i) ZeoM.
r \ ( m) Baf-
n) Bafılius M. Orat. 3. de Ieiun. ap. Coreiaium Tom.T.
Tom. L.Conf. Cenzuriar,
v
539
6. Dergeftalt hielten fie es auch mit Luthero
por recht, daß man viel faftete, auf daß der
Leib gezäßmer und gezwungen wiirde, der fonft
weder zu beten noch zu ftudiren dienete; nicht
daß man Damit etwas verdienen wollte, fondern
allein, daß man gerüftet und gefchickt bliebe GOt⸗
tes Wort zu handeln, daß der Leib eingefaflet blie-
be, und dem Geift Raum lieffes). Aus welchen
Urfachen niemand das Saften verachten durf-
te, und inden Wind fchlagent). "Denn, wie es
ein Ehriftlicher Poete ausdruckete u):
- Den ungezäßmten $eib Fann die Entfaltung
} zwingen, r
Damit der Ueberfluß die Seele nicht unter-
druͤckt.
Da muß der ftarfe Geift mit allen Lüften rin⸗
gen ä N
Dis Auge, Mund und Handfich indie Ord⸗
nung ſchickt.
Daß feines nicht zu viel in igenpelt genefe,
0)
Der Schlaf nicht allzulang, die Koft nicht
Foftlich fen:
Das Auge nicht auf das, was ſchandbar ift,
hinſchieſſe,
Der reine Mund ſich halt von faulen Wor-
* ten frey.
Sonſt wird der — ger des Geiftes ausge-
fafen, 5.35 a
Wenn unfers Fleifches Muth nach feinem
Wunfd) Fann vafen.
Wie nun aus den Gefchichten des Alt. Teft. ange⸗
merket ward , daß die Heiligen darinne zu allen
Zeiten das Faften-getrieben hatten: Alfo achtetens
auch die Heiligenim N. Teſt. nöthig, nad) Befin-
dung der Noth zu faften, weil doc) die Feinde, wider
welche Damit gefämpfet wurde, audy niemals ru⸗
beten x). Dabey fie dennoch in den erften Zeiten
einander die Frehheit in Anfehung der Umſtaͤnde
Hieffen , befage des bald folgenden Berichts.
. Eben diefes Abfehen des rechten Faſtens ward
angezeiget, wenn die Alten aus den Bezeugungen
der Propheten dieſes das rechte Faſten nenneten,
daß man ſich von Sünden und Unrecht enthielte,
und fein Herz von denſelben leer und fren bewahr-
te. Siehe Ef. 58, 6. u. f. Jerem. ra, 12. Sirach 34
31. Dabero liefet man folgende Ausſpruͤche hie—
von; «Das Faften ift die Enthaltung von Suͤn—
4. B. Von den Pflichten und Derhalten det erften Ebriften glgen fib fetbft.
TE T R
I ee Fan ne
„den. Denn die Enthaltung von Speiſen iſt eben
„dazu angenommen, daß fie den Muthwillen des
Fleiſches zahme, und das Pferd feinem Negierer
„olgen lehre. So muß denn der, fo faften will,
„diefes vor allen Dingen im-Zaum halten, die
„Sanftmuth lernen, ein zerknirſchtes Herz ha⸗
„ben, die Lüfte zurück treiben, den Richterſtuhl des
HErrn vor Augen haben, Almoſen geben, fein
Arges wider feinen Nächften gedenfeny). Laſſet
„uns alfo unſer Herz bezwingen, daß es nicht eins
„mal etwas fchädliches gedenfe oder auslaffe, und
Zlaſſet ung nicht meynen, es fey mit dem Hunger
„bis auf den Abend genug zur Seligfeitz). Das
oe und allgemeine Faſten ift, fich von Mife
„jerhaten und unzuläßigen Luͤſten diefer Welt ent:
„salten. Diefesiftdas vollfommene Faften, daß
„wir verleugnen Das ungöttliche Weſen und die
„weltlichen Lüfte a), Drum fafte du von allen
„Sünden, nimm feine Speife der Bosheit zu
„dir, Feine Woplluft; laß dich von Feinem Wein der
„Schmwelgeren erhißen, enthalte dich von Betrug,
„von böfen Worten und fehandlichen Gedanfen.
„Ein folch Faſten gefället GOtt ). Laſſe demnach
„deine Augen faſten, deine Ihren „Zunge, Häne
„de, ja Die Seele felbft, denn fie haben alle ge
„ſuͤndiget c). Denn, wie das Fleiſch zum Eſſen
„euft hat, alſo der Geiſt zur Enthaltung von der
„Sünde des Fleifdhyes;): Daher auch alle Sůn⸗
den von den Weifen Hüfte genennet werden, weil
fie alle mit !uft begangen werden, und alfo Die
Sünde gleihfam die Speife des Fleifches mit ift,
welche ihm entjogen werden muße). Und in fol
chem Abfehen erheben die Alten den Nutzen des
Faſtens überaus fehr, alfo, daß fie bisweilen ziem⸗
lic) hart zu reden fcheinen, woferne die Theologi
nicht mit einer geſchickten Erklärung ihnen zuHülfe
kaͤmen, die auch fonft die wahren Fruͤchte des rech-
ten Faſtens nicht leugnen f).
8. Zum wenigften verftunden die lieben: Leute
unter dem Faſten alle andere Uebungen der Gott:
feligfeit, foferne fie mit dem leiblichen Faſten unzer⸗
trennlich verknuͤpfet waren, und folglich auch
felbft die Buffevon den todten Werfen, den Bier-
innen wirfenden Glauben , den Gehorfam gegen
ec
„en
GOtt, und die übrigen Stücke des Chriftlichen
Kampfs wider die Sünde, Davon fagten fie
nun aus der Erfahrung, nachdem fie biebey fo viel
Sieg und Frieden felbit erlanger hatten : "Durch
„das
Tom. IX. Witteb. p. 200. t) Poft Eccl.P.I. p.294. u) Prudentius hym. de Ieiun. x) Hieronymus lib.
U. ad Touian. _y
Origenes homil. ıo. in Leuit.
hom.ıs. f) Chemnit.l.c.p.763.
Chrifoffomus ho. 2. in Gen. z) Id.hom.3. ibid. a) Auguffin. Tradt.ı7.in Ich. b)
c) BernhardusSerm.3. de Quadrag. d) Chr
hom.;. in Matth. e) Ibid.
-
or ß
J
2
Be: 7,
as: Faften wird der Pful der Sünden ausge-
— der ER ohne Die uͤ⸗
‚find ſchwach, die Wohlluſt und Zeitlichkeit ver-
chwindet. Wenn das Zalten mir Weisheit ge-
„braucht wird, bezaͤhmet es alle Rebellion des Flei⸗
„ſches, und. entwaffnet die Wuͤterey des Schwel⸗
„gens. Das Faſten wird durch die Annehmlich⸗
„keit der H. Schrift ernaͤhret, Durch gortfelige Ans
»dacht erquicket, durch die Önade befeitiget, Was
„wir nur vor Kräfte der Gottſeligkeit gefeen ha⸗
„ben, das iſt nie ohne das Faſten ſo hoch kommen.
» Wenn fiee von OOtt haben erlangen wollen,
fo haben fie gefafter, und End im. Gebet blieben
»Tag und Macht 2). a, wie die Arzney die Wuͤr⸗
„mer ausdem Leibe vertreibt : Alfo löfchee das Fa:
ten die Sünden aus, welche in dem innerften
»Grund wohnen. Wir find durchdie Sünde in
»eine Krankheit gefallen, aber wir werden gebei-
„let durch die Buͤſſe. Jedoch ift die Buffe opne
„das Falten müßig. Und damit ichs. auf einmal
sfage: Alle Heiligen, fo viel ihrer, jemals geweſen
„find, find durch das Falten zu einem gottgefälli-
»gen $eben bereitet worden : das Faften erhebet un-
ser Gebet gen Himmel, indem es ihnen zu Flügeln
»wird. Das Faſten iſt nicht allein dienlich, Das
»Lebel der zufünftigen Zeiten zu meiden und das
Gute zu erlangen, fondern es iſt auch dieſem un⸗
„ſerm Fleiſch ſelber nuͤtzlicher. Wille du, das
„elf ſtark machen, fo hezaͤhme es durch Faſten.
„Denn das iſts, was der Apoſtel ſagt: So viel der
»äuffere Menſch verweſet, fo viel wird der innere
„erneuert. Alſo iſt das Faſten eine Ruͤſtung zum
„Streit wider den Satan: Denn dieſe Arc faͤhrt
„nur dadurd) aus. Aber fiehe zu, daß du das Fa⸗
»ften nicht für das bloſſe Hungern halteſt, fondern
„auch für die Enthaltung von allen Sünden,sh).
Andere Stelle, die id) mit Haufen hieher fegen
könnte „übergebe ich der Kürze wegen, und fehreite
zu A Anmerkungen.
9. Es ift aber gleichwol fehr merklich, daß der
Her JEſus, als er von diefem Faſten redete,nichts
faſt meͤhr erinnert hat, als daß man ſich dabey vor
Hoffart und Einbildung oder Verlangen nach
Ruhm hüten ſolle. Und dieſes hatten die Juͤnger
von ihrem Meiſter gelernet, wenn ſie einander vor
ſolchem Verderben bruͤderlich warneten. Was
„bilfts, daß man den Leib 5* die Enthaltung
„abmattet, wenn das Herz von Hoffart nur mehr
E]
4. Cap. Don den Saften der erften Chriften.
531
. x — — m —
„aufſchwillt? Was werden wir vor ein ob haben ,
„daß wir blaß fheinen vom Faſten, wenn wir etwa
„von Neid grün und gelb ausfehen? Was ift das vor
„eine Tugend, Eeinen Wein zu trinken , und denz
„noch von Zorn und Haß gleichfam trunken feyn ?
„Da iſt erſt die Enthaltung und Kaſteyung que ,
„wenn das Herz von Sünden nüchtern und ledig
niit, & Wovon wir aber oben ein mehrers bey
ihrer Demuth gefehen haben. Hiernächit wurde
auch dem Gewiſſen eines jeden infonderbeit über-
laffen, wie er etwa fonft diefe Uebung anfteflen
wollte , ober entweder ganz nichts zu einer Zeit, oder
doc) etwas weniges genieflen, wie lange er Damit
anhalten, oder was er fonft dabey zu feiner Beſſe⸗—
rung in.acht wollte nehmen. Davon wir alsbald
reden wollen. rdeſſen brauchten die Verſtaͤn⸗
digen folche Vorſichtigkeit, daß fie weder eines
Theils ihrem Fleiſche etwas einräumten, noch auf
der andern Seite die rechte Maaß in Demuüthis
gung deſſelben überfchrieten : Denn fie fahen wobl,
daß der Leib nicht auf einmal hingerichtet werden
durfte, da er nicht allein zu andern Werfen uns
tüchtig würde, fondern auch zum fernen Kampf
nicht gefchickt bliebek): Dabero gefchahe es, daß
fie fi ein wenig wiederum erbolten nach einer
ſcharfen Uebung, die aber in Feine Lebermaas
ausfchlagen durfte. Jedoch gewoͤhnten ſich ihrer _
viele, ſonderlich die Afceren, hierinne ſehr ſtrenge,
daß ſie kaum den zten oder zten Tagetwas zu ſich
nahmen; wie man von Silarione lieſt !). Un:
tonius foll oft in 2 bisz Tagen ungeſſen blieben
feyn m). YUmmon enthielt fich nicht alleinganz:
lic) des Dels und Weins, fondern aß auch fein
trocken Brod bisweilen erft über den andern oder
dritten Tag.n). a, wenn man glauben darf,
was ein Hiftorienfihreiber von Batthaͤo berichtet,
fo hat derfelbe eine faft unglaubliche Art des Fa:
ftens und der Entheltung gebraucht 0) Insgemein
aber ſchreibet ein anderer von denen in Palaſtina >
daß fte ihr Faſten über zwey oder mehr Tage contie
nuiret, auch wol uͤber 5 Tage, und im ubrigen nichts
als zur Höchften Nothdurft gegeſſen Haben). Der:
gleichen jemand aud) von andern verfichert, „daß
„ſie fo ſehr ſich kaſteyet haben , daß man es Faum
glauben Fönne,,g). Dabeny er gedenket, daß dieſes
Dingegen ganz gewöhnlich gewefen unter allen, daß
fie den ganzen Tag über gefaftee, und nur des
Abends etwas genoſſen haben r).
E£Erra 10. Was
9. hr de Ieiun. et Teentat. Chrifti. h) Bafılius M. hom. 1. de Laud. Ieiun, i) Hieronymus Epift. 14. ad
elant.
tis Patrum Vit. Hilar.
k) Vita Syncletice Tom. I. Monum. Grace. Coteler. p. zıt.
m) Sozomenus lib. Le. 13.
l) Audtor Hieronymus di&us in Vi-
n)" Söcrares lib. IV.c. 13. 0) Sozomenns lib. IV. c. 34.
p) Ewagrius lib. I. c.21. et Nicephorus lib. XIV. c.50. q) Auguflin,de Mor. Ecel, r) Sozomenns lib. I. c.13. °
"Sulpitins Senerus Dial. 2. Anguft. 1.c.
532
10. Was nun zuvor von der Ehriftlichen Frey:
beit im Faſten erwehnet worden , ift ſowol von der
Zeit, als von andern Lmftänden gewiß. Maffen
die Aiten überhaupt hiervon alfo urtheilen, “daß
„über der Art des Faſtens nicht leichtlich eine gleich-
„foͤrmige Kegel fonne gehalten werden, weilniche
„alle Perfonen von einerley Stärfe find, indem
»dieſe Hebung in der Gortfeligfeit nicht, wie ande
„re, von dem Geift allein gefchehen, fondern nad)
„des Leibes Vermögen eingerichtet werden müffen,
»Dahero nach Befchaffenheit des Alters, Ge:
„ſchlechts, der Leibesgefundheit und anderer Um⸗
„ſtaͤnde auch das Faften einzurichten war,, s). Bon
dieſer Freyheit thaten fie nun deutlich ihr Be—
kenntniß; als wenn fie auch davon fungen 1):
Unfer Faſten ift noch frey,
Zwang und Schrecken taugt hier nicht:
Weil der freye Will hierbey
Jedem feine Regel richt.
Alles Thun und Laſſen
Muß in Ggttt ſich faſſen:
Sein Befehl und Trieb
Iſt uns allzeit lieb.
Ob wir faften oder effen,
Muß es der Gehorfam_ meffen.
Ssngleichen wenn fie ausdruͤcklich ſchreiben: *Fa-
„ften foll ein freywillig Werk feyn nach jedes Ge-
„ralfen, und nicht auf Zwang und Gebot gerichtet
„ſeyn, nach Gelegenheit der Zeiten und Urſachen,
„ſo fich bey jeglichem begeben möchten. Alfo ha-
„ben es die heil. Apoftel gehalten, und niemand fein
„ander och der Faften auferlegt, das man zu ge-
„wi fen Zeiten und insgemein durchaus halten müf
„fen, u). Ein Chriſt hat Freyheit, zu aller Zeit
zu faften, nicht aus Aberglauben, fondern aus tus
gendhafter Enthaltung x). “Weilniemand davon
„einen Befehl (nemlich der Umftände halben) in
„der Schrift aufweifen Fann, fo ift offenbar, daß
„die Apoftel hierinnen einem jeden feinen freyen
„Willen gelaflen haben, damit ein jeder das Gu⸗
„te nicht aus Furcht und Zwang thue y).
11. Ferner ift diefes auch ein geroiffes Kennzei⸗
chen der Freyheit im Faſten bey den Gemeinen, daß
Apollonius dem Montano deswegen oͤffentlich
widerſorochen, daß er gewiſſe Geſetze vom Faſten
vorgeſchrieben hatte; welches er nicht würde ge—
4.8. Von den Pflichten und Verhalten der erften Chriften gegen ſich ferbft. =
Zn 2
x . *
than haben, woferne dieſer nicht von der gemeinen
Weiſe abgewichen wäre z), Daß dahero Epi⸗
phanius und andere Die gewiſſe Zeit des Faſtens
vergeblich denen Apoſteln zueignen a). Maſſen
noch von dem andern Seculo aus des Irenai Bes
kenntniß Elar ift, daß auch die Faften vor Oftern
damals noch in Ehriftlicher Freyheit geblieben;
wie bald foll gezeiget werden b), Welches derm
auch einzelne Derfonen nicht anders hielten: Ms
man von einem, mit Namen Dionyfius, lieſet,
welcher vor feine Perfon zwar immer gefafter,
aber doc dabey Mit den andern zu Tiſche ganz
gen, und ihnen ihr Effen und Trinken nicht ver-
argef c). Davon aud) ein fehr frommer Mann
warnet, “man folle feinen Bruder nicht fpotten,
„wenn er fafte: aber auch den nicht befehämen,
„welcher aus einer oder andern Urfache nicht fa
Iſten fönne,, d), Ein eiferiger Scribent, der
fonft ſtrenge über dergleichen Uebungen Bielte,
fehriebe doch Hiervon fehr frey an feinen Freund:
„Setze dir eine folche Art des Faftens vor, die
„du erfragen Fannft. Insgemein laffe dein Fa=
„ften in der Reinigkeit, Keuſchheit, Einfale,
Maͤßigung und ohne Aberglauben gefchehen,, e).
Welcher auch anderswo gerne geftehet, daß, ob
gleich zu feiner Zeit gemwifle Tage zum Faften an:
geordnet worden, fo fey es doch nur umderer wil⸗
len gefchehen, welche mehr mit der Welt als mit
GoOtt zu thun gehabt, und nicht allezeit dem HErrn
dienen fönnen oder wollen, Dabey er aber die:
fes ſetzet: Welcher, unter uns über ſich nur in
„diefen wenigen Zeiten im Faften und Beten?
Vielmehr iſt vergoͤnnet, allezeit zu faften und zu
„beten, und den Tag des HEren mit Genieffung
„des Leibes Ehrifti unaufhörlich und mit Freuden
„zu feyern, f). Wie denn auchnochzuder Zeit, _
als die Menfchenfaßungen Biervon alles verderbet
hatten, ein Sunfe der alten Freyheit an einem
gewiſſen Bifchof, Hymenio, hervor blicfet , von
welchem uns diefes berichtet wird : "Er liebte
„zwar das Falten, aber er ſchlug aud) das Effen
„nicht aus. Jenes nahm er genau in acht zur
„gewöhnlichen Ereuzigung feines Fleiſches, die
„ſes that er andern zu Liebe (nemlich den Schwa⸗
„chen). Beydes that er mit der größten Modera-
„tion: indem er feinen Appetit im Zaum bielte,
„wenn er ja fpeifete, und alle Ruhmredigkeit ver:
„meidete, wenn er fich entbielte g), “
12, Als
») Caffianus lib. V. Inſtit. €. 3: © Prudentius hymn. Omni hora. u) Tertulliznus adu. Plych. c. 2. x) Orige-
nes in Leuit. höm, 10. , y). So£rates lib. V. c. 21.
2) Bufebius lib. V. c. 18. et Tiheodoretus lib. III. Hæret.
Fab. c. 2. quo conf. DzZeus lib. III. de Ieiun. et Quadrag. c. 3. a) Expof. Fid.n. 22. b) Apud Eujebium
lib. V. c.3,; ce) Caffodorss Diuin. Le&t. c. 23. d
) Ephram Syrus de Lucta Spir. c, 3. €) Hieronymus Ep. 2.
ad Nepot, f) Idem lib, U, Comm. in Galat, c, 4. g) Sidonius Apollinaris lib. VII. Ep. 6.
—_ E ". -
— * —*
4. Cap. Von dem Faſten der erſten Chriſten.
As aber die Chriſten hernach auf das Auffer-
liche fo ſehr verfielen, ift leicht zu erachten, wie fie oft
dasjenigean andern verworfen, was ihre tichaf-
er en nad) dem Willen GOttes geglau-
et und geuͤbet haben, als wir im 8. Buch gruͤndlich
ehen werden. Alſo, da zuvor die Montaniſten be⸗
vafet wurden, daß ſie gewiſſe Geſetze von dem Fa⸗
on ſchreiben wollten b); lehrte man nachgehends
bas Widerſpiel, und wollte die Gewiſſen an gefeßte
Safttage binden. Geftalt ich nicht ſehe, mie unter
andern denen Yerianern diefes mit Grund vor eine
Ketzerey ausgeleget worden, Daß fiezudenen, wel⸗
che gewiſſe Zeiten im Faſten in acht genommen, et ·
ma mögen geſaget haben: “Sie ſollten es nicht at
„beftimmten Tagen thun, fondern nach Gefallen,
„denn fie wären nicht unter dem Gefeß,, i). Da doc)
Eh auch der obgedachte uralte Jrenaus von dem
aften vor Dftern befennet, es fen nur eineaus Ein-
falt und eigener Meynung eingeführte Gewohn⸗
G k). And ein anderer gefteher bernach bey dem
erfall, er finde nicht, daß es durch einen Befehl
des HErrn oder der Apoftel beftimmet ſey, an wel⸗
chem Tage man faften folle oder nicht 1). Welches
auch ohnedem daraus offenbar ift, weil eben die älte-
ften Scribenten melden, daß mandie befannte Fa-
ſtenzeit fo gar unterfc)iedlich gehalten habe: Erliche
— nur einen Tag vor Oſtern, etliche zwey, etli⸗
e noch mehr, und einige gar 40 Tage gefaſtet m).
Wiewol die letzten Worte von 40 Tagen beym Eu⸗
ebio vom Rufino und Chriſtophorſono faͤlſchlich hin⸗
ein geruͤcket worden n); gleichwie auch in deſſen Chro⸗
nico die Erzehlung von dem Urſprung der gotägigen
Faſten ihm angedichtet ift 0), dergleichen aud) von
denen Worten beym Ignatio p) und andern boshaf-
tigen Verfalſchungen unter lehrten ausge⸗
machet ift). 4*4 —
13. Bon denen — geſetzten Jeiten des Faſtens
iſt oben im 2. Buch bey dem Sonnabend und Sonn⸗
can das nörhigfte vorgetragen worden. Dahin auch
gehöreten Die Saften in vier Zeiten des Jahres, in
gewiſſen Werfeltagen der Wochen, und andere der:
gleichenSagungen, welcheich hier nicht inſonderheit
unterfuchen mag, zumal aus den erwehnten hiſtori⸗
ſchen Gründen der verftändige Leſer leichte fehlieffen
kann, daß diefes alles denen apoftolifchen®emeinen
unbekannt gewefen, So gut aud) alses die Urheber
folcher Gewohnheit mögen gemeynet haben, fo übel
533
fhlug es endlich in dem verderbten Chriſtenthum
aus. Bon dem gotägigenFaften klagete ſchon Chry⸗
foftomus oͤffentlich in —* Gemeine: «Was hilft
„euch diefes Faſten, da ihr es fo obenhin begehet, und
mur euch von den Speifen enthaltet? So bald die
„40 Tage vorbey find, fo ift euer Faſten auch vor-
„bey. Wenn ihr euch aber von den Sünden enthiel-
„tet, fo waͤhrete euer Faſten immer , und hörete der
Kraft nad) nicht auf, 9). Andere verftändige
Leute Flagten nicht weniger tiber den verkehrten
Gebrauch bey diefem und jenem Faften, fonder-
lich da der Lnterfiheid der Speifen fo haufig ein-
geführer ward. Angefehen die Heuchler mit der
Sache gleichfam foielten, und die Menſchengebote
liſtiger Weife zu übergehen fuchten, wenn fie, zum
Erempel, zwar Fein Fleiſch aſſen, aber deſto delica⸗
tere Fifche und andere Leckerbißgen r). Inglei—
chen wenn fie, wie esim Pabſtthum ſowol alsdas
vorige gefchieht, das ein Faſten hieſſen, wenn einer
nur bis Mittags um zwölf Uhr nuͤchtern bliebe,
hernach aber ſich bis oben an füllete s).
14. Auch werden wir im legten Buch erfennen,
wie die verfallenen Chriſten in allen Wohlluͤſten,
Ueppigkeit und Schwelgerey gelebet, und gleich—
wol die ordentlichen Faften dabey zum Schein und
fhleche genug gebalten. Dergleichen auch von
denen damaligen $ehrern meiftens klar werden
wird, als wider deren unmäßiges Leben fo viele
Verbote ergiengen. Danun diefe dergeſtalt "mit
„vollen und überladenem Bauche von der Maͤßig—
„Fkeit und mit rothen Backen von dem Faſten pres
„oigten,,, wie Hieronymus redete, ift leicht zu ex=
achten ‚wie die Zuhörer fich nach folhem Exem—
pel gerichtet, und eben fo indem Faſten mit gebeus
chelt. Waswar es dann Wunder, daß dergleichen
bittere Klagen bey denen, die noch rechtſchaffen wa—
ren, uͤber den Verderb und Mißbrauch des Faſtens
entſtunden ? Wenn, zum Erempel, ſich die meiſten
zwar von gewiſſen Speiſen enthielten, und dennoch
dabey in —— Ungerechtigkeit und andern
boshaften Suͤnden lebeten: Deswegen die Verſtaͤn⸗
digen vor beſſer achteten, “daß man Fleiſch eſſen und
„Wein trinken möchte, als daß man durch After»
„reden und Schmähen gr feines Nächften
„Fleiſch freffe, und dabey doch aͤuſſerlich faften
„wollte, t). Item, wenn man zwar etliche Stun:
den fich enthalten müffe, aber hernach fich defto be«
Err3 gieriger
h) Eufeb. lib. V. c. 18. i) Vid. Damafcen. de Heref. c. 735. ky Ap. Enjeb. lib.V. c.3. 1) Augufin. Ep. 80. ad
Cafulan. m) Irenaus ap. Eufeb.l.c.
n) Vid. Palefius in Not. ad Eufeb. p. 160.
0) In MSCtis non eſſe Tele-
fphori hiftoriam probat Scalieer Animadı. ad Chrort. Eufeb. p. 217. etfi rem affirmet Plarina in Telefph. Cont.
Dallausl.c. p) Epift. ad Philipp. füppofititia. q) Chryf.hom.ı6.deadu.Flau. r) Vid. Zindan. ap: Char.
Panftrat. Cathol. lib. XVIIII. c. 1. s) Drexelius lib, II. de leiun.e.2. t) Hyperechius in Apopht. Pat. Gr.
n, 4. ap. Corelerium Tom. I. Mon. Gr. p. 704
534
gieriger und häufiger anfüllte mit den delicateſten
Speiſen, und GOtt gleichſam damit ſpottete.
Dahero dieſe und vergleichen Erinnerungen n0-
- thig waren: «Was hilfts, wenn du den ganzen
„Tag gleich gefafter haſt, und hernach mit_allzu
„vielen und lieblichen Speifen dein Herz befchwe-
Feſt? Nun laffet uns vielmehr eher an die Spei⸗
„fe der Seelen, alsan die Verſorgung des Leibes
„enfen,,u)! Micht weniger wenn die Einbildung
eines groffen und heiligen Werks ſich dabey fand,
und die Menfchen durch ‚ihres eigenen Herzens
Betrug auf die Meynung einiges Berdienftes
hiebey fielen. Davon es abermal heiſſen muß-
ge: "Wozu dients, daß du deinen Leib kaſteyeſt
„mern dein Herz von Hoffart immer mehr auf-
Iſchwillt,x)? Und endlich, wenn gar viele durch
des Satans Betrug meyneten, dieſes ſey ſchon
genug zur Seligkeit, wenn ſie die ordentliche Fa⸗
ſten in acht nahmen, gefeßt, daß fie fonft nach ih-
von eigenen Gedanken auffeinem guten XBege wan⸗
delten. »
15. Dis war ‚es; wovon annoc) ‚freue Lehrer
öffentlich in der Gemeine alfo vedeten : “Das Fa⸗
Iten gefallt mir ſehr wohl, und ich pflege es gar fehr
„zu rühmen: Aber mic) jammert fo fehr, wenn
„man das andere bintan ſetzt, und meynet, Das
Faſten fey num zur Seligfeit genug , da es doc)
„unter denen Uebungen Der Gottſeligkeit zuletzt
ſteht „„). Ingleichen da ſie zeigten, mie es nicht
das Faſten allein ausmache, ohne wahre Bekeh⸗
rung und Erhebung des Herzens zu GOtt. “Die
„Niniviten habe nicht das Faſten aus der Ge:
„fahr geriffen, fondern Die Veränderung des Se:
„bens habe GOTT wiederum verſoͤhnet. Nie⸗
„mand dürfe denken, daß damit das Faſten ver-
„achtet werde. Denn die Ehredes Faſtens beſte⸗
„Be nicht in Enthaltung der Speifen, fondern in
„Bermeidung der Sünden. Wer nun das Fa-
—
u) Augnftin. Serm. 56. de Temp.
Das 5.
4. B. Von den Pflichten und Verhalten der erſten ¶
x) Hieronymus Epift. 14. ad Celant, y)
z) Idem hom. de Jeiun. ad Pop. Antiochen. a) Lib.de Feiun.c. 3b)
iſten gegen fich ſelbſt.
ſten blos in.Enthaltung der, Speifen.
„ichmähe daſſelbe erſt vecht,, 2)... sch
nicht gedenken , wie aud).ofte d
lich bey vielen, die dem. HErrn anz freu
‚waren, und um der Schwachen willen etwas tha⸗
ten, nicht freywillig und ungezwungen gemefen ,
‚weil man jid) nad) den 35355
tzen einzeler Perſonen richten muͤſſen. —
lic) , da man angefangen ordentliche >
t
A SZELBTER ug
‚darauf zu ſetzen, wer die gefeßte Zeit nicht in acht
nehmen würde: oder da auch), zum wenigſten
Ermangelung der Strafen, dennoch Feiner Dae
Anfehen Haben wollte, als könne er nicht fo wohl,
fen und ſich enthalten, als andere ; indem. er fon
beſorgen muͤſſen/ daß man ihn deswegen wol ga
ausitoffen und vor feinen Chriſten halten wuͤrde
wenn er nicht in allem fich gleich ftellete. Son
gedenfer fchon Tertullianus, daß zu feiner Zeit
„die Bifchöffe dem ganzen Volk Es Gefallen
„die Faſten angekuͤndiget haben, aus Beyſorge eis
„niger Angelegenheit in der Kirche»a). Im uͤbri
gen aber hindern uns die Beſchuldigungen gar
nicht, damit man dieſen Lehrer verdaͤchtig machen
woilen, daß wir nicht ſeinen Klagen uͤber das be⸗
reits in etwas verderbte Chriſtenthum auch hierin⸗
ne Glauben beymeſſen, theils weil jene anderswo
zur Genuͤge abgelehnet worden, theils weil er dieſt
Klagen fo damals feinen Widerfachern unter DI
Augen gelegt bat, Er bejammert aber in einem
eigenen Buch, fo er vom Saften gefchrieben ,
„daß die fogenannten Drebodori fo wenig vom Fa⸗
zften und mäßigen Leben ‚hielten; ja fie wären
„rechte Feinde So gar, daß auch die⸗
jenigen ePropheten ſeyn mil
ten, welche digten, und wolgar
BA.
‚Wovon abe
Dernreuelf,
er Safinabtund an
Nyfomus how. 47. in Matth.
| e —
ee ee
ar.
Sapitel, & Fi
—
Von der erſten Chriſten Keuſchheit. 8
Summarien.
e erſten Chriſten waren keuſch Cihre Bekenntnig davon gegen die Unglaubigen) $:ı. m
a hr it, 2. ———— als auſſerlich Durch dem H Geiſt/ welcher Gnade ſie
die Weltkinder ungluͤckſelig ſchaͤtzeten, die hrer ſelbſt nicht mächtig waren, Exempel, Borzug eines
niß von ihrer Keufchheit,
nach Chriſti Lehre, fernere Bekeunt⸗
"2 ruͤhmeten, und dagegen
riſtenz 3. welcheums
Himmelveishs willen verfehnitten „ wurden treulich vor Einbildung gewarnet;je leichter es iſt, Daß ſolche Keuſchheit nicht frey⸗
willig;
°
5 J
3a ——
en befleißigten c).
x
|
ns
2 — *
— — — —— ni — *
WARF 5. Cap. Von der erften Ehriften Reufcbheit.
{9 ; Trofffiie BLöde Herzen, welche nider bie Anzucht fämpften, daß GOtt nur auf ein keuſches Herz febe,a, welches auch
denen ein Deoft war, Die gewaltſamer Meife gerebändet wurden , etliche aber Lieffen ſich eher tödten, 5. Erempelder Agnes
5 welche Kennzeichen eines keuſchen Herzens 5 in bat ©Ott wunderbar errettet, Ercmpel.6, Weibsbilder wurden oft
in Hurenhäufer acfteckt, um ee mehr Schmach anzurhun, Erempel; 7. die meiften wurden in folchen Verſuchungen
unverletzt bewahret, Zeugniß davon, rempel, wie grauſam man off mit ſolchen Perſonen umgegangen. 8. Chriſtinnen hielten
Hai ihre Zucht that ſich auch im aͤuſſerlichen hervor 0. und in Worten ohne Scherzreden,
a
mit man wol züchtige Weibsper uerannalıgen fuchte. 10. Diele, wo nicht die meiften, blicben im ledigen Stande, nach
e Feu
auli Rath und Erempel, darinn fch Iebeten, Bekennthiß davon, Exempel. ı1. Aus ſolchem heiligen Leben bewieſen et⸗
iche die Görtlichkeit der Rehre Chrifli,geugnißvonibrer Neinigkeit, iz. damit fie ſich viel wußten, umd es unter Die Seligkeit
festen; 13. doch war ſolche Jungfrauſchaft bey ihnen kein abfolutes Gebot,jondern Fund in eines jeden Willen und Bermögen.
Am Eheſtande bewahrete man auch die. Keufibbeity die 3 Abſicht der Ehe war, Kinder N jeugen 14. in wahrer Verleug⸗
= nung ohne MiEbrauch, nach Pauli Bermahnung, daher fübreten fieein gewoͤnſchtes Peben, beredeten fich auch , das Ebebette un:
Befleckt zu behalten, feilteten: ihre Mlicht in Befcheidenheit und Mäkigkeit , darinn fle von Henden unterſchieden waren, doch
ihre Freyheit nicht zum Deckel der Bosheit mißbrauchten ; 15. fondern verleugneten die Welt und ihre Lüften durch Saiten
und Kaſteyen des Leibes, . anäßigten (ich auch im Gebrauch anderer Creaturen, und Ernft in Bezaͤhmung ihrer Begierden,
deſto ungebinderter ODE U icı en. 16. Warum etliche fich in der Enthaltung jo ernftlich geuͤbet, und nicht einander beyge⸗
wohnet; ı7. ſolches nelobet und gebilliget, doch nicht ohne Cautel,um Unordnung au verbüsen, 19. alles ohne Berle:
sung der ehelichen Liebe mit aller Vorfichtigkeit, 19. Exempel einer ſtetswaͤhrenden Sungfsauichaft, ſolche nennten ſich Bruͤ⸗
der und Schweſtern. 20.
I s in
ieweil wir aber, beſagter maffen, von denen „weiſen Fönnen, daß unfere Lehre mit Unfeufchbeit
eriten Chriſten verfichert find, daß fiefich „beflecfet fen. Um ſolcher Unſchuld aber und
v2) der wahren und ungeheuchelten Mäpig- „Keufchheit willen werden wir verbrannt„c).
keit in allen Stuͤcken ernftlich befliſſen; und Auch war ihnen das ein leichtes, daß fie alle La—
gleichwol die — eit eine unzer- fterungen auf einmal widerlegten, und ſich auf
trennliche Wirkung derfelben iſt: Als, wird es die Erfahrung bezogen :*Das ſey ferne von Chri⸗
leicht ſeyn, den verständigen Leſer zu überreden, „ten, (faaten fie,) daß wir folche Greuel nur in
daß dieerften Chriſten feufche und züchtige Leute „unſern Gedanken hegen, arfehweige thun follten !
gewefen feyn. Zumalen N n wir dis alles mit „Bey uns bluͤhet ja die Mäfigkeit, es gebet die
ihrer My gebensart | iſamme halten, mit Enthaltung im Schwange, mir halten den Ehe—
„welcher ſich ein —— unreines Wefen nicht „ſtand mit einem Weibe, wir verehren die Keuſch—
gereimer haben würde. Ich will aber eben des⸗ „heitd).
wegen hierinne deſto Fürzer ſeyn weilauch überdis 2. Da ift nun unſchwer zu ermeſſen, daß die
im 6. Buch die eßeliche Keuſchheit fonderlich zu Heyden nicht waͤrden ftill gefehwiegen haben, wo-
erweifen iſt. Wer ein an ih⸗ ferne fie guten Grund zu ihren Safterungen gehabt
rer Keufchheit ʒweife dre Feinde Hätten; zumal weil die Chriſten Bingegen die Un—
diefes Zeugniß eben nd laffe en wenn; reinigkeit der Weltleute he Han fon-
diefen unter Aug n dern bey der Erzehlung ihrer eigenen Zucht den
„Gewillen fagen 1, “DAB ME nunt ie Gegenſatz gemeiniglich machten. “Wir führen
„Keuſchheit allei en da fie „ein Feufches und frommes Leben, (hieſſe es in ven
ihren, heydniſe in allerhand „Schriften am die Heyden, ) aber eure Lebensart
„Schandthaten herum gewälzet 2). Wie fie „iſt fo weichlich und ſchwelgeriſch; ihr ſaget, wir
Bon immer ihr züchtiges Verhalten dem unfeu- „fisen und NR. Weibern m Yung:
fehen Leben der Gottloſen und Weltkinder entgegen „frauen, weil wir uns nicht zu euch gefellen,,e).
festen, als von welchen fie mit Recht dergleichen Und weil denen Heyden fonft befannt war, wie eife-
nicht befchuldiget werden mochten; als wir bald rigdieChriften über den Geboren ihres Meifters
hören werben. Sie fagten frey, “daß fie ſolche hielten, fo beriefen fie ſich auch darinnen auf dies,
„Schandtbaten (wie man fie unter den Heyden „felbe, und zeigten, daß fie ihnen fleißig nachlebeten.
„börte,) nicht einmal anhören dürften, fogar, daß Wen d HE R gefaat hatte: Wer ein
auch ihrer viel vor [handlich hielten, wenn fie „Weib anficher ihr zu begehren, der Bat fchon die
lc dagegen verantworten follten,,b). Und des- „Ehe je ih "alien, : fo fagten fie zu den
« toegen fehricben fie ungeſcheut an die höchftenObrig- — danderer Wahrheiten: “ds ift fo
keiten: Es hat uns niemandin folanger Zeit bes „ferne von uns, daß mir uns unter einander ver-
„mi⸗
a) Iufinus Apol. II. p. so. b) Minurius Felix O&tav. p.364. c) Tertulli A i
tioc m. ad Autolyc. p. 127. €) Tatianns Orac —* Grzc. rs 168. En FOREN FR.
»
Igen.
536
„miſchen, daß wir vielmehr die Weibsperfonen
„nicht einmal anfehen dürfen, ihrer " begehren ;
„denn fo ſagt unfer HErr. Wirdürfen aud) fonft
„nichts anfehen , als das, wozu uns GOtt die Au-
„gen erfchaffen hat, daß fie ung ein Licht wären.
„den ung iſt das alles ſchon ein Ehebrud), wenn
„man nur unzüchtige Augen bat, Unſere Augen
„haben viel andere Dinge zu thun, die wir bis auf
„die geringften Gedanken werden Nechenfchaft
„geben müflen. Wie follte man nicht von ſolchen
„glauben, daß fie züchtig wären,;f)? Und weiter
vedeten fie hierinn alfo: "Wir find nichtallein in
„unferm Gefichte ſchamhaftig, fondern auch im
„Herzen. Wir halten uns gern an das Band
„einer einzigen Ehe, und wiflen entweder von fei-
„nem, oder nur einem Verlangen Kinder zu zeu—
Unfere Mahlzeiten find züchtig und nuͤch⸗
„teen, bey keuſchen Unterredungen, und noch viel
„yüchtigerem Leibe 2).
3. Und fveylich erforderte diefes Die Lehre des
HEren JEſu vonden Ehriften, daß fie nicht allein
äufferlich aller Anzucht ſich enthielten, fondern
auch fürnemlih und zuförderft in dem Herzen
gereiniget würden; denn jenes möchte auch wol ein
Heyde oder Heuchlerifcher Chriſte thun Eönnen,
und gleichwol das Herze voll Unflats und Bosheit
behalten. Diefes gab der H. Geiſt denen, welche
feine Tempel wahrhaftig wurden, daß er in ihnen
ein rein Herze fhaffere, und ein Leben, das der Leh⸗
ve EHriftigemäs war. Matt. 5,28. Alſo iſt es
nicht unglaublich, wenn ſich ſolche geheiligte See-
len der Gnade — — Bl fie be
der Herrfchaft ihrer Lüfte befreyet hatte. Ste hiel⸗
ten — unſeligen Zuſtand der Weltkinder
gegen den ihrigen, wie jene ihrer ſchaͤndlichen Be⸗
gierden nicht mächtig gervefen, aus Mangel und
Verachtung der wahren Neinigung, fie aber ih—
ven $eib betäuben und zähmen gelernet hatten.
Gleichwie dorten einer von Democrito faget, daß
er ihm felbft die Augen ausgejtochen habe, weil er
das Frauenvolf one böfe Luft nicht anfehen fön-
wen: Dadurch er angezeiget habe, wie unfeufc) er
müffe gervefen ſeyn. en (feßet ev hinzu,)
„ann ein Ehrifte eine eibsperfon ohne Verle⸗
„gung feiner Augen anfeben, und iſt nur dem
„Gemüthe nach zur böfen Luſt blind,„h). In
elcher Meynung ein anderer ebener maffen wider
einen Heyden ſchreibet: Bey den Chriſten wird
„die Maͤßigkeit fo fleißig in acht genommen, daß
3
„die Augen auch gezaͤhmet und zuruͤck gehalten
f) Athenagoras
4. B. Don den Pflichten und Verhalten der erfien Thriften gegen fich M
Apol. pro Chriſt. p.36. 8) Minutius Felix I.c.
u ’ N
- “
„werden„i), Gintemal fie. diefes für ‚eine une
ftreitige Sache Bielten, “daß ißrer viel im Herzen
„die Ehe brechen, ob fie gleic
„Lüften gereizet und gelocfet würden, Dahero
ein jeder defto genauer fein Herz mit allem Fleiß
bewahren müfle, Spruͤchw. 4,23.Kk),
4. Der Heiland hatte fie gelehret, daß ſich etli-
he um des Himmelveichs willen verfchnitten, und "
wer das Wort faffen wolle, derfolle es faffen: An⸗
dere aber wären von Menfchen verfchnitten, oder
aud) von Mutterleibe alfo geweſen, Math. 19,
12. Dabey erinnerten fie nun eben aus erft er=
wehnten Urfachen , daß die leibliche Verſchnei⸗
dung, Enthaltung und Keufchheit ohne die geiftli«
che Zucht des Herzens nichts faugte. Und war-
neten fie dahero folche Leute treulich, die alfo bes
fehaffen waren, daß fie Deswegen ifnen nichts ein-
bilden follten. Denn vielleicht wäre diefe ihre
„Zucht freywillig, zum menigften fey fie nicht
„genug auf Die Probe geſetzt, noch durch Gefahr
„der Keuſchheit bewaͤhret. Das Gute, mas man
„von Natur habe, habe eben Fein fonderlich Lob:
„aber was von frenem Willen, und aus rechtſchaf⸗
Ffenem Vorſatz flieffe, das fey erftlöblich,,\). Wo-
mit fie auch) zugleic) denen andern Bloden zu Huͤl⸗
fe kamen, welche die Gabe der Enthaltung von
Natur nicht hatten, und dahero ihnen diefelbe -
feßnlich wünfcheten, oder ſich betrübten,, da fie ef=
wa im Eheftand bey unmäßigen Ehegatten lebe
ten, oder durch unvermuthete Fälle in Berfuchung
und Gefahr, oder auch gar in Verluſt ihrer
Keufchheit geraten waren; oder, wenn fie der in-
mwunderliche und ungemöh
nerlichen und heftigen Antapaingen halben auf
iche Mittel fielen,
und darinnen die Reinigung von ihren Lüften fü=
chen wollten ; gleichwie von Origene befannt ift.
Solchen und dergleichen Herzen war es nötbig, zu
zeigen, wie der HERR fürnemlic) aufdieinnere
KReufchheit und Reinigkeit fehe, zumaldaman an
ihnen einen fo ernften Borfaß und Kampf merfte,
daß fie auch am Leibe rein und feufch [eben wollten,
Gleichwie fie im Gegentheil eben mit diefer Lehre
alle Heuchler und übertünchte Todtengräber be-
ſchaͤmen und überzeugen wollten, daß es mit dem
äufferlichen nicht genug wäre. Drum bieffe es
beyißnen: N
Bo nicht ein Eeufches .
ſchlaͤgt,
Und
h) Tertullianus Apol. c. 45. i) Gregorius
Nazianzenns Orat.ı.infulian. k) Gerentius in Vitis Pat.lib, V. c.5. n.2. 1) Gregor. Naziaaz. Orat.36.
”
es mit dem Leibe
„nicht thun, nemlic) wenn fie von ihren eigenen -
Herz in reinem Leibe
2
. rn n
. w
. . .
=
*
Und jenes unverſchaͤmt im Suͤndenunflat lie-
* get
Dem wird der Keuſobeit Ruhm mit Unrecht
i ben elegt,
Ob gleich die Unzucht nt Si Leib
eſieget m).
Ein unberuͤhrter Leib heiße zwar die Jung»
aufchaft,
Doc) nur was Fleiſch betrift; dem unverleg:
ten Glauben,
Der rein und beilig ift, gehöret dieſe Kraft,
Daß ihm die Reinigkeit des Geiſtes nichts kann
rauben :
Iſt dieſe Jungfrauſchaft, mein Chriſte, nicht
dein Ruhm,
So ruͤhmſt du dich des keuſchen Leibes
aben:
Drum fey ein reiner Geiſt dein beſtes Eigen⸗
thum:
Denn dis kann nur ein Chrift, und jen’s ein
Heuchler haben n).
5. Eben diefer Grund richtete diejenigen Fräf-
tiglich auf, welche erwa von Zeinden und Verfol⸗
ern oder andern Boshaſtigen gefchändet und
übel mißhandelt wurden , wie unter den Trübfalen
der bedrängten Chriſten nicht felten gefchabe.
Denn ob fiewol aufalle Wege und Weife folhem
Greuel zu entgehen fuchten, fo bezeugten fie doch
allezeit, wenn fie jaes nicht wehren Fonnten, daß
dennoch ihr Geift und Wille unbeflecft bliebe, und
in keine Schandthat willigte. Wie es auch die
Lehrer den Ihrigen zeigten 0), und der innwohnen:
de Geift GOttes ohnedem fie nicht nur davon ver⸗
ſicherte, fondern auch vor aller Einwilligung be-
wahrte; und Bingegen den Sieg des Feufhen
Kampfs gab, daß fie dennoch im ewigen Kranz
nunmehr prangen fönnen. B. Weish. 4,2. Alſo,
da eine gottfelige Ehriftin, Fupbrofina mit Na⸗
men, von den Berfolgern ergriffen und zu folcher
Bosheit hinweg geführet ward, gab ihr der Auf:
feber zu Nicomedia, Unthimus, diefen Rath:
„Meine Tochter, N er,) es ift zwar die Gabe
„der Jungfrauſchaft fehr herrlich, aberdas Gebot
„des Glaubens iſt gröffer und herrlicher. Denn
„wenn es die Noth erforderte, fo ware es beffer,
„das Kleid (fo ehrliche Frauensperfonen Damals
„trugen,) Binzugeben, als den Leib feiber. In die—
„fen Trübfalen und Berfuchungen muß man die
Sad eben alfo anfehen. Ob dirs gleich nicht
„fe ſteht, alles beydes zu behalten, Bat ich dir
5. Cap. Don der erfien Chriſten Reufehheit.
— —
537
„doch, daß du zummenigiten die Seele Way
„bebalteft, und in deinem Herzen durch den Glau⸗
„ben fo geftärfet fenft, Damit duendlich das Fleiſch
„der Schmach und Bosheit der Gottloſen über
„laͤſſeſt, p). Welcher Rath fehr mweislich und
gründlich gefaffer ſchiene, und woferne nicht ande-
ve Urfachen entgegen geftanden, wohl in acht zu neh⸗
mengemwefen. Es erwählten aber oft die Märtys
rinnen viel lieber den Tod, als daß fiedergleichen
gefchehen lieſſen. Nemlich, es war ihnen viel er-
träglicher und lieber, wenn fie vonden Tyrannen
ganzbingerichtet, oderaud) lange gemartert wur⸗
den, alswann ſie dem verdammlichen Willen der
Boͤſen unterworfen mußten ſeyn. Wie Tertul-
lianus dergleichen Begebenheiten denen Sen
felbft vorhalt, und denen Ehriften zum Ruhm
nachfchreibet: “Meulichft, als ihr eine Jung«
„frau verdammetet, daß fie lieber einem Huren⸗
„wirth dienen follte, als den Löwen vorgeworfen
„und zerriffen werden; müffet ihr geftehen, da
„ben uns der Schandfledf der Unzucht vor ſchreck⸗
„licher geachtet werde, als alle Strafe und Art
„des Todes 9).
6. Dis war auch der Sinn der Maͤrtyrin
Agnes, welche ein alter Cpriftlicher Poete alfo ein-
führet, daß fiezu dem Tyrannen gefprochen, der
ihr mit der Schändung ihres Leibes gedroher
hatte r):
Iſt CHriſtus wol den Seinen nun fo feind,
Daß er mir Zucht und Keufchheit lieffe rauben ?
Ad) nein! Ich weiß und bin gewiß im Glau-
ben,
Er Hilft noch dem, ders mit ihm redlich
mepnt.
Er fteht ja noch denreinen Seelen bey:
Das reine Lamm muß nicht im Rachen ftecfen
Demgeilen Wolf, erfoll mich nicht beflecken;
Mein Geiſt bleibe doch von allem Unflat frey.
Drum laß den Leib nur immerhin erjterben,
Mir foll doch nichts die reine Seel verderben,
Und als endlich nad) vielen Berfuchungen diefe be.
fändige Jungfrau zum Tod verdammer ward, ve:
* fie den herzutretenden Henker ohngefehr al»
van:
Wie freu ich mich,
Daß diefer Wuͤterich
Mich durch) das Schwerdt vom Fleifche will be:
freyen!
Vyy Ich
m) Alcimus Auitus lib. ad foror. p. 435. n) Proſper Aquitan. Epigr. 86. 0) Auguflinus lib. I.de Ciu. Dei c,
16. 18. ſeq. et 28. p) Apud Nicephorum lib.
I. c. 30.
9) Cap- 50. Apologiæ. r) Prudentius hymn, 8.de
Coron. et Hierenymus Epift. 8. ad Demetr, Ambrofius lib. I. de Virgin. Martyrol. Rom. XH. Kal, Febr.
Ar
Ich lieb ihn mehr, als wenn der ſchoͤnſte Mann,
Der noch ſo zart und lieblich ſcheinen Fann,
Sich zu mir machen wollt.
Dem Mörder bin ich hold;
Den Freyer muͤßt ic) fcheuen:
Denn jener ſchlaͤgt den deib, und der die Seele
dv .
todt
Das Schwerdt ſoll er Zucht benehmen alle
ot
Heran, mein Freund, zerbrich und wuͤrge diefe
Stier!
Was ich verlieren kann, ‚gibt mir mein JEſus
wieder.
And diefes heldenmäßige Verhalten folcher und
anderer aus dem weiblichen Gefchlechte mar ge-
wißlich ein unbetrüglic, Kennzeichen eines keu⸗
ſchen und reinen Herzens, als welches viel lieber
den Tod, als dergleichen Bosheit ausftehen woll-
te. Es hat aber der barmberzige Bater im Him-
mel das bedrängte Herz folcher angefochtenen ver-
laffenen Perfonen angefeben, und ihnen aus dem
ſchmaͤhlichen Elend wunderbarer Weife geholfen:
Als man fonderlic) von einer Jungfrauen Cheo⸗
Dora lieſet, welche, da ftenicht opfern wollen, ins
Hurenhaus geftoffen worden, Daraus ſie bie
MWundergüte GOttes alfo ‚erlöfer hat. “Es
„tam einer von ihren Brüdern in CHriſto, mit Na-
„men Didymus, unterdenen andern böfen, jungen
„seuten am allerırften nach ihr hinein, dem es
„ED alfo eingegeben. hatte, und Der voller
„Ölaubensmwar. Diefer hatte fid) in einen Sol⸗
„daten verkleidet, und ſagte der Jungfrauen,
warum er kommen waͤre, zoge ihr die Soldaten⸗
kleider an, und er nahm ihre Kleidung zu ſich.
Alſo gieng die Jungfrau heraus, ward von nie⸗
„mand erfannt, undentwiche. Didymus ward
„vor den Präfidenten geführt, geftund auch die
„ganzeSadıe, wie auch, daß er ein Chriſte wäre,
und ward enthauptet und verbrannt, Die ung:
„frau lief dabey gleich) aus Begierde nad) der
„Märtyrerfrone hinzu, und ward mit jenem zu⸗
„uleich ertoͤdtet und gefrönet; wie es Die alten
„Maärtprerbücher mit diefen Worten beſchrie—
„ben s). /
7. Ein faft gleiches Exempel erzehlt man von
einer andern Zungfrauen, Antonina, weldye unter
oe RE MR
4 = 4 . \ r
2 3. Don den Pflichten und Verhalten der erften Ehriften gegen fich fetbfk. —
538
dem Kayſer Marimine eben alfo von einem gott
feligen Soldaten foll befreyet werden ſeyn, herz
nach aber mit ihm zugleich gemartert worden t).
Und noch ein anderes von einer Jungfrauen zu
Eorinth u), anderer zu gefchweigen, da ohnedem
die wenigſten aufgezeichnet-worden. aber
diefe Gewohnheit bey den Heyden ſehr gemein ge⸗
weſen, daß fie die Ehriftlichen Weibsbilder_in
die greulichften Hurenhäufer geftecfer haben, iſt
nicht allein daher zu fehen, weil fie gemeynt, fie
koͤnnten ihnen Feinefchwerere Pein, als diefe Be—
raubung ihrer Keufchheit anthun; fondern auch
ausden vielen Erempeln , deren ic) nur etliche zum
Beweis ihrer Zucht anführen will. Ueber die er—
wehnten von der Agnes, Theodora und andern, etz
zehlet einer insgemein von denen Chriftlichen
Srauensperfonen zu Alexandria, daß fie fonder-
lich “diejenigen, fo fid) nun ganz dem Dienfte
„GOTTES ergeben gehabt, zu ißrer groffen
„Schmach den Hurenwirthen zugefchiekt,, x).
Wie auch Cyprianus vondenenrubigen Zeiten fa-
get, “daß unter andern darinne die Kungfrauen
„ſicher fterben Fönnten, indem fiedes Antichriſts
„reine Drodungen, Schändungen und Huren⸗
„häufer nicht fürchten dürften y), Maximinus,
„der Tyranne, ließ eine Menge heiliger Weiber zur
„Unzucht und Schändung herzu führen, die aber
„lieber fterben, als dieſe Schändung leiden woll⸗
„ten,,2). Von folchen Perfonen mögen ung die:
fe Ereinpel genug ſeyn, zubeweifen, daß man die⸗
fes ben denen Gottloſen vor die graufamite Stra—
feder Ehriften gehalten, weil man fo unzählig-ofte
angemerfet hatte, wie fie lieber und mit Freuden
fturben, als vergteichen ausftunden. N
3. Daß aber auch der Wille folcher Märtyrin-
nen hiebey nicht eingeftimmet Babe, fonnennide
allein diejenigen „ welche die Treue GOttes recht
fennen, wohlglauben, als welche fie in foldyem
fehweren Kampf nimmermebr wird haben fallen
laffen; fondern wir lefen auch von feinem Fall
bierinnen bey den Alten. Dagegen ift über vori-
ge Zeuaniffe noch diefes allgemeine Zeugniß eines.
alten Scribenten merkwürdig, der da zeuget, daß
die meiften dem getreuen HEren in ſolchen Berfu-
chungen unverlege bemahret worden. “Die
„auserwählten. Jungfrauen (fchreibet derfelbe
„Mann,)baben unter den Verfolgungen um der
„Treue Ihres Bräutigams willen am $eibe auch
* „unver⸗
*F
3) Beda in Mattyrolog. Rom. d. IV. Kal. Mai. et cetera Marzyrologia, Romanum, Adonis, Vjuardi h. de et
Ambroſius a Beaa citatus e lib. II. de Virginit. quo vid. Baroniss Not. ad Martyrolog. h. |.
logium Romanum d. V. Non. Mai.
t) Martyro-
u, Palladius in Laufacis ap. Barozinm in Not. ad h. I. x) Enjebins
r *
lib, VIIL &. 15. y) Lib. de Mortalit. 2) Eufebins lib. VIII. c. 27. j
*
⁊
_
„unverleßt ausdauren fönnen, wann fie denen
„gottlofen Leuten zur Schmad) übergeben wur:
„den: indem ihr Bräutigam die Anläufe der
Gottloſen an ihrem Leibe vor ohnmaͤchtig erflär-
„te, um deß willen fiediefesausftunden. Dahero
„er ihre Leiber nicht oßne Kraft und Wunder un-
„‚befleckt bewahrte,, Ei Und diefes liefet man in-
fonderbeit von einer Märtyrin Serapia, tie fie
unter fünf böfen Juͤnglingen, denen fie von den
Feinden übergeben gewefen, durch GOttes Hülfe
beſchuͤtzet worden b). Darauf fich auch jene beili-
ge Jungfi ucia, verließ, alsihe der Tyrann
eben mit dem Hurenhaus gedrohet hatte, “Damit
„(wie er fagte,) der H. Geiſt von ihr weichen müß-
„ten Sie aber antwortete ihm fehr getroft und
weislich: *Der Leib wird niemals befleckt, ohne
„wenn das Herz damit einſtimmt. GEott richtet
„nur von den Sinnen und vom Willen. Er laͤſ⸗
„ſet die Verletzung der Keufchheit zu, eben wie et⸗
„wa einen Mord. Wirſt du mich wider meinen
„Willen notbzüchtigen laffen, fo wird mir mei»
„me Keufchheit zur Krone verdoppelt werden,,.
Worauf fie auch unverlege foll daven fommen
ſeyn ce). Wie fonften die Feinde mit dergleichen
ſchwachen Perfonen greulih umgegangen, da
man fie ausgezogen, ihnen die Bruͤſte abge:
branntoder abgefchnitten d), und fonft graufam:
lich mißbandelt , ihren züchtigen und feufchen
Herzen nur wehe zuthun, will jich Bier nicht aus-
fuͤhrlich erzeßlenlaffen. Unsgenüget, daß wir fo
umviderfprechliche Urkunden der Keufchheit auch
disfalls vor Augen haben.
9. Weilicheinmal von der Keufchhele der erften
Chriſtlichen Weibsperfonen , fonderlich der
Maͤrtyrer, zureden angefangen, will ich folgends
die übrigen Zeichen derfelben Tugend an ihnen er
wehnen. Gleichwie fonften diefem Geſchlechte
wohl anftehet, eingezogen und zu Haufe zu leben;
alfo ward diefes aud) infonderheit von denen Chri⸗
ftinnen gefordert. Drum fihrieb ein Fluger Mann
bievon alfo an fie zu feiner Zeit: „Ihr habt Feine
„sleichtfertige Urfache auszugehen. Entweder ihr
„muͤſſet einen Franken Bruder etwa befuchen,
„oder dem Gottesdienft und der Handlung des
Worts GOttes beywohnen. Alle diefe Pflichten
5'Cap. Dinibecerfien Übriften Reufehbeit.
—
„ſollen heilig und anſtaͤndig ſeyn. Es muß ein
„groſſer Unterſcheid bleiben unter den Maͤgden
„GoSttes und des Teufels. be muͤſſet andern
„gute Exempel geben, daß ſie an euch erbauet wer⸗
„den, damit GOtt an eurem Leibe geprieſen wer«
„0%, f). Und weiter unten erinnere er fie aber—
mal: “Safe eure Hände fpinnen, laſſet eure Fuͤſ⸗
„ſe fein zu Hauſe bleiben, fo werdet ihr mehr gefal⸗
„len, als wenn ihr inlauterm Golde ftünder, und
„werdet GOtt zu eurem Liebhaber haben,, g)»
Nicht weniger erforderte man folche Zucht in dem
Aufferfichen, welches der innwendigen Zucht und.
Keinlichkeit Zeichen fern follte. Wenn abermal
gedachter Mann ſchreibet: Es ift nicht genug,
„daß ein Ehrifte vor fich allein keuſch und zuͤchtig
sit, er muß auch in dem Werke felbit beweifen, -
„daß er es iſt. And diefes muß eine folche Tugend
„ſeyn, davoner dergleichen Vorrath haben Fann,
„daß fie fi) von feinem Herzen bis auffeine Klei-
„ver heraus laßt, und aus feinem verborgenen
„Gewiſſen hernach auch in feinem Leben ſich er-
„zeigt, h). Sintemal (mie ein anderer wohl an-
merfet,) “die Ehrbarfeit der Kleidung nächft der
„Nothwendigkeit darauf ſiehet, Damit die unart-
„ſtaͤndigen Theile des Leibes mögen verborgen
„und durch die Schamrörhe bedecket werden;
„welche durch die Sünde auf die Menfchen ge-
„bracht iſt, ). Welches denn von den evften
Chriſten auch defto mehr zu glauben ſtehet, je ges
wiſſer man von der Reinigkeit ihres inneren
Grundes verfichert ift.
10, Ueberdis zweifeln wir nicht, daß die Chris
ften, und infonderheit die Weisperfonen unter
ißnen, ſich auch in Worten züchtig und keuſch er=
wiefen haben, Diefes forderte in nachft angezo—
genen Worten Tertullianus von denen Weibes:
bildern, als ein Zeichen ihres reinen Herzens.
Weldyes aber auch überhaupt denen Chriſten ver⸗
botenwar. daß fie feine fchandbare Worte (aı-
Kern] oder fchändliches Wefen) nicht einmal
unter fich nennen lieſſen: Eph. 5,4. und nichtein
einigesfaules, ftinfendes Wort aus ihrem Mun-
de heraus gieng. Ephef. 4,29: Wollten fich einige
mit zuläßigen und luftigen. Scherzen entfchuldi:
gen, ſo ließ ihnen die Kraft EHrifti, diein ihnen
Yyy 2 woh⸗
a) Bafılius M. lib. I.de Vera Virginit. b) Ado Fiennenfis Martyrolog. Id. Dec. et Martyrolog. Rom.h.d. e) De
Vandalis For aliquotieslib. II. et III. Perfec. Vandal. de aliis Theodorirus lib. I. e. 14. Hilarius ad Conſtantium
Athanafıns Epift.adSolit. Vit.agent. d) Pradentius de Encratide hymn. 7. de Canon et Martyroleg. Rom d.
XVI. Kal. Mai. quod et dealiis memorat d. VIII. Id. Ianuar. V. Kal. Iun. VI. Id. Tun. etc. ac de Theodo-
ra Eufebius lib. VIII. c. 17. Rafas et decaluatas feribunt Marryroleg. Romanum d. XU. Kal. O&. Adonis Kal.
- Januar. etc.
fuſ. Difput. X
EN de Cultu Femin’e. it. g) Idem ibid. c. 13. h)lbid.l.c. i)Baflins M.Reg.
DER
En
—
Er)
539.
*
—53
*
540° 4.3. Don den Pflichten und Verhalten der erſten Thriften gegen ſich felbft,
wohnete, nicht zu, darinnen ihre Luſt zu fuchen.
„Scheinen glei) einige. Scyerzreden anmuthig
u fenn, (fnrachen fie) fo laufen fie doc) wider Die
Gewohnheit der Gemeine. Denn wie fönnen
„wir das gebrauchen, was wir in der Schrift nicht
„finden,, k)? Es mochten es aud) die Feinde der
Wahrheit an ihrem Umgang wohl abnehmen Fön-
nen, daß fie ſich auch in ihren Reden vor allem An⸗
denfen und Ernäßrung ſchaͤndlicher Dinge huͤte⸗
ten. Darum fie auch unter andern die züchtigen
Meibsperfonen in denen DBerfolgungen mit
fhändlichen Worten zu plagen fuchten. Wiewol
die Feinde hiemit ihren Zweck nicht erreichten, weil
ſolche Schmähungen ihren Geift nicht berüßrten,
darinnen EHrifti Reinigfeit und Weisheit wohne-
te, wie fich alfo bey ſolchem Seiden Petrus Aleran⸗
drinus aufrichtete 1). Maffen fie von foldyen un:
reinen Gefaffen des Zorns ohnedem nichts anders
als Unreinigkeit zu erwarten hatten. Von Bruͤ—
dern und Schrocern aber forderten fie auch in
Worten einegenaue Zucht, als welche das unreine
Herz nothwendig verriethen, und wolgar zu wirk⸗
licher Unkeuſchheit reizen Fonnten.
ır. Damit ich nunmehro auf die unterſchiedli—
chen Ständefomme, fo haben wir der erften Ehri-
ften eigenes und klares Zeugniß vor uns, daß ſehr
viele unter ihnen, wo nicht die meiſten, imledigen
Stande blieben. Darinnen fie fi) nad) Pauli
Erempelund Rath richteten, dernicht allein wuͤn⸗
fihete, daß alle Menfchen feyn möchten wieer, fon«
dern aud) vor fehrratffam angab, daß fieumder
gegenwärtigen Noth willen Feine Weiber oder
Männer fuchten, ı Cor: 7,7.26. So ungemwößn-
ſich auch diefes denen natürlichen Menfchen vor-
kommen mochte, fo geftunden fie es doch vor den
Heyden, daß fie aufferder Ehe keuſch lebten. Dar-
zu fie denn die Worte EHrijti ihres Meifters an-
führeten, womit er fie zur Keufchheit ermaßnet
hatte, unddiefe Bekenntniß dabey thaten: “Esle:
„ben ſehr viele unter uns von beyderley Geſchlech⸗
„te bis in das höchfte Alter unehlich und unver-
„mifcht, nachdem fie von Kindheit an der Lehre
„CHrifti gefolget find. Ich vor meine Perfon
„(fchreibet Juftinus,) Fann verfichern ‚daß ich aus
„allerhand Arten der Leute folche Perfonen auf
„reifen will. Denn was foll ic) von der unzaͤhli⸗
„oen Menge fagen dererjenigen, welche von der
„größten Unmäßigfeit zu diefem fehönen Leben be-
„tehret find, und unfere Zucht gelerner haben,, m) ?
Dabey er auch diefen Wunſch anhänger, daß ſich
k) Ambrofius lib. I. Offic. c. 23. 1) Apud Theodorstum
Minutius Felix O&tau.p.367. o)Iuflinusl.c.p. 71.
Autolyc.p.126. q)Origezeslib.L adu. Celf-p.2ı. r) Auguflinus de Ver. Relig. c. 3.
Or
*
—43
viel ſolche Leute auch unter andern Voͤlkern finden
möchten. ¶ Ein anderer ſetzet ingleichen im Na⸗
men aller: Wir find kuchen Reden, und
„unbeflecft an unferm Leibe. ‚Die meiften aber
„unter ung genieflen eine immertwährende Jungs:
„fraufchaft in einem unverlegten teibe, ob fie ſich
„gleich derfelben nicht rühmen. Die Begierde
„zur Unzucht ift fo ferne vonuns, daß fich aud) et-
„liche einer ſchamhaften Beywohnung enthalten;,
0). Demuftinusabermaldisfalls beyftimmet,
wenn ev befennet, daß fic) die meiften des Ehe«
ftands enthalten und auf ewig keuſch leben. Da⸗
bey er von einem jungen Menfchen erzehlet, dem
die Enthaltung ein fo groſſer Ernft gewefen, daß
er auch bey dem Präfidenten zu Alerandriaanges
halten, man möchte einem Medico erlauben, daß
er ihn unfruchtbar machen dürfte, nur damit er und
die andern Ehriften aus dem Verdacht fämen, als
mann fie bey ihren Zufammenfünften Unzucht trie⸗
ben. Nachdem ihm aber diefes abgefchlagen
worden, habe er fich mit feinem guten Gewiſſen
getröftet 0).
12. Ferner faget eben diefes von feinen Zeiten
ein anderer in dergleichen Berantiwortung : "Man
„findet ihrer vielbey uns von Männern und Wei-
„bern, welche im ledigen Stand alt werden, weil
„fie hoffen, daß ſie in ſolchem Stand GOtt naͤher
„ſeyn werden; p). Und noch ein anderer preiſet
deswegen Die Vortreflichkeit der Lehre CHriſti, und
beweifet ihre Görtlichfeit daher, weil ihre Liebha-
ber fo göttlich lebeten. “Einige (ſchreibet er,) ente
„ſchlagen fich auch der Luft eines zulaßigen Ehebet⸗
„tes und ehelichen Lebens aus herzlicher Begierde
„zu einer übergroffen und ungemeinen Reinigfeit,
„und damit fie GOtt mit defto Feufcheren Herzen
„anbetenfönnen,, g). Syn den folgenden Zeiten -
fegt einer in dem Beweis von der wahren Religis
on unfer andern auch dieſen Grund: Die Gebo-
„ce EHrifti werden nunmehro durch Die ganze
„Welt allen Völkern vorgelefen, und mitgroffer
„Eherbietung —9 gehoͤret: Man wundert
„ſich faſt nicht mehr über fo viele tauſend Juͤnglin⸗
„ge und Jungfrauen, daß ſie die Hochzeit verach⸗
„ten und keuſch leben,, r). Und anderswo: „In
„den Gemeinen gibt es ſo viele keuſche und heiſige
Leute, die von der Liebe GOttes alſo entzuͤndet find,
„daß fie in der hoͤchſten Enthaltung und unglaub⸗
licher Verſchmaͤhung dieſer Welt gerne einſam
„feben,, s). Welcher aud) unter andern ein Exrem⸗
pel eines glaubigen und Catholifhen Mannes,
wie
lib. IV. H. E. c. 20. m) Zaflinus Apol. II. p. 62. n)
p) Athenagoras Apol. p. 36. et Theophilus lıb. III. ad
s) Id. de Mor. Ecel. c. 30.
Rn
-
— *
⸗ —
wie er nennet, erwehnet, welcher in feiner Fa-
milie GOtt in vollfommener Keuſchheit und nt⸗
haltung gedienet habe t).
13. Ich haͤtte faſt das JZeugniß Tertulliani uͤber⸗
gangen, a fehr ori f&hreiber: "Wie
viel find ihrer, welche alfobald nach dem Waffer-
„bad ihr Fleiſch gleichfam — Wie viel
„auch, welche mit gleicher Einftimmung die ehe—
„liche Pflicht unter ſich aufheben ?Die Freywillig⸗
„oerfchnittene um des Himmelveichs willen ent:
„halten fich ofne Zertrennung des Eheftandes:
» Wie vielmehr die, fo gar nicht drinnen find,, u)?
Und damit ich vielandere Urfunden hiervon über-
ehe, ſiehet man aus erwehnten Dertern, daß fie fich
‚Insgemein gleichfam viel gewußt haben mit diefer
Gnade, die unter ihnen reichlich wohnete. Dahe:
ro fiehet man, wie fie faft in allen Verantwortun⸗
gen gegen die Feinde diefe Gabe fo hoch gepriefen
haben. Als auch nachgehends nod) einer wider
den £lugen und fürnehmen Regenten Symma-
chum that, wenn er ingebundener Nede ohngefehr
alfo fchrieb x).
Das keuſche Volk behält bey uns den vollen
Der reinen Jungfrauaft zur fehönften Ehren»
Es deckt ihm Zucht und Scham das holde Ange
Ein freches Auge Kann die Anmuth fehrecfen
Die Mäßigfeit Kann * den Luͤſten Einhalt
Wie ſollte nicht auf in des Geiftes Gnade
ruhn?
Ein bekannter Scribente bat auch ſehr wohl aus
dem erſten Carthaginenſiſchen Concilio geſchloſſe
daß damals nicht allein die Lehrer, fondern auch an⸗
dere auffer der Ehe gelebet :daben er gerne gefteher,
„daß ſolche Freyheit auch noch zu billigen fen» y):
Dergleichen auch andere befennen 2). Ein gott:
feliger Alter ſetzet Diefes mit unter “die Seligfei-
„ten, wenn einer im freyen chelofen Stand lebe,
„feinem Fleiſch abfage, und mit der reinen und
unverderblichen Gottheit fich vereinige, a). Der:
‚gleichen Lobfprüche der immermwährenden Yung:
frauſchaft bey den Autoribus folgender Zeiten
häufig zu finden find, welche doch nach der göttli-
5. Cap. Von dererften Ehriften Reuſchbeit.
Y
5gt.
chen Wahrheit von geübten Sinnen mit genauer
Prüfung zulefen und anzuhören find.
14. Ueberhaupt bemerften und erinnerten dere
ftändige gehrer, daß weder Paulus noch andere von
der immerwährenden Jungfrauſchaft ein abfolus
tes Gebot gegeben habe, fondern nur Erempeldes
nen Chriſten vorgeleger. “Denn (fprachen fie,)
„man Fann Die — * nicht ſo befehlen,
„ſondern wuͤnſchen. Was uͤber unſer Vermoͤgen
Iſt, das ſtehet nur in unſerm Wunſch, nicht aber
„in unferm NVermögen,, 6). Und eben fo waren
fie in Anfehung des Eheftandes gefinner, daß fie
Feinen darzu zibungen, Feinen aud) wider feinen
Willen abhielten, in demfelben aber ſich gleichwol
Feufch, zücheig und gottgefällig hielten. Sie
hattens ſchon von den Apofteln zur Gnuͤge gebös
vet, daf die Ehe in allem follte ſchaͤtzbar und das
Ehebette unbeflecft feyn, Ebr. 13, 4. Von wel«
cher keuſchen Ehe ich abermal einige offenbare
Zeugniſſe darlegen will. So fagen die oben an«
gezogenen Vertheidiger nach einander: “Wir blei⸗
„ben gerne mit einer Ehe verfnüpfer, wir willen
„entweder von gar feinem oder nur einem einzi—
„gen Verlangen, Kinderzu zeugen c). Wir find
„nur vor unfere Weiber als Männer geboren:
„hr aberverbieter ven Ehebruch und begehet ihn
„doch d). Wir begeben uns nicht anders in Ehes
„fand, als nur daß wir Kinder zeugen und erzies
„den e). Keiner unter uns bat fein Weib zu ei«
„nem andern Zweck, wenn er ja nach unfern Gefer
„Gen henrarhet, als nur Kinder zu zeugen. Denn
„gleichwie ein Ackermann, wenn er einmal gefäet
„bat, die Zeit der Ernte erwartet, und nichts ans
„ders ausftreuet: alfo feßen wir unferer Luſt nur
„das Ziel mit dem Kinderzeugen f). Ben den
Chriſten haͤlt man eine rechtmaͤßige Ehe mit einem
Weibe, und lebet dabey keuſch 2).
15. Dieſes war ihnen ſo tief bey der Lehre von
der Verleugnung ihrer ſelbſt eingepraͤget, daß ſie
nicht anders konnten, als nach Dem heiligen und qu=
ten Willen GOttes auch in ihrer &he leben, und Fein
Brandmahl in ihrem Gewiſſen durch unziemliches
Berbalten zußaben. Als Paulus den Corinthern
und allen vorfteliete, wie kurz und cingee
ſchraͤnket doch die Zeit wäre, fegtg er vor
allen Dingen, die, ſo Weiber batten, follten
ſeyn, als hätten fie Feine, ı Cor, 7,29, Daß
Dyy 3 fie
t)Lib.IX. Confefl:c.3. u) Lib.I.adVxor.e.6. x) Prudentius lib.II. adu.Symmach.p. 232. y)Ecan.3. Conc.I-
L. Ofiander Cent. IV. hift. Eccl. lib. II. c. 28.
de Beatitud. b) Minurius Felix O&tau.p.363. c) Ibid.p.372. d) Iuſtinus Apol. II p. 71.
lc. f)Id.ib. -g) Theophilus Antiechenus 1. c.
z) Vid. DannhauerusChrifteid.p. 182. a) Greg. Naz. Car. 19.
€) Arhenagoras
>
”
are “. .
542 4.8. Von den Pflichten und Derhalten der erften Chriſten gegen ſich ib.
fie diefes und alle anderein der Welt in einer laute:
ren Berleugnung hätten und ohne Mißbrauch und
verfehrten Sinn brauchten. Wovon er aud) v.
22:6. fihöne Erinnerungen thut. Dahero Fam
es, daß folche Feufche und mäßige Eheleute ein recht
gervünfchtes geben führten ; wie wir unten infonder-
heit bey ihrem Privatleben Hören tollen. Da
bieffe es: “Selig iſt der, welcher, wenn er. denen
Geſetzen des Eheſtandes in etwas folget, den gröf-
ſeſten Theil feiner Liebe Chrifto aufgeopfert, h).
Und hievon erinnerten fie einander nad) Möglic)-
feit, daß das Ehebette unbefleckt gehalten würde,
nicht tie unter denen unglaubigen, gottloſen
Heuchlern und verkehrten Menfchen, welchen un-
ftveitig alles unvein wäre, da ihre Herz und Gewif:
fen unrein fey, Tit.1,1z. Und hingegen den Keinen
oder Heiligen und Geliebten EOttes nur allein
alles, und auch das Ehebette rein wäre, indem fie
alles in gottgefälligee Maaffe braud)ten ; wie, wir
aus der Befchreibung der erften Chriſten jetzo
geböret haben. Nemlich “Die Eheleute leiſteten
„einander die fehuldige Pflicht in Anfeßung der
„Notbwendigkeit, als vor den Augen GOttes mit
„groſſer Befcheidendeit und Mäßigfeit,,; wie ei-
ner davon an fein Eheweib fehriebe 1). Auffer fol
cher züchtigen Beywohnung bielten fie alles unrei⸗
ne und fleiſchliche Wefen vor unzuläßig, zu Folge
ihrer eigenen Befenntniffe, und fonderten fid) dar-
inne von allen Heyden, Sottlofen und Heuchlern
ab. Geftalt fieauch vor nörhig befunden, deswe⸗
gen ſich unter einander zuermahnen, damit feiner,
auch unter denen Chriften, als ein Heuchler durd)
- äufferliche Stellungen die andern betrügen, und in-
deffen allem Greuel feines boͤſen Herzens in der
Ehe Raum laffen möchte, in der Einbildung, es
muͤſſe dennoch fein thierifcher, ſchaͤndlicher Muth⸗
wille heilig heiſſen.
lieſſen weder die Lehrer noch andere unter einander
zu, als die da aus dem Willen GOttes im Gehor—
fam der Wahrheit leben, und die Chriftliche Hei-
ligkeit und Freyheit zu Feinem Deckel ihrer Bos⸗
heit, Unveinigfeit und fleifchlichen tuftfeuche haben
wollten k).
16, Die meiften unter den Chriften heyratheten
gar nicht, wie fehon erwiefen worden; die andern
übergiengen das Wortnicht, das zu ihnen geredet
mar, von der Verleugnungder Welt und ihrer Luͤ⸗
fte,undachtetenin dem Licht des Heil. eiftes, der
nur in reinen Herzen wohnet, Dis das beſte und
Solche unerfannte Sünden
recht zu ſeyn, daß man allein zur Frucht fich zu⸗
„ſammen finde,; wie mit denen Alten $utherus
vedet 1). Denn es gieng auch die Ermahnung
nicht allein die ledigen Perfonen, — die
verehlichten an, daß ein jeder fein Daß ſollte
behalten in Yeiligung und Ehren, nicht in
nichts wiffen, ı Theil. 4,4. Wozu ein mäßi-
ser Gebrauch) der andern Ereaturen fehr dienlic
war; wie wir ſchon gefeßen, daß fie fich mit Fa—
ſten und Kafteyen des teibes dazu geuͤbet, wel:
ches aud) bey allen Chriſten noͤthig ft m). Und
alfo war ihnen leicht, ee weil fie immer mit
nothwendigen Dingen zu thun ‚hatten, ſich Eeufch
im Eheftand zu balten.n);daß feiner etiva die Un⸗
möglichkeit der Enthaltung vorfchügte, weil fie
wohl wußten, daß GOtt ein Männlein und Fraͤu⸗
lein abfonderlidy erfchaffen haͤtte, nicht Schande
und Unzucht zu treiben ,‚fondern nur fruchtbar zu
feyn, und. die Kinder zu GOttes Ehren zu erziehen
0). - Hierinne- brauchten fie nun groſſen Ernſt zur
Bezaͤhmung ihrer Begierden, Damit fie gleichwol
unverhindert auch inder Ehe GOtt dienen Eönnten,
und am Geber und andern heiligen Uebungen ja
nicht gehindert werden mochten. Paulus hatte
ihnen gefagt, fie foUten fich auf eine Zeitlang
bisweilen einfliimmig einander entziehen, daß
fie zum Saften und Geber Muffe bätten, je
doch nicht ohne beyder Zinwilligung, 1 Cor. 7,
5. Da fie nun alfo zum Geber eine Zeit aus-
fegten, und dadurch viel Gnade von dem HErrn
zu ihrem Vorſatz erlangeten, auch dabey fafteten
und fonft die ganze Lebenszeit maßig und nüchtern
lebten; fo ift gar Fein Zweifel übrig, daß der Ge—
brauch des Eheftandes bey den erften Chriften vein,
Eeufch und gottgefallig geweſen.
17. Ich muß hiebey noch einer bey denen Alten
eingeführten Weife unter denen Eheleuten geden-
£en, weil fie fo gar fehr unter ihnen im Schwange
gegangen ift, und one Zweifel von ihnen aus Be:
gierde zur Neinigkeit und Keuſchheit angefangen
worden. "Denn bierinnen Fam es auf einegjeden
eigenes Gewiffen an, aus was vor Abfehen fie ſolche
Enthaltung übeten : Und läffer fich Bier nicht ohne
Gefahr, viel weniger frevelhaftig richten und ur-
theilen, welche es aus gottgefälliger Meynung,
der Luſtſeuche, wie die Heyden, die von Er j
4
=
und welche es aus geiftlicher Hoffart oder Einbil-. -
dung eines Berdienfts gethan haben mögen. Biel:
mehr zeiget ung der übrige goftfelige Wandel, daß
R fie
h)Greg. Naz.l.c. i) Tertull. lib. II. ad Vxor.c.3. k)Vid.omnino Clemens Alexandrinus lib. III. Stromat. p.
456.feqgg. 1) Poft:Eccl.P.I.p.304. ‚m)Apol. A. C. Artic. XI. p.244. n) Ibid. p. 245. 0) Luth. Catcch.
Maj. Pret. VI.
$
|
a
h-
.
‚
.
*
FR ann 5.
ie fol e fehvere Mebungen nicht um eiteler Ehre
lerne ‘aus anderm ——— vorge⸗
nommen, Es mar aber nun dieſes daß die Ehe-
leute entweder auf eine gewiſſe, oder auf ihre übri-
e ganze Lebenszeit fich verbunden vor dem
Sem, einander nicht mehr ehelich hen)
ſondern als Bruder und Schweſter beyfammen
veiner und Beiliger Siebe zu leben; und dis ent:
weder, wenn fie fehon den Zweck der Ehe, nenı-
lich Kinder erlanget hatten, oder weil fie fonft herz⸗
lich verlangeten, nach Pauli Worten, beyde am tet:
beund am Geift Beilig und vein zu ſeyn. Welches
denn von denen, die fülche Abficht vedlich führten,
als ein Zeichen ihrer Liebe zur Keufchbeit angenom:
men ward. Gleichwie es jenem berühmten Mann
wol Ernſt ſeyn mochte, als er fein Eheweib hierzu
beredete, und ſich auf die vielen Exempel der an—
dern Chriften berief: "Siehe die Erenipel deiner
„Schweſtern an, (fehriebe er,) welche die Heili-
„gung denen Ehemännern vorziehen, dazu fie
„doch weder wegen des Alters noch der Geftalt ge
„rungen werden. ° Denn fie wollen lieber mit
„GoOtt fich verbinden, und ihme nur ſchoͤn fern.
Mit dem gehen fie Tag und Nachrum, fiegeben
„oem HErrn ihr Gebet gleichſam zur Morgenga-
„be, pn). Und weiter unten: “NBie viel find ih—
„rer, Die mit gleicher Einftimmung unter einander
„die Pflicht der Ehe aufheben? Die Freywillig—
„verfchnittenen enthalten fich um des Himmel
„reichs willen chne Zertrennung der Che, a).
Welche Weife er anderswo nenner Heine zulaͤßige
„Verſtellung der Ehe, die im Berborgenen gefche-
„her)s und eine Aufpebung des gemeinen unan-
—— Gebrauchs, mit beyder Uebereinſtim—
mung ).
18: Bon einem ſolchen Fall iſt ſonderlich noch
ein Brief eines alten Lehrers vorhanden, da zwey
Eheleute, mit Namen Armentarius und Paulina,
ED die Enthaltung angelobet haben, welches
dieſer gar ſehr lobet, und zur Erfuͤllung dieſes Vor—
ſatzes vermahnet. Dabey er aber unter andern
_ folgende Erinnerungen thut, woraus der Ginn
der Alten Fann erfehen werden. So fehreibt er
aber von dem Mann: “Die fönnte die einige Urſa⸗
"sche ſeyn, warum ich Dich zu dieſem Gelübde nicht
„ermahnen, fondern vielmehr von deſſen Erfüllung
„abhalten wollte, wenn etwa dein Weib aus
„Schwachheit des Geiftes oder Fleifches nicht ein:
„willigte. Denn folche Dinge duͤrfen nicht von
p) Tertullianus lib. I.ad Vxor.c.4. g)Ib.c.6.
Epift. 45. u) Idem Epift: 499.
Top. Dan der erften Ehriften Reuſchheit.
wo
*
543
„‚Berehlichten vorgenommen werden, ohne mit
„beyder Bewilligung. (2 Cor. 7, 2.4.) eil ich
„aber höre, daß dein Weib fo bereit fen, die Ent:
„haltung GOtt zu widmen, und fie nur daran
„auch gehindert wird, daß fie etwa möchte gedrun⸗
„gen werden, dir die eheliche Pflicht zu leiten ; fo
„geber GOtt alle beyde, was ihr beyde verforochen
„babt. Eure Einftünmung foll dem Herrn ein
„Opfer ſeyn auf dem hohen Altav des Schöpfers,
„und die Luſt muͤſſe deſto kraͤftiger überwunden
„werden, je heiliger nun das Band eurer Liebe
it, i)Y. Die Cautel wegen der völligen Eins
ftimmung beyder Eheleute in folche Enthaltung
der ehelichen Beywohnung ward: insgemein alle
zeit vorfichtig Binzu gethan, damit keine Linords
nung und andere. Ungelegenheit daraus erwüchfe.
Wie diefer Lehrer in einem andern Brief an eine
Ehefrau meitläuftig ausführen, daß ihr Vorſatz
ohne Wiffen und Konfens des Mannes nicht zu
billigen fey u). Und ein anderer ſchreibet um felbe
Zeit an.eine Ehriftliche Frau: Ich habe vernom ⸗
„men, daß du aus grofier Begierde des Glaubens
„ſchon vor etlichen Jahren die Reufchheit vorge:
„nommen gehabt, und deine übrige Lebenszeit der
„Enthaltung gewidmet, Nun ift diefes ein
„zeichen eines groffen Muths und einer völligen
„Kraft, daß eines gefchwinde der Wohlluſt entſagt,
„die es ſchon erfahren hat, und die ihre bekannte
„Reizungen des Fleiſches meidet: aber es muß
„mie beyder Confens geſchehen. Wo das iſt, da
„iſt nichts feſteres und ficheres als eine folche
„Reufchheit, welche aus beyder Mennung von als
„len beyden aud) alfo ingemein erhalten wird. Es
„mußaber Fein Theil nur vor fich felbft forgen, fon-
„dern alle beyde muͤſſen fie einander zur Beſtaͤn⸗
„digkeit aufmuntern x).
19. Eben diefer Seribente bemerket bey den
Worten Pauli Ephef. 5, 22. 25. (da er die ticbe
der Eheleute unter einander fo forgfältig recom⸗
mendirt,) Daß er vielleicht befürger habe, "es moͤch⸗
„te entweder beyden Weibern dev Gehorſam, oder
„benden Männern die Liebe aufbören, weil unter
„den meiften die cheliche Pflicht aufgehöret bat-
„te, y). Und diefe Erinnerung war nun fürs
nemlich in folgenden Zeiten noͤthig, da bey dem
Verderbniß des Chriſtenthums auc) der Miß—
braud) hierinnen gar fehr einviffe, und etliche ſich
aus boͤſen Abfichten ihren Ehegatten entzogen; das
von noch einige alte Geſetze Zeugen feyn koͤnnen z),
Ges
t)Lib.deRefurr.c.8. s) DeVel. Virgin.e.13: t) Auguftinus
x) Hieromymus Epilt.14. ad Celantiamı. )
y} Hieronymas Comm, in Eph, V.
2) Vid, vel Nomo-Canon Cotelerianns can. 423: et 424 Gregorins M. lib, IX. Indiet, 4. ep. 39.
*
an J
Mr —*
344 4. B. Von den
Seſtalt auch unter andern denenjenigen, welche
ſich dem andern ohne feinen Willen entzogen, ge-
wiefen wurde, “daß fie alsdenn an der Sünde
„Schuld hätten, wenn ihr Ehegatte in Ehebrud)
„erftele, a). Indeſſen Fonnte diefer unrechte
Gebrauch beydenen Gottſeligen, Die fich Dazu inei-
nem lautern und heiligen Borfaß refolvirten, Feine
Hinderung machen, wenn fie nur alles nach des
HErrn Willen und Führung einrichteten. Dafie
doch im übrigen hiebey in der Demut) und Ber:
feugnung bleiben mußten, wennesdem Herren ges
fällig ſeyn ſollte. Jinmaſſen bey den erleuchteten
Herzen allzeit “eine Demüthige Ehe einer ftolzen
„oungfraufchaft vorgezogen ward, b). Auch
mußte im übrigen bey ſolchen verehlichten Perfo-
nen zum wenigſten ſich finden, mas. von einer
Chriſtlichen Ehefrauen gefchrieben ftehet : “Sie
„meidete die Gefahr beyderley Stands (des eheli⸗
„hen und ledigen), und erwaͤhlete, was in beyden
heilſam war, nemlich die Sicherheit der Ehe, und
„die Vorſichtigkeit des ledigen Lebens. Dadurch
ſie in der That zeigete, daß keines unter beyden
„von Natur fo beſchaffen wäre, daß es den Men-
ſchen entweder mit GOtt oder der Welt vollig
„verbinden koͤnne c).
20. Bon Erempeln ſolcher $ebensart will ich
nur etliche wenige, und zwar die älteften vorbrin-
gen, die übrigen aber vorbey laffen, aus denen je⸗
zo angezeigten Urſachen des eingeriffenen Miß⸗
brauchs. Dabey zuvor der
daß folche Eheleute, die ſolcher maffen beyfammen
gelebet, einander infonderheit Srüder und
Schweſtern genennet haben, unter welchem Na⸗
men fie ihre reine und Eeufche Liebe und den un-
ſchuldigen Umgang anzeigeten. So liefet man
nun non einem, mit Namen Ammon, welcher von
den Seinigen zu heyrathen gezwungen worden,
b) Auguftin. in Pſ. 98.
a) Idemcan. 494.
crates IV. c. 23.
‚Rin. lib. VIII Confeſſ. c. 6. h) Epiſt. r. etır.
$efer zu erinnern iſt,
Pflichten und Derhalten der erſten Ehriften gegen fe fe. —
einer, Braut ſih bereder, daß)
= — mit
„ſie der Welt abſagen und ſo beyſammen le
„wollten, daß Fein rn N ae
„Mann und Weib wäre, ‚fondern fie, nad) des Apo⸗
„itels Worten, Einer in Chriſto blieben,,: Endlich
aber haben fie an unterſchiedenen Drten gelebet 4).
Bon eben ſolcher Lebensart fchreibe I —*
Mann:“ Du haft dein Weib bey dir, welche zuvor.
„im Fleiſch, nun aber im Geift Ge Er ng
„und nun aus einem Weib deineSchwefter worden,
aus einer Frauen gleichfam ein Mann, Die aus ei⸗
„ner Unterthanin dir gleich ift, und mit dir unter ei-
„nem Joch zum Himmelreich eilet,, e). Deraudy
dergleichen von einem andern gedenfet f), wie
auch nod) einer von zweyen Perfonen g). Pauli⸗
nus nennet fein Eheweib-feine Wirdienerin h),
und andere nennen fie feine Schweiter ı), aus
eben diefer Urſache: mie er denn: aud) dieſer Ge—
wohnbeit etlichemal gedenket k), und nebenft an⸗
dern ein brüderliches Ehebette erwehnet Sai⸗
vianus ſchriebe gleichfalls ſo an ſeine Schwieger⸗
eltern von feinem Weibe: Meine geliebteſte und
„wertheſte Schweiter, welche mir nun defto lieber
„iſt, je mehr fichs gebuͤhret von feinen Freunden
„geliebet zu werden, in denen Chrijtus ſich felbft
„will geliebet wiflen,, \). Und anderswo nennet
er diefe Gewohnheit “eine Ehe ohne das eheliche
„Werk, da die Eheleute ſich ihnen felbft verleug:
„nen, und einander haben, als hätten fie fich nicht,,
m)., Ein anderer jehreibet auc an feine Frau:
„Du bift zwar ein frommes Eheweib, aber auch ei⸗
„ne fromme Schwefter, n). Und nod) einer ers
zehlet von Wartino, daß er feine Ehefrau unter
denen Eeufchen Jungfrauen wohnen lieffe, und ihr
nicht mehr beygewohnet Babe o). Anderer Exem⸗
pel p), fonderlich aus
den näheren Zeiten, will i
nicht erwehnen 9). g Rn ic)
r c) Gregorius Nazianzenus de Gorgonia in Oraf. de Cxfario. d) So-
e) Hieron. Epift. 28. ad Lucinium. f)Epift.46. ad Buſtie et 29. ad Theodoram, 5 —*
i) Idacius Lerinenſis Chronie. A.CCCLXX. k)Epift. 31. et 38.
1) Epift. ad Parent. p. 321. quo conf.C. Rittershufius in Vitaet in Not.p.379. m) Lib. II. adu. Auarit.
n) Sidonius Apollinaris lib. V. Epift.16. 0) Paulinus de Vita Mart. lib. IV. v. 599. fegg. p) ——
Placidina vid. Fortunatus lib. I. Carın. 15.
philochinsde Vita Bafilii p. 198. Gregorius
tis
q) Vid. fuppofititia Ailaris Epift.ad Auguftin. et Ambrofii 82. Am-
j Turonenfss c.32 de Glor. Confeſſ. de aliis Zipomanus et in Vi-
Sand. Simeon Metaphraftes, Ribadeneira, Arturus de Monjlier aliique, i
x
— * RT Zu‘
545
1 “ * ( o I#
5 Dass. Capitel/ *
ihrem Abſcheu vor alten Ueppigkeiten, Taͤnzen,
Schau⸗ und andern Spielen, und dergleichen. |
Summarien.
ie Chriſten machten nicht die getingfſte verbotene Luſt mit” 9.1. durch Tanzen und Springen, wie die Senden, 2. Er‘
Bi fl un Ausiprüche davon; 3. 4. Führeten fonderlich das Exempel der Herodias allen Jungfrauen zur Warnung ans
ingegen J m 4
acobs Hochzeit, alle Uephigkeit zu vermerden ; 5. verboten auch das Tanzen Überhaupt nach und nach nur
denen deh er rechtichaffene Herzen konnten doch jolchen Greuelnirgends leiden, Verbot in Conciliis; 7. alle Ent:
ſchuldigungen arf man adfolute, ungeachtet der Schmaͤhungen vor den Heyden und Beſchwerung über Mangel ber kuſtig⸗
keit, 8. weil ihre Herzen von dem nichtigen Tand gefeſſelt waren, wie quch etliche Chriften, Die das Tanzen zur beicbönen
ſuchten aus der heiligen Schrift; wahre Chriſten jpielten nicht fo mit ihrem Chriſtenthum 5.9. ſondern auch unterm Berfall
feste man die Strafe des Bannsdaranf: Wänftlich Edict deswegen, Klage über dchrer fo mol.ald Zuhörer: ı0. mie man das
Tanzen genennet ; aus Erkenntniß des Schadens hütete man fich deſto mehr daver. ı1. Bon Sihaufpielen, Opern, Comödien,
Yufzügen tc. warum folche Dinge nicht zuanprobiren 5 12. Abſcheulichkeit der heydniſchen Spiele haben die Henden felbit er⸗
kannt, und Öffentliche Schaupläse eingeriffen; Berwerfung aller Spiele, Verantwortung auf eines Denden Vorwurf, 13,
Warnung unter einander; nachdenckliche Beſchreidung der Peichtfertigkeit bey Eomödien ıc. 14. 15. Fräffige Ermahnungen
folche zu meiden, ungeacht fiedie Welt indifferent hält. 16. Die Chriften heriefen ſich aufdie Abſagung des Teufels in der 9.
Taufe , und warneten andere atts ſolchem Grunde, 17. je gewiſſer esein Abfall von GOtt it, in Spielen feine Eradsungfuchenz
der Teufel äuffert fich oft wirklich darınn Durch leibliche Beſitzung, Erempelsines Weibes, weil er es auf feinem Eigenthum
angetroffen ; Daber verleuaneten alle Chriften jolche Greuel, Verehrung eines Menicben; 18. Ablehnung der Entfhuldiguns
gen und Auslüchten ; Grunde dawider. ı9. Melchein jämmerlicher Zuftand es iſt mit olchen Dingen verftrickt ſeyn, Bes
Eenmeniß eines aus eigener Erfahrung, auch felbit eines Heyden, kein Spiel ausgenommen, 20. ob es wol die Heyden ver-
droß, daß die Chriſten jolche Luft nicht mitmachen wollten, fo Echrten ſich Doch die Kinder GOttes daran nicht, fondern verante
morteten fich, und festen die Freude in GOtt der Weltfreude entacgen, Bekenntniß davon. 21. Hieraus erhellet der Eifer
und Ernſt der erften Chriſten wider alle weltliche Luſt, daher fie feinen aufnahmen, bis er jolcher Liederlichen Brofekion abge,
faget , dergleichen auch wol dey denen Heyden infam war; Ediete wider folche Greuel wurden hernach wieder befräftiget. 22.
$.
’r Chriftenpflicht ift zwar bereits bey der
erleugnung der ABelt und ihrer Eitelkei-
73 ten von Denen erften Gemeinen erwiefen
worden, daß alſo fat nichts übrig fiheinet, davon zu
gedenken. Machden aber dennoch die Bernunft,
welche in böfen Werden regieret , ſich einbilden
möchte, als hätten die erſten Chriſten gleichwol
ihnen bie und da etwas in der Welt ausgenommen
und vorbehalten, darinnen fie ihre Luft büjfen koͤnn⸗
ten; fo iſt gar leichte zu zeigen, daß fie auch die ges
tingfte verbotene Luft nicht mitgemacht, fondern
nad) dem Willen ihres HErrn, dem fie Treue in
allem gefchworen hatten, fich allerdings als gute
> Kämpfer enthalten, um zu gefallen dem, der fie
angenommen hatte, 2Tim.2,4. Uns foll hier
“ genügen, wenn wir augenfcheinlich erkennen wer⸗
den , daß fie weder das tippige Tanzen noch
die Schau: oder andere Spiele, noch fonft einige
Thorheiten diefer Welt geliebet, geheget, oder gar
ausgeübet haben. Mafien Feines hievon fich mit
einem ſolchen Leben reimen wollte, darinnen die
Verleugnung feiner ſelbſt, der Welt und ihrer Lüfte
jo ernſtlich getvicben ward, als es wol von denen
>
” vr
*
erſten Gemeinen ewig wahr bleibet. Dahero
nicht allein dem heiligen GOtt, ſondern auch feis
nen heiligen Wohnungen und Tempeln die groͤßte
Schmach angethan wuͤrde, wenn jemand ihnen
dergleichen Suͤnden noch zuſchreiben wollte.
2. Was nun das Tanzen und Springen be—
trift, welches gemeiniglid) bey den Gottlofen auf
Freffen und Saufen zu folgen pfleget, ſo laͤßt ſich
auch, aufler den Zeugniffen der Alten, dennoch von
ſelbſt fchlieflen, daß jenes bey den Ehriften nicht ges
funden worden, weil man diefes, nemlich das
Schwelgen, ihnen nicht mit Grunde nachfagen
kann. Sie beholfen fich gar nicht etwa mic dem heil.
Exempel Davids,der voller Freude des Heil. Geis
ftes vor der ‚Lade her kanzete, und waren viel zu
Flug ‚ auch nach der Vernunft, daß fie Diefes heiligen
und geiftesvolle Springen mit dem verdammlis
chen Weltgetaͤnze zu vergleichen oder vermengen
ich unterftanden hätten. So fuchten fie auch
eine Befchönung vor ſich oder andere in den Wor⸗
ten: Daß Tanzen feine Zeit babe: Weil fe
es vor fich in ihren flillen und eingezogenen >
335 gar
546 3.3. Donden Pflichten und Verhalten der erften Ehriften gegen fich ſabſt.
gar nicht noͤthig hatten, und fuͤr andere dergleichen
ungereimte , ja gottloſe Entſchuldigungen nicht
brauchen mochten , damit fie ſich nicht fremder
Sünden theilfaftig machten, oder die Strafe des
mißgebrauchten göttlichen Worts auf ſich luden.
Bon den blinden Heyden iſt wohl bekannt genug,
daß fie folche Ueppigkeiten nicht allein getrieben ,
fondern aud) vor loͤblich, oder zum wenigiten zu-
laßig und entſchuldbar gehalten a): wie man denn
viel Nachricht von dem Urfprung und Arten ihres
Tanzens hat, nebenft andern Umftänden. Aber
daß die wahren Chriften auf einige Weife diefe
Tdorheit entfchuldigen wollen, iſt nicht zu finden.
Zumalen mir nicht von einer natürlichen Bewe—
gung und Hebung des $eibes hier reden, fondern
von deren üppigem Mißbrauch, wie ihn die Belt
gerne hat, und ihre Knechte noch lieber entſchul—⸗
digen wollten.
3. Sch will aber vor allen Dingen die Erflä-
rungen und Ausfprücheder erften Chriften treulich
hieher feßen, daraus der Leſer erkennen wird, wie
fie fonderlic) dergleichen Ueppigkeit insgemein vor
unzuläßig gehalten, da ſonderlich ihr Grund, gewe⸗
fen, daß der lebendige Ölaube mit folchen Dingen
nichts zu fchaffen haben Fönne, viel weniger ein
Urfprung derfelben feyn, und er alfo auch in ſol⸗
chen Eitelfeiten keinen Gehorfam gegen GOTT
erroeifen koͤnne. Was nun nicht aus dem Ölau-
ben komme, das hielten fie mit Paulo für Sünde,
Roͤm. 14, 23. Wie fiedenn auchniemand überre:
den Eonnte, daß folche Sachen einen gottgefälligen
Zweck hätten, oder zu der Ehre des HErrn idres
Gottes gefchäßen, dahin doc) alles gerichtet ſeyn
müßte. Demnad) ift nicht zu verwundern, daß
die vechtfchaffenen dehrer und alle wahre Chriften
folgender geftalt von der Sache urtheileten, abſon⸗
derlich, da dergleichen Greuel in die Gemeinen von
denen Heyden einzureiſſen begunten. Denn zu⸗
vor , als die Truͤbſalen die Chriſten aller Wohlluͤſte
auf einmal vergeffen lehrten, wußte und hörte man
das geringfte nicht unter den wahren Kindern
Gortesvom Tanzen, Spielen und anderm foldyen
Zeitvertreib. Ihr feuriger Glaube und die daher
entftehende Verleugnung ließ ihnen das geringite
nicht zu, mas ihnen ihre felige Freude in GOTT
ftören möchte: Der uͤberſchwaͤngliche Friede, der
io in ihren Herzen ausbreitete, war viel zu Föft-
ich, als daß er mit folchem Tand geftörer werden
ſollte. Und in Summa, man wußte damals in
a) Vid. omnino Ioh. Meurfi Orcheftraf. de Saltationibus Vet. Cal. Rhodiginuslib. V.
zandro lib. VL Gen. Dier. c. 19. Ioh. Phil. Pfeifferus lib. II. Antiqu. Grze. c. 58. lib.
dem Chriſtenthum von folhen Greueln nichts,
und überließ es dem Heydenthum alles, alsdahin
es auch —* — a gehörte. * *
4. Laſſet ung alſo aus faſt unzaͤhli en Ze niſ⸗
ſen nur etliche hoͤren, und zwar Karren tem er
die Wahrheit gehorfamen Herzen. So fihreiben
nun aufrichtige Lehrer : „Wo getanzet wird, da
viſt gewiß der Teufel. Denn GOtt hat uns die
„Fuͤſſe nicht gegeben, daß wir ung naͤrriſch und
„ungeberdig damit verftellen , (doynuovönev,)
„ſondern daß wir befcheidenelich einher gehen,
„nicht aber wie Die Rameele fpringen. Denn Dies
„fe tanzen auch, eben wie die Weiber, Wiraber
„ſollen mit den Engeln Chor halten. Wenn hits
„gegen der Seib ſich fo ſchaͤndlich anftellet, wie viel⸗
„mehr wird Die Seele dadurch geſchaͤndet. Alfo
„tanzen die Teufel; alfo werden die Diener der
„Teufel betrogenb). Die Zucht ift da unficher,
„und die Verführung fehr zu beforgen, wo endlic)
„per Tanz die andern Wohllüfte befchleuft. Da-
„von wünfche ich allen Jungfrauen Gottes, daß
„fie ferne feyn mögen. Denn wie aud) ein heyd⸗
„nifcher Lehrer gejagt Bat: Es tanzet niemand
„nüchtern, wenn er nicht rafend ift. Wenn nun
„aud) nad) dev Weisheit dieſer Weltdie Völlerey
„ein Urſprung des Tanzens ift, oder auchdie Nas
„teren, was follte wol nicht durch die Exempel der
„9. Schrift. verboten feyn c)? Die Menfchen
„haben das Tanzen von denen Teufeln gelernet
Alſo, wenn auch verlarvtePerfonen auf die Schau⸗
„bühnetreten, brauchen fie auch ſolche Teufels⸗
„larven da ſie bald wie die Furien tanzen, bald in
Bewegung ihrer Glieder die unzuͤchtigſten Stel⸗
„lungen machen , bald gar den Teufel ſelbſt praͤ⸗
„ientiren d). Es follgar niemand tanzen, weder
Jungfrauen noch Eheleute, noch andere. Denn
„toozu it das Tanzen nötdig? Bey dem Gößens
„dienſt der Heyden gefchehen wol Tänze, aber bey
„ung foll es ftille, ehrbar, züchtig und befcheiden
„zugehen. Drum foll aud) Fein Tänzer bey einer
„Mahlzeit oder Hochzeit feyn e). A
5. Inſonderheit fteflten fie ven Ihrigen oft das
Erempelder Herodias a 1 fich
nicht allein mit dem Mord Johannis, fondern auch
mit dem Tanz ſchwerlich verfündiget habe, “Es
„it eine doppelte Sünde, (fagt einer davon, ) weil
„fie nicht allein unverfehämt getanzet hat, fondern
„auch dermaffen dem Herodi gefallen, daß fie den
„Tod
Lect. e. 3. Alex. ab Ale-
c. 15. et 37. ete. b) Chry-
" feflomus hom. 48. in Matth. «) Anbro/. ſib. III. de Virgin. d) Baſilius M. in Iefai. XIV. 13.21. ©) Chryfof.
€
hom. de Pentec.
;
*
gen
a Be I»
Pa
6. Cap. Don ihrem Abſcheu von allen Leppigkeiten, Tänzea, Schaufpielen x.
„Tod Johannis zum sohn befam,. Dazu er die-
—— Hoͤret das, ihr Jungfrauen und Vereh⸗
Ichten, die ihr auf den Hochzeiten euch ungeberdig
„itellet, und euch nicht ſcheut zu tanzen und zu huͤ⸗
„pfen, und das weibliche Geſchlecht zu veruneh⸗
„teny,F). And ein anderer ziehet dieſes heraus :
„Johannes, der Durch der Tanzerin Ausfpruch er-
„roürget worden,dienetzum Erempel, daß das ver-
„führifche Tanzen mehr gefchadet habe, als die
gottloſe Unfinnigfeit der andern, Und was fann
„auch da vor mfeyn , woman tanzet, fprin-
„get und turniret, ).Ueberdis ftellten fie auch
die Ere s dem Alten Teftament vor, damit
fie die, Teftament leben wollten, von ihrer
doppelten Schuldigfeit überzeugen möchten. -Da,
jum@rempel, von der Hochzeit Iſaaes angemerfet
ward, eswäreda feine Mufic, Fein Tanz geweſen.
„Bedenket doch, (hieſſe es,) wieda gar nichts über:
„flüßiges und unnuͤtzes war. Da war feine folche
„teufeltfche Leppigfeit, feine Mufic,Fein Tanz, Fein
„Freſſen und Saufen, fondern lauter Zucht,
„Weisheit und Befcheidenbeit,,h). Ingleichen
von der Hochzeit Jacobs: “Hörer dieſes, die ihr
„ſolche fütanifche Ueppigkeiten hoch haltet, und die
„ehrbaren Hochzeiten ſchaͤndet. Hatten fie damals
„wol Pfeifen und Geigen? Waren wol teufelis
„che Tänze dabey )7
6. Man wehrete aber dem Tanzen nicht allein mit
Worten, fondern auch mit öffentlihem Verbot
und genauer Kirchenzucht, fo lange nemlic) diefe
noch von rechtfchaffenen Lehrern unterhalten wur:
de, Auguſtinus beruffet ſich Fr aufdas Ge⸗
wiſſen aller zu feiner Zeit, und fpriche : “Es ift ja
„allen befannt, daß die ſchaͤndlichen Tänze von de:
„nen Auffehern der Gange verboten feyn,,. Wo:
„bey er aud) diefesvon denen Donatiften gefteher,
„daß fie fich wol lieber verbrennen und von wilden
FThieren zerreiffen lieffen, alsdaß fie tanzten,,k).
Unter denen Rirchengefegen ift fonderlichdas Ber:
bot des Saodicenifchen Coneilü berühmt, welches
alfo lauter: *Die Ehriften follen nicht auf denen
„Hochzeiten fich ungeberdig bezeigen, (BuAN Lew)
„oder tanzen, fondern zlichtig Beifen, wie denen
„Ehriften zuftchet,,1). Ferner Haben eben diefes
ernftlich verboten das Concilium zu Agatha, wel:
55 2 5
DuChryff-hom. 49. in Matth. g) Ambrof.l.e. h) Chryffl,hom.48.inGen. i) Ibid.l.c.
N‘
547
ches fonderlich “denen Aelteften und allen Kirchen:
„oienern anbefoblen, dem Tanz nicht einmal zuzu-
„fehen,m). Wobey ein Theologus wohl erinnert,
daß die Evangelifchen dergleichen auch fein ver
bieten möchten n). Micht weniger thaten es die
Lehrer in Africa, und fonderlic) verdammeten fie
die [händlichen heydnifchen Tänze, dabey viel Un:
zucht vorgienge 0). Auch findet man in einem al-
ten Fragmente eines andern Spnodi dieſe Ver—
ordnung des Laodicenifchen wiederbolet p). Indeſ⸗
fen, als der Chriſtliche Eifer nach und nach _ver-
ſchwand, begunte man dieſe Zucht nur auf die
Lehrer —— ‚ den andern aber bey dem
allgemeinen Verderbniß allen Muthwillen zu ge:
ftatten: wie alfo in einer Berfammlung nur al
lein denen Aelteften verboten ward, bey den Gaft-
geboten zu fingen oder zu tanzen q).
7. Db nun mol, befagter maffen, die Zucht der
alten Chriſten nach und nach ſehr geſchwaͤchet wur-
de; fo funden fich doch ſehr viel rechtfchaffene Her-
zen, welche unter andern auch diefen Greuel nicht
leiden fonnten. Denn fie bewiefen nachdrücklich,
daß man weder auf Hochzeiten noch fonft, ohne
Verletzung der Gottſeligkeit, tanzen fünnter). Son»
derlich befunden fie dieſes nöthig, als die Ueppig-
feit an denen Fefttagen und andern Solennitäten
ſehr überhand nehmen wollte. Dahin gehören
diefe Verbote, als, des dritten Toletanifihen Con»
cilii: "Es muß diefe gottlofe Gewohnheit durchaus
„abgefchaffet werden, welche der gemeine Mann
„an denen Feſttagen hält, da fie fchandliche Tänze
„und tieder haben, s). Ingleichen des Carthagi:
nenfifchen, welches wir fchon gefehen,, und anderer.
Ueberdis auch die Erinnerungen treuer Lehrer:
„eaflet unsdie Fefttage ehren, nicht aber weltlich,
„fondern geiftlich, nicht auf heydniſche Weife, fone
„dern Epriftlichz nicht, daß wir tanzen, oder mie
„pfeifen und Geigen uns zu Narren machen t)»
„saflet unsdie Fefte nicht befudeln mit ſchandbaren
„Worten oder Voͤllerey. Tanzet und fpringer
„nicht aufjüdifche Weife, fondern preifer den Herrn
„nach der Apoftel Art,u). Dergleichen mären
vielmehr anzufüßren, fowol von denen Vermah—
nungen der Auffeher in den Gemeinen , als auch
von denen Öefegen der Obrigkeit, die ſolchen Unfug
ernftlich-unterfaget und aufgehoben x), *
8.0a
k) Lib. III.
nt. Parmen.c.vlt. 1) Can.53. m) Can.39. n) Ofiander ad c. 27. Laodic. Cent. V. Hift. Eccl. lib. I. c. 4t-
O) Can. 63.in Codice Can. Eecl. Afric.
p) Lerdenſis apud Labbeum ad Coffartium Tom.III.Conc.p.gr2. q )
Concil. Antifiodorenfe can. 40. Add. Photius Nomo-Can.tit. XIII. cap. megl TE un Daran y SET
Ev yaaıs.
Burchardus Wormatienfis lib. 10. c. 59.
Vid, fummatim Pesrws
u. '
r) Rabanus Maurusde Nupt.Confang.c.26. s) Can. 23. add. Cabillonen/. 1. c. 18. et omnino
t) EphramSyrus Ser. de Teft.
Gregerius Tholofannslib. XXXV.Syntagın. Iur. c. 6.
u) Aferiushom.3. inPLV. x)
ei; *
—
EN *
348
8. Da ließ man keine Entſchuldigung, Bedin⸗
gung oder Einſchraͤnkung gelten, welche etwa
wohlluͤſtige Leute machen wollten. Nachdem ein:
mal diefe Eitelfeiten alle in den Augen der wahren
Nachfolger des Kreuzes CHrifti als beydnifche
Greuel ausfahen, denndie Heyden, und bey ihnen
der Satan mit feiner Verführung, warender Ur:
fprung derfelben: Daher fie auch deswegen unter
andern auf die Ehriftliche Lehre erbittert wurden,
weil fie alle (vermeynten) $uftbarfeiten und Er-
göglichkeiten aufgebaben wiffen wollte, und dahe⸗
vo gieng es unter ihnen an ein Laͤſtern und Schel-
ten auf die Ehriften: Es wären lauter Unmen-
fehen, Sauertöpfe, leutfcheue, eigenfinnige Köpfe,
die die Welt reformiren und etwas neues machen
wollten. Siegönnetenniemand eine Necreation:
Wer nicht mit ifnen ven Kopf hienge, fauer ausfa-
he, und fich nicht aller Juftentzöge, der würde vor
gottlos von ihnen gehalten. Lieſſe man die Leute
alfo frey fortfahren, fo würde in kurzem die ganze
Welt nichts mehr von Schaufpielen, Tanzen,
WMafqueraden und andern Exercitien mehr
miffen. Diefes haben wir nicht allein ausden er:
ften Berantwortungen der Chriſten ſchon erſehen,
fondern auch aus denen Klagen und Forderun-
gen, die fie noch hernach taten, als ihrer unter
der äufferlichen Macht der Chriſten fehr wenig,und
ihre Gewalt ganz zunichte worden war. Dabe-
ſchwerten fie ſich dennoch alfo: “Man laffe doc)
„die Eoftbaren Gaftereyen noch zu, damit jeder:
„mann, wo er nur will und kann, frey trinken,
„eflen und fpielen dürfe, warum mill man nicht
„überall die Tänze zulaffen, und die Schaubüß-
„nen noch voller $uftigfeit und Gefchreyes laſſen
„ftehen? a, der fey vielmehr ein Feind des ge-
„meinen Mefens, dem diefe Gluͤckſeligkeit nicht
„anftehen will! Wer fie ändern oder gar aufheben
„will, den mag der freye Pöbel nicht hören, er
„fol aus feiner Wohnung getrieben werden, und
„gar ums geben fommen! Diejenigen wollen wir
„vor wahre Götter haften, welche dieſe Gluͤckſelig⸗
„‚Feit uns verfchaffen und erhalten helfeny).
9. So greulich lieſſen ſich diefe_ Liebhaber des
2 anzens und anderer Greuel der Heyden verneh⸗
men, womit fie zugleich offenbarten , wie feft ihre
arme Herzen an folchen nichtigen Tand gebunden
und gefeffelt ſeyn müßten. Gleichwie auch Dieje-
> nigen unter den fogenannten Chriſten ihre Weltlie⸗
be und fleiſchlichen Stun gar ſehr entdeckten, wenn
fie noch bey dem Verfall ſolche Sachen beſchoͤnen
4. B. Von den Pflichten und Derbalten der erften Ebriften gegen fich Kloft.
wollten, ungeacht ſie ſowol, als die eiferigen Chri⸗
ften, für rechtfchaffene Nachfolger EHrifti wollten
angefehen feyn. Aber, wie verriethen fie nicht
ihres Herzens Grund, wenn fie, zum Exempel,
Davids freudigen und geiftlichen Tanz vorſchuͤtz⸗
ten; nicht anders, als diejenigen ‚jmelche etwa die
Schaufpiele noch) beliebten, und zum Beweis,
daß fie vecht wären, anführten den Wagen Iſrae⸗
lis, Eliam, item Davids Harfen, Pfeifen und
Sänger; ja, was noch ſchrecklicher war, Paulum
ſelbſt zum Exempel anzogen, der mit den Feinden
gekaͤmpfet habe. “Warum (fprachen ſie,) ſollte
„denn ein Chriſte dasjenige nicht an hen dürfen,
„was die Heil. Schrift gleichwol aufnefehrieben
„hat,a)? Als wenn nemlich es zu Befriedigung
eines Gemiffens genug wäre, bier und dar etliche
Worte aus der Schrift heraus nehmen, und das
mit eine offenbare verbotene Sünde befchönen, es
mögen fic) nun diefelben daraufreimen oder nicht,
Was folche Gewillen waren, die einen rechten gu⸗
ten Grund aufs Zukünftige legen, und fich von
der Welt unbeflecit behalten wollten, die fpielten
nicht alfo mit ihrem Chriſtenthum, als worinnen
fie einen geoffen Ernft brauchten. “Es ift aber
„Wunder, (ſchreibet ein verftändiger und gelehr⸗
ter Mann hiebey,) daß ſolche Leute nicht auch Jo⸗
annem vor ſich zum Muſter anführen, da er in
Mutterleibe vor Freuden hüpfete,,b). Denn ſie
koͤnnten eben auf die Art dieſes dahin ziehen, als
fie Davids Exempel fo fleiſchlich anſehen. Da doch
dieſes vom H. Geiſt in ſeinen wahrhaftigen Woh⸗
nungen erregte Huͤpfen und Springen, dieſes freudi=
ge Tanzen der Heiligen fo wenig mit dem fleiſchlichen
wohlluͤſtigen Welttanz ſich vergleichen und ver—
mengen laffet, als Eiſen und Thon einerley werden
koͤnnen. Ein gleicheres&rempel aber Fönnendie
Weltleute finden an dent Tyfraeliten, (welches ja
auchausder Schrift genommen hieffe,)die von dem
Effen zum Spielenund Tanzen aufftunden, 28,
Mof. 32, 6. oder für die Sranzöfifche Taͤnze des
Frauenzimmers ſchickte fic) vielleicht das Exempel
der Herodiag,von welcher wir bereitsdie Meynung
der Alten gehöret haben.
10. Einige Berftändige fahen doch auch unter
dem größten Verderb des Chriſtenthums diefen
Greuel nod) fo ein, Daß fie aud) die Strafe des
Banns darauf feßten, wie fonderlich an Feſtta—
gen diefe heydniſche Gewohnheit gehalten wurde,
So ward nod) von einem Roͤmiſchen Pabft diefe
Ordnung gemacht: "Die Kirchendiener follen
. „die
y) Apııd Auguflinumlib. II. de Ciuit. Dei 6,20, a) Cyprianus lib. de Spectaculis initio, b) Tobias Pfanmerus
Obferw, Exsleß, PL ObL II. n 20,
“
*
tage, ©
„die Weiber und Männer ermahnen, welche in
„den Feſttagen zur Kirche fommen, daß fie nicht
„mit Tanzen und fchändlichem Liederfingen Ver⸗
„fammlungen anftellen, und nach-der heydniſchen
Weiſe Icben. Wenn fie aber nad) der Vermah—
„nung nicht abftehen, fo follen fie auf alle Weife
„von der Gemeinfchaft ausaefchloflen feyn,, ec).
Ein anderer achtete diefes fhlechterdinges dem |
Ehriſtenthum zumider: «Rein Ehrifte foll weder
„ben der Kirche, noch indenen Käufern, nod) auf
„oen Gaffen, noch an einem andern Dre Tänze,
„Spiele, oder andere teufelifche Ueppigkeiten an=
Zuſtellen fich unterfangen,, 4). And weil darin=
nen die Kirchendiener Fürbilde dev Heerde wer:
den müffen, fofollteman meynen, folche Perfonen
würden nimmermehr ſich zu folchen Findifchen
Tporheiten haben verführen laſſen, fondern ihrer
Gravität zum wenigiten gefihonet und dem ar:
men Bolf fein Aergerniß gegeben haben. Allein,
der Verderb bey Lehrern und Zuhörern war fo
groß, day auch hierinne nicht einmal natürliche
Ehrbarkeit mehr gehalten ward; wovon man ge
nug Klage und Verbote bey den alten Scribenten
aus der verfallenen Chriſtenheit finder. Ich will
mich aber damit nicht aufhalten: Die Gelehrten
können felbige beyfammen in einem herrlichen
Buche finden, das ein befannter Mann von Dee
nen Biſchoͤffen gefchrieben bat e). Wiewol ein
anderer noch neulich darüber klaget, “daß auch
„noch diejenigen, welche folche Eitelfeiten verbin-
„dern follten, diefelbe mit größtem Eifer verthei-
„digen wollen. So gar feyn fie von denen gort-
„feligen Alten nicht allein nad) den Zeiten und
„Oertern, fondern auch nach dem Herzen und Eit:
„ten unterfchieden,. ie vermennte Höflichkeit,
oder vielmehrUeppigkeit eit, koͤnne die Ernft-
—— der alten Chr icht vertragen.
ba
eiten,, da etwa Die Stage entitanden , ob ein
Ahreri er tanzen dürfe, mir Händen und Füffen
gleichham Ya dazu gefagt f), And folche werden
wol von der Welt vor Feine Donatiften gehalten,
als deren tehrer fich lieber verbrennen oder zer:
reiſſen hätten laffen, als daß fie einmal getanzet
Er.
e felber Geiftliche geſehen, weiche auf Hoch»
6. Cap. Don ihrem Abſcheu vor allen Lleppigfeiten, Tänzen und dergleichen. 549
hätten ; wie ihr MWiderfacher ſelbſt befennet 2).
Davon aber im 8. Buch ein mehrers,
ı1. Den Bortbeil, welchen das Reich des Sa:
tans hierbey machet, haben uns die oben angejos
genen alten Ehriften deutlich dargelegt, da fie es
gemeiniglich teuflifebe Tänze, fatanifcbe ep:
pigfeiten und dergleichen nennen. Hingegen
war ihnen der Schade, welchen die armen See:
len Bierbey unvermerkt leiden, noch viel klaͤrer,
als wir ebenfalls aus ihren Worten erkannt haben,
Denn diefes ift gewiß, daß denen Akt: pe
Kindern GOttes zwar folche Dinge nicht ſchaden
fonnen: Denn fie lieben und tbun fie nicht. Alfo
bleibet denn nur die Frage von Weltfindern , von
ungereinigten und unbefehrten Herzen. Ben fols
chen aber hielte man es fchlechterdings vor un—
möglich, daß die Keufchheit und Zucht des Her—
zens (mill nicht fagen des Leibes,) bey dergleichen
erhißten Bewegungen der Männer und Weiber
unter einander unverlegt bleiben koͤnnte. Wir
haben oben bey ihrer Keufchheit gehört, wie ernſt⸗
lich fie auch ven Ehebruch des Herzens nad) Chris
fti ausdrücklichen Worten gefcheuet, Matth. 5, 28.
Und diefen Fonnten fie von ſolchen Reizungen der
Wopllüfte nicht trennen,noch die Taͤnze anders anfe=
ben, als die nächften Gelegenheiten , nicht allein zu
der Unreinigkeit des Herzens, fondern auch zur leib⸗
lichen Schande. Dieſe augenfheinliche Gefahr
der Seelen noch zu billigen, zu entfchuldigen oder
gar zu vertheidigen , hätte fie niemand mit der groͤß⸗
ten Marter bewogen. Ihnen war vielmehr der
enge und female Weg ftets vor Augen, ven Chri—
ftus zum Leben gezeiget hatte, darauf fichs ganz
nicht tanzen und fpringen lieffe. Matth. 7, 13. Alſo
bewahrte fie die gute Hand ihres GOttes vor allen
gefährlichen&tricken des Teufels und der Welt, daß
fie weder fichnoch andre ins Berderben zogen. Wels
ches denn auch gottfelige und gewiſſenhafte Theologe
wohl erfennen , und deswegen das weltliche Tanzen
vor undriftlich und unzuläßig achten h); oder zum
wenigſten die Mennungen der alten Chriften hievon
vor aut und verftändig befennen , in Anfehung des
Mipbrauchs, welcher aber bey einer unchriftlichen
Sache noch weniger einen Gebrauch zulaͤſſet i)-
335 3 12. Bon
&) Inter Capitula Sergii P. R. in Vita eis Caralogus Tefl. Verir. lib. X. d) Pirminius Abbas in Excerptis de
S. Seriptura apud Dufre/jnium Glofl. Latin. Append p. 26. 0) Zieglerss de Epife. comment. lib. III. c, 18.
f) Pfannerus I. c.
g) Augufinus lib. 11}. cont. Parmen. c. vit.
Ih) Vid. Melch. Ambachius in Confutatione
Jac. Razii de Saltat. ap. Serkendorfum Hißtor. Lutheran. Schol. V. Henricus Müller ungerath. Ehe p. 461. feq
Didacus Stella Contemt. Vanit. Mundi p. 206. fegq. Rangins Comm. in Exod. p. 552 et1046. Perrus Mar 14
Claft: U. Loc. Comm. p. 174. Aretius P. IL. Problem. Meol p. 90%. Ich. Calninus Ep.p 446. Ich. Lafrius
de Ecclef. Difcipl. Frat. Boh. c. XXM. n. 6. et ibi nominatus Iıber fingularis Ich. Turmoxir de Clare Fr
mannus Prax. Virt. p. 714. fegq. Niderus ad X. Præc. p 453. Auctor lib. Germani Eifelfeit und Ewigkeit: no-
wiflime Zoh. Bapt. Thiers de Lud. et Recreat. c. 25.
brandus de Nupt, Vet, Chrift, Cap. de Choreis,
92
et alii pluximi, inprimis Practici Scriptores, i) Hildes
559
12. Bon den übrigen Arten der verfeßrten Welt:
freude werden wir eben diefesuirtheilder erſten Chri⸗ fr
ftenheit finden, wie ic) nur zur Probe von denen
Schaufpielen, Operen, Comödien, Aufzuͤgen,
unandern mit fehr wenigen zeigen will. Ehe ich aber
fortfaßre, ift der Leſer aus des teuren Märfyrers
Cypriani Tractat, fo ereben wider die Schau:
fpiele gefchrieben,, zu erinnern, daß er in folchen
Dingen , die dem Fleiſch angenehm find, fich weder
durch Unmiffenheit noch Verftellung verfündige,
wo er anders wahrhaftig jemals zu GOtt genahet
ift. Denn von andern iſt bekannt, wie hart fie über
ſolchen Eitelfeiten halten. Indem (miediefer Mann
fagt,) “die Gewalt der Lüfte fo groß iſt, Daß fiedie
„Unmiffenbeit zu einer Gelegenheit vorfehügen, und
„ihr Gewiſſen lieber verlegen, als fie fahren laffen
„wollen, Dahero bierinnedie Furcht des allfehen-
den HErrn und ein demuͤthiger Gehorſam des Glau⸗
bens deſto noͤthiger ſeyn will, die Hohe der Vernunft
in ſolchen böfen Werfen unter die Einfalt und Lau⸗
terfeit JEſu Chriſti und feiner Lehre zu bringen.
Bon mir aber wolle der Leſer verfichere feyn, daß
ich nicht anders in diefen und andern Sachen be-
richte und fehreibe, als tie ich es in den Worten
und Prari der erften Ehriften gefunden. Wie fie
auch ale hierinne völlig übereinftimmen, und ei»
nen fo groffen Eifer, als fonft faft wider Feine äuf-
ferliche Mißbräuche bezeigen, Daß alfo hierbei
nicht darauf gefehen werden muß, mas etwa noch
unter. denen Namenchriften gefchieher, und mol
öffentlich ohne Scheu und Beftrafung, als was
von Rechts wegen nad) GOttes Wort und der
erften Chriften Erempel gefchehen foll und muß,
13. Ich finde aber fonderlic) in denen Verant-
wortungen der erſten Chriſten, daß fie ihre Mey-
nung von der Abfcheulichkeit der Heydnifchen Spie-
fe der Obrigkeit felbft, welche fie hegte, unter Au—
gen gefaget haben. Geftalt Tertullianus ihnen
vorhält, daß die vernünftigen Heyden vor dieſem
„die öffentliche Schaupläße eingeriffen Haben,
„weil man viel seichtfertigfeit darauf getrie—
„benz, k). Und andersimo fchreibt er: Wir ent:
„fagen euren Schaufpielen, weil wir mit ihrem
„Urfprunge nichts mehr zu thun haben wollen, als
„die mir wiffen, daß fie vom Unglauben herfom-
„men find. Wir wollen auch mit denen Din-
„gen, davon fie handeln, uns nicht verwirren.
„Bir mögen weder reden, fehen, noch hören von
„eurer vafenden Rennbahne, von euren unfeu-
„fchen Schaufpielen, von euren mörderifchen
Fechtuͤbungen, von euren eiteln Exercitiens—
k) Tertullianus Apol. c. 6.
1) Ibid. c. 38. m) Athenagoras Apol. ſine.
0) Tertullianus in fine lib, de Hab, Mul. p) Clemens Alexandrinus lib,
an + lee —
ee |
4.3. Don den Pflichten und Derhalten der erften Ehriften gegen fich ſelbſt.
„plagen, 1). Und ein anderer fchreibet eben fo
ey an die Liebhaber diefer Thorheiten : Wir
„halten von euren Schaufpielen diefes, daß Fein
„groffer Unterfcheid ſey, ob einer nur einer Mord-
„that zuſchaue, oder felbft fie begehe, Wir aber
„find von euren Schaufpielen ga ewandt.
„Und wie ſollten wir alſo einen Mord begehen
„koͤnnen, die wir keinem zuſehen duͤrfen, damit
„wir nicht foldyer Sünde theilhaftig werden,, m)?
Da er fonderlich die Befchuldigungen der Mord:
thaten von den Chriſten ablehnet, weil fie nem=
li in fein Theatrum kaͤmen. Noch einer ants
wortete gar freudig auf den Vorwurf eines Hey⸗
den, der es den Chriſten vor eine Singularität
auslegte, weil fie in Feine Comödie oder andere
Luſtbarkeit kamen: "Wir (ſprach er,) werden nur
„nach unferm Leben und züchtigen Wandel geurz
„theilet, und enthalten uns mit Recht eurer böfen
„Wohlluͤſte, Ueppigfeit und Schaufpiele , deren
— Relzungen wir gaͤnzlich verdam⸗
„men n). |
14. Unter ſich felbft waren fie eben diefes Sins
nes, alfo, daß fie einander vor aller Reizung und
Verführung der Welt treulich warneten, aud)
wol in ganzen Büchern, indem fie doch mitten un:
„ter den Gottloſen wohnen müffen , die fie bald mit
Wſt, bald mit Furcht und Zwang zugleicherfeicht»
fertigfeit bringen wollten, Davon will ich nur
die fürnehmften Stellen erwehnen, foferne fieden
ganzen Sinn der Alten ausdrücken. “Ein Chri⸗
Iſte foll Feine $uft Haben an dem unfinnigen Ren⸗
„nen, noch an dem graufamen Fechten, nod) an
„pen fchändlichen Comoͤdien o). Mann Fann
„nicht unfügtich die Rennbahnen und Theatra den
„ſchaͤndlichen Stuhl nennen: die Berfammfung,
„die da gefchicher, = an und verdammer.
„Denn diefe Zuſamme nfte find voller Bosheit
„und Schande, Die Gelegenheit derfelben ift ei-
„ne Urſache der Unzucht, da die Weiber und Män:
„ner ohne Unterfcheid zufammen fommen, daß
„eins das andere anfehe. Indem die Augen geil
„find, werden Die Begierden erhitzet, und weil ſie
„zeit und Weile haben, fo wachen fie zuſehens.
„Darum foll man die Schaufpiele und Como»
„dien verbieten, welche von Bosheit, fehandbaren
„und eitelen vergeblichen Worten angefüllet find,
„Denn welche fchändliche That wird nicht auf
„denen Schaubühnen öffentlich gezeiget ? Welche
„unverfchämte Worte ftoffen die Stocknarren
„und Comödianten danicht aus, wenn fie ein Ge—
„lächter machen p)? Weil wir nun von aller Un—
„ucht
n) Odtauius ap. Minutium Fel. p. 304.
er IL, rl
ei
6. Cap. Von ihrem Abſcheu vor allen Ueppigkeiten, Tänzen und deraleichen.
„zucht ferne fenn follen, fo werden wir auch von de⸗
* Theatris —— welche eine Verſamm⸗
„ung, und gleichſam ein Conſiſtorium der Un—
"eeutchheit find, da man nichts vor gut erfennt,
„als was anderswo nicht gut iſt. Die höchfte
„Annchmlichfeit iſt darinnen vonder höchften Un-
„fläteren zubereitet, da die Comödianten aller-
„Hand Greuelpräfentiven, und die Weibsperfonen
„fich nicht einmal ſchaͤmen, janod) cher zu Haufe,
„als in dem Comödienhaus roth werden. Die
„unzüchtigften Perfonen, die von Kindheit fich
„dazu geuͤbet, werden da aufgefüßrer, und man
„tobt fie noch dazu überall. a aefchweigen von
„andern Dingen, welche im Sinftern und Hölen
„verborgen bleiben follten, damit fie nicht viel:
nieicht das Tageslicht verunreinigten. O daß fich
„doch die Obrigkeit ſchaͤmete! O daß alle Stän-
„de fich folcher Dinge wegen fcheuen möchten !
„Werden doch die unverfhämteften Huren vor
„den Leuten einmal roth. Wenn disalles bey uns
„vor ein unverfchämtes Wefen gehalten wird,
„warum follte man denn folchen Dingen zubören
„dürfen, was man nicht ausfprechen darf? Da
„wir auch wiſſen, daß alle unnüge Worte und
„Narrentheidungen von GOtt gerichtet follen wer:
„den, warum follge man denen Saden zuſehen
„Dürfen, die man doch ohne groſſe Suͤnde nicht thun
kann ? Warum ſollte das nicht den Menſchen eben
„fewol gemein machen, was man durch Augen
„und Ohren ins Herz läflet, alsdas, was mit dem
„Mund geredet wird? Da doch die Augen und
„Ohren dem Geift I" Dienfte ftehen, „der denn
„nicht rein bleiben kann, wenn feine Aufwaͤrter
„unrein werden q) ·
uchteten Chriften
die herrlichſten ihren Erinnerun⸗
gen, und ftellten die E nachdrücklich vor,
daß auch Feiner, der nurdas natürliche Sicht brau=
chen wollte, mit einigem Schein widerfprechen
mochte. Wie ich hievon nur noch etliche wenige
- Stellen fegen will, deren fait unzählige gefunden
werden. So fihreiben nun die flugen und erleuch-
teten Lehrer: «Die Schaufpiele find ſehr mächtig
„die Herzen zu verfehren, und deswegen muß fie
„ein na Menfch meiden, weil fie nur erfun-
„den worden find zur Ehre der heydnifchen Göt:
„ter, Wer da num zufiehet oder dabey ift, der
„bat das Anſehen, als wenn er den wahren Got:
15. Dergeftalt
—
5
„tesdienſt verlaſſen, und die heydniſche Gewohnhei⸗
„ten angenommen babe. Auf den Theatris ſchwa⸗
tzen fie ja in Comoͤdien von Unzucht, von ſchaͤnd⸗
„licher tiebe, in den Tragodien von Blutſchande
„und Mordthaten. Die jungen Leute, die in ih—
„rem fchlüpferigen Alter follten gezaͤhmet und wohl
„regieret werden, fehen diefen Greueln allen zu,
„und werden zu allen Schanden und Saftern durch
„ſolche Bilder unterwiefen r). Wem die Sünde
„der Schaufpiele noch geringe feheinen möchte,
„derdenfedoch, daß dabey feine Luft, fondern der
„bittere Todfey. Denn was heißt es anders, als
„in feinen Tod rennen, wenn man den Urfprung
„des Lebens verliert (die Gnade GOttes)? Die
„Henden irreten noch mit geringerer Verantwor⸗
„tung, weil fie doch feinen Bund mit GOtt ver-
„letzen, ob fie gleich alles in Unreinigkeit anfehen.
„Aber was wollen wir Ehriften wol davon ante
„worten? Wir haben unfer Glaubensbefenntniß,
„und gleichwol ftößt mans damit um. Wo ijt
„da.unfer Chriſtenthum, wenn wir nur deswegen
„GoOtt angeloben, damit wir defto mehr fündi-
„gen mögen? Wenn wir die Spiele den Vers
mann vor GOtt vorziehen, und Theatra
„in Ehren haltens), Demnach find die Schau:
»fpiele, Rennebahnen, und andere fchändliche
„Augenluſt, dadurch einer, der zu Sünden Luſt
„hat, entweder zur Anzucht oder Diebftahl oder
„andern Laſtern folgends recht angefenert wirdt).
» Denn gefeßt, daß einer oder der andere Alters
„oder anderer Urfachen halben nicht mehr gefchift
„wäre, fo wird doch dabey feine böfe $uft wieder
»erwecket. Da fichet man aufden Theatris, was
„bald Schmerzen, bald Scham erwecken kann.
„In den Tragödien werden die alten Greuelthaten
„erzehlet, Damit man in den folgenden Zeiten niche
„vergeſſe, was etwa vor diefem begangen ift.,, Dar
„durch wird jedermann ermaßnet,es koͤnne noch ge=
„ſchehen, was ſchon gefchehen fey. Und alfo werden
„die Dingenoch zu Exempeln gemacht, die vorlangft
„nicht mehr Suͤnden ſeyn. Man freuet ſich da, an
„den Comoͤdianten zu ſehen, was man ſehon heimlich
„gethan hat, oder zu lernen, was man thun ſolle und
„koͤnne. Man lernetda den Ehebruch, weilman
„ihn fieher, und eine Matron, die etwa als
„eeufch in die Comodie kommen war, gehet vol:
„ter fehändlicher Lüfte wiederum heraus, dadurch
„öffentliche Autorität folche Gedanken gleichfam
„eingeblafen worden u).
16. Sons
9) Tertullianns de Spe&tacul.c.ı7. Add. Theophilum lib. III. ad Autolyc. p.129. r) Zadantins lib. VI. Inſſit.
«.26. et Epit. c.6. Saluianus lib. VJ. de Gubern, Dei p.aiı. t) Origezes lib. VIIL in Rom. c. IV, u)
Cyprianns Epift. I.
552
15. Sonderlich drungen fie num fehr darauf
mit Eräftigen Ermahnungen, daß doc) die
Chriſten ſich in Feinerley Weife verführen lieſſen,
und nicht einmal in dem gerinaften fich folcher
Greuel theilbaftig machten. “Bas follte (Hieſſe
„es,) ein Chriſte dabey machen, der nicht einmal
„an die gafter gedenken darf? Bas follte er ſich an
„ven Abbildungen der Unzuche beluftigen, Daß er
„era feine Schambaftigteit ablegte und zu den
„Sünden verwegen würde? Gewißlich, er wurde es
„fernen mitmachen, was er vorftellen fähe. Alfo
muͤſſen gläubige Chriſten ſolche eitele, verderb⸗
„liche und gotteslaͤſterliche Schauſpiele meiden,
„und Xugen und Ohren davor bewahren, teil
„man ſich Teiche an die Sünde gewöhnen Fann,
„was man höret x). Weberdis bringet nichtsdas
„Wort GHttes mehr in Verachtung, als wenn
„man die Schaufpiele lieber. Darum fey ein je⸗
„Der treulich vermahnet, daß Feiner, der die goͤtt⸗
„liche Lehre empfänget, und Die Geheimniffe mit
sußt, zu folchen Spielen gehe, und alfo Die
er Bekeimnif mit den £eufelifchen ver
„menge y). Se fiharf, aber gewißlich nad) der
Wahrheit und nad) dem Sinn des Heil. Geiſtes
vedeten fie von dieſen Dingen, die Die Welt ganz
indiffevent und zulaßig hält. Da gleichwol GOtt
und der Satan unmoͤglich in einem Herzen bey⸗
ammen wohnen Eönnen, und folche Zeitverderb-
An dafür ver HErr JEſus Rechenſchaft for⸗
dern wied, auch nach einem jeden unnuͤtzen Wor—
te, mit dem wahren Glauben, und alfo der goͤttli⸗
chen Innwohnung, fehlechterdinges niche beftehen
koͤnnen. Dahero en ——
jele des Teufels, darauf einer von ſeine
Ken Gewiſſen genaget und alle Wohlluft bitter
gemachet werde 2).
17. Weber diefe Fräftige Beweisthuͤmer fuͤhrten
ſie noch dieſen nicht weniger guͤltigen Grund an,
daß die Chriſten gleichwol bey ihrer Taufe abge⸗
faget hätten dem Teufel und allem feinem Weſen
und Werfen, und Tanz, oder Ueppigkeiten und
Gepränge. Mun finde ſich ja Diefes alles offen-
barlich bey denen Schaufpielen, davon allen ihr
eigen Gewiſſen zeugete: So breche derjenige un:
fehlbar den mit GH gemachten Bund, und er
gebe fich wiederum dem Satan , welcher fein We⸗
fen noch) fiebe und mitmache. “hr willet, (ſag⸗
„ten fie,) die ihr getauft ſeyd, mit was vor einem
„Bund ihr euc) Chriſto verpflichtet habt, was ihr
Ms
. k —
. B. Von den Pflichten und Verhalten der erſten Chriſten gegen ſich felbfh *
„ihm zugeſagt, was ihr mit ihm wegen der Wer«
„ee des Satans gefprochen, wie ihr ihm und feis
„nem Bund und feinen Engeln abgefagt habt a).
HNun gehören ja auch) hinzu die Theatra und die
„Schaufpiele b). Darummüffen wir weder mit
„Worten noch Werken, noch mit dem Geſicht ung
„deſſen theilhaftig machen, was wir einmal ver-
ſchworen haben: Und wie? Sollte man nicht
„das Giegel felbft gleichfam — und ver-
Ichwoͤren, wenn wir feinen Bund verleßen,?
Dabey fie ſich auf der Heyden eigene Meynung
beruffen, welche die Abfagung in der Taufe der
Epriften nicht anders veritunden, als daß nun
die Ehriften alle folche tuftbarfeiten der Weltver-
ſchwuͤren c). Und diefes erklärten fie ferner alfo:
„In denen Schaufpielen gefchiehet ein Abfall des
„Ölaubens von feinen Zeichen und, Geheimniffen,
„ja eine Todfünde. Denn mas befennet man
„juerft in der Taufe anders, als daß man bezeu-
„get, man entfage dem Teufel und jeinem Pomp,
„und feinen Schaufpielen und Werfen? Dare
„um fo find nun diefe Schaufpiele, nad) unferer
„eigenen Bekenntniß, Werfe des Teufels. Wie
kannſt mein Chriſte, nach der Taufe
„noch de ien nachgehen, davon du beken⸗
left, daß es Teufelswerfe ſeyn? Du Baft ein
nal dem Teufel abgefo nd alfo mußt du mie
Wiſſen und Willen zunyZeufel wiederum gehen,
„wenn Du wiederum zufolchen Dingen dich wen⸗
„delt, .d). Wovon ein anderer, und zwar ein
heit. Märtyrer, nody genauer redet: Weil durch
„die Entfagung, Die der Chriſte dem böfen Geiſt
„gethan in der Taufe, a8 abgefchnicten iftz fo
„entfaget er alsdenn Chriſto, als dem Teufeliie-
„derum, wenn er nach CE wiederum zu den
„Schaufpielen des Zeig "Geher,,*). Daraus
fie weiter ſchloſſen, e ſolche Seele in Suͤn⸗
den todt und Der ehe ware f).
18. Es waren abet diefes nich leere Droh⸗
worte, dadurch man die $eute von folchen Eitels
feiten nur zuruͤcke halter, oder ihnen wehe thun
wollte, wie eg mol weltgefinnete Herzen aufzuneh⸗
men pflegen, fondern es war in der That nicht an⸗
ders. Man erfuhre es auch nicht felten wirklich,
daß der Satan feine Macht in folchen Dingen aͤuſ⸗
ferte, ob er gleich fonft auffer GOttes Zulaffung
gerne im Berborgenen fhleichet, und Durch heim⸗
liche Frege und Stricke unvermerft fein Reid) am
meiften ermeitert. So erzeblet ein glaubwürdiz
ger
x) Cyprian. lib. de Spe&tacul. yIchrmfof. hom. I. in Vidi Dominum. z) Idem hom. 69. in Matth. a) Chry.-
foR. Prolog. in Euang. Ioh. b) Idem hom. zı. ad
ns l. c. €) Cyprian. de Spedtac,
Antioch. c) Tertulianus de Spectac. c. 14. d) Saluia-
f) Salnianns l. c. Conf. Cyrillus Hierofolymitanus Myflag. Catech, p. 510.
en
—*
—
Be
um un —— — 7
6. Cap. Von ihrem Abſcheu vor allen Ueppigkeiten, Taͤnzen, und dergleichen
—— von einer Chriſtin, daß ſie zu ei⸗
nem Schauſpiel gegangen, aber dabey gleich
vom Teufel beſeſſen worden. Als man ihn
aber ausgetrieben, und gefragt, warum er in ei⸗
nen Chriſten fahren dürfen? habe er geantwor⸗
tet: Er habe getan. was recht geweſen wäre:
„Denn diefes Weib habe er auf feinem Eigenthum
„angetroffen, 2). Und weilnun diefe Wahrheit
ſo einen gewilfen Grund hatte, weigerte fic Fein
Glaubiger, ſie zuhören und zu lieben, fondern fie
wurden alle, fovielißrerdem H. Geiſt Plag lief-
fen, derfelben gehorfam, und verleugneten alle auf
einmaldiefe Öreuel, daß ſie in Feine folche Spiele
mebr famen, welches ihnen die Heyden auch alsei-
nen geoffen Uebelftand vormurfen h), Es geden-
Fer ein bekannter Mann von fich felbften, daß er
einjt auf die Thorheit folcher Dinge zureden kom⸗
men, und in Gegenwart anderer derfelben Nich-
tigkeit und ungereimtes Weſen insgemein vorge:
ſtellet abe. Diefes babe einer von feinen Freuns
den mit angehöret, (auf welchen jener aber nicht
gedacht batte,) und habe gemeynet, er richte feinen
Difcursaufißn: dadurch er allen folchen Spielen
dermaſſen feind worden, daß er fie auf ewig ver»
feugnet gehabt i), Und dergleichen trug m im»
mer zu unter dem rechten Chriſten, die nicht
mit dem Munde, fondern mit dem Herzen
weltlichen &üfte verleugneten, .
19. So mußten fie auch alle Enffehuldiguhgen,
.
553
„und das schen zu verachten , da ihnen die Reizun⸗
„gen deflelben abgefchnitten würden, weswegen
„ſie noch zu leben verlangen fönnen,. Darauf fie
abermal antivorteten: Wenn auch gleich dem fo
wäre, fo follten doch die Ungeborfamen eben deswe⸗
gen dieſem ſchoͤnen Nach folgen, und eben auch die
Welt alfo verfhmähen, damit fie auch gerne ſter⸗
ben möchten m). Ueberdis wurfen fieein: Waͤ⸗
ven doch diefes alles natürliche Dinge, die GOtt
gefchaffen hatte, und die man gar wohl brauchen
dürfte. Darauf ſie wohl antworteten, wiebierbey
kein Gebrauch der Gefchöpfe mehr zu finden fen,
fondern lauter Mißbrauch), Schande und Sünde,
dadurch der Schöpfer Hoch beleidiger, und feine
Greaturen vernichtet, geſchmaͤhet und ſchaͤndlich
mißbrauchet würden. Sa, die Menfchen felber
wollten aus Bosheit nicht alfo bleiben, wie fie
GOTT gefcyaffen und gebildet Babe, fondern
fielen von ihrem rechtmäßigen Urheber ab, und
verwandelten fich hingegen tn greuliche und milde
Deftien. Und fo begegneten fieauch denen, wel
che meynten, oder doch aufferlic) vorwendeten , eg
ſchade ihnen Diefes alles nichts, wenn fie gleich bey
allen Ueppigkeiten waͤren. "Wir fehens fo mit an,
„(ſprachen fie,) aber ohne Schaden,. Denen
be diefes geantivortet ward: *Soflteftdu nicht
die Schaden an deiner Seelen nehmen, daes Da-
„vid wiederfaßren ift ? Sollte idy nun deiner Kraft
diefes zutrauen? Leugneſt du noch, daß duin fol-
chen närrifchen Spielen verwundet werdet, da
und Ausflüchte wohlabzulehnen, die etwa von den „derjenige einen Pfeil gleichfam in fein Herz bes
Weltkindern n
Erempel, die He
Chriſten vorgaber
„Gottes nichtz im $
„man etwa den Auıger
„gung gönne. GOtt fees )
„wenn der Menfdyfich | iche, es ſey auch
„eben Feine Uebelthat, men man zu rechter Zeit
„und an feinem Ort, der Furcht und Ehre GOttes
„unbefchadet, fich ergöse,, k). Wider folche ſchein⸗
bare Einwürfe der Vernunft führten fie nun
gruͤndlich und mweitläuftig aus, und bewiefen uns
widertreiblich, daß foldhe Dinge durchaus nicht
„mit der wahren Religion überein kaͤmen und mit
„den wahren Gehorfam gegen GOtt, 1). Wie
derum bildeten die Heyden ihnen ein, “als wenn
„die Chriften deswegen zur Verachtung aller
Wohlluſt angeführt würden, damit fie defto hals⸗
„ftarriger feyn möchten, den Tod auszuftehen,
yet wurden , wenn, zum
oder die von ihnen verfüßr-
Es ſchade dem Dienſte
g) Tersull;
de fpedtac. c.26. h) Minutius Felix Octau.
„kommen bat, der fo eine groffe Gnade des Geiftes
„hatte? Du ficheft da auf dem Theatro zu, da
„auch der Dre felbit ſchon die Seele ftrafbar
„macht. Ja, du fieheft nicht allein zu, fondern hoͤ—
„reſt auch gottlofe Reden und ſchaͤndliche Gefän-
„ge. Dein Herzwirdaufallen Seiten da beftüe-
„met, Durch das Anſchauen mit dem, was du ſie⸗
„beit, durch das Ohr mit dem, mas du hoͤreſt.
„Und da fo viel Gefaͤhrlichkeiten find, wie ſollte ich
„glauben, daß du von den Biffen der wilden Be:
an frey feyn werdeft n)?
29. Darneben zeigte man folchen betragenen
Herzen ihren eigenen Zuftand an, wie elendund
jammervoll fie doch wären in allen ihren vermeyn⸗
ten Suftigkeiten. Davon auch einer aus der Er«-
ahrung reden konnte, wie er vor feiner Bekehrung
y dergleichen Eitelkeiten fo erbaͤrmlich gelebet,
und ſich dennoch dabey nicht einmal feiner ſeſbſt
Yaaa er⸗
i) Aucenuſtinus lib. VI. Confefl e. 7.K)VTer⸗
tmlianns de ſpectac. c. 1. ſeqq. h Id ibid. m) Cyprisnus lc. n) Chryſeſt. homil. in PL, 50,
*
— — — — ZZ —— ——— — — ————— — — —
554 4.8. Von den Pflichten und Verhalten der erſten Chriſten gegen ſich ferbft.
erbarmet. Mic) riffen gleihfam die thectrali-
„ſchen Schaufpiele zu fich, (faget er,) welche voll
„waren von den Abbildungen meines Elends, und
„von dem Zunder meines ſchandbaren Feuers.
Ich wollte da Mitleiden tragen, wenn ic) Tragö-
„oien fpielen fahe , und hätte doch felber dergleichen
„Elend nicht leiden mögen,,, u.f. w. da erdie Ei-
telfeic weitläuftig betrachtet 0). Wie denn ge⸗
wißlich die Nichtigkeiten und das Berderben diefer
Dinge fo groß ift, Daß fie auch Heyden erfannt, und
aufrichtig davon bekennen: “Es fey nichts ſchaͤdli⸗
„chers vor gute Sitten, als wenn man in einem
„Spielda fiße, alwo die Laſter durch die Wohlluſt
„fic) leichter einſchleichen. Man gehe immer gei-
iger, wohllüftiger, — grauſamer und
„unmenfchlicher aus den Comoͤdien, als man hin⸗
„ein Eommen,, p). Und dieſes meynten fie nicht
allein von dem graufamen Gefechte der heydniſchen
Spiele, da fo viel Menfchenblut vergoffen wur-
de in denen Amphitheatris, und fonft die abfcheu-
lichften Greuel getrieben wurden; fondern auc)
von allen andern Spielen, Comödien oder füge:
nannten Operen (Operibus carnis). Denn auch
diefe waren nicht fo gereiniget von allen TKorhei-
ten und unreinem Wefen, daß fie für Ehriftliche,
e
ften ihre Ergoͤtzlichkeit nicht auch mitmachen:
hoc) halten wollten: wie es insgemein geſchiehet,
daß die Welt das Ihrige gerne von allem aͤſtimi⸗
ret wiſſen will. Da fehrten fih nun die Kinder
GHrtes nicht an, fondern ſchrieben ihnen unge-
fheuet zu, und bezeugten ihnen, wie fie eine viel
veinere und feligere Wohlluftmüßten. "Wie fün-
„en wir euc) damit beleidigen, daß wir ung Ge-
„danken machen von einer andern —— pe
„darum ein Schade, daß mir uns nicht habe
„wollen von euchergößenlaffen, foift der Schade _
„unfer, undnichteuer. Ja, ſagt ihr, ihr vermer-
„fet gleichwol, was ung gefället. Ey, habt ihr
„doch auch Feine tuft an dem, woran wir fiehaben,
„Habt ihr doch ehemals euren Epicurern muͤſſen
„zulaffen, daß fie eine wahre Wohlluſt gezeiget, die
„nemlich, welche in der Ruhe des Gemuͤths und
„groffen Berrichtungen beftehet,, r). And fo feß-
ten fie durchgehends die wahre Freude in GOtt dem
Schatten und Traum weltlicher Freude entgegen;
dadurch fie ſich felbft und andere in der Berleug-
nung ftärfeten, die Unglaubigen aber von jenen
Thorheiten abzuziehen fuchten. Ein Chrifte
»(hiefle es,) hat viel beffere Schaufpiele: Er hat
„wahrhaftige und nügliche Wohllüfte, wenn er fich
oder auch nur für natürlichfromme Leute getaucz in fich ſelbſt ſammlet. Denn, zugefehmweigen der
get hätten. Gleichwie etwan diejenigen Spiele
und Comödien, foman unter den Epeiften ausder
Schrift zum Schein nimmer, und mit allerhand
unnügen und vergeblichen, auch wol ärgerlichen
Poſſen und Scherz anfüller, dem Anfehen nach
zwar zuläßig heiſſen müffen, aber in der That
nichts weniger als Chriſtlich und gottgefaͤllig,
viel weniger aber erbaulih, und zumal der Jugend
heilſam find; wie ſchon viele rechefchaffene Theo:
logi und andere fromme Chriften ermiefen ha—
ben 0). Dahero diefe weltliche Ucbungen insge-
mein, ihrem Zweck, Art und Srüchten nach, vor
GOttes Augen einerley find, und unter Chriften
noch unverantwortlicher als unter Heyden fchei-
nen, zum tenigften aber von andern recht Chrift:
lichen und heiligen Gemuͤthsergoͤtzungen ganz
unterſchieden find.
21, Die Heyden verdroß es ſehr, daß die Chri-
„Schönheit, die er noch nicht ſchauen Fann, ſo hat er
„ja zum wenigſten die ſchoͤnen Creaturen, die er
„anfchauen und bewundern kann. Ja, alle Werke
Gottes find denen glaubigen Chriſten rechte
Schauſpiele. Wer ſich vor ein Kind GOttes
„erkenne, der wird ſich uͤber Menſchenwerke
nimmermehr verwundern. Wer aber noch auf
„fer GOtt etwas hoch hält, derſelbe —
gſam ſelbſt von feinem hohen Stand ab,, s). Da⸗
mit verwahrten ſie ſich nun auch wider das Ver⸗
langen, etwas ſchoͤnes zu ſehen und zu genieſſen, in⸗
dem es denen an Vergnuglichkeit nicht manaelte,
welche in der Erfahrung und dem thätigen Chri⸗
ftenehum ſtunden. is
22. Alle diefe Urkunden verfichern uns von dem
groffen Eifer und Ernſt, welchen die erften Chri⸗
ften wider ſolche weltlichesüfte erwiefen, und auch
denen Unglaubigen fund gethan. Unter ſich felbit
hielten fie deswegen genaue Aufſicht, alſo, ne
au
©) Auguflin. \ib. III. Confeſſ c, 1. v. 2. p) Sexeca Epift. 7. Add. Epifetus Enchir. c. 49. et Plautus in Capti-
uis fin. q) Vid. e.pluribus Dannhauer. Lac Catech.‚Conc. XLV. loh. Schmidins Spec, Reg. Conc. XVIIL
et Conc. Confe. XXIX. Rüngius Comm, in Gen. p. 1244. H. Mällerus Caten. Apoft. p. ı6. Mornaxs de Verit.
Relig. Chrift, c. XI, p. 176. Baxser Haushuch p. 152. ſeq. Memannus Prax. Virt. p. 728. et 14. Perkinfus lib. V. Caſ.
Confe. €. 4. P- 252. feqy. Amefiss lib. V. Caf. Confe. c. 39- qu. 7. P- 270. fegg. Seckendorfius de Statu Chrift.
lib. TIL. c.8.p. 374. feq. Penerus de Amore Mundi præf. et omnino Reiferus in Thea:romania Mich. a Lankijchde
Yanitate Ludorum. Harsmannas im Spiel teufel alüique,
r) Tersullian. Apol- ©:38. 5) Cyprian. Fp. 1.
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6. ee Don ihrem Abſcheu vor allen Meppigfeiten, Tänsen, Schauſpielen x. J—
ſchen⸗
auch Feine Comoͤdianten, Gaukler,
ſpieier, Seiltaͤnzer und der — es
Hefinde in ihre enn,
wie Eyprianus von einem folchen fehreiber,) “fie
„hielten es weder der göttlichen Majeftät, noch der
»Evangelifchen Zucht gemäs, daß die Schamhaf⸗
„tigkeit und Gravitaͤt der Gemeine durch eine fol-
„che fehändliche und unehrliche Contagion ge—
„ſchmaͤhet würde, t). Darinnen fie denn auch
fo genau waren | daß fie feinen einzigen eher auf:
nn
nahmen , bis er folchen Profeßionen gänzlich abge:
Bi Diefes fegten auch) hernach viel Con»
cilia, als diefes heydniſche Weſen aud) unter Die
—502 einzureiſſen begunte u). Geſtalt ſolche
Lebensarten auch ſelbſt unter den Heyden vor in⸗
fam und unehrlich gehalten worden, weil ſie ihre
garſtige und greuliche Thaten ſelbſt verwerfen muͤß⸗
ten x). Welches die Chriſtliche Obrigkeiten
hernach deſto mehr billigen mußten, und mit neuen
Geſetzen bekraͤftigten. Zumal da man ſolche heyd⸗
niſche Greuel bey der aͤuſſerlichen Ruhe wiederum
hervor ſuchte, und die Reinigkeit der erſten Gemei⸗
nen auch darinnen verließ; davon im letzten Buch
zu reden ſeyn wird.
t) Epift. 61. ad Euchratium. u) Vid. Concil. Arelatenſe I. c, 4. et 5. item IE. c. 20. Eliberit. can. 62. Conf.
Auguftinus lib. IV. de Ciu. Dei c.27. x) Vid. L. r. D. de his, qui infam. not. Add, Macrobius lib. III.Sa-
turnal c. 14. et omnino Zieglerus ad Zancellorrs Inftit. I. Can, lib. II. tit. 655.
Das 7. Kapitel,
Born der eriten Chriften Kreuz und Leiden.
Summarien.
D erſten Chriſten hielten das Kreuz für was noeh u kenntnis davon, $. 1. erkannten die mancherlen Abficht des
himmliſchen Vaters darunter, 2. der es als eine väterli
üchtigung gebrauchte zur Reinigung und Befferung und Be—
freyung von der Welt, 3. sum fleifigen Andenken an GOtt und Laͤuterung: Verſuchungen hielten fie für Prüfungen ihres
Glaubens: Ratheines geübten Chriften an einen jüngeren; noch einesandern. 4. Wasein rechtes Kreuz, und was keines ift:
denen Ebriften wars lied, als cine Arzenen, tadelten nichtden göttlichen Willen, fondern erfannten GOttes Weisheit und Gna=
dedarunter, und daß ihnen alles zum groffen Glücke wicderfahre , 5. ‚auch ſelbſt Die geiſtliche Werfuchungen , Dadurch fie erſt
zum geütlichen Wachsthum aelangeten: Bekenntnißeiner erfahrenen Tungfrau davon. 6. Gott ſelbſt balfibnen im Kampf
ausdauren, je emſiger fie tt fchenen, auch felbit die geuͤbteſten; fie durften weder kleinmuͤthig noch ficher ſeyn, damit fie
r
lten a
nicht von Verſuch T
wie groffe Verſuchungen e n [3
ngefo
Herzen, vermittelit
inder kommen Laffe, und durch wen fie überwinden, doch nicht ohne groſſe Mühe, Anaft
ürden. 7. Bon Perfuchungen zu Gottesläfterungen 2c. warum GDtt folche zulieffe,
Su Seelen wider aufiteigende läfterliche Gedanken, Rath eines alten Mannes an ets
md Schmerzen; Ber
nen Ungefochtenen ; 8. Der Glaube mugtedurchbrecben und das befte thun durch Auswerfung alles fündlichen Schlamms im
ferliches Peiden wurde ihnen glei
deen alles auf GOtt ankaͤme, ap au
den Frommen feind waren sdie gr
— dad hielte die Seele unvermerkt eine verborgene Kraft, und ſahe, Daß nichts auf fie, ſon⸗
sSchöpfers Abficht war, hielten fich auch nach dem Aufferlichen weislich. 9. Aeuf:
alls durch Chriſtum erleichtett, weil ers ihnen zuvor gejagt; Urfachen, warum die Böfen
ſſeſte Itrfach ; fe geduldiger die Ehriſten, deſto grimmiger waren die Boͤſen wider fie 10. un:
ter Anführung des Satans, fo weit es ihnen Gtt zuließ; ſolches hielten ſie den Gottloſen vor, die. auch wol ſtillſchweigend ih:
rer Sünde wegen von der Zugend zur Rede gefesst wurden , daher auıch Heuchlerdie Chriften neideten und wider ſie ſtritten. 1.
Kinder GOttes fügten einander Fein Leiden zu, darinn ſie von Boͤſen unterſchieden waren: Klagen wider joldhe; was jene zur
Derfolgung gereisek, ſonderlich Edel für Neuerungen und der Wahrheit. ı2. Welskinder wiſſen nicht, mas ſie thun, weun
fie Fromme verfolgen, fondern laſſen fich unmiffend vom Teufel regieren, dawider jene nicht auf Rache bedacht waren, jonderm
lieffem über fich das Perden ergehen 5. folche Verfolgung währete bis in Tod; wodurch fie geſchehe; Peiden darüber bey From:
men. 13.
Wie und warum man Neubekehrte angefeinder? ruͤhmeten ſich Gläubige ihres Vorzugs und Hoffrung, war der
Spottund Haß wider fiedeito gröffer: Summa , Ehriften machtens keinem recht. 14. Die Boͤſen erbifterten fich, ungeach⸗
tet fie überzeuget wurden , und rajeten wider die Srommen, i5. gleichwie auch fromme Henden verfolget , ja gar getödfet more
den; Warnung vor Anfeindung und Berfolgung anderer, weil nie ein Gerechter den andern verfolgen koͤnne. 16. In Sünden
fortfahren ift ſhon Widerftands BR und Schmerzen den Frommen; je mehr aber einer Seelen zugefeget wurde, deſto herrli⸗
her mar der Sieg, die Widerfa
eraber fielen in deito gröffere Unfeligkeit, weil fie nicht mit litten. ı7. Fromme hatten
felbft ihren Anverwandten nicht zu trauen, defto vorſichtiger ſe waren, Streit zwiſchen Anverwandten; Eltern enterbeten wol
gar ihre Kinder; 18. das war eine harte Vruͤfung für Neub
ergangen, fo waren fie defto beftändiaer : jene Mutter wollt
bin, oder marterten fie doch, Erempel. 2>.
et; Erfahrnen kams nicht fremde vor, weils CHriſto ſelbſt fo
\ { | icht mehr mit ihrem Gobne umachen , der ein Chriſt worden;
etliche verrierben und Elagten jelbit ihre Anverwandten an, Erempel; 19. Unglaubige richteten mol gar felbit ihre Freunde
Yaaaz2
$. ı.
4
. 56 2. 3. Don den Pflichten und D erhalten der erften Ehriften gegen fich ſelbſt.
EC Hrifti nicht alleine bey dem innerlichen rung und mit fonderbarem Nachdruck mieten un:
Kampf wider die Feinde ihrer Seligfeit, ter ifren unzähligen Trübfalen gefchrieben wor⸗
fondern es Famen aud) noch die andern Arten der den. So ſchaͤtzten fie ſich nun mit Paulo dazu ge:
Trübfalendazu. Jene waren bey ihnen Das rech⸗ ſetzt zu fenn, daß ſie in ihren Drangfalen ſich nicht
te Geheimniß des Kreuzes EHrifti, diefegehörten bemegen lieffen, ı Theil. 3,3. “Was ifts Wunder,
auch mit zu den Mablzeichen deffelben: Alle bey- „(ſagten fie,) daß wir alles Uebel erfragen, weil wir
de aber dieneten zu ihrer feligen Reinigung und „doch dahin ringen, daß wir das Elend geduldii
Vollendung. Ehe ic) nun hier von ihrer Geduld „ausftehen. Diefes verftehen wenige, d).. Düse
erwasfage, will ich erſt Fürzlich gedenken, mie fie bey verftunden fie die Abfichten ihres Bien
die Nochwendigkeit des rechten Chriftenfreuzes Vaters wohl,daß er ihnen nemlich alles zufchickte zu
erfannthaben., So fahen fiedenn nun gar wohlin nörhiger Ausübung ihrer Geduld, zu Heberzeugung
dem Sicht des Heil. Geiftes, “daß ein gefunder ihrer Herzen von Ihrem natürlichen Elende, zu
„Glaube und ein wahrer Heiliger Wandel bey dem Befeſtigung ihres Glaubens und Hoffnung, u.fe
„nicht feyn Fonne, welcher Fein Kreuz, und im w. e). Da erfuhren fie oft an ſich oder andern,
„Kreuz feine Geduld Hätte, a). Diefer Weg — Noth gerathen ließ, “damit er
mar ihnen befannt genug, weil er ihnen alsbald bey „andern ihre Kraft offenbar machte, fie felbft aber
ihrer Befehrung vorgelegt wurde, dazu fie ſich „von ihrem guten Gewiſſen nicht abwichen, noch
auch alsbald verjtehen mußten. Drum hieß es „über der verliehenen Gnade ſich erhüben,,.
bey ihnen durchgehends: “Der wahre Weg der Bisweilen fehiene fie GOTT gar im Kreuz zu vers
„Chriftlichen Religion iftdiefer, daß, wo der H. la en, “damit Der andere fid) dadurch beffern
„Geiftift, da folget alfobald Kampf und Berfol: „möchte, wenn fiean jenen fähen, was ihnen auch
„gung. Dufieheft, daß der HErr felbft alfotras „noch anhienge, und e8 ablegten,,. Auch litten
„uiret worden ift, und auch ſeine Apoftel. Dar- fie zur Ehre des Sohnes BÖttes, nicht um
„um ift der Tröfter, der Geift, alsbald von dem Ahrer oder anderer Sünden willen, wieder Blind-
„Kreuz aufdie Chriften kommen, alfo, daß hernach geborne. Ja, Oott ließ oft einige fehr ſchlagen,
„fein $udemehr, fondern nur die Chriften Mär- „damit ihrer viel Durch ihre Geduld zur Hoffnung
„.eyrer worden, b). Demnach findet man diefe „der fünftigen Herrlichkeit erwecket wuͤrden, f)-
Befchreibung des Weges zu EHrifto bey den Al- Und was dergleichen heilſame Abſichten mehr waren |
ten: Wer Das Wort recht höret, der fommt in 3.Demnad mar ihnen: ohl befannt,daß ſie nach |
„die Buffe. Drauf fängt er an zu Fämpfen wie - ihrer Befehrung sone alle Zrihtiguig nicht ſeyn .
„er. den Satan, und nachdem er in langem koͤnnten, fordern daß ihr Vater im Himmel hier
„Kampf den Sieg davon getragen, wird er ein immer fortfahren wollte, damit er dorten fehonen
„Chrift. Denn wenn man nur vom Hören als Fönnte, Indeſſen ſahen ſie alles nur vor eine Zuͤch⸗
ein ohne Mühe zu den Chriſten traͤte, fo fönnten eigung, nicht aber vor eine Strafe an. Sogar
„auch die felig werden, welche huren, oder in Die wohl Fenneten ſie ihren GoOtt, und wußten, “Daß,
„Comödien gehen. Aber es gefchiehet nicht ohne „ob er gleich) feine Strafen in der Rechtfertigung
„Müheund Streit, weilder Weg engeund Trüb- „erlaffe, er dennoch Trü falen und Kreuz zufchicke,
„fals vollift. Auf diefem harten Wegmüffen wir „und endlic) auch den zeitlichen Tod feinem ſchen⸗
wandern/ leiden und geplaget werden, wenn wir „fe. Und diefes fey die Züchrigung des HEren,
„zum geben eingehen wollen. Könnten wir foleicht „welcher auch Fein Gerechter entgehen fönne 2). \
„glückfelig werden, fo wäre das Chriſtenthum „Denn e8 müffen aud) die heiligen Leute, welche
„nicht mehr ein Stein des Anftofles: es wäre „wenig Fehler mehr an fich aben, dennoch durch
„and Fein Unterfcheid zroifchen Glauben und Un: „ſolche Plagen immer mehr gereiniget werden , da⸗
„glauben <). „mit fieuntadelic vor GOtt fommen,, h), Alf
>. Mann kann von diefen $euten leicht glauben, ſahen fie alle Wege ihres GOttes, die er mit den
daß fie folche Reden nicht zum Schein, fondern Seinigen ‚aufs wunderlichite gienge, Dennoch vor
ausder Fuͤlle ihrer Herzen hervorgebracht. Und hoͤchſtnoͤthig an, und mußten, daß Fein anderer
deswegen will ich auch eine und Die andere geführt: zum Leben zu finden fey, als wir bey der Ver⸗
leu⸗
a) Tertullianus lib. de — — 5 b) — — Bon A 2 Id. — —— - Saluianus lib. III. de Gub.
Dei p. 69. e) Augufinss Tract. 124. in Ioh. amajcenus lib: 11. O. F. c. 29. Auguſtin. 4
Ein nom en h) — —— Quæſt.ad Antioch. 104. ee a i
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= bliebe aber bey denen wahren Juͤngern te Rede hievon aufzeichnen, meil fie aus der Erfah
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— — — ————— —— —
3
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wiewol mit groffer
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leugnung gefehen haben. Drum befenneten fie
dies: Der Anfänger unferer Seligfeit in GOtt,
„Chriſtus JEſus, hat am Mi m eftament ge⸗
Maͤchet, und einem jeden die Werke feiner Güte
„ausgerheilt: Den Apofteln Berfolgungen , dem
»Schächer das Paradis, den bekehrten Chriſten
„fein Kreuz i). Durch diefes pfleget ver HErr
„erft die Chriften aus den Hinderniflen dev Welt
„und denen fleifchlichen Dingen heraus zu treiben,
Mühe: eben wie ein Körn-
„fein, das noch in die Hülfen gefehloffen iſt, nicht
„heraus föommt, bis es hevausgefchlagen wird K).
Das Kreuz hat jederzeit dem Glauben Bahn
gemacht,
Und Unruh, Streit und Kampf den fhönften
Frieden bracht 1).
4. Sie demuͤthigten fich auch darinne gerne vor
Ihrem GOtt, daß fie bisweilen nörbig hätten, “daß
„ODE durch Trübfalen fie erweckte ‚und triebe, an
ihnfleißiger zu gedenken, dem fie doch ohne Un
„terlaß Dank fagen follten vor ihre Erhaltung,
m). Und bierinne ward der Unterfcheid offenbar
zwifchen den Böfen und Frommen : Denn, wie et-
wa in einem Feuer das Gold immer fehöner glän-
„et, unddie Spreu im Rauch auffleuget, und auf
„der Tenne die Spreu zerſchlagen und das Korn
gereiniget wird : Alfo fanneine Kraft des Kreuzes
„die Frommen prüfen, läufern und reinigen, Die
„Bofen verhärten und verderben. Dabero auch
„in einer Plage die Böfen GOtt läftern und ver=
FKoſſen, die Fro aber anbeten und loben.
Alſo war ihnen hieran nichts gelegen, wie viel
„oder wag fie litten, fondern wie und mit was vor
Herzen fie litten —* ſahen alle Verſuchun⸗
„gen als Prüfungen ihres Glaubens an, darin-
„nen die Glaubigen eraminirt würden, fich ſelbſt
Zu unterſuchen und zu erkennen, damit fie Durch
„iolches Feuer geläutert, und von der Bermen-
„gung der fleifchlichen Lüfte gefaubert, endlich von
„dee Klarheit ihrer gerrüften Unfchuld vollig
„glänzen, 0). Darauf fahe jener alte geübte
Ehrifte, der, als ihm ein jüngerer befennete, ex lebe
nun ohne Sorgen und andere Gemuͤthsbewegun⸗
60 und babe gar feine Anfechtungen mehr,
hm diefen Rath gab: “Gehe hin und bitte GOtt,
„daß du wicderum zu fämpfen Frigeft, und du
giviederum gedemuͤthiget und geplaget werdeft,
| 7.Cap. Don der erften Ehriften Rreus und Leiden. 557
„Denn durch Streit nimmt die Seele zu. Als
nun diefer alfo gebetet gehabt, und aud) Kate einen
Kampf befommen, begehret er es nicht wieder los
zu feyn, fondern betete nur alfo: “ HErr, gib mir
„in meinem Kampf Gelaffenbeit,, p)! Dergleis
chen auch ein anderer wohlverftunde, alser feinem
Bruder, der etwa durch aufferliche Nude licher
werden wollte, alfo zuredete : Du irreſt gar fehr,
„mein Bruder, wenn du die einbildeft, Chriſtus
„leide Feine Verfolgung. Du wirft alsdann am
„meiften beftürmet, wenn dues nicht reißt, daß Du
„angefochten wirft,„;nemlich wenn du feine auffers
liche Trübfalen haft, und defto gefährlicher und
unvermerkter von unfichtbaren Feinden angefoch⸗
ten wirft q).
5. Dieſes alles erfannte feiner vor feiner Erleuch⸗
tung, viel weniger hatte er da das rechte Chriſten ⸗
kreuß, als er noch unter dem Zorn und Fluch des
Geſehes lag, gleichwie alle Kinder diefeg Welt nur
Strafen und Plagen haben, ob gleich die Heuchs
fer ihr Elend ein Kreuz zur Ungebührnennen und
diefen theuren Namen mißbrauchen. Gleichwie
auch fonft vor der Bekehrung des Menfchen Fein
Kampf noch Streit wider die Feinde feiner See:
fen vorgebet, fondern Aufferlicher Friede und St
cherheit zu ſeyn ſcheinet. Diefem nach achteten
fie vor gewiß, und erfuhren wirklich, “daß Feine
„rechte Truͤbſalen oder Anfochtungen ſich ereignes
„ten, ebe einer das Wort GOttes recht höre, und die
„göttliche Prediar in ihm aufwachſe, gleichwie fein
„Streit oder Krieg eber angeber, bis die Pofaune
„ein Zeichen gegeben baty. Ja Ecwegung
deffen waren fie auch nicht fo verkehrt und blind,
wie die Weltleute, *nelche alle beilfame Dinge
„ausfchlagen, hingegen alles, was zu ihrem Vers
„derben dient, annehmen, die vechten Arzneyen
„meiden, ja lieber fterben, als geheilet werden wols
nlenz, r). Sondern, obwol die Arzney des Rreus
j08 etwas unangenehm, oder wol garein Zugpflas
fter, oder das Abfchneiden und Brennen noͤ—
tbig war ; fo hielten die Ehriften dennoch ſolches
chneiden, Brennen, Ausdehnen, oder gar dag
Sterben, nicht vor böfe, weil es.ein feige
Schmerz war. Sie fihlugen nichts deswegen
„aus, weil fie es betrübre, fondern brauchten es
„vielmehr, weil es aus Moth berrüben mußte.
„Summa, der Nugen machte bey ihnen alles
Yaaaz „Sthrea
3) Ambref. Serm. de Paffion. k) Chryfaf. hom. 3. in Matth. 1) Arator lib. IT. Hift. Apoſt. p. 595. m) Ti-
zus Beflrenfis lib. IT. adu. Manich. p. 90.
n) Auguftinus lib. I. de Ciu. Dei c. 8. Quod huc totum fpedtat.
0) Ich. Colobus apud Dororheum Doßr, 13. p) Hierom, Epift. ı. adHeliod. 9) Origeneshom, 3.in Exod
r) Tertull, Scorpiac, adu. Gnoſt. c, 5.
5
a;
5
558
„Schrecken gut 5). Ihre Ehrfurcht und Liebe
egen GOtt war viel zutief in ihre Herzen eingefef-
En, als daß fie fich der Zuͤchtigung deflelben megern
follten. Sie tadelten feinen Willen und Rath
nicht, wenn er ihnen “das teben nehmen, und das
„rechte erſt wiedergeben wollte, das Fleiſch verle-
„gen, und doch dadurch beſſern, die Seele entziehen,
„unddoch erhalten... Sn ihrem Sinn war “die
„permeynte verkehrte Art GOttes eine groſſe Weis-
„beit, die feheinende Grauſamkeit eine geoffe Gna⸗
den. Alfo war es nörbig, “Daß fie GOtt über
dieſem Guten hoch preifeten, der unter zeitlichen
„Dingen lauter erige vorhatte, fie merkten wohlim
„Glauben und fernten,daß ſie zwar in GOttes Haͤn⸗
„de gefallen waren, aber zu ihrem groſſen Gluͤcke t).
6. Inſonderheit zeigete ihnen ihr liebreicher
—— Vater, wie noͤthig es ſey, Daß fie ohne
nfechtung nicht blieben, ſonderlich an ihrer See:
fen,die dadurch mußte gereiniget und befeftiget wer:
den. Wenn fie nun auch in geiftliche Berfuchungen
geriethen, davon Feiner verſchonet bliebe, der Chri⸗
ſtum wahrhaftig angehörete; fo waren fie aber-
mal gewiß, daß ihnen aud) diefe zum beſten mit⸗
wirken mußten, gleichwie ihre Aufferliche übrige
geiden. «Die Kraft des Geiftes und der Gnade
Gottes vollbrachte in den gläubigen Seelen ihr
„Werk mit der höchften Langmuth, Weisheit und
„geheimen Drdnung, indem die Chriſten in oh:
„Geduld zu kaͤmpfen fortfubren. Bey Diefen
„war alsdenn das Werk der Gnaden vollig, wenn
„ihr freyer Wille durd) vielfältige Anfechtungen
dem H. Geifte fic) recht gefällig erwieſe, und ih⸗
„re Geduld und Bewaͤhrung nach und nad) offen=
„barte u). Eher konnte feine Geele u dem wah⸗
„ren Himmlifchen und zur völligen Gemeinſchaft
„des H. Geiftes gelangen, bis fie fo viele Kämpfe
„und Proben und Berfuchungen ausgeftanden
„hatte. Dadurch fie erft zum geiftlichen Wachs:
chum gelangete, und das Maaß erreichte, von de⸗
„nen unordentlichen Bewegungen ihres Herzens
los zu werden. Alfo Eonnte fie erftlich wider alle
„Anfechtungen männlic) ftveiten, und fodann die
„höchite Herrlichkeit und Gabe des Geiftes famt
„den bimmlifchen. Reichthuͤmern ‚erlangen, x).
Dannenhero jene gottfelige und erfahrne Jung:
frau fehr wohl hievon zeugete, wenn fie Die Noth—
wendigkeit der Anfechtungen vorftellte, daß fie dem
Eifen oder den Gottloſen eben auch nöthig wären,
damit der Noft herunter Fame; dem Gold aber
‚s)Idem ibid. t)Ideml.c. u) Macarinshomil.9. x) Idemhom. ro. y) Vita eiuscap. 98. Z) Macarius hom. ıt.
4. B. Don den Pflichten und Derhalten der erſien Ehriften gegen ſich felbfe
‚2 u u
en.
auch, oder denen Glaubigen, damit fie durch folch
Feuer veiner und lauterer würden. Iſt a 9
s Engel gegeben, der dich
u fie,) des Satans E e
„ſchlage: D freue dich! Siehe doch wen dugleich
„worden biſt! du bift ver Gabe gewuͤrdiget wor-
„den, Die Paulus auch hatte. Drum laffer ung -
„unfer Herz in folchen Kaͤmpfen üben, weil wir °
„noch den Widerfacher vor uns haben'y), _
7 Wann nun gleich ein folches vom Satan an 5.
gefochtenes Kerze eine Weile in feiner Traurigkeit *
dahin gehen mußte, weinete und zerſchlagenes Get
fteswar, fo half ihm dennoch der GOtt, der nicht
leugt, daß esim Kampf ausdauren koͤnnte. Der
HErr war und ift noch wahrhaftig bey allen, die
alfo von im gedemuͤthiget warden, daß fie feine
Rechte lernten. Er erhielte fie, daß fieihn emfig
fuchten, und anflopften, und in Geduld zugleich
J
>
erwarteten, bis ihnen der HErr aufthät z). Je *
mehr nun etwa ein Chriſte in ſolchen Schulen ge⸗
über war, je beſſer konnte er ſich in ſolchen hohen
Anfechtungen verhalten. Denn das konnte man
wohl anmerken in der Uebung des Ehriftentfums,
„daß auch wol der Satan ſich an die ſtaͤrkſten und
„geuͤbteſten Chriſten wagt, und daß ihre noch uͤbri⸗
„ge Verderbniß dennoch wider ſie noch aufſteigt
„und fie irre zu machen ſuchet, ob gleich dieſelbe
„GoOtt nunmehro durch die Gnade erkannt haben,
Alſo mußten ſie nun alle nad) ſtreiten und mit Vor⸗
ſichtigkeit in Furcht und Zittern ihre Seligfeie wir⸗
icht Eleinmüthig oder
aſſen viel weniger den Geift
Chriſti verachten, damit er nicht in folchen Verſu⸗
dungen um das ae gänlich fame a).
Denn fo wenig als Sr Unfechtungen
ins Reich GOttes eingeben Fonnte, fo wenig
mar ihm audy ohne völligen Sieg über die Fein-
de der Weg dazu offen b). Darum, als fie der Herr
hatte beten beiflen, der Dater im Himmel ſollte
he nicht in Derfuchung führen; ſo durften fie
nicht bitten , daß fie gar nicht verſuchet möchten
werden, ‚denn Diefes ift bey Chrijten ganz unmög-
lich; fondern nur, daß fie von den Verſuchun⸗ \
gen nicht verfchlungen wurden, nemlich daß
fie fi) an ihrem GOtt verfündigten. Alfo wur:
den zwar Die
band Plagen, aber fie giengen doch nicht in fol-
che Derfuchungen ein. Gleichwie einer, der
a) Idemhom. ı5. b) Antonius in Apophthegın. Par. c. 15. ap. Corelerium» Tom. I. Mon. Gr. p. 341.
u
—
*
es Geiftes theilhaftig
ie Märtyrer verfucht durch aler ··
a
mit einer Beftie kaͤmpfet, fo lange ihr nicheunter- I
liege - “
u.
*
Re. f —A
Mn * —* ne +.
—* u
fr z 7 7. Cap. Von der erſten Chriſten Creuz und Leiden.
liegt oder Schaden leidet, als er von ihr nicht zer⸗
J
dem kein Boͤſes iſt, niemand, viel weniger ein
ri en wird e). P ß *
8. Betreffend inſonderheit die Verſuchungen
des Satans wider die Frommen durch boͤſe
Gedanken, Gotteslaͤſterungen und deralei-
chen, erinnerten fie A agin daß der HErr ſelbſt
allerdings ſolche tungen zulieſſe, aber nicht
u der armen Seelen Verderben oder Gerichte,
Fondern allein zu ihrer Prüfung und Bewäh-
rung. Wie dann auch, diefer getreue GOtt, in
blödes und ſchwaches Herz über fein Vermögen
verfuchen laffe; fondern er fer fo getreu und gürig,
„daß er allzeit nach des Menfchen Kräften und
Wachsthum die Anfechtungen ergehen Taffe».
Denn fonften würde freylich Fein Heiliger folcher
eyn, Dahero fie diefes als den ftärfften Beweis an-
uͤhrten der Gnade und Hülfe GOttes gegen folche
| ms Bosheit der mächtigen Feinde gewachfen
„Herzen, weil fie nemlich geftegen müßten, daß fie
*
Ba
N.
”
ne!
bis hieher nicht ganz vom Satan verfchlungen
worden: gleichrwol aber Feine Kräfte be fich dazu
gefunden und noch nicht fühlten. Drum müßte
nothwendig GOtt überall mit im Spiel fenn. “Es
„regieret (fagten fie,)Chriftus felbft,als det Kampf⸗
„richter, diefen Streit, und machet die Kräfte der
„Kampfenden unter einander gleich, treiber die
„übermäßige Anläufe des bofen Feindes ji,
„und verfchaffee mir der Verſuchung zugleich den
„Ausgang, daß wirs nf d). In—
deffen erfuhren und h
„freylich ohne grofi
„zen nicht abgienge
eiſch und Blut, ft den geiftlichen
Dosheiten in dem Himmliſchen zu jtreiten hat:
ten. Wo alfo Kampf angefage wird, da achers
„ohne Schweiß, Ringen und Gefahr nicht ab,, <):
Auf Seiten der er Seelen gefchabe
ein groſſer und heftiger Widerſtand, fonderlic)
wider Die boͤſen aufjteigenden läfterlichen Ge:
danfın, die fie doc weder GOtt Flagen Fonn-
ten, weil fie ſich vor ihm, als einem gerechten
Richter, furchten, und Menfchen zu offenbaren
ſich auch ſcheueten. Wie man licfer von einem
ſolchen angefochtenen Menfchen, der fein Elend auch
niemand offenbaren wollte. Weldyem aber ein al:
ter Mann, der auch in dergleichen Prüfung gewe⸗
®.
m war, diefen Zuſtand bald abmerfte, und alser
doch aus Scheu nichts befennen wollte, end:
lich diefen Rath gab: "Mein Sohn, plage dich
Kr
r
€) Ioh. Mefchus Prat. Spirit. c.209. d)Caffanus Collat. VII. c.20. e)Idem.c. 20.
559
„nicht felbft darüber, fondern wenn dir ein folcher
„Gedanke einfommt, fo fprich zu dem Satan:
„Ih habe feine Schuld an diefer Gortesläfterung.
„Deine täfterung fey über dir! Denn meine Seele
„bat Feinen Gefallen daran F).
9. Und freplich mußte allzeit der Glaube durch»
brechen und das befte thun ; wie wir oben bey feinen
Wirkungen gefehen. Denn wenn das natürliche
Berderbniß in dem Herzen als cin Schlamm rege
gemacht ward, alfo, daß es feinen Unflat auswarf,
wie ein ungeftüm Meer, und die Geele fabe, was
noch in ihr verborgen gelegen, darinne fie GOtt
nicht zu gefallen getrauete; fo war da nicht Zeit
oder Kath, fid) lange über diefem Elend aufzu—
halten, fondern wie der Glaube die groben Suͤn⸗
den und alle Ungerechtigkeit des Lebens durch das
Blut Ehrifti gerilget und hinweg genommen bat:
te, alfo war ev aud) mächtig, den übrigen Unrath
abzuthun, weil dad) eben deswegen der HErr dies
fes alles hatte rege werden laffen durch cine kurze
Zurücthaltung feiner empfindlichen Gnade, damit
die Seele über folchen Greuel erfchrecken, Buſſe
thun und durch Ehriftum auch davon gründlich
befreyet werden möchte, Indeſſen mußte ja ein
ſolches Herze ib nicht vom Beber dadurch ab»
zieben laſſen, fondern denfen, daß es vielmehr
defjelben, als andere benöthiger wäre g). Und
durch diefes Geber erhielte dennoch ein Chriſt die
verborgene Kraft des Ölaubens, die ihn unterſtuͤtz⸗
te, ob ers gleich nicht merkte, und nichts weniger
fid) einbilden Fonnte, alsdaß er Glauben an GOtt
« hätte, Das machte, es ſuchte eine folche ſchuͤch—
terne Geele gemeiniglic) alles in ihr felbjt, und
nicht lediglich bey GOtt: da fie bob in ihr lauter
Verdammniß, in GOtt aber Friede fand. Diefen
erhielte fie nicht eher, bis fie glaubte, daß fie endlich
nicht durch ihren Fleiß, fondern durch GOttes Er-
barmung von fo ſcharfer Zuchtruthe eriöfet wer
den müfle: da es ja nicht Fleifch und Blut, fondern
GHdtt allein thun Fönne, gleichwie bey allen ans
dern Anfechtungen b), Und darum war es dem
— meiſtens zu thun, damit nemlich der
Menſch nichts mehr bey ihm felber oder bey ans
dern Creaturen fuchere, fondern allein feinem
Scyöpfer in allem die Ehre gäbe, und deffen Güte,
die er ihm erzeigte, niemals mißbrauchte, wenner
fie durch die Entziehung und Entbehrung derfelben
nun hatte hoch halten lernen '). m übrigen aber
ward folcher angefochtenen Seelen gerathen, daß
fie fich insgemein bey ihrer Traurigkeit auch nad)
dem
f) Premen in Apophth. ap.
Cor le p.614. g)Eusgrins Seitenfisin Capit,c.46. h) Nilusde VIII. Vitiisc, de Fornicat. 1) Maca·
riss hom. 27, et 40.
Ka
590
dem aͤuſſerlichen weislich halten möchte: fonder-
lich, daß fiefich an das “Gebet, Betrachtung des
„göttlichen Worts, und Gefpräch mit frommen
Ehriſten, halten ſollte; und immittelſt dev Huͤlf⸗
ſtunde des HEren erwarten k). Wozu ſich ohne⸗
dem alle andere Chriſten gleichfalls hoͤchſtverbun⸗
den erachteten; wie wir nun weiter feben werden,
10. Was ferner diejenige Are der Leiden in den er-
ſten Gemeinen anlangt, die ihnen von Menfchen,
und zwar von den Gottlofen wiederfuhr, fo war die⸗
felbe nicht gering, fondern wol fo ſchwer, als fienad)
der Zeit Eeinem Ehriften gewefen. Dennoch mur-
de ihnen auch hierinnen alles leicht gemacht durch
den, der fie geliebet hatte, Ehriftum, als welcher ih-
nen nicht allein Kraft und Muth gab, die Welt zu
überwinden, fondern ihnen alles zuvor fagte, wie es
ihnen ergehen würde. Denn “es hilft doch auch
„fonftinsgemein viel zu wahrer Geduld, wenn man
„diebevorftehenden Sachen weiß, und noch mehr,
wenn man ſich nach eines andern Exempel um
„geiden gefchicftmachet,,. Nun hatte denen Chri⸗
ſtus, ihr HErr und ewiges Licht, der Anfuͤhrer aller
Glaubigen, den Troſt feines zukuͤnftigen Leidens
zuvor gejagt, damit Fein Jünger ſich beffer als fein
Meifter hielte ; hatten fienun den Hausvater Beel⸗
zebub geheiffen, fo ſchenkten fie es feinen Hausge-
enoffen auch nicht ): welches wir oben bey der
Nachfolge Ehrifti angemerfet haben. Die Urſa⸗
chen aber ſolches Widerſtands der Böfen wider Die
Frommen find die unterfchtedenen Naturen, Arten
und Abfichten, worinnen fie von einander entſchie⸗
den zufeyn pflegen ; abfonderlich weil fie im Leben
nicht mit einander einſtimmig ſeyn konnten, wel:
ches auch durchgaͤngig zu allen Zeiten ſich aͤuſſert,
davon ſie aus der Erfahrung ſchrieben: “Die groͤß
„jfefte Urfache der Uneinigkeit iſt der unterſchiedene
Wille und Meynung, weil es entweder gar nicht
„oder kaum geſchehen kann, daß einer diejenige Sa:
„che an einem andern liebe, davon er felbjt ein abge-
„mandtes Herzehat. Dahero haſſen fie nicht ohne
„Urfache diejenigen, an welchen fie alles das ſehen,
„was ihnen entgegen fteht und unangenehm iſt.
„Denn jene leben immer in Bosheit/ dieſe in Un
ſchuld, jenein Unzucht, Diefe in Keufchbeit,jene un:
„aufhörlich mit dem Satan, diefe mit Eprifto,m).
Neil denn nun die wahren Ehriften von ihrem Hei⸗
land gelernet hatten, nicht andere verfolgen, fondern
nerfolget werden, nicht beleidigen, fondevn nur lei—
den: befage des 4. Buchs ; fo fielen die Unglaubigen
deſto grimmiger auf fie, und verurfachten ihnen alfo
k) Nilusl.c.cap.de Triftitia.
lib. V.c.9." 0). Minutius Felix O )
wernslib. I. Hift. p. 95. 5) Idem de Vita Mart, fin.
m— nn — — — — nn m — — — —
4. B. Don den Pflichten und Verhalten der erſten Chriſten gegen ſich ſeibſt.
Vu
3— —
viel Leiden, wiewol alles unter dem Schein eines ge
rechten Eifers. Denn fo gieng es damals und fo
gehet es noch immer, “Daß die Döfen unglaubliche
» Dinge vornehmen wider die, welche nichts böfes
„juu thun wiſſen. Ja, man haͤlt keine vor leichtferti-
„ger, als eben die, die unter allen Die Unſchuldigſten
„ſind,ʒ wie ein alter Seribenteredetn).
‚in, Eserfubren aud) diefes alfe und jede Glau⸗
bige unter den Heyden wirklich, was der von den
Hottloſen abgefonderte fromme Wandel vor Ver⸗
bitterung und Widermillen jenenerwerfte. Das
bey fiedenn wohl fahen, wie der Satan in ihren Her-
zen an allen folchen Berfolgungen Urheber war, fo
weit es ihnen die Hand des HEren zuließ. Und
ſcheueten fie fich nicht, dieſes ihnen unter die Augen
zu fagen: “Die böfen Geifter haben eure Herzen
„eingenommen, und ftreuen unter euch durch die
„Furcht vor unferer Kraft denHaß wider uns aus.
„Denn es iftohnedem natürlic), daß man den haſ⸗
„fet, vor wem man [ich fücchten.muß und ihn anzus,
„feinden ſuchet: Alfo machen Die Teufel, daß
„ung die Leute eher Ballen, als. Eennen, damit
„ſie nicht, wenn fie uns erkannt haben, nach—
„rolgen, oder Doch nicht verdammen Fonnen,, 0),
Wann fie alfo ihre Unfchuld Darlegten und Zus
gieich den unbilligen Haß der Feinde, ſo konnte
leicht ein jeder nur Vernuͤnſtiger daraus erfehen,
was fie ihnen, dem ungeacht, vorBielten : “Es iftfo
„von Natur befchaffen, daß ſich die Bosheit im-
„mer der Froͤmmigkeit entgegen feßet, und die wi:
artigen Dinge immer miteinander ftreiten,,
ſie ſich deſſen fröfteren, “wie es zu
nn U N her alfo gegangen,
„allen Zeiten und von 6
„daß die Bosheit Immer die ihr e
„Goͤttſeligkeit anfeinde q). a, die Lajter felbft
„feinden Yleichfam die Tugenden an, und die
Froͤmmſten werden immer vonden Böfen fo an⸗
„geſehen, als wenn fie fie ihrer Sünden wegen
„ſtillſchweigend zu Rede a r). Angefehen
es auch hernach bey der einreifienden Heucheley
unter den Chriſten felbft fo zugienge, “daß die
„Heuchler dasjenige an den rechten Chriften un:
„gerne fahen, was fie felbft nicht Hatten, und auch
„nichenachthun Fonnten,,s). Und bieraniftallzeie
die Bosheit des Widerfachers Schuld, welcher
jich der Kraft und Wirfung GOttes entgegen fe«
Get; mie einer hievon redet; Was man an den
„Feinden GOttes wahrnimmt, das fann mit GOtt
„und goͤttlichen Tugenden nicht einig ſeyn. Es
„iſt unter denen Wirkungen eben der Streit, der
„zwi⸗
}) Hilarius can. ı0. in Matth. m)Salnianus lib. VIII. de Gub. Dei. m) Tadtantius
&au.p.361. p) Arhenagoras Apol.p.4. qldem ibid. p.34. Fr) SmlpitinsSe-
negegen jtehende
EEE ie
. 7. Eap. Don der erften Ehriften Kreuʒ und Leiden s6r
J zroifchen ihren Urhebern iſt. Weil nun * deckte dieſen Schalk bald auf, wenn er durch die
das et ef * der Teufel hingegen Seinigen zeugete, “man wulete nicht deswegen
„das allerböfefte, fo bezeugen fie durch ihre wi- „wider die Chriſten, weil fie die alte Religion
„orige Natur, daß Feiner von beyden dasjenige „nicht behielten, fondern weil fie die Wahrheit
2
„thun kann, was der andere thut t).
12. Unter einander führten die Kinder GOttes
feine Feindſchaft, w recht nach GOttes
Willen zugienge, und dahero verurſachten fie
auch einander Fein Seiden. “Kein Frommer war
„des andern Feind, fondern hatten nur die Boͤ—
„fen zu Widerfachern. Und diefe wurden des»
„wegen von GDtE zugelaffen, daß fie entweder
„‚felbft geändert würden , oder doch die Frommen
„oucch fie geübet,, u). Insgemein war es bey
ihnen ausgemacht, Daß die alle, welche in Ehri:
fto gottfelig leben wollten, von den Gottloſen zum
wenigiten Spott leiden müßten, und als Narren
und AUnfinnige verfchmähet würden x). Hinge—
gen wurden die Böfen von den Frommen gleich»
„fam wieder verfolger, aber nicht wie diefe von
„jenen. Die Böfen verfolgten, indem fie mit
„unrecht Schaden thaten: die Frommen aber,
„indem fie Durch ihre Zucht und Ermahnung gu⸗
„ten Rath gaben. Diefe brauchten ſich hierbey
„der Siebe, jeneißrer böfen Begierden,, y). Wann
nun die Chriften gleich noch fo ftille und unver»
worren lebeten , ſo mußten fie doch mit jenem
frommen Lehrer — wollten gerne ganz
‚friedlich durch dieſe Welt hindurch wandern:
den Fuͤrſten die
VG
r Welt,
„berbergen, nod) etwas des
„wollen. Deswegen erhebt er |
„richtet Berfolgungen an, und bringt uns in grof:
„te Gefadr,, 2). Darzu brauchte der Widerfa-
cher allerhand Leute und Arten; wie wir in denen
folgenden Capiteln ſehen werden. Ueberhaupt
merkte man unter denen Verfolgungen an, wie
etliche von den Gottloſen durch andere darzu auf:
ereizet worden, etliche "aus ihrer eigenen na=
„türlichen Graufamfeit, andere nur denen Für«
„nehmen zu gefallen vie Frommen verfolget ha—
„ben, 2). Und dahero war der Vorwand der
Feinde vergeblich, wenn fie davor angefchen ſeyn
wollten, als ob fie um der Religion willen diefe
Meulinge nicht leiden koͤnnten; fie wären ihrem
Gottesdienft, Prieftern und — — ſo hoch
verpflichtet, daß ſie nothwendig allen Neuerungen
ſich widerſetzen muͤßten. Aber der Geiſt GOttes
xtullianus de Patient. c.5. u) Proſper Aquitan.
„hätten, welche, nach dem Spruͤchwort, Feinde
„ichaft anrichte b).
13. Was id) kurz vorher von dem Urheber al-
fer Berfolgung, dem Satan, erwehnet, befräf:
tigen viele unter den Alten, wenn fie denen Welt:
Eindern Eund thun, fie wuͤßten nicht einmal, was
fie thaͤten, wenn fie aufdie Srommen erbittert wä-
ven. Denn “der Teufel treibe fie durch einen blin«
„den und unverftändigen Eifer, Nicht fowol
„die Menfchen felbit verfolgten fie, als welche ja
„feine Urfache hätten, unfchuldigen Leuten gram
„zu ſeyn, als die unreinen und verdammten Gel:
„ſter, welchen die Wahrheit befanne und auch ver⸗
„haßt ſey. Diefenähmen die Herzen ein, und reij⸗
„ten fie unwiſſend zum Zorn wider die, fo ihnen bee
„ſchwerlich waren.
„Boͤſen auf das grauſamſte wider heiligen Mans
„ner, damit fie entweder ihren Glauben alfo ſchwaͤ⸗
schen, oder fiedoch von der Erde wegfchaffen möch:
„een. Denn alfo hoffeten fie, es würde niemand
„mehr feyn, der ihrer Bosbeit fteuren fönnte,, c),
Indeſſen war und bliebe dieſes die fürnehmfte Eiz
genfchaft eines Ehriften, daß er bey diefom allen
dennoch an Feine Rache gedachte : und dahero fam
es eben, daß “der Gerechte gemeiniglich dem Lnges
„rechten mußte unterworfen fern, und ein Weiler
„von einem Narren gefehmäher werden ; daß auch
„der Ungerechte fich immer mehr damit verfündig.
„te, der Gerechte aber fein unter dem Druck und
» Demuth bliebe, 4). So langenun der Gerechte
die Wahrheit vertheidigte, (welches nothwendig
bis in den Tod geſchehen mußte, Sir. 4, 33.) fo
lange währete auch der Widerfpruch, und die da-
ber entjtehende Trübfalen über ihre Siebhaber,
Denn die Wahrheit pfleget die Herzen und Ohren
der Menſchen fo zu rühren, daß die Ungläubigen
nach ihrer böfen Gewohnheit mit aller Mache fich
widerſetzen. Diefes Widerfegen gefchieher num
entweder, daß fie fie fahren laſſen / und in ihrer
Sicherheit fortgeben , oder auch wider diefelbe
wirklich wüten und toben e). Beydes erweckte
denen Freunden GOttes nicht geringes $eiden,
theils aus Mitleiven über folches Elend, theils
aus Liebe zu GOtt und feiner Wahrheit, theils
aud) aus andern zugefügten Unrecht,
Bbbb 14. Alſo
Sentent. Aug. 202. x) Idem ır. 32. y) Augwfin. Fpiſt.
148. 2) Origenes hom. 12. in Num. a) Za@ansins lib, V. c. ın b) Ibid. c. 22. c) Ideml.c, d) Ibid.
23. ©) Auguflinus Epilt. 166. ad Feſtum.
—
*
Fi
Alſo wuͤteten fie durch die
.
ed Da ln en
? «
562 4D. Don den Pflichten und Verhalten der erften Chriſten gegen fich ſelbſt.
14. Alfo ergienge eg auch mit denen, welche ſich
unverfehens von der Welt zu GOtt Fehreten,, die
alfobald von jener angefeinder , verftoflen und ver:
folgetwurden. Dafonnte fie feine heilige und gute
Uebung von ihnen leiden, und fuchte fie mit aller
Schmach zu belegen, und gar mit Gefahr Libes
und $ebens zu bedrohen, wodurch fie fie müde zu
machen fuchete f). Und. ob fie gleich fich auffer-
lic) noch fo wohl gegründet , freudig und muthig an-
ftefleten, “war doch ihr _verwundetes Gewiſſen
„voll lauter Traurigkeit, jo bald fie nur einen from⸗
„nen Menfchen erblicten. Seine Gegenwart
„war ihnen alfobald eine unerträgliche Saft in ih⸗
„ren Herzen, und dahero waren die Trunfenbofde
Feinde von mäßigen Leuten, die Unreinen von
Keuſchen, die Ungerechten von Geredhten,,
u.f. m. 8). Unter folchen Herzen nun, die ein:
ander fehnurftracfs entgegen wandelten, “*Eonnte
„unmöglich eine Freundſchaft ftatt Baben,,, da oh⸗
nedem die Rinder des Lichts die Bosheit der andern
haſſen mußten h), Kam nod) diefes darzu, daß
die Glaubigen fich ihres Borzugs und ihrer Hoffnung
ruͤhmeten, fo gienge es viel weniger ohne Spott und
Haß der Böfen ab. “Wann fie, zum Erempel,
„die Gerechtigkeit ruͤhmeten, wurden die Linges
„rechten erbittert. Die Hurer und Ehebrecher
„Eonnten feine Bermaßnung zur Keufchheit lei-
„den. Ein Schwelger verdammte an ihnen das
Faſten. Der Geizhals Bielte die Chriften vor
„Narren, daß fie ihm noch die Freygebigkeit re=
„eommandiren wollten. Wenn fie IEſum Ehri-
Iſtum, den Gefreuzigten ‚predigten, ſo fiengen Juͤ⸗
„den und Heyden mit einander an zu ſchmaͤhen.
„Wollten fie das fünftige Gerichte anfündigen,
„,[0 war es denen Gewaltigen diefer Welt zuwi⸗
„der. In Summa, die Chriſten machtens nir=
„gend recht, und mo fie hinſahen, da funden fie
„toidrige Leute. Schmerste fie gleich diefesnicht,
„fo that ihnen doch der Sammer weh, den fic)
„die Feinde felbit dabey zuzogen 3). Ä
15. Geſetzt auch, daß die Sanftmurh der Chri⸗
ſten das Boͤſe, fo ihnen von der Welt angethan
ward, mit Gutem überwinden wollte; (welches
zwar allezeit der vechte Weg in folhem Fall blie-
be,) fo lieſſe fich Doch die Bosheit felten erweichen.
„Sie ward zwar öfters von der Wahrheit über:
„wunden, aber niemals verfühnet,, Wer alfo
toider die Wahrheit ftritte, der wollte niemals
unrecht haben, und wenn er gleic) davon klaͤrlich
überzeuget ward, fo erbittertees Ihn vielmehr, als
f£) Hilarius in Pf. 54. 8) Idem in Pf. 19. h) Ibid,
poft Penitec. 1) Macarius hom. 5. 4
n) Iuflinas Apol. I. p. 45. 0) Profper Epigt. 32.
9.
”
4
daß ers ihm zur Beſſerung angenommen hätte k).
Diefemnady bliebe es wol dabey: Der Welt
Feindfchaft war GOttes Freundfchaft. “Die
„Ehriften hatten gar eine andere Welt, ein ander
wer , andere Lebensart, Reden und Thaten,
„Es war und bliebe ein groffer Unterfcheid zwi—
„ichen beyden,, 1), Die Frommen giengen in
ihrer himmliſchen Weisheit fort, Die Bin be-
barreten auch in ihrer Raſerey, und biefle es
recht, was ein erfaßrner Mann fagte: Die Welt
„waͤre fo raſend, daß, wenn fie einen nicht mits
„rafen ſehe, fie gleich wider ihn aufjtünde, und
„ihn einer Raſerey befchuldigee, nur weil er ihre
„nicht mitmachen oder billigen wollte,, m). Das
mochte ja mol Leiden genug feyn vor die Kinder
der Weisheit,
16. Als die Ehriften noch unter den Heyden le⸗
ben und viel von ihnen ausftehen mußten, hiel—
ten jene diefen vor, daß auch unter den Mens
fhen nad) der Natur fo zu geben pflegte, und daß
einer ſchon von der Aufferft böfen Leuten verfolget
werde, wenn er auch natürlich from leben wollte,
Alfo wären unter den Heyden felbft “der fromme
„Sorrates, Seneca und feines gleichen Binge-
„richtet worden, hingegen ein fchandlicher Sar⸗
„vanapalus oder Epicurus lebten in allem Webers
„fluß, Ehren und Gtückfeligkeit »),
Der böfe Theil der Welt ift nimmer Hold
Der Stommen Scyaar, er kann nicht folche
id
re als einen Unflat meiden,
Er ſchilt und ſchlaͤgt Die, fo fein glänzend Gold
Und feine Pracht veraͤchtlich übergehen,
Drum muß er nur —— Straf, und Rache ſe⸗
no).
Aus diefem Grunde warneten fie jedermann treu⸗
lich, daß man ſich ja nicht der Welchierinne gleich
ftellete,, und etwa andere anfeindeteund verfolgte,
»Denn man finde nirgends in der Schrift, daß
„heilige Leute von Gerechten verworfen wären
„worden, Die Srommen hätten wol Berfol-
„gung erlitten, aber nur von den Öottlofen, fie
„mären ins Gefängniß geleget, aber von Unbei-
„ligen, gefteiniget , aber von Ungerechten und
„Uebertretern des Geſetzes, getödtet, aber von
„Sündern und neidifchen Leuten, Wie ein apo⸗
ftolifcher Mann etlichen unruhigen Leuten vorbiel-
fe, und Dazu ſetzte: “Iſt wol Daniel von Gottes⸗
„fuͤrch⸗
i) In PL. 22. k) Cbryſoſtomus hom. 37. Dom. i8.
ın) Antonius in Apophthegm, ap. Cozelerium Tom. I. Mon, Gr. p.349:
*
ae SF, ———
7. Cap. Don der erſten Chriſten Rreuz und Leiden, u u
hat weder
chtigen in die Loowengrube geworfen worden,
—
oder find die drey Maͤnner von denen in den
fen geworfen worden, Welche den wahren GOtt
4 —
„gar verſchmaͤhet und verfolger, der
„bier noch dort an ihrem Erbe Theil t).
18. Weilnun der Zuftand der Chriſten auf Erden ’
„anbeteten? Das fey ferne! Spulen von fol: alſo und nicht anders befchaffen war, fo hatten fie ge⸗
a boshaftigen und, greuli en find die
„Knechte GOttes ange worden und verfols
det, ). Daß demnach dieſes unzerfrennlich
ſeiner Natur nach beyſammen war: Wer GOtt
nicht fuͤrchtet, der iſt den Frommen zuwider,
wo er kann, und wer den Frommen zuwider iſt
mit Vorſatz, der fuͤrchtet GOtt nicht.
17. Da auch gleich denen Weltkindern es an
Mitteln und Freyheit mangelt, denen andern zu-
zufegen, fo find fie ihnen doch unwiſſend eben da-
mit zumider, weil fie gottlos bleiben, und fort-
fahren zu fündigen. “Denn was fann das Leben
„ver Gottfeligen mehr ängiten, als das Leben der
„Boͤſen, wenn fie fie zum Schmerzen bewegen
„über dem, was fie von ihnen fehen müflen, ob
„ſie gleich nicht eben dazu gezwungen werden, ih—
„nen nachjufolgen? Denn wer beyeinem Gotts-
„rürchtigen gottlos lebet, der plage ihn doch eben
„oamit, ob er ihn gleich zu Feiner Einftimmung
„zwinget. Wann nun ſchon die Seiber der From:
„men von den gottlofen Gewaltigen verfchonet
„bleiben, fo fehone das böfe eben der Gort-
doch immer ein
Boͤſen übrig, damit fte
ten, ob fie wol ihrem
waren, und alforin Chi
vierben fie aber gar in dieH "dt
Verhaͤngniß if rs Omar auch) das Lei⸗
den gröfler, und folglich die Probe ihrer Geduld
defto wichtiger und herrlicher r),. Je ſchaͤrfer ei-
ner folchen Seelen zugefegt ward, bald mit Schre-
en, bald mit $uft, je groffer war der Sieg: und
je tiefer fie die Feinde zur Höllen verftoffen woll-
ten, je höher huben fie fie unwiſſend in den Him-
mel s). Sie felbft aber, Die Widerfacher, berau-
beten ſich aller Hoffnung und wirklichen Genieffes
folher Seligfeit, weil fie mit den Heiligen un-
möglich Theil Haben fonnten, von denen fie fich
nicht alleine Bier gefchieden, fondern die fi auch
auf alle Art und Weiſe vorfolger hatten. “Denn
„wer nicht allein mit den Gottſeligen in dieſer Welt
„nicht GOtt zugleich dienet, und darüber ſamt ih-
„nen leidet, fondern auch gar aus Hochmuth fie
„verläßt, oder, welches noch mehr ift, ganz und
iſte nad) a
iſto Frieden
wißlich niemand zu trauen, woferne er nicht wahre
Fruͤchte eines lebendigen Glaubens von ſich ſehen
ließ; welches ſo gar auch von denen naͤchſten Bluts⸗
freunden wahr worden, indem die Gottloſen durch
die Macht des Satans gleichſam ihre Natur ver-
leugneten , und gegen ihre liebiten Freunde untreu
wurden, wenn fie das wahre Chriſtenthum an ih—
nen merften. Und folches Batte der HErr den
Seinigen zuvor gefagt, auf daß fie davan gedäch-
ten, wenn es nun aefchäbe, daß ein Bruder
den andern zum Tode Üüberantiwortete, und
ein Dater den Sohn, u. f. w. Alſo, daß fie
um CSrifti willen von jedermann gebaffer
wurden, Matth. 5, ar. 2. Darum lerneten
num die Juͤnger Ehrifti Flug feyn wie die Schlan⸗
gen, unter den Machitellungen der Feinde. Sie
erfuhren, “daß zur Zeit der Berfolgungen nie—
„mand, oder doc) ſehr wenigen zu trauen fen, und
„daß man fich aud) feinem naͤchſten Freund oder
„Bruder nicht vertrauen dürfte, o): nachdem
doc “unter folchen Feine treue Zuneigung ſeyn
„koͤnne, die unterſchiedenen Glauden haͤtten, x).
ments: “Die ganze Welt zertrennete ſich unter
„einander über dem Glauben Eprifti. Sa, ein je:
elt „des Haus hatte Gläubige und Ungläubige bey:
kn ‚ und dahero wurde der Krieg unter fie
„geſchicket, Damit der Friede der Boͤſen aufhören
„möchte y), Da trennte fich fo gar aud) die Na=
„eur, und bliebe alfo nur die Gottſeligkeit unges
„trennet. Der Vater verftieß den Sohn, der
„Sohn veruneßrre den Vater 7). Die Kinder
„verriethen die Eltern, die Eltern wuͤteten wider
„die Kinder, die Brüder wurden wider einander
„ergrimmet, und alles war gegen einander auf-
„gervicelt, a). Wenn auch gleich die Kinder
durch das Chriſtenthum von ihrer Bosheit befeb:
vet waren, und nun geborfam, fromm und treu
wurden, wolltens doch die Eltern nicht leiden,
fondern enterbten fie wol ganz, oder Binderten
ji fonft an allem Guten b). So gar fahen bie
linden Leute lieber, daß die Ihrigen bey ihrer al-
ten Religion blieben, und dabey gottlos, unge:
horſam, leichtfertig und unglücfelig wären, als
daß fie fie Chriſten wollten laffen werden.
Bbbba 19. Die:
p) Clemens Romanus Epift. p. 58. q) Auguflinus Epiſt. 145. ad Schaft. r) Gregorius Nazisnzenns Orat. de
laud. Athanaf. s) Hilarius in Pf, 119. t) Idemin Pf. 118. u) Hieronymus lib. IT. Comm, in Ier. x) Idem
lib. I. in Matth. c. io. y) Item, z)1.c. a) Bafılins in hom. 19. deMartyr. b) Tertullianus lib. I, ad Na-
tien, c. 4. vbi vid, Zac. Gorhofred. in Not,
—*
8
Su
4
Alfo gieng es nun zu den erften Zeiten Neuen Tes -
en ni Alſo bliebe
vor die $ jen bey den fta
ja Angft in der Wel
.
da
r i
564 4.5. Don den Pflichten und Derhalten der erften Ebriften gegen fich Kot
19. Diefes war eine harte Prüfung vor die,
welche der Welt noch nicht völlig abgeftorben wa⸗
ren, und denen es wehe thun wollte, von allen
nicht allein verlaffen, fondernauch noch bapu vers
folget zu werden. Äber denen, die ſich felbft und
alleCreaturen um EHrifti willen verleugnet hat⸗
ten, dergeftalt wie wir im 1. Cap. geſehen Fam die-
fer Proceß, den die Welt mit ihnen anfieng, nicht
fremde vor, Sintemal ihr Meijter eben derglei-
hen erfahren, und ifre Brüder eben folcheseiden
gehabt hatten. Daher Fam es, daß fie auch fefte
ftehen konnten, wenn man ihnen ſchaͤrfer zufegte,
wenn, zum Erempel, ihre naͤchſten Blutsfreunde
fie nicht allein denen Feinden verriethen, und In
die Hände der Suͤnder lieferten, wie CHriſto auch
gefiheßen ware) : fondern fie auch wol felber zum
Abfall bringen, oder, ihrer Meynung nad) , befeh-
ten wollten. Davon man genugfame Nachricht
bey den Alten finderd). Zum wenigſten entzogen
ſich die Freunde fodann ihrer Gefellfchaft und
Converſation, wie von einem neubefehrten Ehri-
ften, Jacobo Interciſo, ſtehet, daß alsbald’feine
Mutter und Geſchwiſter nicht mehr mit ihm um⸗
gangen wären). Die meiften aber wurden fo fehr
eiferig und erbittert wider Das Chriſtenthum, daß
5 auch fich nicht enthalten Fonnten , wider den
vieb ihrer Matur , wider das Band der Liebe
wider alle Pflicht, damit fie ihnen verhafte
dennoch die Chriſten, wenn fie gleich ihre ma
Freunde waren, zu verrathen,und bey der Obri
anzuflagen. So geſchahe vielen heiligen Märtyrern
zu Aerandria, dievon ihren Bekannten und’ gewer,
fenen guten Freunden angegeben wurbenf). So
wolfte Paulum, der hernach in der Einſamkeit les
bete, fein eigener Schwagerden Tyrannen effenba-
ren, daß er ein Chriſte waͤre. "Es fonnte ihn auch)
„nicht weder die Blutsfreundſchaft, noch feine
„meinende Ehefrau, noch der allfehende GOtt im
„Himmel felbft vondiefer Bosheit abhalten. Und
„diefe feine Grauſamkeit follte noch dazu eine Got⸗
„tesfurcht heiſſen,„weil er nemlich vor die Religion
eiferte2). So gar mächtig war der Fürft_der
Finfterniß zu der Zeit, wie noch immer, in den Kin:
dern des Unalaubeng, und fo treulic) leiſteten dieſe
leibeigene Knechte deffelben ihrem tyrannifchen
‚Hermenegildo nah Äh
Vit
— —
Beherrſcher Gehorſam, daß ſie auch keines natürlks
chen Rechts mehr ſchon
—
‚20. Man wuß ſich nicht wenig verwundern, wie
die erboſten Weltkinder auch ſo weit in ihrem
Grimm gegangen, daß ſie auch ihre naͤchſten
Freunde ſelbſt verklaget / verurtheilet, und wol gar
mit eigener Hand um Leib und Leben, zum wenig:
ften um ihren zärtlichen Rubeftand gebracht. Bon
jenen haben wir Erempel in denen Märsyrerbiüs
chern an der Zucia, einer fürnefmen Witwe zu
Rom welche von ihrem eigenen Sohn bey der Obrig⸗
feit angegeben worden, “daß fie ſchon viel Jahr
„lang EHriftum verehret hätte,,h). Drey andere
Brüder wurden von ihrer Stiefmutter der Chriſt⸗
lichen Religion wegen verklagt, und daraufgefreus
ziget i). Von dieſen leßteren aber, nemlic), daß
die Unglaubigen ihre eigene Ehriftliche Verwand⸗
ten hingerichtet, oder Doc) gemartert, liefet mar
auch etwas. Denn fie eiferten fo ſehr wider CHri⸗
ftum, das fie ihre Chriſtliche Freunde, mit ſamt ih⸗
ven Lehrern, die ſie bekehret Hatten, hinrichteten.
dorten der Bruder der Maͤrtyrin Dis
Seia, don einem, mit Namen Donatus: Dieſer
Bes in Abweſenheit unfers Baters unfere
de bſt
);. Ehri
damit er zugleich
o fehl die Martyrin
Sater erfchlagen,,
eichen ift *von ih⸗
Waſſer gemworfen,,
h ihr ‘Bruder mit
hriſtin waryn):
igener Vater deswe⸗
en Knaben, geiſſelte
weil er ein Chriſte
van, Flora, ward
gen das Leben 0):
fein Bater aud) grauff
morden war p). Eine
erftfich von-ihrem wegen ihres Chriſten⸗
thums angeklagt, | = A übergeben ,
daß er fie nad Geßfllen n möchte, worauf fie
um ChHriſti willen — q). Anderer Ex⸗
empel zu geſchweigen: denn dieſe ſind uns genug,
die Schwerigkeit der Leiden in den erſten Gemeis
nen zu erfehen, dazu gewißlid) auch eine groffe und
herzliche Geduld gehörte, die wir nunmehro fehen
wollen,
Das
€) Vid: Concil. Arelatenfel.c.3. d) Conc. Anciranum e.9. Exempla ſunt ap. Sarium Tom. I. d. 20. Tanuar. de
Marco et Marcello, et Tom. III. d. ts Tunii de Ityla, itemque Ton. VI.d.7 Kal. Ianuar.de Anaftalio. De
Eulalia conf. Prudentins hymn, 3. deCoron. e) Martyrol. Rom. d.V.Kal.Dec. f) Eufehins lib. VI. c. 4.
g) Hieron.inVita. h) Martyrol. ad d. XIX. Sept.
i) Martyr. Rom. d. XXII. Aug. ki Apud Baron.
A.CCCIII.n.41. h Miraphraft. ap. Surium Tom.VI. d. 4.Dec. m) Mariyrel. ad d. XXIV. Iul. et Meno-
log. Grac.h.d. n) Marzyrolog. Rom. d. XXVUI, Aug
. 0) Gregor. Turonenſis lib. V. Hift. Franc. c.38.. p)
Otho Fri. lib. Il. Chronic,e. 45: 9) Ealog. lib. I. Mem. Sandt, c.7.etex co Baron. A. DCCCLLn.;5.
a8 ur)
—
oe ern ” Gr
* Das 8.Capitel,
Von ihrer Geduld.
Summarien.
Gpsten bielten alles Peiben wor Piebesjeichen und Wohlthaten ihres Waters, und waren defto geduldiger, übten fich auch be:
fio mehr in der Gottfeligfeit. 9.1. Anmnuthige Berhreibung der Ehriftlichen Geduld, davon die Chriſten ein rechtes Mu:
* waren: 2. das hieſſe ben ihnen Gelaſſenheit, daß nur alles nach —— Willen geſchehen moͤchte; 3. ſolches lerneten
ie vonder Geduld GOttes durch den H. Geift, wußten, daß ihnen alles eine heilſame Arzeneh, je mehr ſie die Vorſehung GOttes
erkannten, 4. _daben war ein lebendiger Glaube, der ſich vor nichts fürchtet, ſondern zum Leiden willig und bereit machet; damit
dewieſen fie ihre Gortesfurcht und die Richtigkeit des Glaubens, ihre Bekenntniß davon. s. Solcher Glaube machte fie beſtaͤn⸗
dig, dep rühmeten fie fich, und bewieſens inder That; 6. daher erbellet der Unterſcheid zwiſchen Böſen und Frommen: dies
fe mußten, daß fie durch Prüfung des Krcuzes peftärfet und befeſtiget wurden, Gleichniß; je gröſſer der Widerftand, deſto feiter
wurde ihr Glaube, als der feite Grund der Geduld 7. wider ale Einwuͤrfe der Vernunft, Antwort und Troft damwider,g. in
fonderheit weil ihre Ebre und Reichthum nicht irdifch ſeyn mußte, fo Lieffen fie fich alles gefallen , ob fie aleiggb die Urinchen nicht
mußten: 9. DVernunft mußtedem Glauben gehorſamen, fie achteten fich auch äuferlicher deiden wegen Nicht unglücklich, bee
dauerten die, fo aufferlich glücklich, als geiſtlich Aafferfüchtige. io. So lerneten fie erkennen den Unterfiheid zwiſchen From—
men und Bhien, hatten dabey Gelegenheit fich zu üben und im Guten zu machten , und mußte ihnen alles zum Beften dienen, wo⸗
u fie denn auch GDtr ausrüfteteumd befeftinte: u. daher fonnten fie ihre Feinde zu ihrem Vortheil gebrauchen, und freueten
ich mit Chriſto zuleiden, Erempel. 12. Im Leiden freueten fie fish, im Wohlſtande aber nicht; folches Fam den Weltkindern
thoͤricht vor, Kinder Gottesaber danfeten dafür: 13. dazu konnte fie bewegen die Vergeltung, wovon fie GOttes Wort vers
ichert, auch über die Widerfacher , ob3 gleich bier nicht abacftraft wird; daher blieben fie innwendig voller Friede umd Ru⸗
e, wenn auch GOtt aleichfie nicht rächen würde an ihren Feinden, vielmehr bejammerten fie das Elend und Verdammniß ſol⸗
verliche, auch die Feinde nicht ganz und garüber ſie herg
Hoffnung erwarteten. ı5. Der berrlichite Zweckiht
theils rübmeten fie fich auch gegen andere , wori
den feine Tugend fich äuffern kann ; dadurch überein
weil ſie ſahen daß fein andrer Weg zur Tugend- 17. "°
Tiefe ibrer $ Krait dawider zu ui
wollte, fielir
Unanſehnlichen
ver Geduld. 20.
waren, weil fiel
F *
andern Arten des
g der erſten Chriſten
alen, als Arm
erben der Ihris
das rechte Ehrift
es alles vor lautet
ihres Vaters feſtiglich geachtet.
wieſen fie ſich in diefem und allem andern, was ih⸗
rom Fleiſch und Blut zuwider war , defte geduldi-
ger und gehor ſamer, je lieber fie ihrem eigenen Wils
len abfterben wollten. Der Geift , der in ihnen
wohnete, triebe fie an zur Wachſamkeit über ſich
felbit und über den Betrug ihres Fleifihes, und
half ihnen täglich ihren altın Adam mehr tödten,
wozu fie ein erwuͤnſchtes Mittel fahen in der ge-
duldigen Ertrasung afles Leidens. Und diefes
mar ihnen eine von den berrlichften Gelegenheiten,
von Bater im Himmel zu preifen , und in ihrer
chwachheit fich feiner göttlichen Stärke zu ruͤh⸗
\
cher Verftockten , 14. die ſich nur felbft rninirten den Frommen zum Nusen, denen der HErr zur Rechten fund und den Sieg
ieh, fendern fie als Sieger am Ende erflörete , welches ſie Durch
par die Nereinigung mit GOtt, Bekenntniß Ignatii; des Vors
16. Alle Gelegenheit zu leiden war ihnen lieb, weil ohne Reiz
ch ihre Feinde, deren etliche Dadurch zu Chriſto gezogen wurden,
Eriſten lieffen die Geduld vom H. Geiſt in ihnen wirken nach der
te ihnen immer von GDtt vermehret wurde :_18-
ſt das Kreig auf ſich: 19. die Feinde waren fich jolcher Kräfte bey
N} nach aber erfuhren fiees: aclafene Bekengenif von ih:
werdaran nicht
liebers hatten, hingegen über Aufferliche Rube Unmuths
» 21, —
men; wie wir davon nicht allein oben imı. Buch
bey der Nachfolge EHrifti, und im 4. bey ihrer
Sanftmuth Nachricht und Beweis gehabt, fon-
dern auc) noch haben werden an denen Märtyrern
und Befennern. Jetzo will ich nur insgemein
ganz wenig von der Sache felbft gedenfen.
2. Sie wußten aber diefen feligen Zuftand eines
a Chriſten überausanmutbig zu befchrei=
en, wie ſie nemlich ihn an fich felbft und andern
g-dufdigen Laͤmmlein vonder Heerde Ehrifti anges
merfer hatten. Denn fiemahlten die Geduld alfo
gleichfam nach dem Leben ab: “hr Anelig iſt
„ruhig und frölich; ihre Stirne reine und oßne
„ungen, die fie aus Traurigkeit oder Zorn ges
„zogen hätte; die Augenbraunen find ftille , als
„bey den Frölichen zu fenn’pfleger ; die Augen fes
„ben aus Demuth überwärts, nicht des Uebels wes
„gen; dev Mund ift in einem andächtigen Still»
„ſchweigen geſchloſſen; Die Farbe ift, wie bey fiches
„ren und unfchuldigen Leuten; fie winket oft mit
b3 dem»
*
—
a
*
— — —
565 4.3. Donden Pflichten und Verhalten der erſten Ehriften gegen fichfetbft.
„nem Haupte, alsob fiedem Teufel drohete, und
achet dabey; ihre Kleidung um die Bruſt ift
„weiß und enge, denn fie blaͤſet fich nicht auf, ftellet
ſich auch nicht ungeberdig: Sie figet auf dem
„Thron des allergelindejten und fanftmürbigften
„Geiftes, der durch Feinen Wirbelwind verivor-
„ven, durch Feine Wolfe dunfel wird, fondern von
„ganz netter Klarheit ift, offenbar und einfaltig,
„als ihn Elias zum drittenmal_fahe. Denn wo
„GH ift, da ift aud) feine Pflegetochter, Die
„Geduld, Auf welche nun der Geiſt GOttes
Fkommt, die begleitet auch die Geduld, als eine
„unzertrennliche Gefährtin,a). Gewißlich, wer
die Geduld und Gelaffenheit der heiligen Märty-
ver in ihren graufamften Foltern in etwas weiß, der
wird fie hier in Diefer Beſchreibung gleicyfam vor
fich fehen, und ihre fittfame liebesvolle Geſtalt,
ide ftilles unverworrenes Wefen, ihren unbeweg-
lichen Heldenfinn gleichfam vor Augen ſehen.
Denn fie waren gleichfam ein rechter Schauplag
ſowol aller Plagen und Schmerzen, als auchder
äufferften Geduld und Sanftmuth; laut dem fol:
„ſeyn, daß, wenn etwas wider ihren Willen ges
„ſchieht, er Damit allen Unwillen aus dem Herzen
„vertreiben kann, weil er ja offenbarlic) fiehet, daß
„auc) die widrigften Dinge dennoch) ha beften
„gekehret werden,„,c). Solchergeſtalt mußten
die Kinder des Hoͤchſten mit ihrem Vater eines
Sinnes werden, und vollfommen, gleichiwie er
vollfommen ift. Wie er nun das Böfemit Gu⸗
tem überwindet, und ob er gleich, feitdie Suͤnden
in die Welt kommen, fo unzähliges Unrecht, K
ftern und Schmaͤhen erlitten, dennoch in feiner&e
duld und Sangmuch nicht müde worden: Alfo fol
ten auch fie in ſolcher Gelaſſenheit I ble
ben, deſto mehr, weil fie mußten, daß alle ihr
MWidermwärtigkeiten nie ohne den Willen deſſe
ben ihnen begegneten d).
4. Bon diefem geduldigen und langmuͤthige
GOtt, als von einem reinen undreichen Brun
quell, mußten feine Rinder ihre Geduld fchöpfen ]
und nehmen. Sein guter Geiſt war in ihrem A
Kreuz nicht allein ihr Tröfter, fondern auch ihr K
Führer und Rathgeber; wie wir bereits von eis ?
%
genden Eapitel von ihrer Marker. Ne aehöret haben, daß die Geduld nur diejenigen
3. Daß aber der Örund von allem ihrem gott⸗⸗
gelaffenen Wefen GOtt und fein gnädiger Wille
gewefen , erfcheinet aus_allem ihrem Verhalten
hiebey. Und diefes hieſſe bey ihnen die vechte Ge⸗ m
Laffenbejt, Dadurch fie ſich ihrem himmlifchen
Water ganz und gar lieffen, wie noch alle vechte „0
Epriften, und alfo ihren eigenen Willen und Sinn x „mußten ſie li AM
„auch anı deiten verſtehe, n Sachen ein⸗ vo
verleugneten ; nach dem im erften Capitel gefchebes
nen Bericht. Da hatten fie von ifrem GOTT
gelernet, nicht mehr zu verlangen, daß ihre Sa-
„chen nach ihrem Kopf eingerichtet oder gethan
„roirden, fondern allein, wwie es GOTT gefallen
„würde. Und da Fonnten fie = Unruhe feyn,
„ein ftillesgelaffenes Herze vor GOtt bringen, und
„erhörlich beten,; wie ke einander unterrichte⸗
ten b). Gleichwie auch Petrus nachfolgender
Geftalt davon gelehret haben fol, ob ev wol aud)
in feinem Brief öfters davon fchreibet: Wer ges
wiß glaubet, Daß die ganze Welt durch bes hoͤch⸗
ſten GOttes Vorſorge vegieret werde, Der darf
„nicht eine jede Sache, wie fie etwa geſchiehet, fo
x
„verächtlich anfehen, weil ev verfichert ift, daß der
„gerechte GOtt auch dasjenige, was überflüßig zu
„fenm feheinet oder gar widrig und ſchaͤdlich, den—
„noch im einer jeden Sache zu einem guten und ge⸗
wuͤnſchten Ausgang bringet. Inſonderheit
muͤſſen diejenigen, die ihn genauer ehren, gewiß
gleite, auf welche der Geiſt Gottes gefallen ſey.
Bor nun mit dem H. Geiſt auch die Geduld ans
tie, bey dem bleibe fie ſtets. Ja, es ſey nicht
glich e 5. Geift ohne Die Geduld, als
bleibee). Durch
⸗ „ri en |
„ſey, und da
„ee Er lehrete fie Tage ih
chung, nad) GOtt alleine fragen, und fonft nichts
anders, damit er nut von den Tuflbfalen fie befrey-
ete, wann es ihm gefiele, und ſie ihm defto genauer
anhangen müchteng). W
Heyden nicht verborgen. % GHrtes Borfe-
hung nichts gefchehen : nie vielmehrmußte
es Chriſten offenbar feyn, daß die allergeringjten
Widerwaͤrtigkeiten ihnen zu einer heilfamen Arzes
ney dieneten wider, ihre natürliche Hoffart.
Wer nun ſolche Prüfungen verfchmähete, der ver-
achtete ven Rath GOttes felbfth), Wovon die
lieben $eute fo gewiß waren, daß fie einander alſo
zuredeten : Was fürchteft du Dich, mein Bru⸗
„der? Sey verfichert , du darfitnichts leiden, was
„dich GOtt nicht will leiden laflen. Waser dir
„aber auflegt, das ift nur eine Ruthe zur Beſſe—
„rung,
— ——
a) Tertullianus de Patientia cap.ıs. b) Nilus lib. de Oratione c. 89. ce) Apud Auctorem Recognitionum Cle-
mentinarum lib. I. p.5. d) Idem ib. lib. III.p. 66. e) Tertuliianusl.c. £) Dorotheus lib. de Tentat. Tom.
I. Orthodoxogr.p.308. g) AnguflinusinPf.34. h) Dorotheus Dodtr.ı6.
„rung, und feine Strafe zur Berdammungzi).
n Bla ey allen ifren Verſuchungen und
$ Srangfalen fahen fie als Knechte auf die Hände
* errn, wiſſende, daß das Leid nicht weniger
die goͤttliche Borforge und Gnade anzeige, als
„die Freude k). Rn *
5. Solchergeſtalt erforderte die wahre Geduld
einen lebendigen Glauben. Denn “alleine bey
„ber wahren Gortfeligkeit finder fich ein foldhes
„Vertrauen, welches den Menfchen nicht zweifeln
„aͤſſet, GOtt werde ihm unter aller Verfolgung
„und Gefahr der Seelen dennoch Rettung fchaf-
en; oder, wenn er ja darunter verderben folle,
bn in (ehe Hände aufnehmen). Alfo Fonnte
Kind GSttes “Fein Schrecken der Welt und
aß der Feinde Fleinmüthig machen. Seine
offnung in GOTT fcheuete feinen Haß: Er
liebe unerfchrocken und —— unter goͤttli⸗
„cher Barmherzigkeit m). Wie denn die Geduld
„eine von den nachiten Früchten des"Glaubenss
„war, davon es in der apoitolifchen Kirche hieſſe:
„Der Glaube, fo er rechrfchaffen iſt, wirket Ge-
„Duld,, Jac. , 3. Und diefes traf in ver P
richtig ein. So baldals das Evangelium iz
Seelen fräftig ward, wirkete es eine War
und Bereitichaft zum Leiden. Jeper fi
Mann erzehlet vonfi wie er.
nun ber Oılen geki
fer groflen o
„daß ſie nicht in Schanden ⸗
„ten, weil fie ja. \
„grauſamſten⸗
fen ſie eben dapeı
weil alle Voͤlke
morden waren, Do
die meiften freywillig
men, und gleidyfam ei
redeten fie alfo hievons, ieh d
„te Worte überredet, odekauf vergeb )
„nung gewieſen w daß wir uns aus einer
„verzweifelten Tollkuͤ ge teib : und $ebensge:
nfahe ftürgen wollten & weil wir fo viel
„Wunder von EHE und feinen Juͤngern gefe:
„ben, welche die e des Vaters der ganzen
„Welt antrugen; fo find wir von der Mache der
Wahrheit überrounden worden, und haben ung
GStt ganz übergeben. Dahero achten wir es
„vor feinen Schaden, wenn wi unfere Glie⸗
„der hingeben, und unfere Eingeweide von euch zer⸗
„feiſchen laſſen o).
8. Cap. Von ihrer Geduld.
467
6. Die faſt unzähligen Exempel unter denen
Berfolgungen befräftigen die Rede diefes Chriz
ften, daß ihr Iebendiger Glaube diefe Berrliche
Frucht gebracht habe. Eben diefer Mann gedene
ket vor den Heyden, daß aud) fo gar die einfaltige
„ſten Knechte fich lieber von ihren Herren haben
„peinigen laffen, als den Ehriftlichen Glauben räs
„chen wollen. Ja, die Ehegatten haben lieber fic)
„ſcheiden laffen, die Kinder von ipren Eltern ent»
„erben, als wiederum abfallen,p). Alfo war
dis die Summa ihres Sinnes nah JEſu CHri-
fto, ven fie eben aus diefem theuren Glauben hat⸗
ten: Wir tragen in unferm Leben Leib und’ Seele,
„welche allen fchädlichen Dingen unterworfen find,
„Wir ftehen auch in Geduld aus, was uns zu Seide
„geſchehen mag. Sollte aber etwas geringes
„uns fo zu Herzen geben ? Ach nein, diefeSchan=
„de fen ferne von einem Knecht JEſu Chriſti daR
„feine Geduld in den geringften Dingen ſchwach
erden follte, da fie zu geöfleren gefchickt genug
„»g)! Diefes war Fein geringer, aber auch Fein
erdichteter Ruhm, weil fie des Herrn Kraft Bierin-
ne nach der Wahrheit preifen mußten. Maffen
“fie auch) “von denen Leuten, die nad) der Natur
„die ſchwaͤchſten waren , rühmeten , daß fie ſich
artern und plagen lieſſen, nicht aus Noth, denn
„ſie koͤnntens ja wohl überhoben fern, ſondern frey⸗
„willig, weil fie wahrhaftig an GOtt gaubeten zz.
rinnen fie denn Die heydniſchen Weltweifen
befchämeten , welche von der Geduld viel Worte
y. ’ ’ ’ ’
= , machten, aber nichts in der That bewieſen, weil es
ihnen an dem beiten, nemlich an der Buffe zu GOtt
= r dem Ölauben an ZEfum EHriftum mans
geiter).
7. Und cben diefes machte unter andern auch
den Unterfcheid Flar zwifchen denen Strafen und
Plagen der Gortlofen und Weltfinder, und zwi⸗—
fhen dem rechten Kreuz der Frommen: Weil in
jenen der Unglaube lauter Ungeduld, Murren und
Säftern wider GOtt und dergleichen, in diefen der
Glaube ein gelaffenes ftilles Herz machte. Das
ber fie alfo davon ihren Sinn auedrücdten: «ES
ibt in der Welt zweyerley Urfachen , welchedem
„Menſchen Widerwärtigkeit bringen, welche, ob
„ſie gleich aus einem “Brunn zu flieffen ſchei—
„nen, dennocd den Frommen ſowol, als denen Boͤ⸗
„fen,begeanen. Aber es bleibe der Unterfcheid in
„dem Berhalten derer, die es leiden. Denn ein
. „an⸗
i) Auguflinus Tract. I. in Ioh. k) Chryfofl. lib.T. de Prouid. Dei. 1) Hilarius in PC 53. m) Idem inPfss.
n) Iuflinus Apol.l.;0. 0) Arnobins lib. I. adu. Gent. p. 41.
Patient.c.8. r) Laciantius lib. V. c. 13: 14,
pP) Arnobius lib. 1I.p.56. q) Tersullianus de
r
568
„anders ift, um feiner Sünde willen geplaget wer-
„dan, ein anders, nur geübet werden um der Ge⸗
„rechtigfeit willen. Andem Sünder ift die Ver⸗
„geltung feines Verdienſts, in dem Gerechten ein
„rübmlicher Kampf über Die Gottſeligkeit. Dort
wird der Sünder geplaget, wie ers verdienet hat,
„bier wird der Gerechte in der Prüfung bewaͤhret.
Denn wie der Suͤnder in dem Ungluͤck immer
ſchwaͤcher wird, alſo wird der Gerechte in Berfu-
„ungen immer ftärfer,s). Und allerdings er-
Eannten und erfuhren die Gerechten, daß nicht al-
lein alle ihre Chriſtliche und geduldige Bezeigung
aus dem Glauben gehen mußte; ſondern daß er
. auch durch folche Prüfungen des Kreuzes geftärfet
und befeftiget würde. "Denn (fagten fie,)mie die
„Pflanzen beffer wachten, wenn fie begoflen wer:
„den: Alſo bluͤhet unfer Glaube deſto mehr, wenn
„er beftürmet wird, und wird deſto groͤſſer, je
mehr er in Unruhe herum geworfen iſt. Ja, die
„Gärten blühen nimmermehe fo fehön nach fleif-
„figer Begiellung, als Die Gemeinen, wenn fie
„vom Blute der Märtyrer befeuchtet werden).
Da fonnte es nicht anders ſeyn, je mehr der
Glaube in ihnen fich Aufferte, und denen Feinden
in die Augen fiel, je mehr widerſetzten fie ſich al-
lem, was derfelbe in jenen wirkte: Je groͤſſer aber
folcher feindfeliger Widerftand war, je feiter
wurde die Gewißheit des Glaubens, wann Die
Geduldimmer Erfahrung, und diefe die Kopf
gebracht hatte. Rom. 5, 4. Dahero war aucha
folche Art der Glaube ein fefter Örundder Gedul
Denn “die Walt, den Teufel und feine Diener war y
„wen diejenigen überdrüßig, welche ſich GOttes
„nüßmeten. Und weil der Satan und feine Hel-
„rershelfer fich bemuͤheten, allen Kampfund Sieg
„oem Glaubigen zu benehmen, und ihm keinen
„Zheil an Gſtt zu laſſen, ſondern ihn in gleiche
„Berdammniß mit zu ziehen; fo kaͤmpfte der
Ehriſte defto getrofter im Glauben. Er fonnte
„auch die Hoffnung feiner Zeinde nicht eher zu
„Schanden machen, bis er Die Lehre Des Lebens
„ganz in den Zeugniffen des HEren fuchte u).
3. Dass auch nicht oßne Anfechtungen und
Einwürfe der Vernunft abgieng, wenn es oft Den
Schein hatte, als wenn es hier denen Gottloſen im:
mer wohl, denen From̃en aber übel zu gehen pfleg-
te; Jo Ei fie auch darinne ber Heil. Geift aus
feinem Worte, daß fich ihr Ölaube in Gottes Wun-
derwege fein ſchicken lernete. Sie hatten die
s) Chryfofom. homil. de Martyribus Tom. III.
4. B. Von den Pflichten und Derhalten der erften Ehriften gegen ficb felbf
t) Id.Serm. in Iuu. et Maximum 4.
r
Klagen der Heigen in der Schrift vor ſich von
dem Scheinglüc der Gottlofen , aber fie faben
auch die herrlichen Gründe disfalls,die ihnen allen
Scrupel benehmen fonnten. Wennnunauchans "
dere entweder aus Schwachheit oder Unwiſſenheie,
oder aus Bosheit einmurfen: “ya, man fühe
„doch, daß diejenigen unzahligem Elend unter»
worfen wären, welche ein heilig geben führten ;
„hingegen, daß die in groffen Ehren und Gluͤcke in
„der Welt leben, welche nur ihren eigenen Nutzen
„nuchen,„x): So antworteten fie gar weislich, wie
jener fromme Sceibente that : “Man folle nur
„rveiter hinaus foßen, und aufdas Ende aller beyder
„warten. Ja, wer recht in dem Lichte GOttes die
„Sache anſehe, der finde, daß die Frommen aller⸗
„dings auch noch hier ihre Ehre, und die Boͤſen ihre
„Strafehaben„y). Zudem ſo ſey GOtt ſo gerecht,
daß er auch denen Gottloſen das allergeringſte Gu⸗
te, das ſie etwa nad) der Natur thun, nicht uns
vorgolten laſſe. Und wenn fie denn ihr Theil in
diefem Seben genoffen, fo hieſſe es hernach: Be-
denfe Sohn, daß du dein Butes empfangen
hast! Da inzwifchen die Auserwaͤhlten und Heili-
gen bier vor der Weltübeldran find, damit ſie durch
<chbfalen gereiniget, hernach vollfommenen
Teoft mit Zazaro genieſſen 2). Drum tröfteten fie ſich
RN it dieſen Worten: Was betrübft
„du dich, day dı ſt die Heiligenim Elend fißen,
„die Gottle i ck, da fie, wie die Schwei⸗
‚ur S und zum ewigen Feuer ges
en Denn in folchen
icht; fondern die
el Trübfalen in das
am GDce will alle
erden
9. Indem nun aubigen über dieſen ver⸗
borgenen Wegen € irre, verkehrt und noch
immer boshaftiger wurden „fo gar, daß fie entwe⸗
der GOtt und feine Vorforge hiedurch zu leugnen
anfiengenb), oder was noch verftändige und na=
türlich fromme $eute unter ihnen waren, jum we-
nigften ſich nicht drein finden fonnten, und in lau⸗
ter Zweifel, Mißtrauen und Fnechtifcher Furcht
dahin lebten , aud) feinen Frieden nody Ruhe in
fi) Baftenc): So mußten dagegen die Kinder
ED:
u) Hilarius inPf. 118.”
x) Theoph. Antioch.lib. II. ad Autolyc.p.ı21. y)Id.l.,c. z) Arhanafıas Queft. ad Antioch. qu. 67. quæ eft de
hoc argumento. a) Idemibid. b) Vteorummentem refert idorus Peluferalib. III. ep. 134.
ec) Vid. Se-
necalib. IV. de Benefic. c.30 et lib. de Prouid. c. 6. Plato lib. V. de leg. p. 578. Siruplicius Comm. in Epiderum
cap. 38. et omnino Arguflin. lib, T. de Ciu. Dei c. 8.
u. u
Ri 1 10ER, ; IR;
Ü 8.Cap. Von ihrer Geduld.
569
— — = — — * 73 nn
bi ee und Vater fieniche mie ge- - „Armuth haben fie ihr Vergnuͤgen; N find niche
achen re und befchenfen
wollte, noch am Ende ihres Lebens ihr Lohn völlig
yn; fondern, wie fie nicht vonder Welt waren, al-
do mußte auch ihre Ehre und Reichthum nicht ir⸗
pn d). Drum waren dis ohngefehr ihre
Gedanken hievon, abſonderlich, wenn fie Feine
Urfachen fonft finden s Bir lernen dag
„Elend geduldi ar meilesalle Frommen lei:
den, unddas Oi nicht hoch achten, weil es die
Woͤſen auch haben. Und deswegen iſt auch die
„göttliche behre in denen Dingen heilſam, darin⸗
„nen man feine göttliche Gerechtigkeit erkennen
„ann. Denn wir wiffen nicht, warum eben dieſer
„Srommearm, und jener Bofereich fen. War:
„um jener feölich lebe, der doch, nad) unferer Mey⸗
„nung, bielmeßr um feiner Bospeit willen gepla-
j et werden follte, oder warum der betrübet wer⸗
Ide, der nach feinem löblichen Wandel vielmehr
„sich freuen ſollte. Noch vielmehr aber werden
unsdie göttlichen Gerichte unerforfchlich , wenn
esdenen Bofen auch etwa uͤbel, und den From:
„men bisweilen wohl gehet. Ob wir aber,fi
„Die Urſachen nicht wiſſen, fo lernen wir dahh
„aus zu unferer Beſſerung, Glück
„nicht Hoch zu achten, weil es Guten
„gemein ijt, fondern an But
„welches den Frommen eigen iſt, un
Zu fliehen, welches die Boͤſen nur
„In dem letzten Gerichte €
„recht erfahren, dam
„fer unſerer Unw
’
”
munden, und unfe
bracht werben, alfo, daße
felbft noch andere vor Auffan
leiblichen Augen glück ich vorf
nicht, fondern-mit den Auge
das Innwendige reflectirte, nad
ftenicht anders, alsfi mundb
o hielte man es unter hriſten ganz unnötbig,
ie nad) ihrer Armuth, oder Krankheit, oder an:
dern folchem Zuftand zu urfßeilen, und ungluͤcklich
zunennen, nach welchem fie ſelbſt ſich Dennoch nicht
anders als glücklicy achteten. “Weil doc) Feiner
„glücklich it, als dem es nach feinem Wunſch ge⸗
„det. Nun find ja die Gottſeligen gerne demuͤ—
„thig, das verlangen ſie; ſie ſind arm, und in der
3 Glaubens auf
delchem ein Chri⸗
heiſſen kann. Al⸗
d) inus Martyr Quæſt. ad Orthod. qu. 124.
riſte „andern Gaben GOttes, die jene nicht
8 „die doch beffer find, alsalieg, wasdie Gottloſen
„ſen nichts genieſſen.
e) Acuſtin. lib. XX. de
„ehrgeizig, und werden auch nicht eehrt; fie find
„ſchwach, und in den Schwacher if ER T
„mächtig. Alſo bekuͤmmerten fie fich nicht um ih⸗
„ren Zuſtand, weil er ihnen mehr Gnade brachte.
„Und demnach war keiner gluͤckſeliger, als ein
„Gottſeliger, weil feiner glücklich ik als dem es
vnach Wunſch gehet, f). Hinwiederum bedaus
erten ſie diejenigen herzlich, welche ſie in der Weit
aͤuſſerlich glücklich leben ſahen, weil fie nicht ges
ſtrafet wuͤrden, da ſie doch in Suͤnden lebten.
Sie ſahen ſolche an, als einen Waſſer⸗ oder
„Schwindfüchtigen, melcher —* todtkrank iſt,
„und dennoch In lauter Wohlluͤſten und Trunfenz
„heit teben will, welchen ja niemand Deswegen
„glücklich achten wird. So war in ihren Augen
„Die Züchtigung gar Fein Uebel, fondern nur die
„Stunde, weil dieſe von GOtt abſcheidet, jeneaber
„zuißmuns wieder ſammlet g).
ze. Hiezu diente zum wenigſten der vorborges
ne Rath des HErrn/ wenn er die Seinigen unter
denen fremden Kindern alſo leben und plagen lief
fe, daß fie den Unterfcheid immer mehr erfuhren
i grifchen dem, der GOtt dienet, und der ihm niche
e dienet.
“Die Frommen mußten durch die Gefell:
„Ihaft der Böfen nicht ärger werden, fondern ik
ehe dadurch mehr fich üben laſſen, und defto
Derzlicher nach dev Gottſeligkeit ftreben und nach
aber, und
efigen. Wenn fienun ſehen, daß fich die Boͤ⸗
sfen vor dem Tode fürchten, forwächfer ihre Siche
ou GOtt, in der Hoffnung ihres Heils, undfi
„iind voll von görtlicher Gina — ni die —8
Alſo wirket den Lebha⸗
„bern GOttes alles zum beſten mit, da die
yihnen zum Erempel, die Frommen zum Troff
„dienen. Und fo liebet fie GOtt ganz fonderfich,
„weil er Boͤſe und Gute zum Gebrauch ihres Wars
„tbeilsbringer, unddasfremde Gute den Geini-
„gen zueigen machet, ja durch die Mittheilung des
„H · Geiſtes an ihre Geligfeit das Heil aller ana
„bern mit hänget,, b). Der nun hievon Gewiße
beit in feiner Seelen hatte, und gleichwol unter
dem unfchlachtigen verfehrten Geſchlechte durch
den Willen des HErrn leben mußte, der ward auc)
dazu von ihm mit Kraft, Much und Geift ausge:
väter, unanftößig in groffer Geduld und Beftän-
digkeit fortzugeben, und nach dem Kleinod uner-
Gree muͤ⸗
E.D.c.2. f) Saluianus lib. I. de
Prou. Deip. 8. g) Chryjoffomus hom. 3. in Luc. 16. h) Cafiodorzs lib. de Amic.
a - *
»
570 4.8. Von den Pflichten und Verhalten der erften Ehriften gegen fich felbft.
muͤdet zuringen, alfo, daß ihn weder Menfchen»
furcht noch $uft zur Rechten oder Linken abruffen
mochte. “Einen ſolchen Fonnte fein Schrecken der
„Welt abwenden, Feine Zufammenrottirung der
„Feinde verwirren. Denn die Geduld und Hoff:
„nung in GOtt ſcheuet Feinen Haß der Men:
„ſchen ). Dis war eine Nefolution, die denen
„Heiligen anſtund, daß fie einen ftandhaften
„Glauben unter allen Antechtungen bemiefen,
„und von feiner Furcht der irdifchen Unruhe be»
weget wurden, in gewiſſer Hoffnung, daß fein
Monſch etwas wider die bevorftehende Ewigkeit
„ausrichten koͤnne
12. Dergleihen Weisheit fuchte man bey na-
türlichen Menfchen vergebens, daß man auch die
Feinde durch eine wahre Geduld zu feinem eigenen
Dortheil anwenden koͤnnte. Aber Chriſten ward
diefe Gnade von GOtt gegeben, “Daß fie auch ſich
„ihre Feinde woh! zu Nutze machen fonnten. Denn
„ſie furchten nicht allein ihre Feindfchaft nicht,
„weil fie unter GOttes Schuß waren; ſondern
liebten fie auch nach feinem Befehl und der verlie:
„henen Gnade. Solchen Herzen war es noch zu
„wenig, daßfiein Trübfalen nicht traurig waren,
„ſondern fie freueten fic) noch dazu, und mußten,
„daß diefe Trübfalen Geduld wirkten. Wer moll-
„te ihnen denn fchaden? Man merkesund ſiehets
„ja nicht eher, was man bey guten Tagen gelernet
„habe, als wenn manin Noth gerätd,, 1). Wann
nun diefes alles fich an ihnen erwiefe, fo wurden 5. neh:
fie froh über die Gnade des HErrn an ihren See:
len, und freueten ſich, daß fie mit CSriſto
litten. Petr. 4,13. Sie freueten: ſich in ihrem.
$eiden, wie Paulus, und lieffen feinen Unmuth
und Traurigkeit in ihren Herzen aufkommen,
Eol. 1,24. Gleichwie einer von dem heil. Ignatio
gedenfet, daß er in feinem $eiden fo frohgemefen,
als man aud) in ſeinem legten Brieferfennen kann.
„Wie denn (feßeter hinzu,) ſolche wahre Liebhaber
„alles mit $uft über ſich nehmen, was fie um ihrer
„Geliebten willen leiden. Ihre Seele verachtet
„alles Gegenwaͤrtige, und brennet von görtlicher
„eiebe , zichet auch nichts dem Unfichtbaren
„VOL, m). Als er auch von denen Märtyrern
redet, wie fie fo frölich zum Kampf gegangen:
„Der Satan legte ihnen gluͤende Kolen unter,
„aber fie tiefen gleichfam als auf Roſen. Er zuͤn⸗
„dete hnon Feuer an, aber fie felbit fegten fich in
„den Brunnen des lebendigen Waflers, und tanz-
„tengleichfam alsineinem Geprange. Ein jeder
/
j) Hilarius in Pf. 55. k) Idem ibid.
I) Auguftians lib. de Ver. Relig.
„riſſe die Marter ſo begierig zu ſich, als wenn ſi
„alle auf einer grünen Wieſen mit einander ſpiel⸗
„ten, und Blumen im Frůhling abläfen um da⸗
„mit gekroͤnet zu werden n).
13. So ferne war es von rechtſchaffenen Nach⸗
folgern JEſu, daß ſie ſich in Widerwaͤrtigkeiten
kraͤnketen, oder ſelbſt angſteten, wenn ſie in Man⸗
gel und Anfechtung betreten wurden, daß fie viel-
mehr “in ihrer Armuth fich freueten, undfie für
„ihren groffen Reichthum bielten, ihren Hunger
„für ihre Wohlluſt, ihre Schmad) fürigre Herr⸗
„lichkeit anſahen. Da hingegen, wenn fie in
„Wohlſtand gerierben,der jie zu Luͤſten des Fleiſches
„reizen konnte, ſo freueten fie ſich gar nicht Darüber,
„ſondern ſcheueten ſich davor, als das Kind vor
„dem Feuer, 0), Alleine, diefer Sinn und Meh⸗
nung mußte nun: freylich denen Welsfindern
fremde, thoͤricht und fchädlich,vorfommen. “Sie
„verfchmäheten Die Knechteund Maͤgde GOttes
„als Narren und Wahnfinnige, Diediegegenwär:
„tigen Güter verlieren, und ihnen unfichtbare
„kuͤnftige verfprechen wollten p). Die —
„keit ihres Leidens war und bleibt nad) der Wel
‚eis Mergerniß. Denn darinne hält fich die
hiche Blindheit auf, und kann ſich nicht
R % daß unter dem ſchmaͤhlichen Kreuz
olſche gro), und ewige Herrlichkeit follte verbor-
en liegen, und daher will fie beydes lieber fah—⸗
„een laflen, als mit dem HErrn auch dag Kreuz
Sdoch, was ijt eben der Welt ge-
Chriſtum, und mit ihm fein
—74
in dieſe verborgene Weisheit uͤnd unerkannte Liebe
des HErrn recht ſchicken konnten, die nahmen alles
mit Dank und Freuden auf von der Hand ihres
Vaters. Sintemal es einmal dabey bliebe, was
jener Chriſtliche Poete davon ſetzte:
Der Rathſchluß GOttes kann die rechte Regel
— arten,
Die auf Gerechtigkeit und unfern Wohlftand
zielt;
Mer diefen nicht will ganı in Demuth herrſchen
laſſen
Der ſchreibs ihm ſelber au wenn er die Unruh
füple,
So
m) Chryfaftomus ho. ır. in Eph.
- n) Idem. hom. in S. Roman. Mart. 0) Marzrius homil, 15. p) Auguflin. de Vera Fide c. 32. qg)Hilarins
san. ıg. in Matth. r) Chryjoflem. hom, de Profedtu Euang.
*
J
*
x
ak
8. Cap. Don ihrer Geduld.
So die Vernunft erweckt; die ungeübten Sin-
nen Re
Die mögen ohne Sn wol tadeln GOttes
atß/
Wer feine Wahrheit fennt, und doch was will
beginnen,
Der denfe, daß es * wird reuen nach der
t.
Die Weisheit lehrt dich nur auf GOTTES
8* San beftehen,
Und alles, was er thut
‚ vor gut und füß anfe-
ben s).
14. Hätten fie überdis nur auf die Vergeltung
allein wollen feßen, entweder die fie nach ihrem
„ seiden zu gewarten hatten, oder auch) die denen
Feinden begegnen wuͤrde; fo war diefes Fein ge:
ringerer Grund und Antrieb zu ihrer groffen Ge:
duld. Von der Vergeltunggegen die Boͤſen und
Verfolger hatten ſie Erinnerungen und
rungen genug in dem Worte des HErrn, ſo man
Verſiche ichts
> Ju
und zu rächen x). Wiederum jammerte fie zwar
des Elends der verftockten Sünder, aber fie troͤ—
fteten ſich aud) darbey ihrer eigenen Unfchuld.
Ihre Trübfalen wurden ihnen & lauter Kronen,
„und ihr Leiden war ihnen lauter Seligkeit, gleich⸗
„wie ihren Feinden lauter Verdammniß. Denn
wer leidet / iſt CHriſti Miterbe, wer aber andern
„Leiden machet, der iſt des Teufels Miterbe y).
15. Die Erfahrung lehrete die, fo auf die Wer:
fe GOttes acht gaben, “Daß die Widerfacher ſich
„nur ſelbſt abmuͤdeten und ruinirten, hingegen
„die Gemeine EHrifti nur feſter machten. Sie
„fchwächten ihre Kräfte, und denen Ehriften be
„reiteten fie nur mehr Kronen, >). Wie denn
auchebendiefe Verheiſſungen fie zur Gottſeligkeit
aufmunterten, wenn ſie verſichert wurden, "daß
„GoOtt endlich Richter ſeyn würde, den nichts
heimliches betruͤgen koͤnne, nichts böfes erfreuen,
utes betrüben,, a), Und in was vor
Aürgten ſich die blinden Verfolger, wenn
efahr
gelte es auch analten und näheren Erempelnnicht fiedienurvor gering achteten, gefchweige gar ver-
der Rache GOttes und feiner gnaͤdigen ——
welches alles fie nicht wenig ſtaͤrkte, die G
feſte bis ans Ende zu behalten. Ihr Glaube wuß-
te, daß nicht allein der HErr alle ihre Truͤbſalen
zuließ, fondern daß es auch ihren ungerechten ABi-
derfachern nicht unvergolten bliebe. Denn “fol:
„che (fagten fie,) werden durch GOttes Gerichte
geſtrafet werden, wenn fie ihrer empfangenen
Gewalt mißbrauchet hahen, und wider e⸗
„ſtritten, oder fe
„getreten, t). &
wol nad) des HE
„bier in der Welt nicht al
„oeftrafet würde, fie den
„Geduld überen, Damit fiedes allgemeinen göttli-
„chen Gerichts erwarteten. Indeſſen war dis ihr
„ Borfag und Bemühung, daf fie fonft nicht, als
„nurum der Gerechtigkeit willen verfolget werden
„fönnten,, u). Diefem nach blieben fie bey dem
auswendigen Streit innwendig voller Keil. Fries
dens und ftolzer Ruhe, als ihnen der HErr vers
heiſſen hatte, nachdem er die Welt überwunden.
Wenn auch gleih GOtt Feine Rache über die Fein:
de befchloffen , verkuͤndiget oder geuͤbet hätte, fo
wären fie doch zufrieden gewefen in dem Willen des
Vaters, wiefiehingegen auch darinne berubeten,
wenn er verfpvach,, feine Auserwäßlten zu retten
ur
agten, deren Gebet und Verlangen zu GOtt ein-
tunge, undnicht nachließ, bis der Höchfte drein
ſahe 6). Der HErr ſtund ihnen zur Rechten, und
‚gab ihnen den Sieg zu tohn. Sie hatten nicht
einmal für den Ausgang ihres Kampfs zu forgen,
fondern allenthalben faben fie GOtt fuͤr fich ftreis
ten ce). Es ließ auch ihr Helfer ohnedem nicht zu,
daß die Sünder ganz und gar über die Gerechten
Berefchen durften, Am Ende des Kampfs ers
„klaͤrte der HErr feine Streiter vor Ueberwinder,
„und eröffnete endlich ifnen das ganze Geheim⸗
„niß ihres Kreuzes, daß nemlich ihre Gerechtigkeit
„ans Licht fame,, d). Alsdenn kehrte fich die
ganze Sache um, die Feinde behielten Schmach
und Schaden übrig, und die Heiligen nahmen bey
dieſem heiligen Wechfel das Reich em. Das
von wir bey ihrer Hoffnung ein mehrers gelernet
haben, als wodurch “Die Hoffnung des Zufünfti-
„gen bewaͤhret und beftätiget ward, da Die gegen:
„wärtigen Trübfalen ihnen die Auferftehung, die
„beffer iſt, bezeichneten e). ‘
16. Der alferhöchfte und herrlichſte Zweck ihres
Seidens und ihrer Geduld war die Vereinigung mit
GOtt, als Janatius von Herzen bofannte, “er be
„teble feinem Gott alle Sorgen, wenn er nur durchs
„eiden zu ihm fommen follte, Damit er inder Auf:
Tech nerites
s) Profßer Aquitan. Epigr.99. t) LaFantinslib.V.c.24. u) Id. ib. x) Tertullian.lib. adu. Gnofl.c.ı1. y)Ni-
lus Par.c.42. 2) Chryjof. hom.ı2. de Mul. Cananza. a) Ambro/.lib.I. Oflic.c.26.; b) Hilariws in Matth, can.
18. cyIdem in Pſ 125. d) Angufin. ham. 9. Tom.X.
“
7
* e)Chry/of. hom. i. ad Antioch.
#
572
„erftehung der Gerechten ein Juͤnger erfunden
„toürde,, f). Gleichwie er auch die Gemeine zu
‚Ephefo ruͤhmet, daß fie unwandelbar, und auser-
„waͤhlet fey zur beftändigen Herrlichkeit, durch das
„wahrhaftige $eiden,,g). Und diefes Vortheils
ruͤhmeten ſie ſich auch gegen die, ſo davon nichts
wußten, damit fie fie vielleicht auch anlockten: Un⸗
„ſer GOtt muß uns nothwendig zu Huͤlfe kom⸗
„men, und verſchmaͤhet ung nicht, ſondern er pruͤ⸗
„fet und unterſuchet einen jedweden, ſorſchet die
Seinen durchGefaͤhrlichkeiten, entdecket des Men⸗
„ſchen Willen bis in den Tod, und weiß, das doch
„nichts dabey verdorben wird. Dahero werden
ywir durch die Truͤbſalen bewaͤhret, wie das Gold
„durchs Feuer b). Wir leiden bey unferm Unge⸗
„mach ganz feinen Schaden: Erſtlich, weil wir
„bey dieſem Leben nichts achten, als daß wir nur
„bald Daraus gehen möchten; denn auch, weil
wir Dadurch unfere Zuverficht und gewiſſe Hoff:
„nung zu GOtt ftärken i), Wenn wir Gewalt
»und Unrecht ihm übergeben, fofann er fierächen;
»befehlen wir ihm den erlittenen Schaden, fo J
»erihn Fi erfegen; dulden wir Schmerzen, fo i
»er un
uns wieder auf. Gedenfer felbit, was die Ge-
duld chun kann, dag GOtt unfer Schuldner wird.
»Denn fie folgetdem, wasihm gefaͤllt, und hilft
»uns alle göttliche Gebote beobachten. Sie zeu⸗
»getvom Ölauben, regieretden Frieden, hilft der
„riebe, lehretdie Demuth, führer zur Buffe, zwin-
get das Fleifch, erhaͤlt den Geiſt, zahmer die Zun-
„Se, hält die Feinde im Zaum, untertrit die Anfech⸗
„tungen, vertreibet die Aergerniſſe, vollendet das
Marterthum, troͤſtet die Armen, ſchreibet einem
„Reichen Maaſſe fuͤr, ſchonet des Schwachen, leget
„dem Starken nicht zu viel auf, erquicket die Glau⸗
„bigen, bringet Die — zum Glauben, machet
ooKnechte und Herren bey GOtt beliebt, und ſtehet
Han jedem Geſchlecht und Alter ſchoͤn k)-
17. Demnach war ihnen alle Gelegenheit lieb,
dabey ſich ihre Kraft äuffern konnte; da ja aud) die
AUnglaubigen wußten, “daß man die Tugend
„nicht fernen fünne, wo fienicht Widerftand ha⸗
„be, fie werde auch nicht vollfommen, menn fie
„nicht durch den Begenfaß geuͤbet werde, 1), Da
überzeugten fie nun die Chriſten, und zwar mitder
That, daß dieſes in hoͤherm Grad bey ihnen wahr
ware. Wie denn die Unglaubigen ſich unter ein-
‚ander befragten, wenn fiedie Ehriften martern ſa⸗
er Arzt; leiden wir den Ted, fo wert er ı
. 2
4. B. Don den Pflichten und Verhalten der erften Ehriften gegen fich felbf, - Ä
Ban ‚ woher doch diefen Seuten diefe groſſe Geduld
ame? Wobey denn ihrer vielezu CHriſto gezogen
wurden, indem fie die herrlichen Früchte der Chrifts
lichen Gelaſſenheit fahen SR Sie konnten leicht
ſo weit aus der Vernunft ſchlieſſen, daß niemand
„der wahren Tugend folgen koͤnne, der nicht in
Mangel und Truͤbſal wohl geuͤbet ſey, und ein
„ſolcher koͤnne nur die Tugend lieb haben,
„die nichts anders ſey, als eine Erduldung des
„Boͤſen. Wer hingegen immer gute Tage ges
babe, und nichts widriges erfahr er
„ſey zum Guten nicht gefchickt. - Dahero gefcha:
„be es, daß arme und geringe Leute leichter an
„GoOtt glaubeten, als reiche und groffe, die in
„vielen Hinderniſſen, alsin Ketten, verwickelt was
„ren, deswegen fienicytgen Himmel fehen fonnten,
„Der ABeg war zuenge, darauf die Gerechtigkeit us
„die Leute gen Himmel brachte, dieſen Eonnte Feiner
„geben, als der ledig und bloswar, n). So ſun⸗
„ge auch jener Märtyrer 0): - j
Die Kinder jenes geoffen fichts
‚ Hält noch der ſchwache Leib gefangen :
Und dennod) finde ihr Wille nichts,
Woran er fonntmit Liebe Bangen. ;
Wenn Krankheit unfre Glieder plagf, \
So muß der Geift nod) ftärfer werden;
Und wenn die Seel von Schwachheit klagt,
So druͤckt fiewoldie Laſt der Erden.
8 . Nur gehoͤrte bey den Knechten GOttes dazır,
daß dieſe Geduld vom H. Geiſt gewirket, und nicht
nur durch Scheingrunde der Vernunft erdichtet
würde; wie mir ode Aprung der Geduld
erfannt habe erle Herzen ſuchten
dieſen Gr ic ——
Verderbn 1, Tilgung durch das Kreu⸗
ze CE Hr ten, daß zwar der Tod und
nalles andere Elend urfprünglid) von der Sünde
„kaͤme, daß aber gleichwol der Tod und die Plagen
„der Gerechten auch nach ihrer Berfohnung übrig
„bleiben müßten, damit fie für die Wahrheit zu
„kaͤmpfen hatten und ihre Kraft überen. Denn
„alfo mußte der neue Menfch nunmehro in dem
„neuen Bunde unter dem Elend diefes Lebens zu
„oer neuen Welt zubereitet werden, indem er als
„les Elend weislich ertrug, ei aufdeffelben Ende
„freuete, und fein unendliches Heil im Glauben
„und Geduld erwartete p). Wer nun nicht ver
„ſuchet war, der war auch nicht geprüfet, wer niche
„geprüfer war, der mar nichts nuͤte. Denen Be⸗
; „wahre
Bi 2
) Epift. ad Polye. g) Id. ad Ephel. I) Minutius Felix O&tau. p. 394. 1) Terzullianus Apol. c. 4. k)Id,
de Patient. c. 15. 1) Zadantius lib, V. ec. 7. m) Idem ib. c. 23. 'n) Lik, VII.c. 2, ©) Zaurensinsap. Prur
dentium bymn. 2, de Coron, P) Angufinns lib, ZU, de Trinit, i
J
Zu
rent
J
>,
waͤhrten aber ward viel Weisheit und Gewißheit,
vage unerfchrockener Much mitten in ihren
Truͤbſalen bengeleget ; alfo, daß es recht hieſſe: Ob
„unfer aͤuſſerlicher Menſch verweſet, fo wird doc)
„der innere verneuert. Denn es fiel alle Zaghaf⸗
„tigkeit hinweg, die ehörichten Begierden wurden
„ausgelöfchet, weil die Seele, die uber der Gottſe—
„ligkeit im Rampf ſtehet, nicht fo viel Zeit hat, daß
„fie an etwas boͤſes denken fünnteg). In Sum:
„ma, wo Kreuz war, dawar Seligkeit; wo Bande
„waren, da war geoffer Glaube und viel Kräfte,
„Je fchärfer der Satan zufchluge, je Fräftiger
„ward er zertreten, und das Wort wuchs am mei-
„iten, wenn die Knechte Chriſti in Banden la=
„gen )·
* Wer unter denen Chriſten ſolchen Kreuz⸗
proben entgehen wollte, der geriethe gemeiniglich
mmer tiefer hinein, oder, wenn er den Glauben
wegwarf, ward er gar von ihnen unterdruckt.
Denn er machte die Laſt ihm felber doppelt ſchwer,
und konnte doch nicht eher befrenet werden, bis es
der HErr vor gut erkannte. Wie einer, der wi⸗
der den Strom ſchwimmen will, ſich nuran dem
„Fortgang bindert: wer aber die aufitoflenden
„Berfuchungen in Demuth und Geduld ertrug,
„oder gieng ohne Schwerigfeit und Verlegung hin⸗
„durch. Und folhen Herzen war die Geduld
„recht felig, wenn fie fie unerfchrocfen aufnahmen
„und ausjtunden s). *
+
ewiſſen
Krigt noch mehr Licht und Glanz, indem es
wird gebiſſen
Von ſeiner Feinde Zorn t).
So blieb und war dann dieſes das beſte Mittel und
der ſeligſte Zuſtand der Chriſten, “daß fie J Kreuz
„auf fich nahmen, ihren Fuß ausdiefer Welt hin»
„aus festen, dabey weineten und feufzeten, ihr
u allein auf göttliche Dinge richteten, die
Hoffn
ung der Himmelsguͤter im Herzen Heg«
„ten, und kb zu Gott fhickten,, Y is war
Die vechte Art und Wirkung dev Geduld, fo und
nicht anders war auch der Sieg wahrhaftig ihr
ei
g) ChryfofßomusSerm.deRefurt. x) Idemhom.g.ad Ephef. s) Dororheus Dodtr. 13.
60. U) Greg. Naz. Carın. 18.
Romian, a) Id, Epift, ad Smyro;
‚»
*.
7 8. Cap. Don ihrer Geduld.
573
eigen, und dieſen mußten ſie mit ſich vor den HErrn
bringen, wie fie ihn über ſich ſeibſt zuförderft, und
denn auch über den Satan und die Welt erhalten
hatten, in Geduld und Glauben der Heiligen,
20. Die Feinde der Wahrheit fonnten fich dem
erften Anſehen nach nicht einbilden, daß dieferoder
jener unanfeßnliche elende Menſch, dev fo niedrig
und fehlecht einher gieng, fo viel Kraft, Geduld und
Standhaftigkeit in fih haben würde, als er wol
A im $eiden erwieſe. Das machte die Be—
chaffenheitdes wahren Glaubens, welcher erſtlich
gering und Elein ſcheinet, nicht hochmuͤthig noch
ruhmraͤtig iſt: aber wenn er in den Anfechtuns
gen gleichſam als ein Senfkorn gerieben und
geuͤbet wird, da erzeige er die Hitze feiner Brunſt
ſo feßr, daß er nicht allein feldft brennt, fondern aud)
andere mit fich brennend machet x), Die blin-
den Leute wußten nicht, was diefe unanfehnliche
verachtete Leute vor eine Herrlichkeit in ſich ſelbſt
befallen, und wie wohl fie mit dem HErrn und
Schöpfer der ganzen Welt ftunden, was fie vor
Kindesrecht und Vortheil von feiner Liebe mitten
unter ihrer aufferlichen Trübfalgenöffen. “O (fag:
„ten fie,)wir find nur Chriſten um des Zufünftigen
„willen, Feiner unter uns hoffet auf gegenwärtige
„Güter, Feiner verlanget in dev Welt glüctlic) zu
„fenn, denn er ift ein Ehrifte. Hat er Troſt, ſo
„danket er dem HErrn, mangelts ihm, ſo iſt er
„auch zufrieden. Ueberall iſt er dankbar gegen
„feinen Vater, er mag ihn züchtigen, oder liebfos
„fen, er mag ihm ftraten und ſchlagen, oder heis
„len,xy) Und das mußten die Feinde wiſſen, wies
wol fie es doch nicht wiſſen wollten: “Wenn ein
„Chriſte von der Welt gehaffet wird, fo wird er
„von GOtt gelieber. Denn der HErr hatte es
„felber geſagt: Wäret ihr von der Welt, ſo hätte
„die Welt das Ihre licb,, iR Es hieffe da, wie
Janatius vonihm felber fehrieb: “Sch babe mich
„ganz zum Tode, zum Feuer, zum Schwerdt, und
„zu den wilden Thieren gegeben. Denn nahe
„zum Schwerdt, nahe bey GOtt, mitten unter den
„wilden Thieren, mitten in GOtt. Mun will ich
„im Namen JEſu EHrifti mit ihm alles zu
„leiden geduldig feyn, denn der machet mich
Itark, der da ein vollfommener Menfe r⸗
„den iſt a)» - j
21. Denen geuͤbten Sinnen war es alſo Teiche.
das Wahre von dem Falfchen, die Luͤſte u BA
Ccee3 von
t) Profper Epigr. 59. et
x) Ambre/.L,de Grano Sinap: y) Auguſtin. in PL 91, z 1.) Kenarins Epilt, ad
574 4. B. Don den Pflichten und Verhalten der erften Ehriften gegen ſich feIbft.
von der Süßigfeit GOttes, und die Pein der Gott:
loſen von zeitlicher Trübfal zu unterfcheiden.
„Wenn fie nicht die Bitterfeit und den Tod hier
„geſchmecket Hätten, fo hätten fie denfelben nicht
„von demsebenunterfcheiden Fonnen. Sie Fönn-
„ten auchnunin der Ewigkeit ihrem GOtt nicht fo
„oanfen wor feine Züchtigung, als fie wirklich
„hun b). Alſo war das Erdulden und das Ent»
„halten in diefem Leben nody ihr beſter Beyſtand.
3, Denn diefes erhielte fie vordem HErrn unbeflekt,
„bis fic) endlich Weisheit und Verſtand mit ihnen
bey ihrer Erlöfung freuen konnten e). a, wenn
„fie auch) noch hier in dem HEren durch die Hoff
„nung frölich waren, und ſich freueten, da fie um
. „des Namens Ehrifti willen litten, fo opferten fie
„eben durch diefen ihren Hohenpriefter ſchon Die
„Erfilinge ihrer Freude dem wahren GOtt. Alles-
„var in ihnen eine Frucht des Geiftes, wenn fie
Bee ICE 7 os — — ——
gab ihnen der HErr foldye Gnade, daß fie auch)
nichts lieber fahen, als wenn Berfolgungen und
Trübfalen angiengen, und gleichfam ungehalten
waren, wenn die-Öemeinen gar zu ruhig und uns
gehindert leben Fonntenz wie wir unten von dem
Slor der Kirchen. fehen werden. “Der Satan
„(fprachen fie,) weiß wohl, daß wir in der Marter
„unferer Sünden los werden, und will unsdaher
„keine öffentliche Verfolgungen mehr erwecken.
„Denn er fiehet, daß, wenn wir vor Könige und
„Fuͤrſten geführet werden, um des Namens Chris
„ſti willen, den Juͤden und Heyden zum Zeug:
„niß, e8 uns nur eine Freude und Wonne fey,
„weil unfer Lohn alsdenngroßift inden Himmeln,
„Drum thuf diefes der Feind nicht mehr, weil er
„uns unfere Gerechtigkeit nicht gönnet,, ©), nach⸗
dem er doch weder leugnennoch hindern kann, “daß
„ein wahrer Ehrifte durch die bitteren Kreuzfelhe
„mit Freuden erduldeten den Raub ihrer Hüter, „zuderfüffen himmliſchen Erquickung und zu dem
„Armurh, Schmad), Tod und Pein,, d). In die- „Genuß der Herrlichkeit mit allen Heiligen ge>
fer freudigen Geduld und geduldigen Freudigkeit „lange f).
b) Macarius hom.40. c) Barnabas Epiſt. p. 209. d) Origeneshom.ı1.inNum. e) Idem hom, 10. ibid. f) Si
donius Apallinarislib. IX. epift. 4. \ :
u 6"
Das 9. Kapitel, Pr
Bon den Märtyrer insgemein, und ihrer Gedud
infonderheit, > — 4
Summarien.
as Leiden der Maͤrtyrer um Chriſti willen war das allerwichtigſte, als von @ n ihnen uͤberwun⸗
den, ja fie wuͤnſchten ſolchen Tod. $. 1. Was ein Märtyrer heiſſe, was die ekenne 2: Zweyerley Arten des
Marterſtandes; Vergleichung beyder 5 5. Zurechtweiſung derer, welche wuͤnſchen aͤuſſerlich gemartert zu werden, 4. Darauf
es nicht ankaͤme, fondern auf Toͤdtung der Luͤſte des Fleiſches, welches ein ſchwerer Marterſtand if. s. Märtyrer waren gedulz
dig und ſtandhaftig, warum, 6. Bekenntniß davon; troͤſteten auch ihre Mitfanpfer, nahmen alles mit Sreuden auf 7. und
fahen auf die bepgelegte Krone, der fie fich einander erinnerten, 8. darlun Überlieffen fie fich GOtt ganzlich, erfuhren auch goͤttli⸗
chen Beyſtand durch Berleugnung ihrer felbit, erkannten den für ungefihickt zum Reich GOttes, der hieran nicht wollte, meil fie
doch in der Marter nicht treu bleiben würden, je mehr fie von der Welt und ihren Luͤſten noch gefeſſelt waren. Treue Nachfolger
achteten alles in der Welt für Schaden und Dreck gegen Chriſtum, freudiges Bekenntniß Ignatit von fich.9. Unbeftändige die
Lieffen fich bald abſchrecken, und fuchten aufmancherlen Art der Marter zu. entgehen, Beichreibung ſolcher, 10. Klage uͤber deren
Abrall, Bedaurung ihrer unvermeidlichen Zuͤchtigung und Strafe,morinn folche beitunde,daher fie nicht aleChriften, fondern als
Mörderlitten. 11. Der Beftändigen waren mehr, als der andern, weit fie ihr Leben nicht Liebten bis inden Tod und frey im Gei⸗
fe waren von aller Furcht, daher fie willig zum Tode aiengen, darüber der Richter erſtaunet und fie abweiſet, ein andrer aber ließ
folcher viele todten die ihre Halfe willig dartveckten und mit Preis und Lob GOttes den Tod erwarteten; ız. Exempel ſolcher. 13.
Etliche waren fo gar unleidlich, daß ſle kaum die Marter erwarten konnten, Erempeleines Soldaten und anderer, 14. Lobſpruch
Germaniei deswegen 5 etliche nahmen ihnen felbit das Leben, Erempel: i5. Ob folches Sünde oder nicht ; ſonſt ergaben fie fich
ganz dem Willen GOttes; war ihre Gegenwart nöthig, fo blieben fie. nach Chriſti Unterricht, 16. ‚ fie bekannten Chriftum unge
ſcheuet, und wurden Die nicht leicht beurtheifet, jo Telbit Anlaß zu ihrem Beiden gaben, Erempeleines Soldaten, wiewol andere
die That nicht billigen ; die Verſtaͤndigen hielten vors beite, ſich GOtt gänzlich zu ergeben, meil es GOtt ſonſt wol zulieffe, daß a
einige ihn verleugneten, Exempel und Ausſpruch davon. 17. Mähtgung der allzu groffen Begierde nach der Marter wird res _
commenbdiret,nebft einer allgemeinen Erinnernng ; die Zeugen Chriſti hielten ſich an GOttes Willen, Eehreten ſich wenig au
Drohunaen, Erempel Polycarpi, Standhaftigkeit Tgnatii ; etliche Entwichene fehreten wieder um zur Marter. 18. In gewiß
fen Umſtaͤnden durften Lehrer nicht fliehen, melches auch andern bengebracht wurde, wenn fiezur Prüfung angehalten wurden,
Unterricht bierinne vor Diener Chrifti : wenn GOtt ſelbſt von der Marter-befrepete, fo waren fie ficher in ihren Gewiſſen, wun⸗
derbare Befreyung zweyer Männer. 19- $.xUne
1 ’ Is - n er
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er allen Arten des Leidens war, naͤchſt
den hohen geiftlichen Anfechtungen, Feines
’
wichtiger und feliger, als welches die Mär-
tyrer um des Namens JEſu Chriſti und feiner
Wahrheit willen don den Feinden derfelben aus:
ſtunden. Das alles hatte ihnen der HErr zuvor
gefagt, und fein Geifthatre ſchon in denen Prophe-
ten bezeuget die Leiden auf Ehriftum, und die
Herrlichkeit nad) denfelben, ı Petr. ı, 1. Es
ward auch alles an den Juͤngern Eprifti erfüller,
die fich mirdem Evangeliv leiden mußten, nah der
Kraft GOttes, 2 Tim. 1,6. und fo unzählige Trüb-
alen über dem Zeugniß von JEſu Chriſto aus-
den, Ebr. 11,33-:40. Sie bekamen aber von
oben herab göttliche Kraft und görtliche Geduld,
alles zu überwinden durch das Wort ihrer Zeug:
niß, role nach denen Apofteln Ignatius von ih—
nen fchreiber: “Sie haben den Tod felber verachtet,
„und find erfunden worden höher, als der Tud,, a).
Es mar ihr einiger Wunfch, folcher Leiden Ehri-
fti theilhaftig zu werden, und ihrem Heiland, der
ie mit feinem Blute erlöfet hatte, wiederum zu
bren ihr Blut zu vergieffen. Gleichwie einer
davon diefesbefannte: F
Ein Märtprer pflegt gar zu gern zu fterben :
Er wünfche ihm nur nah GOttes Winf den
der wunderbaren Geduld und Beftandigkeit der H.
Bekenner und Märtyrer dienet.
2. Damitwir aber ordentlich geben, wollen wir
zuförderft nachfehen, welche Perfonen eigentlich
alfo benennet worden. Ein Märtyrer beißt ei-
gentlich ein Zeuae, und das Wort Marter, wel:
ches die Deurfchen eben aus der Kirchenhiftorie
genommen, bedeutet nicht eigentlich allein Schmer-
zen und Plagen, fondern nur ein Zeugniß. Nach
dem Gebrauch aber der erften Kirchen waren
Maͤrtyrer folche Leute, die den Mamen und die
Lehre JEſu Chrifti nicht allein vor den Feinden be⸗
‚Faniten, (denn diefes thaten dieBefenner auch, fon:
dern die auch deswegen unfchuldiger Weifezu To—
| 0. Eap. Don den Martyrern insgemein, und ihrer Geduld inſonderheit.
575
TH
I» v
des» und anderer Strafe von den Feinden der
Wahrheit verurtheilee wurden, und dabey in ih⸗
rem Zeugniß bisan ihr Ende beftändig verharres
ten. Hingegen waren nun Bekenner eigentlich
diejenigen, welche eben über ſolchem Bekenntniß
mit Gefängniß oder andern geringen Strafen anz
gefehen wurden, dabey aber weder einige Dein noch
den Tod felbft ausftehen durften, ungeachtet man
je auf allerhand gelindere Arten zur Berleugnung
ringen wollte. Noch eigentlicher aber nennete
man Befennerdiejenigen Ehriften,die ohne vorhers
gehende Frage oder Zwang Chriſtum freymillig
vor jedermann befenneten, und darüber alles mit
lauter Herzensfreude litten c). Micht weniger ward
diefer Dr Titul andern redlichen Liebhabern
JEſu bengelegt, welche um feinet willen alle das
Ihrige verliefen, darüber auch ins Elend wanderz
ten, und fich des Evangelii von ihm nicht fehämeten,
nach Chriſti Befehl Matth. 19, 12. 33. davon wir
oben fehon im 2. Cap. geredet. Und diefes alles
mußte in der Kraft Ehrifti gefchehen, indem fie
eben damit bezeugten, daß “fie Chrifto angehörten,
„wenn fie fich bey den Feinden vor Chriſten aus:
„gaben, und alfo in Ehrifto ihr Bekenntniß tha⸗
„ten d).
3. Ehe ich aber zu denen blutigen Märtyrern
mich wende, muß ich zuvor von einer andern Art
der Märtyrer erwehnen, welche vorzeiten in ges
wiffer Maafle auch vor Märtyrer gebalten wur—
den. Nemlich, fie theilten ven Maͤrterſtand in
zweperlep Arten ein, einen nennten fie, wenn
man unter dem Schwerdt der Bortlofen lie:
gen mußte;den andern, wenn manin Schwach
beit und Widerwärtigkeit gleichwol Ges
duld in feinem Zerzen bebielte e). Diefen
letzteren nennten fie Martyrium incruentum,
und rühmten deſſen Koftbarfeit faft eben fo
hoch, als des erften. Der berübmte Maͤrty—
rer Eyprianus, der wol alle beyde Arten in groß
fer Maaß erfahren bat, feßet doch dieſen neben jes
nem, wenn ev fehreibet: Die Gemeine pfleget
„die Ehre des Märtyrernamens eigentlic) zwar
„denen zu geben, die bey der Marter bis an ihr
„Ende in der Bekenntniß des Namens JEſu ver⸗
„blieben find, und den Bund des Evangelü bey den
„Unglaubigen mit ihrem Blute verfiegelt haben. »
Jedoch ftatten auch das ganze eben der Gortfeli-
„gen ein Zeuanik von GOrt ab, nicht zwar als ob
„er ein menfchliches Zeugniß bedürfte, fondern
„wei
a) Epiſt adSınyrn. b) Prudentius hymn. 2. c)Enfebinslib. II. H. E. e.9. d) Tertull. adu. Gnoſt. c.9. e) Hie-
ronymus Epiſt. ad Damaſum.
—
a
. ri *8 — nie
65 42. Don den Pflichten und Verhalten der erften Ehriften gegen fich ſelbſt.
„ieil er in der Schrift alſo redet, als wenn er ent⸗
weder von ung geehret dder verunehret würde, .
„Die Merones, Divcletiani, Decii und Marimi-
ni tyranniſiren zwar nicht immer ; aber der Safan
„böret niemals auf, diejenigen zu betrüben, wel-
sche fich um Streit ergeben haben. Es werden
„auch fünftig vermuthlich folcheZeiten Fommen, da
„die Gemeinen durch Feine Verfolgung der Tyran-
nen geplaget werden : Aber es wird niemals am
„Streit noch Marter mangeln, damit Die Gorte=
zfürchtigen GOtt preifen werden. Fehlet es gleich
yan Tyrannen, Henkern und Räubern, fo wird es
„doch an böfer Luſt nicht mangeln, als welche uns
„täglich Gelegenheit des Marterftandsgibet. Ja,
„das Elend dieſes Lebens felbft, welches Boͤſen
„und Guten gemein ift, wird ung eine Märtyrer:
„erone zubereiten, wofern wir es fanftmüthig und
„init Danffagung erdulden,, f). Dieſes wie-
derholet der erfahrne Mann anderswo: Ein
„Ehrifte Bat nicht nur eine Krone, welche in der
„zeit der Verfolgung erlanget wird, fondern der
— hat auch feine Krone, damit wir als Sie:
„gesherren in mancherley Kämpfen befrönet wer⸗
„den, nachdem der Feind gefchlagen und überwuns
„den ft g). F
4. Wann auch einige Chriften entweder aus
Betrug ihres Fleifches, und zur Befchönung ih— ce
ver Zärtlichkeit, oder auch aus ernftlicher Begier⸗
de etwas zu leiden, fich beklagten, daß fie bey ru:
digen Zeiten Feine Gelegenheit zum Marterftand
hätten, ward ihnen eben aus diefem Grunde fehr
fhön geantwortet: “Niemand fage, ic bin un:
„glücklich und zu unglüclicher Zeit geboren, denn
„ich kann fein Märtyrer werden, weil die Zeitder
„Berfolgung aufböret : esift EeinMero, fein Decius
„mehr da. Denn ein jeder ann zum Märtyrer
„werden, wenn er aus göttlicher Liebe feinen böfen
Begierden und Berfuchungen heldenmüthig wi⸗
„derftehet. Deine Begierde ift dein Decius,deine
Furcht ift dir einMero, deine Verſuchung ift dir
„ein Julianus. Damit hatder Satan den Hiob
„und Paulum gequälet, da es niemand, auffer
„dem, der geplaget wird, empfindet. ja, GOtt
„felbft hat den Abraham bis zur Aufopferung ſei⸗
„ner väterlichen Siebealfogeübet,, h). Diefeser-
wiefen fie unter andern aus den Erempeln der Heiz
Uliigen, welche eines natürlichen Todes geftorben,
und gleichwol unter die Märfyrer gerechnet wa—
ten, weil fie fowol, als die andern, von Chriſto ge-
f) Lib. de duplici Martyrio.
in Matıh, XX. 23. k) Gregorius M. hom. 33. in Euang.
rät
—— — ———
zeuget, ſich zur Marter und Tod bereitet, ja in dem
Verlangen und Sinn der Feinde ſchon ſo gut als
todt waren. Dabey fie ſonderlich Johannem,
den Juͤnger JEſu anfuͤhreten, welcher im hohen
Alter ſoll eines natuͤrlichen ** geſtorben ſeyn,
und den Tod, nicht wie die and
Von dieſem ſagten fie, “wie er gleichwol auch den
„Kelch der Bekenntniß getrunken haͤtte, wie ihn
„die 3. Männer im feurigen Dfen getrunken, ins
„dem es ihm an dem Willen ut Marter nicht ges
„mangele hätte, ob Die Verfolger gleich fein Blue
nicht vergoffen, i), Siehe oben das ı Gap
$. 16 n ;
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5. Und Biemit troͤſteten auch diejenigen fich un
ihre Mitchriften, welche nicht zu den Zeiten der
Verfolgungen, fondern bey der äufferlichen Rus
be lebeten, und daher etwa unruhige Gedanken
leiden mußten, als ob fie von GOtt Feines wahren
Leidens gewürdiget würden. Dieſe richteten fich
damit auf: "Man könne auch ohne Schwerdt den⸗
„noch ein Märtyrer feyn, wenn man im Keeu
„Glauben und Geduld bemahre,, . Sonder⸗
lid) aber fahen fie hieben auf das red)
Shsiitenfröyg,fo fie vor ein recht Geheimniß hielten,
ch auf Die. Todtung ihres alten Menfchen
ner Lüffeund Begierden. Bon dieſem w
in ihnen endlich gänzlich ertoͤdtet
’ »
Kräften und
„ner, der ſich darinnen zie
„wenn man unfer vielen Speifen dennoch faſtet,
„beyvielen und Föftlichen Kleidern dennoch frieret,
„unter den Reichthum dennoch Armuth leider,
wenn es uns die Welt zwar anbeut, der oͤſe
wicht zeiget, und es dennoch unſer Herz verlachet
„und verwirft 1)? Bu
6. Welche aber nun unter den erſten Gemeinen
eigentlich Märtyrer hieſſen, die bewieſen ihre grofs
fe Geduld und Standhaftigfeit bey allen Gelegen⸗
ern, erlitten haben.
feeigentliche #
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beiten, und fanden dazu allenthalben Fräftigen.
Trieb, bindende Urfachen, überfchwängliche Kraft, .
ber»
g) Idem de Zelo et Liu. Serin. 2, h) Macarius homil. 5. i) Hieron. Comm,
l) Berzhardus Serm. I. de emnibus Sandis,
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e ‚*falen von der Hand ihres lieben Vaters im H
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tes, ob er fie der Maͤrtyrerkrone würd
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ihr Glaube
Herzen uͤbe
nen koͤnnten,
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9. Cap. Von den Maͤrtyrern insgemein, und ihrer Geduld infonderheit. 377
nen und unendlichen Lohn. Ich
till hier das Fuͤrnehmſte Fürzlich entwerfen, in-
dem dierganze Materie von den Märtyrergefchic)-
ten allein ein grofles Buch ausmachen würde.
Daß ich nun en 5 der Geduld bey den
Maͤrtyrern 9 ‚ fo iſt ſchon insgemein von ih⸗
rer Geduld gewieſen worden, wie ſie alle ihre Trüb-
im⸗
mel angenommen, welches eben der fuͤrtreflichſte
Grund war, darauf ſie ihre Geduld ſteureten. Das
Zeugniß des H. Geiſtes lehrete ſie aus ſeinem Wor⸗
fe, daß bey der Verfolgung nichts ohne GOttes
Willen 5 Deswegen ſie darauf ſahen, wie
eben ſolche Verfolgung gleichwol GOtt ſonderlich
anſtaͤndig ſey, und zur Pruͤfung oder Verwerfung
feiner Knechte noͤthig. “Bas iſt vor ein anderer
„Ausgang oder Wirfungderfelben, (fagten fie,)
„als die Prüfung oder Berwerfung des Glaubens,
„durch welche GOTT fuͤrnemlich die Seinigen
„berfucher Hat,, m)? Solchergeſtals wußten fie ih⸗
von eigenen Willen Fräftiglich zudampfen , daß fie
ihm vorbielten bey dem Kampf wider denfelben,
nes ftehe ja niche-in ihrer Macht, fondern in GOt⸗
ig machen
„wolle, no). Und ebendiefes hielten ſie ihre i
den vor, die fich eindilderen , fiebandelt
Chriſten er a ei
I
r
„werden, was uns zu plagei
„het. Bilder ihr euchein, a |
„gleich Elend ausfteben, da ihr gleichwol ſehet,
„daß es von euch und uns ganz auf ungleiche Arc
„erduldet wird? Ihr führer allezeit eine Elagende
„und murrende Ungeduld dabey, wir aber erwei⸗
„ſen eine ſtarkmuͤthige und gortfelige Geduld, die
„allezeit ruhig und gegen GOtt dankbar ift. Das
—* verlanget fie nichts luſtiges oder glückliches,
„tondern fie ift gelinde und fanft, und gegen alle
„Stürme der unruhigen Welt ftandhaft,, 0).
Sie ſelbſt, die Märtyrer, tröfteten fich und ihre
Mitkämpfer, erfuhren auch in der That, daß fie
m) Tertull,lib.de Fuga in Perfec. n) Cyprian.lib.de Mortalit.Serm, 4. 0) Cyprian. lib. ad Demetrian.
Ny/fen. de Beatitudinibus. g) Cyprianus Exhort. ad Martyres. x) Idem Serm. de Lapfis,
.
*
durch ſolch Leiden, als durch Feuer gelaͤutert, und
von ihrem natuͤrlichen Verderben mehr und mehr
befreyet wuͤrden. Dis ſahen und wußten jene
Maͤrtyrer wohl, welche bey ihrem Tod freudig da⸗
von’ vedeten, als fie ihre Kleider ausziehen mußten.
Darum fprachenfie: "Wir ziehen nichtunfere Klei=
„oder aus, fondern wir legen nur unfern alten Menz
„ſchen ab. O HErr, wir dankendir, daß wir zu⸗
„gleich mit dieſen Kleidern die Sünde ablegen ſol⸗
slenz! Auf folche Weife nahmen die Heiligen alle
ihre Marter mit Freuden auf, als Reinigung ih—
ver Sünden, auf daß fein Merkmahl von denfel-
bigen in dem Herzen überbliebe, fo durch die Luſt
eingedrücket worden. Die herbe und ſchmerzli⸗
che Empfindung mußte alle Spuren der Begier⸗
den in ihnen verloͤſchen p).
8 Wir haben bey der Chriften Hoffnung bes
reits erkannt, nie fie gar nicht auf das Sichtbare
bey ihrem teiden gefehen , denn fo hätten fie nichts
als Jammer und Schmerzen, Blut und Tod er
blicket. Allein, fie ſahen Durch) diefes alles durch,
und erblickten im Glauben diejenige Krone wel⸗
che ihnen der HErr, der gerechte Richter, ſchon
beygeleget hatte. Darauf freueten ſie ſich ſo ſehr,
und dieſes unterſtuͤtzte ihre Geduld in den allerges
fahrlichiten Berfuchungen, welche der Feind ent:
weder felbft, oder durch feine Werkzeuge wider fie
brauchte. Das wufiten fie wol aud) durch die auf
ferliche Stimme einander vorzubalten ; twie wir aus
Drigenis, Tertulliani, Eypriani und anderer Er—
hnungen fehen, welche fie an die Märtyrer ſchrie⸗
Nur eines Drtes zu gedenken, fo ſchreibet
tere alfo: “O was iſt das vor eine groſſe
rde, wasfüreinegroffe Sicherheit, mit Freu⸗
en von Binnen zu wandern, und Die Angſt und
Jammer rüßmlich auszuziehen, die Augen plößs
„lich zuzufchlieffen, womit man noch die Seute und
„Welt ſiehet, und fie alsbald wieder aufjurhun,
„daß man GOtt und Ehriftum ſchauet, q)! Und
abermal, wenn er die Belohnung der Märtyrer
fo gewiß macher: “ABenn die feine Schuld haben,
„welche Chriftum verleugnen, fo werden aud) die
Bekenner Feinen Sohn der Tapferkeit erlangen.
„Wenn hingegen der uͤberwindende Glaube gewiß
„gekroͤnet wird, fo wird nothwendig dieüberwun-
„dene Untreu geſtrafet werden. Der unverfälfch-
„te Glaube bleiber in feiner Stärfe völlig, und
„wer feine ganze Hoffnung, Glauben, Kraft und
„Ruhm in Chriſto hat, derfelbe kann wider Chris
”
*
weder etwas reden noch thun r),
dvd 9. Sol⸗
pP) Greg.
-
#
578
9. Sollten nun dieſe und dergleichen herrliche
Gründe nicht ftarf genug geweſen ſeyn, die Her:
zen der Glaubigen zu bereiten, daß fie der Kraft
aus der Höhe und ihrer Regierung ſich gaͤnzlich
überlieffen , da der HErr ohnedem an feinem Zug,
Trieb und Negierung nichts mangeln lieffe?, Die
aber fich alfo vom HErrn zu feinem Preis führen
und brauchen lieffen , die erfußren auch, daß er fie
nicht vergeblich zu einem fohohen Werk ausgerü-
ſtet hatte, fiefelbft aber fiengen nun benzeiten an,
durch eine gänzliche Verleugnung ſich zu dem
Zeugniß von JEſu zu ſchicken. Wer dieſen Weg
noch nicht glauben oder annehmen wollte, dem
bezeugten fie theuer, daß er zum Reid) Öottes no)
ungefchickt wäre, weil er zur Zeit der Anfechtung
bald wieder abfalfen würde. Du wirft (fpra-
„chen fie, ) deinen Hals dem Henker vergeblic)
„Ddarftrecfen, wenn du nicht deine Glieder zuvor ge=
„tödtet haft, nemlich die Gemuͤthsbewegungen, die
dem Geift widerftreben, Feindſchaft, Mißgunft,
„Geiz, Hoffart, Unzucjt,, s). , Hingegen, lehrte
‚die traurige Erfahrung, wie diejenigen, CHriſto
nimmermehr treu blieben, welche noch in der Lie⸗
be der Welt und ihrer felbft verſtricket waren ;
wie ein heiliger Märtyrer folche Klage führt : “Es
betreugt ihrer viel die blinde Liebe zu ihrer Erb—
: „fehafe, daß fie niche bereit ſeyn, weil fie von ih⸗ fü
„ven Gütern , als mit Feffeln, gebunden find, und |
dennoch auch nicht gern zurück weichen wollen;st).
Mas aber treue Knechte und Mägde IJEſuChri⸗
fi waren, die durch Kraft feines Lichts den ſchmalen
Weg zum geben erwaͤhleten, diefelben, ob fie fe pi in
der Welt viel zu verlieren gehabt hätten, achtete
doch alles für Schaden, und ihr Leben ſelbſt nich
theuer, wenn fie nur EHriftum gewinnen konnten
Es war wohl dem theuren Janatio Ernft genug,
wenn er diefes von fich fehrieb: “Was man nur
ſiehet, dasift nichteroig. Aber zu dieſem Werk
„‚gilt nicht Ueberreden, ſondern es gehört gar ein
„groffer Muth dazu. Ich aber will GOtt zu Eh⸗
„ren gernefterben. Laſſet mich nur der wilden Thie⸗
„se Speife werden, durch die ich zu GOtt kommen
„kann. Sch binein Körnlein GOttes, und werde
mit den Zahnender wilden Thiere gemahlen, da:
„mit ic) ein reines Brod GOttes erfunden werde,
„Wenn ich entfchlafen bin , da werde ich ein rechter
Faͤnger CHrifti feyn , fo bald die Welt meinen
zSeib nicht mehr fehen wird, Bittet den HErrn
für mich, daß ic) durch diefe Werkzeuge GOtt
„ein Opfer werde u).
s) Idem de duplici Martyrio. t) Serm.deLapf. u)
4.8. Don den Pflichten und Verhalten der erften Chriften gegen fihfeb
ıo. Und weiter unten fährererfore: “Nun fan
„ge ich an ein Jünger CHriſti zu ſeyn, weil mich
„nichts anficht, weder das. Sichtbare, nach Uns
„ſichtbare, damit ich noch zu CHriſto komme . So
„laß hergehen über mich Seuer, fl Haus
„ren Thiere, Zerhauen, Zerma der Gebeine,
„Zerreiſſen der Glieder „ Bernichtung des ganzen
„seibes, und die Plage des Teufels, wenn ich.nur
u CHriſto fomme. Die ganze Welt fann mir
„nichts helfen, noch die Reiche derfelben, mir iſt
„beſſer um EHrifti willen zu fterben ,. als über bie
„ganze Erde zu Berrfchen,, x), und wie feine gei⸗
ſtesvolle und herzliche Worte mehr lauten. Wie
ſich nun in denen beftändigen Maͤrtyrern die Kraft
des HEren alfo Bevrlich äufferte, fo verrierhen hin
gegen die Unbeftändigen und Abtrünnigen ihre ”
Heuchelen, wenn fiefich die Schmerzen, Schmach
oder Schaden abfchrecken lieſſen. Denn da lieſſen
ſich etliche abſchrecken durch Drohworte, oder
auch durch Liebkoſen der Verſolger, ja lieſſen
ſich wol gar bewegen, den heydniſchen Goͤtzen zu
opfern, welcherley Leute hurificati oderdacrifieati
genennet worden y). Andere meynten, es ſubtiler
und vorfichtiger zu machen, wenn fie bey der heyd⸗
nifchen Obrigkeit anhielten, daß man fie doch mit
der Auflage verfchonen möchte, daß fie alfo opfern
vͤllten. Manche erfauften auch wol ein Privi-
en, oder wirkten ein fchriftlich
aß fiefeine Epriftenwären, und alfo
13 oder wenn die Chriftlichen
jefordert wurden,
ji in,
auf folchen I
verbrennen möchten, oder
welche Art zibellatici
und Trad egemein befchreis
bet einer ihren elenden Zuftand fehr fein: *Wann
„diefe zu den umteinen Opfern bingiengen, fa:
„ben fie ganz Si aıc und‘ zitterten, als ob fie
„ſelbſt zum Opfer follten abgefcylachtet werden,
„und nicht felber opfern. Darüber wurden fievon
„oen Zufehern verlacht, weil fie fahen, daß fie weder
„Herz zu fterben noch zu opfern hätten. Andere
„fprungen etwas Burtiger zu den Altaren, und
„fagten frech, fie wären niemals Ehriften gewefen.
„Bon welchen der HErr wahrhaftig gefage bat,
„daß folche ſchwerlich felig werden. Dieubrigen
„folgten entweder den andern nad), oder machten
„‚fich aus dem Staube, und wurden dennoch wie⸗
„oerum erhafiht. Einige, mit denen es bis aufs
; 5 „Gefaͤng⸗
Ignatius Epift. ad Rom. x) Idem ibid. y) Deferipfit
nuperrime Dn. Pfannerus Obf. Singular. II. P.T.p.147.fegg. z) Vid. Id. ib, Obferu. III. p. 226. fegg.item-
que poftalios e recentioribus Ioh. Oxonienfis Not. ad Cyprian. de Lapf. Zarroguan. lib. III. Aduerf. in c. 2:
Dodvvellss Dilert. ad Cypr. Epiſt. 14. p. 26. fegg, Natalis Alexander Sec. IH. Hit, Ecclef. di. 5. et Niemannns
Difert. fingul.
>
[2
gabenfie fie _
tis,fie die Feinde
verbrannten fie wol
Le
———
9. Cap. Don den Maͤrtyrern insgemein, und ihrer Geduld inſonderheit.
„Gefaͤngniß kommen war, oder auch, die etliche
Tage ſchon gefangen gelegen waren, verſchwu⸗
„ren doch den Glauben, ehe fie noch vor Gericht
„kamen. Noch andere verzagten, nachdem fie
„ſchon einige Marter erdulder hatten a)
. 1 Ein glaubwirdiger Mann, der felber dar:
bey geweſen, klaget darüber alſo: Ich habe etli-
sche gekannt und beweinet, welche guoffen Helden⸗
„much gehabt haben, und dennoch abgefallen
„find, als fie der Krone am nächften waren.
„Was war aber die Urſache? Sie hatten ihre Au—
„gen von dem abgewandt, der allein den Schwa⸗
„chen Stärke gibt. Sie unterlieflen das Gebet,
„oder begunten auf menfchliche Hülfe zu ſehen.
»Sie fahen nur auf die Schwachheit ihrer Natur,
„auf die Inſtrumenta der Marter, die ihnen auch
»im erften Anſehen erfchrecdlich waren, und Biel»
»ten die graufame Marter ifren ſchwachen Kräf:
„ten entgegen, dahero verloren fie den Gicg,, b).
Und an einem andern Ort: Die Anzahl der
„Brüder, welche verleugnet, hat bald bey den
„erften Drohworten der Feinde ihren Glauben ver-
„loren, und ward nicht durch den Anfall der Ber-
„folgung, fondern von fich felbft freywillig nieder:
„geſchlagen. Cie warteten nicht einmal, bis fie
f Bert hten, fondern ſie
ohne Streit
Suͤnde aber
e Chriſten,
wie fie von dem HErrn fo ſchwer deswegen ge-
züchtiget würden, und noch in diefer Welt andere 3
eiden vom
n ausftehen müßten, damit fie
er Welt verdammet mwirden:
nicht gar ff
Man ficher
„einer aus d
„traurigen Ausgang: Denn fie koͤnnen auch bier
icht oßne Strafe fen, ob wol der Tag der
„Strafe noch nicht Fommen ift. Indeſſen wer:
„den fie gezüchtiget , auf daß fich die andern befe
„fern mögen,, d). Diefe zeitliche Strafe beftun-
de num ofte darinne, daß ſie dennoch von den Sein:
den gemartert wurden , oder zum menigften mit boͤ⸗
ſem Gewiſſen, undofferibarer Schande ihrer Unbe⸗
ſtaͤndigkeit, und niedergefchlagenen Augen vor den
Frommen ihr Leben zubringen mußten. in be-
kannter Hiftorienfchreiber verfichert von einer ſol⸗
chen Begebenbeit, da alle diejenigen, welche Ehri-
ſtum verleugnet hatten, von den Feinden nieder
zurück gezogen, und dennoch, fowol als die an—
dern, gemartert worden. Wobey er nachdenklich
v -
a) Eufebins lib. VI. c. 41. H.E. b) Cyprianus lib. de dupl. Mart, c) Idem lib, de Lapfis. d) Ibid.
trafe gegenwärtig, (fehreibet
ıfahrung,)und ich beweine ihren y
579
ſetzet, diefe hätten nun nicht als Chriſten, fondern
als Mörder gelitten, da Bingegen den andern ihre
Schmerzen gelindere worden durch die Hoffnung
der Krone, durch die Liebe Chrifti, und die Gna—
de des H. Geiſtes. Jene hätte ihr eigen Gewif-
fen mehr beſchweret, als die Ketten und andere
Strafen. Diefe wären frölich zu der Pein Binz
geführer worden, und hätten in ihrem Antlig et-
was göttliches von fich puren laſſen. Die andern
wären betrübt, niedergefchlagen und auch Auffer-
lich) fehrecklich und ſchmaͤhlich geweſen e).
12. AUnterdeflen war die Menge derer, welche
bis in den Tod getreu blieben, viel gröffer und
herrlicher vor GOtt und dem Vater hits HEren
JEſu Eprifti, welche auch denjenigen Frieden, und
die Gnade, die auf dem Unbeſtaͤndigen ruhen woll⸗
te, an ftatt jener genoſſen, und nicht hinweg wur⸗
fen, fondern fie zum Preis ihres GOttes und zur
Ausbreitung feiner HerrlichFeit anwendeten. Das
machte, fie lieberen ihr Leben nicht bis in den Tod,
fondern hatten es nach Ehrifti Willen haſſen ge—
lernet, und da fie diefen einmal lich gewonnen,
mochte fie auch weder Schtwerdt, nod) Verfolgung,
noch Hunger, noch Bloͤſſe, noch Fährlichfeit, oder
Atwas anders von der Liebe fcheiden, die da in Chri⸗
ſto JEſu aud) gegen fie brannte, “Sie waren
„(wie folche befchrieben werden, ) von der Furcht
„der Vertreibung ganz frey, weil fie das Paradig
„fie das Vaterland der Menfchen achteten, und
' die. janze Erde als ein allgemeines Elend anfas
„ben. Sie fturben täglich, und nahmen durch
ge Todtung des Fleifches immer mehr ab,
e alfo den gedroheten Tod nicht fürchteten.
hatten fich felbjt ihrer Güter und alles des
gen aus der Hoffnung zu dem Eünftigen
eich begeben. Ta, fie bedauerten, daß fie den
„Märtyrern in ihrem Kampf nur einmal nachfol-
„gen Fönnten, da die Natur nur einem Tod uns
„terworfen iſt, fl Was Fonnte aus folcher
grimdlichen Vorbereitung anders erfolgen , als
daß fie immer mehr Begierde im Herzen fühleten,
für Chriſtum zu fterben , je mehr fie der Betrach—
tung ihres Leidens und Todes oblagen, und täglich
in der Heiligung wuchfen. Diefe verurfachte wol
gar bey etlichen, daß fie freymwillig zum Todegien-
gen. Wie einer fich deswegen a die Erfahrung
beruffet, und erzeblet, daß einften bey einer Vers
folgung die Ehriften alle mit einander vor den
Richterſtuhl kommen, und zum Tode fich angebo-
‚ten haben, Der Richter He erſtaunet, Babe efs
liche davon wegführen laffen, und zu den
Dddde
uͤbrigen
geſagt:
€) Eu-
‚febins lib. V. c. 2, f) Gregorius Nyffenus Orat. de Balil, M.
y
%
580
gefagt: „Wollt ihr ja flerben, o ihr elenden Leute,
Io habt ihr ja Stricke genug, und Oerter, da
„ihr den Hals brechen Fonnet,, g). Als auch eins⸗
mals ein Sandshaupfmann in Egypten alle Ehri:
ften wollte abftrafen laffen , ergaben fich dieſe
freywillig und haufenweiſe unter das Schwerdt.
Der Unmenſch aber wurde weder durd) Betrach⸗
fung der groffen Menge, noch durch ihre Tapfer-
keit ermeicher, fondern ließ fie zum Tode binfüh-
‚ren. ‚Darauf fie alle mit einander vor-die Stadt
hinaus auf einen Plag giengen, nicht durc) die Ket⸗
ten der Henfer gezogen, fondern mit dem Bande
des Glaubens verfnüpfer. Da mangelte feiner
von ihnen, ungeachtet niemand auf fie ſahe. "Sie
ſtreckten alle freywillig ihre Hälfe dar, und liefen
wol einander zuvor, daß die Henfershänve ehe
müde wurden , ob fie ſchon einander abloͤſeten.
Die Schwerdter wurden darüber ftumpf , die
Märtyrer aber forgten nur dafür, daß der Tag
zu geſchwinde ſich endigen möchte, und fie alfo von
der andern Gefellfchaft zurück. bleiben müßten,
Indem aber -die erften erwürger wurden, lieffen
fich die übrigen nicht faul finden, fondern fungen
und preiferen GOtt, und ein jeder wartete mit
Verlangen, bis die Drdnung der Marter an ihn
‚fom, daß er aud) mit dem tobe GOttes zugleich
feinen Athem ausbliefe b).
13. Bon Erempeln foldyer unbefchreiblichen Ge⸗
duld und Freudigkeit im Leiden fonnte id) eine un:
zaͤhlige Menge darlegen, woſerne Zeit und G
legenbeit es vergönnten. Ich will aber nur ni
etlichen wenigen vergnügt feyn, Die an ft
andern allen uns einen Abriß von dieſer
madjen fönnen. Alsd ärtyrer aus
feinen Lehrer Sixtum zur Marter führemfah
weinete ev bitterlich, daß er nicht auch mit ſterben
ſollte. Ja, er. brach in diefe Klage heraus: “OD
„mein Vater, wo willt Du hingehen ohne deinen
„Schn? Was hat dir an mir nicht gefallen? Ber:
„fuche es doch , ob du mich zu einem gefchickten Die-
„ner erfehen habeft,,.i). Der bekannte Örigenes
erwies ein folches Berlangen nad) der Marter, da
er faft darüber umfommen wäre, wo. ihn GOtt
nicht hätte zu andern Dingen aufgehoben. Wie er
denn auch feiner leiblichen Mutter Widerſtand hier-
bey leiden mußfe, die nicht allein mit vielen Bitten
an ihn ſetzte, fondern auch, da er noch immer begie-
tiger darnach wurde, —* die Kleider verſteckte, da⸗
mit er ja zu Haufe bleiben mußte k). Eben dieſes
Verlangen nad) der Marter erwieſe Selicitas, eine
4
u ie
4.3. Donden Pflichten und Verhalten der erften Ebriften gegen fich felbft.
ottfelige Grau, welche wegen ihrer Schwangera
halt nicht alsbald hingerichtet wurde, ge
gen fo fehr zutrauren anfieng, alsdieandern hinge⸗
führet wurden, betete auch mit ihren Mitchriften
fo ernſtlich zu GOtt, daß endlich doc) ihr Wunfch
erfüllet ward, und fiemit den andern leiden fonn=
te). Einsmals wollten die Feinde die Zuſam⸗
menfunft der Ehriften zerſtoͤren und gabendeswes
gen einem Hauptmann Befehl, fie von einander zu
freiben. Als nun Diefer aus Mitleiden esden mei⸗
ſten zu wiffenthat „blieben fie doch nicht davon, ſon⸗
dern eilten mit defto groͤſſerm Verlangen nad dem
Dre, als ob fie beforgeten, es möchte an einem
fehlen, welcher niche mi ſterben Fönnte, Unter
andern eilete auch ein Weib mit ihrem Kinde hin⸗
zu, welches auf fein Befragen antwortete: Sch
eile deswegen dahin, damit ich auch da zu finden
fen, und mein Kind auch ein Zeuge werde m),
14. Wiederum war das Verlangen beyeinigen
fo gar unleidlich, daß fie kaum der Marter erwar⸗
ten konnten. Ein Soldat fahe einft zu, wie Die
Shriften gemartert wurden, befam deswegen ein
fehnliches Verlangen, auch alfo zu feiden, fprang
hervor und fprach: Was wartet ihr nodylange,
„und ſtehet ſtille da? Zureiſſet nur meinenseib, zer⸗
e Hoffnung eines ewigen
„werde „je werde ich beiohnet werden. Das
„eeiden dieſes Lebens verfchaffet uns bey GOtt eine
„ervige Freude: Wenn wir taufend Plagen und
„herrlicher glänzen, n). Eine Jungfrau zu Ale:
yandria ward. nach vielem Leiden endlich zum
Scheiterhaufen geführet-, und. Damit. bedroher,
wann fie nicht GOit läftern wollte,
fi) ein wenig bedachte, aber alsbald mitten ing
euer fprang, und fich verbrennen fieß, : Wodurch
fie denn ihren Abfcheu vor der Feinde Zumuthen
ſamt ihrem Verlangen nach der Matter wirklid
darthat 0). _ Eben ein folcher Zeuge der Wahrheit,
mit Dramen Romanus, wardbey den Tyraͤnnen
angegeben, als wenu er die andern Chriften per:
füßrte, Er aber, als er hörte, daß man ihn fan-
gen wollte, gieng von freyen Stuͤcken vor die Rich⸗
ter, und bate, daß man ihn binden follte. Er ſtreck⸗
te auch feine Hände felber dar, wie auch feine Sei-
te, und. ließ fich willig mit eifernen Zacken reiffen,
Und da man dieſe feine Beſtaͤndigkeit Bere
rt⸗
h) Euſebius lib. VIII. c. 9. ) Ambroſius lib. I. Ofke: c. 41. k) Prudentius
g) Tertulianus ad Scapul. c. 5.
m) Enjebins lib. XL c. 5,
hymn. 2. Eufebins lib. VL, c.1.2.3. 1) Ad. apud Baronium A. CCLXII.
n) Bafılins Oxat. de Gordio. 0) Ewebins läb. VI. c. 40.
artert mich, wie ihr wollt!
chgepeiniget und gequaͤlet
Darauf ſie
Wunden bekommen, ſo werden unſere Leiber deſto
— —
— —
-
— ——
w.2
Hartnaͤckigkeit auslegte, fprach ev unter andern:
„Ich nehme alles fehr gerne an, und ſchlage nicht
„aus, daß ich fi das ganze Volk geopfert werde.
Ich Din bereit, alles zu ertragen, was nur eure
„Oraufamfeit mit mir vornehmen wird,,. Als
auch einige erinnerten, daß er, alseiner von Adel,
gelinder möchte tractivet werden, ſchrye er: Scho⸗
net meiner ja nicht mit der Marter , fondern
„wendet nur alle eure Kräfte an, damit ic) auf fol-
sche Art vecht vernehm und adelich werde,, p),
Gieichwie auch. die gedachte Jungfrau freywillig
ins Feuer forang, alſo thaten es viel andere, wenn
man fie fragte, was fie erwählen wollten. Denn
fie zeigten mit der That, daß Sterbenihr Gewinn
waͤre. Wie die Chriſten zu Nicomedia bey folchen
agen thaten, daß fie entweder freywillig in die
Flammen fprungen, oder die Nacken dem Schwerd⸗
te begierig darſtreckten q). Die zu Carthago mach:
ten es nicht anders, als man ihnen frey ſtellte, ent-
weder in einen brennenden Kalkofen geworfen
zu werden; oder dem Jupiter zu opfärn. Denn
R Rn fi) in die 300 ſtark gefchwind ins
euer r). r
15. Es ift auch ein fchöner Lobſp
GBermanicus, ein Mäutprer, vo
Gemeine erbielte, die
„re Mann bat durch)
„Gnade die Furcht de
‚„abgerhan,. enn al
den wollte, und. ihn
fonne er fich nicht Fang
die wilden Thiere ob er vie
Marter ſchelten wollte, daffiefo langfam wäre,
deswegen das umftehende Volk über diefem wun-
derbaren To entfegte, wie auch über die
Keait me en inder Verſchmaͤhung des To-
des s). fehlet aber auch nicht an Exempeln
derer, die bey Verfolgungen ibnen ſelber das Le—⸗
ben genommen haben. Dahin auch einige die
That jenes Ehriften rechnen , welcher einen Fay:
h, welchen
er ganzen
er tapfe=
görtlichen
rf, be-
it Fleiß
ſerlichen Befehl wider die Chriften, der angefchla-
gen ward, herunter geriffen hatte, und Darüber
aufs graufamfte gepeiniger ward. Dabey er
doc) feine Freymuͤthigkeit und Seelenrube bis an
feinen legten Seufzer behielte, und nicht einmal
traurig ausfahe 1). Gleichwie aud) die That ei:
nes gottfeligen Aufſehers nicht will gebilliger wer⸗
den, der einen Goͤtzentempel in Perfien eingerif-
fen, + darüber nebjt vielen andern leiden müf-
IM
p) Prud. hymn. 10. de Coron. q) Exu/eb. VIILc. 6,
fius hyimn.5. s) Apud Eu/ebium lib. IV. &14.
9. Tap. Don den Märtprern insgemein, und ihrer Geduld infonderheit.
— _
fen u). Aber unter diefe Thaten gehören aud)
diefe, fo man vonder Heil. Sophronialiefet, die
bey der Gefahr ihrer Keufchheit lieber fich felber
erftach, und alfo dem HErrn ihre Keuſchheit aufe *
opfern wollte x). Dergleichen Exempel wir im
5. Cap. von der Chriſten Keuſchheit mehr geſehen.
Aus Verlangen aber, EHriftum zu bekennen
fprang jene Jungfrau, Eulalia, unverfehens
hervor, nachdem fie von der Henden Grauſam⸗
Feit gehörer hatte, und fchrne: "Welche eine Ra—
„ſerey it das, daß ihr die Chriften nörhigen wol:
„tet, den wahren GOtt zu verleugnen? hr
„Chriſten, gebt euch zufrieden! Sehet, ich bin
„den abgöttifchen Dienften der Teufel feind, ich
„trete Die Goͤtzen mit Fuͤſſen, ic) befenne meinen
„GOtt! Eure Götter find nichts! Der Kanfer ift
„auch nichts, weil er Menſchenwerke ehret.
„Wolan, Henker , brenne, fehneide und tbeile
„meine Glieder, die ohnedem von Leimen find,
„die Dein ſoll Doch mein Herze nicht verändern„y).
Db nun fie wol unausforechlich leiden mußte, ließ fe
sge
fi) doch ganz gerne zerfleifchen, und fpye noch.
darzu dem Richter ins Gefichte,
16. Nun rühmen. zwar einige von den Alten
folche Heldenmüthige Refolution, wie der Hiſto—
ricus fonderlid) die Weiber deswegen vor wunders
bare Maͤrthrinnen haͤlt 2). Andere wollen: fich
nicht unterſtehen, freventlich von ihnen zu urtheis
len... “Denn (fagenfis,) wie? Wann die Wei:
„ber in der Gofahr ihrer Keuſchheit fich nicht aus
„eiten menfchlichen Betrug oder Irrthum hät-
„een umgebracht, fondern aus Gttes Befehl,
nd im Gehorſam, wie man auch mıcht anders
„glauben fan? Wenn aber nun GoOtt alſo befih⸗
„let, und zugleich weifer, daß ers ohne lange Um⸗
„ande haben will, wer wollte diefen Gehorſam vor
„eine Sünde achten? Wer wollte einen fo gottfe=
»ligen Gehorſam beſchuldigen? Unterdeſſen (faͤh—
„tet er ſort,) wuͤrde der es nicht ohne Suͤnde thun,
„der nach Abrahams Exempel, feinen Sohn GOtt
„opfern wollte. Wer nun hoͤret, daß er ſich ſelbſt
„nicht umbringen ſolle, der thue es, wenn es derjeni⸗
„ge gebeut, deſſen Befehl man nicht verachten
„muß. Mur büte er fich, daß diefer göttliche Be⸗
„fehl nicht in einiger Ungewißheit wanke,a).
Wie fie nun in diefem allerfdwerf unct fich
alfo Findlich nach des HErrn Wille en, alfo
thaten fie es auch in ſolchen Fällen, eetwan
Dddd 3
T) AMartyrolocium Romanum d. XXIV. Aug. et Prudine
t) Martyrolog. Rom. d. VII. Sept. et Laitantiusde Mort, Per-
fecut. ©13. u) Theodorirus lib.V.c.39. x) Eufeb.lib. VI. c.ı7.
y) Prudentius hymn. 3. de Coron, z)
Eujebius lib. VII. c. 13. a) Auguflinus lib, I. de Ciu, Dei c. 27.
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Das.
—— ——— — —— —— — —— —
682 4. B. Von den Pflichten und Verhalten der erſten Chriſten gegen ſich ſelbſt. «
ö — — — —— —— — — — — — — —- — —— *
mie der Flucht der Marter oder Todes Umgang Lobſpruch beleget: “Ermwarmit der Hoffnun a
eit
haben konnten. Dahero ſie hierinnen eben ſich an
Feine gewiſſe Regel bunden, fondern ihres HErrn
Willen erwarteten. Konnte ihre Flucht und Ab⸗
weſenheit nicht ohne ihren oder anderer Seelen
Schaden geſchehen, ſo blieben ſie, wo fie waren, wañ
ſie auch noch ſo viel ausſtehen mußten. Zeigte ih—
nen aber GOtt ſelbſt einen Ausgang, und wieſe
alfo nach allen Limftänden, daß es fein guter Wille
> wäre, fo waren fie auch dazu bereitet, als die in
allem und zu allem geſchickt feyn mußten. Der
Err JEſus hatte es feinen Jüngern gefagt,
Natth.10,23. Wenn fie in einev Stadt verfol-
ger würden, follten fie in die andere fliehen:
Das denn auch die Apoftel nach Gelegenheit tha—
ten, nicht aus Zärtlichkeit und zur Vermeidung
der Marter, fondern weil fie des HErrn Willen
verſichert waren, der fie noch zumehrern Zeugnif-
‚fen brauchen wollte. So zerftreuete fich Die Ge—
meine zu Jeruſalem, als fic) eine Verfolgung er»
hub, und die Apoftel blieben allein da, Apoft.
Geſch. 8,1. Petrus gieng aus der Stadt an einen
andern Ort, als er aus u — ne
men, Apoft. 12, 17. dergleichen auch Paulus ge-
| than, c.19, 30, 1Cor. 11, 32. ja Chriſtus felbit,
Matıh. 11,13. c. 14,13.
17. Wir haben oben im 17. Cap. des 1. Buchs
$.5. geſehen, daß dis eine nörbige Pflicht der Chri-
iten jey, ihren Heiland ungefcheut zu befennen.
Ach werden wir unfen bey den Wundern der
Märtyrer fehen, wie fiebey folcher ihrer Bekennt⸗
niß GOttes aus groffer Liebe zu GOTT fait
nichts gefühlee, und gleichſam auffer fich felber ge-
weſen. Aus welchen Urſachen fi) niemand
leichtlich unterftund, Diejenigen zu beurtheilen,
welche in gewilfer Maaſſe felber Urfache over eini=
gen Anlaß zu ihrem Leiden gaben. Ein foldy Er-
empel erwehnetein alter Scribente von einemSol-
daten, der bey der gewöhnlichen Austheilung, der
Siegeskränze ſich felber verrieth, indem er nicht,
wie die’ andern, den Kranz auf dem Haupte, fon:
dern in der Hand trug, darüber alsbald vor einen
Chriſten gehalten wurde, weil diefe Weife von den
Ehriſten befannt war. Der Haupfmann fragte
-ihn, warum er fic) anders als die andern aufführete,
dem er ortete: "Er dürftenicht anders, er ſey
„ein Chrifte,,. Und diefer,der ſich felbft zur Mur:
tev angab, wird deswegen ein Streiter GOttes,
genennet , *und vor beftändiger, als die andern
„Brüder, angegeben, zugleich aud) mit diefem
€) Tertullianus lib. de Coron. Milit. d) Apud Eujfebium lib. IV. c.15.
„nes Bluts bezeichnet, geftiefele mit der Ferti
„des Evangelii, gegüietet mit dem fcharfen Worte 7
Gottes, und ausdes Apoftels Worten, über und
„über gewapnet,. Er habe auch im Gefängniß
auf das Gefchenf Chriſti — ‚ und ſey mit
dem weiſſen Sorbeer der Marter gekroͤnet mwor-
den c). Andere aber wollen diefe That nicht billi-
gen, hielten es vor eine Unbefonnenheit, oder wol
gar Hoffart: deswegen er von einem andern wohl
vertheidiget wird. . Dem fey aber mie ihm molle,.
fo Hielten doch die Berftändigen vor das befte, daß
ein jeder im Gehorfam des Glaubens ſich dem
HEerrn gänzlic) übergab, welcher denn in ihnen,
weil errechtichaffen war, Geduld wirkte. Diefe
Geduld aber mußte nothwendig beftandig ſeyn,
denn fie fam aus dem Glauben, mit welcher die
Verwegenheit, Unbedachtfamfeit, Hoffart und
andere falfche Lrfachen nichts zu thun hatten.
Wann es denn gefchahe, daß einige unbefonnen
fid) zur Marter angaben, ohne Noth oder Forde⸗
vung, ließ es zuweilen Der HErr zu, daß fie abwi⸗
chen und verleugneten. Dadurch fie und andere
deſto weislicher wandeln lerneten, und fich zuvor
genau prüften. Dergleichen Urtheil die Märty-
rer zu Smyrna dor ben fälleten,, welche fich
felbjt angegeben, ch vor der Marter zurück
getreten ware önnten diejenigen nicht lo⸗
„ben, me eyen Stuͤcken zur Marter
„giengen,
Evangelio ein anders geboten
„würde d). |
18. Und hiervon offenbarten aud) andere bey
folchen Fällen ihre Gedanken, die allzugroffe Be:
gierde etlicher Chriften in etwas zu mäßigen. Dar-
unter auch einer mit war,welcher mit feiner eigenen
Erfahrung bievon zeugen Fonnte, nachdem er an⸗
fangs eben fo Heftige Begierden nach der Marter
gehabt hatte. Drum fchriebe er alfo davon : Wir
„follen nicht jächzornig oder unbefonnen zum
„Rampf des Todes hinfpringen, wenn wir vonder
„Wahrheit zeugen wollen. Es iftzwareine herr:
„liche Sache, wenn ein folcher Rampf zur Bekennt⸗
„niß Chriftivorfällt, da mandie Befenntniß nicht
„auffchieben foll, nod) für die Wahrheit zu ſterben
Gleichwol ift auch diefes fehön,
„ich faumen.
„daß man zu einer folchen und fo groffen Verſu—
„chung feinen Anlaß gebe, fondern fie Umgang
„habe, wenn etwa wir vor dem Ausgang ungewiß
„find, oder den Feinden zu gröffern Sünden Ans
„laß geben. Denn diefe werden aud) um unfert
’ „willen
*
4
J
Le
un
— 4
w%
+3
J —
Km
=
..
A
erer geftraft werden, wenn mir uns
„aus Gelbftlicbe ihnen uns zu tödten anbieten ,
„da ung feine Moth dringet;,. Unterdeſſen feßet
er doch diefe affgemeine Erinnerung dazu: Wenn
„einer dazu fertig und großmuͤthig iſt, und damit
„GOtt ehret, den Heiland auch +4 befennet, der
„iſt gleichwol bey GOTT Ehre und Lobens wür-
„dig,,e), Diefemnach blieben die Zeugen JEſu
CHriſti in folchen Begebenheiten beſtaͤndig in al-
lem, nachdem fie des göttlichen Willens dabey
verfichert waren. Wenn gleich unter dem Volk
mandımal die Rede gieng, man würde fie gefang-
lich) einziehen, kehrten fie fich daran nicht ; wieman
vonPolpcarpoweiß. Derfelbige ließ fich endlic)
durch vieles Bitten feiner Freunde bewegen, daß
er ſich auſſerhalb dev Stadt eine Weile aufbielte.
Und ob er wol von dar nach einem andern Dre wi:
che, folgten ihm doc) die Feinde nach, daraus er
ſchloß, es babe es GOte alfo befchloflen. Dahero
er fprach:: "Des HErrn Wille gefchehe,,f)! Mit -
was vor Gewißbeit, Standhaftigfeit und Ver:
langen bate doch Janatius feine Mitchriften,daß
fie feine bevorftehende Marter ja en
—5 Das machte, weil ihr Herz im Glauben
dur iß des Geiltes GOt
erum getroft
zur Marter bingiengen , als efwa von Marco
Arethuſio gefchrieben wird, welcher deswegen fich
zur Marter angegeben , weil andere feinenwegen
gepeiniget, und in Gefahr gefeger worden h).
19. Man bemennte auch gerwilte Umftande, wel⸗
che abfonderlich die Lehrer verbinden Fonnten, in
Berfolgungen auszuhalten, und die Ihrigen nicht
zu verlaffen. Es wurde auch denen beygebracht,
welche meyneten, fie müßten nun EHrifti Befehl
alfo folgen , daß fie auch bey der geringften Trübfal
alsbald von einer Stadt zur andern Höhen. Denn
folche wurden gebeten, fid wohl zu prüfen, warum
fie ihre Pflicht verlieffen,, und der Verfolgung ent
€) Origenes Comm. in Ioh.c. IV.
" fenws Orat. de eo. 1) Ewfebius lib. VI. c.39.
9. Cap. Don den Maͤrtyrern insgemein, und ihrer Geduld infonderheit.
— — —
gehen wollten, ob fie aus bloffer Furcht und Zart⸗
3 1 f) Eufe bins lib. IV. c. 14.
Orat. I. in Iulian. i) Auguflin. Epift.ıgo.adHcnorat. K) Tertullianus de Fuga in Perfec, Gregorins Nyf
ur 3 "a4
%s
lichfeie, oder den andern zum beften fich der Gefahr
entzögen? Darum hieffe es: “Die Diener Chri⸗
„ſti koͤnnen alsdenn vor der Verfolgung fliehen,
„wenn entweder Feine Gemeine mehr da ift, wel=
„cher fie dienen koͤnnten, oder, wenn fie da ift, Der
„Dienft durch andere dennoch kann beftellet wers
„den. Hingegen wenn bey allen Lehrern einerley
Gefahr ift, fo muß man die nicht‘ verlaffen,
„welche ohne andere nicht ſeyn Fönnen,,i). Ein
anderer machte diefen Schluß hievon: “Wenn
„ou die Flucht vor noͤthig haͤlteſt, fo ſchreibeſt du
„entweder GOtt etwas Boͤſes zu, Daß du vorder
83 _
*
%
a
.
+
>
—
„Verfolgung, als vor einem Uebel, fleuchſt, oder
„du ſchaͤheſt dich vor ſtaͤrker, als GOTT ſelbſt,
„wenn du dir einbildeit, daß du dem entgehen koͤn⸗
„neft, was doch GOTT über dich befchloflen
„dat, k). Wenn aber GOtt felbft wunderbarer
Weife fich geneigt bezeigte, die Seinen von Der
arter zu befrenen, fo konnte das Herz deſto
gewiſſer feyn, daß esdes HErrn Wille wäre. An
welchenZeichen des göttlichen Willens es zuder Zeit
nicht mangelte; wie wir etliche merfliche Erempel
davon Iefen. Von dem berüßmten WBundere
mann. Bregorio, zu Meucäfarien, wird gefchries
ben, daß er fich in der Verfolgung aufeinen Hüs
gel begeben ‚und darauf von den Feinden verratben
und umeinget worden. Wobey er mit feinen Ge:
fährten im Glauben gebetet, da denn die Feinde _
verblendet worden, und ob fie ihnen gleich fehr nas
he geweſen, dennoch fie nur vor jivey Bäume ans
Be baben!). Und einanderer wurde dadurch)
errettet, daß feine Feinde mit Blindheit gefchlas
gen wurden. Als er aber mit den Seinigen gar
hinweg zog, ward er. von den Soldaten eroriien
und weggefubret. ein Freund aber fand einen
Haufen trunkener Bauren, welche mit ihm auf
das Haus zuliefen, da die Soldaten jenen vers
wahret hatten. Diefe erſchracken uber dem Ans
lauf, und lieffen ihn alfo los. Bey ſolchen Bes
gebenheiten war des HErrn Willen unſchwer zu
erkennen, und dahero defto treulicher in acht zu
nehmen.
g) Epift. ad Roman. h) Gregor. Nazianz,
Das
zn
EN —
-
.
»
—
Freude war den Weltkind
Dasıo.Sapitd, I *
Von ihrer Freude und Beſtandigkeit in der Marter.
Summarien.
Hesilichkeit ſchmeckten; ſolche Freude war nicht verftellet, war auch inuͤberwindlich, F. i.
mit der Verfolgung aufgehoͤ
dig zu erhalten. 4-
. spyrüsfuer waren in ber Marter freudig durch göttliche Kraft nach dem Exempel der Apoſtel, mit welchen fie die künftige
Erempel: 2. Solche
ern ſeltſam und faſt unglaublich, je weniger die Märtyrer ernithaft ausjahen, Exempel; da
vet, mebr Erempel. 3. Freymuͤthiges Bekenntniß von ihrergreude — ———
Ermunterung zum Kampf, auch wol bey den Schwaͤchſten wirfte GOtt eine ſolche Freudigkeit, die audern
Lieffen fich an ihrer Freude nicht fören: s. Etliche wußten fich nicht zu Inffen vor Freuden, welche von keiner Marter geftörek
murde, Erempelder Märtyrer; das allerfeligfie war, daß fie Chriſtum öffentlich bekannten, ungeacht der gr in, 6,
darüber fich einer ſehr verwundert, weil alles die Gnade wirkete, mitder Zeitachteten die ee An nor:
‚ Die Chriften waren bereit zum feiden, weilfiees für die höchite Wohlthat erfannten, daher fieauch denen Tyrannen baf
Erempel. 9. Ihr Glaube brach du i
Exempel der Gemeine zu Smyrna und anderer, ı1. in a a a
danfeten, viele Zeugniſſe Davon, wider alle Bernunft, 8.
von, 10. !
Lachten ihre Feinde, Exempel. 12.
orte ; etliche haben die Peiniger g
Sreudenlicder , Erempel. 13. Bergleichung der Standhaftigkeitder Chriften mit der Hartnaͤckigkeit der Heyden. 14.
Die Märtyrer fühleten gar feinen Schmerzen, fondern ver
Erſchreckliche Marter des Arethufli, der dennoch der Heyden ſpottet e i
eſholten, daß fie nicht ſcharf genug zuſchluͤgen, ie fi — ——————
ie ſungen die ſchoͤnſten
Ver⸗
mahnung der Chriften unter einander zur Beſtaͤndigkeit; aus Erfahrung wußten fie viel herrlichesvon der Märtyrer Beikändige
feit zu erschlen, Erempel. 15. Abfichten, Urſachen und Wirku
mant. 16. Einige zeigten auch ihre Beſtaͤndigkeit mit nachd
Deruvtheilung der Chriſten. 18.
Vergleichung ihrer Herzen mit einem Des
en der. Marter ;
; i ) i { chdruͤcklichen Worten, Erempel.. 17. Diß alles ‚hätte di 3
gen ermeichen mögen, aber es half u Suter: ee De sine
L Br > z —
nſonderheit iſt an denen Maͤrtyrern und
Zeugen der Wahrheit dieſer Vorzug wohl
in acht zu nehmen, und als eine ſonderbare
und göttliche Kraft anzufehen, wann fienicht allein
in irer größten Pein geduldig und ftille, fondern
auch voll überfehwänglicher Freude waren. Es
war das Wort JEſu bey ihnen nicht vergebens,
wenn er zu ihnen gefager hatte, fie follten ſich
euen, und vor Freuden hüpfen, weil ihr John
o geoß feyn wuͤrde. Matth.5,ro.11. Solche hel⸗
denmüthige Freudigkeit überftieg alle n
Cröatur, und war ein göftliches, himmliſches
Werk, das feinem natürlichen Menfchen ver-
nehmlich, viel weniger möglich war. Wann
Paulus ſich noch der Trübfalen rühmete, fo über:
fvand er in dem allen weit. Rom. 8,37. Er war als
ein Teauriger, aber allezeit fröfich, und die Apoftel
alle giengen immerdar frölich vonder Feinde Ange-
ficht, wenn fie nur würdig werden Fonnten, um des
Namens JEſu willen Schmad) zu leiden. Apoſt.
Gefchy. 5,41. Darum war es ihnen zu fhun , und
diefeg war der Urſprung ifrer Freude, weil ſie die
Seiden dieſer Zeit nicht, oder wenig, die Herrlichkeit
aber defto gewiſſer iin Vorrath ſchmeckten. Wer
auch auf ihre äufferliche Geberden achtung hatte,
der inußte geftehen, daß diefe Freude nicht verftels
(ef, fondern in dem innerften Grund ihres Her
jens entfprungen wäre. Sogar feht brach fie in
.a) Paſſio Cypriani.
8
Natur und .
—
N: - ⸗ — 38997 a
efpiel in ißren Verſu⸗
ungen. ihnen Freude diefes Lebens
nbi m fie ie nur fraurig: Wollten
fie fie traurig machen , fo war Friede und Freude
in ihren Herzen, alsbald fie nur der Maplzeichen
CHriſti theilhaffig wurden. RN
2. Diefes find nicht erdichtere Lobſpruͤche, fon
dern unmiderfprechliche Wahrh ‚ welche Die
Bernunft unumgeſtoſſen laffen muß, der Glaube
aber defto Höher verehret, je völliger fih des HErrn .
Klarheit in feinen Werkzeugen gefpiegelt Ka
Solche Freudigkeit hatte a der — een
get der getreue Knecht Eprifti, Eyprianus. Denn
er antwortete, auf Befragen des Tyrannen , mit
ungemeiner Freymuͤthigkeit: “Nichte du nur
„aus, was dir befohlen iſt. Man darf fich in einer
„gerechten Sache nicht lange bedenken. Der
*
HErr EHriftus, welchem ich unaufhoͤrlich diene, *
„tt mein Heil und meine Staͤrke. ch begehre -
„nichts beſſers, als daß ich meinen 538% —
„und mit aͤuſſerſtem elle zu ihm eile. Die
„eiden diefer Zeit find der zukünftigen Herrlichkeit
„nicht werth,,. Worauf er GOtt vor fein Ur⸗
theil Dank fagte 2). Eimfonderbar Erempel fol-
— * —
— *
2
a
72 2
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BEE WERE “
y
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’ 10. Cap.
u
> ding, welche zu den wilden Thieren mit
* an und Freuden eilte, (nach den Worten des
»&efchichtichreibers,) nicht anders als ob fie zum
„Hochzeitmahl oder Brautbette geführet würde.
„Sie kanzte recht unter den Schlägen, und huͤ—
„pfete gleichfam im Triumph, als man fie mit
„Feuer ängften wollte, Sie fühlte auch nichts,
„weil fie diejenigen Güter hoffete und bereits ev-
PR riffe, die fie glaubete, und weil fie mic Chri-
Kr einen geheimen Umgang genoß,, b). Ein
anderer Chrifte behielt feine innerliche und Auf:
ferliche Freudigkeit auch inder erfinnlichiten Mar:
ter bis an den leßten Athem c), Und noch von
unterfchiedlichen verfichert einer, der es mit Aus
gen gefehen, daß fie eine mundernswürdige Frey⸗
muͤthigkeit und vecht örtliche Kraft in dem Glau⸗
ben an CHriſtum erwiefen. Kaum fen über die
erften das Urtheil gefprochen worden, fo wären
die andern ſchon wieder vor dem Richterſtuhl ge-
Sprin-
fanden, und hätten ſich vor Chriften befanne, Als!
le Marter wäre ihnen Kinderfpiel gemefen, und
ihr Todesurcheil hätten fie lachend, mit Freud
und Vergnügung angehoͤret, j \
Schöpfer zu Lobe Pfalt
gungen bis an ihr Euderg
ve, eiefam und
ern, die faft
ht trauen woll⸗
einer zu Antiochia
ſollen, nicht ein einzigmal nur e
ſondern allezeit froͤlich und gutes Muths war, ja
noch dazu die ſchoͤnſten Pſalmen abſunge. Wie er
denn auch noch beym Leben blieb, und auf Befra-
gen die Urfachen feiner Freudigkeit alfo anzeigte:
„Es ftunde ein Juͤngling mir ftets zur Seiten, der
„init einem ſchneeweiſſen Tuche mir den Schweiß
„abwiſchte, und mich dabey mit faltem Waſſer be
„iprengte. Ich aberempfand fo groffe Luft, daß
„ich faſt traurig ward, als man mich der Marter
zu erlaffen befohfe,. md bey diefer Gefchichte
feßen die Hiſtorici darzu, daß fich Die Tyrannen
eben diefer feiner Freudigkeit wegen recht gefchä:
met, und dahero mit der Verfolgung fortzufaß-
von Bedenken getragen, weil fie doch Feine Ehre
damit einlegen würden ©), Was muß es vor ein
4
Ä Don ihrer Sreude und Beftändigkeit in der Warter.
cher groffen Freude findet man ander Beil. Blan⸗ freudiges Schaufpiel geweſen feyn,
zer Haufe fo feölicher Zeugen mit einander gerro
inden Tod giengen ? eh —— Pe
fuͤnfen ſtehet, andem Tage ihres Sieges aus dem _
585
wenn eingane =
ee
Kerker in den Schauplag, als ob fiein den Hm
mel giengen, freudig und murbigin ifrem Antlitz,
zitternd vor lauter Freuden und Begierden, und
nicht aus Furcht. Eine Frau, mit Namen Per:
petus, gieng unter ihnen mit freyen und Burtigen
Schritten, und fehlug mit dem Glanz und Freu:
digkeit ihrer Augen das Anfchauen aller nieder,
Eine andere, Felicitas genannt, hattedaran ihre
groͤßte —— daß ſie auch darbey ſeyn konn⸗
te. Jene funge lauter reudenlieder, und trat
gleichſam ſchon den Feinden auf die Köpfe f).
4. Das war es, weſſen fie ſich insgefamt in der
Kraft CHriſti vor den Unglaubigen ruͤhmten:
„Bir freuen uns, indem wir fo erwuͤrget werden,
„weil wir glauben, daß uns GOtt durch feinen
„Öefalbten erwecken, und ohne Leiden und Tod
inverweslich machen wird 2). Was iftdas vor
„ein ſchoͤnes Schaufpiel in den Augen GOttes,
„wenn ein Chriſt den ſchweren und fchmerzlichen
„Streitantrit? Wenn er fich auf die graufamen
‚Drobworteundalle Marker und Dual bereitet?”
„Wenn ev Tod und Henker hoͤhniſch verlacher?
Wenn er den Königen und Fürften freymuͤthig
„unter Augen trit, und niemand als feinem GHte
„nachgibt und weicher? Wenn er auch als ein
„Siegesheld im. Triumph feinen Richter felbft
„großmuͤthig verfpottet h)? Sollte das nicht goͤtt⸗
„lic und heilig ſeyn, oder kann es wol ohne GOtt
„geſchehen, wenn die Gemuͤther ganz umgekehret
„werden, daß fie, ob gleich der Henker und eine
„unerdenfliche Marter auf fie wartet, nichts de:
„ſto weniger von der Suͤßigkeit und Liebe jur
„Öortfeligkeit ergriffen werden, und CHriſti
„Freundſchaft allen Dingen der Welt vorzie⸗
„ben, i)? Aber fo freudig als die Glaubigen fich die-
fer Gnade ruͤhmeten, fo forgfältig waren auch die
erleuchteten Herzen für einander, damit fie alfe
ihren Sauf mit Freuden vollenden möchten, und
ihrer Feiner dahinten bliebe, daß er entiweder gar
abwiche, oder doch nicht fo gerne lite. Aus die-
fer Abficht Hoffen dergleichen Erinnerungen: «Y
„wer wollte dem Tod nicht frölich und ohne Furche
„entgegen geben, der in den Augen GOttes fü
„werth geachtet ift? Er muß ja den Augen deſſen
„gefallen, der auf die Kämpfenden von oben ber
Eee „ab
b) Martyres Lugdunenfes ap. Eufebiumlib, III. c.3.. ©) Martyrologium Romanum d. VII. Sept. d) Eufebius lib.
i Hass: ©) Sozomenus lib. V.c.19. 20.
* AdtaPı
5 i) Arnob,
.I. adu. Gent,
% wi “
Dr.
Socrateslib. III. c. 18. 19. et Auguſtin. lib. XVIII. de Ciu, De
uæ et Felicitatis ap, Baron, An. CCLXIIL, g) Zufinns Dial. cum Tryph. Fein
h) Minur. Fel,inO&au
80
*
*
„=
586
„ab fichet, und an unferm Kampf ein Wohlgefallen
„eräget, auch darinnen uns beyftehet, und nad)
„dem Sieg befrönct k).
5. Als einsmals eine harte Verfolgung vor der
Thuͤr war, fchriebe ein mweifer Mann gar herzlich
an feine Brüder: “Es ift nunmehro ein fcharfer
„und graufamer Kampf vorhanden, worzu fc
„die Rampfer EHriftimit unverrücktem Glauben
„und groffer Stärfe ausrüften müffen. Das
„heilt aber mit CHriſto erfunden werden, wenn
„man ihm darinne folget, was CHriftus gethan
„undgelehret hat. Eswillder HErr haben, daß
„wie uns in Verfolgung freuen und huͤpfen ſol⸗
„ten: Denn eben darinnen werden Kronen des
„Ölaubens ausgetheilet, die Kämpfer EOttes
„iverden bewähret, die Himmel ftehen den Märty-
„ern fchonoffen. Wir haben unsjamit CHrifto
„nicht dergeftale verbunden, daß wir nurauf Frie⸗
„ven dachten, und uns vor dem Kampf wehren
„ſollten. Der HErr felbft iftzuerft inden Kampf
„getreten, als ein Meifter der Demuth, der Ges"
„ould unddesseidens, und hat alfo zuerjt gethan,
was er zu thun gelehret hat. ya, er hat erſt felber
„für uns gelitten, was er andere zu leiden er-
„mahnet hat, 1). Es mwirfte au) der Eräftige
Zug und Trieb GOttes eben diefe Freudigfeit bey
ſolchen Perfonen, davon mans nicht gemennet
‚hätte. Von dem ſchwaͤchſten Werkzeuge ift ſchon
etwas im vorhergehenden, wie auch im öten Cap.
des 2. Buchs Bericht aefchehen. Die andern lichen
ſich auch im gerinaiten in ihrer Freude nicht ftören,
tie etwan Dionyfius von feiner Gemeine verfi-
cherte, fie hätten in der Verfolgung immerdar
Freudenfefte gehalten, und nicht davon nachge⸗
laffen. Wir fönnen (fchriebe er,) niemals ge-
„Bindert werden, weil wir ein Gebot haben, daß
„mir uns in Trübfalen freuen follen. ‘Drum fann
„uns Fein Ort unfere Feyer flören, wenn er uns
„gleich von den Tyrannen zur Strafe erwaͤhlet
„Mird,, m). Und ein anderer; Denn uns
Go0tt vorgeleget wird, fo halten mir allesandere
„fir nichts, weil wir auf GDtt alleine fhauen.
Feuer, Schwerdt, wilde Thiere und andere Hen-
„Ferinftrumente find uns vielmehr ein Vergnuͤ⸗
„gen und Luſt, alsein Schreden n).
6. Das Leben, ſo aus GOtt iſt, und von CHri-
fto , als ihrem Haupte, auf folche lebendige Glieder
floffe, ſchaffete und zeugete nichts, als ein lebhaftes,
munteres, freudiges WBefen in ihnen, daß fie vor
überfchwänglicher Freude in GOtt immer als im
k) Cyprian. Epift. 77. 1) Cyprianus Epift. 32.
nusOrat. 20. 0) Apud Prudersinm hymn. I, de Coron.
4. B. Von den Pflichten und Verhalten der erfien Chriſten gegen fich felb en
—
Triumph einher giengen, undnicht wußten, woſi
ſich vor — laſſen ſollten. Da reichten Ir
feine Erfindungen der Tyrannen, Feine Marter⸗
inftrumente, und Fein anderer Betrug des Sa⸗
fans zu, ihr freudenvolles Herze aufeinige Wei-
fe zu kraͤnken. Und hieffe es wol recht, wie in ei-
ner folhen Maärtyrergefchichte ftehet: “Der
„Glaube verleugnet von freyen Stücen SPeit-
„chen, Beile, Folterbänfe, und ift in der Liebe
„CHriſti ohne Furcht. Wenn die Tapferkeit *
„dem Schwerdt gehauen wird, ſchlaͤget ſie den Erd⸗
„boden, und wenn fie auf den Scheiterhaufen ge⸗
„bracht ift, verfchlingerfie gar die Flammen. Als-
„denn ift denen Gerechten nichts lieblichers, als wen
„fie verbrannt und enthauptet werden follen,, 0)»
Ingleichen, was von zweyen Märtyrern geruͤhmet
wird: "Sie giengen überdie Kolen, als über Koth.
„Sie fahen die See und die Wellen an (darinnen
„fie erfaufet wurden,) als eine liebliche Wiefe, fie
„liefen zum Schmwerdt, als wenns eine Krone waͤ⸗
„te, und verachteten alle Arten der Marter fofehr,
„daß fie nicht allein alles ſtarkmuͤthig und getroft
„ausftunden, fondern aud) noch dazu froͤlich und
„luſtig dabey waren,, p). Wollen wir aud) etwa
aus ihren Worten folche Freudigkeit fchlieffen, ſo
find auch disfalls fi aͤhlige Zeugniffe vorban=
den, daraus nur etliche zur Probe gedenken will,
Unter ihren merkwuͤrdigen Reden waren wol die⸗
jenigen die allerfeligften, damit fie IJEſum CHri⸗
ftum fo freudig vor der Welt befenneten. Denn
es Eonnte fie Feine Furcht der Schmach oder Schar
dens, oder der graufamften Pein, oder des Todes
felber von ſolcher Befenntniß zurücke ziehen. Man
&
bilde ſich nur in etwas dergleichen Proceßein, wie _
er über die Chriſten als über die aͤrgſten Uebelthäter
ergangen ift, wie alles mit folhem Ernft und auf
ferlichem Gepränge angefangen wurde, wie die
Richter ihren Zorn und Graufamfeit überall fpüs
ren lieffen, mit fo vielen bewehrten Leuten umge=
ben, ingemößnlicher Ordnung das peinliche Hals⸗
gerichte hegeten, dabey die Chriften, als arme
Sünder, von denen Prieftern als Berächterder
Religion aufs fhärfite angeflaget wurden, von
dem übrigen Volk hart verfolget und des Todes
werth geachtet. Wie auch jedermann auf folche
teute erbittert, und fonderlicydie Obrigkeit aus ei⸗
nem Scheineifer für die gemeine Wohlfahrt wi- -
der fie ergrimmet war; alſo, daß niemand, und die
Chriſten feibften mit ſich felber fein Mitleiden
hatten,
7. Alſo
®
m) Epift. ap. Eufebium lib. VII. c. 9. n) Gregorius Nazianze-
p) Chryjof?. hom. de Maximo et Iuuentino.
Be ———
10. Cap. Von ihrer Freude und Beſtaͤndigkeit in der Marter.
77 Alſo beſchreibet es ein alter Scribente:
Br * F *
587
— ——— — — — — — — —ñ —ñese —ñ —ñe ——
„Wir danken euch noch vor eure Urtheile: Denn
„Wenn das erſchreckliche Halsgerichte vor Au-
Igen iſt, und die groſſe Menge Volks, und die
„graufamften Henkersbuben, und die Furcht
„von allen Seiten herein brechen ill, alsdenn hat
„GoOtt verheiſſen zu helfen. Denn es ift gewiß:
„lich etwas groſſes, daß folche Leute, Die font fo
„ſtumm find, und dazu in Ketten und Banden,
„gleichwol dahin vor die Gerichte traten, ihren
„Mund eröffneten, ob gleich die Tyrannen nach
„einander vor ihnen da ſaſſen, die Officirer und
„Soldaten mit entblöffetem Gewehr vor ihnen
„ſtunden, und ſich alle wider fie verſchworen hat:
„ten. Da genoffen fie gewißlich göttlicher Huͤl⸗
„fe 9). Bey eh Umſtaͤnden muß nicht al»
lein die Vernunft fo weit fchlieflen, es gehöre ein
groffer Much dazu, in folchem Fall etwas neues,
unerhörtes, oder gar verhaßtes vorzubringen; fon-
dern es mußten auch erleuchtete Chriften geitehen,
daß die Matur hierbey nichts, die Gnade aber alles
inallem wirkete. Und gleichwol war diefe Freus
digkeit inder Bekenntniß unter den erften Chriſten
fo gar gemein, daß es aud) faft etwas gewoͤhnli⸗
es endlich wurde, und die Heyden die Sache in
den Wind fehlugen, die fie zuvor felbft fo hoch ver>
wundert hatten. Cinervonißnen, der es gleich:
falls practiciret, beruffet ſich aufdie Erfahrung:
„Man fiehet, wie allerhand!
eute gerne alle Mar:
„ter erdulden, ehe fie JEſum verleugnen follten.
„Denn das Wort der
abrheit und Weisheit ift
„viel feuriger und heller , als die Kraft der Son-
„nen, und die dringer in die Tiefe des Herzens
„und des Geiftes hinein,,. Worauf er auch die:
ſes von fich felbft verfichert: "ch fagedas, daß ich
. „nichts ſchaͤtze, als was Wahrheit ift, und daß ich
„mich vor niemand fürchten werde, gefegt, daß
„ihr mich auchin Stücken zerrilfet r).
8. Es war aud) ein Zeichen ihrer Bereitrillig-
feit zuallem Leiden, weil fie fo gar die Verfolgung
vor feine Plage oder Schaden hielten, daß fie viel»
mehr alles vor die höchfte Wohlthat annahmen.
Sie gaben diefes auch mit Worten an den Tag,
wenn fie vor ihrer Berurtheilung den Tyrannen
noc) dazu danften. Ein natürlicher Menfch hätz
te wol die areulichften Schmaͤhworte wider feine
ungerechte Richter ausgeftoffen, oder zum wenig»
ſten mie Rache und Strafegedroßet. Diefe aber
beriefen ſich auf ihre durchgehende Gewohnheit:
„görtliche Dinge find denen menfchlichen allzeit
„entgegen. Wann wir aber von euch verdams
„met werden, fo werden wir von GOtt losgezaͤh⸗
„lets). Wenn ein Ehrifte verflagerwird, fo haͤͤt
„ers noc) vor einen Ruhm; wird er hingefuͤhret,
„ſo ziehet er nicht zuruͤcke; wirder befchuldiger, fo
„verantwortet er ſich nicht; fragt man ihn, fo
„leugnet ers nicht; wird er endlic) verdammt, fo
„tagt er noch Dank dazu t). Sa, ein Eprifte er-
„weiſet fich dankbar, wenn er auch ſchon unfchuls
„dig verdammt wird u). Cinrechter erleuchteter
„Ebrifte wird fich fehr gerne von dieſem Leben be«
„freyen laſſen. Bielleicht wird er auch dem noch
„Dank fagen, welcher Urfache dran geweſen ift,
„daß ervon Binnen fcheiden darf, indem er ihm et:
„wannachgeftelleehat. Denn er bat biermit eine
„bequeme Gelegenheit erlanget, die er felber nicht
„genommen, dadurch er zeigen koͤnne, wer er ſey;
„nemlic) gegen den Feind mit Geduld, gegen den
„HErrn mit tiebe,,x). So gar wandelten die
Kinder des Lichts der Vernunft gerade entgegen,
und ihr wunderbares Verhalten mußte die Uns
glaubigen noch immer überzeugen, daß fie eine hoͤ⸗
—* Kraft regiere, als ſie wol vor ſich ſelbſt beſitzen
moͤchten.
9. An Erempeln von ſolcher wunderbaren Ge:
wohnheit mangele es nicht. Wann Cyprianus
eben alfo vor fein abgelefenes Urtheil Dank fagte,
Fonnte man leichtlicy aus feiner vorhergehenden
Bekenntniß fehlieffen, daß es ihm ein rechter Ernſt
wäre. Denn er antwortetedem Richter, welcher
ihn zum Abfall vermaßnete: “Richte du nur aus,
„wasdirbefohlen ift. Man darf fich in einer ge:
„rechten Sache nicht lange befinnen, Der HEre
„CHriſtus, welchem ic) unaufhörlich diene, üft
„mein Heil und meine Stärfe,. Darauf er
nicht zwar dem Richter, fondern GOtt vor fein Ur⸗
theil dankte y). Lueius bezeugte öffentlich, da
man ibn verurtheilet hatte, er wiſſe fich feinen un=
gerechten Richtern zu geoffem Dank verbunden ;
feste auch die Urfache Binzu: *Denn (fprach er,)
„ich werde alfo von den böfen Herren befreyet, und
„gehe nun Bin zu einem frommen Vater und gnäs
„digen König, 2). Sechs andere Märtyrer
wurden auch nach langen Erinnerungen befragt:
ob fiedenn nicht gerne frey ſeyn wollten? Darauf
fie -antworteten : Syn einem rechten Kampf be:
„gehret niemand frey zu ſeyn. Thue, was du willt,
Eeee2 „denn
9 Ifidorus Peluſiota lib. IV. Epiſt. 218. r) Iuflinus Martyrl.c. s) Tertullianus Apol. e. 50. t) Idem lib. I.
ation.c.1. u)ld. Apol, c. 46.
2) Eufebius lib. IX. c. 17.
*
wir
x) Clemens Alexandrinus lib. IV. Strom,
y) Ada Paflionis eius.
d a ——
588
„denn wir fterben freudig von CHriſti wegen,, .
Da man ihnen abermal Bedenfzeit geben woll»
te, antwortete einer: „Ich bin ein Ehrifte, und
„alle, diebeymir find. Wir weichen nicht ab von
„dem Glauben unfers HEren SEfu CHriftiz.
Nach abgelefenem Urtheil riefen fie alle: “Wir
„oanfen unferm GOtt, der uns heute würdig ma-
Ichet, daß wir als Zeugen um feiner Bekenntniß
„willen daffelbe erlangen. Welches fie auch)
* seh ihrem Tode zu CHriſto wiederho-
eten =).
10. Alle diefe fonderbare Gnade des HEren
äufferte fich fürnemlic) in der That bey ihrem Lei⸗
den, daßfie fein Schmerz ausihrer Beftung konnte
fallend machen, fondern fie in einem unbewegli-
chen Glauben ftarfmüthig hindurch brachen, was
ihnen die Feinde von Neizungen oder auch von
Drohungen entgegen gefeßet hatten. Es bezeu=
get esabermal einer, der es mit erfahren hat, wenn
er vonden Zeiten der Verfolgung fehreiber, “Es
„war der Feind hervor gefreten, daß er mit feinem
„Schrecken und Gewalt das Heerlager CHrifti
„verwirren möchte. Allein, er wurde mit gleicher
Macht abgetrieben, und fand fo viel Stärfe und
„Tapferkeit, fo viel Schrecken und Furcht er ange:
„richtet Hatte. Zwar meynte er, er wollte die
„gnechte GOttes unter fid) werfen, und fie als
„Junge und unerfahrne Schüler, ja als unbe
„Dachtfame und unbereitete Leute, gleich erfchla-
„sen. Erfielzuerft nur einen an, wie ein Wolf
„das Schaf, von der Heerde abzufondern. Er
„wurde aber durch den muntern Ölauben des ver-
„einigten Heeres abgefchlagen, undfahe, daß die
„Streiter IEſuCHriſti nüchtern find und wachen,
Igewaffnet zum Streit fichdarftellen, und deswe-
„gen nicht befieget werden , auch nicht fterben noch
„unterliegen. Denn fie fürchten fi) gar nicht
„vordem Tod, wehren ſich auc) gar nicht gegen id-
„te Feinde, D was war das vor ein herrlich
„Scyaufpiel in GOttes Augen, und was vor
„oreudeifts in dem Angeficht EHrifti und der Ge:
„meins, 6b)? Wie aud) anderswo: „Es ftun:
„den Die Öepeinigten felbft ftarfer als ihre Peini⸗
„ger; der unübermindliche Glaube Eonnte durch
„eeine langroierige und öfters wiederholte Marter
„beſieget werden, Das Blut fioß von ihnen,
„twelches die Brunft der Verfolgung auslöfcyen
„konnte e)·
11. Ein ſehr herrliches Muſter hievon ſtellet die
Gemeine zu Smyrna an den Ihrigen vor, wenn
4. B. Von den Pflichten und Verhalten der erſten Chriſten gegen ſich 7
fie alſo von ihnen erzehlet: “Wer wollte ſich niche
„über ihrem groſſen Muth und Geduld Ri BEA
„ten verrwundern? Als man fie mit Geiffeln fo
„jerfleifchet hatte, daß ihr ganzer Leib, wie er zus
——— bienge, bis auf die innerſte Merven und
Adern gefehen wurde, ſtunden ſie doch alles aus,
„da doc) die Umſtehenden ſelbſt Darüber jammers
„ten und feufzeten. ie felbft waren fo voller
„Heldenmuch, daß Feiner unter ihnen einmal ge⸗
„ſeufzet haͤtte. Und damit zeigten uns diefe Maͤr⸗
„tyrer EHrifti, wie fie gleichfam aus ihren eigene
„reibern hinweg gewandert waren bey ihrer a
„ter, odervielmehr, wieder HErr ihnen ſo beyge—
„ftanden habe, und mit ihnen freundlich umgee
„gangen, alfo, daß fie von CHrifti Gnade unter:
„halten und gegründet wurden, Damit fiedie Dual
„der Menfchen verachten Eonnten,, d). So erfuh⸗
re man es aud) anderswo an einem Yünglinge, den
zwar die Feinde nad) allem Vermögen peinigten,
und bis aufdas Eingemweide und die Knochen zer=
riſſen, gleichwol aber zu feiner Ungeduld bewegen
Ffonnten, indem er nur immer bey feiner größten
duld fprach: “IEſus, der Sohn GOttes, wird
„mein Erretter ſeyn, e). Desgleichen wurde
ein anderer in den Schauplagß zum Kampf mit den
wilden Thieren gebracht, der fich nicht binden und
feffeln lieffe, fondern ganz frey darftunde, feine
Sande in die Hohehube, und GOtt mit unerfchror
ckenem Herzen anrief. Dabey wiche und wanf«
teer nicht, und hatte eine ſolche Standhaftigkeit,
daß auch die geimmigften Beſtien feinen Leib zwar
beruͤhrten, aber ihn doch nicht verlegten F).
12. Es wird auch unten im 7. Buch die ſon⸗
derbare Gnade des HErrn an denen Maͤrtyrern
kund werden, kraft welcher ſie ganz keine Schmer⸗
zen gefuͤhlet haben, ungeachtet ſie auf das heftigſte
gepeiniget worden. Dieſes gehoͤret eigentlich un=
ter die Wundergaben der erſten Gemeinen, und
nicht ſowol zu dem Beweis ihrer groſſen Geduld
ſelbſt, als nur, ſoferne fie der Wirfung ihres
Goties in ſich Plas gelaffen, und alſo in ihrer
Stanohaftigteit Frafiiglich unterftüget worden.
Es machte aber diefe und Bie übrige Kraft⸗GOttes,
daß fie optvorgroffer Freude und Ruhe ihres Her-
zens ihres eigenen Zuſtands vergafien, und noch
wol mitten unter den Händen ihrer Peiniger (fo zu
veden,) Scherz trieben. Etliche ſpotteten nur ih-
ver Feinde, und verlachten ihr thoͤrichtes Unterz
fangen, dadurch fie fie vom Glauben abwenden
woll-
a) Adta eorum apud Baronium A. CH. b) Cyprianus Epift. ad Cornelium. c) Idem Epift. 6, d)Apud Eu/e-
bium lib. IV. ec. 15. €) Eufebius lib. VIII. c. 7. f) Idem ib.
*
g-
4 | 5 Eu
wollten ; wie unter Marimo in Paläftina gefcha-
bee). Dren folder Heldenchriften hatten die Goͤ⸗
enbilder zerbrocyen, und wurden darüber ges
chmänchet und langfam gebraten, Bey diefer
graufamen Marter fprachen fie doch zum Rich—
fer: Mille du Gebratens eflen, fo wende diefe
„Seiten um, aufdaß, wenn wir nur die Helfte ge⸗
„braten find, wir die nicht unannehmlich fallen,
ſo du es Foften wirft, b). - Dergleichen auch von
dem befannten Märtyrer Laurentio gefchrieben
wird, der zudem Richter foll gefaget haben :**Wen-
„de dieſes Theil meines $eibes um, es iſt nun lange
„genug gebraten, und verfuche, was dein brennen:
„der Bulcanus gethan habe,. Da ihn auch der
Tyrann umwenden ließ, fprach er weiter : Es ift
„gebraten genug, drum friß nun, und Foftees, ob es
„noch rohoder wohl zugerichtet fey 1).
13. Eine fehreckliche Art der Marter war es zwar,
womit Marcus Arethuſius hingerichtet wurde,
der erft mit Griffen unzähligmal durchftochen ,
hernach mit Honig und Del beftrichen, in ein Garn
gewickelt, und an die Sonne aufgebenfet ward dem
Ungeziefer zur Speife. Ben diefem allen fonnten
ihm die liftigen Feinde Feine Spur des Schmer:
zens abmerken, fondern als ihn Die Heyden in der
Höhe trugen, fahe er ladyend auffie herunter, fpotte-
te ihrer und fprach: “Ihr ſeyd gar niedrige Leute,
„und Friechet auf der Erden herum, ich aber ſtehe
„hoch, und bin in die Höhe gefeßst,. Womit er
denn theils ihre irdifche Begierden, theils fein
bimmlifches und triumphirendes Gemürhe wer:
blümter Weife an Taglegtek). Wie etliche noch
darzu die Peiniger gefcholten, daß fie nicht fcharf
genug zufchlügen, ift nicht weniger offenbar ; als
aus des befannten Dincentii Erempel, welcher die
blutgierigen Hände der Henker ernftlich gefcholten
t, warum fte mit ihren Inſtrumenten nicht tie:
er in das Fleiſch hinein hauen und ftechen woll:
ten ). Nicht weniger ift aus dem 2 Cap. des
2. Buchs denitefer erinnerlich, wie die heiligen Mär-
tyrer ben ihrem blutigen Zeugniß von Chriſto, fo
x in die fchönften Freudenlieder ausgebrochen.
arunter zwar fürnemlich auf den Preis ihres
GoOttes gefehen ward, aber doch auch auf die Ueber⸗
jeugung der Feinde von der übernatürlichen Kraft
der Wahrheit, ob fie gleich ſolche Breudenbezeu-
gung fehrerbitterte. Zu den Zeiten Juliani ward
ein junger Menſch, mit Namen Theodorus, hin⸗
gerichtet, weil er nebenſt andern, bey Beſtattuͤng
10.Cap. Don ihrer Freude und Beftändigkeit in der Marter.
em»
589
des Märtyrers Babylä, über die Gaſſe toblieder
gefungen batte. Da nun diefer feinen Tod vor
lugen fabe, fieng er eben die Loblieder an gu fingen,
welche er zuvor mit andern angeftimmet hatte m).
Gleichwie auch von einer Weibsperfon und ihrem
Hingang zur Marter ein alter Poete finger:
Sie gieng alsim Sriumeß, fie fang die ſchoͤnſten
ieder,
Ihr Geiſt war Freuden voll, und eilte dahin
wieder,
Woher er fommen warn). N
Andere uͤbergehe ich Bier, nachdem aus diefem die
unglaubliche Geduld der Alten einem jeden Ver—
ftändigen glaubwürdig werden kann.
14. Diemweil fie nun eine folche Geduld vom
HEren empfangen hatten, war ihnen auch durch
die Gnade GOttes nicht ſchwer, darinn beſtaͤndig
zu ſeyn. Wie ſie denn davon öffentlich rühmeten,
und ihre Standhaftigfeit gegen die heydnifche Hart⸗
naͤckigkeit in ihrer Bosheit hielten, und dabey dies
ſes feßten: «Wie viel von den Unferigen haben
„nicht nur die Hand, (wie Mutius Scavola,) ſon⸗
„dern den ganzen teib verbrennen lafien, obne eini-
„ges Heulen und Schreyen,als es gleichwol in ihrer
„Gewalt ftunde loszufommen ? Sollten wir diefe
„Männer mit Mutio oder Negulo vergleichen ?
„Unſere Weiber und Knaben verlachen durch die
„ihnen eingegebene Geduld Marter und Kreuz,
„wilde Thiere, und alles Schrecken und Pein 0).
In der ganzen Welt ifts ja offenbar, wie uns nie=
„mand abſchrecken Fönne, die wir an Ehriftum
„glauben. Denn ob wir ſchon umgebracht, ge
„kreuziget, den wilden Thieren vorgeworfen, Durch
„Feuer, Gefängniß und andere ſchwere Pein
„verfolget werden, fo wanfen und weichen wir
„doch nicht von unferer Bekenntniß. Je mehr
„ihr wider uns wuͤtet, je mehr wächfet der Haus
„fe der Epriften alle Tage 22 Wir haben in
„dem Blut unfern Rubm. Die Heyden bewegt
„ein gar geringer Verluſt; wir feyaßen das vor
„einen Sieg, jene haltens vor ein mach.
„Diefe geute haben uns niemals mehr zu Gefallen
„gerhan, als da fie die Chriften haben vertreiben
„und toͤdten laflen. Der Dienft unferes GOttes
„machte diefes zu einem Lohn, was der Unglaube
„uu einer Strafe machte. Sehet, wie heldenmuͤ—⸗
Ahig dieſe Menſchen find! Wir behalten unfern
„Ölauben in Schmach, in Mangel, und in $eis
„beeflrafen 9).
ee e 3 15. Sie
8) Eufeb.lib. VIIT.c.vit. h)Sozomenuslib. V.c. 10. Sorrates lib. III. c. 13. 1) Prudent. hymn. 2. k) Sozomenus
lib. V.c. 6. Theodorerus lib. III. c. 6.
\ I) Prudentius hyınn. 5. deCor.
dentinshymn.5. 0) Minutius Felix Odtau. p) uffinus Apol.I.p.61. 9) Ambrof, Epiß. 31.
m) Theodoretus lib. III. e. U. n) Pru-
7
.
.
5909
13. Sie felbit, die Ehriften unter einander, lief:
fen es an feinen Ermaßnungen mangeln, damit fei-
ner unter ihnen weich wuͤrde in den gegenwärtigen
Truͤbſalen, fondern bis ans Ende getreu und be—
ſtandig blicben. Da bieffe es mit groffem Ernft:
„Meine Brüder, wir I noch auf der Welt, wir
„find noch im Streit begriffen, wir Fämpfen noc)
Faͤglich um unfer eben. Dahero ſehet wohl zu,
„daß ide nun nach diefem Anfang machfet, damit
„in euch vollendet werde, was ihr auf einem feli-
„gen Grund angefangen habt. Der Glaube fel-
„ber und die felige Geburt machet nicht lebendig,
„da man fie zwar erlanget hat, wenn ſie nicht be:
wahret werden, r). Daraus folgte nun diefe
berrliche Frucht, Daß die lieben Leute fo viel herr⸗
liches vonder Märtyrer Beſtaͤndigkeit zu erzeblen
hatten. Als-wir etwa von denen in Africa mit
groffer Vergnügung leſen Fönnen, wie fie ſich von
feinem Kampf haben- abhalten faffen, vor Feiner
Marter gefürchtet, fondern vielmehr durd) die
Pein zum Streit erwecket worden. Dabey denn
diefes nachdrücklich geſetzet wird :““Freylich müffen
„die Streiter Chrifti in dem Heerlager GOttes
„io befchaffen ſeyn, daß die unverruͤckte Feſtigkeit
„des Glaubens feine Schmeicheley betruͤgen koͤn⸗
„ne, keine Drohungen ſchrecken, Feine Pein noch
„Marter überwinden. Denn der ift gröffer, der
„in uns, als der in der Welt ift. Die irdifche
„Strafe kann nicht mehr niederfchlagen und um:
„werfen, als der göttliche Schuß aufrichtetz,. Wel⸗
ches abermal durch das Erempel der damaligen
Märtyrer bewiefen wird, als die ihre Bruͤder an⸗
gefuͤhret hatten zum Sieg in der Marter, und ih—
nen ein Beyfpiel der Tapferfeit und des Ölaubens
gezeiget, Daß fie fo lange im Kampfgeftritten, bis
Die Macht der Feinde beſieget worden 5). _
16. Sch mag bier nicht fo viel Lobfprüche und
Defchreibungen häufen, die fich in groſſer Anzahl
bey den Alten von der Märtyrer Beftändigfeit fin-
den. Nurift darauf zu fehen, warn und tie fie die
Abſichten und Wirfungen derfelben vor
n;da, zum Exempel, ein folcher heiliger
uns darauf fuͤhret, wenn er ſchreibet:
„Das geeuliche Morden der Feinde mährete fo
„lange, nicht deswegen, Damit es den ſtandhaften
„Glauben niederfchlüge, fondern daß es Die Män-
„ner GEOttes defto eher zu GOtt beförderte. Die
„Menge der Zufchauer ſahe mit Beftürzung den
"Kimmlifchen "Kampf, den Kampf GHttes, den
„geiftlichen Streit Chriſti. Geine Knechte ſtun⸗
den mit freymuͤthiger Stimme, mit unverruͤcktem
Marty
er
—
7 5
4. B. Don den Pflichten und Verhalten der erften Ehriften gegen ſich ferbf, - -
„Gemuͤthe, mit einer göttlichen Kraft; waren zwar
„von weltlichen Waffen eneblöffet, aber durch die '
„Waffen des Glaubens als Glaubige ausgerü:
nftet. Die Märtyrer ftunden viel muthiger da
„als ihre Henker, die zerfleifchten Glieder waren
„denen NBerfzeugen der Peiniger überlegen. Die
„langen und oft wiederholten Schläge vermochten
„den unüberwindlichen Glauben nicht zu befiegen,
„ungeachtet an den Knechten GOttes nun nicht
„mehr ihre Glieder, fondern, fo zu fagen, lhre Wun⸗
„den gepeiniget wurden, ). Dieſe lebendige
Abbildung kann uns genug jeyn, an ftatt aller, die
Großmuͤthigkeit der Märtyrer vorzuftellen, Dem
ich nur nod) zwey Derter beyfüge, Darinnen es die
Alten nicht beſſer vorſtellen Fönnen, als wenn fie
die Herzen der Chriſten einem Demant verglei-
chen. Wer bat (fagen fie,) feine Kämpfer fo fehr
„mie den Waffen der Gortfeligfeit ausgerüftet,
„daß fie dergleichen Herzen im Streit wider die
„Feinde erwieſen, welche härter als alle Demante
„gewefen u)? Wie nun ein Demant dem Schlage
„nicht weiche, fordern das Eifen vielmehr zer
„bricht: Alfo litten zwar die Seelen der Heiligen
„feine Befchwerung, da man ihnen fo viel Pein
„anthate, aber ſie vertrieben Hingegen die Kraft ih⸗
„rer Meiniger, welche fo ſchaͤnduch überwunden
„wurden, daß fie fie nad) vielen unerträglichen
„Schlägen ausdem Streitlostieffen x).
17. Ob nun wol die meiften folche Beftändigfeie
in der That erwieſen, fo zeigten fie doch auch einige
bey Gelegenheit mit nachdruͤcklichen Worten,
Gleich als man von dem fogenannten Thebaifchen
Regiment weiß, daß die Chriften darunter auf
Befragen alfo geredet haben: Wir find Chriſten,
„und find durchaus gefinner , bey dem einmal ers
„eannten Gottesdienſt bis an unfer Ende zu verhar⸗
„ren, und denfelben mit unferm Blut zubezeugen,, !
Und ein Dfficier unter ihnen ſprach: Wir hören,
„daß du gefinnet bift, uns entweder mit Goͤtzen⸗
„Opfer zu befudeln, oder umzubringen. Drum
„frage nicht lange, fiehe, bier find fo viel Chriſten,
„als Perfonen find, y)! Diefes ware nun nad)
der Bernunft weniger zu verroundern, als Die Re⸗
folution jenes ſchwachen und alten Mannes, Dio-
nyfti, die er feinem Feind eröffnete mit diefen Wor⸗
ten: Was machftdu dir lange Mühe mid) zu ver=
„folgen? Reiß mir den Kopf vom Libe, weswe—
„gen du dirs fo fauer werden laͤſſeſt, und bringe
„ihn dem Tyrannen zum Gefchenfe,, z)! Noch
einer antroortete bey anderer Gelegenheit alfo:
„Ich wollte, daß ich eine gute Verehrung vor ie
ey
1) Cyprianns Epift. 5. s) Idem Epift.9. ©) Cypriamusl.c. u) Enfeb.lib.X.c.4. x) Chryfofl. hom. 74. de omn.
Maxtyr. y) Baron. A.CCIl.n.ıo, 2) Euſeb. lib. VI.c.30.
.
— J
er WU “
.%“ ® >
en. 10. Cap. Don ihrer Freude und Beftändigfeit in der Marter. 5
Bu ee. esse -
beyder Hand hätte, daß du mir droheft, mic) de:
— diefem Leibe zu erloͤſen · Da man
ihm auch Bedenkzeit gabe, verſetzte er abermal:
„Morgen werde ich eben der feyn, der ich heute bin,
„wenn ihr nur anders werden wolltet,! Da ſich
ferner der Verfolger beſchwerte, daß er allzu hart
redete, fprach er: “Wir find zwar in andern Sa:
„chen die demuͤthigſten unter allen: wenn es aber
„Glauben und gut Gemiffen betvift, laſſen wir
„ung nicht furchtfam oder niedrig befinden, meil
„es von uns fcheinen möchte, als ob wir GOtt
„ſchmaͤheten, wenn wir ihm von feinem Anfehen er-
„was nehmenlieffen a).
18. Nun fahen zwar die unglaubigen Verfol:
ger gar wohl, wie es den Chriſten lauter Freude war,
wenn ſie nur fein viel um Gerechtigkeit willen
leiden ſollten: aber auch hierinne ſuchten ſie ih—
re Freude zu ſtoͤren. Die unausſprechliche und
bey ruhigen Zeiten unerhoͤrte Starkmuͤthigkeit
in ſolchen ungemeinen Schmerzen waͤre ja wol,
dem Anſehen nach, faͤhig geweſen, die haͤrteſten
Gemuͤther zu uͤberweiſen, und ihnen zum wenigſten
einige Opinion von der Fuͤrtreflichkeit dieſer Lehre
hu) *
*
alle Tage ſey bis an der Welt Ende, der haͤtte es
aus dieſen Begebenheiten, nach dem Ausfpruch eis
nes alten Hiftorici, erfennen mögen b). Alleine,
diefes alles half nichts bey denen verftockten Sins
nen der-Feinde GOttes, alfo gar, daß fie auch ſelbſt
dieſe eheure Märtyrer noch darzu vor verjtocte,
blinde, ungehorfame, oder wol gar vor tauberifche
Leute ausrieten, ja öffentlich unter dieſem Namen
fraften. Wenn fie mit einander der Chriſten
wegen zu Rathe giengen, tie fie doch ihrem ver-
mepnten Unfug fteuren und abhelfen möchten,
war gemeiniglich diefes ihr Bedenken hierbey:
„Wenn die Chriſten gleich vor Gericht geſtellet
„twerden, fo wird es ihnen eine groffe Freude ſeyn,
„weil es das Anfehen hat, als wenn fie um ihres
„Gottes willen fterben müßten. Und folcherges
„fkalt werden fie vielmehr gewinnen, weil fie ihr Le⸗
„ben gerne dahin geben, ehe fie unfern Befehl thun.
„Gewißlich fie trauen ihrem GOtt mehr zu, Die
„Unferigen aber verachten die Gorter,«). Wels:
ches Zeugniß eben foherrlich die Beftändigkeitder
Ehriſten befräftiger, als etwa die Befchuldiguns
gen von ihrer Halsitarrigkeit, Rebellion und Thor⸗
heit, welches alles von der Kraft GOttes in ihnen
BE
benzubringen. Wer auch fonft nicht glauben
konnte oder wollte, daß Ehriftus bey den Seinigen
Eu ö
a) Grezer. Na. Orat. deBafil.M. b) Ewfebins inb. VIII.c.7. c) Antoninus Imp. Epift. ap. Eufebiumlib. IV. c. 12.
13. d)Vid. Galennslib. IL. de Pulfuum differentia. Augu/finns lib. XIX. de Ciu. Deic. 23. Tersullianus Apol. e.
27. Ladantiuslib. V.c.9.etalii.
zeuget d).
Das u. Capitel,
Von den fuͤrnehmſten Arten ihrer Marter.
Summarien.
De Ehriften wurden erſt beſchuldiget und angeklagt, darquf in Gefaͤngniſſe gehracht: wie es darinn ausgeſehen, mie die Chris
ſten ſolches beichrieben a anaben, 1, darinn wurden fie mit Ketten und Banden felte gemachet; Gedanken der Chris
ften darüber ; 2. fie wurden an Händen und Fuͤſſen gefchloffen, womit, woran und worinn fie feſt gemacht worden. 3. Man hatdie
Gegeiffelten aufzerbrochenen Scherben und Kolen gewälzet, fie vom Schlaf abzuhalten, Exempel, font war alles voller Stanf
und Unflath; 4. ofte ließ man die Gefangene Hunaers fterben, Teibeigene Knechte that man ins Zuchthaus, Erempel; etliche
xerwieſe man aus dem Bande, Exempel, folche bieffen Ertorres 5 5. etliche geiffelte, peitiihte und prügelte man wol bis aufden
Tod, Erempel ; etlichen veriegte man Backenftreiche, Erempel 56. etliche wurden mit Rutben getrichen, Klone darüber, fons
derlich Die kleinen Kinder, Erempel; etliche Geiffeln und Peitſchen drungen bis auf die Knochen durch : worons fie gemacht, was
Seor oionen vor Beiffeln geweſen, was fiever Wunden acaeben 57. was Mumbars vor Geiffeln geweſen, daran ihre viele geftore
ben; darnebft brauchte man noch Stecfen, damit auch die MWeibsbilder nicht verfchonetz 8. In mas vor Arheitshäufer
man etliche geſecket, warum, Erempel; ſolchen ſtache man die Augen aus und verlähmete ihnen die Fuͤſſe, wurden auch in⸗
am grmacht, gebrandmahlet ze. o. Arten der Lebensſtrafe, die Teichtefte war Enthauptung, Umftände daben;; etliche murs
en den wildeh Thieren vorgeworfen, Erempel, folche bunde man, daß fie nicht entlieſen, wiewol viele Brüder davon er:
löfet worden: 10. Greuzigung mar unterkbiedlich; etliche umgefehret, Erempelz ı1. etliche wurden erfäufet, Erempel,
denen man Steinean Hals hienge; etliche Märtyrer wurden aufalte Schiffe geſeßet, und fo indie offenbare Sce gefchickt ; ctlie
be näbete mon in federne Säde, dazu man Schlangen, Dttern, Hunde feckte 1c.ı2. etliche wurden verbrannt mit famt den
Häufeen, Erempet; etliche verbrennete man auf Scheiterhaufen, bunde fie an Viäle, viele wurden aefchmäusbet ; etliche wur—
den zuvor mit lacht, Pech, Harz, 2c. überzogen, und fo angexinder ; etliche warf man in brennende Ofen, etliche auf iz
nem Roſt gebraten; etliche wurden im eifernen Beiten deſchmaͤuchet; etliche auf der Cataſta gepeiniget zetlishe in Del gefottern
* in
ey
— a 5
8 u
502 4.3. Don den Pflichten und Verhalten der erſten Ebriften gegen fich felbft.
— ee eg
in Veh, Bley, Harz ;etliche damit begoffen ; etliche mit glüenden Eifen 5 etliche mit brennenden Sackelngefenget 513. etliihege-
— oft ee Mühlitein, bisweilen fchleifete man fie; etliche nmurden von der Höhe herab gefhürzet, Erempel.ı4. Wie
man alle Glieder erbarmlich zugerichtet; 15. etliche wurden mit Spiefen Durchftochen ; etlichen wurden Arm und Bein entzweh
geichlagen, an Yanden und Fuͤſſen aufgehenket; etlichen wurden eiferne Nägel durch Fuͤſſe und Ferſen geſchlagen; etlichen biebe
man die Züffe nd ; etliche gergliederte man nach und nach ; etfiche dehnete man aufgoltern. 16. %”
$.
amit aber auch die Arten der Marker nur
in etroas befannt werden mögen, fo will ich
diefelben Fürzlicy aus den alten Seriben-
ten Beraus ſuchen, woraus ſowol die Heftigkeit
derfelben, als auch die Geduld der Efriften darin
ne offenbarer werde. Der erfte und nächite Grad
zu ihren Trübfafen waren die graufamen Beſchul⸗
digungen, welche die Heyden wider die Chriſten
ausftieflen. Diefe nun Fommen eine jede an ih»
rem rechten Ort bey diefer Abbildung vor, wann
ihre Unfchuld in der Vorftellung ihrer Gottſelig⸗
feie wider folhe Werleumdungen gerettet wird.
Wann nun dergleichen falfche und verfehrte An:
Elagen vor die Gerichte gebracht wurden, mit fal-
ſchen Zeugniffen befchönet, und mit angemaßter
Ernfthaftigheit zur Unterſuchung vorgeleget wa⸗
ven, wurden jie in die Gefängniffe gebracht, Die-
fes waren nicht etwa gewiffe Stuben, oder andere
faubere Behältniffe, fondern die aͤrgſten und greu⸗
lichften Löcher, darinn fie weder Sonne noch) Mond
befcheinen konnte Deswegen fchrieben jene fünf
Märtyrer aus dem Gefängniß alfo: “Wir wur:
„den in den Kerfer geführet, und erſchracken nicht
„vor der Finfterniß des Orts, fondern das Ges
„fängniß gab einen hellen Glanz von fid), indem
„uns der Geift vorleuchtete. Unſer brünftiger
„Glaube Fleidere uns mit_einem weiſſen Ge
„rider die abfcheuliche Dunkelheit.
„ftiegen mir in den tiefiten Dre der Stt
„unter, als wenn wir in den Himmel hinau
„gen, a). Gleichwie auch ein anderer Märtyrer
‚an folche Gefangene des HErrn fhriebe : O ein
„feliger Kerker, der die Menfchen GOttes in den
„Himmel ſchicket! D eine Finfterniß, Die heller ift
„penn die Sonne, alwo nun die Tempel GOttes
„und eure heilige Ölieder find, diedurd) eure Be⸗
kenntniſſe geheiliget worden,‘ b)! Und abermal:
„Die Sonne erleuchtet zwar Die Welt, aber derje⸗
„ige ift euch im Gefaͤngniß ein groͤſſer Licht, Der
„Senne und Mond gemacht hat, und die Klarheit
„Chrifti, die in euren Herzen ſcheinet, beftralet
„die erfchreckliche Finfterniß diefes Gefaͤngniſſes
„mit feinem hellen und ewigen Lichte c).
1.
2. In dieſen Gefaͤngniſſen wurden ſie nun wohl
verwahret, und mit Ketten und Banden feſte
machet, welches man ohnedem leichtlich ſchlieſſen
kann. Insgemein troͤſtete einer die Maͤrthrer des⸗
wegen, wenn er unter andern alſo ſchreibet:
„Wenn wir betrachten, daß die Welt vielmehr
„ſelber ein Gefaͤngniß ſey, ſo werden wir ſehen
„daß ihr vielmehr aus dem Gefaͤngniß, als in daſ⸗
„ſelbe gegangen feyd,,d). Dabey ich nicht umhin
kann, die folgenden Worte diefes Mannes Hinzu
F fügen, welche dieſe ganze Materie, und wie Die _
Iten es alles angefehen, erläutern. So fihreibet
er aber ferner : Die Welchat gröffere Finſterniſ⸗
„ten, als welchedie Herzen verbiender. Die Welt
„legt uns ſchwerere Ketten an, welche felbft die
„Seelen der Menfchen einzwingen. Sie daͤmpfet
„argere Unreinigkeiten aus, nemlid) die Geilheit
„der Menfchen. Die Welt hat auch mehr Uebel«
„ehäter in fich, nemlid) Das ganze menfäjliche ©e=
„ſchlecht. Sie hat nicht des Landshauptmanns,
ſondern GOttes Gerichte auf dem Halfe. Das
„ber ihr Gebenedeyete wohl dafür halten koͤnnet, daß
„ihr aus dem Gefangniß nur in ein Warthaus ges
„rühret worden. Diefes hat zwar Finfterniß, aber
„ihr feyd das Licht ſelber. Es hat Bande, aber
sibe ſeyd von GOtt gelöfet. Es gibet da einen
d „üubeln Geruch, ihe aber feyd der liebliche Geruch.
„Man erwartetda, daß einer von denen Richtern -
„eomme und euch das Urtheil fpreche: Ihr felbft
„aber werdet von denen Richtern dermaleinft ur=
„theilen. Da mag fid) einer betrüben, der nach)
„weltlichen Gemaͤchlichkeiten und Lüften fich ſehnet.
„Ein Ehrift Bat auch alffer dem Gefangniß der
„Welt abgefaget, und dem Gefangniß im Gefaͤng⸗
„niß. EB ift gleich viel, wo ihr feyd inder Welt;
„die ihr Doch auffer der Welt feyde).
3. Inſonderheit findet man, daß die Märtyrer
an Handen und Züffen gefchloffen worden, wie Pe=
trus mit 2 Ketten gebunden im Gefängniß lag,
Apoſt. Gefch. 12,6. und Paulus Cap. 21, 33. wel
cher leßtere feiner Kette, als eines groffen Kleino«
des, ofte gedenfet, und fic) einen Boten Chriſti in
der Ketsenennet, Ephef. 6,20. 2 Tim. 1,16, Bon
einem
* a) Epiftola ap. Baronium A. CCLXIL.n.5. b) Cyprian. Epift. ad Seagrium et Rogatianum. e) IdemEp. ad Mo-
fen et Maximum. d) Tersskianus lib.ad Martyresin Carcer.c.2. e)Idem ibid.
*
‚„
einem ı ndern Märtyrer liefet men; daß
- an
aͤnden in der Höle feiner Gefangenfchaft
geweſen * Und noch von —
593
ab, waͤlzte fie alfo auf folchen ſcharfen Stuͤcklein
Scherben herum, bis fie endlich enthauptet ward r),
Don dergleichen Marter fehreiber einer , “feine
geſchlo
daß fie kreuʒweiſe Damit gebunden, und noch da⸗ „Plage ſey ihm verdoppelt worden, indem er erſt
u mit einem Halseifen angeflammert geweſen g).
Dan pflegte auch alsdenn folche Gefangene mit
einer Kette an ihre Wächter zu binden, wenn fie
etwan über Die Gaffe oder über Sand vor Gerich-
follten geführet werden, oder auch, wenn fie
och aus gewiſſen Uxfachen im der Verwahrung
frey herum gehen durften; wie Paulus alfo mag
geführeet worden fern, Apoft. Geſch. 28. 20. h).
Nebenſt denen Fefleln oder Beinfchellen war auch
der Stock (Neruus) gebräuchlich , oder ein groſ⸗
fes Stuͤcke Holz, darein fie ihre Fuͤſſe weit von
einander ftecten mußten. Wovon abermal der
vorgedachte Autor an die Märtyrer fchreibet:
„Eure Schienbeine fühlen nichts in dem Stod,
„weil euer Gemuͤth im Himmel ift,, i). Und ein
anderer: Die Deine erftarreten ihm ganz, weil
„ſie in dem Stock fo weit von einander gerifien
„wurden, k), Wie auch von Drigene ſtehet,
daß er viel Tage lang in einen foldyen Stock ver:
* worden, da ſie bis in das vierte Loch es
ortgeſtecket 1), ingleichen von andern, daß ſie
eben deswegen ſtets auf dem Ruͤcken liegen muͤſ⸗
fen, und ſich nicht vegen fönnen, da fie zumal
am ganzen Leibe mund gegeifelt worden m). Et:
lichen wurden die Ketten von den graufamen Ty—
xannen bis auf die Gebeine zufammen gezogen:
Dabey einften diefes Wunder vorgieng, daß folche
Ketten gar von freyen Stücken abfielen, nachdem
fie ihnen die Peiniger nicht nachlafien wollen n).
4. Es war aud) eine graufame Erfindung der
Unglaubigen, daß fie den Gefangenen jerbroche-
ne Scherben unterftreueten, und fie wol gar dar-
auf herum mwälzeten , wenn fie ſie wohl gegeifelt
hatten. Davon man gar viel Nachricht findet 0).
Worauf fie Damit geſehen, zeiget ein alter Seri-
bente, wenn er gedenket, daß man ihnen dadurch
den Schlaf vertreiben wollen p). Alſo ſtehet von
der heil. Agatha, daß fie zur Strafe auf folchen
Scherben und Kolen herum gemälzet worden,
und endlich davon im Gefängniß geftorben a).
Der Märtyrin Calliopaͤ fihnitte man die Brüfte
£) Prudent.hymn, 10. de Cypriano. g) Idem hymn. 1.
. Athenaus lib. V. Dipnof. c. 1t. Seneca Ep. 5.
m) Idemlib. VIlI.c.ı0. n) Pauli. Ep. 2g.
Kal.Febr. Romanum d. VIIL. Id. Ian.
rol. Rom.d. VI. Id. Jun.
„araufamlich zerſchlagen, hernach mic ſolchen
„Scherben auf die Wunden gerieben worden,
„dabey ihn aber Chriſtus ganz ſanftiglich unters
„balten, und feinen Schoos gleichfam zu feinem
„Bette gemachet,, 5). Bon der Kälte folcher Ge—
fangniffe, und ihrem Stanf und Unflat ift nicht
weniger aus befagten Umftänden zu vermuthen;
davon ich nur eine Stelle erwehnen will: “Die
„Bekenner Chrifti wurden über einander hinges
„worfen, daß einer den andern drückte, Sie
„Eonnten dabey Feinen Abtrie haben, dahero der
„Stank und Unflat alle Arten der Marter übers
„traf 9).
5. Den Hunger und Durſt, welchen dieſe Leu⸗
te ausgeſtanden, haben wir oben im 4. Buche bey
der Verpflegung der Märtyrer erſehen, dahero ich
Dr nichts weiter gedenfe. Mur ift die Graus
amfeit dev Feinde Daraus zu fehlieffen , daß fie fie
feßr oft Hungers fterben laffen, auch wol andern
nicht vergönnek, ihnen etwas zu reichen. Wenn
es leibeigene Knechte waren, liefle man fie auch
wol im Gefängniß nicht müßig fisen , fondern
ſteckte fie in ein ſolch Ergaftulum oder Arbeit-
baus (Zuchthaus), darinne fie die allerſchwerſte
und muübfeligfte Arbeit tfun mußten. Go wird
von einem heydnifchen Heren gedacht, daß er fei-
Epriftlichen Knecht in ein —* Zuchthaus ge⸗
er ihn gleich ſonſt ſehr noͤthig gebrauchet
Welche man aber nicht alfo verarreftirs
erwieſe man aus dem Kande, fegte fie
olgar an einſame Oerter. Johannes der Ev-
an ward von Domitiano in die Inſul Pach⸗
mos verwiefen, Offenbar. 1, 9. eine vornehme
Frau, Flavia Domitilla, von eben demfelben in
die Inſul Pontiam x); Cyprianus, da er in der
Verfolgung entwichen war, wurde deswegen von
den Heyden in die Acht erkläret, und feine Güter
confiſtiret y). Solche verjagte Chriften nennten
fie gemeiniglid Extorres, weil fie nicht allein
aus ihrem Baterland gefeger, fondern auch von
‚allen den Ihrigen vertrieben waren 2).
Srff 6. Nebſt
h) De Martyribus Chry/6f. hom. 14. in Matth. Dealiie
i) Tertull.l.c. k) Paulın. Natal 4. Felic, l) Eujeb.lib. VI, c. 32.
0) Vid. Prudent. hynın. 3. de Vincentio, Marzyrol. Adonisd. XI.
p) Paulin. Nat. IIII. Felic.
d | s) Paulin. Ep.28. de Vidtricio.
tullianus lib. I. ad Nation. e. 4. x) Ewfebins lib. IL. ce. 14. Marzyr. Rom. Non. Mai: Ado eod. die
eins Fpiſtolæ paſſim. Gregorins Nazianzenus Orat. de eo ‚que elt 29,
q) Ade in Martyrol. Non. Febr.
‚ r Marty.
t) Viddor Vricenfislib. IL. Perfecut. Vandal
u) Ter-
1 y) Vid.
2) Cyprianus ſæpe ita, et alüi.
- .
J
—
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\ » 6
u
“
594 4. B. Don den Pflichten und Derhaltender erften Ehriften gegen fich ferbft, ”
6. Nebſt diefem war nun auch fonderlich das jämmerlich mit Ruche
Beiffeln und Peitfben der Märtyrer gewöhn- wehr Mil,
: *
n gepeitſchet wurde, davon
als Blur kn aefloffen
lich, wenn man fie mit Prügeln und Knitteln wieder Poet vedet m). Auch hatten fie onderlie e
graufamlich flug , wie Tertulfianus gedenfet, “che Beifeln und Peitfeben zu ver Ehriften Mat: -⸗·
daß die Märtyrer mit folchen Prügeln übel zuge:
richtet, und noch dazu im Gefaͤngniß Hunger lei⸗
den müffen a). Sfngleichen da Eyprianus ers
wehnet, wie fie von folhem Prügeln ſchrecklich
geplaget, und den Anfang zu ihrer Bekenntniß
gemachet haben: welche Sache ihnen denn gar
nicht abfcheulich vorfommenfey. Denn “der Leib
„eines Epriften erfchrecke nicht eben vor den Schlä-
„gen oder Prügeln, da feine ganze Hoffnung auf
„den Holze ftche,, b). Micht wenige wurden fo
erbärmlich geprügelt, bis fie ihren Geift darüber
aufgaben, wie von einem Rathsherrn, Julio, ges
fehrieben ftehet ©). Ja man ſchonte auch nicht der
ſchwachen Weibesbilder hiebey ‚da, zum Erempel,
eine jünifche Frau ihre Chriſtliche Magd zu tode
prügeln ließ 4): Und zwey andere unter dem Dio-
cletiano bey ſolchen Scylägen füllen geſtorben
feyn ©). Zumeilen mußten fie aud) darinne die
Madlzeichen Chriſti tragen, daß man ifnen Ba:
Kenftreiche verfeßte, wie Paulo ſchon vor dem
Hohenpriefter gefchahee So wurde Aquilina,
eine Jungfrau, wegen der DBefenntniß ihres
Glaubens mit Badenftreichen gefchlagen f), Ei:
ne andere mußte diefes lange Zeit aushalten g).
Viele wurden gar mit Fäuften auf ihren Mund
gefchlagen, wie Alexandro gefchahe; daß ich an:
dere übergehe h).
7. Nicht felten wurden fie mit Nuthen geftri-
chen, oder, wie wir reden, zur Staupe gefebla-
gen und gegeifelt, als von denen Apofteln be-
kannt genug ift. Die Alten gedenken deswegen
des Geräufches von den Ruthen i): Und ein an-
derer beklaget fi) von den heydniſchen Regenten,
daß fie noch nicht aufhörten, die Ehriften mit Ru-
then zu peitfchen, und zwar auf das graufamfte
und unmenfchlichtte k): wie etwann dem Märty-
rer Zabiano geſchah unter dem Kayſer Antonino 1).
Sonderlich aber war dieſe Marter den kleinen
Kindern beſtimmet, die wegen ihrer Zaͤrtlichkeit
nichts ſchwerers ausſtehen konnten. Alſo wieder-
fuhr einem Knaben bey der Marter Romani, der
wegen feiner furgen und einfältigen Bekenntniß
a) Lib. adu. Gnoft. c. 1. b) Cypriazu: Epift. 35.
e) Idem IIII. Non. Sept. f) Ibid. Id. Iun.
d. V. Kal. Iul h) 440 d. X. Kal. Maj.
i) Prudentins hymn. 11.
ter, weldye bis auf die Knochen durchdrungen,
und alles zerfleifchten,, mo fie zutraffen: Dabero
⁊
es die alten Scribenten ein Zerſchneiden dieſer
Beifeln nennen n), Die meiften waren von
Riemen oder ftarfen Sennadern geflochten A.
von einem Nom. Edelmann, Bacho,erzchlet wird,
daß er fo lange mit foldyen rohen Sennadern ges
bauen worden, bis er am ganzen Leibe zerriffen,
endlich in der Bekenntniß Eprifti den Geift au _
gegeben 0). Noch eine andere Art waren die für
genannten Scorpionen, oder Beifeln mit fpigi-
gen Wiederhaden, welche fichin das Fleiſch eine
bieben, und es ſtuͤckweis heraus riffen. Davon
einer Diefes meldet : “Wir werden nunnad) GOt⸗
„tes Willen gefihlagen, und der Scorpion ver=
„doppelt feine Schläge, q). Welches aud) ein
anderer alfo befchreibet: “Die graufamen Solda⸗
„ten benfeten den Märtyrer in die Hohe, zerfchnit:
„ten feine Seiten mit einem krummen Haden,
„machten ihm die-Wunde lang über feine Glie⸗
„der ber, daß die Bruft ſchon von den entblöffe-
„ten Beinen ganz weiß ausfahe r).
8. Nächft dem war auch eine fonderliche Art
von Geifeln eingeführt, die man plumbatas nen-
nete, weil an den Enden bleyerne Kugeln ange⸗
bunden waren, damit die blofje Haut braun und
blau gedrofchen wurde. Wie ſcharf dieſe Geife:
lung gewefen, fehen wir daraus, daß ihrer viel
davon geftorben,, als man von Marimo, Servas
fio, Protafio, Yanuario und andern weiß s).
Manchmal katte man an diefer Art nicht genug, -
fondern brauchte noch dazu Stecken, welches ein
Auffeher unter Diocletiano leiden mußte, Sie
wurden aber gemeiniglich auf den Nacken, oder
wol gar auf die Kinnbacken gefchmiffen, daß fie
ganz dicke aufſchwollen, und meiftens jammerlich
daruͤber fturben ı). Man verfchonte auch der
Weibesbilder nicht damit, wie die heil. Concor⸗
dia davon fterben mußte u); ingleichen die Bir
biana x). Dabey man fie insgemein an Säulen
anbunde , damit fie defto gemwiffer aushalten
Fonnten y).
9. Noch
€) Martyrol. Adonis Kal. Sept. d) Martyrol. Rom. Id. Mart.
g) Idem d.XV. Kal. Aug.et Beda atque Ado in Martyrol.
k) Theophilus Antiochen»s lib. III. ad
Autolyc. 1) Martyroi. Rom. d XIII. Kal. Febr. m) Prudentis: de Romanohymn. n) Martyrol. Rom.
d. VIll. Kal. Febr.
Martyrol. Rom. d. XXVILil. Kal. Maj. et XIII. Kal. Iul. IIIT. Id. Iul.
x) Ado IIIL. Non. Dec.
Id. Now. u) Martyrol. Rom. Id, Aug.
o) Idem Non. O4. q) Tertullian. adu. Gnoft. © 4 r) Pruden tins hymn. 10. 9)
t) Prudentins hymn. ı0. Ado UL.
y) Id. de XVI. Kal. Iun. de S.Topr.
.
nur Fer, Tue.
ur *
2
ft I 3 13. Cap. Von den fürnehmften Arten ihrer Matter. 595
i 9. Noch eine Erfindung hatte der Satan in fei- Eleid auszog ‚auffeine Knie zur Erden fiel,und zum >
nen ugen, daß er durch den Rath und HEren betete. Worauf erfein HauptdemScharfe ;
2 agniß GOttes fie in die Bergwerke, vichter darſtreckte, nachdem er felbft ihm die Augen
I.» bon»oder Sandgruben , Aalf-und
ee und andere Ürbeitshäufer
} ſieckte, fowol fie zu plagen und müde zu ma—
"chen, als ve fonft fie von der Gefellfchaft der
Menfchen und Ausbreitung des Namens CHrifti
gbaanieten. Solchergeftalt Famen in die Berg:
erfe viele Ehriften von Alerandriaz), und nicht
weniger zu Zeiten Cypriani in Africa, welcher
unter andern diefes vor eine langfame Marter und
deſto fehmerere Pein vechnete a). Anderer, die
ſolche ſchwere Marter ausgeftanden, gedenken
die Seribenten hin und wieder b). Zugleic) aber
auch erwehnen fie, daß man den dahin verdam̃⸗
‚ten Perfonen die “Augen ausgeftochen , und die
„uͤſſe mie einem brennenden Eifen gelähmet,,c).
Auch wurden fie dabey unehrlicy und infam ge:
macht, weil gemeiniglich die allerruchlofeften Leu⸗
te dahin befchieden wurden. Dabey fie auch mit
Geifleln und Schlägen grauſamlich tractivet d),
an ihren Stirnen oder andern Gliedmaffen ge:
brandmahlet, nacfend und blos bisweilen die ge-
fäßrlichite und ſchwereſte Arbeit bey Hunger und
rt mit Verluſt ihrer Gefundheit hun muß-
ten e).
10. Bis Bieher haben wir die Marter der Chri:
ften erfehen, wie fie auffer der Lebensitrafe ihnen
angethan worden. Nun folger mit wenigem von
denen Arten, damit fie ums eben gebracht. Die
feichtefte war wol die Entbauptung entweder
mie dem Schwerdt, oder Beil, als Jacobo zu-
erſt geſchahe, Apoft. Gefch. 12, 2. fodann Paulo
felbft , der unter Nerone alfo zu Nom, nicht weit
von der Stadt, mit dem Schwerdt hingerichtet
- wurde, befage des glaubwürdigen Berichts der
Alten f). Eben diefe Art ift fait von unzähligen
i befannt, gefchtveige was niemals in Schriften bin-
terlaſſen worden. Wann aber die Chriften alfo
enthauptet wurden, pflegten fie gemeiniglich auf
dem Dias niederzufnien, und ihren Hals alfo wil⸗
lig darzuſtrecken. Ich will eine einzige Befchrei-
bung von Cypriand hieher fegen: Er ward auf
den Acer Sirti hinaus geführer, da er fein Ober-
r
ugebunden g). Weiter twurden fie auchden wil«
Een Thisren vorgeworfen, welche fie zureiffen
mußten, davon nicht wenigere Erempel vorhanden
find. Es war aber eine graufame Arc des Todes,
damit die Heyden fonften gemeine Leute hinrichte⸗
ten, umd unter den Ehriften auch der Weiber nicht
verfchoneren. Welche Art desTodes unter andern
Tanatius erfahren h), gleichwie auch fonften viel
andere fonderlich von den Löwen zerriffen wurden,
als einer dorten Flaget, daß die Heyden immer
fehryen: Wit den Ebriften zun Löweni)!
Sie bunden aber die Märtyrer dabey an Pfäle,
damit fie fich nicht verlaufen oder wehren Eönn-
tenk). Daß fie aber fehr ofte von ſolchen Thie-
ron erlöfer worden, werden wir unten im 7. Buch
bey ihren Wundergaben hören.
ır. Die Rreusigung twar auch hierbey ſehr ge-
mein, und unter den Heyden den geringiten Ue—
belthaͤtern zugetheilet. Die Art derfelben war
unterfchiedlich; da etliche umgefehrt angenagelt
wurden, alsman von Petro dem Apoftel verfichern
will, der es alfo foll verlanget haben). Dergleichen
auch Bartholomaͤo gefihehen fern foll , welcher,
nach anderer Bericht, gefhunden worden. Diefe
Art war aber graufamer, als wenn es recht gefcha=
be, davon auch mehr Erempel bekannt find. Der
Apoftel Philippus foll eben diefen Tod erlitten ha⸗
benm), Don Simeone, Cleophas Sohn, ſtehet,
= er eben fo geitorben, wie der HErrfelber n).
Man verfchonte auch damit der Weibsperfonen
nicht, ob es wol felten mag gefchehen feyn 0). Sie
wurden aber mit Nägeln an die Kreuze gefchla-
en , wie aus der Paßionshiftoria und fonft genug
Bekannt ift, davon fonnten fie nun nicht flugs fters
ben, und lebten bisweilen ziemlid) lang an den
Kreuzen. Timotheus und Maura biengen in
die neun Tage lebendig daran, und ftärkten fich
indeffen unter einander in ihrem Glauben p).
In Egnpten wurden etliche umgefehrt gefreuzi-
—* und fo lange daran gelaſſen, bis fie Hungers
urben 9).
® fa 9. Noch
2) ApudE£u/eb.lib. III.c.23. a) Epiſt. 76. et 78. b) Vid. Origenis liber ad cos ap. Photium Cod. rı8. Eujeb.
VILI.c.ı7. 22. 25. Theodorirus lib.IV.c.22. Nicephorus lib. I. c. 16. 27. Epiphanius her. 48.
c) de Paulo
Epiſe. v. Theodor. 1. c. 7. de Maximo et Paphnutio Sozomenus lib. I. c.ı0. Martyrol. Kom. IIL. Non. Mai.
Eujeb. VIII. c.12.14. d) Cyprianus I.c. ec) Idem ib. f) Eufeb. lib. II. c. 25. Orofiuslib. VII. c. 7. Hierony-
musEpift.33. g) Pasfio Cypriani. h) Eujeb.lib, III. c.35. Hieronymus de Scr. Eccl.c. 16. Nicephorus lib. II.
m) Eufeb.lib. III. c.26.
lib. VIL 68.
19. i) Tertullianus Apol.c.39. k) De Bland. v. Eujeb. lib. V.c. 1. 1) Ewfebinslib, IIl.c. ı. Chryjof.hom.
16. in Gen. et hom. in Pet. et Paul. , m) Eufeb. in Chron.ad Ann. XII. Claudii et Martyr. Rom.d. XI. Kal.Mai.'
0) Martyr. Rom. pr. Id. Febr, et d. XI, Kal. Iun.
p) Idem III. Non.Mai, q)Ewjfeb.
* en.
12. Nicht wenige wurden im Waſſer erfäu:
fet, oder in das Meer geworfen, nachdem ſchon im HErrn getrauete das Feuer
* *
596 4. B. - Don den Pflichten und Verhalten der erfien Ehriften gegen fich ſelbſt
bey feiner Verbrennung nicht zuließ, ne N
zuhal⸗
man ſie etwan zuvor wohl geplaget hatte. Davon tenc). Diele wurden daben geſchmaͤuchet und
einer gedenfer, wie er weder die Tiefe des Meers, langfam gebraten, damit ihre Schmerzen defto em⸗
noch die graufamen Wellen ſcheue, weil er wiſſe,
„dar die Glaubigen mit Jona und Paulo aud)in
„der See ihr Leben hätten erhalten, r). Sonder-
bare Erempel gibt es mehr als zu viel‘, da Die
Glaubigen in die Seen s), Teiche oder Flüffe x) ger
worfen, oder auch in die Brunnen geftürzet wor-
den: ).Und damit fiedefto gewiſſer erfaufen mußten,
Bienge man ihnen Steine an den Hals, weil man
isweilen erfahren hatte , Daß fie wol gar wunder⸗
barer Weife auf dom Waſſer geſchwommen, und
alfo nicht unterfinfen koͤnnen x). Es iſt auch
merkwürdig, daß die Märtyrer auf zerbrochene
und alte Schiffe gefeger, und alfo ohne Hülfe in
die offenbare See gefchicket worden, darauf fie
denn nothwendig zulegt dem Leibe nach verderben
müffen y). Wenn ſich die Feinde ja noch Die
Mühe nahmen, fo näheten fie fie in einen ledernen
Sad ein, damit das Volk fie auch dahero für
rechte Uebelthaͤter halten müßte, Denn die Ro-
mer hatten fonderlich im Gebraud) , die graufam-
ften Uebelthaͤter fo abzuftrafen: Dahero ſteckten
fie auch oft zu denen Märtyrern, wie zu Denen
andern Mifferhätern, Schlangen und Ottern,
Hundeundvdergleichenz). Daß fich alfo allenthal⸗
ben ihre liftige Bosheit bey ihrem grauſamen
Berfahren zu offenbaren pflegte,
13. Das Seuer ward aud) von den Feinden
Gttes zur Dual und Hinrichtung feiner Zeugen
mißbrauchet, fo gar, daß fie auch ganze Käufer mit
einander verbrannten , darinnen die Chriften ver-
fanmlet waren. Wie in Phrygia die ganze Ge-
meine mit ſamt dem Conventicul angezündet wor⸗
den a). Da fegten fie fie auf den Scheiterhau-
fen, als Zauberer, und nennten fie von dem zufam-
men gefragenen Holze Sarmenritiosb). Sie
bunden fie dabey an Pfäle, welches Polyrarpus
pfindlicher und länger wären. Inſonderheit war
diefes eine graufame Art, daß die Chriſten mit
Flachs, Pappier, Werg und untergemengteem
Dec, Harz oder Wachs überzogen und eingewickelt
wurden, und alfo des Nachts angezündet, dabey
fie alfo langſam brennen mußten, meldyes fie
Tunicam ardentem oder moleftam nenneten d).
Auch warf man fie in die brennende Defen, dar -
unter fürnemlichder-groffe Kalfofen zu Carthage °
berühmt ift, worein 309 Märtyrer auf einmal
geftürzet wurden die hernach davon Mafla candıda
hieſſen e). Noch andere wurden auf einem Roſt
gebraten, welches von Laurentio bekannt genug
iftf) ; wie auch von einem Petro zu Nicomedia g),
und etlichen andern in Antiochiah); anderer zu
geſchweigen. Dahin aud) vielleicht das eiferne
Bette gehöret, Darauf fie ohne Zweifel langſam
geſchmaͤuchet und gebraten worbeni). So geden=
fen auch ihrer viel des Catafta, worauf der Mär-
tyrer Romanus, als auf einem Hohen Stul, ge⸗
peiniget wurde k), Micht wenige wurden in Del
gefotten, oder auch in fiedendes Pech, Bley,
Zarz oder Wachs geſtecket 1): andere mit folder
heiffen Materie begoffen, oder langfambeträufelt,
mit glüendem Eiſen und Dlech gefenget m),
mit brennenden Sadeln an die empfindlichften
Derter des Leibes geftoffen, und fonftaufdas grau⸗
ſamſte mit dieſem allerfchärfeften Element zuge-
richtet n)..
14. &s ift bereits aus der Apoftelgefchichte'die
Steiniaung an Stephani Epempelbefannt, wel:
chem viel andere durdy des HErrn Regierung ges
folget ; indem fienicht allein vondem Pöbel im Tu⸗
mult unverfehens gefteiniger worden 0), fondern
auch Ni viele von der Hbrigkeit alfo Bingerichtet
find p). Zu geſchweigen, daß man fie ofte mit
groß _
x) Hilarins adu. Conftant. A. s) Vid. Martyrol. Rom. IV. Non,fen. Id. Ian. Ex/eb. lib. VII. c.ı7. t) Mer-
zyr. Rom. d. X. Kal. Febr. et Idem III. Id. Mart. VI. Id. Nou.
u) Id. pr. Kal. Aug. d. XV. Kal. Sept. XI.Kal.
Sept. etc. x) De Quirino Epife. Idem Martyrolog. pr. Non. Jun. et Gregor. Turonenfss lib. L. c. 25. Hift,
Franc. y) Prudentius hyınn. 10. Eu/ebins lib. VIII. c. 9..Martyrol. Rom.d. VII. Kal.Nou. z) En/eb, lib.VII.
€.15. Martyr. Rom. d. XV 1. Kal. Apr. et Kal. Nou.
a) Lailantius lib. V.c. ıı.
Eujeb. lb. IV.c.15. d) Tacieus lib. XV. Annal. Iunenalis Bat.8. Terzull. ad Mart.c.5.et lib. I. adNation. c.
18. €) Augufin.Serm. 112. et ırs. de Diuerf. et in Pf.49. Martyrol. Rom. d.1X. Kal. Sept.
b) Terzall. Apol.c.19. c)
f) Augufin.
"Tradt. 27. in oh. Ambrofius Epift. 7. et lib. I. de Diu. Office, c. 28. Prudenr. hymn.2. etc. g) Eujeb. lib. VIII.
€. 6. Nicephoruslib. VIL.. h) Eujeb.lib. VIII. c.34. Mariyr. Rom. d. V. Id. Mart. i) Prudent. hyınn. 5.Marsyr.
Rom.dı KIV.Kal,Mai. k) Prudert.hymn.ıo. 1) DeS.Iohanne Tertull.de Præſer. c.26.etex eo Hieron.lib.
1. adu. Touin. c. 14. de Tulian. Marzyrol. Rom.d. XIV.Kal.Mart. m) Eufeb.lib. VI. e. 5. Mariyrol. Rom. d. III.
1d. Iun. VIIT Id. Mai. XIV. Kal. Febr. de laminis Pradenziushymn. 3. et hymn. 10. Marsyrol. Rom.d. IV. Kal.
Dee.et XVII.Kal.Iarı.“ n) Prudenrias hymn.9. Marzyrol. Rom. d. VIII. Kal. Dec.X. Kal. Nou. XI. Kal. O&.
III. Id. Inn. VI.Kal. Auguft. 0) Terzull. Apol.c.37. Theophil. Antioch. lib. UI. adAutolyc, p) Marzyr. Rom.
d. VI.Kal. Iul. IX. Kal. Febr. et XIV. Kal. Mart. ’
*
— SE —ſP
“0 ır. Cap. Don den fürnchmften Arten ihrer Wetter. r 597
groffen Mühlfteinen auf einmal getödtet 9). an einer Hand, oder. einem Fuß, daß man mey⸗
a on fehleifete man die Chriften ib Stock nete, die Ölieder würden ſich aus einander reife
und Stein durch Henfersbuben oder- Pferde, da- ſen e). Wiederum pflegte man ihnen wol aardie
durch fie ganz zerriffen und zerſchmettert mur-
E En Und —* die Juden einſt den HErrn
ebſuͤm von der Hoͤhe berab ſtuͤrzen wollten, fo
gieng es auch etlichen feiner Juͤnger. Gerapion
wurde erſt an allen ſeinen Gliedern gemartert, und
hernach von einer Höhe herab geftürzets), gleich⸗
wie auch einige andere. Von denen mancherley
Arten der Graufamkeit will ich jetzo nicht geden-
ken, damit fie denen todten Leichnamen dev Mär:
gyrer begegnet, fondern es bis aufdie Begraͤbniſſe
der Chriſten * Hier will ich nur noch etwas
gedenken, wie die Tyrannen alle und jede Glieder
der Märtyrer zu peinigen und zu verderben geſu⸗
ben ’
15. Etlichen haben fie Ylafen und Ohren
abaefebnitten t), etlichen die Augen ausgefto-
eben, oder ausaebrannt; wie wir ſchon oben
gehöret: andern Brandmahle an die Stirne
gefeget, als wir oben auch gefehen. Nicht we-
niger febunden fie die HZaut von der Stirne
ab, ohne Zweifel, weil fie gehöre haften, daß
die Epriften ſich mit dem Kreuze zeichneten u).
Auch ſchlugen fie die Märtyrer mit Steinen
auf ihren Mund x), zerbrachen und jermalmeten
ihnen damit die Kinnbacken, fehlugen ihnen die
Zähne aus, oder brachen fie ihnen mit Gewalt
aus y). In die Yafenlöcher ſteckten fie entwe⸗
der ſcharfe beiffende Sachen, oder wol gar glüen-
den Drat 2). Yn den Mund goffen fie heiſſes
Ned) oder Bley binein +): ingleichen das falzige
Meerwaffer, oder ander ftinfend und ſchaͤdlich
Getränfe b),_ Sie fihnitten ihnen die ‚Zungen
$- aus dem Halſe, oder durchſtachen fie mit Pirie-
men wovon wir unten im 7. Buch bey den Wun⸗
derwerken der Märtgrer veden wollen. Man
beenkete einige bey den Händen auf, oder auch nur
o-
r
%
3 I. de Glor. Mart. c. 48.
. d.XHI. Kal. Nou. VL Kal. Dec.
Yıdlor Vricenfis lib. I.de Perfec. Vandal.
Matt.
d.IV. Kal. Apr. et XVI. Kal. Mart.
d.XI. Kal. Ianuar.
c.12. 1) Martyr. Rom. X. Kal. Iun. Ado XV. Kal.
Non. Mart. XIV. Kal. Tul. VIII. Id, Mart.
Magii liber de Equuleo fingularis.
Sfffs
q) Idem d. XIT. Kal. Aug. r)DeHippolyto Prudent. hymn. 4. de-Coron. De Saturnino Gregor. Turonenfislib.
s) Eu/ebius lib. VI. c. 24. De Syluano in Martyr. Rom. d. VI. Id. Iul. de aliisIdem
t) Martyroll Rom. d. III Id. Od.
hyınn. ı0. de loc. x) Martyrol. Rom.1X. Kal. Iul. et IV. Kal. Febr. Beda Martyrol. IV. Kal. Märt.
» Apollonia Eu/eb, VI.e. 41. Martyrol. Rom. XI. Kal. Ian. z) Idem V. Id. Sept.
c) Adta Procopii ap. Surium Tom. IV.
7 Martyr. Rom. d. IV. Non. Mai. et VIII. Kal. O&. dy Idem d.XIV. Kal. Febr. et
€) Ado Martyr. V. Id. Od. et XVT. Kal. Iul.
h) Gregor. Nazianz. Or. in Julian.
k) Idem d.IV. Non. Mart. VI. Id. Sept. IX. Kal. Mai. X. Kal. Iun. Eufeb. lib. VIIT.
Sept. im) Eufebius lib. VIII. c. 9.
0) Idem XVI. Kal. Nou.
nns Serm.5. de Lapſ. Eu/cb lib VIII. e. 11. Auguftinus Epiſt. 158. et Martyrol, vierte,
Hände abzufauen, oder mit glüenden Eiſen zu
verfengen d). Die Finger durchftache man ih⸗
nen mitfpißigen Nägeln und Pfriemen an Häns
den und Fuͤſſen e). Zwiſchen ven Mägeln und
dem Fleiſch gruben fie mit fcharfen Eifen, welches
den allerempfindlichiten Schmerzen verurſachet ).
Sie fihnitten den Maͤrtyrern den Leib auf, riſſen
ihnen das Eingemweide heraus 8), und, wie unter
Juliano gefchabe, fuͤllten fie diefelbemit Gerften
an, undlieffen die Schweine daraus freffen h).
16. Und damit ich endlich diefer unzähligen Ar-
ten der Marter ein Ende mache, willichnur noch
etliche erwehnen. Es wurden die $eiber der Heilie
gen bisweilen mit Spieſſen durchftochen, und
alfo umgebracht i),. Einem andern wurden etwa
Arm und Bein entzwey gebrochen, woran fie
auc) fterben mußten, indem man mit groffen
Hammern auf die Gebeine ſchlug k). Auch
wurden fie wol mit bepden Süffen aufgehenket,
daß das Haupt zur Erden hienge, dabey auch et:
warn auch oder langfames Feuer drunter gez
macht wurde l): welches auch mit-den Weibsper-
fonen vorgenommen wurde m), So wurden et—
lichen eiſerne Nagel durch die Süffe, und fon-
derlich Durch die Serfen gefchlaaen, dabey fie
alfo fortzulaufen getrieben wurden, bis fie kraft⸗
[08 niederfunfen und fturben o). a, man hiebe
ihnen die Füffe ganz abo), oder fehnitte auch nad)
und nad) ihren ganzen Leib in Stücken, zerglieders
te fie auf die graufamfte Art, und löfte ein Glied
nach demandernab p). Endlich dehnten fie die
Henfersbuben auf den Equuleis oder Foltern
aufs graufamfie aus, und brauchten fonft alle
Arten der Peinigung, welche bey Folterung oder
der fcharfen Frage der Uebelthaͤter in der Wele
üblich find g).
Das
u) Idem II. Kal. Od. Prudenr,
y) De
Id. IV. Kal. April. b)
d.$8. Id, Iul. de aliis
V. Kal. Iul. VII. Kalı
f) Martyr. Rom.d. IX. Febr. etpr. Kal. Apr. g)Idem
i) Martyr. Rom. pr. Kal. Apr. et
h) Martyr. Rom. pr,
p) Idem V. Kal. Dec. q) Opria-
Conf, omnino Hieron.
E
tr — — mn — — u — — —
598 48. Don den Pflichten und Derbalten der erften Ehriften gegen fich ſelbſt.
nn nm nenn ng:
Das 12. Capitel, ar
ung alles Eigennutzes.
Summarien.
Von der erſten Eheiften Genuͤgſamkeit und Verſchmaͤ⸗
Erttine des N. T. verleugneten ihren Eigennusen, und waren vergnuͤgt, $.1.
+
welches ben denen groffen Be .
vi
nörbig, daben fie Gott hoch priejen und ſich alles Be liefen, 2. welches eine überfchwängliche Geligkeit. Ch
fbämeten ſich der Armuth nicht, welche Die Henden fl
e Thorheit und Laſter hielten, Bekenntnis der Chriſten, Urſache ihrer Vers
Sofamfeit und Grund nach dem Erempel Chriſti: Geduld wird ernähret durch Verſchmahung des Reichthums. 3. Sie hiel⸗
* ae ihe Eigenthum; Abbildung eines vergnügten Ehriften : fiebrauchtennichts als zur Nothdurft, 4 arbeiteten
tig; Antwort und Gründe aufdie Einwuͤrfe ihrer Nernunft 5 5. verleugneten alle unnüse Nahrungsiorgen, beteten in
N en Witte fonderlich um die himmlische Speifen, gewiß, daß ihnen das Zeitliche auch würde zugeiworfen werden; Bas 7
veten fie fich bey der Armuth, ungeachtet der Ungeduld des Fleiſches; 6. waren dennoch milde gegen andere, trachteten
J—————— zu ſcharren; ihre Gelaſſenheit und Verleugnung darinn, 7. ſonderlich haſſeten fie Die Begierde nach ei⸗
nesandern Gut, wieſen die zurexht, Die etwa Damit verfiricket waren ; Die Ereatur ſelbſt hielten fie unschuldig, ader den Mißbrauch
firaften fie: Wie ein Chrift mit den zeitlichen Dingen umgehe, und Schaden im Zeitlichen vor Gewinn achte. 8. Sie waren
wenig bedacht auf Fünftige Porhfäfle, oder vor die Kinder zu forgen, um fich und die Ihrigen nicht zu befchweren ; fie teilten das
Ihrige den Armen aus, Exempel; 9.
daher ihnen allen gleicher Nachruhm gebuͤhret; fie befaffen nichts eigenthümlixhes 10
Aus vedlichem Herzen ohne falſche Adfichten oder eigenen Verdienſt, forgten nur. vor Peibesnothdurft, erfkatteten auch das
ungerechte Gut wieder, nach dein Erempel der erſten Jünger,
gen Armuth; 12.
um vom Zeitlichen fren zu werden. ı1. Exempel der freywilli⸗
folches war fehr gemein in den erften Gemeinen, Erempel, 13.
mehr Exempel; 14. Tonderlich wars bey
Einfiedlern geröhnlich, die man nicht leichtfinnig urtheilen muß ; ı5. Doch wurfen die eriten Chriften ihre Habe nicht ohn
sid den Arınen zu, Die Heuchler ſchuͤtzten bey Zuſammenſcharrung der Güter die Verforgung der Armen vor; Kinder
re durch — ueberfluß anderer Mangel zu ſtatten und Lieffen alesanfommen auf GOttes Führung , achteten al,
fes tierheilen der Heuchler und Henden nicht, 16."
welche fich über Chriſti Worte ärgerten und fie ſchmaͤheten, weil fie ſelbſt von
{ i isauf Ausübung der Verleugnung nicht recht gewieſen, aber Doch aus falſchen Abſichten dazu vermahnet wor⸗
a Be Chriftenden Henden vorhielten, und zeigten, daß zumChriſtenthum mehr gehöre. Die Weltweiſen ipotteten
wol gar die Chriften, und nahmen ihnen das Ihrige unter dem Vorwand der Ehröfklichen Lehre, 17.
S8 iſt bereits an etlichen Orten von den
Erſtlingen des N. Teſtaments erwieſen
worden , daß fie bey der herzlichen Ver—
leugnung ihrer felbit ſowol ihre Ehre gerne nad)
G8ttes Willen verlaffen, als auch ihre Luft und
Gmaͤchlichkeit willig vergeſſen haben. Jenes
leuchtete aus ihrer Demuth fuͤrnemlich hervor,
diefes einige iſt uͤbrig, ſo zu den Pflichten gegen ſich
ſelbſt gehoͤret, nemlich die Verleugnung alles
Figennuges und Vortheils, ſamt der wahren
Bergnügfamkeit bey ihrem Armuch; dadurch ih:
ve Herzen und Sinne in dem Frieden GOttes aljo
mächtiglich bewahret wurden, daß fie nichts mehr
verlangten, als was der HErr aus Barmherzig-
keit von zeitlichen Dingen zuwarf, Fraft ihrer Ge—⸗
faffenheit und Gehorfam gegen GOtt, die wir ſchon
betrachtet haben: Woraus denn weiter folger,
daß ihnen ihr Zuftand, von GOttes und feiner
Vorſorge wegen, allzeit gefiel, und fie deswegen
gar nicht wider ihn murreten, über ihn klagten,
oder fich gegen feine Führung halsftarrig ſetzten,
fondern alles mit Freuden, fonderlich Armuth und
Mangel, von feiner Vaterhand annahmen.
Summa, daß fie nicht geizig noch unerfättlich,
fondern begnüget waren andem, was da war, weil
Zr
G ı
der Herr gefaget hatte: Er wolle fie nicht ver⸗
laſſen noch verfäumen, Ebr. 13,5.
2. Bey denen groffen Trübfalen, fo über die
Gemeinen GOttes anfangs ergiengen, war dieſe
Gabe des HEren fo hoͤchſtnoͤthig, Daß ohne diefelbe
wolniemand Glauben und gut Gewiſſen behalten
konnte. Die Apoftel und Chriſten insgemein wur⸗
Den javon der Welt und ihrem Ueberfluß verjtoffen, -
alles des Sshrigen berauber, und mußten meiftens,
wie die alten Propheten und Zeugen der Wahr-
heit in Mangel und Ungemach umher geben,
Ebr. i1, 37. Dis war ihnen eine gute Zucht⸗
ſchule zu diefer Pflicht, daß fie mie Paulo Ierne= =
ten vergnügt ſeyn, bey welchen fie waren,
daß fie niedrig und hoch ſeyn Eonnten, ſatt
fepn, und hunaern, übrigbaben, und Mangel
leiden, ja in allen Dingen, und zuallemge-
ſchickt ſeyn, Philipp. 4, N. ı2. 13. Es gibt es
auch der damalige Zuftand der Chriften felbft-
nicht anders, und muß ein jeder Verſtaͤndi⸗
ger bey fo groffen Verfolgungen der Welt und 5
ver unbefchreiblichen Zufriedenheit ihnen diefes
$ob faffen, daß fie auch in der gröffeften Duͤrſtig⸗
Feit ihren GOtt Hoch gepriefen haben. Die Ge—
fehichte der Apoſtel zeigen uns nichts anders T
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12. Cap. Donder erſten Chriſten Genuͤgſamkeit und Verſchmaͤhung alles Rigennutzes. 599
ſo vielem Ungemach und Drangſalen der Juͤnger,
als ihre Genuͤgſamkeit. Paulus litte, nebenft
ſeinen Mitkaͤmpfern, bis auf die Stunde, da
er an die Corinther ſchrieb, ja bis ans Ende, Yun:
ger und Durſt, fie waren nackend und hat—
ten Feine gewiffe Stätte, eben wie ihr Meifter
nicht hatte, da er fein Haupt binlvate, ı Cor.
4, 11. Mattd.g, 20. Sie waren aud) fo ofte und
ftets in folcher Mühe und Arbeit, in Sunger
und Durft ‚in Saften, Sroft und Blöffe,
2 Cor. 11,27. Welchen denn alle rechtſchaffene
jünger JEſu treulich nachwalleten, und cben fol:
che Zufriedenheit in ihrem Mangel zeigten.
3. Ein gottfeliger Scribente erinnert fich noch
unter dem verfallenen Chriſtenthum diefes herrli⸗
chen Zuftandes der erſten Gemeinen, und *nennet
„08 eine überfchwängliche Seligkeit, darinren fie
„alle EHriftum erkannt, unddie vergaͤnglichen Guͤ—
„ter diefer Welt auf ewige Schäße der bimmli;
„schen Güter verwendet Haben :_da fie fich felbft
„des Gebrauchs gegenmwärtiger Dinge beraubet ,
„und die fürtrefliche Hoffnung des Zufünftigen,
„den unfterblichen Reichtum in dem gegenwär:
„gen Armuth erhalten Haben,,2). So ift esaller-
dings, daß fich Die erften Glaubigen weder vor
der Armuth gefcheuer, noch derfelben geſchaͤmet
Baben, ungcacht die ae eben diefe freywillige
Armuth vor eine groſſe Thorheit, oder wolgar vor
ein Safter an ihnen hielten. © Es ift uns gar feine
„Schande, (hieß e8,) daß wir meiftens arme Leute
„beiflen, fondern esift uns eine Ehre,. Dazu fie
diefe Urfache feßten: “Das Gemuͤthe wird durch
„die Genügfamfeit befeftiger, wie es durch den
„Ueberfluß leichtfinnig gemacht wird. Wer kann
„aber noch arm ſeyn, wenn ernicht darbet, wenn
er fremd Gut nicht begehretund in GOtt reich ift ?
„Der ift vielmehr arın, der mehr verlanget, da
„er doch fchon viel hat. Und deutlich zu fa:
„sen, es kann Feiner noch fo gar arm ſeyn, als
„ie er geboren worden,„b). Alfo war dis ihr
Kirnehmfter Grund bey ihrer Vergnuͤgſamkeit,
daß fie reich in GOtt, und dennoch in diefem Seben
nicht arm, das iſt, unvergnuͤgt und uncrfättlich
wären, ob fiegleich nwirflic arm waren, das ift,
feinen Ueberfluß oder aroffen Vorrath auf viel
abre Batten. Worinnfie fich des Erempels Chri-
i felbft wohl bedieneten, und im Glauben im
yandelten. Es war anch bey ihnen “Feine
ere Erinnerung, Geld zu verachten, alg
fie ſahen, wie erh in feinem Reichthum
„geltanden. Hingegen daß er die Armen gerecht
— lib. I. de Auarit. initio. b) Minutins Felix P-373. ©) Tersullianus de Patient. c. 7. PN Ter-
5 1. © €) Ladantius lib. V. c. 23,
7
„preife, den Reichen aber ihre Verdammniß vors
„aus anfündige, Wenn alfo Gelegenheit von
GOtt gezeiget ward, Kim Schaden und Verluſt
„ich Chriſtlich zu erweifen, fo dienete die Verach—
„tung des Reichthums bey der Geduld fehr wohl,
„und bewiefe, daß fie deffen Schaden wenig achtes
„een, wenn fie Reichthum verwerfen Eonnten.
„Denn wornach fie nicht zu ftreben hatten, weil
„ihr JEſus nicht darnach geſtrebet, das konnten
„ſie auch mit Geduld ragen, wenn es ihnen ver⸗
„ringert, oder ganz entzogen ward c).
4. Moch mehr erfannten und practicirten fie die:
fes in Befisung des Zeitlichen, daß fie es alles dem
HErrn aufopferten, und nichts vor ihr Eigen—
thum bielten. Der Geift GOttes hatte ihnen
durd) den Apoftel gefagt, daß Beis ſey eine
Wurzel alles Uebeis. Solches verftunden fie
„nicht allein von dem Gelde eines andern, denn
„auch das, was ihre fehien , war nicht ihre, weilja
„alles GOttes ift, dem fie auch gehüreten,,d),
Dergeftalt bildeten fie auch einen wahren Ehriften
unter andern ab: Er ift vergnuͤgt mitdem Sei-
„nigen, und denket an feine Gebvechlichkeit , fie
„cher Dabero nichts mehr, als womit er fein Leben
„unterbalten kann. Auch tbeilet er von dem, was
„er bat, dem mit, der es nicht bat, weiler gottfelig
„iſt. Und diefe Gottſeligkeit ift die hoͤchſte Tu—
„gend. Dazu kommt noch, daß er die ſuͤndlichen
„und vergnuͤglichen Wohlluͤſte verſchmaͤhet, wel⸗
„cher wegen Die andern reich zu werden verlan—
»gen,„e). Und gemißlich, weil wir von den Erſt⸗
lingen N. Teftaments verfichert find, daR fie folche
gute Ehriften gewefen, und.alfo zu Wohlluͤſten,
Ehrgeiz und zu Erfättigung ihrer Begierden nichts
gebraucht oder angewandt , fo ift frenlich nicht
abzufehen, wozu fie ſonſt Geld und Gur hätten
verlangen Fönnen. Cie achteten ja felbft, ihr Le—
ben nicyt einmalcheuer , geſchweige das, was auf
fer ihnen war , und deffen fie nicht als nur zur
hoͤchſten Noth bedurften. Da fie nun alfo alles
willig verleugnet unddem HErrn zu feiner Negies
vung übergeben Batten, fo war ihnen nichts mehr
übrig,als die tägliche Nothdurft, und was fie et—
wa zu ihrem Unterhalt als ein Stück Gut brauche
ten, davon fie ifre Mahrung haben möchten.
Wann, zum Erempel, von denen Verwandten
Chriſti ſiebet daß ſie auf Befragen des Kayſers
Domitiani ausſagten, daß ihrer zwey nicht mehr
in ihrem Vermögen hätten ag 9000 dmvagız
oder Pfennige, (deven einer 10 Affes golte) und
war
* *
6-0 4.8. Von den Pflichten und Derbalten der erften Ehriften gegen fi ſelbſt.
ER)
zwar beftünde es nicht im baaren Gelde, fondern
in einem Stuͤck Ader, den fie baueten, und fic)
davon ernaͤhreten. Wie fie denn den Feinden,
fo fie vor fehr reich hielten, die Schwülen in ihren
Händen und die Härtigfeit ihrer Glieder zeigten,
welche fie von ihrer ſteten Arbeit hätten F).
5. So hielten fie fih nun an die allgemeine
Ordnung ihres Vaters im Himmel , daß fie ar»
beiteten, und fhaiten mit ihren Händen etwas red⸗
fiches, aber nicht einen Vorrath nad) dem andern
Binzuiegen, und aus Mißtrauen gegen GOtt, daß
er Fünftig nicht helfen werde, wie bisher h ſondern
nur, damit fie hatten zu geben’ den Dürjtigen.
Eph. 4, 28. ı Theil. 4, u1. Wollte Die Ver⸗
nunft oder der natürliche Unglaube einſtreuen, fo
würde man endlich nichtshaben, worvonman leben
fönntes So antivorteten fie: “O wenn disnur das
„geben noch heißt, fo iſt es ſchon gut! Was haſt du
„mit GOtt zu thun, wenn du nad) Deinem Willen
„eben willft,,? Nemlic) derjenige, der Dir Das Le⸗
ben gegeben bat, wird dir es auch erhalten, nur
daß es nicht nach deiner Borfchrift oder Einbil:
dung gebet x). “Es hat noch Feiner unter denen,
„die der HErr erwählet hat, gefage: Ich habe
„uichts zu leben, denn der Gläubige beforget Fei-
„nen Hunger. Er weiß, daß er ihn nicht weni:
„ger verachten müffe, als alle Arten des Todes.
—F hat gelernet, ſein Leben ſelbſt zu verſchmaͤhen,
wie vielmehr feine Nahrung b)? Wer nun nicht
„teiter fießet, als nur, wie er der Natur ein Ge⸗
„uügen thun möge, um ben Ueberfluß aber un⸗
bekuͤmmert lebet, der lebet faſt wie die Engel,
weil er mit feinem gnuͤgſamen Herzen bey weni⸗
„gem Gut anzeiget, Daß ihm nichts in altem fehle ).
„Er Fann auch nicht eher zu wahrer Ruhe gelangen,
„bis er feinen eigenen Willen auch darinnen weg⸗
„geworfen, und fich von folchen Sorgen der Nah⸗
„rung befreyet Hat, k). Denn es zeuget der
HErr JEſus deutlich, daß fie das Herz beſchwe⸗
ven, und daß fie das Wort des HErrn erfticken,
guc. 21, 34. Matth. 13, 22. Luc. 10, 42 «Dis
„alles ift ferne von einem wahrhaftig Gläubigen.
„Denn biefelbe haben Feine Serge, wie fie ihrte-
„ben binfriften wollen, es waͤre dann, daß jemand
„den Berheiflungen G0Ottes nicht frauen wollte,
„und feiner Sorgfalt und Vorſehung nicht glau-
„ben; da er doch die Lilien kleidet, und die Vögel
ſpeiſet. Er hat ja verboten , vor den andern
„Morgen zu forgen, und verfichert, Daß er wiſſe,
£) Euſebitis lib. III. H. E. c. 20.
g) Idem lib. de Idolol. e. 5.
„was einem jeden unter feinen Knechten noͤthig
„fen. Wer nun dem HErrn recht dienet, derbe»
„darf weiter nichts, ja er hat alles, wenn er nur.
„den HErrn hat. Wenn man bedenket, daß das
„Himmlifche alles ihm zugehöre, fo Fann mandas
„irdifche Reich dabey vergeflen 1). So gar eine
„grofle Zufriedenheit Des Herzens gehöret hierzu,
„ivenn eine Geele Feine irdifche Begierden hat.
„Denn vo diefe noch herrſchen, da Fann fie nicht
„ſtille ſeyn, weil fie entweder verlanget, was fie
„noch nicht hat, oder Das erlangte nicht gerne ver=
„lieren will, alfo in Widerwaͤrtigkeit Gluͤck hoffet,
„in Gluͤck Widerwaͤrtigkeit beſorget. Alſo, daß ſie
„wie von Wellen des Meers herum getrieben
„wird, und in ſteter Abwechſelung ſtehet. Wo
„aber das Herz durch das Verlangen nach dem
„Himmliſchen durch eine ſtarkmuͤthige Beſtaͤndig⸗
„keit feſt geſetzet wird, da wird es von der Ver⸗
„wirrung zeitlicher Dinge nicht geplaget m).
6. Ben diefer noͤthigſten Sorge für die him⸗
meliſche Speife vergafien fie von felbft alle.uns
nöthige Nahrungsſorgen; denn Feines ſchickte
fich zu dem andern in einem Herzen, fondern eine
Art triebe die andere gewiß aus. Auch fahen
fie Bauprfächlidy bey der vierten Bitte im Gebet
des HEren auf das wahre Himmelbrod, das den
Menfchen das Leben gibt, nemlich Ehriftum JE-
ſum und feine erhaltende und ſtaͤrkende Kraft, die
erden vereinigten Seelen mittheilet. Wie fie alfo
befenneten :*WBenn wir um unfer täglich Brod
„bitten, fo fordern wir die Beftändigfeit oder
ſtetswaͤhrende Bleibung in Chriſto, und die un⸗
„jertrennliche Vereinigung mit feinem teibe;, u)
(perpetuiratem in Chrifto, et indiuiduiratem
corporis eius). Und im übrigen verftunden fie
diefes taͤgliche Brod, Matth. 6, ıı. meiftens von
dem überwefentlichen (emizcio , [uperfubftan-
tiali) oder geheimen (pusmd) und himmli-
ſchen Brod der Seelen, ob fie gleic) das zeitliche
Brod nicht ausſchloſſen 0). Daß fie alfo, nach
des Heilandes Worten ‚das Neid) GOttes und fei-
ne Gerechtigkeit vor das nötbigfte und befte Theil
hielten, und das übrige vor eine zufallende und zuge⸗
worfene Sache. Daher fie gewiß fchlieffen konn⸗
ten; Wer den HEren um das einige Nothwen⸗
„dige ernftlich anruffet, der wird aud) das andere
„alles erlangen. Wer aber um das Vergaͤngliche
„och befünmert ift, und fich nicht gaͤnzlich fei-
„nem Worte anvertrauet, der glaubet nicht ein-
„mal
h) Idem ib. c. 1.2. i) Gregorins Nyffenus
Orät. de Or. Dom. k) Apophth. Pat. ap. Corelerium "Tom. I. p. 676. h Tertullianus lib. ad Vxor. c. 4.
m) Gregorins M. lib. XXI. Moral. c. 31. n) Terzulianus lib, de Orat. c. 6.
Chryfefomus, Bafı.s, Ambroßus , Theophyladius, &c.
u N
o) Ita plerumque Zireronymus,
»
ch
nn — ———— —
12. Cap. Don der erften Ebriften Benügfamteit und Verſchmaͤhung alles Eiaennuges. 601
„mal, daß ir ewige Güter bevortehen. Er
„ineynet, er habe Glauben, da er nicht einmalin
„den geringften und verweslichen Dingen treu
„und glaubig erfunden wird, p). Aus diefen
wichtigen Urſachen hielten fie auch die Armuth
nicht vor fhadlich oder fehimpflich, fondern fun:
den ſich in ihren Herzen überzeugt und verbunden,
fie nicht allein gerne von dem Vater im Himmel
anzunehmen, fondern auch willig zu ertragen, ja
Darüber fich zu freuen, in Anfehung des groffen
Vortheils, den fiedabey vor den Keichen diefer
Welt genoffen. Wollte ihr Fleiſch und Blut un-
geduldig feyn, und forgen, es werde endlich darben
müflen, fo begegneten fie ihm eben mit der entge⸗
gen gefegten Freude in Armuth: Der Herr
„reife die Armen ja felig, und verbiete, um die
„Nahrung zu ſorgen. Muüffe doch ein Chri-
„ſte im Fall der Noth ohnedem alles verfaufen
„und den Dürftigen austheilen, Was fen es
„nunmehr, obesder HErr felber nehme, der es
wgegeben, oder ob ers aus Liebe und zur Verhuͤ—
„tung alles Mißbrauchs gar nicht gebe g).
7. Es erhellet noch ferner ihre Siebe zur Ar-
much, und ihr gnügfam Herze aus ihren Gedan-
fen, die fieiber ven Reichthum diefer Welt durch
die Gnade GOttes gehabt, und denn fürnemlich
aus ihrem wirflichen Berkalten bey folchen Guͤ⸗
teen. Wir haben fehon gefehen, was vor treue
Haushalter fie geweſen auch in zeitlichen Gütern,
mit fparfamen und mäßigen Gebrauch bey ihrer
Maͤßigkeit, mit Austheilung unterdie Dürftigen
beyihrer Mildigkeit, mit Verleugnung derfelben
bey ihren Exilüs, damit ihnen alfo aud) das
- Rechtfchaffene anvertrauet würde, nachdem fie im
geringen freu gewefen, Luc. 16,10. Alfo denke ja
niemand fo arges in feinem Herzen von den erften
Eprifter, als ob fie etwa Schäße geſammlet oder
behalten, auf ihre Kinder und Kindeskinder mit
vielen Capitalien und Gütern bedacht gemefen
wären, oder fonjt Profit und Bortheilinder Welt
machen wollen. Gin anders lehret uns die fol-
gende Erzehlung von ihrer Verleugnung des zeit:
lichen Reichthums, davon wir oben bey der Ber-
feugnung der Welt ein gut Theil erfehen haben.
Und war alfo ihre Meynung biervon diefe: Ich
„begehre nicht reich zu werden, ich verlange um
„Gewinns willen nicht zu fchiffen r). Uns Chri-
sftenbeweget fein Schade, den die Feinde unfern
pP) Macarius hom. 48. q) Tertullianus de Id. \.c. 12. r) Tatianus Orat. adu. Gr. p. 130.
P- 2. Ü) Minutius Felix p. 374. U) Hermias Irrif. Philof. Gent. p. 179.
p- 159. y) Profper.
„Guͤtern thun, und insgemein nichts, welches
„dergleichen oder noch wichtiger iſt, und von
„Menſchen Schaden leiden kann. Denn obwol
„diefesinsgemein fehr hoch gehalten wird, fopfle-
„gen wirs dennoch nicht zu achten s). Wir könn:
„een ja von GOtt Reichthum verlangen, wenn
„wirs vor gut achteren. Aber wir wollen es lie-
„ber verachten als fieb Haben. Wir begehren
„vielmehr ein unfchuldiges Wefen, und fordern
„von unferm GOtt nur Geduld t). Ich bin von
„Oo0tt erfüllet, und verfchmähe nunmehr Haus
„und Hof, frage nichts nach meinem Vaterland,
Weib und Kindern, und fteige alfo inden Him-
„mel felbft,, u). Und was dergleichen fürtveflis
che Befenntniffe mehr waren, dieden lieben Leuten
von Herzen giengen, und wirklich von ihnen erfül-
[et wurden vor den Augen der Heyden, die ihr
Thun und taffen genau in acht nahmen.
8. Vielmehr aber achteten fie es “unrecht, und
„einem Chriſten durchaus unanftändig fenn,
„wenn man geizig fen, und nach eines andern
„Gut trachte, x). Solchen Gemuͤthern, die et-
ma in dergleichen Verſuchungen der Bauchſor⸗
ge, oder gar der Ungerechtigkeit verfielen, wur—
de treulich des HEren Wille gezeiget; wie es ih-
nen viel feliger wäre, ganz bettelsem zu
ſeyn, alsdurd) ungerechte Erwerbung und Mir
braud) der Güter in äufferfter Gefahr feiner See:
len zu ftehen :_ nachdem fich Die Worte EHrifti, fo
er einmal gefprochen, nicht widerrufen oder ein-
fehränfen liefen, es fen fo gar ſchwer ‚daß ein
Reicher ins Simmelreich eingeben Fönne,
der feine Seele mit fo viel Schlamms beladen
habe. Matth. 19, 24. Habacuc 3,6. «On der
Armuth (hieſſe es,) Fönnteftdu noch zu GOtt kom⸗
„men, der Reichthum aber machet dich vieles Boͤ—
„fen ſchuldig y). Da fie denn zeigten, wie die
unfchuldige Creatur an ihr felber andem Schaden
eines Menfchen nicht Sthuld habe, fondern deren
Mißbrauch, Liebe und Vertrauen, foder Menfch
darauffege. Aber (fagten fie weiter,) “ein reicher
„Chriſte, wo er andersein rechter Chrifteift, der
„iſt ganz arm, indem er in Vergleichung der
„himmliſchen Güter, die erhofft, alles Gold wie
„Sand achtet. Denn wo ein jeder feine Vergnuͤ⸗
van Bat, da hat er auch feinen Reichthum z).
„denn er alfo Schaden an etwas leider, fo balt
„ers dor einen Gewinn und eben fo nüglich, als
„wenn man einem DBaume die überflüfigen
ggg Zwei⸗
Abenagoras Ap.
x) Saluianus lib. IV. cont. Auar.
2) Gregorins Neocafareenfis Epiſt. Canon. c. 2. Aquitan. Sect. 232.
*
602 4. B. Don den Pflichten und Derhalten der erften Chriſten gegen ſich F
„Zweige abhauet. Da hingegen Geld und Gut
„häufen, inden Augen der Gerechten eben fo viel
„war, als zum Feuer mehr Holzzufragen, ober
„oieRranfheitdesteibes mit Fleiß naͤhren und meh⸗
„ren >), oder auch ein beladen Schiff, das nun⸗
„mehr finfen will, noch mehr beladem,b). Da
hingegen ein Armer oder Mäßiger, als ein leichter
und hurtiger Wandersmann, fid) wohl befinder,
überall feine Herberge hat, und bald zum Kleinod
der himmlifchen Beruffung fommen Fann,oder wie
ein Adler in die Höhe flieget, und nicht eher zur Ma:
rung fich herunter läßt, bis ihn die-Moth treibet c).
9. Eben ſo waren fie gefinnet, was anlangt die
Beybehaltung und Verwahrung des Reichrhums
auf Fünftige Nothfaͤlle, oder auch auf Erbſchaft
der Kinder und Freunde, Wennnun die Welt:
Finder vorwendeten: „Ja, ich muß doch meine
„Kinder und Nachkommen verforgen,,: So war
dis ihre fehriftmäßige Antwort: “Niemand,
„der die Hand an den Pflug legt, und zurücke ſie—
„bet, it zum Reich GOttes geichickt. Wenn du
„des HErrn Juͤnger ſeyn wille, fo nimm fein
„Kreuz auf dich. Um des HEren willen müffen
„Eltern, Weib und Kinder verleugner feyn.
„Dem Öfauben ift auch die Begräbniß des Ba:
„ters zu langfam gewefen,,, geſchweige denn zu»
gelaffen,, um ihrent willen noch Geld und Gut zu
fammlen +). “Es ift beffer, bey der Armuth felig
„werden, als mit dem Neichthum fic) und ande:
„te beſchweren; fich nemlich, indem man es an-
„dern unrechtmaͤßiger Weiſe hinterlaͤſſet; (da es
„doch Die Armen bedürftig,) andern aber, indem
„fie die Berlaffenfchaft feindlich befigen und un-
„barmherzig gebrauchen, aud) wiederum andern
„böslich hinterlaſſen «). Was wird am Lage
des Gerichts einem Reichen helfen, wenner grof-
„fe Haufen Gold und Silber zuſammen gebracht,
„und viel Jahre lang drüber gearbeitet Bat?
Bas wird esihm helfen, daß er fürnehmen Leu⸗
„ten viel verfchenft, reiche Leute gaſtirt, und fonft
„folchen Gutes gethan hat, Die es ihm wieder ver-
„gelten Fonnen? Was Danfs bat er wol von
„Diefem allen, %)%. Soclch ein Urtheil hatten
die aottfelinen Aten nicht zu beforgen, die nod)
bey ihrem teben das Shrige, was fie nicht braud)-
ten, den Armen austhrilten , als ihnen der HErr
befohlen hatte; darvon wir bald mit mehrern
hören wollen. Maffen fie ſich nach den Worten
ı Tim. 5,8. ju Berforgung der Ihrigen, nicht aber
zum Scharren und Geizen verbunden mußten,
auch niemals den Linglauben und das Mißtrauen,
oder Geiz und Wucherdamit entfchuldigten. 3*
will ich nur noch eines einigen Exempels gedenken,
welches ein beruͤhmter Lehrer ruͤhmet an einem
Chriſtlichen Weibe, mit Namen Gorgonia:
„Sie habe dem Fuͤrſten dieſer Welt nichts hinter⸗
aſſen, ſondern alles mit einander indie ſichere und
„himmliſche Schatzkammer uͤbergeben, welche dro⸗
„ben iſt. Sie habe der Erden nichts verlaſſen,
„als ihren elenden Leib, und alles dahin gegeben,
„um der Hoffnung willen eines beſſern Lebens. Ih⸗
„ren Kindern habe fie nichts vermacht von Reich⸗
„thum, alsein.berrlich Erempel, und ein Verlan⸗
„gen, ihren Fußſtapfen nachzumandeln 2). _
10. Man Eann leichtlich fchlieflen aus dem übri-
gen gottfeligen Berhalten, wie diefes Lob und
Nachruhm an ihnen insgefamt eingetroffen, wenn
zumal ihr unficherer Zuftand unter den Tyran⸗
nen, ihre unbefchreibliche Mildigfeit, und ihre
groſſe Genügfamfeit dagegen gehalten wird,
Welches denn Feine weitläuftige Erbfchaften und
die dazu gehörige Sammlung und Beybehaltung
der Güter zuläße. Ihre herzliche Zuneigung aber
zu einem völligen Gehorfam des Ölaubens zwunge
ihnen gleichfam fo viel Proben und sobfprüche von
der Berleugnung ibrer Guͤter ab, Die der Vernunft
wol ehe ganz naͤrriſch, auch wol unrecht und irrig
vorkommen. Wann fig, zum&rempel, auf CHri⸗
fti klare Worte in einfältigem Gehorſam und De=
muth ſahen, dieer einemreichen Jünaling geſa⸗
get hatte: Willt du vollkommen ſeyn, ſo gehe
bin, verkaufe was du haſt, und gibs den Ar⸗
men, ſo wirft du einen Schaz im Simmel haben,
und folge mir nach, Matth. 19,21... Mach dieſen
Worten “haben nun viele wahrhaftig Gottſelige in
„den erften Gemeinen ihre Güter verlaffen, um vies
„ler Urſachen willen, welche man billig vor, einen
„göftlichen Beruf halten muß,,; wie die Theologi
reden bh). Dahin giengen auch ihre Anmerkun-
gen von dem Unterfiheid des Alten und Meuen
Zeftaments, da in jenem Sander und Güter ausge-
theilet worden, in diefem nur himmliſche Dinge
den Ehriften vorbehalten. werden, ; Gintemal
auch der Vorgänger und Herzog ihres Glaubens
fo gar nichts eigenes befeifen hatte in diefer Welt,
daß er auch ganz nackend am Kreuze geſtorben,
nach⸗
3) Gregorius Nazianzenus Carm. XXVII. n. 39. b) Nilus de Od. vitiis c. de Auarit. ce) Idem ibid. d) Ter-
tullianus de Idolol. e. 12. e) Salnianns 1. c.
f) Columbanus Epift. adu. auarit. 8) Gregorins Nazianzenns
Orat. de ea. hi) Chemmitins Loe. Theol. de Paupert. p. 164. P. IL
*
*
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TS
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12. Cap. Don der erſten Chriſten Genuͤgſamkeit und Verſchmãhung alles Eigennutzes. 603
nachdem er auch zuvor nicht hatte, da er ſein
Haupt hinlegen koͤnnen. “Dem folgete der
„Haufe der Glaubigen einmürhig nach, ver-
Ichmaͤhete die Erde, als der den Himmel haben
„tollte, und fuchete lieber fürdas Geringe etwas
Vollkommenes, vertauſchte das Michtige mit
„oem Ewigen, undfandeinen groflen Gewinn in
„den Verluflz,; mie esdie Alten befchrieben i).
ır. Es wird aber diefe Weife der erften Chriſten
nicht allein von denen $ehrern felbiger Zeiten, fon.
dern auch bernach ferner ſehr geruͤhmt, und an—
dern zur Machfolge vorgeftellet. Geftalt fie denn
auch aus einemreinen Glauben und berzlicher Lie⸗
be zu GOtt floffen, und mit feinem Aberglauben,
Einbildung des Berdienits und anderen ſchaͤdli⸗
chen Abfichten vermenget war; wie etwa bey dem
Verfall, und fonderlich unter den Mönchen im
Pabſtthum geſchahe, als welche mit der erften lau-
teren Berleugmung nichts zu Eu hatte. "Es iſt
„allzumahr, (ipricht der Herr Lave,) (ja mehr als
„der Vernunft und dem Geiz lieb mag feyn,) es ha⸗
„ben die erften Epriften, was Reichthum anlangt,
„vor nichts mehr neforget, als was zur Leibes
„Nahrung und Nochdurft gehörer, oder zur Huͤl⸗
fe ihres Nächiten,, p. 394. Es hatte mit den er-
ften Chriſten eine ſolche Beſchaffenheit, daß fie
nach ihrer Befehrung erft erfannten, wie unrecht
fie disund jenes an fich gebracht, und alfo ihr Ge⸗
wiſſen beſchweret hätten, da fehloffen fie denn aus
Zachaͤi Erempel tue. 19. daß fie ſolch unrecht Gut
wiedergeben, und unter die Armen austheilen müß-
ten, da zumal ihnen der HErr ausfeinem Worte
gezeigethatte, wie ihr Herz vonder Begierde und
tiebe des Zeitlichen durch wirkliche Berleugnung
abgeriffen werden müffe k). Drum ruͤhmen die
übrigen Ehriften ihrer Vorfahren gottfeliges Ber:
balten hierinnen, = fie ipre Sachen verfauft,
„und das Geld dargebracht hatten, anzuzeigen,
„daß man den Geiz mit Füllen treten müffe- nd
„bey Diefem allen fuche GOtt nicht ſowol den
„Reichthum, alsihre Seelen I). Denn deswe-
„gen habe Ott den Seinigen befoßlen, arm zu
„werden, alles zu verfaufen und den Armen zuge
„ben, damit fie hernach nicht einmal koͤnnten au
„der Erden fleben und friechen, wenn fie gleich
„gerne wollten. Wenn die Seele alfo befreyet fey
„von dem Irdiſchen, ſo komme es bey ihr zu diefem
„Enefchlu: Weil ich nichts mehr auf Erden be-
ſitze, fo lafit uns zum Himmel ziehen, da wir un-
„ſern Schaß haben, und fehon laͤngſt handeln,
i) Arator Hiftor. Apoft. lib. I. p. 379. k) Ireneus lib, IV. ce. 26. 1) Hieronyanus Epift.28. m) Macarius hom.
11. n) Er/ebins lib. I. H. E. c. 37. repetita a Dannhauero Chrifteid. Th. 1. Phæn. 3. P. 133. etalii, 0) Arba.
nafins in Vata Anton, p. 108.
*
„Alsdenn fängt die Seelean, zudem Himmel fich
„juerheben, das droben ift zufuchen, und darinn
„zu wachfenm).
12. Dieſemnach lieſet man von fo vielen Creme
peln folcher freywilligen Armuth der eriten Chri⸗
ſten, da der HErr nach ſeiner Weisheit und Guͤte
ſonderlich diejenigen, welche etwa zuvor am haͤrte⸗
ſten an zeitlichen Guͤtern gehangen hatten, am
meiſten auftriebe, ihm in dieſer Art der Verleug⸗
nung aus voͤlligem Glauben gehorſam zu werden,
alſo, kraft ihres lebendigen Glaubens, ihr Herze und
Gewiſſen von den todten Werken der Liebe dieſer
Welt reinigen zu laſſen. Das Exempel der erſten
Juͤnger im Neuen Teſtament haben wir bey der
Gemeinſchaft der Guͤter ſattſam erſehen. Von
denen apoſtoliſchen Maͤnnern wollen wir die Wor⸗
te eines bekannten Scribenten hören, welche alfe
lauten, wie fie von denen Theologis wiederholet
und gebilliget werden: “Es befamen ihrer fehe
„viel damals eine Heftige Luft, aus wahrer Liebe
„oder Weisheit, zudem Worte GOttes, daß fie das
„erfte heilſame Gebot erfüllten, und ihre Güter den
„Armen austheilten. Darauf reifeten fie aus in
„fremde tänder, verrichteten das Werf eines Evs
„angeliften, und predigten denen CHriſtum, die
„noch nichts von ihm gehöret haften, n),. Don
welchen Leuten denn viel ſonderbare Erempel Bin
und wieder zu finden find, welche auch von andern
Lebensarten befannt feyn koͤnnen. Alſo ſtehet von
dem berühmten Mann Antonio folgendes: “Er
„erinnerte fich, wie gleichwol die Apoftel alles vers
„laſſen hatten, und dem Heiland nachgefolget wa⸗
„ren, wie fie auch bernach alles verfauft, und denen
„Apoſteln uͤbergeben, ingleichen was vor eine Hoff:
„rung ihnen im Himmel bengeleget ware, Mit
„oiefen Gedanken gieng er unter die Gemeine, da
„lichs denn zutrug, (duch GOttes Schickung,)
„daß damals gleich das Evangelium gelefen ward,
Darinne der HErr zu dem Reichen fagt: Wille du
vollkommen ſeyn, fo verfaufe alle das Deine,
„undgibsden Armen, komm undfolge mir. Als
„er diefes gehoͤret, zog er den Befehl des HErrn fo
„gewiß auf ſich, als wenn er zuvor durch GOttes
„Eingeben ſich deſſen erinnert hatte, und als ob
„Diefe Worte allein ſeinetwegen gelefen wären
„worden, dahero er alsbald hinausgieng, und feine
„Güter von fich ließ. Die Aecker ſchenkte erden
„Nachbarn; die beweglichen Güter verfaufte
„und theilte er unter die Armen aus, 0). Dies
fes Erempels erinnerte fihnachmals ein anderer
Gggge gott⸗
*
#
= : ” — *
604 4.3. Don den Pflichten und Verhalten der erſten Chriſten gegen fich ſelbſt.
gottfeliger Ehrifte, und nahm es gleichfalls vor
eine göttliche Hörungan p).
13. Dergleichen warnun in den erften Gemei-
nen ganz gewöhnlich, daß fie ihre Habe der Ges
meine überbrachten, und fic) alfo auch in dieſem
Stüce in der Berleugnung uͤbeten. Wie man
von dem Marcione weiß, daß fein groſſer und
brünftiger Eifer von allen angenommen und dat-
aus gefehen werden, weil er eben diefes auch ges
tban gehabt. Dahero man hernach über feinem
Abfalldefto mehr betrüber worden q). Paulinum
rühmer Auguftinus, “daß er aus einem fehr rei⸗
schen Mann freymillig ganz arm worden, undin
„groffer Heiligkeit gelebet habe,,, wiees fein gan:
zes eben auch beweifet r), vor dem aud) ein an-
derer fo viel fchreiber: “So bald diefe Worte des
„Evangelitin feinen Obren erfchaflten , darinnen
„der HErr den Yüngling wegen feines Reich—
thums unterrichtet; fo bald verfaufte er alles,
„was er hatte, undeheiltees unter die Armen aus,
„entledigte fich der Begierden , und folgte feinem
„Meifter willig. Diefem gab die görtliche Maje-
„ſtaͤt die Gnade, daßer dasjenige in der That als
„möglich eriiefe, was der HErr im Evangelig
Faſt unmöglich zu feyn gefaget hatte, s). Da:
bey fonderlich gedacht wird, daß er fein ganzes
Vermögen an die Befreyung der armen Gefange:
nen verwendet habe. Wie denn auch ein an:
derer frommer Mann eben diefes Exempel den
Seinigen immer vorbielt, und zeigte, “wie fie die
„güftediefer Welt, und die Bürden derfelben ver-
„laffen müßten, damit fie dem HEren JEſu frey
„und ungehindert folgen Eönnten,, ı). Gleichwie
fonft folche Proben der Verleugnung von andern
gerühmet und vorgeftellet werden u).
14. Ein Märtyrer unter den DBerfolgungen,
mit Namen Tharacus, ward beyder Inquiſition
in vielen verfuchet zum Abfall von EHrifto, darauf
er aber beftändig antwortete: “ch diene meinem
„GOtt, und verlange Feine Ehre bey groſſen Her-
„ren: Denn mein Vermögen mar nicht gering,
„ſo ich verfaffen habe, damit ich RR lebendigen
„GDre defto beffer dienen möchte, x). Merk:
würdigiftesaud), was von einem Afceten, oder
eiferigen Ehriften gefchrieben wird, “roie er nem:
„lich nichts mehr in feinem Vermögen behalten,
„als ein Evangelienbuch oder Neue Teftament.
Dieſes habe er endlich auch verfauft, und die Ars
„nen dafür geſpeiſt, alfo, daß er auch das Buch das
„bin gab, welches ihm gefaget hatte: Gehe hin,
„verkaufe, was du haft, und gibsden Armen, y).
So gedentet nod) einer aus den folgenden Zeiten
von einem fürnehmen Mann, Probo, deffen Guͤ⸗
tigfeit gegen jedermann fehr groß geweſen, alfo, daß
fie aud) die Barbaren verwundert und hoch gehals
ten. Dieſer verkaufte damals feine väterliche
Güter, und machte ihm Freunde mit dem unge:
rechten Mammon. “Alfo,daß fich auch damals
„ſchon die Minifteria und unnuͤtzen Mönche
„ſchaͤmen müffen, daß fie noch Güter zufammen
„gekaufet hatten, da fiediefer Edelmann verkauf:
36, 2). Eben diefer Autor ſchreibet von dem er-
wehnten Paulins folgender maffen: “Als er den
„Ausſpruch CHrifti gehörer Match. 19, 21. habe
„er die Worte in Werke verwandelt, und dem
„oloffen Kreuze auch blos nachgefolget, weil er
„hurtiger undleichter gervefen, und die Seiter Ja—⸗
„cobs defto beffer fteigen fonnen, Hingegen fol-
„geten Die andern nunmehro dem armen —
„nach, mit lauter Gold beladen und befackt, und
„blieben, aus Vorwand, daß fie Almofen geben
„wollten, bey ihren Gütern liegen. Da es doc
„nicht angehe, fremde Sachen treulich auszuthei-
„ten, wenn man das Seinigefelbit forgfältig ver
„wahre a).
15. Ein berühmter alterseßrer, Der zuvor fehrreich
und groß geivefen war, befennet und fehreibet fol-
gendes von fich felbft, ſowol zur Machricht und
Rettung feines Ehriftlichen Wandels, als auch
andern zur Nachfolge; Ich gehe in deffen Fuß⸗
„ftapfen einher, welcher um unfert willen arm
„worden ift, vaerdechreich war. ; Und ich wollte
„wünfchen, (ſagt er dazu,) daß ich nur diefe alte
„eumpen auch ausziehen koͤnnte, damit id) umge-
„benbin, aufdaß id) den Dornen diefer Welt blos
„entgehen Fonnte,melche fonft diejenigen zurück hal⸗
„ten oder abziehen, welche zu GOtt eilen,, b).
Und ein anderer erwehnete diefer Sache vor der
Gemeine von ihm felbft, ohne Zweifel aus einer-
ley Abſicht mit den vorhergehenden, wenner ſprach:
„Ich Habe das Meinige verfauft, und den Armen
„gegeben,alfo habens aud) meine Brüder gemacht,
„Die bey uns feyn wollten, damit wir miteinander
„alfo lebeten, und der HErr felber.unfer gemeines
„undreiches Gut wäre, <). Wan welchem Mann.
auch andere disfalls glaubwürdigegeugniffe j
— at⸗
PAuguſtinus lib. VIII. Conf. c. 12. _q) Tertullianuslib. IV. adu. Marcion. c. 4. et de Prefter. adu. Hæret. c. 30.
r)LibI.deCiu Deic.ı0. s)Gregorins Turonenfis de Glor. Confef' c.107. t) Vid. Argufinus Epift. 39. Ambro-
fus Epift. >6. Gregorius M. 1. Dial. c.3. u) Sulpitius Seuerus Vita Mart. c.26. x) Acta apud Baronium A. CCXC.
n.5. y)Socrateslib. IV. c. 23. et Palladius Hift. Laufiac. in Vita Befarionis. z) Hieronymus Epift.8. ad Deme-
triad. 2) Id. Ep. ı3. ad Paulin. b) Ambrof. Apol. IL. ap. Chemmir.l.c. c) Auguſt. derm. 49. de Duu.
+
.-
*
12. Cap. Von der erſten Ehriften Genuͤgſamkeit und Verſchmaͤhung alles Kigennuges. 605
ftatten d). Es wird aber diefe Weife fonderlich fehr
oft erwehnet inden Gefchichten der Einfledler u. ans
derer einfan lebenden Perfonen, davon faft unzaͤh⸗
lige Exempel am Tage liegen e). Welche denn
ee diefes oder jenes vernunftmaͤßigem De:
gif, oder fleifchlichem Sinn beurtheilet, fondern
dieſer Leute eigenem Gewiſſen überlaffen werden
müffen, als welches der HErr alleine hiebey angefe:
hen, und wo er nur Glauben gefunden, alles als ein
Opfer in Chrifto angenommen bat. Wie denn auc)
dahero die Theologi die rechte Berleugnung der zeit-
lichen&üter,angezeigter maffen,vor einen göttlichen
DBerufbalten und erkennen.
16, In dem 14. $. klagte ſchon Zieronymus, daß
ihrer viel den Reichthum unter dieſem Vorwand
aͤuften und behielten, weil fie vorgaͤben, ſie hätten
hernach denen Armen nichts zu ſchenken. Nun ift
von denen eriten Ehriften nicht zu erweifen, daß fie
fo unbefonnen gehandelt, und ihreHabe ohne Unter:
ſcheid den Dürftigen dahin geworfen haben. Zumal
fie auch meiftens den Glaubensgenoſſen damit aus:
balfen, welche fie denn genau kenneten. Aber wie die
Heuchler fonft Feine Furcht GOttes inipren Herzen
aben, fondern nur Menfchen zu betrugen fucben :
Alfo mennen fie auch, unter diefem Schein der vor-
geſchuͤtzten Norhdurft zum Almofen bey ihrem Un:
glauben, Geiz und Eigennutz durchzufommen, und
dennoch vor Chriſten zu paßiren. Eine andere, und
ohne Zweifel redliche Intention führten die Alten,
wenn ſie zuder nöthigen Borforgeder Armen etwas
zurüche behielten ;wieeben diefer gedachte Hierony⸗
mus, der jene verkehrte Weife geſcholten hat, dieſes
hingegen an Nebridio lobet, “Daß ev nicht auf ein»
„mal diefe feine Bürde hinweg geworfen, wie die
„aApoftel, fondern feinen Ueberfluß der Dürftigkeit
„derer andern nach der Öleichheit mitgerheilet, da⸗
„init hernach ihr Reichthum feinem Mangel zu ſtat⸗
„ten Fame, t). Indeſſen entzogen die, fo in Chriſto
ein rechtſchaffen Weſen erlanget Hatten, lieber ihrem
alten Adam dieſe Stuͤtzen und Polfter, darauf er
noch weiter geftüger feinen Streit wider den Geift
fortfogen Fonnte: und lieffen fie es alfo insgemein
anfommen auf des HEren eigene und liebreiche
ed Waren fiedavon gewiß indem H. Geift,
v
achteten fie das Urtheilen der Heuchler und das
grobe Laͤſtern der Heyden nicht, deren Urfachen ih:
ihnen wohl bekannt waren, welche fie zum Wider:
ſpruch gegen ihren einfältigen Gchorfam in Ehrifto
und feiner Wahrheit bewogen.
17 · Immaſſen die Heyden über folheWorteChris
ſti und derſelben Wiederholung und Erfuͤllung bey
den Chriſten ſich nicht gnug aͤrgern, und dabero
ſchmaͤhen konnten, weil fie nemlich von ihren Gös
Senpfaffen zu dergleichen dem Fleiſch und Blut un-
angenehmen Pflichten niemals angehalten wurden.
Denn ob wol ihre Weltweifen zuweilen von einer
Verachtung des Neichtbums, von der Vergnuͤg—
famfeit moralifirten, und viel Betrachtungen dars
über hatten; fo fam esdoch nie zur That, und wenn
es etwa zu folcher kommen follte, fo war es doch auf
lauter falfche Urfachen und Abfichten gegründet.
Wie die Chriſten auch denen Heyden vorbielten,
und zeigten, daß Democritus, zum Erempel, uns
recht gethan, wenn er feine Aecker dem gemeinen
Nutzen bejtimmt, item jener Philoſophus, welcher
fein Geld alle ins Meer gefchüttet, u.f. mw. g). Dies
weil nemlich überall wegen der fündlichen Abfichten
und unglaubigen vorfehrten Herzens vor GOtt ein
Greuel wäre, was ein wohllüftiger, ehrgeiziger
Menſch thaͤte. Darum fagten fierecht, fo wol ges
gen die, fodrauffen waren, als gegen ihre Mitchris
ſten: +Es ift noch lange nicht genug zu einem voll⸗
„eommenen Man,daßer denXeichthum verſchmaͤ⸗
„bet, und das Geld ausftreuet. Der heydnifche Cra⸗
„tes bat diefes wol mehr getban, und viele andere,
„die doch die boͤſeſten Leute geweſen. Ein Jünger
„Chriſti ſoll mehr thun alsein ABeltweifer, der ein
„Slave der Ehre und des gemeinen Geſchreyes ift.
„Dir foll nicht genug feyn, Daß du den Reichthum
„verſchmaͤheſt, wo du nicht auch Chriſto nachfolgeft:
„Derjenige aber folgt Ehrifto nach, der von Sun:
„ven ablaßt, und die Gottſeligkeit zur Gefpielin
„bat, h). Es ift auch befannt, wie eben diefe Welt
mweifen, welche fich der Verſchmaͤhung des Reich—
thums gerübmer, gleichwol die Chriften bey ihrer
willigen Armuth nicht allein fo fehr deswegen anges
feindet, fondern auch wirklich ihrer geſpottet. Ges
ftalt es ſehr ofte fo zugieng, daß die Feinde denen
Chriſten wirflich ihre Güter nahmen, und ihrer
noch darzu fpotteten, fagende, “hätte doc) ihr Lehr⸗
„meifter befoßlen, daß fie alles weggeben follteny, +
Soverglicye auch ein heydniſcher Spötter, Julia
nus, einige unter ihnen mit den Cynicis, daß fie ihre
Güter verlieffen, und alfo unfter und gleichfam
flüchtig auf der Welt wären i). Anderer Denke
maßle von dem Widerftand der Unglaubigen ges
gen diefen Willen des HErrn zu gefchweigen.
d) Cafian V.Inft.c 13. Pofrd.VitaAug.c.5. e) Vid.Sozom.lib. I.c.13.III. c. 14. Hieron. Vit. Hilar. f) Idem Epift.9.ad
ch g) Lactani, lib.IL.c.23. h) Hieron. Epift. 26.ad Pammach. i) Zulianns Or. 7.de Set. Cynic. 5*
Ende des vierten Buchs.
Ö9993
Das
Von der erſten Chriſten Pflicht und Bezei-
gung gegen die Gottloſen.
Das ı.
Capitel/
Von ihrer Behutſamkeit und Liebe gegen die
Gottloſen. aba
Summarien.
ie erſten Chriſten wandelten fuͤrſichtig unter den Feinden der Wahrheit nach Chriſti behre, ohne dem Glauben Einkrag zu
thun, mit Verleugnung der Vernunft; $. 1.
indeffen wandelten fie weislich, Davon zeugen etliche Apologien, die unver=
gleichlich; ihre Behutſamkeit gegen heydniſche Negenten, alles init den größten Nachdruck, mit Borhaltung jener Blindheit
und ihrer Unfchuld. 2. Woraufihr Sinn indem Umgange mit Gottloſen gerichtet, Erempel: Bermahnung zur Behutſam⸗
Feit, daher fie auch nur des Nachts zufammen Eamen, Wermahnung dazu: 3-
Behutiamkeit bey Beſuchung ibrer Brüder in
Gefängniffen, ohne die Schmach zu ſcheuen; Rath, nisht haufenweis Die Gefangene zu bejuchen, weil ſonſt die Priefter vor-
Reid und Zorn würden raſend worden ſeyn: 4-
Bey Erbitterung der Feinde waren fie fonderlich behutſam, um ihres Gewiß
fens zu ſchonen; doch hurtig, warın es GOttes Ehre erforderte, waren behutſam in Worten, gaben keinem keine Gelegenheit zur
Aergerniß in Pafterung, s-
ohne dabey ihrem Fleiſch und Blut, noch der Welt zu trauen; bewahrten fich unanftößigund unbe⸗
feckt, Erweckung dazu 5 wie fern fie die Gottloſen gehaffet, Exempel, 6. fo daß fie davon feinen Schaden an der Seelen litten;
fie Liebten die Feinde herzlich, ihr Bekenntniß davon, deß ruͤhmeten fie fich, wider Die Feinde, weil fie der göttlichen Natur theil⸗
baft 7. ‚und Ch
wider die Einwuͤrfe der Vernunft, 8.
und Chrifti und der Apoftel Lehre geborfam waren, Die es auch mit ihrem Exempel erwieſen; ermeckten einander dazu
allein aus GOttes Kraft folche Liebe zu üben, fahen auch die Gottloſen an als Werkzeu⸗
ge zur Beförderung ihres Heils, deito mehr fie fieliebten mit Berleugnung des Zorns undRachgier ; 9. doch alles in Chriſtli⸗
cher Weisheit, um die Feinde zu überzeugen und zu gewinnen durch Rath und That, ungeacht jener Verſtockung, Erempel, wur⸗
dem fie Doch nicht muͤde, ihr Bekenntniß davon, 10.
zum Preiſe GDttes von beyden Seiten : Theilten wol ihre Güter mit,
fotches achteten fie fe ihren Gewinn, Bekenntniß davon, ır. nach dem Befehl Chriſti; noch mehr ift ihre Liebe im Geiſtlichen
“gegen die Feinde zu preifen, Bekenntniß davon. 12.
Die gewiſſe Probe ihrer Liebe gegen die Feinde war das Gebet für fie, von
GEoit durch den H. Geiſt erwecket; Summa ihres Seufzens zu GOtt, worauf der Segen folgete. i3. Oft ſpotteten oder toͤdte⸗
ten gar die Feinde jene, wenn fie für fie beteten, Freymuͤthigkeit der Chriſten dabey, Erempel, 14. erweckten ſich einander zur
gürbitte für die Gottlofen, diefe Lieffen jene oft für füch beten, Erempel, dazu fih die Chriſten verbunden achteten, wiſſen⸗
de die Kraft des vereimigten Gebetsz Doch Khrieben fie GOtt nichts vor, Kath dawider: is. den Nutzen ihres Gcbets fuͤr das
gemeine Weſen hielten ſie den Feinden vor, nachdem dieſe es auch wirklich erfuhren, Exempel: oft hat leibliche Noth deu Gott⸗
lofen ihrer Seelen Heil befördern müffen, Zorn folches Gebets, Werficherung von der Erhoͤrung deffelben. 16. Sie erzeigten
ich auch liebreich gegen die Juͤden, ringeten un
beteten für fie, Bekeuntniß davon; 17. ferners Derhalten gegen ſelbige;
nach dem Verfall hörete der Segen auf. 18. Der Chriften Liebe gegen die Unglaubigen kam aus lebendigem Glauben, mit
Berleugnung des falichen Eifers,in Beweiſung der Liebe nach dem Exeinpel Chriſti. 19.
Ge Le *
eber diejenigen Pflichten, worinne die er—
* ſten Chriſten fuͤrnemlich in der Gemei—
ne GOttes ſich nach des HErrn Willen
unſtraͤflich erwieſen haben, ſind auch noch
einige an ihnen zu bemerken in Anſehung derer,
die drauſſen waren, davon nunmehro der Bericht
folgen ſoll. Ich werde aber zufoͤrderſt darauf ſe—
hen, was von ihnen zu gedenken noͤthig ſcheinet we⸗
gen des Verhaltens gegen die Boͤſen und Unglau—⸗
bigen, ohne Abſehen auf ihre Verfolgung oder
Siebkofungen. Da denn von ihrer Liebe, Fuͤrbitte,
Demuͤth und dergleichen andern Bezeigungen ges
gen diefelben bald wird zu feben fenn. Ieo ma⸗
che ich den Anfang von ihrem fürfichtigen Wandel
unter
a.
1. Cap. Von dererfien Chriſten Behutſamkeit und Liebe gegen die Bortlofen. 607
unter den Feinden der Wahrbeit, den ifnen dann
ihr Meifter und HErr ernitlich eingebunden Bat:
te, als er fie wie arme Schafe mitten unter die
Wölfe fandte, Matth. 10, 16. Seyd Flug
(ſprach er,) wie die Schlangen, nemlid) gegen
die Welt, und ohne Salfeb wie die Tauben,
egen die Hausgenoffen des Glaubens. Dieſer
Hille des HEren gab gar nicht ihrer Bernunft
die Freyheit, daß fie über den Glauben herrfchen
oder deflen Kraft unterdrücken möchte: alfo, daß
etwa unter dem Schein einer Klugheit man zur
Zeit der Verfolgung fich dem Zeugniß von Chriſto
und der daber beforglichen Gefahr Leibes oder te:
bens entziehen hätte wollen, und dieſes mit Nach:
theilder — und der Ehre des HErrn. Denn
das Gegentheil erkennet ein jeder aus den vorher:
gehenden legten Capiteln des 4. Buchs ; indem die
Glaubigen auch die allerfubtileiten Einwuͤrfe der
Bernunft durd) das Licht des Heil. Geiftes zu be-
fiegen wußten. Dabey denn Feine vorgemwendete
Kiugbeit etwas gelten oder. fchaffen fonnte, ſon—
dern die Einfalt Des Gehorfams im Glauben an
den Namen des Sohnes GOttes machte fie von
allen Zweifel und Furchtfamfeit frey, fo bald der
Ölaube inihnen uͤberwand. a
22. Auffer dem und we es ohne einige Verlegung
der göttlichen Ehre und aller, anderer Chriſten
Mlichten geſchehen konnte, da war es denen Kin-
dern des Hoͤchſten vergonnt und nicht zuwider, daß
fie bey gewiſſen Begebenheiten ſich wohl in acht nah⸗
men, und als die Weiſen auch disfalls wandelten.
ſch will nicht gedenken von denen Apoſteln, derer
Geſchichte uns vieles hievon zeuget. Auch nicht,
wie weislich die erſten Chriſten verfahren ſind mit
Denen, gegen welche fie ſich muͤndlich oder fi zl
ihrer zehre und-tebens halben verantworten müf-
fen. ‚ Zum Muſter fönnen uns nur die Schuß:
Schriften des Tertulliani, Juftini, Uchenagora,
Ürigenie,Eypriani und anderer dienen. Diefe al⸗
le, und fonderlich des Tertulliani, find mit ſolchem
Geift, Nachdruck, Weisheit und Klugheit, auch
Erfahrung und Gelehrſamkeit aufg ſetzt; daß man
den HErrn daruͤber hoch zupreiſen hat. Und wenn
fie die Stunde noch ein Arheifte oder anderer Un:
Hlaubiger und Gottloſer lefen follte, fo wide er nicht
wenig, wo nicht völlig von der Wahrheit der Lehre
Eprifti, die er vom Himmel horab gebracht hat,
‚übsrführet, werden : geſtalt auch zu wuͤnſchen iſt,
daß diefe Schriften nebenft andern in gemeiner
Sprache zu leſen fern moͤchten. In ſonderheit
aber erkennet ein verſtaͤndiger Leſer aus denſelben
a) Epiſt. 5.
Apologien, mie behutfam fie denen heydniſchen Res
genten und allen insgemein begegnen; da ſie zwar
oſte ſehr frey und hart wider die Bosheit ihrer
Feinde reden, aber dennoch alles fo einrichten, das
mit die Wahrheit obfiege und dev Haß der Wider-
facher zurück gehalten werde, ir nicht zu fchaden.
Sie unterwerfen ſich dem Urtheil und Willen der
Wivderfprecher, und binden fie. dennoch fo fefte
gleichfam mit Beweis, daß fie fich nicht los reiſſen,
und mir Recht etwas dawider verfuchen Fonnen.
Auch ftellen fie ihnen ihre Blindheit, Ungerechtig-
feit und Greuel vor mirderben und oft beiffenden,
zum wenigſten ernfthaften Worten, und gleichwol
verknüpfen. fie diefes mit, einer anftandigen De=
much und fanftmüchigen Remonftration,ohne Gall
und Schmäben, ‚ohne Hoffart und Ruhmſucht.
Ich will nicht fagen, wie fte diefelben aus ihren
eigenen Principien und Bekenntniſſen fchlagen,
ihre ‘eigene Gefege, Gewohnheiten, ehren und
Schriften wider fie meifterlich zu brauchen wife
fen, und fie ftets zur Benftimmung in ihren Ges
willen gebracht, oder mit ihrem eigenen Schwerdt
gefchlagen haben.
3. Betreffend aber die Lebensart felbft und den.
Umgang: bey ‚den Getrlofen, fo war vor allen
Dingen ihr Sinn aufden Preis ihres GOttes nd
Heilandes, ſodann auf aller Menſchen Heil ge—
richtet. Dahin war es gemeynt mit allem ihrem
Thun und Saffen, worinne fte unter und mit, den
Unglaubigen zu ſchaffen hatten. Mur einig: Ex—
empel zu geben, fo ſahen fie bey unrubigen Zeiten,
fonderlich wenn die Feinde zu fehr erbittert auf fie
waren, daß fie ſich ſtille ai und feinem mit
Willen Gelegenheit zum Zorn oder Berläfterung
der Wahrheit gaben. Aſſo ſiehet man Flärlich an
Eypriano, daß er. zwar zu rechter Zeit und auf Erz
fordern weder das Zeugniß von JEſu noch den Tod
um feinet willen gefcheuct: gleichwol aber aus
wichtigen Urfachen und denen Schwachen zum be⸗
fien von felbit Feine Unruhe gemacht. ° Debwegen
ſchteibet er auch ſo herzlich an die Seinigen:
Seyd doch in allen Dingen fanft - und demuͤthig,
„wie es den Knechten GOttes ziemet. Wirmüfs
„Io uns in die Zeiten ſchicken und ftille feyn, und
„der Gemeine zuftatten Fommen,, a). Und aber
inal an die Aelteſten und Diaconen gedenket er?
„wie er zwar fo gerne zu ihnen kommen wolle, aber
„gleichwol den gemeinen Frieden in acht nehmen,
„und bisweilen ſich ihnen entziehen, ob wol umaerne,
„damit feine Gegenwart nicht eva die Mißaunft
„und die Grauſamkeit ber Heyden aufreizen moͤch⸗
4 „te,
608
„te, und feinet wegen Die Nude geftöret werde, da
„er dech den Frieden ihrer aller zu fördern ſchuldig
„fen b). Dahin gehörete auch, wenn fie nicht
bey Tage und öffentlich, fondern des Nachts und
heimlich zufammen famen, auch fonft ihre Ver—
richtungen, welche den Feinden verhaßt und ent-
gegen waren, in geheim ausrichteten. Welchen
Rath auch ein Lehrer denen Chriſten gab, da er ih⸗
nen von der Flucht in Verfolgungen feine Mey:
nung fehriebe, “fie follten nicht durch Geſchenke,
„fendern durch die wahre Weisheit ſich ficher ma-
„hen: Eönnten fie nicht bey Tage ſich verfamm
„ten, fo hätten fie ja die Nacht: koͤnnten fie nicht
„alle zufammen ruffen und herum geben, fo möchte
„wol ifre Gemeine nur in dreyen Perfonen befte-
„ben, ce). Von welchen geheimen Verſammlun⸗
gen oben im 2.Buch bey dem Ort ihres Gottesdien⸗
ſtes etwas zu finden iſt.
4. Nächft diefem iſt auch fonft aus den Reden
und Verrichtungen der eriten Ehriften offenbar,
wie fie Die wahre goftgefallige Klugheit der Ge—
rechten fo wohlinne gehabt und gebrauchet Baben.
Wann etwwaihre Brüder in Gefangniſſen, oder an⸗
dere ſchwache Ehriften nothwendig zu befuchen wa⸗
ven, und gleichwol die Feinde auf allen Seiten auf
fie kaureten, nicht allein ihre Intention zu Bindern,
oder ihre Berfammlungen zu ftören, fondern auch
fie deswegen vor Gericht zu ziehen und zu ftrafen,
fo war billig Behutfamkeit zu behalten. Nun
achteten fie zwar weder Schmach noch) Tod um des
HErrn willen, aber weil ſie doch eineandere Weiſe
finden konnten, dadurch fie eben ſowol zufam-
men fommen fonnten, fo ermäßlten fie aud) fol-
che nach ihrem Gutbefinden. Dis war es, was
abermal der gedachte Lehrer den Seinigen vor-
fehrieb : «Die Befenner wolle ihr nicht haufen⸗
„weis (im Gefangniß) befuchen, damit nicht der
„Neid erwecfet werde, wechfelt aber einer mit dem
„andern ab. Die Aelteften follen auch wechfels-
weiſe mit denen Diaconis einzeln Bingehen,, d),
Eben wie man von Perro fchreibet, daß er vor gut
befunden, “die Brüder follten nicht fo haufenwei⸗
„fe mit ifm herum gehen, damit der böfe Feind ih⸗
„nen nichteine Mißgunſt bey den Feinden erweck⸗
„fe, wenn ſie mit Pomp und Pracht gleichſam her⸗
„um zögen, e). Dennman kann leicht ermeſſen,
was es es vor ein Auffehen mag gemacht haben,
wenn die Apoftel und ihre Jünger in eine Stadt
mit einander eingegangen, auf öffentlichen Gaſſen
c) Tertullianus de Fuga in Perfec.
dem Epift. 7.
— f) Ibid, et p. 108.
cognition. lib. VII. p. 105.
cp. 6.
g) Cyprianus Epilt. 14.
*
5:33, Don der erſten Chriſten Pflicht und Bezeigung gegen die Gottloſen.
und Maͤrkten angefangen von Chriſto zu predi⸗
gen, da das Volk haufig zugelaufen, aus Neugie⸗
rigkeit etwas zu hören: oben ihnen denn viele
angehangen und hernach gefolger, hingegen ihren
alten Goͤtzendienſt verlaffen Haben, " Wenn fie da
mit fo groffem Anhang hätten in den Stadten
herum ziehen wollen, wuͤrden nichtdie Priefter vor
Meid und Zorn vafend worden fen? So gab dem⸗
nach Petrus ferner diefen Rath, *Die Brüder follten
„ſich fein in die Herbergen verteilen, damit e8
„nicht fchiene, als wenn fie fo müßig herum vagir⸗
„ten. Auch wenn fiein eine Stadt famen, follten
„ſie nicht ſo haufenweiſe einziehen, fondern zer—
theilt, und etwa zween und zween, ohne Tumult und
„in der Stille. Es ſollte ſie der gemeine Mann
„nicht kennen oder bemerken f). J
5. Noch mehr hielten ſie vor rathſam, zu der Zeit
weislich zu wandeln gegen die, fo drauſſen find,
wenn diefegar wider die Ehriften aufgebracht und
erbittert waren. Gleichwie jenem Lehrer abermal
gerathen worden war von feinem Freund Tertullo,
„daß er in ſolchem Fall vorfichtig und beſcheident
„lich verfahren möchte, und ſich nicht öffenelich
„ohne Urſach fehen ließ, fonderlich an dem Orte, da
Ahn Der Pöbel fo oft zum Tod verlanget und aus:
„aeruffen hätte, 2). So war es ihnen um des
HExen willen allein zu thun, daß feiner etwas oh⸗
ne Gewißheit feines Herzens vornahme, darüber
er hernach mit gutem I nicht hätte leiden
fönnen. Da Bingegen fie deſto hurtiger waren,
fo oft es die Noth in Anſehung görtlicher Ehreund
ihres Heils erforderte; daß fiealfo immer nach je=
nes Alten Ausſpruch “Die Einfalt der Tauben in
„der Gemeine behielten, aber gegen Die drauſſen
„die Klugheit der Schlangen R ‚und gegen Die
Frommen weiſe, gegen die Böfen vorfichtig,
„gegen Feinen’argliftig maren,, h), Welches denn
ferner aus ihrem Umgang mit beyden Theilen Elar
iſt: da fie in Reden gegen die Feinde fich behutſam,
doch aufrichtig ; demüthig,dod) muthtg und getroſt;
ſanftmuͤthig, Doc) ernfthaft erzeigten ; da fie auch in
andern Nothwendigkeiten Diefes Lebens alfo han-
delten, damit niemand etwa ein Aergerniß oder
Anlaß zu laftern haben fonnte. Und in Summa,
da fie nach) des HEren Befehl in der Weisheit
wandelten gegen die, fd drauffen waren, und
die Zeit ausfauften, auch fich ehrbarlich
(Eugnnovos) gegen fie verbielten, und Feines
bedurften, Eol. 4,5. 1 Theff. 4,12. Hr
6, Unter:
c.13. d) Cyprianus Epiſt. 5. e) Apud Cleinentem Re-
h) Sidonins Apollinaris lib. VII.
A
[2
Unterbeffen traueten fie weder ihrem eigenen
d Blut, das ſich in.allem fo gerne mit
t *
// ——
— ‘u. Cap. Don ihrer Behutſamkeit und Liebe gegen die Gottloſen.
den‘ öfen vereinigen will noch der faljchen ver⸗
kehrten Welt. Smmaffen wir im 2. Gap. des
4. Buchs fehen fönnen, wie fie mitten unter dem
unfchlachtigen und verkehrten Geſchlecht dennoch
— daß fie ihr bö-
fes Wefen an ihnen gehaffet und gefleben, und ſich
in allem von der Welt unbefleckt bewahrer haben.
Dazu auch ein jeder nach Nothdurft angefuͤhret
wurde, Es biefle da: “Saffet uns unferer Seelen
„nicht Raum geben, daß ſie Macht habe mit den
„Öottlofen und Sünden umherzuſchweifen,
„damit wir uns ihnen hiche gleich ftellen,si). Die
Gottloſen mußten zwar von den Frommen mit
rechtem Ernſt gehaſſet werden; Pſ. 31,7, 139,10.
20. aber der Haß und Eifer mußte nicht fleiſch⸗
lich, fondien (ar ertyorw) nach der Erfennt-
niß feyn ‚und was ihnen anzukuͤndigen noͤthig war,
mußte mit.ticbe und Erbarmen vorgetragen wer-
den, Ein fohr fchönes Mufter gab bievon der
9 Polycarpus, Er war nunnad) langem Su-
ben und Forfchen endlich in der Feinde Hände
gerathen, ftundeda vor dem Richter und ward be:
fehliget zu fagen wider die Chriften: Weg mit
diefen Bortiofen! Eraber fabe das arme Volk
mitleidigan , hub feine Hand über fie auf, fabe gen -
Sun feufgeteund fprach : Du, HErr,wirftdie
ottloſen wegraͤumen k)! Womit er ihnen
gleichfam ihr Urtheil anfündigte, und dennoch faft
ihre eigene ihm vorgelegte Worte brauchte, zugleich
aber alles mit groſſer Sanftmuth und Weisheit
thate. Solchergeſtalt blieben die wahren Kin-
der GOttes in ihren Schranfen, “daß fie nicht
„auch neben den Sünden die Menfchen felbit haß
„feten, noch aud) wegen ißrer Sünden liebeten 1);
„denn fo konnten fie ficherlich und ohne Bedenken
„die Natur und Ereatur lieben, und ihre Bosheit
„ballen„m). -Defto mehr aber mußten fie auch
in dem Unrecht, fo ihnen ſelbſt gefcheben war, ges
linde und mitleidig ſeyn, ob fie ſchon indeffen die
Schmad, ſo GOtt angethan ward, nicht unge
ahndet lieflen on). ; 0.8
7. Wann nun biefer Anterfcheid zwifchen der
Natur der Gotelofen, und zwifchen ihrer Bosheit
recht genau in acht genommen ward, ſo lehrte fie
die göttliche Weisheit beydes wohl ausüben, daß
fie in feinem Dinge Schaden an ihrer Seelen lit-
ten, Da war es nun feinem wahren Epriften un.
609
möglich, feine ärgften Feinde Herzlich zu lieben und
ihnen alles Gutes zu gönnen, welches der Grund
bey allem ifremlimgang mit den Böfen feyn muß:
te. Und daß dieſes die erften Chriften wirklich
erwieſen, wird niemand leugnen, ter folgende Ber
Fenntniffe, die fie eben an ihre Feinde thaten, in acht
nimmt. Denn fie fehrieben alfo an dieſelbe;
„Wenn uns befohlen iſt, unfere Feinde zu lieben,
„wen Fönnen wir denn nun wol halfen 0)? Dies
„tes gebeut uns unfere Sehre,daß wir auch die Fein⸗
„de lieben, und für die, fo ung verfolgen, bitten ,
„damit es eine vollfommene und nur eigene Guͤte
„fon,nicht eine gemeine. Denn jedermann liebet
„feine Freunde, allein die Chriften lieben ihre Fein:
„dep). Machdem nun der Zorn verboten, die
„Frechheit gewaltfamer Hand gehemmet, der Gift
„der Zungen weggeräumerift; bat das Gefeg mehr
„erlanger, alses verloren, wenn EHriftus ſpricht:
„eiebet eure Feinde, fegnet, die euch fluchen, bitter
„für die, fo euch beleidigen,,g). Alfo ruͤhmten fie
diefe Gnade GOttes an ihren Seelen vor ihren
Widerfachern, und zeigten ihnen, wie fie allein in
—* dieſe Kraft, fo alle Natur weit uͤberſteige,
fuchen müßten, denn die Liebe der Feinde fey der
Ehriften eigener Ruhm; mie wir gefehen haben.
„Ja, es gehöre zu einer vollfommenen geiftlichen
„Vebe, wenn fie den Feinden mit Fleiß und Vorſatz
„Gutes thaͤten r). Die Worte CHrifti von der
„Liebe gegen die Feinde Fönnten feinem Juͤden
„oder Henden gefaget werden, denn folche Leute
„hätten Faum ihre beiten Freunde recht lich, aber
„ein Chriſte muͤſſe auch unumgänglich feine Feinde
„lieben„s.. Dis mahte den Unterfcheid Elar
unter den natürlichen Menfchen, und unter denen,
die götelicher Natur theilhaftig worden waren, da
diefe wirklich erzeigten, daß es möglich ſey, was jene
für eine pure Unmöglichkeit hielten.
8. Damit fahen fie nun im Gehorſam ihres
Ölaubens auf die theuren Worte JEſu, damit er
fie von allen böfen Heuchlern und Weltkindern
abgefondert hatte. Denn er ſprach zu ihnen
Ich fage euch: Liebet eure Feinde, ſegnet, die
euch fluchen, thut wohl denen, die euch baf-
fen, bitter fuͤr die, ſo euch beleidigen und ver-
folgen, Matth.5,44. Welches die Juͤnger
des HEren auch fo freulich wiederholet und ein=
gefcharfet hatten, Roͤm. 12,14. 20, ı Petr,3, 9.
und mit ihrem Exempel deflen Nochwendig-
keit und. Möglichkeit errviefen, wenn man fie
bb fbol.
i) Barnabas Epift, p.214. k) Eufb.lib.IV.H.E.c.15. D Angufinuslib.de Vera Innoc.c.29.: m) Idem.in
P£.ı39, n) Chry/ofemus Hom.z. in Matth. Op. imperf.
’ q) Id.de ) n
0) Tersull.Apol.c.37. p) Idemc,1.ad Scapul.
Patient.c.6. r) Gregor. Nyf.Orat. deötephano. 5) Ambro/. in PL. CXIX, form. 8. '
— — — — — — — — — — nn en u
610 6.3. Don der erften Ehriften Pflicht und Bezeigung gegen die Bottlofen. °
. r a. |
-
fcholte, und fie doch fegneten ‚ı Eur. 4,13. wenn
ß auch mitten unter der Verfolgung noch fürdie
einde beteten, wie Stephanus Apoft. Gefch. 7,
6c. nachdem Exempel ihres Meifters Luc. 23, 34.
Deswegen merften fie diefes an, und erinnerten
einander daran zu allen Zeiten, fonderlich aber,
wenn deffen Ausübung nöthig war. Wollte die
Vernunft einftreuen: “Dis ſey gar zu eine harte
„Rede; fo antwerteten fie: Was ift denn mol
zgut, das zugleid) leicht zu thun wäre ? Man
„müßte ja dieſe Evangelifche Zucht lernen, wenn
„man gehaffet werde, daß man gleichwol Liebe be-
„halte, alle Verfolgung gerne ertrage, für das
Fluchen noch fegne und bete ı). Einmal habe
zder HERR diefes ausgefprochen,daß die Chriſten
„ihre Brüder nicht allein lieben follten, fondern
„auch ihre Liebe fo weit erſtrecken, daß fie bis an
„die Feindehinreichte u). Dis fey eine vollfommes
„ne Liebe, die Feinde zu lieben, und fie deswegen
„u lieben ‚daft fie Brüder fenn mochten, und man
„ihnen die Seligfeit wünfche,,x). Und mas der:
gleichen Gedanken hievon „mehr waren , die fie
nicht allein in Die $uft redeten, oder aufs Papier
festen, fondernwirflic) ausübeten und erwieſen.
9. Siefuchten auch die Rraft hierzu bey Feinem,
als bey GOtt felber, als welcher die Liebe den Men:
ſchen gemein machet, und deswegen fie auch auf
die Feinde will crftrecker wiffen y), Dahero er
auch ‚allen Grund und Anlaß zur Feindfchaft ab:
ſchneidet, wodurch die Liebe Fonnte vermindert oder
eingefchränfet werden z). Dem folgten nun
nicht allein die Heiligen im A. T. treulich nad), fon=
dern auch die Apoftel und Märtyrer im N. T.,
„daß fie die Worte des Heilandesin ihren Herzen
„bervahreten, und ſich um nichts weiter befümmer-
gten. Sie erwählten an ftatt des Zorns die Liebe,
„und haffeten das, was fonft luſtig inder Welt ift,
»Dah:ro fie diejenigen vefto Keftiger lieb hatten,
„welche ihnen ſolche Dinge vaubeten , gleich als
wenn fie von ihnen befördert würden, ihr Ziel de-
Iſo cher zu erreichen, und machten biebey Feinen
Unterſcheid zwiſchen Bofen und Guten, denn fie
„ftieffen Die Srommen nicht zurück‘, und die Böfen
„verflagten fie nicht, fondern hielten fie alle vor
Werkʒeuge der görtlihen Wirkung, drum waren
„fie gegen alle wohl gefinnt. Denn da fie den
„HEren fagen hörten: Vergebet, fo wird euch
„vergeben ; fo hielten fie diejenige vor ihre Wohl⸗
„thäter, von welchen fie beleidiget wurden, als von
„denen fie Gelegenheit befommen hatten, ihnen zu
3) Baflins M. Exhort. ad Bapt.
Hilarins Cons, in Matt» d) Macarius hom 16,
1) Augufinus Tractg. in Epift. Ioh.
. Serın.34. de S. Paul Memor. z) Idem hon. 17.in Matth-
„vergeben a). Weil fie nun alfo diefes geiftliche
„Geſetz — u diefer Gnade nad) ihrer
Maaſſe theilpaftig wurden, ſo liebten fie nicht al⸗
„lein ihre Gutthaͤter, fondern auch ihre Läfterer
„und Verfolger, und empfiengen immer mehr geiſt⸗
„liche Gnade zur Vergeltung ihres Öuten,; wie
mir unten weiter hören wollen b). “So wolfte
„es der Glaube haben, daß fie die Widrigen lieben
„ſollten, und die unordentlichen Bewegungen der
„Herzen durch die Zuneigung einer allgemeinen
„eiebe unterbrochen würden. Da denn nicht al
„rein aller Zorn und Rachgier ferne feyn, fondern
„aud) das Herz zur Liebe gegen den Feind beſanf⸗
„tiget werden mußtee), TE
10. Alfo waren fie ent alfo febten fie
auch vor GOtt ihrem Vater als gehorfame Kin:
der, daß fie in allen Dingen Weisheit und Ver⸗
ftand brauchten , und ihr Licht alfo auch von ihnen
ausfchiene zu feinem Preis vor dem verkehrten Ge⸗
fehlecht. “Denn es war nöthig , daß ein folcher
„Ehrifte in allen Stücen fid) mäßiglic) verbielte,
„und die Sanftmuth und Liebe mit einer Chriſtli⸗
„chen Ernfthaftigkeit vermenget bebielte, die
„Weisheit mit dem rechten Unterſcheid, die Wor-
„te mit der That. Weil doch die Gottſeligkeit fich
„aufmancherlen Art zu erzeigen pfleget,,d), Uns
terdeflen fahen fie doc) immer darauf, wie fie Die
Feinde mit ihrer zeitlichen tiebe gewinnen und
überzeugen möchten, wohl wiffende, daß die natuͤr⸗
lichen verbfendeten Menfchen ihnen nimmermehe
glauben wuͤrden, fie möchten ihnen noch fo viel
von ihrer Liebe gegen die Feinde fagen, wofern fie
nicht voirklich erwiefen, daß es ihnen der größte
Ernſt ſey, ihrem Heiland auch) m diefem Gebot zu
gehörchen. Und daher gefchabe es, daß fie niche
allein ihren Feinden mit aller möglichften Freund⸗
lichkeit in Geberden und Worten begegneten, ſon⸗
dern auch in der That zufprungen, undißnen alle
erfinnliche Hilfe und Kath erzeigten. Geſetzt,
daß fie auch durch ſolche Gütigfeit noch mehr vers
ftocft und in ihrem Sinn -trogiger wurden, mey=
nende, die Chriften gaben ihnen Deswegen gute
Worte, meilfie feine gerechte Sache hätten, und ih⸗
nen alfo ihre Strafe abfaufen wollten. Gleich
als der H Jgnatius von fich fchreibet, daß es ihm
alfo gegangen fen mit-denen Kriegsfnechten , die
ihn gefangen nach Nom liefern wollten, Den
ev ſchreibet alfos "Aus Syrien her bisnad) Rom.
„kaͤmpfe ich mit wilden Thieren zu Waffer und zu
„eande
3) Id.ib, Trad.I. y) Chmpf.
8) Macarius hom.37. b) Idemib. 27. ®
ww
u Cap, Don ihrer Behutfamkeit und Liebe gegen die Bottlofen. 6m
„ande Tag und Nacht, und bin gebunden an ıo
„seoparden, nemlicy die Kriegesfchaar, welche
„burc Wohlthat immer ärger werden. Sch ler:
„ne aber vielmehr bey ihrem Frevel,e). Dem al-
len ungeacht, und ob gleich diefer Undanf von den
Boͤſen erfolgte, fo wurden fie doch nicht müde an
jedermann Gutes zu thun. Ya, fiebefannten aus:
drüclich gegen ifre Widerwaͤrtige: “Wir wiffen
„von Eeinem guten Werf, das wir nicht allen
Menſchen ſchuldig wären, weil wirs zum beften
„ebun, die wir. nicht Lob und Belohnung von
„Menfchen bafür hoffen, fondern von GOtt felbft,
„der die Wohlthaten fordere und belohnet, welche
Sin * Unterſcheid der Perfonen gegeben werden,
„Auch ift uns von einem Menfchen fowol alsvon
„den andern verboten, ihm etwas uͤbels zu wuͤn⸗
„hen, zu thun, nachzureden, oder zudenfen,,f).
Welcher Punct, fo ferne er den Unterfcheid in der
Butthat gegen Fromme und Bofe betrift, im vor:
bergebenden Bud), bey der Mildigkeit, beruͤhret
worden.
1. Aus diefem Grunde floffenun her diejenige
grofle und wunderbare Gutthaͤtigkeit der Alten ge:
gen ihre abgefagteften Feinde: daß fie, zum&rem-
pel, in allgemeiner Hungersnoth den Heyden reich:
lich zu ftatten kamen, fo viel fie vermochten, daß
fie die Hungrigen ſpeiſten, die Kranfen unter
ir pflegten und curirten, die Todten begruben.
aruͤber aud) der HErr ihr GOtt hoch gepriefen
ward , ſowol von den Glaubigen, der diefe Gna—
de ihnen verliehen hatte, als auch anden Lnglau-
bigen, die hieraus eine gar andere Weife der Chri—
ften erfennen müffen, als fie ſich etwan eingebildet,
da fie fie vor die allergottlofeften, feindfeligiten und
verder en Leute ausgeruffen hatten H. In—
ſeichen wenn die Chriſten zur Peſtzeit auch die
anken mit Lebensgefahr warteten, und ſie
in Chriſto heileten, ja mit ihnen zugleich inficirt
wurden und ſturben, alſo, daß fie “den Tod der
„andern auf fich brachten (Fov exenwv Iavarov
„eis ERUTES MEraSHTK Evo), dieweil fie von
„uͤberſchwaͤnglicher Liebe entzündet waren,,; mie
ber Scribente berichtet h). Wenn auc) jener
fromme Eprift, Zupfpcbius, einen Theil von fei-
nem väterlichen Erbe denen mitteilte, welche in
‚angegeben und verflager hatten, als wenn fie ihm
nemlich eine groffe Gutthat erwieſen Bätten 1).
Er fahe nemlich eben, wiedie andern Chriſten, auf
den groffen Nutzen, den fie aus folchem Umgang
mitden Feinden genofien. Drum hieffees: "Wir
„achten Diefes vor unfern groſſen Gewinn, daß
„wir euch (unfere Feinde) lieben, und an euch alles
„anwenden, die ihr uns doch haſſet k). Denn was
„haben wir ſonſt vor ein Wort, darinnen wir
„unterrichtet und gleichſam ernaͤhret werden, als
„dieſes: Ich ſage euch: Liebet eure Feinde, thut
„wohl denen, die euch haſſen)? Wir lieben etliche
„(nemlich die Feinde,) nicht ſowol aus unſerm
„eigenen Trieb, als aus und nach dem goͤttlichen
„Befehl. Denn alſo umfaſſen wir um ChHriſti
„willen mit den Armen unſerer Liebe nicht allein
„die friedfertigen, ſondern auch die verkehrten und
„widerwaͤrtigen Menſchen m), Wir vergelten
„euren Haß mit lauter Gutthätigfeit, und für
„die Marter, die ihr uns anthut, weifen wir euch
„den Weg zum Heil n),
12. Und Bierinne beruften fie fid immer auf
den Befehl ihres HEren und Meifters, damit fie
theils ihr eigen Herz defto Fräftiger zum Gehor—
fan anhielten, theils audy den andern von ihrem
Thun und Leben Nechenfchaft gäben. “Der
„HErr (fagten fie,) hat uns geboten ‚nicht nur die
Menſchen nicht zu haflen, fondern auch die Fein:
„de zu lieben, den Nachiten nicht allein nicht zu be-
„leidigen, fondern auch gegen die, fo uns übel fra=
„tiven, langmuͤthig zufeyn, und gegen fie Gutthaͤ⸗
„tigkeit zu üben, damit wir in keinem Stüce ih—
„ren Schmähungen und Muchwillen und Hoffart
„nachabmen,,o). Wer wollte diefe Herzen irre
gemacht oder verachtet haben, da ſie in ſo lauterm
Eindlihem Gehorfam gegen GOtt fkunden?
Noch vielmehr aber war nun ihre Liebe zuden Wi⸗
derfachern zu preifen, die fie gagen Diefelbe in geift-
lichen und bimmlifchen Dingen erwiefen. Da fie
nemlich zuforderft vor ihre arme Seelen herzliche
Sorge trugen und auf alle Weiſe fie zubefördern
trachteten. Wie jener Ehrifte von fid) bekennete:
„sch wollte, daß wiralle felig machen Fönnten, in⸗
„ven ich fie erinnere, daß fie nicht wider GITT
„itreiten follen,, p). Und ein anderer redet von
der Gewohnheit der Gemeine GOttes, “wie fie
„war die Unglaubigen in der Zabl der Brüder
„nicht mitgerechnet gehabt, aber gleichtwol ihr
„Heil allewege gefuchet haben, gu Dergleichen
auch der Märtyrer Speratusgegen feine Richter
verfiherte: "Wir fönnenuns nicht erinnern, daß
„wir von jemanden übel geredet hatten, aber wol
„haben wir GDtt allezeit Dank geſagt, wenn wir
H ba „von
j bb bh 2
e) Epift. ad Roman. et apud Ewfebium lib. III. c.36.. f) Tertull. Apol c.56. g) Eufeb.lib.IX.c. 8. et Martyrol.
Rom.d. XXVIll.Febr. h) Dionyfius apud Enfebinm lib. VIL.c.ı7. i) In Martyrod.d. VII. Sept.
k) La-
@anziins ib, V.c.ı2. |) Arheragoras Apol.init. m) Cafiodorus lib. de Amic.. 'n) Cyprianus lib. ad Deme-
trian, fin. O)irenaus lib. IL.c.57. p) Zersull.c.4.adScapul, g) Augufin.de Verb. Dom. in Matth,Serm.16.
ns
612
„von euch find übel mißhandelt und traciret wor:
„en, indem wir*für die Feinde gebetet. Und
„von Diefer Negel meiner Mitgenoffen will ich
„nicht weichen,„r),. Denn fie erfenneten fich alle
mit einander fhuldig, “daß fie in allen ihren
„Drangſalen nicht auf das Ihrige fahen, wie fie
„etrvan den Feinden begegnen wollten , fondern
„darauf, wie ihre Verfolger zur beilfamen Gerech⸗
„tigkeit möchten befehret werden s). Drum wuͤnſch⸗
„ten fie auchdenen, von welchen fie etwa geplaget
„und gegeiffelt wurden, daß fie möchten befehrer,
„und hernad) auch) zu ihrem beften gegeiffelt wer-
„den t)»
13. Reine gemwiffere Probe aber der Liebe gegen
die Feinde mag wol gewefen feyn, als das herzliche
und innige beftandige Gebet für diefelben. Denn
diefes brachten fie unmittelbar vor GOtt, der in ih—
rer und aller Menfchen Herze fahe,und wußte, war-
um es ihnen dabey zu thun war. Weil nun der
Heil. Geift felber diefe Gnade in ihnen wirkete, fo
war fie defto gewiſſer und herrlicher inden Augen
des HEren und aller Glaubigen. “Denn es ge-
„ſchahe bisweilen fonderlich durch des Geiftes Re—
„gierung, Daß fie in lauter Trauren und Klagen
„über das menfchliche Gefchlecht waren, und für
„daſſelbe herzlich zu GOtt beteten,, indem fie vor
„berzlicher Liebe gegen alle Menfchen gleichfam
„entbrannt waren,,u), Alſo, Daß gemißlich folche
Bewegungen nicht in Ihren Kräften waren, fon-
dern von GOtt herfamen, der fie auch alsein ange:
nehmes Rauchopfer durch Chriſtum aufnahm,
gleichwie oben im 1. Cap. des 2. Buch vom Gebet
insgemein gefaget worden. So oft nun alsihnen
das groffe Elend ihrer Feinde zu Herzen gienge,
war diefes wol die Summa ihres Seufjens zu
ED: “O du gewaltiger König, vergib Doch de-
nen, die deine Knechte verfolgen, und Babe Ge-
„duld mit Denen nad) deiner Barmherzigkeit, wel-
„he deinen Namen nicht ehren ned anbeten. Es
„iſt ja nicht zu verwundern, daß fie Dich nicht ken—
„nen: und wäre es noch gröfler Wunder, wenn
„sie dich Fenneten,, x), Mit folchen erbarmen-
den Herzen traten fie vor GOtt, der felber lauter
Barmherzigkeit iſt, und mußten unfeh!bar einen
Segen von ihm erhalfen,der denn auffie felber wie-
derum zurück fam, wenn ibn die Feinde verftieffen.
5) 1. Marineus Siculus ib. V. Rer. Hifp. p. 794.
hom.ıg. x) Arhobins lib. I.p. 22.
farius Arelatenfis hom.g. b) Terzull, Apol. c. 30.
bus de Stephano. Chry/oformas hom. de Cruce et latr. Afferius ferm. ap. Photinm Cod. 371.
Eufebium ib.V.c.ı. e) Ib.lib.12.c.23. f) Idemde Martyr. Paleft. c.$.
5.3. Von der erften Ehriften Pflicht und Bezeigung gegen die Bortlofen.
s) Anguflinus in Pſ. 34.
y) Irffinus Martyr Apol. I.
Deswegen wurden auch die Chriften unter andern
alfo beich ieben ‚als UnegravexIgav Euxögevon,
betende für ihre Seinde, y): — 5 ſie er⸗
rettet und ſelig würden; wie jener an einen ſol⸗
chen Widerfacher fehrieb, “er bete für ihn, daß
„fein Herz einmal in Die wahre Freyhheit möchte
—2 werden,7). And ein anderer: Er liege
„Tag und Macht mit Schreyen und Seufjen vor
„GoOtt um die Befehrung der Gottlofena).
14. Es gefchahe nicht felten, daß die Chriſten
mitten unter ihrem Geber für die Gortlofen den⸗
noch von dieſen geſpottet, geplaget oder gar getoͤd⸗
ter wurden. Davon fie auch an die Heyden fchries
ben: “Ihr moͤget ums immerhin, warn wir vor
„GoOtt fo ausgebreitet liegen, mit eifernen Krelfen
„ourchgraben, Freuzigen, mit Feuer ſchmaͤuchen,
„enthaupten und den wilden Thieren vorwerfen.
„Ein Chrifte ift auch nad) der Aufferlichen Geftalt
„feines Gebets zu aller Strafe bereit. Herzu ihr
„Landvoͤgte, peiniget die Seele, welhe GOTT
„für die Wohlfahrt des Kayſers anflehee! Hier
„wird ſich unfer Verbrechen finden, wo Wahr:
„beit und Andacht zu GOtt ift,,b). Auf foldhe
Art betete Stephanus für feine Steiniger, Apoft.
Gefch.7,60. Welches die folgende Ehriften wohl
betrachteten und nachthatene), Wie denn Die
Märtyrer zu $yon eben diefem Erempel treulic)
nachgefolget find, befage der gewiffen Zengniffe
hievon d). As Jacobus, mit dem Zunamen
Juſt, hingerichtet ward, riefen Die andern dabey:
Was machet ihr hie? dieſer Gerechte betet noch
„fuͤr euch„e)! Ein anderer Märtyrer betete vor
feinem Tode noch mit lauter Stimme “für die
„ganze Chriſtenheit, um die Bekehrung der Juͤ⸗
„oen,‚Samariter, Heyden und aller Umftehenden,
„endlich auch für den Kayſer, den Richter und feis
„nen Henker„f), Welches aud) Laurentius zu
foldyer Zeit that g) ‚nebenft vielen andern.“ Theo⸗
„darduůs hub feine Augen auf gen Himmel, und
„betete für feine Feinde, nach) dem Exempel Ehri-
„ti am Kreuz, indem fie feiner fpotteten,, b). Der⸗
geftalt lebten die Chriſten ihre ärafte Feinde und
Mörder nicht etwa, weil fie fie vor Ihre Brüder ges
halten hätten, fondern Damit fie es werden moͤch⸗
teni): Weldyesdann auch durch die göttliche Barm⸗
herzigkeit endlid) wohl geſchahe. \
15. Eben
t) Idem in Pf.35. u) Macarius
2) Augujfin.adu. Academi.c.ı. a) Ca
c) Gregor. Nyff. Auguſtinus, Fulgentins aliique Orationi-
d) Epift. ap.
Prudentius hyınn. 2. de Co-
ron. h)suriss Tom, V. d. X. Sept, et Baronius A. CCCCLXXX. i) Enjeb, lib, VIII. e. 15. et lib. I. de Vit. C.M.
0.56. 7
2 —
———— — —— —
u a u
15. Eben diefes thaten fie auch in ihren Ber:
fanmlungen, daß fie einander zur herzlichen Für:
biete für Die Unglaͤubigen aufmunterten, und fo
dann einmuͤthiglich zu dem HErrn deswegen fle-
beten. Den dem Geber für die Obrigfeiten wer
den wir unten bey ihrem en gegen fie ſehen.
Die Heyden wußten von diefer Weife der Chriſten
fo viel, daß ſie auch bisweilen in ihren hoͤchſten Noͤ⸗
then wol diefelbe um ihre Fuͤrbitte bey GOtt an:
fprachen; als von dem Torannen Marimiano be:
kannt ift, der in feiner Krankheit das Geber der
Epriften zu Hülfe genommen hat. Denn die
Chriſten geftunden gegen fie: Das befihler uns
„unſere $ehre, daß mir auch die Feinde lieben, und
„fürdiebeten, fo uns verfolgen, Damit eg eine voll-
„eommene Gütigfeit und feine gemeine ſey k).
„on unfern Conuenticulis oder JZufammenfünf-
„ten bitten wir den höchften GOtt um den Frieden
„für alle, um Vergebung für die Obrigkeit, für
„die Armeen, für die Könige und Feinde,,1). Wel-
che Weife die andern in ihren Schußfihriften oft
wiederholet. In den folgenden Zeiten ift es gleich-
falls nod) als eine gemeine Gewohnheit geblieben,
wie esder Apoftel angeordnet hatte, ı Tim. 2,1. 2.
„Dieſes Gefeg der Srbitte behielt die Andacht
„der Lehrer und Gläubigen einmüthig ; alfo daß
„eein Theil der Welt faft war, darinne nicht folche
„Gebete gefchaben. Die Gemeinen fleheren zum
„HErrn für die Unglaubigen und fir die Feinde
„des Kreuzes Chriſti, für alle Abgoͤttiſche, füral-
„le, die Chriſtum in feinen Sliedern verfolgten, m).
Und hierbey war gebräuchlich, daß fie meiftens die
Ehriften dazu in der Gemeine ermaßneten, damit
fie herzlich und eiferig beteten für die Ungläubi-
gen, auf daß fie GOtt bekehrte r). Wie fich ei-
ner gegen die Widerfacher darauf beziehet, und
ihe: Wenn hat man wol in der Gemeine
„richt für die Ungläubigen und Feinde gebetet,
„damit fieden Glauben empfiengen,, 0) ?Nemlich,
fie wußten in dem Heil. Geift, was vor Kraft ein
zuſammen gefeßtes Verlangen und Seufzen ing-
i read GHOr erlangete nad) feinen theuren
heiffungen, dahero auch hierbey ihr Glaube
nicht ſchwach ward, fondern einen freudigen Zus
ang vor foldhe arme Seelen bey GOTT funde,
Sum fie auch dem HEren Biebey nichts vorſchrie⸗
en, fondern es feiner Weisheit und Wahrheit an-
heim ftelieten, welche er vor tüchtig und gefchickt
k) Tertull, ad Scap. c. 1.
- Ca. Don ihrer Behurfamkeit und Liebe gegen % Bottlofen.
faße ; daß dis ihr Geber für fie Frucht fehaffen
I) Arnobiws lib. IIIT. adu. Gent,
613
koͤnnte: Wie fie es alfo befchrieben, “er möchte
„doch diejenigen Feinde befehren , die unter ihnen
„würdig wären (Tas ev Kurcis &&fss)p), und
„die noch Hoffnung zur Buffe hatten, auf daß
„fie GOtt erlangten q).
16, Und aus dieſem Verhalten der Chriften ge—
gen die Gottloſen Fonnten jene diefen ferner mit
Grund vorbalten und zeigen, wie viel fie dem ge:
meinen Wefen nur mit ihrem Geber Nutzen ſchaffe⸗
ten. Denn es wären eben fo viel Fürbitter bey
„GOtt aufder Welt, fo viel Chriften lebeten. Sie
„rührten dem höchiten GOtt auch in den gröffeften
„allgemeinen Noͤthen das Herz, und erlangten von
„ihm Barmherzigkeit, ). Diefes erfuhren auch
die Ungläubigen oft in ihrem Anliegen, wenn fie
durch der Ehriften Geber Hilfe erlangten ; als wir
oben von Marimianogehoret. Dergleicdyen noch
von einem Tyrannen erzehlet wird, daß er einen
frommen Epriften um die — fuͤr ſeinen kran⸗
ken Sohn angeſprochen, welcher denn dieſes ihm ſo⸗
ferne verſprochen, wenn er ihn hernach wollte zum
wahren Glauben bringen laſſen, der auch hernach
wirklich mit feinem Gebet die Geſundheit wieder—
bracht bat s). So haben fie oft bey der Gelegenheit
leiblicher Nothen zugleich die Seelen der Ungläubi-
gen errettet. Geſtalt fie auch dabey einen groffen
Ernft brauchten, und zugleich efichert waren, daß
ſolche Fuͤrbitte für die Feinde dem HErrn angeneh⸗
mer ſey, als das Geber für fie felbjt. Denn diefes
Fönneoft aus der Liebe ihrer felbft, und alfo ausden
Kräften der Natur flieflen ; da hingegen das Gebet
für die Seinde ein Werk der Gnade ſey, und da-
hero defto gewilfer erhöret werde t): gleichwie es
auch denen Betenden mehr Nutzen fchaffe Pr Wenn
alfo nur diefe Wirfung allein bey folchem Geber ges
weſen wäre, daß nemlich die Feinde bekehret worden,
ſo haͤtten ie ſich ſchon eines unendlichen&ieges zu er:
freuen. Deſſen waren fie aber im Glauben durch die
Verbeiflungen GOttes gewiß, gefeßt auch, daR es
erftlich lange bernach oder nurin der Todesſtunde er-
füllet wurde. Wer daran zweifeln wollte, dem ber
gegneten fie alfo: "Bere du nur für die Feinde, und
„ſprich nicht: Sollte GOtt einen fo böfen und ver⸗
„kehrten Menfchen befehren? Verzweifele ja nicht
„daran, fondern bedenke, wen du bitteft, nicht für
„wen dubitteft. Memlich du bitteſt ja einen gewal-
„tigen GOtt, der dic) felber auch befehret hat x).
Hbbbh3 17. ©
m) Ambrof. lib. I. de Vocat. Gent. c. 4. n) Au-
guftin. Serm. 16. de Verb. Dom. in; Matth. et Epift. 107. it. Chryff? hom. ı6, in Matth. 0) Idem lib. de
Perfeuers c. 23.
p) Andreas Cafareenfis Conim. in Apoc. VI. ro:c. XVII.n. 40.
9) Ignatius Epilt. ad Ephef.
r) Tertull. Apol.c. 40. s) EphramSerm. de Batilioap. Corelerism Tom. III. Mon. Ecel. Gr. p. 63. t) Chry-
JoRomus hom. 13. in Matth. u) Idem hom. 45. in Var. x) Auguflinus in Pf. 55.
.
u
”.
64 6.8. Don der erſten Ehriften Pflicht und Bezeigung gegen die Gortlofen.
ı7. Sp, wie nun insgemein wahre Chrüften
gegen alle Unglaubige ſich liebreich, barmherzig
und forgfältig erwieſen, thaten fie auch eben dieſes
gegen die Juden; alfo, daß fie diefelben Feinee-
weges verfolgten, verfpotteten oder gar verdamme⸗
ten, welches Fein Weg zu ihrer Befehrung war ,
fondern ihr hevzliches Ringen und Seufzen geſcha⸗
he eben fowol für diefe elende Leute als fürandere.
Öleicyiwie jener Chriſte zu einem ſolchen verſtock⸗
ten Juden fagte: “Wir beten für euc) Juͤden und
„für alle andere Menfchen, die uns feindfelig zu—
„wider feben,daß ihr euch bekehren laſſet und CHri⸗
ſtum nicht mehr läfterey). Wir beten immer-
„dar für euch, wenn ihr uns treiber CHriſtum zu
„verleugnen, damit er ſich euer erbarme. Denn
„er hat uns auch gelehrt für unfere Feinde zu be—
„ten„2). Wie denn auch noch lange Zeithernach
gedacht wird, “daß die Gemeinen überall mitein-
„ander fir Die Feinde des Kreuzes CHrifti zu
GoTT gebetet haben, welches die Süden hieſ⸗
„fenz,a). Ingleichen ſchreibet man nod) unter
der Roͤmiſchen Kirchen von einem allgemeinen
„Gebet der Chriftenheit, welches GOTT gebracht
„werde für die unglaubigen Juͤden, vonder Son:
„nen Aufgang bis zum Niedergang. _Dadey
denn diefer Schluß gemacht wird: “Wenn Die
„Kirche nicht hoffete, daß die Unglaubigen endlich
„noch glauben Ri ‚ Te fehiene es ja überflüßig
„und vergebens zu feyn, für fiezu beten„b). So
waren nun auch die erften Chriften gefinnet, daß
fie ihre allgemeine Liebe eben fowol denen Juden
mittheileten, und Feinen Haß oder Bitterfeit gegen
fie in ihren Herzen hegten, wie die Gottloſen und
Heuchler wol thun, in Meynung, fiethäten GOtt
einen Dienftdaran, oder Darinnen beftebe das Ehri-
ftentfum, daß man auf die Juden ſchmaͤhe und
läftere, und fie für Berftoffene und ewig Berdamm-
te ausfchrye. Ihr Herz ftund vielmehr alfo ge-
gen fie, wiees ein frommer alter Lehrer befchreiber:
„Ein wahrer Chrifte ift wie ein kleines Kind, es
„verdammet weiter weder riechen noch Juden ſon⸗
„dern der innwendige Menſch fiehet mic reinem Auge
„auf alle, und freuet fich über der ganzen Welt ,
verlanget auch Berzlich,, ſowol Juͤden als Grie-
„chen zu ehren und zu lieben).
18. Weil ich einmal bey der Liebe gegen Die Fein⸗
de aufdie Süden fommen bin, muß id) nod) mit
wenigem gedenken, wie Ehriftlich fich die From⸗
wu. n kan
B en 7 . VE
a
men gegen felbige verhalten haben, andersalsman |;
nach dem Berfall mic ihnen verfahren: Wie man,
zum Erempel, in einem alten Briefe liefet, was ihre
Meynung von der Liebe und Gurthätigfeit gegen
ſolche Perfonen geweſen ſey. Nemlich fie erwie-
fen ihnen deswegen Freundſchaft, nicht daß ih—⸗
„nen ihr Irrthum gefallen haͤtte, in welchem die,
„ſo Darinnen blieben, verloren giengen, ſondern weil
„man feinen vor feinem Ende fchlechthin vor ver- -
„dammt ausruffen dürfe. Denn fie wären ja
„noch unter der Hoffnung der Vergebung, weil
„noch koͤnnten befehret werden,,d). Demnad) ver- -
hütete man zwar, daß ein unfehuldiger Ehrifte er-
wa von den Juͤden Durch ihren Umgang verführet >
und betrogen würde, und verbotedesmegen, da fich
die Mißbraͤuche ziemlich Aufferten,daß "die Chri⸗
„ſten nicht follten zu der Juͤden Gaftereyen ges
„hen e), oder von ihnen Arzeney brauchen, weil ihrer
„viele von etlichen waren betrogen worden,, N). Al⸗
leine, daß fonft ein Chriſte mit einem Juden effen
oder leben füllte, ward für Feine Suͤnde gehalten e),
fondern vielmehr zur Gelegenheit angenommen,
mit ihnen eine beilfame Unterredung zu pflegen.
Immaſſen denn im Anfang des Evangelii unzah-
lig viele Juden zu EHrifto gebracht wurden, eben
daher, weildie Ehriften noch) in Heiligkeit und Ge⸗
vechtigkeit vor GOtt wandelten, und dadurch die
Unglaubigefräftiglic) von der Wahrheit, die in
EHrifto dem wahren Meßia ift, überzeugee wur⸗
den. Da hingegen bey dem Berfall des Chriſten⸗
thums aud) diefer Segen über die Gemeinen auf:
hörte, weil die Juden ſich an das ärgerliche Leben
der Heuchelchriften gewaltig ftieffen, und dahero
lieber bey ihrem gefeglichen Wefen blieben, als fich
zu der Chriſten Lebensart begeben wollten , nach»
dem fie fahen, daß dieſe ihren Chriſtum ſelbſt niche
mehr für heilig und gerecht achten müßten, weil fie
gerade feiner Sehre entgegen wandelten; wannenhe⸗
ro auch jener Abt unter dem Roͤmiſchen Antichrift
nicht ungleich urtheilete, daß durd) die verfallenen
Ehriften und ihre Greuel und Laſter Juden und
Heyden abgeſchrecket würden, fi zu EHrifto zu
befehren, wobey er aud) diefe Verſe von dem Ur⸗
fprung folches Unheils fegete h):
Seht , welche Unehr mit dem Spott
Der Epriften Pfaffen bringen GOtt.
19. Nun
y) Iufinns Dial. cum T'ryph.p:254. 2) Ibid. p. 323. Conf. et p. 335.et363. a) Ambrofius lib.I. de Vocat.
Gent.c,4. b) Berahardus Epilt. 332.
€) Macarius hom. 8.
d) Sidonius Apollinaris lib. VI. Epift. ır. e)
Concil, Agathenfe c. 40. Laodicenum c. 58. Iliberitanum c.50. f) Concil. Quini-Sextum c.ıı. et ibi Balfamon.
8) Ofiander Cent. V.H.E.lib. 1.e.30, h) Wachimns Calaber in Catalogo Tefl. Verit.p.664. _
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NyT, «
2. Cap. Don der erfien Ehriften Sanftmuth gegen die Seinde.
* 19. Nun, dieſe und dergleichen ka der nicht weiter mit den Bezeigungen ihrer Siebe foms
erften wahren Ehriften, gegen die , fo drauffen
waren, machen uns ihre ungeheuchelte Liebe zu
denfelben immer Flärer und gewiffer, als die aus
folchen äufferlichen unverſtellten Liebeswerken am
deutlichften erfannt werden mag. Denn von ih:
rer inneren herzlichen Zuneigung gegen die elen-
den und blinden Leute kann man aud) fonft insge⸗
mein aus ihrem lebendigen Glauben und völliger
Liebe gewiß feyn. Weilfie nemlichim Evangelio
gelernet hatten, wie auch bie widrige Bewegung
des Herzens wider den Feind fehen vor GOTT
firafiällig wäre, fo hatten fie deſto nöthiger über
ihr Herz zu wachen, damit Fein faljcher Eifer ſich
einmifgete und ihnen die Lauterfeit Der gemeinen
Siebe gleichſam trübe machtei), Fonnten fie aber
i) Hilarius Can 4. in Mattheum,
615
men, fo gaben fie fie doch mit Freundliche liebrei⸗
chen Worten an den Tag, und wann ihre Feinde
am heftigſten wider ſie erbittert waren, ſo waren ſie
am allerholdſeligſten gegen ſie, und lieſſen aus der
ſuͤſſen Brunnquell ihres von GOTT gereinigten
erzens Feine Galle noch Wermuth füeſſen. Ihr
Heiland war ihnen auch darinne mit feinem Bey:
fpiel vorgegangen, daß er nicht gefcholten, wenn
er gefcholten ward, fondern mit holdfeliger fanfter
Stimme feinen Feinden begegnet, und fie mit lau⸗
ter Mitleiden und Erbarmen tractivet. Dem
folgten fie auch hierinn getreulich nach, wiees ihre
Pflicht erforderte ; als man nun ferner aus ihrer
Sanftmuth erfeben kann.
Das 2. Capitel,
Von der erſten Chriſten Sanftmuth gegen die Feinde.
Summarien.
ea der aufrichtigen Piche gegen Dr Feinde war Sanflıth, durch GOltes Gnade gewirket, zum agemeinen Frieden
der Welt bereit, den fie nicht für unm
dlich hielten. $.1. Solche Sanftmuth bielten die Goftlofen vor narrifch, ja wurden
noch wol trotzig dadurch. Klage der Ehriften darhber, weil auch die ehren Chriffi denen verftellten Ehriſten verdächtig vorfas
men, 2. fonderlich welche ihren berrichenden Füften entgegen Funden; Verdrehung der Worte Chriſti Mattb. 5,39. 3-
Wefen man die Unfchuldigen beſchuldigte, die doch geacn jedermann friedfertigmsaren , Bekenntniſſe und Schusreden 54. je
weniger Grol und Rache, je mehe hatten fie Zeichen der kraͤftigen Gnade an ihnen, darinn fie immer mehr hefeftiget wurden.s-
Keine Schmach aan fcheueten fienach dem Erempel und Lehre CHriſti und der Apoftel, Geftändnif der Ehriſten; 6- des
2
ver Waffen ware
Sanftmuth; du
anſtmuth und Geduld, Wirkung derſelben,
ermeidung der Rache ſchwaͤcheten fie ihren Zorn, 8. deſſen fie fich rübmen konnten : Gründe ihrer Ganft-
Kefolution eines Chriſten und Befenntnißı 7. Erempelder
much und Geduldz Scheu voraller auch ſubtſleſten Rache: 9. Betrachtung und Hebung der Worte Ehrifti, Mattb. 5,3y.Bez
Eenntniß davon auch vor Unglaubigen ; 10. ihre Willigkeit dazu, ie groͤſfer der Vortheil und Sieg, ı1. Webung der Worte
Chriſti Matth.5,40. wen ſolche angiengen, mozu fie verbunden, Einſchraͤnkung derielben bey dem Werfal; ı2. wahre Chris
ften Lieffen folche an fich erfület werden, und bericfen fic auf den Augenfihein, aeichneine daß fie fich gewwehret oder gerochen, ach:
teten ihre Sanftmuth gegen Chriſto für nichts, 13. feaneten, die ihnen flucheten, fchalten nicht wieder, Bekenntniſſe: Etliche
wurden befchämet, die das nicht thaten 5 14. die Heiligen erinnerten einander diefer Url
icht. 15. Zankſucht und Zwietracht war
ferne von ihnen, huͤteten fich auch vor Berichte zunchen ; 16. fondern hatten Aeiteſten zu ſhren Richtern, Grund der Vermei—
dung des
Sanftmuth. 19.
$.
ie aufrichtige Liebe gegen die Feinde un
Verfolger leuchtet wol in feinem Thum
* der eriten Ehriften heller hervor , alsin ih:
rer unglaublichen Sanftmuth genen diefelben,
Daß fie die Unglaubigen noch endlich nicht haffe-
ten, wenn fie ihnen nicht zumider waren, war nicht
fo fehr zu verwundern, als diejenige Gnade des
hoch zu halten und zu merfen iſt, welche
die Chriſten zur Siebe gegen ihre ärafte Verfolger,
Erin und Mörder brachte. Die Lehre Seh
CHriſti war in ipren Augen fo mächtig, daß fie die
a) Arnobins lib.I. adu. Gent. init,
kreits war Verleugnung der Welt, wie fie fich Daher erkläret. 17. , Beym Berfall wurde folches fonderlich den
Lehrern aufgeleget; Verbot des Nechtens und Streits in etlichen Conciliis wiedestpfgt. 18.
DVortheile der wahren
Is
ganze Melt zu einem beftänbigen Frieden und zu
einer allgemeinen Siebe und Wohlgewogenheit ges
gen einander bringen fönnten, wenn fienur wollten.
Denn fie verfiindigten diefes denen Henden unge
ſcheut und auch mit gutem Grund: “Wenn alle
„Menſchen den heilfamen und friedfertigen Gebo⸗
„ten EHrifti Gehör neben wollten, fo würde vor⸗
„‚längft die weite Welt in der ſuͤſſeſten Ruhe geles
„bet haben, und bis diefe Stunde durch die unver⸗
„brüchliche Buͤndniſſe zu einer heilſamen Eintracht
„vereinigen feyn,2). Bon fich felbft aber und ihrer
eige⸗
*
616
59 Weiſe ſchaͤmeten ſie ſich auch nicht, dieſe
ekenntniß zu thun, wie fie an die hoͤchſten
Obrigkeiten davon fchrieben: “GOtt will, daß
„man nicht widerftreben foll, noch dem Boͤſen
„nachfolgen, fondern er vermahnet uns, daß wir
„in Geduld und Langmuth alle von der Schande
„und Begierde der Sünden abziehen fellen, b).
Wovon wir bald mehrere Urfunden hören werden,
wenn zuvor gezeiget feyn wird, wie feltfam und
tböricht dieſe Weiſe der Ehriften denen Heyden
vorfommen feye-
2. Nemlich, es gienge diefen Ungläubigen Durch
Verführung ihrer Vernunft in boͤſen Werfen,
wie cs allen natürlichen und unbefehreen Men-
fehen gehet, daß fie folhe Sanftmuth gegen die
Feinde vor unnoͤthig und ſchaͤndlich, oder gar vor
unrecht und irrig, zum wenigften vor naͤrriſch und
albern.bielten : zu geſchweigen, Daß fie eben durch
fohe Demuth und Geduld der Ehriften immer
trogiger und hoffärtiger wurden, indem fie diefel-
ben vor einfältige alberne Leute anſahen, die nicht
einmal den Berftand oder das Herz hätten, fich zu
mehren und ihr Recht zu vertheidigen. Und diefe
Einbildung der Horelefen von den Chriſten wuß-
ten diefe gar wohl, da fie diefelben fo ofte hören
mußten, oder fonft auch errathen konnten. Ge—
ſtalt fie eben davon alſo fchrieben: “Es gehet fo
„zu, daß ein gerechter Mann, der fich ſelbſt nicht raͤ⸗
„chen will, von allen verachtet wird, und weil man
meynt, er könne ſich felber nicht vertheidigen, fo
„hält man ihn vor träge und unartig: Wer hinge⸗
„gen fich an feinem Feinde wacker reibet und rächet,
„den hält man vortapfer und mannhaft. Solche
„geute ehret und reſpectiret jedermann, So
„Ihägen die Böfen denjenigen höher, welcher nur
„vielen Schaden thun kann, als den Frommen,
„der andern Mußen ſchaffet. Wierol dennoch) die
Bosheit der Menfchen den Gerechten nicht ver:
„führen kann, daß er nicht lieber feinem GOtt fol»
„gen und dabey verachtet werden wolle, wenn er
„nur allegeit die Pflicht eines Frommen in acht
„nehme, ec). Diefe und dergleichen Antwort er⸗
folgte auf die verfehrte Urtheile der Boͤſen, welche
bey dem Abfall der Chriſten von dem erften reinen
Glauben fich auch unter denfelben häufig aͤuſſer⸗
ten, alfo, daß diefe Lehre Chriſti nicht weniger de-
nen verftelleen Chriften verdächtig und ſchaͤdlich
vorfam, als fie zuvor. den Heyden gefchienen hat:
te. Wie denn ein befannter Lehrer zu feiner Zeit
5.3. Don der erften Chriſten Pflichten und
Elagte: “Es fiheine diefes Gebot (von der
x i»
zeigen gegen die Bottlofen.
muth gegen die Feinde) vielen unbillig zu feyn,.
„da doc) der HErr nicht ungerecht fey, der lieber,
„ſich bat aufopfern laffen, da er ſich leicht hätte
„rächen Eönnen d).
3. Es konnte auch bey den Heuchlern nicht an-
ders ſeyn, als daß fie Diejenigen Grundfäge der
Wahrheit verwarfen, oder zum meniaften ver»
dunfelten, welche ihren herrſchenden Lüften a
groen ftunden. Da fie entwederden allgemeinen, - -
usfprud des HErrn, von Bermeidung aller,
Selbitrache, nicht mehr wollten gelten laſſen, oder
doch fo einſchraͤnkten und verfleinerten, daß nie
mand ihrer Meynung nad) mehr daran gebunden,
wäre. Angeſehen unter dem verderbten Chris
ſtenthum die Lehrer die Worte Chrifti Math. 5,
39. ausdrücklich nur auf die “erfte Gemeinen zo—
„gen, welche die Kirche mit Blut gründen foll-
„ten, und die Tyrannen mit ihrer Demüthigen
„Geduld befehren. Den folgenden Chriſten
„eomme es nicht zu, babe auch nunmehr Feine
„Statt mehr, e). Sa, man hiefle folche treue
Worte Ehrifti nur einen guten Rath, Den Der
Err den Seinigen gegeben habe, alfo, Daß eben
icht fo nöthig fey dey allen Chriften die Race zu
vermeiden. - So gar traf es richtig ein, mas
ſchon Salvianus im Anfang des Berfalls Elagte:
„2Bie viel meynen mir wol, daß derer find, wel:
„he diefen Worten (Matth. 5, 39.) nur geduldig.
„zuhören, oder, wenn fie ja zuboren, in ihren
„Herzen dabey ruhig feyn ? Dder wer ift wol,
„der nicht viel Schläge gerne für einen wieder
„gabe? Drum ift die Suͤnde disfalls defto gröf-
„fer, wenn man ein Stücd eines Spruchs nad)
„unferem Vortheil ausliefet, das andere aber vor=
„ben läflet,, fr Daß demnach aus diefem Ge⸗
enfaß bereits der lautere Sinn der Alten offen=
ar wird; wie wir num ferner aus ihren eigenen
Befenntniffen und Erempeln hören werden. Wo—
bey denn eben ein folches fanftes und ruhiges,
Herz zum Geborfam der Worte Ehrifti zu wuͤn⸗
ſchen ift, damit dieſe der Bernunft- widri⸗
ge Gewohnheit der erſten Chriſten recht nach
goͤttlichem Willen gefaſſet werden moͤge.
4. Die unſchuldigen und liebreichen Kinder
GOttes in den erſten Gemeinen wurden von den
Heyden immerzu des Aufruhrs, des Meuchel⸗
mords und anderer Suͤnden beſchuldiget.
ſtillen und friedſamen Schafe mußten denen Pa
fen:
b) Iufinus Apol. II. p. 63. €) Ladantins lib. VI. c. 18. d) Ambrofius Comm. in Luc. X. e) Hugo apud
Chemnitium Loc. Th. de Vindidta p. 138. P. II. f) Salnianns lib. UI. de Gub. Dei, p. go:
*
et
F
Die. '
ca ne
* —
|
fenden Wölfen immer das Waffer gerrüber Haben,
I: e doch nichts weniger im Sinn hatten, ge-
chweige denn wirklich) ausübeten, als Unruhe
d Ekreit In ihnen felbft war der Friede mit
undin GOtt befeftiget, der bewahrete ihre Herzen
als eine ſtarke Wacht in CHriſto JEfu, und diefer
konnte nichts anders als Liebe und Friedfertigfeit
gegen die Menfchen insgemein erwecken. Daher
Aoffen nun folgende Befenntniffe und Schußreden
vor den Feinden und Laͤſterern: Wenn wir de-
„nen, die ung beleidigen, dennoch nicht gleiches
„mit gleichen vergelten Dürfen, damit wir nicht
„unfern Beleidigern in der That ähnlich werden
„ven fönnen wir denn nun beleidigen? Wie oft
„habt ihr doch gegen uns getober? was habt ihr
„abervon ung angemerft, daß wir euch für alle
„dieſe Berfolgungen wieder vergolten hätten, da
„ihr mennet, wir hätten uns zufammen verſchwo⸗
sten? Eswürdeuns ja mol eine einige Nacht mit
„wenig Radeln eine uͤberfluͤßige Rache zulaffen,
wenn wir dürften Böfes mit Boͤſem vergelten.
„Aber das fen ferne von uns, daß entweder ein
„Chriſtlicher Haufe fich follte mit Feuer rächen,
„oder auch dasjenige erdulder zu haben bereuen,
„wodurch er nur geprüfee wird,, 2)! Woben denn
ferner erwieſen wird, mie gleichwol die Chriften
fo mächtigwären, auch ganze Reiche umzufebren,
wenn dieſes ihre Weife ware, ſich zu rächen. *Ein
„Ehrift (Heilfet es andersmo,) beleidiget auch nicht
„einmal feineneind b). Ermußi nicht allein kei⸗
„nem Unvecht thun, fondern auch das angetbane
„Unrecht nicht rächen, oder, wiedie Welt redet, ve
„vangiren, damit die Unfchuld in ihm vollkommen
ſey . Summa: Ein Eprift ift Feines Men-
n en Feind k).
5. Ferner bieffe es in Gegenhaltung der heydni⸗
ſchen ingeduld, NRachgier und Zanffucht: “Die
„irrenden Henden fuchen in der Nache einen Troft
„ihres Schmerzens: Chriſten aber, Diedie Wahr:
—* elernet haben, find uͤber zeuget von der gewiſ⸗
„ten Bosheit, die mit ſolcher Mache verknuͤpfet
„iſt ). Miemand widerſtrebet unter uns und
„ſperret ſich, wenner gefangen wird. Niemand
„von uns rächet ſich, wenn er mit Unrecht unters
„drucket wird, ob — Anhang uͤberaus
ware und ftarf if. Sondern wir getröften ung
„in Geduld der fünftigen Rache , Damit wir bey al-
„tem Unrecht — J Alſo unterwerfen
„wir uns als unſchuldig allen Plagen und Mars
617
„tern willigft m). Wenn ein Chriſte gleich angekla⸗
„get wird, ſo ruͤhmet er ſich noch; wird er beſchul⸗
„digt, ſo verantwortet er ſich nicht; fragt man ihn,
„ſo geſtehet ers; bey ſeiner Verdammung dankt er
„noch Dazu, n). In Summa: “Ein Chriſte
„streitet nicht, er ſchmaͤhet nicht, er fehläge
sticht, 0). Daran pflegen nun die wahren
Chriſten unter andern genau abzumerken, ob
und tie weit fie in ihrer Gortfeligkeit gewachfen
waren, Nemlich, je mehr fie von der Begierde als
ler Rache und vom verborgenen Groll gereinigee
und geändert waren, je mehr hatten fie Kennzeiz
chen der fräftigen Gnade an ihnen p). Und warn
einmal diefe mächtig worden war, da heiligte fie
das Herz noch täglich mehr zu berzlicher Liebe ge⸗
gen die Feinde, und zur Güte und Erbarmung ge:
gen alle Berfolger , auch zum Sieg über alle natürs
liche Rachgier; alſo, daß die Ehriften zu ſolchen Hel«
denthaten fähig waren, Bergleichen wir bey ihren
Verfolgungen und fonften feben.
6. Ob fie nun wol darüber von den Heyden
nicht wenig verfportet und angefochten wurden,
weil diefes Gebot und deffen Ausübung der Vers
nunft und dem Unglauben fo gar fehr entgegen
ftund; fo fcheueten fich dennoch die Kinder GOttes
nicht, auch deswegen Schmach und Trübfal über
ſich zu neßmen. Sie wiederholten ſowol ihres
Meifters eigenes Erempel fehr oſte, "daß er nicht
„wieder gefcholten habe, da er gefchoften worden,
„nicht gedrober, da er gelitten, fondern es dem
„heimgeſtellet, der da vecht richtet,, ı Petr. 2,
23.9), als auch feine flare Worte und ernftliche
Gebote hievon: “ch fage euch: Ihr ſollt niche
„widerſtehen dem Böfen. Und wer dich aufdei-
„nen rechten Backen ſchlaͤgt, dem biete auch den
„andern, und wer mitdir rechten will, und deinen
„Rock nehmen, demlaffe auchden Mantel. Und
„ſo dich jemand nöthiger eine Meile, fo gehe mit
„ihm zoo, Matth. 5, 39.41. Wie fie denn von
den H. Apofteln eben auch freulich vorgetragen
wurden, Die Ehriften follten fich nicht ſelbſt raͤ⸗
„chen, nicht Boͤſes mit Boͤſem vergelten, ihren
Feinden gutes thun, fich felber lieber unvecht chun
„laſſen, alsrechten, gegen alle langmuͤthig fern.
u. ſ. w. Roͤm. 12, 17. 19.20. 1 Cor.6, 7. ı Theff.
5,15. 1 Petr. 3,9. ꝛc. Dahero fam es, daß die
Ehriften fich darauf ſtets bezogen, und dem allen
treulich und nach ißrer Pflicht folgeten. Sie ges
ftunden © gegen die Heyden : Wenn wir gefchla-
ii
„gen
„
g) Tertullianus Apol.c. 37. h)Ibid.c.46. i) Ladantius Epit.c. 7. k)Tertullianus ad Scap c.2. I) Ter-
tullianus de Patient. c.ı0. m) Cyprianus lib. ad Demetrian. n) Tertullianus lib. I. ad Nation, c.ı. 0)
Mofes Epiſe. ad Lucrum ap. Sorrarem lib. III. c, 36.
ftolicos Iymatius Epift. ad Epheſ. Iremans
Canones.
Op. Imperf,. ad Matth. V. 39. &c.
1 Augsflinus lib. X. Confell: c. 36. q) Ita preter
ib. III. c. 18. Hieron. Epift. ad Demetrium. Chryjo@
er
i , n R > *1
— 7 —
— — > Tr ee |
„ten weiß. Denn wer noch einem Schaden od ”
|
„genwerden, fo müffen wir ung gerne darftellen ;
„wenn wir gefcholten werden, fomüffen wir noth⸗
„ioendigfegnen. Esiftbeyunsnicht genug, daß
„wir wollten auf diefe Art gerecht ſeyn, wenn Die
‚„Oercchtigfeit die Wiedervergeltung fordern will,
„fondern wir haben uns aud) überdis lauter Güte
„und Geduld vorgefeßt,, r), Wie fie denn auch)
eben diefe ihre Waffen und heilige Gegenwehr
(nemlich Sangmuth und Geduld,)fo kraͤftig achte-
ten, underfußren, daß ſie damit ihre grenlichiten
Feinde endlich überwunden,
7. So oftnun als die Feinde wider bie Chriſten
tebeten, fehügeten fie diefe Waffen vor, und blieben
daben ficher und frey unterdem Schuß des HEren
mit einem unverleßten Gewiſſen. Als Julianus der
Kayfer ihnen ſehr hart zufegte, “ward er doch im-
„mer zurück gehalten Durch der Efriften Thränen,
„ielche ihrer viel vor GOtt vergoflen, die dieſes
„einige Mittel wider die Verfolgung ergriffen, 5).
Und da einem gewiſſen Aufſeher etwas unrechtes
mit Gewalt zugemuthet wurde, antwortete er eben
ausdiefem Örunde: Wenn ich dazu gezwungen
„twerde, fo weiß ich von feinem Widerſtand, ic)
Feann nichts mehr,als jammern und weinen. Denn
„das find die Waffen eines Lehrers, aufandere Art
kann und will ich nicht widerftehen. Wolle ihr
„das Meinige haben, nehmer eshin; ſuchet ihr den
„seib, ich willeuc) noch Dazu entgegen gehen. Wollt
„ihr mich in Ketten und Barden legen oder zum
„Tode bringen, es foll mir eine Freude feyny t).
Und folcyergeftalt konnten die Chriften gegen alle
ihre Widerſacher und Verleumder getroft aufite-
ben, undißre Gemeinen als ein friedfames, ſtilles,
fanftmuͤthiges Volk ruͤhmen: Bir find von dem
„neuen Gebot unterrichtet, und nehmen dieſes al⸗
„tes in acht. Denn das neue Geſetz beftimmer
„lauter Guͤtigkeit, und verfehretdie alte Grauſam⸗
„feit der Schwerdter und Spieffe in Friede und
„Ruhe 0). Denn derjenige ift nur ein Chriſt,
grvelcher CHriſto in allem nachfolger, der heilig, un-
„fehuldig, unbefleckt, untadelich iſt, indeflen Her-
„zen Feine Bosheit ftatt findet, bingegen allein die
Froͤmmigkeit und. geutfeligfeit, regieret; der
Feinen verlegen kann oder Schaden thun, fon:
„bern jedermann. behülflic) iſt. Derjenige iſt
„ein Chriſt, der auch feine Feinde nicht haſſen kann,
„fondern vielmehr, feinen Widerfachern gutes
„ehut, und für feine Verfolger und Feinde zu be-
t) Arhenagoras Apol. p. 38.
lib. adu; Iudxos p. 161.
fen.
„seid thun will, der leugt, wenner fpricht, daß
sein Chrtefey x). 7 u u
‚8. Die Sache wird baldaus dem folgenden Bes
richt deutlicher und gewiſſer werden. Man ſiehet
aber, daß die Glaubigen ſolche ihre Pflicht bey aller
Gelögenheit ausgeübet haben. - Ein tyrannifcher
Wenſch überfiel einften die Chriſten, welche in
Einfamfeitißvem GOtt dienten, mit gewaffnete
Hand. Dem aber diefe getroft entgegen gienge
a
“und ihre Haupter dem Schwerdt darſtreckten,
feine Gegenwehrgedenkend, mit diefen Worten:
„Mein Freund, warum bift du fommen,, y)? Ein
anderer ward von jemand toͤdtlich verwundet,
und als er fterben wollte, verband er ihm feine
Freunde ſehr hoch, daß fie den Mörder deswegen
nicht ftrafen, noch die Gewalt rächen wollten z).
Andere Erempel werden bey dem Punet, vom rech⸗
ten Kriegen und Hinrichtung der Uebelthäter, bald
vorkommen, Es ſuchten aber die Chriſten beydie-
fer Bermeidung der Rachgier ihr Herz durd) die
Gnade des H. Geiſtes mehr und mehr reinigen zu
laffen, damit der in ihnen verborgene böfe Saame
des Zorns geſchwaͤchet und getilget wuͤrde. Denn
ie mußten, wie die Vergeltung des Boͤſen mit Boͤ⸗
em nicht nur mit der äufferlichen That von den
Gottloſen geſchehe, fondern auch mit dem Herzen,
Geberden und Worten. ann fie alfo ——
rein behielten, ſo konnte es nicht in die Geberden aus⸗
brechen, kam es aber darzu, fo huͤteten fie ſich doch
vor Wiederſchelten, und ſchnitten ihnen N ſt alle
Gelegenheit zur Rache ab +). Es war in ihren
Augen diefes zwar auch “eine groffe Gnade GO:
„tes, daß fie das Unrecht ertrugen,,, aber auch
diefe war nicht geringer, wenn “fie fo fanftmüchig,
„gelinde und holdſelig waren, daß fie feinem-anz
„dern auch unvecht taten, b). Denn Dis war
auch in folgenden Zeiten der Gerechten Mey-
nung: “Es fen ferne vonder Vollkommenheit der
sogekigen ‚ daß fie Rache verlangen follten, ikren
„Haß zu fättigen. Denn da Gerechte und Unge⸗
„rechte wohlwiffen und verlangen, daß das Böfe
„oon dem HExrn gerochen werde, fo bleibetdoch
„oiefer-Unterfcheid unterbeyden, daß der Öerechte
„tieber feinen Feind will gebeffert alsgeftraft wif
„ten, und wenn er in ja fiehet vom HErrn ges
„ſtrafet werden, fo bat er Feine Luſt an feiner Ra⸗
„che, weil er ihm nicht gram ift, fondern er liebes
„den HErin nur und feine Gerechtigkeit c).
9. Wie
5) Gregor. Naz. Orat. T. in Iulian. t) Ambrofis Orat. in Auxent. u) Tertull.
x) Auguftinus de Vita Chrift.c. 6. y) Rufizus lib. U. H. E. c.3. 2) Theodoritus -
ib, V.c4: a) Vitæ Patrum ib. Veesig.n,1g. b) Hieronymus Comm. in Nahum c.2. c) Auguſtinus in PL 78.
“
er
*
9. Wiefonnten nun die Kinder GOttes anders,
alg die e Kraft des HErrn an ihnen ruͤhmen, der
ihnen von feiner Geduld und Langmuth etwas mit:
fheilete, daß fie vollfommen werden möchten, tie
ihr Bater vollfommen ift ? "Wir halten uns (fag-
„ten fie,) nach der Regel görtlicher Geduld, Icben
Em fo groffer Menge dennoch in aller Stille und
„Sittfamfeit, Es ſey ferne, daß wir follten übel
„ennpfinden, wenn wir das leiden müffen, was wir
„wuͤnſchen, oderdaß mir eine Rache vor uns felbft
„erfinnen follten, die wir doch von GOtt erwarten,,
d). Daben fienachft dem Befehl des HErrn fehr
twichtige Gründe anführten. Sie fahen wohl durch
das Licht des H.Geiftes, daß die Nachgier theils
aus Ehrſucht, theils aus natürlicher Bosheit
und Bitterfeit herruͤhre. “Die Ehre hielten fie
„überall vor eitel und die Bosheit vor verhaßt
„or GOTT, fonderlich wenn fie, durch ei-
„nes andern Bosheit veranlaffer ‚in Verfolgung
„ver Rache die Dberhand bepält, und zur Vergel:
tung des Böfen dasjenige verdoppelt, was allbe⸗
„reit gefchehen ift,,. Sieerfannten auch “zroifchen
„dern Beleidiger und dem Nächer Feinen andern
„Unterſcheid, als diefen, daß jener zuerft in der Ue—
„belthat ergriffen wird, diefer ihm darinne folget;, «
Beſy beyden fahen 9 die Gröffe der Sünden und
die ſchwere Rechenſchaft vor GOtt, deralle Bos»
F 9 verbeut und verdammt; alſo, daß Boͤſes mit
ſem vergelten ihnen ſchlechterdings verboten
bliebe, und beydes Boͤſe gleiche Strafen haͤtte.
Es ward unter ihnen vor eine ſolche That gerech⸗
net, die dem Herrn feine Ehre überließ, wenn man
ſich felbft vertheidigen wollte; da doch GOtt ſo ge⸗
recht in feinen Urtheilen und fo mächtig in deren
Bollbringung fey, den man gleicywol alfo vor fei-
nen Richter halten wolle, ungeacht er es verheiffen
zu ſehyn, 5 Buch Mofis 32, 35. e). Demnach
fcheuten fie ſich vor aller auch der fubtilften Selbſt⸗
rache, weil der Schade davon viel gröffer in ihren
Gedanfenwar, als immermehr die verkehrte Suft
ſeyn mochte. “Eines Epriften Tod ift die Bergel-
„tung des Böfen, (fagten fie,) wie die Biene fter-
„ben muß, wenn fiegeftochen hat,, f). Vielmehr
machet es ein Chriſte wie David, doß er nachdem
„Erempel des HEren betet, wenn er verrathen
„wird; finget, wenn erin Gefahr kommt; frolocket,
„wenn er gehaffet wird, und alfo ein Mann nach
„dem Herzen GOttes iſt ).
2. Cap. Don der erſten Ehriften Sanftmuth gegen die Feinde.
619
ae la was die Worte JEſu anlan⸗
get: Wenn dich jemand auf den rechten Ba-
den feblägt, fd reiche ihm dem andern auch
dar, Matth. 5, 39, Luc. 6,.29. nahmen fie die:
felbe im Gehorſam genau in acht, und wichen
nicht davon, auch mit Derluftißrer Ehre und Nu—
Gens. Denn fie ſchloſſen alfo nach des HErrn Wil-
len: Wenn wir fhuldig find, dem HErrn zu Ger
fallen unfer $eib und Leben darzugeben undaufzu«
opfern, wie vielmehr ein fo geringes zu leiden.
„Bir haben eine Seeleund Leib, der, fo lange wir
„leben, allen fchädlihen Dingen unterworfen ift,
„und ftehen auch geduldigaus, was uns begegnet.
„Wie follte es uns dann zu Herzen gehen, wenn
uns etwas geringers wiederfaͤhret? Nein. Sol⸗
„che Schande ſey ferne von einem Knechte EHrifH,
«daß feine Geduld, die in gröfferen Dingen ges
ſcickt genug iſt, in geringeren follte gefchwächee
„werden! ABill uns jemand durch feine Fauſt zu
„Zorn bewegen, fo ſtehet Die Lehre CHriſti da:
„Dem, derdich aufeinen Backen fchlägt, biete den
„andernauchdar. Seine Bosheit muß an deiner
„Geduld ermüden: wenn auch ein jeder Schlag
Iſchmerzlich und fhimpflich iſt, fo wird doch der
„andere von dem HErrn heftiger gefchlagen wer=
„den. Wenn du aushälteft, fo fchlägeft du den
„Boshaftigen viel ſchwerer, denn er wird von dem
„viel harter gefchlagen werden, um deß willen, der
„esleidet,, h). Darum fchamten fie ſich auch nicht
vorden Unglanbigen, diefe NegelCHrifti zu befen-
nen, u. mit der That zu erweifen, ungeacht fie jenen
recht thoricht und ſchmaͤhlich vorkam. “Wir ha-
„ben gelernet (fprachen fie,) nicht allein uns alles
Wiederſchlagens zuenthalten, wenn wir Schlaͤ⸗
„geleiden, fondern auch mit denen nicht zu ftreis
„ten, Die ung und das Unfrige anfallen und rauben.
„Ueberdis koͤnnen wir denen, die uns Badenftrei:
„sche verfegen, auchden andern Theil des Hauptes
„varbieten, denen, die uns den Nocf nehmen,
„auchden Mantel geben. Wir haben unfer Leib
„und Leben verleugnet i).
1. Wer wollte ihnen denn vonden Glaubigen
diefen einfältigen Gehorſam gegen EHrifti theure
Worte vor übelgehalten, oder in Zweifel gezogen
haben, da fie fo willig auf diefen Ausdruck ſahen,
wenn es bieffe: Ich ſage euch! Darum wieder:
bolten fie dieſelbe fo oft, und bielten fiedenen gottlo⸗
fen Kegern entgegen, welche nicht darnach lebeten,
Sitiz wie
d) Tertullianus ad Scapul c. 2. e) Idem de Patient. c. 10. f) Baflius M. homil. in Prou, VI. c. 4. ap. Cote-
lerium
goras Apol, initio,
om. I. Mon. Gr. Eccl. p. 35. g) Hlarius in Pf, 53. h) Zertullianus de Patient. c. 8. i) Arkena-
— — — — — —— — — —
620 5.8. Don der erſten Chriſten Pflicht und Bezeigung gegen die Gottloſen.
wie Jrenäus that, wenn er ſchriebe: “Bey dem
HERAN dürfen wir nicht allein nicht ſchla—
„gen, fondern wir müffen, wenn wir gefchla-
„gen find, den andern Backen auch darbieten,
„nicht allein den Nächften nicht beleidigen, oder
ihn uͤbel tractiren, fondern gegen Die Beleidiger
angmuͤthig ſeyn, und für fie beten, daß fie Buſſe
thun und felig werden mögen. Damit wir ja in
„feinem Stück der Gottlofen Bosheit, Muthrwils
„len und Unrecht nachfoigen. k). Wir müffen
„dem die Rache überlafien, der uns geboten hat,
„bey dem Unvecht das Kleid fahren zu laſſen und
„den Mantel dazu; derdamill, daß wir nachdem
„Schimpf eines Backenſtreichs auch den andern
„Backen hinreichen; der uns verboten hat, Boͤſes
„mit Böfern zu vergelten, weil wir mehr Vergel⸗
„tung erlangen werden, wenn wir Die Rache dem
„ervigen Nichter beybehalten ). Zumal da der
„HErr der Herrlichkeit felber zur Vermehrung fei-
„ner Ehrefeinen Rücken denen, die ihn ſchlugen,
„darbot, und feine Wangen denen, die ihn rauften,,
m). So gar anders gehet es unter. den Epriften
zu, alsin der Welt. In dieſer behält den Preis,
wer am beiten ficht, aber bey jenen “hat der nur
„Ehre und Ruhm, der verwundet wird, und es
„mit Geduld leider. Hier wird der in dem Chor
„der. H. Engel gepreifet, welcher aud) Den andern
„Backen zum Schlag darhält. Denn der Sieg
wird nicht nad) der Rache, fondern nach Eluger
„und herzhafter Geduld abgemeſſen. Disiftdas
neue Gefeg zur Erhaltung des Ruhms, und der
„neue Weg zum Streit n). j
12. In gleichem Werth waren auchdie andern
Worte des HErrn, wie wir zum Theil ſchon gefe-
hen, wenn er gefaget hatte: Wer mit dir rech-
ten will, und dir den Kock nehmen, dem
aib auch den Mantel, Matth. 5, 40. Diefes
Gebot gieng,nad) ihrem eigenen’Befentniß,alle an,
von denen die Feinde etwas von zeitlichen Gütern
forderten 0). Da follten die Ehriften “nicht als
„ein fremde Dinge verleugnen lernen, fondern
„auch mit denen nicht ftreiten, welche ihnen das
AIhrige hinweg vaubeten p). Sie ſollten nicht
„allein ihren Freund lieben, fondern aud) ihre
„Feinde, nicht allein gerne mittheilen und geben,
„fondern aud) denen, fo ihnen das Ihrige nahmen,
„freymillig alles fchenfen ; denn dem, der den Roc
„wegnähme, müßtenochder Mantel gegeben wer-
„den. Damit man nicht betrübet werde, wenn
k) Irenans lib. II. c. 57-
127. n
Cellenfis Epilt. 10.
I) Hilarius in P£. 137. m) Idem can. 4. in Matth. L
0) Tertuliiannsde FugainPerfec.c.13. p)Irenaus l,e. qg)Idem lib. IV. c,27. x) Ibid. s) Pesrws
„man wider feinen Willen betrogen worden, fon
„dern froͤlich ſey, wenn man freymwillig etwas
weggeſchenket habe, und dem Naͤchſten mehr
„iebe und Guͤte erweiſe, als nur aus Noth etwas
„the, g). Eben wie es alsdenn zugehen muß,
wenn nach EHrifti Befehl Matth. 5, 41. man
„wey Meilen gehenmüfle, daderanderenureine
„fordert, daß man nemlich nicht als ein Knecht
„ibm folge, fondern als ein Freyer vor ihm herge⸗
„he, und fid) in allen Dingen dem Nächten foͤr⸗
„derlich und gefchicklich erweife. Dabey man
„nicht auf ihre Bosheit fehen müffe, fondern nur
„feine Willfährigkeit ausrichten, dem Vater im
— gleich zu werden, der ſeine Sonne uͤber
„Boͤſe und Fromme aufgeben läßt, r). Daß dem⸗
nad) die erften Chriſten ganz anders gefinnet wa⸗
ven, als die Heuchler bey dem Verfall; welche, wie
wir oben aus Yugone gefehen, nad) ihrer Vers
nunft und fleifchlichem Sinn die Worte CHrifti
nad) eigenem Gefallen annahmen, einfchränften
und meynten, fie giengen nunmehro die Chriften
nicht mehr an. Wie alfoeiner unverſchaͤmt unter.
dem Roͤmiſchen Antichriſt ſchriebe: Syn der erſten
„Kirchen hatte allein die Geduld ſtatt, daß man
„dem auch den Mantel ließ, der einem den Rock
„nahm. Denn dieſer war ein Fremder und auſſer
„der Kirchen, der ihn verfolgte, aber der es litte,
„war in der Ricche,, 5), So konnte die Vernunft
in böfen Werfen leicht eine verfehrte Diftinction
erdenfen, dadurch fie ſich von ſolchen dem alten As
dam befchwerlichen Geboten des HErrn los zu wir⸗
fen fuchte, welches ihr aber vor feinem Kichter-
ſtuhl nimmermehr gelingen wird, Davon: aber
im legten Buch mit mehrern.
13. Niemand weigerte fic) unter den wahren
Chriſten, diefesallesdurch die Gnade GOttes an
fich erfüllen zu laſſen, niemand machte bier und dar
Ausflüchre und Entſchuldigungen, wenn es ihm
anders allein um den HErrn und feinen Preis zu
thun war. Denn ſie hatten gelernet, und in der
Schule des H. Geiſtes wirflich erfahren, daß ihr
Heiland ihnen keine unnuͤtze Worte noch ſchaͤdliche
Gebote hinterlaſſen haͤtte. Auch war ferne von
ihnen die Verwegenheit, ſolche nach ihrem Gutduͤn⸗
fen oder nach-dem Eingeben der Vernunft zu ver-
drehen, zu verfehren oder gar zuverwerfen. Drum
mußte diefes unter ihnen ein unfehlbares. Kennzei⸗
chen eines waßren Ehriften feyn, wenn fie alle dieſe
Wortedes HErrn erfülleten. Der 9. Janatius
ſchriebe
n) Ifdorus Pelufotalib TIL, p.
|
4
4
9
4
A ——
*
⸗
2. Cap. Von der erſten Chriſten Sanftmuth gegen die F einde.
fehriebe von fich, “er wollte gerne von feinen Fein-
„ben leiden, ev wiſſe aber nicht, ob ers würdig fen,
„denn er bedürfe Sanftmuth, dadurch der Teufel
„überwunden werde, t). Und ein anderer leget
diefes unter den erften Früchten der wahren Bekeh⸗
rung auch den Heyden vor, und ſpricht:“Alle die:
„jenigen, die zuvor das Chriſtenthum haffeten, lief-
„ſen den Haß alsbald fahren, fo bald fie nur aus ih:
„rer Blindheit fommen,, u). Gleichwie ev an-
derswo diefes von feinen Mitchriften rühmer,
„daß fie fich fo willig und gerne umbringen lieflen,,,
und auf Feine Gegenwehr noch Kriege dachten.
„Man laffe fich bey der Ehriften Lehre mit beſſerem
Fug tödten, als daß man andere tödten füllte,,x).
Wiederum beruffen fich andere in ihren Schuß-
fehriften getroft aufden Augenfchein bey den Hey:
den, “ob nicht diejenigen Voͤlker durd) die Lehre
„Chriſti ganz zahm, fanftmürhig und befcheiden
„worden, welche zu Chriſto befehret geweſen y)?
„Die Knechte lieffen fich lieber von den Herren
„willig peinigen, die Kinder von ihrem Erbe ftof»
„ten, als daß fie den Ehriftlichen Glauben brechen
„föllten,, 2). Dabey ja anfeine Gegenwehr, viel
weniger Vergeltung oder Rachgier, am allerwe—
nigften an Morden, Rauben oder Stehlen ben den
verfolgten Chriſten gedacht wurde. Sie wußten ob:
nedem wohl,daß fiedennoch die Sanftmuth Chriſti
ihres HErrn bey weitem noch nicht erreichen koͤnn⸗
ten, wenn fie ſchon alles gene ausftünden.
Denn er hatte es nicht nöthig, für fich zu leiden, und
ward doch bis an den Tod des Creuzes gehorfam,
dahin es mit den meiften noch nicht fommen war,
mit Eeinem aber in Anfehung der Höllenangft und
des völligen Zorns GOttes über alle Sünden der
Welt fommen fonnte a).
14. Oben im 4. Buch ift bey der Geduld ſchon
vieles gedacht worden, wie fanftmürbig und ftille
die Epriften bey Berfolgung ihrer Feinde gewefen,
fonderlicy wie fie alle Schmähungen und Der:
leumdungen fo großmüthig verachtet und vergefz
fen haben, Der HErr harte ihnen auch davon fei=
nen Willen wiſſen laffen, daß fie darnach thun ſoll⸗
ten: Segnet, die euch fluchen, ſprach er
Mattb. 5, 44. $uc. 6,28. Geaner und fluchet
nicht, ſprach fein Apoftel Rom. ı2, 14. Ya, der
Herr, und mit ihm ein anderer Mann GHrtes
preifete diejenigen “felig, welche um Ehrifti wil⸗
„ien gefchmähet und verfolger würden, und alle
„boͤſe Worte wider fic) hören müßten,,, wenn fie
u. .
> > =.
6er
nur daran lögen, und nicht wieder fhälten, Matth.
5, 114 12, 1Pet. 4,14. Diefes war ißnen fotief in
ihr Herz gefchrieben, und in ihre Sinne gegeben,
daß fie freulich Darüber hielten und nicht wankten,
denn er war ereu, der ihnen dieſe Seligkeit verbeif-
fen batte. Ein Ölaubiger (hieſſe es unter ihnen,)
„darf auch nicht von GOttes wegen wieder fchele
„ten, fondern allzeit um GOttes willen fegnen, da=
„init er die Goͤtzen zunichte machte, und GdDtt prei⸗
„te, und feine Pflicht erfülle b). Die Epriftliche
„sehre unterweiſet die Menfchen, daß fie alle von
„den Feinden angetbane Schmach und Spott mit
„großmuͤthigem Heldengeift ertragen, fich nicht
„ielber rächen, nocy ihre Feinde Binwiederum mit
„telhen Schmähungen belegen. Sie lehret fie,
„daß fie über ihren Zorn und alle unordentliche
„Gemuͤthsbewegungen berrfchen,, ec). Weswes
gen fie denn abermal vor den Heyden Rechens
{haft gaben von diefem ihrem Verhalten, warum
fienemlich ihre Feinde nicht wiederum fehimpften,
verflagten und durchzögen, wie die andern Mens
fihen pflegten. Wir halten (fchrieben fie,) Die
„Gebote des hochgelobten Heilandes, und haben
„gelernet, beyde zu thun und zu reden nach feiner
„Lehre. Wir fegnen die, fo uns läftern. Wir ers
„dulden es, wenn man ung verfolge. Wir beten
für fie, wenn man uns ſchmaͤhet. Wir veden
„auch wider die, fo nicht unferer Mennung find,
„nichts bofes und gortlofes,, d). Und das war
es, was der Kanfer Julianus den Chriſten
nach der Zeit vorbielt, als fie ſich über Be—
ſchimpfung bey ibm beflagten: “Hätte doc)
„ihr Ehriftus ihnen ein Gebot gegeben, daß, wenn
„ſie gleich Unrecht leiden würden, fie es dennoch
„geduldig ertragen follten, und daß fie nicht wies
„Der ſchmaͤhen noch läftern müßten, wann fie ge«
„läftert würden,, e). Welches dengenigen, foden
Schimpf nicht leiden wollten, und etwa einiger
majfen fich wehren, zur Beſchaͤmung und Erin:
nerung dienen möchte,
15. Die Heiligen erinnerten einander diefer
Pflicht zum öftern, als wenn fie alfo fehrieben:
„Ein Gerechter antwortet einem, der ihm fluchet,
„mit lauter Segen, er felber aber fluchet niemans
„den, es foll auch Fein boͤs Wort aus feinem Muns
„degeben, wenn er das wahre Gut fucher f). Ein
„Gerechter vergilt nicht Scheltworte mit Schelt=
„mworten, auch indem er hören muß, was er doc)
„nicht iſt 2). Der Zorn des täfterers muß nur
Siiiz „feine
t) Epift.ad Trall. u) Tertull Apol.c.r. x)Ibid.c.37. y)Arnobiuslib. II. adu. Gent.p.57. z)Ibidem. a) Au-
gufiinusinPf.35. b) Terrull.de Tdolol.c.ar. c)Eufebiuslib. I. Prapar. Euang.c.4. d) Origenes lib. V. adu.
Cell. p 273. €) Nicephoruslib.X. H.E.c.24. f) Tactantius lib. VI. c. i8. 8) Gregorins M. lib, IIL Expof.
Moral. c. 2.
Ze, u 0 we
u
6232
„feine Ohren aufferlich berühren, nicht aber etwa
„Durch die Wahrheit des vorgeworfenen tafters
„fein Gewiſſen fchlagen. Denn was huͤlfe es ihn
ſonſt, wenn ihn die ganze Welt unaufhoͤrlich lo⸗
„bete? Ein bofes Gewiſſen machet das Lob des
Geuchlers nicht gut, und ein gut Gewiſſen kann
„ie Schmach des Berleumders nicht verwun⸗
„oen h), Alfo muß man allzeit bey dem toben
oder Scheltenin fein Herz geben, und wenn man
„das Gute nicht darinnen findet, Das einem beygele-
get wird, fo muß man fraurigwerden, findet fich
„aber das Böfe nicht darinne, fodie Leute Schuld
„geben, ift Die Sreude defto gröffer ı). Wer aber
„uber den Schmaͤhworten beweget wird, der
machet, daß man ihn der Schmach werth
„achtet, eben indem er vor unſchuldig will angefe-
„ben ſeyn. Alſo thut derjenige beffer, welcher die
„Schmad) veracdhtet, als der fid) darüber betrü-
„bet ). in anders aber iſt es, wo GHte felber
„geſchmaͤhet wird, da billig nicht zu ſchweigen iſt, ob
„gleich in eigener Schmach die Geduld fonft gut
„zu fenn pfleget,, \). Daher es niemand umkeh—⸗
ven darf, und in “feinen eigenen Befchimpfungen
Feind ſchaft üben, bey GOttes Beleidigung aber
„nachgeben,, m). Aus folchen und dergleichen
gehren nun erfolgte bey den Glaubigen eine de—
mürbige Geduld und Sanftmuth bey aller
Schmad) der Feinde: alfo, daß fte alle imSinn hat-
ten und wirklich bey Gelegenheit ausübeten, was
jener H. Mann that, als ihn einer ſehr ſchmaͤhete,
und allerhand böfe Dinge Schuld gab. Denn er
antwortete nichts mehr, als fo viel: Ich Fünnte Die
“ „eben fo viel wieder anden Hals werfen, aber das
„Gebet meines GOttes verfähleußt mir den
„Mund,n).Und was einer auf ſeinem Todbette ruͤh⸗
mete; Er habe nie einen Menſchen geſchmaͤhet
„oder gefluche, oder mit einem Chriften den gering:
‚„jften Streit in feinem ganzen geben gehabt o).
16, Viel weniger hatte nun die Zankfucht und
Zwietracht bey ihnen ftatt, als eine unfelige Frucht
des Fleiſches und eine Mutter Der Unruhe und des
Unfegens, Gal. 5, 20. Phil. 2, 3. ac. 3, 14. 16,
Geſtalt fie ſich noch immer erinnerten des ernſtli⸗
chen Verweiſes, den Paulus der Corinthiſchen Ge⸗
meine gegeben hatte, als fie mir einander rech⸗
teten, welches febon ein Fehl unter ihnen
war, und noch vielmehr, da fie es vor den Un⸗
glaubigen thaten, ı Cor. 6,6,7. Welches er
u
_
a
f
“
5.3. Don der erfien Chriften Pflicht und Beseigung gegen die Bottlofen.
ihnen zur Schande nachfagen mußte, daß
ſo gar Fein Weiferiunter ihnen war. Sie
ſollten fib ja vielmehr unrecht thun laſſen
und verportbeilen,v.7. - Wollten & ja rechten
und fechten, oder über den geringen Sachen ftreis
ten, fo hätten fie Brüder, die zwifchen ihnen rich»
ten Eönnten, v. 5. Gleichwie auch Jacobus den
Reichen es zur Suͤnde ausdeutere, daß fie die
Armen vor Berichte zögen, c.2.0.6.° Alfo
nahmen nun aych die Nachfolger JEſu EHrifti fo-
wol diefe Worte der Apoftel an,als auchdes HErrn
felber, da er gefager hatte, wenn jemand mit ihnen
rechten wollte, und ihnen etivas nehmen, fo follten
fie nicht nur das, fondern aud) nod) mehr dahin ge
ben, nur daß fie Frieden behielten und fich in ver
Verleugnung rechtſchaffen übeten. Wie denn
auch noch in den folgenden Zeiten die berühmteften
Lehrer alfo davon fhrieben: “Paulus fiehet wohl,
„daß fie würden fagen: Sie hätten gleichwol eine
„gerechte Sache: Darum hat er den Geiniger
„verboten, daß fie nicht mit andern über weltli=
„chen Dingen vor Gericht gehen füllten. Dabey
„aber offenbar ift, daß er esnurdenen Schwachen
„überfehen und zugelaffen p). Demnach if die:
„ſes ein groffer Ruhm der Ehriften, wenn fie feine
„Streithändel mit jemand haben ; wenn aber einer
„aus Verfuchung oder Anfechtung in Streit ge
„rathen folfte, fo muß er dahin bedacht feyn, wie
„er alsbald beygelegee werde, ob er auch gleich
„Schaden vdabeyleidenmüßte. Er foll auch nicht
„vor ein heydniſches Gerichte gehen, auch nicht zu⸗
„laſſen, Daß eine weltliche Obrigkeit über ung urs
„theile. Drum beydem Gerichte die Aelteſten und
„Diaconifeyn, als die Männer GOttes mit aller
„Gerechtigkeit q). , &
17. Manfiehet aus diefen Worten unter andern
die Weifeder erften Ehriften, wie fie aus denen Ael-
teften der Gemeinen gewiſſe Gerichte formiret ha⸗
ben, darinnen die Sachen der Glaubigen in der
Stilleund ohne Streit und Widermärtigfeit bey:
geleget worden. Wovon aud) ein anderer Autor
diefes denen Heyden meldete: “In der Zucht der
„Gemeinen richtet man da mit groffem Bedacht,
„als bey Leuten, die verfichert find, daß GOtt
„auf alles acht habe. Es ift ein groffes Vorur—
„theil auf das fünftige leßte Gerichte, & Wel⸗
che Gewohnheit aber ſchon oben bey der Erzehlung
von den Aelteſten der Gemeinen im 2. Buch aus:
ge:
- h) Auguftinuslib. II.adu. Lit.Petilian.c.7. i) Gregor. M lib. VIIT. ep. 45. in Matth. k) Ambrof. lib. I. Offic.
c. 6.
Tom. I. Men. Esel. Gr. p. 467.
I) Chryfaf. hom.5. in Matth., m) Hieron. lib. I. in Matth c.ıg. n) Apophtlı. Pat. Gr. ap. Coselerium
0) Gregor. Nyjf.de Ephr&m Syro ineius Vita. p) Auguftia. Enchir, ad Lau.
rent. c. 78. 9) Vid. Audtor Conſtitution. Apoftol. lib. II. c. 49. 50. 5. r) Tertull. Apol. c. 39.
‘|
—
- —
a
4 *
2 Cap. Don der erſten Chriſten Sanftmuth gegen die Seinde.
gefüßret worden. Der Grund aber vonder Ber:
meldung des Nechtens und Streitens war bey if:
nen die Berleugnung der Welt, indem fie im ge-
en Vertrauen aufdes Heren Borforge und
Güte gerne fahren lieffen, was ihnen die Widri-
‚gen nicht laſſen wollten, und die innerliche Ruhe
ihrer Seelen famt dem Frieden mit dem Naͤchſten
hoͤher fchäßten als alle Güter, Wopllüfte und Ehre
Diefer Well. Drum mar diefes ihr Entfchluß ;
„Wer fich nicht fürchtet das Seine zu verlieren,
„den verdreußt auch nicht, andern etwas hinzuge⸗
„ben. Wie wuͤrde fonft der, welcher 2 Röcke bat,
„einen davoneinem Armen geben, wenn fein Herz
„nicht auch fo bewandt wäre, daß er einem, der ihm
„den Rock nahme, auch den Mantel dazu geben
Fkoͤnnte? Wir werden fonft mit dem Verlornen
„zugleich verloren gehen. Denn was haben wir bier
„ohnedem, da wir nichts haben, als was wir verlie-
„ren fönnen ? Die Heyden müffen bey allem Scha-
„den ungeduldig werden,„,s), Dannenbero famen
diefe Erklärungen bievon vor den Unglaubigen:
„Ein Ehrifte fange auch feinen Proceß mitdenen
„an, welche ihm das Geinige rauben t). Chriftus
„bat uns beiapten, lieber die Dinge, worüber fic)
„Streit erhebt, fahren zu laffen, und alfo des
„Streitslos zu werden u). Ein Ehrifte foll viel:
„mehr ſehen, daß der Streit aufgehoben werde, auch
„wenn er davon Schaden haben müfitex). Der
Weg ift nad) des HErrn Chriſti Zufunft viel
„ſchmaͤler gemacht worden, daß man nicht mehr
„zanfennochfireitendarh,, y). Und was derglei-
chen Ausfprüche bievon mehr waren.
18. Diefe Pflidye der wahren Ehriften wurde
hernach, bey dem Verfall, fonderlich denen Lehrern
auferleget, weil fie vor andern den Regeln Chriſti
gemäs leben ſollten. Drummard in einem gewiſ⸗
Er Concilio diefes Gefeß gemachet, welches bey fo
laren Worten des HErrn nicht nöthig gewefen
wäre, wo diefe nicht bereits ziemlich verdunfelt
und vergeffen wären worden: “Ein Auffeber foll
„über vergängliche Dinge feinen Streit oder Pro-
ceß führen, wenn er auch fchen dazu aufgebracht
„wurde, 2). So machte es auch vor und auffer
dem Gebot nach dem Willen des HErrn Gregorius
von Meucäfarien, als er von einem unreinen Wei⸗
be boͤſer Dinge beſchuldiget ward. “Er ward
‚nicht einmal drüber beweget, rufte niemand
zum Zeugen wegen feines Lebens an, purgirte
"li mit feinem End von der angerhanen Bes
s)Id.dePatient.c.7. t) Arhemagorasl.c. u) Saluiannslib. IL. de Auar. p.
JoR.©. 44. de Virgin. 2) Concıl. Carthagin. 1V.c.19,
. Epaunenfec.a9.
de Patient. c. 6.
hi,
Pe
„ſchimpfung, überwiefe auch nicht die Bosheit
„derer, Die alles wider ihn angeftiftet hatten,, 3)»
Hingegen hatte man bey dem verderbten Chriſten⸗
thum zu hun genug, daß nicht öffentlich Nauben
und Morden überhand nahm, ungeadyt man mit
vielen Geboten und Drohungen dem Unheil fteus
ven wollte. - Wie etwa folche Verbote auf denen
Eonciliis gefchahen, “daß die jtreitigen Parteyen
„erft follten von den Lehrern beftrafet werden,
„wann fieaberihre Seindfchaft nicht ablegen woll⸗
„ten, fo follten fie aus der Gemeine geftoften feyn,,
b), tem, manfollte “folcher eute ihre Gaben in
„ver Gemeine nicht annehmen, welche mit einander
„in Proceffen lägen, und fie nicht zum Abendmahl
„laſſen, und ihnen damit zeigen, wie fie ihrer
„Zankſucht wegen tiber zeitlichen Dingen nicht
„zur Gemeine GHttes gehörten, e). Bon ans
dern folchen Anftaiten, die zum wenigften noch ei⸗—
nen Funken der erften Friedfertigkeit und Verleug⸗
nung unter den apoftolifchen Gemeinen zeigten,
will ich unten reden.
19. Was ferner von den Nechtsbändeln aus
den Schriften der erften Ehriften anzumerken ift,
foll im folgenden Capitel nicht übergangen werden.
Dismal hangeich nur mit wenigem noch die Wir:
kungen und Vortheile der wahren Sanftmuth
und Sriedfertigkeit mit an, welche die Kinder des
Friedens genoflen und gerüußmer haben. Go ver:
fprach ihnen aber ihr Lehrer: Alſo werdet ihr
Rinder fepn eures Daters im Himmel, denn
er laffer feine Sonne aufgeben über Boͤſe und
Fromme, und läffer vegnen über Gerechte
und Ungerechte, Matth. 5, 45. und abermals
Ihr out vollfommen ſeyn, gleichwie euer
Dater im Himmel vollkommen iſt, vers 48,
Siche, was die Geduld uns vor einen Vater
zuwege bringt,,! ſchriebe einer, da ev diefe Wor—
te wiederbolete d)y. Weil nun von diefer Sanfte
muth immer mehr geiftliche tiebe in folchen Her—
zen wuchs, fo fonnte es nicht anders fenn, es
mußte ihnen alles diefes eben vergolten werden
mit einem folchen füllen Frieden ihres Herzens,
mit einer unfchuldigen Zuneigung zu denen auch)
widrigen Creaturen GDttes, denn fie erlieffen.
nicht allein allen ihr Unrecht, fondern tbaten auch
ihren Seelen wirklich guts, indem fie diefelben
GOtt im Gebet und Liebe aufopferten, als die
durch fie aud) Geligfeit empfangen hatten,
weil fie nemlich Anlaß zu ihrer Geduld gegeben,
Der
36. *) Conflit. Apoflol.l.c. y) Chry=
a) Gregor. Nyj]. in Vita. b) Cozcil. Agarhenfe c. 31. et
©) Concil, Toleranum X1,.cı 4, Ancyranumc. 9. Conflitat. Apefl. lib, II. 6127. d) Tersulkanus
|
[253
Der HErr fahe alfo auf diefe ihre J— und
nahm die Scheidewand hinweg, nemlich die Feind⸗
ſchaft, daß ihnen die Liebe immer zu Huͤlfe kam,
und nicht mehr aͤngſtiglich oder zwangsweiſe bey
ihnen war; tie fie felbften Davon fehr ſchoͤne zu re⸗
den wußten e). Zu geſchweigen, daß des Herrn
Preis ſehr groß ward, und von den Unglaubigen
nicht wenig erkannt, wenn fie gleichwol ſehen und
greifen mußten, daß fich die Chriften ganz anders
bezeigten in ihren Berfolgungen, als etwa die ans
dern Menfchen in der Welt zu thun pflegten. Wie
dorten von der erwiefenen Liebe der Ehriften gegen
die Heyden in der Peſtzeit ftehet: Dieſe trefliche
„That wurde bey allen teuten an allen Orten be-
kannt, und ein jeglicher rühmete und lobte den
Gott der Ehriften,fie befannten auch alle,daß die⸗
„fe allein fid) als wahre Diener GOttes in der
That und Wahrheit erwieſen hatten f),
20. Dergeftalt unterhielten fie fich mit der Hoff-
nung folcher herrlichen Früchte von der wahren
Sanftmuth, indem diefes ihre Gedanken hiebey
waren: Der HErr hat zivar ſchwere Dinge be
„foblen, wenn er Die Liebe J— gebeut, aber
„er hat auch groſſe Dinge dabey verheiflen,, 8).
Sintemal, je geöfler der Widerftand des eigenwil⸗
lichen Fleiſches hiebey fey, jegröffer fen der Sieg.
Welches Janatius wohlerfannte, alser unter ſei⸗
nen Berfolgern noch immer mit feinem natürlichen
Eigenwillen zu Fampfen hatte, und deswegen fic)
der “Sanftmuth benöthiget fand, dadurch der
„Teufel, der Fürft dieſer Welt, uͤberwunden mür-
—
ichen Kampf Toide
egen die Feinde, war ih—
de, h). Ben folche
allen aufiteigenden Gr
nen aud) die Huͤlfe des HErrn gewiß genug, ſowoͤl
ihre eigene geiftliche Feinde zu Dampfen, als auch
vor den leiblichen ficher zu feyn M. Und eben da⸗
mit triebe der gütige Bater im Himmel feine Kin⸗
der Fräftiglich an zur Liebe der Feinde, indem er ih⸗
nenfogrofie Gnade verfprach, daß fie GOtt ſelbſt
gleid) werden folften k). Welche füffe EEE r
fungen ihnen billig alles leichte machten, damit fie
auch einander unter ihren Trübfalen unterhielten,
wenn fie zeigten, wie Feiner etwas der Liebe Chrifti
vorziehen müffe, wie geoß die Fünftige Guͤter ſeyn
würden, und was fie fehon vor Güte und Barm⸗
herzigfeit von GOtt genoffen hätten, wie er feinen
einigen Sohn um ihrentwillen dahin gegeben und
fo weiter 1): Wie fie auch immerdar über ihre Fels
ler annod) zürnen müßten, und nicht über des
Naͤchſten Beleidigung m): Auch wie fie am leich-
teften zu folcher Stille und Zufriedenheit ihrer
Seelen bey allen Fällen fommen fönnten, wenn jie
die Wohllüfte immer mehrdämpften, die da etwain
ihren Öliedern noch zu ftreiten fuchten, Jac. 4,1.n).
Dis war der rechte Weg zu Diefer hoͤchſtnoͤthigen
Pflicht, dadurch ihnen alles leicht war, was andere
vor unmöglich achteten, indem ihnen fodann nicht
mehr die Geduld und Langmuth gegen die Feinde,
fondern vielmehr der Zorn und die Seindfchaft un-
möglich wurde, nachdem fie einmal von dem ſanft⸗
müthigen JEſu in feiner tiebe und Erbarmung ers
griffen waren o),
e) Macariushom.37. f) Eufebiuslib.IX.c.8. 8) Auguſtinus Serm. 254. de Temp. h)Epift.ad Trall. i)Chry-
foflom. nom. 57. in Gen.
K) Idem in Matth.V. 1) Antoniusap. Athanaſium in Vitap.ııg. m) Nilus de VIII.
Vitiiscap.de Ira. n)Anonymusapud Socratemlib. IV. c.28. et Dororheus Doctr. 12. 0) Chryfoftomus hom.
91. in Matth.
=
Das 3: Sapitel, *
Von ihrem Verhalten gegen die unglaubige Obrig—
keit und weltliche Gerichte,
Sum marien.
Exhen Cheiften wurden für Aufruͤhrer gehalten, wie Chriſtus ihr Meiſter und HErr, ja alg allgemeine Feinde, $.1. doch mit
Unvecht, weil fie noch keinen Aufruhr erregei, fo ihnen Doch leichte geweſen, noch dem Nebel mit Gewalt widerffanden, auch
fich unter Eeine Warren gemenget; bey dem Genio der Kanfer zu ſchwoͤren konnten fie wicht gebracht werden ; doch ehreten
fie die Obrigfeit und befeten für fie, Liebten auch ſelbſt ihre Feinde. 2. Belcheidene Antwort auf det Heyden Befihuldigung,
woran ſich die Gottlofen ſtieſſen. 3.
Ehriſten waren gehorfam und treu der Obrigkeit, Bekenntniß und wirkliche Braris, 4.
dadurch Lehneten fie allen Werdacht und Nachrede der Uebelgeſinnten ab, proteftirten dawider, mit Beziehung auf Gtt und ihr
Gewiſſen, nach dem Erempel der Apoftel: s. daher blieben fie ferne von aller Abgotteren, dazu fie durch feinen menfchlichen
Befehl konntengebracht werden, fondern alles Lieber drüber litten, auch die grauſamſte Marker; Bekenntniß der Ehriften und
Unterricht unter einander. 6. Liebe und Tren gegen Gott Titte keinen Gehorſam neben fich, der GOtt zuwider; mr fie
eber
4
*
—
=
* an
eindſchaft mwähleten ; 6, betet
elches ihnen ein Ernſt —*
ntreu und gehorſam, Bekenntmiß
han freywillig, nach GOttes Nepierum
worinne fie beſtuͤnden, welche Regen
gend eines Regenten iſt ein demuͤthiges Her
aunt, wegen des allgemeinen Ah prungs I nd
des Elendes der gottloien Obrigkeit? 13 folche
adete ; was fie zur Gerechtigkeiterforder
ber Barteplichkeit 5 16. _E ung bet
fion. 17. Bedenken, da die Grfene e
edie Odrigkeit, warum ? Betenntnig davon, auf Befehl der
deſſen fich Die Heyden wol beraubeten. Die Ehrilten — au
unten auch, daß die Obrigkeiten noͤthig und nuich wären
natürlichen Gleichheit; Antwort Antonii an den Kanfer. ız.
Vorſtellungen aeichaben von etlichen, weil folche dem ganzen gemeinen Weſen
14... Kein böfer Advocat müßte zugelaſſen werden,
eftrafung der Gebrechen, ben Ermählung eigener Gefege vder faumieliger
ntgegen lauteten, modurch ſolches könnte vermindert werden,
625
eil
im
‚Waren un⸗
9. bielten auchder Obrigkeit ihre Plichten vor, worinne jolche nicht beftün:
glücklich: 10. Erinnerung zum glücklichen Regiment. ı1ı Füenehmfte Tu-
das alle Macht als ein güttliches Lehen anfebe, wie auch felbit Heyden er-
i Beſchreibung
was folche thaͤten. 15. Klage
eliger Erecu:
weil fie von Hey:
den gemacht, welche die wahre und böchfte Majejtät verachteten; Urtheildarüber, 18. Liebe verbietet Streiten und Rechten,
war auch unterfi
den, 19.
Unglaubigen fo argmwöhnifch und miß—
vs, trauifhwar , daß, fo bald fienur von Ver:
meldung der Streithändel und der Gerichte bey
den Chriſten hörte, fie alebald darauf fiele, als
mern die nun alle Obrigkeiten und Gerichte
fchlechterdinas verdammten ; fo mußte auch hierin⸗
ne den Linmiffenden gedienet werden. Demnad)
ift bereits oben im 1. Buch ermwiefen worden, wie
das Chriſtenthum dem natürlichen $eben fo weit
feinen Eintrag oder Schaden bringe, daß es
ielmehr felbiges heilige, und in rechte gortgefäl-
lige Ordnung feße, auch deffen Nutzen auf ge—
hoͤrige Art herrlich befördere. Diefes hatten fie
nöthig der Dbrigfeit in ihren Schusfchriften und
andern nöthigen Verauntwortungen gegen ihre
Verleumder auszuführen, indem man fie fo oft
als Rebellen, Meuchelmörder , Ungehorfame
und dergleichen angegeben Battez ſiehe Ap. Geſch.
17,6.7. Da bieflen fie bey don Goͤttioſen, “eure
„von einer ae RO a
„rung a), ein vebellifches Volk b), ein aufruͤhri⸗
„ches, meuchelmörderifches, liederliches Geſin—
de, uf m.c) Eben wie ihr Meifter und
HErr felber als ein Aufrührer war fractirt und
ausgefchrnen worden, tuc.23,5. Joh. 19,12. Go
ab man ihnen auch die Beleidigung der Maje⸗
jtär Schuld, wenn fieden Göttern für die Wohl-
fahrer der Kayſer nicht opfern wollten, deswegen
fie “die göttliche und weltliche Majeftät mußten
„verletzet haben,,d). Ya, fie wurden als “gemeine
„Feinde des Reichs, der Roͤmiſchen Kayſer und des
„ganzen menfchlichen Gefihlechtes,, angefeben +),
und deswegen fo re mi als die aͤrgſten Le-
beithäter von den Gortlofen mißgehandelt, indem
kr ‚aber die verderbte Wernunft der
a) Adta Pasfionis Cypriani et ibiGalerius Pro-Cos. b) Apud Pradentium hymn. 14. de Coron. v.62.
d) Tertullianus Apol.c. 22.27. erlib. 1.ad Nation.c.
lins ap. Minutium Fehcem Oftatı.
35.38. ad Scapull.c. 4. et ad Nation.l.c.
Id. Apol c. 35.
Ciu. Dei. c. 6.
eden von geswungenem Geborfam, und wäre das Gebot der Liebe ſchon Geſetzes genug, alles
4 et a f) Tersullianus Apol.c.37. ad Scapul.c:2.lib. I. ad 17. 9)
Minutius Feix O&tau. Cyprianus ad Demetrian. Lactantius lib. V. c. 20. Auguffinus lib.XXIL.de
h) Ter tullian. Apol.c. 28.30. 33.34. Theophil. Antiochen. lib.L. ad Antolye. u
Unbeil zu vermei-
$ rn
der Satan feine Werkzeuge wider diefe unfehul-
dige Schafe mit böfem Verdacht, Neid, Haß und
Verfolgung aufgereizet umd erbittert hacte.
2. Öleichwol aber gefchahe diefen guten Luten
vor GOtt und allen Borftändigen Unrecht damit ;
wie fie davon ausführlich ihre Verantwortung
thaten. Denn die Anklage des Aufrußrs wider
legten fie damit klaͤrlich, indem fie zeigten, wie
gleichwel die Chriſten fo ftarf und häufig in der
Welt wären, an allen Orten ays unzähligen Per:
fonen beftünden, und dennoch niemals den gering:
ſten Aufſtand oder einige Unruhe felber gemacher
hätten. Es wäre ihnen fo ein leichtes gewefen,
bey der groſſen Uneinigkeit der Heyden fich ofte zu-
fammen zu fchlagen, und den Römern das Haupt
zu bieten: aber Feiner würde ihnen diefeg Unter:
fangen mit Wahrheit nachfagen fönnen f). Auch
unter den graufamften Berfolgungen widerftünde
Fein Chrifte dem Uebel, Feiner fuchte dem andern
wider die Feinde mit äufferlicher Gewalt beyzuſte⸗
ben, Feiner lieſſe ſich nur mit einem Berlangen na
Rache und Widerftand merfen und blicken 8). a,
wenn auch andere Heyden wider die Kayſer Kries
ge oder Rebellion anftengen , fällen fie, die Ehris
ten, ftille daben, und mengten ſich unter Feine Par ·
tey, ſondern liebten allzeit den Frieden. Was die
Beleidigung der Majeftät anlange, müßten fie ge⸗
ſtehen, daß fie mit feinen Mitteln zu der Abgörtes
rey gebracht werden koͤnnten, bey dem Genio
der Kanfer zu ſchwoͤren oder den Goͤtzen für fie zu
opfern h): indem diefes wider die Grundfäße ihrer
Religion laufe. Alleine daraus folge nimmer:
mehr, was die Feinde ihnen beylegeen. Si—
ebrten die Obrigkeiten von Herzen gerne, und be.
teten für ihre Wohlfahrt: beydes thaͤten fie fleißi⸗
KREFE ger,
c) Cæci-
e) Id. Apol.c.z,
Nation. c.
17.
2
«
626
ger, als die Heyden es immermehr thun würden
(wie wir bald Bören wollen) ). Daß aber end-
lich die Ehriften Feine Feinde von andern Leuten
fenn müßten, koͤnne jeder Berftändiger Daraus uns
widertreiblich erkennen, weil fieden aͤrgſten Sein
den fo viel gutesthäfen, und jedermann mit lauter
Liebe begegneten (befage der vorhergehenden
beyden Capitel).
3. Da nun die Glaubigen von den Heyden nicht
anders als Unmenfchen und Wunderthiere ange-
fehen wurden, die ſich unter Feine menſchliche
Geſellſchaſt mehr fehickten , die feine Höflichkeit
noch Weife mit den Leuten umzugehen gelten
liefen, und dahero auf der Welt nichts nuͤtze
wären, fo begrgneten ihnen die Ehriften befchei-
dentlich mit genugfamer Antwort. Denn fie ſag⸗
ten fo viel zu ihnen: Die Chriften find weder an
„ihrem Goͤttesdienſt, noch an den Worten und
Sprachen, noch an den aͤuſſerlichen Lebensarten
„in der Welt, von andern Leuten unterſchieden,
„ondern fie wohnen ſowol inden Griechiſchen und
„andern Städten, wie es eines jeden Zuftand ete
„wa mit fich bringet, und Balten ſich nad) der
Weiſe derer Einwohner in Kleidung und Spei⸗
„fen, wie auch in andern Dingen, die zum ge=
„meinen $eben gehören, k). ee
bey gegebener Gelegenheit wiederholen und fchrei-
ben: "Man hat nod) eine fehimpfliche Klage wi⸗
„der uns, da man nemlic) vorgibt, als wenn wir
„zu allen bürgerlichen Handlungen untüchtig waͤ⸗
ren. Worauf fie alfo antworteten : Wie kann
doch dieſes von uns wahr van die wir mit eud)
„teben, und einerley Speifen, leider, Hausgeraͤthe
„und andere zum gemeinen $eben nöthige Dinge
„mit euch gemein haben? Denn wir find ja feine
„Braminen oder Gpmnofopbiften aus Indien.
„Wir leben ja nicht in Wäldern, oder begeben
„ung gar diefesbürgerlichen Lebens. Wir erwe—
„gen gar wohl, daß wir GOtt unferm Schöpfer
„und HEren für alle erfchaffene Gutthaten zu
„danken ſchuldig find, und verwerfen daher fei-
„nen Gebrauch von einigen feiner Werfe,1).
So gaben fie gernezu, daß man in der Welt leben,
und die Creaturen famt denen zuläßigen Ordnun⸗
gen brauchen dürfe: Aber davan ftieffen fich Die
Gottloſen alsdenn, wenn die Frommen nicht alle
Bosheit, Ungerechtigkeit und Mißbrauch der
an ſich ſelbſt guten Dinge mitmachen wollten.
Und daber entſtund alle Säfterung und Beſchuldi⸗
i) Tertullian. ad Scap. c. 2. Apol.
Martyr Epift. ad Diognet.
Rom,c.13. 0) Apud Eufebium lib. IV. H. E. c. 15.
4
*
—— nn — ln — ——
5. B. Von der erſten Chriſten Pflicht und Bezeigung gegen die Gottloſen.
gung der Feinde von denen Gerechten und. lie
gen. Denn die Ehriften fegten immer dazu: ©
„ven Sachen felbft halten wir groſſe Maaß,
„brauchen fie nicht zu viel oder böslich.
„wohnen bey euch in der Welt, nicht ohne Marft,
Fleiſchbank, Bäder, Krambuden , Ställe und
„öffentliche Zünfte und Handlungen. Wir fchifz
„fen mit euch, wir friegen mit euch, wir bau
„das Sand, wir handeln mit euch, und ade:
„ben wir ja unfere Künfte mit euch gemein, un
„was wir arbeiten, das ftehet zu euren Dienften.
Wie koͤnnt ihr uns denn vor untüchtig in euren.
„Gefchäften halten, mitdenen und von denen wir
„doch leben,„m) ? Wovon oben im 2. Cap. des
4. Buchs mit mehrerm. u
4: Wie demnach die Chriſten in andern un«
ſchaͤdlichen Dingen ſich nach ihrem Gewiſſen der
aͤuſſerlichen Ordnung gerne unterwarfen, fo unter⸗
lieſſen ſie es auch nicht im Gehorſam und Treue ge⸗
gen die Obrigkeit, ſo weit es des HErrn Wille zu⸗
ließ. Sie waren durch die Lehre der Apoſtel da⸗
bin gewiefen, daß jedermann der Obrigkeit une
tertban feyn muͤſſe, Rom. 13, 1.2.3.4. ı Petr.z,
14. und daß fie fich der Gewalt untergeben follten,
die denen Menfchen von oben herab gegeben wor=
den, nad) dem Erempel ZEfu felbft, Zob.ıg,ur
Denn “gefegt, daß die Glaubigen haͤtten der weltli⸗
„chen Gewalt nicht unterthan feyn wollen, nicht
„Schoß oder Zollgeben, Feinem Ehre noch Furcht
„leiſten, wuͤrden fie nicht die Waffen der Regen⸗
„ten wider fich geveizer baben? Und wuͤrden fie
„nicht ihre Verfolger entſchuldbar, ſich aber ftraf-
„bar gemachet haben? Denn es hättedas Anfehen
„gehabt, als wenn fienun nicht des Ölaubens, fon-
„oernihrer Halsftarrigfeit wegen angefochten wuͤr⸗
„den; wie die Alten felbft anmerften,,n). Dannen-
bero war diefes ihre Bekenntniß und wirkliche
Draris hievon vor den heydniſchen Richtern felbft,
wie fie Polycarpus bey feiner Verhoͤr that: “Wir
„find alfo geleßret worden, daß wir den Obrigkeiten
„und Herrfchaften, die von GOtt georöner find,ißre
„Ehregeben, welche ihnen gebühret und uns nicht
„fchädlich ift,,o), Und, wiees ein anderer gegen
folhe Perfonen ausdrüct: “Die Chriften gehor-
„schen den Geſetzen, die verordnet find, jafie thun
„noch mehr in ihrer $ebensart, als die Geſetze von ih:
„nen fordern, p). Dergleichen Erflärung die be-
drängten Leute fehr.ofte an die Feinde abgehen lieſ⸗
fen, als welche, angezeigter maffen, ihnen niemals
frauen,
c.3% 3t. 39. Cyprian. l.c. Arnobius lib. IV. ad Gent. fine. k) Iufinus
l) Tertullianus Apol, c. 42.
m) Idem ib. n) Origenes lib. IX. in
p) Iuflinus Epift. ad Diognet. ;
3
2
9
J
————— —— nich
Pr 4
FE u
———— — — — —— — — — — — — — ——— —— —
3.Eap, Don ihrem Verhalten gegen die unglaubige Obrigkeit und weltliche Berichte. 627
m — mn —ñ — e — — —— — — — —
en, und ſie von Ungehorſam, Meuterey und
—— wollten. "Wir thun nichts boͤ⸗
‚fes, (fehrieben ſie,) ja wir halten uns vielmehr un:
„ter allen am freueften und gerechteften, ſowol ge
„gen GOtt, als gegen euer Reich q). Wenn mit der
„KoͤnigSchoß auflegt, ß bin ich bereit, ihn zu geben.
sg enn mir der Herr befihlt zu dienen, h erken⸗
„ne ich mich vor einen Knecht. Ein Menſch muß
„auch auf menſchliche Art geehret werden r).
5. Mit folchen und dergleichen Befenntniffen
fehneten fie allen übeln Verdacht und Nachrede
von ſich ab, fo viel an ihnen war, damit die Gös fi
enpfaffen und andere Mißguͤnſtige fie bey der
brigkeie beſchmitzet Hatten, als ob fte Feine Oberen
leiden fönnten noch wollten, Dawider fie denn
ferner feyerlichit proteftirten, und in ihren Schuß:
ſchriſten ſchrieben: + Wir Halten GOttes Gerichte
„in Ehren bey den Kayſern welcher fie den Bölfern
„vorgeſetzet. Und dahero wollen wir gerne, damit
„dasjenige bey ihnen erhalten werde, was ihnen
„ED beygelegee hats). Man redet uns übel
„nad, alsob wir die Ehre und Majeftatdes Kay:
»fers verleßten. Gleichwol hat man niemalsChri-
„ſten finden Fönnen, die ® mit Albino, oder Fi:
„Iro, oder dem Caßio (den Aufrüßrern)mwider den
„Kayſer gehalten harten. Ein Ehrifte ift Feines
„Menfchen Feind, geſchweige des Kayſers. Denn
„weil er weiß, daß er von feinem GoOtt eingefes
net ift, fo muß er ihn nothwendig lieben, fich vor
„ihm fcheuen, ihn ehren, und wünfchen, daß es
„ihm wohl gehe und dem ganzen Römifchen Rei-
ssche, fo lange die Welt ftehen wird; denn fo lange
„wird es ftchen. Go chren wir nun den Kanfer
alſo, wie es ung vergönnet und ihm felbft nüglich
„iſt: nemlich als einen Menfchen, der nächit GOtt
„oder Oberſte unter allen ift, der alles, was er ift,
„von GOtt empfangen hat, und allein unter GOtt
nit. Diefes wird er auch felber verlangen: Denn
„ſo iſt er recht der Oberſte unter allen, wenn er allein
„unter dem wahren GOtt iſt,gt). In dieſen Wor—
ten der Alten iſt zu ſehen, wie ſie ſich zwar zu aller
Ehrerbietung und Unterthaͤnigkeit gegen die O—
bern verſtanden, gleichwol aber allezeit auf GOTT
und ihr Gewiſſen ſich bezogen, ſoferne der Gehor—
fan, fo von ihnen gefordert wurde, dieſen nicht zus
wider ſeyn möchte, . Darinnefiedenn Petrum und
die andern Apoſtel zu Vorgängern hatten, die ſich
gleichfalls darauf bezogen , und diefe Grundregel
zum öftern anfübrten: Man müffe GOtt mehr
aehorchen, denn den Menſchen, Apoft, Gefc).4,
m
9) Athenag. Apol.p.2.) Tatianus Orat. adu. Grec. initio. 5) Teriulianus Apolog. e 32. t) Idem ad Scapu-
19: 6,5,29. Womit fie denn fowel alle gottlofe
Befehle der Tyrannen ableßnien, als auch die Ur:
— ihrer Beſtaͤndigkeit vor aller Welt kund
thaten.
6. Wann nun die Kayſer von den Chriſten fors
derten, ihren Goͤtzen zu opfern, oder bey ihren
Schutzgoͤttern zu. ſchwoͤren, oder fie ſelbſt, die
Kanfer, als Götter anzubeten; ſo konnten fiebier-
ein, vermögeihrer Ehriftenpflicht , mit Feinem&es
danken willigen u). Deswegen bezeugten fie öf-
fentlic) vor den Gerichten und Obrigfeiten, daß
ie zu ſolchem Abfall durch feinen menfchlichen
DS koͤnnten gebracht werden. Ja, wenn man
ihnen weiter mit Drobungen und Berfolgungen
zufeßte, waren fie bereit alles auszuftehen, alsder
Obrigkeit, indem, was GOTT zuwider war, zu
willfabren. Und daher entftunden nun die grau⸗
famen Arten der Marter, welche wir am Ende des
4. Buchs betrachtet haben , dadurch fie, nad) der
Heyden Meynung, ihren Ungehorfam gegen die
Obrigkeit bürfen mußten. Sie befannteg dieſes
auch oßne Scheu fihriftlich und muͤndlich: “Ein
„Menſch muß zwar als ein Menſch geebret wer
„den, aber GOTT muͤſſen wir alleine fürchten.
„Wenn uns einer befihlet , diefen zu verleugnen,
„to wollen wir nicht gehorchen, fondern ich will
„iterben, Damit ic) nicht als ein Lügner und un-
„dankbar erfunden werde,x). Und jener Maͤrty—
ter, Nomanus, verbehlete es auch dem Richter
nicht, was disfalls feine Meynung märe: “ch
„wuͤnſche, daß der Kayſer diefes Licht Fennen
„lerne, wenn er mein Kayſer feyn foll. Denn wenn
„er dem Ehriftlichen Mamen noch widerfteber, fo
„ſoll ein folcher mein Gebieter nicht feyn. Glau—
„be nur, wer etwas böfes befihlt, Dem merde ich
„nimmer dienen, y): Darüber er auch bald
gran latn] RggeTOL ES wurde. Auch unterrichte-
ten fie ſich Mer einander felbit hiervon treulich,
wenn es bieffe: „Wenn der Kanfer etwas anders
„befißlt, und etwas anders GOtt, fo iſt ja GOtt
„mächtiger, als die Obrigkeit. Gib der Dbrigkeit,
„was du ihr fihuldig bift, und GOtt leifte auch dei⸗
„nen Gehorſam. Die Obrigkeit drohet dir nur
„mitdem Gefaͤngniß, aber GOtt mit der Hölle).
„Gib dem Kanfer das Seinige, aber GOtt dich
„felbit. Sonſt, wenn alles des Kanfers ift, was wird
„venn GOtt überbleiben +)? Drum muß man jwar
„der Obrigkeit unterrban feyn,aber innerhalb den
„Schranfen der Zucht, fo weit wir von der Ab:
„götteren abgefondert werden b).
Keft2 Es
lamc.2. u) Terzull, Apol.c.32.33. x)Tarianus Or. adu. Græc. initio. y) Romanus ap. Prudentium hymn. 10.
de Coron. 2) Auguffin. Serm. 6. de Verb. Dom. in Matth. a) Tersullian. de Idolol. c.14. b) Idem ib. c. 15.
—
3
6:8 5.83. Don der erſten Chriſten Pflicht und Bezeigung gegen die Gottloſen. |
7. Es triebe fie darzu der Findliche aufrichtige
Gehorſam, und dieunverbrüchliche Treue, wel
je ihrem GOtt und Water aus herzlicher Danf-
egierde für alle feine Liebe fehuldig waren. Diefe
liete nun feinen Gehorfam neben ſich, welcher den
göttlichen zuwider war. Alfo, daß aud) die glau-
bigen Kinder unter dem Druck tyrannifcher und
gottlofer Obrigkeit nicht anders Fonnten, als die
Feindfchaft der Welt und der Herren diefer Welt
erwählen, ehe fie CHriſtum und fein Heil fahren
fieffen. Darum war dieſes ihre Meynung:
„Wenn die Obrigkeiten wider die Wahrheit für
„die Falfchheit böfe Gefeße geben, fo werden Die
„Ölaubigen geprüfet, die Beftändigen aber ges
„erönet. Wer nun ſolchen Geſetzen nicht gehor—
„chen will, welche wider die Wahrheit GOttes ge⸗
„richtet ſind, der erwirbt eine gute Stuffe. Wer
„aber den guten Geſetzen nicht folget, derſelbige
„unterwirfet fich der Strafe,c). Sie erwiefen
aber unter andern ihre aufrichtige Siebe Durch ihre
herzliche Fürbitte für die Obrigkeit, ſowol gegen
alle Menfcyen insgemein, als auch fonderlich ge-
gen die Obrigkeiten. Weswegen fie aud) diefen
ihren Fleiß und ihre Sorgfalt für die Wohlfahrt
der Regenten öffentlic) befannten , nadjdem fie
von Paulo darzu angeführer worden, daß fie vor
allen Dingen thun follten , Bitte, Gebet, Fürbitte
und Danffagung für alle Menfchen, und fonder-
lich für die Obrigfeit, damit fie ein gerubiges und
ftilfes Leben führen möchten, ı Tim. 2, 1. 2. und die⸗
fes darum, weil GOTT allen Menſchen geholfen
miffen wolle,v.4. Demnach) ſchrieb jener im Na⸗
men aller Ehriften an den Kayfer: Wir ſchuͤtten
„unfer Gebet zu GOtt aus für euer Reich, damit
„auch eure Regierung jemehr-und mehr geftärfee
„werde, und alles nach Wunſch gefchehed). Wir
„tuffen den ewigen, wahrhaftigen uggp lebendigen
Gdtt für die Wohlfahrt der Kanfer an, von wel⸗
„chen diefe auch verlanaen, daß er ihnen vor allen
„andern gnädig ſey. Wir beten für fie, daß fie
„mögen haben ein langes Leben, eine unbeſchaͤdig⸗
„te Regierung, einen ficheren Hof, eine fapfere
„Armee, einen getreuen Rath, ein frommes Volk
„und ftilles fand: Undin Summa, was ihm ein
Menſch oder Kayſer wuͤnſchen mag,,e). Damit
aber die Obrigkeit nicht mennen möchte, als ob die
Chriſten nur ihnen zu gefallen alſo redeten; fo
beriefen fie ſich auf GOttes Wort und ihre heilige
Schriften, darinnen ihnen geboten fey , auch für
ihre Feindezu GOtt zu beten. Zudem litte ja das
der Obrigkeit uͤbel gienge. Dahero würde
der Unfall auch mit betrefen, und hätten. fie des
wegen deſto nöthiger für fie zu betenf),
_ — ——
ganze Reich und alle feine Glieder Norh, zieh
8. So mußte es ja aud) den guten $euten ein
Ernft feyn, fürdas Heil Der Rahfer zubeten, dafie
ja insgemein das Heil der Menfchen fo berglich
fuhren. Wie dorten ein Märtyrer befennete, al
‚dm befohfen wurde, auf hendnifche Weife für die ,
anfer zu beten, wenner fprach : Ich werde nies
„mals anders für die Armee des Kanfers bitten,
„als daß fie wahrhaftig mögen vwiedergeboren
„werden, und den Heil, Geift vom Himmel em-
„pfahen, damit fie die Finfterniß der Abgotterey
„verwerfen, und das dicht der ewigen Hoffnung fes
„hen, welches nicht in leibliche Augen flieffer, fon=
„dern innwendig inden reinen Herzen fcheinct,,g)-
Se wichtiger nun diefe Sache an ſich ſelbſt war, je
gefährlicher war es vor folche Leute, wenn fie gleich-
wol diefe Treueder Ehriften nicht erfannten, ſon⸗
dern verftieifen, oder wol gar mit Pein und Tod bes
lohnten. Wie alfo eineg vondem Tyrannen Lici⸗
nio fchreibet, “daß er fi) des Gebets der Fromen
„beraubet habe, indem er die Chriſten verjager„;h).
Da fie nun alfoin wichtigeren Sachen ihrer Obrig⸗
feit treu und hold blieben, fo entſtunden fie viel we⸗
niger in geringeren, allesnad)des HErrn Willen
und ihrem Gewiſſen zu leiſten. Angeſehen fie nach
CHriſti und der Apoftel Worten dem Kayſer gaben,
was des Kayfers war, Zoll, dem Zoll gebuͤhrte,
Schoß, dem Schoß gebuͤhrte, Rom.ız,7. Dars
auf fie fich auch in ihren Schutzſchriften bezogen s
„Man hat den Epriften zudanfen, was die bür-'
»gerlichen Zölle betrift , als welche diefelbe eben:
„ſowol als eine Schuld abtragen, alfo, daß der Bes’
„trug und Schade, den eure Leute darinnen thun,
„durch die Einfünfte von uns reichlich erſetzet
„wird ). Wirbemühen uns auch, ven Schoß und
„andere Steuren vor allen andern vichtig zu lie=
„fern, gleichwie wir von unfern Lehrern unterrich⸗
„tet ſind, k). Und ein anderer fchreibet aufrichtig
von ſich: Wenn mir der König befihlet Tri-
„but zu geben, fo bin ich bereit darzuz wenn der
„Herr haben mwilt,ich foll ihm dienen, fo erfenne
„ich mic) gerne vor einen Diener,,l). Und noch
einer fagte dieſes vordem Gerichte aus, als er der
Keligion wegen examiniret wurde: “Cych diene
„meinem GOtt im Himmel, habe auch nichts ges
„ftohlen, fondern was: ich Faufe, Davon gebe ich
die
©) Augufin. Epift. so. ad Bonifacium, d) Arhenagoras Apol. p.39. €) Terzullianus Apol. c. 30. f) Idem
e. 31. g)Romanus ap. Pradentium l.c. h) Apud Exjebium lib.X.c, 8. et lib. I. Vit. C. M.c. 15.
1) Tatianas l. c.
Apol.6.42. k) Iufinus Apol. Il. p. 63.
i) Tertulk,
*
wi
TEE RT ET TE TE EEE FTIR —
3. Cap. Don ihrem Verhalten gegen die ungläubige Öbrigkeit und weltliche Berichte. 629
„die Gefäll e gerne, weil ic) ipn vor meinen Herrn
„erkenne. Aber ich bete den König aller Könige,
„und den HErrn aller Völker an, als meinen
„rechten HErrn m).
9. Nicht weniger erfannten und befannten fie
nach dem Sinn des Apoftels, daß unter denen ver-
derbten und unartigen Menfchen die Dbrigfeit nö-
thig und nüglich wäre, damit unter ihnen gehörige
Maaß und Ordnung gehalten wuͤrde. Wovon ein
uralter Lehrer ſchreibet: «Das irdiſche Reich iſt von
„GOtt zum Mugen der Heyden eingeſetzet, nicht
„aber vom Teufel, als welcher niemals ruhig iſt.
„Denn er läffer auch nicht die Heyden in Ruhe le
„ben, daß fie aus Furcht vor dem menfchlichen Ges
„richte nicht einander, wie die Fifche, fraflen, fon-
„dern durch Die Geſetze die groſſe Ungerechtigkeit
ni zurück hielten. Und deswegen find fie
„nun Diener GOttes, die von uns Tribut fordern,
„und dazu eben dienen, weil fie Gewalthaben. Et:
ssliche unter ihnen werden zur Befferung und Be:
„rörderung der Unterrhanen gegeben und zur Er:
„baltung der Gerechtigkeit; etliche zum Schre—
„een, zur Strafe und Scheltung: Andere auch
„nur zur Borfpottung und Schmach, wie fie aud)
„des gerechten Gerichtes GOttes werth feyn,, 7).
War demnach ihr Sinn diefer, daß fein wahrer
Chriſte aus Zwang oder Noth unterthan fey, fon:
dern aus freyem Willen und nach der Regierung
feines GOttes. Darum hieſſe es abermal : "MWeil
„der Menfh von GOtt abagewichen iſt, und fo
„ſchrecklich wild werden, daß er auch feine Bluts—
„verwandten vor feine Feinde hält, und in lauter
„Unruhe, Mord und Geiz lebet, fo hat ihm GOtt
„die menfchliche Furcht auferleget. Denn fie er-
„rennen die Furcht GOttes nicht, alfo mürfen fie
„der menfchlichen Gewalt unterworfen und an ih.
„re Gefege gebunden ſeyn, damit fie nur etwas
„von Gerechtigkeit erlangen, und unter einander
„Befcheidenheit gebrauchen, aus Furcht vor dem
„Schwerdt, welches öffentlich Dargelcget ift 0),
10. So wohl nun als die Thriften fich zur Un—
terwerfung willig bequemten, fo fehr achteten fie
re Exceſſe vorzubalten. Denn, (fprachen fie,)
„die Obrigkeit foll billig die Gerechtigkeit zu ihrem
„Kleide haben, was fie nun rechtmäßig und [öblich
„thut, Davon darf fie nicht Nechenfchaft geben noch
„Strafe leiden. Was fie aber unbilliger und
„gortlofer Weife zum Berderben des Gerechten als
„ein Tyranne gethan hat, darinne wird fie durch
„das gerechte Gerichte GOttes verderben, welches
„alle durchgehends treffen wird und an feinem feh⸗
„ten, p). Hierinnen feßten fie die wahre Glückfe:
lig£eit der Negenten, daß fie nemlidy nicht beftün-
de in dem Borzug vor andern an Effen und Trinz
fen, an prächtigerer Kleidung, an hoͤhern Ehren—
ftaffeln, an felavifchem und tyrannifchem Tracta-
ment der Unterfhanen und andern äufferlichen
Dingen; fondern in treuer Ausrichtung des goͤtt—
lichen Willens und in Beförderung und Erbals
tung der Wohlfahrt der Untertbanen. Ein alter
Lehrer redet ausführlich hievon, und feger unter
andern folgendes: “Eine fromme Obrigkeit it ale
„lein glückfelig. Denn wir nennen nicht die Re—
„genten glücklich, weil fie etwa lange regieren,
„oder nach ihrem friedfamen Tod ihre Söhne in
„der Regierung binterlaflen , oder weil fie die Sein:
„de ihres Landes bezwungen Baben, u.f.w. Denn
„diefe und andere Erquidungen des elenden Le—
„bens haben auch die Diener der Teufel gehabt.
„Sondern wir nennen diejenigen glücklich, wel
„che gerecht regieren, welche fich nicht überheben,
„da fie von den Schmeichlern aufs tiefite beehret,
„und mit der größten Devotion gleichlam ange—
„betet werden : Wenn fie allzeit bedenfen, daß
„fie Menfchen find, wenn fie ihre Gewalt allzeit
„Oo0tt zu Dienft darftellen, damit fie feine Herr
„lichkeit defto mehr ausbreiten koͤnnen. Wenn
„ſie GOtt fürchten, fieben und ehren, wenn fie
„vielmehr dasjenige Neich lieben , darinnen fie
„ſich vor Feinen Conforten fürchten dürfen, wenn
„ſie langſam zur Strafe find, und ganz willig
„und leicht zur Vergebung. Wenn fie ihre Wohl⸗
„luft defto genauer bezwingen, je frener fie ſeyn
„eönnten, wenn fie lieber ihre böfe Lüfte, als viel
auch dabey die Obrigkeit verbunden, ihre Pflicht „Wölker beherrfchen wollen. Wenn fie auch end»
gegen GOtt und Menfchen genau in acht zu ne
men. Maſſen die Obern Sn mußten, er 3
lerdings aus der Befchaffenheit ihres tragenden
Amts wiſſen fonnten, daß die uͤnterthanen nicht um
ihrent willen, fondern fie umder Unterthanen wil⸗
len da wären. Weswegen die fonft fo verachteten
Epriften fich nicht ſcheueten, die größten Kanfer ih:
rer Schuldigkeit disfalls zuerinnern, und ihnen if-
„lich diefes alles thun, nicht aus Begierde eiteler
„Ehre, fondern aus Liebe zur ewigen Glückfelig-
„feit. Solche Regenten achten wir Chriſten vor
„gluͤckſelig, und zwar unterdeffen in der Hoffnung,
„hernach aber in der That, wenn da kommen
„wird, was wir erwarten q).
1, Diefe Erinnerung lieſſen diejenigen an die
Regenten abgeben, welche den göttlichen Willen
Keeez ges
m) Ada Martyrum Scyllitanorum apud Baronium A. CCII. n. 2. n) Irenaus lib, V. p. 600. 0) Idem ibid,
p) drenaus l.c, q) Auguflinus lib. V. de Ciuit. Dei c. 24. |
en
630
genau erkannten, damit zugleich bey dem gottge-
fälligen teben der Obern Die Unterthanen deſto ge-
fegneter feyn möchten. Der deck folcher Br 8
nen Gewalt mußte an ihnen erfüllet werden, woll:
ten fie anders vor fi) und die Ihrigen den Segen
von dem HErrn aller Herren erhalten, gleichwie ei»
ner an einen Potentaten fehriebe: Gott hat dir
„den Zepter der irdiſchen Macht verliehen, daß,
„du die Menfchen lehren follit das Recht zu bewah⸗
„ren, und den Widerfpruc) derer zu daͤmpfen, wel⸗
„che wider ihn toben, Damit du fowol feinen Öefe-
„gen gehorchen mögeft. als aud) die Unterthanen
„roohl vegiereft r). Halt du dich felbft darzu, daß
„du die Geſetze bewahreft, ob du gleich niemand
„haſt, der dich darzu zwingen koͤnnte. Denn alſo
Mwirſt du ſelber deinen Ernſt erweiſen, wenn du fie
„vor andern inachtnimmfts). Denn ein Xegente
„it mit allen andern ein Knecht GOttes, gleichwie
„er Herr über die andern ift. Demnach wird er
„alsdenn nur ein Here heiſſen, wenn er über fic)
„‚felbit herrſchet, und nicht den Wohlluͤſten dient,
Und da alfo in Anfehung ihrer felbft die wahre Gott⸗
feligkeit von denen Obern erfordert wurde, fo ward
nicht weniger die Beförderung derfelben an denen
Unterthanen , an allen Orten, zu allen Zeiten, und
aufalle Weife erfordert. _ Bey Chriften wurde fün-
digen, und die Sünde an andern nicht hindern, vor
einerley gehalten. Wenn einer nun ſchon “im Res
Zgiment vor fic gerecht lebete, die Gottloſen aber
„doch dabey zuließ,,, von dem geftunden fie, daß
er vor GOit der Sünden theilhaftig geachtet wuͤr⸗
de. Alfo mußte eine rechte Dbrigfeit, nach dem
Sinn der alten Chriften, auf beyden Seiten ic)
„föblich verhalten, daß fie die Srommen und
„‚Gottfeligen ehrete, wider die Gottloſen aber if:
„ren Zorn zeigefe u).
12. Eine von den fürnehmften Tugenden, wel⸗
che die Ehriften bey einer rechten Obrigkeit fuchten,
war ein demüchiges und niedrig gefinnetes Herz,
daß fie fid) der verlichenen Gewalt und Hoheit in
keinem Stücf überhübe, fondern erfennete, daß ihr
diefes alles nur von GOtt geliehen fen, der es auch
wiederum nehmen Fönne, wenn er wolle. Geſtalt
auch die Heyden es vor ungereimt erkannten, wenn
einer uͤber ſolchem fremden Gut ſtolziren wollte,
darbey zugleich den Nutzen der Freundlichkeit und
Demuth bey hohen Leuten erkannten; wie es aus de⸗
nen Scribenten bekannt iſt, die von der Politic ges
ſchrieben haben. Sonderlich war ihr Grund hier-
bey, der allgemeine Urſprung und die natuͤrliche
Gleichheit der Menſchen insgeſamt, davon oben im
x) Agapetus Scheda Reg. c.1. s)Idemc.27. t) Idem c. 68. u) Id. cap. 28.
nii. Auguftinus lib. IIII. de Ciu. Dei. c. 4.
5. B. Don der erſten Chriſten Pflicht und Bezeigung gegen die Gottloſen.
dritten Buch bey der Demuth geredet worden Daß
alſo nichts uͤbrig war in den Augen der erleuchteten
und geheiligten Chriſten, was einen Regenten zum
Hochmuth hätte verleiten koͤnnen, welches nicht ale
les vor den Berftändigen hätte fallen und unkraͤfti
werden mülfen, Denkwuͤrdig if, a ei
Antonio erzehlet wird, wiedie Kayſer von Conſtan ⸗
tinopel an ihn Briefe geſchrieben, und eri lſo
geantwortet abe Barum foll ich Briefe
hanneh
„gegnen Fann,,? Als man ihn aber fo fer gebeten,
mehr zu fhreiben , habe er ihnen dieſe Lection ge=
ſchrieben: «Sie follten die Fönigliche Mache nicht
„vor etwas groſſes halten, und nicht wegen der ge
„genwaͤrtigen Gewalt uͤber das Fleiſch ſchwuͤlſtig
„ſeyn, ſondern bedenken, daß ſie Menſchen waͤren
und nicht vergeffen, Daß fie en wuͤrden ges
„richtet werden. Auch follsen fie gnadig gegen ihre
„Unterthanen fich bezeigen, der Gerechtigkeit und
WVor ſorge für die Armen eingedenk feynz. Zuletzt
habe.er-diefes beygefuͤget: Es iſt nur ein ewiger
„König, zu.allen Zeiten, Chriftus JEfus x). |
13. Im Öegentheil bafchrieben fienun abermal
das Elend der gottlofen Ibrigkeit, wie fienicht al-
lein ihnen felbft, fondern auch Land und Seufen uner-
ſetzlichen Schaden thäten, wenn fieungefcheuet fag-
ten: “as find die Reiche anders, wann Feine Ge⸗
„rechtigkeit Darinnen iſt, als ein groffer Straffen-
„raub;, y)? Und abermal, wenn fie von dem vers
Eehrten Sinn der Tyrannen redeten, und ihre Ge:
danken alfo befchrieben: "Es mag nur unfer Reich
„floriren und im Weberfluß ſtehen, von vielen
Triumphen beruͤhmt und im Frieden ficher ſeyn.
„Unfer Reichthum müffe fich immerzu vermehren,
„damit wir zu täglichem Yufgang genug ba
„wodurch fich ein jedweder Mächtiger die Schwaͤ⸗
„cheren unterwerfen kann. Die Armen müffenden
„Reichen gehorfam feyn, wenn fie auch nur das
Brod fatt haben. Die Reichen hingegen müffen
„die Armen zuißren Frondienſten mißbrauchen, nur.
„daß diefe ein wenig rubig und müßig feyn koͤnnen.
„Das gemeine Volk muß die Herrfchaft loben, nicht
„als ob fie das gemeine Beſte befördere, fondern
„iveil fieviel duſtbarkeiten anftellet. Man muß ih⸗
„nen nichts verdrüßliches befehlen , nichts liederli=
„sches verbieten. Die Regenten müffen nicht eben:
„darauffehen, wie fromm die Ihrigen feyn, ſondern
„nur wie unterthänig. Der Pöbel muß I -
» Beamten dienen, nicht weil fie fein Leben regieren
„und feine Angelegenheiten verforgen , fondern weil
„fie über ihn herrſchen, erdarffie aud) nicht aufrich-
„tig
3) Athanafıns in Vita Anto-
men, da ich eud) nicht recht eituliven undbe
|
von geoffen Herren angeftellet würden 2).
1, fondern fclavifch fürchten. Keinen darf
„man vor den Richter bringen, wenn er es nicht
„gar zu grob gemacht, und einem andern zu viel
„Schaden gethan hat. Im übrigen mag ein je:
„der machen mit dem einigen, was er will.
„Man Fann auch wol öffent —ãA dul⸗
„den, man muß prächtige Pallaͤſte aufführen,
„die Eoftbarften Panquete anftellen, wo nur ein
„jeder will und kann, follte auch Tag und Macht
Hefreſſen, gefoffen, gefoyen und gepraſſet ſeyn.
„Ueberall müffen ſich Tänze hören laſſen, die
Comoͤdienhaͤuſer müffen von allerhand üppigen
Sefehren und fehändlicher Luft angefüller fern,
„Und derjenige fey vor einen öffentlichen Feind
„er m dieſe gemeine Gluͤckſeligkeit nicht
„gefaͤllet. Will ſie aber jemand gar veraͤndern
„oder abſchaffen, den muͤſſe der freye Poͤbel nicht
„hoͤren, ſondern von Haus und Hof jagen, und
„gar aus dem Wege en 2).
—*
A
14. So lebendig maßlen fie die heydniſchen
rannen ab, —— zu kraͤnken, ſonder
ihr Elend darinn vorzuſtellen. Gleichwie auch her
nach unter den Kayſern, die ſich vor Chriſten beken⸗
neten, aus Verlangen zur Beſſerung dergleichen
Vorſtellungen von red und unerfchrocfenen
Männern gefchaben. gedenfer einer von dem
Kayfer Gratiano, daß er der Jagd fofehr ergeben
geweſen und andern Ergoͤtzungen, die nicht zum ge:
meinen Nugen , fordern zu eigener Bergnügung
Und
freylich zeigeren fie nach der Wahrheit, wie ein Pri-
vatmann , wenn er es ja verfehe, nur ihm felbit
aden thue , ein Negente aber dem gemeinen We⸗
fen insgefamt ae Desmegen dieſer auch Feine ge:
tingere Rechenfchaft geben müßte, wenn er etwas
davon verfaume, was er thun ſolle b). Was infon-
derheit ihre Berechtigkeit anlanget / erforderten fie
darzu nach dem göttlichen Worte eine genaue inter:
chung der ftreitigen Sachen, und derfelben un-
artenif —— Immaſſen
der Apoſtel ihnen dieſe Weiſe empfohlen harte, daß
ſie nicht rechten noch fechten ſollten, nach dem vor-
gehenden Capitel. Welchen nun GOtt ſolch
Richteramt aufgetragen habe, oder “wen die Par⸗
„teyen etwas zu entfcyeiden darlegten, deffen Gewiſ⸗
fen muͤſſe wohl geprüfet werden. Derjenige aber fey
exſt wuͤrdig den andern Geſetze vorzufchreiben ‚der
ee
2) Idem lib. II. c. 20. a) Sozomenus lib. VII. c. 24.
„die Urtheile nacı Gefallen vor, das andere ftof
_
UTDER=-
—
—
* ihrem Verhalten gegen die unglaͤubige Obrigkeit und weltliche Berichte. 631
Hhihm ſelbſt die Weife eines gerechten Wandels vor»
„fchreibe,,c). Denn fonft möchte es zugehen ‚ wie cs
einer befchreiber: “Daß der Zanf und die Proceffe
„ſich Durch die Geſetze aleichfam waffnen,und in lau⸗
„ter Würereyausbrechen. Dafi das zweifelhaftige
„Recht in den Gerichten beyderfeits beſtritten
„werde, undder Haderunter den Brüdern keinen
„geringern Scharmügel mit Worten anrichte, als
„etwan mit Waffen gefcheben Fönne d).
15. So müßte auch in rechtmäßigen Gerichten
fein böfer Advocat zugelaffen werden, als deffen
Verrichtung ——— der Friedfertigkit ent⸗
gegen laufe. Denn (ſagten fie,) *ein boͤſer An—
„wald verderbet die Gefeße e), Solche Leute
„finds, die die Sachen nur verzögern, wenn man
„ſie darzu braucht, und verhindern, wenn man ſie
„uͤbergehet: Erinnert man ſie, ſo verachten ſie es,
„beſchenkt man fie, ſo wirds baid vergeſſen. Sie
„kaufen die Streitſachen an ſich, verkaufen ihre
IFuͤrbitten, ſetzen ſelber Schiedsleute, ſchreiben
‚nfen fie um, ziehen die Zankſuͤchtigen an ſich, hal—
„ten Die ab, Die ſich vertragen wollen, und die ihe
„nen Öchöre geben , die halten fie lange auf, F).
Von dieſem Verderben der menfihlichen Gerichte
eröffnete einer feinem Freund feine Gedanfen :
„Ich wundere mich, daß du das Zanfen der Advo—
„caten und die Wortkriege hoͤren kannſt, die mehr
zur Verkehrung als Erfindung der Wahrheit
„dienen. Gie haben ihre Zungen gelehret fügen
„zu reden, fie find beredt wider die Gerechtigkeit,
„gelehrt der Falſchheit zumbeften. Sie find weis
»fe, daß fie Böfes thun, und geſchickt zur Beſtuͤr⸗
„mung der Wahrheit. Sie befräftigen die Ver⸗
„leumdung wider die Unfchuld, veilfen die einfäls
„tige Wahrheit übern Haufen, und faffen feinen
„zum Recht Fommen,v). Dergleichen Perfüs
nen waren unter den erften Gemeinen durchaus
unbekannt, hingegen unter den Heyden deſto haͤu⸗
figer, wie die Ehriften darüber klagen: *Sienen«
„nen dasjenige ein Necht, wenn die Bosheit der
„Tyrannen wider die Unfchuldigen greulich wü—
„tet. Wenn fie doch für rechte und kluge Leute
„wollen angefehen ſeyn, da fie gleichwol blind
„und ohne Wahrheit fern h),
16, In der Austheilung des Rechts waren fie
mit
b) Agaperus Scheda Reg. c.ro. c) Cafiodorus lib. IIII.
Var. c.28. d).Alcimus Auitus lib. III. ad Soror. p. 391. ©) Gregor. Nazianzen. Carm.36. f. ‘) Caflioderus
in PL. 73
8) Bernhards lib. I. de Confiderat. ad Eugen, h) ZLaöantins lib, V. e. 12.
’
632
5.3. Don der erften Ehriften Pflicht und Beseigung gegen bie Gortlofen,
2
wit beneneppuifhen Dchteemübejufeeben, wei nad) Befihaffenkeit dep Gadhen immer ande
diefelbe gemeiniglich ungleich und parteyifch gefcha-
e, indem arme, bedrängte und darbey unfchuldige
Is ‚ dergleichen meittens die Ehriften waren,
nach ihren unrechten Geſetzen leiden und büffen
mußten, was fie nicht verfchulder hatten, die Rei⸗
chen aber und Groſſen frey durchgiengen. Dahero
ſchrieben ſie dergeſtalt hievon: “Wer nur ein Koͤnig
„oder groſſer Herr iſt, der thut alles ungeſtraft;
„begehet aber ein Geringer eben dieſes, © fo ift bald
„der Staupbefem, Galgen und Rad da, und was
„nur ein zorniger und wuͤtender Menſch erdenfen
„Fann i)! Wennes möglid) wäre, daß die Reichen
„auch recht geſtrafet würden, fo würde man fehen,
„daß alle Gefängniffe von ihnen voll würden. Aber
„per Reichthum hat eben über allen feinen Schaden
„noch diefen; weil bey ihm nichts gerochen wird, er
„fündige gleich noch fo boshaftig. Niemand thut
„ihm deswegen Einhalt, er verleßet fein Gewiſſen
„immerfort, ohne daß ihn jemand deswegen beftra-
„fe k). Zum wenigiten irren Die Richter entweder
„mit Sleiß oder unwiſſend, entweder weil fie das
„Rechenicht verftehen , oder weil ſie mit Geld befto-
„schen find, oder weil fie aus unzeitiger Gunſt das
„Urtheil fprechen 1).
17. Was ihre Gefege und Ordnungen anlang-
te, hatten die Ehriften fehr vieles dabey zu erin-
nern. Zum Erempel, wann fie nur Diejenigen
Verbrechen ftraften, welche wider Menfchen ge-
fehehen waren, nicht aber, wodurch GOtt beleidi-
get ward. Denn die Heyden meyneten, was
GOtr felbft angienge, das dürften fie eben nicht
rächen, er würde ſchon ſich feiner feibit annehmen.
Dannenhero ward in den weltlichen Rechten Feine
Strafe gefeßt, wenn einer gleic) bey den Göttern
falſch ſchwure m). “Die Öötter würden ſchon felbft
„ihren Schimpf rächen »), er fey ihrem Gericht
„beimgegeben,, 0). Wer aber bey den Kayſern
falſch ſchwur, der wurde gleich abgeſtraft p). Ueber⸗
dis meckten fie auch diefes an, “daß ein jedes
Wolk ihm folche Rechte und Gefege erwaͤhlet haͤt⸗
„te , Die es ihm zutraͤglich befunden,,, da Doc) der
Eigennutz fo weit von der Gerechtigfeit abgebe.
Zu gefihmweigen, Daß einer deswegen noch nicht ein
gerechter Mann heiſſen Fonne, weil er den Satzun⸗
gen dr Menfchen folge, angefehen dieſe entweder
ieren oder wilfentlich Unrecht thun Fonnen. Dem:
nach ſey gar ein anders das weltliche Recht, welches
i) Tactantius L. c.
de Rebus creditis. .
cratem. p)l. 13. $. vie. D. de iureiurando.
k) Chryſoſt. hom. 2. in Ebr.
I) Id. lib. XXXXV. homil. hom. 3r.
n). Tiberii Imp. vox apud Tacitum lib. II. Annal.
und anders fey, und die wahre Gerechtigkeit, mel.’
che GOtt ungeändert — 9). Auch
gehe es gemeiniglich in den weltlichen Gerichten
fo zu, daß, mo noch etwas Beilfames an den Ges
fegen ſey, dennoch daffelbe zu Feiner Erfüllung und
Ereceution fomme; als, wenn fiedie Comödianten,
Gaukler, Fechter und dergleichen ſchaͤdliches Ge—
finde, zwar vor unehrlich erklärten , und dennod) ih⸗
rer Wohllüfte wegen fo hegten. Was ift das vor
„eine verkehrte Sache, (hieſſe es,) wenn man noch
„lieb Hat, das man ſtrafet? Man mache gering,
„was man doch erhebet. Soll das ein Gerichte
„heiſſen, da einer deswegen infam gemacht wird,
„womit er doch fo viel verdienst,, r). Wenn es
recht zugienge, fo follte ja das Regiment fo löblich
geführet werden , “daß Die Gefege fein mit den
„Werfen überein famen, und die Werke hinwie⸗
„derum mit Den Gefegems).
38. Noch meiter war diefes ihr Bedenken bey
den weltlichen Rechten, daß fie an unterſchiedli—
chen Orten auch unterfchiedlic), und wol gar ein-
ander entgegen lauteten. Denn fie fchrieben alfo
davon: “Es füllte von Rechts wegen überall und
„beyalten einerley Artdes Regiments ſeyn. Nun
„aber findet man fo vielerley Statuta, fo viel Städ-
„fe find, alfo, daß an einem Dre für löblich gehalten
„wird, was an andern ftrafbar iſt, t). Daher.
wird immer fo viel damider ereipirt, limitirt, ges
läufert und appellirt. Da doch, wenn alle Men»
ſchen dem allgemeinen natürlichen Rechte genau
nachkaͤmen, nichts dergleichen gefcheben würde.
Denn “man koͤnnte weder vondem Nach noch von
„dem Volk davon losgefprochen werden. Man
„dürfte auch feinen uriften oder Commentarium
„daruͤber lefen. Zu Nom würde Fein ander Ge:
„ſetz feyn, als zu Athen, Fein anders ingegenwärti-
„ger Zeit, alsin zufünftiger,, u). Daneben faben
die Chriften zu ihren Zeiten wohl, daß die aͤrgſten
Tyrannen, welche wider GOtt am meiſten tobe-
ten, die Gefege unter den Kayfern madheten. Wie
denn noch von Ulpiano befannt ift, daß erden Kay⸗
fer am meilten wider die Chriſten aufgereizet, und
der alten Tyrannen Edicta wider fie geſammlet
habe, von dem noch in dem lure Iuftinianeo die
meiften Gefeße übrig find x). Deffen Collection
ein anderer heydnifcher Minifter, Tribonianusge-
. nannt,
m) Vid. 2. Il.
0) Demojthenes Orat. adu. Ariſto-
q) Conf. Ladantius lib. V.c. 21. lib. VI. c. 9. Minurius Felix
O&nı. r) Tertallian. lib. de Spe&tac. Arnobius lib. VII. adu. Gent.
s) Agaper.Scheda Reg. c.49. t) Ta-
tianus Orat. adu. Grc. p. 164. u) Tactantius üb. VI. c. 8. x) Vid. Ofander Cent. III. lib. III, p- 314.
tet hat, dem andere dergleichen Leute
fen y): Wie denn auch fonft die Ge:
nanmerken, daß die Römifchen Herren dies
jenigen Gefege am meilten urgivet, dawider fie
® amgröbiten gehandelt haben z). Da doch ein
ichter eben bierinn von den Beklagten unterſchie⸗
denfeyn folle, daß ihn nicht einerley Laſter mit den
andern gleich mache a). Alſo, und nach diefen
Geſchichten, welche unter den Heyden häufig ſich
zutrugen, ſahen nun die Chriſten weiter hinaus
auf den unfeligen Urfprung aller folcher greulichen
Mißbraͤuche, nemlich * “die Verachtung der
„wahren und böchften Majeftät,. Wovon fie
alfo — ur aus der Srjaktung ur⸗
theileten: “Im Anfang der Verderbniß ftengen
„die Mächtigeren an, den andern das Ihre zu neh⸗
‚men, und was von vielen erworben wurde, war
„in Käufern etlicher weniger Leute zufammen ges
Iſharret. Denn damit, diefe die übrigen unter
„the Zoch bringen möchten, fiengen fie an ihnen die
„gebensmittel zu entziehen und vor ſich einzu
„fammlen,auch wohl zu bewahren, damit die Wohl⸗
„tbaten GOttes nur ihr eigen würden , nicht aus
„einer ——*— ſondern damit fie alle Mittel ih⸗
„tes Geizes beyfammen hätten. Dabey machten fte
nun die unbilligſten Gefege, unter dem Namen
„und Scheinder Gerechtigkeit, wodurch fie ihren
„Raub und Geiz wider Die Gewalt des Volkes
„oefchügen konnten. Und weil da Feine Spur der
„Oerechtigkeit war, welche lauter Freundlichkeit,
#Barmberzigkeit und Mildigkeitmit fich bringet,
„ſo entſtund eine hoffärtige Ungleichheit daraus,
„da fie ſich Höfer als andere Leute machten, mit
Trabanten, Waffen und fchönen Kleidern verfas
„ben. Sie erfunden darbey höhere Ehrenftellen,
„Pupurröcke, Scepter und dergleichen, damit fie
„unter dem Schredfen des Schwerdts, des Beils
„undanderen Strafen ficher blieben , und über die
Furchtſamen und Erfchrocfenen berrfcheten b),
79. Dagegen hielten es nun die Chriſten
633
vor nöthig und möglich, daß fie den beilfamen
und füffen Geboten JEſu CHrifti — der
ihnen die Liebe unter einander als ein neu Gebot
Binterläffen * und dahero befohlen, nicht mit
einander zu ſtreiten noch zu rechten. Ja, er habe
nicht allein dieſes befohlen, ſondern noch dazu geſe
get, daß fie lieber die Sache fahren laſſen follten,
worüber man mit ihnen zanfen wollte, nur damie
fie des Streits befreyet würden c). In dieſem
giengen fie nun weit über alle weltliche Geſetze, und
machten einen groffen Unterfcheid unter dem ges
vichtlichen Zwang, der bey den Gottlofen nöthig
war, und unter dem freywilligen liebreichen Ge=
horfam, den die Kinder GOttes in Anfehung ihres
Vaters freywillig leifteren. Darum —— ſiet
„Ein anders find des HErrn JEſu feine Gebo«
„te, ein anders die Geſetze der Kayfer: Ein
„anders befihlet Papinianus, ein anders unfer
„Paulus, d). Sa, fie getrauten ſich, denen Men⸗
[hen zu verfprechen, daß, Wwenn fie alle dieſem offens
barten Willen GOttes nad) wahrer Bekehrung
Eindliche Folge leiften würden, fo würden fie Feiner
andern Geſetze mehr brauchen, “Kein Unglück
„oder Hebel wiirde auf der Welt mehr ſeyn, wenn al-
„le Menfchen dasjenige thäten, was die Chriften
„alleine thun. Wiefelig, ja wie gülden wäre doch
„der Zuftand der Menſchen, wenn durch die ganze
„Welt lauter Sanftmurh, Gürigkelt, Friede, Un-
„ſchuld, Gerechtigkeit, Maͤßigkeit und Treue
„herrſchete. Es wären auch fo viel und manchers
„len Geſetze zur Regierung der Menfchen nicht
„vonnoͤthen, fondern das einige Geſetz GOttes
„würde zu einer vollfommenen Unfchuld gnugfam
„feyn: Es wären auch Feine Gefängniffe, Feine
„Schwerdter der Richter, Feine Schrecken der
„Strafe mehr nöthig, weil die heilſamen Ges
„bote, die vom Himmel fommen find, in die
„menfchlichen Herzen gepflanzet würden, und
„die Menfchen freywillig zu den Werken der Ges
„rechtigfeit unterwiefen e),
Ni
y) Vid. Hiftoria Turis I. Gothofredi aliorumque. z) Rupertus Diflert. ad Valerium Max. lib. VIII. c, Ay
a) Cafiedorus lib. XII. Var. epift. 2. b) Lactantius lib. V.c.6. c) Saluianus lib, III. de Gaben 538
. 29. d) Hieron, Epift. 30. ad Occanum. e) La@antius lib, V. c. $.
Das 4
Kapitel,
Von der Abftsafung Der ebelthäter bey den erſten
Ehriften.
Summarien.
599 waren in Beſtrafung anderer — 5* darüber fie von Chriſten beſtrafet wurden; Urtheil der Chriffen, $.r.
welche nur die Reinigung des Herjens n
thig erfannten aum ren —* auch kein Blutvergieſſen noch Leibesſtrafe
anichen
anfeben fonnten: 3. Sie lieſſen fich lieber tödten, ebe fie andere toͤdteten, wenn ein
bielten auch die Abftrafung der Ketzer nicht für recht , Elagten feinen auf Leib und Peben a
andern Veinigung haben: 4. ſo lehrete man auch in folgenden Zeiten. Chriſtliche Rege
Gerechter den andern umbracht, 5. davon auch machhero einige Merkmahle überblieben Durch ]
in Coneiliis approbiret wurde: Erempel. 6. Pehrer durften auch für arme Sünder ben den Richtern appeliten, Erem⸗
- pel; aber aus reiner Abſicht; Abfan davon und falihe Abfichten. 7. Heyden felbft waren barmberzig, tworinn-fonderlich,
maren Afyla darzı, ſo auch hernach unter den Ehriften auffamen, darinn die Verbre erficher waren; Aufhebur derfelben
fehadet hernach dem Eutrogiofelbit; Mißbrauch der Freyffädte. 8. Wann man font Gefangene auf freyen Fuß geftellet, fon-
derlich am Dfterfeit, fo auch mol ben denen Juden mag gebräuchlich gemeien ſehn, ſonſt geichahe — aufferordentlich.
ß: Miffethäter wurden bey den erſten Chriſten nicht am Leben geftraft nach den Leihes- und Lebensſtrafen im. &. ac. fon-
een mußten Kircbenbuffe thun, ſo ſehr ernſtlich und fharf war; mie lange Kindermörderinnen 2c. aus der Gemei
fehloffen geweſen, und wenn ein Mörder abfolviret; wie lange einer, der feinen Dienftboten gefchlagen, dab er farb; m
ge eine Ebebrecherin, Ehebrecher, Blutſchaͤnder und Zauberer ausgefchloffen geweſen: Anden erften 300 Jahren ift kein 1
Pehen gefiraft: 11. wie lange und womit die Diebe, auch der Hehler geſtraft worden 5 wie manfonft miteinem Verbrecher um-
gesangen. ı2. Wahre Chriften konnten keine Lebensſtrafe anfehen,, darüber auch oft die Henden gefeufzet und gemeinek,
ind müfe man mir Menfchen als Menfchen umgehen: Ausſpruch Thevdofii des Tüngern, deffen wirkliche Gütigkeit gegen
die, foden Tod vermwirket. 13. Chriſten bewegten auch andere zur Gelindigfeit, Eyempel, Motiven; 14,
Bluͤtvergieffen an andern unzulaͤßig; Ausiprüche davon; daher ſich auch die Hehden gehuͤtet; die Regenten durften die Se
cuton nicht anſehen. 15. Verwerfung des Solterns und Peinigens, Ausipruch davon; folches war für Teibeigene Knechte
auch unter denen Chriften nicht ſeltſam, Klage darüber; Yusichlieffung einer Gerichtöperfon ausder Gemeine: 16. Wermers
fung des Loo ſes auf Feben oder Tod, mie diefes gefchehen : wohin Decimario gehöret; am wenigſten müßte ein Menich um ge-
einge Urſach ſterben, auch) Fein Gerichtsdiener feinen mit Luft umbringen. ı7. Parteplichkeit der Heyden in Halsgerichten,
Klage der Chriften darüber; 18. Antwort aufden Einwurf, daß bie wolfeile Gnade nur mehr Webelthäter machen würde; 19.
notbig fen es, Daß der Delinquent anug Zeit habezur Erkenntniß undAenderung des Herzens: Schreiben davon an 2 Richter:
te gleich folche Gewa
auch fein eine Lufl
—
erurthel
hielten auch das
20. welches durch Zucht erhalten wurde: die Leibesſtrafen
Gottloſen nicht zu ſchelten, fo wenig als ein Arzt. zı.
$.
> as nun ferner die Abftrafung der Uebel-
thaͤter und die Erecution der Geſetze und
Urtheile betrift, fo war denen wahren
Chriſten leichte, die fehrecklichen Mißbraͤuche, wel-
che unter den Heyden dabey vorgiengen, anzumer=
fen und zu beftrafen. Geſtalt fie zuförderft an
ihnen bejammerten, daß gleichwol Die ungerechte«
ften$eutenoch andere, die etwa wol frommer und
beffer wären, unterdem Vorwand der Gerechtig⸗
feit und des Eifers für das gemeine Befte, aufs
graufamfte hinrichteten: _ welches nicht allein et-
wa an denen Zeugen E Hrifti geſchahe, fondern auch,
anandern. Gie überzeugten die blinden Leute eben
aus diefem ihrem thörichten Bornehmen, daß es
falfch fon, wenn fie vorgaben, ihr Regiment , ihre
Religion, und ihre andere Lebensart bedürfte gar.
feine Reformation. Denn (fprachen fie,) ““war-
„um feßet ihr denn fo ſchreckliche Strafen in eu⸗
„ren Gefegen, kann aud) woleine graufamereThor-
„heit gefunden werden, wenn ihr vorgebet, es fey
„nichts böfes vorhanden, da ihr doc) die Uebelthaͤ⸗
„ter als Böfe verdammet und Binrichtet,, a)?
Bon den Halsgerichten felber aber urtheileten fie
alfo: “Auch mitten unter den Geſetzen wird ges
„fündiget, unterdemRechefprechen gebe Unrecht
„genugvor, Der Henker, Galgen und Rad find
„zwar bey den Gerichten, die Marterinftrumen-
„ta, Feuer und Schwerdt und mehr Inventiones
a) Arnobius lib. II. adu. Gent, p. iot. by) Cyprianus lib. ad Donatüial F —
gab man eines jeden Gewiſſen anheim; doch ſeyn die Ge
ſetze von
1. —— ————
„Erfindungen) zur Pein des menſchlichen Leibes,
„ſind vorhanden, als Glieder an denſelbigen. Wer
„will aber da jemand beyſtehen? Solls ein Ad⸗
vocat thun? fo betreugt und hintergehet ein ſol⸗
„her nur die Leute; ſolls ein Richter fen? Der,
ſpricht die Urcheile vors Geld , ja derjenige, wel⸗
„cher die Sünden zu ſtrafen da ſitzet / begehet fie
„felber , und. der Richter machet fidyder Sünden
„Ihuldig, damit nur der Unſchuldigbeklagte fei-
„nen Reſt frige b). en SET EL
2. Wir hörten im letzten $.desvorhergehenden
Eapitels, wie die Ehriften denen Heyden vorgehal«
ten, daß fiefeiner teibesftrafen bedürfen würden,
wann fie der Lehre CHriſti Gehörgäaben. Denn
diefe hielte nicht allein den Menfchen von dem
Ausbruch ver Sünden zurüf, daß er in Feine
Strafe der Obrigkeit verfiele, fondern fie reinigte
“ir
auch das Herz, und fonnen alfo mit Recht von .
der Obrigkeit nicht abgeftrafet werden. Drum
bieffe es: Ihr (Heyden) ftrafer die begangene Ue⸗
„belthatenab, bey unsaber iftaud)ein böfer Ge-
„danke ſchon Sünde. Ihr fcheuet euch nur vor
„denen, die euer Berbrechen wiſſen, wir alleine
„unfer Gewiſſen, - oßtnemelches wir nicht ſeyn koͤn⸗
„nen. ‚Bon euren seutenfind immer die Gefaͤng⸗
„niffevoll, fein Chrift aber ift darinnen, wenn er
„nicht entweder der Religion wegen angeklaget
% wor⸗
“er
4. Cap. Don der Abfteafung der Llebelthäter bey den erften Ehriften.
n, ober von uns abgefallen ift,, ce), Dem: \
Ant gemäs
Fannten fie diefes dem h
ſeyn, daß die Menfchen ziwar der Gewalt un,
than wären, aber keinesweges aus Furcht vor
dem Schwerdt, da fie etwan die Gefege wegen des
Berbors der Lebelthaten haſſeten, fondern daß fie
von der Fnechtifchen Fur iget einen lobli-
tfam 9). un
3. Bor fich fol — ie
theil, Feindſchaft oder ach, wenn ſie gegen
die Heyden alt daß fie Fein
Menfchenblut vergieffen ſehen, geſchweige felber
vergieſſen koͤnnten. Womit fiedenn fonderlich al:
le Laͤſterungen widerlegten, als ob fie Kinder:
mord begiengen, da ihnen doch die geringfte Vers:
letzung des Nachſten unterfaget war. Wir duͤr⸗
„ten (fprachen fie,) einem Menſchenmord nicht
„einmal zufehen noch davon hören, und hüten ung
„ſo fehr vor Menſchenblut, daß wir auch Fein
„Blut der Thiere unterden Speifen genieflen, e).
Und damit niemand mennete, als ob fie nurvom
gewaltfamen unrechtmäßigen Todtſchlagen rede»
ten, das nicht nach den Gefegen geſchaͤhe, fo erklaͤr⸗
ten fie fih auch davon folgender maflen: "Wir
„wollen und Fönnen nicht einmal die Leibesftra-
„fen mit anfehen, wenn die Leute gleich nach den
„Rechten getödtet werden. Wie follten wir denn
„nun felber einen Mord begehen, da wir ihn nicht
„einmal fehen wollen, wenn er von andern gefchicht,
„damit nicht etwas von der Sünde und Ungerech⸗
„tigkeit aufunsfalle f). Sollte der wol an Men:
" henbiut $uft haben, der es vor unrecht Hält,
„nicht allein wenn man jemand umbringet,
„fondern auch wenn man dabey ift, wenn es
naefchiepet 2)? Wenn man feinen Menfchen-
„mord begeben darf, fo darf man auch nicht
„einmal dabey fen , damit fein Gewiſſen mit
„feinem Blut beflecfet werde, h), Womit fie
aud) zugleich auf die Gewohnheit der Heyden fa-
& da die Uebelthäter, fo nach ihrer Meynung den
od verwirket hatten , indie Schaupläge ge:
bracht, und entweder dafelbft von den wilden Thie⸗
ven umgebracht und zerriffen wurden, oder unter
einander felbft fo lange fämpfen mußten, bis einer
den andern niedergemacht hatte. Daben zeigten
nun die Chriſten, Daß auch beyfolcher Art der Ab-
ſtrafung Fein Ehrifte mit gutem Gewiſſen zufehen
Fönnte, “Es fen beffer, man wiffegarnichts davon,
„wenn entweder die Liebelthäter abgejtraft oder
„die Unfchuldigen hingerichtet würden i).
655
4. Da fie nunalfo das Zufehen und Benfenn be
Hinrichtung der Uebelthaͤter vor unrecht Sielten ſo
konnten ſie viel weniger dergleichen ſelber verrich⸗
ten, oder andern zu thun zulaſſen oder befehlen.
Welchesdenn beydenn erften Zeiten des Evangelit
defto gewifferift, je mehr die Chriften damals un⸗
ter der Tyranney der heydniſchen Negenten ges
druckt und zu feiner Macht gelaffen wurden, die
fie auch nicht verlangten. Denn da war
ihnen lieber, wenn fie umgebracht wurden, als
daß fie andere hätten follen umbringen. Ya, fie
fegten auch den Fall, wenn ein Chriſte gleich ſolche
Gewalt uͤberkaͤme, fo ſchrieben fie doch hievon alfo:
„Wenn einer etwa zu hoben Aemtern gezogen
„wird, fo mag es ihm vielleicht gelingen, daß er we⸗
„der Halsgericht über einen halten darf, noch
„ihn zum Tode verdammen, noch auch ins
„Gefaͤngniß werfen oder foltern k). Dar
durch denn angezeiget wird, daß ein Chriſte lieber
Fein Richter feyn follte, als diefe Dinge chun: wor⸗
aus die Gelehrten auch ſchlieſſen, daß diefe Leute
noch viel weniger die Hinrichtung oder Abftra«
fung der Keßer müffen vor recht gehalten baben 1).
Geſtalt fiedenn auch überhaupt befannten, “daß
„man bey der Ehriften Lehre fich mit befferm Fug
„umbringen laffe, alsandere umbringe m); auc)
„duͤrfe ein Gerechter niemand peinlich oder auf
„eeibund seben anflagen, weil darinnen Fein Un—
„terfcheid fen, ob er mit Worten oder mit dem
„Schwerdt einen umbringe, indem der Todefihlag
„telbit verboten fen. In welchem Gebote GOt—
„tes feine Ausnahme gelten dürfe, daß nicht afle-
„zeit unrecht fey, einen Menfchen umzubringen,
„den GOTT zu einer geheiligten Creatur ha—
„ben wolle, n). Am allerwenigiten ſey etwas
bievon zuläßig , wenn jemand noch feine Luſt darin.
nen füche, daß die Menfchen gepeiniget und jerfleis
fhet werden. Denn en fie weiter,) ich fra=
„ge, ob das noch gottfelige und gerechte Leuts ſeyn
„eönnen, mwelchedie armen beute, fonunden Tod
„vor Augen fehen und um Barmborzigkeit ruffen,
„niche allein umbringen laffen, fondern es noch
„fördern, und ihre graufame und unmenfchliche
„Vota zum Tode geben o).
5. Diefen folgten nun auch die Lehrer in fols
genden Zeiten nach, da fie ausdrücklich foßten
„Wer nunmeßro ein Chrifte worden iſt, der darf
„niemand toͤdten, denn er muß die Gfigedes ihm
„nun anvertrauten Rechts in der Barmherzigkeit
Ila „ohne
©) Minutius Felix Octau. p. 373. d)Greger. Nax.Orat.adSubd et Impp. e) Minutius Felix O&au.p.366. f ) A-
thenagoras Apol
.p-38. g)Zadantiuslib. V.c.ı8. h) Idem lib. VI.c.20. i) Tersul.deSpedtac.c.ı9. k) Ter-
tull.deSpedtac.c.ı6. 1) Dallas de Vſu Patrump.262. m)Idem Tersull. Apol.c.37. n) Ladantins lib, VL.
c.20. o)ldeml.c.
6565 3.8. Von der erften Ehriften Pflicht und Bezeigung gegen die Bottlofen.
„ohne Schärfe brauchen, p). Denn ob wol die
Obrigkeit das Schwerdt nicht umfonft zu fragen
pflege, fo gelte doch bey einem wahren Epriftlichen
Regenten die Pflicht eines Vaters mehr, als bey
einem Heyden die fyrannifche Blurdürftigkeit.
In welchem Sinn dorten ein Aufſeher an einen
Kichter inSachen etlicher Uebelthaͤter alfo ſchriebe:
„Du bift ein Epriftlicher Richter, und mußt die
„Schuldigkeit eines: Vaters in.adyt nehmen, daß
„du alfo über die Uebelthaten zürneft, Damit du aud)
„die Barmherzigkeit in acht nehmeſt, du mußt auch
„ben den groͤßten Suͤnden feine Rachgier ausüben,
„iondern diefe Wunden zu heilen fuchen q). Es
„it garleicht, daß man den Böfen gramijt, teil
„tie böfe find, aber feltfam und doch gottgefällig
‚iſt es, fie Deswegen zu lieben, weil fie Menfchen
zfind: Im Alten Teftamene waren die Strafen
„deswegen fdyärfer, damit, wenn die Ehriften
„gzuͤtiger zu ſeyn ermahnet werden, diefes ein Mit:
„telder Erhaltung fey, damit auch ihnen vergeben
„iverde, oder eine Probe ihrer Sanftmuth, aufdaß
„die Wahrheit, wenn fievonden Sanftmüthigen
„geprediget wird, nicht allein gefcheuet, fondern
„auch geliebet werde, r). Welcher berühmte
Mann auch anderswo gegen die MWiderfacher
gerne geftehet, “daß man aus dem N. T. nicht be⸗
„weifenfönne, daß ein Gerechter den andern um:
„gebracht habe. Diefes aber fey auch aus dem
„Erempeldes Herrn Elar, daß die Unfchuldigen
„‚von den Uebelthaͤtern getödtet worden wären, 5).
Und diefes alles führten fie nun ferner aus der Arc
des Meuen Teftaments, ausder ungertrennlichen
en und Liebe gegen die Bofen, und aus
den Eigenfchaften wahrer Kinder GOttes aus;
wie wir ſchon im r.und 2. Cap. erfehen, und zum
Theil noch) weiter fehen werden.
6. Als auch nachgehends unter der wachfenden
Menge und Madıt ver Chriften bey der äufferli-
chen Gemalt die Gewohnheiten der Heyden unter
die Ehriften mit eingeführee wurden, und auc)
die Hinrichtung der Uebelchäter auffam; blieben
leichwol einige Merfmahle von der erften $eut-
—— Denn es hatten die Lehrer ſonder⸗
lic) unter andern im Gebrauch, daß fie für das te-
ben der Berurtheilten baten, und alfo Barmher⸗
zigkeit an ihnen erzeigten. Dahero als jener für-
nehme Mann einen Bifchof fragte, “ob es aud)
„wohl gethan fey, auffolche Fürbitte einem armen
„Sünder das Leben zu fehenken, ungeachtet er
p) Augufinus Quæſt. ex ver. Teft. qu. 104.
s) Epift.163. t) Augufinus Epift. 53.54.
Mart.c.5. c) Ib. e. 15.
q) Epiſt. 158. ad Marcellin.
u) Ada Concilii Sardicenfis c. 7.
lib. VII.c.24. z)1.16.Cod. Theod. de Panis et l. 57. C. eod. de Appellat.
nn
„vielleicht noch weiter, fümdigen würde,?. So
ward ihm geantwortet: “a, es koͤnne a {
„geſchehen, weil doc) alles Verbrechen eher Ber-
„gebung erlange, wenn der Beklagte Beflerung-
„verfpreche. Man müffe zwar die Uebelthaten
„nicht billigen, fondern nur die Barmherzigkeit.
„je mehr einem die Sünde mißfalle, je mehr muͤſ⸗
„ie man verlangen, daß der Schuldige nicheohne
»Deflerung verderbe, u. ſ. w. t). Alfo mard
auchin öffentlichen Conciliis beſchloſſen, bap die
Auffeber denen um Mifferhat willen Verwieſenen
oder zum Tod Berurtheilten bey dem Kayſer Frey⸗
beit ausbitten follten u). Dahero der Umbrofius
an den Kanfer Theodofium alfo fchriebe, “er
„muͤſſe es feiner Guͤtigkeit zufchreiben, daß er auf
„ſein Bitten viele von dem Gefaͤngniß, Exilio und
„den Tode ſelbſt befreyet häfte,, x). Gleichwie
von diefem fonderlid) gefaget wird, daß er einem
Heyden alfo 108 geholfen habe, der wegen feiner
Scheltworte wider den Kayſer Öratianum ſchon
verurtheilet gewefen y). Daben er denn niche
von der Stelle gegangen ſey, bis ihm der Kayſer
nad) langem Aufhalten endlich die Bitte gewaͤhr⸗
te; welches ohne Zweifel den armen Heyden von
der Wahrheit überzeuget haben wird.
7. Es ward auch den Dienern des Worts vers
möge der öffentlicyen Mandate und Drönungen
zugelaffen, für die armen Sünder bey den Rich⸗
tern zu bitten und zu appelliven z); jedoch daß ſie
feine Gewalt dabey brauchten a): %a, wenn gleich
die Richter ihnen feine Freybeit hiezu gaben, nah»
men fie doch diefelbe aus Erbarmung über diear-
men Berlaffenen, Wie dorten Martinus that,
der zu einem Oberhauptmann ungefcheut gienge,
und fehr viel Gefangene, die jener auf einmal hin⸗
richten laffen wollte, durch feine Sürbitte losmach⸗
te b); welches er aud) bey einer anderen Gelegen⸗
heit glücklich ausrichtete c)y. Und diefes thaten
nun diefe Männer aus denen obgedachten Urfas
chen, nemiich damit fie Barmperzigfeit erweifen
möchten auf allen Seiten. Denn diefes wurde
dabey erfordert, daß es allein aus folcher Abficht,
undjanicht aus Ehrgeiz oder einer aAorgwer-
oromia herkam; mie es disfalls recht eintreffen
mußte, was der gedachte Ambroſius erinnerte:
„Man Fann zrvar einen armen verurtheilten Men-
„‚fchen von der Hand der Gemwaltigenerretten, fo
„viel ohne Verwirrung gefchehen Fann, damit es
„nicht fcheine, als ob manszur Pralerey thue, und
ynicht
r) Idem Epift. 54. ad Macedonium.
x)Lib. IV.cp.29. y) Sozomenus
a)lIbid.l.c. b)Suipsr. Sener. Vita
t aus Erbarmung,, d). : Anders, als der
Mipbra ch hernach bey der Cl inriſſe, da
man ſich dieſer Sache als eines Rechts anmaſſete,
und die Befeſtigung und Vermehrung der geiſtli⸗
hen Gewalt darunter ſuchte. Denn da die Kir-
ehendiener Ay fich allein Beiftliche zu nen-
nen, und alfo er
liche Liebe und Erbarmung vorgaben; fo wollten
fie es unter andern auch damit erweifen, daß fie die
armen Suͤnder losmachten. Es wurde aber end»
lich ein oe Spiegelfechten draus, dabey Fein
Ernft noch Eifer war, entweder das Blutvergief-
fen zu verhuͤten ode (nt Sarmberjgfe zuüben ;
tie die päbftifchen Scribenten felbit geftehen e).
—— fo parteyifch und eigennuͤtzig zu, daß
die e endlich meiftens auf die Elerifey einge»
ſchraͤnket wurde, und man dahin fahe, daß nur
dieſe nicht öffentlich gefchimpfet würde, wenn et-
wa einer aus derfelben etwas hartes verbrochen
hatte * Da hingegen in oͤffentlichen Geſetzen bey
dem Verfall geboten wurde, denjenigen alsbald
hinzurichten, welcher einer ſolchen Perſon Leides ge-
than hätte g). Endlich kam es garnur auf ein ei⸗
en Privilegium, das die Cardinaͤle allein in der
Kramifchen Kirchen zu fich riſſen h), wovon aber
im 8. Buch weiter geredet werden fol.
8. Sonft war auch fo gar bey den Heyden üb:
lich, daß, oßne Zweifel aus einigem natürlichen
Mitleiden uͤber ſolche miferable Perfonen, und aus
einem Gefühl und Trieb ihres Gewiſſens, denen
Verurtheilten gewiſſe Privilegia gegeben wurden,
Eraft welcher fie beym Leben bleiben Eonnten. Als,
wenn ein folcher Menſch in des Priefters Haus
Fan, den man Flaminem Quirinalem nennte,
oder wenn er ihm zu Fuſſe fiel, fo durfte man ihm
denfelben Tag nichts thun i): Ingleichen wenn fie
einer Beftalifchen Jungfrau entgegen liefen k);
die auch fonft für die Uebelthäter ben den Richtern
Fürbitte einlegten ). Am gemeinften maren die
fyla oder Freyſtaͤdte, welche nicht allein denen
4. Cap. Don der Ubftrafung der Uebelthaͤter bey den erſten Ehriften.
J
—
637
Freyheit und Raum ſich zu vertheidigen gaben, die
Unrecht leiden ſollten, ſondern auch andern Verur⸗
theilten zur Erhaltung ihres Lebens dienten. Ge⸗
ſtalt denn dieſelbe nicht allein unter den Heyden ge⸗
mein waren m ), fondern auch unter den Chriſten
bernach den Berbrechern zu gutauffamen. Wels
ches infonderbeit bey denen Kirchen und andern
geweyheten Dertern in acht genommen ward,
nachdem diefe in der Chriftenheit befannt wurden.
Wie, zum Erempel, die Kayſer felbit eine ſolche
Freyſtaͤdt bey der Kirchen zu Carthago ftifteten, .
dabey ein jeder, der dahin flohe, ungeftraft bliebe,
er hatte denn einen Todrfchlag oder Jungfrauen⸗
raub, oder andere Gewalt an einem Chriſten vers
über n). Anderer Erempel zu gefchweigen 0).
Es durften auch ſolche Perfonen nicht da heraus
genommen werden, fondern fie wurden von den
Kirchendienern feibiges Orts verborgen und er
baltenp). Ja, man merkte als etwas fonderliches
an, was ſich disfalls mit dem groffen Hofmini—
fter zu Conſtantinopel, dem Eutropie, zutrug, der
das Gefeg von diefen Srenftadten aufgehoben
batte, aber bernach bald felber zu einem folchen Dre
Zuflucht nehmen mußte, alser indes Kanfers Uns
nade gefallen war 4), Wiewol ihm auch diefe
Suflucht nicht half, indem er doc) wider das
Hecht, das den Kirchen gegeben war, umgebracht
wurde; wie ein Hiſtorieus fchreibet r), der von Dies
fen und andern dergleichen Thaten nicht , viel
hält s). Ungeacht nun diefe Anſtalt anfangs que
gemennet war, und nach der Ordnung GOttes
felbft eingerichtet, da er feinem Volk befohlen hats
te, gewiſſe Freyftädte zu ordnen, darinnen die Bers
folgten vor dem Bluträcher ficher waren, 4 B.
Mof 5.5 B. Mof. 10. Joſua 20. 21. So ward
doch auch aus diefem allen ein grofler Mißbrauch,
da die Cleriſey fich hieben abermal einer Herrfchaft
und Eingrifsin die weltliche Gerichte anmaßte t),
fo gar, daß diefe faft feine Yurisdiction mehr bes
haupten fonntenu). Und wenn etwa einredlicher
Kirchendiener ſich nad) feinem Gewiſſen einer bes
glg draͤng⸗
d) Ambrof.lib. II. Ofic. c. 21. e)Claud. Efpencauslib. II. Digrefion.c.7. f) Innocentius II. c. nouimus 27. X.
de V. S. Conf. Zancellotus lib. I. Int. I. C. tit. 20. $.5.
dus et Paulus Caftrenfis adl.29. C. de Appellat. itemquel. Clarus in Sent.L. 5.
8) ArcadiusinCod. Theod.1.16. t. 2. 1.31. h) Vid. Bal-
i) Gellius lib. X. Nodt. Attic. e.
15. Plurarchus inProblem. k)IdeminNuma. 1) Sueronins in Iul. c.ı. Tiber. c.2. Tacitus lib. XII. Annal. et
III. Hiſtor. m) Vid. Plutarch. weg) desridasmoviag. Liuius lib. I. Dionyfius Halicarn. lib. II. et conf, omni-
no Alex. ab Alexandro lib. III.c.20. Polyd. Virgilins lib. III. c. 12. Per. Gregorius Tholof. lib. XXXIII. Synt. Iur.
€. 21. Corafius lib. V. Miſcell. c. 23. Calius Rhodigimus lib. VIT. e. 23. et libris fingularibus Perrus Sarpus Lugd.
1622. Rittershufius in 'AruAlg Argent. 1624. Hofpinianus de Orig. Vfu ct Abufu Afylorum etc. n) Iuftinia-
mus NowlaXXXVII. 0) Vid, L.2.C. de his, qui ad Eeclef. confug: et1.9.C. Theod. t. 43.1.4. etibi Gothofredus,
it. Montacutius Not. ad PhotiumEpift.4. p) Auguflinus Epift. 187. ad Bonifac. Cozeil, Auracenfe c 5.
g) So-
erateslib.VI.c.5. r)Zofimuslib. V.c.ı8. s) Ibid.cap. ı9.et34.. t) Vid, Hoßini lib, eit, © il»
fert. de Aſylis ete. u) Hifl. Ecele/, Geth.lib. Il. c-3. Seh, i n. a . — Kan When Di
en %
638 5.3. Don der erften Ebriften Pflicht und Bezeigung gegen die Bottlofen.
drängten Perfon annahm, wieiman Erempel ge:
nug bat x), fo waren hingegen zehen wiederum, Die
aus falfchen verfehrten Abfichten ſich folcher Gele-
genheiten bedienten, oder. zum wenigiten einen
geoflen Aberglauben draus machten, als wenn
nemlich ſolche Derter Beiliger wären, als anderey).
Und was dergleichen Mißbrauch sul war.
9. Noch ein Fußftapfen folches Mitleidens ges
gen dergleichen Perfonen war in der Gewohnheit,
da man an gewiſſen Fefttagen, oder bey allgemeiner
- Freude, die Gefangenen auf freyen Zuß ftellere,
Denn damit wollte man anzeigen, die Wohlthat
Sottes fey fo groß, daß es hoͤchſt ungerecht gehan⸗
delt feyn würde, wenn man nun auch feinem
Mächften nicht vergeben und vergeflen wollte, was
er gefündiger hätte. Ich will nicht fagen, wie die
Heyden diefes im Gebrauch gehabt, fonderlic) bey
dem Feft der Eereris z): daraus man ihre Mey:
nung hievon erfennen kann. Sondern ic) willnur
von den Kanfern erinnern, daß fie fonderlicd) an
dem Dfterfeft die Gefangenen loszulaflen pfleg-
ten, welches ein alter. Lehrer eine hergebrachte
Weife nennet a). Wie denn aud) in ihren alten
Gefegendie Kayſer, Dalentinianus, Dalens und
Bratianus,ausdrücklic) melden : Wir laffen alle
„aus den Gefängniffen frey, welche wegen ihrer
„Uebelthaten gefangen fißen, und zwar wegen des
„Tags der Dftern, den mir von ganzem Herzen
„feyerti,, b). Deswegen pflegeen ‚fie nun Durchs
ganze Reich Befehle auszufchiefen ; wie einer von
Theodofio meldet, der in folchen Briefen dieſe
denkwuͤrdige Worte gefeßer harte: “Wenn mirs
„möglich wäre, daß ich auch die Todten koͤnnte zu⸗
„rück euffen und aufermecfen, fo wollte ichs
„hun, c). Und diefe Gewohnheit mochten auch)
die Juden an ihren Oftern gehabt Haben, dahero
noch dieſelbe uͤbrig war, daß ihnen die Römer ei-
nen Gefangenen los gaben, Joh. 18,39. Woher
vielleicht einiger maflen die Chriften die ihrige ge⸗
nommen, ob fie wol ohne Zweifel zugleich mit auf
die Erlöfung fehen wollten, die durch Ehriftum ge:
fehehen war d); neben welcher auch fonft aufler-
ordentlich eben diefes gefchahe, wenn, zum Erem-
pel, etwas fröliches vorgegangen war, als bey der
Geburt des Criſpi, da Eonftantinus allen Hebel:
thätern ihre Schuld fhenfte, ausgenommen den
Zauberern, Mördern und Ehebrechern e),
.. 10, Diefes wäre nun gefagt von denen. Kenn
hen und mantepiedllen zu verſte
gegeben, daß bey Abſtrafung der Miffethäter auch
armherzigfeit und Liebe ftatt haben müffe. Nun
mehro will ic) zeigen, wie dieerften Chriſten wirk⸗
lich feinen mit tebensftrafe, fondern nur mit ande:
ver Zucht angefehen haben, Denn da iſt bekannt ge⸗
nug, daß, ehe noch die Obrigkeit ſich vor Chriſten
ausgegeben, die Kirchenzucht fo eingerichtet gewe⸗
fen,twie es ſchon etlichemal befchrieben worden; nem⸗
lich, wenn ein Bruder oder Schweſter fich verfündie
get hatte, fo wurde von denen Aelteſten ——
dung der ganzen Gemeine daruͤber gerichtet, und
mußte er fodann der geärgerten Brüiderfchaft dafür
Abbitte und Genugthuung leiften ; als wir bald hoͤ⸗
ven werben. Diefes geftchendieScribenten folgen»
der Zeiten, daß nemlichim Anfang folche Verbre⸗
chen durch die Auffeher wären beftraft worden, her⸗
nach hätte man begunt fie den weltkichen Geſetzen
und teibesitrafen zu unterwerfen f). Denn da
wurden unfer den erjten Chriſten nicht nur geringe
Fehler abgethan, fondern aud) nachmals unter den
Chriſtl. Kayfern die größten Verbrechen mit der
Kirchenzucht beftraft. Dahero fagte Auguftinus
noch zu den Catechifmusfchülern: Dieſe, welche
„ihr fehet Buſſe thun, die haben groffe Hebelchaten
„begangen, entweder Ehebrud) oder andere ſchwere
„Sünden. Denn menn ihre Sünden leichte waͤ⸗
„ren,fo wäre ihnen ein täglich Gebet genug,, 2). %a,
er feßet ausdrücklich diefe Beftrafung im N. T.
den Jeibes- und Lebensſtrafen im A. T. entgegen,
und fpricht, jene fey an ftatt dieſer nunmehro einge⸗
führe, wenn er aus ı Cor. 5, 13. zeiget, wie der Apoftel
haben wolle, fiefollten das Uebel aus ſich ſelbſt hin⸗
aus hun, das iſt, den Suͤnder von der Gemeine auss
fhlieffen. Denn (jagt er,) “die Ausfchlieffung thut
„dasjenige nunmehro in den Gemeinen, was die
„Hinrichtung in dem A. T. that,, h). Und anders:
no: Wenn ein Ehrifte in der Gemeine in einer ſol⸗
„chen Sünde betreten wird, daß er des Banns
„iverth ift, fo foll es geſchehen mit derjenigen &iebe,
„wovon er ein Gebot gibt, und fpricht: Haltet ihn
„nicht alseinen Feind, fondern beffert ihn als einen
„Bruder, Denn ihr feyd nicht auszurotten da,
„fonder jerh, 2 Theſſ. 3,15. i), %
11. Dieſemnach wurden auch die allerſchwerſten
Uebelthaten in den erften Chriftlichen Gemeinen
nicht
* Vid. de Baſilio Gregor. Nazianzen. Orat. 20. in laud. eius. y) Ofßander Cent. V.H.E.lib. I.e. 28. z)Lex
Grzcorum ap. Sopatrum et de Panathenzis Vpianus, Scholiafles ad Demofthenem Orat. in Timocratem. De La-
tinis Ziuiuslib. V.ad A. V.C.CCCLV. a)EutychesEpift. ad Synod. Ephef. in Adtis Concil. Chalcedon. b) 1.3.
Cod. Theod. de Indulg. Crim. c) Ihermiflius Orat. V.ad Theodof. d)Vid. H.Grotius Not.ad Matih, XXVII.
15. ©) Lı.C. Th. de Indulg. Crim. Conf. Ambrofius Epift. 33. Gregor. Nyffenus Orat. 3. de Refurr. Chr. Chryjoff.
hom. 6. ad Antioch. hom. 20. ad Pop. hom. 30. in Gen. et hom. in Hebdom. Magna. £) Blaftares Syntagm. lit.
M.c.9.p.1g1. 8) De Symb. ad Catech,c.7. h)Lib. V. Quæſt. in Deut. c.39. i)Lib. Ul.cont,Epift.Parmen.c.2.
”
*
4. Eap. Von der Abſirafung der Uebelthaͤter bey den erften Chriſten.
nicht mit dem geben, fondern nur mit der Kir-
chenbuffe beftraft,, welche aber ſehr ernftlidy und
fharf war, als ein Dorurtheil des Fünftigen
letzten Berichte, wie fie befchrieben wird k). Al,
fo wurden die Kindermörderinnen und. die ihre
Kinder etwa wegfegten, auf 10. Jahr aus der Ge⸗
meine ausgefchlojfen, nad) den Satzungen der Kir:
chen I), wiewol andermweit nur 7 Jahr angefeget
wurden m). Wer einen andern wiſſentlich todt⸗
efchlagen Hatte, wurde erft bey feinem Tode ab:
— N da zuvor ein ſolcher gar nicht wieder an:
genommen ward, ſondern dem Gerichte GOttes
überlaffen 0), Wenn jemand einen Dienftboten
gefchlagen Hatte, daß er ftarb, dev mußte 7 Jahr
aus n bleiben, oder, wenn er nicht Schuld
daran war, nur 5 Jahre p). Eine Ehebrecherin,
die ihr uneheliches Kind noch dazu ermordet hatte,
ward bis an ihren Tod vonder Gemeinſchaft abge-
halten q), Wie es aud) fonft mit den Ehebre—
chern alfo gehalten wurde, daß fie 7 Jahr lang fich
der Gemeinfchaft enthalten mußten r), anderer
Ordnung bievon zugefchweigen s). Eben fo han⸗
delte man mit denen, die in Blutfchande gefallen
waren t), daß fie Zeit ihres Lebens ausgefchloffen
blieben ; diejenige aber, welche ſich auf Zaubern und
Beſchwoͤren geleger hatten, mußten 5 Jahr lang
auffer der Gemeine bleiben. Diefe und dergleis
chen Anftalten, wie fie nach und nach mit denen
w ‚bervorthuenden Sünden und Saftern in der
briftenheit befannt wurden , alfo hatten fie num
zwar. vieles, welches etwa harte koͤnnen gebeſſert
werden. Unterdeſſen zeigen fie doc) Elar, wierman
damals die-allergröffeiten Lebelthaten abgeftrafet
babe, alfo, daß man Fein einziges Erempel vor den
300 Jahren finder, welches die Abftrafung
der Sünder an Leib und Leben zeigte,
12. Nicht anders handelte man damals mit den
Dieben, daf fie nemlich den öffentlichen Sagun:
gen nach, auch noch unter ben Ehriftlichen Kanten,
aufı:2 Jahre. aus der Gemeine gefchloflen wa:
ren v). Womit auch der; fo den Diebftah! verheh⸗
let hatte, beftrafet wurdex). Dabey ihnen aufer:
leget ward, den Schaden nach Möglichkeit zu er-
—* oder abzuarbeiten, ingleichen den Armen hin
ihro defto reichlicher guts zu thun, damit fie ertvie-
vl ul u rg‘
’
ertullian Apol.c.39. 1) Bafılius M. Epiſt. Canon. e. 2. et 33. ae in Nomo -Canone Coteler.c.249. Concil. An-
‚ n) Ancyranumc. 22.
eyranum c.2ı. m) Ilerden/ec.2.
. Obf.ı5. P)Comcil. Eliberin.c.5. q)Ibid.c. 65.
&ilium Neo - Cafar.c.2.
* oe he Ny ferns Epift. ad Letoium c. 6.
639
fen, wie fie von dem Geiz nunmehro frey wären y).
So ward alfo auch deswegen niemand hingerich⸗
tet, vielweniger um ein wenig Gelds oder Guts
willen zu einem fchändlichen Speetackel hingehens
ket und alfogelaflen, da aud) im A. T. die Gehenk⸗
ten bald nad) dem Tod begraben wurden, nad)
dem Willen GOttes ı B. Mof. 3, 19: 5 B.
Mof. 21, 23. mie ſowol Theologi als Juriſten an-
merfen z). Alle diefe Sünden aber wurden nun
in den erften Gemeinen, angezeigter maffen, nicht
am Leibe gefträft, auch nicht auf feindliche Art, die
auf Tod und Verderben hinaus liefe, weil der
Verbrecher endlich Doch nach feiner Bekehrung
wiederum ein Bruder der andern ward, und alfo
von den andern nicht Fonnte umgebracht werden,
fondern man richtete vor_den Brüdern über ihn
in der Gemeine, verwiefe ihm feine Fehler mit
Nachdruck, erinnerte ihn des groſſen Seelenfcha=
dens, ſowol in Anfehung feiner, alsder ganzen Ges
meine, vermahnete ihn dabey zu herzlicher Demüs
thigung vordem gerechten GOtt im Himmel, und
fegte alfo das ſchwache und verrenfte Glied wies
derum zurecht, auf die Weife, welche bey der brü-
derlichen Beftrafung vorfommen ift. Er mußte
aber dabey auch der geärgerten Gemeine eine Ab⸗
bitte und Satisfaction thun ; wie esder Herr Cave
nach einander ausführer im legten Capitel des er»
= Chriſtenthums, wozuic) weiter dismal nichts
etze.
13. Im uͤbrigen gaben wahre Chriſten auch
ſonſt ihre Meynung ſattſam zu erkennen, wie
gleichwol ein vernuͤnftiger Menſch zu Mitleiden
und Erbarmung bewogen werde, wenn er nur ein
armes Vieh abſchlachten und zerſtuͤcken ſehe a):
geſchweige denn, wenn er einen Menfchen erwuͤr⸗
gen follte oder nur zufehen müßte, der fein Bruder
nad) dem Fleiſch und nad) der Natur ſey. "Ein
„rechter erleuchteter Chriſte laſſe ſich nothwendig
„derer jammern, welche mit dem Tod geſtrafet
„werden, wenn fie aus Zwang und Pein ungerne
„befennen müflen,, b). Denn die Natur felbft
bat einen Abſcheu und Schauer gleichfam ſowol
vor den Liebefthaten felbft, als vor den Strafen
derfelben c), dahero auch die uriften diejenigen
Schriften in ihren Rechten die ſchreckliche Buͤ⸗
. cher
0) Tertullian. lib. de Pudic. Vid. Alba/fineus lib. LI.
rt) Ancyran.c.20. s) Vid. Albafpinaus 1. c. Obf. 17. 18. t) Cor-
u) Bafılins M. Epiſt. Can. c, 16. et Nomo -Can. Coteler. 0.346.
2) Vid. Dannhauerus P. VI, Lact. Catech. p. 689. Gerhardus Loc.
x) Nomo-Can.1.c.
. de Magift Polit. n. 310. Grotiuslib. II. de lur. B. et P. c. 19. th. 4. Zepperus 1.IV. de Leg. Mofaic. c. 7.
a) Amobinslib.VIl.adu. Gent.p.268. b) Clemens Alexandrin. lib. VIL. Strem.p: 245. €) — ad Ne.
vell. p. XIIL. procem.
«.
640° 5.8. Von der erften Ehriften Pflicht und Bezeigung gegen die Gottloſen.
ber nennen, worinnen von peinlichen Sachen
gehandelt wird d). Die Heyden felbit haben oft
über die teibesftrafen der armen Sünder geſeuf⸗
zet und gemeinet, wie von Vefpafiano dem
Kanfer bekannt ifte), wie auch von andern mehr f),
©ie hieltens aud) vor eine “beftialifche Wüterey,
„wenn man noch an Blut und Wunden feine
Freude fuchte gs). Wer das vor eine Luft Hält,
„wenn er einen Menfchen, ob gleid) nach feinem
„Berdienft, hinrichten fiehet, der beflecfet fein Ge⸗
wiſſen eben forol, als wenn er einen heimlichen
„Mord mit anfchauete und ſich deffen theilhaftig
„machete, b). Demnach achteten es die Ber-
ftändigen auch der Natur gemäs, daß man mit
Menfchen als mit Menfchen (humaniter) ver
führe, und fie nicht wie das Vieh fehlachte und wuͤr⸗
ge, da ihr Leben und Blut, und fonderlic) ihre
Seele fo theuer feyin des Schöpfers Augen. Je—
ner fromme Kanfer, Theodofius der Juͤngere, ur⸗
theilte und vertheidigte diefes alfo, da man ihn
fragte, warum er denen, die ihn beleidigten, nicht
gleiches vergelte: “Es ift gar ein leichtes und ge-
„ringes, daß einer ftirbt, der ohnedem ein Menſch
zift, aber wenn einen reuet, daß der andere ge=
„ftorben ift, fo Eann ihn niemand wiederum leben-
„dig machen, als GOtt felber,,. Und von Die:
ſem Kayſer verficherndie Seribenten, “Daß, wenn
„einer etwas begangen gehabt, das des Todes
„werth geweſen, fo habe er ihn nicht einmal laffen
„bis vor das Thor führen, daß er ihn nicht gleic)
„aus groffer Guͤtigkeit zurück zu bringen befoß-
„len i).
ans diefen Urſachen, und weil denen Chri⸗
ften nach obigen Zeugniffen der Alten am aller-
meiften Leutſeligkeit zuftehet, enthielten fie ſich niche
allein felber davon, fondern bewegten auch andere
dazu, gieiche Gelindigfeit zu erroeifen. Als ein-
ften ein Aeltefter von etlichen feindfeligen Leuten
ſchrecklich zugerichtet und gefchlagen worden, bate
doc) ein anderer bey dem Richter, man möchte die
„Thäter nicht am eben ſtrafen, ſowol des Gewiſ⸗
„fens halber, als aud), damit die Sanftmuth der
„Chriften beliebt würde,. Wenn aud) gleich et»
liche diefes wollten vor unanftändig oder vor eine
Nachlaͤßigkeit halten, fo würde Doch endlic) die
fürtrefliche Gütigfelt offenbar werden, wenn die
erſte Hige vorbey wäre, Alſo Härte man auch ehe:
mals etlichen Heyden das Leben gefchenft, wel
an einigen Chriſten einen Mord begangen ges
habt k). Es beitehe auch die Gerechtigkeit niche
Darinne, als welche nicht das Berderben einiges
Dinges, fondern Liebe und Barmherzigkeit und
Bereinigung fuche, gleichwie fie in GOtt beyſam⸗
men fey, dem die Chriſten ähnlid) werden muͤſſen.
Gemeiniglid) fey das höchite Recht auch das
böchfte Unrecht; wie ein anderer Lehrer von der
Geſchichte redet, da ein armes Weib, ohne Zweifel
5 sch zum a
7 mal gehauen worden, ehe man ihr das Hau
abfchlagen koͤnnen. Dabey er diefes —
„Die Geſetze wuͤteten auch noch nach einem ſo amp
„ſen Wunderwerf 1), Freylich, (vedeten die
„ten hievon,) einem frommen Kegenten kommt zu,
„die Sünden nicht ſowol zu ftrafen, als abzus
„Ichaffen, damit er nicht durch allzu fcharfe Rache
„eeine Maaß zu halten, oder durch allzu groffe Ges
„lindigkeit unverftändig zufeyn fcheine m). Das
»Berbrechen des Sindersifteine Gelegenheit den
„Regenten zu rühmen, weil er dabey Anlaß zur
„Guͤte befümmt n). Sa, es gebuͤhret allerdings
„einem frommen Regenten, die Grenzen der Ge»
„rechtigfeit zu übergehen, nur. daß er der Barm⸗
„berzigkeit helfe, denn diefe iftsallein, welcher alle
„Tugenden mit Ehrerbietung gerne weichen o).
15. Nachdem aud) die Heyden eben die Chriften
unter die Zahl der Uebelthäter, und, fo zufagen, uns
ter die henfermäßige Buben rechneten; ward ih⸗
nen ernftlich bezeuget, wie nicht allein das Blut⸗
vergieffen an den unfchuldigen Ehriften, fondern
auch an andern beyißnen unzuläßig fey: “Wenn
„ihr auch nur die Böfen umbrächter, fo waͤret ihr
„doch ſchon werth, daß die Gerechtigfeie voneuch
„weiche, als welche nur deswegen die Erdeverlafs
„fen Kat, weil darauf Blue vergoffen if. Wie
„vielmehr wird diefes gefchehen, wenn ihr die
Frommen umbringet, und die Liebhaber der Ge-
„rechtigkeit vor eure Feinde haltet pP)? Was ift
„aber nun greulicher, als wennein armer Menfch
„umgebracht wird? Wenn man aud) ſchon ein
„böfes Gemwiffen Erigt, da man nur bey der Um⸗
„bringung eines Menfchen ift, und der Zufchauer
„eben folcher Sünde ſchuldig wird, als der Thäter
„telbft; fo Fann der auch nicht von der Blutſchuld
„frey feyn, welcher es will vergoffen haben, er —*
Rn „au
d)l.2. $.8.C. de vit. Iur. enucl, Lib. 47. et48. Pandedtarum dieuntur zerribiles. ©) SwetoninsinVita. £) De
Biante Prienzo Stobaus Sum. XLIV. g) Sezecalib. I. de Clement.e.24. h) Zadantiuslib. VI. c.zo. i) So-
erates lib. VII. c.22. k) Angufinus Epift. 158.ad Marcellin.
m) Cafiodorus lib. I, Var.’ ep. 30. n) Idem lib. III. ep:46. 0) Idem lib, U, ep. 9: pP) Zadaneins lib. V.
9.
l) Hieronymus Epift. 49. de muliere feptiesidta.
— =
. 4. Cap. Don der Ubficafung der Lebelthäter bey den erften Chriften. 6at
„auch nicht den Schein —— er nie⸗
„mand umgebracht hätte, nennscdem Sf,
x noch günftig iſt qy. Was iſt wol gottlofer ?
Was ift fo unmenſchlich und abſcheulich, als
„wenn man feine Augen meiden will mit dem
Blut der Menfchen ?. gefegt, daß fie auch feine
„Feinde oder Uebelthaͤter feyn ʒ und wenn man fi
„mit dem Anſchauen der Leibesſtrafen armer
»seute eine Luſt machet, )? Die Heyden felbit
pflegten an ihren Sefttagen die Uebelchäter nicht
abzuthun s); auch gemeiniglich ihnen das Leben
zu fchenfen, wann die Priefter für fie baten; wie
wir bereits gefehen haben. Auch verrichteten fie
Feine Ereeution im Anfang des Neuen Jahrs t),
und meiftentheils gefchahen ſolche traurige
Spectacul des Nachts u). Mit welchem allem
ſtillſchweigend angezeiget wurde, daß es eine der
natürlichen $euefeligkeit zuwider laufende Sache
wäre. Wohin auch mit gedeutet wurde, wenn
bey den alten Griechen die oberften Negenten und
Könige bey ſolchen Erecutionen nicht feyn durf-
ten x), gleichwie auch fonft von denen Politicis
nicht vor rathſam geachtet ward, daß der Richter
zuſehen follte y). Der Römifche Magiftrat legte
gar andere und traurige Kleider an, wenn er einen
armen Siünderverurtbeilenwollte z). Alſo, daß
zum wenigiten bierunter angedeutet wurde, wie
eine Obrigfeit hie Malefizperfonen mit grof
ſem Mitleiden und Erbarmen tractiren müffe, und
allen Eenſt und Eifer ungern und wider Willen
gegen Die Ungerechtigkeit erweifen.
16. Weil überdis denen Chriſten vonden Fein:
den der Wahrheit fonderlich mit den graufam-
ften Foltern und peinlichften Fragen zugeſetzet
wurde, wollten fie auch davon nichts willen.
Drum befchrieben fie den jammerlichen Zuftand
der armen Leute unter den unbarmberzigen Häns
den der Henker alfo: "Die Gerichte der Mens
„ſchen über die andere Menfchen find fehr elend
„und erbärmlich, Sie fehen oft nicht, was fie
„richten follen , dahero fuchen fiedie Wahrheit, die
„zu einer fremden Sache gehoͤret, Durch die Folter
„unfchuldiger Zeugen. So gehet es auch, wenn
„einer in feiner eigenen Sache gefoltert wird, da
„wird geforfcher, ob er fihuldig ſey: Und ob er
„wol etwa unfchuldig iſt, leidet er dennoch ſchon
‚„für eine ungewiſſe Sünde eine gewiſſe Strafe,
‚nicht weiler überzeuget wird, daß ers gethan ha:
- „be, fondern weil man nicht weiß, ober ſchuldig
ch „ſenheit unfchuldig hinrichte,
„ſey. Alſo iſt Die Unwiſſenheit des Richters ges
„meiniglich das Unglück des unſchuldigen Moen—
„ſchen. Ja,welches noch viel unleidlicher iſt, und,
„wenns moͤglich wäre, mit einem Bach voll Thraͤ
„nen zu beweinen, da der Richter den Beklagten
„deswegen peiniget, damit er ihn nicht aus Un wiſ⸗
— 6 geſchiehet es eben
„durch die elende —— daß er oft den Un-
ſchuldigen ums bLeben bringet, welchen er deswe⸗
„gen erſt gepeiniget hatte, damit er ihn nicht un⸗
„ſchuldig hinrichten möchte. Denn wenn der ar—
„me Menſch bey ſolcher Marter lieber erwaͤhlet zu
„ſterben, als ſie laͤnger auszuſtehen, fo bekennet er,
„er habe gethan, was er doch nicht gethan hat.
„Wenn er nun alſo verdammt und ums Leben ge⸗
„bracht iſt, fo Fann der Richter gleichwol noch niche
„willen, ob er ifn mit Recht oder Unrecht ums:
„bracht habe, weil er ihn deswegen gemartert ha⸗
„be, damit er ihn nicht unſchuldig Hineichten moͤch⸗
„te, a). So unmenſchlich aber und graufam
giengen abfonderlich die Heyden mit ihren leibeiges
nen Knechten um, welches fo gar bey der äufferli-
chen Gfückfeligkeit der Chriſten auch unter diefen
nicht feltfam war ; wie ein befannter Lehrer darüber
klagete: Die Knechte werden nicht allein Durch
„ihrenelenden Zuftand bewogen, davon zulaufen,
„ſondern auch durch ihre groſſe Martern, denen fie
„unterworfen find. Denn da fürchten fie fich vor
„den Anklägern, fie.erzittern vor den Advocaten,
„ſich ſcheuen ſich vor den andern Girichtsdienern ;
„alſo, daß fie faft niemand weniger angehören als
ihren Herren, indem fie von jederinann gezwa—
„cket, geichlagen und verderbee werden,, b), Es
hielten aud) die Chriſtlichen Lehrer zufelbigen Zei:
ten vor unrecht, und noch vielmehr vor unchrift-
lich, wenn man mit allerhand erfundenen Arten
der Peinigungdieteute quälete; alfo gar, daß fie
auch wol dergleichen Gerichtsperfonen um fols
cher Grauſamkeit willen von der Gemeine aus—
fhloffen, wie Andronicus einem that c).
17. Hiernächft erinnerten fie auch, tie diefes
eine fehr liederliche Gewohnheit unter den Heyden
wäre, wenn fie die armen Sünder um das Leben,
wie mans nenne, fpielen lieflen, und die Erhal⸗
tung eines fo edlen und in den Augen GOttes
theur geachteten Geſchoͤpfes einem ungewilfen
und betrüglichen Loos und deſſen Entſe dung
überlieffen. Denn da pflegten fie mit gewiſſen
Mmm m ge⸗
g)Epit.c.6. r) Bernhardus Serm.g.inPfalm: Quihabit. ) Seneca lib. V.Controu.4. t)Vid, Tipenius de fire.
nisp. 72. u)Vid. Alex. ab Alexanäro lib, III. Gen.Dier.c.5. x) P/atoin Epiftolis p. m. tg. y) Bernergerus
Qureft. ad Tacit.p.209. 2) Valer. Maxim.lib. IX. c.22. Senecalib.l.deIrac.ı6. 2) Argufin.lib,XIX, de Ciu
Deic.6. b)Salusan.lib.1V.de Gub. Deip,109. e)Symefius Ppiſt. 58. x
642
gezeichneten Steinen gleichſam zu würfeln, wer
den ſchwarzen ergrif, mußte fterben, der andere
kam davon, ungeachtet fie beydenach den Geſetzen
des Todes fhuldig waren d). Wohin aud) unter
dennSoldatendie Decimatio, oder diejenige Are
gehörte, da aus einem gewiffen Haufen, der et-
was verbrochen hatte, allzeit der zehente Mann
heraus genommen und niedergemachet wurde e).
Welche Weife der Gerechtigkeit von den Berftän-
digen nicht gemäs geachtet wurde, Eraft welcher die
Strafen fowol, als die Belohnungen gleich durd),
einem wie dem andern müflen ausgetheilet wer⸗
den. Dahero auch fol) Loofen unter wenigen von
Rechts wegen nicht ſtatt haben Fonnte f): Unter
vielen aber das Schrecfen, fo man den andern
durch diefe Erempel einjagen will, durch andere
nachdrücklichere und gortgefälligere Mittel moͤch⸗
te erlanget werden. Am allerwenigften nun fonn-
ten die gewiſſenhaften Ehriften auf einige Wei:
fe gut heiffen, wenn die Weltleute um geringer
Urfachen willen eine vernünftige Ereatur um Leib
und Leben brachten. Denn (fagten fie,) “wie fün-
„nen diejenigen bey der göttlichen Allwiſſenheit
„von der Sündefren feyn, welche um folcher Din»
„ge willen, die man verfchmähen foflte, ſich mit
„Menfchenblut befudeln,, 85? Dahin fie aud)
rechneten, wenn die Gerichtsdiener um des Ge:
winns und Lohns willen oder aus Blutgierigkeit
die armen Sünder umbrachten, weil auch diefes
vor GOtt und nach feiner Allwiffenheit ein Todt⸗
ſchlag ſey. Darum fihrieben fie alfo: “Wenn
„ein Gerichtsdiener denjenigen vom $eben zum
FTode bringet, welchen der Richter zu toͤdten be—
„Ffihlet, und derfelbe dieſes nach feiner Luft und
Willen thut, fo ifter fchon ein Mörder h).
18. Geſetzt auch, daß der Heyden ihre Halsge—
richte an ſich ſelbſt, und ohne Abſehen auf derſelben
Art und Verwaltung, vor GOtt recht geweſen waͤ⸗
ren, ſo verderbten ſie doch damit alles wiederum,
wenn ſie nach dem Anſehen der Perſon richteten,
und, wie man zu reden pfleget, die kleinen Diebe
zwar henketen, aber die groſſen frey durchgehen
lieſſen. Wie denn die Chriſten davon alſo Flag-
ten: "Wenn einer nur ein grofler Herrift, fo blei-
„bet er wol unter euch ficher und gluͤckſelig. Wenn
„aber ein Armer eben das thut, was jener fündiget,
„fo find gefchwind die Geiffeln, Feuer, Foltern,
„Öalgen vorhanden, und was der Zorn und die
5.3. Von der erften Ehriften Pflichten und Bezeigen gegen die Bottlofen.
„Wutnurerdenfenfann,i), $ Welches a
nach den verfallenen Chriſten vorgehalten worden
da man nur die armen. —— u
digte und ſtrafte. “Es iſt wahr, das Gefinde hat
„dergleichen Laſter an ſich,
„viel mehrere und groͤſſere. Wenn die Knechte
„ſtehlen, ſo zwingt ſie etwan die Armuth dazu:
„Aber du, Reicher, a
„ſo oft du thuft, was von GOtt verboten it.
»Denn wer etwas unziemliches thut, der begeher
„einen Raub. a, die offenbaren Sünden be
„weiſen ja wohl, daß die reichen Leute nicht allein
„Diebe, fondern auch Straffenräuber find,
„Denn tie füllte ein armer wol neben einem Rei:
„chen ficher und unverirt bleiben? Was ift die
„Hoheit groffer Leute anders, als der Ruin ganz
„zer Städte? Was thun die Amtleute fonft, als
„rauben und fehlen? Die Armen und Dienftbos
„ten werden felten jemand dassebennehmen, aus
„Furcht und Schrecfen des Todes, Dabinges
„gen Die Reichen es faft immer thun, aus Hoff-
„nung, daß fie nicht geftrafer werden k.
19. Wann aber ſolche Erinnerungen denen nur
nad) der Vernunft lebenden Heyden nicht allein
ungereimt, fondern auch höchftfchadlich vorka—
men, ward auch disfalls ihren Einwuͤrfen ſatt⸗
fambegegnet. Nun leugneten die Ehriften nicht,
daß freylich die Uebelchäter immer mehr möchten
werden, wenn fieHoffnung hätten von ihren Verbre⸗
chen ſich los zu machen: Mangehe auch leichter an
die Sünden, wo die Önade der Bergebung fo wol:
feil ſey !). Alleine, ihre Meynung war garnicht viefe,
als wenn nun alle Bosheit der Menſchen unge—
ftraft hingehen dürfe, viel weniger als ob fie felbft
unter dieſem Vortrag Freyheit fuchten, zu thun
was fie wollten: fonderndiefes war ihrer Chriften-
pflicyt gemäs, daßallerdings denen Sünden und
Saftern gefteuret würde, aber nur auf eine Weife,
die den armen Menfchen heilfam und denen Obern
verantwortlich wäre. "Die Gemwaltigen hätten ja
fonft Mittel gnug, Die Uebelchäter ihrer Sünden
wegen zu beſchaͤmen und zu zaͤhmen. “Es fen bef-
„fer, ihnen das Geblüte durch Scham ins Gefichte
„zu treiben, als daffe!be zu vergieffen m). Die
» Barmberzigfeit gegen die armen Sünder erfor:
„derenichteben, daß ihnen alles nachgelaflen wer⸗
„de, ſondern daß ſie durch heilſame Mittel zurech—
„te gebracht würden. Und das babe auch jener
wei-
d) Vid. Martialislib. XI. Epigr. 15. Ouidius lib. XV. Metamorph. Aufoniusad Pxdag. Plutarchus in Pericle et Al
cib. e) Xiphrlinus in Vita Galbe. Capitolinus in Macrino. Suetorusin Augufto. Polybiuslib. VI. Hift.c. 35, et
ibiin Comm. Caſaubonus P.175.
f) Vid. Gerhardus Loc. de Magiftr. n. 3ıı.
g) Auguftınus lib. I. de Lib. Ar-
bitr.. h)Idem Queft. XXXIX.inExod c. II. i) Zadtartınslib.1Il.c.4. KV Saluianus lib. IV. de Gub. Deip.
109. Il. 113. 1) Arnobiuslib. VII. p. 271.
m) Tertullianus Apol.c.4-
aber die Herren noch.
w
.
*
weiſe Mann gemeynet, wenn er geſprochen: Die
Der 4 beffer, als die Keibeoftrafen).
Man babe ja fonft Strafarten, denen Böfen die
Sünde bitter zu machen, dadurch fie zurück ges
balten, und die andern gleichwol auch abgefchre-
det würden 0). AR
20. Zudem fey es auch hoͤchſtnoͤthig, daß man
denen Delinquenten gnugfame Zeit laffe zur Er»
kenntniß ihres Zuftands und zur wahren Aende-
rung ihres Herzens. Es ſey ja nicht fo bald mit
der ganzlichen Umkehrung folcher meiltens ver-
ftocften Sergen gefcheben ‚ als fich die rohen Welt-
Finder wol einbilden möchten. In welcher Mey:
nung dorten einer an den Richter fhriebe, daß ei-
nigen Uebelthätern das $eben möchte geſchenket
werden: «Wir verlangen nicht, daß nicht denen
„Böfewichtern die Freyheit abgefchnitten werde,
„fondern diefes maggenug ſeyn, wenn fiebey geben
„und gefunden Leibe bleiben, und entweder Durch
„gute Ordnung von ihrem unrubigen teben abge-
„oracht, oder zu nüßlicher Arbeit beftimmet wer:
„den, Diefes heiffet zwar auch eine Verdam—
„mung, aber wer fiehet nicht ‚daß dieſes mehr eine
„Wohlehat als eine Strafe zu nennen fey, wo
gleichwol weder die Kuͤhnheit, ferner zu fündigen,
„zugelaffen wird, noch die Arzney der Bekehrung
„entzogen. Go Fann ein Chriftlicher Richter die
„Pflicht eis Vaters erfüllen , wenn er die Suͤn⸗
„venwunden gerne heilen will, p). Und an ei-
nen anderen fchreibet er alfo: “Man muß alle
„Stunden eher verzeißen, wenn der Schuldige Bef-
„ferung zufaget. Je mehr uns nun das Verbre-
„chen mißfället, je weniger wollen wir, daß der
„Thäterunbefehretterbe. Es iſt janurin diefem
„eeben noch Zeit fid) zu beffern: Darum treiber
„uns die Siebe zu dem menfchlichen Geſchlecht für
„die en zu bitten, daß fie nicht ihr Leben
„durch die Strafe alfo endigen, daß ihre Strafe
„nimmermehr ein Ende nehme 9).
n) Clemens Alexandrinuslib. II. Strom. p.397. 0) Augufl.Epift. 159. et ex co Gratianusq. 5.c. 1
4. Cap. Don der Abftrafung der Lebenhäter bey den erften Ehriften.
*
643
21. Damit wurde nun eben der Zweck erlangef,
den man fonft bey —3 der Uebelthaͤter vor⸗
gab, wann nemlich die Boͤſen, nach des gedachten
Lehrers Vorſchlag, zu gewiſſer Arbeit angehalten,
in die Zucht gethan, und ſonſt im Zaum gehalten
wuͤrden. Wo man auch erſt die Lute mie bfutis
gem Schrecken zum Gehorſam bringen ſollte, wuͤr⸗
de er keinen Grund noch Beſtand haben; welches
die Erfahrung unter den Goͤttloſen lehrete, da ih⸗
nen die Ehriſten dieſes alſo vorhielten: Woher
„kommt dieſe verkehrte Sache, daß mit ſo vielen
„Geſetzen und ſo grauſamen Arten der Leibes—
„ſtrafen man dennoch der Menge der Uebelthaͤ—
„ter nicht abhelfen koͤnne? Die Uebelthaten haͤu⸗
„fen fich nur defto mehr, je fleißiger man durch
„Recht und Gerichte fie zu verringern und durch
„Strafen u bezähmen fuchet,, r). So wenig
aber als folche Proceduren ben den Böfen ausrich»
teten, fo wenig bedurften ihrer die Srommen.
Denn (wigfie befannten,) ein erleuchteter Chrifte
„über ſich aus freyem ungezwungenem Vorſatz fei-
„nes Willens, daß er fromm und gottſelig lebe:
„dahero wird er gar nicht durch die Exempel und
„den Schaden anderer Leute gebeffert,, s). Wie
nun dem allerdings alfo war, alfo gabeh die Chris
ften unter einander diefes eines jeden Gewiſſen an-
beim, wieerdie Beftrafung der öffentlichen Suͤn⸗
den verrichten wolle. Die Gottlofen aber durfe
ten num deswegen gar nicht die Gefege fchelten,
weil fie Strafen auf die Sünden gefeget hätten:
denn auch der Arzt werde nicht allzeit vor einen
MWoptthäter gehalten. Wer nun die Seele von der
Ungerechtigkeit zu erlöfen fuche, der thue ja Eeine
geringere Wohlthat, als etwa im seiblichen gefche-
ben möge t). Unterdeffen wären doch die Gemwals
tigen nicht den guten Werfen, fondern den böfen
gu fürchten, Roͤm. 13, 3. bleibe demnach allers
dings gut, was dem HErrn gefällig fen, ob es gleich
Menfchen etwa ſchaͤdlich oder unzuläßig vorkaͤme.
P) Auguftinus
l.c. g)IdemEpift,54. X) Arnobius lib. VI. adu. Gent. p. 263. ) Clemens Alexandrinus lib. VIL. Strom. p.
743. t)ldemlib. I.p. 352.
| Das 5. Kapitel,
Was ſie von dem Kriegeumd Soldatenleben gehalten.
Summarien.
[Kr enden waren des Krieges nicht einig: Jene haffeten Krieg und Streit, fo durch den Fall in die Welt kommen,
wovon auch die Heyden gewußt $. 1. und nebſt den Ehriften es bezeuget, die den Frieden CHriſti wieder annabmen und feine
Sunftmutb: 2. daber wandelten fir behutjam unter denen Heyden, je mehr fic die Schande des Goldatenlebens fahen, das
Mumme mit
644 5. B. Don der erſten Ehriften Pflicht und Bezeigung gegen die Bottlofen.
mit dem Chriſtenthum nicht befiunde, daher es aufsubeben. 3. Wem das Goldafenleben nicht, und weichen eszwverfi
sen; 4. wiefern ſich Ebriften dazu brauchen liefen, wie und womit fie jonderlich dieneten; ihr Bekenntniß davon. Dur
geiftliche Waffen wird mehr als durch alles Aufferliche ausgerichtet; 5. Abmeifung vom leiblichen Streit zum geiftlichen, ne‘
Vorſtellung der Iirfachen. 6. Wahre Chriften dankten gemeiniglich ab auf Bermahnung ihrer Lehrer, Erempel; etliche vir=
Ueſſen drüber diegrößfen Kriegsbedienungen, 7. zumeilen wurden fie abgedanfet, Erempel; mehr ald ıcoo, begehrten ihren
Abiihied, darüber fie hingerichtet wurden; mehr Erempel, 8. Zeugniß davon. Bey Verfolgungen iſt der Anfang oft an Gol-
daten gemacht worden die aber freu und beffändig waren, Exempel; 1A etliche blieben im Soldatenftande; Bedenken über
Herrn Cave Meynung. 10. Es waren ganze Legionen Ehriften, als i i
die Thebaniſche, if. Fulminatrix; Cheiften dienten
auch zur detbwacht der Kayſer, davon fie zumeilen abgefegek wurden 511. Martinus blieb 2. Jahr nach feiner Saufeein Soldat,
darauf danfteerab, doch mit Erbietung,, fich im Ramen JEſu ander Spitze zu wagen ; viele andere blieben daben unbefleckt,
Erempel. ı2. Bon folcher Meynung der eriten Chriſten gienge man mit der Zeit ab, mit Vorſchuͤtzung der Worte Tohannis ‚ja
Bilhöffe reizeten felber zum Kriege , endlich griffen fie felbffzun Waffen; 13. doch verwurfen etliche unter dem Verfall das
Kriegsmeien, Exempel und Zeugniffe; doch blieb es nur heym Klagen. 14. Im Pabſtthum wurden die Leute ficher gemacht,
als konnten fie daben elig werden , die den Paͤbſten zu gefallen Krieg führeten. Chrifien hatten die AWerbung nicht aebiliget, fonz
dern fchloffen auch 3 Jahr aus der Gemeine, der im Kriege Blutvergoffen, welches aber endlich ahfam. 15. Denen From>
men mißfiel fonderlich die Ehrfucht im Kriege, Urtheil darüber 5 16. Unterſcheid der erften und heutigen Chrifen; jene nenn-
gen den Krieg eine verfluchte Sache, warum ers feys 17. Zeugen dee Wahrheit zeigten die Urfachen des auge und den Weg
zur wahren Ruhe und grigden, Zeugniß davon; beviefen fich auf das Exempel der erſſen Ehriften,, die nach
fertig geweſen. 18.
F.
Dleichwie das Chriſtenthum insgemein den
Lebensarten und Gewohnheiten der an⸗
dern natürlichen Menſchen entgegen ſte⸗
her, alfo, daß diefe jenes nicht allein nicht anneh-
men, fondern auch nicht einmal verftehen oder def-
fen Urfachen ergründen koͤnnen: Alſo gieng es aud)
mit denen erften Ehriften, und infonderheit in An=
fehungdes Krieges und Soldatenlebens, Bes:
wegen auc) in VBorftellung und Betrachtung diefer
unfchuldigen gebensart ſich ebensfalls folder Un-
terfcheid aͤuſſert, daß die verderbte Matur der
Menfchen vor irrig und unzuläßigachtet, was ih⸗
rem fleifchlichen Sinn entgegen ſtehet. Dem:
nach wird auch bier fehr gut und beilfam feyn,
mann wir den Sinn der erften Chriſten nicht nach
unſern vorgefaßten Meynungen abmeffen, fon-
dern alleine lauterlich nach dem göttlichen untade⸗
lichen Willen, welchen diefe geforfcher, geliebet
und erfülfet haben. So war denn num Diefes zu⸗
forderft in ihrem Herzen gewiß, daß aller Streit
und Krieg erſt nad) dem gefchehenen Fall des
Menſchen in die Welt fommen, und dahero aud)
das Sotdatenleben entfprungen fey. Die blin-
den Heyden felbft hatten etwas erfchnappet, ohne
Zweifel aus den heiligen Schriften, und dahero
ſchwaͤtzten fieimmer, fonderlich ihre Poeten, von
dem Fall geweſen war, “Ddarinne war nur GOtt
„‚gedienet worden, und dahero unter den Men-
zihen Feine Uneinigfeit, Feindſchaft noch Krieg
„aewefen: niemand hatte noch aus Naferey ein
„Schmerdt gegen den andern gezuͤcket. Denn wer
„hätte auch da an feine Beſchuͤtzung oder an des
Zandern Feindſchaft gedenfen wollen, da nie»
a) Lafantins lib. V. c. 5. b) Zadantins lib. V. e. 5.
einer — Zeit, welche auch allerdings vor H
riſti Lehre fried⸗
1.
„mand dem andern nachſtellete, und keiner etwas
„begehrte, indem die Gerechtigkeit noch zugegen
„und in Ehren war a).
2. Alfo bliebe es, nach der Chriften Bekenntni
und dem Bericht göttliches Worts, gewiß, daßer
lich nad) dem allgemeinen Berderbniß des menfch-
lichen Sefchlechts das Kriegeswefen auffommen
fey , und daß folglic) daſſelbe ein betrübtes Zeichen
diefes verderbten Zuftands unter den STEHE
gebe. Maſſen aud) die davon gefchrieben
hatten, wieder mütende Krieg, Raubeund Mord
erft nach der gedachten guten Zeit erfolget. “Die
„Menfchen harten aufgehöret unter einander Ge:
„meinfchaft zu haben, und ver Bund menſchlicher
„Geſellſchaſt fey alfo zerriffen worden. Da haͤt⸗
„ten — angefangen ſich unter einander zu fchlagen,
„nachzuftellen, und eine Ehre aus Bergieffung
„des Menfchenblutes' zu fuchen,, b). Dazu die
Chriſten noch) diefes fegten: "Woher Fommt alles
„Streiten, Schlagen und Balgen unter den
„Menſchen, ofne weil die Ungeduld der Unge—
„rechtigkeit ſich widerſetzet, und alfo groſſe Unruh
„anrichtet? Wenn Air beyde einander gleich find,
„da wird Delins Feuer gegoffen, und entfteher ei=
„ne folche Feuersbrunft, die nur mit Blut gelös
„ſchet wird,,c). Da nun dem alfo ift, und der
Err den Geinigen eben von foldyer Zerruͤttung
durch feine Zufunft helfen und Frieden auf Erden
bringen wollen : fo lieffen die wahren Ehriften bil-
lig diefen Zweck des Evangelii an ſich erfüllen.
Denn eben deswegen war er kommen, daß er des
nen Menfchen wiederum zu ihren verlornen
herrlichen Zuftand helfen möchte, und fie vonals
lem Streit und deffelben Urſachen befreyere, : au
e
c) Ibid. lib. VI. c. 18.
J ————— zz —— Ir
dem Ende harte er ihnen die Sanftmuth fo treu-
lich empfohlen, und alle Selbſtrache und Verle—
En des Naͤchſten unterfagt, unter was vor einem
chein fie auch geſchehe.
3. Alles diefes lehrte die Chriſten, unter dem aͤuſ⸗
ferften Verderb der Unglaubigen behutſamlich
wandeln, und defto genauer auf ji felbft bey ihrer
Aufferlichen Lebensart acht zu & en, je gröffer die
Greuel der Heyden ſowol zu Friedens - als Krie—
geszeiten waren. 3 Soldatenleben war mit
unzäbligen Arten der Abgötterey, der Ungerech—
tigkeit, Grauſamkeit und andern Sünden fo über:
ſchwemmet, daß fie nothwendig Bedenfen tragen
mußten darinnen zu leben. Ja, fie ſahen und er:
fuhren mit ihrem groffen Leidweſen, daß diefe Sün-
den ein folches Leben unzertrennlich begleiteten,
und daß fie fich darinn vonder Weltnicht unbefle:
cket behalten fonnten. Die ganze Sache führet
einer von ihnen glſo aus: “Es frager fich, ob ein
„Glaubiger fich zu dem Soldatenleben begeben
„koͤnne, und ob ein Goldate, fonderlich ein gemei-
„ter, zum Glauben zuzulaflen fen, welcher dabey
„nicht gezwungen werde zu opfern oder Todes:
„urtheile zu erequiren? Aber der göttliche und
„menfchlihe End ſchicken fich nicht zufammen,
„vielweniger die Sahne Ehrifti und die Fahne des
„Teufels, das Heerlager des Lichts und der Fin:
„ſterniß. Eine Seele Fann nicht zween Herren zu:
„aehören, GOtt und dem Kanfer. Hatdoch auc)
„Moſes einen Stab getragen, Aaron einen Gr:
„tel, Ehe fih aud) mit einem Gürtel gegür-
„tet, Joſua und das Volf Krieg geführet, wenn
„wir ja in der Sache nur feherzen wollen, Wie
„will aber derjenige Krieg führen, ja wie will er
„auchim Frieden ohne Schwerdt einSoldate ſeyn,
„da der Herr dafjelbe hinweg genommen Bat?
»Denn ob gleich die Soldaten zu Johanne kamen,
»undeineXegel ihres Lebens von ihm empfiengen ;
»ob gleich auch der Hauptmann geglaubet hat;
„ſo hat doch ver HErr nachmals alle Soldaten in
„Petro entwaffnet und gleicyfam abgedanfer ;alfo,
„daß bey uns auch ein jeder Habit verboten ift, der
»zu einer verbotenen Sache gehöret d).
4. Anderswo hebet diefer Epriftliche Scriben-
te gleichfalls ein foldyes eben auf, wenn er ſchrei⸗
bet: “Sollen mir wol glauben koͤnnen, daß wir
„über den göttlichen Eyd noch einen menjchlichen
hun dürfen, und einem andern Herrn huldigen
„mach Eprifto? Sollten wir wol noch mit dem
d) Tertullianus lib. de Idololatria c. 19.
Dannhauero Chrifteid, Th. I. Phæn. 4. p. 179.
EN; 5. Cap. Was fie von dem Rriege und Soldatenleben gehalten.
——
*
645
Schwerdt umgehen da der HErr ausdruͤcklich ge⸗
„ſaget hat: Wer das Schwerdt nimmt, ſoll durchs
„Schwerdt umkommen? Sollte wol ein Kind
„des Friedens noch mit der Schlacht zu thun has
„ben, welches doch nicht einmal mehr ftreiten
„darf? Sollte derjenige noch bey den Gefängnif
„ten, Foltern und Leibesftrafen aufwarten, der
„nicht einmal das ifm angethane Unrecht rächen
„oarf? Darf er wol jemand mehr als Ehrifto zu
„Gefallen fteben, und zwar etwan andem Tag des
„Herrn, da er nicht einmal Chriſto faſtet? Kann
„er vor denjenigen Tempeln Wache ftehen, denen
„erdoch abgefager hat? Wird er da wol mit fpeifen
„eönnen, wo es dem Apostel nicht angeltanden ?
„Soll er die Teufel des Machts noch beſchuͤtzen,
„die er des Tages über mit Befchwören ausgetrie-
„ben bat? fich auf den Spies lehnen, damit die
„Seite Ehrifti durchftuchen worden? die Fahne
„eragen,die dem SiegChriſti nachaffer? die Loofung
„von dem Dfficier holen, die er fehon von Chrifto
„enpfangen bat,,?u.f wm. ec) Und nachdem er
alfo insgemein die Sache entworfen, feßet er einen
Unterſcheid Dazu unter denjenigen, welche vor ih—
ver Befehrung ſchon Soldaten gewefen, und welz
che nach derfeiben dazu fommen. Diefen will er
ſolch teben nicht zulaffen , jenen aber geitütter ers
foferne, als ihr Gewiſſen daben mit Feiner Sünde
beflecker werde. Wenn etliche zuvor vom Sole
„datenleben gefaffet worden wären, che fte zum
„Ölauben kommen, fo hates eine andere Bewand-
„niß, als mitdenen, die Kobannes taufte, und mit
„denen Hauptleuten, welche Chriftus fo ſehr lobet,
„und welche Petrus unterrichter hat. Wann nur
„nach empfangenen Glauben und deffen Bekraͤf⸗
„tigung dieſe Lebensart alsbald verlaffen wird,
„wie ihrer viele gerhan haben, oder wann manauf
„alle Weiſe fich huͤtet, daß man nichts wider GOtt
„begehe, was auch nicht des Soldatenlebens we—
„gen zugelafien ift, oder endlich warn man um
„Gottes willen leide. Denn das Soldatenle—
„ben machet deswegen feinen von der Strafe ſei⸗
„ner Sünden frey, odervonder Marter um Chris
„ſti willen. Gin Chriſte ift nirgend etwas anders,
208 bleibet ein Evangelium und ein JEſus, der
„diejenigen verleugnen wird, die ihn verleugnen f).
5. Diefem ftimmer Bierinnen ein anderer ben,
da er wider die Heyden deutlich fchreibet, welche
von den Chriſten forderten, ohne Zweifel fie nur zu
verfuchen und zuplagen, daß fie fih zu Soldaten
Mmmmz folls
€) Idem lib, de Corona Militisc,ır. f) Idem ibid, probatus quoque a
[4
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646
ſollten brauchen laſſen: “Wir wollen dem Kanfer
„gerne helfen, aber wir verlaffen uns nicht auf
„mienfchliche, fondern auf görtliche Waffen, wenn
„wir für die Rönige und Obrigkeiten, nad) dem Be⸗
„fehl Pauli, beten. Und jegotefeliger einer iſt, je
„gröffere Hülfe thut er, als etwa die Soldaten,
z„ivenn fieim Gewehr ftehen, oder wenn fie die
„Feinde todefchlagen, fo viel fie Eönnen. Alfoant-
Worten wir auch) den Unglaubigen, die uns zum
„Kriegen und Todrfihlagen für die Republic anz
„mahnen,,g). Und weil die Heyden auch ftillfchwei-
gend das Unrecht der Blutduͤrſtigkeit damit beken⸗
neten, daß fie ihre Goͤtzenpfaffen und andere nicht
im Krieg zulieffen, fo bielten fie ihnen auch diefes
vor: Sebet, auch die Priefter eurer Götter und die
„<hürhüter eurer Tempel bewahren ihre Hände
„rein vom Blute, des Öottesdienftes wegen, damit
„fie mit unbefleckten Händen die Opfer bringen
„mögen. Wenn ihr nun diefes rechtmäßig ehut,
„wie vielmehr behalten die Unfrigen ihre Hände
„rein, als Priefter GOttes, da ſchon andere Leute
Krieg führen, und ftreiten vielmehr mit Beten als
„mit Kriegführen, ſowol für den Regenten als
„für die Soldaten, die einen rechtmäßigen Krieg
„führen, damit alle Feindfeligfeit, und alles, mas
„den Frommen zumider ijt, untergehen möge».
Wobeyh er denn ferner augenfheinlich nad) der
Befchaffenheit des Chriſtenthums zeiget, daß
durch diefe Waffen der Ehriften mehr ausgeric)-
tet werde, als mit allem Schlagen, Hauen und
Stechen der Soldaten. Indem wir (ſpricht er,)
„mit unſerm Gebet alle Teufel verjagen, welche
„ven Krieg erregen, Fried und Freundſchaft zer-
„ftören, fo bringen wir den Negenten mehr Nu⸗
„sen, als die, fo ſich mit dem Gewehr ſchleppen.
„Solchergeftalt fechten wir vor andern für den
Kayſer, ob wir gleich nicht mit in Krieg ziehen, in⸗
„dem wirin unferm eigenen und geheimen Heerla⸗
„ger der Gortfeligkeit um feine Gnade die Sache
„ausführen. Willer uͤberdis noch von uns fordern,
„daß wir für das Vaterland fechten und Dienfte
„annehmen follen, fo foll er wiſſen, daß wir auch
„öiefes fleißig thun, nicht zwar vor den Augen der
Menſchen, nur Ehre zu erjagen, fondern indem
wir für das Vaterland aus dem innerften unfe-
„res Herzens beten, nicht anders als Priefter h).
6. Anderswo führet er auch feine Micchriften
von dem leiblichen Streit ab auf den geiftlichen,
wenn er auch die Erzehlungen von den Kriegen der
5.3. Don der erfien Ehriften Pflicht und Bezeigung gegen die Bottlofen,
‚pchen Kriege ein Bild des geiftlichen Streits wä-
Sfeaeliten dahin deutet “Wenn nicht diefe flei
„ren, fo würden die Bücher der znifepen Hiſto⸗
„rien nimmermehr von denen Apoſtein zu leſen
„ſeyn uͤbergeben worden, weil die Juͤnger Chriſti
„wiſſen, daß ihr Heiland kommen ſey den Frieden
„zu lehren; dahero weil der Apoſtel — wir
„nunmehro feinen Krieg fleiſchlicher Weiſe führen
„oürfen, ſondern nur in dem Kampf der Seelen
„wider die geiftlichen Feinde uns bemühen müßs
„ten; fo gibt er, als ein Anführer, den Soldaten
»Eprifti dieſe Vorſchrift Epheſ. 6, , i). Mach der
Zeit erklärten die frommen Lehrer ſich nicht weni»
ger hievon frey und öffentlich, obgleich unter de
machfenden Macht der Potentaten in der Cu
ftenheie niche alle die Sache erfannten. v
ſchriebe, zum Erempel, einer an einen Soldaten:
„Es ift nichts, was man demjenigen vorziehen
„koͤnne oder folle, der der wahrhaftige HErr und
„der ewige Kayſer iſt. Wenntoir aber diefe Welt
„mehr lichen, und dem Kayſer lieber dienen wollen
„als Ehrifto, fo werden wir hernach nicht zu Chri⸗
„ſto, fondern in die Hölle gebracht werden, darin⸗
„men Die Sache der Herren diefer Welt getrieben
„wird. Darum fo liebe nicht länger dieſe Walt
„und ihr Soldatenleben, weil derjenige ein Diener
„des Todes ift, welcher mit dem Schwerdt Krieg
„führer. Wer aber fein oder anderer Leute Blut
„vergießt, der wird die Frucht feines Lohns empfa⸗
„ben. Denn entweder, wenn er umkommt, iſt
„er an feinem Tode Schuld, oder wenn er andere
„tödtet, an diefer Sünde. Denn ein Soldat
„findet im Kriege, Darinnen er nicht ſowol für fid)
„als für andere ficht, entweder feinen eigenen Tod,
„wenn er überwunden wird, oder, wenn er über»
„windet, befümmt er eine Urfache feines Todes,
„weil er Fein Ueberwinder feyn kann, mo er nicht zu⸗
„vor Blut vergoffen hat. Dahero fpricht der
„Herr: Ihr koͤnnet nicht zween Herren dienen.
„Drum laflet uns diefem folgen, dieſem in feinem
„Streit nachziehen: Wer diefem als ein Streiter
„anharget, wird nimmermehr von ihm gefchieden,
„denn er ſchenket feinen Soldaten die Krone des
„eivigen Lebens k). Mn
7. Indem nun die alten Chriften die Sache alfo
anfahen, wurden fie gemeiniglich von ihrem Ge—
wiſſen getrieben, von dem Goldatenleben abzu»
danken, nachdem fie von dem wahren innern Zus
ftand des Chriſtenthums alfo berichter =
. enn
g) Origeneslib. VIIL. cont. Celfum p. 423. ſeqq. probatus eta Zieglero c.3. Epife. Mil. h) Ibid. i) Origenes vel
Gregorius hom, 15. in Ioh, ap. Gratianum 23. q. 1.
P- 96.
k) Paulinus Epift. ap. Hieronymum Tom. IV. Oper.
|
|
a, N pi
Denn eben dahin wurden fie von ißren Lehrern ge:
iefen, wie wir gefehen haben, daß fie entweder,
) es noch nicht waren, fich zu ſolchem $eben
nicht verftunden, oder, da fieeben bey dieſer Lebens-
art zu Ehrifto gebracht wurden, diefelbe verlieffen,
wenn diellmftände fie dazu trieben, fonderlich wann
das Verlangen bey ihnen ernftlich war, ihrem GOtt
ungehindert zu dienen, wiees gleichwol Paulus ha⸗
ben wollte, und der H. Geiſt fie auch dazu anführte.
Dahero gab jener Soldate, mit Namen Characus,
diefe Urfache: “Deswegen, weil ich ein Chriſte bin,
„babe ich von dem Goldatenleben abgedanfet,, ).
Ingleichen ein anderer, der die Waffen niederlegte
und rief: “Ich bin nun ein Soldat Chriſti, des
„ewigen Königes,,! Und da man ihm weiter zufeß-
te, erklärte er fich alfo: “Bon nun an höre ichauf
„ein Soldat eurer Kayſer zu feyn,und mag hölzerne
„und fteinerne Götter nicht anbeten. in Chri—
„Itenmenfch darfnicht in weltlicher Unrub und Be:
„ſchwerung Krieg führen, weil er ein Streiter Chri⸗
ati, m). Melche feine Worte ein befannter
Scribente billiget und vertheidigern). So ftehet
auch von Heremito und Chelidonio, jweyen befehr-
ten Soldaten, daß fie eben diefes aus Begierde
Chriſto zu dienen gerhan ; wie es ein Chriſtlicher
Poet alfo befchreiber 0):
s Es waͤren die Soldaten
Der Arbeit fonft ak : Jetzt, da fie Chriſtus
N racht
gl feiner Fahnen Treu, ward diefes hoch geacht
or aller Waffen Ruhm, felbit vor des Kanfers
Gnaden.
Es daucht ſie viel zu ſchlecht, mit Spieſſen ſich zu
tragen
Der Staͤdte Untergang, des fandes Mord zu
eyn,
Der Feinde $eib und — grimmer Fauſt er⸗
lagen,
Und niemals Herz und Hand vom Blut zu ha⸗
ben rein.
Wie denn guch nachmals unter den Regenten, die
ſich Chriſten nenneten, nichts neues war, daß
vlel Soldaten abdankten, und, aus herzlicher Be:
Dre ſich zur bevorftehenden Ewigkeit ernftlich zu
ereiten, ein ftilles Leben erwaͤhlten. Dergleichen
von Antonio ſtehet, daß er durch fein Zureden viele
bewege habe, die größten KRriegesbedienungen
zu verlaffen p). Ja, es ward indem Nicänifchen
I) Adtaapud Baronium A. CCXC.n.4. m) Ibidem A. CCXCVIII.n.2.
p) Arhanafıns in Vita p.166. 9) Coneil. Nicenum c. 12.
s) Adta Marcelli Papæ initio V. Baronius A. CCXCVIILn. ıt.
erateslib. III. c. 13. Rufawslib.I.c.32. x) Eufrb.l.c,
hymn. ı.de Coron.
demd.XIV.Kal.Dec. b) Bafılıms M. Orat. de eo.
— Cap h Was fie von dem Krieg⸗ und Soldatenleben achalten.
PR &
647
Eoncilio ausdrücklich folgender Schluß gemacht:
„Welche durch die Gnade beruffen ihre erfte Bruͤn⸗
„ſtigkeit erwiefen und abgedanft haben, (amoge-
„uevor vas Cwvas,) hernach aber wie die Hunde
„wiederum freffen, was fie gefpyen, alfo, daß etli⸗
„che auch wol fpendiren, die follen zehen Jahr lang
„inder Gemeine niederfallen q).
8. Zumeilen gefchahe es nad) GOttes gnädiger
Fügung, daß fie ohne ihr Bemühen von ſolchem
elenden Zuftand erfediget wurden, wenn fie die
Heyden felber abfchafften und frey fprachen. Wie
etwa Diocletianus meynte, den Chriſten einen groß
fen Verdruß und Schaden zu thun, wenn er fie.
von den Kriegsbedienungen entfeßte r), oder at
ftatt der andern Dienſte ifnen Stein und Kalk
zu graben auferlegte s), welches fie aber ohne Zwei⸗
fel lieber, als etwas anders verrichteten. Eben
diefes liefert man auch von Maximiano, und fonder:
lich, daß er ihrer ſieben auf einmal als eraucto-
rirt und abgedanft bar, in Meynung, ihnen einen
groffen Schimpf damit anzuhängen ty. Des:
gleichen von Juliano nicht weniger, und von an:
dern befannt ift u). Wie denn auch unter dem
eriten Chriſtenthum viel Soldaten, die Chriften
„waren, ein rubiges Leben mit aller Begierde er:
„wählten, damit fie ihre Liebe zu GOtt nicht ver—
„leugnen durften,,, nach dem Bericht der Hiſto⸗
rienſchreiber x). Licinius, der Tyranne, machte
auch Diejenigen Soldaten unehrlich, die den Goͤt—
tern nicht opfern wollten: da denn diefe lieber das
erite als das legte erwählten y). Wenn aber die
Chriſten von den Obern nicht vorftoffen wurden,
fo begehrten fie doch felber ihren Abfchied, ungeacht
man fie Bernach wohl peinigte oder fonft übel tra⸗
ctirte. So ſtehet von fehr vielen, an der Zahl in
die 1107 Ehriften in Armenien, welcye ifren Ab—
ſchied gefordert, aber darüber bey der Bekennenig
Chriſti Hingerichtet worden 2), Sefichius that
dergleichen, uud wurde zur Strafe ins Spinns
baus verdamme, bernach ins Waffer geworfen
und erfäuft 4). Bordius, ein Hauptmann, legte
willig feine Waffen nieder, und erwaͤhlte lieber das
Erilium b). Sonderlich erzeblet ein frommer
Mann eine merfwürdige That eines gewefenen
Soldaten unter Juliano: “Als er erftlich von der
„eiebe Chriſti entzüunder worden, und eben der Kay:
„fer felber einen Aufzug formiren wollen, feyer bey
„der Mufterung mit ins Feld marfchire in voller
” lüs
n) Baronius l.c.n.8. 0) Prudentius
r) Eufebius lib. VIII. c. 3. 4.
t) Martyrolog. Rom. d. VIII. Kal. Iul. u) So-
y) Idemlib. X. c.8. 2) Marzyr. Rom. Non, Sept. a) Ibi-
7
648
„Ruͤſtung, die er zwar längit in feinem Herzen
weggeworfen gehabt. Da ſich nun jedermann
„über feinen wohl eingerichteten Aufzug verwun⸗
„dert, habe er unverfehens mit Erſtaunung der
„ganzen Armee die blutgierigen Waffen wegge—
„worfen, und’ vor den Zuffen des gottlofen Drbi-
„ften die Pflicht des Streits verwechfelt, damit er
„die Waffen des Friedens angezogen, und nicht
„inehr mit Eifen und Stahl fich waffnen wollen,
„weil er fich mit Chrifto ausgerüfter gehabt c).
9. Noch viel andere wurden alfo Durch einen er⸗
wuͤnſchten Martertod von foldyem gefährlichen
Stande erlöfet, da man ihnen die Beydnifchen
Greuelmitzumachen zumufbete, und bey Verwei⸗
gerung deſſen die Ehre fame dem Leben nahm.
Davon einer nach der Zeit alforedete: Wie viel
chaͤdliche Leute, wie viel Soldaten Baben dieſes
„zeitliche gern verlaffen, und den Tod vor den heil⸗
„jamen Ölauben ausgeftanden, damit fie den Un⸗
„glaubigen gewiefen, wie je vielmehr dis alles in
„ihrer Gewalt gehabt, als daß fie von jenen Dingen
„ſollten ſeyn beherrfchet worden, d). Geſtalt
denn auch ſehr viel Exempel vorhanden ſind, daß ges
meiniglich bey entſtandener Verfolgung der An—
fang an den Soldaten gemachet worden, und ſie
am allergefährlichiten deswegen geſtanden ha—
bene). Zumal da man ihnen mehr Gelegenheit
und Berfuchungen vorlegte, als andern, ſich an
Go0tt zu verſuͤndigen. Wobey fich denn die Ehri-
ften ftandhaft und glaubig erwiefen, alfo, daß fie
auch) in den geringfcheinenden Dingen denen Sein:
den nicht nachgaben. Wie, zum Erempel, jener
Soldate den gewöhnlichen Kranz nicht auf dem
Haupt fragen wollte, wie Die andere abgöttifche
Soldaten pflegten, fondern ihn in der Hand trug,
„weil er fid) vorgenommen hatte, er Fonne nicht
„zween Herren dienen,„, und Dahero gemarterf
wurde f). Daß alfo felten ein Chriſte unter den
Soldaten bleiben Eonnte, teil noch dazu die an—
dere heydnifche Kriegsknechte diefen immer aus
Frevel feind und aufſatzig waren g).
10. Alfo war es nun insgemein mit denen erften
Chriſten beſchaffen, wenn es nach den Gruͤnden
der Lehre Chriſti und nach ihres Herzens Verlan-
gen durch) GOttes Regierung gieng, und die Wahl
bey ihnen allein ftunde, daß fie ihrem Gemiffen
aud) disfalls ein Genuͤgen thun koͤnnten. Anders
als etwa bisweilen wol wider ihren Willen und
5.3. Donder erften Cpriften Pflicht und Bezeigung gegen die Bottlofen.
verrichtet haben, fo nur ohne
Meynung gefchabe, daß fie um gewiſſer Umſte
willen dabey bleiben mußten, und fie disfals vo
dem HEren, oßne deffen Willen nichts mit ſeinen
Kindern vorgehen mochte, Freyheit in ihrem Ge=
wiffen erhielten. Dabin vielleicht auch der Here
Eave fehen mag, wennerim erften Theil feines er⸗
ften Ehrijtentbums am 3. Cap. zeuget, daß die
Chriſtlichen Soldaten Serge Di
: ünde ei
Fönnen verrichtet werden, . Wiewol er im
übrigen p. 56. denen, die ſich nicht zu allem von
den Heyden brauchen laflen wollen, einige Zaghaf⸗
tigkeit und Traͤgheit ſchuld gibt, daß fie ſich nicht
zum Krieg bequemet, Da doc) ihre Herzhaf⸗
tigkeit hieraus überflüßigerhellet, weil fie eben hier⸗
mit ihnen die gröffefte Marter auf den Hals gezo⸗
gen, und daß fiedahero von einer höheren und göffe
lichen Kraft zu Verweigerung der Goldaten-
dienfte getrieben müffen feyn. Daß es aber
auch, wie er meynet, nur Privatmeinung ge
wefen, was die Ehrijten von Vermeidung des
Streitens befannt haben, ift nicht zu erweiſen aus
einiger widrigen Bekenntniß ganzer Cemeinen,
die man darlegen koͤnnte. Das Widerfpiel ift
aus fo vielen angeführten Stellen Elav, und zwar
noch mehr aus andern, die mit genen Bedinguns
gen davon geredet und gefchrieben haben. Es bes
hauptet auc) der Here Eave felber p. 6ır. daß die
Chriſten von allen Morden und gewaltigen Todt>
ſchlaͤgen ihres Nächten weit entfernet gemwefen, ſo
doch mit dem Soldatenleben unmittelbar verknuͤ⸗
pfet iſt. Dahero auch disfalls die Gelehrten und
Verſtaͤndigen gerne zugeben, daß ſich die erſten
Chriſten zu ſolchen Kriegesdienſten nicht haben
brauchen laſſen, welche auf Todtſchlagen und Be—
fhädigen angefehen gemefen h), mol aber zu andern
Berrichtungen, Die wir jetzo ferner fehen wollen,
11. Nemlich es war der Chriftlichen Soldaten
Profeßion dieſe, daß fie die Obrigkeit und die gemei-
ne Rufe vor dem ungerechten feindlichen Anfall
vertheidigten, allen Schaden verbüteten, und den
Frieden und das gemeine Befte durch ihren Dienft
beförderten. Und daher kommts, daß man nicht
allein von einigen Legionen oder Regimentern liefer,
die Chriſtlich geweſen auch unter den heydnifchen
Kayſern, als da war die Thebanifche i), ingleichen
auch die fo genante fulminatrix, davon im2.Cap.
gedacht worden, (mo anders Diefe Relationes Aa
tig
c) Paulinus Epiſt. 28. ad Victricium. d) Auguſtinus deMor.Eecl.c.35. e) Vid. Eufeb.lib. VIII. ce. 1.X. e. 8. lib.
de V.CM.. 54. f Terzull.deCoronaMilitisinitio. 8)
11. Beatus Rhenanus Not. ad Tertullianum de Coron. Mil. e. . aliiquee. i)j Eucherius Lugdunenſis ap. Sarium
d. XXII. Sept,
g)Idem Apol.c.7. h) Erafmus Annot. in Luc. XXI.
= 5, €ap. Was fie von dem Krieg und Soldatenleben gehalten.
[+ — —
igfind); fondern daß fie abfonderlich ib⸗
und anderer —— fun⸗
den, oder au —— een
der Stille leben fonnten. Immaſſen bekannt iftaus
denen alten Scribenten, wie an dem Fanferlichen
Hofe vieldergleichen Bedienung efen, wel⸗
che man unter die Kriegeserpeditiones mit gezaͤh⸗
fet, ungeacht niemals wirkliche Dienfte in Feld»
. „zägen und Schlachtendaben gefchehen. Bey wel-
chen Stellen diejenige, J vor allem Blutvergieſ⸗
ſen und Menſchenmord einen Abſcheu hatten, ſich
gar bequemlich fortfriſten mochten )Y. Dahero
die Tyrannen bisweilen auch dieſe Verguͤnſtigung
den armen Chriſten benahmen, wenn ſie ſie von ih⸗
ver Leibguardie wegjagten, wie Cicinius that m).
Diehl man Militiam Palatinam, da die
Trabanten oder teibwacht hingehoͤrte n), von wel»
cher fo gar auch in den öffentlichen Gefeßen ftund,
„fie nügen nicht weniger dem menfchlichen Ge—
„ichlecht (nemlid) mit der Bewahrung der Obrig-
„reit),als wenn fiemitSchlachten und Wunden das
Vaͤterland erhielten,,o). Zu geſchweigen, daß of:
tedas Wort militare, oder ein Soldate feyn, von
denen bürgerlichen und friedlichen Aemtern bey
den Autoribusgebrauchet wird, dahero auch hier-
auf den Umftänden nad) gefehen werden muß,
wenn man von Ehriftlichen Soldaten licfet p).
12. Ferner blieben auch einige noch unter den
Armeen, wenn fie mit folchen Dienften verfchoner
wurden, die dem Naͤchſten Schaden oder Leid an
feinem Leibe thaten. Wie alfo von Martins fol-
gendes gemeldet wird: Nachdem er getaufet
„ward, bat er ſich nicht alebald des Soldatenle⸗
„bens begeben, weil ihn fein Hauptmann bat, und
„verfprach, er wollte zugleich mit ihm abdanfen,
„wenn feine Zeit um ware. Alſo iſt er faft 2 Jah⸗
„re lang nach feiner Taufe ein Soldat blieben,
„twiewol nur allein dem Namennady,,. Alsaber
daraufben einfallendem Krieg derKanfer Julianus
Mufterung hielt, achtete Martinus es Zeitzu feyn,
daß er feinen Abfchied begehrte , und fprach zu ihm:
„Bisher habe ic) dir gedient, la mic) nunmehro
„meinem GOtt N, Ci anderer, Der noch fech⸗
„eenwill, mag dein Geſchenke annehmen, ich bin
ein Streiter JEſu Chriſti, ich darf nicht fechten,, »
Als ihm der Kayſer aus Zorn vorwarf, er waͤre zu
649
— — — — —t e nd
feige, und fuͤrchtete ſich vor der Schlacht, ſprach er
unerſchrocken: Wenn man dieſes einer Zaghaf⸗
„tigkeit zuſchreibet, und nicht meinem Glauben,
„ſo will id) morgen an der Spige ohne Gewehre
„ſtehen, und im Mamen des HErrn JEſu durch
„die Haufen der Feinde unbefcyädiger dringen oh⸗
„ne Helm und Schild,. Welches er auch würde
gerhan haben, wenn nicht die Feinde gleich darauf
um Frieden gebeten hätten. Wobey der eine
vienfchreiber ſetzet: Gott hättediefen feinen Strei-
„ter zwar wol erhalten koͤnnen, er babe ihn aber
„deswegen davon befreyet, damit nicht feine H. Aus
„gen durch der andern Mord beleidiget würden, r)»
So gieng esaber vielen andern, daß fie bisweilen
wider Willen dazu gezwungen wurden, und den-
noc) Dabey durch GOttes Treue und Regierung oh⸗
ne Berlegung ihres Gewiſſens bleiben Fonnten, ins
dem fie allen Ernſt und Eifer brauchten, fid) von
der Welt unbefleckt zu behalten. Als etwa dorten
von einem erzehlet wird, der unter einer folchen
Compagnie am Hofe gewefen, wie fie im vorher
gehenden $. befchrieben worden. “Wenn er vor
„oem groſſen Herrn geftanden , babe er ganz blaß
„ausgefehen von vielem Faften, und da er gleich
„des Kayſers Liberey getragen, ſo habe er doc) das
„bey einem andern (nemlich GH) gedienet, und
„fen deswegen ein Soldat gewefen, damiter Wit-
„wen, Wanfen und Armen helfen fönne,, s). Und
von einem feines gleichen: “Der Soldatenrock
„bat ihm nichts gefihader, weil er unter diefem
„einem andern diente, gleichwie hingegen einem
„andern ein ſchlechtes Mäntelgen nichts Hilft,, t).
Wie auch noch voneinem: Wer wollte den nicht
„lieben, welcher unter dem Soldatenhabit die
„Werke der Propheten verrichtet, und den aͤuſſe⸗
„ren Menſchen, welcher gar was anders angeiger,
„durch den inneren uͤberwindet, der nach dem E—
„benbild GOttes gemachet iſt u).
13. So weit gienge nun die Meynung der erſten
Chriſten bey dieſer Sache, welche hernach immer
mehr und mehr verdunkelt ward, als die aͤuſſer—
liche Macht in der Chriſtenheit uͤberhand nahm,
und die Lehrer nad) und nad) vieles denen Welt—
leuten zugaben, was fie in ihrem Gewiſſen anders
erfannten, und doch fich nicht getrauten berauszu
fagen. Da fehügten fie die Worte Johannis vor,
nn welche
SE) Vid. 1. 2. Cod. Theod. 1.6.2. et 1. 19. C. cod. de Dinerf. Om̃e et conf. omnino Valefius Not. ad Eu/eb.lib.
IXc$. m) Eufb.le. n) Sidemins Apollinaris lib. 1. Epift. 6. et lib. TIL. ep. 6. it. lib. IV. ep. 1. Conf. Sa-
a4
aaro in Not. ib. p. 4t.
0). Aduocati C. de Aduoc. Diuer/. Indic.
p) Vid. vel Auguflinus lib. VIII. Confeſſ. c.
Get lib. IX. c. 8. Maximus Taurinenfis Serm. 7. inter Ambrofianos. Prudentius procem. in Cathemer.
Gennadius de vir. Illuſtr. in Prud. de Dometticis ſ. Duc
Theod. Tom, I. p. 67. r) Sulpitius Sewerws Vita Mart.
u) Epift. 35.
; Militaribus v. Zac. Gothofredws Not. ad Cod.
‚2.3. s) Hieronymus Epift. 3. t) Idem Ep. 5.
650
welche doch die alten Lehrer gar anders angefehen
hatten, als wir aus Tertulfiano fchon gefeben x).
Sie flattirten auch fonft denen Groſſen in der Welt
mehr, als ſichs gebuͤhrte, damit fienur ihre Gewiß
fen befriedigen möchten, da jene oftmals groffe
-Scrupel und Angft über ſolchem Stand hatten y).
Daß dahero auchdie neueren Seribenten ſich hier⸗
inne nicht aufdie Schrift und den offenbarten Wil⸗
len GOttes im Evangelio beriefen, fondern auf
diefer Kirchenvaͤter Meynungen, welche denen
erften Chriften doch nicht nachgiengen 2). Ja, die
Biſchoͤffe fiengen hernach ungefcheut an, die welt⸗
lichen Herren zum Krieg und Blutvergieſſen wi⸗
der die vermeynten Feinde der Catholiſchen Kir⸗
chen — en, mit vielem $ob zu ſchmeicheln,
und wider EHrifti Sinn alfo diearmen Unglaubi-
gen an $eib und Seel aus Rachgier zu verderben 2).
Endlich Eonnte fich ihre Blutduͤrſtigkeit nicht ent:
balten, felbft zun Waffen zugreifen, und als welt⸗
liche Könige ordentlich Kriege zu führen, zum ewi⸗
gen Zeugniß des verdorbenen Chriſtenthums; wel⸗
ches ich aber ins legte Buch verfpare.
14. Unterdeffen drunge doch die Wahrheit hin:
durch, und zwunge denen oft Befenntniffeab, wel⸗
che fonft nicht darzu zubringen waren, fonderlic)
wenn fie öffentlich oder vor hohen Perfonen derglei-
chen thun follten, ob fie gleid) etwa ingeheim frey
und unverftellt vedeten. Zum Erempel, wenn
Umbrofiue zwar fonftin Schriften das Soldaten⸗
leben zuließ, aber im Vertrauen diefe Worte zu
führen pflegte, wie fie Auguſtinus wiederholte und
ruͤhmete: «Man müffe ſich in acht nehmen, daß
„nan feinen recommendirte, ber einen Soldaten
„abg.ben wollte, damit nicht ein foldyer hernach
zfein böfes teben, das er dabey anfieng, dem zu⸗
„ichrieb, welcher ihn dazu gebracht Bätte,, b).
Denn weil es der Augenfchein und die tägliche Er⸗
fahrung zeigten , daß die allergreulichtte Bospeit,
Hergerniffe und Schandthaten unter foldyen Leu⸗
ten ungefcheut und ungeftraft au-gefchehen pfleg-
een, jaalsnöchig und ungertrennlic) bey ihnen ge⸗
adıret würden ; fo wollten und Fönnten fie aud) die:
fes nicht entſchuldigen. Das iſt es (fprachen fie,)
„was in dem Krieg mit Recht gefiholten wird : Die
„Begierde, den andern Schaden zu tun, die
Grauſamkeit der Rache, ein unrubiges und un-
„verföhnliches Kerze, die Wuͤterey und Wider⸗
®*
5.3. Don der erften Ebriften Pflicht und Bezeigung gegen die Bottlofen.
E4
Atand, die Begierde zu herrſchen, und was dergleie
„chen mehrift, c). Welches von der Art —
gen nach der Verſtaͤndigen Urtheil und der Erfah⸗
zung et unterfchieden * kin alt man denn
auch diefes zur gemeinen Entfchuldigung machte
wenn man nod) fo viele und grofle en ——
ge: “Esmwären Soldaten, fie hätten fo viel boͤſes
a thun, daß fienicht einmal fromm feyn Fönnte
d) ;wiedie$chrer darüber klagten, alsdie Verde
niß überhand genommen hatte. *%a, das g
„geben der Soldaten fey nichts anders als ein.
„Straffenraub e), und die Kriege felbft eine
„groſſe Nauberey,,; nach jenes Barbaren Aus—
ſpruch gegen den Merandrum. Wer aud) diefes
noch hätte vor leidlich ober indifferent ausgegeben,
der hätte ja wol ärger als ein Heyde müffen geache
tet werden. Drum flagte manwolbey dem Ders
fall immer über die Krankheit, aber an die Heis
lung ward nicht gedacht, fondern esward einmal
vor allemal ſchwer, ja unmöglic) gehalten, daß
„diejenigen ſich follten in Schranken halten koͤn⸗
„nen, Die ftets ſchlagen und Fechten müßten f).
‚15. Bey allem diefem verkehrten und unchriſt⸗
lichen geben wurden doch wol die Leute im Pabſt⸗
thum ficher gemacht, als ob fie gleichwwol dabey ſe⸗
lig werden Fönnten. Wie die Griechiſche Kirche
darüber klagt, wenn fie fhreibt: “Sie meynen,
„daß Diejenigen felig werden, welche im Krieg
„umfommen, und daß fie gleich ins Paradies kom⸗
„men, obfie gleich aus Geiz, oder Blutdürftigkeit,
„oder anderer Bosheit wegen geblieben find, g).
Womit oßne Zweifel auf Diejenigen Verſicherun⸗
gen gefehen ward, damit die Pabite oft denen ge-
ſchmeichelt Haben, welche ihnen zu Gefallen Krieg
geführet b). Da doc) folche Leute wol hätten be-
denfenfollen, daß alle Rachgier und Beleivigung
des Naͤchſten, aller Widerſtand gegen das Uebel
durch des HEm Wort aufgehoben waren, nach
dem Bekenntniß ihrer eigenen Scribenten, welche
ſagen: “Es ſcheinet von der Evangeliſchen Zucht
„fernezu feyn, Krieg zu führen, welches daraus
„kann bemiefenmerden, weil aller Krieg angefteller
„wird, entweder das Unrecht abzutreiben, oder
„Rache zuüben,, i). Moch viel weniger fonnten
die erften Chriſten an den Heyden billigen, wenn
fie ſich zu Kriegshändeln um Geld vermierheten
und werben lieffen, damit fie entweder —
en⸗
3) Vid 4uguffinus Epift.205. y)Idem Ep.5. ad Marcellinum. 2) Sie Zonaraset.Ariftenns Schol. ad c. 13. Baſitũ
prouocant ad Athanaſium, alii ad alios. a) Gregerrus M.lıb. I. ep. 72. ad Gennadium ap· Gratianum 12. qu. I,
e.Sicut. bj Poftins Vit. Auguft c.27. ©) Augufmus ib XXI. cont. Fauft.c.74. d) Aug«finus Serm. 19.
de Verb. Dom. et Serm 7. Ambrofii. e) Saluianus lib. III. de Gub. Dei p. 94. Anguflinus lib. IV. deC.D.c.3.
4. fıCafloderuslib. I. Var. Ep.2..
g) CriminatioGrze in Latinos ap. Corelerium Tom. III. Monum Eccl. Gr.
8.44-9.504. bi) Ita Nicolaus Papa ap. Gratianum 12. qu. 5.6.47. i)lbid. 23. qu. 1.
u U =
ee: die ihres gleichen und nach der Natur
ihre Brüder waren, fchlachteten, oder von ihnen
efehlachtet würden k). Unter fich felbft ftelleren
iedesiwegen an, * einer, der im Krieg Blut ver⸗
goſſen hatte, drey Jahr lang ſich der Gemeinſchaft
der andern enthalten mußte, als der unreine
Zaͤnde hätte I): welche Drönung der Heiligkeit
ber Altväter zufam, nad) dem Ausfpruch der Ge⸗
fehrten m). Wiewol fie endlich nicht mehr im
Gebrauch war, weil alfo nach überhand zer
nem Berderb fein Soldate würde in die Gemeinen
haben fommendürfen ; wie die Ausleger anmerfen
n). —— man die Erſchlagenen im Krieg
auch vor keine Maͤrtyrer ausgeben, wie Phocas,
pi a etwa aus Unverftand gethan
ch
16. Auch mißfiele den Frommen die Ehrfucht
und Rubmbegierde, die im Sr gemeiniglid)
gefuchet ward, und welcher fo viel Menfchen Blur
und $eben aufgeopfert wurde. Es hieſſe eine
blutige Linfterblichkeit, oder ein durd) Men:
fhenbiue erworbener Name. Die Heyden
„ſprachen fie,) balten den vor befleckt und gottlos,
„der nur einen Menfchen erwuͤrget bat, und hal«
tens vor unrecht, daß er in das irdifche Haus der
„Goͤtter gelaffen werde. Wer aber nun viel 1000
„Menſchen niedergemachet bat, die Felder mit
Blut überfehwernmet, die Flüffe damit gefärber,
„der wird nicht allein in den Tempel, ſondern auch
„in den Himmel gelaffen,,. Daher jener Gene:
val alfo eingeführet ward:
Wenn mandur Mord und Blutgen Himmel
fteigen fann,
So geh ich Zweifels frey in dieſem vornen an:
Nemlich weil er ein groß Theil des menfchlichen
Geſchlechts umbracht hatte, als wenn er, nemlic)
„der Poete, der Thürhüter vor dem Himmel gewe⸗
„fen wäre. Wenn aber die Unfterblichkeit nicht
„anders als durd) Blut erlanget wird, wie wird
nesdenn werden, wenn fie alle einig feyn ? weld)es
„möglich wäre, wenn fieden fchädlichen und gott»
„ofen Grimm wegmürfen und unfchuldig und ge=
„recht fenn wollten, da würden aber die die gemeis
„ne Nude nicht lange leiden, welche Die Umkehrung
„der Städte und Völfer vor ihren höchiten
„Ruhm achten,, p). Wovon auch ein anderer
Epriftliher Mann fchriebes Was werdet ihr
„ k) Tersull. de Patient. c. 8. 1) Bafılius M. Epift. Can. c.13.
Ladantins lib. I. c. 18. 9) Auguflinus lib. IL. de Ciu. Dei c.14. rn) Era/mus Not. ad
0) Ibid, 1. c. %
Hisronyms Epifl. ı1. et ad Hedibiam.
5. Cap. Was fie vondem Rrieg und Soldatenleben gehalten.
Ast
„lange den Schein des Ruhms und des Siegs im
„Krieg vor? Wenn die Hinderniß einer ehörichten
„Einbildung weggeräumer wird, fo werden die
„Öreuelthaten blos da liegen, blos geurtheilet
„und verdammt werden? Die Begierde der Herr⸗
„ſchaft richtet groß Unglück unter den Menjchen
„ar. Drumfagemirnur niemand mehr davon:
„Der und der ift ein geoffer Mann, denn er hat
„mit dem und dem gefochten und ihn bezwungen.
„Die Klopffechter fchlagen ſich auch mit einander
„und gewinnen auch; aud) ihre Grauſamkeit hat
„einen Lohn des Lobs. Es fcheint aber beffer zu
„ſeyn, daß man lieber um der Stille willen lei-
„de, alsdie Ehre in den Waffen fuche,, Zur
mal da der Heil. Geift ſolchen beruͤhmten Helden
gar ein ſchlecht Grabmahl geſtellet Ezech. 32.
17. Dieoben gezeigte Sanſtmuth und Vermei⸗
dung aller Rachgier, * derſelben unumſtoͤßigen
Gruͤnden, kann uns endlich gnugſam verſichern, wie
ferne die erſten Chriſten von allem Streit, Blutver«
— 1 — Verletzung und Hinrichtung ihres Naͤch⸗
en geweſen feyn. Alſo, daß fowol ausdemin»
nerften Wefen und Natur ihres Chriſtenthums,
als aus der Zufammenbängung der ganzen Kits
chenhiſtorie offenbar und unleugbar tft, wie fie
nicht allein feinen Menfchen gewaltfamlich bes
ftreiten koͤnnen, fondern aud), da fie gleich gekonnt,
nicht beftreiten wollen. Ein in der Antiquiräc-
erfahrener Mann faſſet es kurz: Vor diefem
„wurden die Chriften von andern umgebracht,
„jetzund bringen fie andere um. Im Anfang
„wurden jie von den Ihrigen vertrieben, nun—
„mehro thun fie es felber. Die apoftolifchen Män«
„ner fiegeten durch ihr Blut, nich durch Waffen,
„und die Chriſtliche Religion ward am beften
„durch Blur vertheidiger. Ihre Meynung war,
„daß unter dem Geſetz Mofis zwar der Krieg
„vergoͤnnet gewefen, aber im Evangelio werde
„es nicht zugelaffen, weil CHriftus Petro befob⸗
„ten habe, das Schwert einzuſtecken. Wollte
„EDEL (fegte er dazu,) daß allen Chriften diefeg
„durchgehends befannt und gewiß wäre, damit
„man nicht lange Entfchuldigung bedürfe bey de-
„nen, denen der Krieg gar zu feßr anftehet. Denn
* iſt allerdings EHrifti Mepnung gewefen,
„daß die Chriſten durch Geduld überwinden füls
„len, nicht durch Waffen, r). Wenn auch die
Alten fich offenherzig davon erklärten, und die
Mnın a2 ihnen
m) Balſamon in Schol. ad h. 1. n) Idem ibid.
652 5.8. Von der erften Ehriften Pflichten und Bezeigen gegen die Bottlofen.
— — —
ihnen anbefohlene Geduld und Langmuth gegen
die Beſchaffenheit des Krieges hielten, fo nenn—
ten fie eben denfelben eine *abfcheuliche oder ver
„fluchte Sache (execrabilem),, s). Cie vede:
ten davon alfo: "Das alte Gefeg rächete ſich mit
„dem Schwerdt, forderte Auge um Auge, und vers
„ol! das Unrecht mit Rache, aber das neue Ge-
„bot zielete auf Gütigkeit, und verwandelte die
„alte Grauſamkeit der Schwerdter und Spieffe
in den Frieden, u ſ. w. c). Der Sieg und Krieg
„beitehet aus eingenommenen und theils verwuͤ—
„teten Städten. Dieſe Sachen eber koͤnnen ja
„ohne Beleidigung GOttes nicht gefchehen.
„Da werden die Stadtmauren und Tempel zus
„gleich niedergeriffen, die Bürger und Priefter zu:
„gleich ermordet, zwifchen der Plünderung ge—
„meiner und anderer Schäße wird Fein Unter:
„icheid gehalten. Alſo ift bey den Roͤmern (das
„it, Denen Heyden,)der Kaub heiliger Dinge eben
„fo gemein, als die Siegeszeichen u).
18. Demnad) fonnten folhe Zeugender Wahr⸗
heit nicht umhin, denen Menfchen unter Augen
zu fagen, daß Die in ihnen herrſchende Verderb—
niß, und infonderheit die Nachgier, Unverfohn-
lichkeit und Unbarmberzigkeic, ſchuld wäre an
allem Unglücf und dem unausfprechlichen Syam-
mer, welcjer aus dem Kriegen entftünde. Da—
bey Fündigten fie ihnen im Namen des Herrn
„an, und verficherten fie aus feinem unfehlbaren
Worte, daß fie insgefamt in dem allerfüfleften
Frieden und vergnügtefter Ruhe, in der lieblich-
ften Stilleund Zufriedenheit leben fönnten , wann
fie im wahren Glauben der gehre JEſu CHrifti,
des Friedefürftens, gehorfam würden. Ich ha⸗
be ſchon im erften Bud), bey den Bortheilen des
wahren Chriſtenthums, viel Zeugniffe der Alten
hievon gewiefen, und will dahero nur noch eins oder
s) Ladantins Epiſt. c. 6.
Gent. p. 7. 3) Eufebins lib. I. Prepar. Euang. c.4.
t) Terzull. lib. adu. Tud. p. 161.
zwey hiebey fügen, diealfolauten: "Weil eine fo
6 Menge aus der Lehre und den Geboten
„eHrifti unterrichtet iſt, dag man nicht Boͤſes
„mit Boͤſem vergelten folle, Daß es beffer fen Lin-
„recht leiden, alsthun, und lieber fein Blut ver⸗
„gieflenlaffen, als Händeund ———
„den Blut beſudeln, fo hat die undankbare Welt
„vorlängft von CHriſto dieſe Wohlthat, Durch wel⸗
„chen der Grimm des wilden Weſens geſtillet
„it, und die Leute angefangen haben, fid) vom
„Todtſchlag zu enthalten. Wenn nun ale Men-
„fen, die noch vernünftig ſeyn wollen, feinen
„heilfamen und friedfertigen Geboten gehorchen
„wollten, und nicht aus Hochmuth viel mehr ih⸗
„ren Sinnen, als feinen Ermaßnungen zutraues
„ten; fo würde ſchon die ganze Welt das Eifen
„zu gelindern Werfen brauchen, und in dem
„tiefiten Frieden leben, ja in ſeliger Eintracht
„durch unverbruͤchliche Buͤndniſſe beyſammen
„ftehen,, x). Sie beruften ſich auch auf das
Erempelder Ehriften, welche nun nach dem Fürs
bild der heilſamen Lehre genau lebeten, und un-
ter ſich feinen Krieg führeten , Feiner Spieffe nod)
Schwerdter, Femer Beftung oder Soldaten, Feiner
anderen Werkzeuge der Beftürmung oder Vers
theidigung bedürften, weil JEſus CHriſtus, der
König des Friedens unter innen regierte. Denn
(fprachen fie,) “als die göttliche und friedfertige
„eehre unfers Heilandes ausgebreitet war, ha—
„ben auch diefe Befchwerungen und Unruh auf-
„gehöret, nad) der von ihm gefeßten Weiffagung,
„Demnach mußte diefes nothwendig einiger maf-
„fen die Wirfung feiner Zukunft feyn, weil ſei⸗
„ne Lehre ſich dahin bezog, daß fie der Menfchen
„viehifche und rohe Gewohnheiten milderte, und
„hingegen fie nad) menſchlicher und gelinder Arc
„erzoge y). r -
u) Idem Apol. c.25. x) Arzobius lib. I. adu.
Das 6. Kapitel, U —
Von der erſten Chriſten Aufrichtigkeit und Liebe zur
Wahrheit/ wie auch Gerechtigkeit im Handel und Wandel,
Summarien.
Erten Chriſten bewieſen fich gegen jedermann gerecht und unſchuldig, $.1. daher fie ſich auch erweckten, die Wahrheit
zu reden, wiewol fie für Betrüger gehalten wurden, wenn fie die Wabrbeit vortrugen; Grundihrer Aufrichtigfeit,
davon fie nichts ahbringen fonnte; 2. erwielen folche in der That, umd boten den Feinden Trokdamit: Fräftiger Beweis
ber Wahrheit war Die Bekenntniß bis in den Zod, ſolche Wahrheit dienete ihnen zum Schilde, Bekenntniß davon ; 3. auth
in weltlichen Dingen begegneten fie andern mit Wahrheit, dazu GOtt ihr Herz gereiniget hatte, daß fie vor GOttes Au—
: son
Don derierften Epriften Auftichtigkeit und Liebe zur Wahrheit zc. 653
gen mit de cſten umgiengen, und ſeine Regi hne Unterlaß verlangeten, waren wie kleine Kinder,was ſie dazu heweg⸗
te5 4. ſchoͤne Bekenntniß hievon. Umgang 9 der und Feinde; Ja war Ja, Nein war Nein, ohne Eydſchwuͤre, 5.
beiten evon Heuchlern unterichteden. Be ihung eines wahren Ehriften ; Mittel bey Gottlofen felbit Credit zu erlanz
Zen Schluß der Chriften, 6. die weder unter ſich ſelbſt, noch gegen Unglaubige Eydſchwuͤre zulieffen, ungeacht Here Cave fol:
ches nicht vor unrecht zu halten fcheinet nach dem Ereimpeleiniger, welches doch in den eriten 400 Jahren nicht geiiheben : 7.
| denn fie hielten feſt an Chriſti Worten Mattd. 5,3437. und Jacobi Wirderholung 5 Bekenntniß daber vor den Heyden, daß
man Ad nr nicht ſchwoͤren muͤſſe; 8. welches fie genau in acht genommen, Erempel ; daran wurden die Ehriſten von den
| ar erkannt: Etliche eingele Lehrer fonnten darinn nicht einig werden, Bedenken über Herrn Cave Mennung. 9. Unterdem
erfall wurden Eodſchwuͤre ſehr gemein, denen Die Lehrer nicht widerfprachen, fondern Ehrifti Worte zu Limitiven ſuchten, je
mehr man fichnach dein weltlichen Staat richtete. 10. Auslegung der Worte Chriſti Matth. 5,3437. 11213. Widerlegung
der Nothwendigkeit des Schwörend; Klage über die Lateiniſche Kirche s 14. was uͤherhaupt der Alten Meynung hievon gewe⸗
kn 15. obmwol etliche Chriſten fich über Schwoͤren fein Gewiſſen machten, fo enthielten ſich doch andere eigentlich, ungeachtet
es Berichts Plinti Heyden ſelbſt hielten den Eyd vor unnötbig, Ereinpel: 16. Was Schwören andeute ; Verbot einen End
abzulegen ; Vorzug der Elerifen ; von Ceremonien bey Eydſchwuͤren. 17. Klage über Meineyd, Warnung davor. 18. Leicht⸗
ſinniges Schmwören wurde unter den Chriſten endlich ganz gemein, Klage darüber 5 Befennenih eines, der fich davon befehret. 19.
Heyden felbitrübmeten der Ehriften Wahrheit, darauf ſich dieje aush in ihren Schugreden bezogen und beitandig daben blie:
ben. 25. Der erſten Chriſten Erklärung vom Handeln und Wandeln: 21. die Kauſmannſchaft hielten fievor ſehr gefährlich,
Klage über Ungerechtigkeit und Schwören : Vieletrugen Bedenken Nahrung zu treiben, wir auch nachgehends die Waldenſer,
die deswegen verfegert wurden. 22. Pebreder eriten Chriften vom Wucher 23. nach Chriſti Worten; 24. fie nahmen kei—
nen Wucher noch dins, warum nicht; d
§.
D Pflichten haben zwar zum Theil auch
ihre Verrichtungen und Abſichten in dem
Umgang mit denen Frommen, gegen wel:
cheden wahren Cpriften ebenfalls geboten ift auf-
richtig, gerecht und wahrhaftig zu handeln. Den-
noch aber, und dieweil fie am allermeiften fic) gegen
die Gottloſen und Unglaubigen auffern, fo will ich
bey diefer Gelegenheit insgefamt zeigen, wie fich
die erften Chriften disfalls verhalten haben. Und
nachdem der Herr Tape im erjten Cap. des zten
Theils von dem erſten Chriſtenthum ausführlich
ievon gehandelt bat, will ic) defto Fürzer in Denen
Etzehlungen feyn, weiche ohnedem aus der ſchon
zum Ueberfluß beroiefenen Gerechtigkeit und Un:
fchuld der erften Epriften von felbft flieſſen: ohne
daß id) bier und dar einige nörhige Puncte werde
erinnern müffen, welche nad) der Wahrheit deut:
licher zu erläutern find.
2. So wird denn nun ein jeder Berftändiger
leichtlich glauben koͤnnen, daß die erften Chriften
fihder Wahrheit in allen Dingen befliffen haben,
nachdem fie nicht allein insgemein wegender eige⸗
nen Natur des Chriſtenthums fid) dazu verbun-
den ſahen, fondern auch deffen fo oft erinnert wur-
den. Als, wenn Paulus ſie ermahnete, daß fie dem
nachdenken follten, was wahrhaftig war;
ingleichen, daß fie mit ihrem Naͤchſten fein
die Wahrheit reden follten, und die Luͤgen able
gen, weil fie doch unter einander Glieder wären,
u. 10. Philip. 4, 8. Ede 4,25. Da fie nun
gleich von denen Feinden der göttlichen Wahrheit
vor Betrüger und Lügner ausaeruffen worden, als
wir ie Sa gefehen haben; fo mußte es
&
n Lehrern war es fchlechterdings verbeten. 25. °
le
doch von ihnen heiffen, wie von Paulo, als die Ber-
führer unddoch wahrhaftig, 2Cor.6,8. hr Ei:
fer vor die Wahrheit in andfafter Befenntnif
derfelben, ift ung oben im zten Kapitel des erften
Buchs fund worden, da wir fie als eine felige
Frucht ihrer Erleuchtung angefehen haben. Diefe
hatten nun meiltentheils mit denen Unglaubigen zu
tbun, welchen fie entweder auf Befragen, oder fonft
der Gelegenheit nach die Wahrbeit vortragen muß-
ten, wie es der Wille ihres Vaters im Himmel
erforderte. Der Grund diefer ihrer Freywilligkeit
und Aufrichtigfeit war ihr reines Gewiſſen und ih»
ve unfchuldigesehre, darinnen fie, ohne Vorbehal-
tung einiges Dinges, lauterlich und redlich auf der
Welt einher giengen, « Nichts von diefem ver:
mochte fie ſchamroth zumachen, nichts dahin zu be=
wegen, daß fie mit diefem oder jenem zurücksoder
hinter dem Berge gehalten hätten, was dem andern
zu wiſſen nörhig und heilſam war,
3. Wie hätten fie fich auch fonft vor den Henden
diefer ihrer herrlichen Weiſe ruͤhmen fonnen, wenn
fie fich nicht alfo in der That erwieſen, da zumal ihr
Verlangen bierinnen ihren argften Feinden nicht
verborgen bieiben Fonnte. Gleichwol fehen wir,
daß fie ſich ungeſcheuet auf Diefe ihre Weiſe bezie⸗
ben, und ihren Feinden und Verleumdern gleich:
ſam Troß bieten, ob fte fie einiger Unmwahrbeit über:
führen fonnen. Ihr kraͤftigſter Beweis war wol
diefer, daß gleichwol auch die Heyden nicht leugnen
fonnten, daß die Ehriften über dem, was fie einmal
von ihnen gefaget hatten, den Tod willig litten.
Drum bieffe es: "Vor dieſem wuͤteten wir wider-
„einander mit Mord und Todtfihlag; nun aber
Nnunz „des
654 5.3. Don der erften Ehriften Pflicht und Bezeigung gegen die Bortlofen.
er pe
„beleidigen wie nicht allein unfere Feinde nicht,
„fondern wir ftehen auch gerne den Tod aus, damit
„wir nicht lügen, oder unfere Inquiſitores hinter
„gehen mögen, indem wir Chriftum fo gerne be»
„eennen 2). Wann wir in der Inquiſition geftas
Iget werden, fo leugnen wir nicht, weil wir uns
„nichts böfes bewußt find. Wir halten es vorei-
„ne Sünde, wenn man nicht in allen Dingen die
Wahbrheit redet , davon wir willen, daß es GOtt
„angenehm fey,, b). Und indem fie alfo fich vor
allem böfen Schein und Gelegenheit zum Ber»
dacht huͤteten, erfuhren fie auch, daß die Wahrheit
ihre Liebhaber niemals verließ, ſondern ein ſtarker
Schirm war, und zum unuͤberwindlichen Schild
dienete denen, die ſie von GOtt empfangen und be⸗
alten hatten. Drum konnten ſie gar wohl aus der
fahrung reden: “Die Wahrheit iſt blos, fie
„brauchet Feines Advocaten, fie führer ifre Sache
ſelber, und erhebet endlich den niedrigen Sinn zu
„einem groffen Preis. Drum müffen wir uns
„der Wahrheit nicht ſchaͤmen, noch) denen Schwä-
„gern nachfolgen, die drauſſen find , viel weniger
„ſie mit we und betrüglichen Worten beflei-
tern c).
n 4. Wie nun in göttlichen Dingen, welche un-
mittelbar die Ehre des Allerhöchften betrafen, de-
nen Menfchen mitder fautern Wahrheit mußte be»
gegnet werden: Alfo ward es nicht weniger vor
nöthig geachtet, in allen andern Gelegenheiten der-
gleichen zu thun. Dazu reinigte nun der himm⸗
fifche Vater die Herzen feiner wahren Kinder
durch den Heil. Geift, als ohne welchen das menſch⸗
liche Herz voller Tücke, Betrugs und fügen ift.
Diefer gute Geift, erfüllete nun ihre Seelen mit
Wahrheit, und uͤbete fie darinnen, daß fie mit ih-
rem Naͤchſten immerdar als vor den Augen GOt⸗
tes umgiengen, nn Falſch, ohne erdichteten Be—
richt, ohne Verſtellung der Geberden und der
Worte. Da war bey ihnen nicht genug einige
moraliſche und ſelbſt aus eigenen. Kräften angenom-
mene Dffenherzigfeit oder natürliche Guͤtigkeit,
welche aud) ein natürlicher Menfc und ein jeder
Heuchler Haben und erweifen kann; fondern fie
wußten, daß der HErr in das Innerſte ihres
Herzens fahe, und ihre Gedanfen prüfte. Wes-
wegen fie feine Regierung ohne Unterlaß verlange:
ten und zu ihrer Beſſerung brauchten, damit alle
auffteigende Selbftliebe und daher entftehende par-
teyifche, eigennüßige und ehrfüchtige Relation
unterbleiben möchte. Ber diefe Leute hätte fehen
ur
*
=
und ihren Umgang betrachten follen, würde ges
wißlich diefelbe hernach nicht anders befchrieben
haben, als wie etwan kleine unfchuldige Kindlein
mit einander umzugehen pflegen, nemlic) in der
hoͤchſten Einfalt, Demuth und Freundlichkeit, oh⸗
ne Erhebung über einander, ohne gefuchten Ber
trug, ohne afjectirte Minen, und noch vielmehr
ohne fügen und dahero entftehenden Zanf. Dar⸗
um fonnten fie wol mit Wahrheit fagen: Wenn
wir etwas reden, fo luͤgen wir nicht d). Das
war es nun, was fie beivegte, daß fie den fügen
fo feind waren, weil fie fo gar ein unlauteres und
verfehrees Herz anzeigten, wie fie ohnedem auch
mußten, daß es mit feiner Unmwahrbeitlange Bes
ftand hätte, weildie Wahrheit doc) immer obfiegte
und nach derfelben Offenbarung der Schade beilo
gröffer wäre, je mehr der Luͤgner dadurch zu erja«
gen gemeynet e).
5. Es iſt ein ſchoͤn Bekenntniß, welches ein ale
ter Eprifte im Namen aller ablegte, wann er jei«
gete, wie dieſes unter ihnen vor ein höchftnöthiges
Kennzeichen eines wahren Chriften geachtet wuͤr⸗
de, daß er in Worten und Werfen aufrichtig und
wahrhaftig wäre: Niemand wird bey uns
„(fpricht er,) vor einen Chriſten oder vor recht reich
„mäßig und langmuͤthig gead)tet, wenn er nicht als
„ſo redet und thut, wie es recht und heilig ift. Alfo
„iſt dieſes Fürzlich unfer Zuftand, die wir GOtt
„folgen : wieunfer Verlangen ift, fo find auch un«
„tere Worte; wie unfere Worte find, fo we auc)
„unfere Werfe beſchaffen: wie unfere Werke bes
„Ichaffen find, fo ift auch unfer ganzes Leben And
„Wandel, und fo ift das ganze Leben der Chri-
„ſten durchgehends gut,, f). Woraus unter an«
dern klaͤrlich erhellet, daß fie zwar ihr Chriften-
thum nicht in bloffen Worten gefeßet haben;
gleichwol aber diefes nebenft den heiligen Werken
von einem * Chriſten erfordert, daß die
Worte mit den
uͤbereinſtimmeten. Und dieſes nicht allein in dem
Umgang mit den Bruͤdern, ſondern auch gegen die
Gottloſen und ihre alleraͤrgſten Feinde. Jenen
waren ſie ohnedem durch die ſonderbare Freund⸗
ſchaftsliebe darzu verbunden; dieſen hatten ſie
zum wenigſten deswegen noͤthig alſo zu begegnen,
damit die blinden Leute keinen Anſtoß litten, wenn
ſie in einigen Dingen merkten, daß ihre Worte
mit der That nicht uͤbereintraͤfen. ee aber als
fo ipre Worte Ja Fa, und Nein Nein feyn lieffen,
und dabey in ihren Herzen fich Feines Argen ee
Ale
a) Iuflinus Martyr Apol.II.p. 78. b)IdemApol.I[.p.43. <) Bafıliss M. Orat,in S.Martyr. Mamant, d) Tarin.
nus Orat.adGracosp. 167. e) Cyprianus 3.adCornelium. £) Clemens Alexandrinns Protrept.ad Gent. p. 76.
erfen, und diefe mit jenen recht _
. 6. Cap. Don der erften Tbriften Aufrichtigkeit und Liebe zur Wahrheit ze.
_ a
alfchen bewußt waren, fo hatten fie billig fo viel
* und Glauben bey ihren Mebenchriften, daß
ohne hohe Berheurung ihr Wort angenommen
und geglaubet werden Fonnte, Alfo,daßben fol-
chem Epriftlichen Verhalten der Kinder der Wahr:
it ſich Feines darbey vermeffen und mit Eyd⸗
würen verbinden durfte; weil die Erfahrung
ſowol, als der — Umgang nach der Lehre
Chriſti ihnen ſattſam zeigete, daß ſie einander gar
wol Glauben zuſtellen dürften und ſollten, ob fie
gleich nur mit schlechten Worten eine Sache befraf-
tigten oder verfprachen,
6. Diefes war gerißlic eine herrliche Frucht
und Wirkung der Epriftlichen Aufrichtigkeit, wor ⸗
innen fie von der falfchen und tücfifchen Art der
Unglaubigen und Heuchler weit entfernet waren,
welche mol taufend Eyde ſchwuren, und dennod) in
Feinem die Wahrheitredeten, da hingegen ben den
Ehriften die Wahrheit fo fefte und unverbrüchlich
geredt und gehalten wird. Wann nun die Alten
die Bezeugung eines wahren Chriſten darftellen
wollten, vedeten alfo ebenfalls nad) der Wahr:
beit davon: „Ein erleuchteter Chriſte ſchwoͤret
„richt, weil er nur das Ja brauchen, wenn er et«
„was befräftigen will, und das Mein, wenn er et»
„mas leugnen will, Denn das Berheuren ift
„chen ein Eydſchwur, den man erftin feinen Sinn
„faſſet, und bejahungsmeife hervor bringt,
(weldye Worte der Herr Eave biebey übergehet
p.594.). “Drum läffer er ipm genügen, daß er bey
„feiner Bejahung oder Berneinung diefes hinzu ſe⸗
ber: Sich rede die Wahrheit ;damit er denenjeni-
„gen eine Berficherung gebe, welche die Feftigkeit
„feiner Antwort nicht alfobald einfahen,, 2). Und
damit fe zeigen möchten, wie man aud) bey den
Gottloſen zu ſolchem Eredit gelangen koͤnne, daß
fie einem Ehriften oßne grofle Berheurung Glau-
ben zuftellten, fo yes fie folgendes Mittel be:
währt befunden: “Ein Ehrifte muß alfo wandeln
„gegen die, fo drauffen find, daß fie ihm Glauben
„suftellen fönnen, und nicht einmal einen Eyde
„ſchwur von ihm fordern. Gegen ſich felbft aber
„und gegen die, fo mit ihm leben, muß er ein ruhi⸗
„ges Here mr ‚ welches eine freymillige Ge—
nrechtigkeit iſt, h), Aus diefem allem war fol
gendes ihr endlicher Schluß: “Ein erleuchteter
„Ehrifte , welcher in diefem Wege des Chriften
„thums erfahren ift, dringet ſich weder zum fügen
„noch zum Eydſchwur. Denn ein Eydſchwur iſt
„eine gewiſſe Bekraͤftigung, daruͤber GOtt zum
J
Cemens Alexandrinuslib. VII. Strom p. 728.
*
655
„Zeugen der Wahrheit angeruffen wird. Wie
„ſollte aber.ein Glaubiger ftch fo unglaubig und
„unmwürdig aller Treu und Glaubensmachen, daß
„er allezeit einen Eyd ſchwoͤren müßte, wenn man .
„ihm glauben füllte? Er muß ja fein ganzes feben
„alfo einrichten, damit auch nur fein bloſſes Zeugniß
„fo viel Nachdruck habe, alsein theurer Eyd: Da-
„mit auch die Wahrheit feiner Rede durd) feine bes
„itandige unveränderte Worte und Werke von
„ihm durchgehends bemwiefen werde i).
7. Ob aber nun die Chriſten dieſen und dergleis
chen ihren Worten wirklich nachgekommen, und
auch hierinnen wahrhaftig geweſen ſeyn, ift ohne
Zweifel genauerer Unterfuchurg were. Denn
wenn fie alfo wirklich fich in ihrem Leben aufgefüß-
vet haben, wie fie es in den angeregten Worten
vor noͤthig und möglich geachtet,fo Haben fie nicht al
lein unter fich felbjt keinen Eydſchwur zugelaffen,
weil fie einander ſchon ohne denfelbigen traueten,
noch auch gegen die Unglaubigen, weil fie durch ih⸗
ven gerechten Wandel auch fo viel Credit bey ihnen
zu erlangen fuchten; vermöge diefer Worte des
Tlementis. Der Herr Tave führet diefelbige
auch an im. Capitel des letzten Theils, aber er ger
denfet dabey, wieeinige von denen Vätern aus dies
fen Urfachen, und aus Mißverſtaͤndniß etlicher
Schriftſteller, den Eydſchwuͤr vor unrecht gebals
ten haben, da doch auſſer diefen wenigen die eriten
Chriſten das Gegentheil geglaubet und gerban
hatten. Er führer aber aus den erften 400 Jah⸗
ven feinen einigen zum Verweis an, ohne aus den
legten Zeiten Athanaſium, da das Chriſtenthum
dem allererjten nicht mehr fo ähnlich war ; wie ich
im 8. Bud) beweifen will. Hingegen liegennun
klare und unmiderfreibliche Zeugniffe und Bes
Fennenifle Dar vondenen erften Ehriften, da im Na⸗
men ihrer aller an die Feinde der Wahrheit ges
fanden wird, dafs fie nicht zu ſchwoͤren pflegten.
Diefe Feinde würden fie darinnen bald tügen ges
ſtrafet Baben, woferne fie nur ein einziges widri⸗
ges Epempel hätten aufweifen koͤnnen, daß die
Epriften gefihworen. Dieſe beriefen fich auch
darbey auf den klaren Befehl ihres Meifters, und
ruͤhmeten fich alfo des Gehorſams gegen ihn, twels
ches abermal einen neuen Vorwurf gegeben hätte,
mern fie es nicht in der Prari — was ſie
in Worten vorgaben.
8. Die Worte des HEren JEſu, darauf fie
ſich ftets bezogen, maren biefe: Ich faae euch
daß ihr allerdings (oAws) oder gänzlich nicht
fbwören ſollet. Euer Wort aber fu
ſeyn
Id. Ibid. i) Ideml.c.p.728.
vu
— — — ——— ——— —
66 5. B. Von der erſten Chriſten Pflicht und Bezeigung gegen die Gottloſen.
ſeyn Ja, Ja, Nein, Nein, was drüber iſt,
—* iſt vom Höfen, Matth. 5, 34.37. Wel—⸗
ches denn auch der heilige Apoftel Jacobus wieder:
holste, wann er por. allen andern feine Bruͤ⸗
der erinahnete, daß fie nicht ſchwoͤren ſollten
weder bey dem Simmel, noch bey der Erde,
noch mit einem andern Eyd: fondern ihr
Wort follte Ja, Ta, und Nein, Ylein feyn,
auf daß fie nicht in Seucheley (oder mie andere
Gremplaria haben, in das Bericht) fielen, Jac.
5,12. Diefe Worte nahmen die erſten Chriſten
ohne Einfehränfung auf den Eyd bey Ereaturen
an, zumal weil der Apoftel ausdrücklich Dazu ge⸗
feßet hatte, fie follten bey keinem andern Eyd ſchwoͤ⸗
ven. Dahero war nun dieſes ihr Befenntniß
vor den Heyden: Daß wir allerdingsnicht ſchwoͤ⸗
„ren ſollen, und ſtets die Wahrheit reden, bat er
„(ver HErr SEfus) uns befoblen: Ihr follt als
„ierdings nicht ſchwoͤren, eure Worte aber ſeyn
¶Ja, Ja, Nein, Nein, was drüber iſt, it vom
„Böfen, k). _ Daraus wir feßen, wie fie diefe
Worte des HEren in einfältigem Gehorſam ges
faffet, und, oßne daß fie etwas dabey bedinget
oder ausgenommen, den Heyden ſelbſt vorgetra⸗
gen haben. Weldyes andere nachgehends wie⸗
derbolten, und aud) zu —— da etliche anders
davon redeten, alſo ſchloſſen und ſetzten; “Der
„Eydfchrour ift fehlechterdings verboten, (das iſt,
„tie es einer aus der Griechifchen Kirche erfläret,
„ehne einige Yusnahme,) nod) vielmehr aber der
„jenige Eyd, welcher um der Böfen willen ge-
ſhworen wird,, 1). Der H. Märtyrer Jrenaus
benimmt auch diefen Scrupel, welcher dabey haͤt⸗
te koͤnnen gemachet werden, nemlich, daß der
Err und ſeine Apoſtel vielleicht nur das falſche
chwoͤren verboten gehabt, indem er die Worte
Ehriſti einfältig annimmt, wenn er ſpricht: „In
„per gehre des HErrn ift uns nicht allein befohlen
„nicht falſch zu ſchwoͤren, fondern auch gar nicht
„iu ſchwoͤren, m). Wie auch Tertullignus:
Ich will nicht einmal von dem falſchen Eyd ſa⸗
„gen, weil doch auch zu ſchwoͤren nicht vergoͤnnet
iſt 0).
AH = Ks will Bier nicht eben denjenigen Cano—
nem anführen, darinnen die Lehre der Apoſtel zu
Antiochia in dem erften Seculo foll wiederholet
ſeyn, und abfonderlic) in dem sten anbefohlen ift,
dal fich die Ehriften des Eydes enthalten ſol⸗
len 0), Maſſen diefes genug ift, daß die Alten
auch vor denen Heyden mit der That ermwiefen,
wie hoch fie. die Worte ihres HErrn hielten. Alfo
erzehlet ein gewiſſer Hittorienfchreiber von den®
Märtyrer Baſilide, Daß er ſich eben damit bey
den Heyden verrathen babe, daß er ein Chriſte
wäre, indem er auf Erfordern nicht ſchwoͤren wol⸗
len. Denn “er dürfe allerdings nicht ſchwoͤren,
„weil er ein Chriſte fey,, p). Aus welcher Be⸗
gebenheit und Bekenntniß zu ſehen iſt, wie dieſer
Sinn nicht nur bey etlichen Lehrern als eine eiges
ne Meynung gervefen, fondern aud) bey den Chris
ften insgemein angenommen und mit $eib- und
Lebensgefahr präcticiret worden, gleichwie dieſer
Maͤrtyrer eben deswegen den Tod leiden mußte.
Ingleichen ſie an, daß die Chriſten von dem
Heyden eben daran erfannt worden, weil fie Feis
nen Eyd ſchwoͤren wollen. Dagegen hatten viel
mehr etliche einzele Lehrer ihre Meynung, und wa-
ven dabey weder mit fich felbft noch unter einan⸗
der eins, indem fie bald das Schwoͤren insgemein
zulieffen, bald nur. unter gewiflen Bedingungen,
bald aber gar widerruften, welches der Hr. Ca⸗
ve dem andern Theil ohne Grund beyleget. Ans
gefehen bald aus den Stellen diefer Väter offens
bar fern wird, mie fie gleichwol fo ofte ihnen felbft
widerfprechen, und denen klaren Worten Chrifti
zwar nicht gerne enfgegen ſeyn wollen, gleichwol
aber die damals ſchon eingeriffene Gewohnheit
nicht in Zweifel ziehen. Der vom Herrn Cave
vorn angeftelltee Athanaſius zeiget in den er—
wehnten Worten nur denjenigen — wel⸗
chen Paulus ſelbſt gegangen, da er GOtt zum
Zeugen angeruffen, welches noch lange nicht ein
ſolcher formaler und ſolenner Eydſchwur war, als
hernach unter den Chriſten aufkam. Vielmehr
bekennet eben dieſer Lehrer ausdruͤcklich und ohne
Bedingung, daß der HErr den Eyd gänzlich
verboten babe; wovon nachgehends mehr zu ge⸗
denfen feyn wird q). \
10. In denen folgenden Zeiten, und unter dem
angehenden Berfall der Ehriften ward nun zwar.
der Eydſchwur gar gemein inden Gerichten, ohne
Zweifel daher, weildiefe und andere Gewohnheiten.
sus dem Hendenthum mit in das Chriſtenthum
nach und nach eingeführet wurden, da zumal
ißrer viele den Kayſern zu gefallen fid) vor Ehris
fien ausgaben, fonderlich die, welche in der Welt
viel zu verlieren hatten, und dahero mitdem welt—
lichen und verftellten Chriſtenthum auch diefe 2
andere
“k) 1u fine Martyr Apol.II.p.63. 1) Baflins M. Epift, Canon. c.29. et Zonaras in Scholio ibideny. m) Ireneus
lib. I.c.57. n) Terzull.lib. deldolol c.ı0. 0) Apud Turrianum lib. I. adu. Centur. c. 25. quicanon an fup-
polititius fit, dubitat Bebelius Antiqu. Ecel Sec. II. Act 3.p.293. p) Eufebius lib.VI.®.4. g)Sernn. in Pafl.
et Cruc. Dom. quem eo nomine,Dn. Caue fruflra in dubium vocat Hill; Sec. Ecel. 6.
——
e
—
6. Cr. Don der erften Thrifien Hufrichrigkeit und
andere heydniſche Gewohnheiten
NM nun folche —ES N
Be unterftunden ſich Die!
‚derfelben zu widerſprechen, ſon
und dar Ausfilichte und Bedingungen, f
‚mie diefen Elaven Worten EHRE nicht zugleich
m andere Lehre ganz verwuͤrfen. Maflen man
augenfcheinlich anmerken kann ‚wie diejenigen
‚Seribenten nur frey . gefchrieben , welche
von der Aufferlichen Gewalt entfernet und ficher
gewefen; indem ‚die andern beforget, man würde
nunmehro die einfältige Lehre CHriſti nicht mehr
dulden „nachdem das Chriſtenthum fich nach dem
weltlichen Staat zu: richten Ei tie der
$
Here Cave davon redet. e leicht, diefes
durd) alle Scribenten auszuführen, welche diefe
Sache berüßret haben, wo es Zeit und Raumgä-
be. Hier will ich nur noch die fürnehmften Kir-
cheuſcribenten ‚anführen, welche von der. Sache
‚etwas deutlicher und genauer reden , wiewol auch
die Gelehrten derfelben Einſtimmung längft ange-
merfet haben rn)»
u. Unter denen berüßmteften Kirchenlehrern
fehreibet fonderlich, Auguftinus fehr ofte hievon,
und wird deswegen geruͤhmet, “Daß er öffentlic)
„in der Gemeine alfo gelehret , und Die Seinigen
Iſonſt unterrichtet babe , daß niemand fhworen
„follte, auch nicht im allergeringften, (ad’modi-
„cum,) damit er nicht fo leichtlich in einen
„Meineyd verfiele,,s). Wie er denn auch deutlic)
genug davon ſchreibet, und nicht allein den falſchen
nd verhuͤten und hinweg räumen will, ſondern
) auch von andern frey redet: Der Meineyd ift
„verderblich, ein wahrer Eyd gefaͤhrlich, kein Eyd
„an allerficherften„t). Und ferner ſaget er über
. die Worte Jacobi: Der Meineydift eine groffe
„und fehwere Sünde, daran niemand zweifelt. Aber
„der Apoftel fpricht nicht; Schwöret nicht falfch,
„iondern, fchwöret garnicht. Zudem ift auch des
„HEren FEſu CHeiſti felbiteigene Vermahnung
vorher gegangen. (Matth. 5.) So iſts denn nun
FRkeine Suͤnde zu ſchwoͤren? Das iſt hart zu ſa⸗
gen. Willt du aber ferne von dem Meineyd feyn,
#3 ſchwoͤre gar nicht. Denn wer ſchwoͤret, der
„eann wol einmal wahehafeig ſchwoͤren; wer aber
micht ſchwoͤret, der kann auch niemals falſch
ſchwoͤren. So mag denn nun GOtt wol ſchwoͤ⸗
ER
.r *
r) Vid.G. 1. Vosfius lib. V. Hift. Pelag. p. 2. Antith. Sixtus fs lib. VI.Bibl. S. Ann. 26. Bebelius Antiqu.
Sec. III.Artic.3. p. 787. Arndius een — ————
iebe zur Wahrheit, 657
„ren, den nichts betruͤgen kann, den auch ſelbſt
„niemand befreugt„u). Dem Ambroſius hier⸗
innen völlig beyftimmer, wenn er ſpricht: Wer
„gar nicht fchroöret ‚der ſchwoͤret auchnicht falfch,
„ter aber ſchwoͤret, der muß nothwendig einmal
„ineinen Meineyd fallen, weil doch alle Mens
„ſchen Luͤgner find. Darum ſchwoͤre nicht, da=
„mie du nicht anfangeft einen Meineyd zu
„thun x) ·
tz. Nicht weniger ſchreibet ein beruͤhmter Lehrer
über die ABorte Ei folgender maffen, da er
den Zuftand unter dem alten Bunde dem neuen
entgegen feßet, und beydes zufammen hält: “Das
„Geſetz hatte auf den Meineyd eine Strafe gefes
„Set, Damit die Heiligkeit des Eyds den Betrug
„der Menfchen im Zaunt Bielte, und das Volf
„durch das öftere Schwören an feinen GOtt ge-
„dachte: Aber der Glaube hebet die Gewohnheit
of ſchwoͤren auf, und feget die Geſchafte unferg
„tebens in der Wahrheit, nimmt das Verlangen
Zu befrügen hinweg, und ſchreibet uns eine ein⸗
„raltige Arc zureden und zu hören vor, damit Ya,
a, und Mein, Mein wäre, das uͤbrige aber
„von dem Boͤſen. Dahero diejenigen, diein der
„Einfalt des Glaubens leben, den Eyd nicht noͤ—
„thig haben, weil bey ihnen allegeit Ja, Ya, und
„Rein, Neinift, unddahero alle ihre Worte und
„Werke aus der Wahrheit find,„y). Und noch
einer um felbige Zeit: *Diefes war im Geſetz als
„jungen Kindern noch zugelaffen, daß fie bey
„oem HErrn noch fchwören durften: nicht daß
„ſie deswegen recht dran zen hätten, ſondern
„weil es nur beffer iſt, GOtt diefes zu leilten, als
„ven Teufeln,, z). ‚ Der auch fonften von dent
falfchen Eyd ernftlich redet, und vor rathſamer
hält, gar nicht zu ſchwoͤren, mit der beygefügten
Urfache: “Wer garnicht ſchwoͤret, der Fann niche
falle fhmwören,, a). - Davon auch Yuauftinus
abermal ſagt: Bermeidet doc) ganz ımd gar die
„Gewohnheit zu ſchwoͤren, weil der HErr im Ev⸗
—5— verbeut: ihr ſollt allerdings nicht ſchwoͤ⸗
„renb +
13. Chryſoſtomus hat diefes gleichfatte ſhleche
terdings aus den Worten CHriſti und aus Suach
23, 9⸗218. bejahet, daß das Schwoͤren nicht zu—
laͤßig ſey. Er drohet auch dabey daß er die ſtrafen
Oo o o wolle,
P- 559. Balduin. pr&f. ad Minutium Felicem. s)
Posfidins in Vitac.25. t) Serm.ıg.de Verb. Apoft. u) Ibid. x) AmbrofiusExhort.ad Virgin. y)Eslarins
%
. \ ° a
® #
*
u. 4
can.4-in Match, u »-Comikin Matth,l.c. a) Id. lib. II. in Zachar. c.8. b) Lib.de Redtit,Cathol, Conu.c.r.
_ . r \
658 '
wolle, die nod) fehwören würden, fie follten aud)
nicht zum Abendmahl gelaffen werden c). Wie
er denn auch den Einwurf ernftlich beantwortet,
dafich etliche entfchuldigten, man fordere ja den
End von ihnen, und fpricht darauf alfo: “Du
„darfit auch nicht fagen : wie, wenn mich je-
„mand zum Schwüren zwünge ? wie, wenn
„er mic fonft nicht Glauben zuftellte? Aber wo
„das Gefege nicht übertreten foll werden, da
. „darf man gar nicht an die Nothwendigkeit ge-
„denken. Denn es ifteine einzige unvermeidlich
Nothwendigkeit, daß man GOtt nicht beleidi-
96, d). Abermal nimmet ein frommer Mann
die Worte Chrifti aifo an, und klagt über die Chri-
ften zu feiner Zeit, daß fie ihnen Feine Folge lei—
fteren: Der Heiland (fpricht er,) hat befohlen,
„daß die Ehriftenmenfchen nicht. ſchwoͤren follten,
„Aber man findet ihrer mehr, Die einen Meineyd
„thun, als derer find, welche ganz’ und gar nicht
„ſchwoͤren,, e). Womit er zugleich befennet,
daß gleichwol neh immer auch unter dem Ver⸗
derb Chriſten geweſen, die gar nicht gefchtvoren
haben. Sonft zeiget er auch an, mie die Bos-
beit der Heuchler fo groß fey, daß fie auch, da
Gott zu ſchwoͤren gänzlich verboten habe, über-
dis ungefcheuet falfch ſchwuͤren F).
14. Die erwehnte Entfchuldigung wegen der
Nothwendigkeit raͤumet aud) ein anderer hinweg,
wenn er fchreibet: “Du folle allen Eydſchwur mei-
„oen. Sprichft du: Wie will ich denn einen
„überreden? Thue es mit Worten, und mit fol
„chen Werfen, welche deine Worte glaubwürdig
„machen. Wer da falfch ſchwoͤret, der verleug-
„net GO. Worzu bedarf GOtt des Schwoͤ—
„rens? Mache dir nur Credit durch dein eben, g)-
So erfläret auch ein Ehriftlicher Poet die Worte
Chriſti alfo: “Das alte Gefeg verbeut den Mein-
„eyd, aber meinem Befehl muß elle Kühnbeit
„zu fchmören weichen. Es foll euch genug feyn
„Ja, Sa, und Mein, Mein , was über diefes ift,
„das gibt die böfe Kraft des Suͤndengifts den ver-
„derbten Herzen ein,, Es ift auch nicht zu
übergeben, daß die griechifche Kirche deswegen
über die lateinifche geflager hat, “weil diefe ge-
„mennet, das Schwoͤren fen gar nicht verboten,
„und achte fie alfo die Worte Chriſti Match. 5. fo
„aering, daß fie auch in den allergeringeften
„Dingen den Eyd zulaffe, vorgebend, ſchwoͤre
„doc GOtt felber ).
e) Homil.9.in Ad. Apoft. d) Homil.z. ad Antioch.
P.142. 8) Gregor. Naz.Carm. XXVIL.n.43. h) Zunencus lib. I. Hift. Euang. 64-
Gr. adu, Lat. ap. Cozelerium Tom. I. Mon, Gr. Eccl.p. 495. k) Angufinus Ep
iften Pflicht und Bezeigung gegen die Bottlofen. i
15. Die übrigen n der Alten gehen nur
allein dahin ‚daß fie erhaupt alles Schwoͤ⸗
le na
- rn
ven nicht gänzlich aufheben wollen, nemlic) unter
denen menfchlichen Societäten, darinnen nicht als
den Regeln des wahren Chriſtenthums
lauterlih einher gehen, aber gleichwel Kalten
fie vor rathſamer und göttgefälliger, daß ı
auch die Gottlofen zu Feinem Schwur (af, weil
fie der Gefahr des Meineyds fo nahe find in
Ermangelung des lebendigen Erfenntniffes Got-
tes, welches vor dem End nothwendig erfordert.
ward, Unterdeſſen blieben fie doc) —
bey den Worten des HErrn, in Anfehung
verjenigen, Sch nach allen Worten und Exem⸗
peln des Heilandes gänzlich richteten, und alfo
unter einander Treu und Glauben vor GOttes
allfehenden Augen hielten. Vieles hiervon haben
wir ſchon gefehen , da immer ein Unterfcheid ges
machet ward uncer denen, welche weder vor GStt
noch vor Menfchen als wahrhaftige , treue und
vedliche Ehriften paßirten, und unter wahrhafti-
gen Kindern GOttes, welche ihrem Water in
dem Himmel in der Wahrheit immer ähnlicher
wurden. Bey diefen achteren fie den Eyd, und
eine fo hohe Betheurung bey GOttes Namen und
ihrer Seligkeit, überflüßig und alfo unnothig, es
wäre denn, daß fievon den Gottloſen etwas wich.
tiges bezeugen müßten. Unter diefen merften fie
an, daß fich der Mißbrauch nicht allezeit und
gnugſam verhuͤten liefle , viel weniger mit dem
Erempel des teuren Apoſtels fich entfchuldigen,
der nicht einen körperlichen End abgeleger, fondern
nur GOtt zum Zeugen. angeruffen uͤber dem, was
ihm etliche aus einigem Mißtrauen und Zweifel
nicht zufrauen wollen. Siehe Rom.ı,g. 2 Cor. 1,23,
Phil. 1,8. Davon fihrieben fie alfp: Das Schwoͤ⸗
„ren Dürfen wir Deswegen nicht alfogering achten,
„teil dev Apoftel in feinen Briefen geſchworen
„hat. Denn es ift viel fiherer, gar nicht ſchwoͤ⸗
„ren, daß in unferm Munde Sa, Ja ſey, gleichiwie
„der HErr erinnert? Nicht als ob es eben Sünde
„fen, wahrhaftig zu ſchwoͤren, fondern weil es die
„allerfchrverfte Sünde ift, falſch zu ſchwoͤren, da⸗
„durch einer geſchwinde fälle, der zu ſchwoͤren
„pflegt K)»
16. Dahin giengen nun die Erempelderer, wel-
che, nach des Hn. Cave Bericht,p. 590. gefchworen
haben. Denn wo erwa auch vie heydnifche —
t
e) Saluianus lib. II.deGub.p.84. f) Ibid.lib. IV.
i Criminat. Ecel.
ad Hilarium.
— if
3 Zr .
Pi.
x
6
fie im Kriege oder fonft ihrer Treue fich verfichern
ollten; fchlugen fie daffelbenicht aus, weil es dem
Befehl des HEren nicht entgegen ftund, der auf
die Gefellfchaft der wahren Cheiften unter einan-
der fürnemlid) gefehen hatte, Alsauch nachmals
mi den Epriftlichen Kayſern die Chriften bey
em Iebendigen Glauben auch die Treue und
Wahrheit hintan fegten, wurden eben die Eyd⸗
ſchwuͤre fürnörhig geachter, wohin auch des heyd⸗
nifchen Seribenten Vegetii Worte zu vechnen
find, daerdie Formul, wiedie Soldaten geſchwo⸗
ren, aufgezeichnet, weiches erftlich int 4. Seculo
efcheben. Ob nun wol in fol iten die Eyde
Fehr gemein waren , fo blieben die Chriſten dennoch
dabey, es ftünde denen wahrhaftig frommen
Chriſten zu, daß fie unter einander nicht ſchwuͤren.
Dahero bekannten fie: “Das Evangelifche Gebot
„kaͤme denen zu, welche fehr vollfonnnen waͤ—
„renz,,t). Wie man dern Fein Erempelaus denen
erften Zeiten von denen wahrbaftigen Ehriften fin-
det, daß fie einander nicht ehe follten geglauber
und getrauet haben, dann bey Eydſchwuͤren Denn
was etwa Plinius, der Hende, von ifnen berichtet
bat, als ob fie ſich unter einander mit einem Ende
verbunden hätten, feinen Diebſtahl, Straffenraub
oder Ehebruch zu begehen, koͤmmt ohne allen Zwei⸗
fel aus einer ungegrimdeten Meynung diefes Hey⸗
den ber, der auf falfchen Bericht fienach der hend»
nifchen Gewohnheit geurtheilet, und nicht gewußt, M
daß das Volk des HEern einen freywilligen Gehor:
fam zu leiften pflegtem). Die Heyden felbft giengen
auf diefen Grund, daß unter glaubwürdigen
Derfonen feine eydliche Berficherung vonnöthen
wäre, Solon, alseinredliher Mann , wurde
“wegen feiner Aufrichtigfeit fo äftimirer, daß er kei⸗
nes Eydes bedurfte. Denn (wie der Scribente
Binzu feßet,) “esift vor eine Befchimpfung zu ach-
„ten, wenn einem folch ann ein Eyd zugemu⸗
„ehet wird n). Und redlichen Leuten ftehetzu, daß
„ſie der ganzen Welt zeigen, daß ifre Sitten und
Thaten Fräftiger als Eyde feyn,,o). Wie jener
Schythe zu dem Alexandro M. ungefcheuet fagte:
„Denfe nicht,daß wir mit Schwören etwas bekraͤf⸗
‚tigen. Wir fchwören, indem wir Treu und Glaus
„ben halten. Die Griechen, (welche ihrer Untreu
wwegen beruͤchtiget waren,)p) brauchen dergleichen
Verſicherung, welche die Götter zu Zeugen anruf⸗
1) —— Schol. ad can 29. Bafıl.
Stobaum Serm. 14. [
s) Philolib.de Deca
Cap. Don der erften Epriften Aufrichtigkeit und) ebe zur Wahrheit, ıc.
Ss — E X
keit von denen Chriſten einen Eyd forderte, wann
m) Plinius Sec.lib. IX. cp. 98.
P Vid. Barthius lib. LVI. Aduerf.c.17. q) Curtiuslib.VIL.c.g.n.8. r) Philode Efixis.
80P.465. t) Legesfunt apud Blaffarem Syntagm. lit. V.e.32.p.135. u) c.1.X. Prlire
659
„fen, wir aber fegen den Gottesdienft in unferer
„Treue. Wer ſich vor Menfchen nicht fcheuet,der
„ſuchet auch wol GOtt zu betrügen,,g). Welches
eben auch von den Eſſaͤern verfichert wird, “daß jie
„ihre Worte unter einander vor Fräftiger als Eyd⸗
„ſchwuͤre gehalten, und der Eyd Hingegen vor eine
„überflüßige Sache geachtet wurde r).
17. Alfo gar ward es nun aud) “der Natur ges
„mäs gehalten, daß man fich gar von dem Eid—
„ſhwur enthielte, und Hingegen fid) alfo an die
» Wahrheit gewöhnte, damit auch ein fehlechtes
Wort Die Kraft eines Eydes hätte. Denn wer
„ſchwoͤren müfle, der fer ſchon einer Untreu vers
„oachtig,,s). And ausebendiefen Urfachen ward
auch ehemals allen Kirchendienern fihlechthin vers
boten, einen Eyd abzulegen, welches fowol in den
morgenländifchen Gemeinen gebräuchlich war t),
als auch in den Sateinifchen u), Wiewol man
auch) darunter einen Vorzug, und folgends eine
Infallibilitaͤt der Elerifey ohne Grund fuchte, ja
ar eine Tyranney über Die fogenannten Layen,
indem, zum Erempel, bey vorfallendem Streit
zwiſchen einem Geiftlichen und Weltlichen,, diefer
einen formalen Eyd abftatten mußte, jener aber
nur mit fchlechten Worten Berficherung thatx).
Ich weiß auch nicht, warum eben die fogenann«
ten Orthodori denen Arianern einjten in einer .
ſchweren Sache einen Eyd zu thun abgefchlagen
baben, und fic) Biebey auf das Verbot EHrifti
atth. 5. beruffen, darinnen nach ihrem eigenen
Geftändniß der Eyd aleichwol nicht verboten waͤ⸗
tey): Ohne daß die Berftändigen fch'ieffen müf
fen, dieſe theure Worte des HEren wären nur
gleichfam auf den hoͤchſten Nothfall zum Vorrath
beybehalten worden, wenn man etwanicht weiter
ausfommen Fönnen, im übrigen aber unzaͤhligmal
übertreten und gebrochen worden. Was fonften
der Here Cave p. 598. von den Ceremonien bey
den Eydſchwuͤren gedenfet, wie man etwa in der
Kirche beym Altar auf dem Evangelienbuch ges
ſchworen, u. f.f. gehöret nicht zu dem erften Chris
ſtenthum, wie auch Chryſoſtomus und andere
eiferige Schrer gegen alle Superftition und Mißs
bräuche heftig geredet und gefchrieben Haben.
18. Denn, wie gemein die falſchen Eyde unter de⸗
nen verfallenen Ehriften wegen der geoffen Indul⸗
genz worden feyn, geben die bitteren Klagen etli«
Do002 . cher
n) ArteusSerm.3. 0) Socratesap.
non contefl:conf. Lancellotus Inſt. I. C.lib. II.t. ia. 9.2. x) Concilium Triburienfec.zı. y) Vidor Veicenfis
lib. II. Perfecut. Vandal.
660 5. 3. Don
cher treuer Lehrer in felbigen Zeiten. Wann, zum
Erempel, Salvisnus von denendamaligen Frans
fen fehreibet, und die Chriften mit ihnen verglei=
det. “Was thut ein Franfe neues, wenn er ei⸗
„en Meincyd thut? der ja einen falfchen Schwur
„vor eine gemeine Redensart hält, nicht vor eine
„Sünde. Und was ifts Wunder, daß die Barba=
„ren diefes meynen, welcye fein Gefeg und GOtt
„richt kennen, da der meifte Theil der Roͤmer alfo
„glaubet, welche immer in den Tag hinein fündigen 2
So ſchoͤn ehren diefe GOtt, der doch den Eyd ſelb⸗
„ſten verboten hat, daß fie den Meineyd vor einen
„ſonderlichen Vortheil achten,, z)! Und deswegen
thaten eben diefe, welche den Verderb erkannten,
fo viel treuberzige Warnungen von dem falfchen
End, fogar, daß fie lieber alles Schwoͤren wollten
unterlaffen willen, da der Braud) von dem Mipß-
brauch nicht oder fchwerlich bey dem Heuchelchriften-
thum zuunterfcheiden ware. Auch derjenige (fag-
„ten fte,) der wahrhaftig fchwörer, ift vem Meineyd
„ſchon nahe, wovon derjenige ferne ift, Der gar nicht
„ichwöret a), Miemand begehre den Eydfcehwur
„als etwas gutes, Damit er nicht Durch ofteres
Schwoͤren inden Meineyd verfalle, Darum wer
„da weiß, daß der Eyd nicht unter die guten, fondern
„uur unter die noͤthigen Dinge zu rechnen ſey, der
„huͤte ſich, ſo viel er kann, daß er ihn nicht eher als
„in der hoͤchſten Noth brauche b). Es iſt gar recht,
„daß dem Menſchen verboten iſt zu ſchwoͤren, da—
mit er nicht durch die Gewohnheit in einen Meineyd
„falle ‚ indem ein Menſch leichtlich kann betrogen
„erden. Gott allein kann ficher ſchwoͤren, weil
„er nicht hintergangen werden kann c).
19. Das leichefinnige und liederliche Schwoͤ⸗
ren und Berheurung bey Unterredungen wurde
gleichfalls unter den Chriſten ganz gemein, nad)=
dem man einmal die Schranfen ver Regeln Ehri-
fti und feine gutherzige Erinnerungen durch aller-
band Bernunftfchlüffe und Bedingungen über:
gengen hatte. Darüber ein Lehrer fehr ſchmerz⸗
lich klagte: “Wir lefen die Gebote GDttes immer,
„und übertreten fie auch ters. Wer iſt unter de
„nen Woltleuten, etliche wenige ausgenommen,
„die nicht dabey immer Ehriftum im Munde ba:
„ben, daß fie nur falfch ſchwoͤren koͤnnen? Das»
„hero auch dieſer Schwur bey Adel und Unadel ge
„mein ift: So wahr mir Chriftus helfe (per
„Chriftum)! %a, e8 ift ſo weit kommen, , daß der
„Name Ehrifti nicht mehr ein Schwur, fondern ei-
—— ⸗— — — — — — — —
der erſten Chriſten Pflicht und Bezeigun gegen die Gottloſen.
Barbaren geſagt habe; ) Denn dieſer Name wird
+
„ne gemeine Rede iſt; wie ich von den heydni
„bey vielen fo verachtet, daß fie auch meynen, fie
„eönnen nichts thun , wenn fie nicht erft bey Chris
„ſto ſchwoͤren. Diele fhworen bey dem Namen
„Chriſti nicht allein, wenn ſie liederliche und un:
„müge Dinge anfangen, ſondern auch gar, wenn
„te die allergrößten Suͤnden begehen wollen.
„Denn fo: pflegen fie zu veden: Bey Cprifto, id
Itehle das; bey Chriſto, ich gebe dieſem —
„bey Chriſto, ich — dieſen todt, u. ſ m. So
„weit iſts kommen, daß ſie meynen, ſie thun DR
„ben den größten Sünden einen Öottesdienft, wenn
„fie nur bey ofchwören,, d). Und ein ande⸗
ver bejammer: 1 diefen erſchrecklichen Greuel,
„daß man allen Eyd verachte und gleichlam mit
„Fuͤſſen trete, und» wenn nur ein Knabe etwann
„gezüchtiget folle werden, fo fange er alfobald an .
„bey GOtt und Ehrifte fich zu vermeflen,, &: Wie:
derum befennet einer,öffentlich vor der Gemeine,
daß er vor feiner Bekehrung, nemlich da er gleich⸗
wol auch vor einen Chriften gehalten werden, Dies
fe greuliche Gewohnheit gehn t, und immer leicht⸗
finnig geſchworen, feßet aber Diefes hinzu: Ich
„ſage eurer Siebe, nachdem ich GOtt zu dienen an«
„gefangen, und geſehen, was der Meineyd vor ei⸗
„ie Sünde ſey, habe ich mich heftigentfeßet, und
„dieſe fchläferige Gewohnheit durch die Furcht be=
aͤhmet. In ſolcher Bezaͤhmung wird fie nun
„zurück gehalten, durch die Zurückhaltung wird fie
„immer geſchwaͤchet, und endlid) gar getötet E),
20. Damit ich aber wiederum auf die Liebe zur
Wahrheit bey den erſten Ehriften fomme, und
fonderlich von ihrer Feindfchaft wider alle fügen
noch etwas melde, fo erhielten fie auch dieſer we⸗
gen ein herrliches Zeugniß von denen Heyden fele
ber, die ihre Auftichrigfeit in dem Umgang mit
ihnen fattfam geprüfet haften. Denn fo ſchriebe
ein heydniſcher Praͤſident an den Kayſer ſelbſt von
ihnen» “Sie hätten ſich unter einander verbun⸗
„den, Eein falſch Zeugnißzu geben, nichts zu leug⸗
„nen, wovon fie gefraget würden, und wovon fie
Gewißheit hatten, oder was ihnen fonft anver-
trauet wäre, g). Auf diefe ihre Treue bezogen
fie fich felber in ifren Schußreden, wenn heipren
Anflägern vemonftrivten oder zeigten, wie fie
gleichwol bey der Inquiſition Dis und jenes leug⸗
nen, und das Befte im Herzen behalten Fönnten,
Sa, diefer Rath wurde ihnen mol zu ihrer zu. :
t lin Msn f ? ng
2) Saluianus lib. IIII. de Gub. Dei p. 14t. \ ä) Augufinus lib. XVIIII. cont. Fauft. c. 25. b) Idemlib. I. de
Serm. Dom. c. 17. c)Idem in Pf. 98. d) Saluianusl.c. p. 143. ©) Chrylofl: ar! iv inı Thel, f) Au-
gufin, Sexm. 23. de Verb, Apofl, g) Pänins Sec. lib, VIIU, Epiſt. 98:
—3
ör
)
hung felbft gegeb den Heyden. Dawid
ung t gegeben von den Heyden. Dawider
edlen ber urcht des HErrn eiferig Fampften
und bey der Siebe zur Wahrheit beftan g blie⸗
benn). Dabey auch treue Lehrer ihre Sorgfalt
dermaffen bewieſen, daß fie audy aller Unwahrheit,
die etwan aus Noth von einigen gebraucher wur-
de, ernftlich und in ausführlichen Schriften wi-
‚derfprachen i).
21, Hiernächft fuͤge ich noch mit twenigem etliche
—* ihrer Gerechtigkeit im Handel und
VDandel bey, wie die erſten Chriſten ſelbige
ſowol gegen andere, als gegen die Weltkinder
unverruͤckt erwieſen, auch was ſie ſonſt von den
Handlungen der Gottlofen i in gehalten
haben. So war nun diefes ie Erklärung ins:
gemein: “Sollte auch wol die Handlung zu eis
„nem Knecht GOttes fich ſchicken? Wenn dteBe-
Igierde hinweg bleibt, welche eben die Urſache des
ri ewinns ift, fo wird das Handeln nicht nötbig
„ſeyn. Wenn nun gleich eine ſolche gerechte Art
„gefunden würde, welche keinen Gewinn ſuchete,
„und weder böfe Begierde noch fügen dabey herr⸗
„fchen lieſſez fo wird doch diejenige Handlung in
. 6. Cap Don der erften Ehriften Aufrichtigkeit und Liebe zur Wahrheit x. 665
0. 84 rn ee > nee
„Denn warum follte er zu Schiffe gehen, oder efs
„was von einem fremden fande holen, dem au dem
„Seinigen fhon genuͤget? Nemlich , follte der
„wol anfremden Waaren Luſt haben, dev auch kei⸗
„nen Gewinnt begehren Fann, weil ihm an feiner
„Nahrung genüget, m). Demnach hielten ſie die
Kaufmannfchaft deswegen vor fehr gefährlich, ja
unter den Gottlofen vor unveranfwortlicd) , weil
die Ungerechtigkeit, Gewinnſucht, $ügen und fal
ſches Schwören fo gar gemeine wäre, Wienad):
gehends indem verderbten Chriftenehum die From⸗
men annoc) Flagten, Daß es unterden Kaufleuten
alfo zugienge: Was ift das eben aller Handels»
„leute, als lauter Betrug und falfches Schwören?
„Meynet man, man fönnees ſolchen feuten wol zu
„gute balten, denn es fey ihr Handel und ihre
„Profeßion, darum ſey es nichts feltfames, wenn
„ſie das thäten,was fie gewohnt find. So beden«
„ee man, ob GOtt jemals wolle, daß böfe Dinge
„gefcheben mögen, oder ob man die H. Majeftät
„gar nicht beleidige, wann geringe Leute eine groffe
„Stunde begehen n), Manbedenfenurden Haus
„fen der Handelsleute, die den größten Theil der
„die Sünde der Abgoͤtterey fallen, welche zu Er-* Städte eingenommen haben. Iſt auchdas Leben
„haltung der Gögen dienet, als welchedie Teufel
„lärtiget,.k), Welcheslegtere fie deswegen dabey
bedingeten,weildamals ftarfeHandlung mir Weyh⸗
rauch und andern Waaren getrieben wurde, Die
zum Goͤtzendienſt gehörten, deſſen ſich die Chriſten
auf keinerley Weiſe theilhaftig machen durften.
Sonſt ſiehet man aber, daß ſie vor allen Dingen
alle, auch geringſcheinende Gewinnſucht, noch mehr
aber den Betrug, das Luͤgen, Schwoͤren, falſche
Waaren und andere Ungerechtigkeit ferne davon
willen wollen. Und daß fie darüber in ihrem $e-
ben fteif und feft gehalten; ift daraus leicht zu fehen,
weil fie den Gottloſen ihre after hierinne gerroft
aufgerücket, und fich alfo nothwendig von dem ge⸗
ringiten Vorwurf deswegen frey gewußt, wenn fie
alfo vedeten: Die Henden ziehen das Geld auch
„wol dem $eben * Denn das thun ſie ja, wenn
„fie aus Gewinnſucht allerhand gefährliche Hand⸗
„lung auf der See zu ihrem Vortheil treiben Uns
„aber geziemet nach der andern Art zu leben, darinn
„wir, gegen kechnen, ſtehen, daß wir nicht die
„Seele vor das Geld, fondern Geld vor die Seele
„bingeben 1).
- 22, erner erflärten fie ihren Sinn davon alfo:
„Ein Gevechter verlanget gar nichts fremdes,
h) Tertullianus Apol.c.27.
c.10.
o) Idem lib. IV. p.ı42. p)
Aucor
u u i
Be ui
„oerfelben aller etwas anders,als eineBefleißigung
„auf Liſt, Berrug und lauter $ügen? Sie ehren
„Dre fo wenig, daß fiedas falfche Schwören für
„einen fonderbaven Profit achten,,o). Auf diefe
fehrecfliche Sünden fahen nun die wahren Chri-
ften, wie fie fowol unter den Heyden, alsaud) hera
nach unter den beuchlerifchen verfallenen Chriſten
aus dem Heydenthum, offenbarlich getrieben wur⸗
den, und allen Handel und Wandel folcher ungewiſ⸗
fenbafter Menfihen befleckten. Sa, diefer Greuel
nahm fo os unter dem allgemeinen Ber-
derben gottesfuͤrchtige Leute faft Bedenken fragen
mochten, eben wie die erften Ehriften unter den Hey⸗
den, fich in folche Art der Nahrung einzulaffen. Und
ift merflich, vaß unter andern auch diefes an den
Waldenfern von den Papiften für ein Kennzeichen
der Ketzerey ausgegeben worden, daran man fie
kennen follte: “Daß fie feine Handlungen trieben,
„ivegen des Luͤgens, Schwörens und Berrugs, den
„fie gerne meideten. Daher fienur von ihrer Hand⸗
„arbeit lebeten, wie die Handwerfsleute, und ihre
„sehrer felber wären Leineweber und Schufter. Sie
„fammleten feinen Reichthum, fondern wären mit
„dern Nötbigen vergnuͤgt. An folchen Worten und
„Werfen müffe man die Keger erfennen p).
90003 22. Da⸗
RE de Mendacio Tom.IV.Oper. K) Terzullians ſib. de Idol,
) Idem lib. de Pati —* A) Lafäntius lib. V.c.18. n) Salnianns lib, ILL. de Gub. Dei p. 94-
in Catal. Teſt. Veritp: 756 —
*
662
23. Dahin gehöret nun auch der Wucher, wo⸗
mit fie alle dasjenige benennten, was manüber
die Bunma, die man ausaelichen bat,
nimmt 9). Wovon fie alfo lehreten: “Nenn du
„einem Menfchen etwas leihejt, von dem Du et»
„was mehr zu nehmen hoffeit, als du ihm gege-
„ben haſt, fo bijt du ein Wucherer, und bit
„darinne nicht zu loben , fondern zu fhelten r).
Wie fie nun insgemein alle Begierde reich zu wer⸗
den, nach den Worten CHriſti und feiner Apoftel,
wor böchft gefährlich und verderblich hielten; alfo
fürnemlic) dieſe Art des Gewinne. Denn fie fa-
hen fo viel“ Bande, die der Satan den Menfchen
„teget, ihren Glauben zu Bindern und zu feffeln,
„fenderlich die Bemühung Geld zu fammlen, und
„den unreinen Wandel im Kaufen und Verkau⸗
„fen; welche ihn alfo verſtricken fonnten mit Sün-
„ven, Schwüren und Handeln, daß fie ihn als ei⸗
„nen Sclaven behielten. Dahero ja billig das
„Herz von diefem allem frey bleiben muͤſſe, weil
„fonft der, fo zu ſolchen Banden fi) nur neige,
„gleich mit Ben Sündern Bingeriffen werde, 5).
Demnad) befenneten fie folgendes infonderheit von
dem Wuher, Zinfen oder Intereſſe: “Ein
„Gerechter wird Feinen Wurhernehmen, wenn er
„einem Geld gelehnet hat, Damit ſowol die Wohl⸗
„that völlig fey, da er feiner Nothdurft zu Hülfe
kommen ift, als auch er fi) von allem fremden
„Gut enthalte, Denn in diefer Ark der Dienft-
„fertigfeit muß er mit dem Seinigen zufrieden
„fenn, weil er ja auch nicht einmal des Seinigen
Ichonen darf, Damit er Guts thun möge. Wenn
„er nun wollte mehr nehmen, als er gegeben bat,
„fo wäre es eine Ungerechtigkeit. Wer es aber
„ehuf, der ftellet einiger maſſen Netze auf, daß er
„von eines andern Nothdurft etwas rauben möge.
„Ein Gerechter aber wird niemals unterlaffen
„Barmherzigkeit zu üben, wird fic) auch mit fol-
„chem Gewinn nicht verunreinigen, fondern ver⸗
„fhaffen, daß dasjenige, was er leidet, ohne allen
„Schaden unter die guten Werke gerechnet werde).
24. Hierinne fahen fienun aufdie klaren Worte
EHrifti, Luc. 6, 34- Matth. 5, 24. Wenn ihr
leihet, von denen ihr hoffet zu nehmen, was
Danko habt ihr davon? Denn die Sünder
6.3. Don der erften Ehriften Pflicht und Beseigung gegen die Bortlofen.
leihen den Sündern auch, auf daß fie glei⸗
ches wieder nehmen. Doch aber liebet eure
Seinde, thut wohl und leihet, da ihr nichts
dafür hoffet, fo wird euer Kohn groß feyn,
und werdet Rinder des Allerhoͤchſten ſeyn,
denn er ift gürig über die Undankbaren und
Boshaftigen. Diefer Flare Befehl (ame der
überfchwänglichen Verheiſſung war in ihren Her⸗
zen fo Eräftig zur Gerechtigkeit, Barmherzigkeit
und tiebe ‚als etwa die Geldbegierde beyden Kin«
dern des Unglaubens immermehr feyn konnte. Da
mochte nundie Vernunft, das Mißtrauen, der
Geiz, die Unbarmherzigkeit und andere Lüfte eins
menden, w ie wollten, der Gehorfam des
e allesauf, und machte die Befchö-
nungen der menfchlichen Thorheit zunichte ; wie
mir theils bey ihrem Gehorfam im 1. Buch, theils
bey ihrer Mildigkeit im 3. gefehen haben. Darum
hieſſe es bey ifnen: “Der Herr fpriche im Evans
„gelio, man folle denen vielmehr. leihen, von wel⸗
„chen man Feine Vergeltung hoffe. Hoͤret, was
„ein Wucherer vor einen Namen von dem HErrn
empfangen habe, und wie der heiffe, welcher dem
»Wucherverbundenift. Die Sünder leihen den
„Suͤndern auch. Sie find alle beyde Sünder,
„der Wucherer und der Schuldner. Ihr aber
„nicht alfa: Bedenket nicht lange, was die Feinde
„oerdierien, fondern vielmehr, wasißrehunfoller.
„Geber denen, von welchen ihr nicht hoffet, daß ihr
„das Geliehene wieder empfangen werdet u). Wer
„aber noch Zinfen nimme, der begehet einen
„Raub x). Denn der ift ja wol für graufam zu
„achten, welcher dem Armen durd) den Wucher
„gleichſam das geben nimmt,y). Nun erkann⸗
ten jadiefes auch die Heyden wohl,daß es fo vielfey,
fib vom Schweiß und Blut der Armen nähren,
als Wucher von ihnen nehmen 2); alſo, daß fie
diefes für die höchfte Ungerechtigkeit und Gemalt
hielten a), Wie vielmehr mußten denn die Chri⸗
ften diefes glauben, da es ihr Heiland fo deutlich
gefagerhatte?
25, Welche nun alfo nach) den Negeln des wah⸗
ren Chriſtenthums lebeten, die konnten auch vor
dem allwiſſenden GOtt bekennen, was ein alter
Chriſte in einem Morgenlied ſunge:
Fr Dir
q) Auguflinus in Pfalm 36. conc. 3. et Hieronymus Ib ndt. in Ezech. c. 1%. r) Idem
ibid. s) Hilarins in PL 124.
Bono Mortis c. i2. y). Augufinus Epiſt. 54.
burgins, Salmafıns aliique.
t) Zaötantius lib. VI. c. 18. tslib. de Tobia c. 16.
2) Vid. Heraldus ad Arno p. 147. ſeꝗq. a) Sigonius lib.II.
de Iur, Ciu. Rom. c. I. a) Alex. ab Ale lib.1.c.7.et qui peculiar
u) Am x) Idem de
s libris commentati fünt Cloppen-
-
.
]
s
;
u.
- .
6. Cap. Don der erften Ehriften Aufrichtigkeit und Liebe zur Wahrbeitz. 663
Bir wien nicht vom Wuchern und vom
— Schinden:
Wir kennen feinen Krieg noch ord.
enn Ehriftum Fann ein reiner Glaube fin-
x den;
Ihm ſinget unſer Wer
4
kund Wert.
Ihm beugen wir die Knie, vor ihm wir wei⸗
* REN EN
Ihn loben wir, wir find nun ganz die Sei-
nen b). Ne
Diefe kenneten den groffen Schade
Gewinnfüchtiger feiner Seelen bey di
nem Bortheil zujog, und wie
Siebe zum Gewinn fo gar vo ——
nicht abgeſondert werden könne. as die Welt
für Bewinn hielte in ihrem Geld und Gut, das
war in ihren Augen aroffer Seelenſchaden,
weil fie es an der Gottſeligkeit binderte c),
wie fie frey davon redeten: "Das Wuchergeld
„iſt wie ein Schlangenbiß: Wer es nimmt, der
„hat eine Zeitlang feine Luft daran, als einer „der
„etwas gutes empfängt, und fo merfet er beydie-
„fer Annepmlichkeit nicht, daß er gefangen fey-
Matth. e) Ambrofius lib. III Ep
‚fienj. ſib. II. €. 33. Nomo-Cunon. Gr
b) Prudentius Cathemer. hymn. lt Serm. 5. in PL. CXVIII.
" f) Idem lib. III. Oflie. c. 3-
n. 109. ap. Corelerium "Tom. I. Mon. Grxc. Ecclef. p. 87. Gregor.
»Diefes Geld aber gehet wie ein Gift durch alle ſein
„Vermoͤgen, und machet es zu Schulden,, 9).
Hingegen Bieffe e8 von dem wahren Wucher der
rechten Ehriften: “Ein Chriſte, wenn er hat
„gibt er fein Geld dahin, da ers nicht wieder hofz
„fet. Darinnen bat er feinen geringen Wucher
„der Gnade. Sonft beißt diefes nicht, helfen,
“„fondern betrügen. Denn was ift fchrecklicher,
„als wenn du einem Armen Geld gibft, und doch
„es doppele wieder fordert? Wie will der das
„Zweyfache bezahlen, welcher nicht einmal das
„Einfache zu bezahlen hat, e)? Daher blieb die-
fes eine ungertrennliche Pflicht der Ehriften, daß
fie ihr Beld nicht auf Wucher gaben f), als
welche $eute fchon im Alten Teftament felig ge—
priefen wurden. Pf. 15, 5 ) fanden es die
Vorſteher fo nördig, die Ihrigen dazu anzußals
ten, daß fie. and) in den Kivchengefegen nach»
mals Verordnung deswegen machten 2). Zuges
ſchweigen, wierfonderlic) denen Lehrern alles Wus
chern und Zinsnehmen fehlechterdinges und bey
groffer Strafe mußte verboten werden, teil es
jo ſehr uͤberhand nahme; wie im legten Bud) foll
iget werden.
d) Chryfoffomus hom. 12. in
g) Concil. Arelaten/e ]. c. 12. Pari-
M. lib. IL. Ep. 126. Leo M. Ep: 58. etc. Oönf\ gmnino Bafılii M. hom. in P£. 15. aduerfus Feeneratores,
Ende des fünften Buchs.
Das
?
5
08 Sehe Bud,
Privat und hauslichen Leben
der erſten Chriſten. TE
Das 1. Capitel
Von ihren Hochzeiten und
Ay,
Von den
Eheſtand.
Summarien.
Ebeſand der erſten Chriſten $. 1. wurde nach GOttes Willen gefuͤhret, nach Pauli Anweiſung, Exempel eines Chriſtlichen
= MWeibes. 2. Solchen Stand vertheidigten IR als was fürtsefliches ‚ dienend zur Läuterung und Prüfung, tngeacht er
viele Trübfalen mit fich führe: Ehe hindert an fich ſelbſt nicht ander Gottfeligkeit, Erempel; Nutzen des Eheftandes, 3-
d
darin Kinder GSttes finden, und ihn in der Furcht GOftes führeten, um Kinder zu zeugen und Gott zu Ehren zu erjiee
ben, und Chriſtum und feine Gemeine abzubilden: Unterſcheid zwiſchen Frommen und Heuchlern. 4. Wonder Ehe, darinn
ein Theil unglaubig; daß cin Glaubiger Fein) Unglaubiges heyrathen dürfe, Exempel; 5. Hinderniß folcher Henrath, 6-
daher fie in Eoneiltis verboten worden, und von wahren Lehrern widerſprochen; ein anders, wenn ein Theilvor der Be:
£ehrung fishverhenrathet hatte, Exempel einer gottſeligen Frauen was fie dadurch erhalten; Exempel der Clotildis 7. ArfderBer-
ur
Bindung war ohne ordentliche Einfegnung der Kirchendiener,umgeacht manesaus Ignatio bemeifen will, Ignatii Meynungs.
Iineichtigfeit eines falſchen Briefes und Mandats von der Copulation im
Trauung, 9-
ohne Zwang: 16.
Hund beitätigets (
Jahr it darinn Fein Zwang geweſen; 11.
Ten feyn, doch iſt der Zwang nachher unbillig;
fie auf. 13.
Geculo wurde die Einfegnung angeordnet Ohne
Zeugnis Tertulltani im 5. Geeulo: Bey dem Verfall geſchahe die Einfegnung durch den Kirchendiener, Doch
Lehrer haben auch wol aus eigenem Trieb eingeſegnet m
Copulation der Kirchendiener iſt nicht durchgaͤhgig objerviret : was zu einer Heyrath genug ey, 900.
unterfchiedliche Satzungen davon. ı2. Die Abficht der Alten mag wol gut gewe⸗
Nothwendigkeit der Copulakign if eine Menſchenſatzung; wie ferne und warum
Mit was Ceremonien die Hochzeit geſchahe; im 3. Seculo regte fich fihon das Werderben unter den Reichen,
zuſammen gegeben; wodurch Verlobte ſolchen
aber wurde es noch ärger, Klage darüber; Gumma, alle Neppigkeit war von den erſten Chriſten ferne, 14, welche Die Ehe
BE OD anfiengen : Gluͤckſeligkeit folcher Ehe; die Alten rühmeten die heilige Ehe Petri: ı5. Was vor Ehen keine Hinde⸗
rung an der Gottieligkeit find, wiewol Kampf dazu gehoͤret, dadurch wurde auch alle Sorge des Zeitlichen überwunden =
Vermahnung dazu, um an Leib und Geiſt unbefleckt zu feyn. 16.
Db nach eines Ehegatten Tode der andere fich verhenra=
tet oder nicht, wird mit Ja beantiwortet ; die erften Chriſten waren frey darinn, doch hielten fie gut fich nicht wieder zu verhey⸗
vathen, welches ihnen zu gufe zu halten. 17- Don Sch
eidung der Eheleute wegen der vielen Hinderniffe am Chriſtenthum,
Erempel der Scheidung 18. wie ſonſt Ehegatten geſchieden, fonderlich um Ehebruch: Ob ein Mann fein untreues u auf
friiher That umbringen dürfe: 19.
Rlẽbrauchs, worinn der beſtanden. 20.
Wann ein Unglgubiger nicht, und wenn er konnte verlaſſen werden; Aufhebung des
$ I N De —— en
b wol Bey obiger Vorftellung der Pflich-
ten derer erften Chriſten gegen fich felbft
im 4. Bud) bereits vieles berühret
worden, welcheshieher zu ziehemiſt; fo
will ic) doc) der erften Chriſten Privatleben fo fer⸗
ne hier abfonderlich, jedoch in möglicher Kürze be-
trachten, als es in einer haͤuslichen Societaͤt unter
andern geführet worden ift. Und nachdem der
Anfang und Grund aller Gefellfchaften unter de-
nen Menfchen ver Eheftand insgemein genennet
wird, fo foll auch bier von demfelben der Anfangge-
-
ER
— —7*—
machet werden. Zwar iſt ein gut Theil von dieſer
Materie oben im 4. Buch bey ihrer Keuſchheit
vorkommen, da ich ihren ledigen Stand, wie auch
den maͤßigen und gottgefaͤlligen Gebrauch der
Ehe kuͤrzlich vorgeſtellet habe. Dahero ich auch
hier nur das uͤbrige folgends nachholen will, was
am merkwuͤrdigſten Darunter zu ſeyn ſcheinet, ob
ich wol vieldavon der Kürze und anderer Lirfachen
halber übergehen muß. Wobey zuförderft der Le⸗
fer insgemein zu erinnern ift, daß man von ſolchen
Dingen, welcheden häuslichen Zuftand der Alten
= es
2. Cap. Don der erften Chriften Hochzeiten und Eheſtand. 665.
betreffen, nicht fo ausführliche Nachricht haben nemlich, dafs fie von jedem das Befte erwäßlte, von
al)? wol von andern ihrem öffent! Sn einem, nemlich dem ledigen und Feufchen, die He
up en: indem wir uns mit denen Schrif- heit und Fürtreflichfeit, von dem andern die Si
gen der Alten begnügen laſſen müffen, welche fie cherheit, da fie nemlich vor Reisungen und Wer
durch Anlaß dieſer oder des öffentlichen Gelegen⸗ fuchungen ficher fenn wollte. Denn fie Bielten den
geh Berrichtung ober Steeitigkeit gefehrieben ha⸗ iedigen Stand zwar vor herrlich und göttlich, aber
n;, Darinnen fie nur *9 pe * auch vor gefährlich, den andern aber vor ſicher c).
ehr felten, ihrer geheimen Le rt Erwehnun
—— — he a B 3. Demnach vertheidigten fie nicht allein den
- ehelichen Stand der Gläubigen insgemein wider
2. Es ift aber an gedachtem Orte erwieſen wor» alle Widerwärtigen ‚ fondern rüßmeren auch deſ⸗
den, wie eßrerbietig die erften Chriſten vondem le⸗ fen Sürtreflichkeit, mie fie fich bey folchen erwies
digen Stand geurtbeilet und denfelden mit Paulo Te d). Und ob fie wol die Schwerigfeit und Vers
als loͤblich und nuͤtzlich gepriefen ‚Hier wol druß deffelben in vielen wohl erfenneten, auch mit
fen wir aus einent und andern 66 ‚daß Paulo gerne zugaben, daß eine verehlichte ar
fie Bingegen auch den ebelichen Stan ne » doch noch forge, was die Welt angehe.: ı Cor. 7,
gen gerühmee und nach des HErrn Willen ge» 33. ſo diene ihr auch diefes PR fung und Laͤu⸗
raucht haben. Nemlich es war ihnen in allen terung, je mehr ſie etwa leil vübfalen habe,
um den Öehorfan gegen ihren GOtt zu tfun, und Wie etwa der Reichthum einen ſchwerlich laffe ing
wie fie nun wuhten, daß diefe Lebensart ihm an ihr· Himmelreich eingeben, und gleichwol fo viel Rei⸗
ſelbſt in ihrem rechten Gebrauch nicht entgegen che felig worden wären (wenn fie nemlic) denfelben
wäre, alfo dieneten fie ihm auch darinnen, wenn verleugnet gehabt) : alfo, “*obfhon der Eheſtand
er fie darein gefeßet hatte. Sie me eif- „viel Schwerigleiten mit fi) bringe, fo Fönne er
figer Betrachtung des Worts an, wie de alfo erwaͤhlet werden, daß er einem vollkom⸗
ſtand nirgends verboten —— s „menen Leben Feine Hinderniß mache,, e). Auch
gutco ; ob wol indeſſen der Apaftel ſiegelehret dürfe fich niemand deswegen entſchuldigen als
batte, was beffer wäre, der jwa reyen ob er nicht gortfelig leben koͤnne, weil er ein Weib
zugelaffen , aber die Enthaltung vorgezo⸗ Gene Babe. Denn die Ehe ſey ja Feine
gen hätte. Jenes wäre von ihm ge ——— inderniß vor ſich ſelbſt an der Gottſeligkeit.
gen der Derfuchungen, diefes, weil die Zeit Sa doc Mofes auch Weib und Kind gehabt,
fd gar Furz wäre , fich zur Ewigkeit zu berei- Helias aber feines von beyden, und dennoch babe
ten »)..ı Cor. 7, 26. u.f. Daß alfo die Lehre weder dieſem feine Sungfvaufchaft, und jenem feis
bes Apoftels zwar die Mäßigkeit und Enthaltung ne Ebe feine Hinderunggemacht. yener habe das
„rühme, aber gleichwol auc) ſehr viel Lehren und Manng, diefer Feuer vom Himmel bracht u. ſ. f. f).
„Gebote von der Ehe, Auferziehung der Kinder, Zu geſchweigen, daß eben diefe Lebensart alle
mögaueßaltung und- dergleichen gebe. Niemals vagam hbidinem auch bey den Ungläubigen
„aber verbiete er einen mäßigen Feufchen Eheftand, weit übertroffen gehabt 2). Es fen das eheliche
„oder ſchaffe ihn ab; fondern er nehmedie&leich- geben gleichfam “die Wurzel und Stüße der an—
abeit des Geſetzes und Evangelii darinnen inacht, „dern Stände b), Und wenn zwo fromme Per:
„und laſſe alles beydes zu, nemlich fowolden, wels „fonen verfnüpfer werden, fo erleichtert einesdem
scher den Eheftand mit Dankſagung maͤßiglich „andern feine Mühe und Sorgen, es verdoppelt
—— als den, welcher in der Keuſchheit le- „ſich alle Freude unter ihnen, ihre Liebe wird auf
„bet, wie es der HErr haben will, nachdem nem „ewig fefte verfiegelt. Wie fie im Fleiſche eing
„lich ein jeder beruffen ift, alfo unanftößig und „find, fo find fie an der Seelen verbunden, und
„volllümmlich zu wandeln, 6). Mach welchem „itreiten gleichfam unter einander, welches GOtt
Sinn Pauli, und dererften Chriſten insgefamt, fih „am meiften lieben Fönne i).
ene Ehriftliche Weibesperfon achtete, welche in .
riſtlicher Weisheit dieſe zween widrige Stände _ 4. Sie reden aber mit Bedacht von dem Ehe⸗
und tebensarten doch mit einander vereinigte: ftand — und Kinder GOttes, un
rPP ein
a) Tertullian. lib. I. ad Vxor. c.3. b) Clemens Alexandrin. lib. ILL. Strom. p. 445. €) Gregor. Nazianzenus
Orat. in laud. Gorgenix. d) Vid. Clemens 5* l. c. et Aguſtin. de Bono Viduit. c. 5. ©) Chryfofl.
hom. ı0. in ı Tin! f) Idem in illud: Nupti dx funt. Tom. V. Oper. g) Auguflinus lib. IIII. Con-
fell.c.2. h) Gregor. Nazianz, Carın. 14. Conf, Iuflinian. Nouella XXII. XXVL CXXXX. i) Gregor. lc.
666
chem fie alleine allen diefen Vorzug zufchreiben,
denn mas giengen fie die an, fo Drauffen waren?
Gefegt, daß aud) eine glaubige Perfon an einen
unglaubigen Ehegatten gebunden war, fogenoß
doc) jene die Verheiſſung des HEren bierinnen,
und zog den andern auch zuderfeiben Genuß. Die:
fer wurde an jenem geheiliget, fonft wären ihre
Kinder unrein gewefen , nun aber waren fie heilig,
nad) des Apoftels Xusfpruch ı Cor. 7,14. Alfo war
nun diefes in ihren Augen ein Beiliger und gottges
falliger Eheſtand, wenn alles: darinnen in der
Furcht des HErrn zugieng. Wie fiedavon fehrie-
ben: “Es ift gewiß, daß die Ehe alsdenn.reche:
„mäßig fey, und nach den göttlichen Gefegen ein:
nerichtit menn nicht die bloffe Begierde den Ge- d
*
‚boten vorkommen iſt, ſondern die Bereinigung ges
„ſchiehet um der mörhigen Hilfe und, der Yort-
»pflanzungen willen. Alfo wird erſt die Ehe recht
„ehrlich, wenn feine fchändliche Luft den Grund
„dazu legt, fondern nach Er chrift alles zu⸗
„gehet, u. ſ. f. K). Dahero befenneten fie auch
vor den Heyden, “Daß ſie nur um Kinder zu eusen
„beyrarheten, da die andern (Gottloſen und Hey⸗
„den,) nur um der Wohlluſt willen es thaͤten
Wer ſich verheyrathen wolle,deffen Abfehen muͤſſe
„ſeyn das Kinderzeugen, und der leßte Endzweck,
„daß die Kinder aud) fromm werden mögen,,m).
Wovon obe naſchon zur Genuͤge geredet worden.
Unter ſolchen gottgefälligen Abſichten ſollte nach
dem Sinn der erſten Chriſten die Ehe anfangen
und ſortgehen, daß fie in dem HErrn eins our:
den, und ein Bild des groffen Geheimniſſes zwi⸗
ſchen EHrifto und der Gemeine unter fich hätten,
Denn fo hatte es im Anfang aud) der HErr ver:
ordner, Daß zwey follten eins werden, und ihre
„unfchuldige Herzen an einander ihre Freude haͤt⸗
„ten, ein jedes dem andern gleichfam ein Pfand
“ „feiner Treue wäre, und beyde gleiches Willeng,
„gleicher Meynung, in gleichem Abſehen, Borfaß
„und Wunfch ftehend, einander folche Treue und
Libe erzeigten, daß ſie einer feligen Ruhe dabey
„genieſſen Fonnten,,n). Welches fich denn allein
nach göttlichen Willen und Trieb unter From:
men fand, die ihm der HErr zu feinen Tempeln
geheitiget hatte: da bingegen unter Heuchlern und
Unwiedergebornen lauter Öreuel und Bosheit fich
äufferten in Unmäßigfelt und fehändlicher Brunft,
alfo, daß die Beywohnung der Unglaubigen eine
gemeine Schwab und Schändung (contu-
k) Bafılins M.lib.de Ver. Virgin. 1) Iufinus Martyr Apol. II.
0) Tertullianus excufatus ideo ab Ofzandro Cent. III. I
p) Tertullianzs lib. I.ad Vxor.c.2. Anbroſius Comm in h.l. Hieronyma: lib. I. adu. Iouin,
"phanins Hær. LXVIII. n. 16. Ambrofins lib. II, ep-7. etlib.X. ep. 82. et inprimislib. II. de Virgin.
n) Dracontius lib. 1. in Hexaem. p. 356.
H.E.
6.8. Bon dem Privat. und häuslichen Leben der erften Ehriften.
N allein Die Worte des HEren aus dem
*
melia communis) genennet ward, in Anfehung,
daß unter ihnen nichts als
der Creoturen herrfchete 0). Se
5. Bon der Ehe aber eines unglaubigen |
Manns mit einem glaubigen Weib Batte ifnen
Paulus deutlich Ziel und Maaß gefeget, mie ferne
Mißbrauch und Zwang
ie bey einander bleiben follten.ı —
emlich, er, und nicht der SErr, ſage, daß,
fo ein Bruder ein ungalaubig Weib habe, und
dieſelbe la
nn. So er
chweſter fey nicht gefangen
„salen. v.15. Indeſſen wiſſe der
glaubige Theil nicht, ob ernicht den unglaubigen
felig machen werde. Jedoch, wie einen jegli⸗
chen der SErr beruffenhabe, ſo ſolle er wan⸗
deln. d. 16.17. Ob aber num ein glaubiger
CHuſt „Der noch ungebunden fey, ein Unglaubis
ges eh folle, davon nehmen die Alten nicht
AT. an
Buch, Mofis 34,16. 5 Buch Mofis 7,3. Joſu
dern auch Pauli Worte, ı Cor. 7,39
23, 12.
Eine I itroe dürfe zwar bepratben, doch in
dem ten: dasift, alleine, daß fie einen Chri⸗
fiennt e Man findet in den alten Schtife
e
mpel von der Theola, welche der
fen ein‘ \
Dies
ſtel Paulus zu EHrifto befehrer hatte
al fich mit einem fürnefmen Mannd
chen; nachdem fie aber glaubig werden, und kei⸗
ne Hoffnung zu deffen Befehrung war, fagte fie
ihm die Ehe wiederum auf, und mwollte nun dem
HErrn alleine dienen und gefallen, Sie ward
zwar deswegen von ihrem ergrimmten Bräuti-
gam verfolgt, und, wie man fehreibt, den wil-
den Thieren vorgeworfen; Fam aber oßne Scha?
den durch GOttes Schus davon, und blieb alfo
diefer ungleichen Ehe befreyer; wie fehr viel
Ecribenten einmuͤthig berichteng). Bon ans
dern folhen Trennungen wollen wir bald mehr
gedenken. äh —
6. Die Hinderniſſe; welche aus ſoſcher Heyrath
ihn ſich ſcheiden laſſen/ der
erſpro⸗
entſtehen koͤnnen in dem Lauf der Gottſeligkeit, er
zehlet ein uralter Scribente weitlaͤuftig nach da—
maligem Zuſtand der Chriſten unter den Heyden ,
au
ın) Clemens Alexandr.lib.II. Pxdag.c.:o.
ib. 1. c. 5.
g) Epi-
*
”
|
|
a 10 ln a
+ P
.
ein *}
aus dem id das fuͤrnehmſte hieher fegen will :
— daß die Glaubigen, 863 ſich
„mit den Heyden in die Ehe begeben, einer Hure⸗
„ren fchuldig ſeyn, und daß fie von aller Gemein;
ſchaft des Bruderrechts müffen ausgefchloffen
“ „werden, nach) den Worten des Apoftels, der da
spricht , man
je auch nicht mit ihnen effen.
n Werden mir aber wol den Sc vor den
„Richtſtul des HErrn bringen dürfen, und vor»
eben, es fen eine richtig gefchloffene Ehe gewe⸗
—J die er doch ſelber verboten hat? Iſts nicht
„ein Ehebruch, der unterfagt wird ?,Sits nicht ei>
„ne rechte Schändung , wenn man einen Unglau⸗
nbigen zuläßt? Sollte wol einer den Tempel Gor-
„tes wenig entheiligen, als e | cher, der die
„Glieder Hriſti mit ehebrechtriſchen Gliedern
zvermifchet,, Und weiter, da er hun von dem täg»
lichen Umgang folder Perfonen vedet: Wer
„iweifelt noch dran, daß der Glauhe kaͤglich durch
„des Unglaubigen Umgang verlöfche ? Boͤs Ges
„ſchwaͤtz verderbet gute Sitten, i
„unzertrennlicher und ſtetiger Umg
„gottſeliges Weib muß ja nothwendig au
Errn acht haben, wie kann ſie
erren dienen, dem HErrn und d
„Mann? Denn dem
„wenn fie heydniſche Dinge ſchaffet,
„art, den Baum, den äufferlichen Putz, ſchaͤndli⸗
sche Liebkoſungen, auch) das Berborgene des Ehe-
„ſtands ift unrein , nicht wie unter den eilig a
„die eheliche Pflicht aus Noth als vor dem Mugen
„GDrtes befcheidentlicy und ehrerbietig gefeifter
„wird. Sie fehe nun zu, wie fie dem Mann dies
„te. Gewißlich, dem HErrn kann ſie nach ihrer
»Schuldigkeit Fein Genuͤgen thun, indem fie einen
„Knecht des Teufels an der Seiten bat, der feinem
„Herrn aufwartet, indem er der Glaubigen ihre
„Uebungen und Pflichten hindert. Als, wenn die
„Frau foll mit den Chriften wachen und beten, der
Mann hingegen ihr befiblet, ins Bad zu geben;
„wenn jene faften foll, diefer eine Gafteren anſtellt;
siwenn fie ausgehen will, ihr das meifte in der
Haus haltung zu thun mache. Denn wer woll⸗
nste gerne feine rau laſſen in den fremden ui p
nDeften Hütten herum ziehen , die Brüder zu beſu⸗
schen? Mer wird es gerne leiden, daß fie des
Nachts zu den Verſammlungen von feiner Sei:
ten weggehet? Wer wird ohne Benforge fen,
„wenn fie an Ditern die Macht durch ausbleibet ?
Wer wird fie ohne Verdacht zu dem Mahl des
pp
r) Terzull. lib.II. ad Vxorem c.2.3. et4. s) Can.ız. t) Concil. Chalcedowenfe c.14.
* u. Cap. Don ihren Zocbzeiten und Eheftand.
X
667
„HErrn laſſen, wovon die Heyden fo reulich reden?
„Oder wird ſie wol dürfen in die Sefängnife krle⸗
„hen, die Ketten der Märtyrer zu Füffen, einem
„aus den Brüdern einen Ruß geben, den Heiligen
„die Füffe wafchen, fie bey dem Eifen und Tritte
„fen umfangen, und.an fie immer gedenken ? In⸗
„gleichen, wenn ein Bruder aus der Fremde
„kommt, muß er nicht in einem fremden Haufe
»„berbergen? Wenn fie jemand etwas vereßren fol,
— da nicht Kuͤche und Keller verſperrt? u,
zw.r).
7 · Aus dieſen Urſachen ward nun auch auf den
Conciliis ofte geſchloſſen, dergleichen Bad ci»
ner glaubigen Perfon mit einer unglaubigen niche
zujulaffen. Als wenn in dem zu Siliberis fteher:
„Ob gleich der Jungfrauen fehr viel feyn, fo ſoll
„man doch Feine Chriſtliche Juͤngfrau den Heyden
„zum Weibegeben, damit nic)t das bißige Alter
„in eine geiftliche Hurerey verfalle,,s). J em, in
einem andern: “Cs foll kein Nechtglaubiger ſich
„mit einem Keßer, Juͤden oder Heyden inein Ehe:
„verbindniß einlaffen, woferne nicht diejenige Per⸗
„fon, fo ſich mit der rechtglaubigen ver indet, zuſa⸗
get, daß fiewolle zu dem — — Glauben Fa &
»tebren, Dergleichen Sagungen fonderlich
in Anfehung der Keger nachmals fehr viel an Tag
famen ; wovon im legten Buch ein mebrers. Hier
gedenke nur noch, daß auffer folchen Geboten die
wahren Lehrer vor beſſer gehalten, mit genugfamen
Gründen die Sache feſte zu foßen. Als wenn
Cyprianus diefes unter die fehwerften Sun.
den mit rechnete, weil es eben fo viel Beiffe, als
„die Glieder Chriſti denen Heyden proftituiren,,n),
Und ein anderer, “daß die Chriften, fo wider des
„Apoſtels Verbot ſich mit Unglau igen verbuͤn⸗
„den, die Tempel Chriſti den Goͤtzen proſtituir
„ten.x). Ja, es befehle es GOTT, es lehre es der
„Apoſtel, und werde in beyden Teftamenten gebo⸗
„ten,„,y). Ein anders aber war, wenn ein Chriſte
vor ſeiner Bekehrung an einen unglaubigen Ehe⸗
Bach gebunden war, unddiefer immer —
blieb : darinne nahmen fie Pouli angeregte Worte
in acht. Alſo wird von einer gottſeligen Frauen
diefes gerühmet, wie weistich und gottſelig fie fich
bey ifrem unglaubigen Mann gehalten, und wie
ihr dennoch alles bey ihm von ftatten gangen ſey.
Sie diente ihrem Mann als ihrem HEren ‚und
„bemuͤhete ſich, ihn dem HEren zu gewinnen „ie
„dern fie mit ihrem guten Wandel GOtt gegen in
„preifete, und Dadurch bey ihrem Mann eine $iebe
p 2 „und
u) Serm. de Lapf. ex
quo repetiit Augufinus lib, de Fide etOper.c.ı9. ) Hieronymus lib. I. adu. Iouinian. Add. Ambro/,l;
Abrah.c.g.et lib. IX. cpift.70. y) Angw/Bimslib, I,ad Pollen. c. 21. meter lib.Lde
rn Z
668
„und zugleich eine Ehrerbietung gegen fich erwerk-
„te. Auch erduldete fie die Schmad) des Ehe-
„beftes, daß fie mit ihrem Mann niemals des»
„wegen in Streit gerieth. Denn fie erwartete die
„göttliche Barmherzigkeit über ihn, daß er an
„GoOtt glauben und alſo keuſch werden moͤch—
„te,2). Dadurch ſie denn alles leichtlich von ihm
erlangen konnte, was zu ihrer aller ewigem Heil et⸗
ma bienlicy war. Zum Erempel, daß fie ihren
Sohn durfte Chriftlich auferziehen und taufen laf-
fen >). Woraus man das Verhalten der Epriftlichen
Eheleute in foihem Fall etwas abnehmen fann,
Wie denn dieſe Frau auch endlicy ihren Mann
zum Glauben gebracht hat: Eben als man von
der Elotitdeliefer, durch welche ihr Gemahl, Clo⸗
dopaus, befehret worden, nad) Pauli Worten
ı Cor. 7, 16. b).
8. Nachdem wir nun gefehen, ob und mit wen
fih die Chriſten verheyrathet haben: frage ſichs
nun ferner von der Art ihrer Verbindung, wie ſich
die Chriſtlichen Eheleute mit einander verknuͤpfet
haben. Ich will und kann Bier nichts weiter ges
denfen, als was ich bey den älteften Scribenten
ausgedruct finde. Ob aber nun die erſten Chri—
ften fich ben ihren Eheverbindniffen durch die Kir⸗
chendiener einfegnen laflen , ift aus ihren Schriften
nicht genau zu erichen. Folgendes bafenner ein
alter Griechiſcher Kayſer feibft in einem Ausſchrei⸗
ben , welches er der priefterlichen Copulation we:
gen vor 700 Jahren publicire gehabt: "Die Alten
„haben jugelaflen,daß die Ehe ohne die jetzt gewoͤhn⸗
„lic)e Einfegnung angefangen würde, wovon man
„auc) ohne Zweifel Urſache finden Fann,c). Nun
wird zwar zum Beweis ein Ort aus Ignatio
angefuͤhrt, welcher aber nichts mehr anzeiget , als
daß diefer Mann vor ratbfam und gut angefchen
habe, daß Feine Heyrath von den Ehriften geſchloſ
fen würde , wenn nicht des Auffehers Meynung
Davon erſt eingebolet ſey, dabey von Feiner Trauung
oder Zufammengebung gebadjt wird, vielmeniger
von einem Zwang, als die Papiften wollen s).
So lauten abewfeine Worte: “Es geziemet fich,
„daß die, fo fich verheyrathen, mit Genehmhal⸗
„tung oder nach dem Gutachten des Auffehers
„(uer% young) fich vereinigen, auf daß die
„Ehe mit dem HErrn, und nicht nach der Luſt ge-
„ſchehe e). Die Urfache diefer Erinnerung war
2) Ideın lib. IX. Confefl.c.9. a) Ibid.lib,T. c. ır.
Imp.Conft. Nouella 80. d) Vid. Baroniws A. LVII.n. 47. etconf. Zieekeruslib. de Epife. c. 20.
6. 3. Don dem Privat- und häuslichen Leben der erften Triften.
en
(wenn fie ja Ignatii eigen ift, woran die meiften
zweifeln) £), weil zu beforgen ftund, es möchten fich
einige zu ihrem oder der Gemeine Schaden mit
unglaubigen oder andern untüchtigen Perfonen
"verbinden; wie wir bald fehen wollen.
9. Es ift faft nicht dev Mühe werth, daß ich ges
denfe, wie man weiter einen falſchen Brief dem
Roͤmiſchen Biſchof, Evariſto, angedichter Ar
inne die Copulation durch den Kirchendiener be=
foblen, und die ganze Ordnung den Apofteln zuges
fihrieben werden will. Diefe Verfügung Mi zu⸗
gleich auch ganz abgeſchmackt, daß, zum Exempel,
Brautfuhrer dabey ſeyn ſollten, daß eine Mor⸗
gengabe muͤſſe gegeben werden, u.f.w.g). Da⸗
hero billig das ganze Gedichte von den Gelehrten
roh), ungeacht das Ins Canonicum.
fic) beftändig datauf beruft i). Eben eine folche
Erfirdung zur DBeftärigung der päbjtifchen Ty-
vanney iſt auch das andere Mandat, fo dem So⸗
teri zugefchrieben wird, Darinne ausdrücklid) ver⸗
orönet wird, es follte Feinesiveges vor eine recht⸗
mäßige Ehe ghalten werden, wenn nicht die prie⸗
fterliche Copufation vorher gegangen feyk). Ders
gleichen nun goch mehr von den folgenden roͤmi⸗
fhen Bifchöffen gefchehen feyn folll), welches bey:
dem angehenden Verfall der römifchen und andern
Kleriſeyen deſto eher zu glauben ift, weil fich in
allen andern Dingen die Begierdederfalfchen Hir⸗
tengüber die Herde zu berrfchen, hervor that, und
— Gelegenheit ergrif, wo ſie etwas zum
Grunde darinnen faſſen Eonnte, And dis alles
unter den, Schein einer feinen aͤuſſerlichen Zucht,
welche an ſich ſelbſt auch fehr loͤblich und nuͤtzlich
ſeyn, aber deswegen keinen Gewiſſenszwang oder
weſentliches Stuͤck des Eheſtandes machen konnte;
wie wir bald ſehen werden. Findet demnach dieſe
Sache insgemein in den erſten Seculis keinen
Grund in einigem Exempel oder Zeugniß, wie ver⸗
ſtaͤndige und erfahrne Maͤnner laͤngſt bekennet ha⸗
benm). In folgenden Zeiten, und zwar faſt 400
Jahr nach Chriſti Geburt, ward in einem Conci⸗
lio angeordnet, daß Braut und Bräutigam von.
„den Eltern oder Beyſtaͤnden dargeftellet werden,
und den Segen empfangen ſollten, und die erſte
„Nacht darauf,aus&hrerbietung gegen folche Ein:
„fegnung, Jungfrauen bleiben,, »). Daman fiber,
daß Feiner ſolchen Zufammengebung oder Trau-
ung,
b) Gregor. Turone2fislib. II. Hift. Frane.c.2g. c) Leo
€) Epift. ad
Polycarp. f) Seldenuslib. IL. Vxor. Ebr.c. 28. et ex co Pfannerus Obf. Ecel. P. .c. VILn.6. 8) InFpiftola
p. 38 edit. Sichardi. h) Vid. Blondellus Pfeudo-Ifidorop. 15. i) Cap. Aliter 30. g. 5.0.1. k) Apud Piati-
nam in Vita. Vid. Hildebrand. de Nupt. Vet. 1) Hormisda re. Nullus 30.9.5. Leo c. Qualisl.c. Nicolaus in e.
Lorharins 31, 9.2, m) Centuriat. Magdeb. 11. c.7.p.89.. n) Concil. Carthag. IV. 8.13. et Arelatenſe.
—
oder Gebets über die Verlobten, gedacht wird,
und doch immer ein Menſchengebot nad) dem an⸗
dern mirangehänget, als bier von der Enthaltung ;
welches $utherus eine Marrheit nennet , wenn fie
nemlich um des Menfchengebots willen geſchehe.
10. anar gedenfet auch Tertullianus in 3. Se⸗
culo, daß dieheimliche Beywohnungen, welche
„nicht zuvor bey der Gemeine angegeben worden,
„der Hurerey gleich geachtet werden möchten,, 0).
Allein, Pete wie es die Worte klar geben, nur
auf die gute Ordnung, und Ehrbarkeit, daß nie—
mand ſich heimlich verloben duͤr nm er nicht
davor angefehen ſeyn wolle, al er nur “feiner
böfen $uft wegen, die er öffe zu befennen
Scheu trüge, heyrathete. Dabey. aber. gedenfet
er feines Gebots nad) gewiſſer Ceremonien, und
der daher entitchenden Schuldigfeit, fondern nur
der Gefahr einer übeln Machrede, am wenigften
aber einer folennen Trauung durch den Prediger:
ivie ein gelehrter Mann noch neulich befennet
vr alte Siti-
— — — — ——
ee eines öffentlichen Segens, Wun-
fh
„Nothdurft in die Kafle verehrt
„der Segen: verfiegelt, die Engel verfündiget,
„und der Baker im Himmel vor gültig gehalten
„babe,g). Hier fteher erftlicy nichts von dem
Kirchendiener, fondern vonder ganzen Gemeine,
durch welche ein gelehrterPapifte felber die Witwen
oder Diaconifinnen mit eg ‚ welche man
pflegte darinnen um Math zu fragen, damit ein
Ehriſte nicht übel anfame, wenn er ſich mit einer
- Derfon verfpräche, Die nicht fromm wäre). Zu:
dem fo ift aus den alten Gewohnheiten gewiß, daß
der Segen von der ganzen Gemeine in diefen und
andern Fallen gegeben worden, nachdem diefelbe
auch die Heyrath geftiftet und drein gemwilliget hat⸗
tes). Den Clementem getrauen fid) wenige da-
von anzuführen, weilinden vorgigebenen Worten
nurvon einem Segen der Aelteſten über eine Frau:
ensperfon gedacht wird, aber nicht beftimmet, mo,
oder wenn esgelchehe:). Macyder Zeit aber, da
durch die Aufferliche Gewalt die Kieriſey fich der
Herrfchaft über die Gemeinen anmaßte, und diefe
gAgemach ihr Recht Wkleren, wurde endlich andere
Berafi nggemacht, Uhd- weil beydem Verfall der
— * J. Em. Don ihren Hochzeiten und Eheſtand.
669
be EEE NEE > 4
meiften Chriften etwa Mifbräuche und Ercefle
dabey vorgehen mochten, fo pflegte nach der eins
geführten Are die Einfegnung durch den Kivchendies
ner zu geſchehen, wiewol ohne Zwang. Dahero
edenket nun Ambroſius und Baſilius zu einer
Seitsider priefterfichen Einfegnung und des Ehe:
„bands, fo Durch gewiſſe Gefeg und den Gegen
verknuͤpfet fen, u);reden aber beydealfo,daß man
feinen Rh daraus ſchlieſſen kann.
m. Im übrigen findet man auch Merkmahle
ben ven Alten, daß etwa die Lehrer, welche die vers
lobten Verfonen fonderlich gekannt und gelicbet
gehabt, aus eigenem Trieb mögen gefegnet und
zufammen gegeben haben, wenn fie ſich daben uͤber
göttliche Schickung erfreut, und alsbald fie zuſam⸗
men gegeben, wie man etwa von Denen Patriar⸗
hen im A.T. liefert, daß fie ihre Kinder felbit zus
fammen gegeben haben x). Micht weniger lieſet
man, daß die Verlobten vor fich einander acFüf
fer und die Zaͤnde gegeben, zur Beftätigung
des aufgerichteten Bundesy). Daßaber die Co⸗
pulation der Kirchendiener gar nicht, oder doch
nicht durchgängig obſervirt ſeyn mag, läßt fich aus
denen hernach unter den Kayfern gemachten Ver⸗
erönungen erſehen, daringen nur befoblen wird,
es folle fich niemand fo leichtfinnig ohne Bedacht
und Beweis vermählen, fondern in Gegenwart
des Kirchenvorftchers, der 3 oder 4 Rirchendiener
dazu ruffen folle, eine richtige Atteſtation, wie es
genennet wird, macjenz). Dabey ausdrücklich)
verordnet wird, daß die Fuͤrnehmen von diefer
Ordnung ausgenommen ſeyn follen, und im übris
gen geftanden, “Daß zu einer Heyrach die Affection
„der Perfonen genugfen,,a) (ex aftectu omnes
inrroduci nuptias): und daß niemand meynen
dürfe, “als wenn die Ehe nicht fefte fen, wenn dieSo:
„tennitäten nicht. dabey vorpiengen,, b): Welche
Ausfprücheauch die Theologi billigen °). Wie denn
auch diefe und dergleichen Geſetze der damaligen
Obrigkeiten bles und allein auf einen richtigen und
mit Zeugen beftätigten Contract giengen, Feines:
weges aber auf eine Copulation, als bie
man fir unnöthig achtete, und zum Eheſtand
und deſſen Wefen nicht geböria d). Alfo, daß
wir föhen, wie faft in die 900 Jahre lang in der
Chriſtenheit, fonderlich unter den Griechen, diefe
Sache in der Chriſtlichen Freyheit geftanden, und
von den Glaubigen nach Gutbefinden gebrauchet
pp p worden,
0) Lib.de Pırdic. c. 4. ibique Rigaltinsin Not. p) Pfanzerusl.c.n.7. 9) Lib.II.adVxor.c.vlt. r; Albafpi-
maus Not.adh.lp.454. s) Idemibid.
t) Lib. Ill. Pædas. c. ı. Vid
Hildebrandust.c.
u) Lib. IX. epil.70.
et hom 7.in Hexaem. x) Ita Gregor. Naz. Epiſt. 57. Paslinus in Epithalamio Tuliani. Spnsfes Epilt. 105. alii«
que. y) Terzailianusdevel.Virg,c.u. 2) Iu/imianus Nowella LXXV. c. 4. et 5. et CXVII. e. 4. atque ex co
Zirglerus l.c.n.5. 2) L26.C. de Nupr, b) Laa. ibid.
et Hildebrandus Le. adu. Cypraim.
©) Vid. Gerhardus L. de Coni.n.gır. ch Ideml, e.
&
A
u
r
679
worden, ob fie wol indefien nicht allein die buͤr⸗
gerlihen Contracte und Cautelen der zeitlichen
Dinge wegen dabey beobachtet, fondern aud) den
Segen und die Fürbitte der ganzen Öemeinegern
und willig verlanget haben e). -
12. Nachgehends Famen von dem Kayſer Leone
und Alerio Commeno im 9. und ır. Seculo erſt
ordentliche Saßungen heraus, darinnen alle Ehen
vor ungültig erkannt wurden, welche oßne Die Ein:
fegnung (dvev räs legas EuAoyias) angefangen
wären"). Und jwar gebenfer jener ausdrücklic)
daben, daß die Vorfahren ſchlechthin die Ber»
„eblihung angefangen ohne die zu feiner Zeit ein»
„geführte Einfegnung,, : Diefer aber, daß die
Einfegmung zuvor ſehr unterlaffen worden : wes⸗
wegen man fie nun defto mehr zu befejtigen nötbig
geachtet habe. Wozu noch in der griechifchen Kir⸗
chen hernach andere ungereimte Saßungen Famen,;
da man vorgab: "Menn die Eheleute nicht ein=
„gefegnet wären, ungeachtet fierein und ohne Suͤn⸗
„pen mit einander lebten; fo nehmen doch die En⸗
„,gel (welche vielleicht die Kirchendiener heiſſen foll=
„ten,) ihre Gaben nicht an: Sie müßten aud) zivey
„Zahr lang davor Buſſe thun, und hundertmal
ſich niederwerfen, f). Das ift gewiß, daß die
Handauflegung und Einfegnung der fogenannten
Hrieſter in der griechiſchen Kirchen annoch Daher
gebräuchlich iſt, und zwar mit vielen wunderlichen
Eeremonien g). Dergleichen auch von denen
Abyfineen, Armeniern, Ruflen, Mofcoritern
und andern gelefen wird h). in der lateinifchen
aber hat man ſich immer auf die untergefchobene
Epiftel des verlarveten Evarifti beruffen und be=
holfen, auch daraus endlich ordentliche Geſetze in
dem päbftlichen Recht formirt. Nachmals find
noch die Saßungen der alten Kayſer, Caroli des
Groffen und $udovici, dazu fommen, welche die
Meynung von der Copulation fo befeitiget und
eingefüßret haben, daß man glaubte, es wäre kei⸗
ne vechfe Hochzeit, wenn nicht der Kirchendiener
fie erftlic) öffentlic) vor gültig erklaͤret hatte; mie
einer hievon redet i).
13. Nun mag die Abficht der Alten Bierinnen
mol gut genug gemwefen ſeyn, daß fie nemlich aller
Unordnung, feheinbasen Hurerey und andern Miß-
e) Seldenus lib. II. Vxor. Ebr. c. 28. 29.
6.3. Don dem Privat-und häuslichen Leben der erften Ehriften.
brauchen damit abhelfen wollen „nachdem die
Zucht und Heiligkeit der Chriften nicht mehr vors
anden war, und fich dieSünden überall Häuften.
n welchem verderbten Zuftand auch eine oͤffentli⸗
che Ordnung von Berftandigen hoͤchſt löblicy und
nüglich geachtet wird k). Unterdeſſen erweifen
fie doch auch dabey, daß man im Pabjttfum ı
jonften mit groflem Unrecht und Beleidigung der
Chriſtlichen —28 einen Zwang und Hand :laus
der fogenannten priefterlidyen Copulation gema
chet habe, indem man wider alles Recht und Bil⸗
ligfeit Feine Ehe vor rechtmäßig oßne fie erken⸗
nen wolle, und vor die wenige Mühe des Eins
fegnens neh GA und Gebühren von den $euten
nehme. Man habe hiermit das Recht und Die
Macht, die GOtt der ganzen Gemeine beygeleget
habe, indiefen und j
be a Handel eines Mitglieds zu
willigen, aufdie Kleriſeh gezogen, und fich einer
Herrichaft auch Bierinnen, wie in allen andern, ü
die von Ehriftoft — erloͤſete Seelen eig
tig angemaſſet. Es ſey die Copulation w
weder in
dem göttlichen natürlichen noch offenbarten Rech .
te gegründet, And thue gar nichts bey der künftigen
Ehe, und das Gebet, fo dabey fürdie Eheleute ge⸗
fhebe, werde felten mit gehöriger Innbruͤnſtigkeit
und Andacht verrichter, indem die meijten ſchon
dabey auf Sreflen und Saufen, Tanzen und Spies
len dachten, die übrigen aber, welche GOtt noch
fürghteten, beteten lieber zu Haufe in der Stille.
als,bey einem folchen Auflaufund Lermen, dadas
Herz zu Feiner Andacht kommen Eönne. J
koͤnne uͤberdis nicht ſehen noch beweiſen, wer dem
heil. Jacob ſeine Rahel und Lea, dem Joſeph die
eghptiſche Tochter gegeben habe, oder wo in den Ge⸗
ſetzen Moſis, da ſonſt alle Ceremonien genau mit ·
genommen werden, ein Wort von der Copulation
ſtehen moͤchte, geſchweige ein Exempel in der gan⸗
zen heil. Schrift. Alſo bleibe es dabey, es ſey eine
Menſchenſatzung und eben nicht gar zu alte Ges
wohnheit, nimmermehr aber aus der eriten Kirche
oder auch denen bald folgenden Zeiten herjufüße
rent). Mach der heutigen Berfatfung aber fey es
nur eine äufferliche Nothwendigkeit, wegen des,
menfchlichen Gebots , gehöre aber nicht zu dem We⸗
fen der Ehe felber m); und wären —* diejenigen
ftige FR welche
unfehlbar vor GOtt wahr.
ob fie gleich noch
0 niche:
ihre Eherichtig geſchloſſen
*) Nonella 89. et Conftitut. 8. f) In Nomo-Canone Coteleriano c. 452.
et apud Nicephorum ConfefJorem c. 34. Add. Harmenopulus lib. IIII. Epit. tit.4. Blzfares Syntagm.lib. I. c. 2.
etı2. g) lac.
Goar Eucholog. Gr. p. 380. ſeqq. Metrophanes Critopulus Confefl: Ecel. Gr. Cap. 13. h)H.
Grotius Epift. ad Gallos 146. et 158. Franc. Aluarez de Reb. Æthiop. c. 20. zı. Adamus Olearius lib. IIl. Iti-
ner.Perfic. c. 8. etlib. IIIL. c. 40.
1) Pfanner. l.e. n. 10.
Lc.n. 12. fegg. qui orapigp hic videri poteft. Gerh.n. 409. et411. m) Ziegler;a
.
farner. l.c.n.ır.. 1) Idem
k) Gerhara.l.c.n. :
i ancell,lib-ILI. Can. c.10.5.17.
> Pi ie Fürs ——
—
icht Hochzeit gehalten n): weil das Band und
die Urfachen der Ehe gar nicht von der Kirche de⸗
pendire 0), als ein bürgerlicher Contract p); ob
‚indeffen ein Chrifte fich billig der aͤuſſerli—
‚hen Ordnung unterwerfe, fo weites fein Gewiſſen,
defien Freyheit unter Epriften ungefränft bleiben
müffe, zulaffe. gem wenigften fey diefe Ceremo-
nie der ruchlofen Epicurer und Heuchler wegen gut,
dadurch viel Bosheit und Betrug verhuͤtet were
den koͤnne, wenn es nur allezeit redlich und als
vor GOttes Augen dabey zugienge, unter denen,
welche f Ihe Sachen zu richten und zu handeln
hätten 9). 4 |
IN
14. Die andere Solennitaͤten und Eeremonien,
tie fie. bey den Hochzeiten zu feyn pflegen, find vor
diefem unter den wahren Epriften ganz unbekannt
gewefen. Ihr trübfeliger und bedrängter Zuftand
ließ esnicht zu , viel Geprange oder Aufzüge zu ma⸗
chen, oder auch dabey term zu blafen, am allerwe:
nigiten zu faufen, tanzen und dergleichen ; indem
ihnen die Heyden bald alles würden geftöret ba=
ben. Wenn aud) gleic) ruhigere Zeiten einfielen,
- fo lieffe ipnen doch ihre gewöhnliche Gittfamfeit ,
Maͤßigkeit und Gottſeligkeit nicht zu, etwas von
dem vorzunehmen, wasman nachmals unter den
verfallenen Ehriften nad) der Heyden Weife ges
fcheben fahe. Ihre Meynung war, wie ſie nach⸗
mals ein frommer Mann ausgedrucker hat :+Das
F eine gluͤckſelige Hochzeit, bey welcher CHri⸗
„tus zugegen iſt, welche durch die Gott—
„ſeligkeit, und nicht Durch „Ucberfluß oder
„Schwelgerey eingeweyhet wird, e). Hingegen
regte ſich bereits das Verderben unter den Reichen
und Fuͤrnehmen im 3. Seculo, woferne wir nicht
die heydniſchen Hochzeiten drunter verſtehen wol:
len, wenn Eyprianus fchreibet : “man pflege nur
„da zu lachen, viel leichtfertige Reden zutreiben,
„ein unartiges Wefen zu haben, grofien Pracht in
»Speifen, und dergleichen, welches in den jungen
„eeuten nur boͤſe Brunſt ermecke, und ihr Herz mit
„boͤſen Gedanken und Begierden erfülle,,s). Moch
viel ſchmerzlicher aber hatte nun unter dem ver:
derbten Zu i eret zu Flagen Urſache, daß
font eine H. Sache
rm des leidigen Teu⸗
N) Ofiander Cent. I
Concord. Chritt. 1.23. )
Serm.157. s) Lib. de Difcipl. et Hab, Virg.
51; Cap. Don ihren Hochzeiten und Eheftand.
0) M. Anton.de Dominislib. II.de Rep. Ecel c. 11.
Theolagi et ICti vniuerfi, prxfertim pradtici.
t) Chryfafl how. ı2. in ı Cor.
m
fels eingeführet wäre, als, Tanzen, Pfeifen und Geiz
gen, [handliche Worte und Lieder, Voͤllerey, Frelz
feren und alle Laſter t). “Da böre und fehe man
„Ichändliche Worte, unverfehamt Gelächter, unor⸗
„ventlich Sigen durch einander,fchandbare Poffen,
„närrifche Geberden, und lauter thorichte Dinge.
„Da fange die Natur recht an zu vafen, die Leute
„verwandelten fich in Beſtien, etliche wieherten
wie die Pferde, etliche fehlügen aus mit den Fuͤſ⸗
„fen wie die Efel. Es fen nichts als eine groſſe
„Unordnung, und gehe nichts Fluges noch ‚gutes
„da vor. Dar Teufel babe dabey feinen vechten
„Aufzug und Prang mit Geigen und Pfeifen, und
„die Hurenlieder waren ganz gemein darunterzu).
Bon diefen Greuel aber der verderbten Chriſten
wird im legten Buch zu reden Gelegenheit fern;
gleichwie oben im 4. ſchon von den Hochzeittänzen
aus der Antiquität etwas berühret worden.
enthalte mic) auch mit Fleiß, die andern Gebraͤu⸗
che bey Hochzeiten der Ehriften zu erzehlen, weil
fie in die erften Zeiten nicht gehören, und von dies
len Gelehrten ſchon zum Ueberfluß, und mehr als
folche Dinge verdienten, unterfucher find x). Diefes
aber bleibet aus der fehon bewiefenen Gottesturcht,
und dem Epriftlichen Verhalten der erften Gemei⸗
nen gewiß, daß alle Thorheit, Superftition ,
Hoffare und Menfchenfaßungen von ihren Hoch
zeiten ferne geblieben find, fo lange fie in der apo—
ſtoliſchen Lauterkeit und Wahrbeit beftanden.
15. Die Ehe felbft nun wurde unter den erften
Chriſten Behalten, wie obenim 4. Buch gedacht iſt.
Sie fiengen diefelbe mit GOtt und auffeinen Trieb
und Führungan, undfodann fonnte nichts anders
alsein feligesund gortgefälliges Leben dariñen fol⸗
gen,woran fie Feine Trübfalen hindern mochten, als
welcher fie fich in Anfehung ihres Nußens nod) dazu
rühmeten. Das Band ihrer Liebe war EOtt felbit
und feine ewigeBereinigung,darinnen fie unzertreñ⸗
lich verfnüpfet waren in einem feligen Frieden und
allerlicblichften Umgang. Ein uralter —
Scribenteredet alſo davon an ſeine Ehefrau, da-
durch er fich ohne Zweifel ihres feligen tebens mit
einander zum Preis Gottes erinnert : “Wie fann id)
„die Glücfeligfeie derjenigen Ehe genugfam be
„ſchreiben, welche die Gemeine ftifter, Die Gabe be:
„ſtaͤtiget,
p) Bellarcelib.de
x) Petr. Chryjologus
u) Idem hom. 42. in Ad. Apoſt.
J Vid. œl. Rhodigınus lb XXVIIL, €. 17. Iac. Dalechamp. Not. ad Plin. Mai. p. 711. fegg. Alex. ab Alexandre
v 10.24. et Il c.5. Perr. Gregor. Thotoy. lib. IX.Synt. I. c.1. fegg. Barıbius lib. I. Adu. c.9 Cafal.P.II. de Rit.
et. €. 23. Putz. Pawcır. de Deperd. p. 675. Chockier p. 1. Fac. Hiftor. c. ar. et libris fingularibus Bröfenins, Hoto-
mannus, Seldenu:, Hıldebranans.
„ftitiger, Die Engeldie Berfiegelung verfündigen,
„der Bater felbft vor gültig halt? Was iſt das vor
„ein Joch unter zweyen Gläubigen in einer Hoff
„nung, einem Wunfch, einer Zucht, einem Dienſt?
„Sie jind alle bende Brüder, alle beyde Mitfnech-
„te, da ift Fein Unterſcheid im Geift oder Sleifc).
„Denn wo ein Fleiſch it, da ift auch ein Geiſt.
„Sie beten mit einander, fie liegen mit einander
„vor GOtt, fie faften mit einander zugleich ‚\in-
„ben fie einander führen und ermahnen. , In
„der Gemeine find fie beyfammen, in der Ehe
„auch. Keines verhält dem andern etwas in Leid
„und Freud, Feines entziehet fid) dem andern,
„oder iſt ihm befchwerlich. Da darf ein jedes
Ffrey die Kranken befuchen, den Armen. Helfen,
„Almofen geben ohne Berdruß, opfern oßne Scrus
„pel, und ohne Hinderniß fleißig feyn. Keines
„oarf fic) vor dem andern verftohlen mit dem
„Kreuz zeichnen, ober furchtſam wuͤnſchen, oder
„auch ftillfchweigend fegnen. Da fingen fie bey:
„de mit einander Pfalmen und fobgefange, und
„reizen einander auf, wer am beften GOtt zu Eh»
„ren fingen koͤnne, Wenn diefes Ehriftus hoͤret
„und fiehet, fo freuet er fich und ſendet ihnen ſei⸗
„men Frieden, y), Und dergleichen Beilige und
felige Ehe rühmeten die Alten an dem Apoſtel Pe—
£ro und feinem Eheweibe, daß fie nicht allein in
ihrem teben fo einig, friedlich und liebreich mit
einander, bey einander gewohnet, fondern aud)
bis in den Tod eines Sinnes gewefen. Wie denn
der Apoftel ihr, als fie zum Tode gefuͤhret wur⸗
den, noch zugeruffen, & follte an ihren HEren
gedenken. Wobey der Seribente diefen Lobfpruch
feet: “Alfo war die Ehe diefes gefegneten Padrs
„bewandt, und fo ftimmeten fie auch wol in dem
„überein, was ihnen am angenehmjten und wer⸗
theften zu ſeyn pflegte z).
7 er ſolche Ehe wiſſen die Alten nicht genug zu
ruͤhmen, als “eine fonderbare Glückfpligfeit, wenn
„in zwenen ein Herze iſt und bleibet, wenn alle beyde
ſich einer Helligkeit befleißigen, und unter ihnen
„nach dem Geift alles eins it, was nach dem Ge⸗
ſchlechte noch unterfchieden bleibet. Wenn fie ein»
„ander an der Gottfeligfeit gleich find, Da fie nach
„der Natur ungleich bleiben, a). Alfo, daß unter
den wahren Ehriften diefer Stand eigentlid) feine
Hinderniß an der Gottſeligkeit vor ſich felber ſeyn
Fonnte, ſondern vielmehr auch den Glaͤubigen, die
etwa der HErr darein feßte, viel gute Gelegenheit
gab im Glauben und Liebe fich zu üben, und dadurch
an dem inneren Menfche
zuzunehmen. Wobey
fieaber wohl ſahen und erfu —
gerer und beſtaͤndigerer Kampf dazu gehoͤrte, je
mehr Hinderniſſe und Schwerigkeiten ſich etwa erei⸗
gnen wollten. Darum wird von ſolchen guten Chri⸗
ſten gezeuget, “daß ſie ſich felbftbezroungen und bes
aͤhmet gehabt, damit ihnen Der ——
—— verurſachen moͤchte, in dem Wege der
Gottſeligkeit durch gleiche Bemuͤhung fortzumans
„oeln,„b), Da hieß esdenn recht Wo —
„alſo bey ſammen ſind, da iſt Chriſtus, wo Chriſtus
„it, da iſt der Boͤſe nichte). Und bey dergleichen
wahren Kindern GOttes fiel nach und nach Die zeit
liche Sorge hinweg und alle Eitelkeiten, fo fid) enft
unterfleifchlich gefinntenEheleuten finden, alfo,daß
fie eben auch forgen lernten und. fonnten, was den
HErrn angehoͤrte Wohin die Bermahnungengien«
gen: "Wenn mir einen verehelichten Chriſten ſehen,
ſo laſſet uns ihn erinnern, daß er nicht die Liebe Got⸗
„ces hintanfegez fondern daß er alfo feinem Ehegat⸗
„ten zu gefallen fuche , damit er dabey feinem Schoͤ⸗
„pfer nicht mißfalle,, d). Denn fo nahmen fie die
Worte Paulian ı Cor. 7,33. 34 nicht daß esdie
Verehlichten eben alfo und nicht anders machen folls
ten, nemlich, daß fie nur vor weltliche Dinge forgen
und dem Ehegatten mit Pußen und dergleichen ges
fallen wollten, fondern daß es zwar gemeiniglich fo
gefchehe , gleichwolaber dabey nicht geleugnet, viel
weniger verboten werde,auch im Eheſtand zu forgen,
was dem Herrn angehöre ‚und wieman bende am
$eib und am Geift unbefleckt feyn möge. Geſtalt
dieje.allgemeine Ehriftenpflicht denen Verehelichten
durch) ihre Ehe nicht abgenommen, fondern viels
mehr defto ernjtlicher eingebunden wurde, je mehr
Berfuchungen ihnen dabey aufftoffen würden.
17. Bonden allgemeinen und fonderbaren Pflich⸗
ten der Eheleute in den erften Öemeinen wird das
nächfte Capitel Bericht erftatten. Vorjetzo willich
noch mit —3 einige Zufaͤlle ihres Eheſtandes
erwegen, als, ob nach dem Tode des einen Ehegatten
der uͤbrige Theil wiederum anderweit ſich verlobet
habe, oder nicht. Der Herr Cave hat nebenſt ande⸗
ten e) dieſes wohl ausgeführt im 2. Theil des Erſten
Chriſtenthums am 5. Cap. eben dieſes ſo
viel Zeugniſſe der Alten r ihnen vor
unzulaßig, oder zu unanſtaͤn⸗
dig gehalten, Das
—— zum
orinnen denn die
cte, nachmals mit |
r mehßrernmalen,
r, eine gewiſſe Se-
übereinflimmeten £).
Dahero
y) Tertull, lib. IL. ad Vxor. c.9. 2) Clemens Alexandrinus lib. VII. Strom. p. 736. a) Pesrus Chryfologus
Serın. 89. b) Gregorius Nazianz. Orat. in Bafil.
c) Tertullianus I. c. d) Gregor. M. hom. 16. in Euang.
e) Vid. Beueregins Not. ad Can. 16. Apoftolic. p. 23. Tom. II. Synodici. Craturiat. Magdeb. TILL. c. 4. p, 150.
f) Beueregiss 1. ©. P. 68.
—
*
*
2.
Dahero vermuthlich die Lehrer in felbigen und fol-
genden Zeiten bewogen worden, dieſer Meynung
insgemein zu widerſprechen, und ausführlich dar-
zuthun, es nicht verboten, ſondern frey ſey, nach
des Ehegatten Tod zu heyrathen g). Ehemals
Hatte man auch folche Perfonen, die2. Weiber nad)
einander gehabt‘, von allen Kirchenaͤmtern aus:
gefchloffen, welches aber nad) und nad) abkom—
men ift b). Dieerften$eßrer, welche auf diefe
Meynung gefallen mögen feyn, und, fo viel man
weiß, Tertullianusund Eyprianus waren, ba-
ben ohne Zweifel hiemit daraufgefehen, daß die Sie»
be zur Keufchbeit und Zucht, und dahero die Hebung
der Gotefeligkeit defto befjer möchte erhalten und
befördert werden:- ingleichen damit die Heyden
auch dadurch von dem beiligen und reinen Leben
der Chriſten überzeuget und alfo zu diefer Lehre ge-
bracht würden; nachdem fie felbjt unter fhfelche
wiederholte Heyrathen nicht wohl leiden Fonnten ;
wie ihre Schriften noch ausweiſen i). Esmwarbey
den Epriften bierinne nichts gezwuͤngenes im Ans
ang, wie man etwa nachgehends durchs Geſetze und
— ſolcher Meynung machte, ſondern ſie
hielten dieſe Weiſe freywillig
und nach einmuͤthigem — und Vorſatz.
Gleichwie einer ausdruͤcklich alſo an die Heyden
ſchreibet: "Wir bleiben ganz willig und gerne
„(libenter) bey der einfachen und erſten Heyrath,
„und wiflen entweder nur von einer&hefrauen,oder
„gar von Feiner,,k). Und diefen ihren Borfag muß
man ihnen fo weit als einen Gehorſam in dem, was
fie nicht anders erfannten, zu gute halten, der zum
wenigiten viel Feinde und Laͤſterer von ihrer Keuſch⸗
heit und Verleugnung der weltlichen Lüfte übers
zeuget bat, wieder Hr. Cave beweifer p. 4655. Im
übrigen ift zu muthmaſſen, daß der Ort aus dem
Arhenagora, (welchem er die Verdrehung des
Spruchs Marc. 10, 11. Schuld gibt,) von der bi-
gamiafimultanea vede; indem die Worte eben
aud) davon fonnen angenommen werden.
18. Anlangend die Scheidung der Ehe—
Teute, wie fie unter den erſten Chriften gebräuch:
lic) geweſen, ift zuförderft nn damaliger Zuftand
wohl anzufehen, da nemlich ihrer viel aus dem Hey:
denthum unverfehens u riſto bekehret wurden,
deren Ehegatten aber öfters vor wie nach heydniſch
blieben. Nun ereigneten fich fodann nicht allein
andere unzählige Hinderniſſe des Chriſtenthums
7, Cap. Don ihren Zochzeiten und Eheſtand.
aus guter Meynung
673
be nn
in folder Ehe, die wir oben im 6.$. gefehen; füns
dern es waren gemeiniglic) diehepdnifchen Maͤn⸗
ner der abfcheulichen Unzucht und Unmäßigteit,
Saufen, Zauberey und andern fehreclichen
Sünden naͤchſt den greulichen Abgörtereyen erge«
ben. Damit wurde denn einedem HErrn geheis
ligte Seele unausfprechlich gequäler, wenn fie
gleichwol folchen Greuel täglich vor jich ſehen und
leiden, auch wol unwiſſend oder wider Willen das
mit verunreiniget werden mußte. Zu geſchwei⸗
gen, was fievor Spott, täfterung, Thranney und
übles Tractament von dem heydnifchen Ehegatten
ausftund. Nun trugen ihrer vicle alles, fo lange
esdem Herrn gefiel, mit groffer Geduld, und wei:
gerten fich nicht, aud) darinne ſich von ihm prü=
fen und läutern zulaffen. Allein, wo ifnen GOtt
Gelegenheit, Muth und Durchbruch gab, da mach:
ten fie ſich aud) wol ſolcher Bande los, jedoch nad)
dem Willen EHrifti und Pauli, Marc. 10. ı Cor.
Ich will nicht gedenfen, wie viel Chriſten ihre
gatten verlaffen, und lieber um EHrifti willen
orben feyn, alsdaß fie CHriſtum verleugnen
oder nur läftern hören wollen: Denn davon ha«
ben wir oben im 4. Buch Exempel genug bey Vers
leugnung der Welt gehabt. Sondern ich will
upein und ander Erempel vorzeigen, daß fie wire.
— — 55 Ehegatten verlaſſen, wenn ſie
ihrer ruchloſen Bezeigung wegen nicht bey ihnen
gelitten worden. Von der Theola haben wir
ſchon im 5. h. gehoͤret. Von einer andern erzehlet
ein Chriſte ſelber vor denen Heyden diefes: "Es
„war ein Weib einem ſehr unzuchtigen Mann vers
„heyrathet, welche auch ſelbſt zuvor ſehr unmaͤßig
»geroefen war. Nachdem ſie aber durch die Chrift:
„liche dehre geändert ward; fieng fiean ihren Mann
„auch darzu zu vermahnen, aber vergebens. Das
„bero verlangere fie von ihm zu ſeyn. Ihre gute
„Freunde aber widerriethen ihr diefes, damit fie
„wider ihren Willen fich zwingen, und es noch eis
„ne Zeitlang verfuchen möchte. Alsaber ihr Mann
„nach Alerandrienreifete, und daſelbſt noch greu:
„licher lebete; gab fie ihm einen Scheidebrief, da⸗
„mit fie nicht * Suͤnden etwa theilhaftig wuͤr⸗
„de, und ſonderte fichalfo von ihm: Er aber flag:
„tete bey dem Kayfer ſcharf an, und fagte, fie was
„te eine Chriſtin. Sie Dingegen gab auch eine
„Schriſt ein, und bate juförderft, daß fie ifre Haus:
„baltung beitellen dürfte, alsdenn wollte fie auf
„die Klage antworten ; welches ihr auch zugelaffen
Q2aag „ward.
g) Vid. Auguflinus lib. de Bono Viduit.cap. 4.lib. IL.cont. Aduerf. Leg. et Proph.c.ır. etalii, h) Can. Apoflol. ı7.
Conf, Baronius A.LVIII.n.27.fegg. i) Vid. Valerins Maximus lib.IL. c. 1. Propertizslib. IV. el. 12. Aſchilus
in Agamemn. v. 62. Conf. Berneggerns ad Tacitum Qu. 110, Rhodiginus lib. XXVILL c, 22. k) Minurins Eelix
' Otau. P.367.
674
„ward, Der Mann fonnte aber nichts weiter ge
„gen fie aufbringen, und ließihren Lehrer Prole-
„maum allen feinen Grimm entgelten, der auch
„von dem Sandshauptmann jämmerlic) ift hinge⸗
„richtet worden 1),
19. Yusdiefer Erzehlung Fann manden Zuftand
der damaligen Zeiten erfehen, und wie diefe Chrift-
liche Frau auch durch die heydniſche Obrigkeit von
ihrem Mann wegen feiner Bosheit losgefprochen
worden: Ingleichen, wie es einige vor rathſam
geachtet, fo lange bey ihm auszuhalten, bis der
Herr ihr felber Mittel zu ihrer Befreyung zeigete;
welches auch gefchahe. Bisweilen aber wurden
die Ehrlſten von ihren heydniſchen Ehegatten ſelbſt
verftoffen, wie Tertullianusfagte: “Man fiehet,
„daßein Mann, der weiter Feine Urfache eiferfüch-
„tig zu ſeyn hat, (meil fie ſich fromm und Feufch
„hält,) feinenunmehro feufche Frau von ſich ſtoͤßt.
„So bald nur einer bey dem Namen ChHriſti fich
„beffert, fo ift er euch verdrüßlich, m). Undein
anderer: Biele wollen lieber von ihrer Ehe le
„feyn, als den Epriftlichen Glauben bredyen,.
Siehe 1 Cor.7, 15. n). _Jnfonderheit ward ih
nen diefesnun durch CHriſti Worte vergönner, um
des Ehebruchs willen fi) von dem unglaubigen
Theil zu fheiden, Marc. 10,1. u. f. oraus
die Lehre wiederholten: Eine gerechte Eheſchei⸗
„dung wird auch von CHeiſto ſelbſt bekraͤſtiget;
und Moſes wird von ihm beſtaͤtiget, welcher eben
um der Ueſache willen die Scheidung verbeut, wie
CGriſtus, nemlich wenn das Weib nicht in Un⸗
z„feufchbeit gefunden wird. Der Schöpfer fchei-
„detnichts, was er zufammen gefüger hat, ohne
„umdes Ehebruchs willen, 0); dergleichen Aus:
fprüch man viel in den alten Schriften findet p),
und nicht wenige Erempel, daß fie es wirflich al-
fo gemacht Haben. So gedenket Hieronymus
Einer Frauen, mit Namen Sabiola, die ſich von ih:
rem ehebrecherifchen Manne gefehieden, melcher
Sache wegen er fie gegen alle ungleiche Beurthei⸗
fung vertheidiget q). Ein anderer antwortet auf
die Frage: od ein Mann fein untreues Weib auf
6.3. Don dem Privat- und häuslichen Leben der erften Chriften,
der friſchen That umbringen dürfe, mit N
„Denn ein Chriſt vie idee ob e8 ——
„Ehe gebrochen, nicht umbringen, fondern mı
„von fich faffen,, r). Und hierinnen waren die $eh-
ter auch in folgenden Zeitenmeifteinig, wie auch
in diefem Punct, daß ein folcher ——
b
Ze”,
1
wiederum freyen dürfe; wovon die Theologi weit⸗
laͤuftig handeln s). 55
20. Ferner hatte ihnen der Apoſtel geſagt, Da
der unglaubige Mann bey der glaubigen Epriftin
wohnen wollte, ſo ſollte ſie fich nicht von ihm ſchei⸗
den,ı Cor.7,13. Denn wo fiealfe ihr Chriſtenthum
frey üben durfte, fo war fie alfo zu bleiben verbuns
den, zummenigften um der Hoffnung willen, ih⸗
ren Mann noch zu gewinnen, und feine Seele zu
retten. Auffer diefer Beſchaffenheit aber konnte ein
unglaubiger Ehegatte mol verkaffen werden, wenn
man nemlid) entweder EHriftum oder einen Men-
fhen zu — gezwungen wuͤrde; wie die Lehrer
in ſolchen Fällen den Rath gaben ), und die Ges
18. feße ſelbſt verordneten a). Im übrigen aber ſa⸗
ben fie dahin, daß kein Mißbrauch mit unterlief,
eunter dem verfallenen Chriſtenthum geſchahe,
da fo viel Klagens entjtunde, daß der Eheſcheidun⸗
gen ſo gar viel wuͤrden, und daß die Maͤnner ihrer
Weiber eben ſo leicht als ihrer alten Kleider los
werden koͤnnten, gleich als wenn ſie damit handeln
und Gewerbe treiben dürften, wie fie wollten x).
Wie denn nicht zu leugnen ſtehet, daß um geringer
Urfache willen oft dergleichen Trennung vergöns
networden, fonderlich da Die Klerifey mit folchen
Sachen Banthieren durfte, mie fie wollte, ohne
Rückfrage andie Dbrigfeit, ohne Berathſchlagung
und Einftimmung der Öemeine y). Sogar, daß
an vielen Orten die Männer ohne einige Urfache,
und blos aus Muthwillen und Bosheit, ihre Weiz
ber von ſich ftieffen, und andere heyratheten z):
worüber ſchon die älteften Lehrer im Anfange des
verderbten Chriſtenthums Flageten 2). Alſo, daß
aud) hieraus erhellet, wie die erſte Unſchuld und Ge=
vechtigkeit der Chriſten von dem Greuel der folgen-
den Zeiten handgreiflich unterfchieden gemwefen.
l) Zuffinus Martyr Apol. I. p. 44. m) Apol.c.3. n) Arnobius lib. I. adu. Gent. p. 56. 0) Tertull. lib. IV,
cont. Marcion. c. 34. Conf. lib. U. ad Vxor.c.ı. p)Vid. Hieronymus lib. I. adu. Iouin. et Comm. ad
Marc. X. q) Idem Epift. 30. ad Ocean. r) Augufßin. lib. II. de Adulter. Coniug. c. ıs. s) Vid. vel Ger-
hardıs prolixe Loc. de Coniug. a n. 563. ad 595. et inter alios Vrbanus Regins Loc. Th. p. 135. qui diuor-
tium fine feqnente alio coningio vocat Auriſſimum et nouum a nobis innentum, lulibrium et cavnificinam,
Scheiden von Tifch und Bert fen ein Spott und Marter der Eheleute, die nicht wieder heyrathen dürfen, eine
Greuerung und harte Sache. t) Auguftinus Fpift. 89.
u)v.41.C. Theod. de Repud, x)ltaAfterius hom.
de Dimiſf Vxor. y) Vid. Zieglerus de Epife. c. XX. n. 9. 10. 2) De Anglis vid. Zanfianens apud
rium Epift. Hibernic. 27. Camderus in Hibernia p. 765. a) Chry/oß. hom. 5. in 1 Theflal, hom, ı9. in z
Cor. Gregor, Naz. Orat. 31. Conf. Seldenus lib. III. Vxer. Ebr. e. 28 |
Das
3 — — — — — — — — — — — — — — — — — — —— — er - Y
| 2. C. Don den Pflichten der Eheleute, Filtern, Rinder, Serrſchaften und Dienftboten. 675
——— Das 2. Kapitel,
Bon den Pflichten der Eheleute, Eltern, Kinder, Herr⸗
ſchaften und Dienſtboten bey den erften Chriſten.
Summarien,
flichten N $.1. Verbindung dazu: 2. Wohlverhalten der Corintber nenen ihre Weiber,
Vermahnung an die Maͤnner, andie Eheweiber, 3. zielend aufden innern Schmuck und Geborfam gegen den Mann. 4.
Fürnebinite Pflicht der Ehefrauen gegen die Diänner , Erempeleremplarifcher Ehefrauen, dadurch oft viel ausnerichtet ; Aus:
fprüche davon: 5. Abre Pflichten waren auch, die Männer zu lteden and zu ehren, Wermahnung da. In Summa, die er⸗
en Thriten blieben fren von aller Unordnung. 6. Wiichten der Eltern gegen die Kinder. Sorgfalt der Mutter Timotbei,
wie auch Conftantini, Erinnerung der Pchrer an Bie Hausväter. 7, _Amterricht von der rechten Kinderzucht ; Klage über
deren Verjaumung; 8. fie erforderten auch gleiche Liebe gegen jedes Kind Cauffer dem Fall des beharrlichen Ungehorſams der
Kinder), Vermahnung zur Liebe ; nöthige Verpflegung dev Kinder ‚ohne ibnen groffe Schäge zu fammlen, darinn fie von den
Heyden unterfbieden geweſen· 9. Abmahnung vom Schäsefammten. Pichten der Kinder, Vermahnung dazu. 10. Haus:
värer hielten das Gefinde ſonderlich zur Gottesfurcht,, Wermahnung zu folcher Vorſorge: u. Man vergönnte auch dem Ges
finde einige Ruhe und Zeit dazu, Uebrige Hauszuht der Hausväter ; göttliche Beitrafung an einem über deffen Verſaͤu⸗
mung: Erempel des Hausvaters hat groffe Kraft: ı2. Vermabnung jur Sanftmuth und Gütigkeit. 13. Plichten der
Ehrirtlichen Knechte; Grund ihres Gehorſams mußte Demuth feyn 5 14. Feinerdurfte vor fich aus dem Dienfte freien, Erklaͤ⸗
rung davon an diegröfeiten Kayſer; i5. Antwort eines Maͤrthrers an einen heydniſchen Richter; MWohlverhalten des Geſin⸗
des, Erempel; melches eine Frucht des Ehriftenthums war: willigten dabey nicht in die Bosheit der Herren, deswegen fie
oft verjaget oder geimartert wurden. Untreue Knechte lieferten oftihre Herren sum Tode, odergaben fie an, Erempel- 16.
$ 1
Dann nun unter einigen ve berglei- „der Eintracht unter ihnen machfe. Immaſſen
. chen ebeliche Geſellſchaft aufgerichtet „diefes der wahre Reichthum der Eheleute fey, wenn
8 war, mußte hierinne die erfte Sorge „Mann und Weib fic) mit einander wohlbegeben,
- feyn, wie fich ſowol die Hauptperfonen felbft, und eins ſeyn alsein deib. Solche, ob fie gleich
nemlich Mann und Weib, oder Herr und Frau, „arm ſeyn, find frenlic) die allerfeligften Leute, ha⸗
als auch die andern, ſo zu einer Familie gehoͤrten, „ben eine wahre Vereinigung und ſtehen in ſteter
rn einander verhlelten. Denn in dieſem Ab: „Ruhe. Gleichwie hingegen diejenigen, fodiefes
ehen will ich hier ihre Pflichten Eürzlich vorftellen, ‚nicht genieffen , fondern etwa eiferfüchtig find,
nachdem die allgemeine Ehriftenpflichten gegen „undden edlen Frieden verlieren, ob fie ſchon reich
GoOtt, die Brüder, ſich ſelbſt und die Feinde, inden „find, undalles vollaufhaben, groß und berühmt
erften Büchern dargeleget worden. Von der „ſind, vordie Elendeften geachtet werden. Denn
Bereinigung und Bezeigung der Eheleute gegen „ſie erdenfen ihnen immer felbft Urfachen zur Un:
einander ſchon im erſten Capitel etwas gedacht: „ruhe, haben einander ſtets im Verdacht, und koͤn⸗
iſt alſo inſonderheit von einem jeden Theil der Ja: „men Fein Vergnuͤgen haben, indem der innerliche
milie zu fagen übrig. Denen Wännern mın „Kriegalles verwirret, und ihnen viel Bitterkeit
war von ihren Pflichten gegen die Weiber dur) „verurfachet a). !
die Apoftel des HErrn Wille verkuͤndiget wor 2. Wie nun das Weib nicht die Gleichheit oder
den, Eph. 5,29. oloff. 3, 19. daß fie diefelbe von den Vorzug vordem Mann begehren durfte, alfo
Herzen lieben , und mit aller Nothdurft verforgen, mußte auch diefer fein Eheweib nicht pers
freundlich und glimpflich tractiven, und als Mit: febmäben, weil fie ihm unterworfen war,
erben der Gnade und fehwächfte Werkzeuge mit indem fie fein Leib Hieffe, und alfo nicht von ibm
ihnen Geduld haben ſollten. Und diefes war ſon⸗ verachtet werden fonnte b). Er mußte bedenken,
derlich der ſanftmuͤthigen behre CHriſti gemäs, daß fie gleichwol nicht feine Magd oder Sclavin,
daß ein jeder ſein Weib als ſich ſelbſt liebete, und ſondern feine Gehuͤlfin und Freundin waͤre. Eine
nicht bitter gegen ſie waͤre bey ihrer Schwachheit. Magd koͤnne einer wol endlich in die Furcht jagen,
Ja, “er ſey ſchuldig, ihr die gebührende Ehre zuge- ja auch nicht allezeit , wenn fie davon gehen und ich)
„ben, alseinem ſchwachen Gefäß, damit das Band losmachen koͤnne: Aber “eine Gehülfin und Ge—
. % ggg „ſel⸗
a) Chryfoftemus homil. 38. in Gen. b) Idem hom. ao. ad Ephef.
F
676
„ſellin des Lebens, eine Mutter der Kinder , und ei⸗
„ne fo anmutbige Gelegenheit vieler ers
„muß niche mit Surcht und Drohen gebunden
werden, fondern mit Liebe und Affection bewo⸗
„gen. Denn was kann ein Ehemann fonft vor
Freude Haben, wenn er bey feinem Weibe als bey
„einer Sclavin wohnet, und nicht als bey einer
„Freyen, Und hiezu verbunde ihn noch viel⸗
mehr das Wohlverhalten einer Epriftlichen Frau⸗
en, welches von einem befehrten und gereinigten
Herzen allerdings zu fordern und zu erwarten
war. Denn, wo die tehredes HErrn IJEſu und
feiner Apoftel in acht genommen ward, da mochte
nichts als Friede und Liebe herrſchen. Nun hatte
die Chriftliche Schre ihnen feft eingebunden, daß die
Weiber ihren Männern unterthan feyn follten, Eos
ioſſ 3, 8. ı Tim, 2, 11, 12. Eph. 5, 33. 1 Petr. 3.
u.f.w. fodann, daß fie aud) in ihrem ganzen Le—
ben ſich Chriſtlich und ehrbar bezeigeten. Der
Sobfpruch, welcher dort einer Ehriftlihen Matron
gegeben wird, mußte bey allen eintreffen: “Sie
„war ein geborfames Eheweib, eine gürige Frau,
„eine nügliche Mutter; welcher ſowol zu Haus
„als anderswo die Geringeren Ehrerbierung, Die
„Oröfferen Dienftfertigfeit, und die ihr gleich wa⸗
„ren, Liebe geben mußten d).
3. Daß diefe Ermahnungen derer Apoftel von
den Chriſten erfüllet worden, zeiget insgemein ihr
Berhalten. Wenn,zum Erempel,der J.Llemens
feinen Corinthern diefes Zeugniß gibt, “daß ſie ih⸗
„re Weiber angehalten haben, alles in einem unta⸗
„Ddelichen, heiligen und reinen Gewiſſen zu thun,
„ihre Männer zulieben, wie fichs gebühret, inder ,
„Regel der Unterrhänigfeit zu verbarren, Das
ei iR gebührend zu beftelfen, und in allen
„Dingen fich Elüglich zu verhälten,, *)- Wieder⸗
umvermabnet erfie, daß ſie ferner “ihre Ehewei⸗
„ber zu allem Guten anführen follten, damit jieei-
„ne ebenswirdige Lebensart in der Keuſchheit
„eriviefen, und in unanftößiger Sanftmuth ihres
„Willens jedermann freundlic) begegneten, die
Maßigung ihrer Zungen durch Stillſchwei⸗—
Igen an Tag legten, ihre Siebe ohne einzige Par:
„teplichkeit allen gleich) Durch bezeigten, alle
„den HERAN heiliglich fürchteten,, f). And
ein anderer anoftolifcher Manır fehreibet eben da-
von an die Chriſtlichen Ehefrauen: “hr Ehe-
„weiber, ferd euren Männern unterthan in der
Furcht GOttes. Ihr Männer, liebet euve E⸗
e) Ibid.
6.3. Don dem Privat- und häuslichen Heben der erſten Ehriften.
d) Sidonius Apollinaris Kb. IT. epiſt. 8. e) Epiſt ad Corinth. p. 3.
„befrauen, als die Mitbienerinnen GOttes, als
Feuren eigenen Leib, als Gehülfinnen des $ebeng,,
uff 8). Mad) der Zeit forderten die Chriften-
eben diefes von ihnen, wenn es hiefles *Exweifee
„euch gefchmücker mit einem nr
„nehmer die weile Farbe eines aufrichtigen Wan-
dels an euch, die Roͤthe von eurer Schampaftig-
Fkeit: Laffet eure Augen von Befcheidenheit glän-
„zen und von der Stilfe des Geiftes, nehmer zu
Ohren das Wort GOttes, und haͤnget an euren
„Hals das Joch EHrifti. Unterwerfer euer Haupt
„euren Ehemännern, ſo ſeyd ihr gefchmückt genug.
„die Hände müffen mit Wolleund Flachs umgẽe⸗
„ben, und die Fuͤſſe zu Haufe gleichfam angeklam⸗
mert ſeyn, fo werden fie bejfer gefallen, als wenn
„tie mit Gold behaͤnget ſeyn. Aleider euch in die
„Seiden der Unſchuld und der Heiligkeit, und in
„den Purpurder Schamhaftigkeit. Wo ihr F
„geſchminket ſeyd, werdet ihr GOtt zu eurem Lieb⸗
„haber bekommen h). RE
4. Diefer Mann zielet mit feiner Rede aufden
innern Schmuck der Epriftlichen Frauen, welchen
er ihnen fo oft recommendiret, wenn er Den aͤuſſer⸗
lichen Putz verleiden will. Als, da er ihnen die Ente
ſchuldigung wegnimme, daß fie gleichwol ihren
Männern in zierlicyen Kleidern gefallen müßten,
„Kein Weib (fchreibet er,) kann ihrem Mann heß⸗
„lich fheinen, indem fieifm damals, als er fie zu⸗
„erit erwaͤhlet, gut genug geweſen ift, es fey nun
„ihres Gemuͤths oder ihrer Schoͤnheit wegen,
„Kein Weibdarfauch beforgen, als ob ihr Mann
„ſie deswegen weniger lieben werde, oder fie zornig
„anfehen, wenn fie die Kuͤnſte nicht brauchet, das
„Durch fie Eönnte fhoner werden. Gintemal die
Männer von ihren Weibern nichts als Keuſch⸗
„beit fordern, dahero fie durch ihr Schminfen
„uichts ausrichten wird, der Mann mag glaubig
„oder unglaubig feyn,, i). Solchergeſtalt zeig-
ten fie, wie verkehrt die Bernunft ſich in ihrem uñ⸗
zeittgen Gehorſam bey fo nichtigen, ja verbotenen
Dingen erwieſe, da fiedoch, nad) des Apoftels Er-
mahnung, nicht auf den ausmendigen Schmud,
fondern auf den verborgenen Menfehen des Hers
zens ineinemunverrückten Zuftande, und aufden
fanften und ftillen Geift fehen, und eben dadurch
ihre Männer gewinnen follten, ı Petr. 3, 1. u. f.
Dabey führten fie fie nun auf den rechten und
gottgefälligen Geherfam, den fie fein ohne Ber-
legung ihres Gewiffens leiften Fönnten. Drum
0 ⸗ hieſſe
f) Ibidem p. 50. 5) Ignatins
Epift, ad Philad, h) Tertullianus de Cultu Fem.c,ız. 3) Tertullianus 1. c. €. 4.
a u
2. Cap. Don den Pflichtender Eheleute, Eltern, Rinder, Herrfebaften und Dienftboten. 677
hieſſe es: “hr Fönnet in allen andern Dingen eu⸗
„ren Männern dienen, und zum Gehorſam unter-
„oban fern. Es foll Feine Widerfpenftigkeit ſich
„ben euch finden, Fein Stolz, Feine fehmähfüchtige
„Hartnäcigkeit, Fein Ungeberfam. Wenn, zum
empel, ein Mann aus Noth diebeften Sachen
„verkaufen muß, foll es die Frau ertragen, und
„nicht zanfen noch widerfprechen. Die Verach⸗
„fung diefee Dinge muß die Siebe zu ihrem Mann
„jumegebringen. Nimmt er andere Dinge vor,
„und haft du Liebe, wie du follt, fo laß es gut ſeyn:
Ja, wenn er dir noch nicht ſo viel zutrauet, ſo bie⸗
„te ihm felber alles an, und verſchmaͤhe alles aus
„eiebe zudeinem Mann. Wo das Haus recht be»
„ftelfer ift, da muß der Mann des Weibes Haupt
„ienn. Iſt nunder Mann das Haupt, fo mußer
„ie führen undregieren, jene aber muß dem Haupt
„olgen. Er muß aber aud) feben, wo er hingehe;
„und darf nicht dahin gehen, wo er will, daß ihm
„das Weib nicht Folgen foll, damit ihr nicht alle
„bende in die Grube fallet, indem du ihr durch dein
„erhalten zeigeft, was fie thun foll k).
5. Eine unter den fürnedmften Pflichten der
Ehefrauen wurde unter den Ehriften nach Petri
Ermaßnung geachtet der eremplarifebe Wan:
Del gegen und bey ihrem Wann, wenn er et⸗
104, wie es kaum fehlen Fonnte, noch Beſſe⸗
zung oder auch gar Bekehrung zum SErrn
bedurfte, ı Petr. 3, 1. er rühmet ein be⸗
Fannter Lehrer von feiner Mutter, “daß fie nicht
„allein im Leben eine Gehülfin gemefen, fondern
„auch eine Anführerin und Vorgängerin, indem
„fie ihn mit Worten und Werfen zum Guten ge-
„ieiter habe. Cie achtete es Be (fchreibet er,)
„vor fehr gut, in den andern Dingen allen nach
„den Geboten des Eheſtandes zu gehorchen,
„aber fie fcheuete ſich auch nicht im Glauben und
„in der Gorrfeligkeit ihn zu lehren, ). Und fo
verbielten fich die andere, daß, wenn unter den Un—
glaubigen und Gottloſen die Weiber ihre Män-
ner verhüßrten, und gleichſam als Sturmwinde
ihre Seelen verfinften, fo erhielten diefe hingegen
durch ihr Anhalten im Gebet, Vermahnen,
Warnen und Unterrichten ihrer Männer, daß fie
endlich ihre völlige Bekehrung erlebten. Gleich:
wie man von der Märtyrin Perpetua liefert, “daß
„ſie durch ſolche gefegnere Mittel nicht allein ih:
„een Ehemann Affricanum, fondern auch ihren
„Sohn gewonnen habe, m), Die erfahrenen
k) Auezufinuslib.L.Homil h49. h Öegor. N 2. Orat. 28. de Nonna matre ſua.
Jan. n)Chryjof. hom so.inloh. 0) Hieron. Epiſt. 7. aä Lætam.
ronym. Epiſt. 14. ad Celantiam.
Chriſten merkten unter andern auch dieſes an, daß
bey einem Mann die freundliche Zurede ſeines
lieben Weibes oft mehr ausrichten koͤnne, als ans
derer Fremden wohl eingerichtete Ermahnungen,
in Anfehung feiner Liebe, Eraft welcher fein Herz
gegen fie offen, und alfo zur Ueberredung geſchickt
fey. Davon fie folgendergeftale redeten: «Es
„iſt Feiner mächtiger, als eine fromme Frau, ih—
„ren Mann zu unterweifen und zuermahnen, wo:
„von fie nur will. Denn er wird nicht ſowol fei-
„ne Freunde oder Lehrer, oder auch feine Dbriafeit
„ſelbſt ihm zureden laffen, als wenn ihm fein Ehe-
„tweib einen guten Rath gibt und etwas erinnert.
„Eine folhe Erinnerung bat eine Vergnuͤgung
„bey ſich, weiler die Perſon liebet, die ihm zu was
„gutes rärh on), - Eine heilige und alaubige Fa—
„milie Beiliget aucd) einen unglaubigen Wann.
„Ja, wer von einem glaubigen Haufen der Sei—
„nigen umgeben wird, der iſt faſt ſo gut als betehrt,,
0). Co gar hatten fie die Wirkung von folchen
heiligen Umgang mit Unglaubigen erfahren, daß
fie auch fagten, wenn, fo gu reden,der Jupiter ſelbſt
„unter folcdyen Anverwandten und Freunden gele«
„bet hätte, würde er an Ehriftum haben glauben
„lernen p).
6. Nach diefen wichtigften Pflichten wurde wei«
ter von Ehriftlichen Eheweibern erfordert, ihre
Männer zu lieben und zu chren, als der Apoſtel
befopfen hatte. Wie aud) nach ihm Janatius an den
Aufſeher Polpcarpum ſchriebe "Sage meinen
„Schweitern, daf fie den HErrn lieben, und mit
„ihren Männern vorgnüget ſeyn, bende nad) dem
„Fleiſch und nach dem Geift,, q). Wieaud) ein
anderer, der eine Ehriftliche Ehefrau unter andern
alfo unterwieſe: “Deinem Mann mußt du abfon«
„fonderlich feine Autorität laſſen, und das ganze
Haus muß von dirdernen, wie viel es dem Mann
„Ehrerbietung fchuldig fen, r). Welches denn un:
ter recht Chriſtlichen Eheleuten defto nöthiger und
ficherer war, je weniger fich eines über das andere
einer ern anmaſſen Fonnte, alsdie, nad) obi⸗
m Bericht von der Epriften Gleichheit (im 3.
uch), vor dem HErrn einander gleich waren,
und dahero eines dem andern mit Ehrerbietung zus
vor fam. In Summa, wie fie der Geift GOttes
in ihrem ganzen Leben mächtiglich regierte, alfo be—
wahrte er fie auch bey dieſer Lebensart vor aller
Hoffart, Eifer. und Zanffucht, Unordnung und
andern böfen Dingen, Syn zeitlichen und leibli»
24943 chen
12. m) Martyrolog. Roman. d.30
p) Idem ibid. q) Epift. ad Polye. 1) Hir-
— TEE TE DEE EEE ETC TREE ET TE PER ——
6 v
678
chen Angelegenheiten war nun defto weniger der:
gleichen bey ihnen zu beforgen, fondern wie der
Mann fich fein Haus durch GOttes Segen zu er-
halten fchuldigerfannte, alfo mußte auch das Weib
ihre Pflichten dabey beobachten. Als, daß fie nem«
lich alles wohl verwaßrte und das Hausweſen fleißig
verſorgte. Denn “deswegen hat GOtt dem
„Mann das Weib gegeben, daß fte ihm in diefem
„und andern eine Gehülfin feyn foll. Dieſes fe-
„ben befteher aus öffentlichen und Privatverrich⸗
„tungen: Da hat GOtt nun beyden etwas zuthun
„aegeben, ven Männern die öffentliche und andere
„Aemter, dem weiblichen Geſchlechte die Sorge
„der Haushaltung s).!
7. Unter die häusliche Gefellfchaft gehören aud)
die Rinder, gegen welche die erften Chriſten nicht
weniger ihre ſchwere Pflicht in acht zu nehmen Bat:
ten. Es wird unten in einem fonderbaren Capi-
tel von der Auferziehung der Jugend ausführlich
nach dem Sinn der Alten geredet werden. Hier
berühre ich nichts weiter, als foferne dieſes eine all-
gemeine Schuldigfeit der Eltern gemwefen. Da
ihnen ausdrücklich auferleget war, ihre Rinder
in der Zucht und Dermahnung zum ren
zu auferziehen. Ephef. 6, 4. Als etwa Paulus
von Timothei Mutter und Großmutter fid) noch
fo herzlich erinnerte, wie der ungefärbte Glaube
. nicht allein in ihnen ſelbſt gewohnet habe, fondern
wie er auch auf diefen ihren Soßn und Enfel oh⸗
ne Zweifel durch ihre gute Anführung fortgepflan-
jet worden. 2 Tim. 1, 5. Apoft. Geſch. 16, 1.
Gleichergeftalt wird dem Kanfer Conſtantino
von denen, die ihn loben, nachgeruͤhmet, mie Die-
fes feine erfte und größte Sorge für feine Soͤhne
gemefen, “daß er ihre Seligkeit vor allen Dingen
„befördert willen wollen. Dabero er nicht allein
„ihnen folche gehrmeifter zugegeben, die wegen ih-
„rer Gottesfurcht ſehr berühmt gewefen, fondern
„aud) felbften ihnen die Gottſeligkeit eingepflans
„jet, und in der Erkenntniß göttlicher Dinge bey-
„räthig gewefen, t). Demnad) achteten fie Die:
fes vor ihre höchfte Pflicht, fo vielen der HErr
Kinder gegeben hatte, daß ſie nicht allein durch
Lehrmeiſter dieſelben zu GOtt führen und anwei—
fen lieſſen, ſondern auch ſelbſten mit Hand anleg:
ten, und nad) der Gabe und Gnade, die der HErr
einem jeden Darreichte, fie zum Glauben und Lie—
be £räftiglich erwecten. Dahin giengen auch
nachgeheuds fo viele Erinnerungen der Lehrer an
die Hauspäter: „Redet von göttlihen Dingen
s) Chryfoft. hom. 22. in Var. Loc. Matth.
.3. Don dem Privat und häuslichen Leben der erſten Ehriften.
ſte
„nicht allein in der Verſammlung, ſondern auch
„zu Haufe, der Mann mit feinem Weibe, der Va.
„ter mit feinem Kinde, und zwar ſehr ofte, damit
„ihr Diefe herrliche Gewoßnbeit einfuͤhret. Nies
„wand fage, man dürfe die Kinder eben damit
„nicht belegen. Denn fie follennicht allein etwas
„zeit Darauf wenden, fondern auch alle Zeit u).
Ihr muͤſſet eure Kinder alsbald anfangen mie
„dem göttlichen Worte zu ernähren x). Ziehee
„eure Hand von eurem Sohn oder Tochter nicht
„ab, fondern lehret fie von Kindesbeinen an die
„Furcht des HEren,, y). Und mas dergleichen
Erinnerungen mehr waren, welche unten, fo viel
noͤthig vorkommen werden.
8. Wem dergleichen Zucht und Vermahnung
zum HErrn ein rechter Ernſt war, der hatte durch
die Treue GOOttes ſich vor Feiner Verführung zur.
Zaͤrtlichkeit gegen feine Kinder zu befürd)ten, weil
fein ganzer Zweck allein auf den Preis des HErrn
und auffeinen heiligen Willen gerichtee war. Wir
fönnen den Sinn der erjten Chriſten disfalls aus
dem Gegenfaß der folgenden Verderbniß in et
mas abnehmen, da nod) die freuen Lehrer wider
die nad)läßige und zärtliche Kinderzucht löblich ei⸗
ferten : GOtt lieber die Zucht, aber es iſt eine vers
„kehrte und falſche Gütigkeit, den Sünden den
„Zügel laffen. Ein Sohn wird mit feinem groß
„ten Schaden feines Vaters Gelindigkeit erfab:
„ren, daß er hernach GOttes Ernft empfinden
„wird, und zwar ernicht allein, fondern er mit fei:
„nem nachlaßigen Vater zugleih. Denn war-
„um follte ev feinen Sohn nicht von der Bosheit
„abhalten, da er zwar nicht felber fündiget, aber
„doch feinem Kinde vaffelbe nachlaͤſſet. Die Suͤn⸗
„de muß dir nothwendig felbft gefallen, welche die
»an-deinem Sohn nicht mißfallet 2). Siebeit du
„denn Deswegen deine Kinder, wenn du ihren Wohl⸗
„lüften alles nachlaͤſſeſt? Ja, alsdenn wuͤrdeſt du
„ſie recht lieb haben, wenn du CHriſtum deinen
„Kindern vorzögeft, und. fie ihm anvertrauteſt,
„wenn du fie in dem lieb hätteft, der fiedir zulieben
„gegeben hat. Biſt du wol ein Chrifte, wenn du
„fte läftern hoͤreſt, und ftillfehweigeit? Du kannſt
„dich nicht als einen ſolchen Vater erweifen, der
„bereit fen, feine Kinder in ſolchem Fall Bintanzus
„fegen, da du doch mit Abraham bereit feynfolleeft,
„fie zu opfern. Denn wer dietüfte feiner Kinder
„tödtet, der bringet GOtt ein ſolches Dpfer als
„Abraham; a). Werzuichnoc) diefe Klage nur
aus Chryſoſtomo fege: “Man forget jego mehr
t) Enfebinslib. IV. Vit. Conft.c.31. u) Chryfoffomus hom. 2. in Ioh.
x)Id.ibid. y)BarzabasEpift.p.250. 2) Auguft. in Pf. 50.
a) Id. de Temp. Barbar. c.3.
„fuͤr
4
*
„für Eſel und Pferde, als fir die Kinder. Denn
„ivenn ein Efeitreiber foll angenommen werden,
ſo man ſehr darauf, daß man keinen naͤr⸗
riſchen, trunkenen, diebiſchen oder unerfahrnen
„Menſchen bekomme: Wenn man aber den Kin:
„dern einen Lehrmeiſter vorfegen foll, fo nimmt man
„darzu, wen man ohngefehr findet, und bedenfet
„nicht, daß Feine Kunſt wichtiger als diefe fey..
„Denn wasift gröffer, als die Herzen junger Leute
„uu regieren, und ihr geben recht einzurichten b) ?
9. Ueber diefe Erinnerung von der unordentli-
chen Liebe der Eltern gegen ihre Kinder fahen fie
ferner dahin, daß die rechte gortgefällige Liebe ge=
gen jedes gleich bliebe, und Feines dem andern
vorgezogen würde; es wäre denn, daß die Unge—
5 amen und Boͤſen durch ſolchen Vorzug der
tommeh Kinder haͤtten befchämer werden follen.
Auffer dief fh Fall verhuͤteten fie gerne allen
Streit, Mißgunſt und Groll, der durch partenifche
tiebe der Eltern erreget werden fonnte. Drum
hieſſe es: “Die Eltern müffen gegen die Kinder
„eine Gleichheit treffen, und nicht nur eines lieben,
„und das anderehaffen. Dennder HErr JEſus
„Chriftus hat fie alle angeblafen, und allen ſichtba⸗
„re und unfichtbare Gaben gegeben. Wenn aber
„die Eltern ja zuͤrnen, fo muß es mit Recht ge:
„icheben,, ce). Und abermal: "Die Eltern follen
„ſich gegen die Kinder gleich durch erzeigen, auch
„ur Zeit, warn fie etwas unter fie austheilen, eis
„nem jeden das Seine nehmen laffen,, d). Son
folgete eben aus foldyer treuen Liebe der Eltern
die nörhige Verſorgung und Pflegung von dem,
was ihnen der HErr gegeben hatte. Don der
Berlaffenfchaft aber, ob und wie ferne fie den Kin:
dern beyzulegen fen, iſt im 4. Buch am legten
Cap. deutlich Aus'dem erſten Chriftenthum und
deſſen Gründen gezeiget worden, daß diefes die al-
lerwenigfte und unnoͤthigſte Sorge bey wahren
hriften gemefen fen, ihren Rindern Geld und Gut
zu ſammlen. „prateichen, daß fie eben darinnen
von den Unglaubigen und Heyden auch unterfchie=
den gewefen, welche ihren und ihrer Kinder See⸗
len einen Vorrath auf viel Jahre ſammleten: Nicht
weniger, daß fie die Worte Pauli ı Tim. 5, 8.16.
gar zu feinen Henden machten, fondern vielmehr
alsdann einer heydniſchen Untreue befchu'diger
würden, wenn fte ihre Witwen, Alte und Unver- f.
mögliche nicht verforgeren, wie die Heyden pfleg-
ommno
lib. N. cap.39. h) Anmbroſius lib. VIII. in Luc. 18.
2
2. Cap. Von den Pflichten der Eheleute, Eltern, Rinder, Serrſchaften und Dienſiboten. 679
ten, da fie ihre Kinder wegſetzten, die Alten de
ponte herunter wurfen, u.f, f.indem Paulus al-
da verhüten wollte, daß die Witwen der Gemeine
nicht beſchwerlich ſeyn follten, wenn fievon den Ih⸗
rigen nicht felbft unterhalten wurden.
10. Davon haben nun die gottfelige Alten fehr
ofte geredet :"Aber ich will nur noch einen Ort aus
einem fürnehmen alten Lehrer hiervon benfügen,
der alfo fehreiber: “Du fprichft: Ich habe einen
„Haufen Kinder, und denen wollte ich gerne Mit«
„tel laſſen. Warum macheft du fie aber arm?
„Denn wenn du ihnen alles laͤſſeſt, fo haft du ja
„deiner gefährlichen Verwahrung alles anver:
„trauet (nemlich, weil du nicht mächtig biſt es zu
„verwahren), Wenn du ihnen aber GOtt zum
„Erbe binterläffeft, fo baft du ihnen uflzählige
„Schäße hinterlaſſen. Willtdunun deinen Kin-
„dern viel Reichthum laffen, ſo laſſe lhnen GOttes
Schutz. Drum laſſet ung nicht darauf denken,
wie wir den Kindern Reichthum Binterlaffen,
„tondern tie wir fie fromm laffen. Denn wenn
nie fid) auf ihr Gut verlaffen werden , fo werden
„ite nur denfen, wie fie ihre Bosheit mit ihrem
„Ueberfluß bevecfen mogen. Sehen ſie aber, daß
„oiefer Troft auch mangelt, fo werden fie fich bes
„müben, ihre Armuth durch Tugend zu ekleichtern.
„Drum laffe ihnen feinen Reichthum, damit du ih⸗
„nen Tugend lafleft, e). Die Kinder hingegen
mußten gleichfalls allen Gehorſam, Liebe und Treue
ft ihren Eltern erweifen, und darinnen fich als Chri—
ften erweifen, denn in dem übrigen würden fie oh⸗
ne dieſes Verhalten den Henden gleich ‚worden
fenn. Epheſ. 6, 1. 2. 3. Eol. 3, 10. Drum hieſſe
es: “hr Kinder, gehorchet euren Eltern, und
„tteber fie als Mitarbeiter GOttes f). Der HErr
„ar Efus iftferbft den Kindern ein Kind worden, das
„durch er die Rinder gebeiliger bat, indem er ihr Als
„eer angenommen, Er ift auch den Sjünglingen
„ein Mufter worden jur Gottesfurcht, Gerechtig⸗
„keit und Gehorfam, und hat fie dem HEren ge=
„beiliget 8). Die erfte Stuffe der Gottſeligkeit
„it: Ehre Vater und Mutter. Denn diefe hat
„GDEe zu Urhebern eures $ebens verordnet
„Ehrer fie mit Gehorfam, damit ihr von allem
„Spott ferne fend, und verleget auch nicht mit
„dem ae die Pflicht gegen eure Eltern, ur
. w. h *
‚u, Was ferner die andere Abfehen und Stän-
de
b) Chryfoftom. hom. 60. in Matth. e)Vid Corelerins Tom. I. Monum. Ecclef. Grzc.p.93. d)Ibid p.ı53. e) Vid,
Bafılii M.Orat. ad Diuites. Chryfof. hom. 53. ad Antioch. f) Xgnarius Epift. ad Philad. g) Irenans
J |
680
de des häuslichen gebens berrift, gienge der Haus:
väter und Herren Berbalten gegen das Geſinde
fürnemlich auf die Uebung der Gottſeligkeit, weil
fie nicht allein zu Auffehern über ihre zeitliche An⸗
gelegenbeiten, fondern auch zuförderjt über ihre
Salen beftellet waren. *Es ift nicht allein den
„sehrern gefagt: Weide meine Schafe; fondern
„auch zu allen, denen aud) Die fleinefte Heerde an.
„oertrauet iſt: Denn fie muß Deswegen, weil fie
Flein it, nicht verlaffen werden. Ein jeder hat ja
„etwa ein Schaf; das führeer nun auf fette Weis
„oe. Wenn nun ein Hausvater aufiteher, fo
„muß er nichts forgen, alsdaßer forede und thue,
„damit fein ganzes Haus in der Gottſeligkeit zu⸗
„nehme. Die Hausmutter ſoll zwar auch auf
„das Haus acht haben, aber noch vielmehr ſorgen,
„daß die ganze Familie himmliſche Dinge verrich-
„te. Denn wenn man in weltlichen Dingen vor
denen häuslichen Gefchäften der Obrigkeit erſt
„das Ihre gibt: wie vielmehr muß man erſt thun,
„was dem König und Herrn unfer aller zus
„eommt,, i)? Den Grund von diefer Pflicht ha⸗
ben wir oben im 2. Bud) bey dem geiftlichen Prie⸗
ſterthum gefeben, Eraft deſſen ein jeder Chriſte dem
andern, und vielmehr feinen Untergebenen auch zu
Haufe Den görtlihen Willen verfündigen mußte.
Daher rühreten diefe Vermahnungen; “Berfün-
„ige allen deinen Untergebenen im Hauſe,
„vom Groͤßten bis zum Kleinſten, die Siebe und
„Süßigfeit des Himmelreichs, und die Bitterkeit
„und Furcht der Höllen, und wache für ihr Heil,
„roeil du ja für fie alle GOtt Rechenſchaft geben
mußt k). Regieret doc) eure Käufer wohl und
eure Kinder. Gleichwie dieLehrer in der Gemei⸗
„tie reden muͤſſen, fo muͤſſet ihr in euren Familien
Ithun, Damit ihr von euren Untergebenen gute
„Xechenfchaft geben koͤnnet 1). Prediger den
„Namen und die Lehre Chrifti, wenn ihr koͤnnet.
„Ein jeder Hausvater foll auch Bierinne ſich ſchul⸗
„big erfennen zu einer väterlichen Zuneigung ge⸗
„gen fein Haus. Er foll fie zu hriſto und zu
„dem ervigen Leben alle ermahnen, lehren, warnen,
Freundlichkeit und Ernſt brauchen. Afo wird
„er in feinem Haufe das Amt eines Auffehers ver»
„richten, wenn er dom HErrn Chriſto dienet, Da»
„mit er ewig bey ihm fey m). . ;
12. Zu folcher heil. Vorſorge für das Heil des
Hausgefindes gehöret auch, daß fie den Ihrigen
geroiffe Zeit liefien, ihrem GOtt zu dienen, und nicht
i) Chryfoftomus hom. 78. in Matth.
sı.in Ioh.
nns de Idol. c. 15.
6.3. Don dem Privat - und häuslichen Leben der erften Ehriften.
—2
ſtets mir uͤbermaͤßiger Arbeit belegten, daß die«
me Seelen unter der Laſt an HH en
Fonnten. Sintemdl diefes zu ihrem eigenen Bora
theil dienefe, indem fie alſo deſto mehr Siebe, Treue,
Gehorfam und Fleiß von den Dienftboten zu ge
warten hatten, wenn fie waßre Chriften waren.
„Wille du, (hieſſe es,) daß dir deine Kinder folgen
„follen, fo gewoͤhne fte fein zu dem göttlichen Wor⸗
„te. Und fprich nicht, das gehöre Mönchen und
„Predigern, daß fie auf die Heil. Schrift denken,
„oenn e8 ift vielmehr eines jeden Chriſten Schul«
„digkeit, und abfonderlich deſſen, der in weltlichen
„Dingen zu thun hat, weil er defto mehr Hülfe
„bedarf, wennerin ber Unruhe diefer Welt umges
„trieben wird). Drum mußt du alfo vor deine
„Haushaltung Sorge tragen, Damit du der Seele
„allezeit eine Ruhe gönneit,, 0). ¶ Wohin denn
aud die übrige Chriſtliche Haus ucht gehörete,
daß die Hausväter auf die Ihrigen und auf ihr
Thun und Laſſen fleißig acht haben mußten, damit
fie der Verſucher nicht verfuchete, und fie in Suͤn⸗
den oder andere Schandeverfielen. Wie etiva eis
ner noch unter den heydnifcyen Berfolgungen ges
denket, daß ein Hausvater von GOtt in einem
Gefichte ernftlic, fey beftraft worden, weil feine
Lute eine heydnifche Weife ohne fein Willen und
Willen mitgemachet hatten. “So fehr (feßt er
„binzu,) gibt GOtt auch auf die Zucht unferer Fa⸗
„milie acht,, p). Alles diefes aber koͤnnte am be⸗
quemiten und nachdrücklichften durch ein erempla=
rifches geben des Hausvaters gefchehen, wie fonft
in der Gemeine durch des Lehrers heiligen Wandel
die übrigen erbauet würden. “Denn wie ein
„Rauchwerk mit feiner Lieblichfeit die Luft erfüllt,
„und jedermann erquicken Eann: Alfo ift ein from»
„mer Mann allen denen Beilfam und erbaulich, die
„um. ihn he 9).
13. Endlich erforderte auch ihr allgemeiner $
ter, Paulus, Freundlichkeit, Sanftmuth und —
tigkeit, Eph.6,9. wie die andern Lehrer gleichfalls
wiederholeten: “Gebiete nicht deinem Knecht oder
„deiner Magd mit Bitterfeit, nemlich denen, die
„den HEren fürchten; damit es nicht etwan ges
„fchehe, Daß du den nicht fürchteft, der über Dich
„und fie zu gebietenhat. Denn Chriſtus iſt nicht
„eommen, nad) dem Anfehen der Perſon zu beruf⸗
„fen, fondern welche der Geift füchtig gemacht
»bat,y r). War alfo die Haupturfacye dieſe,
weil vor GOtt und nad) feinem Willen Fein Unter⸗
ſcheid
k) Auguſtin. lib. de Salutar. Docum. c. 29. Idem in Pf. 50. m) Tractat.
n) Athanafıns velquisquis et Comm. inEph.6. 0)HieronymusEpift.14.adCelant- p) Tertullia
q) Bafılins M. Oxat- in Gordianum. 1) Barnabas Epitt. p.2350- j
R
h
Anſehen der Perfon im Chriſtenthum
alle einander gleich) zu er
13. Buch bey ihrer Gleichheit erfen-
nem. Es war aud) fonft nad) der, Natur und
Bernunft löblich und dienlih, *wenn ein Herr
„oder Frau fein Gefinde alfo regierte, Damit diefes
of Or als einen Bater und Mutter, als Gebie-
ier anfehen konnte, und die Pflicht von den Dienft-
„boten mehr mit Liebe als mit Zwang erhalten
wurde. Syn Anſehung, daß diefes allezeit ein
»treuerer und befferer Gehorfam war, der von Sie-
»be herruͤhrte, als wann er durch Furcht erzwun⸗
„gen werden mußte„s). Da bingegen es unter
Störrigen und Böfen im Haufe bergehet, wie es
einer befchreibet: “Der Zorn ziehet ihm die Larve
meines Löwen an: Wenn etwa ein Vortheil zu
„boffen iſt, da ift er Hurtig im Gehen, Neden
„und Hören. Wo ihm aber etwaein Schade zu⸗
waͤchſt, wie es in Haushaltungen nicht fo genau
„abgehen kann, da ift er murvifch und zornig.
» Wenn nur ein Pfennig gewonnen ift, da ilt
„reude: hat er aber einen Heller verloren , fo
„wird er drüber unfreundlich und betrübt,, t).
Solche Herren mußten billig bedenfen, wie es
ihnen gefallen würde, wenn fte Knechte wären,
und alfo von ißren Herren tractiret würden. Das
Ber fie vielmepe Barmherzigkeit üben follten an
andern, damit fie auch folche erlangeten u) : nem⸗
lich, daß fie nach befundenen Umftänden nicht
| allzeit ftraften , wenn das Öefinde etwas verfehen
doaͤtte x), im übrigen aber auf GOTT und feinen
Willen in allen Sachen fahen, beydeflen Betrad)-
tung fie auch nicht der geringften Perfon zu viel
thun Fönnten.
14. Den Epriftlichen Annechten wurde gefagt,
daß fie ihren Herren gehorſam ſeyn ſollten mit
Zurcht und Zittern in Zinfältiafeit ihres
| Herzens als CSriſto, und zwar redlic und
freywillig. Epb-6,5. 6.7.8. Col.3,22.25. Dem:
| nad) mußte bey ihnen zum Grund des Gehorfams
- die wahre Demuth liegen, daß fie fich deswegen
über ihre Herren nicht überhüben, weil fie Bruͤ—
der wären, fondern vielmehr defto gröffere Treue
und Liebe bewieſen, je mehr fie ihnen aud) nad)
dem Geift verbunden waren; wie wir oben bey
ihrer Gleichheit gehöret. Die Knechte und Mäg-
de mußten zwar “von den Herren und Frauen
„nicht verachtet werden, aber fie ſelbſt durften nicht
_ ——
ern, Rinder, Zerrſchaften und Dienſtboten.
„fol; ſeyn, ſondern ſollten defto fleißiger dienen zur
—_ * 34
681
„Ehre GOttes, auf daß fie von GOtt eine beſſere
Freyheit erlangeten, und ſollten dahero nicht bes
„gehren, daß fie von der Gemeine frey gemachet
„wuͤrden, auf daß fieniche erfunden würden Knech⸗
„eeißrer Lüfte,y), Summa, “fie follten ihren
„Herren geborchen, damit fie Freygelaſſene Chris
„fti wären z). Dennder HErr hatte jadie Haus.
„bäter day gefeßer , daß fie über ihre Knechte ges
„bieten follten, und die Knechte Hingegen, daß fie
„dienen mußten. Drum follten fie um des HEren
„willen wohl dienen , Damit fie auch den Lohn von
„ihm empfiengen. Waren fie fromm;, fo waren
„fie ohnedem beffer, als ihre Herren : weil GOtt
„feinen Unterfcheid nach dem Gefchlechte, ſon—⸗
„dern nachden Werfen und Verhalten machet,„a).
So mußten fie demnach “fürnemlih GOttes
Knechte fern, und fodann nicht aufhören es mit
„ehren leiblichen Herren gut zu meynen. Das Le⸗
„ben eines jeden zeiget an, ob er ein Knecht oder
„Freyer fen; denn fonft hat aud) CHriſtus felbft
„leiblicher Weife gedienet, der doch alle frey ges
„macht bat b).
15. Gleichwie alfo insgemein diefe Aufferliche
gebensarten unter dem Chriftenehum nicht aufge
boben wurden, alfo waren auch die Dienftboten
bey ihren Herren fchuldig zu bleiben, und zu thun,
was ihnen gebüßrte. Alfo, daß man auch nach⸗
gehends vor billig erfannte, daß Fein Knecht ohne
feines Herrn Einwilligung fih in einen andern
Stand , auch nicht zum Lehramt begeben durf—
tee): ingleihen, daß Fein foldyer vor fich ein einſa⸗
mes geben erwählen Fonnte ‚wenn fein ordentlicher
Herr niche drum wußte d). Wiewol da allezeit
die gemeine Negel Pauli gelten follte: Biſt Er
ein Rnecht beruffen $ Sorge dir nicht.
Rannft du aber frep werden, (0 brauche def
defto lieber. Denn wer ein Rneccht in dem
Errn beruffen ift, der ift ein Freygelaſſener
des SErrn, ıCor.7, 21.22. War alfo zuför-
derft nörbig , daß ein folcher Chriſte nn den
Sohn Gottes recht frey gemachet war von der '
Siebe der Welt, und fonderlich ifrer Ehren und
Luͤſte, forann Eonnte er wol den äufferen Mens
fehen einen Knecht ſeyn laflen, und das Seinige
thun, was man von ihm fordertee), Wie die
Ehriften auch gegen die größten Kayſer ſich alfo ers
Flärten: "ch will den Kayſer frey einen Herrn
„iennen,aber aufdie gemeine Weife,und wenn mar
„mich nicht zwinget, Das Wort Herr an ftatt des
R Rrrr Worts
) Hierovymus l. c. t) Idem Epiſt. i8. ad Marcell. u) Agapetus Sched. Reg. x) Sidonius Apollinaris lib.VII-
p.14. y) Igmarius Epift. ad Polyc. x) Idem ad Philad. a) Augufinus Ser. 7. de Temp. b) Gregor.
Naz. Carın. XXVII. n. 35. Add. Clemens Alexandr.lib. IV. Strom. pag. 500. lib. IT.p.400. lib. TIT. Pxdag.p. 246.
YCanon. Apoflol.c.82. d)Concil.Chalced.c.4- e) Vid. Clemens Alex. lib. 1. Strom. p. 368, lib. LLL,pag-479.
.
682.
„Worts GOtt, zubrauchen. Sch bin bey ihnen
„frey: Einer ift mein HErr, der Allmaͤchtige und
„Ewige, der auch des Kanfers HErr iſt. Der
„siebesname (Bater,) ift auch angenehmer, als der
„Name der Herrfihaft. Wir wollen doc) aud)
„lieber Hauspäter als Herren Beiffenf), Ein
„Chrifte ijt Feines einigen Menſchen Knecht, fo
„ferne er EHrifti Sohn ift, der ihn von der Knecht:
„fchaft der Welt befreyet hate). Er ift von
„Chrifto erloͤſet, und zwar fehr theuer, wie kann
„dern die Welt einen fremden Knecht nod) frey
„taten. Scheints gleid) eine Freyheit zu feyn, fo
„hieffe es doch auch eine Knechtſchaft. Es befte-
„bet ohnedem alles in der Einbildung bey der
„Belt, und ift nichts wahrhaftigesdrinnen. Ein
„Knecht wird frey gemacht , der doch ſchon von
„Chrifto erfauft ift, er bleibet doch ein Knecht
„Chrifti, ob er ſchon von Menfchen frey gelaffen
„wird h).
16. So antwortete ein Martyrer einsmalsdem
heydniſchen Richter, der fich auf feine Herrſchaft
berufte: „Ich bin zwar ein Knecht des Kayfers,
„aber ich bin auch ein Chriſt, und von Ehrifto mit
„der Freyheit befchenfet,,i).. Indeſſen verhielten
ſich die Ehriftlichen Knechte auch gegen ihre un-
glaubige Herren fo treu und wohl, daß fie von ihnen
lieb und werth gehalten wurden. Ein Erempel
erzehlet Kufebius von dem ruhigeren Zuftand der
Ehriften, Daß die Groffen zu Kom fo freundlich
gegen ihre Ehriftliche Diener geweſen, ob fiegleic)
enden waren, daß fie auch frey ihre Hebungen im
hriſtenthum haben dürfen. a, fie haben ihren
f) Tersullianus Apolog. c. 34. a g) Idem de Idol
Adis ap. Baronium A.CLXV.n.2.
6. 3. Don dem Privat: und häuslichen eben di
K) lib. VIII.H.E.c. 1. + I) Terzullianus de Idol.c. 18.
auch zugelaffen, daß fie fich der Freyheit ih
bens haben rühmen dürfen, und fie viel b
die andere heydnifihe Kuech un
Wohlverhaltens willenk), We
vor eine herrliche Frucht mifdes w
thums zu rechnen war, ſo ſich audy in das
ne Leben erftredfte : Ob fie gleicy inzwiſchen in
ihre Bosheit , Abgötterey und dergleichen nich
willigten, vielmeniger dazu halfen, fendern viel⸗
mehr nach dem Erempel der Alten nur bis dahin
ihren Dienft leiſteten, und im übrigen GOtt mehr
als Menfchen gehörcheten, wie die Berftändigen in
ſolchem Fall ermahnten !) da es auch oft geſchahe,
daß alsdenn die Herren ihre fromme A
jagten, ungeachtet fie erft recht treu werden w
ven m); oder wol gar mit der ärgften Marter bes
legten, wie die Chriften Darüber Elagrenn). Wie
bingegen die Chriftliche Herren oft von ihren heyd⸗
nifchen und untreuen Knechten verrathen und zum:
Tode geliefert wurden. Davon das Erempel je=
ner Rnechte in dem Briefe der Martyrer in Frank⸗
reich befannt ift, welche ven Ehriften allerhand
greuliche Thaten vor der Obrigkeit Schuldgaben„ ° _
und fich darzu mit Geld erfaufen lieffen o). Inglei⸗
chen, wie Apollonius von feinem Knecht Severo
feines Chriſtenthums wegen bey den Heyden an=
gegeben worden p) : Anderer Erempel geſchweige
ich, nachdem ich nur einige Merkmahle anges
bracht, woraus der erften Chriſten Bezeigung in
ihren Häufern gegen einander etwas zu fehen iſt,
daher das übrige fich leichtlich abnehmen laͤſſet,
und im folgenden Eapitel berühret werden fol
.c.18. h) Id.deCoron.Mil. ce. 13. i) Eulepiftus in
Apol.c.3. n) Arzob.lib. 1l.adu.Gent.p.56. ©) Eufebiuslib. V.c.1. pP) Hieron.deScr,Eccl.in Apollon,
Das 3. Kapitel, | | * ;
Bon ihren häuslichen Verrichtungen indgemein , und
;
1
infonderheit,, wie fie fich Morgens und Abends / über
Tifche, bey der Arbeit / in Gefprächen und fon |
fien verhalten, >
Sum
marien,
amilien und Näufer der erften Chriſten waren rechte Gotteshäufer. $. 1. Ihre Gedanken des Morgens, ten —
F wachten: Item, bey Aufgang der Sonnen. Er weckung bey dem Hahnengefchren.a. WacPetrus ana
z ſol
m) ldem
—
9
w;
J
l bren bauolichen
feine Vermahnung zur
683
cht. Er foll, wie andere Chriſten, fruͤh aufaeftand |
Bahr heiten N fruͤh aufgeſtanden ſeyn, und
"Aus was Urfache? Vermahnung 4. jonderlich um getikliche Gaben ;
1 fie als eine Hallen ab ohne fiih an gewiffe Formuln zu binden — —
Si in der Gemeine zum Gebet zuſammen: übten es auch in ihren Hau:
it n
ahl
rembe
zum \
q end. Verma
Sie brachten auch ein gut.
sol des Nachts. Zeugniß der Hepden davon. ı5.
u,
amit man endlich auch von ihren Bäusli-
I chen Berrichtungen einige Nachricht ha-
4 be, und wie fie fich in ihrem gemeinen
— einander bezeiget, will ich hievon das
merkwuͤrdigſte erzehlen. Woraus unter andern
auch erhellen wird, daß fie nicht etwa nur in öf:
| fentlichen Verſammlungen, oder in anderer Leute
Gegenwart ſich Chriſtlich, ehrbar und weislich
3 angeſtellet, fondern auch in ihren geheimſten Ge-
muaͤchern und Cabineten eben fo gelebet haben.
| ‚görtgefälligen Gebrauche der leiblichen Wohltha⸗
ten fichnichtentzogen, ſondern in ihrem Thun und
Laſſen vor dem HErrn gewandelt, und frey,
munter und goftfelig ihr Leben zugebracht, alfo ,
| daß ihm ihr Aus⸗ und Eingang durch EHriftum
Di er der wahren Ehriften durchgehends befchaf:
en, als vechte Gotteshäufer und Tempel des
HErrn; wie einer davon redet: Die Eiern be-
zeugten ihren Kindern, die Kinder baten ihre
„Eltern, daß fie ſich nicht von der Gortfeligkeit
ber Haben ihre Männer dahin gebracht, wie vie-
„ie find auch von den Männern bevedet worden,
daß fie allzeit beteten; wie der Apoftel ſaget?
In Summa, es war uͤberall ſolche Reizung zur
Gottſeligkeit, daß man meynen mußte, es ware
Zugleich auch, wie fie dennoch als Menfchen dem
—— Denn ſo waren die Familien und
EHrifto abziehen lieſſen. Wie viel Ehewei-
h „eine Samilie ein eigen Gotteshaus oder
1 wegen der Gortfeligceit dever , DIiedar-
„inne ten,und ſo emſig zu GOtt bereten„?\.
Mel mn auch von denen Häufern noch ein=
ches
trefen mußte, welche noch etwa unglaubige Wir:
the oder Gefinde hatten, daß nemlich ein glaubi-
ges Weib den aunglaubigen Mann, und ein glau:
biger Mann ein unglaubiges Weib Beiligte. Wo—
R n fie gleichfalls redeten: “Ein beiliges und glau⸗
5i. in Ioh,
Ei
— v —2 9
J a) Arhanafıns Epift. ad Solit. Vit.ag.de reditu ſuo. b) Hieronymus Epiſt. 7.ad Lætam.
. *
An tung mit Liedern. Ermahnung dazu an einen
„an eit N a X Warum man acwi
ie. ! a u: achieten Bi Bei ng 4 J——
8. Wie man Mahlze ‚9. 10, 71. Was nach der Mahlzeit ihre erite Verrichtu a
n über und Mer Der ohahı. seit; Annhart und Zweck derſelben; en
e eines erleuchteten Ehriſten
n Dank und Lode Gottes 14.
Theil der Nacht mit geiſtlichen Uebungen zu. Vermahnung geichikt dazu zu jeyn. Meditirten
——— Hausvaterz
} : 7, Dach dem Gebet
ich. Was doch im gemeinen eben ihre Anftalt
Vermahnung daju, ız il nen —
ng Dazu, 12. weil ſolche cine Ge:
Solches iſt bernach ganz verlofihen. 13. hr erhalten
Was fie eigentlich abends von GHOE gebeten: Formular.
Me Stunden dazu angelere
$ u
biges Haus heiliget einen unglaubigen Mann, in:
„dem der glaubige Haufe der Kinder und Enkel
„um ihn herum iſtb). Hingegen wo ein alau:
biger Hausvater war, da war das ganze Haus
deito gefegnerer, als worinne er,nach der tehrer
Bermahnung, das Amt eines BYifchofe verrich⸗
ten mußte e). Von welchem ſeligen Zuſtand der
Hof und die Familie des Kayſers Theodof als
eine Schule der Gottſeligkeit von den Alten
geruͤhmet wird; wie wir bald hören werden +).
2. Wir wollen alfo die Theile des Tages nach
einander durchgehen, und bey einem jeden denen
erſten Ehriften gleichfam zufeßen, was fie daran
fonderlich zu thun pflegten. Da konnte es zuför:
derft nicht fehlen, daß fie nicht an dem WMar-
gen, fo bald ſie erachten, mit David wahrhaftig
Fraft ihrer genauen Vereinigung mit Gt und
ihrem Bater, hätten fagen fönnen: Wenn ich er-
wache , ſo bin ich noch bey dir. Pfal. 139. Denn
alfo munterten fie fich alsbald felbit auf, wenn fie
erwachten: Der HEerr, der unfere Herzen zum
„Guten exwecket, ruffet uns zu: Verlaſſet die
„Betten, ſehet, der HErr Chriſtus ruffet euch zum
reben : Wachet, denn ich bin nahe! DieferSchlaf,
„over euch nur aufeine gewiſſe Zeit gegönncr wird,
„iſt ein Bild des Todes: Die Stimme EHrifti
„erinnert uns aus der Höhe, daß das Sicht nun
„nahe fey, Damit die Seele dem Schlaf nicht die,
nee), Ingleichen waren bey dem Anfchauen
der aufgehenden Sonne diefes obngefehr ihre
Gedanken: “Die Sonne geher mit einem groffen
„Schein vor dem Tag her, erfüllt die Mele mie
„einem groflen ficht. O denke nicht nur an ibre
„Groͤſſe, ſondern betrachte ihren Schöpfer, und Io:
„be ihn doc) vor allen Dingen, Iſt dirdieSon-
„ne fo angenehm, wie gute ift die Sonne der Öercdh:
„eigkeit?kann diefe allesin Tag und Macht bejtrap-
Rterr2 „ten;
c) Auguflinus Traä
Vid. interim Ofander lib. I. Cent. V. H. E. c. 22. €) Prudentius Cathemer, hymn, matur,
684
„fen; wie groß muß der ſeyn, welcher mit feinem
„echt und Majeftät alles erfüllee? Wenn die fo
„wunderbar ift, welche auf Befehl aufgehet, wie
„wird der alle Verwunderung übertreffen, welcher
„die Sonne aufgehen heißt? Job 9,7. uff).
Bey dem Hahnengeſchrey, wodurch der Tag ange-
Fündiget ward, haben fie diefe und dergleichen An.
dacht gehabt ; wie man es noch findet: Der Ver⸗
„fündiger des Tages läßt ſich hören, darauf Das
„sicht anbricht, und alle herumſchweifende Boͤſe
„ihre fchädliche Wege verlaffen müffen. Dabey
„hat Detrus felbft zu weinen und ſich zu befehren
angefangen. Drum friſch aufgeftanden, der
Hahn ſchilt die Schlaͤfrigen, und ftraft die,
„fo den Herrn verleugnen. Bey feinem Gefchrey
„erigen wir neue Hoffnung, Die Gefallenen bes
„eommen wiederum Glauben. D JEſu, fiche
„uns Schwache an, und verändere uns! Scheine
„du, o Sicht, in unfere Sinne, und vertreibe alle
„Schläferigfeit des Herzens u.f.f. 5)!
3. Bey diefem Haßnengefchren muß ich mit
gedenfen, was von Petro in einem alten Autore
gedacht wird, daß er einftendes Morgens foll von
fi zu feinen Freunden gefaget haben, mit folgen:
den Worten: «sch pflege allezeit nach Mitternacht
„aufzumachen, und Eann niemals wiederum ein⸗
„fehlafen. Diefes. fommt daher , weil ich) mid)
„geröhnt gehabt, der Worte meines HErrn, die
sich von ihm gehoͤret hatte, mic) zu erinnern, und
„aus ſolchem Verlangen habe ich mein Gemuͤth
„bezwungen, damit ich allezeit, wenn ich erwach⸗
„te, fie wiederholte. Daher, weil idy nun diefe
„Worte des HErrn mit groffer Anmuth bey mir
„erwwäge,, ſo pflege ich allezeit aufzuwachen, ob ic)
„auch ſchon an nichts gedenken will. So wird die
„alte Gewohnheit durch die Einführung einer
„neuen geändert,, h). Weiter ermahnete er die
einigen alfo zur Moͤrgenandacht: “Es muß uns
„nicht verbrüßlich fenn , etwas vom Schlaf abzu-
„brechen , damit wir Die Lehre Des Lebens recht far
„fen Fönnen. Denn wenn die Speife verdauet ift,
„und das Gemüth durch die ftille Macht zu fic)
„‚felber fommt, bleibet am beften bangen, was ge:
„lehrt wird,i), Wie er denn aud) pfiegen alles
zeit mit dem Hahnengeſchrey aufzuftehen, und
manchmalim Haufe, wo er etwa geherberget, her⸗
um gegangen, und die Chriſten auch wachend an⸗
gerroffenk). So ſtunden fie nun deswegen ger⸗
ne beyzeiten auf, damit fie vor den HErrn kommen
f) Ambrofiuslib. IV. Hexaem. e.1.
Cieme»slib. II. Recognition. p-29.
m) Baftlius M. Reg. Intern. 37.
q) Ambrojins ib. 1. de Virgin.
6, 3. Don dem Privat: und häuslichen Leben der —
f Zu u
möchten, fo bald das Licht anbrach, und ihm dan
Feten für alle feine Güte, die er an ———
than hatte. Denn dieſes hielten fieunter andern
aud) deswegen für nörkig,*daß man
„betete, Damit die Auferfteßu ig CHrifti ihrem
sMorgengebet gepreifet würde: als welchee
„Heil. Geift zuvor Pſalm 5, 2. angedeut
4. Ihre Gewohnheit war deswegen, n
Tage aufzufteben, wie ſie davon fchrieben: “
„koͤmmt der Morgendemmerung zuvor, ind fte-
„het zum Gebet auf, damit der Tag uns nicht im
» Bette noch antrefe. Darinnen muß man den
„nachfolgen, welcher geſaget hat: Meine Au
„find der Morgenrötge zuvor Fommen m), Wenn
„die Sonne aufgehet, muß fieuns ſchon das Buch
„in Händen haben fehen n). Dienächtliche Anz
„dacht befehleuft das Andenke ttes am Mor⸗
„gen, und dahero muß man mit dem Tage an—
„fangen zu GOtt zu wachen : weil fichs frühe defto
„glaubiger und ie feölichem —
„ivenn das Bette rein ifto), Der Tag wird. mit
„Gebet angefangen, er wird auch mit Singen be-
„Ichloffen p). Denn alsdenn muß man dem HErrn
„fenverlich ein Lobopfer bringen, wenn man vom
„Schlaf aufftehet , wenn man ausgehet, wenn
„man Speife nimmt u. f. 0.9). Co baldnun,
„als man frühe vor Tage aufſtehet, undeheman
„nod aus der Schlaffammer trit, muß man
„dem Heiland Danf abſtatten, ja vor allen welt⸗
„lichen Geſchaͤſten erftlich die Aberfe der Gottſe—
„ligfeit verrichten, der ung in unferer Ruhe be=
wahret, und in unfern Betten behütet hat. Denn
„ver Fann einen fchlafenden Menfchen fonft bes
„Ibüsen, als GOtt? Da er alfo in den Schlaf
„verfunken, und feiner Kräfte vergeflend ift, ja
„auffer fich ſelbſt gebracht, daß er nicht weiß, wie
„ihm gefchieht, wo er fey, zum wenigften Eann er
„ihm fetbft nicht heifen,,r). Mit ſolchen und der⸗
gleichen Borftellungen ermaßnten die Frommen
einander zum Preis ihres GHttes und zur herzlie
chen 55 vor demſelben, in neue g
ſeines ſtarken Schutzes auf kuͤnftige Zeit, eilfe
doch ohne feine Gnade nichts vermechten, und fich
alfo ſowol zum Danf für Die vorige, als auch zum
Gebet um die fernere Gnade verbunden wuüßten.
Welches fie denn Zweifels oßne entweder alleitte,
oder mit andern Ehriften im Haufe verrichtet has
ben, nachdem es ſich etwa am beften zur Erhal⸗
tung ihres heilſamen Zwecks mag haben thun laſſen.
5. Daß
g) Idem in hymn. matut. ap. G. Fabricium in Poet. Vet. Chrift. p.785. h)
i) Idem p.:0. k) Lib. IV.p.76. 1) Cyprianus de Orat. Domin.p 154.
n) Arhanafınslib.adVirgin. 0) HilarinsinPl.62,. p) Idemin PL64.-
5) Maximus Taurinenfis Serm. de Diuit. ‘
ww
m
.
*
jefängen, die wir aus den folgenden Zeiten noch
übrig Biden. As, a zu Gtt gebetet:
— AA emüffedir zuerftfingen,und
„die Begierde unfers Herze ch dir gehen, damit
pur ein Beiliger Anfang unferer folgenden Werke
„ſeyſt! ta doch nfterniß dem Lichte wei-
| ‚chen daß alle Schuld turch die Gnade des Lichts
vergehen nd ed du Glanz der ewigen Herr⸗
„lichkeit, der du ein Licht vom Licht , und der
n des Achts bift: O fomm in unfere Her-
) feheine ohne Aufgören darinnen, geuß
fanz deines Heil. Geiftes in unfern Sinn!
affe ihn unfer Herz regieren, daß unfer Glaube
gegen dir brennend fen, und Feinen Betrug noch)
Beucheley kenne! Laß uns diefen hr frölich zus
„bringen, und den Glauben in uns feinen als
— Mittag, damit unſer Herz von kei—
ner Dunkelheit mehr wiſſe. Vertreibe die Men:
„‚ge der unreinen Geifter, nimm von uns hintveg
„alle Trägbeit unfers Herzens, damit fie ung nicht
z„überfalle. Dein H. ticht bleibe in uns, und
„vertreibe die Finſterniß der argen Welt, und er-
„halte unfere gerein’gte Herzen ewiglich in feiner
„Kraft, auf daß der Glaube in dem Jñerſten un
„fexer Seelen eingemurzelt bleibe , und die Hoff-
„nung ung immerdar frölich mache, und die tie-
„be in ihrer Gröffe bey uns bleiben möge. Die-
Fes verleihe uns allen, die wir an dich glauben,
damit es uns beilfam feyys)! In welchen und
allen andern ihren Morgenandachten fie allein ihre
Sorge und Bitte um geiftliche und himmliſche
Güter durch CHriſtum dem Vater vorgetragen ha⸗
ben, und das andere alles als zufallend geachtet;
dahero ſeiner weifen Verordnung und Güte anheim
geſtellet, wie und was er ihnen dieſen Tag in leibli⸗
chen Dingen geben wolle. Im uͤbrigen iſt auch
dieſes aus den alten Schriften insgeſamt abzuneh⸗
men, daß ſie keine gewiſſe und vorgeſchriebene
rmuln oder Gebeter gehabt, fondern nach dem
uftand und Berlangen ihrer Seelen durch die
vaft des H. Geiftes, derin ihren Seven wohnete,
Gott ihre Bitte durch EHriftum im Glauben mit
n eigenen Worten vorgetragen. Den diefe
erzehlte Worte waren nad) der Zeit von erlichen
gehrern in gewiſſe gebundene Neden oder Verſe als
ad Cler, Neo- Cat.
——
*
a!
verichtungen insgemein, und infonderheit c.
685
Sieder gebracht, und feinem als gefegte Formuln
vorgefihrieben, fondern zur Ermunterung des Gei⸗
ftes bisweilen nad) Gefallen gefungen worden :
Daß man alſo in den reinen Gemeinen von feinen
folchen MWorgen- und Ubendfegenbüchern, von
Gebeten auf alle Tage in der Wochen, am aller-
wenigiten von dergleichen abgeſchmackten allego>
riſchen, affectirten und oratorifchen Gebetsformuln
das geringfte — hat: als wir ſchon oben im
1. Cap. des 2. Buchs geſehen.
6. Dieſes war fuͤrnemlich ihre erſte Verrich—
tung, die etwa ein jedes vor ſich allein that, denn
ſonſt pflegten fie auch in der Gemeine mit dem fruͤ—
beften zufammten zu Fommen, und mit zufammen-
gefegter Andacht GOtt zu preifen. Denn diefes
harte ſchon Plinius von ihnen erfaßren, und bes
tichtete es dem Kayſer, “daß fie frühe vor Tage
„zuſammen Fämen,und untereinander EHrifto als
„Oott ein Lied fingen). Machgebends, da fie
nicht mehr aus Moch eben die Machtzeit zu ihren
geiftlichen Uebungen erwäßlen durften, wendeten
je doch gerne die Früßftunden zum göttlichen Lo⸗
e, Danf, Geber und heilſamen Betrachtungen
an, welches fie auch, nach Gelegenhrit und Anz
führung ihrer Sehrer ‚gerne mit einander thaten,
Wie alfo einer von feiner Gemeine berichtet : Des
„Nachts ſtehet das Volk ben uns auf, gebet zus
„ſammen indas Haus zum Geber, befenner GOtt
„mit vielen Thränen und Seufjen fein Anliegen.
„Endlich ftehet es vom Gebet auf, und fänger an
„Pfalmen zu fingen„u). Diefe Uebungen aber ge:
fchaben —9* allein in oͤffentlichen Verſammlun—⸗
gen, ſondern auch in ihren Haͤuſern, welches der
Herr Cave ihre Zauskirche, oder Zauegot⸗
teodienſt nennet, im 9. Cap. des Erſten Theils, p.
274. alwo er auch gar wohl aus Chryſoſtomo
bemerket, daß Das Hausgeſinde alle Morgen zus
ſammen gegangen, und mit einander gebetet. Daß
fie aber allezeit dabey ihren Glauben zugleid) ber
gebetet, finde ich eben nicht, noch weniger aber, daß
fie fich dadurch vor Chriften ausgegeben, wie er
auch felbft nur muthmaſſet. Don der sefung der
eiligen Schrift werden wir bald hören:
ie gewiffen Stunden des Gebers find fchon oben
im 1. Cap. des 2. Buchs unterfuchet worden,
7. Sonterlic) ift nicht zu übergehen, tie fie fich
allein und unter einander mit [denen Gefangen
Rrrrz3 und
s) Hymni Ambrofio aliisque adferipti apud Fabricium l.e. t) Plinius lib. X.ep.98. u) Baflins M. Epift.69,
686
nd Kedern aufgemuntert und abfonderlich aufden
tieblichen Preis GOttes dabey geſehen. Bon
denen allererſten SR ift ſchon aus Plinio et⸗
mas gedacht worden: Dorten ermahnete ein froms
mer - Mann einen Ehriftlichen Hausvater , daß
er dur) fein Erempel feine Kinder zu folchen
Uebungen anführen möchte. “Das Kind (ſchrie⸗
„be er,) muß ſich gewöhnen, aud) ver Tage zum
„Beten und Singen. aufzufteben, und fruͤh bie⸗
„der zu fingen, zu gewiſſen Zeiten gleichſam im
„Kampf zu ftehen ats ein Streiter Chriſti, und
„wenn Abends wiederum Sicht angezuͤndet wird,
„dem HErrn ein Abendopfer zu bringen. So
„muß der Tag bingebracht werden, und die Nacht
„muß es in der Arbeit finden, x). Ein anderer
foll an feine Tochter auch ein ſolches verfertigtes
$ied geſchicket haben, welches fie Morgens fingen
Eönnte: wiewol derfelbige Brief ohne Ziweifeler-
dichter und falfch iſt y). Unterdeſſen bleibet doch
diefe Weife der alten Epriften gewiß, daß fie er-
bauliche und geiftreiche Lieder, oder zum menigften
Pfalmen aus der heil. Schrift GOtt zu Ehren ge
fungen. Wie denn die Seribenten des Morgen⸗
obs (matutinarum laudum),if. der Morgen⸗
pfalmen und Gebeter oft gedenfen 2). Ihr
Abſehen war ohne allen Zweifel, daß ſie das Her⸗
ze dadurch deſto leichter von irdiſchen Dingen ab⸗
und zu GOtt ziehen lieſſen: welches bey wahren
Ehriſten deſto gewiſſer war, weil fie nicht der Ge⸗
woͤhnheit oder dem aͤuſſerlichen Schein hierinne
folgeten, ſondern dem Triebe des Geiſtes GOttes,
der ſie auch hierdurch etwa zu ſeinem Dienſt ge⸗
ſchickter und freudiger machen wollte. Bon de
nen ordentlichen Stunden, darinnen man fonder-
ich in folgenden Zeiten nad) gewiſſen Geſetzen und
Hrdnung geſungen und gebetet, iſt bey anderer
Gelegenheit geredet worden. elchen
noch ihr Cheiſtenthum unter fo grofler Traͤgheit
und Rachlaͤßigkeit der andern ein Ernft war,
mochten ohne Zweifel durch folche gefegte Uebungen
dahin zielen, wie ſie die Leute zum wenigſten dadurch
zu einigen Uebungen bringen möchten. Wie es
aber hernach gerathen, haben Die Theologi fon-
derlich bey "Betrachtung der fogenannten Hora-
km Canonicarum längft ausgefübree.
8. Nachdem fie alfo die erften Morgenftunden
dem HEren fonderlich gewiedmet hatten, gien-
gen fie an ihre Arbeit, worzu ein jedes nach dem
Willen und Verordnung GOttes gefeßer war.
Da denn ſonderlich von dem Gefinde im vorher:
) Hi ‚Ep. ad Florent. Y Hilar. Ep. ad Abram- fil.
—— b) Chryyſeſtomus in 2 Theſſ. 3.
Carm. 17. de beatitud.
R — —
6BVon dem Privat⸗ und häuslichen Leben der er
-balten habe.
Diejenigen, welchen:
A
gehenden Capitel gedach
horſam und Arbeite RR
Die
achteten fie vor nöchig und no
gleich die andern vor glücklic
mit andern Berrichtungen GOtt
fo war doch auch von diefen ihre Meynung:
„jenige iſt auch nicht unfelig, welcher E
„einem Handwerk, oder mit anderer 7
„net a), Man muß immer etwas zu hu
„und wenn man gleich zum Faſten un
„Muffe nimme, fomuß ınan dod) Gern wieder
„um an feine Arbeitgehen. Wer diefesausfchk
„der wird billig vor faul und unnuͤtze Bi
von?
„Denn gefeßt, daß man desteibes wegenvon d
„Andacht etwas nachlaſſen müfle, fo darf bdhons 4
„Kerze nicht von der Liebe des HEren, von dem
Verlangen und Suchen nad) ihm gefchieden wer⸗
„Den, c). Dabero war diefes imgemeinen Leben
ihre Anftale: Wer da betet, der verdamme nicht .
„den, welcher arbeitet, darum weil er nicht betet:
„Und wer arbeitet, der Beer cn Senden nicht, N
„und fpreche: Dieſer ruhet, undicharbeite, Waı
„dienet, der richte den andern nicht, fondern ein
„jeder thue das, was er thut, zum Preis GO
„tes. Wer da arbeitet, dee muß den Betendenm
„Liebe umfaſſen, und fich über ihn freuen, ua:
„weiß, daßerfürifn auch betet. Und welcher be-
„cet, der muß alfo von dem Arbeitenden gedenken:
„Was diefer thut, das thut erzumgemeinenNuß.
„Solchergeftalt wird die Höchfte Einftimmung,
„Eintracht und Friede das ganze Haus in d
„Bande des Friedens erhalten, und fie werden
„unter einander in $auterfeit und Einfalt wan-
„oeln, GOtt zu einem Woh'gefallen d). j
9. Wenn alfo ein jedes das Seinige verrichtet
hatte, gienge man zufammen, die Speife zu neh:
men: Bor weldjer fie zuvor etwas aus der heil,
Schrift gemeiniglich zu lefen und zu betrachten
pflegten, wie der Herr Cave p. 275. anmerfel,
Inſonderheit aber wendete man fich zu GOtt im |
ebet um fein Gedeyen, mit angehängter Dank:
fagung für diefe und alle andere Gaben. 3
geſchahe mit groſſem Ernſt und Eifer, als vor ei-
nem allfehenden HErrn, nicht aus Gewohnheit
oder nach auswendig gelernten Formuln, ſondern
von Herzensgrund, wie ihnen der Geiſt des HErrn
die Worte ſelber in den Mund legte, der ihnen vom
Vater zum Meiſter gegeben war. So gedenket
nicht allein Tertulfianus von ihren Liebesmahlen
»llpere
h) E iph Expof Fid. m 23. a)G
z) Ebiphan. . Fid. « a)-Greg. Naxz,
ce) ‚Macarins hom. 9. d) — hom. 3. N
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„Unſe a
A ig fh ſen ronnet,
ch zu. Hier iſt Fein unboſche
ie es Weſen. Wir begeben uns nicht eher
a en, wenn wir unfer Gebet nicht zuvor zu
„ 9 han haben,, e). " Sondern fte unterrich-
—— Die Juͤngeren alſor Man muß nicht eher
;Speife nehmen, wo nicht das Gebet vorher ge⸗
Hangen iſt. Auch muß man nicht vom Tiſche
„aufftehen, "che man dem HErrn gedanket bat.
Gehet man aus dem Hauſe, ſo muß uns das
„Gebet waffnen: Gehet man nach Haufe, muß
„das Geber gleichfam entgegen kommen, ehe man
ſich niederfogetz_ und der Leib muß nicht eher ru⸗
„hen', bis die Seele erft befriediget wirdj, F)«
Mas fie aber geberet , zeiget Herr Lave aus Ori⸗
gene: Dem icheinen Aus zug aus einem alten Lobge⸗
ang benfügen will, welchen man etwa vor Tiſche ge⸗
De hat. “O du guͤtiger Ueſprung des Lichts,
„wende dein Angeſicht zu uns, daß wir zur Ehre dei⸗
„res Namens dieſe Speiſe genieſſen. Ohne dich,
HErr, iſt ja nichts annehmlich, wir wollen auch
„nichts genieſſen, was nicht deine Gnade durch den
„Glauben geheiliget bat. So müffe nun unfere
„Speife nad) GOtt ſchmecken, und Chriſtus
„oleichfam in unfer Trinkgeſchirre einflieffen.
„Unſere Reden, ernſthafte und andere. Worte,
„ja was wir find und thun, wolle die göttliche
Barmherʒigkeit regieren u. ſ. w. 2).
10. Ueber der Mahlzeit gieng es nun ſo zu, alses
unter wahren Chriſten allerdings ſeyn ſoll. Der
gedachte Tertullianus erzeblet weiter von diefen
Mahlzeiten: Man iffet, fo viel einem Hungeri-
„gen gehoͤret, und trinket, fo viel als keuſchen deu⸗
„eennüglichift. Man fättigerfich fo, daR wir doch
„auch dabey gedenken, daß Mir unfere Machrges
„bete müffen zu GOtt ehun. Wir reden fo unter
„einander, als $eute, die da wiſſen, daß es GOtt
„böre, bh), Won ihrer groſſen Maͤßigkeit aber ift
ſchon im 4. Buch zur Genuͤge geſaget worden:
Jugleichen wie fie über Tifche und fonit ſchoͤne Lie⸗
der geſungen, im 2. Cap. des 4 Buchs, welches
auch der Herr Cave —— 7 — Ort beruͤhret
at: Dieſes Singen nebſt dem Bibelleſen be⸗
* ſie ——— heilſam, damit bey der Be⸗
irachtung und Nachſinnen des goͤttlichen Worts
die andern unnuͤtzen oder ſchaͤdlichen Gedanken,
die thieriſchen Begierden und der übermäßige Ap⸗
petit gehindert und im Zaum gehalten wuͤrden i)«
Dahero war es fehr [öblicd) gethan, daf fie einander
©).Apol c.39. f) Hieronymus aan
grins Scitenfis in Capit..c. 54. k) 7
dius in Vita . n) Cafhianus lib.
*
wor
ihren häuslichen Dertichtungen insgemein, und infonderbeit x“
ine ig: darzu vermahneten. Wir koͤnnen auch in unſerm
* „häuslichen Leben (fagten fie,) und um Tiſchzeit
„die Heiligen Bücher in die Hand nehmen, daraus.
687
„groſſen Nusen haben, und unferer Seelen die
„geiftliche Speife darreichen. Denn wie ver $eib
„die ſichtbare Speife bedarf: alfo die Seele der
„täglichen Erquicfung von geiftlicher Speife, da-
„mit fie wider die Anläufe des Sleifches geftärkee
„werde, und in dem ſtetigen Kampf wideritehen
„möge: Sonften iftzubeforgen; daß die Seele zur
„Sclavin werde, wenn wir nur ein wenig nach»
„laͤßig ſeyn würden "Darum 'ſaget Mofes:
„Wenn du gegeffen haft, und ſatt biſt, follft du des
„HErEn deines GOttes eingedenf feyn. Darum
„gebührer fichs nun fuͤrnemlich alsdenn, daß auf
„die leibliche Speife ein geiftliches Mahl zugeriche
„tet werde, damit nicht nad) der leiblichen Saͤtti⸗
„gung Die Seele träge werde, und einen Scha«
„den befomme , wenn fie der Liſt des Teufels
„Raum gäbe, der ihr allezeit nachſtellet k).
ı1. Diefe und dergleichen Urfachen bewegten fie,
daß fie fich alfo bey ihrem Eſſen und Trinken ver«
hielten, wie es die Mothdurft ihrer Seelen erforders
te. Jener fromme Mann erinnert fic mit groſſem
Vergnügen, „daß er niemals mit Drigene gefpeifee
„babe, dabey fie nicht etwas mit einander gelefen
„hätten. Sie hätten fich auch nicht eher fehlafen
„gelegt, wenn nicht zuvor einer aus den Brüdern
„die Bibel gelefen gehabt. Diefes hätten fie Tag
„und Mache alfo getrieben , daß auf das Leſen das
„Gebet, und aufdas Gebet wiederum das tefen ge«
„folget wäre, 1). So weiß man auch von Auguftis
no, daß er mit feinen Tifchgenoffen alfo geſpeiſet;
davon in feiner Lebensbefchreibung ftehet: “Ueber
„Tiſche laſe oder difcurirteer lieber, als daß er auf
„Eſſen oder Trinfen gefehen Bätte,, m). Und von
denen inder&infamfeittebenden wird erzehlet, “daß
„bey ihren Mablzeiten immer heilige tectiones reci⸗
„tiret worden ‚nicht allein ihrer geiftlichen Uebung
„wegen, fondern auchdamit alle überflüßige Reden
„und Geſchwaͤtze vermeidet würden, n). Wiefie
aber nun fonft insgemein die Weife ihres Bibelles
fens hatten, alfo Bielten fie fie auch bey Tifche. Sons
derlich aber pflegten fie das Ta Teftament infone
derheit öfter als das Alte zu leſch, aus denen Urſa—
chen, welche die tehrer anzeigten , wenn fiealfores
beten: “In dem Alten Teftament redeten die
Knechte; in dem Meuen der HErr felbit in feiner
„Gegenwart. Dort wird es verheiſſen 3 bier
„wird es erfuͤllet. Dort ift der Anand 4 ar
% „Crful⸗
u. u
u —
Mon. g) Prudentius Cathemer. hymn. ante cib. h) Apol.l.c, i) Eua- ”
. hom. 9.in Gen, 1) Hieronym. Epift. 18. ad Marcell. m) Poji-
V, Iuſtit. e. 17.
688
„Erfuͤllung. In jenem wird nurder rund gele-
„get, bier wird der Gipfel des Glaubens und der
Gnade darauf gefeßet,, 0). Darumfprachen fie:
„Schaffet euch doc) die Bibel, und zum menigften
„das Neue Teftament, die apoſtoliſchen Briefe und
„Gefchichte, ſamt den Evangelien, als ftetige und
„fleißige Sehrer. Wenn euch eine Traurigkeit
„überfallet, fo fliehet hieher, als zu einer Arzeney,
„behaltet aber alles in euren Herzen. Denn dies
„‚fes ift eine Uvfache alles Lebels, wenn man die hei⸗
zlige Schrift nicht weiß,, p). Dergeitalt erwleſe
fich ihre herzliche Liebe zu dem göttlichen Wort,
daß fie auch neben ihren natürlichen Verrichtun⸗
gen daffelbige nicht aus den Händen legten. Ans
ders, als nachgehends unter dem Antichriftenthum
die Beräachter des Worts, fonderlich die Klerifey,
biefes mit vor eine Urfache und Kennzeichen der
Ketzerey ausgaben, wenn die Zeugen der Wahr:
heit die Bibel fleißig in ihrer Mutterfprache lafen
und andere lehreten, Wie von denen Walden⸗
fern ein Papilte Flaget , daß die gemeinen Leute
unter ihnen das Meue Teftament ganz auswendig
gefonnt, und, wie man veraͤchtlich und laͤſterlich
redet, fich immer mit dem Neuen Teftament ge
fchleppet 9).
ı2. Mac) der Mahlzeit war ihre erfte Verrich⸗
tung, eine herzliche Erfenntniß, Hochachtung und
Danf für göttliche Wohlthaten, wie auch die wirk⸗
liche Bezeigung des danfbaren Gemuͤths in einen
ftetigen Gehorſam gegen GOtt. Wann aber über
der Mahlzeit oder auffer verfelben eine Unterre—
dung mit frommen Chriften vorfiel," wurden die
Schranken der Öortfeligfeit genau in acht genom-
men. Was eigentlich der Innhalt und Zweck ihrer
Gefpräche geweſen, laͤſſet ſich aus etlichen Gefprä-
chen abnehmen, die man inden alten Schriften fin-
det. So fchreibet einer von ſich: “Wir vedeten mit
„einander fehr freundlich, vergaflen das Berganges
„ne alles, ftreckten uns nach dem, das da vornemwar,
„und fuchten unter einander bey der gegenwärtigen
—— welche du ſelbſt biſt, wie doch das ewi⸗
„ge geben der Heiligen würde beſchaffen ſeyn. Wir
„eröffneten den Mund unfers Herzens an dem
„Brunn des gebeng, der bey GOtt iſt, und wur⸗
„den von demſeldihen nad) unferm Begrif be-
„feuchte, daß wir fo wichtige Sachen bedenfen
konnten. Wir ſpatzierten gleichfam ftuffenweife
„in Gedanken ‚alle leibliche Dinge durch, dad)»
„ten und vedeten mit Verwunderung von göfflis
0) Hieron. lib I. adu. Pelag. c. 9. Add. Augufin. Quæſſ.
„hen Werfen. Unter Diefen Worten wurde un
„bie Welt ganz zu nichts mit aller ihrer Luſt, *
Und ein anderer gedenket eben einer ſolchen erbau⸗
lichen Unterredung: “Da wir zuſamn
„und von geiſtlichen Dingen redeten, ern
„wir uns unter einander, und ſtiegen alſe
„ham mit einander in den Himmeh, . &
chen heilſamen Gefprächen,, wie rem den Chris
ften in ihren Häufern gefcheßen follten, ermahnes
ten fie auch einander, und zeigeten dabey die herr⸗
lichen Früchte folches feligen Umganges. “$affee
„uns nicht alfo nachläßig fern in unferm eigenen
„Heil; fondern unfere Gefpräche müffen von geiſt⸗
„lichen Dingen geſchehen. Es nehme einer die
„heilige Schrift in die Hand, ruffe die zufammen,
„fo am nächften find, erquicefie durch diefe goͤtt⸗
„liche Worte, und nicht allein fie, fordern auch
„fein eigen Herz t).
13: ©o ſehr aber als fie allem unnüsen Ges
ſchwaͤtz feind waren, fo fehr liebten fie dergleichen
erbauliche Unterredungen , welche fie aud) vor zu-
langlich zur Erquicfung A Gemuͤther achteten.
Darum fprachen fie: “NBenn eg ja etwa mo noͤ⸗
„thig ift, daß ein trauriges Gemuͤth durch Unter⸗
„redung erfreuet werde, fo müffen die Worte von
„seiftliher Gnade erfüllet feyn, und mit evanges
„liſchem Salz gewuͤrzet, Damit fie durch die Aus—
„theilung der innerlichen Weisheit einen guten Ges
„ruch von fich geben, und die, fo es hören, auf
„irvenerley Art vergnügen , ſowol durch die Lieb-
„lichkeit, als durch Die Weisheit,, u), So achte—
ten fie diefes abſonderlich vor eine Pflicht der
Hausväter und Hausmuͤtter, wenn fie fagten:
„Wenn der Hausvater aufſteht, muß er nichts
„anders fuchen,, als daß er alfo rede und thue,
„dadurch er fein ganzes Haus in der Gottſeligkeit
„beffere und erbaue. Die Hausmutter muß zwar
„auf das Haus achtung geben, aber abfonderlich
„feben, mie fie dafür forge, daß die ganze Fa—
„milie das thue, was zum Himmel gehöret,, x)
Eine folche Gnade in erbaulichen Gefprachen wird,
von einem, frommen Mann gerühmee, der zu un:
bekannten Ehriften Fam, welche hernad) alfo von
ihm fehrieben; “Er war uns zwar erft unbekannt,
„da wir ihn aber erfannten, ward er uns erftreche
Fieb. Die Gnade leuchtete von innen aus ihm,
„daß feine Worte ung fein Herze entdeckten. Ein:
„guter Menfch bringer doch Gutes hervor *
„dem
73. in Exod. etde Catechiz.Rud.c.4. P) Chry ſoſt. in Co-
lofl.3. 9) Catalog. Tefl. Verit.p. 724. X) Auguflinns lib. vIIII Confeft. e, 10. s) Autor Apopht. Pat. ap.
Coteleriu» Tom. I. Mon. Eccl. Gr. p. 570. t) Chryfof. hom. 53. in Gen. u) Bafılius M. de Vita Selit. c. 13.
x) Chryjoffomus hom. 78. in Matth.
Bi
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SEE
chat —* a
an feinen Srüchten. Alfo war
deden annehmlic), und Im Ölqubattein,
„in feinem Gefichte leuchtete was fonderliches her⸗
„vor, und durch die angenehme Siebe nahm er un:
„fere Herzen ein, y). Und diefe Arten des Um—
gang waren fonderlicy zu den erſten Zeiten bey
allen zu finden, da be Olnbe noch Fräftiglich
in ihnen wirfete, und nicht allein durch ihn
Werke, fondern auch durd ihre Worte th
tig war. Daher Fam es, daß in denen Haus
fern auch bey den Spinnrocfen und anderer haus-
lichen Arbeit von nichts, als von göttlichen Dingen
geredet ward z). Welche groſſe Seligfeit nach»
mals ganzverlofchen iſt, alfo, Daß die Papiſten es
vor eine gef Neuerung angefehen, als durd) die
deutſche Bibel Lurheriim Anfang gefchabe, daß die
Weiber aud) bey dem Spinnrocken von dem goͤtt⸗
lichen Worte mit einander redeten a).
14. Endlich wann fie den Tag alfo in folchen
gottgefalligen Verrichtungen zugebracht hatten,
mußten fie fich nicht weniger verpflichtet, denfelben
miteben folchen heiligen Bezeigungen zu fchlieffen.
Drum pflegten fie den Abend nicht mit Still-
ſchweigen alfo zuübergehen, fondern fo bald er an=
brach, dem HErrn zu danfen b). Diefes nen=
neten fie ein Abendopfer, welches fiedem HErrn
„ſchuldig wären, fobald als das Licht angezündet
„wuͤrde. So mußte endlich der ganze Tag ben id:
„nen vollbracht werden, daß fie auch der anbre—
„chende Abend noch über ihren Vorrichtungen
„tand,sz wie ſie ſelbſt von fich redeten ce)... Drum
hieſſe es unter ihnen von diefer Sache alfo:
Wenn der Tagvergangen ift, fodanfe dem, der
„die Sonne zum Dienjt der Tagewerfe uns ges
Iſchenket hat: Die Nacht aber foll uns andere
Zeichen des Schöpfers darlegen,, d). Und von
der Schuldigkeitden HEren zu loben ſprachen fie:
„Ber wollte fich nicht ſchaͤmen den Tag ohne Lobge⸗
»fang zu befchlieffen, da auch die Fleinften Bögelein
„ben dem Anbruch und Ende desTages mit ordents
„licher Andacht und füllen Gefangen ſich hören laf-
sIen,,c)? Sogar unveränderlich waren fie indem
Dienit des HErrn, und fahen bey allem Wechſel
der Zeiten, bey jedem Genuß der göttlichen Wohl⸗
thaten auf ihn und feine Güte, ruͤhmeten und lobe—
ten ihn nach Vermoͤgen in aller ſeiner Herrlichkeit,
die er an allen ſeinen armen Creaturen Tag und
Nacht ohne Unterlaß erwieſe.
y) Paulinus Nolanus Carın. ad Cyther.
e bræſer
2) Vid Ofßander Cent. IL. H.E.lib. IV. c.ır.
. 41.0. 260. et263. b) Bafılius Ai. de Spirit,S. c) Hreren. Epiſt. 7. ad LRtam. d) Kafılins hom.in
7
Don ihren haͤuslichen Derrichtungen insacmein und inſonderheit.
derzens, und den Baum
633 *
15. Was fie aber eigentlid) des Abends vom
HErrn gebeten, koͤnnen wir aus einigen Formuln
ſehen, welche etliche in ihren Geſaͤngen hinterlaſſen;
als, wenn fie folgender maſſen beteren: Goit
„du ewiger Exhalteraller Dinge, der du Tag und
„yeitennac einander bejtimmelt, fäyenke ung an
„dieſem Abend dein ticht, daß uns das Seben nie=
„mals entgehe, fondern um des Heil. Leidens und
„Sterbens willendie ewige Herrlichkeit ung berei
„ter werde, Wir ruffen dich, den Schöpfer an,
„daß du nach deiner Güteuns bewahreſt. Treibe
„ferne von uns alle böfe Träume, bezaͤhme unſern
„Feind, daß wir nicht verunreiniget werden,, Fe
Im uͤbrigen pflegten ſie auch meiſtentheils ein gut
Theil der Nacht in geiſtlichen Uebungen zuzubrins
gen. Daher ſaget Ambroſius: MWirdürfen nicht
„die ganze Nacht durch ſchlafen, fondern den meis
„ſten Theil davon mit Lefen und Beten zubringen.
„Der Tag reicher nicht zu zum Geber, fondern man
„muß aud) des Nachts Deswegen aufftehen,, g).
Und ein anderer vermahnet Deswegen zur Maͤßig⸗
feit, damit man des Nachts defto hurtiger aufjte-
ben Fönne; dabey man auch wiederholen muſſe
was man in der H. Schrift gelefen h). Sa, fiege-
woͤhneten auch ihre junge Kinder dazu, und fuͤhr⸗
ten ſie an, daß fie des Nachts zum Beten und Su—
gen mie aufjteden mußten, nachdem fie abends
ſchon ihr Opfer dem HEren gebracht hatten i)
Diejenigen, welche zum Unterricht der andern oder
fonjt etwas wichtiges von göttlichen Dingen ju
unterfuchen hatten, pflegten auch des Rachts bey
Lichte zumeditiren ; wie einer erzehlet, daß er einem
gewiſſen bibliſchen Text die Nacht durch nachjes
dacht habe, welcher in der Abendftunde bey der
Gemeine war verlefen worden k). Wie aber
fonjt die Ehriftlichen Gemeinen ſowol unter den
Berfolgungen aus Furcht, als hernach aus der
eingeführten Gewohnheit, des Nachts zuſammen
kommen, geboret hieher eigentlich nicht. Die
Heyden ſelbſt befhrieben die Chriſten alſo, “daR
„fie woldie ganze Nacht Durch wacheten, nur daß
„ſie ihre Lieder abjingen Fonnten,, ). Und die
Chriſten leugneten nicht, “Da fie ihr Gebet bey
„Lay und Macht zu verrichten pflegten,, n). Die
Machigebete, Gefänge und andere nächtliche Ue⸗
bungen der Einfiedier und Mönche übergehe ich
auch, und wende mich zu dem übrigen, was von
der erſten Ehriften Privatleben denfwürdig
ifto).
Sss 6
Das
a) Pamelius Not.ad Tertull.
ıdit. €) Ambrofiuslib. V. Hexacm.c.ı2. f)Hyınnjap. Fadricsuml.c. g)Serm.7.inPLCXIX. h)Hieron,
Epitt, 22. «Fr i)Idem Ep. 7. ad Let.
5 ie dead. Celf,
Zn =
k) Ambrof.lib. III. epilt 1.
n) Vid. Caffianns lib. II. Inttit, c. 3. fegq.
er
l) Lucianss in Philopatr, m)Q.
in \ *
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690 6. B. Von dem Privat ⸗ und häuslichen Leben der erſten Chriſen.
ern Di
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— Das 4. Capitel, ee .
Von Auferziehung und Unterweiſung der Kinder zu
| Haufe und in Schulen, gi,
3 *
Summarien, 2
res Nicht genen ihre Kinder, Erempel eines, daran fie Vater verfäumet. $.1. Gefahr der Eltern’ init
Kindern: 2. dawider das befte Mittel ein herzliches Geb für die Kinder, Erempel der Mutter Auguftini: Mebit
dein Gebet mäffen fie auch Hand an die Erziehung legen, Erempel einer andern Mütter. 5. Gorge für die geiftliche
Wohlfarth der Kinder; Erweckung dazu und zur fleibigen Betrachtung des Worts GOttes, um das Gemuͤth auf mas
gervifes zu lenken, auf allerhand Art, 4. Erempel, 5. Erwünfhte Früchte an Kindern, Demuth und Gehorſam, Er-
empel; 6. auch Gehorfam gegen Fehrer, 7. alles aus dem Glauben, Erempel, Borfichtigkeit bey Erziehung der Tugend,
fonderlich im zarten Alter, 8. mit Berwerfung aller Entfhuldigung. Unſchuldiger Umgang that viel; Klage eines über
gefährliche Verführung in feiner Jugend, 9. die doch Leichte zum Guten angewöhnet werden kann, weil ſie nach nicht ver-
hartet iff: was goftielige Perfonem bey ihr ausrichten Eünnen, Erempel, Nusen von Aufwwartern und Ammen. 10. Leh⸗
rer fonnten fonderlich viel hieben thun, denen die Tugend gehorchen mußte, Erempel. Was einer in der Jugend lerne,
davon zeigen fich die Krüchte durchs ganze Leben, Exempel; ı1. daher fahen fich fromme Eltern nach frommen Lehrern ums
was jene an diefen erfordert; was durch folche ausgerichtet worden, und was bingegen für Schade durch böfe geichehen
fonnte: wie zu fehen an Juliani und Auguſtini Erempel. 12. Unterfcheid er heydnifchen und Ehriftlichen Schulen , deren diefe
nicht lange geduldet wurden; worauf es in den Ehriftlichen Schulen fonderlich angefehen war z 13. was in Ehrifilichen
Schulen tractiret worden; wo die erſten geweſen; wer fich zu Athen hervor gethan: hernach find öffentlich mehr Schulen an=
gerichtet 14. zu Rom und an andern Dertern: fonderlich unterrichtete man die, fo künftig Lehrer fen folten ; 15. berna
heben ganze Gefellihaftenzufammen aeleset, Verfuͤgung davon guf zweyen Conciliis, 16. dadurch wurden auch Klöfter aufs
gerichtet, vonwern und mo? ı7. Ehriften find auch wol auf heydniſche Schulen gezogen nach vorher wohlgelegtem Grund im
Chriſtenthum; wiewol erliche vom Glauben hernach abgezogen worden durch die vrelen Aergerniſſe, wer nicht rexhf feit war;
Was dem GregorioNazianzenound Baſilio zu Athen begegnet, und mie fie beyde ihr Gtudentenlchen da geführet 18. als
Loth zu Sodom; ihr Urtheil von Athen , denen die meiiten heutigen Ucademien gleich find, wiewol auf vielen das Deponiren
abaeichaffet, fonderlich zu Halle nie dergleichen geweſen. 19.
Erften Ehriften drungen in ihren Schulen auf lauter Gottielig-
keit (daher ganze Schaaren Evangeliffen von ihnen ausgegangen, ) und Betrachtung der Heil. Schrift, Exempel. 20.
amit uns aber auch die Art und Abfichten
ihrer Kinderzucht und Unterweifung et»
> wasmehr fund werde, willich eines und
anderes, fa zur Sache dienen möchte, beybringen,
nur foferne man Daraus einen Abriß davon haben
koͤnne. Denn alles genau und nach allen Umſtaͤn—
den auszuführen, will die beforgte Weitläuftigfeit
nicht zulaffen. Den Grund diefer Dflicht beyden
Eltern haben wir bereits im 2. Cap. beruͤhret.
Wozu nody diefer kommt, daß die Eiternan GOt—
tes ftatt nicht allein von den Kindern Gehorfam und
Siebe fordern, fondern auch in.eben dieſer Abficht Bin-
wiederum die Geelen ihrer Kinder wohl verforgen
müffen, indem GOtt durch fie ihnen feine Wohltha⸗
ten aufferlich zutheilet. Da denn vor allen Dingen
ihnen auf ihr Gewiſſen gebunden war, daß fie fie
in der Zucht und Bermahnung zum Herrn aufer-
ziehen ſollten, je edler nemlich und theurer ihre See—
len in den Augen GOttes waren, und auch in ihren
Gedanken ſeyn mußten. Nicht wie jener Chriſte
von Finem ung'aubigen Vater Flagte, daß er zwar
in leiblichen Dingen ihm an feiner Unterweifung
nichts entzogen Babe, weil er Ehreund Ruhm da-
von gehoffet. Aber “unterdeffen babe er nicht im
a) Auguflinaslib. II. Confeſſ. e. 3. b) Hieron. Epift.7 ad Lætam. c)Chry/af,kom.9.adEbr.
Mh
I»
„geringften fich befüimmert, wie der Sohn etwa
„GOtt zu Ehren aufwachſen möchte, oder wie
„keuſch und fromm er lebte, wenn er nur ein be=
„redter Mann würde, (difertus vel potiusdefer-
„tus,) dabey erganz von GOtt verlaffen worden,
a). Immaſſen er daraufgedenfer, wie die Boss
beit dahero feinen Berftand fofehr verfehrer habe,
nachdem er zumal in die Fremde gefommen, und
von feinem Vater mit genugfamen Mitteln dazu
verfehen worden, ungeacdht feine fromne Mutter
ihn immer zu GOtt zuführen getrachter habe.
2. Wer nun die Wichtigkeit diefer Sacherecht:
nach dem Sinn GOttes verftunde, der erfanntedie
groffe Gefahr, darinne nacyläßige Eltern disfalls
ftunden. Denn “ein Kind mag Böfes oder Gu-
„tes anfich haben, fo wird es gemeiniglich den EI:
„tern altes zugefihrieben, fo lange es nicht zum
„Verſtand fommen iftb). Nun haben freylich
„Eltern an ihren Kindernein theuer Pfand, mel:
„ches fie mit überaus groffer Sorgfalt bewahren
„müffen, und alle Muͤhe anwenden, daß es ihnen
„niemand raube, indem ihnen Fein Gut noch Geld
„ſo lieb fenn muß, als diefes,, c). Dahero jener
fromme Mann recht davon fehrieb ; “Kinder find
»Pfän-
na
in
Bi
€
er, w
ns von GOtt felbft aufzuheben ge-
und dahero die größte Sorge machen.
‚Denn je näher fie uns nad) dem Fleiſch find, je
„härter liegen fie uns an,, d), nemlich wegen der
Gefahr der Verführung. Und einanderer, der fich
freuete, “daß ein junger Menſch durch den Tod von
„der Weltgenommen war, weil er ſich nun feiner
„defto ficherer erinnern Fönnte, da er GineeRindgeie
„wegen fich nichts beforgen Dürfte,e)., Wie auc)
noch einer, der es faft Deswegen vor beifer hält,
wenn es GOtt fo fchicket, daß Das Kind gleich in
der Geburtodervorden Jahren bleibet, Damit es
nicht be ‚bey feiner Verführung in GOttes
Zorn und VBerdammniß fallen möge f).
3. Bey ſo geſtalten Sachen, und in Betrachtung
der ſchweren Verantwortung, auch Entgegenhal⸗
tung des fchweren und beforglicyen Werks der ge-
fegneten Aufenyiebung hatten ſie wohl Urſache, ſich
erſtlich zum HErrn in Demuth und Erkenntniß ih⸗
|
|
res Unvermögens, fodann in berzlicyem Gebet um
berfen Segen zu wenden. Welches Zeugniß der
' anfangs erwehntee Mann feiner lieben Muͤtter
gibt, daß fie bey feinem böfen geben “für ihn fo hef⸗
„tig geweinet und gefeufzet, mehr als andere
WWuͤtter um ihre verftorbene Kinder meinen.
„Denn fie habe feinen Tod im Geiftgefehen, und
. „der HErr habe . endlich erhoͤret, und ihre Thraͤ⸗
„nen nicht verachtet, die fie überall vergoſſen ge-
„babe, wo fie nur gebetet, 2). Wie fie denn
. auchnicht nachgelaffen, nachdem fie ſchon Verheiſ—
fungen von feiner Bekehrung erhalten, mit Wei:
nen und Geufjen 2 a ‚ und alle Stunden
über ihn vor dem HEren zu flagen h)y. Des»
wegen ihr auch ein gottfeligerr Mann endlich ge-
antwortet habe: Gehe hin, esift unmöglich, daß
a Sohn von fo vielen Thränen verderben follte,,
. MWobey auch nachdenklich ift, daß als ihr
ohn einsmals fodtfranf gelegen, fie fonderlich
heſtig zu GOOtt geberet habe, ob fie wol als abwe-
end von feiner Kranfpeit gewußt; da fie
auch der HErr erhört gehabt k). Wenn nun
dem gütigen undgeinigen Bater im Himmel alfo
alles an n und feinem Willen überlaf:
fenwar, eauch wirklich Hand an, und
tdaten beyder Erzießung ihrer Kinder, was fie vor
beilfam und noͤthig befanden. Als diefer aber:
mal ſich feiner Jugend erinnert, wieder HErr da-
mals bey feiner Verderbniß nicht unterlaffen, ihn
zu ziehen, indem die Worte, fo feine treue Mutter
es
F
on Yufersiebung und Unterweifung der Rinder zu Haufe und in Schulen.
—
—
691i
ihm zugeſprochen, allerdings GOttes gew ſen, die
er ihm in ſeine Ohren ſchallen laſſen, ob gleich da⸗
mals noch nichts in ſein Herz davon kommen waͤ⸗
te, weil er gemeynet, er dürfe eben den Worten ei⸗
nes Weibes nicht folgen!). Und ein andrer geden-
fer einer folchen Chriſtlichen Mutter, wie fie fo
forgfältig vor ihre Tochter geweſen, wegen der vie⸗
len Berfuchungen des unveifen Alters. Daher
fie diefelbe “durch ifre Vermahnungen aus dem
„göttlichen Worte twiedergeboren habe, und an
„Leib und Seeledem HErrn Chriſto vermäßlet m).
4. Auf diefe Sorge waren alle ihre Gedanfen
gerichtet, ausherzlicher Beglerde vor ſich und ihre
Kinder das bejte Theil zu erwählen, und fie alfo
zum Öuten anzuführen. Darum hieſſe e8 unter
den Ölaubigen : “taffet uns nicht darauf denken,
„wie wir unfern Rindern Geld und Gut Binterlafs
„fen, fondern mie wir fie fromm und fugendreich
„'affen mögen 2). Wollt ihr, daß eure Kinder
„euch recht geborchen follen,, fo gewoͤhnet fie zudem
„göttlichen Worte, 0). Als aud) ein tehrer an
eine Mutter davon fihriebe: “Eine Seele, die ein
„Tempel GOttes werden fell, muß alfo unterrich«
„tet werden, daß fie nichts anders hören und res
„den lernet, als was fie zur Furcht GOttes führen
„ann, p). Und ferner: “An ſtatt des Geſchmei⸗
„des und der ſeidenen Kleider, muß ſie lernen das
„Wort GOttes lieb gewinnen, darinnen fie fein
„zum Glauben unterrichtet werden muß, Wo⸗
bey er zugleich weifer, wie ein folches junges Herz
zur fleißigen Betrachtung des göttlichen Worts
muͤſſe angefuͤhret werden. “Sie follerftden Pſal⸗
„ter fleißig lerne, und ſich mit ſolchen Pfalmen
„vergnügen. In den Sprüchwörtern Salomos
„nis kann fie zu einem gottfeligen geben wohl erbau⸗
„ec werden, Aus dem Prediger muß fie ſich ges
„wöhnen, mit Fuͤſſen zu treten, was die Welt an:
„gehoͤret. In dem Hiob muß fie den Erempeln
„der Tugend und der Geduld nachfolgen. Bon
„dar Fan fie zu den Evangelien fortgehen, und fie
„nicht aus der Handlaflen. Die Gefdyichte und
„Epifteln der Apostel muß fie tief in ihr Herz eins
„drucken laffen. Und wenn fie diefelben wohl ges
„faſſet hat, jo Fann fie auch die Bücher Mofis, der
„Könige und die Propheten leſen und behalten,
9). Auf ſolche Art gaben fie ihren Kindern heilige
und erbauliche Bücher in die Hände, Damit fie niche
allein zu allen guten Werfen geſchickt und voll«
fommen würden, fondern auch das flüchtige und
Ssss 2 unru⸗
d) Paulinus Epift. 36. ©) Auguffin. lib. IX. Conf. c. 6. f) Alrimus Auitus lib. ad Sor. g) Angufinus lib.
I. ng 1. h)ibid, i)Ibid.c.ı2. K)Lib. V.c.9. h Lib. II.c.3. m) Alimus Auitus l.c. n)
*
J
rn * u
hom. 53. ad Antioch. 0) Arbana/. Comm.adEph. 6. P) Hicron. Epiſt. 7.adLxtam. q) Ibid,
Li
R
u - —2 —1
692 6.3. Von dem Privat- und häuslichen Leben der erften ẽ
unruhige Gemüthe auf etwas gewiſſes und heilfa-
mes lenken lerneten. Wobey fie es zugleich an
Ermahnungen und guten teßren, wie aud) Erem-
peln nicht ermangeln lieffen. Denn fie achteten
es vor nöthig, “Den fehlüpferigen Weg der Ju
„gend mit allen möglichften Erinnerungen zu be>
Feſtigen, und durch Zureden zu unterhalten und
„zuftärken,,: Wie es einer aud) vor rathſam hielt,
daß von andern durch Briefe dergleichen an folche
junge Seute geſchehen möchte r). . Eben wie er
fonft einen Umgang und, eremplarifche Converſa⸗
tion hiezu fehr Dienlich halt, als eine groffe Wohl⸗
that zu einem gottgefaͤlligen Wandel, bis das
Herz zur Volltommenpeit nad) und nach gebracht
werde s),
5. Hiervon will ich nur einige Exempel darbrin:
gen, um zu zeigen, daß fie es wirklich bey ihrer
Kinderzucht alfo gehalten und die zarten Herzen
vor allem andern zur Zurcht des HErrn angefüh-
verhaben. Alfo gedenket Euelpiftus, ein Marty:
ver, von fich felbft, und befennet vor den Heyden,
„daß er von feinen Eltern das wahre Chriſtenthum
„gelernet babe,, t). Undeinanderer, mit Namen
Poen, als er gefragt ward, mer ihn das gelehrt
hätte, was er von CHriſto fagte? antwortete:
Ich Habe dieſe gute Bekenntniß von meinen El⸗
„tern empfangen, u). ine andere Märtyrinn,
mit Namen Selicitas, "wurde nach ihrem Ermah⸗
„nen und Predigen eine Mutter EHrifti. Denn
„fie Batte fieben Söhne, welche fie nach ihrem
Tod nicht gerne hinter fich Laffga wollte, eben wie
„bingegen fleifchliche Eltern bergen, daß fie fie
„nichtöurdyden Tod voran fehicken duͤrfen. Da
„fie nun unter der Verfolgung fund, bat fie die
„Herzen ihrer Kinder durch ihr Zureden in Der Lie⸗
„be Goties dermaffen geftarft, daß fie fie im
„Geift twiedergebar, da fie fie nad) dem Fleiſch
ſchon geboren hatte, x), So ſaget auch Baſili⸗
us von fich: ch bin wohl erzogen worden, da ich
„des fel. Gregori Worte gelerner habe, damit mic)
„meine Amme in meiner Kindheit als mit gottfe-
„‚ligen ehren gebildet und auferzogen Bat,,, wel:
ches er auch von feinen Eltern zeuget y). Und
Gregorius von Nazianzo: “Meine Mutter hat
mich durch ihr Gebet an diefes Licht gebracht, und
„bat mic) von Kindes Deinen an dem Dienſt GOt⸗
„tes gewidmet, Damit fie ihr gethanes Geluͤbde
>
x) Idem Epift, 43. ad Chromat, 3) Idem ad Demetriad. de Virgin. t) Ada Iuftini ap. Baronium A. CLXV.
n. 2. € Meraphräfle Surio et Lipomanno d. ı. Im. u) Ibid. x) Gregor. M. hom. 3. in Ioh.
„haltenmöchte, Dieſes iſ
Chriſti wiederfaßren,, z), €
dem hernach abtrünnigen dayſe
„Er war von frommen Eltern g
„Kindheit an nach Gewohnheit
„Gemeine in der Heil. Schrift u
„unter den gehrern und frommen M
„terbalten worden, a). Merklich i auch
ein kleines Kind vor den Tyrannen bekan
man es fragte, woher es die Chriſtliche Lehr
net haͤtte, daß ein einiger GOtt fey? Nemluck
antwortete alſo: “Dis bat mid) meine a
„gelehrt, und meine- Mutter hat es von GOtt,
„der Heil. Geift hat fiees gelehrt, damit fie mich in
„meiner Wiege ernähren könnte, da ich an ihren
„Brüften gefogen habe, babeich aud) gelernet an
„EHriftum glauben b.
rs
6. Man Eann aus ber Menge der fü trefl
Lhrer und anderer frommer Chriſten in den erſten
Zeiten erkennen, wie treulich die Chriſtliche El
fie muͤſſen zum wahren Chriſtenthum angefuͤl
haben, und ſonſt nichts andem rechten Gru
ver Wohlfahrt ermangeln laffen, So wird von
Ürigene diefes gemeldet: “Sein Baterwariim
„in der Erkenntniß götelicher Dinge fehr behüle
„lich, indem er nacht den andern Studien auch
pfürnemlich dafür. geforget hatte, Denn er
„hatte ihn zuforderft, ehe er ißn in den heydniſchen
„Sprachen uͤbete, in det Beiligen Erfenntniß ges
„uber, und täglich etwas geroiffes zu lernen und
„.berzufagen aufgegeben. Diefe Hebung war auch
„oem Knaben nicht zuwider gewefen, fondern er
„hatte fein Herz fo fleißig darauf gewendet, daß
„er nicht mit dem fehlechten und gemeinen Bibel:
„iefen zufrieden war, fondernnoch weiter forfchete,
u. ſ. w. c). Und gleicher geftalt pflegten andere
Ehriften ihre Kinder vor allem auf einen lautes
ven lebendigen Ölauben zu führen, die H. Schrift n
und deren ‘Betrachtung fleißig zu empfehlen, ob fie
gleich eben andere Fünftig nicht zu lehren hätten. "
Dabey die Mütter auch) nich, unterlieffen ihren
Fleiß zu thun, wie wir gefeheaynggoch an eini-
gen Grempeln abmerfen Forms "Als, mwenne
ner von feiner frommen Mutter berichter, wie
„er in feiner zarteften Kindheit fchon bey ihr ges
„höret habe von einem ewigen Leben, von der Ers ;
„niedrigung des Sohnes GOttes, und wie er da- en
FEW bero
chen
y) Epift. 79.
et pref. in Afcet. z) Carın, ı2. f. Epitaph. a) Sozomenus lib, V. c. 2. Theodoritus lib. ILL. c. 2. ..b) Pru-
dentins hymn. so. de Coron. €) Enjabins lib. VI. c. 3. j i j
x 2
; J
“daß doch GOtt fein Vater ſeyn
„möchte,, ©): Dabers er auch “mit der Mutter:
ch den Namen feines Heilandes JEſu Chri-
|
zfti eingefogen, und in feinem zarten Herzen ticf
—9* halten gehabt, alſo, daß ihn nichts in der welkli-
oo gchen Geleßrfamfeit: einnehmen koͤnnen,
| wi es ohne dieſen Namen geweſen f). In
nn mit viel geöfferem Kummer
„nach dem
en als nad) dem Fleiſch g).
7. Da num auf Seiten der Eltern des HErrn
Hille alfo erfüllee wurde, fahe man auch an denen
bey ihrer Auferzichung die erwünfchten
vüchte des Gehorfams, dev Weisheit, und ſon—
derlich einer wahren Gorrfeligfeit, und daher ent
Bnder Gnade bey GOtt und Menfchen, Die
Berfündigung des Evangelii gab einem jeden
Theil feine Schuldigkeit zu erkennen, und ließ
| durch ihre Kraft auch die zarteften Herzen nicht
ungeruͤhret. Darum vermahnete GOtt durch
die Lehrer: "Die jungen Leute ſollen untadelich
„ſeyn in allen Stuͤcken, alle Unwiſſenheit verhü-
gen, fich von allem Bofen enthalten. Denn es
zift gut, daß fie von allen böfen Lüften abgezogen
„werben. Die Kinder follen der Zucht Chriſti theil-
en werden, und lernen, wie viel die Demuth
zbey GDr gelte, was eine Feufche Liebe bey GOtt
„vermoͤge 1). Das ift die Pflicht der frommen
FJuͤnglinge, daß fie die Furcht GOttes vor Augen
„baben, denen Eltern ihre Ehre gebenzdenen Al:
„ten mit Ehrerbietung begegnen, die Keuſchheit
„bewahren, nicht verachten niederträchtig M ſeyn,
Guͤtigkeit und Schamhaftigkeit lieben, welche die
„ugend zieren„i), Sollte aber-nun an folchen
jungen Pflanzen etwas re ausgerichtet
werden, fo mußte vor allen Dingen bey ihnen De:
muth und daher entftehender Gehorfam fern, wels
cher die Erkenntniß ihres eigenen Unvermögens er:
halten undb-fordern mußte. Wie alfo Clemens
an denen zu Corintho rühmere, daß unter ihnen
* „die Aelteſten mit gebuͤhrender Ehrerbietung an:
ngefeen worden, und die Jungen Leute der Maͤßig⸗
feit und Ehrbarkeit in allem ſich befliſſen, k).
So lobete auch dorten eine Chriſtliche Frau auf
de Todberte den Gehorfam ihres Sohnes,
daß fie niemals aus feinem Munde ein bartes
„oder unfreundliches Wort gegen fie gebörer haͤt⸗
fe H. Und wie disfalls GOtt die Lehrmeiſter
neben die Eltern gefeger hat, alfo ward auch jenen
neben diefen von wohlgezogenen Kindern ein gleich»
mäßiger Gehorfam erwiefen. Geſtalt es unteriße
nen eintreffen mußte, was ein weifer Mann erins
nerte: Die Schüler follen ihre Lehrer als ihre ei⸗
„gene Eltern lieben, und als ihre Vorgefegten
„ſcheuen: Aber audy um der Furcht willen die
„siebenicht fahren laſſen, noch um der Siebe willen
„die Furcht m),
8. Es war auchnicht zu zweifeln, daß fich diefes
alles bey einem wahren Kinde GOttes, das von
Jugend auf dem HEren fich beiligen laflen, gewiß
aͤuſſern würde, " Kraft des lebendigen Glaubens,
der in feinem Herzen wohnte, wurden die bofe Be⸗
wegungen und unrubige Begierden des jungen
Herzens mehr und mehr gedämpfer, als man von
einem befannten Lehrer liefer, “daß er in feiner Ju⸗
„gend ihm felbit allen Anlaß der Lüfte der Jugend
„verwehret und gehindert habe,,, theils durc) Fa—
ften und Beten, theils durch unabläßige Arbeit,
fonderlich aber durch einen herzlichen Gehorſam
gegen die Lehre Ehrifti n). „ So ift auch fehr an—
genehm zu lefen, wenn einer fürnehmen Jung—
frau, mit Namen Eulalia, diefes zum Ruhm und
Erempel nachgefchrieben wird : "Sie zeigte in ih»
„ter zarteften Kindheit an, daß fie bald zu dem
„Thron ihres bimmlifchen Vaters eilete, und daß
„fienicht hepratben würde. Giewarfalles Spiels
„zeug hinweg, und ob fie wol noch ganz jung war,
„wollte fie doch nicht wie die andern Kinder ſpielen.
„Sie wollte fein Gefchmeide umbängen, verſchmaͤ⸗
„bete allen Schmuck, und zeigte in ihrer Kindheit
„ein veifes Alter,, 0). Und darzu wurde nun die
Epriftliche Jugend durd) alle Mittel angeführer:
Dergleichen etwa diefe waren, als fie ein weifer
Mann aufgezeichnet hinterlaſſen: Eine Seele,
„welche ein Tempel GOttes ſeyn foll, muß alfo an=
„geführet werden, daß fie nichts hören oder reden
„ierne, was nicht zur Furcht GOttes antreibet,
„Sie foll nichts von fehandbaren Worten verftes
„hen, nichts von weltlichen Liedern wiſſen. Ihre
„zarte Zunge muß mit lieblichen Pfalmen gleich“
ah GOtt gewidmet werden. ——
„Kinder muͤſſen ferne von ihr bleiben, ja ihre Waͤr⸗
„terinnen felbft muͤſſen von weltlicher Geſellſchaft
„abgehalten werden, damit fie nichts böfes lets
„nen, und andern wiederum beybringen, —
©sss3 „mu
d) Auguftinus ſib. 1. Confeft: c.ır. e) Ibidem. yIdem lib. III. e. 4. 8) Lib. V. e. 9. A) Bei Epiſt. ad
Philipp. i Ambrofius lib. 1. Offie. c.17. K)EpiR. p.3r. h Augujtin. lib. IX.Conf. € 12, — **
or⸗
ter in ER Pat. ap. Corelerin» Tom. I. Mon, Esel, Gr. p. 502,
e
ar
3 hynın. 3.
X x
5 ww ur r- —
n) Enjebins lib. VI. 8. 3, 0) Prudentin⸗
2
har.
J
694
„muß man zuſehen, daß ſie nicht von der Thorheit
„und Schmeicheley anderer mit Gold und andern
„Föftlichen Dingen fpielen lerne, und im zarten Al-
„ter begreife, was fie hernach wiederum verlernen
„muß»p). _Demnad) wartete Feiner unter ihnen
mit ſoicher Ermahnung zum HEren, bis etwan
die Kinder in ihrer Bosheit aufgewachfen und
erftarfer waren, ſondern diefes war ihre Meynung
und Gewohnheit "Man muß nicht das reife Al⸗
„ter erwarten oder die Gewohnheit der Sünden,
„fondern ein Streiter Chriſti muß lange gefäm-
„pfet Baben, welcher ſolche Diener Haben will,
„welche auch durch Erinnerung der vorigen Suͤn⸗
„ven nicht beflecfet werden. Denn welche erft in
„ihrem Alter glauben lernen, die erhalten zwar
„auch Vergebung ihrer Sünden, aber es mangelt
„ihnen nicht in ihrem Gewiſſen an derfelben Erin-
„nerung. Darum iſt es einem Jüngling guf, das
Joch zu tragen, welches die reifen „Jahre ungern
„erdulden : Da hingegen das zarte Alter Die Be—
ſhwerlichkeit derfelben bey zunehmender Gottſe—⸗
igkeit nicht Jo wohl fuͤhlet q).
9. Sie liefen aud) Feine Entſchuldigung zu,
wenn die unverftändige Jugend ihre Beſſerung
bis ins Alter verſchieben wollte, indem fie ihr alfo
zuredeten: «Der himmliſche Vater will, daß ein
„jedes Alter ſchon zur Gottſeligkeit geſchickt genug
„fey: Ex hat Feine Zeit davon ausgefchloffen, fo
„gar, daß er auch den Eleinften Kindernden Sieg
„über die Sünde verfprochen Bat,,. Wie derglei⸗
chen Gründe jene Mutter ihrem zarten Kinde un:
ter der Verfolgung vorhielt, u die Erempel des
fleinen Iſaacs, der 7 Brüder und anderer vorſtelle⸗
ter). Umo wie ein anderer im Namen einer ſol⸗
hen Mutter ein Kind anredete: “Mein Sohn,
„zählejanicht deine Jahre, fondern fange an in dei-
„ner Kindheit den wahren GOtt indeinem Herzen
„zu fragen: Es ift ja nichts an der Welt, das du
„iieb haben fönnteft. Siehe doch darauf, was du
„yerläffeft, und was du hingegen gewinneft,, u. ſ.
f. 5). Darzu half nun nicht wenig. eine fromme
Geſellſchaft und ein unſchuldiger Umgang mit
Epriftlichen Perfonen, von denen Fein Aergerniß
vor junge Herzen zu beforgen war. Gleichwie
der vorgedachte Lehrer weiter davon redet: Wenn
„die Eltern ſich vorſehen, daß ihre Kinder von fei-
„ner Schlange geftochen werden : Warum follten
„fie nicht eben fo forgfältig acht haben, daß fie nicht
„von dem Verderben der ganzen Welt getroffen
‚Guten durch einen erbaulichen Umgang angewoͤh⸗
„werden, und daß ſie nich
—— —
„geben zu werden, daß er nicht mi
„chen Kr follte : Und die af er der Be
„richt eher, als unter dem Schein der
„den„t). Bon foldyen gefährlichen Ber
gen Flaget einer, wie es ihm in feiner Fu
gangen ſey: “Ich gieng in folcher Blinoheit
„daß ich mich ſchaͤmete, weniger Schandrhaten bes
„gangen zu haben, als ich meine bofe Gefellfchaf
„von jich rühmen hörte. Ja, ich wurde deswegen
„lafterhaftiger, damit ic) nicht von ihnen getadelt
„würde. Siehe, mein GOtt, (fpricht, er weiter,
„mit was vor Öeberden ichaufden GaflenBabı
„gienge, und wie ich mid) in ihrem Kor Kerur
„wälste, gleich alg wenns der Eöftlichite Balfa j
„gewefen wäre. Derunfichtbare Feindtratmih
„unter feine Füffe, und verführete mich, weil ich
„mich gerne verführen ließ,, u). Und anderswo
da er von der Bosheit feiner jugend be
„Ich haͤtte diefes nicht allein gerhan, wann
„andere bey mir gewefen wären, Aber, o eine
„reindfelige Freundſchaft, die das Herz verführet,
„wenn der Menfch fpielend und feherzend Scha-
„ven thun will, nicht zum Gewinn oder zur Rache,
„fondern nur wenn man faget: Kommt, laßt uns
„gehen, und diefes thun, da man fich nicht ſchͤmt 4
„unverfchämt zufeynx).
10. Dagegen ward num aus der Erfaßrung -
tahrgenommen, wie das zarte Alter auch zum =
net werden Fonnte: Denn “Die Gewohnheit konne
„Tugenden und $after hegen und ernähren, und
„vermöge abfonderlich bey jungen teuren darinnen
„viel, wenn fie von Kindheit an mit Srommen auf:
„erwachfen. Die erften Jahre feyen zur Unter
„weiſung die beiten: Denn fie haben etwas wei-
„ches und gelindes bey fich, welches leicht koͤnne
„formiret und nach dem Willen der Alten gezogen
„werden. Was zart fey, das laffe ſich in allen
„Dingen Teichtlicher angewöhnen,„ y., Wann
nun gottfelige Perfonen einem Kinde zugegeben
wurden, geſchahe alsdenn, was von der Auen *
jenes frommen Mannes geſchrieben wird, da er eis
nen frommen Spielgeſellen gehabt. Sie führe
„reten einerfey Sebensart, und hatten einen Bors
„faß; und die Liebe zu gleichen Dingen ſamt der
„Geſellſchaft einerley Arbeit hatte fie fo durch das
» Band der Liebe verfnüpfet, und ſie waren alfo in
„der
p) Hieronymus Epikt. 7- ad Lxtam. q) Hilarius in P£ııg. r) Apud Prudentium hymn.'ıo. deCoron. s) Vi-
dorinus Afer Carın. de Maccab. t) Hieronymus l.c. u) Augnſtinus lib. I. Conf. c.3. x) Ib. lib. IILc.9.
y) Hieronymus ad Deinctr. de Virgin.
!
?
* 4
bey vemandern Umgang, zum Erempel mit denen
Aufwärtern und andern, welche um fie waren:
wie uns ſchon ein Lehrer gezeiger bat, daß man auch
die Ammen, Wärterinnen und dergleichen, zu kei⸗—
ner böfen Geſellſchaft laffen folle, damit fie das
Boͤſe, was fie gelernet, den Kindern bey ihrem Um—
gang nicht wieder beybringen. in gottfeliger
Mann wußtemehrvon der Treue feiner Amme zu
reden, als feiner Mutter felbit. *Diefe habe die
„Kinderfleißig verforger ; wenn fie zu ſtrafen ge-
„weſen, habe de einen heiligen Ernſt erwieſen, in
„dem Unterricht eine fonderbare Weisheit. Da:
bey er auch gedacht, wie ſie den Kindern fogar auſſer
der Mahlzeit nicht einmal Waffer zu trinken zuge:
laffen, damit fieihnen alle böfe Gewohnheiten ver-
leiten möchte, indem fie zu ihnen gefprochen : Je⸗
„tzund woller ihr Waſſer trinken, weil ihr zu feinem
„Wein kommen koͤnnet: Wenn ihr aber Herren
„über Küche und Keller werdet, fo wird euch das
„Waſſer nicht mehr anftehen, fondern die Gewohn⸗
„beit zu trinken wird überhand genommen haben „,:
Und alſo habe fie die Begierde der Jugend zurück
gehalten, daß fie allesnach der Ehrbaͤrkeit an ihnen
regieret, und Die Kinder nicht einmal verlanger hät-
ten, was ihnen nicht zufommet =).
11, Noch vielmehr mußte ihnen nun der exem⸗
plarifche Wandel derer Lehrer dienen, als welcher
leichſam ein Mufter ihres Lebens zu ſeyn pflegte,
indem damals unter ihnen der lebendige Glaube
annoch Kan Forderten fie es doch von den
Eitern ſelbſt, und noch vielmehr von denen, die ab:
fenderlich zur Auferziehung der Jugend beftimmet
waren. Wie es denn hieſſe: “Die unverftändige
„Jugend muß einen Lehrmeiſter haben, und ſich
„über feine Tugenden verwundern. Sie müffen
„nichts an ihren Eltern fohen, dabey fie fündigen
„eönnten, wenn fie esnachthäten. Die Exempel
„können beſſer lehren, als die Worte»). Drum
war auch die Chriftliche Jugend verbunden, den
treuen tehrmeiftern auch treulich nachzumandelit
rat Zurbymioliefet, daß er dem te»
„ben feines Präcrptoris Acacii treulich nachgefolget
fen, alfo, “daß er nicht allein ſich als einen Lehr—
„Jünger feiner Worte erwieſen, fondern auch fei-
„ner Werke. Er habe zwar feine Ohren zu feiner
2) Pita Euthymiicap. u. a) Augufl.lib. IX. Conf.c.$.
weifung
FY ui
der Rinder zu Haufe und in Schulen. 695
„sehre hingewandt, aber auchfeine Augen auffein
„geben, c). Wo folche heilfame Lehren und Ex—
empel in einem jungen Herzen einwurgelten, da
Fonnte es gewißlich an feligen Früchten durch ihr
ganzes Leben nicht mangeln : indem auch nach dem
faur der Natur dasjenige am beften wurzelt und be
hängen bleibt, was in den zarten Jahren merfwürs
Diges gefehen und gehöret worden. Wie etwa je-
ner alte Scribente von ſich bezeuget, “daß er in
„feinem Alter noch viel beſſer im Gedachtni babe,
„was in feiner Kindheit unter. den heiligen Maͤn⸗
„nern vorgegangen, als was neulich gefchehen, +
Drum feßet er Hinzu, “was man in der Kindheit
„lernet, das waͤchſet uns gleichfam in die Seele
„ein, und wird mit ihr vereiniget, alfo, daß ich mich
„noch des Orts erinnern kann, wo der heilige Po«
„Ipearpusgefeffen und gelehret hat, ingleichen ſei⸗
„nen Aus = und Eingang, feine Lebensart, die Ges
ſtalt feines Leibes, feine Reden, die er. an die Ges
„meine that, und wie er ung erzehlet, daß er mit os
„banne und den übrigen, die den HErrn geſehen ba-
„ben, umgegangen, wie er mit ihnen geredet, was
„er vor Lehren und Kräftevon ihnen angemerfet,
„die das Wort des $ebens felber gefehen haben,
Dieſes Babe ich durch die Barmherzigkeit GOt⸗
„tes fleißig damals gefaſſet, und nicht aufs Pa-
„pier, fondern in mein Herz gefchricben, wieder
„bole esauch oft durch die Gnade GOttes d).
12. So viel nun als an frommer Gefellfchaft
und erbaulichem Umgang der Kinder gelegen war,
fo viel und noch mehr trug es aus und bewegte
Chriſtliche sd fie ſich nach gottfeligen,
treuen und verftändigen Lehrmeiſtern umthaten,
und alfodas Heil ihrer Kinder aufalle Wege befürs
derten. Denn weildie Jugend viel zu unachtſam
war, und allyuviel Thorheiten im Herzen hatte, Das
bero auf die Negierung des Heil, Geiftes nicht acht
hatte; fo achteten fie vor das Beſte, ſolche Perſo—
nen ihnen vorzufeßen, welche ihr ganzes Leben mit
beilfamen Unterricht regieren follten. An diefen
erforderten fienun, daß fie ferne von allem Ehrs
„geiz und Hochmuth wären, auchdurchdie Wohl-
„lüfte nicht überwältiget noch vom Zorn uͤberei⸗
„tet, fondern geduldig, langmuͤthig und demüthig
‚Waͤren, fürnemlich aber fromm und arbeitfam,
„die die Seelen der Kinder fonderlich lieb haben
„muͤſſen, e). Wo diefe Tugenden beyfammen
waren, war an fruchtbarer Auferziebung nicht zu
weifein, weil fie dergeftalt nach dem Sinn Ehrifti
von ihnen gebilder und geführer wurden , ar
eh
b) Hierönym. l.c. c) InVitaejusc.7. d) Irenaus apud
Eujeb.lib.V.c.20. €) Apopht, Pat. ap. Cozelerium Tom. I. Mon. Gr. p. 467.
al
696 %
sehrer ſelbſt alfo angefüßret waren, Denn wer
„von feinen Eltern forgfältig erzogen war in allem
„den, was zur Gottfeligfeit Dienete, von feinen
„tehrmeiften auch in der Erkenntniß und guten
„Wiffenfchaften wohl unterrichtet, ſonderlich durch
„das Gehör der göttlichen Gebote treulich unter:
„roiefenz der Eonnte hernach in feinem Lebenswan⸗
„del feſt und unbeweglic) ſeyn, und in dem. Lauf
der Gotrfeligfeit immerdar fortfahren, f). Da
ingegen wenn ein Kind gleich noch fo fromme
“(tern hatte, und dennoch einem böfen Praceptori
überlaffen wäre worden, fo wäre es der Verfuͤh⸗
rung, und folgends dem Berderben je nahe ge:
wefen. Davon die Alten fonderlich ein Erempel an
dem Kanfer Juliane anmerkten, welcher von fei-
nen Eprittlichen Eltern nad) Möglichkeit wohl erzo⸗
gen gewelen, nachmals aber unter die heydniſchen
Hrofeſſores gerathen, und durch fie verfehret und
zum Heydenthum gebracht worden g). Diefe
Sorgfalt war damals fonderlid) noͤthig, als der
Unglaube und die Gottlofigkeit Der Heyden fic)
unter dem Schein der Gelehrfamkeit mit in die
Herzen der Ehriften einfchleichen wollte, wovon im
folgenden Capitel mehr Nachricht zu finden iſt.
Der H. Auguſtinus erinnerte ſich noch, wie elend
ex feine Jugend zugebracht habe, wenn er alſo von
der verkehrten Zucht feiner Praceptorum fehriebe:
„Man legte mir diefen Weg zum rechten Leben vor,
„daß ic) denen folgen follte, die mic) wollten in der
„Welt durd) die Beredſamkeit berühmt machen,
„und mir feine wahre Güter anboten. Ich ward
„indie Schule gethan, daß ich ſtudieren follte, und
Zich Elender wußte nicht, was mirs nüße wäre,
Gleſchwol wurde ich gefchlagen, wenn ic) faul
war, und diefes wurde fo von Alters her gebilli-
„get h), Man triebe mich mit graufamen Schre⸗
„een und Strafen, daß ich etwas lernen follte.
Da legte man mir eine Arbeit vor, welche meiner
„Seelen Unruhe genug machte, entweder durch die
Hoffnung der Belohnung, oder durch die Furcht
„vor Schlägen, nur daß ic) etwan Die Worte der
Fuͤrnenden uno herfagen follte (aus dem Virgi⸗
io), da ich Doc) gehoͤret hatte, daß es die Juno
nimmermehr geſagt. Und demnach wurden wir
„gezwungen, denen Fußſtapfen der lügenhaftigen
„Posten nachzugehen, u-f.m. ).
13. Diefes wardie gemeine und verkehrte Are in
den hegdnifchen Schulen, wie fie unter den Linz
glaubigen aufs eifrigfte getrieben wurde. Was
aber die Schulen der erften Chriſten anlanget
und ihre Wiffenfebaften, finven wir kuͤrzlich
fes aus den älteften Seri N a .
Anfang des Evangelii, da die Chriſten erft aus.
dem Heydenthum befehret worden, brachten die,
fo gelehrt waren, ihre ABiffenfchafte r mic in
den Ehriftenitand, fie, lieffen aber alsbald die
ſchaͤdlichen und unnoͤthigen Dinge hinweg, das
uͤbrige, was ſie von Sprachen ——————
weder zur Ueberzeugung der Heyden, oder zu an⸗
derer Nachricht annoch brauchen konnten, heilig⸗
te der HExr in ihnen zu feinem Preis und zum
gemeinen Mugen. Bey den unruhigen Zeiten
aber war ihnen unmöglic) eigene Schulen aufzu=
richten, fondern ein jeder mußte feine Kinder ents
weder jelbft unterweifen, oder zu einem verftändis
gen. Chriſten heimlich thun. Wann aber die
heydniſche Obrigkeit den Ehriften einige Freyheit
ertheilte, fanden fich Hier und dar gottfelige und
weiſe Männer, welche fich der Chriftlichen Jugend
annabınen, und fie im —— unterrich⸗
teten. Denn darauf war es mit aller ihrer Uns
ferweifung und Schularbeit angefehen, daß fie
Das einige Nothwendige denen zarten Seelen
nachdrücklich vorttelleten, und fie alfo aufden Grund
ihres zeitlichen und ewigen Heils bauen Iehrten,
damit fie bey allen Fällen, in allen Gefchäften und
gegen jedermann den Willen ihres GOttes und
Vaters ſeliglich thun Fonnten. Diefes alles iſt aus
den Schriften der eriten Zeiten Deutlich zu erfen=
nen, und wird in folgendem Capitel augenfchein«
lid) dargethan werden. Daß aber aud) Diejeni-
gen unter den Chriſten, welche in der heydniſchen
Gelehrfamfeit erfahren gemefen, die Heyden felbft
darinnen unterwiefen haben, it zudem Ende von
ihnen geſchehen, damit fie immer Gelegenheit haͤt⸗
ten, denen Unglaubigen zugleich die Chriſtliche deh⸗
ve unvermerftbeyzubringen ; als man von Orige⸗
ne und andern weiß k).
14. In denen Chriſtlichen Schulen aber, wel-
che von gottfeligen und verftändigen Chriſten anz
geftellet worden, ward die heilige Schrift ſamt de⸗
nen darzu dienenden Sachen alleine getrieben,
und der Jugend zur Uebung des lau:
bens und ver Liebe beygebracht. MWir- ha—
ben fhen im 2. Bud) bey der Catedyifmus-
lehre Elärlich erfehen, wie in dieſen Schulen
die Grundlehren des Chriſtenthums aus dem
göttlichen Wort fo Herrlich und. Fräftig vorgetras
gen worden, daß die feligften Früchte darauf erfol-
get find, Da, zum Erempel,aus Origenis Schu-
le
3
f) Bafıliusin III. princ. Prouerb. p.464. 8) Sozomennslib. V.£.1. fegg. Theodorituslib. IIIIc. 2. h) Lib. I. Conf,
9. iLib.eod.c.14.e1,17. k)Ewfebinslib, VI. H. E. e. 3. ie 2 —
4 Gap
fe ihrer viel das Leben um EHrifti willen gelaffen,
und vn ren Dein felbft zum Tode begleis
get worden. Alſo nennet Eufebius die Schuledes
Plantäni, Elementis und eben diefes Origenis
„eine Schule der heiligen Schrift, ein Werf der
wsöttlichen Lehre, eine Hebung zur göttlichen Unterz
ptweifung,,l); und zeuger daben, “daß die Heyden
„von dem leßtern in groſſer Anzahl die Heiligen
„Grundlehren des Glaubensund das Wort GOt⸗
„tes gehöret haben,, a): Und diefe Schule zu A⸗
lexandria ift one Zweifel die erfte, welche man be
den älteften Scribenten finder. Darneben ni
u Athen, nicht zwar aufder heydniſchen Academie,,
Bern in der Epriften eigenen Berfammlung eis
ne folche Werkſtatt der goͤttlichen Wiſſenſchaften
befanne wurde, darinnen fich in dem andern Jahr⸗
— er ſonderlich hervor thaten Duadratus, Ari⸗
ides und Athenaͤgoras. Weiterhin aber, und
nachdem die Obrigkeit den Chriſtlichen Namen
bekennete, hat man durch öffentliche Autoritaͤt or-
dentliche Schulen angerichtet, wiewol man anmer⸗
ken kann, daß die meiſte Sorge und Verrichtung
bey denen Kirchendienern und Moͤnchen blieben
ſey; als wir kuͤrzlich ſehen wollen.
15. & Rommagauch zu feiner Zeit Tatianus
einige Chriſten unterrichtet haben, worunter einer,
mit Namen Rhodon, von den Gefchichtfchreibern
gelobet wird. n). Alfo wird auch erwehnet, daß
eben dafelbit eine Ehriftliche Frau ihren Sohn
dem damaligen Auffeher der Gemeine, Aniceto,
in die Information gegeben babe 0) : woraus zu ſe⸗
Ben ift, daß die Lehrer ſich meifteneheils diefer Sorge
angenommen haben. Clemens Merandrinus
erzehlet von fich felbit, wie eran unterfchiedlichen
Orten die berühmteften Lehrer feiner Zeit aufgefu-
het, und nach vielen andern endlich einen treflichen
Mann in Egypten angetroffen, welchen er alfo
(ober: *Es war diefer Mann eine rechte Biene ,
„welcher die Blumen der propbetifchen und apo⸗
Iſoliſchen Wieſen ablas, und feinen Zuhoͤrern eine
„‚autere und unverfaͤlſchte Erkenntniß einpflanz-
nt» pP). Auf folche Art wurde nun unter andern
die Chriftliche Lehre fortgepflanzet, daß immer
die erleuchteten Chriften, und fonderlic) die Leh—
rer, den andern mit * Erkenntniß dieneten,
und dieſelbe auf die Nachkommen fortpflanzten.
Gleichwie es auch Paulus haben wollte, und des—
wegen Timotheo ſchrieb: Was du von mir ge-
hörst halt, das befihl treuen Menſchen, die
Auferziehung und Unterweiſung der Rinder zu Haufe undin Schulen. 697
— — — —— —— —— — —— —— — — — —
da tuͤchtig find auch andere zu lehren, 2 Tim.2.
v.2. So richteten nun abfonderlich die Vorſte—
er der Gemeinen ihre Anftalt dahin, daß fie die
ugend zu allen nöthigen Dingen anfüßrten ,
ürnemlich aber diejenigen, welche Heut oder mor«
gen wiederum andere lehren follten. Dieſe nahe
men fie gemeiniglich zu fich in ifre Wohnungen,
da fie auf ihr Thum und Laffen genau achtung ges
ben Fonnten, und ihnen mit allem nöthigen Un—
terricht beyfpringen q). Dabin vielleicht auch ges
hoͤret, warın a einen folchen jungen Mens
fihen einem Auffeher übergab, der ihn auferzichen
und gebührend untermeifen follter).
16. Aus diefer Gewohnheit und Anftalt der leh⸗
ver wurden hernach ganze folche Befellfchaften, die
unter derfelben Auffiche bey einander lebeten, und
fich in nöthigen und nüßlichen Sprachen und Wiſ⸗
fenfchaften überen. Wienachgehends von dieſem
alten Gebrauch ein Hiftoricus ſchreibet: “Es
„wurden vor Alters beyden fürnehmften Gemei-
„nen gelehrte Leute gedalten, welche öffentliche
„Schulen bielten , ehenoch die öffentliche Gymna⸗
„ſia, die man jetzo hat, in der Chriſtenheit aufge»
„richtet wurden. Zur felbigen Zeit war diefe alte
Weiſe gebräuchlich von Origene und Elemente
„ber, und den erften Lehrern der Gemeinen, welche
„bey den beruͤhmten Gemeinen zu Antiochien und
„Alerandria zu ihren Zeiten gelehret baben,,s).
So ward aud) ineinem Concilio endlich diefe Wera
fügung gemacht: Wenn etliche junge Leute (nach
„der damaligen Art,) unter der Elerifen Fran ſol⸗
„ten fie in einem Gemach beyſammen bleiben, das
„mit ſie ihre unverſtaͤndige Jugend nicht in Muth⸗
„willen, ſondern in Chriſtlicher Zucht zubringen
„mögen, indem ihnen ein bewaͤhrter Aelteſter zus
„gegeben werden foll, welchen fie zu ihrem Lehr⸗
„meiſter, und zum Zeugen ihres Lebens haben moͤ⸗
„genzyt). Da denn auf diejenige junge Leute
fonderlich geſehen wird, welche zum Dienft der
Gemeine bereitet worden. Wie auch ſonſt die äl-
tern $ehrer folche bey ſich zu haben pflegten, da fte die
geringften Kirchendienite ſchon verrichteten, und
etroa tefer waren. Wovon abermal ein Conci-
lium verordnete, daß die Xelteften dergleichen
„Leute bey fich im Haufe halen follten, und alg
„eeomme Väter geiftlicher Weife ernäßren, die
„beilige Schrift mic ihnen lefen, und fieim Ge—
„ieß des Herrn unterrichten, damit fie alfo wür«
„dige Nachfolger befämen u),
aa 17. Was
D Eufebius lib.V.c.20.lib. VIl.e.3.ct8. m) Idem lib. VI.c.3. n) Eufeb.lib.V.c.13. 0) Nicephorus lib. III.
€.29. p) Lib.1.Strom. p. 290.
q) vid. Centuriat. Magdeb. Cent. II. e. VII. p. 101.
r) Eufeb.lib. IIl.c. 22,
») Albersus Cranzius lib. LII. Metropol. 6.43. P. 5. t) Consih Toletanusa IV. e. an. u) Concil. Fafenfa ll cat.
BE a en 4 u
>
698
17. Was ich weiter von den Schulen der Mön-
che gefagt , iſt bereits oben bey ißrer Befchreibung
im 2, Buch erwiefen. Mur nod) etliche Erempel
zu gedenfen , fo richtete einer zu. Conftantinopel
ein ſolch Klofter auf, darinnen Studirende bey
einander lebten und ſich übten x). Chryſoſto⸗
mus felbft ward in feiner Jugend von den Bor:
ftehern eines folchen Orts informireky.) Und von
YAuauftino ift mehr als zu befannt, wie er in fei-
ner Wohnung eine folche Geſellſchaſt der Studen-
ten aufgerichtet und erhalten, gleich als etwa im
Alten Teftament die Prophetenfinder unter der
Aufficht derer Propheten angeführer worden. Und
diefe Weife wurde nun lange Zeit behalten ; mie
man davon auch weiterhin viel Merfmahle beyden
Ecribenten findet z). ym übrigen müffen auch)
die Kayſer fonderlic) in ihren Nefidenzen ordent«
liche Schulen geftiftet haben, weil man unter ih.
ren Gefegen dergleichen Verordnungen findet ,
welche die Schulen betreffen 2). Meben welchen
auch andere nach und nach beruͤhmt worden, als
zu Rom, Trier, Maßilien u,f. f. b), welche ich
nicht weiter unterfuchen mag, und vielmehr von
denen erſten noch etwas berichten will. Die Ge
fehrten Haben von jenenin ganzen Büchern Nach:
richt, denen übrigen würden Diefelbe wenig oder
nichtsdienenc).
18. Jedoch ift dies nicht ganz zu übergehen,
daß unter dem angehenden Verfall der Chriſten
annoch die unter den Heyden berühmte Schulen
zu Athen und fonften florivet haben, dahin auch
bisweilen einige Chriften gereifer find, die damals
berühmten Nedner zu hören. Diefes aber thaten
fie alsdenn erſt, wenn fie zuvor einen guten Grund
in dem wahren Chriftenehum geleget hatten, da—
mit fie nicht durch die Eitelfeiten der heydniſchen
Künfte und Weltweisheit verführt und zum Un-
glauben und gottlofen Leben gebracht würden,
Wiewol es bisweilen gefchahe, daß aus gerechten
Verhaͤngniß GOttes einige untreue und heuchle:
riſche Herzen von den Weltweiſen verftricfet und
vom Glauben abgezogen wurden, als dem elenden
Juliano wiederfubr. Geftalt es auch) fonft ohne
Hergerniß und viele Hinderung nicht abgieng, und
ein Chriſte oßne Zweifel durch die Gnade fehr fe—
fte feyn mußte, wenn er allen Stricken des Sa⸗
x) Scerateslib. VIL.c.17. y) Sozom.lib. VIII.c,6. 2) vid. Concil.Nannetenf. e. 9. Burchard.lib.II.c.156.Chro- -
’ '
ö =“
6.3. Von dem Privat und häuslichen Leben der erſten Chriſten.
tans an ſolchen gefährlichen Orten der Atademien
entgehen wollte. Sehr mer ig iſt die Erze
fung , welche Bregorius Nazianzenus von fi
und feinem Freunde, Baſilis, feget, da er ſchrei⸗
bet, wenn er unter andern Greueln zu Athen auf
der Academie auch diefes leiden müffen,, daß die
heydniſchen Studenten ihn zu diefem Leben ein⸗
gemende , und, wie man den heydniſchen Ge-
rauch noch nennet, deponire. Dem Bafıli
aber habe man diefe Thoreit nicht zumuthen wol
Ich ‚weil er zu gravitätifch und gelehrt geweſen d).
Aus welcher Erzehlung etliche die Depoſition als
eine fonderbare Antiquitaͤt vergeblid) behaupfen
wollen, da doch diefelbige mit ihren Urhebern,
denen blinden Heyden und thörichten Liebhabern
lieber der ewigen Vergeſſenheit möchte gewiedmet
werden. Es befchreibet aber gedachter Grego⸗
rius fein Studentenleben dafelbft fehr fehön, wenn
er von fi) und Baſilio erzehlet : "Es waren uns
„wey Wege befannt ;der eine war der fuͤrnehmſte
„und befte, welcher uns zu den H. Käufern und
„zu den H. Lehrern führte, der andere geringere,
„der zu den $ehrern der Aufferlichen Gelehrfam-
„feit wiefe. Die übrigen alle überlieffen wir de—
„nen, die $uft dran hatten, was ung zu Comö-
„dien, Gafterenen und andern Ueppigkeiten brin=
„gen wollte. Denn das ift niche zu achten, was
„nicht zur Gottſeligkeit Hilft und einen Studiren-
„ven beſſert. Uns war diefes die herrlichite und
„größte Sache, ein Ehrift genennet zu werden
„und zu feyn, und darauf mußten wir uns viel
„mehr, als aufalles anderee). r
19. Wie er denn auch weiter ihrer beyder gott⸗
aefälligen Wandel auf diefer hohen Schule erzeh-
let , welche fonft allen Umftänden nach von Sm
feher Bosheit ganz uͤberſchwemmet war. Damit
fie denn zeigeten, wie ein Loth auch mitten in So=
dom heilig und unbefleckt leben Fünne, bis ihn
GOtt ausführe und die Bofen zerfchmetteres
„Athen (fpricht er, ) iſt zwar den Seelen fehr ſchaͤd⸗
„ich, was die Geligfeit betrift, wie esdie gorefell-
„oen Leute nicht unbillig Davor halten, denn fie iſt
„nehr, als alle Derter in Griechenland, voller
ſchaͤndlicher Sachen, d. i. voll Goͤtzen, und ift fehr
gſchwer, daß man nicht zugleich mir denen,die fie lo⸗
„ben und vertheidigen‘, in den Irrthum geriffen
„werden follte. Lins aber hat esnichts gefejabet,
als
«niconHirfaugien/e A. DCCCXC. Conf. Dufre/.Poff: Lat.p 738. et Append. p- 209. et Grc. p. 128. 244. etc.Sauaro
Not. ad Sidoaium Apollin.p. 253. H. Meibomius Opufe. Hiftor. p. 480. et omnino Brufchiws de Monaft. Germ,
P 30.197. 201.etc. a) L.peromnemetalibiin Cod. Theod. b) Vid.SparheminsIntrod.H.E. Sec. IV. p.ıor.
c) Vid. Hofpinianusde Origine Templ. et Scholarum. Milddendorpius, Svvereus, F. Iınius de Academiis ac de
Scholis Germanicis. Vrfizus de Ecclef. German. atque in primis Meifartusde Reformatione Academiarum
ucceflaria. 8) Orat. in laud. Bafılii M.
e) Idem ibid,
4
a
—
„
= *F 2
sie unfere Seelen wohl verwahret hatten,
ir beyde fahen darauf allein, ji die
„Gortfeligfeit überen, und unfere Sachen aufdie
Boff es zukuͤnftigen Lebens einrichteten, in⸗
„dem wir ſturben, ehe wir ſturben. Dieſes ſtell⸗
„een wir uns vor Augen, und richteten unſer Le—
„ben und Thun nad) den göttlichen Geboten ein,
„einer reizete den andern zur Gottſeligkeit auf, eis
„her mar dem a ein Mufter, darnach wir
„das Böfe von Guten unterſchieden. Denn
„wir giengen gar nicht mit den gottloſen und lie»
„derlichen Gefellen um, fondern mit den Froͤmme⸗
h nicht mit den Schlägern und Bal:
ondern mit den Friedfamen,, Diefe
eibung diefer heydniſchen Univerſitaͤt bildet
erderbten Academien der heutigen Chri⸗
ften mit lebendigen Farben ab: Wie fo gar aud)
Bst felbft geftehen,, daß fie den Greuel der
pofition nirgend anders ber haben, als von die
ar abgöttifchen Stadt. An. Gefch. 17, v. 16.f).
Wiewol auch diefe heydniſche Gewohnheit auf de⸗
nen Franzoͤſiſchen, Italianiſchen und andern Uni⸗
verſitaͤten ihres unzertrennlichen Greuels wegen,
dabey nichts als Mißbrauch vorgehet/abgeſchaffet
worden e); gleichwie die neue loͤbliche Friedr ichs⸗
univerſitaͤt zu Halle dieſelbe niemals einführen
Taffen. Denn es ift damit nur auf Geld und Ve—
xiren angefehen, dabey es endlich auf ein Freſſen
und Saufen hinaus lauftz wie ein gelehrter
Mann redet h). Bon denen Doctor: und Ma⸗
giſtertiteln lieſet man erft unter dem Pabftthum,
und hat die Chriſtenheit in die 1200 Fahre nichts
davon gewußt, indem fieerftimit dem paͤbſtlichen
Hecht bey den Juriſten auffommen find, denen
‘es hernac) die Theologi auch nachacmachet ha-
beni).
20. Dieerften Epriften waren ferne von allem,
was aud) nur den Schein eines hendnifchen Greu⸗
eis haben Fonnte, und richteten die Auferziehung
£) Vid. Quenftedius Ant. Ecel. Cap. IX.n.4. g) Middendorpiuslib. I.de Academ. c. 16. p. 155.
Te der Rinder, zu au und in Schulen.
a
809
der Jugend alfo nach göttlihem Willen und Befehl Pr
ein, Damit an ihrem Leib und Seele GOtt hoch ge:
preifet möchte werden, Sie mochten Ichren und
Schule halten, wo und wie fie wollten, fo war die
wahre Gottſeligkeit ihre exfte und einige Abfiche,
auch die nachfte Frucht und Wirkung. Die ker:
nenden felbft waren von Kindheit an gewößnt, fich
den GOtt und Vater in Gehorfam nach dem
ufter des erniedrigten JEſu als ein Opfer dars
zuftellen, und zu hören wie ein Jünger, was der
HErr redete, Wirhabengehöret, daß darinnen
die Scyularbeit der berühmteften Schulmänner
beftanden habe, daß unter ihnen die Lehre und Lies
bung Beiliger Dinge florivet Habe, dahero auch
nicht alleine fo viele eheure Zeugen EHI und
Märtyrer, fondern auch fo viel Evangeliftew und
Bekehrer der Heyden enefprungen find k), Ya, da
etliche auch gleic) auf den heydniſchen Schulen fich
aufpielten, und in ihre eitele Kuͤnſte verwickeln hate
ten laffen, fo zogen fie fich doc) bald wiederum zu—
ruͤcke. Wie von Baſilio erzehlet wird,daß er zwar
einsmals die Rednerkunſt gelehret habe, aber
bald von ſeinem Freunde Gregorio abgejogen,
und zu einem einſamen Leben gefuͤhret wordenda
„er alle weltliche Buͤcher hinweg gethan, und 13.
„Jahr lang allein die H. Schrift fleißig betrach⸗
„tet,). Dergleichen fleißige Uebung in der heili⸗
gen Schrift wir auch oben bey ihrer häuslichen Er-
ziehung und Hausandachten gefehen haben. Und
von diefem Gregorio, wieauch von dem beruͤhm
ten Didymo gedenfer Zieronpmus, daß er fie zu
Lehrern oder Eatecheten in der beiligenSchrift
gehabt habe m), Daher man ſiehet, wie diejenis
gen, fo ftudiren und andere Fünftig lehren wollen,
dieſes ihr hoͤchſtes und noͤthigſtes Studium haben
ſeyn laſſen daß fie die Bibel fleißig und nach des H.
Geiſtes Regierung tractirten; wovon nun in fol⸗
gendem mit mehrerm.
h) Antonits Pof-
[eainus lib. I. Biblioth. fele&t. c. 6. Conf. Epiftola Henr. Glareani ap. Hotting. Hiſt. Eccl.C. XVI.p 282.Midden-
dorpiusl.c. p. 153. eqq. Drefferus Hiftor. Millen. VL. p. 281. Heidfeld. Sphing, Th. Philof.c.XXV.p. 952. i)vid,
Spanhemins Introd. H E. Sec. XII. p. 369. Alcigrus lib. VIII. Parerg.c. 10. Middendorpius l.c.c. 1, Lanfius Con»
fult. pro Gerin. p. 31. fegq Otro de Iur. Publ. p: 441. Rehren/se Di. de Dignit. Academ. k) Vid. Enjebins lib.
V.c.9. 1) Rufisuslib.1I.c.9. m) Epift.57. ad Domnion.
TR
G
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——— TE TEE ET EEE EEE ———
700 6.3. Don dem Privat» und häuslichen Leben der erſien Chriſten. —2
Das 5. Capitel, — Es |
Von dem Studieren und Gelehrfamfeit der erften
Shriften,. “=: J
Summarien. Ds
er mahren Chriften einiger Zweck im Lehren war, die Tebendige Erfenntnif Chrifti ; was dieſem auIoED et. CFFARNIEE feat
ſchaͤdlich: mie folches Gallus und Julianus gethan. a ER wider alle Berfuchung, $. ı. fonderlich wis
der die Einmärfe der beydnifchen Whilofopben, Deswegen fie deren Bücher und Grundfäge faffen mußten, und fie mit ihrem eis
genen Schwerdte ſchlagen konnten : welches fie den Heyden nicht verbehleten. Klage Über der Feinde Hartnaͤckigkeit, ungeacht
fie überführet; 2. deren etliche doch dadurch gewonnen wurden, welches denen, Die es gelernet, noch einiger Troſt war: wiewol
die ſchlechte Prediat der Fiſcher mehr ausgerichtet, fo hat doch die heydniſche Erudition einigen Nusen gehabt: —
Drigenis; Urtheileines alten Seribenten darüber, 3. und anderer. Abſehen der CThriten mit ihrer Gelebtſamkeit mar nicht
ein ei fondern die Befeſtigung der Wahrheit: 4. Mittelſtraſſe der Berftändigen und Behutfamfeit: s. Driges
nis Erepel, der feine Gelehrſamkeit Gtt heiligte und algemach mäßigte: Neu und Befenntniß Auguftini von fich, weil
die Erfenntniß Gottes allein felig machet: Indeffen achtefen fie die aufferliche Gelehrfamkeit nicht ge aus Saulheit. 6.
Mißbrauch der Gelebrfamfeit: Den Heyden war ihre Gelehrfamkeit Sünde; Entdeckung der unnügenumd eiteln Wirkung
derjelben, fo die Philoſophos fehr verdroß. Was die Gelebrfamfeit bey einem Heyden it; Berdammung aler Künite , das
ben feine Gottesfurcheift: 7. in Erkenntniß deffen demütbigte fich Augufinus vor SOLL; Klagenandere über Die menichlie
he Verderbniß. Was befferfen als Gelebriamfeit. 8. Da Ehriften für Sanoranten gehalten wurden, priefen fie bie Erfennt-
niß Chriſti über alle Gelehrſamkeit; Ausipruch folcher Bekenner, 9. die auch die verlorne Zeit bedaureten, je ſchwerer ih⸗
nen die Demuth daben ankam; daher offenbarten fie den Gelehrten die Geheimmiffe Chrifti mik groffer Bebutiam
ten ihren Eckel an jener falfchen Waare, und ihr Vergnügen an GHOL, 10. und Berlangen nach dem ewigen, dari
Gott dieneten: Exempel Auguſtim und anderer; ohne vogica und Curioſitaͤten mit Widerruffung ihrer Gelehrſamkeit;
Erempel; ıı. meil das Wiſſen nur aufblebe, twieman.an den Henden fabe , die darauf frogeten , und die Ebrilten vor
Idioten ausriefen ; davon die Chriften in der That das Gegentbeik bersiefen, und den Henden ihren Hochmutb nachdrücklich ,
vorſtelleten, auch jedermann dafür warneten. Die Philofopbi fahgı nıır auf Kubm, ob fie mol dafür nicht wollten ange
ſehen fepn, 12. fchrieben alfes ihnen felbft zu: Nazianzenus lies folche Art zu ſtudieren fabren, und marnete andere Das
vor: St. Auguſtini Klage darüber. 13. Eckelder Chriſten für Cu t und Warnung dafür, meilfie der Gottfeligkeit offen⸗
barlichzumider, undganz eitel und unndseift. 14. Dev Zerſtreuund kann Eein Glaube und Gehorſam ftatt haben : das Willen
kann nicht felia, noch die Trebern fatt machen. 15. Werbalten der Gelehrten und Ungelebeten gegen Das Evangelium, deren
jene oft von diefen zu Schanden gemacht worden: Erempel Pauli undanderer. 16. Was die Chriften von Pefung und Tta=
etatior.bendnifcher Bücher gehalten, die fie überhaupt verbrerneng wirdig geachtet ‚und die Profeffores verworfen, weilunan
feine unheilige Sachen leiden müßte, dergleichen in heydnifchen Schriften erzehlet und gelobet werden. i7. Das Gute bey
ernitbaften Bhilofophis verwurfen fie nicht, fondern fuchten ein vein Gewiffen zu bewahren und verwurfen unnuͤtze Lehrer
welche verfehet lehreten: 18. Bekenntniffe und Erzchlumg folcher eiteln Lehrart ‚19. die heute noch nichtaufgeböret, aber mit.
gutem Gewiſſen nicht kann geduldet werden: Befenntniß Hieronymi und Erzehlung feines Serebums, den er nicht im Traum
erkennen gelernet, fondern wahrhaftig: ze. Anderer Ausiprüche von verkehrter Pehrart und hepbniichen Büchern und derfel:
ben Vermeidung, meildas Herz zum Böfen leicht dadurch entzündet wird; Anweiſung die Jugend wohl anzuführen. 21. Die
Alten Eonnten hiebep der Abgöttereynicht nachfehen , doch Lieffen fie Geuͤbten und Gefertendie deſung derfelben zu: hendnifihe
Götter und Schwüre durfte Feiner im Munde führen 5 darneben verwurfen fie aute Kuͤnſte und Sprachen nicht, Daraus die \u=
gend ſattſam Fann unterwieſen werden : Entfhuldigung ber heydnifchen Schullehrer wird vor GDtt nicht helfen. 22. Der
Bot heydniſcher Bücher auch in Conciliis wiederholet wegen Hintauſetzung der Bibel, Klage darüber; Jaͤmmerlicher Miß⸗
brauch der 9. Schrift, daß man heydniſche Bücher lefen fole. 23. Erlernung der Griechifihen Sprache, wie auch der Hebraͤi⸗
kben , davon ſonderlich Hieronymus groffen Nugen gehabt ; überflügige Critiguen verwerfen fie meiftens. 24. Die Hiflorie
mendeten fie nüslich an; ingleichen Bhyficam; uriofitäten ver wurfen fie, verachteten fie auch nicht, fo weit fie zum Guten
dieneten ; Nativität ſtellen 2c. vermieden fie,die Ethicam erkannten fie vorunzulänalich: 25. Wie ferne fie die Rhetorie vers
morfen wegen des vielen Mißbrauchs, den Bekehrte bereueten und fcheuten : ihre Judieia von der fogica. 26. Aus der Philo⸗
fophie ermahleten fie das Gute, von menfhlichen Erfindungen lieſſen fie fich nicht gefangen nehmen, ungeachtet des Loͤſterns e
geinde: 27. Marnung vor Verfuͤhrung der Philofophie, weil fie böchft Ichadlich; Verwerfung derfelben: Vorzug der gäftliz
Ken Wahrheit und Predigt des Evangelii, 28. je mehr die heydnifche-Whilofophie einriffes Klagen und Beſchreibung ders
felben, als aus melcher ale Kereren entipringet, 29. "Derwerfung der Ariffoteliichen Philojophie, die hernach im Pabfithum
ůberhand genommen, auch auf Kanzelm erkläret wurde : Eifer Putheri und Mage Erafmi darüber. 30. ‘r a }
G 1. |
= ift aus dem, was im vorhergehenden er- lebendige Erkenntniß JEſu Chriſti, ihres Heils, und
wehnet worden, leicht zu erfennen, was der wahre Gehorfam des Glaubens in ihrem ganz
» der wahren Chriſten einiger Zweck in al» zen Leben. Was demnach mit diefem Zweck ent-
lem ihrem Lehren und Willen gewefen, nemlichdie weder nicht überein kam, oder ihm gar zumider
war,
|
|
— —
— —
Cap.
urde' von ihnen unterlaſſen und ı ad-
innt. Diefes ift aus der im 3. Cap. des
sbefchriebenen Erleuchtung dererften Chri⸗
‚‚ingleichen aus allem ihrem übrigen Wandel
unroiderfprechlich zu fehlieffen , ja ausder Beſchaf⸗
fenheit ihres ganzen Ehriftenthums von erleuchte:
ten und geheiligten Seelen gewiß zu erkennen.
Wir haben aud) von denen Frommen in folgenden
Zeiten gehöref, und werden ferner mehr verneh:
men, wie ſie viren Studieren, wo-
zu fie ohne Zweifel durch andere angeführet twor-
den, Bor bald ſich zu den wahren Wiſſenſchaften
und dem einigen Nothwendigen gewendet und
das andere alles verleugnet haben: Es wird aud)
fo gar Juliano und Galle nachgerübmer,
daß fie
gelernet, aber “Der Ehriftlichen Weisheit fonder-
„lich obgelegen Haben, und nicht allein derjenigen,
„die nur in Worten und in kehren beftehet, fon:
„dern auch deren, foauf die Gottſeligkeit und ein
„reommes geben fonderlich führet und treibet,, a).
ie denn die Veritandigen eben in folcher beilfa-
men Erfenntniß einen genugfamen ten,
und ſich durch den Segen Gttes ar
x“
fuchungen rüfteren, mo fie fidy ja in fremde
— Willenfchaften aus de
Urfachen einlaffen mußten.
Don dem Studieren ind Belchrfamfeit der erften Chriſten.
rer Jugend zwar andere Kuͤnſte auch.
ſolgenden Wiewol eben die Chriſten über die
DE ° Feinde der Wahrheit klagten, daf bey ihnen auch
701
als auch, daß ſie deswegen fuͤrnemlich ſolche Din⸗
ge gelernet haben. Denn ſie verhehlten es auch
nicht vor den Heyden, wenn fie ſchrieben: “Es
„bedarf viel Machfuchens und Nachdenkens im
„Studieren, wenn man aus den bekannten Schrife
„ten der Weltweifen und Poeten, oder aus allen
„‚sehrern der weltlichen Weisheit die Zeugnifle der
„Chriftlichen Wahrheit herausnehmen will: damit
„ihre Mißguͤnſtigen und Verfolger mit ihren eige⸗
„nen Waffen ihres Irrthums und Betrugs gegen
uns uͤberwieſen werden, b). Und diefes bezeuget
Tertullianus, der diefesfchreibet, daß es viele un:
ter den Epriften gethan gehabt, wie es feine und
viele andere Schriften und VBerantwortungen wie
der die Heyden klar ausweifen. Geftale fie diefes
eben vor eine fruchtbare Art der Widerlegung
hielten ; wie fie davon befenneten: *Dicfes iſt ein
„mahrer und unwiderfprechlicher Beweis, wel⸗
„scher auch von denen Widerfachern felber die Zeug⸗
„niſſe vorbringt, Damit fievon der Sache durch den
Augenſchein überwiefen werden, wenn fie felbft
„davon zeugen und veden müflen c). Es ift eine
„fefte Art des Beweifes, den man von dem Ge:
> e
aller entheil felbft nimmt, damit die Wahrheit auch
„von den Feinden der Wahrheit bewieſen rwird,, 4).
Bosheit der
diefer Beweis nicht mehr gelten wollte, und auch)
2 Memlidy die Chriften, und fondeı d
rer, hatten Damals noch fehr viel wii N= darinnen ihre Mühe und Studieren vergebens
wuͤrfe und\Berdrefungen der hendnifchen Welt: wäre. Die Hartnäckigkeit des menfihlichen Lin-
weifen, aa und Profefforen zu ftreiten, und
war nicht aus eiteler Zankſucht oder Ehrgeiz,
ondern zur Verwahrung ihrer und anderer See»
len, die in Gefahr der Verführung alfo ſchwebten.
Da befunden fte nun noch zu ihren Zeiten noͤthig,
ſich in den heydniſchen Schriften hd Küniten
umzuſehen, ihre Schulen zu befuchen, und die Prints
eipia und Grundfäge ihrer Meynungen und teh-
ren zu fallen, alles nur darum, damit fie ihnen
deito —7— und entweder die Verfuͤhrer
felbit oder ihre Anhänger von der Nichtigkeit ihrer
Wiffenfchaften und Lehren überzeugen Fönnten;
° wie Paulus auch gethan Apoft. Gefch. 17, 28.
Tit.ı, 12. 1. Cor. 15, 33, Won dem, was fie
noch daraus vor fich gutes beybeßalten , wollen wir
bald auch verneßmen: jetzo beweifeich erftlich, was
ich g ſaget habe, und zwar ſowol, daß fie dieſe Wei-
fe aifo gehabt, die Feinde mit ihrem eigenen Schwerdt
— — und aus ihren eigenen Grundlehren,
ekenntniſſen und Schluͤſſen fie zu widerlegen,
Pi
a) Vid. Gregor. Nazianzenus Orat. I. in Iulian. b)
IIII. c. 14. d) Nosarianus lib, de Trinit. c. 18.
„glaubens will auch ihren eigenen bewährteften
„sehrern nicht mehr glauben, wenn fie etwa den
„Ehriften Anlaß ſich zu verantwortengeben. Da
„muͤſſen die Poeten fabelhaft beiffen, wenn fieden
Goͤttern menfchliche Affecten andichten, und die
Philoſophi heiffen allzubart, wenn fie der Wahr:
„beit nahe kommen. So weit wird einer noc) vor
„elug paßiren fönnen, wenn er den Ehriften nahe
Foͤmmt; da er alsbald vor einen Ehriften angege⸗
„ben wird, wenn er etwas Weisheit affectiver,
„und etwa die Ceremonien verachtet , oder die
„Belt ein wenig veformiven will. Drum wollen
„wir nichts mehr mis dem Studieren zu thun ha⸗
„ben, und mit der Lehre diefer verfehrten Gluͤck—
„feligfeit, der man mehr nach der fügen als nad)
„ver Wahrheit trauer e).
3. Nichts defto weniger gewonnen fie dann
und warın mit diefer Art einige, oder machten doch
die Wahrbeit immer deutlicher, und lerneten den
Heyden diefelbe vortragen, Wormit fie dann
ttt3 die:
Tertallianns lib. de Tetim, Ani
€) Tertullianus 1. c. Add, b
oh —* >
.&t. 0) Zrenaus lib.
[2
*
2 702 6.5. Don dern Privat-und häuslichen Leben der erften Ehriften.
" diejenigen fonderlich noch tröfteten, welche vor ih:
ver Bekehrung die edle Zeit inden eiteln Schriften
der Heyden zugebrachthatten, wiewol fie cben mit-
diefer Vermengung der faljch berühmten Kunft
unter die göttliche einfältige Wahrheit die Kraft
derfelben mehr Kinderten, als forderten. Ange
fehen ſichs aus Zufammenpaltung der Kirchenhi⸗
ftorien feichterfennenläffet, daß Die ungeleßrte $i-
feher und einfältige erſte Lehrer ungleidy mehr mit
ihrer fehlechten Predigt ausgerichtet, und die Her-
zen Eräftiger überzeuget gebabt, als nachmals durch
den rednerifchen Vortrag derer gefchehen, die zu
Achen und fonft bey den Heyden ftudirt hatten.
In jener Meynung fchrieben nun folche Gelehrte
von ſich, als Lactantius, der ein Advocat gewe-
fen war : “Die Hebung der erdichteten Zänferey
„hat mir geholfen, daß ich mit gröfferer Bered⸗
„famfeit die Wahrheit vertheidigen Fann,,. Je—
doch geftehet er dabey: "Es kann zwar auch ohne
„die Beredfamfeit gefchehen, und iftvon vielen of⸗
„te alfo gefchehen : jedoch muß fie durch eine ſchoͤ—
„ne Rede erläutert und geziert werden, damit fie
„defto Eräftiger in die Seelen eindringe, wenn fie
ſowol durc) ihre eigene Kraft befeftiget, als auch
„Durch die Rede geſchmuͤcket ift, f). Noch beſſer
aber trafen es Zweifels ohne diejenigen, welche ſich
nicht fowel fehoner Worte befleißigten, und die
Wahrheit damit fehminfen wollten, als die Sa-
chen felbft genau unterfuchten. Wie von Orige—
ne fteher, daß er wider die Sectender Weltwei⸗
„fen ihre eigene Bücher vorgebracht und erkläret
„babe, daher ihn auch die Heyden felbft, (denn er in
„ver Schule las, fie zu gewinnen, Jihn vor einen
„groffen Philofophum gehalten,, g): zu welchem
Ende er auch die beften Köpfe hiezu angeführet
hat b). Und von diefer Abfiche difcuriret ein al-
ter Scribent alfo: "Die heydnifche Gelehrſamkeit
„ift weder von CHriſto nod) von feinen Juͤngern
„gebilliget worden, als wenn fie von GOTT her»
kaͤme, und nicht als ſchaͤdlich ganz verworfen wor⸗
„ven. Und diefes ift nicht one Bedacht gefche-
„ben. Denn es find viele Philoſophi unter den
„Heyden nicht weit von der Wahrheit geweſen.
Zwar haben fie das Hauptwerk der Schre ſelbſt
„nicht erreichet, daß fiedas Geheimniß EHrifti er:
„‚Eannt hätten. Indeſſen werden auch die Feinde
„eräftiglich überwunden, wenn man wider ſie ihre
„eigene Waffen brauchet. Sonſt ſagt uns auch
Chriſtus und die Apoſtel, daß wir alles prüfen
1 *
Iſten hatten, vor denen Iſrael einen Gveuel hatt
„ſollen, damit wir nicht bei
"ia icht, wenn
„Feinde erobern, undmit ihner
„men, fondern das Böfe ſchei
„und die Wahrheit behalten, alles
„brauchen. Denn das Gute gehöret alleze
„Wahrxheit, es mag feyn mo es wolle),
4. Eben fo urtheilet ein anderer gelehrter Leh
ter unter den Alten von der Sache: "Wenn wit
„die Philofophos lefen, und uns die Bücher von
„ihrer WBeltweisheit indie Hände fommen ; joy:
„ben wir auf unfere Lehre, wenn wir etwas nügli-
„ches rinnen f n; das übrige, mas von den
„Goͤtzen, vonder tiebe, von denSorgen dieſer Welt
„dabey ift, das fcheren wir gleichfam und machenes
„Fahl,, (wie es Die grade mie den fremden
Knechten machtens. D.Mof 21,12.) k). Und ein
anderer, da er diefe Art des Gtubierens mit der
Iſraeliten Beginnen vergleicht, als fie den Egy-
ptern ihe Silber und Gold raubeten: Wie die
Egyyter nicht allein ihre Gögen und fchwere $a-
ſondern auch guͤldene und filberne Geſchmeide unß
„Kleider, — Volk, als es aus Eghpten
„ausgieng, zum beſſeren Gebrauch ihm zueignete,
„und zwar nicht aus eigener Willkuͤhr, fondern
„auf GOttes Befehl, da es die Egypter Ru
„wiſſend a fie nicht wohl brauchten: Alſo
„hat die gehre der Heyden insgemein nicht allein
„sreuliche Gedichte und Beſchwerungen vergeb-
„licher Arbeit, weldye ein jeder unteruns, wenn er
„unter CHriſti Anführung vonder Gofellfchaft ver
„Heyden ausgehet , ſcheuen und fliehen muß, fon-
„dern auch gute Wiffenfchaften, die zum Gebrauch)
„der Wahrheit etwas gefchickter find, die denn ein
„Chriſte ihnen nefmen muß zu einem rechten Ge-
„brauch in der Predigt des Evangelü,, 1), Wore
inne auch andere beyftimmen, und zeigen, wie da-
mals unter den Heyden diefe Art des Studierens
gar nüglich gewefen ſey, zumal wenn einer vor
ner Bekehrung inden Schriften derfelben fich wohl
umgefehen, und feine Erfahrung dem HEren zu
feinem Dienft gewiedmet hatte, damit in allen
GOtt durch CHriſtum hoch gepreifer wuͤrde worauf
nemlich all ihr Thun und Laſſen gienge So
redlich war ihr Abfehen auch indengeringften Ber- -
richtungen, daß fie nicht in folchen Gtudien ihre
eigene Ehre und einen groffen Namen in der Welt,
auch nicht eine närrifche Ergoͤtzlichkeit oder =
k Ei *
f) Lib.I.e.i. Add.lib. V.c.ı. Minutius Felix O&tau. fine. g) Eufeb.lib. VI. c.ıg. h)Idemib. i) Soerareslib. III.
c.16. k) Hieronymus Epit.adDamal. |) Id. ad Pamach- Sidonius Apollinaris lib. IX. ep. 9. Angufinus lib.II. de
Ciu. Dei. c. 40. "nee ng Orat. de Vita Mof. Aug/in.lib. IT. deDo&.Chrilt. c. 40. 42. Clemens
Alexandrinus Lib.
—
2;
Strom. inprimis Bafılins M. Orat, ömus dv eE EAnvinwv @Pehdiyro Aoyav,
re j *
ae I 1
ch
- enden Preisißres GOttes und die Befe
5.Cap. Don dem Studieren ı
Vort nn , wenn fie etwas darin
ten; fondern allein nach ihren eigenen Befennti
ewigen Wahrheit zum Heil der Menfchen. Wo
dieſer Zweck nicht da tvar, da hörte auch ihre Ar-
beit in diefen Dingen auf, und je mehr die folgende
verfallene Chriſten meyneten, daß die Welt nun be:
fehret wäre, je weniger hätte man an die heydni⸗
ſchen Poeten, Redner und andere dergleichen den:
Een follen; wovon bald weiter zu reden ſeyn wird.
5. Die Berftändigen giengen die Mittelſtraſſe
wiſchen einer ſchaͤdlichen Ummiffenbeit und einer
fen Weisheit und fündlichen Meugierigkeic:
weiche beyde verderbliche Laſter fich nach der Zeit
ben einfchleichendem Abfall der Ehriften zu aufjern
anfiengen. Die erften Ehriften Fonnten fich bey ih:
ver einfältigen Weisheit allerdings der beften und
nüglichiten Klugheit auch gegen ihre Feinde ruͤh—
men, indem “ erwieſen, wie nicht allein ihre Lehre
auf unbeweglichen Gründen und Urfachen beru-
hete, und dieherrlichften Wirkungen erwieſe, auch
fo unzertrennlich unter einander nad) Y
cken verbunden und zufammengefügel
dern wie fie auch ihr Leben aufda
nach denfelben Regeln eing fe
daß ein heller Verſtand, der das
bie vechte Glückfeligfeie recht nach des
Intention Eenne, an feinem etwas zu tad
vum fprachen fie ungefcheut : "Die Ehriftliche
ELEhre erwecket die Leute allerdings jur wahren
„Weisheit, welches längft aus den jüpdifchen
„Schriften und den Büchern des M. T. Flar
„darinne wir die wegen ihrer Gelehrſamkeit hoch»
„berühmten Männer finden, als Mofen, Salo«
„mon, Daniel und viele andere. Der Heiland
* auch ſolche Juͤnger erwaͤhlet, die er vor ge—
„ſhekt geachtet, daß er ihnen die Geheimniſſe fei-
„ner Religion entdeckte und ingeheim anvertraute
„und erflarte, was er andern nur in Gleichniſſen
„ſagte. Er hat auch verfprochen , Propheten,
Weiſe und iftgelehrte zu fenden,, u. fe 10. n).
Diefem nadymag ein jeder wol von denen rechten
Ehriften mit Wahrheit glauben, daß fie nichts ver⸗
werfen, was fie vor wahre Weisheit erkannt haben,
und verfichere gewefen, daß es von GOtt wahrbaf:
tig gefommen, esmag nunbeyden Süden oder bey
Henden angetroffen feyn: Hingegen daß fie auch
nichts angenommen, geliebet oder andern wiederum
beygebracht, was von dem Unglauben und von
der Bospeit der Menfchen , und insgemein von der
verkehrten Bernunft und verderben Matur ber:
n) Origenes lib. III. adu Celc.
fell! c, 15. s) Lib, III. c. 16.
d Belchrfamkeit der erften Ehriften.
703
geftammet. Die gröffeften Liebhaber der Wif- -
Enfehaften giengen fo behutſam darinne, und
wendeten eben ihre Gelehrfamfeit dazu an, daß fie
das Böfe von dem Guten unterfcheiden lerneten,
und jenes verwurfen, diefes erwaͤhlten, unter was
vor einem Namen vder Titel es ſich auch darſtel⸗
lete, Diefes weifet das Verhalten aller berühm-
ten Leute in der erften Kirchen aus, wie fie die
weltliche Gelehrfamfeit auf den einigen nötigen
Zweck weislich zu ziehen gewußt, und das Un:
artige als ſchaͤdlich und unnörhig fahren laſſen.
6. Alfo da Drigenes in den Wiſſenſchaften der
Heyden von feinem Vater wohl unterwiefen war,
und bernach felber fleißig darinnen war, brauchte
er diefes alfo,, daß er das nöthigfte daraus
nabm, und die Heyden in denen Dingen infor»
miete, welche ihnen nicht fchädlich feyn konnten, im
übrigen aber ihnen zugleich die Örundlehren Des
Chriſtenthums unvermerft mit beybrachte. Wo-
durch gerißlich feine ganze Gelehrfamfeit dem
HEren alleine geheiliger ward, da er zugleich wie⸗
wie es ihm bey dem Studieren um Feine Ehre
eld, viel weniger verfehrte buſt zuthun war,
nallein um GOtt und ſeines Nächten Selig-
it). Ya, alsernachmals fahe, "wie auch hie=
„mit nicht viel ausgerichtet würde , hörte er auf
„die Örammaticam zu lehren , weil fie unnuͤtze und
„der heiligen Lehre zuwider war, (nemlich in denen
„weltlichen Dingen,) und verfaufte alle feine
„Schriften, fing auch ein ganzander toben an »),
„ob er wol inzwifchen nüßliche Wiſſenſchaſten pros
iſt, „Ffitirte, als Rechenkunſt, Erd- und Feldmeſſen
„und dergieichen,, 5). And in eben ſolcher Moy-
nung betete der heil. Auguſtinus alfo zu GOtt, da er
fich feines Studierens erinnerte , wie ers in Un-
glauben tractirer harte: «Mein HErr und König,
„dir muͤſſe zu Dienite ftehen, was ich in meiner Ju⸗
„gend nüßlich gelernet habe, und was ich) noch rede
„und fchreibe. Denn du gabeftmir Wiſſenſchaft,
„als ich noch eitele Dinge lernete, und du haſt mir
„unter diefen Eitelfeiten die Sünde meiner Lüfte
„vergeben. Denn ic) habe daben viel unnüge
„Worte gelernet, welche man auch in auten Din-
„gen lernen Fann,, r). Welcher auch foniten Fla=
get, wie er nichts von feiner Gelchrfamfeit auf
G0Ott gerichter habe, dadurch ihm auch die guten
Sachen unnige worden. «Meine Scharflin
„nigfeit war deine Gabe , mein GOtt, aber ich
„opfertefie dirnichtauf. Drum nüßtemirs nicht,
„ſondern es fchadete mir vielmehr 5). Denn fiche,
„nein GOct, follte dirderjenige gefallen, der dieſes
„alles
P: 137. 0) Eufebins lib, VI. c.3. p) Ibid. q) Ibid.c. ıg. r) Lib. I. Con-
194
„alles verftehet, und dic) nicht Fennet? a, viel-
„mehr iſt derjenige felig, der Did) Fennet, ob er
„gleich jenes nicht lernet. Wer aber Did) Fennet
„und zugleich auch das andere weiß, der iſt deswe⸗
„gen nicht glückfeliger, fondern deinet wegen al⸗
ein it er felig, wenn ev aus deiner Erkenntniß
„dich als einen GOtt preifer, und dir danket, und
„in feinem Dichien nicht eitel wird, ). Und
Diefes war der lautere Sinn aller rechtichaffenen
Ehriſten, fonderlich derer, die ftudieret hatten,
deren Urcheil man defto eher frauen durfte, weil
man nicht zu beforgen hatte, daß fie etwa die Se:
lehr ſamkeit deswegen fo gering Schteten, weil fie
fie felbit nicht hätten, wie es wol zumeilen von
denen Unmifjenden gefchehen mochie, welche unter
diefem Vorwand ihre Faulheit und Unwiſſenheit
bedecken wollten vu).
7. Nachdem wir alfo den Sinn der Alten von
der Öelehrfamfeit und derfelben wahrem Gebraud)
deutlich gefehen, mollen wir fie weiter von dem
Mipbraud) und Schaden reden hören, den fie
bey derfelben aus und nad) des HEren offenbar- _
tem Willen erfannt und zum Theil erfahren ha
Da denn aus dem, mas ſchon von Der. w
Ehriſten rechtem Gebrauch erwehnet iſt, zug
erhellet , daß nunmehro von der Gelehrſamke
Rede fey, wie fie unter und bey den G
ottloſen,
Heyden und Heuchlern iſt und im Schwange ge⸗
ber, als von welchen ohnedem bekannt iſt, daß ih:
nen alles Sünde fey , weil es nic)t aus dem Glau⸗
ben gehet. Wie die Chriften ausdruͤcklich anzeig-
ten, wenn fie wider folche Falſchgelehrte fehrieben,
tie die Wahrheit in der Ungerechtigkeit aufbiel-
ten: "Welche unter denen find wol fo reines Her⸗
„jens, daß ſie ihre Feinde lieben follten , die nur die
„Syllogifmos aufzulöfen wiffen und zweifelhafte
„Worte erklären, und damit ihre Zuhörer glückfelig
„zu machen verfprechen. 5a, fie fahren vielmehr
„immer fort wider die zu läjtern, von denen fie
„beleidiget find, und erdenfen bofe Dinge wider
„fie x). Ihr (Gelehrte) taugt alle mit einander
„nichts, und ob ihr euch gleich) eine Gelehrſam⸗
„feit zuſchreibet, fo redet ihr dochnicht anders, als
„ein Blinder mit einem Tauben, Was machet
„ihr noch viel Worte, Die ihr von der That fo weit
„entfernet feyd ? Denn die Ehre blafet euch auf, und
„wenn es euch ein wenig uͤbel gehet, fo ſeyd ihr
„niedergefehlagen. Diefen euren Sinn haben wir
„erkannt, und wollen euer Studieren nicht mehr
U Lib. V.c.4. u) Gregor. Nazianzenus Orat. fun. de Bafıl.
Grzc. p. 163. _z) Caffiodorus lib. VIIL Var. ep. 12. a) Auguſtinus ep. 131.
0.16. c)Ibid. d) Lib. VIIL c. ı.
"6. 3. Don dem Privat: und häuslichen Leben der erften Ehriften.
„anfehen, fondern fein GOttes Wort allein fol«
„gen, y). Daß diefe Refolution die Profeflores
und Philofophos fehr mag verdroffen ge ,iſt kein
weifel, weil ihnen nicht allein aller ihr Handel und
;andel auf einmal zuSchanden gemacht, fondern _
aud) ifre Bosheit und Betrug fo glatthin entdecket
worden, And gleichwol bleibt es noch durch Die
tägliche Erfahrung fefte, daß die Gelehrſamkeit bey
einem Gottloſen oder Heuchler nur ein bloffe
SchwerdtinderHand eines Raſenden zu ſeyn pflege,
„Wenn ein Gelehrter (fpricht davon ein Are Epri-
„ſte noch dazuwill boͤſe Dinge angeben, ſo iſt das
„auſſerſte Verderben da, und wer beredt ſeyn will,
„der ſehe ja zu, daß er nicht die Wahrheit uͤberſchrei⸗
„te 2). Darum verdammten fie alle freye Kůnſte,
„(liberales difeiplinas, ) wo Feine Gottſeligkeit
„dabey war. Es fey ferne, (fprachen fie,) daß
„man Die Eitelfeiten der gottlofen Öelehrten, ihre
„uͤgenhafte Unfinnigkeit , ihr aufgeblafenes Ges
„waͤſche und jtolze — noch freye Kuͤnſte
n füllte, da die elenden Leute die Gnade
ich JEſum, in welcher wir alleine
Je erkannt haben a)! ’
htung deffen, und weil die Gelehr⸗
urcht nur gröffere Verant⸗
endigen GOtt verurfachte,
e fich jener gelehrte Mann deswegen
Was half esmir, daß ich alle Buͤ⸗
freyen Rünfte (mie man fie nennet, )
„oucchgelefen und verftanden hatte, da ich felbjt
„ein gortlofer Sclave meiner böfen Lüfte war ?
sc) freuete mich wol darüber, und wußte doch
„nicht, woher doch alles Fame, was etwa noch wah⸗
„res Darunter war, Denn ic) kehrte meinen Ruͤ⸗
„en dem Lichte zu, unddas Geficht dahin, was er⸗
„leuchtet wurde, Daberward mein Geficht ſelbſt
„nicht erleuchtet, damit ic) das Erleuchtete anfas
„he 5). Was half michnun der fähige Kopf, daß
„ic ohne Anweifung die fchwerften Bücher erklären
„eonnte, da ich fo ſchaͤndlich in der Lehre von der
„Gottfeligfeit irrete? Dder was ſchadete es hin-
„gegen denen Kindern GOttes, wenn fie nicht fo
„burtig waren, und doch nicht von GOtt abwi⸗
„chen ©)? Wahrlich, es find doch alle Menfchen
„eitel, welche die Erkenntniß GOttes nicht haben,
„und Fönnen ihn nicht indem, was ihnen doch gut
ſheint, finden d). Aber dasjenige Sen iſt viel
„beffer, weldyes feine Schwachheit erfennet, als
„der, welcher darauf nicht ſiehet, und doch ale
„Mm
x) Arhenagoras Apol. p. ı1. y) Tatianus adu.
b) Augufin. lib. IIIE. Confc
hero über die Verderbniß der
und Erden erfennen will, und forfchet den
„welchem Wegeer zur ewigen Seligfeit und Ru⸗
er Renfchen, daß fie
gleichwol ihres Endes ungewiß wären, und den:
ihre Sinne in fo viele Wiljenfchaften zer-
ſtreueten, hingegen iprerarmen Seelen ganz ver
gaͤſſen. Da die meiften viel Wiffen, aber
wenig Bewiffen fuchten f), und dennoch vor
die gefchickteftenteute wollten angefeben fenn,denen
man ganje Gemeinen und Republiquen anver:
trauen dürfe. Wie nachdruͤcklich vedeten die
Zeugen der Wahrheit Hievon? "Es ift beffer ein
Idiote oder unwiſſend ſeyn, und wenig willen,
„und durch die Siebe GOtt am nächften fommen,
„als. ihm viel Wiſſenſchaft einbilden, und vieler
„fahren haben, und dennoch GOtt läftern 2).
» Denen Umerfahrnen, und welchedie heydnifchen
»Wilfenfchaften nicht gelernet haben, find di
„Worte EHrifti genug. Kein Gef
„Sophiſterey, Fein Difputicen d
„mag der Menge der Glaub
„Siehe, wir haben den ein]
„EHriftumgelernet, und denn
„beſieget: die Predigt des fd nK
— —— ageworfen. W
„fer uns, ihr Heyden, mit was vor Worten if
„das Heydenthuͤm Chriſto vorziehen wollet
9. Die Unglaubigen wurfen denen Chr
unter andern auch die Ignoranz und Ungelehr—
famfeit vor, nennten fie Jdioten und Jano-
ranten, bie nichts gelerner hatten, als wir ſchon o⸗
ben im 2. Buch gefehen baben. Da mußten fienun
den Feinden zeigen, wie fie ihre gorelofe Willen:
fihaften und Künfte allerdings verleugnet hätten,
ynd mitder feligen Erkenntniß JEſu CHriſti ihres
HErrn wohl vergnügt feyn koͤnnten; Damit die
Gorslofen alfo fehen möchten, daß ihre Weisheit
und Gelehrſamkeit inden Augen GOttes und feiner
Kinder Thorheit und Eitelkeit ware. Gleich als
jener glaubige Mannund Befenner auf dem Eon:
cilio zu Nicha einen hochgelehrten Mann mit dies
fen Worten zu Schanden machte: “Der HErr
Chriſtus und die Apoftel haben uns feine Ver⸗
„unftengtoder bogie gegeben,auch Feine eitele Be⸗
„erligeren, ſondern einen ſchlechten Sinn, der durd)
„Glauben und gute Werfe bewaßretwird,, i). Und
ein anderer Bekenner revergegen Die Irrigen alfo :
„unsift die Natur zum Reden genug, wir find von
. Don dem Studieren und Gelehrſamkeit der erften Chriften.
erne; da er felber nicht weiß, auf
ge en müfle, e). Wie —— —* da⸗
fen
705
„allen Meynungen und von Wiflenfchaften frey,
„und gleichwol fönnen wir alle Ketzereyen wi⸗
„derlegen, weil die Sache und Wahrheit felbft vor
„uns redet. Wir willen nichts als die heilige
„Schrift, und reden aufgemeine Art: Hingegen
„euer Mund iſt geſchmuͤckt und beredt; undgleich-
„wol kann euere zierliche Rede keinem Chriſten ſcha⸗
„den, es waͤre denn, daß er kein Chriſte waͤre, ſon⸗
„dern nur den Namen häfte,, k). "Dem ich noch
einen andern Zeugen der Wahrheit unter dem Anz
tichrift beyfüne, welcher alfo von dem verderbten
Zuftand der Gelehrten redet: Ich möchte wol et⸗
„mas zu harte fcheinen gegen die Wiſſenſchaf?
„ten, oder die Gelehrten tadeln wollen, oder
„auch das Studieren verbieten. Nein, das
„ſey ferne! Ich weiß wohl, wie viel die Gelehrten
„der Gemeine nutzen; nemlich, die Widerwaͤrti—
„gen zu widerlegen, und die Einfältigen zu un⸗
„terweifen. Ich babe auchgar wohl geleſen, was
„da ſtehet Hof. 4,6. Dan. 12,3. Aber ic) weiß
„auch, daß ich gelefen habe: Das Willen blehet
„auf, aber die Liebe beflert,ı Cor. 8,1. Und wies
„derum: Wo viel Weisheit ift, da ift viel Graͤ—
„mens, Pred. Sal. 1,18. So fieheft du denn,
fterey „daß ein nterfcheid unter den Wiſſenſchaften it,
„etliche bläfet auf, etliche machet Graͤmen. Wil:
ssche aber unter Diefen iſt nuͤtzlicher oder nörhiger
„jur Seligfeit, die, ſo da aufblaͤſet, oderdie, fo
„Schmerzen erwecket? Aber ich zweifele nicht,
„dag du werdeſt die legte der aufolehenden vorzie-
sshen. Paulus verbeut nicht das Klugſehn
„jondern überflug fern, Nom. 12,3. Was beifie
„aber mäßiglich Elug feyn? Genau acht haben,
»was man mehr und eher willen folle; denn die
» Zeit iſt kurz. Es ift aber alle Wiſſenſchaft an
vſich ſelbſt gut, wenn fie nur auf der Wahrheit
»gegründet üft. Jedoch wer feine Seiigkeit mie
„Furcht und Zittern wirket, der eilet um der Eur:
ozen Zeit willen: Alſo forget er, wie cr das wif.
»jen möge, was der Seligkeit am nächiten Fommt,
» Denn etliche wollen Deswegen gelehrt ſeyn, nur
»daß fie es wiſſen; und diefes iſt eine fchändliche
»Meugierigkeit: anderenur, daß die eure von ih⸗
„nen wiſſen ſollen, und das iſt eine ſchaͤndliche Ei⸗
ntelfeit: Welche dem hoͤhniſchen Satyrico nicht
„entgehen werden, wenn er ſpricht: Dein Wiſſen
„gilt nichts, wenn es auch andere nicht von dir
„wiſſen. Wiederum, etliche wollen nur ihre Ge⸗
„lehrſamkeit um Geld und Ehre verkaufen, und
„das ift ein fchandlicher Gewinn. Einige aber
Uuuu „des⸗
e)Idem procem lib.IV.de Trinit. £) Bernhardus de Inter. Dom. c. 21. Hago de S. Vidore lib. III. d i
10. gilremen: lib.Il.c.45. h) Antoniusap. Arhanafıum in Vita p.159. i)Socrateslib.I.c.g. —2——
Inrisanus in libro adu. Conſtant. A. Moriendum eſſe pro Filio Dei. k
*
706
„deswegen, damit fie erbauen mögen, und dis ift
„die Siebe; andere, daß fie von andern erbauet
„erden, und Dis ift eine groffe Weisheit. Uns
„ter diefen aflen ftehen alleine die legte beyde Ar—
„ten nicht im Mißbrauch, indem fie deswegen
„wollen gelehrt feyn, damit fie gutesthun 1).
10, Es ift bereits oben Erwehnung aefchehen,
wie ihrer viele vor ihrer Befehrung zu CHriſto die
Gelehrfamfeit erlangt gehabt, welche nad) derfel-
ben befannt haben, daß fie nunmehro nicht fo viel
Zeit, Mühe, Unfoften und Kräfte auffe viel ver-
gebliche und ſchaͤdliche Kuͤnſte wenden wollten, als
fie in ihrer Blindheit gethan gehabf. Daher liefer
man, sie fie ofte ihre groffe Unmiffenheit mitten in
ihrer Gelehrfamfeit bedauret und beFlaget haben ;
ols ung Yuauftinus ſchon gezeiget: an welchen
auch ein anderer berühmter Lehrer alfo fchriebe:
„Ich Elender habedie Weisheit diefer Welebisher
s hoch gehalten, und binbeydem unnügen Stu-
„oieren und der verworfenen Weisheit vor GOtt
„närrifch und ftumm gemefen,, m). Sie erfuß-
ren auch, wie ſchwer es einer folchen Seelen wer⸗
de, vor GOtt recht demuͤthig zu ſeyn, die durch die
ſchwuͤlſtige Gelehrſamkeit ganz angefuͤllet und
aufgeblaſen ſey. Dahero ſie auch mit groſſer
Weisheit dergleichen Leuten die Geheimniſſe Chri⸗
ſti nicht alsbald offenbarten, weil ſie gemeiniglich
mit ſo vielen Vernunftſchluͤſſen und Gruͤnden
eingenommen, und noch nicht davon ausgeleeret
und gedemuͤthiget waren n). Vor ſich ſelbſt aber
pflegten fie in ihrer wahren Bekehrung alle Weis⸗
beit Diefer Welt zu verleugnen, und ihren Urhebern,
den falfchen gehrern, Weltweiſen und Gelehrten
aleic)fan wieder heimzuſchicken, als eine falfche
Waare, damit fie von ihnen betrogen worden.
Darum fagten fie ohne DBedenfen zu ihnen:
„Wir Haben euren Sinn nun erfannt, und eure
„Biffenfchaften verlaffen, wollen eure Künfte
„nicht mehr mit einem Singer anrühren, fondern
„mit GOttes Wort uns_behelfen o). Was foll
„uns ferner ein fehöner Stylus oder ein Haufen
„phifofophifcher Grillen, und fo viel Syllogismi,
„oder das Erdmeffen, der Lauf der Sterneu.f. m. ?
„Denn wer ſich in folche Fragen verwickeln roill,
„der muß ihm felbft Lehren vorfchreiben (da GOtt
„den Chriften alles felbft zeiget) p). Ich habe
„uun gänzlich gute Macht gegeben der Pralerey
„der $ateiner, dem Gewaͤſche der Griechen, und ih⸗
„ren uneinigen Wiſſenſchaften; Bingegen habe
D Bernharans Sern. 36. in Cant.
Strom. p.213, ©) Tatianus l.c.
de Teßiın.l An.c. 1.
p)Ibid. q) Idem
6. B. Don den Privat- und häuslichen Leben der erften Thriften,
m) Päulinns Epift. 31. 'apud. Änguftin.
p. 70.
s) Nazianzenus Carm.22. t)Lib.I. Conf. c.ı3. et lib. VI. cn.
„sich unfere barbariſche (oder un. — Weis
„beit erwaͤhlet g). Denn ae rer CHriſtus hat
„ung geboten, alle eure Gelehrſamkeit zu verlaß
„fen, noch uns inden Dingen zu vertiefen, die wir
„nicht erreichen Eönnen; fondern vielmehr nad)
„Bermögen zu dem HErrn aller Dinge mit gan-
„rem Herzen zu eilen: Diefen zu sole Heums
„fchon genug, und wer in GOtt, den Urfprung al-
„ier Dinge, ſich mit einer Erfenntniß einläßt, der
„bat die wahre und befte Gelehrſamkeit erlangt,
r). Aus welchen Befenntniffen des Herrn Cave
Difeurs p. 42: zu unterfuchen ift. |
‚1m Auch die, ſo in ihrer Jugend aus Unverſtand
ihre Zeit damit hingebracht hatten, urtheilten bey
reifem Alter viel anders davon, und riefen mit
dem Bregorio endlich aus: *D eine Gelehrfams
„eeit, Die ich mit vergeblicher Arbeit erlangethas
908,, s)! Und mit Yuguftino: Sc) bin bereit,
„alle Reifen des Aenea und Fabeln zu vergeſſen:
„Es mag dis alles vergehen, ich will dieſe Eitelkeit
„fahren laſſen, danichts hinter ift. Laſſet uns als
„lein auf die Unterfuchung der Wahrheit begeben,
Unſer geben ift ja fo gar elend und der Tod unges
wiß: Wie wollten wir von binnen feheiden, wenn
„ung der Tod underfehens überfiele? wo würden
„wir einholen koͤnnen, was wir bier verſaͤumet
„haben? Oder würden mir nicht vielmehr unferer
„Nachläßigkeit wegen Strafe kiden,, ı)? In
diefen von dem Geift GOttes erregten Gedanken
machten fie fid) von dieſen Stricken los, und ihre
Seelen freyzum Dienftedes HErrn, damit ſie ihm
ungehindert anhangen koͤnnten. Wie eben diefer
Mann von fid) erzehlet, daß er ſich beyfeiner ans
gehenden Befehrung von der Profeflione Ora-
toria nach undnachlosgemac)erhabe, “damiter
„die arme Jugend nicht laͤnger durch fein weltlich
„Gefchwäge von dem Gefeße GOttes und feinenz
Frieden ab: und auf unfinnige fügen und gerichts
„liche Streitfachen führen möchte, u). Aus wel⸗
chem Abfehen dorten aud) der gedachte Bregorius
feinen $reund von eben fülcher Profeßion abzoge
und mit ſich zu einem ftillen Leben brachte x), ber
auch die verderbte Zeit fehr bedauerte y). Der
frommeRanfer,Theodofius der jüngere, erfannte
auch endlich den Betrug der Ariftorelifchen Philo⸗
fophie, und lieffe fie dahero fahren, legte ſich
Gingegen auf die wahre Weisheit, und practicirte,
was er gelernet hatte z). Und diejenigen, fo fidy
auf eine ernftliche Uebung des Chriftentfums bes
geben
rn) Clemens Alexandrinus lib. I.
r) Arnobiuslib. II.adu:Gent. p. 108. Add. Terzul,
mLib.IX.c.2: x) Ruf
Frusiibl „0.9. 9) Vid Ofamder Cent. IV. üb, III. H. E. c. 42, 2) Soerareslib, VII. e. a22.
u
5 Cap.
„ machten es gleich alfo; indem fie die vielen
te und die togicam, als Euriofitäten, Die ei-
ung in beiferen Dingen Bindern und
doch feinen Mußen in dem wahren Glauben ha-
„ben, verfhmäheten, hingegen aber aus der na-
„ürlichen und fehlechten Weisheit alleine dasje-
nige lehrten, was die Sünden verleiden, und das
„Gute befördern Fonnte,, a). Insgemein fager
won ſolchen befehrten und veränderten Herzen
Sieronymus: “Wenn die Groffen und Weiſen
„in der Welt die en EHrifti hören, fo legen
„fie den Schein ihrer Beredſamkeit und die Zie-
„taten der Worte ab ‚ ergeben fich Bingegen der
„Einfalt, werden den gemeinen Leuten gleich, und
nfigen gleichfam im Staub und inder Aſchen, wi⸗
„derrufen, was fie zuvor gelehret batten,,: Wel—
es denn von Juftino,Eypriano,Ambrofio,und
andern befannt ift, die ihre groſſe Gelehrſamkeit mit
einer lauteren und einfaltigen Erkenntniß EHrifti
vertauſchet haben b).
ı2. Mächit dem nun, daß die Eitelkeit der
Profanerudition alfo von den Chriften erfanne
wurde, fahen fie auch ferner die unfelige Frucht,
welche ihnen Paulus angezeiget hatte, daß nemlic)
das Wiſſen bey den natürlichen Menfchen aus
KB angebornen Hoffart aufblehe, ı Cor. 8, 1.
iefes Aufferte fich bey den Gelehrten unter den
Heyden fohandgreiflic) , daß auch alles ihr Streis
ten, Difputlven und Gezänfe aus lauter Hoch
muth berfam, indem unter den Philofophen es
immer einer beffer wiſſen wollte als der andere,
und Feiner mit feiner Ehre zufrieden war; fie ver=
riethen auch ihre närrifche Einbildung damit, in»
dem fie gegen die Frommen auf ihre Künfte troge:
ten, fie vor Idioten und Ignoranten (dvdgumas
Niwras, it. mayreAds ldinras) ausriefen c),
. und nicht leiden konnten, wenn diefe ihre Thorbeit
aufdecken und caftigiven wollten. Daber famen
diefe Vorwürfe: “Es wären doch Feine gelehrte
„und berüßmte Leute unter den. Chriften,„,: die
eften unter ihnen reichten dem geringſten Philo—
fopbonicht das Waſſer, fie befümmerten fih um
nichtsalsum die Lehre ihres CHriſti, und gaben eis
ne wunderliche Einfalt vor, die fie auch von ihren
Zuhörern forderten, u.f.f.d). Aber zu geſchwei⸗
gen, wie,befagter maflen, die Chriſten fich der wah—
ron Weisheit ruͤhmten, fo geſtunden fie den ftol-
a) Soxzomenus lib. I. c. 12.
Don dem Studieren und Gelehrſamkeit der erften Ehriften.
b) Comm. in Ionam e. 3.
77
zen Weltweifen aud) nicht zu, daß fie gar Feine
gelehrte und kluge Leute unter ſich hätten, wenn
fie ſchrieben; Wer da meynet, daß die Gemeinen
Cßriſti Feine Weiſen oder Redner gehabt haben,
„ver fehe aus den Regiftern derfelben ein anders,
„und höre auf unfern Glauben einer Baurenein-
„tale zu befchuldigen,, e), Dagegen ftefften fie
nun den armen $euten ihren groflen Hochmuth
nachdrücklich vor, und erinherten fich felbit, fo viel
ihrer in folhem Greuelgeftecfet waren, wie elen
es um fie geitanden bey ihrer Einbildung; ward
neten auch jedermann vor dergleichen Berfuchun:
gen und Striden des Satans, dieerden Gelehr⸗
ten anſege. Wie jener weife Mann den Weg
zeigte, dadurch die Grammatici und Redner fein
von ihrem Sean abgebracht und zur Demut
angewieſen werden Fönnten, wenn fie zu Chriſto
kommen wollten f). Denn ihm war befannt,wie -
die Philoſophi fo gar auflauter Ehre und Ruhm bey
allem ihrem Studieren zu ſehen pflegten, ungeacht
ſie thoͤrichter Weiſe die Unterſuchung und Erkennt⸗
niß der Wahrheit zu ihrem Deckmantel brauchten,
und vor Nichts weniger als vor anımalıa gloriæ,
oder ruhmraͤthige Thiere wollten angefehen fern,
melches fie doch waren und blieben, fo lange fie
nicht dem demuͤthigen JEfu im Glauben gan; ge-
horſam wurden g).
13. Und ob wol hier und dar in ihren lehren ei:
nige Wahrheiten verborgen waren, fo fahen doch
erleuchtete Augen wohl, wie gleichwol die blinden
Seute alles ihnen felbit in ihrer eigenen Liebe zueis
neten und zu ihrem Ruhm brauchten, als wenn
Ott gar nichts dabey gethan hätte ;dazu fiedenn
ihre falfche Beredſamkeit mißbrauchten, und als
0 das Gute mit dem Böfen verunreinigten h),
er Fonnte num die wahren Chriſten verdenfen,
wenn fieesmachten, wieder beruͤhmte Gregorius
Nlazianzenus; von welchem auc) ein Theologus
zeuget, “daß er die Wiſſenſchaften, woran fich fonft
„die Studierende zu ergößen pflegen, unterlaffen
„habe, meil fie mehr zur Barren als zum wahren
„Nugen dieneten: Da er fic) hingegen aufdie Hu
„Schriftunddierechte Beredfamkeit geleger habe,
i), Wie denn auch diefer Kirchenlebrerden Gre—
gorium Nyſſenum ernftlich ermahnet, daß er die
unanſtaͤndige Ruhmraͤthigleit (Mdo&ovEvdogiav)
Uuuu2 ja
e) Vid. Zucianus in Peregrin. Terzuf. Apol. c.r. 2.
Juflinus Age! 1. Minutius Felix Octau. Arnobius lib. II. Theodorirus Serin. VIIL ad Gr. d) Ce/füs apud
Origenem lib. ILL. p. 137.
e) Hieronymus praf. in Catal. Scr. Eccl.
f) Anguftin. de Catech, Rud. c. 9.
8) Terrul, de Animac.ı. 5b) Zersulianus l.c. 3) Ofiander Cent. IV. lib. IIT. c. 43.
*
708
ja meiden follte, nemlid) die Rednerkunſt und
andere Eitelfeiten der —— Wiederum
erkennet ein Gelehrter nach ſeiner Bekehrung wohl,
„wie er ſich vor dieſem ſo groſſe Hoffnung auf der
„Belt gemachet, und von der weltlichen Erudi—
„tion aufgeblafen gewefen,, 1): Wie er fic) auch viel
drauf eingebilder habe, wenn er in der Redner⸗
kunſt andere übertroffen m). Gleichwie er aud)
anderswo feine Andacht davon hat: “Die arımen
„Menſchen verwundern ſich über Das, was fie nicht
„wiffen, und die es wiſſen, freuen fid) darüber,
„und weichen von dem göttlichen Licht durch ihre
„gottlofe Hoffart ab. Denn fie fragen nicht in
„der Furcht GOttes, woher fie ihren Berftand ha-
„ben, dadurd) fie Diefes und jenes unferfuchen.
- „Und wenn fiegleich fehen, daß es ihnen GOtt ge-
„gebenhabe, fo übergeben fie fic) ihm doch niche,
„damit er ihnen alles erhalte; fondern fie opfern
„gleichfam ihre Erhebung und fehlachten ihre Eu:
„eiofitäten und ihren Muthwillen als das Vieh,
„bis fiedas freffende Feuer GOttes anzuͤnde, und
„ihre todten Werfe verzehre,, n). Solcher bit-
teren Klagen über die Hoffart und Einbildung
der Falſchgelehrten find die Schriften der alten
Ehriften ganz voll, da fie dieſes vor eitel und eine
ſchwere Plage erfannt haben, daß die Menfchen
durch vieles Wiffen ihren natürlichen Hochmuth
und Eigenfinn immerdar vermehren, und über ein
wenig Wiffenfchaft alsbald ſchwuͤlſtig werden.
„Da läflet ein Vater feinen Sohn Bin und ber
„reifen, daßer etwas lernen foll, wodurch er groß
„„fonne werden. Die Welt verwickelt die Ihrigen
„in viele Arbeit und Mühe, damit fie etwas babe,
„worüber fie fich erhebe und aufblehe. Man
„fcheuet Feine Arbeit, wenn man nur vor geleßrter
„als die andern Fann gehalten werden u. ſ. w. p).
14. Eine verderbliche Ars der Falſchgelehrten
mar auchin den Augen der Frommen die verkehrte
Meugierigkeit und Euriofität, welche der verderb-
ten Ratur nach ihrer Abwendung von GOtt an-
haͤnget und alle zeit mit einem hochmuͤthigen Sinn
verknuͤpfet iſt. Davor ein weiſer Mann feinen
Freund alſo warnete; “Du ſcheineſt mir nur des⸗
„wegen Tag und Nacht zu ſtudieren, Damit du
„veiner Gelehrſamkeit wegen von dem Leuten gelo⸗
z„bet werdeſt. Sch habeaber diefes bey denen, die
„etwasrechtes fuchen, alfezeit vor gefährlich gehal⸗
„ten, und muß es nun fonderlid) bey dir halten.
-
k) Epift. 43. ad eum. 1) Auguflinus lib. Retract. proleg. m) Lib. III.
g) Auguflin. Epift. 56. ad Diofcorum.
Serm. 4. de Afcenf. Dom.
s) Gregor. M. hom, 36. in Euang. t) Hieronymus C
„Denn es ift diefe unartige %
„rao,der Pythagoras, der Di
„lehret haben, nur daß man uns vor
„möge, da man doch eben dabey fer
„wahren Selehrfamkeit ift,, q). Und ein a
„Die uriofitat ift der Gottſeligkeit offenbe
„zuwider, denn wenn jene einen auffer fi
— will, ruffet ihn dieſe wiederum zu
„Die Gottſeligkeit wohnet innwendig im Herzen,
„darinnen GOtt ſelbſt wohnet. Hingegen ſchwei⸗
„fet die Curioſitaͤt allenthalben aus, und ſtoͤſſet
„uͤberall an, geraͤth leicht in die Stricke, und fin»
„det unſchwer, worinne fie ich zu ihrem Schaden
„erluftigen Fann r). So gar ein fihredlic)es $a=
„fter ift es umdie Neugierigkeit, indem fie immer
„aufferliche Dinge unterfuchet, und ihr Innerſtes
„niemals erfennet , fie weiß von fich ſelber nicht
„wenn fie fremde Dinge weiß, s), Und dergle
ben Sürwiß, feuchtige Tragen und Wortgezän.
£e der falfchberühmten Kunft hatte abfonderlich
den Theologis verleidet, Daß fie nie den
j en Fabeln, chriöfen Fragen und andern
. jolen Thorheiten nachfolgen follten. Denn (wie
eineereder,) “fie find ganz unnüße und eitel,und ha⸗
bennur den Schein einer Wilfenfhaft, nügen
„aber weder denen , Diees hören, nochdenen, die
„es ſagen. Denn was follte mirs wol Belfe
wenn ich wüßte, wie lange etwa Methufalem ges
„‚tebet Babe, u. fe ft)? Dahero war diefes der
Glaubigen Kefolution, Wir brauchen Feine -
„Curiofität mehr, nachdem wir CHriftum haben,
„und Feiner fernern Unterfuchung nach dem Ev»
„angelio. Weil wir einmal glauben, verlangen
„wir nichts mehr zu glauben u),
15. Wo nun das Gemürh dergeftalt von eitelen
und unnuͤtzen Wiffenfchaften eingenommen war,
auchdurd) fo vielerley Begierden, vieles zu willen,
zerftreuet; da fahen die Chriſten ferner, wie kein
Glaube noch Gehorſam CHrifti recht ſtatt haben
mochte. Daher blieb aud) veffelben tehre den Wei-
fon und Klugen diefer Welt verborgen, und ward
nur den Unmündigen offenbaret. “Wer aber
„von hoher Gelehrfamfeit erhoben und aufgebla-
„fen war, der konnte freylich den HErin IEſum
* nicht
Conf.e.3. n)Lib.V.c.3. p)Id.
r) Bernhardus de 7. donis Spir. S.
omm, in Tit.r. u) Terzullianus de Prefer. e. 7-
4
——
u
PR ee
hören, wenn er fprach : Lernet von ı
1 fanfemüehig, und une zen de
„fo werdet ihr Ruhe finden für eure See
„fie gleich GOtt erkennen, fo preifen fie ihn d
„nicht als einen GOtt, danfen ihm auch nicht,
„fondern werden in ihrem Dichten eitel, und ihr
„unverftändiges H Beet: Wenn fie
„ragen, fie feyen weiße, find fie zu Narren worden,
x): mie einer, der es an fich erfahren hatte, aus
ulo redete, nun die Erkenntniß GOttes,
hriſti und feiner felbft, alle andere Wifjenfchaft
übertrift; diefe aber von beige Falfchgelehrten
nicht geſuchet noch geibet ward, fo mußten fie ja
icht, was und wie fie vwiffen follten, und hat-
noch nich einmal den Anfang eines rechten
nd, Mas halfs ihm aber nun, wenn er
ie Natur aller Dinge genau forfchen wollte, und
„stich felbft nicht Eennete,, ? Konnte ihn auch das an⸗
dere Wilfen felig machen, daer hiedurch ſich an dem
noͤthigen Einigen hinderte und davon abhielt y) ?
Gewißlich, wer alſo GOttes Wirfung und den
Trieb feines guten Geiftes durch diefe erh
feines Sinnes Binderte, der mochte fich nicht wun»
dern, wenn ihn der HErr von feinen rechten Gna—
dengaben leer und mic Trebern angefüllet Lieſſe,
ba andere Unmündige Bingegen von den reihen
Duͤtern feines Haufes indeffen fart wurden. Denn
vie fie aus der Erfahrung anmerfeten,) “der
„HErr offenbaret deswegen den Gelehrten felten
„etwas, damit er fie prüfe, ob fie eine geduldige
„und demuͤthige Liebe haben, darinnen eine groſſe
Seligkeit liegt, und wie fie etwa ſich der Einigfeit
„befleißiigen, wenn in Dunkeln Sachen etwas un:
terſuchet wird, ingleichen wie fie die Wahrheit auf
„nehmen werden, wenn etwas wider ihre Mey:
„nung ausgefprochen wird).
16. Der Unterfcheid der Falfch: und Recht: oder
Ungelehrten, in Sachen die den Glauben antra=
fen, zeigte ſich augenfcheinlich, da diefe dem Wort
Ka it gehorfam wurden, jene aber erft nach
Weisheit agten, und weil fie Feine nach ihrem
fteifchlihen Sinn fanden, die einfältige_Lehre
Eprifti verwarfen. Welches ein alter Chrifte
gar fein bey der erften Berfündigung des Evan-
gelii in acht —— wenn er alſo davon be⸗
tichtet : “ Das gemeine Voik nahm dasjenige, was
auterlich und einfaͤltig geſaget ward, willig auf,
„und ließ ihm die fehlechten Reden wohlgefallen ;
„die aber, fo ſich gelehrt zu ſeyn dünfen lieſſen,
„oder Ppilofophi waren, die verlachten den Men-
Gelehrſamkeit der —5 Chriſten.
709
„fchen und wurfen ihm ein Haufen Syllogiſmos
„als Schlingen vor, damit fie ihn fangen woll⸗
„ten, a), Es gefchaße aber wol unzähligmal,
als die Chriſten mit den Weltweifen alfo zu kaͤm⸗
pfen hatten, daß dieſe vor jederman durch die uns
geleßrten Layen, nemlich die Apoftel und andere
Zeugen Ehriftizu Schanden wurden. Bon Paus
lo find die Erempelaus der et! Sefchichten be=
kannt. Sonſt aber find ausden folgenden Zeiten
die Gefchichte des Antonii merkwuͤrdig, wie er als
ein Ungelehrter die gelehrteften Sophiſten fo ofte
eingetrieben. Mur eins zu gedenken, fo fragte er
einft etliche Gelehrte, die nur ihn zu fpotten zu
ihm kommen waren: "Warum fie, als fluge Leute,
„zu einem Narren Famen,,? Da fie fich enefchuls
digten, fie hielten ihn vor mehr als zu Elug, fprach
er: "Send ihr zu einem Klugen fommen, und
„meynet, ich Babe Weisheit ; wohl gut, fo müßt ihr
„auch annehmen und folgen, weil ihr ja geſtehet,
„daß man dem Guten nachfommen müfle: Send
8 aber zu einem Narren kommen, ſo iſt eure
„Muͤhe umfonft,, b). Und dieſes erkannte jener
gelehrte, aber nun nicht mehr verkehrte, ſondern
bekehrte Mann wohl, da er zu ſeinem Freund nach
vielem innerlichen Kampf über feinen elenden Zus
ftand bey aller feiner Gelehrſamkeit endlich in
diefe Worte ausbrah: “O was laflen wir zu!
„Was iſt dies? Die Ungelehrten machen ſich auf,
„und reiffen das Himmelveich zu ſich. Wir aber
„mit unferer Gelehrſamkeit wälzen uns im Fleiſch
„und Blut herum. Schämen mir uns denn, ihnen
„nachzufolgen, da fie nun fchon voran find, ? ABor-
auf ihn auch GOtt durch eine Stimme naher zu fich
zoge). Siehe oben im 2, Buch das Cap. vonden
ſogenannten Layen.
17. Dieſes war ihre Meynung von den verkehr⸗
ten Gelehrten, mie fie auſſer dem lebendigen Glau—⸗
ben und auffer der Demuth und Einfalt Chriſti
* Heiligung waren. Denn von ſolchen war
allein Die Rede bey ihren Ausſpruͤchen von derglei⸗
chen Leuten, nicht aber von denen, die zwar gelehrt,
aber dabey glaubig, demuͤthig und dem HErrn ge⸗
horſam waren, deren Wiſſenſchaft dem HErrn mit
ihnen ſelbſt geheiliget, aufgeopfert und zu ſeinem
Wohlgefallen in Chriſto dargeſtellet wurde. Nun⸗
mehro wollen wir ferner in moͤglichſter Kuͤrze hoͤ⸗
ren, was fie von der Leſung und Tractation der
bepdnifcben Bücher gehalten. Da fie denn
abermal nicht von erleuchteten und geheiligten
Kindern GOttes redeten, bey welchen auch diefes
Uuu u 3 jum
x) Auguflinuslib. VII. Confefl‘ c.9. y) Idem lib. deSpir. et An. c.5t. z) Lib. II. de Bapt. cont. Donat, c. 5.
a) Audtor Recogrit. Clement. inlib. I. init. b) Arhanafınsin Vitap. 155. ©) Auguflinus lib. VILI.Conf. c. 8.
ya
*
710
wain ihrer Jugend bey ihrem Unverſtand derglei⸗
chen hören müffen, oder aud) nachgehends aus
heiligen Abſichten folche Autores gelefen, als wir
oben $.2.u.f. gefeben. Auffer dieſen und derglei-
chen Fällen urrheilten fie nun alfo von der Sache,
geb fie gegen die Heyden ſelbſt ungefcheue ſchrie⸗
en, “ihre Bücher wären werth, daß fie alle ver-
„brannte würden,, , weil fo viel greuliche Sünden,
Schanden und Laſter darinne erzehlet und den un⸗
ſchuldigen Herzen beygebracht würden d), Und
überhaupt verfchmäheten und verdammeten fie al-
fe Schriften ihrer Poeten, Tragodien, Comödien
und andere, weil fie zur wahren Gelehrſamkeit un-
nüße, und dazu voller unzüchtiger Reden, auch ein
rechter Sammelplaß aller Abgötterey und Got—⸗
tesläfterung wären ©). Daher auch die Profeffo-
res und Lehrer folcher Dinge von ihnen verwor-
fen wurden, “weil fie die heydniſchen Göfter mit
„ihren Namen, Gefchlechtregiftern, Fabeln und
„andern Zieraten vortragen müßten, f), DD
aber nun diefes Urtheil zu hart ſey, wiedie Liebha⸗
ber folcher in ihren Gedanken anmurhigen Sachen
meyneten, werden wir ferner aus ihren Urſachen hoͤ⸗
ven, Denn uns ift nun fehon aus der vorberge:
benden Abbildung der erften Chriften befannt, wie
fie ihrer Seligfeit mit Furcht und Zittern wahrge⸗
nommen, und ihr Herz von aller Befleckung des
Fleiſches und des Geiftesreinigen laffen. Danun
in den heydniſchen Poeten und andern ihren
Schriften fo unzählige Schandthaten, die auch der
Natur felbft ofe mit ihrer Abfcheulichkeit ein Schre⸗
cken und Schauer einjagten, mit der größten Belu⸗
ftigung erzehlet, gelobet und zur Nachfolge heraus
geftrichen wurden; fie aber nicht alleund allezeit, ja
die unfchuldige Jugend niemals, dergleichen kraͤfti⸗
ge Aergerniſſe ohne Anſtoß und Verfuͤhrung leſen
oder hören konnten; fo achteten fie es vor dem heili⸗
gen und lebendigen GOtt unverantwortlich, ihrer
Seelen böchftverderblich, ja ihrem ganzen heiligen
Beruf und allen Pflichten des Chriſtenthums
ſchnurſtracks entgegen zu feyn, daß fie diefe Bücher
vor fich oder andere tractiven ſollten.
ı8. Hievon erklärten fie fich folgender maffen,
wenn fie bezeugfen, wie fie gar nicht das Gute, fo
hier und dar in den heydniſchen Seribenten ver—
borgen liege, fonderlic) in denen alten und ernit-
haften Philofophis, verwuͤrfen, ob es gleich faſt
vergebliche Mühe feyn wuͤrde, daſſelbe gleichfam
pr
d) Arnobinslib. IV. adu. Gent. p. 19. e)Vid. Heraldusad Arnob.p.207. f) Terzullianus lib, de Idol.c. ıo. Add.
6. 3. Von dem Privat: und häuslichen Reben der erſten Chri en.
zum Preis des HErrn gereichen Fönnte, wenn fieet- als aus einem Miſthaufen mit Schaden Bervor
u fuchen, da manpie re auf einma
eyfanımen in der Chriftlichen Lehre finden Fönne;
Sondern esfey ihnen nurum den groſſen Verluſt
ihres reinen Gewillens zutun, welches der HErr
JEſus mit feinem Blute von den todten ®
jo forgfältig gereiniget, und nicht wieder befle
lafjen wollte, damit nicht das legte arger würde
denndaserfte. Drum fagten fie zu denen, die if
nen dieſen Greuel aufdringen wollten; Wit
„ſcheuen uns gar nicht zu befennen, daß wir ung
„von denen Präceptoribus enthalten, welche die
„unehrbaren Comoͤdien lehren, und die andern
„handlichen Dinge leſen, die weder den Lefer be⸗
„kehren noch den Zußörer beffeen, welche die Ge—
„oichte nicht in rechter Weisheit hören, und zu Mus
„sen der Jugend anzuwenden wilfen. Wenn
„man uns aber Lehrer darſtellet, welche zur Weis—
„heit anführen und darinnen üben, fo wollen wir
„junge teute nicht von ihnen abhalten„:8): Wels
ches gemwißlich eine auch vernunftmäßige Vor⸗
ftellung ihrer Meynung war, die fein Heyde ta⸗
deln Eonnte, Der nur voreinen verftandigen Mann
noch paßiren, und nicht aus blinder und ehorichter
Siebe zu diefer fehändlichen Act der Gelehrfamkeit
riderfprechen und läftern wollte. Davon fieauch
unter einander felbft alfo redeten: Wenn wir Die
„weltliche Gelehrſamkeit verfchmäßen, als bie eine
„Thorheit vor GHIEr ift, fo ift uns genug von de⸗
„nen Arten der Schaufpiele vorgefchrieben, wel
„sche durch Die Gelehrfamkeitdie Spieleund Kaͤm⸗
„pfe unterfeheiden: weil die Comödien und Tra-
„goͤdien lauter Unzucht und Bosheit ftiften, und
4
s
„voller Blutvergieffen, Muthwillen, Gottloſigkeit
„und Schwelgerey find. Es ift Fein Andenken
„von einer graufamen oder liederlichen Sache gut.
„Was in der That verworfen wird, muß man auch
„mit Worten nicht gut heiffen,h). Zu diefen Elas
ven Befenntniffen der fürnehmften Vertheidiger
des Epriftenthums gegen die Heyden, will ic etliche
Erempel der berühmteften und bewäßrteften Kir:
chenlehrer fegen, daraus ihre Meynung deutlich zu
fehen ſeyn wird.
19. So erzehlet nun Auguſtinus von ſich, wife
er in feiner Jugend fo verkehrte information ge
habt; da er zwar befennet, die Sprachen an ſich
felbft hätten ihm viel genuͤtzet, aber fie hätten ifm
beffer Eönnen beygebradht werden. "Denn (fpricht _
„er,) man zwunge mich zu lernen,ich weiß nicht was
_ „dor
Ladantiuslib. 1. c. 10. Iuffinas Or. adGr. p. 40, Tertullian. Apol. c.9. g) Origenes lib. IIL adu. Celſ. p. 140,
h) Terzullian. lib. de Spectac. c.I&
u —
*
*
J
J
„vor Neifen des Yenca, (ausdem Virgilio,) be
„ber ich meiner Irrthuͤmer vergaß, und den Tod
„der Dido zu beweinen, die fich aus thörichter Liebe
„felbft umbracht Harte : Da ich indeffen felber durch
dieſe Dinge GOtt abftarb,und doch mic) nicht be⸗
weinete. Eine ſolche Unſinnigkeit hielte man vor
eine anſtaͤndige und ſonderliche Gelehrſamkeit,
„als die, da ich lefen und fehreiben lernete. Aber
nun ruffet GOTT in meiner Geelen, und feine
„Wahrheit fpricht zu mir: Es ift nicht wahr, die
„erite teen En beffer als jene, denn fiche,
„ich bin bereit, die Reifen des Aenes zu vergeflen
„und alles das andere, nur Schreiben und tefen
„nicht. Diejenigen, vor denen ich mich nicht mehr
„fürchte, mögen nicht wider mich fhreyen, indem
ich dir, mein GOtt, befenne, was meine Seele
„verlangt, und in dem Schelten meiner böfen
Wege beruße, damit ich deine quten Wege liebe,
„ES mögen die Verkäufer oder Käufer der
„Örammatic nicht wider mic) fehreyen , weil fie
„mir entweder nicht antworten, oder es nicht vor
„wahr ausgeben Fönnen, wenn ich fie frage, ob es
„wahr fey, daß der Pote fage, Aeneas fey nach
Carthago kommen.
„tolche Fabeln erdichtet, und iſt voller angenehmer
„Eitelfeiten, und dennoch Hatte ich ihn in meiner
„Kindheitlieb. Gleichwol verftund ich nichts da-
„von, und man trieb mich mit dem graufamften
„Screen dazu, daß ichs lernen ſollte. Aber
„wehe dir, du Strom des menfchlichen ſtetswaͤh—⸗
„renden Gebrauchs! wer mill dir widerftehen
„oder austrocknen? Wie lange wirſt du die Kin—
„der Evaindas groffe und ſchreckliche Meer wäl-
Zen, über welches Faum einige Fommen Fönnen,
„die das Zeichen erftiegen haben? Habe ich nicht
pin dir gelefen, wie der Jupiter donnert, und doch
„auch die Ehe bricht ? Und freylich Fonnte er nicht
„diefesbeydesthun, aber damit er ein Anfehen hät-
„te, den rechten Ehebruch ifm nachzumachen, hat
„man ihm einen falfchen Donner angedichter,
„Ber aber unter den Magiftris, die in Mänteln
„gehen, hört wol mit —5— Ohren dieſes, wenn
„einer aus dem Schulftaub ruffet: Dieſes hat Ho⸗
I" „merus fo erdichte, und hat menfchliche Dinge
„aufdiegöttlichen gezogen. Aber ich wollte lieber,
„daß er göttliche Dinge aufdie Menfchen gebracht -
„hätte. Man redete wahrhaftiger, daß er zwar
„dieſes erdichtet habe, allen er bat den gottlofen
„ „tofenteuten göttliche Dinge zugefehrieben, damit
166 vorfeine Suͤnde gehalten würde, und wer der⸗
„gleichen thäte, nicht den Böfen, fondern den Goͤt⸗
i) Auguflinus lib. I. Confelk c, 13.14. et 16.
——
N m
Belebrfamkeit der erften Ehriften.
ztern zu folgen ſchiene. Und dennoch, o du hoͤlli—
Ihr Somerus hat auch,
„IherStrom ! werden die Menſchen in dich gewor⸗
„fen, und Frigen noch Beſoldung oder Schulgeld
„dazu, damit fie diefes fernen mögen, und man hans
„delt davon,als von etwas grofles,im®ericht, wenn
„man Beftallungdeswegen nacht, und fpricht das
„zu: Hier lernetman die Sprachen, bier wird man
„beredt. Als wenn wir diefe Worte fonftnicht ler»
„nen fönnten: vom güldenen Regen, vom Schos,
„vom Betrug, vonden Tempelndes Himmels, u. fs
‚rd, wenn der Terentius nicht einen gottlofen Kerl
„einführte, der ihm das Erempelder Hurerey vor
„‚ftellet, indem er ein Gemaͤhlde anfahe, darauf des
FJovis güldener Regen abgebildet war. Siehe,
Pie er fich zur Unzucht gleichfam durch eine himm⸗
„tifchesehre anreizet. Diefe Worte werden ja bey
dieſer Schandthat nicht füglicher gelernet, fondern
„die Schande wird eben um dieſer orte willen des
ſto unverfchämter verbracht. Ich befchuldige niche
„die Worte, als gute und auserwählte Gefälle, fonts
„dern den Wein des Irrthums, der von den runs
„„eenenPräceptoribus undSchuldienern uns darine
„nen beygebracht wird. Und dennoch krigten wir
„noch Schläge dazu, wenn wir nicht davon trunfen,
„wirdurften auch nicht an einen verftändigen Rich⸗
„ter.appelliven. ch aber lernete diefes gerne, und
„hatte meine Freude dran, und deswegen bieffe man
„mich einen Knaben, aus dem was werden Fonnte 14
20. Wer in feiner Kindheit durch eben diefe
Greuel durchgetrieben worden, wird fich bey diefer
Bekenntniß erinnern, daß diefer gute Mann wahr
gefchrieben habe, ımd daß eben dergleichen Comö»
dien noch gefpielet werden, nur daß andere Perfo-
nen beyderfeits auftreten. Ob aber nun folcher
heydnifchen Bosheit von denen Obern zugefehen,
oder von ntereffenten mit gutem Gewiffen Ver—
ftand’und Muͤhe verliehen werden koͤnne, wollen
wir ferner aus dem Munde anderer Kirchenleh⸗
rer vernehmen. Alfo fehreiber Hieronymus, ein
rundgelehrter und erfahrener Mann, an einen
Fan: “sis die Philofophos, Nedner und Poes
„een ja nicht, und fuche nicht in ihrer Leſung dein
„Vergnügen. Man darf fich gar nicht ſchmei⸗
„‚heln, wenn man glauben will, das Gewiſſen wers
„de bey folchen Schriften nicht verleget, da doch
„anderer Geroiffen verwundet wird, indem es fcheis
„net, als wenn man billige, was man nicht vers
„toieft, weil mans lieſet. Es fen ferne, daß aus
„einem geiftlichen Munde gehöret werde: der
„allmächtige Jupiter, me Hercule, me Caftor,
„und die übrigen Ungeheuer der Namen. Bu
an
712
auf er auch den Mißbrauch feiner Zeiten hierinnen
ſchilt k). Anderwo erzehlet er dieſe Begebenheit
von ſich, die ſehr denkwuͤrdig iſt, nachdem er Die:
fes gefchrieben hatte: "Was machet der Horatius
„bey dem Pfalter, der Birgilius bey dem Evan:
„gelio, der Cicero bey den apoftolifchen Schriften.
„Denn ob gleich alles den Neinen rein it, ſo duͤr⸗
„fen wir doch nicht den Kelch des HErrn und
„den Kelch des Teufels trinken. ı Cor. 10, 21. Ich
„will div die Hiftorien meines Elends erzehlen:
Ich Armer wollte einmal im Cicerone leſen,
„und faftete Dabey. Ich blieb des Nachts auf,
„und weinere bey meiner Buſſe, gleichvol aber
„nahm ich den Plautum noch indie Hand. Wenn
„ich bisweilen zumir felber Fam, und die Prophe⸗
„ten zulefenanfieng, fo war mir der ſchlechte Sty⸗
„lus zuwider. Indem mich nun die alte Schlan:
„ge fo betrog, gerietb ichin ein Fieber. Da ward
„ich einmalim Geift entzuͤckt und vor den Richter:
ſuhl GOttes gebracht. Da man mid) fragte, ft
„wer ich wäre? antworteteich, ich ware ein. Chriſte.
„Der Richter ſprach: Du leugft, du bift ein Cice-
„ronianer, und kein Chrifte. Denn mo dein
ESchatz ilt, da ift auch dein Herz. Alsbald ver-
ſummete ich, und bedachte bey mir die Worte
Pſal. 6, 6, indem ich gefchlagen wurde, denn er
„hatte mic) zu peitfcyen befohlen, wiewol michdas
Feuer meines Gewiſſens vielheftigerplagte. Da
„nun die andern für mich baten, daß mir Raum
„zur Buffe gegeben würde, und ic) alsdenn wie
„derum geftrafet möchte werden, wenn ich nod)
„einmal heydnifche Bücher laͤſe; habe ic) dem
„HEren geſchworen, wenn ich jemals mehr welt-
„liche Bücher haben, oder lefen werde, fo foll es
„eben fo viel feyn, als wenn ic) Dich verleugnet hät-
„te! Und damit Feiner diefes vor eine Fabel oder
Traum bielte, fo bezeuge der gute Mann fehr
Boch, daß es wahrhaftig alfo mit ihm vorgegan-
gen fey: Es war diefesgar fein Schlaf oder eite-
„ler Traum. Der Richterftuhl, vor dem ic) gele-
„gen bin, iſt deſſen Zeuge, es bezeugt esdas ſchreck⸗
„liche Gericht, vor welchem id) mich entfeßet habe,
Ich wünfche auch, daß ich niemals möge unter
ſolche Snquifition mehr geraten, davon mir der
„Rücken braun und blau war, und id) die Schläge
„noch nach der Schlafzeit fühlere. Ich habe
„auch darauf mit ſolchem Fleiß geiftliche Bücher
„gelefen, als ich nie in weltlichen gethan,!). Der
gelehrte Erafinus erinnert bierben, daß die faulen
Mönche zu feiner Zeit diefe Hiftorie mißbrauchten,
Läffet aber die Wahrheit derfelben ſtehen; als wel—
che auch ein alter Scribente wiederholet m). Ans
dere aber wollen «8 alles leugnen, und trauen dem
Epriftlichen Lehrer diefe Bosheit one Grund zu,
als wenn ers nur dem Euſtochio zu gefallen erdich⸗
tet haͤtte, daer doch das goͤttliche Gericht felber zum
Zeugen anruffet: ungeacht fie auch geftehen, daß
in den Poeten nicht viel ftehe, das vor } X
Jungfrauen gehöre n). Welches Wort —
hatte der Worte jenes weiſen Mannes erinnern
follen, da er ſprach: Es fen ärger, wenn einer einen
jungen Menfchen verwahrloſete, als wenn er eine
ihm anvertrauete Jungfrau ſchaͤndete. Melde
Verwahrloſung gemwißlich, wie fie durch unzuͤchti
Autores gefchiehet, manchem gewiffenlofen Pr
ceptori vor dem ſtrengen Gericht des lebendigen
GoOttes die Welt zu enge machen wird.
21. Wennaud) ſchon diefes ein Gedichte wäre,
fo find fonft ernfthafte Ausſpruͤche der alten Chris
en genug vorhanden, welche a lapekrktichen
Stuͤcke des wahren Ehriſtenhums gegruͤndet wa⸗
ren, alſo daß, wer der armen Jugend dieſe Gelegen⸗
beit zur Verführung zulieffe, auch. ihnen zugleich
zu aller übrigen Bosheit Anlaß geben würde.
Denn da gab es ja der Augenfchein, daß, wie wir
ſchon gehört, fo viel greulihhe Schandthaten in
dem heydnifchen Scribenten unverfchame erzehlet
wurden; fo gar, daß auch ein Heyde ſelbſt in einer
wohl eingerichteten Republiquedie Poeten zu leſen
vor unzulaßig geachtet hat o). Darum bedauer⸗
ten die Chriſten, wenn fie ſahen, “daß auch die
„ungen von den Alten die unzüchtigen Fabeln zu
„teen und zulernen gezwungen wurden, und zwar
„unter dem Tieul der freyen und ehrbaren Küns
„ſtey p): welche doch von Ehriften nothwendig nes
benft fo viel taufend andern Luͤgen und Fa—
bein follten gemeidet werden a). Welches auch
fonft gelehrte Seribenten erinnern, daß die Co—
mödien, zum Epempel des Plauti, ob fie noch fo-
fhön waren, “dennoc) Die graufamften Schand⸗
„poſſen in fich Bielten, von welchen billig gottfeli=
„ge Herzen durch die Erinnerung des erfchreckli«
„hen Zorns GOttes abgefchrecket —
Denn die Luft zu ſuͤndigen werde ja fo leicht durch
Leſung ungüchtiger Bücher entzündet, Man muͤſ⸗
fe in ine ganzen Leben dahin fehen, daß man
nicht allein von Gefellfchaft böfer Leute, fondern
auch von Gefellfchaft bofer Bücher ſich enthalte,
welche als unnüß, läppifch, unzüchtig und ſchaͤd⸗
lich durch die Neichsgefese und Kirchenfasuns
gen
k)Epift. adDamafum. 1) Epift. 22. ad Euftoch. m) Erafmus in Schol. ib. Rabanus Maurus de Preffur. Ecclef.
n) Ofrander Cent. IV.lib. IV. c.19. H.E. 0) Plarolib. Il. de Rep. ap. Zaur. Vallam Not. ad Auguftin.lib. de C. D.
c.7. P) Auguftin.1.c.c. 8. q)1d.de Doctr. Chrift.c. 20. r) Zoach. Camerarins Not. in Plauti Bachidem,
ir
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Rp‘
Ei
«
gen verboten werden füllen, damit nicht die jungen
Herzen durch diefen Gift angefteckt und —
werden. Denn darinnen koͤnnen ſie ſich ſchwerlich
in acht nehmen, und indem fie ſich wollen vorfe-
ben, find fie gemeiniglich ſchon gefangen s). Da⸗
bero irren die Präceptores groͤblich, wenn fie aus
verkehrtem Sinn an Bosheit und Muthwillen ire
Freude fuchen; wenn i den Catullum, Martia-
lem und dergleichen lefen und lernen laſſen, und
ihre Berfe vor fo Föftlich halten, auch wol rühmen,
daß fie Die ganze Zeit in ſolchen Büchern zuge:
bracht haben. Ende fie num diefes noch hals⸗
ftarrig verfechten, fo find fie ganz verzweifelt böfe
teutes- Denn fie geben noch ein züchtiges $eben
bey ifren unverfhämten Worten vor, und die
Ehrbarkeit bey ihrem liederlichen und unzuͤchtigen
Weſen. Ihr Stylusift handlich, und dahero ift
ihr Leben auch vor befleckt und gottlos zu achten.
Denn derjenige, der das menfchliche Herz erfchaf:
fen hat, fpricht, der Mund ache davon über,
weß das Herz voll fep: Und der Apoftel faget
aus Menandro : Böfe Geſchwaͤtz verderben
gute Sitten t); mie ein gelehrter Schulmann
anfuͤhret, welcher weiter alfo fehreiber : “Wir
„vollen ja, daß die zarte Jugend, die gebrechliche
„Gefaͤſſe und Tempel G ttes, ein GOtt gewid-
„meter Haufe feyn folle, fo muͤſſen fie ja nicht mit
„unbeiligen Worten oder Werfen beflecket werden,
„und als neue Gefälle mit fehändlichem Geftanf
„angefüllet, damit fie nicht zerbrechen, und indie
„Hölle geworfen werden. Darum ermahne ich
„alle treulich, daß fie Hand und Gefichte von uns
„reinen Schriften enthalten, auch Herzen und
„Ohren davon abwenden, und die thörichten Poe«
ten ausden Bibliothecken Heraus werfen u).
22. Noch viel weniger konnten die Alten der groß
fen Abgötterey nachfehen, die in ſolchen Schriften
zur Einpflanzung der heydnifchen Bosheit vorger
tragen ward. Wenn ein Gläubiger die Bücher
„profitiret, welche mit dem $ob der Abgötterey ans
„gefüller find, fo recommendiret er fie eben da—
5. B. Don dem Studieren und Belehrfanteit der erſten Chriften,
=
713
„mic, indem er fie Ichretz er ſagt Ja darzu, indem
„ers andern beybringet; er gibt ihnen ein Zeugs
„niß, indem ers erzehlet, ja er befräftiger die Goͤ—
„sen eben unter dem Mamen der Götter, da doch
„Das Gefeß verbeut die Götter nur zu nennen,
(2 DB Mol. 23, 13. 5 DB. Mof. ı2, 3.)
„und den Mamen Gottes unnüglich zu führen
„Dieſer Glaube wird nun dem Teufel zuerft
„gemachet in dem Anfang der Gelehrfamkeit,
wi nun noch lange, ob der eine Abgöttes
„ren begehe, der von den Gögen lehret„ x)
Dabey fie denenjenigen die $efung folcher Büs
cher zulieſſen, welche fchon im Glauben an
GOTT wohl gegruͤndet, und alfo auffer der
Furcht des Schadens waren. Sonderlich aber
erkannten fie vor eine groffe Thorbeit und Suͤn⸗
de, wenn etliche Chriften die heydniſchen Goͤt—
ter und Schwüre immer im Munde hatten,
nur damit fie vor gelehre angefsben würden,
welche böfe Gewohnheit einigen eben von der
$efung der Heyden-anhängen mochte, die von
andern dahero erinnert wurden y). Davor
auch andere gelehrte und verftändige Männer
urtheilten, und es Ehriften unanitandig achtes
ten 2). m übrigen wollten fie damit nicht
alle Wiffenfchaften, die etwa unter Henden be=
kannt gewefen, aufgehoben wiſſen, fondern eg
funden ſich auch unter den Chriſten gefchickte
Leute, welche, zum Exempel, in der Poefie, in
den beiligen Sprachen und andern guten Wie
fenfchaften geüber waren, und etwa der u:
gend zur Uebung die heilige Geſchichte vers—
weife befchrieben. Dergleichen man ihrer noch
ſehr viel in griechifher und lateinifcher Spras
che übrig bat, weldye von denen DVerftändigen
an ftatt der Keydnifchen unreinen Pocten ein=
zuführen gevathen werden a). Ohne was man
fonft bisher von folchen caftrirten und gereinigten
Poeten, item, von Terentiis, Virgiliis, Martia-
lıbus Chriftianis gefchrieben hat b). Alfo, daß
nach dem Urtheil der weifen und gelehrteften Mäner
nichts mangelt, damit nicht die Jugend ohne einis
e
ver
s) Ioh. Pet. Maffeius lib. III. Vit. Ignat. Loiol. c. 8. Add. Biſſelius Dec. IT. Ruinar. Illuſtrp. 674. 6) G. za
prxf. ad Not. in Poet. Chrift. u) Ideml.c. x) Tersuliianus de Idol. c.ı0. y) Hieronym. 1. c. Auguſt. 1. c.
Tertullian. 1. c. et c. 20. Origeres lib. IIII. cont. Celf. Zadtantiusaliique. z) Vid. Eobanus Heffssap. 1.C. Die-
zericum de Literis profan. loh. Cafelius de Ludo liter. pag; 56 oh. Camerar. ad Cic. Tuſe. Qu. lib. II. Mirzernache
Method. Inforın. c. 28. Buchnerus Orat. III. Teft. ©. Thomafins in Gedanken von Büchern p. 990, An. LXXNVLIIT.
aliique diuerfistamen fententiis pronunciantes. a) Ita Ofander I. c. lib. II. c. 26. 1.C. Diereriew; l.c. pag. 33.
G6. Fabricius l. e. Conf, omnino Didacus Stella de Cont. Van. p. 215. Q«iforp. Pior. Defid. p. 103. Horzbekius ſib X.
Controuerf. Pag: 336. Mitternacht |.c.c.17. Thomafıns.1. c. p. gır. I. Gothofred. Orat. de Iuliano pag. 62. Rungins
Comm. in Exod. p. 868. ZanceH.lib. I. Vit. Aug. c. 2. Gott. Saldenus de Libr. Vf. et Abuf. er ibi factum Naugerii
der jährlich an einem gewiſſen Tag etliche Bücher von dem Martiale mit Berdammung deffen ins Feuer geworfen, um fee
ner kböndlichen Reden willen, Vid. Aa. Erud. Lipf. An. LXXXVIIL.M. Dec. p 542. Tum et Eriz/ hius lib pecul.
aliique. .b) Prollant Schonsi Terentius Chriflianus, Paurmeifteri Martialis, Chrifl, Sagittarü Horatins
Chrifl. Pirgilins caterıque præter elegantiflimos Poetas atque Oratores Chriflianos.
ge
——
u
1’ 25
ER — —.n
“
714 6.8. Don dem Privat: und häuslichen Leben der erften Chriſten. —
ge Aergerniß aus guten Buͤchern in denen Schulen
nad) Chriſti Sinn heilſamlich unterrichtet werden
koͤnne. Dahero auch kein einiger Schullehrer
am Tage des gerechten Gerichts GOttes, wenn
er wird erſcheinen, die geringſte Entſchuldigung
vorwenden wird koͤnnen/ warumer eben Die heyd⸗
niſchen Greuel und Sünden der armen Jugend
vorgehalten und eimgepflanzerhabe. Dahingegen
die erften Ehriften bey ihrem Eifer vor die Gottſe⸗
ligkeit Preis und Ehre und unvergängliches We-
fen empfangen werden.
23. Nachdem auch unfer dem angehenden Ber-
derbnif des Chriſtenthums mit der andern heydni⸗
fihen Bosheit auch die heydniſchen Schriften un
ter den Chriſten befannt wurden, redeten die, fo
noch an der alten Wahrheit hielten, ſcharf dawider,
und machten wol gar gewiffe Öcfege davon. So
ftehet in denen fogenannten apöftolifchen Saßun-
gen fehon ein ſolch Verbot, “daß fic) die Chriſten
„von allen bendnifchen Büchern enthalten folz
„ten, c). Ingleichen ward in einem Eonciliv bes
ſchloſſen, “daß ein Bifchof Feine heydniſche Buͤ⸗
„ber lefen follte,, d). Und anderswo, “Daßman
„einen Prediger ausfchelten follte, der an ftart Des
„Evangelii Comödien lefe, e). Wobey derjeni-
ge, fo in dem päbitlichen Recht dieſe Ausſpruͤche
gefammtlet Bat, diefes ſetzet: Erliche leſen es nur
zur $uft, etliche zum Unterricht, damit fie die Irr—
tbümer der. Heyden im Leſen feheuen, und was in
ibnen noch nüßliches ift, zum Gebrauch der Beili-
gen Lehre anwenden f). Daß aber diefe Sachen
fo gar feharf verboten wurden, machte die grofie
Bosheit der Elerifey felber , welche gemeiniglic)
mehr und lieber mit den heydniſchen und unzuͤch⸗
tigiten Büchern umgiengen, als mit der Bibel.
Denn ſo klaget einer über feine gelten an einen
Difchof, mit Namen Salmon: Wir (Lehrer)ſind
„Schuld daran, daß Paulus und Salomon ver-
„laflen, und hingegen der Virgilius und Ovidius
„ben uns gefungen wird: daß man den Horatium
„mit groflen Freuden lieſet, und des Terentii Co-
„möpien lieb hat, wir tragen zu diefem fchrecklichen
„Feuer felbft Stroh zu zu unferer Schande, und
„find nicht ohne Sünde und Schuld. Unfere
„Weiber folgen uns hierinne nach , und iſt der när-
„‚rifche Mann fo guf als feine Srau,, 2). Der-
gleichen Klage auch ein anderer von den Pfaffen
unter dem Pabſtthum fuͤhret, daß die Theologi
“)Lib. Ice 7.
lib. IITI. ep. 12. VII. 4. VIILL vlt.
* WE En EST TE Er t
ER
”
mehr den Keydnifchen Stylum als den biblifch
fiebten h).
die verderbten Ehriften einmal mit Blindheit ge
fchlagen waren, die heydnifchen Bücher mit dem
erſchrecklichſten Mißbrauch der Beiligen Schrift
u entfchuldigen. Zum Erempel, wenn einer dies
I daß man fie lefen folle, aus dem Spruch be:
weifen will: Alles, was zuvor gefebrieben iſt,
das ift uns zur Lehre gefebrieben, Nöm. 15,
4. 1): Andereaus diefem: Haltean mit Lefen,
ı Tim. 4, 13. 6); welche doch augenfcheinlich von
der heiligen Schrift handeln. So gar tief ver»
falle die Vernunft in Unglauben und Eigenfinn,
wo ihr einmal Raum gelaffen und zur Erhaltung
ihrer Luft Anlaß gegeben wird. u
24. Es wären ferner viel Anmerkungen zu ma⸗
chen von den andern Stücfen der Gelehrfamfeit,
wie fie insgemein nach der verderbten Vernunft
eingerichtet und fractiret wird. Ich muß aber
mit Fleiß abfürzen, und nur. noch etwas von der
fogenannten Philologie und Philoſophie überhaupt
erwehnen. Don jener ift ſchen guten theils das
nöthigfte vorgeleget; was die Sprachen anlan⸗
get, hatte ihnen zuden apoftolifchen und folgenden
Zeiten der HErr die Gabe derfelben unmittelbar
verlieben. Machgebends brauchten fie die Brie-
chiſche meiftens nicht zu lernen, weil fie entweder
ihre Mukterfprache war, oder Doch damals überall
fo gebräuchlich, daß fie jedermann faftredete. Die
Ebraͤiſche aber unterlieften fie auch nicht zu be—
greifen, weil fie neben der Griechiſchen zum Ver⸗
ſtand der heiligen Schrift nöthig war, Wie denn
abſonderlich Hierenymus von fich meldet, daß er
bey einem bekehrten Juden diefe Sprachegelernet,
und zwar miegroffer Mühe, dabey feinem GOtt
„danket, daß er ihn von dieſem bitteren Saamen
„nun die füffen Früchte genieffenfaffen, 1). Wie
er fie denn aud) in der Erfiärungder Chrift wohl
angewendet bat, als ſeine Bücher noch ausmeifen.
Wiewol auch nicht zu leugnen ftehet, daß vieleunter
den alten $eßrernder heiligen Sprachen ziemlich un= _
erfahren gewefen; wie man von Auauftino weiß,
der in feiner Jugend mit befferem Nutzen hätte
Ebräifch lernen koͤnnen, als daß ihm feine Lehrmei⸗
fter die heydniſchen Poeten eingebleuet, Die er her⸗
nad) nur wieder vergeffen müflen. Andere denf-
wuͤrdige Dinge, als von den Leberfeßungen der -
Bibel und ihren andern Studien, Fann id) der Kür:
ze halben hier nicht eroehnen. Bon den andern
5 Stü-
d) Concil. Carthagin. TI. c. 16. ap. Grarianum dift. 37. e) Ibid. c. 2. f A Gratian. 1. GrCHR:
g) Marius Kiöter Ep.de peruerf. æt. ſuæ moribus. add. de Defiderio Gregor. M.ap Grarian. dift. 86. c.5.it. Sidon.
bh) Zaur. Valla Ep. de Lib. Arb ad Garfaın: Epife. i) loh. Sarisbur. lib.
III. Policrat. ſ. de Nug. Curial. c.8. k) P. Stenart.ad Bedæ lib. Il. Expot. alleg. inı Saın.c.14.. I)Ep. I. ad Ruſt.
Th
eg
a, man feheuete fichnicht, nachdem
|
ar
Stiden der Philologie und der Grammatica ift
aus ob zu fehen, wie ferne fie fie nüglich
geachtet nicht. Ihren Mißbrauch und die
überflüßigen Critiquen der —— die nicht
zur Uebung der Sprachen, noch ſonſt zu etwas gu—
tes dieneten, finden wir oft beyißnen getadelt und
verworfen. Wenn fie etwa fihrieben : “Die
„Örammaticihaben den Anfang des unnügen Ge⸗
„ſchwaͤtzes gemacht m), Diejenigen, fo den Ur-
„ſprung der Wörter erflären, und lehren, was
„homonyma oder (ynonyma feyn , verſpre—
„chen, fie wollen ifre Zuhörer damit glückfelig
„machen,,.n), und dergleichen mehr. Geſtalt die
Eitelfeit d iſten Eriticorum fo gar auch von
den 3 erkannt worden ifto), und fonft von
je" elehrten felbft wohl bekennet und geftanden
p).
25. Die Ziſtorie an ſich ſelbſt wußten die erſten
Chriſten wider die Heyden wohl zu brauchen, hiel⸗
ten ſie auch in ihrem rechten Gebrauch fuͤr eine
nuͤtzliche Sache; die aber auch groſſe VBorfichtig-
keit erfordert in Annehmung der Erzehlungen §
Die Phyſicam oder Forſchung der Natur nah»
men fie an, foferne fie auf GOtt und göttliche
Wunder führte, fonderlicy aber, wenn fie von
einem erleuchteten Verſtand geübet und von gött-
licher Regierung befördert wurde, weil fodann Die
Menfchen zu groffer Erfenntniß der Werfe und
Gefchöpfe GOttes kommen Fonnten. Die übrige
Euriofität und die bloffe Begierde zu wiſſen, biel-
ten fie für unnüge und unnötig r). Gleichwie
—D aus der Matheſi das Serdmeffen ‚ die
echenkunſt, Betrachtung des Beftirnes und
dergleichen nicht verachteten, fondern wol gar
andere lehrten, wie von Origene ftchets). Ob
fie wol abermal dabey in acht nahmen, was von
einem geruͤhmet wird. : “Er erwählte aus ſolchen
„Wilfenfchaften nur dasjenige was zum Guten
„diente, nemlich, daß er ausder ſchoͤnen Harmonie
„und der Ordnung des Himmels feinen Schöpfer
„iobete, hingegen, was dabey fchädlich war, vers
„meidere,t), Wohin fie denn unter andern den
Mißbrauch der Aftrologie fegeten, das Ylativität-
ftelfen , und die verkehrten Wahrſagungen
aus dem Geftirne , wie fie ohne Grund von
betrüglichen Leuten geſchahen u). Die Sitten:
lehre der Heyden erkannten fie nicht vor zuläng-
5. Cap. Don dem Studieren und Belchrfamfeit der erften Chriften.
,- —
=
a
715
lich zu einem glückjeligen Leben, noch vielweniger
aber, wiefie von den blinden $euten in eine gewiß
fe Kunft gebracht war, “Denn was von GOLF
„noch unter ihren Lehren herkam, das achteten fie
„zu koͤſtlich als daß es von den Heyden in weltli-
„hen Künften fich follten herum wälzen laflen:
„das übrige war ihnen zuchörlich, die edle Zeit -
„darauf zu wenden„x). Zu geſchweigen, daß
fie fahen, mie wenig es den deuten um die Ausit=
bung der Tugenden auch nach ihren natürlichen
Örundregeln zu thun war. Die Weifen diefer
„Welt difputiven vergeblich von den 4 Tugenden,
„welche fie Doch nicht Haben begreifen fünnen, ins
„dem fie den nicht Fenneten, der uns von GOtt
zur Weisheit, Gerechtigfeit, Heiligung und Er:
„löfunggemachet iſt. Washaben folche Leute mit
„den Tugenden zu hun, die die Kraft GOttes,
„ChHriſtum nicht fennen, u. f.w. y)?
20. Was fie ferner von der Nednerkunft ge-
halten, fonderlich in geiftlichen Sachen, ift oben im
2Buch bey ihren Predigten erörtert, nemlich, daß
fie diefelbe nicht allein vor überflüßig und unno-
thig, fondern auch, wie fie von den Heyden ercoli-
vet wurde, vor hoͤchſt verderblich angefehen. Sie
mußten ihren Abfcheu vor dem heyd niſchen Wort:
gepränge, bochtrabenden Reden und Geſchwaͤtze
nicht ernſtlich genug zu bezeugen, gleich als ihnen
Paulus den Greuel folder Dinge gezeiget hatte,
Sie merften fonderlich an den Gortiofen die fchäd-
liche Uebungen, wie fie ſich bemuͤheten eine Sache
bald zu loben, bald zu ſchaͤnden, und dadurch ihre
Künfte fehen zu laſſen, hingegen der Wahrheit den
größten Abbruch zu thuz). Und folches raten die
Unglaubigen in den abfcheulichften Materien, wie
ſie ihr verkehrter Sinn triebe, darein fie gegeben
waren a). Alſo, daß auch die Zungendrefcher
durch ihre gefchminfte Worte vor Gerichte die al.
lerungerechteften Sachen zu verfechten und zu be:
baupten wußtenb). Dahero diejenigen, welche
vor ihrer Bekehrung von dergleichen Bosheit Pro⸗
feßion gemachet hatten, deſto herzlicher diefelbe bes
reueten und ſcheueten, auch andern zum Schrecken
deutlich genug abmahlten, die ich der Kuͤrze wegen
uͤbergehe). Die Logicam, oder Vernunfte und
Difputirfunft hielten fie, wie fie von den narürfi-
chen Menfchen ausgefonnen und nach ihrer Zank⸗
ſucht et war, eben fo ſchaͤdlich. Wir wer:
2
xx x
ui) Tarianus Or. adu. Gr. p.163. n) Athenageras Apol. p. u. 0) Vid. Senera Fpiſt. 72. p) Vid. Leo I in
de Patria Homeri c. V.p. 103. Tilemannus lib. de Hiltor. p. 15. Spanhemius de
Augzuflin. lib. IT. de Doctr. Chrift, c. 40.
Orat. in Fun. Crfar.
«Lt. y) Bernhardus Serm. 22. in Cant,
u) Vid. Augufın.lib. VII. Conf. e. 6.lib. II. de Doctr. Chr. c. 2r. E
par. Euang.c. 6. Soxomen. lib. III.c. 5. Epiphanius de Pond. et Menf et plurimi alii. x
z) Tertullianus de Anima c. 2. -
ss b) Ladantins lib. I. c. 1. e) Ideml. ©, Augufinus in Confel: pasſim, inpr. ib. IL c.3.lib. VLe.6.IX. cn.
Emend. Stud. p. 577. etc.
r) Id.lib.X.Conf.c.35. s) Eufebius lib. VI. c. 1 Bafı. *
ib. VI. Præ-
de Pat.
a) Cafhodorus . ep.
te.
rl TS *
716
—— — — — —e — —— —
den unten vom Diſputiren im 8. Buch, bey der
Materie vom Tractament der Ketzer, abſonderlich
handeln. Sie bekenneten von des Ariſtotelis
Dialectica ungeſcheut, daß ſie nur zur Verwirrung
und Verdrehung der lauteren einfaͤltigen Wahr⸗
heit dienete. Die Logici, Darunter Ariſtoteles
der Fuͤrnehmſte iſt, pflegen mit ihren Vernunft⸗
ſchluͤſſen gleichfam Netze zu ſpannen, und die aus⸗
ſchweifende Freyheit der Rherorie indie Dorn⸗
buͤſche der Syllogısmorum einzuſchlieſſen. Ihre
eigene Kunſt ift, daß fie zanken und beiſſen: Was
foll aber ein Ehrifte Hingegen anders thun, alsalle
Zänferen meidend), Wie fie denn ſonderlich zu
der Wahrheit groſſem Schaden erfuhren, Daß niche
allein die Heyden, fondern auch die aͤrgſten Ketzer
die gogicam, und zwar des Yriftotelis feine, zu
ihrer Zuflucht errwählten ; als wie fie von den Va⸗
Ientinianern Flagten: "Cie ſchuͤtzen den Ariftote-
„tem vor, der ihnen eine Logicam angerichtet hat,
„und ein verfchlagener Künftler ift zu bauen und
„einzureiffen : Diefe hat gezwungene Meynungen,
„ungefchicte Muchmaflungen, Schlüffe, die nur
Zank gebären,„ und f. f. e). Unter den Beydni-
ſchen Gelehrten aber fahen fie, und hielten ihnen
vor , wiediefelben zwar viel fyllogifmos, homo-
nyma,fynonyma, fubietta, predicata, cate-
goremara , axiomata im Munde hätten, und
ihre Zußörer dadurch glücklich zu machen, ver-
ſpraͤchen, aber nichts in der That ermwiefen f). Ob
fie gleid) immer mit vollem Halſe Die ıc.
Predicamenta vom Catheder herunter fchryen,
und den Zußößern als etwas groffes verfauften g).
Und was dergleichen Judicia mehr waren.
27. Die Philoſophie endlich insgemein betref-
fend, machten fie einen Unterſcheid unter dem, was
darinnen die Heyden von GOtt empfangen gehabt,
welches fiein ihrem Werth lieffen, und nach geftal-
ten Sachen lernten_und gebrauchten ;_ und unter
dem, was von der verderbten Vernunft und dem
verfehrten Herzen der natürlichen Menfchen her
fam. Zu jenem gehören alle die Worte der Alten,
welche einiger maffen diefelbe lobten oder billigten,
oder inihrem Preis lieſſen: Zudem legten gehören
die Ausfprüche , welche ſowol den Öreuel der weltli⸗
chen Weisheit felbft, als auch derfelben Schaden
und Unheil vorftellen. Und dey diefer fahen fie
nichts als Mißbrauch, Zank, Hoffart, Mißgunft
und ungerechtes Wefen. So redeten fie nun ins:
c. 1
7 — Me — — —
6. 8. Don dem Privat: und hauslichen Leben der erften Chriſten.
ESecten wohl geſprochen iſt, was Die Gerechtig⸗
x
.
Wr
gemein: “ch nenne eine Philoſophie
Stoiſche, oder Platonifhhe, ob
„ober Ariftotelifche, fondern alles,
nicht d
picurifche ,
von dieſen
„feit lehret, und eine gortfelige Wiſſenſchaft; die⸗
„ſes, wenn es fo heraus gelefen ift, heiſſe ich Philo⸗
„ſophie. Was fie aber aus den menſchlichen Ge⸗
„danken herausgenommen , und verfälfchet ha:
„ben, das kann ich nimmermehe goͤttlich nen-
„nen,b). Bon der menfchlicher Erfindung war
diefes ibre Meynung: “Wir find von diefer Ber
„ſchuldigung frey, die wir die Philoſophie aufhe-
„ben, denn fie ift eine Erfindung der menſchlichen
„Gedanken. Hingegen behaupten wir die Weis:
„heit, mweilfie von GOtt herkommt, und bezeugen
„von ihr, daß fie von allen müffe aufgenommen
„iwerden,„*). Die Gelehrten, welche ihre Nah:
rung, Ehre und VBergnügung an diefen ihren Er>
findungen hatten, wehrten fich freylich nad) Mög:
lichfeit gegen die Chriſten, die ihnen alles in Zwei⸗
fel ziehen und vermwerfen wollten. Dahero gieng
es an ein Laͤſtern, Berfolgen und Rumoren wider
fie; indem fie den Groffen in der Welt weis mad)
ten, die Ehriften wollten alle gute Kuͤnſte und
Wiſſenſchaften über den Haufen werfen, fie wären
Feinde von der Wahrheit, fuchten den Untergang
der Republique, u.f-f. Da doch die unſchuldi⸗
gen $eute das menfchliche Geſchlecht, fo durdy die
Philoſophie und ihre Betrügerey von der wahren
göttlichen und himmliſchen Meisheit abgewichen
waren, mwiederum zu derfelben, und Dadurch zur
rechten Gluͤckſeligkeit führen wollten, und vor ihre
tiebe lauter Haß zu Sohn befamen. 5
28. Wir haben oben im 1.Bud) von demtiefen
Verderbniß der Vernunft aus den Alten geredet,
und koͤnnen fie ferner erfennen aus ihrer Herr-
fchaft und Tyranney, Die fie in der Heydnifchen Phi⸗
lofophie erwiefen. Weil die erften Ehriften den
Schaden derfelben bey ihrem Kampf wider Die
Unglaubigen fattfam empfunden, erfuhren fie zus
gleich, daß Paulus fie aus wichtigen Lrfachen vor E
verfelben Verführung gewarnet hatte, Col.2. dar⸗
auf 5 fich; und auf deffen Erempel aud) getroſt
beriefen. Der Apoftel (fagten fie,) bezeuget na⸗
„mentlich, Daß man fich vor der Philofephie hüten
„tolle. Denn er war zu Achen gewefen, und Fens
„nete diefe menfchliche Weisheit aus dem Umgang,
„wie fie die Wahrheit zwar — aber nut ve·
„ſtuͤmmelt, und in ſich ſelbſt durch ſo viel Secten
„zer⸗
d) Hi omm. in Tit.3. e) Tertull. de Prefer.c.7 f) Arherag.l.c. g) Auguf. 1.c.lib.IV.c. 16.
A: lex. lib. I. Strom. p.289.. h) Clemens Alex. lib.I. Strom, p.286. *) Zadanzins lib. III
Er
„Platon
I
ar
heilet iſt, die wider einander ftreiten. Drum.
hat Athen und Jeruſalem, die Academie
„und die Gemeine mit einander zu thun, wie ſtim⸗
„men Eectiver und Chriften zufammen ? Linfere
„sehre koͤmmt aus der Halle Salomenis, der auch
„felbft gelehret hatte, ven HErrn in Einfaͤltigkeit
„des Herzens zu fuchen (Buch Weisheit i.). Die-
„jenigen mögen zuſehen, welche ein Steifches ,
fhes oder dogicaliſches Chriſtenthum auf
„die Bahn gebracht habeni). Es betrügen fid)
„ihrer viele durch di Philoſophie, unter einem
Iſheinbaren, ſchmeichlenden und ehrbaren Na—
„men, indem ſie ihren —32 eine Farbe an⸗
„ftreichen. Da werden nun alle von den vori—
„gen Zeiten her ( auc) inden Büchern der Heyden,)
„entdecfet, und die heilfame Erinnerung des Geiftes
„offenbaret, die er durch ſeinen frommen Knecht
gethan hat: Schet euch für, daß eudy niemand
„betrüge( curayoyöv beraube durch die Pbi-
„tofophie und leere Verführung, nad) der Sas
“ „sung der Menſchen, nach den Elementen diefer
„Welt, und nicht nad EHrifto,, k). Sie feßten
auch die Lirfachen hinzu, weil nemlich diefe zubor-
befchriebene Philoſophie nicht allein nichts nüße,
fondern auch hoͤchſtſchaͤdlich wäre. Dahero Fa-
‚men diefe Befenntniffe: "Weg mit den Bernunft-
„ſchluͤſſen, wo der Glaube erfordert wird! die
mogica muß in euren Schulen ſtille ſchweigen.
Ich frage nicht lange, was die Philoſophi plau-
„dern, fondern was fie thun, fie fißen nun in ih:
„ren Gymnaſiis alleine. Schaue doch, mie der
Glaube die Argumenta uͤberwieget. Damerden
„diejenigen von ihren eigenen Spiesgeſellen ver—
„laſſen, welche viel diſputirens machen, diejeni-
om aber nehmen zu, die nur einfältig glauben,
„Mon glaubt ven Philofopbis niche mehr, fon-
„dern den Filchern, nicht den togiis, fondern
„den Zöllnern ). Wenn die Wahrheit der Ev-
.
*
„angeliſchen Predigt uͤberhand nimmt, fo müffen
bie Menſchen die Erkenntniß heiliger Dinge
„hoch achten, und die verwirrten Fragen derarg-
„liſtigen Philoſophie hinweg werfen, hingegen dem
„Glauben zu GOtt folgen, weil ein ſophiſtiſcher
„Snllpaifmus ein fhmwaches Herze leichrlich aus
„feiner Veſtung bringen fönnte). Die Philoſophi
„find reich an Worten, aber arm am Glauben,
„und bios von der — Die einfaͤltigen
„Diener des HErrn aber ſind arm an Worten, aber
Errrz
i) Tersull.dePrzfer.c.7. kV Augufinuslib. III. Conf.c.4. 1) Ambrofiuslib.I.de Fide ad Gratian.
rinit.p.240. 1) Ambrofiss in Pfalnı 36.
g) Hieron.lib. III. in Gal. c.5.
Hilarius lib. XII. de
) Idem Orat. de Pace 3.
5. Cap. Don dem Studieren und Belchrfamfeit der erften Chriſten.
717
„ereflich an Verleugnung und Gortfeligkeit. jene
„reden viel vom Unglauben, diefe beftätigen den
Glauben mit wenigem,„n.f.f.n).
, 29. Diefes befanden fie fonderlich nötbig, auch
in den folgenden Zeiten zu bezeugen, nadıdem die
Philoſophie mit ihrem Mißbrauch in die Chriſten⸗
heit einzureiffen begunte, daher fie klagten, es waͤ—
von dieſe Lehren als Egyptiſche Plagen in die
Gemeinen eingeriffen , nemlich “die Syllogifmi,
„die Inſtantien, die Oppofitiones, die gottloſe
Kunſt des Ariſtotelis, die Gaufeley des Pla—
tonis,„u.ſ. f. o) Ingleichen bedauerten fie ſchmerz⸗
lich, “Daß diejenige Leute über der Philoſophie in
„Hochmuth und Einbildung gleichſam raſend und
„toll waren p). Solche thieriſche Leute woͤren die
„Philoſophi, welche ihre eigene Gedanken vor
„Weisheit hielten, die Paulus beſchrieben habe
„Gal. 5. 9). Denn ein gewiſſer Glaube vorwers
„fe alles argliftige und unnüse Fragen, gebe ſich
„auch nicht unter die DBetrügeren menfchlicher
„Thorheiten, und die Wahrbeit laffe fich der Falfch-
„beit nicht zur Beute machen). Man muüffe be
„denken, daß der Glaube in Feiner philoſophiſchen
„Duäftion (oder Frage) beruhe, fendern in der
„Lehre des Evanaelüs). GDttruffe die Menfchen
„nicht Durch ſchwere Fragen zur Geligfeit, fondern
„eine vernünftige Seele glaube, ob fie gleich nicht
„frage ı). Diefes wären eben die kehren der
„Menſchen und der Teufel, die vor juctende Ohren
„erfunden , und aus dem Sinn der weltlichen
„Weisheit, welches der HErr eine Thorbeit nenne,
„und die Philoſophie damit zu Schanden mache,
„indem er erwaͤhlet, was thöricht in der Welt
„war, un). Inſonderheit bemerften fie ausder Ere
fahrung, daß eben ausder Ppilofophie alle Ketzerey
entfpringe, und die Vernunft, wie fte in ihrem Bor
derbnißliege, die Menfchen zur Verkehrung und
Berläfterungder Wahrheit antreibe. Daber hieſ⸗
fen bey ihnen die Ppilofophi‘ Patt iarchen, oder Erz⸗
„vaͤter der Ketzer,gx). Die Philoſophie felbſt wur⸗
de von ihnen angeklaget, "daß alle Ketzereyen von
„ehr angeftiftet würden,,y). tem: “Es wuͤrde
„von den Erfindungen der Philofopkorum alle Re:
„Eiren gleichfam befeelet 2): Sie beflecften die Rei⸗
„nigkeit der Gemeinen mit ihrer verkehrten sch»
„rea): Die Ketzer feßten alle Kraft ihres Gifts
„in der Sogica,, b);und was dergleichen Zeugniſſe
mehr waren.
30.34)
0) Gregor. Naz.Orat. de coınpof. äifertar,
r) Hilarisslib.I.de Trinie, init. s) den lib. X.
Pr
at.lib. VIII. fine. t) Chryfoff.hom. ıy. in ı Tim. u) Tersull. de Prxfer.c.7. quo conf, Dinnhawerüs Chri-
fleid.p. 459. x) Terzull-adu. Herniog c.$.
an
A I;
m
; \ y) Idem de Prxfer. c. 7.
Hieron. Epißt. 70. ad Ctefiph. qui Tertulliani dictum laudat.
z) Lib. I adu. Marcion.c.ı3. a)
b) Ambrof.lib. V. ad Grat. deFide c. r,
BE. Mi
_
787
30, ch übergehe bier, mehrere Weitläuftigkeit
zu vermeiden, die anderen Ausfprüche, die ſich
faft ohne Zahl bey den bewäßrteften Kirchenleh⸗
vern bievon finden. Jedoch will ich diefe Materie
mit etlichen Stellen der Alten befchlieffen, darinne
fie fonderlich die Ariſtoteliſche Pbitofophie vor
ſchaͤdlich und unzulaßig erfannt haben. Als,
wenn fie feine Philoſophie eine boshaftige
Runft c), feine Sogicam Netze der Dernunft-
ſchluͤſſe nennen. Ingleichen, wenn einer unfer
ihnen alfo in der Gemeine redete: “Die Öroffen
„und Mächtigen Heiffen in der Welt Nichter ,
„und fprechen ſolche Urteile: Alſo hat Ariſtote⸗
„tes geſagt; aber thue ihn Bin zum Felſen ( CHri⸗
„fto FEſu) ſo iſt der Ariſtoteles verſchlungen.
„Bas ift der Ariſtoteles? Laßt ihn vielmehr die⸗
Ffes horen: Alſo hat Chriſtus geſagt; ſo muß er in
„ver Hölle erzittern. Sprichſt du: alſo hat Pytha⸗
„aoras und Plato gefagt ; fegefie nur zu dieſem
Felfen, halte ihr Anfehen gegen das Evange-
„um, vergleiche die Aufgeblafenen mit dem Ges
„ereuzigten 4), Am Juͤngſten Gerichte werden
„dem Ariſtoteli feine Syllogiſmi nicht helfen,
„fondern alsdenn wird ein Armer und Einfältiger
frolocken und lachen,,e). Aus weldyen und der-
gleichen Worten man fiehet, wie ſchon damals
diefe Art der Weltweisheit unter den Chriſten fehr
mag eingefchlichen fern, daß freue Lehrer darwi⸗
der zu eifen hohe Urſache gefunden. Nachge⸗
hends aber hat die Philoſophie unter dem Pabſt⸗
ehum fo ſchrecklich uͤberhand genommen, daß er
aud) das völlige Regiment in der Theologie be-
fommen, und man auf feine Yusfprüche,
e) Gregorius Nazianzenus Le. d) Hieronymus Lc.
rum de Diac, c. XIII. num. 73.
ee zul
mit lachendem Munde ſturben, wie ſie auch ſturben
ren Tod genennet wegen der volligen Hoffnung : 3-
den Tod der Ihrigen traureten fie ni ht, Urſache: 5.
bewiefens auch felbft in der That, zur Verwunderung
maren fie ben dem Tode der Thrigen voll Freude, Erempel.
Den Tag
ihres getroffen J fie
rens; lieſſen keine ſe
6.3. Don dem Privat-und häuslichen Leben der erſten Chriſten.
als auf genheit ausfeßen.
g) Not. adEpift. 70.Hieron. h) Idem ad Epift, 22.
Das 6, Kapitel,
Von der erften Chriften Tod und Begraͤbniß.
Summarien.
Welhe⸗ Todes die erſten Chriſten geſtorben, und mit Freuden, nach vorhergegangener Vorbereitung zum Tode, fo ihre ſteti⸗
e Arbeit war, nichts aufs Todbette verſparende. 9. 1. dı udt \ a
; ErempelAntenti,2. Agathonis, it. Marcelä, it. Paul. Wie ſie ih⸗
Abmahnung davon nach) den Grundſaͤtzen des wahren Ehriftenthums; 6...
der Feinde: Erempeleiner beherzten Mutterund anderer ; 7. vi
L e Ihre Todtenlieder erweckten zur Freude, 8.
Chritien darinn finden konnten, deſto ernſtlicher kaͤmpfeten dic Schwächern,
zumeilen von der Traurigkeit überwunden wurden. 9-
warze oder Trauerkleider zu, beſtimmten auch kein ganz Trauerjahr,
"a
unfehlbare Gründe, die Chriftliche $ehre
wollen. Sa, es kam fo weit, a ‚
gen Pfaffen den Ariſtotelem gar zu einem Chri
ſten machen wollten, ſchrieben ganze Bücher von
feiner Seligkeit , und wollten beweifen, daß er
EHrifti Vorläufer in natürlichen Dingen gewe⸗
fen, gleihwie Johannes in Teiftichen » Zu
gefhmeigen , dag man feine Ethicen ag att der
ibliſchen Terte auf den Kanzeln erfläret, und
was dergleichen teufeliſche Greuel mehr gervefen,
dawider Lutherus nicht genug eifern Fann, Der
gelehrte Eraſmus klaget unter andern auch alfo:
„Es gibt Theologos, di t
„nichts in der Heiligen €
„man nicht einen guten T
„der Ariſtotele verderbet habe. Man dürfe
„den Volke nichts von CHriſto predigen, wenn.
„man nicht des Ariſtotelis Phyficam und Me:
„taphyficam auf einem Nagel herſagen koͤnne.
„Sie meynen, es ſey gleich um a j
»gefchehen, wenn einer des Ariſtotelis Meynuns
„gen vermirft,g). Und anderswo: Ariſtoteles
hat gar Fein gut Leben geführet, und hat fo viel =
„Gold ind Geld hinterlaffen, daß ihn Pnius un °
„ter.die reichen Cröfos und Craflos rechnet,
„und diefes iſt der Water folcher Subtilitaͤten.
Gleichwol hat er doc) nicht fo ſophiſtiſch geplau⸗
„dert, als diejenigen ſchwatzen, welche ſich der NB.
»H. Schrift Doctores und Ausleger nennen, h).
Andere unzählige Zeugniffe von diefer ohnedem
offenbaren Sache muß ic) dismal übergehen, Ya
theils ins legte Buch, theils auf eine andere Ge
e) Auguflinus in Pfalmıgo. f) Vid. Balaus ap. Ziegle-
Ausiprüche der Alten von ihrer Freudigkeit dazu, ald welche
ihres Todesnennetenfie ihren Geburtstag, Urſache. 4. Weber
erer vielmehr
je leichter ſich ſtarkfe
um Spott und Aergerniß zu verhuͤten: Ausſpruͤche
Verweiſung des unanſtaͤndigen Trau⸗
19. achteten wenig die DE
ihr
—
=
was gefungen worden; 15.
⸗ IHR 6. Cap. Don der
nö, wiewol, wenn fie cin ehrlich Begro
‚often Ebriften Tod und Bearäbnifi.
' n be in if een! 59 ——— 7— 4 nicht nme TE £
a vor gar zügroffer Sorgfalt. ı1. Alle feindliche Grauſamkeit achteten die Chriften nicht, Bekenntniß davon 5 lief
dadurch HEN an I abhalten ‚auch unter dem roͤmiſchen Antichrift nicht , melches die wuͤtende Elerifen fehr
| un -
»
719
eundin Klagen aushrach. 12. Die euften Chriften achteten auch die vielen Eeremonien nicht; Bedenken über
Cave Bericht hievon; 13-
vielmehr waren fie in allem demuͤthig, fparfa und befibeiden ;_ftbarreten anfangs ihre
odten nur fehlechtbin mit Erde zu: Abmahnung von koſtbaren Feichenteffattungen. 14. Dom Singen ben den Leichen 5
Ticben Gewinns und Ehre willen; Klage hber folgende Zeiten,
wol ein frölich Halleluja, lafen auch mol die 9. Schrift daben und parentirten, nicht um ſchaͤnd⸗
darinnmit der Zeit aus Peichenprediaten Fügenpredigten worden
find, 16. davon die erfienChriften ferne waren. Die Hehden machten viel Bralens, denen auchnachmals die falſchenLehrer folge
ten; Beſchreibung ihrer Kraͤmerey; die Meynung der Alten. 17.
Wozu das Varentiren nüse,und Begebung der jährlichen Ge⸗
dächtnig, welches bald in Mißhrauch gerathen. 13. Schluß von der Ehriften lebendigem Glauben und heiligen Leben. 19.
$.
o weit ſey num von dem Leben der Chriften
geredet, wie es in ihren Haͤuſern von ei-
nem jeden geführet worden: Was etwan
noch davon zu gedenken würdig feheinen möchte ,
das ift in den vorigen Buͤchern, fenderlich den
beyden erften, gezeiget worden. Nunmehro eilen
endlich zum Beſchluß diefer Abbildung, und
fchauen mit wenigem noch ihr Ende an, begleiten
fie gleichfam zum Grabe, und wollen uns ernftlich
bemühen, ifrem Glauben nachzufolgen. Es ift
aber nothig zu wiederholen, was bereits von dem
Hintrit der H. Märtyrer erzeblet worden: Wie
denn auch ſonſt von den erften Tpriften fehr wenig
Ex
.
Br
be
aufferlicher Dinge anzumerfen ift, die etwa bey
ihren Begräbnifien vorgegangen waͤren. Ihr
Tod war gemeiniglich blutig und gewaltſam, und
ihr Begrabniß ftundgar felten in der andern Chri⸗
ften freyem Willen , fondern ihre Feinde handel-
ten mit den Leichnamen der Ehriften, wie ſie woll⸗
ten; wiewol fiediefes alles nichts achteten, als wir fe-
ben werden. Anlangendaber ven Abichied deren,
die eines natürlichen und nicht gewaltfamen Todes
rben, war derfelbe, weil er im HErrn gefchabe,
dr freudig und voll Glaubens, Geduld und Hoff:
nung. Es fanden jich bey ihnen alle Urſachen der
Freude, und war hingegen nichts, das fie in Anfe-
bung der leiblichen Prise u und Auflofung
bätte jiören iönnen, Denn wenn diefes eıntraf, und
mo die vorhergehenden Abbildungen eines wahren
Chriſten fich Funden, da fennte ja kein anderer als
ein herrlicher Abfchied erfolgen. Sie bereiteten
ſich nicht allein lange zuvor darauf, damit fie vor
dem HErrn in einem lebendigen Glauben an den
Sohn GOttes durch feine ewige Barmherzigkeit
untadelich eriunden, und nicht ins Gerichte gezogen
wouͤrden; fondern fie boffeten und freueten ſich auch
auf ihres Leibes Erlöfung von ganzem Herzen,
Dis war ihre stetige Arbeit, darum wandelten fie
noch auf der Erden, dahin arbeiteten fie auch, daß
ihr Ausgang aus der Welt dem Leibe nach gefegnet
I»
ſeyn möchte, aus welcher fie dem Geiſt nach, als
Pilgrime, laͤngſt gewandert waren. Summa, ſie
hatten nichts von dem auf ihr Todbette verſparet,
was zu ihrem völligen Frieden in und mit GOtt
dienete, darum eileten fie deſto begieriger in feine
Hände, darinnen fie feine Dual anrühren follte;
ſondern fie in diefem Frieden fern möchten.
2. Alfo vedeten nun die Alten felber bievon , tote
ich nur etliche Ausfprüche herfegen will. Nenn
ihnen ein Verfucher oder Feind ihrer Seligkeit den
Tod als bitter vorftellen wollte, war ihre Antwort
mit jenem H. Mann: Sch fürchte mic) vor feis
„nen Schmerzen, denn mein Leib darfnichts mehr,
„als den erften Grad und Anlauf ausftehen: fterbe
„ich aber, o fo ift mir der Tod eine Freude! Denn
„er befördert mich nurdefto eher zu GOtt, dem ich
Ja bier lebe; ich bin fehen guten theils geftorben,
„indem ich fehon lange dazu gefchickt und reif ge»
weſen a). Wer ein wahrer und tapferer Chriſte
„tft, der iſt getroft und freuet fich, wenn er aus dies
„tem Leibe reifen foll, weil er jenes Haus bat, das
„uicht mit Handen gemacht iſt. Und dieſes Haus
„it Die Kraft des Heil. Geiftes , die in ihnen
„wohnet. Wenn nun das irdifche Haus aufge—
„löfer wird, fo fürchten fie fich nicht; weil fie Das
„bimmlifche Haus des Heil. Geifteshaben, und die
„unvergangliche Herrlichkeit, die andem Tage der
»Auferftehung das Haus des Leibes wiederum er=
„neuern und verherrlichen wird; wie der Apoftel
„ſagt: Er wird unfere fterbliche Leiber lebendig
„machen, durch den Heil. Geift, derin uns wohnet.
„AUndabermal: Das teben des HErrn IEſu muß
„in unferm sterblichen Sleifch offenbar werden,„und
f-f.b). Und aus diefen Urfachen fahe man nun
die Chriſten for frölich, ja mit lachendem und fin-
gendem Mund fterben, nicht allein, wenn fie um
Ottes willen umgebracht wurden, fondern auch)
wenn fie ſonſt aufibrem Bette verſchieden. Wie
vondem gottfeligen Antonio ſtehet, daß er unter
andern vor feinem Abfchied diefes geredet: “so
: „bin
a) Gregor. Nazianz. Orat.in land. Bafıl. b) Macarius hom. 5.
x 8
720
„bin gewiß in dem HErrn, daß am Tage der Auf:
„erftehung dieſer teib unverweſet wieder aufitehen
wird. Und weiter forach er: “Gute Macht
„meine Lieben! Denn Untonius reifet nun von
„binnen, und wird in Diefer Welt nicht mehr bey
„euch ſeyn, · Da ihn nun die Umftehenden ge-
kuͤſſet hatten, ſtreckte er feine Fuͤſſe aus, “fahe den
„Tod freudig an, alfo, daß man aus feinem frölis
„chen Gefichte fehen Fonnte, daß Die heiligen Engel
ugegen ſeyn müßten, die feine Seele follten tra=
„gen, Diefe fahe er an als ob er feine beiten Freun-
„de fähe,,, und verfchieb, und ward zufeinen Bäs
tern verfammleg c).
3. Ein gleiches Ende erzehlet man von Uga:
thone, welcher, als ihn die Umftehenden bey feinem
Abfchiede ned) viel fragen wollten,zuißnen fprach
„Erzeiget mir diefe Liebe,und redet nicht weiter mit
„mir, Denn ich bin befchäftiger. Und alſo fchiede
„er mit Freuden von binnen. Denn fie fahen ihn,
„daß er ausgefuͤhret ward, als einer, der feine
„Freunde und Geliebten grüffet,,d). Und von ei-
ner gortfeligen Matron, Marcella, fehreibet einer
diefes: "Sie fehloß-ihre Augen unterden Händen
„ihrer Tochter zu, undgabihren Geift unterihren
„Küffen auf; fielachte, indem die Anmwefenden wei:
„neten, weil fie ein gut Gemiffen bey ihrem guten
„Wandel, und die Hoffnung der Fünftigen Dinge
„batte,e). Und von einer andern, mit Namen
Paula, ruͤhmet er zum Preis der Gnade GOttes
an feinen Glaubigen: “Die Seele fuchte mit grof-
„fen Sreuden fic) von dem Leibe [os zu machen, und
„verwandelte die Angft, die fonft bey dem Tode
„der Menfchen zu ſeyn pfleget, in lauter Lob GOt⸗
„tes, f). Andere Erempel, derer man in grofler
Menge finder, übergehe id) dismal, und berühre
noch, wie fie dieſen ihren feligen Tod Feinen Tod,
fondern einen Schlaf, Hingang, Abſchied und
Aube, und die Gräber Schlaffammern ges
nennet haben g). Welches fie denn abfonder-
lich thaten in Anfehung ihres frölidyen Ausgangs
aus diefem Leben , und dann aus der gewiſſen
Hoffnung, daß fie nimmermehr fterben, fendern
aud) ihre Leiber lebendig wieder befommen wür«
den. Nicht anders als einer, der ſich auf den
6.5. Don dem Privat: und häuslichen Leben der erften Ehriften.
Pi
Schlaf nach langer Abmattung freuet, und dab
weiß, er werde bald wiederum munger werden, und
aufitehen koͤnnen; mie Davon
jeugen h),
4. Auch iftals etwas fonderliches aus der Ge
m der Alten anzumerfen, daß fie den Tag
ihres Abfihieds ihren Geburtstag genennet ha⸗
ben, welcyer Name fürnemlid) von den Maͤrth⸗
tern, und denn aud) von andern wahren Ehriften
üblid) war. Davon einer diefe Urfachen gibt,
wenn er alfo redet: “Wenn ihr von dem Geburts=
„tag der Heiligen Hört; ſo denket nicht, daß der al=
„ſo heiſſe, daran fie auf die Erde nad) dem Fleiſch
„geboren werden, fondern da fie von der Erden
„zum Himmel, von der Arbeit zur Ruhe, von den
„Verſuchungen zum Srieden, von der Dual zu
„ewiger und beftandiger Freude, von dem weltli⸗
„chen Spott zur Krone und Herrlichkeit geboren
„werden. Denn ein Gerechter fange alsbenn erſt
„an zu leben, wenn er gewürdiger wird um CHrifti
„willen zu fterben. ‘Das Leben des Märtyrers
„wird durch Diefen Tod Binüber bracht, nicht aber
„hinweg genommen. Er wird durd) den Tod viel
„herrlicher, weil er deswegen geftorben ift, damit
„er ewiglich lebe,,i). Welches ein anderer Fürzer
darleget: “Der Tagdes Abfchieds wird ein Ges
„burtstag genennt, weil wir von dem Kerfer der
„Sünden befreyet, und zur Freyheit des Erlöfers
„geboren werden, k). Dahero nennten fie nun
folchen Sterbetag einen Triumphtag!) einen
groffen Tag, darandas Ende des Lebens erft
den Unfang sum Lebengibt,u.f.w.m). Womit
fie alfodie Weife der Welt ganz umfehrten,als wel⸗
che den Tag ihrer leiblichen Geburt hoch zu feyern
pfleget. Siefcheueten ſich auchnicht, disfalls ſich
von der Welt abzufondern, und ihr zu fagen, He fie
auch darinne thoͤricht handele, indem fieden Anfang
ihres elenden Lebens mit Freuden und Springen
beeßre, das Ende aber deſſelben beweine und bes
Flage. Drum fagten fie wol rund heraus : “Die
„Sünder allein freuen fich über folche Geburt. Den
„wir finden im A.T.daß Pharao feinenGeburtstag
„init groffer Feyer begangen hat, und im N. rg
x „ro es.
c) Athanaſius in Vitap.ı69. d) Auctor anonymusap. Cotelerium Tom.I. Monum. Eecl.Gr.p.351. €) Hiero-
nymus Epift. 16. ad Princip. f ) Id. Epifl,27.adEuftoch. g) vid. Ambrofius lib. fingularide Bono Mortis et
de locutionibus &ygmavewv ‚unv@r , dormire, quiefcere, paufare Gloflaria Græca et Latina pasfim.
„Athenagoras lib. de Refurr. Mort. Ambrof.l.c. Terrullian. de Anima £. 42. Auguflinus Tract. 49. in loh. et
lib. de Grat. N. T. c.32. Prudentius hymn.I. Cathem. Gregorius Ny/f. Orat. de Refurr, Chr. 3. Chryjofl. Hieron,
aliique. i) Petr. Chryjolog. Serin.129.etı74. k) Ambro[.Serm. de Eufeb. Vercell. 1) Prudenrius hymn.z,
deCoron. m) Maximus Taurinenjis Serm. 1.de Petroet Paulo. Vid. Paulini Nolani in NatalemS.Feliciscar
mina et lapis apud Reineſium Cl. II. infer. 154. ac Not. p. 934. ac tot Homilix Patrumin Natales Martyrum et
Sancierum,
-
*
ihre Erklaͤrungen
*
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„rode ie Heiligen aber feyern nicht allein if»
„ren Geburtstag nicht, fondern, wenn fie von
» Geiſt erfüllet find, verfluchen ſie auch den-
Tag, ob 3,1% Jerem. 4. n). Und
mit diefen und dergieichen Bekenntniſſen fahen fte
fonderlich auf die heydnifche Feuer der Geburts-
„ woran nicht allein denen fürnehmen Leuten
efchmeichelt, fondern aud) den Gößen mehr
als fonft gedienet und geopfert wurde 0). Zuge:
ſchweigen, wie fiedie Zeitmit Freſſen und Saufen,
Tanzen und Springen zubrachten, und wol gar
auch ihrer Götter Geburtstage thörichter Weife
begiengen p).
5. Bey fogeftalten Sachen, und da fie nun alfo
mit Freuden aus der Welt giengen, fragt ſichs fer:
ner, obesdenn möglic) oder nöthig gewefen, dieſel⸗
ben zu betrauren, welche felbft ohne Trauren ver
ſchieden waren. Sie follen uns aber mit ihren ei⸗
enen Worten und Befenntniffen antworten. Da
ke ſich folgender maffen mit beygefigten wichtigen
Urfachen erflärten: “Es laͤſſet ſich diejenige Art
der Ungeduld nichtenefchufdigen , die ſich beyder
„yerlierung der Unfrigen ge ob fie gleid) der
„Schmerz von der je erwandfchaft zu vers
„tbeidigen fcheinet, Denn bier muß man fic)
„mebr nach des Apoftels Ausfpruch achten
M ı Iheff. 4, 13): Betrübet euch nicht über den
„Schlaf einiges, alsdie Heyden, die feine Hoff:
„nung haben. Und diefes billig; denn, glauben
„vie EHrifti Auferftehung, fo glauben wir auch
„Unfere, um welcher willen ja Chriſtus geftorben
‚und auferftanden iſt. Sind wir aberder Aufer⸗
ſtehung der Todten gewiß, fo hoͤret der Schmerz
„wegen des Todes und die Ungeduld dieſes
„Schmerzens zugleich auf. Denn was follte uns
Iſhmerzen, wenn wir glauben, daß die Unſrigen
„iricht verloren find? Wer wollte über dem, der
„eine Zeitlang entzogen wird, ungeduldig feyn, von
„oem wir doc) glauben, daß er wiederfommen
„werde. Was wir vor ein Sterben halten, iſt
„rureineAbreife. Man darfden nicht betrauren,
„oder nurvorangebet q). Solltedas nicht eine boͤ⸗
„fe Siebe zum Verftorbenen feyn, wenn man eine
„elige Seele betrauren wollte? ja, esifteine ſchaͤd⸗
„liche Zuneigung, denjenigen zu beweinen, der ſich
„nun in Gott freuet: Iſts nicht offenbar genug,
„was vor eine groſſe Sündedabey gefcheke, indem
wwir dadurch überzeuget werden, dal wir unfern
»Ölauben nicht treulich bewahren? Man ver:
n) Origenes hom. 8. in Leuit.
6 Eap. Don der erften Ebriften Tod und Begraͤbniß.
*
ya
„wirft hiedurch des Errn Verordnung durch ei⸗
„nen ungehorſamen hum, und ung gefaͤllt
„nicht, was doch GOte gefällt, Vielmehr ges
„büßrt ſichs, dieſe groffe Blindheit zu berveinen ‚die
„man dabey erzeigt r). In dem wahren Glauben
„muß das Herz froͤlich werden, die Traurigkeit
„muß vertrieben ſeyn, und man muß fich fein zu
„dem glaubigen Gehorſam weiſen laffen, damit
„man aus der Zuverficht auf GOtt Freude erlanz
„ge. Laſſet diejenigen weinen, denen Feine Hoff»
„nung mehr uͤbrig iſt, und die feinen Glauben ha«
„ben. O wie naͤrriſch iſt es, nuraufdas Sichtbare
„feben, und an GOtt verzagen, hingegen aufleibs
„liche Dinge trauen! Jene haben ein verfinſtert
„Herz , das ſich nicht will Br laffen ).
6, Weiter mahnten fie auch einander von dent
Trauren nachdrüclich ab, "wenn fich folche Bege⸗
benheiten nach des HErrn Willen ereigneten, da
fie ihre Standhaftigkeit und Geduld erweiſen folls
ten. Da fie, zum Exempel, alſo ſchrieben und rede⸗
ten:“ Ueberwinde die Weichlichkeit deines Herzens,
„fo viel du kannſt, ja mehr als du kannſt, und halte
„die Thraͤnen zuruͤcke, damit die allzugroſſe Liebe
„gegen den Verftorbenen bey unglaubigen Gemite
„thern nicht vor eine Verzagung an GOtt ausge:
„ruffenmwerde. Du kannſt wol nach ihm verlan-
„gen, als nach einem Abivefenden, aber nicht als
„nac) einem Todten, damit man fehe, du habeſt ihn
„nicht ganz verloren, fondern du erwarteft ihn
„wiederum ı). Man kann einer endlich ihre Thräs
„nen wolzugute halten, aber Maaß muß in dem
„Trauren gehalten ſeyn. Wenn man zwar den
„Zuſtand einer Mutter betrachtet, fo tadelt man
„das Trauren nicht: Aber wenn man bedenfer,
„daß es eine Chriſtin undEinfame fen,fo wird durch
„diefe Namen der mütterliche Titul ausgefchlofs
„ten. Warum follte man nicht vielmehr mit Berz
vſtand überwinden koͤnnen, was mit der Zeit doch
»gemildert werden muß u). Es iſt ein groffes
„sobder Demuth, das Virlorne nicht zu verlans
»gen, und zwar, wasvon GOtt dem HEren felbft
»weggenommen ift, er deſſen Willen ja fein
„Blat vom Baum fället x). Es gefchicher auch
„dem Berftorbenen gar Feine Ehre damit, wenn
„man über ihn weinet und beulet, fondern wenn
man über ihn Pfahnen und Sobgefänge finger,
„und feine Gortfeligkeit rüßmen Fanny). Der
„Tod eines wahren Chriften muß nicht mie Heu:
„len und Seufzen, fondern mit ftetigem $oben und
„Dans
y hy y
o) Vid. Chokier Cent.I.Tae Hiſt. c. ı2. Alex. ab Alexandro lib. II.G. D. e. 25. Pol.
Virgilins lib. VI. de Inu. c.7. Cenjorinus de DieNatali et notz in eum Zindenbrogii, tum et Joach. Hildebran-
dusde Natalitiis Vet.S. et prof. p) Terrulliar. de Idol. c. 10. Conf. Chokier l.c. q) Lersullianuslib. de Patient,
€.9,. r) Paulinus Nolanus Panceg. de obitu Celf.
Epift. 25. adPaulam. x) Zersulsanus Exhort, ad Caflit. cap. ı.
r
-
*
s) Id. ibid. t) Hieronymus Epiſt. 3. ad Heliod, u) Idem
y)Chryfoftemus hom, Sı. in Ioh,
a ——
.
722
„Danken gepriefen werden, z). Und was der:
gleichen herzliche und Fraftige Erinnerungen mehr
waren, diefieaus den Grundfäßen des wahren
Chriſtenthums hernahmen, fonderlich von der
noͤthigen Berleugnung ihrer felbit und ihres eige-
nen Willens, von der Verſchmaͤhung der Welt,
von der ftillen Gelaſſenheit in göttlichen Fuͤgun⸗
gen, vonder Hoffnung des Unfichtbaren, und Ver⸗
laſſung alles Irdiſchen, fonderlid) der Berwand-
fen, u ff. Welches alles fi mit dem Trauren
über die Todten nichtreimete, fondern noch unge-
uͤbte Sinne an Tag legte in den Wegen des Frie—
dens.
7. Sie gaben aber diefes nicht etwa allein mit
Worten vor, Daß fie alsdenn weich worden wären,
wenn die Reihe an fie und die Ihrigen Fam; fons
dern fie erzeigten ſich affo in dev That, zur Berwuns
derung ihrer Feinde, die nad) der Natur vonnichts
als Trauren wußten, und diefes vor eine unum«
gängliche Sache hielten, javor eine unausfegliche
Schuldigkeit bey dem Tode ihrer Freunde, Alſo
wird von einem Ehriftlichen ABeibe, Melania, die-
fes erzehlet, wie es auch der Here Tape zueinem
Zeugniß der alten Verleugnung p. 403. heraus:
ſtreichet: “Ihr Mann ftarb ihr, und da er. nod)
„nicht erfaltet war, und noch aufder Bahre ftund,
„verlor fie aud) ihre beyden Söhne. Dennoch
„vergoß fie nicht einen einzigen Zaͤhren daruͤber,
„fondern ftund ganz unbeweglich, warf fic) zu JE⸗
„u Fuͤſſen nieder, und lachteifnan, als wenn fie
„ihn da vor fich hätte, fprach endlich zu ihm: Nun
„will ich dir vecht ohne Hinderniß dienen, o HErr!
„weil du mich-von einer fo groffen Saft befreyet
„haft, a). Dabeyder Mann, fodiefes bezeuget,
weiter faget: Wer die Seinen fo fehr lieber; der
„iſt gegen GOtt unglaubig. Abraham bradıte
„feinen einigen Soßn mit Freuden um, unddu(o
„Ungeduldige,) weineft, wenn eines unter fo vielen
„gekroͤnet wird, (und ſtirbt). So erzeblet ein
anderer bey dem Tode feiner Mutter fehr artig, wie
erfichdaben verhalten habe: „Ich druͤckte ihr Die
„Augen zu, mein Herz abernahm eine groffe Trau-
„rigfeit ein, die fich in Thränenergofle. Doch zo⸗
„gen meine Augen das Waffer wieder zurück auf
„den gewaltigen Befehl meines Herzens, und
„trockneten fid) wieder. Der Knabe aber fieng fehr
„anzu £lagen, fehwiegaber alsbald ftille, daer von
„uns bedeutet wurde. Daben denn aud) in mir
„mein Eindifches Wefen, join Weinen ausbrechen
6.3. Don dem Privat: und häuslichen Leben der erſten FE Fr
“- 7 73 . —— Ge ia
*
„wollte, bezaͤhmet und gefehmeiger ward. D
„wir achteten es nicht vor anftändig, eine fold —
LKeiche mit Klagen und Seufzen — weil
man damit das Elend der — iden beweinet,
„oder als wenn es ganz aus mit ihnen wäre. Sie
„aber war ja weder elendiglich geſtorben, noch
„auch gar geſtorben. Welches wir denn aus ih⸗
„rem gottſeligen Wandel und ungefaͤrbten Glau⸗
„ben, wie auch aus andern gewiſſen Gruͤnden wu
„ten; b). Noch ein anderer frommer Mann be
Fennet, als er den Tod eines treflichen Lehrers er⸗
fahren, habe er zwar zuerft fehr geweinet; aber
„er wußte doch, daß foein Mann nicht zu betraus
„ten fey, dem nach Heberwindung der Weltnun
„endlich die Krone der Gerechtigkeit gegeben wor⸗
„den fen. Dabey gefteher erdoch feine Schwach
heit, daßer nochnicht fo mächtig über fich fen, und
feinen Schmerzen bezwingen Fönne c). Er ge-
denket auch von den andern Ehriften, “daß fie ſich
„gefchämet über ihn zu weinen, weilte gewußt, daß
„man fich vielmehr freuen müffe über den, welchen
„der HErr bereits in feinem Schos hege. Dahe⸗
„ro hätten fie unter einer heiligen Freude ihren
„Schmerzen bedecket, indem der Glaube ihnen
„das Weinen verboten, die Liebe aber ifnen zum
„wenigſten ein Seufzen ausgepreffet habe, _ Ih—
„te Sreude über feiner Verherrlichung wäre fo hei⸗
„ig gewefen, als ihre liebesvolle Beftürzung
„über feinenTod. So habe man endlich den Wei:
„nenden woldiefes zugute halten Fünnen, und mit
„ven Froͤlichen fid) freuen d). :
8. Ja, fie unterlieffen nicht allein durch die Kraft
GOttes das Trauren und Weinen nach dem Tode
der Ihrigen, fondern der GOtt der Hoffnung er⸗
füllete fie au) wol dabey mit fonderbarer Freude,
Und je närrifcher dieſes der thörichten Vernunft
vorfam, wenn fieda lachten und jubilirten, wo an=
dere weinen und heulen; jegetrofter folgten fiedem
freudigen Geift auch hierinne. Alſo zeugete von
dem Hintrit der H. Pauls ein gewiffer Mann die⸗
fes: “Da hörteman fein Heulen oder Klagen, wie
„es unter den Weltleuten zugehet, fondern man
„fienge haufenweiſe Pfalmen und Lobgefänge zu
„fingen an, e). Und von eines andern Chen
Tode ſtehet: "Die Brüder freueten fic) vielmehr,
„als daß fie hätten geide tragen follen, weil fie wuß⸗
„ten, daß er zu einer folchen Herrlichkeit fäme,, f).
Auch wird von einer Frauen erzehlet, wie fie bey
der Seichenbeftattung ihres einigen Soßnes fich H
N)
" 2) Auguflinus Serm. ıgı. de Temp. Conf. omnino Gregorii Nyffeni Oratio de Dormientibus. a) Hieronymus
Epift. 25. b) Augufinus lib. IX. Conf. c. ı2. eX Sulpitius Seuerus Epift. 2. ad Aurel. d) Ibid. Epiſt. 3.ad
Baſſul. €) Meron. Epift. 27. ad Euftoch, f) Ada Fruftuoß ap. Baronium A. CCLXU. n, 62,
%
a, RR
fo bezeige
gen, un b,
-aud), wie wir bald ſehen werden, ihre Lieder al-
——— waren, daß ſie die Herzen zur Freude
ermuntern ſollten, wenn ſie davon ſchtieben: “Wir
„begehen das Gedächtniß der Berftorbenen nicht
mit Trauren , fondern feyerlich und frölich, in-
„den wir GOtt Dan fagen, der fie gewuͤrdiget
„dat, in wahrem Glauben abzuſcheiden, h).
Öleichtwie auch in einer folchen gemeinen Befchrei-
bung der Ehriftlichen Begräbniß gefaget wird:
„Die Berwandtendes Berftorbenen willen, daß
merfelig fey, und nun nach Wunſch das Ende fei:
„nes Sieges erlanger habe. Daher fagen fie dem
„Urheber di ieges mit Me Danf, und
„ chen ihnen felbit eine gleiche Nube,, i). Und
anderswo: Welche durd) göftlihen Nuf aus
„dieſem Seben fcheiden, follennur mie Pfalmen und
„Gefangen zum Grabe gebracht werden. Es ift
genug/ daß denen Leichnamen der Chriften zu
»Dienft inder Hoffnung ihrer Auferftehung heili⸗
„ge Öefänge gefungen werden. Denn der Apoftel
„verbeut ung, die Todten zu betrauren, wenn er
„ſpricht: Won denen aber , die da fchlafen, u. ſ. f.
1 Theff.a. Undder HErr hat den Lazarum nicht
„beweinet, weil er geftorben war, fondern weil er
„wieder zu den Elend dieſes Lebens follte erwecket
„werden, Und wenn diefes ein Lehrer bey allen
„Chriſten verhindern Fann, fo mag ers nicht unter»
„laſſen. Bey gottfeligen Ehriften muß es zum
„wenigſten nicht anders zugeben k):
9. indem Brent dieftarfen Chriſten, die ob»
nedem durch viele und groſſe Truͤbſalen wohl geuͤbet
und gleichfam abgebärtet waren, alfo nad) den
Regein eines wahren Chriſtenthums bezeigten,
attendie Schtwächern mit ihrer Natur defto ernft:
—* zu kaͤmpfen, damit ſie nicht in Trauren
und Klagen bey ſolchen Schickungen ihres GOt—
tes ausbrachen. Denn fie hatten zu beforgen,
daß fie damit nicht allein denen Unglaubigen zu
Spott und täftern Anlaß ‚ fondern auch denen an»
dern Aergerniß geben moͤchken. Demnach waren
fie, wenn fie weineten, als weineten fienicht, ı Cor.
7,29. und mußten ihre weiche Sinnen nad) und
nach durch ernitliche Llebungeben bey ſolcher Gele:
genheit zu stärken. „Dieſe Ungeduld (des Traus
„rensund Klagens, fprachen fie,) erwecket nur den
Argwohn von unferer Hoffnung, und beweifer
|
723
„unfern Glauben ſehr fehlecht. Wir treten auch
„CHriſto viel zu nahe, wenn wir dic, fo er zu fich ge⸗
„ruffen, ungeduldigbetrauren, alsch fie Mitleis
„dens werth wären. Der Apoftel fagt (Phil. r.
„i3. ): Ich begchre aufgenommen und bay EHriſto
„u ſeyn. Wie einen herrlichen Wunſch der Chris
„‚ftenzeiget er uns in diefen Worten! Ya, es wiir
„de folgen, daß wir felbft Diefen Wunſch niche zu
„genieſſen verlangten, wenn wir ungeduldig dara
„über Leid trügen, daß ihn andere erlanget haben,,
). Dabero, wenn fie nun etwa alfo von den Ge⸗
mürhsbervegungen überfallen wurden, fo ges
ftunden fie ihre Schwachheit inDemurb, befannten
auchgargerne, daß es nach des HErrn Willen un:
ter Chriften alfo ſeyn müffe, Der Apoftel ( hieſſe
„es da,) verbeut mir zu trauren: Ich ſoll mich freu⸗
„en und froͤlich ſeyn, daß er hinweg geriſſen iſt.
„Aber wenn ich gleich nicht will, und dawider
„ſtrebe, ſo brechen mirdie Thränen aus, undder
„Affect macher das Herz meich, eben indem ich
„mir vorneßme, und die Hoffnung der Auferſte⸗
„bung betrachte, m). Alsdenn aber gieng ihnen
der Tod des andern tief zu Herzen, wenn fiean ſei⸗
ner Seligfeit aus gewiſſen Kennzeichen zweifeln
mußten. Drum ſagten ſie: Wenn ein Sünder
„ſtirbt, der GOtt fo oft beleidiger hat , den follman
„beweinen, oder vielmehr auch diefen nicht, denn es
„hilft ihm doch nichts n),
10. m übrigen aber verwieſen die Verſtaͤndi⸗
gen denen andern oft ihr unanftändixes Trauren
und Klagen: Wennden Seutenein Kind, Weib
„oder Mann ftirbt, fo wollen fie gleich in die Erde
„ſinken, vaufen ſich die Haare aus dem Kopfe,
„ſchlagen an ihre Bruſt, liegen lange Zeit in Traus
„ren, Weinen und Klagen. Aber affet ung, lie-
„ben Brüder, vielmehr bitten, daß wirs fo mit uns
„tern Seelen mächen, wie die Welt über einem
„fremden Fleiſchthut. Sehet, wie uͤbel es gethan
„fen, wenn man das beweinet, was wir nicht wies
„der erwecken koͤnnen, und doch die Seele nicht
„beweinet. Drum laflec uns vielmehr umkeh⸗
„ren, und den HErrn mehr lieben als den Knecht,
„den Schöpfer mehr, als deffen Gemaͤchte, den
„leib 0), Sprichſt du, wer mich ſehen wird, ( daß
„ich nice traure,) der wird mich auslachen? Was
„its mehr? Laß fie lachen, der Marren Urtheit
„muß man nicht achten, hingegen werden fich viel
„über dich verwundern und der Chriſtlichen ehre
„folgen. Denn das ift ja nicht lachenswerth,
Dyyya „fone
8) Gregor. Nar. in Fun. Cxfar. h) Balfsmon Schol. ad c. 106. Cod. Ecclef. Afric. i) Dienyfus Hier. Eccl.
cvit. kl) Coneil, Toletan, III. c. 22.
l) Terrull. de Pat. c. 1.
m) Hieren. Epilt. 3, ad Heliod. n) Chryjofl.
hom. 41. in Ich, 0) Auguflin. derm. 4ı. de Sandtis,
Bj
’»
ee
724
„ fondern vielmehrdas, wasman insgemein thut,
„daß man heult und ſchreyt, und ſich faft mit den
„Todten zugleich begrabt; das ıft Lachens und
„Strafens werth. Hingegen werden fich die
„Leute wundern und fagen: &! wie groß iſt die
Macht des Gekreuzigten? Er hat den Sterben-
„den gezeiget, wie ihr Tod fein Tod fen! Denn fie
„bezeigen fich dabey nicht fo, als wenn fieverdür-
„ben, fondern als wenn fie an einen beffern Ort kaͤ⸗
„men, p). Siegeftunden aud) denen nicht, Die
ſich mit dem Exempel Apoft. Gefch. 8,2. ent ſchul⸗
digten, daß die Juͤnger über Stephani Tod gemwei-
net und getrauret haben, ſondern, daß ſie nur die
Leiche beſchickt gehabt q). Wie fie denn auch
keine ſchwarze oder andere Trauerkleider zuließ
fen, eben aus den Urſachen, weil man über Chri-
ſten nicht trauren muͤſſe. “Man muß da nicht
„Ichwarze Kleider anlegen, wenn die Berfihiedenen
„dort ſchon weiſſe Kleider angezogen haben, r).
Denn dis war eine heydniſche Weife, welche die
wahren Chriftennicht, aber wol die Heuchler und
Gortlofen, nachthun koͤnnten, die entweder Feine
oder fehr fehlechte oder zweifelhafte Hoffnung von
ihrer und der Ihrigen Seligkeit hätten. Viel we⸗
niger beftimmten fie ein ganzes Trauerjahr dazu,
und mußten von allen folchen Zeichen des Unglau⸗
bens und des Zweifels nichts, fondern alle dieſe Ge:
wohnheiten fchlichen fi) nah und nad) unter die
verfallenden Ehriften aus dem Heydenthum mit
eins). Dahero man nachgehends einige Merfmah:
levondem Trauren in fehwarzen Kleiderin ı) und
von dem Trauerjahr findet u); bey den erjten
Ehriften aber nichtsdergleichen fehen Fann.
ır. Dieweil aber aus den vorgebrachten Be—
kenntniſſen der Alten Elarift, daß fieden Tod fo be-
ftändig verfehmäßet gehabt; fo it audy ferner.
nicht zu vermuthen, ja vielmehr aus ihren Flaren
Worten und Werfen zu erfehen, daß fie die Be—
ftattung und DVerforgung ihres Leichnams nicht
groß geachtet Haben. Zwar vermwurfen fie eben
diefes als eine Wohlthat nicht, wenn ihr Körper
etwa von gutherzigen Leuten aus guter Meynung
beſchicket wurde, welches von den liebreichen Ehri-
ſten, fonderlid) unter der Berfolgung gegen Die
Märtyrer,gerne geſchah, als wir im 3. Bud)
bey ihrer Mildigkeit gehoͤret. Alleine, daß fie hät-
ten follen ängftiglich darum thun und Elagen , wenn
m.
6.3. Don dem Privat: und häuslichen eben der erſten Ehrifte
n.
ſie gar kein oder ein ſchlecht Be ıgewarten
hatten, iſt von ihrem laufern Sinn nicht zu geden⸗
fen, in welchem fie ifre Ehreund andere Bequeme
lichEeit vor und nad) dem Tod in Gehorfam des
Glaubens verleugnet hatten. Daraus entjtun«
den nun dieſe Bekenntniſſe: “Wer wollte mich nicht
„vor Eleinmürhig und zaghaft halten, wenn ich
„darum Sorge trüge, ob auch meinteib werdein
„ein marmelfteinern Grab fommen, oder ob. ich
„iur ein gemein Begrabnißerhalten würde, oder
„auch ob ichden wilden Thieren, den Raubvoͤgeln
„und ven Hunden, zutbeile werde. Aber wems
„gefällt, der laffe ihn gleich das Feuer verzehren, er
„ſtreue die Afchen indie Luft, oder werfe den Leich⸗
„nam auf den Fels, laffe ihn im Regen oder in
„den Slüffen verfaulen! Ich werde doch nicheder
„einzigefeyn, derdenen Augen GOttes entgehen
„oder aus einem fo groffen Haufen übrig bleiben
„wird, wenn alle Menſchen vor den ewigen Rich⸗
„ter kommen werden,, x). Jene gottfelige Chris
ftin verwiefe ihren Freunden nachdruͤcklich, daß
fie ihr Mißfallen bezeuget Hatten, daß fie nicht
in ihren Vaterlande fterben Fönnte, und ſprach:
„Leget diefen Leib, wohin ihr wollet, die Sorg-
„falt für denfelben müffe euch garnicht irre mas
„chen: Gedenket nur meiner vor dem HErrn,
„wo Ihr ſeyn werdet, y): Welches fie ihnen denn
weitläuftig und gründlich erklärte. Dahero auch
ihr Sohn fich diefer ihrer legten Worte mit Freu—
den erinnerte, *Da der Tag ihrer Auflöfung r⸗
„annahete, Dachte fie nicht daran, wie ihr Leib moͤch⸗
„te Föftlich gekleidet oder balfamiret werden, fie
„verlangte Fein erwähltes Grabmahl, forgte aud)
„nicht ob fie in ihrem Baterlande möchte begraben
„werden. Mein, Feines hat fieung befohlen, fon-
„dern nur ihr Andenfen vor dem Altar des
„HEren, dem fieohn Unterlaßgedienet hatte z).
12. Wann diefe Erklärung gleich fonft nicht
ihres Chriſtenthums wegen noͤthig gewefen wäre,
hätten fie diefelbe doch um der Feinde willen thun
müffen, weiche darunter ifnen groffen Verdruß
zu thun fuchten, wenn fie die verftorbenen Chri⸗
ſten entweder gar nichtz oder doch unter den Gal⸗
gen und auffer ihren geröhnlichen Grabftellen
begrabenlieffen. Denn obgleid) diefe Graufam-
feit fo gar auch der Natur zumider war, fo ach»
teten doch auch diefes wahre Ehriften nicht. ai F
klag⸗
"p)Chryff. hom. 84. in Toh. q) Hieron. in h. L Iaudatus ab Yrb. RegioLoe. Th. p. 77. r) Cyprianus de Mortalit
fine.
s) Vid. Decretum Ordinis Pifani ap. Reinefium Cl. VII. n. 13. In. Pauluslib. I. Recept.Sent,2r.c.3.et _
omnino Pol. Virgilius lib. VI.c.9. Alex. ab Alexandrolib. III. c. 7. Kirchmannus de Fun. Rom. p. 123. Phil. Ca-
roli Animadu. VII. in Curt. p.617. P. Faber lib. I. Semeftr.c. 2. Briffonius lib. IL. For.p.260. t) Vid. Chryfoß,
ad Viduam Iun. Tom.V. u)Sidonius Apollinaris lib. IV. ep. 24. Peerus Penerabilislib. V.ep. 16. vbi vid. Sana.
roinNot. p.295. X) Gregor. Naz, Carın. 21. ad feipfum. y) Augufin.lib. IX. Conf.c.ı1. 2) Ibid.c. 12.
*
or der Obrigkeit daruͤber, aber be—
doch dabey auch hierinnen ihre Geduld.
Maͤrtyrer in Frankreich fehrieben alfo davon
1 ihren Briefen: “Etliche knirſchten noch mit
„den Be über den todten Chriſten, und hät-
zten fe gern noch mehr und feharfer gepeiniger.
„Sie flreueten die Afche von ihren verbrannten
„Körpern in den Rhodanum, und thaͤten, als wenn
oje mächtiger als GOtt wären, und ihnen die
„Auferftehung beneh) fönnten,, a). Und ein
anderer gedenfet aud) an “Das Thier zer⸗
„bricht nicht allein fieder der Menfchen, fon
„dern zermalmet auch ihre Gebeine, und wuͤtet
„gegen die Afche felbftzdamit Fein Ort der Begraͤb⸗
„ig dafen. Eben als wenn die Bekenner ÖOt-
„tes Diefes verlangeten, daß man zu ihren Graͤ—⸗
„bern Fame, und nicht vielmehr, daß fte felbft zu
Gott kommen mögen. Was ijt das vor eine
Raſerey, daß man den tebendigen die freye Luft,
„den Todten die Erde nicyt vergönnet,, b). Wel-
de Graufamfeit fonderlidy dem Tyrannen Dio-
eletians nachgefchrieben wird e), und nachgeberids
denen, welche bey dem vermwirrten Zuftand der
Gemeinen die Rechtglaubigen als Ketzer verfolg⸗
ten. Wie denn von den Zeiten des Kayſers Da-
lentis ſtehet “Daß die Glaubigen nicht einmal
„ihre Leichen frey haben begraben dürfen,, d). Da:
gegen num wahre Chriſten die vorgedachte Reſo—
lution faffeten, und fich durch folche Beraubung
der Begräbniß von ihrem Kampf wider die Bos:
baftigen nicht abhalten lieffen. ben wie die
Zeugen der Wahrheit unter dem Römifchen Anti-
chriſt diefes vor gar Feine Strafe oder Plage an-
nahmen, wenn fie ihre Feinde nicht auf ihre foge-
nannten GOttesäcker wollten begraben laſſen:
MWeldhs auch die würende Cleriſey fehr ſchmerze—
te, daß die vermennten KReßer auch nach diefer
Kirchenzuche nichts mehr fragten. Dannenhero
dieſes —* Klage war: “Sie fragten nichts nad)
„rem Vegrabniß der Kirchen, ja fie wollten lieber
„auf dem Felde als auf dem Gortrsacker liegen,
„wenn ſie fich vor der Kirche nicht fürchteten. Da
„doch Stephanum gottesfürdytige Männer be»
„aruben, und die heiligen Väter fich an Beiligen
„Oertern haben begraben laffen. Die Gelegenheit
- Ba fenn, weilvon allen Geld gefodert wird, auch
denen Kindern, u. ſ. f. e).
13. Da alſo dieſes alles von dem Sinn der er—
ften Ehriften feſte geſetzet ft, und uns ihre Mey—
nung davon Elar vor Augen liegt; wird ung zu—
gleich offenbar, wie fie die vielen Ceremonien niche
eachtet, wann fie ja ihre Leichen ungehindert be=
—* konnten. Der Hr. Cave ſchreibet zwar den
erſten Chriſten zu, daß fie ihre ſonderbare KLebe auch
in der Sorgfalt vor ihre Todten ſehen laſſen, als
welche ſie auch wol mit fuͤrtreflichen Begraͤbniſſen
beehret haͤtten im 2. Cap. des letzten Theils p. 651.
Er ſuchet aber die Urſache blos in der Natur und
Gewohnheit der Voͤlker, daher alsbald ſtillſchwei⸗
gend geſtanden wird, daß dieſes keine ſonderbare
tiebe geweſen, indem die aͤrgſten Heyden dieſes
alles auch, und noch viel ein mehrers gethan has
ben, Die Worte Tertulliani, dadie Begraͤbniß
ein pars pieratis genennet wird, find nicht von der
Botteefurcht, fondern von der natürlichen Liebe
und Berbindung zu überfegen, twiediefer Gebrauch
des lateinifchen Worts mehrals zu befannt ift f).
Er muß auch endlich felbft geſtehen, daß fie fich aller
Koftbarfeie und Pracht enthalten haben, ob fie
gleich die Leichen oft mit vielen Specereyen balſa⸗
miret p. 654. Wie weit fie aber einen Troftaus
ihren ungehinderten Begräbniffen gefchörfer, iſt
aus dem ır. und 12. $. nach der Wahrheit zu ent
fheiden. Ferner gedenfet er von denen Zeiten,
darinnen die Kirche (nach) feiner Meynung) ein.
bißgen beffer in Ordnung gebracht worden, (oder
vielmehr nach der offenbaren Wahrbrit in die
ſchrecklichſte Unordnung,) daß von den Kayfern in
die 19 bis u hundert Todtengraber bejteller wor=
den; woraus man die Neligiofirät der damaligen
Epriften ſchlieſſen will. Geſtalt auch dahero die
Todtengraber mit unter die Geſſtlichkeit tollen
gerechnet fern, weil die Beerdigung vor ein Stück
der Frömmigkeit und Religion gehalten worden,
ungeachtet Diefe VBerrichtungen auch wol der gott⸗
loſeſte Heuchler hat thun Fönnen, zumal wenn es
ihm vor eine Froͤmmigkeit paßivet worden. Was
er endlich p. 658. u. f. von den weitläuftigen, koſt⸗
baren und wunderfamen Begräbniiörtern erzeh⸗
let, ift noch nicht von allem Zweifel befreyet.
Angefehen Eluge Scribenten die Erzehlung des
ſehr ungewiſſen Baronii von den prächtigen uns
terivdifchen Hölen zu Rom nicht fo fehlechehin
annehmen 2). Es verrärh ſich auch ver Bes
trug gleich felber, wenn erfeine Bilder darbeymit
anbringen will, und fpricht, die erſten Chriſten hät-
ten fie ſchon in die Derter ihrer heiligen Zuſammen⸗
fünften aufgeſtellet; welches der Hr. Cave ſelbſt
etlihemal von den erften Ehriften insgemein
leugnet.
Vyyy3 14: Wie
a) Apud Eufebiumlib.V.c.1. b)Ladantinslib.V.c.ı. ©) Enufebiuslib. VITI.c.9. d) Rufmuslib.IL,c. 6. e)In
Catalog. Tefl, Verit.p.753. f) Tertullianus de Animac.st. g)Vid. Panhemius Introd. H.E.
||
nn «—
726 6. B. Don dem Privat- und häuslichen Leben der erſten Chriſten.
14. Wie aber nun von den erften Zeiten Fein be-
ftändiger Beweis von prächtiger Leichenbeſtat⸗
fung zu finden ift: Alfo geben hingegen alle Um⸗
ftände, daß die Heiligen ihren obgedachten Worten
gemäs fich in allem demüthig, fparfam und beſchei⸗
den hierbey bewieſen. Bleibet es alſo bey der Ver⸗
ſtaͤndigen Ausſpruch, “daß die Epriften im Anfang
„ihre Leichen nur mit Erde ſchlechthin zugefcharret,
„und gar fein teichengepränge dabey gehabt, weil
„richt wahrfcheinlich fey, daß die Ehriften der
„heydniſchen Weiſe hierinnen nachgefolget feyn
„jollten,, b). Diefes ift fo gewiß, Daß auch her»
nad) unter den einreiſſenden heydniſchen Gewohn⸗
heiten die, ſo noch die alte Einfalt liebten, nicht an⸗
ders davon oͤffentlich lehrten. Wir wollen nur
unter fo vielen einen einzigen davon Hören.
„Wenn du höreft, (fpricht er zu feinen Zußörern,)
„daß unfer HErr blos erſtanden fey, fo unterlaffe
„doch die thörichten Unkoſten der Leichbeftattung.
„Was foll diefer überflüßige Aufgang, der Dir
„ein geoffer Schade, den Todten auch nichts nuͤtze
zilt? Denn ein Foftbares Begraͤbniß iſt oft Ur⸗
„fache, daß die Diebe die zeichen ausgraben.
„Spricht du, warum hat mans denn an Chriſto
„gerhan ? Vergleiche ja dieſes nicht mit den menſch⸗
„lichen Dingen, überdas gefchahe es von den Un»
„toiffenden um der Auferftehung willen ; darum ſe⸗
net erdarzu : Wie die Juͤden pflegen zu begraben.
„Denn esthatens ja nicht die Zwolfe, fondern Die,
„fo JEſum nicht eben in Ehren gehalten haben.
„Spricht du weiter, die Liebe und der Schmerz
züber den Berſtorbenen bringen mic) dazu; fo
„wilfe, daß diefes feine Siebe, fondern ein eiteler
„Ehrgeiz fey. Willt du aber Liebe üben, fo will ich
„dir fagen, wie du die Leiche recht beehren ſollſt.
„Diefes Kleid werden die Motten nicht freflen,
„noch die Diebe darnach graben, nemlich die Al:
„mofen, welche mit ihm auferftehen werben. Sch
„verbiete aber die Begraͤbniſſe damit nicht, ſon⸗
„dern ich will nur Magß gehalten wiſſen, und den
„seib bedeckt, nicht aber bios begraben, Denn
„wenn denen Lebendigen befohlen wird, daß fie
„über ein Kleid nichts mehr haben follten, wie
vielmehr den Todten? u. f. fi).
15. Diefem nad) enthalte ic) mich mit Fleiß, die
Ceremonien und Gebräuche nad) einander weit-
fäuftig zu erzeblen, welche nach und nach bey den
seichbeftattungen der Chriſten auffommen ſeyn.
Die Gelehrten haben hievon ganze Bücher, und
h) Centuriat. Magdeburg. Cent. IE. c. VII. p. 91.
1) Auguftinuslib. IX. Conf. c. 12» m) Hieronymmns Ep. 27.
denen übrigen wird dergleichen genau zu
wenig oder nichts dienen. Daß ich alfo nu
etlichen Worten von einigen merkwürdigen Um⸗
ftänden gedenken will, Das Bingen, fo fie bey
den Leichen etwa gehabt, rechnet der Hr. Cave p.
578. billig vor ein Zeichen ver erlangt uhe
und Belohnung bey den ſeligen Verſtorbenen.
Dergleichen Lieder waren nun unter ande nd
Palmen: Sep nun wieder zufrieden mei
Seele, Pf. 116, 7. Ich fürchte Fein Ungluͤck,
denndu, HErr, bift bey inir, Pf. 23,4. Du
bift mein Schug und Zuflucht in meiner
Noth, Pf. 59, 17. k). Man ſiehet aber, daß
diefe Keder nicht aus Ge
worden, indern die Anmefenden ofte gleich nach.
dem Abfchied zu fingen angefangen, wie fie etwa
ihre Andacht gefrieben, Als etwa bey dem Tod.
jener Chriſtin gefchahe, “da ein Chriſte gleich nach
„ihrem Abſchied den Pfalter ergrif, und einen
„Pfalm daraus zu fingen anfieng, dem dasganze
„Haus antwortete: HErr, ich will von deiner
„Barmherzigkeit und von deinem Gerichtfingen!
„Darauf auch viele andere dazu gefommen, und
„mitgefungen, ). Bey einem andern ſolchen
Chriſtlichen Tode wird gedacht, daß man da fein
en oder Weinen gehöret habe, wie unter den
Weltleuten, fondern einen Haufen Pfalmen
„von unterfchiedlichen Zungen. Dabey er wei⸗
ter die Leichbeftattung alfo befchreibet: “Die Lei⸗
„che wurde von den Kirchendienern hinaus ges
„fragen, andere trugen Fackeln vorher, dabey was
„ren fingende Chöre. Die Pfalmen wurden in
„ebräifcher, griechifcher und lateinifcher Spras
„sche gefungen, und nicht allein damals, fondern'
„die ganze Woche durd),, m), Die Abficht ſol⸗
ches Singens war über vorgedadhte, daß fie
auch den HErrn über die Abforderung der Todten
preifeten, und recht frölich unter einander dabey
waren, als wir ſchon oben im 8. $. gehöre, Wer
dabey traurig feyn wollte, dem redeten fie alſo zu:
„Das Singen der Pfalmen, das Gebet, die Zus
„fanmenfunft der Väter, die Menge der Brüder
muͤſſen dich beſchaͤmen, wenn du traureft, Du
Ffolgeſt ja der Seiche nicht deswegen, Daß du heu⸗
„left und weineft, und ungeduldig feyft, fondern,
„daß du GOtt Dank fageft, der ihn aufgenommen
„bat. Denn wie man der neuerwählten Obrigkeit
gluͤckwuͤnſchend zuruffet, alfo fragen wir Die ver-
„blichenen Heiligen mit guten Wünfchen hinaus,
„roeil fie zugröfferen Ehren gefkiegen find n). q {
16, Ja
d
“
i) Chryfß.hom.$4.in Ioh. k) Chryfoftomus hom. 4. ad Ebr, _
n) Chryfofl. inı The. IV. 13. Tom. IV.
wohnheit fo abgefungen:
} -
z
2
“ 6.Cap. Don de
16. Ja fie fungen wol gar bey den tei ittun⸗
gen m Halleluja, daß es in der Luft
‚erfchallete 0). Denn “fie hielten diefen Hingang
„gar vor Feinen Tod, indem sie ihn fo frölich be:
— nnd nenneten das Leichbegraͤbniß eine
„Boranfchicfung,, (Toumiv, Pompam) p). Ne⸗
ben diefen Gefangen aber pflegten fie auch biewei-
den aus der heiligen Schrift etwas zu leſen, das
von der Auferftehung der Todten oder andern der»
gleichen Materien handelte. In welchen Berbeif-
fungen, wie fie unter den Chriſten gelefen und ge:
füngen worden, fie ihnen etwa die felige Ruhe vor:
legten und erklärten, welche den Glaubigen wieder:
fahrer. Davon ein alter Scribent fager: “Das
„sefen und Singen folcher Verheiſſungen (bey der
„Deftattung der Chriſten) zeiget uns den feligen
Frieden darein Diejenigen ewiglich verfeßet wer-
„den, welche einen göttlichen Ausgang erlanger
„baben. Diefes Leſen und Singen untfafler
gleichſam den Berftorbenen, und nimmt ihn auf.
Denen Sebendigen aber iftes eine Ermahnung zu
„einem gleichen Hingang» q). Diefes war faft
alle ihre Vorrichtung, ß fie auch nach der Zeit
bey ihren Begräbniflen hatten, Obne daß fie nach
Gurbefinden zuweilen den Verſtorbenen vor der
Gemeine, nach denen an ihm befundenen Gaben
der göttlichen Gnade, loberen und zur Nachfolge
daritelleten; nicht aber, wie in dem verderbten
Chriſtenthum die verderbliche Gewohnheit einriſ⸗
e / daß die Kirchendiener um fchändlichen Gewinns,
bre und Gunft willen, die Borftorbenen, ohne
Unterſcheid und Abficht auf die Wahrheit und ihr
geführtes teben, heraus ftrichen. Davon fehen
der Heil. Zieronymus dergeftalt Flaget: “Die
Aufſeher haben in der Kirche Gewalt bekom—
„men, aber fie ärgern diejenigen mehr, die fie leh—
„ren und zu beffern Dingen anführen follten. Die:
„fe lobet man nach ihrem Tode in der Gemeine,
„und fie werden entweder von ihren Nachfolgern
„oder von dem Volke öffentlich felig gepriefen in
„denen Dingen, darinnen fie doch nicht recht ges
„than haben. Und das ijt audy eitel, weil fie
„nicht alsbald in ihren Sünden geftraft werden,
„Inden fich Feiner unterftehet, die Groſſen zu be:
„Shuldigen, r). - Woraus die augenfcheinliche
Verderbniß auch in diefem fehmeichelnden $ob der
Beritorbenen Flar ift, welches nach, und nach im-
mer mehr bey denen fogenannten Bedächtniß-und
Reichenprediaten überhand nahm, die ein Theolo: «
gus deswegen Luͤgenpredigten zu nennen pflegt.
0) HieronymusEpift.30. p) Chryfofl.hom. 14. in ı Tim.
inEccl.9. #) Fortunatuslib VII. de Incertit. Glor, Hom.
nyfinsl.c. x) Bafılins M.Orat, de Gordio Mart,
en Ehriften Tod und Begraͤbniß.
nu 4 De Er
727
17. Anders waren die demuͤthigen und eins
faltigen Ehriften gefinnet, welche zwar das Eude
ihrer Brüder, und fonderlich ihrer Lehrer, gerne ans
fehaueten, und in ifrem Glauben nachfolgeten,
aber von aller Ruhmraͤthigkeit und verkehrten Lob⸗
reden waren fieferne. Sie erkannten wohl, daß
das Gedaͤchtniß der Frommen im Segen bliebe,
und gleichfam aus ihrem Grabe nod) ein lieblicyer
Geruch von den Kräften ihres Glaubens aufitiege
9. Aber fie fuchten dabey lauterlich den Preis
ihres Schöpfers und die Stärkung der Brüder.
Die blinden Heyden fuchten darinnen ihre Ber:
gnügung, Ehre und Hoffnung, daß fie ihre Tod»
ten gewaltig und meiltens wider die Wahrheit
beraus ſtrichen. Diefen folgten nachmals die
falfchen Lehrer in dem — — Chriſtenthum
nach, wenn fie in ihren Leichenpredigten (mie ein
„gelehrter Mann redet,) die Ohren zwar fülleten,
„aber die Beutel leer machten. Dieſe (mie er
„rertfährer,) haben nicht den geringften Rang
„unter Denen zamnAevssı, oder verfälfchenden
„KRrämern des Worts, 2 Cor. 2, ı7. welche In den
„seichpredigten der Reichen aus Gewinnſucht Die
„evangelifchen Terte ganz heuchleriſch abhandeln,
„Eine Leichpredigt ift ein gewinnfüchtiges Wein—
„ſchenken, und der Prediger treiber als ein folcher
„Schenke auf der Canzel feine Krämeren, als in
„einem Schenfhaus oder Krambude, !), Die
Meynung aber der Alten wird aus diefen Wor—
ten erbellen: “Der Diener gibt dem Verſtorbe—
„nen fein Lob, damit die, fo die Belohnungen der
„Heiligen aus der Schrift preifen hören, und wie
„der felig Berftorbene nun ein Mitgenofle diefer
„Heiligen fen, auch zu gleichem Verlangen erwe—
net werden, indem fie vernehmen, wie felig es
„fen, in Chriſto zu fterben u),
18. Dis war nun die Hauptabficht, wenn fie
entweder in der Gemeine oder fonften dieſer und
jener Tugend ihrer verfchiedenen Brüder oder
Schweſtern gedachten, nemlich, nächit dem Lobe
ihres gemeinen Vaters, die Reizung ihrer aller
zur feligen Nachfolge." Es ift (fprachen fie,) jenen zu
„ihrer Herrlichkeit gar nichts nüge, fondern das
„Andenken ift uns noch tebenden zur Nachfolge
„nöthigx). Wenn wir das Leben derer, die in der
„Gottſeligkeit verharret find, erzehlen, fo preifen
„mir erftlich den HErrn durch feine Knechte, die
„Gerechten ruͤhmen wir durch ihr eigenes Zeugniß,
„mas wir von ihnen wiſſen, das Bolf aber erfreuen
„wir
q) Dionyfius Hier. Ecel. c. vlt.
Hier, ! r) Hieronymus Comın,
6) ,C. Dieseriens Antiquit, N. T. p. 417. u) Die-
a
723
„wir durch die Erzehlung ihrer Tugenden, y)-
Und eben dahin fahen die $rommen, wann fie aud)
mwolinden folgenden Jahren an dem Tage des Ab»
ſchieds nod) ihr Gedächtniß begiengen, fonderlic)
der Märtyrer, welches fie Die jährigen Tage ih⸗
rc Einſhlafens nenneten; item, die Geburts:
und Bedächtnifrade der Märtyrer und ande-
rer Heiligen, von denen ſchon oben das nöthigfte
vorgebracht it. Wiewol diefe und andere Ge⸗
Bräuche bald in groffen Mißbraud) gerathen find,
alfo, daß endlich mehr heydniſches als Chriftliches
davon zu finden geweſen. Welches aud) fonften
von andern eingefchlichenen Mißbraͤuchen bey den
Begräbniffen wahr ift, Die ich hier nicht beruͤhre,
weil das erfte Chriftenedum mit ihnen nichts zu
thun hat. Es wäre viel aus denen folgenden
Zeiten hiebey zu erzehlen von ihren Bigilien und
DBefuchungen der Gräber, denen dabey angeftell:
ten Mabizeiten, von den angezuͤndeten Fackeln
und Kerzen, von ihrem andern Gepraͤnge. Aber
ich achte es unnöthig,die Zeit damit zuzubringen z).
19. Schlieſſe alfo auch diefes Buch und mit
demfelben zugleich diefe Abbildung der erften
Chriften nad ihrem lebendigen Glauben und -
. heiligen Heben. Wobey id) hoffe, es werde
nichts leichtlich übergangen feyn, mas dem Eprift-
lichen tefer ein nollfommenes Bild von denerften
und.beften Chriſten darftellen könne. Mar ift
die Barmherzigkeit des ewigen Vaters demüthigft
durch Epriftum JEſum zu erbitten, daß folche
von keinem zur bloffen Meugierigfeit, oder auch
6.3. Don dem Privat- und häuslichen Leben der erften Ehriflen.
m”
—
Verſpottung, am allerwenigſten zur Laͤſterung vo:
Augen kommen möge, Ansekhen Koi er He,
der Richter alles Fleifches, nicht allein feine Heili⸗
er felbjt mit heiligen Augen will angefehen willen,
ondern auch Die Werke, die fie in ihm gethan, des
muͤthig und ehrerbietig anzunehmen gebeut, wenn
fie denen Menfchen offenbar werden. Sie felbft
baben ſich nicht gefcheuet mit denfelben an das kicht
zu fommen, weil fiedie Wahrheit geglaubet, gere⸗
det und gethanhaben. Ihr unftraflicher Wandel
ward aller Welt zu ihren Zeiten offenbar, und
niemand konnte ihn mic Recht inZweifel ziehen oder
fäftern. Sie boten allen Feinden Trog nad) if»
vem freudigen Gewiſſen, wer fie einer Sünde zei⸗
hen fonnte, und dahero iſt ihr Gedächtniß bey den
Gerechten noch immerim Segen. Ihreẽ geheilige
te Seelen find in GOttes Hand, und auch das bes
ruͤhret fie nicht, was ihnen von Unglaubigen und
Heuchlern als Jerthum oder Sünde beygemeflen
wird. Go0Ott aber, das allfehende Auge, Fannte
ihre Herzen, und prüfete fie wie Gold und Silber in
dem Ofen vieles Elendes. Er verfuchte fie, und
fand fie, daß fie fein werth waren. Darum find
je nun im Friede, und felig iftder, der ihrem Glau⸗
en nachfolget. Der HErr gebe einem jeden, der
auch diefe Borftellung mit ſolchem Vorſatz angefes
hen bat, Barmberzigfeit, Gnade und Friede, den
Erftlingen Neues Teftaments im Ölauben und
$iebe hier und dort gleich zu werden, zum Preis feis
nes ewigen Erbarmens in Chriſto, dem Könige der
Ehren, Amen.
y)Idem ibid. z)Vid. omnino Onuphrins Panuinius de Cometeriis Veterum. Spordanus de Coemet. S. Ki
ans de Funer, Rom. Gurkerius de Iure Manium. Gret/eras de Fun. Chriſt. — de depult. Ver, F chman·
Ende des ſechſten Buchs.
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Giehente Bad,
29
Von den ſonderbaren Wundergaben der
fen Chriſten.
Das 1.
Capitel,
insgemein.
Bon derfelben Beſchaffenheit, Wahrheit und Nusen
. Summarien.
Di Gnade Wunder zu thun eine groffe Mortreflichkeit. Was eigentlich Wunder zu nennen; $ 1. haben ihren Urſprung
allein von GOtt; daher nicht zu verfchmeigen noch zu verläfteen 5 ihr Zweck das Lob Gottes : Die ten verdeckten nichts
davon, Zeugniß Auauftint. 2. Gort jabe damit fonderlich auf. den Glauben der Menfchen : Päfterung der erften Ehriften. Ti:
burtius gehet auf aluenden Kolen, wird vor einen Zauberer gefcholten 5 3. gleiches wiederfuhr der Agnes, der Angſtaſiaͤ. Ga:
tan bindert Gottes Abfehen noch heut zu Tage. 4. Woher folche Blindheit ommen 2 Aus der Unerkenntniß Ehrifti. s. Die
Böen mipbrauchen den Namen Ehriftt, die Glaubigen aber erweijen deffen Kraft, weifen jedermann auf IElum, 6. erlangen
folche Kraft vom HErrn, verlaſſen ſich allein auf ihn und geben ihm alle Ehre: a en Zeugniß; g. brauchen die Gaben in Des
muth und Lauterkeit. 9 Weiler Weg Gottes, fie ſtets in Demuth zu erhalten, tete Flucht, Krankheiten; Zeugniffe bievon, 10.
‚geiibaben zur Ueberzeugung durchs Wort, Zeugniß, u. zum Beweis, Chrifkus habe nicht leere Worte geredet: Unachtiame
Herzei werden aufmerkſam ı2. Kennzeichen der wahren Wunder, Henden und Juden zuaut. 13. Daß unſtreitig dergleichen
geſchehen in denen drey erſten Seculis; DOrigenis Zeugniß; 14. im vierten Seculo; Hilarit Zeugniß 5 15. Macarii Er:
empel: im fünften Geculo. 16. Gott thut noch viel dergleichen. Unterſcheid der Wundergaben, 15.
§. ©
ine von den größten Vortreflichkeiten
der erften Gemeinen ift unftreitig Dieje-
nige fonderbare Gnade gewefen, welche
ihnen fo viele Wunder und Zeichen zu
thun verliehen hat. Denn nachdem bereitsim al»
ten Bunde durch die Heiligen fo unzählige Wun-
derwerke ausgerichtet worden, fo mußte freylich
die Gnade des neuen Bundes auch darinne nicht
‚geringer, fondern ungleich berrlicher und ftärfer
feyn. Der HErr hatte hievon fehr viele Verheif-
fungen gethan, und fonderlich bey feinem Abſchied
‚dergleichen ausführlich hinterlaffen, Marc.ı6, 17.
‚Es follten nemlich foldhe Zeichen denen Glaubigen
mit nachfolgen. Da denn vor allen Dingen zu
merfen, daß die Wunder nicht eben alle dergleichen
Dinge bier heiſſen, was. etwa Unwiſſenden feltfam
und wunderlich fcheinet ; fondern wir nennen mit
denen Theologis eigentlich diefes Wunderwerke,
was eine, göttliche Sache oder Verrichtung iſt,
durch die Creaturen gefchehen, an fich felbft wahr⸗
haftig, aber übernatürlich, und denen Menfchen
feltfam, wunderlich und ungewöhnlich , zu Befräf-
tigung des Glaubens, und dem Preis des allmäch«
tigen Gottes.
2. Aus diefer Befchreibung wird alsbald offen.
bar, wie dergleihen Wunder unfers Gottes von
ihm alleine ihren Urfprung haben ; dahero auch ei:
nig und allein zur Offenbarung feiner Herrlichkeit
in CHriſto JEſu angewandt werden müffen. Wor⸗
aus denn ferner unmittelbar folget, daß diefe berrli-
che Werfe des Höchften Feinesmeges verſchwiegen
oder unterdrücker werden dürfen: noch viel weni:
ger aber verleugnet, verkehrt oder verläftert,
indem dergleichen böfes Verfahren nicht ſowol die:
£ wunderbare Dinge, als den hochgelobten Na—
men Gottes felbit betreffen würde. Auf diefem
Grund, neinlich dem Lob und Preis des löblichen
Namens, beruber alle währhaftige und unpartepi-
ſche Erzehlung der alten Seribenten, wann fie in
der Einfalt ihres Herzens die groffe Thaten GOt⸗
SITE tes,
73
tes, die unter feinen Gläubigen geſchehen, zu ih—
ten Zeiten ausgebreitet und — Nachkommen
hinterlaſſen haben.
Kibeen, damit allezeit die lautere Wahrheit von
enfchengedichten moͤglichſt unterſchieden Wer⸗
de: wohin ich auch bey dieſem Bericht treulich, als
Augen GHttes ‚ fehen werde. Die lieben
Allen made den, will ich nicht berühren d), So gieng es
‚nun aud) denen
Alten machten fich ein Gewiffen, das geringfte
von folchen göttlichen Werfen’ zu verdecken oder -
verachten, und hielten es mit den weifen Mann
J meet. ‚, der Könige und Fürften
Kath zu verſchweigen, als GOttes Werke, wel⸗
che man herrlich preiſen und offenbaren muͤßte,
Tob, 12, 7.7. Jener beruͤhmte Lehrer achtete es
vor ein groſſes Unrecht, daß ein gewiſſes Wun⸗
derwerk fo lange verſchwiegen blieben war, dar⸗
um ſchreibet er alfo von ſich: “ch, mar überans
„ungebalten, daß in einer fo groffen Stadt und
„an einer fo berühmten Perfon ein fo grofles
Wunderwerk verborgen feyn follte, dahero ich
„die Perſon ermahnete und deswegen beftrafte,, a),
Wobey er diefe Anmerfung füger: Es gefchehen
„noch gar viel Wundermerfe, welche eben derje⸗
znige GOTT thut, welcher die andere gethan
„hat, Davon wir lefen :, Aber fie werden uns
„nicht glei) offenbar, wir wiederholen fie auch)
zmicht jo oft durch Leſen, daß wir fie nicht ver-
„geffen möchten b).
3. So fahe denn die Weisheit GOttes abfon-
derlich mit diefen Wundergaben auf den Ölauben
der Menfchen, gleichwie in feinen andern Wohl⸗
thaten. Geſtalt auch die Glaͤubigen ſich gegen
folche Gnade ehererbietig und demürhig bezeigten,
und diefelbe niemals gering achteten, oder einan⸗
der verdächtig zu machen fuchten, am allerwenig-
ſten frevelhaftig verftieffen. Insgemein aber nur
etliche Merfmaple von den Wundern der erften
Ekriften zu geben , fo ſchaͤtzten fie diefeibe fo hoch in
Anfehung ihres Urhebers, daß fie ſich derſelben auch
vor den ärgiten Berächtern und Spöttern rühme-
ten. Sie adhteten die greulichte Läfterungen des:
wegen nicht, wenn fie von den Heyden wegen ih⸗
ver Wunderthaten Zauberer und Hexenmeiſter ges
Nnennet wurden, welcher Titel den erften Epriften
gar nicht, feltfam mar. Ihren Meifter hieffen
die Juden oft wegen feiner Wunderwerfe eine
Teufisbanner, und die Heyden läfterten ihn mit
a) Auguflinus lib. XX
c.9.10. d) Conf. I
hoın. 26. in Ioh. Terr&iktan. Apol, c. 23.
| 7.3. Don den fonderbaren Wundergaben der erften Chriſten. *
eben dieſen Beſchuldigungen Sa, fie hatten auss
Auch ſoll billig derſelben
Wiederholung annoch diefe gottgefaͤllige Abfiche
g) Ibid, hi) Nirephorus üb, XV, 6, 58. et Suidasi
—
druͤcklich erdichtet und ausgeſprenget Chriſtus
haͤtte ein ganzes Bud) von der Zauberey den Sei
nen binterlaffen, «und daffelbe Petro und Paulo
Bigelchrieben ‚, Daraus fie denn ihre Wunderwers
e thäten c), Andere Laͤſterungen, welche dis⸗
falls wider den ewigen Sohn GOttes von dem
Satan durd) feine Werfzeuge ausgejtoffen wor-
Heiligen GOttes bey dem böfen
und verfehrten Öefchlechte der Unglaubigen. So
oft Diefe in der Kraft des Höchften etwas übernas
tuͤrliches verrichteten, mußte es alfobald Zaubes
rey heiffen. EinheiligerMaärtyrer, Tiburtius,
gienge vor. dem Richter auf glüenden Kolen, ruͤh⸗
mete ſich dabey der Kraft HEfu’ Cprifti finss
HErrn, welche dis alles ihm lieblicher als Roſen
machte, und troßte dabey dem heydnifchen Rich⸗
ter, er follee doc) im Namen feines Jupiters ſei⸗
ne Hand ohne Verlegung in heiffes Waſſer ſte—
een. Alsbald fiel der Heyde in Ermangelung
des Ölaubens auf dieſe greulidye Antwort: "Wer
„weiß nicht, daß euch euer Ehriftus die Zauber»
„kunſt gelehret hat e) ? 2—
4. So mußte es auch von ſolchen Wunderwer⸗
fen der Chriſten heiſſen, als wenn fie die verborge⸗
nen Künfte von ihren Verſuͤhrern, oder auch von
den Eltern gelernee hätten. Wie der heydniſche
Praͤſident zu der Märtyrin Agnes fagte: “Die
„Ehriften haben dic) zaubern gelehret , Daß du dir
„getraueſt alles Elend getroft auszuftehen,, F),
Das Volk nennete fie audy nur “die Chriftin,
„welche von Kindheit an eine Here gewefen wäre;,,
und ſchrye daher: Weg mit der Here! Weg mic
„ver Zauberin, g)! Eben mie eine andere, mie
Namen Anaftafia, ineinen Briefe flagere, daß fie
ihr Ehemann ins Öefängniß werfen laffen, weil er
fie vor eine Zauberin hielte h). So wußte der lifti-
ge Feind die aflerberrlichften ABerfe GOttes den
Kindern des Unglaubens nicht nur verdächtig, ſon⸗
dern gar verwerflich zu machen ‚und das Abfehen
derfelben durch GOttes Verhängniß zu Kindern.
Nicht anders als er es noch immer in feinen Werf-
zeugen treiber, da der HErr ver Herrlichkeit nichts
ſo wunderbares, vortrefliches und nuͤtzliches durch
ſeine Knechte und Maͤgde ausrichtet, das nicht die
Unglaubigen und Heuchler mit dem Koth ihrer Laͤ—⸗
fterungen beſchmitzen, oder mit ihrer Vernunft und
verkehrten Behutfamfeit verdunkeln. *
5. e
1. deCiuit. Dei e.6. b) Idem ibidem. c) Augufinus ib. J. de Conſenſ. Euangel.
N lib. XVIIL, de C.D. c. 53. et Serm. ır. in Matth. Za#anrins lib. II. c. 13. Chryjof.
e) Alta apud Baron. A. CCLXXXVL f) Ambrof. Serm. 90,
nv» Xcuooyovos.
Da 20
unendliche Kraft des hoͤchſten
tes, welchen fie gleichwol vor allmächtig halten
und befennen mußten. Moch weniger wollten fie
erkennen, daß der Vater dem Sohn alles hätte in
ine Hände gegeben, und alle Gewalt überlajfen
Himmelund auf Erden, indeflen Namen, das
ift, auf deſſen Befehl und Verbeiffung , wie auch
Durch deffen Kraft die Chriſten ihre Wunderwer⸗
fe vollbracht. Angeſehen fie ungeſcheuet diefen
eheuren Namen JEſu dabey nenneren, und im
Glauben an indie größten Zeichen thaten. Gleich⸗
wie fie ſich deffen vor den Feinden rühmeten:
„Wenn nur der Name JEſus gehoͤret wird, ß ver⸗
„treibet er die böfen Geiſter, leget den Wahrſagern
Stillſchweigen auf, laͤſſet den Zeichendeutern kei⸗
ne Antwort zu, machet die ſtolzen Zauberer zu
„Spott; und zwar nicht (wie ihr Heyden ſaget,)
„durch das Schrecken feines Namens, ſondern
„durch die Botmaͤßigkeit feiner hoͤhern Gewalt i),
„Er hat felbit alles durch) die Macht feines Na—
„mens ausgerichtet ohne Hülfe einiger Dinge, oh⸗
„ne gewifje Ceremonien oder Geſetze. Er hat auch
„nach der Eigenfchaft des wahren GOttes uns
„nichts fehädliches, fondern lauter heilfagte und
muͤtzliche Gaben geſchenket k). Es iftauchnichts
„wunderbares von ihm geſchehen, daß er nicht fei-
„nen Kleinen, geringen und einfältigen Juͤngern
„zu thun gegeben, und ihrer Macht unterworfen
—— 1). Wobey denn inſonderheit die Chri—
ſten in Austreibung der Teufel ſolchen hochgelob⸗
ten Namen des Sohnes GOttes braucheten, wie
ſie abermal gegen die Unglaͤubigen erwehnten:
„alle unſere Herrſchaſt und Gewalt über dic boͤſen
„Geifter hat ihre Kraft von der Benennung Ehri-
„ſti, und wann wir derjenigen Dinge gegen fie
„gedenken, welche fie von GOtt durch) Chriftum,
„ihren Richter, als zufünftig erwarten, m). Und
abermal : “Unſer JEfus, deflen Name ſchon
„viel taufend böfe Geifter ausgetrieben bat, witz
„ket Leib und Seele n),
9. a, es war die Kraft diefes Namens bey den
Wunderwerken fo gar auch unter den Böfen be-
Fannt, daß fie auch ihn felbiten oft mißbrauchten;
wie ein Ehriftlicher Autor davon fchriebe : Die
„boͤſen Geifter erdichten ihnen felbft den Schatten
„von einer Ehre, damit fie die Nachfolger Eprifti
P betruͤgen ſuchen; ſo gar, daß auch diejenigen
„Ehrifti Namen mit untermengen, welche durch
„allerhand Befchivörungen, Segnen, Binden und
„vergleichen die $eute betrügen,, o). Die rechten
Wunderthäter aber erwiefen in der That und
Wahrheit die lebendige Kraft GOttes, und 1e$-
ten den Glauben zum Grunde, Damit dem ewl⸗
gen GOtt und Vater in Chriſto JEſu alle Ehre
und Gewalt allein gelaffen würde ; wovon bey
Austreibung der Teufel ein mehrers. Deswegen
auch) die Heiligen jedermann auf diefen JEſum
wiefen, daß feine Kraft allein Wunder und Zei⸗
chen gethan hätte, als dorten Petrus befennete,
nachdem er einen Lahmen gefund gemachet. Der
GOtt unferer Däter (ſprach er,) bat fein Rind
YEfum berclich aemacher, und über dem
Slauben feines Ylamens bat er feinen Na⸗
men an dem beftätiger , welchen ihr hier fee
bet, and der Glaube durch ihn hat ihm dieſe
Befundheit gegeben vor euch allen, Apoft.
Geſch. 3, 12. 16 Eben fo führten die andern
Sünger Ehrifti das Volk auf den Glauben an
diefen Namen, und fegten ihn zum Grund bey
ißren Wundertdaten, oder fuchten ihn durch die
felbe bey den Menfchen zu erwecken und zu ftärs
fen; wie wir bald dören werben. . Alſo, da ein
Soldate den heiligen Antonium um Hülfe wegen
feiner befeffenen Tochter anrief, gab er ihm diefe
Antwort: I Menfch, was fucheft du ben mir
„Hülfe! Ich bin auch ein fterblicher Menfch,
„gleichwie du. So du aber an Chriſtum glaus
„bet, welchem ich diene, fo gebe hin, und bete
zu GOTT nad) deinem Glauben, fo wird deine
„Tochter gefund werden,,s welches alles auch alfo
erfolgte p). Eben dieſer vedete bay einer andern
Gelegenheit alfo von feinen Wunderwerken:
„Denfet nicht, daß ich dieſe geheilet habe,
„Ehriftus thut nur die Wunderwerke durch feine
„Knechte. Glaubet ihr nur auch, fo werdet ihr
„erfahren, daß ein gottgelaffener Glaube, und
„nicht viel Geſchwaͤtze, ſolche Zeichen von ihm
„erlange, Darum fliehet hin zu dem Gefeg des
Gekreuzigten, und folget ung, feinen Knechten,
„nach, 9).
7. Wodurch aber diefe göttliche Kraft erlanget
worden, fehen wir eben aus den erwehnten Exem⸗
peln, fonderlich wenn wir von Petro weiter lefen,
be cr mic den andern allen zum HErrn darum
geruffen, daß er ſeine Jand auoſtrecken wol⸗
le zur Heilung, und daß Zeichen und
Wunder geſchehen durch den Namen fei-
nes heiligen Rindes IJEſu, Apoft. Gefih. 4,
30. Und abermal von dem gedachten Antonio,
3555 2 „dal
j) Arnobins lib.I.adu, Gent.p.36. k)Ibid. p. 32. 1) Idemp.3g. m) Tertullian, Apol.c.23. n) Origen.lib. I.
adı, Celf, fin. 0) Augufinus Tract. 7. in Ioh. p) Arhanajıns Vita Anton, p.139. q) Ibid. p. ı6r.
732
„daß er die Kraft, Wunder zu thun, gar nicht feiner
„eigenen Macht zugefchrieben, Die Teufel fenen
„nicht feines Befehls wegen, fondern feines Ge⸗
„bets halben gewichen, und er habe allesdurch den
„Namen des Grfalbten GOttes ausgerichtet.
„Kein Weifer muͤſſe ihm die Wunderfraft gefund
„zu machen, zufchreiben, fondern dem HErrn JE-
Er welcher feine geroöhnliche Freundlichkeit ven
„‚Greaturen erweife, und durch feine ausermählce
Knechte ausuͤbe. Diefer Mann habenurdabey
„gebetet, und bey feinem gottfeligen eben habe
„im der HErr alles gefchenfet,,r). Diefes war
den Worten des HEren gemäs, wann er feinen
Sängern bezeuget hatte, eine Arc Teufel Fahre
nicht aus, denn durch Saften und Deren,
March. 17,21. Wie fiefihnun in allen ihren Ber
richtungen allein auf GOtt verlieflen und bezogen ,
alfo gaben fie vielmehr ihm auch‘ bierinnen die Eh⸗
re, und erwarteten nicht allein alle Gnade dazu von
- oben herab, als zu einer vollfommenen Gabe, fon-
dern opferten diefelbe auch ihm wiederum aufs fo
gar, daß auchden Feinden felbft vorgehalten ward,
wie fie diefes Geber der Frommen genoſſen hätten,
Da, zum Erempel, Tertullianus fie erinnert, wie
gleichwol einsmals der Kayſer“ durch der Chriſten
- „Gebet zu GOtt in feinem hoͤchſten Durft Regen
„erlanget hätte, s), ungeachtet die Heyden e8 ger⸗
ne ihren Gögen zugefchrieben härter). Wie auch
fonft durch ver Ehriften Knien und Faften die
„sandesdürre vertrieben worden ſey,,, und was
dergleichen mehr geſchehen u).
8. Dergeftalt fteher nicht zu leugnen, daß der-
gleichen Wunderthaten denen Heiligen durd) einen
ftarfen Glauben und brünftiges. Gebet möglich
feyn ; immaffen die Theologi von Denen alten Ein:
fiedlern und Mönchen zugeben, daß ſie als wahre
Ehriften ſoelche Gnade durd) ihr eiferiges Geber
erlanget haben*). Welches auch von allen andern
rechtichaffenen Chriſten in der erften Kirche wahr
bleibt, Der berühmte Lehrer Irenaͤus fchreibet
fehr klar und nachdruͤcklich von der Urfache und
Gewißheit der Wundergaben bey den Glaubigen.
Seine Worte lauten unfer andern alfo: “NBelche
„wahre Jünger des Sohns Gottes find, die em:
„pfangen in feinem Mamen diefe Gnade von ihm,
„und brauchen fie zum Heil der andern Menfchgp,
„ivie ein jeder die Gabe von ihm empfangen bat,
1) Athanafus l.c. p 164.
7 , 3. Don den Ponderbaren Wundergaben der erften Chriſten.
m.
„Denn etliche treiben die Teufel aus, und zwar auf
„das Fräftigite und wahrhaftig, daß auch zum ö
„teen diejenige felbjt glauben ‚Die gereiniget wor⸗
„den von den böfen Geiltern, und mit in der Ge⸗
„meine find: Andere aber wiſſen auch zufünftige
„Dinge vorher , und haben Gefichter und prophe⸗
„tiſche Weiflagungen: Andere aber heilen und ma⸗
schen die Kranken durch Auflegung der Hände
geſund. - a, es find auch, wie wir geſagt haben,
„Zodten — und haben viel Jahr mit
„uns gelebet. Und was follen wirfagen ? Es ift
„feine Zahl der Gnadengaben, die die Gemeine
„durch Die ganze Welt von GOtt empfänger, und
„im Namen JEſu Chriſti, des Grfreuzigten uns
„ter Pontio Pilato, alle Tage zum Genie der Hey⸗
„den verrichter, ſie verführet auch feinen, und
„nimmt niche Geld von ihm. Denn gleichwie fie
„ſie umfonft empfangen hat von GOtt alfo theilet
fie fie auch umfonft wieder aus, und thut nichts
„durch Ancuffung der Engel, nod) durch Beſchwoͤ⸗
„rungen, noch durch einigen böfen Borwiß, fon
„dern lauter, rein und öffentlich richten fiedas Ges
„bet zum HEren, der alles thut, und der Mame
»unfers HErrn JEſu EHrifti verrichtet es in der
„Kraft, zum Nutzen der Menfchen, nicht aber zue
„Berfuhrung,, x). Diefe herrliche Befenneniß
lehret uns, aus welchem Brunnen die liebe Alten
alle ſolche herrliche Gnade gefchöpfet haben , und
mie fie fie in wahrer Berleugnung nicht alleine bes
feffen und gebrauchet, fondern aucd) dem HEren
wiederum Dargebracht, und nichts ihnen felbft zuges
eignet. Weswegen auch die uͤberſchwaͤngliche
Liebe Gottes ihnen immer mehr darzureichen ges
> wurde, als wir aus diefem Berichte Jrenai
ehen.
9. Hieraus folgte nun von fich felbft, daß, wie
fehon erwehnet, folche Hohe Wundergaben von den
Werkzeugen der göttlichen Gnade in einer Find»
lichen Demuth und Lauterkeit alleine zum Preis
des allmächtigen Urhebers gebraucht worden,
Welches dorten einem folchen Wunderthäter nach»
geruͤhmet wird, -der groffe Zeichen und Wunder
gethan habe, aber in groffer Einfalt und bauterkeit
feines Herzensy). Dergleichen wir auch ſchon
von Untonio aehöret haben, daß er die Leute bey
feinen groſſen Wundergaben. von’fich hinweg und
auf GOtt gemwiefen. Sa, alser deswegen F
ehr
s) Vid. quæ de Legione Fulminatrice libro peculiari commentatus eft Hermannus
Witfirs annexo elus Agyptiacis, et conf. Spizelius Additan:. ad lib. de A heiſmo Eradic. p. 135. fegq. Baronins
Annal. Toın. Il.p 205. Korzolt. de perfecut. Chrift.
me Larroguanus Diſſert. fingulari in Aduerfar. 5. p 553. fegq. i
*) Vid.Ofander Cent. 1V. H.E. lib. Il. c.42. u lib.il.c.5g. y) Rufinus
— inch 3 Yu
u, Tersalianns l.c.
H. E. lb. II. c. 8.
Ver c. V.n.87. fegg. quos oppugnauit quidem nuperri-
t) 1.Capitolmmus in Marco Aurelio c. 24.
fehr befannt ward, beforgte er, daß die Leute etwas
oſſes aus ihm machen möchten, oderdaß auch er
Pelbit vieleicht fich folches Vorzugs überheben und
mißbrauchen möchte , weswegen er auch aus felbi-
ger Gegend damals hinweg zog 2). Und fo mußte
es allerdings auch bey dem Genieß der geringften
Gaben G0ttes feyn, geſchweige denn bey fo groſ⸗
fer Gewalt über die eva ben hoben Offenba⸗
rungen, bey gewaltiger Bindurfg des Teufels und
dergleichen. Es iſt hievon bereits bey ihrer De-
muth im erften Buch das noͤthigſte gezeiger, und
ſonderlich ihr niedriger Sinn deutlic) dargeleget
worden , der fich bey ihren hoben Gaben und Bor-
zug vor andern Menfchen geaͤuſſert hat. Wie
denn im Gegentheil die Erhebung bey jolcher Gna⸗
de eine der fuͤrnehmſten Urſachen geweſen it, daß
diefelbige hernach bey dem verfallenen Chriften-
thum abgenommen und meiltensverlofchen. Anz
fehen es ein Lehrer felbiger Zeiten aufrichtig be:
Kane, wenn er alfo ſchlieſſet: “Wenn zuder Zeit,
„da die Wunderwerfe aufhören, diejenigen , ſo an⸗
„dere an Wiffenfchaft und Gaben übertreffen, fich
„ſelbſt erheben, und von anderm-abfondern, was
zwuͤrde denn mol vor Spaltung ſeyn, wenn einige
„noch von Wunderwerfen berühmt wären a)?
10, Eben diefer Lehrer ſetzet eine ſchoͤne Anmer⸗
fung von denen weifen Wegen GOttes, darauf er
die erften Ehriften bey ihren hoben Gaben in der
Demurberbalten habe: nemlich, damit die Heili-
gen ſich deſſen nicht überbüben, habe GOtt zuge:
laffen , daß fie meiftens unftet und flüchtig fern we
fen , daß fte von den Feinden geplaget, von Krank.
beiten mitgenommen worden, und alfo von der
groffen Leibesſchwachheit und Menge der Anfech⸗
turigen überführee würden, daß fie noc) Men-
ſchenwaͤren. Wodurch fiedenn erfenneten, “daß,
„0b fie gleich ſolche Wunderwerke thaͤten, dennoch
„nichts aus ihren Kräften herkaͤme, ſondern daß
„die bloſſe Gnade durch fie alles wirfte,, b). Und
di⸗e ſen Weg führte auch der Herr Paulum, dem er
einen Pfal ins Fleiſch gab, Damit ev fich der hohen
Dffenbarung nicht überhübe, 2 Cor. 12,7. Dem⸗
nad) war dieſes immer ihre fuͤrnehmſte und erfte
Sorge, daß fie alles in Eindlicher Einfalt braud)-
ten. Da bieffe es unter ihnen mit groſſem Ernft:
„Wenn einer gleich) viel Wunder hate und Todren
„auferwecfte, und doch nicht dabey niedrig gefin:
„nt wäre und arm am Geiſt, alſo, daß er ſich vor
„nichts hielte , derfelbe würde von der Sünde un-
„wiſſend dahin gerilfen werden, c). Geſtalt fie
n ber Wundergaben Befebaffenheit, Wahrheit und Yuren insaemein. 73.
van
denn auch diefes aus der Erfahrung anmerften,'
„daß viele unter ihren Brüdern die Gabe gefund
„zu machen, der Dffenbarungen, Weiſſagungen
„und. dergleichen gehabt: Weil fie aber nicht zu.
„völliger Siebe gelanget, darinne das Band der
Vollkommenheit beſtehet, fen der Streit auf fie
os gefallen, und wenn fienachlaßig worden , ſeyn
„fie wol gar unten gelegen„ d). Decrgleichen
Erempel ein gottfeliger Altvater von einem feiner
Freunde erzehlet, der nicht allein im Gebet über
ſchwaͤngliche Gnade empfangen gehabt, fondern
auch) darbey die Gabe gefund zu machen, Teufel
auszutreiben, und die ſchwereſten Krankheiten
durch Auflegung der Hände zu heilen. Er feyaber
bernach fahrläßig worden, und habe fid) an dem
Ruhm der Seute beluſtiget, worüber ex in fehwere
Sünden gefallen e).
1. Warum aber der HErr den Seinigen ſolche
MWundergnade mittheile, iſt eben aus den Ge:
fhichten der eriten Gemeinen klar zu ſehen, nemlich,
die Zeichen und Wunder wurden mit der Verkuͤn⸗
digung des Worts verfnüpfer, dadurch die Herzen
der blinden Heyden mächtig beweget und überzeuget
werden fönnten. Sie erläuterten nicht allein den
Glauben Ehrifti , fondern beftätigten ihn aud) in
der That f). Ein alter Autor redet mit Beyſtim⸗
mung der Theologorum hievon alfo: "Die Wuns
„derwerke find nicht ſowol denen nüße, die fie thun,
„als zu Meberzeugung der Unglaubigen, damit die
„Macht der Zeichen diejenige endlich bewege, wel
„he die Worte nicht bewegen Fönnen, eg). Der
Herr Jeſus wiefe die Zweifelbaftigen und Schwach⸗
gläaubigen felber auf feine Zeichen und Wunder,
Matth. 11, 4.5. Joh to, 38 c. 14, 17.Wenn man nun
die Bereftungen des Satans bey den Unglaͤubigen
ſamt ihrer ſchrecklichen Verſtockung erweget, und -
mit dem aͤuſſerlichen Schein und Pracht, Alterthum,
weltlihemBortheil und andern Borzügen der heyd⸗
nilchen Religion zufammen hält, fo kann man leicht
ermeffen, was vor eine göttliche Kraft erfordert
worden, ſolches alles zu beſiegen und über einen
Haufen zu werfen. Dis fohen auch die erften
Epriften wohl, darum geftunden fie gerne, “daß we⸗
„der die Apoſtel noch andere ohne Zeichen und Wun⸗
„der Die teure zu folcher neuen tehre bewogen wuͤr⸗
„ven haben, daß fie ihre varerliche Weife verlaſſen
„und diefe $ehre angenommen, k). Zudem was
ron die Evangeliften meiftens unanfehnliche und
elende Perfonen, die fich beyder Predigt des Evan⸗
gelit auf nichts anders verlaffen Fonnten, als auf
33553 die
2) Athanafius 1.c.p.139. a) Chry/ff. hom.33.in Matth, b) Chryfef. hom. I.ad Antioch.I. c) Macarius hom.
15. dı Idem hom. 26.. e) Ibid, hom. 27.
lib. VOLL c. 1. apptobatus a —2
27. f)Chemnit. Exanr. C. Tr. P: INT. p. 669. g) Confir. Apeftol.
io Antiquit. Ecel, Sec, I, Art. 4. p. 82: h) Origenes lib. 1. adu. Cell. n. 23.
734
die ihnen verliehene göttliche Kraft und auf die
Gnade in der Lehre. Dabey dann die Zudörer
durch die wunderbare Macht ihrer Zeichen bewo-
gen werden mußten, Damit fie fo gar ungewöhns
lichen Meynungen fich ergaben 5).
12, Diefes Beweifes gebrauchten fic) die Chris
ften gegen die Ungläubigen,, wann fie ihnen eben
daraus zeigten, daß Ehrijtus nicht leere Worte
oder fehlechte Meynungen in die Welt eingeführet
babe, fondern feine Kraft in der That durch dieal-
lerherrlichften Wunderwerfe erwieſen. Deswe⸗
gen fie alfo ſich erklärten : “Er Bat nicht allein
„aus feiner Kraft vor ſich felbit ſolche Wunder:
„iverfe gethan, fondern (welches noch mehr war,)
„hat auch aus Liebe verſchaffet, daß viel andere in
„feinem Namen thun Fönnen. Denn damit fein
» Berdacht der Zauberey disfalls überbliebe, hat er
yaus der groffen Menge, die ihm nachfolgte, nur
zetliche wenige Fiſcher, Handwerfsleute und
Bauren erwaͤhlet, die er unter alle Völker aus—
geſchicket, damit fie ſolche Zeichen ohne Betrug
„oder andere Hülfe thäten,, k). Mit folchen auf
ferordentlichen Thaten machte der HErr die font
unachtfamen Herzen der Menfchen andachtig und
aufmerkfam, und beftralte gleichfam ihre Augen,
daß fie über dergleichen Dingen ſtutzig und zweifel⸗
haftig wurden, und nachmals zur Wahrheit deito
gefchickter feyn Fonnten 1). Solchergeſtalt wur-
den oft die ärgften Feinde durd) die Wunderwerke
beftritten, die Gläubigen hingegen aud) darbey
befeftiget, die Widerfpenftigen darnieder gewor⸗
fen und beſchaͤmet, die Schwachgläubigen aufge-
richtet m). Davon Paulus fager: “Die
„find ein Zeichen, nicht, den Gläubigen, fondern
. „den Unglaubigen,, 1, Cor. 14, 22. Daß alfoder
Hauptzweck und Mugen derfelben der Preis GOt⸗
tes bliebe, fodann damit die Fremden durch fie
angelocfet würden, und endlich, daß auch. Die
Gläubigen über denfelbigen einen Troft ſchoͤpften,
nad) der Anmerkung der Alten n).
13. Es war auc) eben diefes ein unzertrennli-
ches Kennzeichen von den wahren Wunderwerken,
daß fie allezeit Denen Menfchen den wahren Got:
tesdienft bekannt und angenehm machen müßten.
Wie fie ausdrücklich sten: Die Wunderwer⸗
„ee mögen nun durch Engel oder auf andere Wei—
Iſe geſchehen, fo müflen fie dos) allein den Got-
i) Id-lib. VIIL.n.6. k) Arnobius lib. T.aduerfus Gent. p.37. 1) Dannhauerus Chrifteid. Ad. Th. TIL p. 678.
m) Gregor. Nyffen. Or. devitaMolis. n) Chryfoffomus hom. 22. in Ad. ©) Anguffinus lib. X. de Ciu. Dei
e. 12. pP) Origenes lib. II. adu. Celf. n. 39. q) Chryfofomus hom. 14. ad Match. r) Vid. xouiſſime Dod-
vvellus Diſſert. ad Irenzum p. 551. ſeqq.
7. B. Von den ſonderbaren Wundergaben der erſten Ebriften.
I,
„tesdienſt des einigen GOttes recommendire
„Und diefe muß man glauben, daß fie durch die,
„Wirkungen GOttes in denen wahrhaftig ges
„echehen, die ihm nach der Wahrheit in der:
„Gottſeligkeit lieben, 0). Gleichwie nun die
Weisheit unfers GOttes die Zeichen denen.ar-
men blinden Heyden zu gut lielle gefcheßen, ala
fo wurden fie nicht weniger noͤthig geachtet in
Anfehung der verftockten Juden. Denn dieſer
ipre Vorfahren batten gleichfalls Mofi , dem
Mann Gottes, nicht eher glauben wollen, bis:
fie von ihm Zeichen gefehen. Sa, der HErr
JEſus befande, fie nun nod) noͤthiger, da er
jo gar viel Feinde und Laͤſterer unter ihnen
fand. Das Volk war gewohnet dergleichen
„zu fordern; dahero that JEſus nicht allein
„Wunder, fondern aud) guöffere Wunder als
„Mofes. Welche, wann fie mie jenen vergli-
„chen wurden , konnten fie die Juden von ihe
„ren Fabeln und Menfcdyenfagungen abziehen,
„und fie überreden, daß dieſer Lehrer, wel—
‚cher mit fo groffer Macht ausgerüftet wäre,
„geöfler als die Propheten ſey,, p). . Derges
ftaft behielte der HErr auch damals feine alte
Weiſe, da er allegeit Zeichen und Wunder zu
thun pfleget, wenn er etwas neues und unver:
fehenes einfüßren will, dadurch er dann Denen
gleichfam ein Unterpfand feiner Macht und
Weisheit gibt, welche feinen Kath annehmen.
So gar ift aud) nr fonderbare Gnade über die
erfte Gemeinen auf lauter Weisheit, Guͤte und
Macht des lebendigen GOttes geſteuret und ges
gruͤndet q).
14. Daß aber wahrhaftig und unftreitig der-
gleichen groffe Thaten GOttes unter den erften
Chriſten Neues Teftaments gefcheben feyn, wird
niemand leugnen, der nur ein wenig und beylauf:
tig Nachricht von denfelben ar. An den erſten
hundert Jahren zweifelt fein Berftandiger ;
von den folgenden ift auch Eein Streit, da es
die Gelehrten längft aus unmwiderfprechlichen
Zeugniffen erwiefen r). Aus dem dritten Jahr-
bundert haben wir bereits Irenaͤi herrliche Be—
kenntniß gehöret, und werden im Forfgange noch
mehrere Zeugniffe antreffen, wenn wir infonder-
heit die Wundergaben durchgehen werden. Hier
fey uns Drigenis Zeugniß unterdeffen genug: Den
Eyprianum wollen wir unten, bey den Dffenba-
\ rungen
| _
1. Cap. ‘Don der Wundergaben
rungen und Gefichten, hören. So fchreibet aber
jener: «Die Zeichen des H. Geiftes find zwar auch
„im Anfang der Predigt JEſu geweſen, aber noch
„mehrere nach feiner Auffahrt. Machmals find
„ihrer wenigere worden, jedoch find davon auch
„noch jegund bey wenigen Merfmable, deren
„Seelen durch das Wort gereiniger find,,s). Und
anderswo: “Es werden auchnod) heutiges Tages
„bey den Epriften die Fußftapfen diefes Heiligen
„Geiftes benbehalten, fie beſchwoͤren die Geiſter,
„fie verrichten viel a ngen der Krankheiten; fie
„teben nad) dem Willen GOttes Fünftige Dinge
zuvor, rt), Mächft diefem kann ich nicht umbin,
von dem berühmten Auffeber zu Neucafaria, Gre-
gorio, zu erwehnen, weil man ihn feiner groflen
MWunderwerfe wegen Sauuarögyov, oder den
Wunderthäter genennet Bat. Denn von ihm
rühmen viel alte Scribenten, “daß er darinnen
„den Propheten und Apofteln gleich geweſen, und
„eine erfchrecfliche Gewalt wider die Teufel ge-
„habt durch die Hülfe des Geiftes. Er habe den
„rauf der Flüffe aufgehalten, und ihnen in dem
„groffen Namen EHrifti geboten, anderswohin zu
„geben. Er habe ſolche Weiffagungen gehabt,
„daß er nicht geringer alsdie Propheten gewefen.
„Ja, er ſey wegen feiner vortreflichen Gaben , die
„der Geift durch ihn mit aller Rraft in Zeichen und
»Wundern gethan habe, der andere Mofes, auch
„don Kit Feinden der Wahrheit, genennet wor:
y„denu).
15. In dem vierten Jahrhundert ift gar
nicht , wie einige thun, zu weifeln, daß eben folche
Thaten unter dem Volke Gottes zu des HErrn
Preis —— 7 x). Denn obwol bey merklich
abnehmendem Glauben der damaligen Chriſten
die Superſtition einiger maſſen hervor geblicket; fo
leugnen doch die in der Antiquitaͤt erſahrne Man:
ner deswegen nicht, was wahrhaftig von deralei-
chen wunderbaren Dingen gefcheben y). Gleich:
wie nächft vielen andern aus felbigen Zeiten anzus
merfen * der vergebliche Tempelbau der Juͤden
zu Jeruſalem, welchen die Feuerkugeln, aus der Er—⸗
den ſteigend, verzehret, davon die Heyden ſelbſt,
nebenft vielen Ehriften Zeugniß geben 2). Inglei⸗
— —
>
Ibaffenbeit, Wabrbeit und Nlugeninsgemein. 735
chen das Zeichen des Ereuzes, fo dem Conſtan⸗
tino erfchienen ſeyn foll, wie auch hernach bey
dem gedachten Tempelbaua). Den einzelnen
Männern werden wir Hin und tieder verfichere
werden, wie etwa, zum Erempel, Wartinus
davon feßr berühmt ift: geftalt man ausdrücklich
von ihm fehreiber, er babe nicht geringere Wun=
derwerfe als die Apoſtel gethan b). Wie auch faft
um eben ſelbige Zeit Silarius ausdruͤcklich und
insgemein bekennet: «Bir haben eine groſſe Freu⸗
„de, wenn wir in der Taufe wiedergeboren ſind,
„und einigen Anfang des Geiſtes GOttes in uns
„ſpuͤren. Wann wir die Gebeimniffe verftehen
„iernen, die Weiflagungen willen, wann wir die
„Gaben gefund zu machen, und die Herrfchaft
„über die unterworfenen Geifter befommen,,c)-
Gleichwie er auch anderswo diefes nicht undeuts
lich zu verftehen gibt. So gedenfetauch der Kay—
fer Tonftantinus felber von feinen Zeiten, "Daß
„‚fich der Glaube felbft durch neue Wunderwerke
„zu feiner Zeitoffenbarer habe d).
16. Unter vielen andern , welche um felbige Zeit
durch Wunderwerfe berühmte worden find, fteher
auch bey denen erfahrnen Hiftoricis Macarius,
der nicht allein von vielen Brüdern feiner Zeiten
ſelbſt dergleichen verfichert e); fondern auch ben ſei⸗
nem heiligen Leben und-fteren Umgang mit GOtt
viele Zeichen gethan hatf). Wieihndenn die als
ten Scribenten, nebenftdem andern Macario von
Serufalem, als einen „goͤttlichen Mann preifen ,
„der von göttlicher Wiſſenſchaft zukünftiger Din-
„ae und Weisheit denen Teufeln ſchrecklich, und
„durch Wunderwerfe mächtig gemefen fen, 2). Aus
dem fünften Jahrhundert fuchen die Verftäns
digen mit gehöriger Behutſamkeit die gewifleften
Erzehlungen heraus h), dieweil fie nach und nach
bey Abnahme der reinen tehre von denen Lnvor«
ſichtigen fehr gehaͤufet worden i); jedoch mangelt
es gar nicht an wahrhaftigen Erzehlungen, die
ſich infonderbeit nach der Ordnung in folgenden
Capiteln zeigen werden; wie fie auch fchon von
vielen zufammen getragen find. Alfo wird Severia⸗
nus gerühmet von ſolchen Gaben der Wunderwers
fe und Weiffagungen k): Paulino, demBifchef
zu
s) Origenes lib. VII. adu. Celf. n.2. t) Id.lib.II.n.5. wu) Bafılius M.deSpir. S. e. 29. Sozemenuslib. VIL
cap. 27. Gregorius Nyffenus in Vita eius, Rufinws altique.
Pfannerus de Don. Mirac. Eeclef. c. II. p. 79. cuius labori hic me plurimum debere fateor.
z) Ammianus Marcellinuslib. XXIII. initio. Socrates, Philoflorgius, Rufl-
a) Eufeb. Philofl. Socrat. Sozom. infra citandi.
€) Hılarius in PC 64. d) In Epiſt. ad Macarium ap. Theo-
€) Macarius hom.26.et27. f) Sozomenuslib. III. cap. 14. Sorrar. ib. IV. c. 33. Rufus
mins Introd. H.E.Sec. IV. p. 139.
nus etc.
datia Fabririo Comm. ad Poet. Chrift. p. 85.
doritum lib. 1. c. 17.
lib. II. c. 4, etex 115. Offander Cent. IV. lib. II.c.45. 8) Sozomenusl.c.
Spanhem.. c, Sedt. V.p.170. k) Auentim, Annal, Boi, e quo Hifler, Eccleſ Gerb. lib, II. 6.3. Sec. 4.
p. 548. 1)
DL. 26. y
x) Vid. aduerfus — Cr Bu. wi
y) Vid. Spanbe-
b) Sozomenus, Sulpitius, Senerus , Paulinus, lau-
h) Centur. Magdeb. Cent. V.c. XIII
736
zu Mola, wird auch dergleichen Zeugniß glaub-
roürdig gegeben. Weldyer auch von einem from⸗
men Soldaten, mit Namen Victricius, meldet,
der bey feiner unfchuldigen Hinrichtung den Rich:
ter mit Blindheit gefchlagen, ſelbſt aber von allen
Ketten und Banden los wordenm). And was
dergleichen Erzehlungen mehr ſind .
17. Aus den folgenden Zeiten will ich nichts
weiter gedenken, weil ſowol die Autores nicht al⸗
lezeit fo glaubwürdig find, als der Sachen Wich⸗
tigkeit erfordert, als auch viele Erzehlungen ſelbſt
mit Sabeln vermifchee find. Unterdeffen ſtehet
doc) nicht gaͤnzlich zu leugnen, daß GOtt noch
vieles dergleichen , auch mitten unter dem verderb⸗
ten Chriſtenthum, zur Meberzeugung der Heuchler
und zur Erweckung und Starkung feiner Berbor-
genen gethan habe; wie e8 auch verftändige Seri-
benten nicht leugnen n). Geſtalt wir denn im letz⸗
ten Capitel diefes Buchs augenfcheinlich erfennen
werden, wasmaffen und aus welchen Urfachen die
Gabe der Weiffagungen und anderer Zeichen unter
in) Ex eo Micrelius Syntagm. H.E.lib. IL.p:310. m) Vid. velCentur. Magdeb. Cent. VI.c. XIIL.p. 429. Ce
VIL p. 140. VIIL.p. 146. 242. 487. IX. p-98. etc. 0) Cyrilus Hierololym. Catech.XVLp. 180...
Me en *
7. B. Von den fonderbaren Wundergaben der erſten Chriſten.
den Chriſten nach und nach abgenommen, ut
ſehr unbefannt worden, Dabeyichs auch vor dis⸗
mal bewenden laffe, wann ich nur noch von dem
Unterfcheid dieſer Gaben aus ı Cor, 12, werde etz
innert haben, daß fie nicht alle zugleich bey allen,
auch nicht zu einer Zeit geweſen. aflen Pau⸗
lus hievon deutlich zeuger, wie zwar nur ein Beift
ſey, aber mancherley Gaben, Yemter und
Kraͤften, v. 4.5.6. Dabey denn Die Offenbarung
des Geiſtes zum gemeinen Ylugen einem
jeglichen Chriſten gegeben werde, 0.7. wie die
Alten eben aus der Erfahrung alforedetens “Es
„iſt zwar die Kraft des Geiſtes an fich ſelbſt eins;
gleichwol wirket fie viel Kräfte auf Gottes Ber
„fehl in dem Namen EHrifti. Denn bey einem
„bequemer fie fich feiner Zunge zur Weisheit, bey
„dem andern erleuchtet fie das Herz in der Weiſſa⸗
„gung, wiederum wird einem die Macht gegeben
„Teufel auszutreiben,andern dieRzaft die göttlichen
„Schriften auszulegen, noch anderebeveitet fie zur
„Marter, und wirfet alfoimer anders inande
He,
2
Das 2. Kapitel/
Von Heilung der Kranken, Auferweckung der Todten,
und Reden nad) ausgeſchnittenen Zungen.
Summarien.
under geſchahen denen Menfchen zu gut; 5.1. Tertulliani Zeugniß; Heilung der Kranken; Tertußiani Zeugniß und
Hrigenisz 2. Antoni Exempel 3. und Hilarionis; 4. mehrere dergleichen, ald Macarii, Protogenis, 5. Augu⸗
ffini umd anderer: 6. ben denen Gräbern der Märtprer: 7. Machten andere geſund, und blieben ſelbſt ſchwach legten Pla:
nen auf, und nahmen fie wieder weg. 8. Gregorius drohet mit Peſt, kommt auch, underlanget durchs Gebet die Aufhorung und
der melſten Bekebrung: Wunder andes Kayiers Balentis Prinzen; 9. an einigen, Die ſehr gezittert; an einem gottjeligen
Heibe: ı0.. Diele dergleichen nicht aufgezeichnet: noch gröffere Wundergabe die Todten zu erwecken ; Irenaͤi Zeugnißz ı1.
Erempel eines erweckten Knabens, 12.
des Papiaͤ, Macarii, Jacobi, Spiridionis Gaben bierinn: 13. Erempel: auch
die nach ausgeſchnittenen Zungen dennoch geredet; ı5. des Romani. 16.
denden Gräbern der Märtprer wurden etliche Lebendig durch Die Hülfe des HErrn, nicht im Aberglauben : 14. - Erempelderer,
$.
leichwie die uͤberſchwaͤngliche Güte GOt⸗
EI Les nichts zuthun pfleget, das denen Crea⸗
SF turen nicht heilſam waͤre, und zwar ſon⸗
derlich den Seelen der Menſchen: Alſo hat fie gauch
in denen Wundergaben der Chriſten darauf ge—
ſehen, daß den Menſchen nicht allein an ihrem Lei⸗—
be geholfen würde, ſondern auch abſonderlich an-
ihren Seelen. Geftaltder HERR JEſus felbjt
I
folches wirklich erroiefen, da er fo viel Kranfe und
Preithafte gefund gemacht, und eben diefe Gabe
den Geinigen überlaffen. Wie denn aus denen
Heil. Geſchichtbuͤchern befannt iſt, daß er gemei-
niglich denen Patienten zuvor an ihren Seelen ge⸗
helfen, und daß die Apoftel zuförderit nad) dem
Glauben an JEſum gefrager, ehe fiedie Kranken
geheilet. Ja, es folgte von ſich felbjt durch die ade
ung
”
|
es , daß folche gebeilete Pe
au feheinlichen Drobenge
Barmherzigkeit, die B
auben an den HK
Diefe Gabe befaffen und:
abey ihren GOtt, und ergögten fid) an deifen
überfchwänglichen Kraft Liebe und Erbarınung
gegen die Menfchyen, Wovon einer von ihnen ſehr
zlich ſchriebe, als er feinen Brüdern den feligen
Ehriftenftand anpreifen wollte: “Was ijt wol
er, als wenn du die Götter der Heyden mic
Fuͤſſen tritteſt, dieböfen Geifter vertreibeit, die
En
7
fund macheit, Dffenbarungen fucheft,
und HD lebeſt? Diefe Wopllüfte find der
„Ehriftenihreftetige und heilige Schaufpiele, die
„ſie umſonſt haben können a).
- 2. So hatte num der liebe Heiland unter an-
dern den Glaubigen verfprochen, daß, wenn fie
nur die Hände auf die Schwachen Iegen
würden, ſollten diefe ſich beffer ‚befinden,
Diefe Verheiſſung traf nun richtig ein, gleich»
wie auch die andere, daß fie Schlangen ver:
treiben follten und tödtliches Getränke ohne
Schaden trinken, Marc. ı6, 18. Ingleichen,
daß er Gewalt gebe auf Schlangen
und Seor n 3u wandeln und auf al-
ler Wacht des Seindes, Luc. 10,19. Denn
es ward nicht alleine an Paulo deutlich erfüller,
als ihn eine Schlange ohne Schaden Se
atte , mit groffer Berwunderung der Anmwefenden,
Abp. Gefch. 28,38. fondern es gedenket auch Ter-
tullianus ſchon im dritten Jahrhundert diefer
Wundergabe, wenn er fehreibet: “Wir fom-
wir von GOtt mit der Gewalt begaber find, die
= auch den Heyden oft alfo zu Hülfe, indem
ber Apoftel zuerft gebraucher hat, da er den
* fi EnblEnidhtpeachtet, b), Ueberdis fo war
nun (ich die Gabe gefund zu machen unter
den en gemein, alfo, daß ſie die Kranken
mit ſalbeten im Namen des HEren
und über fie beteten, dadurch er nicht allein ge⸗
fund und vom HEren wieder aufgerichtet, fondern
auch von feinen Sünden befreyet wurde, nach der
Vorſchriſt des Apoſtels Jacobi cap. 5,14.15. Als
forverlängerten fie durd) ihr glaubiges Gebet das
„eeben, wem fir wollten, wiedie Scribenten an
merken c). Davon iftdas Bekenntniß Origenis
ausdem dritten Seculo Elar, wenn er ſchreibet:
Y
„Etliche unter den CE
737
— hriſten heilen die Kranken,
„damit fie beweiſen, daß fie die Kraft, Wunder zu
„thun, durch den Glauban empfangen haben, Sie
„ruffen aber nur über denfelbigen an den Gtt
„unfer aller und den Namen JEſu, und gedenken
„dabeyerlicher Gefchichtevon feinen Thaten d),
3. Eben diefer Mann us: von fich felbft,
„Daß er ihrer viel geſehen habe, die von den ſchwer⸗
„ten Krankheiten alfo erlöfet worden ;zum Exem⸗
„pel, von dem Wahnfinn und andern unzäbligene
„Boͤſen, davon ihnen weder Menſchen noch Geis
„ſter fonft helfen Fonnen,, e). Anderswo fehreiber
er ebenfalls: “Es ift noch das herrliche Werk un.
„ſers JEſu heutiges Tages vorhanden, indem
„noch bis diefe Stunde die Kranken in feinem
„Namen gefund gemacher warden, welche GOtt
„beilen will, f), Wie auch über hundere Jahre
nach ihm ein berühmter Lehrer ——
bet, “daß die Krankheiten vertrieben und aller
„band wunderbare Werfe gefehen worden, g).
Juſonderheit einiger Erempelzugedenfen, fo war
ein Einfiedler, Antonius, mit dieſer Gabe gefund zu
machen von GOtt begnadiger, wieesdie Theologi
nicht ‚leugnen b). Syn feiner gebensbefchreibung
ſtehen erlihe Proben hievon, und unter andern
folgende: Ein fürnehmer Mann bate ihn einften
um feine Fürbitte bey GOtt vor eine Jungfrau,
mit Namen Policratia, welche durch viel Faften
und Wachen ihr geoffe Schmerzen zugezogen bat:
te, Antonius betete fürfie, daß fie der fürnehme
Mann nach feiner Wiederfunft frifch und gefund
fand i), Eineandere Jungfrau von Tripoli bat
te eine ſehr befchwerliche Krankheit an ſich, die ihr
das ganze Öefichte verderbere, dabey fie aud) mit
der Gicht beladen war. Die Eltern brachten fie
endlich zu Antonio, der fie aber nicht vor ſich ließ,
fondern zu ihnen ſprach: Gehet nur hin, ihr wer⸗
„det die —2 geſund finden k).
4. Bon deffen Nachfolger indem einfamen $e-
ben, dem Hilsrione, geftehen unfere Scribenten
gleichfalls, daß GOtt feinen einfältigen Glauben
angefeßen habe, und auffein brünftiges Geber die
Kranfen gefund gemachet )). Man erzehlet aber
diefe merfwürdige Gefchichte von ibm: Als er
einſt in feiner Zelle faß, brach unverſehens ein Weib
zu ihm Binein, welches vor ihm niederfiel, und
febnlich bat, er möchte von GOtt erbitten, daß fie
in ihrem Eheftande doc) mit Leibeserben gefegnet
Yaa aa wuͤr⸗
> Tertullianus lib. de Spe&taculis c. 29. b) Tertullianus Scorpiac, adu. Gnoft. c. 1. c) Ofiander Cent. I. H.
E: Veen.
Confla
kib. III c,
d) Origenes lib. III. adu. Celſ. n. 8. Lib. |
Atium p. 200. I) Ofander Cent. IV.lib. U. c. 1. i) Achanaſſus in Vita. h) Ibid. 1) Ofiander le.
v
e) Idem l. e. f)Lib.Il.n.27. P) Hilarius lib. adu.
73
würde. Ob er nun gleid) darüber ftußig worden,
habeer doc) endlich feine Augen gen Himmel geho⸗
ben, undfieverfichert, daß ihr Gebet erhöret ſey.
Worauf fie auch in Jahresfriſt einen jungen
Sohngebsren m). Eine andere vornehme Frau
hatte mit ihrem Mann und dreyen Kindern den
heiligen Antonium befuchee, im Ruͤckwege wur-
den ihre Kinder auf einmal todtkrank, und weil fie
niche weit von der Wohnung Hilarionis war, eile:
te ſie zu ihm und bat ihn, daß er ihre Kinder wieder:
umgefund machte, worauf er mit ihr in die naͤchſte
Stadt gieng, nachder Krankheit eines jeden Kin»
des genau forſchete, und zu CHriſto herzlich betete,
bis fie wieder gefund worden n). Ein anderer,
den die Gicht unverfehens überfallen hatte, und zu
diefem Hilarione von feinen Mitarbeitern getra⸗
gen wurde, erlangte alsbald feine Gefundpeit wie-
der, und gieng friſch und gefund wieder an feine Ar⸗
beit 0). So verfichert auch eben diefer Scriben⸗
te, daß man eine blinde Frau zu ihm gebracht, und
dabey geklagt, wie fie alle das Ishrige an die Aerzte
gewandt harte. Welcher dann Yilarion unter
andern alfo geantwortet: „Haͤtteſt dudiefes Geld
„den Armen gegeben , fo hätte dic) der wahre Arze
„SEfuslängitgeheiler,,. Als fie aber ferner an-
bielte, und um Hülfeund Erbarmung ſchrye, habe
er, nachdem Erempel des Heilandes, in ihre Augen
gefprüßer, und ebendiefe Kraft an ihr eriviefen.
5. Unter vielen andern Exempeln der folgenden
Zeiten wird diefes infonderbeit von einem Scriben»
ten berichtet, der glaubwuͤrdig bezeuget, Daßer es
mit feinen Augen felbftgefehen habe. Nemlich, es
ward ein blinder Menfch von den Seinigen in Die
Zelle des frommen Macarii geführet, darinnen fie
gleichdiefen Mann nicht antraffen. Da aber der
Patient lange vergebens auf ihn gewartet hatte,
fegte er fich an den Orr, alwo Macarius zu ſchlafen
pflegte, nahm ein Stüc vonder leimernen Band,
vermengte es mit Waffer, und fchmierte feine Au—
gendamit. Woraufer fein Geficht wieder befam,
und gefund wiederum davon giengep). ZuEdeſſa
war ein Xeltefter, mit Namen Protogenes, der in
feinem Erilio oder Elend nachmals die Kinder in-
formirte, Als nun einer aus feinen Schülern
krank war, fam erinfein Haus. Er aber ruͤhre⸗
te feine rechte Handan, und machte ihn mit feinem
Gebet gefiund. Ale diefes andere erfahren, haben
fie ihn gleichfals haufig zu ihren Patienten in die
Häufer geholet, und durch fein Gebet und Hand-
auflegen die Geſundheit der Ihrigen erlanget,
7. B. Don den fonderbaren Wundergaben der erſten Ehriften. Rn:
Dabey er aber vor allen Dingen gefordert, d
ic) taufen lieffen, und alfo erftlich durch w
efehrung den Glauben an JE um CHriſtum ers
langten, indeffen Namen alle ſolche Huͤlfe geſche⸗
hen mußte q). Eben dieſes Mittel ergrif ae -
ner Jude, der, nachdem er alles verſuchet, was er
nad) feinem Juͤdiſchen Glauben gewußt, endlich,
ohne Zweifel Durch göttlichen Trieb, aufden Bor
faß fam, ſich taufen zu laſſen. Nachdem er alſo
im Chriſtenthum wohl unterrichtet worden und
zur Taufe gebracht, ward er von feiner langwieri
gen Gicht völlig wiederum befreyer.
Wunderwerk unfer andern aud) dazu Dienete
viel Heyden durch dieſes Erempel zum Glau ben an
EHriftum gebracht wurden r). Von dem gedach-
ten Macario erzehlen auch unterfchiedliche Scri⸗
benten, daß er einen ganz Pe Mann alſo
gefund gemachet, indem er ihn mit Del geſalbet in
dem Namen IEſu EHrifti, und alfo auf feiz
ne Fuͤſſe treten und nad) Haufe gehen heiſſen. W
cher Mann auch hernach oͤffentlich über. u—
get hat, daß die ehre derjenigen —— e⸗
nen GOtt ſelbſt dieſes Zeugniß gegeben, >
Wahrheit hättens)., ae
6. Merkwuͤrdig ift auch, was von Auguſtino
gefchrieben wird, daß er einen Kranken gefund ge⸗
machet, welchem zuvorim Traum diefes befohlen
gewefen ‚mitdiefen Worten: Gehe bin zu Augu⸗
„ſtino, dem Aufſeher, daß er dir feine Hand auflege, _
„fo wirft du gefund werden,,: welches auch rich:
tig eingetroffen t). Diefer berühmte Lehrer era
zehlet auch ſelbſt nebenft etlichen andern glaube
wuͤrdigen Scribenten folgende Gefhichter Ein
Weib, mit Namen Jnnocentia, hatte den Krebs,
und ward einsmals im Traum erinnert, fie follte
bey den Ort, da man zu taufen pflegte, hintveten,
Ele ı
und fo bald ihr eine neugefaufte Chriftin entgegen
kaͤme, folfte fie den fhadhaften Ort mit dem Zeichen
ChHriſti bezeichnen. Welches fie auch that, und
alsbald ihre Gefundheit roieder erlangte u), Ein
anderer litte an einer Fiftel groffen Schmerzen,
fieng endlich an mit denen Dienern des Wortszw
Carthago heftig zu beten, fielfamtihnen auffeine
Knie, und ſchrye fo emſig zu GOtt, daß Augu i
nus ſelbſt vor Mitleiden und andern Beweg
feines Herzens faſt nicht beten konnte,
dieſe Gedanken hatte: “O HErr, 8
„der Deinigen wirſt du erhören, wenn du Diefes
„nichterhöreft,,? Denn, (feget er hinzu,) es waͤre
faft in dem gewefen, daß er garden Athem ausge
dia
gm), Hieronymsıs in Vita Hilarionis ri) Idem ib. e)Ibid. p) Rufinus lib. II. e. 4. Hift. Eccl. qQ) Theodori-
. muhb.iV.c. 16. 8) Socrares lib, VII. e. 4.
Chi, Deic, &
s) Rufimnsl, © t) Poftdins in Vita €. 29. u) Lib. XXII de
- A
u 9 *
|
Zn
blafen Hätte, fo brünftig Babe er gebetet, und ſey
er. gefund worden x). Derg hen
er daſelbſt noch mehr erzehlet, als, daß ein Medi⸗
cus nach feiner Taufe alsbald vom Podagra gehei⸗
let worden; ein anderer ebenfallsvon der Gicht y).
Wiederum gedenfet er eines Wunderwerfs, fo
zu Meylandgefchehen, bey den Cörpern der Mär:
tyrer Bervafii und Protafii, daein Bürger, wel:
cher viel Jahre lang ſtockblind gewefen, von dem
Tumult in der Stadt geböret, als man diefe Leich⸗
name in eine Kite gefeget habe, und fich dahin
führen laffen. As er nun mit feinem Schnupf:
£uche den Sargangerührer, und damit feine Augen
beftrichen, maren fie gleich aufgethan worden.
Diefes Bm überall ausfommen, GOtt hoͤch—
lic) darüber gelobet worden, und die Feinde, wo
nicht zum Glauben, doch zum Scheu gebracht.
Welche Gefhichte fo gar aufler allen Verdacht von
ihm gezogen wird, daß er fich auch auf die ganze
Stadt, auf den Kayſer felbft und feinen Hof beruf-
fet, die damals dabey gewefen wären z) : Ja, er fann
es fo gar nicht vergeflen, daß er es zum öftern in
feinen Schriften wiederbolet a), wie es auch Am⸗
brofius ausfuͤhrlich erzehler, und die Umftände
ſamt der Perfon deutlich befchreibet b).
7. Solche Erempelder Geſundmachung, tvel-
he bey den Gräbern dev Märtyrer gefchehen find,
finden fich nicht wenig inden Schriften der Alten,
und koͤnnen unmöglic) alle geleugnet werden, da
die Autores einmürbig dergleichen bezeugen. Sie
beruffen ſich aber hierbey auf die groffe und ſonder⸗
bare Gnade des HErrn, die er feinen Heiligen auch
nach dem Tode erzeiger habe : welches auch foferne
bey Gottesfürchtigen und Verſtaͤndigen ftatt ha⸗
ben fann , alsdenen Ereaturen nichts vonder Ehre,
die GOtt gebüßrer, beygeleget wird. So reden
fie nun alſo hievon: “Was ifts Wunder, daß die
„Heiligen bey ihren Lebzeiten die Kraft Wunder zu
„thun hatten, da aud) ihre Macht mit ihnen zu:
„gleich nicht begraben wurde? Denn auch die
„Steine en teiber bedecken, koͤnnen denen
„bie Gefmdh geben, die damit geplaget werden,
„und würdiglihdazufommen c). Auch die Leibe
„der rn vermögen ſchon das auszurichten,
„was fonft die heiligen Seelen koͤnnen, wenn fie
„angerühret werden, indem die Teufel ausgetries
„ben, und die Krankheiten geheilet werden,, d).
Gleichwie von Pauloerzehlet wird, daß durch fei-
ne Haͤnde GOtt ſolche Thaten gewircket habe, daß
— J
— Don Heilung der Rranten, Au ferweckung der Todten, und Reden. 739
Die Seute auch von feiner Haut die Schweistüchleit
und Koller über die Kranken gehalten, und bie
Seuchen alfo vertrieben. Apojt. Geſch. 19, 12.
Von den Märtyrern, Heremito und Ehelidonio,
wird geſchrieben, daß bey ihrem Grabe die gefaͤhr⸗
lichſten und langwierigſten Krankheiten qeheilee
worden e). Bey dem Begraͤbniß der heil. Agnes
betete einſten die Kayſerin Eonftantia, als fie eine
beſchwerliche Krankheit an ſich hatte: Und da ſie
druͤber einſchlief, wurden ihr dieſe Worte im
Traum geſaget: “Sen beſtaͤndig, Conſtantia,
„und glaube, daß der HErr JEſus CHriftus dein
„Heiland ſey, durch welchen du die Heilung aller
„deiner Wunden erhaͤlteſt, welche du an deinem
„Leibe leideſt, . Darauf fie auch völlig geheilet
worden, und das Wunderwerk uͤberall bekannt ge-
macht F).
8. Es iſt auch diefes nicht zu übergeben, daß bis-
meilen wol etliche die andere gefund gemacht Bas
ben, da fie felber noch Franf und ſchwach geweſen
und aud) geblieben. Denn diefes war freylich der
Weisheit und Güte des HEren gemäs, daß er
durch dergleichen Wunder die Menfchen nur als⸗
denn und auf folche Are vonihren Plagen erlöfere,
wenn und tie c8 fie an ihrem wahren und ewigen
Heil nicht hindern Fonnte. So liefet man von eis
nem alten Einfiedler , mit Namen Benjamin, wel⸗
cher diefe Wundergabe von GOtt gehabt, daß er
mit feinem Anrüßren, oder auch mit Salbung des
Dels, alle Krankheiten curiven koͤnnen. Er ſer
aber endlich warferfüchtig worden, und Babe fehr
groſſe Schmerzen darbey ausgeftanden , aber doch
fich felbft durch die Gabe nicht curiven Fönnen, die
er andern Kranfen zum beiten von GOtt gehabt.
Jedoch fey er darüber nicht ungeduldig worden,
daß er ihn felbft alfonicht Helfen fönnen, indem er
Zweifels ohne ſich der jeßtgedachten weifen und gü-
tigen Führung GOttes unterworfen g). Biss
weilen geſchahe es auch, daß Heilige Männer durch
Regierung GOttes aus gerschtem Eifer dieſem
und jenem eine Plage auflegten, und darauf nach
Gurbefinden diefelbe wiederum hinweg nahmen,
Einsmals ward eine Jungfrauvon denen barbari=
fhen Fe. den indie Sclaverey biggpeg gefuͤhret,
das Haus aber, woxein fie fam, mit Krankheit
von GOtt alfo heimgeſuchet, daß alsbald ihrer drey
darinnen tödtlic) Darnieder lagen. Eine Frau
aber merfte, daß dieſe gefangene Jungfrau mie
G0Ott wohl ftunde, und machte fih Hoffnung, dieſe
Seute würden durch) das Geber derfelben wiederum
Yaa aa 2 ge⸗
VIbid. bid.Le. z)Idemlib. XXII. de C. D. e. g. lib. IX. Confeſſi e.7. a)Lib. I. Retract. c. 13. lib. de Vie,
Eecl.c.46. b)Serm. or.
dentins hymn. \.de Coron,
x
©) Bafılius Seleucienfis Orat.39. d)Gregorius Nazianz, Orat. 3, in Iulian. e)Pru-
£ ) Ambrofins Serm. 90. .
g) Sozemenuslib. V].c.a9.
genefen fönnen; erfuchte fiedahero, daß ſie GOtt
vor die Kranken anruffen möchte, fie follte davor
ihre Freybeitwieder erlangen. Worauf die Jung-
frau mit Faften und Beten vor GOtt anhielte,
und dabey ohne Ziveifel nicht ſowol auf ihre leibli-
che Befreyung, als auf die Ueberzeugung und Bes
kehrung dieſer Heyden ſahe, und ihre Geneſung er-
hielte b).
9. Es iſt auch nachdenklich, was von Dem be-
rüßmten Wunderthäter Gregorio folgender ges
ftalt gelefen wird. Die Heyden, derer noc) viel
zu Meucafarien waren, hatten ihre geröhnliche
Spiele angeftellet, und weil der Ort, da ſie fich
verfammlet hatten, darzu zu enge war, viefen fie
ihren Jupiter an, er follte ihnen doc) Raum fchaf:
fen. Gregorius betruͤbte ſich fehr darüber, und
drohete ihnen, fie follten zeitig genug Raum Fri-
gen, nemlich, daß ihrer durch den Tod weniger
würden. Sein Wort ward auch redlich erfüller,
indem bald eine graufame Peft einriffe, welche die
Einwohner triebe, ſich zu dem frommen Bifchof
zu wenden und fein Gebet zu verlangen. Er er
hielte auch bey GOtt, daß die Pet aufhoͤrete, und
die meisten dadurch befehret wurden i). Inglei⸗
chen gefchah? es einsmals, daß des Kayſers Valen⸗
tis junger Dane todelich Franfwar, zu welchem
der fromme Bafılius von Cäfarien gebolet ward,
in Hoffnung, er follte ihn gefund machen, Weil aber
der Kayſer den Arianern zugethan war, verfuchte
er ihn hiebey, und wollte diefes als eine Probe der
wahren $ehre annehmen. Bafılius antwortete:
„Wenn du eben fo glaubeft, als wie ich, und brin-
„geft die Kirche wiederum zur Ruhe, fo foll dein
„Sohnleben„. Als aber diefer fid) zudem legte
ren nicht verftehen wollte, ſyrach Baſilius: “Go ge:
„fchehe dann des HErrn Wille an dem Knaben,,:
gieng darauf hinweg, und der Knabe ftarb nicht
lange hernad). ee fehen ift, daß die Ölau-
bigen nad) des HErrn Willen auch die Macht ge
habt, ihre Wundergaben bey ereignetem Un—
glauben der Menfchen zurück zu halten k).
10. Naͤchſt den andern Erempeln, welche zu Au⸗
auftini Zeiten noch im fünften Jahrhundert vor:
gegangen, willic) folgendes annoch erzeblen. Er
gibt esaber vor fo befannt und bewährt aus, daß er
mennet, es werde es Fein Einwohner zu Hippen
leichtlich vergeſſen. Nemlich, es waren jehen Bruͤ⸗
der in einer andern Stadt, welche von ihrer Murs
7.d. Don den fonderbaren Wundergaben der erſ
4
ter aus Zorn dermaffen verwünfchet worden, daf
fie an allen Gliedern ohn Unterlaß zitterten. Bor
diefen Famen ihrer zween nad) Hippon, die oͤf⸗
ters in der Gemeine zu beten pflegten. Cinsmals
lag der eine öffentlich alfo im Gebet, als ob er
fehliefe, zieterte aber nicht mehr, und ftund endlich
ganz gefund auf. Das Volk lief hinzu, und
freuetefichdarüber. Davon Yuguftinus =
des weiter fchreiber: Wir giengen zudem Volk,
„die ganze Gemeine war beyfammen, und erfchall-
„te mit freudigem Gefchrey: Den folgenden Ta
„ftunden fie beyde vor der Gemeine, Alles Bol
„ſchauete fiean, einen, der ohne Zittern da ftunde,
„ven andern abernochan allen Öliedern zitternd,,
). Kaum war diefer Auffeher nach Haufe foms
men, und hatte mit den Seinigen von diefen Wuns
dern GOttes zureden angefangen, da denn ein neu
Geſchrey fich erhube, daß der andere Patiente eben«
falls feiner Plage befreyet wäre, und zwar nachdem
er auch alfo gebeter, und darauf als in einem tiefen
Schlaf eine Zeitlang gelegen m), ine andere
merkwuͤrdige Gefchichte lieſet man von einem gott⸗
feligen Weibe, weiches durch die Barbarenin die
Landſchaft Iberien geführet, und wegen ihrer Östt«
feligfeit unter ihnen fehr befannt worden. Als nun
ie auch) unter andern einen Knaben durch ihr Ges
et gefund gemacht, ward ihre Gottſeligkeit den feus
ten noch bewäßrter, und weildie Königin dessandes
felber Franf darnieder lag, ward fie zu derfelbigen
geholet, welcher fteaber nicht folgete, aus Beyfors
ge, man möchte, wie es zu gefchehen pfleget, aus
ihr etwas fonderfiches machen. Die Patientin
aber ließ fic) felbft zuder gefangnen Frau bringen,
und ward auch völlig gefund. Dahero nit al:
lein fie, fondern aud) ihr Gemahl und das ganze
Volk fi zum Ehriftenehum befennete. Alſo
richtete GOtt durd) Diefes Weib, Eraft der ihr mit⸗
getheilten ABundergaben, fein Werk, aus n),
ı1. Kein Zweifel aber ift, daß noch viel mehr
Erempel von dergleichen Wunderthaten vorges
gangen feyn, fonderlich in den Zeiten der Berfols
‚Hung, da die Ehriften Durch die Unruhe gehindert
worden, dergleichen Thaten GOttes richtig aufzu⸗
zeichnen. So klaget auch Yuguftinus von den ru=
higen Zeiten, dag man in Anmerkung und Auf
zeichnung folcher Begebenheiten fo gar nachläf
fig gewefen fey. Wie man denn überhaupt zwar
von vielen folhen Männern noch Kiefer, Die hs
er⸗
%) Augufinus Epift. 122 ad Victorianum. i) Gregor. Niſenus in Vita Thaumaturgi. k) Soerates lib. IV.
6. 2i.
Theodorstus lib. IV. c. 17. 1) Auguflinus lib. XXIL de Ciu. Deic,g. m)Ibid. n) Socrates lib. I,
*.5 Sozomenns üb, II. e. G. Theæodoritus lib. I. c. 24. Rufaus lib. I. c. ı0.
u
ee FR
Jaben beruͤhmt geweſen,
aten nicht eben ſpecificiret
falls geruͤhmet ———
niſchen Concilii, Frumentius, Or,
fes, Copres, Johannes, ıc. o). _ Und was war
diefes gegen der noch Berrlicheren Wundergabe, da
e aud) die Todten ner! nach⸗
em etwa der HErr ihnen dazu Gelegenheit und
Kraft gab. ovon insgemein der Maͤrtyrer
Irenaͤus —— Nine: Dei noch geſche⸗
en, und deswegen denen Ketzern Trotz bietet, daß
e vergleichen nicht thun fönnten. Denn er fchrei-
Be = ten den Blinden ihr Geficht
geben, (welches gleichwol die Recht:
nnen,)noch den Tauben ihr Gehör,
eufel verjagen, noch die Kranfen und
en oder Gichtbrüchtigen heilen, oder die an
m andern Theile des Leibes geplaget find, wie
ich etwa zuträget nach der leiblichen Schwach⸗
vauch ſonſt äufferliche Gebredyen hinweg
Es iſt fo ferne, daß fie follten. einen
auferwecken, wie der HErr auferwecfer
„hat und die Apoftel Durchs Gebet, und wie inder
Bruͤderſchaft fehr oft um einer Nothwendigkeit
„willen durch viel Faften und Beten der ganzen
9 Gemeine an jedem Dre gefchepen iſt, daß der Geift
„zu den Verſtorbenen wieder kommen, und der
Menfch dem Gebet der Heiligen wieder gefcyen:
fet worden, p). Und bald Darauf fchreibet er
Noch deutlicher: “Etliche heilen durch Auflegung
„der Hände die Schwachen und Kranfen, und
ſtellen fie gefunddar. Es find auch zu Diefer Zeit
Todte wieder auferftanden, und viele Jahre lang
„ben ung geblicben o).
12. Ehen diefe Kraft des Glaubens, tie er fich
im Gebet zu OOtt mit feiner Allmacht vereiniger,
und dieſelbe durch ſolche groſſe Thaten geaͤuſſert
t, preiſen auch andere an den wahren Kindern
Ottes, und zeugen, wie der HErr auch disfalls
feine Verheiſſungen erfüllet habe an denen, fo auf
ihn getrauet. Ein gottfeliger und aelehrter Mann
erzeblet, was er zu feiner Zeit mit feinen Augen ge=
fehen habe, in dieſen Worten: “Es find noch etli-
„che ‚ ſowol in R
——
*
u als anderswo, welche von
„Kindheit an, bis in ihr hohes Alter ein mäßiges
„und ftilles Leben gefüßret haben, und ihr Herz
„aufdie Betrachtung bimmlifcher Dinge gewendet,
„ben teib aber gezwungen, daß er unterthänig ſeyn
„müflen, und im übrigen ihren GOtt mir fobges
vS. *
a >. Don Heilung der Rranken, Auferweckung der Todten, und Reden ec.
741
„fangen gepriefen. Diefe haben ihre Gemein:
„haft und Verwandſchaft mit GOtt dadurch
„erwiefen , indem fie zu GOtt gebetet, und vers
„Ichaffet, daß Die Todten wieder lebendig worden
„iind, Es find aber feine Fabeln, was ich fage,
„viel weniger wiederhole ich etwas, das vor lan-
gen Zeiten gefchehen feyn möchte, fondern esiftein
Wunderwerk, das zu diefer Zeit gefchehen iſt.
Ich felbft Habe einen alten Mann gefehen,, der
„überaus fromm und GOtt ſehr lieb war. Mit die
„fen war ein gewiſſer Ackermann befannt,ein quter
„einfältiger Menfch, der nur einen einzigen Sohn
„hatte. Mit diefem Fam er oft zudem alten Mann,
„fuchte fich bey ihm im Guten zu erbauen, und
„brachte gemeiniglich etwas von einem Ackerbau
„mit. Nicht lange hernach geſchahe es, daft der
Knabe in eine ſchwere Krankheit fiel, und ftr :b.
»Der Vater nahm den todten keichnam, legi. hin
„in einen Korb, deckte ihn mit Blättern zu, und
„gieng damit zu dem Alten bin. Alser nun zu ihm
„cam, feßte er fich bey ihm nieder, redete etwas
„mit ihm, und gieng endlich wiederum hinweg,
„nachdem er den bedeckten Korb da gelaffen, unter
„dem Schein, alswenn etwan Weintrauben drin⸗
„nen wären. Da es nun Abend worden, — —
„Alte fein Gebet verrichtet hatte, deckte er den Korb
„auf, und fand an ftatt der Trauben Das todte Kind.
„Er verwunderte fich biliig über das Vertrauen
„diefes Vaters, erhube fein Herz zu GOtt im Ges
„bet, breitete ſich daraufüberden Knaben aus, und
„ſtunde nicht eher davon auf, bis er den Knaben
„wiederum erwecket hatte. Da er ihn denn alfo
„wiederum lebendig zu feinem Vater fchickte,, r).
Und dergoftalt wußten die lieben Alten das Erem-
pel der Propheten im Glauben nachzuthun; wie
ein gelehrter Mann davon wohl urtheilet s)-
13. Bon den Apofteln, und fonderlidy Petro
und Paulo, ift die Sache aus ihren Gefchichten
offenbar, denen nachmals die apoftolifchen Mäns
ner auch in diefer Kraft nachgefolget find. Wie
denn von dem gottfeligen Jünger Syohannis, dem
— — bekannt genug iſt, daß er unter andern
undergaben auch dieſe bezeuget, daß ſie zu ſeiner
gut im Schwang gegangen, daß die Olaubigen
odten auferwecker haben 1). Machmals fehlte
es auch nicht an dergleichen Erempeln: Als man
etwa unter andern von Macario, dem Egypter, lies
fet, daß er mit einem Unglaubiaen in Streit geras
then über der Auferftehung der Todsen, und zude-
YAaaaaz ven
0) Vid. Sezomenu« lib. I. c. ro. et lib. IT. c. a3. lib. VI.c. 28.29. Socrates lib. I. c. 15. Ruffzuslib. I. c.o. IT.e.4. p) Ire-
DANS
lib. II.c. 37 et Enjebiuslib.V.c.7. q) Iremaus lib. II. c. 58.
AnimxImmortakit. 's) Pfannerus de Donis Mirac. Eccl.e. V.n. 12.
T) Aeneas Gazaus lib.adu. Theophraftum de
t) Eufebins lib. 111. c.39.
ie WR
*
42 7.8. Von den ſonderbaren Wundergaben der erſien Chriſten.
az ME BITTE ne ae —
von Beweis alsbald wirklich einen Todten erwe—
cket habe u). Nicht weniger ruͤhmet man von eis
nem Auffeher zu Antiochia, mit Nahmen Jacobo,
welcher Diefes an unterfchiedlichen erwieſen, und
die Todten in dem Namen JEſu Ehrifti erwecket
hat. Und wie fonften Martino, dem Viſchof zu
Tours, ſehr viel Wunderwerke zugeſchrieben wer-
den, alfo ſagen auch die Scribenten von ibm aus,
daß er wirklich Todte erwecket habe x). Sonder:
lich wird von dem befannfen Wunderthäter Spiri⸗
dionefolgende Geſchicht er zehlet: Cs war dieſem
Mann eine Tochter, mit Namen Irene, geſtorben.
Nun gab ſich einer nach ihrem Tode bey dem Vater
an, welcher fagte,er hätte ihr ein gewiſſes Pfand auf-
zuheben gegeben. Als ſich aber nichtsdaven fand
und der Menfth gleichwol fich fehr übel dabey
hatte, auch drohete, er wollte fich ein Leid thun, wenn
er das Seinige nicht wieder befäme; nahm endlich
Her Alte diefen Vorfchlag vor ; Ergiengzum Grabe
feiner Tochter Bin, vief fie bey ifrem Namen, und
fragte fie Darauf, an welchem Dre im Haufe fie
das Pfand hingelegt hätte, Daraufdie Tochter
ounderbarer Weife ihm antwortete, und alleswas
noͤthig war, anzeigefe. Bon vielen andern, welche
die Todten wunderbarer Weife erwecket, zeuget ein
arderer insgemein aus Irenaͤo, den wir ſchon ge-
öret habeny). | t
a Exempel erwehnet ein alter Hiſto⸗
ricus, daß einſten zu Conſtantinopel in der Ver⸗
ſammlung ein ſchwanger Weib unverſehens von
oben herab gefallen und gleich todt geblieben fey.
Woraufaber die ganze Gemeine einmüthiglich zu
GHır gebetet, bis die Berftorbene wiederum leben-
dig worden, und fie famt ihrer Frucht alfo von al⸗
{om Schaden und vondem Tod felbjt evrettet wor-
den z). Meberdis ift auch als etwas fonderliches
von den Alten angemerfet worden, daß auch bey
den Gräbern der Märtyrer bisweilen Die Todten
wieder lebendig worden waren, nicht anders als
etwa jener Mann bey Anruͤhrung der Gebeine Eli⸗
fä lebendig wieder aufſtunde, 2B. Koͤn, 13, 20.21.
So erinnert noch Baſilius diejenigen Eltern des
Wunderwerks, ſo an ihren Kindern auf dieſe Art
geſchehen war, da dieſe nemlich nach ihrem Tod, bey
dem Grabe des Marihrers Mamas, wiederum auf-
erwecket worden a). Auguftinus will von dem
Dentmahl des heiligen Stephani an einem Ort,
Audurus genannt, folgendes verfichern: Ein Flei-
ner Knabe war unverfehens auf der Gaflen im
r
Spielen von einem Wagen beſchaͤdiget worden
- zomenuslib. III. c. 13. x)Idem ibid. et Theodoritzslib.I.c.7. y)Ruffauslib.I.c-5. Eufebins lib. V. c,7.
vw = —— lib. VII. e. 5. a) Auguſtinus lib. XXII. de Ciu.Deic.g. b) Procopius lib. de Vandal. c) —
lib. IV. c. 14. et luſtinianus l.1.C. de Offic, Præf. Prator. Afr.
af
*
und daruͤber geſtorben. Dieſen nahm die Mutter
in Eil, und legte ihn bey dieſes Denkmahl Stepha⸗
ni, worauf er nicht allein Ne, fondern
auch unbefchädiger darftund. Ein anderer ver
ſtorbener Knabe ward eben dahin Se Sen
—
ter getragen, und nach vielem Gebet und Flehen
lebendig wiederum hinweg genommen. Andere
Erempel, die er dafelbjt von dieſem Det erzehlt, will
ich nicht eben anführen, fondern nur dieſes erin⸗
nern, Daß Diefe Perfonen die Hülfe des HErrn in
demüchigem Gebet gefuchet, und Feineswegesauf 4
Aberglauben oder Berdienfte der Heiligen falln
dürfen, wie hernach wol in der Römifchen Kirchen
geſchehen. ART
15. Sch muß aber dieſen Geſchichten annoch et⸗
liche andere beyfügen, worinnen gezeiget wird, daß
die Märtyrer nicht alleine vor andere die Gabe zu
heilen empfangen gehabt, fondern auch vor ſich
felbft diefelbe -von dem HErrn erlanget haben.
Nemlich, da ihnen bisweilen von den Tyrannen
die Zungen ausdem Yalfe gefehnitten wurden,
dat ihnen doch bisweilen daffelbe nicht ſchaden
önnen, daß fie.nicht ungehindert geredet, was fie
gewollt Haben. Denn da die Tyrannen darauf
umgiengen, daß die Heiligen ihren GOtt nicht bes
kennen und preifen follten, machte der HErr ihre
Anfchläge zu Schanden, und heilete die geftüms
melten Zungen,daß feine Zeugen ausfprechen konn⸗
gen, nachdem ihnen der Geijt gab. Ein gewiffer
Sceribente verfichert,, daß er ſolche Märtyrer zu
feiner Zelt noch in Conftantinopel gefehen Babe,
welchen von dem Tyrannen Hunneric) die Zunge”
gelaͤhmet und ausgefchnitten worden, gleichwol
aber nochganzvernehmlich reden Fonnenb). Dies
fes nennet ein anderer Hiftoricus eine neue Ark
der Wunderwerfe, die falt unglaublich fey, und
gleichwol von einem gewiſſen Mann, der es felbft
gefehen, bezeuget werde, wieauc) von dem Kayfer
Juſtiniano felber, deſſen Wortein feinem Codice
alfo lauten: “Wir haben etliche ehrwürdige Maͤn⸗
„ner geſehen, weldyen die Zungen ganz aus dem
Halſe gefehnitten gewefen, und dennod) von ihrer
„Marter erbarmlid) reden Fonnen,, c), Es wies
derholen auch andere Gefchichtichreiber Diefeg
Wunder GOttes, und fchreiben es der Kraft des
Heiligen Geiftes zu, wie einer folgender geftale
fehreiber: Der Heilige, Geift gab ihnen, daß fie
frey veden konnten, undeben fo, wiefie zuvor ges
„redet hatten. Wer diefes nicht glauben will, der
„gehe
r * —
E:
—
— Fe
„gehenoch nach Conſtantinopel, fo wird er daſelbſt
sang e ihnen finden, mit Namen Neparatum,
„ein iaconum, der allesohne Anftoß aus:
‚gefprochen. Deswegen er aud) in dem Pallaft
5 Kanfers Zenonis fehr werth gehalten wird, da
Ihn ſonderlich die Kayſerin liebet und ehret,, 0).
Mod) ein anderer beruffer fich gleichfalls auf das
Sa aller Perfonen, die es noch zu feiner Belt
efräftiget hatten, von denen es die damals Leben-
den erfahren fönnten e).
16. Mächft diefen ift auch das Exempel des
Maͤrtyrers Non
, welcher mit feinem freudi⸗
ftigen Befenntniß feinen tyrannis
unge glatt aus dem Halfe fehneiden lieffe, und
en und weitläufi anni
; Kom eultede dahin brachte, daß er ihm die
—F— einen hierinnen erfahrnen Arzt, damit
ja kein Betrug hierinnen vorgienge. Da meynte
er, nun wuͤrde ſich dieſer Chriſte zu allem bequemen,
weil er nicht mehr widerſprechen koͤnnte. Er aber,
als er die Bereitſchaft zu dem Goͤtzenopfer er:
blickte, dafielbe an, nicht anders als ober ei»
nen böfen Geift fehe. Der Tyranne lachtedarüber,
und fpottete fein, fagende, ob er nun nicht reden
weilte, es ftünde ihm freu, zu fprechen, was er woll⸗
te, da er ja zuvor fo viel babe ſchwatzen Fönnen. Der
Märtyrer aber fiengetiefan zu eufzen, fehrye oh⸗
ne Zweifelinnwendig heftig zu GOtt, und fieng mit
aller Berwunderung alfo anzu reden: "Wer von
— ——
2. Cap. Don Yeilungder Rranken, Yuferfishung der Todten, und Nedennach x.
“wg * *
—— Gr
743
„EHrifto redet, dem mangelts niean der Zungen.
„Man darf auch nicht fragen, mit was vor einem
„Werfjeug die Worte formiret werden, wenn der:
„jenige ſelbſt verfündiger wird, derdie Worte gibt.
„Wenn ers befihlet, fo muß auch der Menfch oßne
„Zunge reden. Zweifelſt du noch, daß er den
„Staub der Natur ändern fönne? Da er doch
„feine gegebene Drönung mwideruffen kann, daß
„die Rede nicht eben eine Zunge eriterfordere. Die
„Gottheit, welche wir in dem Water und Sohn
„verehren, hat dieſe Kraft, daß fie den Stummen
„die Rede, den Lahmen einen Burtigen Gang, den
„Tauben das Gehör, und den Blinden das Geficht
„geben Fann,,f). Andere Erempel, deren nicht
wenige in den alten Märtprerbüchern vorkom—
men, will ich nicht weitläuftig anführen, fondern
die Worte noch erzehlen, welche zween Märtyrer
eben bey folcher Begebenheit follen geredet haben,
und alfo lauten, twie fie an den unglaubigen ot
nen gerichtet gewefen! "Siehe, du Elender ‚daß
„deine Goͤtter denen Menfchen nicht geben koͤnnen
„ohne Zungen zureden, weil fie felber weder reden
„noch hören fonnen. Schaue aber ung an, und
„glaube von ganzem Herzen an EHriftum, und
„laſſe dich taufen, fo wirft du Vergebung deiner
„Sünden empfangen, 8). Daß demnach auch
diefes Wunder in denen erften Gemeinen gewiß ges
nug gemwefen ift,
d) Vier Vticenfis lib. III. de Perfecut. Vandal. et Paulus Diaconus in Odoacro. ©) Gregerius M. lib. III.
Dialog. c. 30. f) Prudentins hymn. 10. de Coron.
fontion p. 22. et Marsyrol. Adonis Kal. Iul, Add. de
g) Ada Vefontina apud 1. Iac. Chifflerium P. II. Ve-
aliis idem d. VIII. Kal. Sept. et d. X. Kal. Mai.
Das 3. Kapitel,
Von der Märtyrer unbeſchaͤdigtem und unempfindlichem
Zuſtand in der Marter, wieauc von den Gaben der mans
cherley Sprachen.
Summarien,
,
’
Hi Unempfindlichkelt der Schmerzen war EOttes Gabe an Geift und Leib, kam nicht ber aus Zärtlichkeit, fondern zut Ue⸗
berzeugung anderer: $.1. Epempel Johannis Evangeliftä, Barfabd: 2.
mar der Verheiſſung des HErrn geımäs, 3.
HE je bievonz; Volycarpi Erempel, it. eines Knabens, anderer. 4. Die wilden Thiere fbonen der Märtys
, Blandin
Erempel, 5. anderer; empfinden wenig oder nichts von der Marter, 6.
Wundergaͤbe mit Zungen zu reden
war bochinbibig zur Berkoͤndigung des @vanaelii; 7. Gott wird dariber geprieſen, mar nicht an die Upofkel gehunden, fons
dern allen Olanbigen gemein, 8. mieil die Predigt des Worts gemein wars Sie redeten vernehmlich5 o. mar eine übernatürlt-
che und örtliche Gabe, ganz andersalddas Studieren; 10. Hunderitgegen der Verwirrung der Sprachen, 11. folgete auf die
Aus gieſung des Heil. Geiſtes ı2, waͤhrete auch noch in folgenden Gerufis, bis fie durch Untreu und Zabrfäßtgfeit meiſtens
verloren. 1%
*
§. 1.
SENT a,
“ §.
u der Heilung der Kranken und Beſchaͤdig⸗
ten gehoͤret zwar auch einiger maſſen Diejes
nige Gabe des HErrn, da er die Seinigen
von Empfindung der Schmerzen frey gemachet,
und fie fonft vor der Dual und dem Tod fetbft nach
feiner Weis heit bewahret hat. Denn ob wol die
Märtyrer insgefamt an ihrem Geifte bey der feib-
fihen Marter nichts empfunden, fondern im Ges
gentheil noch dazu den höchiten Grad der Freudig-
keit infich gefuͤhlet; wie wir in den legten Gapiteln
des 4. Buchs ſattſam erfannt haben; fo wurde
ihnen doch auch ſolche UnempfindlichFeit bisweilen
an ihrem teibe mitgerheilet. Zwar waren die Chri⸗
ften garnicht fo zärtlich gewoͤhnet, daß fie eben mit
der Marker verfchonet zu werden verlanget haͤt⸗
gen, wenn fie einmal auf den Kampfplatz nach des
HErrn Willen geftellet waren. Allein, esbefun-
de es die goͤttliche Weisheit nörhig, daß nach ‘Bes
fehaffenheit der Umftände dieſer oder jener aus ge⸗
wiffen Abfichten, und-gemeiniglich zur Ueberzeu—
gung der Heyden,ohne&mpfindungderSchmerzen,
ohne Berrübnißund Klagen vor ihren Augen dar:
ſtehen mußte. Welches aber fienicht allegeit von
dem Martertod befreyete, indem gemeiniglic) die
wuͤtende Feinde nur defto geimmiger auf fie wur:
den, und noch heftigere Arten der Marter und des
Todes ausfonnen und vornahmen.
2. Aus der Zahl derer Apoftel ift von Johanne
dem Evangelijten nicht unbekannt, wie erunter dem
Kayfer Domitianoinein Faß voll fiedendes Del
geſtecket worden, und dabey gleichwol nicht den
geringften Schaden erlitten habe. Welches vie-
feumter den Alten glaubwürdig befräftigen, und
noch dazu feßen, wie dieſes eben die Gelegenheit
und Urſache gewefen, daß er hernach von dem Ty—
rannen in die Inſul a, gefchicker worden,
darinnen ihm der HErr die Dffenbarung gegeben
hat a). Sonften liefert man aud) von Joſeph Bar⸗
ſabas, mit dem Zunamen Juſt, welcher mit unter
die Apoftel follte erwaͤhlet werden, Apoſt. Gefch. 1,
23. daß er einen Becher voll Gift ohne einzigen
Schaden ausgerrunfen habe, welchen ihm feine
Feinde gegeben ; wie Papias, der zur felbigen Zeit
nod) gelebet, meldet b). Man will zwar aud)
von dem Evangeliften und Apoftel wiffen, daß er
3) Tertullianuslib. de Prefeript.c. 36. Hieron. lib. I. adu. Touinian.c. 14. et de relegatione. Tdern de Scr. Eccl. 9.
b. VILc. 10. Lactantius de Mort. perfec. c. 3.
Ioh. d)Vid. Polycratesap, Eufebsumlib. III. c.31. Ambro-
124. in Ioh. Combefifins Audtar. nouifl. Bibl. Pat. I. p. 485.
Eufebius in Chronico ac lib. III. H. E.c. 18. Orofins li
ſebium lib. IV. c. 33.
‚fi#s in Pf. CXVIII. Ser. 20. Auguflinus Tract.
c) Vid. Dach. Camerarius Vita
e) Ephrem Theopolitanus ap. Photium Cod. CCXXIX. aliique, Hyppolitanus
f) Nicephorns lib. I. H. E. c. 35. et lib, Il, c. 42:
Chr. ap. Combefifium p. 40:
Marci XVI. 1%
>
=“
S
>
So
m
I
bar)
——
8
=
=:
=
-
=
3
=
den urälteften Scribenten nichts hierv
doc) fonft dergleichen Begebenheiten nı
lichfeit genau aufgezeichnet haben, und
Fönnen ſich nur auf ein Hörenfagen be 7
Wie denn aud) von feinem Tode nicht eben fü
naue Nachricht ift, da auch die alten Serib
gebenfen, ar etliche gemehnet, er ſey nicht 3
haftig geftorben; weil der HErr JEſus zu Pete
von ihm gefagt, Daß es Diefen nichts angehe,wenn
er wollte, daß er bleibe, bis er fomme, Joh. 21,
22. 23. d). Ya, einigehaben gar davor gehalten,
er lebe noch im Paradis, und werde ein Borläus
fer des Fünftigen Gerichts fiyn <). Wiederum eis
nige wollen zwar zugeben, daß er geitorben fey,
aber alsbald wieder erwecket worden E); welches zu
entfcheiden hieher nicht gehoͤret. Rebe
3. Diefes ift mehr als zu gewiß, und der theu-
ven Verheiſſung des Sen ya, Baier
diefe Gnade von dem HErtn erhalten, und fo fie
etwas tödtliches getrunken, Feinen Schadendavon
gehabt, Marc. ı6, 18. Geftalt denn aud) die al⸗
ten Ausleger davon überhaupt bey diefen Worten
Eprifti zeugen, daß e8 wahrhaftig und ofte gefche:
hen. Esmangelt uns nur an denen uralten Denf-
mahlen, welche noch etwan zu Zeiten Theophylacti
und anderer vorhanden geweſen, die ſich
druͤcklich Daraufbeziehen, daß dis Wort GE
oft beftätiget worden.- Es wären aud) ihrer
unbefchädigt erhalten worden, da fie Gift getvum-
feng). Diefes aber war nureine von den geringe
ften Arten des Martertodes, den die Chriften zu
überftehen hatten. Wir wollen aber nun ferner
fehen, wie fie gleichwol auch andere ſchwere Leiden
nicht nur durch Glauben und Geduld an ihrer Sei⸗
fen überwunden, fondern aud) Du wunderbare
Sinderungoder Hinwegnehmung aller Schmerzen,
und durch Verhinderung der Urfachen hievon, über
ihre Zeindemächtiglicheriumphire.
4. Geſtalt diefes klar aus den Hiftorien zu bes
weifen ftehet, daß fehr ofte weder Zeuer noch
u Schmwerde, |
b) Apud Eu-
|
Martyr in Demonft. Anti-
8) Theophyladus Comm. ad
wi
er
-
als ein
un be Fiir „%
weder wilde Thiere, noch andere Crea⸗
turen das geringfte wider die Knechte GdDttes ha⸗
ben ausrichten Fonnen, wenn es ihnen ihr Schö-
fergeboten: Alfo, daß ſolche Dinge, die von den
Feinden GOttes zur Rache b ee waren, ihre
Kraft und Wirfungverlierenmüflen, und die Öe:
falbten des HEren nicht einmal antaften dürfen.
len aber diefe mächtige Regierung GOttes
onft Feine Frucht gefchaffer hätte, fo wäre dieſe
ſchon herrlich genug geweſen, wann die Zeugen JE»
fu EHrifti eben durch ſolche Wunderthaten und
Schickungen ihres GOttes ſo kraͤftiglich geftärfer
wurden, daß ſie alles indem Namen diefes maͤchti⸗
n wagten, es geriethe nun zum Leben oder
Sollten fie durch feine Wunderhand
vonderbeftimmten Gefahr errettet werden, fo war
ihr Ruhm von der Herrlichkeit des HErrn defto
roͤſſer; follten fie aber dem Leibe nach umkommen,
$ waren fie auch bereit, ihn mit dem allerſchmerz⸗
ichiten Tode zu preifen. Damit ich aber auffons
derbare Erempelfomme, fo ift unter den apoftoli-
fchen Männern der heilige Polycarpus davon be>
+ Fannt, daß er auf dem Scheiterhaufen von dem
Feuer durchaus nicht beruͤhret werden Fönnen.
Denn die Flammen umgaben in zwar, aber nur
von ferne, und formivten gleichſam um ihn herum
einen Bogen, daß fie ihn nur glänzend machten,
woͤlb oder aufgeblafener Schifffegel.
Sein Leib hatte darinnen einen Schein als einglü-
endes Gold oder Silber im Feuerofen. Die
Umftehenden empfunden aud) fo einen angench-
men Geruch, alswenn das föftlichfte Rauchwerk
angerindet wäre b). Ein Knabe ward von fei-
nem Juͤdiſchen Vater in einen glüenden Ofen aus
Zorn geworfen, weil er mit andern die überbliebe-
nen Brocken vom Abendmahl der Chriſten nad)
damaliger Gewohnheit genoſſen hatte. Er ward
aber nach dreyen Tagen von feiner Mutter, die ihn
aͤngſtlich ſuchte, in dieſem Ofen ganz ohne Schaden
u jedermanns Verwunderung wieder gefunden ).
zu Taracon, und ſeine beh⸗
en Diaconi, Eulogius und Augurius, wurden auch
um der Zr EHriftiwillen zum Feuer verdammet,
fonntenaber nicht verbrannt werden , weil das Feu⸗
er feine Macht von ihnen zurück bielte, ungeachtet
die Henfersbuben fleißig zufchürten, und alle
Mühe anwendeten, damit fie nicht zu Schanden
würden. Es half abernichts, bis die Märtyrer
felbft zum HErrn beteten, daß fievon den Flam⸗
menergriffen und verzehret wurden k).
» Epilt.
3. Cap. Don der Märtyrer unbefebädigtem und unempfindlichen Zuftand x.
) Eufebinslib, VI. c.t. n)Idemlib, V. c. 2.
745
5. Daß dieſes ebenfalls mit andern Arten der
Marter alfoergangen,
die wilden Thiere ofte der Märtyrer gefchoner has
ben, weldye fie zerreiſſen und freifen follten. Es
muß ohne Zweifel ſchon ofte vor den Zeiten Janatis
geſchehen feyn, weil erfelbft folder Erempelinsge-
meingedenfet, und aus Begierde zur Marter ber
forget, es möchte mit ihm aud) alſo gehen. Seine
Worte find diefe an die Glaubigen zu Nom: Ge
„bet doc) den wilden Thieren freundliche Worte,
„daß fie mein Grab werden, und nichts von meiz
„nem Leibe übrig laffen,,. Und ferner, da er erſt
das Geber darzu nörhig achtet, damit ds der HErr
zulieſſe: Dittet doch den HEren für mich, daß
„ich durch diefe Werkzeuge GOtt ein Opfer wer
„de. Wollte Gott, ich folltemich ergögenan den
„Thieren, die mir bereit find! Ich wünfche auch,
„daß fie mic) bald antreffenmögen. Ich wil fie
„auch reizen, Damit fie mich nur bald verfchlingen
„mögen, und esnicht machen wie mit etlichen, fuͤr
„welchen fie ſich geſcheuet, und ſie dahero nicht an-
„getafter haben, 1). Diefes trug ſich auch bey der
Marter der Heil. Blandina zu, welcher, als fie auf
den —— geſtellet ward, Diegrimmiaften $ö=
wen ſelbſt keinen Schaden thaten, alfo, daß dieſe
wilde Thiere guͤtiger gegen die Menſchen zu ſeyn
ſchienen, als die Feinde ſelbſt wirklich waren m),
Es ift auch vermuthlich,, daß viel andere Märtyrer
dergleichen erfahren haben; wie etwa jene zu Bis
enne, von denen ihre Landsleute in einem Briefe
en ‚ dapfiedie Marter ſehr oft auegeftanden
gehabt n).
6. Ferner erzehlet einer, was er ſelbſt geſehen:
As zu Toro, unterdem Kanfer inte N
he Epriften aus Egnpten von den Hayden beſtim⸗
met worden, daß ſie von den wilden Thieren zer⸗
riſſen werden ſollten. Ungeacht nun die Feinde
die Beſtien auf die Märtyrer los besten, und fie
lange Zeit darzu ausgehungert hatten ‚ wollten
doch die unvernünftigen Thiere Feinen anruͤhren
und waren ihrem Schöpfer gehorſamer als die
vernünftigen Menfchen. Die geimmigen Ver:
folger lieſſen nicht nad) das unfbuldige Bed zu
reizen, und füchten unter andern einen wilden Ich»
fen mit glüenden Eifen und Stachein zum Zorn zu
bewegen, der. aber gleichwol nicht zu bewegen war.
alfo,daß jene felbit die Hand anlegenmußten, und
die Chriften mit dem Schwerdterwürgen 0). So
veränderte der HErr der Natur die Zuneigungen
feiner Creaturen, alfo, daß fie mit eben fold)em
Dbb bb Dar,
0) Eufebinslib, VIIL.H,E, c.7.
* enſium ap. Eufebium lib. IV. c.15. 1) Ewagriuslib.IV.c.29. k)Prudentius hymn, 6.de Cor
fehen wir auch daraus, weil
— —A EG. WW — “e «
x Bi. w “
747 7. B. Von den ſonderbaren Wundergaben der erften Ebriften.
Berbalten die Unmenſchemmachdruͤcklich beſchaͤm⸗
ten, welche in ifrem Grimm und Wuͤterey die al-
lergrimmigften Beftien übertrafen, Wiewol,
als oben gedacht, die heiligen Märtyrer eben dies
fes nicht achteten, fondern nur mit ſich thun lieſſen,
was dem HErrn disfalls gefiel, indem fie zu allem
bereit waren, was feine Hand über fie befchloflen
atte. Es ijt oben in dem leßten Gapitel des 4,
uchs ausführlich eryviefen worden, daß, wenn
feich auf GOttes Zulaffung die Greaturen das
Ihrige beyder Marter der Ehriften gethan haben,
dennoch die heiligen Männer GOttes oft wenig
oder nichtsdavonempfunden. NBelches billig un-
ter die Wunderwerfe GOttes gezahler werden
muß, und bier befchrieben werden follre, wenn es
nicht bereits zur Gnuͤge gefchehen wäre.
7. Darum ill ich mic) von diefer Art der göttli-
chen Wunder zu einer andern wenden, ud Fürz-
lic) diejenige Wundergabe berühren, weiche den
Glaubigen vondem HErrn auch verfprodyen war,
nemlich, daß fie mit neuen Zungen reden
fouten, Marc. 16, 17. Die Erfüllung dieſer Zu>
fage zeiget unsder Apoftel an, wenn er des HErrn
Gnade ruͤhmet, daß er in der Bemeine geſetzet
babe unter andern — Sprachen,
ı Cor. ı2, 28. Ingleichen, daß in der Gemeine
einem jeglichen die Offenbarung des Beiftes
gegeben ſey zum gemeinen Ylug, und un:
fer andern einem mancherley Sprachen
oder auch die Spracden auszulegen, v. 7.
10. Diefes aber war abermal eine höchftnörbige
und heilfame Gabe, indem die Zeugen IJEſuCHri⸗
fit in alle Welt ausgehenmußten, und das Evans
gelium allen Ereaturen predigen. Weil nun nach
der Babeliſchen Verwirrung ſo viel Sprachen
entſtanden waren, und die einfaͤltige unerfahrne
Leute keine Wiſſenſchaft von Natur in den Spra⸗
chen dieſes oder jenes Volks hatten; fo Fam ih—
nen der Geift GOttes durch diefe Gabe zu Hülfe,
und lehrte fie auf übernatürlicye Art diejenige
Sprachen, welche fie zur Berfündigung des Ev—
angelii braucht n. Es erwieſe fich diefes gleichſam
zur Probe an dem Tag der Pfingſten, da die Juͤn⸗
ger mit mandyerley Sprachen die groffen Thaten
GEOttes redeten, alſo, daß einjeder, aus welchem
Lande er auch buͤrtig war, fie in feiner Sprache hoͤ—
ren konnte. Woruͤber ſie ſich auch, wie leicht zu ge⸗
denken, heftig entſatzten und irre wurden, weilih»
nen dergleichen noch nicht befannt war, als wol
nachmals gefchehen, Apoſt. Geſch. 2,4. 13.
» Chryfaflomns hom. 4. ad Act Apoſt. q) Idem ibid,
Temp. t)Chryjoffemusl.c.
8. eh var Bäfer Babenbiedtent bey —
rung fremder Voͤlker haben die Alten ſehr wo fr
fehen, und dahero GOtt darıb a feine
groſſe Macht daraus erfannt, und fid) zumlauben
und Gehorfam defto Fräftiger aufm:
Denn fie hatten von ihren Vorfahren gehöret,
diefesnicht an die Apoftel gebunden gemwefen, fo
dern vielmehr allen Denen Gemeinen, weldje it
Verkuͤndigung des Wortes deſſen benöthiget wa—
ven. Dennfofagen fiehiervon: Iſt denn der H.
„Geiſt etwan nur auf die Zwoͤlfe gefallen, und nicht
„auch aufdie übrigen? Mienichten, ſondern er iſt
„auch aufdie andern 120, fommen. Welches denn
„daher bemiefen ward, weil Petrus die Weiffagung
„Joelis dabey anführet, da fie auch den Knechten
„und Mägden verheiffen wird, p). Wiefie denn
auch ſelbſt aus den Geſchichten der Apoftel zeugen,
daß fiealle einmuͤthig bey einander gewefen, und
folglich auch diefer Gabe mit theilhaftig worden g).
Wie denn auch andere Diefes gerne geftehen,
warn fie ſchreiben: “Wer den a erfannte,
„der warb von ihm plöglich erfüllet, und redete mit
„den Sprachen der andernalfer, undnichtallein -
„oier2c. Diefes Iehrete uns der Buchftaben
„telbft: Die Menfchen babengeglaubet, und find
„getaufet worden, haben den Heil. Geift empfan-
„gen, und mit den Sprachen aller Voͤlker geres
„0etysr). Und wiederum: “Es bat GOtt damals
„gefallen die Gegenwart des Heil. Geiftes alfo ans
„iuzeigen, daß Diejenigen mit den Sprad)en der
— aller redeten, welche ihn empfangen hat⸗
„een )
9. Wiewol ſich dieſes auch von ſich ſelbſt verſte⸗
bet, weil die Abſicht ſolcher Gabe, nemlich die Pres
digt des Worts, allen Glaubigen mit den Apoſteln
gemein war, und fie alſo auch nothwendig dieſes
herrliche Mittel darzu mit ihnen gemein haben
mußten. Ein alter Scribent hat von dem H. Mat⸗
thia dieſe Gedanken, daß er zwar zu dem Apoſtel⸗
amt nicht gelanget ſey, gleichwol aber den Heil,
Geiſt empfangen babe, gleichwie die Apoſtel, und
alſo auch die Gabe der mancherley Sprachen ).
Naͤchſt dem fo ift eben auch) aus dieſem Zweck der
mancherley Sprachen ferner zu erfennen, Daß Die
heiligen Männer alfo die fremden Spr geres
der, daß es die Zuhörenden vernehmen Fönnen,
Die altensebrer fehreiben hiervon folgender maffen:
„Entweder es hat fie ein jeder in feiner Sprache
„gehöret, alſo daß, zum Epempel, zwar eine Stim⸗
me
1) AuguflinusSerm. 186. de Temp. s)Idem Serm. 188. de
2.
[3
asia: SRG u
f Pd
1
3. Cap. Donder Märtyrer unbeſchaͤdigtem und unempfindlichem Zuftand x. 747
„meerfchallete, aber ihrer viele gehöret wurden, in=
„oem die Luft alſo einen Schall gab, und, daß ichs
‚deutlicher fage, viel Stimmen aus einer gemachet
wurden. Oder manmußdasWort, fiehöreten,
„von den folgenden, vedend mit ifren Sprachen,
„abfondern, daß man alfo lefe: Sie vedeten mit
„zungen, nemlich mitder Zuhörer ihren, das ift,
„mit fremden. Denn auf jene Weile würde das
„»Wunderwerf ——— Zuhoͤrern als den Res
„denden zuko In dieſem letzten Verſtand
——— welche redeten, die auch des⸗
„wegen der Trunkenheit beſchuldigt wurden, ohne
Zweifel darum, weil fie durch die Wirkung des
„Geiſtes ein neues Wunderwerf mit ihren Reden
nieigten u).
" 10. So war num alles diefes eine-übernatürliche
und görtliche Gabe, welche auch zu uͤbernatuͤrlichen
und geiftiichen Derrichtungen beitimmet war.
Sie machte auch bey den teuren noch mehr Auf:
fehens und Berwunderns, meil fie fogar ungelehr-
ten unanfchnlichen Perfonen beygeleget wurde.
Diefe waren damit augenblicklich ausgerüfter, fo
bald die Noth erforderte, an diefem oder jenem Ort
ein Zeugniß von der göttlichen Wahrheit abzule-
gen. Und dahero betrachteten auch die Alten nach-
gehends dieſes Werk nicht anders als eines der
größten Wunder, und zugleich alsein unzertrenn⸗
Kches Stücke, fo zur Bekehrung der unglaubigen
und fremden Bölfer erfordert werde. Das wa⸗
„ren Zeichen, die fich aufdie Zeit-fchickten, (urthei-
„ten fie hievon,) denn es mußte Dadurch der Heil.
„eilt in allen Sprachen angezeiget werden, weil
„das Evangelium GOttes aufden ganzen Erdbo⸗
„ven durch alle Sprachen feinen Lauf haben wür-
„de, x). Auch fegten fie diefe unmittelbare Kraft
Gottes gegen den Fleiß und das Studieren der
Menfchen, anzudeuten, wie GOtt nicht allezeit an
ſolche ordentlicye Mittel gebunden ſey, fondern
nad) feinem Wohlgefallen auch dergleichen Wiffen-
ſchaften auſſerordentlich den menſchlichen Gemuͤ⸗
thern beybringen koͤnnte.“Die Menſchen lernen ſo
„viele Jahre lang durch die Grammaticam nnd an⸗
„dere Künfte faumeine Sprache, und reden noch
„darzu nicht untereinander auf gleiche Art. Der
„Heil. Geift aber hat viel Sprachen gelehret, wel:
e die Menfchen zuvor niemals gewußt haben.
» Wie kann nran diefe Unwiſſenheit fo langer Zeit
vergleichen mit der ploͤtzlichen Erkenntniß fo unter:
vſchiedener ausländifher Sprachen y).
1. Noch ein ander Merkmahl der mannigfal-
tigen Weisheit GOttes fahen fie bey Diefen Ge:
ſchichten, und erinnerten ſich zugleich der gefchehes
nen Berwirrung der Sprachen bey dem Thurm zw
Babel, 1B. Moſ. u, 7. welche durd) die Verei—
nigung der Voͤlker in einem Glauben an JE—
fun: wiederum ſollte geändert werden. Wie fie
davon ihren Sinn anzeigten: “Gleichwie nach
„der Suͤndfluth die gottlofe Hoffart der Menfchen
„einen hoben Thurm mwider den HEren gebauet
„hatte, da das menfchliche Gefchlecht in unterfchies
„dene Sprachen getheilet wurde, daß ein jedes
WVolk in feiner eigenen Sprache, und Feines das
„andere verftund: Alfo hat die gottſelige Demuth
„der Glaubigen in diefen mancherley Sprachen
„die Einigkeit der Gemeinen verfnüpfet, Damit die
„Siebe wiederum fanımlete, was die Zwietracht zer
„riffen hatte, und die zerjtreueren Glieder des
„menfchlichen Gefchlechts, alseines Leibes, an ein
„Haupt, CHriſtum, wiederum zufammen gezogen,
„und durch das Feuer der Siebe in einen einigen hei⸗
„lgen teib gleichſam zufammen gefchmelzet würs
„den, 2). Undanderweit: “Die Mengeder Zus
„sörer wurde über die neuen Zungen verwirret.
„Dis war gar eine andere Verwirrung als jene
„böfein Babylon. Denn durch jene Verwirrung
„oer Sprachen wurden die Gemuͤther von einan⸗
„der getrennet, weil ihre Klugheit wider GOtt
Iſtritte: Hier aber gefihiehet die Herwiederbrins
„gung und Bereinigung der Herzen, weil ihr Fleiß
„Det gefällig war. Und wie durch jene der Fall
„und Abfall von GOOtt gefchahe: alfo Durch diefe
„die Hinzuführung zu GOtt; beydes gefihahe
„durch einerley a).
12. Daß nun ferner diefe herrliche Wundergabe
der mancherley Sprachen nicht den Apofteln allei=
ne verliehen gewefen, haben wir fchon aus dem Be⸗
weis der Alten gefehen. Daßſie aber auch niche
mitden Chriſten felbiger Zeit aufgehörer habe, zei⸗
gen die Worte Pauli, wie fie oben angefuͤhret wor:
den. DBerlangen wir Erempeldavon, fo gibt ung
die Apoftelgefihichte felber eines an dem glaubis
gen Cornelio und feinem ganzen Haufe. Apoſt.
Gefch. 10, 45. 46+ Denn die glaubigen Juden ur«
theilten eben daraus, daß diefe Heyden die Ga⸗
*ben des Heiligen Geiſtes empfangen hätten,
weil fie mit Zungen redeten und GOtt
boch preifeten. Welches uns unter andern
Elar zeiget, daß diefe Gabe der Sprachen auf die
Ausgieffung des Heil. Geiftes nebenft andern ge-
folget fen, und man eben auch diefelbe dabey ver-
DBbb bb 2 e⸗
u) Gregor. Naz, Orat. 44. in Pentecoften. x) Auruflin. Tract. 6. in Epilt, Ich. y) Orillus Hierofolymitanus
Catech. XVII. z) Aueufinus Serm 187. de rg a) Cyrillus 1. J A —
Pr
Er 9n ”
\e
748
ftehen müffe, fo oft in den apoftolifchen oder andern
Kircheng-fhichten erwehnet wird, daß der Heil.
Geiſt auf ſie gefallen ſey. Bisweilen aber wird es
doch ausdruͤcklich dazu geſetzet: Wie dorten von
den n neugetauften Juͤngern zu Epheſo erzehlet
wird, daß der Heil. Geiſt auf fie gefommen
und fie mit Zungen geredet und geweiſſa⸗
get haben, nachdem Paulus die Hände auf fie
geleget, Apoſt. Gefch. 19,5.6. Mad) der Zeit ift
dieſe herrliche und nöthige Gabe unter den Glau—
bigen unverbrüchlich blieben: Wovon zum wenig-
ften die Fräftige Bekehrung fo vieler Voͤlker in der
Welt Zrugniß geben fann, da fonderlid) die apo-
ſtoliſchen Männer, als Evangeliften des Reiches
CHriſti JEſu, in die Laͤnder fich zerſtreueten, und
zur Verkuͤndigung deſſelben dieſe Gnade brauchten.
13. Weiterhin finden wir zweyhundert Jahre
nah EHrifti Geburt ein herrliches und unverwerf⸗
liches Zeugniß bey Irenaͤo, der eben auch aus dieſer
Gnade, den Nechtglaubigen verliehen, wider die
Ixrigen geftritten hat. Denn da er aus Pauli
Worten ı Cor. 1. einen vollfommenen Menfchen
befchreiben wollte, fo fegte er nachdenklich, daß
unter andern diefes darzu gehören, “Die Voll:
„kommenen haben den Heil. Geiftempfangen, und
„reden inallen Sprachen durch den Geift GOttes,
„oleichwie Paulus felbft redet,,b). Und damit
niemand meynte, diefe Befchreibung treffe nicht
mehr unter den Ehriften ein, und habe mit den
apoftolifchen Männern aufgehöret, fo beruffet er
b) Irenaus lib. V. pP. 548. c)Idem ibid.
7.3. Don den fonderbaren [Wundergaben der e
7
offen Ehriften.
fich ausdrücklich auf die Erempel feiner Zeiten,
wenn er alfo fortfährer: ae en d
„Brüder in der Gemeine gehöret, welche die Gaben
„der Weiffagung haben, und durch den Geift as,
„ie Sprachen reden, auch das Berbo der
„Menfchen offenbar machen zum N
„die Geheimniſſe GOttes ausfprechen.
„ten Menfehen der Apoftel —
„weil ſie nach der Mittheilung des Geiſtes Gei
„liche ſind, c). Wie lange aber nach diefer 88
diefeg unter den Chriſten gewaͤhret habe, laͤſſet
fi) nicht fo genau beftimmen. Diefes ift wol
aus dem Lauf folgender Zeiten überhaupt zu ſchlieſ⸗
fen, daß wie in andern Beylagen der Gnade,
alfo auch in diefer die Chriſten nach) und nach uns
treu und fahrläßig worden, und dahero diefelbe
meiftens verloren haben. Worzu noch fommen
feyn mag, daß man unter dem Aufferlichen Wohl⸗
ftand entweder die Welt ſchon vor ganz befehre
gehalten, oder doch ben der vermennten Bekeh—
tung ungfaubiger Völker dieſe Gaben nicht vor
nöthig geachtet. Man fiehet zum wenigſten aus
Yuguftino, daß er zu feiner Zeit alles vor erfüls
let geachtet, was an dem erften Pfingſttag gethan
und geredet worden; indemergemeynef, die gan⸗
ze Welt ſey nunmehro völlig zu EHrifto bekehret,
da doch fo viele nicht einmal den Worten nach
von EHrifto wußten. Dahero nicht zuverwuns
dern ift, daß unter andern auch dieſe Wunder-
gabe meiſtentheils verlofchen d). ’
d) Vid. Tradt. 6. in Epift. Ioh.
Das 4,
Kapitel,
Bon Austreibung der Teufel bey den erſten Chriſten.
Summarien.
Ei MWunderthaten Zweck das Heil der Menfchen geaen des Satans Macht und Graufnmkeit. $. 1. Verſtummung
der Draculen, 2. Athaͤnaſii Zeugniß, andere bergleichen, 3. mehrere Zeugniſſe: 4. Merkliche Geſhichte inter
Suliano: 5. Dieſe Kraft war was gottliches, daher eine Wundergabe, 6. ward nich! anders als im Namen Gttes ver⸗
richtet, Zeugniß davon; 7. war ein Beweis des Glaubensan GOtt, auch gegen die Auden. 8. Derereufil Bezeigen daken.
9. Deraleichen Wundergabe hatte Antonius, 10. Drfacius, und die zween Mncarit, Grenorius, un. Htlarion, ı2. noch mehr
Erempel. 13. Ehriften befienen die Gefpenfter, 14. die beruͤhmteſten von diefer Gahe 5 ı5. geſchahe alles durch den Glauben-
16. Chriften brauten das Zeichen des Kreuzer. ı7. Zumeilen gefchahen aus) Wunder bey denen Gräbern ber Märtyrer; 18.
Wie folche Babe noch lange Zeit gedauret, endlich aber abgenommen, 19, i
s $.
Bisher wird dem wahrheitliebenden Leſer
SB aus diefer kurzen Betrachtung der goͤtt⸗
lichen Wunderthaten Fund worden feyn,
I» s 54
daß dieſelben auf lauter Huͤlfe und Errettung der
armen Menſchen gezielet haben, nachdem die un-
endliche Barmherzigkeit GOttes fic) auf alle ws
— e
EUR
Ri.
9
u ui
an en
J
fe feiner vom Satan und der Sünde verderbten
d geplagten Creaturen herzlich an men.
m iefelbe fo garnichtsmehrgefuchet, als
die € der Menfchen aus ihrem Elende, daß
je auch ihnen von leiblichen Noͤthen durch wun⸗
erthätige Hand geholfen hat. Und dader Satan
mit feinem höllifchen Heer, fol e die Welt geſtan⸗
Sk he ua en un FR gen Pr pi
uͤden aͤftiger und maͤchtiger geweſen, als
eben unbe Sein, da Chriſtus auf Erden fichtbar:
lic) —666 aber nicht al»
lein an den Leibern der Beſeſſenen, fondern auch
Seelen ausgeübet hat: bat der HErr
KEfus eheils felber, theils durch feine Jünger def-
felben Werfe auch Aufferlid) alfo zeuitörer. Wer
die geiftlichen und weiten Hiſtorien felbiger
wei dem übrigen genau zufammen halt,
vd Flärlich finden und fehlieffen Eönnen, daß da-
mals die böfen Geifter fonderlih mit Haufen in
die Welt ausgegangen fern, alfo, Daß unzählige
Beſeſſene, Zauberer und Teufelsbanner, Dracula
und dergleichen fich an allen Orten bervor gethan,
die aud) denen Epriften nicht wenig zu thun ges
macht. Da war nun Gelegenheit übergnug, *
der HErr JEſus ſeine Macht durch die Werk—
zeuge ſeiner Gnade erwieſe, und ſeine Herrlichkeit
deſto mehr offenbarete, je ſtaͤrker die Gewalt des
eindes denen verfuͤhrten und erſchrockenen Men:
chen vorkam.
2. Daß ich nur etwas insgemein von der Ueber⸗
windung der Oraeulen oder Antworten der Teufel
gedenke, will ic) nur folgendes erzehlen. Die
Heyden pflegten in ihren Goͤtzentempeln, Hännen
und andern töchern in zweifelhaftigen Dingen die
böfen Geifter unter dem Namen ihrer Götter um
Rath zu fragen. Als nun Chriſtus in die Welt
geboren ward, begunten diefelben, nach glaubwür-
digem Bericht aller bewährten Scribenten, zu
g ä
verſtummen a). Ja, wie einige ausdruͤcklich dar:
bey melden, jo gab der fogenannte Apollo oder
verlarvete — dieſe Urfache dazu : "Ein Ebräi-
„cher Knabe, der ber die Götter zu gebieten
„bat, befihlet mir, diefes Haus (welches fein Goͤ—
„Eentempel war,) zu verlaflen, und alsbald in die
Rn zu weichen,.. Dabey dem Kanfer Au⸗
guſto, Dom diefe Antwort geſchehen feyn foll, noch
dieſes gefaget worden: Hinfuͤro gebe ftillfchwei-
a, 4Cap. Don Austreibung der Teufel bey den erften Ebriften.
yzdgend von unfern Altarın hinweg, b), Mach „ſtalia wird verſchwiegen und ſchweigt felbft ftille,
a Tr
K zZ
749
der Zeit foll in dem Tempel des Upollinis, zu
Delphis, unter dem Diocletiano, gleichfalls eine
folche Antwort gefallen feyn, da die Heyden ſich
befraget, warum das Draculum fo gar ftilfe
ſchwiege, oder doch nur falfche Antworten ertbeile:
„Die Gerechten, dieauf Erden wandeln, (waren
„eben die Ehriften,) find die Hinderniß, daß ich
„nicht wahr reden Fann, dabero find falfche Antz
worten von dem Dreyfuß gegeben worden, c).
Daß aber diefes keine erdichtere Gefchichte gewe—
fen, bezeugen die alten Scribenten Flärlid), und
ſcheuen fich nicht vor den Heyden deffen zu geden>
Een: Zu gefcehweigen, daß auch) ein Heyde felbit
ein ganzes Buch von der Sache gefchrieben bat,
und, daß die Dracula damals gefchwiegen, frey⸗
muͤthig befennet, ob er gleich viel ungereimte Ur—
ſache hervor ſuchet, welches ohngefehr go Jahr
nach Chriſti Geburt gefchehen d).
3. Unter jenen, nemlich den Epriftlichen Seri—
benten, faget ausdruͤcklich Athanaſius, daß die
Dracula in Egypten geſchwiegen, die Goͤtzenbilder
ungefallen, und die Abgötterey ins Stecken geras
eben, nachdem Ehriftus vor Herode dahin geflos
ben ©). Anderswo faget er fren und insgemein:
„Wenn haben die Orackel bey den Griechen und
„bey allen Völkern aufgehöret, und wenn find fie
„zu nichts worden, alsdader HErr ſich auf Erden
„offenbarer hat,, f), Und wiederum, da er die
Kraft des Evangelii preifer, wie die Mens
fehen von dem Dienft des Teufels erlöfet wor—
den: “Bor diefem waren die Delphiſchen, Dos
„danaͤiſchen, Böotifchen, Ineifchen, mbifchen,
„Eapptifchen, Cabyrifchen Drackel voller betrüglis
„chen Weiffagungen. Munmehro aber, nachdem
„Chriſtus überall geprediget wird, hat diefe Raſe—
„ren aufgehöret, und ift Fein Wahrfager mehr vors
„handen g). Die Drackel find verftummer, nach⸗
„dem ihnen durch die Zufunft JEſu Ehrifti ein
„Stillfehweigen auferleget worden, und fe haben
„ihre Gefangene verloren, h). in anderer bes
ruͤhmter Mann gedenfet auch diefer Sache, und
triumphiret gleichfam darüber , indem er den Un—
Hlaubigen diefes vorhaͤlt: «Man höret nun Fein
„More mehr bey den Eichbäumen, (da die Heyden
„ihre Götter auch anriefen,) feine Weiffaaung
„bey den Dreyfüffin: Es wird feine Wahrfages
„ein mit Fabeln und Gefchwäg erfüllet. Die Ca⸗
-Bbb bb 3 „fie
a) Vid. Eufebius in ChronicoP. T. p. 61. Nicephoruslib. I. H. E.e. 17. et conf. xgiziv Cafauboni Exerc. I. adu. Baron.
tum Barenicm ipfum Appar. n. 25. fegg. Bzoriumlib.I. HE. initio. Wo/fum l.e&ion. Memor. init. Morn«tm
de Verit. Relig. Chr. p. 742. Pol. Virgslismlib.V.c.8. bj Apud Swidarn in Augufto. € Ewfebius lib. II. Vit.
Conft.c. 49. d) Piutarchus in librode Defectu Oraculorum. e)Liv. de Incarnat, Verb,Dom. f) Idem ibid.
g)Ideml.c. h)Vita Antonii p. 132.
—
7*
—
750
„ſie iſt blos, und weiſſaget nicht mehr, ſondern wird
„verlachet. Apollo iſt eine ſtumme Saͤule:
„Daphne wird ihrer Fabeln wegen nur beflaget ).
„Alle diefehaben nur diefes nicht koͤnnen weiflagen,
„daß fiewürden ſtillſchweigen müffen,, k). Wie—
derum fehreibet noch ein anderer von diefer Sache
in groſſer Gewißheit; “Die heydniſchen Tempel
„find eingefallen, Die Gögenbilder find veran-
„dert, die Wahrfager find durch Die Ankunft der
„Heiligen fhweigend gemacht, der Glaube der
Weiſſager aus dem Vogelgeſchrey trifft nicht
„mehr ein: Der einige Name GHktes it unter
„alten Voͤlkern heilig. Denn der HErr ftehet feis
„rien Heiligen bey, daß er ihnen gewiſſe Hülfe ſchaf⸗
„fe, wenn fie auf ihn hoffen 1).
4. Weiter fchreibet diefer aus der Erfahrung:
Wenn der Teufel zerftöree wird, fo werden aud)
„alle Diener feines Schreckens zerftöret, und der
„Schall der widerwärtigen Kräften erzittert, da⸗
„für fich font die Heyden entfegten. Laſſet uns
„nur denken an das Murmeln der Wahrfager,
„und an das unförmliche Geräufche der tobenden
„Heyden, daß bisweilen die ehrnen Goͤtzenbilder
„mit unvernehmlicher Stimme ſich haben Hören
„laflen, und daß die ganze Welt bey dem gottlofen
„Gefange ihres Gogendienftes getanzet und ge=
„fprungen hat. Nunmehro aber, nadydem Ehri-
„itus der HErr geprediget worden, ift alles un-
„tergedruckt, zittert und ſchweiget, weildie Götter
„der Tempel und der Heyden der Macht der
„Ölaubigen zu ihrer Strafe unterworfen mer-
„den. Sie werden durch ihre Worte gequäler,
„zerriffen und gleichfam gebrannt; ja, ob fie uns
„gleich unfichtbar, und unferer Natur unbegreiflic)
„find, fo werden fie doch) durch das Wort gehalten,
„geftraft und verjagt, indem die Wahrfager ftille
ſchweigen, und die Tempel ſtumm find. Und
„dadurch werden fie zum Gericht bereitet, welche
„Vorbereitung fehr viel Bilft,, m). Ein Ehrift-
licher Poet redet auch gar fein hiervon: “Nenn
„das halsitarrige Wolf (die Juden, wider wel⸗
„che er albier fhreiber,) ja nicht glauben will, fo
„höre es doch Die Macht des wuͤtenden —
„ers, wie es in dem beſeſſenen Leibe ſchreyet. Der
„Apollo wird gequaͤlet, wenn er mit dem Namen
„Chrifti geſchlagen wird, er fann den Donner des
„Worts nicht ertragen. So viel Wunderwerke
Edriſti erzehlet und geruͤhmet werden, fo viel
„Schläge bekommt er mit dev Zungen, Die
mm mm nn m ln — —— —— — —
7. B. Von den fonderbaren Wundergaben der erften Ehriften. Br ar
=
u, En - —
„Delphifche Hoͤle hat mit ihrer verdammten Ant⸗
„wort ſtille geſchwiegen, der Apollo regieret ſeinen
Dreyfuß nicht mehr, und Fein Wahrſager ſchlaͤgt
„die Silyflinifchen Bücher mehr auf. Das luͤ⸗
„genhaftige Dodona hat fein Rauchwerk verloren,
„und das verftummte Cumaiſche Drackel trauret,
„ver Jupiter Amon in tybien gibt Feine Antwort
„mehr, n). Und endlich diefer glaubwuͤrdige
Mann in folgenden Worten: "Woher ifts kom⸗
„men, daß alle Tempel der Götter vertilget find,
„und daß der zu Dodona und der Clarifche, wie
„auch alle andere Werkſtaͤtte der Abgoͤtterey ſtill⸗
„ſchweigen, und ganz und gar verſtopfet find „?
Darauferdenn antwortet, “es ſey durch Die Kraft
„der göttlichen Predigt geſchehen o). :
5. Eine fehr merkw dige Gefchichte haben die
Alten aufgezeichnet, welche fich unter dem heydni⸗
fehen Kayfer Juliano zugetragen, und alfo erzehlet
wird. Diefer Kayfer fuchte bey allen Draculis
Antwort wegen des Krieges wider die Perfier,
den er vorhatte. Unter andern fragte er auch den
Apollinem, der in der Vorſtadt zu Antiochia arts
noch feinen Sißhatte. Diefer aber gab ihm Feine
Antwort, fondern zeigte nurdiefes an: “Es wären
„etliche Todte in der, Nähe begraben, welche ihn
hinderten, daß er nicht antwortet Fönnte, Dies
„fe müffe man von dar erft wegfchaffen, fodann
„rolle er fchon zuvor fagen, was gefchehen wuͤr⸗
0%, pP). Nun Batte zuvordes Juliani Bruder,
Gallus, den Leichnam Babylaͤ dahin beyſetzen
laffen, worauf diefer böfe Geift, der dafelbft hauſe—
te, alsbald anfieng ftille zu feyn, undfihdurdhdie
häufigen Opfer und Nauchwerfe des Yullani
nicht bervegen ließ, Der Leib des Märtyrers
wurde zwar auf Befehl des Kayſers von den Chris
ften mitgroffen Freuden und Triumph hinweg ge⸗
tragen, welche die Kraft GOttes gegen die böfen
Geifter dabey ruͤhmten: Aber gleich darauf zuͤnde⸗
te das Wetter diefes Goͤtzenhaus an, und verftöres
te alfo die Stätte q). Ich mill nicht weitlauf-
eig erzehlen, was man von dem heiligen Thoma
vorgibt, wie er nemlich von den Heyden in den
Tempel der Sonnen geführet, und ihr Bildniß
anzubeten befehliget worden. Er habe aber auf
Hebräifch zu dem wahren GOtt gebeter, und dar—
auf dem böfen Geift geboten, daß er fein Bild zer-
brechen ſollte: Wie denn aud) alsbald das ehrne
Bild wie Wachs zerfhmolzen wäre r), Auch.
übergeheich, was Wartialis in Der ihm augefcheie
enen
i) Gregorius Nazianzenus Orat.47- k)IdemOrat.39. hHilarius in Pfalm. 137. m) Hilariusin Pf. 64. n) Pru-
dentius Apoth. adu. Iud. 0) Chryfofomus hom. 4. de Laud. Pauli. p) Theodorisuslib. III. H.E.c.9. 9) Sozo-
menus ib. V.c. 18. 19. Socrares lib. II. c. 26. Euagrius lib. I. c. 16. Rufinuslib.L.c.35. 8) Zidorns,
IE %
’ f en: r .
" „läßt, fondern die Alten austreibet,, u).
2
benen Epiftel von fich felbft fehreibet, daß er im
Same 'NCH, Ehrifti, den die Jude an
boͤſen Geifter gezwungen | aus den
;oßenbildern zu weichen, darinne fie betrügliche
Antworten ihren Anbetern gegeben 5). Dexglei-
chen etiwa auch von den beyden Apofteln, Juda
Thaddaͤo und Simon von Cana, will gefaget wer⸗
den t). f
6. & wohlaber und gewiß als die böfen Geiſter
hierinne der Kraft JEſu Chriſti weichen muͤſſen,
nachdem er ſich auf der Erden auch ſichtbarlich in
goͤttlicher Macht ſehen laſſen; ſo wohl hat er auch
ſeinen Glaubigen dieſe Gewalt gegeben: Wie er
feibſt zu feinen Juͤngern ſprach: Siehe, ich ge—
be euch Gewalt zu treten auf Schlangen und
Scorpionen, und auf alle Macht des Sein-
des; und nichts ſoll euch ſchaden: Wie er
auch vorbero den Satan als einen Bliß vom
Himmel herab fallen gefehen. Luc. 10, 18. 19. Und
freylich war diefe Gewalt nicht menſchlich oder
natürlich, fondern mußte von der Wunderhand
des Schöpfers felbit kommen, weil diefe mächtige
Geifter feiner Ereatur wider ihren Willen unter
than ſind. Esrühmten fich aud) die wahren Ehri-
fen allein der göttlichen Kraft dabey, wenn fie,
zum Erempel, fprachen: “Wie follte nicht diefer
Beweis der Cpriftlichen Weisheit und Stand-
„haftigfeit am anftändiaften feyn, daß, wenn er
„uur bläfer, die ganze Macht der boͤſen Geifter
„weichen muß? Diefes ift Weisheit aus der
„bimmlifchen Schule, wenn ein Ehrifte die Goͤt—
„ter verleugnet, und feinen Teufel von neuem zu⸗
Eben
daher ward es vor eine Wundergabe geachtet,
weil fie die Unglaubiaen vor fich felbft nicht hatten,
wiedenn Juftinusdenen Yiden zu feiner Zeit aus:
druͤcklich vorwirſt, daß fte ſich umfonft bemuͤheten,
die Teufel auszutreiben, weil ſie es in dem Namen
ihrer Propbeten, Richter oder Könige thun woll⸗
gen x); oder wenn fie ja fich dergleichen unterftüns
den, fo thäten fie es nach der Heyden Weiſe, und
mir mancherley Befchwörung und Gaufelwerf,
Binden und Näuchern y): Hingegen verrichte⸗
ten es die Chriften mit einem nachdruͤcklichen Be-
“fehl, welchem die unreinen Geifter a'sbald nad)
dem Willen GOttes gehorchen mußten. Dabero
ward eenun unter ihnen vor “ein Werk der hoͤch⸗
„ſten Gewalt und einer ungemeinen Gnade gehal«
„ten 2).
s) Epift. II. ad Tholoſanos.
Dial. cum Tryph. pag. ı91.
b) Tersullianns Apol, cap. 23.
B 2.Cap. Don Austreibung’der Teufel bep den erften Chriften.
758
7. Denn die wahren Chriften verrichteten Dies
fes alles in dem Namen GOttes und JEſu Chriſti,
nicht aber auf andere Weife. Diefes koͤnnen wir
deſto gewiſſer glauben, weil fich die urälteften Scri⸗
benten vor den Heyden darauf beruffen, die cs auch
niche leugnen konnten, weil es die Erfahrung faft
täglich nicht anders gab. Sintemal jene an diefe
fo freymuͤthig fchrieben: “hr Fonnet ja diefes
„daraus fehen, was vor euren Augen gefchiebet.
„Es haben ja viel Chriften in der ganzen Welt,
„und in eben diefer Stadt (Rum) fehr viel Befel:
„ſene befreyet, wann fiefie Durc den Namen JE»
„ſu Ehrifti, der unter Pontio Pilato gefreuziget
„worden, beſchwoͤren, welchen fonft weder die Teu—⸗
„relsbanner noch andere Beſchwoͤrer haben belfen
„koͤnnen. Gie fahren auch noch damit fort, ges
„ſund zu machen, und die böfen Geiſter von den
„eeutenauszutreiben,,a). Ja, die Ehriften waren
der ihnen mitgerbeilten Wunderfraft mit einans
der fo gewiß, Daß auch die Soldaten foldye braush«
ten, und denen Heyden Troß boten, fie follten nur
folche Befeffene darbringen, ünd fehen, ob fie nicht
würden über fie fiegen. Denn fie fprachen : Laſ⸗
„ſet nur einen berfommen, von dem man gewiß
„verfichert ift, Daß er vom Teufel beſeſſen ſey So
„bald ihn ein Chriſte, er fon werer wolle, nur wird
„reden heilen, wird diefer Geift fo leicht nach dee
„Wahrbeit befennen, daß er ein Teufel fen. Denn
„ste unterſtehen fich nicht, den Ehriften etwas vor:
„julügen. Gind fie aber Götter, warum lügen
„ſie denn, und geben fich vor Teufelaus? Thun fie
„es darum, weil fie uns gehorchen wollen? So
„ind ja num eure Görter den Ehriften unterwor—
„fen. Aber diefer Zwang und Gewalt koͤmmt das
„der, daß wir Chriſtum nennen, und ihnen andeus
„een, was fie noch insfünftige von GOtt durch
„Ebriftum, ihren Nichter, zu gewarten haben,
„Solcergeftalt müffen fie den Knechten GOttes
„und Chriſti unterthan ſeyn, indem fie Chriſtum
„in GOtt, und GOtt in Ehrifto fürchten. So
„fallen fie alsbald auf das Andenken und Ans
„ſchauen des böllifchen Feuers, wenn wir fie nur
„angreifen oder anbauchen, und müffen auf utts
„ſern Befehl wider ihren Willen und mit Ver:
„druß aus den Coͤrpern weichen, indem fie fich faft
„tor eurer Gegenwart feheuen b),
8. Es ift dieſe Wunderfraft denen erften Chrt-
ften fo herrlich und wichtig vorfommen, daß fie fo
gar
t) Abdias Babylonius inVit. Apoft. u) Tertullian. lib. de Anima c, 1. x) Iufinus
y)lbid.p.235. 2)Ohryfoftom.hom. 42. in Mattb, a) duffinns Marsyr Apol. p. 38.
752
gar ofte gegen die Heyden davon erwehnet, und
überall zueinom Beweis ihres Glaubens und Bar:
zugs bey GOit angeführet haben. So fchreibet
absrmal Tertullianusan die Heyden : Uns iſt al⸗
ze Gewalt der Teufel und böfen Geiſter unterwor⸗
„ren, wiervol fie noch immer ihre Hartnädigfeit,als
„böfe Knechte, unter die Furcht mengen, und fich
„freuen, wann fie denjenigen Schaden thun fon:
„nen, vor denen fie fid) fürchten müffen. Nichts
„defto weniger werfen wir fie leicht unter ung, wenn
„wir fie angreifen, daß fie uns in ihrem Elende
„nachgeben müffen. Sa, fie muͤſſen uns, wenn wir
„ihnen nahe kommen, aufs höchſte fleden, da ſie uns
„von ferne beftreiten,, c). Anderswo halt er die⸗
fes den Unglaubigen als eine groffe Wohlthat vor,
daß fie durd) die Chriſten fo oft von den Teufeln er»
föfer würden. Wer wollte euch von diefen ver-
„borgenen Feinden erretten, die eure Gemuͤther
„und Gefundheit verderben? ch will fagen von
„dem Anlaufder böfen Geifter, Die wir von euch oh⸗
„ne Belohnung austreiben. Wir hätten ja da-
„von Mache genug, daß euer Sitz denen unrei⸗
„nen Geiftern leer gelaſſen würde, d). Ein an-
derer gedenfet diefer allgemeinen Wundergabe
auch gegen die Juden etlichemal in groffer Öemwiß-
beit: Wir, die wir an JEſum unfern HEren
„glauben, der unter Pontio Pilato gefveuziget
„worden, treiben auch nun die böfen Geiſter aus,
„und zwingen fie, daß fie uns gehorchen müffen ©).
„Durch den Namen diefes Sohnes GOttes, des
„Erftgebornen unter aller Greatur, der von der
Jungfrauen geboren und ein Menſch worden,
„auch von eurem Volk unter Pontio Pilato gelit-
„ten und geftorben ift, und gen Himmel gefahren,
wird ein jeder Teufel befchworen, überwunden
„und unterrürfig gemacht, F). Da aud) etiva
denen Chriften Schuld gegeben ward, als ob jie
die böfen Geifter anbeteten, erwieſen fie eben damit
das Gegentheil: «Es ift foferne, daß wir Die Teu⸗
„fel verehren ſollten, daß wir ſie vielmehr durch Ge⸗
„bet und deſung des göttlichen Worts aus den befef-
„fenen Menfchen verjagen 8). i
9. Wie fich aber die unreinen Geifter dabey be>
zeiger, befchreibet ein anderer fehr artig: “Wenn
„wir fie bey dem wahrhaftigen G0tt beſchwoͤren,
„fo weichen fie alsbald, und müffen von den befefle-
„nen Leibern ausgehen. Da follte man feßen, wie
„fie durch unfer Wort und ‚Gebet heimlich gleich
„fan gegeiffelt werden, mit Heuer gequäler, und
c) Tertullianus1.c.c.32. d)Cap 37.
n.20. h) Cyprianus de Idol. Vanit.
7 a ET nun}
72 Von den ſonderbaren Wundergaben der erſten Chriſten. *
„durch ihre zunehmende Strafe gefoltert, heulen
„und ſchreyen, ſeufzen und bitten, auch b
„woher fie fommen, und wenn fie weichen, da e
„diejenigen felbit mit anhören, die fie verehren,
„Sie machen ſich auch entweder alsbald Davon,
„oder gehen auch nach und nach hinweg, nachdent
„ber Glaube des Patientendazu hilft und as
„de des Helfers,, bh), Welches ein ander e fait
wieberholet, und das Gebet zum fürnehmiten
Huͤlfsmittel ſetzet, dergleichen wir im erften Ca:
pitel von dem Antonis hoͤreten. Noch viele
re Chriften halten diefen Proceß ven Ababeeikhen
vor, und fonderlic) verweifen fie ihnen nachdruͤck⸗
lich, wie gleichtvol die Götter, die fie anbeteten,
leibhaftige Teufel wären. Denn fie befenneten
ſich eben bey ihrer Austreibung mit Namen dazu,
daß ihre Diener dabey ftünden; welches fie ja
nicht zu ihrer eigenen Schande thun würden, wenn
fie nicht darzu gezwungen würden, indem man fie
bey dem wahren und einigen Gtt beſchwoͤre i).
Dahero ſchrieben fie nun recht an folche elende eu⸗
te: "Siehe, es ift ein Teufel, den Du verehreſt.
„Wenn er den Namen GOttes und feines.
„böret, fo erzittert er, und Fann ſich kaum erholen,
„wenn er unsaufunfer Befragen mit Zittern und
Zagen antworten muß. Sa, wenn er fich aneinen
„armen Menfchen gehänget hat, fo wird er gepei-
„niget und geplaget, und muß von feiner Bosheit
„ein Befenneniß thun,, k). Endlich gedenket
auch der Märtyrer Dincentius diefer Gnade, den
Ehriften verliehen, wenn er von den heydniſchen
elbft
|
Göttern zu feinem Nichter fpricht: “Sie
„wiſſen und erfahren wohl, daß Chriftus ma
„fey und noch lebe. Sie ſchreyen und befennen,
„wann fie durch die Kraft Eprifti und in feinem
„Namen aus den Leibern ausgetrieben werden,
„daß fein ſchreckliches Reich den Unglaubigen fehr
„habe fey ). — 8
10. An ſonderbaren Exempeln mangelt es ſo
wenig, als es uns bishero an gemeinen Zeugniſſen
gefehlet hat. Wir. haben im erſten Capitel von
Antonio ſchon etwas gehoͤret, daß er dieſe Wun⸗
dergabe gehabt und ofte gebrauchet, wovon ihm
viele glaubwuͤrdige Scribenten Zeugniß geben m),
Unter andern hat er einen jungen Menſchen von
der Beſitzung eines boͤſen Geiftes_befreyet, da fie
mit einander in einem an gefahren, nachdem
er fo lange zu GOtt darum gebetet, bis er ihn erhoͤ—
tet.
e) InfinianusDial.p.235. f)Ibid p.243. g)Origeneslib. VII. adır. Celf.
i) Minutius Felix O&tau. Ladanrius lib. II. c. 16. et 27. lib. V.c. 22.
k) Inlius Maternus Firmicus lib.de Error. Prof. Relig. 1) Prudentiushymn.z.de Coron. m) Vid. poft Arha-
nafinpe Socrates lib. I. c. 17. Rufizas ib. I. c. 8. Chry/oftomns hom. 8. in Matth. aliique.
ER
f
1
#
| tet, en ling wurde von einem bö>
| Eu erbarmlich geplaget, und deswegen von
* a zu dieſein heiligen Manne gebracht.
| —* hielte Tag und Nacht fuͤr ihn im Gebet an,
rd aber darauf von dieſem beſeſſenen Juͤngling
dermaſſen angefallen, daß er faſt zu Boden gefal⸗
len waͤre. Antonius konnte ihm dieſes leichtlich zu
gute halten, und zeigte den Anweſenden die Urſa⸗
che an mit dieſen Worten: Der Feind hat ſich aus
„groſſem Verdruß dieſe Kühndeit genommen,
gweil ihm der HErr befohlen hat in eine duͤrre
„Stätte zu weichen. Und dieſer Anfall auf mic
gilt eben ein Zeichen, daß der Satan ausgetrieben
‚iſt,: mie denn der Juͤngling gleich darauf
felbjt mit vernünftigen Worten Islches bekraͤftig⸗
ten). Eben dieſer Mann gieng einſten mit dem
Autore, der dieſe Geſchichte beſchreibet, zu Alexan⸗
dria vor das Thor, und ſiehe, da ſchrye ihm ein un—
befanntes Weib entgegen: "OD Mann GOttes,
„warte doch, denn meine Tochter wird von einem
„grauſamen Teufelgequäler: DVerziehe, damit ic)
„nicht auch umfalle und verderbe,! Der Mann
fund ftille, und da man die Tochter zu ihm brach-
te, fiel fie wie todt vor ihm nieder. Er aber betete
weigend zu dem HErrn JEſu, bedrohete
ufden unreinen Geiſt, daß er von ihr weichen
nußte. Wie denn auch alsbald geſchahe, daruͤber
das Volk GOtt preiſete, und die Mutter hoch er—
” etward 0),
7. Sehr mwunderfan ift auch die Geſchichte, fo
- man von einem einfamen Chriften, mit Namen
Arfacius, liefert, dem einsma's aufder Gaſſen ein
foldyer Beſeſſener mit einem bloffen Degen entge-
en gelaufen kam: Er aber nennete alsbald CHri⸗
um im Glauben, bejwang den Menfchen mit
dieſem einigen Wort, daß er vondem bofen Geift
befreyet ward, und wiederum zum Berftand
fam p). Inſonderheit find aud) die zween Maca⸗
cii hievon berühmt nebenft andern ſolchen heiligen
u die in der Einſamkeit geleber haben.
ielandeteneinsmals an eine Inſulan, darinnen
Ken Befehl der Verfolger als im Exilio wohnen
follten. Alsbald Fam ihnen eine befeflene Jung:
u entgegen aelaufen , eines Gögenpriefters:
Tochter, fieng an über fie zufchreyen, daß fie nun
das Sand einnehmen wollten, welches die Götter
Fr ne Zeit befeffen gehabt. Nun warin
er Inſul bishero die greulichſte Abgötterey
durchgehends getrieben worden: Die böfen Gel
—
BE
k 4. Cap. Don Yustreibung der Teufel bey den erften Chriſten. 753
fter aber wurden bald von der Jungfrau verjager 5
darüber Eltern und die andern Einwohner fo froh
wurden, daß fie alsbald eine tiebe zum Chriften-
thum befamen und den Gößentempel einrif-
fen g). Gleiche Kraft hatte der HErr nebenft ans
dern dem Wunderthäter Gregorio verliehen, die
er mit folgenden und andern Proben erwiefen.
Einsmals bieite er eine Zufammenfunft unter
freyem Himmel, und redete mit dem Volk aus
dem göttlichen Wort; unverfehens fienge ein
Süngling dabey an zu ſchreyen: Diefer tehrer
„ſaget das nicht von fich ſelbſt, fondern es fteher ein
„anderer bey ihm, und gibt ihm die Worte ein.
As nun der Knabe zu ihm gefuͤhret worden, vers
fiherte Gregorius, er hätte einen unreinen Geift
bey ſich. Fieng darauf an den Knaben anzuhaus
chen, darüber der Juͤngling verwirrt ward, mit
groffem Geſchrey niederfiel und alle Zeichen eines
Beſeſſenen von fihgab. Derbeilige Mann aber
legte ihm die Handauf, und ftillere die Unruh, daß
der böfe Geift endlich ausfuhr r).
12. Mächit dieſem ift faſt Feiner vondiefer Ga-
be fo berühmt gewefen, als Silarion, wie man in
feiner tebensbefchreibung finder. Ich will nur
etliche Heraus ziehen, die am merkwuͤrdigſten
feyn: da unter andern folgende fich finden. Ein
fehrreicher Mann, Orionus genannt, war ohne
Zweifel von vielen Teufeln auf einmal befellen,
weil er wegen des graufamen Wuͤtens am sanzen
Leibe mit Ketten gebunden war. Man brachte
ihn zu Hilarione, weldyen er unverfehens überfiel,
und in die Höhe hub. Die Anwefenden ſchryen,
aus Beyſorge, er wuͤrde den vom Faſten und Bes
ten abgematteten Mann augenblicklich umbrins
gen. Er aber lächelte und ſprach: Laßt nur
meinen Kämpfer zufrieden! Segte darauf
feine Hand auf des Beſeſſenen H faffete ihn
bey dei Haaren und ergrif feine b MEN ande, trat
mit beyden Fuͤſſen auf des andern feine, und fagte
etlihemal: Kruͤmme dich, du rufen der
böfen Beifter. Der Patiente fin on zu heu⸗
len und das Haupt auf vie Erde zufchlagen, wor⸗
auf jener fprah: ZErr JEſu, erloͤſe diefen
Eienden, beftepe den Gefangenen! Du
kannſt ja fowol ihrer viel, ale einen über-
winden. Alsbald hörte man unterfchicdene
Stimmen und ein Gofchren a's eines ganzen Bol-
kes; womit die Teufel endlich ausfuhren s). Zu
einer andern Zeit war ein ſehr ſtarker junger
Ece cc Menſch
x
n) Arhanafıns in Vita 0) Id. ib. p) Soxomenus lib. IV. c. 15. 9) Idem lib. VI. c. 19. Socrates lib. IV. c. 19.
Dreheitelin. IV: c. 169,
ionis
Er
r) Gregorius Nyfenus in Vita Thaumaturgi.
s) Hieronym. in Vita Hi»
* 9
754
ge behaftet, und zerbrach alle Ketten, Bande und
Riegel, that auch vielen Leuten Schaden an ihrem
Leibe. Diefen brachten ihrer viele an vielen Stri-
cfen auf beyden Seiten zuder Wohnung Hilariv-
nis gefchleppet, nicht anders als ein unbändiges
Vieh. Jener befahl feinen Führern, fie follten ihn
nur [os laſſen; und da es gefchahe, ſprach er zu
ihm : Buͤcke dich und Fommeher. Diefer fieng
an zu zittern, beugte fein Angeficht nieder, ver:
lor alle Graufamfeit, und fiel zu feinen Fuͤſſen.
Darauf beſchwur er den Satan, daß er aufden fies
benten Tag ausfaßren mußte ı).
13. Ein Fürnehmer von dem Hofe Conſtantii
Eam auch zudiefem Mann nach Gaza, und mußte,
da er ihn angetroffen, auffeinen Befehl alleine zu
ihm fommen, weil ers ihm alsbald an Augen an-
fahe, wasißmfehlte. Nun verftund der Mann
nur die Fränfifche und Sateinifche Sprache, konnte
aber damals auf Hilarionis Befragen fo fertig
Syriſch reden, als wenn er in Paläftina geboren
wäre. Der böfe Geift erzehlete den ganzen Ver:
lauf, wie er in diefen Mann gefahren ware. Aber
der heilige Mann wiefe ihn kurz ab und ſprach:
Ich frage nicht darnach, wie du in ihn gefahren
„bift, fondern ich befehle dir im Namens unfers
„HEren JEſu Chriſti, daß du ausfahreft,,: wel:
ches er auch alfobald thun mußte u). Es frug fic)
auch mit diefem Manne zu, daß er einften Des
Nachts allerhand Stimmen hörete, das Weinen
der Eleinen Rinder, Blöckendes Viehes, Bruͤllen
der Dehfen, u.f. w. alfo, daß er ſich darüber entfe>
ste, Er merkte aber wohl das Spiegelfechten
des Teufels, fiel dahero auf feine Knie, zeichnete
ſich mit dem Kreuʒ Hrifti, und waffnete fich mit
dem Schild des Glaubens. Darauf legte er fi)
nieder, un ngte diejenigen zu ſehen, vor wel»
chen er zu Anhören erfchrocken war. Als
er fich nun überall umfahe, erblicteer bey Monden-
ſchein Wagen und Pferde, welche auf ihn zurenn⸗
ten. Er aber rief den Namen JEſu an, und fa:
he, daß das ganze Gaukelwerk vor feinen Yugen
vonder Erde verfchlungen wurde x).
14. Mau hat dergleichen unterfchiedliche Hi⸗
ftorien, wie die alten Chriſten die Geſpenſter und
Erſcheinungen der Teufel befieget und vertrieben
baden, dergleichen Die jetzt erzehlte iſt. Es zeuget
davon ein gewiſſer Scribente, daß die boͤſen Geiſter
durch die — — von ihren Wohnungen und Si⸗
Idem ibid.
Nyfenns in Vita Thaumaturgi.
zus Orät. I. in Iulian,
idol. c. It.
7. B. Don den fonderbaren Wundergaben der erften Ebriften.
RMenſch, mit Namen Marſitas mit eben dieſer Pla⸗
dur
te; daß ich alſo vielmehr das uͤbrige in die —
u) Hieronymus ibid. x)-Idem lib. cit, y) Origenes lib. VII. adu. Celf. n. 20. ) Gregorius
a) Sozomenus lib. V. c. 2. Theodoritus lib, III c. 3. Gregorins Nazitanze-
b) Vid, Sozomenns lib. I, c. zo. et 13. it. VI. e. 28.
u Ey wi
D
gen verjaget worden feyn y). Der oben erweht.
te Eregorius vermochte einen Diaconum, daß,
[elaeobe fic) unterfieng. Es war eine gem ir .
adftube von Gefpenftern befeffen, darein Abends
hiemand ohne Schaden gehen konnte. Diefer
Mann gienge getroſt hinein, und daifm ein Haus I
fen Ebenteuer aufitieflen, rief er den Namen
CHriſti an, zeichnete fich mitdem Kreuz, und gieng |
ch das erfte Gemach unbefchädiget hindurch
Als er weiter fortgieng, erſchienen ihm noch abſcheu⸗
lichere Geftalten, und das Haus ſchiene, als wenn
es vom Erdbeben einfallen wollte, es Fam ihm au
vor, als ob ſich die Erdeaufthäte, und eine Sr
me heraus fchöffe: woben er abermal mit ;
fic) bewehrete. Daeraber wiederum heraus eiles
fe, traten ihm die bofen Geifter vor die Thürz
welche Hinderniß er denn mit gleicher Kraft
überwand, und alfo unverlegt davon Fam 2). Es
ift auch nachdenklich, was von dem Kayſer Julia⸗
no gefchrieben wird, mit folgenden Umftändenz
Er begab ſich einsmals, feine vermeyn t
um Rath zu fragen, in eine finſtere Ho
aber ein groſſes Schrecken dabey uͤberfiel,
ſes mehr und mehr zunahm; erinnerte er fick
vorigen Gewohnheit unter den Chriſten
nete ſich mit dem Kreuz, welches ihm
half. Es waͤhrete aber nicht lange
die Kraft der boͤſen Geiſter wiederum
ber er abermal dieſes Mittel brauchte, bi:
das Teufelsgeſpenſte verſchwand: tt
laubwuͤrdige Gefchichtfchreiber berichten
Ic Fönnte dergleichen Begebenheiten mehr vo
bringen, woferne ic) nicht Weitläuftigkeit befor
zufammen ziehen will,
15. Demnach nenne ich nur Fürzlich diejenigen
Maͤnner, welche von diefer Gabe am berühmteften
gewefen, vb wol unterdeffen viefelbige ſich beyuns
zähligen andern geäuffert hat. Sp werden da
von geruͤhmet Papbnutius, Maruthas Ablatuse
Paulus, mit dem Zunamen ver Einfältige, Co⸗
pres, Julianus, Or, und viele andereb), Maſſen
wir ſchon oben aus Tertulfiano berichtet —
* auch ein jeder Chriſte den Teufeln auferleger
habe zu reden c): welcher auch anderswo es vor
moͤglich ausgibet, daß auch ein ſchlechter Mann,
der etwa mie Weyhrauch handele, die bofen Geifter
vertreibe d),. Ja, esfager ein anderer ausdrücks
lich
e) Apolı c.23. d)Lib.de
9*
ee RE:
— FI *
——
4. Cap. Don Auetreibung der Teufel bey den erſten Ehriften, 755
lich, dapdie Teufel, denen die Heyden als Goͤt⸗
„ter D id von den — riſto aus⸗
„getrieben worden, e). Wiewol es ſcheinet, als
ob Bier nicht ſowol von den Kindern nach den Al⸗
ger, als von denen einfältigen Findlichen Herzen
der wahren Ehriften geredet werde. Insgemein
aber zeuget noch ein anderer Bi deutlich hiervon :
„Nicht wenige unter den Chriſten treiben die Teu⸗
„fel aus denen befeffenen Leibern, und zwar alleine
„ourch Gebet oßne zauberifche Beſchwoͤrung, und
„run mit fchlechter Bedroßung, welches die Kin:
„te der einfältigen Leute find. Denn es thun die⸗
fes meiſtentheils gemeine Leute ).
16. Was oben im erſten Capitel insgemein aus
ben alten Schriften angemerket worden, daß die
Wunderwerke durch den Glauben gefcheben müf
ſen, dasiftfonderlich auch Hier nicht zu übergeben,
da wir aus fo vielen Stellen gefehen haben, wie die
aan den Namen Se —— im —
gebrauchet, und alfo wahrhaftig an ihn ge
fies weifens auch die Erempel Des
die nach der Laͤnge angefünrer haben, und
ttgefallige Leute gewefen. Zu ge:
befage der FlarenZeugniffe, alles mic
nacfangen und vollendet worden. Dahe⸗
cht fehreibee: “Alle, die aus rei⸗
d lauterm Herzen nach JEſu Chriſto ge⸗
in, Die verjagen in goͤttlicher Kraft die
2). Lind ein anderer fondert die Un:
en auch von diefem Vorzug ab, wenn erin
dem Namen der wahren Epriften ſchreibet: "Wir
„befeäftigen, daß es boͤſe Geifter gebe, und bewei-
en es auch, alsdie wir'diefelbe allein von den Lei⸗—
„bern verjagen,, 6). Daß aber bisweilen auch
auf der Unglaubigen Wort die Geifter gewichen
ind, wird zwar Fein in den Rein Erfahrener
chlechthin leugnen: allein es iſt zu willen, daß es
aledenn nicht aus ſolchen Urfachen und Abfichten
gefchehen, die man bey den Wundern der Olaubis
genliefee. Vielmehr gilt bier, was Auguſtinus
Be he ſchreibet: “Nenn die Teufel gutwillig
u ——
a
„au
„iur die Leute zu verführen, an deren Irrthum fie
„eine Freude haben. Anders hun die Zauberer
Wunderwerke, anders fromme Chriſten, anders
Boͤſe. Die Zauberer thuns durch | heimliche
Verträge, die fromme Ekriften durch eine offen-
Ware Gerechtigkeit, die Boͤſen nur durch die Zeichen
„derſelben ).
e) Arhanafıuslib. de Pafs. et Cruc. Dom. F) Origene- lib. VII. adu. Celfn.r. 8) Erfathinslib. de Engaftrimyth, .
de Teftim.Anim. c.3. i) Lib. LXXXII. Quaft.qu. 79. k) Arkanafesin Vita Ant 7
h) Tertullianus
ibid. x
% u
Befehl der Gottlofen weichen, ſothun ſie es
17. m übrigen it auch ans der Antiquitaͤt bes
kannt, wie die Chriſten bey unterfchiedlichen Ver⸗
richtungen das Zeichen des Kreuzes gebrauchet has
ben. Wiewol man eben in den allererften und
apoftolifihen Gemeinen nichts fo Flärlich davon
findet; gleichwie auch von dieſer Weife, dererich
nun gedenken will, da fie nemlicy bey Austreis
bung der Teufel ein Kreuz formiret. Ihre Bes
deutung mar bierbey, daß die Macht der Finſterniß
durch den Kreuztod IEſu EHrifti überwunden
wäre, welches fie hiermit durch dieſes Zeichen dem
böfen Geift vorhalten wollten: Eben wie wiroben
gehöret haben, daß ſie die Werke CHriſti bey fol
chen Wunderwerfen mie Worten erzehlet, und
em Feind alfo im Glauben vorgeftellet haben, In
welcher Abſicht diefes Kreuzmachen eben nicht
ganz in vermwerfen war, und zum wenigften von
dem Aberglauben der folgenden Zeiten weit unters
fhieden. So lieſet man von Antonio, daß ibm
einften ein Gefpenft erfchienen, Kalb wie ein
Menfch, Kalb wie eine Efelin geſtaltet, welches er
alfo vertrieben. Nemlich, er bezeichnete feine
Stirn mit dem Zeichen des Kreuzes, und fprach :
Ich bin ein Knecht IEſu CSriſti: Biſt
du zu mir geſandt, ſo mußt du nicht die
Flucht nehmen. Worauf aber der Geiſt die
augenommene Geſtalt fahren ließ und ver—
ſchwand k), Eben derſelbe gerieth einsmals mit
etlichen Weltweiſen in einen Streit, welche er aber
nicht mit vielem Diſputiren, ſondern mit wirkli—
cher Kraft uͤberwand. Er ließ etliche Beſeſſene
zu ſich bringen, ſagte zu den Philoſophis, ſie ſollten
nun ihre Kunſt beweiſen, und ihre Goͤtter durch
Zauberey austreiben. Könnten fie aber nicht, «fo
„ſollten fie fich ergeben und zu dem Siegeszeichen
„CHriſti fliehen; alsdenn wirde auf den Glauben
„an den Gekreuzigten auch eine göttliche Kraft
„rolgen„. Worauf er den Namen JEſu ans
rief, feine Stien mit dem Kreuz damals bezeichnes
te, und alfo die Teufel verjagte I).
18. Zuletzt ift auch nicht zu uͤbergehen, daß zus
meilen in folgenden Zeiten dergleichen Wunder
bey den Gräbern und Denkmahlen der Märty:
rer gefcheßen, welches man alfogefchehen ließ, und
es annahm als von GOtt, zu mehrer Stärfung
des Glaubens, wie die Theologi aus Yugufling
anmerken. Die Sac)e an fich felbftift gewiß ges
nuggefheßen, aber nicht in den erften 300, Jaͤh⸗
Cie cc2 ten?
oni» h Id,
uhr
756
ren: vomden folgenden Seculis weiſen es nach⸗
gehende Hiſtorien m). Bon den Gräbern Ger:
vafii und Protafii redet Ambroſius zu feinen
Zuhörern, und beruffer fich auf ihre Erfahrung:
„hr Habt felbft geſehen und erfahren, daß ihrer
„viel hiebey von den böfen Geiftern gereiniget
„worden. Ihr habt auch nun die Teufel fchreyen
„hören, und von den Märtyrern befennten, daß fie
„ihre Pein nicht ertragen Fonnen,„ on). Von ans
dern zween fehreibet einer diefes: "Schaue, wie
„die grimmigſten Geifter albier bezwungen wmer-
Den welche die Herzen der Menfchen als Wolfe -
„einnehmen, Da wird der arıne Menfch, der
„von feinem Feind erfüllet ift, hingeſtellet, ſchaͤu⸗
„met, verkehrt die Yugen, heulet, ſchreyet, obgleich
„fein Peiniger da ift. So treibet die Kraft der
„Märtyrer den Mörder, fie bezwinget und bindet
„ihn, bis erden Raub unbefchädiger verlaffen muß,
„und leer davon fliehen,, 0). So gedenfet aud)
einer vondem Grabe EHrifti felbft, der nahe dabey
gewohnet bat, daß diefes bey demſelbigen gefche:
ben fey, und zwar fehrofte, da die boͤſen Geifter,
gleichfam als wären fie vor dem Richterſtuhl
CHrijti geftanden, gezittert und gebrüllt, damit
fie angezeiget, wie fie es ſchmerze, daß fieden ge:
Freuziget gegabe, vor welchem fie fich nun fuͤrch⸗
ten müffen p). Von Eypriani, elicis, Timo⸗
thei, $ucä, Andreäund anperer Heiligen Gräbern
bezeugen die Seribenten ein gleiches q).
19. Auf diefe Weife dauerte Diefe gemeine Ga-
be lange Zeit bey ganzen Gemeinen; wie einer am
Ende des vierten Seculi ausdruͤcklich ſchreibet:
„Die Teufel erſchrecken annoch vor dem Namen
Esßriſti, und die Kraft diefes Namens iſt durch
„unfere ſchwere Sünden nod) nicht verlofchen,, ”
Die Zeit, wenn eigentlich diefe fonderbare Gabe
magabgenommen haben, kann niemand fo genau
7.3. Don den fonderbaren Wundergsben der ı
5 —— te
beftimmen. Die ſes merken auchdie Theolegi an,
daß man zu CHryfoftomi und Profperi Zeiten die |
Beſeſſenen in die gemeine Berfammlung gebracht
undüber fiegebeter, und alfo die unreinen Geifter
ausihnen getrieben s). Man Fannaber ferner aus
der Zuſammenhaͤngung derer Hiftorien fehlieffen,
daß, da bey der äuflerlichen Vermehrung der Chris
ften die Anzahl der Kirchendiener, und derfell
unterfchiedene Stuffen und Orden zugenommen,
aud) endlich mag aufgefommen feyn, daß eineeiges
ne Art und Titul der Eroreiften und Teufelsbe⸗
ſchwoͤrer erfunden worden. Worzu noch) diefes
Fam, daß ſich die Cleriſen über die fo genannten Lay⸗
en erhube, und in geiftlichen Berrichtungen von
ihnen abfonderte: wie im legten Buche berviefen
werden foll. Nun haben wir gehörer, daß diefe Ga⸗
be auch die gemeinften $euteunterden Chriften ge=
habt, welche bey ereignendem Neid und Zank fich
nad) und nach verloren, daß endlich nur ein bloffes
Schattenwerk von der erften ein Kraft
überblieben, jaendlic gar ein leerer Titul wor
Da verwandelte man bey dem Verfall der
fey dieſe hohe und gemeine Gabe in eine
und fonderlich Amt, bunde fiean gewiſſe Pe
ordnete gewiſſe Einfünfte dazu, und ließ Di
te nichts mehr verrichten, (rote fie auch nichts
ders konnten,) als daß fie gewiſſe Gebetsform:
gen über den vermennten Beſeſſenen berfagten,
welches mit der erften Kraft gar nichts zu thun hat⸗
tet). Wie ſonſt die Alten für die —— F
der Gemeine gebetet, wie ſie von derſelben auch im
Leiblichen verſorget worden, wie dahero der Erors
cifmusin der Taufe meiftens fommen, das wirt
anderswo ausführlich gewiefen, Dismal Fan
ich mic) dabey nicht aufhalten, und laffe es hiermit
genug fen, daß auch diefe Wunderkraft in etwas
gezeiget worden.
m) Ex Augufino lib. XXI. de Ciu. Dei c. 10. Chemnit. P. II. Exam. C. Tr. p. 355. n)Epift. 95. ac Serm.
91. et Auguffinus lib. IX. Confell. c. 7. 0) Prudenzins hymn. 1. p) Hieron. Epifl. ad Marcellam. 9) L
lib, adu. Vigilant, Greger. Naz. Orat. 28. et 29. Paulinus Natal. Felie. III. VL VII. et VIII. r)
Naz. Apol. pro fuga.
8 S. 4
s) Chemnitins P. U. Ex. C. T. p. 415. t) Lænſtedius Ant. Bibl. et Ecel. P. Ic
Dass. Kapitel, |
Bon Meiffagungen, Offenbarungen, Gefichten, Ent:
zuͤckungen und
göttlichen Träumen der erſten Chriſten.
Summarien.
Wi die erſten Chriſten von Geſichten gehalten, prüfeten alles wohl $.ı. nach dem Grunde des goͤttlichen Worts, ermahne⸗
ten einander dazu. 2. Hebels Bezeigen eklicher, Die alles verwarfen, was auch dem Work. GOttes nicht zuwider: z. War⸗
nung
nn)
=»
3
a
gen, Offenbarungen Geſichten, Entzuͤckungen x.
Unyorſichtigkeit und Freyel. 4. Woher es kommen, daß etliche alles verworfen. s. Die verderbte Ver⸗
fonderlich an den Heyen, Eelfi Epempel: Autorität der Gösenprichter. 6. Chriſten beriefen fich auf die Als
forderten ben ſolchen Gaben Demuth; Stolze fallen in Sünden, Antonit Demuth; 8. wurden getrieben das
757
macht GOttes, 7. ? \ h 1 geht
khne offenbaren, da fie es fonit Tieber verborgen hätten. 9. Aeuſſerliche Kennzeichen ; der rechte Probierſtein GOttes
. 10,
Mas eigentlich Geſichte beien? was Entzückung fen? ı. Eines andern Befhreibung ; ı2._ Gleichniß das
n. Was Enthufiait bedeute? 13. Dee Urfprung wahrer Offenbarungen it GOtt; Zeugniffe davonz 14. Daher kam ihre
ewißheit und Unterſcheid von den falſchen; 15. Erempel davon ausder Schrift: 16. Tertulliani Zengniß. 17.
6 ch komme nunmehro auf eine ſolche Mate-
FAN vie, die zwar in der apoſtoliſchen und nach⸗
folgenden Kirchen Gefchichten ihren
Grund unftreitig hat, aber gleichwol von vielen
lieber gar verfchwiegen werden wollte. Alleine,
wie esnicht allein nad) dev Natur einem Hiſtorien⸗
——— mt, feine Sache, die wahrhaftig
gefchehen, zu übergeben oder zuverdunfeln, fondern
aud) nad) den Negeln des wahren Chriſtenthums
erfordert wird, die Werfedes HErrn zuentdecken
und zu preifen: alfo will ich Bier nach der Wahr:
beit und blos nad) dem klaren Bericht und Zeug«
niß glaubwürdiger Schriften erzehlen, theils,
was die eriten Ehriften von dieſen Begebenheiten
gehalten, theils, ob und wie diefelbe Damals geſche⸗
ben jeon mögen. Was das erfte betrift, werden
wir bey jedem Punct den Sinnder Alten deutlic)
aus ihren eigenen Worten abnehmen koͤnnen.
dreams war dis fo gar auch der Pharifüer und
Schriftgeleßrten Meynung, (welche doch fonft
allem göttlichen Willen und Wirkungen zuwi—
der waren,) daß es wider GDer felbft geftritten
fey, wenn man gegen das ftreite, was von ihm auf
einigerley Weife herrüßre. Denn fieerklärten ſich
öffentlich alfo von Pauli Perfon und Bekenntniß:
Sat ein Geift oder ein Engel mit ibm gere-
det, fo Fönnen wir mit GOtt nicht ſtreiten,
Apoft. Gefch. 23, 9. Die erften Ehriften ha—
ben hierinne groffe Vorfichtigkeie, Demuth und
Furcht gegen GOtt erwiefen, indem fie alles wohl
geprüfet, und nach der Prüfung das Boͤſe fahren
n, Bingegen über dem Guten den HErrn herz⸗
gepriefen haben. Ihre treue tehrer, und un
iefen Paulus hatte fie ermahnet, daß fie den
ift nicht dämpfen und unterdrucken, die
Weiffsaung nicht verachten follten, fondern
alles prüfen und das Bute behalten, ı Theff.
5, 19. 20.21. Siehe Autherum in der Rande
gloſſe. Denn der geiſtliche Menſch richte
doch alles, ı Cor.2.15. So nun einem auch
in der Gemeine eine Offenbarung geſchaͤ—
be, ſo ſollten die andern fehweigen und
I»
richten: Die Geiſter der Propheten pfleg-
ten den Propheten untertban zu fepn, und
diefes fen der Ordnung GOttes gemäs in allen
Gemeinen der Heiligen, als welcher eben ein
GOtt der Ordnung ſey, ı Cor, 14, 29:33.
2. Diefe Flare Worte von des HEren Willen
hatten fie nun vor ſich, undrichteten fich bey allen
Begebenheiten darnach, daß fie Feine göttliche
Wirkung, nachdem fie fie erfannt und geprüft
baften, verwarfen oder verachteten, fondern zum
wenigiten ſtehen lieſſen, wo fie nicht alles ergrüns
den mochten, Und damit erwiefen fie eben, daß
fie das Wort ihres GOttes in der Heil. Schrift
zum Grunde ihrer Drüfung feßten, die andern Ar—
ten aber, worinnen fich der HErr ihnen Fund that,
nach demfelben in feiner Furcht anfahen und ſchaͤtz⸗
ten. Sie lieffen jo gar die Weiflagungen in ihren
Werth berufen, und brauchten fie zu ihrem Mus
Sen, daß fie auch die Weiffagungen ver Sibyllen
oder weifen Weiber unter ven Heyden nicht vers
warfen, fondern annahmen, erklaͤrten und auf diefe
und jene Gefchichte zogen : Wie folches die beruͤhm⸗
teften Kirchenlehrer auch noch in dem fechften und
folgenden Seculis gethan a). Sie erwiefen füls
hen ihren Sinn nicht allein felbft mit der That, ins
dem fie, was von görtlichen Wundern disfalls vor
gienge, fleißig anmerkten, erflärten, ruͤhmten und
ausbreiteten, gegen den Widerſpruch und Ver⸗
kehrung anderer vertheidigten, und den Nachkom⸗
men zum Andenfen hintertieffen, befage des ſol⸗
genden Berichts; fondern auch indem fie einan⸗
der zu noͤthiger Unterfuchung and Forſchung an⸗
mahneten, und die Worte Pauli hievon oft wieder.
Bel. Als noch unter dem angehenden Ver⸗
all die fürnehmften Lehrer thaten, wenn fie fchries
ben: Unterſuchet alles, ſowol das Wahre als
„das Falſche, damit * durch die Prüfung einen
pünterfcheid machen, und von dem Böfen euch ent⸗
„halten, dem Wahrhaftigen aber anhangen moͤ⸗
„get b). Paulus faget dieſes, daß man nicht
„leichtlich einem,der durch den Geift redet, verbiete,
Eccccz „(denn
a) Vid. Armobins lib. T.adı. Gent. Clemens Alexandrinus paſſim. Tactantius lib:I.c.6.etde Ira c. 22. Infinus Mar-
tır, Eufobius, Hieronymus lib. L adu Toninian. Ambrofiss Comm. in ı Cor. U. Angufinuslib. XXVILL de Ciu.
Deic. 23. aliique.
e
b) Chry/of. hom, ı0, in ı. Thefl,
en
r
758
„(denn er wird gedaͤmpfet, wenn die Hitze deflen, der
Zu reden anfängt, durch Widerfpruch niederge-
geſchlagen roird,) damit man nicht, wenn man
„nicht verfteher, daß er geiftliche Dingeredet, dem
„Heil. Geiſt ſelbſt Schmach anthue, und dem Urs
„beber widerftehe, indem man die Gnade, fo dem
„Bruder gegeben ift, verachtet. Drum erinnert er,
„man follafles prüfen, und behalten was weislic)
„und wohl ausgeſprochen ifte).
3. Noch) mehr Gelegenheit gab zu foldyen Ber»
mahnungen das üble Bezeigen und Verfahren
etlicher in den Gemeinen, welche ohne Unterfcheid
alles auf einmal verwarfen, was Die erleuchtefen
Ehriften nach dem Wort des HEren geprüfee und
yor guebefunden hatten. Denn nad) dieſem ftell-
fen fie ihre Linterfuchungen an, wie der letgedach-
fe Autor ferner fehrejber: Was den Worten der
„Apoftel und des HEern gemas ift, das iſt vor
„gut zuachten und zu behalten, von dem aber muß
„man abftehen, was dem Ölauben feind oder zu=
wider it, d). Denn, (tie nachgehends ein
frommer Mann hinzu ſetzte,) “Die Heil. Engel
„und Propheten weiſſagen nichts, oder gebiefen,
„das der Gortfeligkeit oder dem lauteren Glauben
„entgegen wäre). Was nun der H. Schrift ge⸗
„mäs ift, muß man annehmen, was aber davon
„abtweichet, verwerfen,, f ) Mit welchem auch)
die Theologi ganz übereinftimmen, und dieſes vor
die erfte und vornehmſte Regul halten, nemlich
die Einſtimmung mit der von Dal offenbarten
Lehre ). Gleichwie Der ſelige Lutherus felber
ſchreibet, “man habe die Weiſſager und Traͤu⸗
„mer nicht zu verachten, forerne ihre XBeif
fagungen und Träume mit dem Worte GH tes
und mitdem Chriftlichen Glauben überein kom⸗
” men. Denn daraus koͤnnen wir (fprichter,) er⸗
> Elären alle Gefichte, alle Träume und Weiſſa⸗
” ie Engel felbft, fie feyn gut oder
„gungen, ja auch die ——
böfe, urtheilen,, b). Und wann nun diefe Kenn-
jeichen eintrafen, nahmen die Alten die darinnen
vorgetragene Sachen mit gehöriger Weisheit ih⸗
nen und andern zum beften an; role tirbald fehen
werden. Nur ein einiges Erempel Bier zu geden⸗
fen, fo erzehlet ein alter Seribent von einem glau-
bigen Knecht zu Conftantinapel unter dem Kayfer
Arcadio folgendes; "GDrE der HErr wollte die
„Stadt erfihreden, und Fam zu dieſem in einer
„Offenbarung, ſprach auch zu ihn, Daß bie Stadt
7,3. Don den fonderbaren Wundergaben
‚durch Paulum, der es nicht eine
„den andern Tag mit Feuer untergehen würde,
„und ermaßnete ihn dabey, erfüllte es dem Auffes
„ber fagen. Diefer hat es, und der Auffeher
„verachtete es nicht, fondern redete Das Volk des»
„wegen an; die ganze Stadt gerieth darüber in
„ein bußfertiges Trauren. Und damites die Leute
„vor Feine Zügen hielten, fo erfchiene eine groffe
»feurige Wolfe gegen Morgen über der Stadt,
„die erfchrecklich anzufehen war, darüber die eure
„alle in die Kirche liefen,, u. (. w, i), Woraus
man fiehet, daß vergleichen Weiffagungen nicht
verachtet, fondern den Umſtaͤnden nach beobach⸗
fet worden. on
4. So warneten demnach die Alten vor Unvor⸗
fichtigfeit und Frevel aufbeyden Seiten, in Anfes
hung der herzlichen Erinnerung des Heil. Geiſtes
erringerung
oder Geringſchaͤtzung des Geiftes, fondern gar ei=
ne Dämpfung nenne,ı Theff. 5. und im übrigen
eben dabey Mittel an die Hand gebe, dadurch man
erkennen möge, wenn der Satan fich in einen En⸗
gel des Lichts verftellet habe, 2 Cor. u, 1. So
dann und wann wider das Flare göttliche Wort
etwas vorgebracht werde, müßte es, nad) feinem
Erempel, verworfen werden, Gal.ı, 8. Unterdeſ⸗
fen wurden doc) zu feinergeit, durch die ihm und an⸗
dern gefchehene Dffenberungen, die Worte Abras
hams und der Epiftel an die Ebräer (uc. 16, 29.
Ebr. 1, 1.2.) nicht aufgehoben, weil fonft niemand
mehr nach felbiger Zeit etwas weiter hätte vorbrine
gen dürfen. So bliebe es denn aud) nachgehends,
nachdem Diefe Gaben merflic) abgenommen Bas
ben, bey diefen weisheitsvollen Erinnerungen:
» Diejenigen heiffen billig ſolche Leute, die den Geiſt
„daͤmpfen, welche alſo ſich bezeigen, daß ſie wuͤn⸗
„ſchen, er wäre gedaͤmpfet k). Diejenigen daͤm⸗
„pfen den Geift, fo viel an ihnen ift,welche die Weif:
„fagungen verachten, indem fie fich unterftehen,
„das Feuer des Heil. Öeiftes, welcher die Prophes
„ten erleuchtet und entzündet, daß fie weiſſag
„müffen, auszulöfchen und zu vernichten. Dr
„faget Paulus: Dämpfet den Geiftnicht, d
„wenn der Geift einem etwas offenbarer, fo ver=
„bietet und Bindert ihn nicht zu veden, was fein
„Sinn ift ). Etliche hatten Damals geiftliche
„Gaben, aber fie wurden von andern aus Neid
„verhindert diefelben zu üben, und nicht frey gelaſ⸗
„fen zu weiffagen; fondern ihre Weiſſagungen
„wur⸗
e) Ambrofius Comm. inı’Thefl 5. — l.c. )obh. Gerſon lib. de Vifion. f) Bafılius M. Reg. 72. g)Ger-
hardus Loc. de Minift. Eecl.n.gr. h)Zuz
gins Comm. in Gen. p. 1377. °t in
ifonibus Qu. IL. p. 26. {
Ei Ei Te Comm.in ı The. V.
rus Comm. in Gen. c. 37. Add. Balduin. Comm. in ı Tim. IV. Run-
Exod. p. 1129. Bidembachins Dec. VIII. Confil. 3. et omnino Zar, Fabricius de
i) Autor lib. de Vrbis Excidio ap. Anguflinum Tom. IX. Oper. c. 6. k) Auguftin,
ßguͤnſtigen erachtet. Das
„hero fpricht Paulus: Den Geift dampfet nicht,
„und zur Erklärung feger er Hinzu: Die Weifla-
„gung verachtet nicht,, Bi Wenn nun jemand
£ömmt, der vorgibt, er Habe eine Offenbarung ge-
habt; was foll man hun? mie foll man fic) da
verhalten? Man muß die Geifter prüfen, ob fie
aus GOtt fern, dem Apoftel gehorchen, das Gute
behalten. Man muß fern als ein geiftlicher,
Wechsler, und die gute und falfche Münze der
göttlichen Offenbarung fleißig und genau prüfen,
damit nicht die böfen Geifter, welche die Münze,
ob fie gleich gut und görtlich ift,zu verfälfchen fuchen,
vor die wahre reine, verfälfchte und verwerfliche
einführen : Diefes wäre dem Schaß der Gemeinen
ein geofler Schade. Deswegen ift deſto wach-
ſamere Sorgfalt zu Baben, je gröffer der Berluft
ſeyn würde,
5. Daß es aber ofte dergleichen Leute gegeben,
die überhaupt alle göttliche Offenbarung vermor-
fen, ſehen wir nicht nur aus den angeführten Bes
Fenntniffen, fondern auch ausder Erzehlung Euſe⸗
bit von dem befannten Keger Apelle, welcher alle
Weiſſagungen verworfen und verläftert bat, und
deswegen mit Recht von den Chriſtlichen Gemei-
nen felber verworfen worden 0). Wie denn die
in der Kirchenhiftorie erfahrnen Männer zur
Gnüge angemerfet und erwiefen haben, daß Fein
gorefeliger und beritändiger Chriſte dergleichen
wahre Wirkungen GOttes verworfen Babe, fon-
dern daß diefes allezeit und durchgehends böfe
eifchlichgefinnte Leute gethan p), welche durch
r unbußfertiges geben den Heil. Geift verſtoſſen,
und alfo auch feine Gaben, darunter die Prüfung
der Geifter nicht die geringfte fer, nicht gehabt.
Dabero es gefchehen, daß fie nichts von dem, was
Gott in andern gewirket, erſt geprüfer, und fodann,
wo es gut befunden worden, angenommen, fon:
d nad fr verfehrten Sinn alles fehlechter-
u
t Füffen getreten, verfpotter und geſchmaͤ⸗
nter denen Urfachen war auch diefe, weil als
s des Geiftes GOttes ift, denen natürlichen
enfchen eine Thorbeit ift,und noch vielmehr wenn
deraleichen Lmftande dazu Fommen , welche vor
der Vernunft ganz ungereime und narrifch ſchei⸗
nen. Wie, zum Erempel, auch fchon im A. Tefta-
ment unter den Propheten vorgieng, daß fie nach
Trendi Anmerkung g) “nicht nur mit Worten,
„fondern auch mit Geberden und Werfen weiſſag⸗
759
„ten, wie es ihnen der Geift eingab, Dabey
fie ofte fehr munderliche Dinge vornefmen und
zeigen mußten. (Siehe Efa, 20,2, Jerem. 13. 1. c.
19,10,.6. 27,28. Ezech. 4, 5. 12. u. ſ.w). Da denn
freylich die Vernunft nichts anders konnte, als ih«
re Blindheit und Bosheit verrathen, wie es auch
unter denen unglaubigen Juden ergienge. Daher
kam es nun, daß auch in den erſten Zeiten ſchon ſol⸗
che Spoͤtter waren, die, zum Exempel, dem H. Maͤr⸗
tyrer Ignatio vor uͤbel hielten, daß er die Gabe der
Weiſſagung nicht verachtete. Wovon er ſelber
meldet, und ſich gegen ſolche Einwuͤrfe vertheidi⸗
get: "Ob mich gleich etliche nach dem Fleiſch haben
„verführen wollen, fo wird doch der Geift nicht ver=
„führet, weil er aus GOtt ift. Denn er weiß,
„woher er koͤmmt, und wohin er fähret, und be—
zitrafer das Verborgene„. Da er einen unums
ſtoͤßigen Grund feiner Gewißheit feßet, nemlic)
das Zeugniß des Geiftes GOttes, dem er felbft in
feinem Herzen nicht widerfprechen Fonne, obgleich)
feineBernunft und andere auffer ihm gerne wollten.
Weiter gedenket er auch, es haͤtten ihn einige be«
ſchuldiget, als wäre ihm die Warnung zum Gehor⸗
ſam gegen die Aelteften nicht von GOtt, fondern
von andern offenbaret worden, und dahero hätte
er nun folches geredet. “Er Aber ruffer den zum
„Zeugen an, in welchem er gebunden war, daß eres
„nicht von menfchlichem Sleifc erfahren gehabt.
—* Geiſt aber predige ihm und fage ihm die⸗
„ſes r)»
6. Anderswo zeiget er aleichfalls an, wie er be=
forgen muͤſſe, daß er denen Epriften zu Tralles nur
Schaden thäte, wenn er ihnen bimmlifche Dinge
fehriebe, weil fie noch Kinder wären, und ihnen
„noch fo viel fehlete, fonft wollte er ihnen wol von ſol⸗
„chen Dingen fchreiben, weil er ſie wiſſe, ſamt den
„Engtifchen Orden und gefeßten Herrichaften,
„bendes des Sichtbaren und des Unfichtbaren,; +»
Daraus man fiehet, wie er müffe erfahren und
befunden haben, daß fieund ihres gleichen folche ho⸗
be Dinge nicht tragen fönnten, und dahero gemei⸗
niglich ein widriges Urtheil fallen mochten von
dem, was fie nicht verftünden s). Es aͤuſſerte
fich aber am aflermeiften die verderbte Vernunft
mit Worten und $äftern rider dergleichen Wuns
der GOttes an den Henden und ihrem Unglauben,
welche nicht anders nach ihrem verkehrten Sinn
thunfonnten, als alles, was GOttes war, mit m
en
m)Idemibid. n)Ger/nl.c. 0) Eufebius lib. V.H.E.c.13. p) Itanouifime Henriens Doiwellus Differt. Cyprian,
IV.n. ar. 8 J— üb, IV.e.37. r)Epif, adPhiladelph. quo conf. Bebelins Ant, Esel. Sec, I: p.82» 9) Agna-
»u
Ten treten. Sehr merklich ifts, was jener Cprift-
iiche Mann an einen ſolchen heydnifchen Syötter,
den Eelfum, deswegen fihriebe und ihm unter ans
dern alfo antwortere: Telſus mag lachen wie er
„roill, fo fage ich Doc), daß ihrer ſehr viel und faft
Anzaͤhlig zur Chriftlichen Religion gebracht wor-
„den feyn, indem ein Geiſt ihren Verſtand plöglich
„verändert hat, bap fie um des Worts willen, wel»
„hesdamals ſehr verhaßt war,den Tod ungefcheuet
„ausftunden, nachdem ihnen Gefichte geſchehen
„waren, entweder im Traum oder aud) da ſie wach ·
„ten. Denn wir haben viel dergleichen Dinge
„gefeben, welche, wenn wir fte erzehlten, daß ſie
„nur in unferer Gegenwart gefcheben wären, wuͤr⸗
„ven die Unglaubigen ein groß Gelächter aufſchla ⸗
„gen, und würden meynen, wir erdichteten es aud)
„nur, gleichwie diejenigen, von denen fie einen boͤ⸗
„fen Verdacht haben. Aber Ggtt iſt unfer Zeuge
„in unferm Gewiſſen, daß ich nicht wolle die Lehre
FEſu mit falſchen Erzehlungen, fondern mit
„wahrhaftigen Erempeln angenehm madyen,, t).
Da er eben mit diefem ftarfen Grund gegen den
Spott - und Säftergeiftder Iinglaubigen die Wahr-
heit folcher Gefichte befräftiget hat, weilnemlich ſo
viele den Tod darüber gelitten, welches in eines
Menfchen Kräften ja nicht beruße. Und alfo hat»
ten die Chriften immer und meiftens mit den Öe-
lehrten und Weifen diefer Welt zu thun, dergleichen
Celfus einer war, welche ihrer hohen Vernunft
und daher entftehenden Hoffare wegen fich zu den
verächtlichen Werken Gttes nicht herunter laſſen
mwolltene Dazu noch die Autorität der Gögen-
priefter Fam, welchen hiedurch der größte Schade
gefchahe, wenn ſich die Menfchen von ihnen zu
den wahren Lehrern wandten: Eben wie nachmals
unter dem Roͤmiſchen Antichrift die Priejter am
wenigften leiden Eonnten, was etwa durch goͤttli⸗
chen Befehl von-ihrem Verderb und Strafen ge-
weiſſaget wurde. Geſtalt man aus den alten Ur—
Eunden ſiehet, daß die Weiffagungen der Zeugen
der Wahrheit vor Luthero meiltens wider die
fogenannten Beiftliben gegangen, als einer
von einemfolchen redet u). Da fonften aud) aus
den Hiftorien und der Anmerkung erfahrner Leute
bekannt ift, wie die andern Stände diefe Leute mit
ihren Zeugniffen wohl würden gehöret und gelaffen
haben, woferne nicht die Cleriſey, aus Beyſorge ihres
Unterganges, dawider gewuͤtet und die Weltleute
aufgereizet hätte x).
t) Origenes lib. I. cont. Celf. med. u) Catal. Tef.
—
7. Die Chriſten in den erften Gemeinen berufe
ten fich zuförderft hiebey auf ——
Allmacht des lebendigen GOttes, dem ja weder Un⸗
glaube noch Vernunſt die Haͤnde binden und vore
fhreiben Fönnen, mie er fic) den Menfchen offen«
den ſelbſt nicht leugnen, zumalda ſie auch den
feln zuſchrieben, daß fiedenen Menſchen ſich offens
barten, wie es auch in der That g ſchahe, und dahe⸗
ro dem höchjten Herrfcher und König. nach feinem
9. Willen und Wohlgefallen auf ihm anftandige
Art mußte eingeräumer werden. Drum war Diefes
der Chriſten Bekenntniß: “GOtt Fann mol eine
„Stimme oder ein Geficht formiren, indem er feine
„Majeftät Eund hut, über dasjenige, was fonftvon
„Natur von fich feiber erfolger; und zwar eine Sees
sjle etwa zu befehren, die noch nicht glaubig ift, und
„denjenigen Befehl anzunehmen, der ihr gegeben
„wird,y). Daraus man fiehet,daß fie angemer-
ket haben, wie GOtt fich bisweilen auch den Men⸗
ſchen vor ihrer Bekehrung offenbare und anzeige,
damit fie nemlich glauben und ——
wie Origenes zuvor gleichfalls erwehnte und fich
auf unzaͤhlige Exempel berief. Dabey dann erin»
nert wurde, daß GOtt diefes mit folchen Perfonen
vornehme in Anfehung der vorhergefehenen Bekeh⸗
rung, indem fein den Augen ge Vorwiſſenheit
ſchon fo gut als bekehrt geweſen, und eben dieſes
Mittel von deſſen Barmherzigkeit dazu genoflen.
Denn fonft wußten fie wohl, daß die Weishrit nicht
in eine boshafte Seele kaͤme, unddaß der HErr fi
nur denen offenbare, die ißn liebten und fein Wort
hielten, B. Weisheit 1,4. J0h.14,21. Pf. 25, 14. In⸗
zwoifchen wiederfahre auch ofte diefe Gnade denjenis
gen, welche zwar zu der Zeit, da es gefchehen, gott
felig gelebet, aber nadymals wiederum zurück gefal⸗
len. Wie einer von einem Knaben verfichert, daß
er in feiner Krankheit viel Gefichte gehabt, und
Himmelund Holle gefehen habe, aber nachmals in
dem Vorfagvder Heiligkeit nicht blieben f2y 7).
8. Indeſſen forderten fie bey folchen Gaben
wahre gruͤndliche Demuth, daß ſich eine folche von
Gôtt begabte Perfon derfelben nicht überheben
mußte, fondern altes in Demuth dem HEren wie
derum dankbarlich aufopfern, dahero fie ausdruͤck⸗
lich davon alſo redeten: “Wenn einer ſchon aller—
„hand Gaben des Geiſtes empfangen bat, und Of⸗
„renbarungen und himmliſche Geheimniffe weiß,
„fo muß er aus unerfättlicher Liebe gegen den
„HEren
baren wolle oder folle. Diefes —
.
Verit. de Roberto Gallo p. 849. x) Ibidem de Arnol.-
pho p. 1093. y) Clemens Alexandrinus lib. VL. Strom. p. 632. 2) Augufians lib. XII. de Gen. ad Liter. c,
17.18. 19:20.
BEER PIRETEN "RER
5. Cap. Don Weiffagungen, Offenbarungen, Geſichten,
nn — — * TE —— TEE EEE
„HEren, dennoch bey fich felbit alfo befchaffen 9. Darinnen gieng es denen, die damit zu thun
Be lesen er noch nichts hatte; ſondern er hatten, faft eben wie den alten Deonfeten. An
„muß ſtets hungerig und durftig feyn durch den von GOtt mit vielen Ueberredungen zur Berfündis
Glauben und durch die Liebe, und en Gebet gung der ifnen anvertrauten Befehle getrieben
„beharren nach den ag der Önade und wurden. Dahero, als Eyprianus von dem HFrrn
„allen Stuffen der göttlichen Kraff»a). Wobey Befehl erhielte in einer Offenbarung, den Chriften
fie auch dergleichen Erempel erfebet Haben, und dis und jenes zu verfündigen, fehrieb er alfo davon
einander hernad) erinnert, damit fievor dem Fall anfier *Ychhabediefes nicht dürfen verſchweigen,
unter folchen Begebenheiten fich hüten lerneten. „oder in meinem Herzen alleine behalten, dadurdy
Alſo erzehlet ein frommer Mann von einem Chri⸗ „doch ein jeder unter uns unterrichtet und regie—
fen, der einsmals mit dem andern gebetet, und „ret werden Fan. Er rer auch noch dazu:
dabey von einer göftlichen Kraft ergriffen und “„Ihr felbft follt auch diefen Brief nicht bey euch
entzüchee worden , alfo, daß er die obere Stade „verborgen halten, fondern den Brüdern zu lefen
Jeruſalem gefehen, undlauter hellglaͤnzende Per» „geben, ; mit beygefügter Urfache: Denn wer
— wie auch ein unermeßliches icht. Dabey „dasjenige verdecken will, wodurch der HErr ung
er dieſe Stimme gehoͤret: Dis iſt der Ort der „wuͤrdiget zu unterrichten und zu erinnern, der will
Aube der Gerechten! Darüber er nachmals „nicht, daß fein Bruder erinnert werde, f). Bis—
ftolz worden, in Meynung, das gehöre vor ihn, weilen geſchahe es auch, daß ihnen deswegen aus-
was er gefeben, und ſey er deswegen in groffe „ druͤcklich Befehl gegeben ward, ihre Gefichte und
Sünden gefallen d). Ingleichen gedenket er von Offenbarungen andern Eund zu thun. Gleichwie
“ ——— welche die Gabe geſund zu mas Cpypriano ſelber geſchehen iſt, als aus angezeig-
’
8
enbarungen und Weiſſagungen gehabt; ten Worten zu ſehen. Der auch einſten in einem
fie nicht zur völligen Liebe gelanget, wa Geſicht einen alten Hausvater geſehen, der einem
ren fie in dem Kampf unten gelegene). Sehr Juͤngling oder Engel befohlen, er follte dieſem das
wohl urtheilete auch Bievon der Einfiedier Anto-⸗ Gefichte fageng). Und eben deswegen merken die
hius, von dem ein gemiffer Mann folgendes Gelehrten an, daß diefes Damals die Weiffaguns
ſchreibet: “Ob er gleich bey fo groſſer Kraft mit gen und Geſichte beruͤhmt und angenehm gemacht
„einer göttlichen Vorwiſſenheit begabet war, fo a ‚ wenn fie alsbald vor der Gemeine ausges
Er ers Doc) vor feine Tugend, daß er Fünftige fprochen und angezeiget worden h)., Dazu fi
„Dinge wußte. Dabero er aud) nicht vor rath- ohnedem gefrieben wurden, und bisweilen wider
„tam bielte, daß ſich jemand N Urſacheum die ihren Willen und Vorſatz, nachdem fie entweder
Wiſſenſchaft des Zufünftigen bemuͤhete. Denn ausherzliher Demuth oderaus Beyforge, daß fie
„er fprach, es würde Feiner deswegen geftvafet jemanden damit Anftoß, odermit Spott und Säfte:
werden, weil er das Kuͤnftige nicht wüßte, und rung fich zu verfündigen Anlaß geben möchten,oder
wer es wüßte, koͤnnte auch Deswegen nicht vor auch aus einiger Menfihenfurcht alles verbergen
nfelig gefchäger fenn;- fondern derjenige fey felig, wollten. Wie ein befannter Scribente in foldyem
„der GOTT diene und feine Gebote bewahre,.. Fall alfo befennet: “Ich bezeuge Bier vor GOtt
Dabey er ferner diefen Rath gab: Wer ja die „und bey feiner Majejtät, weil es nicht ficher ift,
Weiſſagung verlange, der müfle fein Herz reiniz „dasjenige zu entziehen und zu verhefen, was ei-
‚gen lafien, ſo werde er fie erlangen, daß GOtt „nemiftgeziger worden, ohne Zwsifel unfer alfer
m, was zukünftig fey, verfündigen werde,d) „wegen. Ich weiß aber, daß ein Bruder des
Wiederum erfannten und erinnerten andere, wie „Machts über heftig beſtrafet worden, weil die
dieſes eben ein gutes Zeichen einer wahren Weiſſa⸗ „Knechte feine Hausthore bey angezeigter öffent:
ung fen, wenn der Menfch fich lange weigerte,die- „licher Freude mit Kraͤnzen behaͤnget Batten
—* zu verkuͤndigen, und ſich ſolcher hohen Gabe „(mie die Heyden zu thug pflegten), Sogar ſie⸗
unwerth achtete, wie die alten Propheten und Män- „het der HErr auch auf unſere Hauszucht,,i).
ner Gottes gerhan. 2 Buch Moſis 3,4. Jerem.1,6. Wie denn auch nachder Zeit ein beruͤbmer Lhret
Indeſſen aber muͤßte es Feine halsſtarrige Demuth von ſich erwehnet, wis er fo ſehr ungebalten gewes
&yR , die fi) von GOtt zu feinem Gehorſam fen fen, daß eine Offenbarung, die einer Frauen
ringen lieſſez fondern der Menfch müßte doch im Traum geſchehen, und die daher entftandene
endlich eben aus ſolcher Demuth gehen, wohinign Heilung ihrer Krankheit fo verſchwiegen geblieben
ber HErr fendee), Ddd dd wäre,
a) Macarins höm.ıo. b)Idemhom.ıy. c)Idemhom. 26. d) Sozom.lib.I.c.13. €) Greg. M.lib T.Dialog.c.a
f) Cyprian.Epißt. ı1. g) IdemEpilt, 4. h) Dodvvellss Diflert, Cyprian. IV.n. 23. i)Terrul, lib, de Spedtacsc.ıs. .
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762 DI
" wäre, und fo gar, daß er auchdie Sraudeswegen
erinnert und beftrafet, daß fie diefes Wunder
Gottes nicht offenbaret k).
fe
einer wahrhaftigen Offenbarung mit, welche
« 10. Alfo war, befagter maffen,diefes —— Weiſe mit feinen Aufferlichen Augen etwas fier
auch fonften wohl von den faifchen zuunterfcheiden Fünftige Dinge mit leiblichen Yura abt
mußten, da fie die Gabe Geifter zu prüfen noch
Hatten. Woben fie fid) aud) aͤuſſerlicher Kenn-
zeichen bedienten, als, daß bey den Offenbarungen
die Gabe war, der Menfchen Gedanken zu erfor-
fchen und zu eröffnen, künftige Dinge zu weiffagen,
u.f.m. nad) der Öelebrten Anmerfung!). Dain-
zwifchen das Hauptfennzeichen, nemlich Die Ueber-
einftimmung mie GDttes Wort, feſte bey allen
blieb, und als ein Probierftein zur Prüfung vor
alle diente ; auch vor Diejenigen felber , die derglei-
chen Dffenbarungen hatten. Wiewol dabey ihr
Herz ohne Zweifel mit groſſer Gewißheit befeftigee
und lberzeuget werden mußte, wenn diefes oder
jenes von GOtt Fame. Wie der letztgedachte Leh⸗
rer von feiner gottſeligen Mutter verſichert, deß
„ſie durch einen ſonderlichen Geſchmack oder Ge-
Fuͤhl habe unterſcheiden koͤnnen, welches fie aber
„nicht mit Worten ausfprechen mögen, was von
Gtt ihr offenbaret würde, und was ihre Seele
„felbft etwa traͤumete, m) Welcher Mann aud)
anderswo dieſe Gabe zu feinen Zeiten gerne zugibt,
aber dabey Die rechten Kennzeichen zu wiffen wuͤn⸗
#fchet, wenn er ſchreibet: Wollte GOtt, daß ich
Wwiſſen Eönnte, wie man unterfcheiden müßte, was
„bisweilen durch den Geift gefehen wird, dabey
„man doch mennt, man fehe es durch den Leib; und
. „tie die Gefichte dererjenigen zu unferfcheiden
ſeyn, welche bisweilen ein Irrthum oder ihre ei⸗
„gene Bosheit betreugt, weil meijtens dergleichen
„Dinge dabey erzehlet werden, welche mit den
„Gefichtern der Frommen und Heiligen überein
„fommen,n). So behutfam und forgfältig gien-
gen dieſe Leute bey dergleichen Begebenheiten, daß
fie lieber nad) dem Örund erft fragten und gewiß
feyn wollten ‚als etwas ungeprüfter Sache beftim-
ten. Dabey fie auch felbit und ihre Zuhoͤrer Fei-
nen Schaden litten, und. ein unverleßt Gewiſſen
zum wenigften behielten, wenn fie foldye Perfonen
ihrem Richter ftehen lieſſen, in gewiſſer Zuverficht,
daß fie nirgend keinen Schaden inne haben wuͤr⸗
den, Eraft der unfehlbaren Treue und DBorforge fi
ihres Gottes und Vaters.
k) Augufinus lib. XXII. de Ciu. Dei c.6. I) Vid. Dodvvellns l.c. mı)Lib. VT. Confefl: c. 13. n) Epift.ıoo.
0) Auguflinus Dial. Queftionum LXV. qu. 62. p)
adı, Marc. c. 22. et de Anima c. 45. etconf. Valefins deS. Philof.c. 30. q) Comm. in Ioel.II.
lib 1. in Hofe. e. 12. Conf. omnino Chr. Schotanus Comın. de Diuin. Reuelat. et movie Wirfius Mifcellan,
$. ib. I. de Modis Reuel. Prophet. tum et Edo Nenhufins inlibris, III. Fatidicorum. s) Lib
den fonderbaren Wundergaben i
"den erften Chriſten fo viel heißt,
verften Ehriften.
ır. Damit ich aber nun zue Sache felber fomı
fo ift zu merken, daß die Alten eigentlich die |
Gefichter genenner haben, nicht wenn einer leibli-"
che
5 fondern wenn im unbekannte oder aud) zu⸗
“ beſehen
und zu. betrachten vorgeſtellet werden, fo gewiß,
als wenn fie felbft wirklich vor ihm wäre „Dam
fie theilten eben- das Sehen in das Keibliche,
Beiftliche und Dernünftige 0): Das geift
und prophetifche Sehen befchrieben fie. alfos
„Wenn. eine deutliche Borftellung zukünftiger
„Dinge alfo dargeleget wird, daß man Diefelbe
„gleichfam als in einem Schaufpiel betrachten
„eanny,p). Wie es auch Lutherus felbjt alfo ben
ſchreibet, “Daß eigentlic) diefes Geſichter heiffen,
„wenn die Bilder von zufünftigen Dingen nicht
„um Schlaf, fondern im Wach ‚ vorgeleget wer⸗
den, ). Dahero diefes Wort insgemein unter
Weiſſa⸗
gung, als ſie auch aus dem Geb
Schrift anmerkten r). )iefe We
murden gemeiniglid) in einer Entzuckung
theilet, darauf fie nachmals andern verkü En
wurden. Diefes Wort aber beit bier o nut
eine bloffe übermäßige Empfindung de AB rfung
Gottes in der: Seele, wie es nen Cave
brauchet im g. Capitel des 1.Theilspom erften
Ehriſtenthum, da er fpricht: die. Chriften wären
durch das Singen zu goͤttlichen und himmliſchen
Entzüsfungen aufgebracht worden ; fondernes ift
eine folche übernatürliche Wirfung, da die leibliche
Sinnen des Menſchen von Huffeichen Dingen
abgezogen, und das Gemüthevondem Dienft deg
Leibes befreyet wird, und hingegen hohe uͤberna
tuͤrliche Sachen betrachtet. Wie alſo Paulus ſei⸗
ne Entzuͤckung beſchreibet, daß er nicht gewußt,
ob er in oder auffer dem Leibe geweſen. 2@or.12,3.
Und Jrenäus faget von den Propheten insgemein z
„Da fie noch aufder Erden find, fo erinnern fie fich
„veflen annoch, was fie geiftlicher Weiſe in Gefichz
„ten von himmliſchen Dingen fehen oder. hoͤren,
„und verfündigens den Menfchen, wenn fie wie⸗
„derum zu fich felber kommen s). —*
12. Ebenfalls beſchreibet ein anderer dieſes und
priche: "Wenn das göttliche Licht Das. Herz durch-
„leuchtet, und das verborgene Licht innwendig *
„ick,
Bafılius M. Comm. in Efai. 11. Add. Terzullianus lib. IV,
r) Hieronymus
II. c. oi.
o — * = *
5. Cap. Von Weiſſagungen, Offenbarungen, Geſichtern, Entzuͤckungen ꝛc.
nu
„iret, fo wird der ganze Menſch gleichfam ver⸗
ſ * von dieſer Suͤßigkelt und Betrachtung,
„vaß er feiner nicht mehr mächtig iſt: Alſo, daß
„roie die leiblichen Augen die Sonne anfchauen;
„alfo diejenigen, welche alfo erleuchtet find, das
„Bild der Serlen fehen „ d). Und noch einer,
wenn er von Adam redet: Es wird mit Recht
„geglauber, Daß die Entzückung deswegen gefche-
„ben fey , daß die Seele in derfelben der engli»
R en Welt theilbaftig würde, und in das Hei-
„ügthum GOttes gienge, darinne fie die lehten
„Dinge verftehen lernte. Endlich, nachdem er
„roieder erwachte, war er gleichfam voll von
»Weiffagungen, und brachte diefes alsbald her:
„vor„u), And alſo erkannten fie gar wohl, daß die
Wirkungen Go0ttes in der Seelen fo gar unter:
ſchiedlich feyn, und ifnen von der Creatur nicht
vorſch eiben noch Hinderniß einwerfen laſſen, auch
von der nicht ‚Die folcheg leidet. Denn fie fprachen :
„Es ift über Die Kräfte menſchlicher Natur daß man
die Art und Weile der unterfchiedlichen Wirfung
„ausfprechen fönne,welche den Menfchen von dem
Geiſt Gottes wiederfaͤhret,, ). Diefes. aber
laubten fie insgemein, daß bey dergleichen Of:
enbarungen ber HErr in den Herzen der Mens
ſchen redete, und ihnen, mas fie willen follten, kund
thäte. Dabero fie alfo davon zu reden pflegten :
„Die Erfennenig der ihnen unbefannten Dinge
wird den Herzen der Heiligen eingegeben durch
„die Offenbarung und Anſcheinung der görtlichen
„Erleuchtung y). GDtt redete die Propheten inn⸗
„iwendigan d; er vedere zu ißnen in ihren Herzen a),
„ſie hatten ChHriſtum in ſich veden, u. f. w. 6).
13. Sie braudyten auch ein fehönes Gleichniß
5 — wenn ſie von den erleuchteten Maͤnnern
Gottes ſo gar auch an die Heyden ſchrieben, ohne
Beyſorge, Daß fie Darüber verſpottet und verlaͤſtert
wurden, “Die Menfchen können nicht von Na:
„eur oder aus menfchlichen Wis fo hohe und gött-
„liche Dinge erkennen; fondern fie haben diejenige
reywillige Gabe noͤthig, welche damals vom
— auf die Heil. Männer herab kommen
sit. Sie haben auch Feiner Nednerkunft be—
„durft, oder einiges Zanks und Streits; fondern
„nur dahin gefehen, Daß fiefich der Wirkung des
„Heil. Geiltes lauterlich übergäben. Und alfo ift
„der Heil. Geiftals ein görtliches Harfeifen vom
-
763
„Himmel kommen, Hat diefe Leute als feine In—
„ſtrumente gebraucht, und die Erkenntniß göftlicher |
„und Bimmlifcher Dinge ihnen offenbaret; ©).
Welcher Scribent auch bald darauf von denen
Weiffagungen redet, “daß fievon GOtt gleich’ am
„angehalten würden, (Xarexonevas ex T3$E8,)
„und von GOTT getrieben und angeblafen,
„(erdegialen enimvasövras, gleichfam Enthuſia-
„ſten feyn,) wenn fie viele und groffe Dinge aus-
„Mrechen , nicht wiffende, was fie fagen,, dA). Wie
denn diefes Wort, Enthufiaft, aus dem Gricchi-
ſchen von 2v9:&> herſtammet, und einen bedeus
tet, der von GOtt innwendig getrieben und ter
gieret wird: Dahero es in feinem unfchuldigen
Verſtand nichts anders bedeutet, als einen, der
in GOtt, und in dem GOtt bleiber, nad) Jo:
bannis Worten, ı Joh. 4, 17. Sicht oben im
ı Bud) das 3. Capitel. Wie es auch die alten
Griechifchen Scribenten alfo gebrauchet und er—
fläret haben, als wir in ihren Schriften noch Khen
koͤnnen: Da fte,zum Erempele), den Enthuſia⸗
ſmum befchrieben, “wenn. die Seele ganz von
SÖDTT erleuchtet wird,, und die Enthuſiaſten
„(erderialoneves) erleuchtete u. vom Geiſte Got:
„tes gehalteneLeute, item, Erleuchtete, (e Au moRE-
UBS, MATEXOMEVBE Umd EvdEg mVeuuAT@&),.
Bon dem folgenden übeln Verſtand diefes Worts
wird unten im letzten Buch geredet werden, da
felbiges, wiedas Wort Fanatıcusoder fanatifch,
nachmals zu einem Scheltwort gemachet worden,
zu der Zeit, als der Verderb in der Chriſtenheit
ji zu zeigen anfteng. Denn dieſes leßtere Wort
edeutet eigentlich unter den Heyden einen folchen
Weiffager, der immer in dem Tempel blieb, und
darinnen Dienete: (legodsA&>, jegarınds, fano
adferiptus minifter f) , &v98@-) 8),
ein wabrfagender Rirchendiener.
14. Aus den vorgefeßten DBefchreibungen fie;
bet man deutlich, wie die Alten hierinnen auf den
Urfprung der wahren Offenbarungen, nemlich auf
Gott und feinen. untadelichen Willen geſehen.
Denn dieſem koͤmmt alleine zu, verborgene Dinge
zu offenbaren. Daniel 2, 27.38. Drum hieſſe es
davon unter ihnen: Es ift Gottes Werk, dasje«
„nige erft zu verfündigen,che es geſchehe, und auch
er daſſelbe darftellen, wie es zuvor gefagt gewe⸗
Ddddde „ſen
t) Macarius hom. 6. et7. u) Auenſt. lib. IX. de Gen. ad Lit e. 19. Conf. Rigaltinsad Cyprian. Epiſt. 16. x) Baf-
lius M. prolog. Comm. in Iefai.
proam.inlefai. b) Chryjof. in Gal. ı.
y) Idem ibid. Comm. inc. ır.
in i €) Iuflinus Martyr Admon.adGrec. p. 8.
Hefychiusin Lexie. h. v. p. 30. Zul. Pollux lib. I. Onomalt. c.ı. n. 18. p. 12.
z) Hieronymus Comm.in Habac. 2. a)ldem
d) Idem ibid.p 35. &)
f) Gloffa veteres apud Heraldum ad
Arnobiump.29. g) Vid.G. Fabritius Not. ad Poet. Chrift. Ver. p 52. et vfim huiusnominis apud Prudentium
Fiymn. 10. de Coron. et Apoth. Fortunatumlib. X de Mirac. Mart. p. 715. Arnob.lib. T.adu. Gent. p-16. et e pro.
fanis Linium lib. XXVIII. c. 16. Ciceronem pro Domo atque Lapidem ap. Reinefism Clafl. XIV. n. 139.
- 4 a R u
e
764
„ſen h). Diefes ift fürnemlic) Gottes wir
„fchaft ‚zukünftige Dinge zuvor zu fagen,„,i). In—
ſonderheit fehrieben fie dieſes Werk dem Heil. Geiſt
und feiner Kraft zu, als welcher ſich fonderlich in
Erleuchtung und Negierung der Seinigen offen
baret. Wie es die Schriften der Alten anzeigen,
wenn fie fagen: “Die Vorwiſſenheit der Seelen
„von zufünftigen Dingen iſt von dem Geiſt GOt⸗
es, von dem fie erleuchtet wird zur Erkenntniß
„verborgener Sachen k), So mag nun gie
Wahrheit gefager werden, von went fie wolle, ſo
iſt fie von dem Heil. Geift, und kann fiedie Bos-
„.heit ncht übertwinden,, 1). Dahero fegetder Apo-
ftel diefe Weiffagung unter die Gaben des
GSeiſies, der alles allein wirke, und einem jeden
feines zutheile, nach dem er wolle, ı Cor. 12, 10. II.
Denn “ne etwa helle und durchſcheinende Kör-
„pet, wenn fie von den Eonnenftralen beruͤhret
„werden, ganz helle‘ glänzen, und einen andern
„Schein von fid) geben: Alfo auch wenn die See:
„len von dem Geift angeblafen und von ihm er-
„leuchtet find, fo werden fie auch) geiftlich, und
„‚tbeilen ihre Gaben andern mit. _ Dahero koͤmmt
„nun die Wiffenfchaftfünftiger Dinge, der Ber
„ftand der Geheimniffe, der Begrif verborgener
„Sachen, die Yustheilung der Gaben, ein himmli⸗
„‚feher Umgang mit den Engeln,u.f t0.m). Un
tiefes war die fonderbare Salbung des Geiftes,
dadurch der HErr die Chriften zu Propheten ſal⸗
bet; wovon einer bey diefer Materie alfo fchreibet:
„Die Vorwiſſenheit verborgener Sachen empfan⸗
„gen die Chriſten von der Gemeinſchaft der göttli-
„chen Salbung, die fie mit CHriſto Haben, welche
„ihnen alle Wiffenfchaft der Weiſen, alle Würde
„des prophetifchen Amts, allen Zierat der Gottheit
„beyleger. Denn mie die Propheten im Alten Te-
ſtament mit dem Del gefalbet waren, und hernach
„in ihrem göttlichen Sinn in die Ferne weit hinaus
„fahen, und die Dinge, welche über ihren Be⸗
Irif waren, dennoch verſtunden: Alſo ſind die
„wahren Chriſten goͤttlicher Natur theilhaftig und
„empfangen neben der groſſen koͤniglichen Macht
„auch den Geiſt der Weiſſagung. Die Moſaiſche
„Salbung war nur ein Bild jener goͤttlichen durch
„deren Kraft die Menfchen auf Erden mit GOTT
„verfnüpfet find, die Rechte der Himmelsbürger
„fehon haben, fünftige Dinge zuvor ſehen und Ge⸗
„heimniffe auslegen. Dieſe Salbung aber bleibet
zuin ung, und wir haben nicht noͤthig, daß ung je»
h) Zuflinus Martyr Apol.I.p. 60.
Ambrof, Comm. inıCor. XIL m) Baſclius M.lib. de Spir. S.ad Amphiloch:
— wu ww
7. 3. Von den fonderbaren Wunderaaben der erften Ehriften.
„mand lehre, weilunsfeineSalbung lehret. Da⸗
„hero beſitzen die Chriſten nicht nur ein Königreich,
„und ſind nicht allein zum Prieſterthum erwaͤhlet,
„ſondern fie haben auch eine, groſſe Wiſſenſchaft
„himmliſcher Dinge, und Inu genau mit ihrem
„weilfagenden Gemüthe auf die Fünftigen ‘Bes
„gebenheiten , erfennen auch, was zufünftig ift,
„zuvor, weil fie von dem Geift Gottes erleuchtet
„nd nn). 8
15. Eben hierauf, nemlich auf der unbemegli
chen Wahrheit des unveränderlichen Gottes,
ftunde auch die Gemwißheit der Weiffagungen ings
gemein, und aller göttlichen Wirkungen in feinen
Glaubigen: indem fonft ketne Creatur, auch die
allermaͤchtigſten und ſubtiſſten Geiſter —
Wort unfehlbar erfuͤllen konnten, wie der HER
felbft zu ehun vermag. Denn diefes mard unter
den Ehriften vor ein Werf gehalten, das allein
„GoOtt zukaͤme, und von feinem böfen Geift fönne
„nachgethan werden, ob fie auch ned) fo gerne
„wollten,o). Weswegen bey ihnen “die Wahre
„heit der Weiſſagungen ein Zeugniß ie Oo
„lichfeit,, warp), und “die Wiſſenſchaft felbft von
„zukünftigen Dingen hieſſe ein Kennzeichen des
„göttlichen Worts,g). Hingegen waren nun
eben darinnen die falfchen Gefichte, Weiffagun«
d gen und Dffenbarungen von den wahren zu unter⸗
fcheiden, theils, daß die wahren Propheten GOTT
erEenneten und ehrten, theils, daß alles, was fie
geſaget, erfüllet ward, und daß auch nichts von
den böfen Wahrfagern wider GOtt und die From⸗
men geweiſſaget worden, fo wirklich erfüllet warer).
Weil es oßnedem gefchießet, daß "dasjenige, mas
„nicht aus der Wahrheit fleußt , gemeiniglich ob-
„ne einiges Zuthun fich felbft umfehret,,, wie fie
ausder Erfahrung anmerfens). Ein anders ift,
daß bisweilen oder auch meiftentheils die Weiffa-
gungen im Anfang entweder von den andern, oder
auc) von denen felbit nicht verftanden werden, wel⸗
che diefelben ausfprechen. Wie von diefen geſaget
ward: “Es wäre nicht eben allezeit nöthig zur
„Weiffagung, Daß derjenige, fo es verfündiger,
„Diefelbe verftehe. Denn auch Daniel Babe erft
„viel Gefichte nicht verftanden, fey aber hernach
„von dem Engel unterrichtet worden, und qleich-
„mol dabey ein Prophet geblieben, 1). Bon jes
nen ‚ober vielmehr von allen fager Trenaus: “Alle
„Prophezeyungen find den Menfchen lauter Raͤ—⸗
„jel und zweifelhafte Dinge, che fieihre Wirkung
j „haben.
ji) Chryfofl.hom.’77.inloh, k) Iufinus Qiweft.ad Orthod. XIX. p-4or h
n) Edo Neuhuſius lib. I, Fatidic.
F ch hom. 17. in Ioh. -p) Tertull. Apol.c.20. q) Origeneslib. VI. adu. Cell, r) Iufin. Quaft,
ee BET s) Tune lib, VIL de Ciu, Deic. 16. t) Cyrilus Alexandr.lib, VILL in Ioh. c.3.
Bi a a a al ind ae ur
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5. Cap. Don ihren Weiffagungen, Offenbarungen, Geſichten, Entzüdungen x. 765
„haben. Wenn aber die Zeit koͤmmt, und fodann
„geſchiehet, was geweiſſaget worden, fo haben die
„Propbezeyungen eine leichte und gewiſſe Exflä-
„rung. Dahero auch den üben das Gefeß wie
„eine Fabel vorfommt. Denn fiebaben nicht die
„Auslegung aller Dinge, die zu der Zukunft des
„Sohnes GYrtes gehören, nach dem Fleifch.
„Den Chriften aber it es ein Schag, verborgen
„im Acer, aber durd) das Kreuz Chrifti.offenba:
„ret, u), Mur erinnerten fie hierbey, daß man
auf des HEren Willen fehen, und nicht nad) ſei⸗
nem eigenen Willen Zeit und andere Umſtaͤnde
beftimmen , oder in Ausbleibung derfelben alsbald
die Sache felbft verwerfen muͤſſe.
16. Nunmehro wird es Zeit feyn, mit Flaren
und genugfamen Erempeln zu zeigen, wie diefe
Wundergaben nach und a in den Gemeinen
Ehrifti floriret Haben. Dahero ich die übrigen
nerungen und Anmerfungen der Alten vor
bismal übergehe, welche fie bey diefen Puncten fe-
gen,und mic) zuden Perfonen felbft wende, die da-
von im Neuen Teftament befannt gewefen. So
hat es nun allerdinges auch im Neuen Teftament
wahrbaftige und vom HErrn ſelbſt erleuchtere
Propheten gegeben, welche auch gewiſſe und wahr⸗
Baftige Dinge zuvor geweiſſaget, und auf Befehl
des HErrn denen Menſchen verfündigen muͤſſen.
Und iſt gewiß, was ein erfahrner Hiftoricus davon
faget, man würde ein langes Regiſter fehreiben
müffen , wenn man allediejenigen berechnen woll⸗
te, welche auffer denen Apofteln von dem propheti⸗
at Sicht beftralet und des göttlichen Willens
usleger geweſen x). Insgemein faget Paulus
von JEſu Eprifto, daß er Babeetliche zu Upofteln,
etliche zu Propbeten, etliche zu Ebangeliſten,
etliche zu Hirten und Lehrern gefeger, Eph. 4, ı1.
Melde er auch zum Grund der Gemeine leger
c. 2, 20. Und Ehriftus felber bezeuget, daß er
Propheten zu den Süden gefandt habe, Matth. 23,
34. $uc, 11, 49. un waren nicht allein die Apo-
ftel mie der Babe der Weiffagung ausgerüfter, als
wir aus ihren Schriften fehen, darinne he vieles
propbezeyet haben ; fondern auch viele andere,
Siehe ı Cor. 15, Ü Geſch. 20, 29. 30. Gal. ı,
12. 2Theff.2, 1. 1 Tim.4, 14. 2Pet.2, 3. und die
Dffenbarung Johannis. Unter andern waren
auchdiejenigen, welche durch alle Städte durch den
Geift von Pauli Trübfal und Banden jeugten, Ap.
Geſch. 20, 23, item die zu Antiochla, Barnabas,
u) Fremeus lib. IIII. c. 43. x) Apud Ewfebium ib, t. Re
Simon Yliger, Lucius von Tyrenen, Ma⸗
naben, c. 13,1. © 11, 27. Judss und Gilas
c. 15,32. Agabus, der mit einem Zeichen Paus
lo feine Bande verfündigte, c.21, 10.17, und einane
dermaleine geoffe Theurung weiſſagete, welche auch
richtig erfolgete, c.ı1, 27.28. So fehler es aud)
im Neuen Toftament nicht an Prophetinnen, mie
anna eine Propbetin war, Luc. 2, 36. und Die
vier Töchter Philippi, Apoft. Geſch. 21, 9. von
welchen auch Gajus, ein uralter Scribent bezeu«
get, daß fie es immer gewefen, und zu Hieropoli
mit einander begraben worden x). in anderer
rechnet auch die Jungfrau Maria, und Elifabeth, ih⸗
ve Gefreundin, Darunfer,aus Luc. 1, 41.46. y). Daß
ich der übrigen nicht gedenfe 2), auch nicht derer
aus dem A, T. Buch Richt. 4, 6. 2. Kon. 22,14,
17. Ferner zeuget Tertullianus, daß etliche
auch nach Johanne die Weiffaaung zu erlan⸗
gen gewürdiget worden a); Darunter denn
naͤchſt dem Anania, Miltiades und Duadratus
gezahlet wird, der von prophetifchen Baben be⸗
ruͤhmt gewefen b), Vor dem Untergang der
Stadt Jeruſalem weiſſageten gleichfalls etliche
derfelben und warneten die Ehriften insgefamf,
daß fie ausziehen und nad) Pella, einem Fleinen
Ort, fih in Sicherheit begeben follten. Davon
ein alter Hiftoricus Diefes meldet: *Ehe die Stadt
„ierftöree wurde, ift Dem Wolf diefer Gemeine
„befohlen und durch eine göttliche Antrvort anges
„deutet worden, welche den Bewaͤhrteſten in eie
„ner Offenbarung gefihehen war, daß fie aus der
„Stadt weichen follten, ehe fich der Krieg ans
„fieng. ©): So feßet auch insgemein Irenaͤus
von feinen Zeiten im andern Jahrhundert folgendes,
aus welchem es ein anderer wiederholt d): Welche
„wahrbaftig des HErrn Juͤnger find, die haben
„von ihm Gnade empfangen , und brauchen fie de=
„nen Menfchen zu gut, wie ein jeder die Gaben
„von ihm erlanger bat. Denn etliche wiſſen zus
„rünftige Dinge zuvor, und haben propbetifche
„Gefichte und Worte, e). Und anderswo fchreis
bet er gleicher maflen: "Wir haben viel Brüder
„in der Gemeine gehöret, welche propbetifche Ga—
„ben haben, und durch den Geift alle Sprachen te»
„oen, und das Berborgene der Menfchen offers
„baren , auch die Geheimniffe GOttes zum ges
„meinen Mußen ausfprechen, f), Wiederum
- bältdiefe Gnade ein Glaubigerden Juͤden vor, und
Ddddd3 uͤber⸗
y) Audtor Confitur. Apofl.lib. VIII.c.i. 2) Conf.
omnino E) Hunnius Comm. in Fph, IIIT. Aicralius Syntagm. H. E. P. I. p. 122. Nexhufius lib. I. Fatidic,
©. 4. etc, a) Lib. de Anima c. 9. b) Eufebins lib, V,
€) drenans lib. U. c. 58. f) Lib. V. p. 349,
x
*
c. 16. ) Idem lib. MII. c. 3. ch Id. lib, V, e. 7,
*
Di 9 du
[We
"-
766
überweifet fie durch die Erfahrung,daß nunmehro
diefe und andere Gaben von den Juͤden aufdieChri-
ftenfommen feyn. Denn er faget alfo deutlich zu
ihnen: “Bey uns find noch bis aufdiefen Tag die
g) Iuflin. Martyr Dial. cuuı Tryph. p. 240: Eufebius lib. IV. c. 18.
Das 6. Kapitel, Bi
Von deren fonderbaren Erempelt. .
Bummarien.
Weiſſagung ward mitunter die Kennzeichen ber Glaubiger gerechnet:
andere Erempel,3. _ noch m
Dffenbarungen im N. T. mehrere aus denen Hiſtoricis, 5. des Wolpcarpi, Janatli und anderer :6,
Mon des Montani Vorgeben; item, der Cataphrygen, 7. Enprtanus hat hievon viel aufgezeichnet, 8
Di Erempel Volncarpi und vieler andern: $-1.
Kanfers Tultant Tod wird verfündiget; 2.
Menſchen gegeben. 4.
auf Herrn Cave Beihuldiaung. 9-
noch mehrereiz. dergleichen. 13-
Ario gewarnet. 15.
eine Yet der Wiſſenſchaft kuͤnftiger Dinge,
‚ $.
FR,nter den fonderbaren Erempeln will ich
D nur die fürnehmften Fürzlid) gedenfen ,
und welche von: bewährten Seribenten
aufgezeichnet worden. Aus den apojtolifchen
Männern wird Polycarpus gerühmer, “als ein
„prophetifcher Mann, deſſen Worte alle, Die aus
„feinem Munde gangen, entweder fchon erfüllet
„wären, oder annoch würden erfüllet werden müf-
„fen, 5). Sonderlich aber hat fid) unter den 9.
Märtyrern und Bekennern EHrifti diefe Gabe
hervorgethan in vielen Weiſſagungen, die hernach
genau erfülfet worden find. Alſo ftehet von der
Märtyein Potamicena, daß, als ein Soldate,
Bafılides, ihr bey ihrer Marter fid) behülflich
und freundlid) erzeiget, er ihm verfprochen habe,
der HErr würde ihm nad) ihrem Tode Barmherzig-
feiterweifen, und diefe Wohlthaten vergelten:Wel⸗
ches auch geſchehen, Daß er nemlic) bald hernach
auch über dem Zeugnißvon JEſu EHrifto das Le⸗
ben gelaften i). AlssLaurentius von feinem Leh⸗ fi
ver, dem Sirtd, bey deffen Martertode auch mit
ihm fterben wollte, fagte ihm diefer zuvor, er würde
ihmnachfoigen, und beftimmte dazu den Tag. Wie
denn diefe Tegte Worte, welche ihm Feine Herrlich:
feit zuvor verfündigten, ihn nicht betrogen, indem
er den dritten Tag darauf die Marterfrone er-
h) Eufebins lib. IV.c.14.
Ioh. Ambreofi«s 1. Off. c. 41.
turgi et ap. Bebelium Ant. p.845. n) Idem ib.
+ R
7.3. Domden fonderbaren Wundergaben der erften Chriſten.
Die alten Lehrer urtheilen befcheiden davon; 10. Das Erempel Viteoris undanderer,nı.
Mihige Erinnerungen geſchahen denen Heiligen durch Gefichter. .14. _ Einige werden vor
Etliche Zeugniffe von denen folgenden Seculis; 16. S
Seſchreibung der Entzͤckungen; 18. Exempel von Erfcheinungen, 19. von göttlichen Traͤumen, deren Urſach
das Aufiihlagender Bibel, zı-
. J nf
Fo x ; hi. &
277 Pre
„propbetifchen Gaben vorhanden , dahero auch
„ihr verftehen koͤnnt, daß dasjenige nun auf ung
„gebracht fey, mas zuvor bey einem Bold ware
Welche Worte ein anderer wiederholet g).
noch mehrere, wozu folche prophetiiche Gaben denen
Celerinus Antwort
Erempelder Mutter Auguftint und fein felbit, 17.
t iefache. ze. Noch
Mißbrauch und Unordnung hierbey. 22, -
Is L ; i d a tt;
langte; wie es ber Autor beſchreibet I. Ein an⸗
derer Märtyrer ſprach zu Staviano, der bey ſei⸗
nem Tode zugegen war, er follte ihm in 3 Tagen
nachfolgen: Riffe darauf das Tuch, Damit ihm
feine Augen verbunden wurden, in zwey Theile ,
und gab diefem eins, daßer es auch brauchen ſollte:
Ja, er bat auch, man möchtediefem eine Stelle ne⸗
ben ihm in feinem Grabe laffen : welches auch als
les eintraf'). Phadimus wird geruͤhmet, daß er
„eine Kraft von dem H. Geift in ſich gehabt, durch
„welche er zufünftige Dinge gemweiffaget und zu:
„vor gemußf„m): Der aud) Gregorium zum Auf:
feher in Meucäfarien wider feinen Willen verord-
net habe. Von welchem Gregorio auch gelefen
wird, «Daß feine Weiffagungen von Fünftigen
„Dingen fo befchaffen gewefen, daß er nicht gerin-
„ger als die Propheten zu halten fey,,n). Was
aber. von der prophetifchen Ordination deffelben
ftehet, it auch von?Ithanafio befant, dem es gleich“
alls wider feinen Willen widerfußr. Denn als
Alexander, der Auffeber zu Alerandria, Franf lag,
fing eranetlichemal Athanaſium ken. Nun
war einer mit diefem Namen zugegen, der ſich bey
ihm angab, in Meynung, er ware von ihm geruf⸗
fen. Er aber ſchwieg ftille, als ob er ihn nicht fen
nete,und feßte endlich dieſes hinzu: “Arhanafi, du
„meyneſt,
i) Idem lib.VI.c.4. K). Prudentiushymn.2. de Coron. Augufinus Tract. 27. in *
I) Adtaap!Raronium A,CCLX.n. 19.
ın) Gregorius Ny/fen. in vita 'T’hauma-
oft, du wolleft entgehen, du wirft abernicht
kommen, : Wiedenn auch geſchehen, daß,
gleich dieſer verftecker hatte „mußte er doc)
I bervor 0). Von eben diefer Gabe der
eiflagung find auch in den Hiftorien befannt ge:
wefen Antonius der Einfiedler p), und fein Nach—
folger Hilarion, den auch die Juden einen Pro-
pheten der Chriften genennet 9), wie auch Me:
lito von Sardis r), Methodius s), Spiridion ı)
und ſehr viel andere, deren fonderbare Prophe:
jeyungen von der Alten nicht jo ausführlich auf
gezeichnet worden u). oh
2. Aus den folgenden Zeiten gedenfet Hilarius
insgemein, daß Damals die Weiſſagung unter die
Kennzeichen ber Gemeinen gerechnet worden und *
wirflich vorhanden gepefen, wenn er fhreibet ;
„Wir bin elnentofietgreube ‚ nachdem wir durch
„das Geheimniß der Taufe wiedergeboren find,
„wenn wireinigen Anfang des Heiligen Geiftes bey
„uns merken, da uns der Berjtand der Geheim⸗
„niſſe Fund wird, die Wiſſenſchaſt der Weiſſa—
ung uf fe x) Wie denn unter der Regie
rung Juliani vieles dergleichen vorgegangen ift,
welches dahin gehöre. Zum Erempel, wenn
Athanaſius von feiner Verfolgung zu feinen Freun⸗
den gefprochen foll Haben, als fie deswegen traus
tig waren, und ihn ungerne ins Elend ziehen fa-
hen: Seyd getroſt, esiftnur ein Woͤlkgen, das
„bald vorben geben wird, y). Welches denn
auch bald wahr wurde, als Diefer Kayfer in der
Schlacht umfam. Bon welchem feinem Unter:
gang Didymus Diefes Gefichte zuvor hatte, da er in
einer Entzuͤckung weiſſe Pferde in der Luſt rennen
abe ie Keuter darauf ruffen hörte: Ver—
mdiget dem Didymo , daß in diefer Stunde und
‚an diefem ag Yulianuserfchlagen fey, und dieſes
„roll er Arhanafıo anzeigen, 2)! Jırgleichen weiß
fagte eben dieſes ein Schullehrer zu Antiochia ,
der dem Libante, einem heydniſchen Spötter, eben
zu der Zeit antwortete, als ihn dieſer gefraget hat-
te, “was. der Zimmermannsfohn machte», 10
durch er CHriſtum hoͤhniſcher Weife verftund :
„Er macht dem Abrrünnigen (Juliano) einen
„Sarg, darinnen er foll begraben werden,, a),
Cap. Donfonderbaren Zrempeln der Weiffagungen,
Offenbarungen, Befichter x. 767
dafjelbe zuvor, ungeachtet er wol in die zwanzig
Tagereifen weit von der Wahlftatt war. Undda
er von den Anmefenden gefraget ward, warum
ev fo plöslich frölic werden, indem er gleich zu⸗
vor bitterlich geweinet, antwortete er: “Das
„wilde Schwein, der Feind des Weinberges des
„HErrn ift nunmehro nach Verdienft abgeftraft,
„und liegt todt da, daß es den Chriſten niche mehr
„nachitellen kann.
-3. Bon einem andern Propheten unter dem
Kayſer Theodofio wird diefes erzchlet: *Die gütt-
„liche Vorſehung hat ihm eine fonderliche Gabe
„bengeleget. Denn fie Hatten einen Propheten,
mit Namen Johannem, miteinem prophetiſchen
„Geiſt erfüllet, von deffen Antworten und Erin
„nerungen eraflezeit forfchete, ob es beffer wäre, den
Frieden zu erhalten oder Krieg zu führen, b):
Von welchem auch andere eben — c),
und dabey gedenfen, daß er dem Kayſer den Sieg
wider Eugenium zuvor gefage, welcher auch er-
folget fey. Wiederum wird von Paulino gefchries
ben, "daß es ihm am propbetifchen Geijt nicht ge»
„mangelt habe,, 6). Es ift auch nicht zu überge-
ben, was Epiphanius erzehlet, daß zu Alcrandria
ein Fuhrmann gewefen, deffen Mutter Maria ge-
beiffen: Diefer ſey bey einem Rennſpiel gefallen,
aber bald wieder aufgeftanden und den andern zu⸗
vor kommen und obgeſieget. Dabey habe das
Volk geruffen: "Der Sohn Maria allen,
„aufgeftanden und Bat obgefiegetz,., Darauf
bald die Zeitung erfchollen , daß des Bögen Sera-
pidis Tempel zerftöret worden, und alfo der Sohn
Mariä, Ehriftus, obgefieger habe ©). Syngleichen,
daß einft die Naben um u Goͤtzentempel oßne
Unterlaß geſchrhen: Cras, Cras! Darbey Atha-
nafius zu den umftehenden Heyden gefagt: Die
„Raben fchreyen Cras, das ift, Morgen, denn
„morgen werdet ihr die Herrlichfeit GOttes für
»den„: Wie denn darauf der Tod Yuliani erfols
get fen ). Faſt eben folchen Ausgang hat ein
Mönd,Szfaacus,demKanferBalentini zuvorgefagt.
Denn als diefer wider die Gorhen zu Felde joge,
fprach einer zu ihm, er follte doch den Kechrgläubl,
Worauf auch in Furzem die Poft von der Nieder» gen ihre Kirchen wiedergeben, fo würde er Gieg
lage des Yuliani Fan. Ein- anderer fante eben haben. Der Kayſer ließ ihn in Arreſt nehmen,
um die Stunde, da Julianus umfommen war, und drohete, ihn zu ftrafen, wenn er a wieder
ommen.
So n. lib. IT. c,16. p) Id. lib. VI. e. S. q) Hieronym. in Vita. r) Idemin Catal. Script. Feel. 5) Flacius
9 al Tel. Verit.P 90. ds P-175. t) Rufinwslib.I.e.5. u) Vid. Dannhauer. Chrifteid. Th.I. ph. 4.p.473-
2) Hilarius inPf.64. y) Sozomenus lib. V.c.14. Socrates lib. TIL. c. 12. Theodorstus lib, TIL €.8. Rufinus lib. I-
omenus lib. VI. c.2.approbante Ofandr. Cent. IIII. H.E. lib. 1ll.c.4. a) Theodor, lib. II. c. ı$-
& i
38 lib. VII.e. 22. Theodorir. lib. V.c. 24. Rufimus lib. II. e. 17.19.33. ©) Augnſtin. de cura pro Mort-
«m. Ciu. Dei. c. 26. Cafhodorus inChronicoin Theod. d) Paulus Diaconus in eo. e) Apophthe-
gmata apud Corelerium Tom, I. Monum. Gr. p. 427. f) Ibid. p, 426.
u.
—
;
4—
768
fommen. Dem er aber getroft antwortete: «Du
„rwirjt aber nicht wiederfommen,, g)! Wie er
denn auch in die Flucht gefehlagen, und in einer
DBauerhürte verbrannt wurde,
4. Merfwürdig ift aud), was mit Chryſoſto⸗
mo und Epiphanio vorgegangen, als fie beyde mit
einander in Streit geratfen. Denn als dieſer
von Conftantinopel wiederum: hinweg veifete,
ſprach er zu jenem: „Ich hoffe, Du werdeft nicht
„als ein Bifchof fterben,,: Dem jener mit diefer
Antwort alsbald begegnete: „Ich hoffe, Du wer:
„deſt nicht wiederum in dein Vaterland fommen,,.
Und vdiefes erfolgte alſo auf beyden Seiten; in⸗
F
dem jener abgeſetzt und vertrieben ward, dieſer aber
noch auf dem Wege ſtarb, ehe er nach Hauſe gelan⸗
en konnte. Welcher letztere uͤberdis auch zu feinen
Freunden bey feinem Abſchied aus Conftantinos
pel ſprach: Ich uͤberlaſſe euch die Stadt, den Hof
„und die ganze Sache, und fiheide von hinnen,
„Denn ic) eile, und zwar eile ich gar fehr von hin⸗
„nen,; worauf er bald im Schiffe ftarb h).
Gleichwie ein anderer Lehrer Articus auch feinen
Tod zuvor verfündigte, als er zu feinem Freund
fagte: "Eile, daß du vor dem Herbft nod) zumig
„kommſt, und mic) noch lebendig fehen kannſt.
Wirſt du aber verweilen, fo wirft du mich nicht
„mehr lebendig antreffen,, i): ſtarb auch darauf
eben im October, und erfüllete feine Weiſſagung.
Dergleichen begab fich auch mit Simeone Stylite,
einem Einfiedler, welcher insgernein diefer prophe⸗
tifchen Gabe wegen ein Zeugniß bey den Alten bat.
Da ihn auch der Auffeher zu Antiochia fein Ver⸗
langen entdeckte, wie er fo gerne bey feinem Tod
feyn möchte, verficherte er ihn, es würde nicht ge>
ſchehen. Und ob ihm wol, da Simeon franf
ward, ein anderer fülches zuwiſſen that, Fonnte er
ibn dennoch nicht lebendig antreffen, ſondern kam
erſt nach ſeinem Tod Bo Andere Erempel wer-
den fich nun bey den Gefichten , Erfcheinungen
und Träumen der Alten angeben, die wir nach der
Ordnung anfehen wollen. Ausdiefem jest erwehn⸗
‘ten aber fiehet man unter andern, wie und wozu
fotche propbetifche Gaben denen Menfchen gege-
ben find, nemlic), wie es einer kurz faſſet: “Das
„Amt eines Propheten iſt, daß er die Menſchen
„ernftlich zu dem Dienft GOttes ermahne, Die
Frechheit der Sünden durch Die Furcht der be-
„vorjtehenden Strafen bezaͤhme, die Gemeinen
„ourch die Hoffnung der göttlichen Huͤlfe und Be—
„iohnung ftarke, den Willen GOttes durch Die
8) Soxomenus lib. VI. c. vlt. h) Socomenus lib. VIII. c. 13. Socrates lib. VL c. 3.
c. 15. k) Euagrius lib. VII. c. 27. 1) Nenhufins
7.8. Don den fonderbaren Wundergaben der erften Chriſten.
Ian ud
se
„Erklärung des verborgenen Sinnes der hi gen
„Schrift dem Volk ankündige, und endli
„Dinge, fo in Fünftigen Zeiten geſchehen follen ,
„und denen Menfihen zu willen nothig find, Durch
„die Anmeifung der Stimme GHIrtes zuvorher
„anzeigen. Daß alfo ein Prophet in genauen
Berftand nichts anders ift, als ein Menfch, der
mit GOtt genau befanne it, und durd) die Offen⸗
barung und den Trieb des Heiligen Geiftes die
Fata oder Schifungen verborgener Dinge zuvor
— und dieſelbe denen Menfchen vorher an⸗
uͤndiget, zu der Ehre des goͤttlichen Namens,
der Gemeine zum Mugen 1). ———
5. Auf die Geſichte und Offenbarungen zu
fommen, finden wir indem Neuen Teftament ders
gleichen viel befchrieben, und befennen die Ver—
ftändigen einmürbig, daß von der Apoftel Zeiten
an in den erjten Öemeinen der Gebrauch verfelben
unausfeglich continuiret habe: Wie es auch die
Hiftorien ausweifen, und von vielen nach der Laͤn⸗
ge angemerfer worden. Unter denen Apofteln
wird ein ſolch Gefichte weitläuftig von Petro er-
„zehlet und tiederholet, welches er in einer Ent:
zückung geſehen, Ap. Geſch. 10,11. Paulus zeuget
von fich ſelber, daß er dergleichen gehabt 2 Cor. 12,
1. (Conf. Ap. Gefch. 9,12.) Johannes hat die
ganze Dffenbarung damit erfüller; und unfer den
andern zu felben Zeiten ftehet von Anania, daß
der HERR zu ihm in einem Befichte geredet,
Ap. Geſch 9, 10. Bon Eornelio, er babei
einem Befichte offenbarlich um die —
Stunde am Tage geſehen einen Engel GOt⸗
tes zu Ihm eingeben, der mit ihm geredet, Ap,
Gefch. 10, 3. 17.19. Bon Earpo, deſſen Pau
fus gedenfet 2 Tim. 4, 13. wird folgendes Gefic
erzehlet , under felbft dabey gelobet alsein Mann,
„der wegen feines fehr reinen Herzens zum An:
„ſchauen GOttes gefchickt gewefen,,. Diefer bes
trübte fich einsmals heftig über den Abfall zweyer
teute, und wünfchte ihnen danor die Nache GOttes
an: Es erfchien ihm aber darauf der HErr GE
fus und feine Engel in Menfchengeftalt, und un»
ten aufdem Boden eine unergründliche Grube, bey
welcher diefe abgefallene Männer zunachit ſtun⸗
den, und nun hinein fallen follten mit Zittern und
Zagen, um ihre Füffe aber wickelten ſich Schlan:
gen, die ausdem Abgrund Frechen, und die Mans
ner hinein ziehen wollten, Er erblickte aber über
fid den HErrn IEſum, der ſich ihrer erbarmte,
und ißnen feine gücige Hand bot, dabey Die Bi
N au
iy/Sozombans (hbt VIL.:
LU 0%
*
.-
6. Tap. Don fonderbaren Erempeln der Weiffagungen „Offenbarungen, Befichtexc. 769
auch fie ergriffen, und der HErr u@arpo ſprach:
„nr (ge mich: denn ich binbereit, noch)
neinmal für die Menfchen zu leiden, wenn es nö-
thig waͤre, MWodurch denn be al. Mann
nicht allein ſeinen Irrthum erkannt, fondern auch
eines — 5c worden m): Welche Ge⸗
ſchichte viel erfahrne Scribenten wiederholen n).
Sonft gedenket Paulus noch eines andern Juͤn⸗
gers,mit Mamen Sermas, Rom. 16, 14. von
dem die Alten ein Buch * und dergleichen
noch vorhanden iſt, darinnen 4. Geſichte und
12. Befehle unter andern enthalten ſind; da ſie
ſonderlich von dem, fo den Titel eines Hirten hats
te, urtheilten, esfey “ein ſehr nügliches Buch, und
„werde in Den ariechifchen Gemeinen öffentlich
„geleſen 0), jaes fey von GOtt eingegeben p) und
„eine heilige Schrift,, q), ja eben fo im M. Teft.
zu gebrauchen, wie im A. T.das Bud) der Weis:
beit, Sirach, Eſther und dergleichen, ſo man Apo—
crypha nennt r). Daß es aber eben das ſey, wel⸗
ches man noch hat, und auch in Sachſen heraus
gegeben iſt, kann man eben nicht mit Grunde leu⸗
gnen, und iſt von vielen Gelehrten diſputirt wor⸗
dens). Uns genuͤget bier, daß dieſer Mann ſol—
che Geſichte von GOtt gehabt und aufgezeichner
dat, nad) dem Zeugnig bewährter Scribenten
6. Weiter find unter den apoftolifchen Maͤn⸗
nern befannt Polycarpus, welcher drey Tage vor
feinem Martertod unter dem Gebet des Nachts
einfchlief, und fein Sauptkuͤſſen brennen ſa⸗
be. Welches er felber aus propbetifchern
Beift alfo auslegte, daß er um EHrifti Namens
willen würde verbrannt werden. orauf er auch
bald gejangen und auf den Scheiterhaufen gefegt
ward t). Alſo ſoll dem 2. Janatio ein Öeficht er
ſchienen feyn, da die H. Engel die Dreyeinigkeit ge:
lobet, indem fie eins ums andere tobpfalmen ab»
Hefungen: Dahernachmals diefe Weife in der Ge
meine, wechfelsweife zu fingen, herkommen fey:
Weiche Gefchichte ſchon oben im 2. Capiteldes 2.
Buchs unterfuchet worden vu). Von Duadrati
propbetifcher Gabe ift ſchon erwehnt, der disfalls
den Töchtern Philippi gleich gerechnet wird x).
Origenes meldet von feinen Zeiten, und befräftis
geteswider den Spott der Heyden, “daß fehr dies
„le und faft ohne Zahl zur Chriftlichen Religion
„befehret worden wären, indem ein Geijt ibren
„Verſtand plöglicy verändert Habe, alfo, daß fie
„auch gern um des Wortswillen gejtorben, nach—
„oem ihnen entweder im Traum oder wachend Ges
„ſichte gefchehen,, y). Und kurz vor ihm Ter—⸗
tullianus bezeuget Doch und theur ben der Maje⸗
ſtaͤt GOttes, “Daß ein Bruder des Nachts in eis
„nem Geficht fcharf beſtrafet worden, daß feine
„teute eine heydniſche Gewohnheit nachgemachet
„gehabt, 2). Ingleichen erzehlet er von einem
Epriftlichen Weibe oder einer Schweſter, wie er
redet, welche in der Gemeine entzücker worden, und
im Geiſt viel Offenbarungen gehabt, dabeh mie
den Engeln geredet, auch bisweilen mitdem Herrn
felbjt: Ueberdis habe fie groſſe Geheimniffe ges
böret, und die Gedanken etlicher Menſchen ges
wuße: Sonderlich wären ihr die Offenbarungen
gefchehen nach denen Arten der H. Berrichtungen,
wie fie inder Gemeine gefchehen, wie etwa die Pfal-
men gefungen, die H. Schrift gelefen oder das
Abendmahl gehalten worden 2). Eine andere
Schweſter ward im Traum durd) einen Engeler«
innert, nicht mehr, wie.bisher, mit bloſſem Halfe zu
gehen und andere zu ärgern b).
7. Um a ‚nemlich im Anfang des drit⸗
ten Seculi, muͤſſen die Gefichte fehr gemein gewe⸗
fen ſeyn, weildie Hiftorienfchreiber melden, daß
man eben deswegen denen Weilfagungen, ſo Mone
tanus vorgegeben, getrauet gehabt c)., Von mel:
chem Montano die Gelehrten meiftens zwar dem
Berichtder Scribenten Ölauben zuftsllen, aber das
bey wohl erinnern, daß wegen des über feinen Of⸗
fenbarungen entſtandenen Streits die andern
wahrhaftigen nicht muͤſſen geleugnet werden M:
Wiewol auch viele zweifeln ‚ob ſich derſelbe nebenſt
der Priſcilla und Maximilla vor den H. Geiſt felber
ausgegeben, oder von andern davor gehalken wor⸗
den fen; oder ob nicht vielmehr dis alles ihnen oh⸗
ne Grund und aus Neid, wie Hieronymus redet,
Eee ee Schuld
m) Dionyfius Epift: VIII. fine. n) Dannhauerns Chrifteid. Th. I. Ph. 4.P.174. Zvvingerus Theat. Vit. Hum. p.
3069. Fabricius de Vifion. p 127.
0) Hıeronymms lib. de Ser. Ecclef. in Herma.
pP) Orszenes Comm. in Rom,
XVI. 14. it. hom. 8. in Num., et hom. 13. in Ezech. q) Irenens lib. IV. c. 37. Eufctiws exeolib.V.c.g. Clemens
Alexandr.lib. I. H. IV. Vl.et VIII. Stromat. Achanaſius Apol. U.proSyn. Nic Add. Caffianus Collat. XIIL. “
12. Gratianusc. Ego dixi 34. q. 2. Iuo CarnotenfisP. VIL.c.243. r) Rufus in dymb Apoft. c.37. et Athanafıns
Epift 39. s) Defendit adderfus Biondellum Dodvwvellus Diſſert. IV.Cyprian. Add. Herserus Comm, ad Clem.
Alex. Strom. I. Pamelius ad Rufin. de Symb. not. 158. Ans. Auguß. lib I. de Emend. Gratian. dial. 6. Feuardenrius
Not. ad Iren. IV.c. 37. Ich, Pear fon Vindic, Ep. Ign. p. 39. Natalis Alexander Sec. I.H.E P.L p- 101. Editus au-
temeft Hermas a Bar rhio Cygnex 1655. tumıin Orthodoxographis et Patrum Bibliothecis. t) Enjeb,lib. Vl.c
4. w)Socrateslib. VI. e. 8. Conf interim Haloixius Vit.Ignat.c.5. x) Exjeb. lib. Il. e. 37. lib. V.6.17. y)
Lib.T.adu. Cell. z)Lib.deldol.c.ı5. a) Lib. de Animac.9. b)De Vel. Virgin, vlt, c) Ew/eb.lib, Y, c.4.
d) Vid, Doavvelusl,c,
4
” . — 4 MW ran >
770 7: B. Don den fonderbaren Wundergaben der erften Chriſten. LH“
Schuld gegeben worden. Bon Tertulliano ſchrei⸗
bet ein ſehr erfahrner Mann dieſes: “ch kann mir
„nicht einbilden, daß ein Mann von fo ſcharfem
„Verſtand, und derin der Heil. Schrift fo wohl ge:
„uͤbt geweſen, diefes geglaubet habe, als ob Mon⸗
„ranus der Heil. Geift felber wäre, welchen Chris
„ſtus den Apofteln verkeiflen gehabt, e). Won
Denen andern Perfonen erbellet daher, daß fie der-
gleichen ungereimte und unerhörte Dinge nicht
vorgegeben, weil der damalige Auffeber zu Nom
felbit,mit andern, diefen von ihnen vorgegebenenDf-
fenbarungen Glauben beygemeffen hat k). Wie
denn auch) alte Scribenten von den Cathaphrygi⸗
bus aufrichtig und deutlich febreiben,, daß fie gefa-
get hätten, dev H. Geiftwäre auf fie fommen, nicht
aber, daß fie der Geift felber waren, als welches
font nur Montano allein beygeleget wird ). Bon
welcher Sadye aber unten im 8. Buch weiter ge
handelt wird: immittelit erfennet man überhaupt
aus dieſem, daß die Dffenbarungen und Gefichte
insgemein damals nichts ungewöhnliches gewe⸗
fen; wie wir ferner auch von den folgenden Zeiten
fehen werden.
8. Nicht lange nad) diefen Gefchichten bar fich
fonderlich Eyprianus hervor getban, welcher gar
viel dergleichen Gefichte gefehen und den Gemei—
nen zum Beſten aufgezeichnet hat. Als, wenn er
zur Deftzeit, da er die Seinen aufinuntern wol
len, von fich gedenfet, daß “ihm fehr ofte fey of-
„fenbaret worden, er folltedoch die Brüder wider
„die Furchtdes Todes ausrüften,,: alwo er auch
erzehlet, daß ein anderer Auffeber damals ein Ge-
fichte zur Zeit der Peft gehabt h); fonderlic) er
wehnet er in feinen Briefen vieles dergleichen,
Da er zum Exempel fehreiber: “hr foller mitten,
„(vie uns folches der HErr zu zeigen und zu offen-
„baren gewuͤrdiget hat) daß unsin einem Gefichte
„gefagetworden: Bitter, fo werdet ihr erlangen,
„Darauf dem beyftchenden Volke befoßlen ward,
„daß es vor etliche angezeigte Perfonen beten follte.
„stem, daß im Geber die Stimmen und Mennun-
„gen uneiniggemefen, und daß diefes ihm mißfal-
„ten Babe, i): Welches Geficht ihm im Schlaf
wiederfahrenift, wie er in einem andern Brief mels
dee k). Wie er auch hier ferner fchreiber: Wiſ—⸗
„ſet auch, daß dieſes nicht etwa lange vorhin uns
„in einem Geſicht vorgehalten worden, daß wir im
„Gebet fo ſchlaͤfrig find, I), Und weiter unten:
„Er bat mic) gewuͤrdiget feinen geringften Die-
„rer, der ich in vielen Sünden ſtecke, und feines
„Dienftes nicht werth bin, dennoch nad) feiner
Guͤte diefes zu. befehlen, und gefagt: Gage jes
„nem, daßergetroft fey, Dennes wird Friede kom⸗
pmenz. Und noch weiter: “Wir werden aud)
„überdis eines mäßigen Lebens Durch) die göttliche
„Guͤte ermahnet m). Diefes alles (feßet er hin⸗
„u,) habe ic) nicht. dürfen verfchweigen oderin
„meinem Herzen vor mich allein verhelen, dadurch
„ein jeder unter ung ermahnet und unterrichtet
„werden Fan. hr felbit auch folle diefen Brief
„nicht bey euch verborgen halten, fondern den
„Brüdern zu lefen geben, Denn wenn mandass
„jenige wollte unterfchlagen, womit der HErr uns
„ermunfern und lehren will, fo würde man zeigen,
„oaß man feinen Bruder nicht gerne wolle erin=
„nert und gelehret feßen,, % Abermal ſchreibt
er an die Kirchendiener: Die goͤttliche Züchti-
„gung Hörer weder Tag noch Macht aufuns zu bes
„trafen, Denn zu geſchweigen der nächtlichen
„Geſichte, fo werden auch die unfchuldigen Kin»
„ver des Tags über vom H. Geift erfüllet, n ir
„Entzücfung mit Augen fehen, hören und reden
„dasjenige, dadurch uns der HERR wuͤrdiget
„gleichfalls zuerinnern und zu unterweifen. Ihr
„werdet auch alles hören, wenn mich der HErr
„ioiederum wird zu euch kommen laffen, der mir zu
„weichen befehlen Bat o). |
9. Eben dieſer H. Märtyrer und Lehrer ſchreibet
ferner von Eelerino, einem Leſer, *Baß er nicht
„durch menfchliche, fondern göttliche Wahl zum
„Dienft der Gemeine erwähler worden„. ya
als er feinen Willen nicht drein gebenmwollen, o
ihn gleich die Gemeine gebeten undermahnet, “fey
„er durch ein Öefichte des Nachts Dazu getrieben
„worden, daß ers nicht abfehlügedem, dermehr
„gefonnt, undihn endlich gezwungen. Zumales
„ohnedem nicht recht geweſen wäre, wenn derje-
„nige oßne ſolche Berrichtung bey der Gemeine
„ſeyn follte, den der HErr afo Durch die Würdeder
„himmliſchen Herrlichkeit geehret hätte,, p). Bey
welchen Worten ein geleßrter Ausleger die Weis:
heit Cypriani ruͤhmet, ver den Nachdruck der Ge-
fichte fo artig angebracht habe. Noch weiter bes
Eennet er abermal offenherzia, was ihm fo oftebe-
gegnetfey: "ir werden oft noch) ferner durch die
Guͤte des HEren angetrieben und erinnert, der
. „uns
e) Era/m. in Vita Origenis approbante Dannhauero Chriſteid p.g32. f) Tertullianus adu. Praxean. c. 1. quod fru-
fira negant Baronins A.CLXXIIL.n. 4. et Naralis Alexander Sec. III. H.E. di. 1. fatetur enim Valefius Not. ad
Eufeb.V.c.3. 8) Vid. Augeflinusde Hr. ad Q_V.D.e.26. et conf. Baroniusl.c. h)Lib.de Mortalit. i)Ep.2.
k) IdemEpift.15. DEpif.u. m) Ibid. n)l.c. o)Epift.ıs. p)Epift. 39.
ai 4 — ri \ * —
— Cap. Donfonderbaren Exempeln der Weiſſagungen, Offenbarungen, Geſichte ꝛc. 771
„ung alſo unterweiſet, 9). Und endlich verant
wortet er ſich dieſerwegen gegen alle ungleiche Ur⸗
theile, die etwa von Mißguͤnſtigen oder andern
über feinen einfältigen Glauben und Gehorfan er:
giengen mit folgenden Worten: “ch weiß, was
„mir nun gezeiget ſey, ja was einem gehorſamen
„und gottesfürchtigen Knecht durch die göttliche
„Autorität des H geboten fen, weicher unter
„andern, was er mir zu offenbaren gewuͤrdiget
„bat, auch dieſes hinzu geſetzet: Wer EHrifto nicht
„glaubet, der den Lehrer einfegt, der wird hernach
„glauben müffen, wenn er des Lehrers Verachtung
„raͤchet. Wiewolich weiß, daß etlichen diefes al«
„les lächerlich und die Gefichte ungereimt vor»
„eommen, nemlich denen, welche lieber wollen,
ndaßesmurdietehrerglauben, nicht aber, daß fie
„dem geßrer glauben. Es ift aber fein Wunder,
„ba die Bruͤder Joſephs auch fagten: Siehe, da
„koͤmmt der Träumer her, drum kommt, undlaße
„uns ihn todefchlagen. Der Träumer aber bat bers
„nacherlangt, was er geträumer hat: Die Todt-
„ſchlaͤger und Verkaufer aber find zu Schanden
„worden, daß jie den Werfen glauben mußten,
ꝓweil fie den Werten nicht glauben wollten,, r).
In welchen Worten diejenige Antwort liegt, wels
ehe auf die Befchuldigung des Herren Eave gegen
diefen theuren Mann und Zeugen EHrifti zu mer⸗
fen ift, da er p. 365. meynet, der gute Mann habe
öfters zu feinem Behuf göttlichen Befehl vorges
bracht, wenn er zu einer Streitfrage nicht gnug⸗
famen Grund gehabt. Wer den lbenplauben
und die ungefärbte Liebe diefes Märtyrers aus fei-
nen und andern Schriften kennet, und weiß, wie
er fein Leben, Reichthum, Ehre und alles um CHri⸗
fti willen völlig verleugnet gebabt; (das man bey
denen, die hier und dar an ſolchen Zeugen der
Wahrheit die Einfalt und Lauterkeit des glaubi-
genehorfamstadeln,wol vergebens fuchen follte,)
der wird nicht mit Wahrheit fagen fönnen, daß es
ihm um ein wenig Ehre oder Refpect in Behau⸗
ptung einer fchlechten Meynung zu thun gemefen :
Denn dergleichen war der Streit von der Vermi⸗
ſchung des Waflers mit dem Wein im Abend:
mahl, welcder dazu indifferent und von vielen zus
vor war nah Cypriani Sinn entſchieden worden,
Bleibet alfo billig der lautere Bericht dieſes Mär:
tprers von feinen gehabten Dffenbarungen unum⸗
geftoffen, wie ihn auch die Theologi und Hifterick
insgemein gelten laflen s).
10. Die Lehrer felbiger Zeiten haben gleichfalls
beſcheiden und ehrerbierig von di.fen geichebenen
Dffenbarungen geurtheilet: als wenn Pontius
vonderjenigen ſchreibet, die dem Enpriano gefches
ben war von der Fünftigen Marter: Was ift klaͤ⸗
„rer als diefe Offenbarung ? was iſt feliger als die⸗
„ſes, deſſen ihn GOTT gewürdiger hat? Es ift
„ibm ja alles zuvor gefager worden, wie es hernach
„erfolget ift: Miches ift von den Worten GOttes
ngenommen, nichts von diefer ſo H. Berbeiffung
„verändert worden„t). Alwo eben durd) die Er⸗
füllung diefer Offenbarungen ihre Wahrheit und
Goͤttlichkeit beftäriget wird, Dergleichen denn
auch von andern gewiß war, wenn er zum Exem⸗
pel erjehlte, wie er ein Gefichte gefehen, "Daß der
„Satan ein Mege getragen, Damit er die Srommen
„rangen wollen, und daß ein Juͤngling zur Rech⸗
„ten GOttes geftanden, der darüber fehr betruͤbet
„worden„: Wodurch die Gemeine zu berzlichem
Gebet erwecfer worden u). Und ſolche Abbildun«
gen Fünftiger Dinge finden wir mehr; als wenn
in den Maärtyrergefchichten der 5 Perpetua
und Helicitatis diefes erzehlet wird: “Es fahe die
„Perpetus in einem Geſichte eine güldene Leiter, bis
„an den Himmel reichend, welche zur rechten und
„Linken mit Meffern und Degen beleget war, und
„iv enge,dafi nur ein einziger und zwar Fleiner durch
„dieſe Spigen hinauf fteigen fonnte. Unten zuden
„Fuͤſſen war ein graufamer Drache, vor dem ſich ai⸗
„te, die hinauf fteigen wollten, fuͤrchteten. Sie fa:
„be aber einen aus ihren Mitgenoſſen, Satyrum,das
„binauffteigen, der die andern nach fich rief, daß
„ſie aud) folgten und ſich vor dem Drachen nidyt
„iheueten,, x). Aus diefem Alten erzehlet auch
Auguftinus einander Geficht der Perpetus, da
fie gedeucht, als wäre fie zu einem Mann worden,
und müßte mic einem Egyptiſchen Mann kaͤm—
pfen; dadurch ihr bevorgtepender Kampf viels
leicht angedeutet worden y). Andere dergleichen
Offenbarungen, weiche diefen Martyrinnen ges
ſchehen, will ic) nicht weitlauftig erzeblen, ſon—
detm nur noch etlicye andere aus den Acten der
Märtyrer gleichfam zur Probe anziehen, und eis
nem jeden zur gettgefälligen Prüfung überlaffen,
11. So ſchreiben etliche Märtyrer von einem
Eee ee 2 Ads
a) Epift. 58. r) Fpift. 60. s) Vid. vel Danshauerus Chriſteid. pag. 173. Ofiander Cent. III. lib. II. cap. 14. H.
E. Bebelius Ant. Ecclef. Sec. III. art. 4. pag. 845. t) Pontius Diaconus in Vita Cypr. p. 9. W) Epift. 8. x)
Apud. Baron. A. CCV. n. 22. et prout ab Heiflenio edita funt atque ab ipfo Farejie aliisque laudata, qui
pofterior tamen e vocabulis now« vifiones fruflra Montaniftam au&torem fufpicatur, cum vtique non ve-
teres, aut ab aliis iam viſæ erant. y) lib. IV. de Anim. c. ı$:
772
Aelteften, Dictore: "Es ward ihm gleich) vor feinem
„eeiden dieſes gezeiget. Ich ſahe (fpricht er,) einen
Knaben zu uns ins Gefaͤngniß fommen, verein
„bellleuchtendes Kleid anhatte von unausfpreshli-
„chem Glanz: Diefer führte unsdurd) alle Derter,
„daß wir hinaus geben follten; wir fonnten aber
„nicht, Und er fprach zu mir: Ihr muͤſſet noch ein
„klein wenig Mühe haben, teil ihr noch verhin-
„dert werdet; aber feyd getroft, denn ich bin bey
„euch! Und weiter fprach er: Sage ihnen, daß
Fihr eine berrlichere Krone haben werdet. Weber-
„oishat fein Geiſt, der nur zufeinem GOtt eilete,
„und die Seele, welche ihrem Leiden am nächflen
„wär, nach ihrer Wohnung gefraget. Denn er
„fragteden HEren vondem Paradies, mo es wäre,
u.f.f. z). Eben dafelbft erzehlet die Märtyrin
Quartilloſa folgendes: Ich fahe meinen Soßn,
„der fehon gelitten hat, in das Gefängniß kom⸗
„men, welcher ſich auf das Wafferfaß feßte und
„fprach: Der HErr hat eure Trübfalen und euer
„Elend gefehen. Darauf fam ein groffer Jüng:
„ling hinein, welcher zwo Schalen in feinen Haͤn⸗
„nen hatte mit Milch angefüllee, und fprad):
„Seyd getroft, der HErr hat euer gedacht! Und
„er gab aus diefen Schalen, die er trug, allen zu
„erinfen, welche Schalen nicheleer wurden: Und
„alsbald ward der Stein hinweg gethan, der das
Fenſter mitten theilt, und das helle Licht ſchiene zu
Ans hinein, daß wir den Himmel ſehen konnten.
Darauf ſetzte der Juͤngling die Schalen eine
„zur Rechten, die andere zur ünken, und ſprach:
„Siehe, ihr ſeyd ſatt worden, und habt noch uͤbrig,
;und die dritte Schale wird nod) dazu fommen
„das war die bevorfichende Marter), Der
HErr aber hat uns durd) Herennianum und
FJonuarium gleich alsdurch zwo Schalen, unſterb⸗
„liche Speife reichen laffen,, a). Noch eine ande-
ve fahe der Märtyrer Marianus: “ch ſahe einen
„hohen und weiflen Stul, darauf faß einer; und
„vor ihn wurden Die Defenner nach einander ge:
„füßret, welche dieſer Nichter zur Enthauptung
„megbringen ließ. Drauf hoͤrte ich eine Flare und
„ftarke Stimme, welche ſprach: Bringe Maria-
„number! Dagieng ich hin, und ſiehe, eserfchien
„mie zur Rechten Diefes Richters Eyprianus,
„Der reichte mie die Hand, brachte mic) näßer,
„und fprach lächelnd: Komm und feße dich zu
„mir. Und es gefchaße, daß man noch andere abhör-
„te, alsich ſo ſaß. Der Richter aber ſtund auf, und
wir begleiteten ihn ins Richthaus. Wir mußten
„aber über liebliche Wieſen und durd) grüne Waͤl⸗
„vergeben, da in der Mitten ein Flarer Brunn ent
V
7.3. Don den fonderbaren Wundergaben der erften Chriften. —
„ſprang. Und ſiehe, der Richter kam uns ploͤtz⸗
„lich ausden Augen: Da ergrif Cyprianus einen
„Becher, der an dem Rand des Brunnens lag
„und gab mir daraus zutrinfen, nachdem er wi
uvor getrunfen hatte, da id) denn gerne fran
„und GOtt dabey Dank fagte, b). Wodur
diefem Märtyrer oßn allen Zweifel feine inſtehen⸗
de Verurteilung und Enthaupfung, nachdem Erz
empel Eypriani, angedeutet worden. —X
12, Ferner geſchahe dieſes einem andern Märty-
rer, Agapio, als er fuͤr ſich und zwo Chriſtliche
Jungfrauen zu GOtt betete, daß ſie in der Marter
beftandig bleiben möchten. Es ward ihm in einer
„Offenbarung geantwortet: Was bitteſt du ſtets,
„das du Durch ein einzig Gebet erlanget Haft,,? Als
er auch unter allen. Gefangenen am freudigften
war, begegnete ihm ein Knabe, (welcher den vori⸗
gen Tag in der Marter war hingerichtet worden,)
dereinen Kranz von Rofen umden Hals, und ei—
nen Palmziveig in feinee Hand hatte, fagende zu
im: Wo eilet ihr Hin? freuet euch! denn mor«
„gen werdet ihr auch mit uns fpeifen,,. Diefes
ward des andern Tages durch ihren Martertod
erfüllet c). Faſt ein gleiches erzehlet ein andes
rer, mit Namen Sgacobus, von ſich: Ich fahe eis
nen Syüngling von unbefehreiblicher Groͤſſe in eis
nem weiſſen Sleide, deſſen Füffedie Erde nicht bes
rührten, welcher mir und noch einem zween Gürtel
von Durpurfarbe in den Schos warf mit diefen
Worten: Folget mir geſchwind nach! Welches
durch ihren Martertod gefchabe d). Solche Ber: -
kuͤndigungen des Fünftigen Leidens find den H.
Märtyrer immerdar fehr viel gefchehen. Bon Ch⸗
priano haben wir etlichemal gehoͤret: Wieerdenn
auch noch in einem andern Brief von ſolcher Erinne⸗
rungGottes wegen der gemeinen Berfolgung fchreis
bet: Diefes (nemlich die Verfolgung unter Bales
riano und Gallieno,) wird uns ofte von GOtt gezei«
get, die Borfehung und Barmherzigkeit GOttes
wuͤrdiget uns ofte, deflen zu erinnern, von welcher
Hilfe und Guͤte wir ficher feyn Eönnen, die wir auf
ihn trauen. Denn derjenige, welcher feinen Strei⸗
tern noch zu Sriedenszeiten den Fünftigen Kampf
vorher verfündiget, wird auch indem Streit feinen
KämpfernGieg geben e). Als nun nachgehends dies
fer theure Zeuge gefangen faß , und bald folkte ent»
bauptet werden, fchriebe Lucius, ein Auffeher, an
ihn, und fagte ihm zuvor, er würde bald gekroͤnet
werden, Jener antwortete ihm auch mit groffer
Sreudigfeit, und unter andernalfo: Ich bin von
„over himmliſchen Belohnung gewiß verfichert,
„und von der Marterfrone und von dem je
f „ae
2) Adtaapud Baronium A. CCLXII. n. 9. a)lbid. b)Idem.n.44. e)Ibid.l.e,n.49. d)n. 45. e) Fpiſt. 8.
-
* —
6. Cap. Von ſonderbaren Exempeln der Weiſſagungen, Offenbarungen, Geſichte, ꝛe. 773
sche Gttes nach deiner Weiſſagung, der du voll „lich gethan, daß er die Gefchöpfe GOſttes nicht
„Heil. Geiftes biſt f). —J agebraucetumg andern einen Anſtoß gegeben hat,
13. Auſſer diefen Erempeln bat man noch fehr
viel andere in den Märtyrerhiftorien: Als, da
ſchon die Alten von Juſtino anmerfen,daß er fei-
nen Tod und deffelben Art und Urſachen gewiß zu⸗
vor gewußt, indem er in feiner Schußfchrift alfo
gefchrieben : IIch hoffe auch, daß mir von einem
„unter diefen, denen ich um der Wahrheit willen
„widerfpreche, werde nachgeftellee werden. ch
„hoffe, ich werde etwa mit einem Prügel oder Keu:
„te erfchlagen werden„. Denn diefes erfolgte al»
forichtig, da er ein Buch zur Verantwortung des
Glaubens gefchrieben, und dafür die WMarter
zu Lohn empfangen, wie gefchrieben wird, nem:
lich, daß ihn Erefcens, fein Feind, mit einer Keule
le erfchlagen laffen g). Der vorgedachte yprianus
fihreiber von einem, Mappalico, alfo: “Es brad)
„eine Stimmevoll H. Geiftes aus dem Munde des
Maͤrtyrers hervor, als Mappalicus, der der
„gung e, zu dem Landshauptmann unter der
Marter ſprach: Morgen follft du einen Kampf
„eben ! Und fiehe, der HErr hat erfüller, was jener
„mit einem Zeugniß der Kraft und des Glaubens
„ausgefprochen bat. Es ward ein himmliſcher
„Kampf dargeftellet , und diefer Knecht GOttes
„wurde in dem Streit des verheiffenen Kampfes
„gefrönet, k). Babylas, ein Auffeher zu Antio-
ia, fahe auch die Verfolgung, fo unter Decio er:
geben würde, in einem Gefichte zuvor, und ver»
Fündigte fieden andern, dabey er auch felber littei):
Piontustwußte eben Das von feiner eigenen k), und
vielandere mehr. Bey einem ſolchen Martertod
Dreyer Zeugen Chriſti, Fructuoſi, Augurii und Elo⸗
gii geſchahe es auch, Daß die Tochter des unges
rechten Richters im Gefichte ſahe, wie diefe nun
im Himmel lebeten, die ihr Vater umbracht hatte,
indem ſich der Himmel aufthat, und die Märtyrer
aufnahm, welches aud) ein Trabante dabey ſahe 1),
14. Nicht weniger gefchahen andere Erinneruns
en von nöthigen Dingen denen Heiligen durch Ges
echte und Offenbarungen, Wir haben oben bey
der Maͤßigkeit von Alcibiade,einem frommen Ehri-
ften gehoͤret, wie er nad) feiner ftrengen Lebensart
von Attalo deswegen erinnert worden, der in eis
nem Gefichte diefe Worte vondem HErrn deswe⸗
gen einpfangen hatte: “Alcibiades hat nicht weis:
r
ach welcher Erinnerung diefer ſich auch fleißig ge⸗
achtet hat, weil die Chriſten damals folcher Befehle,
die ihnen unmittelbar von GOtt gegeben wurden,
ganz gewohnet waren; mie der Autor hiebey aus⸗
drücklich faget: "Sie waren nicht ohne Auffiche
„over göttlichen Gnade, fondern der H. Geift war
„ihr Rathgeber,, m). Ylatalius, ein frommer
Mann, wurde von etlichen irrigen Leuten zu ihren
Auffeber befteflt, und darauf vom HEren in Ge⸗
fichten ermaßnet: Denn der barmderzige GOtt
wollte nicht, daß fein Zeuge follte aufferhalb der Ge⸗
meine verderben. Weil er aber auf die Gefichte
nicht fleißig acht hatte, ward er endlich vonden En-
geln gleichfam gegeiffele und beftraft, und die gan
ze Macht durch fehr gefchlagen, daß er fich eines
beflern bedachte nr), Dionyſius von Merandria
ward von einem andern gewarnet, er follte doch kei⸗
ne irrige Bücher lefen, Damit er nicht etwan folche
Irrthuͤmer mit einfangen möchte, Jener aber
ward in einem Gefichte durch folgende Worte eis
nes andern berichtet : “Lies du alle Bücher fleißig,
„die dir zu Händen fommen ; denn du haft Kraft
„genug alles zu widerlegen und zu unterfuchen,
„Und eben deswegen biſt du N, zum Ölaus
„ben Ehrifti beruffen wordeny* Wornach er fich
denn auch fleißig gerichtet bat, wie er jelbit ferner
eier Ich nahm diefes Gefichte an, weil es mit
em apoftelifchen Wort übereinftimmee, der da
fager: Gebet genau acht, und fend wie die Wechs—
ler, die das Geld prüfen 0). Sonderlich iſt die
Gefchichte Conſtantini M. berühmt, da erin Er—
wegung des unglücklichen Ausganges der heydni⸗
fehen Kayſer, feiner Vorfahren, zu GOtt gebeten
haben foll, er möchte ihm doch den rechten Weg zei
gen; dabey ihm denn, nach Eufebii Bericht, dem
die andern bierinne folgen, diefes wunderbare Ge⸗
fichte foll erfchienen feyn : Es war fat mitten am
Tage, als er das Zeichen des Kreuzes, fo aus dem
Glanz des Lichts gebilder war, am Himmel offen»
bar mit feinen Augen ſahe, daraufdiefe Schrift ges
zeichnet fund: In diefem wirft du überwinden
(evraro via). Weiler fich aber darüber bekuͤm⸗
merte und noch zweifelte, Fam noch diefes Nacht:
gefichte dazu: Als er fchlief, ſahe er Chriſtum,
der ihm an dem Himmel diefes Zeichen wiederum
tiefe, und befahl, daß er nach diefem Mufter als
Eee ee z ein
f)Epift.7.lib. III. 8) inu⸗ Apol.T.ct Eufeb. lib.IV. e.n. h)Epift.9. 1) Baronius A.CCXLI.h.2. k) Ibid
ACCLIV.n.4, )) Prudentiushymn. 6. m) Eufebiuslib.V.c.3. n)Idemlib. VL c.28. Theoderieus li IG.
©5. Nicephorus lib, IV.c.au, o)Lib, VII e. 6,et —2 I ? a a a
114 7
ein Siegeszeichen machen und inderSchlacht brau⸗
chen follte p). = welcher Sache unten im legten
Buch follgedachtwerden. Ä
15. Zu * Zeiten der Chriſtlichen Kayſer iſt die⸗
fe Gnade des HErrn denen Frommen nicht weni⸗
ger wiederfahren. Und damit ich abermal nur ei⸗
nige hervor bringe, fo ſchreibet man von Petr,
dem Aleranvrifchen Auffeher, folgendes: Er ſahe
in einem Gefichte den HErrn in einem jerriffenen
Kleide, und als er ihn fragte: HErr, wer hat Dir
dein Gewand zerfchnitten ? befam er zur Antwort:
Ar lus hat mirs zerichnitten. Aber huͤte Dich, daß
„du nicht Gemeinfchaft mit ihm macheft, und fage
„den Aelteſten, Achillaͤ und Alerandro, welche
„nach deinem Hintrit die Gemeine zegleren wer»
„den, daß fie ihn nicht aufnehmen, 9). Von eben
dieſer Unruhe hatte der H. Antonius dieſe Offen⸗
barung: Er ſaß einſt mitten unter den Bruͤdern,
ſahe ſtarr gen Himmel, und fieng an zu weinen und
zu beten, zeigte auch dabey an, wie er etwas groſ⸗
fes und ſchreckliches ſahe. As ihn die anderndar-
um fragten, ſprach er endlich: “Es ift ein groſſes
„und unerhörtes Uebel verhanden. Der Catho⸗
„‚lfche Glaube wird durch einen groffen Sturm
„umgemorfen werden, und Leute, Die dem Vieh
„gleich find, werden das Heiligehum verwuͤſten.
„Denn ich fahe den Altar des HErrn von vielen
„Mautefeln umgeben, welche mit ihrem Schla⸗
„gen und Stoffen alles verderbten. Und es ge⸗
„ihab eine Stimme des HEren zu mir, die da
— : Mein Altar wird zum Greuel werden, r).
Wodurch denn nad) feiner eigenen Auslegung die
monftröfifche Vermengung ber gehren und des Le⸗
bens in folgender Zeit geweiſſaget ward. Wie es
auch nachgehends Thryſoſtomus ausleget, da er
von Antonio ſchriebe: “Er hat von denen offen:
„„barlich gerveiffaget, welche von den Arianern ver-
„führet wurden, und gezeiget, Mas vor ein Fall
„den Gemeinen bevorftünde, indem ihm Gott al-
„tes offenbarte und gleichfam als durch ein Ges
„mäßlde vorftellete,s). Davon auch andere ihm
Zeugniß geben, daß et diefe und andere Fünftige
Dinge genau zuvor gewußt und verfündiget habe,
jedod) dabey in der Demuth und Furcht GDttes
ieben fey t). \
E 7 ei N folgenden Seculis zeuget einer zur
felbigen Zeit insgemein dieſes aus Erfahrung und
mit Beyſtimmung fo vieler Erempel, welche von
p) Eufebius lib. I. Vit.C.
Dannheuerum Chrifteid.l.c.
=
3. Don den fonderbaren Wundergaben der erften Ehriften.
- —
Berftändigen angemerfet worden u): Die Gabe
der MWeiffagung ift noch bis auf dieſe Zeit geblie⸗
ben, und es find ſolche Männer unter den Heilis
gen, welche einen laufern und reinen Sinn ihres
Herzens haben, und vieles von zufünftigen Dine
gen vorhero willen und verkuͤndigen x). Grego⸗
rius Nazianzenus zeuger von fich felber, daß ihn
nicht allein feine Mutter zum Dienft GOttes ge
wiedmet habe, fondern es habe ihm auch einnacht
ches Geſicht eine arofle Liebe zur Keufchheit und
zum ledigen Stande gleihfam eingeflöflet, und
diefes ſey ihm durch Die Gnade Chrifti wiederfaße
teny). Proclus, ein Aufjeher, hatte ein Geficht,
"Darinnen ihm gezeigetwurde, welchen er follte zum
Borfteher der Gemeine machen z); und als Fabi⸗
anus follce zu vergleichen Amt nach göttlichen
Willen· rwaͤhlet werden, die Gemeine aber annoch
zweifelbaftig war; fiehe, da erfehien über ihm eine
Taube, dadurch feine Wahl befräftiget wurde a).
So verfichert aud) Epiphanius, daßerfelber von
einem bekehrten Juden geböret, mie er alfo zu Chri⸗
fto gebracht worden: Nemlich, es ſey der HErrꝰ
fus ihm im Traum erfchienen, und habe zu ihm ge⸗
faget: Ich bin SEfüs, den deine Vorfahren ger
Ereuziget haben, drum glaube an mich! Weiter
babe er zu ihm gefprochen: Damit du von der
Wahrheit meiner Religion gewiß fenft, fo ruffe
meinen Namen an, wenn du in meinem Namen
Wunderwerfe hun willft, alsdenn will ich dirs ges
ben: Wie er denn darauf einen Befeffenen vom
Teufel befreyet habeb). Unter Kayfer Conſtan⸗
tio ward einem Mönch zu Micodemia des Nachts
im Geficht befoblen,er füllte aus der&tadt weichen, -
weil Diefelbe untergehen werde, Damit er nicht zus
gleich mit umfomme, Diefer gieng hierauf zuden
Kirchendienern und verfündigte ihnen Diefes, vers
mahnte fie auch zur Buſſe und Geber. Weil
er aber nur darüber verfportet wurde, entwiche er
alleine aus der Stadt, Darauf die ganze Stadt
durch ein graufames Erdbeben und daher entſte⸗
hende Feuersbrunft jaͤmmerlich umgefehret wur⸗
de, dadie Einwohner ihren Spott über diefem Ges
fichte theuer genugbezahlen mußten c). Die gott⸗
ſelige und Eluge Kayferin Pulcheria, Throdofü
Schweſter, pflegte fehr viel dergleichen Dffenbas
rungen zu haben von Fünftigen Dingen, ingleichen
was etwa fonft dem gemeinen Wefen heilſam ſeyn
würde; wieein Autor zu ihrer Zeit berichtet. d). *
er
M.e. 21. 22. 23. 26. Sozomenuslib. I.c.3.Socrateslib.I.c.ı. q) Oroſius lib. VII. c. 18. ap.
r) Athanafıns in Vita et Sozom. lib. VI.c.5.
s) Chryfofl.hom. 8. in Matth.
t) Sozom.lib. I. c. 13. Conf. Ofiander Cent. VI.lib. IL. c.ı.H.E. u) Vid. Centur Magdeb. V.c. 13. p.849. et VI. c.
13. ſeqq. I
biuslib- VI.c.22. b) Epipkanins Hr. XXX. n. 9.
x) Theodoritus Comm. in Ioel. e. I. y) In Epitaph. S. Carm. 12. 2)Socrateslib. VII.c. 48. a) Enfe-
, c) Sozomenuslib. IV.c. 15. d)Idem lib. IX.c.1.fegg. *
k *
6. Tap. Don ſonderbaren Erempeln der Weiffsgungen, Offenbarungen, Befichte ac. 775
Propheten, welche fich über ihn gleichfam be-
ſchlagten, und über feine arofle Tpranney be-
klagten. Unterdefien fahe er, daß zwey aus ihnen
aufttunden und die übrigen vertröfteten, fie follten
etroſt ſeyn, Julianus wuͤrde bald umfommen.
arauf ihm diefe Verſammlung abermal vorkam.
Wozu auch dieſe beyde ſich verfügten und verkuͤn⸗
der Ranfer Julianus nun bald ſollte umkommen
— von ſeinen Befreundten dieNpoftel
digten, daß nuͤnmehro Julianus todt ware, wie
auch wahrhaftig um ſelbige Zeit geſchehen war e).
Noch mehr dergleichen Gefichte von dieſem Tod
Juliani haben wir oben gehoͤret.
17. Auguſtinus feßet von feinen Zeiten, es waͤ⸗
ten mehr Gefichte damals den Ehriften wieder
- fahren, als er erzeßlen koͤnne F); wiewol aud) vie-
le falſch und betrüglich ſeyn möchten , die er noch
nicht genau zu unterfcheiden wiſſe. Won feiner ei»
genen Mutter Monica gedenket er diefes, welches
auchrichtig eingetroffen, daß fie im ftetigen Geber
fuͤr dieſen ihren Sohn, der damals nod) gottlos g0«
iebet, endlich gefehen babe, wie ev neben ihr nun
lebete, und mit ihr einen Tifch im Haus hätte,
welches fie zuvornicht hatte Haben wollen, aus Ab»
ſcheu vor deſſen Laͤſterungen. Denn fie fabe fich
auf einem bölzern Linial ſtehen, und einen Syüng«
ling mit einem glänzenden Kleid zu ſich Eommen,
lachend und frötich, fie aber noch fraurig und bes
truͤbt. Als fie diefer um die Urfache ihres Leides
fragte, und fie ihm auch geantwortet, daß fie über
das Verderben ihres Sohnes meine, habe er fie
beiflen getroft feyn, und gefagt, fie follte Doch fehen,
no ftunde eben da, wo % ſelbſt ftünde,
rauf ſie ihn auch neben fich auf eben dem Linial
ftehen fehen g). Welches Geſichte ev zwar ber
ch auf feine Meynung gedeutet Babe, nemlich,
noch feiner Meynung werden würde, dem
fie aber getwoft im Glauben widerfprochen und
durch die Erfüllung endlich beſtaͤrket worden.
Denn da ward er durch eine Stimme endlid) er-
wecket und befehret, wie feine eigene Worte hievon
lauten, da er feine Betruͤbniß über feinem elenden
und zweifelhaften Zuftand erzchlee hatte: “Siehe,
„ich hörte aus dem nächften Baur eine Stimme
„aleich eines Knabens oder Mägdleins, fo diefe
„Worte oft fingend wiederholte: Tolle, lege, tol-
„le, lege! Schlage auf und lies! Alſobald ward
„mein Geficht verändert, und ich fieng an genau
„nachzubenfen, ob etwan die Kinder diefes im
„Spiel zu fingen pflegen , und Eonnte mid) doc)
„auf nichtsbefinnen, Ich verhielte meine Thraͤ⸗
„nen, ſtund auf, und konnte es nicht anders anneh⸗
„men, als daß mir von GOtt befohlen würde, Die
„Ötbel aufjufchlagen, und zu lefen, was id) am
„erften finden würde. Sch gieng bin, fehlug das
» Buch aufund lasvor mich, was mir zuerft in die
„Augen fiel: Micht in Kammern und Unzucht,
„nicht in Freflen und Saufen, nicht in Hader und
„Neid, fondern ziehet an den HEren IEſum Chri⸗
„tum. Darauf ward mir alsbald ein Sicht der
BGewißheit ins Herzgegeben,daß mir aller Zweifel
„vergiengyu.ff.h). Auch erfchien ihm einft, da
er dem Geheinmiß des dreyeinigen GOttes nachſon⸗
ne, am Ufer ein Knaͤblein, welches mit einem tot
feldas Meer in ein klein Gruͤblein ſchoͤpfen wollte,
und auf Befragen, warum es diefes unmögliche
Ding vornehme, antwortete: “a, es wird Dit
wer viel unmöglicher feyn, diefes Geheimniß in
„deinen engen Verſtand zu fallernys. Gleichfalls
gedenfet er, wie dem Ambroſio fey offenbaret wor⸗
den, wo die geichname der Märtyrer Gervafii und
Prorafüi lägeni): Item, wie einem jungen Mens
ſchen ein ander Geſichte wiederfahren ſey k), aud)
wie einer im Gefichte Himmel und Hoͤlle geſehen 1);
anderer zu geſchweigen.
18. Ich konnte nun ferner durch die folgende Se⸗
eula unzählige Exempel hievo einander er⸗
zehlen, woferne ich nicht alſo auſſer meinen Dora
faß ſchritte und zu meitlauftig werden möchte.
Dabero will ich nurnoch etliche fonderbare Exem⸗
pel aus den erſten Zeiten, von Entzuͤckungen,
Erſcheinungen und göttlichen Träumen beys
bringen. Die Entzuͤckungen Petri und Pauli
haben mir ſchon gehöret aus Ap. Gefch. c. 10. und
ir. itemc.23,17.18. 2 Cor. 12, 2.3. 4. Die auch Jo⸗
hanni ſehr oft wiederfahren find, da er im Beift
gewefen, Offenb. 1,10. €: 4, 2. c. 17, 2. €. 21,10.
welches die beften Ausfeger von der Eersaret
oder Entzuͤckung feines Beiftes annchmen,davon
ein gelehrter Mann über dergleichen Begebenheit
indenerften Gemeinen alfo fehreibet : “Wenn der
„Geift GOttes in folche Leute kam, fo ſchaffte ſeine
Kraft aus ihnen hinaus alles, was in ihnen
„mwoßnete, alſo, daß ein ſolcher nicht mehr feinee
„mächtig war, da ihn diefer groſſe Einwohner er⸗
„füllete, und er nichts als diefen empfunde, ſahe
„oder redete, wie Philo davon ſchreibet: Es ziehet
gleichſam unfer Gemuͤth aus ſeiner Wohnung aus
Eomceran), wenn der Geiſt GOttes daſſelbe eine
„nimmt. Denn es gebühret ſich nicht, daß das
j „Sterb»
e) Idem J— f)Epif. 100. etıor. g)Lib. III. Confefl! c,ır. h) Ibid. lib. VIILe. 12. i) Lib. IX. c. 7°
k)Epifl. 100. 1) Lib. XIL de Gen. ad lit. c.17.
776 7. B. Don den fonderbaren Wundergaben der exften Chriſten. ge)
ee 7 Er
„»Sterblicye bey dem Unfterblichen wohnet. Da⸗
„bero wird die Vernunft gebunden, und die Fin—
„iterniß, die um diefelbe ift, verurfacht eine Entzü-
„ung und von GOtt gebrachten Wahnſinn
„(Ersarw mol FeoDoenrov aaviav),. · Und wie
Chryſoſtomus von Petri Entzuͤckung redet: “Er
„hatte darinnen eine geifttiche Betrachtung, die
„Seele wiche,fo zufagen,aus demteibe (e£esn),,m).
Solche Erempel hiervon haben wir oben ſchon
pernommen, und bisher fat durchgehends bey den
Gefihten und Iffenbarungen der Chriften ge:
habt, als welche gemeiniglich in Entzüctungen,
nad) aller Befenntniß, gefchehen jmd Yuguflinus
erwehnet überdis viel ſolcher Erempel, und eroͤff⸗
net ſeine Gedanken mit groſſer Beſcheidenheit dar⸗
über n). Er gedenket auch eines Aelteſten, mit
Namen Reftituti, welcher ſehr oft in Entzuͤckung
gefallen fey, und Fein Fühlen noch Empfinden
mehr gehabt o). Es foll aud) einft zu Eonftanti-
nopel mitten in der Verſammlung der Gemeine
“ein Knabe entzückt worden feyn, welcher von den
Engeln ein gewiß tied fingen gehoͤrt, fo er hernach
der Gemeine eröffnet p) Daß ic) andere derglei⸗
chen Geſichte übergebe- i
19. Bon Erfebeinungen haben wir auch bereits
viele in angeführten Erzehlungen gefehen, alfo,
daß unnöthig ſcheinet, ihrer mehr anzufuͤhren: jes
doch, damit es auch hieran nicht ermangele, mögen
folgende gnug feyn, auffer den biblifchen Luc. 1, 11.
26. c.2,9. Marc. 16,5. Ap. Geſch. 10,3. c. 27,23:
Dem oben gedachten Phadimo, von dem die Gabe
der Weiffagung gerümet wird, wird auch folgen=
des nachgelchrieben. Es ſey ihm nemlich, als er
bey Nacht meditivet Babe, ein Mann erſchienen
auf göttlichen Befehl / der ihm Die Wahrheit des
rechten gottfeligen Glaubens offenbaren follen, in
denen Dingen, welche ihm noch) zieifelhaftig und
ftreitig vorfommen waren: Ingleichen fey ihm eine
Geftalt eines Weibes einft erfihienen, mit wel⸗
cher er ſich lange Zeit unterredet habe q): Nicht
weniger war etlichen Ehrilten, Die hernach um
Chriſti willen die Marterfrone erlangten, eine
goreliche Erfcheinung wieberfahren, daraus fie in
ihrem Glauben zur Beftändigkeit alfo geftärfer
worden , daß fie hernach gerne alles fahren laſſen
und Chrifto nachgefolget*). Dincentio, dem H.
Märtyrer, erſchienen am Ende feiner Matter Die
H. Engel, dieredeten mit ihm, und einer fprach zu
ihm alſo: “Stehe auf, du theurer Zeuge, und ſey
ygetroſt, ſtehe auf, und gefel dich nun zu unferer-
e
„Schaar ! Du haſt nun deinen fauf vollendet, dein
„geiden iſt aus. Der HErr JEſus hat dir zuges
„ſehen, und will dic) nun ewiglich belohnen und
„erönen, u. ſ. w. ). - Andere dergleichen Erſchei⸗
aber von Chriſto — denen * und an⸗
ern, findet man bin und wieder zur Gnuͤge, wie fie
dVenMärtyrern undandern, —— ae
Einſamkeit lebenden iwiederfahren find, Wel—⸗
ches auch den Glaubigen nichts unmögliches ſchie⸗
ne, indem fie davon einfältig befenneten; “Alles,
„was er will, iſt ihm ganz leichte, und wennes ihm
„gefallt, fo laßt er ficy Hernieder und verwandelt
„lich, laͤßt fich von denen fehen, die ihn lieben, in ei⸗
„nem unzuganglichen Licht der Herrlichkeit. So
„erfcheinet er vor groffer und -unausfprechlicher
„liebe denen, die es werth find nach feiner Macht t).
„ES gehöret zwar der göttlichen Natur, daß fie
„nicht gefehen werden kann, aber wenn er will, fo
„läßt er ſich doch ſehen. Denn er iftjaden Patris
„archen und Propheten erſchienen, weil er gewollt
„hat, andern aber nicht, weil es ihm nicht gefallen,
Auch fteher es in unferer Macht nicht, Gtt zu ſe⸗
„ben, fondern in feiner, zu erfcbeinen wem er will,
„und in was vor Geſtalt es ihm beliebtu).
20. Anlangend endlich die göttliche und
wahrhaftige Träume, gehören dahin diejenigen
Hiftorien, fo des Schlafs oder der Nacht gedenken
und ſchon erzehler find, und dergleichen mit ein=
fehlieffen. Solche waren nun im N. Teft. des Jo⸗
fepds feiner, Matth. 1,20. der Weifen aus Mors
genland, c.2, 12. Pauli, Apoſt. Gefd).16,9.c.18, 9.
c. 23, 11. c. 27,23.24. und anderer.” Bon Natali
ftehet, daß er im Traum erinnert worden, er follee
die Gemeine und das aufgetragene Amt bey den
Irrigen meiden: weil er aber nicht folgen wollen,
ift er von den Engeln gefchlagen und dazu gezwun⸗
gen worden x). inem Franfen Mann ward
einmals im Traum gefagt, er follte Bin zu Auguſti⸗
nogehen, daß er ihm die Hand auflegte, fo würde
er gefund werden, welches er auch that und dadurch
genasy). Innocentia,einemitdem Krebs belade⸗
ne Frau, wurde gleichfalls im Traum erinnert, daß
fie aufdergleichen Art ihre Geſundheit wieder erlan⸗
gen follte,und erfuhr in der That die Wahrheit dieſes
Zraums, wie diefer Lehrer auch erzehler z). Welcher
auch ven denen Träumen, die feine Murter über feis
ner Befehrung gebabt, diefes ſchreibet: Es ſey fer⸗
„ne, daß der HErr ſie haͤtte betruͤgen ſollen in denen
„Geſich⸗
:aleius Not. ad Epiſt. 16. Cypriani. n)Lib. de Cura pro Mort. e. 10. o) Lib. XIV. de Ciu. Dei. c. 24. p) Bal-
ee head — Coneilii Trullani. q) Gregor. Nyſ. in Vita Thaumature i. r) Idem Orat. 2. in XL.
mart. s) Prudenrius hymn, 5- de.Coron.
c. 28.
tÜ) Macariushom.4. u) AugaftimmsEpilt.uu2.. x) Eu/ebins lib. VI,
y) Pofidsus in Vita Auguſt. c.29. 2) Lib. XXIL. de Ciu, Deic, 6.
|
’
6 Cap. Ponfonderbaren Erempelnder Weiffsgungen, Offenbarungen, Befichte2c. 777
———___ — — — r — m — —— — — — —
*
SBeſichten und Antworten, welche fie in ihrem
„Herzen durch den Glauben bewahrete, und wenn
* —5 Gott als ſeine Handfchriften vorhielte.
— F
ic er wuͤrdiget ja die, welchen er ihre Schul⸗
„den vergibt auch fo viel, daß er ihr Schuldener
„wird Durch feine Verheiſſungen, weil feine Barın-
nbersigkeit ewiglich währe,a). Alſo wird auch
von Martino erzehlet, wie er nad) feiner Bekeh—
rung im Traum ermaßnet worden, zu feinen El⸗
fern, die noch ungläubig waren, zu reifen, und ihnen
den Weg zum Leben zu zeigend). Der auch
nachmals dem Sulpitio im Traum vorfam , als
wenn er das Büchlein, fo er von feinem Leben ges
fihrieben, in Händen hätte, und ihn fegnete; um
welche Zeit jener auch erfußr, daß Martinus ges
ftorben wäre c). Solchergeſtalt — es nun
ofte, wie einer davon redet, daß denen Frommen
etwas im Schlaf eroͤffnet wurde, welches fie bey
Tage nicht erkannten. Denn die Seele, welche
Aus dem Himmel entiproffen ift,wenn fie von Sor⸗
gen fren wird, Fann fienicht muͤßig ſeyn, fondern
ald bildet fie ihr felber etwas vor, bald aber menger
fid) ein Glanz darunter, Dadurch fie Fünftige Dinge
wiſſen kann. Wer nun fich mit Sünden nicht be⸗
ei” den. unterweiſet ein lauteres Licht von ver-
orgenen Dingen, „O (fpricht ev weiter,) was
„vor tiefe Geheimniſſe gibt EHriftus Den Gerech⸗
„tenim Schlaf zu erkennen , wie Elar und deutlich
„offenbaret ers ihnen„d)! Und ein anderer: So
ofte GOtt feinen Dienern etwas Fund thun will,
fo führer er fie aus dem Tumult der Leute hinweg,
und ſtellt fie in einen flillen Dre ‚daß das Gemuͤthe
von feinen Dingen, die man fehen oder hören
koͤnnte, verhindert werden , fondern in der Frey⸗
"beit und Stille dasjenige betrachten fönne, was
ihm von GOtt offenbaret wird ec). Und dahero
brauchet GITT gemeiniglich die Nacht und den
Schlaf zu feinen Dffenbarungen, nad) der Theolo»
gorumundanderer Gelehrten Anmerkungen f).
21. Ich muß endlich noch eine Art der Wilfen:
ſchaft von zufünftigen Dingen mit gedenfen, wel»
che ic) finde, daß fie bisweilen unter den Alten
braͤuchlich gewefen. Es hat uns nemlich kurz zuvor
$.17. Auguſtinus berichtet, wieerauf Befehl ei-
ner Stimme die Bibel aufgefchlagen, in dem
Vorſatz, den erften Spruch, den er finden würde, ,
a) Lib. V.Confefl:c.9. b) Sulpirius Seuerus Vit. Mart.c.4
©) Chryfollomus ap. Fabricium de Vifion. p.89.
hymn. ante ſomn.
zu lefen und zu merken. Wobry er zugleich ſih
erinnert habe, daß der H. Antonius eben alfo
um uten fey gebracht worden, als diefer ohnge⸗
Ehe in Die Gemeine Fommen, und diefe Worte les
fen —— “Gehe bin und verkaufe alles, was du
„haſt, und gibs den Armen : Komm und folge
„mir thaten nun bisweilen gottſelige Her⸗
zen dieſes, daß ſie in wichtigen und geiſtlichen Anges
legenheiten, darinne fie noch zweifelhaltig waren,
nach gewiſſen —— dis oder jenes zu erwaͤh⸗
len, etwa die Bibel ohngefehr auſmachten, und
den Spruch daraus, welchen ſie am erſten ergrif⸗
fen, oder mit der Hand bezeichneten, merfeten,
Dabey denn oft und meiftens durch göttliche Nes
sierung gefchahe, daß fich diefer Spruch auf ihren
damaligen Zuftand fihickte, und ihnen in zweifels
haften Hallen eine Gewißheit gab. Welches denn
der HErr oßne Zweifel, in Abficht auf ihre Liebe
und Hochhaltung gegen fein gefihricbenes Wort
gefcheßen ließ, und fie dabey vor allem Aberglaus
ben und Unordnung bewahrte. Devgleichen nun
billig diefe Geſchichte Auguftini von Berftandigen
geachtet wird, welcher dieſe Worte auch als von
Go0tt gezeiget er und ſein Leben alsbald än-
derte. Sein guter Freund, der damals dabey ſaß,
erblickte eben, als ihm Auguſtinus die von ihn ge⸗
fundene Worte zeigte, den folg pruch Roͤm.
14,1, Den Schwachen im Glauben nehmet
auf, und erfüllte ihn wirklich mit feinem Gehor—
famb). So iſt auch nachdenklich, was einsmals
ſich in einer Chriſtlichen Verſammlung begab,
als ein frommer Mann zum Vorſteher ſollte er—
waͤhlet werden, und ihm einige boͤſe Leute ſich wi⸗
derſetzten, und ſonderlich einer, mit Namen
Defenſor. Denn da ſich die Gemeine verſammlet
hatte, und der $efer gleich nicht zugegen war, traf
einer aus den nächiten hinzu, fihlug den Pfalter
auf, und las den eriten, den er fand, welches dieſer
war: “Aus dem Munde der jungen Kinder und
„Säuglingen haft du eine Mache zugerichtet um
„deiner Feinde willen, Daß du vertilgeſt den Feind
„und den Nachgierigen,,, alwo in der $areinifchen
Verſion, die damals gebräuchlich war , ſtunde:
Den Defenforem. Diefes hielten nun alle vor
eine görtlihe Schickung, damit diefer feindfelige
Defenfor zu ſchanden, und der fromme, obwol uns
ff anſehn⸗
c) IdemEpift. 2. ad Aurelium. d) Prudentius
f) Vid. Hoe in Apocal. lib I.p. 57
Lutherus Comm. in Gen. 37. Tom. XI. Witteb. p. 139. Gerhardis Homil Evang. P. I. p. 197. Rungius Comm.in
Gen.37. Gefneins in Gen. ——— Comm.in Matth p. 43. et 863. Conf. Valefias Philoſ. S. p. 139. Crafins
de Noc et Nod. Offic.c. ar. Alex. ab Alexandre lib. III. c. 26. Cœlius Rhodiginus Ub.XXX. c. 2. etc. g
guflinns lib. VIII. Confeſt e. i2. h) Altioris indaginis rem lo). Arndins de Superft, UL n. 3. Altiorem.
urn nominat 1.4, Schmidins Esere, de Cultu Euang. p. 121,
g) Au
778
anfepnlichen Mann zum Auffeher erwählet wur:
de, aug deſſen Mund, als aus eines Säuglings
und jungen Kindes in Chriſto, ihm der HErr ein
$cb zurichten würde ; wie auch geichaei).
22. Es ift aber leichtlidy aus den Gefchichten
folgender Zeiten zu erfehen, daß diefe Weiſe mag
in Rißbrauch und Unorenung geratben feyn, ins
dem ihre viele aus unzeitigem Fuͤrwitz oder auch
Aberglauben ohne und auſſer göttlicher Regierung
dergleichen verſuchet haben. Ich will etliche Ex⸗
empel herſetzen, welche der erleuchtete Leſer ſelber
betrochten und unterſuchen kann. Der griechi-
ſche Rayfer, Undronicus, ſchlug in einer wichtigen
und zweifelhaften Sache den Pfalter auf, und
fand diefe Worte Pf.68, 15. “Menn der HErr
„die Könige zertheilet, fo werden fie in Salmon
„mit Schnee beftreuet werden: Welches er denn
auf die Verföhnung und den Frieden gedeutet k),
Bon Anobeimo ſtehet, Daß nach feiner Einwei-
fung zum Bifhofamte die Bibel aufgefchlagen
und folgender Spruch gefunden worden: "Er rief
„ihrer vielund fandte feinen Knecht aus , fie aber
„fiengen an ſich zu entfchuldigen „1). And von
Hanfranco: Man habe bey feiner Wahl diefe
Worte gefunden: “Gebt Almofen, fo wird euch
„alles vein feytiy. Als das Volk darauf ihm zu⸗
geruffen, und‘ ‚gen gratulirt, habe er feine Au-
gen zum HEren erhoben und gefprochen : “So
„gib du mir nun, und ich will austheilen,, m),
Sicht weniger iſt merfwürdig , was bey der Wahl
7. B. Von den fonderbaren Wundergaben der erften Ehriften.
eines Griechiſchen Erzbifchofs ſich begeben hat, da
man diefe Worte im Auffchlagen gefunden:
„Wenn ein Blinder den andern führer, jo fallen fie
„alle beyde in die Grube „; weldyes die Umſtehen⸗
den merften, und vorein böfes Anzeigen hielten no),
Andere Erempel übergehe ic), und feße nur noch)
dazu den Ausſpruch Auguſtini, weldyer ſchon zu
feiner Zeit einen groffen Mißbrauch diefer Ges
wohnheit anmerfet, da etliche in zeitlichen und oft
nichtswuͤrdigen Dingen die Bibelaufgefchlagen ,
‚und alfo den Zweck derfelben nicht in acht genome
men, welche von gar einem andern Leben als von dies
fer Eitelfeit vedet: Indeſſen aber meynet er doch,
„es fey zu wünfchen , daß folche Seute lieber das
„ehun, als gar zum Satan Binlaufen und ihn um
„Rath fragen,o). Cinganzes Concilium_ bat
nachgehends im fechften Seculo verboten, folche
vermeynte Wahrfagungen zu gebrauchen ; indem
mie andern Aberglauben auch diefer fo fehr über-
hand genommen hattep): Deswegen auch nad)»
gchends diefes in dem Ture Canonico, undin an-
dern Gefegen wiederholet ift q); una ler
dem herrſchenden gertlofen Wefen in der Ehriften-
heit die Sache faft eben ſo in Schwangemwar, als
eftva unter den Heyden Die Auffchlagung der Poe⸗
ten, und die Propbezeyung Daraus mochte gebrau-
chet werden), Daß demnach diefe verkehrte
Gewohnheit mit der oben befchriebenen gottfeligen
Are, und alfo auch mit dem erften Chriſtenthum
nichts zu thun hatte.
ji) Sulpitins Senerus de Vit.Mart.c.6. k) Nicephoruslib. VIIL.H.E.c.24. D) Matthaus Parifienfis Hiſtor. ad
A.MXCII.
Se&. XII. c.4. Conf. Dufrefzius Gloflar. Lat. p. 906.
m) Guilielmus Malmesburienfis Hift. Pontif. Ang, lib.II. n) Sygropulas Hift. Concil. Florent.
o) Epifl.ıı9.adIanuar. p) Agathenfe Concil. c. 42.
q) Apud Grarianum c. Aliquanti et fiquis Clericos c.26. g.5. In Decretis Comit. Caroli M. ap. Goldaflum c.
4. p. 140. Tom. I.
et 20. V.c.14. VIIL 4.
Confit. Conf. Naorus Hifpakenfis lib. VIII. Etymol.c.9. Gregor. Turonenfis lib. IV. c. 16.
r) Meminit fortium e paginis Poetarum Augsflinus lib. IV. Confeß: c.3. Vid. de Sor-
tibus Virgilianis Spartianus in Vita Adriani et conf. Peucerus de Diuinat. Gener. p. 254.
2
Das 7. Kapitel,
Von der Abnahme derer underwerke und derfel
2 ben Urſachen. |
Summarien.
DIN und woher diefe Wundergabe abgenommen, $. 1,
91 Glauben, Aufmerkſamkeit und Gehorfam der Menfhen : 2. f
und SBosheit, die Furcht vor Betrug der Abnahme des Glaubens zuzufchreiben: Luthert weiſes Urtheil 3-
nicht dag ed an Gottes Treue oder Macht gemangelt; molaber
Daher fich nicht zu vermundern über der Menſchen Spott
wird gelobet. 4.
Hriefern und warum folche erſte Wunderfraft der erfien Chriſten nicht immer geblieben; ihrer vieler unachtſamkeit,
Mißgunſt, Hoffatt , 5. Chryſoſtomi Zeugniß 5 6.
Ueberhebung in denen Wundergaben. 7. Lob der Wunder auffer dem
Streit mit denen Widrigen, derfelben Berachtung im Streit ; Auaufini Erempel ; 8. Falſche Befbreibung von dein, was
wunderbar. Was wunderfam zu nennen? 9. Augufint Klage Über die Jrachlägigkeit der Menfchen. 10. Unzuveichende
Hrfache, Daß die Kirche gepflanzt, und man
12. Fuͤrwiz der
bey Slaubigen,
nichts ungereihtes; deren Verftändigen
Heyden died beitraft. 13. Mangelder Wunder gibt feinen Vorwand zum Unglauben
14. Tonderten fich dadurch von den Unglaubigen. Wund € |
1 Eifer zur Hebung der Gottfeligfeit. 16. Wunder £ein unfehlbares Kennzeishen der
wahren Gemeine Gottes. 17. Das einige Rolhwendige die fürnehmite Sorge wahrer Chriſten. 18.
der Wunder nicht mehr bedürfe , wird mwiderleget. ı1. Ambrofii Meynung.
: rüchte der Wunder
Mundermwerfe derer Trrigen. ıs. Wunder rechtfertigen
5:
$.1 Nun
\
ui
‚7. Cap. Don der Ybnahme derer Wunderwerke und derfetben Urfachen.
eo), — ebro iſts an dem, daß Ich bey Befetuß >
SIE diefes Buchs noch mitfehr wenigem an-
zeige, wieferne und woher diefe Wunder:
gabe der eriten Chriften bey ereignendem Verfall
der folgenden Gemeinen abgenommen Babe. Da
Denn der verftändige Leſer leicht erſehen kann, daß
ich hier rede von einer Abnahme oder Berringerung
— Gaben, nicht aber von ihrer gaͤnzlichen
ufhoͤrung und Vertilgung. Denn dieſe laͤßt
ſich zwar foferne endlich alſo nennen, wenn man
fagen wollte, daß die Menge, Gröffe und Herr-
lichkeit dieſer Wunder aufgehöret babe: Aber daß
alle Wundermwerfe an fich felbft gänzlich) und auf
einmal gleich mit den erften Gemeinen von GOtt
aufgeboben worden, läuft Elar wider die Glaub-
wuͤrdigkeit unzähliger Zeugniffe der alten Scri-
benten. Maflen denn auch) ſowol von cordaten
Theologis, als andern Gelehrten, und fonderlich
Hiftoricis, vorlängft unmwiderfprechlich erwiefen
worden, jadurchden Augenfchein und die Zufam-
menbängung der Hiſtorien zu allen Zeiten noch
immer befraftiget wird, daß es an Wundern Got-
tes niemals gemangelt, fondern derfelben nad) als
len bisher an den erſten Epriften befchriebenen Ar-
ten zur Öenügeangemerft worden. Vielweniger
wird von einem einzigen vechten Chriften geleug«
net werden, daß der allmächtige GOtt fich diefer
Kraft begeben oder fich jemals Damit heraus ge-
laſſen Habe gegen die Menfchen, daß er nichts der-
feichen mehr thun wolle, Am allerwenigften kann
0 gar auch ein verftändiger Hende leugnen, daß
ihm ferner Wunder zu thun unmöglich wäre; ſon⸗
dern es muß ihm vielmehr allein die unumfchranf-
te Ehre von allen feinen Creaturen gelaſſen, und
feiner Weisheit, Heiligfeit, Güte und Wahrheit
alles anheim gegeben werden. Alfe, daß esdem
Satan und allen feinen Werfzeugen unmöglich
faͤllet, dem HErrn der Herrlichfeit feinen Ruͤhm
disfalls zu ſchmaͤlern, oder nur mit Nachdruck in
Zweifel zu ziehen.
2. Dis iſt nun bey dem folgenden hiſtoriſchen
Bericht voraus zu ſetzen, damit die Menſchen vor
allen Dingen in Demuch gegen ihren Schöpfer
und HErrn erfonnen, wie eg nicht an ihm und fei-
ner unendlichen Treue, Siebe oder Wahrheit liege,
wenn dergleichen grofle Gnade zu der und jener
Zeit ſich nicht mehr fo geäuffert hat, als etwa zuden
erſten geſchehen. Maffen uns die Harmonie der
Hiftorien und die Revolution der Zeiten nach einan⸗
ber diefes an die Hand gibt, daß gleichwol fo viel
Völker, *heils erft nach den erften Serulis bekehrt,
“.
Zr .'
779
ı 5
theils ſehr langſam oder gar nicht glaubig worden
find. Da nun die Wunderwerke fonderlich denen
Unbekehrten zum Beten, nad) aller Befenntniß,
gefchehen füllen, und diefe dennoch bey foldyen Ange⸗
legenpeiten ſich nicht geäuffert habın; fo ift man
billig um andere und näßere Urfachen bekuͤmmert,
warum doc dieſe unfchäßbare Gaben nicht weiter
gedauret haben mögen. in gottliebender Chri-
fte gibe niemals den Willen und Rathſchluß
GOttes zur Urfache eines felhen Mangels an,
two er bey den Creaturen ſolche offenbarlich are
erift, indem er weiß, daß der Ausfluß feiner uns
erſchoͤpflichen Gurthätigfeit unveritopft und un⸗
verhindert bleibet, wo es die Menfchen nur faf-
fen und genieffen wollen, daß auch feine Wahrheit
und Verheiſſung nicht treuge, ungeache fie die
Unglaubigen in Zweifel ziehen, Sa, ein redlicher
Liebhaber GOttes und feiner Wunder wird deito
mebr geftärfet und ermecfer, auf des HERAN
Wege acht zu haben, je mehr er anmerken kann,
daß fein GOtt gleichwol zu allen Zeiten ben denen,
die ihm nicht widerftrebet , ſich durch Wunder
und Zeichen hervor gethan, ungeache er gleichfam
feinen ganzen Schaz der Wundergüte nicht um
des Unglaubens der verderbten Epriftenheit wil⸗
len aufthun fonnen. Da ihı genug gewe⸗
fen, wenn er die Gottlofen und Heuchler alfo ers
ſchrecket und überzeugt , feine Verborgene aber
Fräftiglich aufgerichtet und geftärfer hat; wie es
die Theologi von den Zeiten vor $uthero anmer:
fen. Daß alfe überhaupt es niemals an Wun:
dern gemangelt hat, aber wolam Blauben, Auf:
merffamfeit und Gehorfam der Menfchen , wels
che nach ihres Herzens Gedanfengemeiniglich in
ihrem Verderbniß und Unglauben lieber gar kei—
nen GOtt, gefchweigedenn feine Wunder und Zeis
chen haben wollten, indem alles, was von Gtt
fomme, den Unmwiedergebornen der göttlichen Ge—
rechrigfeit und Heiligkeit , und folglich feiner
Strafe im Gewiſſen erinnert.
3. Deswegen es aud) gar nicht zu vertwundern
ift, warum der verkehrte Sinn derer Menfihen
fe eckelhaft und ſpoͤttiſch, ja wol ergrimme und bos.
baftig gegen die Wunderhand des Höchften iſt,
und wo er ja noch denen erften Chrijten einigen
Vorzug bisrinnen geftehen muß, (indem er fo zu
fügen durch feine 5 Sinne überzeuge-ift,) dennoch
fehlechterdings den. andern Zeiten allen derglei.
chen Gnade von GOtt abfpricht, gleich als ob der
ewige GOtt eine verderbte und unfeilige Creatur
zum Richter feiner Werfe, dieallen, auch wieder
gebornen Beritand überfteigen,gefeger hätte, Man
Sffff>a kann
%
780
kann ganz offenbarlid) aus der Zufammenhaltung
‘der heiligen göttlichen Schrift mit dergleichen ver-
meſſener Einfchränfung der göttlichen Allmacht
fehen, daß der Heil. Geift hievon nichts beſtimmet,
fondern diefer den Lauf gelaffen habe, und daß fein
beftändiges Zeugnißdavon vorzubringen fey. Die
Furcht vor Betrug der teufliſchen Wunderwerfe
ift der Abnabmedes erften lebendigen Glaubens
in der Ehriftenheit zuzufchreiben, als zu welcher
Zeit die Heiligen durch des Geiftes Kraft fähig
waren alles zu prüfen, und nur das Gute zu be
halten. Alſo, daß die Untreu und der Unglaube
der Menfchen fein Vorurtheil oder Schuld geben
mag der an fich felbjt unveränderlichen und un-
beweglichen Treue und Verheiſſung des groſſen
HEren Himmels und der Erden. Hingegen
wenn der Ausſpruch etlicher Alten, daß die Sei:
chen nicht den Blaubigen fondern den Un—
alaubigen gegeben fepn, von allen gilt; fo zei-
get vielmehr der Linglaube ber verfallenen Ehriften
nach den erften Seculis offenbarlicy an, daß eben
zu folchen Zeiten die Zeichen nöthig geweſen waͤ⸗
ren» Daim Gegentheil die Weiſſagung (als
eines von den fürnehmften Wundermwerfen,) nicht
den Unglaubigen, fondern den Blaubigen
sum Zeichen gegeben ift, wie Pauli Worte Flar
lauten, —— u geſchweigen, daß Luthe⸗
rus ſehr weislich und behutſam dieſes zum Grund
der allgemeinen Wundergaben ſetzet, wie ſie nem⸗
lich nicht alle in etlich 100 Jahre nur eingeſchloſ
fen werden mögen , fendern dem ganzen Leib der
Chriſtenheit eigen feyn , nicht allein wie er Damals
in der erſten Kirche geftanden , fondern wie er
durch alle Zeiten in feinen Gliedern bis ans Ende
der Welt dauert und waͤhret.
4. Denn alfo befennet er deutlich an einem Or⸗
te, nachdem er die unnügen Fragen verworfen,
ob und warum die Zeichen aufgehorer haben (da⸗
durch er die Biftorifche Unterfuchung niemand ver-
beut): “Soſche Zeichen find gegeben zum Zeugniß
„und öffentlicher Beweiſung dieſer Predigt des
Evangelii, wie fie denn, fonderlich im Anfang
„deffelben, ftarf haben gehen müffen, bisdas Evans
„geltum in die Welt ausgebreitet worden, da fie
„nicht mehr fo gemein find, wie auch nicht noth ift,
„run diefe Predigt ſchon durch alle Sand und
„Sprachen gangen it; Wiewol es wahr ift, daß
zallezeit diefelde Kraftund Wirkung Chriſti in
„der Chriftenheit bleibet, daß, mo es noth wäre,
„auch wol ſolche Wunder gefchehen Fönnen; wie
|
f ,
2 Don den fonderbaren Wundergaben der erften Ehriften.
„denn auch oft gefchehen ift und noch gefchieher, daß
„in Chriſti Namen der Teufel ausgerrieben ; item,
„durch Anruffung deffelben Namens und Gebet
„die Kranken gefund werden, und vielen in groſ⸗
„fen beydes leiblichen und geiftlichen Noͤthen ge
„bolfen wird. So wird auch nech jeßt das Ev—
„angelium mit neuen Sprachen gelehret, da es
uvor unbekannt geweſt. ‘Denn NB,. folche Zei⸗
„chen find der ganzen Chriftenheit gegeben, wie er
„hie ſaget (Marc. 16.): Denen, die da glauben ,
„ob man gleich nicht allzeit bey einzelen Perfonen
„ſolche Gaben ſiehet, wie fie aud) die Apoftelnicht
„alle gleich gethan haben, a). Diefer theure
Mann gab aufdie Wunderhand feines GOttes
genau achfung, und fahe wohl, daß der HErr nod)
bie und da feinen Arm ermwiefe, und dahero Feiner
jo verwegen feyn dürfe, wider die offenbare Wahr⸗
heit und Erfahrung diefe Kraft zuleugnen, die all⸗
zeit bey der Chriſtenheit bliebe, ob fie ſich ſchon nicht
immer auf einerley Art aufferte. Ich Fünnte die
Worte ufd den Satz dieſes Lehrers mit faft um
säbligen Erempeln durch alle Zeiten vor und nad)
ihm beftätigen , wenn es nicht gleichſam auffer
meinen vorgenommenen De waͤre, der ich nur
bey den erften Zeiten bleiben will, Indeſſen ha⸗
ben die bewährteften Scribenten , dergleichen
rühmlich und zur Genüge gethan, wie nur, zum
Erempel, in den Gefchichten der wunderbaren
—— Gottes von ſo vielen geſchehen
iſt b).
5. Da nun alſo, nach der Einſtimmung aller
verftändigen undgemiffenhaften Chriſten, feite fte-
bet, daß mit den erften Zeiten des Chriftenthums
nicht alle Wunder Gottes aufgehöret haben; fo blei⸗
ber nur ausdenen alten Öefchichten zu unterfuchen
übrig, wieferne und warum diefe erfte Wunder«
Fraft der Chriſten in den folgenden Zeiten nicht
unverbrüchlic) blieben fey. Es iſt aber nicht al⸗
lein aus allen Hiftorien von fich felbft offenbar und
von fo vielen ſchon erwieſen, fondern foll auch zur
Genuͤge zulegt in einem ganzen Buche, ausgefüh-
vet werden, daß die Ehriften unter dem Aufferlichen
glücklichen Zuftand von der erften Lauterkeit ab-
gefallen. Und weil bey zunehmender Heucheley
und Gottlofigfeit der Glaube bey den meiſten
verlofchen, fo ward ja der HErr nothwendig bewo⸗
gen und gedrungen, feine Gaben zurück zu ziehen,
weil, fo zu fagen, Feine oder doch fehr unreine Gefäß
feda maren,dareiner ſie haͤtte legen fönnen. Wir
werden dieſes nicht allein augenfiheinlich aus de⸗
? nen
a) Cor. in Feſto Aſcenſ. Dom. Poft. Domeſt. P.TIT.p.ıı7. b) Vid. Cazal. Tefl. Verit.pasfim. Centuriztores
* Magdeb per fingula fecula. Gerfon, Niderus, Fabricius, Nenhufius, Ac de Mivaculisingenere eorumque ez-
emplis Mich. Meyerus, Caſpar Goldvvarmius aliique,
J
— ——
nen Urſachen ſehen, welche die Scribenten unter
dem — Verfall hier und dar angeben,
ſondern auch inſonderheit aus einigen Bekennt⸗
niſſen redlicher Maͤnner, die fie disfalls thun.
Remlich, es iſt aus dieſem ganzen Buch zu erſe⸗
n, daß die wahren Chriſten einander über fol:
En Wundergaben nicht geneidet, verachtet, ver:
Eleinert oder widerfprochen, fondern ein jeder dem
‚andern einen Vorzug gerne gegönnet, die Gnade
GoOttes an ihm erfannt und fie mit ihm gepriefen
Babe Ya, man weiß, daß aud) die treflichiten
Lehrer die allergeringiten in ifren Gaben ftehen
gelaſſen, fie gefordert und geliebet. Welche tiebe
und herzliche Einigkeit, famt dem unverfalfchten
Glauben und Gehorfam, dem HEren auch fo wohl
gefallen, daß er immer mehr Herrlichkeit auf fel-
ne Gemeine geleget und fie in die Länder ausge:
breitet gehabt. Fuͤrnemlich, weil alle derfelben
rechte Glieder in ihrem Theil dem HEren treu
waren und blieben, und die Gabe, fo in —*
war, erweckten und brauchten zum gemeinen Nutz,
wie es ſeyn follte, ı Cor. i12. Dagegen, als die
äufferliche Ruhe das innerliche nad) und nad) ver-
geflend machte, waren die meiften nicht nur un-
achtfam bey des HErrn Führungen, wie von
Natale geredet wurde; fondern ihrer viele fingen
gar an, diefe hohe Dinge mit ihrer Vernunft auss
jumefien, und was ißnen fodann nicht anftund,
zu verwerfen, verfchmäßen und wol gar zu ver:
kiftern, Dazu Fam nun Mißgunſt und derfelben
rund, die Hoffart, ſodann die böfen Früchte
des Streits, Afterredens, Scheltens und eitel
böfe Ding.
6. Ich fehreibe Bier nichts, als wovon ich vor
Go0tt in meinem Gewiffen verfichere bin, daß es
in den Hiftorien feinen Grund hat. Es wird
diefes auch dem $efer im legten Buch zum Ueber:
Ruß Dargeloget werden, wie man nach und nad)
die erfte Liebe verlaffen, und fofore auch derfelben
Früchte verloren habe. Jetzo aber fege nur einen
Dre aus Chryſoſtomo hieher, welcher von dem
damaligen verderbten Weſen und defien Wirkun-
gen zeugen Fann, wenn er alfo fehreibet: “Wenn
„th auch nun, da die Zeichen aufgehoͤret haben,
„Diejenigen, fo etwa die andere an Weisheit und
„Heiligkeit übertreffen wollen, über die andern er:
„heben, fie verachten, und von andern fich abfon-
„dern und rennen: Was meynet ihr wol, wie
„viele und groſſe Spaltungen würden entfliehen,
„wenn einer gar von Wunderwerken berühmt
„wäre, 2 Womit er denn auf die damals ein-
reiſſende Hoffart unter den Bifchöffen und andern
=
7.Cap. Don der Abnahme derer Wunderwerfe und derfelben Urſachen.
781
ſahe, die ſich uͤber den geringſten Gaben erhuben,
geſchweige, wenn fie hätten Wunder thun koͤn⸗
nen. Und dieſes ereignete ſich ſonderlich unter
den Kirchendienern, welche um der geringſten
Ehre und Reſpects willen Uneinigkeit anrichteten;
wie wir unten weiter vernehmen koͤnnen. Zu
Pauli Zeiten waren zwar auch bisweilen ſolche
Spaltungen, aber die Lehrer blieben doch verei-
nigt, und jene mußten endlich diefen folgen, und
Fonnten keinen folchen Anhang und Trennung mas
chen, als nachmals die Lehrer felbft ben ihrem ver⸗
derbten Zuftand thun mochten , als woben der Se-
gen immer mehr verſchwand, und hingegen die
Verderbniß fich über ganze Gemelnen ausbreite⸗
te, auch unter andern diefe fonderbare Grade des
HEren binderte und hinweg nahm.
7. Inzwiſchen, da nun die Sache wirklich alfo
ftund, forfihten auch die frommen und treuen Leh⸗
rer bier und dar nach den Uxfachen der aufhoͤren⸗
den Zeichen : Und weil diejenigen Gemeinen, fo
” von denen andern getrenner hatten, und mit
ectirifchen Namen beleget waren, genau auf der
Catholiſchen Orthodoxorum Lehre und Leben
acht hatten, auch ihnen oft, was an ihnen zu beſſern
war, vorhielten; ſo ſuchten ach Vermoͤgen
die Maͤngel und Gebrechen er und Zuhoͤ⸗
rer zu verdecken, und andere Urſachen der abneh—
menden Gaben anzugeben: Zumal da ſich etwa
die abgefonderte Lehrer und Gemeinen auch ſolcher
Wunvdergaben zu rüpmen anftengen : wodurd) ſich
die andern noch mehr bervegen lieſſen, die Noth—
wendigfeit und Nusbarkeit derſelben zu ihren Zei⸗
ten zu leugnen, oder doch niederzufchlagen,, Damit
jenen fein Vorzug bierinnen übrig blicb 4): Als
wo ihnen abermal zu ftatten Fam die Warnung
des HErrn vor der Verführung durch falfche
Zeichen und Wunder: welche Warnung aber die
eriten Chriften nicht abaebalten hatte, den wahr-
baftigen Wundern Glauben beyzumeſſen, va ihr
lauterer Sinn das Wahre von dem Falſchen durch
eine weife Prüfung wohl zu entfcheiden wußte.
Denn der Satan warf ihnen eben ſowol dergleis
hen Berfuchungen durd) ſolche Zeichen in den
Weg, welcher wegen fie aber dennoch die wahr:
baftigen Wunder nicht verwarfen.. Daß ich nicht
erwehne, tie die irvigen und abgefonderten Ge—
‚meinen fchon jedermann befannt genug waren,
und dahero auch mit ihren Wundern die Gaben
der wahren Ehriften nicht hätten verdunfeln oder
vermengen Fünnen, wenn die Kraft des Glaubens
und der Prüfung vorhanden gewefen ware. Chri⸗
if 3 ſtus
c) Homil. 33. in Matth. d) Vid. adu. Donatiſtas Augußin. lib. de Vnit. Esch. c. 16. et Tract. 13. in Ioh.
TER a Se en
ftus Hatte fie vor den falfchen Propheten und ihren
Zeichen gewarnet, aber nie befohlen, die wahr
=Faftige Deswegen zu unterdrucfen oder zu verach⸗
ten; vielmehr hatten die Auserwählten die herrli—
che Verheiffung, daß fie dennoch nicht follten ver»
fübret werden,
8. So geftunden fie nun zwar unfer fich, und
auffer dem Streit mit den Widrigen, gerne, ja fie
rühmeten ofte, daß annoch Wunderwerfe unter
den Chriften vorgiengen, und gaben einige Noth⸗
wendigkeit und Nutzbarkeit derſelben zu; wie ein
gelehrter Mann fehr wohl anmerfet e). Aber fo
bald es an ein Difputiren und Streiten gieng , wel-
che Partey beffer wäre, ward an dievorige Befennt-
niß nicht gedacht. Wir haben in den vorigen Ca⸗
piteln fo viel Lobfprüche der Wunderwerfe aus
Auguftino gehabt , daer fo ſehr bedaurer, daß mar
zu feiner Zeit fonachlaßig ſey, diefelben aufzuzeich-
nen und bekannt zu machen: Sa, er weiß oft nicht
Worte genug davon zu machen, wenn dergleichen
in feiner Gemeine gefhehen war. Hingegen iſt zu
verwundern, wie er in dem Streit rider die Do—
natiften alles wiederum übern Haufen wirft, nur
damit er diefen widerfprechen und feine Ausflucht
faffen möchte. „Denn er ſpricht: “Gefzst, daß ein
„Bruder oder Schwefter von uns etwa auch wa⸗
„hend ein fold) Gefiche gehabt oder im Traume
„gefehen. Weg mit diefen Gedichten der lügen-
„aftigen Menfchen und Zeichen der betrüglichen
Geiſter! Denn es ift entweder nicht wahr, was
„man faget, oder wenn unter den Ketzern etwa
„Wunder gefcheßen find , fo follen wir uns deſto
„mehr hüten, k). Womit er denn gleichſam alles
widerruft und zunichte macht, was er anderswo
von Wundern fo hoch gepriefen und zu merken be-
fohlen hatte. Solche und dergleichen Bezeigung
gegen die Thaten GOttes, wovor ſie gleichwol auf-
fer dem Streite erkannt wurden, Fonnte ja den
HErrn nicht reizen, fondern vielmehr zurück hal»
ten, daß er feine Hand nicht ausſtrecken noch fic)
mächtig beweifen mochte. Dazu noch die groffe
Unachtfamfeit und Verachtung bierinnen Fam,
darůber Auguftinus felber Elaget, und wuͤnſchet,
daß man fic) hinfuͤhro beffer darinne gegen GOtt
verhalten möchte g). Dann er wußte wohl, daß
es die erften Chriſten viel anders gemachet hät
ten, welche auc die geringfcheinende Werke GOt⸗
£es nicht übergangen, fondern ſich alles zu Nußz
gemachet hätten, obgleich auch unter ihnen bis-
weilen Rotten und Widerfprecher gewefen waren,
€) Pfannerus de Don. Mirac. Ecel. c. VI.n. 8. f) Auguflinus de Vnit. Ecel. I. c,
7.3. Don den fonderbaren Wundergaben der erften Ebriften,
Sintemal fie es vor unbillig gehalten, ein goͤtt⸗
lich Wort oder Werf um eines dazu Eommenden
Mißbrauchs oder Verfaͤlſchung willen hintan zu
fegen, viel weniger gar zu verwerfen. a, fie
brauchten eben diefe fonderbare Gnade des HErrn
zum Zeugniß Damals gegen die ungläubigen fals
fchen tehrer, und wußten fich viel Damit, daß
GOITT fich fo nahe zu ihnen thaͤte, wie die te:
fer aus ihren Schutzſchriften wider die Hey—
den und andern Urkunden deutlich werden ges
fehen haben. SL :
9. Es wird auch Fein Verftändiger leugnen,
daß die folgende Urfache, welche die Alten uns:
ter dem Berfall angeben, eben aud) zu dem
erften Zeiten müffe gegolten Haben , wenn fie
richtig und genugſam wäre gewefen, die Wuns
derwerfe aufzuheben. Nemlich wenn man vor-
gab, es gefhyahen deswegen Feine Wunder mehr,
damit fie nicht verächtlicy würden, wenn fie ſo
ofte geſchaͤhen; weil doc) nichts wunderbar fe
wenn es nicht felten oder gar nicht vorgehe hr
Alleine, obwol in den erften Gemeinen täglich,
wie Tertullianus zeuget, Teufel ausgetrieben
wurden, und andere Zeichen gefchaben, fo blie-
ben es dannoch und waren auch) in den Augen de-
ver, die es fäglich fahen, wahrhaftige Wunder,
weil es doch alles über die Natur und ihre Kraͤf⸗
fe war. Man vermengte auch im Anfang nicht
die andern Werke GOttes, fo er in der Matur
und doch nach ihren Regeln that, mit den auffer»
ordentlichen, welche den Menfchen ftets Wuns
derwerfe blieben , ob fie-fie gleich alle Augen»
blicke hätten feben follen ; meil nur dasjeni-
ge wunderfam it, deſſen Urfach man nicht wilfen
kann, und über unfer Vermögen und Einbildung
fteiget i). Zu geſchweigen, daß die Nachlaͤßig⸗
feit oder Verachtung der Wunder am allerwe⸗
nigften aus derfelben Menge entſtehet, fondern,
wie aus der Klage Auguſtini gezeiget worden,
aus der Menfchen natürlicher Verderbniß, wel-
che das, mas göttlich iſt, nie recht ſchaͤtzen
kann noch will , weil fie dadurch gedrungen
wird, fich felbit vor GOTT zu demüthigen,
und hingegen ihn alle Ehre zu laffen, wider die
Abſicht des Teufels in dem Fall des Menfchen,
da er GOtt mollte gleich werden,
10. Es flaget aber diefer Mann zu feiner Zeit
alfo über die Nachläßigkeit und Verderbniß der
damaligen Ehriften, wenn er geſtehet, wie es an
die⸗
g) Lib. XXI. de Ciu. Dei
& 6. ct alibi. h) Augwfinns lib. de Veilit. Credendi cap. 16. i) Ibid. c. 6 i
*
dieſer allein lige, und nicht an GOtt * keine
Wunder mehr ſo bekannt wuͤrden. “&sge chehen
„ja jego noch Wunderwerfe, weiche eben derſelbe
Go0it thut, durch welche er will, der auch Diejeni»
„gen gethan hat, die wir lefen. Aber jene werden
„nicht gleich alſo bekannt, (wie die alten/) auch nicht
durch öfters Wiederholen fo fleißig wiederholet,
ame fie in frifchem Gedächtniß blieben. Denn
„auch da, wo man noch darinne emſig iſt, daß man
„die Berzeichniffe vor dem Volke abliefer, wie wir
„bey uns angefangen haben, da hören es Diejeniz
„gen etwa einmal, die zugegen find, die meiften
„aberfind nichtda, alfo, daß auch die, fo es gehöret
„haben, nad) etlichen Tagen nicht mehr willen,
„mas fie gehörethaben. Ja, man finder faum ei:
„nen, ber es dem andern wieder erzehlen Fünne,
„welcher nicht zugegen gewefen,, k). Sin diefen
Morten ſiehet man theils die ernftlicye Anſtalt, die
Wunder GOttes der Gemeine bekannt zu machen,
indem man fie öffentlich abgelefen und erzehlet;
theils die groffe Traͤgheit der damaligen Chriſten,
da fie nicht einmal folche herrliche Begebenheiten
über den andern Tag behalten und wiederholen
koͤnnen, ungeacht der Menfch fonft in feltfamen
Dingen noch aufmerffamer iſt. Weldyes Be-
kenntniß wohl zu merfen iftbey denen andern Urſa⸗
chen, die fonft angeführet werden ; indem daraus
klar zu fehen, “daß nicht GOtt und fein unver-
„anderliches Wefen, fondern der Menfchen Linz
„dank, Fahrläßigfeit und daher entitehender Un—
„glaube Schuld 8 an der Abnahme und Aufhoͤ⸗
„rung der Wunderwerfe,
i. Was ferner die vorgegebene Lirfache anlan-
get, welche bey dem Verfall disfalls angeführer
ward, daß nemlich die Kirche nunmeßro gepflan⸗
t und in dee Welt ausgebreitet wäre, und man
ihrer dahero nicht mehr bebürfe; reichte diefelbe
auch nicht allenthalben zu, Denn erftlich geftun-
den fie gerne, daß eben nicht alle Wunder aufge-
hoͤret hatten; wie einer ausdrücklich geſtehet, und
feine Worte, die im 9. $. angeführet worden, alfo
erklaͤret: Dieſes habe ich alfo gefchrieben, nicht
„daß nunmehr gar Feine Wunder gefcheben follten,
„ſondern weil niche fo groffe und alle Wunderwer-
„fe gefcheben,„, 1). em, wenn er andersmo
fehreibet , “es fen zwar wahr, daß die erſten Wun-
„der aufgehöret haben, als, daß fein Getaufter
„mehr mit den Sprachen aller Völfer rede, daß
„die Kranfen nicht durch das Vorbeygehen der
„behrer gefund würden u. ſ. w. Aber (feger erdas
7. Cap. Don der Abnahme derer Wunderwerke und derfelben Urſachen.
u“
783
„uu,) dieſes iſt nicht alfo anzunehmen, als ob man
„glaube, es gefchehen nun Feine Wunder mehr in
„Chriſti Namen. Denn es gefchehen ihrer fo viel
„auch zudiefen Zeiten, daß wir fienicht alle wiſſen,
„noch die wir willen, erzehlen fönnen,, m), Wor—⸗
inne denn nun Die $ehrer Durchgehends bis auf uns
feve Zeiten einftimmen, und dann und wann noc)
rechte wahre Wunder zulaſſen o). Dabero noth⸗
wendig diefelben noch andere Abjichten haben müfs
fen auffer der Befehrung der Ungläubigen, als
welche nach ihrer Meynung nun vollig vollbracht
ſeyn foll. Denn weil ihrer Bekenntniß zu Folge
vergleichen noch geſchehen, GOtt aber nicht das
geringfte in der Natur, geſchweige uͤber diefelbe
ohne gewiſſe Urfachen und Abfichten thut; fo müfs
fon die Wunderwerfe auch in der erften Kirche
und durchgehends noch andere Wirkungen, als die
Bekehrung der Heyden, gehabt haben, nemlid) die
Stärkung der Gläubigen nach des HEren Wohle
gefallen, die eberzeugung der Heuchler, die Schres
ung der Gotelofen, die Erlöfung der Elenden;
denn wozu wären fonft, zum Erempel bey dem tes
ben Auguftini, fo viel Wunder gefchehen, da er doch
fo oft ſchreibet, die ganze Welt fen bekehrt, wenn
GHDre nicht diefe Abfichten dabey gefuchet Hätte ?
Sa, wenn nur der Preis — damit erhal⸗
ten worden iſt, alſo, daß unte nigen Froͤm⸗
men zu den verderbten Zeiten aube und Ge⸗
en gegen GOTT gewachfen 5; fo ward vie
ucht folcher Thaten GOttes uͤberſchwaͤnglich,
und konnte niemand mit Wahrheit ſagen, daß
dieſelben umſonſt oder unnoͤthig wären.
12. Ueberdis werden wir im legten Buch unter⸗
fuchen, ob und wie ferne die ganze Welt damals
vor befeßre zu halten geiwefen, oder nicht. Am—
brofius laßt nicht einmal den Schluß gelten, wel
chen andere machten, daß die Wunderwerke allein
und fchlechterdinges zur Bekehrung der Unglaͤubi⸗
gen nöthig wären, Dabey er auch geſtehet, daß
noch viel Bölfer zu befehren wären, und Durch der
anderen Anführung zu Chriſto müßten gebracht
werden. Denn er fchreibet alfoz “m Anfang
„mußten Wunder und Zeichen gefcheben, damit die
„Gruͤnde des Glaubens befeſtiget wuͤrden. Nun⸗
„mehro iſt es nicht noͤthig, weil ein Volk das an⸗
„dere zum Glauben bringet, wenn man ihre gute
„Werke und einfältige Predigt ſiehet, o). Wor—
aus wir ſehen, daß er zur Ausbreitung des Worts,
die er damals noch vor noͤthig achtete, ein erempla-
riſches geben und einfältige Verkündigung des Ev-
anges
k) Tdem Ii b. XXII. de Cinit. Dei cap. 6. I) Auguflinus lib. I. Retr. c. 14. m) Ibid. c. i i
raculis P licorum Gerhardus Loc. de Eccl. n. 286. Salzmannus in Sengularibus PARMA FL,
Miraculis Aug. Conf. etc. 0) Ambrofius Comm. in ı Cor. XIL
.
734
angelit forderte. Welches, ob es damals und wei-
£erhin alfo in der Chriſtenheit gefunden worden,
anderswo unterfuchet wird. Hier füge ich nur
noch von Auguftino diefes bey, daß gleichwol zu
feiner Zeit, auch noch nahe bey den Ehriftlichen Oer⸗
fern, ganze Städte und Sänder voll Heyden gewe—
fen, zu geſchweigen, daß mitten unter den Ehriften
noch unzählige wohneten, wie aus feinen Büchern
von der Stadf GOttes, und andern Schriften be>
kannt iſt. Mun ftieffen ſich die damals lebenden
Heyden eben daran, daß fie Fein Wunder mehr
unter den Ehriften merften , welche zuvor fo haufig
follten geroefen feyn. An ftate aber, daß diefe
Die rechten Urſachen eröffnen ſollten, und den Men-
fchen beymeflen, was die Ungläubigen GOtt zu⸗
fchrieben, und gerne hätten befennen follen, daß
die erite Glaubenskraft fehr abgenommen Habe,
weil die Menfchen den Fußftanfen Eprifti nicht
mehr fo treulich folgten; fo ehaten fie das Gegen-
theil: Nemlich fie gaben dasjenige vor unnöthig
aus, welches fie doch felbft zugleich mic vielen
Erompeln beftätiget, daß es nod) im Schwang
wäre p). 1 j
13. Den unzeitigen Fürwig und Unglauben der
ften fie mit geoffem Recht, weil die
meiften nicht. aus herzlichen Verlangen, der Lehre
gehorfam zu werden, nach Wundern fragten wie
Paulus von den Juden Flagte, ı Cor. 1, 22, Und
jotchen gelte die fcharfe Antwort: “Wer nod)
„zeichen und Wunder ſuchet, Dadurch er glauben
„möge, der ift felber ein grofles Wunder, weil er
„nicht glauben will, da die Welt glaubet,, g).
Und eine anderes Die Zeichen müffen dem Glau⸗
„ben gegeben werden, nicht der Argliftigfeit, man
„muß fie Gläubigen geben, nicht denen, die nur
verſuchen, und zwar zum Heil dem, der fie ver-
„langet, nicht zur Schmach deffen, Der fie thut
. „(nemlich GOttes),, r). Angefehen es billig vor
"eine Schhmähung der göftlichen Majeftär ausgele-
get ward, wenn ein Unglaͤubiger entweder gar nie-
mals einen Borfag hatte ein Ehriftzu werden, und
gleichwol Zeichen von den Ehriften zum Beweis
“ihres Glaubens forderte, oder wen er aud) feinen
Borfas ſich befehren zu laffen auf diefe unnoͤthige
Bedingung fester Wenn ich erft Zeichen und
Wunder fehe, fd will ich glauben ; welc)es
Chriſtus dorten den Unglaͤubigen vorbielte. Die-
fe und vergleichen verfeßrte Leute trieben die Glaͤu⸗
bigen billig zurücke , und verwieſen ihnen ihre Bos⸗
heit, wie fie nie recht Luſt hätten fich zu GOtt zu
p) Augufiinus de C.D. ib. XXI. c.8. g)Lib. de C.
hom. 35. in Matth. t) Gregerius Nyfenus Or, de Vita Mofis.
7. B. Von den fonderbaren Wundergaben der erften Ehriften.
wenden, weil fie fid) eben damit verrierhen, da
fie erſt nach Wundern und Zeichen fragten, und
nicht eher GOtt gehorfam werden wollten, ob fie
wol als feine Creaturen allezeit dazu hoͤchſt vera
bunden wären,
14. Moch viel weniger aber & Rai
der Wunder denen, die fid) vor Chriſten ausge
einen Vorwand, daß fie nicht wahrhaftig
von Rechts wegen beffer unterrichter ſeyn, daß fü
ihrem GOtt und Bater von felbft durch die a
ſprechliche Wunder ihrer erſten und andern oder
neuen Schöpfung verbunden wären, in allem oh⸗
ne Bedingung oder Ausnahme zu gehorchen, er
möchte ihnen nun neue Zeichen vorlegen oder nicht.
Sa, diefes follteeben “ein geroiffes Zeichen ihres red-
„lichen Herzens und brünftigen Liebe zu GOTT
„ſeyn, wenn fie GOtt ohne folche Pfänder Glau⸗
„ben zuftellten,, s), Bey dem Ueberfluß fo wun⸗
derbarer Werke fey es eben feine Kunfk, fozufagen,
an Chriſtum glauben: Aber nicht Ken und
doch glauben habe der HErr vor eine Seligke
gehalten, die alleandere weit übertreffe. Ein an⸗
ders fey aber, wenn dem HErrn felbit, ohne der
Menfchen Fordern, nach feiner Weisheit und Güte
gefalle, Zeichen und Wunder zu thun, da freylich
alles in Demuth und mit Danf erfannt und ge-
brauche werden mülfe. Denn fo bleibe man auf
fer der Gefahr GOtt zu verfuhen, und nehme
von feiner Hand an, was erdarreihe. Im uͤbri⸗
gen blieben diefe herrliche Srüchte der Wunder:
werfe fodann gefegnet und»unter Gläubigen ges
wiß, daß nemlic) Durch diefelbe nicht allein “Die
„Feinde überwunden würden, fondern auch die
BGlaͤubigen befeftiget und verwahret, die Fremd⸗
„ünge danieder gelegt, die Chriſten aufgerichter,
„Summa, jene, die Böfen, würden dadurch zer-
„ſchmettert, die Frommen aber vermehret und ge—⸗
„beſſert, 1), Und dieſe Wirkungen: würden ſich
auch jederzeit bey den Gottſeligen auflern, fo ofte
etwas aufjerordentliches bey ihnen gefchehe, als
über welche der HErr ein Aufſehen fonderlich Babe,
damit ihnen alles zum beſten mitwirken müfle-
15. Darinne fonderten fie fich nun, als Durch ei-
gene vom HEren empfangene Privilegiaund Frey⸗
heiten, von den Ungläubigen ab, daß die wahrhaf⸗
tigen Wunderwerfe famt ifren von GOtt beyge⸗
legten Wirkungen und Mugen allein den From»
men wahrhaftig eigen blieben, und fie ihm —
Bott:
D. 1. c. rn) Betr. Chryfolog. Serm. ır. 9 Chryfoffomss
lan
ben und gehorchen möchten. Denn diefe follten
I.)
1
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Gottloſer und Unglaubiger zueignen fonnte. Denn
da der HErr felber gewarnet hattevor den Zeichen
der falfchen Propheten, Mattd. 24, nr fein
Apoſtel 2 Thefl. 2, 9. fie erklaͤret und offenbaret,
welcherley diefelbe feyn würden, nemlich luͤgen⸗
baftige Kraͤften und Zeichen und Wun-
der, und zwar nach der Wirfung des Ga
fans, welche die erleuchteten Rinder GOttes wohl
kennen lerneten, und Deswegen eben von ihrem
eiland Eräftiglich unterrichtet, auch durch feinen
ift nachgeßends treulich geleitet und bewahret
werden follten, alfo, daß es nicht möglich ſeyn
würde, daß die Auserwählten durch folche —*
Zeichen verfuͤhret werden würden. Was aber die
erwehnten Wundermwerke der Jerigen und Keßer
betrift, ward zuförderft von den Rechtglaubigen
—— daß noch viele gute Herzen unter
nen wären, Die entweder nicht anders in ihrem
Gewiſſen überzeuger feyn Fönnten,oder auch an dem
ärgerlichen geben vieler Heuchler in dev Gemeine
fi ftieflen: Und ducch foldye war esja wohl moͤg⸗
idy, daß ein und ander wunderbares Work ver:
richtet wurde. Ueberdisgeftunden die tehrer auch
gerne, daß bisweilen ein ſolch Wunder nicht durch
den Glauben deffen, dem es von Menfchen zuge-
fchrieben würde, eigentlich gefchehe, fondern viel-
mehr durch) den, der es genieffe, und zuvor von
Gott im Gebet und Glauben erhalten babe, wie
fie ausdrücklich davon fchrieben: “Die Wunder-
„werke gefcheben oft nicht durch) die Kraft deflen,
„der fie fehen laffer,daf, zum Erempel, einer gefund
„gemacht wird, fondern Durch den Ölauben deffen,
„der zu ihm fommt.® Denn es ſtehet gefchrieben :
„Dein Glaube hat dir gebolfen„. Und festen
noch diefes Bekenntniß dazu : *Es iſt auch diefes
„wohl zumerfen, daß viel Irrglaubige viel Arbeit
„dem HEren aufgeopfert haben durch die Lebun-
„gen, und haben diefes von GOtt in dieſer Welt
„zum Sohn empfangen, daß fiedie Gabe gefund zu
„machen und zumweiffagen geßabt,, v). Daßman
alſo allerdings wahrhaftige und von GHDte felbft
gewirkte Wunder denen Kegern zugeftanden, und
dennoch dadurch die andern denen Rechtglaubigen
nicht benommen hat,
16, Indeſſen erinnerten fie fich auch gar wohl,
daß dieſe Gaben Feine ungerechte und dem Herrn
entgegen laufende Sache der Lehre rechtfertige,
Erembei der Glaube, wennerlebendigfen, al»
ein vor GOtt durch CHriſtum gelte, wovon oben
im erſten Cap. etwas gedacht worden. Die Juͤn⸗
BEE ——
7. Cap. Von der Abnahme derer Wunderwerke und derſelben Urſachen.
785
ger des HErrn mußten fich nicht fo viel über folche
ihnen verlichene Wundermacht freuen, als dat«
über, daß ihre Namen im Himmel angefchrieben
waren, $uc.10,20, und der HErr würde auch an
feinem Gerichtstage nicht nachfragen, wer in feiz
nem Namen geweiffaget oder Teufel ausgetrieben
und Thaten getan habe; fondern wer den Glaus
ben durch) dietieberhätig ſeyn laflen, Matth. 7, 22.
23. Drum mangelte es auch darinne nicht an Er⸗
innerung, wodurch die Wunderthäter vor Hoffare
befchirmet wurden x). Und eben die Hoffart war
die gröffefte Urfache, warum der HErr nachges
bends ſeine Gaben zurück zog, weil die meiften dar⸗
uber ftolzierten, und bey angehender äufferlicher
Ruhe unter Conftantino und ferner ficher wur—⸗
den, dieandern verachteten, Unruhe, Streitund
Widerwaͤrtigkeit anfiengen, und alfo eines mit
dem andern verloren, Weswegen aud) noch füs
dann die Berftändigen fo eiferig aufdie Hebung der
Gottſeligkeit drungen, und freulic) warneten, daß
ein jeder in feinem Beruf und Schranken, wie
ihn der HErr füßrete, bleiben follte, was aber GOtt
dabey auffer der Drdnung ehäte, müßten fie in Des
muth annehmen, und ihm wiederum aufopfern,
nicht aber ihnen oder andern Creaturen zueignen.
Sm übrigen zeigten fie, wie der HErr dennoch dar⸗
inne Wunder genug thäte, d Sünder bes
kehrte, undgleichfam geiftlich Kranke und Todte
wiederum gefund und lebendig machte: Worinne
fie es ohne Zweifel gut meynten, unddes HErrn
Gnade dadurch zu erheben fuchten.
17. Indem fte nun alfo vedeten, zeigten fie zus
gleich, wie eben diefes fein unfehibares Kennzeis
chen der wahren Gemeine GOttes fen, daß immer
Wunder darinnen gefihehen müßten. Wiehinge:
gen dergleichen Thaten auch nicht denen faͤſchen
Ehriften, viel weniger denen Unglaubigen zuges
ftanden wurden, indem ihnen gezeiget ward, daß
alles, was auch unter folchen gefchehe, gleichwol
alleine der göttlichen Kraft zugefchrieben und der
Ehre des Allerhoͤchſten überlaffen werden müffe:
und daß dahero die Ungerechten ihnen fo wenig
folche Dinge zueignen Fönnten, als alles andere
Gute, fo nody unter ihnen übrig ſeyn mochte, bey=
derley Fönne fie weder vordem alifehenden Herrn
noch vor erleuchteten Augen feiner Kinder rechtfer⸗
tigen. Ya,"der HErr JEſus verdamme der falz
„then Propberen Betruͤgerey und der Heuchler
„ihre Verſtellung, welche ihre Ehre in der Kraft
„des Worts ſuchten, in Weiffagungen, Bortreis
Ggs 99 „bung
0) Athanafıus Queft. ad Antioch. qu. 110. x) Ita ſæpe Chryfaf. hom. 33. in Matth. ib. hom 47. et hom. 40 ·
in Act. Augufl. Tr. 2. in Iok. Græger. M. kom, 29. in Euang. Auct, VitzFulgentii c. 26. aliique,
#.
786
„bung der Teufel und dergleichen Werfen mehr.
„Sie hofften daher das Himmelreich, gleich als ob
„etwas davon ihnen als ein Eigentfum zufäme,
„was fie thäten undredeten, und als ob nicht alles
„die angeruffene Kraft GOttes vollbringe: Wenn
„fie, zum Erempel, durch vieles Leſen eine Wiſſen⸗
„ſchaft erlangten, wenn der Name EHriftidiebö>
„fen Geifter austriebe. Vielmehr muͤſſe et:
Wwas ihreigen werden, wodurd) fiedie felige Ewig⸗
Fkeit erlangen könnten, daß fieden bimmlifchen Ge:
„boten von ganzem Herzen gehorfam, und in fol
„chen Pflichten dem HErrn befannt würden und
„feinen Willen ehäten, nicht aber fic) deflen als
„ißreseignenrühmeten, was er vermöge zu thun ;
„weil doch der HErr die von fich ftofle, welche
durch ihre Sünden ſich von feiner Erfenntniß ab-
„bielten,,2). Alfo war diefes ihr völliger Schluß,
auch zu der Zeit, da die Wundermwerfe noch fehr
gemein waren: “Es ifteine hohe und wunderbare
Sache, wenn einer weillaget, Teufel austreibet,
„und viel Kräfte aufder Erden erweiſet. Jedoch
„erlanget derjenige das Himmelreich nicht, wel⸗
„her darinnen gefunden wird, wenn er nicht in
„den eg der Gerechtigkeit und Wahrheit einher⸗
gehet. Denn es werden viel zuihm fagen an jenem
»Zage: Hab ich in Deinem Namen geweif-
„faget, u.1. Er aber wirdden Uebelthaͤtern be-
„eennen: Ich habe euch noch nie erfannt, Match.7,
„22.23. Darum muß man feinen Geboten und
„Erinnerungen folgen a).
18. Diefem nach war bey erleuchteten und gottes⸗
fürchtigen Seelen je und allezeit das einige Noth-
wendige ihreerfte und fürnedmfte Sorge, welches
7. d. Don den fonderbaren Wundergaben der erften Ebriften.
ug ne + wu
NE ——
ſodann auch nicht konnte von ihnen genommen wer⸗
den. Dabey mochte fie weder Liſt der Feinde noch
Schrecken aus isrer Beftung fällen machen : Sie
waren in EHrifto gewurzelt und gegründet, und
durch das Sicht feines Geiftes viel zu verftandig,
durch feine Fuͤhrung viel zuftarf in dem HErrn,
als daß fie auf Mebenwegen immer geben, oder
darauf umkommen hätten follen. Die Treu
Allmaͤchtigen bewahrte fie, und der Arge durfte fie
nicht antaften: Es mochte fich alfo unter ihnen be⸗
geben, wasdamollte, fo Fonnten die Auserwaͤhlten
nicht verführet werden ; indem fie auf den Wegen
dessebens unanftößig fortgiengen. Darumbieß
es bey ihnen: Der Wille und die herzliche tiebe zur
Gottſeligkeit ift genug, auch die Kräfte der Apoftel
zuerfangen. Denn den Satan fehmerzt esmehr,
wenn er eine Geele von Sünden befreyet fieher,
als wenn er aus einem $eibe ausgetrieben ift; weil
feine größte Macht in Fortpflanzung der Sünden
beftchet, welchezutilgen CHriſtus am Galgen ges
hangen hat. Wer num die Sünde entfräfter hat,
der hat alle Macht des Satans abgefchnitten, und
ein Zeichen gethan, das gröffer ift, als alle Wunder⸗
werfe. Alſo mußten nun dielieben Alten zu allem
und bey allem gefchickt feyn, von der Hand des
HEren anzunehmen, was er ihnen darreichte, und
ihn in allem zu preifen. Weswegen auch der guͤ⸗
tigſte Vater nicht unterließ, ihnen zuweilen einen
Blick ſeiner Allmacht auſſer der Ordnung zu zeigen,
und damit zu erkennen zu geben, daß ſeine Hand
nicht gebunden, und ſeine Kraft noch ſey wie vor
u. , ja auch ferner ſeyn werde in alle Ewig«
eit.
z) Hilarius can. 6, in Matth. a) Cyprianus lib. de Vnit. Ecclef. n. 13.
Ende des Siebenten Buchs.
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et,
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7837
ter und nach Conſtantino M. bonderer
Von dem Abfall der Chriſten fuͤrnemlich un⸗
| |
ten Lauterkeit.
—* Das 1. Capitel,
Vondem beſten Zuſtand der erſten Gemeinen unter
= dem Kreuz, S
j GSummatien.
Hier vonder erſten Reinigkeit im Glauben und Reben: $.1. Herrn Cave Mennung von der rechten Natur des Chriffen:
thums entiernet der Zweck des folgenden. 2.
Antwort; 3. Dbiger Pflichten Solace. 4. Inrechte Gedan
Was en nöthig. Die Pflichten eines wahren Hiforieiz Einwurf,
edanken der Bernunft von der wahren Seligkeit; die erften und wab:
ren Christen dem gam entgegen; GOttes meifer Rath bierbey. s. Die Nachfolge des Kreuzes TE 5
feiner Jünger; äufferliche Gluͤckſeligkeit ein Kennzeichen der Gottlofen. 6.
q Kreuzes TEN ein wahres Kennzeichen
i ( t Groſſe Seligkeit bey uzſtande; Zetig:
niß davon. 7. Warum die Glaubigen unter dem Kreuz das meiſte Gute empfangen. 8. Qu gen murden die
Aauihier offenbar ; 9. Die Koftbarfeit und Stärke des Glaubens wurde fund; die eriten Rebrer ſuch
eriplaungen einen
orzug vor den andern: 10. Chriſten fuchen und finden ihre größte Freude und Ehre im Kreuj. Was der Kirchen blübender
inwurf⸗ Antwort: Nie mehr wahre Slaubige als unter den nraufamiten Ver -
tolgungen: 12. Je mehr Matter, je mehr Glaubige: Gleichniß 5 13. Zeugmiß davon. 14. Der erfien Chriſten innwendige Se-
ligkeit; der Glaube fichet das Wachsthum unter dem Druck, micht die Vernunſt; ı5- Trübjalzeiget, wer zur wahren Gemei⸗
ne JEſu gehöret oder nicht ; auch unter den drey erften Geeulis einiger Unterfbeid. 16,
. Zuftand fen, nachder Heuchler Worgeben: 1. €
$.
Abbildung der erſten Chriſten an fich felbft
bisher geſchehen; iſt nichts ni übrig,
als daß nun endlich aus Denen folgenden
Zeitendargerhan werde, wie die Menſchen nahge-
penbe vonder erften Reinigkcit im Glauben und te:
enangefangen abzugehen, und dann immer weiter
von der Wahrheit in EHrilto entfernet worden, bis
endlic) der völlige Abfallerfolget. Es ift fonft ei»
ne fehr gemeine und bewaͤhrte Regel, daß eine Sa-
che aus ihrem Gegenſatz gruͤndlicher und deutlicher
erkannt werden möge; und dieſes laffer fich fonder:
ich auch) in hiſtoriſcher Erkenniniß der alten Bege⸗
benheiten mit-groffem Mugen anwenden. Da:
mit nun alfo auch die dargelegte Befchreibungder
erften Chriſten deſto Flärer in die Augen falle, Mol:
fen wir gleichfam demfelben gegenüber das Bild
der verfallenen Chriſten feßen, und dabey Fürzlich
zeigen ‚-mwiediefes fo gar von dem vorigen abgebe,
dab es demfelben in keinem Stücke mehr ähnlic)
J
ii
s
&
⸗
ev
x
Emnach die eigentliche Borftellung undgebefunden werde. Diefes aber
I,
gefchiehet aus fehr
wichtigen Urfachen und folchen — — Sa
der dem GOtt der Wahrheit und Heiligkeit ſelbſt,
noc) einem wahrbeitliebenden und verftändigen
Menfchen entgegen feyn konnen. Denn diefes iſt ein⸗
mal unter den Gelehrten gewiß und ausgemacht,
daß die Gemeinen nach den erftenZeiten allerdings
in einen andern Stand gefeget werden, als dar:
innen fie zuvor geweſen: bleibet alfo fürnemlich
Digg Frage: wenn eigentlich diefe merfliche und
bauptfächliche Veränderung in der alten Chriſten.
beit borgängen fey, (denn von dem geringen und
heimlichen Anfang derfelben ift nicht eigentlich
die Frage,) und wie diefelbe nach der Wahr:
beit ſowol des rechten Chriſtenthums ſelber, als
auch der Hiftorie anzufehen und zu ſchaͤtzen fey ?
2. Der Herr Cave will mit vielen andern durch»
gehends in feinem erften Chriſtenthum undandern
Schriften diefes Hievon feſte fogen, daß der erfte
Gga 992 Ya
-
—
78
Zuftand der Ehriften unter den Berfolgungen in
ißren und anderer Augen ganz elend und erbaͤrm⸗
lich und unglücklich, Bingegen der andere nach den
Verfolgungen unter der aufferlichen Ruhe und
Gluͤckſeligkeit herrlich, heilig und felig fen. Hiezu
aber finde ich keine andere Gruͤnde in allen ſeinen
Schriften geleget, als Diejenigen, welche ſowol
von der rechten Natur des Chriſtenthums insge⸗
mein, ‚als auch infonderheit von dem lauferen
Sinn der erften Chriften entfernee find; ja nicht
allein von der erften Chriften Bekenntniſſen, fon
dern auch der folgenden aller, fo viel ihrer noch am
rechten lebendigen Glauben blieben. Denn von
jenen möchte jemand etwa argwohnen, fie häften
den bedrängten Zuftand unter den Berfolgungen
deswegen vor gut und herrlich ausgegeben , weil fie
feinen andern damals gehabt: So aber ftimmen
alle und jede wahre Ehriften bierinne mit den
Schriften der Apoftel völlig überein, wie bald fol:
gen fol. Maſſen ich nunmehro, ehe ich zur fon-
derbaren Erzehlung von dem Zuftand der folgen-
den Gemeinen fhreite, zuvor überhaupt aus der
völligen Harmonie der Alten insgemein zeigen
will, theils, “daß der befte und fürtreflichfte Zu-
„ſtand der Gemeinen unter Kreuz und Liden ge
„ivefen, und daß dieſer am meiften zur Erhaltung
„und Ausbreitung derfelben geholfen, theils auch,
„und im Gegenteil, daß Die Aufferliche Ruhe,
Gluͤckſeligkeit und Pracht nicht allein nicht nüße,
„fondern auch höchft ſchade, und daß dahero folg-
„lich unter Conftantino M. und den folgenden
„Kanfern die Gemeinen nichts weniger als glück-
„lich und ruhig gewefen feyn, und diefes zwar theils
„nad) allen Gliedern felbiger Kirchen, der Dbrig-
„efeit, Unterthanen und Lehrern, theils nad) denen,
„reiche als Reßer und Irrige entweder mit Recht
„oder Unrecht daraus geftoffen worden„. Diefe
Saͤtze insgemein feheinen zwar der Bernunft und
dem fleifchlichen Sinn fehr ungereimt, parador und
den gemeinen Meynungen entgegen: Ich über:
laffe aber diefelben einer gottsfuͤrchtigen und reifen
Ueberlegung erleuchteter Gemuͤther, fonderlic) de-
nen, diein der Praridererften Öemeinen erfahren
find, und bin im übrigen meines Dres vondi@er
Wahrheit nach möglichfter Unterfuchung und Zus
fammenbaltung der alten Zeugniffe gnugfam be=
ftärfer.
3. Es wird aber bey Ausführung diefer Sachen
unumgänglich nöthig fenn, daß man die Reden
und Thaten der verfallenen Chriſten eben fo deut⸗
lich und unverdecft vor Augen fehe, alsinder Ab-
bildung derer wahren Chriften geſchehen. Wie:
a) Io. Zeunclanius Apol. pro Zoſimo
%“
—4 a “Rn —
8. B. Von dem Abfall der Chriſten von der erfien Lauterkelt.
wol ich garnicht verfprechen Fann oder will, daß ich
alles und jedes nach allen Umftänden, ohne einzige
Uebergehung dieſes oder jenes, vortragen werde.
Die Geſchichte, Worte und Meynungen, melde
hieher gehören, find fo unzählig und mannigfal-
tig, daß fielängere Zeit und mehrere Huͤlfsmittel
brauchen, wenn fie ausführlich befchriebenwerden -
ſollten, als ic) hierbey gehabt habe. Dahero er-
warte der Leſer nur foviel, als zum Flaren Beweis
obgedachter hiſtoriſchen Wahrheiten noͤthig ift :
Das übrige werden vielleicht andere nach diefem
gemachten Anfang völlig ausführen. Er erwar⸗
te aber nichts anders als hiftorifche, wohlgegruͤndete
und aufrichtige Nachricht von dem Verderb, wie
er in der Chriftenheit zuden gedachten Zeiten nach
einander fich in allen Ständen geäuffert hat. Bil
de ihm aber nicht ein, als ob die vorgetragene
Wahrheit eine Schmäßung oder Berleumdung
derfelben Leute fey, fondern erinnere fich aus den bes
FanntenXegeln und Pflihtender Hiftoricorum,
daß man nicht alleine befugt fey die Perſonen zu lo⸗
ben, fondern auch, mo es noͤthig und der offenbaren
Wahrheit gemäs, ihre Lafter nicht zu verſchweigen.
Denn wie diefes aus der Einftimmung der Ber:
ftändigen und Gelehrten befannt ift, alfo erinnere
mich bierbey der Elugen Rede jenes fürtreflichen
Hiſtorici, Darinnen er einen andern entfchuldiger,
welcher eben von den Saftern der erften Ehriftlichen
Kayſer frey und ungeheuchele gefchrieben hatte.
Der denn unfer andern Diefes ſetzet: «Es heiße
„nicht, tie es etliche boͤslich auslegen, Die from⸗
„men Potenfaten unverſchaͤmt anbellen, fondern
„ibre Geſchichte nach der Wahrheit anzeigen.
gen wenn man die Sache recht bedenfer, ſo iſt
„oiefes nichts anders, als Die gegenwärtigen und
„fünftigen Dotentaten erinnern, Daß fie bey der
Profeßion der Chriftlichen Neligion niche foviel
Freyheit ſich nehmen. Spricht man, manmuß
„jazufeben, daß man diejenigen durch das Tadeln
„richt niederſchlage, die man etwa kaum Durch den
Ruhm erhaben hat. Als wenn nemlich Con—
„ftantinus, Theodoſius und andere nicht anders
„‚gelobee werden koͤnnten, als wenn man alle ihr
Thun billiget: Oder als wenn nicht vielmehr dar⸗
„aus eine Redlichkeit zu fchlieflen ware, wenn ei⸗
„nerdie Gebrechen, fo ziemlich indie Augen fallen,
„nicht übergeher,, a). And in diefem Ausfpruch
find nun die Berftändigen einig, indem fie aud)
nod) näher zuunferm Vorhaben fommen, und fas
gen: „Es iſt ganz glaublich, daß auch ſonſt guten
„seuten Laſter angehaͤnget haben, die ein wahrhaf⸗
„tiger Hiſtoricus mit gutem Gewiſſen nicht vers
„ſchwei⸗
„ſchweigen kann. Denn ihm ſtehet zu, auch nad)
„der Heyden Meynung, daß er ohne Furcht, ohne
Zwang, frey und unbeherrſchet ſey. Wenn er
olchen Muth und Freudigkeit hat, ſo muß er die
Wahrheit ohne Anſtoß gegen alle fagen b).
4. Ferner iſt mit dieſer Pflicht unzertrennlich
verfnüpfet, Daß von denen vorgebrachten Ge—
fchichten nach der Wahrheit und aus Zuſammen⸗
baltung der dahin gehörigen Kegeln derfelben
Urfachen, Gelegenheiten, Mittel und Abfichten
dargeleget werden, woraus jedermann erfennen
koͤnne, ob fiezu loben und nachzuthun fenn, oder
nicht. Und dieſe Artdes Vortrags finder ſich auch
bey denen biblifchen Hiftorien, und wird von de:
nen andern bey geift- und weltlichen Erzehlungen
durchgängig in acht genommen. Gleichwie nun
bey der gefchehenen Abbildung der erften Ehriften
diefes nach Gelegenheit gefchehen: alfo muß es
auch bier, und zwar oßne einige Partenlichkeit, fort
gefener werden. Wesmwegen nicht alleine zuvor
rühret und mitgenommen worden, was in den
folgenden Zeiten dem Chriſtenthum gemäs ges
wefen, fondern es wird aud) ferner Bier und dar
niche übergangen werden. Daraus der unpars
teyifche Sefer erfennen wird, daß man gehörige
und mögliche Befcheidenheit gebrauchet. Wel-
chen Weg auch fünften die Iheologi und Hiſtori—
ei insgemein gehen, wenn fie die Fehler der Kir:
chenvater entdecken; indem fie dabey immer bes
zeugen, daß fie es gerne unterlaffen wollten, wenn
esißnen oßne den Schaden ihrer und anderer Se:
ligkeit frey ſtuͤnde ce): Es fen auch nicht ihre Mey-
nung, als wenn fie diejenigen ganz verachtesen,
derer Jrrthuͤmer fie etwan anzeigten d): Go
fage man auch von diefen oder jenen Verbrechen
nicht deswegen, daß man ihnen ihren guten Nas
men abfihneiden wolle, den fie etwan noch in an⸗
dern Dingen hätten, fondern nur, damit fich an-
dere dafür huͤten lerneten e). Geſetzt aber, daß
bey folchen Borftellungen der hiſtoriſchen Wahr-
heit von den gemeinen Meynungen bisweilen ab-
gegangen würde, fo wird Doch diefes in dergleichen
biftorifchen Sachen allenehalben vor zuläßig er»
Fannt, alfo daß es niemand mit einigem Recht ta=
deln kann, wenn man darinne eine Sache in Zwei⸗
fel ziehet, ob fie gleich lange Zeit vor wahr gehal:
ten worden f).
5. Damit ich aber zur Sache felber komme, fo
iſt zuförderft nicht zu verwundern, daß fehr viele
1. Eap. Don dern beften Zuftand der erften Chriften unter dem Rreus.
789
Gefchichtfchreiber den bedrängten Zuftand der er⸗
ften Kirchen nicht vor den rechten und von GOTT
intentionirten halten mögen, weil ja insgemein
das menfchliche Herze diefes vor eine groffe Se—
ligfeit und hoͤchſte Art der göttlichen Gnade hält,
wenn das Fleiſch von allem oder Doch von vielem
Leiden frey feyn Fann. Dahero preifet die Ber
nunft ein folches Leben vor den trübfeligen Stand
der wahren Chriſten; und weil fie ficd) fürchtet
den Fußſtapfen des gefreuzigten ZEfu nachzu—
wandeln, fuchet fie bier und da Ausflüchte, war:
um eben ein Chrifte notwendig durch viele Trüb-
falen ins Reich GOttes eingehen muͤſſe. _ Alleine,
die erſten und wahren Chriſten hatten gerade den
Gegenfag in ihren Herzen, und haben uns von ih—
rem herrlichen Zuftand unter den allerfchwerften
Berfolgungen viel und groſſe Zeugniffe hinter—
laffen. Die Glaubigen nahmen oft nicht einmal
eine Erlöfung an, aus lebendiger Erkenntniß der
unfer dem Kreuz verborgenen überfchwänglichen
Herrlichkeit, Ebr. i1, 35. Alseinsmals ein Spöts
ter den Chriſten übel nachredete, als wenn fie Des-
wegen füchten die Potentaten auf ihre Seite zu
bringen, damit fie dabey ficher und wohl leben koͤnn⸗
ten; achteten die Ehriften folche Befchuldigung
nicht einmal der Antwort wer idern bezeug⸗
ten ernſtlich, daß Fein einzie jemals ders
gleichen gefaget hätte 8). 1 ? Sollte wol
die Weisheit des lebendigen GO ttes und gütigften
Vaters diefer Kinder diefelbigen eine folange Zeit
in den allerheftigften Trübfalen haben ſtecken laf-
fen, da diefer ihr Kreuzftand nicht die größte
Herrlichfeie darnach gebracht hätte? Vielmehr
werden wir handgreiflich merken, daß die Trüb-
falen der Gemeinen eben ihren Glauben gepruͤ—⸗
fet und die erfte Liebe befeftiger, Bingegen die Si:
cherheit der folgenden Beydes geſchwaͤchet und end⸗
lich verlöfcher habe. Wir wollen nun die Fläres
ften Zeugniffe hievon Aus dem faft unzähligen
Haufen der andern beraus lefen und nad) der
Ordnung betrachten. Da ich denn anfänglich
aus den letzten Capiteln des 4. Buchs voraus
feße, daß in den Zeiten vor Conftantino die Ges _
meinen faft unter ftetigen Derfolgungen geſtan⸗
den, und mit unzaͤhligen Blutzeugen der Wahrs
beit angefuͤllet geweſen. Denn auch dieſes ſu—
chet die menſchliche Vernunft bisweilen unter den
Gelehrten, wiewol ohn einigen Grund, in Zweis
el zu ziehen b).
re: 6. Weber
‚099983
b) Bal'hafar Bonifacius de eodem Conf. G. 7. Voffiss lib. II. de Hiflor. Gr. Lat. c. 20. p. 261. vbi Leunclauii iudieium
laudauit. c) RZiuetus lib.
atr. Auıtorit.c.9. d)Idemibid e.io.
€) Ofiander Cent. II. H. E. lib. IV. ec. 5. et
$. £) Kortholt de Vita Chrift. Vetse. IX. n. 16. 8) Origenes lib. VIIT. adu. Cell p. 425. h)ItaHenr. Dedvvel-
Zus in Diflert, Cyprian. 12. de Paucitate Martyrum Sec, I. aduerfus quem Theoderieus Ruinarins prafat, in
Ada prim. Martyrum nupep difputauit.
—
*
792
6. Ueber die Ausfprüche des görtlichen Worts
von der Rochwendigkeit und Nutzen des Kreu—
zes fowol bey allen C viften, als abfonderlic) bey
der wahren Gemeine Hrifti, und von andern da=
Bin gehörigen Duncten, befennen die erften Ehri-
ften ausdruͤcklich, daß eben die Nachfolge des
Kreuzes JEſu CHrifti ein wahres Kennzeichen fei-
ner Künger, und alfofeiner Gemeinefey, Wann
die Unglaubigen ihnen aufrückten, daß es ihnen
fo elend in der Welt gienge, nahmen fie diefes als
ein groſſes Zeichen der ihnen bengelegten goͤttli⸗
chen Wahrbeitan. «Es ift uns (fagten fie,) nichts
„auf diefes Leben verheiffen , und feine Huͤlfe ver⸗
Iſprochen noch beſtimmet, ſo lange wir in dieſem
„seibe wallen, ja tor haben gelernet, alles bedro-
Hete Unglück vor nichts zu achten i). ‚Drum
„darf man aus der äufferlichen Gluͤckſeligkeit von
„der Heiligkeit derer, Die befler find als andere, fei-
„nen Schluß machen; denn GOtt der HErr
„gibt und nimmt folche Dinge, nachdem ers den
„Menfchen vor gut befinder: fondern die Heilig.
„‚eeit folcher Menfchen muß aus ihren guten Wer⸗
„een erfannt werben, welche aus Herzensgrund
„von ihnen gefcheßen k). So hat es der Allmaͤch⸗
„fige Gott durch feine gůtigſte Vorſehung ver
„‚oronet, daß di ttloſen in der Welt glücklich
„wären, Dat e Srommen nicht als etwas
„grofles verla „1. ‚Ya, fie festen aud) Din-
gegen biefes zum Kennzeichen ber Irrigen und
Höfen, wenn ſie um zeitlicher Bequemlichkeit, Ehre
und Hoheit willen falſchen Meynungen folgeren
m), Darinnen fie denn dem Elaren Buchſtaben
goͤttliches Worts folgeten, alwo ſie die aͤuſſerli⸗
che Gluckſeligkeit als ein Kennzeichen der Gottlo⸗
fen angeſuͤhret funden, Jerem. 12, 1. Pſalm 73.
Drum hieſſe es abermal von ihnen: Der Friede
Her Gonteinen war geiftlich, und beftunde in ber
Pereinigung der Glaubigen mit CHriſto. Ihre
Gluͤckſeligkeit war auchaicht weltlich, nach der al⸗
ten apoftolifchen Art. “Bas eine wahre Ge⸗
„meine war, Die erduldete die Verfolgung, ver
„folgte aber nicht andere. Man frage nur den
Apoſtel, was vor eine Öemeine durch die Sara
„bedeutet worden, als ihr die Magd Verfolgung
„erregte n)- i > ;
7. Sahen fie weiter aufdie unausfprechliche Se
ligkeiten, welche ihnen bey ihrem ‚Kreuzftande
zumouchlen; fo freuete ſich ihr Geiſt über die grof
noratum. !
Origenes hom. 14. in Ierem.
8.3. Von dem Abfall der Chriſten von der erſten Lauterkeit. —
m) Idem lib, de Vtilit. Cred. c. 1. n) Id. ap. GYatian
fe Siebe des Vaters, der ihnen eben de
unfehlbares Kennzeichen feiner Liebe und Erwaͤh⸗
lung darlegte. Daher floſſen die ſchoͤnen Tieul
der Gemeinen nicht allein bey den Apoſteln, ſon⸗
dern auch bey ihren NMachfolgern. Als wenn
Is natius die ʒu Epheſo nennete, eine · Auserwaͤhl
„te zur beſtaͤndigen Herrlichkeit durch das wahrhaf⸗
„tige Leiden, nad) dem Willen GOttes des Vaters
„und des HErru JEſu CHrifti, 0). Denn fie
aben vor allen Dingen auf den innerlichen
Wachsthum, den ihr neuer Menfch bey gemeiz
nen und fonderbaren Trübfalen in der That uͤber⸗
kam. Von dieſen iſt oben bey ihrer Geduld im
4. Buch zu ſehen. Von dieſen lauten nachfol⸗
gende Bekenntnifſe ſehr ſchͤn; „Wenn wir vom
Glauben und der Wahrheit recht urtheilen, nicht
„von der Menge, und ſehen auf den Willen der
„Menfchen, nicht auf die Berfammlung, fo fehen
„wir, daß unter einer fo groffen Menge der Kir
„chen ein Glaubiger fehwerlich zu findenfey. Da⸗
„malsaber gab es wahre Ölaubige, alsdi
„der Märtyrer gejchlachtet wurden, als A
„Olutige deichen begleitet harten, wiederum traurig
„juben Gemeinen kamen, und die Menge auslau-
„ter Traurenden beftund; als die Catechifmus-
„ehüler gleich im erften Glauben zur Matter
„gefühveeworden; als die Weiber und dasfhwa-
„be ol DR af in den Tod unerſchrocken
„geblieben. Da gefchahen ftige Zei
„vom Himmel und — — a
„ren zwar wenig, aber wahre Ölaubige, die auf
„der engen und fchmalen Weg giengen, der zum
„eben fuͤhret p). CHriſtus ———
„meine von denen, Die ihm widerſtunden, ihn ver⸗
sfelgten und wider ihn tobeten: Durch die
„Bande, Strafenund den Todder Heiligen ward
„der Glaube geftärft, die Wahrheit fiegte, und
„die Fruchtbarkeit auf dem Acer des HEren
„ward durch die ganze Welt vermehret, denn es
„ward ihnen eine fo groffe Beſtaͤndigkeit des Glau⸗
„bens gegeben, eine ſolche Zuverjicht der Hoffe
„nung und Stärke der Geduld, daß das Feuer der
„eiebe, welches der Heil. Geift in den Herzen her
„Ölaubigen entzündet Harte, von den Verfolgern
„auf Feine Weite verloͤſchet werden Eonnte, weil die
BGepeinigten immer brünftiger wurden, und die
CTyrannen auch die Flamme, welche fie verfolg⸗
„ten, auffiengen g).
8. Zu
c. 238 0) Epiſt. ad Epheſ. p)
i) Arnobius lib. II. adu. Gent. p. 66. k) Iufinus Quæſt. ad Orthod. qu. E; Epift. 120.ad Ho-
eont, Iud, et Orat, cont. Gent.
q) Profper Aguitam lib. II. de Vocat: Gent. c,
‚add, Chryjoflomus Orat. 2.
. 4
— — ——
— —
|
j
m. TI 7 du
her Bekenntniß feßten fie nun die wich“
tigften Urſachen, warum ſowol die Glaubigen
felbft, als auch die andern bey ihrem Erempel un⸗
ter dem aͤuſſerlich elenden Stand der Ehriftenheit
das. meifte Gute empfiengen. Welches fo gar auch
diejenigen hernach wiederholten und befenneten,
die noch unter dem äufferlichen Flor der Kirchen
die Wahrheit annahmen. Wir haben der Grau⸗
ſamkeit Deronis, Diocletiani, Maximiani und
„anderer Tyrannen mehr, zudanfen, dent wir ha
„ben den Teufel durch fie überwunden, indem das
„Heil. Blut der Martyrer iſt unter ihnen aufge
„fangen worden„r). Zu folchen Zeiten “war die
„Gemeine viel bellglänzender denn Gold, weil fie
„das Feuer-der Verfolgung ſchmelzete und läus
„eerte. Denn man prüfte da die Leute nicht an
„den Worten, fondern an den Gefängniflen und
„Eriliis,s). Es waren folche Zeiten, dieden Leh⸗
rern nicht zum Difputiren, fondern die Gefange:
nen zu tröften Gelegenheit gaben ; wie ein Theo—
logusredet ). Und diefes nahmen fie auch vor
nichts anders, als vor einen gnadigen Willen
Gottes an, der wohl verftünde, wasden Seinigen
peilfam wäre: Mas zur Herrlichkeit GOttes
„gereichet, (hieſſe es,) das gefchicher ja nad) feinem
Willen. Wenn glauber man aber mehr an
Gott, als wenn er am meiften gefürchtet wird,
—— Zeit der Verfolgung, wenn die gan⸗
„se Gemeine erftaunet. Da ift der Glaube hur-
„tiger in allen Berrichtungen, bält beffer Zucht in
Faſten und Beten, und Demütbigung und Ka-
FKeyung, fie lieben und halten beffer an einander,
„fie leben heitiger und nüchterner. Denn man
„bat da zu nichts Zeit, als zu Furcht und Hofl-
ynungu). Owas vor Seligkeit haben die Chri⸗
Iſten in der Verfolgung! mie viel wird ihnen da
„Gnade gegeben, wie wird da GOtt ihr einiger
„Schuß, wie wird der Heil. Geift da überflüpig
„über fie ausgegoffen? Denn alsdenn ift die goͤtt⸗
„liche Gnade am meiften da, wenn die Graufam-
„eeit der Menfchen erwecfer wird, und wir ihnen
„bey GH doc Frieden fchuldig find, ob wir
„gleich bey den Menfchen um der Gerechtigkeit
„roillen Unfrieden leiden müflen x). Diefes ift
Iſtets die Weife in den rechten Gemeinen geme-
„ſen, daß, je mehr fie ift durch Verfolgungen in
„die Enge getrieben worden, je mehr ift fie durch
8. Zu
„den Wachsrhum des Ölaubens ausgebreitet
—*
2)
Anton. de
erates lib. DI. c. 13.
»
.
r) Hilarinslib. ad Conftant. A. s) Rufizus lib. II. H. FE. c. 6. t) Chemnitius Orat.
u) Tertull.de Fugain Perfec. x) Origeneshom. 9.in Num. y) Caſſodorus vel alius au&tor in PL. XVII. 20:
anafıus Vita Anton. p. 160. Conf. omnino Centuriar. Magdeb. Præfationes in Centurias III. et VI. et M.
inis lib. VI.deR.E.c.6, a) Tersul.l.c. b)Idemibid. €) Perrus Chryfologu: Serm.97. d) So -
ter dem Rreus 79
„gewvefen,, y). annenbero anch endlich dieſe
Bekenntniß vor den Heyden kam: «Wir Knechte
„Chriſti wachfen und blühen immer mehr, je aͤr⸗
„ger ihr uns Drücker. Die Lehre Chriſti, welche
„euch eine Thorbeit fcheiner, ob fie gleich die groß
„ten Berfuchungen der Berfolger erlitten hat, und
„vonvielem Schrecken angefallen worden, läßt fie
„ſich doch in Fein Land einfchlieffen. Denn wenn
„bat fonft ein fo heller Glanz der göttlichen Weis
„beit gefhlenen ? Wenn find fo viel Kräfte und Tu:
„genden zufammen fommen? Es blüßet ja die
Keuſchheit im Eheftand, die Jungfraufchaft in
„der Gemeine, das beftandige Zeugniß von der
„Herrlichkeit des Herrn, davon insgemein daB
„Kreuz Chriſti der Anfang iftz) !
9. Urberdis war auch darinnen ein unvergleich-
licher Vorzug der verfolgten Gemeinen vor den
andern, weil unter ihnen alfo die Heuchler und
Unglaubigen offenbar wurden, welche ſich etwa
aus zeitlichen Abfichten unter fie gemenget hatten.
Wodurch zugleid) der Einwurf ganz wegfiel, daß
die Verfolgungen viele zum Abtall brächten ; ine
dem diefes eben die Heuchler und nicht die wah⸗
ven Glieder Erifti waren. Dahero vedeten fie
aus der Erfahrung alfo: “Was hat die Berfol-
„gung fonft vor Früchte oder vor ein Ende, als
„die Prüfung und Berwerfung bes Glaubens, das
„dusch GOtt die Seinigen unterfucher hat ? Dies
„ſes ift des HErrn Gericht, darinnen ein jeder ge—
„richtet und entweder angenommen oder verwor⸗
„ren wird, (nemlich darnach fein Glaube entweder
„rechtfchaffen oder untüchtig erfunden wird) a).
„Diefes ift die Worfichaufel, welche nun die Ten⸗
„nedes HErrnfeget, nemlich die Gemeine, indem
„fie den Haufen der Glaubigen herummitft, und
„das Getrayde der Märtyrer von der Spreu der
„Berleugnenden abfondert b), Denn da blühen
„war zuerft alle und verfprechen viel Früchte,
„aber wenn der Wind drein blaͤſt und Prüfung
„anftelle, fo find Die wenigiten zur Frucht beftän.
„dig. Der Slaubigen in Eprifto fcheinen zu Fries
„denszeiten viele zu fenn, wenn aber ein Sturm
„wind der Verfolgung wehet, fo finden fich ihrer
„wenig zur Frucht des Marterthums gefchickt,, ©)
Gleichwie eineralfo von den Zeiten unter Juligno
fehreibet, es wäre damals offenbar worden, was
Nr oder Rechtſchaffene gewefen d): Eben als
aulus auch von den innerlidyen Motten faget, —
a? muͤſſe
€
, Pat. in Cypriano»
«
“
Bu
792
müffe alfofeyn, r Cor. 1,19. Und wenn man die
Kevolutionen der Zeitennach einander genau an⸗
ſiehet, fo findet fich, daß GOtt eben um der Auser-
wählten willen niemals aufferliche beftandige Ru⸗
he in den Gemeinen Bat ſeyn laffen; fondern wenn
fie aͤuſſerlich gleich Frieden gehabt, iſt doch innerlich
hier und dar Streit angangen, der Die Rechtſchaffe-
nen von der Sicherheit zurück gezogen bat.
10. Worinnen dat fid) auch jemals die Koftbar-
feit und Stärfeihres Glaubens herrlicher hervor
gethan, als eben in den bedrängten Zeiten? Und
mas war aud) fonft ihre gröffeite Freude, als eben
Diefe Gelegenheit, darinnen fie zu fo vielem Guten
geübet wurden ? Sie vedeten ja aus der Fülle ih⸗
rer Herzen, wenn fie ihr Wohlgefallen eben auf
frifcher That über den Verfolgungen bezeugten,
ob es gleich ißrer eigenen Vernunft und ihrem
Fleiſch geſchweige den Gortlofen, recht thoͤricht
vorfam. “Die Gemeine hat recht friumphirt, da
„ſie nemlic) in der beftändigen Bekenntniß iſt ge⸗
„itrafet worden, wodurch die Bekenner Ehrifti
„verjaget find: Diefe gegenmärtige Bekenntniß
„aber ift deſto herrlicher und ruͤhmlicher, je ſtaͤrker
„,fie ſich erweiſet in dein Leiden. Deine felige Ge⸗
„meine, die alſo Die Ehre der göttlichen Gnade er-
„leuchtet, und das herrliche Blut der Märtyrer zu
„unfern Zeiten verherrlichet! Sie war zuvor von
„der Gottfeligkeit der Brüder ſchneeweis, nun ift
„fie in dem Marterblut purpurfarbig. Esman-
„gelt unter ihren Blumen weder an Lilien noch an
„ofen e). Die Gemeine fehicket an allen Orten
„die Menge der Märtyrer zum Vater aus lauter
Lebe zu allen Zeiten: die übrigen alle (die Ir⸗
„tigen) koͤnnen nicht allein diefes von fih nicht
„aufreifen, fondern fie dürfen auch nicht fagen,
„daß ihr Marterftand fo befchaffen fey, ohne wenn
„ectwa einer oder der andere Die ganzezeit über,nach-
dem der HErr auf Erden erfchienen iſt, mit un»
„fern Maͤrtyrern, als einer, der auch Barmher⸗
Zigkeit erlanget bat, bingeführet it, und Die
„Schmach diefes Namens getragen hat, als eine
»augobe und Gefchenfe der andern Märtyrer.
„Denn die Gemeine trägt allein Die Schmad) de⸗
„rer, die Verfolgung leiden umder Gerechtigkeit
„willen, und alle Strafen ausftehen, und aus Liebe
au GHDEE getödtet werden, und um der Bekennt⸗
„feines Sohnes willen. Welche, wenn jie gleich an
„ihren Gliedern geſchwaͤchet wird, ſo vermehret ſie
ſih doc) gleich) wieder und wird wieder ergänzt f).
Da mir fehen, daß die erften Lehrer eben darinne
ein Kennzeichen und Vorzug vor den andern ges
fuchet, daß fie viel Verfolgungen hätten, hingegen
die Keger Feine leiden dürften, weil fe mit der
Welt gut Freund, vor den Rechtglaubigen aber
unverfolgt blieben. Wieeiner Elar an die Heyden
felbit von des Zauberers Simonis Nachfolgern
ſprach: «Simon hat aus feiner Lehre die Gefahr
„des Todes weggeräumet, welchedie Chriften ver⸗
„achteten, und fprach, es fey eine freye Sache um
„die Abgötterey. Sa, es ift auch feine Verfol⸗
„gung jemals wider die Simonianer entftanden.
„Denn der Teufel, der Berfolger der Lehre JEſu,
„wußte wohl, daß feinem Keich von den Syüngern
„Simonis Feine Gefahr zuwuͤchſe, e)., Daß
demnad) abermal diefer trübfelige Marterftand
auch in dieſem Stuͤcke der befte und herrlichſte
war.
ır. So viel bildeten fid) gleihfam die Chris
ften auf diefen Stand ein, daß fie ihre größte
Freude und Ehre drinnen fuchten, und auch wirk⸗
lid) fanden, Denn "Die Berfolgungen machten
„eben die Gemeine insgefamt herrlicher durch
„ihr Seiden,,h), nad) ihrem eigenen Bekenntniß,
und diefes Fonnte ihnen “genug zurhöchften Ehre
„ſeyn, wenn fie dem Leiden ihres HErrn und
„Meifters gleich wurdeni, Wie Fonnte aud)
„font die Wahrheit unter ihnen recht hervor
„leuchten, wenn fie nicht Widerfacher hatte, und
„zwar lügenhaftige, und Die wider fie zufams
„men liefen, &)? Darinnemw erwiefen ke nun
eben ihren ungefärbten Glauben, daß fie von den
unfichtbaren Dingen recht überzeuget waren. Sie
lieffen fich von den Heyden und Gortlofen nicht
irre machen, wenn fie ihnen vorwurfen, e8 gienge
ihnen gleichwol ſo elend, fie wären bey ihrem Glau⸗
ben des Lebens nicht ficher, gefchweige ihrer Ehre,
Güter oder Bequemlichkeit, und ihr GOtt laſſe fie
in allem Sammer ſtecken ). Welches fie aber
fich nicht anfechten lieffen, und eben fo wenig achte⸗
teten, als wenn die Heuchler diefeg gleichfalls vor
den bluͤhenden Zuftand der Rirchen ausge
ben wollten, dafienad) der gemeinen Einbildung
gepflanzet in äufferlichen Ueberfluß fehmebte,
und fonderlich die Kirchendiener ihre gewiffe Ein:
Fünfte, Bequemlichfeit, Ehre und alles vollauf hat⸗
ten, dabey in Wohllüften, Hoffart und Uebermuth
lebeten, und in der groͤßten Sicherheit verdur—
ben. Da mar e8 niche fehwer von dem u
en
€) Cyprianus Epift. 10. ad MartyresetConfefl. f)Irenaus lib. IV. c. 64. g) Origenes lib. VI. adu. Celf. p. 340.
h) Gregor. Naz.Orat. ad Hironem Philof. i) Tertzil.adu.Gnoft.c.9. k) Marariushom.ız. 1)Vid. Min.
ins Eelix init. O&tau. Arnobius lib. ILfiug, Lactantius lib. V. c. 22. etc.
"
aa nn. "u
IE J
m Abfall der Chriſten von der erſten Lauterkeit.
4
— —
..
"r 1. Cap. Don dem beften Zuftand der erften Gemeinen unter dem Kreuz. 793
hen Zuftand der Kirchen & ſchwaͤtzen, und ſich eis
nen Kofengarten bey der Epriftlichen Lehre einzu:
bilden, die Berfolgung durch Heuchelen, Weltlie:
be und andere Mittel von fich zu fehieben, und
andern Frommen bingegen zu ermecfen, nurda=
mit die vermeynte Kirche in ihrem Flor bliebe, -
12. Wollte die Vernunft weiter vorgeben, es
waͤren unter den Verfolgungen fo wenig, die Chri-
ften bfieben; Hingegen, wenn es gute Tage bey dem
Chriſtenthum gäbe, würden fich ihrer viel mehr
einfinden: So antworteten fie erſtlich: Ya, es ſey
auch diefes eine Eigenfhait der görtlidyen Wahr:
beit, daß ſich wenig Liebhaber bey ihr anmeldeten.
Unterdeffen *fey auch Diefes cine wahre Gemeine,
„wenn ihrer Drey ohne Lehrer beyfammen wären,
„denn ein jederlebe feines Glaubens m). Eine ſol⸗
sche fey zwar ein Kleines Voͤlkgen, aber vor
„GoOtt dem HErrn fen es fehr Hoch geachtet, der
nicht die Anzahl, fondern die Herzen anſiehet n).
OGott habe feinen Gefallen an dem meiſten Haus
fen. Die Menfchen zähleten zwar mit taufen-
„den, aber GOTT zähle die, fo da felig werden,
„Jene zaͤhleten den unzählbaren Staub, er aber
zahle die Werkzeuge der Gnaden o). Manmuß
daran nicht kehren, daß ihrer viele mit dem
„Teufel einftimmen, und wenige dem HErrn
„folgen. Denn des Korns ift auch wenig, gegen
„das Stroh zu rechnen,,p). Und was dergleichen
Antworten hierauf mehr waren. Hiernächftaber
erwieſen fie auch zugleich, daß die Anzahl der wah⸗
ven Glaubigen nie mehr zugenommen hätte, als
eben zur Zeit der graufamften Verfolgungen.
Denn obwol unter dem angehenden Aufferlichen
Be und Frieden viele ven Kayſern zu gefallen
fih Chriſten nennen lieffen, fo Eonnte doch bey
den Heuchlern der Glaube nicht fuſſen noch wur:
zen, fondeen fie fielen zur Zeit dev Anfechtung
wieder ab: Dabingegen wer bey den Trübfalen
durch die herrlichen Zeugniffe und Erempel der
verfolgten Chriſten zu EHriſto gezogen ward,
dem mußte es gewißlich ein Ernſt ſeyn, daß er
in gleichen Trübfalen durch die Kraft des HEren
beſtaͤndig ſeyn konnte.
13. Bon dieſem Punet erklaͤrten fie ſich alſo:
„Je mehr die Marter wiederum bereitet wird, je
„„mehr werden Glaubige und Liebhaber des wah—⸗
„ren Öortesdienftes durch den Namen ZESU,
0 .
„Denn wie, wenn einer die Weinftöcke befchnei-
„det, damit Die Ranken defto mehr hervor ſchieſſen
„fönnen: fo gehets mit uns auch a). Sehet
„ihr nicht (fprachen fie,) wie unfere Anzabl immer
„gröffer wird, je mehr wir geplaget werden)?
„Eure Graufamfeit rihter nichts mehr aus, je
„mehr fie wuͤtet. Sie ziehet vielmehr viel andere
„u unferer Lehre, fo ofte ihr uns niederhauet.
»Der Saame ift das Blut der Chriſten,s). So
haben die Juͤnger EHrifti von Anfang ber von
den Juͤden gelitten, undthaten es gerne, weil fie
wußten, daß fie der Wahrheit nicht fehleten, und
haben endlich in Nom unter Yeronio Öraufam:
keit das Ehriftliche Blut zuerft ausgeſaͤet t). Es
iſt kein Grim der Feinde ohne Rubm der Unfrigen
abgangen, oder von dem ruͤhmwuͤrdigen Blut leer
gewefen. Die Zahl der Maͤrtyrer hat unter allemlins
gewitter zugenommen u). Und obgleich fo viel uns
zahlige Arten der Marter wider die Chriften er—
dacht worden find, fo ift doch alles mehr gewach⸗
fon, und die teute haben wider alles Verbot und
Drobungen nur deito heftiger ſich entgegen geſe⸗
Set, und Ds durch die Hinderniffen nur mehr
zum Glauben gereizet worden x). Da nun alfo
unfere Anzahl immer von den Abgoͤttiſchen ver-
mehret wird, und niema's, auch in der Berfols
gung abnimmt; mer fieher nicht , «bey welchem die
wahre Weisheit ſey? Sie aber (die Feinde,) jind
vor Bosheit und Wüten fo blind, daß fie nicht
fehen, und halten diejenigen vor Narren, welche
lieber leiden und fterben wollen, da fie in ibrer
Macht hätten, allem zu entgehen; ob fie gleich
fehen Fönnten ‚daß diefes Feine Narrheit fey, wor
inne fo viel taufend Menfchen durch die ganze
Welt einftimmen y).
14. Und diefes erkannten abermal die andern,
auch unter den Aufferlich glückfelig fcheinenden
Zeiten, preifeten ihre Vorfahren deswegen glück
felig, und fehrieben ihren Trübfalen zu, daß der
Glaube bey ſolchem Widerftand und Kampf
durch des HEren Gnade fo fehr ausgebreitet war.
Daher liefet man noch diefes und nod) viel ein
mehrers bey ihnen: “Die geaufamen Unglaubis
„gen wurden wider fie aufgereizet, fie litten aber
„alles, weil es ihnen war zuvor geſagt worden
„often. auf die Verheiſſungen, zerftreueten ich
Hbbehh
m) Tert·¶. Exhort ad Caſtit. e 9." m) Gregor. Nax. Carm. de Vitæ Vanit. 0) IdemOrat. adCL. Fpiſc. p)
Augufti.:s de Catech. Rud c. 19. vid.omnıino Arhanaj.lib.fingul. adu. eos,qui de Verit. emuleit. indic "Tom.
II. Oper. D Zuflınus Dial. cum Tryph. p.337. r) Idem Epift.ad Diognet. 5) Tertull, in fine Apologix.
t) Ibid.c.21. u) Prudentin⸗ hyın.4.deCor. x) Arnobinslib.1l.adu. Gent. p.56. y) Lactantius lib. V.
e.13.
*
—
„in
* —* * V
„in geringer Zahl durch die Welt, bekehrten die
WVoͤlker mit wunderbarer Geſchwindigkeit, wur⸗
„den mitten unter den Feinden vermehret, wuch—
„fen durch die Berfolgungen, durch die Angit der
„Zrübfalen wurden fie bis an das Ende der Er-
„den ausgebreitetz). Ihre Predigt ward durd)
„ihr eiden nur immer bekannter und herrlicher a):
„unb.eben das vergoffene Blut der Heiligen wurde
„ »gleichfam ausgefact, die Gemeinen zu vermeh-
„ren, wozu auch der Tod der Märtyrer Fam,
„Die Ehriften wuchfen immer mehr und mehr,
„die Märtyrer fturben und dabey vermehrete ſich
„der Haufe. Der Name Eprifti nahm zu un-
„cer allen Völkern b). Alſo ward nichts vermin-
zdert bey den Verfolgungen, fündern vergröffert,
„und der Acer des HErrn ward durch eine rei-
„chere Ernte überzogen, wenn die Körner zwar
„einzeln hinein fielen, aber vervielfältigee wieder
„aufwuchfen „ c)., Wenn die Feinde menneten,
die Anzahl würde durch fo viele Hinrichtung und
Strafe der Märtyrer verringert, fo wurde fie
durch ihre Erempel eben vermehret #). Und fo
ift die Wabrheit allzeit beſchaffen, je mehr fie fie
anfeinden, je mehr wird fie erwecket und kommt
empore).
15. So war es mit den erften Gemeinen unter
den heydniſchen Kayſern in die 300 Jahre nad)
Chriſti Geburt bewandt, daß fie von Feiner Auffer-
lichen Gluͤckſeligkeit zu ſagen wußten, und gleich-
wol an der inniwendigen und unſichtbaren Selig—
kelt defto mehr genoflen. „Die ganze Welt ward
„durch Has Maͤrtyrerblut befeuchtet (wie ein Hi⸗
ſtoricus es ausfpricht,) und man eilete mit groſ⸗
„fer Begierde zu dem herrlichen Kampf , ja der
„Marterftand wurde durd) cine loͤbliche Begier⸗
„de damals heftiger geſuchet, als nach der Zeit
die Biſchofthuͤmer durch boͤſe Kuͤnſte verlanget
wurden. Die Welt iſt nie durch einen einigen
„Krieg mehr erfchöpfet worden, die Ehriften aber
„haben auch in feinem Triumph mehr gewonnen,
„als da fie. durch eine zehen jährige Niederlage
„(unter Diocletiano und WMarimiano ) nicht ha⸗
„ben überwunden werden Fünnen, f). In wel:
chen Werfolgungen das Chriſtenthum nicht
ſchwaͤcher, fondern herrlicher wurde, indem Die
Seelen mehr in der Gortfeligkeit geſtaͤrket, und
durch die Gefahr als ein glüend Eifen mit der Ge⸗
walt abgehärtet wurdeng), Hingegen wurden
2) Auzuflinus Ppiſt. 3. ad Volufian. a)Idemlib XVII. de Ciu.Dei. c..5o. b) Idem in Pf. 40.
4 Idem Serın. VI. de Epiph. Dom.e.3. e)Chryfofl.hom. 2. de Laud. Pauli. Conf. Zud, Piues
f) Sulbitins Sexerus ib 1. Hiſt. S. p 99. etex eo Erel. Gorh. lib.U. e. 11.
in Nat. Apolt. d)
lib, de Condit. Chrift. ſub Ture.
Sed. 2. Ar quæ conf. etn. 18.
8.3. Don dem Abfaͤll der Chriſten, fürnemlich unter und nach Conſtan
g) Gregor. Naz.Orat. I. in lulian.
ad Donat. i)»Chryfofl.hon. 49. Oper, Impert. in Matth. k) Hieronym. ad Paulin.
ed, ——
Car ATS
*
die Feinde bey dergleichen Grimm im Per: vo
cher, da fie durch die verborgene Kraft Bann
digen Gottes angegriffen und zu Schanden wur:
den. Wann einer fagte, nachdem die legte Ber»
folgung vor Conſtantino aufgehöret hatte:“ Sie⸗
„be, der Widerfacher wird durch dieſe Bekenntnif
„immer aufgerieben, und da der Friede in ber
„Welt wiederkam, erholete ſich Die verjagte Ger
„meine wieder„h). Die fürnehmfte Urſache aber"
ſolches Wachstums unter dem Druck fahe allein
der lautere Glaube, und nicht die Vernunft oder
ein heuchleriſches weltgefinntes Herze. Denn
man fiehet aus. den erzehleen orten der alten
Chriſten, daß eben durch Widerfpruch, Marter
und Tod ihr Glaube erwecket und befeftiger, die
Liebe zu Chriſto vermehret und gleichfam aufge- -
blafen , auch gegen die andern heftiger worden,
Die Wölfe trieben die Schafe bee nt in
die Enge, daß fie defto Keftiger mie und für ein-
ander beteten, Durch Vermahnungen und sehren „
einander aufmunterten und augenblicklich erwar⸗
teten, wern der HERR diefen oder jenen zu ſei⸗
nem Zeugniß von feinem Namen und Will
fordern würde. So mußte ja wol Glaube und
Siebe bewahret und unveranderlich unterden Chri⸗
ften bleiben. 31
16. Damals fonnteman, nach bisher gezeigeten
Umſtaͤnden, leichtlic) mwiffen, welcher zur wahren
Gemeine JEſu EHrifti gehörte oder nicht, indem
die Trübfalen ein jedes Glied derfelben alfo prüf-
ten und reinigen, daß die Früchte leichtlich Diegu=
ten Bäume entdeckten. Wie auch nachgehends
vedliche Sehrer gerne gefunden, daß man aus den
wahren Früchten des Glaubens wiſſen fönne,
welches Geiftes Kind ein jedes fey; davon im
1, Buch bey dem Ehriftennamen geredet it. Drum
faaten fie aufrichtig : "Anfänglich bat man die
„Kirche Ehrifti auspem eben felbft erfannt, da
„ver Wandelder Chriften entweder aller mit ein=
„ander, oder buch der meiften heilig gervefen iſt,
„welcher fich bey den, Gottloſen nicht fand,,i)s
Weswegen fie auch damals heilige Bemeinen
oder Bemeinen der Heiligen ‚item, eine
Muster der Heiligen k) bieffen, ı Cor.ı4, 33.
als welche aus der Welt herausgeruffen und von
ihr abgefondert waren, 2Tim.ı,9. Daß dem-
nad) allerdings der wahre ſeligmachende Glaube
nach ihrer Lehre und Erempel von der Neinigkeit
des Glaubens, der Gcheimniffe und des Lebens zu
* ſchaͤtzen
c) TeoM. Serm. I.
h, Zadanriusinitio lib.de Mort. Perſecut.
ac
rn
— &ð
Pi a
J on ne ZRH ia x » N
9*
—
W.
*
nymi und anderer: 4. Wfall von det erſten Lauterkeit:
weltliche Gluͤckſe
un Cap. Don dem beften Zuftand der erſten Gemeinen unter dem Kreuz.
fhägen war, nicht aber von andern Mebendin:
gen die Chriſten mehr nach der Heilig:
eit, als nach dem blühenden Zuftand ihrer Reli:
sion [hägen mußte, wieder Hr.Laperedet, P.80.).
Und fo waren die alleverften Gemeinen EHrifti,
nach dem Bekenntniß aller verftändigen ſowol
alter als neuer Lehrer, die allerreineften , gluͤckſe—
ligſten und fürtreflichften, welche denen folgenden
um Mufter und Erempel nächlt dem göttlichen
orte unftreitig hätten dienen follen, Wiewol
1) Vid. Zieglerus pref.adlib. de Fpife.
FAR
795
unter den erften dreyen Seculis aud) einiger Une
terfcheid war, da nemlich von der Apoftel Zeiten
bis auf Trajanum, oder in den erften 100 Jah⸗
ren die rechte apoftolifche tauterfeit und Wahr:
beit blühete, nachmals von dar an bis auf Conſtan⸗
tinum diefelbe doch etlichermaffen abnahm, wie:
wol das meifte und der Grund felbft richtig blieb,
bis durch die Verführung des weltlichen Wohle,
ftandes fic) das Verderben vollig Aufferte m);.als -
wir bald fehen werden.
m) Vid. Hortingerus Hift. Ecel. Sec. III. p. 105. Dam. PareusMed. Hift.
Ecel. p. 159. Spanhemins Introd. H. E. Sec. II.p. 38. et alũ.
Dos 2. Kapifel,
Bon den Verfall der Chriſten unter dem Aufferlichen
Wohlſtand / deſſen Urſachen und Umſtanden.
Summarien.
sion; 2. Klage Salviani, daß die Gemeine von Menge reich,
—
Nie vermeynte Gloͤckſeligkeit unter Conſtantino von der erſten Seligkeit ganz entfernet, kommt der Vernunft fremde vor;
der erſten Chriſten Kreuzſtand der herrlichſte unter allen; Neandri Zeugniß. $- 1.
Was die Probe einer guten Reli⸗
am Glauben arm, item, Nazianzeni, 3. desgleichen Hiero-
euaniffe davon; 5. Gleichnig. Die Kirche wird eine Mutter ge:
nennet, 6. aan Zeugniß des Abfalls. 7. Wie der Abfal zugenommen, 8. Gemeinen kommen in eine aanzandere Korın,
als fie unter den en geffanden. 9. Moberdie Abnahme
i
des Chriſtenthums kommen, Man verlangte gute Tage und
gkeit. 10. Der Abfall aͤuſſert fich, fo oft die. Ehriften etwas Luft bekommen; Eufebit Zeugniß. ı1. Ah—⸗
mweichung von denen Regeln des eriten Chriſtenthums, jonderlich der Penrer ; Zeugniß aus Egefippo. ı2. Was daraus fol-
ge? 13-0 : )
Uneinigfeit; göttliche Gerechtigkeit, 16.
\ $.
ieweil nun auf diefen unbeweglichen
Grimden der göttlichen Wahrheit der
IR Herrliche Zuftand der allererften Epriften
am Tage liegt; fehe ich mich ferner verbunden, aus
Gegenhaltung der folgenden Zeiten Flar zu erwei-
fen daß die vermeynte Gluͤckſeligkeit bey dem
Schuß, Ueberfluß und Schein unter Conſtan⸗
tino und den folgenden Kayſern ganz von der ers
ften Seligfeit entfernet gemwefen. Diefes aber
kann aus den alten Schriften nicht beffer gezeiget
werden, als wenn ich ihre eigene Bekenntniſſe hier
von abermal zur Prüfung darlege, und fodann
durd) alle Stände infonderheit die Sache aus—
führe. Ich weiß wohl, daß diefes vielen fremde
und unerhört vorfommen möchte: allein , folche
belieben doch zu bören, was ein grundgelehrter
Mann eben von diefem Puncr über die Bekennt⸗
niß eines uralten theuren Lehrers aufrichtig feßer:
„Nachdem die Kirche durch den Zuwachs vieler
„Völker vermehret, ift die Gotefeligkeit hingegen
a) ©. Ristershufins Not. ad Saluian. p.90. et 419,
Wie die eriten zoo Sabre anzufeden, 14. Verfall der Vorfteher-der Kirchen, ıs. groſſe Inſolenz derClerifcn und
Il
„vermindert worden. Ich weiß zwar, daß die,
„tes vielen paradox und fremde vorfommen wird,
„aber man fehe zu, daß es nicht mehr als zu wahr
„ſey a). Die Urfache, daß ſich die Vernunft
über folchen Vortrag verwundert, iſt wol meiftens
diejenige, welche der Hr. Cave felbft aus Liebe zur
Wahrheit eröffnet hat im Anfang feiner Vorrede
über das erfte Chriſtenthum, da er bekennet, er fey
eben durch die Ruchlofigkeit der heutigen Chriften
bewogen worden nachzuforfchen, ob denn das erfte
Chriſtenthum nicht beffer gewefen ſey, und daß er
die wahre Ehriftliche Gottesfurcht und Einfalt in
denen Jahren fuchen muͤſſen, da das Blur Chriſti
in der Chriſten ihrer Bruft noch warm gemefen.
Wie er auch im legten Capitel des erften
Theils p.355. wider feine Gewohnheit gerne ge
fteßer, daß die Gottesfurcht und Andacht der
Chriſten ſehr erfalter ſey, nachdem einmal die er
fte Hiße und der wahre Eifer für das Evangelium
aus der Welt weg gewefen, und (wie er vorhero
— vedet,)
5*
ala BE ea
796 8:3. Von dem Übfalsder Chriſten von der erften Lauterkeit. A
redet,) Die Macht der Religion augenfcheinlic) zu
warfen begunte. Wo nun alfo der Sinn der
erften Chriften nrangelt, da kann ſich freylich der
Mensch ſchwerlich einbilden, daß es unter fo er:
wuͤnſchten Zeiten, wie fie dem Fleiſche fhienen,
nicht foffte recht zugegangen feyn. Alleine, die
Sache iſt zu wichtig, und die Wahrheit zu eheuer,
„als daß fie nach der Einbildung eines verkehrten
Sinnes, sder nach dem betrüglichen äufferlichen
Schein, den gemeinen Meynungen oder Sagun-
gen beurtheilet werden füllte. Einmal bleibet die-
fes eine unumftößige Wahrheit , daß der erften
Chriſten Kreuzftand der herrlichſte unser allen
ervefen. Nun leugnet ja auch niemand, daß
eine Gemeine von Dar an bis jeßund jenen im
Glauben und tiebe es gleich, viel weniger zuvor
gethan habe. Drum Fannı ja aud) die Beſchaffen⸗
heit des Chriſtenthums unter Conſtantino eben
fb wenig dem vorigen vorgezogen werden. Es
gilt vielmehr vonallen Zeiten, was: ein mohlver-
dienter Mann von feinen Zeiten fchreibet: “O
„was find wir vor Weichlinge und delicate ‚Falt-
„finnige Märtyrer, die wir doch Chriſten heiffen
wollen! Wir werden uns ſchaͤmen müffen an
„jenem Tage vor Ignatio, Polycarpo und ans
„ern, und werden wünfchen, daß wir taufend»
mal um EHriftimillen geftorben wären. Die
„ineiften unter uns, aud) die höchften Theologt ,
„find den Märtyrern ganz ungleich, Wirlaffen
„ans nicht gerne krumm anfehen, fehieben allen
„Verdruß um der Wahrbeit willen von uns, und
„find doc) unterdeffen angefehene Chriften und
„zeofle Theologi, aber nurbis aufdie Worte, ohne
„die That b).
2. Zur Sadıe felbft zu kommen, fo fege ich zum
Grunde, was der Herr Cave felbft aus der Antie
quität folgender maffen zugibt: “Es ift feine Dro-
„be einer guten Religion, wenn dabey alles vollauf
„und überflüßig iſt; immaſſen man die Chriften
„mehr nach der Heiligkeit als nad) dem blühen-
„den Zuftand ihrer Religion ſchaͤtzen muß,,p.8o.
Diefes ift offenbar , theils aus der Seligkeit des
Kreusftandes, nach dem vorigen Capitel, cheils aus
der Gefahr und Schaden des äufferlichen Glücks
und feheinbaren Wohlftandes, theils aus den
traurigen Erempeln unter den Ehriften ſelbſt. Die
Theologi bemweifen diefen Sag unwidertreiblich,
wenn fie Die Nothwendigkeit der Trübfalen, und
die Gefährlichkeit der weltlichen‘ Gluͤckſeligkeit
vorftellen. Die alten Lehrer aber konnten deſto
gewiſſer Davon zeugen, je mehr fie esbey dem ans
ehenden Verfall zu ihrem groffen Leidweſen er-
Faren hatten. Denn alfo urtheiltendie, fo unter
den Epriftlich genannten Kayſern ſchon lebeten ,
daß man ſich verrvundern muß, wie diefe Män-
ner ihre Zeiten mit den vorigen mweislich zufams
men gehalten haben, Gie en und erfuhren
wohl daß das menfchliche Herz ſich ſo leichte auf
fleifchlichen Arm verlaffe, daher nach und nach fi=
cher werde, und mit feinem Vertrauen von GOTT
abralle, weiter auf die üfte diefer Welt, Nutzen
und Ehre gerathe, und alfo am Glauben Schiffe
bruch leide. Diefes ftellten fie nun alfo vor ;
„Der Zuftand der Ehriften ift viel ärger, wenn
„einer den Thron befteiget, welcher mit ihnen zus
„leid GOtt befennet: Hingegen werden fie viel
„Serrlicher und bewährter, wenn ein Gottlofer das
„Regiment hat, der fie allenthalben plager und
„orücker. Da ifts alsdenn Zeit , Triumph 33
BBelohnung davon zu tragen, da iſt Gelegenheit
„Kronen und Ruhm und alle Geligfeit zu erlan⸗
Igen c). Die Früchte der wahren Gottſeligkeit
„sind zwar dem HEren auch angenehm zu ruhi⸗
Igen Zeiten, und mehr als in, Be
„(mann das Herz auch bey guten Tagen GOTT
„anhanget ): aber die Frucht ber Bekenntniß iſt
„in der Verfolgung angenehmer, als bey ver Ru⸗
„be, weil dich in der Verfolgung niemand frage,
wie du lebeft, fondern mie du glaubeft. Hinge⸗
„gen im Frieden iſt leicht wohl zu glauben, aber
„ſchwer gottfelig zu leben, indem der Friede ſelbſt
„die Gottſeligkeit verderbet,,d). Und daher fagte
jener weife Mann von dem größten Haufen der
Ehriftenheit, nemlicd) der Griechifihen und Latei—
nischen Kirchen, daß jene wegen ihrer groffen Ar⸗
muth zwar viel Hinderniß Babe, diefe aber wegen
ihres groflen Prachts und Reichthums endlich zers
Fallen werdee). ori
‚3. Sie zogen aber foiche Ausſpruͤche ausdruͤck⸗
lich auf ihre gegenwärtigen Zeiten, von denen wir
inggemein reden nemlich auf das ate, ste und fols
gende Jahrhundert. Ihre bittere Klagen, fo fie
über den jammerlichen Zuftand geführet haben ,
follten billig einen jeden glaubend machen, daß fie
ernftlich und wahrhaftig davon gefihrieben, alfo,
daß fie Feine Gefahr deswegen gefcheuet aba
e ur
b) Mich. Neander prxf.ad Catech. Gr. Lat. ad Baf. Fab. Add. Erafaus Epift.ad Bernhard. Epife. Trident- Irenzo
præfixa. €) Chryfaftomus how. de Mart. Babyla. d) Idem hom. 31. Op, Imp. in Mattlı. e) Barthol, de
Saligniaco Tom. VII. Itin, Hierof: c.r. ap. C. C. Sandium lib, III. Hiſt. Ecelef, p. 29% F
—
Cap.
Nur einige zu gedenken, fo ſchreibet Salpianus
alfo: adden die Völker fich ben dem Glau⸗
„ben gemehret haben , ift der Glaube felbft ſchwach
„worden, und die Mutter liege nun frank, da ih⸗
„re Söhne groß gewachſen fern: Die Gemeine
it durch den Wachscehum ihrer Fruchtbarkeit
„ſchwaͤcher worden, fället bey — Zugang zu⸗
„ruͤcke, und bat nicht mehr fo viel Kraͤfte. Alto
„iſt fie von der Menge zwar reich, aber am Glau⸗
„ben arım worden: je gröffer der Haufe ift, je är-
„mer ift er an Andacht; meitläuftiger nach dem
„keibe, geringer nach der Seelen. Sie iſt in ſich
»felbjt zugleich, fo zu fagen, gröffer und Eleiner:
„Waͤchſet und nimmt ab auf eine ımerhörte und
„neue Art des Zu:und Abgangs, Wo iftnun die
„fürtrefliche Schönheit und Geftalt ihres ganzen
»eeibes? Wo ift das görtliche Zeugniß von ihren
nlebendigen Tugenden, da es bieffe: Die Mien-
»ge aber der Gläubigen war ein Herz und eine
nSeele, und niemand fagete von dem, was er
„befaß, daß es fein wäre ? davon du nur (0 Jam⸗
„mer und Herzeleid!) das Leſen, nicht aber die
„Kraft haft, und ſowol mit deiner Wiffenfchaft,
„als mit dem Gewiffen ferne biſt, f). Welche
nachdenkliche Klage er Bier und fonft Bin und wic-
der ausführlich beweiſet. Ferner ſchreibet Gre»
gorius von Mazianzo, und leugnet es nicht ge»
gen die Heyden: “Da wir gottſelig und demuͤthig
„ivaren, find wir in die Höhe kommen, und fo ge⸗
„wachſen, daß wir durch GOttes Hülfe und Gna⸗
„de zu dieſem Zuftand und Menge kommen find,
„nachdem wir aber uns ausgebreitet haben, find
„wir wieder in Die Enge getrieben worden, und
„haben bey auten Tagendie Herrlichkeit und Macht
„verloren, welche wir unter den Verfolgungen
„und Teübfalen gepabt,, 2). Und abermal:"Es
„iſt viel keichter das Elend zu ertragen, als den
„Wohlftand zu erhalten. Wir, da wir durd)
„Unruhe gedruckt wurden, find durch die Berfol-
gungen nur mehr geftärfer, und in eins gefanm:
„tee worden, aber nachdem wir alfo beyſam—
„men waren , en wir wiederum abgelaflen,
„und find gleichfam zerfloflen Iı),
*
4, Nicht anders befenner Zieronymus, wenn
er die ange Sache sufarne | we Urſachen Furz und
gut vorſtellet “Bon der Zukunft des Heilandes
„bis auf unfere Zeit, das ift, von der Predigt
„der Apoftel is auf die Hefen it
af le Oemiihe Chui, naden un
* —
©. ) Hieronymus in
om Verfall der Chriſten unter dem Auffert. Wobiftand, deffen Utfachen x 797
„erwachfen, unter den Verfolgungen groß wor⸗
„den, und durch die Marter gekroͤnet. Nach—
„dem fie aber zu den Chriſtlichen Potentaten kom⸗
„men, ift fie zwar an Mache und Reichtum
„gröffer, aber an Tugenden geringer worden, i)-
Don Auauftino wird diefer Spruch von etlichen
wiederholet: "Die Religion Bat Reichthum und
„Guͤter geboren, aber die Tochter Bat die Mutter
»gefreflen,, k), Davon ein alter Autor (dev den
Spruch Gregorio zufchreibet,) diefes gleichfalls
alſo erfläret : “Die Vollfommenheit der alten
„Zeiten bat fich ganz verändert: Die Religion
„bat, als eine ehrbare Mutter, den Reichthum zu ·
„wege gebracht, aber da bie Zucht abkommen ift,
„und lauter Feindſchaft herrſchet, ift die Wahr:
„beit der Kirchen vergangen, und ihre Kraft ver:
„iofhen. Denn vor diefem waren güldene Zei⸗
„een, da war Andacht, Innbruͤnſtigkeit, Gottes:
„furcht, eine heilige Reinigkeit eb Dergens , Bere
„ſchmaͤhung des Reichthums, und der Schmuck
„der ganzen Heiligkeit. Diefe, als eine ehrmürdis
ge —— Guͤter geboren, weil deswegen
„die Könige und Fuͤrſten Kirchen und Kloͤſter
„init grofien Einfünften geftiftee haben. Aber
„nachdem find diefe guͤldene Zeiten auf filberne,
„weiter au Fupferne , und von dar auf eiſerne
„berunter gekommen. Alfo find die alten Güter
„verloren worden, weil die Andacht abgenommen
„hat, und die Tochter hat der Mutter das $es
„ben genommen, 1), Mit welchem ein ander
ver überhaupt einflimmer, menn er aus ben
Worten des Hokenliedes alſo klaget: Es iſt vors
„zeiten geweiſſaget worden, und nun iſt die Zeit
„der Erfüllung fommen : Siehe im Friede it
„meine bitterfte Bitterkeit! (Bey guten Tagen
„ſtehen die Gemeinen am geräbrlichtten.) Die
„Genieine war anfangs bitter bey dem Tod der
„Märtprer , noch bitterer bey dem Streit der
„Neger, am bitterften nun bey dem geben ihrer
„Angehörigen, Sie kann fie weder verjagen noch
„meiden, fo. gar viel und ſtark find fie worden,
„Die Wunde der Kirchen ift unheilbar und ins
„nerlich, darum iftin Frieden ihre Bitterkeit am
„größten. Aber in was für einem Frieden? Es
sit Friede, und doch fein Friede. Friede iſt
„wol vor den Heyden und Kegern, aber nicht vor
„ihren Kindern. Das ijt die Stimme der Kla⸗
„ge zu fölcher Zeit: Ich habe Kinder aufgezogen
„und groß gemacht, aber fie Haben mich verach⸗
„tet,, u f. w. m).
b55 3 . 5. Diefe
f)L adu. Auarit, P.ia4. et ex eo F — Orat.de Chriftian. degeniere p.553. ) Orät. 3. in Iulian.
Pac ita Malhi: Vnde habet Auctor Caral. Tefl. Veris. p. 81. k) Idem
uetor lib. de AEtatibus Mundi I. e. p. 787. in) Berahardus Serm 33. in Cantic,
798 8:9. Don dem Abfall der Epriften, fürnemtich unter und nach Conſtantino M.2c.
te
5. Diefe allgemeine Bekenntniſſe fhlieffen nun
die folgenden Zeiten insgemein unter ſolchem Ab⸗
fall von der eriten Lauterkeit ein. Ich will aber
noch ferner auf die beruͤhmten Secula naͤhere Zeug⸗
niſſe bringen, jedoch nur insgemein und ohne ſpe—
ciale Erklarung, die in vielen Capiteln folgen ſoll.
Der Herr Cave geſtehet ſelber etlihemal “daß der
„Eifer der erften Chriften abgenommen, und NB.
ſich gar verloren habe,,, welches er ſchon vor den
Zeiten Zaftlii M. das iſt, vierthalb hundert Fahr
nad) EHrifti Geburt Daher bemerfet, weil man
damals ſchon nicht mehr das Abendmahl alle Ta:
ge gebrauchet habe. Siehe p. 354. und p.307. da
er anzeiget, “wie die Hige und Eifer der eviten
„Zeiten um das Ende des 5. Seculi nachgelajlen
„Habe. Es befennen aber diefesiund noch viel
ein mehrers auchdiedamaligen fürtveflichiten Leb-
rer: Zum Erempst, Chryſoſtomus, wenn er
ausdrücklich Elager: "Wie jegodie Sachen ſtehen,
„fo iſt alles in Grund verderbet undverfallen. Die
„Gemeine ift nicht viel anders als ein Ochſenſtall,
„ober ein Lager der Cameele und Eſel und wenn id)
„umber gehe ein Schaf zu fuchen, ſo kann ich Feines
„erfehen. Sogar fühlagen fie alle um ſich, nicht
„anders als Pferde und wilde Efel, und erfüllen
„alles mit Unflatyn). Und wiederum Galvia-
nas: “Die Cheiſten rennen jegund alle ins Berz
„erben, oder, daß ich etwas gelinder rede, fait alle.
„9 ein erbarmliches Elend! D ein jammerlicher
Zuſtand! Wietingleich iſt ihm nun das Epriften-
„vol£ ſelber, das iſt, wie iſts von dem fo weit unter⸗
Ich eden, welches vor dieſem war? Damals hat
„Petrus Ananiam und Saphiram am Leben
„geftraft, weil fie gelogen hatten, ;
„Paulus hat auch das Boͤſe aus der Gemeine ger
„trieben, daß es nicht viele verunreinigte. Nun
„aber find wir mit dergleichen Anzahl von beyden
„Theilen vergnügt. Und was fage ic) vergnuͤgt?
Wir ſollten uns vielmehr freuen, wenn die Theite
„nur einandergleich wären. Siehe aber, wie weit
wir verfallen find! Ach fiehe! wie weit, gegen
„jener Lauterkeit der Chriftlichen Gemeine, in
„welcher weiland alle unbepledfet waren! Siehe,
wie weit find wir zurück gewichen, Daß wir urtheiz
„ten müffen, die Gemeine waͤre aisdenn felig, wenn
„fie nur fo viel Gutes an ſich haͤtte als Bofes,, o)!
Und diefes ermeifet er. abermal mweitläuftig und
nachdrücklich.
6. Noch andere ftellen die ganze Sache, wie
fie vom Anfang des Berfalls bis zu deffelben völliger
n) Homil.$9. in Matth. 0) Lib. VI. de Gubern, Dei p. 193.
„Anson. de Dominis pr&f.adlib. de Rep. Eccl.
Der. felige.
er Se Ale)
Offenbarung nach der Wahrheit anzufebenift, in
einem artigen Gleichniß vor, wenn ſie die allererfte
apoftolifche Birche einer reinen und unbefleckten
Jungfrauen, aus ı Eor,u, 2, die folgende aber,
weil fie ihre Reinigkeit nad) und nad) verloren,
und gleichſam mit vielen ungerathenen Kindern
überhäuft worden, einer Mutter verglichen. Ein
fürtreflicheeund merfwürdiger Dre ſtehet hievon
in des uralten Egeſippi Schrift, der um das Ende
des andern Seculi alſo geſchrieben: “Bis auf
„dieſe Zeiten (nemlich bis auf den Abſchied der
„Apoſtel,) iſt die Gemeine eine reine und unbe—
„fleckte Jungfrau blieben, indem diejenigen, wel⸗
„che die geſunde Regel der heilſamen Lehre verfaͤl⸗
„ſchen wollten, bis dahin verborgen blieben, wo.
„ihrer ja einige geweſen ſind. Machdem aber der.
„heilige Haufe der Apostel verſchieden, und die
„ſes Geſchlechte vorbey gewefen, welches die gött-
„liche Weisheit mit feinen Ihren gefchöpfer hat⸗
„te, Da fieng fich der gottloſe Jerthu r
„u thun durch die, welche eine fremde Lehre auf⸗
„brachten. Wilche denn auch, weil niemand von.
„den Apoſteln mehr im Leben wär, numöffentlicy
„rider das Wort der Wahrheitdie falſchberuͤhm⸗
„te Kunſt Ichreten;p).» Und freylidy ift es an
dem, wird auc) aus dieſem Buche Elar werden,
wie diefe Jungfrau und Braut CHrifti nachmals
fo jammerlich ihrer Heiligkeit und alles Schmucks
verluftig worden. Die Lehrer gaben e8 bald fel-
ber zu verftehen, wenn fie fie nicht mehr, tie zu⸗
vor, eine Jungfrau, fondern eine Frau und
Mutter nenneten, und damit eben ſtiſſſchweigend
anzeigten, daß es nicht mehr um fie alfo fünde,
wie in den vorigen Tagen, da reine Lehre und
beiliges Leben ihr herrlichſter Schmuck geweſen;
fondern daß fie nicht allein die Ketzer (welche alle:
zeit gottlos lebten, wie unten gezeiget werden foll,)
fondern aud) die Heuchler und offenbare Sünder,
bey einreiffender Sicherheit, um ihre Ehre ge⸗—
bradıt. Alſo, daß die Klage des HEern aud) von
ihr wahr worden, Yefaiı,aı. und ihre Schande
zwar von vielen bedeckt und verhehler, aber gleich-
wol offenbar genug ift, andern zum Spiegel und
Erempel, die fich ihrer Neinigkeit rühmen, und
nichts weniger als rein find, da fie fie in Worten,
und nicht in der That und Kraft fuchen, denn in
Ben Fann auch die ärgfte Vettel fich dor rein aus⸗
geben. RE
7. Unter biefem Bilde ftellee nun augen«
ſcheinlich den Abfall von der er Bahrheit un
— und⸗
p) Apud Ew/ebinm lib. III. Hiſt. Ecel.
=
u
Re.
Mutternamen fich der Verderbniß erinnern, die
fie ohnedem vor Augen ſahen. Dahero die, welche
noch redlich waren, deutlich mit ſolcher Bekenntniß
heraus giengen: "Die Mutter iſt nun ſchwach
„und Frank, indem ihre Söhne zunehmen , die
Gemeine iſt durch ihre Fruchtbarkeie immer
Iſchwaͤcher und ganz von Kräften Fommen. Denn
wo iſt nun ihre fürteefliche Schönheit (der
Jungfrauſchaft )? der größte Theil ihrer Söhne
„bat mit tödlichen Sachen zu thun,,g). Nem⸗
lich es war, nach des Egeſippi Worten,die erfte Ge:
meine einereine Jungfrau, gleichwie die zu Corin⸗
tho dem Herrn EHrifto alfo wiederum nad) ihrer
Reinigung zugebracht wurde. So bald aber als
fie Kinder gebar, da ſich ſowol Gute als Boͤſe zur
Chriſtlichen Religion befennten, und fie diefelbe
ohne Unterfiheid annahm, da ward fie eine Mutter,
und dahero wiederholen die Alten diefeon Namen fo
ofte, in eben diefer Abficht , wie es ihre Worte aus-
weifen r). Es ward auch die Verderbniß noch
mehr angezeiget, wenn man fo frengebig mit diefen
Titeln rourde, Daß auch viel Gottlofe darunter ein⸗
gefchloffen wurden. Als, wenn die Hohen und
Groffen in der Welt ohne Lnterfcheid von den
ſchmeichelnden Bifchöffen Söhne der Rirchen
titulivet wurden )u Jugleichen, wenn die Eiße
der Erz und anderer Biſchoͤffe, ja die Kirchen:
gebäude felbit Daher Metropoles oder Mütter
der anderen Rirchen heiflen mußten t); am al-
lerdeutlichften aber ward die Verderbniß der Ge⸗
meine geftanden, wenn man fihriebe: “fie fey
„durch den Meid der böfen Geifter gefchänder u),
„und von den Irrigen verderbet worden, x). In—
gleichen “fie fen von denen felbit geſchaͤndet wor:
die fiebewahren follen,„y): nemlic) von den
Lehrern und Kirchendienern, als welche endlic)
gar ungefcheut die Gemeinen ihre Eheweiber und
„»Bräute„nenneten 2), die auch, wenn die Bifchöffe
eftorben waren, deswegen wider allen Danf und
illen ſchon im fünften Seculo Witwen beiffen
mußten a), Daß ich von der Römifchen Kirche
nicht fage, mie fie fich nach und vor eine Mutter
aller andern ausgegeben b), da fie doc) mit Recht
T
2. Cap. Don dem Derfat der Chriften unter dem äufferlicben Wohlitand, x. 799
Se — denne ann Den m nun we
und mußten auch wider ihren Willen oft mit dem
von ihren eigenen Kindern eine böfe Stier“
muster benennet ward e). Aberich komme wie:
Er auf meinen Vorſatz, und auf die vorhabenden
eiten.
3. Im Fortgange wird fich alles von einer jeden
Zeit infonderheit geben. * erinnere mich nur
noch, wie die aufrichtigen Scribenten theils den
Verfall insgemein und den Vorzug der erſten 300
Jahre bekennen, theils dieſelbe den folgenden Zei⸗
ten,als widerwaͤrtige Dinge, gerade entgegen ſe—
Gen. Als, wenn ein erfahrner Mann von der ver=
derblichen Diſputirſucht, wie fie in die Chriſtenheit
eingeriffen, fehreibet : "Anfanglich beftund der
Glaube mehr im teben als in Bekenntniß der
„Artickel. Bald har die Noth erfordert, Artickel
„vorzufchreiben, aber wenige, und die der apoſtoli⸗
„fen Auftichtigfeit gemäs waren. Da nahmen
„endlich die Artickel zu, aber die Lauterkeit nahm
„ab, die Zänferenen wurden immer bißiger, aber
„die tiebe erkaltete. Die Lehre EHrifti,die im Ans
„rang von feinen Wortgezaͤnke mußte, fieng an
„nach den Ausfprüchen der Philoſophie gerichtet
„su werden: Diefes war die erfte Stufe, da die
„GemeineinsBerderben verfiel. Die Güter und
„der Reichthum wuchfen, die Gewalt Fam dazu.
„Man mengere die Autorität der Kayſer indie
„Sache, und that der tauterfeit des Olaubensgar
„feinen Vortheil damit. Endlich ftele man auf
„ſophiſtiſche Streitigkeiten, und brathteviel 1000*
„mal 1000 Artickel hervor. Weiterfamesgar auf
„lauter Schrecken und Dropen an. Und da es am
„eben mangelte, der Glaube auch mehr im Munde
„als im Herzen war, und die gründliche Erfennt-
„niß görtlicher Dinge fehlte, fo wollte man doc) die
„Leute durch Peiniger dahin bringen, daß fie glaus
„ben füllten, was fie doch nicht glaubten, u. ſ. m.d).
Dem ein anderer berühmter Mann alfo beyſtim⸗
met: «Bor diefom recommendirte allein die Ein-
„alt die Chriſtliche Religien, bald aber wurdenals
„lerhand Philoſophi dazu gezogen, welche fie mit
„ihren Meynungen anfüllter, und die Majeftät
„des Gottesdienſtes, dieja nicht umſonſt alfo ers
„funden ward, nicht beflerten, fondern nach und
? Fa
g) Saluianuslib.T.adu. Auarit.p.14. r) Vid.e multis Hieronymus Epift. ır. Auguflin. Ep. 30. lib.de Ver; et En
Poen. c.12. Qu. 52.ad Orof. Serm. ıgı. de Tenip. Serm. 50. de Verb, Dom. Arzbroj.lib. 1.de Virgin. lib. IL: in Luc.
e.3. etlib. VIIL.c. 16, etalibi.. s) Bonifacius I, Epift-ad Honorium A. ap. Binium Tom.I. Concil. p. 613. Luere-
‚ tius ibid. Tom, II. p. 640.Vid. Greger. M.lib. I. ep. 1. lib. V. ep.34. et 50. etc. t) Vid. Dodvvellus Di Cypr.
WII. n. 8. DeCarhedrismatricibu« vid. Concil. Mileuitan. ll. c. 25. Cod. Can. Eccl. Afrie. €. 123.
Sib.l.e.ı x) Ihidorus Pelufioralib. III.cp. 408: y) Vid. Bernhardus (erm. 77. in Cänt. z) Vid. Fuariftus
Ep. ap. Biniw». Tom. I. p. 108. et Gratian. 7.9. l.e. Sicut vir. Conf. Iac. Cappetins de ded.Rom. poteft. c. 25. Wx-
I.Comm.$. Cantit.6. a)Cone. Chalcedon.c. 25. Ep. Syn. Ephef. Conc. ap. Beueregrum Tom. L. Syn.
enade.ı6. Ant. b) Vid. Ius Canonum ı. qu. 6. c.Quories et 3. gu. 6.0. Dadum it. 12. difl.c 1. Exrr,
. 6.3. e1c. Add. Bellarminus lib. I. de Not. Eccl. Baronius Annal. A.DI. c) FridericusT’.Imp,
arilien/em Hift. Angl. Vid, Wolfus Tom, I. Let Mem.p. 543. d) Era/m, præf, ad Hilarium,
u) Euagrine
800
„nach durch die Gefeße und Stimmen der Conci⸗
„lien änderten, mas zuvor frey und durch Privats
„andacht eines jeden erwählet war, nachdem die
„Beredſamkeit der Lehrer dieſes oder jenes einres
„den konnte. Und diefes ward hernad), da die
„Barbaren allmäplid) heran wuchfen, durch die
„linden Wege des Difputirens leichtlich defen⸗
poirt e)
9. Ka ,esobferpiren die Gelehrten, und fonder-
lich die Gefchichtfchreiber aus den Kirchenhiftorien
insgemein, daß die Gemeinen unter Conttantino
ganz in eine andere Form und Verfaſſung geſetzet
worden, als fie unter und nad) den Apoftein ges
ftanden. Zuerft fey die Glückfeligfeit der Kirchen
ganz fonderbar geweſen in Reinigkeit der Lehre, in
Heiligfeit des Lebens, in Einfalt der Gebräuche
und in Ordnung der Zucht: Aber je weiter fie von
ihrem Urfprung entfernet worden, deſto mehr fey
fie von demfelben Wohlſtand abfommen f). Denn
man fey nach und nach und faft unvermerfe von
der erften Einfalt und Lauterfeit abgewichen, fo-
wol in Gebräuchen als im ganzen Leben. Dahe⸗
to fonderlidy unter der Elerifey lauter Hochmuth,
Ehrgeiz, Aemulation, Zanf, Tyranney, Betrug
und andere Greuel erfolget feyn 2). Ben den er:
ften frommen Chriſten feyn wenige armfelige Ges
bräuche und einfältigere Gewohnheiten geweſen,
fo lange die Menſchen geglauber haben, daß ihnen
Go0tt allein bey wahrer herzlicher Gottſeligkeit
onädig fey. Machmals aber wären mehrere und
weitläuftigere Dinge auffommen bey dem glückfe:
ligen Zuftand der Kirchen, wenn man das aͤuſſer⸗
liche anfehe, dabey man aber für das innerliche
weniger geſorget, daß Daher der Gottesdienft fait
ganz zu einem Pracht und Pomp worden, und
derjenige gemennet GOTT am beften zu dienen,
welcher mit gröfferem Schein und Aufzug ihm
dienete b). Die Einfalt deserften Chriſtenthums
fen nach und nad) mit ganzer Gewalt gefranfer,
und die Theologie mit Aufferlichen und felbjt er-
fonnenen tebrfagen verfälfchee worden. Je naͤ⸗
ber es aber an Denen Zeiten der Apoftel und ders
jenigen gewefen, fo IEſum im Fleiſch felbit gefe-
ben und gehöret, je reiner fey aud) alles bey ihnen
gerefen. Es feyen weniger Ceremonien, Binge-
gen deſto mehr Gottesfurcht geweſen, weniger äufe
ferliches, Hingegen aber defto mehr innerliches,
weniger eingebildete Weisheit, Hingegen aber ein
gröfferer thaͤtiger Glaube. Als Die Seelen noch)
mit denen Erempeln der erften Apoftelenebrannt
e) Hugo Grotius lib. I. Annal. Belgic. f) F. Sparhem.
8.8, Von dem Abfall der Chriſten von der erften Lauterfeir.
ervefen, und die Ohren noch von ihrer himmlie
äh
3
en Froͤmmigkeit geklungen, auch das annoch
brennende Feuer des Pfingftfefts feine Flammen
weit und breit von ſich geworfen, da ſey fuͤrwahr
das Chriftenehum ein ganz ander Ding gewefen,
als es wol hernachmals mit der Zeit worden.
Denn nad) diefem fey die $uft zum Difputiren dar⸗
ein kommen, und habe die Herzen, welche vor«
dem fo inniglid) in der Liebe vereiniget geweſen, ſo
ungluͤcklich von einander geriffen. Seit dem ha⸗
be man dasjenige, was in dem Juden- und Hey-
denthum fcheinbar und prächtig geweſen, in das
Chriſtenthum aufgenommen : Seit dem fey die
Welt mit ihrem Reichthum, Wohlluft und Pracht
eingebrochen, und da die Kirchgebäue mit Mars
mel, Silber und Go!d ausgeſchmuͤcket werden,
habe die Ehrifttiche Kirche ihren allerföjtiichiten
Zierat verloren, Und eben deswegen, weilman
nach dem von der heiligen Schrift abgegangen, fü
fey das Chriſtenthum auch niemals in fchönerer
Geſtalt zu fehen gewefen, als eben in feiner aller
erften Zeit, da es mit feiner Armuth und Ver⸗
achtung gepranget, mit dem Blut der Märtyrer
befprüßet und ein Fegopfer und Scheufal vor En⸗
gel und Menſchen gemefen i). ‘
10. Bon dergleichen Befenntniffen wären noch)
ſehr viele herzuſetzen, wo ic) nicht lieber zur Sache
felbft fchreiten wollte, wenn ic) zuvor nur wenig
Worte von den eigentlichen Urfachen erwehnet ha⸗
ben werde, warum bey folchem äufferlichen Wohle
ftand die Ehriften fo weit von ihrer vorigen inner⸗
lichen Herrlichkeit herunter fommen feyn. Ein
frommer Kanfer in Driene hat es gar fein getrof⸗
fen, wenn er in einem Reformationsmandat uns
ter andern folgendes gefeßet hat: *Es darf nie⸗
„mand wundern, warn das gute und Beilfame
„Werk (der Ehriftlichen Zucht) mit der Zeit iſt ver⸗
„dorben worden, welches die Juͤnger des Herrn
„und die übrigen heiligen Vaͤter der gläubigen Ge:
„meine hinterlaffen haben. Denn meil die Men:
„fchen immer der Verführung unterworfen find,
„und ſtets mit vergaͤnglichen Dingen umgeben,
„to fallen fie gemeiniglid) darauf. Gintemal
„Diefe finnliche Dinge, und die Neigung dazu ‚die
„Gedanken der Menfcyen verderben , alfo, daß
„man wenige findet, die ftets mit göftlicben Din-
„gen ſich unterkalten, und den inneren Menfchen
„immer zurück ziehen und reinigen. Dahero ift
„das fürtreflichite und aöttliche Werf, welches
„den Seelen die Gottfeligfeit von GOtt bringet,
„ganz
Introd. H. E. Sec. II, p. 38. 8) Idem ib. Sec. I. p 79.
h) Tob. Pfanner.Lib. de Catechum, procın, n.4. i) Herm. Wirfins praf. ad Guil, Cauei auf Prim. p. 28.
u , 7 a?
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ganz verachtet worden, und hat taͤglich abgenom⸗
ion; ſo gar, daß es faft zu einer allgemeinen Ber:
iftung gedießen ift, und vor nichts geachtet
„wird, k), Demid) noch ausden neueren Scri:
benten einen hinzu fuͤge: "Alsdie Schwerdter der
x „Tyrannen nun faft ftumpf worden waren, und
ddie Gemeine von Verfolgung und Mord Ruhe
„hatte, fo gefchahe es, wasunter Menfchen vorge-
F „bet, Die fich bey guten Tagen zu erheben pflegen.
Nemlich, man fielalsbald von der Befleißigung
} „der Gortfeligkeit ab, wollte gerne allenthalben
»boch und geehret ſeyn, uber die andern herrfchen -
,
„undgebieten, um geringer Urfachen willen Zank
v„mit ihnen anfangen, und mit lauter en
d Streitigkeiten allenchalben Ver:
„wir richten, 1), Daß aber die Leute alfo
* damals gefinnet geweſen, wird ſich nicht allein in
folgendem Specialbericht weifen, fondern man
En fonft einige — daß ſie die guten
age und weltliche Gluͤckſeligkeit muͤſſen verlanget
und geliebet haben, hingegen ſich gehuͤtet, und da-
hin geſehen, wie fie mit dem Kreuz CHrifti nicht
verfolger möchten werden. Die meiften und fir:
nehmſten Chriſten damals wollten gerne auch ei⸗
nen König haben, wie alle Heyden, und vor der
Welt angeſehen, maͤchtig und ficher werden. Da»
Er ward unter andern erdichtet, als wenn der
Kayſer Philippus, ein fonft gottlofer Mann, auch
ein Chriſte worden, und ſich unter ihre Berfamm:
lung hätte begeben wollen. Da doc) Fein Wort
davon wahr gewefen, fondern die Urheber dieſes Ge⸗
dichtes fich nur damit verrathen haben, wie gerne
ſie doch ausdem Druck, der ihrem Fleiſch und Blut
unangenehm war, zu Fommen gemünfchet m).
Auch gab man unter andern vor, es würde nun:
mehro nach der legten Berfolgung , die Conftanti-
" nusaufgehaben hatte, Feine einzige mehr über die
iſten fommen, ausgenommen zur allerleßten
eit unter dem Antichrift. Da ihnen doch GOtt
Riot bernach ein anders wieſe, alser durch Yulias
num und die Arianifchen Kayſer fie wiederum
ſcharf yüchtigte n).
ı. Es iſt bereits erwehnet worden, daß nicht
allein unter Conftantino der Abfall fich zu auffern
angefangen, ſondern ſchon zuvor, nemlich fo oft
die Ehriften durch die Gelindigkeit der Heydnifchen
Kayſer etwas tuft und Freyheit befommen haben.
Denn eben bey foldyen zwar Furzen, doc dem
3. Cap. Don dem Derfall der Ehriffen unter dem Aufferlichen Wohtftand, x.
801
Fleiſch angenehmen Abwechſelungen ward alsbald
von dem rechten Eifer im Chriſtenthum etwas
nachgelaffen, und damit gezeiget, was ins Fünftige
gefchehen würde, wenn die Leute zu völliger Freh⸗
beit und Ruhe gelangen würden. Bon diefem
Anfang des Abfalls ſchreibet der fonft fehr partehi⸗
ſche Geſchichtſchreiber Euſebius ſehr offenherzig
und nachdenklich: Nachdem das Chriſtenthum
„durch die allzugroſſe Freyheit in Zaͤrtlichkeit und
„Faulheit gerathen war, da einer den andern an-
„fienge zu neiden und zu verleumden, und man un:
„ter fich ſelbſt gleichfam innerlichen Krieg führere,
„lich unter einander mit Worten, als mit Waffen
„und Spieſſen, verwundete; da ein Bifchof wi-
„der den andern, eine Ghemeine wider die andere
„aufftund, und groffen Tumulterregte, ja die Be-
„erügerey und Heuchelmefen zum böchften Grad
„oder Bosheit geftiegen war: Da feng Die göttliche
„Rache uns nach ifrer Gewohnheit, allmählich
„und mie Maffe an zuftrafen, wiewol der Zujtand
„der Gemeine noch leidlich war, und die Haufen
„ver Glaubigen noch frey zufammen fommen
„ourften. Nachdem man aber fo gar in den Tag
„hinein lebete, daß man nicht einmal dran dachte,
„vie man GOtt wiederum zum Freund befom:
„men möchte, fondern vielmehr nach der Art der
„Oortlofen meynete, es gienge alles ohne Borfes
„bung GH ftes zu, daherd auch noch täglich mehr
„Sünden dazu kamen, weil unfere Hirten die
„Richtſchnur des wahren Gottesdienftes verach⸗
„teten, und fich nur unter einander zanften und
„biffen, dabey nichts anders als Widerwaͤrtig⸗
„keit, Droßen, Eifer, Haß und Feindſchaft mit
„Fleiß unterhielten und vermehrten, und die
„Oberftelle als eine Tyranney aufdas heftigfte be⸗
„baupten wollten; dafteng der HErr endlich an
„die Tochter Zion in feinem Zorn zu Schanden zu
„machen o).
12. Wer diefe fchreckliche Befchreibung unpar:
teyiſch anſiehet, wird ſich gewißlich nicht gnug ver:
wundern koͤnnen, daß nicht allein etwa das gemeine
Volk vonder Regel des erſten Chriſtenthums ab—
gewichen, ſondern auch und fuͤrnemlich die Lehrer
insgeſamt in die allergreulichſten und vorſetzlichen
Suͤnden und Safter verfallen geweſen. Und dieſes
war nicht etwa unter dem voͤlligen vermeynten
lor der Chriſtenheit zu Conſtantini Zeiten, ſon⸗
dern fo gar auch zuvor, mitten unter den Feinden, zu
Jii ii hoͤch⸗
k) Alexinı Comnenus in Nouella ap. Corelerivum Tom-II- Monum. Ecel. Gr. p. 1g1.n.8. h Edo Newhufiss lib. I. Fa-
tidiese.26. m) Ewjebius lib. VI.c.33. Pincentins Lerinenfis Commonit. c. 23. Hieronymus Catal. Ser. Orig. alii-
que. Conf. Huetius Origen. p. 19. Korthols de Perfecut. Chrift. VIII.n. 3. feqg. Scaliger Animadu. Eufeb. A. M.
MCCLX. 1.G. Neumannus ct P. de la Faye Diflert. Gngular. n)Vid. Augufinss lib. VIII de Ciu, Deic. 52.
0) Lib. VII. H. E.c. ı.
* je"
802
- Böchfter Aergerniß derfelben. Und da nun der
Greuel des Antichriftenedums ſich ſchon fo bald
und mächtig hervorgethan, was mag wol nicht
nach der Zeit vor ein Ausbruch der Bosheit gefche-
hen ſeyn, nachdem foviel Freyheit und Muffe Dazu
unter Eonflantino gegeben worden. Die Macht
v offenbaren Wahrheit hat Euſebio diefe hoͤchſt⸗
Ewürdige Bekenntniß abgezwungen, wodurch
zugleich aller Ruhm auf einmal hinweg falle, oder
zum wenigſten zweifelhaft werden muß, welchen j
er nachmals von Eonftantini Zeiten machet. Im⸗
maſſen er dieſe facka oder vorgegangene Greuel
der Kirchenvorſteher deutlich bekennet, und noch
dazu die allernaͤchſten Ur ſachen ohne Umſchweif dazu
ſetzet, nemlich die Freyheit, Sicherheit und aͤuſſer⸗
liche Ruhe der Gemeinen. Wann er nun dieſes
von denen noch ſehr bedraͤngten Zeiten der Chri⸗
ſtenheit ſelber feſte ſetzet; ſo muß nothwendig, kraft
ſeiner eigenen Worte, folgen, daß dieſes alles unter
und nach Conſtantino noch viel mehr worden ſey, je
ſtaͤrker die angezeigte Urſachen damals worden
ſind. Dahin denn auch gehoͤret, was eben derſel⸗
be noch weiter zuruͤck von denen Zeiten bald nach
der Apoſtel Abſchied aus dem Egeſippo folgender
geſtalt ſchreibet: Nachdem die H, Apoſtel auf al⸗
lerhand Art umkommen waren, und dieſes Ge-
fehlecht vorbey mar, welches von Chriſto felbftdie
örtliche Weisheit gehöret; da fieng fich falfche
und betrügliche Bereinigung gottlofer Irrthuͤmer
an, und zwar durd) Lift derer, weld)e eine ganz fal⸗
ſche Lehre ausftreueten, und weil Feiner von den
Apofteln mehr lebete, nunmehro offenbarlic) dem
lauteen Wort der Wahrbeit eine falfche und erdich-
tete Lehre entgegen feßten p). -
13. Hier wird wiederum auc) von den Jahren
gleich nad) der Apoftel Tod gezeuget, wie alsbald
hier und Dar fich Die Verderbniß bervorgethan, und
zwar niche nur in bloffen Worten und nichtswuͤr⸗
digen Streitigfeiten, fondern in recht aottlofen
Terthümern und erdichteter betrüglicher Lehre,
welche die Menſchen auf Sicherheit und Gettlo-
fiafeit abgeführer, und Die apoftolifche Sauterfeit fi
und Wahrheit verdunfelt Haben. Dahero jener
gelehrte Mann auseben diefen Worten fehr weis-
lic) ſchlieſſet: Wenn diefes in den erften Zeiten ge-
fchehen ift, ſo iſt nicht ſchwer zu urteilen, was in
den folgenden vorgegangen fenn muß; da nicht
wenige, obgleich aus Feinem boten Gemuͤth, doc)
"durch die Liſt der Betrüger bintergangen,, die apo-
ſtoliſche Lehre vergeſſen, und der Trügercygar zu
p) Idem lib. III. cap. 29. q) Andr. Rineruslib. de Patr. Audtorit,c.1.
Ph. 11.p.492. s) Theodoritus Haret, Fab. initio.
viel beygeleget haben. - Diefes ehaten nicht we
ge, als der Antichriſt noch im Berborgenen fhliche,
Was muß nun bernach nich posgangen feyn, da
das Geheimnif der Bosheit fich offenbarce? Und
zuvor —* er dieſe Regel, wornach man die Schrif⸗
ten und Thaten der Alten urtheilen muͤſſe: Je wei⸗
ter die Menfchen von der Apoſtel Zeiten en
' Euſe⸗
bii folgendes ſchlieſſet: Es waren zwar auch zu der
Apoſtel Zeiten etliche, welche Irrthuͤmer — —
ten, aber ſie waren unbekannt, und getraueten ſich
nicht das Haupt aufzuheben, zum wenigſten da,
mo die Apoftel waren. Hernach aber, da der Gei |
Gottes bey ihnen abnahm, und der Glanz der
himmliſchen Stralen, der ihnen auffer der Ord⸗
nungfihiene, allmaͤhlich zuruͤck zog, o wie fehrift
man da verfallen! Was hat der Stan nicht vor
Gewalt genommen, da er zwar zur Vorderthuͤr
herausgetrieben, aber zur Hinterthuͤr wieder hin⸗
eingelaffen worden r)? Dabeyer auch’ diefe Wor⸗
te eines alten Scribenten erzehlet: Als der Teufel
„das Berderben der Menfchen merfete, wartete er
„nicht, bis die Predigt der Apoftel befeſtiget und
„ftarf war, daß er alsdenn erftlic) feinen Betru
„angebracht hätte; fondern er flreuete unfeebek
„ien Unkraut aus, indem jene zuerft die Erde zu
„bauen und den Saamender wahren Gottſeligkeit
„und Religion hinein zu werfen anfiengen 5).
14. Und ſolchergeſtalt find nun auch die erften
300 Jahre nach diefem wichtigen Unterfcheid anzu:
fehen, daß fie zwar durchgehends in Reinigkeit der
Lehre und des Lebens den Borzug vorden folgenden 4
Jahren unſtreitig behalten, aber doch, ſonderlich
n Anſehung des dritten Seculi, nicht von allem Ver⸗
derben frey geſprochen werden koͤnnen. Der Un⸗
terſcheid der Perſonen und ihrer Verrichtungen
muß hier ein groſſes Licht geben, alles nad) feinem
Urfprung und Weſen genau anzuſehen und zu pruͤ⸗
en. Dabey überall die undetrügliche Regel des
offenbarten göttlichen Willens zum Örunde liegen -
muß, wornach das Boͤſe verworfen, und das Gute
behalten werden koͤnne. Nimmt man dieſes wohl
in acht, fo laßt ſich auch in denen erſten Zeiten leichte
lic) ein geziemendes Urtheil faffen, was zu der apo⸗
ftolifchen Neinigfeit gehöre, und was hingegen un⸗
—— Irrthuͤmer und Feh⸗
ter menſchliche
ler, wie auch offenbare Bosheit zu ſetzen ſey. AN)
— oͤnn⸗
—— —
— «
x) Dannhauerus Chrißeid. Axt. ı. Th. ı.
u
%
.
ce
..
nge nzesXegifter von dergleichenDin-
gen machen, welche in dem andern und dritten Se⸗
lo auffer und auch wider göttlichen Willen von
—— ſind. Ich verfpare aber dieſes ſo⸗
wol, als was in die folgende Secuia läuft, auf die
Specialerzehlung, fo bald folgen! ſoll. Setze
deinnach nur noch die Worte einer bekannten Kir⸗
chenhiſtorie her, wie fie von dem dritten Jahr⸗
Hundert, und alfo noch vor Conftantino einen
groſſen Abfall und Verderb erfenner. Cs wäre
noch gut geweſen, wenn die Keßer nur die Kirche
- geplaget, und nicht die einheimiſchen Seinde
- noch viel geöffern Schaden gethan hätten, Dies
fes find num die Rircchenvorficher mit ihrem
Gezaͤnk, Mißgunft, Aemulationen und daher
entftandenen ärgerlichen Spaltungen, welche des
I verderblicher find, je fchädliher ein Einheimi⸗
cher vor den Auswärtigen zu feyn pflege, Dazu
gleichfam noch zur Probeder größte Streit gefeget
wird, der im Jahr Chriſti 252. zu Nom wegen des
Biſchofthums vorgegangen ift,, da ihrer zween
um die Ehre mit einander haisftarrig ſtritten, und
Feiner dem andern aus Ehrgeiz weichen wollte t).
15. Eben diefe Hiftorie wiederholet auch des
Eufebii Bekenntniß von dem angehenden Berfall
und deſſen Urſachen, und gibt gernezu, daß auch
Damals fchon die Chriften in groffe Sicherbeit ge:
rathen, und ihre Lehre nicht mit einen folchen de—
ben gegieret harten. Diefes aber fey ſonderlich
unter den Vorſtehern der Heerde vorgegangen,
welche Die Oberhand unter den Gemeinen als Ty-
rannen gefuchet hätten, und von boshaftiger
ankſucht wider einander entbrannt gewefen u);
Welchen jaͤmmerlichen Zuſtand Cyprianus zur fel-
ben Zeit nicht ſchmerzlich gnug beklagen kann, deſ⸗
Worte wir unten hören werden. Es ſtim—
met aber noch ein andrer bewährter Hiftericus hie-
mit völlig überein, wenn er ſchreibet: Da die
„Kayſer anfiengen gnädig zu feyn, mißbrauchten
„die Epriften diefe Glückfeligkeit zur Sicherheit
„des Fleiſches. Die Elerifen fiel auf einander los
„mit Haß, Schmähen und täftern, warf ein gottfe>
liges eben hinweg, und lebte in Ehrgeiz und Miß⸗
unſt, recht wie die Tyrannen, Insgemein gieng
ndie verdammte Heucheley fort, und das verjtellte
Weſen ftieg bis zur Aufferiten DBosheit,, x).
Alwo er auch die Zeiten nach der Reformation
Lutheri mit jenen vergleiche und fager : “Da heu⸗
„tiges Tages nach der Reinigung der Sehre in
»Deutfchland wegen der langwierigen Ruhe eben
© Hiftor. Ecel, Goth. lib. IT. c. III. Sedt. 2. n. 7.
u) Ibid, Tg.
*.3. y)Ibid. z) Lib. VIII. H. E. e. 4. a) Eufeb. Lc. e.2.
‘9 a, .
: pı Don dem Verfall der Chriften unter dem aͤuſſeruchen Wohiſtand, u. 803
„ſolche fleifchliche Sicherheit regieret, ift zu before
„gen, daß der HErr nicht durch eine ſchwere Vers
„folgung uns aus dem Schlaf erwecke, und den
„Mißbrauch des Evangelũ und der Ehriſtlichen
Freyhheit ſchrecklich ftrafe,, 5). Wie denn auch
niche zu übergehen ift, daß alle diefes verderbte
Wefen, fo auch noch vor Conftanting fich einges
funden, von GOTT ernftlich geftrafer worden,
Fufebius gedenket nad) der Beſchreibung veg
groſſen Elendes unter Hirten und Schafen zu
felbiger Zeit, wieder Herrin feinem Zorn Zion
„habe zu Schanden gemac)et,„z). Diefes ges
fepaße jawohl, als die Tyrannen Diocletianug,
Marimianus, Lucinius und andere ſchrecklich zu
wuͤten anfiengen, und die heuchleriſchen Chriften,
Daaaemilch aber ihre Anführer in die Enge trie—
en,
15. Alleine, es half auch diefe Züchtigung des
Allmächtigen bey den meiften wenig oder nichts,
nachdem einmal die Verderbniß und fo viel böfe
Erempel überhand genommen hatten. Der ge-
dachte Hiſtoricus ſchaͤmet fich faft, die groſſe In—
foleng der Cleriſey famt ihren ſchrecklichen Unei—
nigkelten zu erzchlen, die fie vor der Berfolgung
errviefen gehabt. Er geftehet auch gerne, daß er
nichts weiter fchreiben Fönne, fondern Die Gerichte
GOttes als gerecht und heilig dabey preife. Da
auch nun die Strafen und Verfolgungen wieder
angangen wären, hätten fich die meilten $ehrer
fchandlicher Weife verſteckt, etliche wären von den
Feinden ertappet und nur darüber ausgelacher
worden a), Man ann auch eben hierbey die goͤtt⸗
liche Gerechtigkeit darinnen fehen, daß von den
Kayfern abſonderlich befohlen worden iſt, die Leh⸗
ver follten am allereriten angefallen werden: Wele
ches denn deswegen ohne Zroßifel geſchehen iſt, weil
fie amallererften und meiften gefündiget, unddie
armen Schafe hingegen nicht ſo viel gethan hat⸗
ten. Noch ſchrecklicher aber ifts, was dabey vers
fichert wird, “Daß unzählig viel Kirchenvorftes
„ber EHriftum damals verleugnet haben,, b). Und
diefes ſey insgemein und eingangsmweife vor dis⸗
mal genug gefagt von dem Anfang des Verfalls
in dem Ehriftentbum, welcher hoffentlich aus die«
fon aufeichtigen Zeugniffen alter und neuer Scris
benten überhaupt offenbar feyn wird. Abernoch
vielmehr werden einem wahrbeitliebenden Ges
mürde die Augen bierinnen aufgehen, wenn der
folgende fonderbare Bericht nach allen Ständen
"Stil und
x) Ofiander Centur. IV. Hiſt. Eccl. lib, I.
b) Ibid, c. 3. et 6.
mien und unpartepifc) ertvogen wird. Lnterdef-
— x ER OR ZADAR |
8,3. Don dem Abfall der Ehriften von der erſten re“ E i : '
gerechtfertiget, fonde v gewiffer und fefter
bey Berftändigen a ee nm An ing
des Verderbniſſes die Gröffe des folgenden leicht ⸗
lich abnehmen koͤnnen. ⸗
804
und nach allen Arten der Sünden darzu genom-
fen iſt mie diefer Befchreibung der vorhergehenden
Zeiten der Zuftand unter Conftantino mit nichten
x
*
* *
Das 3. Kapitel, :
Anfonderheit von dem Verfall des Chriftenthum unter
Conſtantino dem Groflen, ———
Summarien.
I Herr Cave durch den beften Zuſtand eines Chriſten verfiche? dem Sinn CHrifti entgegen. 6.1. Geſtaͤndniß des
Berfalls von der erfien Reinigkeitz 2. mehrere Zeugniffe davon, Was bey Eonftantini Taufe fol geſchehen fenn. 3,
EonftantinigehörigesLob. 4. Was von Eufebio zu halten? 5. hat in der Erzeblung von Eonftantino ſehr gefchmeichelt
Erempel davon: 6. hat fich bey Verſtaͤndigen untüchtig gemacht zu einem gründlichen Zeugniß: wird des Arianijmi be
fhuldiget. 7. Warum er den Kanfer fo erhoben? Sein Abfall wird ihm vorgemorfen. 8. Was zwiſchen Eufebio und dem
Kayſer vorgangen , wie beyde einander alles zu Gefallen gethan: 9. Unterſuchung feiner Encomien. Der alte Adam verei=
niget das Reich der Welt mit dem Kreuz EHrifi. 10. Eonftantinus vermehretdie Güter der Elerifey „ behält an fich ſchreck⸗
liche Lafter, 11. Wie und wenn er ſich zum Chriftenthum gewendet? ı2. Sein Leben zeigetfich an Fruͤchten; hatte meiſtens
faliche Abfichten. 13. Woher Eufebius feinen Glauben beweifen wi? wirdbefchufdiger Mordthaten an Weib und Gohn, 14.
wie ſolche zugangen? ı5. Seine groffe Unbarmherzigkeit und Blutdärftigfeit, Hoffart, Geis, 16. wendete undenkliche Ko—
fien auf Bauen, hielt eine koſtbare Hofitatt,die Elugen aa ärgern fich daran; 17. feine groffe Verfihwendung des Geldes. 18.
Dber ein Arianer gewefen ? auf Angeben feiner Schweiter wird Ariusaus dem Exilio befreyet und Athanafius hinein gebracht,
19. worüber die Ehriflichen Seribenten jehr Elagen: Aenderung des Kayſers nach dem Eoneilio Nicenp, zo. wird am Ende
feines Lebens von einem Arianergetauft, die Taufe auf dem Todbette Fam aus bloffer fleifchlicher Gicherheit. zı. Conſtan⸗
%
—
|
—
tini aberglaubiſches Weſen leget einen Grund zur Verehrung der Reliquien. 22.
23. Erlaubet die Wahrfager zu fragen, ja —— aus politiſchen Staatsſtreichen. 24.
riſt nach paͤbſtiſchein Sinn den damaligen Zuſtand der Kirche erheben folle: 25.
dere Gelegenheit ausgeſetzt. Ob ein wahrer €
Was von der Kreuzerfindung zu halten.
Das Übrige wird auf ans
Der Ruhm vonder Gluͤckſeligkeit damaliger Zeiten ganz ungegründet. 26.
würdigften Gefchichten Conftantini feibft
rede, muß id) insgemein etliche Zeugnifs
fe beybringen, worinnen der augenfcheinliche Ver—
fall, wie er im 4. Seculo fürnemlid) gefchehen,
erfanne und befannt wird. Der Hr. Cave feßet
durchgehends in feiner Befchreibung des erften
Chriſtenthums als einen gewiſſen Grund,
daß der allerbeſte Zuſtand der Kirchen unter Con—
ftantino zu ſetzen ſey. Alleine, er zeiget auch durch⸗
gehends mit allen denen auf dieſen Grund gebaue-
ten Erzehlungen, was er durch den beſten Zuſtand
eines Chriſten verſtehe, nemlich neben einem auf
ferlichen feheinbaren Gottesdienſt die meltliche
Gewalt, Güter, Bequemlichkeit und Vergnuͤ—
gung dieſes Lebens. In ſolchem Verſtand mod»
te wol bey denen die Wohlfarth des Chriſtenthums
darinnen gefeget werden, welche den weltlichen
Staat mit dem Chriſtenthum verfnüpfen und
wol gar vermengen wollen: Aber. nach dem Sinn
CHriſti, deffen Reich nicht von dieſer Weltift, und
— ich nun abſonderlich von denen merf-
NE?
ſeiner Juͤnger, iftund bleibet die erfte Einfalt, Nie⸗
drigfeit und Reinigkeit der befte Zuftand, Wann
wir nun diefen mit demjenigen zufammen halten,
welcher ſich unter diefem Kapfer gefunden, wird
ein Berftändiger ganz leicht den Linterfcheid ers
fennen, ja mit Händen greifen fonnen. Maf
fen die Gelehrten hiebey anmerken, wie nicht allein
dazumal aller weltlicher Ueberfluß, ſamt dem Auf:
ferlichen Schuß in der Chriſtenheit auffommen
fen, fondern auch eben dahero die größte Sicher.
heit, Hoffart, Ueppigfeit, Eigennuß und Wohl:
luft entftanden, und aus folchen in den Gliedern
ftreitenden Lüften unzählige Widerwärtigfeiten,
ja Mordthaten und Blutoergieffen entfprungen,
2. So zeugen nun berühmte Hiſtorici uͤberhaupt
vondiefen Zeiten alſo, daß fie mitdeutlichen Wor⸗
ten den Verfall von der erften Reinigkeit ohne
Bedenken geftehen, und darüber, tie billig, kla—
gen. Nachdem die Kirche unter den Ehriftli-
„chen Kanfern angefangen bat zu wohnen, und
„nun
„den Wüften in die Städte, von den
Igroſſen Kirchengebäude zu geben; ifts g
j 7 Ueberfluß und Hochmuth, und andere
Eitelkeiten und Mängel, fie ſehr überfallen und
aufs hoͤchſte geplager haben. Diefe böfe Ge-
> „mwohnpeiten haben viel Schlüffe ame gebracht
- suhf. ” Es fchiene zur Zeit Conftantini, als
„ob die Welt gleichfam mit Gewalt in die Kirche
„bineingebracht und gefchoben würde, indem das
„Ehriftentfum unter ihm nicht allein ficher, ſon—
„dern auch geehret ward. Jedoch iſt diefe Glück:
ſeligkeit nicht lange geftanden, nachdem nicht al»
„ein die graufamften Kegereyen entweder aus
| „pauli Samofateni Hochmuth, oder Arii Logica,
„oder auch aus Aerii Unwiſſenheit den Grund des
RZ
„Ehriftlichen Glaubens felbft erſchuͤttert, fondern
Aauch die Biſchoͤffe felber unter einander ſich über
„ihren Stellen aufs beftigfte gezanket haben:
„Denn fie hatten aus der Freygebigkeit der Kay:
„fer und anderer, die ſich einbildeten, der Gottes-
„Dienft Fönnte durch ihre Güter befördert werden,
„ihre Haushaltung fo gar fehr bereichert, fonder-
ich die Romifchen, und fo viel Vermögen wie-
„derum zu fpendiren zuſammen gebracht, daß man
glaubte, fiefönnten auch ſchon die größten Mini:
Iſtros und Bedienten am Hofe und im tand über»
„toiegen b). Da alfo die Berfolgungen geftillet
zwaren, murden nicht wenig Biſchoͤffe von
„Geiz und Hoffart fo verſtricket, daß fie allmaͤh—
„ich Die Herrichaft, ja gar die Tyranney tiber die
„Gemeinen GOttes verlangten. Audy haben
„damals viel Bifhöffe die fuͤrnehmſten Stuͤcke
„des Chriftentfums ganz Faltfinnia, en und
„liederlich tractirt, find ſehr weit von der Keinig«
„eeit der himmliſchen Lehre abgewichen,, hingegen
„in Menfchenfagungen den Anfang und das En—
„de der Seligfeit gefeßet,, c). Und dahero kam
es, daß einige ungefcheut von felbigen Zeiten fag-
ten: Die ganze Welt ſey nun des Satans eigen,
„und aus der Kirche feyein Hurkaus worden,,d).
Welche Bekenntniß man damals chen fo wenig
gelitten hat, als bey andern verderbten Zeiten dere
gleichen feharfe aber wohl gegründere Ausfprüche
offenbar werden, daher man auch wenig deraleiz
chen Zeugniffe finder, ohne was die Wahrheit eis
nigen abgedrungen bat,
3
v
roffen. 805
3. Ferner fehrieben andere davon alfo: "Es
„iſt Feine Zeit fruchtbarer geweſen von Streitige
„eeiten und Spaltungen, als das dritte Seculum,
„darinn en M.regieret bat. Da haben
„erftlich die Bifchöffe ihre Mügen und Kappen,
„undibren andern Drnat befommen ‚die Clerifey
„den Gerichten der weltlichen Obrigkeit fich entzo⸗
„oen, und ihnen ſelbſt das höchite Recht und
„Macht in ven Gemeinen pugefchrichen e); Der
Vebermuth und die leppigkeit viß in der Kirchen
„ein, und daber Famen die prächtigen Aufzüge, ſamt
%
„den groffen Gütern, Ehrenftellen, Ehrgeiz und
„Geldbegierde der Elerifey, nachdem nunmeßro
„eine völlige Ruhe von Verfolgungen war unter
„den Chriſtlichen Herrfchaften. Es ward, fons
Derlich unter den Chriftlichen Kayſern, der Pracht
„der äufferlichen Ceremonien ſchrecklich vermeh⸗
„vet, die nachmals immer mehr gehaͤufet wor—
„denf). Und dabero, weil diefes Seculum fo
„gar fehr viel Ketzereyen und Streitigkeiten hervor
„brachte, wurden auch fo viel Eoncilia darinnen
ngehalten: mit was vor Frucht, foll fidy unten
„weifen g).. Alles diefes unbefchreibiicye Elend,
fo fid) in die folgende Zeiten, ja in die Ewigkeit
felbft mie der erfolgenden Strafe erſtreckte, Fam
von der groffen Sicherheit und dem Ueberfluß ber,
welchen der Kayſer in die Kirche brachte, als wo—
durch die ohnedem ſchon in Sicherheit wankende
Gemuͤther folgends gefaͤllet und alles in Grund
verderber wurde. Sehr nachdenklich iſts gleich⸗
wol, was bey der Taufe Conftantini foll gelches
ben ſeyn, da berichtet werden will, man babe nad)
degfelben Berrichtung eine Stimme in der Luft
vom Himmel gehört mit diefen Worten: “Heute
„iſt der Gift und die Peftilenz überdie Gemeinen
„auggegoflen worden,, h)! Dem mag feyn wie ihm
wolle, fo liegt doch ſowol aus gedachten Bekennt⸗
niffen, als aus folgendem Bericht am hellen Ta=
ge, daß freylich durch die Ueberſchuͤttung Des groß
fen Gelds und Cuts, als eines Inſtruments und
Anlaffes zualler Bosheit, ein rechter Gift indie Ges
meine durchgedrungen, und Fräftiger alsalles andes
ve angeftecket hat. Um die Helfte diefes Seculi
flagte ein glaubwürdiger tehrer von dem Sammer
der Kirchen alſo:“ In Wahrheit, es tft nunmehro
„ſehr ſchwer und gar fehr feltfan, Daß man einerei-
„ne Gemeine ſehen Fönnte, welche von diefen böfen
»geiten feinen Schaden erlitten hätte, fondern
Siiiiz „no
a)G.F. Meierusprxf. ad Cod. Can. Ecel. Vniu.n.2. b)C. Ziegleruspraf. adlib.deEpife. c) 2.Ofander præf. ad
Centur, TV, Hift. Eccl. d) Apud eundem Cent. IV. lib. I.e.ao. e) Edo Neuhufinslib. I. Fa 26. f) F
SpanhemiusIntrod. H.E.Scc. IV.p.ı05. g)idemibid.p.ızı. h) Apud Nauclerum Tom. I. Chron. etex co
Centuriat. Magdeb. Cent. IV. ſub Conft. M.
EN
Ad
as 2 — — N 7
’ x
„roch unverlegt und lauter wäre, alfo daß fie die
„apoftotifche Lehre noch bebielte,, i). Unter mel-
her apoftolifchen Lehre dieſe Leute nicht Damals
bloſſe theoretifche Säge oder Artickel, fondern die
apoftolifchen Lehren von dem wahren Ehriften-
thum mit ihren ungertrennlichen Früchten verftun-
den; wie wir unten fehen wollen. \
4- Niemand wundere fich demnach), da wir fo
viel Elare und aufrichtige Erzehlungen der erfah-
renſten Männer hievon vor uns haben, wenn ic)
nun infonderheit von Conftantini Leben und Tha-
ten eines und anderes vorbringen werde, darüber
ein Chriſtliches Gemuͤthe fid) vielleicht betrüben
muß, wenn esfiehet, daß ſolche geoffe Öreuel un-
ter dem Namen eines völligen Chriſtenthums
verſteckt liegen. Denn diefes alles Fürzlic) zu ent
decken, ift Deswegen unumgänglich nothwendig,
weil man ſich insgemein beypem Lob diefer Zeiten
und ihres Woptftandes auf deren Stifter und An:
fänger beziehet, unddiefen Kayſer bis an den Him⸗
mal erhebet. Nun iſt zwar an dem, daß in vielen
Stücken diefem Kayſer fein gehöriges Lob nicht
entzogen werden müfle, fondern daß ihm vieles
mit Wahrheit beygeleger werde, was er in der
Republik und fonften gethan hat. Er Kat gleich
wol die fhrelichen Tyrannen, die von fo langer
Zeit Ber das gemeine Wefen ganz verderbef gehabt,
nad) und nady beziwungen und vertilget, ihre grau-
famen Befehle wider die Chriften caßiret, un
ter den Chriſten fich heftig bemüßer, ihre Strei-
tigkeiten beyzulegen, und dabey viel Arbeit und
Berdruß von eigenfinnigen und ftolzen Clericis
gehabt. Alleine,wie es zu geſchehen pfleget,Deugu-
te Kayſer mag mol meiftens durd) die unerhörten
Schmeicheleyen der Seinigen, fonderlid) der Kir—
chendiener, vermaffen feyn verfüßree worden, daß
fein Thun auf eine Heucheley endlic) Hinaus lief,
und dennoch von ihm und andern, Die es ihm haͤt⸗
ten beffer weifen follen, vor gut und gottgefällig
geachtet wurde. Diefes muß ich nun Elar zeigen,
wenn ich zuerft von der Glaubwürdigkeit einiger
Sceibenten etivas werde gedacht haben. Denn
meil man fich insgemein auf des befannten Zufe-
bii Bericht hierinnen gründet und beruffet; fo ift
zuförderft auszumachen,ob man dieſem Seribenten
in allem ficherlich rauen Fonne oder nicht.
5. Diefer Mann hat num nicht nur in feiner
Kirchenhiſtorie einige Nachrichtungen von felbi-
i) Bafilius M. Ep. 72.
ſchrieben, wiewol mehr nach der
gen Zeiten hinterlaſſen, ſondern auch in
4 Büchern das Leben Conſtantini ausführlich be⸗
ben, wi eines Pane⸗
gyrici oder Lobredners, als eines accuraten und
legalen Hiftovici, wie es der Augenfihein zur .
Gnuͤge weifer. Einige wollen zwar nicht einmal
zugeben, daß er der Autor von Diefen Büchern feyn
koͤnne, und meynen, es fey ein gemiffer De
dahinter verborgen, dahero man ihnen defto went
ger glauben koͤnnte k), Alleine, zu geſchweigen,
daß es die folgenden Hiſtorici felber bezeugen 1),
fo lieget eben nicht fo viel daran, werdiefe Lebens
befchreibung gemacht Babe, als mit mas vor Auf:
richtigkeit und Wahrheit und aus was vor Abe
fihten es gefchehen fey. Daß aber Euſebius ein
gefchiciter, fleißiger und gelehrter Mann gemefen,
wird niemand leugnen: Die Alten felbft rühmen
ihn hievon billig m), aber Die Gelehrten merfen
Doc) insgemein einen geoffen Mangel am Judicio
bey ihm an, und haben vorlängft ganze Kegifter
von feinen Fehlern gemachet, die er in den Zeitz
Rechnungen begangen hat, und ofte fehr wichtig.
find n): Ohne was er fonft in der Hiftorie nicht
felten merklich verfehen und geirret Bato); da er ent⸗
weder falſchen Relationen getrauet und fie in Die
Welt hinein gefihrieben, oder feinen eigenen Mey:
nungen ohne derfelben Zufammenbaltung mit der
der Wahrheit nachgehangen,und alfoquidpro quo.
dem Leſer obtrudirt. Und bat ibm gemißlich.
Evagrius wider die Wahrheit und aus bloffer
Schmeicheley diefes nachgefchrieben, “daßer in ſei⸗
en Schriften fo mächtig fey, daß erdie, ſo ihn les
9 wo nicht ganz orthodox, jedoch fo geneigt ma⸗
„chen koͤnne, damit fie alles gerneannehmen,, p).
Denn zu geſchweigen, daß feine Orthodorie FR
fehlecheift, wiebald foll gefaget werden, fo Fann ja
ein verftändiger Leſer feine viele Schnißer und
Irrthuͤmer fo deutlich fehen, daß er ihn ſchwerlich
auf feine vermennte d9
wie Scaliger wohl urrbeiletg). i
6. Inſonderheit ſtimmen nun die Gelehrten
völlig überein, daß dieſer Euſebius in der Erz
lung von Eonftantins nicht allein eine unleidliche
Schmeichelen offenbarlich begangen, fondern auch‘
dahero viel falſches erzehlet und Hingegen viel
wahrhaftiges ausgelaffen habe, was ſich nicht zu
feinem Vorſatz reimen wollen, Diefes bezeuget
ein uralter Seribente felbjt, der kaum 100 Jahre
. nach
k) Iac. Gothofredus Orat. de Commun. Chrift. cum. Gentil.p.37. 1) Soerates lib. I.c. 1. So-
zomenuslib. I.c.3. m) Hieron.de Ser.Eecl.in Euf.et Apokin Rufin. Rufiaus pref. Hiflor; Sozomen.l.c. F. Chron.
Alexand. Ann. 1. Olymp. CCXH.ete. n) Iob. Scaliger Not.ad Eufeb, Chron. pref. et Elench. Triher. c. 28.
Baronius palm, pref. A. C. CIV. CVIL CXLIL. CCLXV, CECXV. etc. aliique,
972. PLib,lcn q)l.c.etLxd. Viue⸗ ad Auguftin. ib.XIIX. de C. D. e. 8.
Eas dgYas bringen mag
8.3, . Don dem Abfall der Ehriften von der erften Lauterkei. 0; ;
0) Vid, Sculserws Med, Pat. p .
10 ven, “daher feine Sorge mur die
ſeyn laſſen, daß er vielmehr eine gobrede und
Panegyriam zufanmen fchreiben möchte, als die
pe genau aufzeichnen, wie es in folchen
» u gehen pflegte, r). Und ein anderer
a “ ylumdahin ein⸗
gerichtet, daß er recht hochtrabend und prächtig
heraus kommen möchte s). Und deswegen hal⸗
ten ihn nun auch die neuen Autores hierinne vor
" Keinen Beföhichtfebreiber, fondern vor einen
—— Redner, dem man dahero wenig trauen
} dürfe, indem die Flaterie folcher Leute bekannt iſt t).
o
Er Bat darinne alles Lob des Conſtantini ganz
+ Superftitiofe zufammen gefucht, und was nur Con⸗
ſtantinus geredet und gethan, das nicht ganz offen
barlich gottlos gefchienen hat, hat er alsbald zu ei⸗
ner Materie ſeines Ruhms gebraucht u) : Hingegen
ver er alle Fehler, Laſter und Sünden, da-
mie eines einen Vorwurf verurfachte, war—
um er denn einen folchen Mann fo hoch erhübex).
- Sa, der gute Eufebius hat nicht bedacht, wie gleiche
- wol andere folhe Dinge nicht alle verſchweigen
würden, fondern die Wahrheit offenbaren, ihn
aber mit feiner fehandlichen und Friechtifchen
en ee ht men möchten. Damit aber
& Lſer nur einige Proben hievon Babe, fo faͤngt er
eich im Eingang diefer Hiftorie an fich weitläuftig
* undoratorifd) zu ertenuiren, und zu entfehuldigen,
warum er fich unferftanden das Lob dieſes Kayſers
zu beſchreiben; brauche dabey lauter tige
orte, gezwungene Redensarten und rhetorifche
Figuren, die billig unter die unnügen Worte
4 Ahnen find. Weiter fagt er nun, wie GO de
5 Mann zu einem Muſter des gottſeligen Lebens
allen Stablichen — haͤtte, wie den Koͤ—
nig David. Dabey er ſonderlich feine Freyge—
v
u)
bigfeit gegen die Kirchendisner und Armen ber
ausftreichet ). Anderswo befchreibet er fehr
fehmeichelhaftig und ganz unchriftlich den Praͤcht
des Ranfers, indem er mit demfelben geiftliche Din-
ge vermenger. Er fen in dem Concilio zu Nicea
auf einem ganz guͤldenen Stul gefeffen als ein
Engel vom Himmel, mit einem herrlich alänzen-
den Purpurrod angethan, der von Gold und Edel:
Hefteinen, als von einem groffen Schein, aleichfam
eblißet habe z): Ya, er erhebet ihn hin und wieder
0 ſehr, daß er ihn auch faft dem HErrn Chriſto
zu vergleichen Fein Bedenken trägt a). Weldjes
Zeiten Biebey nichts thut, indem die meiften von
—* ae A
— — — —¶ — — ——w⸗ @
dem Derfalldes Chriftenthums unter Conſtantino dem Broffen. 807
alles Feinem vechtfchaffenen , geſchweige Chriſtli⸗
chen Hifterico, derdie Sachen fs undoßne anges
nemmenen Schmud befchreiben foll, wol aber eis
nem heydniſchen Poeten oder Dratori zukomme.
7. Aus diefem ift nun fonnenklar, daß denen
Erzeßlungen des Eufebii von dem Wohlftand des
gemeinen, und fonderlich des Kirchenwefens unter
Conſtantino nicht eher zu glauben ſey, bis man bey
andern durch aleiche Nachricht davon verfichert
wird. Er bat fich einmal bey den Berftändigen fo
vordachtig und untüchtig zu einem gründlichen
Zeugniß gemacht, daß man fo wenig feine Worte
zum Grund in einer biftorifchen Controvers fegen
Fann, (geſchweige in einer theofogifchen,) als etwa
diePanegyricos und Carmina desPubluOpraria-
ni,Porphyrii und anderer,diefich nur durch folche
felavifche Heucheley bey den groffen Herren eine
chmeicheln, und entweder ein Stuͤck Geld oder
renaͤmtgen, oder fonft eine vermeynte Gnade
verdienen wollen. Wie verfehre wäre es aber,
wenn die ganze Menge der Gelehrten (ill nicht
fagen Theologen,) auf den Sand folcher Schrife
ten ihre Meynungen und Säße gründen wollten,
die nicht einmal den geringften Vorſatz in ihren
Worten erweifen, daß fie auf die Wahrheit der
Sachen gefehen hätten, fondern fich nicht geſcheuet,
der Macwelt an ftatt gewilfer Nelationen ders
gleichen Zeugnifle von ihrem unlauteren Sinn zu
Dinterlaflen ? In feiner Hirchenpiftorie trauen ihm
die Verftändigften auch nicht weiter, als fie ſe—
n, daß er feine Dinge aus den älteften bewaͤhr⸗
teften Scribenten genommen bat b): indem uͤbri⸗
Oynber befchuldigen fie ihn mie gutem Grunde eis
nem allzugroffen Leichtglaubigkeſt e). Womit
ihm aber Der oben zugeſtandene Ruͤhm des Fleiſ⸗
und der Gelehrſamkeit nicht benommen wird.
m allerbedenklichſten aber iſt, daß er nicht ohne
wichtige Urfachen von fehr vielen des Arianifmi
beſchudiget worden, welches ihm folgends den
meilten Credit benimmt. Unter den Alten nenne
ißn Hieronymus “einen offenbaren Vorfechter
Arianiſmi d), einen Heerführer (Signiferum er
„Prineipem) der Arianifchen Gate, u. fe w. 0).
Welche und andere folche Zeugniffe zwar einigeent-
ſchuldigen wollen, aber wider den Augenfchein
felbft, der bin und wieder in feinen Schriften gar
zu deutlich iſt. Gleichwie auch) der Unterſcheid der
den
8) Sorrateslib.I.c.ı. s) Photius Cod. CCXXVII. NYcultetus l.c.p. 739. et 873. Lal. Bifeiola lib. VIT. Hor. Subc.
€. 10.
aus
©) Spanhemins 1. c. p.38. Sec. II.
e)Ibid, ib, U.e. 2. ct4.
'Ofsander Cent. IV.lib.I.c.38. Hift. Eccl. x) Barenius A.
lib.IIf.de Hiftoria. y)Lib.l. Vit. Conft. M. init.
d) Epift, 65.ad Pammach, et ad Ctefiph, Apol, I,
—
CCCXXIV. n. 5. et 6. Faul. Denius Eugnbi-
2)Lib. III. c.ı0. a) Sculterusl.e. b) Scultetus p. 378-
cont, Rufin, c.ır. et Il-c. 4
> . &
808 8.3. Don dem Ab
den Alten ihn Br dem Nicenifchen Conci⸗
fio vor einen Arianter, oder zummenigften vor einen
Semiarianer mit unfern Theologis gehalten ha⸗
ben f). Das ift gewiß, daß Athanaſius felbft
über ihn Elagt, wie er auffein und anderer Angeben
von Eonftantino ins Erilium verwieſen worden).
Und warum follte er fonften von den Handeln mit
den Arianern fo gar ftille geſchwiegen haben, und
nicht mit einem Wort erwehnet, ob ihnen Conftan-
tinus hernach angehangen oder nicht, wenn er nicht
zum wenigften jene Partey zum Freund behalten
wollen h)?
8. Diejenige, welche genauer auf feine geführ-
te Conduite achtung geben, merken auch die Urſa⸗
che an, warum er eben den Kayſer und feine ertheil⸗
te Freyheiten, die er der Kirchen gegeben, fo hoch
erhoben. Nemlich, er war vor der Zeit, unter der
iegten Verfolgung, felber mit von Chriſto abgefal»
fen, und hatte den Bögen der Heyden geopfert;
wie es die Elaren Worte der Alten geben i). Da-
her verfchweigt er nicht allein ganz , was um die⸗
felbe Zeit paßiret ift, (meil er feine eigene Schan-
de mit hätte entdecken müffen,)fondern er empfängt
auch den folgenden Kayfer Conftantinum mit fol-
chen Freuden, weiler durch ihn verfichert wurde,
daß er nicht wiederum von den Heyden geplagt
und vexiret werden dürfte, weil ihm Diefer Schuß
feiften wollte k). Dieſes warf ihm Poramo, ein
Bekenner, öffentlic) im Gerichte vor, dadiefer Eu—
febius durch Gunft des Conftantint mit faß, und
über den armen Athanaſium ein Urtheil fprechen
half, der wie ein armer Sünder vor ihm Mi:
weil er ohne Zweifel das Heucheln nicht fo wohl ge⸗
{ernet hatte, Denn jener fiengan öffentlich hefrig
zu weinen, und riefgegen den Zufebium : ER
„Du da, Eufebi, und der unfchuldige Athanaſius
ſtehet und wird von dir verurtheilet. O wer. woll-
„te Diefes leiden ? Sage mir aber, bift du nicht mit
„mie im Gefängniß gelegen zur Zeit der Berfol:
„gung? und ic) habe damals um der Wahrheit
„woilfen ein Auge verloren: Du aber bift an dei⸗
„nem $eibe nicht beſchaͤdiget, Haft auch Fein Zeug:
„niß in einer Befenntniß abgeftattet, fondern bift
„lebendig und unbeſchaͤdigt blieben, Wie biſt du
„aber aus dem Verhaft kommen, ohne daß du den
„Berfolgern verfprochen Kaft, du wolleft die Bos⸗
F£) Theophanes Confeſſor, Georg. Syncellus, Suidas, Nicepborus aliique. Vid. Chemmitius Orat. de Let. Pat. Gerkardus |
in Patrol. Calwifirs in Chron. A. C.CCCIII. quos Mart. Hanckins nefeio cur omiferit. de Ser, Byzant. P. I. cum.
131. fegg. tum et Bebelius Antiqu. Eccl. Sec. II. Art. VII. ſect. 2.n. 16. Henichius H.E. et Ciu. Sec. IV. c, 3.et ex
aliis Zac. Gothofredus, Montacntius, Alftedius, Bollandus, Seulretus, Labbaus, Baronius, Bellarminss, Polus, Victo-
rius, Spondanus, Salianus, Raderus ete. ap. Hanckitm, aliosque.
Sedt.3.n.7. h) Photius Cod. CXXVII.
mins Hzr. 68.
fall der Chriſten von der erfien 7
Tonftantinus oßne Zweifel hat wiederum einen
i)Epiftola Concilii Alexandriniapud Arbanafium Apol. II. Epipha-
k) Vid. Hifß. Eccl. Gorh.l.c.n.2. 1) Apud Epiphan.l.c. m)Lib. IV. Vit. C.M. c.33. n)Ibid. c. 35.
eit.
„heit begehen, oder haftes auch gethan,,? Worauf
auch diefer nicht geanttvortet, fondern aufgeftanden
und davon gegangen). Bey ſo geftalt 0
bat wol diefer Mann fich nach der Bernu
thiget gefunden, fi) bey dem Kayſer zu infi
weiler fonft feinen Schuß wußte, und dem hoͤchſten
Schutzherrn gleichwol fo untreu worden war, daß
fein Gewiſſen ihn zurück ftieß, und das Vertrauen
aufden HErrn benahm, oder doch ſchwaͤchete,
er Fleiſch vor ſeinen Arm hielte, und die Unbeſtaͤn⸗
digkeit der menſchlichen Gnade durch dergleichen
Liebkoſungen muͤndlich und ſchriftlich unterhalten
wollen. Daß es auch unter dem folgenden Kayſer
Conſtantio nicht beſſer mit ihm worden ſey, iſt dar⸗
MEET
0
aus gewiß, weil derfelbe auch der Arianer Patron
geweſen.
9. Er iſts aber nicht allein damals geweſen, der
dem guten Kayſer mit feinem unzeitigen $ob ge⸗
ſchadet, fondern es finden fich ihrer mehr umfelbige
Zeit. Wobey id) doch noch eines anzeigen muß,
was eben zwifchem diefem Fufebio und dem Kay:
fer feibft geſchehen ift. Er feget Diefes unter eine
denfwürdige und rüßmliche Sache, daß er aus
Vertrauen. zu der Gortfeligkeit Conftantini ihn
gebeten, ev möchte doc) eine Dration anhören, die
er von dem Grabe Eprifti zufammen gefchrieben
hätte. Da babe er nun diefelbe im Kanferlichen
Schloſſe bey groffem Zulauf der Leute gehalten,
und der Kanfer Habe fich nie auffeinen Thron nie⸗
derſetzen wollen, auch nicht, da ihn der Orator Eu⸗
ſebius ſelbſt zum Sitzen ermahnet, weil die Rede
allzulang gewaͤhret m). Dadurch ihm dann
Dienft thun wollen, wieer ihn auch fonft in einem
Brief an Euſebium freflic) heraus reiche, und
feine Verwunderung über. deffen Gelehrfamfeit
bezeugetn). Woraus abermal erhellet, wie fie
beyde einander.alles gerne zu Gefallen geredet und
gethan haben, nur damit Feinem etwas von feiner
Ehre und Nachruhm abgehen moͤchte. Wir were
den auch bald vernehmen, wie ſehr er die Kirchen⸗
gebaͤude und ihre Diener mit Stiftungen und
Einkuͤnften verſehen, dafür er ja, nach ihren Ge⸗
danken, wol einer milden $ebensbefchreibung
werth gemwefen. Und eben aus dieſem Grunde ma⸗
chen viel kluge und gelehrte Leute Zeugniſſe Eu⸗
ſebii und anderer verdaͤchtig, und wollen fie in =
er
g) Apol. II. Conf. Hifl. Eccl Goth. lib. II. c. III.
4
& nicht als gültig zufaffen.
S ꝛe enn Q=
er on fie,)diefe Art der Senke ven ich
„Mönche und Pfaffen, baben einen übeln Namen
„oesmwegen, weilfiefrengebige Fürftenund Herren
„deswegen gar zu fehr loben, und mit Fleiß von
„aller Schuld und Verdacht böfer Dinge frey ſpre⸗
„chen. Dabey fie nodydazu andere Leutc, die auch
„nicht gu verachten find, unrechtmäßig entweder
„übergeßen oder auch nn Hingegen
“ pflegen fie auch die geringften Dinge, fo von if»
ten Patronen, Förberern und Schußherren gefche-
ben, auf das allerhöchfte zu ruͤhmen, ungeacht fie
weder zu ſchelten, noch mit Recht zu loben wären,
wenn de etwas gethan oder geftiftet haben, das
den Leuten in die Augen fälle, an fichfelbft aber feis
nen wahren Grund nac) ven Kegeln des Epriften-
thums hat, wiſſen fie nice genug Worte davon
zu machen, nur daß es vorein göttlich Werf an-
genommen, und von den Nachkommen geruͤhmet wird.
10. Daher kamen nun fo viel Encomia, Lob⸗
reden und Erhebungen feiner Perſon, welche, wenn
ſie nach dem geoffenbarten Willen Gottes unter⸗
ſuchet, und mit dem erſten apoſtoliſchen Chriſten⸗
thum zuſammen gehalten werden, ſich leichtlich
verrathen, daß ſie nach väterlicher, d. i. heydniſcher
Er eingerichtet geweſen. Als er nad) feiner vor⸗
gegebenen Bekehrung im Jahr Chriſti 313. Maren:
tium überwunden hatte, feßte ihm der Rath zu Rom,
wie den vorigen heydniſchẽ Kayſern, einen Triumph⸗
bogen, daran unter andern dieſe Worte ſtunden:
LIBERATORI. VRBIS FVNDATORI.
QVIETIS. als wenn er die Stadt Rom befreyet,
„und den Grund zum Frieden geleget hätte p),und
„zwar INSTINCTV. DIVINITATIS.MEN-
„IlS. MAGNITVDINE. auf Eingeben der
„Gottheit, und aus feiner Großmuͤthigkeit,Ja, in
einem andern Denkmahl preifen ihn die Ehriften
gar als einen FVNDATOREM.PVBLICAE
QVIETIS. RELIGIONIS. ET. FIDEI. AV-
CTOREM. “per den gemeinen Frieden gegründet,
„der Religion und des Glaubens Urheber gewe—
„fen, ; nachdem er überall ven Tribut nachgelaf
fen 9). Dabey ein papijtifcher Scribente eine uns
ereimte und dem wahren Chriſtenthum entgegen
Aehende Urfache feßet ; nemlich, er fey ein Lirbeber
der Religion gewefen, nicht etwa, weil er die Leute
zur Buſſe und lebendigem Glauben von ihrer Heu⸗
Verfall der erſten Epriften unter Tonttantino dem Grofen.
cheley anführen laffen; fondern weil er den Chris
fen allenthalben viel Gutes gethan, Friede und
Sicherheit geftifter, die Kirchengebäude erweitert,
und den Chriſten ihre Güter wiedergegeben, ſich
felbft vor einen Chriſten befanne, und der erfte
gewefen, der das Kreuz CHrifti mit den Purpur
verherrlichet, auch die Hoheit des Reichs der Ne:
ligion unterworfen Babe r). So fann der alte
dam in folchen pabftenzenden Herzen das Reich
der Welt mit dem Reich und Kreuze CHrifti
vereinigen, ja in einen Klumpen zufammen
fhmelzen, damit ihm ja von feiner Nafrung
nichts abgehe, und die Demuth und Verleugnung
der wahren Chriften nicht befannt werde. Was
ift Wunder, daß dieandern ihn nachmals gar ei
nen Apoſtel unter den Bayſern, und einen
Isanoschov, der den Apoſteln ganz gleich wä«
ce s), ingleichen einen Hohenpriefter genennet
Baben. Denn die Elerifiy, welche fonft über ih⸗
ven Orden fo ſtrenge zu halten anfteng, theilte dem
gerne ihre Titel und Chaͤracteres mit, der ihr wies
derunden nervum rerum gerendarum, weltli⸗
che Güter, Ehrenftellen und Privilegien ertheil-
te. Es iſt aber noch eher zu verwundern, wenn
kluge Politici, aus Hochachtung des weltlichen
9* ‚den Conſtantinus indie Kirche einge:
übret bat, diefen Zuftand nicht allein vor hoͤchſt
glückfelig preifen, fondern noch dazu die Weifla-
gungen dev Propheten von der Herrlichkeit Sions
dahin ziehen, welcher diefes ag, nux oder&chein-
und Schattenwefen nicht ohne Widerfpruc) des
Gewiſſens von Ehriften fönnte verglichen werdene).
11. Ich will aber einigeDocumenta hieher fegen,
woraus man fehen koͤnne, wie er die Macht, Guͤ—
ter und Hoffart der Clerifey , fonderlich des Römis
ſchen Bilchoffes, fo vermehret babe, daß fie ihn da=
für nicht anders als zum böchften ruͤhmen koͤnnen.
Sodann will ic) zeigen, daß er dennoch dabey nicht
allein eine groſſe Heucheley an Tag gegeben‘, fonts
ern auch offenbave, ſchreckliche und zwar beharrs
liche Sünden und Laſter an * gehabt. Woraus
zwar niemand feine Verwerfung, oͤder endliche Ab⸗
ſcheidung von GOtt, ſchlieſſen darf, indem man
von feiner Bekehrung nicht fo gewiſſe Nachriche
haben Fann: Aber diefes wird doc) handgreiflich
zu erfennen feyn, daß feine Sobredner unrecht,
KEEFE be:
0) Io. Ze Apol. pro Zofimo. p) InArcu Triumphaliapıd Baronium A. CCCKII. n.60. G. Fabricium
Not. ad Poet. Chriit.p. 138. etalios. q) Baron.l.c.n.go.cx Ald. ManuriiSchol.adCxfar. r) Baron.l.c. s)
Grexcii
p- 580. et Baronins de pontificis titulo Anno CCC.XII. n. 190.
Con, de eiusLL. Ecclef, et Ciwil,
alendario CPtano ap. Goldaflum Tom. III. Conßit. Imp. pr&f. R. Angl. Conf. Io. Arndius Lex. Ant.
t) Vid, Fran, Balduini ICti Conftantinus Mvel.
x
30 8. Dondem Abfall’der Ehrifien von der erften Lauterkeit.
betrüglic) und wider die Wahrheit gehandelt, wenn
fie alles diefes verſchwiegen, da fie eine völlige
gebensbefchreibung verfprochen.. Die Papiften
wiſſen ſich nicht genug mit den Stiftungen diefes
Kayſers zu beheifen, welche zwar meiftens, und
ſonderlich die Donatio veffelben offenbar falfch
find, jedoch, fo viel ihrer wahrkaftig geſchehen
ſeyn mögen, feinen geringen Grund zu der fül-
genden Ben 5, Tyranney und Bosheit geleger
haben. Er bauete nicht allein die Foftbarften Tem-
pelund Palläfte; wovon oben im 2. Buch gefa-
get iſt, und hernach etwas ſoll berühret werden ;
ſondern erhub fonderlich die fo genannten Geiftli-
chen über die andern $eute alle, gab ihnen unmaf
fige Privilegia und Freyheiten. Diefe mißbrauch⸗
ten dieſe tapfer, grafeten immer weiter, undftiegen
zur hoͤchſten Staffel der meltlichen Hoheit, Reich»
thums und Wohlluͤſte, aber auch zugleic) zum näch-
ften und gewiſſeſten Berderb des Chriftenefums
u). Es verurfachten auch die gegebene Freyhei:
fen unter andern Greueln, Die wir unten bey der
Elericalifchen Tyranney fehen werden, daß die
reicheften Leute fich in den geiftlichen Stand bega-
bin, nur damit fie von allen Abgaben, Dienften
und Scyaßungen frey feyn möchten, welche Con⸗
ftantinus foldyen $eufen erlaffen hatte: Deswe⸗
gen man nachmals genug.wiederum zu verbieten
hatte, damitnicht alles Bermögen aufdie Geiftlich-
Feit fiele, und die Negenten nichts behielten x).
Drum hatte Eufebius an dem Kayfer gut leben,
weil er felber diefe Freygebigkeit genoß, und ſich
dafür mit feinen unzeitigen Schriften dankbar
erweifen wollte y). Insgemein leugnen auch %
Theologi nicht, daß Konftantinus durch feifte
übermäßige Indulgenz den Bifchöffen Thür und
Thor zurficenz aufgethan: "Denn (fegt einer da-
„zu,) man ſiehet, wie es bey folchen Freyheiten
„geht: Wir find Menfchen, und brauchen bis-
„iveilen ein Gebiß ins Maul, bisweilen einen
„Eporn in die Seite, indem wir oft Beftrafung
„nöthighaben, damit wir in unfern Schranfen
„bleiben lernen z),
12. Wieund wennaber Tonftantinus eigent-
lic) zum Chriſtenthum fich gewendet habe, läffer
ſich fo gar umſtaͤndlich aus den alten Scribenten
nicht ziehen. Ich mag die papiftifchen Fabeln
nicht einmal erwehnen: Denn nad) ihren Gedan-
ken wäre er nicht allein durch eine wunderbare
Heiligung gänzlich bekehrt, fondern auch alsbald
getaufer worden. Das ift zum wenigften zu wiſ⸗
fen, daß fein Vater Conftantius ſchon den |
ften ziemlich geneigt gewefen, fonberlich aber feine _
*
Mutter Helena, eine Concubine dieſes Conſtan⸗
tii. Von dieſen mag er wol einige gute Urtheile
wegen der Chriſten gehoͤret haben, darzu noch dig
unmenſchliche Graufamfeit der andern heydni⸗
fhen Tyrannen, Maximiani, Maximini und Ma⸗
xentii Fam, welche er leicht gegen Die Unſchuld
Chriſten halten, und daraus ihren Vorzug
fen konnte. Jůſonder heit aber war er mit den Sei⸗
nigen dieſen Tyrannen auch aus Aemulation we—⸗
gen der Herrſchaft ſpinnenfeind, und wollte ſich
vielleicht deswegen zu dieſer Societaͤt deſto lieber
begeben, je erbittertet jene darauf waren. Das mei⸗
fte aber mögen wol die beyde Erſcheinungen gethan
haben, welche im vorhergehenden Buch bey den Ge⸗
ſichten erzelet worden. Allein, es iſt aus allen
Umftänden offenbar, daß er nicht gründlich von
den heydnifhen Greneln und Gemwohnkeiten zu
dem lebendigen und wahren GOtt anfanglich mu
befehret geweſen ſeyn, indem —— die
andern folche alsbald verlaffen und verworfen ha⸗
ben. Ja, er iſt auch nicht einmal alsbald nach der
damaligen WBeife ein-Catechumenus worden viel⸗
weniger zur Taufe gebracht: Denn jenesgefchabe
erſt nach erlangten Frieden, diefesaberiftin feinen
legten Todesnörhen gefchehen, Man Tiefer auch
vor dem erhaltenen Sieg wider Licinium von kei⸗
ner Probe, Dadurch er fich öffentlich vor einen Chris
fen befanne hätte, fondern dieſes iſt allererſt nach⸗
gehends im 18. Jahr feiner Negierung vorgegan⸗
gen. Denn vor diefer Zeit hat er zwar den Chris
ſten unterfchiedliche Freyheiten ertheilet, aber er
nicht alleine, fondern mit feinem Schwager, dem
ticinio zugleich. Daher man von Eonftantini
feinem Chriſtenthum hieraus fo wenig, als von
Licinii feinem, aus diefen Mandaten etwas gewiſ⸗
fes fchlieffen Fann a). “en
13. Sein Leben felbft berreffend, wird ſich zwar
niemand den Grund feines Herzens an ihm Fon
zu richten unterfangen; fo weit aber als derfelbe
aus den offenbaren Fruͤchten zu erfennen ift, lieget
einem Hiftorico ob, denen Gegenwaͤrtigen und
Nahfommen zum Beften die Wahrheit nicht
zu verfihmeigen, denen im Anfange gezeigten Ur-
fachen zu folgen. Wer nun feine Actiones mit
erleuchteten Augen genau anfehen wird, der wird
nach der Wahrheit befennen. müffen, daß dieſer
gute Kayſer in dem meiften, wo nicht in allem ,
falfche und verbotene Abfichten ge hret, und ü-
berall
u) Vid, Baroziusl.c. x) 1.3. Cod. Thecod.de Epife. et Cleric. Conf. Baron. A.CCCXXI.n.ız. y) Lib. I. Vit. C.
M.etalibi. z) Ofanderl,c.lib.1l. c.6.
tenmpora diuerfis locis.
a) Vid. Audtores Hiſtoriæ AuguftzCiuiliset Eceleſiaſtieæ cirea hæc
E
*
|
er maflen entfchuldiger halten, daß er
viel menfehliche Schwachbeiten begangen, weil un:
ter fo vielen Schmeicheleyen feiner vermeynten
Seelforger ein fefter Grund im Chriſtenthum da:
zu gehörte, werner den De onen lauter
) lich hatte vollbringen wollen. Da ihn aber diefe,
an ftatt, daß fie ihn erinnern und weislich de muͤ⸗
thigen ſollten, noch dazu ins Angeficht lobeten,
und zwar nicht in w en und geringen, fondern
in geiftlichen und ewigen Dingen; fo mußte ihn
ja wol die Heucheley überwinden. Sch will alfo
los dem Bericht gewiſſer Scribenten nachgeben,
und was fie an ihm vor Sünden und tafteranges
merfet, nicht verſchw igen, nurdamit man erfen»
nen möge, was ihm bishero chne Grund beyge—
meſſen worden.
14. Sch gebe einem vorfichtigen Leſer felbft zu
“ überlegen, was von diejem Grund des Lobes zu
9 halten fen, wenn Zufebiusden Ölauben Conſtan⸗
tini daher beweifen will, weil er felbft eine folche
Mauͤnje babe ſchlagen laffen, darauf er als betend
mit aufgebabenen Händen zu ſehen Ben,
weil er feinBildniß in ſolcher Poſitur bey die Kirch:
F
thuͤren habe ſetzen laſſen, und wie er redet,fein An:
denken aud) duͤrch folcbe Bilder geftifter und Bin-
\ terlaffen b): Welches leßtere denn auch ein andes
rer Hiſtoricus mit anführet ce), Gewißlich, wo
j einer heutiges Tages bey feinen Lebzeiten fein Bild
in einer folchen andaͤchtigen Stellung au öffentli-
E che Derter binfeßte, der wiirde kaum bey den we:
nigften der Befchuldigung einer groffen Heucheley
entgehen Eönnen. Ich mag bier nicht Davon er»
wehnen, was ein alter Autor ihm Schuld gibt ,
- als wenn er deswegen ſich anfanglid vor einen
Chriſten befannt hätte, weil er wegen feiner Mord»
thaten, anfeinem Weibe und Sohn begangen, bey
ihnen Ablaß gefuchet bätted) : Weldyes Die ver—
ftelfte Religion defto deutlicher anzeigte, woferne
der Bericht eines heydnifchen Scribenten hierinne
Eredit finden follte. Alleine, ich will eben davon
nicht ftreiten, obgleich die Zeit feiner erften Ber
kenntniß des Chriſtenthums noch nicht fo gewiß
ausgemachet ift, und zum wenigften Baronıı und
anderer Machrichtungen aus den erdichteten Acten
Sylwveſtri ganz ungewiß find. Don diefen ges
} Lib. IV. Vit.C.M. init.
in Vita
ronium CCXXIV. n. 13.
c) Sorrates lib T.c. 18.
d) Zofimuslib. II. Hiftor. c. 29.
fiap. ©. ©. Sandium Nucl. Hiftor. Ecel. lib. I. init.
8) Zofimusl.c. Aurelius Victor in Vita.
dachten Mordthaten foll bald gefaget werden; in-
gleichen, ober von den Arianern getaufet worden
ober nicht. Es fehlet nicht an Befenntniffen der -
Alten, da ihm eine Berftellung in der Religion
beygemeffen werden will. Wenn, zum Erempel,
einer alfo von ihm fehreibet: *Tonftantinus war
„eein aufrichtiger Chrift, fondern ift als ein Ver-
„ſucher oder Betrüger getaufet worden auf. die
„H · Dreyeinigfeit, er befennete aber nicht von Her:
„zen die Dreyeinigkeit, uf. f.e).
15. Die beyde gedachte Moͤrdthaten find niche
allein aus der Bekenntniß beydnifcher Scribenten
offenbar, fondern werden auch von Ehriſtlichen
Seribenten ausführlich erzehlet, worzu auch noch
gerechnet wird, daß erden jüngern Lieinium, feiner
Schweſter Conftantia und Lieinii des aͤſtern Sohn,
unſchuldiger und jaͤmmerlicher Weiſe Binvichten
laſſen. Sein leiblicher Sohn, Criſpus, wird von
allen Seribenten einmuͤthiglich gelober, und das
hero für unfihuldig gehaltenf). Nun verfichern
die Hiſtorici, “daß dieſer arme Juͤngling von ſei⸗
„ner böfen Stiefmutter, Saufta , Conftantini
„Öemablin, zum Ehebruch fen gereizet worden.
Weil er aber fich nicht darzu verſtehen wollen,
„habe fie ihn bey dem Vater angegeben, als ob er
„ihr dergleichen zugemuthet hätte, Worauf
„Eonftantinus feinen eigenen Sohn, unverhörs
„ter Sache, ohne vorhergehenden Beweis und
„Bedacht mie Gift hingerichtet Bat. Welche
„graufame Sünde er noch mit einem Mord ges
»häufer, und feiner Murter Helenaͤ Unwillen zu
„ſtillen, feine Gemahlin gleichfalls Hingerichter ,
„nachdem er die Unſchuld feines ermordeten Sof:
„nes, und die Dosheit diefer Frauen erfahren ges
„babe. Er erwaͤhlte aber auch vor diefelbe eine
„ſchreckliche Art des Todes, indem er fie in eine
„Badſtube geftecfet , und diefelbe aufs beiffefte
„einbeizen laſſen, bis fie alfo ums Kben kom
„meng) Die Hayden felbit erkennen diefe gran.
„ſame Thaten vor unerhoͤrt, als worinnen dr dag
„natürliche Band nicht beobadhtet,,h). Die
Chriſtlichen Seribenten Beiffen es auch einen
ganz graufamen Mord i) : Und einer ſchreibt als
fo Hiervon: “Man weiß die Urfachen eben nicht,
„warum Eonftantinus feine nächfte Anverwands
„een mit foichen Strafen beleget habe, die fonft
„vor die Uebelthaͤter gehören, k). Wie auch ein
u Ree FE>2 andes
| ©) Benediälus Presbyter
f) Eufebins ipfe, Zofimus aliique apud Ba-
Eutropiuslib.X. Hieren. de Ser. Eccl.in
Pi: gadı idas v. Kelrr@-. Zonaras Tom. II. Annal. Orofinslib. VII. c. 28. Sidonius Apollinarislib. V, Ep.$.
Greg wrenenfis lib. V. Hift. Franc.c. 36. et alii. Conf Ofander Cent. IV. lib. II. c. ar.
Apol, Zof. conf. Baronius l. c. Calnifims Chronol, A. CCCXXV.
v
k) Orofiusl. c.
H. E. Zeunclauine
h) Zofimusl.c. i) Chronicon. Eufeb. fin,
y
anderer: Da hat man offenbarlich an dem erften
„Chriſtlichen Kayſer geſehen, wie eitel und _be>
„trüglich Die Negimentsart fey, welche mit Ber-
„achtung Gottes und Beleidigung der Religion
„von einem jeden und ME alle Art gefuchet
;wird;1), Die Verftändigen find auch mit dem
fchmeichelnden Euſebio übel zufrieden, daß erdie
wahrbaftigen Gefchichte nicht mit einem Wort be-
rühret habe. Wiewol man leicht, denfen kann,
daß er ſich damit um feinen Kopf würde geredet
Haben, wenn ers entroeder bey Lebzeiten Conſtan⸗
tini, oder nach feinem Tode unter Conftantio
gefhrieben hätte. “Denn (fpricht ein gelehrter
Mann,) wen würde Eonftantinus verfchonet ha⸗
„ben,da er fein eigenes’Blut nicht verſchonet hat? m)
16. Gleichwol ift diefes nicht Die einigedoppelte
Mordthat, welche Konftantinus begangen, ſon⸗
dern zu gefehweigen, daß er auch feinen Schiva-
ger Kicinium umbringen laflen, und einen Tri-
umph darüber gehalten, auch ſonſt fo blutige Krie-
ge gefuͤhrt; fo liefert man auc), wie er einsmals ei-
nen von feinen Trabanten im Zorn aufder Stelle
niederftoffen laffen, nur weil er, weiß nicht aus
was vor Urfachen, etwa vor ihm gelaufen, und
dadurch in Verdacht einer Werrätherey bey ihm
gerathen »). Bon feiner Schwefter Sobn ift ſchon
gefaget worden; andere jeßen noch viel mehrere
von denen Bornehmften am Hofe darzu, die er
foll gewaltfam Bingerichtet haben o). Aus mel»
chen und andern Proben einer groffen Unbarmher⸗
zigfeit und Blutduͤrſtigkeit ein geroiffer Autor
fchlieffet, daß der Ruhm, den man fonft von fei-
ner Guͤtigkeit machet, ſehr ſchlecht fey, indem er
alles dieſes zu rechterZeit wohl zu verbergen gewußt,
und bisweilen Durch andere Bezeigungen die Leute
in der Opinion von feiner $eutfeligfeit geftär-
feet >): zumal, daohnedem aus allem feinem Thun
eine groffe Hoffart hervor blicfe,und wie ihn deswe⸗
gen «in Hiftoricus einen Mann nennet, der fo
rubm- und ehrbegierig gewefen, als man Faum
glauben fönneg). Ueberdis Flagen einige, die
recht frey und ohne Furcht haben fchreiben dürfen
undwollen daß er eine groffe Gelöbegierde darin»
nen ſehen laffen, indem er die Unterthanen mit un=
erträglichen Abgaben und Tribut gepreffet, ohne
was er fonft vor Zölle und übergroffe Gaben au
die Waaren gelegt gehabt, darüber fi) das Volk
V Apud Baron. 1.c.n.26. m) Teunclauius l. e. n) Soerates Nb.I.x.13. 0) Futropius HBx. Vid, Baron.l.c
r) Zofimus lib. II.c.38. s) Lib. IV. Vit. C.M. c.54. t)
‚fimusl.c.Cxterum de Chryfargyro num Conflentinus inftituerit,an aboleuerit, variant Scriptoves; Euag
adu, Zofumum pugnat lib. III.e. 40. 41, Vad, Meurſius in Gloflar. Gr. Barb. v. xcuoagy.
p) Leunrlauius l. c. Arrlius Victor in Vita.
f ren Dienern zugefchlagen , oder auch diefem und
fehr beſchwert befunden r); unddiefes defto mehr
je übler dabey mit ſolchen Saldern umgegange
wurde, da, wieZufebiusfelber geſtehen muß, die
Groffen das Befte davon zogen, und geoffe Inſo-⸗
lenzien dabey vorgiengen s). Man folltemeynen,
die andern heydniſchen Hiftorici fehrieben es den
Epriften zur Schande nach: Aber fo geftehen es
die Chriſten felber, und das Volk bejammerte
damals am meiften, daß es der Kayfer an Die
nigen wendete, welche defjen nicht werth noch bi
dürftig, und dazu noch dem gemeinen Wefen
Fon waren. Es berufte fid) einer dabey auf die
Erfahrung zu-felbigen Zeiten, und fpriht: Man
habe da koͤnnen feßen, wenn das vierte allgeitherbey
fommen fey, (dader Tribut habe muͤſſen abgerich⸗
tet werden,) wie in der ganzen Stadt lauter Wei⸗
nen und Seufzen geweſen. Wenn es aber nun
da geweſen, habe man die armen Leute geplaget
und gequält, welche aus Mangel nichts geben
fönnen. Die Eltern Haben deswegen ihre Kins a
der verkaufen müffen, und das Geld den Erequirern
geben t); And mas dergleicyen Unheil und Jam⸗
mer zur felbigen Zeit mehr gewefen feyn mag.
17. Esiftauch auffer dem, und wen ei
von ſolchem Elend der Unterthanen unk
Kanfer nichtläfe, daher abzunehmen, ein
To groffen Aufgang gehabt bat, als wol kein Kayfer
vor oder nach ihm. Man bedenfe nur, wasvor
unerdenfliche Koſten dazu gehöret müflen haben,
da er die ſchwere und lange Kriege mit den maͤch⸗
tigften, und dazu einheimifehen Feinden ale
die Stadt Byzanz, einen geringen Ort, ſo groß
und Föftlich gebauet und erweitert, daß ſie hernach
der prächtigen und unvergleichlichen Stadt Rom
nichts nachgegeben, aud) darinnen fein Fayferli-
ches Schloß von Grund aus neu gebauet, Die koſt⸗
barften Palläfte und Wohnungen der Groffen
aufgebauet, welches doch alles aus feinen Ein-
fünften entweder mittelbar oder unmittelbar her⸗
gekommen ift. Weiter hat er die prächtigften
Kirchengebäude nicht nur indiefer, fondern auchin
andern Städten aufgeführet, und aufdas koͤſtlich⸗
fte mit Gold, Süber und Edeigefteinen ausgepust,
dazu wiederum eine unbefchreiblicye Summa Gel»
des erfordert wurde, Ohne mas er dabey vor
Eapitalia und andere Legata den Kirchen und ih»
E3
A;
jenema parte ſpendiret hat. Auf feine eigene Pers
ER
Epriftlichen Scribenten befchreiben, da faft alles
gülden oder filbern ſeyn muͤſſen, ungeacht indeſſen
‚viel taufend arme Leute von dem aͤuſſerſten Ueber⸗
- fluß Hätten erhalten Eönnen werden, Aber foläße
. fichs eben noch ein Ehrifte feyn, und ned) dazu
deswegen hoch geruͤhmet werden, wenn alles voll:
"auf und guter Friede ift, und man mit dem arm⸗
ſeligen JEſu nicht darf leiden, fondern Wohlluſt,
+ Ehre und Reichthum zugleich in volligem Beſitz
bebalten kann. -Die damals noch mächtige und
kluge Heyden ſahen Diefen Dingen allen genau zu,
und ärgerten fid) nicht wenig an allem, was der
Chriſtlichen Lehre fo ſchnurſtracks zumider war.
Sie wußten und erinnerten ſich noch gar wohl,
mas die verfolgten Chriften vor diefem von der
Lehre und dem $chen ihres Meifters Chriſti JEſu
erkannt hatten, wie fein Neid) nicht von Diefer
- Melt wäre, und wie fie alles verleugnen, oder
auch in folder Verleugnung mäßiglich und heilig.
lich brauchen müßten; wie man in feinem Din:
e feine Ehre oder $uft oder Mugen fuchen dür-
fe,wf.f. Und nun fiehe, (dachten und fehrie-
’
|" fie,) da nicht allein die gemeinen Chri—
i fe die fürnehmiten gerade das
Gegenthell in allem, und wollen doch noch Chri-
M heiſſen. Ja, ihre Lehrer ſelbſt find dabey die
alleraͤrgſten in Hoffart, Ehrgeiz, Zankſucht,
F Seldacıı und Wohlluͤſten, woran fie den meiften
ewißlich nicht unrecht gerhan haben ; wie wir
chon ausihren eigenen Bekenntniſſen gefeben und
erner hören werden.
18. Was demnach von den fhmeichelnden Hof:
und Kirchendienern vor-eine Tugend ausgegeben
ward, das fonnten die Henden aud) aus dem
Licht dev Natur vor ein Safter erkennen. Die
groſſe wendung, da er in allem fo gar uns
vorfich t den Geldern umgegangen ift, er:
ſtreckte ſich auch auf die Coldaten. Wovon ein
Fluger 1; Es Hiſtoricus diefes erzehlet und
urtheilet: “Es ift wahr, daß Conftantinus die
„Einkünfte der Nepublif mit feinem unermeßli.
„chen Spendiren ganzerfchöpfer hat, aufein wohl-
luͤſtiges Leben die größten Unkoſten gewandt,
„das gemeine Geld in viel unnuͤhe Gebaͤue ge:
„tet, und foldye Verſchwendung noch vor eine
oſſe ee it gehalten. aher kann es
en klugen Menſchen wundern, daß er hin-
neue Arten Geld auszupreffen erdadht,
zwar fehr fcharfe und unbarmherzige, weil
mäßigen und gerechten Arten nicht mehr zu:
>» ®
Don dem Verfall des Chriſtenthums unser Eönftantino dem Broffen.
en ei;
u
83
„reichen wollten. Denn er pflegte aus lauterem
„Muthwillen foviei Geld und Gut zuvertfun, und
„wollte es dahero an Bermögen nicht mangeln laſ⸗
„een, damit er nur fein viel wegzugeben hätte,
„Indem auch niemand fonft fo begierig nach frems
„oen Gute zu trachten pfleget, als die, welche das
„ihrige ohne Berftand aus bloſſem Uebermuth
„und Verſchwendung durchbringen. Dahin ges
„böret auch, daß man ihn vor frengebig gegen die
„Soldaten ruͤhmet; welches Zofimus felber befens
„nen fol. Denn weil er das Reich auf dieſe Weis
„fe an fich gekaufet gehabt. fahe er wohl, daß er
„auch die Gewalt alfo erhalten müßte. Denn wenn
„dieſes nicht gervefen wäre, warum hätte die Armee
„dieſem Conftantino die rechtmäßigen Kinder des
„Conſtantii von feiner Gemahlin, der Theodora,
„nicht vorgezogen? Hier aber erinnere fich der
Leſer, daß Conftantinus ein unächter Sohn Eon:
ftantii von feiner Concubine, der Helena, gewefen,
und dennoch Ducch die befagten Mittel zum Rays
ſerthum fommen, und den rechtmäßigen Erben
vorgezogen worden. Und dahero bat er, wie Die-
fer Mann zeuget, fo viel Geld zum fpendiren er
preffen müfjen. “Welche Erzehlung aber (wie er
„weislich Dazu feßer,)feine Berleumdung freommer
Regenten ift, wie e8 einige boshaftiger Weiſe er»
„elären, fondern es heißt nur, die Wahrheit der
„Geſchichten anzeigen, davon man felbft nügliche
„Exempel nehmen fünne. Denn wenn man c8
„recht bedenket, fo ifts eben fo viel, als die jetzi—
„gen und folgenden Negenten erinnern, daß fie
„bey der Chriſtlichen Profeßion doch Feine ſolche
„eicenz über die Güter ifrer Untertbanen nehmen,
„welche nicht einmal Yulianus und andere Hey:
„den genommen haben u).
19. So weit fey yon Conftantini Verhalten
* den Naͤchſten geredet, woraus zwar aud) er⸗
eben werden kann, wie er gegen GOit felbft mag
gefinnet geweſen ſeyn. Ich übergehe viel andere
Merfmaßle, dievon jenem weiteres Nachdenken
geben Fonnten, zum Exempel, wenn Julianus ihm
etlichemal feine Wohllüftigfeit aufruͤcet, und ihm
die zrwriev oder Unmaͤßigkeit nebenft feinen
Sohn Eonftantio zugefellet x). Diefes ift noch
unter den Chriften ein richtiger Dunct, ob Con:
tantinus ein Arianer gewefen oder nicht. Es ift
efannt und gewiß genug, daß zu feiner Zeit die-
fe teure am meiften auffommen und ausgebreitet
worden. Nun ward diefer Kayſer indiefen Streit
am beftigften miteingewicfelt: indem er nicht allein
gerne willen wollte, welche Parten recht Hätte, ſon⸗
Kffffz dern
\ d 7
u) Zoh. Leunclanius le. Add, Seriptores Hiftorix Aug. vniuerfx. x) Lib. de Cxfarib. in Conſt. M.
Pi
814
dern auch von beyden Seiten um Schuß, Hilfe
und Entfcheidung des Streites angefuchet ward.
Anfangs mennete er zwar, es trafe eben nicht viel
an, und wäre nur ein Wortgezaͤnke, wie er aus»
drücklich an die Parteyen ſchriebe. Erftellte aber
bernad) auf vielfältiges Anregen der Bifchöffe ein
Eoneilium zu Nicea an, darinnen die Arianer vers
worfen wurden. Mad) dieſem aber kamen fie wie:
derum hervor, und infinuirten fich auch roieberum
bey Hofe, alfo, daß Baronius felber geftehet, es ſey
ein Xrianifcher Priefter fehr fleißig bey dem Kanfer
und feiner Schweiter,der Conftantia,aus-und ein⸗
gegangen ‚ und fey ſehr vertrauet mit ihnen gewe⸗
ji ‚ob er es gleich entſchuldigen will y). Diefes
ft zuförderft gewiß, und Fann von feinem Hifto-
vico geleugnet werden, daß diefe Conftantia erz-
arianifch gewefen, ingleihen daß fie mit ihrem
Bruder fehr vertraulich gelebet habe. Man fie:
het es aud) daraus, daß fie viel ben ihm gegolten
hat, weil auf ihr Angeben Arius felber von feinem
Erilio befreyet, und hingegen Athanafiusins Elend
nach Trier vermwiefen worden, wie mehr als zu of-
fenbar ift. Athanaſius felber Elaget über Diefes
groffe Unrecht in feiner Schutzſchrift unter andern
alfo, nachdem er etliche Berleumdungen erzehlet
hat, die dem Kayfer vorgebracht worden: “Da
„brac) des Kayfers Zorn aus, fo gar, Daß er
„nach graufamen Drohungen und Berdammung
des Unrechts der Eufebianer, mich unverhörter
„Sadjye, nachdem er augenblicklich erbittert wor:
„den, ohne Urtheil und Recht, darauf man ges
„wartet hatte, des Landes verweiſen, und nad)
Frankreich verjagen liefle z).
20. Diefes war nunabermalein hartesund uns
verantwortliches Verfahren , darüber die Cpriftli-
hen Seribenten ſehr klagen, daß der Kayfer die—
fen Mann gleichwol fo plöglic) aufeine falſche An:
Elage unverhört und unuͤberwieſen In das Elend ver:
jaget, hingegen durch die Aufnehmung und Ber
theidigung der Arianer fo Elar gezeiget, wie er ges
finnet gewefen. Einer fchreibet überhaupt von
der durch Eonftantinum erregten Berfolgang alfo :
Da zween Arii dieſen Unglauben aufgebracht hat⸗
„een, ward auch der Kayſer ſelber verſuͤhret, und
„da er meynete, er thaͤte GOtt einen Dienſt dar:
„an, hat er eine gewaltfame Verfolgung angerich-
„tet: Die Bifchöffe mußten ins Elend wandern,
„man würtete geaufamlich roider die Cleriſey, man
„ftrafte die gemeinen Leute, die fi) von der Aria>
„nee Gemeinfchaft abgefondert Hatten, a). Und
y) An. CCCXXXVII. n. 9. z) Apol. II. a) Sulpitius Seuerus lib. II. Hiß. S. p. 1oalb) Lucifer Calaritanus
lib. I. ad Conftantium A. p. 10. c) Hieronymus in Chron, ad A. CCCXI. 38 n g
frey ſchriebe: "Arhanafius, deswegen verwieſen
ſers, als Seelſorger, weiſen ſollten, fiengen an den
damit niemand ı es
nen möchte :
Verfolgung aus politifch fachen und. FE
Befchuldigungen willen en, die man dem
Athanaſio und feinem —— fo ſetzen
es die Scribenten ausdruͤcklich dabey. Als, wenn
einer an feinen Sohn, den Kanfer Eonftantium,
„worden, weil er den Glauben nicht verdammen
„wollen, den die Kirche allzeit gehabt und noch ha
„de; nemlic) weil er Eein Arianer ſeyn wollen,
„daher habe ihn fein Vater angefeindet, welches
„Eonftantius wohl wiſſe, der ihn eben in diefeer
„Perſon verfolge, in welcher ihn fein Water verfols |
„get gehabt, b), Aus disfen und vielen andern
Stellen it zu ſehen, daß fichder Kanfer nach dem
Eoncilio Niceno muß ganz geändert haben, undje
güriger , freygebiger und frommerer fich im Anfang -
gegen die Chriſten geitellee, bey welchen damals
viel fund, und durch Die er fein Negiment in vies
len Dingen feft fegen konnte; je härter er fi) >
nachgegen fiegebalten. Diejenigen, foißmeinbef
wo es hinaus wollte. Schwiegen alfo entweder
ftilfe, oder halfen den Kayfer gar mit Darinne bes
ftärfen, als fie faßen, daß er fich zuden Arianern
neigte. An dem vorgedachten Eufebio Cafareenfi
ift es offenbar, welcher auch in feinen Hiftorien
bievon mit der Sprache nicht heraus, und Feine
Partey gerne zum Feinde haben will ; wie oben
ſchon gezeiget iſt. Ohne Zweifel haben auch viele,
die noch auf GOttes Wege und Vorſehung acht
gehabt, gefehen, mie unrecht es vor GOtt gewe⸗
fen, daß man dem Conftantino anfangs fo uns
mäßig gefchmeichelt, und gleichfam einen Abgott
aus ihm gemacht Babe: der nun fie felber plagen,
aufs heftigfte incommodiren und an * Gewiß
|
ö
Mantel nad) dem Wind zu hängen, und fahen 4
]
ſeñsfreyheit Eränfen mußte. Denn e Ver⸗
folgung unter ihm nicht geringe geweſen, iſt aus
allen Umſtaͤnden ſattſam wahrzunehmen.
or. Es wäre viel von dieſen und andern Ackios
nen zu gedenken, welche unter diefen Streitigfei:
ten vorgegangen: Alleine ‚ich muß mic) der Kürze
bedienen, und will nur von dem Ende Conſtanti⸗
ni etwas melden. Bon diefem verfichert Hiero-
nymus ausdrüclich: “Er fey an dem Ende feines 7
„sebens von Eufebio, dem Bifchof zu Nicomedia;_
„getaufet worden, und habe J— Ari 4
„ichen Lehre gewendet, c). em au
andere darinne beyflicyten, daß er *
ab er
——— haben, damit
danken
(nicht dem Hiſtorico,) getaufet
Bu
In be al ge u a
onen verſchweiget er liſtiger Weiſe, die
ph ku in die Ge⸗
gerathe, er fon als hans geftorben d).
Denn von diefem Eufebio gemacht, daß er
einer von den groͤßten Verfechtern und fürnehm-
ften Lehrern der Arianer, ja faft ifr Haupt und
fonderlich ein gefchworner Feind Athanaſti gewe
en, fo gar, daß man feinen Anhang aud) von ihm
ufebianer genennet hat. Nun ift gar aus feinem
Umftand zu vermuthen, daß Conftantinug nicht
folle gewußt haben , ob diefer Mann ein ner
fen oder nicht, indem er ihn und feine bisherige
Actiones wohl Fannte, oder auch wohl erfahren
fonnte, wenn es ifm ein Ernft geweſen wäre,
einen andern zu haben als diefen. Zu geſchwei⸗—
en, daß er den Unterſcheid leichtlich an den Tauf-
nn und andern Umftänden hätte Fönnen mer-
fen. Ich überlaffe aber dem verftändigen und
unpatteyifchen $efer, dieſes Factum weiter zu une
terfuchen, und kann zum wenigiten nichts finden,
womit man nach den gemeinen Grundfägen ent:
weder die Taufe Conſtantini als recht und guͤl⸗
tig, oder ihn als einen orthodore Verſtorbenen
falviven koͤnne e); Geſetzt auch, daß der Täufer
des Conſtantini ganz orthodox gewefen wäre, fo
war doc) diefe Weifeder alten apoftolifchen durch»
aus nicht gemäs, daß er 1 erſt im ösften Jahr
feines Alters damals taufen lieſſe, als ihm die
Seele ausfahren wollte, weil es wider den Zweck
der Taufe und das ganze Chriftenthum liefe. Es
ift ſchon oben im 2. Bud) bey der Taufe erwiefen
worden, wie ernjtlich die rechten Lehrer wider die-
fe Gewohnheit geeifert, und ausdrücklich bezeuger
baben, daß es folche Leute, die ſich erit auf dem
Todbette taufen lieffen, aus bfofler fleifchlicher
Sicherheit thäten, und die Welt mit ihren Luͤſten
niche verleugnen, ſondern erft in ihrem Tode fic)
wahrhaftig befehren wollten. Hiezu mag gewiß⸗
lid) das ——— dieſes und anderer Groſſen nicht
wenig geholſen haben, denen die andern blindhin
nachgefolget, und Schaden an ihren Seelen gelit⸗
ten haben. n
_ 22. Man fücher zwar diefen Aufichub der Tau⸗
fe zu enefchuldigen mit dem Vorſatz, welchen
CTonftantinus felbft vorgegeben hat, daß cr fich
n dem Jordan felbft wollte taufen laffenf),
hen Wahn ihn audy die Bifchöffe gerne
>
See pin. f
de Locis Ebr. in lo
—» ‘1.
odorirus 1.c, L. Ofiander Cent
. Vita Baſilii ap. Amphübehium
13
4
%
2;
u”
Caͤſareenſis meldet zwar- gefaßten
pr . 3 - &
ib. IV. Vic. C.M.c. 61. 62. Conf. Sorrates lib.I.c. 26, Sozomenuslib. IL.c. 32. Theodorituslib. T.c.
doſ M Hieron. I. c.aliigue. €)G. Hornius P. I. Hift. Ecclef. N, T. Art.3.n. 5.
815
lieffen, in Hoffnung, der Kayſer würde bey folhen -
Mennungen von der Heiligkeit und Kraft
aufferlicher Dinge defto beftändiger ben der Religion
leiben. Alleine, wer fiehet nicht, daß ihn diefe
Leute eines beffern hätten berichten, und von fül«
chem abergläubifchen, ja abgöttifchen Wefen abe
ziehen füllen, zeigende, wie dieſes nicht das vechte
Chriſtenthum und das rechtic)affene Wefen in
CHriſto fen, in welchem nichts denn eine neue
Creatur, und ein verändertes geheiligtes Herz gels
te? Man hätteifnausden Schriften der Prophe⸗
ton und Apostel überführen follen, daß ja alle Waſ⸗
fer, und auch der Jordan nicht genug wären, eine
einige Suͤnde abzuvafchen, und daß an dem und
jenem Ort, Zeit oder andern Umſtaͤnden nichts lies
ge; das Reich Gottes auch weder bie noch da,
fondern innwendig inden vechten Chriften wäre,
wie die Theologi von diefer Hiftorie ſelbſt urthei⸗
len. Wie denn auch der Aberglaube wegen der
Taufe im Jordan nachmals ohne Zweifeleben da=
ber befanne wurde, und bey den $euten , nach den
Erempeln der Groffen, einriffeg). Es finden ſich
aber noch mehr offenbare Kennzeichen eines aroffen
Aberglaubens an Conſtantino, wobey die Theo:
logi felbft viel zu erinnern haben: Als, wenn er die
v und Reliquien etlicher Apoftel aus fernen
Landen nach Eonftantinopel bringen und ihnen Das
felbft einen prächtigen Tempel bauen lajfen. Wor⸗
inn er obne allen Zweifel etwas gefuchet , und wie
einige wollen, gar der Stadt einen Schuß zu ſchaf⸗
fen, zum wenigften GOTT einen Dienft zu hun
vermeynet, in der That aber einen Grund zu der
folgenden Verehrung und Liebe zu den Reliquien
der Heiligen gelegetbath). Indeſſen aber hat er
wol den Gehorfam, der beffer denn Opfer geweſen,
unterlaſſen, und zu feinem wahren Sricden feiner
Seelen gelangen Fönnen, nachdem er mit fo vielen
Aergerniſſen der Lehrer umgeben, und alfo von der
e uflerlichen Anführung zum ungefärbten Glauben
und deffen herrlichen Früchten entblöffet war. Die
arme Seele ward immerzu auf den aufferlichen
Schein geführet, und bliebe daran bangen, lieſſe ſich
von den Meynungen und Winden der Lehre aufs
erbärmlichfte umtreiben, ward daben durch die welt:
lichen Sorgen zerftreuer und gequälet, alfe, daß fte
Feine Ruhe fand, und endlich an ihrem Abfchied erſt⸗
lic) bezeugen Eonnte, nun wiſſe fie wahrhaftig, daß
fie felig fen, und des göttlichen Lichts eheilhaftig
worden; wie von feinem Ende erzehlet wird.
23. Was
32. Ambrofius
Spanhemius Introd.
ur. IV.lib.I.H.E.c.30. g) Vid. Eufeb. 1. c. Hieronymus
4. h) Parlinus Nolanus Nat. XT. Felic. j
ey — — u.
316 8.8. Don dem Abfall der Ch
. 23. Was auch von der befannten Kreuzerfin-
dung gefchrieben wird, die von der Helena gefche-
ben fen foll, ſchmeckt nicht allein nad) groffem
Aberglauben und merklicher Abgoͤtterey, fondern
wird auch von den Verftändigften gar vor eine
Fabel gehalten. Denn die Autores ftimmen in
den wenigften Umftänden überein, da einige
ſchlechthin fagen, man habe das Kreuz, daran
Epriftus gehangen, an der Ueberſchrift erkannt i):
andere, es fey durch Die Erweckung eines darauf
gelegten todten Körpers offenbar worden k); wie⸗
derum etliche, man habe eine todtEranfe Frau dar—⸗
auf gelegt 1); noch einige, Daß alles beydes damit
geſchehen fen m). Diefes mar zum menigften ein
gar zu offenbarer Aberglaube, wenn Conftantinus
von den Nägeln des Kreuzes Pferdezaͤume und“
Sturmbauben machen lieffe und felbige im Kie-
ge brauchete, ohne Zweifel aus aberglaubifcher
Hoffnung, daß er dabey vor allem Schaden ficher
fenn wuͤrde n). Go ift auch unter wahren Efri-
ften unerhört, wenn einer auf diefe Dinge den
Spruch zoge und fagte, diefe Weiffagung wäre
Damit erfüllet: "Es wird dem HErrn heilig feyn,
„was er im Zaum hat, 0). Ohne was man ſonſt
vor Abgötteren mit dem Kreuz angefangen zu be⸗
gehen, damit fich die Papiften wohl zu behelfen
wiffen, und davon nicht zu leugnen ift, Daß dieſe
Greuel mit den Reliquien und Heiligthuͤmern da=
mals bereits angegangen find. Wie denn diejeni-
gen Hiftorici davon ganz ſtillſchweigen, welche ge=
merkee haben, daß diefe Dinge zu Feinem Ruhm
des Conftantini dieneten? Daß alfo entiveder al-
(es falſch und erdichtee feyn muß, ober doc) von
den Kiügften vor unziemlich und ungereime gehal-
ten worden, dahero fie es lieber übergehen wol-
Ien p). Ein Theologus faget von der ganzen Sa:
che ſehr fein, wer fie nicht glauben tolle, der fey
deswegen eben Fein Ketzer g). Welcher Ausſpruch
auch von den andern Hiſtorien Conſtantini wahr
ift, daß der eben Fein Ketzer ſey, welcher den ge-
meinen Relationen nicht allen trauet, fondern fie
beffer unterſuchet. Sonften wird aud) endlich viel
gefchrieben von dem Gezelte, das Eonftantinus in
Form einer Kirche hat machen laffen, und darin=
ne dem Mofi in der Stiftshütte nachgeahmet, wie
i) Ambrofin ;
? VIII.c.ı9. n) Socrates lib. I.
I. II.c.ı. p) Eujebins in Hift. Ecel. Vita
e.1.er2. Jac. Gothofredus Not. ad Philoftorg. Hif. Eecl.
de Apocr. etFa 2
r) Socrateslib. L. c- 18. Sozomenus lib.I.c.8.
Introd. Compend. et Plen, Sec. IIII. cap.
a) Ofiander \.e.lib. I. c.29. et lib, II.c.29.
Cent. III. c. VI. p. 227. t)L I. Cod. Theod. de P
u) L.3.Cod. Theod. de
Le. Lennetenins Apol. pro Zolim
Zweifel aus feiner alten Zuneigung herka
Malefic. x) Vid, Zeßmus lib. IJ.c. 29, y) Iac. Gorhofredas Comin.
riſten von der erften Rauterkeit.
die Scribenten berichten r). alten aber d
Berftändigen auch Dies ah M N rflüßke 9—
unnoͤthige Erfindung, weil man body im I: T.
Feine Stiftshütee mehr brauchte, und den Vater
an allen Orten anruffen muͤſſe, auch in fein Kaͤm⸗
merlein geben, wenn man beten wolle, und nicht
eigene fogenannte Feldfirchen mit fich herum füß-
ven, damit man von den Leuten —
24. Aus feinen Geſetzen waͤre nicht wenig zuer⸗
innern, welches mit dem wahren und erſten —
ſtenthum unmoͤglich ſtehen koͤnnte: Ich will aber
zur Probe nur eine einzige Sache heraus nehmen,
die auf Feine Weiſe von der größten Abgoͤtterey und
Ungt ben Fann losgefprochen werden, Er Bat
ausdrücklid) in einem Geſetze, welches noch vor⸗
handen iſt, der Obrigkeit und den Unterthanen
insgemein Freyheit und Macht gegeben, “daß fie
„oie heydnifchen Wahrſager und Zeichendeufer un -
„Rath fragen dürften,,, infonderheit aber, wenn
etwa der Donner einfchlug , wie die blinden Hey⸗
den aus Verführung der böfen Geifter pflegten t).
Sa ,‚er hat aud) die Sauberfünfte in dem Nomis
ſchen Gebiet one Strafe durch ein öffentlicd) Mans
dat zu brauchen vergönnet, wenn fie nur Feinen
Schaden jemand thaten u). Welches ohne allen
m, das
mit erden Zauberern, Teufelsbannern und Mahırs
fagern zugethan gervefen war; wie die Hiſtoriei
melden x). Und ift fidy über diefe öffentliche Ver⸗
ftattung der teuflifchen Künfte und beydnifchen
Gretel defto mehr zu verwundern, weil er dieſe
Gefege nicht etwa vor oder zum Anfang der Zeit
publicivet Hat, da er ſich vor einen Chriſten be—
Eannt, fondern, wie man es ausrechnet, in die neun
Jahr hernach, da ſchon Licinius uͤber drey Jahr todt
war, und er, wenn er gleich, wider GOttes Gebot,
gewollt hätte, feinem Heyden biefe abfcheuliche und
verdammliche Sünden hätte zu Gefallen vergoͤn⸗
nen dürfen y), Wollte man fagen, 28 fey ohne
fein Wiffen von einem heydniſchen Minifter ange:
ftelfet worden, fo würde man die Autoritaͤt der alten
Gefege insgemein in Zweifel ziehen, als ob fie oh⸗
ne und wider der Kayfer Bewilligung in die Co-
diees gebracht worden wären. In Summa, bie
Sache ift ſo erfchrecflich und grauſam, ——
ehung
s Orat. de Theodof, M. »k) Sulpirius Seuerus lib. II. Hiſt. S. 1) Rufus lib. Le 7. 8. in) Nice-
c. 17. Theodoritus lib. I.c. 18. Rufinus lib. I.c.8.
C.M. et Chronico. Vid.omnino Dalleus lib. V. de Obj.
0) Sozomenus
Goth.lib. II. c.3. dect. 3. n. 8. Ofiander 1. c. Spanhemins
bul. atque ibi ipfe Elias du Pin in Conftantino M. T. IL
s) Centuriat.Magdeb.
Cod. eod. de Malefic.
ad Cod, Theod,
agan. Sacrif. et Temipl. I. 1. et 2.
— “
Fr
= 8
engen göttlichen Verbozs wegen als
es, auch des geringften Aberglaubens, geſchweige
offenbarer Zauberen, alsauchder groſſen Aerger—
niß, ß davon unter Ehriften und Seen entſtan⸗
Fa ndem der Teufel mit feinem Neich durch öf-
rentliche Gefege noch autoriſiret und tolerivet wor
den, And diefes alles a — aus politifchen
Staatsftreihen, wie die Welt ihre Bosheit zu
benennen pfleget, gefcheben feyn, da man gemey:
net, die Fuͤrnehmen in Nom und anderswo, fo noch
meiſtens Heyden waren, nicht fo bald vor den Kopf
ſtoſſen, ſondern ihnen ihre Gewohnheiten zu laſ⸗
en, Wobey denn der Satan das meiſte gewon—
nen, ſowol unter Chriften als Heyden: Unter je-
nen fürnemlich durch die freygegebene Mach:
folge der heydniſchen Greuel und die fchreckliche
gen ‚ wie auch die graufame Aergernijle der
roſſen, unter diefen durch die ungebinderte Fort:
fegung ihrer Bosheit. Ä
‚25. Das übrige, was noch in groſſer Menge
aus dem Leben und Thaten diefes Kayſers zu uns
terfuchen wäre, muß ich dismal vorbey gehen, und
auf eine andere Gelegenheit ausſetzen. Wiewol
noch vieles in folgenden Capiteln, als bey den
Conciliis, bey der Entziehung der Elerifey von der
ebrigkeitlichen Gewalt, u. f.f. vorkommen möchte,
Thue ich alfo Bier nichts weiter dazu, als daß ich
dem reifen Bedenfen eines Cpriftlichen und ver:
ftändigen Leſers überlaffe, ob dem übermäßigen
Ruhm fo ſchlechthin zu glauben fey, den diejenigen
vonden Zeiten feines Regimentsgemachet haben,
welchen viel an dem äufferlichen Pracht, Ruhm
und Bequemlichkeit in der Welt gelegenift. Es
ift einem wahren Ehriften wohl norbig zu erwägen,
ob man fich Hierin der Welt insgemein, und fonder=
lich dem paͤbſtiſchen Sinn gleich ſtellen, und die—
fen damaligen Zuftand der Kirdyen als den beften
und berrlichiten erheben folle. Denn diefe ruͤh⸗
men ißn einftimmig, “daß damals die Kirche in
der hoͤchſten Ruhe, Herrlichkeit und Glanz gele—
—S elches wol nach dem äufferlichen
nicht einmal wahr iſt, man müßte denn den Glanz
des Goldes und der Edelgefteine fich verbienden
laſſen, womit Conftantinus die vermeynten Hei:
ligehümer überall foll gezieret haben. Denn die
unerhörten Streitigkeiten, Barden und Vers
twirrungen felbiger Zeiten findoffenbar, und muͤß⸗
ten durch ganze Bücher ausgeführer werden , fo
garmunderlich gieng alles durch einander. "Das
“
Don dem Verfall des Ehriftenthume unter Tonftantino dem Breffen..
817
„bero dieſe vermeynte Gluͤckſeligkeit, nad) beruͤhm⸗
ter Hiftoricorum Worten, nicht wenig verdun⸗
„kelt wurde von fo vielen Ketzern und Parteyen.
„a, (mie fie ausdrücklich und nad) der Wahrheit
„reben,) es iſt faft Feine Zeit von den Apoſteln an ges
„ivefen, dadie Kirche Durch Zank, Streit, Unels
„nigkeit, Laͤſtern und Schmähen ſchwerer und
„graufamer wäre geplaget gewefen, als eben in
„derjenigen Zeit, welche von Anno 300. bis auf
„400. gewaͤhret hat, a). Dabeydes Baſilii Be⸗
kenntniß angefuͤhret wird, wenn er von dieſem
und folgendem groſſen Jammer geſchrieben: “Er
„babe ſich erinnert, was im DB. Nicht. 17, 6. fte=
„be: Zu der Zeit war Fein König in Iſrael, und ein
„jeglicher thaͤt, was ihm recht Dauchte, und dabey
„beforget, Daß auch nicht Damals wegen der Vers
achtung des einigen wahren und groffen Königs
„eine ſo groffe Aneinigfeit und Streit ſeyn möchte
„unterdenen, die in der Gemeine CHriſti wären.
„ſ. w. b).
26. Aus dieſen und folgenden Geſchichten ſchlieſ⸗
fen ferner die Berftändigen, daß der geſuchte Ruhm
von der Glückfeligkeie diefer Zeiten ganz unges
gründet und vergeblich fen, indem, befagter maffen,
der Aufferliche Zuftand fo gar fehr elend, und der
innerliche bey den meiften noch viel jämmerlicher
gewefen. Geftalt wir im Fortgang die uͤbermach⸗
te Bosheit und Heucheley der meiften damaligen
Chriſten, fonderlich der tehrer, ausführlich nach
den Elaren Bekenntniſſen glaubwürdiger Perfos
nen erkennen werden. Weswegen auch ein uns
verwerflicher Scribente diefe Zeit mit unter dieje⸗
nige rechnet, darinne der Satan nicht gebunden,
fondern allerdings mehr als zu los geweſen; wie
man fonft das 20. Capitel der Offenbarung Jo—
hannis dahin deuten wolle c). Wer auch den
vorigen herrlichen Zuftand der Gemeinen gegen
diefen genau und ohne Parteylichkeit halten will,
kann den groffen Unterfcheid deutlich genug fine
den, und wird durch allen äufferlichen Schein
Hindurch auf den Grund und Urfprung aller ſol⸗
cher Sachen fehen, wie fie damals gelaufen find,
Immaſſen allerdings das rechtſchaffene und wah⸗
re Chriſtenthum, fo auf dem Grund der Apoftel
und Propheten, fonderlich aber auf dem Eckſtein
CHrifto JEſu beruhet, unter ſo unzähligen Zer⸗
ructungen, Streitigkeiten und ſcheinbaren Auf⸗
zuͤgen ſchwerlich oder ſehr ſparſam, ja ſelten, als In
den Wuͤſten und unter den Verborgenen des
tu Eren,
2) Baronins A. CCCXVIIT. n. 42. cxterique focii. a) Centuriat. Magdeb. I. c. cap. VIII. p. 328. b) Bafılius
M. procem. de Iudicio Dei inter Afcetica. c) Hifer. Eccl. Gerh. lib. U. c .IV. Set. 3. n. 1.
er
88
HErrn anzutreffen ift. Indem eben um diefe
und folgende Zeiten diejenigen, ſo noch den HEren
fuchten und nach ihm fragten, fih dem weltlichen
und üppigen Wefen, das aus dem Heydenthum
in die Chriſtenheit mit eingebrochen war, entzo⸗
gen, und alfoabermal ein Zeugnißablegten, daß
die&emeinen verdorben und von dem wahren Wege
abgefalfen waren. Bon den groffen Bermirrungen
wegen der Raligionsftreitigkeiten wird unten in⸗
fonderheit geredet werden, wie es da fo wunder
lic) durcheinander gangen, daß Feiner faft gewußt,
der ſich an GOtt und feine Treue nicht gehalten,
wenerfolgen ſollte. Die bittern Klagen darüber
NEHMEN, — — 0.
8. 3. Von dem Abfall der Chriſten von der erſten Lauterkeit.
find nicht oßne Bewegung und Mirleiden
Alten zu lefen. Bir hr Die uͤbergr
i offe Indul⸗
gen; Conftantinigegen die Bifhöffe mibbraucher
k
worden, ſoll unten folgen, ingleichen wie das Bol
insgemein in die aͤuſſerſte Sicherheit gerathen,
und was ſich vor greuliche Sünden hervorgethan.
Daß alſo der groſſe Verfall mehr als zu klar am
Tage liege, wie das Geheimniß der Bosheit aus
der erbaͤrmlichen Blindheit der meiften Lehrer
noch unter einem Schein geheget worden, nach⸗
dem diefelben Zeiten fo gar in Grund fehon verder⸗
bet gewefen d). Aber hievon unten nad) allen
Stüden ein mehrers, 5
d) Ofiander 1. c. lib, IV. c. 26. Neuhuſius lib. I. Fatid. e. 27,
Das 4.Cpitl, >
Fortſetzung
genden Zeiteng und
genden.
Summarien.
WA
Re elenden Zuftand der Chriffenheit in folgenden Seculis; von denen Befebrungen der Henden, $.1. ob fie mit
denen vorigen zu vergleichen: 2. Ein:
gegeben. 3-
1.3. Baliihe Bekehrung: Erchalius ein Erzheuchler; manche bewegte der äufferliche
Curiofitätz 4. die meilten wurden nicht auf den rechten Grund geführef. 5. Wie Indien zur Be
Wunder, daß nicht das ganze Römifihe Reich auf einmal fich vor Chrifflich aus:
— die Gelehrten ihre
ehrung kommen;, Iberien
durch ein Weib Chriſtlich worden: die wahre Bekehrung der meiſten wird billig in Zweifel gezogen; 6. Zeugniffe hievon. 7.
Wie die folgenden Bekehrungen der Henden anzufehen. 8-
wird benommen: Zeugniffe davon. 10.
h Etliche Vroben von der Art die Heyden zu befehren. Die Ge:
eten der Chrifien zanklen fich untereinander aus Herrſchſucht.9. Die Einb ( } ax
Der Kanfer Eonftantius ein Arianer; feine Mordthaten und Graufamfeit, ı1, fein
Die Einbildung von damaligem Wohlftand desChriffenthums
weltlich Kegiment, 12. der äufferfte Werderb im Chriſtenthum und Regiment: wiefern einige Conſtantium gelobet. 13. A⸗
tianer haben überall die Oberhand. 14.
Aulioni Verfolgung der Ehriften: feet die Erulanten wieder in ihre Aemter. 15-
Sovianuısregieret kurz; Valens richtet vielen Jammer an; Balcntintanus läßt jedermann bey feiner Religion, lebt aber ſelbſt
nicht Chriktlich: 16. ere K
niſche Religion floriret noch ziemalich 5
Kirchen groſſen Vortheil gethan;
ruͤhmt, worinn er gefehlet. 19.
Woblſtand des Chriſtenthums nirgend gegründet. 20.
EN a nun alfo von dem Anfang dieſes 4. Se⸗
CE culi ausgemacht ift, wie elend die Chriſten?
D heit damals beſchaffen — inſonder⸗
heit in Anſehung des damaligen Regenten, an dem
das andere alles in geiſtlichen und weltlichen Din⸗
gen hienge; wende ich mich zu denen nächftfolgen-
den Zeiten, und gedenke überhaupt der merfwür-
igften Gefchihte, welche den Zuitand der Chri-
Fa damafsabbilden fönnen. Da id) denn aber»
mals auf die fuͤrnehmſten Perfonen fehen will,
cheils weil ihre Thaten nur von den Hiſtoricis be-
ſchrieben find, theils weil aus denſelben der gan-
je übrige Zuſtand am beften erkannt wird. Wie
Schwere Kriege. Theodofius in vielen zu ruͤhmen, aber auch wicht frey von groffen Paftern. 9
Syminachi Ehrenfäule. 17. Arcadiusund Honorius haben weder dem Keich noch der
Chryſoſto mus muß ins Exilium. Theodofiusi. wirbgelobet. 18. Juſtinianus ſehr bes
Schluß, dakvon Conſtantino an die Zeiten immer aͤrger und elender worden. Der vermennte
$. 1
end:
fih nun folhe Perfonen insgemein in geiftliche
und weltliche eintheilen, alfo will ich jene neben
den andern gemeinen Chriſten in den folgenden
Eapiteln, diefe aber jegund ganz Furz vornehmen,
Jedoch muß ich zuvor einen kurzen Bericht erftat-
ten vondenjenigen Befeßrungender Heyden , wel⸗
che in diefom Secuto vorgegangen find, und ſonder⸗
lich zum Beweis der Glückfeligfeit diefer Zeiten
pflegen angeführer zu werden. Alwo denn zus
förderft aus der Einftimmung der älteften Seri⸗
benten gewiß ift, daß vor Conftantino die allermei-
ſte wahrhaftige und gründliche Befehrungen ges
ſchehen ſeyn. Tertullianus erzehlet zu feiner
*
des Bericht? von dem Verderb der ſolgen⸗
fonderlih von Bekehrung der
—
o Jahr vor Conftantino folgende Völker,
r welchen der Name CHrifti fchon ee
habe, nemlich naͤchſt denen, fo ch. 2,9.
10, It, erzehlet werden, die Getulier, Mauritanier,
Spanier, allerhand Völker in Frankreich, Bri-
tannier, Sarmatier, Dacier, Deutſchen, Schthen,
und viel unbefannte Völker, Länder und Inſulen
a). Mod) viel mehr rechnen die folgenden Scri⸗
benten her, welche noch vor Conſtantino gelebet
haben, und Fünnen die Glückfeligkeit felbiger Zei-
ten mit Recht preifen, weildamals niemand durch
geffnung weltlicher Ehre, Luſt oder Güter zum
hriſtenchum beweget werden Fonnte, fondern des
HEren wahrbaftige Kraft alleine die Unglaubigen
zum re des Glaubens bringen und zur
wahren Berleugnung bereiten mußte. Angefes
ben fid) damals derjenige alsbald zugleich zu al-
lem Spot®, Schaden und Schmerzen, jadem Tod
ſelbſt unumgänglich verftehen mußte, wer ein
Eprifte heiſſen wollte. Damals war der Chri-
ftenname feine Ehre oder Ruhm, wie ein alter
Scribente davon redet, viel weniger ein Vortheil
in weltlichen Dingen, wiewol nad) diefem; füns
dern die größte Schande und der gewiſſeſte Ber-
luft in zeitlicyen Dingen.
2, Wie nun diefe Umſtaͤnde felbiger Zeiten fatt-
- fan anzeigen, daß diefe Befehrungen wahrhaftig
und göttlich geweſen: Alfo machet alsbald das
weltliche Gluͤck und die auten Tage, welche die
Epriften unter Conftantino anfänglidy hatten,
ein Nachdenken, fo oftedie Damals geſchehene Be:
kehrungen geruͤhmet werden, ob fie auch mit den
vorigen zu vergleichen oder nicht. Denn zu ges
fhweigen, dat fie nicht fo häufig und völlig ge—
en, als wol unter den Apofteln und in den
nächiten Seculis; fo wird bald Flar werden, mit
was vor Mitteln, und aus was vor Abfichten die
Leute fich vor Chriften ausgegeben haben. Was
die Einheimifihen betrift, welche von dem Hey
denthum unter Conftantino abgetveteri, iſt erſt⸗
lich gewiß, daß ihrer, zumal von den Groffen in
Nom und andersivo, nicht gar zu viel gewefen ſeyn:
weldyes man fowol ausder Harmonie der heydni⸗
ſchen und Chriftlichen Seribenten weiß, als aud)
aus denen Actionen der Kanfer felbft , weldye ſich
vor der Menge der einheimifchen Heyden noch im=
mer fürchten mußten, und dahero fie und ihre Re⸗
liglon ganz gelinde tractirten. Welche aber nun
wirklich den Chriftennamen befannten, hatten
war nicht alle, jedoch die meiften, fonderlich die
Hofleute, beforglich falſche Abſichten und verkehrte
4) Lib. adu. Ind 7. b) Micraliss lib. IT. Hit. Eccl. Sect. II. qu. 2. €) D. Paraus Med. H. E. p. or.
8:9
Einbildungen von denn Ehriſtenthum. Diele fas
ben wohl, daß der Kayſer esgerne alfo haͤtte, wenn
ſie ſich auch alſo anſtellten, als er etwa bey dem
Gottesdienſt zu thun pflegte. Ihre Vernunft
wußte ihnen auch wol die Vortheile, Bequemlich⸗
feiten und andere dem Sleifch angenehme Dinge
vorzuftellen, wenn fie den Chriftermamen ats
nehmen würden, Der Kayferwar ja mächtig und
geneigt genug, fie mit diefem und jenem Ehren-
amte zu verfchen, dieſes und jenes Gut zuzuchei-
len, und vorden andern, welche halsſtarrig ben if:
rer alten Religion blieben, zu begnadigen, Ein
Chriſte hatte damals bey hoher und niedriger O⸗
brigkeit freyeren Zutrit, als ein Heyde oder Juͤ—
de. Dieſe mußten damals ſchon viel Spott und
Vorwurf leiden, weil ihre Sachen in groffe Ab-
nahme Famen: die Chriſten befchnitten ifnen alle
Privilegia und den Genuß weltlicher Dinge, fie
mußten auch alle Augenblick beforgen,, daß esdie
Chriſten ihnen machten, wie fieißnen gethan hats
ten, undfievon Hab und Gut, Aemtern und als
lem, durch Hülfe der Eprifllichen Obrigkeit bräch«
ten.
3. Bey fo geftalten Sachen follte es einen faft
nicht Wunder nehmen, daß das ganze Römifche
Reich auf einmal ſich vor Epriftlich ausgegeben
bätte, weil doch das menfchliche Herz von Natur
durch die Hoffnung des geringften Vortheils in
Ehre, Nus oder Luſt, ſich fogar leicht zur Heuche⸗
ley bewegen läffet, und in alle Formen verändern
kann. Ich gründe mid) aber Bierinne Feines we:
% auf meine eigene Gedanken oder Muthmaſ.
ungen, fondern folge bewährten Hiftoricis, wel—
che die Sache nad) genauer Unterfuchung nicht
anders, als fo, erfennen. Sie geſtehen erftlich,
daß fchen vor Conſtantino, und alfo auch) unter den
größeenTräbfaten ‚florentiffiimusEcelefix flatus
oder der fürtreflichite Zuftand der Kirchen gewe⸗
fen, fonderlic) weil die meiften Voͤlker ſchon befep-
vet waren. So bald aber als Conjtantinus die
Religion nicht ſowol zugelaffen, als gar befoh-
len; fen fie aus dem geiftlichen Eanpten, oder dem
Druck der Heyden hervor und im Triumph gegan-
gen. Da ſey man in groſſer Anzahl zur Taufe ges
laufen, alfo, daß in dem Jahr, da der Kanfer ges
taufet worden, indie zwölf taufend follen gerau-
fer feyn b). Und Babe freylich Conftantinus durch
öffentliche Mandate anbefoßlen, daß man den
Chriſtlichen Glauben durch das ganze Römifche
Reich bekennen follte c). Welche Befehle man
chen werden zu folcher Reſolution bracht Haben,
daß er lieber endlich fich nach denfelben vichten,
Alll a als
*
820
als des Kanfers Ungnade haben wollen , zumal da
er ohnedem in der heydniſchen Religion nichts
wahres noch gründliches gefunden. Es haben
ſich allerdings hierbey die unfeligen Früchte haͤu⸗
fig merfen laffen, welche insgemein aus dem Re
ligionszwang entftehen, wenn man denen Lu⸗
ten mit Befehlen und Droßungen das Chriften
thum in Kerze bringen wollte,
4. Wir werden diefelben balde nach der Reihe
ſehen: Ueberhaupt aber beſchreibet ſie ein alter Leh⸗
rer, wenn er ſchreibet: "Es find von der Zeit Con⸗
„ftantini an bis auf die Zeit Theodoſii vor dem
„Greuel der Verwuͤſtung hergegangen Krieg und
„Kriegesgefchrey, Hunger und Peftileng, Ketze—
„eenen, Mangel des Worts, Spaltungen der Ehri-
„ften und ein verderbtes boͤſes eben, d). Und
wer wollte zweifeln, daß es nicht viel dergleichen
$eute gegeben habe, als bald hernach unter Julia»
no ſich zu Conftantinopel einer, mit Namen Ece-
balius,ermwiefen hat. Diefer wußte fich aus ſchreck⸗
licher Heucheley nach dem Sinn eines jeden Kay
fers zu accommodiren: Erſtlich ftellte er fich aufs
allerchriftlichfte an, hernach da Julianus die Ober⸗
Hand Batte, war fein graufamerer Verfolger der
Epriften, alser: Wiederum, da ein Ehrifte auf
den Thron Fam, mengte er fich auc) roieder unter
die Chriften, und ftellte ſich überaus bußfertig an
e). Solcher Erzbeuchler hat es mehr als zu viel
bey diefen vermeynten Befehrungen gegeben, wel⸗
che dann zuweilen GOtt aud) vor der Welt offen-
bar und zu Schanden madjte, wie es fonderlid)
ben der groffen Veränderung unter Juliano ergieng.
Es kann aud) niemand gut davor feyn,baßnicht un⸗
fer einer fo groffen Menge vieledurchden äufferli-
chen Pracht bewogen worden, fich auch mit unter
den Chriften finden zu laſſen, wenn fie gleichwol
fahen, wieinden neuen Kirchgebaͤuden des Con-
jtantini alles von Gold, Silber und Edelgeſteinen
ſchimmerte, und ſonſt mit dem größten Schein
und Glanz indie Augen fiel, dadurch ihre Sinnen
gleichfam gefangen genommen und zur Siebe dies
for fcheinbaven Sache Bingeriffen wurden, fonder-
Jich da bey dem heydniſchen Gottesdienſt es meiftens
anfieng fehr armfelig auszufehen. Cinige, fon-
derlich gelehrte Leute, lieſſen fic) von ihrer gewoͤhn⸗
lichen Curioſitaͤt dahin bringen, daß ſie der Chriſt⸗
lichen Lehre und ihren Geheimniſſen nachforſchen
wollten. Weil aber dieſe nicht ſo bald heydniſchen ſe
Perſonen kund werden mochten, ſo fielen ſie wol
a
WR Don dem Abfauder Ehrifien vonder erften Hauterkeit. ” h
aufdiefen Anfchlag, daß ſie ſich auch vor Chri
ausgeben wollten, nur damit fie hinter die a
ten Sachenfämen. Diefes iſt defto häufiger uns
ter den Chriftlichen Kayfern vorgegangen, je mehr
damals Freyheit dazu geivefen, weil esfogar auch
zuvor von vielen practiciret worden. MWiedavon
bereits Origenes flaget, daß die Philoſophi ſich zu
dem Ende zum Ehriftenthum befenne haben, nur
damit fie die Gründe deffelben recht erfahren, und
alſo ihre Gelehrſamkeit vermehren möchten F).
5. Daß aud) fonft ihrer viel, wo nicht die mei⸗
ften , nicht aufden rechten Grund desinneren Chris
ſtenthums bey ihrer aufferlichen Bekenntniß gefuͤh⸗
ret worden, ſiehet man unter andern auch Daraus,
weil fie fih nicht anfangs, fondern gemeiniglicherft
in ihren Todesnoͤthen haben taufen laſſen. Es
liche annoch reine Lehrer Flagen deswegen, daß ſich
dieſe Chriſten eben damit verriethen, wie es ihnen
nicht um die Toͤdtung des alten Adams und das Le⸗
ben des Geiſtes, welches in der Taufe angezeiget
wuͤrde, zu thun waͤre, indem ſie ihre vermeynte
Veraͤnderung bis an den Tod ſpareten, und indeſ⸗
ten. Ein ſolcher roher Haufe der heuchleriſchen
Chriſten wurde nun damals unter die wenigen
Frommen, welche in den vorigen Truͤbſalen be⸗
waͤhret waren, vermenget, zu unerſetzlichem Scha«
den des wahren Chriſtenthums. Was noch gut
unter fo vielen war, das wurde mit der ungleich
gröfferen Menge der andern, als mit einemStrom,
fortgeriffen, und Fonnte kaum unter fo ſchweren
Aergerniffen und Berfuchungen der weltlichen
Wohlluͤſte, Ehrbegierden und anderer Greuel, die
mit Haufen in die Chriftenheit einbrachen, erhal-
ten werden. Die Lehrer, welche andere führen
ſollten, wußten fich felbft nicht mehr zuregieren, und
waren alfo einer fo unzähligen Menge Volks zu ih⸗
ver Berforgung im Wort und in der Seßre viel we-
niger gewachfen. Die wenigſten waren unter
dem Kreuz der Kirche etwa zum Chriſtenthum
fommen, Die andern alle waren ungegründet, uns
geübet und folglich untreu in ihrem Dienft. Sie
gelangten gemeiniglid) durch unrechte Wege zu
den Aemtern: wenn fiedarinne ſtunden, hatte der
Satan ſchon durch die damaligen Streitigkeiten
und Verwirrung genug Materie vorgeleget, daruͤ⸗
ber fie in Diſputiren und Feindſchaſt gegen einan⸗
der geriethen, Die armen Heerden Hingegen vergafs
en und ungeweidet lieffen. in groffes contri⸗
fen in ihrem alten Wefen nad) wie Sad leb-
buirten auch zu Diefem unbefhreiblichen Sammer
" die g
d) Chryfoflomns hom. 49. in Matth. €) Socrates lib. I. e. 13. N) Origenes lib. II. adu. Celſum.
&
8
9.
He
3
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u
!
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durch ein
r
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4
die heydt Greuel und Gewohnheiten, welche
aus dem Heydenthum in die Chriftenheit mitge⸗
bracht wurden, und folgends alles in den Gemei-
nen verunreinigten. Man wollte den Heyden an
äufferlicher Pracht und Spiendornicht nachgeben,
ſchaͤmte fich der Niedrigfeit und Demuth, lieſſe al:
les im gemeinen Leben paßiren, was nur Ehre und
Vortheil bringen möchte, wenn es nur darbey eini⸗
gen Schein des Gottesdienſts hatte. So wurde
alles von der Menge der Sünder uͤberſchwem—
met, daß die ſchaͤrfſten Gefege der Obrigkeiten
nicht mehr zuveichen wollten, und die elenden
Früchte der Heucheley und Falſchheit an allen
Orten zu ſehen waren; wie bald in fpecie beiwiefen
werden fol.
6. Alſo ftund es mit denen im Roͤmiſchen Reich,
welche zum Chriſtlichen Glauben bekehret hieſſen.
Von denen andern Voͤlkern ſind erſtlich ſehr wenig
und nicht mehr als zwey, nemlich Indien und Ibe⸗
rien Chriftlich worden, und vors andere auch
nicht durch einige Hilfe Conftantini, fondern
auf Art, wie vor und nad) demfelben oftege-
ſchehen. Nemlich — und zwar in dem in.
nerhalb des Fluffes Gangis, waren oßngefeßr 2
Knaben Bu gebracht und dafelbft zu koͤnigli⸗
chen Dienften gezogen worden, Als fie nun wie-
derum Beraus kamen, ward der eine, Frumentius
genannt, von Athanafio wiederum hinein gefandr,
Durch den die Barbaren nicht alle, fondern guten
Teils bekehret wurden g). Iberien ift fo garnur
ib Chriftlich worden, welcher nach:
mals andere Lehrer zu Hülfe geſchickt waren h).
Was die 2 Einfiedler Macarii in einer Inſul ge
than, ift ein weniges gegen der unzähligen Mens
ge der übrigen unglaubigen Bölfer, welche da-
mals und fernerbin unglaubig blieben i)., Da:
mit aber niemand menne, als ob ich die wahre Be:
fehrung der meiften Menfchen zur [sigen Zeit
(denn von allen wird niemand mit Grund verfi-
chern koͤnnen,) ohne Urfache in Zweifel ziche;
(wiewol aus folgenden Capiteln alles Elar werden
toird,) fo höre er, was insgemein ein Lehrer bald dar:
auf hievon Flager, der unter der Cleriſey fehr be
ruͤhmt und beliebt gewefen. So fehreibet er aber
deutlich: Nachdem die Völker im Glauben ver-
„mehret worden, Bat der Glaube abgenommen,
„und da die Söhne inzwifchen gewachfen find, liege
„die Mutter krank darnieder, und die Kirche ift
Kurch ihren Wachsthum und Fruchtbarkeit im:
4
er 4.Cap. Sortfesung des Berichts von dem Verderb der folgenden Zeiten, etc.
821
„mer fhwächer,.. Die Urfache war diefe: Sie
„hat die Ölieder diefes Heil. Mamens zwar durdy
„die ganze Welt ausgebreitet, aber fie haben die
„Kraftder Religion nicht, fondern fieiftreicher an
„ver Menge, aͤrmer an der Andacht worden, us ſ
f. k). Alwo er nichtallein von feinen Zeiten, dar⸗
innen es meiftens in dem vorigen Stand bliebe,
fondern gleich von denen zu reden anfängt, da dies
fe ungegründere Vermehrung angegangen, nems
lich unter Conftantino. Es wiederholet aber die
fe Worte ein in der Antiquität fürtreflicher Mann,
und ziehet fie aufalle folche Aufferliche glückliche Zei-
ten, und fpricht: “Je mehr die Kirche heran ge
„wachſen ift, je mehr fie in den Laͤndern ausgebrei-
„tet worden,oder durch die Ruhe nachläßiger,durch
„Ebrenämter fcheinbarer, durch Reichthum über-
„fluͤßiger gemacht, je mehr iſt fie von der Welt
„verderbet, alfo, daß allein bey wenigen das wahre
„Chriſtenthum blieben ift, die noch an der Gottfes
„tigkeit hielten, welches in der Kindheit der Kirchen
„faſt bey allen geweſen 1),
7. Er fähret fort und erklaͤret die Sache folgen:
der maſſen: Wenn die Chriftenheif gedruckt und
„geplagt geweſen iſt, ift fie allzeit herrlicher aufge
„ſtanden, aber durch gute Tage iſt fie gemeinialich
„verderbet worden, indem die Herzen in der Mus
„he und dem Ueberfluß leichtfinnig werden. Das
„llebel des Friedens ift mit dem Frieden gewachfen,
„die Einfalt ift vertrieben, daran man fonft einen
„Chriſten kennet; dagegen erfolgte eine Verſtel⸗
„lung des Gefichts, cin betrünliches Herz, Falfche
„Worte, und eine verdammte Begierde nach Geld
„und Ehre, damit man nicht ſowol den Kirchens
„dienten (Ofheiie), als den Kirchenpräbenden
(Beneficiis) nachgerrachter hat, And fo oft man
„bedenfe die tiefe und unausfprechliche Wunden
„der Kirchen, (fo von dem innerlichen Feind ges
»fchlagen worden,) un den Verfall von der erften
„Unſchuld, wie er fich von Dan bis gen Berfaba
„und durch alle Derterund Zeiten erftrecket hat, fo
„muß man faft Denken, es fey Damals aller Got
„tesdienſt aufgehoben gewefen, und der Geiftund
„das. Anhauchen (afflatus) GOttes Babe die Erde
„verlaffen, welcher nadımals wiederfommen würz
„de, wie das Gefäffe, fo vor Petro vom Himmel
»„hernieder gelaffen, und in eben den Himmel wie,
„der aufgenommen worden, weil e8 verachtet und
„unnüge gewefen,, m). in anderer grundges
lehrter Mann ſetzet auch zu dieſen WortenSalviani
tt ll z und
g) Socrates lib. Le. 22. Theodorituslib. T.c.22. Rufizuslib. I. c.9.10. h) Socraces lib. I. c. 15. Sozom. lib. II. c. 6.
Theodor. lib.I. c. 24. Rufin.I.c. 10.
Fer *
J Ir
* ir
«
} ö i) Socrates IV. c. 19. Sozom. VI. c. 19. Theodor. IV. c.ı9, Rı ‚II.0.4. k)Sal-
vianus lib. I, de Auar. P. 14. 1) Frid. Spanhemins de Degen,Chriftian, ie aaa 3.
m) Idem ibid,
Dh,
wr
822
und Chenfoftomi, der ‚ein gleiches bezeuget »):
„Ich weiß, diefes werde vielen ungereimt vorfom«
„nen, aber lafjet uns zufehen, ob esnicht mehr.als
„zu wahr feyn möchte,,o) ! Und hieraus iſt offenbar,
was von dem Ruhm zu halten, den Theodoritus
wegen diefer Zeiten machet, “daß alle Voͤlker un⸗
„abläßig zum Chriftlichen Glauben Hinzu gelau-
„fen wären, p): indem weder dis wahr ift, daß alle
Voͤlker, noch auch daß fie zum wahren lebendigen
Glauben kommen find, beſage der unfeligen
sur des Heuchelglaubens und der verfellten
efehrung: Im übrigen find zwar auc) die mäch-
tigen Bölfer,die Gothen und Saracenen, Ehriften,
aber dabey Arianer worden, welchen die andere, fo
fi) Orthodoxos nenneten, nod) viel weniger die
wahre Bekehrung zugeflunden, und fie.alfo nicht
zu diefer vermeynten Gluͤckſeligkeit rechneten, fon
dern als die Störer ihrer guten Zeiten und ihres
Wohlſtandes anfahen.
8. Bon den folgenden Befehrungen der Hey:
den nad) Conftantini Tod etwas zu berüßren, fo
ift nicht zu leugnen, daß ihrer viel mögen wahr:
Baftig zu Chriſto und feiner Wahrheit von denen
noch übrigen rechtfchaffenen Lehrern gebracht feyn.
Es rüpmet auch Yuguftinus zu feiner Zeit, wie viel
barbarifche Völker dem Namen Ehrifti ergeben
eweſen g) : Aber er geſtehet auch an einem andern
vte, daß noch viele andere übrig wären, zudenen
man noch gehen müffe, ehe mit dem Evangelio al»
les erfüllet würde feyn; ſchilt dabey die Faulheit
etlicher Mönche, welche ſich darum nicht befüm-
merten r). Indeſſen, wenn man die nachfolgen-
den Befehrungen genauer anfiehet, welche von
den Papiften und andern fo fehr geruͤhmet wer-
den, findet man, daß Die wenigften wahrhaftig al-
fo zu nennen feyn. Denn wie nachgehends Die
Chriſten felbft voll Aberglaubens, Heucheley und
groffer herrſchender Sünden geweſen, alfo haben
fie die armen blinden Heyden eben alfo angeführt,
und zwar viel Heuchler und ſichere Seelen durch
ihren unlauteren Glauben, aber Feine Chriften ges
machet : ausgenommen, mas etwa der HErr ſelbſt
nad) feiner Barmherzigkeit hie und da an einigen
auten Seelen gethan, bey denen das Wort recht
Fräftig worden zur Seligfeit. Ich will nicht ſagen
von den fehredlichen Sünden und Greueln, die
man in den Hiftorien noch von ſolchen Völkern,
nachißrer vermeynten Bekehrung, mit Erſtaunen
lieſet, da es gemeiniglich eben fo zugegangen, als zur
n) Chryfoffomus hom. 34. in Matth. 0o)C. Rittershufsus Not.adSaluian. l.c.p.9o. p)Lib.I.c.6. q)Lib, IT.
adu.Crefcon. Grammat.c.64. r)Lib. de Oper. Monach.c.14. s) Vid. Beda inprimis Jib. I. Hiftor. Anglic,
t) Vid. Spanhermius Sec. VIL. Hiſt. Eccl. Introd. p. zoı.
Perit. p.116.feq.
nn *
We
8.9. Don dem Abfall der Ehriften von der erften Lauterkeit.
r
Zeit Conftantini, nachdem jedermann ein Chriſte
und dadurch glückfelig in der Welt feyn wolltex
fondern ich will nur etliche Proben zeigen bey der
Art folcher Befehrungen, woraus man fehen mös
ge, ob dabey ein einiger Grundzum wahren Chri-
ſtenthum von denen fogenannten Apoftel get
worden oder nicht. Wer das damals anfangende
Pabſtthum recht kennet, der wird leicht von dem
uͤrtheilen koͤnnen, was durch deſſen nn
Emiffariosgutes gefcheben ſeh. Von dem übrigen
ift ein gleiches ausden Scribenten abzuneßmen.
. 9. Am Endedes 6. Seculi fandteBregorius MM;
einen Mond), mit Namen Auguftinum, in E 9*
land, die uͤbrigen Heyden zu bekehren, der ab
man feine aberglaubiſche Ceremonien nicht «
men wollte, durch den RönigEchelbertum ein
ſames Blutbad anrichtefe; und Damit waren
armen Leute an Leib und Seele verkehrt und vor
derbe genug, welche zuvor viel beffer beſchaffen
waren s). Im 7. Seculo wurden viel ſolch
ftel unter die Deutfchen, Schweden, F
andere, von Rom ausgeſchickt, nur zu?
des Roͤmiſchen Aberglaubens, nur d
Apoftel aufweifen Fonnte, und viel veiche B
thuͤmer ftiften; wie die Gelehrten längft ange
ket haben t). Daher kam es, daß alle Greuel des
Pabſtthums mic foldyen vermeynten Bekehrun⸗
gen fortgepflanzet wurden, und weil die Geſand⸗
ten felbjt in dem göftlichen Worte blind und im
Chriſtenthum unerfaßren waren, ſo ward das ars
me Volk aud) niemals in feinem Herzen gerüßte
oder geändert. Ihre aͤuſſerliche Sinnen fielen
von einer Art der Ceremonien aufdie andere, von
der heydniſchen zur päbftifchen, und blieben ah
wie vor unbefchnitten an Herzenund Ihren. Alfo,
daß es mit Recht nur Fortpflanzung des riſtli⸗
chen Ylamens, nicht ‚aber der Chriſtlichen
That und Wahrheit bey den Verftändigen heiſſet,
welches mit der Zeit noch ſchlimmer und verfehrter
zugiengu),. Man muß fich wundern, was üı
‘Briefen des Bonifacit, welcher der Deukf
Apoftel beiffen muß, vor unchriftliche abgefchr
Sachen zu finden ſeyn, und wie man ſich be
chem roichtigen Werf mit lauter närrifchen
gungen, Ceremonien und äufferlichem Tand aufger
halten und des inneren wahren Wefens, der rech⸗
ten Befehrung des Herzens und desthätigen Chi
ſtenthums ganz vergeffen, zugefihmeigen der Ti
ranney, die dabey vorgegangen 3), „Alnd ei
Ki: A FEST lager
|
’
u) Ibid. Sec. XIII. p. 372. Fallaus in Catal, Teft.
*
Fun
*
bieffen diefe elende Voͤlker zu dem lebendigen
GOtt t, Die Doch noch von Feiner Seligfeit
er Frucht des Chriſtenthums das geringfte wuß⸗
eſchweige denn geſchmecket hatten. Da
zankten fich nicht felten die Parteyen und Ge-
eten der Chriſten unter einander, wer unter ihnen
über diefe neu gefangene Sclaven (fo zu reden,)
Herr ſeyn füllte. Als uͤber den Bulgarien gefcha-
he, über welchen die Biſchoͤffe zu Conftantinopel
und Rom heftig ftritten, weicher über fie follte zu ge⸗
bieten haben 2 Und folchergeftalt ergieng es
bey andern Völkern auch, daß, wo die Cleriſey
unter ihnen freye Hand befam, alles vielmehr um:
gekehrt, als. wahrhaftig zu GOtt befehrer ward.
Hingegen wo GOtt noch ein folch Beilfam Werf
febffenfängen wollte, da brauchte er meiftens fol
jeuge Dazu, die vor der Welt verachtet und
waren. Als wir von Gefangenen,
bern, jaauch Kindern lefen, dieein
u Ehriftounter den Heyden ab-
i Ottes has
bradjt worden. Woraus insgemein zu fehen ift,
| ob und tie die ganze Welt Chriſtlich worden fey
oder nicht,
! 10. Damit id) aber wiederum auf meinen Vor⸗
ſatz komme, ſo wollen wir nun vor allen Dingen
etliche gemeine Zeugniſſe hören, die das Verderb⸗
niß der Ehriften nach Eonftantino augen:
men. Faſt zu Ende diefes 4. Seculi fehriebe
ieronpmus nicht allein wider die offenbaren
uel fehr feharf, fendern befennete auch öffent:
böfe geweſen, und zwar mit bengefügter Urſache,
„weil die $ehrer gelehret — was ſie ſelber nicht
verſtanden, aus Eingeben des Teufels,,; mie er
r
all nen Jammer auch diefe: “Anfanglich ward
„die Gemeine Chriſti an ihrem Leben erkannt, da
er Wandel derer Chriften entweder aller oder
ften NB. foarg, ja noch ärger worden, als
„die Roger und Henden,, ). Moch vor diefem,
nd gleich nad) Conftantini Zeiten, fchriebe Hila-
dem damaligen Wohlftand des Chriſtenthums be:
womit er zugleich anzeigt, daß fie ſchon zuvor fehr
F ne vielen bitteren Klagen über den
ottlofen nicht fand. Nunmehro aber find die
ſchrimch weifen Fönnen, und alle Einbildung von
lich, daß die Zeiten alle Taae böfer würden,
edet 2). Und eben um felbige Zeit führte Chry⸗
der meiften heilig war, welcher ſich bey den
*
au
rit.g. 41. nu
c.39. add. Baronium A. CCCXXXVII. n. 63. fegq.
\ —
%r 3
"E
en, daß fie zu ihm wahrhaftig ge-
fegung des Berichte von dem Derderb der folgenden Zeiten z. 823
rius ungefcheut, wenn er die erfte Kirche mit der
gegenwärtigen verberbten vergliche: «Nunmehro
„pflegen die weltliche Beyftimmungen den göttli»
„hen Glauben, leider! zu befräftigen. Chriſtus
„fol feine Macht vMoren haben, indem man laus
„ter Hoffart und Ehrfucht mit feinem Namen
„treibt, Die Kirche willmit Gefaͤngniß und Lan⸗
„oesverweifung die Leute ſchrecken, und zwinget,
„man foll ihr glauben, da fie zuvor durch Gefäng-
niß und Erilia Glauben empfangen bat. Sie hän«
„get andem Urtheil derer, die Gemeinfchaft mit ir
„haben, da fie durch das Schrecken der Verfolger
„seheiliget worden, Gieverjager die Lehrer, da fie
durch die verjagten Lehrer ift fortgepflanzet wor⸗
„vers Sie ruͤhmet fich,daß fie vonder Welt gelie⸗
„bet worden, da fie doch Ehrifto nicht hat koͤnnen
„angehören, wenn fie nicht die Welt gehaſſet hätte.
„Diefes Fann zur Vergleichung der ung aus den
„vorigen Zeiten befchriebenen Kirchen, welche nun
„ganz verderbet ift, Der Augenfcyein und das Be⸗
„eennenißaller $eute zeugen, b). Welche Worte
nicht allein von den Artanern, fondern insgemein
ohne Einfchränfung vonden damaligen Gemeinen
Bandeln, wie fie auch von erfaßrnenSeribenten allo
angenommen werden c). ch wende mid) aber
num zuden Kayſern felbit, u
ır. Conftantius, der feinem Vater nebenft den
beyden Brüdern, Conftantino und Conftante, fuce
cedirte, war ein Arianer, und befannte öffentlich
diefes von fich und feinem Vater: “Wenn mein
„Vater nicht ſo wohl gethan hätte, daß er ſich zu den
„Arianern begeben, fo würden wir, feine Söhne,
„jetzund nichtregieren„d). Er fieng aber fein Re=
giment mit lauter Morden und Dlutvergieffen
an, und ließ nad) und nach fehr viel unſchuldige
und gerechte Männer Binrichten, unter andern feis
nen Defreundeen, den Conftantium, den Opta-
tum, Ablavium, Hannibalianum, Delmatium, u. ſ.
w. unter welchen er den Ablavlum auf eine uners
hörte und beftialifche Weiſe eractirt hat, indem er
ihn ftücfweife zerfchneiden (ngesgynöcv narano-
av) undjammerlich peinigenlaffıne). Wie
graufam er denen mitgefabren, welche fic) den Ariz
anern nicht gleich ftellen wollen, iſt aus den jaͤm⸗
merlichen Klagen der Scribenten felbiger Zeit zu
fehen. Sie fhreiben ihm ungefcheut und ins An-
geficht die greulichiten Mordthaten zu: Du haft
ſſricht einer zum Kanfer,) ihrer vielzu Merans
„dria Bingerichtet, und in der ganzen Welt haft
„du
y)Idemp.1067. z) Comm. in Ecclef. IIf. a)Hom.49. in Matth. b) Lib. adu. Auxent. c) Caral. Tel. Ve-
Lucifer Calaritanuslib.de Regibus Apoflat. e) Euzapins Vit. Philof. in Aedeſio: Zofßmus lib. II.
824
„du Die arnıen Leute zerfleifcht, Die, fo Dir wider⸗
Iſtanden, verjager und zerſtreuet. Du peinigeft
„die aottgeheiligten Leute, tödteft, verweifeft fie,
„und Fannftdec) Feine Urfache angeben, warun du
„Das thuſt, N. Und ein nderer: “Conſtanti,
ssich ſchreye Dich art, wie ic) den Tyrannen Nero—
nem, Decium oder Maximianum würde angere-
„det haben: Du freiteft wider GOtt, du wuͤteſt
„wider die Gemeine, Du verfolgeft die Heiligen,
„bilt ein Feind der Lehre Ehrifti, bebeft allen Öot- N
„fesdienft auf, bift ein Tyranne nicht in menfchli-
„chen, fondern in göttlichen Dingen, Ja, wir find
„vem Meroni, Decio, und Marimiano mehr ſchul⸗
„dig, als dir. Aber du bift über alle Grauſamkei⸗
„ten der Grauſamſte, raſeſt wider uns, mit groͤſſe⸗
„rem Schaden, u.f.m.g). ‚Welches von vielen
mie den bitterften Klagen wiederholet und ausge-
führe wird, alfo, daß man ifm den Sammer felbi-
nicht groß genug einbilden kann. Atha⸗
nafıus weiß aud) viel davon zu fagen h), und die
andern befchreiben den Zuftand deswegen fo ge
fährfich, weil er fich fo gar verftellen Fönnen, daß
viele dadurch betrogen worden. Er-habe der Cle⸗
vifen die ſchoͤnſten Minen gemacht, fie feiner Liebe
verfichert, die Hände gedrückt, den Segen von ih⸗
nen genommen, und alles gethau, was Die geiftli-
chen Väter von einem gehorfamen Soßn hätten
winfhenmögen. Aber ehefie fichsverfehen, Habe
er einen hie, den andern da abgefegt, Des Landes ver-
riefen, und fonft ſchimpflich tractirt i): fo gar,
daß fie ihn endlich gar wegen feiner Grauſamkeit
und anderer Bosheit den Anticbrift genennet
haben, und diefelben Zeiten vor Die allerſchwerſten
uͤnd grauſamſten gehalten 9
12. So verhielt ſich Conſtantius bey dem Kir⸗
chenregiment.. Das weltliche betreffend, mar felbi-
ges nicht beffer, und vichtete nicht weniger Jam⸗
mer im gemeinen Weſen, als jenes in der Kir:
chen an. Seine beyden Brüder, Conftantinus
und Conſtans, mit denen er das Reich Hatte theilen
nüffen, wurden über den Erbrheilen ftreitig, alfo
daß diefer feinen eigenen Bruder jammerlid) Bin:
richten und ins Waſſer mwerfenließ. Er feibit aber
ward balddaraufmit gleicher Münze bezahlt, und
von erlichen Aufrührern, die feiner übeln Regie—
vung müde waren, gleichfalls ermordet. Der
dritte Bruder, Conſtantius, wollte nach der herge⸗
brachten Beydnifchen Negierfucht fein Reich feſte
fegen, und gründete es mit laufer Mord und Blut;
8.3. Don dem Abfall der Ehriften von der erften Lauterkeit.
wie wir gehöret haben. Und weil er fic) vor den
Nachkommen feines älteften Brut > »
te, fo faße er, wie er felbige ganze Sam
durch die abfcheulichiten Mordthaten ausrottete.
Was fönnfen wol vor fraurigere Tragödien von
dem ärgften Brudermord feyn, als diefe? ruffet
ein Hiftoricus hievon billig Bier aus. die
noch darzu: Wer wollte dieſe Leute nur noch ver⸗
nuͤnftige Heyden, geſchweige den Chriſten nur dem
Namen nach mit Grund der Wahrheit nennen?
Und wer wollte in folchen Zeiten bey fo Himmels
fehreyenden offenbaren Sünden noch ein Chris
ſtenthum und einen Wohlftand der Kirchen fuchen ?
Sollte nicht der theure Name Chriſti bey denen
noch haͤufigen Heyden damals aufs greulichfte
geläftere und geſchmaͤhet feyn worden ? Solltewol
jemand $uft gehabt Haben ein Chriſt zu werben, der
unter den Heyden dergleichen Greuel nicht fand ?
Es war ja auch feine ufferliche Ruhe ——
heit zu genieſſen, wen ein Bruder geget
das Schmwerdt ausjog, und in der Kirchen felbit ei
Lehrer gegen den andern, Feiner abet
einig war, wie Die Hiſtorici von den
Streitigkeiten, nebenft den vielen dantalß ei
tſte⸗
henden Streitſchriften ausweiſen. Ofte geſch F
auch, daß über der Wahl dieſes oder jenes Kir—
chenvorftegers Die größten Zanfereyen eneftunden,
fowol unter den ehrbegierigen Candidaten felber,
alsunterden andern Intereßirten. a, der Teus
fel regierte ſo offenbar unter den verfallenen Chri⸗
ften, daß fienod) darüber mit Mord und Blutver⸗
gieſſen gegen einander ftritten; tvie wir unten fehen
werden. Dasgemeine Bolf war ſoroh und unges
zogen, durch die unausfprechliche Nachlaͤßigkeit
der Prediger, daß es auch mwol einen Fayferlichen
Minifter in ver Reſidenz felber öffentlich in einem
Tumult hinrichtete m).
13. Ich ſetze weiter nichts zu dieſer Erzehlung,
ob gleich noch unzaͤhlige Merkmahle des aͤuſſer⸗
ſten Verderbs ſowol im Chriſtenthum A
giment von felbigen Zeiten beyzubringen wären.
Diefe wenige Proben koͤnnen von dem ganzen Zu-
ftand überhaupt Nachricht und Verſicherung ge-
ben. Und hindert nicht, daß einige von den Alten
diefen Conftantium loben wollen, indem fie es aus
Hoffnung zu feiner Bekehrung getan, und Feines-
weges damit feine Greuelthaten und übermachte
Bosheif gut heiffen fönnen, Denn fonften ware
‚ein
£) Lucifer lib. I, adu. Conftantium. g) Hilarius lib. I. adu.Conftant. h) Epift. ad Vit. Solit. Ag. i) Hilarius
l.c. k) Idem initiolib. VI.de Trinit. D Zexzclauins Apol. Zol. Conf. Scriptores iſtorum temporum, tum
Hiftorici recentiores. m)Socrateslib. II.e. 3.
2 —
4
|
5
|
|
'
u
ein ſolch ungegründeres Lob nicht ferne von einer
ndlihen Schmeicheley und Verleugnung Der
Bahrheit. Der gedachte Hilarius, welcher ihn
fonft den rechten Antichrift und greulichſten Ty⸗
rannen ins Angeſicht nennet, ruͤhmet Bingegen
anderswo in einer Supplique an ibn, da er um
hp1
Nachlaſſung der Verfolgungen bittet, feine wuns
derbare Weisheit, er nennet ihn optimum ac
religiofisfimum , piisfimum, u, ſ. w. n):welches
fid) mit den vorigen Titeln und den Thaten felbit
nicht reimen life. Gregorius Ylasiansenus
nennet ihn einen en göttlichen und Chri⸗
ftum heftig liebenden Kayfer, preifet ihn felig, und
foricht ausdrücklich, er habe allzeit in allen feinen
— und Sechn Gottes Hand gebrau⸗
chet 0), Da doch nicht allein ſein Eben das Ge—
gentheil unftreitig beweiſet, fondern auch fein Tod
‚viel anders befchrieben wird. Erift an feinem ch
Endenoch vom Enzojo,einemXrianifchen Bifhof,
gefaufet worden , weldyes alle Hiltorien bejeus
gen p): Hingegen will Bregorius zwar vorgeben,
er habe noch Buffe gethan / ſetzet aber fein recht:
ſchaffenes Kennzeichen dabey, woraus feine Bes
kehrung zu ſchlieſſen wäreg). Er hat aberdarum
Conſtantium legitimiren und ruͤhmen wollen ,
damit er dem Kanfer Juliano deſto beſſer wider⸗
ſprechen, und jenen dieſem vorziehen möchte. Wels
des, wenn cs nach der Wahrheit gefchehen wäre,
nicht ohne Segen würde geweſen ſeyn; da binges
gen zu beforgen ſtehet, es werde die Heyden deſto
mehr geärgert haben, wenn fie gefehen , wie die
Epriften gieichwol offenbar gottlofe Leute, dennoch
vor fromm und fülig ausgeben wollten, wenn fie
nur die Heyden virfolger gehabt. Aber genug von
diefen Zeiten, welche unmittelbar nady Tonftan«
tini M. Tod gefolger find.
14. Hier will ich aber zur Erläuterung des Zu⸗
se felbiger Zeiten aus etlichen Klagen geroif-
er Seribenten zeigen, wie damals und weiterhin
die Arianer überall die Oberhand gehabt, und die
andern alle faft ganz unterdrücket haben. Die
Hiſtorici und andere tehrer felbiger Zeiten fehret-
ben ausdrüclicd), “daß die Arianer Damals die
„Haͤuſer, Tempel und den gemeinen Mann an
„ſich gehabt, Sie entfihuldigen ſich aud), war⸗
um die Catholiſchen ſo elend und verlaſſen waͤren,
und beweiſen eben bey dieſer Gelegenheit, daß die
n) Lib. ad eum. Excufat tamen Erafmus præf. ad Hilar.
p) Athanafıns de Synod. Hieronymus adu. Lucifer. et Epift.
r) Gregor. Naz. Orat. 23. adu. Arian.
A.CCCLXI.n. 2%.
i 7 Tap. 5 ortſetzung des Berichte von dem Verderb der folgenden Zeiten xc.
825
wahren Chriften nicht an der Menge, Mache
und Aufferlichen Glückfeligkeie zu erkennen wären,
weil die Arianer damals nad) dem äufferlichen
fückfelig und Die meiften waren, die andern aber
Part eben fo fehr als unter den heydniſchen Kay⸗
fern gedrücket worden r). Hieronymus bezeus
get, daß faſt alle Gemeinen in der ganzen
„Welt durch die Arlaner verumreiniget wären :
Ja, die Welt Habe fid) gleichſam ſelbſt verwun⸗
„dert, daß fie fo bald ganz und gar Arianifch wor
„den fen, s).Andersto faſſet er die ganze Gefchichte
felbiger Zeiten, von Tonftantino an, Furz zuſam̃en,
und fpricht: »Arius fey zu Alerandria zwar nur
„wie eine Funfe gewefen, aber weil er nicht als«
„bald unterdrücker worden, babe feine Flamme
„die ganze Welt verderbet,,ı). Ein anderer gibe
diefes alles den Kayfern Schuld, daß die Seu⸗
e überall durch alle Reiche zugenommen babe,
meil fie venfelbigen Irrthum geliebet und geheget
hätten u). And noch einer gerne ſich zu behau⸗
pten, daß faſt alle Biſchoͤffe in der Lateiniſchen
Kirchen von den Arianern verbiendet worden wä ⸗
renx). Aus welchen und andern Nachrichtungen
augenfcheinlicy zu erfennen ift, wie nicht alleine
unter Conſtantio, fondern auch vor demfelben,
fo bald die Arianer befannt worden, Feine gute
Zeit nach dem Aufferlichen vor diejenigen geweſen
fen, welche fich derfelben Partey widerſetzet.
15. An dieſem unbefchreiblichen Jammer war
es nicht genug, fondern es gefchahe durch die wun⸗
derbare und unerforfchliche Gerichte Gottes, daß
Julianus nad) Conſtantio zum Regiment Fam,
welcher abermal einen groſſen Strich durch die
eingebildete Gluͤckſeligkeit damaliger Zeiten mach⸗
te, und die Chriſten Damals faltganz unterdruc
te, Seine Berfolgungen wider Die Chriften find
mehr als zu bekannt, wie auch der dabey gefchehes
ne vielfältige Abfall der Heuchler, welche zeiches
ro in Sicyerheit gerathen, und nunmehro von
GHtt durch folche Berfuchungen auf die Probe
gefeget wurden. Es waren auch diefe Anfechtun«
gen deſto gefährlicher vor ungegründete und fiches
ve Herzen, je weniger Gewalt Julianus zu
brauchen ſcheinete. Denner ließ niemand darbey
ums $eben bringen, fondern ſetzte den Chrijten
durch andere Verfuchungen zu, fte wiederum jum
Hendenthum zu bringen. Diefes ift gleichwol
merkwürdig von ihn, daß er die vorigen Zerrüts
mm mm tun.
0) Orat.in Iulianum pasſim, inprimis 1.3. et 4.
3. Philoflorgius VI.c 5. _q9) Ic: conf. Baronius
s) In Chronico A. CCCLÄXTV.etLLib. adu, Lu-
eiferian. it. Comm, in Pf. 133. t) Lib, IIL.Comm.inGalat.c.;. u) Greger. Nyf.Orat. Fun. in Bafil.M. z)
Vıncentius Lerinenfis Commonit. adu. Her. c. 6.
826
tungen und Streitigkeiten unter der Cleriſey zu
mißbilligen gefcyienen hat, indem er, fo bald.er
Am volligen Regiment kommen, die vorigen
ctiones der Biſchoͤffe aufgehaben, die Arianer ſo⸗
wol als die Catholifchen aus dem Erilio- wieder:
kommen beiffen, in ihre Aemter wieder eingefegt,
und zum Friede und Eintracht vermahnet. Wel-
che Erinnerung,von einem Heyden geſchehen, die⸗
fe. Leute, welche die andern zur Liebe und Eintrache
permahnen follten, nothivendig bat beſchaͤmen
müffen, fonderlid) als fie feine Worte dabey mo.
gen gehöret haben: „Hoͤret mich, denn die Franz met: “Seine Regierung ift durch dieſe Modera⸗
„ten und Deutfchen haben mich gebörer,,! Wo⸗
durch er ihnen weiſen wollen, fie würden ja ver-
fräglicher und frommer feyn, als die Barbaren,
und alfo Frieden halten y). Was die ihm zuge:
fhriebene DBerfolgung betrift, geftehen auch
Epriftliche Scribenten gerne, Daß Diefelbe viel ge-
linder gewefen, als die folgende unter dem Kay:
fer Dalente ‚indem jene oßne Blutver sieffen, die-
fe aber mit vielen. Sraufamfeiten verknüpft ge
wefenz). Wiedenn ohnedem die Autobes, welche
diefem Kayſer wegen feines Abfalls feind find,
alle feine Thaten als böfe befchreiben; dagegen
ihn andere, fo Die Sachen genauer und unpar-
teyifch unterfuchee haben, in wielem zu entſchuldi⸗
en wiffen, welches aber hieher nicht gehöret a),
I wenigften ift ihm, allem Anſehen nad), zu
viel gefchehen, wann ihm etliche aus bloffem Haß
fein ob auch in natürlichen Dingen gelaffen, und
ihm eineunglüclicheXtegierung in allem zugefchries
ben: indem die Hiftorien einftimmig das Gegen
theil bezeugen. Es ftehet auch dahin, und wird
von Partenifchen verſchwiegen, ob er nicht indem
meiften von denen damaligen Ehriften, die nad)
der Klage gottfeliger Lehrer nicht mehr Ehriftlich
lebeten , geärgert und zurück geftoffen worden,
16. Der folgende Kayfer, Jovianue, hat wegen
feines kurzen Regiments Feine Veränderung des
Kirchenwefens verurfachet, oßne daß man fagen
will, er babe durchgehends die Freyheit der Reli⸗
gion verftattet. Sein Nachfolger, Valens, hat
defto mehr Sammer in allen Standen angerichtet,
indem er den Arianern aufs heftigfte zugerhan ge-
wefen, und auf Antrieb feiner Gemahlin die
andern fehr und heftiger als Conſtantinus und
Julianus verfolget bat. Anfangs zwar hat man
ibn vor orthodox halten wollen, er hat auch mit ſei⸗
nem Bruder Dalsntiniano eine ziemliche Beſtaͤn⸗
y) Caluifius Chronol. A. CCCLXL € Socrate.
—
8. B. Don dem Abfall der Chriſten von der erften Cauterkeit.
5) Leuneluins Le.
e) mansianus baatcalliuns KRıRKR, Ayspirates VL e.3t, Fruitra negantibus Barenio et Spondano A,CCCLAX,
digkeit erwieſen, Da er lieber von Juliano ſei
Abſchied nehmen wollen, und mit Schimp
Land räumen, als auf beydnifche Weife opfern b).
Alleine, nachmals, da er ſelbſt Here wurde, wiefe -
fihs ganz anders, alfo, daß überall nichts als
Angft und Noth in der ganzen Chriſtenheit war,
und man fid) Feine glückliche Zeit, nicht einn
einbilden konnte. Sein College, Dalentinia-
nus, wird zwar deswegen gerühmet, daß er jea
dermann bey feiner Religion gelaffen Rd
fen denn auch ein Heyde felbit alfo von ihm ruͤh⸗
„tion beruͤhmt worden, weil er unter fo vielen Res
„ligionen gleichfam im Mittel geftanden. _ Er hat
„niemand Deswegen verunruhiget, noch befohlen,
„daß er dis und jenes glauben füllte, vielweniger
„die Unterthanen mit fcharfen Befehlen dahin ge—
wungen, daß fie feinen Gottesdienſt mitma⸗
„chen füllen, fondern er hat eine jede Partey uns
„beſchaͤdiget gelaffen, wie er fie gefunden, c). *
deffen aber Iebteer.fethft niche nagh Chriftlich
fe, und hatte 2 Weiber auf einmal zur
ftaftete es auch anderen durch) ein öffeneli |
det d). Valens aber machte es noch fehlimmer,
und lieffe den fogenannten Geittlichen wenig Rufe
und Bequemlichkeit, fo gar, daß er auch die Moͤn⸗
che aus den Klöftern heraus nahm, und entweder
unter die Negimenter ftecfte, wenn fie fich dazu
ſchickten, oder zuandern Dienften brauchte. Denn
er fahe wohl, daß folche Leute nicht, wie die Alten,
G0tit aufrichtig und ernſtlich dieneten, ſondern
nur ihrer ruhigen und guten Tage mißbrauchten.
17. Unter diefen und den folgenden Kapfern.
Hiengen Bin und roieder, fondeclich an den Graͤn⸗
zen des Nömifchen Reichs, die ſchweren Kriege
vor ſich. Bratianus hatte viel mit den Deutſchen
und Gothen zu thun, mußte deswegen Theodo⸗
ſium mie zum Regiment ziehen, und konnte dennoch
die Sache nicht in erwuͤnſchten Stand bringen.
Dieſer Theodoſius wird zwar billig in vielen ge⸗
ruͤhmet, aber auch don aufrichtigen Scribenten
von. groſſen Laſtern nicht frey gefprochen. Ei
geben es die umftändlichen Befhreibungen „ da
er fehr verſchwenderiſch und wohlfüftig gelebet ha⸗
be. Sein groffes Verbrechen, deffen man fic)
von einem fonft löblichen Regenten nicht verfehen
ſollte, iſt mehr als zu befannt, - DennalsdieBür--
ger zu Theffalonich einsmals einen Aufſtand mach⸗
fen, und fein Sandshauptmann im Tumult das
by
a) Idem ib. b) Serrareslib. IV.e. 1. |
— —— — —— DENE
et 2
a
eb n fommen war, ergrimmte diefer
ehr, nachdem ihn fonderlich die Hofleu-
et Hatten, daß er durch Soldaten in-
nerhalb 3 Stunden 7000 Perfonen auf einmal
aͤmmerlich niederhauen ließ. Welche greuliche
That er hernach fo wenig erkannte und bereuete ,
daß er auch ungefchenet in die Gemeine fam, und
in nichts haͤtte anfechten laflen, woferne nicht
mbrofius das Herz gefaffet, und ihn zuruͤck ges
Balten haͤtte. Unterdeffen waren folche und der-
gleichen Bimmelfchreyende Sünden der fuͤrnehm⸗
827
biefe war dem guten Chryſoſtomo fehr auffüßi
teil er ihren Hochmuth und — Sal; Ki
fete. Deswegen mußte er nun die Stadt und
das Sand räumen, ungeachtet das arme Volk fo
oft wehmuͤthig um feinen Lehrer ſupplicirte. Dars
neben gieng es an andern Orten gleichfalls ſowol
im Regiment als in der Kirchenzucht verwirre
durch einander, die Bifhöffe lagen unaufhörlich
mit einander im Streit, und zankten fich fo lange,
bis hier und dar die Barbarn einbrachen und des
Streitens und Difputirens durch einen gänzlichen
ften Chriſtenheit nicht allein ein fehrecfliches Aer⸗ Ruin ein Ende machten. Theodoſius der Ane
erniß, welches jedermann alsbald in die Augen
ee, fondern aud) ein offenbares Zeugniß, wie es
damals um das Ehriftenrhum mag geitanden has
ben. Die Klagen Umbrofii, Auguſtini, Daft
li, Gregorit Ylasiansent und Ylyffeni, Pau-
ini, Sulpitii Severi, Iſidori Peluſiotaͤ,
fondertich aber Ehrpfoftomi, und anderer, wel⸗
he um felbige Zeiten herum gelebet Haben, find
oft nicht. oßne Thränen zu’lefen , wie fo gar alles
in Grund verderbee geweſt. Daß die heydnifche
Religion damals noch ziemlich floriret Habe, ift
aus den Schriften offenbar, welche wider fie ge=
fihrieben worden ‚ wie auch aus vielen andern
Umftänden die man bey den Hiftoricis findet,
Sie haber damals noch die wichtigften. Aemter
mit bedienet, und find von den Kayfern aufs guͤ⸗
tigfte tractiret worden; alfo, daß man noch Inſcri⸗
ptiones finder, darinnen gedacht wird, wie, um
Exempel, dem an zu. Rom eine güldene
Säule von den Kanfern Valentiniano, Theo—
dofio und Arcadio gefeget worden, ungeachtet er
ein halsftarriger Heyde geweſen. Woraus aber-
mal zu ermeffen ift, twie weit fi) das. Chriſtenthum
um felbige Zeit erſtrecket und geäuffert habe. *)
18.Sein Sohn und Nachfolger Arcadius, und
in Oecident Honorius, haben weder dem Roͤmiſchen
Reich noch der Kirchen ſonderbaren Vortheil ger
than. In ihrer I hatten die beyden gottlo⸗
eit, alle Bosheit und Muthwillen auszulaſſen.
ieſer legte ſonderlich einen Grund zu einem un:
ausfprechlichen und langwierigen Unglück in Ita⸗
lien, und beyde ruften Die barbariſchen Völker in
das Nömifche Reich. Von dem Verderbniß im
geiftlichen Wefen kann uns die Hiſtorie und Feder
des fürteeflichen Mannes Chryſoſtomi Nach—
richt geben , der über den Schaden Syofephs nicht
enug zu Elagen weiß. Arcadius ließ ſich mei-
——— feiner Gemahlin Eudoria regieren,
Kin ale Def ufinus und Stillico, Gelegen⸗
* Vid. wm iftorum tenıporum generatim.
e) An. DLXUL Tom. VL.
*
x
dere wird wegen feinerÖottfeligfeit fehr geruͤhmet,
wiewol die Umftande folcher Erzehlungen viel une
nüßes und aberglaubifches Weſen mit anzeigen,
welches dev gute Rayfer Durch Anführung der das
maligen Lehrer mag gelernet haben, welche bereirg
gar fehr von der Keinigfeit des Chriſtenthums
entfernet waren, Man ſiehet es aus des Jeſuiten
Raderi Aula Santta Theodoſũ, darinnen viel
unlauteres mit unfergemenger iſt. Dahero Teiche
zu gedenfen, wie es unter dem gemeinen Voik
noch viel feltfamer mag gugegongen fern, warn
diefer und jener anno GOtt mit Ernſt hat dies
nen wollen.
19. Unter den folgenden Kanfern iſt nun ſon⸗
derlid) Juftinisnus fehr berühmt, und wird feine
Borforge in geiftlichen und weltlichen Dingen von
vielen fonderlich vecommendivet. Wiervol dieje-
nigen, fo feine Hiftorie etwas genauer unterfücher
haben, bier und dar viel Merkmahle finden wol-
len, daß man in feinem tob allzumilde fen, fon:
derlich aber wird angemerfer, daß das Kitchen
wefen ihm nicht eben fo viel zu danken habe, alg
man mol insgemein denfe. Es iſt offenbar ‚daR
er dem Nömifchen Bifchof gefchmeichelt, und
ihn das Haupt aller Kirchen genennet habe d):
womit fich die Papiften auch fehr viel willen;
inzwifchen aber feiner Perfon gleichwol niche
verſchonen, fondern ihn wol gar öffentlich vor
einen Ketzer ausruffen; wovon unten etwas
gefaget werden foll. Baronius und nad) ihm
viel andere geben ihm auch Schuld, daß er
boͤſe und gottloſe Gefege gegeben habe ©). Ei-
nige von den Alten find fo übel mit feiner Lehre
und Seben zufrisden gewefen , daß fie ihm auch
oͤffentlich die Seligkeit abgefprochen babenf):
Und wird berichtet, Daß er auch vor feinem To-
de dem Patriarchen zu Conftantinopel, Eutychio,
der ihn von, feinem ertbum abzuftehen vermah-
net gehabt, nicht gefolget, fondern ihn noch dar
Mmmıım 2
d) Vid.l. 8’Cod. de Summ. Trinit. iſt
f) Euagrius lib. IV. c. 30. lib. V. e. I. am
— — — — — —— — — — —
3. Dondem Abfal der Chriſten von der erſten Lauterkeit.
zu ins Exilium verjaget. Dieſes iſt gewiß, daß
828 8
er feiner Gemahlin, Theodorä, alle ihre Jnfolen-
zien nachgelaffen , welche viel Muthwillen durd)
feine Indulgenz verübet, alfo , daß er auch das
Reich mit ihr getheilet haben foll. Die andern
ungeriffen Erzehlungen will ich nicht erwehnen,
als, daß er habe weder leſen noch fehreiben fönnen,
daß er fo gar ber die Maaſſe gelögeizig gewe⸗
fen, in feinem ganzen Thun eine groſſe Schläf-
tigfeit und Traͤgheit erriefen , und dergleichen
mehr. Es gehöret aud) nicht hieher, was von
denen ihm zugefchriebenen Rechtsbuͤchern
pro und contra gefchrieben wird: Daber ich alles
nothwendig übergebe.
20. Wenn man alfo das Leben und Thaten der
damaligen Häupter in der Chriſtenheit genauer
unterfuchen, und nad) den Regeln des mahren
und erften Chriftenehums genau und unpartenifc)
prüfen follte, würde der Schluß endlid) unwider⸗
forechlicy fallen, daß von Conſtantino an Die
Zriten weder in geiftlichen noch weltlichen Din-
gen jemals beffer, fondern immer ärger und elen-
—
J
der worden ſeyn. Es iſt mir vor dismal um der
Kuͤrze willen nicht moͤglich geweſen, dieſes beſag⸗
ter maſſen zu thun, nachdem es auch era 3%
haben nicht fo eigentlich) betrift, als wel die folgens
den Materien. Denn obmwol die damaligen Res
genten zu dem Wohl⸗ oder Uebelftand der. Gemei⸗
nen nicht wenig haben beytragen Fönnen, ſo laͤſſet
fich doch) diefes alles viel beffer und klaͤrer aus d
Verhalten der Lehrer und Zuhörer insgemein
ſchlieſſen und erfennen. In wiſchen hoffe ich ,
es werde den Siebhabern der Wahrheit aus dieſem
em Bericht, fonderlich aber aus dem, was
on Eonftäntino alaubwürdig gefchrieben wor⸗
den, mehr als zu offenbar ſeyn, daß der vermeyn⸗
te Wohlſtand des Chriſtenthums unter diefem
Kayſer weder in den wahrhaftigen Hiftorien, noch
viel weniger aber in dem rechten und erften Chris
ſtenthum gegründet fey. Was im übrigen Ines
derheit aus allen und jeden Begebenheiten hieher
gehöret, Fann insfünftige ausfuͤhrlich und nad) ale
len Umjtänden vor Augen geleget werden.
.
Daß 5.
Kapitel,
Kon dem Verfall der andern Chriſten, und ihren herr-
ſchenden Sünden / au sn, und Verachtung
es.
Summarien.
Fa elende Zuftand des gemeinen Volks 6.1.
8
Chryſoſtomi Zeugniß;
lagen. 7. r n
Sen fenkiafeit des Volks nimmt überhand. 9.
oe SL des Kayſers richten viel Boͤſes anz bey Kriegen und allzu
weſen leiden die Unterthanen das meifte. 2.
———— = Auguſtini Klagen über den verderbten Zuftand,
Der Uriprung folches Jammers der Berfal des Predigtamts; 3.
Namenchriſten fuchen auch bey offenbarer Bosheit den Schein eines
Es war ganz anders als bey den erfien Chriſten; 3.
s. Galviani dergleichen, 6. noch mehrere
verkehrte Entſchuldigung mit ber Unwiſſenheit.
gottfeligen Weſens, 10. ſcheueten ſich nicht zum Abendmahl hinzu zu dranaen,die Later vor Tugenden auszugeben, wol⸗
vafet fen: 11. Die Zeug
— — ihien fürget ins Verderben: 13.
ben der herrſchenden Berderbnig nicht Platz haben.
Zeugen der Wahrheit jagen folche Greuel dffentlich. 12.
Man verlieffe fih aufs Opus operatum: 14. D
. Andankbarfeit gegen göttliche Wohlthaten, und Nebergeugungen ; 15.
Uinfelige Grüchte des Mundalaubens ; 16. Zeugniß davon. ı7. Unverftand der böfen Arbeiter;
Die Verkehrung der beilfamen
er Glaube konnte
18. Weble Anführung der
x : daraus erfolget Weripottung des göftlichen Worts. 19. Die empfunden ſolch Elend am meiſten, Die wollten vor den
Ki eken : Dergleichen ũnglaube ziebet meiſtens Verſtockung nach fich. 20. 4 s
$.
SA waͤre nun ferner leichte, von dem größ-
ten Haufen derer Chriften insgemein
weitlauftig darzuthun, wie unter Eon
l
ftantino und meiterhin die Verderbniß mit aller
Macht, mie eine Fluteingebrochen, und das aller
wenigfte in der Chriſtenheit unverfehre gelaffen,
eine,
— —
— —
——— nn eh
5. Cap. Don dem Derfalf der andern Ehriften, und ihren herrfehenden Sünden x. 829
Alleine ‚algu grofle Weitläuftigkeit zu vermeiden,
foll nur aus- etlichen offenbaren Proben augen:
fiheinlich gewiefen werden, daß zu felbigen Zeiten
naͤchſt denen Kayſern und der Elerifey auch die
andern, fonderlicy aber das gemeine Volk, weni:
e ausgenommen, von denen erften Ehriften im
Glauben und $eben ganz unterfchieden geweſen.
Denn ob gleic) diefes ohnedem daraus offenbar
wird, weil die Oberen und Regenten in geiftlichen
und weltlichen Dingen von der erften apoftolifchen
tauterfeit abgewichen; in Betrachtung es gemei-
niglich alfo herzugehen pfleget, daß die Unterthas
nen die Lebensart ihrer Obrigkeit, die ar
die Weife ihrer Lehrer erwählen; auch meiftens
das Volk in Sicherheit und Unglauben fällt, wenn
diejenigen ihrer Chriftenpflicht vergeflen , fo ihm
den rechten Weg en dennoch aber wird
noͤthig fern, aus ge ‚Funden vor Augen zu
legen, mie eben diefes, Mer! aud) in den vorha⸗
benden Zeiten in allen Stücken eingetroffen ie
haben fchonobengefehen, als von der Befehrung
der Heyden nad) den eriten 300 Jahren geredet
wurde, was vor ein fehlechter Grund bey diefen
geuten zu ihrem Chriſtenthum geleget worden, ins
dem das gemeine Volk mit vollem Haufen fich vor
Chriſten auszugeben angefangen, da die Groſſen
dergleichen angerban, und arte immer eines dem
andern aus Furcht und zeitlichen Abfichten nach:
efolget. Woraus denn gewißlich eine fehr fchlechte
Dei in dem wahren Chriftlichen Wandel zu er
ennen ift, weil man von den wenigſten aus den
Gefchichten felbiger Zeiten verfichern kann, daß
eine fo unzählige Menge — ChHriſto
und feinem veinen Glauben gefuͤhret, oder darin»
nen underfehrt erhalten worden,
2. Wie übel Conſtantinus felbft mit feinen
Untertfanen umgegangen fen, erbellet aus den obi⸗
en Erzählungen, und weifet uns zugleich, daß
flche rgerniffe und gewaltfame Unterdrückung
der Armen bey den Unterthanen nichts Gutes ,
fondern viel Böfes angerichtet haben. Es wurde
\ Br ‚ den Staat zu befeftigen, in öffentlichen
andaten und Berfaffungen viel vorgegeben,
das zum Beſten der Unterthanen gereichen follte,
Aber die Hiftorien weifen uns den jämmerlichen
Zuftand, fo damals im Roͤmiſchen Reiche bey den
Unterthanen geweſen. Man befümmerte ſich
auf Seiten der Negenten nicht fo wohlum das
wahre Heil des Volks, daß man ihm geriffe und
genugfame tehrer verordnet hätte; fondern man
var vergnügt, warın nur der aufferliche Staat
formiret und in Sicherheit gebracht war. Des:
wegen wurden die blutigften Kriege geführet, am
meiften deswegen, damit man vor denen ſicher
(mn möchte, welche nad) der Herrſchaft ſtunden.
obey denn die armen Unterthanen das meifte
leiden mußten, und der Ehrbegierde eines einigen
Menfchen ihr Leib, Leben, Hab und Gut auf
opfern. Nachdem aber Friede worden war, hör-
ten die Preffuren nicht auf, fondern nahmen viel«
mehr zu bey denen häufigen Froßndienften und
Steuren, die man zu dem unermeßlichen Baus
wefen forderte, fo mit aller Macht getrieben wur⸗
de. Und da man in folchen Sorgen verwickelt
war , ift leicht zu erachten, wie wenig an das eint«
ge Nothivendige allerfeits gedacht worden. Die
Lehrer lieflen alles gehen, wie es gienge, und wa⸗
ren vergnügt, daß fie Schuß, Hülfe und Sicher-
heit bey diefem Monarchen gefunden hatten. Ihre
meifte Sorgfalt und Bemühung giengdahin, wie
fie ihre Sachen nunmehro in Sicherheit brine
gen, und fich der guten Tage recht bedienen woll⸗
ten : Deswegen liefet man von fo vielen Anftals
ten zum Kirchenb&uen , Einrichtung der DBefol«
dungen und Einkünfte, Befchreibung der Bis
ſchofthuͤmer, ihrer Auebreisung und Erhöhung,
Beftellung der Aufferlichen Ceremonien beym
Sottesdienft und fonften, und was fonft vor une
nöthige Dinge mehr waren, bey welchem allem
fo gar wenig und dunfele Spuren gefunden wer⸗
den, daß das wahre Chriſtenthum mit rechtem
Ernft nad) den Regeln des HErrn JEſu wäre
angerichtet und getrieben worden.
3. Hatten die erften Ehriften von ihren freuen
Lehrern genauen Unterricht von dem rechtſchaffe⸗
nen Wefen in EHrifto empfangen, und demfelben
in der That nachgelebet , als wir oben nad) allen
Umſtaͤnden gefehen haben; fo findet fich hingegen
faft durchgehends bey diefen nicht alleinder Man⸗
gel foldyes Ruhms, fondern auch gerade das Ges
gentheil. Geftalt wir nun theils die berrfchenden
Sünden der $ehrer unter und nach Tonftantino,
theils des andern Volks betrachten wollen. Wors
innen denn das eg andere Capitel uns
überhaupt völlige Nachricht geben wird, darauf
ich mich auch disfalls beziehe, und nur noch etliche
allgemeine Befenntniffe beyfüge. So faffet nun
ein hwaͤhrter Mann fchon im 4. Jahrhundert
die IRten von Conſtantino an kurz zufammen,
und fpricht :*Es find von der Zeit Eonftantini bis
„iur Zeit Theodofii vorgegangen Krieg und
Kriegsgeſchrey, Peftilenz, Kezerenen, Mans
„gel des Worts, Zerrüftung der Ehriften, und ein
— Mmm mm3 „ber:
„u
830 8.8. Don den Abfall der Chriſten vonder erfien Lau iterfeit.. EN 2
„verderbtes $eben,,.a). Und weiter ſchreibet er
pon den damaligen Chriſten insgemein : “Die
„Gemeine Chriſti ward zuerft aus der Gortfelig-
„feit erkannt, da der Wandel aller, oder doch der
„meiften Chriſten er mar, welc)esbey den Gott⸗
„(ofen ſich nicht fand. Nunmehr aber find die
Chriſten eben fo böfe oder noch ärger worden,
„als die Keger oder Heyden nimmermehr feyn mös
„gen. a, man findet bey jenen noch eine gröffe-
„te Maͤßigkeit, ob fie gleich Spaltung angerich-
„tet haben, als bey den Ehriften. Wer nun wif-
„fen-will, welches die wahre Gemeine Chriſti ſey,
woher ſoll er es erkennen als durch die heilige
„Schrift? Der HEer hat gewußt, daß in den
„legten Tagen eine fo groſſe Verwirrung feyn wuͤr⸗
„de; Darum befihlt er, daß die Ehriften, Die noch
„in der Chriſtenheit find, nur zur Schrift fliehen
„tollen, wenn fie von dem wahren Glauben Ber
„iicherung verlangen. Sonſten, wenn fie auf an-
„dere fehen werden, werden fie fich ärgern und
„verloren werden, nicht wiſſende, welches die wah⸗
„te Gemeine ſey, und dadurch werden fie in den
„Öreuel der Berwüftung fallen, ver an den heis
„ligen Dertern der Kirchen ftehet,, b)._ Hier wird
ausdrücklich befannt, 1. daß die Ehriften vor
Conſtantino ganz anders, .nemlich heilig, gelebet
baben, als nach demfelben: 2. daß fie durch das
ganze vierte Jahrhundert Arger als Henden gele-
et: 3. daß fie auch Deswegen mit den größten
N agen von GOtt beleget worden, und 4. daß
die Verftändigen fehon damals felbige Zeiten vor
die legten Tage gehalten, und der Greuel der Ber-
wüftung in ihren Kirchen an den vermeynten hei⸗
ligften Dertern geftanden.
4. Anderswo feget er eben diefes: “Zu unferer
„zeit (welches um das Ende des vierten Seculi
„mar,) wenn es nicht fehon die zwoͤlfte (die letzte
„nach der Juden Tagerechnung,) Stunde ift, fo
zuift Doch fehr wenig mehr übrig. Wir leben in
„ver zwölften Stunde. Woher weißt du das?
„Weil die Gerechtigkeit aus der Welt gewichen
„ft, und die Sonne die Stralen der Önaden
„wiederum zu fi) geſammlet und zurück gezogen
„bat. Hingegen hat die Finſterniß der Sünden
„und der fügen, als eine dunkele Macht, die Erde
„überfallen und bedecket: Darum iſt Die zwoͤlfte
„Stunde faft aus. Du fieheft überall after:
„ni, und zweifelft noch, Daß der Tag vorbey fey ?
„denn erftlich wirds in den Thälern dunkel, wenn
„fich der Tag zum Untergang neiget: wenn aber-
„die höchften Berge dunfel werden, mer zweifelt
>
„noch, daß es Nacht fey? Alſo faͤnget erftlich bey
„den weltlichen Stand die Sirene der Sünden
„an uͤberhand zu nehmen. Munaber, da du fies
„beit, daß die Finfterniffe der Bosheit auch die fuͤr⸗
„nehmften Lehrer ergriffen haben, wie wollte man
„noch zweifeln, daß das Ende diefer Welt vorhan⸗
„pen fen, c)? Und nod) vor diefem FlagetJimb
fius über den böfen Zuftand des gemeinen Vo
„Ich weide die Heerde CHrifti, und kann Feine
Fruͤcht von der. Heerde bringen. Ich weide die
Heerde des HErrn, und erhalte Feine Nahrun
„ver Gortfeligfeit davon. Denn es ————
„keine Suͤßigkeit des Glaubens, ſondern was da⸗
„von fleuſt, das iſt herb und bitter. Wir haben
„euch geſungen, und ihr habt nicht getanzet, das
„it, wir haben euch Ofgasreude des himmliſchen
„Reichs verfündiget ure Herzen hüpfen
„nicht aus Bewegung urtigen Gehorſams.
„Wir geb eud) geflaget, und ihr habt nicht ge⸗
„iveinet, Das ift, wir haben euch das fraurige Ge-
„richte angefündiget, und eure Sinnen brechen
„nicht zur Bufle in Thränen aus, d). Diefes
klaget ein annoch ſehr treuer Lehrer, wie ernbey als
ler feiner Mühe an dem einmal vermwilderten und
verkehrten Bolf nichts habe richten fonnen. Was
meynen wir wol, daß bey Den untreuen und bö»
In Arbeitern vor Frucht mag geſchaffet worden
eyn?
5. Ich uͤbergehe viel andere —A—A
und ſetze nur noch aus dem Auguſtino einige Kla⸗
gen von dem verderbten Zuftand Des gemeinen
Volks, werner feine Gemeine alfo anreder: «Se:
„set nicht auf die, fo nur den Chriſtennamen
„bekennen, die Kraft aber diefes Bekenntniſſes mes
„der wiffen noch ermeifen. . Folget nicht dem Fof⸗
„fen Haufen der Unmiffenden , die entweder in dem
„wahren Gottesdienft felber aberglaubifch fern,
„oder ißrer Bosheit alfoeraeben,, daß fie vergeffen
„haben, was ſie GOtt verfprochen. Ich Fenne ih⸗
„rer viel, die da Gräber und Bilder anbeten, die
„da bey den Gräbern auf das allergreulichite ſau⸗
„fen, e). Und ferner, wenn er nicht undeutlich
Die verkehrte Lehre der damaligen falfchen Hirten
anzeiget und widerleget: “Laffet uns durch die
„Hülfe des Herrn unfers GOttes fleißig hüten,
„vaß wir Dieteute nicht böslic) ficher machen, und
„ihnen fagen, fie würden doch zur ewigen Selig«
„eeit fommen, wenn fie nur in Chriſto getaufet
„wären, fie möchten auch in dieſem Ölauben leben,
„wie fie wollten: Laſſet unsnicht Chriſten machen,
„tie die Juden ihre Judengenoſſen, Matth. 23,
nl.
* 5
a) Chryfoffomus hom. 49. in Matth. b) Idem ib. ce) Chryfoftemus hom. 34. in Matth. d) Ambrofins Serm.
28. de defedt. Lunæ.
e) Lib, de Mor. Ecel. c. 31.
4
J
> — — > Zu re.
vor harte er geklaget, “wie die Leh⸗
offenbar Gottlofe zur Taufe zulieffen,,,
) er viel zu freiten hatte g): Ingleichen
wie etliche die Kircyenzucht fo gar hintan fegten,
ba fie auch nur drey Todjünden wollten mit dem
Dann geftrafet willen: das andere Fönnte man
ſchon mit Almofen büffen hy, , Wiederum befchrei-
bet er das Elend felbiger Zeiten fehr jaͤmmerlich:
„Du J in der Gemeine ſehen viel Trunken⸗
„bolde, Geizige, Betrüger, Spieler, Ehebre—
„cher, Hurer, Zauberer, und die durch gortlofe
»Künfte wahrſagen. Du wirft aud) ir
„wie eine folche Menge die Kirchen an den Feſt—
„tagen der Ehriften anfüllen, welche an den Feſt⸗
„tagen der Heyden die Ihratra und Schaupläße
„voll machen. Du mweißit auch vielleicht, daß die
te wol greulichere Sünden thun , die doch
nen genenner werden i). Diele, die auffer
„der Kirchen find, und Keger genennet werden,
„find. viel beſſer, als die meiften gut Catholi»
Ichen, k), Und was dergleichen häufige Be:
kenntniſſe bey ihm mehr find.
6. Ferner ereignen fich bey dem fürtreflichen
Lhrer Salviano viele und ſchmerzliche Klagen
über den allgemeinen Verfall, fonderlic) des ge—
meinen Bolfes, werner (nur einige Stellen an:
‘ zuführen, ) alfo ſchreibet: “O ein
ſchreckliches
„Elend!O ein groſſer Jammer! Wie iſt
„lm nun das Chriſtenvolk ſelbſt fo ungleich
„worden , das iſt, wie iſt es davon abgefallen,
„als es vor diefem war. - Wir fülften uns noch
„freuen, wenn die Anzahl der Frommen und
Boͤſen noch gleich wäre... Siehe, wovon wir
„gefallen find ! ‚wie weit cs mit uns kommen
fen nad) der. Reinigkeit des Chriſtenvolks, da-
„durch fie vorzeiten alle unbeflecket waren, daß
„pie nun Die Gemeine vor felig achten wuͤr—
„den, wenn fie nur fo viel gutes als böfes in
„ich Kine ‚Denn wie würden wir fie nicht
„vor felig achten , wenn die Helfte des Volks un»
„ihuldig wäre, die wir nun beflagen, daß fie
„talt ganz Doshaftig iſt? Denn fie find alle, oder
z„raft alle zu beweinen u d u beklagen. Weildie
„meilten che find, oder wenigſten (welches
nicht weniger Bosheit ift,) ſolche zu ſeyn verlan⸗
„gen, und ſich bemühen, ve andern nicht in Sün-
enungleichzufcheinen !). Ich frage, wer denn
a nur den weniaften Geboten GOttes gehor⸗
nee? 36 will nicht fagen von denen, davor ſich
„die meiften fo fehr fcheuen, daß fie fie faft verflu⸗
f)Lib.de Fid. et Oper. c.26. g)Ibid.c.r. h)Cap.1y.
Donat.c.3. BLib,VI.de
om dern Derfallder andern Chriſten, undibrenberrfebenden Sünden xc.
‚Deip. 193. w)Lib.IIl.p.72, m) Ibid. p.93.
— —
831
„chen. So mei ift es mir der Ehre und Furcht
„GOttes bey uns kommen, daß wir dasjenige
„auch noch anfeinden , was wir in Gehorfam
„nicht hun m). Was foll id) mehr fagen? Es
„iſt ſchwer und betrübt zu fagen: Die Gemeine
„ſelbſten, welche in allen Dingen GOtt gefallen
„ſollte, thut nichts mehr, als daß fie GOtt mehr
„erbittert. Und was iſt der Haufen der Chriſten
„anders, als ein ſtinkender Pful der Laſter, ausge—
„nommen etliche wenige, Die noch das Boͤſe meis
„den? Denn wen fiehet man wol nicht in der Kirche,
„entweder daß er ein Trunfenbold fey, oder ein
„Schlemmer, oder ein Ehebrecher , oder ein Raͤu⸗
„ber, oder ein Mörder, oder ein Straffenräuber ?
„und, welches noch arger iſt ‚dieſes alles ohne
„Maaß und Ziel. Denn ich frage aller Chriften
„Gewiſſen: Welcher unter den $euten bat wol
„nicht einen von dieſen Greueln und Bubenftüs
„Een an fih? Oder welcher hat fie nicht alle?
„Denn falt der ganje aut in der Gemeine iſt
„in ein ſolch ſchaͤndlich eben gerathen, daß indem
ganjen Chriſtenvolk es faft eine Art der Heilige
„teit iſt, wenn einer in wenig Sünden lebet n).
7. Diefe offenbaren Klagen koͤnnten uns zwar
genug ſeyn, den alleräufferften Verfall und die
abjcheuliche Geftalt felbiger Chriſten vorzuftelfen :
Ich will aber doch nur noch etliche Worte davon
beyfügen. NBenn der öffentliche Gottesdienft
„verrichtet ift, fo laufen fie alle zu ihrem gewöhn-
„lichen Leben: Etliche, daß fie ſtehlen, etliche, daß
„ſie ſich vollfaufen , etliche, daß fie huren, etliche,
„vaß fie Straſſenraub begehen, alfo, daß es offen-
„bar wird, daß fie darauf in der Kirchen gedacht
„baben, was fie hernach volibringen o). Esiftalleg
„in eine folche Bosheit geratben, daß einer niche
„mehr fiher-äft, wenn er nicht auch mit gottlog
„tebet.. Daher ihrer fo viel find, welche die Sroma
„men verderben-und verwüften. Die Gottfeligen
„find fo feltfanı, daß es fait nur einer zu feyn ſchei⸗
„net, p), Diefem füge ich aus eben diefem Sea
culo nur noch einen einzigen bey, der alſo ſchreibet,
und die vorigen Zeiten mit feinen zuſammien halt:
„Da vor der Zukunft Chrifti ins Fieiſch der Sa—
„ran fahe, daß die Menfcyen alle in Sünden er:
„offen waren, bat er wenig Samen zum Streit
„ausgeftreuer. Machdem aber das Wort vom
„Himmel fommen ift, und uns die Gebote eines
„bimmlifchen febens offenbaret hat; da hat diefer
„allgemeine Feind Beftiger wider uns gewuͤtet,
„nachdem er gefehen, daß die Chriſten die Sünden
„ver⸗
i) Lib. de Catechia. Rud.c.25. k)Lib. V.de Bapt. cont.
o)Ibid,p.94. P) Läb.JAL p. 168:
a
3
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— ———r —— — —— ⸗ — — ——
32
„verlieſſen und hingegen die Gottſeligkeit erwaͤhl⸗
„ten. Darum möchten ja wol die Ketzer aufhoͤ⸗
„ren, es möchten auch Die aufhören, welche zwar
„ſich der wahren Lehre ruͤhmen, aber in ihrer Träg-
„beit dasjenige thun, mas fie überzeuget, daß fie
„Baſtarte und nicht wahre Schüler der Gottſe—
igkeit find, und bey der rechten Lehre aud) recht
„zu leben anfangen,, 2: Wir werden unten von
denen auf diefen Verfall folgenden Strafen ver-
nehmen, auch hin und wieder fehen, wie die Obrig⸗
feit durch feharfe Gefege zu fteuren gefuchet; da
die allergreulichften und ſchrecklichſten Sünden
von denen damaligen Chriſten erwehnet werden :
werden aber auch dabey anmerken koͤnnen, wie
diefes alles wenig-oder nichts bey dem verftocften
und heuchlerifchen Wefen geholfen habe.
8 Nunmehr will id) von diefen Zeiten etliche
Zeugnifle darlegen, daß es nad) allen Arten der
Sünden und Lafter wahr gemefen , was diefe Maͤn⸗
ner insgemein von allen geflaget haben. Der Ur-
fprung alles Jammers war freylich, wie wir herz
nach ausführlich fehen werden, Die Nachlaͤßigkeit
und der Verfall des Predigtamts. Daher ent-
ftunde bey dem Volk fo eine greuliche Unmiffen-
eit und Blindheit, daß es zu feinem wahren
hriftlichen Leben mehr tüchtig war. Dannen-
hero hieſſe es recht, was jener treue Lehrer Flagte:
Wenn die Ehriften heutiges Tages die Taufe in
„ihrer Kindheit empfangen haben, fo werden fie
hernach nachlaͤßig auferzogen, und führen ihr
„seben fhändlich in der Finſterniß der Unmiffen-
„beit. Sie wiſſen gar’ nicht, was ein Ehriftli-
„ches Leben erfordere oder verbiete, was dabey ges
drohet oder verheiffen werde; was man glauben
„oder hoffen folle, oder wen man lieben müffe,, r).
Ein anderer entdecket eben diefen Urfprung der
voffen Blindheit bey dem Volke, wenn er ſchrei⸗
ee; Die Taufe werde ohne einige geiftliche Vor⸗
„bereitung und Untermeifung den rohen und uns
wiſſenden Leuten gegeben, daß hernach, wenn
„fie nun follten erneuert werden, Die Lehre in der
Kirche, die Auflegung der Hände, das Faften
„und dergleichen an ihnen nichts helfe, s). Da
nun alfo der Anfang fo gar ſchlecht zum Chriften-
thum gemachet wurde, und denen Leuten nicht
einmal eine buchftäbliche Erfenntniß beygebracht;
ift leicht zu erachten, wie das arme Volk ärger
als die Heyden in feiner natürlichen Bosheit da⸗
hin gegangen fey. Welches denn den obigen Be⸗
richt von der fo fehlechten Befehrung der Heyden
8.3. Don dem Abfall der Ehriften von der erften Lauterkeit.
zur Genuͤge beſtaͤrket; zumal da unten ferner ge⸗
wiefen werben foll, wie Die gehrer ſelbſt meiften«
theils eben fo blind und verkehrt geweſen als die
a alfo, daß mancher die Seinen gerne beſ⸗
er unterrichtet hätte, wenn ae erft une
terrichtet gervefen wäre. —
9. In ſolcher Unwiſſenheit war dem Fleiſch und
Blut der verkehrten Chriſten noch ganz wohl, wenn
fie gleichwoldarinnen eine Entfihuldigung vor alle
ihre Sünden fuchten , und meynten, niemand koͤn⸗
ne ein gottfeliges Leben von ißnen fordern, denn fie
wuͤßtens ja nicht beffer. Daß diefes wahrhaftig
alfo ergangen ſey, zeigen ung Elare Urfunden, wenn
man ausdrücklich lieſet: “Die gottlofen Herzen
„rollen aud) das Willen nicht einmal leiden, und
„ürchten ſich dasjenige zu lernen im verkehrten
„Sinn, damit er nicht hernach thun dürfe, was er
„oerftehee Diele wollen mit David zwar fal«
„ten, aber nicht mit ihm wiederum aufftehen u),
„Andere, wenn fie fid) voll Weins gefoffen haben,
„feßen noch zu ihrer Voͤllerey diefe Gottesläfte-
„rung, und fügen: Das fey ferne, daß ich mich
„von dem Blut Chriſti enthalten follte,, x)! Als
wenn nemlich bey dem Kelch der Teufel, welchen '
die Säufer frinfen , der Keld) des HEren fteßen,
und beyde Gemeinfchaft mit &inander haben koͤnn⸗
ten. Diefe und andere unzählige Greuel würden
gewißlich nicht fo offenbar in den Gemeinen ges
herrfcher haben, wenn nur die geringfte Erfenntniß
der göttlichen Wahrheit unter ihnen zu finden ge⸗
weſen wäre, Dabey die daher entftehende Nach⸗
läßigfeit und Widerfpenftigfeiet des Volks fehr
überhand nahm, wenn daflelbe das gütige Wort
GOttes nicht zu ſchmecken befam, und alfo Fein
Berlangen nach der lebendigen — Eſu
Chriſti empfand, dahero auch zu keinem Fleiß dar⸗
innen zu bringen war, geſetzt, daß auch bisweilen
hier und dar ein treuer Lehrer aufſtund und ſich der
eerde recht annahm. Denn dieſe klagten oͤffent⸗
lich uͤber die meiſten — daß fie viel lieber
„und begieriger den Comödianten, Geiltänzern,
„Oauflern, Tänzern und Fechtern zufäßen, als
„das Wort GOttes anhörten: Wennman fienun
„frage, (nur von Aufferlichen Dingen,) mer, zum
„&rempel, Amos gewefen fey, tie viel Apoftel ge⸗
„weſen u. f. f. fo koͤnnen fie nicht ein Wort antwor⸗
„fen. Hingegen von Pferden, von Spielen und
„dergleichen miffen fie beffer als alle Redner zu
„antworten, y). Ingleichen, daß ihrer viel von
den Widerwärtigen betrogen würden, a
atho⸗
g) Ifidorus Peluſiota lib. II. ep. 90. X) Auguflinus Expof, ad Rom. pag. 333. 's) Lee M. Epift. 57. u) dugu-
flinus Serm. 13. de Verb. Apoft. x) Idem in PC. 30. y) Chry/oftomus hom. 9. in Euang. Ioh.
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MASSE A ——— — —
5. Cap. Don dem Verfall der andern Chriſten und ihren herrſchenden Suͤnden x. 833
Eatbolifchen Glauben nachläßig wären, und ihren
he lernen wollten, der doc) in der
Schrift Elar enthalten fey, u. ſ. w. z).
10. Nichts defto weniger fuchten folhe Na—
menchriften, auch bey der Aufferften und offen»
baren Bosbeit, gleichwol noch den Schein eines
gotefeligen Weſens zuhaben, und heuchelten fo viel
ibnen immer möglic) war, damit fie bey allen ihren
Sünden dennoch den Titeleines Chriſten behalten
möchten. Es wird unten offenbar werden, wie
die Prediger eben meiftens ſich der Scheinheiligkeit
befliffen, denen die andern getroft nachgefolget,
und alfo immer Sünden mit Sünden gehäufet
haben. Wovon die Klagen der rechtfchaffenen
Lehrer alfo lauten: Nunmehro ſuchet man unter
„dern Titel der Religion ungerechten Vortheil
„unddie Ehre des Chriſtlichen Namens begehet
„mehr Berrug, als daß fie ihn leiden follte a).
„Esift gleichivol Feiner, der ein Chriſte heiſſet, der
„richt auch Davor angefehen fenn will, ob er gleich
„in Gortlofigfeit und heydniſchem Unglauben ſte⸗
„cket, b). Und inſonderheit heiffet es von denen,
welche noch äufferliche Werke zum Schein tha-
ten: Man läßt die Bücher in Gold und Edelges
„iteine einbinden, hingegen ftirbet der Arme vor
„ihrer Thür Hungers. Wenn man ihm aber nod)
eine Na ſo laͤßt man vor fich ber aus»
„pofaunen. enn fie jemand zum Lebesmahl
„einladen, fodingen fie erit einen Herolden, der es
„ausruffete). Wenn man nur einmal faitet,
„ſo denket man, es ſey genug gethan: Wenn man
„den Armen etwas aus ſeinem groſſen Vorrath
„gibt, meynet man, es ſey nun alle Gerechtigkeit
‚erfuͤllet. Man faſtet entweder, daß man den
„seuten gefalle, oder den $eib einmal erleichterte;
„und Mnitten unter dem Faſten denfet man auf
„Unzucht, Schmähen und Feindfchaft. Gibt
„man ein Elein wenig dem Dürftigen, fo fuchet
„man nur Ruhm darbey, oder will gar den Armen
„nicht einmal leiden, d). Won dem öffentlichen
Gottesdienſt ward nicht weniger diefes geftanden :
„Es rennen überall alle boshaftige und befleckte
„Sünder in die Tempel ohne Scheu: Sie thun
„unaufpörlic) dasjenige, was fie dennoch zu bemei-
„nen fcheinen, daß fie es gethan haben, ja de geden⸗
„ken mitten in ihrem Gebet darauf. Denn ihr
„Mund bezeiget ſich viel anders als das Herz:
„Und indem fie die vorigen Sünden beflagen, den:
„een fie ſchon auf Fünftige e).
ır. Micht allein aber ſuchten die verderbten
Chriſten ihren Greuel durch die äufferliche Schein:
heiligkeit nody zu bedecken, fondern fcheueten fich
nicht, diejenigen Zeichen der Bereinigung in der
Gemeine mit anzunehmen, welche doch nur denen
wahrhaftig Glaubigen verordnet waren, Wenn
fie, zum Erempel ‚fich zum Abendmahl Binzu druns
gen, davon Chryſoſtomus klaget: Es find nun«
mehro die meiſten Chriften in eine folche Traͤgheit
und Verachtung GOttes gefallen, daß, ob fiegleich
mit ungäbligen Sünden beladen feyn, fie dennoch
auf ihr Leben nicht acht Haben, fondern freventlich
und leichtfinnig zu dem Tifch hinzu treten £). Und
diefes war nicht zu verwundern, da Feiner unter des
nen verfallenen Chriſten vor einen Sünder wollte
geachtet feyn, fondern feine ärgiten Laſter noch wol
vor Tugenden ausgab, wie es davon bald nach
Conſtantini Zeiten —— “Die allermeiſten Chri⸗
„ſten loben noch die boͤſen Thaten, einen Schwaͤ⸗
„zer heiſſen fie höflich, einen Laͤſterer beredt, einen
„Bitteren und Zornigen ernithaftig und beherzt,
„einen Geljigen und Kargen fparfam und haus:
„hältig, einen Verſchwender frengebig, einen Un:
päüchtigen freundlich, und mit einem Wort, es ift
„eein Laſter, das nicht unter dem fcheinbaren Nas
„mender Tugend verftecfet werde, 8), Wir ha:
ben obenim ı. und 2. Buch bey dem Gegenſatz der
erften Heiligkeit und Aufrichtigkeit des wahren
und falſchen oder Beuchlerifchen Gottesdienſtes
vieles ſchon hiervon gehabt, wieunterdem Schein
des allergroͤßten Eifers gleichwol die abfiheulichite
Heucheley verborgen gelegen. Wer die Heuchler
darinnen beftrafte, der that es nicht allein ohne
Frucht, fondern ward auch von ihnen aufs äuffer:
fte verfolget. Davon abermal die Klage lautete:
Man fennet ihrer viel, die fi vor arme Sünder
ausgeben, wenn & niemand beftraft: Wann fie
aber über ihren Sünden beftrafet werden, fo füs
chen fie ſich auf alle Weiſe zu vereheidigen, damit fie
nicht vor Sünder angefehen werden h): Woben
denn auch die andern Aufferlichen Zeichen und
Uebungen alle mitgemachet wurden, nur damit ihr
verderbtes Herz ungeandert und der alte Adam in
ihnen in feinem alten Weſen bleiben möchte.
Dahero führer fie ein frommer Lehrer alfo vedend
Nnunnn ein:
⁊) Lib. de Agone Chrifti c. 28. a) Hieronymus Epift. 4. ad Ruſtie. b) Saluianus lib. III. de Gub. Dei pag.
69.
fomus Orat. de S. Philogonio.
templ. c. i.
€) Hieronymus Epift. 22. ad Euftoch. d) Milarius in PC. 118.
e) Saluianus I. c. pag
93. f) Chryfo-
8) Bafılis M. hom. i. de Virt. et Vit. Add. Proper lib. IT. de Vit, Con.
h) Gregorius M. lib. XXII. Moral. c. ı6.
— *
834
ein: “Ich will alle Tage in die Kirche geben, ich
„will Morgens und Abends ein Lied ſingen, aud)
„rool etliche fonft in meinem Haufe, alfo opfereid)
„ja meinem GOtt immer das Sobopfer„. Da
er doc) diefe Heuchler warnet, daß fie nicht mit ih⸗
rer Zunge GOtt fegnen, mit ihrem Leben aber
GOtt läftern follen 1). Ja, was noch ſchrecklicher
war, warn fie zur Zeitder öffentlichen Verſamm⸗
lung der Gemeine bey den beydnifchen Schaufpies
Ion waren, und über etwas unverfehens erſchra⸗
fen, pflegten fie fid) darbey noch mit dem Kreuz
zu fognen, als wenn fienod) beyaller diefer Bos⸗
heit Theil an CHriſto haben Fünnten k).
12. Diefem nach haften die meiften nicht ein:
malden Schein einer Gottſeligkeit mehr, geſchwei⸗
ge denn die Kraft, ob fie fich wol des Ehriftenna-
mensnechanmaffeten. Denndiejenigen, welche
der HErr noch zu Zeugen feines Willens unter dem
verkehrten Gefchlechte ausrüftete, fagten ihnen
oͤffentlich, daß fie Diefes theuren Namens nice
werth wären, fondern ven Namen GOttes und
EHriffi durch ihr ärgerliches geben nur Läfternd
machten. Drum hieß es: "Wir, die wir uns
„Chriften nennen, verlieren die Kraft diefes grof
ſen Namens, aus Schuld der Bosheit. Dahe⸗
„to weil wir fehen, daß faft Fein Theil unter allen
„Ehriften, Fein Winfel in allen Gemeinenift, der
„nicht voll alles Aergerniffes und aller Todfün:
„den fey, was ifts, daß wir uns nod) mit dem Ehri-
zftennamen fdymeichen? Weil wir doch eben
„vadurc) bey diefem heil. Namen uns verfchulden,
„indem wir davon unterfüyleden find. Denn da-
„mit fpotten wir GOtt noch mehr unter dem Titel
„der Neligion, weil wir fie haben und doch fündi-
„gen !). Man fann fic) wol überdem Vorzug des
„Chriftlichen Namens ſchmeicheln: Aber man le⸗
„bet und handelt doc) alfo, Daß eben diefes zur
Schmach EHrifti gereicyer, wenn man nod) ein
„Ehrifttich Boif heiffen will. Denn was ift wol
„bey den Heyden zu ſehen, Das diefem gleich fen ?
Wo iſt das Carholifhe Wort, daran fieglauben ?
Wo ſind die Gebote der Gottſeligkeit und Reinig⸗
„feit, welche fielernen? Sie leſen die Evangelia,
„und find doch unfeufh; Sie hören die Apoftel,
„und faufen ſich doch voll; Sie folgen CHriſto,
„und rauben doch; Sie führen ein goftiog Leben,
„und fagen doch, fie hätten das gortfelige Gefeg:
„Kann man diefes auchwol von einem unter jenen
3) Augaflinas iu Pf. 49. k) IId. in pr.
VI. p. 210. 0) Hilarins in PL. I.
8.38. Don dem Abfall der Thriften von der erften Rauterfei.
„Bölfernfagen? Freylich nicht. Von uns nems
„lich wird das allesgefagt: Unter uns wird ne
ſtus verſchmaͤhet: Unter uns wird das Chriftlis
„che Geſetz verflucht: Bon uns haben wir dag ges
„fagt, was oben geſagt wird. Giehe, was finds
„oenn vor welche, die CHriftum ehren? Ganz
„ralfch ifts, daß fie fagen, fie lerneten etwas gutes;
„daß fierüßmen, fie hieiten die Gebote des heiligen
„Gefeges. Denn wenn fie was gutes lerneten, fo
waͤren fieauchgutm). Wie Fonnen wir uns da
„wol verantworten? Wir haben ein Glaubens⸗
„befenntniß, und kehrens doch um: Wir befen-
„nen die Önadeder Geligfeit, und leugnen fiedoch
„auch. Bo ift nun unfer Chriſtenthum? da wir
„das Geheimniß der Seligfeit deswegen empfans
„gen, daß mir hernach deſto mehr fündigen. Wir
„lieben und ehren alles, nur GStt iſt unsin Ver⸗
„gleichungder andern Dinge zu gering n).
13. Welche aber noch unter diefen einigen
Schein hatten, von denen hiefle es: “Es wollen
„etliche das Mittel treffen zwifchen den Gortlofen
„und Frommen, und find von beyden vermenger,
„gehören aber zu feinen eigentlich. Sie find
„nicht unter die Ölaubigen zu nennen, weil fie viel
Schwachheit an fid) haben, auch nicht unter die
„Unglaubigen, weil fie dvennody Glauben haben
„wollen. Denn die Furcht vor GOtt macher
„noch, daß ihrer viel inder Kirchen bleiben: Aber
„die tüfte der Welt reizen fie doch zu weltlichen
„Sünden. Sie beten, teil fie ſich fürchten, fie
„fündigen, weil fie die Luſt dazu freibet. Sie
„nennen fich Ehriften, weil ihnen die Hoffnung
„over Ewigkeit wohlgefaͤllet: Sie leben heydnifch,
„weil das Gegenwartige ihnen fümeichelt. Sie
„wollen nicht gortlos feyn, weil fie ven Namen
„GoOttes im Munde führen: Sie find auch nicht
„fromm, weil fie der Gottſeligkeit nicht nachja⸗
„gen, 0). Gewißlich, Die Berfehrung der heilfa-
men Lehre von der Gottſeligkeit hat alfo manche
arme Seele jammerlic) verderber und in Sicher⸗
beit geftürzet, daß fie durc) Betrug der Suͤnden
fich eingebildet, es Fonne ihr nicht fehlen, da fie in
der Aufferlichen Gemeinſchaft der Chriften ſtehe,
ſich zu allen Aufferlichen Uebungen mit halte, und
wol von den vermeynten Seelforgern vor fromm
und felig erfannt wurde. Dennda die verderbren
Sehrer felbft ihnen den Weg zum Leben fo breit
und leicht einbilderen, damit ihr Fleiſch und ——
nicht
50. h Salnianns lib. III. p. 99. m) Idem lib. IV. p. 148. n)Lib,
ERTIPBHIN
nicheangegriffen und. verunruhiget winde ; war
es nicht ſchwer den andern gleiche ( Een bey»
bringen, aber wahrhaftig zu unendlihem Scha:
den,
nod) des HErrn Willen mußten? “Die meilten
„fündigten auf GOttes Barmberzigkeit los.
„Sie gaben ſich vor Feinde der Berzweifelung
aus, indem ſie ihnen ſelbſt eine Freyheit zu ſuͤn⸗
ndigen machten, ind ohne Buſſe die Vergebung
„hoffeten. Denn fieglaubeten , fie koͤnnten nicht
„verdammet werden, weil fie ja Chriften wären,
„und ſchmeichelten/ ſich ‚felbft, weil gefchrieben
oſtehe: Wer den Namen des HErrn anruffes
ste, ‚Der follefelig werden. Denn fie meynten,
„daß fie den Damen des HErrn sanriefen , weil
„ſie an EHriftum glauben fonnten, und die Su:
„cramenta der Kirchen neben p):
14. Soldyer geitalt verlieffe man fich auf das
äufferliche Opus operatum und Zeugnißerlicher
Menfchen, ohne daß man des innerlichen rechtſchaf⸗
fenen Weſens in EHrifto wäre verfichere geweſen.
Sie fonnten gar wohl in der —— der ſo
„genannten Catholiſchen Kirchen bleiben, ob fie
„gleich Durch ein gottlos geben EHriftum, die Ge»
»techtigfeit des Lebens verliefen in Unreinigkeit
„ſolcher Sünden, von denen gefaget ift, daß die
. „lie thun, das Neich GOttes nicht ererben wers
„den, g), Und von diefen mußten die Recht—
fchaffenen fehmerzlich Klagen: “Sie leben ärger
„als Juͤden und Heyden, fie leben ärger, indem
„fie Die Geheimniſſe GOttes brauchen, als dieje⸗
„rigen, die nimmermehr darzu kommen find.
„Von melchen das Wort wahr ift: Es wäre ib»
„nen beffer, daß fie den Weg der Gerechtigkeit
„nie erkannt rn uff. 2Per.2,21. Ya, die
„aufferlichen Feinde find viel beſſer, alsdie inn=
„wendig in der Kirche bög leben, davon x nur
„gedrucket wird, Von diefen find ja die Gemei—
„nen angefüllet r). Solchen muß man ja nicht
„nachfolgen, die unter dem Ehriftlichen Namen
„ein heydniſches Seben führen, und ein anders in
—— — ein anders in ihrem Leben zei⸗
„gen, denn fie haben nur den Schein eines guft«
eisen sebens, aber feine Kraft verleugnen
Hfle, 5), Wer wollte nun bey fo Elarem Zeugniß
noch zweifeln, daß nicht alles von folchen Heuch»
lern in der Chriſtenheit erfuͤllet worden, fo bald Die
zeitlichen Bortheile bey der Bekenntniß des Chriſt⸗
lichen Namens die Leute angelocket haben, ihre
Wie klagten nicht uf en darüber, fü
dem Verfall der andern Tbriften und ihren herrſchenden Sünden ıc.
835
Wohlfahrt dadurch zubefeftigen? Denn wieesnac)
obigen Bericht im Anfang unter Conftantino
gieng, daß Die meiften feinen bewährten Grund
zu ihrem angehenden Chriftenefum von GOtt les
gen lieſſen, alſo war es auch von denen folgenden
wahr, was einer davon fchriebe: “Es gibe ihrer
„viel, welche deswegen Ehriften ſeyn mollen,
„damit fie entweder fich die Leute zu Freunden
„machen, von denen ſie zeitlichen Mutzen hoffen,
„oder weil fie diejenigen nicht beleidigen wollen,
„vor denen‘ fie fich fürchten t).
15. Und: weil bey den verfaflenen Chriften, be:
fagtermaffen, alles auf ein aͤuſſerliches Schein:
weſen hinaus: liefe, fo blieben freylich die elenden.
Herzen ungereiniget, und der Glaube konnte bey
der Herefchenden Verderbniß nicht Plaß Haben,
viel weniger durch ein beiliges Leben thaͤtig feyn.
Dahero wir zwar insgemein unzählige Zeichen
und Früchte des Unglaubens in den Gefchichten
felbiger Zeiten finden, aber auch infonderbeit of:
fenbare Zeugnifleglaubwürdiger Männer. Die⸗
ſe haben oft kein Bedenken getragen, die Chri—
ſten felbiger Zeiten öffentlicy eines heydnifchen
Unglaubens zu. befhuldigen, wenn fie fprachen:
„Es füllte uns zwar billig das göttliche Wort ge—
„nug ſeyn, wo nicht Die meiften etwas von hehd⸗
„niſchem Unglauben bey fich hätten u). Sa, cs
„it jo gar dahin kommen, daß, wie es von den
„barbarifchen Heyden geſaget it, der Mame
„CHriſti nicht. mehr ein Heiligthum, fonderneine
„gemeine Rede ift, Dabin iſts mit der Ehre
„CHriſti kommen, daß unter den andern weltli—
„chen Eitelfeiten jego faftnichtseiteler ſcheinet, als
„der Name EHrifti,,x). Und deswegen war an
allen Thun und Laffen folcher Heuchler leicht zuers
kennen, daß fie die theuren Wohlthaten Gottes,
die duch EHriftum ihnen zum Grund ihrer Se⸗
ligkeit follten geleget werden, aus Unglauben -
nicht achteten, viel weniger ihm darum gehorfam
wurden, und den ſchuldigen Dank davor gaben,
Das machte die rohe Unwiſſenheit des armen
Volks, wie wir augenfiheinlich erfannt haben, und
daraus freylich nichts anders als Unglaube, grof-
fe Schande und Laſter erfolgen Fonnten, var
lieſſe fich der HErr ihnen innerlich und Äuflertich
nicht unbezeuget, aber die Finfternifi war ſchon
ß ſehr groß worden, daß das wahrhaftige cht,
d fie erleuchten wollte, von ihnen nicht erfanne
Nunnn 2 noch
P) Auguflinus de Ver. ct Falf. Panit. c. 6. q) Auguftinus lib. XXT. de Ciu. Deĩ e. 25. r) Idem in PL XXX.
Cone. 2. 6) — — Epift. 14. ad Celant. t) Augnus de Catech. Rud. e. 17. u) Salianus lib. I
initio. Bo ib. IV, p. 143 {
836
nod) angenommen ward. Wie die wahren $eh-
rer noch alfo davon redeten: Wenn diefes Licht
„alle Menfchen erleuchtet, warum bleiben denn
„fo viele ohne Licht? Denn fie erfennen ja CHri-
„ſum nicht alle. Es erleuchtet aber, fo viel an
„ihm iſt. Wer aber freywillig die Augen zu:
zfchlieffen und nicht fehen will, der bleibet im Fin⸗
„fterniß, nicht aus der Naturdestichtes, fondern
„aus feiner Bosheit, weil er fic) freylich fo groß
„fer Gnade unwürdig gemadyet hat. Warum
„haben fie aber nicht geglaubet? Darum, weil
„’fte felber nicht gewollthaben. Der HErr JE-
„jus felber aber hat an ihnen gethan, was an ihm
„gervefen ift y)). Die Sonne der Gerechtigkeit iſt
‚„jmwar allen aufgegangen, fie ift allen zu gut fom»
„men, fie hat allen zu gut gelitten, und ift allen
„auferftanden. Wer aber nun an CHriftum
„nicht glaubet, der berauber ſich ſelbſt einer all»
„gemeinen Wohlthat 2), GEott will, daß fiealle
„zu EHrifto kommen, nicht weil fie alle wirklich
„fommen, fondern weil feiner anders fommen
„eann, Aber das Wort des Kreuzes ift denen
Werlornen eine Thorheit, denenaber, die da fe
„lig werden, eine Kraft GOttes, und dieſe lehret
„zu GOtt und CHriftofommen 2).
16. Solher Schein» und Mundglaube gab
auch folche unſelige Früchte, da fich Die Menſchen
mit einer bloffen Einbildung vom Glauben betro⸗
gen, und das ganze Werk ihrer Seligkeit auf
ſelbſt gemachte Gedanken, erdichtete Worte und
heuchlerifche Werke anfommen lieſſen; und das
alles, oder doch meiftens aus Schuld verkehrter
Lehrer, welche aus feiner Erfahrung vom Glau—
ben zeugen konnten; wie wir unten ſehen werden,
Darum war es fein Wunder, daß nachmals
auch die Zeugen der Wahrheit unter dem Römi:
ſchen Anticheift auftraten, und öffentlich befann-
- ten, “daß der Glaube, den die Ehriften nun hat—
„ten, eben fo befchaffen wäre, als der Teufel ih:
pet. tem: Daß der Satan das gan-
„ze Chriftenvolf Habe von der Wahrheit JE—
„fu EHrifki irrend gemacht... Welche zwar hart
fheinende aber dennoch) wohlgegruͤndete Ausfprü-
che die Berftändigen vor befannt annehmen müf-
fen. Denn fie gefteben, daß der Satan von
dem Verfall der Chriſten an durch feine tift un—
zaͤhlige Jrrthuͤmer in die Ehriftliche Religion
eingeführet: ingleichen, daß man nur von einem
hiſtoriſchen Glauben gelchret habe, weldyen auch
8. 3. Von dem Abfall der Chriſten von der — —
der Teufel hat b). Wo num kein lebendiger Glau⸗
be war, da fand ſich ey am, feine
danfbare &iebe, Feine Treue noch Auftichrigfeit
gegen den, der fie fo hoch gelicbet Hatte, als wel⸗
chen fie nicht Fannten. Hatte der Sohn GOttes
den Chriſten fo theuer bezeuget, Daß fie ihn lieben
und fein Wort halten ſollten; fo erroiefen eben die
Mamenchriften in ihrem ganzen $eben den gr
ten. Ungehorfam und die äufferfte Verachti
feines Worts. Die eiferigen Chriſten bedauer⸗
ten fo herzlich, daß die verderbenen Chriſten den
Worten des Heilandes von der Verleugnung
feinfelbft, der Liebe gegen die Feinde, u. ſ. w. nicht,
einmal willig zuhoͤreten, ‚gefebrveige in
ihren Herzen Raum gäben. Man gehe fo
tuͤckiſch mit dem görtlichen Wort um, “daß man
nein Stuͤck daraus nad) feinem Vortheil erwaͤh⸗
„le; das andere zur Schmach GOttes vorbey ger
„he. Die Ehriften thäten nunmehro nichts, es
„möchte es CE Hriftus oder die Apoftelbefohlen ha⸗
„ben. Niemand fey, der entweder in allen Ges
„boren GOttes oder zum menigften in den ge«
„eingften Gehorfam leifte c). —W
17. Weiter ſey es mit den Chriſten ſo weit
fommen, “daß fie den barmherzigen GOtt durch
„ihre Unreinigfeit immer mehr zum Zorn reijfen,
„und je gnaͤdiger er ihnen wäre, je heftiger bes
„leidigten fie ihn, wenn er freundlich fey, ſchmaͤ⸗
„heten fie ihn. Man gebe EHrifto vor feine
Wohlthaten heydniſche Scyaufptele: Man oͤpfe⸗
„re CHriſto Die Opfer der abſcheulichſten Spie-
„le. O eine ungeheure Uinfinnigfeic! (fähret der
„Scribente fort;) Dieſes hat uns gewiß unfer
„ins Fleiſch gefommener Heiland gelehret: Dis,
„bat er feibft oder durch die Apoftel geprediget:
„Deswegen bater wollen geboren werden. Wir
„hun ihm eine fehöne Vergeltung vor fein Lei⸗
„den, da mir ihm mit einem fehändlichen Leben
„begegnen, nachdem wir durch feinen Tod. die
„Erlöfung empfangen haben. Wo find dieje⸗
„nigen, die das thun, warum der Apoftel fpricht,
„daß EHriftus geftorben fen? (Tit. 2, —
Wo ſind die, welche die Lüfte der Welt fliehen?
„Wo ſind die, die ihr Leben gottfelig und gerecht
„führen, und mit Gottſeligkeit beweiſen, da
„ſie auf etwas gutes hoffen? Wo iſt das rei:
„ne und angenehme Bolf? Wo ift der heilige
„und gottſelige Haufen? Ya, vielleicht ſolget
„man den Sußftapfen des Heilandes in den
„Schau,
y) Chryfoflemus hom.'a2. in Joh. I. z) Ambrofius Serm. 8. in Pfalm. CXVIU. a) Augufinus L de Predeflin.
c. 8
b) Arnoldus de Villa noua ap. Baleum, vid. Catal. Te@. Verit. p. 500. e©)-Saluianus lib. IM:p.gı. 99.
a bu.
Se ee ee ESSEN EN — ——— —
5. Cap. Don dem Derfau der andern Ehriften und ihren herrſchenden Sünden ac. 837
Schauplägen. Chriftus hat uns etwa Bierinne
Sein — hinterlaſſen, daß er wol geweinet
„babe, aber nicht gelachet,, q). Welches gewiß-
lid) bittere Klagen tiber den allgemeinen —
waren, der aus dem eingeriſſenen Unglauben ent:
ind, alfo, daß feine geröifee Kennzeichen und
3 deſſelben ſeyn konnten, als dieſe waren.
a zuvor in den erſten Gemeinen das Wort mit
Mache gewachfen und die Herzen eingenommen
Hatte, war es nun faft ganz verlofchen, und nur
noch in wenigen Berborgenen des HErrn Fräf-
tig, ohne wenn der HErr etwa einen rechtſchaffe⸗
nen Lehrer erweckte, der daffelbe mit Nachdruck
und Segen
18. Indeſſen lieſſen die boͤſen Arbeitew das
Volk nicht allein in allen Stücken dahin gehen,
melche den Unglauben und die Verachtung des
örtlichen Worts anmer mehr ftärfen Fonnten,
ondern fie gaben ihnen auch felber fo viel Hin
derniffe an die Hand, dadurch fie der ae
Ehrer bietung und Liebe zu dem lauf offenbar-
ten Willen GOttes vergeffen mußten. Denn da
überbäufte man die armen Seelen mit Aufferli«
chen Eeremonien, Sagungen und Menfchentand,
damit fic faum fertig werden Fonnten, und alfo
das innerliche fahren liefen. Auguſtinus be
jammerte fehon das äufferfte Werderben hierinne,
wie es ven denen entftünde, die die Gemeinen
regieren ſollten: “Mich dauert es gar zu fehr,
BEN er,) daß auf das, was in der Heil.
„Schrift heilſamlich befohlen ift, wenig acht ge
„geben wird, und hingegen mit vorgefaften
Meynungen alles fo angefüllet ift, Daß der
„wol fehärfer geftrafer wird, der etwa eine Sa⸗
„gung oͤbertrit, als der feine Geele mit Völle:
„ren beſchweret, e). Und da die Chriſten fa»
ben, daß ifre Lehrer das theure Wort GOttes
ſelbſt hintan ſetzten, und hingegen ihre eigene Er:
findungen vortrugen ; Fonnten fie freylich auch Feis
ne Lebe und Hochachtung deflelben erweiſen.
Die Verachtung Kingegen hatte jo überhand
genommen, daß man auch die offenbaren Sün-
den damit befchönen wollte, und alle weltliche
Ueppigfriten der Leſung und Betrachtungen def
er vorzog. Wovon die Verftändigen heſtig
lagen: "Man unterfücher nicht allein die goͤtt⸗
„chen Wahrheiten nicht, fondern man ift noch
„dabey ficher und verfäumer alles. Wer hält
„ſich wol als ein Ehrifte zu Haufe? Wer forſchet
„den Sinn der heiligen Schrift? Gewißlich nie-
„mand, fondern Karten und Würfel finder
„man wol oft, aber fehr felten Bücher, welche,
„wenn fie fie ja noch haben, in dem Schranf ein.
„geſchloſſen bleiben. Oder man ſiehet nur auf
„das ſchoͤne Papier, auf die ſchoͤne Schrift, nicht
„wie mans lefen und zu Muß anwenden foll, fonts
„dern daß man feinen Reichtum und Ehre
„damit fehen laffe. Ich höre von feinem Hof:
„rartigen, daß er das Buch recht verftebe, für
„oern er verwundert fich nur über die qüldene
„Buchftaben, gerade, als wenn ung die Schrift
„oarzu gegeben wäre, daß wir fie nur im Buche
„bätten, nicht aber im Herzen. Diefes Bücher-
„baben aber ift ein juͤdiſcher Ehrgeiz, denen die
„Gebote in Buchftaben gegeben find: Uns aber
„tollen fie in die Tafeln des Herzens gegraben
„ſeyn ).
19. Es fehlte auch dabey an Anfuͤhrung der
— ‚welche ohne Erkenntniß GOttes mei—
ens aufwuchg, und zu feiner Uebung im Wort
und in der Lehre angewiefen ward. Sa, man
führte fie nicht alfein von GDre und feinem
Wort ab, fondern auch hingegen zu den greu—
lichften Sünden an: Darüber alſo geklaget
ward: „Ihr führet eure Söhne wol zu den
„Schaufpielen, aber nicht zur Lnterweifung,
„vermahnet fie auch niemals zu einem guten tea
„ben, fondern fo ihr in geiftlichen und heiligen
„Dingen vor fie forgen folfet, nennet ihrs eine
„vergebene Sorgfalt. Aber damit reizet ibe
„den Zorn GOttes wider euch, indem ihr an
„andere Dinge Zeit und Fleiß genug wendet,
„aber dieſes noch beſchwerlich und unzeitig ach⸗
„tet, wenn ihr die Kinder in der göttlichen tche
„re üben follet,, g), Daher fam es, daß meis
ftentheils jung und alt häufig zu den Schaufpies
len liefen, und die öffentliche. und fonderbare
Hebung im Worte muchwillig verfäumeten. “An
„welchem Ort (bieffe es,) finden fich wol mehr
„Ehriften ein, in dem Comödienhaus, oder in
„ber Kirchen ? Sieben fie wol die Worte des Evans
„aelii mehr, oder der Comödianten, die Worte des
„sebeng, oder des Todes, die Worte Chriſti, oder die
„Worte des Gaukelers? Denn an folchen Spiel
„tagen fommen_ fie nicht allein nicht zur Kirchen,
„die fich doch Ehriften nennen, fendern wenn
„auch etliche unvermuthet hinein kommen, und
„hören drinnen, daß um die Zeit gefpielet wird,
Mnnnnz „fo
d) Saluiannslib. 4J p.205. ©) Auguninus Epiſt. ii9. ad Ianuar. f) Chryſeſtomus hom. 3. in Ich. g) Chryfofte
mus hom. 2. in ob.
838
„ſo laufen fie wiederumberaus,h). Daraus er-
folgete eine offenbare und unverfhamte Verſpot⸗
fung alles göttlichen Willens, alfo, daß oft Heyden
mehr Scheu gegen GOttes Wort erwiefen, als
die fogenannten Chriſten. Wie einer gedenket,
daß die barbarifchen Völker bey ihrem Streit
wider die Catholifchen fich immer auf das Wort
Go0Ottes beruffen häften ; deffen fic) diefe vielmehr
geſchaͤmet, oder noch darzu drüber gelachet hätten.
Da er denn weiter fpricht: “Alle heilige Dinge
„werden von den Unfrigen verlacht. Und was
F kann uns der Vorzug des heiligen Namens bel:
„fen, daß wir uns Catholifche nennen, und vor
„glaubig ausgeben, i)? Ja, es bliebe nicht allein
bey Spott und Scherz wider den verfündigten
Willen GOttes, fondern die bofen Chriſten wi-
derfprachen auch ernftlic) und heftig allem, was
von GDte Fam, feindeten die Zeugen deffelben an,
und verwarfen den Nach GOttes von ihrer Se:
ligfeit muthwillig. Die freuen Lehrer mußten
immer beforgen und erfahren, daß Die Heuchler
„über Die göttlichen Zeugniffe zornig wurden, und
„oenfelben widerfprachen,, R. Sie mußten Fla=
gen, “daß die heilige Schrift von ihnen weder wohl
pwürde I). Diele müßten das Gute zwar, aber
„fie thätens nicht, fie verſtuͤnden den Unterfcheid
„des Guten und Boͤſen, aber fie folgten doch
„dem Uebel; fie lafen das Gefeß, und uͤbertraͤ⸗
„ten doch das Geſetz. And deswegen hätten fie
„nur eine Erfenntniß der heiligen Gebote, daß
„fie nad) dem Verbot defto ſchwerer fündigten.
„Sie gäben vor, daß fie GOtt dieneten, und ges
„borchten doch dem Teufel. Gleichwol aber woll:
„ten fie dabey Gutes von GOtt empfangen, da
„fie Sünde mit Sünde haͤufeten, u. fı fr m).
20. Am meiften aber empfunden diejenigen
die groſſe Verachtung GOttes, welche noch vor
den Riß ſtehen und nicht alles zu Grunde gehen
h) Saluianuslib. VI.p.2ı0. i)Idemlib. VII. p.254. k)Lib. IV. p. 104. h Lib. V.
n) AuguflinusinPL.48. o)IdeminPf.47. P) Ambroſius Comm. in Epheſ. 4.
»gelefen, noch wohl in acht genommen und erfüllee fi
ee -
8.3. Don dem Ybfau der Chriſten von der erften Kauterfeit, 9 * —
laſſen wollten. Drum bejammerten fie aberm
„daß nunmehro ſolche Chriſten aufkommen waͤ⸗
„ren, welche in ihren Herzen grimmig wuͤrden,
„wenn man ihnen das ewige Leben anpreiſete.
„Unterſtuͤnden fie 9 gleich. nicht allezeit ins An⸗
ugeſicht zu widerſprechen, fo thaͤten ſie es doch im
„Kerzen, damit IS fid) nicht fchämen: wollten,
„wenn fie von Menfchen geſtraͤfet würden
„Sie kuͤndigten wol ihren Lehrern Feindſcha
„an, weil fie gewohnet wären, daß man ihnen
„nur mit Schmeichelworten liebfofete ; Dabey ihr
„Herz unrein und die Obren weichlich blieben,
„Niemand dürfe einem Reichen fagen: Du haft
zuͤbeb gethan, daß du fremdes Gut zu dir geriffen
„haft. Der, wenn ſich ja einer unterftehet Ders
„gleichen zu ſagen, und man ihm ſo nicht wider⸗
„iprechen Eann, fo redet er doch aus lauter Ver-
„achtung GOttes weil er voller Hoffart iſt o),
„Die Unruhe des Herzens erigeciet alsdenn Zanf,
„und will auch noch das vertheidigen, was fie doch
„feldft vor bös halten muß, nur Damit es nicht
„icheine, we man nachgeben müffen. . Da⸗
„ber entftehet fo viel Uneinigkeit , die das Band
2,068 Friedens zerreiffet,, p). Was nun aus Dies
em allem vor unbefehreibliches Unheil erfolget
fen, ift denen leicht abzunehmen, welche Die We—
ge GOttes verftehen, und in acht genommen, wie
dergleichen Unglaube meiftens die aͤuſſerſte Ver⸗
ftofung nach ſich ziehe. Es ward gemeiniglich
mit folchen ärger, denn mit denen unwiſſenden
Heyden, da das verfündigee Wort ihnen ein Ges
vuch des Todes zum Tode ward, und ihre Herzen
fich immer weiter von GOtt und feiner Liebe ent⸗
ferneten, je näher er fich zu ihnen nn wollte.
Deswegen wir auch ferner Fürzlich erfaßren wer-
den, wie die meiſten unter dem Verfall des Se:
ftenthums in verfehrten Ginn dahin gegeben
worden, die abfiheulichften Greuel der Heyden
zu begeben, und ihnen in den meiſten Sünder
gleich zu werden, 3 N
p. 161. m) Ibid. p. 164,
LU
Das
—
2*
|
|
u
Bd
“C(o)1 339
—— Das 6. Sapitel,
——
Ferner von ihrer Abgoͤtterey, Zauberen, Aberglauben,
Geiz, Tyrannney, Verfolgung der Frommen,
* wer
vw
Summarien.
Greuge Wodttereny; hewegliche Klagen druͤber; $. 1. Verbote dagegen von geiſt- und weltlicher Obrigkeit wollen
nicht helfen, erſchreckliche Macht des Fürftens der Finfterniß. 2. Einige Pehrer eifern daruͤher, ſelbſt viele werden
mit folchen Greueln beſchmitzet; der deruͤhmteſte Gögentempel zu Carthaao bleibt unverfehrt. z. Weberblicbene Greuel aus
dem Hepdentbum; Eonftantini Ehrenfüule ; fein heydniſcher Titul: 4. Priefter müffen dem Volke Schanipiele präfenttz
ven. Unfelige Bermengung des Henden = und Chriftenthums unter Conitantino ; 5. das aberglanbifche Weſen wird faſt
nicht vor Sünde geachtet ; Zeugnß aus des Biſchofs Synefii Schriften ; 6. Auguftini und Chryſoſtomi Klagen darüber. 7+
Die allgemeinen Sünden zu erjehlen it unnötbia. 8. Galviani fehmerzliche Klage über den Werfall; 9. _ Eigennutz und
Hoffart der verfallenen Ehriften; 10. ſchreckliche Zeugniſſe von denen verkehrten Chriſten: 11. Ihre offenbare Schwel⸗
ereh Wohlluſt und ueppigken wurde durch öffentliche Mandate gutgebeifen ; Staatsmarime drunter, 12, dem armen Volk
eine Fupt zu machen: 13. Telemachus wird bey einem Schauplas geſteiniget; Zulaffung folcher Greuel von der Obrige
feit: 14. gareulihe Wölleren bey denen Gräbern, it, bey Hochzeiten, Fafnachten? Spielen am Sonntage zu verbieten if
nicht genug: ıs. Erſchreckliche Unzucht, 16. Verfolgung derer Frommen, Verfpottung. „Kennzeichen der wahren Chris
fien. ı7 Chritus und Belial einander entgegen. 18. Unzählige Aergermiffe der falſchen Chriſten, 19. daher auch ihr
Gerichte zwiefach; Verſtockung, Verwuͤſtung barbarifcher Völker, Zerftörung Conſtantinopel. 20-
a
die greuliche Abgötteren und Zauberen der
Heyden gefämpfet haben, und EHriftus
felbft auch darzu erfchienen war, daß er auch diefe
Werke des Teufels zerftörete; fienge der Satan
gleichwol alsbald an den Samen folcher Greuel
wieder auszuftreuen, nachdem der Haufe der
Chriſten ſich in dem Aufferlichen Moplftande zu
vermehren begunte. Geftalt es auch nicht an-
ders ſeyn Fonnte, nachdem die wenigften von den
Henden zum Glauben gründlich befehret wurden,
fondern mit unveränderten Herzen ohne Ber:
dammung und Ablegung der heydniſchen Greuel
ch vor Chriſten ausgaben. Da ließ ihnen
enlih der Catan nicht Ruhe, bis fie mies
derum auf die alten Wege gerierhen, und fo»
mol fich felber als andere noch unfchuldige Her»
zen zur Zaubercy und anderm abgöttifchen teufe⸗
lichen Weſen verführten. Da hatte der böfe
Bei fein Spiel mit allerhand Beſchwoͤrungen,
ahrſagen, Zeichendeutung, Heilung dev Rranks
- ER und andern Gaufeleyen, die durch Hül-
e der boͤſen Geifter unter den Unglaubigen ge
ſchahen, und mitten in der Chriſtenheit zur
— — die erſten Chriſten bis aufs Blut wider
2
a) Bafılins M inPf.45. b) Auguſlinus in Pf 91.
Schmach des Iebendigen GOttes ungefchener ge—
brauchee wurden. Es Elagte ſchon Baſilius mit
gen im vierten Jahrhundert öffentlich daruͤber,
„daß die Epriften durch Zauberey Krankheiten
„vertreiben wollten, daß ſie gewiſſe Eharacteves
»(Buchftaben oder Kennzeichen) anhiengen, u. fe
w.a). Und nac ihm Auguſtinus, der auss
führlich davon redet, und unter andern alfo ſa—
get: Da ficher man fie wol vor Chriften an,
„wann fie im Haufe Fein Unglück Haben: Wenn
„fie aber etwas überfällt, da laufen fie zu einem
„teufelifchen Wahrfager oder Zeichendeuter, oder
Nativitaͤtſtellex. Sagt man ifnen von dem
„Namen Ehrifti, fo fporten fie noch dazu und
„eimpfen das Maul. Spricht man zu ihnen;
„tie wollten ja Glaubige ſeyn, warum fie denn
„ſolche Leute um Rath fragten? So fprechen fie:
„Hebe dich weg von mir, fie haben mir die Sa—
„hen offenbaret, denn ich hätte alles verloren und
„wäre im Elend ftechen blieben,, b). Und ats
derewo: Waufet doch nicht zu den Wahrfa-
„aern, Zeichendeutern und eiteln Huͤlfsmitteln.
„Soll idy über euch nicht klagen? Ich finde ja
„täglich folche Dinge bey euch. Und was foll ich
„hun?
Ed
840
hun? Ich kann die Chriſten noch nicht überres
—— daß fie-auf Chriſto allein ihre Hoffnung
„ſetzten. Nun fo mag der immerhin fterben,
„der ſolche Mittel gebrauchet Hat. Denn wie
„viel find ihrer wol bey ſolchen Mitteln geftor-
„ben, und mie viel find ihrer ohne dieſelbe wieder
„lebendig worden? Wie hat eine ſolche Seele
„fönnen vor GOtt fommen? Sie hat ja das Zei-
„chen Chriſti ee und das Zeichen des Sa⸗
ans angenommen c).
" 2. Es Pehlee zwar an Verboten nicht, dadurch
man noch die Leute von ſolchem teuflifchen Dienft
abzuziehen ſuchte, wie man in den Saßungen der
Eoncilien fehr viel Verordnungen hievon findet.
Als wenn gefeget wurde: Wer die Wahrfa-
„gungen füchet, und der Weiſe der Heyden fol⸗
„get, oder ſolche Leute in fein Haus führer,
„purch Zauberey etwas zu unferfuchen oder zu
„reinigen, der foll 5 Jahr lang Buſſe hun d).
„Die Glaubigen follen ſich vor allen zauberi-
„fehen Künften Küten, und. vor allen Beſchwoͤ⸗
„rungen, dadurch der menfchlichen Schwachheit
„feine Huͤlfe geſchiehet, u.f. f., Denn dieſes find
„alles Strike des aiten Feindes, dadurd) er
„das menſchliche Gefchlecht zu betrügen ſuchet ©).
„Diejenigen, fo fi) den Wahrfagern ergeben,
„oder andern dergleichen, damit fie ſich von ih⸗
„nen etwas offenbaren laffen, follen auf fechs
Jahr ausgeſchloſſen feyn,, f), Die weltlichen
Geſetze hatten ingleichen damit viel zu thun, wie
man ned) in ihren Büchern ſiehet ©). Gleich⸗
wol aber wollten diefe äufferliche Mittel bey dem
einmal verdorbenen Epriftenehum nicht helfen,
fondern es warb mol noch darzu ärger mit Ders
gleichen Dingen, fo gar, daß man erftaunen muß,
was der Fürft der Finfterniß vor unerhörte Bos⸗
heit, Abgoͤtterey und Laͤſterung des göttlichen
Namens durch feine Werkzeuge mitten in der
Epriftenheit verübet Bat. Da Bielten die fo ge-
nannten Chriften “die heydniſchen Feſte nicht al»
„leinemit der größten Ueppigkeit, fondern begien:
„gen auch die Myſteria ihrer Abgötterey, hielten
„im Namen der Götter gewiſſe Tänze, verfleide-
„ren ſich in Satyren und andere Geſpenſter, vie:
„fen den Namen des MWeingottes Bacchi an,
„und anderer h). Sie bradjten den Berftorbe-
„nen ordentlich Speife, machten allerhand heyd-
c)Idem Tract. 7, in Ioh. d)Concil. Ancyranumc.23.
8.3. Don dem Abfall der Ehriften von der erften Kauterfeit.
„nifchen Aberglauben bey den Häynen, Brunnen
„und Felfen der Heyden, und begiengen fonft uns
„zahlige Greuel i). Ja, ſie beteten wol gar Die
„die Elemente, Mond und Sternen an, wenn fie
„dis und jenes glücklich zu verrichten meyne⸗
„een, k). Ingleichen fuchten fie nach Gelegen=
beit gut oder bös Wetter zu machen, oder das
Ungewitter von dem oder jenem Ort abzuhalten,
davor man ihnen ordentliche Befoldung machte,
die man das Canonicum nennte l), Wenn eine
Monpfinfternig gefchahe, machten fie es den Hey⸗
den nach, und fiengen ein greßlich Gefchren an, in
Meynung dem Mond in feiner Berfinfterung zu
Hülfe zu fommen m). Anderer dergleichen mehr
als heydnifchen Bosheit und Thorbeit zu ges
ſchweigen, welche bey der heuchleriſchen und vers
meynten Befehrung der Epriften haufig in die
Chriſtenheit eingebracht waren, und alles mit
Unglauben und Gottesläfterung uͤberſchwemme⸗
fen. 7
3. Ce mehr nun einige freue Boten GOttes
noch darüber eiferten, je mehr nahm oft die Herr»
fehaft des Satans hierinnen überfand, als mel.
cher bey folchem Zuftand mehr Credit bey dem
mehr als heydnifchen Wolfe fand, als GOtt und
feine Wahrheit. Denn da vermahnten wol et⸗
liche treulich, “fie follten doc) einen Abfchen vor
„dem tödtlichen Gift der Zauberer und Beſchwoͤ⸗
„rer haben, und die Zeichendeuter und Wahrfa-
„ger mit ihren greulichen Sägen endlich hinwe
„werfen, weil fie da mitdem Teufel Gemeinfehaft
„hätten, n). Allein, man fiehet, wie die Macht
der Finfterniß fo gar groß gemefen, daß au
viel Lehrer felbft mic foldyen unerhörten Greueln
befcehmißet worden. Dahero man gemüßiget ward,
auch diefen durch öffentliche Decreta die Zaube:
rey zu verbieten, welches Faum glaublich wäre,
wo nicht dieſes ausdrückliche Verbot vorhanden
wäre: Wenn ein Geiftlicyer die Zauberer um
„Rath fraget, fo foll er von feinem Amte ſuſpen⸗
„diret, und in ein Klofter gebracht werden, da»
„felbft ſtetige Buffe zu thun, 0). Es was
ren aber überdis noch viel mehr öffentliche Aer—⸗
gerniffe aus dem Heydenthum überblieben, die
wol gar.durch Autorität der Dbrigfeit beftäti-
get und gleichfam canonifiret wurden. Als
wenn
e)Vid. Cencil. Carthag. IV. c.89. Turonenſe TII.c. 42. II.
c.23. f) Concil. CPtanum VI.c. 61. g) Vid. Lex Conftantii 1.7. C. de Malefic. Theodofii I. 2. C. de Pagan. et
Sacrif. h)Cozcil.CPtan VI.c.62. i) Concil. Turonenfe II. c. ı6. k) Martinus Bracarenfis Capitul. n. 72.
I), Agebarduslib.de Grandinee.ı6. m) Maximus TaurinenfisSerm.de defectu Lunæ n) Auguſtinus Serm.
53. de Temp. 0)Concil. Toleran. IV. c.28.
ar er aa |
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*
a: A ——
F a »
6. Cap. Don ihrer Abgoͤtterey, Zauberey, Aberglauben, Geis, Tyranney x, 841
wenn de
gab, “daß niemand die heydniſche Tempel und
„Spielhäufer einveiffen follte,,, dergleichen auch
UArcadius thatep). Sa, zu Carthago wurde der
beruͤhmteſte Gößentempel der fogenannten him:
liſchen Böttin Jo unverfehrt behalten, daß auch
groffe Abgötterey darinnen von den Ehriften be—
gangen wurde. Davon Salvianus alfo klaget:
„Es iſt in Africa ftets ein offenbares Heyden:
„thum gewefen. Denn fie hatten in ihren Maus
„ren ein einbeimifches Uebel, nemlich den Cöle-
„item, den Gott der Afticaner. Wer ift aber
„bey diefem Gößenbilde nicht eingewenhet, oder
„ihm von feiner Geburt an gemwiedmet worden ?
„Ich vede nicht von denen, welche nicht fowol
„den geben, als dem Namen nach Heyden find:
„Sondern das ijt noch verderblicher und greuli-
„cher, Daß viele unter denen, welche fich zu
„Chriſto befanne haben, mit den Herzen diefem
„Goͤtzen dienen, Denn, wer unter den fügenann-
„ten Ehriften bat diefen Eöleften nicht neben
„CHriſto angebetet? Dder, welches noch ärger
„iſt, noch viel eher als CHriſtum? Wer ift nicht
„von dem Geſtank der teufelifchen Opfer angefuͤl⸗
„tet geweſen, und darauf in die Kirche kommen?
„Siehe, was für ein ſchoͤnes Chriſtenthum, Glaus
„ben und Religion die Africaner, und fonderlich
„die Fürnehmiten gehabt haben : Sie bieffen
„Ehrilten, aber zur Schmach EHrifti, weil der
„aAnoftel ruffet: Ihr koͤnnet nicht den Kelch des
„HErrn trinken, und der Teufel Kelch. Diefe
„aber hatten nicht genug daran, daß fie beydes
„zugleich trunfen ; fondern fie kamen auch von
„oem greulichen Gottesdienjt zu dem Tempel
„GOttes, undlieffen fich von dem Teufel führen,
„da fie noch bey dem Altar EHrifti nach den Goͤ—
ngenopfern ftunfeng).
4. Diefe fehreflihe Dinge find noch am En»
de des vierten Seculivorgegangen,da Aurelius,
der Biſchof zu Carthago, den gedachten Gögen-
tempel zum Gorteedienft der Chriſten erwaͤhlte
und feinen Lehrſtul darein feßen lich r). Mächit
dem aber blieben andere nicht geringere Greuel
von dem Heydenthum unter den Chriſten übrig ;
davon ich nur einen oder zween Fürzlic) erwehnen
will. Es war dem Kayſer Conſtantino M. eine
anfer Zonorius ausdrücklich Befehl Ehrenfäule mit feinem Bildnif aufgerichtet wor-
den; Dieſes Bild verehrten die Leute öffentlich
„mie Opfern, Rauchwerk und Lampen, und tha=
„ten ihr Gebet dabey als einem Gott,,
(Euxas moosayen ws ©ed,) wie die Scribenten
ausdrücklich fehreiben s). Deraleichen denn mif
andern ſolchen Statuen und Bildern mehr ges
ſchahe, welches nachgehends feharf verboten wer-
den mußte, und dennoch kaum unterbliebe t.) Ein
Denkmahl und Zeugniß des noch übrigen heydni
fehen Aberglaubens iſt auch dieſes gewefen, daß
Conftantinus 17. felbft und alle feine Nachfol:
ger, bis aufBratianum, den hehdniſchen Titel
eines Pontificis Maximi, oder allerhöchften
Priefters ,unterden Henden behalten haben, und
dadurch Feine geringe Stüße des verdammten
Aberglaubens und Goͤtzendienſtes übrig gefaffen,
daß ich des fchrecklichen Nergerniffes nicht geden-
fe, fo das gemeine Volk daben gehabt u), Ein
——— Hiſtoricus weiß ſich nicht wenig darũ⸗
er zu kuͤtzeln, und ſpottet ſonderlich des Ton
ſtantini, daß er zwar ein Chriſte worden, aber
gleichwol dieſes Amt behalten, ungeachtet er eis
nen folchen Habit von den heydniſchen Gösenprie-
ftern nehmen und anziehen müffen. Welches her—
nad) Gratisnus billig verworfen, und einem
Chriſten unanftändig geachfet , und denen Die:
nern des Teufels ihren ——— Habit wieder
zurück gegeben x). Dieſem Exempel der hoͤch⸗
ſten Monarchen folgten nun die andern geringe-
ven häufig nach, und hieltens auch für Feine Suͤu⸗
de, viel weniger für eine Abgötterey, (dergleichen
es doch in der That war, ) wenn fie auch den Ti—
tel und das Amt eines Goͤtzenprieſters annah⸗
men und bebielten: Wovon ein gelehrter Bifchof
in Frankreich ſehr wohl anmerket, daß esalfes um
eigener Ehre und Nußens willen gefcheben, und
zwar nicht eher, bis Conſtantinus fidy zum
Chriſtenthum bekennet Baty).- Darein aber
wurden fonderlich die Groſſen am Hofe verwickelt,
zu deren väterlichen Erbe meijtens folche Nam:
ter des abgöttifchen Prieſterthums mit ge—
ſchlagen waren, und die fid) nicht gerne verleug-
nen wollten, au aus Mangel des wahren
Glaubens, und bey ſo offenbarer Heucheley niche
konnten 2).
Ooo oo
5. Noch
P) LIs. iõ. 17.ctı8.Cod, Theod.de Pagan. q) Lib. VIII. de Gub. Dei p. 304. xbi conf. C. Rittershuſtus in Notis
P-350. r) Profper lib. III. de Prxdidt.cap.38. s) Philoflorgius lib. II. Hiſtor. S. t) Theodofius et Valen-
tinianus. vid. Zac. Gothofredus Not. ad Cod. Theod. Tom, V. pag. 346.
u) Lapides diuerfi ap. Gruterum
aliosque. Conf. Thom. Reinefins Clafi. II. et IU.Goldafus pref. ad Ton. LIT. Conttit. Imper. Buchnerus Not. ad
Plini: Epift. p. 24. Diffentit fruftra Zac. Gothofredus Orat. de Chriftian. cum Gentil.commun. x) Zofmuslib.
IV.Hifter. c.36. y) Albafpinenslib. I. Obferu. 22.
2) Idem ibid. e Cuiacio aliisque,
x — ze
842
5. Noch eine ſchreckliche Verführung des Sa-
fans war bey diefem allgemeinen Gebrauch aus
den heydniſchen Saßungen eingeriffen , daß felche
Priefter dem gemeinen Volk öffentliche Schau:
fpiele und fogenannte $uftbarfeiten anftellen und
präfentiren mußten, dabey die allerärgfte Grau-
famfeit, Unzucht, Schwelgerey und alle andere
Todfünden ungefcheuer, und gleichfam als unter
einer öffentlich gegebenen Sreyheit, begangen wur-
dena), Ja, diejenigen, fo zu dergleichen Amte
verlangten, fuchten wol eben durch diefe Mittel
darzu zu fommen, und nachmals bey dem Wolfe
fi Damit zu infinuiren,, wovon man nod) fichere
Nachricht in den alten Schriften findet b). Diefe
und viel dergleichen offenbare Schandrhaten laf:
fen fih mit feinem Schein entfcyuldigen, viel-
weniger leugnen , nachdem die Bekenntniſſe
glaubwuͤrdiger Seribenten allzu Elar find, und
durch andere Umſtaͤnde der Hiftorien fattfam be-
fräftiget werden. Zumal, da wir oben von
Can ſonderlich aefehen haben, wie er
noch vielen heydnifchen Greueln ergeben gemefen,
und denen andern offenbare Zauberey und Teu-
felsbeſchwoͤrung in ordentlichen Mandaten zuge:
laffen, auch dem blinden Volk nicht Einhalt ge-
than, wenn daffelbe fein Bild oͤffentlich anbetete,
und mit Rauchwerk und Opfer nach Beydnifcher
Meife verehrete. Was ift es aber Wunder ,
wenn man von den folgenden Zeiten die bittern
Klagen liefert, daß die Abgoͤtterey fo gar unter den
Chriſten nicht Babe getilget werden koͤnnen, fon»
dern das Volk noch immer daraufbeftanden, wenn,
zum Erempel, zu Rom ihrer viel die Sonne öf-
fentlich anbeteten, wie ein Bifchof zu feiner Zeit
Flaget, daß es dafelbft bey der Peterskirche ges
fcheben c). Dieſe und dergleichen andere Ge—
ſchichte koͤnnen uns einen ziemlichen Abriß von
denen Chriften unter dem Verfall vorftellen,
nachdem eine unfelige Bermengung des Heyden»
und Chriſtenthums unter Conſtantino ergangen,
“und mit der Zeit immer gewachſen. Angefehen
zuvor die wahren Kinder Gottes von den Kindern
des Unglaubens fich innerlich und äufferlic) ge=
£rennet hatten, und aud) im geringften Feine Ges
meinfchaft mit den Gößen und ihrem Dienft ha⸗
ben wollten, fondern ihr Gemiffen vein bebielten
von diefen todten Werfen, dem lebendigen GOtt
mit Zucht und Furcht zu dienen,
8.3. Don dem Abfau der Chriften von der erſten Fauterkeit.
ur a Ben;
6. Das übrige aberglaubifche Wefen war un:
ter den groffen und wichtigen Sünden faft nicht
geachtet, zumalbey denen, die noch nie den wah⸗
ren Grund des rechten Chriſtenthums erfannt
hatten. Denn da waren ja die meilten aus dem
Heydenthum ohne wahrhaftige Weränderung des
Herzens zum Chriſtenthum übergetrefen, woraus
freylich ein unreiner und verfehrter Gortesdienft
erfolgete. - Man machte ja auch, wider des Apo⸗
ftels Befehl, Neulinge oder folche Leute zu hoͤch⸗
ften Auffehern der Gemeinen, welche erft neulich
fich vor Ehriften befennet hatten, Mur ein Erem-
pel zu erwehnen, fo finden fic) in des Biſchofs
zu Ptolemais Synefii Schriften, im Anfang des
5. Seculi , fo viel Fußftapfen des Keydnifchen
Aberglaubens, der noch bey ihm in feinem Amt
übrig gemwefen, Als, wenn er das Gluͤck und das
Gerüchte noch in Ernft Goͤttinnen nennet d), den
Mercurium zum Borfteher des Studierens fe
Bet e), von der Denere feltfame Dinge vor-
gibt F) und fonft in vielen fein ungegründetes
Gemuͤthe im Glauben an Tag leget, Ya, man
hat ihn zum Bifchof gemacht, da er noch nicht
einmal das Ende der Welt und die Auferftehung
der Todten — hat g), wie er auch nach⸗
gehends diefes Amts fo gerne wieder [08 geweſen
wäre k). Woferne im übrigen ic) alle Arten des
Aberglaubens erzehlen wollte, welche unter den
verderbten Ehriften geherrſchet Haben, würde ich
wol ein groffes Buch damit anfüllen müffen,
Geſtalt ſich die alte liſtige Schlange in fo unzaͤh⸗
lige Formen bey den Seinigen verwandelt hat,
daß man weder Anfang noch Ende dran ſiehet,
wenn man die alten Seribenten durchblatrere
Ich will nur etliche wenige zur Probe anführen,
die andern uͤbergehe ich mit Fleiß, um alles Aer—
gerniß zu verhüten. Chryſoſtomus eifert heftig
wider den Aberglauben, “da Die meiften aus al-
„ter Gewohnheit (wie er fehreiber, ) ihre Hände
„fleißig wufchen, und weiſſe Kleider anzogen,
„wenn fie in die Kirche gehen wollten, Hinges
„gen forgten fie gar nicht, wie fie ihre Seele
„und Herz rein und unbefleckt GOtt darbringen
„möchten, i). Ingleichen gedenkt er, “daß die
„seute am Feſt der Erfceheinung um Mitternacht
„Waſſer getragen , welches fie alsdenn weyhen
„laffen, und zu Haufe aufgehoben,k), Wie-
„derum redet er feharf wider die, welche bey der
„Taufe
a) L.r. Cod. Theod. de Speälac, et alibi Vid. Abaſpinaus te. b) Idem ibid. c) Leo M, Serm.7. de Natiuit.
Dom. d) Syzefizs Epift. 43. 44. e) Epif. ıor.
in Matth. k) Homil. 23. de Bapt. Chrifti,
f) Epift.4. g) Epifl.no5. 6) Epifl.67. i) Homil.sa,
>
*
|
—
—
6. Cap. Don ihrer Abgoͤtterey, Zauberey, Aberglauben, Beis,Tyranneyıc.
a An Ei Wa
1 / .
v -
Taufe ifrer Kinder Wachskerzen anzündeten,
wenn ihnen die Namen gegeben wurden N,
7. Es gedenket auch ſchon Auguſtinus zu fel-
ner Zeit, “daß die feute das Evangelium Johan⸗
„nis an den Hals gehaͤnget und gewiſſes Uebel da-
„mit vertreiben wollen, m). Man findet auch
viel Nachricht, mie bey der Taufe und dem A:
bendmahl fo viel ſchreckliche Mipbräuche ganz
eitlich eingeriffen gemefen ; wovon oben im 2.
Buch das merfmwürdigfte ergehlet worden. In
dem 4. Seculo gieng fhon der Aberglaube mit
den Religuiender Heiligen an, da man fiebeguns
te überall zufammen zu füchen, Kirchen und
Stifter deswegen anzurichten , fie mit geofler
Eprerbierung anzurüßren, zu kuͤſſen, ihnen eine
fonderbare Kat zuzufchreiben, Wunderwerfe
Daben zu erdenfen; man fienge fchon damals an
die Gegenwart der Märtyrer bey ihren Gräbern
zu glauben, fie um ihre Fuͤrbitte anzuruffen, das
Kreuz in groſſem Aberglauben zu beehren, in auf
ferlihem Habit und andern Ceremonien etwas
fonderliches zu fuchen, mit vielen Lichtern und
Wachskerzen den öffentlichen Gottesdienft zu ver»
richten, gewiſſe Zeiten und Tage zum Faften und
Fenertagen auszufegen; und mas dergleichen
unzählige Kennzeichen des verfälfchten Chriften-
thums mehr waren, welche nach dem faft täglich
zunahmen, und denlauteren, einfältigen, apoftoli:
{hen Glauben ganz verdunfelten. Ich muß
aber noch hier zu dem, was ich oben von dem
Evangelio Johannis erwehnet habe, nod) diefes
fegen, daß Chryſoſtomus zu feiner Zeit Elaget ,
„roie die Weiber und Kinder die Evangelia an
„den Hals hängen zur Verwahrung vor allem
„uebel,n). a , welches noch ärgerlicher und
unverantwortlicher war, „es haben auch die Pre:
„diger felbft gewiffe Phylatteria (Denfzettel)
„an den Hals gehänget, oder auch einen Theil
„aus dem Evangelio, nur, damit fie von den
„seuten für heilig gehalten würden, Dawider
diefer fürteefliche Lehrer nicht feharf genug eifern
ann, und folche Leute närrifche Priefter nen
net 0).
8. Es iftfaft weiter unnoͤthig, die andern allge»
nieinen Sünden des Volks zu folchen elenden
> Zeiten zu erzeßlen, indem aus dieſem Bericht von
ich felbit folget, daß bey dem Herrfchenden Un«
— -
843
glauben freylic) die andern Sünden heimlich und
öffentlich im Schwang gegangen. Be will
ich auch nur etliche davon mit wenigem erweh⸗
nen, daraus die uͤbrigen leichtlich werden erkannt
werden. Diejenigen, bey welchen der Glaube
nicht rechtſchaffen war, waren nicht allein von
Natur voller Mißtrauen und Zweifel zu göftlis
Her Vorſehung, fondern wurden damit noch im-
mer mehr verftricket, je mehr fie etwa ihr böfeg
Herz betrog, daß GOtt gleichwol ifnen vor an-
dern Guts thun müßte, weil fie fich ja zum Chrift-
lihen Namen befennten, und da fie fich ſelbſt
Fr er wollten, ward ihr Herz nimmer
till, fondern ſtund allezeit in Sorgen, und ver-
fiel in offenbaren Geiz, der fodann in eitel Un—
gerechtigkeit, Meid, Falſchheit, Betrug, Dieb-
jtahl und dergleichen ausbrad). Die Erempel
von denen Lehrern felbt werden wir unten Baben.
Bon denen Zuhoͤrern klagen die Rechtfchaffenen
alſo: Biele bauen groffe Haufer, darein fie ihr
„Getrayde fehütten , forgen aber nicht, wo fie die
„Fruͤchte ihrer Seelen hinlegen wollen p). Man
„ſiehet jegund , wie die meiften ihre Vorraths—
„rammern mit Kleidern anfüllen, alle Tage neue
„Roͤcke anziehen ‚, und dennoch den Motten niche
„wehren koͤnnen. Unterdeſſen ftirbee der Arme
„vor ihrer Thür q), Beyuns ift nunmehr nichts
„heilig, als der Gewinn, und man hält das nur
„fuͤr anftandig, was Mußen bringe. Die $a-
„öfter werden unter dem Namen der Tugend ges
„ehret, und der Geizige nimmt den Titel eines
„Sparfamen an r). Wenn gleich GOn befoplen
„bat, daß ein jeder dem Armen das Seine ges
„be, fo nehmen fie vielmehr alle fremd Gut zu
„ſich. Denn wer ift wol in der Kirche, den man
„nicht als einen Räuber oder Dieb befinden ſoll⸗
„tes)? Es wird auch der Arme nicht greuficher
„geplündert , als von den Gewaltigen. Deswer
„gen erfaufen ihrer wenige die Ehrenämter, da:
„mit fie fie durch die Barren ihrer viele wies
„der bezahlen Fönnen: Man kehret die ganze
„Welt um, nur daß etliche wenige beruͤhmt
„werden, t). Und was dergleichen Klagen bie-
von mehr find, die ih um der Kürze willen
übergebe.
9. Der Jammer war disfalls fo groß, daß
etliche ganze Bücher wider ſolche Sünden fchrie:
ben, gleicdywie Salvianus gethan bat, daraus ich
Ooo 002 nur
1) Hom.22.in ı Cor. m) Trad.y.inIoh. n) Homil.19. ad Antioch. o) Hom. 43. in Matth.Comm. breu. p)
Chryfoftemus hom. ıg.inAA. q) Hieronymus Epifl.22.adEuftoch. ) Cl. Marius Victor Epiſt. ad Salmencnı
Epik. 9) Saluianız lib, III. de Gub. Dei p. 91. t) Idem lib. IV. p. 11a,
844
nur noch einige Worte anführen will, worinnen der
offenbare Verfall feymerzlich beflaget wird. “Es
„iſt die groſſe und überfchwängliche Seligkeit der
erſten Gemeinen vorbey, da alle, die Chriftum
„eannten, ihre zeitliche Güter an die ewigen und
„bunmtifchen wendeten. Nunmehr aber ift an
ſtatt veifen Geiz, Geldbegierde, Raub, Neid,
Feindſchaft, Grauſamkeit, Schwelgerey, Un-
„teufchheit und Verderben gefelget. - Der meifte
„zheil der Chriſten handelt mit toͤdtlichen Din-
„gen, und iſt denen Weinfchenken und Kaufleu-
„ten gleich, leget fih auf irdiſche, ja hoͤlliſche
„Handlung. Denn fie erfaufen um einen gerinz
„gen Gewinn den Verluſt ihres Lebens, damit fie
„erwerben Fönnen, was nicht ihre iſt, und Bin-
„gegen das Ihrige verſchwenden. Sie vergra-
„ben ihre Schäße in die Erde, die den Erben
„eine Furze Freude, den andern einen langen
„Schmerzen bringen werben. Sie berauben fid)
„des Gebrauchs gegenwärtiger Dinge, verftecken
„nie höftifchen Güter in tiefe Löcher, und graben
„yufamt dem Geld ihre Hoffnung ein. Sie gönnen
„ihnen felbft ihre Wohlfahrt nicht, und drücken
„ihre eigene Seele durch die Laſt des Irdiſchen
„zur Erden, die doc zum Himmel geruffen wer»
„ven. Dabero folgen faft alle Kinder ihren EI-
„tern, nicht fowol in der Erbfchaft, als ihren
„Sünden nady: Und weil fie ißnen im $eben
„gleich werden, fangen fie an eher die Bosheit
ihrer Eltern nachzumachen, als ihr Vermögen
zu beſitzen u).
10. Wie fi) auch ferner die verfallenen Ehri-
ften aus Eigennuß, Hoffart und andern Urfachen
unter einander gehaffer, gezanfet und verfolget ha⸗
ben, iftleicht zu denken, wenn man die Befchaf-
fonheit ihrer Herzen anfichet. Jener fromme
Mann faſſet es kurz, wenn er ſolche Heuchelchri=
fien recht beſchaͤmen will: “Alle barbarifche Voͤl⸗
„ter, Die unter einem Könige und Volke feyn,
„lieben fich unter einander. Aber faft alle Roͤ—
„ner (die damals Ehriften waren,) verfolgen ein⸗
„ander. Denn welcher Einwohner neidet nicht
„den andern. Wer erweifet feinem Nächften ei
„ne völlige Siebe? Denn fie find alle nad) dem
„Herzen getrennet, ob fie gleich rad) dem Orte
„nahe feyn. Und, o dag nur Einmohner und
„Nachbaren alfo wären! Aber dasift noch ärger,
Mi m u
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8.3. Don dem Abfall der Ehriften von der erften Lauterkeit.
„daß auch die nächten Freunde das Recht der
„»Berwandfihaft nicht halten, Dem wer erweiſet
ſich wol gegen feinen Nächften als ein Nächiter ?
„Ber bezahle wol die Schuld der Siebe, die er auch
„des Namens wegen fchuldig wäre? Wer ift alfo
„gefinnet, wie erden Namen führe? Wer iſt ei=
„uem fo nahe nad) dem Gemüth, ale nad) dem
„Gebtüc? In wem brennet nicht der Meid und
„Mißgunft? Welchen Sinn hat nicht der Eifer
„eingenommen ? Wem iſt nicht das fremde Glück
„eine Plage? Wer halt nicht das vor feinen Scha>
„oen, wasandern nüßlich ift? Wer ift mir feinem ;
Wohlſtand fo zufrieden, daß er auch einen an _
„dern wolle glücklich haben? Es ift ja jegund in
„den meiften ein unbefchreibliches Uebel, daß es
„einem nicht genug ift, wenn er felbft glücklich
„it, woferne aud) der andere nicht zugleich uns
„gluͤcklich iſt,,*). Noch vor diefem bedauret ein
anderer, “daß in denen Africanifchen Gemeinen
„fo viel fleifchliche Greuel und Gebrechen zu fin»
„den wären, und die Zankfucht und Betruͤgerey
„für Feine Sünden mehr wollten geachtet wer-
„den„x). a, die mehr als heydnifche Grau-
famfeit, Bosheit und Tyranney wuchs fogarbis
an den höchften Grad, daß auch “Die Eltern ihre
„eigene Kinder unbarmberziger Weife umbrach-
„een,„, wenn fie fich Diefelbe nicht zu ernähren ge⸗
fraueten, oder ihrer zu viel hatten. Welches denn
von einem Concilio mußte verboten werden, dar=
innen das Andenfen der fatanifchen Verfuͤh—
rung unter foldyen verkehrten Leuten nod) übrig
ity). RS
11. Alſo war nun Fein Fußftapfen mehr von
der Liebe, Demuth und Sanftmurh der erften
Chriſten faft vorhanden, fondern alles, fehr we—
nig ausgenommen, in Haß, Gewaltthätigfeie
und Tyranney verwandelt, und wer den andern
vermochte, der ſuchte ifn mit Gewalt oder Lift
um das Seine zu bringen. Wovon abermal
diefe Klagen sven werden: Wo iſt wol
„eine Stadt oder Flecken, da nicht eben fo viel
Tyrannen, als Gerichtsbediente find ? Wo
„‚ift wol ein Dre, da nicht Witwen und Wanfen
„von den Bornehmen bis aufs Blut ausgefau=
„get werden ? Niemand ift vor ihnen ficher, +
„ausgenommen die Groſſen daß er nicht von den
„allgemeinen Straffenräubern verwuͤſtet wuͤr⸗
/
08,
u) Salnianus lib. I.de Auaritia et fegg. *) Salnianus lib. V. Gub.Dei p.166. 2) Auguflinus Epiſt. 64. ad Au-
rel. y) Concilium Teoletanum III. e. 17-
sache
6. Gap.
— —
„de, wofern er den Raͤubern nicht gewachſen iſt.
3er kommt wol denen Geplagten und Elenden
u Huͤlſe, da auch die Prieſter nicht einmal der
Gewaltthaͤtigkeit gortlofer Leute widerftehen ?
„Unterdefien werden die Armen ruinirt, die Wit
„iven feufjen, die Wanfen werden untevtreten,
„f0 gar, daß auch viel feiner Leute Kinder zu dem
„Feind übergehen, damit fie nicht an der Plage
„dieſer öffentlichen Verfolgung fterben müflen 7).
„Es koͤmmt ein Bote über den andern von der
„höchften Obrigkeit: Denen gibt man neue
„Aemter , man macjee neue Auflagen , Die
Gewaltigen befihlieffen , was die Armen be-
„zahlen müffen. Ihre ‘Befehle beſchweren uns
„init neuen Abgaben, und, was noch am un-
„bilfigften und fehändlichften ift , fo find fie
„allein von aller Schuld frey, da fie doc) alle
„zu Schuldnern machen. Und zwar bezahlen
„diefes die allerärmeften ganz , welche doc)
—
„nicht wiſſen, warum fie es bezahlen muͤſſen. fü
„Denn mer darf wol nachfragen, warum man
„es geben müffe a)? Die Verjagung der Way
„fen, die Verfolgung der Witwen, die Pla—
„gen der Armen find die fehmerften Sünden,
„darüber fie taglidy zu GOtt ſeufzen, und um
„Endigung ihres Elendes bitten, ja wol gar
„wegen des allzugroflen Schmerzens wuͤnſchen,
„daß der Feind einbrechen möchte, welches fie
„auch zuweilen von GOtt erhalten, b). Mer fü
diefe und dergleichen fehrecfliche Zeugnifle von
den verfehrten Chriſten mit FE — Be⸗
ſchreibung der erſten Liebe der Gemeinen zus
ſammen haͤlt, wird ſich wahrhaftig, wo er
anders den Unterſcheid des Boͤſen und Gu—
ten kennet, entfegen muͤſſen über den aller—
tiefften Verfall, der ja nicht Fläglicher und
betrübter ſeyn Fönnte,
12. ch kann mic) hierbey nicht länger aufhal⸗
ten, fondern wende mich mit wenigem zu der of
fenkaren Schwelgerey, Wohlluft und Ueppigfeit,
die damals nicht weniger als andere Sünden ger
Antik hat. Cheyfoftemus redet die böfen Chri⸗
en alfo an: So träge und nachläßig ihr in
„geiftlihen Dingen feyd , fo erhißer —
„hingegen auf alles, was vom Teufel iſt.
„Denn wenn euch einer etwas von fchändlichen
Comoͤdien oder Hurenliedern fragen wollte, wür:
„den fie die meifte ſehr fleißig gelernet haben ‚und
„mit der größten Luſt berfagen. Und dennoch were
„den diefe Sünden damit befihöner: Man feye
*
u wu Fe > 2 A ar af
%
Don ihrer Abgoͤtterey, Zauberey, Uberglauben, Geis,
end ihr -
Tyranney x. 84
„fein Mönch, c). Und ein anderer noch vor
ihm: “Die wenigften lieben den Verluſt zeit:
„icher Dinge , die mweniaften halten e8 vor
„den Gewinn der himmlifchen Hoffnung, daB
„fie die Lüfte ihres Herzens und teibes uͤberwin⸗
„oen, und die Neizung def Welt ohne Scha—
„den vorbey gehen könnten. Diejenigen aber
„machen den größten Haufen, die vor ihr hoͤch⸗
„tes Gurt Kalten Hurerey, Freflen und Sau—
„ren, nach Ehren ftreben, Hoffart treiben,
„andere verachten, anfeinden, vauben, u.f. fs d).
Inſonderheit haben wir von der Voͤllerey Aus
auftinum Elagen hören, wie fie zu feiner Zeit
ſchon faſt vor Feine Sünde gehalten worden.
Die Saufgelage, öffentliche Panquete und Gas
ftereyen wurden nicht allein zugelaflen, fondern
auch noch darzu durch öffentliche Mandata vor
vecht und gut ausgerufen. Geſtalt man noch
diefe ausdrückliche Geſetze von Epriftlihen Rays
ern findet: “Wir geben nicht zu, daß die
„feyerlihen Zufammenfünfte dev Bürger und
„die allgemeine Freude foll gar aufgehaben wer=
„den. Dahero befeßlen wir, daß nach der
„alten Gewohnheit dem Wolfe feine Luſtbarkeit
„gegeben werde, auch die folennen Gaftgebote
„ausgerichtet, wenn es die öffentliche Solen⸗
„nitäten erfordern, ). Was blerunfer vor Tüs
cke des Satans verborgen gewefen iſt nicht zu
agen: Mur eins zu gedenken, fo fuchten die
Regenten mit Zulaflung folcher öffentlichen Uep⸗
pigfeiten das gemeine Wolf bey gutem Willen
zu erhalten, und bierdurd) von anderen wi—
drigen Gedanken abzuhalten. Denn weil die
meiften darunter entweder offenbare Henden,
oder doch heydniſch und weltlich gefinnet was
ven , und nad der Gewohnheit der alten
—— Kayſer in dem wuͤſten wilden tes
en, Freſſen, Saufen, Spielen, Tanzen,
Schlagen und Balgen ihr Vergnuͤgen tuche
ten; brauchten die Oberen dieſe hoͤchſtgefahr⸗
liche Staatsmaxime, daß fie dem rohen Poͤ—
bel hierinnen ſeinen Willen lieſſen, und ſich
noch darzu ganz geneigt und willig hierbey
anſtelleten.
13. Hierzu mochte noch kommen, daß man
dem armen Volk alſo eine Luſt machen wollte,
weil es durch fo unertraͤgliche Laſten der Scha—
tzungen oft gegen die Oberen ſchwuͤrig gemacht
wurde; dabey es denn feiner Noth alſo vergeſſen
ſollte, und ſeine Treiber noch lieben und loben.
Welches denn ſonderlich von denen erſten Chriſt-
Ooo oo 3 lichen
2) Aluianus lib. V. p. 267. a) Ibid. p. 174. b) Lib. VII. pP. 277. ©) Homil, 2, in Matth. d) Hilariu-
- can. 6.in Matih. e) L. 4. C. Ns S. Bapr. irer,
ar
\ 77
lichen Kayſern aus den Hiftorien zu erſehen ift,
und fürnemlich von Conſtantino, der, wie oben er⸗
wieſen ift, unerträgliche Auflagen verordnete, und
davon nicht allein den Soldaten viel fpendiret hat,
weil bey ihnen noch die Wahl eines Kanfers ftun-
de, fondern auch auf gemeine Panquete, Schau:
fpiele und andere Tractamenten des Volks ein
groffes Geld gewendet hat. Dergeſtalt gienge
man nun mit den armen Leuten um als mit Hey:
den, wie fie auch meiftens waren, verführte fie
aber damit immer mehr, daß fie es ganz gewohn⸗
ten, ihr höchftes Gut in weltlicher Ueppigfeit zu
fuchen. Ich laffe die Verſtaͤndigen urtheilen,
was an Ent Refcript eines Negenten zu
halten fey, der doch aud) ein Chriſte heiſſen wol⸗
len: “Die wenigften leben vernunftmaßig, und
„der Haufe läffer fich lieber dahin leiten, mas zur
„Ergögung erfunden ift. Denn was ein Wohl⸗
„füftiger liebet, Das meynet er, es gehöre in die
„glücjeligen Zeiten. Derowegen muͤſſen mir
„bisweilen Unkoſten darauf wenden, ob wir fie
„wol nicht allezeit nad) wohlgefaßtem Urtheil ge-
„ben. Es ift bisweilen ein Vortheil, daß wir
„uns zu einer Thorheit bequemen, damit die ver=
„iangte Freude des Volkes erhalten werde, f).
So ſchaͤmten fid) die andern weniger zu fündigen,
weil fie ſichs vor eine Ehre hielten, den größten
otentaten hierinnen nachzufolgen: Ja, es ward
ihnen dadurch zu aller Bosheit Thuͤr und Thor
aufgethan. Und eben fo gieng es mit den öffent:
lichen Schaufpielen, da zwar Conftantinus M.
das blutige Gefechte der Kampfee in feinen Ge⸗
fegen gemißbilliget, aber doch nicht aufgehoben
oder ausgerottet hat g).
14. Angeſehen dieſes oͤffentliche Morden noch
immer continuiret hat, alſo, daß es erſt unter
dem Kayſer Honorio iſt abgeſchaffet worden, und
zwar nachdem es Schande halben nicht länger
durfte geduldet werden, teil folgender fhredli-
cher Fall gefchehen war. Es Fam ein frommer
Mann, Telemachus,aus Orient nah Rom, der
biskero GOtt in der Einfamfeit_gedienet hatte.
Diefer Fam ungefehr an einen Schauplatz, da
gleich ein folches Mordgefcchte vorgieng. Er
gienge unter fie, aus Borfaß fie von einander zu
bringen: Die Zufchauer aber, welche von dem
fend waren, fteinigten dieſen Friedensboten zu to⸗
de h). Und diefes waren Die Früchte folcher ſchoͤ⸗
—
* a — —— E — 4
846 8. B. Don dem Abfall der Chriſten von der erſten Lauterkeit. —4
nen Luſtbarkeiten, die man aus politifchen, aber
gottloſen Urfachen bisher mitten unter den Chri-
ften geheget hatte. Man darf aber nicht denken,
daß Damals diefe Greuel wären gaͤnzlich aufgebo-
ben worden.
waren dem Satan und feinen Werkzeugen viel
zu lieb, als daß fie unter den fogenannten Chri⸗
ften haͤtten abfommen follen. Es währete kaum
ein halb Hundert Jahre, fo getrauete ſich der Rays
fer Anthemius fie nicht einmal mehr zu verbieten,
fondern meynete, er hätte ein Groffes gethan,
wenn fie nur nicht an einem Sonntage geſchaͤhen.
Im übrigen verftattete er alle “Schaufpiele, Co⸗
„mödien, Turniere, Rennfpiele, Kampfjagden
„und dergleichen Werfe des Fleiſches, ;). Wie
denn auch fonften die vorigen Kayſer diefe ärgerz
liche Dinge gar gerne zulieflen: Sa, Balens, Gra⸗
tianus und Balentinianus, oder vielmehr unter ih⸗
ven Mamen die gostlofen Hofleute, fcheueten fich
nicht, in öffentlichen Geſetzen zu befennen ’ Ki
„fie dem Bolfe niche allein ihre Luſt nicht mißgoͤn⸗
„neten, fondern auch darzu vermaßneten, damit
„die Nenn: und andere Spiele wiederum aufge-
„bracht würden, k). Es zwungen auch. Con⸗
ftantinus und Conftans diejenigen , ſo ſich der—
gleichen Dingen entzogen , durch fcharfe Mit:
tel zu folhem Dienft der Eitelkeit 1); über
weldye und andere unchriftliche Proceduren Die
annoch redlichen Lehrer heftig Elagten und
ſeufzeten, als wir oben im vierten Bud) meiſtens
—
vernommen haben.
15. Man ſchonete hierbey auch derjenigen Ders
fer nicht, die man fonft vor heilig hielte: Deswe⸗
gen Ehryfoftomus fo heftig eiferte, daß zu Con—⸗
ftantinopel bey der berühmten Sophienfirche öf-
fentlicye Spiele gehalten wurden m). Eben da-
felbft war das Volk fo fehr an dergleichen Thor—
heiten gewöhnet, daß es auch wol von den Kayſern
Freyheit ausbat, damit ein Menſch, der ein Wa:
gehals wäre, mit den wilden Thieren kaͤmpfen foll-
ten). Wie über ſolchen öffentlichen Greueln auch
der gemeine Gottesdienft verfaumet worden, Bas
ben wir im vorigen Capitel gehöret, und auchoben
im vierten Bud) viel hievon vernommen, Die
fes aber war es nicht allein, was der Satan vor öf-
fentliche Yergerniffe in der Ehriftenheit anrichtete, -
Teufel zur Blurdürftigkeit angereizet und wie ras fü
ondern er hatte noch. mehr Wege ausgefonnen.
Wenn,zum Erempel, ben den Gräbern der Berftor-
benen, ober anderswo, an ifren Gedaͤchtnißtagen
die
f) Apud Gajkodorum lib. III. Var. Ep. 51. 8) 2. un. C. de Gladiat, toll. h) Theodorit#s lib. V.H.E. c. 26,
i) 4 vlt. C. de Fer.
a) Idem lib. VII. e. 22.
k) lu C. de Spedac. er Scem, 1) 1 20. C. do ‚Deur. m) Soerares lib. VI c, 18.
Denn foldye Schulen der Bosheit
i
— —
—
3
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die greu Voͤllerey und Ueppigfeit getrieben
wurde, die denen heydnifchen parentalibus oder
Leichenmahlzeiten ganz äbnlicy wareno). Wor-
über abermal heftige lagen von den Frommen
geführet wurden ‚ Die wir aud) Kon oben güten
theils angehoͤret haben. Sch will nicht fagen von
dem greulichen Frefien und Saufen bey Hochzei- H
ten, davon im 1. Cap. des 6. Buchs geredet iſt.
Auch nicht von den greulichen Sajtnachten, die
mit alleräufferfter Bosheit aus dem Heydenthum
ins Chriſtenthum Berüber gebracht, und durch alle
Secula bis auf diefe Zeiten zu unerfeglihemScha-
den des Chriftenthums fortgepflanzet worden p).
Wer den Kammer folches Berfalls noch nicht bier»
aus erkennen fann, der bedenfedoch, ob es dem
göttlichen Worte und wahren Chriftenthum ge-
äs fen, daß die Obern geiftliches und weltliches
Standes die fehändlichiten Spiele an denen
Sonntagen zwar verboten, aber fonften über-
a zugelaflen, ja vecommendiret und durch öf:
fentliche Schlüffe und Geſetze authoriſiret ha—
bena). Der Herr Tave achtet zwar dieſes vor
ehr löblich, p. 180. daß des Sonntags wegen ein
erbot gefchehen, welches auch an und vor ſich
ſelbſt wahr ift: alleine, die Verftattung an den
andern hebet das Lob jenes Berbotes auf. Denn
was den Gottesdienft und die Andacht am Sonn»
tage hindert, das hindert fie auch in Werfeltagen,
und Fann ein Werfeltag fo wenig eine böfe Sa»
che gut machen, als der Sonntag ein gutes Work
böfe: Von denen Spielen aber it ſchon oben im
4. Buch alles zur Genüge nach dem Sinn der er
ften Ehriften ausgeführee worden.
16. Auf Sreffen und Saufen folgen insgemein
Kammern und Unzucht. Und diefes folgere auch,
leider! bey denen verfallenen Chriſten, wie theils
aus angeregten Zeugniffen erheller, theils ausan-
dern noch) Flärer wird. Go zjeuget einer von de:
— in Africa: “Wo iſt wol ein Platz
„in der Stadt, dernicht voll Unflat gewefen? wel:
„che Gaffe war nicht ein rechtes Hurenhaus? So
„gar waren in allen Straffen und Wegen Gruben
der Unzucht gegraben, und Netze vorgeftellet, daß
„auc) diejenigen kaum ficher feyn Fonnten, die ei:
„nen Abfcheu vor ſolchen Dingen hatten. Wer
„ivar mol unter dem Volke da noch feufch ? Ya,
„twas fag ich keuſch? Wer war nicht unter ihnen
6. Cap. Don ihrer Absoͤtterey, Zauberey, Aberglauben, Geiz, Tyranney ic.
Akne 847
„ein Hurer oder Ehebrecher, und zwar ohne Auf:
OR und Ende! Wenn man unter fo viel taus
„ienden hätte fuchen follen, wäre kaum ein Keus
„cher zu finden gewefen,,: Dabey er auch feßer,
daß die Sünden faft unter allen im Schwange
gegangen, welche Paulus Röm.ı, 26.27. vonden
enden gedenfet, und zugleich erweifer, daß es
die Epriften im Römifchen Reich nicht befier mache
ten, die Greuel aber der Carthaginenfer fo ers
fehrecklich befchreibet , daß einem faſt die Haare zu
Berge ftehen, wenn man es liefet, was da öffent-
lich, ungehindert und ungeftraft gefchehen iftr). In
den andern groffen Städten , fonderlich zu Nom
und Conftantinopel, gienge es nicht beffer ber, und
müßte man wol viel Zeit und Mühe anwenden ,
wenn man diefen Wuſt der Stunden aufrübren
und unterfuchen wollte, welche unter dem Deck—
mantel des Ehriftlichen Namens geberrfchet ha⸗
ben. Es ſtehet ausdrüclic in den Geſetzen des
Kanfers Zuftiniani, daß in feiner Reſidenz nes
„ben allen Kirchen Hurenbäufer gervefen fenn,,s).
Auch ift befannt genug, wie zu Nom und anders-
wo ſolche gemeine Aergerniffe mit Fleiß geheget
worden, unter dem ſchaͤndlichen Vorwand, als
wenn dadurch anderer Ungelegenheit abgehelfen
wide. In Summa, man fiehet an dem Ber
derbnif des Chriſtenthums von Anfang derChriſt⸗
lichen Kayſer fein Ende.
17. Bey fo geftalten Sachen nun kann man
ihm gar wohl einbilden, wie von denen Heuchlern
und Sorten die Frommen müffen ſeyn tractiret
worden, da dieſer zumal fo gar wenig mehr gemwes
fen. Daß die gottlofen Predi erdenen gottfeligen
Ehriften aus Meid und Seindfchaft alles Herzeleid
angethan haben, werden wir unten bey ihrer Miß—
gunft vernehmen koͤnnen. Ihre Machrolger aber
machtens nicht beffer , fondern hauften auch ihre
Sünden und Verantwortung damit, daß fie Chris
ftum in feinen Gliedern verfolgeten, läfterten,
fpotteten und vertrieben. Dannenhero bieffe es
mit Wahrheit, wie davon öffentlich geflager wur:
de: Es find fo wenig Chriften übrig blieben, daß
ihnen mehr vorgeworfen wird, welche feine Chri—
ftenfind, als daß fie denen follten verhalten fon»
nen., was ein Chrifte ſey. ange du nur an
Epriftlich zu leben, und ſiehe zu,obdirs nicht wer⸗
de vorgeworfen werden, und zwar von denen, die
mie
h %
0) Vid. Augufinus lib. VI. Confeſſ c. 2. Petrus Chryfologus Serm. 129. Gregorius M. lib. X.ep. z1.etce. p) Vid.
Chrifteph. Neander de Bacchanalibus,itemque Herren/chmidius lib. fingul. tum et I. 4. Crufins de Noch et noct.
offic. c. 19. Pol. Virgilus lib. II. Inu. c. 17. EN or zul de Feft. Chrift. pı 58. Gisb. Voetius Tom. 11. Difp. Se-
lked.n.100.$.7. g) Anthemiusl.c. Theodo
*
se; *
F oo. us du. C de Spedac. et I.5. Domin. Cod. Can. Eccl. Afric. c. 28.
x) Salnianns lib, VII. de Gub. Deip. 277. fegg. 9) Nowellaig. —
*
818
mit dem Namen und nicht nach dem Leben Chri-
ſten ſeyn t). Wer unter den Chriſten fleißiger
ſeyn will und froͤmmer, der muß von den Chri—
ften ſelbſt Verſpottung leiden. Es gibt viel
böfe Chriſten, die, wenn fie fehen, daß einer
fromm leben will, und unter den Trunfenbol-
den nüchtern, und unter den Hurern Feufc)
bleiben , fpotten fie ihn felbft , ob fie gleich)
auch Chriften feyn wollen. Da muß man
böfe Worte von ihnen leiden, wenn fie fa
gen: Du bift geroiß groß, du biſt gerecht,
du bift Elias, du dift Petrus, du bift gar
vom Himmel fommen ! Alſo muß man Spott
feiden, man wende ſich wo man Bin will u).
Ein anderer zeiget die grofle Gefahr dabey
an, morein fid) die Spötter und Berfolger
der Chriſten geftürzet haben, nemlich, daß fie
in ihnen den Heiligen Geift_geläftere, wenn
fie die Wirkungen und Früchte deſſelben
dem böfen Feind zugefchrieben. Welches denn
gefchehen , wenn man einen Menfchen , der
fi) der Gortfeligfeit befliffen, freventlicher Wei—
fe vor ehrgeizig angegeben , oder feinen gu⸗
ten Eifer falfchlid) einen Zorn genennet, und
dergleichen mehr aus bofem Argwohn ausge
fprenget x). Alſo war es nun in der allge»
meinen Berwirrung ein Kennzeichen der noch
rechtſchaffenen Chriſten, wenn fie von dem
meiften Haufen verachtet und verworfen wur—
den, da es hieſſe; Der Chriſto nicht ge:
„fälle, der gefaͤllet gewiß der Welt beffer y).
ı8. Aus diefem Grunde folgete, Daß Die
beyden Gefchlechte ftetig einander entgegen. wa⸗
ven, und da zuvor alle Ehriften in einem
Geiſt und Sinn gewandelt hatten, nunmeb-
ro lauter Uneinigkeit, Unruhe und Elend in
nerlich und aͤuſſerlich auf Seiten der Böfen
war. as machte, diefe hielten Die Kinder
Goôttes vor unfinnig, weil fie fih der Welt
nice aleich ftellen wollten. Der Schmwelger
verwarf den Mäßigen , der Geizhals den Frey⸗
gebigen, der Ehebrecyer den Keufchen,, der
Betrüger den Aufrichtigen, und ein jeder Biel-
te den andern vor unglücklich z). Ja, es bliebe
nicht bey bloſſen Meynungen oder Worten, fons
dern es entftunden die greulichſten Verfolgun—
gen, welche wir unten noch in etwas ſehen
werden. Die Frommen Flagten über Das ver—
derbte Weſen, und zeugten von dem Abfall,
der in der Chriftenheit gefchehen wäre. Das
8.23. Von dem Abfaͤll der Ehriften von der erſten Lauserfi.
wollten die Boͤſen und Heuchler nicht leiden,
fonderlidy aber diejenigen Lehrer, Die bey der Welt
beliebt waren, und Reichthum, Ehre und Be—
quemlichfeit zu verlieren hatten, * Da wurden
denn die Gewaltigen wider die Elenden aufgehe-
Get, daß es eintraf, was jener Flager: Wo
„iſt wol ein Ort, da nicht das Eingemeide der
„Heiligen von den Gemwaltigen gefreflen wird ?
„Denn auch diefe Halten fie vor verlaffen und
„wehrlos, weil fie fichentiweder nicht wehren wol⸗
„en nad) dem Vorfag ihres Standes, -oder aus
„Unſchuld und Demuth nicht koͤnnen; Daher
„niemand unter ihnen fiher ift, a).
allen aber fegte man denen feommen $eßrern am
grimmigften zu , ſowol auf Seiten ihrer böfen
Mitarbeiter, als derer, welchen fie ihre Webers
tretung verfündigen mußten. Weswegen auch
jener vedlihe Mann über die Falfchheit der Chris
ften zu feiner Zeit klaget: "Die Heuchler pflegen
„zwar öffentlich und vor den Leuten den Predigern
„die Hände zu füffen, ihre Knie anzuruͤhren, fie
„um ihr Gebet anzufprechen u. ſ. f zu Haufe
„aber und bey ihren Gelagen ſchmaͤhen und las
„ftern fie fie auf das greulichfte b). J
19. Endlich konnten auch diejenigen, welche
ſich ſonſt noch immer viel zu entſchuldigen pflegten,
nicht leugnen, daß bey dieſem Verderb die Aerger⸗
niffe unzäblig und ubergroß wären, auch unter
Heyden und Ehriften unausfprechlihen Schaden
anrichteten. Denn fie befannten diefes: "Man
„darf nicht meynen, daß es jemals daran mans
„gen werde, was Paulus fagt 2 Tim, 3, 12.
„Alle, die gottfelig leben wollen in Chriſto JEſu,
„müflen Verfolgung leiden. Denn wenn aud)
„Ruhe zu feyn ſcheinet von denen Aufferlichen Ber-
„rolgern, und auch wol maßrhaftig ift, welches
„ven Schwachen viel Troft bringet: fo fehlet es
„doch nicht an denen, welche die Herzen der From⸗
„men mitißtem böfen $eben quälen , weil der Ehrift-
„liche und Catholiſche Name durch fie gelaftere
„wird. Je lieber nun Rerjefhe denen ift, Die in
„Chrifto wollen gottfelig leben, je mehr ſchmerzet
ſie es, daß durch die Bofen inder Kirchegefchle-
„bet daß er nicht fo werth gehalten wird, alsfre
„me Herzen verlangen, c). Die Kirche iſt be
allen ihren Feinden zu Spott worden, das iſt, Die
jenigen, welche fib ſchon zum Glauben naͤherten,
werden gar zu fehr abgefchrecfet durch das böfe
und gottlofe Leben der falfchen Ehriften. Denn
wie viele wollten doch gerne Ehriften feyn, wer— i
den
t) Augufinus cone.3. in PL. XXX. Idem PC. I. in P.LXXXX. x) Baflius M. Reg. Contr. qu. 273. y) Hie-
ronymus Ep. 13. ad Paulin. 2) Alcimus Auitus lib. IIII. ad Sor.’p. 400. a) Salsianus lib. V. de Gub, Dei
p- 168. b) Chryfoftomus homil, iu Aquil et Prifeill. c) Auguſtimus lib. XVIII. de Ciu. Dei c, 51,
Unter
den aber durch die Bosheit der Chriften abgefchre-
det, Wie ſehr muß man doc) 634 daß,
wenn ein Menſch ſo vieles boͤſes Leben ſiehet, von
denen er doc) gute Hoffnung hatte, viele dadurch
noch böfer worden? Man beforget, es möchten
wol alle fo befchaffen fan, bi or fromm ge
halten Bat, und alſo kommen faft alle Gortfelige
mit in Berdacht d). *Diejenigen Ehriften ver-
„folgen die Kirche am meiften, welche nicht goft«
„ielig leben wollen. Denn um igrene willen wird
„ite geläftert, und von ihnen angefeindee, wenn
site beftrafet werden, wenn man fie nicht will
ottlos leben laſſen, u. ſ. w. e). Welche nun in
„ihrem Leben das nicht erweiſen, was ſie ſagen, die
„machen GOtt laͤſtern, daß die Unglaubigen, wel⸗
„che ihre Sünde noch lieb haben, nicht wollen
„Chriften ſeyn, und fid) durch dieſe Gottlofe ent:
Iſchuldigen, wenn fie ſagen: Warum willt du
„mich zum Cpriftenehum überreden ? Sch bin von
„einem Chriſten betrogen worden, und ich Babe
„dod) feinen betrogen: Es hat mir ein Ehrifte
Falſch geſchworen, und ich habe cs niemals ge-
„than. Alfo werden folche an ihrer Seligfeit ge
„hindert, daß ihnen nichts hilft, wenn fie zwar
„richt aͤuſſerſt gottlos, aber doch noch böfe
„find F).
20. Mächft diefem groſſen Seelenſchaden,
der von den Sünden folcher ruchlofen Heuchler
anderen armen Seelen entitund, war auch ihr eis
enes Gerichte zwiefach vor GOtt, wie es leicht zu
Ohliefen it. Es blieben auch zeitliche und- leib-
liche Strafen nicht aus, indem GOtt nebenjtdes
nen fonderbaren und einzelen auch groife und all»
emeine Sandplagen über die verfallene Chri—
mie fehickte, welche die Frommen annoch wol
le Wirkungen der göttlichen Gerechtigkeit er»
Eannten ‚ob fie gleich auf ihrer Seiten nicht vor eine
Sirafe zu achten waren. Den den Böfen aber
war meiſtens die Verſtockung fo groß, daß auch
olche ſcharfe Züchtigungen wenig oder nichts zu
Dee Bellerung helfen wollten, Ich müßte ein
qq h Idem in PEXNX. conc. 2. e) Ibid. cone. 3. f)
er Abgoͤtterey, Zauberey, Aberglauben, Beis, Tyranney, Derfolgung x
langes Regiſter machen, wenn ich alle diejenigen
Schickungen GoOttes erzehfen wollte, die di De
Sünde des Ehriftenvolfs willen in den Hiſto—
rien vom vierten Seculo an gelefen werden da ent⸗
weder durch heydniſche Verfolgungen der Chri⸗
ſten, oder durch groſſe Sandplagen, Hungere-
noth, ri ſchreckliche Kriege und derglei⸗
chen, ‚oder audy durch andere Strafen die Chris
ftendeit Heimgefuchet worden. Schen unter Con«
ſtantino erhub fich in Perfien eine ſchwere Berfol-
gung wider die Chriften, darinnen fie hart geprüs
feet wurden, und ihren fichern Brüdern im Roͤmi⸗
{hen Reiche wol hätten zum Spiegeldienenmögen,
Es währete aber nicht. lange, fo ſchickte GITT
ſchon am Ende des vierten Jahrhunderts in Orient
und Derident die greulichiten barbarifchen Voͤl—
fer, alsdie Hunnen, nachmals die Gothen, Wan:
dalen und andere graufame Mationen, Diefe
brachen, wie ein aufgehaltener Strom, auf allen
Seiten in die Chriſtenheit ein, verheereten und
verwuͤſteten alles, und rotteten an unzähligen Ir:
ten die Chriften faft gar aus. Ya, es über
ſchwemmte die Barbarey dermaffen alle Chrifttis
che Derter, daß fie in dem geringiten ihnen ſeloſt
nicht mehr aͤhnlich fahen, und wolrecht ein Schau«
fpiel und Spruͤchwort, wie zuvor die Yüden, allen
Voͤlkern wurden. Die Zerſtoͤrung Jeruſalems
iſt ſonſt ſehr beruͤhmt: Aber gewißlich, es iſt unzaͤh⸗
ligen Städten in der Chriſtenheit nach und nach
nicht bejfer ergangen, nachdem fiees auch in ihrem
geben nicht beffer gemacher haben. Und haͤtte auch
wol ein Ort ſchrecklicher fallen und verwuͤſtet wer⸗
den koͤnnen, als endlich das Haupt der Griecht
ſchen Kirchen, Conſtantinopeh erfahren mußte?
So praͤchtig als Conſtantinus M. felbige Stadt
zu bauen angefangen, fo erbärmlich hat fieein ans
derer Eonftantinus zufame feinem teben verloren,
Welches billig anderen, die ſich mit ihr in gleicher
Sicherheit des. Chriſtenthums ruͤhmen ‚ um
merklichen Erempel dienen muß, da ihre Stra⸗
fen nicht geringer alsihre Sünden feyn werden,
Idem än Pf. 25.
‚849
Das
|
850 x: (o') —
D087. Kapitel, Me +
Bon dem Verderb des Predigtamts insgemein, und ir
fonderheit von dem unrechtmaͤßigen Beruf dazu unter
Ä dem Derfall, —
EN)
—
Summarien.
De Verderben im Predigtamt : des Autoris Abſehen hierbey. F.1. Unzaͤhlige Klagen der Alten vor Conſtantino wa⸗
ren nur zuweilen einige boͤſe Lehrer, nach demſelben diemeiften. 2. Auch zur Apoſtel Zeiten waren einige böfe Arbeiter,
das Geheimniß der Bosheit aber konnte unter dem Druck der Verfolgungen nicht auſkommen, mie hernach geſchahe ben guten
Tagen; Klage Origenis und Cypriani: 3. am allermeiſten offenbarten ſich die Greuel unter und nach Conftantino. 4.
Biel Prediger waren Wölfe und Berfiorer in den Gemeinenz s._ herzliche Klagen Über verkehrte Priefter; 6. Martini eis
nes frommen und treuen Predigers Verfolgung , ingleichen des Audit: 7. Schwere Klagen über die Aufſeher; 8. Auguſti⸗
mi Behurfamkeit im Klagen um der Donatiſten willen ; Salvianus erfennet den Verderb gründlich. 9. Dom Eingang bö⸗
fer Hirten ins Lehramt; 10. ſtehen einander noch ben feben nach dem Ant, reifen das Amt zu ſich, ſind mit der eriien Res
puls nicht verandgk, ır. beſtreben fich nach beſſern Dienften: 12. Fehler derer, die ermählten und beruffen. 13. In der ers
fien Kirche gieng alles ganz anders zus dort wurden die meiften zum Amt gezwungen, bier kommen fie durch Spendiren dazu,
daher verforen die Gemeinen das Recht zu waͤhlen: 14. Ernfliche Verbote wider ſolche Greuel 15 MStrafen der Sime⸗
nie; die erften wahren Chriſten waren davon frey. 16. Entſchuldigungen der Simonie helfen bey EOtt nicht. 17. Etli⸗
be ſuchen durch Freunde und Verwandte ins Amt zu kommen: ı8. Imverffändige Kinder werden zu Aemtern befördert, Die
Eompetenten gerathen In öffenslishen Streit und Blutvergieſſen; Exempel davon: 19. Dergleichen Bosheit nicht uͤberal
ausbresben dürfen. 20.
§. 1
dachten Zuftandes wende ich mid) nun zu
dem fonderbaren Beweis der damaligen
Verderbniß unter den Ehriften von Conftantino
M, an und in den folgenden Zeiten. Alwo denn
zuförderft nöchig ſeyn will, Daß ich den Anfang
von den $ehrern felbiger Zeiten mache, und ausge-
wiſſen und unverwerflichen Seribenten unterfä-
che, ob fie mitdem Grundder erften reinen Lehrer
in Lehre und Leben überein fommen oder nicht.
Daben ich denn mit Beftand der Wahrheit und
gutem Geiviffen verfichern kann, daß mein Abſehen
durchaus nicht fey, Die alten Lehrer oder durch fie
andere unfchuldiger Weife zu ſchmaͤhen oder zu vers
leumden ; fondern wie ich zuvor den Ruhm der
wahren Lehrer in den erften Gemeinen nicht ver-
ſchwiegen, alfo ift mein durchgehends beftändiges
Vorhaben, indem übrigen viel weniger die Wahr-
beit zu verfehmeigen, je nöthiger es ift, aus dem
Gegenſatz die Herrlichkeit des ‚erften Chriſten⸗
thums zu erfennen. Esiftaud) mein Borfag aar
nicht, von allen und jeden Lehrern oder Chriften
inggemein und ohne Ausnahme diefes oder jenes
zu fagen, fondern nur von denen, welche ſich alſo zu
S on der allgemeinen Befchreibung des ge-
den verderbten Zeiten erwieſen, daß fie von den
Scribenten unter die Zahlder verfallenen Chriſten
mit Hecht gefeget worden. Denn baß ihrer ſehr
viel aus Dlefen Jahren, darinne das Chriſtenthum
verborben worden, noch rein, Beilig und mit den
erften Chriſten einſtimmig gewefen, zeigen die viel⸗
faltigen Zeugniffe in den vorbergehenden Buͤ—
chern, Jetzo beziehe ich mich auf die im Anfang ge=
fegten Urfachen, und berichte ferner, wiebishero,
freulich und nach der Wahrheit, was ic) bey den
Alten von dieſen Sachen finde. —
2. Zwar kann ich die faſt unzäßfigen Klagen
der Alten über ven verderbten Lehrſtand un:
moͤglich in diefes enge Buch bringen, fondern ich
mill nur Bier und dar aus den fuͤrnehmſten u
annochredlichen Lehrern etwas anzeigen, was zur
Erläuterung der Sache dienen mag. Sonſt
würden viel Volumina niche zureichen indem
eben Bierinne der offenbars Unterfcheid zwiſchen
den Zeiten vor und nad) Conftantino ſich weiße,
weil vor Eonitantino zwar auch zumeilen einige
untreue und boͤſe Hibeiter in den Gemeinen gewe⸗
fen, aber bald durch die einbrechenden Verfol⸗
. . gun,
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1.Cap. Dom Verderb des Predigtamte inegemein ‚und infonderheit vom Berufec. 8st
gungen gezlichtiget oder gar abgerhan worden.
Unter und nach Conftantino aber ift die völlige
Verderbniß bey tehrern und Zußörern dermaffen
eingeriifen, aß die allerwenigiten dabey rüchtig
zum Reich GOttes blieben find. Dahero ſiehet
man bey denen Scribenten, daß von jenen Zeiten
immer bedingungsmeife, und entweder von Ve:
nigen Perfonen oder von diefer oder jener Furzen
u geredet, von diefen aber überhaupt und ohne
usnahme meiſtens geklaget wird; alfo daß die,
fo fih noch um den Schaden Joſephs bekuͤmnert
ehabt, ſo wehmuͤthig ſich dabey bezeigen, als ob
kein Mittel noch Rath zur Beſſerung erſehen,
nachdem die Macht der Finſterniß täglich mehr
einbrach. Wir wollen aber beyderfeits ihre eigene
Worte anfehen, und zwar erftlich, wie fie insge-
mein, ein jeder zu feiner Zeit, von allen Saftern
der Lehrer flagten, ſodann wie fie eine jede Sünde
derfeiben infonderheit befchrieben haben. Da ich
denn alles treulich erzehlen werde, ſowol, als die
Alten felber auf frifcher That damals davon zu
fehreiben fein Bedenfen getragen, und dennoch
denen, bie fich folder Anflagen nicht fchuldig ge=
mußt, damit weder Berdruß noch Schaden ges
than haben.
2. So ift demnachnicht zuleugnen, daß unter
den Lehrern auch bereits zur Apoftel Zeiten eini⸗
ge, wiewol fehr wenige böfe Arbeiter gewefen,
welche aber Durch fleißiges Wachen und Ermah-
nen der Apoftel und ihrer Jünger von ihrem
Ausbruch zurück gehalten worden, alfo daß, wie
wir oben im 2. Cap. $. 6. und fonften gefehen, kei⸗
ner zur offenbaren Ausübung feiner Bosheit ge:
laſſen worden. Es ftehen bin und wieder Kla-
gen der Apoftel über den fleifchlichen Sinn, Hoch—⸗
muth und andere Laſter einiger einzelen“ Perfo-
nen, denen jene gewaltig durch die Kraft des
Worts widerftanden. Man wollte auch oft
aus denen, die etwa fonderbare Gaben hatten,
roider ihren Willen etwas groffes machen, da-
ber denn Spaltungen und Reiten famen, tie
onderlic) aus Pauli, Johannis und Judaͤ Bries
Ken befannt iſt. Bon derangehenden Hoffart der
Roͤmiſchen Elerifey wird bey dem Streit vom
Oſterfeſt und fonft gedacht. In Summa, das
Geheimniß der Bosheit fieng ſich gleich —
anzuregen, und wollte ſich gleichſam ſchon als ein
Kind aus ſeinen Banden heraus wickeln und ans
Lcht kommen, es zeigte ſein Leben an, ob es gleich
viele nicht merketen, da es ſich unter dem Schein
des Amts und der Lehre verbarg, welches Paulus
*
a) Homil. 2. in Num. b) Homil. 25. in Mattk.
nn 2
wohl fahe, und den Ausbruch zuvor wußte, 2 Theil.
2,7. ©» lange aber die Gemeinen unter dem
Druck der Verfolgungen blieben, und die Fein-
de immer mie Feuer und Schwerdt, wie auch mit
Vorwurf und Säfterung Binter dem Fleiſch und
Blur her waren, durfte ſich diefes nicht regen.
So bald aber, als es etwas Luft befam, und nur
einen Augenblif Ruhe und Bequemlichkeit has
ben fonnte, war es um den Ernſt des Chriſten⸗
thums gefchehen. Moch vielmehr aber ftellte der
Satan den Borftchern der Gemeinen nach, je
beffer fie erwa von gutherzigen Chriſten im Zeit«
lichen verforget wurden zur Dankbarkeit für ihre
Mühe, und je mehr Kefpect und Ehrerbietung
man ihnen vor anderngeben mochte, Da waren
nun ihrer viel zu ſchwach und ungeuͤbt, daß fie
nue wenige gute Tage hätte oßne Schaden era
fragen fönnen? Die Berfuchungen waren oft
vielen fo ftarf, daß fie darüber in viel thörichte
und ſchaͤdliche Luͤſte verfielen. Und diefes Fla«
et nun ſchon im 3. Seculo von einigen Lehrern
tigenes, wenn er fehreiber: "Meynft du wol,
„oaßdiejenigen, weiche Priefterfeyn wollen, und
„ihnen deswegen etwas einbilden, mach ihrer
„Pflicht einhergehen, und alles thun, was ihren
„Stande zukommt? Desgleichen auch die Dies
„ner, meynſt du wol, daß fie nach der Ordnung
„ihres Dienfts einher gehen ? Und woher fommes,
„daß mir offe hören, wie die Leute laͤſtern und fa:
„gen: Siehe, was iſt das vor ein Biſchof, oder
was ift das vor ein Aeltefter oder Diener,, 2)?
Undandersiwo, da er vonden Worten Maeth, 23,
2. redet: "Mach der Zukunft EHrifti figen fie auf
„oem Stul der Gemeine, weldyes iſt der Stul
„eHrit. Wie aber auf dem Stul Moſis die
„Schriftgelehrten und Pharifier zur Ungebuͤhr
„ſaſſen, und diejenigennur mit Recht, welche das
„Geſetz recht verftunden und lehreten: Alſo fißen
„auch auf dem Stul der Gemeine etliche, und
„ſagen, was ein jeder thun folle, thuns aber ſelber
„nicht, ſondern binden und legen ſchwere Laſten
„auf die Menſchen, ruͤhren ſie aber ſelbſt nicht
„mit einem Finger an. (Dazu er die Gebote
„rechnet vom ledigen Stand, vom Unterſcheid der
»Speifen.) Man fiehet oft, daß diejenigen, die
„folches lehren, gerade das Gegentheil wider ih⸗
„ce Worte thun, indem fie um der Menfchen
„willen, und aus Ehrgeiz alles tfun, b). Mach
diefem führet aud) Eyprianus gar eine ſchmerz⸗
liche Rlage, wenn er zeiget, wie bey nachlaffen«
den Berfolgungen die re meijtentheils in Sie
cherheit gerathen gewefen, darauf auch nach«
Ppppp2 “ mals,
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78:8. Von dem Abfall der Chriſten von der erſten Lauterkeit.
mals, wenn man den ganzen. Verlauf beden—
fet, die Spaltungen mit den Novatianern und
andere Streitigkeiten herkamen. Er fehreibet aber
alfo, nachdem er. die Urfachen, nemlich die Auf
ferliche Ruhe, angezeiget hat, und. zugleich wie
der HErr diefem Uebel durch zugeſchickte Trübfalen
abacholfen Babe: “Es war bey den Lehrern Fein
„andächtiner Gottesdienft, bey den Dienern fein,
„lauterer Glaube, inipren Werfen Feine Barm⸗
zberzigfeit, in ihrem geben feine Zucht. Biel Auf
»feher, die den andern follten mit Ermaßnungen
„und Erempeln vorgehen, verachteten Die ‚güft-
„liche Worforge, und legten fid) auf weltliche
„Sorgen, verlieffen ihre Sehrftüle, giengen von
ssihren Gemeinen, zogen in fremden Dertern ber-
„um, und fiengen einen geroinnfüchtigen Handel
„an, Famen den hungerigen Brüdern in der Ge—
„meine nicht zu Hülfe, waren gefögeizig, viffen
Aecker und Güter mit Betrug zu fi), wucher-
„ten und überfegten die Leute c).
4. Diefes find die Klagen faft alle, meines
Willens, die wir. von den Schrern in den erften
Seculis finden, oßne was Eufebius nachmals kurʒ
vor Conftantini Regiment von derfelbigen Hof
fart und Zanffucht gedenket, wenn er fehreibt:
9 Die Auffeher fielen einander an, und die Ge:
„meinen wurden unter. ſich uneins : Daher
„Fam eine verdammliche Heucheley und Verſtel⸗
„lung, die bis auf den Köchften Grad der Dos:
sbeit ftieg. Diejenigen, fo unfere Hirten heif-
„ten follten, verwarfen die Negel der Gottfelig-
„feit, und plagfen einander mit Zanf und Streit,
„ein jeder fuchte feinen Ehrgeiz zu fättigen: Da
machte der Herrn Sion zu (djanden,, d). Aber
am allermeiften offenbarte fi) Das Gebeimniß der
Bosheit unter und nad) Conftantinv; . wie wir
nicht allein bald nach allen Arten der greulid)-
ſten Sünden und Laſter fehen werden, fondern
auch hie insgemein etwas. berühren wollen.
Wobey denn eben die Urfachen, welche eben im
2, Cap. gezeiget worden, vollig gelten, wie es
einem jeden leicht zu ermeflen ift, ver die Wahr-
heit liebet. Es ift aus der Zufammenhängung
der Hiftorien diefes 4. Seculi befannt,, wie nicht
allein aus denen Lehrern erfilic) die. groͤßten Irr⸗
thümer entftanden, fendern aud) Daher die aller-
greulichſten Streitigfeiten wegen der Arianer,
Danatiften und Photinianer,, Macedonianer
und anderer Fonımen find. Dabey das arme
—
e) Serm. de Läpfis. d) Lib. VIIL Hift. Ecel. ©. 1. e) Theodoretus.lib. 1. c. 24. H.E. f) Centuriat, Mag-
dch, Cent. Vi, €. 7- p. 273. 8) Parens Med. Hiſt. Ecel. p. 199. byEpift, ad Chorepiſe.
Volk wenig oder nichts gethon, und die ſhreck
lichen Spaltungen, weil ſie gemeiniglich überge-
wiſſen Nedensarten und Worten gervefen , nicht
verftanden, fondern.in allem mit fich müffen hans
dein lafjen, tie es den Oberen gefallen, Es fe
Get ein alter Hiftoricus von felbi eiten auge
druͤcklich: Die Clerifey habe viele unter fich
„gehabt, welche der Kegerey theilhaftig Ri
„da i — Ber mes — un Volks der
„wahren Lhre gefolget ſey, ©). Da wurden
fo viel Schluͤſſe, Glaubensbekenntniſſe u
das
Defehle von allen Parteyen publicire, die
Volk verwirreten, und in diefe oder jene 1
rechtigkeit mit zu verwickeln fucheten. ih _
der ſchrecklichen Yergerniffen gefchtveige, welche
aus fo übler Bezeigung der Lehrer entjtunden,
welche zuletzt vorkommen werden, ——
5. Ufo gab es nun um dieſe Zeit ſehr vi
Wölfe und Derflörer in 3 ——
wie die Hiſtorici Davon reden, nicht allein die, fo
mit Serthümern die Heerde verwüfteten, ſondern
die auch durch ihre Sünden und Aergerniſſe
größten Schaden zufügten d Denn es wi
bereits im Anfang des 4. Seculi gedacht, wie
diejenigen, fonod) treu und redlich gewefen, viel
DBofes aus dem Predigtamte hinaus zu ſchaffen
gehabt, als unter andern dem Auffeher zu Kom, r
Sylveſtro, nachgeſaget wird g). Der fromme
und. vortrefliche Lehrer Baſilius führer zu feine
Zeit viel Klagen über das verdorbene Predigt
amt, und fehreiber unter andern folgender maf
fen, wenn er den damaligen Zuftand mit dem vo⸗
vigen vergleichet: “Bor diefem mar die Ge—
„wohnbeit, daß, man Feine Diener der Gemei—
„ne GHttes zuließ, wenn fie nicht aufs allerges
„nauefte geprüfet werden waren, und ihr ganz.
„505 geben mit Fleiß unterfucher gewefen, dan
„fie Die Heiligung recht befordern Fonnten, ohne
„welcye niemand den, HErrn fehen wird. Ihr
„aber habt die Sache mit der größten Nachläßig-
„feit abgehandelt, und laffet diejenigen in die
„Gemeine einfchleichen aus Affection, weil fie
„fie euch verwandt oder fonftlieb find, ob fie gleich
„nicht wuͤrdig und viel weniger genau geprüfee
„worden, bh). Diefe Klage wiederkolet er an—
derswo ofte, und zichet fie auf die Bifchöffe ſei⸗
ner Zeit,, ja er faget ausdrücklich, “man hebe
„nun die wahre Schre aus den Gereinen auf,
„man feße ihnen goftlofe Aufſeher und Lehrer vor;
r „ja
>
*
*
„redete,
„ja. die Bifhöffe ſuchten noch ihre Meynungen
Sie Auhrabe und Mord zu behaupfen,,, und
was dergleichen Greuel mehr waren, die hernach
in fpecie vorfommen werden i), ı Sein guter
Freund, Gregorius Nayianzenus, klaget nicht we⸗
niger über die maſſen oft und bitterlich über fol:
chen Berderb: «Man fuche nun nicht mebr rech⸗
ste: Prieſter, ſondern kuͤnſtliche Redner; nicht
Seelſorger, ſondern ſolche, die das Geld wohl
„verwahren fünnten; nicht reine und untadeliche
Prediger, fondern ftarfe Helfer, k). Wobey
ein gelehrter Mann, der Furz nach Luthero ges
lebet Bat, ſetzet: “D wollte GOtt, daß diefes auch
„richt zu unfern Zeiten acfhähe,, 1)! Anderswo
vergleiche er eben diefe Zeiten mit den erften:
Bor diefem waren unfere Sachen in aufem
or, da die überflüßige und betrügliche Art der
„zbeologie, wie fie durdy die falich berühmte
unft und das_eiteie Seſchwaͤtz verdorben ift,
„in göttlichen Dingen nicht einmal zugelaffen
„ward; fondern es war damals einerley Suͤn⸗
de, ob einer die leichtfertigften Spiele trieb, oder
„fonft einen Gaufler und Tafchenfpieler agirte,
„oder. ob er etwas curiöfes von GOtt hörte und
Hingegen orig man eine einfältige
„und aufrechte Reinigkeit der Lehre. Aber nach—
„den die Begierde zu mwiderfprechen und zu zan⸗
„fen in die Gemeine eingeriffen ift, o welcher Ne
„temias wird unfere Verwirrung und Verfinſte⸗
„rung genugfam beweinen, der alle feine Klag—
„lieder dem Sammer gleich machen kann m)!
6. Eben daſelbſt gedenket er derer Seelſor⸗
wort, weiche als unächte verkehrte Priefter des
„
mes nicht werth wären. Denn fie brächten
„nichts ins Amt, was darzu gehörete; fie ar
„beiteten nicht darinnen etwas Gutes zu crlan-
„gen; geftern wären fie die gottlofeften Buben
eweſen, heute wären fie Priefter; geſtern hät:
„ten fie noch von Feinem Gortesdienft gemußt,
„heute follten fie darinnen der andern ante
—F n), Und was dergleichen unzählige Be—
fohreibungen bey pn und andern mehr find, die
ich der Kürze halben übergehe, da er fonderlich
ganze Carmina von den böfen Predigern gemacht,
und über ihre Bosheit, die fie auch mider ihn
veruͤbet, geflager bat, Des vortreflichen und ei«
derb des Prediatamte, und infonderheit vom uncechmäßigen Beruf. 853
ferigen Lehrers Chryſoſtomi Schriften find ganz
angefüller mit dergleichen Rlagen, und fönnte man
ein eigen Buch damit anfülfen , wie ſchrecklich es
zu feiner. Zeit unter der Cleriſey mag zugegans
gen ſeyn. Mur etwas zu gedencken, fo vedet ihn
ein Diaconus, Serapion, im Anfang feines Ams
tes alfo öffentlich an: Du wirſt diefe Leute
„(nenne Damit das ganze Minifterium zu Con⸗
„itantinopel,)nimmermehr recht regieren koͤnnen
„wenn Du nicht einen Stab nimmft, und jageft
„ſie alle Hinaus,, o)! Als er nun Den ſcharf
auf ihre Händel achtung gab, beſchwerten fie fich
heftig über ihn: Diejenigen, fo er ihrer Suͤn—
den megen aus der Gemeine ftieß, besten das
Volk wider in aufz werben. viel ſchreckliche
Actiones zu erzehlen wären, fonderlich was er
von Epipbanio und Theophilo ausgeftanden,
und endlic) gar das Land räumen müflen, wenn
es die Zeit litte p). Er felbit fagte ofte öffentlich
in der, Gemeine: *Wrſtlich fanger die Finfter«
„niß der Bosheit bey den Weltleuten und ges
meinen Chriften an ftarf zumwerden. Wenn
„du aber jeßo ſieheſt, Daß die vornehmſten Priefter
„von der Mache und Finfterniß der Bosheit er⸗
„griffen find, wer zweifelt dran, daß das Ende
„ver Welt da fen, 9)? Welches er denn anderss
wo bezeuget, daß es ſchon unter Conſtantino an⸗
gangen fey r). Wiederum befchreiber er den ges
dachten Zuftand alfo: “Es find viel Priefter,
„aber wenig rechte; viele nach dem Namen, we⸗
„nig in der That. Ein böfer-Priefter häufer bey
„feinem Amte nur feine Sünden, nicht feine Ehe
„re, u. ſ.w. 5).
7. Dergleichen Erempel finden ſich nun mehr
um felbige Zeiten, wie der Specialbericht aus«
weifen wird. Martinus ift nad) aller Geſtaͤnd⸗
niß ein frommer und treuer Hirte gewefen ; dies
fen aber haben eben deswegen die andern fo ges
nannten Geiftlichen heftig verfolge. Denn, (wie
es einer befchteibet,) “fie feindeten dasjenige in
„ihm an, was fie bey fich feibft niche fanden und
„ihm auch niche nachtkun Fonnten. Und, o eine
„grauſame Sünde, die man billig beweinen fol!
„es waren Feine andere feine Berfolger, als die
„Kirchenvorftcher,, ı), Sieronpmus Bat nicht
weniger fehr frey und wahr von den Saftern der
Ppprp3 Cle⸗
i) Lib. de Spir. S. et alibi. Conf. Cazal. Tefl. Verit, p. 44. k) Orat. ad CL. Epiſe. 1) Mich. Neander gent.
Pat. Gr&c. m) Orat. de Athanaf. n) Grat cit.
0) Sorrares lib. VI. c.4. p) Idem ibid, 9) Homil, 34,
x) Homil, 49. s) Homil. 43. t) Sulpirins Seucrus lib, de Vit. Mart. fin,
854
Gierifey gefchrieben, damit er nicht weniger grof-
fe Feindſchaft verdienet hat. Wie ein Scriben-
te ſolches um felbige Zeit anmerfet, und es vor
gefaͤhrlich Hält, die Wahrheit davon zu fagen,
weil man bey den Minifteriis nur, wie Sierony⸗
mus, Haß und Verfolgung verdiene u). Ge—
ftale fich denn auch der fromme Martinus eben
deswegen von der Converfation derfelben entzo-
gen und gar nicht mehr zu ihren Synodis kom—
men ift, weil er einen fo groſſen Schaden an fei-
ner Glaußknskraft empfunden, wenn er unter die
weltgefinnten und fleifhlichen Kirchendiener ge-
on muͤſſen. Solche Zeugniſſe wurden nun
Klon damals denen verfallenen Minifteriis dar⸗
gelegt, damit fie fi) ändern und beſſern moͤch—
ten. Alleine, an ftatt daß fie von felbft ihren
Abfall erkennen hätten follen, fo nahmen nicht
alleine die wenigften folche Erinnerungen an, fon-
dern verfolgten, verläfterten und verfeßerten noch
darzu diejenigen, weldye dergleichen von ihnen
befannten, Und diefes geſchahe nun den vor-
nehmſten, geleßrteften und Flügften Lehrern
aus ihrem eigenen Orden, wie man an Baſilio,
Chryfoftomo, denen Gregoriis, Martins und
andern ſiehet: Dahero nicht zu verroundern war,
daß es den geringeren nicht beffer gienge ; wie wir
unten bey den Kegern fehen werden. Ein ein-
zig Erempel aus diefem Seculo zu ermehnen, fo
erzchlet der ſonſt ſehr partepifche Rpiphanius von
Audio folgendes, welches uns ein Bild der ibri-
gen Zeugen von dem verderbfen Predigerftand
geben Fann: “Er war wegen feines unfchufdigen
„‚sebens und Eifers vor den göttlichen Glauben
„fehre berühmt. Da er nun einige Dinge fü
„be, wie es in der Kiechen zugieng, feheuete er
„ich nicht, die Auffeher und Xelteiten ins Ans»
„geficht zu beftrafen, zu ſchelten und ftets zu er»
„innern, und ſprach: Das muß nicht fo feyn !
„biefes und jenes muß man nicht fo machen!
»Das hätte nach der Gottfeligkeit alfo gefchehen
„follen! u. f.w.als, wenn er einen geizigen Pfar⸗
„er ſahe, ſchwiege er nicht; welches denn de—
„nen ſehr beſchwerlich war, welche Fein gut te-
„ben führeren. Daher werd der gute Mann
„‚fehr verläftert, litte aber doc) alles mit Geduld,
„und blieb lange Zeit in der Gemeinfchaft der
„Kirchen, bis ihn etliche ausftieffen. Er aber
Kunde auch diefes willig aus, und war der Wahr⸗
„heit noch eifrigft ergeben, Wellte fih auch
„nicht gerne von der Gemeine trennen laffen.
„Aber weil er mit den Seinigen fo gar oft und
„ſehr gefihlagen wurde, und allzuviel ausſtehen
„mußte; fonderte er ſich endlich ab, und viel an⸗
„dere mit ihm, ob er gleich nichts unrechts in ſei⸗
„nem Glauben jhatte, fondern mit famt den an:
„dern ganz rechtglaubig war, u.f fx). Aber
hievon unten mit mehrerm. *
Im Anfang des 5. Seculi und I
finden fich vergleichen fchwere Klagen mehr‘
denen, die damals lebten. «Man fabe alles
„durd) die Uneinigkeit der Aufſeher verwirret und
„vermenat, fie haften alles mit einander verder⸗
„bet Durch ihre Feindfchaft, parteyifche Gunſt,
Furchtſamkeit, Unbeſtaͤndigkeit, Neid, Meus:
terey, Unzucht, Geiz, Hochmuih, Faulheit u
„ff Die meiften ſetzten ſich wider etliche mes
„nige, Die noch etwas gufes riethen, ftritten wi⸗
„Der fie mic den unfinnigften Anſchlaͤgen und Hals»
„tarrigen parteyifchen Gemuͤthern: da inzwi⸗
ſchen die Gemeine GOttes und ein jeder redli-
„cher Mann verläftert und verfportet wurde, y).
Diefes war zimlich deutlich von dem Minifterio
felbiger Zeiten geredet, und dennoch) wahrKaftig
und aus der Erfahrung, folglich auch ohne einiges
Berftoffen, fondern nach dem Willen GOttes,
der dem Volk feine Sünden anzuzeigen befoh-
fen hatte. Wiewol indeffen ſolche Leute keinen
Danf, viel weniger austraͤgliche Kirchenaͤmter
damit !perdieneten, wie man durchgehends
in ihren Sebensbefchreibungen anmerfen kann.
Viele Haben aus Menfchenfurcht ſolche Zeug«
niffe unterlaffen, oder, wenn fie ja eine oder
andere böfe Action der Prediger erzehler, das
8:3. Von den Abfall der Ehriften von der erften Aauterkeit. an
Judicium den Leſern übergeben, daraus fie der⸗
gleichen Schlüffe machen Fonnen, wie jener Theo»
logus feibft bey einer folchen Hiſtorie diefe Erin:
nerung dazu feßte: Siehe doch, goftleliger Le⸗
„fer, was vor eine Bosheit unter den Menfchen,
„auch bey etlichen Theologis Kerefche, z)! Ihrer
viele aber hat GOtt nody erwecket, welche den
Greuel der Verwuͤſtung ungefcheut und mit Ge-
fahr Leibes und Lebens entdecket haben, auch wol
ganze Bücher davon gefihrieben, wie der Cata-
[ogus von den Zeugen der Wahrheit aus denen
folgenden Seculis ausmeifet, und in dieſem felbft
des Profperi erites Buch von dem befchaufichen
Leben. Wie ärgerlich und verführifch der vorher-
gehenden und damaligen Geiftlichen ihr Leben
meiftens mag gemefen fen, laßt ſich daraus
auch fehen, weil fid) ein Seribente ae
au
u) Idem. Dial. I. c. 4 x) Epiphanius Her. LXX. n. I. y) Sulpitius Seuerus lib. II. Hifi. S. fine. z) Ofan-
der Cent. V. H. E.lib. III. e. 19.
*
2.Cap. Dom Derderb des Predigtamtsinsgemein, und infonderheit vom Beruf xc. 855
auf eine alte Lehre beruft, Fraft welcher einem,
der in der Einfamfeit GOtt recht dienen wolle,
verboten fey, mit einem Kirchenvorſteher umzu⸗
gehen, “weil fie nur die reine Betrachtung beili-
Iger Dinge durch ihren Umgang binderten a).
9. Um felbige Zeiten giengen die Kirchenlehrer
überaus Ad in folchen Ben; da fonder:
lich die Donatiften auf ihr Leben genau acht hat-
ten, und am meiften ſich an dem Leben der Pre-
diger ärgerten. Diefes ſiehet man fonderlich im
Auguftino, der zwar zum öfteren den Berfall des
Predigtamts befennet, aber doch das meifte auf
alle Weiſe zuzudecken ſuchet. Als, wenn er in
einem Brieh, dariunen er viel von der Trun—
Eenheit, Zankſucht und Betrügerey ſowol der
Lehrer als Zuhörer in Africa klaget, und darbey
ausdrücklich befennet, Hesmwäre viel von ihrem $es
„ben und Wandel mit Thranen zu beweinen,,:
gleichmwol aber dem Biſchof Aurelio den Rath
gibt, er follte die ihm angerbane Ehre nicht ganz
ausfchlagen, um derer toillen, welchen er fonft
nicht wohl rathen fönnte, wenn er durch allzu grof-
fe ae gar zu gering würde b), Wie er
denn auch fonft denen gedachten $euten defto mehr
zu widerfprechen ofte behaupten will, daß die
zweyerley Arten der Hirten (böfe und gute,) not
wendig in der Welt fern müßten, fo lange fie ftün-
de ce), Womit er, anderer Dinge zu geſchwei⸗
gen, zugleich gefteher, daß auch zu feiner Zeit viel
böfe Hirten gewefen, woruͤber er auch ſonſt zu
klagen fich nicht entbrechen kann. Wovon aber
unten an feinem Ort folgen wird. Es machten
ibm aber ſolche böfe Arbeiter bisweilen viel zu
fchaffen, und überzeugten! ihn zum mwentaften mit
den Früchten ihrer Werfe, daß der Schade da-
von nicht fo gering wäre, als er fich wol einbilde-
te: Dabero er audy gezwungen ward, ſich von
ihrer Gemeinſchaft abzufondern, wie er eins:
mals mit einem leichrfinnigen Bifchof that 9).
Sonften erfannte den fchredlichen Berderb Sal
vianus gründlich, wenn er nicht allein von den
Mönchen, fondern auch von den Leviten, Aelte-
ften und Biſchoͤffen Flagte, daß die Profeßion,
die fie von der Heiligkeit machen wollten , fie bey
ihren Sünden nur mehr befchuldigtee Denn
die $after, als der Geiz, fünden fich nicht allein
bey den Weltleuten, fondern auch bey denen, die
ſich geiftlich nennten. Es fey ein vecht Aben-
theur, und ganz fchrecklich, daß es auch bey ihnen
eingeriffen waͤre, u. ſ. w. e). Und ein anderer be=
fihreibet fie kurz: Sie find in ihrem Amte faul,
„ion Widerfprechen hurtig, im. Lehren nachlaͤßig,
„im Aufwiegeln gefchäftig, in der Liebe kalt, in
„Meutereyen ftark, in Haß und Feindfchaft bes
„ständig. Sie unterftehen ſich die Gemeine zu
„regieren, die felbft von andern Alters halben re—
„gieret werden follten,, f), Bon foldyen Perfüs
„nen mochte es wol in Bergleichung der unfchuls
digen Heerde Beiffen, was Hilsrius in dieſem
Seculo insgemein Kinfchrieber: "Man befindet
„gemeiniglich, daß die Herzen der Zubörer reiner
„find, als die Lippen der Prediger 8).
\
10. Zu denen folgenden Seculis will ich mich
nicht wenden, fondern nunmebro # dem Spe-
cialbericht forrgehen, darinnen nad) allen Arten
der Sünden das Leben der meilten Lehrer unter
dem verderbten Chriſtenthum von denen Alten
befchrieben wird. Denn wiedas eben der from⸗
men $ehrer oben überhaupt aus vielen Exempeln
und Zeugniffen fummarifch abgebildet worden,
alfo daß ans unterfchiedlichen Erzehlungen der
erften Kirchenhiſtorien endlicy eine völlige Be—
fehreibung eines vechtfchaffenen Hirten heraus
fommen ift, er mag nun in der reinen oder vers
derbten Kirche gelebet haben: Alfo muß es nun
ebenfalls in bevorfteßender Erzehlung nach den
Stuͤcken einer Hiſtorie geſchehen. Damit wir
nun erſtlich den Eingang boͤſer Hirten in das
Lehramt ſehen, wie er unter dem verderbten
Chriſtenthum geſchehen; ſo finden wir, daß er
dem wahren goͤttlichen Beruf, als wir ihn oben
im 2. Buch geſehen, ſchnurſtracks entgegen ſte—
he. Die Klagen ſind hievon offenbar, wenn
auch hlerinnen der Verderb dem erſten Ehriftens
thum entgegen geſetzet ward. Als wenn einer
beydes zuſammen ſetzte: “Zur Zeit der Verfol⸗
„gungen eilte man mit groſſem Ernſt zu dem
„Marterfampf, und fuchte damals viel begies
„riger die Marter und einen ruͤhmlichen Tod, als
„man nun nach den Biſchofthuͤmern, (oder mie
„wir reden, Superintendenturen,) durch gottlofen
„Ehrgeiz rennet und lauft, h). Und Bievon
Flager einer im 4. Seculo alfo aus Erfahrung:
„Ich Babe mich recht gefchämer über viele, wel«
E „ehe
*
a) Cafianus lib. XII. Collat.c.ıy. PEpiſt. 64. ad Aurel. c) Epiſt. 200. d) Fpiſt. 216. e) Lib. L adu. Auar.
p. 6. f) Sidenivs Apollinaris lib. VII. ep. 9.
versslib, II. Hitt, So 99. *
g) Vid. Hottingerus Hiſt. Ecel. Cap. VI. p. 311. h) Sulpisius Se-
855
„he, ob fie gleich nicht beſſer find als andere, ja
„noch viel ſchlimmer, dennody mit ungemafche-
„nen Händen, mit gottlofen und ungeheiligten
„Herzen fich in Heilige Dinge mengen. a, ehe
ſie noch) werth feyn, daß fie in die Gemeine ge⸗
„hen, bewerben fie ſich fhon um ein Biſchof⸗
„ehum. Sie dringen fich recht zum heiligen
„Ti, als wenn fie glaubeten, diefes Amt fey
„nicht ein Vorbild der Gottſeligkeit/ fondern eis
„ne Are der Nahrung, oder es fen Fein Dienft,
davon man Rechenfipaft geben müffe, fondern
„eine unumfchränfte Gewalt, Es gibt derer
„faft mehr als Zuhörer find, Siehet man ihr
„geben an, fo find fie recht elend, alfo daß, wenn
„es fo fortgehet, und Das, Uebel immer zunimmt,
„endlich niemand mehr übrig feyn wird, dem fie
„vorftehen Fönnen, i), Der aud) anderswo
Bafılium fobet, daß er nicht durch Verleumdun⸗
gen und Betrügereyen ins Amt Eommen fey, wie
ihrer viel Damals gepfleget, welche gerne obenan
fisen wollen k). Dabey er heftig gegen dieſe
Greuel eifert, wenn er unter andern fehreibet :
„Es ftehet unfer Stand in Gefahr, daß er nicht
„vor allen andern aufs aufferfte verlachet werde,
„Denn der Vorzug kommt nun nicht mehr von
„der Gottſeligkeit her, fondern von der Gottloſig⸗
„feit: Und die Aemter werden nicht mit Denen
„befeßet, die e8 werth find, fondern die am meis
„ften vermögen. Man Fann ohne alle Mühe zu
„einem Dienft fommen. In einem Tag pflegen
zrie Heilige zu machen, und befeßlen ihnen Flug
Zu werden, ob fie gleich nichts von Weisheit ha⸗
„ben, und nichts anders zum. Amte bringen, als
„Den Willen 1). ? x {
11. Noch fehrecflicher ift die Art, welche ein an:
derer auch im 4. Seculo beflaget , daß fie unter
der verderbren Cleriſey gebräuchlich geweſen,
wenn er alfo fchreibet: “Nenn etlicye fehen, daß
„ein Bifchof in feinem Amte gar zu lange leben
„werde, und ihn gleichwol umzubringen voch
„vor eine Suͤnde halten, fo fuchen fie ign vom Am⸗
„te zu bringen, und begehren alle an feine Stel:
„fe zu kommen, in Hoffnung diefe Ehre werde
zihnen zu theil werden. Man fießet, Daß fie es
„nicht anders machen, als wenn ein Schiffgerr
„mit Segräubern in einem Schiffe fahren muß,
„welche ihm und. den Schiffleuten alle Yugen-
Plick nachftellen,, m). Zu welcher greulichen
8.3. Don dem Abfall der Ehriften von der erften Rauterkeit,
——
Thorheit auch gehoͤret, was nachmals fo oft hat
verboten werden muͤſſen, daß man den ſogenann⸗
ten Candidaten lange vor des Anteceſſoris Tode
die Aemter verſprochen hat, mit der angehaͤng⸗
ten Urſache, damit es nicht ſchiene, man verlange
den Tod ſeines Naͤchſten, nach deſſen Stelle und
Einkuͤnften man ſtrebe a). Bey einigen war
die Verwegenheit fo groß, daß fie auch wol wi-
der deren Dank und Willen das Amt zu ſich riſ⸗
fen, die jemand dazu beruffen mußten. Der als
te Eyprianus fehriebe diefe Frechheit denen aͤrg⸗
ften Kegern zu, wenn er aljo von ihnen redete:
„Diefe finds, Die den Namen der Aufſeher ihnen
„ſelbſt nehmen, ob ihnen gleich niemand. ein fol)
„Amt gibt: Dieſe bezeichnet der Heil. Geift,
„daß fie auf dem Stul der Peftilenzen ſitzen,
u. ſaf. 0). Andere waren mic der erften Re—
puls hiche vergnüge, fondern drungen unver-
ſchaͤmt mit Spendiven und andern verdammlis
chen Mitteln durch, worüber ein ganz Conci⸗
lium alſo Elagt, und es eine “verderbliche Ge:
„wohnbeit nennet, daß viele das Predigtame mit
„unrecht begehren, durch Geſchenke darzu kom⸗
pmen, andere noch darzu in den greulichften
„Sünden verwickelt waren, oder Eur; zuvor
„Soldaten gemwefen, und dennoch unmürdig zu
„ven hoͤchſten Stellen gelangten, : Es wären
„viel Neulinge, oder die in Feinem Kirchendienſt
„geweſen, harten nichts gelernet, würden von
„ihren J— zu Subſtituten gemacht
„u. PP) re n 5
12. In einem andern Concilio im 4. Secufo
wird auch Diefes “eine böfe Gewohnheit genennet
„und eine fehrecfliche. Verderbniß, dieeman von
„Grund aus vertilgen müffe, (welche alfo ſchon
„lange muß gewaͤhret Baben,) da nemlic) die Bi-
„ſchoͤffe von den geringen Städten in andere ges
„zogen find, und zwar unter feheinbarem Vor⸗
geben. Dabey gefeger wird: "Man: hat noch
„feinen Bifchof gefunden, der von einer‘ groffen
„Stade zu einer geringen hätte ziehen wollen,
„Daher ift offenbar, daß fie von Ehr⸗ und Geld:
„geiz entzündet werden, damit fie nur gröffere
„Gewalt haben mödjten,, g). Bon folcher und
dergleichen Befegung der Aemter haben wir oben
an gedachten Ort viel Warnungen der Alten
gehoͤret, Die ihnen meiſtentheils bey dergleichen
vers
i) Gregorins Nazianzenus in Apolog. k) Orat. in Bafıl. h Ibid. m) Chryfoffemus lib. II. de Sacerdotio.
n):Vid. ap. Gratianum Gelalius e Concil.Lateran, Tit. VII. c. Nulla Eccieliaflica etc. Deteftanda. 0) Lib.
de Vnit. Eeel.
dici.
p) Concil. Tolesan. IV. e. 18. q) Concil, Sardicenfe €. 1. ap. Beneregium Tem. L. Syno-
he * A ' \ a r
t R &
verkehrten Begebenheit gleichfam ——
worden. Drum mußten ſie alſo alle Gelegenheit
zur Beſchoͤnung des Ehrgeizes ablehnen, wenn
ſie Elagten: “Ber alfo ein Biſchofamt begehrer,
„der ehmäher den ganzen Stand: Denn wer
„Gottes Gebot folget, der verlanget Feine Eh—
„renftelle. Wenn ersja annefmen muß, fo muß
„ers gezwungen thun, daß er fich nicht lijtiger
„Weiſe drum bewirbet, fondern daß cs ihm
„CHriſtus gibt. Wer fi) aber der Gemeine
„ſelbſt vorfegen will, der ift ein Mare: denn es
„muß eine göttliche Wahl ſeyn, wenn man eine
„beilige Sache annehmen will, r). Und desmes
gen Elagten aud) weiter weile Männer von die:
ſem groffen Greuel in Beftrebung nach den Kir:
chenaͤmtern: «Wenn einer fich angibt, fo ſiehet
„man feine Verwegenheit draus : Bern er aber
„geſandt wird,den Gehorfam feines Dienftes,,s).
Und nachagehends : "Man lauft überall zu den
„heiligen Aemtern, und die Menfchen reiſſen oßs
„ne Ehrerbietung und Bedacht die Dienfte zu
„ſich, Davor doch die Engel erzittern follten t).
„Da ſiehet man die Neichen fid) in die Kirchen«
„aͤmter eindringen , die fich doch bald eine Heilige
„eeit einbilden , weil fie die Kleider, nicht aber
„das Herz veränderthaben. Sie halten fich des⸗
„wegen der Ehre werth, darzu fie doch durch Bes
„werb Fommen find , und fchreiben das ifrem
„Verdienſt zu, das fie mit Geld erlanget ha—
»ben„yu)., Womit einer von unfern Zeiten übers
einſtimmet, wenn er über ı Tim.z,r. fchreibet:
„Wer lauft nicht jeßunder wegen der fetten Eins
„eünfte, man ſiehet ja mehr auf die Wolle der
„Heerde, als auf ihre Seelen: Wenn einer ein
Biſchoſsamt jegund begehret, fo begehret er eine
„gute Kuͤche x).
13. Auf Seiten derer, welche fic) des Nechts,
die Lehrer zu wählen und zu beruffen, angemaſſet
batten, gienge nicht weniger Mißbrauch vor.
Klaste dorten Tertullianus von den Kegern, daß
D bierinnen böslich handelten, indem fie fo un=
efonnen und leichtfinnig in Verordnung ihrer
$ehrer verführen y): So hatten bernach recht
fchaffene $eute von denen nicht weniger zu Flagen,
Die fich doch vor Feine Ketzer wollten fhelten laſ⸗
fen. Dahero die Veftändigen fo ofte bey ſolchen
7. Cap. ‚Dom Verderb des Predigamtsinsgemein, und infonderheit vom Beruf ꝛc.
857
= —ñ— — nn
Faͤllen des HErrn Willen zeigen mußten ‚wenn
manche fo gar verbiendet waren , daß fie auch
meynten, Das vorige böfe Seben eines Predigers
wuͤrde durch die Ordination auf einmal wegge⸗
nommen, und er dadurch ploͤtzlich verändert; da⸗
wider fie alfo ſchrieben: “Man faget zwar, eine
„wahre und gerechte Einſegnung eines P ieſters
„nehme alle Sünden weg, die von einem Boͤſen
„fen gebäufee worden. Wenn das wahr ift, fo
„mag man wol ordiniren die gottloſeſten Leuͤte,
„Ehebrecher und die aller Sünden fehuldig find,
„weil man meynt, durch die Ordination werden
„alle Sünden abgethan. Man darf auch Feine
„Buſſe thun, meil die Ordination das verrichten
„kann, was fonft eine lange Satisfaction zu ver⸗
„richten pflegt,z). Solche verkehrte Arten der
Wahl und Berufung bedauerte auch Bregsrius
von Naʒianzʒo zu feiner Zeit fchen, wenn er öf-
fentlich fprach: “Einer, der einer richtigen Stelle
„werth iſt, und in dem göttlichen Wort wohl ges
„übt, auch das Fleifch dem Geift fehr durch die
„Uebung unterworfen dat, der bieibet in einer ges
„ringen Stelle, und ift mit wenigem vergnügt:
„Ein anderer fist hochmuͤthig da, ſiehet Die, fo
„beffer find als er, nod) verächtlich an, meynet, er
„ſey noch viel beſſer und mehr werth, als er nes
„achtet werde, bildet fich böfe Dinge ein, und will
„die Weisheit in feiner Macht fuchen,, 2). Da—
„her auch hernach der Kayfer Juftinianue in ei
„nem eigenen Geſetz gedenket, “wie dieſes ſo die-
„ten eine Gelegenheit ſich zu verfündigen gigeben
„babe, daß fie ohne vorhergehende Prüfung und
„ohne Sengnih eines rechten Glaubens und gott⸗
„feligen Lebens ordiniret worden. Denn, (ſetzet
„er binzu,) wenn die, fo-für das Volk beten fol»
„len, des göttlichen Dienfts unwerth find, wie
„werden fie GOtt für die Sünden des Volks vers
„iöhnen Fönnen b)? ,
14. Es iſt oben im andern Buch zur Genuͤge
erwieſen, twie in der erften Kirche allesnad) dem
Willen des HEren fo genau abgehandelt worden,
alfo, daß ſowol auf Seiten der Wählenden, mel-
ches die ganze Gemeine war, als auch der Ge—
waͤhlten, welches heilige und tüchtige Leute war
ren, nichts leichtlich verfohen wurde, Mir has
ben auch gefehen, wie fo gar niemand ſich zu ei⸗
Dagaq nem
) Venantins Fortunatus lib. I. ad Leontium. s) Hieronymus Comm. in Matth. proem. t) Bernhardus de
Perfecut. c,29.
IL. y) Tersullianus de Prafer. adu. Hear, c. 41.
de Bafil. b). Nowella CXXXVIL e. 1.
u) Idem hom. 4. in illud: Miflus elt.
x) 1.C. Dietericus Ant. Bibl. N. T. adı Tim,
z) Innocentins I. Epiſt. 22. ad Epiſe. Maceden. a)Orat.
858 8. B.
Von dem Abfau der Chriſten vonder erſten Lauterkeit.
nem Amte eingeſchlichen oder eingezwungen ha⸗
be, daß vielmehr die meiſten wider Willen da⸗
zu gezwungen worden. Hingegen ſiehet man,
wie nachmals gerade das Gegentheil geſchehen iſt.
Da war nicht genug, daß man ſich nur angabe,
und um die Kirchendienite auf allerhand Weife
bewarb ; fondern die Kuͤhnheit ftiege in diefen
wichtigen Dingen fo hoch, daß man fich auch wol
dazu mit Geld einfaufte, durch Spendiren dazu
fam, und damit die Berdammniß, welche Pe-
trus im Namen GDttes darauf geleger hatte, auf
fih lud. Da doc) bey fo elendem Juftand des
Chriſtenthums unfer den Gemeinen ein erleuch⸗
teter Lehrer die allerhoͤchſte Gefahr ſehen, und
deswegen vor ſolchen Aemtern ſich entſetzen mußte.
Da klagten nun die Verſtaͤndigen, wie einer von. fi
einem verledigten Bifchofthum redete: “Die Kir-
„che, welche ihre Worfteher verloren hat, bläfet
„aleichfam Laͤrm, daß man ſich um das Amt be
„werben folle. Und wenn diefes nicht für eine
„unvechte Klage nod) dazu gehalten würde, fo
„wollte ich fagen, es wären einige fo unbefonnen
„und fo frech, daß fie die Stelle und Würde mit
„Darbietung einer gewiffen Summa Gelds zu
zfuchen ſich nicht fcheuen. Die Sache hätte
„längft Fönnen auf den Jahrmarkt gefchickt oder
„unter eine Auction geftellet werden, wenn Der
Verkaͤufer fo gar verzweifelt bofe wäre, als der
„Käufer dazu bereit ift„c). Aus dieſer vecht
verzweifelt b3fen Gewohnheit Fam e8 auch, daß
der Gemeine nad) und nad) das Recht einen Leh⸗
ter zu wahlen genommen ward , weil man vorgab,
und vielleicht wahrgenommen hatte, daß etliche
die Leute mit Geld zu beftechen, und alfo ins Amt
zu fommen pflegten; fogar, daß aud) um Con⸗
ftantini Zeiten ſchon dieſer Schluß gemacht ward:
(mit was vor Recht, it aus dem Bericht hie⸗
von zu fehen;) “Wenn einer fage, daß er von der
Gemeine beruffen fen; fo ſey es ſchon offenbar,
„daß er wenige mit Geld beftochen habe, die ei»
„nen Aufitand machen koͤnnten, damit fie ihn zum
»Bifchof Erigten,, d)., So gar gemein mußte
biefer Greuel fehon damals feyn, daß man gleich
von allen durchgehends einerley ſchlieſſen und glau-
ben mollte.
15. Unddaher famennun faft unzählige Verbe⸗
te wider dieſe ſchaͤndliche Weiſe, die wie eine Peft
©) Sidonius Apollinaris lib. VIL ep. 5.
Synodic.p. 375.
Concil, Chalcedon. c.2.
etc, Add. Blafares Syntagın. lit. X. €. 28.
d) Coneil. Sardicenfe C. 2. 1
f) Gennadius CPtanus Epiſt. Encyel.ad Rom. ib. p. ı81.et in Jure Graco- Rom. lib. III.
h) Vid. Canon. Apoſtol. e. 28.Concil. Niren.
Rrararen[. 11]. c. 8. Cabilonenf.c. 16. Turonen/. 11. c. 27.
durch folhe Mittel nicht ausgerottet, fondern
auf unfere Zeiten fortgepflanzer ift. Der gute
Bafılius harte fchon zu feiner Zeitgenug damit zu
thun, drum warnete er die Seinigen, “daß fie
„doch niemand ums Geldes willen ordiniren fülls
„ten. Denn der thue nicht fo ſchwere Sünde ,
„welcher aus Umwiffenheit ein Amt erfaufen
ins Minifterium eingeriffen war, und F
„wolle, als der, fo ihm die Gabe Gottes verfaus.
„fe: Denn da fey ein rechter Handel vorgegans.
„sen. Wenn du nun (fährer er fort,) dasjenige
„verfaufeft, was du umfonft empfangen haft, ſo
„wirſt du alle Gnade verlieren, als einer, der von
„geiftlichen Dingen eine Handthierung ei
ve)!
„pfangen, umſonſt folle ihrs auch
nichts zweifelhaftig oder ſchwer innen, welches
„einer ſophiſtiſchen Erklärung braucht che
„dem, der die Gabe GOttes um Geld nehmen
„oder geben will, f)! Um die Helfte des 5.Seculi
wurde auf einem Concilio alfo gefchloffen, nach⸗
dem diefer Greuel ungeſcheut getrieben ward:
„Wenn ein Biſchof um Geld ordiniren wird, und
„die unfchägbare Gnade um einen Preis verfaus
„ren, daß er einen Bifchof oder Aelteſten, oder
„Diener, oder andere vor Geld ordinirt ‚oder um
„des Geldes und Gewinns willen einen. befördert,
„ver foll in Gefahr feyn, daß er abgefegee werde,
„Und welcher alfo ordiniret ift, dem foll die Ordi⸗
„nation ‚ welche durch foldyen Handel und Ges
„winn gefchehen ift, nichts helfen , fondern er foll
„von dem Amte los feyn, welches er durch Geld
„erlanget hat. Wenn ſich auch einer zum Untere
„händler bey- folchem ſchaͤndlichen Gewinn brau=
„chen läße, der foll, woferne er in der Lierifey
„ft, feiner Selle verluſtig ſeyn, ift es aber ein
Laye oder Mönch, fo fey er verbannet,,g),
Dergleichen Berbote dann fehr viel nach und nach
gefchahen, ſowol von denen Concilien h), al
der weltlichen Obrigfeit felber. Wie, zum Exem⸗
pel, von Juftiniano, in dieſem Mandat gefchabe
„Man foll die Ordination nicht mit Geld erfaus
„fen, noch durch Verehrung anderer Dinge zus
„rege bringen, fondern fie rein und ofne Lohn
„als von GOit empfangen, Denn wenn einer
? „ſonſt
e) Epift. Canon. ap. Beueregium Tom. I.
8)
I. e.5. Aurelian. II. e. 3. et 4.ac V. c.10.
Nannesen]. c. 7. Toleran. VI.c.4. Quini- Sexium 22,
„den Satan erfaufer ift. Denn du fü en
* fe
‚ Und ein anderer, welcher alfy ſchriebe *
„Es ift der Befehl Elar: Umfonft habt iprs em:
en; da iſt
2
|
|
|
#
|
7.E. Dom Derderb des Predigtamte, u, infonderheit von dem unrechtmäßigen Beruf ac. 861
“
9
auch alles Gutes haͤtte, und doch das Amt
rkauft hat, fo wiſſe er, daß er deſſen verluſtig
afeon folle, und der andere auch, damit diefer
„verliere, was er ſchon Kat, jener aber nicht er
„lange, was er fuht u. ſ. fi i)
16. Die Strafen, fo von Menfchen darauf
eſetzet worden, find aus angeführten Stellen zu
* nemlich, daß ſolche Krämer abgeſetzet und
ihres Geldes verluftig. worden. Dazu noch an⸗
dere f'&ten, daß er zwey Jahr lang von der Ge:
meine abgefondert Buffe chun mußte K). Denn
es harten auch die Heyden bey Beftellung ihrer Gö-
tzenprieſte ſes in acht genommen, daß ſie
nicht durch Geld geſchehen ſollte ). Und die er—
ſten wa 3 konnten dieſes mit Wahrheit
vor denſelben bekennen, daß ben ihnen auch der:
- gleichen nicht gefchehe. Wie Tertullianus aus-
druͤcklich ſchrieb: Zu Auffehern find über uns
„gefegt die Aelteften, welche vor tuͤchtig erfannt
„werden, und die ſolche Ehre nicht vor Geld er:
„eauft, fondern durch das Zeugniß ihrer Lehre
„und Lebens erlangt haben, Denn was GOtt
„angeböret, kann man nicht vor Geld Faufen,, di
Und aus diefen Urfachen , weil die menfchliche
Verwegenheit in geiftlichen Dingen gleichwol fo
unverſchaͤmt nad) ißrer Bosheit hanthierte, fo
erkannten die Frommen den gerechten Zorn GHOr-
#68 deswegen, welcher auf den Käufern und Ber-
Fäufern lage Daher fprachen fie davon zu fol:
chen elenden Leuten: “Du Baft feine Gnade
„empfangen , da du bift ordiniet worden, weil
„Hu fie nicht umfonft erlanget haſt. So du
„min keine Gnade empfangen haft, wie Fannt
„du denn Auffeher ſeyn? Du haſt wol dein
„Gold verloren, da du es weggabeſt, aber
„die heilige Gnade haft du nicht dafür empfan-
Igen n). Wer nad) Simonis des Zauberers
„Art ordiniet iſt, der hat nicht das Amt em.
„pfangen, fondern es mweilts die Sache felber
„aus, daß der Name ihm falſch zugeleget wird.
„Es ift auch gewiß genug in der Erfahrung,
„daß die Gnade des Heiligen Geiſtes nicht in ihm
„fen und die Heiligung des Prieftertbums : er
„hat auch nicht, was er nicht empfangen Batı, 0).
17. Nichts deſto weniger , und obgleich den
gottlojen Predigern ihr Gewiſſen diefes alles ſag⸗
te, fuchten fie doch allerhand Entfchuldiaungen
ifre Simonie zu — Da —
5 ‚ wie ein eifriger Mann unter dem —X
neicheift darüber klagt: “Wir kaufen das Ame
„nicht, man gibt auch das Geld nicht vor die Be-
„ftallung, fondern vor das Schreiben, vor dag
„Siegel, vor den Norarium,, u. f. w. p). Sa,
man fegte wol gar unverfchämter Weife, cs joy
an Feine Sünde, weder bey dem Gebenden noc)
ey dem Mehmenden, wenn einer dem, fo ihm
zum Amte helfen folle, etwa ein wenig Wein,
oder Confect oder andere Dinge fpendirte, die den
Willen des Nehmers nicht eben bewegen dürf-
ten g), Wodurch dem Geiz und der übrigen
Bosheit ein vechter Deckmantel gegeben wurde,
wie ein gelehreer Mann recht Davon urtheilt: da
bey GOtt es nichts Hilft, wenn man ſich gleich
vor Menfchen durch einige Diftinttiunculas
entfchuldiger, und doch in feinem Gewiſſen vor
GoOtt angeflager wird r). Bey folchen und der:
gleichen Beſtellungen der Lehrer hatte frenlich der
Heilige Geift und feine Regierung auf feiner Sei.
ten Platz, und war der Schade an denen armen
Seelen , die von folchen Mierhlingen geweidet foll:
ten werden, deſto unerfeglicher,, je weniger er bey
allgemeiner Blindheit erfanne werden wollte Der
eingefaufte Prediger fuchte fich, fo bald er ing
Amt trat, feines Schadens zu erholen, und die
angewandten Gefchenfe mie vielfältigem Wucher
wieder zu gewinnen. In diefen Begierden fing
er an die Argften Greuel zu begehen, vergaß füls
ends aller auch faft natürlicher Ehrbarkeit, und
—28 — ſich der aͤrgſten Bubenſtuͤcke nicht, nur
daß fein Geiz erfättiget würde. Und ſolche Pre-
diger wollte die Welt haben, fegte fie an die wich.
Y
tigiten Stellen, alfo, daß es recht nach dem Be-
kenntniß eines Theologi heiſſet: *Schmierende
„Narren bekommen die beſten Pfarren,,s). Mes
he aber allen denen, die dabey intereßiret ſind!
i8. Was ſonſt mit anderen Verfuͤhrungen
des Satans vorgegangen iſt, kann faſt nicht al-
(es nad) feiner Mannigfaltigkeit und Tiefe erzeh-
fet werden : Ich will nur noch etlicher Erfin
dungen gedenfen , die in biefen wichtigen Din-
gen gefchehen find. Nachdem das Chriſtenthum
in einen weltlichen Staat verfehret und denen
Weltgefinneren zu allerhand zeitlichen Nusen,
244 gg 2 Luſt⸗
i) Nouella VI. c. 1. Add. Leonis Imp. Conſtit. L at. Cod. de Epife.et Cler. Fulbertus Carnotenfis Epiſt. 25. e Concil.
Toletan.XI.c 9. 1 Dionyfius Halicarnaffenslib-IJ.ap. Baronium A. XXXXIIII. n ss. m) Apol.c.39. mn) Am-
brofins lib. de Dignit. Sacerd. c.5. 0) Tarafius CPtanus in decreto 1. q. 1. ad c. Eos qui. p) Nicolaus de
Clemangis de Prxful. Simoniac. ap. C. Zieglerum de Clerico Renit. n. 94. 9) Alexander IL. in c,ıg. X.de
Simon. x) Zieglerns \. cn. ui.
$) Quenftedius Ethic. Paft. Mon. 23.
wo
»
850
suftbarfeiten und Ehrenftellen dienlich worden
war; ſuchte man auc) unter andern durc) Freun⸗
de und Verwandten in das Lehramt zu kommen.
Es waren foldye Mißbräuche bey denen Vocatio⸗
nen und Verordnungen der Prediger eingeriffen,
daß man aud) feinen andern befördern wollte
(wie die Welt redet,) als der aus dem Gefchlechte
eines Predigers war, mie von denen Armeniern
ausdruͤcklich ſtehet t). Bey andern faheman fonft
auf den Adel oder weltliches Vermögen, tvielei:
ner Flaget, “Daß man mit Gewalt in das Heilig:
thum einbreche, und wenn fein Klopfen an der
Thuͤre nicht erhöret werde, wol durd) die Wand
„bohre; ja man made wol einen Aufruhr rider
„Mofen, und bringe fremd Feuer in den Tem-
„pel, verunreinige alfo die Gefäffe des Heilig:
„ehums, uw): Das ift, man reife in der Gemel-
ne, die dem HErrn zufame ihren Lehrern gehel-
liget feyn follte, alles ein. Da fuchten die Kir:
chendiener, fo nunmehro ihr eigen Herr worden
waren, ihre Anverwandten und Freunde zu Die
fem und jenem Dienfte zu befördern, brauchten
unyiemliche Mittel dazu, und machten eine Ge-
wohnheit daraus, daß fie die jüngjten Leute und
Knaben alsbald zu den unterften Stuffen der Kir:
chendienſte brachten, Damit fie hernach bey der
Succeßion defto geriffer waren , welches zwar
ein und andermal verboten ward x), aber, wie
es die folgenden Hiftorien weifen, vergebens. Es
mußte ſchon Baſilius Flagen, “daß aus äuffer-
„ter Nachläßigkeit nad) Freund: und Verwand⸗
Ichaſt ohne vorhergehende Prüfung unmürdige
Perſonen der Gemeine vorgefeget würden, y)-
1md ein Concilium befand hernac) nöthig, dieſe
„verberbliche Gewohnheit (mie fie genennet wird,)
„abzufchaffen, daß man diejenigen zu Kirchendie-
„nern erwähle, welche von den Vorfahren noch
bey ihren Lebzeiten (ohne Zweifel um ihrer Ber-
„wandrfchaft willen,) vorgefchlagen worden,, z).
Wie aud) ein Römifcher Biſchof hievon klagt:
„Etliche halten das Biſchofamt, welches nur
„den Würdigen gegeben wird, nicht vor ein goͤtt⸗
„liches Amt, fondern vor ein Erbgur, und glau-
„ben, es gehe damit wie mit zeitlichen Dingen‘,
„daß man ein Kirchenamt als durch ein Ber-
maͤchtniß und Teftament hinterlaſſen koͤnne.
„Denn viele Prieſter, wenn fie bald ſterben wol⸗
Aen, ſubſtituiren ſchon andere an ihre Stelle mit
MNamen, alſo, daß keine rechtmaͤßige Wahl er⸗
gvartet wird, ſondern die Annehmung des Ver⸗
8.3. Don dem Abfal der Ehriften [von der erften Lauterkeit, FOR 5
„ftorbenen wird für die Einftimmung der Gemeis
„nen gehalten a), Dr
19. So wurde auch bey vorgehenben Unter ſu⸗
ungen befunden, daß durch ſolchen Vorzug der
Verwandten bey Beftellung der Yemter unvere
fiandige Rinder dazu genommen wurden.
Wie esabermal hiefle: “Wir vergefien der Gebo⸗
„te GOttes und der Concilien, und machen une
„mündige Kinder und Knaben zu Leviten oder
„Kirchendienern, ehe fie noch zu einem rechten
„Alter oder zu einer Erfahrung fommen,, b),
Und dis alles nur darum, damit die verblender
ten Eltern ihre Kinder ihrer Meynung nach durch
eine gewiſſe Nahrung verforgen möchten. Da—
durch denn Gottſeligkeit ein Gewerbe ward, und
diefes Amt zu einem Handwerk, die Predigt zu
einer Kaufmannfchaft, die unfeligen Mierhlinge
aber zu Krämern. öffentlich gemadyet wurden,
Es bliebe felten bey folchen verborgenen Künften,
fondern der Satan brachte die, fo ſich durch Ehrs
und Gelögeiz einnehmen lieffen, mol fo weit, daß
fie oßne Scheu mit ihren Competenten in öffents
lichen Streit über diefer und jener Präbende ges
‚riethen ; ja man Bat wol gar Erempel, daß fie
fid) mit einander bis aufs Blut gefchlagen, und
den greulichften Auflauf in den Städten angerich⸗
tet. Zu Nom gieng es mitten im vierten Seculo
bey einer folchen Comper:nz fo ſchrecklich zu, daß
auch die heydnifchen Kayſer fait fein geaufamer
Blutbad über Kron und Zepter hätten anrichsen
koͤnnen. Ein heydniſcher Hiſtoricus Bat diefe Er⸗
zehlung dabey hinterlaſſen, mit welcher Chriſtliche
Scribenten uͤbereinſtimmen: *Damafus und Ur⸗
„ſicinus waren über die maſſen begierig den bis
„ichöflichen Sitz an ſich zu reiſſen. Sie ſtritten
„mit einander auf das heftigſte, und führten ihre
„Parteyen gegen einander aus, Dabey Mord und
Blutvergieſſen vorgieng. Der Commendant
„eonnte den Larm nicht flillen, und mußte fich zu⸗
„rück in die Vorſtadt ziehen, Inzwiſchen bepielte
„Damafus die Oberhand, dabey man gewiß weiß,
„daß in einer-Kivche der Chriften an einem Tage
„137 Leute ermordet worden find. Wie denn auch
„das Volk ſich langſam und fehr ſchwer wicherum
„befänftigen ließ, c). Es wurden aud) darauf
ihrer viel durch den Henker hingerichter, die bey
dem Tumult gewefen waren, maflen die Tempel
felbft von Blut geſchwommen hatten: Die Auf
wiegeler felbft aber giengen frey aus, one Zwei⸗
fel
4) Coneil. VI. in Trullo e. 33. u) Ioh. Sarisberienfis lib. VIL. Polierat. e. ı7. x) Symod“s Nicena U. c. 1. 4.
y) Loc. cit. 2) Toletan. IIU. e.ı8, a) Hilarins Epiſt. c. 5. b) Concil. Toletan. IN. c. 19.
nus Marcellinns lib. XXVII. Hifter.
iz
c) Ammia
—
2 Ye Moden art u „u
—
fel in honorem Miniſterii, das Predigtamt bey
Ehren zu erhalten, ungeacht fo erſchrecklich Unheil
durch fie entftanden war d). Faſt dergleichen
trauriges Erempel gieng auch bernach vor, da
zwo mächtige Parteyen von folchen Candidaten,
dem Symmacho und Laurentio, gegen einander
zogen, und mitten in der Stadt Kom überaus
viel Leute ermordeten, alfo, daß aud) wiel Geiftli-
che und andere vornehme Leute mit ins Spiel und
umfamen e),
20. Was hier aus diefen mehr als heydniſchen
erzen von Feindſchaft, Mord und Neid öffent-
lich ausgebrochen ift, das hat fich ohne Zweifel
alles bey denen andern gefunden, nur daß es um
ewiſſer Urfachen willen nicht hat ausbrechen duͤr⸗
En. Mit was vor Bereitfchaft aber ſolche Un—
menfchen zu dem Hirtenamte fommen feyn moͤ⸗
gen, ift einem jeden nur Bernünftigen leicht zu
erachten. Diefe Greuel giengen num zwar ſonder⸗
lich bey denen vorneßmften Biſchoſthuͤmern vor,
deren hohe Würde und Einfünfte gemeiniglich
die Begierden und Streitigkeiten defto groͤſſer
machten. Welches faft unzählige Hiftorien von
den Bifchofthümern zu Rom, Conftantinopel,
Alerandria und Antiochia und andern ausweifen.
Bey denen geringern Aemtern gieng eg gemeinig-
lid) unter dem verkehrten Geſchlechte niche beffer
ber, indem oftmals unter fcheinbaren Urfachen
Die heftigften Streitigkeiten bey Succeßionen ent:
ftunden. Bald fihüste man diefe und jene Secte
> vor, weswegen ein oder andere Perfon untüchtig
@) Socrazes lib. IIIII c. 29. Conf. Rufaws lib, U. c. 10.
Panphinins Epit. Pontif, in Synm.
en
7. Cap. Vom Derderb des Predigtamte insgemein, und infonderheit vom Beruf x. 861
wäre, In der That aber fuchte man fie nur zu⸗
rück zu ſtoſſen, und jemand anders einzufchiebeit.
Bald wußte man einen andern Vorwand zu ers
denfen, ſteckte ſich inter die Groffen oder auch
hinter das gemeine Volk, welches ſich gerne zu
Streit und Krieg oe ließ, weil es von fei-
nen $ehrern nichts beflers gelernet hatte. Won
welchem allem Erempel nad) der tänge beyge⸗
bracht werden koͤnnten, wofern die Sache nicht
ohnedem allzu offenbar, und noch nicht in der taͤg⸗
lichen Prari vergefien wäre. Und nachdem der
Gemeinen ige von GOtt verliehenes Recht, Lehrer
zu wählen, nad) und nach benommen ward, und
felbiges die Potentaten meiftens in Händen hat ⸗
ten; hingegen fich diejenigen, welcheein Amt aus
böfen Abfichten verlangten, an die Mächtigen,
und lieffen GOtt und Gewilfen oft fahren, nur
damit fie zu ihrem Zweck kaͤmen. Hiervon wäre
zwar viel zu gedenken, wann es hieher eigentlich
gehörte: Es iſt aber aus dem obigen Bericht im
2. Buch von den Rechten der Gemeinen insges
mein die alte Wahrheit unfchiver von unpartenia
fen Gemuͤthern zu erfennen. Hier ift vornem⸗
lich) die Rede davon, tie die Cleriſey auch diefen
eingerifenen Mißbraud) fo gar fehr auf ihren Vor⸗
theil gezogen babe. Indeſſen ift aus diefer wahr.
baftigen Borftellung zu fehen, was nun von Fr
hen unvechtmäßig beruffenen Lehrern in ihren
Amte zu hoffen gewefen fen, da ihr Eingang dar-
zu fo gar GOtt und feinem heiligen Willen geras
de entgegen geweſen.
©) Paulus Diaconus lib. XVII. Hiftor, Onuphrius
Dag ag 3
Das
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A
— 77
862
— 9 er.
Fan
- — _ — — —
8. B. Don dem Abfall der Chriſten vonder erſten Lauterkeit.
Das 8. Capitee a
Von der verfallenen Lehrer Verachtung Gottes under
nes Worts / a a VNachlaßigkeit und Verſaumung
hrer Pflich
r
i ten. 9
Summarien.
ie Gelegenheit gu ſolchem Verderb der aͤuſſerliche vermeynte Wohlſtand, $.1. Verfall vom göttlichen Wort au :
D ſchenlehre und Traditionen; Concilia werden der Schrift gleich geachtet, 2. Ag ee be en rd
der Coneilien wird vor Stände in den Heiligen Geiſt gehalten: woher die Traditionen der Papiſten entitanden.s. Schandz
Bücher und Comodien werden der 9. Schrift vorgezogen; groſſe Blindheit in göttlichen Dingen. 4. Kirchendiener wurden
durch Gelege zur deſung der Bibel gebracht ; güldene Kelche, hölzerne Prieſter: 5, Die meiften blieben ungeübt in bee
Schrift; Blindheit der Elerifen nimmt immer zu. 6. Aus Begierde zu Geld und Ehre eileten fie zum Dienit ; was von
den Candidaten erfordert worden. 7.
das Wort 5, 8-
1 Ungoͤttliche Beftelung der Pehramter wird immer ärger, einer ftihlet dem ander
erfchreckliche Ignoranz, ſchweres Gericht uͤber einen Prediger, der die Schrift — 9. N
Nebſt der
Unmiffenheit waͤchſt die Nachläßiafeit in Amtspflichten ; Klagen darüber- 10. Gute Tage masben faule Brediger. ı1. Bis
fchöffe entziehen fich des Predigens, Obrigkeit muß die nachlägigen Prediger beſchaͤmen. 12.
Zuſſert fich an ihrer Flucht: 13.
ll Ernft im Strafen und Ermahnen. 15.
Schmeicheley; 16.
falfcher Hirten. 19. :
$
iefem nach ift nun ferner zu eigen übrig,
wie unter dem Berfall des Chriſtenthums
Dr die meiften Kicchenlehrer ſich in allen
oder den meiften Pflichten fo gar übel bezeiger,
daß das Andenken hievon bis auf diefe Stunde
in den Schriften der Alten annoch zu finden ift,
Sehen wir aber genau auf den Grund und Ur—
fprung diefes fehrecklichen Verderbens, und be»
denfen, warum doc) die meijten Hirten unter
Conftantino und weiterhin fo „gar tief von ihrer
vorigen Treue und Wahrheit herunter gefallen
ſeyn; fo ift aus allen Umftänden Flar, daß Die
Gelegenheit darzu geweſen ſey der Aufferliche ver-
meynte Wohlftand, und die allzu groſſe Indul⸗
gen; Conftantini und anderer als wir im vor-
hergehenden 3. Capitel gefehen. on lerne⸗
ten Hirten und Schafe, aus angeborner Sicher⸗
heit des menſchlichen Herzens , ihtes Schoͤpfers
vergeffen , eben wie die Iſraeliter im gelobten
Sande, nachdem fie dick und ftarf worden. Bey
folcher Sicherheit fiengeman an, GOtt und feinen
offenbarten Willen zu verachten und hintan zu
fegen, diejenigen, fo_ ihn denen Heuchlern anfün-
digen mußten, ju fhmähen und zu verfolgen.
Und damit es gleichwol aud) einen Schein haͤtte,
ſehen haben.
Untreue der falichen Hirten
unverwindlicher Schade daher eniſtanden; Klagen darüber. 14. Boͤſe Arbeiter erweiſen
| | , Hieronymi Klagen von denen Laftern der, Prediger, Geld: und Ehrgeiz,
in Converfation und öffentlich die Bornehmen nach dem Tode ohne ünterſcheid felig gepriefen. ı
Die weltförmigen Lehrer ſchweigen file zu denen Sünden; was die Flucht des Miethlings fey? 18, ee ©
eh
traf
I
als ob man an dem Worte Gttes noch) fefte
bielte, wurden nach und nach allerhand Glaus
bensformuln , „Menfchenfagungen und Seh»
ren erdacht, und zur Richtſchnur in Lehr und Se
ben öffentlich vorgeleget ; wie unten ausführlich
foll gezeiget werden. Hier fehen wir nur, wie
unter dem Schein der rechten $ehre das Wort
GOttes fo gar hintan geſetzet worden, daß Die
meiften gehrer felbit darauf wenig oder nicht ge=
Da wurde daffelbige fonderlich
hiermit verdunfelt , wenn deſſen in Gtreitfa-
chen, Lehren, Catechifiren und andern Uebungen
entweder gar nicht, oder doch fehr felten und meis
ftens in verfehrtem ungereimten Berftand gedacht
ward. \
2. Solcher groſſer Sammer äufferte ſich allmaͤh⸗
lich, nachdem man von dem goͤttlichen Wort auf
Menſchenautoritaͤt und Lehre verfiel, wobey faſt un⸗
zaͤhlige Stricke vom Satan geleget worden, den
armen Menſchen die helle Wahrheit des Worts
zu entziehen. Auguſtinus Flagte zu feiner Zeit,
tie man fo gar der heiligen Schrift Die eigenen
Einbildungen und Meynungen vorzöge. Es
Achmerzt mich gar zu ſehr, (ſchreibet er, je J
'
er
8. Cap. ’ Don der verfalfenen Lehrer Verachtung Gottes und feines Worts ꝛc. 863
» Dinge, welche in den göttlichen Büchern fehr
„heilfamlich geboten find, fo wenig geachtet wer»
„den, und daß hingegen von fo vielen Meynungen
„alles angefüllet iſt: Daher auch oft-Diejenigen
„ichärfer geftraft werden, die eine geringe Sa—
„tzung überfchreiten, (davoner einige nennet,) als
„die, welche ihre Seele in Trunfenheit vergra>
„ben„a). Es ift faft nicht zu zählen, wie oft die
Auffage der Väter, oder Traditionen, Canones
und Schriften der Alten neben, ja wol über die
Schrift öffentlich in ganzen Conciliis und ſonſt
find gefeßet worden. Wieman nicht allein die ge:
meinen geute auf folche Satzungen verwiefen, fort:
dern auch denen Candidaten des Predigtamts dies
felben mit Unterlaffung der. heil. Schrift zu lefen
und durchzuftudieren befohlenb). Nicht weniger
wie man fie Lehrern und: Zuhörern zur Regel in
Lehr und $eben empfohlen gehabt, und nad) derfels
ben Ausfprechen die Fehler viel fchärfer, als die
werſten Sünden mwiderdas Wort GOttes, ge
ft. Ja, es haben felbft die Kayfer durch Ver—
ar ihrer vermennten Seelforger mit Hint-
anfegung der Schrift allein auf die Erfüllung fol-
cher Saßungen gedrungen, denen die Bifchöffe
in ihren Berfammlungen mit ihren Erempeln
borgegangen , welche ſonſt gewißlich nach beffe-
tem Unterricht das theure Wort GOttes viel bö-
ber als folchen menfchlichen Tand würden gehal-
- ten haben. Aber aus dem Verderb des Predigt:
amts fam es, daß, zum Erempel, der Kanfer
Juftinianus die vier allgemeine Concilia aus»
drücklich in einem Gefeß der göttlichen Schrift
gleich zu achten gebot, und wider den Flaren
Augenfhein zum Grund feßte , “weil darinnen
„ſtuͤnde, was zur ewigen Seligkeitder Menſchen
moͤthig wäre c).
3. Daß diefes Gebot nicht von dem Kanfer fo
mol,als aus der Lehre der damaligen Elerifey her⸗
kommen, fiehet man an ihren eigenen Sägen ,
wenn in eben dem Seculo in der tateinifchen Kir⸗
che Breaorius M. ausdrücklich ſchriebe, * ernehs
„me diefe 4 Concilia an, als wie die 4 Bücher der
„Heiligen Evangelien,,d), und ein anderer diefes
ben dem Bann befahle)., Wenn auc) Gefege in
geiftlichen Dingen etwa gegeben wurden, berufte
>
man fich nicht mehr auf die H. Schrift, fondern
auf die Achren oder Auflage der Väter, des
nen man folgen müffe, und zwunge fie denen Ge⸗
wiſſen durch die fehärfiten Befehle auf, wie man
bin und wieder fiehet k). Man fcheuete fich nicht
öffentlich in Mandaten zu fegen, und den armen
blinden Leuten weiß zu machen, daß derjenige eine
Sünde in den Heil. Geift begienge, welcher die
Canones oder Schlüffe der Concilien und Bifchöffe
verachtete eg): Das billig bey Verftändigen eine
ſchreckliche Verwegenheit Biefle, wodurch nicht als
lein die Kraft und Autorität GOttes und feines
Worts nach allem Vermögen niedergefcylagen,
fondern auchdas menfchliche Anfehen und Dichten
auf den Thron gefeßet, und die Gewiſſen aufdas
bärtefte gefangen genommen wurdenh). Zum
wenigften, wenn man noch befcheiden feyn wollte,
legte man fie den $euten vor, als GOttes Stim«
men und MWortei), Aus weldyem Grund nad)
und nad) die Traditionen der Papiften entftanden
ind, die zu allen Mißbraͤuchen Gelegenheit und
enbeit gegeben haben. In denen Glaubens»
befenntnifjen und Lehrſaͤtzen vergaß man meis
ftens der heiligen Schrift, und gründete fich auf
die Einftimmung der Kirchen; wie wir ſchon an
Fpipbanio fehen, der daher fo viel Ketzer erjch-
let Bat, weil er ftetsder Kirchen, (d. i der Elerifey
und ihrer Symbolen,) nicht aberder Bibel geden-
fet k). Und damit folche Saßungen und ſymbo⸗
lifche Bücher defto mehr Anfehen bey den Leuten
hätten, fo gab man vor, fie wären eben fo rich-
tig und gegründet, Daß ſich jedermann darauf vers
laffen koͤnne; ja, fie wären von dem Heil. Geift
ganz eingegeben, wie man faſt unzäbligmal in
ſolchen Schriften findet. Alfo nahm die Vers
Ihmäßung des göttlichen Namens und Willens
unter den verderbten Lehrern, und dahero unter
den Ehriften überhand, und vermehrte in ihnen
die Berftocfung und den Unglauben, nachdem fie
alfo GOtt verliefen, und deswegen von ihm wie⸗
der verlaffen wurden,
4. Bey diefer Art der Verachtung görtliches
MWorts, lieffen es die Berführer des Volks nicht
bewenden, daß fie demfelben fcheinbare Saͤtze
und Meynungen an die Seite gefeget Ben
on⸗
a) Epift, 119. ad Tanuar. b) Jufliniani Nouella VI. c.1.etin Baflicis1. V. lit. 3.c. 2.tumap. Phorium Nomo- Can.
tit. 1.c. 2. atque ibi in Scholiis Balfamen. Codex. Canon. Eeclef, Afric. c.ı9.etibi Baljamon. Concil. Toletan.
IV.c.24. c).Nouella CXXXI. et 1. 3. ac 4. C. de Summ. Trinit.
"vetuftioribus.
e) Theodofius Abbas ap. Offandrum Cent, VI. lib. I.c. 13.
d)Epift. 24, prefixa editionibus Canonum
f) Iuflinianus NouellaXLll. g)
DamafusP.R. in Decretis c.4. h) Ofßander Cent. IV, lib. III.c.40. i) Anafafins SinaitadeS. III. Quadrag.
a . Cotelerium Tom. Al. Mon,G ‚E l. A .
Presbyt. et alibi —
X) Vid eins AOY&- Kyrogart.u. 63. P. 66. Epiſt. ad
—
”
pin =
s
fendern fie zogen ihm auch wol die greulichften
Schandbücer, beydnifchen Comödien und ans
dere Schriftenvor. Man follte es.aber fait nicht
glauben, warn nicht die klaren Worte der an-
noch redlichen fehrer davon zeugten. Am Ende
des vierten Seculi war diefe Gewohnheit ſchon fo
befannt, daß Hieronymus nicht allein fehr nebenſt
andern wider die Hochachtung der heydniſchen
Buͤcher eifern mußte, fondern auch (weil die Ber-
nunfe immer weiter in Unglauben und andere
groſſe Schande und Laſter verfaͤllt, ausdrüclich
klagte: «Bir fehennundie Priefter GOttes, wie
„fie die Evangelia und Propheten liegen laſſen,
„und davor Comödien lefen, die fehändlichen Lies
„besliever aus den Hirtengedichten fingen, und
„ven Birgilium immer in Handen haben, und nur
„zur Luft dasjenige brauchen, und ſich Damit ver-
nlündigen, was die Knaben aus Noth lernen müf
„ſen,). Von dieſen Dingen aber foll bald bey
den Concillen mehr folgen. Es folgte aber aus
Diefer Verſchmaͤhung des göttlihen Worts weis
ter unmittelbar eine groſſe Unwiſſenheit und
Blindheit in göttlichen Dingen, indem entweder
Zeit und Fleiß auf gar nichts oder auf fündliche
und unrechte Dinge gewendet wurden. Es ift
merklich, daß ſchon unter Conſtantio M. eine
ſolche augenfcheinliche Unwiſſenheit in der gruͤnd⸗
lichen Theologie gewefen, nachdem die Prediger
anfiengen bey nachlaffender Verfolgung die Bibel
aus der Hand zu legen, und hingegen die Rech—
nungen ihrer Einkuͤnfte, oder böfe wohlluͤſtige
Schriften durchblätterten, oder auch, welche ja
noch etwas hun wollten, die Streitſchriften, Ca-
nones und Auffäge m). Dahero war bey der
groffen Berfammlung aufdem Concilio zu Nicea
unter318 Bifcyöffen gleichwol nicht ein einiger,der
den Arianern und ihren Einmürfen hätte Fönnen
gewachfen feyn; fo gar, daß aud) ein gemeiner
Diaconus, wie Athanaſius damals noch war,
allein aufiteben und antworten Fonnten). Wor—
aus zu fehen ift, mie fchlecht es fihon Damals um
die Gelehrſamkeit der Lehrer mag beftellt geweſen
feyn, da hingegen Die Ketzer ſo geuͤbte und gelehr-
te Leute zu ihrer Bertheidigung hatten und
brauchten.
5. So grob als nun die Ignoranz unter denen
fuͤrnehmſten Kicchendienern unter Conſtantino
und ferner war, fo war fie unter Den geringern
D) Hieronymus Epift. ad Damafum. m) Sozomenzs lib. I. c.16. Conf Baronius A. COCXXV.n.50. n) Hiero-
0) Concil. Toletan. IV.c, 24.
nymus Comm. in Hagg. 11.
Bonifacius Moguntinus in Concil. Triburienfi, c. 18.
p-3ır. t) Alexins Commeus in Nouella n; 9. ap. Corelerinm’ Tom. II. Mon. Ecel. Gr: pag. 184.
\ I pi *
2* e y. —— ee * k
864 8.3. Don dem Abfall der Ehriften von der erften Lauterkeit. Be: 1
*
noch viel merklicher, je mehr das Unweſen mit der
Zeit ſich haͤufete. ſind *
als zu viel, und der Merkmahle und Proben
den Hiſtorien noch mehr... Man ſuchte endlich gar
durch ernſte Geſetze die Kirchendiener zur Leſung
der Bibel zu bringen, welche doch aus ͤngezwun⸗
genem und frepmwilligem Herzen von gemeinen.
Epriften, gefchweige von Lehrern gefeheße ſoll⸗
te o). Dabey denn aus der Erfahrung bekennet
wurde, “wie Die Unwiſſenheit eine Mutter aller
nogeslürne: wäre, und daher von den Prieftern
„GOttes fürnemlich zu meiden„p). Ya, es
ward ausdrücklic) dieſe Bekenntniß öffentlich ge»
than: Wir find bishero durd) den Verderb der
„vergangenen Zeiten ganz unbeftandig gemefen,
„weil die vielen Jahre nicht ſowol die Sünden
„vermehret haben, als die Unwiſſenheit als eine
„Mutter aller Irrthuͤmer denen Müßigen zuge:
„zogen. Denn wir fehen, wie die babylonifche Ver⸗
„wirrung die geiftlichen Berfammlungen verhins
„derte, und die Priefter des HErrn durch leicht⸗
„fertiges Leben beſtrickte. Es folgten auch die
Anlockungen der — auf dem rofinfarben
„Thiere, weil Feine Kirchenzucht mehr da war,
„und niemand die Irrenden zuruͤck ruffete, indem
„das Wort OOttes verachtet war. Und daalfo
„die Bifchöffe nicht in Einigkeit Verordnung
„macheten, nahm die Gottlofigkeit täglich zu» 4%
Weswegen denn jener Biſchof auf einem öffentli=
chen Concitio auc) daher mit Recht fagen mußte:
„Da die Kirche mit hölzernen Kelchen zufrieden
„var, hatte fie guldene Priefter: Mun fie aber
„güldene Kelche hat, find die Priefter höfzern,s
(ungefchickt und unnüge)r). Sonderlich ward uns
fer dem angehenden und wachfenden Pabſtthum
viel hiervon geflaget. Mur eines zu gebenfen, fo.
fihriebe einer diefes : Die Geiftlichen wiffen zu
„unfern Zeiten das Geſez nicht, lernens auch nicht,
„‚fondeen vielmehr andere Thorbeiten, legen ſich
„aufs Zaullenzen, Sreffen und Saufen, und füs
„chen irdifcheDinge,, s). Und nicht weniger inder
Griechifchen Kirche, wenn ein Kayſer felbft in ei=
nem Mandat feste: Ob gleich etlichenoch ein from⸗
„mes Leben führeten, wie denn alle Ehriften die Ge⸗
„bote Gottes halten ſollen, noch vielmehr aber die
„Kirchendiener; fo fehlet Doch den meiften das,
„Wort der $ehre, und weiß ichniche, obnicht un=
„fer den Lehrern fehr viele alfo erfunden ——
i⸗ oe an
p) Ibidenı. q) Coneil. Toletan. XJ.init, r)
s) Hugo de S. Victore ap. Aultorem Catalogi Teſt. Veris.
%
. Don der verfallenen Lehrer
eit konnte es bey fo groffer Vers
chrift niche anders fern,
n darinnen ganz ungeuͤbet blie-
on Zieronymus meldet, und dabey
nſehung des groſſen Verderbens dieſe War-
nung ſetzet : "Die a welche zum Lehr⸗
name erwaͤhlet werden , öfften doch zum wenigiten
„alsdenn das Gefeg GOttes lernen, nachdem fie
ordiniret find, damit ſie auch lehren koͤnnen, was
lernet haben. Sie ſollten ja vielmehr ihre
»
ei
an
x
enntniß als ihr Geld und Gut vermehren,
auch ſich nicht en von den Layen zulernen,
„die da verſtehen, was zum Predigtamt gehoͤret.
„Sie follten vielmehr Tag und Nacht in der Hand»
- lung der Schrift, als in der Rechnung und
„Haushaltung zubringen,, u). And Bier wollte
man abermal durch Zwang eine Aenderung tref⸗
fen, fo gar, daß auch die weltliche Obrigkeit die
Prediger iprer Pflicht durch Gefege erinnern muß:
te, da fie Doc) von Nechts wegen von den Pre:
digern, welche Seelforger heiffen wollten, hätten
erinnert follen werden. Wie haben aber die ar»
men Schafe an der füllen Weide des göttlichen
Worts ein Vergnügen oder Verlangen haben koͤn⸗
nen, da ihre Hirten felber diefelbe verlaffen und ver
faumet paben? Bon ſolchen hieß es recht, nach der
Klage und dem Urtheil des Kayſers Gratiani im
4. Seculo: “Diejenigen Lehrer, welche die a
„ligkeie des Gefoges entweder durch ihre Unwiſſen⸗
„beit verwirren oder durch Nachlaͤßigkeit verle-
„sen, begehen die greulichite That, x). Wobey
ein geichtier Ausleger diefe Urſache feger: *Da-
„mit nicht weiter gefchehen möchte, was bereits
„mit böchftem Schaden der Gemeinen aefchehen
„war, daß man entweder unwiſſende Auficher ih»
„nen vorfeßte, oder wenn fie nun eingefeßet wa⸗
r „een, daß fie felbft die Lehre des Volks und die
Bewahrung des Glaubens verfäumten, an ihr
„amt gar nicht dachten, und alles verfäumten,
Welche beyde Berderben der Kirche damals fon
„derlich herrſcheten, wie Baſilius oft Flaget,, y).
Es nahm aber diefe Blindheit der Elerifey im:
mer weiter zu, wie es diejenigen wohl erfubren,
welche noch auf den Verderb derfelben acht hat:
ten, und ihre Gewiſſen etwa bey ihrer Aufſicht
noch zu bewahren ſuchten. Darum hieſſe es bey
ißnen : “Oft ſcheuen fich diejenigen nicht vor See⸗
„ienärzte auszugeben, welche doc) Feine geiftli-
„che Erkenntniß haben; dadoch ein jeder ſich ſchäͤ⸗
„inet einen leiblichen Arzt zu nennen , der die
„Kraft der Arzeneny nicht weiß, z). Lind gleiche
wol waren viele fo unverfchäme, daß ſie wol folche
ihre Unwiſſenheit noch zu einem Deckmantel aflee
ihrer Laſter und Verbrechen vorfchüßen wollten.
Wie wir fehen aus den Klagen: “Man ann die
„Entfchuldigung nicht gelten laffen, die eine Uns
„roiffenheit vorfinüst a). Sa, diefelbeift bay den
Vorſtehern weder einer- Entſchuldigung noch
Vergebung werth b).
7. Die Begierde zu weltlichen Ehren und
Reichthum machte die meiſten eher zu Kirchen⸗
dienſten eilend, als ſie im en dazu ge⸗
fickt waren. Wie fchon im 4. Seculo abermal
die Klage gieng: Da fonft Feiner ein Arzt oder
te geheiffen wird, wenn er nicht Die Natur
„der Kranfpeiten zuvor erforfcher hat, oder viel
Farben gemenget und allerhand Bilder mit dem
„Pinſel vorgeftellet ; fo kann man hingegen einen
Aufſeher gar leicht finden, der aber nicht wohl zu⸗
„bereitet, fondern ganz feifch, und gleichfam zu⸗
„gleich geboren und befördert iſt, wiedie Poeten
„von den Niefen gedichtet haben. Wir machen
„in einem Tag alebald Heilige, und gebieten ih⸗
„nen gleichfam, daß fie weife und gelehrt fenn ſol⸗
„fen, diedochgar nichts gelernet, und nichts als
„den Willen zum Amt mitgebracht haben %
„Sie reden vondem, mas fie nicht willen, fie leh—
„een, was ſie nicht gelernet haben, fie wollen Metz
„ſter ſeyn, da fie nicht einmal nod) Schüler ge«
„weſen find; d). Dahero weil die Vorſteher
felber nichts mehr von dem göttlichen Willen vers
ftunden, nahmen fiean, wen fie nur wollten, und
da fie nicht fahig waren, jemand zu prüfen, mußten
fie wol mit den Unerfaßrenften zufrieden ſeyn.
Daher fie auch endlich von den Candidaten nichts
mehr forderten, als daß fie lefen, fehreiben und
fingen fonnten, und etwa die Kirchenfagungen
oder Ordnung ein wenig inne hatten, damit fie
den Aufferlichen Gottesdienft verfehen konnten.
An die lebendige gründliche Erkenntniß GOttes
und göttlicher Dinge, und Lebung der Heil. Schrift,
ward gar nicht mehr gedacht, viel weniger an Era
lernung müglicher Sprachen und anderer Gas
chen. Dabey denn leicht zu erachten ſteht, wie
jämmerlic) es um das arme Volk mag beftelle
Krr er gewe⸗
u) Comm. in Hagg. 2. x) Leg. 25. Cod. Theod. de Epife. et Cleric. y) Epiſt. 16. 69. 185. 262. Vid. Iae. Go-
thofredus Not, ad h. 1. p. 58. 2) Gregerius M. P. I. Paftor. c. 1.
c) Gregorius Nazianzenns Orat, de Baſil.
Epift, 22, ad CPtanos.
a) Leo M. Epifl. 4. ad Epife. Sicil. b)Id.
d) Hieronymus Comm. in Mich. V.
ur BET
m,
Ri
wir
966
gewefen feyn; nemlich, wie es ein er
Scribente felbft ausdrückt: Unter fo unwiſſen⸗
„ven und tummen Prälaten ifts Fein Wunder,
„daß eine groffe Blindheit das Volk überfallen
hat: Die ganze Religion war in lauter Aber-
„glauben verwandelt, e). Denn wenn es ſchon
An Anfang des vermeynten Wohlftandesder Kir⸗
chen alfo zugieng, wie es einer Damals befchrie-
be, was mag nicht hernach erft worden feyn?
Nun Flagte man aber alfo in dem 4. Jahrhun⸗
dert: “Sie lehren faft eher, als fie aus den Kin-
„derjahren kommen find, ehe fie nod) die Heil.
„Bücher dem Namen nad) Eennen, ehe fie die
„Zeichen und Buchftaben im N. Teſtament wif-
„ten. Sch will nicht fagen, ehe fie das unreine
„iundliche Leben verfaffen und die Greuel abge-
„than Haben, die ihnen die Sünde angehaͤnget
„hat. Wenn fie zwey oder drey gufe Woͤrter
„auswendig gelernet haben, und zwar nicht eins
„mal durd) Leſen, fondern blos von Hörenfagen,
„oder ein wenig den Pfalter koͤnnen, und dabey.
„ven Mantel wohl in die Falten zu legen willen,
„fo ſpringen fie alsbald zum Pult und Predigt⸗
„ᷣſtuhl hervor F).
8. Welche ungoͤttliche Beſtellung und Ein-
nehmung der $ehrämter weiterhin immer ärger
ward und nicht Fonnte gebeſſert werden; alfo, daß
man durch alle Seeula unzählig viel Spuren da-
von findet. Von dem jegigen fehreiber unfer an.
dern ein befannter Theologus, “daß auch Schuͤ⸗
„ler in der Theologie, die Faum den Catechiſmum
„recht gelernet oder die Theologie zu soren ange-
„fangenhaben, alsbald predigen und mol gar ei-
„ne Pfarte verlangen: welche gottloſe Gewohn⸗
„beit auch in die Schulen eingeriffen fey,> 2).
Und ein anderer erfahrner Mann: “Ich wunde⸗
„re mic) fer, daß man täglich folche Leute unter
„den Dottoribus der H. Schrift finder, die vere
Fehrter Weife gelehrt find, und vor ein groffes
„SD nichts gelernet haben, von einer groben
Unwiſſenheit und gar feinem Berftand; gleich⸗
„wol aber fo ſtolz und hochmuͤthig, daß fie bey ih⸗
„rem Namen eine falfche Einbildung Besen, h),
Wir kaben eben im 2. Buch bey den Predigten
viel hiervon vernommen, fonderlich tie ſolche un-
ſchlachtige verkehrte Leute ſo gar nichts rechts leh⸗
zen fönnen. Einer ſtahl dem andern das Wort,
wie in A. T. die falſchen Propheten denen wahr⸗
Fom. I. Hifor. Gallic. ap. Spankemium Introd. H. E. Sec. VIII. n. 3.
ae g) Crlouius Pxdia Theol. Artie, IT: de Meth, Stud, c. VI. can. I. k
5. 1) Sreph. Baluzius Not. in Saluian, ad verba Gennadüi c. 67. Ser. Ecel. Seripfir hom lias Epi-
Apol. F.
Diacon. n. 76.
ſcopis factas multas.
8.3. Don dem Abfau der Ehriften von der erſte
‚wie er hinter guter $eute Schriften fa
k) Alexins Commenus in Nouella I. c,
— 2 f N = are *34
haften thaten, daß fie ausmwe
nachſchwaͤtzten, was fie voı
gelefen hatten, Wer no {
fig und in der Lehre gegründe
te fie aifo dem Volk wiederum Ber ohne lebendig
Erfaßrung und ohne Glauben, wieersin ſein G
2 gefaſſet und auswendig gelernet |
— wie die, ſo noch im
geweſen, denen andern haben muͤſſet
auffeßen und ausarbeiten, welche die andern dem
Volk hergeſaget haben, wieman beym Salviano
anmerket i). Nicht anders, als wie noch aus
diefem und jenem Theologo prattico oder am
meiften aus —— etiune ‚auswendig gelernet
und alfo auf den zeln vecitiret wird, unge
acht es weder Lehrer noch Zuhörer verftchen oder
zu Muß anwenden koͤnnen. Zu geſchweigen,
was vor Verfälfchungen und Berfehrungen des
göttlichen Worts und der lauteren Wahrheit, wie
auch andere greuliche Irrthuͤmer, Mißbraͤuche
und Verfuͤhrungen des Volks dabey vorzugehen
pflegten, welches wegen ſeiner Menge unmoͤg⸗
lich nach der Laͤnge kann ausgefuͤhret werden.
9. Da auch gleich fonften der natürliche
Menſch auf das, was von der Vernunft her⸗
fomme, noch eher. acht hat; fo verfielen die mei-
ften $ehrer fo gar von aller Willenfchaft in die
aͤuſſerſte Ignorantz, daß fie auch die Kirchenord»
nungen und Canones der Concilien nicht mehr
wußten. Wiewol es auc) die Oberften in deu
Elerifey aus einer boshaftigen tift dahin brachten,
daß feiner leichtlich zu einem Dienft unter ihnen
angenommen ward, der etwas von foldyen oder
andern Sachen verftund, und mehr als das
Evangelium und die Epifteln Tefen Fonnte,-
Drum bieffe es bey denen, die ſolches nod) ans
merfen fonnten: “Die Schlüffe der Bäter und
„ihre Regeln find durch) Nachläßigfeie fo verach 7
„tet gervefen und ſaſt ganz und gar nicht mehr 7
„bekannt, alſo daß man fie nun erneuern und
„betätigen muß, k), Bon der Unmilfenheit in -
weltlicher Eruditioen, in Sprachen und Rün>
ften will ich nicht fagen: Denn diefe ift ohne⸗
dem in ganzen Büchern längft befchrieben, und
niche fo verderblich als die Blindheit in goͤtt⸗
lichen Dingen gewefen )). Denn von diefer
trafs ein, was einer aus folder |
klagt;
— Zus
— ——
— —
f) Gregor. Nazianzen ·
h) Zieglerus Cap. XIU. de
l) Vid. vel Catal. Teft. Verit. pallim. Montaeu-
tius
—4
4
ein Prediger einmal anfängt die
wieder darinnen erwecket, daß er fie annehme.
WWer hat wol geſehen, daß ein Prediger bald be-
Fkehret worden iſt? Und wenn er, drüber ergrif-
„ren, dennoch) ſich demuͤthiget, fo ifts ihm nicht
egen leid, weil er gefündiget Bat, fondern
er ſchaͤmet ſich nur, weil er um feine Ehre fommt.
Miemand aber denke, daß der HErr fo ungü-
ig iſt, undden Lehrern die Buffe verfagt, wenn
„er fpricht: Wenn das Salz tumm wird, mo:
„mit will man falgen? Sondern er bedenke, daß
yes wie nafürlich fen, weil niemand ift der den⸗
„jenigen leßren follte, wenn er irrete, welcher an⸗
„dere e lehrete, m) Und bey dieſer Bes
ſchaffenheit mußte wol alles zu ſcheitern gehen,
„da die Unwiſſenheit des böfen Fuͤhrers alles ver-
„derbte,,, wie davon geredet ward n). Alfo daß
- kichtig eintraf, was der HErr JEſus fagte:
Wenn ein Blinder den andern führt, ſo
= fie !beyde in die Grube. Welche
orte ein folder blinder Biſchof bey feiner Or⸗
a Bu
fand zu einem traurigen Zeichen feiner Untüchtig-
keit 0). Bon welchen teutenman wolmit jenem
eifigen Mann ausruffen möchte: O eine er⸗
- „bärmliche Unwiſſenheit des Lehrers! O eine fell»
e Erkenntniß des die Lehrenden
nftehen nichts, und die, fo fie lehren ſollen, wiſ
„ſens ſchon. Sie find gelehrter denn alle ihre
„Lehrer p).
10, Wo fein erleuchteter Verſtand das Regi⸗
ment in einem Menfchen führer, da muß nicht
allein der Wille und alle Meigungen verfehre
und böfe, fondern auch alles Thun und tafjen
ht unabn fenn. Erfennet der Menfch das Gute
nicht, fo nimme ers auch nicht davor an, bemü-
her fich nicht darnach, viel weniger fuchet oder
weiß ers andern 2" ll zu zeigen oder mitzu⸗
theilen. Und diefes ſiehet man an den verfebr-
ten Lehrern zu allen Zeiten, undauc) unter dem an⸗
gehenden Berfall des wahren Chriſtenthums.
— Da diefelben anfiengen arın, blind und blos zu
werden „gieng auch zugleich die erfchredklidye
Inge in ihren mtepflichten an,
md wuchs mit der Unwiſſenheit zugleich aus ei»
er Wurzel, welche war die fleiſchliche Eicher:
it und Verachtung GOttes und feiner Wor—
h
hrift zu verachten, fo wird er niemals
dination am erften in Aufichlagung der Bibel
867
te, Hieher gehörte nun wiederum Die grofle Un—
ordnung, woAumgeynosUm und Befchäftr
gung in weltlichen unnüsen Dingen, Verder—
ung der Zeit mit nichtigen oder auch wol ſchaͤd⸗
lichen Verrichtungen, ingleichen die übrmachten
Streitigkeiten, und deswegen vorg nommene
Difpurationes, Berfammlungen, Schriften,
Keifen und Dergleic welches ſchon unter Con»
ftantino völlig angieng, und anderswo vorfoms
men wird. sgemein ward von einem Conci⸗
lio abermal befannt: “Es hat feine Sache die
„Buch der Gortfeligkeit von der Gemeine wegges
„bracht, als eben die Machläßigfeit der Geiſtli—
„hen, die die Kegeln verachtet und Feine Mühe
„angewandt haben, das Leben der Gemeinen zu
„beileen, g). And bey einem bekannten Lehrer
ſtehet: "Wir find auf lauter Aufferliche Geſchaͤf⸗
„te verfallen: ein anders ifts, was wir bon den
„Edrenitellen annehmen, ein anders zeugen wir
„in den Amtsverrichtungen. Wir verlaſſen das
„Predigtame, und, wie ich feße, fo nennt man
„uns nur zur Strafe Bifchöffe, weil wie nur
„den Ehrentitel, nicht aber die Kraft und That
waben, r). Wie auch noch bey einem andern:
O wehe ung, die wir die Laft dieſes Amts auf
„uns genommen haben, menn wir unterlaflen
„die Wahrheit unfers Heilandes JEſu CHriſti
mju verfündigen, „welche die Apoftel geprediget
„baben! Wehe uns, wenn wir die Wahrbeit
„mie Still bweigen unterdrucfen, da wir unfer
„Pfund den Wechslern geben, das ift, das
„Volk lehren follten! Was wollen wir an dem
„Gerichte EHrifti felber fagen , wenn wir uns
„ſchaͤmen, die Wahrheit feiner Worte zu verfün-
„digen? Wie wird es uns gehen, wenn der ges
„rechte Richter IEſus CHriſtus, unfer GO Tr
„genaue Kechnung fordern wird von denen uns
„anvertraueten Seelen und dem empfangenen
„Amt, u.f.m. 5)? So erinnerten bisweilen etli>
che wenige noch fich und andere der Be Der:
antwortung, welche die meiften auf ihre Seele
le fuden. Denn auch fehen im 4. Seculo fie die
vornehmften Stücke des Chriſtenthums ganz
Faltfinnig , ſchlecht und obenhin vorteugen,
wenn fie ja noch Iehrten, und von der lauteren
Wahrheit immer weiter abfielen, Bingegen auf
Menfchenfagungen und eitelen Gottesdienft ge«
riethen ı).
Rrrer2 11. Die
tins P. II Orig. Eccl. ad A. C. V. aBapt. n. 183. Parkerzs Antiquit. Britann. in Vita Vffordi. Hottingerus Hiſt.
Becl. Cap. V. p. 117.144. 209.290. 308. etc. Boeclerus de FatisLiter. Meorhofius lib II. Polyhyft.c. 2. C. S.Cu-
io lib. de Schol. p.ı. 1. Thomafius Prxfat. ga. de Inept. Barb. Scholaft. etalii. m) Chryfoftomus Op. Imp.
ad Matth. c. 21. n) Gregorins Nazianzenus Obiurg. ad Cler. 0) Sgyrepuius Hiſt. Conc. Florent. Sect. XII.
©. 4. p) Hilarius in Pf. 118. q)Coneil. Toletan. IP. ©. 3.
x) Gregorius M. hom. 17. in Euang. $s) Symma-
4 ebus P, R. in Synodo Romana VI. t) Ofiander prxf. ad Cent. IV. Hift. Eccl.
—
ır, Die guten Tage bey der fo geruͤhmten
Gtückfeligfeit der Kirchen machten eben die Pre—
diger träge und faul, weil fie bey ihrem wohlluͤſti⸗
gen und feifchlichen Leben nichts anders als Nur
he und Müßiggang fuchten, wovon ein Roͤmi⸗
scher Biſchof noch im 6. Seculo alfo Flagte:
„Siehe, die ganze Welt ift nun voll Priefter, und
„dennoc) findet fich in der Ernte GOttes felten
„ein Arbeiter, weil man zwar das Amt wol an
„nimmt, aber das Werk des Ames nicht erfüllt,
„Aber was macher man alfo, da man Die Beſol⸗
„dung nimmt, und gleichwol Fein Arbeiter iſt?
„Denn man geneuft zwar die Einfünfteder Kir⸗
„hen in der täglichen Befoldung, aber man at:
„beitet nicht im Wort und in der Schre zu Nutz
„der etigen Gemeine. Bedenket doc), wie ver—
„oammmlich es fey, ohne Arbeit doch den Sohn neh⸗
„men! Siehe, wir leben von der zufanmen ge-
„legten Gabe der Glaubigen, aber arbeiten wir
„auch für ihre Seelen, u)? Hatten die erften
Lehrer mit ihren DT gearbeitet und dennoch
die Gemeinen GÖfttes verſorget; fo thaten dieſe
feines von beyden, und praffeten nicht allein von
den Almofen der andern, fondern thaten auch da:
vor wenig oder nichtsin ihrer Pflicht. Die, wel⸗
che noch viel zu thun meynten, redeten etwa ein
oder abermal zu dem Volk, oder, wie man jetzo re:
det, hielten die Woche etwa eine oder zwo Pre
digten, Damit war ihr Amt, ihrer Meynung nach,
wohl verſorget: ungeacht fie in Unterweifung der
Jugend durch Catechifiren, in Unterfuchung des
Lebens ifrer Zuhörer, in Privaterinnerungen
und aller möglichften Wachfamfeit über die an-
Yertrauten Seelen nichts beobadytet hatten. Zu
Chryfoftomi Zeiten war das Volk durch der Leh⸗
rer Nadyläßigfeitforoh und unmwiffend, daß auch
einft zur Peftzeit viel taufend in einer Pacht ger
taufer wurden, ungeacht Fein einiger Davon in
dem Chriſtenthum unterrichtet war, Ja, da ein
einziger Diaconus, vielleicht aus groffer Erbar-
mung über den fchrecflichen Sammer, anfieng, Die
$eute zuvor im Catechifmo zu unferweifen, ver-
diente er noch Zorn und Feindfchaft bey der an:
dern Cleriſey damit, entweder, meil fie Dis alles
vor unnöthig und dag Opus operatum vor zus
Yänglich achteten, oder weil fie es vor einen
Schimpfhielten, daß es diefer junge und geringe
Menfc) beffer machen wollte, als das ganze Mi:
nifteriumx). —
m) Gregorius M. hom. 17. in Euangel, laudatus et hoc nomine in Catal. Teſt. Verit. p. 93. x) Chryfeflomus
8.9. Von dem Ybfal der Ehriften von der er
ı Lauterkeit. u: |
12. Es ift fon oben im 2. Bud) von dem
Predigen gezeiget worden, wie Die ——
nach und nad) des Predigens ganz entjogen und
begeben haben, nachdem fie zuvor aud) die ans
dern Verrichtungen, welche die Apoftel und ihre
Jünger getrieben, abgefihaffer hatten. Alſo, da
nun gar nichts mehr übrig war, welches fiean L
ver Faulheit, Wohlluͤſten und anderer fleiſchlichen
Sünde hätte hindern koͤnnen. Dahero fhon in
dem Concilio zu Sardis geflager ward: «Es
„find etliche von den Sihöfen, welche nicht an
„ihrem gehörigen Ort leben, u da, wo fie
„ihre Güter haben, oder ihre Freundey). Was
„wuͤrden dieſe (feßet einer hinzu) gefaget haben,
„wenn fie hätten Safe gefeben, wie fie
„ganz in irdiſche ge verwickelt ſind, und in
„der Gemeine nicht lehren, noch das Leben ihrer
„uUntergebenen befjern,, z)? Won welcher grof
fen Traͤgheit und Verſaͤumniß des Amts wir ſchon
viel insgemein gehöret haben. Die Obrigkeit
felbft mußte oft die nachläßigen. Prediger beſchaͤ⸗
men, wenn fie in öffentlichen Befehlen erinner,
te: “Es follte nicht etwa nur einmal eine Er.
„mahnung gefcheßen ‚ daß man fo etwas berfchrye
„(emQpaynrinn Sue), fondern öfters, und zus
„gleich follte ein jedes gefraget werden, was es
„nach der Ermahnung vor Mugen empfangen
„babe, a), Zu mwelcher Berorönung ein alter
Seribente diefe Anmerfung macht: Merke dies
„ien Befehl, und laffe dichs jammern, daß er nicht
„in acht genommen wird. Denn ich halte das
„vor, daß die meiſten Bifchöffe nicht einmalwife
„fen, was lehren fey, b). Und diefes beklagte
einer hernach vor dem Pabſt felbft-unter andern
mit folgenden Worten: “Die Prediger finds,
„die das ganze Land verwüften, die Sa des
„HErrn zerſtreuen, den Weinberg des HErrn
„verwuͤſten, und allen Greuel uͤber den Erdboden
„ausfchütten, Und darüber wundere ſich nie⸗
„mand: Denn fie verkuͤndigen CHriſti Ebange⸗
„lium nicht mit dem Wort des Mundes, dasaus
„dem Leben des Herzens Fame, nemlich aus Ei⸗
„fer für die Seelen, daß fie das Exempel der
„Gottſeligkeit vermehren, ftärfen und vollenden
„föllten, welche den Leben JEſu EHrifti ähnlich
„wäre. „ Und dahero find fie nad) dem Gefeg und
»zeugniß in ſich felbft tode, und Mörver und
„Todrfchläger der ifmen anvertrauten Seelen.
» a,
hom. 46. in Ad. Apoft. Add, Augufini querelam c. ı. de Fid. et oper. v) Concil. Sardicenf,c. 15. 2)Oe
ander ad h. L lib. ILL. Cent: IV. e. 2-
nt. 2, 2) Alexiws Comnenus Noucll. cit. e. 14. b)Scholium MStumap, Bewe-
segium Not. ade. 17. Coneil. in Trulleet Corelerium Not. ad Tom. LI, Mon, Ecel. Græc. p. 595
das vornehmſte Werk Ehrifti, deswe—
e in die Welt Fommen, die Erweckung
Seelen ift, und hingegen des Satans eige-
‚mes Werk, welches er als ein Mörder von An-
„rang fucht, ift die Ermordung der Seelen; fo
ſind die Hirten die Anticheifti und der Satan
s‚telbft,, der fich in einen Engel des Lichts verftel:
„iet, Diebe und Mörder, Schlächter der Schafe
„und Verwuͤſter, die das Bethaus zu einer
HMördergrube are gi welche unter dem Ma-
„men Chrifti einher gehen und doc) das Wort
„GDtees nicht verfündigen, wenn fie auch
„gleich fonft Feine andere Bosheit darneben be-
„giengen c).
13. Noch vielmehr aͤuſſerte ſich ſolche Untreue
der falſchen Hirten, wenn es unſicher war, und
fie ſich auch nur des geringſten Verluſts von Guͤ—
tern, Ehre und Bequemlichkeit dieſes Lebens be—
ſorgten. Da flohen die Miethlinge und achte
ten der Schafe nicht, fie mochten gleich in Auf
ferfter Gefahr ihrer Seelen ſchweben. Tertul-
lianus fchriebe ſchon zu feiner Zeit von denen, die
es nicht rechtfchaffen mit dem HErrn meynten,
und fehon durch wenig gute Tage waren verfühe
ret worden, wie wir aus feiner Hiftorie wiſſen:
„Es wird ned) dahin fommen, daß fie aud) die
„Marter werden auszufchlagen fuchen. Sich Een-
ne ihre Hirten wohl, wie fie im Frieden Löwen,
„im Streit aber Hirfche (d. 1. flüchtig) fern d).
„Wenn aber nun die Anführer felbft, d. i. die
„Diener, Biichöffe und Aelteſten daven fliehen,
„wie Fann dennein anderer Chriſte verftchen, auf
„was Weife gefaget ſey: Fliehet von einer Stadt
„in die andere. Wenn nun die Hecrführer fel-
mber fliehen, welcher unter den andern wird fie zu
„ſtehen ermahnen? Gewiß, ein quter Hirte läffer
fein Seben vor die Heerde, wie Moſes. (2. B.
HMof. 32.) Ehriftus aber beftätiget fein Gleich.
„niß, und ſpricht, ein böfer Hirte fliebet, wenn er
„den Wolf fiehet fommen: ein folcher Hirte
„wird verworfen werden, u. ſ. f. e). Daß die-
fer gute Mann nicht aus Affeeten, fondern nach
der a efchrieben habe, hat fich nicht al
fein zu feiner Zeit, fondern auch hernach an den
fleiſchlich gefinnten Lehrern mehr als zu fehr aus⸗
gewiefen, Euſebius, der fonften wenig von der-
leichen Begebenheiten melder, kann doch nicht
| ugnen, daß nach eingeriffener Sicherheit die
k
„Hirten in der Verfolgung fich theils ſchaͤndlich
„verſtecket, theils und zwar unzählig viele Chris
„ftum verleugnet haben,,, und zwar wäre diefes
von den vorneßmften tehrern gefchehen, aus Ver⸗
führung der guten und rubigen Tage, welche fie
bisher gehabt, Woraus denn leichtlich zu fehliefe
fon ift, daß ſolche Mierhlinge viel weniger die
Seelen ihrer Zuhörer werden geachtet haben, da
fie ihre eigene Durch fo liederliche Verleugnung
verfcherzet f):
14, Was aber aus folhem Verhalten vor un«
verwindlicher Schaden entftanden, weifer die ganz
ze Hiftovie felbiger Zeiten durchgängig, und läf
fer sich mit Worten’ nicht beſchreiben. Wir
haben oben im 2, Buch bereits viel hiervon ge=
feben, und Fünnen aus diefem ganzen 8. Buch)
die unfeligen Früchte davon wahrnehmen. Mur
eine einzige Klage davon zu gedenken, fo ſchrei⸗
bet ein Ehriftlicher Kayſer Davon alfo: Die Ur—
„ſach dieſes groffen Uebels (des verderbten Chri-
„ſtenthums) iſt keine andere, als die langwierige
„Faulheit und Nachlaͤßigkeit des geiſtlichen Or—
„dens, welcher immer mehr verdirbet, und vor⸗
„längft feinen Anfang genommen bat, auch bis
»bieher forgegangen. Diefes hat verurfacher,
„daß num diefes Mebel feft zu einem Geſetze wors
„den ift. Es ift aber fein Schade an dem Leibe
„oder Geld, fondern an den Seelen, der endlich
yauf ein Verderben der Chriſten hinaus lauft:
„Wie werden wir ung aber am Tage des Gerich-
„tes vor GOtt dem Schöpfer entſchuldigen koͤn⸗
„nen, wenn wir als Obrigkeit und Lehrer dieje-
„nigen, die wir regieren füllen, dem Satan über«
„geben, blos den Menfchen zu Gefallen und um
„zeitlicher Bergnügung willen, g)? Und weiter
unten: “Die Unterfüchung der wahren Lehre
„it ganz verfchwunden, man hat auch Fein
„Berlangen mehr fie zu faſſen, fondern fie ges
„ben alle wie im Finftern. Dabey ift nur
„jedermann in Gefahr, es feyn Lehrer oder Zus
„börer, und werden alle in dunfele und unermeß⸗
„liche Verwirrung geftürzer. Die Ermahnung
„Ehrifti und unfers GOttes zu feinem Vater bfeis
„bet unfruchtbar. Denn wie follen die Seelen
„durch das Wort der Apoftel an ihn glauben,
„welche ohne Unterricht in dem Geheimniß der
„Gottſeligkeit bleiben? Denn die wahre Lehre
wird jegund wie das Pfund (Mateh. 25, 18.)
„verſtecket, und da es verborgen iſt, nicht geſu⸗
Rrrrr 3 scher,
©) Rubertus Epncenienfis in Catal. Teſt. Verit. p. 584. d) Lib. de Coron. Milit e. 1. e) Lib, de Fuga in
Perfee.c.ı1n f) Eujebinslib. VIII. H. E. 0.2.03 g) Alexius Comnenus I, c. m 3.
D 1
*
—
a ji J SUR N DH
8709
„schet, fondern nur vor ein Nebenwerk gehalten,
u.f.f. k). Und daß ich nur nod) einen herzu fer
tze, der von der Lateiniſchen Kirche ein gleiches be-
zeuget, fo klagt er, diefes_fey nod) das aller-
„größte Elend gewefen, daß bey den übermad)-
„ten Sünden des Volks niemals oder ſehr fel-
„ten einer geweſen fey, der die Laſter geſtrafet
„hätte. Dahero aud) das Wort der Propheten
nerfüllet worden: Der Priefter wird ſeyn wie das
„Volk *
15. Ueberdis entſtunde nun aus ſolchen untreuen
Herzen der bofen Arbeiter, daß ſie nicht allein
Die heilfame Lehre bey dem Wolke nicht trieben,
fondern auch feinen Eruft und Eifer im Stra
fen und Ermahnen erwiefen. Denn weil ein:
mal ihr Abfehen auf Menfchentage gerichtet
war, und fie aus Verblendung des Satans lieber
ihre und die anvertrauten Geelen, als zeitliche
Ehre, Güter und Bequemlichkeit fahren Lieffen ;
To bielte ihnen freylich diefes alles gleichſam den
Mund zu, daß fie niemand leichtlich,, ihren Ge⸗
danken nach, zum Feind befämen. Daher fam
nun, daß fie die ſchwerſten Sünden dennoch ges
ring achteten, oder wol ‚gar, unverfchämt, vor
Tugenden ausgaben, daß fieaud) zu aller Bos⸗
heit, fonderlich bey Groſſen und Gewaltigen, ftille
ſchwiegen, die Verheiſſungen des Evangelii ob-
ne die von GOtt gemachte Bedingungen den
unbußfertigen Sundern zueigneten, und fonftun-
zählige Greuel durh Schmeicheley und Men:
fehenfurcht begiengen. Dieſes wird unten bey
‚dem Mißbrauch des Binde» und Löſeſchluͤſſels
Elar werden. Hier fegeichnur einige Merkmab-
fe,daraus von dem übrigen Verhalten hierbey zu
ſchlieſſen ſeyn wird. Auguſtinus hatte gnug
an folchen zu miderlegen, welche die Leute be—
veden wollten, “daß fein muthwilliger Sünder
u verdammen wäre, wenn er nur ein wenig
„Amofen gäbe, k). Welcher auch fonft wegen
des groſſen eingeriffenen Verderbs fehr viel ge⸗
fehrieben bat, wie Feiner deswegen bey muthwil⸗
ligen Sünden ſich follte ficher machen laſſen, wenn
man ihn noch vor ein Glied der Gemeine ausge-
be ). Gleichwie aud) unter feinen Schriften
diefe Erinnerung gefunden wird: “Es fey ferne
„von mir, daß ich zu euch fagen ſollte: Lebet wie
Fihr wollt, und ſorget nicht! GOtt verdammet
„niemand, behaltet nur den Chriſtlichen Glau—
„ben, er verdammet nichts, was er erloͤſet hat,
h) Ibid.n. 9. i) Glaberap. Baronium A. MXXXIII.
de Paftor. c.3. n) Epift.g.adDemetr. ©) Comm. in Thren.lib. I. c.r.
8.3. Don dem Abfall der Ehriften von der erften Kauterkeit,
9
mas i
„Sünde? Macher das Freffen u aufen bey
„den Gaftereyen, wie es in in Eisen hi (che h
„het, immer mit: Die Barmh Bit t GOttes
„iſt groß, die kann euch alles vergeben. Darzu
„it ja die Creatur geſchaffen, daß ihr ſie genieſſen
„ſollt. Wenn ich dieſes ſagte, ſo wuͤrde ich viel⸗
„leicht eine ſtaͤrkere Gemeine bekommen. Aber
nich würde nicht alſo GOttes und Chriſti Worte
nfagen, nicht die Schafe, fondern mid) ſelbſt wei⸗
nden m),
Wenn ihr nun gerne Comödien zufehen wollt,
„gehet immerhin, er wol vo R
16. Hieronymus wußte von diefem Laſter der
Prediger, wie von andern allen, fehr viel zu Ela
gen. Als wenn er bon dem boshaftigen geben
der damaligen Chriſten fehreibee: “Man fiehet
„dieſes alles wohl, und läßtes doc) geſchehen: Ja,
„man rechnet es noch wol gar unter die quten
„Werke, wenn nur einer. einen güldenen Pfen⸗
„nighervorfchimmern läßt, n). Und anderemo, _
da. er unter der Perfon der Pharifaer und Schrift:
gelehrten die Lehrer feiner Zeiten nn beſtrafet:
„Sie erinnerten nicht allein das Volk nicht, um
„Öefchenfe willen, fondern fie erhuben fie noch
„mie Lob, nur daß fie Vorteil und Reichthum
„von ihnen häften. Ja, ſie preifeten fie noch darzu
„felig, nennten fie Säulen des Haufes GOttes,
„und was fonft die Schmeichler zu fagen pflegen.
„aber folhe Patronen brachten ißnen feinen
„zroft am Tage des Gerichts, fondern fie be»
„ſchaͤmten fie vielmehr, indem fie ihre Sünden
„nicht entdeckten. Derjenige ift aber ein recht⸗
„ſchaffener gehrer der Gemeine, Der die Sünder
„ſtraft, der Thränen und nicht Sachen Heraus Io-
„et, der Eeinen felig noch gluͤcklich preifet, und
„dem Ausfpruch feines Richters nicht vorgrei⸗
fet, 0). Diefer gute Mann mag mwol von des
nen Heuchlern diefes rechtmäßigen Eifers wegen
beurtheilet werdenfeyn: Dahero ſchreibet er an-
derswo alfo: "Das Safter ver Schmeicheley
„herrſchet in fehr vielen, und was das fehrecklich-
„ſte ift, wird es noch vor eine Demuth und
„esreundlichfeit gehalten. Daher kommts, daß
„inan den vor einen Neidhammel oder Hoffärtigen
„hält, der nicht mit heucheln kann. Und gewiß,
„es iſt eine fonderliche Kunſt, einen andern zu Io-
„ben, daß man fich felbft dadurch recommendiren
„will, und durch Betrug das Herz des Betroge-
„nen ihm verbunden machen, aud), weldyes bier
„am
k)Lib. XXT. de Ciu. Dei e. 22. h Lib. c. 25. m)Lib.
ſchehen pflegt, die erdichteten
ein Stück Geld verkaufen, Aber
as ift das vor eine fehreckliche Lei nigfeit
nd vor eine greſſe Eitelfeit, daß man fein Ges
„wiſſen hintan feßet, und fih nach eines andern
ung vichter u. ſ. w. pP)? Solche Predi-
„€
Oper müffen nothwendig Heuchler und Schmeich-
bo
—
den Schaden Joſephs noch bekuͤmmerten,
- „ter feyn, damit fie Menſchen gefallen mo»
| „gen, und durch ſolchen Gefallen dasjenige erlan-
„gen, was fie begehren. Sie reden, was man
„obet, nicht was die en erbauen kann.
Die meiften unter ihnen fuchen nicht ſowol Geld,
„als Ehre, und meynen, fie haͤtten das höchfte Gut
„erlanger, wenn fie nur von allen gelobet werden;
„jedoch verachten fie das Geld auch nicht fo fehr,
„und pflegens fein in Schaß zu legen. . Aber
„wahrhaftige und einfältige Lehrer wandeln de>
„nen Apofteln nach, und fonnen fagen: Wir find
„nie ji Scmeidyelworten umgangen, ı Thefl. 2,
1.5. 9).
— HR —
ı7. Dahin gehörte nun nicht allein, none DON
ber Privatconverfation von denen Menfchen
knechten mit allerhand Schmeicheley, Billigung
unrechter Worte und Werke, falſcher Erklärung
des göttlichen Worts, und dergleichen vorgiend,
fondern auch öffentlich und in der Gemeine. Zum
- Erempel, wenn Chryſoſtomus fehmerzlich kla⸗
get, daß man nur predige, wie es die Leute gerne
bin wollten, nur damit man nicht etwa geta⸗
delt, fondern von jedermann gelobet würde. "DVie-
„le predigen, (fchreibet er,) und wenn das Volf
ſie ebet, find fie fo froß, als wenn fie ein König»
„reich erlanget hätten. Man fichet nur darauf,
„dat ſich die Leute verwundern mögen, nicht daß
„man fie zur Gottſeligkeit erbaue,, ). Wieder-
um gefihahe es, daß eben aus folder Schmeiche:
ley die Reichen und Vornehmen nad) ihrem Tod
ohne Unterſcheid felig gepriefen wurden. Dahe⸗
ro man auch mit fcharfer Strafe verbieten muß»
te, daß fic) Fein Geiftlicher mehr gelüften laſſen
follte, die veichen und vornehmen Berftorbenen
- nach ihrem Tod in Reden oder Gedichten (nach
jegigerNedensartseichfermonen undCarminibus)
rauszuftreichen, die Worbrecher aber follten
ufpendiret werden s). Von weldıer Materie
aber ſchon etlichemal zur Gnuͤge geredet worden
iſt. Es erfannten freylich ſoſche, die fih um
Cod. Concil Er 1..Afric. e Canon. CPtanis.
lach. IJI. x) Sugufinus de Corrept. et Grat, e. 16.
*
%
den umnerfeglichen Schaden, welcher aus ſol⸗
cher Schmelcheley gewiß erfolgte, da fo gar auch
von denen heydniſchen Lehrern wahr , was dorten
von den fchmeichelnden Philoſophis fteber : "Was
„baben wol die Philoſophi dein menschlichen Les
„ben genüßet, daß fiedenen Leuten weiß gemachet,
„als wenn GOOtt nicht zuͤrnete? Cie haben ihnen
„damit gewiefen, wie fie fich vor feiner Rache und
„Gerichte nicht fürchten dürften, und dadurch ha⸗
„ben fie aller Bosheit Thuͤr und Thor aufgerhan.
„Denn wenn die Leute das gehöret haben, daß
„fein Gerichte, Feine Strafe noch Rache fey, ſo
„find fie ja in alle Schandthaten verfallen ).
18. Diefes geſchahe auch ferner von den heuch⸗
ferifchen und weltfötmigen $ehrern, wenn fie
zwar nicht offenbarlich diefe und jene Sünde gut
bieffen oder lobeten, gleichwol aber darzu ftille
ſchwiegen, und Feine Erinnerung noch Beftras
fung dazu thaten. Um welcher willen Hierony⸗
mus abermal fchrieb: Ber ein Priefter ſeyn
„roilf, und doch die Suͤnder nicht flrafet, der
zttnfc fein Amt niche in acht. Die tippen des
„Prfefters werden die Lehre bewahren; er fpricht
„nicht; ‚fie werben fie hervor bringen, fondern bes
„wahren, daß fie zu vechter Zeit reden, und den
Maͤknechten Speife geben zu ihrer Zeit, u)»
Und ein anderer: “Es wird darinne Boͤſes mit
„Boͤſem wergolten, wenn derjenige nicht geſtrafet
wird, den man ftrafen foll, fondern durch eine
gottloſe Verſtellung alles verfchtwiegen wird.
„Denn Paulus fpricyt ı Tim, 5. die da geflindis
„get haben, jtrafe vor allen, daß auch Die andern
„eine Furcht baben,, x), Wie aud) noch einer,
der ſehr ernftiich wider ſolche Leute geredet hat?
„Du enthälteft deinem Nächften vor, was ihm
„geböret, werm du aus Furcht, oder Faulheit, oder
yunzeitiger Demuth ein gutes Wort, welches viels
„leicht vielen hätte nüßen koͤnnen, durch ein ſchaͤd⸗
„liches und verdammliches Stillfchweigen ver«
„birgeft. Gewißlich, ou bift verflucht, daß du dem
„Menfchen ihre Nahrung vorenthälft,, y. Wels
che groffe Gefahr unter dem Verfall gar nicht er—
kannt wurde, ob fie gleich noch einige deutlich
gnug vorftellten. Als wenn jener erinnerte: Sie⸗
be, der Wolf erhaſchet ein Schaf: Der Teufel
„bat einen Eprifterr zum Ehebruch verfuͤhret: Und
„ou ſchweigeſt ftille, und ftrafeft ihn nicht. O
„du Mierhling, du haft den Wolf gefebermund
ni
p) Epil.14.adCelant. q) Comm. imz Cor.XI. m Homil. 38. ad Antioch. s) Balfamen Schol. ad Cart. 106-
t) Aptid Audtorem Recognit. Clem.lib. X. p. 167.
u) Comm. in Ma-
y) Bernhardus Serm, rg. in Cantic.
872
„biſt geflohen! Du antworteſt vielleicht und
ſprichſt: Siehe, ich bin ja Hier und bin nicht ge-
„hoben. a, du bift allerdings geflohen, weil du
„ftille geſchwiegen haft, du Haft aber ſtille geſchwie⸗
„gen, weil bu dich gefürchtet haft. Wenn dunur
„indeinem Herzen flieheft, ſo iſts ſchon eine Furcht:
Du biſt zwar mit dem Leibe geblieben, aber mit
„der Seelen bift du entwichen z). Ä
19. Bey ſolchem —— hattẽ num freylich der
Satan gewonnen Spiel, und das Wort Chriſti
ward an unzaͤhlig viel Seelen erfuͤllet, daß der
Wolf die Schafe erhaſchete und zerftreuefe, Der
" Schade hiervon war doppelt, und dahero defto
ſchrecklicher, indem ein ſolcher falfcher Hirte den
Seinigen eine ſchwere, ihm felbit aber eine viel»
fache Verdammniß zujog. » Welches von denen
Rechtſchaffenen auch damals nicht verfchriegen
wurde, mie ein berühmter Mann fagte: “D mie
„tel Strafen ftehen denen Prieftern und Bi:
„Ichöffen bevor, da ein jeder unter. ihnen nicht al»
„ein von feinen eigenen Sünden wird Rechen
„„fchaft geben, fondern aud) von denen allen, wel⸗
‚sche andere begangen Haben, a), Wieauchnoch
viele andere, und darunter einer mit folgenden
Worten: “Wenn ein Priefter die Reichen und
„Groffen verfchonet, wenn fie gottlos leben, oder
„ihnen nachfichet, ber verderbet und verdirbet fel-
„ber. E foll vor fich Beilig leben zum guten
2) Auguflinus Tract. 46. in Ioh.
templ.c.2u
P) ? *
8.3. Don dem Abfaͤll der Chriſten von der erften Laute ‚Keil
a) Chryfoffomns lib. II. de Sacerdot.
aa 7
„Erempel, und Amts halben die an
„nen, weil er gewiß weiß, d an ee
„Gottſeligkeit nichts helfen wird, da die Seele ei⸗
„nes Verdammten von feiner Hand gefordert
„werden foll.
„den willen geftrafet: Der aber wird mit alleı
„denen verdammt, welche bey feinem Stillſchwel⸗
Denn wenn ein anderer gleich
„verloren gehet, fo wird er um feiner eigenen & na
Igen verloven werden, da ihm der Dienft am
„Wort anbefohlen ift, ob er gleich Heilig lebet,
„wenn er nur die Gottloſen zu ſtrafen fich enta
„iveder ſchaͤmet oder fürchtet. Und mas wirds.
„ihm Belfen, wenn er um feine Sünden nicht gea
„ſtrafet wird, da er um der fremden willen leiden,
„ſoll, 6)? Und fo weit fey insgemein von dieſen
taftern der Elerifey unter dem DBerfall geredee,
Was über diefes hierzu gehöret, wird theils aus den
folgenden Erzehlungen bekannt werden, theils aus
dem elenden Zuftande der Gemeinen balde zu fe-
ben ſeyn. Jetzo wende ich mich zu den drey Haupf«
laftern, wie fie Johannes eintheilet und zum welt⸗
lichen Wefen rechnet. Da wir erftlich der verfal=
lenen Lehrer Hoffart mit ihren Kennzeichen und
Fruͤchten in möglichfter Kürze fehen werden; fü 3
dann ihren Geldgeiz; und drittens, ihre fleifchlid
Luͤſte: worauf mit wenigem Die daher entftehende
Verderbniß und allgemeine Strafen aus deneiges
nen Worten der Alten gezeiget werden follen.
b) Profper Aquisanus lib. I.de Vita Con-
s
—
Das.
J
41
*
——
> wer,
LU)
„st
*
Seth ee a
ungern das Ihre beytragen. 13. Grofe Titul der falſchen
der Erzbifchöffe anzunehmen. i5. Hoffart der Eleri
che Proben davon: ı7. Chrofoffomi Exilium. 18. die
oder werden wieder verftoffen ; Hieronymi
worden. 21,
$.
ec ich nun zuerſt don dem Ehrgeiz und
Hochmuth der fleifchlichen Prediger Be:
» richt thun foll, weiß ich faft nicht, wo
ic) einen-Anfang oder Ende von diefer Materie
finden wolle, fo gar ift hievon bey dem angehenden
Berfall alsbald alles uͤberſchwemmet, und das An:
denfen der Demuth Chrifti und feiner Apoftel auf
einmal faft ausgelöfcyer worden. Es gefchahe
‚ (daß ich von den äufferlichen Merfmablen
‚anfange, ) nachdem diefer Orden einmal mit Hof:
fart als mit einer Seuche angeſteckt war, daß die-
jenigen, an denen man bishero nod) einen niedri=
drigen Sinn gefpüret hatte, alsbald hernach hoch—
müthig wurden , wenn fie darein traten. Denn
es befchreibers ein Hiftoricus ausdruͤcklich alfo:
„Wenn einer fchon weder durch Gaben, noch
„durch andere Thaten anfehnlic) ift, und etwa
„ein KRirchendiener worden, fo legt er ihm alsbald
„einen weiten Priefterrock zu , läßt fich gern auf
„ber Gaſſen grüffen, bieber fi) auf, wenn ihm
„einer entgegen Fommt, und lauft deswegen
- „überall herum. Da er zu j Fuſſe gieng ,
„oder auf einem Efel a: tet er num zu
* Erft war er mit einer elenden Huͤt⸗
„Pferde
#) Sulpirins Senerus Dialog. I. n. 14.
uch, deſſen Kennzeichen und Früchten
eehrern, fonderlich ihren hohen Titeln, Streit’
zugs / Erhebung über andere, Neid und
Mißgunſt u ſaf.
Summarien.
che des Predigerordens; Natur kann die Ehrerbietung nicht ertragen; F.n. Durch Hoffart äuffert ſich
che Verderbnit. Gelegenheit zur Hoffart der Prediger gab der Unterſcheid zwiſchen ihrem und der Zuhörer
ie Unbäntigfeit des Volks gibt Anſaß Reſpeet zu chen; Der Apoftel Weife ganz anders. 3. Hoheit der
heraus geifrichen; Anmerkung darüber. 4. Dirle Spuren des Ehraeizes der Prediger: Nehmen den Ge:
Rechte; Herrn Cave Meynung wird unterfitchet ;
langen durch Titul 6. Viele Exceſſe, ſo gus dem ebraeisigen Vorſatz der Geiſtlichen entſtanden. 7. Etliche wideripre:
eben der Lehre Ehrifti von der Demuth Ehrgeiz richtet Unrubean, wird doch entſchuldiget. 8.
Sampofatent Hosbeit. $. Nürriiche Invention Ehre zu er:
Bon dein Hochmuth der
Guperintendenten: 9. Dem unchriſtlichen Urtheil von dem unanſehnlichen Aufzug Martini wird widerfprochen ; Eigenfint
- der böfen Prieſter. 10. Biſchoͤffe wollen allein Prieſter beiffen. ı1. Woh
rungen an diefelben: 12. derſelben Ehrgeiz, Unterdrückung der
redige
‚wet i Erermpel und Marfint. ıg. Unterbrüc
Bakiani Erempel. 20. Abfibeuliche Früchte des verdammlichen Neides der Predi
oher der Vorzug der Bifhöffe entitanden ? Erinne:
sonen; die Potentaten müfen umwiffend, oder auch
Wiefern Herrn Cave Mehnung von dem Urſprung
ech ihren Neid und Mißgunſt, Ehrfurcht; 16. etlie
elt nicht wollen gleich ſtellen, fommen zu feinem Amt,
ung göttlicher Wahrheit ; Bafilii und
ger; woher fo viel Keser und Gerten
8
I
I
„te zufrieden, nunmehro bauet er groffe Häufer,
„richtet viel Zimmer an, machet überall viel
„Mapl: und Schmelzwerfdarein. Ein fchlechtes
„Kleid ſteht ihm nun nicht mehr an, er will zärt-
„lich und Foftbar gekleidet feyn, u.f.f. 2). Die
Urfache folcher Veränderung: feget er gleich vor-
ber: “Wer wird nicht alsbald boffärtig und im
„eitelen Sinn aufgeblafen , wenn ihn nur der
„geringfte Menſch etwas ehrerbierig grüffer, oder
„wenn ihn eine Frau mit närrifchen und fchmeis
„helnden Worten lobet. Daß, wenn er ihm
— keiner Heiligkeit bewußt iſt, er ſich doch
„für den Froͤmmſten hält, weil ihm naͤrriſche
„Lute entweder aus Verſtellung oder Irrthum
„für fromm ausgeben). Memlich, es merfer
diefer Autor an, daß ein Menfch nach feiner
Natur gemeiniglich die Ehrerbierung und Hoc.
achtung der andern nicht fo bald ertragen koͤnne,
ipben darüber hoffaͤrtig werde, wenn nicht die
aft des Heiligen Geiftes ihm das Bild des nie-
drigen JEſu ins Herz drucke, und wider folche
Berfuchungen ftarf mache. Komme noch die-
fes darzu, daß er in ein fogenanntes Ehrenamt
gezogen werde, fo verrathe fich das hoffärtige
Sss ss Herz
b) Idem ibid.
874
Herz defto eher, je mehr der unverftändige Poͤbel
diejenigen ohne Prüfung und Unterfcheid zu ver
ehren pflege, welche an Titeln, Kleidungen, oͤf⸗
fentlichen Berrichtungen von andern und gemel-
nen Leuten unterfc)ieden find,
2. Wo aber ſolche offenbare Zeichen und Fruͤch⸗
te der Hoffart bey dieſem und jenem Prediger
ſich funden, aͤuſſerte ſich freylich die natuͤrliche
Verderbniß, wie fie in ihm noch nicht geſchwaͤ⸗
chet, und hingegen ein Chriſtlicher niedriger Sinn
gepflanzet waͤre. Diejenigen, ſo den Willen
GOttes noch erkannten, ſahen wohl, daß de—
nen Lehrern eine andere Lebensart moͤglich und
noͤthig waͤre: Denn ſie erinnerten ſich, wie die
erſten Lehrer ſo gar anders geſinnet geweſen.
Und daher kam dieſe ihre Erkenntniß: OD ihr
„Biſchoͤffe, die ihr durch weltlichen Ehrgeiz
„die Gemeine Chriſti beſchuͤtzen wollet, ich bit-
„te euch, mas haben doc) die Apoftel vor
„Gunſt zue Verkündigung des, Evangelii ge-
„brauche. Welche Gewalt bat ihnen geholfen,’ roh und unbefcheiden war, dahero fich nicht wol
„daß fie faft die ganze Welt bekehret haben ? Yaud) zum a
„Hätten fie fih wel vom Hofe etwan ein An» ſie doch
„fehen machen follen, da Up im. Sefängnib ;
„in Ketten und Banden, und nad) erlittenen
„Geiffein GOtt einen tobgefang anftimmeten ?
„Hat wol Paulus durch Fönigliche Befehle dem
„HEren Ehrifto eine Gemeine gefammler , da
„er felbft aufdem Theatro ein Schaufpiel mar,,c) ?
Und freylich würden eben die Apoftolifcyen Leh—
rer durch die Trübfalen rechtſchaffen gedemuͤthi⸗
get, da hingegen unter dem äufferlichen Wohl—
fand die folgenden zufehens in dem Uebermuth
muchfen. Es brady auch leichtlic) dann und
wenn bey denen, die über. fic) feibft nicht wach-
ten, der böfe Same der Hoffart aus ; wie ein
elter Sceribente redet: Der Ehrgeiz fehläfee
„auc in dem Schos der Priefter, da ruber er
„als inn Schatten , und verbirget ſich heimlich.
„Diefe Art gehet durch alle Aemter und Stuf-
„fen, und der Ehrgeiz laͤſſet nichts unverſucht.
„Der Verſucher gehet um die Hoffartigen un-
„verfhämt herum, verfpriche ihnen die ſchaͤd⸗
„iichften Dinge unter einem fo groffen Schein,
„daß fich ihre Begierde nicht weiter erſtrecken
„ann, u ff Mi Eine groffe Gelegenheit ,
dabey die Lehrer fi) anfiengen zu erheben, war
der gefuchte Unterſcheid zwifchen dem Stand
der Lehrer und Zuhörer, und die Erhebung je—
ner über diefe, Denn da gefihaße es auch wol
©) Hilarius lib. adu. Auxent. d) Auer. Serm, de Jeiun. et Tentat. Dom, Cypriano tributi.
Epift, 64. ad Aurel, f) Homil. 3, in Ad,
8.3. Don dem Abfall der Ehriften von der erſten Lauterkeit.
von gutherzigen Chriften , daß fie ſich u
Lehrer aufs tieffte erniedrie air ] en
zug in alfem gerne lieſſen, ja r mie & ichen
überflüßigen Ehrenbezeigungen begegneten. D
fes brachte ihrer viele zum Hochmuth/ daß fienach
und nad) nod) mehr fic) anmafleten, als ihnen
utwillig gegeben ward; prätendirten eine '
chraͤnkte Autorität, ftieffen die fogenannt
allmählich von ihren gedachten Rechten,
fid) von niemand einreden nod) erinnern
Kurz, man hatte taufend Erfindungen, fich in
dem aefuchten Vorzug vor allen andern Menfche
feft zu feßem
— —
3. Hiervon iſt oben im zweyten Buch bey den
Layen geredet worden; das übrige wird in dieſen
nad) und nad) folgen. Vielen auch fonft aufrich-
tigen Männern gab dieſes Anlaß auf die Erhal-
tung ihrer Autoritaͤt vnd Nefpects bey dem Volk
zu fehen, weil daffelbe einmal durch den groffen
Verfall von der erften Heiligkeit fehr unbandig,
erlichen Gehorfam bringen ließ: da
) treue Unterweifung und unſchuldi⸗
ges Leben mehr Ehrerbietung ohne ihr Wuͤnſchen
und Suchen würden von den wahren Chri
überfommen haben. Wiewol die Weiſe de |
ſtel und ihrer Jünger gar anders war, da fie lies
ber mit tiebe und Demuth das Wort des HErrn
denen Seelen verfündigen, als mit Gebieten
0.
Neo
und Herrſchen aufdringen wollten. Nichts |
weniger fuchte die Vernunft dergleichen We
wenn, zum Epempel,gerathen.wurde, ein de
follte von denen, Die ifn ehreten, zwar i
be nicht ganz, Doch etwas davon annehmen,
fein Lob Deswegen nicht von fich weifen, n
fonft denen nicht mehr nüßen würde
bey weichen er durch allzugroffe Erniedrigung ges
ringſchaͤzig winde e). Andere aber Lieffen ihre
Hoffart noch mehr herrſchen, da fie alleine um
der Ehre willen die Kiechenämter an ſich brach-
ten, weil fie ſahen, daß die Geiftlichen vor aflen
andern Ständen fonderbare Ehre zu genieffen
pflegen ; denen es Chryſoſtomus abermal fehr
vor übel hält f). Siefelbit„die Prediger, gaben
ihren Stand vor eine hohe Ehre aus, und feßfen
darinnen eine groffe Strafe, wenn einem alles
beydes auf einmal benommen ward; wie man
aus Diefen und dergleichen Formuln fießet: “Die
„abaefesten Priefter follen neben dem Amte aller
„äufferlichen Ehre beraubet feyn, welche >
©) Anzufinns
- 1% *
So wußte man ſich auch nicht wenig darauf, wenn
fuͤrnehme Leute oder hohe Potentaten ſich unter
die Kirchendiener demuͤthigten: welches man
nicht allein hoch Heraus ſtriche, ſondern auch mei⸗
ſterlich zur Befeſtigung des Staats zu brauchen
wußte; wie bald folgen foll,
4. Alfo weiß ein gewiſſer Autor die Hoheit der
Prediger nicht genug beraus zu freichen, und
zwar eben aus; diefen weltlichen Abjichten: "Die
„eifchöfliche Ehre und Hoheit Fünne mit gar
„nichts verglichen werden. Wann man fie mie
" „dem Glanz und Zierat der Könige vergleichen
„wolle, werde fie viel geringer fen, als wenn
„man Bley gegen Gold halte. Denn man fehe
„ja, wie die Könige und Fürften ifren Hals und
„Knie vor den Prieftern beugeten , weil fie glau=
„beten, daß fie durch ihr Geber bewahret wür:
„den„*). Diefer Mann mag vielleicht diefeein-
gebildete Ehre entweder felbit eig oder doch
an andern gefehen haben: dahero ſetzt er es nicht
allein zum Grund eines fonderbaren Vorzugs fei-
nes Ordens, fondern auch einer überaus groffen
lckſeligkeit. Geſtalt denn auch fonftviele Bi:
ſchoͤffe umter den Alten die Ehrerbierung der
Weltleute gegen die fogenannten Geiftfichen forg-
faͤltig befihreiben und rühmen, und darinnen ei»
ne fonderbare Ehre beyverfeits ſuchen. Es ijt
aber die Anmerfung eines weifen Mannes wohl in
acht zu nehmen, die er zu folchen gefährlichen Zei⸗
gen disfalls that: «Das iſt der Heuchler ihre
AAcbeit : Deffentlich und wenns jedermann ficher,
Fkuͤſſen fie den Prieftern die Hände, berüßren
„ihre Knie, erfuchen K daß fie für fie beten
möchten, führen die Tauflinge vor ihre Thüre.
Zu Haufe aber und in Compagnie ziehen fie fie
„weidlicy) durch die Hechel, und reden aufs
„Ihimpflichfte von ihnen,„h). Woraus offenbar
iſt, daß die Einbildung der Geiftlidyen meiftens,
wo nicht allezeit vergebens geweſen, wenn fie bey
der Veneration fürnehmer Perfonen etwas fünz
derliches geſuchet, und dem alten Adam zu feiner
Stärfung noch mehr fehmeicheln laflen. Ange:
een fich die Weltleute nur aus politiſchen Abfic)-
ten, und zu ihrem Vortheil ſubmittiret Haben;
”
x *
«9. *) Auclor de Dignit. Sacerdot. e. 2.
Be „mus lib. 1. Eeclefiaft. p. 69. +k) "EpipkaninsHar. XXVILL n. 4
vr
il. Antiochen.can.t. ABa Concilü kefini
=,
r- F u 7 : — j S * “ _
dem Sochmuth, deffen Rennzeichen u. Scüchten bey den vetfalfenen Lehrern. 875
als da waren: MWeildas gemeine Volk fonderlich
auf fie zu fehen pflegte, weil ſie bey jenendurch ihr
Zureden viel ausrichten konnten, oder doch zum we⸗
nigften das Lob eines guten Chriften, löblichen
Regenten davon tragen. Dadurch lieſſen ſich nun
die vermeynten Seelſorger bethoͤren, nahmen als
les vor ſonderliche Ehrenbezeigungen an, und
ſchrieben viel davon in die Hiſtorien, damit die
Nachwelt auch etwas von ihrem Ehrenſtand
wuͤßte; in der That aber haben ſie nur viel Denk⸗
mahle der geiſtlichen Hoffart hinterlaſſen. Ge—
ſetzt auch, daß es einigen ihrer Zuhoͤrer mit ſol⸗
hen Ehrenbezeigungen ein Ernſt gewefen wäre,
fo hätte ihnen dis alles die Wichtigkeit ihrer
Pflichten, und nicht fo thoͤrichte Einbildungen
voritellen follen i).
5. Man findet auch viel andere Spuren , daß
folche teure nicht allein von andern gerne die Ehre
genommen, fondern auch ſich felbft geehret und
geiober haben. Alles zwar unser dem Vorwand
eines noͤthigen Reſpeets in ihrem Amte, aber
‚nicht ohne Mitgefallen des natürlich hoffaͤrtigen
Herzens; felten aber ohne falfche und verkehrte
Abfichten, und in rechtmaͤßigen gottgefälligen
Dingen, Nur einige Proben zu zeigen, fo bat
ten Aunmehro die VBifchöffe den Gemeinen ihre
Rechte und Freyheiten geraubet; wie bald wird
gefaget werden, und unter andern den Gebrauch
des geiftlichen Priefterefums: Diefes hatten fie
allein zu fich gezogen und rühmten dahero unge:
ſcheut und wider das klare Wort Gottes, aud)
wider ſo viele Bekenntniſſe ihrer Vorfaͤhren:
„Die Fönigliche Würde fey der Kivch> geſchenket,
„und die priefterliche den Bifchöffen, s). Sie
fonderten fi Deswegen fo yar von der Gemeine
ab, daß fie auch hobe erhabene Throne machen
lieffen, darauf fie in den Tempeln als Monats
chen über das Volk herrſcheten, und fein gerins
ges Zeichen ihres ſchrecklichen Hochmuths den
Berftandigen in die Augen gaben, Der Herr
Eave bat zwar dieſes als einen fonderbaren
Vorzug angegeben, und fehr prächtig befcyries
ben; aber er zeiget dadurch eben die unfeidliche
Hoffart felbiger Leute an: nachdem alle Umſtaͤn⸗
de den Regeln EHrijti entgegen laufen, pı 149.
234. und anderswo, Wie denn auch dem Ketzer
Paulo Samofatens als eine fonderbare Bosheit
nachgefchrieben wird, “daß er ihn einen hohen
Sss ss 2 „Si
de Euflathio et Epift.Concilii Niceni ap. Theodorit. Jib.T.
) Chryforiomus hom. in Prifcillamet Aquilam. i) Vid, Eraf-
876 8. 3. Dondem Abfall der
„Sitz machen laſſen, nicht wie ein jünger Chriſti,
— abgeſondert, nach der Weiſe der Für:
„ſten dieſer Welt,. Dieſem ſtellten ſich nachmals
die andern Biſchoͤffe, und ſonderlich die Paͤbſte
gleich, und verfuͤhrten das Volk durch oͤffentliche
Exempel ihres Uebermuths. Ein eiferiger Bis
ſchof hielt es feinen Collegen ſchon im 4 Jahrhun⸗
dert vor, wenn er fie alſo befchrieb: Ihr, die ihr
„hoch erhaben auf den beften fürnefmiten Sitzen,
„und gern auf den prächtigen Schaupläßen fißet,
„(welches ohne Zweifel’ die Tempel waren, darin⸗
„nen fie ſich vom Volk als auf dem Theatro fehen
„iieffen,) und als die Comödianfen auf hohen
„Schuhen einhertretet, auch eine furze Zeit frem⸗
„de Perfonen agirt,m). Damit aber diefe
Thorheiten auch einen Grund zu haben fchienen, fo
flicfte man in des Ignatii Epifteln etwas bin-
ein, da die Bifchöffe ixbrYgovss Beiffen mußten,
das iſt, folche Leute, die auf hoben Thronen
fäffen. Ingleichen diefen Lobſpruch, der fid) zu
dem niedrigen Herzen des theuren Maͤrthrers
nimmermeßr ſchicket: “In der Gemeine hat Fei-
„ner eine gröffere Ehre, als der das allerheiligfte
„Amt von GoOtt empfangen hat, die Seligkeit
„durch die ganze Welt fortzupflanzen , nemlic)
„der Bifchofz,. Auch fuchte man unter andern
Aufferlichen Ceremonien darinnen eine Ehre,menn
die Bifchöffe alleine in der Kirche figen blieben,
da unterdeffen die Aelteſten, Diaconi und Ge:
meine ftehen mußten. Dergleichen einer erzehlt,
„wie er fich vecht gefehäme habe, da er einen fol-
„chen ſtolzen Geifttichen als auf einem Föniglichen
„Thron hoc) fißen ſehen o).
6. Eine närrifche Invention Ehre zu erlangen
war es auch, welche ein Concilium mit Diefen
Morten befchreibet: «Wenn die Bifchöffe anden
„Feſttagen ver Märtyrer in die Kirche gehen, fo
„bängen fie dieReliquien der Heiligen an den Hals,
„und laffen fich vonden Diaconis aufihren Seſſeln
„tragen, damit fie von den Leuten mehr Ehrer-
„bietung erlangen,,o), Woraus die thoͤrichten
Anfchläge der Elerifey zu fehen find , wie fie
auf alle Weife angebetet und verehret ſeyn wollen,
und dahero dasjenige zu verrichten Fein Bedenfen
getragen, was ſonſt andere Voͤlker und Religio—
h Eufebimslib. VII. c. 30. Conf.Vrbani P.R.-Epiftola ap. Sichardum p. 68. Concil. Carthaginen[.IV.c.35. m)
Gregorius Nazianzenus Obiurg. in Cler. initio. n) Sulpitins Seukru Dial. 2. Vid. Baror. A. CCCCHI. n. 44. et
0) Concil. Bracarenfe II. c. 3.
Decurionibusl. 2. de Peflliminiol. rı. de Paſtoribus ets Conf. 1. Gorhofredus Gloffar. Nomie C. Th.p.ı7. qg)
L.ı6. Cod. Theod. de Epife. et 'Cleric. x) kbid.l, 104.de Decurion.
Biaius Tom. T.Concil p. 550.
t) Socrates procem. ad lib. VI.H. Eccl,
- WR
Chriften von der erften L
nen ihren Kameelen und Efeln auflegen.
viel Elüger war es auch vor vernünftigen Leuten
‚angefangen, wenn fie ihren Vorzug und Reſpect
in Titeln und allerhand Lobſpruͤchen fucheen, die
ihnen denn die Heuchler gerne gaben und lielfen ,
wenn fie nur indes nach) ifrem Willen lebenburfs
ten: fo gar, daß man auch alleindie Cleriſey die
Chriſtenheit nennte, gleich als wenn die nur als
lein wären Epriften worden, da doch Fein Theil
rechtfhaffen vor GOtt Ehriftlich lebte p): wie et⸗
wa noch die BeiftlichFeit fo viel heiſſen foll. Ihr
Amt bieffe man “das Verdienſt einer fonderbas
„ren und vorfreflihen Tugend,,g): Ihre Gemuͤ⸗
ther mußten heiſſen, “daß fie zu dem göttlichen
„Dienſt verbunden wären r): die ein loͤbliches Le⸗
„ben führten„u.ff. 5). orinne fie insgefamt
eine Opinion ihrer fonderbaren Heiligkeit vor ans
dern fuchten, und dadurch ihr Anfehen und Ge—
malt feite-fegen wollten, zu gefchweigen, daß
fein geringes Bergnügen bey folchen —
ſich in den hoffaͤrtigen Herzen fande. Wie viel
folhen müfle dran gelegen geweſen feyn , zeiget
ein Hiftoricus, wenn er über die Feindfchaft Flas
get , die fieauf diejenigen geworfen, welchefolche
Titel etwa ausgelaffen haben. “Sie verdammes ⸗
„ten die, (fehreibet er,)welche aus Eifer vor Di
„Gemeinen die Biſchoͤffe nicht alsbald titulirten,
„Gottgeliebtefte und Allerheiligfte,, t).. Und ges
fegt , Daß auch die Leute von ifnen vor irrig waͤ—
ren gehalten worden, fo hätten fie fiedoch mitdem
Erempel-ifrer Demuth und Liebe follen bervegen,
nicht aber mit abgezwungenen Titeln und Ehren:
bezeigungen, welche dieſe vielleicht mit verleßtent
Gewiſſen denen ungeiftlichen Geiftlichen nicht ge=
ben Fonnten. Dergfeichen auch mit andern Tia
teln gefchahe, die nach und nach auffamen, als
Hoch und Wohlehrwürdig, waldyerden wenigs
ften mit Recht bey ihren unehrlichen Handthie⸗
rungen und Verfaͤlſchung des Worts zufam. Dies
jenigen Titel aber, welche den weltlichen Herren
eigentlich zufommen,, als Magnificenz, Excellenz
Edel,u.f.f.waren gleichwol im Anfang des Verfalls
von der Cleriſey noch nicht im Brauch, indem damig
die größten Könige und Fürften beleget wurden?
Wie fie denn auch an ſich felbft eine groffe Mache . |
und Herrlichfeit anzeigen, und den Titeln des
—RA
Ze
—
p) Vid. Codex Theodoftanus 1.45. 50. et 123. de
3) L. 44. C. eod, de Epiſe et Cler. j
€ Cardinäfe und Prälaren am Pracht
hgeben, überhanpt aber gewiſſe Zeichen
unbefchreiblichen Uebermuths bey den Theo»
} —*
7. Bon andern hieher gehörigen Titeln wird
bald ein mehrers folgen. EN * in den Wor⸗
tem ein Borzug vor andern gefuchet ward, fo auch
in der Stellung des $eibes und dem Vorſitz ja
in allen übrigen äufferlichen und leiblichen Din-
gen: Und das hieffe jawol recht, die Ehre bey Mens
ſchen Höher achten als die Ehre bey GOtt, und
von dem inneren wahren Chriſtenthum auf lauter
Aufferlichen Tand und Schein verfallen. Wir
werden bald die erfchrecdlichen Zänfereyen und
Kriege hören, die aus dem ehrgeizigen Vorſitz der
Geiftlichen entitanden find. Denn es ward inal-
- Sen folennen und andern Berrichtungen daraufge:
ſehen, daß ja a om bey Feinem gebrochen,
ſondern durch den Rang und Vorzug fein geheget
würde. Dahero werden wir bald hören, wiefleif-
ig fie geforget, Daß fein fogenannter Weltlicher
hnen vorfigen möchte. Weldjes man aufganzen
Eonciliis verordnete, gleich als ob da ſonſt nichts
zur Beflerung des aufferften Berderbens wäre zu
- ordnen gewefen, Auch wußte man fcheinbare Ur—
ſachen dazu zu fegen: Die Elerifey füllte den
Weltleuten vorgezogen werden, weil die geiftli-
„hen Verrichtungen beffer als die weltlichen waͤ—
Fren, *). Da es doch vielmehr umgefehre hätte
heiſſen follen : Wer mit geiftlichen Dingen zu
thun hat, der muß aud) der geiftlichen Demuth
ſich befleißigen, und den Weltlichen Fein Aerger—
ni mit Hoffart geben. Aber da hatten die Ver:
> ftandigen zu jammern genug über den ganz unge-
eimten Hochmuth, damit man ſich bor den Po-
liticis proſtituirte. Es ift alles umgekehret,
Wieſſees,) die vornehmſten Herren genieffen nicht
— viel Ehre als ein Kirchenvorſteher. Wenn
man nad) Hofe kommt, wer gehet da voran?
„Wenn man in Käufer vornehmer $eute zuſam⸗
“ „men koͤmmt, wird ihnen niemand in der Ehre
„oorgezogen. Es ift alles im Grund verderber
„und umgefeßrt,, u). Wie aber der Rang über
weltliche Obrigkeit, ja auch über Kanfer, Koͤni⸗
ge und Fürften prätendiret worden, wird hernach
gewieſen werden: Unter fichfelbit pflegten die für
genannten Geiftlichen einander oft den Vorzug zu
mitten, und darüber uneins zu werden, Die
3
»
*
Xomayerus Hiſt. Ecel. Cent III. p. 162.
——
xchmuth, deſſen Bennzeichen u. Fruͤchten bey den verfallenen Cehrern ic. 877
continuirlichen Streitigkeiten zwiſchen denen vor⸗
nehmſten Biſchoͤffen, ſonderlich dem zu Rom und
dem zu Conſtantinopel ſollen auch in etwas beruͤh⸗
ret werden. In den uͤbrigen Faͤllen giengen un⸗
zaͤhlig viel ſoiche Exceſſe vor, die doch noch alle
mit dem Vorwand guter Drdnung, fonderbarer
Meriten und dergleichen befchönet werden wollten.
Da doch, wie ein Theologus von dergleichen ehr⸗
geizigen Ordnungen urtheilet, diefelben nicht noͤ—
tbig geweſen wären, wenn nicht der Ehrgeiz ſchon
die Elerifey eingenommen hätte x).
8. Die meiften wurden fo unverfchämt, daß
fie den ausdrücklichen Bermaßnungen des HErrn
JEſu von der wahren Demuth und —58* ſei⸗
ner Juͤnger trotzig widerſprachen, welches fonder-
lich von denen hoͤchſten Prieſtern geſchahe. Da
der theure Heiland allen geſaget hatte, ſie ſollten
nicht wie die weltlichen Könige herrſchen; Luc. 22
25. fprachen fie Bingegen: “Unter den Apofteln iit
„dennoch bey ihren gleichen Ehren ein Unter
„ſcheid ihrer Gewalt geweſen, und da fie alle
„gleich orwaͤhlet worden find, ift Doch einer dem
„andern vorgezogen worden, y). So fonnten fie
auc) unter einander felbit die Gleichheit nicht lei-
den, und noch viel weniger mit denen fogenann»
ten Layen. Denn diefe wurden fo gar von ihnen
vor nichts geachtet, daß fie auch nicht zugeben
wollten, daß jene mit ißnen zugleich an einem Dre
fteben dürften 2). Dergleichen hochmuͤthige Ab»
fonderung gewißlich die Apoftel nicht gelehret ha—
ben. Es ift auch aus allen Concilien und ande:
ven Sabungen offenbar, was vor Unruhe der
Ehrgeiz unter diefem Orden angerichtet Babe a).
Diefer war ph Männern, die fi)
noch von der Welt unbeflecfe behalten wollten, fo
gar abfcheulich und unleidlich, daß fie auch niche
einmal mehr indie Berfammlungen fommen woll⸗
ten. Wie man von Öregorio Mazianzeno weiß,
der zu feinem Eoncilio endlich mehr fich einfinden
wollen, weil der Ehrgeiz derer Bifchöffe fo gar
erfchrecklich hoch geftiegen war b). Und daher
fam auc) der Linfegen und unerfeßliche Schaden,
den die Gemeinen von den Conciliis erlitten, da
wegen ber groffen Uneinigkeit Feines einen ge-
wünfchten Ausgang hatte, wie an ſeinemOrt erwieſen
werden ſoll. Ohne Zweifel zielet jener vortrefliche
Mann mit darauf, wenn er ſchreibet: Wenn die
„Unglaubigen ſehen, daß mir einerley füfte mit ih⸗
885 85 3 „nen
#) Concil. CPtanum in Trulloc. 7. u) Chrfomus homil. 3. in Ad. x) Vid. Oßander Cent. HII. lib. II.
c.38. y) Zeo M. Epift. 88. confutatus aM. Anton. de Dominis lib. I. de Rep.
ereto Cleimenti falio tributo Tom. I. Concil.p.156.
ecl. e. 3. n. 24: 2) In de-
a) Vid, Ofiander lib. I. Cent. IIII. c. ı6. b) Vid,
878 8.8. V
„nen hegen, daß wir lauter Ehre und Bor»
„zug ſuchen, wie koͤnnen fie doch die Chriſtli—
„che Religion hoch Balten,, ce)? Lind gleichwol
wurden dieſe offenbare Greuel noch unter dem
Schein eines, rechtmäßigen Eifers vor die Dr:
thodorie, einer nöthigen Ordnung, einer Chriſt⸗
lichen Vorſichtigkeit und dergleichen verkaufet.
Da nenneten fich die Biſchoͤffe wol in ihren
Titeln felbft Humillimos, Seruos Seruorum,
demuͤthigſie, elendefte, gemeine Änechte u.f.f
9. Bon dem Hochmuth derer vornehmſten
Prieſter und Biſchoͤffe, oder, wie fie fonft
heiffen , Superintendenten, nur. etwas zu ge
denfen , verfuchten diefelbe auf alle Weife ihre
Autordtät zu unterftügen und zu vermehren,
wann es auch auf die ungerechtefte Art oft ges
ſchehen mußte. Zum Erempel, fie. haften ein-
mal den Leuten die Einbildung von ihrer hohen
Station , Macht und Autorität beygebracht;
und weil fie wußten, daß das Volk auf äuf-
ferlihen Schein fonderlich ir reflectiren pflegte,
ſuchten fie aud) dadurch) felbiges in Devotton zu
erhalten. Sie fasten fi) in die fuͤrnehmſten
Städte, da der größte Zulauf wegen der Hand-
tungen , Reſidenzen und dergleichen war , Da=
mit es innen an groffen Einfünften, Zuſpruch,
Eorrefpondenz und andern Mitteln einen Staat
zu formiren nicht fehlen öurfte. Darum woll⸗
ten fie nicht zugeben, daß folche Vorſteher an
eringe Derter gefeget würden, damit das bi⸗
Fepöflice oder Superintendentenamt nicht in Ber-
adıtung kaͤme, oder ihrer zu viel würden, und
den vorigen etwas am Genuß abgienge- Und
damit die Sache ein feines Anfehen befäme,
fo wurde fie mit diefer Formul vorgetragen :
„Die von dem Heil, Geiſt eingegebene Schluͤſ
„fe der heiligen Väter haben verboten, daß
„per Hohepriefterftand nicht an einfame und
„obfeure Städtgen gebunden werde , Damit
„nicht diefes Ehrenamt, welches zu hoͤhern
„Dingen follte gebrauchet werden, durch die
„Dieiheit felbft veraͤchtlich würde, M. Bann
aber diefes Decret von dem Heiligen Geift ein-
gegeben feyn fell, fo it mol denen Schlüffen
der vermeynten heiligen Vaͤter weniger als
nichts zu glauben, indem nichts als lauter ei:
gene Ehre darinnen hervor blicket. Aber fo
angelegen war diefen Leüten diefelbe, als wenn
ein
; ® J
©) Chryfofemms hom, 10. in ı. Tim. d) Pfeudo-Clemens Ep. ad Hierofolymit. Anacletus Ep.3. Leo M. Ep. 66. 4
©) Ofiander Cent, Llib. IIII..2. f) Apud Gratianum c. u. qui Epikopatum c. 8. q. —* hr E
g) Sulpitins Senerus Vit. Mart. c. 6. h) Hieronymus lib. XI. in Ezeeh, c. 34: ; J
aliique.
W
on dem Abfall der Ehriften von der erfien Kaurerkeit, —
Superintendent feine Autorität erſt von
.
dem Dre hernehmen müßte, und nid
mehr von den a ae Bee Geiftes 1
durch ein unſchuldiges Leben; r
von redet e). Dahin gehörete < \
wenn man zu einem folchen Biſchofsamt kei⸗
nen Menfchen von geringer Condition laſſen
wollte, mit angehängter unchriſtlicher '
he, “damit das Anfehen und die Würde
„der Bifchöffe nicht verächtlich gehalten: wuͤr⸗
„de ). Durch welche Menſchengebote ges
wißlih die Apoftel ſelbſt und ihre Fünger
von folhen Aemtern hätten müffen ausgefihloe
fen werden, weil ihr niedriges und vor dee
Welt verachtetes Weſen der Hechmüchigen Price
ern in ihrem verkehrten Sinn nidye mehe
anſtund. —
„109. Der aͤuſſerliche Pracht war durch das
aͤrgerliche Bezeigen der Kirchenvorſteher auch
dem armen Volke fo tief eingepraͤget, daß eg
auch Feinen vor einen wahren Lehrer halten wolle +
fe, toann er niche prächtig und anfehnlich aufe
zog. Und deswegen gieng es jenem recht⸗
fehaffenen und Heiligen Mann Martino fo wun⸗
derlich , als er zum Auffehers in Tours erwaͤh⸗
let follte werden. Denn da wendeten ihrer
viel Diefes vor: Die Perſon fühe gar zu
„verächtlic) aus, er wäre des Amtes nice
„werth, weil er allzu unanfehnlich aufzöge,
„ſchlecht in Kleidung, ohne Putz und Sie!
„rat, 8). Welchem unchriftlichen Urtheil jener
tapfeve Lehrer wohl begegnete, wenn er fehriebe:
„Die Biſchoͤſe ſchmaͤhen mit ihrem Hochmuth
„und: böfen Werfen die Würde dieſes Namens, 5
„und gewöhnen fic) an ftatt der Demurß zu iaus
„ter Hoffare, meynen, fie Baben nun eine Würde
„erlanget und Feine Bürde: Dabey ſuchen fiedie-
„jenigen zu unterdruͤcken, welche fie fehen bey der
„Gemeine Autorität haben, und GOttes Wort
„recht treiben. Alſo ift das Volk GOttes zer⸗
„ſtreuet durch boͤſes Leben und durch die Serehüs
„mer ber Ketzer, weil Fein guter Hirte da iſt,
„ber fein geben vor die Schafe Heffe, fondernfie
„find alle Miethlinge b). Und ſolche Ausſpruͤche
der Verſtaͤndigen findet man gar häufig wider
die Kandgreifliche Erhebung der böfen Priefter,
Sie felbit verriethen ſich aud) in Worten und
Werken, weß Geiftes Kinder fie waren, und
zeigten durch ihre Früchte, von wem fie regieret
wurden. Nachdem das arme Volt, ja die He
. ben =
Pr. 257
ER:
E
ihrer Tyranney in die Furcht ges
i waren, wurde ihr Eigenſinn zuſehens groͤſ⸗
ſer, und die Inſolenz der Fuͤrnehmſten plagte und
verderbte recht das Land und feine Einwohner.
H Sn geringer Kicchendiener, vielweniger ein ge-
meiner Ehrifte durfteibnen einreden , weil fie auch
den wohlgemeynten Rath nach ißrer eitelen Ein«
- bildung muthwillig verfchmäßeten ; davon wir
ld infonderheie Eyempel feben werben. Es
fie da wohl recht, was ein gelehrter Mann
chreibet, und ein anderer auf die Theologos aller
eiten insgemein appliciret: “Es find etliche fo un⸗
„fchlachtig, Daß das heilige Studium der Theologie
„bey etlichen ganz verhaffer ift, wenn fie darinnen
A eftiegen feyn: Da find fie mic ihren Aus:
„iprüchen frech und Fühne, ebrgeisig , zankfüch-
„tig, giftig in ihren Worten und zu aller Con—
„verfation untüchtig; ob fie gleich noch ganz un«
en find, alfo, daß es hernach der Theolo-
„gie ſelbſt Schuld gegeben wird. Man denke
„aber nicht, es ſchicke ſich auf die alten Theolo—
- 908 nicht, was von den jegigen mit Wahrheit
geſaget wird. Die alten find auch Menfchen
geweſen, und eben den Affecten unterworfen, als
— heutigen; fie find eben fo eilfertig im Ver—
* „bammen, fo heftig im Schelten, und fo gewalt-
aam im Verfolgen gewefen i).
*
u. Zuvorher iſt ſchon gebadht ‚ tie die Cleriſey
5 ‚denen Gemeinen den Gebrauch des geiftlichen
Prieſterthums gerauber , und daflelbe ihr allein
- zugefchrieben babe. Allein, es fonnten auch un:
ter den Prediaern nicht alle den Titel eines Prie-
4 ri geſchweige denn die That felbft behalten:
indem die Bifchöffe aud) darinnen etwas ſonder⸗
Fiches fuchten, daß fie allein, mit Ausſchlieſſung
aller andern, auch der Aelteften und Diaconen ,
Prieſter, ja wol Zoheprieſter heiſſen wollen.
Und diefes war abermal ein offenbares Kennzei—
“chen des antichriftifchen Geiftes, wenn fie fid)
| des gemeinen Rechtes allein anmaſſeten, und da
’ ihnen die Flaren Worte in der Schrift von dem
allgemeinen Prieſterthum in die Augen leuchte
ten, verdreheten fie diefelbe aufs aͤrgſte, und deu—
teten nur alles rider beffer Willen und Gewiſſen
für ſich. Sie ſcheueten ſich nicht zu fagen ;
127
J
J
nat„P. U.c. 12. p. 102. ete.
— — — —— —— — nn
bmuth, deſſen Kennzeichen und Fruͤchten bey den verfallenen Lehrern, 20.879
„Die koͤnigliche und prieſterliche Würde fen zwar
„der Gemeine gefchenfer, aber in den Sitchöfe
„fen oder Hobenprieftern der Catholiſchen Kite
Ce, k). In welchen Abfehen auch die Prie—
ſter von denen Dienern oder Diaconis unters
ſchieden wurden; wie man bey den Scribenten
fiepet '). Anfangs wurden, wie die Gelehrten
anmerken, die Lehrer nicht eigentlich Priefter ges
nennet, ſondern wenn man ja von Prieftern in
denen Schriften der apoftolifchen Männer liefet,
ſo ward von denen im Alt. Teft. geredet m). Aber
nachgebends kehrte fich, befagter maffen, alles un,
damit Ja weder das gemeine Volk noch auch die
aeringere Kirchendiener auch Eeinen Schein oder
Damen eines Rechts in geiftlichen Dingen bes
halten möchten: Und diefes war nun Fein gerins
ges Merkmahl des bifchöflichen Hochmuths, der
endlich in das offenbare Pabftehum ausſchlug .
12. Ferner ward auch bey dom Unterfiheib und
Stuffen der Kirchendiener im 2. Buch erine
nert, was maflen die Bifchöffe nach und nach,
in der Gemeine auffommen, und die Herrfchaft
über die andern zu fich geriſſen: Sonderlich
ward gezeigef, wie unter dem Vorwand, Spals
tungen und Yemulation zu vermeiden, einem uns
ter den Yelteften der Vorzug ver den andern ges
geben worden. Dabey die Autores völlig übers
einftimmen, daß diefer erfundene Vorzug des
Biſchofs nichts gefruchter , aber wol mehr ges
ſchadet habe, indem niemals mehr Streitigfets
ten über den Rang und andern Vanitaͤten ente
fanden find, alseben nach felbigen Zeiten. Nach—
dem aber die Sache einmal mitden Bifchöffen zu
ſolchem Zuftand gediehen, iſt nicht zu fagen, wie
verächtlich, ja tnrannifch ihre Collegen, nemlich
die Aelteſten und Diaconen von ihnen tractiret wor⸗
den ſind. Gie nahmen ihnen folgends faft alle
Freyheiten, Rechte und Benoftcla, vergoͤnnten ih⸗
nen oft kaum das Maul, lichten ihnen nicht im ges
ringſten einreden, und herrſcheten alfo nicht als
fein über das arme Volk mit Unbarmherzigkeit,
fondern auch über ihres gleichen. Zieronymus
fhriebe fehon zu feiner Zeit alfo davon: “Ich
„fage das, die Bifchöffe follen gedenken, daß
„fie Prieſter feyn, und Feine Herren: Sie ſoi⸗
„len
2 SIT. n. 4. et Her. LV!n. 2. 1) Vid. poſt Concilia Toletana Turonenfe etc. Order Theodefranust. 45
de haret. 1. 35. et 44. de Eccl. et Cler. I. 3. de Fid. Cathol. 1. 1. ne S. Bapt. iter. et Infinianeus 1. 10. 14 18
31.33. 42.43.44. de Epife. et Cler. 1. 13. 24. m) Vid. de vfü huius tienli iniquo Zieglerus ad Lancellor. lib-
L. lit. 23. $. 5. et lib de Diacon. c. IL n. 6, et 13. tym lib, de Epic, un. 5. ſeqq. de, Pear/on Vindie, Ig-
» —5 Tom. V. Oper. p. 65. x co Phil. a Limborch lib. T. Hitor. Inquiſit. 4. k) Epiphanius Her,
J
830.
„len denen andern Kirchendienern auch wohl be—
Igegnen, als fichs gebuͤhret, damit fie auch mies
„derum von ihnen als Auffeher geehret werden,
Und ferner fehreibet er von der Unterdrückung, die
ich erwehnet habe: Es ift eine überaus böfe Ge⸗
„wohnheit, daß in etlichen Gemeinen die Aelte—
„ten nicht einmal reden dürfen, fondern in Ge-
„genwart der Bifchöffe ſtille ſchweigen, als wenn
„fie es ihnen mißgoͤnneten, oder fienicht fo werth
„achteten , daß fie fie böreten,„;n). Wie er aud)
‚anderswo weiſet, daß der Vorzug der Biſchoͤffe
ohnedem feinen fonderlichen Grund Babe, und
man daher denfelben nicht mißbraudyen dürfe,
„Bey den Alten (ſpricht er,) waren die Aelteſten
„und Bifshöffe einerley: Machgehends iſt es auf
„einen einzigen gefehoben worden, damit aller
„Same der Uneinigfeit aufgehoben würde. Wie
„nun die Xelteften wiflen, daß fie nach der Ge:
„wohnheit der Kirchen ihren Borgefegten unter-
„ivorfen find: Alto ſollen auch die Bifchoffe wiſſen,
„daß fie mehr aus Gewohnheit, als aus Nord:
wendigkeit göttlicher Ordnung geöffer ſeyn als
„die-Xelteften, und vielmehr die Gemeinen mic:
„einander regieren füllen, u. ſ. fe 0). Dergleichen
Erinnerungen ſich um felbige und folgende Zeiten
feße viel finden, wie fie aud) bey fo groffer über:
handnehmender Hoffart hoͤchſt nöthig waren,
13: Da auch vorhero die Lehrer insgefamt bey
denen Berfammlungen gleiche Stimmen haften,
ward ihnen auch nachmals diefes Privilegium be
nommen, damit die Bifchöffe ja in allen Intri—
guen und Anfchlägen ungehindert bleiben möd)-
ten, Wovon ich lieber einen gelehrten Mann
till veden laſſen, welcher alfo fehreiber: "Nachdem
„die Bifchöffe mit ihrer Gewalt, die fie von GOtt
„hatten, nicht vergnüget waren, und weder Ziel
„noch Maaß in ihrem Ehrgeiz mehr mußten; bat
„ein jeder durch Die Gemalt des bifchöflichen Ti-
„euls, die er ihm rider alles Recht , und oßne
Einſtimmung der Gemeine zugeeignet hatte,
„folgends alles, mas denen andern zugehörete,
„an fich gezogen, mie Hieronymus klaget p).
ESonderlch aber ift denen Diaconen auf denen
„Gonciliis das Maul geftopfer, und find gleich»
„fam ſtumm gemachet worden. %a , damit ſich
„binfüro Feiner dergleichen unterjteßen möchte,
„machten die Biſchoͤffe nicht mehr geleßrte Leute
Zu Diaconen, fondern ganz unwiſſende, und in
„der Schrift ungeübte, wenn fte nur noch
») Epift. 2. ad Nepotian. 0) Idem Comm. in Tit. I. p) Apud Gratianam c. Diaconi23.dift.93. q) ä
glerns de Diacon. e. IX.n. 9.13. X) Cap.X.n. 2t.
8.3. Don dem Abfall der Ehriften von der erften Cauterkeit. \ x
„ſchreiben und lefen Fonnt |
bente auch nachfolgends v RER e ang
merket hat : “Bey der Erhebung und den guten
„Tagen der Bifchöffe (welches anjego die Super⸗
nintendenten find, ) findet ſich gar leicht eine
„groffe Begierde zu herrſchen. Weil fie nun fe=
„ben, daf lie an Gewalt den andern Kirchendie⸗
„nern vorgehen, und durch übermäßigen
„täglich nad). meßrern trachten; fo > Eünne
„ſchwerlich die Billigkeie in acht nefmen, Un
„weil an dem Biſchofthum, entweder weil
„ſichs ſelbſt angemaſſet, oder von geoffen He
„erlangee haben, fo groffe Privilegia ban
„ſo iſt zu beforgen, damit derjenige nicht < 1
„der Natur endlid) vergefle, der nicht mit einem
„demuͤthigen und mohlbereiteten Herzen ſich dazu.
„begibet,,r). Und Diefes zeigen insgemein die |
traurigen Exempel derer fürnehmften bifchöflichen
Sige durch alle Zeiten des verderbten Chriftene
thums. Denn nachdem diefer oder jener von den
Vornehmen und dem gemeinen etwa ſon -⸗
derlich geehret wurde, entweder feiner eigenen Ga⸗ J
ben oder anſehnlichen Amts, Sitzes und derglei-⸗
chen wegen: brachte ihn folches alsbald, weil er 4
kein rechter Chriſte ware, auf die Gedanfen
ner bey folcher Gelegenheit nicht zu verge
fondern fich in allen Stücken feft zu feßen und zu
ereichern. Hierzumußtendie Potentaten unwiſ⸗
fend, oder auch ungerne das Ihre beytragen :
wer daran hinderlich ſeyn wollte, und den bevor« ⸗
ftehenden Kammer merfte, der wurde auf alle
Weife gedrucket, ja jedermann wurde das Mau N
geftopfet, wenn er es wider die vorgenommene
— aufthun wollte. Wie nun in dieſem
bſehen auch der Untergebenen nicht verfchonet
wurde, alſo machte man hingegen durch Wohl⸗
thaten und Schmeicheleyen defto mehr Elienten,
die den formirten Staat unterftüßen halfen: "
Wer nicht in allem beypflichten wollte, wurdemit
Gewalt, Bann und Drodungen gezwungen, oder
mit zugetheilten Präbenden gewonnen. Und
fo wuchfendie Biſchofthuͤmer, Erzbifchofthümer,
Patriarchaten und dergleichen in die Hoͤhe:
Fam auch fonderlic) das Pabſtthum in der Chri⸗
ftenheit auf u,
14. Welche demnach alfo durch dergleichen
Künfte zu höherer Dignität, Macht und Hoheit
kommen wollten, oder [yon gekommen waren; die
fuchten nun diefelbe durch allerhand Tieul —
aͤ⸗
“
der. Welt befannt zu machen, und
in groffes Anfehen und Lob zu feßen.
Da ten ein Haufen felbjt erdachte Ma-
men und Sobfprüche Kerhalten, da man die vor-
niehmſten Biſchoͤffe iramosoäag, oder den Upo-
In gleiche Wänner, Apoſtioliſche Da-
ter, ja Apoſtel ſelbſt titulirte, wie es die Grie-
chiſchen und tateinifchen Stribenten häufig aus:
welſen. Man nennete fie Zoheprieſter GOt—-
es, fummos Positifices, die bochwürdig-
fien, allerhoͤchſten Vorſteher, ausrböch“
fte Aufſeher dee Rirchen, und dergleichen
mehr. Ihre Aemter wurden befchrieben als die
hoͤchſten Gipfel, Stuffen oder Spigen des Prie-
ſterthums, (Umegexovra vas legocvvnc Üxen,
ſumma Pontifieum culmina,, eminentiffime di-
es,
ten fchrieben felbft mit dergleichen weltlichen Tie
telnanfie, die ihrer Hoheit nicht wenig präjudicir-
lich ſchienen. Da mußte es in den Briefen an
" die vermeynten — der armen Fiſcher
und Zöllner heiſſen: ure Hoheit, Eure
Vortreflihkeit, Eure Hohe Würden u.
Lf Naͤchſt den Titeln aber wurden nun die Sa—
chen der Bifchöffe ſelbſt aufs hoͤchſte vermehrer,
und in allen Stücden der weltliche Pracht und
Staat von den hochmuͤthigen Geiftlichen nachge—
94 Denn zu geſchweigen der andern Erz:
biſchofthuͤmer und Patriarchaten, fo gerieben
abſonderlich die beyden Bifcyöffe der vornehmiten
Reſidenzen, Kom und Eonftantinopel, wegen des
Vorzugs mit einander in Streit, weldyer auch
um groffen Aergerniß viel hundert Jahr fang
fortgefsget wurde. Der zu Eenltancnd fieng
an fi einen allgemeinen Biſchof zu nen-
nen, dem der Nömifche heftig widerfprach, und
ſich im Gegentbeil, jenen zu beſchaͤmen, anfteng ei⸗
nen Rnccht aller Bnechte zu titulicen, Er
fehrieb auch fein Mißfallen zu bezeugen fehr ſcharf
darmwider, und befchämte nur dadurd) feine Nach⸗
folger, wenn er zum Exempel diefes feste: “ch
„age getroft, daß, wer ſich einen allgemeinen
Prieſter nennet, oder nennen laffen will, der
| vn feinem Hoͤchmuth ein Vorläufer des An-
Fichriſts, weil er ſich aus Hoffart den andern
yborfeget,s). Und anderswo fchreibet er fehr
nachdenklich: “Der König der Hoffart ift fehr
„nahe, und welches ſchrecklich zu fagen ift, das
N der Priefter wird auf ihn zuberel=
t
+
J
— 2
—1
‚gnitatisapices &e.) a die höchften Potenta⸗
deffen Rennzeichen und Srüchten bey den verfalfenenllehrern ec. 881
mm — s
15. Und in Anſehung deſſen iſt die Relation
des Hn. Cave von dem Urfprung der Erzbifchöfz
fe und Patriarchen fofern anzunehmen, daß nem⸗
lid) nad) völliger Einführung des Chriſtenthums
in die Welt das aͤuſſerliche Kirchenregimene
nach dem bürgerlichen des Römifchen Reichs eins
gerichtet worden. Womit denn zuförderft von
ihm ſelbſt geftanden wird, daß von Conftantinf
gelten an diefes weltförmige Regiment unter der
Shriften auffommen ſey. (Siehe das 8. Cap,
des 1. Theils p. 238). Daß aber felbiges den
Grund ſelbſt des wahren Chriſtenthums, und fon-
derlic Die davon unzertrennliche Demuth auf
einmal umreiffe, ift aus obiger Befchreibung der
erſten Chriſten, und fonderlich aus dem Bericht von
den Auffeßern der erſten Gemeinen mehr als zu ge=
wiß. Daraus nothwendig folger, theils, daß
von Conſtantino an das Chriftenthum auch dar
innen bey den Häuptern der Kirchen gänzlich ver«
dorben, theils auch, daß diefe weltfürmige An-
ftalten nicht dor gut oder zuträglich, viel weni-
ger vor gortgefällig geruͤhmet werden Eönnen,
Man hat diefes alles fonderlich an den Papilten
bishero, und zwar mit Recht getadelt; und diefe
beruffen fich auch eben wie der Hr. Cave darauf,
daß nach der Entheilung des Kömifchen Reichs
unter Conftantino und — auch die Eins
eheilung in der Regierung der Gemeinen eben al-
fo angejteller worden fey. Damit aber wird die ”
Sache ſelbſt noch lange nicht gevechtfertiger, fon
dern vielmehr die. papiftifche Hertfchaft vordäch-
tig gemachet. Werden Sinn JE EHriſti und
feine groffe Demuth nur in etwas Fennet, auch
feinen hinterlaſſenen ernften Willen mur noch vor
wahr und güleig halten will, der wird ja die all:
gemeinen Gewohnheiten der Welt und den äufs
ferlichen Pracht derfelben fich nicht fo gar bien»
den laffen, daß er alle diefe offenbare Verletzung
und Verſchmaͤhung der theuren Worte feing Heiz
landesnoch gut heiten, oder vor rechtinäßig auS=
geben wollte. Genug, daß alle diefe Titel und
erfonnene Herrfchaften weder in der Lehre EHri:
ſti, nody in der Praxi der erften Gemeinen dem
geringften Buchftaben nad) gegründet find, das
v fie auch mit allem Recht in das verderbre
riſtenthum gehören.
‚16. Daß ich mich aber zu dem allgemeinen Bes
richt von dev Hoffart der Elerifey insgeſamt wie.
derum wende; fo nimmt man ferner in den Hs
ſtorien wahr, daß fich diefelbe unter andern nicht
wenig duch den Neid Fund Mißgunſt geaͤuſ⸗
Ttttt Uuuuu ſert
s) Gregorins M. lib. VI. ep. 30. t) Ibid. lib. IV. ep. 30.
832
fert habe. Denn bey welchen die Begierde und
Hochſchaͤtzung der Ehre und des Lobes die Herr:
ſchaft erlanget hatte, Die konnten freylich nicht
anders, als ein ftetiges Verlangen haben den an:
dern allen hierinnen vorzugehen. Dahin wur:
de nun ihr Thun und Laſſen, forol im Amt, als
im gemeinen $eben, eingerichtet, daß fie überall
Ehre davon hatten, und zwar von allen andern,
und fie niemals in etwas getabelt oder. andern
nachgefeget würden. Dahin bringets nemlich
ein hoher Sinn bey den Böfen, daß fie nicht mit
ihrer eigenen Ehre vergmüget leben, fondern Die
felbe nicht einmal vor völlig achten, wann ein
anderer eben dergleichen neben ihnen erhält. Und
Daher wird das Herz durch Unmuth und Miß—
gunft freylich verunrubfger, welches denn weiter
auf Rachgier, Verleumdung und andere böfe
Mittel, den Vorzug alleine zu haben gedenket.
Wiewol nun der Meid bey den verfehrten Geift-
lichen aud) in Anfehung der Einfünfte, Bequem-
lichkeit und dergleichen geherrfchet Bat, als her»
nad) folgen fell; fo bat er fich doch fonderlich zu
groffem Schaden und Yergerniß in Anfehung der
Ehre hervor gethan. Wenn einer aus ihrem
Orden, oder auch ein gemeiner Chriſte, ofte nur
ein wenig von den andern mehr geliebet-oder ge⸗
lobet wurde, da etwa beffere Gaben feyn moch-
ten: regte fich alsbald bey den fleiſchlichgeſinn⸗
ten Herzen ein Groll und Bitterfeit wider ihn,
der wol gar in offenbare Merkmahle ausbrach.
Denn da gabs noch immer bier und dar gefegne-
te und vechtfchaffene Lehrer, wiewol in fehr ges
ringer Anzahl; Die denn bey groſſer Theurung
des göttlichen Worts von durfligen Seelen be=
Hierig angenemmen und geheget wurden. Gols
che Lebe brach, wie es gehet, bald inöffentlichen
Nachruhm aus, fielauchdenen nadylaßigen Pres
. Digern in die Augen, und erregte in ihnen die
widrigften Affecten, an ftatt, daß fie ſich fcha-
men, beflern und GDtt preifen haͤtten follen.
Hieraus entftunden fo viel ſchreckliche Streitig—
feiten-, erdichtete Ketzereyen, offenbare Laͤſterun⸗
gen und Die grauſamſten Berfolgungen ehrlicher
Lute; mie unten an feinem Ort gezeiget toird.
Gewißlich, Die meifte, wo nicht alle Unruh der
Chriſtenheit ift —— von der Mißgunſt
als einer bittern Wurzel herkommen, dieſe aber
aus der Hoffart, und dieſe wiederum aus einem
unbußfertigen Leben entſtanden.
17. Woferne hievon alle, oder doch die für-
nehmſten Exempel beygebracht werden follten,
nee
w) Gregorins Nazianzenns Carım, 6. 5, Exhost- fui et et Obiurg in Cler. x) Idem in Epitaph. fuo, t
*
8. B. Don dem Abfall der Chriſten von der erſten Lauterkeiit.
ae
4
wuͤrde es endlich an Zeit und Papier fehlen;
alle Hiftorien der birfalenen Klcden davon (
efüller find. Wir werden auch unten bey dem
ericht von den Religionsftreitigkeiten ziemliche
Proben davon anmerken koͤnnen; vor dismal will
ich nur etliche wenige ganz kuͤrzlich gedenken.
Bald nad) dem Niceniſchen Concilio, und alſo
unter dem geruͤhmten Wohlſtand ber. SI i
flagte ein vortreflicher und von allen belie nut
Lhter gleichwol fehr heftig über den grimmigen
Neid der damaligen Cleriſey gegen ihn und ande⸗
re fromme Lehrer: “Er muͤſſe immer in Sorgen
„leben, und verſchmachte ganz über den Iiftigen
„Nachitellungen, die er von den Geiftlichen leiden
„müßte, welche gegen ibn erbitterte Herzen häte.
sten, u). Und anderswo wollte ev zum Ans
denken auf fein Grabmahl diefes aud) fegen
laffen, mie ihm die Prediger mitgefpielet hätten,
welches er in diefen überfegten Berfen befennes
te x): ! ’
Das wilde Meer 2 u als Unflat von
ich ftö —
Hat mich in Sturm und Wind bald hin bald
her geſchmiſſen:
Ich ward der —— ; und dennoch nicht
erloͤ
Von ihrer frechen San ‚ bis fie mich faft zer⸗
riſſen.
Da hat der Hirten —— und Neid und Bitter⸗ |
eit Hz
Mic) grimmiglich verfolgt; fie Haben mich |
umgeben, BE |
Und mehr Leid zugefügt, als kaum in fpäter
e era
it
Die Nachwelt glauben Fann.
mein Seben!
Und anderswo Elaget er: |
Sie ſtreiten nur um ihre Oberftellen, ie
Und wollen doc) noch Juͤnger CHrifti feyn
Der eine ſucht den andern nur zu fällen, |
Doch zeige fi oft.der falfehe Keuchele |
i ein 4
Sie geben Fried und lauter Eintracht
vor
Und heben ſich durch Mord und Blut em⸗
por. Re
So elendwar
FA
Daß aber diefer beruͤhmte Lehrer nichts erbich-
tet habe, zeugen die Hiftorici ausdrücklich, yon
ihm, wenn fie alfo fhreiben: “Er war ein *
er
—
*.
u."
7 ; —
—
J
J
„aber mehr mit Exempeln: Seine Zuhörer fa-
„ben a ‚daß er ihnen nichts auflegte, das er
„nicht zuerft gethan hätte. Aber da auf feinen
. „Ruhm der Neid ſolgete, fiengen etliche an, ihm
u widerſtehen und unverftandiger Weiſe ihn
abzuſchaffen, alfo daß er wieder zu den Sein:
„gen gieng und ein anderer Bifihof an feine Stel⸗
5 ward, y.Eben ſo gienge es auch an
deren rechtfihaffenen Männern, die etwa durch
ihren Fleiß und Gaben vor andern befannt und
beliebt wurden: Bon Origene werden wir unten
ſehen, tie übel ihm fein Biſchof Demetrius mit:
} Aghielee gehabt, aljo daß er auch die föblichften
Dinge vor böfe und irrig ausgegeben, und fün-
derlich nicht leiden wollen, daß er andere unter»
weiſen ſollte, ungeacht er durch feine Gaben dazu
geſchickt, und von. vielen ſowol Lehrern als ans
deren darum gebeten worden z).
18. Chryſoſtomo gieng es nicht beffer: Denn
weil er in einem ftillen eben wohl erzogen und
unferwiefen war, und daher ſich in die weltliche
Thorheiten und Greuel nicht einlaffen noch ſchi—
den wollte; fahen die Herren Geiftlichen bald,
daß er in ihre Gefellfhaft nicht taugen wiirde,
Drum widerfegten ſich die vornehmiten alsbald
ſeiner Wahl und wollten ihn nicht laffen zum Am-
te, und zumal zur Aufſicht über fo viel Pfarren
kommen a). Da fie es aber nicht hindern konn—
ten, und jener indeilen anfieng frey oͤffentlich von
ihren Laſtern und Berderbniß zu reden, auch durch
> feine groffe Treue, Arbeitfamkeit und hohe Ga:
ben im $ehren bey dem Volk fehr beliebt wurde;
da ſieng der Neid und Groil gegen ihn öffentlid;
an auszubrechen, alfo, daß man auf feine Ab:
ſchaffung und gänzlichen Ruin bedacht war. Uns
£erdeffen als er ſich an nichts kehrete, und feines
Amts nach wie vor treulich wartete; fihlug fich
die ganze Elerifey im Lande wider ihn zufammen,
bienge I an die berüßmteften Leute, und bielte
h einen Synodum nad) dem andern wider ihn; ja
Theophilus und Epiphanius erzeigten in allen ih»
ren Actionen wider ihn eine grofle Mißgunſt
und Berbitterung: und alfo mußteder gute Mann
endlich dem Neid und Grimm feiner unverdien-
ten Feinde weichen; welches denn blos die Pre:
rer der Gotefeligkeit, zwar auch mit Worten,
diger und einige von ihnen aufgebrachte Hofleus
It a ee en 0000002 ———
5.C. Von dem Sochmuth/, deffen Rennzeichen und Srüchten bey den verfallenenlebrernc.883
te waren; die übrigen alle liebten ihn bis in den
Tod um feiner Redlichkeit willen, weil er ihnen
damit feinen, mol aber den Predigern groffen
Schaden that b). Daher fihreiben die Hiltorich
ausdrücklich von ihm: “Der Meid habe den
„Ruhm der Lehre diefes Mannes nicht vertragen
„eönnen, und habe affe feine Künfte angewandt,
„bis er die Kapferliche Nefidens, ja die ganze
» Welt feiner Schre und Gaben beraubet e). Geis
„ie Feinde, die man Ehren halben nicht nennen
„wolle, hätten allerhand Vorwand bey ihrem
„Groll gebraucht, und weil fie feine heliglänzen«
„be Tugenden nicht leiden Fünnen, hätten fie et⸗
„liche falfche Anklaͤger angeftifter, und offenba«
„re Berleumdungenerdacht,, 4). Ja, da er gleich
von der ganzen Gemeine auf dem Wege wieder
uruͤck geholee worden, hätten doch die erboften
—8 nicht eher geruhet, bis er wiederum aus
der Stadt weichen und noch dazu in ein barba=
riſch Sand verwiefen werden müffen, da er aber
auf dem Weg von Verfolgung und Elend abge—
mattet verfchieden. Solchergeſtalt wurde niche
allein von den falſchen Hirten die Unfihuld ganzs
lid) unterdrucft , fondern aud) die offenbaren
Sünder in ihrer Bosheit geftärfet, welche zus
vor von diefem eifrigen Mann waren freulich ges
warnet worden. Und wie follte nicht die gottlos
fe Kayſerin Eudoria in ihrem Geiz, davon fie ei-
ne rechte Sclavin war, Hoffart und andern
Greueln fern befeftiget worden, da fie gefehen,
wie gleichwol fo viel vornehme Lehrer diefen, ih—
rer Einbildung nach, ungeftümen und eigenfinni-
gen Ehryfoftomum mit fame feiner Lehre verwor:
fen gehabt? Anderer unzähliger Raͤnke des Sa«
tans zugefchweigen e).
19. So ergieng es nun denen, die fih der Welt
nicht wollten gleich ftellen, daß fie entweder gar
zu Feinem Amt gelaffen oder bald davon wieder
verftoffen wurden. Wie man denn faft durch⸗
ehends anmerken fann, dafdiejenigen, ſo GOOtt
Annberlich mit Weisheit und Kraft ausgerüfter,
und zur Beftrafung der Heuchler gebraucht, fels
ten zu den hoͤchſten Kirchendieniten kommen
find; entweder weil fie felbft ohne Anftoß und
Verletzung des Gewiſſens darinne zu dienen fic)
nicht getrauet, oder weil fie von der mifigünfti«
Tteett2 Uuuuuz2 gen
J y) Rufinus lib. II. H.E.c. 9. z) Vid. interim Barenius A. COXXXI. n. 5. 6. et Hif. Ecel. Goth. lib. IT. e.
I
IIL. Sc&. 2. n. 7. qui. inuidiam agnofcunt. a) Sorrates lib. VI.c. 2. | ‘
d) Ibid, c. 34. e) Vid, omnino auctores Vitz Chryfoftemi, Palladins, Lee, et alius ap. Phe-
V.&33
rium etc.
7 .
b) Ibid. c. fegg. c) Theodoritus lib.
nz
€
888
gen Priefterfchaft daran gehindert worden, die
fich einer Reformation, oder menigftens einer
Beſchaͤmung in ihrer Verderbniß beſorgete. Die
ſes traf unter vielen andern von Sieronymo ein,
von welchem einer alfo ſchreibet: “Er ward
„vor würdig geachtet, daß er zu Rom Biſchof
„werden füllte, aber einige unter den Predigern
„und Mönchenorden giengen aus bloſſem Muth:
„willen und Ueppigfeit in der Stadt herum
„und wollten den guten Sieronymum hinaus
„jagen, weil er ihre after beftrafer hatte; des⸗
wegen fie ihm überall nachftellten,, f). Er
felbft mag wol darauf zielen, wenn er den Zus
ſtand felbiger und jegiger Zeiten alfo abmapler:
„Man fiehet, wie die allerunerfaßrenfte Leute in
„ver Kirche empor kommen, und weil fie fred)
„und kuͤhne find, und wacker plaudern koͤnnen,
„hilden fie ihnen noch eine Gelehrſamkeit und Klug⸗
„beit ein, fonderlich wenn ihnen das Volk gün-
„ſtig ift, das gerneleichte Worte hoͤret. Hin—
„gegen bleiben gelehrte Leute unbefannt, werden
„verfolge, und find nicht allein bey dem Volk
„nicht beliebt, fondern find auc) arm und duͤrf⸗
tig g). Und wiederum, da er über den Ei—
genfinn und Hochmuth- der DBifchöffe
klagt, dabey “fie alle diejenigen zu unterdrucken
„ſuchten, die fie ſaͤhen, daß fie bey der Gemeine
„etwas galten, und GOttes Wort Aeißig trie-
„ben: Daher es auch Fomme, daß fein guter
„Hirte, fondern lauter Mierhlinge zu finden wä-
„ten, h). Bon dem gottfeligen Mann Marti-
no wird gleichfalls verfichert, daß, ob er gleich
fo fanftmürßig und liebreich gewefen, “ihn den
„noch feine Neider, als Schlangen und Dftern,
„mit ißren giftigen Zungen geftochen , indem
„fich viele öffentlich mit ihrer Mißgunſt gegen
„eine Tugenden hervor gerhan, welche dasjeni-
„ge an ihm angefeindet, was fie an ſich richt ges
„fehen und nicht nachtbun Fünnen. Und wel:
„ches am meiften zu bejammern gewefen, es waͤ⸗
„ren auch Feine andere Verfolger gewefen als die
Biſchoͤffe, die Cleriſey allein wolle nichts von
„ihm roilfen: Die man zwar nicht nennen duͤr⸗
„fe, weil fie doc) gleich um. einen herum beile-
„ten, 1). Andere Erempel muß id) der vorge-
nommenen Kürze wegen übergehen.
20. Mit folcher greulichen Mißgunſt aber wur⸗
de num die göttliche Wahrheit und Gerechtigkeit
augenfcheinlic) unterdrüdt, die vortreflichiten
Männer, die den Gemeinen mit hoͤchſtem Nu—
f) Alo Viennenfis Martyrologiod XXX. Septembr. 8)Comm.inEcel.c.9. h)Lib.Xl.inEzech.c.34. i) Sul.
pirius Senerus VitaMart. c.vit.et Dial. ı.c. 19. k)Vid. Chemnitius Orat. de Lect. Pat. in Tertull.
ın) Idem V.lib, IIl.c. 19.
ander Cent. IV. H. E. lib. III.c. 42. “a
8. 3. Don dem Abfaͤll der Ehriften vonder erften Lauterkeit. —*
Gen haͤtten dienen koͤnnen, wurden gehindert,
verjagt und zum Dienſt untuͤchtig gemacht. Es
durfte ſich nur einer mit ein wenig mehr Gas
ben oder Eifer vor die Ehre GOttes und Beffe-
tung des Chriſtenthums blicken laffen, fo war
der Meid derer fo genannten Geiftlichen mit
Verleumdungen, oder auch öffentlichen Be—
ſchuldigungen hinter ifm Ber, Der denn 1000
Scheinurfachen vorzumenden wußte, warum
man ihm nicht trauen und folgen dürfte, Und
diefes Aufferte fich auch bisweilen in den erften
Seculis, wenn die Lehrer durch ruhige und gute
Tage ſicher und böfe wurden; wie ich von Tera
tulliano bey feinem Leben im Vorbericht erwies
fen habe k). Den frommen Baſilium tractieten
die bofen Prediger nichts anders, und weilfie
fonft feine Sadye an ihm in feinem teben fun
den, diſputirten fie ihm die Einkünfte, und er-
dachten aus Meid allerhand Lügen wider ihn,
die er aber auch unfräftig machte, da er fich der
Einkünfte begab, und -hingegen die Auflicht ü-
ber die Gemeinen behielte, daß fie ihn endlich
mußten damit zufrieden laflen I). Sa, wenndie
Kirchendiener faben, Daß einer von dem Vol
beliebet und gefuchet wurde, Tiefen fie ihm nicht
leichtlich lange Ruhe, viel weniger Gelegenheit
ſich feft zu feßen; fondern legten ihm fo viel in
Weg, daß fie vor ihm ſicher waren, ungeaeht er
vielleicht nichts als des HErrn Preis auszubreis
ten fuchte. Bisweilen machten fie es fo grob,
daß man ihren Grimm und Bosheit mit Hin«
den greifen Fonnte; wie wir unten bey dem Tra-
ctament der Ketzer fehen werden. Mur ein Er:
empel zu gedenken, fowareinsmals Baßianusim -
5. Jahrhundert von dem Volk wider feinen |
Willen und mit Gewalt zu Ephefo zum Bifchof
gemacht, die andern aber verdammten ihn alg-
bald, ſetzten ihn ab, fehleppten ihn zur Kirche
heraus, geiffelten ihn grauſamlich, und feßten ihn
gefangen, feine Güter machten fie preis, feine
Bekannten brad)ten fie ums teben, und ihn ver-
miefen fie endlih aus der Stadt. Go erfuhr |
der arme Mann ohne fein Berfchulden und fonn-
te bezeugen, was Neid und Haß bey Predigern
vor ein graufames und barbarijches Traetament -
Fönne zumege bringen. Wie venn ein Theolo- |
gus bey diefer Gefchicht ein folches Urtheil fällt:
„Man ſiehet, was vor Bosheit unter den Jeus
„een, ſonderlich unter etlichen Theologen herr⸗
„he, m). Und gleichwol Hieffen und blieben -
foihe Theologi bey der Welt orthodox, geehrt,
rei
-) Vid. of.
f 9.E.
antreiben follten.
—
Dondem Hochmuth,
mächtig und beliebt. Das macht, die Welt
hre lieb: Wen aber der HErr Ehriftus
on der Belt erwaͤhlet hat, den haſſet fie.
12. Es iſt erfchrecflich zu hören, was abermal
der offenberzige Hieronymus —* geklaget hat:
„Man ſiehet jetzund wahrhaftig in den meiſten
„Städten ſolche Biſchoͤffe und Aelteſten, welche,
„wenn fie jeden, daß die Layen gaftfrey find und
„fromme $eute lieb haben, fo werden fie gleich
„mißgünftig, murren Darüber, thun fie in Bann,
„verjagen fie aus der Gemeine, als wenn man
„endlich nicht mehr das tun dürfte, was der Bi:
Iſchof oder Superintendent nicht thut; oder als
„ivenns denen Prieftern etwas fchadete, wenn die
„sanen fü leben (daß fie nemlich gutthaͤtig fern).
- „So gar befchwerlich find fie den armen Leuten,
„und liegen ihnen gleichſam auf dem Halfe, damit
„fie fie ja von aller Gottfeligkeit abziehen, und be»
„unrubigen fie mit allerhand Verfolgungen n).
Solche abfcheuliche Früchte brachte der verdamm-
liche Meid der Prediger hervor, daß fein from-
mer Menfch die geringften Zeichen einer Gotrfe-
ligkeit mehr feßen laffen durfte, daß er fich nicht
von denen lauter Verfolgung und Herzeleid be-
forgen mußte, die fie doch mit Lehr und teben dazu
So gar tief waren diefe Wöl-
fe in des hoͤlliſchen Jaͤgers Stricke verfallen, daß
fie felbft nicht ins Himmelreich wollten, und den
andern auch aus Meid den Eingang mwehrten.
Daraus freylich offenbar ift, woher doch fo viel
n)Comm.inEpift. ad Tit.I. o) Apud Eujebium lib. III. Vit. Conft. M.c. aı.
deffenRennzeichen und Srüchten bey den verfallenen Lehrernec.
Keger und Secten gemachet worden, nachdem bie
oberfte Elerifey, fo fich darinn zum Richter auf
geworfen hatte, nicht das geringfte Gutes mehr
unter dem Volk leiden wollte, und daher nicht
beffer durchdringen Fonnte, als wenn fie einem,
der anders als fie und ihre verführten Anhänger
leben wollte, den Bi anbiengen ; befage
des unten folgenden Berichts. Hattedech Con ˖
ffantinus ſchon genug zu ſteuren, und richtete
dennoch nichts aus, ob er aleich fü ofte vermahnet
haben full: “Die Bifchöffe möchten doc) einan«
„oer nicht fo neiden, wenn einer unter ihnen durch
„oen Mund und Weisheit berühmter würde,
„fordern fie möchten doch diefe Gaben vor gemein
„balten, und die vornehmern follten ſich wider die
„geringern nicht aufbleden,,o). Wie fchlecht aber
diefe Warnung in acht genemmen worden, iſt
nicht ohne Beftürzung aus der ganzen Hifterie
felbiger und folgender Zeiten zu erkennen. Wie
oft wurden nicht Verbote gemacht, "Daß die Leh⸗
„ter wider einander Feine Motten, Berbindnifle
„und Meuterenen aufrichten füllten,, und aus
Mißgunſt einer wider den andern böfe Anſchlaͤ⸗
ge faffen : Und wie wenig half gleichwolalles Bere
bieten p) ? Gewißlich, die heydnifchen Prieiter find
viel verträglicher und liebreicher mit einander ge»
weſen, als die, fo unter den Chriſten ſich zu Pries
ftern aufgeworfen hatten; wie wir bald aus ihrer
Streit: und Zankfucht, alseiner offenbaren Frucht
des Hoffartgeiftes, fehen wollen.
p) Vid. Concil. Chalcedonenfz c.
18. et apud. Gratianum Il.q 1. c. Coniurationum: tum Concil. Aurelianenfe IL. c. 21. Conf, Blaffares Syntagın.
lit. M.c. ı1. it, Bal ſamon et Zonaras ad Chalcedon. c. 18.
Tettt 3
Das
Uuuuu3
= Ter fen? 5-
94
Von der verfaltenen Lehrer Heucheley,und deren K
zeichen, ingleichen von ihrer fonderbaren Kleidung. -
Summarien.
im Glauben, wie vorher geſchehen; z. Nazianzeni Zeugniſſe, Chryfoltomi desgleichen a. Bernhardi : was ein Heuch⸗
4 Die Lehrer befleißigen fich auf Aufferliche Ceremonien, welche am ra die Augen fallen: 6. San i⸗
ſwoͤffen gelinget die Herrſchaft über die Gewiſſen darinnen, Auguſtini Klagen darüber, 7. Der Menichgibt ſich gern unter
das och der Satzungen, wenn nur der alte Adam unangetaftet bleibt. 8. Der Ehriften Gottesdienft wurde ein Sufamz
menfuß beydnifcher und jüdifcher Gebräuche: Anfang des Verderbens. 5. Die Lehrer waren zuerſt nicht anders gekleidet
als die übrigen Chriften. ıc. Die Gösenpriejter der Henden hatten einen Unterſcheid in Kleidung, ihre Kleider waren
gyeämutg wird verdeckt geübek. $. 1. Vraͤſumtiones des. verderbten Predigtamts. 2.° Lehrer ſuchen ihren Vorzug nigt }
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Bi
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insgemein fehr lang und weit: ıı. Sonderbare Kleidung der Prieſterſchaft eine heydniſche Gewohnheit, Herr Cave Borz
geben nicht probiret : heilige
ni Freygebigkeit Darzu ; 13.
Habit der Aſceten. 12. Die gefuchte Herrſchaſt wird durch den Habit angesciget; Tonſtanti⸗
Eigene Geſetze von der Prieſter Kleidung: Euſtathius, ein Biſchof, wird um der Kleidung wil⸗
len abgeſetzt 14. redliche Männer reden dagegen, ıs. noch mehrere Klagen deshalben; groſſe Gefahr junge Leute auf den
Predigtſtul Lafen. 16.
fehen vergefien insgemein bey dem äufferlichen Pracht der innwendigen Keinigkeit. 18.
äuffert fich hauptſaͤchlich bey der Kleidung 19. Ob bey dem Gottesdienſt
zu ermeifen. 20,
$.
I" Gefchichte liegen Elar in den Schriften
der Alten, und Fonnen nicht geleugnet,
viel weniger mit einigem Schein entſchul⸗
diget oder verfochten werden, nachdem die Fatta
an fich und die Bekenntniſſe glaubwürdiger Per-
fonen davon Flar am Tage liegen: Die Ungerech⸗
tigfeit aber derfelben jedermann in die Augen fäls
let, wer nur nicht mit Fleiß blind feyn will,
Niemand aber bilde ihm ein, es fey Diefes und
alles andere, was der Hochmuth vor Jammer
in der Ehriftenheit angerichtet hat, allzeit fo grob
und offenbarlid) gefchehen , daß die Heuchler ihm
Eeine Farbe einiger maffen angeftrichen hätten.
Denn fie wußten alle ihre Anfchläge meiftens fehr
verdeckt und fubtil zu führen, und waren ihrer
Einbildung nad) in vielen gluͤcklich, daß es ihnen
wohl hinaus gieng, ob fie gleich bisweilen aus
Gôttes gerechtem Gerichte offenbar und zu
Schanden wurden. Gemeiniglich aber giengen
fie in ihrem Thun ungehindert und trotziglich
fort, feßten fich in ihrem hoffartigen Sinn im:
mer fejter, und blieben vor der Welt bey Ehren,
Mefpect und Amt bis ins Grab, daindejfen mans
cher rechtfihaffener Zeuge der Wahrheit verwors-
fen und verachtet blieb. Bey welchem verfehr-
ten Zuftand der unerforfhliche Rath des Hoͤch⸗
ſten feine verborgene Wege hatte, und die Sei—
nen durch folche Verſuchungen prüfte, ob fie ihm
Berftelung unter den Kleidern auch bey dem Heyden ein Zeichen der Heucheley. ı7. Die Men-
1 .18.. Der Mönche eingebildete Heiligkeit
ſonderliche Kleider gebrauchet worden, iſt nicht
’ Alk
1.
auch gegen den Widerſpruch der ganzen Welt
treu bleiben , und fich recht demuͤthigen, und von
den Gottloſen und Heuchlern verfchmähen laflen
mollten. Und in folchem Stande wurde die wah⸗
re unfichtbare Kirche immerfort von GOtt in feis
nen Verborgenen erhalten, da indeflen die Ges
waltigen hart über das Volk Herrfcheren, und wi-
der den HErrn und feinen Gefalbten tobeten, alles
aber unter ebendeffelben teuren Namen,
2. Das verberbte Predigtamt hatte viel
Pre&fumptiones.noch vor fich, warum das Wolf
ihm folgen follte. Da gaben die Römifche und ans
dere Bifchöffe ihre Succeßion von Detro und den
andern Apofteln unverſchaͤmt vor, tie fie ihnen:
in der Lehre nachfolgeren, und man dahero ihre
Ausfprüche vor andern hören müßte. - Zudem
ſchuͤtzten fie ihren ordentlichen Beruf, Wahl und
Beftätigung vor, welche von hohen —
oder andern verſtaͤndigen Leuten geſchehen ware,
welche ja wohl wuͤßten, wen ſie ganzen Laͤndern
und Koͤnigreichen vorſetzen ſollten. Sie gaben
vor, wie fie gleichwol die Geheimniſſe GOttes
als Haushalter zu verwalten haͤtten, Taufe,
Abendmahl und anderes zu verrichten: wie ſie
auch an GOttes ſtatt denen Menſchen feinen Wil⸗
len verkuͤndigen ſollten: Nicht weniger ſteuerten
ſie ſich auf die allein angemaßte Gewalt Suͤnde
zu
zu binden und zu iöfen ; wie wir bald
we wollen. Dieſes und aͤnderes mach⸗
te noch die gottloſeſten Biſchoffe auf ihr Amt
ftolz und Fühne, daß leichelich niemand ſich an fie
wagen wollte, ungeacht fie in folchem Vertrauen
auf ihre Gewalt alles umzukehren und fich allein
hoch zu fegen begunten. Sie hatten fich mit fol:
chem Sckeinween als mit einer Mauer umge-
ben, und dabey durch ihre Schmeicheley die
Gunft der Groffen und des Volks gemeiniglich
auf ihrer Geiten, bey fich ſelbſt aber ihre gewoͤhn⸗
liche af ‚daß fie im Fall der Noch bald ei-
nen zum Ketzer machen, in den Bann thun und
fonft niederlegen Eonnten. Dazu Fam noch die
groſſe Scheinheiligkeit, welche diejenigen, fonicht
ganz allen Verſtand verloren hatten, von fich
zeigten, da fie alles äufferliche bey dem Gottes»
dienft und fonften genau in acht zu nefmen wuß-
ten, fich vor dem Volk am andächtigften und
eiferigften anftellten, und in’ allem die Weife der
Phariſaͤer wohl zu practiciren mußten. Da dach»
te man immer neue Saßungen und Erfindungen
von denen Kirchengebrauchen und. äufferlicher
Heiligkeit aus, nur daß des innern rechtfihaffenen
Weſens in Chriſto dabey vergeffen würde, und
ſie ſelbſt nicht anfangen dürften, fich wahrhaftig
zu Gott zu befehren. Mit dem Volk war man
- in allem zufrieden, wenn es nur den Aufferlichen
- Gottesdienft noch fo Bin abwartete, den Kirchen:
dienern ihre Ehre und Einfünfte gab, im übri-
gen mochte es Icben wie es wollte: Wer noch über:
dis von dem Chriſtenthum etwas reden Eonnte,
der ward vor den beften Ehriften gehalten, unge:
acht er ein Herze voller Greuel und Unflat hatte.
3. Und damit aud) die Sehrer vor den Zuhoͤ⸗
rern einen Vorzug in ichen Dingen zu ha⸗
- ben fihienen, fo fuchte man dieſen nicht in dem
= wahren lebendigen Glauben, wie in den evften
Zeiten die Lehrer gethan hatten; fondern die ver-
derbten Prediger. (von welchen allein bier Die Re—
de iſt,) fonderten ſich Durch äufferliche Zeichen von
denen ab, —5 ſie ſich eigenmächtig erho⸗
ben hatten, und ſo bald der Abfall von dem ein⸗
faͤltigen lauteren Chriſtenthum angieng, merkte
an auch dergleichen Veraͤnderung in ſolchen
ſſerlichen Dingen. Wir wollen nur etwas von
den jetzterwehuten Stücken aus den alten Seri⸗
enten betrachten, Wäs die Heucheley des Her
ng betrift, welche ſich bey den falſchen Hirten
. fande, die in den Schafskleidern aufgezogen
|
2) Obi ad Clerum.
7 “Don der verfallenen Lehrer Yeucheley, und deren Rennzeichen, &. 895
famen, Fonnten diefelbe freylich am beften nach
Eprifti Worten an den Früchten erfannt werden,
und ward auch wirklich daran von denen, die
noch rechtſchaffen waren, offenbaret. Cie aͤuf
ferte ſich aber alsbald unter Conſtantino, da man
anfieng auf den äufferlihen Schein zu fallen, und
Glauben und Liebe fahren zu laffen. Wir Ba:
ben diefes nach den vornehmften Stücken des äufs
ferlichen Gottesdienfts oben im 2 Buch gefeken,
wie man da alebald alle Anfchläge, Arbeit, Zeit
und Koften auf prächtigen Tempelbau, äufferliz
hen Schmuck und Zierat, Wortgepränge und
ein Haufen Solennitaten, Aufzüge, Proceßionen
und dergleichen gewendet habe. Und zwar ge⸗
ſchahe dieſes alles auf Anfuͤhrung der Prediger,
denen die andern folgten, und ſich dis Aufferliche
Wefen nebſt jenen ganz wohl gefallen lieffen, weil
das Herz fo fein in feinem alten Wefen und eiges
nen Sinn erhalten wurde, und nicht angegriffen
oder gebeffert werden durfte. Don der Heushes
ley der damaligen Chriften insgemein wird weis
ter unten zu vernehmen feyn: Hier iſt nur mit
wenigen zu zeigen, daß es unter den meiften Leh⸗
vern nicht anders zugegangen, und zwar aus ofz
fenbaren Zeugniffen, ob gleich fonft Merkmahle
genug beyzubringen wären.
4. So hatte es nun im 4. Seculo Gregorius
Ylasianzenus mit feinem groffen Sammer erfaßs _
ven; daher ihm nicht zu verdenfen war, wenn er
einften ſolche verfarvete Perfonen alfo anredete,
und ſie als Comoͤdianten auffuͤhrete:
Ihr Prieſter, die ihr Prieſternamen
uͤhrt,
Und als die FOuflee faſt auf dem Theatro
pieler
Geſchminkt und ganz verfteffe, mit fremden
Gut geziert,
Doch von der Gottesfurcht nicht einen Funken
fuͤhlet
Darinn ihr auch den —— des Volks nicht
‚. überfteigt.
Fahr fort du heil ge Schaar, dein Spiel noch
mehr zu treiben!
Gleich wie du —— ghug bisher dich haft
ezeigt:
Ich aber will nicht mehr — Orden blei⸗
MAR +:
Und weiter ſchreibet er von folchen. verſtellten
beuchlerifchen Lehrern; f
Ein
396
Ein folder Nebel hat die Sinnen überzogen,
a: ‚ eb ihr gleich von Geiz euch noͤch fo
ſchaͤndlich ftellt,
Der Neid euch Mark und Bein vor Eifer aus«
gefogen,
Undeurer Hoffart euch ganz zu Boden
- 1 t
a
Ihr doch bey allem Greul den Namen GHttes
nennt,
Und in dem Herzen nichts als Satansgalle
eget;
Der Mund iſt heuchleriſch, das Herze GOtt
nicht kennt;
Kurz: Hier iſt Wolfsnatur mit Schafspelz
überleget b). ;
Endlich feget er noch diefes von ihrem untechten
eruf hinzu:
— die ihr wol recht des Predigtamts
Schandflecken
Und voller Laſter feyd, N Hoffarts⸗
v
o
Hochtrabend, underfhämt, bi ihre Suͤnd nicht
deck
—
Weinſaͤufer, Irrige, von Laͤſtern blind und toll,
Und vonder Boll entzündet, die ihre Heerde fref-
en
Sn weichen Kleidern hart,meinenbig,ohneTreu,
Und Räuber fremdes Guts, die aller Lieb vergef-
en,
Berrüglich,chefifh,arg/voliteids und Schmei-
eley.
Ihr auch, Die neulich ibe ein Weib euch zugefel:
et,
Und von der Jugendhißz als geile Hengfte
rennt
Wenn eurem eiteln Se bald dis bald das ge-
ället,
Daß ihr voll böfer Luft herum als wütend rennt,
Kommt alle kuͤhnlich ber, hier find die Aemter
feil
Im Tempel, hier habt ihr ein fettes Prieſter⸗
t ei +
Gleichergeftalt redete faft um eben felbige Zeit
Ehryfoftomus von ſolchen Leuten, wenn er ſchrei⸗
bet; Im Anfang wurden ihrer wenig geärgert,
„wenig übergaben einander, weil fie einander
„nicht haſſeten, fondern aller ein Herz und eine
„Seele war. Aber der HErr JEſus faget von
„unfern Zeiten, (nicht Tange nad) Conſtantini
„Tod,) darinnen mehr geärgert werden und geaͤr⸗
b) Ibid. e)Homil. 48.in Matth. d) Bernhardus Serin. 33. in Cant.
; „dener Secten, oder diejenigen, die wir fe
„worden. Mun verräth einer den andern,
„und haffen einander, alfo, daß ma 1 auc) nicht une
„er zweyen aufrichtige Siebe finde. Es find
„aber Kälfihe Propheten, falfche Lehrer unterfchies
„fie mit vielen Beweisgründen einen le
„Gottſeligkeit vorwenden. Andere aber verfuͤh⸗
„een noch viel mehr, teil fie Chriftum, wiewol
„fälfhlich, predigen, den Glauben verkündigen,
„indem fie auch Gemeinen und Prediger haben,
„alfo auch GOttes Wort lefen, einerley Taufe,eie
„nerley Geheimniß des Leibes und Bluts Chriſti
„haben, auch die Apoſtel und Märtyrer ehren.
„Dadurch verfinftern fie Die Herzen fehr, nie |
„allein geringer, fondern aud) Eluger feure, Wen
„follte fat nicht der Antichrift bewegen, da er
„Werke Chriſti thut, und den Chriften es in den.
„Ehriftlihen Werken zuvor ehut, u. ſ. f. ©)?
Worin er nicht allein die offenbaren irrigen Leh⸗
ver befchreibet, fondern auch die heuchleriſchen ver-
ſtellten Antichriften, die doch aus den Früchten
follten erkannt werden.
5. Saft eben fo befchreibet fie hernach —
ter der Roͤmiſchen Kirchen, wie ſolcher Heuchler
gefährlicher als alle Ketzer ſeyn: “Dieſe Zeiten
„(fpriche er,) find zwar frey von beyden Uebeln,
„Verfolgung und Kegerey,) aber fie find ganz
„ihändlidy von dem Grauen des Nachts. We:
„de diefem Geſchlecht von dem Sauerteig der
„Phariſaͤer, welches ift die Heucheley! o es
„nur noch Heucheley heiſſen ſoll, die nun vor
„der Groͤſſe nicht mehr verborgen ſeyn kann, und
„vor Unverſchaͤmtheit nicht will. . Die alte Seu⸗
„che durchkreucht a lieder der Kirchen, und
„je weiter, je gefahr! , je verzieifelter, je vers
„borgener, Denn wenn ein Keger als ein öffent:
„licher Feind aufftünde, fo würde er ausgeftoffen. -
„Aber nun find es lauter Freunde, und doch ”
„Feinde, Einheimiſche, und doch nicht Fried:
„fertige, nahe, und die doc) alle das Shrige
„fuchen. Sie Beiffen Diener Chrifti, und die. ZU
„nen doch dem Antichriitz fie gehen einher und
„faffen fich ehren von den Gütern des Herrn,
„dern fie doch Feine Ehre laffen noch geben. Da—
„ber dieſe Hurenfchminfe. und comödienhafz
„ter Aufjug fümmt, u. ff d), Mit wel
chen Klagen denenjenigen ——— nicht
anrecht geſchahe, welche felbjt in ihren
124 u ar E zei *
—
Er
u
— 7
zen nicht verändert noch gereiniget waren , und
leichwol Profeßion davon machten ja fich öffent»
lich ayı beftellen lieſſen, daß fie andernden Weg
um $eben zeigen wollten, Denn das bieffen eis
gentlich die Alten einen Heuchler, wenn fie ihn
alfo befchrieben: “Ein Heuchler ift ein jediweder
„eehrer, welcher nicht zuvor Gutes thut, und
Ichret. Denn indem’er das Gute lehrer,
„ſo gibt er ſich gerecht vor den Menfchen aus:
„indem er aber Boͤſes thut, ſetzet er fich als einen
„Sünder unter fich felbft,, e). Ingleichen: "Ein
Heuchler iſt derjenige, der feinen Mächften von
„einer Sache unterweifet,, dazu er felber noch
„nicht gelangetät,, f). Oder, wie ein neuer Seri⸗
bente aus den alten es zufammen fafler: “Die
Theologi rügmen zwar viel von der Berfchmä-
„sung ihrer eigenen Ehre unter dem Schein der
» Demuth ‚oder wie Gregorius redet, mit einem
„politifchen Kunſtſtuͤck g), aber aus eitelem Ge-
„muͤth, wie die Comödianten auf dem Theatro,
„indern fie fih deswegen verftecfen, damit man
„ſie fuchen fol. Es hat ihnen niemals an einer
„Larve des Gemillens, der Wahrheit oder ihres
„Reſpects gemangelt; entweder, wenn fie neue
„Geheimniſſe eröffnen, oder die alten verwerfen,
„oder auch die Brüder wiederum zurecht bringen
„wollen (leilicet) : da doc) in der That daraufge-
„ſehen wird, daß entweder die Eintracht verleger,
„oder tärmgeblafen ‚oder auchder grofle Verſtaͤnd
„aus Ehrbegierde den Leuten offenbarer wird.
„Der Mame der Wahrheit hat immer bey denen
„wuͤſſen herhalten, die ihrem eigenen Kopf und
nAffeeten nachgehangen : Der Ehrgeiz hat im-
„mer Eifer, die Beleidigung eine Defenfion, die
Bosheit die Religion, der Eigennug das gemei:
„ne Beſte heiffen müffen.
6. Nachdem aber die Erfahrung lehrte, daß
nichts den gemeinen Volk beffer in die Augen
fiel und anftund, als viel äufferliche ſcheinbare
Eeremonien und Gebräuche; fo befleißigten fich
die Lehrer fonderlich im Anfang, da das Chris
ſtenthum begunte abzunehmen, und mehr Freyheit
und Ruhe dazu Fam, daß fie allerhand derglei-
hen erfindenmöchten, damit alfo die Leute etwas
in denen neuangerichteten Kirchengebäuden zu hoͤ⸗
ron und zu fehen hätten, und deito williger waͤ—
ten, zu dergleichen vermenntem ſchoͤnen Gottes ·
bienft reichlich Benfteuer zu geben. Und weil
Don der verfallenen Lehrer Heuchelep, und deren Kennzeichen x.
ee ER TR
899
fammlungen dergleichen Gebräuche genug vor
fi) Hatte, durfte man nicht viel Mühe, etwas
neues auszufinnen, fondern man gabden Sachen
nur andere Mamen, Urfachen und fonften wahrs
fcheintiche Umſtaͤnde, fegte hier und da etwas das
zu, oder nahm etwas hinweg; damit war die
Sache richtig. Und auf ſolche Weife blieben die
Priefter dennoch bey der Opinion einiger Heilig-
keit, ob fie gleich ganz von dem rechten Grund
des Chriſtenthums gewichen waren; weil es den
Namen und Schein hatte, daß gleichmwol fo viel
in der Kirche und font zu thun waͤre, und fie ihre
Ehren, Einfünfte und Ergöglichkeiten nicht ums
fonft genöffen. Damit aber auch niemand, dem
noch die alte Einfalt und fehlechte Art des Gottes:
dienfts befannt war, dawider reden durfte, oder
ſich über das einfchleichende Heydenthum beſchwe⸗
ron; fo ſteckte man fich gleich anfangs hinter
Conitantinum Maanum, beredete ihn, als der
von dem wahren Chriſtenthum wenig wußte, mie
allerhand Scheinurfachen, daß er viel Geſetze
von dem aͤuſſerlichen Wefen des vermennten Got
tesdienftes ausgeben mußte, wie man fie noch Bin
und wieder findet. Demdenndie andern Kayſer
aud) Bierinne folgten, daß alfo die Leute aus Ab«
ficht auf dieſe Menfchengebote diefe und jene Zeit,
den und jenen Ort, die und jene Perfon vor hei«
lig, fonderbar und ehrwuͤrdig halten mußten, unges
acht der taufente bisweilen nicht wußte, warum
er es that.
7. Soweit hatten es nun ſchon zu Conſtantini
Zeiten die Biſchoͤffe gebracht, daß ihnen der ʒwang
und die Herrſchaft über die Gewiſſen in dem äufs
ferlichen Gottesdienſt gelungen war; und fie da:
durch muthig wurden, immer weiter um ſich zu
greifen, bis endlich der Antichrift alles einnahm,
und der Pabft mit unzähligen Ceremonien, Auf:
zuͤgen und Phantafeyen die Lateiniſche Kirche als
mit einer Fluch uͤberſchwemmete, wiewolesin der
Griechiſchen nicht beffer zugieng. Und war gewiß⸗
lich diefes am meiften zu bejammern, daf die
armen Menfchen durch ihre Verfuͤhrer pen dem
lebendigen Wort des wahren Gottes fo fchändlich
ab» und zu den dürftigen Saßungen geführet wur⸗
den. Alfo,dafi die beuchlerifchen Prediger auch heuch⸗
riſche Chriften machten, die des wahren einigen
sdienftes, wieer obenim Anfang des 2. Bus
mon bereits in den jüdifchen und Heydnifchen Vers ches beſchrieben worden,ganz vergaſſen. Alſo, daß die
’
Erırre MYyy yy ſo
©) Chryfoflomus hom.52.in Matth. f) Pœmen Abbas in Apophth. Pat, n. 117. ap. Corelerium Tom. I. Monum.
4 Gr.p.621. g) F.Spanhemins de Chriftian, Degen. p. 557:
Eh
& >
! ®
893
fo noch mit Ernft das Werk des HEren treiben
wollten, genug zu thun hatten, wenn fie die Her-
zen nur ein wenig zurechte bringen wollten, Au—
guftinus klagte zu feiner Zeit fehr fhmerzlich über
„die Saßungen, daß die Gemiffen fo fehr damit
gefangen gehalten würden, da er unfer andern
ſchrieb: “Es jammert mich gar zu fehr, daß
„man viel, was in der heiligen Schrift beilfamlich
„verordnet worden, fo wenig achtet, Kingegen
„alles mit eigenen Saßungen angefüller ift, Daß
„derjenige ſchaͤrfer geftrafet wird, der etwa eine
„Saßung übertrit, als der fein Herz mit Sau:
„fen befehwert„h). Und ein anderer zeiget ung
eben diefen fhrecklichen Greuel an, daß man
Huren und Buben, Freſſen und Saufen vor fei-
ne, oder doc) nicht vor eine fo groſſe Sünde ge-
halten babe, als die Uebertretüngen der Men-
fchenfagungen und Kirchengebraͤuche, die vonder
Elerifey nad) und nach erfunden worden. "Denn
37 Spricht er,) etliche Halten die Hurerey vor zuläßig,
„über den Sefttagen aber ftreiten fie als über Leib
„und geben, kehren alfo die Gebote GOttes um,
„und machen ihnen felbft Gefege, indem fie die
„Gebote der Apoftel a er und fich, felbit
„verführen,i), Daß aber folche Anftalten der
Minifteriorum von Hoffart und Heucheley Ker-
geruͤhret, zeiget ein anderer mit Diefen Worten:
„derjenige ift eiteler Ehre geizig, welcher Dieje-
„nigen Dinge, Die im Gefeße nicht geboten find,
„andern als nothwendig aufbürder, und gleichwol
„felber nicht fo viel hut, was er aber nicht kann,
„(nemlich das göttlidye Geſetz,) daſſelbe vor über-
Nuͤßig ausgibt k).
8. So befchwerlich aber, alsdergleichen Aufla-
gen dem Volk fonft fallen mochten, fo gerne gab
es ſich doch meiftens unter das oh, wann nur
der alte Adam in feinem eigenen Willen und Luͤ⸗
ften gelaffen, und zu Feiner rechtfchaffenen Toͤd⸗
tung getrieben wurde: Noch vielmehr da
die Einbildung des Verdienſtes bey- folchen
operibus operatis und äufferlichen Werfen dazu
kam, worauf eben die Berführer des Volks unter
dem Namen der Orthodoxie die Leute nachmals
wiefen. Denn fonft wäreignen ihre Anfchlag, über
das. Volk zu herrfchen, nicht fo wohl angegangen,
nod) die Anterlaffung ißrer wahren Pflicht, wann
fie nicht den Leuten verfprochen hätten , daß fie
alle diefe Aufferliche Dinge zu ihrem groffen Bor:
82. Dondem Aofau der Ehriften von der erften Lauterkeit.
ar”
ei
Pe
a
theil verrichten, und von fernerer Sorge des ine
nerven wahren Gottesdie renet ſeyn Fonnten.
Deswegen die Theologi von folchen erfundenen
Satzungen recht urtheilen: "Wenn die Ceremo⸗
„nien fo ofte wiederholet müffen werden, und
„die Kirchendiener daran gebunden find, fo ift
„das Herz feltendabey, und wäre befler, Bank J
„auf etwas anders zu wenden,). Allein, dieſes
ſchien denen nicht zutraͤglich zu ſeyn, welihe den
Grund ihres zeitlichen Wohlfenns darauf baueten;
vielmehr fahen fie dahin, tie fie noch mehr Ders
gleichen Strike denen Gewiſſen anlegen mochten, -
nachdem fie anmerkten, daß das unverftändige
Volk fich in den Aufferlichen Schein und Glanz
des vermeynten Öottesdienftes gleichfam verliebe:
te. Maſſen ſich auch bierinnen Die verderbte und
unveränderfe Natur mächtig hervor that, wie
man auc) an denen Heyden wahrnahm, welche
ifren ganzen Gortesdienft darein feßten, und
nachdem ihrer viel zum Chriſtenthum übertraten,
ſolche Meynung mie unter die Gemeinen brach-
ten. Daber geſchahe es, daß fie bey ihren Zu-
fanmenfünften aud) gerne eine. Majeftat und
Tracht Haben wollten, ihn aud) nach Gefallen et=
wa hier und dar einführeten, jedoch aus freyem
Willen, und ohne daß fie andere mitzumachen
angeftrenget hätten. In diefem Zuftand liefen
es auch die Kirchenvorfteher felbft, bis fie durch
den weltlichen Arm unterftüßet wurden, und
ganz andere Verfaffungen des Kirchenwefens er⸗
wählten. Da wußten fie denen Potentaten ihre
Meynungen fo feheinbar vorzutragen , daß die
Eeremenien durch feharfe Geſetze denen Gemei⸗
nen aufgedrungen wurden, Die bishero nach
Chriſtlicher Frenheit behalten waren. Wo es
mit weltlichen Mitteln nicht fort wollte, da nahm
man die Concilia zu Hülfe, deren Handlungen 7
und Schlüffe oder fogenannte Canones faft durch⸗
gaͤngig von nichts reden, als von Aufferlichen
Umſtaͤnden, Die wenig oder nichts zur Erbauung
gedienet haben. ——
9. Alſo wurde nun aus dem Gottesdienſt der
Chriſten endlich ein rechter Zuſammenfluß von
heydniſchen und juͤdiſchen Gebraͤuchen, theils aus
der jetzt gedachten Gelegenheit, theils auch aus
Nachlaͤßigkeit und verkehrten Abſichten der Bor-
ſteher. Dieſe mißbrauchten die Exempel —**
e
h) Epift.ıro. ad Januar. i) Soerazeslib.V.c.22. k) HieronymusinEpift. ad Gal.c.6. I) Ofrander ad can.7.
Concil. Tarracenenfis lib. IV. Cent. V.c. 13. Confer. deludaicis ethnieisque rebus inEccelefiam introdudlis Theo-
logi Gerhardus Loc. de Ecci.n.227. 230. Chernitius cxterique aduerf. Pontificios commentati, tum libro fin-
gulari Dan. Meierns de Papatu Rom. per Ethnie. impragnato etc,
Er.
nd
ftel Hierinnen , welche fich im Anfang des Evange:
" Mi nad) den Gewohnheiten der Juͤden den d
4 Schwachen zu gute bisweilen gerichtet hatten ,
aber eben damit angezeiget, daß denen andern
dergleicyen nicht frey fteben würde in die ſchon
Chriſtliche Gemeinen einzuführen, bey welchen
h dergleichen niche mehr noch, fondern vielmehr
ſchaͤdlich wäre. Deflen ungeachter bielten ihrer
* viel, auch fonftangefehene Männer, über folchen
Sagungen, darunter auch Auguſtinus einften
war, dem Sieronymus disfalls feharf twider-
ſprach, wenn er unter andern alfo an ihn fehriebe:
, „Du fpeihft, die jüdischen Ceremonien ſeyn
„dem nicht feyadlich „ der fie noch Halten will,
„wie er fie von feinen Vaͤtern empfangen Bat :
„Ich aber fage Dingegen frey, wenn gleich die
„ganze Welt darwider wäre: Die Ceremonien
„ber Juͤden find den Chriften ſchaͤdlich und toͤdt⸗
gli, und wer fie noch Hält, er ſey nun ein
„Jude oder ein Hyde, der fen in den Pful
»des Satans geworfen, m). Dem fen aber wie
| ihm wolle, fo wird dod) von den Theologis und
iftoricis mit Recht angemerfet, daß diefes eines
von den erften Berderben der Gemeinen geweſen,
da die falfchen Apoftel die jüdifchen Sasungen
denen Chriſten aufgedrungen. Welchem nach»
mals, die falfchen und heuchlerifchen Lehrer gefol⸗
ger, wenn fie die heydniſchen greulichften Gebraͤu⸗
che, zum Exempel dielleppigkeiten an den Sonn:
und Felttagen, Schaufpiele u. f. f. den Ihrigen
zugelaſſen; wie wir unten fehen werden n). In—
fonderheit gehöret hieher die Unterſuchung aus der
Antiquität, wie die Kirchendiener angefangen fich
in äufferlichem Habit anders als die übrigen Chri⸗
ften aufzufüßren, wenn nemlich und was Geftalt
fe Gewohnheit unter ihnen auffommen fen.
Sch rede aber hier durchaus nicht von denen, die
vor Alters oder noch jeßund nach überhand genom-
menem Gebraud) aus wichtigen Urſachen derglei-
chen noch mitmachen muͤſſen; fondern ich willnur
kuͤrzlich zeigen, was die Alten hiervon vor Nach:
richt Hinterlafien haben.
* 10. Zuförderft ift hoffentlich auffer allem Streit,
daß im Anfang des Evangelii, und weiterhin un⸗
ter den graufamen Verfolgungen die Schrer ganz
nicht anders gekleidet gewefen als die übrigen
* Epriften, welches auch unfere Scribenten gerne
*
DZ —
tius Felix Ochu. p. 377-
ER.
10. Cap. Von der verfallenen Lehrer Zeucheley, und deren Rennseichen ꝛc.
zugeben 0). Angeſehen Fein einiger Zußftapfen
*
899
Dagegen zu finden, wol aber Beweisthümer genug,
aß weder die Chriften insgemein anders als die
Heyden noch aud) ihre gehrer angerhan geweſen.
Der elende Zuftand der Ehriften insgemein ließ
damals Feine Veränderung, gefchtveige denn ein
Gepraͤnge in äufferlichen Dingen zu; fonderlic)
wenn wir betrachten, was oben im 2. Buch er»
wiefen worden, daß nemlicd) die Verfolger am al
fererften nach den Lehrern gegriffen , welche derges
ftalt leichelich würden zu Fennen gewefen ſeyn, wo⸗
ferne fie in einem andern Habit einher gegangen.
Es hätte auch Tertullianus noch im dritten Jahr:
hundert fich nicht vordem Nömifchen Kayſer felbit
darauf beruffen Eönnen, "daß die Chriften insges
„ſamt mit den Heyden einerley Kleidung bätten,,p),
Welches denn andere ungefcheuet gegen die Hey⸗
den wiederholten, und uns alfo auf einmal verfis
chern, daß Insgemein bis zu Ende der Berfols
gungen an Feine fonderliche und von andern uns
terfchiedene Kleidung gedacht worden. Denn mit
was vor Grund hätten die Ehriften in ihren Ber:
antwortungen denen Heyden vorbalten Fönnen,
daß fie, und fonderlichdie Philofopki unter inen,
„die Weisheit in ihrer Kleidung, nicht aber im
Gemuͤth fehen lieffen,, g)?_twie wir bald mit meh⸗
rerm vernehmen wollen. Es ift auch fonderlich,
was Chryſoſtomus von dem Märtyrer Babyla,
der zu Antiochla Auffeher war, angemerket bat,
ohne Zweifel zur Erinnerung bey dem fchon einge⸗
riffenen Mißbrauch, daß er nemlich wie andere
Chriſten insgemein gefleidet geweſen r)., , Wels
ches denn aud) fonft überhaupt alle Hiftorien der
erften Kirchen einmürhig befräftigen,
ır. Die eriten Ehriften fahen bey denen heydni⸗
fehen Gebräuchen gar wohl, daß die Goͤtzenprie⸗
ſter ſich eines folchen, Unterfäheides in Kleidung
von denen andern Leuten gebrauchten, theils id»
ven Ceremonien und Solennitäten, theils auch
ißren eigenen Perfonen ein Anfehen und Venera⸗
tion bey dem Voik zu machen. Dahero lieſet
man, daß die Priefter der Sonnen in Phoͤnieia
fange Roͤcke bis auf die Füfle getragen s). Daß
auch Numa der befannte Romifche König, feinen
Prieftern gewiſſe Art Kleider verordnet babe t),
welche denn dafelbft und bey andern Bölfern ges
meiniglich fehnseweis geweſen u)? Sonſten läßt
fich es insgemein obſerviren, daß diefe Priefter-
kleider der Heyden gemeiniglich fehr lang und
Eırrr2 Dyyyya weit
m) Epift.89.ad Augufin. Conf. Aurnffin. lib. XVIIIL. adu. Fauft. c. 17. et vid. Dannhauer. Chrifteid. p. 461. 467-
Spanhemius Introd. H. E. Sec. IVNV p. 105.114. n) Kremayerss Centur. IIII. Hi, Eccl. p. igt. 0) Vid. Dau.
Meierus Tranfenn. Theol. de Papa Ethnic.c.16. p) Apol. c. 42. Conf. Tu fkin«s Epiſt. ad Diognet. q) Minu-
j r) Hom. de Babyla. s) Herodianus lib. V. Hiſtor. t) Cicerellib, Il, de Leg.
14 ” u) Herodosus lib. II. Phölofrarns in Vita Apollonii aliique.
900
weit mit vielen Falten und weiten Ermeln gewe⸗
fen: Bismweilen waren ſolche Kleider bunt und
mit vielen Farben gezieret, wie etwa noch Beuti«
ges Tages die fogenannte Mefgewande feyn mö-
gen. Bon der ſchwarzen Farbe aber findet man
‚wenig in der Antiquiät, auch nicht nachdem der
Unterfcheid der Kleidung unter den Ehriften auf
Fommen iſt. Ohne daß ic) bey dem Hieronymo
ſolche heuchleriſche Leute befchrieben finde, welche
unter andern auch ſchwarze Mäntel getragen
Haben, die aber felbiger Mann unter die Renn-
zeichen des Teufels rechnet x), Bey dem Au⸗
auftino ftehet ein Ort, darinnen gedacht wird,
wie die Rirchendiener damals Tange und weite
Roͤcke getragen, aber um den $eib mit einem
Gürtel geguͤrtet: Daraus die Gelehrten, fon-
derlich die Papiften ſchlieſſen, daß dergleichen
lange Röce ſchon damals im Brauch gewefen,
welches zwar von fo fpäten Zeiten nicht geleugnet
wird y). Diefes weiß man zum menigften ge⸗
wiß, — die erſten Lehrer in geringem und elen⸗
dem Habit einhergegangen, weil fie, wie man
noch hernach davon fhreibet, aus dem Mund des
Sr geböret hatten, daß Die, fo in weichen
leidern giengen, inder Könige Käufern waͤ—
ten 2). Und wenn man einem uralten Scris
benten glauben will, fo Bar Petrus einsmals
zu einem andern alfo geredet : „Ich habe nur
wdiefes Kleid , das du ficheft , den Rock famt
dem Mantel, darüber begehre ich nichts, ich,
„habe daran genug, weil mein Herz nicht auf
„Ddiefes Gegenwärtige, fondern auf das, mas
„ewig ift 3 ſiehet a).
12. Daß wir aber hier der heydniſchen Gewohn⸗
heit in der fonderbaren Kleidung der_Priefter-
fchaft gedenken, machet die Bekenntniß der Ge⸗
iehrten, welche fonderlich hierinnen eine Gleich⸗
heit mit jenen erkennen, daß die Ehriften hierin⸗
ne dem heydnifchen Aberglauben gefolget haben b),
Nicht weniger aber wird zugegeben, wie das mei-
fe hierbey, fonderlich im Pabftthum, von den
Süden herruͤhre, und alfo folglich mit Unrecht
Aus dem Alten ins Neue Teftament überbracht
ſey c). Wiewol auch nod) ungewiß iſt, ob je⸗
mals die jüdifchen Prieſter auſſer dem oͤffentli—
chen Gortesdienft anders gefleider gegangen, als H
die andern Leute: angeſehen hiervon die Gelehr—
x) Epift. ad Euſtoch. obferuanfe quoque Arndio Lex.
dun. voc. Clerus. 2) Syn. Nicen.
dı Vid. Seldenus f ;
JIIl.c. 2. f) Hieronymus Cat, Ser. Eccl. in Aritt.
8.3. Don dem Abfaut der Chriſten von der erften Lauterkeit.
II. c. 16. et ap. Gratianum c. omnis 21. q. 4. a) Auctor Recognit. Clement.
tib. VIL p. 106. b) Io. Steph. Durandus üb. IL Rit. Eccl. c. 9. ©) Polyd. Virgilinslib. ILIL.de Inu. Rer. e. 7.
lib.II. de Succefl. inPontif. .e. 7. et lib. III. de Synedr, Vet. Ebr. c. ı1.n. 3. €) Eufebins lib.
ten nichts fo ganz gewifles behaupten Fönnen d
Diefes aber bleibet ein vor-allemal fefte, daß in
den erften Zeiten niemand an einen Unterfcheid_
der Kleidung gedacht habe. Zwar will der Here
Cave im 2. Th. Cap. 3. p. 415, zum wenigſten
von Tertulliano vorgeben, als ob er Damals erft
feinen vorigen Habit geändert und den Mantel
umgenommen habe, da er zu Carthago Aeltefter
worden. Aleine,es läßt ſich aus Tertullianf
Worten nicht das geringfte erzwingen, und die —
verfaͤlſchten, Worte, Sacerdos habitus, beweiſen
die Sache noch nicht , fondern beftehen auf Mur 4
maflung und dem Glauben eines alten noch. n
recht collationirten und emendirten Eremplars,
geben auch in dem Context einen rechten Vers
ftand und Eonftruction. DerheiligeHabit aber,
deffen diefer Seribente gedenket, ift nichts anders
geweſen, als derjenige, weldyen damals die Aſce⸗
ten oder fogenannten genauere Chriften zu fragen
pflegten, deffen er felbit gedenfet. Wie aber num.
Diefe Leute nicht alle durchgehende an der Gemei⸗
ne dieneten, fo maren auch Hingegen die Kirchen⸗
diener nicht alle folche Afceten, und dahero fru:
gen fie auch nicht alle dergleichen aſcetiſchen Habit.
Wir haben an Juſtino, dem Märtyrer, ein merk:
liches Erempel, wie damals die Lehrer one afe
fectivten Unterfcheid und Vorzug in Kleidung ge⸗
gangen find. Denn von dieſem ftehet ausdrüde
lich, daß er nad) feiner Bekehrung noch immer« -⸗
fort in feinem philoſophiſchen Habit geblieben,
und das göttliche Wort geprediget e). (Ev Or
— aynnarı meeofeunv rev Yelov Aoyov.)
Wie aud) von einem andern gemwefenen Philoſo⸗
pho, Ariftide, “Daß er auch in feinem alten Habie
„verblieben fey, fl, Welches denn von denen
andern nicht weniger eintrift, indem: fonderlich
die Gelehrten nad) und nad) zu den Kirchenaͤm⸗
tern gezogen wurden.
13. In folcher Einfalt find nun die erften Leh⸗
ver verblieben , fo lange ißnen Fein Aufferlicher:
Ueberfluß zum Pracht und Schein Anlaß gabs:
So bald aber als unter Conftantino dieſer Orden
in den übrigen Dingen ihm mehr heraus zu Bo
men anfieng, wurde aud) die gefuchte Herrſchaft,
Ehre und Hoheit der Elerifey durch den äufferlichen
abit angezeiget. Und diefes will auch Herr Cave
faft nicht leugnen, ob er wol nurdie Veränderung
der
R;
y) Vid. Index in Auguſtinum Edit. Lug-
Ant. S. p. 631.
...
der alfı alt zugeftehet, da er fihreibet: “Das
— ſo bald als Ueberfiuß und Vollauf
Aanfieng in der Kirche auſzukommen / ſo wurde dieſer
„ehrbare und einfältige Habit bey ſeite geleget, und
„Fleidete ſich die Geiftlichfeit weit reicher und Foft-
„barer als zuvor, p. 418. Worinnen denn die
Berftändigen insgemein beypflichten, nachdem
es auch alle Umftände der Hiftorien von felbft anzei-
en, wenn fie genau zufammen gehalten werden 2).
araus denn ferner eben dieſe äufferliche Veraͤn⸗
derung von ihnen als ein Kennzeichen der verlor»
nen erften Einfalt, Demuth und Aufrichtigkeit
angefehen wird. Da man zuvor nichts von ber-
gleichen Ruhmraͤtigkeit wegen des äufferlichen
Habits an ben Lehrern vernahm, hörte man nun⸗
mehro defto mehr Ruͤhmens von folchen nichtigen
- Eitelfeiten, wenn zum Erempel Eufebius in einer
gehaltenen Rede die Geiftlichfeit alfo anredet:
IIhr Freunde GOttes und Priefter, die ihr mit
- „denbeiligenlangen Rock und der Krone der himm⸗
„lifchen Ehre, mit der göttlichen Salbe, ja mit
„dem priefterlichen Rock des Heil. Geiftes gezie-
„tet fend,, b). And freylich hatten diefe Leute das
nrals,nach ihrer Meynung,viel von ſolchem Schein⸗
wefen zu ruͤhmen, weil es ihnen begunte an demins
nerlichen Schmuck zu mangeln, da ihre fromme
und demuͤthige Vorfahren mit dem verborgenen
Menſchen des Herzens gezieret, und hingegen von
denen hernach herrſchenden Laſtern befreyet waren.
Es geben es alle Erzehlungen, und ſonderlich die
Lobrede dieſes Eufebit , daß man damals in allen
Stuͤcken einen jüdifchen prächtigen Gottesdienſt
anrichten, und aus dem guten Kanfer einen Sa—
lomonem, aus den Predigern aber Driefter und
Leviten wider die Natur des neuen Bundes, ma=
chen wollen. Darum ließ fich auch Conftantinus
durch den aufferlichen Schein leicjt bewegen, daß
er Geld genug bergab, nur damit alles indem ver:
meynten Heiligehum glängen und ſchimmern möch:
te Sch will nicht gedenken, was man von dem
- KRömiichen Bifchof Sylveftro vorgibt, daß ihm
dieſer Kayſer foll eine guͤldene Krone mit Edelge:
feinen verfeßer geneben haben: Das ijt aber ge-
wiß, daß er dem Bifchof ———— Macario,
‚ein fonderbar langes Kleid (sorry ‚ f mit Gold
und fonft * praͤchtig gezieret, verehret, welches
er anzichen ſollte, wenn er die Taufe verrichtete i),
Aus welchen Urfunden die Sache Flar genug iſt.
in er -
*
j
nu
9
Marifconenfel.c.5.
PConcil. Gangrenfe e f7.
1 *
10. Cap. Don der verfallenen Lehrer Seucheley, und deren Renngeichen x.
14. Nachdem aber diefes alfo einmal aufgekom⸗
—
men, und durch die Gewohnheit zum Geſetz worden
war, befeſtigte man ſie nach der Zeit gar duͤrch eige⸗
ne Geſetze, damit ſich hinfuͤro niemand unterſte—
hen moͤchte die Sache in Zweifel zu ziehen. Und
darinnen waren ſonderlich nach ihrer Gewohnheit
die Concilia geſchaͤftig, wie ſie ſonſt uͤber ſolchen
Satzungen mehr als uͤber GOttes Wort hielten.
Da ward ernftlich befohlen, „daß die Cleriſey ja
„nicht andere Kleider oder Schuhe tragen follte,
„als welche ihrem Beiligen Stand zufämen,, k),
Und denen geringften Kirchendienern , derglei-
chen die Leſer waren, wurde auferleget, “Daß
„ſe nicht in weltlichem Habit fingen Alten, I).
Ja, man findet unter andern auch diefe wunderli-
de Sagung: “Es foll fein Geiftlicher weltliche
„Kleider oder Schuhe tragen, widrigenfalls foll
„er dreyſig Tage lang eingefperret und mit Waſſer
„und DBrodgefpeifet werden,, m). Auch ftehet une
ter den Klagen, welche von der griechifchen Kirche
über die lateinifche geführet werden, folgende: “hs
„re Geiftlichen und Mönche tragen vor Weichlich«
„eeit und Hoffart Alletagskleider ‚wie die Lahen;
„Man fann auch nicht aus dem Anfeßen unterfcheie
„den, wer bey ihnen geheiliget fen oder nicht,, w).
Wer nun die Bierunter ſteckende geoffe Heucheley
und Einbildung anmerken und ftrafen wollte,
fam gewißlich bey den Lebhabern derfelben übel
an, und gelangte ſchwerlich zu dergleichen worgee
gebener Ehre. Es iſt etlichemal von Euſtathio,
dem Bifchof zu Sebaſtia, erwehnet worden, wie
ihm in dem meiften mag Unrecht gefchehen feyn.
Die Hiftorici feßen ausdruͤcklich, “daß er deswe⸗
„gen von dem Synodo zu Cäfarien abgefeßer wor⸗
„den, weil er einen Rock getragen, der ſich nicht
„geziemet habe, 0). Da denn zualeic) erzehlet
wird, daß er einen philoſophiſchen Zabit ges
fragen, dergleichen dennoch vor diefem die vor⸗
nehmften Lehrer nad) obigem Bericht auch gehabt.
Nichts defto weniger wurde diefer Mann von ſei⸗
nem leiblichen Vater deswegen. verfolget, und
um der einzigen Urfache willen vom Amte geftofe
fen; ja, welches ſchrecklich ift, noch darzu deswe⸗
gen verdammt und verflucht. Denn man mad)-
te auf dem Concilio zu Gangris diefen Schluß
wider ihn und feine Freunde: Wenn ein Mann
„um vorgegebener Hebung der Gottſeligkeit wile
en einen Mantel brauche, und, als wenn ex
darinnen die Gerechtigkeit foßete, Diejenigen vers
‚achtet, welche andere gemeine Kleidung brau—
schen, der fey verflucher p).
15. Aus
S g) Bear. Rhenanus Argum. ad Tertullian. de Pall. h)Lib.X.HLE.c.4. i) Theodorir.lib, II. c. 27. k)Concil.Aga-
thenfe.c.20. et Grarian. c.22. 9. 4.0.2. Leo IIII. in Syn, Rom. c. 12. ete. 1) Concil, Bracarenfel.c,29. m) Cone,
n) Cap. 46. ap Corelerium Mon. Ecel. Gr. Tom. III. p 504. 0) Socrates lib. Il. c. 43.
906
15. Aus folchen Proceffen iſt Kandareiflich zu
fehen, wie fehr fchon Damals dergleichen Dpiz
nion überhand genommen habe. Und wiewol
felbige fo gar tier ſchon eingewurzelt war , vede=
fen doch redliche Männer oft frey wider die un-
ger dent geiftlihen Habit verſteckte Heucheley.
Wenn fie zum Erempel diefes befenneren: “Du
„olaubeft GOTT nicht, deflen Belohnungen
„Du niche verlangeft , und deffen Zorn du nicht
„fheueft : ob. du gleich Die Gottſeligkeit mit der
„Kleidung vorgibit , und den Glauben mit
„den Gürtel befräftigeft, und dich als heilig
„mit dem Mantel fügenhaftig anftelleft. Wenn
„einer gleich den Habit des heiligen Drdens an⸗
„teget, und den Titel des Gottesdienfts gleich:
„ram Darauf ſchreibet, fo ift er doch nicht glaͤu⸗
„dig 9). _ Der Teufel ſiehet, daß er weder
„mit offenbaren Trübfalen noch mit Ketzereyen
„fortfommen kann: Darum ſchickt er fal-
„Ihe Brüder aus, die unter dem Habit der
„Geiftlichfeit die Natur des ſchwarzen und vos
„chen Pferdes haben, indem fie den Glauben
„verkehren r), Die Priefter des HEren be-
„feißigen ſich viel mehr auf einen aberglaubi-
ſchen Gottesdienſt, als auf die Reinigkeit des
„Herzens oder des Ölaubens. Denn fie ha-
„ben lange Mäntel um, wie die griechifchen
Moͤnche, und meynen , fie wollen die heili-
„ge Schrift nicht durch den Geift , fondern
„ourc den Buchſtaben erfüllen. Wir muͤſſen
„uns von dem gemeinen Volk unterfcheiden
durch die Lehre und nicht durd) die Kleider,
durch den Wandel und nicht durch den Habit,
„durch die Reinigkeit des Herzens, nicht durch
„das Aeuſſerliche. Denn man muß die Leute
„unterrichten , und nicht vor Narren halten ;
icht ihre Augen betrügen, fondern ifren Her-
„zen die Lehre einflöflen s). Aber da werden
„etliche Pfarrer, daß fie Rabbi und Herr, ge-
„nennet werden. Denn in ihrem einfaltigen
„Stand hatten fie Feine Neputation-nod) Res
Iſpect, wenn fie aber Priefter werden, Da ge-
„ben fie mit aufgerectem Hals, tragen lange
„Kleider , und fordern die Ehre von den Men-
Fchen als eine Schuld. Und dieſes find die
„Baalspfaffen t). Man ſiehet, wie die eu
„te, wenn fie mur ein wenig Geld Haben , ale-
„bald zu Kirchenämtern eilen, und fich gleid)
„eine Heiligkeit darauf einbilden, wenn fie nur
8.5. Don dem Abfall der Ehriften von der erften Lauterkeit.
\
„bet unverändert u),
16. Mit welchen Befchreibungen der Alten
die Neuern völlig übereinftimmen, Darunter ic)
nur etliche bewährte Scribenten nennen will.
„Die vornehmſten Theologi find meiftens nur
„nach dem Mantel und Bart Poiofepet:
„Man fiehet bey ihnen den Mantel und Bart
„eher, als den Mann , Theologum oder Phi
„loſoppum. Sie find ferne von der That, na=
„be bey den Worten : Die Gotefeligkeit iſt ih⸗
„nen nur ein Gewerbe und gewinnfüchtige Kunſt,
„die fie um Ehre und Geldes willen üben, wie
„der Schufter deswegen Schuhe machet und
„verfaufet. Sie fuchen nicht was Chriſti IE⸗
Fſu iſt, fondern das Ihrige, und pralen nur
„bey dem gemeinen Mann mit ihrer Kunſt und
Schwahzhaftigkeit. Dieſe heiſſen billiger Sper-
„mologi oder Lotterbuben, als Theologi und
Gottesgelehrte; denn fie haben nicht geler—
Inet, empfunden oder erfahren, was Chris
„ftus, Glaube, Heiliger Geift, oder Wort
GoOttes in den armen und zerfnirfchten Her
„zen ſey x). Unter diefen langen Roͤcken ftes
„ten bisweilen die verzmeifelteften Gemuͤther,
„die voller unleidlihes Hochmuths, feuriges
»Zorns , giftigen Neids, unverföhnlichen Haf
„es und Aufferfter Nachgier find y), Es fehs
„tet nicht viel, daß nicht Heutiges Tages mehr
„sehrer in dee Kirchen ſeyn wollen als Lernende.
„Da eilen fie unbereitet auf die Kanzel, ziee
„sen oßne vorher erlernte Sprachen und Wiffen-
„Ichaften den geiftlichen Habit an, nicht anders
„als jener leibeigene Knecht den philofophifchen
„Dart 2). Man bedenfe nun, mas das vor
„groſſe Gefahr fey, wenn ohne Unterfcheid die
„jungften Leute auf den Predigtftul gelaſſen
„werden, die bisweilen von Natur Halb när-
„rifch find, Feine Erfahrung noch Verſtand
„haben , weder menfchlich noch goͤttlich gelehrt,
„bisweilen voll gefreflen und voll aefoffen z wie
„man oft ſiehet. Und wenn gleicy Die Schwel-
„gerey ferne von ihnen wäre, fo bringen fie
„voch fonft nichts zum Predigen mit, als
„einen geiftlichen Rock und eine unverſchaͤmte
„Stien a), er
„die Kieider verwechſelt Haben, das Herz blei⸗
17. Dergeftalt reden die Verftändigen von dem
u ; j J ver⸗
+
q) Saluianus lib. III. de Auarit. p. 155. r) Strabus Comm. in Apocal. ce. VIIII. s) Celeflinus Epife. Rom.
Epift. ap. Audtorem Catal. Teſt. Verit. p. 68. et 180. €) Hieronymus Epilt. 84- ap. eundem p. 82. u) Bern-
hardus hom. 4- in illud: Miffus et. x) Mich. Neander præf. ad Cat. Grxe. y) Ziegler. de Diacon; c. XV.
n.20. z) 1.C. Dietericas Antiqu. N- T. P. II. p. 237. a) Erafmus Ecclefiaft, lib. I. p. 9.
-
* en derer falfchen Prophe⸗
gt cn, dem. hafsfleidern zu den armen Gemei⸗
J nen unter dem Schein eines rechtmäßigen Be—
rufſs Fommen, und doch innwendig reiffende
Wölfe find, und deren Früchte ſolche Ausfprü-
che verdienen. Unter den Heyden felbft ward die
Berftellung unter den Kleidern als ein Zeichen
der (handlichen Heucheley, Falſchheit und Trü:
gerey angefehen , ht nie fie von ihren ver
meynten Weifen und $eßrern wohl gewohnet wa⸗
ven. Es ift befannt, wie diefe fonderlicy unter
dem philoſophiſchen Habit die Leute betrogen haben,
alſo, daß faft ein Spruͤchwort daher eneitan:
denb). Die Chriſtlichen Scribenten willens
auch ihnen in den erften Zeiten wohlaufzurücken ,
weil fie eben unter einem fonderlichen Habit, der
ein Kennzeichen der Tugend und Weisheit feyn
follte, die Argfte Bosheit und Betruͤgerey vor:
nahmen, dabey aber doc) ungeftraft und vor
rechtfchaffene Lehrer wollten angefeben ſeyn Drum
bieffe es bey den Alten: “Es ift eine alte Ge
„wohnheit, unter dem Mantel die Heiligkeit vor-
„geben, c). Davon aud) jener eiferige Mann
zeugete, er Babe ihrer viel gefehen , welche,
„wenn fie der Welt abgeſaget hätten, fey es nur
„mit den Kleidern und Worten gefcheben, nicht
„aber in der That, und habe man feine Veraͤn—
„derung des Lebens an ihnen gemerfet,,d). Des-
wegen er auch einem andern den Kath aibt, “er
nfolle ja nicht, wenn er ins Amt fomme, einen
„langen Rock umbängen und ausbreiten, und
> „wider fein Gemiflen aus pbarifäifchem Ehrgeiz
„fich damit belegen. Denn es fen befler, daß er
„dieſes nicht am Leibe, fondern im Herzen trüge,
„und daß man GOtt, nicht aber das Anfehen der
„Menſchen zum Freunde habee).
18. Esift demnach überhaupt aus Kirchen- und
Profanferibenten längft von vielen angemerfet
“ worden, daß die Menfchen gemeiniglich bey dem
äufferlichen Apparatu und Schein der inwendigen
Reinigkeit vergeflen, und von ihrer natürlichen
Thorheit auf die Einbildung geführet worden, als
ob nun alles damit ausgerichtet fen, was fo ſchein⸗
bar in die Augen falle, oder fonft die Aufferlichen
\ Sinne bewegen und einnehmen koͤnne. Da
di»
Hit, Ecel. p, 447.
F 2* P- 447
m
10. Cap. Don der verfallenen Lehrer Heuchelep, und deren Rennseichen ıc.
qu
auch das unverſtaͤndige gemeine Volk hiebey groſ⸗
ſe Augen machte, und deſto mehr Ehrerbietung
und Scheu erwieſe, wenn die Weltweiſen in ih⸗
ren philofophifchen Mänteln, die Gögenpriefter in
ihren langen Talaren, und unter dem verderbten
Epriftenthum die $ehrer in denen neu erfundenen
Prieſterroͤcken aufjogen; wurde über dergleichen
Drnat defto eiferiger gehalten. Und je mehr der
Aberglaube, Hochmuth und anderer Verderb bey
der Cleriſey anwuchs, je mehr nahm aud) dis
alles in dem Aufferlichen Drnat zu. Dahero auch
die Zeugniffe der Verftändigen, fo davon dann
und wann abgelegetwurden, fait umfonft waren,
obgleich) die darunter ſteckende Guperftition
deutlich genug vor Augen geleget ward. Denn
da fchrieben einige ausdruͤcklich: “Ein gemeiner
„Ehrifte dürfte wegen des ayenhabits fich nicht bes
„eümmern, dann bey GOtt fen Fein Anſehen der
„Perfon. Denen Layen, die Gottes Gebot hal⸗
„ten, ftehet der Himmel eben ſowol offen, als
„den Geiftlichen, und dieeinen beiligen Habit ans
„baben,„s). Wovon auch ferner unter Dem
Pabſtthum die Zeugen der Wahrbeit öffentlich
befannten, daß die priefterlichen Kleider und an—
derer Zierat nichts nüge wären: Die aber von
den blinden $euten mie Sprüchen aus dem Alten
Teſtament vergeblich widerleget wurbeng).
19. Wie aber die Mönche ſich fonderlich zum
geiftlichen Orden mit rechneten, alfo aufferte fich
unter ihnen die Heucheley und eingebildete Neis
ligfeit bey der Kleidung hauptſaͤchlich: Wobey
ich mic) nicht aufhalten will, nachdem die Thor-
beit oßnedem ſchon jedermann offenbar ift. Sie
battens bey den Leuten insgemein fü weit gebracht,
daß fie eben aus folchen affectirten Kleidungen
alsbald vor heilig gehalten wurden. Daher
auch fo garin weltlichen Gefegen bey Strafe der
Sandesverweifung und anderer $eibesftrafe vers
boten wurde, daß fein anderer einen Mönchss
babit tragen füllte n). Wiewol zu vermuthen ift,
daß gleichwol noch viel aufrichtige Herzen dare
unter gewefen‘, welche aus Verlangen ihrem
Go0tt unverbindert zu dienen fich in diefe Lebens⸗
art eingelaffen, und nad) eingeführter Gewohns
beit dergleichen fonderlihe Drdensfleider mie
andern
b) Vid. vel Zucianus in Timone p. 137. fegg. et Dial. Diog. cum Poll. p. 262. it. in ävafdı. d. 407. Seheca ep,
5. Symmachus lib. II. ep. 61. Epidletus lib. IV. Difl. c. 8. Geilins lib. IX. c.2. XII. e. 22. aliigire plures. ce) Sal-
nianus lib. IV. de Gub. Dei. d) Hieronymus Epift.4.adRufic. e) ibid.ep.2.ad Nepot.
de Salutar. Docum. e. 38. 8) Waldenfes inprimisin Caralı Tefl. Verit. p. 733. 745. Conf. Kromayerus Cent. XV-
h) Iufinianus Nouellac.35. 44. Conf, Noxella V.e: 2. et ibi in Notis Dion, Gothv-
f) Audtor lıb»
912
andern getragen. Indeſſen erinnerten die Ders
ftändigen mit jenem befannten Seribenten: “Ein
„ſolch ſchlecht Kleid (mie es damalsdie Einfamen
„von Kogen und Madrazen trugen,) iſt deswegen
„nicht zu achten, weil es bey allen gar zu Fennt»
„lich ift, und nicht allein dem Geifte Feinen Nur
„gen ſchaffet, fondern aud) wol einen eiteln Hoch⸗
„much erwecken Fannn„i). Wie ebenfalls Augu⸗
ftinus felber zu feiner Zeit die Einſamlebenden
erinnerte: *Traget Eeinen folchen Habit, daran
„man euch vor andern Fennen Fönnte: Verlanget
„richt den Leuten mit Kleidern zu gefallen, fon:
„dern mit der Gottfeligfeit,,k). Und anderswo
Elaget er über die verkehrten Leute, welche nad)
Art der Pharifaer ihre Saͤume und Denfzettel
„breit zu machen pflesten,„). Eben wie Hiero-
npmus auf die jungen Kirchendiener ungehalten
ift, welche gefraufte Haare frügen,, und in
„Kleidern ftolzieten, nicht aber im Leben gezieret
„wären„m). Insgemein wollte den rechtſchaffe⸗
nen Männern ein affectirter Habit nicht gefallen,
da EHriftus und die Apoftelfelbit hierinne nichts
neues oder fonderliches gemachet, fondern mie Die
andern $eute mit gemeinen und fchlechten Klei-
bern zufrieden geweſen. ja, es ſey vielmehr der
ſchreckliche Ausſpruch wohl zu bedenken ausZephan.
1, 8. “Am Tage des Schlachtopfers des HErrn
will ich heimſuchen alle, die ein fremd Kleid tra-
en n).
ee: Ob endlich infonderheif bey Verrichtung
des Gortesdienftes von denen Dienern nad) der
Zeit fonderliche Kleider gebraucher worden , laͤſſet
i) Casfanus lib.I.Inftit. Mon. c.3. k)EEpift. 109. I) Lib.de Oper. Mon c. 28. m)Epift.2.adNepot. n)Vid. Meierus, —
"Le. 0) Vid. Censwriar, Magdeb, Cent. V.c.VI.p.363. p) Epift.eitributa p.3g.) q) Damafus apud Baro-
nium A.CCLX. n. 5.
5 8 3. Von dem Abfall der Chriſten von der erften Lauterkeit.
fich faßt von den erſten vierfundere Jahren nicht
ſchlieſſen. Denn obgleich bey dem —
Verfall gemeiniglich ſonderbarer Ornat von den
Kirchendienern angenommen ward, fo finde⸗
man doc) nicht, daß fie bey öffentlicher Admini- -
ftration anders als ſonſt erfehienen wären: Wels
ches denn billig von den Gelehrten als eine
nichtswürdige oder unnöthige Sache angefehen
wird 0). Denn was von den Papiften zum Bes
huf ihrer aberglaubifchen Meßgewande und ande
rer Zieraten denen alten Ehrijten iſt angedichtet
worden , verrath ſich alsbald durch die abges
ſchmackte Gedichte felber. zn Er empel, wenn
Unacletus, ein Römifcher Bifchof, fchon in den
erften Zeiten foll andefohlen haben, "daßder Bi⸗
„hof an hohen Fefttagen feine Diaconos, Sub»
„diaconos und andere Diener bay fich haben muͤß⸗
„te, die vornen und hinten mit heiligen Kleidern
„angerhan feyn follten,, u. f. fr p). Ingleichen,
wenn ein anderer, Stepbanus, foll verordnet ha⸗
ben, “daß die Priefter und Leviten nicht alle Tage
„die heilige Kleider anziehen follten, fondern nur
„inder Kirche, q). Und was dergleichenneu ers
fonnene Gefege mehr find, die fid) Die guten Alten
wider ihren Danf und Willen aufbürden laffen 7
müffen. Ich uͤbergehe diefe und andere faft uns
zäblige Denfmahle der groben Heucheley und of⸗
fenbaren Berftellungen, die man an der verfallenen
Elerifey wahrnehmen kann; und weiß, daß eine
unparteyifcher tefer ausdiefen wenigen Probendas
übrige von ſelbſt leichtlich wird entſcheiden koͤnnen.
be en en ee
913
’ Reit, angemaßter
— — ee
Das u. Sapitel,
Bon der verfallen Prediger Erhebung über die Obrig
reyheit, von dem Gehorſam gegen diefelbe
und dabey gebrauchten Schmeichelegen und
Raͤnken.
Summarien.
er verkehtten Wrediger Pk die Herrſchaft an ſich gu bringen. 6.1. Go bald Conſtantinus aufieng die Cleriſey arof
zu ınachen , nerietb fie auf ebracisige Gedanken; 2. der Cleriſey wird ein Einnang zur weltlichen Herrſchaft ver
. Rattet; 5. der Biſchoͤffe Erfindungen ihre Herrfchaft zu beiweifen, 4. machen öffentliche Geiege davon, s. vermehren
andern, fich
sur Obrigkeit zu wenden; Clerifen fucht die Beirenung yon meniehlicben Gerichten : 6. Schluß des Coneilii
au Conftantinopel. Rechtmaͤßige Klage wider gottlofe Pchrer nicht unrecht. 7. Kigchendienern wird verboten einander
nicht vor dem weltlichen Gerichten zu belangen 8- wider den Grund des Ehriftentbums. 9. Seltſam Vorgehen der Par
piften: 10. Der Elerijen aͤuſſerſte Schmeichelen um der Ehre willen: tı. eines Römiſchen Biſchofs Klagen darüber: Gas
ferenen der Weltleute ſtehen einem Prediger garſtig am 12. Verkehrte Abfichten ſich zu infinuiren durch Anbiefung des
Gebets, der Oberſtelle in der Kirchen gegen Verehrung. 13. Kircbendiener finden fich bey Hofe fleißig. ein, 14.
fich gar zu Räthen beſtellen an Höfen , ift (handlich auch vor der Vernunft,
1 laſſen
15. legen denen groſſen Herren alle erſinnliche
Pokjprüche ben; 16- Chry ſoſto mus mußihre Bosbeit erfahren: 17. Welche noch die heſten fen wollen , ſchweigen ſtill bey all:
gemeinen Sünden s 18; Diefe Schmeicheley der Prediger ein unfeliger Brunn alles Verderbs inder Chriſtenheit. 19.
*
Zisher iſt ung einiger maſſen offenbar
worden, wie die verfallene Cleriſey zu Un:
terftüßung und Ausführung ihrer bof:
färtigen Anfchläge die weltliche Obrigkeit meifter:
lich anzulocken oder gu brauchen gewußt, da fte
“ unter dem Scheindes wahren Gottesdienftes mit
Verſprechung zeitlicher und erwiger Seligkeit die-
ſelbe zu ihrem Gefallen und Dienften gehabt,
Nunmehro weifen uns auch die Hiftorien, wie
man nach und nad) dahin getrachtet, und endlich
die Sache fo weit gebracht, daß der Hochmuth
und die Begierde zur Herrfchaft völlig ausge-
brochen. Zwar wußte es die menfchliche Liſt ſehr
vortheilhaftig und unvermerfe anzufangen, da-
mit die Potentaten ganz ficher blieben, und fich
nichts weniger von dieſen vermennten heiligen
euten traͤumen lieſſen, als einen Eingrif in ih—
te weltliche Jurisdiction. Denn, fo bald Con:
Be fid) gegen die Biſchoͤffe geneigt und
engebig erwieſen, wußten fie fich nicht tief ges
niug vor ihm zu en, und ihn bingegen 1
innerlich, und äufferlich zu erhöhen. Welches
bernachauch bey denen folgenden Kanfern gefcha-
be, jedoch fo weit es das. Intereſſe der Elerifey
etwan nach diefen oder jenen Umſtaͤnden zulaflen
wollte. Was darneben von Freyheiten, reichen
Einkünften, Rechten und anderen Vorteilen
geſuchet wurde, das wußte man mitdem Schein
§. 1.
der groͤßten Devotion und Unterthaͤnigkeit von
groſſen Herren auszubitten, nicht ohne ſeheinba⸗
re Remoͤnſtration der hoͤchſten Mochdurft, Bil—
ligkeit und der folgenden Vergeltung u. ſ. w.
Wiewol dieſes Die geringſten Mittel waren, das
durch fic) der geiftliche Stand empor und endlich
über die hoͤchſten Häupter in der Welt geſchwun—⸗
gen hat: Geſtalt wir jeßund die befannteften Ar:
ten erfennen werden, fo viel uns noch die alten
Schriften an die Hand geben, wie liftig es hier-
innen zugegangen, und wie gefäßrlich zuleßt die
Sache vor die Obrigkeit abgelaufen fey.
2. Ehe noch die weltliche Macht und Pracht
in die Chriſtenheit einriffe, haben die Chriftlichen
Lehrer ſowol, als die andern, der Obrigfeit ihren
Gehorfam willigit erwieſen, viel weniger die ges
ringſte welcliche Yurisdiction oder Hevrfchaft ges
het oder gebraucher. So bald aber als Con-
ntinus anfieng die Elerifen groß zu machen, ge:
riethe dieſe auf ehrgeizige Gedanken, undfieng
ansich allmaͤhlich der Bormäßigfeit der Oberen
zu entziehen. Zwar nimmt der Hr. Cave die
Anftalt diefes Kayfers für eine fonderbare Wohl:
that an, indem er diefes zum Zweck der ihnen ges
gebenen Macht in bürgerlichen Sachen feget,
Daß ſie von Verachtung des unverftändigen und
„unbändigen Pöbels befreyet würden,, p. 264.
SITE) Wo⸗
914
Wodurd) er denn entweder das Ehriftiiche Volk
oder dashendnifche verſtehet; Jenes, wo es recht⸗
ſchaffen geweſen, iſt in GOttes Augen viel zu
theuer geweſen, als daß es ein unbaͤndiger und
unverſtaͤndiger Poͤbel Denen folfte, wie es in der
deutſchen Ueberß tzung heiffer, davon ic) In der hol⸗
laͤndiſchen nichts finde. Es wuͤrde auch ohne—
dem das Predigtamt vor aller Verachtung ſicher
blieben ſeyn, wenn die Gemeinen zur wahren
Furcht GOltes gründlich angewieſen worden.
Es ſcheinet aber der Hr. Autor vielmehr die Gott⸗
lofen und Heyden zu verftehen, wider melche
ewißlich diefes eine gefährliche Art des Schu:
es war, daß Lie Bifchöffe ſich durch weltliche
Gewalt und Macht feſte fegen wollten. Denn
die Heyden wußtengar wohl, weflen fic die vori-
gen Ehriften gerühmet hatten, daß fie nemlic)
Schmaͤch und Verachtung gerne litten, und nim-
mermehr als weltliche Könige herrſchen wollten.
Bliebe demnach diefes nur ein bloffer nichtiger
Vorwand, den die Elerifey dem guten Conftan-
£ino einbildete; da fie ja im Fall der Noth bey
der Obrigkeie Hülfe und Schuß genug haben konn⸗
ten, wenn fie ja nichts zu leiden gefinnet waren.
Und tie ng klinget es doch vor die, fo
Diener CHrifti feyn wollen, wenn die Obrigkeit
die Ehre und Hoheit derer fefte ſetzen muß,
wie der Hr. Cave redet , welhenad CHriſti Sinn
niemals dergleichen verlangen oder zulaffen foll-
ten? Vielmehr urtheilen andere recht, daß diefes
eben zum Untichriftenthum eine groffe Ur⸗
ſache gegeben, daß das Reich CHriſti in ein
meltliches verwandelt worden, und bie Elerifey
ſich über die Obrigkeit erhoben, nachdem Eon:
ftantinus ihr die Frenheit gegeben, won den welt⸗
lichen Richtern an die Bifchöffe zu appelliren a):
Singfeichen, daß folche unzeitige Guͤtigkeit erticher
Rasfer den Bifchöffen Thuͤr und Thor zu allzu
groffer Licentz aufgethan. Denn (feget ein Theo:
logus darzu) wir find Menfchen, und braudyen
„bisweilen ein Gebiß ins Maul, einen Sporen
„in die Seiten, oft auch eine Beltrafung, da-
„mit wir in unfern Schranfen bleiben, b), Al:
fo bat ſich diefer Orden nicht alleine der Obrigkeit
entzogen, fondern auch ihm felbft das höchfte
Hecht und Gemalt in den Gemeinen, zufamt
den Titeln einer Füniglichen Herrſchaft zugeeig-
net, nachdem fie Purpurhuͤte und andern Fönig-
lichen und fürftlichen Ornat angeleger; wie eis
ner Davon redet c),
B
8) Centuriat. Magdeb. Cent. IV. c. VII. p. 280.
Fatidic. c. 26. d)
8. 3. Dondem Abfall der Chriſten von der erften Lauterkeit.
E Cuiacio afirmauit Zieglerns 1. de Diacon, c. XVI. n. 7.
—
3. So hat nun Conſtantinus zuerſt der Cleri
fey einen Eingang zur weltlichen Herrſchaft ver
ftatter, welches hernach einen fehr. betrübten und
verderblichen Xusgang genommen, Nemlich er
hat ihnen vergoͤnnet, diejenigen Gtreitfachen zu
entſcheiden, welche von denen Parteyen freywils
fig und ex confenfu vor fie gebracht wurden:
Welches auch hernad) von einigen beftätigee
ward; wie der Hr. Cave anführer, Es war
aber vielmehr eine Zulaffung und Conniveng,
welche neben der eingeführten Zurisdiction der Bi⸗
ſchoͤffe über die Elerifey verftatttee wurde, und
folgenden Urfprung hatte. Die Auffeher der
Gemeinen waren unter der Verfolgung ihrer Hei⸗
ligfeit und Meisheit wegen bey den Ehriften in
groffem Anfehen, und, weilfiein irem Wandel _
ſich aufrichtig bezeigeten , pflegte man bey dem
Mangel Epriftlicher Obrigkeit ihren Ausſpruch
in ftreitigen Dingen zu erwarten. Diefes maßs
ten fich hernach die folgenden Bifchöffe auch an,
ungeachtet fie denen alten Männern im gering«
ften nicht gleich waren, und darbey geftunden,
daß fienuneine Epriftliche Obrigkeit hätten, wel⸗
che folglich) die Streitigkeiten abthun koͤnnte.
Denn da lagen fie denen Potentaten fo lange in- 9
den Ohren, bis fie ihnen diefe und jene Gewalt
in weltlichen Dingen verftatteten, welche doc)
ferne von ihrer Profeßion, ja derfelben ſchnur⸗
ſtracks entgegen waren. Drauf fiengen jie an
mit Gewalt zu agiren, wenn Liſt nicht mehr hel⸗
fen wollte, und Fonnte faft nichts in weltlichen
Dingen aedandelt und gefchloffen werden, mworein |
fih die Geiftlicyen nicht mengeten; ja, wie die
Suriften ſelbſt anmerken, war nichts von ih⸗
ven Lirtheil ausgenommen, als daß fie nicht von
der Poſſeßion einiger Sache oder Rechtens ers
fennen und urtheilen durften d). Ja, damit
fich ihre Gewalt defto fefter feßte, gaben die Bi—
ſchoͤffe auch)
richterliche Macht, die dann, wie leicht zu exach⸗
ten, ſehr mißbrauchet wurde, nach des An, Cave
Bekenntniß. Daher fie auch ein Biſchof von
ſich gegeben, und der ordentlichen Obrigkeit über-
laffen: welcher Ginn gewißlich bey den wenig.
ften zu finden gewefen e),
4. Und wie fonft die ehrgeizigen Bifchöffe ih⸗
re Sachen gemeiniglidy) mit Unwahrheiten und
Gedichten zu befräftigen fuchten, alfo fehlte es
auch hier nicht an Erfindungen, Damit man hr
* alte
b) Ofander-Cent, IV. lib. II. c. 6. ©) Edo Neubuſius lib. I.
e) Socrates lib. VII. c. 37.
den andern Kirchendienern ſolche
—
7 Ale
alle Er der bifchöflichen Herrſchaft
beweifen wollte, Man zum Erempel, in
des Ignatii Epifteln diefe Worte oßne Scheu
Binein, daß der Rayfer dem Biſchof ge⸗
borchen müßte, ungeachtet damals der Kay—
fer weder CHriſtum noch feine Biſchoͤffe erfannte
f). Und an einem andern Dre ward diefes hin⸗
ein geruͤcke: Dem Biſchof ſeyd unter:
tban als dem Zerrn g). Woraus die Pas
pilten nachmals die Herrfchaft ihres Pabſts dar
ben — 5 wollen R In der That aber
gab es faſt unzaͤhlig viel Arten, dadurch die Cle—
riſey ſich von dem Gehorſam gegen die weltliche
Obrigkeit los machen wollte. Die Papiſten geſte⸗
den abermal gerne, daß vor Conſtantino jeder
mann berweltlichen Obrigkeit habe gehorchen müf:
fen; aber nach diefem fen die Freyheit und Aus»
nahme der Kirchen eingefüßret worden, die Durch
die Bifchöffe und allgemeine Concilia verordnet
und von den Chriſtlichen Potentaten gebilliget
und zugelaffen fey i). Aus welcher Bekenntni
offenbar wird, daß denen Schlüffeln der Biſchoͤf⸗
e ſelbſt und ihren Concilüs das meifte zuzufchrei-
en fen, daß fie fich felbft der Bormäßigkeit weltli⸗
cher Herren entzogen; dazu diefe durch allerhand
Ueberredungen endlich Ja gefaget., Wir werden
weiter unten vonder moeAurgayuoruvnderGeift-
lichen ausführlich hören, wodurch fie keinen ge»
ringen Eingrif in die weltliche Gewalt gethan.
Auch ift oben im 5. Buch bey denen Aſylis und
Freyſtaͤdten etwas gedacht worden, wie dabey
Die eingeführte Opinion fo gröblich gemißbrauchee
worden, da man die Leute überredet hat, als
. wenn die Uebelthäter in den Kirchen von aller
Strafe fönnten befreyet werden, twelches alles
folche Wege waren, dadurch man von dem Joch der
weltlichen Gewalt frey zu bleiben fuchte,
5. Jedoch verfußre man nicht immer fo heim—
lich in diefem —5 — ſondern man machete
entliche Schluͤſſe und Geſetze, darinne verbo—
ten ward, es ſollte kein Kirchendiener vor der
weltlichen Obrigkeit belanget werden. Und da⸗
mit dieſe nicht dawider reden konnte, wurde die
Urſache vorgewandt, man wollte eben den groſ—
er Herren mit Streitigkeiten nicht beſchwerlich
n, fondern ihrer ſchonen: Welche Urfache die
andern Unterthanen ohne Zweifel auch gerne vor⸗
gefchüger hätten, wenn es ifnen hätte ſo wohl
alsdenen Kirchendienern gelingen wollen, Aber
diefe hatten einmal die Prafumtion vor fich, daß
f)Epißt. ad Philadelph. Vid. Röuesus lib. II. Crit.$.c.2. p. 185. g) Epift. ad Trall.
Pontif, Rom. i) Cornelius a Lapide Comm. in Ad. Apoft. p. 361.
m Cap. Don der verfallenen Prediger Erhebung über die Obrigkeit,
915
fie in allem aufrichtig handelten, weil fie es ja an⸗
dern vorſagten, ob gleich die Praxis das Gegentheil
mit groſſem Schaden wieſe. Alſo ſtellten nun die
Biſchoͤffe dieſes an, und machten ordentliche Ge—
feße, davon ich nur etliche zur Probe herſetzen will,
„Weil ein Bifchof oder Aeltefter ‚oder ein andes
„rer — ohne Conſens und Briefe
„der Bifchöffe in ſelbigem Lande, fürnemlich aber
„des Erzbifchofs, zu dem Kayſer reifen wird, der
„toll nicht allein von der Gemeinfchaft ausgefchlofe
„fen werden, fondern auch von feiner Ehrenſtelle:
„weil er fich unterftanden dem gottliebenden
„Kayſer befchwerlich zu feyn wider die Sagung
„der Kirchen, k). Und abermal: Wenn ein
„Aelteſter oder Diaconus von feinem Bifchof,
„oder ein Bifchof von dem Synodo abgefeger ift,
„und fich unterfteher den Kayfer deswegen zu be«
„ſchweren, da er fich doch follte zu einem groffen Sy⸗
„nodo wenden, unddas Recht, das er zu babe vers
„meynet, an mehrere Bifchöffe und ihr Urtheil vers
„ſchieben: der foll Feiner Vergebung werch feyn,
„und feinen Naum zu feiner Defenfion baben, audy
„feine Hoffnung wieder eingefegt zu werden,, 1),
Solchergeſtalt ift nun den bevrängten und von
den Bifchöffen verfolgten Leuten aller Zugang zu
ihrer vechtmäßigen Vertheidigung abgefchnitten
worden, da gleichwol ſolche Perfonen von parteyiz
ſchen Richtern an unparteyifche appelliren wollten.
Denn fie hatten allerdings in ſolchem Fall Urfache
ganze Berfammlungen der Geiftlichen vor verdäch«
tig und parteyiſch zu halten, weil feiner dem andern
abzulegen pflegte, fonderlic) in Sachen, die ihren
Refpect, Nutzen oder andere ihnen angenehme Anz
re betrafen. .
. Da nun zuweilen einige dem unghriftlichen
Verfahren diefes und jenes Mannes Be —*
zer Collegiorum widerſprochen, und gleichwol
unter der Cleriſey keinen unparteyiſchen Richter
fanden, wo ſollten fie ſich ſonſt hinwenden als zu der
ordentlichen Obrigkeit ? Aber auch dieſes ward ih⸗
nen von den geiſtlichen Thrannen verwehret, alg
welche fich eines unangeneßmen Urtheils von des
nen Gewaltigen beforgten, und dahero ſich bey ih ⸗
rem ungerechten Verfahren nicht wollten einreden
Weswegen die obgeſetzten Schlüffe bil-
19 vor ungerecht erfannt werden, daß gleichwol
„ein unrechtmaͤßig gedrudter Kirchendiener
„nicht follte zu feiner ordentlichen Obrigkeit Zus
„flucht nehmen, da doch Paulus an einen heydni⸗
„then Kayfer appellivet Hatte. Man fichet viel.
„mehr daraus, daß die Biſchoͤffe allzugefchwinde
3352 ndie
h) Bellarminss lib.
k) Concil. — e. u. h FR r
916
„Die Tyranney und Herrfchaft über die Gemeine
„und ihre eigene Collegen gefuchet haben m).
„Denn ob gleich die Weltleute ſich darum eben
„richt befümmerten , was alleine die Kirchendie—
„ner verforgten, foiftdoch offenbar, daß dieſe ha:
„ber vorbauen wollen, damit nicht die Dbrigfeit
„ihr geben und Wandel unterfuchen dürfte. Cs
„follten aber vielmehr die Kirchendiener alfo Ie-
„ben, daß fie eine Unterfuchung leiden koͤnnten,
„wenn fievon folchen Leuten angeſtellet würde, n).
Allein, da ward andiefe Schuldigfeit nicht gedacht,
fondern vielmehr neben der größten Licen auch die
Befreyung von allen menfchlichen Gerichten, ja
die Herrſchaft über diefelbe von der Elerifey gefu-
chet. Darumman fich nicht ſcheuete der obrigkeit⸗
lichen Gewalt ſchlechthin zu widerſprechen, und Die
yon GOLF gemachte Ordnungen freventlich aufzu⸗
heben, nur Damit der fleifchliche Sinn in allen fei-
nen Tücken unbeftrafer bliebe, und die vermeynte
Diener EHrifti in ihrer unumfchränften Gewalt
noch mehr als die größten Monarchen wären. Fa,
man feste wol zu dem Spruch Matt 22, 2r.
„Gebet dem Kayfer wasdesKayfers ift, und GOt⸗
„te was GOOttes ifk,,) dieſen unverſchaͤmten Ge-
genfag: *Esiftder Obrigkeit nicht vergönnet über
„die Priefter zu richten, wenn fiean Leib oder See⸗
„te in Sünden fallen; fondern es gehörer denen
„Rirchendienern und Gemeinen GOttes zu ‚von
„ihnen ein Urtheil zu fällen, o). Alswenn nem-
lic) die Kirchendiener alleine, und nicht aud) die
Obrigkeit zur Bee — gehoͤrete, wenn ſie
in wahres Glied Chriſti iſt.
Te — aber eben dieſes Die Abficht ſolcher un-
gerechten Sagungen gewefen, und die Bifchöffe
nicht leiden fönnen, wenn von ihren Exceſſen und
ärgerlichen geben der Obrigkeit etwas vorgetra-
gen worden, fehen wir aus folgenden Schluß, der
im 4. Jahrhundert auf dem erften Coneilio zu
Eonftantinopelgemachet worden: “Diemeil ihrer
viel den geiftlichen Hrden verrirren und umkeh⸗
„ren wollen, indem fie wider die orthodoxen Bi⸗
„Ichöffe aus Feindſeligkeit und Verleumdung Kla⸗
„gen aufbringen, und nur dahin feben, wie fie den
„guten Namen dee Priefter befehmigen, unddas
„rubfge Boik auſwiegeln; als bat dem H. Syno-
„do gefallen, daß Feine Ankläger ohne Unterſu⸗
„chung ſollen zugelaſſen werden, auch nicht jeder⸗
Mann verſtattet, wider die Kirchenbedienten
Zu klagen, jedoch auch nicht alle davon ausgefchlof-
„fen. Wenn aber jemand diefes alles verachtet,
„und fich unterſtehet, den Kayſer zu beſchweren oder
ib. II. Cent. IV. c. 48. n) Idem Cent. VI. Tib. IL c. 17. ad Coxcil. Cabilon. c. ıt. ‚‚o) In Noma-
a A I: Montm. Eccl. Gr. p. 70. Add. can. 139. P. 91. P) Coneil. CPranum ll. |
Contil. Chalcedonenfe c. 9. Add. Come, Mileuit. IE. c. 10. 1) Bafılins
Canone Coteleriano c. 14.
ean. 6. Add. Dn. Caue l. c..p. 269. 9)
M. Epift. Canon. I. ad Amphiloch. c. 32.
"8.3. Don den Abfall der Ehriften von der erften Fauterkeit.
ig -. A
„andere weltliche Gerichte, und den allgemeinen -
Synodum zu veriirren,mitBerachtung aller Die
„ſchoͤffe in felbigem Kreis: derfelbe foll zu Feiner
„Klage gelaffen werden, weil er die Kiecyenfar
„sungen fchimpfer, und die geifttiche Ordnung vers '
„witret,,p). In welchen Geſetze als ein unfehl⸗
barer Grund feite gefeger wird, Daßalles, was wi⸗
der der Kirchendiener geben und Wandel der Ds
brigfeit oder Gemeine vorgetragen wird, eine
Beindfeligkeit und Berleumdung feyn müffe: Da
doc) aus dem ganzen bisherigen und nacdjfolgen-
den Bericht klar iſt, daß fo unzählige Mängelund
Verbrechen fich unter ihnen gefunden, Wannen |
hero eine vechtmäßige und zur Verhütung gröffern _
Unheils angeftellte Klage wider gortlofe Khrer ſo
wenig feindfelig.oder verleumbderifch heiſſen Eonnte,
als wenn ein anderer Uebelhäter vor dem Gerich⸗
teängegeben wird. Geftalt die Perfon des Klägers
und Verklagten ſich fetbft Dierinnen fein Vor—
urtheil geben, wie indiefem Canone ſelbſt hernach
geftanden wird: ja vielmehr war ein Verbrechen
eines Lehrers noch mehr abzuthun, alsanderer, in-
dem der Schade daher defto fchrecklicher war, wenn
er durch die Licenz noch ſicherer und zu mehrerer
Verſchuldung veranlaffee wurde. ovon aber
bald ausführlicher wird geredet werden.
8. Eben auf folche Ficenz und Befreyung vor
der obrigfeitlichen Gewalt ward auch gefeßen, wenn
denen Kirchendienern insgemein verboten wurde,
daß fie einander nicht vor den weltlichen Gerichten
belangen follten , fondern vor dem Bifchofoder ei
ner Commißion ihre Sachen ausmachen q).
Womit freylich tHeils die Infallibilitaͤt der Prie⸗
fterfchaft wollte feft gefeßer werden, theils auch ihre
Verbrechen vor denweltlichen Perfonen verbecker,
und im übrigen diefen aller Borfaßbenommen, ſel⸗
bige zu ahnden und zuftrafen. "Endlich ward audy
darinne eine Ausnahme gefucher, wenn auch die
allerſchwereſten Berbrechen an denen Prieftern
nur durd) den Verluſt ihres Dienftes, nicht aber
durch Leib⸗ Oder. Lebensftrafen gerochen wurden
r); ohne Zweifel unterandern zudem Ende, damit
die Obrigkeit dadurch Feine Gelegenheit bekaͤme an
denen Geiftlicyen Gewalt zu brauchen, oder ein
Recht an ihnen auszuüben. Wiewol man eben
diefe einzige Bedingung hinzufegte, wofernenem- |
lich die angeflagte geiftliche Perfon ein Ketzer wä-
te, fo Eönnte fie wol von der Obrigkeit mit Leibes⸗
ftrafe angefeben werden. Denn alsdenn war
fie, dem gemeinen Wahn nach, nichr mehr ein en
| BB.
. Ei : 4
—
den.
„u. Cap.
ifterii, ungeachtet die allerheßlichſten Suͤn⸗
on fie,vermöge ihrer Säge,nicht von ihrer Gemein⸗
ſchaft ausfchlieffen konnten s), Es ward aber mit
der Zeit noch weit fchlimmer, da zumalunter dem
Pabſtthum ein vechter weltlicher Staat formiret
murde, und der Obrigkeit auchdie geringften Ge—
techtfame von den ehrgeizigen Pfaffen difputivee
" wurden. Darüber oft viel Streit entftund, indem
. bie verftändigen Policiei ſolch offenbares Unrecht
nicht zulaffen wollten, dawider fich jene aufs auf:
ſerſte feßten, und die greulichiten Conſilia gegen die
Obrigkeit faſſeten. Wovon man fonderlich in den
Engliſchen Gefchichten viel Nachricht finder: Als,
dader Königdem Päbftlichen Borfchafter verftat-
tet, “daß feiner von der Elerifey hinfuͤro vor einen
„weltlichen Richter öffentlicy um einer Uebelthat
„willen gezogen werden follte,, ). Hingegen ver:
ordnete ein anderer, daß die Bifchofthlimer und
Abteyen, die bishero von allen weltlichen Beſchwe⸗
rungen frey gewefen, follten gehalten fern, nad)
Proportion eine gewiſſe Anzahl der Soldaten zu
- liefern. Und weil fich viel Pfaffen darwider
feßten, wurden diefe alle ausdem Reiche verjager u).
Anderer faft unzähligen Denkmahle zu geſchwei⸗
gen, die uns zeigen Fönnen, wie die Elerifey ſich der
weltlichen Obrigkeit nicht alleine mit ihrem Gehor⸗
fam und Untertbänigfeit entzogen, fondern auch fre>
ventlich widerſetzet.
9. Ales dieſes aber riffe nun auf einmal den
Grund des ganzen Chriſtenthums um, und Eonnte
im gerinaften nicht mit demfelben verglichen wer:
Die Gemeine ®Dttes hat vor fich felbft Feine
Botmäßigfeit und Gerichte, und die Evangelifche
Lehre gehet allein mit geiftlichen Dingen um, ift
nur mit innerlichen Gewiſſensſachen befchäftiger,
und hat die Ervigfeit felöft zum Zweck. Dahero
regieret und befihlet fie nicht durch ein äufferliches
Regiment, welches etwa einen Zwang mit fic)
brächte, fondern fie verfähret nur durch Ueberre—
dung, Erinnerung, $ehre und Beftrafung. Und
alfo hat die Gemeine, wie fie von Chriſto gegründet
ift, nach göttlichem Recht, weder ein geroiffes Gebier
‚ inne, noeh das Recht über geben und Tod, auch nicht
das Ius fori conrentiofi ;iwie die Gelehrten weit:
laͤuftig ausführen x). Die erften Chriften Fonnten
und wollten feine aufferliche Jurisdiction haben :
Und wenn die Auffeher gleich die Streitigkeiten der--
abe es nur bey einer
Epriften ſchlichteten, fo ge
Don der verfallenen Prediger Erhebung über die Obrigkeit ꝛc.
917
bloffen Berhör und Erkenntniß der Sache, nicht
aber vermöge einer obrigkeittichen Botmaͤßigkeit y).
Und diefes Gerichte der Vorſteher erftreckte fich
darzu nicht auf alle Perfonen noch aufalle Fälle;
fondern es ward vielmehr den Lehrern vor unrecht
ausgeleget, wenn fie erweifen wollten, daß fie die
Streithaͤndel wohl verftünden, wie in denen Rech⸗
ten ausdrücklich geredet wird 2). Und damit nie⸗
mand einwerfen Fönnfe, als wäre es unter der
Epriftlichen Obrigfeit anders, als im Anfang un:
ter der heydnifchen ; fobefannten aufrichtige Lehrer
deutlich: Paulus befihlet diefes auch den Prieftern
und Mönchen, und nicht allein den Weltlichen,
du magft gleich ein Apoftel oder Evangelift, oder
Prophet oder jemand anders ſeyn. Denn wenn
er dieſes Gebot (Nom. 13, 1.) gegeben hat, da die
Heyden noch regierten, wie vielmehr foll diefes
unter den Glaubigen gefcheben a).
10, Esift feltfam, was die papiftifchen Scriben«
ten von dem Kanfer Valentiniano m. fehreiben,
wie er nemlich deswegen von GOtt ſey geftrafet
worden, weiler die Privilegia und Rechte der Kir
chen zu fich geriffen haͤtte b). Nun hatte er den
Geiftlichen alle Gerichte benommen, ohne was zur
Religion gehörte, oder da die Parteyen die Bifchöfz
fe zu Richtern felbft erwählten. Und war gemiß-
lich hohe Zeit, Daß den unendlidyen Begierden der
Priefterfchaft endlich Einhalt gethan würde, weil
fonft die Obrigkeit von ihren Gerechtfamen ganz
nichts behalten hätte ; fo gar weit hatte jene um ſich
gegriffen: ja ihr Frevel war fo Boch geftiegen, daß
die Bifchöffe auch Geldftrafen denjenigen aufleg-
ten, welche von ißrem Gerichte an das weltliche ap-
pellivet Hatten ce). Davon fie zweyerley Vortheil
genoffen, einmal das Geld, welches zur Strafe er-
leget wurde, und dann ihre Ehre und Gewalt, die
fie daben erhielten. Nachmals fehränfte wieder-
um Juftinianus dieBotmäßigfeit der Bifchöffe
ziemlich ein, da er ihre Gerichte an die Lands—
hauptleute in jedweder Provinz vertiefe, und
ausdrücklich verordnete, daß man vonibnen an die
oberften Prafidenten, und von dannengar an den
Kanfer appelliren dinfte d). Welche Verordnun⸗
gen den Patronen der priefterlichen Herrſchaft
iemlich nahe giengen,wie fich ein Papifte ſehr daruͤ⸗
er beſchweret, oB er wol nicht eben Urfache darzu
bat, nachdem diefe Verordnungen nicht lange ges
dauret, fondern bald wieder unkräftig worden e).
B35 35 3 enn
») Balamon dehol. ad h.l. Marthaus Parifienfis Hiſt Angl. ad A. C. MCLXXVI. in Caral. Teſt. Verit. p. 296:
u) Idenı.Conf. Barozius A.MXC. x) Vid. Zieglerus deDiac. c. XVI. n.ı. ſeqq. y) Vid. /. 25. C. de Epife. et,
Cler. et Nouella Valentiniani de Epifcoporum Iudicio. 2) 1.41. de Epife. et Cler. a) Chryfoflomus hom..23. in
Rom. Conf: Gerhardus. Conf‘ Cathol. lib. IL. Art. V.c.5. b) Baroz. A. CCCCLI. n. 7. e) Idem A.CCCLXIX. n,
6. d)NowellaCXV. e) Pondanus A.DXLI.
918
Denn da nachmals Die Unruhe und Empörungen
der Bölfer im Roͤmiſchen Reich immer gröffer wur⸗
den, fifchten die Paͤbſte immer im Trüben, und nah⸗
men nebenjt denen weltlichen Rechten und Freyhei⸗
gen aud) wol ganze Plage hinweg, damit ihre weltli-
che Hersichaftvöllig beifätige wuͤrde. Und nad)
dem das Kayſerthum immer ſchwaͤcher, auch von ei-
nem Bolk zum andern gebracht ward, lieflen die
Päbfte erft recht ihre Klauen fehen, und offenbarten
elber, woraufißre Vorfahren fo viel Fahre her mit
hren Raͤnken und politifchen Griffen gezielet haͤt⸗
ten. Wer ihnen von den weltlichen Herren nicht
alsbald in allem unterwürfig feyn wollte, den wuß⸗
ten fiebald mit ihrem Bann zu ſchrecken, wodurd)
ein folcher bey dem Volke dermaſſen verdächtig und
verhaßt war, daß er wol fand und Leute verlor, zum
wenigften der Cleriſey und ihrem Anhang nicht mehr
ſchaden konnte. Diele andere Anmerkungen ver»
ſchweige ich anjeßo, weil hieraus fehon der Ungehor=
famu, Widerfeglichkeit der Cleriſey gegen die Oberen
in etwas zu erfennen ift.Das übrige foll bald folgen.
11. So graufam und tyranniſch aber Die Cleriſey
in felbigen lesteren Zeiten fich gegen die hoͤchſte
Dbrigkeit errviefe, nachdem jene ihren Zwed erhal-
ten, und durch Connivenz der Weltleute aufs Höchfte
geftiegen war ; fo demüthig und freundlich ftellte fie
fic) zuvor an, ebe ſie noch in Anfehen Fam. Dennda
urden alle Arten der äufferften Schmeicheley ber>
vor gefuchet, Die Gewaltigen zu berücen, und liſtig
zueinem geneigten Willen zu bringen. Die Erfin⸗
dungen hievon alle nad) der Länge zu entdecken ift
unmöglich, weildie menfchliche Vernunft aus Be⸗
gierde nad) Ehre, Luft und Nusen fi) In fo mans
nigfaltige Formen verftecien und bilden kann. Das
Hauptwerk hiebey war, daß die falſchen Hirten zwar
die Geſtalt eines fanften demuͤthigen Lammes an⸗
nahmen, und ſonderlich denen Potentaten alſo er⸗
ſchlenen: aber fo bald fie zuKräften und Macht kom⸗
men waren, wie die reiſſende Wölfe um fich biſſen,
unddenjenigen allen Schaden zu thun ſuchten ‚wel:
che fiein ihrem tyrannifchen Vorhaben ftören woll-
fen, es möchten nun Obere oder Untertanen feyn.
Denn alfo beſchreibet fie ſchon im 4. Jahrhundert
GregorisoYlasianzenus auseigener Erfahrung,
und zeiget, Daß fie feinen Glauben hätten, brauch
„ten lauter Liſt und Berrug, waren beyden Gewal⸗
„tigen Schmeichler, Die fich ihnen auf alle Weife
„fubmittireen, und wenn ſich Bingegen andere ihnen
Anterwuͤrfen, ſo waͤren ſie grimmiger als die ⸗
„wen, und ermählten aus Leichtſinnigkeit bald diefe,
„bald jene Partey,nicht anders als der Polypus, der
) Objurgat.in Cler. g)Swlpit. Senerus Vit. Mart. c. 23.
Catal. Teſt. Verit. p. 209.
8. B. Don dem Abfall der Chriſten von der erſten Lauterkeit. 7— —
„fich in alle Farben veraͤndern fönnte,r). %
lichen Schmeicheley von den Pred
ein Bote und Diener GOttes zu feyn,und gleichwol
um zeitlichen Bortheils willen den Menfchenin als
fen, auch den böfeiten Dingen gefällig ——
Drum ſchreibet jener Hiftoricug recht, daßeszufele 7
bigen verderbten und elenden Zeiten etwas fonderlis
ches geweſen fey, wenn ein Priefter fo beftandigges
weſen, daß er feiner Schmeicheley auch bey den Pos
tentaten felber nicht gewichen. Denn man babe an⸗
gemerket,“wie — ſchaͤndlicher Weiſe dem
Kayſer Maximo geheuchelt haͤtten,ggh. Welches
aber freylich die elenden Leute vor noͤthig achteten,
indem fie ſich auf Menſchen verlieſſen und von GOtt
laͤngſt mit ihrem Herzen abgewichen waren. Wenn
ſie nun die aͤuſſerliche Gewalt oder das Brachium
Seculare m Hülferuffen wollten, ihr Intereſſe, Re⸗
ſpect und Bequemlichkeit in der Welt zu behalten,
oder weiter zu befeftigen, fo drange fie freylich der
Unglaube und verfeßrteSinn,daß fiegroflenteuten
flattiren und in allem zu Gefallen reden oder thun
mußten, Wie hätten fie fonft fo viel vermeynte
Keser unterdrücken, fo vielen Zeugen der Wahrheit
das Maul ftopfen, und Hingegen ihre weltgefinnete
Satzungen behaupten Fönnen ?
12. Wir werden unten fehen, wie die Macht der
Obrigkeit zu den greulichen Proceduren wider die
Wahrheit mißbrauchet worden fey, welches mitder
Zeit immer ärger wurde, alfo Der ein Romifcher
Bifchof felbft von der Clexiſey folgender maſſen
Elagen mußte :*Gie fehmeicheln der Obrigkeit, lieb⸗
„Eofen den Gemwaltigen,fehen beyden Reichen Durch
„die Finger, verlegen Die Gottſeligkeit, verunreini⸗
„sen den Gottesdienft, entheiligen die Theologie,
„verderben den Epriftlichen Frieden. Sie find un=
„erfättlich im Ehrgeiz, ftreiten ftersum Ehre und
„Ruhm, wollen groſſe Herren feyn, und richtendess
„wegen auch unferden beften Freunden die größte
Feindſchaft an. Die Biſchoͤffe find ſtumme Hun⸗
„de, Fönnen nicht bellen, und blinde Auffeher,, h).
Und folche Schmeicheley wurde nun auf allerhand
Art getrieben, nachdem einen jeden fein fleifchlichee
Sinn zu diefem und jenem Rang antrieb. Zu Sie⸗
ronymi muß folgende ſchaͤndliche Gewohn⸗
Kr unter den gehrern eingeriffen feyn, weiler feinen
veund davor fo herzlich warnet: “Hüte Dich ja vor
„den Gafterenen der Weltleute, ſonderlich derer, die
„über ihrem Ehrenftand ftol; find. Esftehergar-
„flig, wenn vor der Thuͤre eines gefreuzigten und
„ar⸗
hLeo VII. Epift. ad Epiſe. Bauar. ap. Auentinum et in
FR
ndere
* Sceribenten ſchaͤmen fic) faft, daß Ketcher fchänd=
) en erwehnen
folfen, weiles fo gar nicht benfammen feßen ann, -
‚u
— a)
4
u
—
*
4
u
Dieners Ehrifti, ver auch fremd Brod aß,
„die Auftwärter der groffen Herren und Soldaten
„stehen, oder wenn der Landeshauptmann beffer bey
„Dir Fann Tafel halten alszu Hofe, Willt du vor:
gwenden, daß du es um der Armen und Nothleiden⸗
„den willen thuſt, fo wird ja eine Obrigkeit einem
Kirchendiener mehr zu Gefallen feyn, wenn fie ihn
„fiehet eingezogen leben, und wird mehr dein Beili-
d es geben fcheuen als deinen Pracht. Dder wenn er
„dichnicht hören will, alsnur bey dem Freſſen und
„Saufen, fo wollte ich lieber der Wohlthat enfra-
„eben, und Chriftum an ftatt des Richters anruf-
„fen, i). Undandersiwo :"DiePriefter laden nun:
„mehro nicht die Armen und Brüder zu fich zu Ti⸗
7 „fche, diefienicht wiederum einladen Fönnen : fon»
„dern die Officiers undSoldaten. Die Priefter laus
„fen inder Stadt umher, und fegen den Rathsper⸗
„ienen folche Raritäten vor, Die fie felbit entweder
nicht finden koͤñen, oder doch nicht Faufen wollen k).
13. Da fiehet man, wie die Eferifey Damals fich
aus verkehrten Abfichten dergeftalt bey vornehmen
Leuten & infinuiven gefuchet, Daß fie diefelbigen im»
mer zuGaſte geladen und aufdas prächtiafte, ja koſt⸗
barer als die Weltleute felbft eractiret haben. Die:
ſes aber war in der erſten Kirchen ganz unbekannt,
da es den Lehrern am Willen und Vermögen fehlte,
den Reichen dieſer Welt Gutes zu thun, und da—
durch bey ihnen ſich einzufchmeicheln, Härten fie ge⸗
mußt, daß diefes der Weg zu ihrer Befehrung wäre,
vielleicht hätten fie es auch verfucht : Aber fo gewon⸗
nen fie vielmehr die Herzen mit Beweifung des Gei⸗
fies und der Kraft, und harten nicht noͤthig, Men:
fchenfnechte und ſchaͤndliche Schmeichler zu wor:
den, oderden göttlichen Nanıew unter den Unglaus
bigen läfternd zu machen. Zwar ift diefes nicht der
höchite Grad der ſchmeichelnden Liſt gewefen, fon-
dern die blinden Leute ſcheueten fidynicht bey allen
Verrichtungen, die zum göttlichen Dienft gehören
ſollten, ihren Öreuel mit unterzumengen, Ich will
i nicht fagen, wie es bendem Verfall zu einer offenba-
f ‚ren Schmeicheley und einem bloflen Complimene
worden, daß die Prediger denen Vornehmen ihr
Gebet angeboten und verfprochen. Denn was die
apoſtoliſchen sehrer en und mit grofe
ſem Ernſt von fich verficherten, das ſchwaͤtzten her⸗
nach die Heuchler mit dem Munde nach, Damit es
fehiene, wie fie gleichwol auch der Obrigkeit gute
Dienſte thaͤten. Bey dem öffentlichen Gottesdienft
war abermal alles auf Flatterie angefehen,davon ich
nur eine einzige Probe geben will. Es pflegte insge⸗
mein in den Klrehengebaͤuden um den Altar herum
— Cap. Don der verfallenen Prediger Erhebung über die Obrigkeit ic. 919
a ——
ein freyer Platz zu bleiben, dahin niemand ohne die
Prieſter treten durfte, weil man ihn ſonderlieh vor
heilig hielte. Davon wurde aber gar in den Conciliis
gefchloffen, daß allein der Kayfer dahin gehen duͤrf⸗
te, und zwar, wenn er etwas der Kirchen verchren
wollte. Alles aber aus einer alten Tradition, wie
man vorgab !). Worunter hauntfächlich dieſe beyde
Abfichten verborgen lagen, erftlich, Daß der Kayſer
Ban ie zu deſto beftandigerer Gnade gegen die Cleri⸗
enangehalten würde, unddann, dab er deftoreich-
licher austheilte, weil ihm dieſe vermeynte Ehre vor
allen wiederfuhr. Bon Ambroſio wird gefeprieben,
wie er gemerfet babe, daß diefer Gebrauch aus einer
Schmeicheley und verderbten Ordnung hergeruͤh⸗
ret, worinne es der gute Mann gewißlich recht ge⸗
troffen hat, indem die ganze Sache keinen andern
Urſprung kennet m).
14. Weiter gieng es auch nicht ohne groſſe Schmei⸗
cheley ab, wenn die Kirchendiener ſich ſo fleißig bey
Hofe einſunden, ob fie gleich meiſtens nicht dahin
beruffen waren, Denn weil daſelbſt insgemein alles
von Schmeicheley und verſtellter Freundlichkeit an⸗
gefuͤllet war, gieng es ſchwerlich ſo genau ab, daß
auch ſolche Leute nicht mit hingeriffen, und von Dies
fer Seuche gleichfam angeftecket wurden. Es bes
darfaber hiervon nicht lange Muthmaffens, da wir
offenbare Befenneniffe finden, wie die weitgefinnes
ten Prediger die Hoffuppen fo fehr geliebet, und mit
Hintanſetzung ihrer armen Heerde Sich unter die ge⸗
menget, denen fie am Sinn und Leben ähnlich wa⸗
von. Diefes geſchahe abermal nicht ohne Vorwand ;
Man müßte fich der armen bedrängten Witwen
und Wanfen annehmen, ihnen das Wort reden,und
dis und jenes von groffen Herren ausbitten. ‘Das
koͤnne nun nicht alles fo geſchwind geſchehen, groffe
Herren wollten fich aufgewwartet haben, man müfle
ihnen Dabey diefes oder jenes ju Gefallen reden oder
thun u. ſ. f. Dahero man fich verwundern muß, wie
bereitsmitten im 4. Seculo dieſe Klage auf einem
öffentlichen Concilio hat müffen geführet werden:
„Daß die Biſchoffe nur vor etliche (ihre Favoriten)
„weltliche Ehrenaͤmter bey den Kayſern aus zubit⸗
„ten pflegten, und hingegen die armen Witwen und
»2Banfen vergäffen,,n). a, es kam endlich dahin,
daß ordentlich gewiſſe Ölieder der Priefterfchaft an
den Höfen fich aufbielten, mit dem Vorwand, fie
follten die Kirchenfachen alda verforgen. Und dieſe
nennete man Apocriliarios, davon in den Rechts⸗
büchern gedacht wird, dergieichen etwa noch die
Pabfilichen Nuncii an den Europäifchen Höfen
feyn mögen 0). 15. Dies
3) Epift.2.ad Nepotian. k)Idem Comm.in Mich® UI. I) Concil. VI. in Tullo c. 69. et ib. Balfamen in Schol.
m) Sozomerus lib. VIT. c. 25. n) Cone„Sardic,&,9. 0) Vid, Infin. Nouell. VI.e. 2, Conf, e iis errus de Marca
lib. V. Conc, Sacerd, et Inp. c. 16,
A
J ,. [3
Mer [a Zus)
920
15. Diefe und anderelieffen fich durch eben folche
Künfte gar endlich zu Räthen an den Höfen beftel-
len, damit fie ja in allen weltlichen Dingen die Hand
mit hätten, und vor ihr Intereſſe vigiliven koͤnnten;
fie wie bald mit mehrerm erfaßren wollen. Ein
gewiffer Erzbiſchofentdecket das ganze Geheimniß
der Bosheit, ſo hinter dieſer Gewohnheit verborgen
geweſen: Wenn die Biſchoͤfe nicht bey den Koͤni⸗
„gen Familiar und Raͤthe wären, fo haͤtten laͤngſt
„die Sünder der Kirchen (das ift, nad) dem anti:
„ehriftifchen Styfo, den Geiftlichen) auf den Hals
„getreten, und die Layen hätten nad) ihrer Verwe⸗
„genheit die Cleriſey fo unferdrüdet, daß wirs un⸗
„möglich hätten leiden koͤnnen. Aber nun kann
„man durch die biſchoͤfl. Autorität alsbald ftvafen,
„wenn der Kirchen worinnen Unrecht geſchiehet;
„oder wenn dieſes nicht zureichef, muß das weltliche
Schwerdt dem geiſtlichen zu Huͤlfe kommen, und
„die groſſen Herren müffen nach unſerm Gefallen
„verfahren. Wenn der Koͤnig allzu hart iſt, wird
„erdurch der Biſchoͤffe Vorbitte befänftiget. Sie
ſchlagen ſich ins Mittel, wenn die Richter zu ſcharf
„fen wollen,-fie helfen der Autoritaͤt der Kicchen
„wieder auf, kommen den Armen zu Hülfe, befefti-
„gen die Freyheit der Clerifey, erhalten in den Klö-
„tern Friede, geben den Roͤmiſchen Sagungen ei-
„nen Nachdruck, vermehren die Kirchenguͤter u. ſ.
w. p). Allein, fo vortheilhaftig als dieſes den un-
treuen Haushaltern vorkam, fo ſchaͤndlich und greu-
lich leſſe es auch vor der Vernunft, geſchweige vor
erleuchteren Chriften, wenn durch Die tieffte Scla-
weren eines Schmeichlers eine eingebildete Freyheit
und Herrſchaft geſuchet wurde. Wer alſo das
„Wort Gottes lehret, (ſpricht ein kiuger Mann,)
und ſich vor einen Streiter Chriſti ausgibt, der
Fuͤndiget ſchrecklich, wenn er ſich dabey in weltliche
Kaͤndel menget, gerne bey Hofe iſt, nicht daß er
„groffen Herren etwas gutes rathen will, ſondern
„daß er ſich in alle Formen verändern Fann, und
„überallbey demSchmaufen, Spielen, Tanzen, auf
„Der Jagd und bey liederlichem Geſchwaͤtze ift.
„‚Diefe predigen den Armen gar feharf,aber bey vor-
„nehmen seuten find fie ſtumm, ober, welches noch
ſhaͤndlicher ift, heuchelm noch dazu. _
Eſaias ſehr ungehalten ift, wenn er fie unterdem
„Bild des Kopfes und Schwanzes beichreibet, cap.
„9. Ben den gemeinen Leuten ſchreyen ſie: Man
„müffe den Geſetzen der Fuͤrſten und Biſchoͤfe fol-
„gen bey Strafe der Höllen; bey groflen Herren .
„aber ſchweigen fie, oder reden mie fie e8 gerne 68;
„ren; da heißt es: Der Fürft iſt uͤber die Geſetze, er
yhat alles Macht und frey: Alle Güter der Unter:
pP Richardus Cantuarienfis apud Petrum Blefenfem Ep.g4 <q) Erafmus lib. I. Eeclefiaft, P. 24.29.
Vil.c.2ı. s)Idem lib, IN. c. 24.25.
8.3. Don dem Abfall der Ehriften von der erften Lauterkeit.
Theodoſio fo viel Lobreden gehalten worden, und
Auf welche
— Va
sthanen find feine, wann er fiefordert, und Die eute
„dürfen nicht einmal nn Eh |
„ftuswider niemand heftiger ruffet, als wider die
„Reichen, wider die Schriftgelehrten und Phark
„ſaͤer, die das Volfregierteng,.
6 . Sch) uͤbergehe auch um ber KU EN lic:
jenige Erfindung groffen Herren gefällig zu feyn,da
ihnen von ihren vermeynten Seelforgern alleerfi
liche Titulund Lobfprüche beygelegetwurden. Man
überftiege ſich aber Bierinne auf Selten ber
Schmeichler ſo gar fehr, daß man die Potentaten
faft zu Göttern machte, ungeacht fie oft ein offenbar⸗
gottloſes Leben führeten. Da mußten die Kayſer
und andere On, KasızunWraTo, KYIATaTa,
"Amosohunol, dag iſt, göstliche, allerchriſtlichſte,
allerheitigfte, 4poftolifche, jaApoſtel felbit Heiffen,
wie man hin und wieder findet. Es fehlte aud) nie«
mals an weitläuftigen Lobſpruͤchen und Reden, da⸗
mit die Ihren gefügelt, und Die Herzen von denen
unverantmortlicher Weife ficher gemacht wordẽ, die
fich und andere zuwahrer Demuth anhalten follten,
Alfo gedenket ein alter Hiftoricus, wie dem Kanfer
7
“ RT —
4
zwar aus lauter verfehrten und unchriftlichen Ab-
fichten, Wie der Autor ausdrüclic) anmerfet,
„daß es etliche gethan, damit fie der Kayfer Fennen
„lernete. Andere, daß fie ihre Beredſamkeit bey |
„vielen fehen lieſſen, weil fie ihre Gelehrſamkeit nicht
„umfonft wollten erlanget haben,, r). Ich will
nicht fagen, wie oft Diejenigen von den Predigern _
hoch Heraus geftrichen worden, welche doc)offenbar= *
lic) die Frommen verfolgten, und die Bofenhegten
und vertheidigten. Dergleichen wir oben von
Conſtantino und. andern ſchon wahrgenommen.
Wie denn auch die bofen Lehrer nicht andersfonnten
alsden böfen Zuhörern günftig feyn. Deswegen
fie fid) auch des eigentlich fo genannten weltlichen
Arms meifterlic) zu gebrauchen mußten, wennüber
einenUnfchuldigen eine Verfolgung befchloffen war. "
Man fiehet, was vor einZulaufflugsgewefen, wenn "
eine neue Obrigkeit aufgefommen, damit fich ein je- |
der bey derfelben fefte feßen wollte. Zum Epempel,
da Jovianus Kayfer ward, funden ſich die Biſchoͤ⸗ {
fe alle Häufigein,und ein jeder wollte den gutenKay» ⸗
fer auf feine Meynung und zu feiner Partey brin |
gen, inHoffnung, er würde ihnen Freyheit gegen ih |
ve Widerfacher geben. Wiewoldie Schmeichler da» —
bey ziemlich in ifrer Hoffnung betrogen wurden, —
nachdember Kayfer feinen Mißfallen an allemZanf
und Streit oͤffentlich bezeugte, Darüber die Herren
Geiftlichen nicht wenig von diefem Weltmann bes "
ſchaͤmet wurden s). 17. Sol⸗ 4
r) Socrates lib ·
J
4
J
*
K
"
wu
Bosheit der falſchen Propheten
uch der gute Chryſoſtomus erfahren, da
ihn nicht allein der ftürmifche Epiphanius, fon-
‘dern auch viel andere Heuchler aus der Clerife bey
der gottlofen Kayſerin Eudoria fo ſchrecklich an⸗
goſſen, und feinen redlichen Eifer verläfterten, daß
er auch darüber Stade und Land räumen mußte.
Dieſe über die maflen hoffaͤrtige Frau unterhielee
viel Bifchöffe auf ihre Unkoſten zu Conftantino-
pel, nur daß ſie uͤber Chryſoſtomum ein Urtheil
fällen follten ; welches fie auch um die Gebuͤhr gerne
thaten. Und that ihnen gewiß der fürtrefliche
Lhrer nicht zu viel, wenn er einft öffentlich in
der Gemeine zum Volk alfo anfieng aus 1. Buch
der Kön.ıg,ıg. WVerſammlet zu mir die Pro⸗
„pheten Baals, die vom Tifche Tefaber eſſenßt) ·
Angeſehen das Unrecht, ſo ihm von dieſen Heuch⸗
lern meiſtens durch ihre Schmeicheley geſchehen,
aus den Hiſtorien offenbar iſt, und würden ges
wißlich alle diefe grofle Sünden von den damali=
en Negenten nicht gefchehen feyn, wenn die
Skerifep der Wahrheit beygeftanden, und die öf>
feneliche Bosheit nicht wider ihr Gewilfen gut
geheiſſen hätte, Die Chriſten warfen denen heyd⸗
nifchen Lehrern anfangs diefes als einen groflen
Greuel vor, daß fie den groffen Herren fo fehr
fhmeichelten, nur damit fie fie zu Freunden bes
allenen Lehrer unter den Chriſten recht anfi
Yen u). Gewißlich, wer die Gefchichte MI
eh⸗
muß ſich entſetzen, wie es dieſe den aͤrgſten
den weit zuvor gethan, wie fie auch aus der Chriſt⸗
fichen Lehre viel beſſer haften von ifrer Pflicht uns
gerichtet fern follen. Dabero die Befchreibung
der fchmeichelnden Weltweifen auch hier galt:
„Sie reden, wie es einem jeden gefällt, damit
„fie das Volk an fich zießen mögen. Einem
„saufen fagen fie, er foll nichts lernen, den
„eizigen fprechen fie von der Freygebigkeit los,
„dem Trägen verbieten fie ein Amt anzunehmen,
„dem Gottloſen verſtatten fie GOTT hintanzuſe⸗
„gen. Wer zur Einfamkeie geneiger iſt, dem
„loben fie diefelbe aufs hoͤchſte: Wer fein Weib
„nicht liebet , dem preifet man den ledigen Stand
„an: Wer gerne zu Ehren Fommen will, dem
„iobet man die Höfe, u. ſ. w. x).
2,18. Welche aber noch unter den verderbten beh⸗
rern ſich am ſcheinbarſten auffuͤhren wollten, und
gleichtwol auch die Gunſt der Welt nicht verſcher⸗
zen, diefelben begiengen zwar niche fo grobe
t) Vid. Sorrates, Sozomenns, Palmdinsaliigueineiushiftoria. u) Tactantius lib. V. e. 2. Arnobius,
- tulliannsete. x) Laddant. III. c.ı7. y) Lib.I.deCiu, Dei c.9.
*
Cap. "Don der verfallenen Prediger Erhebung über die Obtigkeit x.
A — —
92
Schmeicheley „als etwa. bisher gedacht worden ,
blieben aber dennoch Heuchler , indem fie zum mes
nigften bey den allgemeinen Sünden ftill ſchwie⸗
gen. Hieruͤber finden fich zwar fo gar viel Klagen
von den unfreuen Hirten: Se willaber ihrer über
2 oder z nicht anführen, damit ich die beliebte Kuͤr⸗
ze in acht nehme. So Flaget an einem Orte Au-
guftinus: "Nicht allein die Schwaͤcheren, die Weib
„und Kind haben, fuchen gerne zeitliche und irdifche
„Dinge, und verlieren fie ungern; deswegen fie
„auch niemand beleidigen wollen , ob ihnen gleich
„oieler goftlofes und unreines Leben mißfäller;
„fondeen auch diejenigen, die eine höhere Stuffe
„im Chriſtenthum haben follten , wollen lieber ih⸗
„een Refpectund Wohlſtand in acht nehmen, und
„fürchten fi) vor der Verſolgung der Gottioſen,
„oesivegen fie fie auch nicht beftrafen y). Wer -
„eomme wol den Armen und Bedrängtenzu Huͤl⸗
„fe, da auch die Priefter der Gewaltthaͤtigkeit der
„Gottloſen nicht widerſtehen? Denn die meiften
„unter ihnen ſchweigen entweder ftille, oder wenn
„tie ja veden, fo iſts doch eben fo viel, als wenn fie
„ftille ſchwiegen. Und diefes thun ihrer viel nicht
„ſowol aus Unbeftändigfeit, als aus eingebildeter
„Klugheit und Behutſamkeit. Denn fie wollen
„die Wahrbeit nicht derb Beraus fagen, weil fie die
„Gottloſen nicht vertragen Fönnen, fondern ſie mei—
„den, haſſen und verfluchen. Dahero ſchweigen
„auch diejenigen ftille,die fonft wohlreden Fönnten,
„wenn fie der Gottloſen noch fchonen wollen: Sie
„wollen ihnen Die Kraft der Wahrheit nicht zeigen,
„oamitfie nicht etwa arger werden möchten: Un:
„terdeffen werden die Armen vollends gar verder⸗
„bet, Die Witwen feufzen, die Wanfen werden une
„terdruͤckt u.ffiz),
19. Und eben diefe Schmeicheley der Prediger
tar der unfelige Brunn, daraus alles Unglück
und Berderb in die Chriſtenheit floffe, weil die
meiften fogenannten Chriften in ihrer Blindheit
ihr geiftliches Elend nicht wußten, ifr Thun und
Laſſen für Feine oder gar geringe Sünde hielten ,
und alfo immer in den Tag binein Icbeten. Da
nun folgends diejenigen auch zu allem ftille ſchwie
gen, von welchen man doch aus ihren Titeln, Klei⸗
dern und Befoldungen vermuthen mußte, daß fie
die Seute vor Schaden warnen würden: da war es
Igends um die Reinigkeit dev Lehre und des $e-
ens gefcheen. Was war es Wunder, daß
folche untreue Vorſteher nicht Hirten, fondern "
Mierhlinge genennet wurden? «Die Prediger
Aaa aaa (hieſſe
Laſtinus, Ter-
2) Salsianns lib. V. de Gub. Dei p. 169.
*
—
— —
— ,
„(hieſſe es bey denen, die noch ein Gewiſſen ha
„ten,) find oft fo unverftändig, daß fie den Ver—
luft menfchlicher Gunft beforgen , und deswegen
„die Wahrheit frey zu reden Scheu tragen. Da-
„bero fie aus dem Wort der Wahrheit nicht
„mehr nach wahrer Hirtenforge vor die Heerde
„dienen, fondern als Miethlinge erfunden wer⸗
„den„a). Ja, wenn ſie auch ofte biefes und jenes
Safter gerne hätten ftrafen wollen, fo konnte es
mancher nicht ohne Widerfpruch feines eigenen
Gewiſſens thun, und ſchwieg dahero lieber zu al-
fen Sünden ftilfe, und half denen Suͤndern felbft
Scheinurfachen erdenfen , wodurch fie ihre Suͤn⸗
den entfchuldigen Fonnten. Bald wurde die Ber:
derbniß der menfchlichen Natur fo groß gemacht,
(tie fie freylich an fich ſelbſt unermeßlich großift,)
a) Gregorius M. P. II. Paftor. c. 2.
Kon ihrem Eingrif
n der verfollenen Cleriſey Vermengung in weltliche H
Jr
gen fich darzu, Epiphanii böfes Erempel; 5.
thierung- 9. Die Politiei fuchen es zu hindern; 10,
$.
Rachdem wir kuͤrzlich gefehen haben, wie ſich
9 dieſer Orden in weltlichen Gerichten bezei⸗
get; muß ich noch etwas weniges von der
morureayposvvn(Practicieung allerley Haͤndel,)
gedenken, wie ſich nemlich diejenigen, die allein
mit geiſtlichen und himmliſchen Dingen haͤtten
ſollen zu thun haben, in allerhand weltliche und
nichtige Händel eingemiſchet, und dabey des eini-
. gen Nothwendigen vor ihre und andere Seelen
ganz vergeffen. Immaſſen freylich diefe unfelige
Frucht aus der’ Blindheit der meiften Kirchen-
Diener erfolgete, da fie die Wichtigkeit ihrer Amts-
Pflichten nicht erfannfen, und Deswegen meyneten,
1
8
J
“ -
8. B. Don’ dem Abfall der, Ehriften von dee erften Aauterkeit. —
Das n. Sapitel, ae. —
und Vermengung in weltliche Haͤn⸗
del und fremde Aemter / fonderlich indas Kriegs und Soldatenwes
jen, Erhebung der Biſchoͤffe in den Furſtenſtand u. ff.
Summarien.
thun es mit der hoͤchſten Beſchwerung 2. Die Meinten und [eiblichen Sorgen bringet unfagli
Schaden; 3. Klagendarüber. 4. Denen Rechtſchaffenen find weltliche Handlungen fe en ( J
hatte viel ſeines gleichen, Theologiſch Uttheil davon. 6-
Greuel zu mildern, aber ohne Nachdruck. 7. Die Zeugen der Wahrheit verdammen die weltliche Regierung an den Geifili-
chen: Vormundſchaften gehören fich nicht der Eferifey aufzutragen. 8- .
3 Conſtantini Berordnungeirdagegen. 11.
ſtatt der. Bibel das Schmerdt 5 ein Erempeldavonz12. Dergleichen geſchiehet jzu Rom, zu Alerandriavon Eyrilo.ız: fracti-.
tet den Landshauptmann unmenichlich; noch cin greulich Erempgl.ıa. Denen Sirchendienern wird insgemein alles Krie
weſen ernftlich unterſaget. 15. bie Die jeltfamen Handel deri@ferifey immer ärger worden. 16. Der Iirfprung, woher die Bir
fihöffe groſſe Fürften worden; 17. Klagen bharuͤher 18. Drigenis Warnung Davor;
denen Biſchoͤffen ausgebrochen, wurden andere auch gethan haben, wenn fir gekonnt,
daß der Eräftigen. Gnade in CHriſto dabey gan
vergeſſen wurde. Bald mußten die ——
Besheitsfünden nur Schwaͤchheiten und Fehler
heiſſen, weil fie entweder von den Predigern felbft
oder vornehmen Leuten degangen waren... Bald
wurden die Evangelifchen . Berheiffungen ohne
Unterfcheid und Bedingung eines: tätigen Glau
bens allen unbußfertigen Suͤndern zugeth
Und wenn ein Keicher Das geringſte fcheinbare 7
gute Werk gethan harte, ob es gleich nicht aus
dem pen mar, wußten es doch die
Schmeichler bis an den Himmel zu erheben, Alle °
diefe und unzählige andere Arten der Schmeiche
(ey ereigneten ſich bey denen, welche die Welt
lieb Hatten, und von ihr wiederum mollten gelier
betgwerden. ul ee Yu
% J
* |
*
$.1. weil fie irdiſch geſinnet; viele ————— "
die Gottlofen deine. |
Man ſucht ſolchen
Don der verfallenen Kirchendiener unehrlichen Hand⸗
Die Biſcoͤffe ergreifen au
ein alles Kriegs⸗
ein Pabſt zeuget dagegen 19. Was bep
20.
4
I R ?
eg ftünden weltliheund unnuͤtze Sorgen bey 9.
ei
Pflicht gar wohl, und Fönnte beydes vol gar zu
ner Zeit und mit einem Herzen ohne Schaden abs
gewartet werden. Die natuͤrliche Hoffart triebe
gleichfalls die elenden Leute dazu, daß fie in diefe
und jenen weltlichen Gefchäften fehen laffen woll⸗
ten, wieflug, gelehrt, geſchickt und mächtig ſie waͤ⸗
ren. Dieſes Alle das Herz mit Unruhe an, Daß
man dahin frachfete, wie man fich in dieſe und jene
Verrichkung unter einem Vorwand mengen
Fönnte Wozu man fich entweder ſelbſten anbote,
oder andere dahin brachte, daß man darzu gezogen
werden mußte, In vielen Dingen war der Fan |
—
——
—
*
—P.
—
*
|
|
|
*
einem Kaufmann, Advocaten, Hoſmann,
et E — "
fhämeren weltliche Nahrung zu freiben, Dazu fie
nicht Befihkden waren, aeogand Gerchefänte
anzunehmen , Advocaten und Proctiratores zu
ven, mit Teftamenten, Contrarten und ande⸗
ven Rechtsfachen die Zeit Hinjubringen, und was
dergleichen greuliche EN mehr find. Zu
geſchweigen wie manchen eine verkehrte Luft und
natürliche Meigung zu folcher Zerftreuung und
unruhigem geben beachte indem er ſich beſg
Ol⸗
daten, oder zu anderer Profeßion geſchickt hätte,
als Pan fogenannten Geiſtlichen. Nachdem
er aber einmal dem HErrn als ein lahmes und
krankes, und alſo als ein untuͤchtiges Opfer ge—
wiedmet war, hatte er nicht gelernet in der Kraft
des lebendigen Glaubens durch den Heil. Geiſt
feine verkehrte Begierden zu überwinden, und daher
brad) nun in feinem teben aus, was er im Herzen
tte.
2. Bor dem theuren Wort GOttes hatte ein
ſolcher einen Eckel, und hielt es gleichſam vor feine
Strafe und Plage, wernerdaffelbe nur Aufferlich
und obenhin um der Beſoldung willen handeln
mußte. Drum war er fo ſchwer daran zu brin⸗
en, und wenn es ja feyn mußte, fo eilte er davon,
(6 bald er fonnte , zumal erüberall fein eigen Urtheil
darinnen antraf, und die füllen Berkeiffungen
Gottes nicht ſchmecken Fonnte, weil fie ihn bey fei-
nem Unglauben nicht angiengen. Das Heil der
Zuhoͤrer war ihm niemalsein rechter Ernft, daher
batte er aud) feine Freude, wann er fie lehren foll-
te, fondern that alles gezwungen und ungerne.
Sch will nicht fagen, wie fauer es den meiften
ward, eine Rede an das Volk zu thun, weil fie
nichts als Böfes im Herzen hatten, und dahero
anderndas Wort ftahlen , auch je eher je lieber
wiederum davon waren. Deswegen giengen fie
nun lieber mit ſichtbaren und irdifchen Dingen
um,meilfieirdifch gefinnet waren, indem fiedabey
gleihfam in ihrem eigenen ‚Element waren, da
fie fonft etwas fremdes handeln mußten, wenn fie
mit geiftlichen Dingen umgehen follten. Zwar iſt
nicht zu leugnen, daß viel annoch vechtichaffene
Lehrer mit ihrer höchiten Beſchwerung bisweilen
auch zeitliche Geſchaͤſte Haben und abhandeln
müffen, da e8 etwa durch langiwierige Gewohnheit
eingeführet gewefen, daß von ifnen die Kirchengü-
ter, Almofengelder, Verſorgung der Witwen,
Wanfen und Armen, Vertheidigung der Bes
drängten und dergleichen hat müffen veraltet
€ narifund Dermengung in weltfiche Händelic.
erlid "werden. "Denn die apoftolifche Weife warıganz
und gar vergeffen wörden, da die Apoftel ihnen
ſelbſt nicht getrauet hatten, zugleih am Worte
und auch am Tiſche zu dienen, Apoft. Gefch.6,
2. Da nun anfangs diefe Sorge vor zeitliche
Dinge fonderbaren $euten anbefohlen geweſen,
ward nachmals diefelbe auf eine Perfon zuſam⸗
men geleget, und der $auf des Evangelii durch
ſolche Vermengung merklich gehemmet.
3. Man brauchte auch darinnen nachmals kei⸗
ne Borfichtigkeit , daß man diejenigen Lehrer damit
nicht verfchonete, die fich zu Rechnungen und
Haushaltungen nicht ſchickten, oder denen font
dergleichen Dinge fo viel Verdruß brachten, als
den Weltgefinnten die Handlung des Worts und
der Lehre. Das machte, es fehlte ſchon bey anges
bendem Verfall an folhen Männern, wie fie die
Apoftel darzu haben wollten‘, die ein gut Gerüchte
hätten, und voll Heil. Geiſtes und Weisheit waͤ⸗
ren, welche man zur diefer Mothdurft hätte beftels
(en fönnen. Des wegen rechneten nun dieBerftäns
digen diefe Unordnung der geijtlichen und Teiblis
den Sorgen allerdings unter die groffen Miß—
bräuche, die unfäglichen Schaden im Lehramte
thaten. Mur eine folhe Klage anzufüßren, fo
jammerte Ebrypfoftomus heftigdarüber: *egund
„ind die Biſchoͤffe zu Handelsleuten, Verwal
„tern und Voigten worden. Ya, die Sorge der
„weltlichen Dinge hat fie foüberfallen , daß, da fie
„ſollten die Seelen verforgen, fie felbige unterlaf
„ien, und daran denfen, was denen Rentmei—
„itern, Schöffern und Zolleinnehmern zukommt,
Worauf er ferner vor feine Perfon davon frey zu
werden wuͤnſchet, und die groffe Hinderniß feines
Amts dabey andeutet. „Ich beweinediefes nicht
„vergeblich, fondern daß eine Aenderung deswe⸗
„gen getroffen werde, damit aud) id), der ich dies
Ki groffe Dienftbarkeit ausftehe, Barmberzigfeie
„erlange, und ihr ( Zubörer) die Fruͤchte und
„Schaͤtze der Gemeine bereitet. Wollt ihrs aber
„richt alfo machen, ſiehe, fo find die Armen vor
„euren Augen, won denen wir ernähren mögen ,
„ſo viel wir koͤnnen, die andern wollen wir euch
uſchicken. Diefe Härtigfeit machet auch uns
„eben euch zu Spott: indem wir das Geber
„und Predigen und den andern Gottesdienſt
„unferfaffen müffen, und davor mit den Wein:
„und Kornhändlern und andern Handelsleu—
„een die ganze Zeit über zu thun haben, da-
„ber denn Zanf, Streit und Schmaͤhung täg-
„lich entſtehet, und ein jeder Priefter von denen
„weltlichen Gefchäften gewiſſe Namen Friget.
aaaaaz „Gleich⸗
” u
924
„Öleichwol Eönnen wir Chriſto nicht anders fol,
„gen, als wenn wir von allen weltlichen. Sorgen,
Frey find. Nun aber müffen leider !die Prieſter
Goites bey der Ernte und Weinlefe mit feyn,
„und dabey ſtehen, wenn die Früchte gekauft und
„verkauft werden, »).
4. Aus diefen Worten fiehet man den elenden
Zuſtand des Lehrftandes zu felbiger Zeit, da. der⸗
Abe nicht allein mit Rechnungen, Einnahme und
usgabe beleget war, fondern auch mit den ge-
tingften Verrichtungen nicht verſchonet blieb ,
wenn die Riechendiener bey der Ernte und Wein⸗
leſe mit ſeyn mußten, Wurde doch den Prieftern
im Alten Teftament dergleichen nicht zugemutbet,
wie diefer Mann gleichfalls Elagee, und von dem
groffen Schaden diefes beyfüger: "Es entſtehet
„daraus eine. groſſe Berfäaumniß der H.Schrift,
„eine ſchreckliche Nachlaͤßigkeit im Gebet und
„Berachtung aller andern Dinge. Denn es iſt
„einem Menfchen unmöglich, daß er fich mit ſei⸗
„nem Fleiß und Mühe auf beydes erſtrecken
„foll;b). Und freylich heiſſet es recht von folcher
ſchaͤdlichen Verknüpfung der geiftlichen und welt-
lichen Sorgen, was jener ‚von Vereinigung der
Biſchofthuͤmer und weltlicher Herrſchaft ſchriebe:
„Wer ein weltlicher Fuͤrſt ſeyn will, dev danke
„nur immer von der Priefterfchaft: ab. Denn beys
„des erfordert den ganzen Menſchen, eines ift
„ganz äufferlich und fleifchlich, das andere iſt in:
„nerlic und nun nach CHriſto ganz geiftlich: das
„eine braucht die. höchfte Sanftmuth, das andere
„Schärfe und Zorn: dag eine dienet feiner Heer⸗
„de, dasandere herrfchet über fie. Eines bedarf
„Güter, Soldaten und Beſatzung, das andere muß
„von äufferlichen Sorgen leer feyn, damit es im
„Worte ungehindert anhalten koͤnne. Und kurz,
„das Zeitliche hindert hauptfächlic) das Geiſtliche,
„deswegen auch Chriſtus, die Apoſtel und H. Vaͤter
„ernftlid) verbieten, daß die Kirchendiener nicht mit
„zeitlichen Hinderniffen aufgehalten würden e).
5. Diejenigen aber, die zu folchen zeitlichen
Sorgen angeftrenget wurden, hatten noch einige
Entſchuldigung vor denen „welche fid) ohne Noth
und Zwang darzu begaben. - Wir haben im vori⸗
gen Capitel etwas gedacht, wie man auch in der
erften Kirche die weltlichen Streitfachen vor Die
Kirchenvorfteber ‚gerader Da war nun ofne
Zweifel vielen ſolche Handlung ſehr befchwerlich,
wie and) nachgehends Die Rechtfchaffenen noch bes
a) Chryfofformus homil, 87. in Matth. b) Idem l.c.
8.3. Don dem Abfall ‚der Chriſten von dererfien Kauterfeit. —*
kannten obgleich die andern
eine groſſe — —
vorhin geſehen, und weiter in werden
Alſo klagt Auguſtinus lbſt: “Er ſtehe
„vlel aus bey dem unruhigen verwirr
Fremder Streithaͤndel von weltlichen Sa
„er entweder durch Urtheile entſcheiden, oder di
»Bermictelung aufheben müffe,,. Und da man
ohne Zweifel Pauli Verordnung vorgehalten hat
ıKor.6, fo antwortet cr: Es ſtehet gleichwol nir⸗
„gends geſchrieben, daß Paulus jemals mit der⸗
„gleichen Dingen umgangen ſey, davon ich mich
„nicht los machen fan. Denn er hat nur zulafs
„ſen wollen, daß folche lieber zu Richtern gefegee,
„würden, wenn es an elle Leuten fehlete, als,
„daß die Händel der Chriſten vor die Richter ge⸗
„bracht wuͤrden, q). Hingegen war es mit denen:
gar anders bewandt, welche ſich zu weltlichen Haͤn⸗
dein entweder mit Gewalt drungen, oder fonftmit
gift practicirten. Und diefe fchändliche Gewohnheit
war nun unter denen Bifchöffen fo ſehr eingeriflen,
daß es faftein allgemeines Hecht war, Dameng-
fen fic) Die eßrgeizigen und, unruhigen Biſchoͤffe
nicht allein in fremde geiftliche Nemter,fondern auch
in weltliche, jain die allerhöchften und wichtigften.
Gefihäfteder Potentaten. Beydes lieſet man von
dem bekannten Epipbanio, welcher in feiner Syn»
fül Eypern Priefter und Richter zugleich war, und,
wie man zu reden pfleget, den einen Fuß auf dem
Rathhauſe, den andern aufder Kanzel hatte. Denn
die. Hiftorici verfichern von ihn, “daß er mit groſſer
„Macht fichin die politifcheSachen verwickelt habe,
„und Dadurd) ſowol bey denen Einkeimifchen als
Fremden bald bekannt worden fey„e). Er ließ aber
n, die,
feine meAurgwy RorVvn nicht in dieſer Inſul ein-
geſchloſſen ſeyn, ſondern er eilte bey denen Streitig«
feiten Chryſoſtomi auf Theopbiti von Alerandria
groffe Inſolenzien, oder, wie esdie Berftändigen b
lig nennen, er nahm ſich aus Verwegenheit eine
groſſe Licenz hinaus k). Denn er feßte ſich nicht
weit von der Stadt in eine Kirche, hielte da oͤffent⸗
lich das Abendmahl, ja ordinirte eigenmaͤchtig und
wider Die Kirchenverfaſſungen einen Diaconum.
As ihn Chryſoſtomus aufs fꝛeundlichſte zu fich bit⸗
ten ließ ſchlug ers ihm rund ab, verfammletediean-
dern Bifchöftezu fich, und las eine Berdammung
der Bücher Origenis her,forberte von ihnen Bey⸗
ſtimmung , und proſtituirte ſich fonftüber alle *
en.
Anſtiftung nach Eonftancinopel, und begieng albe: |
ls -
©) M. Anton. de Dominis lib. VI. deRep. Ecel.c, 8.1.10,
d) Lib.de Mor. Mon.c. as. €) SoXomenn: lib. VI.c. 34. f} Centuriat. Magdeb. Cent. IV. c. VIIL p. 643.
rs
*
1 _
ae}
|
—
ten 4
es alles er nicht aus Noth oder goͤtt⸗
v Chriſtenthum, fondern nur
gotrlofen in und dem feindfeligen Theo:
philo zu Gefallen that; als weiter unten foll gefa-
get werden g). ——
6. Diefer Mann aber hatte viel feines gleichen
in ſelbiger und folgenden Zeiten, welche entweder
die arorgwemirnomiay begiengen, oder in frem⸗
de Aemter griffen, dazu fie Feine rechtmaͤßige Ur—
fahe weder vor GOtt nod) Menfchen anführen
fonnten; oder auch der Gerichtshändel und ande:
rer weltlichen Dinge ſich ohne Noth theilhaſt mach⸗
ten. Das legtere gefchabe folgends gar zu haͤu⸗
fig, nachdem fie mit Geiftlichem niche fo gerne
als mir Weltlichem umgiengen. Es fit fchon etli⸗
chemal berichtet worden, wie die Bifchöffe auch
auf Bergünftigung der ‚Obrigkeit die Parteyen
entfchieden haben. Nun waren ihnen hierbey ge⸗
wiſſe Schranfen gefeget, daß ihren Amtspflich-
ten dabey Fein Abbrud) gefchehen ſollte. Wiewol
nad) der Theologorum eigenem Urtheil "die Rays
„ter Flüger gethan hätten, wenn fie die Biſchoͤf⸗
„fe, oder, wie fie jetzo heiffen, die Superinten-
„denten in ihrem Kivchennefte gelaſſen hätten,
„und feinesweges zu welclichen Gefchäften ge»
„brauchet, oder ihnen felbige zugelaffen ; fo wäre
an groffe Verwirrung nicht gefchehen.
en diefe worumeryuoruvn bat nicht allein
„den obrigkeitlichen Stand- verderber , fondern
„auch ein ziweyföpfiges Ungeheuer ans Licht ge-
„bracht, das vorn einen Biſchof und Kinten ei
„nen Politicum oder Weltmann vorfteller,, h).
Maſſen aus folcher Licenz denen Fleifchlichgefin-
neten die Begierde immer wuchs an den Höfen
zu ſeyn, Regierungsfachen zu erpediren, Rech—
nungen zu führen, ja endlich gar Soldaten abzu⸗
eben ; wie wir bald ordentlich hören werden. Sie
dit
1, wie fie ſich etwa ben aroffen Herren in Ere-
möchten, als wenn ſie noch fo wohl die
Negimentsfachen verftünden. Daber wurden
die Biſchoͤffe und Prälaten groſſe Neichsräche,
Kanzler, Cammerrätbe unddergleichen i). - Wel-
che aber nicht zu ſolchen hohen Aemtern gelaf:
fen wurden, die wußtens font liftig geriug zu
fpielen , daß fie dennoch immer die Hand in
weltlichen Angelegenheiten mit haben durften.
m Erempel, fie wandten vor, daß fie fich der
nfhuldigen und Bedraͤngten annehmen muͤß⸗
ten, und zufehen, daß ihnen von dev weltlichen
» Einarifund Dermengung in weltliche Handel und fremde Aemter xc.
925
Obrigkeit nicht zu viel gefchäße, Deswegen
machten fie ihre Tempel und Altäre zu Freyſtaͤd⸗
ten, dahin alle Böfewichter und Uebelchäter laus
fon und Sicherheit ſuchen konnten. Sie legten
für die Verurtheilten Fürbitte ein, blos damit
Be nen ug hatten, wi in > Gerichte eins
teden durften ; wie wir fchon oben im fünften
Buch bey den Seibesftrafen gefeben, *
7. Da auch ſchon dieſer Greuel fo Koch geſtie⸗
gen war, daß faſt jedermann einen Abſcheu davor
hatte; ſuchte man ihn zwar einiger maſſen zu mil»
dern, aber ohne einigen Nachdruck. Denn die
Vortheile der ehr⸗ und geldgeizigen Pfaffen ſchie⸗
nen ihnen zu groß zu ſeyn, als daß ſie dieſelbigen
fahren laſſen ſollten, und ſich der weltlichen Sors
gen und Regierung begeben. - Es ift faſt laͤcher⸗
lih, was man auf den Conciliis bisweilen vor
wunderliche Schlüffe gemacher hat, da man der
Cleriſey ſolche Dinge verboten, die ohnedem Fein
wahrer Chriſt mit gutem Gewiffen treiben kann:
da hingegen die Mißbräuche ausgelaffen worden,
welche dent geiftlichen Orden fein weltliches Reich
unterftüßten. Alfo ward in einem dieſes Regie
fter von weltlichen Gefchäften gezaͤhlet, die den
gehvern nicht zukaͤmen, “die Unzucht und alle
„fleifchliche füfte, wann ein Menfch mehr als
„recht iſt, begehret, fchändlicher Gewinn, unges
„rechte Gefchenfe, die vor eine weltliche Sache
„gegeben, oder genommen werden (als wenns in
„geiſtlichen Sachen nicht noch mehr unrecht
„wäre); ingleichen Zanf und Streit lieben, in-
„weltlichen Gefegen Proceß führen , weltlicher
„Dinge wegen advociren, unziemlichen Scherz
„treiben, -fpielen, Kleiderhoffart treiben, wohl⸗
„lüftig leben, freſſen und faufen, unrecht Maa
„und Gewicht haben, ungerechte Handlung freis
„ben, Hunde zur Jagd balten, in allzu groffen
„Freſſereyen und Weinſaͤufereyen leben, (wenn
„fe nicht allzu groß waren, gieng es nach ihrer
„Meynung wohl Hin,) Ueberfluß in allen Sachen
„haben, k). Da fieher man die elende und unzu⸗
länglidye Mittel, welche nur zum Schein anges
wendet worden, und weniger als nichts bey dem
unergruͤndlichen Verderben gefruchtet. Geſtalt
man immer noch darnach klagen muͤſſen, daß der
Ehr⸗ und Geldgeiz der Cleriſey nicht allein ſich
der hoͤchſten weltlichen Dinge annehme, ſondern
auch in die geringſten und veraͤchtlichſten mit ein⸗
flechte, wo er nur etwas vor ſich zu bringen hoffe,
Aaaaaaz3 8. Bon
*
⸗ — *
8) Sterates lib.VI.e.i2. 14. 15. h) xænigius Sec. I. Cat Confe. qu. 4. Quenfledins Antiqu. Eecl. e. II. ı. 5.
$.3- i) Vid, Zieglerus de Diaconis c, III. m 36, e Parkeri Antiquit, Britann, k) Concıl, Mogunt: I. c. t3.
*
*
8. Ben jenemredeten die Zeugender Wahrheit
frey und öffentlich, und verdammten die weltli⸗
„she Regierung an den Geiſtlichen, und daß. fie
„fic) das Recht über geben und Tod angemaflet
„hatten,,‚ungeachtet fie in Bann gerhan und druͤ⸗
ber zu Keßern gemacht wurden , als unter andern
dem Bifchof zu Brixen, Arnoldo, widerfuhr !).
Bon diefem wurde gleichfalls geklaget, “Daß die
„Bifchöffe die fürnehmften Amtsverrichtungen
„denen Geringſten überlieffen, fie ſelbſt aber die
„neringiten Verrichtungen vor fid) behielten, da
„fie weltliche Nichter und Rentmeiſter abga-
„ben„m). Sonderlich fieng ſich bey Zeiten ein
groſſer Mißbrauch unter der Clerifey an mit den
Bormundfchaften- und Teftamenten , die Denen
Lehrern zu verforgen aufgetragen wurden. Der
alte Eyprianus hat ſchon zu feiner Zeit fehr da⸗
wider geeifert, da die Cleriſey anfteng die Welt
lieb zu gewinnen. Dabero er diejenigen Bart be:
ftrafte, welche vor ihrem Tod einen Kirchendie⸗
ner zum Vormund der Ihrigen beftellten, und:
alfo zu weltlichen Verrichtungen zogen n.) Denn
er gedenfet, “wie dieſes vorlängft in den geijtli=
„en Berfammlungen alfo befchloffen worden,
„daß die Auffeher und Xelteften Feine Curatelen
„auf ſich nehmen follten, zumal da die Apoftel es
„verboten hätten, Apoft. Geſch.6, 2.3. 2 Tim.2,
4. Und weil dieſes von allen geſaget fen, fo foll-
„ten vielmehr die Lehrer mit weltlichen Beſchwe⸗
„rungen und Banden nicht belegee werden, als
„welche mit göttlichen und geiftlichen Sachen be:
„chaftigee feyn müßten , und alfo nicht Die Ge—
„meine verlaffen, und zuirdifchen und weltlichen
Haͤndeln fich wenden dürften,,o). Der Schluß
des Concilii, deffen er gedenfet, war ohne Zwei⸗
fel auf dem erften Carthaginenſiſchen gefaffer, ver:
möge deſſen derjenige zu Feinem Lehrer verordnet
werden durfte, welcher ein Bormund von Wit:
wen und Wayſen warp). So aud) in feiner
Maafle garrecht geordnet worden, weilein Kir-
chendiener mit foldyen Dienften billig nicht foll
beleget werdeng). Hievon aber iſt oben bey der
Berforgung der Unmuͤndigen ſchon mehr geredet
roorden.
9. Hievon aber foll bey der Erzehlung vom
Geiz ein mehrers folgen, und fonderlicy gezeiget
merden,daß diefe Art der moAungaypesvvns(Pra-
ctieirung allerley Händel,Jnicht allein aus Ehrgeiz
ap. Auftorem Gatal. Tefl. Verit. p. 645.
1) Balaus
p) Can. 8.
66.. 0) Epift. ı.
mon. ſec. neg. Clerici etc. canonum 14. 9. 14.
—
q)-Ofiander ad hune can. in Hiſt. Ecel. Epit.
s) Concil. Aurelian. II. Vid. Ius Canon. c. confequens. c. negotiatorem er je
t) Valentinianus III. Nonela
C. Theod, de Epiſc. Gratianns |. ı1. €. Th. de Inftr. Collat.
oder Eigenſinn hergerübret, m;
Gewinn angefehen geweſt. Jetze ſetz
etwas weniges hinzu von der unehrlichen 5,
thierung welche die verfallenen Kirchendiener
ofte getrieben haben. Denn da hatte man ſchon
im Anfang des 4. Seculi Em zu verbie⸗
ten, Daß die Auffeher und Aelteften, nie auch
„Diaconi von ihren Orten nicht wegeeifen follten,’
„un Handlung zu führen, und nicht im Sande)
„herum ziehen, sgewinnfüchtige KRaufmannfcdjafei
„zu treibeny;r), War es aber ſchon Damals hie⸗
rinnen arg, jo wurde es gewißlich hernach un⸗
gleich Arger, je unverfchämter fich die Cleriſey in
alle weltliche Handel mengere. Man konnte da
faft nicht mehr der Gewinnſucht anderer Leute
fteuren, weil ſie bey den Kirchenvorſtehern ſelbſt
fo eingeriſſen war, daß Fein Verbieten noch Stra⸗
fen mehr half. Denn da verordnete man faſt vers
gebens, “daß die Kirchendiener nicht aus Ges
„winnſucht Handlung treiben ſollten, ‚als wie die
„Öffentlichen Krämer,s). Die Obrigkeit) feibit
wurde Durch dag groffe Aergerniß gezwungen: ein!
Einfehen zu haben, und der Elerifey alles Hans.
deln und Wandeln feharfzuverbietene).: Welches.
diefe Doch obnedem; zummenigften des äufferlichen.
Uebelftands wegen, hätten unterlaffen follen, wenn
fie ja den: unerfeglichen Seelenſchaden nicht bez.
denken wollten. Noch fchändlicyer wares, wenn.
die Kayſer gar ihnen wol die Handlung zulieflen,.
jedod), Daß fie die gewöhnlichen Abgaben davon,
erftattetenu). Wiewol fie meiftens diefe Be—
ſchwerung durch ihre gewößnlichite Künite von
ſich ablehnten, und gewiſſe Privilegia brauchten,
kraft welcher fie frey, und ohne die Gebuͤhr dar
von zu geben, handeln. und wandeln dürften.
Und ob fie gleich). hiemit denen andern Leuten, die
fich davon lediglich erhaltenmußten, groffen Ein:
trag thaten, fo durfte ihnen doch niemand etwas
fagen, weil fie abermal einen heiligen Schein vor-
endeten, als wenn fie alles um der Armen und’ -
Berlaffenen willen thaͤten, da fie doch das meifte
Far unten folgendem Bericht in ihren Beutel
eckten.
10. Es ſahen aber auch die Politici wohl, was vor
Ungerechtigkeit und Betrug dahinter ſtaͤcke: dahero
fieausdrücktich in ihren Gefegen Den gemößnlichen
Zoll auf die geiftlichen Handelsleute legten,
und-
m) Erafmus Schol. ad Hieronymi Ep. adPaulin. n) Ep.
r) Concil. Eliberinum c. 10.
q. difl. 88. c. 6. X. ne Cler. vel
II. u) Conflantinns I. 8. et 14. 4
bringen wollten. Darum fegten
Ausfehreiben dazu : Wenn ihr Gor-
‚„tesdienft wahrhaftig ift, dasift, wenn fie wahr-
spofkige Beiftiche find, fo find fie fehuldig den
Armen und Mothdürftigen zubelfen„, x). a,
|
ſoliten, und entweder die HMlung fahren laſſen
„und den Gottesdienſt abwarten, oder Das Lehr⸗
„amt übergeben, und alfo die gehörigen Gefälle
* „fowol als andere mit abtragen,.. Woben diefe
nachdenkliche Urfache gefeger wurde: Es fey ein
ggroſſer Unterſcheid, wenn die Befoldung des
s;Sottesdienftes wegen genommen werde, und
„wenn man fie mit Betrug heraus practicirte,,
anzudeuten, daß bishero viel Unterfchleif und Be-
trug von folchen Kramern vorgangenfey y). Hie⸗
von aber bald ein mehrers. Gleichwie nun diefes
ärgerlihe Wefen von denen verftändigen Welt:
leuten moͤglichſt verhindert und verboten wurde;
fo geſchahen nicht weniger der vorerzäßlten frem⸗
den Haͤndel wegen dann und wann ernſtliche Ver⸗
bote. Insgemein findet man viel Satzungen,
die denen Kirchendienern unterſagen, daß ſie ſich
in keine weltliche Geſchaͤfte mengen ſollen z).
Von dem Apoſtel Petro hat man noch eine
alte Erzehlung, Daß er dem Clementi fonderlich
vor feinem Tod anbefohlen habe, “er ei nur
„dem Gebet abwarten, und ſich in weltliche Sor⸗
„gen nicht mengen,, a). Welches auch in denen
fogenannten apoftolifchen Regeln wiederholet
worden b). .
ur. Es iſt leicht zu erachten, wie ſehr ſich diefes
antichriftifche Wefen bereits unter Conftantino
mag geäuffert haben, da ſchon im Jahr 431. diefe
Berordnung wider den Eingrif der Bifchöffe in
fremde Gemeinen mußte gemacher, und Daben der
anfangenden weltlichen Gewalt unter den Di
ſchoͤffen mo gar Die Worte felbiges
Eoneilii geben uns folgendes: “Es foll nicht un⸗
„ter. dem Schein des: Kitchendienftes ein Hoch
„muth weltlicher Gewalt einveiffen , Damit wir
„nicht allgemach die Freyheit unverfchens verlie-
„ren, die uns unfer HErr JEſus Christus, der
ran aller Menfchen, mit feinem Blut erwor⸗
gben hat, ce). Bald darauf ward abermaldiefes
—8 x 4 a,
am
eh dadurch befchämen und auf Gefeg gemachet: “Etli
08 ward gar öffentlich anbefo len, “daß die geilt-
„ichen Handelsleute eines ya beyden erwaͤhlen
927
che unter den Kirchendie⸗
„nern pachten fremde Güter um ſchaͤndlichen Ge-
„winns willen, und freiben weltliche Handel, vers
„faumen den Dienft GOttes dabey, laufen da=
„dor fir den Häufern der andern Leute herum,
„und vn forgen ihre Güter auslauter Geiz. Darts
„um verbeut der Synodus, daß niemand Bits
Fuͤro von den Bifchöffen, Kirchendienern oder
„Mönchen weder gewiſſe Aemter Dingen, noch
ſich in weltliche Handel mifchen fol, u. ff. d)
Inſonderheit wurden ihnen alle Gerichtshändel
unterfaget, J fie keine Advocaten und Procuras
tores abgeben follten e); ja es follte derjenige niche
einmal zum Kirchendienft gelaffen werden, ber
zuvor in weltlichen Gerichten gedienet hatte F).
Dabey zwar der Eigenfinn immer etwas zu bes
dingen und einzuſchraͤnken wußte, wenn fonder-
lich die päbftlichen Rechte einen Haufen auszunehe
men hatten, und der Cleriſey die Sreybeit ‚die
weltliche Gerichte zu ftören, nicht wollten genom⸗
men wiſſen g). Und da die alten Roͤmiſchen Bir
fchöffe ihnen verboten hatten, um feiner Urſache
willen aufdie Rathhaͤuſer und Gerichtsftuben zu
gehen h), fo leugneten es die Nachfommen, und
machten wunderliche Gloſſen nad) ihrem eigenen
Gefallen, nur damit fie bey ihren alten Gewohn⸗
heiten und Mißbraͤuchen blieben 1). "Darüber
ſchmeichelten auch oft die Politici denen Lehrern,
damit jene fie wiederum bay ihrem Willen ungee
Bindert liefen. Darum fihriebe jener koͤnigliche
Rath an -einen Bifchof diefe ſchmeichelnde Wor⸗
tes Ge weiber zwar die anvertraute Heerde
„geiftlicher Weiſe, jedoch Fönnet ihr dasjenige
„nicht verfäumten, was den gelb angehet, Denn
Wwie der Menfch aus zweyen Theilen beſtehet,
„alfo ſtehet einem frommen Vater zu alles beydes
„zu verſorgen k).
12. Ob nun wol dieſe jetzt erzehlte Arten, wo—⸗
durch die Geiſtlichen aus ihren Schranken aus—
geſchweifet, ſchrecklich und gefaͤhrlich genug wa⸗
ren; fo waren fie doch alle gegen diejenigen fait
gering zu achten, dieich nach erwehnen will. Nee
lich es fiengen fonderlid) die Bifchöffe noch bey gute
ter Zeit an, an flat der Bibel Schwerdter und
Spieſſe zu ergreifen , und damit andere Ärger als
die graufameften Soldaten anzufallen. Dabey
wir denn zuforderft nachfeben müffen, wern doch
\ J eigentlich
2) Valens 4 5.C. Theod. de lM-. Cellar. ) Arcadins I. 16. ibid. 2) Vid 2ry. ©. Zuflin de Epif. Tuftinianus
Nowella CXXJIL. c. 6. Leo Imp. Nouella LXXXVI. etc. Conf. Phorius VI. —— 13 · a) el in Vi-
‘ ta Petri ‚ap. Salmafium Apar de Prim. Pap. p. U. ‚b) Can. 6. ı9. 80. ct ibi Balfamen ac Zonaras in Schol.
©) Coneil, Ephefin. c; 8... d) Chalcedom, ©3. e) las Canonum. c. 1. et 2. X. ne Cler. Leo Imp. Nouella XXVI-
Auſtinus Imp- 2 41. C. de £pife. es Cler. f) Innotenrins 1. Epifl. 4. et 24-
h) Sylueiter ap. Gratianum ©. 11... 1. i) Symedns "Romana JI, c. 3. K) Apud Gaffoderemlib. XI. Var!ep.rı.
g) Vid. Gratianns €. vn, 15. qu. 2.
928
eigentlich aud) diefer Greuel unter den Ehriften
bekannt worden fey. Vor Eonftantino ift wol
nicht zu vermuthen, daß dergleichen jemals von
den wahren Lehrern gefcheben fey. Denn was
etwa in den erdichteten apoftolifchen Regeln ge
dacht wird, “daß die Cleriſey feinen Krieges-
„oienft verwalten follte,, 1), gehoͤret nicht in Die
erften Zeiten, wie fehen langt ausgemachet wor
den; Alfo finden mir erft in dem vierten Seculo
und in denen folgenden noch mehr folche betruͤbte
Erempel, die fich ſonderlich bey Gelegenheit der
Keligionsftreitigkeiten ereignet haben. Und hat
es freylich das Anſehen, daß diefe fogenannten
orthodoxen Prediger das Fechten und Schlagen
von denen Arianern müffen gelernet haben, Won
biefen findet man viel Nachricht, wie fie oft zu
den Waffen gegriffen und ihre Sache mit dem
Schwerdt ausfuͤhren wollen. Zu Alexandria wäre
einer, mit Namen Gregorius, gerne Biſchof gewe⸗
ſen, und weil er ſonſt nicht wol darzu kommen
konnte, fieng er die Sache folgender maſſen au.
„Er brachte ein Haufen liederlich Geſinde, Hir—
„ten und andere verlaufene Leute zufammen, fiel
„mit gewwaffneter Hand in eine Kirche dafelbft ein,
„biebe die meiften darinnen nieder, die andern
„ſteckte er in die Gefängniffe, oder jagte fie aus
„dem Lande, und verübte fonft greulichen Muth:
„willen, m). Diefes war der Ausbruch folder
weltgefinneten und blutdürftigen Herzen, die bey
ermangelnder Gelegenheit zu dergleichen Tyran⸗
ney fid) auf das freundlichite und fanftmürhigfte
anzuftellen wußten.
Gefechte unter denen orthodoren Predigern zu
Kom, da fie einander über dem Biſchofthum ers
ſchrecklich und graufamlich tractirten, fo gar, daß
eine groſſe Menge Volks darüber ermordet wur=
de ; wie wir ſchon oben bey dem Beruf der fal-
fehen Lehrer geſehen. Ferner haben fid) im fünfs
ten Jahrhundert durch ihre Tyranney und Blut⸗
gierigkeit ſonderlich einige Bifchöffe oder Patriar⸗
chen zu Alexandria beruͤhmt gemacht. Darunter
einer Theophilus, ein geſchworner Feind des
Chryſoſtomi, nicht leiden wollte, daß Dioſcorus
und einige andere von feinem boͤſen Leben redeten.
Daher die damaligen Moͤnche und Einſiedler an
einander hetzte, und eine groſſe Menge Volks,
Darunter auch viel Soldaten waren, als ein Ges
neral wider einen Ort anführte, da viel Klöfter
1) Canon. Apoflol. c. 83.
R 13. Nicht lange darauf erhub fic) das blutige
m) Achanafıus Epiſt. ad Solit. Vit. Ag. ct Ep. ad Orthod.in Perfecut. Soera#. lib. IL.
c.8. m) Nicephorus lib. XIII. c. 10. 0) Idem lib. XIIII. e. 14. Socrasss lib. VIL. c. 71.
q) Nicephorus lib. XIIII. c. 14. 15.16. Socrates lib, VII. e. 14. 15.
gebauet waren, fonderlichiaber
fcori anzündete, und im Grund.
bey dieſe verfolgte Leute kaum n
et und blos davon kommen fonnten n
fes mag eine ziemliche Probe voneinemunrußigen,
yeannifchen und graufamen Bifchof oder Super- |
intendenten an dergleichen noch genug: — |
den find. Ihm Agle im Bifchofehum Eyrillus
nach), der falt noMarger geroüter und gelebet hat,
als fein Vorfahr, und gleichwol bey allen folchen
Greueln ein orthodorer Lehrer und vornehmer Ber-
folger der Ketzer bleiben konnte; wie es die Hiſto⸗
rien ausweifen. Er nahm das Bifchoftfum mit
folcher Gewalt und äufferlichem Pracht ein, wie |
fonft die weltlichen Herren zu thun pflegen, und
majfete ſich alsbald aller weltlichen Dinge daſelbſt
an 0). Ja, ſeine Nachgier und Blutdürftigkeit |
brach fo fehr aus, daß, da die Yüden einen Zur
mult in der Stadt erreget hatten, er emegrofle
Menge Soldaten zu fih) nahm, damit auf die
Juͤdiſchen Synagogen zueilete, viel Juͤden nies
dermachte, die übrigen alle aus der Stadf ban»
nete, und ifre Güter dem Wolf preis machete.
Welche abfcheuliche Thac den damaligen Landes⸗
hauptmann, Oreſtem, ſehr verdroß, der ihm aber
deswegen nicht füglich beyfommen Eonnte, weil
er in feiner Tyranney allzufefte faß pP), 4
14. Man erfchricke nicht unbillig, wenn man
ferner liefet, wie eben diefer tyrannifche Bifchef
diefen Fayferlichen tandshauptmann oder a
denten fo unmenfchlicy tractiret hat, da fic) Dies
fer doch gegen ihn bey fo barbarifcher Bezeigung
viel beſſer anftellete. Der Bifchof brachte in die
500 Mönche zufammen, die den guten Oreſtem
öffentlich auf den Gaffen ſchmaͤhen und ſpotten
mußten, ja einer unter ihnen warf ihn mit einem
Stein gefährlih an den Kopf, melchen, daer
deswegen gemartert ward und darüber ftarb, ließ
ihn Eyrillus nicht allein in die Kirche begraben,
fondern machte ihn auch zueinem Märtyrer, wor:
über ſich verftändige Leute, wie leichtlich zu erach⸗
ten, heftig betruͤbten q). Noch eine andere greu⸗
liche That wird von ihm erzehlet, die ihm auch da⸗
mals insgemein und ohne Scheu Schuld gegeben
wurde, Es lebte zu Alerandria eine hochgelehrte
Frau, mit Namen Hypatia, bey welcher viel *
das Klo ee Di. |
verderb . Düse
te auch vornehme Leute aus- und eingiengen, ihre
Weisheit zu hören. Diefe war auch bismeilen
bey dem Präfidenten Drefte, daher die Partey
des Cyrilli ſchloß, und ihr übel nachredete, als
' wenn
p) Ibid. c. 13."
A
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We
N
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us mr
*
&
„den find, die ſie nicht e
*
2
wenn fie an der Feindſchaft zwiſchen dieſen beyden
Schuid haͤtte. Darauf verſchwuren ſich etliche
Soͤſewichter wider fie, deren Raͤdelsfuͤhrer einer
aus den Kirchendienern, mit Namen Petrus,
war: MWelchedenneinsmals auf fie lauerten, da
tes Haufe wollte. Sie nahmen das qute
- Weib mic Gewalt aus dem Wagen, fehleppten fie
in eine Kirche, brachten & darinnen auf das graus
famfte um, indem fie fie mit fpißigen Scherben
zerrißten und von Glied zu Glied zerſchnitten, die
Stuͤcke an einen heimlichen Dre warfen und mit
euer verbrenneten r), Was Fünnte wol grau:
amers unter den aͤrgſten Barbaren gefunden
twerden , wo eg diefe mehr als beftialifche That nicht
feyn N Wenn das glücfelige Zeiten vor die
Chriften heiffen follen, da der Satan mit offenba»
rem Morden und Nauben durch die vornehmften
Lehrer wuͤtet, fo weiß ich nicht, was Döfe Zeiten
feyn möchten. And gewißlich, wer den unbe-
fihreiblichen Greuel und die alleräufferfte Bos-
heit folcher damaligen Kirchendiener hieraus
nicht fehen will, der iſt ohne allen Zweifelverbien-
der und ihnen gleich gefinnet.
15. Es ift faft vermuthlich, daß diefe und der-
"gleichen Greuelthaten die andern Kirchenvor:
fteher bewogen haben, denen Kicchendienern
insgemein alles Kriegs: und Soldatenwefen zu
unterfagen bey Strafe des Bannes s): wiewol
dergleichen Anftalten bey einmal eingemurzelter
Bosheit wenig oder feine Frucht ſchaffeten. Die
weltliche Obrigkeit konnte auch faft wenig mehr bey⸗
tragen, nachdem fie der Cleriſey den Sigel ſchon
zu lang hatte ſchieſſen laſſen, und ſich ſelber alles
Ungluͤcks von den untreuen und boͤſen Leuten be—
ſorgen mußte. Weswegen ſie die aͤuſſerſte Noth
dazu triebe, ſchaͤrfere Verordnungen dißfalls er⸗
gehen zu laſſen, wenn dergleichen Exceſſe von den
Kematen Geiftlihen begangen wurden.
an Fann vieles hiervon aus einem Mandat des
Kayfers Balentiniani III nehmen, der aus Ber:
anlaſſung eines folchen ‚Erempels folgendes pu:
bliciren ließ. _ “Hilarius, den man einen Bifchof
Zu Arles nennet, hat aus bloſſem Frevel und wis
„over feine Pflicht, ohne Einrathen des Romiſchen
„Bischofs, andere Bifchöffe ordiniret. Und meil
„fie von denen nicht a angenommen wor:
t let hatten, hat er noch
daju eine Compagnie Soldaten geworben, und
„die Derter feindfeliger Weife entweder belägert,
ap. Von ihrem Eingriff und Vermengung in weltliche Handel und fremde lemter ec. 929
„oder mit Gewalt eröffnet, dadurcher durch Krieg
zum Siß des Friedens die Lehrer einführen wol⸗
„ten, welche doc) Frieden predigen follen, t).
So fiengendiefe Leute mit Gewalt und Blutver⸗
gieffen ihre Kirchendienfte an, und Fonnten aͤuch
Die Larve des Teufels oder ihr tyrannifches ehrgel«
ziges Herze nicht einmal bey dem Antrit bergen.
Sollte der Feind menſchlicher Seligkeit wol of⸗
fenbarer und ungehinderter unter den aͤrgſten
Hayden geherrſchet haben, als unter den damalis
gen Ehriften, und fonderlich unter ihren Anfuͤh—
rern? Aber Diefes ift feine Gewohnheit, "daß
er, wo ihm einmal von denen Menfchen etwas
eingeräumet wird, nicht eher nachlaͤſſet, bis
er feine Sclaven dahin gebracht, daß fie nichts
thun dürfen, wodurch der Name Gdttes nicht
auf das allergreulichfte geſchmaͤhet und gelä»
ſtert würde, Weil ihm aber noch mehr daran ges
legen ift, daß die Hirten und Vorſteher nicht allein
zur Lehre faul und untüchtig, fondern auch gottlos
und in ihrer Bosheit rafend werden, fo hater fül-
hen Leuten vornemlich zu allen Zeiten, und auch
Su denen jetzt vorhabenden nachgeftellet.
16, Es gäbe nun weiter aus den Gefchichten
der folgenden Jahre viel dergleichen feltfame
Händel der Elerifey anzumerken; moferne ich
nicht verhoffete, daß aus diefem ſchon erwehnten
die Sache offenbar feyn werde, zumalda aus dem
anlkand des 4. und 5. Seculi augenfcheinlich zu
ſchlieſſen it, daß es nad) dem mit diefem und an
dern Greueln ungleich ärger worden. Die Ge
lehrten Fönnen hiervon aus fonderbaren Büchern
genugfame Machricht haben u). Es ift nicht fo
gar unbefannt, tie fich unter dem gun die
Bifchöffe und Prälaten in den blutigen Schlacht:
ten, Belägerungen und andern Actionen mit fin
den laffen, wie fie groffe Herren zum Blutvergieſ⸗
fen aufgereizet, fie deswegen an einander geheßet,
damit ſie unterdeflen im Trüben fifchen, und Gi:
ter, Ehre und Macht zur Beute davon fragen
möchten. Sya,esiftder Sammer des verderbten,
ja ganz verlofchenen Chriſtenthums fo groß, daß
er von niemanden elend gnug Fann vorgeſtellet
werden. Und dieſes alles fieng fich ſchon ftuffen-
weife bey der angehenden äufferlichen Ruhe der
Epriften an, wuchs allgemach und unvermerkt
als ein verborgenes Feuer, bis es endlich in Belle .
Slammen ausbrach, und alles, was es ergriff,
verzehrete. Denn je mehr täglich der weltliche
Bbb bbb Pracht
r) Idem. II. cc. „s) Coneil. Chalkedon. c. 7. Add. Turonenfe I.c.5. Ilerdenfe ap. Gratianum dift. 50. c. 37. To-
leran. IV. Ibid. c. Cleric. 23. q. 8. etc. t) Nowella in Append. Cod. Theodo/. tit. 24. u) Vid, vel Cap. Zieg-
leri Epifcopus Miles ſ Zuöngogunev Eeclefiafticum, Renari a Vale Hipparchus ſ. de religiofo negotiatore. it.
Cl. Efpencans lib. I. Digrefl. c. 3. 4.
939
Pracht derer Biſchoͤffe zunahme, und fie nicht al»
lein geringe Landguͤter, fondern ganze Flecken,
Städte, Schlöffer und Veſtungen durch Liſt und
Gewalt an fich brachten; ja endlich ganze Herr:
fhaften, Grafſchaften, Fürften: und Herzog:
thuͤmer gewonnen, je mehr ſpielten fie dabey Herr.
Und weil fie fahen, daß die weltlichen Potentaten
durch die Kriege fo reich und mächtig inder Welt
würden: fo fingen fie aud) an aus ihren durch
Raub gefamınleten Schägen Soldaten zu wer:
ben, fie ins Feld zu führen, und allendenen damit
Trotz zu bieten, die ihre weltliche Herrfchaft in
Zweifel ziehen oder nehmen wollten. Daher denn
Diefes erſchreckliche Hebel kommen, daß fie zwar
den Titel der Bifchöffe behalten, und ihn zum
Grund ihrer Landes Herrfchaft legten, auch des»
megen ftets unter allen voran feßten; das Amt
aber eines Chriftlichen Aufſehers über die Gemei⸗
neganzundgar vergaffen x).
17. Diefes ift nun der Urfprung, woher die Bi⸗
Tchöffe groffe weltliche Herren und Fürften wor—
den find, deffen Anfang und Grund allerdings in
Der angehenden Sicherheit unter Conftantino und
fernerhin zu fegen ift, auch von erfahrnen Scri—⸗
benten nicht anders gefeget wird. Es ift allbereits
erinnert, wie unter andern die Bifchoffe zu Ale:
randria fchon beyzeiten angefangen Herr zu fpie=
len und die rechtmäßige Obrigkeit von ihrer ha⸗
benden Gewalt zu verdrängen. Geftalt die Hi:
ſtorici ausdrücklich von Theophilo fchreiben:
„Bon derfelben Zeit an haben die Bifchöffe zu
„Alexandria den priefterlichen Stand und Or—
„en ganz Üübergangen, und eine Herrſchaft be-
„hauptet, auch alles mit Gebieten und Befehlen
»gerhan,y). Damit aber niemand meyne, als
wenn die Herrfchaft der Geiftlichen nur an einem
Orte angefangen hätte, fo wird von denen Nomi-
ſchen Bifchöffen ein gleiches verfichert, ja noch da⸗
zu geſetzet, daß fie langft vordenen zu Alexandria
die Herrfchaft angenommen z). Welches auch)
oßnedem von fo vielen in eigenen Schriften gnug⸗
fam angemerfet und bemiefen worden 2). ‘ya,
man fiehet aus vielen Umftänden, Daß es mit allen
Actionen der Kirchenvorftcher auf eine unbe:
dingte Gewalt und Herrfchaft angefeben gewe—
fen. Wohin denn aud) billig gedeutet wird, wenn
man nicht mehr zugeben wollte, daß ein Bifchof
auf ein Dorf oder ſchlecht Staͤdtgen follte geſetzet
werden: indem diefes ihm freylich Fein Anſehen
3) Zierlerus lib. IV. de Epife. c.14. 11.3... Y) Soerateslib. VII. H.E.c. 7. z)Idem ibid. c.ı1.
— en b) Concil. Laodicen. c. 37. et ibi Ofiander Cent.
de Privatu Papx magno numero exftantes.
% — |
8.5. Dondem Abfall der Ehriften von der erſten Lauterkeit. ———
und Gelegenheit mächtig zu werden bringen konn⸗
te b). Diefer unerfättliche Ehrgeiz fiel auch den
Berftändigen fo fehr in Die ber fie leicht
zubor fehen Fonnten, was vor Tyranney und ans
deres Unheil aus folcher geſuchten Herrſchaft ent-
ffeßen würde. Als man denn aud) unter andern
daraus fahe, wenn fie die Potentaten zu Unruh
‚und Krieg aufreizeten, da fie etwa fich felbft nod)
nicht getraueten, groffe Potentaten, Fürften und
Generals zu agiven c). ? F
18. Wie hoch der Uebermuth und Pracht ſolcher J
weltlichen Biſchoͤffe nach der Zeit geftiegen ſey,
wiſſen die Verſtaͤndigen ee zu beſchrei⸗
ben, Der fromme Bernbardus redet unter andern
alfo davon: “Sie wollen Diener CHrifti feyn,
„und dienen doch dem Widerchrift, Sie laf
„ren fich von.den Gütern des HErrn ehren, und
„geben ihm nicht feine Ehre. Daher kommts,
„daß man täglich fiehet einen folhen Hurens
„ſchmuck, einen Comödiantenhabit, und koͤ—
„niglihe Aufzüge, Daher trugen v güldene
„Sporen, Sattel und Zeug, das funfelt viel befs
„fer als die Altäre. Daher halt man prächtig
„Tafel, frißt und fäuft ſich voll, Laßt dabey geigen
„undpfeifen„u.f.f. d). Und ein anderer: “Die
„Biſchoͤffe hören niche mehr gerne, wenn man
„frage: Wo ift der Ehrwuͤrdige Bifchof? fon«
„oern man muß allerdings fagen: Wo finde ich
„meinen Durchläuchtigften Heren und Fürften?
„ſpricht man anderft, fo kommt man gleich in
„Verdacht. Die Urfache ift, weil fie lieber in der
„That Prinzen feyn wollen als Bifhöffe, und
„zum Fürftenthum geneigter find als zum Auf
„feberamt;, e). Wie auc) ned) einer: "Was
„find jeßund Die Bifchöffe? In zeitlichen Din-
„gen, wo bie beften Pfarren find, Da find ſie grofle
„Herren und Fürften, aber rechte Bifchoffe find
„fie durchaus nicht, f). Wie fehr aber diefes
nicht allein der Lehre CHrifti und feiner Apoftel,
fondern auch der gefunden. Bernunft felber zumis
der laufe, Haben faft unzählige Seribenten beriea
fen, derer bier zu gedenfen unnörhig ift. Und freye
lich ſchickten ſich diefe beyde hoͤchſte Stuffen der
geiftlichen und weltlichen Gewalt fchleihterdings
nicht zufammen, fondern da fie vereiniget werden,
heiſſet diefe Vermiſchung allerdings mit Recht
eine Mißgeburt, da ein Menfch zugleich Auffeber
der Gemeine und ein General feyn will, ein —
‚un
a) Vid. Auftores
V.lib. III. c.38.6
—2
x
F
.
ar
»
c) Vid. Grätianus e. quieungue e. 23. 9. 8. et conf, M. A: de Dominislib. VI.R.E.c. 8.n.32. d) BernhardusSermm
33 inCant. e) Georgius Wicelius in VitaRegia.
wg
f) M. Ant. de Dominis præf. ad L. de R.E.n. 10.
‘ii
3
—A—
*
*— eine Fuͤrſtin und Aebtißin
»-
4 4
eydes iſt ja mehr als zu wichtig und ſchwe
indem an beydes behalten und ve —
muß nothwendig keinem davon ein
ſchehen. a, tie Hercules zweyen
zugleich gewachſen gewefen, fo und
wi hen will,
noch viel we⸗
. niger Fann einer zugleich Fürft und Bifchof ſeyn
ſondern er wird felbft dadurchein Monftrum, wie
- die en reden 8)»
$
Wie wollen denn die
deutfche Biſchoͤffe Hierauf antworten? fraget eiz
ner hiebey h),
19. Schon ehe dieſes alles fich in der Chriftens
a ereignete, haben viel gottfelige Männer dafs
elbe gleichfam im Geift zuvor gefehen, und des=
wegen davor fo kreulich gewarnet. Ürigenes,
oder wer der Autor ift, bat unter andern alfo ge⸗
fhrieben ? “Wer da will felig werden, der koͤmmt
„nicht zur Herefchaft über Die Gemeine, ober ihr
„gleich voritehet, fondern zum Dienft. Dennes
„heiſſet aus dem Evangelio: Die weltliche Koͤ—
„nige herrfchen, und die Gemaltigen heiſſet man
„gnaͤdige Herren; ihr aber nicht alfo, Denn
„wennduder Schrift willt glauben, daß der in der
„Gemeine ein Knecht aller andern fen , welcher den
„andern vorſtehet: ſo muß ihn der Heiland und
„Herr felber überreden, der fo groß war, und doch
„mitten unter feinen Juͤngern Dienete,, i). Und
ob gleich die gottloſe Biſchoͤffe fo blind waren, daß
fie auf alle Weife die eingebildete Herrfchaft befe-
- ftigen wollten, wie ſowol unter den Griechen als
Sateinern auffam, fo zwange doch aud) die Wahr:
beit vielen ein folches Bekenntniß ab, als jener
Pabſt ablegete, wenn erunter andern fehrieb : “Es
„mag diefes wol vor der Zukunft EHrifti gewefen
„ſeym da} etliche zugleich Regenten und Priefter
ggeweſen. Aber nachdem die Wahrheit felbft fom-
„men ift, die gleich König und Priefter heiſſet,
kann weder der Kayſer Hoherprieſter, noch der Ho⸗
mbepriefter ** ſeynkſ. Ingleichen, wenn ein
anderer paͤbſtiſcher Scribente dieſes geſtehet:
Nachdem die Noch die Biſchoͤffe zu den Waffen
gebracht hat, ift es gefcheßen, daß fie mit der Zeit
„biefe immer mehr getrieben haben, fo bald die Ges
wohnheit —— daß ſie neben den Kirchen»
amtern auch weltliche Güter beſeſſen haben.
Welches denn ſolche Exempel find, Die mit unend⸗
8) Zieglerns prxf. ad Comm. de Epife.
€: 6. Conf. Baronins Ann. LXXXVIIL n. 2,
Denn‘
, und
Bbbebbb 2
- R h) Ofander Cent. V. lib.J.c, 30. i) Homil. 7. in Iefai. k)!
laus Epift. ad Michaelem Imp. ap. ‚Grarianum c, cum ad verum dift. 95. DNI. Efpencaus lib. I igred,
u
lichem Aergerniß verfnüpfer, und mit feine
Schrift noch Kirchenſatz beftatiger — on:
nen). RN ra
20. Was aber bey diefen Bifchöffen wirklich
ausgebrochen, das würde bey den meiften andern
von der Cleriſey nicht weniger fich gezeiget und
aleiches Unglüc angerichtet haben, woferne ihnen
Gelegenheit und Mittel nicht gefehlet bätz
ten. Geſtalt fich freylicy zu natürlichen und un-
bekehrten Menfchen nichts beffers zu verfehen ift,
als daß fie unausfeglich in der Welt ihre eigene
Ehre, * und Luſt moͤglichſt, auch mit Scha⸗
den ihres Rachſten befordern wollen. Von wels
cher Herrſchaft der Suͤnden die Kirchendiener
durch den bloſſen Titel und aͤuſſerlichen Beruf
nicht frey ſeyn koͤnnen, daferne fie nicht durch dem
Heil. Geift an ihrer boͤſen Natur geändert und
gereinigee werden, damit ihr Dienft lauter fey.
Bielmehr ift ihr Stand vor fie felbft und andere
deſto gefährlicher, je beftiger ihnen der Satan und
die Welt zufeget, und je unvermerkter fie unter eis
nem guten Schein betrügen und verführen fon»
nen, wenfie wollen. Wie aber diefes fich, ange:
zeigter maffen, zu unmiederbringlichem Schaden
vornemlih in den vergangenen Zeiten geauflere
bat: alfo ift auch anderweit nichts unmoögliches,
daß dergleichen Uebermuth und Inſolentz von ſol⸗
chen Perfonen koͤnnen begangen werden, deren man
fich wol nimmermebr verfeben follte, warn nicht
die berrübte Erfahrung ein anderes auswieſe.
Wie dergleichen in Glaubensfachen in der ver=
fallenen Kirche gefcheben fen, werden wir unten
noc) vernehmen welches aud) eben niemand von
zanffüchtigen und ehrgeizigen Clericis fo fehr De«
fremden kann. Alleine diefes hätte ihm mol nie=
mand träumen laffen, daß Die anfangs fo gering⸗
fcheinende Kirchenbedienten unvermerft und
ungewarnet zu einer fo unglaublichen Macht in
die Höhe ſteigen follten, daß fie aud) capable wor⸗
den, die größten Potentaten über den Haufen zu
werfen. Und gleichwol liegen die Facta fon«
nenklar vor unfern Augen, derer man fich bey
ſolchen Proceduren erinnern mag, die denenjents
gen ähnlich find, welche im Anfang der weltli-
hen Herrſchaft bey der Cleriſey vorgiengen.
Das
k) Nico-
”“(o) = — —
Von ihrem Geiz und deſſen Kennzeichen und Fruͤchten,
ſonderlich ihrer Simonie, unehrlichen Hanthierung, Wucher/
Unbarmherzigkeit/ uff. Ba,
Summarien. Ay
Hieronymi
Voꝛ der verfallenen Pehrer Geis; Cypriani Klage darüber. 9.1. Die Heyden trieben ihren Spott damit. 2..
Klagen über vornehme 3. und geringere. 4. Salvianus fchreibet dagegen: 5. Etlicher anderer Klagen Bi 6.
e
B5
Dieſen Miehlingen wares von ihren gottkofen Lehrmeiftern fo eingepräget: Die liſtige Bernunft weiß alles zu entſchul
ihre Erfindungen unsäblbar. 8. Schou su Ende des 3. Seculi fieng diefer Greuelan, nahm je mehr und mehr zu: 9.
öffentlich verbofen ; 2. Wucherey der Prediger wird unterfaget, 13. Der Bauchdiener Unbarmherzigkeit gegen die Arz
men. 14. Schändlich Kennzeichen des Geizes, Schmeichelen bey Befuchungen, untreuer Umgang mit denen Legatis; 15. Gi
monie der Cleriſey; Chryſoſtomi Klage darüber, 16. dergfeichen mehrere; 17. ganze Eoncilia [trafen folche Greuel: 18. Nach⸗
druͤckliche Erinnerungdagegen: 19. Klagen darüber. Bey Austheilung des Abendmahls muß von jedem mas geopfert wer⸗
den; Mißbrauch dabey. 20. Bon der Berforgung der Prediger Durch das zuſammen gelegte; Dteronymi Bekenntnig.zı. Die
erften dehrer waren mit allem zufrieden :_ Klagen über das erfolgte Berderben: 22. Wie Herrn Cave Diſeurs anzufehen. Dig
Kirche wird durchs Geld nicht gebauet, fonderneingeriffen. zı. Klagen über den Geiz ber Prediger.
+ Ir
Eratmi
Urtheil davon. 10. Thoͤricht Wefen zu faminlen und lachenden Erbenzu laſſen; Cyrilli Erempel. ı1. - Solche Greuel werden
b zwar annoch fehr wichtige Kennzeichen
: von der Hoffart der verfallenen Lehrer zu
O beſchreiben übrig find; fo werden fie doch
bequemer bis zuletzt ausgefeßt, da fie mit gleicyen
Materien folgends koͤnnen erörtert werden.
Demnad) will ich, mie ic) verfprochen, nach Jo—
Bannis Eintheilung, annoch Fürzlich die Augen:
luft, des Fleiſches Luſt ſamt dem Geldgeiz der
verfallenen gehrer zeigen. Nun ift an dem, wie
auch öfters erinnert worden, daß auch vor dem
offenbaren Verfall, und zu der Zeit, da die Bos-
heit ſich nur noch heimlich geveget bat, esfreylich
nicht fo gar an dergleichen taftern unter den Leh⸗
rern gemangelthabe. Denn da ift befannt, was
Cyprianus klaget, wie zu der Zeit, das es etwas ru⸗
hig vor den Verfolgungen geweſen, ſich alsbald
viel Suͤnden unter den Lehrern hervor gethan
ben. Nur eines zu gedenken, ſo klaget er uͤber
ihren Geiz alſo: "Viel Aufſeher, die andern mit
„Bermahnungen und Erempeln vorgehen follten,
„verachten das göttliche Amt, und legen ſich auf
„weltliche Dinge, verlaffen ihre Gemeinen, und
„halten fi) in andern Jandern auf, da fie Han:
„ebierung freiben. Sie fommen denen hungri⸗
„gen Brüdern in der Gemeine nicht zu Hülfe,
„wollen viel Geld und Gut haben, ziehen es mit
„Betrug zu ſich, überfegen die Leute mit Wucher
sh 3) Was diefer Mann von feinen Zei
ten als etwas felrfames erzehlet, Das wurde nach-
mals bey dem Verfall fo gemein, daß es faſt nicht
mehr groß geachtet wurde. Geſtalt man nicht
etwa heimlich oder verdeckt den Geiz triebe, fon:
dern öffentlich und ohne Scheu, als eine ganz zu-
läßige, gewöhnliche und zufrägliche Sache. Es:
muß gewißlic) infonderheit von denen Vornehm⸗
ften in der Cleriſey fo merklich und grob ſchon im
4 Seculo feyn getrieben worden, weil aud) die
Heyden damals bereits von der unerfättlichen
Geldbegierde der Lehrer unter ven Ehriften zu
fingen und zufagen mußten.
2. Merklic) ifts, und gewißlich nicht erdichter,
fondern wird vielmehr von der Harmonie der His
ftorien befräftiger, was ein heydniſcher Hiftori-
cus ausder Helfte diefes Seculi berichtet, nachdem
er das blutige Treffen zweyer Candidaten über
dem Römifchen Bifchofthum erzehlet hat, wenn
er alfo fchreibet: “Ich leugne nicht, wenn ich den
„groffen Pracht in Der Stadt anfehe, daßdiejeni-
„gen mit allen Kräften fich darüber zanken ſoll⸗
„ten, die folche Dinge gerne haben wollen. Denn:
„wann fie Diefes (nemlich das Bifchoftkum) er»
„langet haben, Fönnen fie fo ficher leben, daß ſie
„von den Gefchenfen der Matronen reich wer—
„den, laffen fih auf Kutfchen herum fahren, ge-
„ben wohl gekleidet, halteneinenguten Tifch, fo
„gar, daß Ihre Speifen koͤnigliche ee
„übertreffen, 6). Es erfcheinet aber daraus,
daß diefer Mann nach) der Wahrheit gefchrieben
habe, weil eben diefes andere Scribenten bezeu-
gen, und er dagegen wiederum die frommen
Epriftlichen Lehrer lobet, die an geringen Dertern
roohnten, und nicht fo viel zu verzehren häften, da⸗
hero auch nicht geizig und mohllüftig wären ec). Und
was fonnte man aud) dazu fagen, wenn gleichwol
der Geldgeiz der Prediger denen ——
v
a) 9 Lapfis. b) Ammianus Marcellinus lib. XXVII. Hiftor. ec) Idem ibid:
denen Chriſten fprah: "Macher mich nur zum Roͤ⸗
„inifchen Bifchof, fo will ich augenblicklich ein Chri⸗
„ftewerden,,d). Gewißlich, wo diefes nicht feinen
Grund in der Erfahrung gehabt hätte, Hierony-
mus würde ihn anders widerleget haben, als daß
er ihm nur fein he aufgerücker, weil er
dod) die Sachenicht leugnen konnte.
3. Er felber hat ofte den Geiz der Prediger
nicht verfchweigen koͤnnen. Als wenn er fie ver-
mahnet hat, “Daß fie doch die göttliche Weisheit
„mehr fuchen ſollten als Geld und Gut, und mehr
„in der Bibel ftudiren, als Tag und Nacht in
„Rechnungen und caleuliven zubringen,, e). a,
anderswo nennet er ausdrücklich “die Priefterfei-
„er Zeiten, und Elaget, daß fie von dem Lehram⸗
„tenur reicher würden, indem fie über dasjenige,
„was nad) des Herren Verordnung gehörte, auch
„noch mehr mit Gewalt den Armen abnähnten,
„oder auch unter einem ehrbaren Schein den Rei:
schen abfchwaßten,,. Dabey er den geizigen
Kirchendienern diefe Regel feget: "Wer in feinem
„Amte mehr befißer, als er hatte, da er hinein
„kam, der foll das übrige nicht feinen Rindern ge
„ben, fondern den armen und heiligen Brüdern
„und Hausgenoſſen des Glaubens, als die es beſ—
„fer als die Kinder verdienen, damit er GOtt
„iwiedergebe, was GHttesift,f). Und am aller
deutlichſten fchreibet er von der Bifchöffe oder
Guperintendenten Tyranney und Geldbegierde
folgendes: “Machdem in den Gemeinen ſowol
„als in dem Roͤmiſchen Reich der Geiz uͤberhand
„genommen hat, iſt das Geſetz von dem Priefter
„em en, und das Gefichte von dem Propheten,
m ni ev pfleget Durch feine bifchöfliche Gewalt,
„die er ihm unrechtmäßiger Weife ohne Willen
„und Willender Gemeine zugceignet bat, alles zu
„feinem Nugen anzumenden. Cie nehmen nicht
„allein, was ihnen zufommt, fondern nehmen audy
„den andern allen das Shrige Die arme Kir:
„chendiener müffen auf den Gaſſen betteln herum
„gehen, und um sohn arbeiten, oder von jeder.
„mann Almofen bitten. Allein der Bifchof lie:
„get auf feinem Gelde, verrichtet die Kirchendien⸗
4) Hieronymus ad Pammachiunr.
Aano c. Diaconi 23.dift. 93. h) Epift.ad Euftoch.
fen Rennzeichen und Srüchten, x.
na
933
„fte alleine, reiſſet allein alles zu fich, und brin⸗
„get die andern ums Leben. Daher —*
Feindſchaft unter den Prieſtern: Die Biſchoͤffe
„werden von den andern Kirchendienern verklagt,
„daher gerathen groſſe Herren in Streit mit einan⸗
„der, und entſtehet lauter Schmähen, Sünde und
„Schande. Wenn aber gleichwol einem jegliz
„chen befohlen ift, daffelbe in der Welt alſo zu
„befigen, daß er nur damit zufrieden fey und Fein
„fremd Gut begehre; wie vielmehr foll denn ein
»Borfteher der Kirchen die Gerechtigkeit alfo in
„allem wahrnehmen,, und fi f 8)»
4. Jedoch hat eben diefer $ehrer auch den gerin⸗
geren Kirchendienern ihre Section gegeben in die—
fen und andern Worten: "Etliche Aelteften und
„Diaconi wenden alle ihre Mühe und Zeitdaran,
„daß fie die alten Matronen nad) ihren Namen,
„Haͤuſern und gebensarten Fennen lernen. Einer
„unter ihnen, der dieſe Kunſt vor einen Meifter
„kann, ſtehet früh vor Tage aufand fängt je nad)
„der Reihe an zu befuchen, darzu er denn die näc)«
„ſten Wege erwaͤhlet, und oft bis an Fa Schlafs
„eammern ungeftümer Weile gelaufen koͤmmt.
„Wenn er nun bey ihnen etwa ein bübfches Pol
„‚fter fieher, oder ein ſchoͤnes Handtuch, oder fonft
„einen feinen Hausrath; fängt er am ſich druͤber
Zu verwundern, es zu loben und überall zu beſe⸗
„den, darbey klagt er, wie ers fo nothwendig
„brauchte, und alfo erbittet ers nicht fowol, als
„daß ers den Leuten abdringer, weil ein jedes
„Bedenken trägt, einen folchen gemeinen Poſttraͤ⸗
„ger der ganzen Stadt böfe zu made, h).
Hoch lange vor diefem gedenfer audy ein ande-
ver glaubwürdiger Mann insgemein diefes grof
fen Berderbens bey den Lehrern: "Diejenigen
„freflen das Volk GOttes wie das Brod, deren
„der Bauch ihr Gott ift, die das Amt vor eine
„Handtbierung balten, und ſich von den Gaben
„und Opfern des Volfs bereichern. Sie geben
„gerne zu prächtigen Gaftereyen unter dem Bors
„wand des Gorttesdienfts, und befchweren die
„Kirchenguͤter mit vielen unnuͤtzen Kirchendier
„nern; von welchen geſchrieben ftehet: Sie
„freſſen der Witwen Haäufer und beten lange
„Gebete. Diefe freflen das Volk GOttes
„wie Brod, und haben den HEren nicht ange»
„rufen. Die Thoren haben in ihren Herzen ges
„ſprochen, es ift fein GO. Drum ruffen fie
„ihn nicht an, weil fie ihn verleugnen: oder zum
Bbb bbb 3 „we⸗
e) Comm. inHagg.II. f) Lib. XIV. in Ezech. c.46. g) Repetitum a Gra-
934
„wenigften wenn fie in der Gemeine das Volk
Godttes durch Haß, Verfolgung und Verſchwen⸗
„dung wie Brod freffen, und ſich dabey einbilden,
„als wenn fieden HErrn anriefen, die müffen das
„Wort aus dem Evangelio hören: Wir willen,
„daß GDfE die Sünder nicht höret,, 1). Diefe
ſchwere Klage wardgleich nach Conftantino über
die damaligen Lehrer geführet, und zum oͤftern bey
diefen und andern wiederholet; als wenn geſaget
wird: «Die Prieſter, die der Gemeine Augen ſeyn
„ollten, verwiceln ſich in die Gefchäfte dieſer
Welt, in die Geldforgen, in die Vermehrung der
„Haushaltung und den Meberfluß der Gaſte—
„reyen k). Y
5. Es hat auch wegen des groffen Verderbs
hierinnen ein frommer Mann vier ganze Bücher
wider den Geiz, fonderlich der Lehrer, gefchrieben,
darinnen er unter vielen andern Diefes bekennet:
„Ob gleich diefes Uebel an andern ſchrecklich iſt,
„jedoch finder fichs fonderlich bey denen, welche in
„gleichmäßiger Sünde nod) darzu ihr Keiliger
„Stand anflaget. Denn diefes ift nicht allein
„sen den Weltleuten, fondern auch bey denen, die
Fſich Geiftliche genennet haben. ja, welchesam
„wunberbareften ift, es hat aud) die Leviten und
Prieſter eingenommen, und, welches folgends
„am aflergraufamften, die Bifchöfte felbit. Denn
„unter dieſen leben ihrer viel one Freunde, one
„Rinder, ohne Familien, und wiedmen doch ihr
— und Gut nicht denen Armen, nicht denen
Gemeinen, nicht ihnen ſelbſt, auch nicht GOtt;
„sondern den Weltgeſinnten, Reichen und Blut—
„emden, 1). Welches er denn in folgenden
durch alle Bücher weitlauftig und wohl ausführer,
alfo daß dieſelbigen wohl werth waren, in gemeiner
Sprache von jedermann geleſen zu werden. Die
andere annoch rechtſchaffene Lehrer thaten ein glei⸗
ches Bekenntniß, wenn ſie etwa alſo auch in oͤf⸗
fentlicher Gemeine redeten: “Die Aelteſten, Dia-
„coni und Biſchoͤffe find geſtern arm geweſen,
„(ehe fie zum Dienſt fommen,) heute find fie ſchon
„reich worden : Sollten diefe nicht das Haus des
„Baters zu einem Kaufhanfe gemachet Baben m) ?
„Gemeiniglich veiffen Die Priefter auch fremdes
„Gut zu fih, welches am allerſchrecklichſten ift,
„da fie doch vielmehr das Ihrige hingeben follten,
„Drum bedenfer, wie es mit der. Heerde gehe,
wenn Wölfe zu Hirten gefebet find, Diejeni-
„gen wollen die Heerde bewahren, die fic) Doc)
„nicht feheuen ihr Schaden zu thun, und vor Des
8. B. Don dem Abfaͤll der Chriſten von der erſten Lauterkeit.
ewahren follte.
n, hingegen
„nen man Die Heerde vielme
„Man achtet Feinen Gewinn de
„sat man täglic) mit feinen®
Begierden gehen auf lauter ir
„die menfchliche Ehre wird übera )
6. Nachdem aber nad) der Zeit diefes Uebel bey
der fogenannten Priefterfchaft nicht ab-fondern viel⸗
mehr über alle Maaſſe zunahm, gab es darüber frey⸗
lich auch bittere Klagen; wie wir hernach inſonder⸗
heit nach etlichen Stuͤcken ſehen werden. Denn da
der Ehr- und Geldgeiz ſchon nach der Gelehrten
Anmerkung im 4. Seculo fo ſehr uͤberhand genom⸗
men hatte, was muß nicht hernach geſchehen ſeyn,
da ſich taͤglich mehr Reizungen und Gelegenhei⸗
ten zu geizen unter ihnen angaben? Dahero einer
nicht unrecht fchliefiet: “Es ſeye weiterhin nöthig
„geweſen, und erfordere auch anjeßo noch die Noth,
„daß die Theologi und Kirchendiener dieſer beyder
„Laſter wegen in den Schranken gehalten wuͤr—
»den,0). Und ein anderer betauret ſchmerzlich,
„wie insgemein fo viel erfchreckliche Laſter das
„Predigtamt uͤberſchwemmet hätten, daß auch der
„Geiz derer Geiftlicyen (oder vielmehr Geizlichen)
„zu einem Scherz - und gemeinen Sprüchwort
„worden p). Wer weiß nicht, (ſchreibet ein ande=
„rer verftandiger Mann,) dag der Geiz bey denen
„Kirchendienern ein fo gemeines tafter fey, daß es
„auch Materie zu einem Sprüchwort gegeben
„hat? Darzu. aber kann faſt Fein gröfferer Anlaß
„gegeben werden, als wenn man ihnen Handlun⸗
gen zulaͤßt. Denn fo werden fie bald von mehr
„Suͤnden überfallen, und wenn fie darinn verſtri⸗
„cket find, ſo koͤnnen ſie andern nicht allein den
„Weg zur Seligkeit nicht zeigen, ſondern geben
„auch ein unermeßliches Aergerniß, und rennen
„blindhin in ihr Berderben hinein, q). Womit
denn überein koͤmmt, was einer vor dieſem unter
dem päbftifcdyen Antichriſtenthum geflaget hat:
„Die Priefter leiden lieber den Berluft von 10000 .
„Seelen, als von 10 Gülden, Aber ich hab
„noch zu wenig gefagt, da fie Die Seelen 9 ein⸗
Zige Gemuͤthsbewegung oder Betruͤbniß ver⸗
„iieren, als vor die fie nicht allein Feine Sorge,
„fendern auch gar Feinen einzigen Gedanken has
„ben. Hingegen werden fie fat rafend, wenn
„fie — Hausweſen ein wenig Schaden lei⸗
„den r), £
7. Und freylic) hatte man ſich zu ſolchen Mieth«
fingen nichts anders zu verfehen, welche die Heerde
um fihandliches Gewinns willen ja nicht er.
Äh weis
i) HilarinsinP£.5t. kyIdeminP£.ı3g. 1) Salxianuslib.I. de Auaritia initio. m) Chryfaffomus hom. 13. in Marc.
n)Gregorins M.hom.ı7.inEuang. 0)Ofander Cent. IV. lib.II.c.27.et28. p) 2. €. Dietericus Ant. N. T.
p.108. qg) Zieglerus de Diacon, c. XIll.n.35. r) Nic, de Clemangis de Cor. Ecel. Statu init. ;
—
4
=!
1 noch darzu pluͤnderten und be—
e Sie waren mit keinem andern Vorſatz
in die Aemter kommen, als ſich ſelbſt, ihre Ehre
und Nutzen zu ſuchen. Dieſes war ihnen
ſchon von ihren gottloſen Lehrmeiſtern eingepraͤ⸗
85 als welche ſie beym Studiren ums Geld ge—
racht und unmüße Kuͤnſte davor gelehret hatten.
Dabey ſie denn uͤberredet worden waren, daß ſie
ihre Unkoſten einmal im Amte mit groſſem Wu—
cher wiedernehmen ſollten. Hatten fie nun bey
rer Beſtellung denen Patronen, Biſchoͤffen oder
Superintendenten und andern noch darzu ſpendi—
vet, fo meynten fie noch mehr Recht zu haben, ih—
ten Schaden wiederum zu erfegen. Wann man
nun in der Pfarre fefte faß, Da gieng es anein
Seien, Scharren und Kragen, daß einem folchen
faft die Bet zu lange währete, ehe er diefe und je
ne eingebildete Summa beyfammen hatte. Alles
Dichten und Trachten gienge ſchon dahin, wenn
er noch niemand auffer ſich zu erhalten hatte, ge—
fehweige denn warn Weib, Kinder und Familie
ihm zu noch gröfferem Unglauben und daher ent-
ftehenden Geiz Anlaß gaben. Jedoch wußte die
liftige Vernunft alles fcyeinbarlich zu entfchuldi-
gen, und wol gar gorteslafterlicher Weiſe das
theure Wort GOttes dabey zu migbrauchen. Und
damit die Zubörer auch gleicher Meynung wuͤr⸗
den, und nicht etwa durch ihr Zeugniß oder genüg-
fames $eben den Prediger beſchaͤmen möchten,
ward diefes als eine nothwendige Lehre oft in der
Gemeine getrieben: Man müfle auf einen Bors
rath denfen, es wären ſchwere Zeiten, auf andere
Leute koͤnne man fich nicht verlaffen, feinen Nach⸗
folgern duͤrfe man an ſeinen Einkuͤnften und Ac—
cidentien nichts vergeben, und was dergleichen
mehr, woraus der Schluß gemacht ward: Ergo
muß einem Prediger nicht verarget werden, wenn
er alles genau einfordert, aber nichts wiederum
weggibt.
8. Die Erfindungen aber ſind nicht zu zaͤhlen,
= wodurch die Miethlinge den armen Schafen
Wolle und Fleiſch abzunehmen pflegten. Da er
dachte man ein Haufen Gebühren, Accidentien
und dergleichen, welche man über den ordentli-
chen Subftantialbefold forderte, und wol gar mit
Gewalt erpreflete,
vorneßmften Arten vernehmen, denn alles oder
nur das meifte darzulegen, würde abermal ein
groſſes Buch erfordern, Das Elend aber war
disfalls defto gröfler, weil ein geiziger Lehrer in
beyderley Fällen feiner ſchweren Pflicht zumider
Cap. Don ihrem Geis, und deffen Bennzeichen und Stüchten, x
Wir werden bald nur die
935
that. Denn wo ihm nicht feine Begierden in als
lem gefättiget wurden, fo warer nicht alleine nach⸗
(äßig und unwillig zu allen auch äufferlichen
Amtsverrichtungen, fondern auch wol zugleich ty⸗
rannifch, boshaftig und graufam, Bekam er
aber überflüßig, was fein Geiz verlangte, fü wurde
diefer Gelddurft doch nicht damit geftiller, fondern
nur mehr erhißer, womit abermal das Uebel im:
merärgermwurde. Diejenigen aber bielte ev vor
feine Argfte Feinde, die auf einige Weife Urſach
waren, daß ihm etwas von einigem Gewinn ent-
gienge. Und daher gefchabe es, Daß die Zeugen
der Wahrheit unter dem verhaßten Ketzernamen
gemeiniglich fo heftig verfolget wurden, indem dies
fe das Geheimniß der geizigen Bosheit entdeck—
ten, und dadurch ofte an den Intraden Abbruch
thaten, wenn die Leute der Elerifey hinter Die Küns
fe veich zu werden kamen. Wir wollen nun dies
fes alles Fürzlich, doch grimdlich aus den Kirchen⸗
biftorien beweifen. Da denn ſchon oben bey dem
Beruf der falfchen Lehrer gedacht ift, wie fie aud)
durd) Geld meiftentheils zum Lehramte gelanget.
Und hierbey offenbarte fich nun beyderjeits eine
fchreckliche Geldbegierde: Wenn der Beförderer
deswegen Geld nahm, der Candidate aber dieſes
aus Gewinnfucht gleichfam auf Zinfen auslegen
wollte, die ev nach feiner Beftallung wieder viels
fältig einnehmen koͤnnte.
9. Daß es wahrbaftig alfo auch vor diefem
-ergangen ſey, iſt defto gewiſſer, weil auch ſchon
ums Ende des dritten Seculi von Typriano ges
dacht wird, wie etliche deswegen das Lehramt
auf fich genommen, damit fie die Gaben von den
Glaubigen genieffen möchten 5). Daraus die
Gelehrten fihlieffen, daß bereits damals diefe
Seuche angefangen habe die Lehrer anzufallen rt).
Wiewol dieſes Faft nichts zu rechnen war -ges
gen dem mächtigen Ausbruch des Geizes unter
Conftantino und fernerhin, daman indenen Eon»
ciliis dem Öreuel nicht anug wehren fonnte, indem
die Bifchöffe ums Geld ordinirten; davon oben
gefaget ift u). Daß fie auch durch ihre raͤuberi⸗
fche Griffe ofte viel Geld und Gut zufammen ge⸗
bracht, weifen fo viel Merfmable, die vorMhrem
groffen Reichthum und Ueberfluß verfichern Denn
da hatten fie nicht allein die Kirchenguͤter unter
ißren Händen , die ein grofles meiftens austru-
gen; fondern brachten auch ihre meifte Zeit mit
ihren eigenen Mechnungen, Geldzählen und
Leihen, Einnahmen und Ausgaben und ei
en
s)Epit. 65. t) Rigaltins in Not.ibid. u) Chalcedonenfee. 2. etalia,
Sa, es konnte ſich das Mißtrauen ”
ey
chen zu. Fon
der Geiz der natürlichen Herzen fo gar aud)
fremden Gütern nicht bergen, indem fie Die Kirchen⸗
ſchaͤtze nicht an Arme wendeten, denen ſie doch
gewiedmet waren, ſondern ſowol als ihre eigene
verbargen und vergruben. Welche Sünde Ehry-
foftomus berüßrte, wenn er öffentlich fprach :
„Der Spruc) des Evangelii: Gehe bin und ver-
„Eaufe alles , was du haft, und gibs den Armen,
„eomm und folge mir, Fann num mit Recht vonden
Kirchenvorſtehern gefaget werden. Denn wir
„eönnen EHrifto nicht anders folgen, als wenn
„wir aller weltlichen Sorge frey feyn, x). Dis
mochte mol den blinden Pharifaern eine frem⸗
de Lehre ſeyn, und folgende noch viel fremder,
wenn ihnen die rechtſchaffene Lehrer bezeugten,
daß fie gar nichts über das befigen dürften, was
fie bey Antrit ihres Amts gehabt harten y). Das
hero Fam eg, Daß es endlid) gar zu einer Ketzerey
wollte gemacht werden, wenn einer dem armfelis
gen Eprijto vedlich nachwandeln und andern auch
diefen Weg zeigen wollte: Denn da fiengen Die
MWeltgefinnten alsbald an über Irrthum zu
ſchreyen, funden auch bey denen, die eben ſo irdiſch
geſinnet waren, leicht Beyfall, und alſo ward die
Wabrheit EHrifti verlaſtert und unterdrückt, die
Baucydiener aber behielten nad) wie vor Die
Oberhand.
10. Deswegen redet ein weiſer Mann den alten
eifrigen Hieronymum, ber hierinnen die Wahr-
heit nicht fparte, alfo an: Was fagft du, heiliger
Hieronyme? Was willt dur mit fo viel Prieftern
„anfangen, die fo reich find, daß auch die weltliche
„Fürften es ihnen mißgönnen ? Gleichwol hält
„mans ißnen fo gar nicht vor üdel, daß man did)
„nicjt einmal unter ehrliche teute zählen würde,
„ivenn es nicht durch ihre Dracula und Ausſpruͤ⸗
zyche erft befräftiget wäre. Denn durch fie find
Wwir ja alle erſt Epriften : Nach ihrem Öutachten
„iberden wir. entweder mit Eprifto verbunden
; „oder von ihm getrennet. Aber damals, da bie
wahre Gottſeligkeit der Cleriſey darnieder fiel,
„neiqte ſich der größte Theil darven zum Hoch⸗
„mi und Begierde nad) Reichthum, ob gleich
„oeßeigene Reichthum eines Prieiters fol himm⸗
liſch ſeyn, nicht irdiſch, nemlich heilige Lehre, un⸗
„fteäfliches Leben und Verſchmaͤhung der Welt:
„und ihr Gewinn, daß fie viele zu Chriſto gezo⸗
„gen haben; endlich auch ihr Triumph die Mar:
) Homil. 87.inMatth. y) Hieronymus
* VIL.c.30. b) Socrates lib. VI.c. 30.
8:3. Don dem Abfall der Chriſten von der eften Lauterkeit. 2
Epift.2.ad Nepot. z) Era/fmus Schol. inHieron.l.c. a) Eufebins lib.
c) Bernhardus hom. 4- in illud; Miſſus eſt.
„terfrone, 2). ——— Theologie
hielten die geizigen Goͤtzendiener nichts, ſonder
ihr Mammon in dem Kaſten war ihnen lieber
als GOtt mit allen feinen Ber gen. Man
ſchreibet dem Paulo Samofateno zur Schande
nach, daß er fo gar arm ins Bifchofthum gefom»
men, und gleichwol hernach fo ein groß Gut ge⸗
habt, welches er durch Betrug und Kirchenraub
und andere Practiquen an ſich gebracht habe a).
Alleine dieſem Ketzer war der beruͤhmte Ketzerma⸗
cher Theophilus zu Alexandria hierinne ganz aͤhn⸗
{ich , als welcher in feinem ganzen Leben auf lau:
tee Gewinnſuͤcht verpicht war, und ohne allen _
Scheu durch die unehrlichſte Handthierungen
Geld zuſammen ſcharrete b). Und dieſen Vor—
gaͤngern folgte man hernach unter dem Pabit- |
thum treulich nach, indem man durch lange Hebung
noch viel fubtilere Griffe Geld zu machen erfun-
den’hatte. Weswegen redliche Männer Flagen
mußten: +Man fiehet, wie die meiften in der Kir-
„che aus Geringen ftracfs Edelleute werden, und
„aus Armen Reiche: Dahero fie fich unverfehens
„aufblehen, ihres vorigen Elendes vergeflen, ja
„fich wol ihrer Verwandſchaft fehämen, und ihre
„geringe Eltern verachten. Man an
„Diereichen Leute allerhand geiftliche Ehrenftellen
„erfaufen, und was fie mit Geld erlanget haben, |
„ihren Meriten gleichwol zufehreiben ce).
ı1. Es war wol ein thörichter Anfıhlag, da |
diefe Leute faffinleten, und doch nicht wu |
wer es Frigen würde, darauf fonften die
leute bey ihrem Geiz noch zu fehen pflegen. Denn
die wenigften von der Elerifey hatten damals
Weiber oder Kinder, und mußten daher ihr Gut.
meiftens fremden Leuten und lachenden Erben
hinterlaflen. Michts defto weniger wagten fie
unfinniger Weife ihre eigene und fo viel anver-
frauete Seelen dran, nur daß fie ihr Vergnügen
und ein wenig Lob bey der gottlofen Welt haben
fonnten, und ihnen nach ihrem Tod nachgerüßmet
toürde, fo und fo viel hätte dieſer Geiftliche gleich⸗
woldem und jenem guten Freund, diefer Kirchen,
jenem Hofpital und fofort vermacher, ungeachtet
vieler armen Leute Schweiß und fonft unreche
Gut darben war. Wir haben Biervon ein merf:
liches Erempel abermal an einem Biſchof zu
Alerandria ‚dem Cyrillo, der ein fehr groffes Gut
in feiner Superinfendur oder Biſchofthum ge>
fammlet Hatte, und nicht einmal die Armen damit
ver
|
1
)
|
|
|
elt: 4
*
und
verſorgte, ſondern es feinem Succeſſori vermachete,
das greulichſte war, ihn noch darzu
bey Himmel und Hölle beſchwur, dag er fein Ge»
ſchlechte erhalten ſollte a). So herbſchete in die:
ſem und andern vermeynten Geiſtlichen ein mehr
‚als heydnifcher Geiz, den fie aud) nicht einmal in
ie Tode ablegten, und wol recht als eine
urzel zeitliches und ewiges Ucbels mir ſich vor
Gortes Gerichte nahmen, Naͤchſt denen Arten
aber, dadurch ſie in ihren Aemtern Geld zuwege
brachten, verfuͤhrte ſie auch der Gott diefer Welt
ſo gar auf andere fremde und unehrliche Hanthie⸗
rung, damit fie aud) vor der Welt nicht beftehen
und bey Ehren bleiben fonnten. Wir haben fchon
im vorigen Capitel gehoͤret, was die Obrigkeit mit
denen Kirchendienern zu thun gehabt, daß fie id:
von gewinnfüchtigen Handlungen gefteuret, und
wie ſcharf fie diefelbige deswegen angeftochen und
befttafet. Dazu ich denn nur noch etliche Denk⸗
male aus den Conciliis fegen will. So wird in
dem zu Sardis geflaget: "Es find etliche unfere
»Amtsbrüder und Mitbiſchoͤffe, welchenicht dafelbit
find mo fie Auffeber ſeyn follen , fondern wo fie
„Güter oder Freunde haben„e), Was würden
diefe Leute geſaget haben, (feßet einer bieben,)
wenn fie gefehen hätten, tie diefolgende ganz ing
irdifche vertiefet, nicht mehr die Gemeine lehre—
ten, Aa das !eben ißrer Untergebenen befler-
ton f).
12. Alfo ſetzet auch ein anderes Concilium die
fen Schluß wider die geiſtlichen Krämer: "Wenn
nein Elericus Geld auf Wucher lehnen wird, oder
„fremde Guͤter pachte will,oder auch um fehändliches
„Gewinns willen einige Het der Handlung anfan:
„gen wird, fo foll er abgeſetzet, und von der Ge—
smeinfchaft ausgefchloffen warden, g). Welches
andere aus Noth oft wiederholen muͤſſen, und
fonderlicy auch verbieten, daß fie Feine Nahrung
mit Brauen und Schenken treiben follten h),
Denn auc) fo weit verfiele man in die allergreu:
lichte Gewinnfucht, daß man ſich auch nicht
ſchaͤmete Wein und ander Getraͤnke auszufchen:
ken, Gäfte zu ſetzen, und Gaſtwirthe zu agiren.
Dahero mußte man abetmal unterfagen , Die
Kivchendiener follten nicht allein Feine Scyenf:
Dr halten, fondern auch nicht einmal an ſolche
erter fommeni). Und zwar, wie es darbey er⸗
klaͤret wurde, es follte dieſes weder von ihrer eiges
nen Perfon noch durch andere geſchehen, denen
fie etwan die Nahrung verpachtet hättenk), mit
der beygefügten Urſache: “Es fen gar zu ſchaͤnd⸗
„lich, und der, Gravität diefes Ordens entgegen,
wenn ein Geiftticher uͤber die Schenkhaͤuſer In⸗
„ſpection Babe, und dabey fen, wenn fremde ses
„te empfangen und bewirthet würden, oder, wenn
„er wol gar den Gäften einſchenkete und aufwar⸗
„teteg H. Und frenlich wurde von einem folchen
uneßrlichen Hanthierer wahr, was jener alte
Lehrer fhreiber: “Ein Geiftlicher, der etwas um
„einen geringen Preis einfaufet, damit ers defto
„theurer wieder los werde, der iſt ein Kind des
„Geizes, (und alfo auch alles Uebels,) ein Goͤ—
„tzendiener des Geldes, ein Knecht des Mam̃ons,
und unter die Sünde verfauft,,m). Sollten nicht
boy ſolchem ſchrecklichen Verfall der $ehrer die
Weltleute auf das fchimpflichfte von diefer Filzig-
keit geurtheilet Haben, da fie auch unter fich ders
gleichen nicht zugaben? Gewißlich, bey. dem ge:
ringen Gewinn, der doc) Feinen Segen batte,
ward Ehre und Refpect verloren, daran ihnen
doch auch viel gelegen war.
13. Da aud) ferner das Wuchern und Schin-
den unter denen Woeltleuten fehändlich und greu—
lich war; fo war cs ja freylich noch ungleich
fchändlicher , wenn es von denen öffentlich getrie—
ben wurde, die es doch andern wehren füllten, da=
bero fich diejenigen, die noch etwa ein Gewiſſen
hatten, felber fehamen mußten, daß der geiftliche
Name durch ſolche Schandfledfen des Predigt⸗
amts proftituiret ward. Deswegen man fehen
kann; wie bereits unter Conftantino diefer Greuel
völlig unter der Elerifey überhand genommen Bas
be, Maffen aufdem Nicenifchen Eoncilio diefer
Canon gemachet wurde: Demnach die meiften,
„fo zu der Elerifey gehören, dem Geiz und ſchaͤndli⸗
„chen Gewinn nachhangen, und der H. Schrift
„vergeflen, welche faget: Er Bat fein Geld nicht
„auf Wucher gegeben; fo gar, daß die Wucherer
„auch Eentefimas fordern, als hat man vor gut
„angefehen, daß, wenn einer hinfüro wird ange
„eroffen werden, der vor ausgelichenes Geld Zin-
„ie nimmt, oder fonft fich auf folche Sachen leget,
„oder es auch fechsfach wieder fordert , und ſon—
„iten andere Arten des Gewinnſtes erdenfet, der
„toll von dem Kirchenamt abgefeßet, und aus
„dem Canone ausgefchloffen feyn, n). Es half
aber diefes Verbot fo gar nichts, daß auch bald
darnad) und fonft oftedaffelbe mit groffem Ernft
Ece cce mußte
d) via. Kromayerus Cent. V.Hift. Ecclef p.202. e) Can.1z. f) Ofander Cent. IV.H.E.lib. III. c.2. 9)
"Concil. Arelatenfe I1.c.14.
h) Cabilonenfe IT. c.12. Aurelian. 111.c. 26.
i) Concil. Min Trulloec.9. k)
Bal/amonSchol. ad Can. Apoft.54. 1) Zonaras ad Trull.l.c. m) Petrus Bleſenſis Epit.17. n) Can. 17.
958
„mußte wiederholet werdeno). Wie es denn ohne:
dem die verblendete Leute hatten wiſſen follen, daß
es einem Diener des Evangelii CHrifti durch-
aus nicht anftehe, den Süden im Wucher und an-
deren Betrügereyen gleich zu werden; wie einer
hiebey redet )). Gleichwol ift es aus den alten
Schriften offenbar, Daß die Oberen niemals einen
rechten Ernſt gegen die Wucherey der Prediger ge-
brauchet haben, indem diefe Sünde ohne Zweifel
durchgehends eingewurgelt geweſen, und man
Daher entweder ihr abzuhelfen verzweifelt , oder
den und jenen Groſſen mit fcharfer Anſtalt nicht
beleidigen wollen. Immaſſen die gemachte Sa⸗
&ungen weifen, wie man nad) dem Urtheil der
Derftändigen viel zu gelinde Strafen auf die
Wucherey ver Geiftlichen geſetzet habe, alses wol
dieſes äufferfte Uebel und Aergerniß erfordert q).
14.So weit waren diefe Lehrer von aller Genuͤg⸗
famfeir und Berleugnung der erften Ehriften ent»
ferner, daß fie denen Armen nicht alleinnicht halfen,
fondern noch darzu das Ihre auf folche judifche
Art entriffen, und den Biſſen Brod unbarmher-
zig aus dem Munde nahmen. Deswegen fie
auch alle die Drohungen und Flüche trafen, wel:
che in dem Geſetz von denen Propheten gefchrie:
ben ſtehen, wie es fich auch bey ihrer äufferften
Blindheit und Verſtockung offenbarlich aufferes.
Und diefe Wucherer werden nun mit Recht unter
den Geizigen obenan geſetzet, und der Name des
Wuchers felbft billig vor einen Greuel gehalten,
ob er gleich täglich noch getrieben wird; wie ein
berühmter Mann fehreibetr). So unanftändig
nun diefes alles einer vermehnten geiftlichen Per-
fon war, fo ſchaͤndlich lieffe es aud) ferner, wenn
diejenigen unbarmberzig gegen die Armen und
Morhleidenden waren, welche andern zum Erem-
pel der Barmberzigfeit und Guͤtigkeit feyn foll-
ten. Es ift ſchon erinnert, wie man diejenigen
Kicchengüter denen Armen, Witwen und Wapy-
fen vorenthalten habe, mwelchen fie Doc) eigentlich
gewiedmet waren. Danun die Haushalter über
dieſe fremde Güter fo unfreu waren, was werden
fie. nicht in ihren eigenen vor Falfchheit und Eigen-
nuß erwiefen haben ? Hieronymus weiß genug
Davon zu fagen, wie ungerecht und hart man gegen
die Dürftigen gemwefen; unter andern Flaget er
alfo über das unchriftliche $eben der Lehrer, und
daß fie Denen zwar viel gegeben, die es ihnen wie:
8.3. Don dem Abfall der Chriſten von dee erſten Aauterkeit.
der vergelten fönnenz die Morhleivenden aber
übergangen und mit dem Rücken angefehen. *Es
„iſt freylich ein heiliger und apoftelifher Dienſt,
„denen Witwen und Armen dienen. Nun—
„mehro aber ſpeiſet man nicht einmal die Armen
„insgemein, geſchweige Die Brüder, und die, ſo
„einen nicht wieder einladen fonnen, und yon de⸗
„men man nichts Davor erwarten darf: fondern
„die Soldaten und Berächter EHrifti werden von
„den Prieſtern zur Mahlzeit gebeten,,s).Allesdiefes |
und noch viel ein mehrers zeuget offenbarlich, wie
dieſe Bauchdiener nichts überall gethan, dabeyfie
nicht einen Vortheil gehoffet, und wie mit Fleiß
Feine Verheiſſung GOttes angenommen, vielwe⸗
niger andern vorgetragen, ſondern vielmehr ihren
Lohn in dieſer Welt haben dahin nehmen wollen.
15. Ich kann nicht umhin, aus eben dieſem wahr⸗
haftigen Scribenten noch ein ſchaͤndliches Kennzei⸗
chen des Geizes zu erzehlen, das er ſelbſt alſo be—
ſchreibet: „Ich höre, Daß etliche gegen die alten
„Männer und Weiber, diefeine Kinder haben,fich
„gar zu felavifc) bezeigen. Denn da treten fie vor
„oie Kranfenberten, feßen felbjt den Nachttopf
„bin, fißen ſtets dabey, faffenden Schleim des Mas
„gens mit eigener Hand auf, erfchrecken, wenn
„oer Medicus hinein fommt, und fragen heims
„lich, ob fie ſich beffer befinden: Wenn der Alte
„ſich etwas erinuntert, find fie in groffen Sor:
„sen, ftellen fich aber doch frölich, obgleich das
„geizige Gemuͤthe fid) innwendig quälet. Denn
„fie beforgen, fie möchten ifren Dienft vergebens
„angewandt haben, und der lebhafte Alte möchte
„Mathuſalems Sahreerreichen,,. Mac) welcher -
L
>»
eigentlichen Abbildung folches Ihmählichen Gei:-
zes er noch diefes Urtheil Hinzu ſetzet: D was häk-
„ten diefe vor einen Sohn bey GOTT, wenn
„fie ihn nicht Bier noch ermwarteten ! Mit was
„vor Arbeit und Schweiß wird eine elende Erb⸗
„ſchaft geſuchet? Fürwahr, man fönnte die Perle
„CHriſti um geringere Mühe faufen,t). Und
andersiwo weiſet er noch eine neue Erfindung ,
das Geld der reichen Leute nicht allein nach ihrem
Tode, fondern auch noch bey ißren Sebzeiten ker:
aus zu practiciren. Und diefes gefchahe, wenn
fie ihnen öfters zufprachen, unter dem Vorwand,
etwas erbauliches mit ihnen zu reden , oder fie
über dem und jenem zu tröften, geſetzt, daß auch
indeffen viel arme Leute in: Todes» oder —
Noͤ⸗
0) Concil. Agathenſe c. 69. Arelat. 1.c.12. et Il. c.14. Conc. VI. Trull.c. 16, atque ante hæe Eliberin. c. 20. Cartha-
gin. I.c.13. Conf. Grarianus dift. 47.ete.14.9.4. p) Ofiander Cent. IV.lib. IL.c.ıo. g)Idem ib. c.22.Conf,
Io. Sanaro ad Sidonium lib. 1.ep.$. et IV. ep. 24.
num, t) Epift. 2. ad Nepot.
r) Zieglerns de Diacon, XV,n.18.. : 8) Epift. 2.ad Nepotia-
Br IN. Vet ec . Er
er
Noͤthen vor * verſaͤumet wurden. Bey ſol⸗
chen Beſuch aber gienge nichts 3 dor,
- als eine felavifche Schmeicheley, dadurd) die ar-
me Herzen ficher gemacher und bey ihrer Welt:
und Eigenliebe aufs Auffe röftet und felig
efprochen wurden, welches — bey dem
J ſchied nicht ohne Recompens ablief. Denn
fo ſchreibet der gedachte Mann: *Die Kirchen»
„diener, welche andere lehren und von ihnen ge—
„fchenet follten werden, Eüffen die alten Matro—
„uen, und wenn man mennet, fie ſtreckten die
„Hand aus, daß fie ihnen den Segen fprechen
„wollten, fo nehmen fie damit die Verehrung an
„weswegen fie eingefprochen find,, u). Ich will
bierbey nicht wiederholen, mas oben im dritten
Buch gemeldet worden, wie die Kirchenvorfteher
untreulich mit denen Legatis und Vermaͤchtniſſen
der Reichen umgegangen, die denen Kirchen hin⸗
terlaflen worden. Denn da ihrer viel ganze Guͤ—
ter, ja wol allesipe Vermögen ad pias caulas (ju
guter Anwendung) vermachten x); mißbrauch-
ten jene den Ueberfluß dergeftalt, daß auch die
Kayfer ſelbſt ihrem abfcheulichen Geiz Einhalt
ehun mußten. Weswegen auch endlich ernſtlich
verboten wurde, daß Die Geiftliche und Mönche
aus anderer Leute Wermächtniffen nichts anneh⸗
men follten y). Ya, fie verfchonten aud) einander
felbft nicht, indem es oft gefihahe, daß, wenn
ein Kirchendiener ftarb, die andere alsbald über
feine Berlaflenfchaft herfielen, und fie unter ein:
ander preis machten, und gar-wie die Raubvoͤ—⸗
gel alles zu ſich villen (diegmalovres); wie ein
Concilium ſchon mitten im vierten Jahrhundert
befennet 2).
16. Es fönnfe weiter ſehr viel von der Simonie
dcr Cleriſey gefager werden, Das ift, von derje⸗
rigen Sünde, da man geiſtliche Sachen oder was
darzu gehöret, Faufet oder verfaufet, nach dem
Erempel Simonis des Zauberers, Ap. Geld). 8,
8. Von diefem groffen Greuel waren nun die
verfallene Lehrer fo gar nicht befreyet, daß er auch
öffenelich und oft unter dem Namen einer Noth»
wendigfeit getrieben wurde. Die Klagen bier-
von find Häufig und erſchrecklich zu lefen : u
will aber nur etlicye wenige hieher ſetzen. N)
fehreibet Chryſoſtomus: «Man machet den Tem:
„rel GOttes zu einer Mördergeuben, wenn
„man nur nach irdiſchem und unzulaͤßigem, nicht
„aber nad) geiftlichem Gewinn zum Heil der See:
u) Epifl. 22. ad Euftoch.
2) Concil, Chalcedon. c. 22.
x) Bafılins M. Epift. 140. h
a) Homil, 38. in Matth. b) Allarius can. 10. in Matth. c) Hiwcmarus Re-
em Beis und deffen Rennzeichen und Srüchten, fonderlich ihrerSimoniezc. 039
„len erachtet. Denn alfo iftder öffentliche Dienſt
„nicht ſowol ein Gottesdienſt, als eine Gelegen⸗
„heit einer ungerechten Handlung. Denn der
„HErr JEſus gehet taͤglich in feinen Tempel, das
„iſt, in die Gemeine, und treibet da alle hinaus,
„welche die Gnade GOttes verkaufen, die Bir
„ſchoͤffe, Aelteſten, Diaconen und alte Kirchendies
„ner, wie auch die andern, weil fie doch alle eine
„Sünde thun, die entweder GOites Gaben Faus
„fen oder v fen. Denn es ſtehet geſchrieben:
„Umſonſt babe ihre — umfonft gebets
„auch. Er kehret auch die Wechſeltiſche um, und
„die Taubenkraͤmer, anzuzeigen, daß die Prieſter—
„würde foll von denen genommen werden, tel
sche um irdifchen Sohn das Werf des HEren
sebun, a), Moc vor ihm ſchreibet ein anderer:
„Wir werden erinnert, Daß wir in unferm Amte
„nichts feil Haben follen, und daß das Werf uns
„fers Apoftelamts nicht zur Befigung des Goldes
„und Gilbers werde. Wir follen auch die Sorge
„vor weltliche Güter fahren laffen, weil alle Schaͤ⸗
„Ge auf Erden fehändlich find, und unfer Herz
„da ſeyn foll, wo unfer — iſt, b). Unter
vielen andern reden auch etliche Zeuzen der Wahr-
heit ſehr ſcharf darwider, und ſagen ausdruͤcklich,
daß dieſes die aͤlteſte und aͤrgeſte Regerey kp,
neinlich Simonianer, welche Petrus mir ſamt ih⸗
rem Urheber verdammet Babe, da dieſer die Ga:
be des Heiligen Geiſtes mit Geld erkauſen wal-
len c).
17. Ferner wird biervon bey vielen alfo in den
alten Zeiten geklaget: Die Mierhlinge bevau-
„ben und zerfleifchen ihre anvertraute Schafe fo
„iehr, daß fie ihnen fat alle das Ihrige nehmen.
„Denn wenn fie follen die Taufe und das Abend»
„mahl verrichten, oder Fefttage Halten, Beichte
„hören, Todte begraben, und mas fonft darzu ges
„hoͤret, thun, fo chun fie esfeinesweges umfonit,
„ſondern fordern fo viel, treiben und plagen die
„seute darum, daß das arme Volk nicht ohne
„groffen Schaden geben muß. Und folche Forde«
„rungen fteigen täglid) aufs hoͤchſte, ja bisweilen
„will man die Leute gar Darüber in Bann thun,
„und ſonſt zum Geldgeben zwingen 4). Der Geij
„derer Priefter laßt fich in vielem fohen: -fonder-
„lich indem fie ſich um zeitliches Gewinnes wil⸗
„ien laſſen ordiniren, indem fie die Sacramenta
„aus Hoffnung auch der geringften Verehrung
„adminifiriren, fid) unter einander über den $eis
schen zanfen, die Begräbniffe und Taufen verfau:
Ecce ccc2 „fen,
y) Valens et Gratianus 2.16. C. Theod. de SS. Ecclef,
menfisEpift. ad Tornacenfes, d) Grauam, German. in Catal. Teſt. Verit. D 167.
940
„ren, und nichts umfonft thun, fondern in allem
„ihrem Geiz folgen e). Die Priefter follten billig
„das Geld vor das geringfte Ding halten, und
„ihre Gaben, die fie umfonft empfangen haben,
„auch umfonft wiederum gemein machen: Aber
„ſo ift bey ihnen alles feil und frey. Was fangen
„ſie nicht vor Händel an über ihren Zehenden?
„Wie feindſelig plagen fie das arme Volk? Man
„gibt die Taufenichteher, dasift, man kann nicht
„eher ein Ehrifte werden, bis man Geld gezahlet
„hat, und mit dieſem ſchoͤnen Anfang trit man
sin die Kirche ein. Cie befräftigen die Ehenicht
„eher, wo nicht Geld darlieget; fie hören nicht
„Beichte, werm fie Fein Beichtgeld zu hoffen Ba-
„ben. Man muß fie erft um Gelddingen, wenn
„ſie das Abendmahl halten follen. = Sie fingen
„nicht umfonft, fiebeten nicht umfonft, fie legen
„die Hände nicht umfonft auf, Gibt manißnen
„nichts, fo treten fie von ferne, und koͤnnen kaum
„die Hände erheben, wenn fie fegnen folfen. Sie
„mwenhen Feine Kirche noch Kirchengeräthe ein,
„ohne wenn fie Lohn davonhaben. Ja, das wahr⸗
„haftige priefterliche Amt , nemlid) das Lehren
„und Predigen, ift auch durch die Geminnfucht
„verderbet, Endlich geben fie aud) das Abend:
„mahl nicht eher, bis ſie Geld fehen. Ich will
„nicht ſagen, mas fie vor eine reiche Ernte haben
„von den Streitſachen, Difpenfatloneng: Con:
„donazionen, Indulgenzien, Drdinazionen, Con:
„eirmazionen, und dergleichen. Und was follte
„ben ihnen umfonft gegeben werden, da man auch
„das Grab bey ihnen Faufen muß, und noch darzu
„auf einem fremden Boden ? Unter den Heyden
„hatte doch das arme Volk gemeine Begraͤbniſſe,
„daß es fich umfonft dürfe begraben laffen, Unter
„ven Ehriften aber kann man nicht einmal unter die
„Erde kommen, wenn man nicht von dem Priefter
„zupoe fo einen Fleinen Raum erfauft hat, und
„je mehr man Geld gibt, je gröfferen und bef
„feren Platz gibt man. Spendirt man gar fehr
„viel, fo darf man wol in der Kirche zunächft bey
„ven hoben heiligen Altar verfaulen. Gibt man
„aber wenig, fo muß man fic) unter freyem Him-
„mel beregnen laffen f).
18. Was Bier überhaupt von dem Geiz der
falfch ‚genannten Geiftlichen deutlich vorgeftelfee
wird, das befchreiben andere ftückweife mit eben
ſolchem Ernft. Sa, eshaben auch ganze Concilia
die Simonie der Elerifeh befennen und rügen müf-
fen, da man foldye Öefege davon gemacht: "Bas
8 3. Don dem Abfall der Ehriften von der erflen Kauterkeir. ”# —
„durch eine unſichtbare Gnade verliehen wird,
„kann durchaus nicht ——— um Ver⸗
„ehrung verkauft werden, weil der HErr ſpricht:
„Was ihr umſonſt empfangen habt, das gebt auch
„umſonſt. Darum, wer hinfuͤro unter denen
»Kirchendienern Geld oder Geſchenk auf ein
»Weife nehmen wird vordie Taufe, Firmung,
»Salbung oder Promotion, ohne wenn ihnen
„freywillig etivas angeboten wird; fo foll’der Bi⸗
„ſchof, wenn eg mit feinem Vorbewußt gefchehen
„iſt, auf zwey Monat lang, ein Aeltefter auf
„drey, ein Diaconus auf viere in Bann gethan
„fen, 2). Welches denn anderswo ſonderlich
von der Taufe wiederholer wird, daß man Feine
Gebüßr davor nehmen folle n). Wovon audy
ein Decret des Pabfts Gregorii vorhanden ift und
von vielen wiederholee wird, daß nemlich niemand
etwas vor die Taufe nehmen fol, auch nicht vor
die Begraͤbniß⸗ oder Leichenbegleitung (darun⸗
ter ohne Zweifel auch das Geld vor die Leichen⸗
reden und andere ſogenannte Accidentia verſtan⸗
den werden,) mit angefuͤgtem Bedenken, damit
„es nicht ſchiene, als wenn die Kirche ihre Dinge
„feil haͤtte, oder ſich die Prieſter freueten, wenn
„die Leute ſtuͤrben, i), Von den Predigten ins⸗
gemein mußte auch wegen des groſſen Verfalls
dabey erinnert und befohlen werden,“daß ein Leh⸗
„rer das Volk lehren ſollte nicht um Geſchenke
„willen, ſondern ihren Seelen zum beften,, k).
Und was dergleichen gefuchte Mittel wider die of⸗
fenbare Simonie mehr waren,
19. Insgemein erinnerten die Verſtaͤndigen
wohl, daß der HErr JEſus ebendamit angedeu⸗
tet habe, wenn er aus dem Tempel die Käufer
und Berfäufer getrieben, “Damit alle Lafter des
„Predigtamts durch das Recht feiner Gewalt
„ausgetrieben würden, Denn er hatte gelehret,
„daß alles umfonft folltegegebeniwerden, was fie
„umfonft enpfangen hatten: Indem die Freyheit
„der Gabe nicht zulaffen follte , daß durch die
„Gewinnſucht des Priefters etwas gefaufet oder
„verkaufet würde, Er babe auch fonderlic) die
Tiſche der Taubenfrämer umgeftoffen, das ift,
„derer, Die die Gabe des Heiligen Geiftes feil bie-
„ten, welche den von GOtt anvertrauten Dienft
„zueinem Gewerbe machen. Alfo follte alles durch
„die Zukunft des HErrn gereiniget werden, was in
„der Kirche ſuͤndlich wäre, I!) Wie ſchlecht aber
diefes eben bey dem Amt der Verſohnung in acht
genommen worden, und wie man dabey blos a
- dag
—
e) Petrus Blefenfis Serm. 57. f) Eraſmus Centur. I, Adag. 12. g) Concil. Toletan. XI.c. g. h) Bracarenſe IL.
c. 7. 1) Hincmarus lc. k) In Nomo-Canone Cotelerii c. 9. 1) Hilarins can, 21. in Matth.
—
en —
J
——
zn er
a
—*
1, wird unten bey dem Bericht
ution zu ſehen fern. Hier ſoll uns
18 Bekenntniß Gregor M. dienen, welcher
davon alfo ſchreibet: “Bas machen wir, o ihr
„Hirten! daß wir Befoldung nehmen, und gleich
2
ol Feine Arbeiter find? Denn wir genieſſen die
Fruͤchte der Gemeine in der täglichen Handrei⸗
— und dennoch arbeiten wir nicht um der
„Gemeine willen in der Lehre. Bedenket doch,
„wie verdammlich es fen, daß man ohne Arbeit
gleichwol den Lohn vor die Arbeit nimmt. Wir
„teben von den Gaben der Gläubigen, aber arbei:
„ten wir auch Bor ihre Seelen ? Wir nehmen das-
„enige zu unſerer Befoldung, was die Gläubi:
„gen zur Berföhnung ihrer Suͤnden opfern : ob wir
„wol wider ihre Sünden weder mit fleißigem Geber
„noch mit Lehren anhalten,, m). Soſchen Kraͤ⸗
mern fuchte auch derjenige das Gewiſſen zu rüß-
ten, der folgende Strafivorte an fie abgeben ließ:
„Siehe laſſet uns unfer Herz unterfüchen und die
„Wahrheit erforfchen. Pfleger ihr wol in der
„Kicchen zu fingen, zu faufen, oder einen Tod»
„een zu begraben, da ihr nicht Geld davor bekom⸗
„met, oder zum wenigiten andere Verfprechung ?
Verlanget ihr nicht wol eher, daß die Reichen
„fterben möchten, als daß fie wieder gefund wer:
„den? Sehet, was ihr vor Wölfe ſeyd! mai \
wie ihr mit aller Simonie vergifter feyd! Ein
„Straffenräuber ftihfet nur einmal, er nimmet
nur einmal das Gut feines Nächften, wenn er
„aber ertappet wird, fo ſchilt und fchlägt man auf
„ihn los: Aber o ihr Priefter! wie wird es euch
„an jimaften Gerichte gehen, wenn diefes an ei-
„nem andern vor eine Sünde gerechnet und mie
„oem Tode geftrafer wird? Was würde die Welt
„wol mit uns anfangen, wenn fie Macht über uns
„hätte? Darum fo habt doc, Gerechtigkeit lieb,
„und fucher Feinen Gewinn, fondern laffet euch be-
„gnügen, mern ihr Nahrung und Kleider Kabe,
= er Gottesdienſt halt, prediget oder kauft,
„daß er damit etwas gewinne, der beraubet fich
„ſelbſt der Himmlifchen Gaben n).
20. Was wir zubor von der Simonie gehöret
Beben ‚ die man bey Austheilung des Abendmahls
egangen hat; das beftrafer auch fehon Chryſo—
ſtomus, wenn er unter andern Mißbräuchen def-
felben auch diefen anführet: Es foll dieſes ein
»Geheimniß des Friedens feyn, und alfo fehicker
„es ſich niche zur Geldfucht und Simonie. Da
» m) Homil. 17. in Euang.
m@eis und deffen Rennyeichen und Scüchten ‚ fonderlich ihrerGimoniex. 991
„tun der HErr feiner ſelbſt um unfere willen nicht
„verſchonet bat, was werden wir nicht vor Stras
„fe verdienen, wenn wir der Seelen nicht vers
„ſchonen, vor welche Chriſtus ſelbſt ſich dahin ges
„geben,, 0)? Es war auch eine erfchreckliche Vers
derbniß, Die fich nachmals hervor that, und alfo
von einigen beklaget wird: Das Abendmahl des
HErrn wird auf dem Lande felten ohne Geld ges
„reicher. Die Urfache ift, weil die Kirchenams
„ter fo theuer verfaufet werden, und die Vicarii
„den Preis nicht erreichen fönnen,, P): das ift,
weil denen Kirchendienern die Aemter um eh
gewiſſes Geld von den Obern angefchlagen, ſuch⸗
ten fie bey der Adminiſtration ſolcher Dinge ihres
Schadens wieder beyzukommen, und forderten
einen gewilfen Preis davor. Als auch noch die
Gewohnheit war, daß bey Austheilung des Abend«
mahls von einem jeden etwas zu dem Tifch ges
brah&und gleichfam geopffert wurde, davon die
Kirchendisner erhalten wurden; fo riß eben diefer
groffe Mißbrauch dabey ein, daß den armen teu-
ten das Abendmahl nicht eher ausgerheiler wurde,
bis ein jeder das Seine dargeleger harte. Wels
ches ein Scribente bezeuget, daß ers mit feinen
Augen gefehen habe, und die teute dabey klagen
hören, wie es ihnen verboten fen, nicht eher hinzuzu⸗
treten, Dis ſie etwas von Eßwaaren oder von andern
Dingen mitgebracht hätten 9); fo etwa mag ein=
gefuͤhret gewefen ſeyn, wie nun die Beichtpfen-
nige. Ob man wol jene Gewohnheit durch diefen
Schluß abfchaffen wollte: "Man folle die Com-
„munion nicht um Geld geben, fondern wer es
„thue, der ſoll abgefeget werden , als ein Mitges
„noſſe Simonis des —— der feinem Irr⸗
„thum und Bosheit nachfolger r):
21. Weil id) bier von der Verforgung der Pres
diger Erwehnung gethan, ift zu wiflen, daß in
Anfang des Evangelii ſehr lange Zeit diefelbe
nicht von ordentlichen Befoldungen gelebet, oder
ihre jährliche gewiſſe Einfünfte gehabt ‚ ſondern
nur von dem, was ihnen die Hand der Gläubigen
dargereichet, welches man meosPogas oder obla-
tiones nennefe. Denn da legten fie auf die ge
dachte Art nach Gutduͤnken zuſammen, davon
denn hernach theils die Armen, theils die Sicbes»
mable und das Abendmahl, theilsdie Sehrer ver
forget wurden s). Diefe zufammen gelegte Ga⸗
ben wurden unter die Kirchendiener ausgerhei-
let, jedoch nach ereignenden Umſtaͤnden und Gut
cc cec3 y be⸗
n) Apud Auguſtinum Serm.30.ad Frat.inEreıno. 0) Homil. 5ıinMatth. p) Wal.
denfes ap. Auctorem Caral. Tejl. Verit. p. 741. q) Balfamon Schol. ade. 2. Coneilii VI. in Trullo. r) Co:-
cil. cit.
%) Tertullianus Apol. c. 39. Vid, fupra Lib, III. de
Eleemofynis,
942
befinden der Vorſteher t). Man wiedmete auch
wol den zehenten Theil von denen Erdfruͤchten
aus freyem Willen darzu, welches ſonderlich um
die Hälfte des dritten Jahrhunderts bey den Scri⸗
benten gedacht wird. Bald aber fienge man an
ein Recht daraus zu machen, und die Zehenden
mit Gewalt einzufordern , mit demnichtigen Bor-
wand, teil fie auch im Alten Teftament den Prie-
ftern gegeben worden ER Gleichwie in andern
Dingen, die den Minifterlis Ehre, Nutzen und
Bequemlichfeit brachten, das alte von Chriſto
abgefchaffere levitifche Priefterehum ein Decfman-
tel feyn mußte x). Weswegen auch diefes nach⸗
gehends mit unter die gefährlichen Ketzereyen ge-
rechner wurde, wenn einer etwa fagfe, die Pries
fter follten nicht den Zehenden nehmen, weil er in
der erften Kirche nicht gegeben wäre, wider Die
man aus diefen und andern Sprüchen Difputiren
wollte: Bringet den ee daß Speife in
„meinem Haufe fey,. stem: Wehe euch Phari-
ſaͤern, die ihr Münz und Kraut verzehendet,, y)-
Welches faft eben ein folcher Beweis war, als
wenn vor die gottlofen Lehrer ein blinder Gehor⸗
ſam erfordert wird, darum, weil Chriftus geſaget
hätte: Die Pharifäer fisen auf Mofis Stuhl:
Denn feiner wird ja gerne unter dieſem verhaß-
ten Namen Gehorfam fordern. Wer aber jenem
redlichen Mann mit Wahrheit folgende Worte
nachfagen Fonnte, der Fonnte aud) wol bey wah-
rer Berfeugnung die Gaben, Zehenhen oder Bes
foldung nehmen: Ich bin ein Theil des Herrn,
„und die Schnur feines Erbes, und lebe ais ein
„Priefter und Levite von denen Zehenden, diene
„oem Altar, und erhalte mid) von der Gabe.
„Wenn ich nun Nahrung und Kleider habe, fo
„ill ic zufrieden feyn, und dem bloffen Kreuz
„aud) blos folgen z).
22. Das ift von denen erften $ehrern gewiß
genug, daß fie mit allem zufrieden geroefen,
was ihnen gereichet worden, ja daß fie noch dar⸗
zu mit ifren eigenen Händen gearbeitet, Damit
fie nicht die Gemeinen beſchwereten; wie wir eben
im zweyten Buch fattfam gefeßen. In den ver:
derbten Zeiten aber hat man fo. gar viel Arten er=
dacht, wodurch fic) Die Elerifey bereichern Fön-
nen. Deshalben auch fo viel Beftrafungen we-
gen diefer Art des Geizes gefihehen mußten, in
dem fie nicht allein die Gemeinen anftvengeten,
t) Cyprianus Ep. 66. u) Rigaltins ad h. l.
gewiſſe Summen Geldes järl
fondern überdis noch ——
ten. Darwider denn folgende und andere Ei
innerungen gefchaßen : “Sch Tage ageſcheuet,
„daß die Vorſteher der Kirchen nichts als Nah:
„rung und Kleider haben follen, damit fie nicht
„durch Begierden zu andern Dingen abgezog
„werden a), Es iſt dir wol vergoͤnnet, ee
„hendiener,, vom Altar zu leben, aber nicht
„zu ſchwelgen.
„das Maul nicht verbunden. - Das wiffen wir
„gar wohl, und gleichwol mißbraudjte ſich der
„Apoſtel Diefer Freyheit nicht , fondern war mit
„Speife und Kleidung vergnügt , und, arbeitete
„doch. Ja, er ſagte auch Diefes von feinen Juͤn⸗
„gern, daß er keinen geſandt habe, der von
„den Gemeinen etwas entweder empfangen duͤr⸗
„fen oder wollen b). Man freue ſich nicht
„über die Verehrungen, ſondern fuͤrchte fich
„vielmehr vor der Verdammniß über dem Ges
„ichenfe, wenn man es mißbrauchet c), Die
Kirchendiener mögen fid) ja wohl fürchten, Daß
„fie im Sande, melches fie beſitzen, fo übel
„teben, und mit ihrem Gold nicht zufrieden
„ieyn, fondern ihren Ueberfluß, damit fie die
„Armen erhalten follten , boͤslich und durch ei-
„nen Kirchenraub behalten , hingegen die Nah—
„rung der Armen an ihre Hoffart und Schwel-
„geren wenden d). Sie follten ja nicht bes=
„wegen predigen, Damit fie Geld befämen ,
„fondern deswegen Geld, nehmen, damit fie
„predigen koͤnnten (oder nur ‚daß fie ihren
„Leib nothdürftig erhielten) e). Die fogenanns
„te Geiftlichen freffen die Arbeit der Armen,
„ſorgen aber nicht vor das Heil der Seelen :
„Sie kennen aud) ihre Zuhörer nicht, aber das
„wiſſen fie genau, wie viel ihre Einfünfte tra⸗
„gen. Sie halten Tag und Nacht um beffere
„Dienſte bey groffen Herren oder zu Kom an,
„und find mit ihren Befoldungen niemals zufrie-
„den; da fie Doc) viel mehr genieffen, alsißre Ge«
„lehrſamkeit fid) erftvecket. In dem Weinberg
„des HErrn ſchaffen fie nichts guts, predigen
„nicht fleißig, aber aus ihren Drabenden willen
„fie groffe Schäge zu erzwingen, fie mögen ge-
„genmärtig feyn oder nicht,„F). Und was derglei-
chen Klagen bievon mehr find.
23. Diefe Ausfprüche verftändiger Männer,
wie
x) Vid. G. Voetius P. I. Polit. Eccl. lib. III. tra&t.3. c.5. Vafguius
lib. IL.Controu. Iiluft. c.89. y) In Catal. T. V.p. 747. Conf.de Arnoldiftis Bil. Eccl. Goth. p. 607. 2) Hie-
rorymusEp.2.adNepot. a) Chryjoffomus hom.ız.ın ı Tim. i $
€) Hincmar.Ep.ad Tornac, f)Attinger. in Car. T. V.p.990.
inEzech.c.45. d) Bernhard. Serm. 23. in Cant.
b) Hieronym.in Michæ III. c)Idemlib. XIII.
Dem drefhenden Dchfen wi
fr. Al
ß aud) des Herrn Cape D
en angefehen werden,da Cap.
s erſten Theils p. 268. die Zeiten Conſtantini
auch deswegen ruͤhmet, (oder vielmehr nieder—
ſchlaͤget, wenn es nach dem göttlichen Wort er-
wogen wird,) “weil denen Predigern veichliches
‚„Ausfommen verſchaffet werden,,, und zwar in
hohen Summen. Es babe fich eben darinnen die
8 erſ
Boꝛtesfurcht der Chriſten fehen laffen, welches ein
*
rien Geſchichtſchreiber aus Neid erjchle.
un ift ſchon oft zum Ueberfluß bewiefen worden,
daß eben diefes vermeynte reichliche Auskommen
ein geoffer Anlaß und Berführung zur Sicherheit
und Berderbniß der Elerifey geweſen. Die Frey⸗
gebigfeit gegen die Lehrer war vielweniger allezeit
cin gewiſſes Zeichen der wahren Gottesfurcht ,
weil diefes alles aud) die größten Heuchler thun
konnten, entweder von den fehmeichelnden Predi⸗
gern wiederum gelobet zu werden, oder fonft aus
andern falfchen Abfichten. Das Zeugniß des
heydniſchen Hiftorici dienet wielmehr zur Beſchaͤ⸗
mung des groffen Geizes und Prachts unter den
Geiſtlichen, und zu einem gemiflen Merkmahl
des verderbten Predigtamts, als Davon auch die
een zu fagen wußten, die zuvor den evften
hriften nichts dergleichen hatten vorwerfen Fön-
nen. Es ift aber von diefem fehon im vorigen
Eapitel geredet worden, weswegen ich bier nichts
binzu re ‚als daß ich nur noch erinnern muß,
wie der Titel Geiſtlichkeit, der in der deutſchen
Leberfesung bey diefem Drte ſtehet, indem heyd⸗
nifchen Scribenten nicht zu finden ift, gleichwie
er auch folchen ungeiftlichen Öeizigen und Bauch:
dienen Feinesweges gebüßret; als oben im 2
Buch erwielen worden. Ich enthalte mich auch,
noch mehrere Denfmahle diefes Greuels darzu-
legen, ob ißrer wol noch faft unzählige vorhan—
den wären. Nur muß ichnoch etliche gedenfen,
daraus der groffe Schade in etwas zu erkennen
iſt, der aus folcher Geldfucht erfolget. Diefen
abe jener Aelteſter wohl, der, als ihm von fremden
ten Geld angeboten wurde, alfo Eurz antwors
tete: Die Kirche wird durchs Geld nicht gebauer,
„iendern eingeriffen,, 2). Womit er andeuten
wollte, daß der weltliche Ueberfluß die Menfchen,
und auc) Diejenigen, welche andere unterrichten
follten , gemeiniglich dahin verführe, daß der
Glaube und dasBertrauen auf GOtt in den Herzen
verlöfche, aus dem Vertrauen aufs Sichtbare, die
Liebe durch den Eigennuß trenne, und alles Gute
vergeflend mache,
Von ihrem Bei, deffen Rennzeichen u. Fruͤchten, ſonderlich ihrer Simonie.ic 943
dotcuchen Wort allerdings ‚gemäs _
24. Obne Zweifel hat diefer Mann dabey auf
den Zuftand der Zeiten gefeben, darinnen er gele⸗
bee ‚hät, von welchen (nemlic) dem 5. Jahrhun⸗
dert, eben der Autor folgendes klaget: “Es hat
„die Herzen der Kirchendiener zu dieſer Zeit eine
ſolche Geldbegierde wie eine Seuche eingenom⸗
„men: Sie find verpicht auf Hab und Güter, fie
„bauen Sandgüter, liegen über ihrem Gold und
„Geld, kaufen und verfaufen bald dis bald jenes,
„und fehen in allen Dingen auf Gewinn. a,
„wenn etliche noch froͤmmer fcheinen wollen, und
„nichts beſitzen oder handeln,fo ſitzen fie und warten
„auf Gefchenfe, welches noch viel fehandlicher iſt,
„und verderben alles Lob ihres Lebens durch ihre
„Gewinnfuche , indem fie gleichfam ihre Heilig.
Fkeit feil herum tragen,,b). Und von foldyem of
fenbaren Geiz hat ja insgemein der Apoſtel ges
fprochen, daß er eine Wurzel alles Uebels fey,
dahero es, leider, bey den geizigen Predigern noch
ungleich mehr wahr worden ift. Und mag man
wohl recht mit jenem Lehrer fagen, “Daß man
„alles Uebel daher entfpringen febe, was jemals in
„den Häufern, in den Gerichten, im Regiment,
zu Hofe, in der Kirche, und fonft gefchiebet,, i)-
Welches ein anderer auch Furz zufammen faſſet,
wenn er von den verderbten und falfchen Lehrern
fehreiber: Es ift dahin fommen, daß der Heil.
„Geift in ihren Herzen gedämpfet worden, Die
„eiebe erfaltet, die Andacht verlofchen, ja GOtt
elbſt vergeffen : (mas fonnte vor gröfferer Scha⸗
„oefenn?) Denn fie find nur verpicht, wie ſie irdiſche
„Schäße ſammlen, und denfen nur, wiefie ihre
„Praͤbenden erlangen mögen, Da denfer man
„beutiges Tages nicht daran, wenn man die Sees
„tenforge auf fich nimmt, wie man GEOtt dienen,
„und die Zuhörer zu ihrer Seligkeit erbauen wols
„te: fondern da fraget man nur, was vor Eins
„fünfte da fenn, oder wie viel dieſe und jene
„Pfarre trage„k). Wir werden bald insgemein
von dem groffen Schaden etwas hören, den
gottloſe Lehrer in den Gemeinen ehun, ſonderlich
auch , wenn fie von dem Geiz befeflen find. Und
gewißlich , wenn die böfe Erempel alleine, und
das Aergerniß der Schaden wäre, der von dent
Geiz der Prediger eneftünde, fo wäre er nimmer
genug zu Dejammern. "Alleine, da hoͤret man
und erfaͤhret es fäglich, wie das. alleräufferfte
Berderben an $eib und Seel in Zeit und Ewig⸗
feit über Schrer und Zuhörer aus dem Geiz her⸗
fomme, der da iſt und bleiber eine Wurzel alles
Uebels.
Das
8) Apud Sulpisium SewerumDial.l.c.2. h) Swlpitius Seuerus lib. LH. E. i) Ch hom. 4. i
k) Nie. de Clemangis de corrupto ——X e. 3. * Li — * —
JJJ
Von ihrer Wohlluͤſtigkeit, und daher entſtander
fen, Saufen, Spielen, Unkeuſchheit und dergleichen
Summarien. —*
n der verfallenen Cleriſey Wohllͤſten · 9.1. Klagedarüber: 2. Der Zeugen der Wahrheit Zeugniſſe davon 3: Die
ofte auf narriſche Weiſe. 5. Belchreibung ſolcher Greuel; Prieſter ſaufen oft
o
V Schwelgerey wird oͤffentlich verboten, 4-
zu halben und ganzen ‚find jehr delicat, halten Kränsgen : 6.
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EN 5 —— N
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die noch rechtſchaffenen eifern dagegen; aber es hilſt wenig: 7-
EN: Ri , — 7
Heuchelen dabep ; Greuel, fo an denen Gedachtniftagen der Märtyrer vorgangen. 8. Der mweltgefinnten Prediger ihr Gpiclen
wird verboten. 9. Ihre hoffaͤrt
nimmt einem Canonico feinen Hut vom Kopf. u.
Ihre hoffaͤrtigen und welrförmigen Kleidungen: 10. mas vor Aergerniſſe daraus entſtanden; ein Kapfer
Denen Beiltlofen werden die Hunde zur Jagd verboten. 12.
Durch das
Verbot des Eheſtands wird die Unreinigeeit befürderf- 13. Gewiſſenszwang wegen der Ehe; Paphnutius ſtreitet dagegen 5 14.
es äuffert-fisb ein ſchaͤndlicher Abgrund der Unfläteren 5 heydniſche Greuel muͤſſen verboten werden. 15. Ueble Gewohnheit
freinde Weibsperfonen in Haͤuſern zu halten; Chryſoſtomi und Hieronyini Eifer dagegen. 16. Der Greuel der priefterlichen
Eoncubinen wird verboten. 17. Das üppige Beben der verderbten Elerifen mehr als zu offenbar, Obere laſſen ſolch viehiſch
Weſen meiſtens ungefraft. 18.
$.
Ss ift angezeigfer maffen noch übrig vonder
Fleiſchesluſt etwas zu berichten, foferne die-
felbe auchunter dentehrern geherrſchet hat,
vermöge des. glaubwürdigen und einftimmigen
Berichts fo vieler Scribenten: Wer bis hieher
unpartenifd) das Leben der verfallenen Cleriſey be⸗
trachtee hat, wird befennen müffen, daß ſich die
fo gar. verkehrte Art deffelben mit ihrer ſchweren
Pflicht und der gemeinen Opinion von ihnen gar
nicht reime. Gleichwol aber wird er auch durch fo
piel Zeugen überwiefen feyn, daß folches alles
nic)e erdichtet, fondern wahrhaftig alfo ergangen
ſey, wie es von denen berichtet worden, die alles
ſeibſt gefehen und gehöret Haben. Nun ift zwar
aus denen andern ſchon erzehlten Laſtern augen-
ſcheinlich zu fehlieffen, daß es an Wohlluͤſtigkeit und
fleifchlichen Lüften bey ſolchem Zuſtand freylich
nicht ermangelt babe, indem ſolche Sünden als
eine Kette an einander hängen, und fonderlic)
denen Auffebern der Gemeine durch "Betrug des
Satans füfje gemacht werden. Jedoch müffen
auch etliche fonderbare Zeugniſſe hiervon darge
bracht werden, damit alles. defto gewiſſer fey.
Nachdem nun die weltliche Ueppigkeit und Pracht
in die Chriftenheit, fürnemlidy unter Eonftanti-
no, eingeführet wurde, fiengen die meiſte Lehrer
an, bey fo reichem Ueberfluß der vorigen Berleug-
nung und Maͤßigkeit zu vergeffen, und allgemad)
zärtlid) und wohllüftig zu leben. Diefe brachte
fie weiter zu einev groffen fleifchlichen Sicherheit,
welche in unverfhämte Ueppigkeit, Sreflen und
Saufen ausbrach. Je mehr. fie anfiengen mit
reichen und wohllüftigen WeltEindern umzuge—
hen, je mehr nahmen fie ihre Sitten und Ge—
!
Is
wohnheiten an; und weil fie den ſchmalen Creuz-
weg EHrifti einmal verlaffen , und für unnoͤthig
angefehen hatten, fo lieffen ſie ihnen Die Weife die-
fer Welt und ihre betrügliche Lüfte gefallen, alfo,
daß fie diefelbe nach ihrem verfehrren Sinn und
nad) dem Willen der Belt gerne brauchten.
2. Deswegen wurden nun diefe und andere
Klagen insgemein fchon im 4. Jabrfunbert daruͤ⸗
ber gefuͤhret; Wann du das Leben eines Prie⸗
„ſters unterſucheſt, und findeſt, daß er nach.aller-
„hand Salben und Balfam riecht, in Seide und
Purpur gekleidet ift, und gernebey guten Lecker⸗
„oißgen fißet; fo magſt du wol diefe Worte aus
„dem Evangelio wider ihn brauchen: Die Frucht
„fehe ich wol , aber den priefterlichen Baum fehe
„ich nicht. Denn die Frucht feiner Priefterfchaft
„ist gar anders befchaffen als er, a). Womit
vielleicht auf das Gebot CHrifti gezielet ward,
da er faget, man folle die falfche Propheten an
ihren Früchtenerfennen. Ingleichen bedauret ein
anderer die Thorheit folcher wohllüftigen Bauch:
diener, damit fie ſich auch vor den Weltleuten
ftinfend machten, indem fie Foftbarer zu leben
pflegten, alsdie reichefte Herren. Sie ractirten
dieſe mit folhen Speifen, welche die fürnehm-
ften Leute nicht auf ihren Tiſch brächtenb). a,
die Heyden ſelbſt fpotteren ſolcher unfeligen
Nachfolger EHrifti nicht wenig, wenn fie fas
ben, daß e8 jene den größten Potentaten in ihren
Tractamenten gleich, wo nicht gar zuvor tha⸗
ten , als wir oben. von den Roͤmiſchen Bis
ſchoͤffen ſchon im 4. Seculo gehöret haben e). Aug
den folgenden Zeiten fchreibet einer, “daß die Cle⸗
„riſey Eein Wort GOttes mehr lernete, fondern
lau:
a IND
a) Gregorins NyjfenusOrat.de VitaMof. b) Hieronym.inMich II, <) Ammian. Marcel, lib. XXVIL Hiftor.
9—
*
—
—
Don der verfallenen Lehrer Wohl
„undSaufen lege, vor irdiſche Dinge forge, immer
„auf den Gaffen, felten in der Kirche wäre, das
„Brod lieber den Hunden als den armen Leuten
- „darreichete, die Hände lieber nach den Karten
„und Wuͤrfeln als nach dem Bud) ftrecfte. Ihre
„Betten wären viel praͤchtiger als die Altaͤre, ihre
„Saufgeſchirre netter als die Kelche u. f. f. d).
3. Ingleichen merkten die Verſtaͤndigen ab»
ſonderlich von den Nachfolgern Damafi in ver
Roͤmiſchen Kirche, deffen zuvor erwehnet worden,
an, wie die Ueppigkeit und Wohlluſt unter ihnen
äufehens erwachfen, jadaß fie es darinnen den größ-
ten Höfen gleich getban. Ein frommer Zeuge
der Wahrbeitfchriebe an einen folchen alfo: *Ent-
„weder laſſe dein Hirtenamt bey dem Wolfe
Ffahren, oder erweife es in der That. Dumirfts
„freylich nicht fahren laffen wollen, damit du nicht
„die Nachfolge und Erbfehaft deſſen vergebeft,
„weſſen Sis du inne haft. Diefer it Petrus,
„von dem man nicht lieſet, daß erjemals wäre in
„Gold oder Edelgefteinen oder Seiden einherge-
»gangen,er ift auf feinem Pferde geritten, hat
„auch feine Soldaten bey fic) gehabt, und feine
„Aufwaͤrter hinter fich. Und gleichwel hat er
»geglauber, daß EHrilti Heilfames Gebot koͤnnte
„erfüllet worden: Liebejtou mich, fo weide meine
„Schafen e). Welches eben diefer auch auf die
andern ziehet und ſpricht: “Die Kirchenämter
„iind nun UNE BAlkchen Gewinn und zu
„einem Werk der Finfternig worden, und man
„fuchet darinnen nicht das Heil der Seelen, fon« 3
„oern die Ueppigkeit und den Ueberfluß des Neich-
„ehums: Deswegen laſſen fie fic) inv⸗ ſtiren, des»
Wegen gehen fie in die Kirchen, halten dag Abend»
„mahl, fingen die Pfalmen. Man zanfet und ftrei-
„tet heutiges Tages unverfchamt um die Biſchof⸗
„ehümer oder Superintenduren und Archidiaces
„rate, damit die Einfünfte der Kirchen zum
„Ueberfluß und Eitelkeit verſchwendet werden,, f),
Und abermal: “Siebeiffen Diener EHrifti, und
„dienen doch dem Antichriſt. Sie ſchmuͤcken fi)
„mit den Gütern des HEren, dem fie doch nicht
„feine Ehre geben. Drum fiehet man täglich einen
„ielhen Hurenfchmuck , einen feltfamen Habit
„und Föniglichen Pracht. Da tragen fie verguͤl⸗
„dere Zäume und Sporen, die beifer ſchimmern
„als die Altäre: Daher kommen fo £oftbare Ti
itelfeiten, fid auf Mußiggang, Seeflen
eit, und daher entftandenem Steffen, zc. 945
„che und Speifen, da iſt lauter Freffen und
„Saufen, Geigen und Pfeifen: Da iſt Küch
„und Keller voll, und allenthalben ein groffer
„ueberfluß. O wehe! Diefes wollen noch die
Vorſteher der Kirchen feyn, Decani, General«
decani, Biſchoͤffe, — 56 Diefes iſt
„das rechte Werk der Finſterniß g)!
4. So wurde die offenbare Schwelgerey und
Ueppigkeit ſelbiger Leute Damals nad) der Wahr—
heit abgebildet, die auch er nach allen
Stücken beſchrieben wurde, Wiewol ſich die Ver-
ſtockten wenig daran kehrten, und deswegen mit
Recht von jenem befehuldiget wurden, daß der
Bauch ihr Bott ware, wie Paulus alfo ſchoͤn
geredet hatte Phil. 3,19. h). Demnach mußte auch
auf Conciliis ernftlich verboten werden, daß ſich
Fein Ricchendiener voll trinken füllte, mit
angehängter Bedroßung , daß er widrigen falls
entweder auf 36. Tage von der Bemeinfebaft
ausgefchloffen, oder auch eine Leibesſtrafe auss
ftchen follee ). So ward auch, dergleichen Truns
kenbolde defto eher abzußalten, denen Apofteln
felbft diefe Verordnung zugeſchrieben, wiewol
ſelbige dergleichen Verbote bey ihren ſo treuen
Nachfolgern nicht noͤthig hatten: “Ein Bifchof,
„Aeltefter oder Diaconus, der dem Spielen oder
„Saufen nachhänger, foll entweder davon abfte:
„ben, ‚oder abgejäyaffer werden, k). Weiterhin
findet man viel folche Verbote, Die das fterige
Saufen vieler gottlofen Kircpendiener heraus
mungen: davon ich nur etliche herſetzen will.
„Die Priefter follen die Nüchternfeit bewahren,
„und fie auch denen Glaubigen empfehlen, weil
„derjenige nicht frey von der Maͤßigkeit predigen
„Fann, der fich zu einem Narren fanft, Und dies
„ſes foll auch wegen des Steffens und anderer das
„bingehörigen kaſter in acht genommen werden I),
„Die Auffeher und Diener GDttes füllen nicht
„dem Freffen und Saufen ergeben feyn, fondern
„den Ausipruc) des HErrn betrachten, wenn er
„ſaget: Hüteteuh, daß eure Herzen nicht bes
„fehmeret werden mit Freſſen und Saufen.
„Denn fie follen nur mit Maaß und nad) Noth—
„durft eifen und trinken, Damit fie, nach des Apo⸗
„Itels Willen nüchtern ſeyn, und zum Dienft des
Herrn geſchickt m). —
5. Es iſt aber daraus zu ſehen, wie wenig
Ddd ddd der⸗
4 d) Hugo de S. Pidlore in Caral. T. V. p. zı1. €) Fervhardus lib. III. de Confideratione. f) Idem in PEXV.
» 6 g)Idem Serm. 23. h) Anafafıns Sinaita de Quadragef. ap. Cotelerium Tom. III. Mon.
Eecl. Grac.
P- 426. i) Coneil. Ararhenfe c, 41. k) Can. Apof. 4a. 1) Cabilen II. c. 10. m) Remenfe II. c. 18. Add.
Turen. I. c. 2. et 5. Aquisgranen/e TI. c. 6. etc.
/
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v„ ⸗
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946
vergleichen Verbote mögen geholfen haben, da
man in Beftrafung folcher abſcheulichſten Suͤn⸗
den fo gar nachlaͤßig, parteyifch, ja oft ganz naͤr⸗
riſch verfahren hat. Was war doch, zum Exem—
pel, dieſes vor ein naͤrriſches Geſetze, welches in
der Griechiſchen Kirche gemachet war, und doch
wol nicht in acht genommen wurde. Wenn ein
„Prieſter fein Amt verrichtet, und dabey ſich ſo voll
Feſoffen Kat, daß er umfaͤllt, fo ſoll er 40. Tage
„vom Gortesdienft bleiben, n). Ingleichen
diefes in der Sateinifchen Kirche: Wer aus Trun-
„kenheit fpeifet, der foll, wenn er ein Aeltefter oder
»Diaconusift, 40. Tage lang Buſſe thun; ift er
„aber ein Moͤnch, nur 30. Tage; ein gemeiner
„Kirchendiener 20, ein Laye 15,0). Wurde
nicht dadurch dem Sreffen und Saufen ver
böfen Priefterfchaft Thür und Thor aufgekhan,
wenn man gar auf einem Synodo vor recht erken⸗
nete und befahl, * Daß, wenn ein Priefter im Som:
„mer ganze Mächte durch bis nad) dem Hahnen⸗
„Zeſchrey gefoffen hätte, fo follte er den Tag dar-
„auf Feine Meffe halten: im Winter aber Fünne
„ers gleichwol thun, wenn es noth wäre, Pp).
Was war es Wunder, wenn die Leute, die man
um der Wafrheit willen zu Keßern machte, dem
Minifterio öffıntlich aufrückten, “daß wol eher ein
»Diaconus die ganze Nacht durd) in der Schen-
„fe gefpielet und gefoffen hätte, und darauf fruͤh
„im bloffen Camiſol den Gottesdienft verrich-
„tee g). Item, wenn man folche Klagen über
„dergleichen mehr als vichifches Leben der Pfaf-
„ren höret: Viel Bifchöffe oder Superintenden-
„ten freffen und faufen den ganzen Tag auf Ga-
„fterenen, bis in die Mitternacht, ja wol bis an
„ven hellen Morgen, daß fie ihren Begierven Biere
„innen ein Genüge thun wollen, Daraufhalten
„fie etwan obenbin die Vigilien, legen fich endlich
„iieder, bis die Zeit zum Treffen und Saufen
„wieder koͤmmt r).
6. Ein gleiches erzehlet einer von ſolchen rohen
Bifchöffen mit diefen Worten: “Sie fraffen und
„ſoffen Die ganze Macht durch, und wenn man die
Fruͤhmetten hielte, fo forderten fie noch Glaͤſer
„und fofteten den Wein. Da wurde an GOtt nicht
„gedacht, Wenn die Morgenröthe anbrach,
ſiunden fie erft von der Abendmahlzeit auf, 30
„gen ſchoͤne Kleider an, fegten fid) bald wieder nie:
8.3. Don dem Abfall der Ehriften von der erſten Lauterkeit.
„der, und fihliefen aus bis zu Mittag um 3. Uhr.
„Wenn fie aufftunden, giengen fieins Bad, von
„dar zu Tifche, dabey ſie wiederum bis an den hel⸗
„ten Morgen fisen blieben, s—). Wie fich nun
diefe Unmenfchen alfer diefer Greuel nicht ſchaͤme⸗
ten, alfo trieben fie auch ihre viehifchen Begierden
ofte, daß fie ohne Verſchonung, ich will nicht ſa⸗
gendesgemeinen Nergerniffes, fondern ihrer eige⸗
nen Ehre, die fie doch als fleifchlichgefinnete noch
liebeten, in die öffentliche Wirths und Schenf=
häufer giengen, und darinnen wolgar mit andern
Saufgefellen dem Saufteufel dieneten, Und
daher findet man abermal fo viel Verbote
bierwider, weil dadurch das Minifterium fol
gends vor jedermann höchft proftituiree wurde t).
3% weil auch fonft auf antern Gaftgeboten des
veflens und Saufens bey den Leuten weder Ziel
noch Maaß war, fo wollte man auch darinnen den
Reſpect deffelben erhalten. Denn man liefet in
den Hiftorien, Daß die Priefter ofte aufdenen Ga—
ftereyen mit den Weltleuten zu halben und gan-
zen gefoffen. Geftalt einer ausdruͤcklich geden-
fet, daß fie mit einander certiret haben, wer am
ftärfften faufen koͤnnte, dabey fie cine närrifche
Gewohnheit gehabt, daß fie im Saufen fic) wie
die Voͤgel im Flug angefteller, welches fiead pin-
nasbibere hieffen u). Sobefchreiber auch einer
diegeiftliche Leckermaͤuler, daß fie zwar in elenden
Bauerhütten geboren wären, aber nun bey dent
Kirchendienft Semmeln und Honig verſchmaͤ⸗
beten. Siewüßten, weldyes die delicateften Fi-
fche wären, wo man die befte Mufchelnfindez fie
fönnten alsbald am Geſchmack erfennen, wo das
Bogelwildfret her wäre. Kurz: Je feltfamer
und theurer eine Speife fey, je beffer ſchmeckte fie
ihnen. Es fande fich aud) gar bey zeiten und ſchon
tm 4. Jahrhundert diefe Gewohnheit unter der
Driefterfchaft ein, daß man ein gewiſſes Geld zus
fammen legte, und felbiges collegialiter mit einan-
der vertrunfe, oder, wie man jetzo redet, Kranz
gen Bieltex). Und diefes ift ohne Zweifel unter
dem Bormand gefcheben, man wolle ein erbaulich
Gefpräch oder andere Eonferenzen mit einander
halten, und dabey fich nach den fehmeren Amts»
forgen ein wenig erluftigen; obgleich dag Herze
mit Wohlluft, Treffen und Saufen befchiverer,
und immer mehr Unſegen über alle Berrichtungen
gezogen worden; daher manes auch verbof, EN
ie
7
n) In Nemo-Canone Coteleriano carı.89. ©) Apud Iuonem Carnotenlem P. XII. Decret.c.gr. p)In S;20do Mogun-
zina. v. Hifl. Ecel. Goth.lib. H. c. IV. Sedt.3.n.3.
q Anonymus ap Audtorem Caral, T. 9. p.740. 1) Audtor
Comm. in Pfalmos praf. ad Bathuricum Epife. Ratisbon. ap. Zieglerum lib. IV. de Epife. e. 6.n. 16.
Turonenjis ib. V.Hift. Frane.e.21. t)Czr. Apofol. 54. Concil. VI. in Trulloc.9. Carthagin. III. <. 29. Remenfe
e.26.etc. m) Inriocentius III. ic. 14.X. de Vit. er hon. Cler. Synodus Londinenfis ap. Guil. Malmesburienfem
Ab. I. Hifl. Pontif. Angl, x) Coneil, Laond. c. 55,
Ss) Gregorins
—
|
ev
%
i wollten denen andern nicht zuge
*
ſollten, wohl wiſſende, wie unchriſth chu
7. Die eiferige und annoch rechtfchaffene
{4
bey Gaftereyen oder andern G
b nachdem i Ci
es gemeiniglich dabey zugienge, nachdem die Chris
(ken einmal zu Unchefen worden waren. Des⸗
a Yuguftinus fid) und die Seinigen fo ofte
des Ausſpruchs Ambroſii erinnert, da er einem Leh⸗
rer gerathen, “er ſollte in feinem Vaterlande
„nicht zu Gaſte gehen, damit er nicht hiedurch die
Maͤßigkeit verfcherzte,, y). So hielte auch ein
anderer dieſes einem Biſchof nachdruͤcklich vor,
„daß er die Zeit mit Gaſtereyen zubrächte,, 2).
Allein, es halfdiefes alles bey den wenigſten etwas,
nachdem die Erkenntniß des wahren Chriſten⸗
ehums und ber darinnen gebotenen Maͤßigkeit
änzlich verlofchen war: wie denn auch diefer Bis
— J ſehr hoͤhniſch antwortete; und uͤberdis wol
nur zum Schein denen Kirchendienern verbos
ten wurde, daß ſie feiner Gaſterey, Hochzeit
oder andern Mahlzeiten gehen follten, weildabey
fo viel ärgerliches Weſen getrieben würde a), Als
wenn nenlid) nur den tehrern, und nicht auch den
Zuhörern zu verbieten wäre, daß fienicht faufen,
fpielen oder Narrentheidung treiben follten b),
Und was will man noch zweifeln, ob die wohllü:
ige Prieftergernebey den Gelagen, und tie die
elt redet, luſtigen Compagnien geweſen fenn ?
Es daurete fie fo ſehr, wenn ſie nicht bey allen Zu:
fammenfünften feyn follten, daß auch üffent-
lid) befchlofien wurde, fie Fonnten wol bey den
Hodyzeiten und anderen Gaftgeboten bleiben,
wenn ſie nur alsdenn einen Abtrit naͤhmen, wenn
die Comödianten und Gaukler hinein famen, und
den Gäften eine Luſt machen wollten). Hier
ſiehet man ja offenbar, tie ſehr diefe Leute ihre Be⸗
ierden zum Freſſen und Saufen verrathen ha—
en, da fie von folchen gottlofen Zufammenfünfs
ten fich nicht enthalten, und nicht einmal heuch⸗
—F anſtellen koͤnnen, daß fie mit ihrer ganz»
lichen Abweſenheit ihr Mißfallen an foldyen heyd⸗
—— und Ueppigkeiten bezeuget haͤt⸗
ten. Eben wie ein andermal angeordnet wur»
de: “Es follte fich Fein Priefter aufden Gaftereyen
„voll trinken, oder andere zum Saufen peingen,
„oder auch aufder andern Bitten fich voll ftopfen,
„auch nicht unziemliches Lachen und Marrenthel:
„dungen treiben, eitele Fabeln erzehlen oder fürs
y) Pofidius in Vita Auguft. c.27.
b) Ofiander lib. I. Cent. V. c. 30,
Nannetenfe ap. Gratianum dift. 44. c. 7.
. „dern dieſes nur in den
& : * Pur * Deines — — = — —
14. Cap. Von der verfallenen Lehrer Wohlluͤſtigkeit, und daher entſtandenem Freſſen, ec. 947
"gen, item feinen garftigen Scherz treiben, Feine
„Baͤrentaͤnze oder Masqueraden zulaffen d).
8. Eswar auch Feine geringe Heucheley, went
manben Leuten befehlen wollte, “ie follten keinem
„Priefter öffentlid) einen Trunk zubringen, fonz
\ aͤuſern der Slaubigen
„thun,, (da es die Ketzer ticht fehen fonnten,) da
doch das Zufaufen ſowol heimlich als öffentlich
vor GOtt ein Greuel war e). So gar aber fagte
ihnen ihr eigen Gewiſſen, daß aller Ueberfluß und
Mißbrauch der Creaturen verdammlich, ja auch
vor den Weltleuten ſchaͤndlich waͤre, deswegen
ſie ihre Suͤnden gerne heimlich treiben wollten.
Was fonften vor greuliche Dinge von Lehrern
und Zuhörern an denen Falten und Gedächtnis
tagen der Märtyrer vorgegangen, wie greulich
da jedermann gefceffen und gefoffen, und wie jene
abfonderlic fat überall mit unten und oben ge-
legen, it ſchon etlihemal gedacht worden. Es
iſt fait lächerlich, was man hernach in denen er-
dichteren apoftolifchen Saßungen angeordnet
haben fol, “daß auf denen Gaſtmahlen dem Pa⸗
„ſtori fein befcheiden Theil vor allen Dingen follte
„aufgehoben werden,,, und zwar, wie darzu ge
feßet wird, “zur Ehre GOttes, der ihm das Prie⸗
* befohlen haͤtteʒ. Daneben füllte “des
„nen Diaconis und Aelteften noch einmal fo viel
„gegeben werden, als andern Leuten,, abermal
unterdem faltlächerlichen Vorwand, “daß es ein
„Geſchenk EHrifti wäre,,; ingleihen “um der
„Apoſtel willen deren Stelle fie vertreten, der Can⸗
tor und Kuͤſter ſollten nur einen Theil bekommen,
den Propheten zu Ehren f). Eine ſchoͤne Erfindung
wie ein Predigerzu Leckerbißgen kommen Fönne!
9. Gleichwie nun die Schwelger gemeiniglich
ihre Zeit mit Spielen und anderer Bospeit ver«
derben: Alfo fchlugen es die meltgefinnste Pre-
diger auch nicht aus, und trieben entweder ſelbſt
dergleichen Bosheit, oder fahen doch andern zu,
wenn fie es thaten. Da wurde nun abermalzum
Schein, oder nur um des Liebelftandes willen folche
Thorheit unterfagt, Als, wenn ſchon im 4. Se:
culo mußte verordnet werden, “Daß die Priefter
„auf Hochzeiten und Gaftereyen Feine Schaus
„fpiele mit anfeßen follten 8). Ingleichen, daß
„kein Aelteſter oder Diaconus in den Wirths—
„haͤuſern faufen, tanzen oder liederliche Geſaͤn⸗
„ge fingen follte,,b). Gleichwol lieſet man nicht
Dodd ddd 2 fel-
2) Gregorius M. lib. II. Ep. 14. et Epift. 39. ibid. a) Coneil. Agaık. c. 39
©) Concil. Laodie. c.54. Vid. fupra lib. IV. Cap. de Spedtac. d) Concil.
e) Decretum Zofimi V. Ofrander 1. c.c.36. f) Lib. IL Conlſit.
Apoftel, c, 28. g) Comcil. Laodicem, c, 54. h) In Noms. Canone Coseleriane c. 57.
Fr
948
felten, daß die Priefter felbft fich verkleidet und al-
lerhand Thorheiten und Raſereyen vorgenommen
haben, ja gar nicht ſelten in ihren eigenen Kirchen
alfoagiver i). Die Obrigkeit ſelbſt mußte dieſen
mehr als heydnifchen Greueln mit aller Macht
fteuren, und diefe und andere Verfügungen ma—
chen: +NBenn die Priefter fich noch einmal werden
„gelüften laffen , die Zeit in allerhand Spielen zu
„verderben; ſo ſollen fie als Auskehricht aus dem
geiſtlichen Orden ausgeſtoſſen werden, (ola
dn adveuure) k). Und abermal, nachdem der
Kanfer Zuftinianus geklaget, wie ſich auch Bi⸗
ſchoͤffe und andere Kirchendiener nicht ſchaͤme—
ten mit Würfeln zu ſpielen, welches Doch den ge-
ringften deuten verboten wäre, wird alfo gefchlof
fen: Wir befehlen, daß fich fein Diaconus oder
„Aeltefter, vielweniger ein Biſchof hinfuͤro un-
„terftehe entweder felbft mit Würfeln, oder im
„Bret zu fpielen, oder in einem andern Spiel,
„auch nicht bey dem Spiel zu feyn, oder damit
„umzugehen, oder einen Zeugen dabey abzugeben,
„oder bey liederlichen Schaufpielen zu feyn,, ).
Welches Verbot fehr nöthig muß geweſen feyn,
weil es fo ofte nicht allein von denen Kayfern,
fondern aud) von den Nömifchen und andern Bi-
feböffen miederholet worden m), Zu gefchmwei-
gen, daß man allerhand Strafen darauf geſetzet,
tie etwan ein Kahyfer ſolche Spieler auf 3 Jahr
in ein Klofter zu weifen befohlen bat). }
10. Der Weltgeift hat fich überdis auch bey
den fleifhlihen Predigern mächtig hervor gethan
in boffärtigen und weltförmigen Rleidun-
gen, als wodurd) nicht weniger angezeiget wor-
den, was in foichen Herzen von weltlicher Hof
fart und Wohlluſt verborgen gelegen. Es wäre
auch dem Abſehen folcher Leute entgegen gemwefen,
wann fie nicht auch in diefen Aufferlichen Dingen
der Welt und ihren Greueln fih hätten gleich ftel-
len follen, nachdem ihre Lüfte bey aller Gelegenheit
und in allen Dingen auf das flärffte durch alle
Kräfte seibes und der Seelen ausbrachen. Zwar
Haben wir obengefehen,, wie die Heucheley ben den
meiften fo groß geweſen, daß fie in Schafsflei-
dern oder in folchem Habit einhergegangen, dar:
aus das Volk Kat ſchlieſſen follen, als wenn fie
wahre Geiftliche und Propheten wären. Alleine,
es iſt auch gewiß, daß ſich der häufige Unflat nicht
fo liftig im Herzen verbergen Fünnen, daß nicht
auch der äufferliche Habit vieles davon verrarhen
i) Balfamon adSyn. VI in Trulloc. 62. k)LeoIınp. Nouellag7. 1)1.34.Cod. de Epife. And. m) Mufinianus l.
c. et Nozella CXXIH. c, 10. Leol. c. Itemque in Iure Canonumic. 1. diſt. 35. c. pen. X. de Vit. et hon.Cler. n)Leo
Lc. 0)Hieronymus Epift. 22. ad Euftochium,
8. B. Don dem Abfall der Ehriften von * erſten
· .ä J —
chi den ! D genannten prie⸗
— Denn wenn fie glei
terlichen Habit nach der Gewoh und Exem⸗
pel der andern mit trugen, (davonfie auch, dem
ergnügen ſuch⸗
obigen Bericht nach, Ehre und
ten,) fo fahen fie do) dahin, wie ſie denen, die ih⸗
nen gleich geſinnet waren, weiſen möchten, daß fie
fid) eben nicht fo eigenfinnig, oder wiemanreber,
pfaffifch hielten, fondern diefe und jene Mode auch
mitmachen fönnten. fie ihre tuft und Ehre
zum menigften in der Koftbarfeit ihrer: Kleider
fuchten, und wo nur Gelegenheit und Freyheit
war, fonderlich in ihrem Privatleben, denen
Weltleuten an üppigen, koſtbaren und alamodi-
fen Kleidern dag geringftenicht nachgaben Da- |
bey die herrſchende Begierden fich ofte nicht hal-
tenlieffen, zumal bey denen, Die wenig Verſtand
und Nachdenken hatten, daß fie ſich auch mit
ganz unanftändigem Habit nicht vor der Welt
proftituiret hätten. in bekannter Scribente ent-
Decker die Abfichten, warum fie fich fornerte und
nach) der Mode mit aufgeführee haben, daraus -
man fehen kann, wieviel Stricfeißnen der Satan
durd) Die Weltliebe an den Hals geworfen habe:
„Sie bewerben fid) deswegen um die Pfarren
„oder Diaconatftellen, damit fie defto mehr
„Freyheit haben, nach dem Weibsvolk zu fer
„ben. Darum gehet alles ihr Dichten und Trach⸗
„ten aufdie Kleidung, da balfamiten fiefich, daß
„ſie wohlriechen wollen, da.wollen fie gerne Enapp
„und galant gehen. Sie fräufen die Haare mit
„dem Krauseifen auf, Die Finger fehjimmern von -
„ein Haufen Ringen, und was dergleichen Thor⸗
„beiten mehr find, Wer diefe Leute ſiehet, der
„tolltefie cher vor Brautfuͤhrer anſehen, als vor
»Geiftliche o). Br
u. In ſolchem närrifchen Putz zogen dieſe uns
geiftliche Geiſtlichen ſchon um das Ende des 4
Seculi auf, und fpielten wol recht vor der Weit
Komödien, damit die Feinde und Spoͤtter des
waßren Chriſtenthums nur etwas zu lachen hat⸗
ten. Sch will nicht ſagen, wie der Chriftliche
Name dadurd auf das Aufferfte geläftere und
verfpottee worden, die Schwachen zurück geftof
fen, die Frommen betrüber und geaͤngſtet, jeder»
mann aber unverantwortlicer Weile geärgert.
Es miederholet aber eben diefer Mann folche Kla⸗
ge und weiſet damit, daß diefer Greuel nicht ge-
einge oder feltfam gewefen feyn muß, da er auch
bey den allergeringften Kircyendienern einge:
riffen,
einen Auffeher vermahnet, “di
iR ich niche mie Kleidern pu—
die Haare auffraufen, fondern
Habit Schambaftigkeit erwei⸗
J. pP) Damit wurde es aber mit der Zeit
immer ärger, aifo, Daß die Geiftlichen, wie fie beif-
fen wollten, fid endlich. gar als die hoffärtigiten
Weltleute und Soldaten aufführren, nachdem fie
die Hand überall bey weltlichen Handeln hatten,
und groſſe Herrfchaften an fich gebracht. Sie
hielten davor, ihre Practiquen liefen fich beque-
mer befchönen, wenn fie auch wie die andere welt:
liche Perfonen gekleidet niengen: indem es jeder
mann vor ungereime bielte, wenn einer in einem
fangen Prieſterrock zu Pferde figen, unter den
Hofleuten feyn, auf den Rathhaͤuſern oder Can-
zelehen fich aufhalten, und fonft weltliche Händel
treiben wolle. Drum fichet man fonderlicy un-
ter dem Pabſtthum fo viel Erz und andere Bi-
ſchoͤffe in Fürftlichem oder Soldatenhabit, in
voller KRriegesrüftung u. ſa f. Jener Kanfer
nahm einsmals in einer ſolennen Verſammlung
einem Canonico feinen koſtbaren Hut vom Kopf,
der mit vielem Gold und feidenen Bändern be-
haͤnget war, feßte ihn felber auf und ſprach: Bin
„ic) in dieſem Hute mehr einem Soldaten, als ef:
nem Canonico ähnlich,? Wandte fich darauf
zu feinem Erzbifchof und fprach: Wir gebieten
„euch, bey der Treue, Damit ihr uns verhaftet
Ieyd, daß ihr eure Cleriſey veformiret, und die
Mißbraͤuche mit den Kleidern, Schuben, Haa-
„ren und dergleichen abſchaffet. Wo nicht, fo
„wollen wir ihre Präbenden nehmen, und unferm
„Fiſco zuſchlagen, damit fie beffer angewandt
„werden 'q).
12. Wenn folche ernftliche Verordnung ander:
gleichen hoffärtige und wohlluͤſtige Hirten, die ſich
mit der Wolle ihrer armen Schafe prächtig kleide⸗
en, mehr ergiengen, würde vielleicht mancher greu⸗
eher Mikbrauch unterblieben feyn. Da hinge-
—— groſſen Nachlaͤßigkeit der Oberen die
eriſey endlich nicht wußte, wie ſie ihre Ueppigkeit
und Muthwillen gnugſam auslaſſen ſollte. Sie
ſahe, wie die weltliche Herren ſo groſſe Luſt an dem
Jagen ſuchten, drum ruheten viel darunter nicht,
‚bis fie auch dieſe vermeynte buſtbarkeit mitmachen
"fonnten. Es ift ſchrecklich Daß man ſchon um
„das Ende des 5. Seculi in öffentlichen Conciliis
„denen Geiftiofen hat unterfagen müfjen, daß fie
„ p) Hieronymus Epift.2.adNepot. q)Parali
Conf Ziegleruslib. IV.de Epife. c.19.
gorins M.lib. 11. Paftoral. Curx c.2.
-
B4
1
nd er verfallenen Cehrer Wohlluͤſtigkeit, und daber entftandenem Sreffen,xc. 949
„feine
»
de zur Jagd, auch Feine Habichte zum
„Bogelfang et Welches Berbor
„vielleicht deswegen gefchehen, Damit die Landes-
„Obrigkeit diefe grofle Verwegenheit nicht mit
„gleicher Ungnade rächen, und der Elerifey andere
„angenehme Freyheiten nehmen möchten. Auch
ift ſeltſam, wenn der vermeynte Apoftel dev Deutz
ſchen, Bonifacius, fehreiben mußte, "daß den Kir-
„‚chendienern das Jagen und Bagiven in den Wäl-
„dern mit Jagdhunden verboten feyn follte, in
„gleichen feine Habichte oder Falken zu halten,s).
Solche Knechte der Sünden und ihrer Füfte ha—
ben die armen Deutfchen von dem Goͤtzendienſt
befchren follen, da fie zweymal mehr dem Gott
diefer Welt und ihrem Bauch dieneten, als das
elende unwiſſende Bolf. Und gleichwol wollten
diefe Jaͤger und Soldaten noch mit aller Gewalt
tituliver ſeyn! on
13. Ich Fann mich aber ferner beydiefen nichti-
gen Dingen nicht aufhalten , nachdem zumal der
Greuel derfelben mehr als zu offenbar iſt, und
nicht oßne Berrübniß angefehen werden kann. Es
traf wohl recht bey folchen unfeligen Hirten ein,
was einer oßne Zweifel aus der Erfahrung fchreis
ber: “Wenn ein Hirte ſich an weltlichen Ueppig-
„keiten beluftiget, fo weiß er nichs von innerli-
„chen geiftlichen Sachen, und fann fie alfodie ans
„dern nicht lehren, t). Was durch foldes aͤr⸗
gerlicyes Leben der $chrer unter dem Wolfe vor
abfcheuliche Greuel der Verwuͤſtung entitanden
fern, haben wir oben im 6. Capitel diefes Buchs
guten Theils gıfeben, da uns klar gezeiget iſt, wie
die elende Schafe ihren falfchen und wohllüftigen
Hirten in allen Sünden, Schanden und Laſtern
bis zum äufferften Verderben nachgefolget ſeyn.
Es wäre auch Bier viel zu gebenfen von der Un—
Feufchbeit und greulichen Sünden, die Daher entz
fprungen, Alleine ih muß um der Kuͤrze und
anderer Urfachen willen das meifte überg.ben,
und nur etwas Fürzfich beruͤhren. Wir haben
oben im 4. und 5. Buch den Sinn der eriten
Chriſten vernommen, was fie von dem ledigen
und ehelichen Stand geglaubet, und wie fie. inder
wahren Weisheit den feligen Mittelweg getrof⸗
fen haben. Es ereignete fich aber unter andern
auch darinnen der Abfall von der erften Lauterkeit,
indem durch das tyrannifche Verbot des Eheſtan⸗
des der Cleriſey die Unreinigkeit bey derſelben
mehr befördert als vermindert wurde, Denn
Dod ddd 3 der
1a Conradi Vrfpergenfrsde CaroloIV. r)Corcil Agathenfe c. 55.
etoSynodi ap. Auctorem Caral. Tefl. Verit. p.119. t) Gre-
959
der Satan fuchte eben unter dem Mamen und
Vorwand der Enthaltung und Keufchheit felbige
in die abfcheulihfte Sünden zu ſtuͤrzen, und bey
dem aufgebrachten Zwang einen Grund zu legen
gu dem fo groffen Verderb, der nachmals unter den
Möndyen und Pfaffen geherricher bat. Welches
denn ſeit der Reformation Lutheri in fo vielen
Schriften häufig und gründlic) entdecke ift, daß
Daraus der groffe Verfall dever Lehrer mehr als
klar in die Augen faͤllet, und mit feinem Schein
Kann geleugnet werden u). —
14. Nur etwas weniges von denen Mißbraͤu⸗
chen zu gedenfen, die aus ſolchem eingeführten
Geriffensziwang entftanden find, fo waren die«
felbe ſehr ſchrecklich, und fait unter den Heyden
nicht erhöret. Es fieng ſich aber der gedachte
Zwang faft um Eonftantini Zeiten merflic) an, da
ohnedem ein groffer Ausbruch der bishero auf
gehaltenen Bosheitgefchahe. Man machte ſchon
im Anfang des 4. Seculi auf einem Particular:
Synode diefen Schluß: “Man hat fi) gefallen
„laffen, denen Biſchoͤffen, Aelteften, Diaconen
„und Subdiaconen, die wirklich in Dienften find,
„gänzlic) zu verbieten, daß fie ſich von ihren Ehe⸗
„weibern enthalten und Feine Rinder zeugen follten ;
„welcher es aber gleichwol thut, foll von feiner
Ehrenſtelle — feyn„ x). Eben um felbige
Zeit regte fich die Tyranney in dieſer Sache auch
auf dem Niceniſchen Eoncilio, davon wir lieber
die eigene Worte eines Hiftorici hören wollen,
welcher alfo ſchreibet: “Die Bifchöffe haften vor
„gut angefehen, ein neu Geſetz indie Kirche einzus
„füßren, daß die orbinivte Perfonen, nemlich Die
„Bifhöffe, Aelteften und Diaconi ihren Weibern
„richt mehr beywohneten, die fie in ihrem Laͤyen⸗
„Stand genommen hatten. Als man aber dar-
„über berachfchlagete, ftund Paphnutius mitten
„unterißnen auf, und viefe heftig, daß man folchen
„Perfonen Fein fo ſchweres Joch auflegen föllte,
ſagte dabey, das Ehebette fey ehrlich und die Ehe
„unbeflecft; und müßte man feßen, daß die Ges
„meinennichtdurch eine allzu übermäßige Bemuͤ⸗
„hungeines genauentebensSchaden litteu.f.f.,,y).
Auf welche Zurede auch die andern fich weifen lief
fen, und einem jeden frey ftelleten, ob er bey feinem
Eheſtande fich enthalten ober deſſelben gebrauchen
wollte. Und diefer öffentliche Widerfpruch gegen
folche Kerverbrechende Tyranney hat gleichivol
nicht lange gefruchtet. Denn zugefchweigen, daß
u) Vid. vel G. Calixeus de Coniugio Clericorum. Chemnitius Exam. Conc. Trrid. initio Part. II. et in Loc, Theol. _
P.IL.h.L Gerhardus Loc. de Minift.n. 330. ſeqq. it. Lib. II. Confeft. Cathol. P. II. art. 6.c.4. Chamier. Tom. IL, °
x)Concil.Eliberinumc.33. y)So
Panflrat. Cath. lib. XVI. erc.
raconenfem Epiſc. a) InnocentiusI. LeoM.Leo IX, a
8.3. Don dem Abfall der Ehriften von dererften Lauterfeit. ch
- er
igrer viel unter der Elerifey
von ihren Eheweibern ſich
heyrathen wollten: ſo wurde
nen Kirchendienern die Ehe ſchl
ten, ſonderlich in der $ateinifchen Kirchen. Den
man liefet fehon im 4. Jahrhundert von dem Roͤmi⸗
ſchen Bifhof Siricio, daß er die Ehe derſelben
fhlechterdings verdammet und verworfen habe z), -
Dem hernach viel andere nachgefolget, und diefes
Verbot immer weiter ausgedehnerhaben a). Wie⸗
wol jich ihrer viel aus wichtigen Urfachen foldyem
Gewiſſenszwang entgegen gefeßet, und dawider
nicht allein proteftiree, fondern auch in der Praxi ge⸗
ftritten Haben; wie mehr als zu bekannt ift.
15. Da nun alfo die Elerifey entiveder zum
Schein oder aud) aus Zwang ſich des Eheftandes
enthielte, äufferte ji bey ihrem wohllüftigen und.
ſchwelgeriſchen Leben, Muͤßiggang und Faulheit,
allenthalben ein ſolcher Abgrund der Unfläterey
und faandlichen Brunft, daß die Sünden bisarı
den Himmel ftiegen, wweldye heimlich von ihnen ges
ſchahen, und gleich denen Keydnifchen Greueln
[handlich zu fagen find. Wir haben furz zuvor
die Klage Sieronymi gehöret, wie manche jo al⸗
leine um deswillen um einen Kirchendienſt bewor⸗
ben haben, damit ſie nur das Frauenvolk deſto freyer
ſehen moͤchten b). Ich will auch nicht viel erweh⸗
nen, wie ſie naͤchſt den unzuͤchtigen Augen unreine
und unflaͤtige Lippen gehabt, mit ſchandbaren Wor⸗
ten und unzuͤchtigem — ſich und andere geaͤr⸗
gert, da ſie ihn entweder ſelbſt getrieben, oder doch
von andern mit angehoͤret und Gefallen daran ge=
habt. Man mußteißnen aud) wegen ihrer Leicht⸗
fertigfeit und Bosheit Die weltliche Huͤrenlieder,
unflätige Spiele und Comödien, fame andern
heydnifchenGreueln ernſtlich verbieten, und richtete
damit wenig oder nichts aus, Zum Erempel,
— De ae urn re |
gottlofeften Prieſterſchaft publiciren mußte, defz-
fen man doch bey ehrbaren Heyden nicht —
te; “Die Prieſter ſollen ſich von alledem enthalten,
„was zur Luſt und Reizung der Augen und Ihe
„ren gehöret, und Dadurd das Gemuͤthe weich
und weibifch wird, welches auch von gewiffen Ar⸗
„ten der Mufic und andern Dingen gelten 5%
„Denn durch die Verführung der Augen und Ob: -
„ren bricht der ganze Haufe. der Sünden in die *
„Seele ein. Auch follen fie die Greuel der f hand
„lichen und unzüchtigen Comoͤdianten famt ihrem
„Scherz ;
) lib. I. c.ıt. z) Epift.ad Himerium Tar-
—— b) Epiſt. 22. ad Euſtoch.
cr
y
;
|
„in die
—
Meine felbft meiden,
ter felbige zu verme
gleiten: “Die Bifhöffe und
flen in ißrer Gegenwart feinen ſchand⸗
5* un
Er) Hals
7— „lebte ſolle
" „baren Scherz treiben laſſen, o). Andere Merk⸗
mahle hievon zu geſchweigen.
16. Alleine es iſt bey unzuͤchtigen
und Worten unter diefen beuten nicht blieben, ſon⸗
bern der Fürft der Finfterniß hat fie ferner zu al⸗
len wirklichen Sünden gebracht, die in fein Reich
ehören. Denn da ward fonderlich unter der
leriſey die fhändliche Gewohnheit eingeführet,
daß fie fremde Weibesperfonen bey fich in ihren
Wohnungen hielten, mit denen fie in allen Suͤn⸗
den und Schanden lebeten. Und folche fienge fich
ar bey zeiten an, mußte aud) ſchon unter Con—
Rancins auf dem Micenifchen Concilio ernftlich
verboten werden e). Man nennete aber folche
verdächtige Perfonen swveirarres f )ersisaurss,
extraneas, commanentes u, ſ. w. 2), weil fie un-
ter allerhand Vorwand bey den „Kirchendienern
Aumohnenpflegten. Damiderdenn unter andern
Ebryfoftomus oͤffentlich fcharfreden mußte, und
wo ganze Predigten von denen bielte, die zu Haufe
He eingeführte Weibsbilder unterhielten, daer
unter andern diefe gebensart eine Zurerey nennet,
die von den böfen Beiftern eingefübrer, dar:
bey ungerecht und den ©efegen zuwider fey.
Er befennet auch gerne, "daß er von diefer
„Beywohnung feine andere Urſache finden koͤn—
„ne, als die boͤſe Begierde und ſchaͤndliche Wohl:
„luft, bh). Bald nach ihm eiferte Hieronymus
auch ernftlich dawider, nennte foldye $eute eine
ungüchtigen Geberden
‚neue Art der Concubinen und age mit
einem zubielten, wenn er fhriebe : Woher ift die
en oder fo genannten Geliebten
Kirche Fommen? Woher koͤmmt der
„Name einer Ehefrauen ohne gehaltene Hochzeit?
„Ja, woher ift Die neue Art der Concubinen ent-
„ftanden? Ich will noch nicht ſagen: Woher
OCeneil, TuronenfeIII.c.7. d)Concil. Remenſe ſub Carolo M. cap. 17.
— — LXXVIII. Gregerius Naziarzenus Præc. ad Virgin. etc.
et Photinstit-IX. Nomo.Can <.29. g) Vid. Beueregius Not. ad Synodicump. 48. Yalefıss ad Eufeb. 1. c; 1; Go»
thofredusad 1. 44. C. Th. de Epife. et Cler.
Tom. VI. edit. Sauil. quo vid,,Si
ap. Photiump.ı41. 1) Epift. 22. ad Euftoch.
lius M. Epitt. 98. ad Gregor.
er. Filefatins-lib. I, Sele&t. c. 10. aliique plures.
oerates lib, VI. c.3. Palladins in Vita Chryfoft. p. 45. et Georgius Alexamdrinus
- k) Sulpitins Senerus Dial. l.c.4._D Gregorius Nat.
n) Audtor Lib. de Singularirate Clericorum.
du >
⁊d
— ä und daher entſtandenem Freſſen, ꝛc. 951
„find Die Huren, die nur einen Mann haben?
ermah⸗ „Sie leben in einem Haus mit einander, oft
„auch wol in einem Bette, und dennoch Beif-
„ien fie ung noch argwoͤhniſch, wenn mir et
„was muthmaſſen, i). Daß folcher Perfonen,
dawider dieſe fchreiben, nicht wenig gewefen,
fichet man aus dem groſſen Widerftand, den fie
gegen die erwieſen, welche ihnen ifre Schandthas
ten vorgehalten haben. Won dem leßtern ſtehet
ausdrüclich, was er mitdiefen feinen Ermahnuns
en vor Haß und Verfolgung beyden böfen Prie—
Met verdiener habe: “Er ftreitet unausgefeßt wi⸗
„oder die Bofen, aber damit hat er die Feindſchaft
„der Verkehrten auf ſich geladen, Die Prieiter
„find ihm fpinnefeind, weil er ihr Leben und böfe
„Händel anfticht: Aber alle Fromme ehren und
„lieben ihn ; welche ihn aber vor einen Keger hals
„ten, die find garrafend k).
17. Noch vor felbiger Zeit Elagte ein anderer
berühmter Lehrer darüber, daß diefer Name der
cuye ccixroy oder priefterlichen Concubinen, ſamt
deſſelben Greuel fo gar fehr überhand genommen
babe, und dahero von ehrlichen und gettfeligen
Jungfrauen ja fleißig müffe verbüter werden !).
Welches denn auch andere feines gleichen gottſe⸗
lige Lehrer in ganzen Schriften gewieſen Bas
ben m), und ausdrücklich denen böfen Predigern
unter Augen gefagt, daß folche gottloſe Gewohns
heiten von ihrer Heucheley herfämen,, indem fie
den ledigen Stand vorgäben, dabey aber ärger
als Heyden lebten n). Sch will nicht weitläuftig
gedenken, daß fo viel Concilia dem graufanıen
Uebel auf feine Weife fteuren können, fondern
daß es zuſamt den andern Inſolenzien und ſchreck⸗
lichen Erceffen immer mehr zugenommen, ofne
mas mit andern jtummen Sünden und ſodomi—⸗
tiſchem Wefen vorgegangen 0). Es mußte auch
die Obrigkeit dem allgemeinen Aergerniß zu weh⸗
ven ſuchen p), alfo, daß denen Kirchendienern
aller Umgang mit Weibsperfonen gänzlicy vers
boten wurde, und fie Feine bey fich haben durften,
AUS
€) Can. 3. f) Vid. Eufebius Iib.VIL. 30»
f) Iuflinianus Nowella CXXIII.c. 29,
h) Serm. 17. etı$. in
lc Mm) Ba
0) Poft Nirerum Concil, Ancyram
€. 19. Carthagin. 111. c.3. Eliberin.c. 27. Toleran. IV. e. 31. 41.6847. VIU. c. 4. Aurelian.IV. c. 4. VI. €. 3. Arelat,
' Il.c. 3. Verden]. c. 15. Agathenfe e. 10. Turon. U. c.14.
16. Cabilon.c.3. pP) Theodofius et Conftantints I. 43. G,
Theod.de Epifc. ei Cler. et 1.19. Cod. Iuflin. de Ep. et Cler, Jufiinianns Noneha CXXIII. €: 29. et VI. c. 6.Conf, Bla.
Rares Synt. hit. Yy. «19. Photii Nomo-Canon, etc,
052
ausgenommen, mas. ihre Mütter, Schmweftern
oder andere Anvermandten waren g). Wiewol
fie aud) fo weit allen Credit "bey jedermann ver:
loren, daß ihnen endlich ohne Unterſcheid auch der
Umgang mit ihren nächiten Blutsfreundinnen
unterfaget mußte werden r): nachdem viel erauri-
ge Erempel gelehret hatten, daß von denen auch Die
Gefegeder Natur übergangen würden, welche ein⸗
mal den göttlichen offenbarten Willen verworfen
und übertreten hatten. Allein, weder dieſe noc) an:
dere verfuchte Mitrel, dem unendlichen Greuel ab⸗
zubelfen, waren hiebey zulänglich, fondern die Ge-
Iehrten befennen überhaupt, Daß diefe auveirarraı
oder Concubinen der: Kircyendiener zwar immer
verboten, aber gleichtvol allezeit behalten worden s),
18. Diefes wäre nur eine Probe von dem üppie
gen und wohllüftigen geben der verderbten Cleri⸗
fen: Deren ic) denn noch überaus viele darlegen
Eönnte, woferne ich nicht “Bedenken trüge, in die
ſem Wuft und Greuel länger Zeitund Mühe anzus
menden. Genug ifts,daß niemand leugnen kann,
wie unterdem Verfall die Glieder des Minifterii
auch von folchen herrſchenden Sünden nicht frey
gewefen feyn. Einmal hatten ſich die meijten zu
dieſer Lebensart begeben, damit fiedefto bequemer
und freyer die Lüfte der Welt genieffen und ihrem
Bauch dienen fonnten. Die reiche Einfünfte,
die beaueme Wartung des Leibes, die grofle Licenz
und Indulgenz der Obrigkeit, die gute und faule
Tage lockten faſt alle welcgefinnte junge Leute an,
daß fie fich zu den Kirchendienjten begaben, und
felbige als Handwerke und Profeßionen anfahen,
dabey man vergnuͤgt und überflüßig leben, gleich-
8: 3. Von dem Abfall der Ehriften von der erften Kauterkeit. e
— N >
{
-
wol aber nicht viel arbeiten durfte. And wie et—
wa fonft die Kirchendienfte gefuc —5— Ze
en fo ⸗
mit man ein Weib nehmen und erna
auch ſonſt ihm gute Tage ſchaffen:
auch vor dieſem dahin geſehen, daß unter dem
langen Deckmantel des priefterlichen Habits alle
Soon Rip Laſter eig Er —
ie boͤſe Begierden wurden bey ihrer a
zuſehens ftärfer, und verfuͤhrten ihre u zu
den greulichften Erceffen, dabey man nicht ein
mal mehr heucheln noch vor der Welt bey Ehren
bleiben mochte; wie wir nur aus etlichen Proben
fo deuclich gefehen Haben. Go prangeten und
praffeten dieſe Schande und Laſter von der Ehri-
ften Almofen, und brachten nicht allein Feine gu⸗
te, fondern aud) die allerabfcheulichften Früchte
des Sreffens , Saufens, der Unzucht und Wohl⸗
fuft, als ziweymal erftorbene Bäume, denen das
Dunfele bereiter ift in Emisfeit. Die Oberen
fahen folch viehiſches Weſen ofte, lieffen es aber mei⸗
ftens ungeftrafer hingehen, entweder teil fie fich
vor der anmwachfenden Gewalt, Tyranney und
Rachgier der boͤſen Priefter firchteren, oder aud)
weil fie bisweilen mit gleichen oder andern herr⸗
fehenden Sünden behaftet waren. Daher fiedie
Wahrheit nicht fagen oder verfechten wollten, und
diejenigen, welche ihren Mund wider ſolch Ver⸗
derben auffhaten, wol gar nebenft denen von der
Elerifey unterdrückten, verfolgten, und ihnen das
Maul ftopften. Daß alfo durchgängig bey den
meiften die Macht der Finfternißallenthalben das
Regiment behielt, und die arme Schafe nicht nur
feine, fondern auch äufferft-böfe und verderbliche
Hirten hatten.
g) Euflinianusl.c. Conc. Nicen c.3. Carthagin. Agath. Arelat. Il cc. r)Coneil. Aurelian. V.c.3. Bracären[. IE c.
14. 5) Lucas Holftenius ipfe de locis Conc. Nic. Conf. Suzliuius c, 8. de Inft,et Mor.Mon, Beuersgiss1.c. aliique,
Das ıs,
Sapitel,
Von dem ſchrecklichen Schaden bey dem Verfall der Leh⸗
rer, ſonderlich denen goͤttlichen Strafen uͤber ſie und ihre Zuhoͤrer/
wie auch denen verſuchten Mitteln wider dieſelbe.
Summarien.
Kal Schade und die Strafen, die aufein fo böfes Leben der Hirten gefolget find. $.1. _ Hieronnini Zeugniß, 2. und noch meh⸗
vere,3. Chryſoſtomi Beyſtimmung. Aergerliche Prediger richten ihre dehre nach ihrem Leben ein: 4. noch mehrere nach⸗
drückliche Klagen Chryfoftomi. s-
Der Schade, den gottlofe Lehrer thun, wird angemerfet. 6. Klagen eines Römifchen
-SBirhofs.7. Das Derderben der Kirche breitet ſich auch uͤber das gemeine Wefen ans,g. Zeuanis bavon: Exempel überzeu-
nen mehr ald Worte ; 9. Verfolgung folcher freuen Zeugen 10. Eines Griechiſchen Kayſers Bekenntniß von der verdorbenen
Clerifen. 11. Auf folche böfe Arbeiter warten ale Arten der Strafen, Lutheri Zeugniß an die nachläßige Elerifey. 12. Einige bez
Eennen öffentlich, Daß nicht viel Prediger felig würden ; wie man fich folches zu Rus zu machen. 13. Die Berfiändigen erkennen
es ſehr erbaulich, hun die Wahrheit denen Wechslern aus. 14.
Die arge Art der Lehrer ift tummes Salz; Chryſoſtomi Zeug?
niß davon, ıs. noch andere; auch Die Henden erkannten es aus der Vernunft: 16, Sommer Behrer Klagen drüber, 17. Lutheri
Sorge
“
4
x
—
ef a
FT u art
x
15. Cap. Von dem fehredtichen Schaden bey dem Derfallder Lehrer, x.
Deutichland werde untergehen; ıs. Chemnitinachdruͤckliches Zeuanis, Auguſtini undanderer, 19.
ekel abzuhelfen. 20. Zu Theodofii Zeiten waren die Strafen 5 K: den Der Bitten Karen ht I
enen Predigtamt aufzuhelfen, fonderlich des Griechtfchen Kahſers
eilfame Sorgfalt der Obrigkeit, dem verfall
=
93
ter, die Sünden der Hirten fchwerer als der
Ott muß ſolche Leute erwecken, die die Berbefferung vor die Hand nehmen, Beständige im der Pateinifchen Kirche
s find zwar noch einige Anmerkungen *
bey von der Tyranneh, Zankſucht, —
ft in Glaubensſachen und andere if:
braͤuche der verfalfenen Elerifen übrig: Ich will ie
aber bis zu der ganzen Materie, die zulezt noch ab⸗
— werden & ausfegen, vorjetzo aber mit
ehr wenigemden Schaden und die Strafen anzei⸗
sen, welche aufein fo böfes teben der Hirten gefol-
get find. Ich beruffe mic) aber zuförderft auf
den Bericht von der Wirfung des Predigtamts,
tie er droben im 2. Buch abgeftattet worden, als
10 zur Genüge gewiefen ift, daß die gortlofen Lehrer
bey den Gemeinen nichts erbaulicyes haben aus-
richten Fönnen, wie es oßnedem die Erfahrung
durchgehends mit unzäßligen Erempeln unwider⸗
ſprechlich beſtaͤtiget. Dannenhero ich auch gar
ein weniges hinzufügen will aus einigen ſumma⸗
rifchen Befenneniifen, die von denen aus der Er:
fahrung zu felbigen Zeiten Hiftorifcher Weiſe ge-
than worden, fo ſich noch um den Schaden To:
fepbs bekuͤmmert, und vor den Riß haben treten
wollen. So befchleuft ein Hiftoricus_ feine Kira
chenhiſtorie mit diefer nachdrücklichen Klage :
Nachdem durch die Uneinigkeit der Kirchenvor—
„ſteher alles verwirret worden, und durch ſie alle
„Dinge mit Haß, Parteylichkeit, Menſchenfurcht,
„Unbeſtaͤndigkeit, Mißgunſt, Aufruhr, Unzucht,
„Geiz, Hochmuth und Faulheit in Grund verder⸗
„bet geweſen; und dabey meiſtens ihrer viele wi—
„der wenige, die etwas gutes riethen, mit unſin—
nigen Anſchlaͤgen und groſſer Halsſtarrigkeit wuͤ⸗
„teten und tobeten; da iſt unterdeſſen Das Volk
„GOttes und ein jeder Frommer verſpot—
„tet und verworfen worden,„a). Ein anderer auf:
* richtiger Lehrer bekennet gerne r daß das Predigt:
amt an allem Unglück in dev Chriſtenheit Schuld
babe, und eben durch den Verfall veffelben die
ganze Kircye zugleich verwüfter und in Grund
verderbet worden: Geſtalt er ausdruͤcklich darzu
feet, daß die irdiſchgeſinneten Prediger nicht nur
nichts baueten, fondern auch alles folgends, mas
noch gebauet hieſſe, einriffen. “Die Borftcher
„der Kirchen, (fchreibet er,) bauen an ihrem
gfleifehlichen Haufe, fehen aufißre Kinder und
„Güter, undforgen nicht dafür, wie fie entweder
ferii. +22. |
D— Waldenſer verlaſſen die Verſammlungen der Gottloſen, das Seufzen derer Verborgenen des HErru, 255
Ts
„in ſich felbft den Tempel GOttes bauen mögen,
„oder die Gemeine des HErrn wiederum aufs
„bauen, welche ganz zerbrachen und verwuͤſtet iſt.
„Ihr Seben und Neden, die fich nirgends Bine
„Schicken, ärgert die allermeiften, und ſtoͤßt fie aus
„der Kirche hinaus b),
2. Mod) einen andern Greuel der Verwuͤſtung
decket eben diefer Mannauf, daer forvol die Ges
fahr der böfen Lehrer felbft, alsder Zuhörer weifer,
wie die fleiſchlichen Lehrer in ſolchen Hochmuͤth
verfielen, daß fie von niemand, viel weniger von
ihren Untergebenen erinnere ſeyn wollen, ſondern
fih in ihrem Lehren und Leben vor infallibel aus«
a Dabero ein fo unendlicher Schädevder
iechen zugewachſen fen, teil ſich niemand unters
ſtehe etwas vor das gemeine Beſte zumagen, und
die verderbte Priefterfchaft anzureden, die fich mis
der das Erkenntniß EHriftigefoger Babe. Denn
fo fchreibet er ungefiheuet: “Die Bifcyöffe, oder
„rote fie font Heiffet, die Superintendenten, haben
„die Macht in der Gemeine bekommen, aber fie
„ärgern diejenige vielmehr, die fie doch follten
„ehren und zu beffeen Dingen anführen. Gleich.
„wol werden ſolche nach ihrem Tode vor der Ges
„meine heraus geftrichen, und öffentlich entweder
„von ihren Nachfolgern, oder von andern Leuten
»felig gepriefen, und zwar in denen Dingen, die fie
„nicht vecht gethan haben. Aber auch dieſes iſt
„eitel, daß fie nicht alsbald in ihren Sünden be»
„ffrafet werden. Dennniemand unterftcher fich
„einen Vornehmeren anzuklagen, deswegen hau—
„ten fie Sünden mit Sünden, und werden doch
„vor ſelig, heilig und vor folche Leute gehalten, wel⸗
„che inden Geboten des HErrn einhergehen. Es
„iſt gar zu mißlich, einen Bifchof oder Superin«
„tendenten zu verklagen: Denn wenn er gleich
„Uebels gethan hat, fo will mans dochnicht glau-
vben, uͤberweiſt man ihn aber , fo wirder doch nicht
„geſtraftch. Und abermal zeiget er eine andere
tiltdes Satansan, dadurch er die Schrer ſamt den
Zubörern ganz und gar von der Siebe zur Wahrheit
und Gottſeligkeit abhalte, und Hingegen fein Reich
eben durch diejenigen am meiften erweitere und be:
feftige, welche doch den Namen hätten, als wenn
fie das Reich CHriſti und GOttes baueren, Diefe
Eee eee lieſſen
a) Sulpisinssenerns fine lib. IL Hiſtor. S. b) Hieronymus inHagg.ı. c) Idem Comm. in Ecel. VII.
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ffeffen in ihrem Thun und Laſſen das Bild und den
Einn der alten Schlangen an fich ſehen, wenn fie
das Gute mit aller Mache unterdrückten, die
Frommen aufs geaufamfte verfolgten, niemand
neben ſich leiden wollten, von dem fie aus Neid
befürchtete, er möchte ihnen an ihrem eigenen Nu⸗
gen, Ehren und Luͤſten hinderlich feyn.
3. Denn alfo Elagefer abermal ſchmerzlich von
feinen Zeiten: «Der Hochmuth der Auffeher
ſchaͤndet mit feinen böfen Werfen den ehrlichen
„Namen: Sie fuchen neben dem Schein der
„Demuth die größte Hoffart, und meynen, fie ha⸗
„ben eine Würde erlanget, und Feine Buͤrde.
„Wenn fie aber irgend fehen, Daß etliche in der
„Gemeine angefehen find, und das Wort Gottes
„wahrhaftig haben, fo fuchen fiediefelbigen zu unter
„orücen. Alſo wird das Volk GOttes zerftreus
„et, ſowol durch Sünden und Laſter, als durd)
Ierthuͤmer, darum, weil kein guter Hirte mehr
„da ift, der fein Leben für die Schafe lieſſe, fon-
„vern alle Miethlinge find,d). Noch vor dieſer
Zeit eröffnet ebenfalls den groffen Schaden ein
anderer auch berüßmter Lehrer, wenn er genau
unterfuchet, woher Doch alle das groffe Elend rüb-
re, fo man in der Kirchen antreffe. Darauf er
denn ihm felbft weislid) antwortet, Daß es von de=
nen Oberen herruͤhre, von denen die übrigen billig
follten regieret werden. Und diefes weiſet er mit
einem Gleihniß: Wie durch den Fall eines Ge-
„nerals die andere Soldaten aud) niedergefchla-
„gen werden, und ein Schiff den wilden Wellen
zu theil werden muß, das feinen Steuermann
St: Alfo verderbet aud) die Blindheit eines un-
„rechten Führers Häufer, Städte und Gemeinen.
„Und wer unfern elenden Zuftand weiß, der fichet,
„daß die Hirten ein recht Mährlein und Spott
„ben dem Bolfe worden find,, e). Welcher aud)
fonften infonderheit denjenigen unbefchreiblichen
Schaden bedauert, der von dem ärgerlichen Leh—
ren und Leben der Prediger entſtehet, da nemlich
das unmiffende Volk feinen vermeynten Lehrern
blindhin nachgehet, und mit ihnen zugleich ins
Verderben und Verdammniß verfenfet wird.
Denn er fchreiber alfo:
Menn indem Streit einrechter Führer fehle,
So ifts um Sieg und eben ſchon gefchehen :
Ein Schiff, das noch fo viele Ruder zahle,
Kann ohne Maſt nicht durch die Fluten geben,
So mußein Hausund Volk ohn Regiment,
Um feine Ruh und Wohlfahrt fehleunig Fom:
men.
8.3. Don dem Abfall der Ehriften von der erften Lauterfeit.
Ber unre Noth und ifre Urfach Eenne,
Sieht, daß Fein Hirt ift aus der Schuld ent⸗
nommen.
Man redet nun vom Lehramt recht und frey,
Daß fein Verfall des Jammers Urfac) fey.
Und weiter unten:
So verfinftert it man nun, da man ganz vom
R 17
>»
R Geiz erfüller, ser
Und von Hoffart ift geplagt, oder auch von
Mißgunſt brennt. |
Daß mandochaus Srevelfinn fich mit Gottes⸗
: tes Namen hüller,
Und die wahre Heiligkeit noch wol Sind und
i Serehum nenne!
Unterdeſſen zeigt man ſich einen Feind von allen
tommen,
Und die Zunge redet wohl, wenn das Herz auf
Bosheit denkt.
Drum bleibe doch der Wolf ein Wolf, ift er
gleich im Schafpelz Fommen,
Wer ihn folge, den hat er bald in den Abgrund
N tief verfenft.
Solchen Hirten folgt die Heerd, die doch CHri⸗
ſtum immer nennt,
Und fo leicht zum Fallen ift, noch die rechren
Lehrer kennt F).
Alſo drunge die bittere Wahrheit und traurige
Erfahrung dieſe und dergleichen redliche Männer,
annoch den Abgrund des allgemeinen Elends ſamt
feinem wahren Urſprung vorzuſtellen, ungeach⸗
ſich die Rotte der Gottloſen unter einander verei⸗
niget hatte, keinen Zeugen der Wahrheit zujulaf-
fen; ſondern fie alle mir Liſt und Gewalt zu daͤm⸗
pfen, oder zum wenigſten ſchweigend zu machen.
Maſſen diefes eben auch eine Fruchtder Antichri⸗
ftifchen $ehrer war, daß, wie wir aus Hieronymo
gehöret haben, Fein frommer und redlicher Chrifte,
von jenen gehoret oder angenommen, vielmweniger
geduldet und zur Yufnahme gelaffen wurde,
4. Der aufrichtige Chryſoſtomus Bat auch ofte
die Wahrheit hierinnen nicht gefparet, da er insge⸗
mein die Mängel des Predigtames zu feiner Zeit
frey und öffentlich beftrafer, und die Schuld des
verfallenen Chriftenthums denen Lehrern mit
groſſem Nachdruk beygeleget ; wie wir fehen hin _
und wieder genugfam gefehen haben. Nur noch
etlicher Stellen zu erwehnen, fo ftimmet er dar»
innen mit Sieronymo und allen unparteyifchen
Lehrern überein, daß ein gortlofer Prediger fo gar -
ſchwer⸗
d) Lib. XI. in Ezech. c. 34. e) Gregorius Nazianzenns Carm. Obiurgat. inCler. f) Idem Ibid.
zu wahrer Bekehrung könne gebracht en.
Die Urſache fey, weil er aus Hoffart und Begierde
zur Herrfchaft fich zum Nichter über die Gemeine
gefeßet Habe, und alfo der Herrfchaft über diefelbe
gewohnet fey, deswegen auch ihm von niemand
-Teichtlic) einreden laffe g). Anderswo faget er
rund beraus, “daß pornemlich die Priefter davan
„Urſache wären, daß das geben der andern Leute fo
„verderbt und böfe ſey, k). Welches denn niche
allein durch ihr argerliches und gottlofes Leben ge⸗
fchiehet, dem das Volk Häufig nachfolger, fondern
auch durch ihre verfeßrte und unreine Lehre, in wel-
cher fie die Leute auf Sicherheit und Verachtung
GoOttes führen. Denn weil fieifreigenes Gemif-
fen überzeuget, daß fiein dieſem ihrem Zuſtand frey⸗
lich weder vor GOit noch verftändigen Menfchen be:
ee koͤnnen; gleichwolaberdabeny willen, daß bey
ehrern nothwendig Worte und Werke übereinftim-
menmüffen, forichten fie ißre behre argliftig nach ih⸗
temfebenein. Sintemal fie feinetuft noch Vorſatz
— ihre alte Gewohnheiten und herrſchende Luͤſte
ahren zu laſſen, und darum wollen fie lieber die Leh⸗
re Chriſti und ſeiner Apoſtel von dem ſchmalen Weg
zum Leben verdunkeln, einſchraͤnken und durch als
lerhand dem Fleiſch angenehme Gloſſen verdrehen,
als ſich ſelbſt verleugnen und mit dem aufgenom⸗
menen Kreuz Chriſto nachfolgen. Wann nun ein
ſolch verfaͤlſchetes und zerſtuͤmmeltes Wort der
armen Heerde unter dem Namen der reinen or»
thodoxen tehre vorgetragen wird, und der Zuhörer
felbiges auch in der Meynung annimmt, daß es
das wahre lebendige und einige Wort ſey, daraus
er koͤnne felig werden, fo müffen freylich die arme
Seelen in Gefahr ihres ewigen Heils geführer
werden. Findet noch folche verfehrte Lehre ein
rohes, fleifchliches und unbekehrtes Herze, das ihm
die Polſter und Pfuͤhle gefallen laͤßt, und den
breiten Weg gerne mit gehet, auf welchen der Leh⸗
rer felbft einen Gefährten mit abgibt ; fo ift der
Schade defto gröffer und der verkehrte Sinn bey
den Berführern defto gewiſſer.
5. Wiederumbefennet eben diefer Mann, “ba
„eben ſowol von einem böfen Haushalter alles
„Uebel entftehen Fönne, gleichtwie von einen quten
„auch aller Segen berfonme,, i). Weldyes frey»
lich feine Nichtigkeit deswegen hat, indem aud)
in der Natur gemeiniglich gefchieher, daß diejeni⸗
e Dinge bernach bey ihrem Verderbniß am aller:
— ſten ſeyn, die zuvor die heilſamſten geme-
15. Cap. Don dem fipredtichen Schaden bey dem Verfall der Lehrer, ıc.
ſchwerlich zur Erkenntniß feiner ſelbſt, und fi Iglic) fen find. _ Deswegen er auch dem ärgerlichen $e-
955
en und fonderlich der Hoffart der Prieiter Schuld
gibt, Daß niemand auch von den Ungläubigen
fich zu Chriſto befeßre, wenn er fehreiber: „Wenn
„die Leute ſehen, daß wir in gleichen Lüften mit
„ihnen leben, und nach Ehre und Gewalt ftreben,
„ſo Fönnen fie freylich das Chriſtenthum nicht hoch⸗
„balten, Denn fie fehen das ftrafbare Leben der
„Chriſten, ihren irdiichen und weltlichen Sinn,
„ihre Geldliebe, und wie fie fi) vor dem Tod
„eben ſowol fürchten als die andern, ja noch viel
„mehr, wie e gleichfalls mit ihnen die Armuth
„ſcheuen, in Krankheiten eben fo ungeduldig feyn,
„auc) nicht anders nach Ruhm und Mache ftre-
„ben, aus Geiz fich ſelbſt unter einander aufrei-
„benz ſ. f. N. Und endlich, damit ich fo viel
andere Stellen übergehe, benimme er auch folchen
falfchen Lehrern alle Freyheit und Einbildung , da
fie über ihren Stand fic) erheben, wie ein bewäßr-
ter Autor redet I), und auf die Worte Chriſti be—
ruffen Matth. 23, 1. m fe Wenn er unter ars
dern alfo redet: Dev Stuhl machet feinen Prie⸗
after, fondern der Priefter den Stuhl. Der Ort
„machet Feinen Menfchen Heilig, fondern der
„Menſch ven Ort. Es find viel Priefter, und
„doch auch wenig Priefter: Viel dem Namen
„nach, wenig nach der That. Nicht ale Priefter
„find Heilig, fondern alle Heilige find Priefter,
„Welcher wol auf dem Stuhl ſitzet, der wird Ehre
„davon haben: Wer aber übel darauf ſitzet, der
„ſchmaͤhet nur den Stuhl. Darum erlanger ein
„böfer Priefter von feinem Pricfterame Feine Eh⸗
„re, fondern lauter Schuld und Simde, nm). Syn
welchen Worten ev nebft vielen andern, mie wir
oben gefehen, beweiſet, daß auch diefe elende Zus
flucht der Heuchler zu dem längft durch Chriſtum
abgerhanen Stuhl Mofis ganz vergebens ſey, als
welcher nach dem Zuftand damaliger Zeiten ge:
redet, und im übrigen die Pharifaer hierdurch
weder legitimiret noch von ihrem achtfachen Weh
befreyet Habe. Es ift vielmehr, willerfagen, ein
gewiſſes Zeichen der verzweifelt böfen Sache,
wenn man fich in der fonftäufferiten Hoffart unter
ß die argften Feinde JEſu Eprifti mitrechnen, und
ihre vermeynte Privilegia mit genieſſen will, da
man fonft bey entdeckter offenbarer Bosheit Feine
Zuflucht mehr weiß. Welches denn auch eben
ein recht Gerichte des weifen GOttes ift, daß die:
jenigen ſich der Privilegien und Rechte wahrer
Lehrer und Nachfolger Ebrifti nicht anmaſſen dür-
fen, welche auch indenallergeringften Dingen kei—
Eee eee 2 nen
8) Chryfoftomus in Matth. 23. approbatus et in Catal, Tefl. Yerit. p. 77. h)Idemibid. i)Ibid.l.c, k) Ho-
3
mil. 10. in 1 Tim. - 1) Audtor, Caral, Tefl. Verir
“1l.c. m) Loc. cit. hom. in Matth. 23.
(>
056
nen Fußſtapfen ferner Sehre und Erempels mehr
in en Es werden ſich auch die bishero
verfuͤhrten Et nicht länger verblenden noch)
betrügen laſſen, fondern die Stimmen wahrer
Hirten und ihre evangelifche reine Lehre Eennen ler⸗
nen, hingegen die Pharifaer und Schriftgelehr-
ten auf Mofis Stuhl fo lange nad) ihrem Gefal-
Ien figen laffen, bis fie zu ihrem Gerichte reif find,
6. Naͤchſt diefem merken aud) die Gelehrte aus
andern alten Schriften noch mehr von dem Scha⸗
den an, der durd) unfreue und gottlofe Lehrer ven
Gemeinen zugefüget wird. Nur etwas davon zu
gedenken, fo ward in einem Concilio öffentlich be-
kennet, “daß die Nachläßigfeit der Priefter Ur—
„fache fey, warum die Kirchenzucht fo fehr ver-
„fallen,,.n), Wobey einer mit Örund der Wahr⸗
heit nach der Erfahrung feget : Wenn diefes zu
„einiger Zeit wahr gervefen ift, foiftes fuͤrwahr zu
„unferer am allergemiffeften,, 0). Abermal ftes
het in einem andern alten Autore: “Aus der un-
„ordentlichen und ungezogenen Menge-der Prie⸗
„ter koͤmmt heutiges Tages das hope Geheimniß
„unferer Exlöfung fo fehr in Verachtung. Denn
„diejenigen find nun Judasgeſellen und Borläu-
Fer des Antichrifts worden, welche Nachfolger
„der Apoftel feyn follten,, p). Weiter wird auch
aus dem vorgedachten Hieronymo folgende Be—
Fenntniß wiederholet, und durd) die Erfahrung
beftätiget: Wenn ich die alten Hiftorien durch⸗
„ſehe, fo kann id) nicht finden, daß jemand ans
„ders die Gemeinen zertrennet habe und das Volk
„aus dem Haufe GOttes verführer, als eben dies
„jenigen, die von GOtt zu Prieftern, Propheten
„und Aufſehern gefeget gewefen. Diefe werden
„zu einem gefährlichen Strick, Indem fie anaflen
„Orten Anftoß und Aergerniß legen,, q). Damit
denn der Urfprung alles Ungluͤckes und Elendes
nicht etwa einiger maffen oder guten theils, fon-
dern gänzlich, einig. und allein der verderbten
Prieſterſchaft ohne Bedingung oder Ausnahme
zugefchrieben wird. Denn weil aud) die gortlo-
feften Lehrer felbft geftehen, daß durch das Lehr
» amt vornemlich der Grund zu zeitlicher und ewi⸗
ger Wohlſart aller Menfchen geleget werden müf-
fe; und aber bey Ermangelung der reinen Lehre
auch nach der Theorie ſchon von fo groffer Gefahr
zu fagen wilfen, auch deswegen und mit diefem
Vorwand wider die Ketzer flreiten: als muß
nothwendig der wahre Urſprung alles Jammers
die unrechte Lehre und Das bofe Leben der Lehrer
8. Don dem Abfall der Chriften von der erſten Lauterkeit. j
ſeyn, da zumal beydes zufammen hängt ; wie un«
w
ten Elar werden fol. 000 f
i a PEN
7. Ein Roͤmiſcher Biſchof, der es in vielen Stü-
cken noch redlich meynte, und bey feiner Auffiche
viel von denen im Schwange gehenden Greueln
zu erfahren befam , klaget unter andern folgen-
der maffen: “Man nimmet fich eben Daher ,
„weil man über andere gefegt iſt, Freyheit zu
„ehun, was man will, und wendet den Dienft
„des empfangenen Segens zur Vermehrung fei-
„nes Hochmuths an. Man unterläffee das
„Werk GOttes und iſt begierig auf irdifche Ver⸗
„richtungen: Die heiligen Stellen will man
„wol annehmen, aber dabey in irdiſche Dinge
„verwickelt ſeyn. Wahrlich es iſt an uns er⸗
„fuͤllet worden, was geſchrieben ſtehet: Der
„Prieſter wird ſeyn wie das Bolf,, r). An:
derswo kann er auch nicht leugnen, daß naͤchſt
dem geiſtlichen Verderben und Seelenſchaden
auch alle leibliche Strafen uͤber Land und Leute
durch die Nachlaͤßigkeit und Bosheit der Lehrer
verhänget werden, und daß dahero die Obrig-
Feit c8 niemand anders zu dDanfen habe, wenn
allgemeine $andplagen einbrechen , als eben dies
fen, Denn der gufe Mann fchleußt fi) aus
Demuth und Aufrichtigkeit felbit mie ein, wenn
er öffentlich in der Gemeine alfo den allgemei«
nen Verderb bejammert: „Ihr feher, mit
„was vor einem Schwerdt die ganze Welt jeßo
„sefchlagen werde: Ihr erfahrer auch, durch
„mas vor Niederlagen das arme Volk umkomme.
„Ber ift anders Schuld daran, als daß diefes um
„unferer Sünde willen geſchiehet. Sehet, die
„Städte find verwuͤſtet, Die Schlöffer umgekehrt,
„die Kirchen und Kloͤſter eingeriffen, Die Hecker lies
„gen ungebauet: Aber wir find Urſache an folchem
„200, indem das arme Bolf umkoͤmmt, welches
„wir doc zum geben führen follten. Denn um
„unferer Sünde willen ift die Menge der Gemeine
„darnieder gefehlagen worden, weil unfere Nach:
„läßigkeit Schuld daran ift, Daß eg nicht zum Le⸗
„ben ift unterrichfet worden, 5), Was Fönnte
vor eine erbärmlichere Klage, aber auch deutlicher
Bekenntniß feyn von dem unermeßlichen Unheil,
das fich auch aus dem verderben Predigtamte
über leibliche Dinge ſtrecket? Es mußte freylic)
einem treuen $ehrer zu — gehen, ja fein Herz
ze durch Mitleiden brechen, wenn er vor Augen
ſehen mußte, tie das arme Volk feinen äraften
Feinden zu theil ward, ober fonft in das Rach⸗
ſchwerdt
n)Oomeil.Carthagin. II. c. 78. 6) Ibid. Lc. pP) Ambroßus in Serm, ib, p. 79. g) Hieronymus in Iure Ca,
sonen allegatus ct im Caral, Teſt, Verit. P. 83. FE) Gregorius M. homil, in Euang. Mellis multa, s)Ibid,
u
*
— —
De
er en
y
A;
| fiel, welches fic doch meiftens
erne zum und Genuß der göttlichen Gnade
Ihren Kon, ‚wenn es durch das lautere
ngel bin gebracht wordenwäre, Da es
nun hingegen meiſtens un fremder Suͤnden wil⸗
Ien leiden mußte, nachdem die falfchen Hirten
aud) unbarmherzig über daflelbige geberricher,
und als Woͤlfe die Heerde beraubet , zerſtreuet und
erriſſen hatten, welche folglich zu feinem wahren
dlfeyn aus Schuld folcher falſchen Arbeiter
fommen fönnen, Wovon bald mit mehrerm.
8. Se mehr aber das Verderben in der Kirche
überhand nahm, je härter Flungen aud) die Ber
chwerungen und Klagen über Die Urheber deſſel⸗
en, da zumal der Schade davon denen Leuten fo
fehr in die Augen fiel, wenn ſich auch fo viel zeitliche
Strafen und Plagen bey den allgemeinen Sün-
den ausſtunden. Maſſen es ja niemals fehlen
fann, daß der Schade und Verderb in der Kirche
ſich auch) über das gemeine Wefen ausbreitet, und
wol eher ganze Länder und Reiche verwuͤſtet Bat.
Denn fo ifts ergangen, wie ein gelehrter Mann
wohl anmerfer, daß, “wenn die Kirchenvorfte:
„ber entweder Ignoranten oder Faullenzer find,
„das Volk in feinem $eben auch verfällee , die
„Kirchenzucht hintan gefeßet wird, der Gottes:
„dienft unterlalfen, dadurch doc) das Regiment
„und gemeine Weſen follte erhalten und befeftiget
„werden , ja enolich alles zu Trümmern und zu
„Boden geht, t). Deswegen dann jener unter
dem Romiſchen Antichrift recht und wohl befen-
nete: “Die Urſache ijt offenbar, warum Das
Himmelreich fo enge und Flein worden ift, wel
„ches.nicht genugfam zu befchreiben : weil nemlich
„die guten Hirten abgenommen, die böfen aber
„ſich ſehr vermehret haben. Denn wie die guten
„Hirten, da ſie noch Freyheit hatten, eine Ueſache
„waren, daß der Glaube und die Chriſtliche Re—
„ligion 2 ausgebreitet werden: Alfo find Bin:
„argen Die böfen Hirten Schuld daran, daß der
aube und Gortesdienft fo fehr untergedrucker
„und gering worden iſt, weil diefelben ſo über:
„band genommen und das rechte Hirtenamt zu⸗
„rück gehalten haben,, u). Diefer Mann fähree
auch weiter fort ‚ alles andere Unglück und Elend
der verberbien Cleriſey zuzuſchreiben, daß es
Fein Wunder ift, daß ihn der Pabit in Bann
ethan und bis an feinen Tod darin gelaſſen hat,
Dein fo fihreiber er weiter: Weit das Verder⸗
„ben des Guten allegeit ein entgegen ſtehendes
re — — —— — — — *
15. Cap. Don dem ſchrecklichen Schaden bey dem Verfall der Lehrer, ꝛc.
—
957
„Uebel hervor bringt; und daher die bofen Hirten
„Urfache find an der Verfälfchung des Glaubens
„und Chriftlichen Gottesdienſtes; fo find fie noth⸗
„wendig aud) Urſache an dem Unglauben, Spal-
„tungen, Fegerifchen Bosheit und gottlofen Wars
„del in der ganzen Welt x).
9. Diefen Satz beweiſet er alfo ausder Schrift
und aus der Erfahrung, daß Fein Unparteyiſcher
etwas daran. wird zu tadeln haben, “Sie (die
„sehrer) find nad) den prophetifchen Worten dies
sjenigen, die das werthe Theil des HErrn zur
„Wuͤſte machen und alle ande zur&inöde. Gie
„erſtreuen feine Heerde, zerreiflen und freſſen fie,
„verwuͤſten feinen Weinberg, und ſchuͤtten ihren
„Greuel über die ganze Erde aus. Und das ift
„auch Fein Wunder, Denn fie verfündigen nicht
„das Evangelium Chriſti mit dem Wort, das
»aus dem Leben des Herzens koͤmmt, nemlic)
„aus einem Eifer vor Das Heil der Seelen, der
„durch ein gutes Erempel der Gottſeligkeit ver-
„Mehret, geftärfer und vollführee würde, aud)
„dem $eben Ehrifti nady Möglichkeit ahnlich wäs
„re. And deswegen find fie, nad) den Zeugniffen
HMofis und der Propheten, in fich felbft erftorben,
»ja Mörder und Todefchläger der ihnen anver-
„trauten Seelen. Folglich, weil das vornehmfte
„Werk Eprifti, darum er in die Welt kommen,
»die Lebendigmachung der Seelen ift, hingegen
»des Satans eigenes Werk , darauf er als ein
»Mördek von Anfang denket, die Erwürgung
„und Ermordung der Seelen; fo find die Hirten
»Antichriften, und der Satan felbit in einen Ens
»gel des Lichts verfteller, die das Wort GOttes
»nicht verfündigen, ob fie gleich die Perſon Chris
oft annähmen, und fonft Feine andere Bosheit
»häufeten. Ya, fie find Diebe und Mörder,
„Wuͤrger und Schlaͤchter der Schafe, die.das
»Bethaus zur Mördergruben machen. - Sie
»haufen aber auch alle andere Arten der Süns
»oen, W daß nichts mehr. übrig ift, daß GOtt
weiter an ihnen ſchlage. Denn ihre Hoffart
»erweiſet ſich allezeit offenbar, wie aud) ihre Bes
gierden und Geiz. Sie find auch die allergröß-
»ten Freſſer und Säufer , die gröffeften Hurer,
»&hebrecher, Blurfchänder und in allen Wohlluͤ⸗
»ften erfoffen. Ja, daß ichs Fury fage, fie find
„mit allen Arten der Sünden, Schanden, Laſter
und Greuel verumreinigee, und deswegen GOtt
sund allen heiligen Engeln ein Abſcheu und
»Öreuelworden. Sintemal durch fie der Naz
Eee eee 3 „me
1) Ziegleras lib, IIII. de Epife. e. r. ni. 6. u) Ruperius Lyneonienfis in fermone ad Papam ab Huflo recenfito:
v. Catal. Tefl. Verit. p. 583. x) Ibid,
J
958
„me Gottes bey allen Heyden verläftere wird.
„Und da der Wandel derer Hirten foll ein rechter
„Unterricht feyn, fo find fie offenbare Meifter
„aller Sünden. Und wie follten jie nicht da Die
„fürnehmften Keger feyn, da das Wort des Er:
empels Fräftiger überzeuget, als das Wort des
„Mundes. Die Hirten follen ihrer Pflicht nad)
das Licht der Welt ſeyn; Bingegen erfüllen fie al»
„(es mit dicker Finfternig, und an ſtatt einer leb⸗
„haften Wärme mit todtlicher Kälte und Froſt.
„fo find fie offenbarlich Verraͤther der ganzen
elty). RER eh
10. Es bezeugen auch die Hiftorici von dieſem
Mann, dag er aus Eifer wider das Antichri⸗
Kenthum die falſchen Priefter genennet habe
Diener des Teufels, Antichriſten, Diebe in der
„Nacht, Mörder bey Tage, Verderber der Gott⸗
ſeligkeit, Henker der Seelen und Engel der Fin⸗
„fterniß,. Womit er denn bey ihnen verdienet
habe, daß alles Gute unterdrücker worden, was
Gott durch ihn gethan, da auch viel Wunder:
werke von demfelben follen geſchehen ſeyn. Er
ſey auch nicht unter Die Heiligen gefeget, fondern
vielmehr zu einem Ketzer und Schismatico, fa gar
zum Heyden gemachet worden :Ziveifels ohne des⸗
wegen, weiler die gedachten Titel der Cleriſey bey:
geleget, nicht aber fie, twie die andern Schmeichler,
od und Wohlehrwuͤrdige, Magnijicos und
dergleichen tituliret 2). Nädyit dieſem find un:
ter dem groffen Verderben der Chriſtenheit faſt
unzählige Zeugen der Wahrheit aufgeftanden ,
und haben den Kindern Levi ihre Miſſethat und
ihre erfolgende Gerichte öffentlich) und fonderlich
angefündiget. Sie Flagten diefelbe bey GOITT
und Menfchen an, daß fie durd) ihr fhändliches
„geben und Bospeit Juͤden und Heyden abſchreck⸗
„ten, damit fie nicht zu Chriſto befehret würden,, :
wie ein folcher von der Elerifey verfegerter Mann
vedet. Welche m auch diefe kurze Verſe zuge
ſchrieben werden:
Sehet, welch Unehr mit Spott @
Der Ehriſten Pfaffen bringen GOtt a).
Damit ein anderer beyſtimmete, wenn er oͤffentlich
bekannte: DiePrälaten wären Pilati und Ty⸗
rannen , die die Gemeine verfolgten und unterdruͤck⸗
ten. Ja, es wuͤrde die GemeineChriſti von der Cleri⸗
ſey fo grauſam mitgenommen,daß zu beſorgen fey,fie
möchte gar untergehen. Die Abgötterey ſey über»
all offenbar, ſamt den greulichen Exceſſen und
Mißbraͤuchen ver Priefterb).
8:3. Von dem Abfall der Ehriften von der erſten Lauterkeit.
1m. Ju der Oriechifehen Kirche ward niche wer
niger von vielen das groffe Verderben öffentlih
vor Augen geleget, welches aus den verfallenen
Predigern oßnedem fihen den Be en vor
Augen lag. Ich will nur ein einziges Bekenntniß
davon hieher ſetzen, woraus das übrige leicht zu
erfeßen feyn wird. So se aber ein Griechi⸗
ſcher Kayſer felbft in einem öffentfichen
welches er zur Befferung der Mängel bey dem
Minifferio publiciver hat, und alfo anfaͤnget:
„Die Gefahr der Kirchen rühret mir das Here,
„welche man doc) anjego verachter. Denn, fiehe,
„die Seelender Rechtgläybigen ſchweben in grofier
„Gefahr, fonderlich der Einfaltigen, weil das prie⸗
y„ſterliche Collegium das Haupt derfelben iſt. Wann
„un diefes fich wohl befinder ‚fo wird der ganze
„Leib und alle feine Glieder angeführer, wie 8 |
„recht ift: Iſt aber jenes Frank, fo neiger fid) der.
»ganze Leib zum gänzlichen Untergang. Darum
„ſo geraͤth nun die Chriſtenheit in OR weil
„ver geiftliche Stand täglic) ärger verfaͤllt GOtt
„wird zum Zorn gereizet, der Teufel, als ein.
Feind alles Guten, freue ſich darüber, indem er
„ohnedis den Srommen nichts goͤnnet. Die Urs
ſache aber dieſer Ungelegenheit ift Feine andere ,
„als die ftetige Nachlaßigkeit und Faulheit, wel⸗
„be ſchon langt ihren Anfang genommen, und
„bis auf diefe Zeit gewaͤhret Hat, Dieſe Bat vers
„urfachet,, daß nun ſolches Uebel ſtatt eines Gefes
„6es ift, und nicht mehr als ein Uebel begangen
„wird, fondern als etwas gutes und beilfames,
„ob es gleich) das äufferfte Verderben bringen. Es
„gereichet aber nicht ſowol zum Verderben des
bin der Seelen,
„seibes oder des Geldes, :
„und läuft auf den Untergang der Chriſtenheit
„binaus. Was werden wir nun am Tage Des
„Gerichts dem Schöpfer vor Entſchuldigung
„verbringen, ſowol Regenten als Lehrer, wenn
wir die Chriftenmenfchen, die wir vegieren fol-
„ten, dem Satan übergeben, bloß um menſch⸗
„licher Süfte willen, die doc) fo Furze Zeit wa»
zrelge Und nachdem er unterfchiedliche Maͤn⸗
gel angeführet, welche von der Nachlaͤßigkeit
der Clerifey herfommen , feßet er unter andern
folgendes : “Es ift der Sleiß in der recht⸗
„gläaubigen Predige ganz verloſchen, und das
„Berlangen diefelbe zu faffen iſt nicht mehr vor»
„handen; fondern wir gehen alle im Finſtern
„einher. Wir werden alle mit einander in die
„Ge fahr
y)Ideml.c. z) Ibid.l.c. a) Ioachimus Calaber in chythmis German. V. Catal. T. V. p. 664- b) Bernhardus
Wefterodus ibid. p. 674-
Mandat,
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— —
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ge
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„ben?
x verwickelt, wir mögen nun feyn Prie
Moͤnche oder Layen, und werden in einen dunke⸗
„ien und unendlichen Abgrund geworfen. Hinge-
„gen bleiber Die Vermahnung EHrifti und der
oft fruchtlos. Denn wie follen doch die
„Seelen der Menfchen durch das Wort der Apo—
„itel an ihn glauben, da fie ohne Unterweifung
„und —* zum Geheimniß der Gottſeligkeit blei-
enn die rechte Lehre wird jetzund verbor-
„gen, gleich als jener verborgene Schaß; wird
„auch nicht gefucher, fondern nur vor ein Neben:
Bar 5* da es doch das wichtigſte unter
PU en ch FA
12. Es würde viel zu weitläuftig werden, wenn
- id) mie Erzehlung ſolcher Bekenntniſſen fortfahren
en will aber abkuͤrzen, und noch mit
wenigem anmerken, was ferner etwan die Ver:
ftändigen von denen andern Folgen geurtheiler,
ale bey den gottlofen Lehrern ereignet haben.
Dben im 2. Buch ift bey der groffen Gefahr derer
Lehrer in ihren ſchweren Pflichten gezeiget worden,
wie die Verftändigen ernftlich bezeuget, daß auf
einen nachläßigen und böfenArbeiter alle Arten der
Strafen und Plagen warteten. Denn fie erin«
nerten fich und andere deswegen fo herzlich, damit
fie allem dem entgehen möchten, was an den
Gortlofen und ihren Berführern gefcheben follte.
Drum bieffe es: "Was werden wir wol für eine
„Entfchuldi haben, denen vernünftigen
„Seelen anverfrauet find, und die doc) gleichwol
in einem fo tiefen Schlaf liegen? Wir dürfen
„uns zwar erholen, aber durchaus nicht gänzlich
& Fruhen, daß wir nicht überall zugegen wären,
=
e
-
„und uns felbft vor die Schafe in unzählige To-
„desarten dahin gaben: Sonft find wir feine gu-
„te Hirten. Du aber fücheft noh Ruhe daben !
„Was ift wol ärger als diefe Hirten,,d)! Und
abermal: "Wie viel Strafen warten doch auf die
„Prieſter und Bifhöffe oder Superintendenten,
„iveil ein jeder unter ihnen nicht allein vorfeine ei-
„gene Sünden wird Nechenfchaft geben müffen ,
— auch vor die andern, die ſie begangen
„habene )? Welches faſt eben das iſt, was Lutherus
zu ſeiner Zeit an die nachlaͤßige Cleriſey ſchriebe:
Was werdet ihr da EHrifto antworten, denen die
„Scelenforge von Gott befohlen ift? Denn ihr feyds,
„die ihr allein an dem Unglück der Chriftlichen
„Religion Schuld Habt, hr habt die armen
„Menfchen fo fchändlich in der Irre geben laffen,
Von dem ſhreeuchen Schaden bey dem Verfall der Lehrer, etc.
\
959
„die Schuldifteuer, die ihr nichts weniger jemals
„getan habt, als was eures Ames ift! Wehe,
„weheeuchf)!
13. Diefemnach thaten auch diejenigen, welche
doch eben in folchen gefäßrlichen Aemtern fallen,
diefen nachdenflichen Ausfpruch , und befannten
öffentlich, fie bielten dafür, "daß nicht viel Pre:
„diger felig würden, fondern noch vielmehr ver-
„dammt,,2). Welches zu der Zeit des offenbaren
Verderbs allerdings feine gewifle Urfachen hatte,
nachdem fich die wenigften in ihrem Amte Faum
aufferlich alfo anftelleten, als wenn es ihnen um
die Seligkeit zu thun wäre, gefchweige, daß fie
mitallem Ernſt und möglichitem Eifer vor ſich
und ihre ganze Gemeinen dahin gearbeitet hätten,
Sie wollten bey ihren Wohllüften, Ehrſucht und
Reichthuͤmern ihren Himmel mit allen epicuris
fhen Weltkindern Bier auf Erden haben, darum
ward auf ißrer Seite an die Ewigkeit nicht ge:
dacht, und fie Fonnten auch bey ihrem offenbaren
Unglauben defielben nicht theilbaftig werben.
Deswegen jener gewiſſenhafte Lehrer gerne ge
ftunde, daß ihn die Exempel aus der Schrift bey
feinem Amte erfchrecketen, damit ev niemals ficher
und nachläßig würde. Es erſchreckten ihn die
Strafen der Söhne Aarons, welchefremd Feuer
vor den HEren brachten, und deswegen Durch eie
nen-fchrecklichen Tod umfommen. Denn der hei⸗
lige Dre fey ihnen zu einem Platz des Todes wor⸗
den, ob fiegleichdes Hobenpriefters Söhne gewe-
fen. Der traurige Fall des Eli ftehe ihm vor Au-
gen, den die Rache des HErrn mie ſamt feinen
Sößnen umgebracht. Und was vergleichen Es
xempel mehr wären von dem Zorn des Allmaͤchti⸗
gen wider Die unfüchtige Vorſteher des Volks h)»
Eben wie ein anderer fich diefes felbft vorftellet ,
und dadurch vor Heucheley und Fahrlaͤßigkeit in
feinem Beruf zu bewahren ſuchet ).
14. Alfo erkannten die Berftändige gar wohl, wie
alfe die Strafen denen in doppelter und ungleicher
Maaffe bevor ftünden , welche untreulich dieneten,
dafiedie andern nur um ihrer eigenen Sünden wil«
fen treffen würden. “Es iſt niches erbärmlichers,
„(prachen fie,), als ein Auffeher, wenn er
„von einem heiligen Leben abtrit, und wenn
„ein Priefter in einer Sünde erfunden wird. a,
„wie es etwan leichter ift, auf der Ebene fallen,
„alfo ift es ſchwerer, wenn einer von einer hoben
Würde
e) Alekius Comnenus Imp. in Nouella apud Cotelerium Tom. II. Monum. Ecel. Gree. p. 178. fegq. d) Chry-
Joftomus hom. 27. in Rom. e) Idemlib. II. deSacerd. f) Prxf. in Catech. Min. g) Chryff. hom.3. in
Ad. hi) Gregorius Naz. Carm. Obiurg.adCler. i) Chryfof. ho. 18. in Matth.
960
„Würde fället, weil der Fall defto gefährlicher ge-
„rärd,,k). Ingleichen redeten fie diefes fich felbft
zur Ermunterungunddenen Böfen zur Ueberzeu-
gung: Wenn der Apoftel zeugen kann, daß er
„rein fey von aller Blut, fo werden wir durch diefe
Worte überführet, wir werden damit gehalten,
wir werden vor fchuldig erkannt, die mir Prieſter
„heiſſen, und gleichwol über unfere eigene Sünden
„och den Mord anderer Seelen verurfachen.
„Denn wir ermorden fo viel Seelen, als wir taͤg⸗
„lich zum Tode fehen gehen, und dennoch dabey
„laulicht feyn und ftille ſchweigen). Ach wehe
„ung! die wir die Buͤrde dieſes Dienſtes auf uns
„genommen haben, wenn wir unterlaſſen Die
Wahrheit JEſu Chriſti zu verfündigen, wie fie
„vie Apoftel geprediget haben: Wehe uns! wenn
„wir die Wahrheit durch Stillſchweigen unter:
„orücken, da wir fie Doc denen Wechslern aus-
„hun, das ift, dem Chriftenvolf predigen foll-
„ten. Was werden mir bey dem Gerichte des
„HErrn EHrifti felber fagen, wenn wir uns
„ſchaͤmen die Wahrheit feines Worts zu predigen?
„Wie wird es ung gehen, wenn von denen anver-
„trauten Seelen und dem empfangenen Amte der
„gerechte Richter, Chriftus, fo genaues Nechen-
„haft fordern wird, m)? Auf welche Art auch
jener loͤbliche Negente denen fchläferigen und
nachläßigen Kicchendienern ins Gewiſſen reden
wollte , wenn er feine nachdruͤckliche Vermahnung
mit diefer Frage ſchloß: "Was wird doch ein
„leichtfinnigee Aufſeher erdenfen koͤnnen, oder
„was wird er vor Entſchuldigung haben, daß er
„die GSeelforge noch immer ausſetzet? Wird er
„wol hoffen Fonnen, daß der Sohn Gettesinod)
„einmal Menfch werde? Daran darf niemand
„denken; fondern EHriftus und unfer GOtt wird
„allerdings kommen, daß er einem jeden gebe nad)
„feinen Werken: Derehalben laͤſſet diefe gegen:
— Sache weder Verzug noch Aufſchub
„zu N). x
15. Niemand ziveifelte demnach daran, daß die
bisher befchriebene und arge Art der Lehrer, “Das
„tumme Salz fey, welches int Lehren ungeſchmack,
„und im Leben unverftändig und böfe worden, des⸗
„wegen auch zu nichts müße fey, fondern hinaus
„gervorfen werden müffe,, wie die Alten redete,
Die dann ferner die Untüchtigfeit folder. Leute
zum Dienft am Worte unter andern mit ſolgen⸗
den Worten befannten,ungeachtet die böfen Arbei⸗—
k) Audtor. lib. de Dignit. Sacerd.e.3. 1) Gregoriss M.hom. in Ezech. ır.
Rom.VI. n) Alexis Comaenus Nouell. c. in fine. 0) Chryfoftomus hom.33. Oper. Imp. in Matth. _p)Lib,
VII. Conſt. Apoftol.c. 1. ap. M. Anton.de Dominis Lib.II. de Rep. Ecel.c.u.n.5 g) Ibidem,
Comm. in Tit. I. ap. Ambrefun.
8. 3. Don dem Abfall der Ehriften von der erften Qauterkeit ie *
ter ſich heftig darwider ſetzeten, und wol
ihrer Gewohnheit ketzeriſche Serrhümer d
macheten. oTT befihlet nad) feiner Vorſe⸗
„hung denenjenigen Dienern und Lehrern das Amt
„der Aelteften und Diener, die da *— find.
» Welche aber ungerecht find, diefelben fcheinen
„die Menfchen ordiniret zu haben, und. nicht
„GOtt. Derowegen erkennet man an dem Aus⸗
„gang, wer von GH geordnet fey, und welcher:
„von Menſchen berufen. Denn. welcher fein
„Amt wohtausvichter, von dem iftsoffenbar, daß
„er von GOtt verordnet ſey: Wer aber diefes
„nicht thut, der iſt von Menfchen geordnet 1
„Welcher von Menſchen verordnet iſt, der iſt in
„Anſehung GOttes Fein Diener oder Prieſter.
„Darum wer nach der Vorſehung von GOTT
„ordinivet wird, der wird unter den Prieftern
„und Diaconis nicht erfunden als einer, derfein
„Pfund verlieret. Derohalben, wenn ein Pries
„ſter oder Diaconus ein Sünder erfunden wird,
„der feheinet nicht nad) der. Vorwiſſenheit GOt⸗
„tes von GOtt, fondern von Merfchen verordnet
„zu feyn, und wird'erfunden unter denen, dienur
„ein Pfund des Glaubens empfangen haben :
„Und daher Fommts, daß einer, dee von GOtt
verordnet it, Sünderhut, ohne derjenige, der
„iur ein Pfund von GOtt empfangen hat. Des:
„wegen aber wird Die Gnade des Glaubens zwar
„allen von GOtt verliehen, aber die Gnade des
Predigtamts nicht allen, fondern nur denen,
„die es werth find: Denn in jenem liege die Urſa⸗
„he der Geligkeit , in diefem das Werk des
Amts p). Ein Biſchof, der mit Unwiſſenheit und |
„Sünden beladen iſt, it Fein Bifchof, fondern er
„wird falfchlich alfo genennet, als der nicht von
„GoOtt, fondernvon Menfchen gefeger it. Dar
„um ift offenbar, daß Diejenigen der göftlichen
„Rache nicht entgehen werden, welche fich fälfch-
„lich Diaconos oder Aelteſten nennen q). ri
16. Wiederum befennen andere: Wie kann
„ein Borfteher der Kirchen das Uebel von ihr hin⸗
„weg nehmen, der in gleiche Sünde gefallen ift ?
„Oder, mit was vor Freyheit Eann er den Sünder
„betrafen, wenn er ſtillſchweigend ihm ſelbſt ant⸗
„reorten muß, daß er eben Das begangen habe,
„was er beftrafet,, r). Denn ein folder ward
eben vor einen Heuchler gehalten, wie fie folche
Leute befchrieben : "Ein Heuchler ift, der feinen
„Naͤchſten etwas lehren will, was er felber mic
„reinem
ın) Symmachss Papa Orat. ad Syn.
x
.
2) Auctor
Ba
—
haftig ſeyn und unter dem
nger anrüßret,, s). Von welcherley
Art der Lehrer, die andern predigen und ſelbſt ver-
lich werden, auch die Heyden aus der gefünden
Vernunft zu urteilen wußten: «Wer fiehet nicht
„daß diejenigen Feine Lehrer der Tugend feyn, die
„ſelbſt Mangeldaran haben : Denn wenn einer ihr
„sebendurchfiehet, fo wird erfinden, daß fierad)-
„gierig, wohllüftig, unzüchtig, hochmuͤthig, frevel⸗
rwand ihrer Weis:
„beit ihre Laſter verbergen, und dasjenige zu Haus
„thun, was fie in ihren Lehrhaͤuſern fchelten.
„Denn welchen unter den Weltweifen findet
„man wol, derfo wohl lebe, und in feinem Gemuͤthe
„und Thun alfobefchaffen ſey, wie es nur die Ver⸗
munft erfordert; Der feine Lehre niche zu einer
Pralerey von der Gelehrſamkeit, fondern zu ei⸗—
nem Gefog feines Lebens annehme? Welcher fol-
niet wol ihm felbit, und gehorchet feinen eigenen
„Sclüffen,, )? Hier iſt zu wiſſen, daß unfer des
nen Heyden die Weltweiſen von ſich ausgaben,
—
als wenn fie die eutedurd) ihre Lehre gluͤckſelig ma⸗
chen wollten: Deswegen fie aud) bey den meiften
Bölfern die Hberhand Hatten. Es hielten ihnen
aber bie erften Chriſten nachdrücklich vor, daß fie
ihre Lehre mit ihrem Leben nicht bewieſen, und des:
wegen die leute zu regieren untüchtig wären; die-
ſe dahero denenjenigen folgen müßten, welche Lehre
und Leben fein zugleid) darleaten, nemlich die waͤh⸗
ron Chriſtlichen Lehrer. Nachdem aber nunauch
unter dieſen die meiſten in Heucheley und offenbare
Gottloſigkeit geriethen, Eonnten fie den Hehden je⸗
EEE
nen Saß nicht mehr mit Furcht vorhalten, fon«
dern esgalt ihnen in gewiffer Maaſſe eben das, was
die erften Chriften den heydniſchen Lehrern verwies
fen hatten.
17. Denn fo gieng es ja nicht allein unter den
Heyden, fondern auch leider! unter den Chriſten,
daß das arme Volk, weil es feinen gründlichen Un:
terricht hatte, ſo blindhin nachmachte, was es die»
wigen chun ſahe, welche ſich vor ehrer und An-
...
hrer zur wahren Gluͤckſeligkeit ausgaben.
Drum klagte jener fromme Lehrer, wie es nicht al⸗
lein an guten und —— ſchon im 4.
Jahrhundert gemangelt habe, ſondern wie auch
„das Volk den andern boͤſen Anführern (die er zus
„vorals Hoffärtige, Ehr: und Geldgeizige, Miß-
uͤnſtige, Verfolger der Frommen u. f. f. befchries
„ben hatte,) getroſt nachſolge, da es ohnedem fo fehr
„zu Sünden geneigt feyy u). Und ein anderer
»)Pomen Abbas in Apophihegm. Pat. Gr. ap. Cotelerium Tom. I. Mon. Eecl. Gr. p. 621.
15. u) Gregorius Naxzianzenus Carm. Obiurg. ad Cler. I
y) Vid, Cyprianus in lib. de Lapfis et Epift, pain, z)Lib. VIII. e. a. a) Gregoraus Nazıanzegus
II.
cenſes.
b) Prx£. ad Artic. Smalkc,
*
”
15. Cap. Don dem ſchrecklichen Schaden bey dem Derfalt der Lehrer ıc.
961
aus den folgenden Zeiten fpricht aus der Erfah:
rung hievon: “Es ift nichts mehr übrig bey dem,
„deilen geben verachtet wird, als daß auch feine‘
„Predigt verachtet werde. Denn es pfleget zu ger
„ichehen, daß die Heerde ihrem Hirten zum Unter«
„gangnachfolget, wenn er felbft den ungebahnten
Weß gehet, %). Wann dann nun in den vera
derbten geien diefes alles geſchahe, fo war es frey⸗
lich Fein Wunder, daß die göttliche Gerechtigkeit die
Hirten mit den Schafen zugleich durch allgemeine
Diagen abftrafete, welcher Proceß alsbald mit
dem angehenden Verfall in der Chriſtenheit ans
ieng, und durchgehends alfo continuirer hat.
enn wir haben ſchon etlichernal aus Typriane
vernommen, wie bey der einfihleichenden Sicher«
heit ſchon unter den erften Chriſten alsbald wieder⸗
um eine grofle Verfolgung angegangen, melches
er denn meiftens der Sicherheit und Berderbniß
der Lehrer ausdrücklich zugefchrieben hat y). Je⸗
doch war diefes noch ein beilbarer Schaden gegen
dem, was hernach erfolgte, da eine langwierige Ru⸗
be fo groffe Sicherbeit verunfacher harte, daß auch
die Chriftenheit nachmals nicht wiederum zu ihrer
vorigen dauterkeit kommen fonnte. - Geſtalt Euſe⸗
bius deutlich anzeiget, daß es alles von denen ver⸗
derbten Lehrern herkommen. Dieſe, (ſpricht er,)
„haben fich fo unter einander gebiſſen und gefreſſen
„und find ſo inſolent und hochmuͤthig geweſen, da
„ich nichts weiter fehreiben Fann, als daß ic) das
„göttliche Gerichte muß vorrecht erfennen z)._
18. In Betrachtungnun, daß die armen Scha«
fe gemeiniglich die Sünden ihrer Hirten büffen
müffen, wünfchet vorgedachter Mann denen leßte«
von die Plage des untreuen Gehafi anaus, 2 Buch
Kön. 5, 27.2). Gleichwie Lutherus von derglei⸗
chen Luten beforget, es wuͤrde endlich auch ganz
Deurfchland ifrentwegen umgefehret werden,
wenn er fhreibet : “Die Bifcyöffe und Geifklichen
„fragenmicht darnach, wie die armen Menſchen les
„ben oder fterben, für welche doch CHriſtus geftors
ben iſt, welchen die elenden Leute nicht hören koͤn⸗
„nen, wie er als ein Hirte mit feinen Schafen fo
I — redet. Und das machet, daR ic) gar
„iehe fürchte, CHriſtus werde einmal felber_ein
„Eoncilium wider Deutſchland zufammen vuffen,
„daß wir von Grundausumgefehrerwerden, wie
Sodom und Gomorrha, b)._ Diefes ſahen auch
wol die alten annoch treuen dehrer, wie da Fein ans
der Mittel wäre den Zorn GOttes aufzuhalten, als
Sit fit wenn
t) Lafantius lib.
Epift. ad- Torna
x) Hincmarus Remenfis
962
wenn der Sehrftand zuvor wiederm gereiniget
yoürde: welches aber wegen der herrſchenden Ge⸗
walt, Menge und Bosheit derer verderbten Kir
chendiener von niemand leicht verfuchet wurde,
amd wenn esja einer oder etliche aus gerechtem Ei:
fer vornahmen, ward er doch nicht gehöre, ja noch
Dazu verlachet, verworfen, und, wie CHriſtus von
den Pharifäern , verfolger, verkeßert und unters
druckt. Und dahero kam es, daß der Schade ends
lich unheilbar wurde, und das Verderben unbes
fchreiblich groß, weil unterdenen Oberen niemand
vor den Riß ſtund, fordern jedermann ftille ſchwieg
entweder aus Menſchenfurcht, oder weil er ſelbſt
ander Bosheit mit Theil hatte. Ja es war fo weit
kommen, daß die gemeinen Leute immer härter ge⸗
ſtrafet wurden, warn die Elerifey bey offenbaren
Sünden und Saftern frey ausgieng, eder Doch mit
ſolchen Strafen beleget wurde, die nur den Na—
men und Schein, aber feinen Nachdruck hatten.
Da doch, nahhdem Ausſpruch der Theologie, dieſe
viel ſchaͤrfer haͤtten ſollen beſtrafet werden, als
das unwiſſende Volk, das es meiſtens nicht beſſer
wußte e).
19. Gleichwie ein anderer hievon alſo ſchreibet:
„Wenn die gemeinen Leute wegen ihrer Sünden
„aus der Gemeinfchaft follen gefchloffen werden,
„ı Eor.5,6. ſo muß gewißlich viel ein groͤſſerer Ernſt
„und Eifer angewandt werden, wenn das Leben der
Kirchendiener im Zaum gehaiten, und ihre Laſter
„abgefchnitten werden muͤſſen, ſintemal durch ihr
„fündhaftes geben der Heil. Geift in Denen From⸗
„men betrübet wird, fie felbft beleidigen Die Gottſe⸗
„ligen, verführen ihrer viele durch die Erempel, und
„sachen der Lehre fetbft ein böfes Gefchrey. Denn
„08 hat fonderlich Bier ftatt, mas EHriftus fagt
„Matth.1g,6. Wer ärgert diefer Geringften einen,
„die an mic) glauben, dem wäre beffer, daß ein
„Müptftein an feinen Hals gehänget würde, u.f.
w. Dabey erdas Erempeldererften Kirchen an-
führet, wie ſcharf fie verfahren Habe in Abfchaf-
fung und Yusftoffung der Böfen; und zugleic)
aus Yuguftino diefen Spruch lobet: "Es hut nie⸗
„mand gröfferen Schaden in der Gemeine, als der
„ein verkehrtes geben führe, und gleichwol den
„Namen der Heiligkeit oder des Prieſterthums
„ragt. Denn wern ein folcher gleich fündiger, fo
„unterftehet fi doch niemand ihn Ih beftrafen,
„hingegen wird feine Sünde zueinemböfen Erem-
Pel weit und breit gezogen, indem ein folcher Sün-
8. B. Don dem Übfau der Chriſten vonder erfen Lauterkeit.
„der gleichwol aus Ehrerbietung gegen ſnn kl
„Stand (oder wie man fonft redet, in honorem
„Minifterii,) nod) darzu geehretwird,,d). Dem
auch nod) einer beyftimmet, wenner erinnert, *'roie
„es gar nichtsneues fey, Daß folche Perfonen ans
„Irrthum zum Predigtamt gezogen würden, die
„doch hernach mirSchanden wiederum müßten abs
ngefeget werden„e). Ingleichen, daß auch una
„ter denen TheologisHominesnequamerfcele-
„rati, d. i. Schälfe und Böfewichter wären, Die,
„bey Zeiten von dem Kirchendienft removiret
„müßten werben, damit fie nicht den Gemeinen mit
„ihrem Aergerniß Schaden thäten, f), Wels
ches er denn alles ausden Geſchichten der verderb⸗
ten Kirchen ſchlieſſet und alſo die Abſonderung und
Ausſtoſſung der boͤſen Prieſter vor ein gutes Mit⸗
tel haͤlt, dadurch den armen Gemeinen koͤnne gera⸗
then werden. Dahin auch alle Diejenigen Ver—
ordnungen, Geſetze und Conſilia gehen, wenn man
beſchloſſen hat, die ſtrafwuͤrdige Kirchendiener
aller Macht und Gelegenheit zu berauben, Daben fie
ferner im öffentlichen Amte dem Volke fchaden
koͤnnten. EN
20. Nuretliche Erempelanzuführen, wie man
gleichwol ein oder andermal gefuchet habe ſolchem
Uebel abzuhelfen, entweder nur zum Schein, oder
auch aus Ernft wegen der allzugroffen Exceſſen, die
fich auch vor dev Welt niche enefchuldigen oder bes
decken lieffen. Geftalt wir in folgenden Capiteln
noch fehen werden, wie die Elerifey nad) und nach
dahin geftrebet habe, daß fie inihrer angemafleten
Authentia von aller Cenſur und Strafe frey blei⸗
ben möchte, Unterdeſſen bfiebe doc) wahr, was
nachmals ein verfländiger Mann zum heilfamen
Mittel der Reformation vorfchlug: “Wenn die
„Ricche follte vecht gebeffert werden, fo müßteman
„von dem Haupt anfangen, g). Welches denn
jener aufrichtigeeßrer gerne befannte, wenn erin
Demuth ſeines Herzens fhriebe: *Wann ich der _
„ich ein Xeltefterheiffe, unddas Wort GOttes zu
„predigen fcheine, etwas wider die Zucht der Ges
„meine und Regel des Evangeliitfunmerde, alfo,
„daß ich der Gemeine ein Yergernißgebe, ſo mag
„die ganze Gemeine wider mid) zufammen ftehen,
„und mich abfihaffen und von fic) werfen. Denn
„eg ift ver Gemeine beffer, daß fie ohne mich, derich
„ein Aergerniß begangen habe, in das Himmelreich
„eingebe, als daß fiemit mir zur Höllen fabre,, h),
Diefem nach fegeten einige Eiferer folche Schlüffe:
„Wel⸗
c) Oſiander Cent. V. lib. II. H.E.c.7.adc.27.Concil.Chalcedon. d) Chemnisius Loc. Theol. de Eccl. c. V.
p. 162. e)Ofianderl.e. Cent. IV. lib. V. e. G. f)Ibid. Cent. VI.lib. 1.cap.33. 9) Durandus P. UL. deModo
Concil. celebr, tit. x. v. Cazal. T, V,p: 688. h)Origensshom. 7.in Ioſuam. r
fe Worte werden al \
Sahz, das ift, einnärrifcher Vorſteher, der im
„bet, der follvon feiner Stelle abgefeßet, jedoch) von
„der Gemeinfchaft der anderen Leute nicht abgeſon⸗
„dert werden, i), Wobey fiedenn die von CHri⸗
ſto befohlene Stuffen wollten in acht genommen
willen, davon es hieffe: « an einem Kir-
xchendiener eine Sünde gefunden wird, und er
„von 2 oder 3 Zeugen deswegen erinnert rorden,
„fo foll ein ſolcher Menſch feines Stands entſetzet
„werden: Wer es aber nicht thun wird, dem foll fel-
„ber dergleichen mwiederfaßren,, k). Und aber-
mal: “Wenn einer fo gar nachläßig erfunden wird,
„daß er weder nach der Erinnerung noch fonftnad)
„langer Zeit nichts gutes erweifer, fo foller Schuld
„haben, und ſodann abermal angefchryen werden.
Wird er aber auf feiner Machläpigkeit befarren,
„ſo foll er von dem Orden der Prediger abgethan
„werden, !). Und was dergleichen Anordnun⸗
gen mehr waren.
21. Es merfet auch ein geichrter Mann fehr
wohl an, daß um die Zeiten Iheodofüi diejenigen
Verbrechen, welche nun mit der Abſetzung oder
Sufpenfion beftrafet werden, mit viel haͤrterer
Strafe angeſehen worden. Denn die Criminal⸗
ſachen der Cleriſey wären denen weltlichen Rich—
tern übergeben gewefen m). Wie denn aud) aus-
drücklich von der Obrigkeit geboten wurde,daß fein
abgeſetzter Bifchof wiederum füllte eingefeßet mer
den, wenn auchgleich der Landsherr felber folches
haben wollten). Welches mit dem Ausfpruch je-
nes verftändigen Lehrers überein koͤmmt, wenn er
ſpricht: Wenn das Salz tumm worden ift, fo
muͤtzet es nichts, als daß eshinausgeworfen, und
„von den Schweinen zertreten werde,. And die⸗
Ä erflärer: "Ein tummes
Predigen ungeſchmackt und im Leben thoͤricht ift,
„dienet zu nichts, alsdaß er hinaus geworfen, d.i.
ab im werde, Damit ihn die Schweine, d. i. die
„boͤſen eifter zutreten, die über einen böfen Vor⸗
„ſteher Kerrfchen als über ihr Vieh, 0). Und
freylich traf leider! bey foldyen ein, daß fie als
Knechie, die des HEren Willen wiſſen follten, ihrer
doppelten Suͤnden wegen auch doppelte Streiche
leiden mußten. Denn (wie einet ſogt⸗ die Suͤn⸗
„den der Hirten ſind viel Abmerer‘ salsder Schafe;
aerftlich zwar, weil fie Feine Entſchuldigung von
15. Cap. Don dem fioredtichen Schaden bey dem Derfall der Lehrer ıc.
Welcher Kirchendiener eine Todfünde bege-
963
„ihrer Einfalt, noch einen gerechten Vorwand von
„ihrer Unwiſſenheit baben. Darnach, weil ſie ja
„dazu geſetzet ſind, Daß ſie die irrenden Schafe er⸗
„innern, nicht aber durch ihr Exempel noch ferner
„irrend machen. Endlich, weil die ganze Heerde
„ihm ins Verderben nachrennet, wenn der Hirte
„auf Suͤndenwegen gehet. Dahero betrift dag
„Berbrechen der Hirten nicht nur ihre eigene Per-
„ion, fondern es gehe auch den ganzen Schailtall
„an. Es find nicht einfache Sünden, fondern
„verurfachen bey den Untergebenen Ketzerehen, in⸗
„oem ein jeder realen) das fen recht und zulaͤßig,
„was fein Hirte thut, den er vor Die Regel feines
„eebenshält,,p). Aus welchen Urfachen die Ber:
ftändigen auch befennen, daß gemeiniglich denen
offenbaren Sündern unter der Cleriſey viel zu ges
linde begegnet worden: Wohin aud) vielleicht ges
hoͤret, wenn man indie Kloͤſter geſtecket, ahwo
fie folgends recht faullenzen und ihrem Bauch dies
nen koͤnnen q).
22. Unter denen andern Mitteln, dadurch dem
verfallenen Predigtamt von denen Verſtaͤndigen
aufgeholfen werden wollte, war ſonderlich die heil⸗
ſame Sorgfalt der Obrigkeit, als welche Gewiſſens
halber darzu verbunden war, denen armen Unter«
tbanen bey fo — Seelengefahr
mie nachdruͤcklicher Reformation nicht zu entfte-
a Devetlichemal hier geruͤhmte Kayſer Alexius
Comnenus, erwieſe zu ſeiner Zeit in der Griechiſchen
Kirche disfalls einen groſſen Ernſt, wenn er aus:
drücklich befennete: Wir müffen als Chriften
„durch die Gnade GOttes eine Unterfuchung des
„Öuten anftellen. Denn was follte uns davon
„abhalten? Gefchiehet es nicht, und die Sache
„wird nicht inrechten Stand gebracht, fo würde eg
„ung beffer feyn, daß an eines jeden Hals ein
„Muͤhlſtein gehaͤnget und wir ins Meer geworfen
„wuͤrden: Sa, es wuͤrde bey uns eintreffen: Es
„wäre uns beffer, daß wir nicht geboren wären.
„Darum müflen wir allein auf GOtt fehen, von
„den wir Hulfe erwarten muͤſſen. Witrden wir
„dis alfo erfennen, fo würde der liebreiche GOtt de—
„en Kirchendienern einen Weg zeigen, das Uebel
„abzuſchaffen, wie auch allen andern, die bisher das
BGute nicht gewußt haben, damitdas Gute, wel⸗
„es aus Nachlaͤßigkeit vergeffen worden, nun
Sfffff a „ohne
1) Bafılins M. Epiſt. ad Amphiloch. c. 32. et Canon. Apoflolicie a8. Nomo- Can. Cotæler.c. 294. 1) Nouella 4-
lexii Comnenii c.15.
Theod.de Epife. et Cler.
fil. pP) Nicolaus de Clemangis lib. de Præſul. Simon,
50. c. 7. et dift. $ı. c. 10.
m) Ziegler. de Bapt. non iterando n. 88. el.23.C. Theod. de Epif et Cler.
0) Hierenymus Comm. in Matth. 5. laudatus ab ZErea SylaieinComment. Concil. Ba-
n)1l.35.Cod.
g)Concil. Aurelian.c. 7. Agarh.c.50.2P. Gratianum dift,
964
„ohne Verzug wieder erneuert werde, und alfo
Gstt felber ein Genügen geſchehe, wenn Die
„‚Chriftliche Kirchenzucht wiederum zurechte ge ⸗
„bracht worden, und zwar nach der Vorſchrift der
H. Apoftelund Väter, r)- Wobey er ferner den
Vorſchlag und Anordnung thut, daß die untüd)-
tig befundene Kirchendiener von ihrem elenden
Zuftandüberzeuget, nachdruͤcklich rmahnet und
zur Befferung angehalten werden. Boferne aber
diefe Mittel bey folchen nicht anſchlagen wollten, fo
fllten fie des Kirchendienftes erlaffen- werden.
Hingegen follten nun die geſchickte und treue Lehrer
defto wertber gehalten, und jedermann empfohlen
werden, damt alſo das Gute ausgebreitet und das
Böfe unterdrücket würde ). ;
23. Es zeiget auch dafelbft eben biefer Kanfer gar
weistichan, wie Gtt allein folche Leute erwecken
müffe, welche die Verbefferung des verderbten Zus
ftandes vordie Hand nehmen ſollten. Und darzu
habe er auch) ihn um feiner Heerde willen erwecket,
welches er auch nicht aufſchieben, noch in bloſſen
Worten beruhen laſſen, ſondern diejenigen ‚mit
Scrafe anfehen wolle, welche fich wider die Refor⸗
mation des Kirchenftandes fegten. Man tolle
auch nicht meynen, als ob er Diefes aus Affecten
oter Feindſchaft thue, weil eralleine auf die Suͤn⸗
den ungehalten ſey, und die verfallene Kirchen⸗
zucht wiederum gebeſſert wiſſen wolle t). Dieſes
waren gar heilſame Vorſchlaͤge, weh ſie nach der
loͤblichen Abſicht dieſer und anderer obrigkeitlichen
Per ſonen wären in die Uebung gebracht, und nicht
vielmehr von denen unverantroortlicher Weife ges
hindert worden, welche bey der Reformation ſich
einiges Verluſts an ihrer Ehre und anderen Vor⸗
theilen beforgten. Es hatten aber verftändige
Seute in der Jateinifchen Kirche eben dergleichen
vor, und behaupteten ausdrücklich ‚daß ohne bie
it. ap. Cotelerium Tom. II. Mon. Esel. Gr, p. 180. Ss) Ibid. p. 186. t) Nouellal, c. p. 195.
Ei — —— Loc. Catal. Teſt. Verit. p. 652-
berienfis in Poheratico. 2) Ib. pag. 646.
8. 3. Don dem Abfall der Thriften von der erflen Lauterkeit,
tichriſt beypflichtet, welche verfündiget hat: “Es
„Rücfragean die antichriſtiſche Clerifey die Kir.
„che müßte a ob fie gleich des⸗
wegen zu den ärgften Keßern gemacht würden , wie.
von den Prophezeyungen und Dffenbarungen der
bekannten Hildegardis geredet wird u). Dem auch
eine andere WBeiffagung unter dem Nömifchen Ans
„wuͤrden endlich die fo genanntentayen fid) des Kir⸗
„hendienftes annehmen, und das Amt zufamt
„ihren Gütern von denen Geiftlichen wegnehmen,
„dieſe Hingegen in das äufferfte Elend gerathen,x).
Welches auch ſchon zuvor die Waldenfer zu hun
anfiengen, da fiedie Berfammlungen der Gottloſen
verlieffen, und unter einander felbft Zufammens
Fünfteanftelfeten, die Heil, Schrift lauter erklaͤre⸗
ten, weilfein Wort GOttes mehr im Sande war.
%a,damans ihnen verbot, Eonnteder Hunger nach
dem Wort GOttes doch. dadurch nicht zurück ges
halten werden, welchen die unmündige Kindlein.
EHrifti hatten empfunder, nachdem niemand in
den Kirchen das Wort GOttes lauter lehrete, obes
gleich die Pharifäer und Hobepriefter fehr ver- ⸗
droß y). In ſolchem und dergleichen Zuftand
nun waͤr dieſes der Wunfc derer Verborgenen des
HErrn, wie ihn einer ausdrücker: „Wenn der
„Satan vondem Angeficht des HErrn in den Ab:
„gefandten des Hohenpriefters ausgegangen ift,
„als ob fie die Gemeine ftäupen follten; ſo wuͤten
„und fchaden fie fo ſehr, daß fie darinnedem Teufel
„gleich werden. _ Wer mit ihrer Lehre nicht einftim-
„men will, den halten fie vor einen Keßer oder
„Schismaticum,; Derowegen wolle I doch
„EHriftus felber offenbaren, und das $ebenfund
„hun, darinnen wir wandeln follen,,a)! Welches
auch billig aller veblichen Christen Wunſch ift, fo
oft fie den allgemeinen Verderb und die beforgende
Strafen vor ſich ſehen. ki
u)Ex
x) Idemi © Speculo Vifionis pag. ı0l1. y) oh, Sarıs-
fi ee,
ES
Von der Herrſchaft der
I Ban ber Serial
wiſſen der ande
00 Da8 16. Kapitel,
verderbten Lehrer über die Ge—
msgemein, undder dabey angemaßten Unbe⸗
„ früglichfeit und Tyranney.
Summarien.
J er verderbten dehrer Herrſchaft über die Gewiſſen wird init ſubtiler Liſt angefangen ; die Goktloſeſten deuten auf ſich, was
Se fteDecreta. ı1. Antichriftiich
berrübrete aus der Begierde zu bereichen. 17.
N h $.
} ori Babe zuvor erwehnet, daß ich die Mate:
9 von der Herrſchaft der verfallenen Cle⸗
riſey über den Glauben anderer Chriſten
uletzt — wolle, weil fie etwas weitlaͤuftig
alle, worzu ich mic) denn anjego wende, Es
fehen aber die Verftändigen die angemaßte
- Authentiam, oder unumfchränfte und allgemeine
Autoritaͤt der verderbten Lehrer, vor den Grund
unzählige Mißbräuche an, fonderlich aber der
ſchrecklichen Tyrannen, dadurch fie über die Gemei-
nen ſich alfo erhoben, daß fie Herren ihres Glaus
bens werden wollen. And dieſes ward nun alles
mit fubtiler Lift und fheinbarem Vorwand ange.
- fangen, daß anfangs ſich niemand leichtlich one
dacht eines Unglaubens und Ungehorfams da-
gegen feßen durfte, "Denn da gab man A
vor, man halte ſich in allem an die Borfchrift der
heilfamen tehre, legte feine Erfindung und Sä-
unter dem Namen der Aehnlichkeit des Glau-
eng vor, und erfonne ‚nach und nach eine folche
Eonnerion der Glaubensartickel, die man vor
ungertrennlich hielte. Ward aber von andern auf.
bas flare Wort GOttes gedrumgen, fo beriefman
ſich auch in den meiften Saͤtzen darauf, ruͤhmte ſich
einer volllommenen Erfenntniß von dem Sinn deg
Geiftes, und forderte deswegen von den andern
“ völligen Glauben und Gehorſam, als welchen fie
von wahren behrern zu verfichen: 9.1. Nur etliche Arten folches Greuels : die heuchleriſchen Lehrer geben ſich vor En:
gel des HErrn aus, ſtecken fich binter den Namen der Kirche, üben Tpranney durch Coneili
Fanen, 2. verdraͤngen fie von ihren habenden Kechten, der Brudernatne zwiſchen Pohrern N fach
der Vatername wird einenmächtig angenommen, auch über die höchtten Notentaten, der Name Pabf wird anfänglich allen
SBifchöffen geneben. 4. Die unbedingte Herrſchaft der verſallenen Lehrer. gehet
„fiber ſich auch in die ehre von der Seligkeit; man ſetzt dem geſchtiebenen Wort alerhand Traditiones zu. 6, Etliche Voben
von der angematen Gewalt der Elerifen- 7. Wieder Antichrift als ein Kind im Miutterleise fein Cchen bejcunet;$. nie ſich
die abfolute Autorität der Elerifen offenbaret : 9. fiensill auch keine Rechenſchaft ihres Thuns und Laffensacben, gibt hochmoͤ⸗
thige Befehle, 10. weiß alles unvermerft einzuführen, fest fcharfe Strafe auf Die Ankläger der Nriefter, erdichtet allerhand luͤ⸗
he Süße, Hieronpmi Klagen darüber, 12. mebrere Klagen über die Tprannen der Nrediger.13-
ie Clerifen wird auch gor menſchlichen Gteafen ficher ; woher diefes Elend fommen; 14. Der Hr
n offenbare Tyrannen, Bermahnungen zur Sanftmutb : 15. Klagen uber die Hranniſche Monarchie der Clerifen, 16.
a, machen die andern freventlich zu
und Zubörern wird aufgehoben, 3-
vornemlich unter Conftantino M-an, s- mis
ochmuth bricht endlich aus
melche
{ N Tyranniſcher Proceß mit dem Euftathio. Elerifep urtheilet aus Privataffesten
18. mit gründlicher Rachgier, handelt gostlos mit den Worten Chriffi.1g.
Is
wegen folcher unbetruͤglichen Auslegung ſchuldig
wären; jadie allergottlofefte Prediger deuteten uns
a Weife alle Berheiffungen und Befehle
auf fich , welche der HErr von wahrhaftigen, er:
feuchteten und Beiligen $ehrern Binterlaflen hatte.
Sie wußten viel Worte zu machen von ihrer has
benden Gewalt, Autorität und Vorzug über die
Zußörer, und ungeachtet fie von dem Heil. Geift
nicht gefalbet, noch wahre gottgefällige Priefter
waren, und zuvor fich gründlich zu GOtt zu be:
fehren und den Weg des Lebens felber zu lernen
nöthig hatten. Nichts defto weniger follte nach
ihrer Einbildung der Heil. Geift in ifnen wohnen
und wirken, den gleichwol nach den Flaren Wor—
ten des HErrn fein Weltgefinneter empfangen
kann: und aus dieſem nichtigen Borwand prätene
divete man nun einen blinden Gehorfam, wo nicht
allezeit mic deutlichen Worten oder andern offenbas
ren Bezeigungen, dennoch durch allerhand Raͤnke
und Erfindungen, derer die Vernunft leichtlich oh⸗
ne Zahl zumege bringen kann.
2. Hier werde ich aber fo wenig, alsin andern
dergleichen Materien, alle Arten folches Greuels
erzehlen koͤnnen, teil, befagter maſſen, die Schlan⸗
genlift der verderbten Vernunft ſich in fo gar viel
Formen verftellen und präfentiren Fann, Man
fr fifa war
966
ar nicht zufrieden, daß andere efwan insgemein
dem Predigtamt anfehnliche Titel oder Lobſpruͤche
Deyfegten, fondern man griffe felber zu und zoge
dasjenige aus der Schrift auf ſich, was denen
rechtfehaffenen Lehrern mit Wahrheit beygeleget
wird, ohne = man dabey fein Gewiſſen geprüfet
hätte, ob die Bedingungen auch Darbey wären, Die
davon nicht getrennet werden fonnten. Zum Ex⸗
empel: Wann fic) die heucplerifche Lehrer felbften
vor Engel des HErrn ausgaben, und darunter
eine fonderbare Ehrerbietung und Vorzug bey
dem gemeinen Mann fuchten: obgleicy ihre Leh⸗
ren und Leben gerade das Gegencheil jedermann
anzeigten, ja fie ſelber heftig behaupteten und aus
Zwang ihres Gewiſſens geftunden, daß fie der
Heiligkeit und Weisheit derer Engel nicht gleic)
Fommen Fönnten. Wann auch jemand die Auto—
rität ihrer eigenen Perjon in Zweifel ziehen wollte,
ſteckten fie ſich hinter den Namen der Kicchen, und
mußte hal alies die Chriſtliche Kirche gelehret,
geordnet und gethan Haben, was diefer oder jener
eigenmächtig, blos zu feinem eigenen Bortheil, er⸗
funden oder begangen hatte. Zu welchem Ende
auch die Eoncilia, Schlüffe und Canones der fo
genannten verfammleten Väter ein merkliches bey:
seugen, welche unter ſolchem fpeinbaren Namen
eines reiflich überlegten und beſtaͤtigten Deerets
unzählig viel Tyranney verübten ; wie batd inſon⸗
derheit erwiefen wird. Und weil fonderlich im
Anfangviele von den Chriſten nicht alles vor unfehl⸗
bare Wahrheiten annehmen, fendern zuvor nad)
dem Willen GOttes prüfen wollten; ward aud)
darinnen bald durd) die Liſt und Gewalt des ans
tichriftifchen Geiftes vorgebauet, und die andere
Ehriften alle, welche nicht zum Lehramte Auifer-
lich beruffen waren, wurden zu Layen und Idio⸗
ten freventlich gemachet; beſage der Nachricht in
dem 2. Bud). i !
3. Sie wurden allgemach von ißren Babenden
Rechten, die ihnen der HErr Chriſtus ſelbſt fo
teuer erworben und gegeben Hatte, mit Lift und
Gewalt verdränget, bey Abbandelung der lau»
bensfachen übergangen, und davon zurüc geftof
fen, wann fie ſich dabey einfinben wollten, Die
Gleichheit unter den Ehriften in geiftlichen Din:
gen wurde mit Gewalt aufgehoben , und endlic)
gar vor einen ſchaͤdlichen Jerthum erfläret, a,
die andere Chriſten wurden fo gar von der hoch:
müthigen Elerifey vor nichts geachtet, daß fie
au), wie dorten das Volk von den Pharifäern,
a) Gregorius VII. apud Agobardum de Compar. Ver. Regim. 369. Opp- b) Volfzus Cardinalis ap. Hoszingerum
P. V. Hiſt. Eccl.fei.3.
8. 3, Von dem Abfall der Chriſten von der erſten Lauterkeit.
Geburt, als die Haupturſache der Chriſtlichen
vor ſchnoͤde und verflucht geachtet waren. Nur
eine Probe davon zu geben, fo fienge man an bey
dem Verfall einen folchen Unterfcheid zwifchen
den Sehrern und Zuhörern zu machen, daß diefe
von jenen nicht mehr durften Brüder genennet
werden; Womit Hichts anders. gefuchee ward
als eine folche Emineng und Vortreflichkeit, kraft
welcher fie beyde nicht mehr einerley Recht bey
einem Vater im Himmel Haben mollten. Wels
ches aber ein unfeliges Zeihen war, daß die neue
Bruͤderſchaft, unter den meiſten vergeffen und al⸗
fo auch nicht Eraftig wäre, _ Deswegen ward
nun der Brudername unter der Cleriſey zu ea
nem eigenen Titel, der denen verachteren fayen
durchaus nicht gegeben wurde: Welches Kernachfo -
weit ausgedebnet ward, daß unter denen gemady-
ten Graden der Kirchendienfte abermal etwas
fonderliches darinnen geſuchet wurde und, zum
Erempel, die Biſchoͤffe nur einander Bruͤder heiſ⸗
fendurften, und mas dergleichen mehr war. Die
Verwegenheit wuchſe disfalls fo ſehr, daß die
Paͤbſte und andere Geiſtliche ſich auch von den
groͤßten Potentaten nicht wollten Bruͤder heiſſen
laffen. Wie einer ausdruͤcklich an einen König
ſchriebe: “hr Habt den Roͤmiſchen Hobenpriefter
„mie unrechtem Namen beleger, und ihn Bruder
„gebeilfen, da ihr ihm doch haͤttet als einem Vater
eier Ehrerbietung bezeigen follen,, a). in
anderer fagte von einem, der Doch auch feines Or⸗
dens war: «ch will ihm weifen, daß er nicht mei⸗
„nes gleichen ift, zu gefchweigen, daß er mein Brus
„ver feyn follte b), —
4. Unter denen andern Titeln, die zudergleichen
boͤſem Zweck mißbrauchee worden, war —
derlich der Vatername, der unter den erſten Chri-
ſten abſonderlich denenjenigen mit Grunde bey⸗
geleget wurde, die durch das Wort der Wahrheit
andere nach dem Geiſt gezeuget hatten, wie es auch
die Exempel im N. Teſt. ausweiſen. ı Cor. 4, 15.
17. Öal.4,19.%. Denn nachmals wurde diefer
Name ohne Unterfiheid von Denen eigenmächtt
angenommen, welche doch nichts weniger ale
durch vechtfehaffene Lehre jemand zu Chriſto ges
bracht Hatten. Sondern fie fuchten abermal
meiftentheils darunter eine Gewalt und Herrſchaft
über die, welche fie vor ihre geiftliche Kinder aus:
gaben, und wollten diefe Dadurch mit aler Mache
uruͤck halten, daß fie ihnen in allen Dingen
——— folgen ſollten. Deswegen nenne⸗
ten
\
en fie auch die höchften Potentaren ihre Soͤhne
und r, dadurch fie fein geringes Vorrecht er⸗
ielten zu lehren und zu thun was ihnen ſelbſt ge⸗
el. ter ſich ſelbſt machte die Cleriſey abermal
dergeſtalt einen Unterſcheid, daß man nicht auf
die eigene Urſache ſolches Namens ſahe, ſondern
auf lauter menfcpliche und weltliche Prärogati-
ven in der Ehre, Gewalt und Herrfchaft. Des:
wegen nachmals von den Bifchöffen die Aelteſten,
und von diefen die Diaconi Söhne genennet wur—
den, dadurd) fie aber eben nach und nad) zu ei-
nem blinden Gehorſam angehalten und ihrer Noch»
te unvermerft beraubet wurden c), Hingegen
ter ſich bey denen Oberen betiebt machen wollte,
der gab eben unter dieſem Namen meiftens zu ver-
Er mie bereit ev wäre ihre Herrſchaft zu be»
rdern, und ſich zur Befeftigung derfelben brau-
chen zu faflen, oder zum wenigften ihnen daran
nicht Binderlich zu feyn. Welches alles fo viel
alte Schriften, Briefe und dergleichen deurlich
ausweifen, davon ich auch eine groſſe Menge hier
anführen Fönnte, woferne die Sache von jemand
Fönnte in Zweifel gezogen werden. Es iſt offen⸗
bar, und wird von denen Papiſten felbft geftan«
den, daß der Mame Papa, oder Pabft, (welches
fo viel als Vater heißt,) anfänglich denen andern
DBifchöffen eben ſowol gegeben worden, als dem
Roͤmiſchen d). Aber noch viel gewiſſer ift, daß
der Pabft- oder Baterticel ſowol von denen Roͤ⸗
mifchen als den andern Bifchöffen gemeiniglich
nur aus Hochmuth und Begierde zur Herrfchaft
une worden fey. Und dieſe Intention ift
hnen auch ziemlich von ftatten gangen, da gleich⸗
wol folche Aufferliche Titel denen unverftändigen
in die Augen fielen, und fie glauben machten, es
müßte ja diefes alles mit gutem Grunde diefen
Männern beygeleger werden, und fene man dahe⸗
ro ſchuldig, fi ihnen in allem zu conformiren und
zu unterwerfen.
5, So viel fen von der unbedingten Herrfchaft,
gefager, welche die verfallene Lehrer auch in den
Morten und Titeln gefucher haben. Daben ich
um ber Kürze willen fo vielandere übergehe, wenn
fie ſich von einander felbft oder von denen Bu
rern nennen lieffen: Heilige, auerbeiliafte,
von GOtt aelehrte, vom Zeil. Geiſt bewohn⸗
te und angeblafene, erleuchteſte, hochweiſe⸗
[4
‚Don der Herrfchaft der verderbren Lehrer über die Bewiffen der andernzc. 967
ſte, uͤbertreflichſte Lehrer, Väter, Meiſter,
und dergleichen. Nicht weniger, wenn ihre
Reden, Schriften, Saͤtze und Lehren gleicher—
geſtalt mit ſolchen Lobſpruͤchen authentiſiret und
legitimiret wurden. Alleine, ich will hier nur
meiſtens auf die Sache ſelber ſehen, und zwar
nur in einigen allgemeinen Puncten, das
wird zuletzt in dem ſonderbaren Bericht vorkom⸗
men. Es gieng aber vornemlich dieſes unter Con⸗
ftantino W. an, da durch die groſſe Indulgenz
dieſes Kayſers die Cleriſey auf den Vorſatz geries
the, ihre Autoritaͤt von allem Urtheil der andern
frey zu machen und gegen allen Widerſpruch
feſte zu feßen. Denn da ließ ſich dieſer Kayſer
oͤffentlich gegen die Biſchoͤffe vernehmen, als ſie
ein Haufen Klagen wider einander bey ihm ein⸗
gegeben, und eben dadurch ihre Hoffart, Mißgunſt
und Zankſucht ſattſam vor Augen geleger hatten:
Ihr koͤnnet nicht von Menfchen gerichtet wers
„den, denn ihr ſeyd uns von GOtt zu Göttern
„gegeben: Nun aber fehicker fichs nicht, daß ein
Menſch Görter richte, fondern derjenige allein,
„von dem gefehrieben ſtehet: GOtt fteher in der
„Berfammlung der Götter, e). Wiewol ich
nicht eben widerfprechen wollte, wenn einer be=
hauptete, diefe Worte wären vielmehr von dem
Hiſtorico erdichtet, oder mit Zufegung der allzus
ſchmeichelhaftigen Formuln verfalfchee worden,
Zum wenigiten ift gewiß, daß felbige einem ehr=
gehigen Gemuͤthe zu einem ftarfen Strick gedeyen
und "Anlaß aeben Fonnen, die Weltleute bey
diefer Opinion zu unterhalten, und alfo die In—
fallibilitaͤt nachdruͤcklich zu ftabiliven oder zu bes
feftigen, Wohin denn geböret, wenn diefer
Kanfer folgendes Gefege publiciven ließ: "Wir
„befehlen, daß die Austprüche derer Bifchöffe, fie
„mögen gethan feyn, wie fie wollen, ohne eini=
„gen Unterſcheid des Alters allezeit unverbrüch«
„lich und unverfälfche gehalten werden follen, al
„ſo, Daß alles vor heilig und ehrwürdig gehalten
„werde, was durch ißre Urtheile beſtimmet wor«
„den Wozu denn diefe Urſache gefeget wird:
„Denn das ift erſt Durch das Zeugniß der Wahr:
„heit beftätiger und unverfälfche, was von eis
„nem hochheiligen Menfchen aus dem Gewiſſen ſei⸗
„nes unbefleckten Herzens hervor gebracht wird f),
6, Wer etwa hiebey meynet, Diefe Be
Fonnten
©) Vid. Synodus CPtana Primast Secunda c. 13. Leo M. Epiſt. 6. Betrus Rauennas ap. Birium Tom. I: p.1. Conf. Ba-
vonius ad Martyrol. Rom. procm. c. 5.017. Zieglermsde Diac.c.ı0. d)Baroninsl.c.add, X. Ianuar. et Annal.
A. XXXIV, 11.324. Pamelius ad Cyprian. Ep. 3. Ferrarius lib. II. de Epift. Ecel. e. 1. M. A. de Dominis II.
R. E. c, 6. fı. 5. Conf..Salmafıns Appar. de Prim Pap. p. 138.
‚de Epife, Iudic.
€) Rufınus ib, L & 2. f) L, hC Theod.
968
Fönnten ja nicht davor, daß ihnen von ihren Pa⸗
fronen dergleichen beygeleget wäre: der erinnere
fi), was zuvor von der Schmeicheley der Eleri-
fen gegen dieſen Kanfer erwieſen worden, und bes
denke dabey, ob diefer ſich nicht wiederum dadurd)
erfenntlich bezeigen wollen, indem er die Bifchöf-
fe vor unbetrüglich und ihre Ausfprüche vor uns
widerfprechlich ausgegeben. Diefes aber iſt nur
der Anfang geweſen von dem, was nachmals bey
dem vollen Ausbruc) alles Ziel und Maaß über:
fehrieten hat: Deswegen auch Baronius Diefen
Befehl des Kayſers fo heraus ſtreichet g). Denn
da blieb die Infallibilitaͤt des geiftlichen Ordens
niche in bürgerlichen und geringen Angelegendei-
ten, fondern mifchte fid) in den Glauben und in
die I von der Seligkeit; als wir bald bey de=
nen Concilis, Glaubensbekenneniflen und Ber:
folgung der Keger fehen werden, Hier gebe ich
nur dem verftändigen Leſer zu bedenken anheim,
unfer was vor einem Vorwand man beydem Bor-
trag ungemwiffer und oft falfcher Lehren, ſolche und
Hergleihen Formuln habe brauchen „Fönnen:
„Glaube es feftiglid) und zweifele durchaus nicht
„daran, daß diefes umd jenes alfo ſey, Item:
Wer dieſes und jenes leugnef, der ift ein Reber,
irret in der Lehre,» uf fe Welches doc) von
vielen felbft irrigen Sägen ausgefprochen worden,
‚als man beym Fulgentio und andern ſiehet, wenn,
zum Erempel, die, ungetauften Kinder fehlechter-
dings verdammet werden bh), Cs machre aber
diefes gemeiniglich, daß man noch darzu Bann
und Fluch drauf feßte, wenn von einem menfchlis
chen Wahn im geringften abgerwichen wurde; da⸗
von unten wird zu reden feyn. Hieran war nun
meiftentheils eine vorgefaßte Meynung Schuld,
die ſich bey dem oder jenem Lehrer einfeßte, und
ihn zu einer ungegründeten Einbildung brachte.
Daducch verfiel man zum öftern in Uebereilung,
von dar in Verwegenheit, endlich gar in Hartna=
digkeit, Feindſchaft, Streit und eitel böfe Dinge.
Da maßte man fich felbit die Macht in Glau—
bensfachen zu, zu dem gefchriebenen Wort GOt⸗
tes allerhand Traditiones und Menfchenfagun:
gen zu feßen, und die Leute unter dem Namen ei»
ner göttlichen Autorität an felbige zu binden. Man
erdichfete unter dem Vorwand einer Erflärung
unzählige Terminos: oder Kunſtwoͤrter, Redens⸗
arten und Beſchreibungen göttlicher Dinge, bis:
weilen zwar aus guter Meynung, aber mit grof-
ſem Schaden der lautern göttlichen Wahrheit.
8.8. Don dem Ybfall der Ehriften von der erften Rauterfeit.
Denn man fußre fort die Gewiſſe
D -..
zu verbinden, ofte gar durch Bar
Strafe darzu zu zwingen, ieraus konnt
nichts anders, als unendliches Streiten, Wortge⸗
zaͤnke, Gewiſſenszwang und bitteres Klagen ent⸗
ſtehen, wodurch das —— der wahren Juͤn⸗
ger Chriſti, nemlich die Liebe, gänzlich verloren
ward: f a AR
7. Hiebon aber will ich unten noch das noͤthig⸗
fte anführen, vorjego nur noch einige allgemeine
Proben von der angemaßten Authentia (unum-
ſchraͤnckten Gewalt) der Cleriſey darlegen. Die
Biſchoͤffe prätendirten fonderlich eine folche Autos
ritaͤt vor allen andern, daß man fie an Got
tes ftatt annehmen und ehren müßte, fie ware
nun befchaffen, wie fiewollten. - Da dichtete man
dem Heil. Ignatio folche faſt läfterliche Worte an,
als wenn er follte gefchrieben haben, "die Biſchoͤf⸗
„fe wären an ſtatt Chriſti, und Die Aelteften an
„ſtatt der Apoftelyi). Item: "Man müßteden
„Biſchof ehren als den?
„tern, der das Bild GOttes frage, und na
„oem müfle der König exit geehret werden, k),
Weiter gaben fie auch entweder einander felber
oder nahmen von andern folche Titel und Lobſpruͤ⸗
che an, welche ‚offenbarlid) nad) einer foldyen un⸗
umſchraͤnkten Autoritaͤt ſchmeckten. Zum Erz
empel: Wenn etliche Aelteſten den Epiphanium
einen neuen Apoſtel, den andern Johan⸗
nem und dergleichen nennten, “der ihnen befeh⸗
„ten Fünnte was fie halten follten,, der allein ges
„recht, fie aber Sünder waren, 1), Wenn Ba⸗
filius von einigen fo hoch geruͤhmet wird, als eine
„Säule des Ölaubens, als eine Kegel der Wahr:
„heit, als ein Kennzeichen der Gemeine, ein Mitte
er zwifchen GOtt und Menſchen, u. f. f m).
Desgleicyen wenn er ein "Pfeiler der Wahrheit
„beiffen mußte, ein Lehrer, der alle Propheten, Pas
„eriarchen und Apoftel übertreffe,, So auch,
n)
wenn ein ſolcher Schmeichler an DEE
fehriebe, und ihn ins Angeſicht nennte einen
„Schag der Weisheit, ein Orackel des Gefeges,
„einen Bewahrer ver Gerechtigkeit, einen Aus⸗
„theiler der ewigen Seligkeit, w ff. 0). Ob
nun wol befcheivene Gemuͤther dergleichen exces-
fiues und faft läfterliches Lob von fich ablehneten,
fo waren doch Die meiften jo hochmuͤthig und ehr-
geizig, daß fie ſolche übermäßige Lobſpruͤche niche
allein -
“u
g) Baronius A.CCCXIV.n. 38. h)rulgentinsde FideadP.Diac,c.27. i)Epift. adMagnef. et Trall. k) Epiſt.
adSmyrn. 1)Epift. ad eum Operibus eius præfixa. -ın) Gregor. Naz. Epift. ad Simplieium.
laud. Bafil, et Euagrius Monachus ap. Theodoritumlib, IV. c,23, 0)Epifl. 139. ap. Auguftin.
n)Idem Orat. de
2 y
=
l ‚der Gläubigen 3
an folche Wörter, Redensarten und Yuslegungen
Fluch und
%
uͤrſten unter den Prie—
}
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Ex
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WEN. —_ *
unverſchaͤmter Weiſe beylegten. Man weiß gar
wohl, was fonderlich der Romiſche Stul disfalls
fi) unterfangen, und endlich völlig ausgeführer
bat, da fich die Bifchöffe vor Apoftel, ihre Sü-
Be, Gebote, Lehre und Würde vor Apoſtoliſch
ausgeben. Welchen viel andere hierinnen nach»
gefolger, und darunter eine pur lautere Infallibi⸗
fitäe geſuchet, die der Apoftolifchen nichts oder
wenig nachgäbe. {
8. Woterne auch die andern nicht getauft haͤt⸗
ten, daß dieſes denen Lehrern nicht eben zuwider
waͤre, wann man ihre Autorität nach Möglich:
feit erhübe, fo würden niche fo viel groffe Ercefle
wen vorgegangen ſeyn. Dahero merket ein
beologus wohl an, daß eben bey guter Zeit der
Antichrift gleichſam als ein Kind in Murterleibe
mit feinen Banden zu ringen angefangen und bes
geuget habe, daß er lebe. Indeſſen Habe der
orwand des Standes, Der Rechte und derglei—
hen zum Desfmanteldienen müffen. Vieles fey
unter der $arve der Gottſeligkeit bedecket worden,
das meifte habe ſich indem Anfe d Verwun⸗
derung der Perfonen (messurctavunriz)
geaͤuſſert, da man aus den Sehrern Götter gema⸗
het, und endlich damit Kotten und Secten an-
gerichtet, indem man etwa diefen oder jenen zum
Meilter feines Glaubens erwäßler , und alfo in
faſt wider feinen Willen Gelegenheit zur geiftli-
chen Tyranney gegeben p). Und frenlich Fam es
9 daher, daß auch wol gute Herzen aus übermäßi-
ger und verfehrter Liebe zu denen Lehrern, die fie
treu und begabt befunden Hatten, ihnen mehr zur
fehrieben , alswol einem bloffen Menſchen >
ret. Zum &Erempel, wenn jener fromme Mann,
der von Auguſtino zum Glauben war gebracht
worden, von dieſem ausdrüclich fagte: "Was
Auguſtinus nicht wüßte, das fehle gewiß an dem
Gefes Gottes felber,. Welches dieſer zwar von
fine onft auch genug wider die Meynung
zu fämpfen hatte, da die unverjtändige Leute ſich
einbildeten, wer nur.ein Bifchofwäre, der Fönnte
- nicht irren, viel weniger gar falleng). Und dahero
geruͤ
mochte es auch wol kommen, daß ofte auch nur zu
Gefallen, aus boͤſen Abſichten auf Gewinn oder
Ehre, ingleichen aus Zwang und Furcht, mit fols
chen Sobfprüchen den Lehrern geheucyelt wurde,
Wie eben diefer Lehrer gedenket, daß die Nachfolger
Prifeiliani die Carholifchen Bifchöffe aufs hoͤchſte
von ihnen verſchonet bliebenr).
) Dannhauerus Chrifteid. Th. I. Phen. 1.p.479. q) Vid. Auewflin. Epift.2.3.et75. rn) Lib.deM or.
R s) Bafılins Imp. Orat. adSynodum O&tauam CPtanam Act. X. BR Kur
hätten, nur damit ie mit Berfolgungen
EEE —— — —
16. Cap. Von der Zertſchaft der verderben Lehrer über die Gewiſſen der andern ec. 069
- allein gern annahmen, fondern auch wol fich ſelbſt
9. Wir haben auch von Eonftantino bereits
vernommen , twieund warum erdenen Bifhöffen
fo eine abfolute Autorität und Gewalt zugeſtan⸗
den, und wie jene ſolches alles fo meifterlicy zu
brauchen gewußt. Mach der Zeit aber thaten es
ihm andere nach, entweder weil fie es nicht beffer
verftunden, oder weil fie fonft darbey uneichtige
Abfichten füßreren. Man bedenke nur erempelg-
weile, was ein anderer Kayfer auf einem Conci«
lio von der Sache öffentlid) geredet hat, und wie
bod) damals die Cleriſey ihre Hoheit und Infalli⸗
bilitaͤt getrieben haben müfle. “Denen tayen
„(richt er,) ift auf keine Weife vergoͤnnt von
„geiſtlichen Dingen zu reden, oder der Vollfoms
„mendeit der Kirchen (d.i. nach der damaligen
Redensart der Clerifen,) zu widerftchen und
„dem allgemeinen Synode zu widerſprechen.
„Denn Das gehoͤret den Patriarchen, Biſchoͤffen
„und Prieftern zu, Die das Regiment empfangen
„haben, welche Gewalt Dapen zu Beiligen, zu bins
„den und zu loͤſen, welche die Schlüffel der Kir:
„chen und des Himmels haben, nicht aber uns,
„die wir uns nur müffen laſſen weifen, die wir
„bedürfen, daß wirgeheiliger, gebunden und von
„den Banden Iosgefprochen werden. Denn es
„mag ein Laye fo goitſelig und weiſe ſeyn, als er
„will, fo böret er doc) nicht auf ein Schaf zu Beift
„fen: Hingegen may ein Bifchof gleich voller
„Gottloſigkeit und ſchaͤndlichen Lebens feyn , ja
„von allen Tugenden eneblöffer, fo leidet er doch
„feinen Schaden an den Titul und Vorzug eines
—5 — ſo lange er ein Vorſteher iſt, und das
Wort der Wahrheit recht prediget,s). Zu fol:
chen felavifchen Dpinionen wurden die guten Leu⸗
te von den liſtigen Köpfen verführer, nachdem fie
einmal von dev Negel göttliches Worts auf Mens -
fhenanfehen gebracht waren. Es ift nicht genug
ju verwundern, daß in allen folchen Ausfprüchen
allein auf verkehrte Menfchenfasungen gefehen N
und der Flare Wille GOſtes fo gar hintan geſe⸗
et worden: Sonderlich aber muß die it und
acht der Cleriſey darinnen ſehr groß gewefen *
feyn, indem auch fonft Fiuge Weltleute unter
dem Joch ihres Kölerglaubens gehalten und zu
allem Gehorſam angeſtrenget worden. Das
ſtaͤrkſte Band war mol Bierbey, daß die ver-
meynte Seelforger Groſſen und Kleinen bey
ißrer fleiſchlichen Sicherheit alleine unter folchen
Dedingungen das Leben verſprachen, wann fie
nur ihren Aufferlichen Satzungen und Ceres
Gsg 999g monien
979
monien ein Genügen leiftefen. Diefes fam den
Weltleuten leicht zu thun vor, gefiehihrem alten
Adam wohl, daß fie diejenigen 04 deswegen
lieben , und wol mit ihrem Schaden wiederum
ihnen etwas zu gefallen reden und thun mußten.
ı0. So fam es nun endlich fo weit, daß man
fi auf Seiten der Elerifey unterftunde, fo unum-
ſchraͤnket und abfolue zu herrſchen, daß fie auch
feine Rechenſchaft ihres Thuns und Laſſens geben
wollten. Denn man maffete fich dabey eines ſol⸗
chen Privilegii an, welches alleine denen erften
apoftolifchen Lehrern zukam, diedie Gabe des Heil.
Goeiftes in reinem Gewiſſen bewahßreten, und fei-
ne Kraft nicht durch Widerfpruch und Ungehor⸗
fam, als hernach geſchahe, dampften. Drum
. galt die Urfache gar nicht von der Ausnehmung
der Bifchöffe aus dem menfchlichen Urtheil, wenn
man voriwandte, “fie wären von der Gnade des
„Heil, Geiftes über Die Regierung der Seelen gez
„feget, und dahero fehicke es ſich nicht, Nechen-
„ſchaſt von den Dingen zu geben, die zum Bi—
„ſchofthum gehörten, fondern fie müßten alles in
„ven Augen GOttes verwalten,‚t). Nichts deſto—
weniger merken die Verſtaͤndigen wohl an, wie in
allen Dingen von der Cleriſey darauf geſehen
wuͤrde, daß niemand Fug und Recht haben moͤch⸗
te ſie uͤber etwas zur Rede zu ſetzen, ſie moͤchten
reden oder thun, was fie wollten u). Wie uns
verſchaͤmt war doch die Satzung in der Griechi⸗
ſchen Kirchen, wenn man gebot: “Wer unter
„des Biſchofs Botmaͤßigkeit iſt, der ſoll ihn nicht
Zur Rechenſchaft fordern oder ihn in einer Sache
„radeln: Desgleichen ſoll Fein Aelteſter dem Bi—
Iſchof, Fein Diaconus dem Aelteſten, und Fein
aye einigem Prieſter thunʒ. Wozu dieſe got⸗
tesläfterliheund verfuͤhriſche Urſach geſetzet wird:
„Damit nicht GOtt verachtet merde,,, gleich als
wenn die hohe Majeftat GOttes in ihrer Herr
lichkeit und Heiligfeit verachtet würde, wenn ein
tadelhafter Kirchendiener von dem erinnere und
beftrafet wird, der doc) von Rechts wegen fein
* Bruder foynfollte, und alfo nah CHrifti Befehl
dazu verbunden wärex). Eben ſo hochmuͤthig und
tyranniſch Elingtes, wenn anderswo gefeget wird:
„ES geziemet fich nicht, daß ein Weltlicher einen
„Beiftlichen richte, ob er ihn gleich mit feinen Au⸗
„gen fündigen ſiehet. Er foll vielmehr alsdenn
t) Can. Apofl.38. etBalfamon in Schol.ib.
15. y) Ibid.c.gı. 2) Theodorituslib. L. e. 11.
Cent. IV. Lib. I.c. ı5. ad decretum Eufebii E,R. c. Clemers Rom. Epiſt. ad Hierofol,
v.Ofander L. lib. IV. c. 12.11. lib. I. e.2. lib. I. c. 2,
u) Ofander Cent. IV.lib.II.c.48. x) Nomo- Canon Cotekrii “ |
a) Honorius A. 2.41. C. Theod.de Epife. er Cler. b) Ofiander
u; Wahr ı
8.9. Don dem Abfall der Chriſten vondererftien Lanterkeit, Sy ee
„zehen Schritte zurücke treten von dem fündigens
„oen Priefter. Denn wir können wol die Suͤn⸗
„de des Priefters wiſſen, aber feine verborgene
„Dinge wiſſen wir nicht y).
B.
ir. Dieſes wußten die ſogenannten Geiſtlichen
unvermerkt einzufuͤhren, und die Gemuͤther der
Obern damit einzunehmen, daß fie bey aller ih⸗
rer Bosheit dennoch unbeflage und Hr
bfeiben wollten. Sie hatten ſchon Eonftanti-
nam bahin beredt, daß er ſich vernehmen laffen‘,
(moferne anders der Erzehlung zu trauen, )er wol⸗
„te einen Biſchof lieber mit feinem Rock zudecfen,
„wen er ihn über einer Sünde antreffe, als: daß
„es andere.follten inne mwerden,,z). Welch
ʒwar auf Seiten feiner wohl darauf angefehen ſeyn
mochte, damit ‚niemand dadurch geärgert wuͤr—
dea); aber gleichwol auf Seiten der Clerifey zur
äufferften Licenz mißbrauchet ward. Andere fegs
ten fehr feharfe Strafen.auf die Anfläger der
Priefter , wenn fie es nicht beweifen Fünnten , oh⸗
ne noͤthigen Unterfcheid zwiſchen denen, die ein gůt
Zeugniß hatten, und die fonft ihres übeln gebens
wegen gleichwol berüchtiget waren. Ja, es brach
endlich die Bosheit ohn allen Scheu aus, daß
man öffentlich vorgab, ein Geiftlicher Fonne nicht
angeflaget werden, nur damit die Sicenz der Bir
fchöffe gebeget würde, und ihre Greuel ungeftraft
btieben; wie davon wohl geurtheilet wird b), Damit
aber dieſes defto gröfferen Nachdruck hätte, erdich-
tete man allerhand lügenhaftige Briefe und Des
creta, die von denen erften apoftolifchen Lehrern
follten gefchrieben feyn. Hierinnen fhämte man
fich nicht zu fegen: "Es Fonne Fein Oberer von
„der Untern verklagt oder beurtheilet werden, :
tem : Wenn ein Biſchof gleich einen Exceß
„begienge, fo follte man ihn. nicht tadeln oder
„‚fchelten, fondern ertragen ‚wo er nicht im Glau⸗
„en geirret hätte c). Derjenige koͤnne nicht von
„einem menfchlichen Gericht verdammet werden,
„ven GOtt feinem Gerichte vorbehalten habe,,d).
Und was dergleichen antichriſtiſche Säge mehr
waren, welche eine vollkommene Tyranney indie
Gemeinen einführeten e). kein,
12, Alfo war auc) diefes ein hoͤchſt ungerech«
fer und aus lauter Hochmuth herrüßrender
AR Schluß:
d) Anacletusin decreto:
e) Alexander I.Epiſt. 6. Cent. n.lib. I. c. 6. h
7 we
Sue
-
}
4
|
+ Wenn einem Geiftlichen von feinem
r viel Laſter Schuld gegeben werden, und
„ine Lines davor nicht bewieſen wird, fo füllen
ufievonden andern allen nicht gehöretwerden,, £):
[8 wenn nemlich die übrigen tafter nicht wahr
ſeyn koͤnnten. Man hat aber vielmehr, nach dem
Urtheil eines Scribenten, verhuͤten wollen, daß
die Verbrechen der Kirchendiener nicht ans. Licht
kommen möchten 8). Dahin auch gewißlich ges
hoͤret, was der Herr Cave unter andern beken⸗
net, es fen ein Concilium auf die Erhaltung des
Eredits geiftlicher Perfonen ſo erpicht gewefen,
die Ehre wider alle böfe Berleumdungen und fals
ſche Befibuldigungen zu retten, wie alle Anflagen
wider böfe Prediger gemeiniglich heiſſen mußten,
Siehe ps 271. Darum hatte der redliche Hiero—
nymus wohl Lrfache genug zu Flagen, “daß es fo
„elend um einen Prediger. beftellet fey, weil er in
„feinen Sünden nidyt alsbald beitrafet werde,
„indem fich niemand unterftehe einen Dbern ans
uklagen. Dahero häufe er Sünde mit Sün-
„den, und wolle doc) heilig, felig und fromm
„heiſſen. Es gebe gar zu ſchwer her, wenn man
„einen Bifchof verklagen ſolle. Denn wenn er
„gleich Sünde thue, fo glaube mans nicht: wenn
ner auch ſchon überzeuget fey, werde er doc) nicht
„seftraft,, k) · Fa, andersiworedet er noc) fchär-
fer wider die unverſchaͤmte und ‚verkehrte Art,
welche zu ihrem unendlichen Schaden fich noch
nicht zur Erfenneniß ihres Elenves bringen laffen:
„Es ıft (fchreiber er,) in der ganzen Welt Eeine fo
grauſame Beftie, als ein böfer Geiftlicher oder
3 Prieiter. Denn er läßt ſich nicht ftrafen, kann
“ „auch die Wahrheit nicht hören,, 2: Wobey ein
anderer diefes feßet: “Mit diefen Worten hat
„er unfere falfche Geiftlichen fehr artig abgemah-
letz, k). Was aber diefer —— Mann
vor Dank mit ſolcher Bekenntniß verdient habe,
erzehlet ein anderer, wenn er verſichert, “daß ihn
zetliche, Die er nicht nennen wolle, deswegen gar
„wicht lieb hätten, fondern auf ihn bofe wären,
„und zufiheltenpflegten,, 1). Welches alles der:
jenige leicht glauben Fann , der die Art der Melt
und ihrer Kinder ein wenig erfahren hat, mie fie
fo gar in dem geringften Feine Erinnerung vertra=
en kann, aber auch Durch ihre ohnmächtige Dro-
Er fein Kind GOttes davon abfchreder.
13. Jedoch mar es diefer nicht allein, der über
ſolche Tyranney der Prediger klagen mußte, ſon⸗
Schlu
„Ankl
vr
⸗
f) Cod. Canon. Eccl. Afric. c.
. 8) Ofiander. Cent.
i) Lib. de Norma Fidei. E ne
) Catalı Tefl. Verit. p.
16. Cap. Don der verderbten Lehrer Herrſchaft über die Bewiffen der andern x.
IB, ‚dern noch vor ihm redete ein anderer von feinen
zianzenus l. c. n) Ibid. 0) Zoh. Langus in pref.
971
Collegen alſo:
Wie bin ich doch ſo muͤde von dem Streit,
Den wider mich die harten Woͤlfe fuͤhren,
Ich meyne die, ſo bey der Grauſamkeit
As Hirten ſich in Schafspelz wollen zieren.
Sie find die Peſt der Heerd, und ihre Liſt
Wird doch bedeckt, ſo groß fieimmer ift m)
Und ferner vedet er zu ihnen felbit:
Penn Immerbin mich einen bofen Mann,
Ind treiber mic) aus eurem Priejterorden!
Berläftere mich, weil ich nicht ſchmeicheln
* * Er 4 ‚fa 1,
Ihr feyd mic doch ein Greul und Abfchen
Rs A worden, ,/
Iſt eure Luſt mie Säftern nicht zu ſchweigen,
So ift mein Amt von eurem Greul zu zeu—
gen !
Und ferner bezeuger er bey GOtt, Daß er nicht
„mit in ihrem Rath fisen wolle, oder ihrer Ar-
„beit, viel weniger ihrer böfen Rathſchlaͤge theil«
„haftig feyn, und niemals auf ihren Wegen ge=
„den, 0). Wobey ein gelehrter Mann ‚aus der
Erfahrung diefes anmerket: Wenn es vor
„Alters ſchon alfo zugangen ift, was follen un»
„fere Priefter nicht hun ? Sie meynen , als
„hätten fie ifrem Amt ein Genuͤgen gethan,
„wenn. fie nur den Prieftertitel vorwenden füns
„nen: Aber ihrer heiligen Pflicht vergeffen fie
„ganz Denn fehr wenige befleißigen fich der
„wahren Gottſeligkeit, die andere find nur der
„Welt und ihren Eitelfeiten ergeben. Wenn
„dieſe einer von der Gortfeligfeit fragt, fo fe
„gen fie ihm alsbald den alten Stuhl Mofis
„entgegen , der alle ihre Laſter bedecken foll,
„wie fie ihnen durch eine fchredliche Einbildung
„fchmeicheln. Sa, fie heiſſen einen bald einen
„Donatiften,, weil ntan fich unterftanden babe
„nach ihrem Leben zu fragen : Dahero es nicht
„ſicher iſt ihnen zu widerfprechen,, 0), Was
aber dieſer von ſeinen Zeiten klaget, das gedenket ein
anderer von dem verderbten Weſen unter dem Roͤ⸗
mifchen Antichriſt mie dieſen Worten: “Was follich
„vondem Zuftand der Elerifey fagen ? Denn ich fe-
„be, daß es ein Volk von hartem Nacken fey, und
„unter ihre Sünden verfauft. Wenn ic) aber
„ihre Schrelgerey, Geiz, Hoffart, Simonie und
„andere after der Geiſtlichen genauer unferfu-
„hen wollte, würde ic) alsbald ein Fantaſte und
yeinbildifcher Mann heiſſen müffen, und fügen
Gsg 999 2 »geftrafer
V.lib. I. c. ar. h) Hieronymus Comm. in Eccl. VIII.
go. 1) Sulpısius Sewerws Dial. l.c. m) Gregorins Na-
ad Greger,
972
„geſtrafet werden. Aber wehe mir, wenn ic)
„ſchweige! Denn der Priefterorden reizer GOtt
„zung Zorn , fie find lügenhafte Kinder, wol»
„ien GOttes Wort nicht hören , und fagen zu
„den Sehern: Schauet uns nicht u. ſ.f. O
„ein blinder Irrthum! Denn wenn verſtaͤndi⸗
„ge Zuhoͤrer nur ein wenig Die Nachlaͤßigkeit
„und Sünden ihrer Vorfteher berühren, und
„das Worr GOttes famt den heiligen Geboten
„anziehen; fo müffen fie fo viel Scheltens,
„Unterdruckungen , Schmach und Säfterung
„von ihnen ausftehen. Ja, fie werden verach-
„ter als Fantaften und ivrige Gemiflen, und
wenn fie ſich verrheivigen, Baben die Präla-
„ten Gelegenheit, fie vollends zu unterdrucken.
„oO eine. erfchreckliche und ftrafbare Unfinnigkeit!
„Was iſt Doch verberblicher , als diejenigen
„vermerfen und verfpotten , Die einen zur Ges
„igkeit führen wollen? Solde find die Kir:
Ichenregenten, welche andere $eute wacker ſchel⸗
„ten Fönnen, wenn ihnen aber nur ein wenig
„toiderftanden wird, fo wenden fie ſich alsbald
„zur Art der Ketzer, welche, diejenigen verfols
„gen, die fie beftrafen pP), .
14. Nachdem nun*alfo die Cleriſey bey allen
ihren Greueln fich vor Feiner Anklage leichtlic)
zu beforgen Hatte, mar fie auch vor menfohli«
chen Strafen meiftens ſicher. Dann wir ha—
ben fchon etlichemai gefehen, wie parteyifch)
bierinnen die Schlüffe auf denen Conciliis ge—
fallen, und einen Kicchendiener Faum Kalb fo
ernftlicy zu ftrafen befchloflen, als einen andern,
da hernad) dennoch es dahin geftanden,, ob es
bey einigen zur Erecution kommen. So gar
hielte man die vermennte fayen nur vor Be—
ftien , wie einer bierbey redet, wenn man fie
alsbald verbannete und verfluchere , Bingegen
feines gleichen allzeit verſchonete, und nicht
wollte geſtrafet wiſſen 9). Alles diefes Elend
rübrete von dem gründlichen Verderben diefes
Standes ber, daß fo wenig geheiligte und er
a der Gnaden darunter wa—
ven, die ihre Ehre und eigene Liebe verleugnet
hatten. Das Uebel war nad) und nad) immer
gröffer worden, und waren fonderlich bald an⸗
fangs viele dadurch zu einer ſolchen Begierde
und Gewohnheit zu berrfchen gebracht, wenn
unvorfichtige Chritten aus dem und jenem Leh⸗
ger etwas fonderliches machten , ihn Ins Ange:
ficht wegen feiner Gaben loberen, feine Worte
alle ungeprüft vor unfehlbar aufnahmen, und
p) Cinitätenfis Epifcopus in Garal. Tefl. Verit. p. 783.
8.3. Don dem Abfall der Chriſten von der — Cauterkeit
alſo ſich und ihn in eine ſchwere Verfuchung.
—— Wenn nun ein ſolcher Lehrer niche
ftarf und vorfichtig genug mar, durch’ folche
Stricke hindurch zu veiffen, und in Verleug⸗
nung feiner felbft , fonderlich feines eigenen
Sinnes und tobes, zu beharren : fo war er
gemeiniglicy mit dem Gehorſam diefes und je-
nes Chriſten nicht vergnügt , —
auch die andern alle nach feinem Sinn haben,
und nahm daher bisweilen feltfame Dinge vor,
alfo, daß er wol auf viel Thorkeiten gerierhe,
Diefe Herrfchaft über der andern Glauben
ben gottloſe und hochmuͤthige Kirchendiener an
ihnen, meynten dahero eben das Recht über
die Gemeine zu haben, fiengen aber eine ofa
fenbare Tyranney über die Gewiflen an, ſich
felbft Hingegen fuchten fie auf alle Weite infal-
fibel und untadelich zu machen: Und alfo nahm
die völlige Tpranney in Glaubensfachen unter
den Ehriften uͤberhand. ;
"15. Gleichwol ift es dabey noch nicht blieben,
fondern der Hochmuth vieler, ſonderlich vorneb-
mer Kirchendiener brach endlic) in eine offenbare
Tyranney und Öemaltthätigkeit aus ‚als welchedie
Biſchoͤffe vorlängft in der Gemeine verlangt hatten,
Deswegen jener Hiftoricus ſchon im 5. Seculo der
wütenden und tobenden Bifchöffe gedenket
und der uneinigen Elerifey, unter welcher kaum
ein Frommer babe ſicher und ohne Schaden leben
fönnen r). Diejenige,- welche noch entweder von
Natur oder durch Die Gnade befcheiden und fried«
fertig gefinnst waren, hatten auch genugan andern
zu wehren, daß fie ded) nicht fo hart überdie arme
Heerde berichen follten. Drum waren diefe Bere
mahnungen wohlnöthig: “Es laͤſſet ſich niche mie
„Schärfe und Haͤrtigkeit oder befehismweife he—
„ben, fondern mehr durch Lehren als Befehlen,
„mehr durch Erinnern als durch Drohen. Und
„wenn man ja etwas drohen muß, fo muß es
„vielmehr mit groſſem Mitleiven gefchehen und
„aus der heiligen Schrift, damit man fich nichtvor
„uns fürchte in unferer Gewalt, fondern vor
GOtt in dem Wort s). Die Vorfteher wollen
„ihre Untergebene immer erfchrecfen, felten aber
„ihnen helfen. Da fie doch follten gleichſam
„Mütter ſeyn und nicht Herren. Dieſes lernet
„doch, und ſehet zu, daß ihr vielmehr geliebet
werdet, als gefuͤrchtet: Wenn auch etwa ein
„Ernſt noͤthig iſt, fo ſey er vaͤterlich, und nicht
„eyrannifch, Mütter ſollt ihr ſeyn Durch Freund⸗
„lichkeit, Vaͤter durch Beſtrafung.
„werdet
q) Hormisda in Decreto: V. Ofiander Cent. VL lib, I,
©.2% 1) Sulpitins Seuerus Dial. I. 6.17. 5) Anguſtinus Epilt, 64. Auch
Darum |
‘
4
„werdet doch gelinde, leget ab euer wildes We—
ee innemit Schlagen, und laffet eure
„Bruft gleichfam von Milch und nicht von Hof:
Ffart aufichwellen. Warum laffet ihr euer Koch
„über fie zu ſchwer werden , en iße doch die
„aſt vielmehr folltet tragen ° en t), Wenn
„oich Chriſtus gefande Bat, fo wirft du willen,
„daß du Eommen bift , nicht daf man dir Dies
„ite, fondern daß du dieneft, nicht allein mit
„oeiner Habe, fondern auch mit deiner Seele,
„Ein wahrer Nachfolger Pauli faget auch mit
„Paulo: Miche daß wir herrſchen über euren
„Ölauben, fondern daß wir Mithelfer find eu:
prer Freuden. Ein Erbe Petri wird Petro ges
„horchen, wenn er fager: Miche als die übers
WVolk herrſchen, fondern die ein Vorbild der
Heerde worden find u).
16. Nichts defto weniger thate fich, gezeigter
maffen, eine fo groſſe Tyranney der Vorſteher
bervor , daß die Leute bitterlicy Flagten , wie
das Auffeherame nicht mehr eine väterliche Vor⸗
forae fep, fondern eine tprannifcbe WMonar-
bie und eigenmächtige Herrſchaft (Tugamı-
xn aurovoula), da fie Gefege und Ordnungen
madhten, wie fie wollten x), Deswegen auch
in Öffentlichen Sagungen gerne geftanden wur:
de, daß ein ehrgeiziger und hochmuͤthiger Leh—
rer ein rechter Tyranne fen, der abgefchaf:
fet werden müfle y). ya, die unerfättliche Be—
gierde zu be m, und andere unter feiner
Gewalt zu ſehen, fteckte auch als eine Seuche
die andere geringe Kirchendiener an, fo gar
daß auf öffentlichen Conciliis diefe Klagen muß:
ten geführet werden : “Erliche haben eine rech⸗
„te Herrfchaft angenommen , wollen Feine Ge:
„meinfchaft mit den Brüdern mehr Haben, oder
Zum wenigſten, wenn fie verkehret find, neh»
„men fie ihnen ſelber, gleichſam als in einer ty
„rannifchen Veſtung, die Herrfchaft, u. 1 f. z).
Und zuvor bejammert ein Lehrer diefes Verder⸗
ben und befennet gar gerne, “daß er von dem
„Kampf wider die geimmige Wölfe ganz abge
„matter ſey, nemlich wider die graufame Hit:
„ten, die eine rechte Peft ver Heerde wären.
„Etliche unter ihnen führten wider einander felbft
„Krieg, und flritten auf das heftigſte um die
„Oberiteffen. Sie machten einander muthwil⸗
„iger Weife felbft viel Plage , ſchluͤgen und
„wuͤrden gefhlagen. So gar erwiefen fie ſich
in ihrem Kriege als grimmige Soldaten, wenn
— —— — FR : — = 2
16. Cap. Von der verderbten Lehrer Serrſchaft über die Gewiſſen der andern ꝛc.
973
„te zwar viel vom Frieden redeten, aber im
„Streit und Zanf ihre Ehre ſuchten, a). Alſo
befchriebe diefer nebenft vielen andern dag herrſch⸗
füchtige und tyranniſche Gemüth der meiften
Glieder des Minifterii, wie fie den Sinn Chri—
fi fo gar nicht harten, daß fie auch Feine De—
muth noch Seife kenneten. Sie tyrans
niſirten nicht alleine gegen die arme wehrloſe
Schafe , ſondern auch gegen ihre Collegen;
nicht allein in zeitlichen und geringen Dingen,
ſondern auch und vornemlich in geiſtlichen und
ewigen; als wir bald ausfuͤhrlich hoͤren wollen.
Br
19. Es ift bereits zuvor ausführlich ertviefen
worden, wie oft die Bifchöffe denen weltlichen
und heydniſchen Tyrannen an Unbarmberzigkeie
und gewaltfamen Verfahren faft nichts nachge⸗
geben haben. Auch haben wir ſchon bey ihren
Geldgeiz gefehen, daß diefer fie nicht felten ge=
trieben babe ihrem Mächften Gewalt zu thun,
und ihm mit Unrecht das Seine zu * Es
wird auch zuletzt zu ſehen ſeyn, wie wenig des
uten Namens und anderer Dinge von ihnen ver—
—* worden, die fie ihrem Naͤchſten nicht ge⸗
goͤnnet; da zumal auch aus obigem Flar tft, daß
die Obrigkeit felber nicht vor ihnen ficher gewefen,
wann fie derfelben nach ihrer Gewalt und Hobeit
eftanden , oder zum twenigften ihre eigene Pera
—9 und Sachen davon ausnehmen wollen, ‘Dies
fes alles rührte aus folchen Herzen her, die von
der Begierde zu herrſchen und alle andere zu
Knechten zu baben angefüllet waren. Hierony:
mus weiſet unter andern, wie fie mit Denen
armen und geringen Leuten umgegangen, wenn
er fchreibet z “Linfere Priefter werden durch ihre
„Ehrenftellen immer reicher, und find mit dem,
„was ihnen gehöre, nicht zufrieden, fondern
„rauben noch den Armen mit Gewalt das Ih⸗
„tige, oder bringen auch die Reichen unter eis
„nem Schein um ihr Gut, b). Andere Klas
en und Erempel werden zulegt bey dem Gewiſ⸗
— ‚ Ingleichen bey dem Mißbrauch des
Barnes häufig vorfommen. Denn es durfte
folchen eigenfinnigen Köpfen, die von der Liebe
Eprifti nichts wußten nod) erfahren hatten, und
feine Sanftmuth verwarfen, nur geringfte
in Weg geleget werden, fo waren fie [hen zu lau»
ter Zorn Rachgier und Tyranney aufgebracht,
mußten aber alles unter dem Namen eines gerech⸗
ten Eiferg und Amtzorns zu bedecken. Wor—
Ggg 998 3 über
‘%) Bernhardus 33. in Cant. u) Id. Fpiſt 237. ad Eugen. x)Ifdorus Pelufiota lib. II. Ep. 125. y) Canon. Apo-
Rol, zu x) Cod. Can. Eceleſ. Afric. cı 53.
a) Gregor. Naz, |, ©.
b) Hierenymss lib, XIIII in Ezech. 45.
974
über auc ganze Concilia Klage führten mußten,
— en x “Man hat erfahren, daß die Bi⸗
„Ihöffe oder Superintendenten in ihren Inſpectio⸗
„men nicht prieſterlich dienen, ſondern graufamlich
„roüten und toben , und da gefthrieben ftehet :
„Werdet Fürbilde der Heerde: fo hun fie in iß-
„ren Memtern den größten Schaden, Wobey
zugleic) verhütet werden mußte, daß es nicht gar
das Anfehen hätte, als wenn die Geiſtlichen Exe⸗
quirer und nicht Diener GOttes mehr wären <).
18. Dergleichen tyrannifchen Proceß erzehlet
ein Hiftoricus von feinen Zeiten , daß er mit
dem Euſtathio vorgenommen worden, indem
man zwar ihm eine Kegerey Schuld gegeben,
davon aber. keine Gewißheit vorhanden gewe⸗
fen. Ben welcher Gelegenheit er diefe Anmer-
fung Binzu thut: “Diefes pflegen die Biſchoͤffe
„mic allen fo zu halten , welche fie vom Amte
„fegen, daß fie einen zwar anflagen und vor
„gettlos ausgeben , den fie abfchaffen wollen,
„aber die Urſachen feiner Gottlofigkeit legen fie
„nicht dar, d). Ja, man kann insgemein aus
faft unzählichen Factis oder Thaten mit den Ber:
ftändigen dieſen Schluß machen: _ Die Cleri-
fey habe zur Zeit ihres verderbten Zuftandes ge:
adet und mit Bann und Verurtheilung zuge
feßet, wen fie nur aus Privataffecten nicht
günftig gewefen. Und da die weltliche Obrig⸗
keit ihre Strafen oͤffentlich mit angezeigten Lv»
fahen ausübet , fo haben Bingegen die geiftli-
che Tyrannen ihnen Die Freyheit genommen, zu
verdammen , wen fie wollten : a, fie verfpra-
chen dem das Leben „ Der doch um feiner Mif:
ferhat willen leiden follte , und tüdfeten hinge—
den Gerechten, der beffer war als fie; mie
= bey dem Banıı fehen wollen. Dabey ad)»
n fie ſich nicht verbunden , einige Urſache
— jenem harten Verfahren anzu-
zeigen, fondern wer nod) nachfragen wollte ,
was macheft du? _ der ward fehr übel abgewie-
fon, wie es die Erempel unten geben werden.
Wie denn abermal ein aufriheiger Mann ges
denket, daß fi niemand getrauet habe aus
Furcht vor ihrer groſſen Rachgier, ſie ingeheim
und beſcheidentlich zu erinnern, geſchweige denn
öffentlich) zMPbefirafen e).
19. Aus ſolcher Rachgier ruͤhrten dergleichen
Schlüffe her, mern diejenige nicht ſollten zur
Gemeinfcyaft gelaffen werden, auch nicht in
©) Concil. Toletan.III. c. 20. d) Socrates lib. I. c. 24.
Theod. de Epifcop. et Cler.
g) Petrus Abbas Cellenfis Epiſt. io. h) Vid. blafkares Syntagm. lit. V.c.7.p. 172.
0 —
8. B. Don den Abfall der Chriſten von der erſten Cauterkeit. *
ihrer Todesftunde, welche einen Priefter nur
verklaget Batten. ann auf ſolche Weiſe hat
te die Cleriſey freyen Paß, die alleräufferiten
Greuel und Bosheiten zu begehen, weil die .
andere durch folche vermeynete ——
etwas, Davon zu gedenken abgeſchrecket wurden,
Darum hatten fie auch) die Kanfer beredet, daß
derjenige alsbald ohne Barmherzigkeit fterben
mußte , und durch die fehärfefte Erecutiönen ı
bingerichtee wurde , der einem. Kicchendiener
etwas Leides gethan hatte; mie Die öffentlichen
Gefege davon vorhanden find f)., Wobey ber
Lehre und der Epempel des fanftmüthigen JE—
fu ganz vergeffen war, defien Diener fie ſich
doch nenneten. Sie hatten aber nicht genus
an der öffentlichen- Rache, fondern griffen: off
felber zu, und fühleten ihren Muth an ihren
vermeynten Feinden durch wirkliche Gewaltthä«
tigfeie, und weil fie fahen, daß ihnen die kla—
ve Worte und Erempel des Neuen Teftaments
von Dermeidung aller : Selbftrache entgegen
ftunden , entblödeten fie ſich nicht , dieſelbe oͤf—
fentlich zu leugnen und zu verkehren, auch da=
mit fi und andere im Unglauben “und Unge—
horfam zu verftocfen. So gottlos Bandelten,
fie mit den theuren Worten Ehrifti, daß, zum
Erempel, einer alfo fehriebe: “In der erften
„Kirche hat nur die Geduld ftatt gehabt, daß
„man dem auch den Roc geben mußte, der
„den Mangel nahm. Denn das war damals
*
„ein Fremder und auſſer der Kü der es
„that, u.f.f 8). Gleich als ie Wor⸗
te Chriſti nur von den Zeiten der Verfolgung
wahr wären , odew ein Chrifte fich nicht auch
gegen einen andern Chriſten fanftmüchig und
verföhnlich bezeugen müßte, Alſo war-es aber
fein Wunder , wenn die falſche Geiftlichen fo
geuͤbet und hurtig in der Gegenmwehre und im
Schlagen und Balgen waren., daß fie auch
wol einen erercirten Soldaten übertraffen und
ihn eher ums Leben bringen konnten, als ex fie; .
wie man dergleichen Exempel findet h). Ich
übergehe vielandere Merfmahlevon diefer Sache,
weil bey anderer Öelgenbeit vielleicht ein mehrers
hievon gedacht wird. Genug, daß der Sefer aus
diefem wenigen gleichwol erfennen Fann, daß
in Gerillensfachen viel weniger von der Th—
ranney der verfallenen Schrer Beſcheidenheit und
Sanftmutd zu verboffen geweft, weil felbige
auch in allen anderen Dingen fo gar bintan ge
DaB
feget worden,
e) ———— in Ecel. VIII. f) Arcadius in l.ar. Cod.
..
—
—
Das
Inſonderheit vo
17. Capitel/
ihrer Herrſchaft über die Gewiſſen it
der Bekenntniß oder Beichtund Abfolntion von Sünden,
PORN ARTS 48
*
Summatien,
Einine Rechte, fo ehrifut der ganzen Gemeine gegeben, werden eigenmächtig allein dem Predigtamt sugeeignet. $. r. Im
Anfange des Ehriftentbums war keine folche Privatbeicht bräuchlichz die Bekenntniß vor GOtt wurde vor nöthig erkannt 5
„eine andere Art fommtaufüber jene ; noch eine Art öffentlicher Bekenntniß.2. Seuanife von der, Bekenntniß aegen GOtt. 3-
Lehrer weiſen die Peute auf Gott, der allein Sünde vergeben könne, 4.Jonderlich ben der allmählich einfehleichenden Herrſchaft über
die Gewiffen, falfche
3 Vorgeben unter dem Pahlttbum.s. Die Hlaubigen erwarten ihre Abfolution allein von GOtf; um der
Schwachen willen tie die äufferliche mündliche Verficherung dazu fommen. 6. Deffentlich Bekenntniß der Sünden wird abge:
fbafft aus Burcht der Schande : ‚ein fonderlicher Vonitentiariuis wird verordnet vor die öffentlich muthwiligen Sünder. 7.
Leonis M. Urfachen folcher Veränderung der Kirchenzucht; deren Widerlegung. 8.
Die feharfe Zucht hatte ihren Nu⸗
Ben: Wie die Bekenntniß der Sünden auffommen ; aus etlichen Dingen wird eine Gewohnheit, darans ein Recht, endlich ein
wang 9. Denen Sündern ſtehet ſrey zu erwaͤhlen, wen fie wollen, fich feines Raths au erholen.
ie Weiſe, einem Aelteften die Suͤnde zu befennen, aufgehoben. 10.
Aus was vor Gelegenheit
Befenntnik der Sünden vor Menfchen iſt zur Vergebung
nicht nötbia. Cleriſen erfindet endlich die Obrenbeichte. 1. Die Gemalt die Sünder loszufprechen it der ganzen Kirchen ges
mein; dieſe Wahrheit wird gar ſehr verdrucht: ız. Zeugen der Wahrheit laſſen fich nicht abſchrecken, folch Recht der ganzen
Gemeine zuzueignen. 13.
bung der Sünden yerlliheen fol; Klagen deshalben. 14.
Der antichrifliiche Geift will nicht zugeben, daß im Motbfall ein Bruder den andern der Verge:
Unpartenifcher dehrer Hrtbeile, daß ein Verkehrter untüchtig ſey
zum Amt der verſohnung: ı5. Der größte Schaden gottloſer Prediger ben dem Miſbrauch der Abſolution; rechtſchaſſener
Lehrer Mennung davon. 16.
1. 16. Warum die ungetreuen Haushalter fo Leichtfinnig damit umgangen 5
vor. 17. Welche EHriftum verleugnet, werden ohne gehörige Ordnung und —9B
wahren Bekchrung.18. Der Axoſtoliſche Eifer um die Braut Chriſti nimmt merklich ab; Ohren
Stuͤtze der Antichriftiichen Elerijey: 19. Man fält ohne wahre Herzensbefehrung auf — N 20,
Nachdruck des Wortes weravom. Es wird bey hoher Strafe geboten, binnen gewiſſer Zeit ale J
Rovatianus haltsihnen
fung losgefprochen ‚ ohne einige Zeichen einer
Dhrenbeichte wird endlich zu einer
' Herrlicher
ige zu befehren. 21,
Nehſt der Begierde über das Volk zu bereichen, fand fich auch ein der Geldgeiz: was Judaieiren ſey? Beichtpfennig ftiftet uns
ausiprechlich Unheil im der Kirchen, 22. Kurpe Wiederholung deſſen, mas geſaget. 23.
$
Smunmehro follen uns etliche fonderbare
9 Proben von der angemaßten Herrſchaft
der Cleriſey in geiſtlichen Dingen die Sa:
che klaͤrer und gewiſſer machen, da mir ſehen wollen,
wie von derfelbggabiejeni echte, welche CHri⸗
ftus der ganze mein eben, eigenmächtig
denen andern ften entzogen, und allein dem
Predigtamte zugeeignet worden, Ein gut Theil
davon ift ſchon im 2. Buch bey denen Rechten der
fogenannten Layen, ingleichen bey der Austheilung
und dem Gebraud) des Worts, der Taufe, des
Abendsmahls,u. fi f.gezeiger worden. " Vor dieſes⸗
mal wird uns nur etwas bey dem Mißbrauch des
fogenannten Amts der Schlüffel Fund werden.
Da ich denn zugleich etwas Fürzlich berühren will,
was disfalls in den alten Zeiten merkwuͤrdiges
borgegangen: Nicht zwar, alsob alles davon zu
dem Berfallund Mißbrauch der geiftlichen Dinge
zu rechnen fey, fondern damit aus Zufammenbals
tung des rechten und falfchen Gebrauchs die ganze
Sache ein befleres Licht bekomme. Bey welcher
Betrachtung denn abermal hoͤchſtnoͤthig ſeyn will,
”
J.
daß wir nicht den jegigen Zuſtand und die dabey
eingeführte Gewohnheiten zu einer Kegel oder ei⸗
nem Mufter fegen, wornach man die alten Gebraͤu⸗
he richten wolle; fondern daß man ohne einige
Abſicht aufmenfchliche Sagungen und andere Um⸗
ftände mit einem laufern unpartepifchen Gemuͤthe
Die ganze Sache anfehe wie fie in dev erften Kirche
perefen, und nachmals in Abnefmen und MiB-
rauch geratben.
2. So ift demnach gewiß, und von vielen laͤngſt
ausgemacht, daß im Anfang des —
keine ſolche Privatbeichte und Abſolution be annt
oder gebraͤuchlich geweſen ſey, ſondern daß dieſelbe
erſt lange hernach unter dem Verfall der Gemeine
aufgebracht worden. Zwar liefet man noch vor
diefen Zeiten viel von Bekenntniß und Losſpre⸗
‚hung der Sünden bey den Alten, welche aber Feis
nesweges von einer ordentlichen, gefeßten und an⸗
befohlnen Gewohnbeit reden, vielweniger einen
Gewiſſenszwang andeufen. Denn da erinnern
auch die Theologi ſelber, daß im Anfang, ne
oͤffen
m Ti
*
— —— ET ET TEE EEE ENTE TEE
976 F
öffentliche Suͤnden in der Gemeine befannt wor⸗
ben, die Bekenntniß derfelben ganz aufeine andere
Art abaskandelefen, als hernach. Die Alten er
kannten durchgehends diejenige Befenntniß vor nd»
tbig, welche gegen GOTT unmittelbar gefchehen
mußte, da auch gleich feine anderegegen Menfchen
gethan ward. Ueber dieſe Art Fam nun einen der. Kir⸗
chen auf, wenn diejenigen, ſo mit oͤffentlichen groben
Sünden die Gemeine geärgert hatten, auch oͤffent⸗
lic) vor derfelben fie befenneten und gleichlam an»
lagen. Dadenndie ganze Gemeine, welche mit
Diefen Sünden beleidiget und geärgert war, auch
wiederum durch folche Eeyilige Bekenntniß ver
föhner, um ihre Fuͤrbitte erſuchet und gleichfam in
allen ihren Gliedern zu Nichtern Darüber gefeßee
ward. Don welcher öffentlichen Befennentg und
Abfolution bereits einigemal Meldung geſchehen,
und noch bey der Ausfhlieffun von der Gemeine
gefchehen wird. Es gehörte aber auch zu ſolcher
öffentlichen Befenntnißdiejenige Art, wenn einer
fein bieheriges Seben vor der Gemeine befennete,
ehe er zur Taufe gelaffen und in die Gemeine auf
genommen worden. Dabey mußte alles öffentlich
und vor dem Angefichte aller Glieder der Gemeine
geſchehen, ob ach und nach, und fonderlich bey
unrubigen Zeiten, die Lehrer fonderlich diefes auf ſich
nahmen, daß fie an ftatt der ganzen Gemeine die
Bekenntniß ſolcher Perfonen annahmen; mie
wir nun nad) der Drdnung, jedoch ganz Fürzlic),
fehen wollen,
2. Gleichwie nun die Chriften insgemein gerfe
geftunden, daß die Bekenuͤtniß der Suͤnden gegen
Gott gethan werden muͤſſe: alſo wußten und bes
kannten ſie auch, daß er alleine davon losſprechen
und abſolviren koͤnnte. Von jenem waren unter
andern dieſes ihre Gedanken "Es iſt nicht noͤthig,
„daß du in Gegenwart einiger Zeugen deine Suͤn⸗
„de befenneft, GOtt alleine mag dir zufeßen, wenn
„du fie eröffneft a). Ich fagedirnicht, daß du es
„öffentlich anzeigeft, noch daß du Dich bey andern
„ſlbſt verflageft, fondern du mußt nur dem Pro-
„oheten gehorchen, der da fericht: Dffenbare
„dem HEern deine Wege, drum befenne vor
GoOtt deine Sündenb). Sage deine Suͤnden
„von Div, daß fie vertilget werden. Wenn du
„dich ſchaͤmeſt einem zu fagen, was du gefündigee
„haft, fo fage es täglich in deinem Herzen. Du
„darfites nicht eben deinem Mitknecht befennen,
„daß ers dir aufrücke,fondern fage es GOtt, der da=
- ⸗ chen⸗
a) Chryſoſtomus Serm. de Pœnit et Confeſſ. b) Idem hom. 31. in Ebr. e) IdeminPf.59. 'd) #mbrofius lib. IL.
dePanit.c.17. €) Baſilius M. hom.2ı,inPfl.37. £) CafanusCollat.XX.c.8. g)Chemmitiss Exam. Co
Trid. P. Il.c.5.p. 678. laudatuset a Dannhauero Chrifteid. Th. III. Phzn. ı. p. 586. 2
3. 3. Von dem Abfall der Ehriften von der erften Lauterkeit.
„vor forget ©). Was bedenkeſt du dich lange, dei⸗
„ne Miſſethaten bey dem frommen GOtt zu beken ⸗
„nen? Rede doch von deinen Sünden, damit du
ngerecht werdeft 4). Sychbefennenichtmicmeinen
„eippen, damit ic) vielen befannt werde, fondern
„innwendig in meinem Herzen zeige ih GOTT
„meine Seufzer an, der allein (det, was int
„Verborgenen ift, ob ich gleich die Augen zufchliefe
„te. Dennich brauche nicht viel Wortezu meiner
„Bekenntniß, weil die Seufjer meines Herzens -
„aenug find, und Die Klagen , die aus deffen
„Grunde zu GOtt geſchicket werden e). Wenn
„dich deine Schamhaſtigkeit zuruͤck Hält, daß du es
„nicht vor Menfthen bekennen wille, fo befenne es
„dent durch unabläßigss Gebet, dem nichts vers
„borgen feyn kann, der auch ohne einige Offenba⸗
„rung deiner Schande dich Heilen, und ohne
„Vorwurf Dir deine Sünde ſchenken wird, ).
In diefen und dergleichen Worten geftunden die
alten Lehrer zu allen Zeiten , daß alleine die Bes
kenntniß der Sünden gegen GOtt ſchlechterdings
bey der Buffe nöthigmwäre, die andern Arten alle,
fo von Menfchen erdacht wären, wie geoffen
Schein fie auch immer hätten, fonnten von Eeinem
Epriften unter dem Namen der äufferften Note
wendigkeit gefordert werden.
4. Seicher eftale fahen fie alleine und ſchlech⸗
ferdings auf GOtt, wenn die Sünder von ihrer
Berfohnung und $oszählung verfichert feyn wolle
ten. Denn da hatten fie Fein gewiſſes Gebot oder
eine allgemeine Gewohnheit, daß fie vor Mens
fchen ihre Sünden befennen, oder durch fie ihrer
Vergebung verfichert ſeyn follten ; fondern es
£haten dieſes nicht alle, was einige bey ‚der öffeneli-
chen Befenntniß zu thun pflegten, wurden auch
deswegen nicht beuetheilet oder verdammt, ob fie
gleich GOtt 'allein idre Sünden befannt hatten;
wie ein Theologug fehr wohl davon berichtet 8).
Und alfo wurde es auch mic der öffentlichen Ab⸗
folution oder Losſprechung gehalten, daß die Leh⸗
ver die Leute auf GOtt wiefen, der alleine Sünde
vergeben könne. Dahero, als einiger Mißbrauch)
bey der Sosfprechung von Suͤnden ſchon zu Cypria⸗
„ni Zeiten einriſſe, bezeugte dieſer ernſtlich: "Nies
„mand betruͤge ſich ſelbſt, GOtt alleine kann ſich er⸗
„barmen. Er alleine kann die Vergebung der Suͤn⸗
„den ſchenken, welche wider ihn —— ſind,
„als der unſere Suͤnden getragen hat. Ein Menſch
„kann ja nicht groͤſſer ſeyn als GOtt, und der Knecht
„kann durch ſeine Nachlaͤßigkeit nicht vergeben oder
*59
r
.
a >
l
ge
= —
—
„ſchenken, was wider den HErrn durch ein
ſhwereres Verbrechen begangen iſt: damit dem
Gefallenen nicht auch noch dieſes zur Sünde ge>
„rechnet werde, wenn er nicht weiß, daß zuvor ge⸗
„faget fen: Verflucht iſt, der ji auf Menfihen
„verläßt und haͤlt Fleiſch vor feinen Arm, Jer. 17,
5.» k). Womit diefer Lehrer ernftlich bezeuge⸗
te, daß niemand diefe ſchwere Sünde begehen ſollte,
und ihm diefe Berföhnung mie GOtt einbilden,
mann ihn ein Menfch davon losgefprochen, GOtt
aber durch feinen Geift nicht das Amen in feinem
Herzen dazu getan Hätte. Eben wie er anders:
wo alfo warnet: «Wir fommen GDttes Urrheil
„nicht zuvor, daßer nicht unfern Ausſpruch follte
„gültig machen, wenn er den Sünderin völliger
„und rechter nr findet. So uns aber jemand
ndurch veritellte Buſſe betreugt, fo wird GOtt, der
„ſich nicht ſpotten laͤßt und in das Herz hinein fie-
„het, dasjenige richten, was wir Menfchennicht
„ſehen, und wird das Urtheil feiner Knechte ver—⸗
nbeilern,, i) · Worinnen die andern wahren Leh⸗
ter völlig beyftimmen, wenn fie gerne zugeben, daß
bey GOtt allein die Macht und Kraft ftche zu bin»
den und zu loͤſen, und ſich derfelben niemals bege⸗
ben babe, fondern nothwendig allzeit wolle darum
erſuchet fenn.
5. Diefes befanden fonderlich die treuen Lehrer
noͤthig zu erinnern, bey der allmählich einfchlei-
chenden Gewalt und Herrfchaft über die Gewiſſen,
mann ißrer vieldavor wollten angefeben feyn, als
ob fie aus eigener Macht und nach ihrem eigenen
Gutduͤnken abſolviren fönnten. Dabero biefle es:
„Niemand darfihmdiefes hinaus nehmen und fa-
„gen, daß er die Sünde der Welt wegnehme k).
Die Menfchen leihen nur ihren Dienft ber bey
„Vergebung der Sünden, brauchen aber fein
Recht einiger Gewalt dabey. Denn die Sün-
„den werden nicht in ihrem Namen ie ‚ fon»
„dern in dem Namen des Vaters, Sohnes und
nad Geiftes. Sie felbftbirten nurdarum, aber
„Det fhenketes: die Menfchen leiſten nur Ge-
„borfamdarben, aber alles ift die Gabe der ober:
niten Macht 1), Die Aufloͤſung von Sünden
„rann wol Durch die Gemeine verliehen werden,
„aber der geiftiiche Todte felbft kann nicht erwecket
„werden, wennder Herr nicht innwendig ſchreyet,
„denn dieſes thut GOtt innerlich,, m). Alfo und mit
vielen andern dergleichen ar nilfen begegnete
mandem recht gottesläfterlichen Wahn und Hoc):
17. Cap. Don der verfallenen Lehrer Herrfchaft über die Gewiſſen ꝛc.
977
muth, wern die Kirchendiener aus ihrer eigenen
Kraftund Gewalt Sünde vergeben oder behalten
wollten: wie unter dem Pabjtehum fonderlich an⸗
noch bekannt war, da man ungeſcheuet vorgab,
EHriftus habe fich feiner Gewalt gänzlich begeben,
und ſie denen Prieltern refignivet, damit nach ih⸗
rem Gefallen zu handeln. Ingleichen, fie hätten
das Amt der Schluͤſſel vor ſich alleine, da es doch
der ganzen glaubigen Gemeine eigen ift, und von
wahren Dienern des Worts nur an ftatt derfelben
dienftsweife verwaltet wird. Dabero auch die
Alten wohl erinnerten, wie fein Menſch binden oder
löfen Fönne, wo nicht CHriſtus zuvor gebunden
oder gelöfer haben).
6. Diefem nad) erwarteten diejenigen, welche
nach dev Wahrheit von dem Weg zum Leben un«
terrichtet waren, ihre Abfolution allein von GOtt,
und genojfen fie auch wirklich zur Befriedigung
ihres Gewiſſens von demfelben. Weil aber big«
weilen einige noch zu ſchwach waren, diefes alles
ohne äufferliche mündliche Verſicherung zu glau:
ben, wurde ihnen von denen Sehrern, kraft der von
GDtr feiner Gemeine verlichenen Gnade, folche
Verſohnung angefündiger und verfichert. Son:
derlich aber wurde mit dergleichen öffentlicher Bez
fenneniß und Abfolution aufdie Abfchaffung alles
Aergerniſſes und öffentliche Verſohnung mit den
beleidigten Brüdern gefehen. elche nun alfo
aus aufrichtigem Herzen vor ihre Sünden Buffe
thaten, dieſelben fcheueten ſich nicht, fie öffentlich
vor der ganzen Gemeine zu befennen, denen Britz
dern demuͤthig alles Aergerniß abzubitten, und ſich
der andern gemachten Ordnung zu unterwerfen.
enn da wurden nach und nach unterſchiedliche
Umftände bey ſolcher öffentlichen Buſſe erdacht,
ohne Zweifel aus guter Abſicht, das Werk deſto ge⸗
wuͤnſchter zu vollenden, daraus aber hernach ſehr
viel Mißbraͤuche entſtunden. Hier iſt es unmoͤg⸗
lich, alles nach der Ordnung vorzulegen, ſondern
ich muß aus Mangel der Zeit nur ſummariſchen
Bericht davon abſtatten, nachdem zumal der Hr.
Cave in feinem letzten Capitel hievon etwas ge
ſchrieben hat. Als nachgehends der exit: Eifer
garfehr abgenommen hatte, und die wahre Ver—
leugnung fein ſelbſt, und fondertich der eigenen Eh: ®
ve, Fa ganz verlofihen war , verficlen die Leute auch
in die ſem Stück auf eine grofle Heucheley , und vers
lieffen die erſte Heilfame Weife. Denn da zuvor
Hbheubbh denen
hLib do Lapſis p.iag. i) Fpiſt.55. Aucuſtinus Tract. 4. in Ioh. I) Ambrofiuslib. III. de Spĩr. S. c. 18. m) Au-
uſtinus in Pf. 101.
* —* vniuerſe.
Br.
n)Vid, Yrban. Regins Loc, Th. p. 230. ſeqq. Gerhardus L. depenit. n, 112. fegg. et Thee-
w
978
denen Neubekehrten oder wiederum Gefallenen ih:
re Buffe ein folcher Ernſt war, daß fie auch) ihre
größten Sünden oͤffentlich von fich fagten, und alfo
aus gründlihem Haß wider diefelbe Feine
Schmach noch Schandedisfalls achteten, teil fie
verfichert waren, daß die Ehriften nichts davon
austragen, oder ihnen vorwerfen würden, vermös
ge ihrer herzlichen tiebe und Mitleivens gegen ein
ander; fo gefäyahe hingegen nachmals gerade das
Gegentheil.
7. Nachdem nun, wie geſagt, die erſte Lauterkeit
faſt dahin war, auch die groben und muthwilligen
Suͤnden unter den Gemeinen faſt zuſehens wuch—⸗
fen, und diesehrerdisfalls wenig Sorgfalt erwie⸗
fen, erfunden Diefe nad) ihrem eigenen Gefallen an⸗
dere Arten die Sünder wiederum zu verföhnen,
Und zwar fiehet man augenfcheinlich, daß die bewe⸗
genden Urfachen, warum fie die öffentliche Be—
kenntniß der Sünden abgefchaffer, blos die Furcht
porein wenig eingebildeter Schande geweſen, wel⸗
chedie Sünder vor der Gemeine dabey gelitten ha⸗
ben. Denn da wollten fich die wenigften mehr zu
folcher öffentlichen Befenntniß bequemen, und lief-
fen alfo ofte die Buffe gar unterwegen, dabeydie
Borfteher ofte aus Menfchenfurcht, ofte auch
aus Nachläßigfeit durch die Finger faben. Da:
hero geſchahe es endlidy, daß an ſtatt der vorigen
öffentlichen einig die offenbarenSünder bey
einem fonderlic) Dazu beftellten Aelteften diefelbe
ablegen follten, Die Hiftorici geben diefes aus-
drücklich denen $ehrern Schuld, welche nicht lan»
ger hätten wollen zulaſſen, daß die Sünden öffent
lich vor der Gemeine, als auf einem Schauplaß,
re follten offenbaret werden. Deswegen ha⸗
e man nun in jeder Gemeine einen fonderlichen
Penitentiarıum verordnet, der mit dieſen Din-
gen zu thun haben müffe 0). Dabey denn wohl zu
merfenift, Daß diefes nur von Denen muthwilligen
öffentlichen Sündern gefaget werde, welche die Ge-
meine geärgert gehabt, da hingegen die übrigen
Chriſten, welche in täglicher Erneuerung fortges
‚gangen, Feiner Befenntniß oder Beichte nörbig hat⸗
ten. Diefer Aeltefter aber, dervor die büffenden
Sünder beftellet war, ordnete ihnen alsdenn nach
© gefchehener Bekenntniß dieſer oder jener Sünde ge⸗
wiſſe Bußübungen an, und beftimmte ihnen die
Zeit und andere Umftände, nad) welchen fiein die
meinfeaf wiederum aufgenommen werden
wollten,
no u ” * — MEET Ton
8.9. Don dem Abfaͤll der Ehriften von-der erſten Lauterkeit.
8. Wir wollen von diefer ganzen Veränderung
der erften Kirchenzucht die eigenen Worte eines
Roͤmiſchen Bifchofs hören, und die Wichtigkeit
feiner Urſachen vernehmen, warum er doch die erfte
herrliche Anftale fo fchlechterdings verworfen ha⸗
be. Er geſtehet erftlicy gerne, *Daß ein ſolcher voͤl⸗
„licher Glaube löblich fey, deraus Furcht GOttes,
„vor den Menfchen beſchaͤmet zu werden, ſich nicht
„ſcheuet, . Dennoch aber ſehet er drey Urſachen,
warum dieſes nicht mehr in der Gemeine koͤnne be⸗
halten werden, erſtlich: weil nicht eines jeden
Suͤnden alſo beſchaffen waͤren, daß ſie jedermann
wiſſen dürfte. Zum andern: Weil ſich ſolche
Sünder vor ihren Feinden fürchten müßten, von
denen fie bey der Obrigkeit verklagt, und in Ungeles
genheit möchten ‚gebradyet werden, Drittens:
Weil ihrer defto mehr zur Bekenntniß würden zu
bringen feyn, wenn fie fich nicht felbft vor dem Bol
fe verrathen dürften p). Allein, es ift offenbar,
daß diefes alles bloffz aus der Vernunft zufammen
gefuchte Scheinurfachen ſeyn, die fid) auf Fein
Wort GOttes gründen. Denn vors erfte iftbe=
Fannt, daß in denen erſten Gemeinen eben deswegen
über die Reinigkeit ſo ernftlid) gehalten wurde,
und nach Pauli Befehl alles hinaus gethan, mas
böfe war: Dahero auch bey Eröffnungder Suͤn⸗
den auf Seiten der Zubörenden feichtlich Fein Aer⸗
gerniß zu beforgen war, auf Seiten des Befennen«
den aber die Berleugnung auch feiner eigenen Ehre
erfordert wurde, Zudem fo war es cben einelens
des Zeichen des verderbten Ehriftentfums, wenn
inder Gemeine einer den andern vor feinen Feind
halten mufite, da doch unter ihnen ein Herz und eis
ne Seele ſeyn ſollte. Und mit der dritten: Urſach
ward vielmehr die Heucheley und Hoffart der Suͤn⸗
der unterhalten und gut geheiffen, wenn fie ihre
Suͤnden verfchweigen durften. Deswegen der ges
dachte Bifchof allerdings der heilfamen Ordnun
feiner Vorfahren unrecht gethan hat, wenn ers ei⸗
ne Gewohnheit nennet, die niche zu billigen
fep, und dadurd) viele von der Buſſe zurück gehal⸗
ten würden. Vielmehr wäre die von ihm einges
führte Art alſo zu nennen, weil doch Bauptfächlic)
bey diefer Beranderung von der Elerifen darauf ges
fehen worden, daß der Gemeine aud) diefes Recht
folgends geraubet würde, wenn man vor derfelben
insgefamt, und nicht alleine vor dem Prediger
beichten oderdie Sünde zu befennen pflegte.
9 Man weiß aus den erften Kirchenfcriben-
ten, wie eben deswegen fo feharfe Zucht gehalten
wor⸗
o) Vid. Sozomenus lib. VIL.c, 16. Soerateslib. V. e. 19. Hiſtor. Tipart,. lib. IX. c. 35. Nicephorus lib. XII.c. 28. P Zee
“a
M,Epift. 78. vel go. et ap. Gratianum dilt. 1.c. 39. de Panit,’
”»
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17. Cap. Don der verfallenen lehrer Serrſchaft über die Gewiſſen x.
979
worden, damit jedermann defto Fräftiger fich vor
Sünden hüten möchte, welches aud) feine gefegner
te Wirfung hatte. Hingegen ward nun eben
durch Die freventliche Verwerfung der heilſamen
Zucht denen Suͤnden und Laſtern inder Chriſten⸗
u Thür und Thor aufgethan, nachdem man den
eg aud) zur aͤuſſerli en Petſohnung ſo leicht
und geringfchägig machte. Es iſt aber dieſe Ver⸗
änderung in der Lateiniſchen Kirche erft in der Helf⸗
te des ſechſten Seculi vorgegangen, von welcher die
vorhergehenden Seribenten nichts melden : In der
Griechiſchen Kirche aber ift es etivas anders gehal-
ten worden. Denn beyderfeits hat ſich die ganze
Gewohnheit mitder Bekenntniß der Suͤnden durch
dieſe Gelegenheit angeſponnen, nemlich, wenn es
entweder einem noch ungetauften oder nach der
Taufe wieder gefallenen Menſchen mit ſeiner Be⸗
kehrung ein rechter Ernſt war, fo brach er gemei-
niglich auch in äufferliche Belenntniß und Klage
feiner Sünden aus, Da nun diefes faſt durchge⸗
hends alfo bey der öffentlichen Buſſe geſchahe,
wurde nach und nach eine Gewohnheit und endlich
gar ein Recht draus, indem Mer folches als ei»
ne unumgängliche Nothwendigkeit von derglei»
chen Leuten forderten a). Darüber man fich gar
nicht wundern darf, wenn man nachfiehet, wiees
mit andern dergleichen Dingen eben fo gegangen,
daß man aus etlichen Actibus eine Gewohnheit,
ausder Gewohnheit ein Recht, aus dem Recht end-
lid) einen Zwanggemachet. Hieraus aber it nun
weiter offenbar, wie die Befenninif der Sünden
von den verordneten Aelteften einen jegt befchriebe-
nen Urfprung Babe, und alſo anfanglic) weder von
GOtt, noch von den Apofteln oder apoftolifchen
geßrern eingeführet ſey; wie aus der ganzen Zu:
mmenbängung der erften Kirchengeſchicht of«
nbarift. Indeſſen ſiehet man auch von den Grie⸗
chifchen Gemeinen aus Drigenis Schriften, daß
man zu feiner Zeit die groſſen Suͤndenfaͤlle etwan
einem Kirchendiener geflaget, die hernach durch
ihn vor der ganzen Gemeine entdecfet worden;
welches man aber bald darauf geändert, daß die
Defenntniß in geheim gefchabe,die aufgelegte Buſſe
aber öffentlich vollbracht wurde x).
10. Hiebey ift nicht zu übergeben, daß folchen
offenbaren Sündern gleichwol frey geftanden ha⸗
be, zuerwählen, wen ſie gewolt, dem fie ißren >
ftand vertraulich entdecken und ſich feines Raths
erholen fönnten. Deswegen auch Origeneo A
als ein Aeltefter, folgenden Rath gegeben: "Sie:
*
„he dich fleißig um, nach einem, wem du deine Suͤn⸗
„den bekennen moͤgeſt. Prüfe erſt den Arzt, wel⸗
„chen du die Urſache deiner Krankheit entdecken
„koͤnneſt: damit du alsdenn erſt ſeinem Rath
„folgeſt, wenn er ſich dir als einen geſchickten und
„mitleidigen Arzt erwieſen hat. Woraus man
ſiehet, was eigentlich ſolcher geiſtlichen Aerzte
Verrichtungen geweſen, daß ſie nur mit gutem
Rath in dieſem und jenem Fall an die Hand ge⸗
gangen, und zu dem wahren Arzt EHrifto gewie—
fen. Wie denn diefer Seribente dabey ſehet,
daß alsdenn nach Befchaffengeit ver Sache folche
gejtandene Sünden der Gemeine Fund gethan
worden, Damit auch die audern Dadurch erbauet
würden s), Diefe Aeife aber, einem Aelteſten in-
fonderheit die Sünden zu befennen, bat in der
Griechiſchen Kicchen nicht lange gedauͤret, fons
dern ift bald und noch vor Chryſoſtomi Zeiten
gänzlich aufgehoben worden, wovon die Gele-
genheit diefe war. Als Mectarius zu Conftanti-
nopel Biſchof war, hatte einsmals eine vorneh—
me Frau dem Aelteften etliche ſchwere Sünden
befannt, deswegen dieſer ihr zu faften und beten
befoßlen. Zu dem Ende bliebe fie in der Kirchen,
ward aber von einem Diacono zur Unzucht vers
führer; darüber das gemeine Volk ſehr erbittert
wurde, und roider Die Clerifey harte Reden aus-
ſtieß, alswelche an dergleichen Erceflen Schuld
harte. Der Bifchof war darüber fehr beſtuͤrzt,
und reſolvirte fich, diefes Ame des Aelteften gar
aufzuheben, und einem jeden frey zu ftellen zum
Abendmahl zu gehen, wenn und wie er felbjt
wollte). Diefem Erempel folgten die andern
morgenländifchen Gemeinen nach, welches auch
vondesMectarii Nachfolger, dem Chryſoſtomo,
oͤffentlich gebilligee und geruͤhmt war: als welcher
ausdrüclidy) behauptete, “daß man feine Suͤn⸗
„den vor dem Priefter, fondern GOtt befennen
„ olle u),
11. Aus diefer Gefchichte fchlieffen die Theo»
fogi billig, wie eben aus der Abfi Jaffung ſolcher
Bekenntniß gewiß fen, daß fie zur Vergebung der.
Sünden nicht noͤthig zu achten, indem allein die
Bekenntniß derſelben gegen GOtt nach göttlichen
Recht erfordert werde x), Welches denn in Ans
feßung der hernach eingeführten Gewohnheiten
defto gewiſſer ift, je mehr diefelben von dem Ge—
brauch der erften Kirchen abgehen. In der $a«
teinifchen Kirchen aber ward diefe Gewohnhei
wie fie zuvor befchrieben worden, beftandig behal⸗
—R fan,
- @)Fateturinteralios Besrus Rhemanusad Tertull, dePenit.c. r)Chemnitiss Exam. C. Tr.l.c. p. 388. s) —
%
“ “ 1 “
- zeshom.2,inP(.XXXVIL t)Sozomenus er Sosrates ILcec, u)Homil.4.inLazaro, x) Chemnitius l. c. p. 389.
980
ten, und zwar, welches wohl zu merfen, nur in
folhen Sünden, welcher wegen einer aus der
Gemeine mußte geftoffen werden, wie Yuguftinus
ausdrücklich faget y). Denn die Ehriften, mel:
che ſich Feiner folchen ſchweren Todfünden be-
wußt waren, hatten mit feinem Befenntniß oder
Beichten etwas zu thunz fondern giengen in den
Wegen des HErrn umanftößig fort. Mit- ver
Bekenntniß aber der fehweren Sünden fam es
bald bey den Abendländifchen Kirchen fehr in Ab⸗
nehmen, indem der Ernſt und Eifer dabey faft
ganz verſchwunde, und man Feine öffentliche
Buffe oder Satisfaction mehr forderte, bis end»
lich alles zu lauter Sicherheit und Verwirrung
dabey gediehe. Denn nachdem diefe Dinge alfo
durch viele Secula hindurch getrieben worden ma»
ren, erfunde endlic) die Elerifey Die fo genannte
Ohrenbeichte, in melcher alle und jede ge-
zwungen wurden, zu gewiffen Zeiten ein Bekennt⸗
niß ihrer Sünden zu thun, gefeßt, daß ſich aud)
jemand feiner groben Sünden wäre bewußt ges
weft. Zuvor ftrengtemanniemand an, daß er
feiner täglichen Fehler und Schwachheiten wegen
hätte zu gewiſſer Zeit zu dem Kirchendiener kom⸗
“ men müffen, und alda Abfolution holen, fon=
dern diefes war nur denen auferleget, die ein öfs
fentliches Aergerniß in der Gemeine angerichtet
hatten. So ward aud) denen, die man vor
Glaubige hielt, keinesweges befohlen, vor dem
Prediger zu beichten, ehe fie zum Tiſch des HErrn ch
gehen wollten. Denn diefes leßtere war nur fon-
derlih in den Morgenländifchen Gemeinen ge=
braͤuchlich; wie wir unten fehen werden z).
12. Ferner ift oben im 2. Bud) von den fo ges
nannten Layen erwiefen worden, daß aufißr, und
fonderlid) der Märtyrer Gutachten, die gefallenen
Sünder in der erften Kirche losgefprochen wor-
den. Denn die Gewalt, welche der HErr JE—
fus feinen Juͤngern gegeben hatte, war der gan-
zen Kirchen gemein, und denen $ehrern von der-
felben zum Gebrauch verliehen, alſo, Daß Diefe
nicht nach ihrem Gefallen damit umgehen durf—
ten. Welche Wahrheit nicht lange in der Chri-
ftenheit befannt oder fräftig gelaffen worden, nach⸗
dem ſich die Cleriſey bald diefer und anderer ge-
meinen Rechte angemaffet, und das Prieſterthum
alleine zu fich arriffen. Indeſſen drange doch eis
nigen die Rraft der Wahrheit, ſolche und derglei-
en, wiewol noch ziemlich unlautere, Bekennt⸗
8.8. Dondem Abfall der Ehriften von der erfien Lauterkeit.
niffe ab: "Die Befenntniß der ‚Sünden hat eine
„ſolche Kraft, daß man feinem Nächten befennen
„eann, wenn fein Priefterdaift. Wennmannun
„gleich demjenigen befennet, der feine Macht zu
„löfen hat, (fo vedet der Scribente nad) dem gemeis
„nen irrigen Wahn, forwird er doch der Werges
„bung würdig um feines Berlangens willen, a),
Und diefer Ausfpruch war freylich in dem oben
ausführlich bewiefenen geiftlichen Prieſterthum
voͤllig gegruͤndet, und in demjenigen allgemeinen
Rechte, welches CHriſtus ſeiner Gemeine erwor⸗
ben und gelaſſen hatte. Nichts deſto weniger
ift auch dieſes unter dem Verfall, und fonderlich
im Pabftehum fogar fehr verdrucket worden, daß
auchnachgehends diejenigen Keger heiffen mußten,
welche der Gemeine ifre Rechte behaupten und
von den unrechtmäßigen Befißern wieder fordern
wollten. Denn alfo wurde diefer Saß der Wals
denfer ver ketzeriſch ausgeſchryen: “Diejenigen
„find die Gemeine GOttes, melde das Wort
Gottes hören und recht glauben, unddiefer Ge=
„meine find die Schlüffel von CHriſto gegeben,
„deswegen kann und foll fie auch die Wölfe verja=
„gen, wahre und fromme Hirten CHrifti berufz
„ren, ihre Stimme hören, und von ihnen die
Sacramenta nehmen,, b). Singleichen: “Ein
‚„frommer Laye bat Macht zu abfolviren: Es
„iſt beffer bey einem frommen Layen beichten,
„als bey einem böfen Priefter,, e). Und dergleis
en mehr.
13. Unterdeffen haben ſich Doc) die Zeugen der
Wahrheit nicht abfihreefen laflen, daß fie nicht
ſolches Recht der ganzen Gemeine wiederum Zus
geeignet, und befennt hätten, “Daß die Schlüffel
„nicht der Perfon eines gewiffen Menfchen, ſon⸗
„oern der Gemeine jugebören ‚ welcher fie vor=
„nemlich und unmittelbar von EHrifto gegeben
„worden,-d). tem: *Daß die Schlüffel eis
„nem jeden zufommen, der ein Glied der Gemei-
„ne fey, und zwar nicht nur nach der Gewalt,
„fondern auch nach dem Brauch und nad) allere
„ley Weife, Dieda feyn möge, auf daß man den
„Worten CHrifti Feine Gewalt thue, der ſtracks
„bin und insgemein zu allen rede: Du haft dei-
„nen Bruder gewonnen. - Item: Alles, was ihr
„auf Erden binden werdetu.f.f. In welchen
„Sprüchen das allervollkommenſte Recht und der
„Drauc aufs allervolffommenfte zugeeignet und
„bekraͤftiget wird, daß fie binden und auflöfen
„mögen, es wäre denn, daß man EHrifto felbft
„das
yY)Lib,I.deSymb.ad Catech.c.6. z) Vid. omnie Io. Dallæus lib. III. de Confeft Auric,e.1.fegg. a) Autor lib.
de Vera et Falfa Panit. c. 10.
Smalc. de Prim. Papx.
b) Articuliin Catal, Teſt. Verir.p. 710.
e)Ibid.p. 742. d)Append. Artic.
* ji Be 4 2
**
* —
„das Recht und den Brauch der Schluͤſſel ver⸗
nfagen wollte, wenn er mitten unter zweyen woh⸗
„ne. Denn das Binden und Entbinden fey gaͤnz⸗
„lich nichts anders als das Evangelium predi-
„gen, und daffelbe in Brauch zu wenden u. ſ.
„te. Es könne ein jeder nicht allein vor dem
„Kirchendiener, fondern auch im Fall der Noch
„por einem andern Chriften in geheim GOtt fei,
„ne Sünde befennen und Abfolution von ihm
„bitten. Denn weil auch die Layen predigen duͤr⸗
„ten, fo müffe man ihnen die Gewalt zu abfolvis
„ren nicht abfchlagen, weil doch abfolviren nichts
„anders fen, als die allgemeine Lehre des Evange⸗
„lii infonderheit auf eine gewiſſe bußfertige Per:
„fon ziehen,„f). Deswegen haben auch die als
ten Ehriften einander ihre Sünden zu befennen
pflegen, wenn in Schwachheit ein Bruder den
andern der Gnade GOttes in Chriſto verfichere
bat, da fein Herz ohne äufferlichen Zufprud) daf-
jelbe fonft nicht anneßmen wollen. Wovon einer
unter vielen alfo redet: "Können wir denn auch
„tagen, daß ein Bruder den andern von der
„Krankheit feiner Suͤnde reinigen koͤnne? Ya,
„allerdings, denn mir follen wiffen, daß wirdurch
„das Geheimniß des Werfs des HErrn (da er
„ben Juͤngern die Züffe gewaſchen,) deflen erin-
nert werden, daß mir einander die Suͤnde be-
„kennen, und fine einander beten, gleichwie Chri-
„ſtus ung vertrit. Saflet uns den Apoftel Jaco—
obum hören, der diefes deutlich befihler: Beken—
„ne einer dem andern die Sünde x. Wenn
„nun derjenige uns vergibt, dem wir doch nichts
„vergeben Fönnen, wie vielmehr follen wir einan⸗
oder vergeben, die wir bier ohne Sünde nicht le⸗
„ben fönnen. Drum laffer uns unter einander
„die Sünde vergeben, und davor bitten, daß wir
„ung gleichfam alfo die Fuͤſſe waſchen. Uns ge
„bühree durch. feine Gnade Den Dienſt der Liebe
„und Demuth zu erweifen: Ihm geböret, uns
u erkören, und uns von aller ſuͤndlichen Unrei⸗
„nigleit zu reinigen durch Ehriftum und in Chri-
„ſto: Damit was wir andern erlaffen, das iſt,
„was wir auf Erden löfen, auc) im Himmel ges
„löfer ſey 2).
14. Michts deſtoweniger, und ungeacht des uns
fehlbaren Grunds der Wahrheit, wollte doch der
antichriftifche Geift unter dem Verfall nicht zus
geben, daß im Nothfall ein Bruder dem andern
diefe DBarmperzigkeit erweifen follte, und ihm die
; *
£ 17. Cap. Don der verfalfenen Lehrer Herrfebaft über die Gewiſſen x.
mm — — — — nn — —— — — — — — — —
€) Zutherus Tom. II. Alt.p.505.
981
—— ſeiner Sünden ankuͤndigen und vers
* enn fo lautete unter andern der Aus⸗
pruch der Elerifey: Mer Beicht hören foll,
„muß entiveder ein Priefter oder Aeltefter aus
„ven Mönchen feyn: Ein gemeiner Moͤnch foll
„nicht Beicht hören. Auch foll Feinem Ungehei⸗
„ligten oder vom Prieftertfum Abgefegten vers
goͤnnet ſeyn Bekenntniß der Sünden anzunehs
„men, h), Mit welchen und andern Zwang-
mitteln die verderbte Cleriſey fic) in dem Beſitz
ihrer angemaßten Gewalt erhalten wollte, weil
fie wohl ſahe, daß bey denen Verftändigen und
redlichen Chriften das Vertrauen auf ihre Pers
fon hinweg fiele, auch viel Schwache fich an ih⸗
rem ärgerlichen geben ftieffen, und dahero ihres
Dienftes fih zu gebrauchen Bedenken trugen.
Da fuchte man alfo die allgemeine Gerechtfame
der Chriſtlichen Gemeine auf alle Weife und mit
Gewalt einzufchränfen, und fie derfelbigen ganz
und gar zu berauben. Je mehr aber und unvers
ſchaͤmter diefes verficcher wurde, je-mehr wurde
das Volk, fo diefe Tyranney wohl merkte, zurück
eſtoſſen, alfo, daß in den menigften noch ein
Fepmilliger Gottesdienft geleifter wurde. Es
war leicht zu ermeffen, daß zu dem fogenannten
Amt der Schlüffel eine fonderbare Weisheit ges
hörete, ohne welche dergleichen nicht nach GOt.
tes Willen verwaltet werden konnte. Dahero
auch die Lehrer felbft unter dem Verfall fo viel
befennen mußten: Es ift ſehr ungeſchickt, daß
„derjenige ein Richter über des andern Leben ſeyn
„fell, der fich felbft in feinem Leben nicht zu res
„Men weiß. Und meiftens gefchiehts, daß ein
„folcher die Stelle des Gerichts inne hat, deffen
„geben doch mit der Stelle nicht überein kommt,
„und deswegen verdammt er entweder Unfchuls
dige, oder will andere auflöfen, da er felber ges
„bunden ift. Dfte folget er feinem eigenen Wils
„ten und Affecten, nicht aber der Sachen Des
„fchaffenheit, wenn er feine Untergebenen bindet
„oder löfet. Dahero gehets fo zu, daß er ſich
„eben dadurch der Gewalt zu binden oder zu [ds
„fen beraubet, indem er nach feinem eigenen Wil
„ten und nicht nach ihrem Leben diefelbige brau⸗
„het ). 3
15. Demnach mußten auch die unparteyifchen
$ehrer felbft geitehen, daß ein unmweifer und ver
kehrter Lehrer zu ſolchem Amte untüchtig fey, zu
DI bbb 3 wel»
E f) HetfnerusL.de Cœna dect. I. aph. 13.1.3. etexeo Zieglerus ad Lancelotum
lib. II. Inh.1.C.c.5.n:8. g) Augnflimus Tract. 58. in Ioh. ex collectione Beda in Colofl; III. h) Nöme-Canon.
Græeus Cozeleriican. 44- 3) Gregerius M, homil, 26. in Euang.
u
>
932
8.38. Don dem Abfall der Thriften von der erften Qauterkeit.
welchem mehr erfordert werde, als daß man et⸗
was ohne Berftand daher rede, Die Hand auflege,
und die Abfolution fpreche: indem bey Schwach⸗
gläubigen und Angefochtenen der Geift GOttes
durch ein ſolch Werkzeug mächtig ſeyn müffe,
welches ein unruhiges Herze zufrieden ftellen folle:
Gegen Gottloſe aber und Heuchler eine übernatürs
liche Weisheit und Kraft noͤthig fen, fie ihres
Elends zu überzeugen, und, wie wir bald hören
werden, mit dem Evangelio vorfichtig zu fah-
ren. Es müfle auch einen ſolchen fein Gewiſſen
bey dem Amt der Berföhnung um muthwilliger
Sünden willen nicht beiffen, damit er nicht an⸗
dern daſſelbe augtheile, was er felbft nicht habe, und
felbit fowol vor GOtt als vor feinen Untergebenen
vermwerflich werde, Denn (fprachen fie) wenn
„derjenige, der binden oder löfen will, felbjt mit den
„Stricken der Sünden gebunden ift,der unterſtehet
„lich vergeblich zu binden oderzulöfen k). GOtt
„alleine kann Sünde vergeben ‚und da der Heil,
„Geilt in den Apofteln und ihren Nachfolgern woh⸗
„net, fo fünnen auch Die Menfchen Sünden verge-
„ben, weilder Heilige Geift, der in dem Menfchen
„iſt, durch den Menfchen die Sünde erläffet,, 1).
Womit denn aufdie Worte Ehrifti gefehen rourde,
da er zu feinen ungern ſprach: Sie ſollten den
Seil. Beiftbinnehmen und darnach follten die
Stunden erlaſſen feyn, denen fie fie. erlieffen,
oh. 20, 23. An diefe unzertrennliche Worte ih»
reslieben Heilandes hielten ſich nun diejenige uns
fer dem äufferften Verderbniß des Predigtamts,
welche feinen Sinn erfannten, und den Greuel
der Berwüftung im Grunde einſahen. Deswe⸗
gen ihnen diefes vor eine Hauptketzerey ausgele—
get wurde, daß fie geſtanden hätten: “Niemand
„eönne von einem böfen Priefter losgefprochen
„werden: Man müffe vielmehr bey einem from-
„men Layen beichten, als bey einem böfen Priefter,
„EinPriefter,der von einerTodfündegebunden fen,
„Föne feinen abſolviren, fondern vielmehr ein from»
„mer Laye, u. ſ. f. Welches denn die verblende⸗
gen Leute mit nichts anders zu widerlegen wuß—
ten, alsmit ganz ungereimten DerternderSchrift.
Zum Exempel: Gehet hin und zeiget euch den
Drieftern. Item: Weildie Jünger haben müffen
fazarum auflöfen m).
16. Der allergrößte Schaden, den gottloſe
Prediger in dem Mißbraud) der Abfolution tha⸗
ten, wurde dahin gerechnet, wenn fie oßne Unter.
k)Origenes Tradt. ı. in Matth.
rit. p. 731. 742. qui de Sacerdotibus veritatem perfequentibus approbauit.
nit.c.4. 0) Bafılins M. Reg. Cont. qu. 15.
feheid und gehörige Prüfung bey dem Mangel
des Heil. Geiltes alle und A gerecht von
heilig ausgaben, und von ihren Sünden mit fees
ven Worten loszableten, die doch vor GOtt wahr-
Baftig gebunden blieben, Dennmeilfie fich ſelbſt
ey ihrer Sicherheit zu fehmeicheln gewohnet wa⸗
ten, und von andern eben dergleichen annahmen,
von welchen fie bey aller ihrer Bosheit dennoch
fromm, gerecht und alfo aller Ehren würdig aus:
gegeben wurden; fo wollten fie andern ihres glei⸗
chen auch den Gefallen thun, und einen falſchen
Troft bey ihrer Unbußfertigfeitdurch eine unkraͤf⸗
tige Abfolution zufprechen. Sie verftunden nicht
in ihrer Blindheit, was Durch jenes Wehe vor
unendlicher Sammer auf einen folchen Diener
geleget werde, der oßne und wider feines Herrn
Willen den Gottloſen losfpreche, und ven Ge—
rechten verdamme, und alfo böfes gut, und fauer
füffe Beiffe. Die arme betrogene Seele, wel—
che dadurch) ficher gemachet wurde, wußte auch
noch nicht, daß diefe Verficherung feinen Stich
halten würde, Denen die rechtſchaffenen Lehrer wol
zuruffen mußten: Die Priefter nehmen diejeni⸗
„ge Schuld nicht hinweg, noch die Sünde defs
„fen, der fich liftiger Weiſe darſtellet, und gleich-
„wol noch den Vorſatz zu fündigen hat n).
»Die Macht, Sünde zu vergeben, ift nicht fo
„ſchlechthin verliehen worden, fondern fie lieget
„an dem Gehorfam des Bußfertigen und an.der
„Uebereinftimmung deflelbigen mit: dem, der vor.
„feine Seele forget. Denn von folchen ſtehet ges
„ſchrieben: Was ihr auf Erden löfen werder,
„ſoll auch im Himmel los feyn: und wo zwey
„oder drey eins werden, warum es iſt, das fie
„bitten, das ſoll ihnen wiederfahren. Match.
118, 18: 19,9 0). Alſo Bielte mans vor nöthig,
die Sicheren durch ſolche und dergleichen Ver—
mahnungen aufzumuntern: “NBenn jemand von
„feinem böfen Leben nicht abfteßen will, und den
„eüften feines Fleifches mehr als GOtt dienen, fo .
„foll man nichts mic ihm zu fchaffen haben, Denn
„da bat man gelernet , unter einem ungehorfamen
„und widerfprechenden Volk zu hoͤren: Eile und
„erretfe deine Seele. Darum fell man mit if.
„nen nicht zugleich verderben, fündern das
„fehwere Gerichte fürchten, und vielmehr ihnen
„Tag und Macht bezeugen, daß man mit ihrer
Bosheit nicht zugleich wolle dahin gehen, fon-
„dern fie zu gewinnen fuchen, und von dem Strick
„ihres Verderbens erretten. Kann man er
D Cyrillus Alexandrinuslib. XI. in Toh.c.56, m) Vid. Autor Caral. Tel. Ve-
n) Ambrofius L. de ver. et falf, Pe-
Be
|
i
J
—
a
17 Eap. Don der verfallenen Lehrer Herrfcbaft über die Gewiſſen ic.
„fes nicht, fo ſoll man feine eigene Seele von der
„ewigen Verdammniß erretten p). un
47° n Der untreu
Haushalter darum fo leichtfinnig mit diefer Ga:
de um, weil man meynte, die Gewalt Sünde
zu vergeben wäre nun als ein eigenthümliches
Gut der Elerifey eigen worden, Damit fie fodann
umgeben möge, wie fie molle. Denn wenn
andie ftrenge Gerechtigkeit GOttes ware gedacht
worden, und mie man ihm von feinem Haus
halten Rechenfcyaft geben müßte, würde mans
vorfichtiger mit folhen umgangen feyn. Aber
da mußren die annoch reinen Lehrer Klagen, daß
die unverftändigen. Priefter aus der gegebenen
Macht zu binden und zu löfen einen phariſai⸗
ſchen Hochmuth annahmen, wenn fie menneten
fie dürften nad) Gefallen löfcn oder binden 2) Daft
aber diefe Klage fhon bey guter Zeit wahr gewe⸗
fen, zeigen die Hiftorienfchreiber fattfam an,
wenn fie, zum Erempel, von dem Römifchen Di:
ſchof Cornelio fehreiben, daß er mit der Abfolus
tion allzu freygebig gemwefen, und daß diefe feine
Nachläßigkeit von denen muthwilligen Sundern
damals und in folgenden Zeiten zu aller Suͤn—
de mißbrauchet worden r), Welches denn aud)
der damals befannt gewordene Movatianus ibm
und andern vorhielte, daß durch der Märtyrer
und Defenner Zeugnifle alle gefallene Sünder,
welche EHriftum verlengnet hatten, alsbald wie-
derum angenemmen würden: Ja, daß auch etli-
che gar fülche Zeute oßne Buſſe zur Gemeinfchaft
lieffen s). Und diefes merffen nicht alleine par-
b us Leute an, ſondern Eyprianus Flaget und
eifert ofte fehr darüber, gedenket auch darzu, daß
man ſolche Leute alsbald zum Abendmahl gelaffen
habe:), Undein anderer erinnerte nach der Zeit gar
KR Henn man böfen Dingen ned) Kaum und
„Ablaß gebe, fo heiſſe es nicht Barmherzigkeit er-
„iweifen, fondern die Gerechtigkeit in der Barmher⸗
A — nicht in adyenchmen,„ u). Davon auch gan⸗
get
oncifia zu klagen hatten , wann diefe Berord-
nung, wiewol mit wenigem Nachdruck, gefchahe:
„Wir haben erfahren , Daß die cute nicht nach der
„vorgefchriebenen Regel, fondern aufdas fihand»
„tichite für ihre Sünden Buffe thun, und fo oft
„fie nur fündigen wollen, von Denen Aelteften
„die Berföhnung fordern: Derohalben wird zur
J.
un:
an gienge aber auf Seiten det untreuen
983
„Verhinderung folcher verdammlichen Verwe—
„genbeit anbefohlen, daß die Buffe nad) der Bora
hriftber alten Regeln gefcheben ſoll x).
18. Wievielhattenicht Eyprianus fchon zu ſei⸗
ner Zeit mit der Nachläßigkeie feiner Collegen
und Der andern zu thun, Die noch unter den Ver—
folgungen oßne gehörige Ordnung und Prüfung
diejenigen losfprachen, welche EHriftum verleug:
netbatten? Man mußte damals einftimmig und
nachdrücklich beſchlieſſen, *daß die Gefallenen
„doch nicht fo jähling und verwegen zur Gemein:
„ichaft wiederum eilen follten, fondern daß ihre
„Buſſe lange waͤhrte, und die Gnade des, Baters
„rehentlich gebeten würde, zugleich auch eines
„jeden Sache, Vorſatz und Morhdurft infonder-
„beit unterfuchet,, y). Ya, es ftunden auch vor
ihm einige Auffeber in Africa auf, welche faft eben
fo einen Schluß fafleren, als nachmals die No—
datianer thaten, daß nemlich Fein Gefallener feis
ner Verſoͤhnung follte wiederum verfichert wers
den 2). Welches ohn allen Zweifel daher geruͤh⸗
ret hat, weil der Mißbrauch folcher Verſoͤhnung
fo gar überband genommen hatte, als worüber
auch Novatianus am meiflen Elagte, und vor ihm
viel andere Lehrer, die fich aber deswegen von der
Gemeinföyaft der andern nicht ganz abfonderten.
Diefes ift gewiß, daß ein ganzes Concilium um
felbige Zeiten denen ſchweren Sündern die Ge—
meinfchaft auch bis an ihr Ende en
a): fogar, daß auch einigedaffelbe licher vor No—
vatianifc) Balten wollten b). Noch gefährlicher
aber war es disfalls, wenn denenjenigen ohne
einzige Bedingung die Vergebung geſprochen
wurde, von denen man doch Fein einziges Zeis
chen einer wahren Befehrung hatte, Wenn die
verfichtige Alten hier und dar gewiffe Weife vor
gefchrieben Batten, wie fich ein büffender Süns
der bezeigen follte, fo wurde auch wol in einem
und dem andern difpenfirt, wenn er fich nur in
etwas zur aufrichtigen Buſſe anſchickte, wie fo
viel Saßungen davon zeugen ©). Und diefes
hatte zwar in gewiffen Fällen feine Nichtigkeit,
jonderlich was die von Menfchen vorgefchriebene
Ordnung betraf. Im übrigen aber hatte fich frey⸗
lich an denen wefentlichen Stücken der Bekehrung
nichts abziehen noch verringern laffen.
19, Dies
OR \
9 I. Epift. ad Amphiloch.c.84. 4) Hieronymus Comm. in Matth. XVI. x) Socrates lib. IV. e. a3. s) Vid. Cypria-
pmsEpift 41.42. _ t)TdemL.deLapfis p.128.fegg. u) Hilarius in Pf. 140.
y)Epill.ssie SnodasCarthigin. 2 !bid.Cönf. Augufin. Ep. 50.
ı taniusad Epiphanism p. 229.*t in Diatr. de Panit, et Reconcil. vet. Eccl. Cabaſutius Notit. Conc.
0... b) Baroninsad A.LVIL, ©) Vid, Concil. Nicen. 6,
mon Schol. ad Concil. VI. in Trull, c.102.
x) Consil. Teletan. II. c. ır.
a) Concil, Eliberizum pallim: quo conf. Pe.
Ecel. p. zr.
ka. Ancyran. ©. 5. et 16. Greægor. Ny/]. Epiſt. ad Letoi. e. 3. Ba//a-
084
19. Diefes und alles andere, fofern e8 nod) un-
ger den erften Chriften in der Lauterfeit und Wahr-
heit, ohne Mißbrauch und menfchlichen Zufas im
Schwaͤnge gieng , hatte gar feine Gleichheit mit
den folgenden menfchlichen Erfindungen, die nur
aus Begierde über das Bold in allem zu herr⸗
ſchen entftanden waren, und in der verderbten
Kirche ar unterhalten werden. Paulus wollte
in feiner Gemeine feinen offenbaren Sünder lei:
den, fondern von den Corinthern hinaus gethan
wiflen, was böfe war. Alfo wurden die apoftoli- D
ſchen Gemeinen vermöge der genauen Zucht rein
gehalten, lieffen auch einen in ihrer Gemeinſchaft,
woferne er nicht zuvor Durch gruͤndliche Befch-
rung geheiliget war. Nach diefem nahm der
apoftolifche Eifer um die Braut Epriftt merklich
abe, tie wir im Anfang diefes Buchs gefehen;
und wurde man allgemad) immer fahrläßiger,
auf die Glieder der Gemeine acht zu haben, zumal
da ihre Anzahl fehr farf, und der vechtfchaffenen
$eßrer Hingegen geringer war. Weil nun bey
der eingeriffenen Vermengung Boͤſer und Gu⸗
ter die Aergerniffe überhand nahmen, fuchte
man zivar ernftlicy zu fteuren, aber nicht alle
zeit mit gervünfchtem Nachdruck. Da aber
folgends die öffentliche Bußuͤbung derer Suͤn⸗
der gar aufgehoben wurde, nahm die Bosheit
völlig überhand, und das heimliche Bekennen
und Beichebören murde nur zu einem Spies»
gelfechten, ja die Ohrenbeicht endlich zu einer
gewaltigen Stuͤtze der antichriſtiſchen Cleriſey.
Zuvor war gleichwol ſolch Beichten nur denen
offenbaren groben Suͤndern auferlegt: Nun⸗
. mehr wollte man alle und jede Chriften dazu atı-
ftrengen, auch die, fo Feine freventliche Sünden
zu beichten mußten, und mol gelehrter als ißre
sehrer waren. Da vormals diefe Uebung zu be-
quemer Untetfuchung und Ermahnung der Gott»
loſen angefeßen, wurde num diefes alles unterlaf-
fen, und hingegen der arme Sünder in doppelte
Sicherheit oftegeftürzee. Dabeftund das Beich⸗
ten in einer gezwungenen uud affectieten Erzehlung
etlicher Sünden, in einer heuchlerifchen Bezeugung
der habenden Reue u. ff. Die Abfoiution war
meiftens eine auswendig gelernte Formul und an⸗
dere nichtige Ceremonien, davon Fein Theil die ges
vingite Kraft empfunde, Der Name des hoch—
gelobten GOttes wurde dabey am meiſten geläftert,
denn auch der gottloſeſte Heuchler ſich nicht entbloͤ⸗
dete, mit Nennung deſſelben einen gemeiniglich in
dem Zorn GOttes annoch gebundenen Sünder los⸗
d) Athanafıns Quæſt. ad Antioch. qu. 162. €) Salsianuslib.I. adu. Auarit.p.5. f) Vid. Cotelerii Nomo-Canon.
c. 82. 83. et ipfe in Notis Tom. I. Mon. Ecel. Græc. p. 727-
8:3. Don dem Abfall der Ebriften von der erften Lauterkeit.
‚Mer&voı%, weldyes in feinem rechten Verſtand
erfolgenden Strafenur zu vermehren. IR
‚20. Und diefes Berderben fieng fid) guten Theils
mit dem angehenden Verfall zugleid) an, da man
auch bey dem Amte der Berfohnung undder inner
lichen wahren Herzensbefeßrung auf äufferliche Ce⸗
remonien und Saßungen verfiel, auch fo gar ders
gleichen von dem armen Volke ordentlich forderte,
aber dabey der Beranderung des Herzens: Be
$ebens gar vergaß, oder doch fchlaferig erwehnte.
a man doch mit jenem forgfältig hätte erinnern
follen, “Das die Buffenicht im Kniebeugen beſtehe,
„fondern in der Enthaltung vom Boͤſen; und des⸗
„wegen eine Maravoa oder Beränderung des Herz
Zens genennet werde, weil fie daſſelbe vom Boͤſen
zum Butenbringe,d). Denn ob wol die wahre
efehrung ſich auch gemeiniglich Durch einige Auf
ſerliche Zeichen ofte unvermerft und wider Willen
— thut; fo waren doch die rohen und unwiſ⸗
enden Seelen dahin nicht anzumelfen, daß man
aus denfelben ihre wahre Bekehrung fehlieffen
wolle. Angefeden auch die größten Heuchler der ·
gleichen meifterlich nachzumachen mußten, wenn fie
Dadurch unter den Chriſten bey dem äufferlichen
Wohlſtand gelitten werdenEonnten, Es find aber
von ſolchen Aufferlichen Zeichen viel Bücher der _
Alten angefüllet, da denen Büflenden auferleger
worden, bald eine traurige Kleidungoder Sad an-
zuziehen, bald öffenttich zu meinen, zu faften, Almos
fen zu geben, vor den Kirchendienern niederzufallen,
aneinem fonderlichen Dre zu ftehen, und mas der⸗
gleichen Umftände mehr waren, die ein natuͤrli⸗
cher Menfch mol ohne Veränderung und Em-
pfindung feines Herzens darftellen mag, Es
traf wol recht ein, wasjenereiferige Lehrer bejam- -
merte, “daß and) bey denen, welche Bußfertige
„bieflen, nur der Name der Buſſe fich finde, nicht
„aber die Frucht ©).
21. Daß diefes ven dem Mißbrauch des Nas
mens Buſſe wahr fey, zeiget fonderlich das Wort
zufprechen, und feine Sicherheit famt der daraus |
fo einen herrlichen Nachdruck von der gänzlichen
Umfehrung und Aenderung des Sinneshat,aber “
unter dem verdorbenen Chriſtenthum zu einem
rechten Spott worden iſt. Denn da bat man |
das äufferliche Buͤcken des Leibes insgemein eine
Mervosov oder Buſſe genennet, und aufein gering |
Verbrechen ein bis zweyhundert Merzyolas je 9
f). Sa, mer unterden Mönchen nur einen Ö —*
ten Topf zerbrochen hatte, dem wurde in ihren
Regeln
—
|
|
|
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j
2
—5 ? Sei
Unglaubige und Ixrige
im Eatholifchen Glauben zu bekehren, die in
er Inſpeetion lebeten b), Gleich als wenn
Sie Bekehrung eineseinigen Menfchen, und viel«
mehr fo vieler, in eines armen Menfchen Macht
Ki ‚ biefelbe gleihfam terminmeife zu liefern.
ch übergehe aber fo gar viel andere Zeugniffeder
Iten, daraus noch) weiter zu ſehen wäre, wie die
verfallene Elerifey fich in eiftlichen Dingen eis
ner ganz unzuläßigen Herrfchaft angemaffet, und
* auch bey ver Buffe und Bekehrung der Menfchen
= J un TU
fo gar rider CHriſti Sinn und Erempel verfaß:
ten habe,
22. Wiewol die Begierde über das Volk zu
berrfchen nicht die Abficht alleine war, welche
dabey geführet wurde, fondern fich auch der Geld⸗
eiz einfand, wenn man anfieng vor die gefuchte
bfolution Geld oder andern Lohn zu nehmen,
ch will nicht gedenfen, wie dieſe hoͤchſtſchaͤdliche
Einbildung dem armen Volke gemachet worden,
als wenn es durch gewiſſe Opfer) nach Art des
Alten Teftaments ‚feine Sünden losfaufen Fönn-
te, weldyes hernach im Pabftehum fo gemein
worden. Da, zum Erempel, Gregorius Ma⸗
anus erwehnet, wie die Prieiter dasjenige zu
„ihrer Befoldung nahmen, was die Chriſten zu
„Auslöfung ihrer Sünden opferten, i). , Denn
man fienge endlich ohne Scheu an, vordie Abfo-
Iution ein gewiffes Geld zu fordern, und wurden
fo unverfhämt, daß fie auch wol vorgeben durf-
ten, die Beicht habe Feine Kraft, wenn nicht
eine Babe darbey gebracht werde. Worüber
unter dem Roͤmiſchen Antichrift bitterlich geſeuf⸗
jet und geflaget wurde, Infonderheit Deswegen,
weil die Armen um des fogenannten Beichtpfen-
nigs willen auch ihre Aufferliche Bußübung vols
lends gar unterlieffen. Welches denn etliche
nenneten jubaiziven, oder mit Syuda den HEren
CHriſtum ums Geld verfaufen k). Und was
wares Wunder, daß zur Zeit des Aufferften Ber
8) Pachomius in Regul. c. 70.
18). derbens darüber geflaget wurde, da fehon zuvor
haben.
h) ItaCed. Canon, Ecel. Afric. c.39. Concil. Milenit.c. 23.
verboten ward, “daß Fein Kirchendiener vor Aus⸗
„ebeilung der Communion Geld oder etwas an«
„ders nehmen follte,, mic beygefügter Urfache:
„weil die}Öönade nicht feil ſeyn foll, noch die
„Helligung des Geiltes vor Geld gegeben werden
„müffe, fondern alles denen Wiürdigen ohne Eis
„gennutz gemein fey,,'). Es riffe aber bald der
offenbare Geiz bierinnen ein, wenn man unter
einem Schein nur zufieß, daft die Kirchendiener
von denen eine Gabe oder Beichtpfennig neh«
men dürften, die es freymillig gaben m). Was
aber diefes alles für unausfprechlicyes Unheil in
der Kirchen geftiftet habe, wäre Bier viel zu
mweitläuftig: Gewiß ifts, daß die fogenannten
Beichtkinder eben durch Gelegenheit des Beicht-
pfennigs, nach eines Theologi Ausſpruch, jaͤm⸗
merlich verfäumee und verwahrlofet, die Predi-
ger felbft wider einander zu Neid und Zank ge
reizet, in Beobachtung ihrer fchweren Pflichten
verblendet, und fonft in ſchreckliche Gefahr gefegee
worden n). Zu geſchweigen, wie aus folchen Abfichten
die Beicht >. an die Haltung des
Abendmablsgebunden, und auf gewille Zeiten als
ein opus operatum gefeßet worden, davon viel
erfahrene Männer nach der Wahrheit gezeuger
23. Aus diefem allen ift einem jeden verftän-
digen und unparteyiſchen Leſer leichte, die Dex
fchaffenheit der ganzen Sache, wie es von An—
fang bisher gelaufen, abzunehmen, Inſonder—
beit wie die aufrichtigen reinen Schrer das Ame
der Schlüffel niemals ihnen alleine, fondern als
lezeit nad) den Elaren Worten GOttes der ganzen
Chriſtlichen Gemeine, und einem jeden wahren
Gliede derfelben zugeftanden, und zum nöthigen
Gebrauch überlaffen Haben: Wie hingegen auch
die von der apoftolifchen Wahrheit abgefallenen
Lehrer diefes alles fic) alleine, mit Ausſchlieſſung
der anderen Chriſten, eigenmächtig zugeeignet,
und auch darinnen über das arme Volk ge:
waltfamlich geherrfchee Haben. Wie ferner fo
viel hundert zuh lang in keiner Chriſtlichen
Gemeine die Befenntni der Sünden gegen die
Kirchendiener oder die Privatbeiche befanne
gewefen fer, fondern tie einige Bekenntniß vor
der ganzen Öenteine öffentlich gefchehen, und zwar
dergeftalt, daß alleine Die groben öffentlichen
Sünder anfänglich freywillig und aus eigenem
Jii iii Trieb
i) Homil: 17. in Eu-
"ang. k) ApudAudt. Caral. Tef. Verit.p. 743. h Coneil.CPran. VI. c. a3. m) Toletan. Xl.c.g. n) Qu.
Perpins Pior. Delid. p. 52. feq. }
Mr
Teiebihres Gewiſſens, ihre Sünden der Geme
befannt haben, die andern, wahren Glted 3
Gemeine aber dergleichen niemals thun dürfen
oder wollen. Ferner haben wir auch gefehen, wie
aus folcher freywilligen Bekenntniß aligemach
eine Gewohnheit, und endlich ein Zwang wor⸗
den, ja weiterhin unter dem offenbaren Verfall,
von den Römifchen Päbften in der Lateinifchen
Kicche, ineine heimliche Befenntniß oder Privat:
beicht ‚unter recht ungereimten und unchriftlichen
Xrfachen ‚verwandelt ſey. Und endlich, wie auch
dieſe von denen offenbaren groben Suͤndern auf
alle andere Chriſten insgemein durch die Tyran⸗
ney des Pabſtes gezogen und ausgedehnet wor⸗
den. Dabey naͤchſt denen fuͤrſetzlichen Suͤnden
Sünder ausſchlieſen und wieder annehmen; Urſachen; GC
Lehrer waren felbit verbannet. 7.
«
machen; Hrromymi Klage darüber, 9. noch mehrere dergleichen:
Berfahrens wegen niemand Rechenſchaft geben wollen. 10.
Urjachen werden hervor gejucht , Die in Bann zu thun, welchen man ſchaden will; äufferfte Bosheit des Predigtamts.
Beichrwerung über die geiſtliche Tyranney der Cleriſeh, von der Deutichen Nation. 13. Falſche Kirche Peg ah Eee 9
inder, wol aber fromme Leute ab, beleget aus geringen Urſachen ünſchuldige mit dem greulichten diuh
.Erinnerung über unverdiente Fluͤche; 5. Verſchiedene Schlüffe wider die eingebildete Banngerechtigkeits 16. Die
mit Imrecht Berbannete troͤſten fich der Verheiſſung Chriſti, die Gerechtigkeit zureiffet alle ungerechte Bande. ı7. Das
aunmiffende Volk wird immer in Furcht vor dem Bann erhalten, \
Bifchoffe befehmeren fich über die Ketzer, daß fie den Banır nicht achteten, Die Anzahl der Berfolgten wird immer gräffer.ig-
Haupturfache der Beſtandigkeit bey aller Berbannung. 20. Die gebührende Beftrafung der öffentlichen Lafter wird ungerlafs
fen. 2. Kaliches Vorgeben, als od nur drey Todſuͤnden wären; bey der verderbten Kirche hilft Fein Aueſchlieſſen 22,
Eeine offenbare ©
F.
ie der andern Art des Amts der Schluſ⸗
6 ſel, nemlich der Bindung und Behal⸗
tung der Sünden, iſt es nicht anders
endlich bey dem Verfall ergangen, als mit der
leht erzehlten erften. Denn unter denen Apoſteln
und apoftolifhen Männern ward fie in der Lau⸗
terkeit und Wahrheit, nad) der Vorfchrift gött-
liches Willens, zur Unterhaltung der Kirchen—
zucht gebrauchen, da die Apoſtel groſſen Ernſt
* 4 u}, . —
3. DondemAbfalfder Chriſten von der erſten Lauterkeit.
Das 18. Capiteh —
Born dem Mißbrauch des Bindeſchluͤſſels und
gerechten Bann bey der verfallenen Elerifey.
Summatien. J—
De Bindeſchluͤſels rechter Gebrauch nach aöttlihem Willen: Zeugmiffe davon. 9.1. Der erſten
ernſte Zucht gegen die Höfen hatte ihren Gegen. 2. Abfall von der. alten apoftolifhen Kirche
wird. die Gewalt des Bindeihlüffels nicht alleine gelaffen 5 a — — 3. Diega es ei
c ypriamt Zeugmiß: 4. e Biſchoͤffe ziehen durch ihren Hochs
math, Liſt und Gewait folches afein an fich, 5. Die Griechifchen Kanfer widerſetzen ſich, wer Aug der FERN. a
Gewiſſen hat, ſtiimmet bey. 6. Mißbrauch des Bannes; die erite Art deffelbe ;
) j . Der rechte Bann mußte wichtige ürſachen haben, o !
der böfen Hirten wider unfhuldige Schafe. 8. Werder Cleriſey Refpeet in Zweifel ziehet, den ſuchet man zum
een
j
*
chen Gewiſſenszwang erz 1,das
Volt aber ohne allen not iche nl
Erinnerung gelaffen, Fein Unterfcheid unter Wir:
digen und Unwuͤrdigen gehalten, noch die hoͤchſt⸗
di
nöfbige Prüfung in acht genommen wird,
welchen Abfichten doch allein. der —
Menſchen feſte geledet word ‚w
fes.alles endlich in feinem Mißbrauch ein hör
fchadlicher Anlaß zu der fo oft von den vedli
Alten beforgten Serrfchaft über die Gewiſſen, wie
auch ein Vorwand des offenbaren Geijes und
Simonie worden fey, als es leider ſattſam am
Tag lieget, Een PER
—34
F
Chriſten ſcharfe und
t; denen Biſchoͤffen
ußte die offenbaren
1
meine
Die —D
ar ſehr nachdruͤcklich
die unt
‚ohne biſt und Genelt 4
ſeyn: Tpranney
an
f eher zu
uperintendenten werden fo unverſchaͤmt, dapiie i
Schluß, fo aus Noth dagegen gemacht — . J
erketzerung ein Kenmeichen eines wahren Chriſfen 18,
Ki” 2 11771 F
und Eifer gegen alles Boͤſe in der Gemeine erwie⸗
fen, aber auch zur’ #niyvoow, nach der Erfennt-
niß und mit Verſtand. Wenn, zum Erempel,
Paulus die Corinthifhe Gemeine We }
teinigte,»Cor.5, 2. Wenn auch nach ihme die
wahren Sehrer Feinert öffentlichen Sünder in der
Gemeine litten, fondern ihn auf alle Weife zue
wahren Befferung feines Lebens anbielten. In—
gleichen, wenn man wider öffentliche ey
Is
„dacht ‚als bey Leuten, diegemiß find, daß GOtt
„alles beobachte, und es iſt ein groffes Vorurcheil
„auf das legte Gerichte, wenn einer fo grablich
„gelündiget bat, daß man ifn won der Gemein⸗
Saft des ets, der Verſammlung und aller
nbeiligen Handlungen ausftöfler,,a). Die Nord:
wendigkeit und den Nutzen folder Kirchenzucht er:
Fannten auch nachgehends die Lehrer, ob gleich
dieſelbe nicht wirklich allezeit gebrauchten. Gleich:
wol hieſſe es unter ihnen: “Die Kirchenzucht
gilt eine che der Religion, eine Lehrerin
„der wahren Gottſeligkeit, welche nicht deswegen
„geſchiehet, daß fie jemand verleße, auch nicht
„deswegen züchtiget, daß fie das Verderben fuche:
„Sondern fie beffert das Leben der Menfchen
„ourch ihren Eifer, und bewahret es: Ja, es iſt
„nichts, Das die Kirchenzucht nicht entweder
„beflere oder errerte. Wenn diefe ein Verftändi-
„ger annimmt, der wird weder die Liebe der
„Freundſchaft verlieren, nod) in Gefahr der Ber
„dammniß gerarhen b).
2. Dergeftalt konnten die erften Chriſten mit
Wahrheit vor den Heyden ruͤhmen, “daß fie eine
„ſcharfe und erufte Zucht gegen die muthwilligen
„Sünder zu erweifen pflegten, und fie aus ihrer
„Verſammlung wiefenz. Rodon ſchon bin
und wieder das nöthigfte erinnert, und von dem
. Eave felbft in feinem legten Capitel vieles
gefuͤhret worden. Diefes ift mehr als zu bes
annt und gewiß, daß die erſten Chriſten und ihre
wahren Nachfolger allegeit und mie allem Fleiß
* ſich hinaus gethan haben, was boͤſe in der
emeine Ken obey fie fehlechterdings
- ach dem göttlichen Willen verfahren ohne viele
und weitläuftige Umftande, die zur Erhaltung des
wecks wenig oder nicht ‚gedienet. Geftalt man
erinnen fo lange die alte apoftelifche Einfaltund
avitaͤt behalten, als der wahre Ernft felber in
der Sache verblieben, bis aus diefen und andern
Handlungen allgemac ein aͤuſſerliches Geſchaͤfte
und gleichfam ein Spielwerf worden, da man fo
vielerley Ceremonien und Obfervanzen erdacht,
und den armen Seelen ſo viel damit zu ſchaffen
emacht hat, daß fiedaben ver innerlichen Sorg⸗
d vor ihre wahre Bekehrung vergeſſen, und
hingegen vergnuͤgt geweſen, wenn ſie den vorge⸗
ngsrechten Bann zc. 987
ſchriebenen Umftänden allen ein Genuͤgen gethan.
Die ganze Relation der Hiftorien gibt e8 deuslich,
daß in den allererften Zeiten die ſchlechte aber
ernfthafte Arc der Kirchenzuche ihren gewuͤnſch—
ten Segen und Effect gehabt, hingegen die an-
dern von Menfchen erfundene und affectirte Ge»
bräuche wenig Gutes zur Beſſerung geftifter.
Micht weniger, daß über den Drangfalen der
Ehriften alles viel Heiliger, züchtiger und fitefa-
mer in den Gemeinen zugegangen, als nachmals
unter der angehenden aͤuſſerlichen Gluͤckſeligkeit,
da der ſich taͤglich vermehreuden Menge der
Chriſten gleichfam ber Zügel nachgelaffen, und
die alte genaue und fonderbare Aufficht auf eines
jeden Leben vergeffen worden. Denn da ift nicht
allein die ea eines jeden Gliedes vor das
andere unterblieben, als ſich Böfe und Gute,
Bekehrte und Unbefehreezum Chriftlichen Haufen
aus weltlichen Abfichten gefellet haben; wie wir-
oben im 4. Eapitel geſehen: fondern auch diejeni⸗
gen, welche fuͤrnemlich darzu beftellet waren, und
Davon Titelund Befoldungen Hatten, lieffen bie
hoͤchſtnoͤthige Kirchenzucht entweder ganz untere
megen, oder mißbrauchten fie meiftens zu ihrem
Hochmuth und Muthwillen.
3. Damit ich aber nur in etlichen zeige, wie
man von ber alten apoſtoliſchen Weiſe der Kir⸗
chenzucht ganz abgefallen geweſen, fo iſt im vori⸗
gen Capitel ſchon gezeiget worden, wie gleichwol
der Bindeſchluͤſſel von dem HErrn JEſu ſelbſt al⸗
len Apoſteln, und in ihnen der ganzen wahren
Kirchen, ſamt allen derſelben lebendigen Gliedern
mitgetheilet ſey, alſo, daß dieſe Gewalt mit Zu⸗
ziehung und Einwilligung ihrer aller gegen die, fe
es wahrhaftig verbienet, zu brauchen geweſen.
Dahero aud) die Verftandigen annoch bey dem
Verfall denen Bifchöffen alleine ſolche Gewalt
nicht zugeftanden, fondern gleichfam noch einen
Schatten von der erften Weife übrig behalten, da
die Aelteften von der Gemeine in Ölchem Hark
oder Berfammlung mitfaffen, wenn ein offenba⸗
er Sünder ausgefchleffen werden follte. Denn
da geftunden fie gerne, wie auch die Aelteften zu
dergleichen Handlungen mit gehörten, ja diefetbe
Macht ohne Zuziehung der Bifchöffe wirklich
exercirten. Alfo war Ehrpfoftomus annoc zu
Antiochia ein Aeltefter, und drohete doch öffent:
lich) in der Gemeine denen Ungehorfamen,“*er woll-
„te ihnen insfünftige verbieten, nicht in die Ver—
„fammlung zu fommen,„e). Und Hieronymus
it iii 2 faget
a) Terrullianus Apol.c.39. b) Augufinus de BoneDifcipl.c.ı. c) Homilıy. in Matth.
*
983
faget ausdruͤcklich von Finem Aelteſten/ d
„Frey ftehe, einen RL: Home, An 3
8
u über-
„geben zum Verderben des Fleifches, daß fein Geift (
„felig werde am Tage des HErrn ZESU,d):
Welche Worte fo gar auch noch im 9. Seculo
ein ganzes Concilium wiederholet und gebilliget
hate). Wie denn aud) dergleichen. von einem.
geringern Kirchendiener , oder gar von einem
Mönch dem Kayfer. Theodoſio dem Juͤngern
gefchehen, und vor gültig alferdings erkannt wor-
den f), Welches zwar freylich noch Lange nicht
dem Sinn CHrifti und der apoſtoliſchen Praxi
gemäs war, jedoch zum wenigſten weiſet, wie
denen Bifchöffen die abfolute Gewalt Bierinnen
alleine keinesweges gelaffen worden, Welches
auc) fo gar aus der gefunden Vernunft offenbar
ſeyn möchte, wie es einer mit einem gefihickten
Gleichniß vor Augen leget: Gleichwie es nicht
„dem Medico oder einem ganzen Collegio der
„Medicorum alfeine zukommt, einen Richter zu
„feßen , der die ausfäßigen oder confagiofen Leu⸗
„te austreibe, fondern der ganzen Bürgerfchaft
„oder — Ausſchuß: Alſo gehoͤret keinem Prie⸗
„ſter alleine, oder einem ſolchen Collegio, daß es
„um einer geiſtlichen Krankheit oder offenbaren
„Sünde willen das Urtheil alleine abfaſſe über
„die, ſo aus der. Gemeinſchaft ſollen geſtoſſen
„werden, ob gleich ein ſolches Gerichte nach ih—⸗
„rem Rath eingerichtet werden foll g).
4. Und freylich gehörere allerdings diefe Anftale
und Vorſorge der ganzen Ehriftlichen Gemeine
zu, als welche mit Zufammenftimmung aller if-
ver Glieder durch die Ausfchlieffung der. offenba=
ren Suͤnder zeugen mußte, daß jener Leben ihr
nicht gefiele, fondern daß fie vielmehr darüber
Mitleiden und Schmerzen empfunde: welches
Zeugniß vor GOtt und Menſchen hoͤchſtnoͤthig
war, Ingleichen mußten ja alle Chriſten zuſe⸗
ben, daß Fein Sauerteig Den ganzen Teig ver
fäuerte, fondern fich alle bey dem erwieſenen Ernſt
fürchten lerneren. Endlich war auch nöthig, daß
der Suͤnder felbit wirklich erführe, wiefein wah⸗
rer Chrifte an feinen Gebrechen Gefallen krüge,
fondern er allerdings noͤthig hätte fich wahrhaftig
zu befehren, und ihnen allen in der Heiligkeit nach⸗
zueifern, da er dergleichen weder thun noch billi⸗
gen ſahe, was er gethan hatte b). Alfo durfte es
nun nicht auf eines oder etlicher Menſchen Gut⸗
achten und Yusfpruch anfommen, Die man vor
e) Homil 17. inMateh. d) Epifl.adHeliodor. €)
g) Marfilus FicinusP. 11. Defenf. Pac.€.6.. h) Chernzitins P. IE. Exam. C, Tr. p: 7ttı
zum, 5) Epill.59. 4) Vid, de Serapione Euſchiu- lib, VI c. 44: ———
"3.8, Von Dem Dita Bar Epefen von:
uns 8.n0ch Zuflucht fand,
nd geſchwinder zur Beſſe
de, Und fo hieltemans (
Mar: dem gewuͤnſchten Effect,
a:
r Gemeine geſchahe; jo
nnehmung. ı no
Be,
i che
die Gemeine, ob und wie r
soiederum zur Gemeinfchaft 3
Cornelius aus der Römifchen® ausdruͤck ⸗
lich gedenket, “die Gefallenen wären mit groſſee
„Einſtimmung des Volks wieder angenommen
„mworden,,i). Und erg erwehnet gleich»
falls, “daß es unrecht gewefen , wenn mañ ohne
»Borbewußt und Sürbitte des Volks ſolchen wie⸗
Derum den Frieden ertfeilet,,k). Detgleichen
Erempel unter den Berfolgungen genug gefya-
ben, da wol die ganze Gemeine vor einen ausge
fehloffenen Sünder bat, und ihren geneigten
Willen, ihn wiederum vor ihr Ölied zu achten, an⸗
jeigete 1). N ir Zuatlas Arte a
5. Diefe — Weiſe mit denen Gefallenen
zu handeln, e bald Darauf durch den einbre⸗
chenden Hochmuch der Biſchoͤffe gaͤnzlich verfeh-
ret, und durch ihre Lift und Gewalt ihnen alleine
yugeelgne zumal da die Gemeinen von i
eßrern verſaumet und in geiftlichen Dingen ni
mehr fleißig unterrichtet worden. Denn alſo wußten
die Leute entweder wenig von ihren hergebrach⸗
ten Rechten und Freyheiten, indem Die Biſchoͤffe
mit Fleiß davon flille ſchwiegen, und immer
das Öegentheil zu lehren anfiengen; oder ſie wur⸗
den, wenn fie ja etwas davon wußten, in @r-
balfung derfelben nachläßig, und gaben fafta —J
ie DH: allzu Titige Nändee,
verloren, weil d
und oft Die auſſerſte Gewalt brauchten, ſich in.
ihrem unrechten Beſitz fefte zu. fegen. Deswe⸗
gen ſiehet man in dem Nicenifchen Concilio, wie
die Gewalt, von der Gemeine auszufchlieffen, blos
denen Biſchoͤffen zugeeignet, und weder ber
andern Kischendiener noch der Gemeine * el
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Eonei. Hhnisgrad: €.54." h Dhenderitusib,
i) Epilh,
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gfündern au lichen fro
„men us (weil damals nemlich nur etliche
sgefchloffen
„iaſſen worden wäre: D
# zo aus Affecten h ng
hen,
a ei n,
wenn nicht dem 8
feinen Collegen und
hen from:
I von denen Per-
er ollten, uͤber⸗
alſo waͤre nicht ſo
efündiget worden, n),
einem Haufen Schein-
men zu practiciren, und
je Jurisdiction und Bots
e geraubeten Gewalt zu ma-
a,man fprach denen, foman nun zu Layen
und Idloten gemachet hatte, das Recht bey fül-
hen en etwas zu thun, feblechterdinges ab,
‚damit man den unterdrücken Leuten nad) Gefals
len auf das ärafte mitfahren koͤnnte. Weswegen
„och fromm waren,) das Urthe
„fonen, die au
Alleine, man wußte un
urfachen Dies &
endlich gar e
mäßigfeit aus fi
unter andern folche tyrannifche Schlüffe fielen :
Ä
&.
„Wenn ein faye von einem Priefter gebunden
„würde, und er den Priefter wiederum binden
würde , fo foll er nicht gehöret werden, obne
von dem Hohenpriefter ‚nach dem Willen
der Kirchen, Woferne aber ein Meltlicher
aus eigenem Gutduͤncken diefes fich ——
„wuͤrde, ſoll er drey Jahr lang von der Kirchen
„verſtoſſen ſeyn, un dern ſollen dergleichen
i Deraeftale faſſete die Cleriſey
ith, alle ſogenannte weltliche Leu⸗
te, die ihren Gedanken nach keinen Geiſt hatten
oder haben ſollten, von ihrem Beachten Recht
auch darinnen zu verdrängen, und von deflen
Gebrauch mit lauter Gewalt abzufchrecken, wo⸗
mit denn der voͤllige Grund zu denen uͤbrigen un⸗
erhoͤrten und ganz greulichen Mißbraͤuchen bey
dem ſogenannten Bann wurde.
6. Die griechifchen Kanfer widerſetzeten fich
war folchem gefährlichen Unterfangen der Eleri-
dep ‚ fo gut fie Fonnten, richteten aber wenig aus,
nachdem ihre Gewalt ſchon allzu Koch aeftiegen
d der weltlichen Mache faſt gar entſeſſen war.
erdeilen warb doc won Juſtiniano, $eone
und andern diefes Geſetz publickret: “Es füllte al:
„ten Bifchöffen und Xelteften hlermit verboten
„fen, jemand von der heiligen Gemeinſchaft ab»
„uſondern, ehe und bevor Urſache angezeiget
„werde, warum die Canones folches zu thun bes
„fehlen, 9), Welche auch unter der Cleriſey
noch ein Gewiſſen hatten , bie geſtunden ganz
aerne, daß es nad) Chriſti Worfchrift und der
Apoftel Exempel viel anders hergehen müßte,
. ‚dio Dindif
, den fündigenden
blüffels und dem ungerechten Bann ꝛc.
wenn die Kirchenzucht rechtmäßig fern fol “
Denn da babe Ehriftus befohlen, man file:
marnen und erinnern, nachmals zwey oder
drey Zeugen darzu nehmen; dannn, wenn
es noch nichts helfen wolle, es der Gemei—
ne ſagen, und endlich bey ausbleibender Beſ⸗
ferung ihn als einen Heyden und Zöllner ach-
ten, Matth. 13, 15.18. Und alfo muͤſſe ein
jeder Ehrilte den muthwilligen Sünder von
feinee Brüder und Gemeinfchaft ausfchlieffen,
nachdem er zuvor alles nicht den Lehrern als
feine , fondern der ganzen Gemeine angezeis
get hatte, Es. müfle auch ein jeder Chriſte
um die Geligfeit eines ſolchen Gefallenen be«
fümmert ſeyn, daß er. ihn wieder zurecht
bringe, und mit ihm eins werde; fo Babe
er ihn wiederum auf Erden gelöfet, und
fey es alsdenn auh im Himmel gültig 9).
Mit denen, die drauffen waren, hätte ein
Chriſte disfalls nichts zu thun, fondern mit
denen unrichtig wandelnden Brüdern , die
müffe er ftrafen, meiden und abfondern, das
mit fie beſchaͤmet und gebeflert würden r').
Welches alles von denen tyrannifchen Dis
ſchoͤffen hintan gefeget, und davor das Ge—
gentbeil geibee wurde, alfo, daß hiedurch die
allerelendefte Zerrüttung in der Kirchen geſchahe,
und aus den Glledern der Gemeine meijtens wie
Stlaven der bifchörlichen Herrſchaſt wurden.
7. Wie nun bey diefem Umftand der Perſo—
nen, welche den Bindefchlüffel brauchten, fo
den völlig von den Willen des HErrn und
einer Apoftel abgegangen wurde: fü gefchas
be eben diefes in den andern Lmftänden +
fonderlich in der Art und Weife, wie auch
in denen Abfichten des aufgebrachten Bannes,
Paulus und die andern erften Lehrer zeigten
Dart —J Wunderwerke, daß ihr Ernſt
Eifer wider die Sünden gerecht und uns
ſchuldig waͤre.
dem Satan uͤbergaben zum Verderben oder
Untergang des Fleifches , dadurch denn dieſe
am Leibe von dem böfen Feind geplager wurden,
daß fie alfo aufhörten zu fündigen Dadurch
Ward die gerechte Strafe von GOtt felbft gehil⸗
liget, und konnte die wahren Lehrer niemand de⸗
fhuldigen , daß fie jemand Unrecht mit Anfüns
digung ſolcher Züchtigung gethan hätten , weil
nicht fie, fondern GOtt durch feine Zulaffung ige
St iii z ven
m) Can. if n) Ofiander Cent. IIII- lib. IT. c. 105 Hift. Eee. 0) Nomo-Canon Grzcus ap. Cotelörium Tom. I,
Mon.
Gr p. ı01. p) Nonella CXXII. e. ii. et in Iure Graco-Romano P. I. tit. 9. n. 5. tum ap. Photium
sit. VIIII. Nomo Canon. c.9. 4) Angufin,de Verb. Dom. in Matyı 6,16, ) Chryfof. hop, 6. inMasth.1g.
1
ruder vors erſte heimlich
Deswegen fie ſolche Leute
— — — = f
— ar > — *
a
a.
999
ven Ausfpruc) erequirte underfüllere. Es brach⸗
te auch foldyer nachdruͤcklicher Proceß eine grofle
Scheu und Borfihtigfeit unter Die Gläubigen,
daß ein ſolch Erempel die andern alle zum hehut ⸗
famen Mandel und beftändigen Gehorfam in der
Deswegen diefe erfte -
Furt GOttes anhielte,
apoftolifche Art der Ausfhlieffung durch die Be⸗
ſchreibung ſchon einen Schauer gleichſam dem
Herzen einjagfe, wenn es hiefle, einen dem Ga:
tan übergeben, und zwar in der Kraft Chriſti,
von dem Leibe Chriſti abfchneiden und hinaus
werfen , als einen Fremden, der Herrfchaft des
Zeufels übergeben u. f. fs). Weldyes nicht bloß
fe Namen und unfräftige Worte waren, mie fie
hernach von denen untüchtigen Lehrern ohne erfol-
ende Wirfung gebrauchee wurden, als welche
Kor weder in der Gemeinfchaft Chriſti noch ſei⸗
ner wahren unfichtbaren Kirchen ſtunden, und
dahero bey Mangel des Glaubens den Feind fel-
ber zu fürchten hatten, geſchweige, daß fie ande»
re ihm hätten wirklich und nach GOttes Willen
übergeben können. Geftalt wir in denen vorher⸗
gehenden Capiteln ausführlic) gefehen haben, mie
fie als Feinde des Kreuzes Chriſti ſich aller Ge⸗
fvalt und Frenheit der wahren Diener deſſelben
unmwerth und verluftig gemachet, dahero aud) nad)
hren eigenen Negeln als felbit Berbannete den
andern mit ihrem Bann nicht ſchaden Fönnen,
3. Man erforderfe zu einer Eräftigen Aus»
fehlieffung von der Gemeine, daß fie vor allen
Dingen. aus gerechten und wichtigen Urfachen
gefchehen mußte, und keiner Parteplichkeit oder
anderer Uſt und Gewalt mit Grunde bezüchti-
get werden fonnfe. Dieſes geftunde man auch
nachgebends , da ſchon vieles dergleichen in der
Ehriftenbeit vorgienge. Deswegen aud) der Kay-
fer Conftantinus M. felber die Cleriſey zu Ale-
randria erinnern mußte, “daß man niemand
„um einer geringen Arfache willen in Bann
„ehun follte, t). Weil er nemlic) in diefer Fur-
en Zeit wohl erfahren Hatte, mie unmweife und
' Bosch mit folcher Gewalt umgegangen würde
von denen, die fich diefelbe de falto ‚eigen:
thuͤmlich gemachet, und zum Grund ihrer un⸗
gerechten Herrſchaft uͤber die Gemeine geleget
hassen. Jener Lehrer geſtunde aufrichtig, daß
er Rich ſolcher Sünden nicht wollte theilhaftig
machen, wenn er fehriebe 3 „Ich Fann nieman-
„den die Gemeinfchaft verbieten, ob gleich fol:
sches Verbot noch nicht toͤdtlich, ſonder nur
s)Vid. Chryfofl. hom 5,in ı Tim. et hom. de Anathem atquealibi. Hilar.in Pf. 119. Auguf. Ep. 75.etc,
u) Augufl. lib, de Panit. laudatus et ab Kizemaro Epiſt. ad Remenies,
Trapart.lib. I. c. 19,
8. 3. Don dem Abfall der Ehriften vonder erſten Lau
als eine Arze te, ohne w
ſſ „felber — Br
„seiftlichen Gerichte * und überfüßt
iR - Denn wer wollte fi in es
„nehmen, daß er wider einen zugleich
„und Richter wäre, u) ? Nichts deſto weniger
und ungeacht der fchreflichen Drohungen GOt
tes wider alle ungerechte Richter „ ward -auch
diefe Tyranney von denen boͤſen Hirten wider
unſchuldige Schafe verüber, daß fie gar beyzeiten
in der Kirche anfiengen, diejenigen in den Bann
zu thun und aus der Gemeine zu verftoffen, wel-
che doc) nichts weniger als ein fol) hartes Tra⸗
ctamene verdienee haften, Ja, es ward folcher
Proceß zu feinem geringen Inſtrument gebrau⸗
het, die abfolute Herrſchaft zu ftabiliven, und
jedermann , ſowol Hohe als Niederige , ab
ſchrecken, daß Feiner fid) an ſolche Lute reiben
— die ſich auf ſolche ſchreckliche Art raͤchen
koͤnnten. *
9. Es betraf aber ſolche Gewaltthaͤtigkeit nicht
nur Die fogenannsen Weltlichen,, fondern aud) uns
fer denen Kirchendienern diejenigen , welche mit
dem geößten verderbten Haufen Gewiſſens halber
nicht in allen Stücken überein ſtimmen fonnten,
Denn da wurde fodann feiner verfchonet, der ſich
nur in Dem geringften merfen lieffe,. daB er Das
Intereſſe oder Reſpect der Elerifey im geringiten in
Zweifel 309. Ja, wenn aud) einem ſolchen Zeu⸗
gen ver Wahrheit nic)t alsbald durch den groffen
Bann beygefommen werden Fonnte, fo fuchte
man ihn Doc) verdächtig. oder zu einem Keßer zu
machen, wodurch ihm eben fo viel geſchadet wurde,
als wann er wirflich im Bann gewefen wäre. Wel⸗
che fonderbare Art der Abfonderung und Verwer⸗
fung immerzu in der falſchen Kirche gebräuchlich
ift. Damit aber diefes alles mit Elaren Zeugniffen
unverwerflicher Seribenten bewiefen werde, fo
wollen wir etliche davon ſelber reden hoͤren, wie
ſie uͤber den groſſen Mißbrauch des Bindſchluͤſſe
gegen unfchuldige Seelen geklaget Baben, —
ſchreibet nun Hieronymus ausdruͤcklich: “Man
„fiehet jetzund wahrhaftig an den de, men
„ſolche Bifchöffe und Xelteften, weldye, wenn fie
„eben, wie die Leute gerne berbergen, und Die
„Srommen bey fic) haben, - werden- fie neidifd),
„murren darüber, thun folche in Bann, ſtoſſen
„fie aus der Kirche; eben als. wenn man nicht
„duͤrfte thun, mas der Biſchof oder Superinten ⸗
„dent nicht ihut, und als wenn das denen Pries
„itern r
ı) Hif.
t
.
J
—
72 4 wu. -
dete, menn die Sayen alfo leben.
vegen find jenedicfen a En und
rlich, ſuchen fie mit allerhand Berfolgun:
verunruhigen, damit fie ja von aller Gott⸗
jeligkeit abgehalten werden, x). Welcher auch
anderswo zu erinnern nöthig befunden hat, daß
die Bifchöffe und Aelteſten farrer und Su:
perintendenten, die Worte Ehrifti Matth. 16. nicht
verſtunden, und dahero den Hochmuth der Phari⸗
faer annahmen, “daß ſie meyneten, fie dürften die
„Unſchuldigen verdammen, oder die Schuldigert
„loszählen, obgleich vor GOtt nicht nach dem
„Ausfprud) der Priefter, fordern nach dem Ber:
„balten der Befchuldigten gefraget werde y)⸗
10. So mußte diefer über dergleichen Tyranney
öffentlich Elagen , der doch felbft ein Aelteſter, und
alſo aus ihrem Orden war: Wiewol beyder über.
band genommenen Mache der Elerifey diefes nicht
R verwundern war, da noch zuvor unter den Ber:
olgungen ein anderer Neltefter ausdrücklich fchries
be: Wenn einer durch ein unrechtes Gerichte aus
„der Gemeine geftoffen wird, und bat gleichwol
„nichts gethan, damit er dieſes verdienet hätte, fo
nfchaders ihm nichts, _ Denn bisweilen bleibet er
„doch in der wahren Gemeine, den man heraus
„ftoffen will, und hingegen fcheinet derjerige drin.
„nen zu bleiben, welcher doch drauſſen ift,, 2)
Dem auch ein befannter Biſchof nach der Zeit durch
die Wahrheit überwunden beyftimmen mußte, und
aus der Erfahrung folgendes fehriebe: “Die gött-
nliche er laͤſſet ofte zu, (und alfo war dies
„tes bey dem Verfall gar nichts feltfames,)' daß
„auc) fromme Männer von der Ehriftlichen Ber:
„fammlung ausgeftoffen werden, welche Schmad)
„und Anrecht fie alsdenn um des Kirchenfriedens
„roillen geduldig leiden,, u. f. f. a). _ Dergeftalt
befennen die vornehmiten Lehrer der Kirchen, daß
u ihrer Zeit folche ungerechte Gerichte von ganzen
ollegiis, und zwar wider fromme und gottfelige
teute hne wichtige Urſachen, und folglich alleine
aus ſchaͤndlichen Affecten und ſuͤndlichen Abfichten
aehege worden; daß auch ſolche Urtheile wirklich
ur Erecution rer unddenen unfchuldig Ber:
—— hart 836 t haben. Die Biſchoͤffe ſon⸗
derlich, oder Superintendenten, waren ſo unver⸗
chaͤmt und verwegen worden, daß fie auch nier
mand ihres Verfahrens wegen Rechenſchaft ges
ben wollten, als wir zuvor im 16. Cap. gefehen ha-
ben ‚, dba unter andern über die Bifchöffe dieſe Klage
geführet worden: “Sie pflegen es alfo mit denen
„zu halten, welche fie ihres Amtsentfegen , daß fie
Pr
2 ns es . — — — — — —
p Von dem Mißbrauch des Bindeſchluͤſſels und dem ungerechten dann x, 998
„ſie zwar anflagen und vorgsttlos ausgeben, den⸗
„noch aber die Urfachen der Gottloſigkeit nicht an⸗
»jeigen„b). Woraus offenbar ift, daß folche uns
gerechte Richter ihnen Feiner gute Sache bewußt
geweſen, fondern ihre Practiquen heimlich halten
müffen, damit fie nicht vor den Verſtaͤndigen zu
Scyanden würden. Angefehen ja auch fonft die
bendnifchen Nichte noch eine Urſache publiciren
lieffen, warum diefer und jener verurtheifet wor:
den, zu geſchweigen, daß die a in ihren Ge⸗
wiffen verbunden waren, die Urfachen jedermantır
anzuzeigen, warum fie einen bejtrafet hatten, das.
mit die übrigen fich davor huͤteten. So aber ließ
ihnen nicht allein das böfe Gewiſſen, fondern auch
der Hochmuth dergleichen nicht zu, aus verfehrter
Beyforge, man möchte anderweit gleichfalls Re—
chenfchaft von ihren boͤſen Händeln fordern, wie
es ihre Actiones einem jeden Unparteyifchen Elar
vor Augen ftellen.
ı. Wer aber alle Klagen andern Rechtſchaf⸗
fenen erzehlen wollte, müßte ein ganzes Buch
damit anfüllen,, fo gar gemein wurde der Bann,
damit die Frommen von den Bofen beleget wurs
den. Es durfte die eingeriffene Gewohnheit aud)
die Concilia nicht mehr fo frey geben laffen, weil
man fich fo gar ſehr auch vor den Weltleuten das
mit blosgab, unddie Affecten allzu ſehr blicken lieh.
Deswegen ward nun fehon um das Ende des fünf:
ten Seculi aus Böchfter Noth an einem Orte dieſe
Verfügung gemacht: ®Wenn die Bifchöffe die
„priefterliche Beſcheidenheit hintan fegen, und uns
nichuldige oder folche Leute in Bann zu thun fid)
„unterftehen , welche doch nicht fo ſtrafwuͤrdig
„find, oder auch, wenn fie diefelbigen nicht wieder⸗
„um annehmen wollen, da fie zur Berfühnung ei»
„ten: fo foll ihnen von den übrigen Biſchoͤffen
„die Gemeinfchaft bis aufdie Zeit eines Synodi abs
„geſchlagen werden , wenn er nicht fchonen will,,c).
Gleichwie einer unter dem Römifchen Antichrift
eben auch urtheilet, “daß diejenige ſich felbit aus
„der Gemeine GOttes ausftoffen, welche fich auf
„ihre Gewalt verlaffen, und andere unverhörter
„Sache ausfchlieflen, die doch bereit feyn fich zu
„berantworten und zu rechtfertigen, d). Wels
ches wir bald ausführlicher vernehmen wollen,
wenn etliche andere Arten der Mißbräuche hierin⸗
ne werden erzehlet feyn. Man erftreckte oft die
vermeynte Strafe des Barnes von denen ſchuldi⸗
gen Perſonen auf die Linfchuldige , wenn diefe nur
jenen auf einige leibliche Weife angiengen. Gleich⸗
wie Auguftinus mit einem folchen —
Bir
3)Comm.inTit.l. y)Comm. in Matth.XVI. 2)Origen. hom.ız.inLeu. a) Aug. deveraRelig.e.s. b)sarar.
lib. 1.0.24. €) Consil. Agathenfec,3. d) Beno Cardinalis ur Vita Hildebrandi et Caral. Teſt. Verit. p. 314:
—
299
Biſchof viel zu thun hatte, der um einer einigen
Suͤnde willen eine ganze Familie, die daran nicht
Schuld hatte, in Bann thate e). Da hingegen
bey Beftrafung der Kirchendiener es fo parteyſſch
zugienge, daß ſie auch wol bey den größten Ber-
brechen dennoch nicht von der Gemeinfchaft der
Ehriſten, fondern nur etiva von ihrem Amte aus⸗
gefchloffen wurden f).
12. Ueberdis ift aud) nicht one Bermunderung
zu lefen, was bisiveilen wor thoͤrichte und recht Fin-
Difche Urfachen hervor gefuchet worden , Damitman
diejenigen in Bann thun konnte, welchen man zu
fehaden fuchte. Wir haben am Endedes vorigen
Eapitels ſchon etliche feltfame Urſachen gefehen,
worüber man den armen Leuten Buffe zu tun be-
fohfen : hier will ic) nur aus fo vielen noch etliche
gedenken. Da man ſchon im fechften Jahrdun
dert auf einem ganzen Synodo faſt nichts Flügers
oder nöthigers zu befchlieffen gewußt, als dieſes fol-
gende: "Wenn ein Weltlicher und Geiftlicher ein-
„ander zu Pferde begegnen, fo follder Weltliche fei-
„nen Hut abziehen und den Geiftlichen ehverbie-
„eig geüffen. Wenn aber der Geiftliche zu Fuſſe
„gehet, und der Weltliche reitet, fo ſoll dieſer alfo-
„bald abfteigen , und dem Geiftlichen feine ſchuldi—
„ge Ehre erweifen; auf daß GOtt, der die wahre
„siebeift, fich über allen beyden erfyeuie, und ſie hey⸗
„de zu feiner Liebe ziehe. Welcher aber diefes nicht
„ehun wird, fo durch das Eingeben des Heiligen
„‚Geiftes eingegeben ift, der ſoll von der Gemeine,
„die erin ihren Dienern verunehret Bat, abgehalten
„rverden, fo lange der Bischof felbiger Kirchen
„will, g). Auf ſolche gottesläfterliche Anfchläge
und Präterte pflegerder Satan die Seinigen zu ver⸗
führen, daß fie alle Scham folgends ablegen, und
aus Verbiendung nicht meynen, Daß es jemand
merke, wenn fieden aͤuſſerſten Hochmuth unter dem
Ramen der Siebe, das Eingeben des Teufels vor ei-
sen Triebdes Heiligen Geiftes, und ihre Tyranney
vor eine vechtmäßige Beraubung der Gemeinſchaft
der Heiligen angeben. So weit war e8 mit dem
Predigeamt Faum zweyhundert Jahr nad) Con
itantino gefommen, daß man dergleichen äufferfte
Bosheit von keinem heydniſchen Driefter, wird ver-
nommen haben. Und gleichwol maren dieſe Er ʒboͤ⸗
ſewichter nicht allein vor ihren heiligen Amtsbruͤdern
und der Welt orthodox, ſondern rottirten ſich auch
in ganzen Eoncilüs zuſammen, mißbrauchten die
Guͤtigteit der weltlichen Regenten zu ihrer Erhe—
Epiſt. 78. f) Vid. Albaſpineus lib. I. Obſ. 4.
" ER 19. ae Zieglerum lib. LIL. de Epife. e. ı1. h. 27.
73. k) Grauamina Ecclef. Germ, c. 34.
8.3. Don dem Abfall der Chriſten von der erften Lauterkeit.
8) Concilium Matifconenfe II. c. 15. h) Fulbertus Epik.
in
ie
bung und zur Unterdruͤckung
ider, Dazu — ann
te, Dazu fam auch noch derb
um deffen willen mancher rechtſch
von der Kirchen ausgefchloffen murd © Wenn,
zum Erempel, die armen $eufe den —39— und
andere von der Cleriſey auferlegte
—
alsbald entrichteten, Biefle es, man —
den Bann darmit verdienet. Gleichwie jener BE
ſchof in Frankreich an etliche fehriebe: "Sie fl
ten ihre Lehngelder abfragen, oder er mollte fie
ercommuniciren zu ihrer groffen Schande, und
ihnen den Goftesdienft verbieten, Sie foll-
„ten weder bey ihremigeben zur Gemeinfchaft kom⸗
„men, noch nad) ihrem Tode begraben werden,
Ja er wolle die ganze Gegend fo verfluchen und
„verbannen, daß man feinen Gottesdienft dar—
„innen halten, noch jemand begraben könnte h).
13. Nicht anders machten es diefe geiftliche Ty-
rannen, wenn fie, ihrer Meynung nach, jemand nur
mit dem geringiten beleidiget Batte, da alsbald der
vermeynte Bann das Miftel ihrer Rachgier ſeyn
mußte. Worüber fich die Verſtaͤndigen hoͤchlich
befchwerten, daß, wenn gleich die Priefter Mord
und Todtſchlag, und fonft die aͤrgſten Greuel begien⸗
gen, fie dennoch) einander nicht ftraften: Wenn
aber ein anderer ihnen nur das geringfte genoma
men hätte, fo müßte er gleich in Bann getban ſeyn,
und ıwenn fie esrechterführen, one Barmberzige
keit aufgehenfet werden i). Trieben esaberdie
andern falfchen Geiltlichen (Duni Inay ſo
machte es der Pabſt gewißlich ungleich ärger, alfo,
daß viel Zeit und Mühe darzu gehörte, nur einen
zulänglichen Bericht davon zu thun. Die Deut⸗
ſche Nation Bat fid) unter diefem Joch alfo darü=
ber beſchweret: “Es würden viel Ehriften zu Nont
„und andermeit von den Bifchöffen, oder ihren
„geiftlichen Richtern, um weltlicher Urſachen willen
„in den Bann gethan, aus Liebe zum Geld und
„handlichen Gewinn. Dadurd) denn die Ges
„wiffen vieler Schwachgläubigen beſchweret und
„zur Verzweiflung gebracht würden, ja um ein
„wenig Geld und Vortheils wegen mürden fie in
„Berderben ihrer Seelen , teiber, Ehren und Fa—
„milien gefeßet, k). Welches diefe ungerechre
Haushalter auch mit der. Austheilung des Abend»
mahls vornabmen , und ohne Zweifel mit der dar⸗
an gebundenen Beicht, daß fie aus liederlichen Ur⸗
ſachen denen daffelbe verfagten, welchen fie gram
waren, oder die es ihnen nicht theuer gnug begeben,
i) Richardus Cantuarienfls apud Petrum Bleſenſem
Ep- 4
Pr
= — a J
t,die billig allen Chriſten ein
B denen Armen das A
\ *
nd vorenthaͤlt, und fir
„erbitten läßt 1% Dino: N
„44. Und dieſes war abermal eine fonderliche Er-
bung der herrſchenden Cleriſey, daß, weil fiedie
Austheilung des Abendmahls allein an fic) 9630»
gen hatte, auch damit nad) Gefallen hanfhierte,
und dahero denen mit Entziehung deflelben groffen
Schaden zu thun vermeynte, welche fie zu verfol-
en Luſt hatte. Wie denn diefe Weife der falfchen
Kichenturfgeende eigen gewefen, vondem Ge:
nußdeffelben Eeinen offenbaren Sünder: und Säfte:
rer, wol aber fromme und vordie Ehre GOttes ei-
jeende eure auszufchlieffen. Noch ein gröfleres
Schrecken aber fuchte man den Unfchuldigen einzu-
jagen, wenn zu der Ausſchlieſſung vonder Aufferli-
eben Gemeinfchaft die allerfchrecklichiten Fluͤche
und Berwünjchungen geſetzet wurden, ohne Zwei»
fel aus recht gottlofer Machäffung des gerechten
Eifers Pauli, der aus göttlichen Trieb in hoͤchſt⸗
wichtigen - Angelegenheiten, propbetifcher Weife
ein und abermal fo feharfen Ausfpruch gethan.
Ob nun wol Feiner von diefen Umftänden bey der
nengottiofen Lehrern eintraf, fo waren fie do:h bey
ihrer Blindheit fo verwegenund frech, daß fie aus
eringen und nicht genugfamen Urſachen, wider
Ahr beifer Wiffen und Gewiſſen, unfchuldige See:
fen mit dem greulichiten Fluch belegen wollten , der
fieaber nicht traf, Sonderlich war diefes fo gar
gemein bey Verbannung der vermeynten Keßer,
da oft um eines Terminiund Wortes, oder einer
indifferenten Meynung willen, die Leute in den
Abgrund der Hoͤllen mußten verdammet und ver»
banner heiſſen; wovon unten mit mehrerm geredet
wird, Es iſt von dem thranniſchen und blutgieri-
gen Cyrillo zu Alexandria bekannt, wie grimmig er
auf den Neſtorium mit ſeinen Anathematiſmis
und Flüchen gewefen, welche auch unparteyiſche
Maͤnner ſchon Damals vor unrecht hielten; wie un⸗
ten ſoll gezeiget werden. Es nahmen ſich auch gan⸗
ze Concilia dieſes hinaus, daß ſie durchgaͤngig auf
allerhand geringe Fehler ihre Anathemata und
Bannfluͤche ſetzten, nur damit ſich jedermann,
wenn er nur ein Wort davon hoͤrte, fuͤrchten und
R —
‚dem Mißbrauch des Bindeſchluͤſſels und dem ungerechten Bann ec.
.
-
993
allemblinden Gehorfam in follte. Zum
—58 Wenn ſchon im Anfang des vierten
Jahrhunderts das Concilium zu Gangris diejeni⸗
gen verbannete, die etwa an einem Sonntag, in
Meynung ſich in der Gottſeligkeit zu üben, faſte⸗
ten m), nicht AN denen Berfammlungen bey den
Gräbern der Märtyrer kamen n), die gewoͤhnli⸗
chen Gaben auffer der Kirchen darbringen, oder
fonft ſich den Heuchlern in ihren äufferlichen
Berftellungen nicht allenthalben gleich ftellen
wollten 0).
15. Schrecklich iſtz auch, und ein Zeichen einer
unerfättlichen Rachgier, wenn einer gar in feinem
Teftament aus der ihm eingebilderen Macht alle fei-
ne Feinde in Bann that, famt ifren Gönnern und
Helfern, und ſie dem Teufel übergab, ehe er ſtarb p).
Gegen welches und anderes dergleichen Berfah-
ven billig in acht zunehmen war, was jene von ſol⸗
chen unverdienten Fluͤchen gegen den Antichrift
erinnerten: Wenn ung der Fluch des Banns
„vorgehalten wird, fo fürchten wir uns dor allen
„andern vor dem Fluch, weldyen der Heil. Geift
„durch, den Mund Davids ausgefprochen hat:
»Derflucht find. alle, die von deinen Geboten wei⸗
„chen. ‘Den Fluch aber des Bannes, der ohne
„Urſache gefprochen wird, verwerfen wir aller-
„dings, undloben die lieben Alten, welche durch
„Eingeben des H. Geiftes, und nicht aus Eigen»
„ſinn an denen Leuten etlicyes uͤberſehen, erliches
„‚gebefiert oder auch erduldet Haben,,a). Bey
folchen Kane wol das Vorgeben jenes Betrügers
Ichlecht Gehör, der unterdem Namen eines alten
Roͤmiſchen Auffehersdiefe Warnung erdichtet Bat-
te: "Man muß fich vor dem Urcheil eines Bie
„ſchoſs überaus fehr fürchten, ob er auch gleich ei⸗
„nen mit Unrecht in Dann thäte, r). Immaſſen
die wahren Kinder GOttes fich an folche Fulmi-
nabrura, oder Fulgura expelui nicht Fehreren,
weil ihnen ihr Gewiſſen in dem Heil. Geift Zeugniß
gab, daß der Fluch gottlofer Prediger ihnen von
ihrem himmlifchen Vater ineinen Segen verwan-
delt würde, und nur mehr Seligkeit brächte,
nad) den Flaren Worten ihres Heilandes: Se-
lig feyd ihr, fo euch die Menſchen haſſen und
euch abfondern , und febelten euch, und ver:
werfen euren Namen, als einen boshafti⸗
gen, um des Menſchen Sobne willen,
Steuer euch alsdenn und huͤpfet. Denn euer
Lohn wird aroß ſeyn im Simmel. Des:
KREEFEE glei⸗
I) Ibid.c.g2. m)Concil. Gangrenfecan.ıg. n)Ib.can.20. 0)Can. 7.8. et paſſim. p) Arfenius Patriarcha CPtanug
in Teflaniento ap. Coreier. Tom. II. Mon. Ecel. Gr. p. 17
_ enfesEpift. ad Pafchalem II. P, R. Tom. Il. Concil,
7. conf. G. Pachymeres lib. XII. Hiſt. c.2. 4) Leodi-
r) Yrbani I. Epift. p. 68.
994 8.3. Don dem Abfall der Ehriften von der erſten Lauterkeit, —
gleichen thäten ihre Väter den Propheten „von dem Abendmahl abpielte: ne
such. $uc.6,22.23. Welche theure Worte des x mer —* re
HErrn die Zeugen der Wahrheit genauer angien-
gen, als wenn Die Nachfolger der Phariſaͤer die
Worte auffich zogen : Welcher dem Priefter nicht
Fehorchen will, der follfterben,,: Oder: “Auf
Moſis Stuhl figen die Schriftgelehrten und
„Pbarifaer; u. f.f. und Daraus ſchloſſen:
„Ergo ſeyd ihr gehalten,
„Borfteher in acht zu nehmen °).
i6. Wann num einige den fhlimmen Ausgang
ſolcher Erceffe faben, fuchten fie doch nur zum we⸗
nigſten weltliche Klugheit zu gebratichen, damit
das Reich der Eferifey nicht Durch den offenbaren
Mißbrauch verftöret werden möchte. Drum
machte man bisweilen folhe Schlüffe auf den
Eoncilig:; "Diejenigen, welche von GOtt die
„Macht zu Binden und zu löfen empfangen (oder
„vielmehr felbft genommen haben), follendie Be⸗
„fchaffenheit der Sünden betrachten, und des
„Sünders Willigfeit zur Bekehrung, und alfo die
„gehörige Arzney appliciren, Damit er nicht den
„Datienten um feine Seligfeit bringe, wennerau
„beyden Seiten zu viel thut uff. Dahin
auc) viel Bermabnungen, Öefege und efehle der
Kanfer giengen , wenn ſie dem groffen Erceß in der
eingebildeten Banngerechtigkeit ſteuren wollten.
Als wenn fie alfo fehrieben : Es foll Fein Bifchof
„einen Sünder von der Chriſtlichen Kirchen aus:
„ftoffen, wo er ihn nicht zuvor nachdem Evangeli-
ziehen Befehl zur Befferung vermaßnet hat.
Bleibet aber der Sünder nach der Ermaßnung
„unbußfertig und ungehorfam, fo follen fie die O⸗
„brigfeit anfprechen, daß er gezaͤhmet und zur Be⸗
Fehrung angehalten werde. Will er fich auch als-
„denn nicht beffern , fo foll er nach den Kirchenſa⸗
„sungen von der Gemeinfchaft der Kirchen abge-
„fondert werden, u). Dergleichen auch andere
Berftändige erinnern mußten, «Haß die Unbedacht⸗
„ſamkeit der Biſchoͤffe im Zaum gehalten, und fie
„‚behutfamer zu verfahren geleßret wuͤrden, damit
„fie nicht ſo eilfertig in ißren Urtheilen waren, und
„richt fo leicht und ohne Unterfcheid, oder anders
„alsnach der H. Schrift und Lehre der Vorfahren,
„um anderer als offenbarer Sünde willen, jemand
die Saßungen der W
„ten, Zornoder Rachgier u.f.
17. Diejenigen aber, welch allen ungeachf;
dennoch von der verftockten eiep unfeheoigee
Weiſe in Bann gethan und verworfen wurden, lief:
fen ſich durch folches ungerechtes ———
abſchrecken, ſondern troͤſteten ſich der oben angezo⸗
genen Verheiſſung CHriſti, wie auch feiner andeı
arnung, wenn er allen wahren Sfüngern zuvor
gefaget hatte, daß fie würden sonden Feinden det
Wahrheit in ven Bann gethan werden. Joh. 16,2,
Weswegen dortender fromme Martinus der Cle⸗
riſey wohlantrortete, als fie ifnäufeinem Synodo
bereden wollten, er ſollte doch nicht one den Frieden
ihrer ganzen Berfammlung Bimveg geben: "Er
„bleibe dennoch in dem Frieden EHrffti,y), Und |
ein anderer gottfeliger Lehrer, Der an einige feind⸗
felige Biſchoͤffe alfo (rieb: “Wenn ihr an
„det verdammen, ehe wir mit euch communiciren,
„fd werden wir deswegen feinen Schaden davon
„haben, ‚alldierveildie fiede, unfer allerfoftbarftes
Gut, nichtverlegerwerden kann, damit wir euch
„noch zugethanfind,,2). Welches faft eben ein ſol⸗
f de Ausfpruch ift, als Chryſoſtomus aud) aus der
Erfahrung gefeser hat, wenn er behauptet, ein
Glaubiger koͤnne nicht in Bann gethan wer⸗
„denz2), Wohin auch die Warnung nod) eines
andern abzielet, wenn er ſpricht: “So du deinen
» Bruder vor einen Zöllner zu Halten ahgefangen
„haft, fo bindeſt du ihn zwar hier auf Erden, aber
‚siehe zu; daß du ihn mit Rechebindeft. Denn die
Gerechtigkeit zerreiffet alleungerechte Bande,, b);
Woraus man alfo fichet, aus was vor Grundeine
ungerechte Verftoffung und Verwerfung nicht
beobachtet worden ; gefest, daß fie auch von gan⸗
zen Conciliis oder Collegiis vor gültig geachtet waͤ⸗
ve, indem die Menge der Irrenden oder Boshaftir
gen Feinen Irrthum gut beiflen oder authentifieen
Fan. Womit denn auch diejenige Zuflucht zu dies
fer Art des Gemiffenszwangesdenen abgefchnit«
ten wurde, welche auch Darunter ihren geiftlichen
Staat ausbreiten und beftätigen wollten.
18. Gleichwol fehlete es noch nicht an Ar
ftigfeit und allerhand verwirrten ea, Ar
fonderlich die Unmilfenden in Devotion gegen ty»
ranniſche Kirchendiener erhalten wurden, wenn
fie
s) Anonyintis lib. adu. Valdenfes in Catal. Teſt. Ver. p.939. D Concil VI. in Trullo e. 102 u) Apud Gola.
‚Rum Tom. I. Conftits Imp. Artie. VI. p. 192.
1b. III. de Vita Matt.
x) Apud eundem Tom. II. p.34. y) Venartius Fortumatu
2) Bafılius M. Epift. 72. ad Epife. transmarin. 3 = ;
a) Laudatus a Balfamone procem.
ad Schol, in Coneil. Gätigr. Vid. eiuis homil. de hon excommun, mort. Gregorins Narianzenus Orat. 3. de
Pace, b) Anguftinns de Verb, Dom; in Matt, cap. 164 urn ’
‚ET
—
—
grauſamlich mit ihnen umgiengen.
d * a Saufen u Sam
w en waͤre, merkte ihr
IE hinweg gefall u in
e unums
ermäßigen Mißbro
litiſchen Urſachen Einhalt geſch
mans fo einzurichten, daß nur dasjenige Unrecht
abgefchaffet würde, wenn etwa einem geringeven
Kirchendiener unrecht geſchehen wäre. Um die
Layen befümmerten fich die Mierhlinge garnicht,
fie mochten gleich von den Wölfen Au einmal aufs
gefreffen werden: Ye mehr diefe niedergedrucker
und in die Furcht gejaget wurden, jelieber war es
denen, bis eine geiftliche Monarchie und Ober
berefchaft im Kopfe Hatten. Wenn man die welt⸗
lichen Gefege der Porentaten mitdenen Canonibus
der Coneilien zufammen hält, die von der Mäßi-
gung in den geiftlichen Strafen handeln, fo dr
manbdeutlich, daßjene noch immer dafür geſorget
Baben, damit auch dem He Menfchen bier:
inne nicht zu viel gefchabe, dieſe aber blos auf ihres
gleichen gefehen haben, und als untreue Hirten die
arme Heerde allen wilden Thieren zum Raube
überlaffence, Was war es denn Wunder, wenn
das Ausſtoſſen, Verbannen, Verwuͤnſchen, Ver—
een ‚vom Adendmaßt abhalten und dergleichen
gemein wurde, daß es auch Fein Menfch mehr
achtete, ja dasjenige meiftens zu einem Spott und
el machte, was in den erften Zeiten einen fo
roffen Nachdruck und Effect hatte. Hier kehrte
ſichs endlich ganz um, daß man die Verbannung
und Verfegerung vor ein Kennzeichen eines wab-
ren Ehriften und reinen $ehrers haften mußte, wie
ein beruͤhmter Patriarche in der Griechifchen Kir
chercdet, nachdem die Cleriſey fo gar oft und heftig
Damit um fich ſchmiſſe a).
19. Hiervon wird uns unten, bey dem Tracta>
ment der Ketzer, ein mehrers kund werden, da es fich
weifet, wieman den Bann und Fluch gleichfam als
bie vorneßmften Waffen wider diefe gebraucher,
wenn die Argumenta und gründliche Widerfe-
gung entweder gar gefehlet, oder zu ſchwach gewe⸗
En. Drum liefet man auch fo cfte, wie die Bi:
ſchoͤffe und Prälaten fich fo heſtig über die Roger
befdyweren, “daß jie nach einem Bann und Aus-
„ſtoſſung van der Kirchen mehr fragten,,, fon
dern fie ganz leicht verhöven und vergeffen koͤnn⸗
«) Vid. Coneil, Nicen.c. 5. Nomo-Canon Cotelerianus
. €) Damafcenuslib. de Hxref.
7 h)Ibideml.c.
[67
Don dem Mißbrauch des Bindefehliffets und dem ungerecbten Bann ıc.
mus can. 18. et conf. Impp. leges fupra allegatas.
&.80.de Meflälianis. f) Anonymus in Casal. Tef. Verit,p 732. g)Ibidem P-746.
Eu
995
cene). Ingleichen, “daß fie Feine Abſolution
„achteten, fondern fie alleine von GOtt haben well:
„ten, f), Welcyes fieauch daher beiviefen, weil
GHrE zu dem gefegneren Abraham gefagt haͤtte:
ch verfluche, dDie'dich verfluchen, ıB, Mof. 12,3.
tem, weil der Apoſtel fage: Die äfterer oder Flu⸗
cher werden das Reich GOttes nicht ererben,
ı Cor. 6,10.u.f. fe Dabey denn folche Pharifäer,
twelche Die Zeugen der Wahrheit unterdrückten,
ausdrücklich befennen mufiten, daß denen vermeyn⸗
ten Keßern zu folcher Verachtung Gelegenbeit ges
geben werde, weil der Bann um fehlechter Urfachen
willen 8 bäuftg gebraucht werde, als zum Exem ⸗
pel:“ Wenn einer den ae nicht Hugs bezah⸗
„le, oder nicht in die Kirche gehe,: Ingleichen,
„wenn die Cleriſey nicht die Ordnung der Rechte
„in acht nehme, noch dieim Bann gethane Leute zu
„rechter Zeit wiederum abfolvire» u.f.f. 8). In
welchen und dergleichen Bekenntniſſen ſtillſchwei⸗
gend zugegeben ward,daß nicht die fo genannten Ke⸗
ger und ausgeftoffenen Perfonen, fondern aller:
Dings die Prieiterfchaft felbit mic ihren Unorönuns
gen und greulichen Mißbrauchen an der Gering-
achfung des Bannes Schuld wären. Wie denn
auch Die andern Urfachen den Verſtaͤndigen offen«
bar find, warum folche Art der Strafe wider die
Bekenner der Wahrbeit fo wenig gefruchtet, als die
andern Berfolgungen, Marter und Tod. Ya,
warum vielmehrdie Anzahl folcher verfolgten teus
te immer geöfler worden, wenn die Cleriſey Laͤrm
gemacht, unddurch ihr Verbannen und Verketzern
mehrern Leuten eine Begierde erwecker, zu unterſu⸗
chen, was doch eigentlich diefes ſeyn muͤſſe, worauf
die Be ſolche Drohungen und Strafen gele«
get bh).
20. Memlich die Haupkürfache ihrer Beſtaͤn⸗
digfeit bey aller Ausftoffung und Verbannung
war ſonderlich diefe: Sie waren durch den Heil,
Geiſt aus dem underrüglichen Wort GOttes auf
eine göttliche Are überzeuget, daß der gegenwaͤr⸗
tige Suftard der Kirchen, und fonderlic ihrer Seh:
ver, weder mit dem göttlichen offenbarten Willen
noch mit den erſten Gemeinen im geringften uͤber⸗
ein komme. Und weil fie dieſes nicht allein im
Herzen glaubten, fondern auch öffentlich bekenne—
ten, fo wurde ihnen freylich von denen mie Worten
und Derfolgungen widerfprechen, welche ben fol-
chem Verderbniß den größten Vortheil in zeitlicher
Ehre, Luſt und Nusen hatten, und denen es daher
RE Eee 2 unge:
d) Photius Ep,urs.
Fr
996
ungelegen war, die Zeugniffe folcher vermeynten
Reber gut zu rl Da demnach diefe Knechte,
EHrifti weder fonftdas geringfte Unrecht billigen,
vod) auch) diefes annehmen konnten, wenn fie als
Feinde CHrifti und feiner Kirchen von den verderb-
ten Lehrern tractiret wurden; fo mußten ſie im Ge⸗
gentheil nothwendig ſich freuen und huͤpfen, wenn
fie von den Leuten verworfen, und mit CHriſto
verbannet würden. Und diefe Bewandniß hates
num mit dem unrechtmäßigen Gebrauc) der Aus-
foffung von der Gemeine unter dem Berfall im-
mer gehabt, vonder Zeitan, da die Gottloſen und
Heuchler in der Kirchen die Oberhand erhalten,
und der Frommen täglich weniger worden find,
Denn daiftleicht zu ermeſſen, wie folche ohnedem
ohmmächtige Gemüther in feinem gottgefälligen
Gebrauch foldyer Gewalt ftehen blieben , die ihnen
zumal niemals mit Recht alleine zugefommen ; ge-
fchmeige, wenn fie dur) den Gegenfaßder befann-
ten und vereheidigten Wahrbeit,
die Be er ‚ihrem ale zur Rachgier und
ranney aufgereizet wurden.
* Sleichvie aber die Hebung folcher ungerech-
ten Gewalt wider die Frommen unausſetzlich
von den Boͤſen fortgeſetzet; alfo iſt hingegen nach
und nad) die gebuͤhrende Beſtrafung der oͤffentli⸗
chen Sünden, Schanden und Laſter unterlaffen
worden. Die Urfachen waren vornemlich, weil
aus Nachläßigkeit der Lehrer die öffentlichen Aer⸗
gerniffe und Sünden fo erſchrecklich überhand ge:
nommen hatten, daß jene an allem Einhalt und
Effect folcher Riechenzucht verzweifelten: fodann,
yoeil die ehrer felbft meiftens mit eben fo vielen und
groffen Sünden beſchmitzet waren, als die andern,
welche fie trafen follten, und dahero von ihrem böfen
Sewiſſen an allem Ernſt und Eifer wider die öf-
fentliche Bosheit gehindert wurden. Der Berfall
der alten Zucht der reinen gehrer nahm bald mit der
angehenden aͤuſſerlichen Ruhe ſeinen Anfang; wie
in diefem und dem vorhergehenden Capitel gezeiger
worden. Denn da müflen wir ung erinnern, was
maffen die öffentlichen Befenneniffe der Sünden,
und dabey aufgelegte Züchtigungen beyguter Zeit
b) Lib. de Fide et Oper. e. 19.
8.3. Don dem Abfall der Ehriften von der erfien Eauterfeit.
‚die fhwerften Sünden und Aergern
wie aud) durch
WERTET
—
von den Biſchoͤffen zum unerſetzli
aufgehoben ; ja, wie in der Griechife
fe Unterfuhung und Prüfu
gends gänzlich unterlaffen worden
bierinnen fo nachlaͤßig und leichtſinn
Öemeinen geduldet, und Feiner Y
verth gehalten wurden.
22. Geſtalt unter andern Auguſtinus gedenket,
„daß etliche ſchon damals vorgegeben, als waren
„nur drey Todfünden, um welcher willen einer
„aus ber Öemeinemüß ' ic
„oer Todtſchlag, Eheb
„übrige konne man ſchon mit?
h), Wiewol dieſes faſt noch weni
folgenden und in der verderbte
waͤhrenden Greuel, da keine einzig
der Ausſchlieſſung J wird. Denn,
wenn die ganze fichtbare Kicche durch Lehrer und
Zuhörer von laufer Aergerniffen angefüllet wor»
den, und alfo nichts reines mehr an ihr zu tif,
ausgenommen. etliche wenige Verborgene des,
Herten; fo Hilft freplich Fein Ausfchlieffen , weil fo-
dann der größe Theil abgefonderet werden müßte,
welches aber fo langedem HErrn vorbehalten wer⸗
den muß, bis er ſich feiner Heerde felbit annimmt,
Indeſſen ift aus dieſem und vorhergehenden Be⸗
richt diefes ganzen Buchs zu ſehen, wie der Binde:
fhlüffel unter dem Verfall durchgehends von
den Böfen entweder gar nicht, oder übel und wi
der die Freunde GOttes gebrauchet worde
wie berfeibe in feinem rechten heiligen Gef
gänzlic) vergeflen und verloren worden, nachdem
ihn die Gottloſen zu ſich reiffen wollen, und gleich⸗
mol bey ihrem fündlicyen Zuftand gegen ihres glei-
chen nicht brauchen mollen noch Dürfen. Wel-
chen offenbaren und greulichen Mangel fie gleich,
fam durch defto öftern Mißbrauch des Lüfer *
ſchluͤſſels in der. Beicht und Abfolution erfegen
tollen, damit fie doch noch etwas zu thun hatten,
und nur in einigen ihre vermeynte Gewalt und
Herrfcyaft über das Volk behaupten koͤnnten; wo⸗
von oben ſchon Bericht gefchehen iſt. Piuiee
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Das
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—— yes
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Be Base, Kapitel,
EEE *
Von der Herrſchaft der verfallenen Cleriſey über die Ge⸗
wiſſen/ durch Concilia oder geiftliche Verſammlungen und der:
en. aelben Schluſſe
Summarien.
gi untet dem Verfall find kein Beweis der Kirchen Gluͤckſeligkeit; Verkändige erkennen folche nicht abſolut nd:
thig. $.ı. Der erften Chriſten Eoncilien Beſchaffenheit hat keine Gleichheit mit den folgenden : Lutheri Urtheit, ob
neilia ndtbig ? Falſche Meynung, als ob deswegen fo viel Ketzerey entitanden , weil feine Coneilin gehalten 2. In
den erften Coneilüs wurde den Gemeinen nichts aufgedrungen. 3. Ein goftacfällig Coneilium muß fich nach Gottes
Mort richten, nicht nach Menſchenſatzungen, oder der Elerifey Autorität: es taugt nicht einen Schein zu machen, als 0b
die Heil. Schrift allein follte die Regel ſeyn, mo man fich nicht danach richtet; 4. item neben die Bibel ein Convolut
Traditionen zu legen, die Schluͤſſe der Väter vor Dinge von GHOft eingegeben zu halten, oder fie gar der Heil. Schrift
Teich zu achten, 5. welches eine offenbare Gottesläfterung ; man fucht durch biſt die ınajora Vota, 6. ‚uf der erften apo⸗
oliſchen Weiſe zuwider; Mota find nicht nach der Anzahl, fondern nach der Kraft zu ſchaͤtzen 7. Die Verjonen, fo bey
den Eoneiliis geweſen; unter den Verfolgungen machten die Chriften felbft dergleichen Anftalt, nach Conftantino die Kay:
fer. 8._ Der mabre Pröfldent wird hintan gefegtz 9. Bifcböffe fuchen fich überall fouverain zu machen, die allermeiiten
find sehr ungeichickt: 10,
die Layen und geringere Kircbendiener werden von Coneiliis ausgeichloffen, was das Recht der
Chriſten bierbey fen. 11. Bey dem gpoſtoliſchen Eoncilio waren Die Brüder insgeſamt daben, auch unter dem Verfall gibt
mans denen Vornehmen zu. ı2.. Biſcho
ffe wiffen keine Maaß in ihrem Hochmutb zu halten, fpielen überall Meiterz 13:
ihre Mittel_bieriu umaͤhlig, beruffen fich auf das Eingeben des Heil. Geiftes, waffnen fich mit dem ärgften Bann, mit
thoͤrichten —— 14. wenden den Titul der ganzen Kirchen vor, die Schrift jagt, es gebe auch Conſiſtoria der
Boshaftigen. 15. Re
der Mißbrauch der m
wang der Geniffen. 18.
innen. ı7. Das äufferliche mar noch nichts gegen dem
vhptiſche Laft der Chriſtenheit wi dem Gewiſſenszwang; 6. Eine Stuͤtze ſolcher Tprannen
ichen Gewalt , Diofcori grauſam 1
die äraften Ketzer hielten gar off Coneilia, die Artaner, Donatiftenz 19. c8 liefen grobe
Irrthuͤmer und font viel Gebrechen daben vor: auf dem Nieeniſchen wurde die Priefterebe verboten, welches ein jehlech-
ter Mann twiderleget. 29. Wiejerne einigen Conciliis ein Grund der wahren Glückieligkeit der Kirchen zuzufbreiben ;
Anmerkung über das Niceniſche, Conftantinus wollte fich dadurch um die Vriefterfihaft wohl verdient machen; zı. fletiche
fich gefinnete Prieſter hatten groffen Wortheil dabey; 22. die Beyſitzer bezeigen ſich daben fehr-ärgerlich, verklagen fich
unter einander, der Kayſer nsirft alle ihre Klagefchriften ins Feuer: 23. Der Nicenifchen Patrum Nudität, wiefern Eu:
febius gelehrt zu nennen; 24. grobe Irxrthuͤmer, jo darinn vorgangen. 25. Der Ausgang deffelben vor die Kirche ſehr
Ki, Hılarii Bekenntniß davon. 26,
* nr
achbem auch unter andern die kin
—9 keit dev Kirchen unter Conſtantino M.
deswegen geruͤhmet wird, weil man da⸗
Sega we e, freyeConcilia,oder öffentli-
e geiftliche Berfammlungen in Religionsfachen
zu balten: Als ift auch diefe Rede noch Fürzlic)
Be en, und fonderlich zu unterfuchen, ob die
leriſeh auch nicht diefe Gelegenheit zur Erhal:
tung und Befeftigung ihrer Herrfchaft mißbrau⸗
N het habe, Beydes will ich in einem fummarifchen
Bericht unparteyifch erörtern, und überhaupt be:
weiſen, daß die Concilia , tie fie unter dem Ver:
fall gehalten worden, Fein Beweis oder Merks
mahl eines glückfeligen Sahınos der Kirchen ges
weſen feyn. Bor aflen Dingen ift wohl in acht
u nehmen, wie die Verftändigen feine abfolute
j Norhiwendigfeit ſolcher Concilien erkennen, fons
a) Vid. Zieglerns lib. I. de Epiſe. c. 18. n.2
dern gerne gefteßen, daß vor Conſtantino M.
die Gemeine Eprifti in die drenbundere Jahre
ohne dieſelben fehr wohl floriret Haben. Zwar ha⸗
ben die Apoftel eine Berfammlung unter einan-
der'gehalten, Ap. Gefc). 15. aber en feine fo un⸗
bedingte Nothwendigkeit erkannt oder beftätiger,
daß nicht die vorgelegte Streitfrage von einem
folhen @sonvevsw oder durch GOtt regierten
Apoftel haͤtte entſchieden Fönnen werden 2). Uns
ter den Berfolgungen bat die Kirche fo lange Zeit
ohne folche Concilien geftanden, ohne daß fie vor
den Heyden dergleichen folenne Berfammlungen
aͤtte anftellen dürfen. Geſtalt damals denen
beiften alle Zufammenfünfte fchlechterdings von
den Heyden verboten waren: Ya, auch jedermann
im Roͤmiſchen Reich unterfaget war, einige Ber:
fommlungen oder Collegia ohne des Roͤmiſchen
Kay⸗
998
Kayfers oder Raths Vergünftigung anzuftellen lerdings unter und nach ihm viel gröffere
b): alfo, daß die nöthigen Angelegenheiten und fi
vorfallenden Steeitfachen in ifren heimlichen Zu-
fammenfünften find. entfchieden und abgethan
worden.
2. Es werden zwar von denen Hiftoricis un⸗
terfchiedliche Concilia erzehlet, welche in den er-
ften dreyhundert Jahren unter ven Chriften fol:
len gehalten worden feyn c): Sie haben aber al-
lerdings Feine Gleichheit noch Verwandſchaft mit
Denen, welche nachmals unter der aufferlichen Ges
walt verfammlet worden; wie wir bald augen:
fcheintic) fehen werden. Denn kurz zu fagen, fo
beftunden die erften Concilia, wenn fie ja alfo im
rechten Verſtand zu nennen wären, aus’ der gan⸗
zen Ehriftlichen Gemeine, ohne Ausfchlieflung
einiges Gliedes derfelben; die Schlüffe wurden
aud) durch einhellige Uebereinftimmung, und
nicht durch die maiora oder Einftimmung nur der
meiften gemachet, und fonderlich denen übrigen
Brüdern an andern Orten nicht befehlsmweife
aufgedrungen, fondern freywillig und mit gutem
Grunde von ihnen angenommen. Welche orm
man ſonderlich in dem apoftolifchen Concilio zu
Serufalem vollkoͤmmlich antreffen wird, wennman
die Hiftorie deflelben aus der Apoftelgefchicht ge:
nau betrachtet. Welche Berfammlungen aber
auch davon in diefen erften Zeiten abgegangen ſeyn
möchten, werden eben von den Berftandigen fo
wenig vor rechtmaͤßige Eoncilia gehalten, als die,
fo unter dem Berfall den Gewiſſenszwang be-
fordere haben. Im übrigen bliebe doch von den
erften reinen apoftolifchen Gemeinen wahr, was
$ueherus zu feiner Zeit gefchrieben, und auf etlis
che Gemeinen gegogen: Welche Gemeinen Durch
„oie Gnade GOttes in der Neinigkeit des Worts
„und wahrem Gebraud) der Geheimnifle, wie
„auch in der Erfenntniß eines jeden Berufs und
„ver wahren Gottfeligfeit erleuchtet und befeſti—
„get find, die haben Feiner Concilien nöthig, duͤr⸗
„en aud) in diefen Stücken von denen Concilien
„nichts beffers hoffen oder erivarten,, d). Daß
demnach die Murhmaflung etlicher Geribenten
ohne Grund und vergeblicd) iſt, wenn fie vorge:
ben, es wären deswegen vor Conſtantino M. fo
viel Reßereyen und Irrthuͤmer auffommen, weil
man feine Concilia halten dirfen e). Angeſe—
ben die Zufammenhaltung der Zeiten vor und nach
diefem Kayfer offenbarlid) an Tag leget, daß al
chmwerere Verwirrung, Zank und
treit in dee
Religion entftanden, als jemals zuvor.
Ja, die
dor nenneten, gejtritten, Haben nicht weniger durch
Huͤlfe der Porentaten öffentliche Concilia gehal-
ten, und ihre Partey Damit nicht weniger verftär«
fe, als Nr jemals thun koͤnnen; wie
meiſten, ſo wider diejenigen, welche dur
wir bald wollen.
3. Sp wenig als nun in den erften Zeiten der
gleichen Concilia geweſen, wie man fie unter der
verderbten Chriſtenheit gehabt, fo wenig hat man
auch gewilfe Canones und Menfchenfagungen er
Fannt, oder efivas Davon gewußt. enn man
bielte es unter der wahren Kirche alfo, daß, mo
ja eine Frage über Lehr oder geben eneftund, Dies
felbe aus dem göttlichen Wort entfchieden ward,
jedoch alfo, daß man Feine neue Regel oder Sa-
dung davon aufjegete, viel weniger anderen
emeinen als etwas nothwendiges aufdrung.
Dabey man aud) fonft auf die Prarin und Ge:
wohnheit der Gemeinen zu fehen pflegte, aber
doch Feinesweges einen Zwang daraus machen
durfte £). Hingegen gieng der Mißbrauch gleid)
unter dem Verfall mit denen Conciliis auch dar⸗
innen an, daß die Gemeinen mit vielen fo genanns
ten Canonibus und Regeln gleichfam uͤberſchwem⸗
met wurden, und eben Dadurch die meiften Mitz
teldinge zu einer nothwendigen Obſervantz einge⸗
führer und aufgedrungen worden ge). Ya, was
zuvor in Forme eines guten Naths ohne eini-
gen Befehl von berühmten Lehrern aufgefchries
ben war, das machte man nach der Zeit zu
gewiſſen Regeln, daran die Gemeinen als an
göttliche Ausfprüche gebunden murden: Ohne
was noch darzu von vielen Berrügern erdichter,
und als Canonifh dem armen Volk verfauft
wurde, Dahero unter und nad) Conftantino
fo viel Epiftole Canoniez, Conftitutiones und
Satzungen unter dem Mamen der Apoftel und
anderer Männer befannt wurden, welche nicht
weniger als die Concilia felbft denen Gewiffen
zum Stricdienen mußten. Daßesalfo mehr als
zu Elar ift, was vor ein groffer Unterfcheid zwi⸗
fchen denen erften Conciliis und denen folgenden
fen, welche von der Form abgegangen. Ich will
hier nur nach einigen Umſtaͤnden etwas davon
anfehen, daraus einiger maffen offenbar feyn kann,
mie die Eoncilia nach der Zeit befchaffen —
enn
P)L I. et 3. pr. fi. de Colleg. et Corp. Conf. fupra lib II. Cap. de Conuent. priu. ce) Vid. Dannhauerus Chrifteid.
Th. III. Ph. III. p.656. d) Pr&f. ad Art. Smalc. e)Ita Zidorus Hifpalenfis lib. VI. Origin c.decan. Coneil.
£) Vid.G. T. Meierus Relat. Hiftor. de Can. Colledt.n.ı. g) Zöfl. Eecl. Gorh.lib, IL. c. il. S. 4. n. 3.
WR
EEE
Pr. . ii
19. Cap. Don der Herrfebaft der verfaltenen Cleriſey über die Brwiffen, x.
Denn alle und jede nach allen Lmftänden durd)»
zugehen, und ihren Abfall von der erſten Reinigkeit
zu weiſen, twäre zwar leicht genug, erforderte aber
eit und Raum, als dismal vorhanden ift.
4. ©o war nun. vor allen Dingen bey einem
gottgefaͤlligen Eoncilio nörhig,daß es fich nad) Dem
göttlichen Worte durd) die Leitung und Führung
des Heil. Geiftes richten follte, und weder dem
eigenen Wahn betrüglicher Menfchen noch vor:
gefaßten Meynungen, noch den Traditionen der
Vorfahren, oder andern ungegründeten Satzun—
gen nachgienge, wie es gegen die Papiften laͤngſt
erwiefen worden. Diefes mußtennun auch nach
der Zeit diejenigen noch geftehen, welche doch im:
mer die Menfchenfagungen oder Autorität der
Elerifey zum Grunde bierinnen in der That
ſetzten. Wiewol fie immer dieſe mit dem goͤtt—
licyen Wort zugleich verfnüpften, und alfo die
lautere Wahrheit dadurch gleichſam frübe und
dunfel machten. Denn fo fagten fie, zum Erems
pel, von der Widerlegung derer Keger: "Man
„muß die alten Kegereyen und Spaltungen al
„lein durch die Autoricät der Heil. Schriften wi.
„derlegen, oder doch fid) vor ihnen hüten, wenn
„tie ſchon vor dieſem durch die allgemeinen
„Eoncilia der Catholiſchen Priefter widerleget
„und verdammee worden, b). Alfo, da einer
das vom Micenifchen Concilio eingeführte Wort
oͤuosci ð gegen einen Widerfacher behaupten
wollte, erwehnete er, “Daß es vertheidiget und
„behalten worden, indem die Freyheit des Ca-
„tholiſchen Glaubens die Dberhand behalten
„hätte. Damit aber der Gegenpart die Auto:
ritaͤt des Concilii nicht verwerfen Fönnte, fo feßt
er auch die Schrift darzu, und verfnüpfer bey:
des mit einander, der Gegentheil mochte prote—
ftiren, wie er wollte, daß diefer Terminus nicht
darinnen ftünde i). In den Conciliis felbft, die
doch — nach menſchlichen Erfindungen
und Geſetzen abgehandelt wurden, machte man
gleichfalls einen Schein, als wenn die heilige
ft allein die Regel feyn ſollte, darnach man
ſich richten wollte. Aber nicht allein die That
felbft bezeugete gemeiniglich ein anders, fondern
auch andere felefame Umftände, die man dabey
vornabm. Wenn, zum Erempel, man zwar das
Evangeliumbuch auf einem hoben Pult zum
Schein mitten ins Concilium legte, aber allem
P
999
Anfehen nach wenig auffchlug und um Nach
fragte. Denn da mußte diefes heiffen, Chriftus
fäfle in dem Concilio felber , wenn nur das Buch
alfo äufferlich da lag, ungeachtet die Schlüffe und
‘andere Folgen des Concilii nichts weniger ans
zeigten, als daß man ven Worten Chriſti im
Evangelio treulich und im Glauben gefolget häts
te. Was war doch diefes vor ein fehlechter "Bes
weis, wenn Cyrillus vondem Ephefinifchen Con⸗
cilio vorgab, "Es habe Ehriftum zum Beyſitzer
„an ftatt feines Haupts erwäßler, weil das Evan.
„gelium auf den heiligen Thron hingeleget wor—⸗
„Den, k)? Gewißlich, da der Friede GOttes in
Eprifto die Herzen felbiger Bifchöffe nicht bewaß-
ret, fondern fie um einiger theoretifchen Streits
fragen und MWortgezänfes willen lauter Zorn,
Bitterkeit, Fluch und Bann ausgefchaumer ha=
ben: wird das Bingelegte Evangelienbudy bey
ſolchem Tumult Fein Gehör gefunden haben,
5. Man verrieth auch damit fehon die Verach⸗
fung des göttlichen Willens, und wie man au
den Conciliis nicht gefonnen wäre, nach demfels
ben alles lauterlich zu entfcheiden, indem, wenn
auch gleich das Bibelbuch Aufferlich dahin geles
get wurde, gleichwol ein ander Conuolut von
Menfchenfaßungen, Canonibus und Traditionen
darbey liegen mußte: anzuzeigen, daß man je«
nes nicht vor genugfam und gültig achtete, fonz
dern was darinnen der Vernunft und dem Ei—
genwillen entgegen ftünde, aus diefen menfchlis
en Erfindungen fein Fönnte eingelchranfet, gloſ⸗
firet und unfräftig gemacht werden. Dahero
liefet man, wie zum Erempel ſchon mitten im
vierten Jahrhundert der Codex der vorbergehen-
den Concilien auf dem Chalcedonifchen mit
Hintanfegung der Schrift zur Negel und Nichts
ſchnur der Steeitfahen dienen mülffen, da
man immer geruffen: "Man Iefe die Canones,
„es iſt eine Regel der Beiligen Väter, dieſes müfs
„ten alle geiftliche Mönche und Chriſten lernen,
„man brauche ſich hiebey diefer Negel», u. f. f. 1).
Ungeachtet diefe alte Sagungen fo wenig mit dem
Willen GOttes ſtehen Fonnten, alsdieneuen. Ich
will jego nicht fagen, wie man dabey auf die Eine
ftimmung der Väter, auf die meiſten Stimmen,
auf das Ynfehen diefes oder jenes Mannes in»
fonderheit und dergleichen, ſich beruffen und ger
froßet,und mit feinem Worte oftauf ganzen ae
18
h) Pincentius Lerinenfis Commonit. adu. Hær 6,39. i) Auguflinuslib. adu. Maximin. e. 14. k) Cyrillus Alexan-
drinus Apol.ad T'heodof. Auguft. Conf. Acta Conciliorum pallim. 1) Ita in Adis Concilis Chalcedonenfis Tape:
Vid. Atio IV, XI. XII. e Concil. Antiocheni can. 5. 16. 17. Nicen. 2,4. Conf. co Barozins An, CCCXLI. n. 34
Eh
1000 8.3. Don dem Abfall der Ehriften vonder erften Lauterkeit.
füis durchgehends der Heil. Schrift erwehnet ha⸗
be; denn hiervon foll bald. folgen: fondern ich
will nur mit etlihen Worten erinnern, was fchon im
8. Cap. mit mehrern gezeiget worden, nemlich,
daß folche, ob wol ungegründete Ausfprüche und
Schluůſſe der Väter auf den Conciliis unverſchaͤm⸗
ter Weife vor Oesnveusa oder von GOtt einge:
gebene Dinge ausgegeben worden, dadurch denn
alsbald ein blinder Gehorſam und goͤttliche Be:
neration gefordert und erzwungen wurde. 3a,
mas noch ſchrecklicher war, man ſcheuete fich nicht,
die Concilia den vier Evarigelien gleich zu ſchaͤ⸗
gen, und obgleich fo viel Irrthuͤmer und menfchli-
che Schwachheiten, wie auch offenbare Zeichen
der Bosheit vorgangen waren, dennod) felbige
als eine unbetruͤgliche Richtſchnur den teuten an»
zupreifen m). Welches fo gar aud) durch öffent-
liche Gefege beftätiget ward, “Daß abſonderlich
„die vier fo genannten allgemeinen Concilia der
„göttlichen Schrift follten gleich geachtet werden,
„noeil alles darinn fünde, was die Menfchen zum
„ervigen Heil nöthig häften,,n). Und alſo war
man hernach nicht verbunden, das Evangelien
buch weiter auf ſolchen antichriftifehen Conciliis
Binzufegen, gefchreige um Rath zu fragen, weil
diefe vier Concilia alles mit einander ausmachen
Fonnten. Dazu denn die fleifchlich gefinnten seh: -·
rer defto geneigfer waren, je verdrüßlicher ihnen
das Wort JEſu vonder Verleugnung fein felbft,
von der Siebe der Brüder und Feinde und dergleis
chen vorfam, davor fie lieber folche Schriften und
Gebote annabmen, die ihren Ehrgeiz, Neid und
Zankfuche beforderten und recht fprachen. }
6. So war es auch eine offenbare Gotteslaͤſte⸗
rung, wenn die Concilia dergeftalt dem göttlichen
Wort gleich geachtet wurden, daß derjenige
einer Sünde wider den Beil. Beift be>
ſchuldiget ward, der fid) nicht in allem darnad)
richtete 0). _ Nicht weniger, wenn man diefel-
ben als GOttes Stimme und Wort ausgab,
und damit auf einmal aller Unterfuchung oder
Zweifel vorbauen wollte P). Alfo fiel man nun
dleich von der wahren Nichtfehnur gänzlich ab,
und zeigte damit an, wie man viel tveniger ges
fonnen wäre, fich von dem Heil. Geift bey ſol⸗
chen Berfammlungen alleine vegieren zu laffen,
da man fich nichteinmal äufferlich und zumSchein
auf GOttes Wort berief, welches doc) fonft noch
die argften Heuchler und Gottloſen zu thun pi
gen. Und weil nun dergeftalt der Grund gas -
umgeriffen ward, Fonnte man ſich freylich beyden
übrigen — weniger eines Chriſtli⸗
chen Verfahrens, ja oft nicht einmal natuͤr⸗
lichen Aufrichtigkeit verſehen. Nur e
ben davon zu geben, ſo war nichts geme
den Eonciliis, als daß man durch allerhand Lift
die Beyftimmung der meiften Afleflorum zuwe⸗
ge brachte, und alfo mit den Majoribus Votis
durchdrang und erlangte, was man nur wollte,
Diefes gieng abfonderlich denen Ehr und Zank⸗
füchtigen fehr wohl von ftatten, nachdem die en
ftenheit mit unbeiligen Lehrern und Zußörern faft
ganz uͤberſchwemmet war, und fie alfo gar Teiche
durch die Menge der Benftimmenden die Ober:
band behalten fonnten. Wir werden unten ver-
nehmen, wie auf dem befannten Nicenifchen Con»
cilio eine folche völlige Einftimmung aller Anwe⸗
fenden wider den Eheftand derer Lehrer geweſen,
daß ohne Ziveifel ein erſchrecklicher Itrthum und
Gemwilfenszwang daraus entftanden wäre, wenn
nicht ein einziger redlicher Mann widerfprochen,
und durch) fonderbare Regierung GOttes ein ans
ders remonſtriret hätte g).
7. Gleichergeſtalt gieng es auf einem RN 4
Synode zu, da man die Anbetung der Bilder eben
durch folche Maiora in der Kirchen als hochſtnoͤ⸗
thig eingeführet und beftätiget hat, Dabey diejenigen,
fo ein beſſeres erkannten, ftille ſchweigen und dem
Jrrthum Plag geben mußten, weil fie überftim«
met waren r). Durch welche und bergleiche n
Erfindungen fat das allermeifte Unheil auf d
Eonciliis und fonften angerichtet worden, wenn
nicht nur in Neligionsfachen, fondern auch in Bes
ftellung- der Aemter, in Einführung neuer Ga:
tzungen oder Ceremonien, und fonften auf diemeis
ften Stimmen gefehen, und die andern, welche
Doc) gemeiniglich Recht gehabt, mit ihren Grün-
den, ———— 9 one ‚übers
gangen, und als irrig oder untüchtig verworfen
worden s). Da doch nach der erften-apoftoli:
ſchen Weife, bey Berathſchlagung über allgemeis
ne Angelegenheiten, fein Glied der Gemeine ver:
achtet oder übergangen ward, weil ein jedes Ga-
ben des Geiftes hatte zum gemeinen Nutze und
fie in ißren Verſammluͤngen alle nach einander,
nicht
m) Gregorius M. Epiſt. 124. prout Editionibus Canonum Latinisprefixaeft. n) Iufinianus Nouella CXXXI. et L
3. 404. C. de Summ. Trinit. Add. Photius Nomo-Canon tit. ı. e. 2. et ibi in Schol, Balfamon. 0) Damajfas, in
Deeretis c. 4. conf. Ofiander Cent. IV. ib. Il. c.40. p) Anafafins Sinaita apud Corelerium Tom. III. Mon. Ec-
clef. Grec. p- 485. q) Vid. Sorrates lib. 1. c.11. x) In Synodo VII, Iconolarrica Adtione VI. s) Vid. Concil,
Antiochen. %:19-
nicht aber etliche oder diemeiften, vielmeniger die
Sehrer allein weiffagen, und den Sinn des Gei-
ftes ausfprechen durften, 1 Cor.14, 30. Wie
denn auc) in dem apoftolifchen: neilio Feine
folche Maiora gegoften haben, fondern es ward
befchloffen und denen auswärtigen Gemeinen
verfündiger, was die Apoſtel und Aelteſten,
NB. famt der aanzen Gemeine aut ge
deucht, nachdem fie einmütbiglich ver-
ſammlet geiwefen, Apoſt. Geſch. 15,22.25. Ya,
es pflegten auch wol die verftändigen Heyden die»
fes vorrecht zu erkennen, daß man die Meynum-
gen oder Vora nicht nach der Anzahl, fündern
nach der Kraft und Nachdruck ſchaͤtzen müffe: wel⸗
djes denn deſto mehr unter Chriſten und in geift-
lichen Dingen hätte gelten follen t), So fehr man
aber auf die Autorität und Menge der Bey—
fimmenden in den Conciliis gedrungen, fo def
tig troßte man auch gemeiniglid) auf das Als
terthum, wenn man in den vorigen Zeiten et
was fand, das einen neuen Sn oder ans
dere Thorbeiten zu entfchuldigen ſchiene. Das
bey man zugleich der Autorität der Concllien zu
Huͤlfe fommen wollte, wenn fie einander in vie
len Dingen miderfprachen, und alfo von den
Berftändigen nicht vor infallible gehalten werden
wollten. Dabey man denn diefe Kegel machte:
„Wenn in einigen Acten der Concilien ftreitige
„Meynungen gefunden werden, fo foll man dess
„ienigen Concilii Ausſpruch behalten, welches
„eine längere und groͤſſere Autorität hat u).
8. Was die Perfonen betrift, welche unter
dem Berfall bey denen Concilits geweſen, gibt
die — ——— nicht geringe KRennzei-
chen vieler Mißbraͤuche, die fich aud) disfalls ge-
äuffert haben. Man hat aber vorlangfl genau
unterfuchet und ausgemachet, von wem diefeiben
unter den Chriſtlichen Kayſern verfammlet wor:
den. Denn vor der Zeit und unter den Berfols
gungen haben die Chriften unter einander felbft
dergleichen Anftalt gemachet, oder doch zum we⸗
ni ten bat eine Partey unter denen Streitigen
ſich unter einander beredet und vertragen, fo und
fo eine Berfammlung anzuſtellen, wie es die His
ftorien geben, die ich jege nicht um der Kürze
willen anfüßren Fann. Unter und nad) Conftans
tino bat fid) die Cleriſey gemeiniglich an die Ro-
mifchen Kanfer und größten Herren gemacht, und
19. Cap. Don der Herrfchaft der verfallenen Elerifepüber die Bewiffen durch Toncitiax. 1001
— — — — — — —ñ — —
durch ihre Autoritaͤt und Gewalt die Conciia
angefangen und vollendet. Dieſes bezeugen nicht
allein einſtimmig die Acten von den Synodis fel-
biger Zeiten, die Reſcripta und Befehle der Rays
fer felbit, die Suppliguen und andere Schriften
derer Bischöfe; fondern es verfichern dieſes auch
die Hiſtorici mit klaren Worten. Denn fo fihreis
bet einer ausdrücklich: Nachdem die Kayſer
„Chriſtlich worden find, haben die Kirchenſa—
„hen von ihnen dependiret, und find die aller
„größten Synodi nad) ihrer Meynung Iry zy7av
„Ye⸗ ) ——— geruffen worden, und werden
Ka zufammen geruffen,, x). Von dem Ni—
cenifchen Toncilio werden wir bald infonderheic
vernehmen, mie auch von anderen, fo viel hie—
bey merkwuͤrdig feyn wird: Denn alles umftänd-
fich zu erzehlen, laͤſſet ſich Bier der Kürze wegen
nicht thun. Nur ſiehet man hieraus offenbarlich,
daß die Concilia gleich unter Conſtantino keine
Freyheit in Religions und Gewiſſensſachen mehr
gehabt, nachdem durchgehends die Hiſtorien davon
bezeugen, tie allezeit nach derjenigen Meynung
— worden, welcher der damalige Kay—
9 zugethan geweſen. War zum Erempel “die:
„ter Arianiſch, fo verfammlete er auch lauter fol:
„che Lehrer auf das Concilium, und ließ ihre
„Säge öffentlich canonifiren, die andern hinges
„gen alle verwerfen, und wol gar das arme Volk
„zu folchen Meynungen zwingen und treiben,,.
Wodurch denn abermal fein erwünfchter Effect
der Comeilien erfolgte, indem die darinnen des
fendirte Partey über den vermeynten Sieg tri-
umphirte, die andern aber fich über Gewalt und
Unrecht befchwerten, und des Concilii ungeacht,
alle beyde gleichwol Recht behalten wollten,
9. Das machte, weil der wahre undrechtmäf.
fige Director und Präfidene bey ſolchen Conci⸗
lüs hintangeſetzet wurde, und die Lehrer ihren
eigenen Gedanken und Willen meiftens nachgien-
gen, auch alles nach ihrem vorgefaßten Wahn
einrichteten, darauf fie auch mit Hintanfegung
aller Cpriftfichen Siebe, Sanfemurd und Auttich-
tigkeit beitehen blieben. Zu dem Ende hielten
die Bifchöffe bey den Potentaten fo lange an,
wenn es mit ihren Meynungen etwa Morh Bat
te, bis fie ein Concilium aus ihrem Mittel und
von ihrer Partey zufammen riefen, und alfo die-
gr til fer
t) Conf. Dan»hauerns Chrifteid. Th. III. Ph. 3. p.654 ct Hodofoph. Phen. II. p. 157. u) Apud Gratianums in Deer.
dift.g0. x) Socrase: procem. lib. V.Conft.M.A. de Dominislib. IV. de R. E. c. 3.n. 27, etlib. Vl.c.5.n. 5. 104.
Zieglerwslib. III de Epit. c. 18. Per. Molinaus lib. V. Nouit. Pap. c. 14. Sem. Seulrerus adu. Bofluetum p. gr. fegg.
Reiferus Auguflin. Vindic. p. 149. etc.
1002
Kr oder jener Lehre wiederum vor der Welt ein
nfehen machten. Welches abermal fo viel Bitt«
fehreiben und andere Urfunden ausmweifen , Die fid)
in den Hiftorien und fonderlic in den Acten der
Eoncilien häufig finden. Gleichwie auch von
dem Micenifchen Concilio gewiß iſt, Daß es
blos auf Anregen der Biſchoͤffe angeftellet wor⸗
den, oder wie es die Hiſtorici geben, nach der
Wepnung der Priefter y), fonderlic) aber
auf Zureden und durch Anftalt Alexandri, des Bi⸗
ſchofs zu Alexandria z); davon, unten ein meh⸗
ers, Von denen andern Conciliis will ich jetzo
nicht gedenken, ohne nur, wie der Roͤmiſche
Biſchof Leo auch fo gar bey einem Weibe, der
„KRanferin Pulcheria, fo oft angehalten hat, daß
„doch durd) diefe und andere Mittel die Religi⸗
„onsftveitigfeiten möchten erörtert werden;
Wie er auch infonderheit bey dem Kayſer ange⸗
„halten hat, daß deswegen in Italien ein Conci⸗
„um möchte gehalten werden, a). Alles diefes
war gemeiniglich dahin angefehen, damit durd)
die Aufferliche Macht, und wie mans nennefe,
dagBrachium Seculare, jedermann zum aufferli»
chen Gehorfam angehaiten würde, und die Cle—
rifey ben ihren Sägen und Meynungen ungeftö-
tet verbleiben möchte, Deswegen aud) denen
Kanfern zwar dem Namen nad) dag Prefidium
oder der Vorſitz und die Direction auf den Conci⸗
liis gelaſſen wurde, da inzwiſchen die Biſchoͤffe
nach ihrem Gefallen Urtheile und Schlüffe abfaf-
feten. _
10, Hiebey kann ein jeder Berftändiger leicht
erachten, wie die guten Kanfer von denen Bi⸗
ſchoffen mögen nad) ihrem Gefallen feyn herum
geführet worden, da fie meiftens noch Catechus
meni, und.alfo feine rechte Chriſten heiſſen muß⸗
ten, und wir oben gehoͤret, was dieſe vor Liſt
und Gewalt gebrauchet, ſich in allen ſouuerain
und authentie zu machen. Ja, wenn die Kayſer
oder ihre Abgefandten nicht in allem nach der Bi⸗
ſchoͤffe Meynung ſich geborfam gegen die Kirche
(wedurd) fie nunmehro allein die Cleriſey verftun-
den,) erzeigten, beſchwerten diefe ſich nicht wenig
darüber, und wenn e8 ein Öeringer gethan Bät-
te, würden fie ihn ohne Zweifel ausgeſchloſſen
und in Bann gethan haben. Alſo ſchickte Con
M. auf den Synodum zu Tyro einen
Minifter, der die Aufſicht dabey haben follte, und
fortderlich acht Haben, daß es alles ohne Partey-
) Rufinuslib. 1. c. 1.
nodicus de Conc. Chalcedon.
Lib, I. Hiff, Inquifit, 3
8.3. Dondem Abfall der Ehriften vonder exrften Kauterfei. =
lichfeit und Zanf über dem Vorſiß zugienge, meif-
man dem fchon weltbekannten Be —* Zank
der Geiſtlichen nicht trauen durfte. Leber deſen
aber beflagte man fich gleichwol, er habe das Maut
alleine gehabt, und Die Biſchoͤffe haͤtten nur muͤſ⸗
fen zuhoͤren; ohne Zweifel, weil er feine Com⸗
mißion in act genommen, und die, Geiftlichen:
von unnügem Difputiven: und Zanken abgehale
ten b). So ſtunde es nun mit denen vornehm⸗
ſten Beyfigern in den Concilien, nachdem ein⸗
mal die Ungleichheit in folcyen geiftlichen Sachen
eingeriffen war, und man mehr auf den Auflers
lichen Schein und Pracht etliher Perfonen fa-
he. Wie ungeſchickt aber die allermeiften unter.
denfelben gewefen, die geringfte Frage von goͤtt⸗
lichen Dingen zu entfcheiden, Fann aus dem vor
bergehenden Bericht dieſes Buches erfehen wer
den, da von Geift- und Weltlichen augenfchein-
lich bewiefen worden, daß fie von demerften Chri⸗
ftenthum ganz entfremdet und gefallen geweſen.
Und faget wol ein gelehrter Dann vecht, in An-
ſehung der Glieder in folchen Concilien: «Mies
„mand bilde fi) ein, als wenn die alten Zeiten
„heiliger.gemwefen wären als unſere. Es Bat eben
„der Weltgeiſt in den alten Synodis praͤſidiret,
„wecher nun Diefelbigen regieret. Auch in dem
„Nicenifchen Concilio waren folche unendliche
„zänfereyen, daß fie der Hauptſache drüber
„vergaffen, und einander verklagen und ſchmaͤ—⸗
„beten, ©) Wir werden aud) bald fehen, was
die vornehmften Beſitzer vor tyrannifche, lieblo—
fe, zankfüchtige und uncheiftliche Seute gemefen,
fo gar, daß auch gewiflenhafte Lehrer nicht ein»
mal in die Berfammlung folcher Gottloſen mehr
kommen wollten,
ır. Hier muß ich nur noch anmerfen, da
auch, was die Perfonen betrift, darinnen von a
alten Regel abgegangen worden, daß nicht al-
lein die fo genannten Sayen, fondern auch endlich
die geringeren Kirchendiener von den Eoneiliis
ausgeſchloſſen worden, ungeacht ſowol das all-
gemeine Recht aller Chriften, als die Praxis der
Apoſtel und ihrer wahren Nachfolger, das Gegen
theil klar gelehret bat. Zwar haben die Bifchöf-
fe anfänglich unter Conftantino ihren Vorſatz
bierinnen nicht fo bald entweder ausführen wol⸗
fen ober dürfen, damit nicht alles auf einmal de=
nen Regenten in die Augen fiele, was fie hierinnen
im Sinn hatten. Denn da liefet man von dem
Ni:
2) Epiphanius Hr. 68. 3) Vid. Leo M. Epift. 17. 18.30. 36. Tt. Ep. 9. et 24. Conf. Libel; —
b) Eufebins lib. III.Vit. C.Mc. 42. Athanaſius de Synod, $ Phil. Zimborch
1 Concilio felber, daß Diaconi daben
vefen, wie nicht weniger, daß ein gemeiner
Sprifte einen Keydnifchen Philoſophum von der
Wahrheit überzeuger habe, den doc) die ganze
Menge der DBifchöffe nicht widerlegen koͤnnen.
„Was aber das Recht der Chriſten insgemein
z„biebey betrift, wird von allen Verſtaͤndigen
ngsene: guaegeben \ daß auf foldyen geijtlichen
„Verſamm lungen allerdings ein jeder Glaubiger
„von denen Glaubensfachen einen Ausfpruch
„tbun fönne. Angefegen diefelbe nichts anders
ale ‚, alg eine Ecclefiareprelentatiua oder ein
„ſolcher —— die ganze Gemeine vorftel-
„ie. Ja es konne auch) ein anderer Chriſte nich
„weniger gelehrt. und mächtig in der Schrift feyn
„als ein Kirchendiener, und muͤſſe dahero al-
„lerdings zur Unterſuchung und Beyſtimmung
„in ſolchen Dingen gezogen werden,, 4). Wan-
nenhero auch die Papiſten hierinnen ſelbſt zuge-
ben, daß einer, den die Wahrheit hat, Fein Ur:
J eines einigen ausſchlage, oder feinem Aus ·
pruch ſich entziehe, auch nicht derer, welche fonft
fchon verworfen zu feyn feheinen e). Ingleichen,
„dar der Ausfpruch und Schluß in Glaubens:
‚„fachen, und die Conferenz hierüber, auch an-
„oeren als Theologis gehöre, und bisweilen mehr
„denen Layen fönne zugreianet werden, als den
„Clericis felber,, f). sie denn Die uralten For
mulen derer Concilien ausdrücklich gedenken,
daß die Chriſten insgemein dazu gelaffen und in
denen Handlungen nicht übergangen worden g).
12. Bon dem apoſtoliſchen Concilio find wir
n oben aus den Apoftelgefhichten verfichere
orden, daß die Brüder ine zeſamt dabey gewe>
fen, und in allem mit zu Kath gezogen worden.
| denen folgenden Conciliis ift es gleichfalls ge-
chehen ‚wieman aus dem andern Seculo von dem
ntiocheniſchen in einem alten Briefe lieſet h),
und von denen in Africa aus Cypriano ſehen kann
PR ‘anderer Bievon zu gefchweigen k). Es ge:
ndens aud) unter dem Verfall etliche, ob fie
es wol nur denen Vornchmen und Gewaltigen
ugeben wollten, weil fie fich vor folchen allein zu
Farchten hatten, daß fie hinter bie ihnen benom.
mene Rechte fommen, und fie mit Gewalt wie:
derfordern möchten, Ba das gemeine Volk wol
zu allem ſtiſſſchweigen und Ja fagen mußte. Wie
alfo Theodotetus zugeben mußte, “daß auch die
‚vw
der Serrſchaft der verfallenen Elerifep über die Bewiffen durch Concilia, ec. 1003
„Obrigkeit dürfte bey den Conciliis feyn mit de—
„nen andern vornehmen Leuten, welche die Theo—
„togie verftünden,, da follte man fine Meynung
„beraus.fagen: Die Bifchöffe aber follten alleine
„oarüber richten, was der apoftolifchen Lehre ges
„mäs wäre oder nicht, 1). Der Layen, wie
man fie verächtlich hieſſe, denket er mit feinem
Wort dabey, als fie nach der Meynung der Ele
riſey zu allen geiftlihen Dingen untüchtig und
gleichfam als non-Entia durd) die grauſame Um;
terdruͤckung worden waren. Dahero, wenn noch
unter dent Vorfall bey den Conciliis von weltli-
chen teuten Erwehnung geſchiehet, find nur Vor⸗
nehme zu verſtehen, welche etwan von den Kays
fern dabin verſchicket, und alſo von der Clerifey
noch, wiewol ungerne, paßiret wurden. Gleich⸗
wie noch auf dem Chalcedonenſiſchen dergleichen
geſchehen iſt m). Daraus die Scribenten ſchlieſ⸗
ſen, daß zum wenigſten ſolche anſehnliche und
kluge Politici hievon noch nicht ausgeſchloſſen
worden n). Aus welcher weltlichen Abſicht
nachmals die Gewohnheit in denen Conſiſtoriis,
welche die ganze Gemeine repraͤſentiren ſollen,
aufgefommen, daß auch neban denen Beiftlichen
etliche andere Perfonen zufigen pflegen, und zwar
an ftatt des ganzen Volks. Wovon Bier nicht
eben Raum und —— iſt, aus denen Hiſto—
rien Bericht zu thun: Der Grund dieſer Sache
kann aus dem obberüßrten von Unparteyiſchen
ſchon erfannt werden.
13. Ob aber wol diefes, was ich geſaget babe,
von denen geringen Kirchendienern noch viel
gewifler aus denen Scribenten iſt, fo bat man
doch nachgehends beydes dieſen, als auch denen
andern Chriſten mit Liſt und Gewalt genommen.
Hatten zuvor die Aelteſten und Diaconi nicht al⸗
lein ihre Freyheit, die Stimmen bey denen Be-
rathſchlagungen zu geben, fondern aud) bey Ent-
feheidung zweifelaftiger Puncte ihre Meynung
fowol als die Bifchöffe von fih zu ſagen: fü
verſchwand nachmals das Andenken bievon famt
der Sacefelber. Denn die Biſchoͤffe mußten we-
der Maaß noch Ziel in ihrem Hochmuth zu halten,
und riſſen alles zu ſich durch die Macht des bi-
ſchoͤſlichen Namens, den fie ſich mit Unrecht und
ohne Bewilligung der Gemeine angemaſſet bar-
ten. Und alfo wurde alleniandern auf den Eon:
eitiis der Mund zugehalten, und die Stimme
ut ll gleich:
d) Vid Ziepleru: de Diacon e.IX.n.4. e)Ita Barexixs Append, Annal. ad Lect. extra Exclef. Catholic. pofitum.
f) Ioh.Ger/on Declar. Verit: cred. coroll, 4. 8) Vid. Forma Synodi hab. /fdori Mercatoris apud Birnen: aliosque
et Coneil. Toler. IV. c.3.h)DurandusP, Ihtit.ır. i)Epift. Syngdica Concil Antioch. ap. Eufebinm lib. VIE c. 30:
k) Ada Concil. Carthazin. 111. (üb Cypriare, euius conf. Epift. 30.
m) Ada Concil. Chalce}. initio. n)Ofander Cent. V.lib. 11. c.7.
I) Epift. gr. ad Numam Confularem.
17
1004
gleichfam verhindert 0), Da hatten nun biefe
Tyrannen gut machen, und wurden-vecht abfo-
Iute Monarchen, zumal da auch die höchften
DPotentaten von ihnen überredet wurden, denen
Bifhöffen die Gewalt über die Eoncilia alleine
zuzufchreiben p). Deswegen fie aud) felbft die-
fes vor Feinen rechtmäßigen Synodum Bielten, da
nicht der Bifchof felbiger Divces zugegen wäre
M). Dergeftalt gieng endlic) alles in der Kirchen
vermwirret durch einander, indem die Bifchöffe
Durch ihre fhändliche Zänfereyen und Streifig-
Feiten , fonderlich durch die greulichen Attiones
aufden Conciliis überall Meifter ſpieleten. And
hiedurch ift die antichriftifche Bosheit ſonderlich
gewachfen, und hat den Siß ihrer Herrfchaft
und Hoheit unter dem Decfmantel der Wahrheit
mitten in der Kirche genommen; wie ein Scri:
bente davon redet r). Und zwar ift Diefes gleich
unter Conftantino angegangen, deffen Zeit fehr
fruchtbar von ſolchen Eoneilien, und folglich auch
von Zanf und Streit gewefen; mie abermal ein
anderer fchreibet s)»
14. Die Mittel, wodurch die Bifchöffe ihnen
auf denen Conciliis eine faft mehr als göttliche
Autorität zumege brachten, waren faft unzäß-
fig, und werden von mir bey Diefem Furzen Der
richt weder halb noch ganz angeführet werden
fünnen. Wir haben fehon gehoͤret, wie fie ſich
auf das Eingeben des Heil. Geiſtes, und alfoauf
die unfehlbare Geroißheit ihrer Ausfprüche bezo—
gen, dadurch fie einen blinden Gehorfam von al-
len gefordert und von den meiften erhalten haben.
In folcher Meynung fehriebe der beteogene Con⸗
ftantinus felber, entweder feinen Bifchöffen zu
Gefallen, oder weiler es nicht beffer wußte; “Als
„les, was in den Berfammlungen der Biſchoͤffe
„verordnet wird, das wird zu dem göftlichen Wil:
„ien mit gerechnet, t). Und fodann war es frey-
lich Fein Wunder, daß folche Concilia mit dem
ärgften Bann und Fluch fich gleichfam mwaffne-
ten, damit jedermann eine Furcht einzujagen.
„Es wird billig vor eine unchriftliche Verwegen⸗
„beit geachtet, daß fie oft um fo geringer Dinge
„willen die allergreulichften Anathemata und
„Bermaledeyungen ausgeftoflen, ob es gleich lauter
„Menfchenfaßungen und nichtiger Tand mwar;,
u), Ja , was waren hingegen diefes vor thöric)-
te Berbeiffungen, wenn fie denen das ewige Le—
8. 3. Von dem Abfall der Ehriften von der erſten Lauterkeit.
ben ftracts verfprachen, melde foldhe Menfehen
fagungen der Eoncilien Halten würden? De
mußte es Beiffen: Wenn wir biefe vier Concilia
„annehmen , und ihre Gebote unverbruͤchlich Hal
„ten werden, fo werden wir nicht allein der ewi⸗
„gen Pein entgehen, fondern auch ewige '
„erlangen, u.f.f x). Wie muß doch das arme
Volk durch ſolch unverfehämtes Borgeben irre,
und an allem, was feine Seligfeit betraf, zwei⸗
feld gemachet worden feyn, wenn es auf bloffe
— Gedanken ſolche ewige Verheiſſun⸗
gen und Drohungen geſetzet ſahe. Denn da wi⸗
derruffte die Gegenpart alle ſolche Ausſpruͤche, und
warf wol wiederum mit eben ſo harten Slüchen
um fich, und. jede Partey wollte unter dem Schein
folches Ernſts ige vermeyntes Recht behaupten ;
wie man nur aus den Actionen des Cyrilli wis
der Meftorium fiehet, weldye beyde einander auf
das graufamfte verbannet und ausgefcholten ha⸗
ben, als befannt ift. :
15. Unter folchen und andern Formuln ward
nun von denen Leuten gefordert, daß fie den Con⸗
ciliis Gehorfam leiften follten, da man den Titel
der ganzen Kirchen vormwendete, und unter dem:
felben alles vor göttlich) und unumftößig ausgab,
Was zuvor indifferent und in Chriftlicher Frey:
in gewefen war, Das machte man auf ſolche
ve zu höchftnörßigen Glaubensartifeln, und
gab deffen entweder gar Feine Urfache, oder wuß⸗
te es durch allerhand Scheinurfachen den Leuü—
ten aufzulegen. Man wollte niemand vor einen
Chriſten und Catholiſchen paßiren laffen, wofer⸗
ne er nicht die Synodalifchen Schlüffe und andere
folhe Saßungen genau und in allem in acht naͤh⸗
me; wie es unzählige Erempel ausweifen y).
Die Apoftel und ihre Jünger fegten bey ihren
Schluͤſſen die wichtigften Urfachen deutlich und
ausführlich, damit Die Gemeine alles wohl faffen
fönnte, wie damals Judas und Silas zu Jeru⸗
ſalem thaten. Wie denn auch folche einmuͤthi⸗
ge Ausſpruͤche erleuchteter und heiliger Leute al⸗
lerdings hoch zw achten find, wenn fie ihre wahr⸗
haftige Urfachen und Gründe hinzu fegen. Aber
da meynten diefe verführifche Leute mit denen neues
ren Ölaubensherren: "Es follte der bloffe Ti—
„tel eines Concilii (oder wie man fonft redet,
„Confiftorii,) jedermann alsbald in ob und
„Steine vor Schrecken verwandeln, daß man als
„leihre Decreta, Befehle und Urtheile ohne Pruͤ⸗
. „fung
0) Ita Zieglerus deDiac.l.c.n.9. p)-uflinianus Nonella CXXXVII.e.r. q) Concil. Antiochen.c.ı6. T) Neuhu-
‚fius lib. I. Fatid. c.25. s) F. Spanbemius Introd. H.E. Sec. IV. n.g. P- 12L.
Conft.M.c.ı8. u) Ofiander ad c. vlt..Concil. Carthag. I. Cent. IV.lib.
t) Epift. ap. Eujebium lib. III, Vie.
lI.c.28. x) Timotheus Presbyter de Re-
cept Heret. fine. y)Vid. velXyfliEp. Rom. E pift. ad Cyrillum Encyclicaap, Cozeler. Tom.I. Mon. Gr.
ee
*
er
19. Cap. Don der Serrſchaft der verfallenen Cleriſey über die Bewiffen durch Concilia x. 1005
fung, Udterſuchung und Beurteilung fo fhlecht-
a an. Da doch die Schri
„gebe Eoneilia oder Confiftoria malignantium
Sa vaniratis, Verſammlungen der Boshafti-
„een, Pf. 20. und der Thorbeit, * wie auch der
Gottloſen, Pf. 1. deren Sitz voller Leim, Spoͤtter
„fen: Dergleichen Concilia und Confiltoria die
„gottlofen Hohenpriefter wider die Propheten
„und Ehriftum felber und feine Apoftel gehalten.
»Damider man denn den ernften Befehl GOttes
„babe, die Geifter zu prüfen, iJoh. 4. wie ein
Theologus redet z).
16. Wie nun oben erwieſen worden, daß bie
Geiftlichen niemals leiden wollen, ihre Meynun⸗
gen und Gebote zu unterfuchen; fo lieffen fie es
viel weniger zu, wenn fich ihrer viel wider Un—
fhuldige zufammen gefchlagen hatten. Da
durfte viel weniger jemand fragen: Papa oder
Concilium f. Confiftorium, quid facis? Die
Saft der Chriftenheit war disfalls recht Egyptiſch
und unerträglicy, und das Seufzen der gefangenen
Gewiſſen höchftängitiglich, deſſen ſich doch nie
mand merken laſſen durfte, aus Furcht ſolcher
Tyranney, wie wir oben theils geſehen, theils
noch ſehen werden, ſonderlich bey dem gezwunge⸗
nen Widerruf der Ketzer. Es wurde dieſes ſo
gemein, daß auch die andern, welche noch mit
richtigem Grund und Urſachen denen Irrigen be-
gegneten, immer biefen Verdacht von ſich ableh-
nen mußten; “daß fie nicht die bloffe Gewalt der
„Synodorum brauchten, als wenn fie die Wi-
„derfacher nicht mit Grund überführen Eönnten,
„und dahero NB. mit Gewalt (mie die andern
spflegten,) unterdrücken wollten,, 2). Alfo gieng
‚es gemeiniglic wider die Unfchuldigen und wah⸗
ren Glaubigen, vor welchen man. fich fürchten
mußte, fie würden fich gründlich vertheidigen,
wenn man fie zur Berantwortung fommen ließ.
Dahero man den Fürzeften Weg gienge, daß man
etliche, die gleiches Sinnes waren, zufammen
brachte, ſolchem Eollegio den Namen eines Con-
cilii gab, und fodann mit Berdammen und Vers
bannen, * und Verjagen bald fertig wur⸗
de. Dergleichen Proceß ſchon ehemais von dem
guten Chryſoſtomo und andern erzehlet worden:
vor welchem auch die Heyden felber einen Greuel Con
gehabt Haben b),
17, Eine fonderbare Stüge folcher Tyranney
gt/ es
war der Mißbrauch der weltlichen Gewalt , oder
«des fogenannten Brachii Seeularis, da die Dbrig-
keit durch allerhand Betrug binfergangen, und
zur Beftärigung ſolcher Concilien verführet ward,
und diefe Hingegen jener wiederum einen Dienft
thaten, wie aus der Hiftorie des Chryſoſtomi
und anderer befannt üft. Deswegen liefet man
fo ofte, wie, auf denen Conciliis die größte Ge—
malethatigfeit und Graufamfeit wider Unfchuls
dige gebrauchet worden. Als wenn wider Itha⸗
cium auf einer ſolchen Verſammlung ein grauſa⸗
mes Bluturtbeil abgefaflet wurde, deswegen nach»
mals der fromme Martinus ſich aller Concilien
gänzlich enthielt e). Ingleichen wenn unter dem
Schein des Eifers vor die wahre Lehre auf einem
Eoneilio zu Ephefo, welches man das andere
Eppefinifche nennet, ein tyrannifcher Bifchof von
Alerandria, Divfcorus, die andern durch einen
ſolchen Proceß zur Unterfchrift feiner Säße brach⸗
te. Er hatte von der hohen Obrigkeit einen Haus
fon Officiers und Soldaten an der Hand, da
nun die andern Bifchöffe ihm zu Fuſſe fielen, und
vor Flavianım, den Biſchof zu Conftantinopel,
baten, ee möchte ihn doch nicht ohne Urſach ver»
dammen, ruffte er feine geharnifchte Gehülfen
mitten in das Concilium, und lieh dieſe wegtrei⸗—
ben, zwang fie mit Gewalt -zu-unterfchreiben, ja
ließ endlich Ketten und Feſſel herbringen, und
ſchickte ifnen die graufamften Soldaten über den
Hals, bis fie fich zu allem verftunden, was er has
ben wollte d). Ob nun wol diefer Mann fein
Orthodoxus hieſſe, fo that er doch diefes alles eben
unter dem Schein der wahren Lehre, und, berede-
te die Obrigkeit darzu, die ſowol, als die andern,
in gleichen allen ſich der. .äufferlichen Gewalt zu
bedienen wußten. Wie denn aud) fonft bey an⸗
dern Secten folcher Proceß nicht feltfam war,
daß man die Elerifen, fo etwa nicht in allem ein»
ftimmen wollte, mit Liſt oder Gewalt zuſammen
brachte, und fie alsdenn im Arreſt beielte, bis
fie unterfchrieben. Davon einer klaget, "daß
„man die Bifchöffe auf den Synodis in eine
„Stadt zufammen gefperret, ihnen mit Drohun⸗
„gen zugefeßet, mit Hunger abgemattet, in Froft
„und Kälte figen laflen,, u. f. fe). Und gewiß:
lich, es wurden diefe undhriftliche Arten auf den
ciliis unter allen Parteyen gar zu gemein,
daß, nach der Klage eines Seribenten, man nur
dahin gefehen, wie man Synodos wieder einen
It ll z „u⸗
2) ChemnitiusP. I.Exam.C. T.p.3. a) Proſper Aquitan, lib. de Ingratisadıu. Pelag. b)Vid. Zofmus lib. V.Hi_
ftor. c. 23. c)Sulpitius Seuerus Dial. III. n. 15.
Tom.IV. e)KHilariuslib. aduerſ. Conftant.
d) Nicephorus lib.XIV. c.47. Baronins Anno CCCCXCLIX p. 77
“24
’
*
ur»
1006
uſammen braͤchte, und ihn alsdenn öffentlich. als
„einen Keger verbannete, die Ungnade der Po-
„tentaten wider ihn erwerkte,,, und was dergleichen
mehr war f).
18. Zwar ift diefe äufferliche Gewaltthaͤtigkeit
faft geringe gegen demjenigen Gewiſſenszwang,
welcher auch von denen, fo fid) orfhodor nennten,
in allerhand menfchlichen Saßungen aufden Sy»
nodis verübet wurde, Denn da pflegten fie mei⸗
ftentheils ihre abgefaßte Schlüffe durd) Die Kay—
fer denen Unterthanen Fund und nothtvendig zu
machen. Bon dem Micenifchen Eoncilio ift bes
kannt genug, daß Eonftantinus demfelben den
größten Nachdruck gegeben, da er es mit feinen
Geſetzen beſtaͤtiget, und den Leuten anbefohlen,
reiche er an alle Kreife herum gefchicket, daß fie
ſowol die darinnen gefeßte Glaubenspuncte, als
auch die er von der gewilfen Zeit des
Hfterfefts beobachten mußten 8). Don denen
andern gedenket Juftinianus überhaupt, “daß
„pie Kanfer dasjenige durch) ihre Geſetze beftär-
„tet und befräftiger hätten, was in einem jeden
Concilio befchloflen worden, h). Go erfuchet
aud) ein Roͤmiſcher Biſchof den Kanfer Zeno-
nem, daß der Chalcedonenſiſche Synodus durch
ihn möchte beftätiget werden i). Und die Bi:
fchöffe auf dem erſten Eonftantinopolitanifchen
fchrieben deswegen an Theodoſium alfo: “Wir
erſuchen Eure Gnaden, daß der Schluß des
„Synodi durch dero Reſcript beftätiget werde, da⸗
„mit felbige auch das Ende derer Schlüffe mit
„ihrem Siegel befräftigen, gleichwie fie Die Ries
„che durch die Convocationsfchreiben beehret
„haben, k). Dergleichen faft bey allen andern
ſowol auf Seiten der fo genannten orffodoren
Concilien, als audy der übrigen vorgegangen:
welches denn dasjenige noch weiter befräftiger,
was oben gedacht werden: Nemlich ſolche Con-
cilia haben ihren Effect und Nachdruck nicht in
der Kraft des Geiftes und des lebendigen Wor-
tes geſuchet, davon Die mwenigften etwas mehr
wußten/ fondern der weltliche Zwang und Schre⸗
en follte den $euten den Glauben einpflanzen,
Das machte, der berrfchende Eigenfinn und Die
Selbſtgefoͤlligkeit der Priefter brachte fie dahin,
daß fie jedermann nad) ihrem Sinn richten wol»
fen, und ihre größte Freude und Ehre varinnen
fuchten, wenn ſch andere nach der Vorfchrift ihrer
Worte und Bekenntniſſe durch foldyen aufferli- Habt
8.8. Don dem Abfau der Ehriften vonder etflen Aauterkeit.
er * V 1
chen Zwang richten mußten: Davon olgenbes )
Eapiteln ein mehrers, s ts BE
19. Woferne weiter erwogen wird, wie die Are
Eoncilia zu Kalten, und dadurch die Leute zum
Ölauben zu zwingen, auch Denen ärgften KRegern
gemein und familiar geweſen: fo ift abermal eine
ſchlechte Glückfeligkeit und Wirkung von denen
Conciliis unter Conftantino und weiterhin zu ver⸗
muthen. Ich übergehe gerne, was zu andern
Zeiten vor Berwirenng und Ungerechtigkeit Dis
falls vorgegangen: Diefes ift gewiß, daß die
Arlaner alleine, gefchweige denn Die andern Se⸗
cten mehrere umd oft nö Concilia im 4. Ses
culo gehalten, als die, fo ſich orthodor nennten,
Nur die befannteften zu erwehnen, jo ward gleich
auf Eonftantini Specialbefehl im Jahr 335, ein
groffes Eoncilium zu Tyro wider Athanaſium
felber gehalten, darinnen Die beyden Arianiſchen
Fufebii, dev Hiftoricus und. der andere von Pix
comedia, die Bornehmften und gleid)(amPräfiden-
ten, und die Melitianer, Arianer und Enfbianer
alleine Benfiger waren), in anders wurde
darauf zu Antiochia eben auch unter Conftantino
gehalten, fonderlich wider Euftatbium, da die
Arianer abermal die Oberhand Hatten m). Wei:
ter gefchahe eins zu Sardis Auno 347. und zwar
von eben diefer Secte, Die darinnen wider Atha⸗
naſium heftig ſtritte o). Zu Sirmio wurden -
auch unter Conſtantio, dem Arianiſchen Kapfer,
ein Haufen Synodi im Jahr 351. 357. 358. 359.
gehalten 0): Unter welchen auch abermal eines
zu Antiochia im Jahr 345. wie auch zu Meyland
355. zufammen gerufen wurde: ohne Die andern,
welche zu Aneyta, Nicaa, Arles, Seleucia und fonft
verſammlet geroefen p). - Bon denen Eoncifiis,
welche die Donatiften eben in diefem Secufo gehals
fen, findet man fonderlich beym Auguſtino und Op⸗
fato Mitevisano gnugfame Nachricht: anderer zu
geſchweigen· Es it auch ohnedem ausder Reſa⸗
tion von fo vielen Arianiſchen Kayſern zu erſehen,
wenn ausder Mengeder Eoncilien eine Gluͤ Ki
feit oder auch Wahrheit zu ſchlieſſen waͤre, felbiges
ſowol einer als der andern Dartey müßte zugeftan-
den werden. Denn eshaben die Lehrer alferfeitg
bierinnen einerley Mittel gebraucht, ihre Meynun⸗
gen auszubreiten, aud) meifteng einerley Surcceß
darinnen genoſſen, und die Orthodoxi pabey nichts
eigenes oder ſonderliches nach dem aͤuſſerlichen ae-
abt, 20, Ja
f) Idem lib.aduerſus Auxent. 8) Theoderiruslib. I.e 4. h)Epift, conuocat. ad Synod. VI.in Trull. i} Euagrius
lib. IT.c.rg, KJEp Synodicaadeum. ).Erfeöiss Vie. Conft. lib, VI. e.41.42. Socrates lib.] c.28. Sozomenyslib.I. *
c. 25. Theodorirus ſib. c. 28. feggq. ete. m) Sorrares I. 2% 24. Sozom. 11. 18.19. Theod. 1.21. 22. n) Augufßinns
Epift. 163. ad Bleuf. et decretumap. Sandium Nucl. H. E.lib. LI.p. 203. o) Vid. Idem p.224.fegg. p) Ideus pas-
fim, cautiustamen legendus.
19. Cap.
. 20. Ja, wenn auch gleich einige Conciliaden Na⸗
men und Borwand ber Orchodoxie Hatten, liefen
doch wol darbey grobe Irrthuͤmer und fonften viel
Bebrechen vor. Deswegen einer die Theologos
billig insgemein warnet, “dag fie im Religions:
„ſtreit nicht der Menge oder, Autorität anderer
Theologorum folgen müßten, fondern GOtt an
‚rufen, daß er fie durch feinen Heil. Geift ſtaͤrke,
„damit fie die Wahrheit nicht verlieren oder ver»
„fehmweigen,, 4). Was war diefes vor ein ſchreckli⸗
cher Irrthum, da aufdem Nicenifchen Conciliv alle
und jede Bifchöffe, beven Zah ſich auf die 300 be⸗
lief, das tnrannifche Berbot der Prieſterehe einmuͤ⸗
thig beftätigen wollten, und von einem einzigen
fehlechten Mann mußten erinnert und widerleget
werden; davon bald mit mehrerm. Woxaus ein
Scribente abermal nach dev Wahrheit ſchlieſſet,
„es haͤtte gemeiniglich der größte Theil auch un
ter den anfehnlichiten Männern fhandlich geir⸗
„ret, und unter etlich hundert Biſchoͤffen oder Su:
„perintendenten kaum einer oder der andere die
„Sache beſſer verftanden,, r). Wie denn auch
die Gelehrten ‚von denen andern Concilüs der gs
Orthodoxorum fehr viel —— anzu⸗
merken wiſſen, da ſie die offenbarlich Irrigen
gleichwol vor rechtglaͤubig paßiren laſſen, und
was dergleichen —* its). Man koͤnnte auch
leichtlich ein groſſes tegüfter von denen ſchrecklichen
Mißbraͤuchen bey Beſtaͤtigung fo unzahliger Mens
ſchenſatzungen, jüdifcher und heydniſcher Ceremo:
nien, und anderer dem göttlichen Wort zumider
laufenden Dingemachen, wenn es nicht ohnedem
einem jeden in die Augen fiele, der die Satzungen
derer Concilien nur ein wenig mit Bedacht anſiehet.
Es wird billig ein grober Aberglaube gebeiffen,
wenn man fehon mitten im vierten Seculo denen
MWeibesperfonen auf einem foldyen Concilio in ei-
nem eigenen Gefege verbot, dafs fie nicht follten
zum Altar kommen t). Dergleichen üble und irri⸗
ge Verordnungen wir bisher Bin und wieder, fon«
derlic) im 2. Buch häufig angemerket, und ihren
Ungrund gefehen. Worüber aber von denen
Tpeologis und Hiftoricisgegen die Papiften, welche
denen Eoncilüs feinen Irrthum beymeffen wollen,
zum Ueberfluß geftritten worden.
21,Damit aber infonderbeit nur von einigen Con-
eilüig der Orthodoxorum in etwas befannt werde,
toieferne man ihnen einen Grund der wahren Glͤck
feligkeit der Kirchen Aygufehreiben babe, will ich von
den berüßmteften ud vornehmſten erliche wenige
9) Ofiander Cent. V.lib. III. c. 7.
Eecl.c.3.n.20. de Theodoto Mopfuefteno aliisque,
cap.38. u) Vid. ChemniriusP. 1I.Exam. C. T.p. 286.
. yJEpiphanius Har. 68. Meletian,
JE;
onder Zerrſchaft der verfallenen Elerifep über die Bewiffen durch Töncilia cc.
r) Auftor Caral. Teſt. Verit.p.45. s) Vid. M Ant. de Dominis
1007
Anmerfungen beyfügen. ee iſt nun das Ni⸗
ceniſche, welches im Jahr Chriſti 325. unter Con⸗
antinom.von 318, oder, nach anderer Meynung,
nur von 250 Bifchöffen und faft unzähligen anderen
Kicchendienern gehalten worden, 3 — Conci⸗
lium pflegen die Theologi fo wenig, als d euͤbrigen,
denen erſten Zeiten des Chriſtenthums gleich zu
ſchaͤtzen, auch ſonſt deſſelben Schluͤſſe und Canom⸗
meiſtens in Zweifel zu ziehen oder darinnen zu laſ
fenu), Da iſt nun einmal gewiß, daß die damali-
ge Cleriſey alleine Urheber und Stifter deſſelben ge⸗
weſen, nach welcher Einrathen und Willen der Rays
fer alles angeordnet und vollbracht hat. Denn die
Hiſtoriei ſchreiben ausdrücklich, daßesexSacerdo-
tum fententia, nach der Meynung der Priefter
ſey angeftellet worden x) zund infonderheit auf Er
inneren und Bemuͤhen des Alerandri, Biſchofs
von Alexandria, (eisinernsaueve x na] >
Kovsavrivg) y) Welches denn aud) oßnedem alle
Aetiones, ſo Karinme vorgegangen, und fonderlic)
der Ausgang davon, Far an Tag legen. Denn
der gute Kahſer hat jr Diefom allem meiftens nur
einen Namen hergegcton, unter welchem die Bis
ſchoͤffe gethan und geſchloſſen haben, was fie ges
wolle, Ich mill nicht fagen, mit was vor Bemüt:
hung die Popiſten erweiſen wollen, daß alles, oder
Doc) das meiſte und vornehmſte, nach dem Guͤtach⸗
ten Spivefiri, des Romiſchen Biſchofs, dabey abge⸗
handelt worden. Unterdeſſen bleibet doch gewiß,
das Conſtantinus ſich in dieſem Concilio um die
Prieſterſchaft mit Fleiß wohl verdient machen wols
len, und feine Muͤhe, Berdrüßlichfeit noch Koſten
darinnen geſparet. Wiedenn auch der Herr Cave
ausdem Fufebio nicht gnug rüßmen kann, daß er
den Bifchöffen die Höchfte Ehre dabey anaerhan, fie
dabey herrlich beſchenket, und fo fort. Siehe das
8. Cap. pag. 263. Diefe Ehre hat aber fonderlich
darinnen beftanden, daß er fich nicht eher als die
Biſchoͤffe hat niederfegen wollen, daß er nach den
beygelegten Streitigkeiten fie alle prächtig tractia
ret, und theils mit zu feiner Tafel gezogen, theils
bey der Thür an zwen Tafeln gefpeiter. Dabey
der ſchmeichelnde Eufebius fonderlich diefes vor eis
ne unausfprechliche Herzlichfeit ausgibt, “daß die
Trabanten mitbloffen Degen überall im Schlofs,
„ſe aufgewartet, und gleichwol die Männer GOt-
„tes (fo nennet er die damaligen Biſchoͤffe) uner.
Ichrocken mitten durch fie hingeben dürfen,
Sngfeichen ſetzet er dieſes wunderliche Judicium
hin⸗
lib. IV. de Rep-
t) Concil. Laodicen.c. 44. et ibi Ofander V. lib, I
Gerhardus L.de S. Ccena n. 197. x) Rufinus lib, I c, 1
1008
8. >. Don dem Abfall der Chriften von
Dee — = = -
hinzu; Alles diefes haͤtte das Reich Chriſti abbil-
der erfien Lauterkeit.
da fie offenbarlich Knechte ver Menfchen und ihrer
„pen fönnen, und zwar nicht in der -mbildung,
„fondern wahrhaftig z)
22. Freylich war dieſes vor fleiſchlich geſinnete
vieiter ein beffer Reich Chriſti als dasjenige, wel»
Ei Nicht rl und Trinken ift, ſondern Gerech⸗
tigkeit, Fried und Freude in dem Keil, Geiſt. Bey
folchen dem Fleiſch angenehmen Tractamentenliefz
fe fichs endlich noch mol orthodox feyn, wenn man
dem Bauch fleißig gedienet, und vonden Gefchen-
Een des Kahſers ſich wohl bereichert Hatte, Diefer
fahe gar wohl, daß er fi) um diefe Priefter nicht
beifer verdient und ihm einen Namen machen koͤnn⸗
ce als wenn er fie alſo wohl beladen von ſich lieſſe. Er
ſelbſt ſuchte dabey feine Ehre und Ruhm auf alle
Weiſe zu befördern, machte ein Haufen unnoͤthi⸗
ge Umſtaͤnde, Orationes und dergleichen, darüber
das Hauptwerk falt vergeffen wurde. Zufebius
weiß unter andern nichts nöthigers zu berichten,
alfo, daß der Kayfer tie ein Engel von Purpur,
„Gold und Edelgeſteinen geglanzet und rechte‘
trafen von fich geſchoſſen, auc) auf einem gül-
— Stuhl geſeſſen, und von dar die Biſchoͤffe
„zur Einigkeit vermahnet habe, a), Sein vor⸗
nehmftes Werk war dabey, wie ſchon gedacht, daß
er die Schlüffe dieſes Concilii durch feine ſtrenge
Befehle feinen Unterthanen aufdrange b), und al-
fe, die fich nicht darzu verftehen wollten, zu verfol⸗
gen anfieng. Denn welche nicht unterſchreiben
wollten, die verwieſe er aus dem Lande, und meynte
damit die ganze Sache gehoben zu haben, bahnte
aber eben damit denen folgenden Kirchentyran⸗
nen den Weg, die Freyheit des Gewiſſens nad) ei»
enem Gefallen mit aufferlicher Gewalt zu Eräns
en, und die vermeynten Syrrigen mit Feuer und
Schwerdt zu verfolgen. Wovon ein Arabifcher
Bifchof fhreibet, Conſtantinus habe ſich mit ſei⸗
nem ganzen Reid) dem Niceniſchen Eoncilio über:
geben, oder vielmehr denen Biſchoͤffen darinnen,
und ihnen das Schwerdt zugleich in Die Hände ge-
liefert, fie aber haben in wiederum damit umgur-
tet, ven Glauben zu defendiven, welches deutlich
genug von der Sache geredet fi.
23. Was die Benfißer dieſes Eoneilü betrift, fo
ift ſhon von den gedachten Umftänden zu erken⸗
nen, weſſen man ſich von ihnen zu verfeßen gehabt,
2) Eufebiuslib. II. V.C.M.c. 14.15. ° a) Eufebins lib. III. Vit. C. M. c,10. Conf. Socrat,
eigenen Süfte gervefen, auch andere:
ven Rnechten gemachet haben. Erſtlich war einfe
ſchreckliches Gezänfe unter ihnen, dag nver⸗
ſtaͤndige Poͤbel ſich wol geſchaͤmet haͤtte, derglei⸗
chen vor des Kayſers Augen zu thun, dabey ein
Scribente Feine Sünde zu begehen meynet, wenn
er ſchreibet, “fie hätten fich von ihren —
Fa laffen, daß fie fich wiedieärgitenBu-.
„ben (eAdsoges); ja wie die Furien aufgefuͤhret,
„und nichts als Galle und Bitterkeit feben laf
„fen, d), Und ein anderer befennet nicht weni-
ger, daß die Niceniſchen Amphiltyones dem
guten Kayſer die Ohren nur mit ihren Klagen und
„ungeftümen Geſchrey voll gemacht, der fie doch
„gerne bey Ehren erhalten und nicht befchämen
„rvollen, wenn fie nicht alle Scham ganzlid) abges
„ieget haͤtten, ©). )
Hauptiverfs, weswegen fie doc) zufammen kom⸗
men waren, und daran ißre Ehre und Bequem»
lichkeit lag, Davor aber fielen fie auf einander unge-
ſtuͤmer Weife los, und gaben faftunzäßlige Klagli-
belfe wider einander bey dem Kayſer ein f), Dies
fer wollte fi) der Verdrüßlichfeiten auf einmal
entfchlagen, zumal da die meiften Zänfereyen nur
den Rang und DOberftelle, oder Bortheile und an=
dere weltliche und den Chriſten unanftändige
Thorheiten betrafen. Drum ermahnte er fie erft
lic) weitläuftig, fie möchten doch einander nicht fo
verleumden und neiden; wodurch er denn als ein
saye, ja als ein Catechumenus diefe geoffe Bi:
ſchoffẽ oder Superintendenten nicht wenig beſchaͤ⸗
mete ? Dem allen aber ungeacht blieben fie beyihrer
Zanffucht und ungeftümen Grobfeit, bis fie der
ayfer nad) und nach auf gute Manier befänftigre
und flillee, nachdem er alle ihre Klagfchreiben ins
Feuer geworfen, und ifnen damit abermal ftill-
ſchweigend einen Verweis gegeben g).
24. Ueber diefes greuliche Laſter der Zankſucht,
foden Worten Ehrifti Flar zumider En En
35. wird denen Bifchöffen dafelbft von etlicyen Als
ten Schuld gegeben, daß fie die Sachen nicht ein-
mal verftanden, die fie doch entfcheiden wollen, fon:
dern Idioten und elende Heute geweſen; mie
ein alter Autor, Sabinus, in feiner IE der
Re: Con⸗
ib. I. c.5. Sozomenus I.
c. 18. Theodor. 1. c. 7. b) Arhanafius ap. Theodoritum lib. II. c. 4. Gelafius Cyzicenus in Adis. c) Eutychins in
Originibus Eecl. a Saldenoredit. init. Conf. de Arii exilio adu. Barozium negantem Valefius ad Soz. II. cap. ı6.
d) Perrus: Martyr Comm.in ıReg.XIl. e) P. Panhemius de Emend. Stud. p: 578. f) Phil. a Limborch. lib.
I. Hi. Inquifit. c.3.
lc. 16
g) Eujebins lib. III. c. 12. fegq. de VitaC. M. Rafızus 1. c. 2. Socrates |. c.5. Sozomenns
Denn fie vergaffen des -
derum zu ih ⸗
Beier Den
10. Cap. Don der Herrfebaft der verfallenen Cleriſey über die Bewiffen durch Con — 1009
Eoncilienfehreibet b). Dem zwar Socrates wi.
derſpricht, und die Öctepefume des Euſebii vor-
fi ‚ welcher gleichwol aud) auf dem Concilio
geweſen ſey; aber nicht bedenket, was er gleich zu-
dor geſtanden hatte, daß 3* einiger unter dieſen
318. Bifchöffen einem Philoſopho gewachſen gewe⸗
fen, und ihnen ein armer einfaltiger Laye zu Huͤlfe
fommen müffen i). Zufebius zwar ift freylich
Riche ungeleßrt gewefen, aber, dem Augenfchein
nach, nur in der weltlichen ed die er auch
mit Peroriren und Lobreden auf diefer Verſamm⸗
fung ſehen laflen, und von den andern eben deswe⸗
gen vorgefchoben worden, weil fie nichts derglei⸗
&en präjtiven Fönnen. Deswegen ihn auch der
Kapfer vor andern geliebet, und zu allerhand fol-
hen Verrichtungen gebraucht hat, die er vonden
übrigen vergebens forderte. Es ſtimmen aber
von diefer Ruditaͤt der Micenifchen Patrum aud)
andere gelehrte und gewiegte Männer ein, daran
ohnedem folchen Umftänden nad) Fein Zweifel mehr
übrig bleibet k): fünderlich, wenn noch diefe Be⸗
gebenheit darzu genommen wird, da Athanaſius,
der damals noch ein ſchlechter Diaconus und von
Profeßion allerdings ein Juriſte wart) in der Dis
fputation mit dem Ario das befte thun mußte, in⸗
dem die übrigen aus Unvermögen ſtille ſchwiegen,
und den Arianern,die fich heftig mehreren, nachga-
ben. Weswegen auch nicht unbillig von einigen
diefer Diaconus der vornehmſte Theil des Nie
cenifchen Synodi, venandern gar der N rei
genennet wirdm), Von dem andern Biſchof,
der dabey fonderlid) befannt worden, dem Oſio von
* Eorduba, ijt gewiß, daß er bald darauf öffentlich zu
den Arianern übergetveten, und ein Arianifches
Symbolum auf dem Sirmienfifhen Synodo ge:
machet haben). Dieſer aber wird von denen mei-
ften alten und neuen Scribenten vorden geiftlichen
Director des Nicenlſchen Concilit gehalten, davon
ich Hier eben nicht ftreiten will: Genug, daß er, nach
vieler Gutachten, das Niceniſche Symbolum foll
gemachet Haben 0 ), und diefer vornehmfte Beyſi⸗
ger entweder damals ſchon nicht richtig gewefen ,
oder doch hernach gewißlich vonden andern Colle⸗
gen abgefalfen.
25. Da nun die Glieder diefes Concilii fo gar
fh) Apud socratemlib,.T.c.$. i) Ibidem. k) Vid.
103% mı Nicsph
q) Can. 19. Vid. eo Abr. Senizerus P.I. Med. Pat.
Chritt.vet. s) Scultetus Le. Caluinus lib, IV. In
E. orus lib. VIII. c.15. Qlui —*
ftant. et lib. de Synod. Arhanafıns Apol. II. et Epiſt. adSolit. Vit.
fins Epift. cit. Baron. An. CCCXXV. u. 73.5. Schmidius de Aug.
von fhändlichen Affecten eingenommen, in Rell⸗
gionsfachen fo unerfahren und unbeftändig gewe⸗
fen, darf fid) niemand verwundern, wenn bets
gleichen grobe Irrthuͤmer darinnen vorgegangen,
als wir theils ſchon gefehen haben. Ich willniche
gedenfen, wiedie Papiſten und andere fich auf uns
terfchiedliche Schlüffe dieſes Eoncilii zu berufen
pflegen, als, von der Aufhebung der Min im
Abendmahl und andern abgefchmadten Dins
genp). Der JIrrthum von der Prieſter Ehe ift
offenbar, und Fann mit keiner Scheinurfache bes
ſchoͤnet werden: zu welchem die Gelehrten noch an⸗
dere feßen, daß, zum Exempel, in den Canonibus
deffelben ausdrüclich geboten wird, diejenigen alle
wiederum zu taufen, welche dem PauloSamofa«
teno folgeten g): ingleichen,, Daß feiner wiederum
zum Soldatenleben fich ſollte brauchen laffen, dee
einmal abgedanft haͤtter), und was dergleichen
Puncte mehr vorlängit angemerfet worden
Den s). Bon denen darinnen aufgebrachten und
eftätigten neuen Terminis , ingleichen dem bes
ftimmten Ofterfeft, wird unten etwas zu geden=
fen ſeyn. Das Wort öusssı@- machte den Pas
tribus dabey ſelbſt viel zu fchaffen, nachdem es ein-
mal von dem Zufebio Nicomedienſt aufs Tapet
war gebracht worden,von deffen Arianiſmo bekannt
genug iſt t) · Der andere Euſebius von Cäfarien
wollte anfaͤnglich dieſen Terminum auch nicht be⸗
lieben, und wurde zwiſchen dieſem und andern nicht
wenig diſputiret u): bis er endlich deswegen ſon⸗
derlich angenommen ward, weil man ſahe, daß die
Arianer ſo gar einen groſſen Abſcheu davor hatten.
26. Der Ausgang dieſes Concilii war fehr elend
und vor Die Kirche überaus ſchaͤdlich. Zwar an—
fangs ließ fichs vor die Orthodoxos fehr erfreulich an,
da ihre MWiderfacher von dem Kanfer ins Elend
verjaget wurden, und ſichs in etwas zum Frie—
den anließ. Aber hernach brach der Yammer auf
einmalaus, und wiefe fichs augenfcheinlich , wie die
meiſten von den Beyſitzern damals gefinnet gewe⸗
fen, indem fie nur aus Furcht vor dev Kayferlichen
Gewalt, oder aus Hoffnung einer und der andern
‚Gnade, Ja geſaget und unterfchrieben. Denn eg
waͤhrete nicht gar zu lange, fo fing Arius und feine
Nachfolger an, fih wiederum bey den Groſſen zu
Mmımmmm inſi⸗
Petauius lib. I. de Trinit.c.6. 1) Sulpirins Socceruscub. TT.
»uslib. IV. Inftit. Relig.c.7. n) Hilarias lib. I. ad Con-
g. Sozomenuslib. IV. c.ı2.ctc. 0) Arhana-
Conf.n.ı. p) Vid.Chemnit. et Gerhard. Le.
.7.p.419. r) Can. r2.quo conf: fürpra lib.V, Cap. deMilit,
it. c. 9. etro. Guil, Whitakeras’T’om. I. Controu. IIL qu.6.
t) Ambrofins lib. III. de Fid. adGrat, vlt. 1) Arhanafns 1.c. Secrares lib. I.£.20. Theodorus I. © $-
—
1010
inſinuiren, Conſtantinus ſelbſt verfolgte Atha⸗
naſium und andere aufs greulichſte, die Arianer
hingegen hielten einen Synodum uͤber den andern,
und wurfen alles übern Haufen, was die zu Ni-
cea zu bauen gemeynet hatten; wie diefes alles
und noch viel ein mehrers die Hiftoriei felbiger
Zeiten bellagen. Was fonderlich durch Die neue
Slaubensformuln der Ehriftenheit vor Vortheil
zugewachſen, befennet Hilsrius aufrichtig, da
er unter andern, fehreibet: «Nach dem Niceni-
„hen Synodo fchreiben wir nichts anders als
„Glauben, indem wir über Worte zanfen, und
„von ein Haufen Neuerungen Fragen anftellen,
„über zweifelhaſte Dinge und deren Urheber uns
„beklagen, und man fo ſchwerlich mit einander
„eins Fanın werden, Sa, Inden wir einer dem
„andern ein Anathema und Fluch find, gehöret
„faft Feiner mehr EHrifto atı, x). _Weldyes denn
defto cher zu glauben ift, weil diefer Mann das
aroffe Elend, fo auf diefes Concilium erfolget ,
felber zur Genüge erfahren, da er in feinen
x) Hilarius lib. ad Conftantium A. initio.
'
8.8. Don dem Ubrau der Ehriften von der erften Lauterkeit.
a u
Schriften fo ofte bedauert, daß von diefer Zeitan
der Gewiſſenszwang und die Wuͤterey der Chris
ften ges einander gleichfam als ein nothwendi⸗
ges Recht aufgefommen, ja als ein Gottesdienft
unter ihnen behalten worden. Geftalt dann die⸗
fes Erempel (da Tonftantinus die Widerfacher
verfolget und vertrieben, ihnen eigene Namen gege⸗
en N ihre Bücher verboten und verbrannt, und
on
Gewiſſensſachen gebraucher hat,) von denen dns
dern zum Muftergebrauchet worden, ein gleiches
zu verfuchen, alfo, daß die Arianer felbft es hernach
eben fo arg gemachet, und man unter denen fo ge⸗
nannten Ehriften von nichts als Haß, Berleum-
dung, Verfolgung, ja von Mord und Todtſchlag
gebire bat. Bon denen übrigen Folgen diefes
oncilii, in Beſtaͤtigung allerhand Aberglaubeng,
jüdifcher und heydniſcher Ceremonien und andern
Sinconvenientien, kann ich jetzo nicht, infonderheit
aus Mangel der Zeit, reden : Das noͤthigſte foll
in dem folgenden Eapitel nicht übergangen werden.
uhr N 4
*
Das 20. Capitel,
Von denen Folgen und Wirkungen der Concilien fonderlich
dem ae durch vorgefchriebene Glaubens;
{ befenntniffe und Symbol, |
Bummarien.
D Litel afaemeinwicd ehe mißbraucht. $. 1. Ihte Autorieätbleibet dach nur menfhlich ‚unverfbämte Forderungen eis
tiger Eoncilien; Auguftini Beſcheidenheit. 2. Bekenntniß der Wahrheitgegen die Goneilien, wie unglüdlich fie ins⸗
gemein äusgefchlanen 5; Tazianzeni fein Zeugtiß: 3.
urch den Gewiſſenszwang mehr Schaden als Nutz gefchehen, es erfolgen
eiftens Darauf die größten Troublenz 4. Zeugnigbievon: Gregorius gehet aus dem Synodo hinaus, Mavtinus kommt
äulegt zu feinen. $. Man kehrt fich wenig äh Eomcilia „es wird dagegen protefliret, 6. jonderlich bie, welche als Ketzer
erkläret wurden : Die Griechiſche und Rateinifche Kirche proteſtiren gegen einanderz die Freyheit zu prüfen it denen Gemeinen
andere Gemwaltehätigfeit in Glaubens: und‘
yon Gott degeben. 7._ Die Elerifep felber nimmt der Vorfahren Sagungen nicht in acht: Man verimenget Die weltliche Ge⸗
walt mit geiftlichen Dingen, zu unerfeglichem Schaden der Chriftenheit. 3: Dis alles enge fih unter Confantino M. ant
Kanfer waren zu allem Leicht zu bereden, weil ſie nicht viel vom Chriſtenthum wußten. 9. Satzungen betreffen nicht nur das.
Leben , fonderti auch die Lehre, daher die Symbole entftanden : In den erſten deep Seeulis waren Feine, auch das ſogeannte
Apofolifche nicht; 19. Beweis davon? was von andern Symbolis a; zweifelhaft, die erfie Kirche hielt an
dem Vorbild der heilſamen Lehre, nicht auf eingefchranfte Worte, 11. Inden eriten Zeiten wurden Glaubensbekenntniſſe niez
mand aufgesiwungen, vor dem Nieeniſchen Coneilio ward die Herrſchaft des Glaubens nicht erercivet: ı2. gleich unter Con⸗
fantino thut fich defto mehr Davon hervor ; Gemiffensziang fahet öffentlich an; 13. der Verftändigen Klagen Darüber 3 14.
HDilarit bedenfliches Zeugniß,ıs: deſſen Beweis, 16: deraleishen des Erafıni, 17. Hoch eines Yon demfelden,. Warum die
Blaubeusformuln keinen Segen noch Nachdruck haben können. 18. Der Apoftel und ihrer wahren Jünger einfaltiger und ſeli⸗
ser Weg: 19: Sie hätten mit befferer Autorisät fünnen Symbola schreiben, wenn es ber Chriſtlichen Freyheit nicht entgegen. 20,
—J
us dieſen kurzen Anmerkungen uͤber das ſer leichtlich erkennen, was von denen folgenden
beruͤhmteſte und ſogenannte allgemeine uͤberhaupt zu Halten fey, da gleichwol diefes in fo
Eonsilium kann ein jeder unparteyifcherte: vielen Stuͤcken mangelhaft geweſen. Und a
frey⸗
*
eylich Bierinnen der bloſſe Titel eines Concilii,
vielweniger eines allgemeinen oder Decumenici,
ih a Kin Belt aan jez
der wahrer Chrifte ihre Herionde un Satzungen
ch) der Regel des goͤttlichen Worts unterfuchen
dürfte. Dem, daß ich von diefem fo feheinbaren
Namen nur etwas gedenfe, fo wird niemand
leugnen, daß felbiger mit einem groffen Miß-
brauch des Worts allgemein, fonderlich denen
befannten 4. Conciliis, bengeleget werde, meil fie
die Sateinifche — Kirche angenom⸗
men Bat, nemlich dem Niceniſchen, Conſtan⸗
tinopolitaniſchen, Epheſiniſchen und Chal⸗
cedone n. JIu Betrachtung, daß noch
niemals die ganze Welt ganz Chriſtlich nur dem
Namen und der Bekenntniß nad) gewefen, auch
don denen, die ſich Chriſten genennet haben, nie»
mals alle und jede bey einem Concilio erſchienen
find, theils weil fie von andern davon zurück ges
balten und verftoffen worden, theils weil fie felber
aus allerhand Bedenken und Urfachen nicht dazu
kommen wollen oder fönnen. Dahero aud) von
vielen gerne geftanden wird, daß man nicht ohne
Urſach zweifeln koͤnne, ob jemals ein ſolches Con»
eilium gehalten worden, darinnen nur die Abge—
odrpdneten aller und jeder Na einen ſich
oraus nbemal erhel⸗
eingefunden Hätten 2). 3
' Tet, da ar unter diefem fo ſcheinbaren Titel , ei:
ner allgemeinen Berfammlung aus der ganzen
Welt, ein Anfeben, und wol gar von einigen eine
Infallibilitaͤt geſuchet worden. Dahero aud) die
Grriechiſchen Kirchen noch viel andere zu ſolchen
, allgemeinen Synodis madyen , damit. fie ihre
- Erfindungen und Menfchenfasungen defto beque-
mer Behalten und defendiren mögen b).
2. Sie mögen aber nun tituliret werden, wie
fie wollen, fo ift und bleibet doch ihre Autorität
in ihren Ausfprüchen und Säßen nur menfchlich
und alſo zweifelaftig. And da gleich viel Unvor-
ſichtige unter den Alten diefelbe fo Hoch, ja wol
dem göttlichen Wort gleich veneriret haben, foift
doch nach den Grundregeln des Ehriftenthums
felbiges mit Recht eine Abgötterey zu nennen.
Und gewißlich war es eine fehr unverfchämte For⸗
derung, wenn ein Concilium felbft im fiebenten
Jahrhundert von allen Chriſten begeßrte, “fie
„iolkten alles fclechtßin annehmen, was in den
*
0 20. Cap. Don dem Gewiſſenszʒwang durch vorgeſchriebene Glaubenobekenntniſſe. sou
„vorigen Synodis beſchloſſen und anbefoßlen wär
lc)» Weil aleichwol niemand die Worte
auli. aus der Bibel nehmen,-oder ein rechter
Chriſte anders erklären kann, als daß fie alles
mit einander, und folglich auch die Schluͤſſe,
Befehle und Glaubensformuln der Concilien und
anderer Berfanimlungen der Theologorum prüs
fen follten. Dahero auch diefer Sag eines an.
dern Concilii hoͤchſt unbillig und gottlos lautet:
„Derjenige foll verflucht feyn ‚der die Heiligen
„und göttlichen Canones der feligen Bäter vers
„achtet, als durch welche die Kirche unterſtuͤtzeth,
„und die ganze Chriftliche Republik gezieret wuͤr⸗
de„u.f.f.d), Durch) ſolche gewaltfame Proce-
duren iſt nicht allein alle Chriſtliche Freybeit de⸗
nen ſo theuer erkauſten wahren Chriſten gaͤnzlich
benommen, fondern auch oft die allerſchrecklichſte
Gewiſſensangſt und Sclaverey Durch etlicher Th⸗
rannen Muthwillen und Bosheit aufgedrungen
worden, Gejtalt Denn auch die in folchen Coñci⸗
liis verworfene Leute ſich daran nicht kehrten, ſon⸗
dern wenn es zum Difputat Fam, diefelben als
untüchtig und verdächtig ausfegten, und. ihre
Widerpart auf nähern Grund führeten. Alfo
handelte Auguſtinus disfalls gar befcheiden,,
wenn er gegen einen Arianer a'fo fchriebe: “Ich
„will div das Micenifche Concilium nicht vorrü-
„en, als ein Präjudiz, du follft mir auch niche
„das Arianifche vorhalten: Ich bin weder an je⸗
„nes, noch Du an Diefes Autorität gebunden:
„fondern es muß eine Sache mit der andern, ein -
„rund mit dem andern, nach der Autorität ſol⸗
„cher Schriften, Die wir beyde zu Zeugen anneh—
„inen, abgehandelt werden e),,
3. Die Kraft der Wahrheit bat auch) ofte denen
partepifchen Gemuͤthern ſolche Befenntniffe abge⸗
drungen, daß ſie gerne zugegeben, ja als einen
Grundſatz befauptt: «Man muͤſſe einem glau⸗
„bigen Privatmenſchen viel mehr glauben, als
„einem ganzen Concilio oder Verſammlung der
„Prieſter, wenn er ein beſſeres Zeugniß der
„Heil. Schrift oder andere wichtige Urfachen haͤt⸗
„te. Ein Concilium Fonne allerdings irren,
„oleichwie es auch wirklich geirret habe, f)
Und dieſes haben ſolche Zeugen der Wahrheit
nicht nur von Glaubensſtreitigkeiten verffan«
‘den, fondern auch von andern Puncten, die zur
Prarides Chriftenthums gehören; weil bendes die
Mmmnmmm2 * Ab,
a) Ita Gundlingius ad Can. Conc. Laodic. p.335. Mofes Amyraldus de Orig. Coneil. n.15. Zieglerus Jib. III. de
Epife. c. 18. n.36. ſeqq. b) Conf. Beneregius ad Synodic. Gr. proleg. ‚Rirrershufsus „ad Tuftin. Nonell.-P. I.
©2. cC) Concil. Toleran. VIII. e. u.
Monum. Ecel. Gr. p. 436.
Tefl. Verit. p 953.
d) Apud Anaflafium Cajarien/em de Ieiun. v. Coteleri: Tom. III.
e) Lib,adMaximin.c,14. £) Panormitanus de Election. c. Signiticafli. in Carl,
1012
Abfiht der Eoncilien gewefen ifts). Ich ill
hier noch mit wenigem anzeigen, wie unglücklich
insgemein die Eoncilia ausgefchlagen, und zwar
nur aus etlichen aufrichtigen Befenntniffen glaub-
wuͤrdiger Scribenten. Unter andern aber ift ſehr
merfwiürdig die Bekenntniß des Gregorii Na⸗
zianzeni, den maninsgemein wegen einer göftli-
chen Weisheit den Groffen oder den Theologum
genennet hat, wenn er ausdrücklich alfo faget :
„Wenn id) die Wahrheit fchreiben foll, fo bin
„ich alfo gefinner, daß ich vor allen Conciliis und
„Berfammlungen der Bifchöffe gernefliehe: Weil
„ich nöch Feinen ermünfchten und glücklichen Aus:
„gang von einzigem Concilio gefehen habe, viel
„roeniger, daß das Uebel dadurch ware abgefchaffet
„worden, da es vielmehr eben hiedurch gröfferen
„Fortgang und Wachstum gehabt, Welches
gewißlich eine trefliche Befenntniß von dieſem
klugen und frommen $ehrer war , die billig befler
hätte follen in acht genommen werden, als mol
gefchehen. Immaſſen er diefe wichtigen Urfachen
dazu thut: „Ach Fann mit Worten nicht genug
„befchreiben die heftigen Zänfereyen, Ehrgeiz
„und Begierde zu herrfchen: dabey einer leicht mit
„in die Schuld verwickelt werden kann, wenn er
„von einem andern feine Meynung fagt, als
„daß er die Bosheit der andern dämpfen helfen
„koͤnnte, Mobey er abermal wider allen
Berdacht der Unhöflichkeit und des Unrechts pro-
teſtiret, indem er freylich die bittere Wahrheit
ſchreibet, die noch immer von denen undyriftlichen
und ungerechten Eonciliis und anderen Verſam̃⸗
Jungen eintrift, die anftatt der Concilien aufkom⸗
men find b). Bey welchem Zuftand freylic)
nichts artders zu hoffen ift, alslauter Bermwirrung
und Sammer, da die Zanffucht überall herrſchet,
und die Benfißer nur Ihre Meynungen hartnäckig
behaupten wollen, feinen guten Rath aber anneh⸗
men. und gebrauchen; wie ein Eluger Mann hie⸗
von fihreibet;),
4 Die Erfahrung hat diefes in der verfallenen
Kirchen allezeit beftätiget, daß auf denen Con-
eiltis Durch den unmittelbar damit verfnüpften
Gewiſſenszwang mehr Schaden als Nutzen ge
ſchehen. Wie die Alten felber geftehen , “daß
„man nichts ausgerichtet habe, ob gleich) noch fo
„viel Synodi gehalten worden : indem Die eine
„Partey bey ihrem Glauben geblieben, Die ande⸗
ge) De illo ußinianas Nouell. CXXXVII. c. 4. et CXXIIT. c.10.
8.3. Don dem Übfallder Ehriften von der erften Lauterkeit. x
„te auch von ihrer a BI weichen wol-
„ienk). Ya, daß meiftentheils alle mie einander
auf ihre gefaffete Schlüffe fo erpiche gewefen, daß
feiner davon ſich vor überwunden erfannt habe,
und fid) damit gleichfam getroͤſtet, wenn fie
über die andere nicht Herren werden Fönnen]).
Dahin auch die unzähligen Erempel gehören, fo
man von den Religionsftreitigkeiten in der verfalle⸗
nenRirchenicht ohne Betrübniß lefen Fann, und ſich
ofte I 3 muß, wie eben ſolch Spiel
nur mit veränderten Perfonen bier und dar mie
der präfentiree werde, An allem dieſem
aber war blos die eigene Ehre und Hartnädig«
keit derer ſchuld, welche ſich mic Sift und Ges
male zu Richtern und Herren über den Glauben
ihrer Mieknechte aufwurfen. Diefe wollten von
ihren einmal gethanen Ausſpruͤchen nicht abſte—
ben, in Meynung, es wäre ifnen eine Schan=
de, wenn fie etwa wenigeren oder geringeren Leu⸗
ten in der Wahrheit nachgeben follten: Dahero
fie lieber. alles, ja ihr Gewiſſen und ewiges Heildran
wagten, ehe es follte das Anfehen haben, fie hät
ten Unrecht gehabt... Esbliebe aber niche bey dem
Mangel des gefuchten Friedens und Vertrauens
zwiſchen ‚den Lehrern, fondern es erfolgten meis
ftentheils auf folche Concilia die größten Trous
beim, oft Mord und Todtfchlag, zum menigften
graufame Säfterungen , Schmähtvorte, Verſol⸗
gungen und eitelböfe Ding. Davon ein Theolo:
gus nicht unbillig ſagt, “Daß es aufden Conciliis
(oder, welches eben fo viel heiſſet, Confiftoriis,)
„ſo ſectiriſch und parteyifch zugehe, daß fie nicht
„die verlangte Einigkeit ftifteten, fondern Zwie⸗
„tracht und Streit immer vermehrten m),
5. Ich kann nicht übergehen die Worte, welche
ein bewährter Seribente bey dem eriwehnten Bes
Eenntniß des Gregorii führet, wenn er alfo ſchlieſ⸗
fer: „Iſt dieſes zufelbigen Zeiten fehon gefcheben,
„was ifts Wunder, wenn hernach unendliche
Falſa und gottlofe Dinge auf den Eoncilüg bes
„ſchloſſen worden, da nicht allein die Nach—
„täßigkeit und Unwiſſenheit, fondern aud) bie
„äuflerfte Bosheit der Menfchen, fonderlid)
„der Geiftlichen und Nomaniften, in dem Kits
„chenregiment gewachfen ift, n) ? Welcher
Ausfpruc) allerdings wohl gegründet ift, wenn
man fonderlich alle beyde Zeiten zufammen hält,
da diefer vortrefliche Lehrer der abfcheulichen
an
Dehoc Concil, Antiochen.e.20. et Nicen. c.5,
Tonf. M. Ant. de Dominislib: IV-.deR.E.c.3.n.30. h) Epift.42.adProcop. i) Zieglerus lib, III. de Epife.
e.18.1.5 k) Sulpitius Seuerus lib. II. H.S. p. 109.
«Un. 32. S. 14.
l) Ibid.p.ı13. m) Quenfedins Antiqu. Bibl, et Ecel.
n) Auclor Caral, Teſt. Verit. p. 33.
[2
—— — F *
*
vi
&
n
ag en Fonnte „und deswegen aus dem
neilio zu Conftantinopel freywillig feinen Ab-
chied nahm, ja das Biſchofthum daſelbſt lieber
ahren ließ, als im Rath der Gottloſen länger
bleiben wollte Darum ftund er mitten unter dem
Confeflu von no Bifchöffen auf, that öffentlich
fein Glaubensbefenneniß, gieng aus dem Synodo
Binaus, und ee in in Baterlad, Und
Diefes hat der gute Mann nicht allein gethan, daß
man es ihm vor einen Eigenfinn auslegen Fünnte,
ondern man hat dergleichen Erempel mehr, daß
ich redliche Männer von ſolchen Collegiis abge:
ondert, ihre Ungerechtigkeit und Bosheit öffent-
ich bekannt, und gleichfam den Staub von ihren
Süffen gefchürtelt Haben. Mur eines noch zu ge-
denken, fo wird ausdrücklich von dem frommen
Martino gefchrieben,, "daß er in den legten fech-
„iehen Jahren feines Lebens auf feinen Synodum
„mehr gefommen, und fich von allen Zufammen-
„eünften der Bifchöffe gänzlich enthalten habe, 0).
Da denn fein Zweifel ift, daß diefer heil. Mann
von denen gottlofen Prieftern vor einen Sonder:
ling, und wol gar vor einen Ketzer ausgefihrnen
worden, indem die folgenden Gefchichte weifen,
wie man nach wie vor mit Zank und Streit,
und fonderlich mit Verfolgung und Unterdrückung
der Frommen fortgefahren habe, Er felbft ge
ftunde gern den aroffen Schaden, den er darüber
erlitten, indem ev mit der böfen Cleriſey nur die
geringfte Gemeinfchaft gehabt p). Und da ihn
felbige dahin bereden wollte, er füllte doc) nicht
eher aus dem Synodo gehen, bis er den gewoͤhn⸗
lichen —— empfangen haͤtte, und ſie
alle mit ihm eins und zufrieden wären; antwor⸗
tete er ihnen Ru und gut: "Er wolle doch in dem
„Frieden Ehrifti bleiben q).
6. Ich will auch nicht fagen, wie wenig fich
diejenigen an folche Concilia gekehret, welche
auf denfelben verurtheilet worden. Die Erem:
pel geben es durchgehends, daß, wenn fie gleich
eine Weile dißimuliret und ftille geſchwiegen,
dennoch hernach defto Keftiger mit dem Gegenfaß
ausgebrochen find. Was half denn mol das
Micenifche Concilium durch feine Schlüffe und
Verbote , dazu die Arianer eine Weile ſchwie—
gen, bis fie ihre Gelegenheit erfaben ? Einer
von ben Vornehmften , der doch mit unter-
0) Sulpitias Seuerus Dial. III. c. 13.
ibn i
Petri —— diflertat, Couf. eo F. Spanhemins Introd. Comp. dec, VI p. ıtp.
DCCL
* 20,€. Don dem Bewiffenszwang dur vorgeſchriebene Glaubensbekenntniſſe ꝛc.
4 — — — r . ”
Zankſſ¶ und Ehrbegierde der Geiftlichen niche ſchrieben hatte, fagte hernach ausdrüclich zum
p) Ibidem. q) Fortunatus lib. III. Vie. Matt.
“10. ILc. 1. etc. s) Vid. Concilium Chalcedonenf. c. 28. Liberatus Breuiar. cap. 13. t) Aduerfus
1013
Kayſer: "Wir Haben übel gethan, daß wir
„aus Furcht vor Eurer Majeftät dem Concilio
„unterfchrieben Haben,, r), 6 waͤhrete ja nicht
viel Fahre, daß die Arianer dieſes Concilium
ganz unterdruckten, und man £lagen mußte,
wie, die ganze Welt nunmehro arianitd) worden
wäre, Davon im Anfang diefes Buchs gedacht
worden. Machgehends , ob gleich wider Ne—
ftorium zu Epheſo ein geoffes Concilium bey:
fammen war, konnte doch deffen Meynung da-
durch fo wenig getilget werden , daß auch noch
bis auf diefen Tag diefelbe von ganzen Gemei—
nen in Orient geheget wird. Und fo ift es mit
den übrigen allen ergangen. Ohne was fün«
ften andere Bifchöffe und Gemeinen aus die—
fen und jenen Urfachen wider die größten Cons
cilia eingewendet haben, die doch im übrigen
als orthodox paßiret worden: Man weiß von
dem Chalcedonenfifchen , wie der Romiſche Bi⸗
ſchof Leo ausdrücklich) darwider aus Ehrgeiz pro⸗
teſtiret habe, weil ihm der Biſchof zu Cons
ſtantinopel in allem gleich geachtet worden s).
Auch ift befanne von dem Conftantinopolitaniz
fehen unter Juſtiniano, wie heftig ſich der Ro—
mifche Biſchof Vigilius demfelben bey und nach
deſſen Celebration widerfeger, und eine eigene
Streitſchrift dawider Heraus gegeben , fo gar,
daß er auch vom Kayſer deswegen in die Ache
erfläree worden t). Anderer folcher Begeben—
beiten um der Kürze willen zu gefchweigen.
‚7. Noch vielmehr ift diefes von denen gewiß,
die man auf folchen Eoncilüs vor Ketzer erfläree
und verworfen hat, oder fonft ihnen darinnen 2ie
niger maflen entgegen geweſen. Denn tie ſehr
die Sateinifche Kirche wider die Concilia der gries
chiſchen, und diefe hinwiederum wider die Latei⸗
nifchen proteftiver Haben, ift aus ihren gemechfel:
ten Steeitfchriften zu erfehen. Sie waren ſchon
im achten Seculo fo erbittert auf einander , daß
feiner einen Buchftaben von dem andern ats
nehmen wollte, was auf dem Concilio der ei—
nen Partey etwa befchloffen war. Darum ſiehet
man, wie Baronius Das vierte Conſtantino—
politanifihe Concilium nur ein Conciliabulum
nennet, ingleichen eine Zufammenkunft des
Sätans u). Und eben fo erklären ſich die Grie-
hen gegen die Lateiner, nachdem fie einander ein⸗
mal vor irrig und ketzeriſch gehalten haben, Die
Mmmn mmm 3 AN:
v) Vid. Philoforgius
u) Baronius Anno
*
1014
andern thaten eben dieſes oͤffentlich, und fanden
gemeiniglich Urſachen genug, die Handlungen
der Geiftlichfeit auf Den Synodis zu_fufpieiren
und zu verwerfen. Zum wenigften führten fich
diefe auch Aufferlich nicht alfo auf, daß fie mit gu⸗
tem Grunde häften auf die Beſchuldigungen der
Widerpart antworten Fünnen. Drum war es
nicht genug, daß man ſich beſchwerte, wie Die
Keger wol taufend Tadel einem Concilio zu ges
ben wühten , dergleichen von den Eutychignern
gefaget wirdx), fondern man haͤtte im den Actio⸗
nen felber konnen Anlaß darzu geben, oder nach»
mals durch gründliche Beſſerung und- redliche
Bekenntniß allem Unheil abhelfen follen. Was
half es auch die antichriftifche Cleriſey, wenn fie
gleich immer flagte, Daß Die Keger alle Concilia
und Conventus verwuͤrfen, da doch die offenbare
Aergerniſſe nicht abgefehaffee worden y)? Es
fonnte ja aud) das Geſetz jenes Kayſers fein Ge⸗
wiſſen verbinden, wenn es hieſſe: Niemand
„follte dasjenige wiederum ſtreitig machen, und
„eine Gelegenheit zur Unruh und Abfall ſuchen,
„was einmal auf einem Synodo entſchieden und
„zurecht verordnet morden„z). Denn damit
Fonnte jadenen Conciliis Feine Licen; gegeben wers
den, etwas auffer, neben und wider GOttes
Wort zu erdichten und zu ſetzen. Viel weniger
hat dadurch die Freyheit, zu prüfen und zu rich⸗
ten, den Gemeinen Fonnen genommen werden, als
welche ihnen von GOtt gegeben und anbefohlen
ift, nad) der Theologen Erinnerung a).
g. Meiftens geſchahe es auch, daß die Cleriſey
felber ihre eigene und ihrer Borfahren gemachte
Sasungen nicht mehr in acht nahmen: Welches
fo viel Concilia felb| befennen, “daß die Sa:
„gungen der Canonum von fo gar wenigen mehr
„gehalten würden, b): Wie ſich auch fonft dieſe
und jene Gemeine oder Perfonen von dem und
jenem Gefege der Concilien unter allerhand Bor-
wand auszunehmen mußten. Da hatten bald
die Sateiner, bald die Griechen, bald etliche un-
ter beyden allerhand zu erinnern, wodurch fie Die
Autoricat und Macht Ihrer eigenen Satzungen
ſchwaͤcheten, oder wol gar übern Haufen mars
fen c). Welches alles fo gar offenbar ift, daß
08 feines weitläuftigen Beweiſes bedarf. Dis:
wegen id) nichts mehr gedenken will, als daß ic)
noch diefes anmerken muß, tie man auch unter
8.28. Don dem Ybfall der Ehriften von der erfien Lauterfeit. -
dem Verfall die weltliche Gewalt mitggen geift:
lichen Dingen vermenget, und durd) ie Ge⸗
wiſſen zu allerhand dürftigen Satzuen v
bunden — Denn man ſahe gar wohl, voß
ſolche gegebene Regeln niemand zum Gehorfant
verbinden Fönnten , als nur in Form eines gufen
Raths, dazu ſich der andere wegen wichtiger Ute
ſachen freywillig und ohne Zwang verftünde,
Drum ſuchte mandurc) gemaltfame Wege feinem
Eigenftan ein Genuͤgen zu thun, und mißbrauch⸗
te die fonft rechtmaͤßige obrigkeitliche Macht zu
folhen Dingen, welche auffer ihrem Cirkel oder
Botmaͤßigkeit, und GOtt dem Herzenfündiger
allein vorzubehalten find. Die erften Chriſtlichen
Gemeinen mußten von folchen Saßungen gar
nicht, hielten ſich einig und allein in Einfalt ihres
Herzens an den göttlichen Willen, und fuhren
dabey inallen Stücfen wohl. Sobald man aber
nur ein. wenig anfienge folhe Kirchenfagungen
zu.formiren, war es mit der Ehriftlichen Freyheit,
Einigkeit und Einfalt leider! geſchehen. Je
mehr die Chriſtenheit durch die Concilia Geſehe
befam , je weiter gienge fie von der erften Sauter
feit zurücke, und vergaß Darüber die Worte des
gebens mit unerſetzlichem Schaden, welche ihr
der vechtmäßige einige Meifter CHriſtus hinter⸗
laſſen hatte. Und daraus iftein folder Schwarm von
Coneiliis,Canonibus,Conftitutionibus, Deereris
und unendlichen Gefegen in Die Kirche ausgeflo-
gen, daß einem grauen moͤchte, wenn man fie
beyfammen ſiehet. Da iftin den allerwenigften
nicht einmal etwas vernünftig Fluges anzutreffen,
das einem Berftändigen nur einige Satisfaction
thäte,. ungeache meiſtens viel hundert Bifchöffe
oder Superintendenten über wenigen die Köpfe
faft zerbrochen- haben. Sin Summa, der Vers
derb des Ehriftenthums kann auch hierinnen mit
blutigen Thränen nicht genugfam beweinet wer⸗
den, fo gar ift faft-das geringfte Merkmahl nicht
mehr von der erften Lauterkeit und Wahrheit ans
zutreffen. i
9. Dis alles fienge ſich mit denen Conciliis uns
ter Conſtantino M. an, als zu welcher Zeit die
einreiffenden Yergerniffe die Kirchenregenten bes
wogen haben, daß fie die Sachen zu heben ge
meynet, wenn fie nur ein Haufen Geſetze publi
cirten, wobey fie zugleich ihre Herrſchaft uͤber
das Volk nach Wunſch feſte ſetzen konnten. Bey
ſolcher verkehrten und untreuen Intention konnte
freylich
x) Apud Damaſcenum de Hæreſibus c,83. y) Vid Anonymusap. Auctorem Catal. Tefl. Verit.p. 730. z)Mar-
tianus Imp. Cod. de Summa Trinit, a) Chemnitius in init, Exam. C. Trid. b) ItaEpift. Syrodi Taurina-
ten/is et prefatio Concil. Regienfis in Tomis Concil,
Gener. VII.
c) Vid. Anafafıns Bibliorhecarins ad can. 6. Concil,
mt
2
“..
freyli Segen noch Succeß ſeyn, fonder:
lic) da man das verderbte Chriſtenthum nicht durch
— F ndige Wort der Wahrheit, in Beweiſung
| des Geiltes und der Kraft, beffern wollte, fon
,
ö
K--
4 *
dern auf ſolche geſetzliche und herrſchende Art wi-
der die Natur des Chriſtlichen Glaubens alles
auszurichten meynete. Unter dieſem Vorwand
ward hernach ſo unzaͤhligen menſchlichen Erfin—
dungen Thür und Thorgeöffnet, daß, wem nur
etwas feltfames von neuen Meynungen, Termi-
nis und Worten, Redensarten, Ceremonien und
dergleichen einfiel, der fahe, wie er folche Dinge
- anden Mann brachte, und etwa auf einem Con⸗
iilio canonifirte, oder fonft einer Conftitution ein»
derleibete, womit er fic) denn mehr gedachte um
die Kirche zu verdienen» als wenn er alle feine
Zuhoͤrer einmal wahrhaſtig zu Chriſto bekeh⸗
rec haͤtte. Die Kayſer waren meiſtens leicht zu
allem zu bereden, als die entweder noch Catechu:
meni feyn mu ‚ und alfo "die Form des
„Ölaubens, als Ungetaufte, ganzen Gemeinen
„vorlegten,, tie er im Bud) von Syno⸗
dis redet, oder fonft nicht viel vom Chriftenehum
mußten oder hielten. Ein befannter Theologus
faſſet Diefes furz, wenn er von dem Urfprung der
Eanonum auf den Coneiliis fehreibet, nachdem
er bewieſen, daß vor Conftantino Feine derglei-
chen geweſen: "Als die Kirche unter den Chrift-
lichen Kayſern zu wohnen angefängen, und nun
‚ „urter Conftantini Regiment ſich wieder erhofete,
„von der Verfolgung fich wieder zur Ruhe, von
„den Wülten in die Städte, von den Holen und
Wchern in die grofien Kirchengebäude Fam: ift
Er von dem Leberfluß und Hoͤchmuth, von al
„ierhand Eitelfeiten und Gebrechen überfallen
„und fehredklich geplaget worden. Diefes böfe
„seben hat ein Haufen Schlüffe und Sagungen
ie deren größter Theil von den Syno⸗
„dis eine canontfche Autoritaͤt oder Kraft einer
Regel, von den Kayſern aber den Machöruck
„der Geſetze überfommen hat d).
10, Wie es aber mit denen Satzungen zuge
gangen if, welche das Lehen und die Prarin
n der Kirche betrafen + Alſo und nicht anders
findet ſichs aus den klaren Schriften der Alten,
daß es in denen vorgefchriebenen ie und lau:
benspuncten gefchehen. Denn diefes war ja in
dem Berfall meiftens die vornehmfte Abficht und
Wirfung der Concilien ,- daß bey ereignenden
‚Streitigkeiten gewiffe Glaubensformeln abgefaf-
fee und vorgefchrieben wurden, Darzu triebe
a >
Symbolis D
— —
dcr. MeimasBlitgr Rel. de Colledt. Canon, Ecel. n. a.
Let Theologi-ab illo aliisque nominati,
a IE
iſſe. 1015
die Cleriſey die Kayſer am heftigſten an, daß
ſie alle ihre Unterthanen zu einerley Meynung⸗
durch ſolche Mittel bringen moͤchten. Woraus
denn ſolche Symbola und Glaubensbekenntniſſe
hervor kamen, nachdem etwa zu dieſer oder
jener Zeit die Potentaten und vornehmſten Bi—
ſchoͤffe geſinnet waren. Hievon will ich noch
etwas weniges beyfuͤgen, ob gleich das meiſte
af aus der vorhergehenden Erzehlung offen»
ar feyn Fan. Go ift nun vor allen Dingen
gewiß, Daß in den eriten dreyhundert Jahren
fein gewiſſes Symbolum oder ſolch Glaubensbe-
fenntniß auffer der heiligen Schrift vorgeleget
gewefen , darnach fie fih in Worten , Lehren
und Glauben hatten nothwendig richten muͤſſen:
Sondern es ift auch diefe Weiſe erftlih unter
dem angehenden Berfall eben durd) die Conci—
lia eingeführet worden, nachdem man angefan-
gen einander zur aufferlichen Bekenntniß anzu:
balten und zu zwingen. Dieſes defto deutlis
cher zu erfennen, wollen wir zuförderft dieje—
nigen Symbola Fürzlich doch gründlich unterſu—
chen, welche insgemein vor den gedachten Zei-
ten follen aufgefeget feyn. Da denn vor allen
andern das fogenannte apoftolifihe Symbolum
von etlichen vorgewandt wird, als ob daffelbe
die Apoftel felbit, oder zum wenigften die apo-
ftolifchen Männer gemachet hatten. Die Be:
weisgründe hievon find fo ſchlecht, daß fich
auch die Papiſten und andere derfelben rech
fhamen muͤſſen. Die allermeiften und erfaß-
tenften Scribenten beweifen mit guten Grün»
den, daß es nicht vor dem vierten Seculo,
wol aber nac) demfelben bekannt gewefen, viel
weniger von den Apofteln oder apoftolifchen Maͤn⸗
nern aufgefeger fey e).
ar Die vornehmften Urfachen der Gelehrten
und Theologen find mit zwey Worten diefe:
ı) Weil weder die apoftolifhen Gefchichte noch
ihre Schriften das geringite davon gedenfen :
2) Weil fein einziger Kirchenferibent oder Hiftos
vicus etwas Davon meldet: 3) Weil esdenen Ge:
meinen vor der befagten Zeit nirgends befannt ge:
weit, und man hernach andere Befenntniffe und
Symbola aufgefeger hat, welches fodann nicht
gefchehen noch noͤthig geweſen ware, And was
dergleichen gewiſſe Beweisthuͤmer mehr find, da-
bey ich) mich nicht aufhalte, nachdem es von nie⸗
mand leichtlich geleugnet wird. Was aber fon,
ften von andern Symbolis gefchrieben oder viel:
mehr
e) Vid, omnino Gerh. lo. Vofius lib. de tribus
En
3
1016
mehr gemuthmaſſet wird, die vor der beſagten
Zeit etwan denen Täuflingen und andern geleh⸗
vet worden, iſt keinesweges zu dieſer vorgelegten
Sache zu rechnen. Angefehen fo gar viel falfche
und untergefe)obene Glaubensbefenntnifte, Er»
Elärungen und Symbola bishero von den Gelehr⸗
ten entDecfet und mwiderleget find , daß fie ihren
Credit bey Verſtaͤndigen gänzlid) verloren haben.
Am berüßmteften ift hiervon dasjenige, welches
die Komifche Gemeine unter den Bilhof Coͤ—
leſtino foll gehabt haben, darauf fid) aud) eini-
ge nach der Zeit beruffen f}. Gleichwol aber
hat noch niemand gewiß ſetzen koͤnnen, ob je⸗
mals ein ſolches mit beftändiger Form und fon-
derbaren unveränderten Worten abgefaffetes
Symbolum denen Catechumenis vorgetragen
yoorden. Immaſſen aus der apoftolifchen Öe-
wohnheit der erſten Kirchen zu fehen iſt, Daß
fie an dem Vorbild der heilfamen Lehre nad)
der Kraft und mit freywilligem Geift gehalten,
nicht aber auf eingefchränfte Worte und daher
entftehenden Zwang gefehen. Wesmwegen ſich
auc niemand leichtlidy unterftehet , von diefen
etwas gewiſſes zu feßen. Was die andern
Symbola betrift , die man noch in den Scri⸗
benten vor dem Riceniſchen Concilio findet, find
wiefelben , wie es ber klare Augenſchein gibt ,
abermal alfo anzuſehen, mie von dem vorigen
gefaget worden, Die Seribenten gedenfen
Zuch nicht, daß jemand von ihnen oder at»
dern, oder auch von ganzen Berfammlungen
und Collegiis verbunden worden fey, diefelben
nad) allen Worten , Redensarten und Formeln
alfo anzunehmen. Denn die Autores varliren
in der Erzehlung derfelben, gedenken auch nur,
daß die Gemeine in der ganzen Welt ſolchen
Glauben von den Apoſteln und ihren Juͤngern
empfangen habe, u. ff. mie foldyes aus dem
Irenaͤo 8), Zertulliano h) und andern Elar zu
ſehen iſt 2). —
hl G Mm merkwuͤrdig, daß in biefen erften
Zeiten gleichwol von feinem tehrer in Form ei-
es Gebotes oder gethaner Auflage dergleichen
Glaubensbefenneniffe vorgetragen oder jemanden
aufgezwungen worden ; ungeacht fo viel Spal-
fungen und Irrungen aud) damals unter den
Schriften entitanden waren. Daran zivar eini-
ger maflen Urfache war, weil es vielen an der
äufferlichen Gemalt mangelte, dadurch fie an-
dere hätten zu ihren Meynungen zwingen Fön,
: silius Jib. IIII. Eutyeh. ap. Dannhauerum Chrifteid. Th. I. Ph. 9. p. 410. Conf., Spanbemius Introd. H.
f) Fe E 39 9) Lib. Laduerf. Her.c. 2. h) Lib. de Præſeript. adu. Heret. c.13.etL. aduerſ. Prax,
Catech. VI. Origenes lib. I, eg! &gX- init. etc.
E. Sec.
e.2.. 2) Conf. Gyrillus Hierofolymitanus
8.3. Don dem Abfall der Thriften von der erfien Lauterkeit. Sn »4
‚nen, ob es ihnen gleich) an dem Willen nice
fehlen mochte, indem es bisweilen aud) eigen |
war, 4
finnige Köpfe unter ifnen gab, Jedoch
Diefes die vorneßmfte Urfache , meil die alte
apoftolifche Gewiſſensfreyheit der Chriften noch
nicht ganz verlofchen war, wie nachmals un⸗
ter dem offenbaren Abfall, da man die Irri⸗
gen nicht durch Vorfchreibung gemwiffer Sormeln
und Spmbolorum oder andere gewaltfame Mit
£el gewinnen wollte , fondern durch ein und
abermal wiederholte Warnungen ; wie wir in
folgenden Capiteln nod) fehen werden. - Diefer
annoch loͤbliche Sinn der erſten Chriſten bielte
ſie ab von aller ſolcher Art die Gewiſſen zu
aͤngſten, und bewahrte ihr eigen Gewiſſen vor
dergleichen Brandmaßlen , welche ſich nachge⸗
hends fo viele muthwilliger Weiſe machten. 7
fo iſt und bleibet es gewiß, Daß vor Dem?
cenifchen Concitio eine folhe Weife von |
wahren Chriſten weder gebilligee noch
worden, wodurch ein oder. etliche Leb
unterftanden hätten , gemiffe Glau
nach ihrem Gutachten aufjufeßen ,
dern Chriſten, fonderlicy Denen, voı
man fih Widerfpruchs beſorget, vorzulegen
fie zur Bekenntniß diefer Puncte —
und Feder anzuhaiten, und alfo die Herrſchaft
des Ölaubens zu erereiven. Diefes ware
vom lautern Glauben und der von Chri
r
N
gen gemwefen haͤtte ihr beftes Kleinod, Die Liebe
Brüder unter einander, zufamt ihrem niedrigen
und fanften Sinn zerftöret, und aus Chriſten Lin»
chriſten, Seindfelige und Heuchler gemachet: Das
von bald bey der Religionsfreybeit mit mehrerm.
13. Da man nun von diefen erften dreyhun⸗
dert Sjahren dergleichen bey Feinem Scribenten
findet, fo thut ſich hingegen unter den folgenden
Zeiten und gleich unter Conftantino defto mehr
bievon hervor, Denn wir haben ſchon deutlich
gefehen , wie auf dem Micenifchen Eoneiliv der
Anfang hiezu gemachef worden, da nicht allein
Conftantinus M. die andern Sagungen diefes
Concitii allen feinen Unferthanen anzunefmen ©
und zu halten feharf geboten hat, fondern vor-
nemlich aud) Das darinnen aufgefeßte Symbo-
lum oder Ölaubensbefenneniß eingeführt. Denn
deffen aͤuſſerliche Gewalt, Namen und Majeftät
brauchten die Bifchöffe dazu ofn einiges Beden-
fen, ungeacht er annoc) ein Catechumenus, und
. folglich)
en r
.
— —
—
B
|
|
—
—
»
ben untüchtig war:
folglich nach ißren eigenen Sagungen vom Glau-
ben zu handeln, oder andern darinne vorzuſchrei⸗
untu Nichts deſto weniger wur-
de auf diefe Weile ein ſolches Symbolum_ allen
Gemeinen vorgeleget, welches eineiniger Mann,
der hernach öffentlich felbft davon abfiel, aufge:
feßet Hatte; wie wir oben ſchon in etwas gefehen,
welcher Bericht hieher völlig geDöret: Da gieng
es nun mit diefer Are des Gewiſſenzwangs oͤf⸗
fentlich an, daß man nicht mehr mit Fräftigen
Gründen die Wahrheit betätigen, und die Srri-
gen damit überzeugen wollte, fondern dasjenige,
was oßnedem in der Schrift deurlich liegen muß:
te, in andere Medensarten und Formuln ein»
ſchloß. Woben man abermal nicht beruhete, daß
diefelben dem Gegenteil wären dargeleget und
erfläret worden, fondern der Kayſer fuhr aufAn-
n der Bifchöffe zu, jagte die, fo fi) weiger⸗
1, aus dem tande, verbrannte ihre Schriften,
und vi zwang er alfo zur Unterfchreibung ‚die
d darauf wiederruften ; wie noir fehon geſehen.
Sich will Hiermit keinesweges diejenigen vertheidi⸗
N
gen, mit denen man alſo verfahren, fondern nur
andern damit Anlaß gegeben haben, denen Ge—
ſchichten felbiger Zeiten weiter nachzufinnen, und
die fonderbaren LUmftände & unterfuchen,, worzu
es mirdismal an Zeit und Öelegenheitmangelt.
14. Don diefer merflichen Veränderung der
erften Liebe und Sanftmuth unter den Chriſten
* die Klagen der Verſtaͤndigen ſehr merkwuͤr⸗
ig und nicht ohne Bewegung zu leſen, da fie ſon⸗
derlich geftehen, mie fie den Sammer nicht eher
erkannt und empfunden haben, der durch die ein-
geführten Glaubensbefenntniffe entftanven, als
da fie von ihren Widerwärtigen eben alfo tra-
ctiret worden. Denn es ift zu wiſſen, daß zwar
Eonftantinus, und mie ihm die Orthodoxi, folche
Borfchreibung gewifler Glaubensformeln erfun:
den und eingeführet haben, wie es die Hijtorien
ausweiſen; daß aber auch die andern Secten es
ihnen bierinnen nachgemacht, fo bald fie nur die
äufferliche Gewalt überfommen, welcher fich jene
zuvor gebrauchet hatten: fo bedauren nun
cordate Leute bey ſolchem Zuftand, theils die Ges
woßnpeit, wenn man göttliche Geheimniſſe in ge
wife Formeln und Nedensarten nicht alleine ein-
ſchlieſſen wollte, fondern auch diefelben anderen
vorgefchrieben und aufgedrungen; wovon zwar
unten ein mehrersfoll geredet werden: Sie fehrie-
ben aber insgemein alfo von allen denen, die fich
foldyes unterjtanden haben: “Da man allein
„durch den Glauben erfuͤllen ſollte, was geboten
i) Ailarius lib. IL.de Trinitate initio.
2
20, Cap. Don denen Solgen und Wirkungen der Concilien x.
1017
„ft, nemlich den Vater anbeten, und mit ihm
„den Sohn ehren, wie auch des Heil, Geiſtes
„voll ſeyn: fo muß man die elenden Worte auf
„unausfprechliche Dinge ausdehnen, damit ja
„dasjenige durch einen menſchlichen Ausfpruch
„in Gefahr gefeßer werde, was man doch it eis
„em goftfeligen Herzen bewahren follte,, i).
Womit denn deutlich bekannt wird, daß eg wider
die Einfalt des lauteren Glaubens laufe, wenn
man unausfprechliche Geheimniffe, (ie die gört-
lichen alle find,) in etliche Worte einfchlieffen wol-
le, vielmehr aber mit dem Vorwand anderen ſol⸗
he Worte aufdringen, als wenn fie alle Kraft
und allen Bezirk und Nachdruck folder Geheim—
niffe in A) begriffen.
‚15. Wiederum, wird dieganze Sache gründ-
lich vorgeftellet, wenn die Gelegenheit des groſ⸗
fen Mißbrauchs ſamt dem unwiederbringlichen
Schaden alſo beklaget wird: "Die Nothwendig⸗
„keit (um der Irrigen willen etwas deutlicher aus:
„udrucken,) iſt Feine loͤbliche Gelegenheit geweſen,
„daraus die Gewohnheit aufkommen iſt, den
„Glauben immer vorzufchreiben und zu erneu-
„ern. Dadurch bat man angefangen neue
»Sachen vielmehr auf die Bahn zu bringen, als
„die empfangenen zu behalten: Dadurd) denn
„weder Das Alte vertheidiget , noch die Neuerun-
„gen beftätiget worden find. Und alfo ift es
„nicht ſowol ein Evangelifcher, als ein zeitlicher
»Ölaube worden, indem man alle Jahr neue
„ſchreibet, und dennoch nach der Befenntniß der
„Taufe den rechten nicht behält. Es it uns ja
„ehr gefährlich und auch recht fhmerzlich, daß
„nunmehro fo viel Glauben als Köpfe feyn, und
„ſo viel’ Lehren als Sitten: Ingleichen, daf
„eben fo viel Urfachen der Gottesläfterung ent:
„ſtehen, fo viel Fehler darinnen find, da man
„entweder den Glauben befchreiber, wie man
„will, oder ihn verſtehet, wie man meyner. Ja
„ob wol nur ein Glaube feyn ſoll, — nur
sein GOtt, ein HEtr und eine Taufe ift; fo
„find wir doc) von demjenigen Glauben abgefal⸗
„ten, der allein der wahre iſt, und, indem ihrer
„mehr werden, iſts nun gefchehen, daß gar Fei-
„mer äft,,. And damit niemand mennete, er ſe⸗
he nur auf der Arianer Actiones, fo ſetzet er aus
druͤcklich darzu, daß dieſer Greuel alsbald mit
dem Niceniſchen Synodo angegangen, welches
denn ein offenhares Zeugniß von einem recht⸗
un und bewährten. Lehrer felbiger Zeiten
‚ ber den Anfang und Urfprung Diefee du
fenszwangs klaͤrlich offenbaret, wie er waprhaf-
Naunnnn tig
1018
tig damals vorgegangen.
bierinnen auf die — wenn er alſo fort-
faͤhret: Wir wiſſen ſelbſt unter einander, daß
„nac) dem Niceniſchen Synodo nichts anders als
„Glaube geſchrieben wird (nemlich ein Schein⸗
„und Mundglaube, der nur in äufferlicher Be-
„eennenig kunde). Denn es gehöret nun faft
„feiner CHriſto mehr an, indem wir über Worte
„janfen, nach neuen Dingen fragen , über zwei⸗
„relhaften Sägen Gelegenheit darzu nehmen,
„über derfelben Urheber ung beflagen, wenn die
Parteyen mit einander ftreiten, und fo ſchwer⸗
„lic) eins werden koͤnnen, ja, noch einander dar-
„zu verfluchen und. verbannen, Denn, wir wer-
„den von einem ungewiſſen Wind der Lehre ber-
„um getrieben, und verwirren enfweder andere,
„ivenn wir fie lehren, oder irren felbft, warn
„toir von ihnen gelchret werden k).
16. Diejes beweiſet er mit den eigenen Exem⸗
Bein felbiger Zeit, und zeige, wie man mit dem
usdruc der - Glaubensbefenntniffe fo. leichtfin-
nig geſpielet, daß bald dieſes, baldjenes angenom-
men worden, nachdem etwa eine Partey die O⸗
berhand behalten. _ "Was ift nicht (fpricht er
„peiter) vor eine Veränderung im Glauben das
„nächfte Jahr über geſchehen? Erſtlich hat man
befohlen von dem Wort homoufio ftilfe zu ſchwei⸗
„gen, hetnach hats mans wieder zugelaſſen und
„offentlich bekannt. Endlich iſt auch das Wort
, welches die Lehrer fo ſchlechthin beliebet
„hatten, entfchuldiget worden: ob es wol. bald
„iviederum verdammet, und nicht entfchuldiget
„war. Und wie weit iſt es nicht endlich kom⸗
„men? Es bleibet weder bey uns, noch bey'je-
mand anders’ vor uns etwas heilig und unver⸗
Neht..Und endlich befchleuft er dieſe Klage mit
diefen fehr merklichen Worten: “Man, fuchet
„(bey dem groffen Religionsſtreit) noch "Den
„Olauben ‚ als wenn fein Glaube vorhanden
„wäre: Da muß man den Glauben aufſchrei⸗
„ben, als wenn er nicht im Herzen. feyn müßte,
„Man muß den Glauben noch lernen, da man
„och durch) den Glauben wiebergeboren ift, als
„ivenn die Wiedergeburt ohne Glauben geſchehe.
„Man lernet nach der Taufe erft CHriſtum er-
„eennen, als wenn. bie‘ Taufe ohne Chriſto et⸗
Was ſeyn koͤnnte: Wir verbeſſerns, als wenn
die Sünde wider den Heil. Geift Eonnte verge⸗
„ben' werben. Aber die Urfache aller folcher
„‚Gortlofigkeit'ift diefe, weil man den Evangeli-
ſchen Glauben nicht befennen will, ob man gleich
Er beruffet ſich aber
' "YyIdem lib, ad Conflantium Aug: initio. 1)IdemLoc, dit,
8.3. Don dem Ubfau der Ehriften won der erfien Aauterkei. -
„den Apoftolifchen wol fiebenmal herfaget, · Mat
„vertheidiget noch feine Bosheit vor den Volk
„mit vielem Geſchwaͤtze, und betreuge die armen -
„eeute mit Kochtrabenden Worten, indem man
„von dem HErrn EHrifto nicht dasjenige glau⸗
„ben will, was er doc) zu glauben felbft gelehret
„ben unter dem ſcheinbaren Glauben des
„dens. Und indem man die Neuerung abfchaf-
„fen will, rebelliret man durch neue Redensar⸗
„een wider GOtt, und gibt unter dem Namen
„der Schrift ſolche Dinge vor, die nicht drinnen
„ſtehen. Summa, man iſt unbeftandig,, leicht-
„linnig und goftlos, indem man dasjenige ver⸗
„andere, was gewiß if, das ‚empfangene ver—
„lieret, und lauter böfe Dinge faſſet 1). Ye
17. Diefes deutliche Bekenntniß kann uns an
ftatt vieler andern feyn,, und abfonderlich hier,
bis mir anderswo ausjührlic) "und in richtiger
Drdnung von diefer Art des. Gewiſſenszwangs
mehr erfahren werden, wie man denen fo genarın-
ten Kegern Damit zugefeget, und: fie fonderlich
zum Wiederruf alfo bringen wollen. "Wohin ic)
denn um bequemerer Ausführung tillen alles
verfpare, und hier nur noch einesgeleßrten Man:
nes Worte anführen will, welche die Sache nicht
wenig erläutern fünnen. So ſchreibet er aber
bey Gelegenheit der vorangezogenen‘ Worte:
„Die Alten haben überaus fparfam von göttlichen
„Dingen geredef, und unterftunden fich nichts
„oaven ausziffprechen, was nicht offenbarlich in
„der Heil. Schrift jtunde,,. Und nachdem er
dazu geſetzet, wie die erregten Streitſragen auch
den Chriſten neue Wörter heraus gelockert , fpricht
er weiter : Vor dieſem beftund der Glaube mehr
im Leben, alsin Bekenntniß der Artickel. Dar:
„nach lehrete bie Nothwendigkeit, daß man an⸗
„fieng Artickel vorzuſchreiben, aber doch wenige
„und nach der apoſtoliſchen Lauterkeit. Weiter
„brachte es die Bosheit der Freyen dahin, daß
„man bie heilige Schrift genauer erklaͤrte und
sißre Halsftarrigkeit machte, daß durch die Yu-
„toritaͤt der Concilien einige Dinge beftimmet
„wurden. Endlidy fienge man an das Symbo—
„um oder Glaubensbekenntniß mehr auf dem
„Papier als im Herzen zu Baben, und waren faft
„ſo viel Ölauben, als Menſchen. Da nahmen
„die: Artickel zu, und die Reinigkeit ab, Dei
KHank und Streit erhitzte fie, die Siebe erkaltete.
„Die Lehre CHriſti fiengan von den Gründen ver
„Philoſophie zu dependiren, die doch zuvor von
— u „feinem
*
— Alſo vereiniget man ſich mit ehe
we
Er
20. Cap. Don denen Folgen und Wirkungen der Concilien ꝛtc.
„feinem Wortgezänfe wußte. Und dieſes war
„die erſte Stuffe, da es: mit der Kirche ärger
„rourde. Die Güter wuchfen dabey, und die
Gewalt fam darzu: Man miengte die Autorität
„der Kayſer darımter, welche der Lauterkeit des
„Ölaubens gar einen fehlechten Vortheil gab.
„Zuletzt iſt man auf fophiftifhe Zaͤnkereyen ver
— und ſind viel tauſendmal tauſend Glau⸗
„bensartickel hervor kommen. Da gieng es an
„ein Schrecken und Drohen: Und ob man gleich
„kein gut Leben mehr hat, auch den Glauben
„mehr auf den kippen, als im Herzen, viel weni⸗
„ger cine wahre Erfenntniß der Heil. Schrift, fo
„treiber man doch mit Gewalt die Leute darzu,
„daß fie glauben, lieben und verſtehen follen , was
„ſie doch nicht glauben, lieben und verftchen m).
18. Ich Fann nicht umhin, aus eben diefem nur
noch eine einzige Stelle anzuführen, welche alfo
lautet: "Man nennet zwar den Heil. Geift den
„wahren GOtt, der vom Vater und Sohn aus:
„gehet, welches fich doch die Alten eine Zeitlang
„nicht unterftanden haben? Unterdeſſen feheu-
„et man fich nicht, ihn mie Sünden aus dem Her:
ʒen zu verjagen, gleich als wenn wir unter dem
„Heil. Geiſt nur einen bloffen N glaubeten.
„Wie denn auch die meiſten unter den Alten, die
„od min höchfter Gottſeligkeit ehreten, den⸗
„noch ſich ſcheueten ihn homoufion zu nennen,
„weil das Wort nirgends in der Heil. Schrift
„Atünde. So gar ift der Wachsthum der Kit:
„hen in der Reinigkeit eher geweſen, als in ges
nauer Erkenntniß der Gottheit. Sie hat auch
„nie geöfferen Schaden erlitten, als da man
„mennete, daß fie in der philofophifchen Erudi-
„tion und in dem erelslihen Reichthum zuges
„nommen hätte. Nicht als wenn Neichthum
„vor fich böfe wäre, fondern weil dr die Men-
„then gemeiniglich in weltliche Sorgen veriwi-
„ckelt, und weil die Gelehrfamfeit meiftens Un—
„einigkeit und Secten erwecket. Da wendet man
„die Verrheidigung des Carholifhen Glaubens
„vor, und menge unterdeffen feine eigene Affe»
„cten drunter, alfo, daß unter EHrifti Namen
„des Satans Werk vollbracht wird, n). Was
diefer kluge Mann mit Silario von felbigen Zei:
ten ſchreibet, ift von den folgenden defto gewiſ—
fer, je mehr darinnen der Greuel zugenommen
bat. Es zeugen davon die betrübten Denkmah⸗
le fo unzähliger — welche durch die
Concilia, Glaubensbekenntniſſe, Streitſchrif⸗
1019
ten und dergleichen zuſehens aufgeblaſen und ges
heget worden, welches endlich alles Gute folgends
verzehrer bat. Wie denn infonderheit folche vor
gefchriebene Glaubensformeln feinen Segen
noch Nachdruck haben Fonnten , da fie gemeiniglich
von hochmuͤthigen, graufamen und gotlofen
Männern aufgefeger waren. Zu gefchweigen,
daß viel Betrug Damit vorgienge, wenn unter
fremden Namen viel ſolche Symbola den Leuten
vorgeleger wurden, als von denen fo genannten
Slaubensbefenntniffen des Damafi, Rufini, Hie—
ronymi und anderer befannt it, wodurch die Be—⸗
truͤger ihre eigene Meynung zu verkaufen ſuch⸗
ten, Dabin auch das fo genannte Athanafianifche
Symbolum geböret, welches man fo lange Zeit
vordes Arhanafii Arbeit gehalten, gleichwol aber
wol über taufend Jahr nach CHriſti Geburt von
einem unbekannten Autore zufammen gefchrieben
worden, wie oben im Vorbericht $. 20. gewieſen
iſt: Dergleichen Spiegelfechten mit andern mehr
vorgegangen iſt 0)»
19. Im uͤbrigen war denen Apoſteln und ih⸗
ven wahren Juͤngern diefe Urfache nicht genug,
daß man um der Jerigen willen entweder neue
Glaubensbekenntniſſe oder neue Redensarten
einführen ſollte. Ihr einfältiger und feliger Weg
war diefer, daß fie In Geift und Kraft einem je
den die dehre der Wahrheit zur Gottſeligkeit wie⸗
fen, und auf einen lebendigen thätigen Glauben
drungen, dabey ein jeder vor gefährlichen Irr⸗
thuͤmern durch die Trene GOttes bewahret wer—
den konnte. Deſſen Weisheit lehrete fie Die leben⸗
dige Erkenntniß IEſu CHriſtl bey allen den Grund
zu legen, ohne welche alle Uebereinſtimmung und
nachgeſprochene oder abgedrungene Bekenntni
dieſes und jenes theoretiſchen Satzes vergebli
geweſen waͤre. Sie ſagten den Ehriſten fren,
daß ſie nicht Herren ihres Glaubens ſeyn wollten,
und alſo auch nicht durch vorgeſchriebene Symbo⸗
la, da ein Chriſte den andern nicht mehr nach
CHrifti Regel an den Früchten des Glaubens,
fondern an den Worten, Nedensarten und Bils
chern Fennen will, ob errechtglaubig fen oder nicht,
Denn da ift ja am Tage, und wird durch Die trau⸗
vige Erfahrung immer mehr befräftiger, daß auf
diefe Weife dev abgefallenen Kirche, auch der gott
loſeſte Heuchler, aus fleiſchlichen Abfichten alle
Worte und Bücher annehmen kann, dabey er ei: |
nen Vortheil hoffet. Wodurch er denn fich noch
nn unn 2 wol
m) ErafmusPrxfat.ad Hilarium. n)Erafmusl.c. 0) Voßßnsl.c. Din‘ IIT. Seulrerus P. V. Med. Pat. 20. Camera-
rius, Pelargus, Tayloraliiqueap.C. C. Sandiumlib. II. Nucl.H.E.p. 256. et lib, I, p. 80, Theologis non re-
fragantibus et ab Athanafii doftrina tantum fie dituwm afferentibus, .
1020
wol vor einen rechtglaubigen und guten Chriften
halten darf, weil ihn etwa ganze Collegia, feiner
Unterfchrift und Webereinftimmung wegen mit
diefem und dem fombolifchen Buch, davor paf
firen laffen. Die Urfache alles Jammers zeugen
die gedachten Scribenten, weil der Glaube bey
den verfallenen Chriften und Lehrern nicht nd
im Herzen, und alfo auch nicht durch die Liebe
thätig ift, wovon das Leben eines. jeden zeugen
muß, fondern nur auf den tippen und Papier
ſchwebet, folglich auch ein buchſtaͤblicher, todter
Heuchel⸗ und Scheinglaube iſt.
20. Und zu dergleichen offenbarer Verſtellung
und Heucheley wurden ſo gar viele auch unter
dem angehenden Verfall von den Obern gebracht,
wenn ſie ſich denen Schluͤſſen und Bekenntniſſen der
Concilien unterſchreiben mußten, und hernach of⸗
te von ihrem Gewiſſen zum Wiederruf gedrun-
gen worden. Da denn auf beyden Seiten bös-
lich gehandelt ward, wann denen Dbern aud) ihr
Gewiſſen wol fagen Fonnte, daß fid) einanderer ja
dazu nicht von Herzen verftehen Fünne, mas
gleichwol die erfte apoftolifche Kirche niemals ge=
than. Diefe hätte ja aud) leicht und mit befferer
Autoritaͤt Symbola oder ſymboliſche Bücher
ſchreiben und andern aufdringen fünnen, wenn es
nicht ſchnurſtracks alle Chriftliche Freyheit, Liebe
und Aufrichtigkeit aufgehoben hätte. Drum findet
man weder in ihren noch in aller andern recht⸗
8.3. Dondem Abfall der Chriſten von der erften Lauterkeit.
fhaffenen Lehrer Schriften, daß fie gefordert.
hätten, Die andern Chriſten follten ihre Gedan: .
fen und eigene Redensarten neben dem göftlie .
hen Wort zu einer Norm und Regel des Glau«
bensannehmen. Biel weniger findet man, daß
in der reinen Kirche auf folche äufferliche und mei- -
ftens mit. Berftellung verfnüpfte Uebereinftim- ,
mung, Unterfchrift oder gar eydliche Verbindung -
gedrungen worden: Am allerwenigiten, daß es.
alfo gefchehen, nicht foferne, fondern weil dies
fes oder jenes Bud) völlig und genau übereins.
ftimme. Geſchweige, daß man folche menfchli-
che Schriften gleich unmittelbar neben dem Wor- -
te GOttes zur Richtſchnur des Glaubens gemacht -
hätte, oder in einem einzigen ftreitigen Punet
fid) auf beydes zugleich beruffen, oder auch an⸗
dere darauf gewieſen hätte. Angefehen aller Dies
fer Berderb erft damals unter dem Verfall fich
geäuffert hat, nachdem der erfte reine Kraft:
glaube unter den Ehriften verlofchen, und man .
ſich gfeichwol noch des Glaubens: rühmen, ja
eben durch folchen Zwang den andern feinen Glau⸗
ben weifen wollen, weil das Gewiſſen bezeuger,
wie Fein rechter Glaube mehr im Herzen wäre. -
Daß es demnad) ein Kennzeichen der von dem
erften Glauben abgefallenen Gemeinen war, wann.
der obbefchriebene Proceß bey denen
Streitigkeiten auffam, die ohnedem Dadurch nur
verftärfee und gemehret wurden
EM:
X
J
Das 21. Sapitel,
Kon denen entftandenen Irrthuͤmern und Kesereyen,
fonderlih / was man eigentlich Kegereyen genenneh,
Summarien.
ie man denen Ketzereyen unter dem Verfall begegnet hat: Urſprung des Wortes Ketzer; F. 1. wurde anfänglich
W nicht aliczeit im böfen Verſtand gebraucht, 2. bedeutet gar vielerley, eben wie es mit dem Namen Seete gehet.
3. Groffer Widerſpruch bey denen Alten, was die Gache felber feyn folle; Auguſtini Gedanken. 4. Beritändige Manz
ner haben allegeit ſehr behutfam verfahren: Etliche allgemeine Befhreibungen 5 5. was vor Stüde darzu erfordert wer⸗
den. 6. Wahre Rehrer beruffen fich in Streitigkeiten auf die Heil. Schrift; der iſt ein Ketzer, der die Schrift anders vers
fiehet, als es der Sinn des Heil, Geiftes erfordert 5 unterfihtedene Meynungen find Eeine Kekerenen: 7. Denen kommt
der Kegername zu, die,fich nicht an die Heil. Schrift halten, die wicht im Leben ausüben, wovon fie doch im Gemil:
fen überzeuget, ae fleilchlichgefinnete und heuchleriiche Prediger. 8. Ein groffer Verfall, Menſchenſatzungen neben,
ja wol über die Schrift jenen; der Elerifen Arglüftigfeit. 9., Gottlofe Cleriſen machet um der geringften Urfache willen
alsbald ein Geſchrey Über Ketzerey; Zeugniffe dagegen: ıc. eines, Altvaters guter Rath; etliche abgeichmackte Arten
des Ketzermachens: ır. Daher kein Wunder, daß die Bifchoffe fo groß worden; Auguſtini Ausfpruch. 12. Auch diejez
nigen müfen e8 geftehen, die fonft fehr hart fich bezeigten: Ein Menich noch immer einigen Serthümern unterworfen ;
17. ‚gar leicht its, unverſehens in einen Irrthum zu gerathen. Die Apoftel und ihres gleichen giengen viel anders mit
Serenden um, als hernach geſchah: bey Vermahnungen regierte der fanftmüthige Geift: 14. Rhodon fhut das Gegen:
Deil; die Glaubigen fuchen andere mehr durch Kraft und Erempel, ald durch Worte zu EHrifto zu bringen. 15. Die
beilfame Lehre ik nicht ein Begriff, der blos im Verſtand berube, und nicht auch den Willen ändere. Was u ame
e
*
21. Cap. Dondenen entftandenen Jerthümern und Vetzereyen, x.
ter den. erften Chriften Keseren geweſen; 16.
Alan 8. Hilarii * Beer fann ein web
Eerintbt. 19. Keser führen auf lauter feifchlis
1021
matit und anderer Mennung-davon, 17. desgleichen Arendi, Tere
ig goftielines eben führen; Erempel des Marcionis, Heracleonig,
und irdifche Dinge: Die Nothivendigfeit eines heiligen Lebens ben jez
dem Rechtglaubigen wird auch von Höfen erkannt, 20. Was die rechte Ketzerey ſey? Heucheley fonderlich ein Schirm
der Ketzer. 21.
Indlich erfordert die gemachte Ordnung,
auch noch von einer Sache aus der Anz
tiquitaͤt Bericht zu thun, die fowol an
ſich ſelbſt, als nach denendarbey vorgefallenen Um»
ſtaͤnden unter den Verfall der Chriſtenheit ge—
rechnet wird. Dieſes find die Begereyen, ſamt
der Art und Weiſe, wie man ihnen unter dem
Verfall begegnet hat. Da ich mich denn zufoͤr⸗
derſt auf die Erinnerungen beziehe, welche im
Anfang dieſes Buchs insgemein geſchehen. Son⸗
derlich aber bezeuge ich aufrichtig, daß ic) keines⸗
weges einigem offenbaren Irrthum oder Abbruch
der Wahrheit im geringften das Wort reden wol⸗
le, und mic) alfo an der ewigen und wefentlichen
Wahrheit vorfeglich verfimdigen; fondern ich
bleibe, wie zuvor, bey der bloflen Hiftorifchen Er»
zeblung, auf welche Art auch diefer folgende Be:
richt, und nicht anders angefehen werden muß.
Denn obgleich dann und warn aus glaubwürdi>
en Scribentenein oder ander Judicium von denen
— beygefuͤget werden moͤchte, ſo iſt
doch dieſes eben die Pflicht eines Referenten, wie
ich oben aezeiget habe. Damit man aber vor al⸗
len Dingen von dem Namen und der Sache felbft
ewiß fen, iſt von dem deutſchen Worte Keger,
gende fürzlich zu merfen. Es wird felbiges
von denen meiften Gelehrten bergeführet ausder-
jenigen Zeit, da unter dem Romifchen Antichrift
die Zeugen der Wahrheit mit ſolchem Namen
von der papiftifchen Cleriſey beleget worden, ins
dem unter andern ein Haufe von ſolchen Leuten
Cathari oder Gazari, die Reinen benennet waren,
ohne Zweifel zum Spott, von welchen noch am
Ende diefes Buchs vielleicht genauere Nachricht
erfolgen fol. Dabey denn zu merfen ift, daß
diefe Gazari insgemein in Deutſchland Boni Ho-
mines oder gute Leute, in Italien aber Confolati
oder Betröftere genennet, und fonft lange Zeit
fehr befannt worden find 2). Daberovon diefem
Namen nach und nach alle diejenigen Gazari
oder Ketzer genennet worden, welcheder Clerifey
gr
in einigen Dingen widerfprochen, und damit Zorn
und Berfolgung von ihr verdienet haben b).
Woraus denn alsbald fowol der Urfprung als der
Gebrauch diefer Benennung offenbar ift, dergleis
chen auch von denen Namen in den andern Spra«
chen angemerfet wird: angefehen die Derivarion
des deutfchen Works aus dem Ebräifchen
Kazar abfondern, oder Karaz aus Matth. 7, 16.
gar zu weit geholet ft c).
2, Bey denen alten Scribenten,twelche Griechifch
oder $ateinifch gefehrieben, ift dasaigerıs, Hæreſis
oder Ketzerey, auch nicht allezeit, und zumal ans
fänglich, in einem böfen Verſtand gebrauchet
werden, viel weniger alfo verhaßt und gleichfam
infam gewefen, als es nach der Zeit gefchehen,
da die Wörter und Namen felbft mit denen Sa-
chen in böfen Gebrauch gerathen d). Alfo nen»
nete Paulus ſelbſt dasjenige eine aıgerw, Secte
oder arm ‚welcher er. ergeben geweſen war,
Apoft. Gefch. 26, 5. _Dergleichen Gebraud)
auch fonft in der Schrift zu finden iſt. Siehe
Apoft. Geſch. 28, 22. da die Chriſtliche Lehre felbft
eine Secte heiffen muß. Denn nad) feinem Ur—
fprung kann &igesis nichts anders heiſſen als eine
Erwaͤhlung, welche, wenn fie gute und Beilfa-
me Dinge faſſet, allerdings auch felbit gut ift, ob
fie gleid) von den Unweiſen vor bofe gehalten
wurde. pn welcher Abficht man mit einem
Theologe wohl faget: “Wir wollen uns gerne in
„dieſem Verſtand Ketzer heiffen laffen, weil wir
„das Wahre vondem Falſchen abfondern, aus Je⸗
„rem. 15, 19. unddas Koftbare erwaͤhlen, die fü:
„gen verwerfen. Hingegen mögen andere Keger
Eh, wenn fie die Luͤgen erwählen, und die goͤtt⸗
„liche Wahrheit halsftarrig vermerfen,, ©). Dies
fes merfer auch ein geleßrter Kirchenleßrer an,
wenn er fchreibet: «Es ift zu verwundern, daß
„unfer Glaube und $ebensart fchon damals (nem:
„lich Apoft. Gefch. 28,22.) bey den verkehrten Leu⸗
„ieneine Kegeren bat heiffen muͤſſen, Dazu er
Mnnnnnz noch
a) Raineriu: de Hxret. apud Sandium lib. III.H.E.p.404. b) Ita diferte Micrælius Syntagm. H. E-lib. III Sect. r.
quefl. 10. praux dodtrinz a Pontificibus infimulatum Gazarum ait. Conf. loach. Hildebrandus difl. de Hæret. n.
54. ©) Bullingerus in Inftitut. aliique. d) Vid. Lexicographi et Gloflariain h. v.tum ct Zoh. Caluinus Lexic.
Jurid. h. v.e Dro/si Meth. Iur. Rirtershufins ad Nouellas Iuftin, 4a. Corafins lib, III. Miſcell. 6.8. etc, e) Ger-
hardas L.deEcclef,n.ı 61.
Bi
“ u
1922 8.8. Don dem Abfall der Ehriften von derierften Lauterkeit.
noch von dem Urfprung diefes ſetzet: Aaıgerıs
„wird im Griechifchen von der Wahl genennet, weil
„nemlich ein jeder auslieft, was ihm am befte deucht.
BGleichwie die Philoſophi von diefer und jener Se-
„ee genennet werden„f). Und in ſolchem unfchul»
digen Berftand brauchte aud) Eoniftantinus 47,
felber diefes Wort, wann er den heiligen Böttess
dienft und die himmliſche Araft eine aigerw A
Sohn nennete, oder eine Catholiſche Rene:
rey 2). Daß demnach diefer Rame nicht eben
alsbald als etwas greuliches und entfegliches anzu⸗
ſehen ift, wenn er von dem menfchlihen Muthwillen
und Hochmuth mißbrauchet wird; nachdem ihn die
allerherrlichften und heiligften Dinge tragen müf
fen, und zwar nicht alleinenach dem Gebrauch ver-
Eehrter Leute, fondern auch bey wahren Ehriften.
3. Deswegen geftehen nun weiter die Gelehrten,
daß diefer Name gar vielerley bedeute, indem er ſo
gar von denen, Die doc) eigentlich die Regereyen be⸗
jehreiben wollen, aufganz fremde Dinge ausgedeh-
net, und nicht nad) der gemachten Regel der
Theologorum gebrauchet werde h). . Wiedenn
auch bey ven tateinern Hærelis ohne Unterfcheid
allerhand Profeßionen und Berrichfungen bedeu:
tet, zum Exempel, die Arbeit, fo in Schiffen gefchies
beti). Bey den Griechen aber &igesis gar die
Einneßmung einer Stadt k): tem, gewiſſe Saͤ⸗
tze der Philofophorum, ſowol nad) dem Gebraud)
der heydnifchen, als auch anderer Seribenten 1).
Nicht roeniger findet mans von ganz indifferenten
und unfchuldigen Dingen gebrauchet m), oder auch
von foldyen, die eben Feine Gefahr im Glauben
oder Leben mit fich bringen, fondern nur etwa von
menfchlichen Meynungen abweichen n). Als
wenn fchon in dem Eliberiniſchen Concilio dasje-
nige eine neue Ketzerey genennet wird, wenn ei-
ner den vierzigften Tag nah Oſtern das Pfingſt⸗
feſt hielt 0), Ingleichen wenn andere gewiſſe
Meynungen von natürlichen Dingen, die nicht
alsbald mit andern einftimmen, eine Regerey zu
nennen pflegen, als, Die Meynung von der Bewe⸗
gung der Erden ausder natürlichen Bewegung der '
lementen und dergleichen mehr; davon unten noch
etwas folgen foll p), Wie es auch mit dem Nas
men Secte und Sectirer nicht anders ergangen,
welcher nicht allein von andern indifferenten Din⸗
gen,. Mennungen und Gefellfchaften gebrauche
wird.g); fondern auch: von der wahren Chr
chen Religion felber. Wenn nicht nur die url
ten Kirchenferibenten diefelbe ausdruͤcklich und ſehr
ofte eine Secte nennen r), fondern auc) nachge⸗
hends in öffentlichen Gefegen der Catholiſchen
Secte s), item der ebrwürdigen Secte der Or⸗
thodoren mit Fleiß gedacht wird r),. Anderer Ur⸗
£unden bievon zu geſchweigen, da uns dieſe abermal.
weiſen, wie ſolche Namen an fich felber bey er⸗
fahrnen und verftändigen Gemuͤthern nicht algs
bald einen böfen Begrif und widrige Meynung
von denen Perſonen erwecken Fonnen, welche durch
ſchmaͤhſuͤchtige und ungpriftliche Zungen oder Fe⸗
dern, entweder mit.dem allgemeinen Namen eis
nes Keßers und Sectirers, oder mit fonderbaren
erdachren Titeln, beleget werben. za
4. Gleichwie nun foldye Ungewißheit in dent
Namen der Keserey ſich ereignet, allo findet ſich
nic)e weniger Zweifel und Widerfpruch bey denen
alten Scribenten, was eigentlic) die Sache felber
feyn follfe. Die berühmteften Lehrer, welche von
und wider die Keßereyen ganze Bücher geſchrie⸗
ben haben, geftehen ausdrücklich, daß fie nicht bes
greifen, gefchtveige denn fagen oder lehren Fönnten,
was eine Keßerey zu nennenfey, Derfonftfluge
Mann, Auguſtinus, redet alfo in feinem Buch
vonden Kegereyen aufrichtig Davon: “Wer fiehee
„nicht, was das vor einen geoffen Nutzen bringen
„würde, wenn man diefes faſſen oder begreifen
„fonnte, was ein Keßer fey» u)? In welcher
Schwerigkeit er zwar Dafelbft verfpricht, er wolle
nod) eine Befchreibung Davon geben, leiftet aber
nicht das geringfte, alfo, daß ein bekannter Theolo⸗
sus fehr wohl hievon ureheiler, wenn erfchreibet;
Auduͤſtinus iſt zwar ein ſehr finnreicher Mann
„ge⸗
f) Hieronymus Comm.in Tit. IH. g)Epift.apud Eufebiumlib.X.c.s. h)Vid. Perauiusad Epiphanium p.2.Re- _
chenbergius Append.ad Lib.Symb.p. 204. . i)Car. Dufrefnins Gloſt. Lat. P.I. p. 688. et Gloflär. Nomicum, Cod.
Theod. k)Thucydideslib. II. Hiſt. hLucianus lib. weg) wisesewy f. placitis Philofophorum. Cicero ‚pref.
ad Paradox. Auguſtinus de Ariftotele lib. VIII. de Ciu. Deic. ır. Epiphanius Her. I:n.2. dePythagera, Platone
etc. quo conf.G.1, Vofiuslib. I, de Idol. c. 3. et add. Dama/cenus Epiphanium fecutus ]. de Hzref.c.1.fegq.
m) Vid. $.preced. n) Ita Phrlafrius, Epiphanius, et Zacharias Papa Rom. infra nominandi. 0) Can. 43. quo
v.AlbafpineusinNot. p) Philaftrius de quo Bellarminus de Ser. Eccl.ineo. Hildebrandus l. e.n. 4. q) De Se-
&tis Philofophoruin vid. fupraet add. Galenus VIL de Sedt. Hippocr.et.Plat. Conf. Barthius ad Claudian. p. 92.
Minutius Felix O&tau. p.326. r) Vid. Prudentius in Pfychom. de Difeord. et Conc. lib. II. adu. Symmach. Apo-
theo£. hyma.in Infid. et hyımn. 10.de Coron. Autor lib. VII. Recognit. Clement. p. ıro. Cyprianus Epift. 27. et
53. Tertullianns\.de Fuga, Pallio c.6. et in Apol. pafliın, quovid. Rigzleius ad Cypr.l.c, Pamelins ad Cypr. cp.23.
n.14. s)l.5. Cod. Theod.de Epifcop. et lib. 42.44. C. eod. de Hær. t)l. vit. Cod. Theod.de Hxret. u) Lib.
de Hxref.ad Quod Vult Deum initio. *
a ! % Lö
u er
23
ꝛ. Cap. Von denen entſtandenen Irrthuͤmern und Regereyenic.
„geweſen hat aber doch hier eine groſſe Schwerigkeit
—*— annt; und —3 verſpricht, er wolle nad):
„ſuchen, was eine Kegerey fen, hat ers dod) nicht
„getban, entweder weil es ihm zufchwer gewefen,
„ober weil felbiges Bud) unfergangen ift,, (deſſen
doc) Fein folgender Scxibente gedenfer). Er fer
Set auch endlich dazu : „Ich bitte euch, die ihr dies
„ſes lefet, daß ihr mir. mit eurem Gebet helfet, das
„mit ich dasjenige erfüllen fönne, was ihr feher, daß
2,88 fo groß oder wichtig ſey. Da fiehet man, (ſe⸗
Get der Theologus Binzu,) "wie diefer Vornehmſte
„unter den Batern zittert und bebet, wenn er nur
„einen Ketzer befchreiben foll,,x)! Und freylich ſie—
het man aus feinen Worten, daß er nicht fo verwe⸗
gen als andere gewefen, welche ihnen diefe Macht
heraus genommen eine Befchreibung darvon zu er⸗
denken. Denn fo redet er. unter andern fehr be»
ſcheidentlich: "Es ift nicht ein jeder Irrthum eine
Ketzerey, obgleich eine jede Ketzerey, Die einem ver⸗
„arget wird, Feine Keßeren ſeyn Fönnte, ohne durch
„einen Irrthum. Darum fann durch Feine ric)-
„tige. Befchreibung entweder gar nicht, oder fehr
„ſchwerlich gefaflet werden, was einen zum Ketzer
„mache, y)· Alwo ein Scribente dich Bekennt⸗
niß gerne aͤnnimmt, wenn er ſaget: "Man fpricht
** insgemein, die Ketzerey ſey ein Irrthum in
„dem Glaubensgrund, deſſen eigentliche Wir—
„ung ſey die Ausſchlieſſung von der Seligkeit.
Aber es iſt BR fchwer zu befchreiben, was zu ei⸗
„ner Grundlehre gehöre)...
5. Diefe aufrichtige Bekeuntniß Auguſtini ha⸗
ben diejenigen immer nicht leiden koͤnnen, welche
ſo gerne Ketzer gemacht haben, dergleichen man bey
den papiftifchen Scribenten genug findet a). Ver⸗
ftändige aber und gewiſſenhaſte Maͤnner haben je
und allezeit darinnen ſehr behutſam verfahren, aus
DBenforge, Damit Feine unrechte Befchreibung die
Unfchuldigen verleumden und belügen, oder die
greulichiten Jerthumer ſich unter einigen Namen
verſtecken moͤchten b). Darneben ſtimmen fie
mit Auguſtino willig ein, nehmen auch die Urſache
an, welche — hat, nemlich theils,
weil ſo viel vorgefaßte Meynungen auch bey denen
älfeften Scribenten hiervon am Tage liegen, fheils,
weil fie fo gar wunderliche und 5* Begriffe
und Befchreibungen davon gehabt haben, die ein⸗
ander, meiſtens ſchnurſtracks entgegen geweſen c).
Insgemein wird mit Wahrheit gefager, “daß es
F . ’ ö ‚r ) .r
1023
sticht fo leicht fey einen Ketzer zubefchreiben, als
„diejenigen wol denken, welche ohne Unterſcheid alle,
„die von ihrer Meynung abgeben, mit diefem ver»
„haßten Namen durchziehen und verfolgen: Er
„iſt ein Ketzer, Er iſt ein Reger! Denn, wie
„nach dem Spruͤchwort, nicht alle Köche find, die
„lange Meffer tragen (non omnes BgxoAor, qui
Poxovrc⸗)⁊ Alfo find auch nicht alle diejenigenKes
„Ger, welche der Ketzerey befchuldiget werden. Des«
„wegen bierinnen eine groffe Borfichtigkeit noͤthig
sit), Und aus dieſen und andern Urfachen ſin⸗
den ſich nun inden Schriften ver Alten fo gar weni»
ge, ungewiſſe und ungegruͤndete Befchreibungen der
Kegereyen, oder doc) folche, melchedie ganze Sa-
che nicht hebennoch ausmachen. Dur etliche all»
gemeine Befchreibungen anzuführen, (die fonders
baren werden bald folgen,) fo ſetzet Tertullianus
diefe, welche vor gar zu general von den meiften ers
kannt wird: “Was nur wider Die Wahrheit ges
.
„ſinnet ift, das wird eine Kegerey feyn, wenn.es °
„auch gleich) eine alte Gewohnheit ift,,e). Baſilius
folgende: Die Alten haben Diejenigen Keger ges
nennet, welche gänzlich abgeriffen find, und in dent
„&lauben: felbft fremde worden, f),' Photius
dieſe: Eine Ketzerey ifteine Meynung der Men
„chen, die unter einander zwar einftünmig find,
„aber gegen Den gemeinen und Evangeliſchen Sinn
„nicht uͤbereinſtimmen, welches ev Fanv ray afgeri
„Coyrav Tagdvoev, oder eine Nebenmeynung des
„rer, die ſich getrennet haben, nennet g).
6. Unter denen neuern Scribenten find faſt ſo
viel Beſchreibungen hiervon, als viel ihrer Daran
gedacht haben. “Die Papiften und fonderlich di
—— welche vom Ketzermachen ihre Pros
„feßion haben, erfordern. dieſe Stuͤcke dazu:
) Daß einer den Catholiſchen Glauben bekannt
„habe, und getaufet fey. 2) Daß er einen Ser:
„cum in feinem Verſtand Babe, und zwar, im
»Ölaubensfachen (nemlich was von einem allges
„meinen. Concilio oder. dem Pabft vorgefchries
„ben it). 3) Daß er darinnen halsſtarrig bfelbe,
„und nach völligen Unterricht und. Offenbarung
„feines Irrthums gleihwol nicht wiederruffen,
„abfchworen und. gnug thun will, h). Andere für
en diefe Kennzeichen: (1) Er müffe.ein wahres
lied der Kicchen fenn geweſen, (2) in dem Grun⸗
de des Ölaubens ſelbſt irren, (3) darbey bosaftig
und 5
3) Hildebrandusn.4. y)DeHetef.l.c. Conf. Danæus ad eum prol.c.3. ) Gundlinpiusadc.6.Laodic. Add. Yal, ”
Alberti praf. ad Stokmannum, qui aquam hic hererefatetur. a) Vid. Velloflli Advertent. in Auguftin. qu, r,
ad Tomum VL b) Danzhauerus Th; II. Phzn. 2. p.495. c)Id. ibid..p.493.. d) Conr. Rirtershufins Comm. »
de FideHeret. Seru. c,8., e)Lib. de Vel. Virg,c.1. f)Epift.u.adAmphiloch. c.ı. g)Epif.zag. h) Eyme-
J IIq 32. ap. Phil. a Zimborch.Lib. IIL.Hift. Inquifit, c. ı. s
.
u
—
1024
und halsſtarrig bleiben, und Feiner Ermahnung
Dias laſſen, auch (4) in der Gemeine Spaltungen
und Nergerniß anrichten i). Es pflegen aber in-
fonderheit einige hier benennete Stücke von denen
Alten angeführet zu werden, daß fie zu einer Ketze⸗
ven nöthig ſeyn ſollen. Dadenn immer zuförderft
der Grund des Glaubens genennet wird, wider
welchen die Kegereyen ftreiten follen, aber felten
oder gar nicht deutlich und genau befchrieben, wel⸗
ches denn der rechte Grund des Glaubens ſeyn folle,
Als wenn abermal Yuguflinus ſchreibet: “Die
„Keger verlegen Den Glauben felbft , indem fie
falſche Meynungen von GOtt hegen,, k). Inglei⸗
chen wenn er gedenket, daß man auf einem Con»
cifio einige Ketzer verdammet habe, “weil fie den
„Grund des Epriftlichen Glaubens umzuftoffen ge⸗
„füchethätten,!). Und mit folchen Befchreibun-
- gen hoffte man alsdenn am bequemften durchzu⸗
fommen , wenn etwan eines andern Meynung
nicht anftunde, deren Gegenfaß bald ein Ölau-
bensgrund oder Grundartickel Heiffen mußte; wie
wir baldfehen werden. Denn fonften mußte frey⸗
fich audy Paulus in göttlihem Eifer: wol Engel
und Menfchen verfluchen, welche ein ander Evan-
gelium predigen wollten. Sal. 1,8.9. Wobey es
Zewißlich nicht auf bloffe Meynungen oder felbft
erfonnene Glaubensgründe-anfam, alfo, daß man
nur mit den Worten gefpielet, und feinen Muth⸗
willen getrieben Hätte, oder auch feine Kunft im
Difputiren, und feine Spisfindigfeit und Macht
im Widerlegen ſehen laſſen; Sondern es mußte
alfein und lauterlich um den lebendigen und goͤttli⸗
chen Glauben zu thun fen, den allein der Heil.
Geijt wirken und befeftigen Fonnte,
"7, Deswegen mußte es nun freylich deren wwah-
ven dehrern ein rechter Ernftvor GOttes allfehen-
den Augen feyn, wenn fie fich in vorfallenden
Streitigkeiten auf die Heil. Schrift beriefen, daß
ie daraus alleine den wahren Grund der Seligfeit
durch das Licht des Heil. Geiftes, und nicht durch
ihre Bernunft fuchten, nachdem aud) fo'vielandere
Dinge in der Schrift zu finden waren, welche
nicyteben Dazugeböreten. So erklärten ſich dann
etliche, “daß nur von dem Berftand der Schrift
„pie Kegereyen herkaͤmen, nicht von der Schrift
„felber, und daß der Sim, nicht aber die bloffen
„Worte einen deffen ſchuldig machten„ m). "5a,
fie vedeten noch allgemeiner, “daß derjenige ſchon
© „ein Keger Fönne genennet werden, derdie Schrift
ar
8. 3. Don dem Abfall der Ehriften von der erften Lauserkäit. *
„anders verſtehe, als es der Sinn des Heil. Gei
„erfordere, von dem fie geſchrieben ſey, ober gleich
„fich von der Kirche nicht abfondere,, n), ch
welcher Beſchreibung wol niemand leichtlich von
dieſem Namen frey ſeyn wuͤrde, der die Schrift
handelt, da gleichwol hier und dar noch einige Feh⸗
ler mit unterlaufen. Dahero es andere alſo
ſchraͤnken: Es iſt gar leicht, bey einer Particular-
„hiſtorie der Schrift anzuftoffen, es foll und muß
„auch nicht mit dem verhaßten und befehryenen
„Namen der Kegerey beleget werden, fondern nur
„mit einem gelinderen Titul des Irrthums.
„Denn die unterfchiedenen Auslegungen und
Meynungen unterfchiedener Leute über einen
„Dre der Schrift find Feine Kegereyen,, 0), Da
nun alfo nicht einmal folche theoretifche Auslegun⸗
gen Fegerifch zu nennen waren, wenn es gleich ein
Lehrer oft nur aussobbegierde beffer verftehen woll⸗
te als der andere, fo waren diejenigen viel weniger
davor zu halten, welche aus einfältigem Gehorſam
diefen und jenen Befehl in der Schrift anders als
die übrigen annahmen, und wirklich alfo in ihrem
Seben und Wandel ausübeten. Dahero diejeni⸗
gen wol mit Unrecht Ketzer heiſſen mußten, Die aus
den Worten 2. Buch Mof. 3,5. Zeuch deine Schu=
he aus: und ef. 20, 2. mit bioffen Fuͤſſen gien-
gen. Weil die beygefügte Urſache vielmehr unge
reimt als wichtig war: Diefes wäre deswegen eine
Ketzerey, weil fie die göttlichen Zeugniffe alſo
verjtünden, nicht aber, weil fie eg zur Demuͤthi⸗
gung des Leibes thäten. Indem ja dieſer einfältis
ge Gehorſam, wo er aus einem reinen und nicht an⸗
ders überzeugten Gewiſſen gieng, eben ſowol eine
Demuͤthigung des Leibes feyn konnte p).
8. Mic befferem Grunde aber wäre nun nad)
diefer Meynung denen der Keßername zufoms
men, welche in ihren Sägen ſich nicht an die klaren
Worte der Heil. Schrift hielten, fondern annoch
darüber neue und bisher unbekannte Wörter und
Nedensarten einführten; daran fich die andern
ofte ftieffen, und woraus fo uertlh ERTO Hat
und Zaukſucht entftund. Man mußte felber da⸗
bey geftehen, “daß derjenige unmögliche und un=
„begreifliche Dinge fordere, oder fich gar unter-
„nehme, der ber das, was GOtt vorgefchrieben
„babe, vedey. Gleichwol aber ſcheuete man ſich
nicht, "bey dem Widerſpruch eben dieſes zu hun,
und geftunde ausdrüdlid, “man müffe von ir
Don RER GREEN"
i)GerhardusL. de Min. Eccl.n. 37L. et exeoZieglerusad Lancellotti I.C. Lib. IV.t.4.$.1. Kk)L.deFid. et Symb.
c.10. ‚)Epif.90.adInnocent, m) Hilariuslib. II.de Trinit. n) Hieronymus ad Gal.V. 0) Yincentihs Li-
rinenfis Commenit, adu. Hær. p) Auguſtinus ad QV. D. her. p. 67;
“
a .0:
a
bi;
21. Cap. Dondenen entftandenen Itrthuͤmern und Regercyen.
EFT TEE EEE TREE ICH —— — —— —— —
„wichtigen und geheimen Dingen etwas virra Bekenntniſſe, Symbola und dergleichen darneben
„preferiptumcelette, auffer und über die Bor
ehe Gottes vorbringen, ja, es ſey eine groffe
Gefahr Dabey,,g), und fo gieng es meiſtens bey
dem einmal aufgefommenen Religionsftreit, da:
durch der Satan alle Liebe und Einigkeit gänzlich
verhinderte. Micht weniger aber wurden oft Die,
fo fich orthodox nennten, nach ihren eigenen Aus:
fprüchen ‚ der Ketzerey ſchuldig, wenn fie diejenigen
klaren Stellen inder H. Schrift, dieder Vernunft
und dem Fleiſch zuwider find, anders und unrecht
annahmen und ausübten, als der Sinn des Gei—
ftes darinnen offenbarlic) darlegte. Denn wenn
deswegen einer “ein Ketzer feyn mußte, weiler die
„Schrift nicht recht verftünde, fondern feine falfche
„Meynungen wider ihre Wahrheit Halsitarrig
„vertheidigte,r); fo gehöreten freylich die noch
mehr dazu, welche zwar in ihrem Gewiſſen von
der Berleugnung fein felbft, von der Lebe der
Feinde, von Vermeidung aller Rachgier u. f. f.aus
den klaren Worten überzeuget waren, und doc)
nichts davon weder andere lehreten, noch lehren
liejfen, viel weniger im $eben 3 ausübeten.
Darunfer denn offenbarlich alle fleifchlichgefinne:
te und heuchlerifche Prediger begriffen waren, die
nur aus dem Evangelio die Berheiffungen heraus
fucyeren , aber die Sen, und fürnemlich
den lebendigen Glauben ſamt feinen Früchten, aus-
lieffen. Deswegen ine Zeuge ver Wahrheit un-
ter dem Roͤmiſchen Antichrift diejenigen Kirchen:
diener alle vor Ketzer hielte, welche ihre Linterges
bene nicht nach dem göttlichen Worte anführeten,
und von Sünden abhielten, fondern nach ihrem
menfchlichen Sinn ſich felbft Meynungen ermäpl-
ten, die fie öffentlic) lehreten s).
9. Aud) war ja feine geringe Abweichung von
der Schrift, wenn man beydem Verfall nicht als
lein allerhand Traditiones, fondern auch offenbare
Menfchenerfindumgen und Satzungen neben, ja
wol über die Schrift fegte ; wie wir ſchon ofte, und
fonderlich im 3. Eapiteldiefes Buchs, von denenje-
nigen gefehen, die doc) andere verdammt haben.
Denn da zuvor in denerften Zeiten die damaligen
Keger befchuldiget worden , daß fie ihre eigene
Schriften in Glaubensfachen hätten, fo thaten
diefes nunmehro die fogenannten Rechtglaubigen
felber, indem fie die Schrift nicht zu allem genug.
machteten, oder duch fähig fich felbft zu erklären,
ondern ihre eigene Erfindungen, Erklärungen,
9) Hilariuslib. II. de Trinit. r) Amgufinuslib. VII. de Gen. adLit.c.9.
A. MCCLIII. de Roberto Lyncolnjenfi. t) Che:
de Hæreſ c.60, ni: —
*
P
1025
festen, fogar, da es auch vor ein gröfferes Ver
brechen gehalten und fchärfer geffrafer wurde,
wenn einer in Diefen Dingen im geringftenabgien«
ge, als wenn er das Wort Gottes ftets überfrate).
Nichts deftoweniger wurde die Clerifey mit der
Zeit fo unverſchaͤmt, daß, ob fie gleich felbft in den
ſchwerſten Irrthuͤmern, und fondertich in Verach⸗
tung goͤttliches Willens war, dennoch diejenigen
vor Ketzer angab, welche von ihren Menfchenges
boten und Sägen ſich nicht binden lieſſen. Die-
ſes aber wurde mit groffer Argliftigfeit angefan-
gen, und meiftens unter Dem Namen der ganzen
Kirche undder Obrigkeit ‚mitdem Vorwand eines
groffen Nugens, ja mit Bedrohung der Ver
dammmiß vorgeleger. Woher dennnachmals un-
geſcheuet alle Diejenigen Keger heiffen mußten, Die
der Elerifey nicht in allem folgen und zu Willen
feyn wollten; davon bald mit mehrerm. Indeſ
fen ift ausfo vielen Gefchichten der verfallenen Kir⸗
hen offenbar, daß oft die allerdeutlichſten Schrifte
örter, ja ganze Bücher derfelben übergangen,
und wol garin Verdacht und Zweifel gezogen wors
den, oder zum wenigften haben Diejenigen Ketzer
heifjen müffen , welche fich in redlichem Gehorfam
des Glaubens an gewilfe Verheiffungen oder an-
dere Worte gehalten Haben. Die fodann, wo fie
nicht OOtt gefürchter Hätten, ihre Widerfprecher
eben fo leicht Hätten vor Keger erflären koͤnnen, als
etwa mit Recht diejenigen unter die Ketzer gezähler
worden, welche die heilige Offenbarung Johan⸗
nis nicht annehmen wollen, oder ihre Verdeiſſun⸗
gen gelten laſſen u).
10. Ferner findet man aud) diefes, wie von der
verderbten Elerifey um der allergeringften Urſa—
chen willen alsbald ein groffes Gefchrey über ge«
faͤhrliche Regereyen gemachet worden. Da hat
man wol eher um etlicher Worte willen einen lang«
wierigen Streit erreget, und doc) darnach fFille
ſchweigen müffen, da man nicht mit ſolchem Wort
gezanf ausfommen koͤnnen. Der Apoftel mochte
dieroyouzxias nod) fo ernftlich verboten, und
ezeiget haben, wie fiezu nichts nüge wären, als die
*— zu verkehren; ja, wie nichts als Zank,
Neid, —— boͤſe Argwohn und dergleichen
daraus entſtunden, jTim. 6, 4.5.2 Tim.2, 14. fo
handelte man dennoch ſchnurſtraks und frevent«
lich dagegen, ja, man wollte es nod) vor das allerheis
ligfte und noͤthigſte Werf ausgeben. Daherfam
nun diefer eitele Ruhm des Epiphanii: Es waͤ⸗
Ooo 000
$) Matthaus Parifienfis Hiſt.
rius P. 1. Exam. C. T.p.65. u) De quibus vid, Philaffrins
%
„ren
Angl.
Sms
nn
»
.-
1026
„wen gar viel Kegereyen von der Kirche verworfen
„worden um eines oder zweyer Worte willen, Die
„dem Gfauben (dem Aufferlichen Mundbekennt-
„niß) zuwider gewefen„.x). Dem wol ein Ans
derer mit Recht hätte antworten koͤnnen: “Man
„will den Glauben auffchreiben, als wenn er nicht
„im Herzen ſeyn müßte. Es gehöret faſt kelner
Chriſto mehr an, indem wir uns über Wortezan-
„fen, und über die Urheber Flagen, indem man
„nicje mit einander übereinftimmen will, und ei-
„ner den andern Deswegen verdammet, Y).
tem: Sch verlange feinen unnügen Wortſtreit,
Jondern ein beftändiges Bekenntniß eines gehor-
„famen Glaubens, 2), Wovon aud) jener Lehrer
ſaget: MWenn die Zankſuͤchtigen dieſes thun,
„(daß fie nemlich immer mit einander diſputiren)
„ivas foll denn ein Chriſte anders thun, als allen
„Streit fließen? Darum muß aud) alles Gezänf
„über dem Geſetz abgefchaffer werden. Denn es
„gefchichet fo. ofte, daß man nicht aus Verlangen
„die Wahrheit zu erfennen ftreitet, fondern aus
„bloffer Nuhmredigfeit , indem man gerne bey
„pen Zubörern vor gelehrt will angefehen werden,
„oder zum wenigſten einen fehändlichen Vortheil
„Darbey ſuchet. Denn mas hilft es doch, wenn
„einer mit ſchaͤumenden tippen etwas herſchwatzet,
„und wie ein Hund belfert, da eine einfältige und
„befcheidene Antwort eine gute fann
„wenn fie wahr ift, oder wenn fie falſch iſt, gleich-
„wol mit Gelindigfeitund Sanftmuth Fann gebef
„fert werden, a). Wovon unten bey dem Be
‚richt vom Difputiven ein mehrere.
11. Hierinnen folgere auch jener Altvater dem
göttlichen Willen, wenn er feinem Freund Diefen
Rath gab: “Er follte nicht lange fragen von dem
„Ebenbilde GOttes, fondern vielmehr nad) dem-
„felben ftreben ‚denn dieſes wäre Feine Ketzerey,
„fondern nur ein Gezaͤnke zwiſchen zwey Parteyen,
da es doc) von Feiner Ereatur koͤnne gefaffet wer-
„den, b). Dem ungeachtet fuhr die böfe Welt in
ißrer Gewohnheit fort, alfo, daß fic) Feiner, dem
fie wegen feiner Froͤmmigkeit gram war, faft re⸗
gen durfte, darüber er nicht ein Ketzer ſeyn mußte.
Sch will nur etliche Proben davon geben, wie
übel, ja recht boshaftig und verkehrt man Die Ke-
en unfer dem verderbten Chriſtenthum befchrie-
en habe. So hieſſe es wol gar in öffentlichen
* Sasungen: «Wenn ein Priefter den Gottesdienſt
„ohne feinen Tangen Prieſterrock verrichtet, Der
8.3. Don dem Abfall der Chriſten von der erſten Lauterkeit.
„iſt ein Keßer,, c). Ingleichen: “Es ift eine
„Regerey und verderbliche Sache, wenn * am
Sonnabend oder Sonntag faſtet, d). Nicht
weniger ſuchten ſonderlich diejenige dergleichen
abgeſchmackte Beſchreibungen der Ketzereh vor,
nur damit ſie ihr Ketzerregiſter deſto eher fuͤllen
koͤnnten, und bey ihres gleichen den Namen haͤt⸗
ten, fie wären accurat und eiferig in der reinen
Lehre und Orthodoxie. Darum findet man bey
dem Epiphanio, Theodoreto, Damafceno, Phiz
laftrio und andern, fo eine groffe Anzahl recht ſelt⸗
ſamer Namen, Die man vor ausgeneben
bat, aber in der That nur diefes Wort leichtfin=
nig gemißbraucd)et. Mur etlicher zu gedenken,
(denn zuleßt werden vielleicht die meiſten, wo
noch Zeit übrig ift, ausführlich unterſuchet wer-
den,) fo mußten diejenigen mit eigenen Namen
beleget werden, die in ihrem Gebet die Knie nicht
beugeten, fondern ſtehend beteten e). Ingleichen,
die etwa die heydniſche Ethicam nicht in allen
Dingen mitgufem Getviffen annehmen Fonnten f).
tem, die bey dem Singen, nach dem Exempel Mo⸗
jis 2. B. Mof. 15. etwan vor Freuden hüpften und
fprungen g). Was ingleichen ſonderlich Ppila-
ſtrius vor feltfame Kegereyen erdichtet hat, iſt aus
feinen Buche zu erfehen, da er unter andern fols
gende Meynungen unter formale Keßereyen rech
net: “Daß nicht unferfchiedliche Himmel wären,
„daß nur eine und fonft Feine andere Erde fey,
„daß das Waffer nicht ven GOtt, fondern aus
„lich felber allezeit entſtehe, Daß der keib des Mens
„Ichen eher fen gemachet worden als feine Seele h),
„stem, daß das Erdbeben nicht auf GOttes ſon⸗
„verbaren Befehl oder aus feinem Zorn herkom⸗
„me, fondern aus. der Natur der Elementen ;
„eaß Das Geſtirne nad) der Heyden Art mit den
„Namen der Thiere benennet werde; daß die
„Sprachen entweder von den Süden oder Henden -
„herfommen wären i); daß die Sterne in den
„Himmel eingeftecfet wären, und nicht aus den
„verborgenen Schäßen und Dertern gegen den
„Abend auf göttlichen Befehl geſchwind hervor
„eommen, k). Anderer folcher abgeſchmackten
Arten des Ketzermachens zu geſchweigen.
ı2. Wann diefe und dergleichen nichtswuͤrdige
Meynungen alsbald eine Kegerey ausgemachet
haben, fo ift es fein Wunder, daß die Biſchoͤffe
fo groß und gemaltig worden, indem fie auf ſolche
Art leichtlich alle haben unterdruͤcken koͤnnen, vor
denen
z) Epift. ad Iohannem Hierofolymitanım Tom. Il. Op. y) HilariusL. ad Conftant. z) Idem in fine lib. XII.
de Trisit. a) Hierozym4s Comm. in Tit. II. b) Apophthegm. Pat. apud Corelerium Tom. I.Mon. Græc.
pP-684. c) Nomo-Canon. Gr. apud eundem c. 129.
Ibid.e. 96.
d) Ibid. c.'272. €) Damaftenus L. de Hxref, c. gı
g) Cap. 287. b) Philafrius Her. 94. fegg. 3) Ibid, c, 102. et 105. k) Her. 130,
R
Ü v *
21, Cap. Don denen entſtandenen Irrthuͤmern und Regereyen,
denen beforget, daß bgen an ihren Vor⸗
theilet * hre oder Bequemlichkeit Eintrag thun
ten. Darum war dieſes zwar ein recht ty⸗
ranniſcher und gottloſer, aber auch dem fleiſchlichen
Sinn angenehmer Schluß, den die vermeynten
Eiferer unter einander machten. “Wer da auch
„in dem allergeringften Theil die Wahrheit nicht
„befennet, den foll man vor einen foldyen halten,
„oder den Glauben verfchworen bat. Denn man
„ſoll auch nicht in dem geringften von dem Weg
„ver Wahrbeit abweichen, ). Denn woferne
damit auf den rechten Weg der Wahrheit, Chri-
ftum, gefehen würde, und wie in ihm 5 aAnIcıa,
das rechtfchaffene Wefen ift, Eph. 4, 21. fo wä-
ve die Abweichung zwar ein ſchwerer Irrthum,
aber man fönnte es doch noch vor Feine Verſchwoͤ—⸗
rung Ehrifti halten, weil es wol unwiſſend und
aus guter Meynung haͤtte geſchehen fönnen. In⸗
deſſen iſt und bleibet der verſtaͤndige Ausſpruch
Auguſtini wahr: „Ich kann wol irren, ich darf
„aber deswegen nicht flugs ein Ketzer feyn, m):
wie er auch von den Theologis gerühmet wird.
Welcher auch fonft von folchen indifferenten Pri⸗
datmeinungen, die bey andern befier Unterrichte-
ten vor irrig gehalten werden, fehr wohl urtheiler:
„Wenn ich von einem Ehriftlichen Bruder höre:
„daß er diefes oder jenes nicht weiß, und eines
„vor das andere annimmt, fo febe ic) ihn mitleis
„big an, und befinde, daß ihm nicht eben feha-
„det, wenn er nur von dem Herrn, dem Schoͤ—
„pfer ſelbſt, nichts unanftändiges glaubet,, u. ſ f.
Dazu er auch noch von der beftändigen Verthei-
digung folcher Meynungen feget: "Die Siebe, die
„pie eine Mutter ift, duldet folche Schwachheit
„im Anfange des Glaubens, bis der neue Menfch
„zu einem vollfommenen Mann aufwachſe, und
„nicht von allem Wind der Lehre umgetrieben
„werde 0).
13. Eben diefes mußten auch) diejenigen gefte-
ben, melche fonft fich fehr hart gegen alle bezeig:
ten, die nicht in allem fich ihren Mennungen uns
terwerfen wollten. Wie der befannte Cyritlus
auch davon ſchreibet: Wer wollte nicht eine Mey-
„nung zulaflen, die auf Feine Seite ſich neiget,
„wenn fie von etlichen vorgetragen wird? Oder
„wie follte das noch Fönnen getadelt werden, und
„richt vielmehr gelobet, wenn es recht und billig
„entfchieden wird,, 0)? Davon ſich auch einer uns
ter dem Römifchen Joch nicht ſcheuete, alfo öffent:
102Y
lich zu lehren: Es fommee den Bifhöffen niche
mju, daß fie einen Sag alsbald verfegern, der
„an fich zweifelhaftig ift, ob er zum Glauben ges
böre, auch fonft Fein Aergerniß anrichtet p). Wels
Iches allerdings wider derjenigen Vornehmen von
„imehrern erinnert wird, daß es allzu hart verfah⸗
„ren fen, wenn man denjenigen vor einen Ketzer
„wollte halten ‚der in indifferenten Dingen etwas
„ionderliches hege g). Vielmehr wird ein jeder
„Berftändiger mit jenem weitberuͤhmten Mann
„unfer derer Zahl feyn wollen, welche verfchiede-
uer Mennungen halben, der Gortfeligfeit unbes
„ichader ‚feinem feind find, oder eines redlichen
„Mannes ticbe deswegen ausfchlagen,, r). Die
Urfache ift, weil ein Menfch doch immer noch eis
nigen, ob wol nicht allezeit ſchweren Irrthuͤmern
unterworfen ift. Weswegen aud) die erften Chris
ften gegen die Heyden auf den Vorwurf von ihren
Spaltungen erinnerten, daß niemals feine fo
„gute und herrliche. Sache geweſen fey, die nicht
„in allerhand Secten wäre zertheilet worden, s).
Denn weil nicht alle, fo zur Wahrheit fommen, alss
bald darinnen die höchfte Stuffe erlangten, und
deswegen nicht alles genugfam prüfen konnten, ges
fehabe es freylich ofte, daß fie inder Wahl das Uns
rechte vor das Rechteergriffen, wie fie es auch vor
möglich hielten, Etliche hatten entweder Feinen fo
befejtigten Glauben, oder waren nicht fo u unter⸗
richtet, oder auch nicht ſo vorſichtig, dahero oft
Spaltungen entſtunden t). Unterdeſſen warfdoch
ein Glied das andere nicht hinweg, ſondern trug
es in feiner Gebrechlichkeit, und hatte nicht Gefal⸗
len an fich felbft; als wir hernach fehen werden.
14. Diejenigen, fo auf die menflichen Dinge
acht hatten, erfannten und erfuhren gar wohl, wie
leicht es fey in einen Serehum unverfebens zugeras
then, und dem Laͤſterer ins Urtheil zu fallen, der da
feinen Bruder zu richten und Keger zu machen Luſt
hätte, Wir werden vielleicht noch unten hören,
was fich vor Irrthuͤmer und Fehler unter den bes
rühmteften gehrern, und abfonderlich bey denen
hervorgethan haben, welche den andern am Hefe
tigften widerfprochen, und die reinfte Lehre haben
voollen. Ich will nicht fagen, wie man oft auf
Seiten folder vermennten Eiferer oßne einigen
Anlaß oder Grund Ketzereyen erdichtet habe, wo
leid) Feine gewefen find ; davon hernach zu reden
eyn wird. Ich will mid) aud) jego des Streits
nicht eheilhaftig machen, ob jemals zur Apoftel
Ooo 000 2 Zeiten
1) Epiphanius Hxr. LXXVIL n. 20. m)Vid. Hildebrandus de Hær. n. 7. n)Lib.V. Confefl: c.5. 0) Cyrik
lus Alexandrinss Ep. Canon. in Hymnis ap. Beweregium Tom. I. Synodic. p.175.. P) Jo. Ger/on Conel. poſt
Serm. de Purificat. Mar. concl. 3. q) Ofiander Cent. IIII. H. E. lib. II. c.ı2. r) A. Grotius Ep. ad Crek -
lium ap. Colomefinm Ep. fingul. s) Origenes lib. Il. adu. Cell. t) Lactantius lib. UII. c. 30.
“
1028
Zeiten ſich ſolche Ketzer hervor gethan, oder gar
wirklich gefunden haben, wie die Scribenten nach⸗
mals vorgegeben u). Denn dieſes ſcheinen aller⸗
dings etliche uralte Scribenten klar zu ſetzen, gleich⸗
wie auch Eufebius ſelber geſtehet, "Daß erſt etliche
Irrige die falfch berühmte Kunft zu predigen an
„gefangen, nachdem feiner von den Apofteln mehr
„lebendig gemwefen,,x). Diefes ift zum wenigften
gewiß, daß die Apoftelund apoftolifchen Männer
mit folchen irrenden Seelen gar viel anders um:
gangen, als im den folgenden Zeiten, und fonderlich
bey vem offenbaren Abfall gefchehen. Uno viefe
recht Ehriftliche und gefegnete Ark, denen Irrigen
mit Saͤnftmuth und tiebe zu begegnen, hat audy
frenlich felbige entweder zurecht gebracht, oder doch
allen Streit, Feindfchaft und Aergerniß heilfamlich
verhuͤtet. Weswegen auch fehr zu rühmen
und zu verwundern ift, wie gleichwol die erften Zei⸗
ten unter der —— Kirche von ſolchem er⸗
ſchrecklichen Greuel der Spaltungen und Verfol⸗
gungen unter einander nichts gewußt, da dietiebe
Gottes und der Brüder unter ihnen herrſchete,
und gleichſam Kleinode austheilte. Ya, wenn
auch Vermahnungen an die Irrigen gefchaßen, re-
gierte doc) der fanftmüchige Geiftdaben, und gieng
es nicht fo zu, mie bald darauf etwan jener Rho—
don von ſich ſchriebe, daß er einem Irrigen alfo
begegnet habe: "Es ließ ſich der alte Apelles mit
„mir in ein Gefprächeein , und ward imvielen fal⸗
Ichen Meynungen ergriffen, daher er auch fagter
Man dürfte die Lehre nicht unterfuchen,, fondern
„ein jeder follte bey dem bleiben, was er glaube,
„denn er fagte: Es würden diejenigen alle felig,
„welche auf den Gefreuzigten hoffeten, wenn fie
nur in guten Werfen erfunden würden y).
15. Ungeachtet fic nun diefer auf den Glauben
an EHriftum und deſſen wahre Früchte beruffen
bat, prüfte ihre doc) fein Widerſacher nicht nach
EHrifti Befehldaran, fondern gibt ihm ferner ein
Haufen täfterungen Schuld , die aber mit feinem
ohne Zweifel redlich gethanen Bekenntniß gar nicht
ftehen , und alfo ihm zur Ungebüßr nachgefager
werden. Erfchleuft auch) die Erzehlung alfo, daß
man leicht fiehet, wie er ganz der $iebezumider ge-
handelt habe, indent er ihn beſchworen, die Wahr-
heit zu fagen, und da diefer ihm gleich mit einer
Schwur feines Herzens Grund eröffnet, “babe
„er(Rhodon! ihm nur ausgeladyee und verdam-
„inet, teil er feine Lehre nicht vertheidigen fon-
ptenz). So ruͤhmet fid) diefer Mann eines Sie-
w) Firmilanus ap.
y) Ibid. ib, V. c.13. zZ) Eufebins loc. dict.
8.8. Don dem Abfall der Ehriften von der erften Lauterfeit.
ges, den er nicht Durdy die von EHrifto befohlne
Mittel, fondern durch lauter Ser n —
Verſpottung und Verdammung geſuchet, derglei⸗
chen Proceſſe unten mehr vorkommen werden.
Alſo pflegte man nun in der falſchen Kirche die Ke⸗
tzereyen nach Gefallen zu beſchreiben, daß man ent⸗
weder ſelbſt nicht wußte, mas fie eigentlich wären,
oder doc) nicht nach der Wahrheit und Regel goͤtt⸗
liches Willens anfahe, und alfo vielen Unfchuldis
gen aufbürdete. Die apoftolifchen Gemeinen res
deten und glaubeten zwar von den göttlichen Ges
heimntfjen in groffer Demuth und Beſcheidenheit,
aber doc) auch in groffer Einfale und Freyheit,
ſuchten auch andere mefrdurc) Kraft und Exem⸗
pel, als durch Hohe Worte oder fubtile Fragen zu
CHriſto zubringen. Wohin denn alle Zeugniffe
der Apoſtel und ihrer Jünger gehören, die wir im
erften Buch gefehen. Cs verlangte auch ein jedes
wahres Glied mehr ſich felbft zu erfermen und zu
prüfen, obes im Glauben wäre, und ob derſelbe in
der Kraft CHrifti die Früchte des Geiftes von ſich
zeigete, als daß es ſich zum Negenten über des Bru⸗
ders Gewiſſen feßete. Die Sorgfalt giengemehr
dahin, daß ein jeder an feinem Glauben nicht Schiff⸗
brud) litte , als daß fie die Schwachheiten oder
Fehler der andern fo ſcharf beurcheilen, und niche
zuvor auf fidy felbft haͤtten fehen follen, ”
16. Und Biedurch gaben die erften Chriften als⸗
bald zu verftehen, wie der Glaube Fein fo todtes
und unfrudytbares Ding feyn müffe, der Feine bef-
fere Früchte als Haß und Streit zwiſchen Brüdern
braͤchte. Ingleichen, tie die heilfame $ehre nicht
in gewiſſen Nedensarten oder Kunſtwoͤrtern bes
ftehe, noch in einem ‘Begrif, der blos und allein
in dem natürlichen Berftand beruhe, und nicht
aud) ven Willen verändere und liebreich mache,
Debero auch das Vorbild der Beilfamen Lehre
nicht im bloffen Worten, fondern in Geift, Kraft
und geben beftundes Auch mar diefer bey ihnen
nicht alsbald ein Keßer, der erwan andere Worte
in dem Ausdrud feines an ſich reinen Glaubens
brauchte : Sondern mie die erften Kernchriſten
auflauter Kraft und That giengen, alfofchriebenfie
auch Bierinnen Feine Glaubensbefenntniffe oder
Symbola einander vor, anderen Worte fiefichger
nau gebunden hätten, und folglich rvaren aud) deg-
wegen bey ifnen feine folche Keßer, als hernach
durch diefe Dinge gemachet wurden. _ Demnach
war diefes eigentlich unter den Chriſten *
Iprianum Epiſt. 75. Clemens Alexandrinus lib. VII. Strom.p.349. x) Lib. III. H.E, c.z9
21. Cap. Don denen entflandenen Iretthuͤmern und Regereyen,
Jerthum oder Regerey, wenn einer entweder GOtt
felbft nad) der heydniſchen Blindheit leugnen, oder
nad) EHrifti sehr und heiligem Leben nicht glau=
ben und einher gehen, oder auch Natur und Gna⸗
de unter einander mengen, und durch feine Lehre
und Erempel ein fündliches geben einführen woll.
te, Diefeshat Paulus deutlich genug angezeiger,
wenn er die digereis, Notten oder Ketzereyen/ un⸗
ter die Werke des Steifebes gezaͤhlet, Gal.s,
20. da er gewißlich nicht folche lecve theoretiſche
MWortftreite gemepnet , fondern dergleichen böfe
Fruͤchte des Fleiſches, dadurch fich die Fleiſchlich—
gefinneten , und dem Fleiſche Dienenden von dem
wahren Wege und Erempel EHrifti, aufler wel⸗
dem fein Heil ift, abgewandt, und von deifen
wahren Nachfolgern und thätigen Chriften abge:
fondert , hingegen den breiten Weg der Welt zur
Sicherheit und Gortlofigfeit ermählet haben.
Hierinnen nun find ihm die apoftolifchen Männer
treulich nadhgefolger: warn, zum Exempel, der
Heil. Ignatius von foldhen, die den HERAN
JEſum geläftert hatten, fchreibet, “fie wären
„lebendig todt, und er woile ihrer nicht gedenken ,
„bis fie fich befehrten, NP. zum Lieben, welches
„feine Auferftehung fey,. Da er deutlich anzei-
et, daß fie CHriſtum in feinem teiden zu ihrem
voft und Erempel nicht annehmen wollen, und
Deswegen lebendig todt, auch von den wahren
Ehriften abgefondere wären a).
17. Diefes erfläret er bald deutlicher , wern
er fpricht, fie alaubten nit an das Blut
Chriſti, aber alsbald weiſet, was es vor ein
Glaube feyn müffe, wenn einer Fein Irriger feyn
wollte. *Esift lauter Glaube und $iebe, welche
„in feinem Dinge ihm präjudiciren laffen,,, und
alfo verleget der auch den Glauben, und fällt da»
von ab, der der Liebe präjudiciref. Weiter fe
Get er: Habet acht auf die, fo da falſche Mey:
„nungen haben wider die Gnade JEſu Eprifti,
„die auf uns fommen ift, wie fie der Meynung
„Öottes zuwider find, Wobey ein Theologus
diefes ſetzet: Wer da faget, er habe die Lebe
GOttes/ (und fer alfo rechtglaubig,) bat aber fei-
ne wahre Liebe zum Nächften, deriftder Meynung
GoOttes zuwider (undalfe ift die digeric oder Er⸗
mwählung einer gottlofen Meynung bey ihm, mel»
ches eben die rechte Ketzerey it). Und diefes kr
ger nun Ignatius deutlicher an, wodurch diefe
Gottloſen ihre Keßeren an Tag geleget haben,
ob er gleich nach der apoſtoliſchen Weife ihnen
1029
feinen Namen gibt: "Sie befümmern ſich nichts
„um diesiebe, nichts um die Witwen, Elenden,
„Gebundenen, u.ff. Item: Es würde ihnen
a feyn, wenn fie tiebe hätten, damit fie
„auferftünden,. Davon er fie ermaßnet fich
abzufondern. Anderswo faget er abermal: Wie
„die Abweichung vom Glauben eben der fleifchli-
„de Sinn fen, indem folche nicht geiftliche Wer-
„ke thun Fönnten , gleichwie die Geiftlichgefinn»
„ten Feine fleifchliche,,by. Welches er und mit
ihm andere wahre Lehrer fehr oft wiederholen, und
ausdrücklich diefes Kennzeichen machen: “Wer
„einen rechten Glauben Babe, der bleibe auch in
„der Furcht GOttes, c): Und hingegen, wer
GH re nicht fürchte-, der fey auch Fein Kechrglau
“Alle Lehre werde nicht alleine durch den
„Glauben, (nemlich den aͤuſſerlichen und münd-
„lichen,) fondern durch ein unfchuldiges Leben ere
„halten, indem man aud) die Gottſeligkeit darin-
„ne fuchen müßte, Denn was würde es helfen,
„wenn man den Glauben behalten wollte , und
„im Leben gottlos wäre? Der Glaube wird al-
„lerdings durch das Leben und die Werfe verder-
„bet, wie der fel. Mann faget: Siebefennenmit
„oen Worten, daß fie GOtt erkennen, aber mit
„den Werfen verleugnen fie ihn d).
18. Eine deutliche Befchreibung der Keger
finden wir auch bey den Irenaͤo, die er wol
meiftens von den apoftolifchen Männern em⸗
pfangen Bat, und alfo lautet: “Die Ketzer be
„erachten nicht die Ausfprüche GOttes, find auch
„nicht mit Werfen der Gerechtigkeit gezieret, zu
„denen der HErr fagt: Was fagt ihr zu mir,
„Herr, Herr, und thut nicht, was ich euch
„tage? Denn die folche find, fagen zwar, fie
„glauben an den Bater und Sohn, aber fie bes
„erachten nie die Ausfprüche GOttes, wie ſichs
„gebühret, find auch nicht mit Werfen. der
„Gerechtigkeit gezieret, fondern haben bas Le—
„ben der Schweine und Hunde angenommen ,
„und fi der Unreinigkeit, Böllerey und uns
„ordigem Wefen ergeben. Sie empfangen um
„ihres Unglaubens und unreinen Lebens willen
„den Geift GHOftes nicht, ftoffen das lebendig-
„machende Wort durch allerhand Kennzeichen
„bon ſich, und wandeln in ifren Lüften ohne Ber;
„fitand,,e). Und diefes befräftigen num durch»
gehende die andern Beſchreibungen alle, welche
man in denen erften Zeiten dien feuten fin:
Ooo 0003 det.
a) Epift.adSmyrnenfes. b) Epift.adEphef. ©) Cyprianus Serm. I. de Eleemof. velalius Autor. d) Chryfo-
Romus hom 7.in ı Tim. II. er Iremaus lib. V. adu. Her. p. 555.
J
a
1030
tullianus, wenn er einen Abriß von dem Wandel
der Keger machen will: “Derfelbe ſey ganz thoͤ⸗
„richt, irdifch geſinnet, ohne Ernſt, Nachdruck
„und Chriſtlicher Zucht, welches denn NB. mit
„ihrem Glauben überein Eomme„f). Und dieſes
erklaͤret er folgends alfo, und weifet, mie das bö-
ſe Leben ein gewiffes Kennzeichen der Ketzer ſey:
Man kann die Beſchaffenheit des Glaubens ſo
„gar wohl aus der Art des Lebens erkennen, und
„die Zucht zeiger die Lehre an. Sie (die Keber,)
„fagen, man dürfe GOTT nicht eben fürchten,
„darum leben fie ganz frey und, leichtfinnig. Wo
„wird aber GOtt nicht gefürchtet, als wo er
z’felbft nicht it? Wo GOtt nicht ift, da ift aud)
„feine Wahrheit. Wo feine Wahrheit ift, da
Aſt auch gewißlich ein folchesseben,. Darauf er
auch die Rechtglaubigen im Gegenfag befchreibet :
Wo Gott ift, da ift die Furcht vor GOTT,
welche ver Weisheit Anfang iſt. Wo die Furcht
Goites ift, da lebet man ernftlic) und ehrbar,
„da ift man emfig und behutſam, da ift die Ge-
„meine-einig und gehöret alles GOtt ang).
Diefes ift abermal eine deutliche Borftellung, wer
recht: oder falſchglaubig, rein oder unrein, wahr-
haftig oder Fegerifc) unter den erften E hriften ge-
halten worden. *
19. So klaget auch einer unter dem Verfall,
daß man insgemein eben dieſe Kennzeichen der Ir⸗
tigen an ſich habe, "indem man feine Gottloſig⸗
„keit bey dem Volk noch mit vielem Geſchwaͤtz
„oefendire, unftete, verſchwenderiſch und gottlos
„fen, das Alte verändere, das Empfangene ver»
„tiere, und eitel böfe Dinge vornehme,, h). Wel⸗
ches auch noch einer zu einem Kennzeichen einer
Ketzerey feget, wenn er ſolche Seute befchuldiget ,
„aß fie in Unzucht lebeten, in weltlichen Din-
„gen und Geiz erfoffen wären, unvernünftig
„wandelte, und dasjenige mit dem Leben ein
„eiffen, mas fie mit den Worten bauen wollten.
„Es wären Liebertreter, Die, nady des Apoftels
Ausſpruch, GOTT mit den Worten ebreten ,
„aber nit den Werfen veruneßrten,„i). Und
dergleichen Befchreibungen ſtehen nod) viel mehr
bey den Alten: Dahin auch gehöret, wenn ihnen
infonderheit allerhand abſcheuliche Laſter Schuld
gegeben worden, Darunfer vieles zwar von denen
vechten Kegern wahr feyn mag; wiewol unten
wird gezeiget werden‘, Daß die Gottloſen denen
$) Lib. de Prefer.adu. Her. c. 4.
€.100. iuxta Cotelerianam Edit.
3. Von dem Ybfatı der Ebriften vonder erften Kauserkeit.
det. Mur etlicher zu gedenken, fo fehreibet TLer-
Zeugen der Wahrheit viel ſolcher Verleumdun⸗
gen aufgebuͤrdet haben. Inzwiſchen wird doch
daraus offenbar, wie ſo gar auch die Heuchler
und Boͤſen gewußt, und hiedurch ſtillſchweigend
bekannt haben, daß Fein Ketzer ein wahrhaftiges
gottfeliges Leben führen koͤnne. Dahero ſchrei⸗
bet man von denen Bafılidianern, Borborianern,
Marcloniten, Nicolaiten, Carpocratianern und
andern, wie fchandlic) fie unter einander gelebet
haben, zu geſchweigen, daß diefes die Gelegen-
heit gewefen, wodurch die Gottloſen in die greu-
lichften Irrthuͤmer verfallen, nachdem fie ißrer
öffentlichen Yergerniffe wegen von der Gemeine
ausgefchloffen worden. Einflares Erempelweiß
man von Marcione, der wegen feiner Hurerey
abgefondere worden, und darauf zu dem Cerdone
und feinen Irrthuͤmern ſich gewendet hat k). Ja,
was noch mehr iſt, es haben viel in der erſten
Kirchen ſolche ſichere und fleiſchliche Lehrart ge—
fuͤhret, darüber ſie abgeſondert und vor irrig ers
klaͤret worden. Gleichwie der Ketzer Seracleon
deswegen unter andern verworfen worden, weil
er eben fo gelehret, wie die fleiſchlichen Lehrer
pflegen, nemlich “ein Getaufter fey heilig, alfo,
„daß ihm feine Sünden nicht ſchadeten, er möge
„gerecht oder goftlos leben, . Ingleichen wurs
den auch Cerinthus und andere Deswegen nicht
mie ihrer Lehrer angenommen, weil fie auf ein -
fleifchliches und wohllüftiges Neid) die Leute ver-
tröfteten , und damit auf fleifchliche Sicherheit
verführeten, da doch ein dem HErrn
ftändiges und Himmlifches Reich auf
porftehem). Ba
20, Insgemein zeigten andere an, wie die Ke⸗
Ger die Irrigen auf lauter fleifchliche und irdifche
Dinge führeten, und zwar unter dem Schein der
wahren und heiligen Lehre. “Cie verfprächen
‚ihnen lauter Glück und gute Tage, und ſperr⸗
„ten den Sündern das Himmelreich weit auf,
„und batrögen ifre Zuhoͤrer durch ihre Schmeiches
„ley u. ſ. f. 0). Ja, dadurch machten fieeben die groͤß⸗
„ten Spaltungen und Ketzereyen, wenn fie vor⸗
„gaben, fie wären gerecht, fie koͤnnten die Unreinen
„heilig machen, fie vechtferfigten die Gottloſen,
„fie erbäten underbielten es ihnen,,(nemlid) wann
fie die Böfen in der Beichte und fonft gerecht und
heilig fprechen) 0). Und gleichwie die rechten Kes
Ser ſich durch folche offenbare Weltliebe eben
felbft verrathen haben, wes Geiftes Kinder fie &
wefen,
rden be=
eg) Ibid.e.43. h) Hilarins lib.adu. Conftant. i) Damaſcenus de Heref.
k) Terzullianns de Pudic.c.7.
l) Clemens Alex. lib. IV. Strom, p. 376.
m) Vid. Philsfirins Hzx.59. aliique. 1) Hieron. Conun. inlerem, XXIII. 0) Auguſi. lib. de Fid. et oper.c. 14.
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Eſu ans - |
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2 Cap. Von denen entſtandenen Jeethümern und Regerepen, _
weſen, ob fie gleich nicht allezeit von der Gemeine
oder von ihrem Lehramt abgefondert worden: So
* hingegen auch von den andern deſto mehr
ch einem unſtraͤflichen Wandel erwieſen, daß
ie den reinen und rechten Glauben haͤtten, ges
etzt, daß ſie auch von den Feinden der göttlichen
ahrheit mären vor Keger gefcholten worden.
Die unumgängliche Nothwendigkeit eines heili⸗
gen tebens, bey einem jeden Nechtglaubigen, er»
Fannten auch die, welche nachachends ſich alfo
nenneten, ob fie es gleich nicht allezeit waren.
Zum menigften geftunden fie damit öffentlich, wie
der rechte Glaube vom heiligen $eben unmoͤglich
abzufondern ſey. Dahero “fie fich Dienerdes H.
„Geſetzes und der Catholiſchen Religion nennes
„tenp), die an dem rechten und fehönen Gottes⸗
„dienſt ihre Luſt hatten,,g), und ihre Religion
nenneten fie einen «Dienft der Catholifchen Heis
„tigfeit,,, item, Heine fterswährende Heiligkeit, r).
Die Rechrglaubigen im Gegenfaß der Keßer
evoeßeis, die Gottſeligen ), die Keßereyen aber
einen “fündbaften und unbeiligen Gottesdienft,
„eine Einfegung der Suͤnden und Safter,,u. f ft).
Wie denn auch die annoch rechtfchaffenen Lehrer
feinen beſſeren Gegenfaß wider die Ketzereyen
wußten und brauchten, als ein eremplarifches und
heiligeg Leben, dadurch Gregorius Nazianze—
nus alles gewann u). Womit ſie theils anzeigten
und erfuhren, worinnen die rechte Kraft und das
Weſen einer Ketzerey beſtuͤnde, nemlich in einem
fündigen und unglaubigen Weſen, theils die un:
zertvennliche Berfnüpfungder Gottſeligkeit mit der
wahren Lehre erfannten.
21. Aus diefem allen, wie auch aus dem, was
im Fortgang wird zu erfehen ſeyn, ift nun mehr
als zu gewiß, daß nach dem Sinn des Heiligen
Geiſtes und der erften apoftolifchen Gemeinen die
rechte Ketzerey nicht in einer bloffen Speculation,
oder Zufammenfegung allerhand theoretifcyer
Meynungen oder andern dergleichen Dingen
beftanden habe, fondern fuͤrnemlich in einem
verkehrten Sinn und Willen, welcher der Heilige
p) L.1.ct6. Cod.Theod. de Hxret. 9) L.u.ibid.
ap. Cotelerium Tom. Ill. Mon.Gr. t) L.12. 13. et 14.Cod, Theod. de Hær.
y) Benoin Catal, Tefl, Verit. p.328. et Rupertus Lynconienfis ibid, p. 584
larius lib. X. Trinit. p.144. y.
2) Bernhardus Serm 31, in Cantic,
1031
feit und Gerechtigkeit Gottes durch ein unfeili-
ges und fündliches Wefen entgegen gewandelt,
und fid) und andere zur fleifchlichen Sicherheit ,
Unglauben und groffen Schanden und Laſtern ver⸗
führet bat, Dabey auch nun ferner Fund werden
fol, wie fich ſolches ungörtliche Wefen durch
KHeuchelen, unter dem Schein der reinen gefunden
sehre und eines äufferlichen ‚ ehrbaren, bürgerlichen
Wandels verftecker babe, und zwar bey denen,
die nicht allein ihres Aufferlichen Titels und Amts
wegen, fondern auch ihrer fehmeichelnden und
dem Fleifche gefälligen Lehre halber bey der Welt
noch lieb und werth gewefen, und alfo Kuͤhnheit
und Macht gehabt , die Zeugen der Wahrheit
durch falfche Befchuldigungen zu unterdrücken.
Denn, daß die Heucheley fonderlih ein Schirm
der Keßer geweſen, ob fie gleich vor erleuchteten
Augen bald offenbar worden , bezeugen fo viel
Stellen der Alten. Ich will nur diefe einzige
anführen: "Es folger allegeit auf den Abfall vom
„Ölauben eine lügenbafte Heucheley , dadurch
„man doch zum menigften noch in Worten will
„gottſelig feinen, da das Gewiſſen fchon alles
„verloren hat. Wie aber viefes bald offenbar
werde, meifen die folgenden Worte: “Durch die
——— Worte wird die verſtellte Gottſelig⸗
„keit ſelbſt zu einer Bosheit gemachet, wenn
„durch die Satzungen der falſchen Lehre die Hei:
„ligkeit des Glaubens verderbet wird. Denn da
„raffet man eine Lehre zuſammen, mehr nach dem
„Verlangen und Gunſt der Leute, als nach dem
„Glauben des Evangeli,x). Von welcher Art
der Lehrer Die Zeugen der Wahrheit billig ausge
fprochen Haben, daß fie die rechten Ketzer wären,
welche die Gewalt Iju binden und zu loͤſen
mißbraucheten, auch an allem Anglauben,
Spaltungen, Kegereyen und gottlofen Wandel
in der Wele fchuldig wären y). Ja, fie wären
gefährlicher und verderblicher, als die, fo oͤffent⸗
lich zu Kegern gemacht würden, weil fie unter
dem Schein der Freundfihaft in der Kirche
— und nicht, wie jene, ausgeſtoſſen wuͤr⸗
en z)
1) L.2.3.et4.ibid. s) Chryff. hom. in Matth. XXI,
u) Rufmuslib.II.c.9. x) Hi-
Das
1932 8. 3. Don dem Abfall der Ehriften vonder erften LaurerEeit,
Das 22. Kapitel,
Bon dem Verhalten der erften und wahren Chriſten
| gegen die Ketzer. —
Summarien.
4 }
a8 die erften Chriffen vor Mittel gebraucht zu Bekehrung der Ketzer: Alle Verfolgung, auch der aͤrgſten Fei ift De
W Wahrheit entgegen, GOtt will einen freywilligen Gehorſam haben; Die ganze Natur des a ae
Liebe; $. 1. Zeugniſſe ) ’ 2. michtige Gründedeffen; 3. auch die Heyden felbft Laffen denen
Ehriften gemeiniglich die freye Ausübung ihrer Religion ; Rath eines heydniſchen Philoſophi; 4. Erempeldavon, und
Fönigliche Defeble. 5. Weltliche Obrigkeit duldet jolche, Dieman doch vor Meter gehalten; die dem göttlichen Willen
folgen, gehen aufs glimpflichite mit denen Terenden um; 6. Auguftini Erempel: Theophilus, Bifchofzu Alerandria, thut
das Gegentheil, wird beftrafet. 7. Dem Irrthum muß man abhelfen ohne des Menſchen Schaden, nach dem Erempel der erz
fen Kirchen; Mitteldazu, herzliche Sürbitte zu GOtt, 8. Anhalten mit herzlichen Vermahnungen, bisiweilen Unterre-
dungen anzuftellen nach denen Regeln des Chriftenthuns. 9. Don rechten Chriſten iſt alles freventliche Richten und
Berdammen ferne. ıc. Auguftinus erfennet auch Die Keger vor Brüder, anderemehr. ı1. Was man Gutes an Kehern
findet, fol man zu ihrer Entichuldigung brauchen, der Unterdruckten ſich ernftlih annehmen. 12. Wahre Chriften ver
folgen die Irrigen auf Feine Weile, fliehen fie aber und übergeben fie göttlicher Vorſorge; 13. eines Verirändigen Kathz
14. blieben ben der gebührenden Maas in Abhandlung der Streitfachen; Auguftini Eyempel. 15. Irrige werden nichtalfos
Zeugniſſe davon, Athanaſii, Hilarii: 2.
bald.von ihren Yemtern verſtoſſen/ wahre Chriſten geben behutfam , fanftmüthig und redlich mit denen Srrenden um. ı6.
erſten Chriften ein Ketzer genennet wor⸗
den, folget nun zu erwegen, wie fiedann
mit denfelbigen umgegangen, und was vor Mit:
tel fie zu ihrer Bekehrung gebraucher, wenn fich
ja ein ſolcher offenbaret hat: Denn daß fie ohne
heilige und wichtige Urfachen einen von ihren
Brüdern hätten mit Vorſatz und aus bloffem
Mutbroillen ‚oder Neid und Haß, follen zum Ke⸗
ger machen, und unter diefem Namen verfolgen,
als wol hernach unter dem Verfall fo ofte gefche-
ben, war von ihrem lauteren Glauben und brün»
ftigen Siebe ganz entfernet. Welches denn mit
faſt unzähligen Zeugniffen koͤnnte beftärfet mer
den, wenn nicht von vielen, auch in unferer Spra-
che, die Gewiſſens und Religionsfreyheit aus dem
göttlichen Wort und der erften Kirchen Einftim:
mung wäre erwiefen worden, Wer nur ein we⸗
nig die Beſchaffenheit und Natur des wahren
Chriſtenthums Fennet, wird nicht leugnen föns
nen, daßalle Berfolgung und Anfeindung, auch
wider die ärgften Feinde der Wahrheit, derſel⸗
ben gerade entgegen tee, fo gar, daß es aud)
bey dem allerbeiten äufferlichen Wohlſtand Chriſt⸗
ficher Gemeinen unzuläßig ift, indem Chriftus
in feinen Wegen unveränderlid) bleibet. GOtt
will einmal einen freywilligen Gehorfam haben ,
und einen Dienft, der aus einem willigen und unge»
wungenen Geift geſchiehet: Daher ihm aller ab⸗
$.
&' wir alfo gefehen, was eigentlich unter den
a) Ita aperte pronunciant Terzullianus Apol. e. 24. 28.
feculis. Ambrofsus lib. VII. Comm, in Luc.c. to. Chry/o
+an.lib. IT. adu. Donat. Hieronymus Epift. 62. ad Theophil. Comm. in Matth. c. XIIL et in Hol. II. Augufinus
locis quamplurimis infra producendis. Bernhardas Serm. 66. in Cant. etc,
Is k
gezwungener und daher nicht lauterer und reiner
Ölaube unangenehm feyn muß. Der HERR
Jeſus hat auch allen feinen Juͤngern zum Grunde
ihres Thuns und Laffens die Berleugnung ihrer
ſelbſt geleger, aud) ihnen abfonderlich in Berfündis
gung und Ausuͤbung ihres Glaubens anbeichlen.
Diefe aber läffer fich durchaus nicht mie Gewalt
und Zwang jemanden aufdringen, fondern fie
muß abermal aus freymwilligem Geifte fommen :
Der Glaube felbft ift eine göttliche Gabe, un$
kann von Menfchen weder micsift nody Gemaltei-
nem andern eingepflanzet werden. a, die gan⸗
ze Matur des Önadenreihes JEſu CHrifti in
feiner Gemeine ift geiſtlich, voller Siebe, Mitlet-
dens und Erbarmung, und wird in der Schrift
ſehr ofte unter dem Bilde eines Menfchen vorge:
ſtellet, da andere unter Thieresgeftalten abgebil-
det werden; anzuzeigen, daß jenes Feine Gewalt-
thaͤtigkeit in Glaubensſachen brauche, und den in⸗
nerlichen Gehorfamdes Glaubens durch Feine auf
ferliche Gewalt zumege bringen wolle.
2. Davon will ich nur etliche Stellen folder
Lhrer anführen, Die ſchon unter dem angehenden
Verfall des Chriſtenthums gelebee Haben, nach»
dem von denen aus ber erften Kirche wol fein
Serupel übrig feyn Eann, daß fie dasjenige wahr⸗
baftig geglaubet und ermiefen, was id) gefager
habe a). So fihreibet nun Athanaſius felber,
y ß & . um
— —— Epiſt. 51. 55.62. Laäane.lib. V. c. 20.etefegg,
of. ho. de Anathem et hom. 8. in Gen. Optatus Mileni-.
PETER ER
um deffen gehre willen doc) fo groffe Verfolgun:
gen entftanden: «Es ift dieſes die Eigenfchaft
der Gottſeligkeit, daß fie niemand Zwinger,
„fondern nur überredet. n auch ber
HErr felbit Hat niemand gezwungen, fon-
deen es eines jeden freyem Willen überlaffen,
»eb er ihm folgen wolle oder nicht. Der Teufel
’aber, weil er nichts wahrhaftiges Kat, bricht die
Thuren mit Gewalt auf, mern ihn niemand an:
"nimmt. Aber unfer Heiland ift ſo ſanftmuͤthig,
daß er nur ſpricht: Will mir jemand nachfol:
”gen, der nehme fein Kreuz auf ſich. Er zwin⸗
"ger niemand, daß er ihm nachfolgen ſolle, fon
„dern er ruffet ihn nur und fpriche: Thue mir
„auf, nteine Schweſter. Und wenn ihm aufge:
than iſt, ſo gehet er hinein, und wenn man ver⸗
Ziehet, fo weicher er zurück, weil er nicht mit
Schwerdtern und Spieffen, noch mit Soldaten
„und gewaffneter Hand die Wahrheit verfindi-
„get, ſondern mit Ueberredung und gutem Rath,
b): Und anderswo fchreibet er wider Die Ketzer,
welche die Frommen verfolgeten: “Woher haben
ſie doch das Verfolgen gelernet: Gewißlich,
„nicht von dem Heiligen, ſondern der Teufel hat
Fie es gelehret. Der: HErr Bat zivar einmal
„befohlen zu fliehen, und die Heiligen find auch
„geroben Aber das Berfolgen it ein Fund
„und Kennzeichen des Teufels, welches er wider
„alfegebrauchet hat e). Wenn aber das lichen
„auc) foll böfe feyn, fo muß gewißlic das Ver⸗
„felgen noch viel ärger fenn. Denn ein ſolcher
„verbirgt ſich, daßernicht fterbe, jener aber ver-
„folge, daß er umbringe. Die Flucht ift be-
„fehlen, aber ein Verfolger übertrit das Gebot,
„und gibe felber Urſache zur Flucht. Wenn nun
„die Verfolger einem die Flucht vor übel Kalten,
„fo müffen fie fich ihrer felber fhämen,,d), Diefem
füge ich noch einen aus felbigen —* bey, der
Io fehreiber: Gott hat allezeit feine Erkenntniß
„vielmehr gelehret, als mit Gewalt gefoͤrdert:
„und hat durch wunderbare goͤttliche —* ſei⸗
Men Geboten ein Anſehen gemacht, hingegen den
gezwungenen Willen der Bekenntniß verworfen.
en eine folche Gewalt bey dem wahren Glau⸗
„ben gebrauchet würde, fo würde die Lehre ent⸗
”
2 * gehen und jagen: G0tt iſt HErrüber al-
und brauchet feines nothwendigen Gehor⸗
‚les
N fordert auch nicht eine gezwungene “Bes
J —X Mar darf ihn nicht betruͤgen, ſon⸗
c. 2.
PT
er PR: Cap. Don dem Verhalten der erſten und wahren Ehriften gegen die Reger
og
1033
„dern nur demuͤthig ſeyn. Er muß um unfere,
„undnicht um feinet willen geehret werden Ich
„kann ihn nur freyroillig annehmen , und nur infet-
„nen Worten hören. Man muß ihn in Einfale
„suchen, durch Bekenntniß kennen lernen, in ies
„beumfangen, in Furcht vereren, und in einem
„guten Willen bey ſich behalten e).
3. Um der Kürze willen übergehe ich die a
dern Zeugniffe alle, und gedenfe nur noch einir
ger wichtiger Urfachen, die von den Alten disfallg
angezogen werden. Davon findet man viel in
denen Schusfihriften ver erften Chriften, dar-
innen fie gegen die feindfeligen und blutgierigen
Heyden die herrlichften Gruͤnde ßen, warum
die Menfchen einander in ihrem Gottesdienſt frey
und ungebindert feyn laſſen müßten. Denn fo
fehreiben fie in dieſer gerechtem Sache ungefiheus
et an die mächtigften Kayſer: „Sehet ja wohlzu,
„daß diefes nicht der Neligion zuwider fey, wenn
„man einem Die Freyheit im Gottesdienftnefmen
„will, und die Wahl des GOttes verbietet, den
„er gerne anbetet, daß man weiter nicht ehren
„foll, was man will, fondern gezwungen wird,
„Das zu ehren, was man nicht will. Niemand
„verlanget ja Ehre von dem, der es nicht thun
„will, wenns auch nur ein Menſch ift c). Es
„muß einem jeden unbillig vorkommen, wenn freye
„seute zum Gottesdienft gezwungen werden, weil
bey einem jeden Stück deffelben ein freyes Herz
„erfordert wird e). Ich kann ja wider meinen
„Willen Fein Chriſte ſeyn, und ein Verfolger kann
„mich ja nur verdammen, wenn ic) will. Wenn
„eraber das, was er kann, nicht eher kann, bis ich
„till, fo ſtehet ja fein Können in meinem Wil:
„en, und nicht in feiner Macht, h). Wobey
fih denn die Ehriften auf die gefunde Vernunft
unddieallgemeine Gewohnheit der Völker berie—
fen: “Es ift insgemein bey den Menfihen recht,
„und fteher nach der Natur einem jeden frey, daß
„er verehre, was ihm gefällt. Es Hilft oder ſcha⸗
„pet einem des andern Gortesdienft nicht. Ya,
„es reimet ſich auch nicht mit dem Gortesdienft,
„daßeiner darzu gezwungen werde, weil er frey⸗
„willig ſeyn muß, und nicht aus Zwang. Denn
„es wird jaben denen Opfern felbjt erfordert, daß
Me aus freywilligem Herzen gebracht werden,, i).
Dergleichen denn auch die Verfolgten unter dem
Varfall remonftrirten, wenn es Bieffe: “Es iſt
„unmöglich, und die Vernunft felber gibts niche
Ppp ppp au,
b)Epift.adSolit. Vit. Ag. c)Apol.f.deFug. d)Id.deSatisfadt. Fug. et in Hifor. Triparr.lib. VI. c. 22. ©) Hi-
larinslib,ad Conftant, A. f) Terzullianws Apol,c.24, g)lbid.c.28g. hy Cap. 49. i)Idemlib, ad Scapulam
1034
„zu, daß mwidermärtige Dinge zufammen ftin-
„men fönnen, ungleiche vereiniget werden, und
„das Wahre mit dem Falfchen vermifchet. Dar-
„um foll es ja billig fcheinen, daß die Öottes-
„fürchtigen nicht mit dem verunreiniget und be-
„läftiget werden, was fie vor Öottesläfterungen
„halten: fondern daß fie Freyheit befommen,
emjenigen zu folgen, der Die Liebe unverbrüch-
„lich behält k).
4. Solche und dergleichen unumftößige Gruͤn⸗
de mußten freylich verftändige Negenten und ande⸗
re bewegen, daß fie füh ein Gewiſſen machten,
andere Gewiſſen mit Zwang zu Diefer oder jener
Art des Gottesdienfts zu freiben. Dahero fo
gar auch denen Heyden felbft von den Epriften ge-
meiniglic) die freye Ausübung ihrer Religion ge-
laffen wurde, nachdem jene unter den Berfol:
gungen erfahren hatten, was vor Jammer aus
dem Neligionszwang zu entftehen pflegte. Al:
fo gaben die beyden Kayſer, Conftantinus und Li⸗
einius, im Anfang ihrer Regierung diefes Edict her⸗
aus, wiewol allem Anſehen nach aus politifdyen
Urfachen: “Wir haben vorlänaft bedacht, daß
„die Freyheit der Meligion nicht zu verbieten
„ey, ſondern, daß eines jeden Gemürh und Wil-
„ten die Macht gegeben werde, feinen Gottesdienſt
„nach Gefallen zu verrichten; dahero haben wir
„auch ven Chriften befoßlen, den Glauben ihrer
„Religion und Secte zu behalten, 1). Wie au)
nach der Zeit Conftantinus alleine unter andern
diefes publiciren ließ, welches er nad) dem Ni-
ceniſchen Concilio ſchlecht bielt: “Niemand fey
„den andern darinne zuwider, was er vor fid)
„felbft billiger. Er Fann wol feinem Naͤchſten
„damit dienen, wenn es möglich iſt, was er er-
„eannthat, wenn er aber nicht kann, mußer auf:
„hören. Dennesiftgarein anderer Kampf über
„eroigen Dingen, etwas mit willigen Herzen thun,
„als wern man mit Strafen und’ Plagen darzu
„gewungen wird, m). Und kurz zuvor that
er diefe Erklärung: Die Irrigen folen mit den
„Ölaubigen zugleich, Rue genieffen, denn wenn
die Gemeinfehaft und Gefellfhaft unter einander
Ffeſt geſetzet wird, kann ſolches zum rechten Weg der
Wohrheit führen. Drum foll Feiner dem an-
„bern befchwerlich ſeyn. Ein jeder foll thun duͤr⸗
„fen, was er ihm vornimmt, n). Und folche
allgsmeine ertheilte Freyheiten in Religionsfa-
chen haben andere Kayfer nachgehends ihren Un--
8.3. Don dem Abfall der Ehriften von dererften Zauterkeit. . -
terthanen insgemein ertheilet. Wie man, zum
Erempel, von Balentinianoweiß, daß er a
Heyden ihre Uebungen nicht verboten habe, und
nur die nächtlichen Zufammenfünfte verhindert,
welches ihm zwar die Papijten fehr verdenken 0).
Sein Nachfolger, Balens, ob er gleich ein Ariaa
ner war, ließ Doch zuleßt den meiften ihre, Frey⸗
beit, und zwar, wie man meynet, nad) dem
Math eines heydniſchen Philoſophi, der dieſer
war: Es waͤre GOit eine ſonderbare Ehre, wenn
allerhand Meynungen von ihm geheget wuͤrden,
wegen feines unbegreiflichen Weſens ).
5. Ob auch gleich Dann und wann von denen
Kayfern und Völkern, welche vor Eegerifch in
der Lehre gehalten worden, einige Berfolgungen
wider die andern gefchaben, fo pflegten diefelben
doc) meiftentheils ihren Widerwärtigen darin-
nen Freyheit zu geben, und niemand zu verfols
gen. Welches fonderlid) Die Gelehrten von de:
nen Gothen und Wandalen rühmen, deren jene
niemals ihre Unterthanen verfolger, welche dem
Micenifchen Glauben ergeben geweſen, dieſe aber
‚unter den beyden Königen, Hunnerich und Guns
demund, dergleichen gethan. haben q), Wohin
denn au die Burgundier, Heruler und ande»
ve Arianiſche Volker zu rechnen find, als weldye
denen fogenannten Catholifchen nicht beſchwerlich
gemwefen r): Ya, diefe haben unter foldyen Köni-
gen die größte Freyheit gehabt, und fo. gar Eon:
cilia unter ihnen gebalten s). Man findet noch
von einem folchen Könige vergleichen Erklaͤrun⸗
gen bey einem Scribenten: Wir nehmen uns
„nicht die Kuͤhnheit, über Diejenigen Dinge zu ur-
„theilen, Darüber wir feinen fonderlichen Befehl
„haben. Denn weil GOtt felber viel Religionen
„zuläßt, ſo unterftehen wir uns nicht, nur eine
„anzubefehlen, Denn mir erinnern uns gelefen
„zu haben, daß man dem HERAN freymillig
„opfern foll, nichtaus Defehioder Zwang... Wer
„anders darinnen verfaͤhret, der wandelt offen-
„barlic) den göttlichen Geboten entgegen, ı).
Und fo lauter auch ein Referiptdes Kayfers Mar:
tiani: "Wir haben befohlen, daß durchaus feinem
„einzigen der Zwang angethan werde, zu unter-
„ſchreiben oder einzuftinimen, wenn er nicht ger:
„ne will (nemlich in die. Schlüffe des Chalcedo»
„nenfifchen Concilii) Denn mir wollen niemand
„durch Furcht ober Öcwaltthätigfeit aufden Weg,
„ver Wahrheit ziehen, uff u)d Welche Ur-
Qa
k)filariusi,c.initio. 1) Apud Enfebiumlib IX.e.5. m)Apudeunden lib. II. Vit.C.M.c.55. n)Ibid. o) es
Spondanus Annal. ad A. CCCLXXI.
p) Themiltii v. Soerates lib. 1V. c. 27. qui etconf, de Iulianolib, III. e.2ı.
q) Vid. H. Grot. præf. ad Procopii Vandal,et Conı. p.31. r)Hif. Ecel. Goch. lib. IL.c. IH. Set. IV.n.27. s)A-
gathenfe et Tarraconenfe Seculo VI. t) TheodahatusR. Ital, ap Caſſiodorum lib. X. Var. c.26,
ArchimandritasHierofelymit. poft Synodum Chalcedon.
u) Epift. ad
.
|
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5
«
* — = — — * A * — — — t — * *
22. Cap. Von dem Verhalten der erſten und wahren Chriſten gegen die Retzer. 1035
ſache auch jener Regente bey einen folchen Be—
rebl fee, dadurd) ev dergleichen Freyheit ertheil-
tes Wir koͤnnen die Religion nicht befeplen,
„weil niemand gezwungen werden Fann, daß er
„wider feinen Willen glaube, x). Wie auch ein
anderer in eben folchem Unekhreiben: Der
„Dienſt EHrifti muß freywillig und nicht gezwun⸗
„gen feyn,,y). Anderer fotcher öffentlichen Zeug»
niffe dismal zu gefchweigen.
6. Inſonderheit hat man Erempel genug, daß
von weltlicher Obrigkeit folche Perfonen und Ge:
meineit geduldet worden, die man doch vor of-
fenbare Ketzer gehalten. Baronius felbft lobet
Eonftantini Gürigelt, daß er die Donatiften nicht
verfolge, fondern gehörer habe: welches er zwar
nachmals geändert hat z). Dergleichen auch Ho:
noriusund andere gegen dieſe Leute erwiefen, und
wenn fie ja zu anderer Reſolution fihritten, war
allein die Elerifey Schuld daran ; wie die Pabi-
ften fetbjt bekennen a), Wie denn auch fonft
aus den alten Gefchichten befannt genug iſt, daß
man dergleichen feuten, wenn es recht zugegan⸗
gen, ihren öffentlichen Gottesdienſt zugelaflen,
dahero fie auch ihre öffentliche Lehrer, Aufſeher
und Xelteften gehabt. Und diefes ift von Ver—
ftändigen deswegen vornemlich gefcheben, da—
mit man die Irrigen defto leichter mit ſanſtmuͤ⸗
thigem Geift zurecht bringen fönnte. Im uͤbrigen
finden wir von denen, die dem göttlichen Willen
gefolget, daß fie aud) fonft auf das freundlichfte
und glimpflichite mit folchen Perfonen umgegans
gen, und zwar eben aus folcher heilſamen Abficht.
Drum fteher in einem Carthaginenfifchen Eonci-
lio, “daß man durch Eingeben und Einrarhen
„des Heil. Geiftes (infpirante et annuente Spi-
„tu Santo) mit denen Donatiften aufs gelinde=
„ſte handele, damit fie durch ſolche Sanftmurh
„angelocketiwürden,, b). Welches auch die alten
Ausleger erinnern, "wie es der Roͤmiſche Bifchof
„vor gut angefehen, ingleichen, daß es denen
„fanftmürhigen und friebfertigen Juͤngern CHri⸗
Fi zufomme, fir die Abgefonderten zu forgen,
„je mit Gelindigfeit zurücke zu bringen, und mit
„der Gemeine zu vereinigen, nicht aber mit Hint⸗
„anfeßung ihrer Seligkeit nur das Ihre zu fuchen,,
e). Sn ſolchem Sinn blieben die wahren Chris
en ‚bey der Liebe gegen die Perfonen, und fagten
Rn
x) Caffiodoruslib. II.c.27. y)
> 68. a) Ibid. n. 70. ex Aug
Scholsibid. d) Terenlianusadu.
rtusR.
of Collat.
erwog.c. tr,
*
—
*
e) Hieronymus Proam,ad lib. IV. in Ierem.
Proculeianum, g)ldemEp.ico. h)Bajılins Seleneienfis Orat. I. de Incarn, Verb.
mie jenem: «Die Perfon mag ſeyn wie ſie will,
„hier fraget man mach der Sehre,, d). Und mit
einem andern: “ch bin Fein Feind des Menfchen,
„fondern des Irrchums ©),
7. An ſtatt nun, daß andere mit dem Schwerdt
drein fchlagen wollten, befleißigten ſich wahre Le
ver der Liebe und Freundlichkeit; mie wir bald
ner fehen werden. Auguſtinus fihriebe an einen
gehrer der Donatiften alfo: Wir Fonnen cinan«
„der dienen, wenn mir aus gutem Herzen aljo
„init einander handeln, daß wir don der verfehr«
„ten Uneinigkeit befreyet werden. Es ſiehet aber
„der Hergensfündiger, ob es gleich die meiſten
„Menſchen niche eben, daß ich diefes aus aufs
„eicheigem Herzen thue, und mit vielem Zittern,
„in Epriftlicher Demurd,,u.f.f. f). Die Urſa—
che feget ev anderswo; "Es hat gar eine andere
„Bewandniß mit dem weltlichen Regiment als
„mie der Kivchen: Jenes wird mit Screen
„verwaltet, diefe muß durch Gelindigfeit und
Sanftmuth angenehm gemachet werden,, 8).
Und ein anderer: “Man hat fich wohlin acht zu
„nehmen, daß man fich nicht zu Haß und Saftes
„rung gleichfan waffne, wenn man den rechten
„Glauben vertheidigen will, damit man nicht una
„ter dem Vorwand der Gottesfurcht Böfes bex
„sehe, und felbft von dem vechten Weg abwei—
sche, indem man fihadliche Lehren verfolger, Denn
„das wäre nichts anders, als nad) einem unge:
„wiſſen Gewinn durch den wichtigften Schaden
„trachten, und die Wahrheit felbjt in Gefahr fegen,,
h), Und freylich gile bier, was ein Eluger Mann
fehreiber: “Es hat diefes den Gemeinen oft den
„größten Schaden gethan, daß man diejenigen’
„die nicht einerley Meynung gehabt, allzu hart
„und unfreundlich im Anfang- empfangen. Da
„iſt ja Vorfichtigfeir vonnörhen, daß die Gemuͤ—
„eher nicht erhitzet und fo weiter gebracht werden,
„daß Feine Hoffnung fie zu überzeugen übrig. bfel-
„be. Diejenigen aber find fehr übel geſinnet,
„welche auch über der geringften Beleidigung
„ſich fo fehr ergürnen, daß fie auch andere wider
„den Bruder aufreizen, und ihm eine Ketzereh
„Schuld geben, nur damit fie defto feichter ihren
Zweck erlangen, wohl wiflende, Daß diefe Are der
„Verleumdung allen guten keumund auslöfche,
„und auch die beften Freunde verfeßre,. Mel.
Ppp ppp 2 ches
edamlib.I.Hift. Angl.c,26. z)Annal. A.CCCXVT. n.
. b)Cod.Can. Eccl. Afric. c. 69. Zomaras er Ariffenus in
f) Epilt.147 ad
* *
1036
ches er denn mit dem Exempel des Theopfili, Bi⸗
ſchofs zu Alerandria, Elar machet, der etliche Drü-
der unfchuldiger Weife auf das greulichfte verfol⸗
get und ihnen boshaftige Kegerey Schuld gege-
ben, weil er fi) fonft an ihnen nicht reiben koͤn—
nen i). Und feet endlich diefes: “Es ift der
micht alsbald ein Ketzer, welcher einiger maß
n in der Lehre irret. Und gefeßt, daß er auch
„einer wäre, jo muß man ihn doch. nicht alsbald
„mit Scheltworten und ſchimpflichen Namen
„empfangen, denn durch folche Arzeney werden
„die Kranken nicht gefund. Die Wahrheit muß
„aufrichtig und vorfichtig vertheidiget werden mit
„onugfamen Gründen und Zeugniffender Schrift,
„dadurch man die Irrigen lehre, und die Halg-
„ftarrigen uͤberwinde. Mit Schmäßen und Laͤ⸗
„iterworten wird die Hoffnung der Beflerung
nur verkehret. Manmußaber gelinde, beſchei⸗
„den und ohne Verachtung und Vorwurf mit
„denen handeln, welche in einen Irrthum erſt
„gerathen, und die Wahrheit nicht alsbald fehen,
„dadurch koͤnnen fie viel beffer gewonnen werden,
„als wenn man mit. allen Zunamen und Schel-
„ten auf fie los ſtuͤrmete. Defto weniger ift;de-
„nen zu folgen, die mit greulichem Fluchen toi-
Ider ihre Gegenpart wüten, und fie alfo über-
„töältigen wollen, da man fie Doch dadurd) nur
„balsftarriger machet, und endlich alles beyder-
„feits auf eine Naferey hinaus lauft k).
8. Worinne ihmein anderer beyftimmet, wenn
er ſchreibet: “Es gehöret zur Evangelifchen Ein.
„falt, daß man der Brüder ihe Thun und Schrift
„nach der Nedlichkeit erkläre, Darnad), wenn
„jemand gefallen ift, und mans nicht verſchwei⸗
„gen kann, omußman dem Irrthum abzubelfen
„fuchen ohne des Menfihen Schaden, nicht aber
„alebald mider in wuͤten, weil doch Feiner vom
„Fall fren iſt. Endlich muß man den Naͤch—
„ten alfo erinnern, wie- man. fid) felbft woll⸗
„fe erinnere wiſſen, wenn man geirret hätte.
„Aber da fiehet man, wie ihrer viel in fremden
„Schriften alles verlaftern, und aus Unfinnig-
„Eee wider den guten Namen ihres Naͤchſten ra-
„fen, da doc) in ihren eigenen offenbare Läfte-
„rungen wider EHriftum ftehen,, ). Was foll
aber da vor ein Urtpeil fallen, wenn der Haß fo
gar ohne Maaß ift? Das Gegentheil geſchahe von
den erften Ehriften, tie es einer alſo zeiger:
"8.3. Dondem2bfatfderEhriften vonder erften Lauterkeit. —
„In der erften Kirche wurden die Ketzer von den
„Menſchen nicht geftrafet, und = na rel
„Erempel und Befehl EHrifti und feiner Apoftel,
„welche, wenn fie der Ketzer gedenken, nichts
„von menfchlichen Strafen willen wollen, ſon—
„dern fie. nur zu fliehen —— Hernach aber
„lals die Liebe durch Zank und Streit aufhoͤrete
„hieſſe es, wider die erſte Praxinz Man muß die
„Ketzer zu ihrer Schuldigkeit treiben, aber nicht
„anlocken,ů. ſ. f. un). Ihre Mittel waren herz⸗
liche Fuͤrbitten für fie bey GOtt, wie Irenaͤus
ſchreibet; “Wir beten, daß fie nicht in der Gru-
„ben bleiben, welche fie gegraben Haben, fondern
„daß fie rechtmaͤßig wiedergeboren werden, und
„ſich zur Gemeine GOttes wiederum wenden, da⸗
„nie EHriftusin ihnen eine Geftalt gewinne, und
„den wahren GOtt erkennen, Diefes bitten wir.
„für fie, undlieben fie mit groͤſſerm Nutzen, als
„ſie fich felbft lieben. Denn unfere giebe ift is
„nen mehr beilfam, wenn fie fie annefmen, weil °
„fie wahrhaftig ift,n). - Und ein anderer: Man
„muß gottlofe Lehren der Keger ftrafen und ver«
„werfen, der Menfihen aber verfchenen, und
„für ihr Heil beten, 0). er auch Yugufti-
nus die Seinen vermahnet: “Liebet Doch die Leu⸗
„fe, machet ihre Irrthuͤmer - zunichte, ſtellet die
„Wahrheit ohne Hochmuth vor. Kampfer für
„die Wahrheit ohne Grauſamkeit, betet für diejes
„nigen, die ihr ſtrafet und widerleget. Denn
„für folche betet auch der Prophet bey GOtt p).
9. Wann fie nun alſo GOtt die ganze Sache
befohlen, hielten fie ferner mit herzlichen Bermaß-
nungen an, und fuchten dadurch ihre Befferung,
wie Juſtinus fehr fchon davon zeuget: “Es haben
„ihrer viel Gottesläfterungen und böfe Dinge un-
„ter dem Namen EHrifti gelehrer, und falfche
neehren eingeführet; ja fie haben aufgebracht und
„bringen noch vor, was ihnen der unreine Geift,
„der Satan, eingegeben bat. Diefe alle füchen
„wir mit Heberredungen, eben wie die Juͤden, dahin
„zu bringen, daß fie nicht in ihrem Jrrthum fort⸗
„fahren, weil wir willen, daß derjenige von GOtt
„werde gerichtet werden, der Die Wahrheit weiß,
„und fie doch nicht faget,, 9), Und auf diefe
Weiſe fieng es auch erſtlich Yuguftinus mitdenen
Irrigen an, wie er ausdrücklich fehriebe: Wir
„erinnern zwar die Keger zu meiden, ob fie gleich
„noch fo ftolz und halsſtarrig feyn möchten: Aber
„wir ſchlagen es nicht aus, fie zu erinnern und
zu
i) Sozomenuslib. VIII. c.ı2. k)Zieglerus lib. IV. de Epife. @X.n.ı.ı2. Ob) Erafınns przf. in Hilar. m) c. Rit-
tershufius L. de Fide Heret. ferucsg3. m Lib. III. c.
Lit. Petil,c.29. g)Dial. cum Tryph.p.308.
2
7
46. 0)ChryfoflomnsSerin.de Anathemı. p)Lib.II.adu,
Dr Weg
pr *
> u . * Et hen ion
22. Cap. Don dem Verhalten der erſten und wahren Chriſten gegen die Retzer. 1037
„„u beſſern, wie wir nun fonnen,r). Welches
denn auch) in feiner ebensbefchreibung geruͤhmet
wird, wie er an die Bornehmften unter folchen
irrigen Leuten privatim gefehrieben Babe, “fie mit
„angeführten Urfachen erinnert und ermahner,
„daß fie von ihrem Irrthum fich befehreten, oder
„zum wenigften zu einer Unterredung Famen„s).
Dahero er auch felbit bekannte, wie er fo ofte mit
den Donatiften Briefe gewechfelt babe, eben als
er auch an die Heyden gethan t). Und die Ray:
fer felbft wollten es alfo haben, daß man die Ir—
tigen zuvor nachdrücklidy erinnern follte u). Zu
dem Ende wurden bisweilen Unterredungen ange:
ftellet, welche alle in gewifler Maaffe ihren guten
Nutzen gehabt hätten, wenn fie nur nach den Re⸗
geln des Chriſtenthums gefcheßen wären. Go
ift von Auguſtino befannt, wie er nicht allein
mit den Manichäern öffentlich fich zwey Tage lang
unterredet x), fondern auch mit denen Donatiften
und andern; welches aufdenen Africaniſchen Con»
ciliis angeordnet und beliebet worden ; anderer vie⸗
ler Erempel zu gefchweigen y). Davon ich die
Erzehlung eines erfahrenen Mannes Eürzlic) fege:
„Das Erempel der erften Kirchen und die Weife
„der Alten Fann gar ficher an ftatt eines Ge:
„ießes in acht genommen werden. Wie be-
„zeigten ſich aber dieſe gegen die Ketzer? Alfo,
„daß fie fie in eine Verſammlung beriefen, ihre
„eehre vortragen lieffen, und aus göftlicdyer
„Schrift widerlegten. Darauf gaben fie ib:
„nen die Wahl, entweder ihren Irrthum fahren
„zu laſſen, oder ausgeftoflen zu werden. Nie—
„mand aber zogen fie wider gegebene Treu zur
„Strafe. Hernady aber, wenn fie fie alfo ge-
„böret und überwiefen hatten, meideten fie fie,
„und überlieffen diefelbe dem göttlichen Gericht,
„nad, Chriſti und der Apoftel Befehl z).
16. Demnach war von rechten Chriſten alles
freventliche Urtheilen und Berdammen ferne, def:
fon Cyprianus fchöne Urſachen giber, wenn er auf
einem ganzen Concilio ſpricht: “Es feßt fich Fei-
„ner unter uns zum Auffeher über die andern,
„oder zwinget feine Mitarbeiter durch ein tyranni⸗
„ſches Schreden, ihm zu folgen; fondern ein je»
„der hat Macht und Frehheit nad) feiner Ge—
„walt, und kann fo wenig von andern gerichtet
„werben, als er andere richten darf. Laſſet uns
„alfo alle das Gerichte unfers HEren JEſu Chri⸗
. 5) Pofidius inVitac,9. Ol.c.
r) —5 —
Can. Ecel. Afrıcan. c.94. 2) Rittershufinsl.c. ©; 22.
ronymus Ep. 61. adu. Ioh. Hierofolym. cySaluianus |
„ſti erwarten, welcher einig und allein Macht
„bat, uns über feine Gemeine zu fegen, und über
„unfer Thun zu ureBeilen,, a). Hierinnen folg«
ten nun die wahren Lehrer den Alten treulich nad),
fo lange man noch etwas von der alten Lauterkeit
übrig bebielee. Da denn diefes ifr Bedenken
bievon war: “Es ift ſehr gefährlich, von eines
„andern Herzen zu urtheilen, und die iR:
„aller ihrer Worte zu unterfuchen und zu eröffs
„nen, db), Aus welchen Gruͤnden auch jener von
denen öffentlich erklärten Ketzern alfo befcheident«
lich fehriebe: Sie irren zwar, aber aus gutem
„Gemuͤthe, nicht aus Haß, fondern aus Liebe
„GOttes, indem fie meynen den HErrn zu ehren
„und zu lieben. Ob ſie gleich nicht den rechten
„Glauͤben haben, fo halten fie dieſes doch vor eine
„vollkommene Liebe zu GOit. Wie fie nun am
„Tage des Gerichts von Oott fuͤr dieſen irrigen
„Waohn werden geſtrafet werden, kann Feiner
„wiſſen, als der Richter. Unterdeſſen erweiſet
„ihnen GOtt feine Langmuth, weil er ſiehet,
„daß fie aus einer gottſeligen Meynung irren, ob
„ſie gleich niche recht glauben: fonderlich weil er
„weiß, daß fie cs aus Unwiſſenheit thun, da die
„Unſerigen (die Drehoderen)unterlaffen zu tbun, _
„was fie glauben, ce). Dem noch einer alfo bey:
ſtimmet: “So viel ihrer die Gottſeligkeit ern»
„lich getrieben haben, und gleichwol im Glau—
„ben geirret, aber in ihren Herzen geherfam und _
„dankbar gewefen, alfo, daß fie bereit wären zu
„alauben, wenn fie es anders geſehen und gehöret
„hätten: diefelbigen find nicht verloren, und ihre
„groſſe Arbeit iſt nicht vergeblich gemwefen d). -
tu. Daß aber auch die Verftändigen nicht alle
Irrige oder Reger verworfen und verdammer
haben, erhellet daher, weil fie diefelben aud) vor
ihre Bruͤder erkannt. Davonunzäblige Zeug-
niffe vorhanden dub, die einem jeden bey Leſung
der alten Schriften indie Augen fallen. ch will
aber um der Kürze willen nureinige aus den ver ⸗
derbten Zeiten anführen. Alfo redete Auguſti—
nus öffentlich in der Gemeine: “Was Friecheft
„ou in das Dunfele, o du Ketzer? Er ſpricht:
„Du folft mich nicht fuchen. Das will war die
Bosheit, nach der wir getrennet find, aber die
Kebe laͤßt es nicht zu, nach der wir Brüder find,
„sch würde nicht gottlos handeln , wenn ich mel»
„nen Knecht fuchte, und gleichwol werde ich gott⸗
Ppppppz3 los
u) Zuflinianus Nouella CXXXII. pref. x) PoffdiusI.c.c.6, y)Cod-
a) InConcil. Carthag, de baptiz. Hæret. proloqu. bj) Hie-
ib. V. de Gub. D. p.163. d)E Io.Damafceni Orat. de De-
funct. Zenaras Epitt. 10. ap. Bonan. VulcaniumNot:ad Cyrillum Alex, adu. Anthropomorph,
— — — — — — — — —r — —ñ— — — — — ——— —
1038 8.3. Don den Abfall der Ehriften von der erften Lauterkeit.
nn —ñ — — — — — —— — — — —
„08 genennet, wenn ich meinen Bruder ſuche. berers, Menandri und dergleichen gethan hatten,
So fage ich num, ich ſuche meinen Bruder, und. mie aus Juſtino zu fehen m). Ja, fie bekannten
„bite nicht wider ihn zu dem HErrn, fondern für aufrichtig, daß vieles unter den Ketzern nicht fo. gar
plött, ©). Und abermal: Bit du ein Chrifte, ungereimt, oder ohne allen Grund wären): indem.
„fo höre Chriſtum; biſt du ein Knecht, fo Höreden fie inder Furcht des HErrn wohl betrachteten, wie
HErrn; biſt du ein Sohn, fo höre den Vater; befs leicht durch allgemeine und unbedachtſame Urthei⸗
„fere dich), und werde wieder lebendig, was irreſt fe dasjenige dem boͤſen Geiſt zugeſchrieben en
, mein Bruder „ f)? Wie aud) infonderheit was doch GOtt auch wol bey Irrigen wirken koͤn⸗
con den Donatiften: “Sie leugnen, daß mir ihre ne. Zu gefchweigen, wie oftgottefürchtige Maͤn⸗
„Brüder find, indem fie unfere Taufeverwerfen: ner fich folcher unterdruckten Leute ernſtlich ange⸗
„Wir aber fagen zu ihnen: Ihr ſeyd unfere Brüs nommen, die von andern unter dem Vorwand der
„ders eo), Wie aucheinanderer von eben dieſen: Kegereyen verleumdet und verfolget gemefen,
„Niemand fage, daß ich fie unbedächtig Bruͤder Wie alſo der fromme Martinus dafiir geforget
„nenne, die doch folche find, ob fie es gleich aus Bat, daß er aud) denen Kegern von der Berfolgun
„fchlagen, und befannter maflen uns haſſen, auch ihrer Feinde geholfen: womit er aber bey der Eleri⸗
„unfere Brüder nicht Beiffen wollen. Wir aber fey groſſe Feindſchaft verdienet Kat, die ihn bey
Eonnen von der Furcht GOttes nicht abweichen, Hofe angegeben als einen Pertheidiger der Ber
„als die der Heil. Geiftdurd) Jeſaiam ermahnet: ger, ja als einen Vindieem und Rächer 0).
Wenn euch jemand haſſet und verfluchet, und Wann auch gleich die Frommen nad) gewiſſen Um⸗
„richt euer Bruder heiſſen will, fo ſaget ihr doch ſtaͤnden ihre allgemeine Liebe darinnen nicht beweiz
Zu ihm: Du bift unfer Bruder, h). Auf wel⸗ fon fonnten, fothaten fie es doch damit, daß fie ſich
chen Befehl ſich noch andere beruffen haben, daß aller Anfeindung und Verfolgung folder Leu
fie die Jrrigen und von der Gemeine ſchon Aus» gänzlicy ‘enthielten. Davon fie felbft gegen die
geſchloſſenen dennoch als Brüder angeredet und Heyden bekannten p), und fo lange fie in Der wah⸗
gehalten, mit beygefügter Urſache, weil fie einer= ven Liebe blieben, auch in der That nicht wichen.
fen Geheimniffe mit ihnen hätten ).. Daßero fie Geftalt unter fo vielen andern von Yuguftino bes Ä
ſich alfo erklärten: “Man foll nicht an den Ke⸗ kannt iſt, daß er im Anfang alle Berfolgung der Ir⸗
„gern gar verzweifeln, ſondern fie zur Buſſe ruffen, rigen auf das äufferfte gemeidet und vor gottlos
„und ihr Heilausbrüberlicher Liebe wünfchen,„k). gehalten, ob er wol nadymals feinen Sinn ziem:
Wie alfo Gregorius Nazianzenus von den Ma⸗ ſich geändert g). AR |
cedonianern faget, Die doch die Gottheit des Heil, : , —
Geiftes leugneten: "Wir verlangen keinen Sieg, 13. Anderer fo vieler Zeugniffe enthalte ich mich
„‚fondern arbeiten nur dahin, daß Die ‘Brüder wies anjetzo, da die Sache ohnedem von vielen fomolaus =
„Der zu uns kommen, über deren Trennung wir der Antiquität, als aus andern Gründen eroͤrtert
„uns betrüben;, !). Welche Art zu reden faft in iſt. Zumal, da oßnedem ausdem übrigen Wan⸗
alfen denen Schriften vorkoͤmmt, welche zur Er: delder wahren Chriſten zuerfennen fteher, daß fie
innerung und Herwiederbringung der Irrigen auf- auch) hierinne dem Willen GOttes nachgefolger,
gefoget worden. | und die Irrigen auf keine Weife verfolger, wol aber
12. Serner handelten die wahren Chriſten auch geflogen haben, “daß fie nemlich einen Fegerifchen
fo aufrichtig, Daß fie nicht verwarfen oder verdam⸗ „Menfchen nad) einer und der andern Ermaßnung
meten, wwag fie noch gufes beyden Kegern fanden, „oder Zuvechtfegung feines Sinnes (vaterizv).
fondern vielmehr dofielbe zu Entſchuldigung und. „meiden follten, und zwardarum, weil er verkehret
Commendarion folcher Perfonen braucheten. Und „und von fic) felbft ſchon gerichtet jey,, Tit. 3, 10, ı1,
dahero Fam es, Daß fie auch vor den Heyden gan; Woraus Die nachfolgenden Lehrer ſchloſſen:
beſcheidentlich von ihnen redeten, wenn, zum Er „Man muͤſſe ihre Meynungen fliehen, und genau
empel, dieſe alien Chriſten Schuld gaben, was „acht haben, daß man mit ihnen ſich nicht verbin⸗
doch etwa nur eine Secte, als Simonis des Zau- „des r). Gleichwie fie von Johanne, des Herrn
d un⸗
e)InPLıg. f) Ibid. gIn PC 22. Add. Collat. Carthagin. ITT. c. 242. et Epift. ad Macrob. lib. I.adır. Lit. Petil,
c. 29. et Ill c.1.1.cont. Crefcon. e. 6. etc. h) Oprazus Mileuitanus lib. I. adu. Parınen. i) Anguſtinus Collat.l.
c etIIl.adu.'Donat. e vlt. Add. Ignatius Epiſt. ad Epheſ. k) Hierenymus Comm. in Hof.e.2. 1) Orat in ben-
tec. ın)Apol.II.p. 70. n)Clemens Alexandı:\ib. i. Strom. p.298. 6) Seipitins Sesieras Dial. T. c. 15. p) Ie-
finnsl.c. g) Vid, cont. Manich, Epift. init. Qweft. fec, Matth. c. 12. et mutationem fententixlib, IL. Retradt.
c.5.et Epift. 48.50. 204. 146. lib. I. adu. Gaudent. c. 5. et Il.c.3. Conf. eo Limborch. lib. I. Hift. Inquiſit. c. 6.
r) Irenanslib. V. p. 590. “ ?
se ee ui Mn
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—J—
22. Cap · Von dem Verhalten der erſten und wehren Chriſten gegen die Reger. 1039
ünger, wußten, daß er zu Ephefo einsmals des:
zu gbald wiederum aus einer Badftuben ge⸗
BR weil ev Cerinthum darinnen gefeben, aus
jenforge, das Haus möchte über diefen einfal-
lens): wie fie von Polprarpo noch haben erzchlen
bören t). Und wenn fiealfo alle Stuffen der Er—
mahnung in acht genommen hatten, übergaben fie
das übrige der göttlichen Vorſorge, und lieffen fie
felbft ihm und feinem Woplgefallen über. Drum
fiehet man, mitwas vor Gelaſſenheit und ruhigen
Herzen die lieben Alten der Irrigen, und auch wol
— Ketzern erwehnen, und ſie ihrem
ichter ſo gerne ſtehen laſſen. Sie hoffeten und
wußten gewiß, daß, gleichwie GOtt bereits das Ju⸗
den- und Heydenthum ziemlich gedaͤmpfet babe, al⸗
fo werde er auch zu feiner Zeit alle Spaltungen und
Irrungen hinweg nehmen u), Und war billig ihr
Wunſch diefer mit jenem bewährten Scribenten :
„Man muß die Scerupel der neuen und gefährli-
xchen Streitungen fahren laffen, und follte billig
„in der ganzen Chriſtenheit dahin fehen, daß der
nÖlaube, aus dem Wort GOttes dem menfchli-
„chen Herzen eingepflanzer, wahre Früchte der
„Gottſeligkeit bringen möge, damit man nicht mit
„groſſem Scyaden und Schanden von den Sohn
„GoOttes ohne Glauben erfunden werde x).
14. Dabin denn auc) der Math eines andern
verftändigen Mannes gehöre: NBeil niemand
„ſich des Urtheils von einem ungefärbten Glauben
„unterfangen darf, oßne der Herzenfündiger, fo
„muß man Oott alleine das Gericht vom Glan:
„ben übergeben, und die papiftifgye Tyranney fah⸗
„ren laffen, Bingegen mit Liebesdienften unter
„einander ftreiten, die Irrenden aufden Weg der
„Wahrheit wieder bringen, felbft aber fich Feines
„ilrtheils über anderer Gewiſſen unterneßmen,
„fondern auf jenen groffen Gerichtstag acht ha—
„ben, fein Gewiſſen aber GOtt bewäßret machen,
„und von göttlicher Barmherzigkeit ohne Unter—
„taß beten, in Erwartung feines billigen und ge—
„rechten Urtheils: GOtt, ftehe auf, und richte dei-
„ne Sache, y)! Welche nun dahin gefliffen wa-
ren, die erwiefen freylich auch in ihren
nungen, oder wenn fie Irrthuͤmer widerlegten,
eine Chriftliche en 3 tiebe und Demuth,
ftritten auch nicht um eitler Ehre willen gegen dieſel⸗
be, fondern blos die Juvenden zu gewinnen, und die
andern zu vermaßnen, wo eine offenbare Gefahr
der Seligkeit vorhanden war, Und dahero wurde
mah⸗
auch von ſonſt Parteyiſchen gerathen, daß man
mit Ken nicht betrüglich und Binterliftig umges
hen follte, und ihnen etwa durch allerhand Erfin⸗
dungen ihre Meynungen heraus locken; wie fie
fagten: “Wenn die Gottloſigkeit der Ketzer nicht
„anders aus ihren Löchern gleichfam heraus gezo⸗
„gen werden Fönnte, als wenn die Zunge eines Ga-
„tbolifchen — von dem Weg der Wah
„abwiche, fo koͤnnte jene lieber verborgen bleiben,
„als daß diefein Gefahr Fame, z). Und diefes er»
forderte Paulus von einem wahren Rnecht des
SErrn, er ſollte nicht ftreiten und fechten, fon-
dern gelinde ſeyn gegen alle, lehrhaftig, die
Böfen tragen, auch in Sanftmutb die Wider⸗
fprecher züchtiaen, ob ihnen GOtt vielleicht ei⸗
ne Veränderung des Sinnes gäbesur Er—
kenntniß der Wabrbeit, 2 Tim. 2,24. 25,
15. Dergeftalt blieben fie bey der gebührenden
Maaf, in Abhandlung der Streitfacyen, auch da
ſchon diefelben in der Kirchen uͤberhand genommen
hatten. Die erleuchteten Männer wußten bey
„ſich Wohl zuunterfcheiden, was man entweder gar
„nicht forfchen follte, oder wasman nur mir Maaß
punterfuche, endlich auch, was man den müßigen
„Köpfen gar überlaffen möchte, weil es der Lehre
„keinen Schaden brachte. Nicht weniger, wo—
„von man mir guten Gründen reden möge, nicht
„aber mit Schwerdt oder Waffen. Man muͤſſe
„bisweilen etwas nachgeben, daß man ein groͤſſe⸗
„res dadurch erhalte, nemlich die Eintracht: In
„Summa, man müffe weichen, damit man gewin⸗
„tie 2), Dahero bielten fie diefes vor eine Regel
„der geiftlichen Haushalter, daß fie weder durch
„Härtigkeit die Herzen erbitterten, noch durch
„Nachlaͤßigkeit hochmuͤthig machten, fondern ſich
„weislich und bedaͤchtig in Glaubensſachen
„bielten,und nirgends die Maaffe überfchritten,, b).
Auf diefe Weife bezeigte fi) auch Yuauflinus
anfanglich gegen die Irrigen, wenn er mit Geduld
und Gelindigkeit, in Furcht und. groffem Zittern
die Seligkeit derfelben wirken wollte ; wie von ihm
geruͤhmet wird c), under felbft alfo fehreiber, da er
wider die Manichaer und andere ftritte: “ch
„will nach Möglichkeit ſolche Maaß halten, daß ich
„nicht auf ihre Lafter, die ich am beften weiß, beftig
„fchelte, als fie auf dasjenige thun, was fie doch
„nicht willen. Denn ich will lieber, daß fie ſich
„beflern, als daß fie follen verfolget werden,, d).
Und
s)Idemlib.III.c.3. €) Eufebinslib. IV. c.14. u) Zuffinus Queeft. et Refp. ad Orthodox.qu. 1. x) Audtor Hifl.Ecclef.
Geth. in fineSe&t.2.c.V.lib. IT. y)Zimbereh.l.c.lib. IV. finep. 384. 2) Zugufinuslib.de Mendac.c. 7. a) Gre-
Eccleß, c. 1.
DA
en
gorius Nazianzenus Orat.3. de Pace. b) Idem Orat. ad CL. Epik.
c) Pofidins in Vita c.9. d) Lib. de Mor.
1040
Und indiefem Vorſatz fchreiber er eben mider fie:
„Schhabeden einigen wahren Gtt gebeten, und
„bitte ihn noch, daß er in Widerlegung eurer Ke⸗
„seven, welcher ihr vielleicht mehr aus Unbedacht⸗
amkeit, als aus Bosheit anhaͤnget, mir ein fried⸗
„fertiges und ruhiges Herze gebe, das mehr auf eu⸗
F efferung als Unterdruͤckung ſehen ©). Wo:
aus) fonft das Erempel des Eypriani zie-
het, der gegen den Biſchof zu Rom, Gtepha-
num, fich, ungeacht er ihn vor irriggehalten, doch
ſo liebreich erwieſen, daß der Friede Chriſti in ih⸗
rer beyder Herzen obgefieget, und feine ſchaͤdliche
Spaltung erfolget. Anderer Merkmahle bievon
zu gefehweigen f).
16. Man findet auch nicht wenig Erempel, tie
man gleichwol folche irrige Perfonen nicht alsbald
von ihren öffentlichen Aemtern und Verrichtun⸗
gen verſtoſſen, wo es anders nach goͤttlichem Wil⸗
len zugienge. Drum leſen wir nicht allein, wie fie
ihre eigene Auffeher und andere Lehrer oͤffentlich
gehabt 3), fondern auch, mie andere davon in ihren
Perrichtungen gelaffen worden, Bon Örigene
ift bekannt, was man ihm vor ſchwere Irrthuͤmer
Schuld gegeben, der doch nichts deſto weniger in
feinem Beruf gelaffen worden, ob ihn gleich fein
eigener Bifchof und viel andere Aufferft verfolger
e)-Cont. Epift. Manich.c.r. f)Lib, V.de Bapt. cont. Donat. c.25. Che:
54.deHzxr. h)Concil, Milenitanum Epift. ad Innocent. Epifc. Rom. ap. Auguſtinum Epilt.92.
Das 23. Kapitel, - 8
9. 3. Vondem Abfall der Chriſten von der erften —
Ps
haben. Arfo, obwot@Steftinusein Anfänger und
vornehmfter Bertheidiger des Pelagianifmi gewe⸗
fen, bat er doc) das Amt eines Aelteften in Afia
überfommen h). Zu geſchweigen, was vor gro⸗
ben Irrthuͤmern die Römifchen und andere höchfte
Bifchöffe ergeben gervefen, wie es fonderlid) von
denen Proteftivenden augenſcheinlich und gnu
fan erwiefen worden. Aus welchem allem offen⸗
bar ift, wie befutfamlich, fanftmüchig und redlich
die wahren Epriften fich gegen folche ivrende dee _
vorierig gehaltene Seelen beiwiefen. SJmmaflen
fie eben folche Begebenheiten vor einen Anlaß ihre
Liebe und Demuth zu üben angenommen, und auch *9*
in dieſem Stuͤcke von den Regeln ihres Heilandes
nicht weichen wollen. Dazu denn alle diejenigen
Handlungen gehören, welche auch unter dem Vers
fall von annoch rechtſchaffenen Kindern GOttes
nach dem Örund des wahren Chriſtenthums gele⸗
fen werden, Gleichwie die andern fchon zu dem “r
verderbten Chriſtenthum gehören, da man vom
Feindſchaft, Verleumdungen und Verfolgung
Irrigen auch in den erſten Zeiten etwas —
Fann. Und alfo ift deſto gewiſſer, wie die erſte—
wahren Ehriften viel weniger folche feufe werden
geplaget, befchädiger, oder garumsstebengebraht
haben, als welches mit ihrem rechtſchaffenen We⸗
fen in Chriſto niche Hätte ftehen koͤnnen. £
g) Vid. velCodex Theodofianus 1. 24. 28. 36.
—266
|
|
Kon denen Perfonen, welche andere unter dem Verfall
verketzert haben / oder felbft verkegert worden find.
‚ Summatien, _ BR
D% alte rechtfchaffene Weſen bliebe ben wenigen übrig, am allerwenigſten ben denen, die fich der Orthodorie ruͤhmten;
Yugufkint Klagen, $. 1. noch mehrere dergleichen. 2. Audius wird um des Zeugniſſes der Wahrheit willen verke—
gert, auch andere, 3. ingleichen Die Doxarii. Berderbte Elerijey will auch Dieallertpenreisen Wahrheiten zu Keheren mas
hen ; 4. Zeugniffe davon und Erempel; eine fromme Jungfer wird verbrannt. s. Unter den eriten Chriſten wurden die Goft=
Lofen als Keger angeſehen, unter dem Verfall geſchicht das Gegentheil, Ketzer werden fait Durchgehends vor gottielig gehal⸗
ten. 6. Rechtglaubige geben denen Ketzern gute Zeugniſſe zur gottloſen Cleriſey immerwährenden Schande. 7. G kan
zahl derer, welche um Gottieligkeit willen verkenert worden, ſogenaunte Keser waren oft zuvor aufs höchite aerühmets8. Dri-
genig Erempel, Velagii, Naymundi Lulli. o. Wer die geweſen, bie unfhuldig alfo verurthetlet?-Der Titul DOrthodop)
komme erſt im 3. Seeulo auf, 10. heißteinen, der einerechte Meynung heget; vebliche Chriſten halten vor unmöglich, be
rechten Glauben unrecht zu leben. . - Unter dem Verfall urtheilet man die Drthodorie aus der Einſtimmung mit der Eleri⸗
fey;; Klage uͤber der Eleriien Zankzucht. ı2. Der Ketzermacher offenbarer Neid gegen die, welche ihnen wegen der Gottje:
Ligkeit nicht Teidlich waren; Erafmi Klage ; etliche Abfichten derer, die andere verfolgten. 13. Die größten Bikhöffe uchteu
nichts als Refpeet unter der Larve der Wahrheit; 19. Mißgunſt gegen rechtichaffene Peute, die Begterden nach weltlichen Dih-
gen waren Schuld an denen meiften Verfoͤlgungen; Proceß des Ithacii Segen Vriſcilltanum, 15. Klage daruͤber sein Keker:
meiffer swiegelt Das Volk von der Cantzel anf. 16. Die, fo einmal eine Meynung beliebet, legen denen andern auf, ihnen
r ; En
vr ”
23. Cap. Don denen, welche andere unter dem Verfall verfegert baben x.
> in allem zu folgen ;_ ungegruͤndete Schlüffe bey Verwerfung der Unſchuldigen: 17.
xempel Eutyches und Neſtorius; 18. | 1
ittere Klagen von dem Greuelder Verwuͤſtung unfer der Cleriſey bey ereignender
mol groͤſſern Serthümern behaftet, zum
Pe wol andere wor iveige 19.
1041
J
Ketzermacher ſind gemeiniglich mit noch
etliche ſtecken in offenbaren Tretbümern und
Gefahr verſchwindet der Eifer vor diereine Lehre: 20. Etliche Klagen uber ſolche ſchaͤndliche Weiſe des Verketzerns. 21.
+ Ir
6 m Gegentheil iſt nun noch kuͤrzlich anzuzei⸗
9 gen ur unter dem Berfall des Chriften-
tums auch hierinnen ganz anders als zu-
vor mit denen umgegangen worden, die entweder
in der That irrig geweſen, oder auch von der Cleri⸗
fey vor irrig ausgegeben worden, weil fie fromm
Zelebet, und von den andern Froͤmmigkeit gefor-
— dert: Denn da es einmal mit der Chriſtenheit fo
weit kommen war, daß fie bey abnehmender Bru-
derliebe fich In unterfchiedene Haufen zercheilte;
bliebe noch bey fehr wenigen unter allen Secten
„das alte rechtfchaffene Wet übrig, am allerwe—
mnigſten aber bey denen, die ſich nod) der Orthodo.
xie und reinen Lehre ruͤhmeten. Die Urfache war
E — folgende, weil dieſe unter ſolchem Schein
ey den Weltleuten noch Beyfall und Schuß fun-
den, daben fie in Sicherheit und Mißbrauch ihres
äuferlichen Woplftandes gerierhen, die andern hins
gegen zu unterdrucen fuchten, und fich alleine
groß zu machen. Hiebey mußten nun die andern
Baden alle viel ausftehen, welche Trübfalen fie
behutſamer wandeln lehreten und von jener
ihren Schulden meiſtens Fraftig zuruͤcke zogen.
fo findet man nun fait durchgehende das Leben
der von den andern verfeßerten Leute viel * und
iliger eingerichtet, ja auch wol von ihren Wider⸗
achern ſelbſt geruͤhmet. Deswegen man nicht al⸗
iein dieſes unter dem Namen einer Heucheley zu ei⸗
nem Kennzeichen der Ketzer machen wollen, ſondern
auch alles anderedahin gedeutet hat, wenn die von
den andern ausgeftoffenen Leute wider die Gottloſig⸗
keit der fogenannten Orehodoren gezeuget haben.
Das iftes, worauf Auguftinus ſiehet, wenn er fo
ofte beflager, daß der Catholiſche Mame von denen
Gortlofen inder Kirche durch ihr böfes Leben fo fehr
laaͤſternd gemacher werde a). Wiewol er auch die-
fen Nußen von den Ketzern hoffet, daß die fleiſchli⸗
chen Catholiſchen inder Kirche von ihnen erwecket
würden die Wahrheit zu unterfuchen b).
2. Er bittet auch folche, daß fie doch nicht auf
+ bie Namenchriften ſehen follten , welche die Kraft
lhrer Bekenntniß weder müßten noch übeten. Es
gebe freylich groſſe Haufen unmiffender teute, die
"entweder in ihrem Gortesdienft aberglaubifch, oder
ihren Begierden fo ergeben wären, daß fie alles ver⸗
gaͤſſen, was fie GOtt verfprodyen Hätten -).
beſchwert er fich nicht weniger über die Keger , Maß
„fie nur die Sünden der Nechtgläubigen anmerfe-
„een, und die gehrer verhaßt macheren, weil fie die
„Wahrheit der Schrift nichts befchuldigen fönnten,
„dadurch die Kirche eben recommendiret werde,, d).
Womit er denn das Kennzeic)en des wahren Glau⸗
bens, nemlic) die wahre Gortfeligkeit, nicht mehr,
tie in der erften reinen Kirchen, gelten läßt, weil
das Verderbniß davon fehon allzugroß war. Zu⸗
maler wohl fahe, wie die andern Sctenaufdas Le⸗
ben derer genau acht hatten, die fich Catholiſch nens
neten , Darum er auch gedenfet, wie er einen berüch«
tigten Aelteſten um der benachbarten Reger willen
nicht zum Amtelaffen wollen e). Und fo gieng es
auchnachmals unter dem Römifchen Antichrift noch
viel offenbarer, daß diefes ſchon zu einem Ketzer
machte, wenn ernur von dem gottlofen geben der ſo⸗
enannten Nechtgläubigen das geringite erinnerte.
ober diefe Klagen von den Heuchlern geführee
wurden, bey denen die Zeugen der Wahrheit Ketzer
feyn mußten: Sie fagen von der Kirche, "daß die
»Bifchöffe oder Superintendenten fern ein Haufe
„gottloſer Buben, und die Kirche ſey eine Verſamm⸗
„lung der höllifchen Geiſter f). Daß der Teufeles
„mit feiner gift dahin gebracht babe, damit das gan⸗
„e Chriftenvolf von dev Wahrheit des HEren JE⸗
dr abgemwichen fey. Ihr Glaube fey dem Glaus
„ben der Teufel gleich. Die ganze Chriſtenheit
„werde zur Hoͤllen zugefuͤhret: Man verfaͤlſche
„durchgehends die Lehre Chriſti, die Theologi hät:
„ten übel gethan, daß fie etwas von der Philoſophle
„in ihre Schriften eingemenget,, &). Wovon auch
ein anderer Aa erzeblet, daß die Gottloſig⸗
£eit der Priefter auch die heiligen Dinge felbft dem
Volke verächtlicdy gemachet habe, und viel Bos⸗
beit in der Kirchen getrieben worden. Durch wels
che Gelegenheit “viel —* durch ih e Meuerun⸗
„gen die Leuͤte von der Kirchenzucht abgewendet
„haͤtten, h). Welche Erzehlung ein gelehrter
Mann alſo nach der Wahrheit erklaͤret: „Viel
„Gottſelige und Fromme waren der Kinder Pofa
„ien bey den Pfaffen überdrüßig, und fuchten end«
nlich den Kern des wahren Chriſtenthums i).
Oqq ggg 3. Alfo
A —
+ a) Lib. XVIII.deCiu.Dei c.5t. b) Lib. de Ver. Relig. Cap. 8. e) Lib. de Mor. Eccl. c.3r. d) Fpiſt. 137.
) Ep. 236. f) Cafarins apud Gentur. Magdeburg. XIII. c. V. p. 116. g) Ibid. de Arnoldo Villanovano,
B) Gemebrardus Chiron.ad A. MXXVIIII. i) Hottingerus cap. XL.H. E.p. 266.
h
—
u
1042
3. Alſo gieng es ſchon meiftentheils zu Tertul-
liani Zeiten, da, wie wir ſchon etlichemal gefehen,
wie die neidiſche Cleriſey dieſen eiferigen Mann, der
es alles im Chriſtenchum genau fuchte, unter aller»
band Vorwand endlidy zum Keger erflärte.
Merkwuͤrdig ifts, was von Audio der ſonſt fehr
parteyiſche Epiphanius feibft erzehlet: "Er war
„on feinem unfchuldigen eben und Eifer vorden
„göttlichen Glauben beruͤhmet. Als er nun un
„terfchiedliches fahe, das in der Kirche nicht wohl
„sugienge ſcheuete er fich nicht die Bifchöffe, und
„Aelteften ins Angeſicht zu beſtrafen und zu ſchel⸗
„ten, und fie ohn Unterlaß zu erinnern : Diefes foll-
„tenicht alfo feyn, fo follte mans nicht machen,diefes
„wäre nad) der Weife der Gottſeligen recht, u. 1}.
„als, wenn er einen geizigen Kirchendiener fahe:
Welches denen liederlichen ſehr verdrießlich war,
Ddaruͤber er auch viel Schmad) litte, aber mit groſ⸗
„fer Geduld, und biieb lange Zeit in der Gemein
„ichaft der Kirchen, bis ihn etliche ausſtieſſen. Er
„aber erduldete auch diefes, und war nur der
Wahrheit befliffen, wollte auch nicht von der Kir⸗
„chen gefrennet feyn. Aber weilerfogar fehr ge:
„Ichlagen wurde mit den Geinigen, mußte er fi)
„endlich abfendern, behielt aber doch den reinen
„Gottesdienft,„k). Dieſer ift mol ein rechter
Abriß eines um des wahren Zeugniſſes willen er⸗
Elärten Ketzers, von dem auch Dev Autor geftehet,
Daß er vom Kanfer in die Barbarey verwieſen wor⸗
den, und zwar allein auf Angeben Dev Priefter, web
ches denn Ichon um des Jahr EHrifti 370 gefche-
ben ‚daraus man die Proceduren in folgenden Zei
ten deutlich genug ſchlieſſen mag. Sa, es iſt wol
den anſehnlichſten Kirchenlehrern alfo ergangen,
daß fie alsbald vor Ketzer ausgerufen worden,
wenn fie nur das geringſte tafter der Elerifey ges
ftrafet Haben. Hieronymus mußte alsbald ein
Ketzer ſeyn, da er. eben ſolch Zeugniß von dem ver-
fallenen Minifterio ablegte; wie ausdrüclich ven
ihm gefchrieben wird). ud was noch nachdenk⸗
licher ift, er ſelbſt hat einen Aelteſten zu Barceflona,
Vigilantium, alleine Deswegen auf das härtefte
engelaffen, weilerden damals einreiffenden Aber
glauben in vielen Stücken entdecfer Bat, fuͤrnem⸗
ſich Die Verehrung der Heiligen und ihrer Reli:
quien m).
4. Es geben ſich hievon ben unparteyifcher
Durchleſung der alten Befchreibungen von den
Regereyen gar. viel dergleichen Merfmable an ,
daraus offenbar iſt, wie ihrer vielen allein das
# Hottingerus Cap. XI. H.E. p. 266.
k) Epiphanius Hær. LXX.
f ,
6 Don dem Abfall der Ehriften von der erſten Lauterfeit |
mahrbaftige Zeugniß von dem verderbren Chri⸗
ſtenthum, und fonderlich von dem Predigtamt, den
Keogertitul zugezogen habe. Vorjetzo nur eine
einzige Probedarvon zu geben: fonennet Dama«
ſce nus etliche Keßer Doxarios , Die er alſo be—
fhreibet : “Sie ſuchen ihre eigene Ehre, und wer*
„den der Geredytigfeit Gottes nicht unterthan ,
„noch NB, feinen Prieftern. Und ob fie gleidywes
„der Biſchoͤffe noch Vorſteher des Voiks find,
„ſondern gemeine Leute, fo trennen fie ſich doch von
„ver Catholifchen Kirchen ab. Nachdem fie aber
„die Gemeine verlaffen haben, geben fie eine genaue
„sebensart vor, und einerwillinnmer ſich frommer _
„ermeifen als der andere,. Item: “Siemeynen ,
„als ob fie beffer, als alle Menfihen wären, und
„NB. welches das allerärgfte ift, nehmen ſie durch ⸗
—
„ley Sügen,,, u.
nen Irrthum beymeſſe, fo gibrer ihnen Schuld, fie
brauchten weder Taufe noch Abendmahl , fie beug-
ten ſich nicht vor dem heiligen Kreuz nod) vor einem
Dilde, und deswegen muͤſſen fie Keger feyn: Dabey
fein Grund flaclich darlieget, indem er dieſes vor
das allerärgite Uebel hält, daß fie nach EHrifti
Befehl folhe Phariſaͤer, als Blinde und blinde
keiter, fahren laſſen, die Berachtung aber der Taufe
und des Abendmahls vor eine viel geringere
Suͤnde, als jeneshält n). Solche Erempelwerden
wir bald mehr ſehen, hier will ich nur noch einiger
aus denn Reagter von den Zeugen der Wahrheit
gedenken, wie die Eferifey die allertheurſten Wahr⸗
heiten, und fonverlich die Zeugnifle von dem Ge—⸗
heimniffe der Bosheitunter ihr zu Ketzereyen ma⸗
chen wollen. Alſo ſchriebe ein ſolcher in ſeiner
Verantwortung: “Man faget, als hätte ich eine
„uene Secte geprediget rider die Kegel des Ca-
„thelitchen Gaubens. Aber esift fein Wunder,
„daß diefe Glieder des Teufels dieſes ſagen, da fie
„unfer Haupt ſelbſt einen Verfuͤhrer und Teufelss
„banner genennet habın,,o‘. Wiederum klaget
einer: Wer von der gottlofen Schriftgelehrten
„und Phariſaͤer $ehre abweicher, wird entweder
„vor einen Reßer oder vor einen Schifmaticum ge»
„halten„p). Und von Petro Maldo wird
Da die Phariſaer und Schriftgelehrten
„er und feine Nachfolger im Worte GL
„aus feinen Priefter an, fondern reden in Heuche⸗ i |
hen,daß
ſo be⸗
„ftändig waren, und fie es ſchmerzte, hre
Schande, Blind heit und Faulheit im Lehren, auch
„etliche Jerthuͤmer von ihnen aufgede geſchol⸗
„ten worden, fingen fie fie an in den Bañ zu thun 2%
5. 1)
I) Suipitius Seuerns Dial. I.c. a. mj*Vid
lib. eiusadı. Vigil. n) Ior. Damafcenns deHarel. c, vis, edit, Coteler. ©) Garalı Tefl. Verir.p.169. p) Ib
P:646. q) Pag. 706;
ER
+")
R
4
ff. Damiter aberißnen auch ee
|
23. Cap. Von denen, welche andere unter dem Verfall verfeggerthaben ıc.
5. So ſchreibet einer aus der Römifchen Eleri-
fen: eindfchaft, die fie gegen Die Kirche ha ⸗
„ber, ifteine Urfache der Ketzerey. Denn ich habe
„ausdem Munde diefer Ketzer geböret, wie fie darz
„auf umgehen, daß fiedie Geiftlichen und Mönche
„noch zu Tagloͤhnern machen wollen, und ihnen
nibre Sehenten und Einfünfte neßmen,. Inglei—
chen befennet er, daß diefe Ketzer ganz gerecht
„vor den teuten lebeten, auch an GOtt wahrhaftig
„glaubeten, nurdaß fiedie Kirche (das ift, die Ele:
„reifen, nach der gewöhnlichen Redensart,) läfterten
„undanfeindeten, auch bey dem gemeinen Mann
„ieichelich Glauben fünden,r). Go iſt aud) des⸗
wegen einer verbrannt worden, als um eine
ſchwere Ketzerey und Gortsläfterung , weil er ge
predigef, die Kirche brauche einer groffen Refor⸗
mation, die Geiftlichen follten Ueberfluß und
Hochmuth ablegen, und wie Ehriftus und die Apo»
ſtel demuͤthig leben s). Moch andere wurden des»
wegen angeflaget, weil fie folgendes öffentlid) geſa⸗
get hatten: “Der Pabjt wäre ein Keger , alle Bi:
„ichöffe und Prälaten trieben Simonie und Ketze⸗
„ren, dieandern Priefter hätten wegen ihrer Tod»
„ſuͤnden Feine Macht zu löfen und zu Be. es waͤ⸗
„ren lauter Verfuͤhrer des Volks. Werden wah«
„ren Gottesdienſt verbiete, der ſey ein Keger und
Verfuͤhrer, die Prediger hätten mit ihren Predig:
„ten Die Kirche umgekehret, ſie lebten in lauter Un»
„gerechtigkeit. Es fey Feiner, der die Wahrheit fa-
„ge, die Lehrer Hätten lauter Falſchheit geprediger,
„und. die Wahrheit begraben,,t). Wiederum,
ward unter fo vielen andern die Schrift etlicher
Zeugen in Frankreich vor gottlos und verflucht er-
Fläret, weil fie von dev Gefahr der legten Zeiten
handelte, welche durch die falſchen Prediger und
Heuchler entitanden wären). Ja, es war dieſes
ſchon beyder verkehrten Elerifey ein gewiffes Zei»
chen, daran fie einen Ketzer Fennen wollte, wenn er
nurimgeringiten einige Gottfeligfeit von fich ſpuͤ—
vonließ. Wie es unter fo vielen diefe kurz gefaflere
Begebenheit ausweifet: Es Hatte ein folcher fal«
fcher Geiftlicher eine fromme Jungfrau zur Leicht⸗
fertigkeit bereden wollen , und da fie ihm mit guten
Gründen von der wahren Gottesfurcht begegnet,
wurde fievon ihm und derganzen Cleriſey vor eine
Kegerin angeklaget, die von der damals befannten
Sectewäre. Als fie nun beydem Vorſatz ihrer
——— han bliebe, auch ohne Zweifel
diefen Böfervichtern die Wahrheit gefager, iſt fie
en)
1043
endlichlebendig verbrannt worden, unter dem Na⸗
men zwar einer Ketzerey, aber in der That aus
bloſſer Rachgier und Bosheit diefer Seute x).
6. Gleichwie wir aber ſchon gefehen haben, N
man unter den erften Chriſten nur die Gortlofen ol:
gentlich als Ketzer angefehen hat, alfo gefchahe eg
unter dem Berfall im Gegentheil, daß von denen
Gottloſen und Heuchlern oft die Froͤmmſten dor
ſolche ausgeruffen wuͤrden. Sch will hier diejenigen
Secten, ſo von dem groͤßten Haufen abgeſondert
und verworfen worden, nicht rechtfertigen, fün«
dern nur die offenbare Bekenntniſſe derer Ortho—
dororum darlegen, daß jene faft durchgehende von
diefen felbft vor gottfelig und unfchuldig erkannt
worden: und zwar nicht allein, da fie unter aͤuſſerli⸗
chen Trübfalen oder Berfolgungen geftanden, fon
dern auch, da ie am mädhtigften in der Welt ge-
weſen. So feßet Galvianus ausdrücklich:
„Was kann uns der Vorzug des heiligen Namens
„helfen, daß wir uns Garholifche nennen, daß
„wir uns vor Ölaubige ausgeben, daß wir die
„Gothen und Wandalen mit dem Borwurf des
„Ketzernamens verachten, da twir doch felbft in
„eegerifcher Bosheit lebens Darum gilt uns mit
„allen Recht, was zu den Juden, die fich aufs
„Geſetz verliefen, gefageet wurde: Wie faget
„ihr, mir find meife, und des HErrn Gefeg iſt
„bey uns? Verlaſſet euch nicht auf die fügen und
„ſaget: Hie it des HErrn Tempel, Jer.7.y).
Und andersmo: “Ogtt zuͤchtiget an den Catholi⸗
„ichen den Muthwillen zu findigen, und duldet
„die Ketzer, Daß fie die Wahrheit des Glaubens
„völlig erkennen: fonderlich weil er ficher, dafs,
„fie des Earkolifihen Glaubens nicht unwerth
„ſeyn, Indem er weiß, daß fie in ihrem $eben
„beſſer find als die Catholifchen, 2). Wie auch
noch deutlicher und Eürzer: “Wir find zwar mol
„befler alsdie Keger und Unglaubigen in Anſehung
„des göttlichen Worts : Aber was das $eben und
„die Werke beteift,, fo muß ich beklagen , daß wir
„gottlofer als fie find„a). Dem aud) noch viel
andere berüßmte Scheer beyftimmen, woraus: ich
nur etliche gedenken will. Auguſtinus ſchreibet
ausdrücktich alſo: “Es find nach der Vorwiſſenheit
„deſſen, der da weiß, welche er von der Welt
„her erwaͤhlet habe, daß; fie dem Ebenbild feines
„Sohnes gleich ſeyn folfen, viele froͤmmer, als viel
„fromme Catholiſche, ob fie gleich offenbar ausge-
„offen und Ketzer genennet werden,b). Ebry:
Dgggqgz ſoſto⸗
c) Ibid.p.725. s) Pag.954. t) De Circumeelli onibus Bæcuius Annal. Ann. MCCLIX.n.5. u) Vid. Exsra.
VII de @ub.Dei p.a65. 2) Ibid.lib; V.p. 154.
Leonhard. Coguso adlib, XAIL de Ciu. Deic. 35.
PR +
xandrilV.tit.deHwret. x) Radulphus AnglusapudsSzedinm lib. III. H. E. Nuel. p. 393.
y) Lib.
a) Lib, IV. p. 135. b) Lib. IV. de Bapt. c. 3. approbatus a
1044
m nn
foftomus ingleichen: “Anfänglich erkannte man
„die Gemeine Cprifti an ifrem eben, da der
„Wandel aller, oder doc) der meiften Chriſten
„heilig war, welches ſich bey den Gottloſen nicht
„fand. Runmehro aber find die Chriſten eben
„fo oder noch ärger worden, als die Keger und
„Heyden. Ja, man findet nod) mehr Berleugnung
„den diefen, ob fie gleich abgetrenner find „als bey
„den Ehriften c).
7. Huch gaben die Rechtglaubigen denen Re
gern, auffer der Bergleihung, fonften gute Zeug:
niffe , wenn, zum Exempel, von den Macedo⸗
nianern öffentlich bekannt wurde, ihr Leben werde
von den Kechtglaubigen überaus fehr gelobet, ihre
gebensart fey nicht zu tadeln, und ihre Zucht ſey
den Einfamen ähnlid)d). Ingleichen, wenn fie
die Uebungen der ©ottfeligfeit alsbald zu einer
Ketzerey rechneten, oder mol mit gewiſſen Namen
belegten, und dadurch alle Froͤmmigkeit folgends
verdächtig, ſtinkend und verwerflich machten.
Denn fo Elagte ſchon Hieronymus, daß Dieje-
nigen alsbald Manichäer bey den Beuchlerifchen
Rechtglaubigen heiſſen müßten, welche etwa vom
Faften und andern gottfeligen Uebungen blaß aus»
faßen, darüber fie ausriefen: O es ift ein ar⸗
mer Menfcb, er ift ein Manichaͤer. So gar
mußte aud) das Faften eine Ketzerey feyn, wie er
hinzufoßete). a, man konnte es auchin ihren
Namen nicht verſchweigen, daß man nicht aus
Blindheit ihnen Damit gleichfam ſtillſchweigend
ein gutes Lob beygeleget haͤtte; wie wir vielleicht
noch von denen Apoftolicis, Eucheten oder Beten⸗
den, Catharis oder Reinen, und andern am
Ende diefes Buches fehen werden. Dazu fam
noch, daß die blinden Feinde der Wahrheit aud)
mitten in ifren Widerlegungen und greulichften
$äfterungen dennoch unwiſſend ihnen wol das
ſchonſte Zeugniß ſolcher Früchte beylegen mußten,
die allein von dem Heiligen Geiſt aus einem leben.
digen Glauben herkamen. Wie einer von Denen
$eoniften in ihrer Widerlegung diefes gebenfet :
«Sie haben einen groffen Schein der Gottſelig⸗
„feit, weil fie vor den Menſchen gerecht leben‘,
„nur daß fie die Roͤmiſche Kirche laftern,, f),
Ingleichen: “Man Fennet die Ketzer alsbald
„bey ihrem Leben und Worten: denn fie find in
„ihren Sitten ganz ehrbar und befcheiden. Sie
„find nicht ſtolz in Kleidern, denn fie gehen we⸗
e) Homil. 49. Op. Imp. in Matth.
d) Gregerius Nazianzenus Orat. de Pentec. et Sozormenus
e) Epift.22.ad Euftoch. f) Reinerinsin Catal, Teſt. Verit.p. 725. 8) Ibid, p. 756. .
8.3. Don dem Abfall der Ehriften von der erften Lauterkeit.
„der zu koͤſtlich noch auch zu fihlecht. Si
„handeln nicht, allesügen, eo 5
„trug zu vermeiden: Sie fammlen feinen Reich.
„thum, fondern find mit iprer Nothdurft vergnü«
»get. Sie jind auch keuſch und maͤßig im Effen
„und Trinken, fie gehen nicht indie Schenken, noch
„zum Tanz oder andern Eitelfeiten. - Sie enthal⸗
„ten fih vom Zern, und wenn fie arbeiten, ſo
„lehren und Iernen fie dabey etwas. Sie gehen
„in die Predigten, daß fie die, Prediger in ihren
„Worten fangen. Ihre Weiber find ganz ehr⸗
„bar, fie vermeiden alles Gewäfche, Afterreden
„und fügen,g). Undwas dergleichen Befthreis
bungen mehr find, welche die gotrlofe Clerifey
von ſolchen vechefchaffenen Chriſten zu ihrer im⸗
merwährenden Schande hinterlaffen hat. Denn
fo bald fie jemand fein geben alfo führenfahe, war
fie geſchwind mit dem Kegernamen hinter i
ber, und durfte nur diefen oder —2 her
nenden Lehrſatz auf die Bahn bringen, fo war der
in der That vechtglaubige Chrifte ſchon vor aller
Welt ein Keger und Irrgeiſt. FR
8. Ich müßte hievon ein fehr langes Regifter
dererjenigen machen, welche allein um ihrer Gottſe⸗
ligfeit willen von der böfen Welt verfegert wors
den, und wer Zeit und Mühedaran menden woll⸗
te, der würde beygenauer Unterfuchung die Bos⸗
heit derer Lehrer deutlich finden, von welchen
rechrfehaffene Chriften aus Neid und Feindſchaft
unter folchen Namen verworfen worden. In
der abendländifchen Kirche gehören dahin alle
Zeugen der Wahrheit, die vom Anfangdes Ver⸗
falls an, bis jetzund, der falſchen Kirche, und fonz
derlich ihren verführifchen Lehrern, widerfprochen
haben. In der Morgenländifchen find ihrer faft
eben fo viel gewefen, Die über der Ausübung ber
Eprifttichen Lehre eben die Befchuldigung falfcher
Lehre haben leiden muͤſſen; gleich als wenn derje⸗
nige nicht unfehlbar die wahre Lehre CHriſti haben
muͤſſe, welcher fie ſelber auszuüben fucher, und
andere beftraft, die fie nicht ausüben wollen. Wenn
Zeit und Naum übrig iſt, werden wir zuletzt au⸗
genfcheinlicye Erempeldavonfehen. Hier nur et-
ficher zu gedenken; fo machete die abgefallene
Griechifehe Kirche aus folchen Leuten Ketzer, und
nennete fie Gnofimachos, welche die falfcheund
wortfriegende Theologie der damaligen $ehrer
mit Paulo vor ſchaͤdlich hielten. Drum ward
ihnen diefer Sag vor eine Keßerey ausgeleger:
GOtt
lib. IV, 27
—
23. Cap. Von denen, welche andere unter dem Derfallperkentert haben, ıc.
Oott ſuchet nichts von einem Chriften als gute
Werke. Br ift esbeffer, daßeiner in Einfalt
‚einher gehe, und fein Dogma aus Euriofität un:
terſuche, (moAumgaypovei,)daszuden Fragen in
Wiſſenſchaften gehöret h). So wurden diejeni.
gen verworfen, welche fid) zu der Einfalt der er-
en Ehriften im Glauben und Leben wiederum
wenden wollten, und bie falſchberuͤhmte Kunft
ahren lieſſen. Wie es aud) einem groffen Hau⸗
8 ſolcher Leute ergienge, die ſich ihr Chriften-
thum einen Ernſt ſeyn lieſſen, und ein ſtrenges
‚eben führten. Dahero fie auch von den gottlo-
fen Prieftern Bogomili genennet, oder aus der
Sclavonifchen Sprache, Leute, die mit GOtt
umgehen, oder die GOttes Barmberzigteit
anruffen, und deswegen eben von der falfchen
Kirche verftoffen worden; wie wir etwa unten
noch fehen wollen. In Summa, es durfte fic)
einer nur mit dem geringften Ernft, GOtt recht-
affen zu dienen, blicken laſſen, fo batte er als:
(d die Elerifey zum Feind, und warn dann nur
die geringfte menfchliche Schwachheit mit unter.
lief , fo war die Anklage von einer gefährlichen
Kegerey, oder zum wenigften heimlichen Gift fer-
tig, weil denen Heuchlern foldye Leute nicht leid»
lic) waren auch anzufehen, und diefer Leben ſich
mit jenem nicht reimete. Daher ſie ihrem Scha⸗
den an Ehre und Mugen benzeiten durch folche
Befhuldigungen vorfommen wollten.
9. Dfte hatten auch die Lehrer diejenigen, welche
fie nun aus Affecten verwerfen und verketzern
wollten, zuvor aufs hoͤchſte geruͤhmet, und alfo
mit folchen Zeugniffen verur achet, daß ihren fol:
genden Befchuldigungen gar nicht geglauber wur ·
de. Origenes war bey ſeinem Leben anfaͤnglich
hoch gehalten, geliebet, gelobet, und zu vielen wich⸗
tigen Dingen gebrauchet worden; aber fo bald
ihm die Cleriſey feinen guten Namen mißgönnete,
konnte er nicht mehr orthodox bleiben, da ihm ſein
Biſchof auch die unſchuldigſten Thaten vor irrig
ausleate. a, fait zweyhundert Jahr nad) fei-
nem Tod verwarf ihn Hieronymus, der ihn doc)
zuvor auf das höchfte recommendirt und gerüß-
met hatte, wie es ihm Auguſtinus vorbielte i):
Und Rufinum felbft ſchalt er nachmals auf das
greulichfte aus, den er zuvor fo fehr gelober hat⸗
tek). So ilt auch von dem Pelagio befannt,
wie ihn auch Auguſtinus einen feharfjinnigen und
chverſtaͤndigen Mann genennet, auch andere
Gaben an ihm fehr herausgeftrichen, ingleichen
h) Damafcenus de Hxref.c.88. i) Epift. 19.ad Ben,
Sec. V.Introd.H.E.p. 152. m) Augufinns in PL,
1045
wie ihn andere Orthodri alg einen Beiligen und
ſrommen Mann gepriefen ‚ die ihn nachmals vor
einen Ketzer erfläret Haben, wenn anders die Bes
fhuldigungen wider ihn alle wahr find), Don
welchen und dergleichen wunderlichen DBerändes
tungen viel zu erinern wäre, wo es die Zeit lit»
te. Diefes ift gewiß, daß ihrer viel, und faſt
alle ſogenannte Herefiarche , oder Erzkeher im
Anfang bey den Seuten und denen Gelehrten felber
in geoflem Anfehen geweſen, und nachmals entwes
der ausMeid der andern gegen ihren Vorzug ver:
worfen worden , oder auch aus ifrem eigenen
Hochmuth gefallen find, da fie durch die alzugrofie
Veneration und das $ob ihrer Liebhaber und
Schüler verführer worden, Daher jener faget ,
die Kegereyen wären von den größten Männern
entjtandenm). Auch find gemeiniglich diejeni»
gen von ihren Feinden und Neidern aufs heft igſte
niedergefchlagen worden, welchevon den Ihrigen
das größte Lob erhalten haben da wol ofte bey⸗
derfeits unrecht gehandelt worden‘, bier durch un«
jeitiges und übermäßiges Erheben , dort durch
neidifches und giftiges Läftern und Verfolgen ſol⸗
cher Perſonen. Alſo hat man unter dem Romi—
ſchen Antichriſt mit vielen verfahren, zum Erem«
pel, mit Raymundo Lullo, welchen feine Fein:
de vor einen Keßer ausriefen, und ibm hundert
falfihe Lehren Schuld gaben; feine Freunde aber
nennten ihn einen bocherleuchteten Cehrer, ei⸗
ne Pofaune des Heiligen Beiftes, ein Werk:
zeug GOttes, einen Reformatorem der Rir-
eben, der auch erft im vierzigften Jahr feines
Alters zu geoffer Weisheit kommen, durch die
1 ein und Offenbarung CHrifti, wie man
in feinen Schriften ſiehet; anderer zu geſchwei⸗
gen.
10. Daß alfo offenbar if, was vor Leute ges
meiniglich von den verfallenen Chriften zu Kegern
gemachet worden, nemlich meiftens folche, die
den Abfall der Heuchler gewiefen ‚ und Bingegen
ein vechtfchaffenes Chriſtenthum erforder ‚ aud)
dabey felbft gortfelig geleber haben. Ich fage
aber mit Bedacht, daß gemeiniglich folche Leu⸗
te gewefen: Denn von diefen allein und des
ver Verwerfung ift alhier die Rede , keines⸗
weges aber von folchen,, die durch ihre gottloſe fi:
here Lehre und ärgerliches $eben Die Seelen ing
Berderben führten, und Daher rechte Keger wa⸗
ven, Nun wollen wir fehen, wer denn Diejenis
Da ggg 3 gen
k) Vid. Apol. adu. Rufin, et alibi. UF, Panhemius
1046
gen geweſen, welche die Unſchuldigen alfo verur-
theilet, fodann wie boshaftig ſie mit Diefen umge-
gangen, damit auch bieraus der Verfall von der ft
erften Wahrkeit offenbar werde. Diefe nennten
ſich nun insgemein zu folchen verderbten Zeiten
ortkodor und rechtglaubig, ober Rechtmey>
nende oder gefinnse, welcher Titel, fo gemein er
damals war, als man von der innern Kraft des
lebendigen Glaubens auf aufferliche Meynungen
und Sagungen verfiel, fo wenig wurde er von
den vorigen Chriften gebraucht. ym_ dritten
ahrhundert findet man erjt das Wort bey etli-
= Scribenten, aber gar felten und ofneMiß-
brauchn): Alfo, Daß es in den erften zweyhun⸗
dert Fahren ſchwerlich in dem jeßigen Verſtand
gebräud)lich gewefen , weil man da auf Geiſt,
Kraft und Wefen, nicht auf Worte und bloffe
Meynungen ſahe. Nachmals aber, als, zum
Eprempel, Victor einen unnüßen Streit über
äufferliche Satzungen anfleng , nennte er die Ge⸗
genpart, welche feinen eigenſinnigen Saͤtzen nicht
deyſtimmten, eregodoẽss oder Andersgefinnete,
und folglich ſich hielt er vor einen oeBodogev oder
Rechtmeynenden 0), Und von dieſem unge:
gründeten Gebrauch hat man mit diefem Wort
lauter Spaltungen und Haß unter den Epriften
geftiftet, alfo , daß der Satan wohl recht mit
folchen Titeln, die in der Schrift nicht zu finden,
gefpielet, und der Chriſtenheit durch feine Werk⸗
zeuge nur geſpottet hat. — a
11. Denn diefes Wort, Orthodox, Heißt nach fei-
nem Wortverftand nichts anders, als cinen, ber
eine rechte Meynung heget, welches bey den
erften Ehriften zu einem wahren Grund ber ewi⸗
gen Seligkeit noch lange nicht genug geachtet
ward, als welche nicht durch Meynungen, fon»
dern durch einen feften Grund des Behofften,
und durch eine Meberzeugung von unfichtba=
ren Dingen, Ebr.u, ı. felig werden mollten,
Daß alfo folchen nur auf Meynungen gegründe-
ten seuten Die Befchreibung Theophylacti wohl
ufam: dıgeaeis, oder Ressereyen werden deswe⸗
gen alfo genannt, weil es nur Meynungen der
Wfenfeben find. Aber der Glaube wahrer Chri⸗-
ften iſt Feine menſchliche Lehre, besiegen, Fann
fie auch nicht alfo genennet werden p). Wiewol
! man in der Orthodorie nicht einmal bey der Frey⸗
heit derer Meynungen bliebe, ſondern fie darin
8.3. Don dem Abfall der Ebriften von der ierften Bauterkeit.
nen feßte, wenn einer mit denen Sagungen der
Menfchen und Schlüffen der Eoneilien völlig eins
immete. Wie es ausdrücklich hieſſe in Hehe
hen Gefegen: “Es wären diejenigen alle Keger,
„die nicht orthodor wären. Diejenigen aber
„waͤren nicht orthodor, welche auch in dem ge
„ringften von dem Urtheil der Earholifchen Reil⸗
„gion, (das ift, der herrfchfüchtigen Cleriſey ) ab⸗
„wichen q); _ ingleichen, welche die Symbola
„der vier allgemeinen Concilien annehmen und
„berfagen Fonntenzr). Dabey ein verftändiger
Mann diefes zu erinnern hat: Wenn wir diefer
„Beſchreibung der Ketzer nachgehen wollen, fo
„eonnen mir ihrer viel von dieſer Befchuldigung
„losſprechen, die doch von maleferiatis (unnügen
„teuten) auf die fchändlichfte Arc geſchaͤndet und
„berleumdet mwerden,,s). Und freplich gehörer
bieher jene Befchreibung eines Orthodoxi, welche
ein anderer gefeger hat: Je mehr einer zu Diefer
Zeit will orthoder und Chriſtlich angefehen feyn,
„ie fchändlicher fehmeichelt er dem Antichrift, und
„kuͤſſet ihm gleichfam die Füffe„t). Die redli⸗
chen Ehriften aber fuchten den rechten wahren les
bendigen Glauben nicht allein in oeYais do&auss
fondern auch, wie gedacht, in Sehnen rechten
Fechten, daran fie ihn nah) EHrifti Befehl zu
prüfen pflegten; wie mir im erften Buch bey dem
Ehriftlidyen Glauben und Namen weitläuftig ge⸗
feben haben, “Sie hieltens fehlechterdings vor
„unmöglich, daß man bey einem rechten Ölau«
„ben unrecht leben follter Alle Lehre, (prachen
„ſie,) wird nicht allein durch den Schein, fondern
„auch durch ein rechtfchaffenes geben vollführer,
„und man muß es auch in dieſem Stüd genau
ſuchen. Denn was hilft es, wenn du den vech-
„ten Glauben Baben willft, und gleichwol im Leben
„gottlos biſt,n)? Es fickt ſich nicht zufammen,
dag ein Nechtglaubiger übellebe x). “Die Wahr:
„heit iſt allezeit eine Mutter der Heiligfeit,niemals
„teidet fie Anftoß, niemals ivret, fehle oder weicher
„fie ab, fie bereitet ein rechtes Kerze. Denn der
„HErr iftinahe denen, die rechtes Herzens find,y).
Sage mir nun, folltedas wol genug fenn, wenn man
fpricht, daß man orthodox fey? Und mas Helfen
die andern Dinge, wenn die rechte Wahl nicht da
it? Denn, wieman ausdem Glauben, alfomuß
man auch vor denfelbigen ftreitenz). Andere Ur:
theilehievon übergeheich. 12. Noch
n) Vid. Clemens Alexandr. vbi ceh odo&x 544 leguntur lib. I, Strom. p.292. Audtor. Quæſt. ad Græc. ap. Zuflinum
p. 161.et Queſt. ad Orthodexos.
Colof.ll. 8. 4
YL.42.C.de Hares, et Manich. et 1.2. C.tit.eod,
0) Apud Eufebium lib. V.c. 22. Conf.de nanodoge Qu.adGr.p.ı62. p) In
r) Juflinianus Nou, CXV. _s) C. Rötters-
kufins Not. ad Nouell. Iuft P, VI. c. 3. t) Catal. Teſt. Verit. p. 639. u) Chryfoffom. hom.VII. in ı,Tim. z)Au-
„finus Serm. 297. de Temp.
— u. in Epheſ.
y) Chryfoflemns hom, 19. e PL. CXVIIL In proximo es, Domine,
s) Idem
”»
—
23. Cap, Don denen welche andere unter dem Verfall verketzert haben x. 1047
13, Nach diefem Maaf wären diejenigen alle zu
prüfen, welche ſich der rechten Meynungen geruͤh⸗
met, und gleichwol mit lauter Sünden und La—
ftern ihren falfchen- Glauben offenbarlich dargele-
et haben. Die aud) eben deswegen die ganze
ache gerne auf bloffe Meynungen oder Irrun⸗
gen des Benftandes gefeßet haben, weil ihr Ge-
wiſſen ihnen leicht gefager, daß fie Feine Kennzei⸗
chen des rechten lebendigen Glaubens aufweifen
konnten. Wie denn augenfcheinlich zu bemeifen
ſtehet, daß man unter dem Verfall die Orthodoxie
aus der Einftimmung mit der Clerifey, die Hete-
rodorie aber aus. der Abweichung davon geurtheis
fet habe, nicht aber aus der ewigen Wahrheit
GOttes, wie fie in feinem Wort offenbaret ift.
Bon der lateinifchen Kirche ift es fonderlich be»
kannt genug, da man ausdrücklich alle diejenigen
vor Keßer achalten, "welche nicht allen und je:
„den Schlüffen des Roͤmiſchen Bifchofs gehorche⸗
„ten, oder alles dasjenige glaubete, was in der
Kirche vor wahr gehalten wurde, a). . Ju der
griechifchen wurde eben diefes immer zum Grun⸗
De geleget, warum einer ein Keßer wäre, ‚weil er
fih den Prieftern nicht unterrwürfe, und nicht als
fe ihre Saßungen annehmen wollte; als wir ſchon
aus Damafceno gefefen b). Darum hieffe es
auch ſchon bey Sieronymo von ſolchen Pricftern ;
„Derjenige iſt eitler Ehre geizig, welcher eines
„anders Lehre niederzuſchlagen fuchet, ob fie gleich
gtvahr ift, nur damit ex viel Nachfolger haben
„möge, c), Und von den heutigen Zeiten bey ei»
nem gelehiten Mann: Es ift fchrecklich zu bö-
„ren, daß man nirgends giftigere und graufames
„re Injurien findet, als in den Schriften derer
„Theologen. Denn foldye Halsftarrigkeit haͤn⸗
„get den meiften an, daß, was fie einmal un-
„vorſichtig gefeger Haben, fie allezeit vertheidigen
„wollen, damit man fie nicht vor irrig anfehe,
„ob fie ale greifen Fönnen, daß fie übel gere—
„det haben. Da bfeibet denn der Streit nicht
„bey Argumenten, fondern er wird, durch die er»
„ſchrecklichen Schmaͤhworte erhiger, da will man
„alles durch die anzüglichften Schriften ausrid)-
„ten, und das Difputirgesänfe fchläget endlich
„durch die gewechſelten Schimpfworte in eine Ra⸗
„ſerey aus, d), Ge waren nun diejenigen be
ſchaffen, welche unfchuldige Seelen als irrig und
ketzeriſch beurtßeilten undverdammten. And hin
ter folche ungegründere Titel verfteckten fie ihre
e) Coloffa ad ce. Nulli difl. 19. Conf. c. ad abelendam:
minus €. 16.de Rom. Pontif. b) Lib. de Heref: c. vit.
unmenfchliche Affeten, Daß ich von denen an’
dern feheinbaren Namen der Kürze wegen nicht
fage, da fie fich bald die Kirche felbft, init Aus-
— der andern Glieder, nenneten, bald die
eligion, den Catholiſchen Glauben, bald
die Keinigkeit der Lehre, und dergleichen, ob»
ne Örund und thaͤtigen Beweis vorfchügeren.
13. Vornemlich aͤuſſerte fich bey denen, wel⸗
che fo gerne oßne gewiſſen Grund Ketzer machten,
ein offenbarer Neid gegen die, welche ihnen bey
Vertbeidigung der Wahrheit und Gottſeligkeit
nicht Teidlich waren. Denn wenn es ihnen an
tüchtigen Gründen wider fie mangelte, “fo war:
„fen fie ihnen den Kegernamen (wie ein Theolo-
„gus reder) als ein Caput Gorgonis oder einen
„Popanz vor, dafür fie alle alsbald erfchrecfen
„und laufen follten,, ©). Welches er aus der utı>
ſchuldigen Verdammung des Euftarhii beweiſet,
von welcher Socrates insgemein ſchreibet: “Die
„Biſchoͤffe pflegens ſo insgemein zu halten, daß
nfie einen zwar beſchuldigen und gottlos nennen,
„aber die Urfachen der Gottloſigkeit nicht anzei«
„gen, f). Davon wir auch einen neueren Scri:
benten überhaupt hören wollen, der alfo ſchrei⸗
bet: “Die Zeiten find immer fo böfe gewefen, daß
„es von den Theologis insgemein wahr ift, was
„Erafmus von feinen fchreibetz Die Theologie ift
„bey etlichen um einiger bloffer Gewohnheiten
„willen in übelem Beruf, welche, wenn fie dar:
„innen hoch geftiegen find, in ihven Ausfprüchen
„frech, ehrgeizig, zankfüchtig, giftig und zu al:
„ler Eonverfation ungefchickt ſeyn, alfo, daß man
„meynet, die Theologie felbjt mache fte zu folchen
„Leuten. Es ift dies von den Alten fo gewiß,
„wie es von den Theologis unferer Zeiten wahr:
he gefaget wird... Die Alten (unter sem
„Verfall) waren auch ſolche Leute, und Hatten
„eben diefe Affecten an fi), waren auch eben fü
„eilfertig im Berdammen, grimmig in Schmä-
„ben, fo gewaltfam in Verfolgung der Keer,, 8).
Dis alles wird nad) und nach zu ſehen feyn. es
zo will ich nur erlicher Abfichten gedencen, die
bey Berdammung und Berfolgung der-angegebes
nen Irrigen von der Cleriſey geführet worden,
als die faſt durchgehends ihre eigene Ehre und an⸗
dere Vortheile unter falſchen Actionen geſuchet
haben. Bon Theodoſio, einem Biſchof, lieſet
man ausdrücklich, daß er die Macedonianer aus
dem Sande und von allen ihren Gütern vertrie-
ben
da Haret. t. excommunitamus extr.t. cod. etc. Conf. Bellar-
e) Comm. in Gal. 6. d) Zieglerus pr&f. ad Cler,
! Renit. ex Hepfneri effato. €) Chemnitius P. IIII. Exam C. Tr. p. 793. f) Lib. 1.0.24. g) Limborch.
lib. I. Hiſt. Inquiſ e. 4. e Tom. V. Op. p. 65. Erafmi:
104)
— — — — —— — u
ben habe, “nicht aus dem Eifer vor den rechten
„Glauben, fondern aus Geiz, meil er gerne viel
„Geld von den Kegern zufammen bringen wol⸗
„len, bh). So beredeten auch folche falſche Leh⸗
rer die Dbrigkeit zur Gemwaltfamfeit, die denn
entweder mit Fleiß oder unverfebens dergleichen
verkehrte Abfichten entdeckete. Wenn,zumErem-
pel, an die fehärfeften Gefege von Conſiſcation und
Verjagung der Keger nur diefe Urfache angehän-
get wurde: Wir folgen Kierinnen den Meynun-
„gen der heiligen Väter, damit die ganze Prie—
„fterfchaft hinfuͤro nicht verunruhiget werde,.
Wobey man auch fießet, tie die Obrigkeit durch
die Hoffnung ihres eigenen Vortheils bevedet wor⸗
den, wenn dazu gefeßet wird: “Das Policeywe⸗
„fen wird im übrigen auch floriren, wenn das
„Minifterium im Frieden erhalten wird i).
14. Ihre Anhänger haften fie eben aud) dahin
u daß es gienge, wie es ſchon Bregorius
asianzenus
ei fechten heftig vor ihre Lehre, und find auf
„ihre Widerfacher erbitterf, damit fie die Hber:
„band behalten mögen, und ihre Lehrer defto
„reicher werden, k), Denn mas fuchten Die
größten Biſchoͤffe anders bey Aufreizung des
unverftändigen Volks, als was jener in einer
folhen Streitfache ungeſcheuet fhriebe : “Der
„Nefpest aller Priefter leider Darinnen Gefahr,
„und alle Glieder des Leibes Eprifti: Darum
widerſtehet den Feinden des Evangelii , und
„nerlaffet die Liebe eurer Hirten und bie Einig⸗
keit des Catholiſchen Glaubens nicht,‚l). Da
alleine der eigenen, Ehre und Erhaltung derfels
ben gedacht wird, der wahre thätige Glaube,
und fonderlih Die unverfälfhte Bruderliebe,
mochte bey ſolchem Wortſtreit immer zurüc
und vergeffen bleiben. Und fo machten es ges
meiniglich Die größten Bifchöffe oder Superins
fendenten; wie von jenem Sixto erzehlet wird:
„Sie nahmen einen Haufen Streitfachen auf
„’fich , nicht ſowol den Serehümern abzuhel⸗
„fen, oder die reine Lehre zu erhalten , als
„ihre eigene Perfonen von allem Schimpf frey
„zu behalten, und ihre Autorität zu befeftigen,
„sonderlich aber die Hoheit ihrer Stellen feit zu
„fegen, m). Unter diefem Schein war die
fift verborgen, welche einer noch neulich ent»
decket bat: “Es haf niemals an einer Sarve
„des Gemiffens , der Wahrheit, des guten
‚lb. VII. c. 3. i) Iufinian. Nou. XLII. k) Orat. de laud, Bafil. M.
er m) via. Pareus Med.H.E.p.202. n) F. Spanhemiusde Chriftian. Degener.p. 557. ©) Sorrat.
1ib, VL.c. 15. Confentit Hifß. Eccl. Goth. lib. Il. c. 3. [c&. 2.1.7.
Archinnändr.
8. B. Don dem Ubfalt der Ehriften von der erften Lauterkeit.
befchreibet von denen Sophiſten;
*
„Namens und dergleichen genaue , went
„man neue Geheimniffe vorbringen , oder die
„Alten uͤbern Haufen werfen, oder auch die
„Bruͤder (leilicet) auf den rechten Weg brins
„gen wollen. Denn in der That gienge man
„darauf, daß entweder die Einigkeit zerriffen,
„oder der Zanf immer unterhalten, oder auch
„die Scharffinnigfeit aus Ehrgeiz gerühmet
„wurde. Die eigenfinnigften, ruhmredigſten
„und von ice erfülleren Gemuher haben
„immer den Namen der Wahrheit im Munde
„gehabt. Man bat ſtets den Ehrgeiz mit deny
„Eifer, den feindlichen Anfall mit der Ber
„tbeldigung, die Bosheit mit dem Dienft GOt⸗
„tes, den Eigennuß mit dem Heil der Kirchen
„bederfef, und da. man einmal diefem Abgott
„zu opfern und fich zu frennen angefangen ,
„man auch ihm damit ein ewig Gedaͤchtniß ſtif⸗
„ten wollen, bat Fein Wehren noch Steuren
„geholfen , ſonderlich da hitzige Köpfe Dazu gea
„kommen find nm),
a
15. An offenbaren Erempeln mangelt es hier -
bey fo gar nicht, daß alle Kirchenhiftorien unter
dem Berfall davon angefüllet find, daraus zu er⸗
fennen ift, daß die bloffe Mißgunſt gegen recht⸗
fihaffene und beliebte $eute, die Begierde nach
weltlichen Gütern, Ehren und andern Eitelkei⸗
ten an den allermeiften Berfolgungen wider dies
jenigen Scyuld gewefen , welchen man ſchwere
Jerthuͤmer aufgebürder. Origeni ift es bey ſei⸗
nem eben und noch mehr nad) dem Tod alfo ers
gangen ; von welchem ein Hiftoricus aufrichtig
ſchreibet: “Die nichtswürdigen Leute, wenn fie
„durch ihre eigene Meriten nicht in Die Höhe kom⸗
„inen Fonnen, mwollenfich dadurch einen Namen
„machen, daß fieandere, Die befler find, tadeln, 0).
Bon Tertulliano ift ſchon oft bewiefen, daß an
feiner Verwerfung der bloffe Meid der Elerifey
Urfache gewẽſen p). Der befannte Prifeillianus
mußte gar fein geben Darüber laſſen, weil Ithacius
und die andern Bifchöffe ein Schreiben bey dem
Kayfer Marimo eingegeben hatten, das voller
Neid und Befchuldigungen war. - Wovon der
Hiftoricus Hinzu ſetzet, “er wollte eben ihren
„Fleiß mider die Reger nicht tadeln, wenn fie
„nicht aus. bloffer Begierde. die Oberhand zu
„haben wider fie geftvitten haͤtten, Geſtalt er
von dieſem Keßermeiiter, Ithacio, verſichert, es
waͤre ein frecher, unverſchaͤmter, verſchwenderi⸗
ſcher Schwaͤtzer geweſen, der nur ſeinem Sun
gedie«
1) Zee _M, Ep.26. ad CPtanos
pP) Chemnitins de Led. Pat. in Tert.
E.
*
23.
gedienet haͤtte. Ja, feine Thorhelt wäre ſo groß
Word ‚er alte heil, Männer , die etwan in
Attes Wort, Falten und andern Lebungen fleif-
gewefen, als Prifeillianiften verflager harte.
50, der arme Tropfbabe ven H. Martinum felbit
u einem Keger machen wollen, 9). Solche
unfelige Werkzeuge hatte der Satan ihm auser—
ſehen, bie — lichen Chriſten un:
ter dem thörichten Kegernamen verdächtig und
verwerflich zu machen, damit ja jedermann von
bem Wege der Gortfeligkeit folgends abgehalten
roiede. Dergleichen fehredliche Procefle unter
dem Verfall ganz gemein waren. Epiphanius fel:
bee verraͤth in vielen Erzehlungen die unreinen
Affecten und Abfichten der Lehrer, bey Verwer⸗
fung derer von ißnen erklärten Ketzer. Mur
eins zu gedenfen, jo fhreibet er, “wie er und an-
„dere die fo genannten Archonticos verbannet
„babe, deren Anfänger ein Einfiedler geweſen, wel
ncher alle das Seinige verkaufet und den Armen
„gegeben habe: Man habe ihm die Kegerenen
„der Gnofticorum Schuld gegeben, und er fen
„darauf in eine Höle gewichen, von allen ver-
„werfen und vor einen Greuel gehalten worden, .
Welches dem einigen Gutachten eines verftändi-
en Chriſten überlaffe, eb die Urfache und das
erfahren der Lehre CHriſti gemäs feyn können r).
16. Bon dem Audio ift aus eben diefem ſchon
umftändlich Bericht aefchehen. Aus den folgen»
den Begebenpeiten, fonderlid, unter dem Nömi-
ſchen Joch, ift es nicht weniger offenbar , wie die
beften teure von den Bauchdienern faft durchge:
hends unterdrücket worden, davon ganze Catalogi
der Zeugen der Wahrheit vorhanden find. Denn es
geſchahe da insgemein, was jener hievon Flagte:
„Wenn verftändige Leute nur ein wenig die Faul⸗
„beit und Laſter ihrer Lehrer beruͤhren, und
„das Wort GoOttes anführen, fo werden fie
„mie fo vielen heimlichen DBefchuldigungen,
„ungerechten Auflagen, Unterdrückungen und
Schmaͤhworten überfallen, ja als Phantaften,
„und die irrige Gemillen hätten, verachtet,, 5).
Zu welchem Ende man das Volk mit ſcheinba⸗
ter Art aufwiegelte, wie jener Ketzermeiſter öf-
fenelich auf der Kanzel den Tert aus Pf. 94, 16.
alfo wendete: “ , was vor eine Bosheit
„der Kegerift! ſehet, was fie der Welt Schaden
„thun! feher, wie qi Yo die Kirche wiederum
„till zurück ruffen! Aber man vichter nichts da⸗
9) Sulpirius Seuerus lib. IT. Hiſt S. p. rı9.
t) Apud Merium de fuccefl. €. IX.n.5.
on denen, welche andere unter dem Verfall verkegerthaben x.
r)Hexref. XL.
u)ibid.c,X.n.23. x) F. Sanhemins l. c,
1049
„mit aus. Darum ruffer die heilige Mutter,
„die Kirche, wiewol ungerne, das Chriftliche
„Heer wider fie zufammen. Mer nun einen
„Eifer vor den Glauben hat, wem nod) an goͤtt⸗
„licher Ehre gelegen it, wer noch Ablaf feiner
„Sünden haben will, der komme und rufte fich
„zum Streit des Gefreuzigten,, t). Und hie—
u hielten die Bifchöffe auch ihre andere Unterge—
enen an, “daß fie fich rüften follten wider die
Ketzer, und davor defto reichere Abfolution if«
„rer Sünden haben, u). Dergeftalt machten
die Feinde des Kreuzes CHrifti wider alle reine
Lehrer eben ein ſolch Gefchrey, wie dorten De—
metrius, der Goldſchmidt, mit feinen Gefellen?
or Handel würde nun binfüro nichts mehr gels
ten, ihr Tempel würde vor nichts geachtet wer-
den, u.f.f. wenn die Leute nicht mehr an dem aufs
fertichen bangen blieben, ſondern dem lebendigen
GDte im Geift und in der Wahrheit dienen wire
den, Apoft: Geſch. 10,25. “Denn (fehreibet einer)
„die liftigen Käufer und Verkaͤufer machen die
„Ehre der groffen Diana nun zu einem Deckman⸗
„tel ihres eigenen Nutzens, und die MWiderles
„gung der une zu einem Vorwand ihrer
„seindfchaft. ie Wahrheit ift bey ihnen nur
„ein Schatten, und ihr Meid und Hochmuch ift
„der rechtegeib. Ihr fremdes Feuer der gottlos
„fen Affecten muß den Schein eines — und
„vom Himmel entzuͤndeten Eifers haben. Ja,
„diejenigen haben ofte uͤber die Verletzung des
„Teſtaments CHrifti geklaget, die doch nur ihre
„eigene Einfälle davor verfaufen wollen x).
17. Fernerhaben gemeiniglich diejenigen, wel⸗
che einmal eine Meynung beliebet und die uͤbri—
gen verworfen, denen andern auferleger, ihnen
in allem nachzufolgen, damit die Einſtimmung
vieler Perfonen einen gröffern Nachdruck und ih—
rer Meynung ein Anfeben machte. Ein Erem-
pol finder ſich ſchon auf dem Gartbaginenfifchen
Eoncilio, da Cyprianus mit feiner Autorität die
andern alle zu dem Schluß gebracht hat, man
follte alle Keger und Schifmaricos wiederum tau⸗
fen, Denn folantendie Vora der Beyſitzer mei⸗
ftentheils, nachdem Cyprignus feine Meynung
vorgetragen hatte: "Weil ich nurneulid) ins Am
„kommen bin, fomuß ich biffigen, was die Ael-
„tern fchlieffen. Ich bin nicht lange Biſchof
„geweſen, drum erwarte ich meiner Vorgänger
„ach. tem: Ich gehe von dem nichtab, was
vr ere „eins
s) Ciuitatenfis Epift. in Caral, Teſt. Verit. P.783,
v
1059
„einmalbefchloffen ifl,, y). Da denn weder ei-
nige Urſache, noch fonft ein anderer Umſtand
beygefüget, fondern alles auf der andern Gut⸗
achten in diefer irrigen Meynung gefegrt wird.
Dergleichen ift nicht allein auf andern Concilien
vorgegangen z), fondern auch fürnemlic) bey
Berdammung und Berfolgung rechtfehaffener
$eute, Es ift aus obiger Erzehlung von der Ty⸗
ranney der Bifchöffe gewiß genug, "und auch) dar»
aus zu fehen, weil durchgehends denen Lehrern
bey ihrem Antrit die Annehmung diefes und je—
nes Concilii, und die Verdammung aller von den-
ſelben verworfenen Meynungen, ſchlechterdings
zugemuthet wurde, Unter andern war aud) die⸗
fe Sormulgebräuchlich : Ich folge der Autorität
„oerer ehrwuͤrdigen Väter, und verdamme alle
„Diejenigen , welche von den heiligen Vätern auf
„ven 6. allgemeinen Synodis oder hernach durch
„Eingebung des Heiligen Geiftes in Schriften
„verdammet worden find, a), Wer diefe er-
fchrecfliche Formuln nicht nachfprechen und mit
andern blindhin alles verdammen wollte, der wur:
de nicht allein zu Feinem Lehramt gelaſſen, fon-
dern auch eben fo verdammet und verbannet. Dies
fes aefchahe auch, wenn Die Lehrer, fo das Anfe-
ben hatten, nicht zuvor mit folchem Zwang, fon-
dern nur mit ihrer angemaßten Autorität und
verbindlichen Formuln durchdrungen, daß die an-
dern fich feheneten im geringften zu mwiderfpre-
eben. Wie Liberins nad) dem Sirmienfifchen
Synodo an die in Drient von ſich fhriebe: “FH
„habe Athanafium nicht vertheidiget, fondern ic)
„beforgte, daß ich nicht jemand vor einen Leber-
„ereter hielte, weil ihn mein Borfahrer, Julius, auf⸗
„genommen hatte. Aber da ich vernommen ha—
„be, daß ihr ihn mit Recht verdammet habt, ha⸗
„‚beich alsbald in euren Ausfpruch gemilliget,, b).
Und ſolche ungegründete Schlüffe bey Verwer⸗
fung der Unfchuldigen find immerdar haufig ges
ſchehen.
18. So waren auch gemeiniglich Diejenigen
mit eben fo ſchweren und noch wol groͤſſern Irr⸗
thuͤmern behaffter, weiche doc) andern den Ketzer⸗
mantel umhäangen wollten. Zum wenigſten
verfielen fie bey dem Sen Widerfpruch und
vermenmten Eifer in allerhand ungereimte Mey:
nungen; role wir ſchon von Eypriano gefehen,
der eine ganz widrige und von den Nachfolgern
8.3. Don dem bfau der Ehriften von der erfien Lauterkeit.
“ “ur
verrorfene Mleynung
derlich die Novatianer, fehlechterdings verwor⸗
fen hat c). Hingegen hat der mit ihm ſtreiten⸗
de Bifchof Stephanus auch das alterum Extre- .
mum ergeiffen, indem er behaupten wollen, man
müßte ohne Unterfcheid alle —5— ungetauft in
der Gemeine laſſen. Daß alſo alle beyde die Mit⸗
telſtraſſe vergeſſen und einander vergeblich wi⸗
derfprochen haben d). Die Geſchichte des Ylefto-
rii iſt bekannt genug, daer der Meynung des A⸗
pollinarii widerſprechen wollen, und dahero in
einen unrichtig erkannten Gegenſatz gerathen, nach⸗
dem er zumal die Redensarten des Theodori
Mopoveſteni nicht vorſichtig genug nachſprechen
koͤnnen, ungeacht er zuvor dem Kayſer ſelbſt ein
Geſetz wider alle Ketzereyen machen half e). Noch
denkwuͤrdiger iſt das Exempel Eutichetis, der
dieſem Neſtorio ſich widerſetzet, und daruͤber eben
ſowol von den andern verworfen worden, wie
es die Hiſtorien ſonderlich des Ehalcedonenfifchen
Concilii geben. Andere ſolche Exempel ſind gar
zu haufig, und koͤnnen hier in der Kürze nicht
erzehlet werden, da in der Hiße der Diſputatio⸗
nen meiftens aus Ehrgeiz einer dem andern feine
Meynung ohne befcheidene Erklärung, Bedins
gung oder Einfchränfung, gerade entgegen geſe⸗
Set, und alfo eben ſowol eine Thorbeit beganı
gen, Als, wenn die Koluthianer behaupteten,
GoOtt fey Fein Urheber des Boͤſen, wollten ihnen
andere widerfprechen, und fegten: EOtt fey als
ferdings eine Urfache des Böfen ; dariiber fich
beyde Darteyen weidlich zuftritten, und Dennoc)
allerfeits vor Ketzer gehalten wurden f), Da
traf es ein, was Hieronymus fehreibet: *Die
„Männerin ver Kirchen, die die Wahrheit nicht
„bewahren, fondern etwas aus ihren Herzen dich⸗
„ten, und ihre Einbildung zur Meifterin mas
„hen, find eben in ſolchem Irrthum, wie die Res
„tzer. Denn wenn fie das Wolf überredet has
„ben, es fey wahr, was fie erdichten, und als
„auf einem Theatro DBenfall befommen, den=
„ten fie nicht mehr an ihre Unwiſſenheit, fondern
„ſtellen ſich gravitaͤtiſch und wollen etwas groͤſ⸗
„ſers feyn,, 5), Womit er denn Diejenigen alle
denen Kesern gleich hält, welche nur pro Auto-
rirare ihre eigene Meynungen, ohne®rund, zum
Widerfpruch der andern auforingen,
19. Es
y) Apud Cypriaaum Concil, Carthag. de bäptiz. Hr. c. 71.78.86. z)Vid, Coneil. Arrippinenfea enden Gene
IV.lib. IE. c.32. a)Profeflio Eccleßz Morinenfis in Cazal. Teſt. Verit. p. 255. ———— eh Binium Tom.
I1.Conc.1. ec) Vid. oh. Fellus Not. ad Cypr. 1.e. et Auguflinus Ep.148. diEpift. Cyprianiad Pompei, et 4u-
zußin.L.de Vn. Bapt. cont. Petil. c. 14. Conf; Zauzoius ConArm. Diff. de plenar, Concil. ap. Auguſton. notione
P. 105.
€) Cyrillus Alex. Epift, 1, fegq. 14. € 16. ct in Anathematifinis. Vid, et Theodofilun. 4 5. C, de Harer.
5) Phälaftrinsdchlaxes, 6 78. de Coluth. 3)Lib, XI. in Ezech, c. 34.
a
5 ffensfich_und beffänbig .
vertheidiget, und gel Om , aid
“
|
|
|
a An
24
23. Cap. Dondenen, welche andere unter dem Verfall verketzert haben Pac,
19. Es gibt auch) fonft überaus viel Erempel
von ſolchen, die in offenbaren Irrthuͤmern geite-
et, und gleichwol andere vor ircig erklaͤret ha-
ben. Der Kayfer Heraclius und der Römifche
Biſchof Sonorius waren offenbare Monotheli⸗
ten, wie auch der Patriarch zu Conſtantinopel,
Sergius, und gleichwol vertheidigten fie nicht al⸗
lein daſſelbe in öffentlichen Bekenntniſſen, ſondern
verworfen auch Die andere, und ſtritten aufs hef⸗
tigfte wider die übrigen, Die fie vor irrig hielten
h). Sieronpmus klaget über die unmäßigen Als
legorien des Origenis, und gleichwol macht ers
in feinen Erklärungen nicht viel beffer, wie es
Lutherus anmerket i). Zonaras hat eine furze
Schrift wider die vornehmſten er hinterlaſ⸗
fen, hat aber ſelbſt dabey einen groſſen Irrthum
an den Tag geleget, da er das Buch der Jung—
frauen Maria dediciret )Y. Sonderlich iſt bes
kannt genug, wie ſchwerlich ofte die Kirchenvä-
ter und vornehmften Lehrer geirret, und doch dar⸗
bey andere verworfen haben. Es. ijt vorlängft
in groffeen Büchern dargethan, und fonderlich
wider die Papiften; ob gleic) Pesmegen feiner
eben vor einen Keger erfläret worden it. Die
Tpeologi bemerken von Cypriano, daß er fo gar
im Grunde des Glaubens geirrer habe). Bey
dem Juftino, Elemente Alexandrino, Athena⸗
gora, und vielen andern , find ja rechte ungeheu⸗
re Meynungen von göttlichen Dingen zu Anden.
Lactantius hat offenbarlich die Irrthuͤmer der
Manichaͤer m), und gleichwol werden fie nichtin
das Keßerregifter gefeger ; fondern, wie ein Theolo-
gus redet, ihre Schandfledfen pflegten mit dem
Mantel der Cpriftlichen Liebe zugedecker zu wer»
den n). a, dieübermäßigen Liebhaber menſch⸗
ficher Autorität müffen felbit die Wichtigfeic ih⸗
ver Irrthuͤmer befennen o), da oft der Grundder
Seligkeit nach ihrer Meynung umgeriflen wor
denp), Wie etwa von der Lehre von der Drey⸗
einigfeit bekannt ift, welche bey Theophilo Antio⸗
chend, Origene, Tertulliano, Lactantio und
andern ziemlichverfehretwirdg), So weiß man
auch von dem beruͤhmten Lehrer Auguſtino, der
doch ſo viele vor Ketzer erklaͤret hat, was er vor
ſchwere Irrthuͤmer von dem Mittleramt CHri-
ſti, von dem Heil. Geiſt, der im Alten Teſtament
hy Vid.omnino Forkefins lib I. Inftru&t:Hif. Theol.e.ı. i) Vid. illius Epift. ad Paminach. et huius Epift.37. ad
=.
.
1051
bey den Gläubigen fein Pfand der Kindfchaft ſol⸗
le gewefen feyn, und von andern wichtigen Pun⸗
cten gebeget,- ja Öffentlich vertheidiget Kat r).
Es ſchreibet ſchon ein alter Autor von ihm: “Es
„ten ihm wegen feines vielen Redens und Schref«
„bens begsgnet, was der Heil. Geift faget: Wo
„viel Worte find, da gehets ohne Sünde nicht
„ab. Alfo fey ſein Irrthum (daß die ungeitigenKin=
„der nicht auferftehen würden) blos von feinem vie=
„len Reden entitanden,,. Ja, er kann fich kaum übers
winden, daß er nicht Auguſtinum unter die Roger
ſetze, und nimmt feine Schrift von ihm ohne Aus⸗
nahme an, ausgenommen die Bücher von dee
Dreyeinigfeit s).
20. Hieronpınus hat offenbarlic) folhe Säße
in feinen Schriften, die er doch nachmals an Pe=
lagio aufs befftigfte felber verdammet hat: Ohne
was er fonftwider Jovinianum, Pigilantium, =
und andere, mit den allerhefftigften Erpreßionen
unvorfichtig gehandelt hat t). Woferne id) auch
alle Streitigkeiten unter den vorneßmften Kir—
chenlchrern erzehlen wollte, müßte ich den noch
zu andern Erzehlungen beftimmten Raum das
mit einnehmen. Es geſtehen die alten His
„ſtorici, daß fehen vor und unter Conſtantino
wiſchen denen fo eine ſchaͤndliche und gottlofe
„Uneinigkeit gewefen, die doch die Chriſtliche und
„brüderliche Eintracht hatten erhalten follen, daß
„tie bey den Linglaubigen ein rechter Spott wor⸗
„oenu) a, es fen allesfo ungeftüm zugangen,
„daß das Cpriftenehum öffentlich auf den Thra=
„tris verfpottet worden x). Das zaͤnkiſche
„Diſputiren babe unter dem Schein des Dien«
sites und Erkenntniſſes GOttes alles ftreitig ge-
„machet, was zuvor niemals unterfuchet worden,
„daraus lauter Verwirrung in der Kirche ent«
„ftanden,„. Und was dergleichen bittere Klagen
von dem Greuel der Verwuͤſtung unter der Ele—
vifey haufenweiſe vorfommen, da die beiten
Eollegen, die beiten Freunde einander oft ohne
Urfache verfeßert und verworfen haben. Esgieng
felten fo beſcheidentlich unter denen, die ſich ortho—
dor nennten, zu, als es noch Hieronymus und
Auguſtinus mit einander machten, wiewol jener
dennoch fihreiber, ev wolle ihm deswegen nicht
mehr antworten, weil er einige Feßerifche Meynun ⸗
Rrrurrr 2 gen
‘Spalatinum. k)ApudCorelerium Tom. ILL. Monum.Eecl.Gr. I) Chemnitius Orat.deLe&. Pat. m) Gelafins
inEpift. decret.v. Hifl. Ecl. Geth.lib. II. c. III. fedt. 2. n. 16.
.n.204. p)Vid. Dannhauerus Chrifteid. Th. I. Phæn. 7. p.270. Bebelius Ant.Eccl.Sec.
Gerhardum Loc. deEcel
n) Kromayerus Cent. UI. H. E. p. 79. 0) Apud
IT. Art. 5, n.3. Cor. Maga. in fingulis Cent. Cap. peculiari Chemnitius P.I. Exam. C. T. p. 73. Io. Arndius Lex.
Ant. P.736. Riwerus de Pat. Autor.c.9.Sculrerus Med.Pat. aliique plurimi. q) Calouius Sync.Calixt, de Princ.Fid.
n.a5;. r)Lib. VII. Conf.c. 43. Qurft. 122. in V.etN. T.ctal. s)Gennadins Cat. Ser. Illuſtr. vbi conf. Erafin,
4
praf. ib, t) Chemnitius Or. deL,P.ctalii. u) Enfeb.lib.IX.c.5. x) Soer.lib. I.c.6.
-
£
1052
NESRBEER __ _. _ _ ET
gen ihm Schuldgegeben y). Baſtlius klaget ſchon
im 4. Seculefihmerzlic), daß mitten in der Kir⸗
chen, und alfo nicht unter und wider die Ketzer,
die allergrößte Uneinigfeit und Streitigkeit gewe⸗
fen, indem ein jeder von der wahren Lehre Des
HEren abfalle, und feine eigene Satzungen und
Einfälle durch feine Autorität feft fegen wolle z).
Und dieſes weiſen die traurigen Erempel von dem
Anfang des Verfalls an durch alle Zeiten Hin-
durch, da die vermeynten Rechtglaubigen aud)
ofte alsdenn nicht eins werden fönnen, wenn fie
mit gefamter Hand wider die Ketzer haben ſtrei⸗
ten wollen, wieetwa von Priſcilliano ſtehet, daß
feine Widerſacher, nemlic) dfe orthodox genann:
ten Biſchoͤffe, unter fich fehr uneinig und un-
beftändig gewefen, weil fie einander nicht ge:
trauet, fondern vor verdächtig gehalten a), Bis-
"weiten aber und bey ereignender Gefahr des zeit-
lichen Wohlſtands, verſchwand der vorgegebene Ei-
fer vor die reine Lehre fo gar, daß man ſich wol
mit denen wider Den dritten Mann oder Feind aufs
genaueſte vereinigte, die dod) zuvor als Keger
öffentlich erfläret worden waren. Wie vondenen
Movatianern verfichert wird, daß die Homoufia-
ner oder orthodoxen Gemeinen mit ihnen öffent:
lic) das Geber und den Gottesdienſt verrichten,
da fie beyderfeitsvon den Arianern verfolger wur⸗
ven b). Anderer Exempel zu gefehweigen.
21. Alſo war esnun mit denen beſchaffen, wel-
che nach ihrem erhaltenen groſſen Anfehen ande»
re vor Keher erklaͤrten, da fie entweder felbft Die
fchwerften Irrthuͤmer begten, ob fie gleich noch fo
orthodsr feyn wollten, oder bios menſchlichen
Auefprüchen ohne Grund folgten, oder auch felbft
unter einander uneins waren, ja zum öftern blos
aus Neid und andern unreinen Affecten die Ge—
wiffen der andern beurtheilten, Und diefe Weiſe iſt
immerfort in der verderben Chriftenheit behal⸗
teh worden, Davon id) nur 2 oder 3 Klagen ver»
ftändiger Männer noch anhängen will. “Bey
dieſen greulichen Zeiten und hoͤchſtfeindſeligen
„Difputiren der Theologen ifteine groſſe Vorſich⸗
„tigkeit vonnöthen, daß man von der Ketzerey ur⸗
„theiles Dazu muß man die Heil. Schrift in. wah-
„rer Gottfeligkeit betrachten, und in der Fuccht
GoOltes mit Verſtand unterfuchen c). Wenn
„man die unfeligen Bitterfeiten und Zanferenen
dieſer Zeiten bedenfer, da unter denen, die doch
„Ehriften heiffen, aber in fo viel Parteyen und
RMoͤtten zertrennet find, lauter Läfterungen, Ver⸗
y) Sozomenuslib.I.c.14. z)Procem. deludie. Dei inter Afcetica. a) Sulpitius Seuerus lib. IL.HAR. S. p. us. b) en
erates lib. IV.c.9.et Theodoritus lib.IV.c.20. c) Zoach. Beufirs PCtus Witteb.L, de Matrim.c. x
hu/.Comm.de Fide Her.ieru. proem. _€) Zisglerus ICtus Witteb, de Diacon.e. XII.n. 65.
qui et conf, prxfad Comm. de Epik. etlib. IV. c, 10. n, 1. ſeqq. Hl;
"Und nachdem von den papiftifi
*
8.3. Don dem Abfall der Chriſten von der erſten Lauterkeit.
Rech en TE
„dammungen und Verbannungen gemein find,
„fo muß man wol fehmerzlich bevauren, daß fo
„viele nicht allein Feine Chriſten, ſondern auch
„feine vernünftige Menfchen mehr jind, indem die⸗
„jenigen, welche ſie doch aus Chriftlicher Liebe als
„Bruͤder umfaſſen ſollten, um einiger anderen
Meynung willen auf das aͤrgſte haſſen und anfein⸗
„den / damit aber den Streit nur täglich vermehren"
n Berfolgungen '
geredet worden, wird weiter alfo geklaget: u.
„wird überall von vielen viel geredet und gethan, -
„das einen ehrlichen Mann, der Fried und Ruhe lies
„bet, billig betrüben muß. Denn indem man über
„all ſich des vechten Glaubens ruͤhmet, fo ſiehet man
„nichts weniger als Fruͤchte des Glaubens und ders
„jenigen Liebe, welche Doch nad der Lehre CHriſti
„ſelbſt das wahre und einige Kennzeichen der Chris
„ſten feyn follse d). Es ift ein groffes tafter unter
„ven Theologis, daß unteribnen fo oft ausganzges -
„ringen Urfachen Streit und Zanf erreget wird.
„Da defendiret ein jeder feine Säge auf das aͤuſ⸗
eh f u er etwa ohne Bedacht vorgetragen:
„bat. Der an
wingen, heut fich nicht ihn einer Ketze⸗
„ren oder Spaltung zu befehuldigen, Denn mit
„dieſem Donnerfeil pflegen fie alsbald einen zu
„ſchrecken, aud) in nichtigen Dingen, wen fie
sticht gut find. Was richtet man aber mit fol«
„chem Zank, Schmaͤhen, Berleumden, Sophi⸗
„ſtereyen, Luͤgen und Verdrehungen anders aus,
„als daß Die Theologi folgends ihre Autorität ver⸗
„lieren, die Herzen der Zuhoͤrer und Leſer mit
„eben folchem Gift anſtecken, die fie zur Gottſe⸗
»ligkeit ſollten anreizen; ja,daß alle Epriftliche
„Einigfeit zerriſſen wird, ohne welche doch keiner
„ein Chriſte iſt e). Diefes geſchiehet unter den
»Öliedern einer Kirche aus feiner andern Urſa⸗
‚sche, als weil niemand feinen begangenen Jrr⸗
„thum erfennen will. Erſtlich ſchaͤmet man ſich
„zu widerrufen, drauf wird unter dem Streit
„eine Halsftarrigfeit draus, dieſe wird zu einer
„Raferey, und alfa gefchiehet der Wahrheit bey
„den Difputiven die meifte Gewalt. Alsdenn
„kann nichts fo bedächtig und recht gefehrieben wer⸗
„don, Das nicht verläftere würde, fo gar iff we:
„der das Schreiben noch das Stillſchweigen fi-
„her. Endlich, was einer vor fich nicht thun
„kann oder darf, darzu braucht er einen andern
Kunſtredner; ſo gar groß ift Die Begierde, dem
„andern Schaden zu thun f). — a:
37. d)C.Risters-
£) Ib, 6 XV. I 21.
andere will in zum. Widerruf
——
2*
——
*
J
—— Das 24. Copitel/
Von der Art der Berfolgum
em
u —
& * Summarien.
Migrg Verworfenen g in nicht nach dem Sinn Chriſti um; naͤrriſche Ein
ſchrecklichen Haß der Lehrer her. $.1. Die Feindſchaft wider die Itrigen gibt man vo
.2. Anfang der Arianiſchen Streitigkeiten ; u j \ N
Man gebraucht inter dem Verfall äufferliche Gewalt wider die Wei⸗
thums aus; foranniicher B
a —— nicht hinter die
ſe der Gemeine GOttes;
ahrheit zu kommen. 3.
malt und Zwang wird nichts als Heuchelen und unmwiederbeinglicher
Geltjame Ceremonien bey Annehmung der Ketzer, } }
Sunamen, 7. allerhand ſeetiriſchen Tituln 5 Klagen darüber. 8. Ei
vers zuzulegen; der Name Lutheriſch ward anfangs ſpottweiſe
nommen ſeyn. S. nien
Strafen 6. und Beſchimpfungen, mit Scheltworten,
wird für unrecht achalten, einer Seete den Namen ihres Anfuͤh
gegeben ; Klage über den fectiriichen Interfihetd der Namen, 9. i
Die verderhte Clerifen iraft die Ketzer um Geld, oder nimmt ihnen alle das Ihrige, ſrolocket druͤ⸗
ten erung dabey: 10.
ber: Die gemeinſte Strafe war die Verweiſung ins Elend; die Abſicht folcher ungerechten Schlͤſſe 5 12.
bensftrafen; Hilarii Klagedrüber. 13. Aergerniffe, fo Daher entitanden ; erreger oft den ſchrecklichſten Auflauf ; 14.
alles von der verkehrten Elerifen ber ; der Römischen Biſchoͤffe tyranniſches Blutgerichte.
mas zuvor die greulichften Henden veruͤhet; Auguftini verftändiges Urtheil. 16.
Auflagen groß Unrecht, Epipbanius erfennet feine unanſtaͤndige Affecten. 17-
A: : u
Martinus bälts vor unrecht, daß cin weltlicher Richter Kirchenfachen
1053
Ü
# sh unter
wider di
al
2 ur
gen des Volks rühren von dem
| n nefentlich Stück des Chriſten⸗
eiltliche Mittel den Feuten alle Gelegenheit
entfcheiden ſolle. a. Durch Ges
Srelenibaden erlangt; alles Gute will freywillig ange:
feine Erklärung eines abgefesten Biſchofs, der Ketzer
Keher werden als die araften Atheiften trgetiret; eines Gelehr⸗
oder Leib: und
fomme
15. Die abgefallene Kirche thut das,
Vielen Ünſchuldigen geſchiehet mit talichen
Der unbefonnene Eifer blendet auch wol ſonſt
fromme Leute; ungereimte und einander ſelbſt aufhebende Verleumdungen. 38,
. $.
I ach diefer wahrhaften Befchreibung derer
$ Perfonen, von welchen andere entweder
mit Recht oder Unrecht abgefondert und
vor Keßer erfläret worden, ift noch mit fehr weni⸗
em die Art zu befeben, twie mit ſolchen verworfenen
euten nicht mehr nach dem Sinn Chriſti und der man fich nur
apoftolifchen Kirchen umgegangen worden. Denn
da brachte man den Leuten unter dem Berfall einen "
bitteren Haß und Abſcheu vor ihnen bey, anftattdaß
Il y
„angefterfet,
„baden,, b).
des Volks rührten von
wollten dahero nicht weiter drinnen
Solche recht naͤrriſche Einbildungep
unchriſtlichen und
ſchrec lichen Haß der dehrer wider ſolche arme Leute
her, daß man es vor einen Gottesdienſt hielte, wenn
feindfelig und greulich genug gegen ſie
anftellen fonnte. Ya, man erdichtete die ärgite Fa⸗
bein zu ſolchem Ende. Zum Erempel, es hatte ein
folcher Eiferer und Orthodoxus (oe9EdE@-
die Perfonen dennoch) in der allgemeinen Siebe erhaleı CnAwrns vavu) nach feinem Tode aus den Grabe
ten, und nur ihre Jerthuͤmer bätten gebaflet werden
follen, wo ja einige offenbarlich da gewefen. Es
ift feltfant, was von denen Samofatenfern erzehlet
wird, wie fie ihren Haß gegen die Arianer erwiefen,
nemlich:* Die Kinder fpielten auf der Gaffen mit
„oem Ball, der unverfehens dem Arianifchen Bis
„ſchof bucio, als er vorbey gieng, unter feine Füffe
„ftel. - Darüber erfubendie Kinder ein Gefchrey,
„der Ball waͤre verunveiniger; Sie zündeten aud)
„ein Feuer an, und warfen ihn Dadurch, in Mey»
„nung, er wiirde alfo gereiniget,,. Aus diefem recht
heydniſchen Wefen will ein Hiftoricus den ernftli-
hen Haß wider diefe Ketzerey beweiſen a): Wie
er auch die Vollkommenheit und Groͤſſe ihres Glau⸗
aus folgender Begebenpeit fchliefier : “Es hat⸗
Arianer in der öffentlichen Badftube geba-
‚er nun heraus mennten die andern,
er wäre von feinem Irrthum und reul
zu einem Ketzer heraus geruffen: Ruͤhre mich nicht
„an, komme mir nicht zunabe, du Ketzer, du Feind
„der Wahrheit und der —** Catholiſchen Kir⸗
Ichen, c)! Die Biſchoͤffe vermahnten die Ihri⸗
gen, daß ſie mit denen nicht beten noch ſonſt etwas
"verrichten ſollten, auch feinen Wunſch oder Segen
von denen empfangen, welche fie doch meiftens oh⸗
ne Grund vor Keßer hielten, oder die zum wenig.
ften ihnen indem Abfall von der reinen Wahrbeit
nur gleich waren, wie aus den Actionen der beyden
verfallenen Griechifchen und Lateiniſchen Kirchen
zu fehen ift ay. Man verbannete und verfluchte
die Keger unter folchen Mamen, daß man fie die
Seindfeliaften, Verhaßteſten und. dergleichen
nennete e). Item, daß man mit folchen For-
muln die andern wider fie aufreizte, wie Epipha⸗
nius wider den faft vor 200, Jahren verftorbenen
Origenem that : “Ich bitte dich, daß du die Worte
Rrrrrr 3 erfuͤl⸗
a) Theoderisuslib. IV.c.15, b)Ibid.c.14. ©) Mo/chus in Prato Spirit. c.31.ap.Corelerinm Tom. II. d) German.
Epife. Pan. og Cypr.ibid.p. 476. e) Nomo-CanonCotelerianusp.124.
nr.
[8
1054
„erfülteft: Ich haſſe, HErr, die dich haffen. Denn
„die Worte Drigenis find allerdings feindfelig und
„des Hafles würdige ).
2. So weit hatte es der Feind bey den Kindern
des Unglaubens gebracht, daß fie die Feindfchaft
und Verfolgung wider die erflärten Keher vor ein
wefentliches Stüd des Chriſtenthums ausgaben,
wider den Flaren Willendes HErrn JEſu und ob»
erivehnte Prarin der reinen Lehrer, welche bey Vers
meidung der Irrigen Dennoch) in der $iebe blieben.
Aber die abtrünnige Kivche erzeigte fich fo bitter
und feindfelig gegen folche, daß fie aud) die Sreund-
lichfeit der andern gegen felbige niche leiden, fon-
dern ſie ihnen zur Sünde auslegen wollte. Als
Eh Bifhof zu Eonftantinopel, die Keger
urch feine FreundlichFeie gewinnen wollte, und da-
mie der Kirchen viel Nutzen fchaffete, fprengeen die
DBoshaftigen baid aus, es waͤre ihm an der Religion
nicht viel gelegen, ob einer mit ihm einftimmete
oder nicht. So gar Fonnten die falfchen Eiferer
auch den geringften Sußftapfen der Ehriftlichen
Sanftmuth und Liebe nicht leiden ; wie ein Theolo-
gus Davon urtheiler 2). Zu ſolchem Verfahren
meynteman Anlaß genug zu haben, wenn nur wi⸗
Der einen der geringfte Berdacht entftund, er mochte
darüber gehoret und erinnert feyn oder nicht.
Drum bracht esdietyrannifche Elerifey dahin, daß
wol vonder Obrigkeit folche is gemachet wur⸗
den: Welche blos durch einen Verdacht Flagbar
„gemachet werden, die follen als infam und verban⸗
„net von jedermann gehalten feyn, woferne fie
„nicht auf Befehl der Kirchen (das ift der Elerifey)
„nach Ermeaung des Berdachts und Befchaffen
„heit der Perfon ipreilnfchuld durch gehörige Ent⸗
„ehuldigung erwieſen haben: Alſo daß, wenn fie
„ein Jahr lang alfo blieben, fievon dar an als Ke—
„ger verdammer werden h). Ingleichen: Unter
„ven Namen der Keger follen alle diejenigen bes
„griffen, und Denen wider fie gegebenen Befehlen’
unterworfen feyn, welche aud) in Dem geringften
„Punct von dem Urtheil der Cargolifyen Reli:
„gion abweichen, i). Da doc) billig und nad)
göttlichen und weltlichen Rechten eine ganz genaue
Unterfuchung der Sache von der ganzen Gemeine
erfordert wird, wenn einer der Ketzerey ſoll über-
führet werden. Denn wie die Lehren der Theolos
gen unterfehledlich find, alfo darf der nicht flugs
f) Epift. ad Ioh. Hierofol.
\ 14
8 3. Don dem Abfau der Ebriften von der erften Lauterkeit.
vor einen Keger gehalten werden, weicher andere
Meynungen hat. Und ift die Befchuldigung der
Kegerey nicht weniger, als andere Llebelehaten, vor
dem Urtheil genau zu unterfuchen ; mieeinverjtäns
diger Mann fchreiber K),
3. Nieher gehöret, was von dem Anfang der
Artanifchen Streitigkeiten angemerket wird, wie
nemlich der Biſchof Alerander mit der Berba
nung Ari
durch alsbald alle Hoffnung zur Wiederruffung
und Einigfeit bey Berftändigen verfchivunden]):
Welches Bernach faft unzähligmal wiederum ge-
feheben ift. Nachdem aber einmal die Verbitte-
rung unter den fo genannten Ehriften gleichfam zu
einem Handwerk worden ift, hat man ferner aller=
band unchriftliche Mittel hervorgeſuchet, ven geu-
ten alle Gelegenheit abzufchneiden, daß fie nicht
hinter die Wahrheit kommen koͤnnten. Nur einige
davon zu beruͤhren, ſo hat man alle Schriften und
Vertheidigungen ſolcher verdaͤchtig gemachten
Leute zu leſen, zu ſchreiben und zu hören aufs ſchaͤr⸗
fefte verboten, ja diefelben zu verbrennen und fonft
wegzuſchaffen befohlen, bey Strafe des Handab⸗
hauens, wie aus Juſtiniani und anderer öffent-
lichen Geſetzen zu fehen m). Geftalt aud) Ton
ftantinus M. fchon dergleichen Proceß nad) dem
Picenifchen Eoncilio angefangen und beftätiget
hatn). Welcher aber zuvor von denen Heyden
nach ißrem gottlofen Wefen beliebet worden war,
unter dem Vorwand, die Leute möchten dadurch
verführet werden 0): Da dod) diefes Vornehmen
eben ein gewiſſes Kennzeichen einer unrechten Sa⸗
che und boͤſen Gewiſſens war, indem man beſorgte,
es möchte dis und jenes aus genauer Unterſuͤchung
ſolcher Schriften offenbar werden. Deswegen
folcher gewaltfamer Proceß von Berftändigen vor
unrecht erfanne wird, weil doch einem im lebendigen
Glauben wohlgegruͤndeten Chriſten die Leſung ir⸗
riger Buͤcher nicht ſchaden konnte; wovon jener
Lehrer in einem goͤttlichen Geſichte erinnert ward
mit dieſen Worten; is alles, was dir unter Händen
koͤmmt. Denn du wirft alles prüfen und unterfüs
chen fönnen p)y. Daß alfo die Sagungen der
Kanfer ohne Zweifel auf Anftiften der Elerifey ges
machet wurden, wenn es zum Exempel Biefle:
Wir wollen, daß die Schriften der Keger verbannt
und gänzlich vernichter werden, Damit fie in ns
3 — e⸗
4 Pr) 8
a x 5
u y r y E97 + i
g) Theodorituslib. VIL.c. At. etexeo Kromayerus Cent. V.H.E. p. 2ot. h)Auth. de
‚at. et confuetud. $. Gazaros call.1o. conflit.fin. 1) 1.2.Cod. Iuft.de Heret.etManich. k)Zieglerus adZance-
lottum ſib. I. t. 20- $. 4. etlib. IV. de Epife. c. 6.1.9.
l) Sozomenuslib. L.c. 15. Conf. Zieglerusl.c.n.g. m)No-
vella XLII. n)Socrateslib. 1.c.9. Sozömenuslib.1.c.ı2. 0) Vid. Arnobius lib.IV.p. ı91. Prudertius hymn. 3.
de Coron.conf. Barenius A. CCCII. n. 16.
p) Eufebinslib, VIL.c. 7. Probante Mieralio lib. ILH.E.q. 33.Conf.
Auguſtinus de Cat. Rud.c. 8. Hieronymus Epift. ad Mineriumet Alex,
u
”
iallzu geſehwind und hitzig verfahren, da⸗
>
N. : *
*
24. Cap. Don der Urt der Derfolgung wider die Retzer unfer dem Verfall. 108
Beka mehr kommen. Diejenigen aber
ſo — Se ef —— ſie ha⸗
Andere Urkunden hievon zu
uͤberge
4
Kin 9).
en,
n den Perfonen felbft, dievor Keger gehal⸗
ten worden,brauchte man unterdem Verfall aͤuſſer⸗
licher Gewaltthätigfeit wider die Weife der Ge-
meine GDttes, davon zuvor geredet worden. Wir
Baben auch fchon gehörer, wiefuauftinus und nach
ibm viel andere ihren erften Ehriftlichen Vorfag
verändert, und den Zwang der Gewiſſen gebilliget
haben, ungeachtet die Erfahrung lehrete, daß das
durch nur Heuchler und Feine vedliche Epriften ge»
mache würden. In dieſer Abficht aber mußten ſich
die Bifchöffe der äufferlichen Gewalt der Obrigkeit
wohl zu bedienen, und diefelbe zu gleichen Sünden
auch wider Willen anzuveizen, Welche Art auch
die andern befchryenen Seiten im Gebrauch hat—
ten, wenn die Potentaten auf ihren Seiten waren.
So beklagten die Freunde Ythanafıi ofte, daß die
Arianer ſich auf Conſtantii und anderer&unft ver-
lieſſen, und daßero fich fo viel heraus nähmen r).
Gleichwol aber machten es jene nicht beffer, wenn
fie das fogenannte Brachium Seculare, oder den
Arm der weltlichen Gewalt nach Gefallen gebrau:
chen durften. Wovon ein Hiftoricus bey Erzeh⸗
lung der an Priſeilliano verübten Gewaltthätigkeit
a “Die Bifchöffe hatten aus thörich»
„ren Anfchlägen die Sache den weltlichen Richtern
„übergeben, daß die Keger durch ihren Befehl und
„Erecution vertrieben wuͤrden. Es ift auch ein
„böfes Erempel damit gegeben worden, daß in dem
„Streit über Origenis Schriften ein weltlicher
„Regente zur Verwaltung der Kirchenzucht belies
„bet worden, der nichts, als Schrecken, unter den
„seuten anvichtet,, s). Gleichwie Martinus die
gedachte Procedur mit dem Prifcilliano vor ein
neues und unerhörtes Unrecht bielte, daß ein welt⸗
licher Richter Kirchenfachen entfcheiden follte t).
Memlich, es wurde billig vor unrecht erkannt, wenn
die aufferlihe Macht, dadurch Recht und Gerech⸗
tigkeit gehandhabet werden follte, zur Ausübung
bofer Affecten und alles Muthwillens mißbrau:
het wurde. Dennda biefle es freylich : Die Bos⸗
heit muͤſſe nicht fo viel Kräfte als Willen haben,
„Die Unfchuld wäre längft umfommen, wenn die
„Bosheit allezeit mit Machdruck verfnüpfer gewe⸗
„fen, und alles gelten füllte, was ein Laͤſtermaul
„verlange u). Zr
5. Diejenigen, weiche von Verfolgung aller
vermeynten Irrigen Profeßion machen, fonderlich
im Pabjtthum, wiffen fich der Ausfprüche Augu⸗
ſtini und anderer fleißig ——— wenn ſie die
Obrigkeit darzu vermögen und die Ketzer beftürs
men wollen x). Gleichwol ift niemals durch
Zwang und Aufferliche Gewalt etwas anders als
Heucheley, Lügen, Meineyd, ja Verzweiflung und
unmiederbringlicher Seelenfchaden erlanget wor ·⸗
den, Der Erempel gibt es in den Hiſtorien
unzählig vie, Schon in dem Micenifchen Con»
eilio haben ifrer viel aus Furcht vor der Verfol⸗
gung Eonftantini unterfehrieben y): Und viel an⸗
dere haben fich aud) Ehriftlich angefteller, find aber
in dev That unglaubig blieben ; wie von den Juͤden
ne wird2). Arius felbft wurde aufallerhand
eife einen Widerruf zu unterfchreiben gedrun⸗
gen, welchen er doch naͤchmals aufhub a). Und
wieviel heydnifche Wölfer find nicht von denen
Kanfern und mächtigen Bifchöffen mit gewaltſa⸗
mer Hand zum Ehriftlichen Glauben gezwungen
worden, die doch nichts weniger als Ehriftum in
der Wahrheit Fennen Ierneten? Und dennoch bes
ſchwerte man fich über folche Art der Ketzer, twelche
den Rechtglaubigen zu Gefallen (aus Zwang) ihre
Irrthuͤmer verſchwuͤren und doch wiederum abfie«
len 5): Hingegen ſich vor fo geiftlich und von allen
Affecten frey hielten, daß fie ohne Schaden ſchwoͤ—
ven und verfchwören fönnten c). Bey welcher Kla⸗
ge vielmehr zu bedenken geweſen wäre, daß eine
freye Wahl darzu gehörte, wenn fich die Ketzer be⸗
kehren follten d). Angefeben insgemein alles Gu⸗
te freywillig und von Herzensgrund angenoms
men werden foll, nicht mit Gewalt oder aus Noch,
weil folches nicht beftandig und dauerhaft zu ſeyn
pfleget e), Davon auch folche geiftliche Tyrana
nen felbit bekennen muͤſſen, “daß derjenige niche
„den rechten Glauben Ehrifti habe, der nicht fücy-
‚willig, fondern gezwungen dazu komme, f).
Welches demnach mehr von derjenigen Art des
Zivane
QL.3 8:3. C. desumma Trinit. et ibi D. Gothofredus, Conf.omnino Gerhardus lib. II. Conf. Cath. Art. VIH. e. 2.
M. Ant. de Dominislib. IV, deR.E.c. 7. n. 10. et 16.
Le.3. old.Il.p. ng.
164.ad Emerit. et ibı G/ö/fa,
Hottingerum Sec. IV.H. E.p. 194. a) Socrates lib. 1.c.25.
€) Timotheus Presbyter de Recept. Hzret. c. 16. äp. Coreler. Tom. III. M. Gr.
« Canon Aft, c, UL. ec) Balfamen et Zonaras Schol,ib. f) Clemens IL, P, R.lib, V. Decretal. Iud,
in €
[73 9
u) Hieronymus Epift.58, ad Pammach.
y) Socrateslib. I. c. 8. Sozom. 1. c. 21. Theodor, I. c. 12:
r) Sulpitius Sewerus lib. II. Hifl. S.p. 105. )Idem Dialı
x) Gratianus 23. 9-3.0,3. ex Augufin. Epift,
2) Patritius in H.E. op.
b) Damajcenus de Hæreſ. c. 0. de Mailalianis,
d) DeDonatiftis Coꝝcil. African,
x - a 2
1056 8.3. Don dem Abfallder Ehriften von der erfien Kauterkeit. 0
—— —ñ —
— — —— — 0 m — — — —
Zivanges gewiß war, wenn man die Leutẽ triebe, ih⸗
ve vermennte Jerthümer oͤffentlich in Schriften oder
mündlich zu verdammen, verfluchen und vermale⸗
denen: Davon ich die faſt unzäßligenErempel über
gehen und zum Befchluß bieler Arbeit eilen muß g).
6. Ich mag mich auch bey den feltfamen Cere⸗
monien nicht aufhalten, die bey der Anneßmung
ſolcher Reger gebraucher worden, wenn fie an dem
einen Tag vor Chriſten erfläret, an dem andern
vor Catechiſmusſchuͤler, am dritten alfo angenom»
men worden, daß man ihnen dreymal ins Anger
ficht und in die Ohren geblafen: Gleich als wenn
die Orthodoxie oder das Chriſtenthum durch folch
Gaukelwerk alsbald koͤnnte eingepflanzet wer
den h). Wann aber nun alle dieſe Erfindungen
nicht helfen wollten, fo griffen die Eiferer zu ſchaͤr⸗
feren Mitteln. Und weil die Welt Ehre, Nutzen
und Luſt vor das höchfte Gut haͤlt, ſuchte man den
Widerfahern auch darinnen Abbruch zu thun.
Dahero wurden diejenigen, welche einmal vor Ke⸗
Ser erfläret waren, zu feinem Amte gelaſſen. Man
verbot unter dem Verfall öffentlicy ihnen Feine
Stelle in öffentlichen Aemtern einzuräumen, da-
mit fie feine Gelegenheit hätten ihre vermeynte Un«
ſinnigkeit auszulaffen ). Auch durften fie Feine
Soldaten abgeben k), noch fonft obrigfeitliche
Berrichtungen haben, ausgenommen was Arianer
unter den Gothen waren, wievon dem Kayfer Ju⸗
ftino aus parteyifchen Abfichten angeordnet wur⸗
dei). Welche aber ſchon in Aemtern ſaſſen, die
wurden alsdenn Davon vertrieben, und dabey ei-
nem jeden frey geftellee, fie anzugeben und zu vers
Elagen, wie er wollte m). Sonderlid) wurde de>
nen, die in Kirchenverrichtungen ſtunden, alles
sehren unterfaget, und alle Freyheit, die font ein
Einwohner oder Bürger hat, benommenn). Da:
bey jener angefochtene Bifchof fich wohl erklaͤrete,
als er auch ſeines Dienſtes beraubet wurde, und zu
ſeiner Richterin ſprach: «sch bin und bleibe alle⸗
„jeit ein Biſchof in und auffer dem Erilio: Du
wieſt aber nicht allezeit Königin bleiben. Sch
werde durch GOttes Hilfe aus meinem Eyilio
„in fein Reich aufgenommen, du aber in die Hol⸗
„le 0). Auch wurden folche arme Leute von den
+
Tyrannen infam und unehrlich, zu aller ehrlis
chen Gefellfchaft untüchtig Gt elekchfam: "06 .
gelfrey gemachet p). Daher fieher in d
öffentlichen Geſetzen, wie ſie genennet werden
infamia notati, nomina odiofa, a Romano iure
prohibiri, u. f.f. q). Sie wurden ——
Converſation und Socictät ausgeſchloſſen r), al⸗
„tier Rechte und Privilegien entſehet ), untüchtig
„gemachet Teftamente zu ftiften ı), das Ihrige zu
„verfhenken, oder anderer Geſchenke anzuneß-
„men u), Contracte aufzurichten, u.f.f. x).
7. Unter vielen andern Beſchimpfungen mar
auch dieſe, daß niemand folche berüchtigte Perfos
nen zur Ehe nehmen durfte, wenn er nicht durch oͤf⸗
fentlicye Befehle gleichfalls vor infam und unehr⸗
lich wollte gehalten feyn y): Auch wollteman fie uns
ter die andern Ehriften nicht begraben lafjen z).
Wiewol e8 einige vor eine Grauſamkeit und Gott⸗
loſigkeit erfennen mußten, daß man folchen Leuten
die Erdeverfagen wollte 2), Wenn aberdieferhät-
liche Beraubung des ehrlichen Namens nicht ges
nugfam fchiene, fo fchritte man fonft zu allerhand
Schmaͤhungen, Scheltworten, Zunamen und der-
gleichen. Der gute Auguſtinus ließ fichfelbft von
Affecten fo einnehmen, daß er einem Hofbedienten
gar einen Verweis deswegen gab, weil er gegeneis
nige Keger fich, ohne Zweifel aus Höflichkeit oder
natürlicher Freundlichkeit, hoͤflich erwieſen Katz
te b). Hingegen fractirte Hieronymus zu groſſem
Aergerniß diejenigen, Die er, doch oßne gnugfamen
Grund, zu Kegern machte, ſchmaͤhlich genug, wenn
er mehr mit Ungeftüm und Schmaͤhworten, als
guten Gründen wider fie flritte, und ihnen ein
Haufen Zunamen beylegete; wie man in feinen
Schriften wiederDigilantium Jopinianumund
andere ſiehet. Und dieſe Gewohnheit war bey den
Orthodoxen gar gemein, wie bereits Gregorius
Ylasianzenue darüber Flagte: "Biel fechten mit
„bloſſen Worten gegen die andern, und entdecken
„ihren Unverſtand mit ſolchen Injurien. Gie
„ſpeyen die Schmähßtvorte wider fich felbit aus,
„damit fie Dahinter defto mehr verborgen blei—
ben,c). Alſo migbilligen die Gelehrten an
A da
g) Vid interim Innocentius Ep. ad Afric. ap. Augu/fin. Ep 96. Coneil. Laodir. c. 7. CPtanum ]. c.7. Arelat. U. c.9.
Cyrillus Scythepolitanus Vita Sabx p. 279. 312. ap. Cozeler. l.c. Timoth. Presb.l.c. init. ete. h) Concil. CPtanum
Le. 7. i)1.2.C. desumma Trintt.
et 63. Col. Theod. de Hæret.
e.4. P)l-2.Cod. Th. deFide Cathol.
18. 40. et 48- ibid.
de Her. et I. 4.deS. Bapt.
10. et 31.Chalcedon. c. 14. Agathenl[ec. 67.
k)1.8.C. de Har.er Manich.
m)I1.3.$.2:Coa. Iuff. de Summ. Trinit.
1.2. C. eod. ne S. Bapt. iter. Add. Concil. Ephej.c. 1. et al.
h1.12.C. 2. eod Conf.1.9. 25. 42. 48. 58. 61.
n)1 3.5.13. et 24.C, Theod.de Hæret. et
o) Pretextatusap. Gregerium Turonenfem lib. II: Hift.
91:7. 57. 48.17. 18:40. et vlt. C. eod. deHxret. r)1.54: ibid. sl ı7.
01.7.9.17.18. 25.49-30.53:65.C. Th.de Her.etl.3.de Apoflat u) 1. 7.9. 36 40. 65. 50.58.
x)1.40.48.deHar. et l. 4.deS. Bapt.
2) Vid. Cyprianas lib. de Vnit. Ecel- a) Martinus Imp. 1.9. C. de
y) Vid. Concil. Eubertn.'c. 16. Laodicen.c.
Haret.erManich. b) Epiſt. 60.ad Dulcitium. c) Orat.ad CL. Epife.
[A
ai ee. A
—
daß er die Arianer mit fo greulichen Zunamen be:
leger 2 ſie —
Teufel, Satans, Peftilengenu.f.f. nennet.
Da ge wol viel unter ihnen Fe eyn mögen,
he nicht anders überzeugt geweſen, als daß
ihr Glaube wahrhaftig und gotefelig rare. Zumal
fie ſich auf viel Oerter der Heil. Schrift beruffen,
und zwar in einem fo hohen Geheimniß nicht mic
einem jeden alfobalden eingeftimmer Haben. Das
bero fie vielmehr hätten follen unterrichtet und erz
maßnet werden, als daß man fie alfobald vor
Antichriften und Teufel geſcholten a): Welches
auch von andern erinnert wird, da man denen
Irrigen die allergreulichften Tirel beygeleget.
8. So war man nun oft beyderſelts gar ge⸗
ſchwind mit Beylegung allerhand YTamen und
verhaßter fectirifceber Titel, ungeacht die Uns
fhuldigen dawider möglichft proteftirten. Wors
über einer nicht unrecht alfo Elager: Es ift nun
„ein eingewurzeltes Laſter unter den Chriften, daß
„man die Lehren ohne völlige undrechtmäßige Un»
„rerfuchung derfelden nad) eigenem Gutduͤnken
„entweder bifliget oder verwirft. Diejenigen,
„welche Streiter CHriſti ſeyn follten, fehmäßenein-
„ander in ihren Streitigleiten mit den allergreus
„ichſten Zunamen der Keger„e). Hieronymus
klagte zu feiner Zeit, daß diegottlofen Heuchler die
wahren Ehriften alsbald Manichäer fehelten, wenn
fie fi in der Gortfeligkeit uͤbeten ). Und was
würde er gefaget haben, mwannerunterdenen, die
fich der Keinigkeitrühmen, hätte hören follen, daß
denen Frommen vonder Gortfeligkeit felber ein ver-
meynter Schimpfname beygeleget würde? Wir
aben oben viel ſolche Namen erzehlet, die an ſich
Kiof etwas gutes anzeigen: Wohin auch der Na⸗
me der x dagwv oder der Feinen gehöret, womit
die Movatianer von den Catholiſchen hoͤhniſcher
Weiſe beleget wordeng), So konnten ja auch die
Meftorianer ihres Irrthums wegen nicht alsbald
und fchlechthin Sach heiffen , wie fie gleichwol
vonden Catholiſchen heilfen mußten, weil fie doch
inden andern Puncten Chriſtlich lehreten h). Unter
dem Römifchen Antichrift bekennet ein Hiftorie
cus aufrichtig, er habe bis auf dieſe Stunde nicht
erfahren fönnen, warum man die Albigenſer Ketzer
genennet habe i), Und mit was vor Recht mochte
RT ©
d) Erafmusprxf.adHilar. e) M. Ant. de Dominislib. II.deR.E.c.7.n.8. f) Ep.adEuftoch.2a. . g) Ni-
cephor.lib. Vi. c. 3. Balfamen Schol.ad c. 8. Nicen.
p- 279. Tom. III.
ın Ad: Apoſt.
i) Rob.Gaæcuintas lib. VI. Hiftor. Franc.
ſeriptis Conf. Baronius, Dacherius etc. ap. Spanherminm Introd, H.E. Sec. XI. p. 314.
546. m) Inflinss Martyr Apol, II. init. n) Arhenagoras.Apol.init.
*
— — ————— —— — — —
24. Cap. Von der Art der Verfolgung wider die Retzer unter dem Verfall, 1057
Derengstius vor einen Zauberer, Janorans
ten und leichtfertigen Wann, ja vor einen
Teufel von der Römifchen Clerifey ausgeruffen
werden, da ihm doch andere von feinen Feinden
ein gutes Zeugniß gabenk)? Wie hatman die ar-
men Waldenfer oder Albingenſer mit fo vielen
munderlichen Titeln beleget? Da fie heiſſen muß:
ten, und zwar zum Spott, “die Reinen, die
»Bollfommenen, die Apoftolifchen, die Sabba=
„fati, oderinden Sabbat Verfegten, die Gede⸗
„mütbigten, die Adamiten, item, / zur Schmach,
„Arianer, Manichaͤer, Zoͤllner, Peardier,
»Sollardi,,u.f.f.1), anderer Erempel nicht zu ge⸗
denken. Davon es wohl heiſſen möchte, wiedie
erſten Chriſten gegen die Henden erinnerten :Aus
„den bloffen Namen kann einer weder gelober
„mod) geftrafet werden, wenn nicht zu beweifen iff,
„daß ers mit Tugend odersaftern verdienet habe m).
„Des Namens wegen darf man einem nicht feind
„feyn, fondern die That iſt ſtrafens werthn).
9. Dazumal wurde auch noch dieſes vor einlin-
recht gehalten, wenn einer Secte der Name ihres
Anfüprers zugeleget wurde: ja vor einen Greul,
wenn ein Haufefich ſelbſt alfo nennete. Dahero
Zpiphanius von den Machfolgern Yudii alfo
fhreiber : “Es iſt vecht erfchrecklich, daß Diejenigen,
„die doch in der Kiechen feyn, den Namen der Chris
„ſten veraͤndern, da doch dieſe alleine mit der Be⸗
50* Chriſti unter Chriſten zufrieden iſt, und
„fremde Namen verwirft. Bor dieſem Mamen nun
„nennen fie ſich alſo von ihrem Urheber, und fürs
„dern ein Kennzeichen von dem Namen eines
„blofien Menfchen, welches — nicht zuzu⸗
„geben iſt o. Und Chryſoſtomis urthelet niche
weniger von den ſectiriſchen Namen folgender
maſſen: Trennen wir unsdenn von der Kirchen ?
„Haben wir wol einen Zunamen von den Mens
„ſchen: Haben wir woleinen folchen Führer , wie
„jeneden Marcionem, Manichaͤum oder Irium?
Wenn wir jaeinen Namen befommen,, fo ruͤhret
„er nicht von den Erfindern dev Ketzerey her, ſon—
„dern von den Borftebern und Regierern der Kir-
„chen. Das ſey ferne, daß wir follten Lehrer auf
„der Erden haben! wir haben nur einen im Him⸗
„mel,p). Daß demnach die Zunamen der Ketzer
von Menſchen allerdings auch unter die Schmaͤh⸗
Sss sss worte
h) Cyrillus Scythopolitanus ap. Cotelerium in Vita Sabæ-
k) Zanfrancus er Guetmundus in lib. adu. eum
I) Idem ib. Sec. XII. p.
0) Hæreſ. LXX. n. is. p) Homil.3.
L
—
1058
worte mit gehoͤret haben, womit man ſie verhaßt
machen wollen. Und ſtehet dahin, ob jemals unter
den Alten einige Secte ſich ſelbſt von ihrem Anfuͤh⸗
rer alfo genennet habe, und nicht vielmehr von ih⸗
ron Widerfachern damit beleget worden fey.
Gleichwie, zum Erempel, der Name Lutheriſch
erftlich von den Papiften fpottieife-gegeben ward,
dahero auch Lutherus felbit darwider ernſtlich pro«
teſtiret hat ): Ob ihn wol nachmals Die andern
ihren Feinden zum Trotz behalten und gleichſam le⸗
gitimiret haben r). Unterdeſſen trift je und alle»
wege bey folchem ſectiriſchen Unterſcheid der Na⸗
men und Meynungen ein, was Chryſoſtomus
feget, daß es ein Unglaubiger zu feiner Entſchul⸗
digung fagen Fonne: “Sch wollte gern ein Chriſte
„werden, aber ich weiß nicht, wenn ich folgen foll
„Es ift fogar viel Streitens , Zanfens und Diſpu⸗
„eirens unter euch. Ich weiß nicht, welche Lehre
„id) erwaͤhlen, was ich vor das Beſte halten foll.
„Ein jeder fpriche: Ich fage die Wahrheit, u. ſ.
fs). Wobey einer diefe Erinnerung thut: “Dies
„ſes Uebel Bat die Kirche zu allen Zeiten geplaget,
„es ift aber zu diefer legten Zeit noch viel gröffer
„worden, wie es mitalten Schaden zu geben pflegt.
„Denn indem der Ehriftenhaufe in ganz unters
„fehiedene Parteyen, ohne einige Hoffnung der
„Bereinigung , jertrennet iſt, alſo, daß einer
„ſpricht, ev gehöre dem Nömifchen , ein andrer
„dem Eonftantinopolitanifchen Pabft an,wiederum
„einer folge Luthero, der andere Calvino, fo
„weiß man Faum, wer CHrifto angehöret , def:
„fen fie Doch alle feyn wollen).
10. Auf unfere Materie wieder zufommen, fo
hätte man diejenigen, welche unterdem Namen der
Ketzer vor allgemeine Feinde erfläret waren, lieber
als die ärgften Acheiften tractiret: gleichwie etwa
unter den Heyden diejenigen von den Goͤtzenpfaf⸗
fen vor Atheiſten ausgefchryen wurden, welche
doch den wahren GOtt verkuͤndigen und ehren woll⸗
en, als man von Diagora, Socrate und andern
weißu). Zum wenigſten wollte man die Keßer
auchdamit dem einfältigen Volke verleiten, daß
man fie nicht vor Ehriften paßiven ließ, und ganze
lich leugnete, daßfie CHriftum hätten x). Des:
wegen fieauch “falfche Ehriften, Antichriften und
„dergleichen heiffen mußten„y). Wiewol einige
g) Tom. IL Ien.Gerin.p.92. r) Vid. Gerhardus Loc.
tenberg. prxf. ad: Com. de. Epife.
ln.
8. 3. Don dem Abfall der Ehriften vonder erfienLauterkeit.
—— re nn
noch befcheidentlich — wenn ſie geſtunden:
„Sie predigten EHriftum, ob gleich nicht a
»Wahrheit, indem fie die ——
„Item, die Ketzer hätten in ihrer Trennung alles,
„was fonft CHriſto inder Wahrheit zufäme: Sie
„hätten eben fowol Werfammlungen, die Heil.
„Schrift, Yuffeßer und andere Kirchendiener,
„nicht weniger die Taufe,das Abendmahl und das
nübrige alles, ja endlich) EHrikum felber,,a). Des»
megen auch die Eiferigiten asfiehen > die ärgiten
Keger,als die Manicyaer, Gnoſtici,
und die übrigen alle,unter dem Namen der Chriſten
begriffen worden , und daß eine jede Secte gerne
diefen Namen haben wolle, davon fie Ehre verhofs
fe 6). Wobey abermal die obige Erinnerung ei:
nes gelehrten Mannes fteßen muß, daß man nicht
fchlechthin alle und jede unter ſolchen Secten vorUn⸗
chriften oder Heyden halten dürfe, weilfo viel ein⸗
faltige und redliche Herzen unter fo groffen Haufen
wären, die im Glauben nicht beſſer unterrichtet
worden; welche denn billig unter Die zu rechnen,
die unter allerley BolE GOtt fürchten , recht thun,
und ihm alfo angenehm ſeyn. Iſt demnach aud)
bierinnen vielen Unfchuldigen von unzeitigen Rich
tern Gewalt und Unrecht gefcheben, wenn man fie
unter andern greulichen Zunamen und Befchuldi-
gungen vor Unchriften, Heyden und Abgörtifche
ohne Unterſcheid ‚angegeben c): das denn ſchlech⸗
terdings dem ganzen Cheiftenehum ‚und fünder
lic) dem weſentlichen Stück deffelben, der Liebe,
zuwider ift.
ır. Da auch die Chriſten insgemein allen böfen
Schein meiden follten, verhürete die verderbte Ele⸗
riſey den Verdacht des Geldgeizes gar nicht,
wenn fie bie Obrigkeit anreizete, Daß die Ketzer ent-
weder um Geld geftraft wurden, wie Iheodofii
Geſetz davon in einem Concilio wieder erneuert
wurded): Oder alle ihre Güter confifcirer und den
Kirchen der Drthodoren übergeben wurden e):
Item, wenn man ſich Das gemeine Volk damit
zum Freunde machte, und folche Güter demfelben
uͤnrechtmaͤßiger Weife Preisgabf). Dahin auch
gehört, was zuvor von Beraubung aller Rechte
und Privilegien im Teſtamentmachen, Contra-
eten und dergleichen gedacht iſt. Alfo wurde denen
de Ecclef. n.ı60. s) Loc. cit. t) Zieglerns ICtus Wit-
u) Dioderus.. Siculus Lib. XIL Cicero 1. de Nat. Deor. Arhe-
naus ib. XI. Dipnof.c. 34. Minurius Felix O&. p.332. Arhenagoras Apol. Iu linus, Arhobins,Clemens Alex. etc.
x) Vid. Zugu/ßia. Euchir. ad Laur.c,5. 'y) Idem 1.IV. de Bapt.c.3. etlib. cont. Ep. Parm.c..9. z) Chryfoflom.
b) Epiphaniss Hzr. XXVIU.n.6.
Op. imp. in Matth. XXIV.ıı. a) Ibid. hom. 49.
Heret. Fab. c. 1. Hieronymns in Iefai. XLIV. Augufinus de Ver.Relig.c.3g. d) Codex Cam. Eccl Africıc.: 96
el.4 Cod. Iufl.de Her. et Man. Add. 1. 39. et 65 Cod. Theod. de Hxret.
e)- Ibid. 1.3.4.8 12. 21. 30. 52. 57. 65
Conf. Conditiones pacis Comitis Tholofani ap. Bzosiura Annal, A, MCCXXVIII. n. 6. et de aliis MCCLX
N
»,5. f) Lı7.C.Th.de Harei. .
arcioniften :
"e) Theodoritsslib.I.
Mn " ’ In WW
w. *
-. F
1
«
vegung der Bifhöffe ganze Compagni olda⸗
ae Spanien ſchickte, welche Diefe Ketzer auf
füchen,, und ihnen alle das Ihrige nehmen
mußten , fie felbft aber vom $eben zum Tode
Bringen g). t anders machte cs der ty:
rannifche Cyri Alexandria, welcher den
Movatianern und ihrem Biſchof alle ihre Hab
und Güter gewaltfamer Weife nahm, und da-
mit fich über die maflen vor der ganzen Welt
proftituirte, auch die Abfichten feines Ketzer⸗
machens und en Eifers vor die reine
$ehre, nemlich Ehe: und Geldgeiz , überflüßig
an den Tag legte bh). Und gleiche Abfichten
baten jene, welche durch Hülfe des Kayſers
und des fünften Concilii zu Conftantinopel die
genannten Drigeniften aus ihrem Beſitz trieben,
und darüber diefes Triumphlied anftimmeten :
„GOTT bat ung beſuchet, und von denen
„Origeniften erloͤſet, fie von unſerm Angeſicht
„vertrieben, und ung in ihren H ohnen
„laſſen, auch ihre Arbeit ung zu gema»
„het, ı. Da venn alles der heilige und ge-
rechte GOTT gethan haben mußte, mas von
Menfchen und ihren eigenen böfen Begierden
wahrhaftig herkam. Ich mill nicht viel fa
gen, was man ferner mit denen Perfonen der
Keger felbit vorgenommen , da man fie zu
ervigem Gefangniß verdammet, welches her—
nac) in den päbftlichen Nechten mit dem Ein:
mauren gefcheßen k): · Wiewol die weltliche
Obrigkeit folche Art der Strafen nicht vor recht
erkannt, und desivegen verboten hat 1), wie
fie ohnedem fo wenig als die andern jeßt er-
geben Strafen rechtmäßig, geſchweige Ehrift-
12. Am allergemeineften war die Strafe, daß
man fie aus dem Sande ſchaffete, und in das
Elend verwies m); fonderlic) aber an müfte
barbarifche Dexter fehictte, da fie in dem größ-
ten Elend und Spammer verderben mußten u).
Sa, man verbot ihnen, als unehrlichen feuten über
die Grenzen zu kommen 4 und was noch
mehr war, unterſagete mMWallen und jeden,
fie in ihre Häufer zu nehmen, mit der Bedro-
bung , daß ſolche Häufer und Aecker der Kir-
chen follten verfallen feyn , und denen recht:
Prifeilt iften mitgefpielet, da —— An-
8) Forsunar. lib.III. Vit. Mart. Sulpit. Seuer. etc.
U) Gyrill. Seythopeliranus Vitæ Sabz fine.
24. Cap. Don der Art der Derfolgung wider die Reger unter dem Verfall,
k) C.3. de Penis in 6.
1.13.14. 15. 16. 18 .31. 32. 33.62. 65. Cod. Theod. de Hæret.
w
1059
mäßigen Bejigern genommen werden p). Das -
zu auch noch) kam, daß die Herren dieſes oder
jenes Dets aller ihrer Herrſchaft und Sandereyen
beraubet wurden , weiche Diefelben nicht von
folchen Leuten rein behielten und macheten q).
So verftattete man auch den wenigften , fich
öffentlich aufzuhalten , oder zufammen zu kom—
men r): Und wenn es ja geſchahe, jo wäh:
rete doch die Freyheit nicht lange, zumal wenn
‚fie etwan fich an der Anzahl oder auch an Guͤ—
tern und anderır äufferlichen Dingen mehreten,
Dahero auch diejenigen mit der Landesverwei«
fung beftrafet wurden , welche von ſolchen Leu⸗
ten, zum Grempel, von den Apollinariften,
fih zum Lehramt beftelfen lieflen, oder auch
andere dazu beftelleten s). Alſo ruheten die
Biſchoͤffe Idacus und Ithacius nicht, bis
durch die Befehle der weltlichen Richter Pris
feillianus mit feinem Anhang aus allen Städten
vertrieben t), und einige gar in abgelegene In—
ſuln verwiefen wurden u), Ingleichen gedenket
Epiphanius, wie die Gnoftici mit diefer Stra—
fe beleget worden x), und wie Audius von dem
Kayfer felbft auf Angeben der Biſchoͤffe in die
Barbaren gefchicer fey, alwo er aber fehr viel
Leute zu Chriſto befehret Babe y)). Die Ab»
ſicht folcher ungerechten Schlüjfe war meiftens,
wie fie einer von einem Bifchof gedenket, der
die Macedonianer deswegen von ihren Gütern
und aus ihrem Sande vertrieben hatte, weil er
nad) ifrem Gelde getrachtet babe z) ; wiewol
er in feiner Hoffnung ziemlich betrogen worden,
da ficd)diefe vor Homouſianer ausgegeben, und
alfo frey paßiret worden a). Indeſſen wurde
doc) immer die Sorgfalt vor Die reine Lehre
und die Verhütung aller Berführung vorge«
Fr ‚, “Da man (wie jener redet) die Ge—
„faͤſſe des Zorns und anftecfende Seuche nicht
„im Sande leiden, fondern folche Schlangen
„und Ottern aus den Grenzen ſchaffen muͤß—
sten b): Ob wol auch dieſes noch vor eine
groſſe Gnade angegeben ward, wenn man ſol⸗
chen Leuten nicht gar das Leben nahm c).
13: Bey ſolchem Tractament ließ man es ſel⸗
ten bewenden, ſondern man ſchritte gemeiniglich
zu Leibes⸗ und Lebensſtrafen, und wollte durch
die Hilfe des Henkers ausrichten, was doch als
Sss sss 2 leine
h) E Socrate et Theod. probat Oßander Cent. V. lib I.c. 28.
1) 2.8.9.9. f. de Peniserl.6.c.eod. m)Vid,
n)L. 13. 29. 30.31.32.34.52.54.C.e0od. 0)De Scuero
vid. Zuflinianus Nou. XXXXII. p)Idemibid. g)Conftitutio Friderici Imp.tit. de Statut. et Confuet. Coll. X.
r) Theodofius et Valentinian.1. 4. C. #f.de Hr. et Manich
x) Her. XXVILn.g0. y) Her. LXX.n.14. 2) Socrac. lib. VII. c.3. a) Idem ibid,
Es u) Ibid. p. (20.
)
s) L.8. $.1.C.ecod. t) Sulpirius Seuerus lib, II,
Profder Agpitaniens lib. de Ingrat. init. c) Auguffinus lib. I. ad Gaudent. e. 13.
1060
leine in GOttes Gewalt ftunde, der über die Ge-
wiffen Herr ift. Es hatten aber dieſe Weife nicht
- allein die Heyden und Ungläubigen, fondern aud)
die, fo fich unter dem Verfall annoch des rechten
Glaubens rühmten, daß die Irrigen, fie mod)»
tens nun wahrhaftig oder nach der Einbildung
feyn , mit äufferlichem Zwang, Marter und Pein
zum Wiederruf gezwungen wurden, Bon den
Heyden haben wir in den legten Eapiteln des vier»
ten Buchs zur Genuͤge vernommen. Bonandern,
fonderlic von Arianern, iſt bekannt genug, wie fie
Bierinne gegen die, fo fie vor Keßer bielten, groſſe
Grauſamkeit erwieſen. Unter vielen andern Elaget
Zilarius alfo über fie: "Es ift Fein Zmeifel, daß
„Diejenigen Verfolger feyn, welche mit Strafen,
Feuer und Schwerdf die Leute zur Berleugnung
„bringen wollen,,. Dabey er feine Nefolution alfo
anzeige: “Wir Fonnen GOtt zu feinem Zeugniß
„nichts mehr anwenden, als unfern Tod. Denn
„ir wollen getroft und öffentlich wider die Verleug⸗
„rer kaͤmpfen, die uns martern und umbringen wol»
„en. Ich ſelbſt Hatte durch die Barmherzigkeit
„unfers HEren JEſu Chrifti feineMarterbanf ge
„cheuet, Fein Feuer, keinen Galgen, Fein Rad,
„ein Erfünfen,, u.f fi d). Unter denen, die ſich
Rechtglaͤubige ruͤhmten, giengesnicht anders her,
fo oft fie Aufferliche Hülfe von der Obrigkeit Haben
ko ınten, obeswol etwas fpäter als dieandern Arten
dr Berfolgunganfieng. Und hieß es wolrecht ins⸗
g mein, was jener von feiner verderbten Kirche
ſchriebe: “Es ijt fo weit kommen, daß die geiftlichen
„Streitigfeiten nicht mehr den Theologis oder Ver⸗
„fanmlungen, fondern den Henfern, Peinigern
„und bfurdürftigen geuten übergeben twerden,, ©),
Denn man lieffe faft alle andere Verbrechen, des⸗
wegen fonft Die Uebelthaͤter am Leben geftrafet wer⸗
den, an den Kirchendienern ungerüger, nur allein
die vormeynten Reßerenen hielte man ſoſcher Strafe
würdig f). Daher auch) diefes zur Urſache angeges
ben wurde, eswären zweyerley Berfolgungen, eine
da die Gottlofen von den Frommen, die andere,
da diefe von jenen verfolge würden: wie Auguſti⸗
us, nachdem er feine vorige Ehriftliche Meynung
verändert hatte, ohne Grund vorgab 2). Wel-
ches fih die nachmaligen Tyrannen unter dem
Pabſtthum zu Nuge machten, wenn fie Sierony⸗
mo widerfprachen, der von der wahren Kirche
fchlecyterdings leugnete, daß jemand von ihr ver⸗
folger werden dürfte, „Es iſt (fprachen fie) nicht
——
8. B. Von dem Abfall der Chriſten von der erſten Lauterkeit. F
„alle Verfolgung zu tadeln, ſondern wir verfolgen
„die Ketzer mit Recht u. ff. h). is ei
14: An ſolchem ganz undpriftlichen Proceß muß-
ten fid) freylich Die armen und ausgeftoffenen Leute
gewaltig ärgern, wenn ſie gleichwol faßen, wie man
ſich auf Seiten ihrer Widerfacherdes wahren reinen
Glaubens ruͤhmete, und dennod) ganz widerwaͤrti⸗
i
*
geFruͤchte des lnglaubens und Haſſes öffentlich zeig .
te, auch wol mit Anfuͤhrung der Schrift vertheidigte.
Wie mögen fi wol die armen Heyden geärgert ha⸗
ben, wenn diejenigen ſich fo hart und rachgierig ges
gen die andern Menfchen erwieſen, welche doch die
Sanftmurh und Demuth ihres Lehrers Chriſti fo
ſehr rühmeten? Was mögen die Berftändigen uns
ter ihnen geurtbeilet haben, wenn Balentinianus ei»
nem heydnifchen Küfter Deswegen eineDbhrfeigegab,
weil oͤhngefehr ein Tropfen von dem Weyhwaſſer auf
fein Kleid Fommen war? Und dennoch wird dieſes
als eine groffe Heldenthat von den Ehriften felber
herausgefteichen, jaunverfchämtgefagers ODE
„hätte Ihm dafiir das Kayferthum geſchenket, uns
„gracht alles dam Befehl und Erempel Chriſti klar
„entgegen gemwefen, i).
die bey ihrer Grauſamkeit noch von den Lehrern ges
lobet und geftärfet wurden, war es kein Wunder,
daß dergleichen ungerechteSagungen publiciret was
ven. Zum Exempel: “Man follte Die Ketzer mit
„Seifen, darinne bleyerne Kugeln geflochten wa ⸗
„ren, wohl zerpeitfchen (plumbo contundere) k);
Bon folchen Negenten,
„tem, wenn — kaͤmen, ſollten ſie mit
„der ſchaͤrfeſten Leibesſtrafe angeſehen werden 1),
„Man muͤſſe Blutgericht über ſie hegen u. .£m)
„Welcher Ketzer einen andern zu feiner verfehrten
»schre bringe, der fülle mie dem Blue bezahlen,
und nach Borluft alle des Seinigen an Leib und Le⸗
„ben geftrafet werden, n). Nach ſolchem Exem⸗
pel der Oberen richteten ſich alsbenn die Unter—
thanen, und weil die Cleriſey mit ihren heftigen
Anklagen und Derfolgungen, wie auch mit den
oreulichften Befchuldigungen das ohnedem im
Epriftenehum ganz blinde Volk aufreizere , fo
erregte es oft den fehrecklichften Auflauf, darin:
nen meiftens unfgpldiae Leute ihr ‘Blue und Le—
ben laffen mußte Alſo wird diefes billig vor
einen gottlofen und verkehrten Eifer der Ortho—
doren angefehen, wenn zu Alerandria ein Aria-
nifcher Biſchof, Gregorius, in einem wider ihn
gemachten Aufruhr von dem Möbel, aufs grau,
famfte tractiret und faft ums Leben gebracht wur,
ih *
F
d) Lib. adu Conftant, init. €) M. Ant. de Dominis de Rep. Ecel. prefat. f) Bafilins Cafar Epiſt. 1. ad Amphi-
loch. e. 32.& 51. atque ibi Bal/amon. g) Epift-148. h) C.23. gu. 4. c.ille gladium ex Auguft. Ep. 204. Tract.
1r.inIoh. & lib. H. adu.lit, Petil.c.79. i) Theodoritas lib. Ill. c. 16. Conf. Pareus Med. H.E.p.193. k)L.
CoA, Theod. de Haret. I) L. 5. C.cod, m) L.51.&56. ibid. n) Theodofius A. L. 1. Cod. Theod, de Iudzis.
5
Be}
2
24. Cap. Don der Art der Verfolgung wider die Reger unter dem Verfall.
de, ja endlich unter den Händen dev Heyden
ir — ſterben —5 — nachdem man feine
he mit Feuer verbrannt hatte o). Derglei-
n Tragödien fehr viel von den Unchriften ges
ſpielet wurden, die fich doch orchodox nenne-
ten, Mur ein Erempel noch zu gedenden, fo
wurde unter dem Kayſer Anaftafio zu Conftan:
tinopel von dem Volck ein ſchrecklicher Aufruhr
erreget, nur desiwegen, weil der Kayſer in einen
—— Geſang dieſe Worte hinein ſetzen
—* Der für une) gekreuziget iſt, welches
der Orthodoxie nicht gemäs geachtet wurde,
Deswegen diefe Eiferer ohngefehr einen ar»
men Mönch ergriffen , den fie vor den Anftif-
ter folcher Veränderung in Diefem ſchnit⸗
ten fie alsbald den Kopf herunter, fteckten ihn
aufeine Stange und trugen ihn herum mit die-
fem Geſchrey: Dieſes ift ein Seind der beili-
gen Dreyfaltigteit p).
15. Daß diefes alles von der verfeßrten Cle⸗
rifey hergefommen , was das unmiffende Volk
oder auch die Kintergangene Obrigkeit wider
örtlichen Willen Pierinnen gethan bat, geben
v viel gewiſſe Nachrichtungen,, die wir oben
bey ihrer Tyranney gutes theils gefehen haben.
Wie unverſchaͤmt und boshaftig war doch
Rede jenes Biſchofs zu Conftantinopel , Die
er öffenelicdy an den Kayfer that: “Eure Ma-
„jeſtaͤt geben mir ein fand, das von Ketzern
Zereiniget iſt, fo will ich. ihnen davor den Him⸗
„mel geben. Sie verderben und vertilgen mit
mir die Keßer, fo will ich mit ihnen die Per-
Fianer (jo Damals die mächtigften Sende des
„Känfers waren) werberben,, 9), Von mel:
cher fchrecklichen Thorheit diefes orthodoxen
Eiferers ein aufrichtiger Hiftorieus alfo ur—
theilet: "Es habe jedermann feine feichtfinnige
„sebrart , feine Frechheit und! Ehrbegierde dar:
„aus geſehen, die er nicht einmal_fo eine kur—
„e Zeit Babe verbergen koͤnnen, fondern alss
E ein ſo grauſamer Verfolger worden ſey,
„da er kaum in die Stadt gerochen. Wie er
„denn alsbald der Arianer ihr Bethaus nieder—
„geriſſen, daruͤber ein groſſer Tumult und Brand
„entſtanden, gleichwie auch an andern Orten
„von ſeinen grauſamen Verfolgungen viel Auf—
„ruhr und Mord erwecket worden, De Und
bey-felhem Berhalten der Obrigkeit wäre nicht
zu verwundern , wenn bie Regenten folchem
2-68
Blutrath gefolget, und die von jenen angege-
bene Keßer an Leib und Leben geftrafet hätte.
Wie denn wider gewille Seen dergleichen in
den Gefegen gefihehen iſt, ob wol feine allge»
meine Berordnung deswegen von den alten
‚Känfern ergangen , wie man noch in ihren Ges
ſetzbuͤchern ſiehet. Geftalt auch die Papiften“
aus Auguſtino und andern vergeblich zu bes
weifen ſuchen, daß ein Ehrifte einen Keßer ums
Lben bringen dürfte S): davan wir oben das
Gegentheil gefehen. War demnach das Blut
gericht der gottlofen Roͤmiſchen Bifchöffe mehr
als tyranniſch, wenn fie unverfihämt ſchrie—
ben: “Bir halten diejenigen nicht vor Mörder,
„welche wider die Verbannten vor heiligen
„Eifer gegen die Catholiſche Mutter brennen,
„und etliche davon niedermachen„t). Daher
es auch mag kommen feyn, daß die Manichaer
und etiiche andere Gecten durd) öffentliche Ge—
ſetze der Todesftrafe unterworfen worden 7
Zu geſchweigen, wie man unter dem Pabſt
thum nachgehends die Zeugen der Wahrheit mit
Feuer zu verbrennen angefangen , un—
ter dem Vorwand, fie waren Abtrünnige, Goͤ—
Gendiener und KHerenmeiter x). Sa, man
wollte dieſe recht gortesläfterliche at aus dem
e Erempel Yofia 2. B. Koͤn. 22,6. u. f. und aus
den Worten Chriſti Joh. 15, 6. erweifen y),
und verrieth das graufame und bfurgierige Herz
mie folhen und dergleichen DBekenntniften:
„Wenn eine graufamere Strafe fern Fünnte ,
„als das lebendig Verbrennen, fo müßte man ſie
„nothwendig den Ketzern auflegen, weil alfo
„der Ketzer und fein Verbrechen defto geſchwin⸗
„der aus dem Andenken der Menſchen vertilget
„wuͤrde 2).
16. Solche Grauſamkeit hat die Römifche Ele:
vifey eigenmaͤchtig eine lange Zeit ohne Beyftim-
mung der hohen Obrigkeit vorüber , bis im Az
fang des XI. Seculi Kaͤyſer Friedrich IL in ei-
nem öffentlichen Gefeg angeordnet hat, welches
die Paͤbſte mit beyden Händen nachmals ergrifz
fen und mit Schriften und Thaten beftätiger ha⸗
ben a). Gleichwie zuvor im Ende des IV. Seculi
man zuerſt angefangen hat die Ketzer wirklich
ums Leben zubringen, da Prifeitfianus blos auf‘
Anftiften dee Bifhöffe zuerft enthauptet worden
b); Alfo fieng die abgefallene Kirche an, dasjeni-
©ss 839 3 ge
0) E Theodorito Ofiander Cent. IV. lib. II. c.41. p) Euagrius lib. III. c. 44. g) Soerates lb. VII. c.29. r)Idem
ibid, 6) Wellofiss Aduert· inAug. Tom. II. qu. . et Ius Canonum
€. 23. qu. 5. 0.47. 5. 11. et 12. C. de Her. et Manich. et de Anabaptifmo 1, 2. Cod. Theod, ne S.
Bapt. iter. Vi, Phil. a Limborch lib. III. Hiſt. Inquif. c. 21. y) Ibid, lib. III c. 2.
b) Salbirius Senerns Nib. IT. p. 120.
u) L. 4. er
a) In Lege ap. Limborch L c.
difl, 23. 9.6. per tor. €) Vrbani II.
2) Carena ibid.
1062
der Die wahre rechtglaubige Kirche veruͤbet haben ,
daß fie nemlich eibes- und Lebensſtrafen, mit
Gefaͤngniß, Band und Eifen, mit Feuer und
Schwerdt und andern Henfersmitteln die Leute zu
‚ihrem Wahn und Heuchelglauben zwingen wollen,
Dahero man unter dem Verfall mit Dieben und
Moͤrdern viel barmherziger umgegangen iſt, als
mit denen, welche meiftens GOtt in reinem Gewiß⸗
fen dienen wollen, und dem Evangelio würdiglid)
gewandelt, und dahero einige Säßeund Thatender
falfchen Kirche verworfen müffen. Dergeſtalt iſt
es ſchaͤrfer gerochen worden, wenn einer Die phari⸗
ſaiſchen Greuel und Aberglauben angegriffen bat,
und die Menfchenfagungen beitrafet, als wenn der
groſſe Haufe alle göttliche Gebot verachtet und mit
Fuͤſſen getreten e). Denn diefe find bey allen ihren
offenbaren Sünden oder auch bey der gröbjten Heu⸗
cheley dennoch vor orthodor und vechtglaubig von der
böfen Welt gehalten worden: Jene aberhaben bey
ihrer Verſchmaͤhung der Welt und Verleugnung
ihrer ſelbſt nach Chriſti Erempel und Weiflagung
Haß, Spott und Verfolgung erlitten. Welches
alles die Berftändigen auch zu foldyen verwirreten
- Zeiten wohl gefehen haben, da Auguſtinus ſelber,
der doch hernach dieſen guten Weg ziemlich fahren
laſſen, ſehr nachdenklich ſchreibet: “Diejenigen
„mögen grauſam ſeyn, Die nicht wiſſen, mit was
„vor Mühe man Die a finden müffe, und
wie ſchwerlich man fich.vor a i
„ten koͤnne. Die mögen wüten und toben , Die
„richt wiſſen, wie feltfam und ſchwer es fey, Die
FKeiſchlichen Einbildungen durch Die Erleuchtung
„eines gottfeligen Herzens zu überwinden. Laſſet
Hiejenigen graufam ſeyn, denen unbekannt iſt, mit
„was Schwerigfeit das Auge des innern Menſchen
3 jeheilet werde, Damit es GOtt fhauen lerne. Sa,
„eiejenigen mögen ſich graufam ermeifen, welche
„nicht erfahren haben, was vor Seufjen und
„Ringen dazu gehöre, daß man GoOtt nur ein
„wenig kennen lerne d). k
—
17. Es wäre viel von den uͤbrigen Arten der
Verfolgung zugedenfen, da die unverftändigen Ei-
ferer durch den Bann und Fluch ihr feindfeliges Ge⸗
mürhe gleichfalls an Tag geleget, und Dem reinen
und beiligen Eifer Pauli verkehrter Weiſe nachad-
men wollen. Esift aber fhon zuvor bey dem Miß⸗
brauch des Bindeſchluͤſſels das meiſte erwehnet wor⸗
den. Jetzo muß ic) wegen Kürze der Zeit zum
c) Limborch 1. c. d) Laudatus a Zieglere ad Tancellotum lib. IT, tit. 3. F. I1. e) Zimborch. lib. I. Hiſt. Inqu.
or allen Irrthuͤmern Büs
”
8.3. Von dem Abfall der Ehriften von der erften Lauterkeit.
ge zu thun, was I die greulichften Re wi
Schluß eilen, wenn ich noch mit wenigen wer N
terfuchet haben, wie fo vielen Perfonen mit Ttfhen
Auflagen -und Verleumdungen böfe Mennungen
und Thaten beygemeflen warden, die an fich ſelbſt
unſchuldig, Fromm und tiebhaber der rheit ge⸗
weſen. Davon geſtehen viel alte und ne SL
benten das meifte, und die unparteyifche 3
menbaltung der Hiftorien ſamt ihren Umftänden
weifet uns offenbarlic) dasjenige, was man fonft
nicht fo leicht glauben würde. Es gilt hier der Rath
jenes in diefen Dingen erfafrnen Mannes: »Es
„ft nicht fiher, einem jeden alsbald zu glauben,
„was von den Kirchvatern oft aus Zorn wider
„und von ihrer Gegenpart gefchrieben wird, ſon⸗
„oerlich weil die Schriften dieſer unterdruckt E
„verloren worden, e). Und eines andern :
„Alten haben oft aus Affecten ſihr geſuͤndiget,
„und find überaus, bitter gewefen. Sonderlich
„waren die geiechifchen Väter fharffinnige, bes
„redte und liſtige Leute Wem fie nun feind
„waren, die druckten fie faft bis in die Hölle Hin-
„unter: Andere aber lobten fie‘, wenn fie es
„oleic) nicht werth waren, alfo daß die Nachfom-
„men oft fich über folhe Tugenden vermundern,
„daran doc nichts if, f). Diefes findet ein
waßrheitliebendes Gemuͤthe infonderheit bey de⸗
nen, die ex profeflo und am beftigften wider
die Reger gefchrieben haben : da ofte fo viel of⸗
fenbare Contradictiones und Unwahrheiten, oder
zum wenigften ungegründete Murbmaffungen,
Befhwäße von hören fagen und dergleichen vor-
kommen. Der Bornehmfte unter ifnen, Epipha⸗
nius, erfennet felber, daß er in feinen Beſchrei⸗
bungen der Keßereyen nicht ohne unanftandige
Affecten ſey, wenn er um Verzeihung bittet ,
„daß er aus brennendem Eifer wider die Ketze⸗
„reyen, und aus Berlangen die Leſer davon abzu—
Iſchrecken, etwaszubeftiggereder habe. Als, wenn
„er fie im Eifer Landbetruͤger, Umlaͤufer u. ff.
„genennet, damit offenbar würde, wie ihre Leh⸗
„ren, Geheimniffe und Gebräuche von feinen
„Meynungen ganz abgiengen, und daß er aus
„den harten Wiverfpruch feine Freyheit zeigen,
„und durch ſolche ſchwere Ausfprüche doch etliche
„zurecht bringen möchte,, 5). Welche Harte Re-
den und Erzehlungen bey ihm und andern fo viel
ungegründete Nachricht und ungerechte Befchuldis ·
‚gungen gebracht haben, denen ſonderlich die paͤb⸗
ftifchen Kegermeifter: getroft nachgefeßer, wenn.
fie alte diejenigen Laͤſterungen und greulichiten
3 i ; la«
© 4. fl} Cunens pref. in Iuliani Cxfares ib, g) Epift. ad Presbyteros.
— — —
“ %
24. Cap. Don der Art der Derfolgung wider die Betzer unser dem Verfall.
gegen die Zeugen der Wahrheit wiederum
waͤrmet, die den erften en von den
Heyden beygemeffen worden b).
18. Der unbefonnene Eifer wider folche be:
ſchryene und einmal verdächtig gemachte Leute
t wol cher auch fromme und fonft aufrichtige
aͤnner geblendet, daß fie durch das gemaßite
Glas ihrer Affecten fehr übel von ihnen geurthei⸗
let, oder zum wenigften dem falfchen Bericht par-
teyiſcher und ——— Lute geglaubet haben,
Bon Bernhardo erinnern die Gelehrten ſehr wohl,
daß er denen fogenannten Apoftolicis aus Leicht:
Hlaubigfeit und oßne Grund Manichaͤiſche Unrei-
nigfeit Schuld gegeben i). ne fich felbft
alsbald widerfpricht, wenn er geftehet, fie bewahr-
„ten eine ewige Keufchheit, fie —32 — ſich vom
„Fleiſcheſſen und von allen Eidſchwuͤren, und
„wären fonft in ihrem Leben den Eatholifchen gan
„gleich,, k). Dergleichen offenbarer Widerfprud)
in ſolchen Geſchichten haufig zu zeigen wäre, wenn,
>
1063
„ten dahero immer aufs Gebet erpicht: welches
„ſich ſchwerlich zufammen reimen läft,,). Gleich⸗
‚wie denen Archontiois diefe feltfame und mit ein-
‚ander freitende Dinge beygeleger wurden: “Sie
„Ebten unzüchtig unter einander, leugueten die
Auferſtehung des Fleifches, verwürfen das Als
„te Teftament, brauchten ſich aber dennoch def
„ſelben, wie aud) des Neuen, nur, daß fie es nad)
„ihren Sinn ausfegten,, m), Und folche unge»
teimte und einander felbft aufgebende Verleum⸗
dungen hatte fonderlich, nach Art aller Gottlofen,
die Elevifey im Pabſtthum zu ihrem Schirm ers
waͤhlet, weil fie fonft beyder Wahrheit Feine Zu=
flucht hatte, und alfo Lugen erwählen mußte. In⸗
fonderbeit war fie fertig und bereit ſolchen Zeugen
der Wahrheit greuliche Unzucht und andere recht
monftröfifche Sünden beyzumeffen, damit gleich
anfangs jedermann abgehalten würde fie zu vers
nehmen, und hinter die Wahrheit zu Fommen.
Welches alles aus denen Hiftorien offenbar, und
zum Epempel, von gewiſſen feuten, dieman Sa: abfonderlic in den Schriften der Zeugen der
tanianer oder Teufelifhe genennet, verfihern Wahrbeit wider die päbftifchen und andere Ke⸗
will, “fie hätten den Satan angebetet, und waͤ⸗ Germacher handgreiflich zu finden iſt.
h) Ita Hiſt. Eccleſ. Goth. lib. I. c. TV.Se&t.5.n.2. i) Serm.66. inCant. k) Ita Hif. Ecel. Gorh. lib. II. c. IV. ſect.
4.0.8. 1) Epiphanins Hxzı.LXXX.n.3. m) Damajcenus Hær. XL.
SR Das 25. Capitel,
Etliche Erempel, was vor Unrecht hiebey unter dem
Verfall vorgegangen, *
Summarien.
Um iege und ungegruͤndete Beſchuldigungen ben denen, fo wider die Ketzet geſchrieben; Epiphanii Erempel: $.1. The⸗
odorisus win fich orthodox machen durch Verwerſung anderer; Damaſcenus ſchreibt das erſte Syſtema der Kunfitbeolo-
gie; Philaſtrius der albere Ketzetmacher fchleppt ganze Fuder Ketzereyen zuſammen. 2. Etliche Proben ſalſcher Beſchuldi⸗
gungen aus Epiphanio, 3. der oft aus Vorſas unſchuldigen Leuten zu viel gethan, nicht gufrichtig mit den Montaniſten
achandelt, fich grimmig erwieſen, fonderlich gegen Chryſoſte mum: 4. Es wäre leicht, ihm felbit nicht wenige und ge:
ringe Grrtbümer benzumeffen, 5. wird groſſer Leichtalaubigkeit beichuldigets Photii Urlheil von ihm 5 Kfage über feinen
dunfeln Stylum. 6. Epiphanii Exempel kaun von den übrigen Kesermachern einen Vorſchmack geben, gewiß it, dag
vielen Unrecht aefcheben: 7. Wictoris unnötbiger Streit wegen des Oſterſeſts, und- doch werden die verfegert, Die nicht
folgen wollen: 8. Denen Gnofticis werden erſchreckliche Gchandtbaten Schuld gegeben, die doch erfahrne Moͤnner
durchaus nicht Hlauben wollen; 9. mas zu ihrer Entſchuldigung dienen kann: 10. Denen Prifeillianiften iſts auch fo
ergangen; Hieronvmi Zeuaniß davon ; 11. der Wernehmite unter den Anklägern war ein rechter Atheifte ; nie es mitder
Rerfolgung ingangen, merden endlich hingerichtet und verwieſen: 12. Montaniften gebet cs auch nicht beſſer; Hiero⸗
nymus emſchuldiget fie, ingleichen Tertultanus, 13. Leuten, die ficb mit Ernſt der Gottfeligfeit befeifigen, werden
„zum Spott davon eigene Namen gegeben. 14. Ob die Domatiften unter die Ketzer zu ſetzen, noch nicht ausgemacht:
Di Gelegenheit zu ihrer Trennung ; ıs. mas ihr arößtes Verbrechen fol geweſen fenn 5 Auauftini alzugrofe Furchtſam⸗
keit, 16. beſchwert fich über Diefelben : was er ihnen Schuld gegeben ; feines Urtbeil eines Theologi z ı7. Wie unmeige
lich mit ihnen verfahren worden; Augufinus verändert fiuen ſanftmuͤthigen Ginn, mas er ihnen vormirft , iſt nicht
von allen zu verfichen: 18. Gie geben ibm bey Gelegenbeit fleißig nach; durch den Einfall der Barbaren mird endlich
des Streit ein Ende, 19. Bon Drigene und denen Origeniften ; bat ein unſchuldiges und beiliges Leben geſuͤhret. 20,
Noch e, die man allerhand Irrthmer beibuldiget, Luciferianer, Jovinianiften, Aerigner, 21. Audianer; Aus
dii Unſchuld, wird von den böfen Prieſtern geprügelt 3 Damafceni Zeugñiß von ihm. a. Was die SANmRS GT?
elehret
4
1064
äbrer Anfläger ſtecken in den ſhwerſten Irrthuůmern. 24.
anderer: des, Ernfis vors wahre Chriftenthum wird vergeffen. 25. { n Berke
1 Rebſt einzelen Werfonen werben ganze Gemeinen mit festirifchen Namen belegt;
fi 9 —
wie es denen Arnoldiften ergangen. 26.
Zweck dieſer Etjehlung. 27.
* §. I Sr
8 enn ich endlich diejenigen Scribenten
INS felbft genau unterſuchen ſollte, welche
8 fürnemlich und mit ganzen Büchern
wider die Ketzereyen gefthrieben haben, würden
fich unzählige Falſa, ungegründete Relationen
und Befchuldigungen an Tag legen, Immaſ⸗
ſen die Gelehrten ſelbſt geſtehen, daß es noch bis
auf dieſe Stunde an einer accuraten Beſchreibung
der Ketzerehen, ſonderlich der alten, mangele.
Welches denn deſto gewiſſer iſt, je weniger man
von Alters her noch einig werden kann, was eis
gentlic) eine Ketzerey ſeye; wie wir oben aus Au⸗
nino und andern geſehen. Denn jener erken⸗
net daraus, wie wenig Philaſtrius und Epipha⸗
nius einem verftändigen Leſer Satisfaction thun
fünnen, da ein jeder einenanderg Begrif vonden
Ketzerehen habe, und dahero einer immer ihrer mehr
ſetze als der anderea). Und wenn ja einer mitdem
andern in Befchreibung Der Regereyen eins ift,
fo.ift es dahero geſchehen, weil ſie einander ausge
ſchrieben und ohne genauere Unterſuchung, in al⸗
(em, mas fie bey andern gefunden, ihnen gefol⸗
get find. Dahero gibts der Augenfchein, mie
immer einer dem andern hierinnen nachfchwaßt,
‚ja ofte einerley Worte behält, dergleichen von
Auguftinob), Rabano Mauro e) Iſdoro Hi:
fpalenfi d)und vielen andern befannt ift. Die neue⸗
ven Scribenten machens gemeiniglich nicht viel
beſſer, wenn je entweder vor ihren Reßerregiftern
nicht erftlich beweiſen und ausmachen, wer denn
eigentlich und nach der Wahrheit ein Ketzer ſey,
oder nur den vorigen Scribenten blindhin folgen,
welche ſo wenig Grund bey ihren Relationen an⸗
führen als die andern. Bir Baben ſchon unter
ſchledliche geroiffe Proben von denen ungegründten
und affectenvollen Relationen der alten Seriben-
ten gefehen, und wollen nur noch etliche Anmer⸗
Eungen von dem in dieſer Sache beruͤhmteſten Epi⸗
phanio ſetzen, Daraus der übrigen. Seribenten
Glaubwuͤrdigkeit zuerfehen ſeyn wird.
\ Betende genennet‘
GSeltfame Art der Keher, die man Schlau nei und
8.3. Don dem Abfall der Ehriften von der erften Lauterkeit. —
nelehretund gethan haben ; man menget allerhand unereimte Dinge drunter: ez. warum man fie
Proben vom unrechtmäßigen Verkegern; Arnoldiften,
*
—
———
2. Zwar waͤre auch von den uͤbrigen nicht weni⸗
ger vieles zu erinnern, zum Exempel, wie der
auch hierinnen beruͤhmte Theodoritus gleichwol
erſt ſelber die Neſtorianer, wo nicht allezeit, aus
Feindſchaft wider den Cyrillum Alex andrinum,
mit andern orthodox genannten Perſonen anffes
chen, oder zum wenigſten fichfelbft bey den Groffen
am Hofe durch die Verwerfung fo vieler Secten
orthodor und glaubwürdig machen mollen ©).
Ingleichen, wie Damaſcenus in feinem groflen
Buch von dem orthodsren Glauben, (welches
das erfte Syftema der Kunſttheologie auf der
Welt gewefen,) und indem andern ‚vonden Ketze⸗
reyen, die Öeheimniffe des Glaubens auf die bloffe
Vernunft und lofe Verführung der Philoſoph
gründe und baue, daraus hernach die unfelige
Brut der feholaftifchen Theologie entftanden f ).
So ift auch von dem recht alberen Kegermacher
Philaſtrio ſchon erwehnet, wie er ohne Die ges
vingfte Gelegenheit, ich will nicht fagen Urfache,
fo viel Ketzereyen aus feinem Gehirn erdichtet,
ohne was er fonft vor gar zu grobe Fehler und
Jerthuͤmer hat, die von den Gelehrten langſt
angemerfet finds). Darausman fieher , wie es
zu feiner Zeit, nemlich ſchon im 4.Seculo , ein
rechtes Handwerk, oder zum wenigſten zulaͤßig
gewefen, feinem Naͤchſten unfchuldiger Weife die
allergreulichiten Befchuldigungen, dergleichen die
von der Kegerey eigentlich ift, aufzulegen: rs
dem diefer Mann die allergeringfte Meynung ,
welche ihm nicht angeftanden, alsbald mit diefem
Namen belegte, undalfp, wie ein gelehrter Mann
redet, “ganze Fuder voll Ketzereyen zufammen
„geſchleppet hat,;h). Damit er denn nichts an⸗
ders ausgerichtet, als daß die Juͤden und
Atheiſten aus feinen Erzeßlungen ſich ſchrecklich
ärgern, und den Chriſten ihre unverföhnliche
Uneinigkeit unter einander vorwerfen müffen ;).
Uber auf Epiphbanium zu fommen, will id)
feine übrigen böfen Actiones, als die unverdieh-
te Berfolgung des vedlichen Chryſoſtomi, bei
ingri
’ 3) Auguflinus de Heref.ad Q.V.D. b) Vid. cap. 82. de Luciferianisetconf. Indiculus Menardianus de iisdems
“ obferuante Irzigiopr«f. de Herefiarch. n. 4.
1.Garnerins Difl. de Vita eiusc. 6. et12.
ce) Lib, II. de Inftit. Cler.c. 58.
f) Vid. RSanhemius H. E Sec. VIII. p. a43. et de mendaciis eius
d) Lib. VII. Orig.c.3. e)Ita
Baronius probante Cæſaubono Exere.XIII.n.38. g) Scaliger Elench. Triheres c. ı. Bellarminus. de Ser. Ecel.
p. 78. Sixzus Senenfislib. V. Bibl. S. annot. 27. Efius pref.Comm, in Ebr. Peffeninus Appar. S. Yo/fas lib. II. de
Hift. Lat, c.9
b) 1C. Becmannus Przle&.MSt. de Not. Auct. i) Idem ibid.
rif in fremde Aemter, den dabeyoffenbar-
u muth und tyranniſchen Sinn nicht be
rüßren, weil oben etwas davon gedacht worden.
Die Griechiſche Kieche feger in iprem Menologio
ausdrücklich, Daß er deswegen zur Strafe *“inder
„Fremde, und auffer feinem bifchöflichen Sig, da
„er fich in fremde Haͤndel gemifchet, babe fterben
„muͤſſen, tie der von ihm verfolgte Chryſoſto⸗
„mus gebetet und ihm zuvor gefaget hatte h).
3. Ich will aber nur etliche Proben hieher fe»
gen, daraus ein verftandiger Leſer fehen Fonne,
ob der Erzehlung fo vieler Ketzereyen ohne weite:
von Beweis und gewiffe Urkunden zu glauben
fey. Er faget von den Marcione, daß er fid)
alsein Mönch Habe aufgefüßrer, da doch damals
weder Mönch noch Nonne in der Welt war, und
er felber anderswo den Bafılium zum Urheber des
Mönchlebens machet, weicher wol in die 200.
Jahr nach Marcione erſt geleber hat), Don
eben diefem will er behaupten, als wenn cr von
feinem Vater um der Unzucht willen wäre aus
der Gemeine geftoffen worden: Welches aber
von Epiphanio oder andern erdichter ft, weil
Tertullisnus in den vier tweiläuftigen Büchern
wider Marcionem fein Wort davon gedenket m),
Er feget auch die Quintillianer unter Die Catha⸗
Bbrnass ‚ und leget ihnen eben folche Dracula und
eilfagungen bey, ‚ob er wol in feiner Erzehlung
fich felbft verräth, daß er Feine Gewißheit von
denfelben habe n). Ich weiß auch nicht, ob ihm
jedermann glauben werde, da er den tefer bere⸗
den will, es waͤren noch beyfeinen Lebzeiten in der
Jahrzeit, da die Hochzeit zu Cana gefcheben,
die Brunnen und Flüffe zu lauter Wein worden
0), Zum wenigften würde er diefes vor eine groſ⸗
fe Unwahrheit, wo nicht gar vor eine Ketzereh
angegeben Haben, wenn andere dergleichen vors
gegeben hätten. Es erinnert aud) Petablus ſehr
wohl, daß ſeine Erzehlungen gar zu ofte nicht zu⸗
fammen hängen, die Sachen, die er vortrüge,
wären fo gar zweifelhaft und verwirret, daß man
ihn gar nicht oder ſehr ſchwerlich verſtehen fön-
ne p). Er felbft zeiger gar einen fehlechten Grund
feiner Glaubwürdigkeit an, wenn er gefteher, er
hätte nebenft den alten Schriften das meilte von
hören fagen, (Öl dxons dvdewrov) ob er gleich
die Urheber. folches Sagens vor glaubwürdige
k) 58 Gree. ad d. XII. Mai.
ı. Tom.I.n. a. ct Hr. XVI. n.
ı8. r) Her. LIl.
Leute auszugeben nöthig hat: ohne worinnen er
fi) auf feine eigene Erfahrung beziehet, und von
der ganzen Kirchen alfo begehret, ihm in allem
Blauben beyzumeſſen 5). Weldyes denen Ver—
ſtaͤndigen billig bedenklich vorfommen muß, want
der Ausfchlag in einer fo wichtigen und Die Ver:
werfung und Berdammung fo vieler Seelen be:
treffenden Sache auf eines einigen Mannes Cre⸗
die aukommen foll, der nicht allein in feiner gan:
zen Relation Al parteyifch erweiſet, indem er nur
Diejenigen kakta und dicta feßer, welche die von
ihm Beklagten graviren koͤnnen, ſondern auch
nirgends durch eine gewiſſe und allgemeine Be⸗
ſchreibung der Ketzerey das Gemuͤthe der $efer zu⸗
voraus feſte machet, und eine Regel gibt, dars
nad) man die angegebenen Keger prüfen Fönnte.
4. Dafauch nicht alles, worinnen er unfcbuls
digen Leuten zu viel gethan, aus Unwiſſenheit oder
Uebereilung von ihm gefcheben, fondern oft aus
Vorſatz, und aus Verlangen nur viel Ketzer zu
machen, fiehet man aus feinem eigenen Befennts
niß, da er, zum Exempel, von denen Adamia-
nern allerband ſchaͤndliche Dinge vorgibt, dabey
‚aber geſtehet, Daß ers nirgends gelefen oder felbft
erfaßren habe, ſondern mur gehöret; und ob er
wol felber an der Wahrheit diefer Beſchuldigun⸗
gen a? fchreibet ers doc) indeffen in die Welt
hinein, und feine Machfolger fchreibens aus ihm,
er aber entfchufdiger fich blos Damit, weil er als
lerband Unkraut fammle r). Miche weniger hat
er im Gebrauch, daß er’diejenigen Menfchenfa=
tzungen, welche ihm fonderlich gefallen, und das
von er gleichwol Feinen Grund in der Schrift ges
funden, denen — unverſchaͤmt zuſchreibet,
wie Petavius ſelbſt von derjenigen Tradition ge⸗
ſtehet, daß die Apoftel in der Woche nur dreymal
das Abendmahlgebalten hätten, Auch har er nicht
aufrichtig gehandelt, wenn er den Montaniften
eine Lehre vom Faften beygemeffen , die jenen nie=
mals in Sinn gefommen, Bingegen als eine 166»
liche Sache angeführet, was Montanus wirklich
BAER und worüber er von den andern ver—
worfen worden. Denn weil Epiphanius felbjt
die Saßungen von gewiflen Zeiten des Faſtens
und dem Lihterfiheid der Speifen hochgehalten,
bat er diefelben nicht unter die Ketzereyen nehmen
wollen, ob fie gleich an Montano davor gehalten
worden, fondern hat ihm eine ganz widrige
Tee fie Mey:
I) Haref. XLII. n. r. et Epift. ad Euftatk, m) Ibid. H. cit. n) Her.
. Eonf, Zetigius de Hæreſ Se. IL.c. 3. n. 9:
_ i4 11
0) Hær. LI.n. 39. p) In præf. ad eius Opera. gQLib.
e
1066
Meynung angebichtet, Welches die Theologi
vor fein redlic Stückchen halten, da erden Mon-
taniften- Höchft unrecht gethan, und bingegen fei-
ne eigene Ketzerey legitimiren wollens). Wie
grimmiger aud) fich gegen Origenem, Chryſo⸗
ſtomum und Jobannem Hierofolpgmitanunser-
wiefen, und fich der. ungeredyten Actionen des
Theophili Alerandrini theilfaftig gemacher; iſt
oben gedacht worden. Daher insgemein feine
heftigen Anklagen wider ſolche Leute kommen,
Die allenthalben eine groffe Ditterfeit und Partey-
lichkeit anzeigen. Zu gefchweigen, daß ein ande
zer fhädlicher Affect der Ehrbegierde ihn oft mag
geblendet haben, daer Chryſoſtomum einen vor
£reflichen und hoͤchſtverdienten Lehrer fo verächt-
lich und tyrannifch tractivet Bat, daß er auf def
fen freundliches Erſuchen weder mit ihm beten
noch reden wollen, fondern nur befehlemeife ge-
fordert, er follte Grigenem und Dioſcorum ver
Dammen ı). Ob auch fein eigener Ruhm in der
That gegründet fey, Fann ein jeder aus feinen
Schriften urtheilen, wenn er fo.oft fihreibet, er
habe die Kegerenen mit ftarfer Hand vertrieben,
und den grimmigen Beſtien die Zähne ausgeſchla⸗
gen u. ſ. fan); Da doc) bie Theolegi das Gegen⸗
theil gefteben.
5. Woferne jemand weiter der Gewohnheit die⸗
ſes Mannes nachgehen wollte, und ihm, tie er
andern getban, Keßerenen Schuld geben, wäre
es leicht, ihm nicht wenige und geringe beyzumefs
fen, davon ich nur etwas, obwol nicht aus fol-
cher Intention, gedenfen will, daraus man fe-
hen kann, wie leicht aud) diejenigen zu Kegern koͤnn⸗
ten gemacht werden, welche andere fo gerne da=
mitbefchmigen. Es ift ſchon gedacht, daß Epi⸗
phamus diejenige Lehre als eine Apoftolifhe ges
fobet und vertheidiget Babe, welche doch ſchon
200 Jahre zuvor von der ganzen Kirche an de-
nen Montaniften verworfen roorden x). Diefes
befennen die alten Scribenten von ihm, daß er
die Keßerey der Anthrepomorphiten offenbarlich
geheget Babe, welche von den Sabellianern ihren
iUrfprung gebabt y), deswegen in auch Theo-
philus ausbrüclic) einen Anthropomorphiten ge:
zennet bat 2), Es wird aud) an ikm als eine
8.3. Don dem Abfall der Thrifien von der.erflen Lauterkeit. ‚ra
ſchwere Keßerey angemerfet, wenn er in der W
derlegung einer Secte alſo öffentlich gelehret he
„Die Teufel Hätten von ihrer Verdammniß —
„gewußt, und gehoffet, durch die Zukunſt CHri⸗
Iſti auch ſelig zu werden: Da fie aber N,
daß EHriftus ihrentivegen A
„hätten fie angefangen GOtt durch die Keger zu
„läftern, a). Ingleichen hat erdie Worte Co
ſti; Der Dater ift aröffer denn ich, aus-
druͤcklich von der göttlichen Natur erfläret b).
Und ferner erdichtet er, “CHriftus habe ver fei-
„nem Tod, alser um Abwendung des Kelches ge—⸗
„beten, ſich nur alfo angefiellet, und den Teu—
„fel Damit-betrügen wollen, c). Nicht weniger
merfen andere dieſe Irrthuͤmer von ihm ans
„Der Menfch babe nad) feinem Fall einen voll:
„kommenen freyen Willen 4): Die Engel hätten
„mit den Töchtern dev Menſchen zugehalten, da
„bin er den Dre imı B. Moſ. 6,1.2, gezogen
ei Die Seele CHrifti wäre wahrhaftig zur
„Hoͤllen gefahren f): Das Faſten und der Un-
„terfcheid der Speifen fey zur Seligkeit ſchlech⸗
„terdings nöthigs): Die Beilige Schrift feynicht
„genug zum Ehriftenehum, jondern man müffe
„auch die Traditiones oder Menfchenfagungen
„annehmen bh): Den Kirchendienern fey der
„ebelofe Stand fchlechterdings: nörhig Dr Wer)
„sweymal heyrathe, koͤnne Fein Kirchenamt ver-
„teben x): Das äufferliche. Zeichen des Kreuzes
„babe eine groffe Kraft in ee Dingen, 1):
und dergleichen mehr. Zu gefchweigen, was
man ihm wegen Des Gebets vor. die Verſterbe⸗
nen m), wegen des Bißthums und der Ober—
herrſchaft des Apoſtels Petri 0); ingleichen an⸗
derer geringeren Dinge zuzuſchreiben pfleget p).
6. Die in der Antiquitaͤt erfahrne Scribenten
getrauen ſich uͤberdis auch nicht, In von ſchwerem
Aberglauben und uͤberaus groſſer
keit frey zu ſprechen, auch in ſolchen Exgeblaungen,
welche doch der Grund vieler andern Adi.
gungen bey ihm ſeyn muͤſſen 9). Daher übers
dis fein Judicium und Berftand vor fehr ſchwach
erfannt wird, und er freylich in allzuvielem über-
aus leichtglaubig gewefen, und dennoch ſich im⸗
m
⸗) Vid. Chemzitins P. IV. Exom.C. Trid. p. 787. Dannhauerus Chrifteid. p. 494. et 532.- t) Sograteslib. VI. c.14. .
u) Her. XLVII.
zom.lib. VIII. c. 14. add. Cinzur. Magdeb. Cent. IV. p. 643. quod fruftra negant Baron.A. CCXCH. Per.
x) Vid. Chemmitinsl.c.p. 793. y) Niceph.lib.XIIL.c. 12. Conf. Sorrazes lib. VI. read,
f.ad
Ep. z)Sorrazesl.c. a) Hær. XXXIX. n.g..Bel. lib. de Sand. c. 6. _b) In AoywAryaop. Conf. Riu) de Pat.
Aud.c.9. c) Ib. Conf. Cent. Magd 1.c.c.IV.p. 162
#.p.643. etı63. e)HzrLXIV. f)InAncor.etHxr.LXVI. g}Her. LXXV. Conf. Chemnit. P. 1.E.C
p. 80. Scultet.l.c. h)Her, LI.LXIX.etLXXV. i)Her.LIX. ‚k) Ibid. 1) Her, XXX. _m} Hear.
d) Ex Her. XVI. Seulr.M. Pat. P. II lib. I. c. 29. Cent. I.
V.
" Conf. Centur. et Scult.l.c.' nm) Vid.Scnlter.l.c.c.1g.et2ı. o)Her.LI.LIX.LXVIII.LXIX.etal. p) Itet.
e.21. Censur.1.c. q) Vid. Cafaubonus Exere. KV.n.7. Cappellus Vindis. üb. I. c, 4.Drafiss üb. IV. Obſ. c. 21. Spar-
. bexius l.c. See, IV, p. 118. et ceteri ſupra aidi,
———
pi
or
ö— TE Re TE — En
25. Eap. Etliche Exempel, was vor Unrecht biebey unter dem Derfall vorgegangen. 1067
——————— — — — —
mer auf hoͤren ſagen berufet, auch alle Maͤhrlein
und das gemeine Geſchrey vor Wahrheit angege⸗
ben hat, wo er nur etwas hat au ya koͤnnen
r). Wenn das Buch von dem Leben der Pro⸗
beten auch feine iſt, wie es ihm insgemein zuge
friehen wird, fo ift wol nichts fabelhafters und
abgejihmackters jemals gefehen worden. Gein
anderesaber, welches er felbit unſtreitig geſchrie⸗
ben hat, nennet erdeswegen Ancoratum, weil
es ein Anfer fern foll, daran man ſich im Glau⸗
ben halten müfle. Nichts defto weniger erfen»
net Photius von feinen Schriften insgemein, daß
er ſehr ſchwach und ohnmaͤchtig (devns)in Wir
berlegung der Ketzer jey s), und die Theologi ges
ſtehen gleichfalls, daß feine vermennte Wider-
legungen der Ketzereyen bisweilen gar elend und
kahl heraus fommen t). Welches denn der Au-
genfhen ſelbſt Flar machet, da er nach Art der
raͤculorum viel vhetorifiret und ſchwatzet, en
Haufen Umfchweife mit Gleichniſſen, Etempeln
und gezwungenen Figuren machet, und gar kei—
nen Nachdruck oder Kraft, viel weniger einen
reinen göftlichen Eifer wider die angegebenen
Irrthuͤmer zeiget. Ich will nicht fagen, wie oft
er in der Hiſtorie und derfelben nörhigen Umſtaͤn⸗
den, item, in den Zeitrechnungen (ehr gröblich
geirret hat, da er zum Erempel ausdrücklic) fer
get, CHriſtus Babe im so. Jahr feines Alters erſt
gelitten u): die 7. Diaconi wären aus dere Zahl
der 72. Jünger erwählet worden x), und was der⸗
gleichen mehr ift, welches ihm eben an ſich felbft
nicht verarget werden, fündern wol einem jeden
leicht begegnen fann. Die Klage aberder Gelehr⸗
ten über feinen wunderlichen und dunfelen Sty:
lum y) machet allerdings feine eh bey
ihm oft zweifelhaftig, und Fann Fein
—— verſichern und beruhigen, daß es alle ſeine
regungen wider die angegebenen Ketzer ohne
— Pruͤfung annehmen oder gar na ren
nnte.
7. Dieſes einige Exempel eines Mannes, wel⸗
her die Keger zu feiner Zeit zu entdecken und zu
widerlegen gefuchet, kann uns von den übrigen -
einigen Vorſchmack geben, die fich ein gleiches
unfernonmen haben, Es wird auch die obige
ausführliche Befchreibung der verfallenen Lehrer
hierbey deutlich weifen Fönnen, was diefes insge«
mein vor Leute geweſen, von welchen andere, die
nicht in allem mit ihnen einftimmen wollen, als
z)Ib. N Cod.CXXI. ÜChemnitius Orat. deLe&t. Pat. Kortholtus de Vit. Chr. c.IX.n. 18.
rus Cent. IV.H.E.p. 164.
ewiſſen fo
nn na
Keger verworfen worden, weil dach dieſes nicht
don der weltlichen Obrigkeit, noch von dem ar:
men einfältigen Volk, fondern allein von der
Cleriſen und aufderfelben Ausfpruch gefchesen ſt.
Gewiß iſts, und wird am Tag der Offenbarung
JEſu CHrifti erft recht offenbar werden, tie fo
gar vielen durch den bey der Welt verhaßten Ke—
Kan Gewalt und Unrecht gefchehen ſeh.
ndem vorlängft von unterfihiedlichen gelehrten
und erfahrnen Mämmern dergleichen ungercchte
Beſchuldigungen, ja offenbare Caiumnien wider
ſolche Leute angemerket worden.” Dahero feinem
verarget werden kann, wenn er in diefer Sache
genauer nad) dem Grund forfcher, darzu fich in
den alten Schriften fo viel Anlaß finder. Viel
weniger kann ein folches wahrheitliebendes Ge-
muͤthe angefchuldiget werden, als ob eg ſich aller
derjenigen Irrthuͤmer theilhaſtig machete, die matı
diefer oder jener Secte zugefihrieben hat; weil
vielmehr durch Hinwegraͤumung diefer oder jener
falfchen Befchufdigung die übrigen alle vor un«
zuläßigerfanne und erkläret werden. Und in fol:
chem Vorhaben will ich vor dem Beſchluß diefes
ganzen Buchs noch mit gar wenigem als ein
Beichen der verfallenen Kirchen vor Augen legen,
wie man gewiſſen Leuten offenbarlich in einigen
Stüden unrecht gethan habe. Eine ausführlis
che Relation aber bievon würde ein groffes Buch
erfordern, wenn fie nach allen Umſtaͤnden gefche-
ben follte, und wenn darzu Zeit und Raum fo
wohl, als man gewiffe Nachvicht Bat, vorhanden
waͤre. ch übergebe aber diejenigen Secten, fa
man insgemein in die erften 300 Jahre allein fe-
get, und will nur eflicher gedenken, diefich mei:
ftens in die zeiten unter und nach Conſtantino
erſtrecket haben,
8. Schon zu Endedes andern Seculi fienge ein
Römifcher Biſchof, Victor, einen unnörbigen
Streit und Gewiſſenszwang über einer indif-
ferenten Sache an, nemlich ob man das Offer:
en follte nach der alten Juͤdiſchen Art aufden iuten
ag des Monats Martii, oder allzeit auf einen
Sonntag feyren. Diefes wollte Victor haben, und
that endlich Polyeratem und die andern Afiari-
fhen Sehrer deswegen in Bann, weil fie die alte
Weiſe behielten: ward aber von Irenaͤo und an—
dern verftändigen Männern deswegen zur Chriſt⸗
lichen Beſcheidenheit in einer oßnedem geringen
Tee ttta Sache
u) Vid. Kromaye-
x) Vid. Blondellus Apol.de Epifc. et Presb, Sect. III.n. 8. y) Peranins praef. ad
eumetalü, Salmajins, Canus, Bilius, Cafanbenus, Scaliger,
1068
Sache ermahnet. Nichts defto weniger wurden
hernach unter Conftantino und- weiterhin diejeni⸗
gen öffentlich vor Keger ausgeruffen, welche dem
Schluß diefes Roͤmiſchen Biſchofs nicht folgen
wollten, nachdem das Nicenifche Concilium ei:
nen Zwang daraus gemacher hatte, Dahero der
Kanfer Conftantinus felbft daſſelbe vor ein “gött-
‚„liches Gebot in einem Brief an alle Gemeinen
„ausgab, und befahl, felbiges alseine Önade GOt⸗
„tes begierig anzunehmen, mit diefer feltfamen
„uUrfache: Es fehickte ſich nicht, daß an einem
Tag etliche fatteren, etliche aber Gaſtereyen hiel⸗
„ten und fic) luftig machten, als worinnen ſchon
„die Feyerung der Fefte unter den Ehrijten be⸗
„ſtunde, ). Welche nun fid) ſolchem Zwang
nicht untermurfen,, die wurden unter dem Iramerr
der, Teffarescädecatiten oder Duartadeeimaner
vor fehr arge Keger gehalten a), fo gar, dag man
fie vor unglaubig hielte, und bey ihrem Irrthum
‚vor verdammtundverdorben ſchaͤtzte b). Ja, went
fie widerrufen. wollten, ihnen auferlegte dieſe
Meynung zu verfluchen ce). Dazır mar Diefe
Scheinurſache feßte, weil fie das Feſt mit den
Juͤden begiengen, und wie von denen Protopa-
ſchiten inöffentlichen Gefegen geredet wurde, mit
den Orthodoxen nicht einſimmen wollen, ja ei-
ne gröffere Unfinnigkeit als andere Ketzer begien-
gen: Wozu noch, Die Sache gröffer zu machen,
gefeßet wurde, fie verehrten einen andern Sohn
GOttes als die übrigen d). Deswegen wurden,
fie nun von den blinden Eifererr oft ſchrecklich
verfolger, da das Volk ſelbſt wider fie durch Die
boͤſe Elerifey aufgerviegelt ward; als wir oben
von Neſtorio gefehen ©). Wie unrecht aber die-
fen geutenmitgefpielet worden, iſt von den Theo-
logis längft klar bewiefen f); ſonderlich, weil
ſowol das Feft felber, als der Umſtand der Zeit
ein bloffes Adiaphorum oder Mittelding fey, da-
vor es auch die apoſtoliſchen Maͤnner, Polycar-
pus, Anicetus, und hernach Polycrates, Jrenaus
und andere erkannt haben g)..
8. Als die Chriſten von ihrer erſten Lauferfeit
abzumeichen begunten, und ſich hier und der
©paltungen und Zwietracht unter ihnen äuffer-
ten, brachte foldye Uneinigfeit unter andern ſchaͤd⸗
Uchen Früchten auch viel üble Nachreden, und
wol gar bey denen abtrünnigen Chriſten offenba=
2) Eufebiuslib. V. e. 24. etlib. III. de Vit.C.M.c.3 etalii. , a) Vid. Coxcilı Laodie. €. 7.et Hxrehiographi omıries,
8.8. Don den Abfall der Ehriften von dererfien Kauterkeit. | —*
te Verleumdungen wider einander. Nur et⸗
mas zu gedenken, ſoferne es hieher gehoͤret, fo
gaben fie einem gewiſſen Haufen, weiche Gnoſti⸗
ci hieſſen, folgende ſchreckliche Schandthaten
Schuld, wie fie der Hr. Cave wiederholer und
vor wahr haͤlt. “Sie pflegten in ihren Berfanım-
„lungen ein in ihren fleiſchlichen Vermiſchungen
„gezeugtes Kind zu nehmen, daſſelbe im Mör:
el zus gerflampfen, mit Honig, Pfeffer und an⸗
„dern Specereyen zu würzen, "damit es dem
„Mauf defto angenehmer würde. Hernachmals
„aflen fie es wie Schweine und Hunde hinein,
„und endlich befchlöffen fie mic einem Gebet. Das
„„bielten fie nun vor ihr allexvollkommenſtes O⸗
„iterlamm;,h). Andere noch abſcheulichere Ar-
ten der Boeheit übergehe ich billig, die ihnen zum
Aergerniß der Leſer bengeleget worden. Es ift
aber vor allen Dingen aus denen heydniſchen Laͤ⸗
fterungen, deren obemim 4. Buch bey der Keuſch⸗
heit der erſten Chriften gedacht worden, deutlich
zu erkennen, daß diefe Befchuldigungen mit-je-
nen: einerley geweſen, und alfo Zweifels ohne ei»
‚nen Urſprung mit einander gehabt. Dahero
auf) gelehrte und inder Antiquität erfaßrne Maͤn⸗
ner durchaus nicht glauben wollen, daß etwas
wahrhaftiges Daran fey i). Und zwar abfonders
lich aus diefem wichtigen Grunde, weil Fein ein-
ziger Chrifte in einer Schrift gegen die Senden
mit einem Worte folder Schandthaten geden⸗
Fee, die fie doc) leicht auf dieſe Seite fhieben,
und ſich felbft dadurch von allem Verdacht Bär-
ten befreyen koͤnnen. Welches auch ein beruͤhm⸗
ter und ſehr erfahner Theologus weitlaͤuftig dar⸗
thut, daß die aͤlteſten Scribenten insgeſamt nicht
allein davon gaͤn lich ſtille ſchweigen, ſondern
auch es einige in Zweifel ziehen, und vor unges
grimdete Erzehlungen halten k), Wie fic) fon:
derlich die Apologeten in ihren Verantwortun⸗
gen wider dergleichen. beydnifche Verleumdun⸗
gen alfo bezeigen, daß man wohlfehenfann;, wie .
fie dergleichen ‚zu ihren Zeiten vor den Ketzern
nicht gewußt ). Ja, die Gemeinen zutyonund
Vienneſchreiben ausdrücklich, fie fönnten und dürfe
ten nicht glauben, daß jemals: ein Menſch ſolche
Bosheit vorgenommen härter welches gewißlich
ein nachdruͤckliches und ymviderfprechliches Zeug:
niß diefer theuren Maͤrthrer iſt w). Ueberdis koͤn⸗
nen
b)Philaffriusher.97. c) Laodie.l.c. d» Theodofius A.1. 6. Co4. Theod. de Hxret. e)Sccrazes lib. VII. c. 29,
Conf. Ofiander Cent. V.lib.I.c.22. f)Idem Cent. IV.lib. IH. c.38.adc.7. Laodic. et IH. lib. IV. c. 10. Dann.
hanerus.Chrift. p. 481. Hi/t Eccl. Gorh, lib. II. e. III. Se&. 1. n. ıı. Caral: Tefl, Verit. p:19: Gundlingius ad Cone.
Laod p. 67. P Moelinau: Nou. Pap.lib.IV.c.5.etc. 8) Enfebinslib. V.c. 24. Socrares lib. V.c.22.etal, h)Ex
EpiphanioHzr. XXVI. etX!.VIIL. i)Ita Defid. Heraldus Not ad Minut. Fel. O&au.p. 76. k) Konsholins de
Ealumn. Vet. Chrif.e,IX.n.20.fegg. 1) Ibid.n. zı.
m) Num. 26.
*
6 ee Fe
a Se ei Bu
V * 4
u en - r z Er) — m nem - — —
25. Cap. Etliche Exempel, was vor Unrecht hiebey unser dem Verfall vorgegangen. 1069
nr 2 S
“nen auch Epiphanius und die andern unbilligen
Anklager nichts gewifles davon verfichern, fon-
‚bern beruffen fich auf hören fagen, iefen For⸗
mulen: Es gehet die Rede, man gibt vor, und der-
‚gleichen m), Ya, Hieronymus, Theodoritus
‚und andere ziehen die ganze Erzehlung in Zweifel,
«vermutlich aus der von gedachten Maͤrtyrern ans
‚geführten Urſache, ein. Chriſte Fönne und dürfte
na der Liebe Art und Pflicht) dergleichen Greul
won feinem Menfchen, gefchweige von Ehriften,
‚glauben 0). “
> 10. Hierzu waͤre noch zu ſetzen, daß Epiphah⸗
nius feine Abficht alfo anzeiget, er wolle Damit je-
dermann von Diefen Leuten abfchrecken und ab»
alten, da niemand zu folchen Bafılisferr (mie er
ſie nennet) fommen follte d). Andere geftehen,
daß fie nicht hinter die Gewohnheiten diefer Leute
kommen fönnen, weil fie alles ſo gar heimlich hiel⸗
‘ten, wie die Heyden eben auch von den Chriſten
äfterten g),. JIndeſſen Fann es gar leicht gefche-
hen fern „Daß eben die Gelegenheit zu ſolchen Ca-
umnien bey ihnen gewefen, welche ficy unter den
erſten, Chriſten gefunden, denen ihre reine Bru—
der liebe auf das Argfte vonden Feinden der Wahr:
heit ausgeleget wurde; welches die Umftände
ziemlich klar machen, wenn man fie unpartenifch
‚gegen einander halt r). Und wie haben die fo
er Orthodoxi andern dergleichen öffentlic)
chuld geben Fönnen, da unter ihnen ſelbſt viel
Schandthaten bey iren Zufammenfünften vor:
egangen ? Geftalt Hieronymus ausdrücklich ge:
Iete daß in denen Bigilien viel Unzucht unter
en Eheiften getrieben würde; aber dabey foßer:
Die Schuld der andern koͤnne dem Gortresdienft
fiche präjudiciren s), Des wegen er auch oßne
Zweifel die andern Beſchuldigungen der Keßer
nicht billiger, welches von den übrigen, fo fich des
reinen Glaubens gerühmer, auch hätte gefche:
er ſollen. Nicht weniger ift bedenklich, daß
pipbanius von diefen Gnoſticis, und fonderlic)
den Saturnilianern geftchen muß, fie hätten ein
eiliges Leben affectivet, Dadurch fie die Leute an⸗
schen wollen: Ingleichen, fie enthielten fich von
allem Fleiſch der Thiere, und dennoch follen fie
auch (wie er dazu P&ek) das Faſten verdammet ha⸗
ben t). Ingleichen erzehfer er von dem Anführer
der Archonticorum, daß er alle feine Habe den Ar
Men gegeben, und damit viele am ſich gezogen,
n)Her.XLVIIf. 0) Nunszre. p)Hre.XXVIn.3 gIdem Her. XXIV. 1.5. et Sulpirius Seuerus lib, II. Hiſt.
r) Vid. Epıphan.Har. XXVI. n 4. etalibis
interium Petauins praf. ad Epiphan, y) Catal. Scr. Eecl. 2) Swipitins Seuerus lib. U. Hiſt. S. p. 117.
$.p. 114.
XL. x) Vi
a) 1bid. p. 119.
‘Deswegen auch von dom Biſchof Aetio als ein
Gnoſtleus verdammet und abgefegt, ja von ihm
—J—— ſelbſt verbannet und vor einen
reul gehalten worden u). Endlich ſiehst man
auch Bieraus dieſer Leute Linfchuld, weil die Papi-
ften eben ſolche Schandthaten denen Zeugen der
Wahrheit, als, denen Waldenfern, $ugdunenfern,
Adamiten, Picardiern und andern, aus Feindſchaft
beygeleget, ja diefe aus jenen beweifen wollen x).
Anderer offenbaren Urkunden gefchweige ich vorje-
60, wie auch deffen, was man Diefen Leuten ibrer
Schre wegen Schuld gegeben, dazu wol ein weit:
läuftiger Tractat erfordert würde,
11, Die Prififtianiften find gleichfalls vor Nach-
fommlinge der. Gnoſticorum gehalten worden,
deren Urheber, Prifcillianus, von dem Tyrannen
Marimo auf vielfältiges Anregen der wider ihn
ergeimmten Bifchöffe enthauptet worden ift. Wie
untecht aber dieſem Mann vom feinen gottloſen
Feinden mag gefchehen ſeyn, geben die alten Scri⸗
benten deutlich zu verftehen, wenn, zum Erempel,
Sieronpmus (der ihn unter die berühmten Kir⸗
chenſcribenten mit ſetzet) alſo von ihm ſchreibet:
„Priſcillianus, ein Biſchof zu Abila, iſt durch die
KZuſammenverſchwoͤrung Hylatii und Ithacii zu
„Trier von Maximo dem Tyrannen ermordet wor⸗
„den. Diefer wird noch heutiges Tages ein nos
„iticus genennet, da ihn andere vertheidigen, er
„fey nicht alfo gefintier geweſen, wie er beſchuldi⸗
„ee wird, y). Memlich, die boshaftigen Bis
az (deren unreines Leben wir oben aus fo vie⸗
len Zeugniffen gefehen) gaben ihn Unzucht Schuld:
Welches aber die Hiftorici ganz ver ungewiß und
zweifelhaft ausgeben. Denn fie fehreiben aus»
drückfich,“ Fuifle in fermone hominum, eg fen die
„Rede unter den Leuten gangen, als habe er Pro»
„culam geſchwaͤngert, eamque fibi partum gra-
„minibusabegiffe,, , welches Geſchrey daher kam,
weil er mit diefer und ihrer Mutter zu feiner Vers
antwortung gereifet war 2). Ingleichen erjch-
len jie von feiner Verurtheilung alfo: “Er fey
weymal verhoͤret worden, und feiner Uebelthat
„überwiefen, habe auch feine Unzucht nicht leuͤg⸗
„nen fönnen, (non difftentem)a); Welches aber
die Umftände ganz verdächtig machen. Denn
eben dieſer Scribente befennet zuvor: «Er ſey
„nicht allein ein fcharffinniger, beredter und ge>
„iehreer Mann gervefen, enden er Babe auch
Tee tie 3 „ein
s)Epift. 60. adır. Vigilant. t) Her. XXIII. n.2. u)Har.
>
1070
— —— — —— — — — ——
8. B. Von dem Abfall der Chriſten von der erſten Lauterkeit. De
ih
„ein ſehr gut Gemüthe gehabt und viel Gaben des
„seibes und Gemuͤthes; Babe viel gewachet und
„sefaftet, fen gar nicht geldgeizig gewefen, babe
ſich aller Dinge mäßig gebrauchet, und fo forf.
„oem, er ſey in Geberdenund Kleidung ganʒ des
„miüthig gewefen, und fey deswegen von allen ge⸗
ſcheuet und hochgehalten worden, b). Zudem
wird ihm und feinen Freunden von den Wider:
ſachern Schuld gegeben, man habe hinter ihre ges
eime Dinge nicht Eommen koͤnnen c); fo gar, daß
etliche Earpolifchen mit Verftellung und Lügen fie
hintergehen und zur Bekenntniß bringen wollen d).
Es gaben auch feine Feinde felbft ihm unmiffend
ein gutes Zeugniß, indem fie alle fromme Leute
vor Drifeillianiften anklagten ©), Auf Seiten
feiner Feinde merkte ein gelehrter Mann wohl an,
ſie hätten ihn durch ihre Faction unterdruckt, da et
„doch wol gutes im Sinn gehabt, und nur aus Haß
vor einen Vater einer gottloſen Secte angegeben
„werden f). h
12. Was follte auch von feinen Anklaͤgern vor
ein gerechtes und unpartenifches Urtheil zu hoffen
gervefen ſeyn, da der Bornehmite unter ihnen, Itha⸗
cius, Biſchof zu Soffuba, als ein rechter Atheiſte,
von eben diefem glaubwärdigen und redlichen Hi⸗
ftorico befchrieben iſt: Er habe weder Gott nod)
Gewiſſen geachtet, fey ein frecher, ſchwatzhaftiger,
unverfchämter, verſchwenderiſcher Geſelle geweſen,
und Babe nur feinem Band) gedienet, dahero auch
alle fromme Leute vor Priſcillianiſten ausgegeben,
ja den heiligen Martinum ſelber öffentlic) als ei»
„nen Reßer infam machenwollene). Seine Eon»
forten find nicht beffer geweſen, welche alsbald im
Anfang des Streits wider Priſcillianum andere
aufs heftigfte aufgetviegelt, und die vermennten
Ketzer vielmehr erbittere als geftiller, auch fiein ei⸗
nemSpnodo zuCäfaraugufta unverhoͤrt und abwe⸗
ſend verdammet. Als ſie aber damit nichts ausge⸗
richtet, haben fie Die weltlichen Richter durch ihre
ungeftüme und fehandliche Suppliguen (multa
et fecda fupplicantes) zur Execution vermocht.
Ja, obgleich die Verfolgen von der Obrigkeit in
Schuß genommen, und Ithacius, da er als ein
Perwirrer der Kirchen zue Nechenfchaft gezogen
worden, aus Trieb feines böfen Gewiſſens fich aus
dem Staube machte, auch mit lauter Betrugund
Siicken umgieng: (callide fruftratus) mußten je»
ne doch endlich unterliegen, nachdem diefer ſich an
b)Ib.p. 15. » 4)
„7 .Spanbemiusde Chriftianifino.degen. p. 560.
den Tyrannen Marimum (einen Rebellen unter
dem rechtmäßigen Kayſer Gratiano) gehänget, und
die Berfolgung Priſcilliani I hatte,
Da denn das feßnlicye Bitten des Beil. Martini
nichts half, der Ithacium ſchalt, daß er ſich folcher
Anklage nicht enthielte, und Marimum ſelbſt bat
er möchte fich doch von dein Blutvergieſſen fer
elenden $eute enthalten ; Es wäre jagenug, daß fie
von den Bifhöffen als Ketzer aus der Kirche geftofa
fen wären, es fey ein unerhörfer Greuel, daß ein
weltlicher Richter eine geiftliche Sache entfcheiden
follte. Endlich,ob ihm gleic) ausdrücklich verfpro=
chen worden, man wollte nichts hartes wider die
Beklagten vornehmen, verfüßrten doc) andere Bis
fehöffe nach Martini Abreifeden Tyrannen, daß er
das Gerichte einem auch tyranniſchen Richter, Eva⸗
dio uͤbergab, der Priſcillianum und viel andere hin⸗
richten, einige auch an wuͤſte Oerter verweiſen lich.
Alſo wurden dieſe Leute zu einem boͤſen Exempel und
Aergerniß, wie der Hiſtoricus redet, umgebracht,
welches anfänglich unter dem amen des gemeinen
Nugens befchönet, bald aber den grimmigen Bl⸗
ſchoͤffen beygemefien wurde, die e8 gerne, auf die
Nichter gefchoben haͤtten, aud) von den Tyrannen
deswegen mit gewaffneter Hand gegen die verthei⸗
diget werden mußfen, welche das unerhörte Unrecht
ahnden wollten b). Wie denn auch die ſogenann⸗
Prifeillianiften dadurch niche gedaͤmpfet worden,
fondern vielmehr weit ausgebreitet find, Die auch
ihren Anführer als einen Märtyrer gehalten Bas
ben,der zum wenigſten nach aller redlichen Geſtaͤnd⸗
niß unſchuldiger Weiſe einen ſchmaͤhlichen Tod ers
litten hatte Ja es wollen einige verſichern, daß
ns en 12. Jahrhundert diefe Art Leute übrig gerves
en . dr h
13. Die übrigen Anmerkungen, welche von die⸗
fen Leuten leicht zu machen wären, muß ic) we⸗
gen des engen Raums vor dismalübergehen, und
wende mich noch mit wenigem zu etlichen andern,
denen man auf Seitender verfallenen Cleriſey eben
ſo mitgeſpielet. Von denen Montaniften und ih⸗
rem Freund, dem Tertulliano, iſt theils im Bots
bericht, theils im 7. Buch bey den Geſichtern der
erſten Kirchen etwas gemeldet worden. Dieſen
hat man nicht weniger greuliche Schandthaten
beygemeffen, daß fie ihre Myſteria damit heimlich
vollbrächten, welche auch [handlich zu fazen find),
Es iftaber Hisconymuofelbft foredlich, Wr er das
Dan
Op.114. d)Argufinnslib. de Mendaec. c.r.et 3. Epiſt. 253. ©) Sulpitius Seuerusl. c. p. 119. fi F
g) Sulpitius Senerusl.c.p. 119.
h) Idemp. ı14. fegq. et Dial. III,
c. 15. Forzunatus lib. III. Vit. Mart. i) Ibid. fine lib. I. et Leo M.Epitt. 93. Orofusad Augultin. Tom. VI. Op.
Concilium Bracaren/e Sec. VLad eos habitumete. k) Zwickerus in Irenico maftige et ex co Sandius lib. I. Nucl.
H.E.p.117. 1) Epiphanius Her. XLVIII. Damafceuns de Har. c. 49.
es Re
on-alfo fehreibet : “Ich will es. lieber nicht glaus
Dita fon vnien Sr
vergiefjen gefaget wird,, m). je: gran Epi⸗
nius —2 denen Taſcodrugiten, einer Se-
hievon, ſich in diefer Befchuldigung abermalnur
auf hören fagen berufet: (Dası) man faget, fie
zerftächen ein Kind an ihrem Feft mit Nadeln über
den ganzen $eib, fiengen das d
brauchten es zu ihrem Opfern). Auguſtinus hat
es gleichfalls aus ihm, und ſetzet darzu, (perhi-
bentur) man ſaget / ſie machten daraus ihr Abend⸗
mahl, miſchten Mehl unter das Blut, und formir⸗
ten ein Brod davon. Wenn das Kind davon ſtuͤr⸗
be, hielten ſie es vor einen Märtyrer, bliebe es aber
lebend, voreinen groſſen Priefter o). "Die übrigen
wiſſen aud) von nichts als von einer gemeinen Sage
zu reden p), dawider die verftändigen Alten fie gar
gruͤndlich vertheidiget Haben Und Theodo—
ritus bekennet, daß es eine Verleumdung geweſen,
wovor es auch Die Theologi halten c). Des wegen
ihre Feinde ſelbſt bekennen, fie leugneten es mir,
weil ſie ſich ſolcher ſchaͤndlichen Dinge ſchaͤmten ).
Geſtalt auch hingegen von partenifchen&cribenten
nicht geleugnet wird, daß dieſe beuͤte eine ſehr ſchar⸗
fe Kirchenzuche gehabt. Daher erfahrne Maͤn⸗
ner cllerdings davor halten, daß Montanus der
Sache in Husfchlieffung der öffentlichen Sünder
zu viel gethan habe, indem er bey dem ſchon ange»
henden Berfall wider die fichere Elerifen gezeuget
abe, welche Wuͤrdige und Unwuͤrdige zur ®emeinz
Ka der Heiligen gelaffen, und die gefiaue Kir.
chenzucht ſehr übel in acht geionmen ı). Von
denen andern Limftänden, woruͤber fich die Ortho⸗
dori über diefe Leute beſchweret, will ich nicht ge⸗
denfen. Epipbanius muß ihnen gleichwol das
Zeugnißgeben,daß fievon GOtt dem Vater, Sohn
und Heil. Geift mit der Catholiſchen Kirche einer:
ley gelehret, und nur ſich der Offenbarungen und
fonderbaren Gaben des Heil. Geiftes geruͤmet u),
ero die Öclehrren anmerken, wie zu der Zeit,
da die Habe der Weiffagung noch befannt aewes
. fen, viel gottſelige Chriften dem Montane aefol-
et, fonderlich weil fie auch feine Keuſchheit, Far
en, Beftändigfeit in Verfolgung von den Hey:
den, und andere Früchte des Glaubens an ifm
gefeben x). : Welches alles aus Tertulliani
m)Epiß. 54. adMarcellam. m)l.c.n.n.
„| Pradeflinari in Montan. Tertullianus ete,
hemins Introd. H. E Sec. II.p. 65.
ut davon auf, und
ler.
y)Lib. de Teiun. adu. Pfych.c.ı. z) Ibid. c. 12, a) Philaffrius Her. 70.
25. Cap. Etliche Erempel, was vor Anrecht hiebey unter dem Verfall borgegangen. iori
Schriften klar wird; der den Hochmuth und fleiſch⸗
lichen Sinn der Cleriſen redlich entdecket, und da-
bero unter dem Namen der Eferifey vieles von ihr
erliscen hat. Wie er unter andern fchreiber:
Montanus, Priſcilla und Maximilla verkuͤndi⸗
n keinen andern GOtt, heben auch IEſum
—u nicht auf, verkehren auch keine einzige
Regel des Glaubens oder der Hoffnung, ſondern
fie lehren, daß man öfter falten, als ſich des Ehe—
ftandes gebrauchen folle y). Drum müffen dies
jenigen auch falſche Propperen and Keger heiffen,
welche ein züchtiges und mäßiges Leben erfordern
und felbft: in acht ‚nehmen z).
14. Es iſt auch in der verfallenen Kirche fo weit
ekommen, daß man folchen Leuten, die fich mic
Srnitder Gotrleligkeit beftiflen, eigene Mamen von
ig ihrem Sleiß zum Sport und Hohn gegeben.
Alſo find nicht allein die Cathari oder Keinen, die
Apoftolifchen, die Euchetaͤ oder Betenden, verfpots
tet worden, fendern auch die Encratiten,
Abitinentes oder Enthaltenden, ohne Zweifel,
weil die meiften ſogenannten Chriſten wenig von der
wahren Enthaltung und Berleugnung mehr gehal⸗
ten baben,da fie ſonſt mit diefen von dem Geiſt GOt⸗
tes ſelbſt geheiligten Namen nicht fo Teichtfinnig
würden gefpotter haben, viel weniger, wie noch ger
fehiehet, mit dem Namen der Yleuen Heiligen.
Dieſen gab man nun Schuld, fie wollten nichts eis
genes befigen, verachteten die Speife, verwürfen
die Ehewf. f. 2). Sonderlich follen fie fich alles
Weins enthalten und deswegen im Abendmahl
Waffer gebrauchet haben, dahero fie auch Aqua-
rıiund Hydroparaliate heiffen muͤſſen b): Ande⸗
ver Befchuldigungen, die man allenthalben bey den
Serlbenten findet, zu gefehreigen. Diefes aber
müffen ihnen ihre Anfläger zugeſtehen, daß fie
Feufch und züchtig gelebet haben, ob fie es gleich nur
nach ihrer Gewohnheit vor eine Verſtellung ausge:
benmwolfen, auch vor gefährlich) achten, daß fie mit
Weibsperfonen umgegangen 3 Man hat ſie
wegen ihrer Verleugnung auch Apoſtoliſche genen⸗
net, mit dieſer Urſache, weil fie aller ihrer Habe abs
geſaget, und diejenigen, fo nicht vergleichen getban, -
aus ihrer Gemeinfchaft follen ausgefchloffen has
ben; ingteichen weil fie zu heyrathen Bedenken ges
fragend). Darneben follen fie fo eine ſcharfe ie
en⸗
0) in "a c.26. p) Theodorituslib, III. Hxret. Fab. c.2. Auctor
r)l.c. Vid,
Presbyter Cap. de Montan. p.3$. Tom.I I. Cote
Dannkauerus Chrifteid. Th 11. Phen. 2.p.525. &) Timo-
t) Erafmuspref.adHilar. uw) Le.n.n. x) Span-
Epiphanius Hzr. XLVII. Damalcenus ceterique Harefiographi. b)Philafßrius Har. 75. Timotheus Presbyter
er
et
Theo b.de
S ’
vv.
um Aut. Tom. I. p. 451. Theoderituslib. I] Hr. Fab c 20.1. 7-9. 11. 8165. Cod. Theod.de Hzr.
€ —— dıldem. Har. LXII. Auctor Pradeflinaric. 40. Damajtenus Hær. LXL et L 3. 11. Coa,
3 ⏑⏑⏑⏑⏑ —
1072
* 7
chenzucht gehalten haben, daß fie die muthwilli-
gen Sünder nicht wieder in’ die Gemeine ——
nommen e). Bon ihrer andern Lehre aber wiſſen
die Scribenten, nad) ihrer eigenen Defenntniß,
nichs gewiſſes zufchreiben f). Mach der Zeit iſt
unter dem Römifchen Antichriſt in dem 12. und 13.
Seculo ein Haufe frommer und redlicher Zeugen
der Wahrheit mit eben dieſem Spottnamen bele⸗
get werden, denen die Cleriſen dieſe Zeugniſſe als
Ketzereyen zugeſchrieben: Die meiſten Prieſter
wären gottloſe Seute, und koͤnnten die Sacramen⸗
ta weder austheilen noch empfaben ; die Catholiſchen
waͤren Auslachens werth, wenn fie die Heiligen
anbeteten u. ſ. f. ). Wiewol man ihnen auch
eben die Greulthaten Hat Schuld geben wollen.
die zuvor von den Heyden denen erften Chriſten,
und von den Henchlern denen andern Zeugen der
Wahrheit aufgebürdet worden, Und foiche ha⸗
ben gleichwol die Argften Ketzer feyn muͤſſen, unge⸗
acht die fogenannten Catholiſchen felder einen ei⸗
genen Orden im 4. Seculo unter ſich aufgerichtet,
die ſich auch Apoftotifchegenenner haben, undnicht
ungleiche Lebensart mit jenen angefangen h). Ans
derer merfrwürdigen Dinge dey diefen Hiftorien zu
geſchweigen.
15. Bon denen ſehr beſchryenen und verhaßten
Leuten, welche man insgemein Donatiſten tituli—
vet Bat, wären ſehr viel merkwuͤrdige Sachen aus
der Antiquitaͤt zu erinnern, welches aber bey dem
noch uͤbrigen engen Raum dieſes Buchs nicht ge-
ſchehen kann, daher vor Dismal das meifte auszufes
Gen ift, wann dem unparteyiſchen und verſtaͤndi⸗
gen Leſer nur etwas weniges ‚aus ben Hiſtorien
reiflich zu uͤberlegen —55 — gegeben ſeyn wird.
Wiewol es noch nicht «eben bey allen ausgemacht
ift, ob fie unter die ſogenannten Ketzer zu ſetzen feyn,
weil gleichwol die Griechiſche Kirche fie nicht darun ·
ter gerechnet hat, ohne was etwa Cheodor erus und
Damafeenus.aus dendateiniſchen Scribenten kuͤrz⸗
lich von ihnen erwehnen. Die Gelegenheit, wo⸗
ducch fie von denen fogenannten Catholiſchen ge:
frennet worden, war folgende: Donatus, ihr An-
führer, lebte noch unter Der Verfolgung Des Dios
cletiani, und alfo zu einer foldyen Zeit, da die
Epriften zuſamt ihren Lehrern meiſtens ſchon von
der erſten dauterkeit offenbarlich abgewichen waren;
wie im Anfang dieſes Buchs aus ihren eigenen
e) Epiphan.1.c.
8.3. Don dem Abfall der Ehtiften von der erfien Lauterkeit.
nen Heyden zu verbrennen gegeben; Daher wollte or
in vorfeinen wahren. Aufl, und feine Unter
gebene nicht vor eine Gemeine derHeiligen erken⸗
nen, weil feiner Klage nad ſo viel Proditores und
Berräther des Glaubens darunter wären, Nun
mag er zwar wol in dem Eifer wider folche ange⸗
gebene Sünden nicht überall gebuͤhrende Maaß
gehalten haben, wenn anders dem Bericht feiner
Widerfacher zu glauben wäre i); Allein, daß er dies
fesalfes aus Ehrgeiz gethan, weil er gerne Bifchof
zu Carthago geweſen / mag fo wenig Grund haben,
als die gleiche Beſchuldigung Tertulliani, Hiero⸗
nymi und anderer frommen Männer, derer recht⸗
maͤßiger Eifer wider die Heuchler eben aus ſolchen
fleiſchlichen Urſachen böslich hergefuͤhret worden;
wie wir oben aus der Einſtimmung der Hiſtorien
und Theologen ſelbſt erkannt haben. Ich will aber
ſeine Reden und Thaten ſo wenig in allem ent⸗
ſchuldigen, als Auguſtini und anderer beruͤhmte⸗
ſten Lehrer, Deren ſchwere Irrthuͤmer und Fehler
offenbar ſind. Nur will ich andern wahrheit⸗
liebenden Gemuͤthern Anlaß geben, die ganze Hi⸗
ſtorie genau und unparteyiſch zu unterſuchen, da
ſich denn vieles finden wird, ſo von der gemeinen
Sage ganzʒ entfernet iſt. ee a
16. Diefes foll unter andern ifr größtes Vera
brechen geweſen feyn, daß fie den Abfall der Chriſten
von der erften Reinigkeit bezeuger, es wäre nun
£eine reine Gemeine mehr in der Welt zu finden,
indem ſo viele noch unterder Berfolgung den Glau⸗
ben verleugnet hätten, da bald hernach unter Con⸗
ſtantino M. der gänzliche Berderb bey dem aͤuſſer⸗
lichen Wohlſtand noch darzu kommen. Hieraus
wurden fie ferner beſchuldiget, Daß fie alle andere
Chriſten neben ſich verachteten, weil ſie von einem
jeden, der ſich einen Chriſten nennete, auch ein
Chriſtlich Weſen gefordert, hingegen die Gottlo⸗
fen und Heuchler verworfen,und ſonderlich von den’
Lehrern eine genaue Kirchenzucht und Auffiche
über die Gemeinen erfordert. Dahero-Elagte
nun Auguſtinus fehr heftig-überfie, und erklärte :
fie erftlich vor Schifmaticos,hernach aber vor hals⸗
ſtarrige Ketzer, nachdem ſie mit ihm nad) rn
sin? Wi
9
£) AugufinusdeHzr. c.40. 8) Vid. Hif. Eccl. Goth. lib. II. c.IV.£&. 4.n. 8. Centur. Magdeb,
XIL.c. V. p. 338. Spanhemius l. c. Sec. XII. 6,351. ceterique. h)Idem Sec. VI.p:194. i) Vid. omnino Auguflini,
Optati Milewiranı aliorumque adu, eos feripta, tum Concilia Africana diuerla; Barenius AA CCCVL CCCR
GCCLXVIIL Censur.Magdeb.LV, c. V. p. 209. fegg- Witfins lib. 1. Miſcell. S. di, 4. ef,
Be
26.Cap. Etliche Erempel, was vor Unrecht hiebey unter dem Verfall vorgegangen.
—— — — — — — — — — — — — — — —
Willen nicht einſtlmmen wollen. Zumal, da er
in ſtatu eontradictlonis bey ſo heftigen Streit ge»
A von feiner vorigen Lauterkeit merklich abge ·
wichen war, und nicht allein die Berfelgung diefer
und anderer vermeynten Kegervorrecht und gottges
faͤllig ausgab, fondern auch faft feine Nothwendig⸗
feicder rechten Rivchenzucht erkennen wollte, wenn
ev ausdrücklich wider dieſe Leute ſchrieb: "Man
„dürfte: feine Kirchenʒucht vornehmen, wenn dar⸗
„über Unruhe zu fürchten ſey, wenn der Friede gem
„ſtoͤret würde, oder wenn die Suͤnden gar zu fehr
„im Schwange giengen. ° Item, wenn die Gott:
„lofen die Oberhand haͤtten, und esnicht gar füglich
„geſchehen fünnte,y'k), Welches billig vor eine
allzu groffe Furchtſamkeit von Verſtaͤndigen er-
kannt wird, Da er vor rathſamer geachtet, das Wort
GoOttes hintan zu feßen, nur damit Unruhe und
Spaltung verhüterwerde: da doch ein Chriſte dem
Willen GOttes folgen muß , und den Ausgang ſei⸗
ner Vorſehung befehlen 1), So gar wollte man
ſchon Damals die offenbaren Aergerniffe in der Ge»
meine ohne Kirchenzucht dulden und hegen, nur da=
mitdiefogenannten Ketzer nicht recht Shen wels
che darauf drungen, und fich an dem Abfall der Chri⸗
ſten aͤrgerten. Daß demnach alle diejenigen Aufla⸗
gen ohne Grund moͤgen geweſen ſeyn, als wenn die
Donatiſten ſich uͤber alle Chriſten erhoben haͤtten,
und nichts menſchliches mehr leiden, ſondern beſſer
und heiliger als andere ſeyn wollen m). Indem ſol⸗
che Beſchuldigungen durchgehends uͤber diejenigen
Seelen ergangen find, welche auf die Heiligkeit des
Lebens, und alſo aller Ehriften,eiferig edrungen, als
die Harmonie aller Hiſtorien Elärlich bezeuget.
17. Ungeacht nun Auguftinus und andere Lehrer
ufeiner Zeit den Verderb des Chriſtenthums wohl
ben, auch zumeilen in einige Klagen darüber aus-
brachen ; follten doch diefeseute nicht dergleichen von
denen Catholiſchen fagen, nur weil fie etwan allzu
beftig in ihrem Eifer ſeyn, undfich von jenen tren-
nen mochten. Daber befchwercte fich Auguftinus
alſo uͤber ſie Sie haͤtten keine Urfache ihrer Tren-
„nung ep ‚und hauften nur ein Haufen
Beſchuldigungen wider die Leute zufammen, darin.
„doch viel falfches wäre ; damit, weil fie die Wahr:
„beit dev heiligen Schrift ſelbſt nicht verdunfeln
‚oder tadeln Eönnten, Dadurch DieKicche überall bes
„liebet wäre, fiediejenigenverhaßt machten, welche
„es predigten, von denen fie auch erdichteten, was
„ihnen einfiele,, n). tem, er vergleicht fieden Juͤ⸗
u
1073
den, welche ihre eigene Gerechtigkeit aufrichten woll⸗
ten, und haͤtten einen goͤttlichen Eifer, aber nicht
nad) der Wiſſenſchaft oder mit Verſtand o). ns
gleichen gibt er ifnen Schuld, fiegäben vor, es wä-
ve garfeine Kirche übrig, und allein auf ihrer
Seiten ſey etwas davon übrig blieben p): Damit
fie ohne allen Zweifel aufden augenfchsinlichen Ver⸗
fall felbiger Chriſten, der gleich damals ſich ſehr Auf
ſerte, gefeben, daß Feine fo heilige und reine Gemel⸗
ne, ‚als fie unter und nach den Apofteln geweſen,
mehr übrig wäre, und daß hingegen fie (dle Dona«
tiften) in ihren Gewiſſen von der BerleugnungChri-
ſti unter den Berfolgungen und von andern folchen
Aergerniſſen frey waren. Welches freylich denen,
die noch vor Catholiſche und rechtglaͤubige Chriſten
gehalten ſeyn wollten, ſeltſam und widrig vorkom⸗
men mochte: Ja , ſie haͤtten ohne Zweifel alle andere
Zeugniffe Biervon angenommen, wann nur niche
infonderbeit diefe und jene Gemeinen und Perfonen
wären beruͤhret worden. Wie jener von einem
Buch Bitellii eines Donatiften geftunde, welches
von dem Haß der Welt wider die Rechte GOttes
gefchrieben war , wenn er darinnen nicht die Catho—
lifchen als Verfolger genannt hätte, fo hätte er eine
recht berrliche Lehre an Tag gegeben, auch fonderlich
viel fchöne Dinge von der Kirchenzucht gefchries
ben 4). Und freylichtieffen ſich diefe Leute immer
mehrdaran, wenn die Catholifchen den Verderb ih⸗
ver, Kirchen nicht erkennen noch beſſern wollten.
Deswegen ein beruͤhmter Tevlogusiwohlurtbeifet >
„Dieſes ſey eben die Gelegenheit ihrer Trennung ges
„weſen, weil die meiften verfallenen Priefter fich
„nicht erinnern, fondern noch darzu ehren und loben
„laſſen wollen: Da zumal Auguſtinus ſelber gejtepe,
„daß nichts ſchaͤdlichers in der Kirchen fen, alg
„wenn ein verkehrter Menfch gleichwol noch den Ra
„men der Heiligkeit oder gar des Predigtamts fuͤh⸗
„renwolle,, r). Aus welcher hoͤchſtſchaͤdlichen Ge
wohnheit der Heuchler es nachmals die falfche Kira
che beybehalten Bat, daß fie diejenigen allemit dem
Namen der Donatiften beleger, weiche aufdie Hei⸗
ligung, ohne die doch niemand den HEren fehen
wird, ernſtlich gedrungen haben. Wie nicht allein
von denen Papiſten die griechiſche Kirche s), und
die Proteftanren insgemein, und fonderlich die
Augfp. Confeßionsverwandten alfo genennet wer
den, weil fie ihre Cleriſey vor Pparifäer, ihren
Stuhl vor einen Sig der Peftileng Halten t) ; for
dern auch unter diefen vorlängft die Klage geführeg
Uuu uuu tor;
k) Lib. III. adu. Lit. Parmen. I) Per. Martyr Loc. Comm. Cla! IV. c.5. art. 13. m) Oprarus Milewir. lib III.
pag: 87. n) Epift. 137. 0) Epift. 148.
r).Chemmitins-Loc. de Rech e. V. pi 16%
apud Gerhardum Loc. de Eccl. n. 215.
ig.
p) Lib. de Agon. Chrift. c. 29.
s) Leo VIIII. P. R. apud Baronium A. MLIIII.
qQ) Gennadius de Vir.Illuſtro c. 4.
t) Bellarminus
1074
worden: Wenn einer die böfen Prediger von ei-
„nem heiligen Seben frage, fo fegen fie einem gleich
„den alten Stuhl Mofis entgegen, der foll alle
zibre Bubenftücke zudecken. Er muß alsbald
„von folchen frechen Leuten fich vor einen Dona-
ztiften fchelten laſſen, weil er fic) unterftanden hat
„nach dem geben der Geiftlichen zu fragen u).
18. Wie unsweislich aber mit denen Donati⸗
ften von ihren Widerfachern verfahren worden,
wäre leicht weitläuftig zu erweiſen, ſonderlich was
noch von Yuguftini Zeiten vorgegangan, ehe man
fie noch einer fo grofien Halsftarrigkeit, als nach-
gehends gefchehen,
Ecribenten geiteßen ſeibſt, daß fie ſich beklaget,
wie man fie bey der Conferenz unter dem Kahſer
Honorio nicht gebührend gehöret, und ihre Noth⸗
durft vortragen laſſen, weil die Commiſſarien der
andern Partey völlig zugethan geweſen So
ſchreibet auch Auguftinus felber an die Vorſte⸗
her derſelben, daß man ſich beyderſeits auf die
Urkunden oder Acten beruffen, und die Donatiſten
der Cacholiſchen ihren Schuften, die ſe hingegen wie⸗
derum jenen ſuſpiciret und nicht vor glaubwürdig
aehalten Haben: Dahero aud) Eein Enifcheid er:
folgen Eönnen, mer recht oder unrecht gehabt y).
Wie er denn felbft nad) Anmerkung verftändiger
Männer gegen diefe Leute fi ganz anders und
Härter als fonft bezeiget hat, auch die Grenzen
der Chriftlichen Moderation gar fehr überfchrite
ten, und ihnen allerhand feltfame Dinge vorge
worfen z). Sonderlich ift er bey diefem Streit
in feinen Affecten fo gar verändert worden, daß-
er auch den Ehriftlichen Sinn von der Sanft-
auch gegen Die Irrenden verändert, und die
Berfolgung derfelben bis auf den Tod gebilligee
hat, da er zubor auch nicht einmal die Mani ⸗
hier vor ſtrafbar geachtet a). Womit er denn
Fein geringes Aergerniß und einen groſſen Anlaß
dem Antichrift gegeben, daß fonderlic) DieR mir
ſche Elerifey nachmals unter feiner Autoritat alles
Guͤte verfolgt und unterdruͤcket hat; wir wir
oben gefeben. Zu geſchweigen, daß er alles über-
Haupt an diefen Leuten verworfen, mas doch un:
ter ihren Schwachheiten und Eifer vor GITT
(den er ihnen zugeftehet) gut und beilfam gewe⸗
fenb). Weswegen er auch nicht leiden wollen,
Daß fie fich über Verfolgung beflager oder derſel⸗
den gegen die Catholiſchen geruͤhmet, da fie doch
—*
u) Ioh. Langius præf. ad Gregorii Nazianzeni Objurg. Cler.
beſchuldigen koͤnnen. Die
8.8. Don dem Abfall der Chriſten von der erſten Lauterkeit.
—— —ñ —ñe ñ— —ñe — —ñ— — —e ——
wirklich dergleichen von dieſen leiden müflen ©).
Was er aber ihnen von ihrer Wüterey und Ep«
ceflen gegen die Eatholifchen vorwirft, iſt nicht
von allen zu verftehen, indem er felbft fie eintpeis
let in Circumcelliones und Rogatianos, darun-
ter er jene hierinne vor unfchuldig erfenne d).
Wie denn aud) die Cleriſey zu Nippon: an ben
Biſchof derer Donatiften deswegen fehriebe, fie
möchten doch die andern von ihrem —
abhalten, und zuſehen, daß ſie nicht von ihnen
verunreiniget wuͤrden e). Auguſtinus ſelbſt ſchrie⸗
an Proculejanum, er halte dieſes an ihm hoch,
daß viel Zeichen eines gelinden Gemuͤths bey ihm
hervor leuchteten: N © er (der Bis
of) fich die feharfen Worte des Evodii nicht
zu Gemüthe ziehen, daß er zur Bertheidigung
feiner Partey etwas hochmüthig und heſtig gegen
ihm geredet habe f). Daß aljo wol auf beyden
Seiten viel menſchliches mit untergelaufen feyn
mag-
19. Da aud) gleic) diefer Mann gegen ſolche
Seute ſehr eiferig war ‚ giengen fie ihm doch bey gege«
bener Gelegẽnheit fleißignach , und vereinigten ſich
mit Denen J—— Catholiſchen wider die Un⸗
glaͤubigen, wenn fie, zum Exempel, ihn anſprachen,
er moͤchte doch mit einem gelehrten Manichaͤer ein
Geſpraͤch anſtellen, welches auch hernach vor ſich
gangen iſt 3). ‚Er ſelbſt geſtehet auch, daß der
Streit mit ihnen nur allein uͤber der Gemeinſchaft
ſey · Ingleichen, “daß die Catholiſchen nichts
„an ihnen verwuͤrfen, als nur ihre Uneinigfeit, da⸗
„Durch fie Schifmatici oder Ketzer worden waͤren.
„Denn fie bervahrten die Einigkeit und Wahrheit
„der Catholiſchen Kirche darinnen nicht, re
„iniedem Volke GOttes (mie er die ſchon fehr ver«
„derbte Chriſtenheit ohne Unterfäheid nenner) niche
Frieden halten wollten, welches doc) in der gan⸗
„yon Welt ausgebreiterware: Ingleichen in dem,
„daß fie die Taufe Ehrifti an den Menfchen nicht
„erkennen wollten, ' Darum mißbillige er nur ih.
„ren boͤſen Irrthum, aber den guten Namen GOt⸗
„ces , den fie Hätten, und fein Sacrament erfenne
„er unterihnen vor recht, h). Ueberdis muß er
ihnen auch einen löblichen Wandel und frommes
geben zugeftchen, welches er aber dennoch zu ver-
werfen ſuͤchet, weil fie ſich von der Kirche getrennet
hätten ). Sogar ſetzet er allen Grund des Chris
ſtenthum̃s undder Seligkeit auf die äufferliche Ge⸗
mein⸗
x) Poffdius in Vita Aug.c.13.14. y) Epift. 162.
\ 2) Phil.a Limborchlib. I: Hiſt. Inquif.c.4, 2) Conf, eius Epift. Manich. Quæſt. fee. Matth, c; T2. cım Epift. 48.
50,204. et 246. it. lib. II. Retradt. c.5. lib. I. adu. Gaud.c. 5. et ll. c. 3.
f) Ep.147. 8) Pofidins l.ccı6, bb) Epift,59,et223. 1) Ep, 209. Add.
et50. d)Ep.48.et148. €) Ep. 68.
b) Pat. Martyr.l.c. Artie. XV. c)Ep.160.
uniuerfe libri aduerfus eos feripti Tom. Vl,et VII, Operum.
Pr
ee TE SV EEE Ya
—
u
25. Cap, Etliche Erempel, was vor Untechthicbeyunterdem Derfau vorgegangen. 107
meinfchaft der Kirchen, nicht aber auf die innere
Regi eruug und Bereinigung des Geiftes, dadurch
ausalleriey Volk, wer GOtt fuͤrchtet und recht
thut, ihm angenehm, und alfo auch mit der unficht-
‚baren Gemeine EHrifti vereinigerift. In Sum ⸗
ma, es geben alle Umſtaͤnde dieſer Hiftorien, und
alle Schriften wider dieſe Leute, daß fie meifteng we⸗
gen ihres Eifersvordie Reinigkeit ſowol der $ehre
als des Lebens, und wegen ihres Berlangens, Die
Kirche wiederum in ihrem erſten heiligen und felte
gen Zuftand zu fehen, verworfen worden, gleid)-
tie es noch allen denen nach CHrifti Weiſſagung
zugeben pfleget, die nicht nach derfichern Weltart
inallem mit heucheln wollen. Indeſſen haben frey-
lich aud) die größten Lehrer in ihrer Beurtheilung
fehlen koͤnnen, ja, esiftwolbeyderfeics der Streit
aus einem übermäßigen Eifer horkommen, den
GHrr endlich zu rechter Zeit aufgehoben hat , wie
auch hiedurch den Einfallder Barbaren in Afri»
cam endlich gefehahe, da man des Streitens und
Ketzermachens bey dem allgemeinen Elend wohl
vergeffen lernte, u
20. Bon Origene und denen daher genennten
Origeniſten mag ich nicht einmal zu ſchreiben an⸗
fangen, wegen der groſſen Weit laͤuftigkeit, die dazu
erfordert wide, Er iſt mit feinen Nachfolgern
nicht allein vor einen Keßer,fondern auch fo gar vor
einen Urſprung aller andern Ketzereyen von vielen
Eiferern ausgegeben wordenk). Darüber aud)
oft ein erſchrecklicher Zwieſpalt uͤnter den vornehm-
ſten Kirchenlehrern durch unruhige Koͤpfe erreget
worden; wie ſchon anderswo gedacht iftl}. 3 ⸗
deſſen haben ſich doch die bewaͤhrteſten Maͤnner ſei⸗
ner treulich angenommen, und ihn von denen an⸗
ve Irrthuͤmern gründlich vertheidiget:
orunterdie fürnehmiten Didymus Alexandri⸗
nus, Pamphilus und ein Anonymus beym Pho⸗
tio,Breastius Neo⸗ Eäfarienfis, Methodius,
Baſilius M. Gregor. Naʒianzenus, Euſebius,
Aufinus, Socrates und im Anfang auch Siero⸗
nymusgewefen? Denen nach der Zeit viel erfahrne
und berühmte Männer gefolger, als Sirtus Se—
nenfis, Gilbertus, Bencbrardus, Jacobus
WMerlinus, Petrus Zaloirius , Rudolphus
MWerfteinius, Elias du Pın, und fuͤrnemlich
4
ws
Auetius: anderer, die ihn Bin und wieder erflä«
tet und defendiret haben , zu gefchweigen. Die
fuͤrnehmſten Gründe hievon ſind oben im Vor⸗
bericht Eürzlich angezeiget, die auch leichtlich von
feinem wahren und verftändigen Chriſten ges"
leugnet werden können. Diefes ift gewiß, und
koͤnnen ihn auch feine Anklaͤger nicht zweifelhaftig
machen, daßer ein unſchuldiges und heiliges Leben
eſuͤhret, ui meht als die andern alle in der Chri-
nbeit gearbeitet Babes nicht weniger ‚daß er fehr
Biel von den Henden erlitten, ohne was er von der
Beuchlerifchen Cleriſey ſelbſt ausgeftanden,die ihm
feinen guten Namen mißgoͤnnt, und deswegen hart
zugefeger dat. Sein eigener Widerfacher, Siero⸗
nymus, weiß ibn gleichwol nicht genug zu erheben,
ja, er ſetzet: Wenn ein eifernder Judas ihm feine
„Jrrthuͤmer vorwerfen wolle, fo müffe man ihm
„freyſagen, daß ja auch wolder vortreflichfte Mann
„irren koͤnne m). Andere alte und neue Scriben⸗
‚ten loben ihn nicht weniger über alle maffen und
fönnen nicht Worte genug von ihm finden; nie
denn auch die Theologi felbft inden meiften Stücken
feine Unfchuld erkennen und beweifenn), zu ges
fehweigen, daß eine jede Partey inder Chriſtenheit
fich bemüber bat, feine Einftimmung mit ihrer Lehre
ausfeinen Schriften darzuthun o). Aus welchem
allen zur Genuͤge erhellet, wie unbillig dieſer vor—
trefliche Lehrer von einigen ungeſtuͤm tractiret wor«
‚den, die ihn viel roo Jahr nach feinem Tode erftlich
als den ärgften Ketzer verdammer und verbannet ,
und fo erſchreckliche Unruhe und Verbitterung dar-
über in der Kirche angerichtet haben ; davon fehon
etlihemal Erwehnung gefchehen ift.
21... Man finder ferner fo viel andere Namen
ſolcher Leute, welche unter dem Verfall des Chri⸗
ftentfums von dem größten Haufen abgefondere
und allerhand Irrthuͤmer befchuldiger worden, da
denn meiftens beyderfeits viel Unordnung und! Un⸗
gerechtigkeit vorgegangen, wiewol mehr auf Seiten
derer, welche angefeinder und verfolge haben ,
alsderer, wider weldye es gefchehen. Wir wollen
bier nur noch ecliche wenige, fo vielnod) die Enge
des Raums zuläßt, anſehen, von welchen Flare
Zeugniffe vorhanden find,daß ihnen in vielem , wo
nicht in allem unrecht gefcheben fey. Von denen
Luciferianern haben auch die Alten gezweifer , ob
Uuu uuu 2 fie
g k) Epiphanius Her. LXIV. etEpift. ad Ioh. Hierofolymit.ap. Hieronymum Nicephorus lib. VXII. HE. c. 37. Sui-
Aasaliique. 1) Vid. Sorrares lib. II. c. 9. et alibi. Hieronymus Apot.in Rufin. etc. m) Epiſt ad Pammach. es
Ocean.
u) Vid. vel Dannhauerus Chrifteid. Th. r. Phæn. 7. p. 345. fegg. Chemnitius Orat.de Led. Pat. in
Orig. et Loc. de Fil. D. p. 56. Gerhardus L. de Eccl. n. 209.et al. Ojiand.r Cent. III.H. E. lib. 1. c. 5. CalowiusCon-
fel.Matt. 11. 61. fcqg. etc.o) Vid. uelde Cana S. aduerfus Scwirerum P. I. Med. Pat. p. 169. Dannhauerus Chrift.
A&. 1. Th. 4.P. 956. Hülfermannns Patrol. p. 1001 Conf, omnino Husrii Origenianajet Horbii Hiftoria Ori-
genis,
Da
2076 25. Cap. Etliche @rempel, was vor Unrecht biebepunter demiDerfallvorgegangen.
fie eigentlich vor. Ketzer zw halten wären p), un-
geacht ihnen andere, ſonderlich Hieronyınus, viel
€
Irrthuͤmer beygemeflen; haben q), die aber von
- Berftändigen billig vor erdichtet gehalten wer-
den r); Deswegen man auc) diefe vorgegebene
Ketzerey felbft vor eine von denen unzeitigen Ei-
ferern erdichtete Sache anfiehet s). Die Jovi⸗
nianiften find fonderlich von Sieronymo und
Auguftinodeswegen verworfen worden, weil fie
den ledigen und ehelichen Stand. vor gleich ge:
achtet, und diejenigen, mweldye die. Speife mit
Danffagung gengmmen, vor eben ſo gute Chri-
ften -angefehen, als die Faftenden t)., Dabero
aud) die Proteftirenden als Yovinianiften von ih:
rer Gegenpart angegeben worden u), Die aber
vielmehr Auguſtinum und Sieronymum bey Die:
ſem ihrem Kegermachen vor tadelhaft erkennen x).
Wie denn gewiß ift, daß jener in Befchreibung
diefer vermeynten Ketzerey weder die Buͤcher Jo⸗
viniani ſelbſt, noch des Sieronymi wider ihn
geſehen oder geleſen hat, ſondern nur der gemei⸗
nen Sage glaubet, weil er dieſen Leuten ſo wun⸗
derliche Dinge Schuld gibt, und ihre Lehre ein
recht Monſtrum nennet y). Von den Aeria-
nern iſt auch gar viel Streitens geweſen, ob
und warum fie Ketzer zu nennen waren, nach⸗
demdie Proteftivenden gleichfalls mit diefem Na⸗
men beleget worden.z). Zum: wenigften halten
fie diefe folgende Säge vor. Feine Keßerey, wel⸗
che doch denen Xerianern beygemeffen werden:
Die Biſchoͤffe oder. Superintendenten und Aelte⸗
ften wären einander gleich, man ſey an feine ge⸗
wiſſe Zeit des: Faftens gebunden, auch ſey das
Feſt ver Oftern unter den Ehriften nicht eben fo
noͤthig zu halten, uff a).
22. Die Geſchichte der Audianer ift ſchon etli⸗
che mal verfommen, wie: ihre eigene Anklaͤger ih⸗
nen ein fo gutes Zeugniß gegeben haben. leid):
tool aber find fte nicht allein von vielen. vor Ke⸗
ger gehalten worden b), ſondern Baronius nen⸗
net Audlum gar einen Erzketzer, nur aus die-
nr
% J .
fen Urſachen, weilerdie Derter der Schrift, wel-
he GOtt eine menfchliche Geftaltbeylegen, eigent ⸗
lich verftanden hat, item, weil er das Hfterfeft
nad) der alten Weife gehalten e). Hingegen ha⸗
ben fich andere über dieſe Leute befchmeret, daß
fie ihre Lehre fo geheim hielten, oder wie die Ver⸗
leumder zu reden pflegten, es wäre ein heimlicher
Gift Dahinter, ihre Lebensart fey voller Einbil-
dung und phariſaiſcher Heucheley u.f.f. d). Uns
terdeſſen iſt nicht allein Die Unfchuld Audii oben
aus Epiphanii klarem Bekenntniß gejeiget wor⸗
den, ſondern es geſtehen auch andere Unparteyi⸗
ſche gerne, daß dieſer fromme und vor GOttes
Ehre eifernde Mann von der tyranniſchen Cleri⸗
ſey mit groſſer Gewalt aus der Gemeine geſtoſ⸗
fen worden e): Angeſehen er von den boͤſen Prie⸗
ſtern nicht nur fonft verläftere und verfolget, fon
dern auch, welches jchrecklich zu fagen ift, von
ihnen felbft geprügelt ward, auch bernad) auf ihr
Anftiften in die Barbarey verwieſen: In welchem
Fall er freylich ein Ketzer heiſſen muͤſſen, da die⸗
jenigen ihm fo ſpinnenfeind geweſen, welche ih—
nen die Macht ſelbſt genommen haben, unſchul⸗
dige Leute vor Ketzer zu erklaͤren. Nichts deſto
weniger hat naͤchſt Epiphanio Damaſcenus ih⸗
nen folgendes Zeugniß gegeben: “Die Audianer
haben nur einSchifma oder Trennung,nicht aber
„eine Ketzerey. Es ſind Leute, die einen ordentli⸗
„eben Wandel und gůtes Leben führen, haben auch
„einerley Glauben in allen Stuͤcken mit der Ea-
„ehelifchen Kirchen. Sie wollen nicht mit allen
„beten, fehelten auch die Biſchoͤffe, daß fie veich
„find, und andere um anderer Urfachen willen.
„Darinne habemfie etwas eigenes und ſtreitiges,
„daß fie die Worte, zum Bilde GOttes, ausuB.
„Moſ. 1, 26: ſehr hart evflären;, £) Und des⸗
wegen: erfennen fie aud) die Theologi vor Feine
Keser, weldyes ſich mit den obigen Befchuldi-
gungen gar nicht reimet, da fie vor Erzketzer
ausgegeben worden 'g). “
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'23,. Öleicher geftals ift es denen Meffalianern
ya PETE LY EY/ER ur er⸗
— ee
N,
N ; « R s er HR -
p) Auguſtinus de Heref. c. 81. q) Lib. adı. Lucifer. r) Ofander Cent. IV. H.E. lib. II. c. ı2. ) Centu-
yiat, Magdeb. Cent.IV. c. V. p. 207. t) Hieronymus lib. Il. adu. eum Augufinus lib.!de Bono Coniugali
adu, eum. u). Vid. Gerhardus,Loc. de, keel. N. 218.
x) Ofiander 1: c. € 35. Bohem; Hift. Ecel. p. 842. y)
Lib. II. Retract. c. 22. — ib. Hieron. cont. Iouin z) Gerhard.l.c.n.217. a)Vid.
Carpzouius Vfag. in lib. Symb. pr 681. Bebeliys Antiqu. Eeel, fec. IV. Art. XI. n. 8. et omnino Hildebran-
dus Differt. pecul. de Aerian. Her, b)' Theodor irus lib. IV. c. 10. Hifk. Tripart. lib. I. c. 1. Auguflinus de,
Her. c. 50. Epiphanius Her. LXX. Rarherius Veronenj's fern. 1. de Quadrag. ap. Dacherium etc. E recen-
tioribus Danaus:adı Aug. 1. c, Perreius et abfurdus ifte GUGETIMOTOIOS Stockmanunsh.v. c)An. CCCXLI. n-
38. d) Theodor.\.c. e)Ofiander Cent. IV. lib. III. <, 49. Hiff. Eccl. Goth.lib.II. c. II. cit.3.n.14. &) Lib. de
Heref. €.70. g) Dannhanerns Chrift. p. 494. Ofianderl.c.
J v
25. Cap. Ei
ergangen, die man auch Bogomilos, Eucbiten
und Enthufiafien, item Pfallianer, Martyria-
ner , die Geiftlichen u. f.f. genenner Bat. Diefe
find ſchon um die Halfte des 4. ame be:
kannt worden, und follen deswegen Keßer gewefen
ſeyn, weil fie folgendes gelehrt und gethan haben
follen, worunter zwar vieles ihnen chne Grund
Schuld gegeben wird, wie aus Zufammenpals
tung der Scribenten offenbar ift. “Der Satan
„wohne wahrhaftig in dem Menfchen und herr⸗
„fche in allem über ihn: Die menfchliche Matur
„abe mit den böfen Geiftern Gemeinfchaft: Es
„koͤnne aber auch der Heil. Geiſt und der Satan
„in dem Menfchen wohnen (nemlich durd) feinen
»Saamen und die Erbfünde,) vondiefer Wirkung
„wären auch die Apoftel nicht frey gewefen: Die
„Taufe Fönne den Menfchen nicht vollfommen
„machen, noch die Empfaßung der Sacramente
„die Seele reinigen, fondern alleine das Gebet,
„(welches fie nur vor Fräftig follen gehalten haben,
„wenn es von ihnen geſchehen): Der Menſch blei⸗
„be auch nad) der Taufe mit der Sünde vermen⸗
„get: Ein Ölaubiger empfange Das unverwesliche
„und göttliche Kleidnicht durch die Taufe, fon-
„oern durchs Geber: Man muͤſſe die Unempfind⸗
„lichfeit(&r&Icav)und den Heil.Geift (evouon-
„ge) inder Empfindung und Erfahrung erlan⸗
„gen und. in aller (mAngoQegiz) völligen Gewiß-
Heit des Glaubens leben: Die Seele muͤſſe eine
“he Gemeinfchaft des heiligen Bräutigams
„enpfinden (o/SecIoy ), als cin Weib bey ihrem
„Manne (mit Hinwegräumung aller unreinen
Gedanken): Die geiftlichen Menfchen ſehen inn⸗
„wendig und-auswendig ſowol die Sünde, als
die Gnade, wie fie gewirket und Fräftig iſt: Es
ſey eine Offenbarung, die in der Empfindung
„(eviißyrer) und dev göttlichen Gelbftändigfeit
„als: in einer tchre gefchebe: Die Seele, welche
„Chriftun nicht in der Erfahrung und aller Krajt
„babe, ſey eine Behaufung der Schlangen und al»
„fer giſtigen Thiere, das iſt, aller widerwärtigen
„Kräfte: Der Menſch muͤſſe zwey Seelen haben,
„eine, die allen Menfchen gemein fen, die andere,
„melche himmliſch fen (aus ı Ihell. 5, 23.): Es
„fen möglich, daß ein Menfch das Weſen des Heil.
Beiſtes empfindlich erlange-in aller völligen Ge⸗
„twißheit und in aller Rrajt: Der Heiland Fön-
„ie denen Betenden im Licht offenbar werden,
che Erempel, was vor Unrecht hiebep unter dem Derfau vorgegangen. 1087
ü.f fh). Aus diefen und dergleichen Sägen
haben fienun Enthufiaften, oder von GOtt ein-
genommene und gerriebene $eute Heiffen müffen i),
‚davon oben im 7. Buch bey den göttlichen SI:
fenbarungen etwas gedacht worden. Und damit
ſolche Saͤtze nicht etwa vor gut und dem göttli-
chen Wort gemäs geachtet würden, hat man al-
lerhand ungereimte Dinge drunter gemenget, die
Lute damit abzufchrecfen. Zum Erempel, fie
hätten den Teufel durch ihren Speichel vertreiben
wollen, daß er wie ein Rauch oder wie eine
Schlange, oder auch wie ein Ferklein ausgefah—
ren wäre: Sie rübmten fi), als obfie die 3 Per-
* der Gottheit mit fleiſchlichen Augen ſehen
oͤnten: Ingleichen, als ob ſie nun Feiner Caſtey
ung des Kbens noch Unterweiſung bedürften, weil
fie von allen Affecten freymwären: Sie fönnten zus
fünftige Dinge und die unfichtbaren Kräfte fer
—9 dahero fiengen fie ploͤtzlich an zu fpringen ‚und
ächen mit den Fingern nach den böfen Geiftern,
als wollten fie fie erfchieffen, und was dergleichen
ſeltſame Auflagen mehr find k).
24. Man hat fie auch fonderlich deswegen
Betende genennet , weil fie die Worte Cprifti
Luc. 18, 1. und Pauli ı Theff- 5, 7. alfo genom-
men, daß fie ohn Unterlaß, nemlich ohne Zwei⸗
fel im Herzen gebetet, fo gar da Auauftinus
geftehet, es komme denen unglaublich vor, die es
von ihnen hörten I). Sm übrigen hält er dieſes
vor-phantaftifche und lächerliche Kabeln ; den
Befehl GDttes aber vom ftetigen Gebet erflä-
ret er wider den klaren Buchſtaben, daß man taͤg⸗
lich zu gewiſſen Zeiten beten füllte m): Alwo
dem gewiffenbaften Leſer zu bedenken uͤberlaſſen
wird, ob derjenige ein Keger heiffen folle, wel—
cher fich in einfältigem Gehorſam des Glaubens
an die klaren Wortedes Heil. Geiftes hält; oder
ein anderer, der aus der Vernunft das Gegen»
theil wider die Worte des HErrn ſetzet. Viel
Anklaͤger diefer Leute find nicht allein von dem
flaren Worte GOttes in diefen und andern
Stuͤcken abgewichen, fondern haben auch in
den ſchwerſten Irrthuͤmern offenbarlich geſte⸗
cket, und ſind dennoch immer von der Welt
vor orchodor geprieſen worden. Einer unter
ihnen hat alſo wider fie zu der Beil. Maria ge⸗—
betet : “Du beilige Frau, die Meſſalianer fpre-
- Muu unu 3 „chen,
h) Damafcenus Her. LXXX. i) Theodoritus lib. IV. Hier. Fab. c. de ‚Mefläl. Timotheus Preshyter de.Reccpt,
Her.p. 400. Tom. il. Mon. Ecel. Gr. Coteler, Blafares Syntagm. lit. A. p. 12. Concil, Ephefin- Adtione VII.
decr. cont. Melläl. k) Timerheus, Damajcenus, Blaflares, Il. cc. 1) Lib. de Hear. c. 57. m) Ibid,
1078
„hen, daß der Satan über die Herzen der Men-
„eben herrſche, und Daß er wefentlich in ihnen
„wohne Aber Durch) deine Vorbitte, o Jung⸗
„rau, müffe GOtt in uns wohnen, n)! Wor⸗
innen diefer erft um die Einwohnuug GDttes bes
tet, vor welcher nothwendig der Satan muß ges
wohnet haben, wo GOtt nicht gewefen. Inglei⸗
hen betet er weiter: “O Jungfrau, befhlige doch
„das Volk dor der neuen greulichen Kegerey der
Bogomilen, weiche lehren, daß der Leib des
Menſchen des Böfen Werk fey, Die Seele aber
„GOttes im Himmel, 0), Worin er dieſe Leute
abermal nicht recht veritanden haben mag, da
fie Zweifels ohne den Satan vor den Urſprung
der Verderbniß in teib und Seele (nicht aber des
Weſens verfelben), und GOtt Hingegen vor den
Urheber des aus ihm gebornen Geiltes erfannt
haben. Sm übrigen ſiehet man ihre Gorrfelig-
keit daraus, theils weil fie von denen verfallenen
Lehrern fo grimmig verfolger warden, theils weil
die. Griechifche Kirche fid) uber die Lateinifche des⸗
wegen beflaget hat, daß die gortfeligften Grie—
chen von diefer Bogomili fchimpflich zugenamet
würden, die andern aber (nemlich die böjen) ver:
gleichen fie den Süden und Saracenen p). Wie
denn audy aus andern Gefchichten Flar ift, daß
alle fromme und gottfelige Leute in der Griechi⸗
fhen Kirche mit diefem vermeynten Spottna-
men beleget worden, dahero man ihn durch fo viel
Secula bey den Seribenten antrift. Sie find
aber immerzu ſchrecklich verfolgee worden, ‚jon-
derlich, wenn fie ihre Bekenntniß nicht wider
vuffen und verfluchen wollen; wie ihnen ſchon in
dem Epheſiniſchen Eoncilio auferleget worden q).
Ja man hat diefer angegebenen Ketzerey in öffent.
lichen Gefegen Eeine Gnade zugeben gedrohet r).
Wie denn einer aus ihnen, Baſilius, deswegen
lebendig verbrannt mordens), und ein anderer, Des
trus, zu Tode gefteiniget t). Von welchem letz⸗
tern ich noch diefer Zabel gedenken muß, fo die
orthodoren Griechen von ihm erdichtet haben:
Nemlich, er habe fich felbit vor Chriſtum ausgeges
ben,umd da er gefteiniget worden, habeer feinen Anz
Hängern verfprochen , er wollte nad) 3 Tagen wies
derum von. Todten’auferftehen , weswegen Diefe
ange bey feinem Leichnam gefeffen, und endlich)
denjenigen Teufel, der in ihm gewohnet gehabt,aus
dem Steinhaufen in Geſtalt kines Wolfs kom⸗
men fehen u).
n) dob. Zonaras Canone ad Mariam Ode 7. ap. Cottlerium Tom. II. Monum. Gr. p. 469.
p) Criminat. adu.Lat. Eecl, ibid. p- 503.
*8 m»
3. 3. Don dem Abfattder Ehriften von der erften Maurerkeit,
25. Biel andere Nachrichtungen von denen
uncheijttichen Proceffen gegen ſoiche Leute muß ic)
dismal übergehen, ob wol dergleichen in groſſer
Mengenoc) vorhanden find. Es findoftedie Arts
Elagen wider dergleichen Perfonen fo ungereimt,
dag fich billig anfehnliche Männer hätten ſchaͤmen
muͤſſen, dergleichen vor den Mund oder aufs Pa-
pier zu bringen, wenn fie nicht entweder der. fal⸗
ſchen Erzehlung böfer Leute getrauet und gefolgek,
oder auch bisweilen. felbit die Kegerrolle zu ver
mehren begierig gervefen wären. ° Alfo hat matt
eine feltfame Art der Keger erdacht, Die man Aſci—⸗
ten oder Schlauchträger genennet, welche einen
aufgeblafenen Schlauch follen herum getragen,
und fich felbjt vor Diejenigen Schläuche aus dem
Evangeliv ausgegeben haben, diemit neuem Wein
erfüllee wären, aus Matth. 9, 17. x) ungeacht
feiner zu fagen weiß, wenn diefe Leuͤte auf der
Welt gewefen, wo und von wen fie entitanden:
ob fie gleich indeffen vor eine Brut des Teufels,
item vor Enthufialten und Sanaticos gehalten
werden y). Dergleichen fieher man auch von de=
nen Pattalorinditen oder Caſcodrugiten, die
davon ihren Namen follen haben, weil fie entives
der im Geber den Finger in die Naſe geſtecket
haͤtten, oder aud) die Hand auf den Mund gele—
get, damit fie ſich des Stillſchweigens befliffen 2):
Welches gleichwol nicht Allein von einigen vor
eine Wahrheit gehalten, fondern auch vor ein ges
wiſſes Zeichen der Heucheley ausgegeben worden,
ja vor eine Art der Mönche, welche dieſem Ketzer
bierinnen follen nachgefolget feyn a). Es faͤllet
aber diejes alles von fich felbit Hin , da es ohnedem
auf einem ungewiſſen Bericht ſtehet. Und zeigen
freylich dergleichen alberne Erzehlungen an, wie ſo
gar alles Ernſtes und Eifers vor dag wahre Chris
ftenehum vergeffen, und hingegen die Zeit mit ver⸗
geblichen Worten und dergleichen Relationen zus
gebracht worden, davon man nicht den geringften
Grund anzeigen koͤnnen. In dem Fortgang und
Wachsthum des antichrijtiichen Wefens hat auch
diefer Greuel zufeßens ſich vermehret, wenn mau
denen Zeugen der Wahrheit fo viel närrifcherund
recht gotteslaͤſterliche Dinge aufgebuͤrdet Kat,
und zwar blos datum, damit die Cleriſey, welcher
Intereſſe von folchen Zeugen gehindert werden
BT je 5% 4% LEI zer e) > VARRR TEE wollte,
———— ee
DT EEE at Fa
0) Ibid. Od. 9-
g).Ad.7. r) Nomo-Canon Cotelerii c. 461. 9) Zozarzlib. XVIII-
Hilft. Euthymies Zirabenus: Harmenopuls etc. t) Anathematismi ap. Coreleriume Cod. Cxfar. Lambeeiano
Tom. II. Mon. Gr. Eccl. p. 738. u) ibid. x) Philaffrıns Her 75. Auguflinus Her. 62. y) Daneusad Aug.l.c.
2) Philaftr.cı 76. Epiphanins Her: XLVHL n. 14. Augufinus h. 63. Auctor Pradeflinati, a) Danausl,c.
ee nn
25.
wollte, fid) einiger maffen an ihnen rächen, und das
Bolt von ihrem Befall abfchrecken moͤchte. Das
von find nun ganze weitläuftige Bücher nnter den
Gelehrten befannt, ohne was in denen Kirchen: und
ſonderlich Märtyrergefchichten bin und wieder
vorkommt.
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26, Bon dieſer Art dev Koger, tie fie unter
dem Pabſtthum denen beften Leuten angedichtee
worden, haben wir fehen Hin und wieder viel
merkwuͤrdige Dinge gefehen, die uns von ißrer
Unfchuld, und fonderlic von dem Ernft wider
den Berfall genugſam verfichern koͤnnen. Hier
aber kann nichts weiter davon gedacht werden,
ohne daß nur noch einige Exempel folcher unrecht:
mäßig verfegerten Leute gleichfam zur Probe vor-
zubringen find, Unter diefen waren nun fonder-
lich der Cleriſey verhaßt die Arnoldiften , wie fie
von Arnoldo, einem Bifchof zu Brir, alfo bey ih-
ren Widerſachern heiſſen mußten; welcher fid)
der Herrfchaft derer fogenannten Geiftlichen
muthig widerfeget bat, und ifren Geiz, Hoch—
muth und andere Greulungefcheuet aufgedecker :
Inſonderheit aber bat er nachbrücflich ermwiefen,
daß die Kirchendiener Feine weltliche Gewalt ha⸗
ben oder brauchen dürfen; auch daß fie nicht von
abgefordertem Sold, fondern alleine von der
freywilligen Steuer ihrer Zuhörer leben follten b).
Und damit er gleichwol auch vor einen Keßer ge⸗
halten würde, haben ihm feine Feinde Schuld
gegeben, er lehre von der Taufe und Abendmahl
unrecht. Deswegen ev auch endlich im Jahr
1155. von ihnen verdammet und verbrannt wor:
den c), Es ift aber gleich nad) hundert Jahren
ein anderer diefeos Namens, Arnoldus de Villa
Noua,aufreftanden, der wegen feiner groffen
Gelehrſamteit, fonderlich der v ielen Sprachen,
fehr geruͤhmet wird. Seine !chren, darüber er
und die Machfolger,, fo von denen Pabftlern Ar-
noldiften genennet werden, find dieſe gewefen:
„Der Satan habe das ganze Ehriftenvolf von
„der Wahrheit JEſu CHrifti abgeführer, (wel⸗
ap, Etliche Erempel, was vor Unrecht biebe
— — — —
* * *
Lunter dem Verfall vorgegangen. 1079
— ——— ar
„hen Satz die Verſtaͤndigen gar niche vor fal
„halten Fönnen, in Anfehung rail
„thümer , die unter den Chriften befannt gewe-
„fen) A): Item, daß der Glaube derjegigen Chris
„ſten ein folcher fen, wie ihn die Teufel au haͤt⸗
„een, weil fie nur von einem hiſtoriſchen Glau—
„ben wüßten: Ferner, daß die Theologi übel
„daran ran hätten, daß fie die Philoſophie
„mit der Theologie vermenget, und was dergleis
„cheo mehr getvefen,, ©). Deswegen hat er nun
„nothwendig vor einen Härefiarchen oder Erz»
Feger müffen ausgeruffen werden £). Wie denn
auch feine Nachfolger, ob fie wol an der Ans
ahl fehr ftarck gewefen, dennoch von der Cleri—
IR ſehr verfolger worden. ‚Er feibft auch foll in
in dem Gefpräch mit Friedrich dem Ul König
in Gicilien gezeuget haben, wie der Abfall derer
Chriſten, fonderlich damals, ziweymal von GOtt
fen bezeuget worden: Erſtlich von Hajabalo, der
von dem Pabſt Benedicto ein Geficht erzehlet,
daß die verfallene Kirche Babylon und die groß
fe.Hure fey: Hernach durch Arnulphum, einen
Biſchof in Franckreich, der zu feiner Zeit vor ei«
nen Propheten gehalten worden, und fonderlich
in einer Wuͤſten von GOtt durch einen Engel
Befehl bekommen, nad) Rum zu reifen, und
‚der Elerifey alle ihre Sünden und Greul vorzus
halten: Daher ex, dafelbft alsbald ums Leben
gebracht worden, "mie er auch zuvor gefaget ge=
babe 8). Und mag. diefer Arnoldus oder Arnols
phus vermuchlich derjenige gerefen fern, von
welchem man berichtet, daß er ein vortreflicher
83 geweſen, aber weil er die Bosheit der
faffen frenmüchig entdecket, heimlich ftrangus
liret worden h). Andere Zeugen der Wahr
* uͤbergehe ich, darunter ſonderlich ein Lehrer
en den Albingenſern, Arnoldus Ottonus oder
Arnoltos, ingleichen ein anderer Arnoldus Aus
tifanue beruͤhmet find, von welchem einige die
Arnoldiften insgemein Berführen, ob wol ohne
rund i).
* 27. Und
b) Aventinus lib. IV. Annal. Boĩ. p. 629. Audtor Caral. Tefl, Verit. p. 645. o) Otto Friſingenſis lib. II. de Geft.
Frider. c. 20, Kincenriws Spee. Hiſt. XXVIII. e.86. Prateolus, Sixtus Senenfis, Baronius A. MCXL. etc. ete
Liguwz ino A. MCXXXIX.n. 9. et cx eo Ricciolus Tom. II. Chronol. Reform. p. 126. Zuvingerus Theat. Vit,
Hum. p. 480 1324. Wolfins Let. Memor. Cent. XII p. 291. Conf. Hıf. Eccl. Goth. lib. II.c. IV. ſect. 4. Micralius
H.E. lib. III. q.30.n.7. Sandius Nuel. Hift. S. lib. II. p. 380. F. Spanhemius Introd. H. E. Sec. XII p. 350. d)
Catal. Toft. Verit. p. 799.
M
e)Jb. et apud Censur. Magdeb. XIII. c. V. p 116. Zuzelbwgenfis. f) Ita Bzouins Au
X. Prateolus eeterique Pontificii.Rieciolns le. Tom. IV, p. 200. Conf. Zuvingerusl.c.p. 1232. ſeqq. 3708.
Micralius\.c. et qu it. g)Henricus de Herwordis in Chron. A. MCCCXXXVIIL. et Trithemiss in Chron. h. a,
>. Conf: Beilarcede Concord. Chrilt. p. 14.
> LaurentiiSandiusl, c. p. 392- et 408,
h) Platina Vit, Honorü UI. P. R. i)Vid.e Chrom, G.de Podio
— —
27. Und eben dergleichen iſt nun mit faſt unzaͤh⸗
ligen und andern theuren Zeugen der Evangeli-
fchen Wahrheit vorgegangen , welche alle vonder
fyrannifirenden Clerifey aufs yreulichite ange»
feindet, verläftere und unter dem Vorwand der
Ketzerey unterdrucket worden k). Dahin naͤchſt
denen einzelen Perſonen ganze FR und Ge⸗
meinen gebören, die von ihren Feinden mit ſecti⸗
rifchen Iramen, nach Gewohnpeit der falfchen Kir⸗
che, belegetworden. Als da find gewefen, Die Pe:
frobrufianer,, Henvicianer, Berengarianer, Al:
bigenfer, Waldenfer, Begarder, Statricelli und
viele andere, deren Geſchichte eine groffe Mate:
vie geben würden, die Gewohnheit der abgejalle- fi
nen Kirchen in falfcher Benamung und Beſchul⸗
digung darzulegen. Alleine, es gehoͤret dieſes ex
profeflo zu thun nicht eigentlich hieher, da wir
meiftens nur von dem erften Abfall der Chriften zu
handeln gehabt. Ich muß auch ohnedem zum Be:
ſchluß eilen, weil dieſer Bericht über Vermuthen
1080 ° 8.3. Don den Ubfalt der Ehriften von der erften Lauterkeit.
allzu weitläuftig worden iſt. Dannenhero ich
nichts weiter Hinzu feßen darf, wann ich nur
noch diefes einige werde erinnert haben, was den
Zweck diefer Erzehlung klar machet. Memlich,
die abgefallenen Chrilten, und fonderlich die Cle⸗
riſey hat, nach Einftimmung aller wahrhaftigen
Hiftorienfchreiber, diefes durchgehends im Ges
brauch gehabt, daß fie-die theuerſten Zeugen und
Boten JEſu CHrifti alsbald vor Ketzer angekla⸗
get, und zu dem Ende ifnen ſchreckliche Irrthuͤ⸗
mer angedichtet, und fie fonft auf alle Weifenan
Ehre, Gut und Blut gekraͤnket und verfolget.
Woraus ſie ferner ſchlieſſen, daß Eeinem Bericht
olcher erbitterten Leute zu glauben fey, weil ja
die Menfchen von Natur aud) in ihren greulich«
ſten Thaten noch Recht Haben, und zu dem En⸗
de die Unfchuldigen durd) falfche Auflagen verdäch-
tig und verhaße machen wollen. Welches alles
ein unfehlbares Kennzeichen des: offenbaren Ab:
falls-von der erften Lauterkeit zu feyn pfleget.
k) Vid. Io. Pappus Hift. Ecel. p. 363. etibi Xippingius p. 225. 226. 232, etc. it. vniuerfe Caral. Tef. Ver. Hiftorici
Magdeburg, etc.
aere
Pa #37
ren
Nach⸗
498 (0) &% zu *
nn Nachrede \
fo haben wir ſowol das wahre Bild der erften Chriften, als auch deffen Verdunke—
lung und Derluft deutlich und nach der Wahrheit aefeben. Nicht zwar, als ob diefes
alles ein vollkommener Abriß wäre der unausfprechlichen Weisheit GOttes an feinen erſten
Bemeinen, oder der Tiefen des Satans bey dem verdorbenen Ebriftenebum; fondern es ift
nur ein wahrhaftiger und zulänglicher Bericht davon, welcher denen inzwifchen genug ſeyn
kann, die ibn zu ihrem Beten in einem gottgefaͤlligen Gehorſam des Blaubens brauchen
wollen, andern aber ein Anlaß it, alles genauer zu unterfuchen: Dennfolche allein, und nicht
die Weiſen diefer Welt, find geſchickt, das Wahre von dem Falſchen zu unterfeheiden: und
diefe werden auch, wo hier und da gefehlet ſeyn möchte, alles in Liebe und ſanftmuͤthigem
Geiſt tesgen, oder auch erinnern und beffern, Die andern aber, welche nach ihren eigenen
dürftigen Sagungen, und nicht Tauter nab JEſu Chriſto einher geben, müffen ſich noch im⸗
mer an das Wort ftoffen, und vieles zum Bebelf ihres Unalaubens und Widerfpruchs fü:
chen. Denn weil fie Blinde und Leiter der Blinden find, Fönnen fie Chriftun mir feinem
Zeugniß nicht ertragen: Ja, weil ibe Gewiſſen fie überzeuget, mepnen fie alsbald bey alfae-
meiner oder fremder Vorftellting des Abfalls, man febmäbe fie mit diefen Worten auch. Aber
um folcher willen Fann das Licht der ewigen Wahrheit, ſo die Sinfterniß beftrafer, doch nicht
unter dem Scheffel bleiben, noch das Aergerniß Des Creuzes aufbörın. Ja, es würde eben
ein trauriges Seichen fepn, wenn die Dernunft und der fleifchliche Sinn zu folchen Zeugniffen
ſtille ſchwiege, oder fie vor wahrhaftig und recht erfennere. Inſonderheit muß es noch ime
mer eintreffen, was der aelehrte Defiderius Heraldus in der Vorrede über den Arnobium
ſchreibet: „Es kann die Ritchenhiftorie nicht wol ohne Beleidigung der Parteyen abgehan⸗
„oelt werden. Dennoch, aber muß derjenige, den GOtt dazu beruft, die Sache deswegen
„nicht unterlaffen. Denn zu acfehweigen, Daß bey dem gemeinen Ylugen der eigene Vors
„theil weichen muß, ſo Fönnen doch auch einige Heute diefen nugbaren Theil der Gelehrſam⸗
„keit der Welt mittheilen, ohne daß fich Fromme und Fluge Perfonen darüber beſchweren ivuͤr⸗
„’ den. Gintemal derjenige die Vorſteher unferer Zeiten in Feinem auten Concept bat, voels
„cher Undank und Feindſchaft davon beforger, daB er ohne Parteylichkeit und ohne STate-
„tie den Zuftand der Rirchen , ihre Deränderungen und Derwircungen feblehthinvorftellet,,.
Ob nun dieſes auch an diefer Arbeit gefebeben werde, mag die Zeit lehren.
Mein berslicher Wunſch aber und Derlangen zu GOtt ift indeffen, daß er auch dieſe Arbeit
denen, die der Wahrheit von Herzen achorfam werden, zu allerley Erkenntniß und Erfah—
rung durch Ehriftum in der Kraft des Beiftes ſegnen wolle. Sintemal ſie alſo in dieſem Lichte
prüfen werden, was das Beſte fep, auch felbiaes erwehlen, annehmen und genieffen zum Preis
ihres GOttes und Daters. Diefer gebe feinen Rindern Demuth, Weisheit und Bnade, fei:
nen Willen immer mebr zu erkennen, und im Gehorſam anzunehmen, vornemlich aber zutbun :
auch wo fie felbigen nicht alsbald verfteben und faffen Fönnen, dennoch ihr Herz augen ihn offene
zu behalten, und nichts zu verwwerfen , was von ibm Fommt. Denen übrigen aber wolle der
getreue GOtt Barmherzigkeit verleihen vor feinem Angeſicht, damit ihre Yerzen von feiner
Wahcheit Fräftiglich uͤberzeuget werden, wie es ihm ein fo groffer Ernſt um ihr Heil ſey, dafs
er alle Mittel dazu anwende. Deswegen er auch einen folchen Haufen Zeugen umfie beruns
ftelfen Taffen, welche fie alte anſchteyen und überweifen ſollen: Es ſey alſo, und nicht anders; in
Chriſto fey ein rechtfebaffen Weſen, und in ihm gelte nichts als der thätige Glaube. Wobep
fie denn aus fo vielen Exempeln ſehen Fönnen, daß ihr Widerftand umfonft,und ihre Entſchui⸗
digung icrig ſey, alsob es nicht moglich wärs, des HErrn Willen in Einfalt zu tbun. Siezu
wolleder ewige Erbarmer einer jeden Fampfenden Seelen viel Sieg geben in IEſu Chriſto,
ihre Dernunft und eigene Gedanken zu beswingen, und ſodann cin fehnliches Derlanaen, indie
Suftapfen des liebreichen JEſu zu treten. Worauf fie in dee Wahrheit erfahren werden, daß
slle GOttes Verbeiffunaen in Ebrifto Ja und Amen ſeyn, ibm au. Lobe.
In dieſer Absicht ſey nunmehro alles der ewigen Weisheit, Barmherzigkeit und Macht des HErrn HEren aufgeo—
pfert und dahin gegeben: Was er damit thun will, wird gut und heilſam ſeyn. Er ſelbſt aber ſey gelobet erviglich ı
Ende des legten Buchs und der ganzen der Erſten Chriften,
xxxxx Neue.
Neue Yachrede
Neue Nachrede und Bertheidigung
Diefer Abbildung derer erften Chriften wider einige ungütige Urtheile.
Summarien.
1jrreriheid der Urtheile mider diß Buchs $.r. Erſte Art derfelben; 2.3. Judieia gelehrter Beute davon, 4.5. D. Gpe-
ners, 6. D. A. Fritſchii, J. Müders, 7. P. Franckens, anderer in Halle, 8. Jena, ‚Gieffen, 9. Leipzig, 10. auch hoher Per-
fonen, ır. und anderer auch auffer Deutichland, ız. It. 9. P- Fangens, 13. atıc) derer Gegner, 14. Anlap, zum. Widerfpruch
anderer: 15. gemeine Einwuͤrfe 16. wider die Möglichkeit ı7. und Nothwendigkeit; 13. ein anderer Bormand. ı9. nz
fonderheit vor göftlicher Wereinigung, 20. Vollkommenheit; zı. deren Mißverfiand, 22. Gebetsformuln, 23. ſymboliſchen
Büchern 24. und Symbolis, 25. Gewiſſenszwang, 26 28. Keterenen 29730. Vrlleiltani, 31. Montani, 32. der Apoſtolico⸗
zum, 33. Rueiferianer, Jovinianer, Aerianer, Audianer, 34, 35. Macebonianer, Gnofticorum; 36. Epiphanit Fehler; 37-
Bon der Herefi praltica aus Ignatio 38.39. und andern Patribus: 40. Vom Beichtſtul, 41. deifen Rothwendigkeit 42. 47-
und Beichtgeld: 44. Bom Indifferentifmo, 45. Verachtung des Prediatamts, 46. geiklichen Prieitertbum 47. und deſſen
Rechten: 48. Bon böfen Predigern, 49. Recht der Obrigkeit in Kirchenfachen, so. Leibeeftrafen, sı. Ehdſchwüre, 52. Re⸗
ligionseyd: 53. Vom Eroreifmo, 54. Kindertaufe; 55:59. Ob fie aus den Confitutionibus Äpoſtolicis recht, erwieſen
werde ? 59261. Bon Tertulliani Schriften 5 62. von Kirchhaͤuſern, 63. ob fie zuerſt geweſen, 64. oder aus Noth unterblie: .
ben 65. oder aus der Wahrheit? 66. Der eriten Chriften Sinn davon: 67. 68. Bon Berfammlungen: 6. Von der Pe
trobrufianer Befenntniß 70. und deren Lehre wider den Mißbrauch 71. Bon Epifteln und Evangelien; 72. Lutheri ür—
1082
theil, FA obfie die Bibel verdranget 74. und fonft gefihadet? 75.
$. 1.
&e find diejenigen Urtheile, ſo uͤber die in
gegenmwärtigem Buche hervor gebrachte
uralte Wahrheiten bisanhero indie 16. Jahre,
ſeit dem es zum erftenmal heraus Fam, zum Vor⸗
fhein gefommen, niche einerley, fondern mei-
ſtens von zweyfacher Art. Etliche erfennen
zwar das meifte darinnen vor gut und erbau-
lich, wollen aber doc) auch in etlichen Stücken et⸗
was defideriven. Andere haben das ganze
Werk überhaupt verwerfen und andern ver-
daͤchtig machen wollen.
2. Bon der erften Ark find mir in Schriften
nicht mehr bekannt worden, als was erft A.1709,
ein Ungenannter, in der Abfertigung wider eines
Anonymi Befhuldigungen gegen Hn. D. Bud-
deum $.46.P-496, vorgebracht hat, alwo wohl-
gedachten Hn. Buddei Iudicium alfo wiederholet
wird: Man habe in meinen vonder. Hiſt.
edirten Schriften nichts ſonderlichs an⸗
ſtoͤßiges befunden. Solches deutet denn der
ungenannte Autor p. 496. in ſpecie auf dieſe
Abbildung, limitiret es aber nach feinem eigenen
Begriff alſo: Es feylange hernach, da man
mehr nachgeſuchet, unterſchiedenes in der
erſten Liebe gefunden worden. Womit er
alſo ſagen will, man habe dennoch endſich et⸗
was dergleichen angetroffen.
3. Es iſt aber hiebey anzumerken, daß er 1)
nichts fpecificirer hat, was und wie vieles anftöf
fig fey: 2) daß er meldet es ſey folches in gerau-
mer Zeit nicht gefunden worden, ſondern erſt lan⸗
Bon Caroli M. Zeiten. 76. Fortfetzung dieſer Abbildung. 77-
ge hernach: Wie er denn ſolches indie 14. Jahr
nach der erſten Edition geſchrieben hat: 3) daß er
ſelbſt bekennet, es ſey nichts ſonderlichs anſtoͤſ⸗
ſiges, und 4) ſich auch erbietet, ſolches, nem-
lich, daß. nichts ſonderlichs anftößiges im Buche
fey, mit verfchiedenen Special-Teftimomoniis
zu beweifen: 5) daß er in Zweifel ſtehet p.
497: ob fidy die von blinden Widerſpre⸗
chern annotirte Dinge alfo verhalten, und
6) fordert, jene follten Leute allegiven, welche
folche anftögige Puncte mit Beſtand der
Wahrheit annotirt bötten.
4. Aus diefem an ſich felbftvorfichtigen und
befheidenen Vortrag des Herrn Anonymi mag
dennoch einem deſer dieſer Serupelübrigbleiben,
als ob verfchiedene anftößige Dinge in dem Bu⸗
che waͤren. Soferne auch diefeswon einem ge:
nommenen und gefüchten Anſtoß, daran das
Bud felbft nicht, fondern der Zuftand eines un-
erfahrnen $efers Schuld hätte, vetftanden wuͤr⸗
de, möchte eben Feine Erinnerung dabey nöthig
ſeyn. Want abervon einem im Buche felbft
wirklich gefundenen Xergerniß die Rede ſeyn
follte, fo bedürfte folche Anfchuldigung billig eis
nes wahren Beweifes.
5. In Ermanglungdeffen aber ift wol nichts
übrig, als daß man zuförderft und inggemein ei⸗
ne und andere Iudicia folcher Perfonen produci-
re, welche von Wahrbeitliebenden noch geach⸗
tet und gehöref werden, Zwar gefehieher diefes
nicht aus eitler Ruhmſucht oder aus kn
au
und Vertheidigung.
auf menſchlichen Benfall, ſondern blos aus drin⸗
gender Roth, weil der Feind ſolches Zeugniß von
der alten Wahrheit und Gottſeligkeit unter der
Hand verdächtig machen will; damit auch etwa
gutwilligen, und doch in der Antiquitaͤt und lau-
teren umpartepifchen Wahrheit ungeübten Ge-
muͤthern der) heilfame Gebrauch diefes Buchs
nicht verleidet werden möge. In welchem Bor»
haben mich unter andern auch des fel. Herrn D,
Speners Erempelbeftärfet, der durch die har»
ten Wiederfprüche zuweilen fich genöthiger fand,
auch gute Zeugniffe anderer Männer aus ihren
Büchern md Schreiben vor fich zu produciren.
6. Diefer Theologus num hat diß Buch nicht
nur privatim jedermann recommendirt, ſondern
auch öffentlich fehon An. 1697. indervölligen Ab-
fereigung D. Pfeiffers €. III. p. 3 8. alfo gefchrie-
ben: «Was Hr. Pf. dem Herrn G. Arnold und
»der von ihm heraus gegebenen Abbildung
»Schuld gibt, Hat fehlechten Grund, und wird
»dem Auctori felbft feicht werden, fein Werf zu
„retten. Diefes aber fey Hr.D.Pf. verfichert,daß
„Hn. Arnoldi Werk beyrechtfchaffenen Chriften
»feinen Preis behalten durfte, wo feine Schrif⸗
»ten ziemlich möchten vergeffen worden feyn, und
»follte er wünfchen fo viel auszurichten , als hie
»durdy bey denen, die mie Chriftlicher Klugheit
„gleichwol auf denrechten Unterfcheidder Zeiten
»fehen, ausgerichter zu werden Hoffnung ift-.
Hiemit hat er in einer Öffentlichen Streitfchrift
undin ſtatu contradiktionis befennet, daß nicht
nur der MWiderfpruch dagegen ungegruͤndet,
fondern auch, daß ſolch Buch in feinem Werth
Fünftig beftehen werde. Und dieſes iſt auch info
vielen Jahren bis hieher erfolger,indem die Abbil«
dung nun fo lange unter den Händen der Öelehr-
ten geweſen, aud) die widrigften Cenfuren aug-
gehalten, aber dennoch, unumgeftoffen blieben.
7. Der fel. Canßler Ahafverus Fritfchius
fchrieb davon in einem Handfchreiben aſo; «Ich
»fehenicht, was in des Hn. A. erſten Chriftenthum
»enthalten feyn follte , das der Wahrheit möchte
»zumider fenn. Ich erwarte nun täglich eine
„beatam analyfin, und dazu ift mir diß Buch fehr
geſegnet. GDre laffe es in feiner Kirche viel
»Musen ſchaffen! Er fteure aber auch denen, wel⸗
vche ihm zuwider find! Sch vermurhe in Fünfti-
1085
»gem Seculo eine fehwere Verfolgung über un⸗
»fere Kirche, indem folche theure Zeugniſſe aus
der erften Kirche fo gar verachter werden,» u.f.f.
Der damalige Generalfuperindenrim Fürften-
thum Halberftadt. J. Luͤders, urtheilte alfo eigen-
haͤndig davon: Aus dem Buche des rechten le⸗
»bendigen Chriſtenthums derer Alten ſchoͤpffe
„groſſes Vergnügen, und preife GOtt über die
»dazu verliehene Gnade und Weisheit, mic herz-
lichen Wunfch, daß diß Werf vielen dienen
»möge zur Aufmunterung der Nachfolge, auf
"daß die Zeiten nahe feyn mögen, wieder einzu-
»freten in das Leben Chriſti. Der Satan wird
»zivar damwider roben: Aber getroft! der HErr
"wird ihn unter des Ölaubens Füffe freten.
8. Der ſel. Hr. Prof.Frandfe fehrieb einige Zeit
hernach in der Vorrede über Wellers Marter-
buch, fo auch An. 1702. im Zeugnißvom Wort
GOttes p. 346. wiederholet ward: «Wir haben
„gewiß unferm GOtt nicht wenig zu danfen, daß
»ers auch in deutſcher Sprache an folchen Bir»
sschern nicht fehlen läßt, darinn ung die Erempel
»der Alten nachdrücklich vorgeftellet werden, de
»ren man viele nennen Fönnee,ift aber ohne Roth,
„nachdem nunmehro ang Licht kommen iſt G. A.
»Abbildung, welches aller vorhergehenden Arbeit
»weit übertrift, indem zwar viele fich an folche
»Arbeit gemacht, aber die wenigften ihnen ſolchen
Zweck, nemlich die nachdruͤckliche Erbauung und
Beſſerung im Chriſtenthum, vorgeſetzt. Aus
dieſem Buche kann erſtlich ein jedes rohes und
»unbefehrres Weltherz uͤberzeuget werden, daß
„die erſten Chriſten gar andere Leute geweſen, als
»der groſſe Haufe derer, u.ſ.w. 2) Koͤnnen auch
ſolche, die einen Anfang im rechtſchaffenen Chri-
»ftenehum haben, durch ſolches Buch gar Fräftig
»in ihrem angefverenen Kampf geftärfer werden,
wenn fie einen folchen Haufen Zeugen vor fich
»finden, nnd die Gnade und Kraft GOttes an
»ihnenerfennen. Sa, endlich auch diejenigen,
»welche bereitsin langer Uebung und Erfahrung
»des rechtſchaffenen Wefens ftchen,werden durch
»eenftliche Betrachtung der in folhem Buch vor:
»geftellten Erempelgedemütbiget werden, wenn
»fie fehen, mie viel hurtige Kämpfer fie vor fich
„haben u.fm. Womit eralfo diß Buch vor
alle und jede Menfchen nüglich achtet, auch da⸗
re rrr 2 bey
so84
mentis, Barnab&, Ignatii, Macarii verdeutſchte
Schriften recommendiret, In dem Entwurf
vom Mißbrauch des Beichtſtuls p. 167. feßet
er gleichfals: »Man leſe nur Caue oder Arnolds
„erftes Chriftenthum, und halte e8 gegen un:
„feen Zuftand, fo wird man fehen, wie elend es
„in unferer Kirche ftebe,. Hr. Hofrath Stry⸗
ke weifer in feinen cordaten Schriften ſehr oft
auf dis Buch, wie auch Hr. D. Böhmerus und
ere.
“rn Auf der Jeniſchen Ncademie ward noch An,
1704.im Namen des Rectoris Hn. D. J. Jac.
Müllers und derer übrigen Hrn. Profeflorum in
einem öffentlichen Programmate über Tornefü
Leiche folgendes geſetzet: Equidem Caue inlibro
de ver. Chrift. relig.c.7.p. 214. negare videtur,
Sacra olim publicain cameteriisad bufta marty-
rum fuifle inftituta. - - Enimuero, vrre&teob-
feruat G.Arnoldus in Delineatione FideiacVi-
t* Primorum Chriftianorumlib. II. c. 3. P. 179.
Sibi contradieitvir cetera doctisſimus &c. Wo⸗
mie alfodis Buch nicht nur nomine publico alle-
girt, ſondern auch) indiefem Punet gebilliget, und
alſo das Zeugniß tacite recommendirt worden.
In Gieſſen iſt es in Hrn. D. Maii Schriften und
fonft öfters allegirt worden. (Vid. Exercitat.
Philol.p. 657. Tom. II p.76. 157.1 89. &e.)
10. Aus $eipzig fehrieb ehemals ein berühmter
Profeffor Theo]. wie erdisBuc) an einen gemwif
fen Hof vecommendiret hätte, und feste hinzu:
„sch hoffe ja, daß das alte Chriſtenthum noch fo
‚viel unter Chriſten gelten folle, als das alte Hey
denthum, wovon alle Meffen fo häufige Bücher
„ohne Widerfpruch heraus kommen. Sollte aber
‚jemand dennoch von der erften Siebe nicht nach
"Ver Siebe urrheilen, der verriethe fich felber, daß
> eeden alten Haß wider Chriſtum und feine erfte
bauterkeit höher hielte, als die erſte Liebe, Und
ein anderer gelehrter Mann, derjegt ineiner be⸗
ruͤhmten Reichsſtadt als Senior ſtehet, ſchrieb
wegen des Pfeifferiſchen Iudieii folgendes: Non
nego ex euolutione doctisſimi præ dicatisfimi-
que operis, quod primzui Chriftianifmifaciem
graphice nobis ob oculos ſiſtit, me amorem
au&toris ftatim concepifle. - - Vidiſti credo,
quam maleuole ſcribat Pfeifferus in libro con-
Neue Nachrede
— — — — — — — —
bey die andere hieher gehörige Sachen, als Cle-
Orc oe
tra Spenerum edito. Sed femper putaui, fi
auftori fat animi fuerit ad ea feribenda pıe-
eunte antiquitate, quæ legimus; non minus
ipfi roboris futurum ad ea [pernenda, que
mens maleuola eis tentat adfpergere.
1. Eine hohe und zugleich gelehrte Perſon er-
theilte einften diefes unparteyiſchellrtheil: „Sein
„Abfall von dem verfallenen und Wiederkehr zur
„denn wahren Chriſtenthum, wie auch dag des⸗
„‚falls erftattete Zeugniß, wodurch indenen, die
„entweder ſchon geöffnete Augen des Berftandeg
„gehabt, oder doc) zu Haben verlanger, ein groß
„sicht aufgeben Fönnen, hat einen ſolchen Eins
„druck vorlaͤngſt in meine Seele gerhan, daß ich
, je längerje mehr wünfche, der Herrlichkeit des
„Reichs GOttes an ſtatt des Irdiſchen theilhaf⸗
„tig zu werden. Ich muß zwar geſtehen, daß
‚ich der Gnade des Lebens alhier in zeitlicher
„Ruhe zu genieſſen vermeynet, muß aber erfah⸗
„ren, daß es ohne Kampf nicht ſeyn koͤnne, wor⸗
„inn mich jene alte Erempel mehr beftärfen.=-
„Ob nun wol demjenigen, der den Grund des
„rechten Chriftenthums verfteher, genug feyn
„inag, was in diefem fchönen Buch aus den Kir=
„henlehrern angemiefen worden ; fo wünfchte
„doch davon mündlich ein mehrers zu fprechen,,,
Und eine andere Standsperfon lieffe fich alſo ei⸗
genhändig heraus: “Da er neben ſolcher Gelahrt⸗
, beit auch die Önade von GOtt, das Beſte zuer-
„kennen, überfommen, wie folches der Welt vor
„das Gefichte geleger worden: fo follten ja alfe,
„die in Sachen, das Chriftenehum berreffend, ei»
„newahre Erfenneniß zuerlangen begierig find,
„demfelben hierob verbunden bleiben. Hoffent⸗
„lich wird aud) der Allerhöchfte vielen, welche vor»
„ietzo noch fo, wie fie find ‚zu bleiben begehren,
„hiedurch die Augen mit der Zeit auftbun, daß
„fie ihren und den gemeinen Abfall von der al
„lererſten Lauterkeit erkennen, u.f.f. i
12,Dergleichen Approbationes vieler redlicher
und gelehrter Leute in- und aufferhalb Deutfch-
lands wären noch haufig darzulegen, wo es nicht
den Schein einer Ruhmſucht vor Paßionirten ha⸗
ben moͤchte. Man kann unter andern die Hol⸗
laͤndiſche Ueberſetzung dieſes Werks, fo An.
1701. in fol. zu Amſterdam mit vielen Kupfern
herausgekommen, ſamt dem vorgedruckten Car⸗
mine
‚Buche
— — — — — ——
und Vertheidigung.
mine eines gelehrten Hollaͤnders nachſehen: In»
gleichen die vielfaͤltigen allegationes dieſes
in ſo manchen gelehrten und erbaulichen
Schriften. Unter denen aber, ſo noch in den letz⸗
%
ten Jahren ein gut Zeugniß davon öffentlich er:
ftattet, kommt mir jeßo vor der Hinterpommeri-
fhe Generalfuperintendent Hr. David Nerreter,
welcher in feinem Schaupla6 der freitenden Kir⸗
he(Nürnberg1r707.8.) fich fehr oft aufdie inder
Abbildung ausgeführte Materien beziehet, und
ſolche daraus wiederholet, als p. 122, 130.230.
u. ſ. w.
13. Lebthin Hat auch noch der Hr.Prof. Joa⸗
him lange zu Halle diß Buch gegen Hn. D. May⸗
ers Laͤſterungen im Antibarbaro P. III. app. 2. p-
435. alfo vertheidiger. Falfumeft,Cl. A, librum,
erfte Siebe, efle impium et venenatum, ein gottlo⸗
fes giftiges Buch. In eo enim exomni antiqui-
tare eollegit ea, que in laudem primorum
Chriftianorum noftramque imitationem cedere
poflunt. Falfisfimum eft, in hoc volumine
omnium maxime deteftandos hereticos excu-
fari et defendi. Nam hereticorum in gene-
re vix fit mentio in eodem : fiquidem neque
inftitutum erat autoris, de hereticis agere,
fed primorum Chriftianorum viuam fidem,
fan&amque vitam deferibere. Quemlibrum,
qui encomio ornat, a veritate nihil commit-
tit alieni.
14.Ja, es haben auch folche, die fonft alles gern
umftoffen, fo viel davon öffentlich befannt: “Es
„werde dis Arnoldifche Buch fehr lieb und werth
„gehalten, und müften fie felbften geftehen,daß es
„von einem Prediger ingemwiffenStücfen gargut
„Fönnegebraucher werden, Memlich: “mie fie
„es zu Geſichte bekommen, wären fie darüber er⸗
„freuet und bewogen worden, es anzufchaffen.
„enden fie nun darinngelefen, hätten fiedarinn
„viel gutes und beilfames gefunden ,, u.f.w.
Feuftk.v.Adept. p.6. Coruinus Unterf. pref.
$.3-) Hr. D. Fecht bezieht fich darauf in einem
Punet difl.de Defe.Chr.ad inf.p. 34. Und wie
Fann auch einer,der anders noch einChrift heiffen
will, von einem Buch), das aus lauter Zeugniſſen
der alten Chriften beſtehet, anders urtheilen ?
15: Warum aber einige dennoch foldyes nach-
gehende verdächtigmachen wollen, davon mag
wol folgende Urfach unter andern fenn. Als mans
...108t
che menſchenſcheuende Gemuͤther den wider mei
ne andere Zeugniffe erwecken Sturm und die
Wut der Welt und ihres Fuͤrſten ſahen, achteten
ſie vor rathſam, zu conteſtiren, daß ſie damit
nichts zu thun haͤtten, unter dem Vorwand, es
moͤchte etwas anſtoͤßiges darinne ſeyn. Ja, als
D. Maͤyer des ſel. D. Speners Iudicium, (das
oben $.7.ftcher) fo gar unrecht allegirte, fahen
fich feine Berfechter genoͤthigt, zu beweifen, daß
auch die Abbildungnichkrichtig wäre. Weil fie
aber nichts erheblichesaufbringen Fonneen, fo
lief e8 auf Sophismarannd Verdrehungen bin:
aus, nur damit es heiffen Fönnte? A, Schriften
waͤren alle zufammen anftößig. Und diefe fal⸗
fehe Beſchuldigungen, fo viel die Abbildung be
teift, muͤſſen wir nun alhier Fürglich nach der
Wahrheit befehen.
16. Als erftlich die Vernunft gegeneine fo un,
ſchuldige Sache nichts gründliches zu fagen wuß⸗
te, verfiel fie insgemein auf diefe Ausfluche: Es
fey nur eine Platoniſche Republique, die nie—
mals irgends alfo gewefen, wie Hr. D. Pfeifferg,
Hr. D. Fechts und anderer Urtheile befannt find.
Allein damit wird gewißlich die ganze erfte Kirche
allzu hart angegriffen, Ehrifti Kraft und Gnade
anfo viel 1000. Märtyrern und Heiligen geleug⸗
net, ihreinftinmiges Befennmiß und Erempel
zertveten, jadem Unglauben und Atheiſmo der
Weg gebahnet. Es kann auch Satan nicht
kuͤrzer durchkommen, als wenn er uͤberhaupt alle
unſchaͤtzbare Reden, Thaten und Leiden der Zeu—
gen JEſu als eine Chimere verlachet und ver⸗
nichtet. Daher kam mir alsbald dazumal dieſe
Ausflucht ſo gar elend und thoͤricht vor, daß ich
wußte, es wuͤrde ſie kein Chriſte einer ausfuͤhrli⸗
chen Antwort werth achten.
17, Einige haben zwar dieſes als einen Scru⸗
pelvorgeleget, ob etwa die Ermahnungen derer
Kirchvärer zumeilen als gewiſſe facta waren an»
genommen morden. Allein auch diefes kann niche
wol ſeyn, wenn mir bedenken, daß gleichwol die
erften Chriften Feine Heuchler geweſen, die da fa:
gen und niche thun, Matth.23.fondern theils felbft
ihre Lehren mieder Ihat erwiefen,theilg an denen
andern den Gehorſam des Glaubens vermöge
ihrer theuren Bekenntniſſe in den erften Zeiten
wirklich durch Gnade erlebe, Zu geſchweigen,
Errrirg daß
1086
daß die Befchreibung derer erften Chriften nicht
nur dahin gehet, wie ſie wirklich geweſen feyn, fon:
dern auch tie fie haben feyn follen, Fönnen und
müffen ; von welchen beyden das Buch Zeugniffe
darleget. Und nad) diefem Sinn ift das ange:
haͤngte dubium in denen AdtisEruditorum Lipf.
An. 1696. ꝑ.5541. zu verſtehen, worinne ſonſt das
Buch ziemlich approbiret wird: von welchem du-
bio oder Zufaß dazumal ein berühmter Profeflor
aus Leipzig berichtete, daß felbiges auf eines be-
fannten Theologi 1.B.C. Angeben alfo mit ein-
gerücfet worden.
ı8. Vors andere haben etliche vorgegeben:
Ein ſolch Buch fey heutiges Tages nicht noͤthig,
weil mans doch denen erften Chriften nicht nach-
thun Fönne oder dürfe. Dieſe aber heben da»
durch alten heilfamen Gebrauch der alten Zeug-
niffe und Exempel, ja des N. Teftaments felber
auf, welche doch durch GOttes Borfehung ung
zur Befferung und Nachfolge übrig gelaffen find,
wollen wir anders nicht gefährliche Neuerungen,
fondern vielmehr das alte reine Chriftenehum be
halten. (Siehe die Borrede der Abbildung hie⸗
von,
Mi Drittens, iſt mir von etlichen übel gedeuter
worden, daßichvon einigen Meynungen, die ich
hierinne gefeßet, hernach abgegangen wäre. Aber
1) diefes ift ja insgemein unter den Gelehrten we:
der was neues noch ftrafbares, befage fo-vieler
Retractationen und dergleichen. 2) Bemühen
fich auch Widerfprecher felbft, mich unter dem
Vorwand, daßesgemein fen, zum Wiederruf zu
bringen. 3) Iſt folhe Beränderung in gar wenig
Stellen, und zwar 4) bey geringen und nichts im-
porfirenden, auch meift hiſtoriſchen Sachen er-
gangen; welches denn auch 5) cordate Männer
keineswegs zur Berfleinerung diefes Buchs ge:
deutet, fondern befcheidentlich ftehen laffen , wie
der Hr, Gen. Sup. Nerreter bey der Hiftorie
Philippi Arabis ]. c. p. 261. gefhan,
20, Mad) diefen Generalobjectionen wider
das Buch), wollen wirnun die fpecialen kuͤrzlich,
doch gründlich durchgehen, und zwar fo, daß wir
von dem Innern anfangen, Da denn I. vor»
kommt, was Hr. D. Loͤſcher Tun. in feinen Præ-
notionibusp. 104. vorgibt, und inder Adreffe an
den König in Preuffen p- 57. wiederholet, als ob
Neue Yachrede
ich felber aus meinem Sinn in diefer Abbildung
p- 142. von der Vereinigung mir GOtt follte
gefchrieben haben: ine Seele, die wie Eiſen
im Feuer ſtets in Weisheit und in GOtt fte>
bet, die ſey GOtt: Aus welchen es hernach der
gottlofe Piet. Catechifmus p. 6. getroſt ausge
-fchrieben, zugefchmweigen, was Hr. Prof. Ezardi
in feiner Abfertigung hiebey ſugilliret, als hätten
einige hieraus zu ihrer abominanda Trinirate
Anlaß genommen. Hierauf ift bereitsindenen
Betrachtungen merkwuͤrdiger Wahrheiten
P. 629. V. Theil cap. 2. (Edit. Lipf. 1709.) bes
wiefen, 1) daß nicht ich, fondern Drigenes und
andre Parres diefes gefagt; 2) ich aber fo gleich da⸗
bey limitiret habe, es müßten folche Wortein ges
ſundem Derftande genommen werden, mit al-
legation Speneri; 3) daß ich mich auch ander:
weit, fonderlich in der Abbildung des innwenz
digen Chriftenthums, als dem Supplemento
diefes Buchs, ganz untadelic) hievon erklaͤret has
be; 4)daßauch andere, als der Herr Kesler in
Gotha, in der verlornen Sache Ezardi hierauf
gruͤndlich geantwortet $. 4. p. 7. it. in der Kraft
der Wahrheit p. 9.
21. Zum II hatl. F.Coruinus in feiner prä»
tendirten Unterfuchung cap. 23. p. 40T. wegen
der Vollkommenheit folgendes getadelt, Er fager
M daß ich Clementis Alerandrini Worte davon
unrecht angeführet,die doch a) mir nicht zu ſtatten
kaͤmen, und b) an dem angezogenen Dre niche
ftünden. Es ftehen aber allerdings diefe Worre
dafelbft, nemlich Lib. I. Pedagog. Cap. 6. p. 93.
welche Zahlen der Drucker nur etwas verſeßt hat.
Sie beweifen auch deutlich, was dafelbft in 1. B.
12. Cap. $.1.gefaget war, nemlich, daf die Alten
dasjenige vollkommen geheiffen, dem gar nichts
mangelt. Dennfoheißr es alda: reAcıov de 7a
dmeoröees Dautv. Damider ftreiten nun die
andere von Corvinoangezogenenloca gar nicht,
als welche von dem allerhöchfien Grad der
Volltommenbeit nach allen Theilen reden.
Sintemal ich auch felbft darauf $-7. aus Ignatio,
Cypriano, Juſtino, Macario und andern dar-
gethan, daß die Kinbildung der böchften
Vollkommenheit ein Hochmuth ſey, und wei
fer 9.8. daß der noͤthige Wachsthum auch die Al⸗
ten ihrer Unvollkommenheit uͤberzeuget habe,
Und
und Dertheidiaung.
Und alfo habe ich mir felbft garnicht widerfpro-
chen, indem ich von zweyerley Graden und Arten
der Vollkommenheit auch mie Unterfcheid gere⸗
det, und die eine bejahet, die andere verneiner.
" 22. Erfpricht zwar, ich hätte bierbey Athana-
fium ſchlagen wollen, da ich $.5. geſetzt, man hätte
hernach alle Getaufte Dolltommene genannt,
ohne Abſicht aufeinen ehätigen Glauben: beken⸗
net aberdaben, er babenicht Seit, den locum
durchzuleſen, ungeachter aufdem Titulblat ge
rühmet, als hätte erdie von mir allegivte Au-
&ores mit Muͤhe und Fleiß nachgeſchlagen.
Gleichwol ift der Ort Flar und leicht zu finden
Tomo 1. Opp. Orat. II]. adu. Arianos f. 413.
(Edir.Colon. 1686.) Dafelbft Heißt es ohne Be:
dingung von der Taufe : Die Vollkommenheit
(reAewrıs) wird gegeben im Namen des
Vaters und Sohnes. Iſt alſo diß eine noͤ⸗
thige Obſervation und Klage über den Mißbrauch
diefer Redensart, weil fie platthin, ohne Ein—
ſchraͤnkung auf den lebendigen Glauben, zu ſol⸗
chen Zeiten gebrauchet worden, daman ſchon
ſtark auf das Opus operatum fiel.
23. Vors IIIhat einer in feinen Abſurdis, und
daraus Hr. D. Loͤſcher in feinen Nachrichten An.
1707. P.470.00rgegeben, als würden hier P. T. f.
152. die Gebetsformeln verworfen. Hier:
auf ift in denen erwehnten Betrachtungen p.
663. alſo geantwortet: (1) daß dafelbft (im IT.
B. der Abbild. 1. C. F. 12.) ein Uneerfcheid gema-
het worden umter den frepen Kormeln und un»
ter denen gezwungenen; jene, als das Diter Un⸗
fer, die Pſalmen und dergleichen, hätten die alten
Chriſten fleißig gebrauchet; (2) diefe aber waͤ⸗
ren denen nicht aufgezwungen worden, welche
im Chriſtenthum weiter Eommen wären;
(3) alfo fenen die Gebetsformeln nicht ſchlecht⸗
bi verworfen worden, fondern nur der Zwang
und dasfchädfiche Opus operatum: (4) End:
lich werden aus meinen 2 edirten Geberbüchern
meine Befenntniffe hievon angeführer, da ich
in des erften Vorrede gefchrieben: « Es laffen
„die Lehrer den Gebrauch vorgefchriebener Gebe:
"te zu, jafierathen ihn garernftlich und empfeh⸗
»fenihn in Anfehung folcher Seelen, welche
"dergleichen Anleitung und Erweckung hoch
bedürfen», indem andern, nemlich Para⸗
1087
diefifchen Luſtgarten, ftehenin der neuen Edi⸗
tion nach der Vorrede viel Zeugniſſe vom rech⸗—
ten Gebrauch der Gebersformeln, Was kann
alfo vor eine ungereimtere Befchuldigung er:
dacht werden?
24. Wegen der Aufferlichen Dinge beiffer es
zum IV. an gedachtem Ort, ich hätte die ſymbo—
liſchen Bücher geſchaͤndet. Die Worte kann der
Leſer hier im IX. Buch 20, Cap. $. 18. 19
felbft nachlefen, und augenfcheinlich wahrneh⸗
men, wie alda hiftorice difeuriret worden von
etlichen alten untergefchobenen Symbolis, die
von denen beften Antiquarlis verworfen wer-
den, als Rufini, Damafi, Athanafii, Hierony-
mi&c.dazır wird angemerkt, wie durch folche neue
Symbola, Concilia und Difputationes die Un-
einigfeit nur mehr unterhalten fey, und zwar
von übeln Chriſten. Dieſes ift denen Gelehr—
ten aus den Erempeln allerSeculorum befannt,
und zum Ueberfluß in denen hiſtoriſch⸗theo⸗
logifehen Betrachtungen, V. Theil p. 672.
und 637. it. II. Theil p. 363. I. Theil p.
225.ausgeführet.
25. Jedoch bringet Coruinus hievon noch
mehr vor, und will wider das 20. Cap. des
IX. B. $. 10. behaupten, daß man fchon im
Anfang des IT. Seculi ein gewiffes Symbolum
gehabt. Er bringt aber eben fo fehlechte Grün.
de vor, als Hr. D. Koch wider mich und Hr. D.
Böhmern vorbringet, die fehon in den Berrach-
tungen V. Th. p. 637. bis 644. gründlich wi⸗
derlegt find, woraus Coruini rationes voͤllig da⸗
hin fallen. Sa, er gibt wider aller Gelehrten
Confens das fo genannte apoftolifche Symbo-
lum vor genuin aus, und gefteher doch ſelbſt
hernach p. 342. $. 17. es wären einige Umftän-
de von folher Berfaffung falfch. Ja, nad) lan-
gen Ausflüchten gibt er endlich $. 19. Pp. 343-
zu, daß in den erften IV. Seculis feine Glau—
bensbefenneniffe jemanden als ein Gebot auf
gezwungen worden, welches aber doch mit Aus:
nahme des Synodi Nicen® zu verftehen.
26. Indeſſen dichter er mir $. 20. fälfchlich
diefen Sinn an, als ob ich vor einerley hielte, ei⸗
nen zu ſeiner Meynung zwingen, und deſſen
Meynungen widerfprechen. Dig wider:
legen meine Flare Worte dafelbft, indem ich im
gan
1088
ganzen Buche denen erften Chriftendiefes, nem-
lich den Widerfpruch zugeftanden, jenes aber von
ihnen allezeit geleugnet habe, So verkehrt er auch
durchgehende den StatumControuerfiz, werner
niche nur F. 20. zwingen und widerfprechen
vor einerley angibt, fondern auch) $. 21. die For-
meln oder Symbola und die Unterfchreibung der-
felben confundive, auch die unfchuldige Chriftl.
Warnung derer Irrigen vor ein Zwangsmittel
ausgibt. It. wenn er $. 24. zugeſtehet, daß in
den erſten IV. Seculis einzele Lehrer niemanden
die Glaubensbekenntniſſe aufgedrungen, fonft ie
nicht Cbriftl, Lehrer blieben wären; dennoch
aber zugleich vorgibt, daß es wol Coneilia hätten
thun Fönnen: gleich als ob Conciliis erlaubet waͤ⸗
re, was gar feinem Chriſten zuftehet,und mag des
Aneichrifts Zeichen ift, nach der Proteftanten ein-
mürhigen Grundlehren. And aus folchen fal>
ſchen Sägen hat er mich des Arianilmi bezüchti-
gen wollen, weil ich den Gewiffenszwang wider
folche irrige Leute nicht gebilliget, welches ja har-
te Dinge find. _ 1
27, Ungegründet aber ift der Behelf, da er h.
28. u. f. fordert, cs hätte follen ein ganz Blat aus
Hilario ansgefchrieben werden, um zu fehen, daß
diefer nur von denen vielen Symbulis derer Aria;
ner rede, nichtaber von ihrem Gegenteil. Es ift
ja handgreiflich, daß diefer Pater ſich über das
überflüßige Neden, Schreiben und Difputiven
vom Glauben beflage , welches auch) unter denen
Orthodoxis mit Hintanfeßung der Praxeos ein:
geriffen war, Seine Worte find unter andern fon
nenflar l.ad Conftantium p. m. 211. Qui(feri-
bendæ atque innouande fidei vfus) poftquam
noua potius capit condere, quamacceptareti-
nere, nec veterara defendit, necinnouata firma-
uit, et facta eft fides temporum potius, quam
Euangeliorum, dum et fecundum annosferibi-
tur, et, NB. ſecundum confeflionem Baptifimi
non rerinetur. -- Et cum fecundum vnum
DEVM etiam fides vnafır, NB. excedimus ab ea
fide &e. Da heißt es nicht: Sie, die Arianer, ma-
hen immer neue Olaubensbefenntniffe, fondern
wir weichen ab nach der Taufe, nemlich
von der Praxi. Denn alfo heißt es weiter:
Confcii NB. nobis inuicem fumus poft Niceni
conuentus Synodum nihil aliud quam fidem
Neue Nachrede
feribi. Dum inverbis pugnaeft, propeiam.ne-
mo Chrifti eft. Incertoenim do&trinarum ven-
to vagamur, etaut dum docemmus, perturbamur,
autdum docemur,erramus&e. Wer fönnte doch
diefes von den Arianern verftehen, da Hilariug
immer fich und die Nechfgläubige nenne, undin
genere vondem Berfall auf den Wortſtreit kla⸗
get? Jakurz darauf p. 212. ſagt er alzuflar von
denen Orthodoxis: Neque penesNB. Nos, ne-
que penes quemquam ante nos ſanctum exinde
atque inuiolabile perſeuerat. Und am allerdeut⸗
lichſten tadelt er das viele Glaubensſchreiben in
Anſehung des rechten Grundes: Fides /cribenda
eſt, quaſi in corde non fit: Regenerati per fidem
ad fidem nune docemur, quafi Regeneratio illa
ſine fide fit.
28. Sich habe auch in dieſer Erklaͤrung Eraſ
mumfelbft zum Vorgaͤnger gehabt, und aus fei-
ner Epiftolaad Carondilerump.a. 3. angeführe:
Tandem fidei Symbolum in feriptis potius,
quam in animisefle c@pit. Creuerunt arziculi, .
fed decreuit finceritas, -- efferbuit contentio, re-
Frixitcaritas, &c. Welches ja von einer Partey
fowol als vonder andern eintraf; und von.allen
proteftivenden Lehrern wider den Gewiſſens⸗
zwang in Glaubensfachen verworfen wird.
29. Bors V. ift auch im Punct von denen Res
gern und Nesereyen leßfhin vorgegeben wor⸗
deu, als ob nemlich diefelben zum Theil hierin de⸗
fendiree wären. Denenfelben Berflägern aber
bat Hr, Prof. J. tangel. ec. kurz und gründlich ge⸗
antwortet, esfeyim Grunde falſch, indem es ja
meine Intention garnicht geweſen, davon albier
zu handeln, wie oben h. 14. zu ſehen. Ich willaber
nur berühren, was Corvinus von dem Haß wi⸗
der die Ketzer p-34 vorbringe, Ich hatte im
VII. Buch c.24.$.1. mie gutem Unterfcheid gez
feßt, man hätte ſollen die Perſonen der Ketzer in
allgemeiner Liebe erhalten, und nur ihre Sera
thümer haffen ; und diefesiftja nach der Lehre und
praxi Chrifti und der Apoftel recht und nochivens
dig. Daraus Flaget er mich ganz verfehrt an, ich
wolle fehlechterdings alle Ketzer ungehaſſet wif
fen, ungeacht ich den Linterfcheid unter Perſonen
und Irrthuͤmern, unter gemeinerund Druderz.
liebe fodeutlich behalten hatte, Und p. 312. will
er Balentinianum redjtfertigen, da er einen heyd⸗
nifchen
und Dertheidigung.
nifchenPriefter über dem Weyhwaſſer gefihlagen,
und was dergleichen erzuͤrnte Urtheile über den
unfhuldigen Bortragmehr find. Gleichwol hat
nach fo vielen proreftivenden Lehrern noch letztlich
derHr.Nerreterfehr wol dargerhanl.c.p-g16.big
840, (und p. 692 f, wofelbfter wider das Ketzer⸗
machen fich auf die Ketzerhiſtorie mit beziehet)
daß man die Tferen der zwingen, noch
plagen,noch auch dürfe, Geber alfo
Corvinus von denen allgemeinen principiis uns
ferer Kirchen ab, und vergeher fich mit feinen
elenden Einwuͤrfen gar fehr, wieder verſtaͤndige
Leſer felbftermeffen wird. PiZ 20 2
30, Weilen aber inſonderheit Hr. D. Maͤyer, D.
Loͤſcher, D. Fecht, und andere, it. der Autor derer
Abfurdorum, des Pier, Catechiſm. und andere
diefe Anklage fo ofte wiederholen, und doch nichts
gründliches zum Beweis anführen; fo muß die
Antwort kuͤrzlich wiederholet werden,welche aus⸗
fuͤhrlicher in denen Hiſtoriſch ⸗ Theologifchen
Betrachtungen V. Th. p. 668.f. zu leſen iſt.
31. Esmwird (r)indenen Nachrichten Hr. D.
Loͤſchers aus den Ablurdisl.c.citiver das 454.Dlat
diefer Abbildung, alwo von Prifeilliano das Iudi-
cium Hieronymi angeführer wird, nebft Span-
hemii Anmerkung. Jenes lautet in Caral. Seript.
Ecel.£194. T.1.alfox Prifcillianus Abile Epi-
ſeopus, qui fadtione Hilariiet Ithacii Treuerisa
Maximotyranno cxfus eft -- vsqueadeo anon-
sullis Gnofticz herefeos accufatur, defendenti-
bus aliis, non ita eumJenfife, vrarguitur, Diefer
ſchreibet Orat.deChr.degen.p.360.Quin ipfum
Prifeillianum equiora forte fentienrem audüf-
ſe, tum demum impiæ familiæ in Hifpaniis pa-
trem, poftquam , Co&pifcoporum quorundam
faltione,opprimendus fuit. Haben num etliche
Altefchon diefen Mann defendiret, und fein Ge-
gentheilals eine action, den Richter aber alg ei⸗
nen Tyrannen befchrieben ? Warum foll man
denn folche dubia hiftoricanicht noch vorbringen?
32. Bon Montanoift dafelbft $. 12. Dann-
haueri Ort citirt ausder Chrifteide p. 525. eerte
quidem hæea Montanofatta eſſe non credimus,
nullum enimantiquorumin eum eiusmodifce:
lus attuliſſe certum eb. Abſolvirt nun die ſer Theo⸗
logus Montanum vonder harten Anklage der My⸗
ſterien und allegirt dazu Iheodorerum. wider
Philaftr. und Auguſtinum: Setzet Chemnitius
1089
aus druͤcklich P-IV.Exam.C, T.p. 218. Epipha-
nius nec recte recitat, nec refutat Montanifta-
rum legesde ieiuniis, fed afingit ipfis hancopi-
nionem : Undp.221.aliudipfiafingit et tribuir,
quod Montanus exprefle negat &c. Ey warum
follee denn ein Hiſtoricus nicht auch folche Pun-
etein Zweifel ziehen dürfen?
33. Bon denen Apoftolieis wird p. 45 5. etwas
aus denenCenturiatoribusMagdeburgicisCent.
XU. cap. 3. £.844. allegirt, welches alſo lautet:
Apparetnonfuifle tam viles ; fatis quidem fü-
perciliofe et perfundtorie hoc refutare conatur
Bernardus. Und fol.g45. Forte alia eis obie-
&afuerunt, quamdocnerunt , idquodhodie
quoque Pontifieiis familiare eft. Ic.aus der Hiſt.
Ecel. Gothana-p. = = ‚da alfo ſtehet: lisdem
tribuit Bernardus Manichæorum impuritates
nimium. forte credulus famæ ex odio -confin-
genti. Mit diefen Seribenten hat es einer zu
thun, der meinen Vortrag hierinne tadelt.
34. Auf dem dritten allegirren Blat p. 359. wird
(1) von denen Luciferianern Auguſtinus allegirt,
der Lib. de Hæreſ. e. gı. ſetzet: Luciferianosnee
Epiphan. nec Philaftrius interhereticos poluit,
credo tantummodo /chifina,non berefin condi-
diffe, (2) Bon denen Jovinianiſten wird aus
Gerhardo ‚ Ofandro' und Bohemo obſerviret,
daß vielmehr Hieronymus und Auguſtinus, ihre
Richter, im Punet von der Öleichheit des chee
lichen und unehlichen Lebens irrig geweſen.
Lutherus fageim VID. Witt-Th.L. 97, Jovinia⸗
„uns (wider welchen Hieronymus giftige Buͤ⸗
„her ‚pro cœlibatu contra. coniugium ge⸗
„fchrieben) hat, wie ſichs anſehen läßt, mehr
„Kunft und Berftand in einem Singer gehabt,
„dern Hieronymus imganzenteibe „. Und Gerz
hardus ſetzt L.de Ecel: n.213. Quodfi !ouinia-
nuserroremillum taxauit, quod virginitas fit
meritum æternæ ſalutis, recte in hacparte fenfit.
Nichts mehr habe ich dafelbit gefagt,als was diefe
Theologi laͤngſt geſchrieben. Endlid werden da⸗
felbft wegen der Aerianer Bebelius, Carpzovius
u Hildebrandus angezogen, welche von ihnen ſehr
gelinde urtheilen. Ja Gerhardus ſagt deutlich l.c.
n.217. wenn Aerius nichts anders gelehrt hätte,
alsdaf man vor die Todten umfonft opfere u. bete
u. fm. fobätteer nicht können m das Hetzer⸗
Yyy yyy ’ regi⸗
1090
regifter gefetzer werden. Lind von dem
Audäo ftehet in der Hift. Eccl. Goth. II. c. 3.
p-3 17. Eiusaflecle cerera vita fantlietinnocen-
tes, diuitiasque Epifeoporumreprehendentes,
perlecutionem od hoc paſſi: und beyDannhauero
Chrift. p. 494. Si Audæus rectiſſime eredidit, ex-
ceptis 2, capitibus, certe hæreticus non fuit &c.
Was ift denn an diefem Vortrag und meiner
Wiederholung daraus zu tadeln ?
35. Aus p. 461. heißt e8, ob wären dafelbft
alle Ketzer vertheidiget. Nun mwirdalda 9.25.
erwieſen, daß zuweilen folche Secten erdacht wor:
den, die wol Faum in rerum natura geidefen;
gleichwol wird ſolches dafelbft von vielen unter
der verfallenen Griechiſchen Kirche erwiefen, und
heutiges Tages bey.allen difereren Hiftoricis an-
gemerket. Habe ich denn deshalb alle Reber ver:
theidiget ?
36. Weiter heiße es in gedachten Nachrichten
pP. 235. daß die Macedonianer und Gnoftiei im
VI. Buch entfehuldiger wären, Nun fteherda-
felbft Cap. 23. $- 7. p. 430. allein diefe Anmer-
Fung : daßdie Nechtgläubigen denen Kesern auf:
fer der Bergleichung fonft gute Zeugniffe,gegeben,
davon diß Ereinpelder Macedonianer aus Greg.
Naʒianz und Sozomeno angeführer wird, Es
werden aber diefe Leute doch ausdrücklich von mir
Ketzer genennt, und wird dafelbft nur von Ver⸗
gleichung mit andern, und comparate, Nicht
aber abfolure geredet; welches alfo eine unpar⸗
teyifche Relation ft, Die Gnoftici aber werden
auch gar niche wegen ihrer Lehre entſchuldigt, fon-
dern nur mit Heraldo und unferm Korcholdo, der
eine ganze Schrift vor fie aufgefeßt, ihre Schand:
thaten in Zweifel gezogen, davon in denen ‘Be:
trachtungen III Theil $. 20. und 21. weitlänftig
gehan deſt iſt. Demnach bleibet diefe Beſchuldi⸗
gung falſch, daß in der Abbildung viele, geſchwei⸗
ge alle Ketzer entſchuldigt werden; indem ich alle
Worte von dieſer Materie mit unſern eigenen
Theologen und Hiſtorieis erwieſen habe, Und ge⸗
ſetzt, daß auch etwas dergleichen geſchaͤhe; ſo blei⸗
bets wahr, was Hr. D. Buddeus ſehr wohl ob⸗
ſervirt im Moder. inculp: tutelæ p· 97. “daß viele
„in der Kirche ſolche Macht heraus nehmen, daß
„fie auch in hiſtoriſchen Dingen alles, was ihnen
„nicht anfteht,als feßerifch und fanatiſch verdam⸗
„men, da es doch eine pur Biftorifche Frage iſt,
Neue Nachrede
„mern man frage, was der oder jener Sehrer geleh-
„ret oder ſtatuiret habe, Und Hr. Nerreter ma⸗
chet eben aus diefer meiner Abbildung folchen
Schluß. c.p. 785: “Hierinn (im Ketzermachen)
„haben fich oft berühmte Leute verftoffen, aber
„auch groß Aergerniß und Verwirrung angericht,
37. Weilauc hierinne ſonderlich Epipbanius
hauptſaͤchlich geirret und andere verleitet hat, fo
haben vorlängft Chemnitius, Gerhardus, Ofian-
der, Kortholdus, Niverus und andere, deren
Worte inden Betrachtungen p. 333. bis 336. fe
ben, wie auch letzthin Nerreter p. 212. und 783.
deffen Aurtoricat in Zweifel gezogen, dagegen
bat nun Ceruinus ihn zu reften geſuchet, aber
mie fehr elenden rationibus, welches in die Kir-
chenhiſtorie eigentlich gehört.
38 Nurifthiebey ein allzuftarfes Fallum zu
melden, foer wider diefe Abbildung begangen,
Es ſtehet im IX. Bud) Cap. 21. $.16. wiedie
Apoſtel und ihre Juͤnger die Ketzereyen nicht in
der bloffen Theorie, fondern auch in der Abwei⸗
ung des fleifchlihen Sinnes von demmahren
Wegund Leben Chriſti geſetzt hatten: (melches
letzthin Hr. D. Majus in feiner Differtation aus:
geführt hat Tom. U. exereit. daer auch p. 189.
die Leſer auf diefe Abbildung und Kirchenhiſtorie
remittiret.) Davon wird von mir nebft Gal, 5,
v. 20, auch Ignatius allegivt, der in -Epift. ad
Smyrn. fchreibets "Sie (die Ketzer) wären leben»
»dig Eodt, und er wolle ihrer nicht gedenken, bis fie
»fich — NB. zum $eiden», Wider diefe un⸗
ſchuldige Rede faͤhret Coru. p.28.$: 2 1. alfo her⸗
aus: »Was foll e8 feyn, daß er (A,)miteinem
NB. die Worte, bis fie fich befehren zum Leiden,
»bemerfet? Ignatius gedenket imgeringften Feis
„nes Jeideng = es ift Fein Buchftabe darinn, der
»auf ein $eiden die geringfte Neflerion machen
Fönne», Corbinusfahe wohl, daß der Satz deut⸗
lich aus dieſen Worten bewieſen war, wenn ſie al⸗
ſo ſtuͤnden: Dahero leugnete er lieber, was doch
ſonnenklar in allen Griechiſchen Codicibus Igna-
tii zu leſen iſt. Denn ſo ſtehet pag. 5. inderEdi-
tion Iſaaci Voſſi (Londini1680, 4to) und p.7.
Ittigi (Lipf.) ja in allen andern, als des Uſſerii,
Vedelin, Cotelerii, Morelli, x. mexaz 8 mera-
vonswaw Eis ro m&.Ios, donec refipifcant in paf-
fionem. So gar übeliftmanmitmeinen Worten
ums
und Vertheidigung.
umgangen, in Hoffnung, niemand würde weiter
nachfchlagen oder nachdenfen!
39. Eben ſo unrecht ſchreibt er dafelbft $. 22:
„Ich haͤtte die andern Worte Ignatii gerade:
»brecht, bald was hinein geflicfer,bald etwas aus⸗
»gelaflen; er im Durchlefen der Epiftel die
»MWortenicht, aber imübrigen alles, was meiner
»Meynunggerade widerfpreche, Diß hätte er
num follen ordentlich beweifen ; aber er hat genug,
daß ers fager, ohne allen Grund oder auch nur
Ehhein. Denn ich habe nichts hinein geflicher,
fondern nur zwifchen des Auetoris Worte die Er:
klaͤrung, und zwar mit andern Littern geſetzt, wel:
ches er ſelbſt ͤberall gethan. Hier aber habe ich
vornemlich Moͤlleri Gloſſe aus ſeinem deutſchen
Ignatio, und alſo nicht meine eigene beygefuͤget,
welcher ja die Worte nicht geradebrecht hat. Er
bat abereinneuesFallum Hier begangen, da er
wiederum leugnet, die Worte ſtuͤnden nicht
im Ignatio. Sintemalin der allegirten Epiftel
ad Ephef. $,7.vondenen Ketzern klaͤrlich ſtehet:
(p. 2. Edit. Londin. & p.3 ı. Ed. Lipf. JewI«-
al rıves doAmmoUneA Fo övomm megiPeoew, ERK
sıva NBweassovres avafın Sei. Und $. 8. oͤ
sagnnoi 7x mveuuarin wessen 8 duvanloy,
Worauf er ſagt, er meine durchFleiſchliche dieTJv-
rigge,öyovras aan dıdayıv,die böſeLehre hät;
ten. Woraus alfo mein Vortrag unwiderfreiblich
beftärfer worden, daß die Alten die Ketzerey auch
mit im verkehrten Willen und geben geſetzet.
40. Wiederum fage Corvin. alda, die Worte
Ehryfoftomi, Irenaͤi und Terrulliani bewieſens
auchnicht, und fordert alſo ohne gehörige Dedu⸗
erion alsbald völligen Beyfall von dem Leſer.
Nichts deſto weniger find die Worte der Aucorum
alzuflar, fo, daß fie der Widerfprecher nur mie
Leugnen hat uͤbergehen wollen. Cyprianus (den
er gar verſchweigt ſaget: »Wer einen rechten
vGlauben habe, der bleibe auch in Gottesfurcht .
Chryſoſtomus: »Der Glaube wird allerdings
„durch dag Leben und die Werfe verderber. re
naus?»Die Ketzer find niche mie Werfen dere:
»recheigfeit geziert, fondern haben dag Leben der
»Schweine und Hunde», Tertullianus: »Der
Ketzer Wandel fen ganz ehöricht, irdiſch geſinnt,
»ohne Ernſt und Chriftliche Zucht, welches NB.
„mit ihrem Glauben überein komme⸗. Derglei⸗
*
091
hen auch weiter $. 19. aus 7, andern Patribus
vorgelege wird. Wider diefer und unferer Theolo⸗
gen gute Bekenntniß will Corvinus nun behau⸗
pten, daß die Regereyennicht allzeit zur einem
gottloſen Leben ausfchlsgen, Da wir doch mit
D.Balth. Meilnero (Phil. Sobr. Part, II. prefat,
pag- 6. 2. )befennen : Omnem herefin ex pree-
unte impietate et vitæ peruerfitatenatam fuifle,
Und mie den fel. Joh. Arnd aus dem 38. Cap. des
1.3. vom W. €. Ein unchriftliches Leben
fey eine Urſach falſcher Lehre: und noch viel-
mehr folge aus Ketzerey ein bög Leben unaus—
bleiblich. Aber diefesiftin denen Hift, Theol. Be⸗
trachtungen weiter ausgeführt Il, Theil p. 244
und V. Xh.pag. 651.
41. Es hat auch Corvinus wider die Abbildung
fehr heftig vor den Beichtſtul geftrieten, unge:
acht darinn der gute Gebranch nicht verworfeit
worden, JmllX.B.E,17:$. 15. ſtehet ausdem
Catalogo teftium veritatis, wie ungereime mar
im Pabftehumden Beicheitul aus dem Spruch:
Geber bin, undzeiger euch den Prieſtern, er⸗
weifen wollen, Diß bat Lutherus ſelbſt fonderlich
in einer langen Predigt feharf widerlegt, wie in
meiner Edition der Kirchenpoftill, fo An, 1710,
zu $eipzig heraus kommen, im IV. Th, fol.ı77,
ferner fchön zu lefen. Corvinus aber ſchmaͤhet alfo
niche mich, fondern Lut herum, wenn er ſagt ich fey
verblendet, und mein Gehirn mit Aſpecten über
zogen, u. ſ. w. Er widerfpricht auch Luthero ing
Angeſicht, da er fehreibt: „Ich meyne, es veime
ſich gar wohl, und Chriſtus, indem er die Auffä-
„»hzigen, die albereit rein waren, dennoch zu den
Prieſtern weiſet, ungeacht dieſelbe boͤſe gottloſe
„Leute waren, gibt dadurch klaͤrlich zu verſtehen,
„daß er doch deswegen ihr Amt nicht verachter an,
ſef. Der gute Mann hat den Unterſcheid Lutheri
nicht beobachtet, unter dem aͤuſſerlichen Amt der
juͤdiſchen Opfferprieſter in Pruͤfung des Auſſatzes,
denen Chriſtus zum Zeugniß und Gericht die Auf:
ſaͤtzigen zuſendete, und unter dem innerlichen Amt
Evangeliſcher Lehrer, zu welchem Chriſtus die
Gottloſen ganz untuͤchtig hielte, und vor Ihnen
warnete, Matth. 15, 4.
42. Eben ſo uͤbel hat er ſich auch vorgeſehen, da
er p.386.8.12.dieMorhwendigfeit des Beichtens
vor dem Abendmahl beweiſen will aus ı Cor, rı,
Dyy vyy 2 der
1002
der Menſch prüfefich felbft: So leugnet er
auch, was in der Abbildung. c.$. 7. ſtehet, “daß
„auffer den öffenelihenSündern die übrige Chri⸗
ſten, fo in täglicher Erneuerung fortgangen, kei⸗
„ner Beichtnöthig gehabt,,, und will gar die.
Nothwendigkeit indie Apoftolifche Zeiten ſetzen.
ag. 24. confundiret er das Amt der Schlüffel
mit der gewöhnfichen Abfolution, und feßer:
„Chriftus habe Matth. 16,19. befohlen, von
„den Dieneen GOttes die ErlaffungderSünden
„zu begehren und zu holen,,: dawider aber ein
wahrheitliebender Leſer $utheri obgemeldtePre-
dige und den Sermon von der Beichtim I. Th.
der K.P.f. 512. betrachten wolle, it was Hr. Prof
J. Lange im Antibarb. hievon anmerket.
43. Es hat der beruͤhmte Hr. Caue in einem
Schreiben an den Hrn, Caluer, welcher mir es
ehemale im MSto communiciret und hernach im
Rituali publiciret hat, miderdiefen Mißbrauch)
folgendes erinnert: Integrum relinquitur peni-
tentibusSacerdotes ſtimulante confeientiacon-
ſulere et ab iis fubleuamen impetrare: non qui-
dem neceſſario & diſtricta Chriftilege perpetuo
& vbique ab omnibus obferuanda, fed pro re
nata. Woraufer derer Papiften ängftlichen Be⸗
weis über den Beichrftul ſchilt, und ſchlieſſet: Cer-
tum eft,abrogato peenitentiarii munere Ne&ta-
zium vnicuiquepermisfifle rö dio rwesdorı ray
vsnelav nereygen,vtpro arbitrio animiquecon-
fcientia ad facramentorum communionem ac-
cederer. Nec aliter facere necejfe eſt, niſi vbivrget
necesfitas etgrauiffimus peccatorum ftimulus,
vt panitentes comfeientiam fuam exonerent,
Diefer in der Antiquität erfahrene Mann verſtun⸗
de die Sache beffer,als Coruinus; welcher alle fei-
ne Menfchenfasungen nicht mit demgeringften
Schein ausder Schrift oder Antiquitaͤt darthut,
hingegen meine angeführte Zeugniffe nur carpi⸗
ven will ohne den geringften Grund, Aber was ift
laͤnger noͤthig hievon zudifputiren, da S. Koͤnigl.
Maj in Preuſſen felbſt die Chriſtl Freyheit im
Beichten ertheilet, und in den neuen Viſitations⸗
fragen unter andern verordnet, die Hrn. Beicht—⸗
varerzu befragen: Ob ſie, wenn einige wegen
„der Ohrenbeichte fich einen Gemwiffensferupel
„machen, diefelbe ohne ſolche, doch nach vorherge⸗
Neue Nachrede
mu mm mn —
„‚gangener genugfamer Borbereitung zum Heil.
„Nachtmahl zulaffen,, ? Ein mehrers ift indenen
SchriftenHerrnD. Speners, Franckens, Scha-
dens, Strykens, Sangens, Merckers, Herings,
Beerenfprungs und anderer zu finden, —
44 EinRoftocifcher AurorMiehenck in dem
Compendio feiner Errorumgibf mir bey diefer
Materiep. 118. Schuld, als ob ich im VIII.B.C.
17.$. 22. widerdie Beichtpfennige heftig. de-
bachiret hätte, Allein es wird aldanım von der
Simonie im Pabſtthum aus der Hiftorie gehan-
delt; fehlägenum jemanden fein Gewiſſen hieruͤ⸗
ber, fo wolle GOtt diefe friedfane Erzehlung zue
Befferung fegnen! daß aber diefelbe auf unſere
Zeiten mit gedeutet worden, iſt mit eines Roſtocki⸗
fhen Theologi D.Quiftorpit Confens gefchehen
aus feinen Piis Defideriis p.52, der davon alfo
ſchreibet: Nummus Confesfionarius parit inter
Collegas fzpe inuidiam, occafionem dat Corin-
thiifmo, etexczcat quandoque Miniftrum Wel⸗
ches auch dasConeiliumVI.CPranum mit anfüh-
vet,fo Can. 23. das Beichtgeld bey Strafe der
Hlemotion ganz verboten hat. ausdiefer Urfache:
„Die Gnade fen nicht um Geld feil, und wir föllen
„nichtdeg Geiftes Heiligung um Geld mitthei⸗
„len, Mit diefem und andern alten Roſtocki⸗
ſchen Lehrern. aß D. H. Muͤllern, Großgebauern, .
Tarnouio &e. hat mans zu thun,woman jeman-
den über diefem Adiaphoro einen Indifferenti⸗
ften böstich fehelten will, wieder Autor gethan.
45. Ich erinnere mich hiebey einer andern An⸗
Flage, die ohne allen Beweis in Hr. D. Fechts
Philocalia ſtehet p. 158. als ob ich inder Abbik
dung li. B. C.5.P. 21. «infendirete, dem Ma⸗
»giftrae und Minifterio alleSorge im Geiſtlichen
zu benehmen, undeiner jeden Gemeine die ab⸗
»folute Freyheit zu glauben und ſich ſelbſt zu re⸗
«gieren zuſchriebe, welcher ſchaͤndliche Indifferen⸗
»tismus aller meiner Schriften Zweck feye».
Hieraufift aber fehon in denen Betrachtungen
P. 673. gedienet, und ift eben die Berleumdung,
die Hr. D. Krafewis im Beichtftul p. 13. vorge»
bracht: «ch würde es indie Wege richten, daß
» man das Minifterium beurlanbere» u. f. w.
GOtt ob! es find folche Säfterungen nun viele
Jahre ber in meinem doppelten Amte vor aller
Welt zunichte worden, nach der rechten Merho-
de
Ka +
a rt nn
und Vertheidigung.
de dergleichen zu wider!
fehrieben wird. Dia
45. Don diefem Punct aber, namlich von
Verachtung des Predigtamts, find die
Einwürfe Coruini wider diefe Abbildung fol
‚gende. Er faget p. 406. ich fep ein geoffer
Seind des Dredigtamts, denn fie müßten
mir nur dieverdorbene Elerifen Heiffen. - Aber
ich habe immer forgfältig unterfchieden die wahr
re Boten GOttes vondenen andern, Ganze 4.
Capitel im II. Buch zeugen davon, nemlich das
8.9.10. undın. in 50. Blättern, ja das ganze
Buch, wie hochheilig und heuer mir das rech⸗
te goͤttliche Lehramt ſey. Schlägt aber
jemanden fein Gewiſſen, ev gehöre nicht drunter,
fo kann die Wahrheit davor nicht. Meine übrige
Bücher von der Geftalt eines Evangeli⸗
ſchen Lehrers von dem Lebender Glaͤubi⸗
gen, von denen Abwegen und dergleichen, ja
ſo Tit. I. 8, vorge⸗
meine unterſchiedliche Aemter legen ja ſolche Be⸗
zuͤchtigungen voͤllig danieder.
47. Denen Unberichteten aber zu Siebe iſt auf
die elenden Gegenfäße Coruini kuͤrzlich zu ant-
worden, Exverfporterl.c. $.2.dasgeiftliche
Priefterthum, ein von Chrifto doch ſo theuer
erworbenes Kleinod, und feßet: «Mach Arnolds
»Meynung haͤtte man da aus der Schufter,
» Schneider und andern Gilden,von denTagelöh:
„nern undanderndergleichen gemeinenteuten et⸗
»:wa die Nelteften und Borfteher derfelben mit in
»dieNeihe ſetzen, undihre Iudicia und Vota col-
»ligiven follen». Bey dieſem Spott hat er nicht
bedacht, welch eine Probe jener Laͤye auf dem Ni⸗
ceniſchen Synodo vor allen Lehrern wider einen
Hendenabgelegt;davon aus Rufino die Kirchen⸗
biftorie im IV. B. Capı2. $.2. berichtet. Auch
hat er ganz fälfchlich geſchloſſen, daß der fo fort
das Predigtamt aufhebe oder alle gemeine Leute
zu Richtern in Glaubensſachen mache, welcher
das geiftliche Prieſterthum mie Luthero und allen
Proteftanten behauptet, &
- 48. Alfo ſagt er ps 407. $. 3. ich leide Feinen
Unterf&beid unter Prieftern und andern,
weil ich im VII. Buch Cap. 17. $. 12. gefchrieben:
Die Cleriſey habe fich diefer und anderer'NB. ge
„meiner Nechte angemaffer, und das Priefter-
othum allein zu fich geriffen» Darauf beden⸗
1003
ke man aber: ch rede 1) von den Zeiten des
Verfalles, und alfa 2)von verfallenen Leh⸗
tern, 3)von gemeinen Nechten des geiftlichen
rieſterthums, wie fie Lutherus, Spener und
andere ausder Schrift dediteirer haben, und al:
fo 4) nicht von fonderbaren Recht und Amt
des Schrftandes, Dieſes alles verwirret der
Berfläger, ungeacht dieoben angezeigte 4.Capı
des IL. Buchs zeugen, wie der Unterſcheid zwiſchen
Lehrern und Zuhoͤrern von mir durchgehends
behauptet werde. Man ſehe auch hievon die Hiſt.
Theol. Betrachtungen p. 648. und 665. nach, ine
gleichen in der Abbildung das 10. Cap. des II. B.
$. 1. alwo ic) ausdruͤcklich den Unter ſcheid un»
ter Lehrern und Zuhoͤrern, Sirten und
Schafen, Vorgängern und Nachfol⸗
gern befennerhabe, Wie elend lauten alfo dies
fe Spottreden Corvini: »Wolan ihr gemeinen
»$ente, Schneider, Schufter,Seinmweber, Bauer,
»und Bürger, und tie ihr alle heißt, laſſet euve
»Merfftätte, euren Pflug und andere Handrhies
»rungen ftehen, prediger, taufet, ſchaffet nur
„eure Priefter fort, ! u.f. w.
49. Es wird dafelbft auch mit Unverſtand ge
eifert wider das Zeugniß von dem Schaden
boͤſer Lehrer, aus dem VII. B.C 7.8.15. Er
übergebet aberalle die alten Zeugniffe, und greift
das einige an, welches doch Flacius alsein Zeuge
niß der Wahrheit im Caral. Teft. Ver. wie:
derholer hat: daß ein Priefter,der von einer
Todfünde gebunden, einen abſolviren
koͤnne. Wider diefen Sag weift Coruinus nichts
einzuwenden, alsdaßers einen Irrthum der Dos
natiſten und Arnoldiften fehilt, und indenen no-
tis dazu feßet: Idem ifte Arnoldusin Arnoldo
noftro rediuiuus eſt. Allein unſere Theologi und
Hiſtorici ſelbſt behaupten, daß dieſer Arnoldus
ein Zeuge der Evangeliſchen Wahrheit wider den
Pabſt geweſen, wie aus Ofiandro, Micrælio,
Flacio, denenCenturiisMagdeb.derHiftoria Ec-
elef. Gothana, Dannhauero, Schiltero, und an»
dern dentlich dargethan iftindenen Hift, Theol.
Betracht. p. 248. Die Frage felbft aber von der
Ohnmacht eines böfen Predigers iſt bisher gründe
lich eroͤrtert in denen Schriften Hrn. D. Breit⸗
haupts, Hrn. P. J. Langens und anderer, alſo,
daß diefetäfterung wegen des Donatiſmi und Ar⸗
Vydb vyya "al.
1094
noldifmi gar nicht zureichet,die Wahrheit zu ver-
dunfeln, geſchwiege umzuſtoſſen.
50. Ob wol ferner Coruinusp. 432. $. 15.ge⸗
ſtehet, daß ich indem ganzen 5. Cap. des III. B.
von der erſten Chriſten Verhalten gegen
ungläubige Obrigkeit und weltliche Ge—
richte gehandelt, darinn ich beſchrieben Hätte,
wie fie ſich in allen, Dingen der heydni⸗
ſchen Obrigkeit unterworfen und derfelben
gehorfam gewefen: So will ev doc) mich be=
fchuldigen, als geftatte ich der Obrigfeit das
Recht in Rirchenſachen zu befehlen amd zu
ordnen gar nicht. Nun hatte ic) in der Ab-
bildung 11.8. C. 6. F. 22. gezeiget, wie unterm
Berfallder Chriſtlichen Gemeine almaͤhlich ihre
Rechte benommen worden, und zwar aus Con-
ſens Lutheri, Chemmitüi, Speneri und anderer
Theologen. Diefe aber haben durch folche An
merfungender Obrigfeitihe gebührendes Recht
gar nichtgenommen, fo thue ichs denn eben fo
wenig, der ich nur mif diefen Lehrern rede. Ein
mehrers ift hievon in denen Betrachtungen p.
673. und fonjten erinnert.
51. Hieher gehöret, daßM. Fiſchlin in feinem
Pier. deretto p. 91. dag V. DB. der Abbild, p- 3 1.
anziehet, als ob ich die Beibesftrafen ohne
‚Unterfcheidaufhübe. Nun ftehen daſelbſt nicht
meine, fondern fo vieler andern Chriſten und Be⸗
Eenner Worte, was fie von dem Schlachten der
ver Menfchen unter den Heyden gehalten , und
wie fonderlich die Lehrer manchen armen Men-
fehen vom Tode los gebeten, er diefe theure
Exempel der erften Chriſten nicht zur Nachfolge
brauchen wollte, der moͤchte zum wenigſten es ei⸗
nem andern nicht verargen oder zur Ketzerey deu⸗
ten, wenn er ſie wenigſtens hiſtoriſcher Weiſe mel⸗
det, wie er ſie findet. Man betrachte die daſelbſt
oder auch in luſtiniani Clementis gewiſſenhaften
Anmerkungen ſtehende Gruͤnde, ſo wird man
ſich nicht mit ſolchen Anklagen wolmeynender
Zeugniſſe verſuͤndigen.
s2. Wegen der Eydſchwuͤre hat der gedach⸗
fe Autor derer abfurdorum angegeben, als ob fie
im 6. Cap. des V. Buchs ohne Bedingung ver-
worfenmwären. Und gleichwol ift dafelbft mie
groffer Bedingung$. 15. ausdrücklich zu leſen:
»Die Alten wollten NB. nicht gänzlich alles
—*
Neue Nachrede
„Schwoͤren aufpeben». Item: “daß GOttes
Erkenntniß vor dem Eyd nothwendig erfordert
»werde>, ingleichen, daß vor denen Gottloſen
wol etwas wichtiges eydlich bezeuget werden
koͤnne, ſonderlich wo es die Obrigkeit fordere.
Diß find ja ſolche Bedingungen, weiche Klägers
Unwahrheit von Grund aus vernichten. Das
von aber ift in denen Betrachfungen p. 666,
mehr zu leſen.
53. In ſpeeie gedenket von dem Religionseyd
Hr. D, Schelwig in Syn. Suppl. p. 19. er ſey mir
ſades in oeulis, und aͤllegirt dabey dieſe Umſtaͤn⸗
de, ob fen ſolches zu finden in dieſem Buch T.L
c.10.:399. ſeq. prefertim$.26. Hierauf ift
zu wiſſen 1) daß die Allegation falſch und unrecht
ift; denn der locus iftnicheim I, Theiloder To-
mo, fondern im II, nicht im ro. fondern im 20.
Gap. und zwar im IIX. Buch: alfo, daßeg der
Autor aus andern muß gefchrieben,, nicht aber
felbftdenlocum angefehen haben. 2) Iſt daſelbſt
im ganzen 20, Cap. diefe Sache fo ausgeführt,
daß niemand ſich getrauet hat, das geringſte Ars
gument anzugreifen, fondern Hr, D. S.erdichtet
dafelbft einen Unterſcheid, der ihm allein befiebt,
und feßtein Scheltwortdaben, in Hoffnung, die
Sache felbft alfo wohl ausgerichtet zurhaben. 3)
Gibt er denen Haͤlliſchen Hmn. Theologen Schuld,
als hätten fie mich vor ihren gregalem zu halten,
ſich geſchaͤmet. Da doch von andern längtt re-
monſtriret ift, wie Feinvechtfchaffener Chrift, gez
ſchweige Theologus,folche Sectirer oder gregales
fische oder erfenne, fondern in unparteyifcher fies
begegen alle tiebhaber und Befenner der Wahr-
heit ftehe, und ſich ihrer aus Menfchenfurche
nicht (damen dürfe 4) Wird in Halle diefe
Wahrheit wider den Religionseyd und Zwang
nicht weniger behauptet, unter andern in Hrn.
Hofrath Strykii Diflertationibus, deeo, quod
iuftum eft circa iurämenta, und de Iure Princi-
pis circaTuramenta, an welchemdie Gegener ger
nug zu vefutiren finden-Fönnen. \
54. Der oben gemeldete Autor ablurdorum
gibt auch vor, als wäre p. 322. des Exoreifmi ge⸗
fporterworden,
Berrachtungen P.666. erwiefen,daß ich davon in
groffem Ernſt gefchrieben und den fehädlichen
Mifverftand beflager habe, Im uͤbrigen weiß
den
w 7
Esift aber dagegen in denen -
—⸗
Eeremonie, die in ein fol) opus operatum dege-
neriret iſt, zu balten oder zur lehren fey.
55. Was aber die Taufe der Kinder betrift —
habe ich mich vorlaͤngſt in denen Supplementis
der K. Hiſt. p. 52: deutlich erfläre, daß ich auch
hierinn mitunfern Theologen eins fen, felbft Kin⸗
der getauft und dabey geweſen, auch nicht jelten
Öffentlich aus Lutheri Taufbüchlein erinnert, wie
fowol Prediger als Zeugen nicht leichrfinnig und
obenbin daben handeln follen. In dieſer Abbil-
dung aber habe ich im 7. $. des 14. Cap. imI1.B.
mich gegen folche Anflagen ſattſam verwahrer,
durch denlinterfcheid der quæſtionis falti vonder
uxftione iuris. Diequzftionem iuris habe ich
nirgends geleugnet, vor jener aber habe ich alda
eonteftire: “ch würde alg ein Referente nicht
„weitergeben, oder etwas ſchlieſſen, als wie ferne
„die praxis der Nachfolger in der Apoſtoliſchen
Kirche die Streitfrage entſcheiden koͤnne, Wie
ich denn hiebey allezeit mit andern Auctoribus,
als: Rigaltio, Ludovieo Vive, Eraſmoꝛe. gere-
det, und dieſe gelehrte Leute bey ſolcher Materie
zu Vorgaͤngern gehabt. Sa, ich habe ſelbſt ſ. 9.
1. c. diejenigen Seribenten widerlegt, welche die
Kindertanfevorein ganz neues Inuentum aus⸗
geben wollen.
56. Endlich ft denen Antiquariis bekannt und
nichts umgemeines, daß die Hifkorici dergleichen
Obferuationes ſetzen, ohne daraus gewiffe Do-
gmata, oder fich diefer oder jener Keßerenen ver»
dächtig zu machen, indem fie ja nur von que-
ftionibus fatti reden. Im Pabftehum ift die
Kindertaufe, befannter maffen, eine allgemeine
$ehre : Gleichwol fehreiben unter fo ſtrenger
Cenſur wol gar die Elerici ganz frey von denen
alten Zeiten. Zum Erempel Fann ung der be-
Fannte Cotelerius dienen, der feßet in feinen
Noris ad lib. VI, Conſtitutionum Apoft. cap.
15. f.344. Volum. I, Patrum Apoftol, fol
- gendes: Apoftoli et Apoftolici Viri in ——
culo mortis eonſtitutos infantes baptizabant
ftatim: cererostardins aut citius pro arbitrio
Parentum certisque eircumftantiis: quo fa-
&um, vr poſtea varie viguerint confuerndines
pP
ni und Vertheidigung.
units
——— * ENTE EEE — ENTER
dennoch jeder Berftändiger wohl, was von einer in atate baptizatorum puerorum. Eas colli-
1095
ges ex Tertulliano lib. de Bapt. c. antepenulr.
Cypriano ep. 59. et Gregor, Naz. or, 49.
pag. 658. &c.
57. Unter denen Engelländern rechnet der
berühmte Beveregius diefe Sache unter die Leh⸗
ven, die nirgends in der Schrift ausdrücklich
befohlen, fondern erft 1400. Jahr ber, nad)
der Apoftel Zeiten in Schwang gefommen ſeyn.
Denn fo fchreibe er in pro@mio Codicis Cano-
num Ecel. primit. fol. 1. Hæe et alia, vt in-
Jantes S. baptifmate abluendos eſſe, et fponlo-
res ad illud Sacramentum adhibendos, Do-
minicum vel primam per fingulas feptimanas
feriam religiofe obferuandam eſſe &e. zuf
quam in Scripturis S. diſerte acnominatimpr«-
eipiuntur, {ed nihilominus per 7400. ab Apo-
ftolis annos in publicum Ecclefie vfum vbi-
que recepta fuerunt. Warum will man denn
einemandern, der blog in relatione hiftorica
verſiret, und die Sache felbft mie feiner praxi
billiget, dergleichen Freyheit in der Hiftorie
nicht auch gönnen?
38. Diefes hat unter andern der Hr.G.5. Mer:
reter wohl eingefehen, nemlich, daß ich blos hifto-
rice gegangen, dahero er mir garnicht beymiffer,
als leugnete ich die Kindertaufe gänzlich, fondern
gar bedaͤchtig ſetzet: ch zweifele , ob ſie noch vor
dem II, Seculo gebräuchlich geweſen, 1.c. p. 126.
wie erdenn die Sache mit denen Patribus folgene
der Zeiten aus der Tradition meift herfuͤhret.
Hingegen gefchiehet mir von denen unrecht, wel
he fagen, als hätte ich diefe Sache auch quoad
praxin gar verworfen, oder denen Gecten der
Photinianer u. andern bengefallen, wie Corvinus
mie vielen unnuͤtzen Worten verfucher bat. Denn
diefer hat öfters unfern eigenen Theologen dabey
widerfprochen,umd allerhand falfa untergemengt.
359. Zum Exempel, er fagt p. 366. $.3. daß
der Auctor Conftiturionum Apoftolicarum we:
nigftens um das Ende des II.Seculigeleber haber
Da doch die Papiften felber, die doch viel Men-
ſchentand aus diefen Eonftitutionen dednciven,
zum Theil das III. Seculum ſetzen. vid. Petrus
de
» >
*
xx
Br
ut} \
1096
de Marcalib, IH.deconcord. Sacerdot. et Imp.
cap. 2. Ja etliche Halten fie gar vor interpolirt und
ketzeriſch, als Emman. Schelftraten Part. II. Au-
tiquiat. Illuftr. diff. 2.c.2. und Nat, Alexander
Hift. Eecl. Sec. 1. difl. ı 8. Unfere Theologen zum
wenigften verwerfen fie als erdichtet, irrig und
untergefchoben, wie Chemnitius aus Epiphanio
und dem Synodo Trullana fihön ausgeführt P.
IV. Exam. C. T.p.m.206.feggq. et 232, it. Ger-
hardus Confefl. Cath. Tom. 1. P. I.c. 7. p. 409:
Varenius Ration. Sec. I.p. 97. und andere; derer
Reformirten, als Cavei, Seulteti, Riveti Moy-
nii, Chamier zu gefchweigen.
60. Man erwege ferner Biefe Anklage Corvi⸗
ni. Esfteher im 1.B.C.14.$:9, diefer AbbiE
dung aus Caueo Ireneus allegirt mie diefen Wor⸗
ten: “Ekliche Patres, welche fonft hiebey (von
„Cave) angeführet werden , gedenken gar mit
„feinem Wort der Taufe, darunfer der ältefte
„[renzus feyn foll, wie auch Tertullianus , der
„nur der allgemeinen Wohlehaten Chriſtigeden⸗
„ket,. Diefe Worte nennet Coruinus p. 370.
unbedachtfam, da doch dasganze allegirte Caput
Irenzi die Taufe der „Kinder nicht exprefle er-
wehnt fondern nur implicire der Wiedergeburt
gedenket und der Heiligung, wie Chriſtus alle
Alter heiligen wolle durch fein Erempel. Corvi⸗
nus aber führer meine Worte ganz verftünmele
an, und daich nur aufdiefen von Caueo allegirten
locum Irznei alleine reflectiret, extendiret er
alles auf die Taufe insgemein, und bringee
andere loca herbey, davon doch die Frage nicht
war.
61. Wiederum hatte ich $.9. gefekt: * Man ſiehet hier-
„aus, (aus Cypriano) daß es damals nurinden Africa
„nifchen Gemeinen aufkommen geweſen; gleichivie Ort-
„genes von der Alerandrinifchen vedet, da es vor eine tra-
„, dition der Apoftoliichen Kivche ausgibt, Diefe Wor-
te beſtehen aus 2. Saͤtzen. Bon den erften wegen der
Afeicanifchen Gemeine war nicht noch etwas zu allegiven,
weil die Rede von dem ſchon angeführten Cypriano war.
Den andern Satz, von: Alerandria, dedueirte ich aus
Dannhatiero Chrift.p. 191. und feste dazu: Fatetur
Dannhauerus, nemlich er befenne, daß es im der Alex.
Kirche gebräuchlich gewefen, Coruinus aber extendiret
nur diejes auf den erſten Satz auch, als. ob ich Dann-
hauero denfelden Beylege, und verfaͤlſcht alſo meinen uns
ſchuldigen Vortrag. Sa er will auch nberdie folgenden al-
tegate eritiſiren, da ich geſetzt: Qui (Dannhauerus) Me-
dielanenfen (Ecclefiaın) € recentiore Seriptore addit,
Neue Nachrede hy
Hiermit habe ich auf die Worte Dannhaueri g
er die Ecclefiam Mediolanenfen aus Ambroiio, nd )
jünger als Cyprianus ift,mit benennet hat Dennoch w
er mir hiebey vor abfurditatem, ignorantiam, ofeitan-
tiam, fomnia enthußafica &c.. Er verfälk auf die
Blindheit, daß er meynt, ich hatte. Mediolanenfem vor
einen Seriptorem recentiorem gehalten: Welches ja mehr
als kindiſch, und kaum von einem nüchternen Menichen zu
vermuthen iſt. Dis mögen aber nureinige Proben feines
Widerfpruchs auch in diefem Punet ſeyn Sur — ——
62. Mehrere Specimina des verkehrten Eifers wider
dis Bud) find kaum der Mühe werth anzufuͤhren. Alſo
erdichtet der bekannte Audtor der Ephemeridum Patrum
im Febr. p. 41. als wurde in dern Vorbericht der Abbil:
dung p-ı9. und in der K.Hiftorie IL. B. 4 C. das ganze
Buch Tertullianide prefeript. adv. her. vor genuin ans
gegeben. Gleichwol ftehee in jenem an gedachten Blat
kein Wort von ſelbigem Bud), Fonbern nur p.ıg. von dem
Hauptiverk felbft, von dem appendiceaber nicht das ge⸗
ringſte, als welcher von denen beften Critieis Tertul'iano
abgefprochen wird. In der Kicchenhiftorie aber findet
ſich l.c. gar das Segentpeil, da das Vorgeben diefeg appen-
dicisveriworfen wird. Ich enthalte mich aber billig, mehr
folche unchriſtliche Gegenfäge zu produeiren, und glaube
ein unpaßionirter Lefer werde an diefen fchen inne worden
feyn, wieman mie mir und meinen wenigen Sachen um⸗
gegangen. { x
62. Seit dem ich dieſes geſchrieben, find mir noch eini⸗
ae Gegenſaͤtze vorkommen, denen gleichwol bey dieſer Ge:
ſegenheit kuͤrzlich doch gruͤndlich zu antworten ſeyn wird.
Es gedencket Hr. Ober» Hofprediger Schulenburg in ſei⸗
nem Unterricht p-344. “daB in diefer Abbildung von mir aus
deren Alt⸗Vaͤtern Derter geſammlet wären, aus welchen
« ficy deutlich hervorthue, daß, da die erften Chriften unter
“denen harten Derfolgungen, aus Noth der öffentlichen
“ Sotteshäufer entrathen und fo viel Spott darüber von
denen Heyden erdulden müffen, fie aus einer Ehriftlichen
“Großmthigkeit die Freudigkeit ihres Troſtes zur Ver:
„herrlichung dev Ehre GOttes nurdefto mehr declariret;
< hingegen ihre jchmerzliche Empfindung über ihre Fata-
[13
„duld niedergefchlagen hätten,
64. Bey diefem Satz ift unterfchiedliches zu bemerken.
ı) Es hat der Autor die Kraft der alten RN
Wahrheit ausdenen Bekenntniſſen der erſten C
mevfet, Weil folche aber mit feinem Sinn nicht —
met, ſo hat er 2) den eigentlichen Ort in der Abbildu
nicht benennet, damit der Leſer nicht darnach begierig un
der Sache fundig würde. Es ift aber die ganze Materie
aus unleugbaren und untadelichen Urkunden ausgefüßter
an finden im IL. Buch 3. Cap. Damit er aber den ner-
vum ſolcher unfhuldigen Sache feinem Bedunken nach
‚meidiven und eludiven möchte; fo erdenfet er liſtiglich ei-
nen Vorwand, den er mit Feiner, Sylbe aus Got _
tes Wort und der Antiquität beweifer, noch in Ewigkeit
beweifen fann. |
65. Er muß geftehen, daf bie erften Ehriften Feine Kir⸗
chen, die er nach feinem Begriff Ootteshäufer nennt, ge-
habt; damit aber darans der feſte Schluß aller —
en
gr
itäten vor denen Heyden dißimuliret, und in ftiller Ger
1% >
viften ges
“
a a A * —2 V VP
— und Vertheidigung. Br 1057
n Lehrernicht möchte gemacht werden, wie folche Haͤue nur. Sp aber fersten fie ihre Lehre hierein gerade dem heyd⸗
— Ontterhlenf.eigentti nühtge ven: So nifchen Aberglauben nk verkbiolegen hen ver⸗
ib£ er vor 1) essen jenes aus Noth und alſo nicht freywillig
3 nach der Wahrheit ihres Glaubens nur geſchehen, und
2) die Chriſten hätten ſich heimlich dariiber betruͤbt, aber ih⸗
re Empfindung über ihre Fatalitäten ne Bey:
des ohne allen nd und wider die Wahrbeit,fo ich kuͤrz⸗
lich darthun wilſ, wenn ich nur zuvorher erinnert habe,soi
ich mit wahren Evangeliſchen Lehrern die Kirchhaͤuſer an
ſich ſelbſt, auſſer dem ſchnoͤden Aberglauben, Pracht und
Stolz nicht vor verwerflich, gewiſſe
zu Chriſtlichen ——— noͤthig und gut achte. Ge⸗
ſtalt ich eben an gedachtem Ort der Abbildun J— den
erſten Chriſten zugegeben, daß ſie bigweilen ſolche eigene
Baͤuſer 83 aber ohne abgoͤttiſchen Aberglauben.
66. Daß aber die erſten Chriſten dever Kirchhaͤuſer,
wie ſie bey den HHeyden u. verfallenen Chriſten gebraͤuchlich
geweſen, nicht aus Noth en muſſen, fondern auch
aus dem Grund des wahren Chriftenthums aus freyem
Willen entrathen wollen, und alſo Eeine [hmerzliche Em:
pfindung über deren Mangel gehabt ; das erkennet ein jeder,
derdasrechte underfte Chriftenthunt, fe em lauteren
Sinn, der in gedachtem Buche aus fo vielen Bekenntniſſen
and Erempeln erwieſen ſtehet, nur in etwas einfiehet und
fieber. Zum Ueberfluß kann mans aus ihren felbjteinenen
Expreßionen erſehen, wie cordat und unverftellt fie ihren
Grund und Sinn vor denen Heyden ſelbſt entdecket; aljo,
daß man billig fich verwundern muß, wenn denen theuren
Zeugen und Juͤngern des Lammes folche politische Ver⸗
ſtellungen, ja ſolche heydniſche Fatalitaten beygeleget
werden.
67. Ganz ein anders zeigen uns zum Exempel bie kla⸗
ren Forte Origenis lib. VIII contra Celfum p. 390. (Edit.
Spenceri) Exrgemoueda TO marns kurs Xoen-
Ya aDUxBE Kal vergas circdomav vadc. Mir
büten uns (verabfiheuen und deelinirens), dem, der da
alles Leben darreichet, leblofeund todte Tempel zu
bauen. Hier wird nicht die Noth oder Verfolgung zur Ur:
ſache angegeben, warum fie keine Kirche baueten, ſondern
der a der Chrifilichen Yehre, weildas ſelbſtan⸗
dige eben in feinen Ort einzuſchlieſſen ſey. Und p. ap.
Qev youev, wir meiden die Erbauung der Tempel
und enthalten unsderer. Alto fraget in eben ſolchem lau:
tern Sinn Minucius Felix in Odtaviop. 367. (Edit. He-
raldi,: Was ſoll ih GOtte vor einen Tempel erbauen ?
da diefe ganze Welt, jo von ihm gemacht ift, ihn nicht fallen
„fann ? == Aftsnicht beſſer/ daß man ihn in feinem Herzen
„beilige„? Womit abermal der Herzenstempel dem
aͤuſſerſichen entgegen gefeßet wird, eben wie Origenes
von diefem Grund faft 2. Blätter angefullet Harl.e> Und
CyprianusJib de idol. Vanit fol.ıs. (Edit.‘Joh. Oxon.)
fiagt auch : "Was jollte GOtt vor einen Tempel haben
„tonnen, deſſen Tempel die ganze Welt ift,, ? dergleichen
auch Lactantius lib LI. Inftit. c.2. Clemens Alex. hb.VIL.
Strom. £,714. Gregor. Nazianzenus und andere wieder:
68. H dieſe Männer nach Hrn. Schulenburgs
deln und die atze ablehnen wollen, ſo wuͤr⸗
Sinn
den o geſchrieben haben: Wir wollten gern vor uns
ee gleichwie ihr Heyden, aber vergoͤnnets uns
A v
Oerter und Haͤuſer aber
Te, fagaci judicio perſpexerunt.
fellten nicht das geringfte, wie ihnen faͤlſchlich beygemefien
wird. Und diefes erfennet unter andern auch der erfahrne
Antiquarius 1. C. Suicerus in T’hefauro Eeclef. Tom Il.
C 388.00 er nach ng folcher Zeugniffe darans ſchlieſ⸗
FR: Haudobfeure indicat, (fagter vom Lactantio) Chri-
janos etiam tum rempla NB. ormnia fügt feAlnd von Ori-
genis loco : Chriftianos zemplis abffinuijfe ‚- - exiftimafle
eos, facrificia in aperto celebranda, ad parietes non eile
fpe&tandum, fedin ealum: adeaque quia Deus ubique
fit, templis opus non effe &c. Bleiben aljo die erſten Chris
en von der falfchen Beſchmitzung einer folchen Vorftel-
ung frey, indem fie gerade heraus gelagt, daß fie Feine Tem:
pel haben wollten, Und wären die andern zu Conftantini
und folgenden Zeiten indiefem Stun blieben, jo hätte man
wol Berfammlungsoerter, aber Feine prächtige luxuriöfe
Tempel. Dem Hrn. Schulenburg aber ift ſchon ehe von
Hrn. P. Rittmuͤllern vorgehalten worden: “Man müfle
„Fein abgefchmacktes und fchier pedantifches Wefen NB.
„wider den Credit und Autorität des vortreflichen Alter:
„thums fuchen aufzubringen, zum wenigften beijern reza-
rio aufihre Schriften, Werke und Geſchichte machen,,.
(Siehe Summar. Beantwortung p.47.) Ich willes aber
meines Orts hierauf nicht applieiven,
69. Hieraus ift dann ferner von denen andern Folgereyen
des Auctoris leicht zu ureheilen, wenn er ausjeßt umgeſtoſ⸗
fenem falfchen prefuppofito haben will? es ſey ein ſeetiri⸗
her Schluß und ungültige Folge auf fameufe conuenti-
cula u.ſ. w. Ich habe mic, zwar deifen nicht anzunehmen,
der ich blos die uralteften documenta von denen Verſamm⸗
lungen derer erften Chriften dazumal produeirt gehabt, die
niemand umftoflen wird. Immittelſt widerfpricht Hr.
Schulenburg mit einem folchen generalen Ausfpruch fo
manchen rechtglaubigen T’heologis, welche vecht wohlge⸗
ordnete und erbauliche Verſammlungen gottbegieriger
Seelen , auch auffer denen Kirchen, gut heiten und bebaus
pten, wovon det unparteyifche Leſer die Auctores finden
kann in dem II. Theil Vergeftalt eines Evangeliſchen
Kebrers, jo zu Leipzig neu beraus kommen. Gemig, daß
gedachter Seribent endlich felbft p. 346. uf. geſtehen muß
„es ſey viel vom papiſtiſchen Sauerteig allmalich bey dene
„ anwachjenden Gotteshaͤuſern in denen folgenden Seculis
„ mit eingefchlichen „, (welches auch fehon von Conftantini
zeiteninder Abbildung lc. $.21.f. und Kirchenhiftorie er:
harter iſt) item “es komme froylich auf den inmerlichen
Herzenstempelam meiftenan u.).w.
70. Von denen Übrigen und häufigen Vergehungen,
die er in folcher und andern Materien begebet, berühre nur
diseinige um der Kürze willen. Er approbirt p. 349. daß
Petrus de Bruis von denen Päbften zum Scheiterhau⸗
fen darum verurtbeilerfey, weil ev gelebret hätte, man
follte Eeine Kirchen baren, denn fie bätten Eeinen Nu⸗
ten. Hierinn widerfpricht ev abermal unfern beiten Hifto-
ricis und Theolögis. Er cifivet wider fich felbft die Cen-
tupiatores Magd. Cent. XII.e 5. der diefe ſetzen daſelbſt
juftdas Gegentheil, wenn fie ſchreiben fol 833. Superfitio-
nem in templis prater ommerm nece htarem maximis fumti-
bus zdificandis , Miſſam, invocationes mortuariım erea-
turarum fœdam idololatriam in immenfüum excerefce-
Falfas igitur quasdam
opinie-
Bis iii
le
—
4
a
-.
Be PEN ur
1008
— e ——
opiniones & abuſus taxantes incurrerunt in odium &c.
Inde poſtea forte iſtis monitoribus plura quam erat, af-
ficta funt Add.f.834.842. &c. Hieraus fieht man, daß
Hr. Schufenburg diefe centurias nicht nachgeſchlagen noch
weniger gelefen, fonft hätte ex fie nimmermehr vor feinen
üben Vortrag allegirt,viehweniger ihnen Flacium opponirt,
als wolle diefer den vermeynten Keger excuſiren. Sinte-
mal er ja befannter maffen von beyden Büchern Audtor mit
geweſen.
71. Und dergleichen Defenſiones dieſer ſo genannten Ke⸗
tzer, die nur den Mißbrauch der Kirchen mit allen Zeu⸗
gen der Wahrheit verwerfen, findet man N) andern
anfern Theologis ausdrüclich, als D.C: Kortholdo Hift.
Eccl.See.XIl.c.3.n.12.p.455.Calvör,Fifl.Sion.p.336.&c.Hat
alſo Hr. S.fich der päbftifchen Tyranney hier angenommen
und feinen Sinn entdeckt, wohin er gerne mit folchen Zeu-
gen der Wahrheit wollte, wenn er Eönnte. Was willer aber
dazu ſagen, wenn D. Meyerim Mufeo P.IL, p.642. vor den
Petrobrufianern fet: Es werde ihnen folches aus Haß
„der Päbitler nachgefchrieden, Petrus ſey ein heftiger Ver⸗
„ echter der Chriſtlichen Freyheit geweſen, man dichte ihm
ſolche Serthümeran, u. Nicht weniger wenn D.
Grapins difp.de Neo-Prophetisp.13. von denen Petrobru⸗
fianern, Arnoldiſten, Albigenfern und dergleichen’ aus Ar,
D. Becmanno wiederholt,ihre Gemeine jey ein cuflos pri-
mæuæ fimplieitatis Chriftianz, eine Ecclefia orthodoxa
militans u. f. iv. geweſen, die der Pabſt verfolgt habe ? In⸗
gleichen wenn D Fexhein Philocalia ð. p.153. die Waldenfer
zu einem typo Lutheranz Eceleſiæ macht, und das aus ib:
ter Confefhion aus Enez Syluii Hift. Bohem. c.35.beivei-
fet,darinn doch auch ein Sag vorfommt,der das Kirchen:
bauen verwirft, wenn es gefchehe ausdem Wahn, als ob
GSOtt da gnaͤdiger ſey alsfonft?!_ Doch halte ich mich
Hiebey nicht länger auf, ſondern weife den wahrheitlieben-
den Leſer in die gelehrte Schriften des Hrn. Hof⸗ Rath Stry-
kii, fonderlich jeine Difert. de Jure Sabbathi n.63. bis 90.
p. III. fegg. unddeffen Berantivortung p-9- fegq.it. Hr.D.
Böhmers de Jure Paroch. Sedt.Il.c 2 p.67.fegg. Alwo
alfe unbefugte Einwuͤrfe wider diefe in der Abbildung vor:
gelegte Wahrheit völlig gehoben find,
” 72. Sch finde hiernächft nach einenrlocum der Abbildung
kuͤrzlich zu erläutern, im II. Buch E:r2. $. 8. alwo zuletzt die
allegata lit. (p)ohnverfehens ausgelaflen find, Und weil
Hr. D. Diekmann in der Vorrede über Müllers und Luͤtke⸗
manns Poſtillen pas 154.Cder deutſchen Schriften) frey be⸗
kennet, daß er diß bisher an Feinem Ort Lutheri gelefen,
nemlich: “wie der ſel Lutherss den offenbaren Urſprung
dieſer Gewohnheit zum oͤftern erkenne, daB er in dem
Pabſtthum und Finfternißgewefen,,: Sp iſt fürz-
fich folches zu illuſtriren und mein Sinn zu erklären. Luz
therusnennt freylich nicht bey allen Zeugniflen der Wahr:
art das Pabſtthum oder die Papiften, indem er immer praͤ⸗
upponiret,daß man ohnedem wohl wüßte, wer er meyne;
fondern er fagte insgemein von den Irrthůmern und wi⸗
derlegte fie. Und fomachteers auch beydiefer Materie. Er
imptobirte ſchon Gregorii M. und noch älterer Ratrum vie⸗
Te Lehren und Inftituta, und was feit dem unvechtes ein
efchlichen war,das widerlegte oder tadelte er zum wenig⸗
uͤberhaupt.
Neue Nachrede
73. Daher ſchrieb er von denen gewoͤhnlichen Sonn⸗ un
eſttags⸗Leetionen insgemein alfo im III, Sen, deutſchen
heil f,270.b. “daß man wohl merken koͤnne daß der, fofie
„dermaſſen geordnet hat, fehr ungelehrt geweſen fen, und
„allzu viel von den Werfen gehalten hat. = = = Solches har
» be er auch mit den Evangelien —— nemlich, daß er
den Glauben an Chriftum ausgelaffen, und am meiften von
äuflerlichen Werken vorgelegt, (Dieſe Worte wiederho⸗
let und approbirt auch Quiftorpius in Piis Deſideriis $.23.
und Dannhauerus P. TI. Theol. Confe. Se&t. 2. Dial.3.
p. 1016 ) Heryach ſchil er den Erfinder folcher Lectionen
als einen Papiften zum öftern in der Kirchenpoftill,als übee
des 2. Adv. f.26.a. (Edit. mex Lipf.) “daß der nicht
„viel von Paulo den, der die Epiftel heraus ges
fehnittenhabe,,: übers Ev.am Chrifttag f.193.a, die Epi
fey aus Lauter Unverſtand verordnet, derſelben Epite n
undEsangelien ſeyen viel mehr Aakunebene zog: verordnet,
aus gleichen Unverſtand Und f. 558. verändert er gar
folche Ordnung, weil fie nicht fo erbaulich ſey. Diß find die
loca , fo dafelbft ſollten eitirt ſtehen. Danun alfo Lutherus
an dem Ordinirer lauter Unverftand, Werkheiligkeit
und Ungelehrtheit tadelt, fo zeigt er deutlich genug an,
daß der rſprung im Pabſtthum und deſſen Sinjterniß ges
weſen denn Werkheiligkeit iſt ja padftifch,und lanter Unvers
ftand ift Finfterniß, $
74. Es ſetzet auch Hr. D. Diekmann ferner allda p.278-
„es fey die Einführung der Sonntagsterte nicht einmaf
„die geringfte Veranlaſſung zum Verbot der Bibel gewe⸗
»,fen,,, twie ich doch in der Abbildung I.e.gefchrieben hätte,und
fordert deshalb Beweis, ich habe aber ſolches daſelbſt hier⸗
aus bewieſen gehabt, weil man in denen erſten Zeiten unge⸗
hindert die Lehren des Chriſtenthums nach einander aus der
H. Schrift vortragen dürfen: hernach aber die Schrift nicht
mehr der ganzen Gemeine bekannt laflen werden, welches
auch der ganze tractus teinporum nach einander denen Ge⸗
fehichtwerftändigen klar macht. ch rede aber nicht von
dem eigentlichen Verbot des Bibelleſens noch vom Zwang
oder Gewalt, davon Hr. D. D. durchgehends vedet, jo frey⸗
fich erft nach Einführung folcher Sonntagsterte entitan-
den: fondern nur, wie der Antichrift den Keuten nach
und nach die ganze Bibel aus den Hauden hiedurch gedrez
betund zwar mit Aift des Widerfächers. Hat mich
alfo Hr. D. Diefmann nicht recht verftanden, maſſen meis
ne Worte durchgehends zeigen, wie ich am das öffentliche
Bibelverbot damals nicht gedacht, jondern nur die ſtuffen⸗
weis geſuchte heimliche Wege dazu anzeigen wollen. Su⸗
chet er daher vergeblic einen Widerfpruch heraus zu
bringen, und bemuhet fich ohne Noch zu beweilen, was nie
geleugnet worden,
73. Es bfeibet auch meine übrige Relation von dent
Schaden,fo aus folchen befondern Terten erwachſen, unum⸗
geftoffen, term wir nur die Augen recht aufthun und die
autere Evangeliſche Wahrheit einſehen wollen. Und
ob man ſchon die ältere Romiſche Kirche von der nachfolz
genden in gewillen Stücken unterfcheiden Eann, fo billigen -
doch aud) unfere "Theologi mit Luthero nicht alles ander
Altern, fonft müßte man auch mit annehmen, was vor und
um GregoriiM. Zeiten von abergläubifchen Dingen aufs
Eommenift, Im übrigen ifts infonderheit noch nicht aus⸗
gemacht,
4 —* m.
u U —
und Vertheidigung.
macht, daß die Weife mit denen Sonntagsterten fo aar
alt fen,als fie deren Liebhaber gerne machen wollten. Es ſa⸗
et Gerhardus dedic. Homil. Evang, p. c.3. und mit ihm
feifferus Crit. S.c.1.p.32. gar recht, daß diejenigen Terz
te, die wir noch, haben, nicht einmal mit denen überein:
ſtimmen, die manin Gregorii M. Sermonen findet, ger
ſchweige mit denen, jo man vor älter angeben wollte, Wor⸗
aus offenbar ift, dag man ihren Urſprung weit vor jünger
erkennen und lange nad) Gregorii M. 3
entweder Bedz im VIII; Seculo oder Alcuino und Paulo
Diacono um felbige Zeiten zuſchreiben muͤſſe: Dieſes aber
iſt nicht mehr die erſte oderältere Romiſche Kirche, ſondern
die in dem meiſten verfallene und paͤbſtiſche Kirche geweſen,
da das Pabſtthum gerealkig {don geftigen, devo Auctorität
und Erempel Evangeliihen Chriften,die nicht abergläubifch
bleiben oder Menſchenſatzungen damit legirimiren wollen,
nicht präjudieiren Fan. UnfererTheofogen zum Theil cor-
date — * dieſer Sache iſt zu finden in dem neuen
oder II. Theil der Geſtalt eines Evangelifchen Lehrers, wo:
ſelbſt bievon ausführlich gehandelt worden.
76. Was fonft Hr. D. Diefman — p.143. von Ca-
rolo M. vorlegt, zeiget abermal an, daß er meinen wahren
Sinn hievon nicht recht eingefehen. Ich habe imIX. BD.
der Kiechenbifterieim und 2. Cap. nicht ohne Untericheid
alles andielem Kaͤyſer verworfen, indem ich ja ſelbſt Er.
$.2. geitanden; er habe der übermachten Bosheit der Cle⸗
riſey imvielem geftetwret, und manche gute Anſtalt gemacht,
nachfeiner Erkenntniß fich der Kirchenbeſſerung ernſtlich
angenommen, auf eine gute Zucht fehr gedrungen u. ſ w.
dahero das, wasich von feinen andern Verordnungen, als
wegen der Somntagsterte und unzähligen abergläubifchen
Stiftungen In der Hiftorie erwehnet, nicht flugs ein un⸗
gñtig und lieblos Urtheil heiſſen kann. Mailen ja fo man:
@&e Hiftorici noch ſchlimmere Dinge von Carolo M, an:
eiten fegen, und.
1099
merfen,als, feine Flaterien gegen die Päbite, die Grau—
ſamkeit und Rachgier wider die armen Heyden, feine Con:
enbirten, dere er sgchabt,unddergleichen mehr, und das als
les ohne Verlegung der Liebe, die ja nicht abergläubiich und
blind, ſondern nie Wahrheit and Gerechtigkeit verbunden
ſeyn muß. Sch habe aber Ben dubia fchon damals
zuvor geieben,und fie beveisl.c. €. 1.8.2. beantwortet, wel⸗
che aucheinem unparteyiſchen Lefer, dev die praeiudicia au-
&toritatis, antiquitatis, externiiplendoris &c. uͤberwun⸗
den hat; Satisfation geben werden. Weßwegen auch
bier Feine weitere Difputation noth thut.
77. Ich eile alfo zum Beſchluß, und melde affo nur
noch jo viel, daß vor einigen Jahren eine Continuation und
Application diejer Abbildung herausgefommen,unter dent
Titul: Wahre Abbildung des innwendigen Chriften-
thums nach deffen Anfang, Wachsthums und ziel, wor⸗
inne vornemlich nach Gottes Wort alles auf den innern
wahren Grunddes Chriftenthums, alsauf das Haupwerk
unſers Beruffes in Chrifto JEſu, gefuͤhret wird. Ich bes
kenne aber hiebey gar gerne, daß ich mich bis dieſe Stunde
noch viel zu ohnmachtig erkenne, die groſſe Herrlichkeit
Sen nz in feinen Erjtlingen des N. Bundes recht
nad) dem Weſen zu befchreiben. Sintemal derer erſten
Chriſten Gnade und Seligkeit alle menſchliche Worte uns
endlich überfteiget. Ja wo jemand folche nach dem wah⸗
ren Grunde recht völlig befchreiben jollte oder Eönnte,fo wuͤr⸗
den es wahrlich viel jeßige Chriften wenig verftehen oder er⸗
tragen können. Angejehen diefe fo gar weit von jenem ers
ften völligen Licht des Evangelüi zum Theil entferner find,
daß fie meiftens entweder eine bloffe Sittenfehre daraus
bilden, oder allesgar verwerfen und verdammen; vie wir
bier die Proben gejehen haben. Der HErr aber volle doch
elbſt feine uralte Wahrheit hervor bringen, gegen alles _
Widrige behaupten und endlich vollkommen fiegen laſſen,
bis er alles in allem werde! Amen,
Anhan⸗
N
ad Zr“
1100 Anhang.
- an ee WO un a nn eh
Anhang einiger Bekenntniſſe
Von der innerlichen Herrlichkeit derer erften Chriften
und der erfolgten grofien Abnahme, |
D. Ioſua Stegmannus in Chriftognofia P. II. preloqu.p.3. R
ad lo. Gerhardum. 19 J
es doch sugebe,da wir uns vor Nachkom⸗
men der erften Kirche ausgeben, dab wir
A: verwundere mich nicht unbillig, wie
ihre Sitten und Andacht in feinem Stüde nach⸗
thun und darlegen. Denn werreicherbeutezu
Tage an der Märtyrer Beſtaͤndigkeit oder an
den Blauben der Bekenner, oder an die Erleuch-
tung der Lehrer, oder andie Vollkommenheit der
Heiligen 2 ft nicht der Glaube bey vielen fälter
ats der Schnee, und die Kiebeerftarreter alsdie
gefrorne Bee! Es ift jaleider! die alte Undacht
der Seiligen erfaltet,und die feurige Bruͤnſtigkeit
oder bruͤnſtige Hize. Jene waren recht warm
von Ciebe, weilfiedem Reich Bottes fo nahe wa-
ren: wir aber ſtehen von jenem Feuer wie ent-
fernet,und find im Bemütbe erftgrret. Damals
(wie Zieronymus ſpricht) walleredas friſche
BlurChriftiinden HerzenderMenfcben,iegoift
esin unfern Herzen alt worden, lau und gefro=
ren. Drum ruffet Salpianusbilligaus: Dein
betrübtes Elend, wie ift doch das Ehriftenvolf
ibm felbft nun fo ungleich, d.i.dem, das vor die⸗
ſem geleberbat! u. w. Alſo ſagt er von dem
Zuſtand feiner Zeit, was wurde er aber ſagen,
wo er ietzo leben folte; Er würde uns freplich
fehelten, und fagen, woie wären ärger als die Bar⸗
baren, greulicher als die Heyden, und verftockter als
Juden. Wenn jener Baͤyſer ietʒt unfer Deutſch⸗
land durchziehen ſollte, und der heutigen Chri⸗
ſten Leben, Abſichten, Sitten und Thaten be⸗
trachten, ſo wuͤrde er ausruffen: O ihr Juden,
Heyden, Barbaren und Wilden, endlich habe
ich folche gefunden, die ärger find als ihr,nemlich
die Ehriften, bey denen die Treulofigteitder be-
fie Glaube, ein cyclopiſches Neben das gemein⸗
ſte, und eine ſolche Verkehrtheit iſt, dergleichen
man kaum im Grunde der Soͤllen finden ſollte
Vader witten jm Abgrund, uw. .
Und eben daſelbſt p. 3 r
Es ifteine Zeit ehemals gewefen, da die Gottſe⸗
ligkeitder Ebriften pieltreuer und geborfamer:
war, da die Frommen gleichfam um die Wette
heilig zu leben trachteten, und ſich durch Gottes
Bebot lieffen antreiben, die unverwelfliche
Rıone aber zum Zielhatten. Da erhuben fich
die andächtigen Bemüther vonder Erden em=
por mit ſolchen Fittigen, die kaum einem Men ⸗
ſchen zugelaſſen werden, und ſuchten heftig die⸗
jenige Gegend, die dem Zimmel am naͤheſten
ift, darinn Yufcichtigkeit und Unfträflichkeie
als Sonne, Wond und Sternen leuten.
Da ſchraͤnkten die himmliſch gefinnte Glau⸗
bige ihr Leben mit einer ‚genaueren Cenſur
ein, damit auch der gerinafte Sled’en inner⸗
licher Unreinigfeit fie nicht befudelte oder
durch eine Sündefie verftellere, als ob fie von,
allen irdifchen Hefen durch das Seuer der götts
lichen Liebe ausgekocht und gereiniger wären.
Allein, man findet nicht in allen Seculis Augu⸗
ſtinos oder Bernhardos. Wer ſiehet aber nicht
zu unſern Zeiten, wie die Gerechtigkeit ſo ſelt⸗
ſam, die Religion ſo dünne, die Gottloſigkeit,
Beis, Wohltuft aber fo gemein wird, indem Die
Gottſeligkeit allenhalben verloſchen, die Tugend be⸗
graben,und die Einfalt muß Thorheit, die Bos⸗
beitaberWeisheit heiſſen? Wo find heute zu Ta⸗
ge Leute, die von Wunderwerken berühmt, von
Heiligkeit nambaft, im Beift brünftig, fin der
Lehre leuchtend die Schrift forſchend, nach den
himmliſchen Dingen fragend, das Zeitliche ver⸗
achtend / vor groſſer Vertraulichkeit mit Gott ſei⸗
ner Bebei —— 9 und der Seerde Fuͤrbild
wären? Ich rede nicht von den gottſeligen Ver⸗
langen derer wenigen, und ruͤhme einiger ihren
ce wenn nur das andere auch damit überein
ame.
Shomas
A
Anhang.
22 > .
IIOH
Thomas von Kempis
Von der Nachfolge Chriſti,
im L. Buch 18. Kap. von denen Exempeln der Altvaͤter
> und Heiligen,
Gehe an der 4. Väter Iebendige Bey»
fpiele, in welchen die wahre Bottfelig-
Feit und Andacht geleuchtet hat, ſo wirft
du ſehen, wie gering das ſey und faſt nichts, ©
das wirtbun: ch, was ift unfer Heben ge-
aen derfelben zu rechnen $ Die Heiligen und
Sreunde Ebhrifti haben dem SErrn gedienet
in Junger und Durft, in Sroft und Blöffe, in
Mübe und Arbeit, in Wachen und Saften, im
Gebet und Dankfaaung, in Verfolgung und
Schmab. Wievielund groſſe Widerwärtig-
Feit haben gelitten die Apoſtel, die Märtyrer,
die Bekenner, die Junafrauen, und alle, die
Chriſti Sußftapfen haben wollen nachfolgen ?
Denn fie baben ibr Leben in diefer Welt ge-
haſſet, daß fie das ewige Heben befizen möch-
ten. Welch ein ſtreng und einfam Heben ba»
ben fie geführet, wie Iangwierige und ſchwere
Verfolgungen baben fie erlitten, wie oft find
fie vom böfen Seind verfucber, wie viel und
emfige Bebete baben fie GOtt geopfert, in
was ftrenger Maͤßigkeit geleber, welchen grof-
fen Eifer haben fie gehabt zu einem aeiftlichen
eben, welchen febweren Rampf haben fie
ausächtanden, ihr eigen Fleiſch zu überwin«
den! Welch eine reine und Iautere Weynung
und Andacht haben fiezu GOtt acbabt! Des
Tages haben fie gesrbeiter, und die Yacht
mit dem Bebet zugebracht, wiewol fie auch
unter ihrer Urbeit nie müffig gewefen fepn
vondem Bebet. Alle Zeit haben fie nüglich an ⸗
geleget, alle Stunden dauchten ihnen zu kurz
zum Botteodienft. Sie vergaſſen oft des Leibes
Nothdurft, von wegen Ber groſſen Suͤßigkeit
der göttlichen Beſchauung. Gie verziehen fib
alles Reichthums, aller Wuͤrdigkeit und zeit.
lichen Ehre, aller Sreundfebaft und Verwandt⸗
niß, und begehreten nichts von der Welt denn
die bloſſe Nothdurft ihres Lebens, und wat ih⸗
a
nen oft Leid, daß ſie dem Leibe dienen mußten
aus Noth. Sie waren arm in zeitlichen Din-
gen, aber fehr reich in himmliſchen Dinaen, in
Ottes Bnade und an Tuaend. Auswen⸗
dig waren fie dürftig, aber innwendig voll Er⸗
quickung göttlichen Troſtes und Gnade, In
der Welt waren fie Fremdlinge, aber im Him-
mel die näbeften bey GOtt und wohlbefannte
Steunde GOttes. Ihnen felbft waren fie
unwerth und gering, und in der Welt veracht,
aber in GOttes Augen Eöftlich, und lieb und
wertb, fielebten in wahrer Demuth, in einfäls
tigem Beborfam, fie wandelten in der Liebe
und Beduld, darum nahmen fie ftetig zu in»
Beift, und funden viel Gnade bey GOtt.
Spice Heute find uns zum Exempel vorge-
ftelfer, und follen uns mehr bewegen zur Bef-
ferung, denn die geoffe Zahl der Nachlaͤßigen
zur Derfäumung unfer felbft. Welch ein arof:
fer Eifer und Ernſt ift bey denen andächtiaen
Keuten geweſen in der Lehre der heiligen Un⸗
terweifung! Welch ein andächtig Bebet, wel-
che Liebe der Tugend, welcher groſſer Fleiß
der Zucht ift anfänglich bey denen Ebriften ae-
ſehen worden! Solches bezeugen noch heuti-
ars Taaes ihre Sußftapfen, wie ritterlich fie
aeftritten, und die Welt überwunden haben.
Tegt wird einer groß gehalten, wenn eine
Fein Uebertreter ift, oder das mit Geduld über:
winden Eann, das ihm wiederfähret. Ach der
aroffen Trägheit und. Saulbeit im unferns
Stande,daß wir ſo bald abweichen von der
Ciebe GOttes und Eifer der Gottſeligkeit, daß
uns auch verdreußt zu leben fuͤr Faulheit und
Traͤgheit! Wollte GOtt, daß die Liebe der Tu:
gend und Gottſeſigkeit in uns nicht ſo gar ſchlie⸗
fe und erſtorben wäre, weil wir fd viel heili⸗
ger Leute Erempel vor uns haben!
3333333 Cafpar
—
2102
Lib.X Soliloquiorum Cap. V. p. 806.
78 Zaieret nicht auch in dieſem Stüf
eine erbaͤrmliche Blindheit die Begier⸗
N den der Menfeben, dab fie GOtt nicht
fucben wollen, wie fie Fönnen ? Diejenigen,
fo gleichwol ſelig werden wollen, die wollen
als im Spielen felig werden. Sie wenden
zwar ihre Sorgen auf andere Befchäfte, und
bemüben ſich bey jedem Geſchaͤfte ernſtlich;
GOttes Ehre aber und ihr eigen Heil wollen
fie ale ein Nebenwerk erlangen, als eine Sa⸗
che, die nicht viel auf ſich habe, und die ſich
ſolchen groſſen Helden von ſelbſten gebe. Aber
alſo ſagen die Gebote GOttes nicht, welcher
die Liebe von ganzem Zerzen, von ganzer
Seele und von allen Rräften vör den Mien-
feben fucher, befiblet, gebeut und beſchwoͤret.
Aber alfp waren die Exempel der feligen
Römpfer vor diefem nicht befebaffen, dienun
gekroͤnet find mit ewiger Herrlichkeit, nem⸗
lich derer Priefter Ehrifti, und Zeugen der
Wahrheit. Denn fo viel taufend folcher Leu—⸗
te man ſehen kann, wenn man ihr Andenken
von den erften Zeiten ber nennet, ſo haben ſie
alle ernftlih nad der Liebe GOttes gefeufzer
und verlanget, und darüber alles andere zu>
ruůck geſetzt, auch, ſo viel geſchehen können, def
fen Beboten geborchet, daß fie endlich die Der-
heiffung erlanger, und mit ewigen Seil be-
feligt worden. Siehe din nur um, wenn du
die alten Jahrbücher der Ebhriftlichen Rir-
chen nachfeblägeft, daß du merkeſt nnd Ierneft
Die Exempel deiner Porfahren. Woher find
—⸗ Anhang.
Cafpar Barthius
9
alle Stände und Ordnungen der Arbeiter ent:
ftanden, fo Tange nemlich der Teufel die Leh⸗
re der Ehriften mit feinem Bift noch nicht an⸗
geftect hatte. Siehe an alle Secula der hei⸗
ligen und frommen Menſchen, die ſich mit als
len Kräften bemuͤhet haben, wie ein ieder
Chriſto dem SErrn ernftlich folgen und nach»
abınen wollen, ſeine Laſt auffich nehmen, und
das Creuz mittragen, undfich von der Welt
abziehen, aufalle Art und Weife ſich und ihre
Hüfte ereuzigen, die Seele gen Himmel erbes
ben, und fich feft einbilden, daß ein Ebriftlich
Heben nicht in Worten oder Reden, fondern
im Wefen und Heben nach den Beboten GOt⸗
tes eingerichtet werden müfle. Denn die
Heiligkeit des Blaubens muß fich mweifen in
den Leben und die Srömmiafeit der Lehre
muß indie Uebung gebracht werden, damit wir
nichtein klingend Erz und tönende Schelle feyn,
ohne Werke, und mit Worten, die von Gas
&benleerfind, berein brechen, Die Regel des
Chriſtenthums fordertnichte ſo genau, als daß
du die, welche du durch die Lehre vom Boͤſen
abmabneft, im Guten durch Exempel bekraͤf⸗
tigeſt. Aber die erbaͤrmliche Blindheit unſe⸗
rer Zeiten bemuͤhet ſich, in allem das Widers
fpiel zu tbun. Alles ift-volf Streitigkeiten
über dem Glauben, fie reiffen meiftentbeils
ein, was fie fich bemühen durch Predigt und
Worte zu bauen.
ſtocktheit ©
Herzen |
© Blindheit! O Vers
saulheis und Sicherheit der
⸗ >
Das
u
Cay. zu Buch, Cape Par./Cay,
+ ——
“= (0) © 1103
Derer von den Alten en Ra angegogenen
Schrift⸗Oerter.
Die erſte Zahl zeiget das Buch an, die andere das Eapitel, und die dritte den Paragraphum.
Vers. Buch, ap. Par.Cap. Ders. Buch, Kap, Par
Sirach. Matthaͤi
Tree 30, Iv, 15, 9% II. 9 7.18, of, IR 7, 2.
9 45 IV :n 34, 35. VG HH 0 ma ag Ulz,ıs.20
11% IV, 17.$] Tarıbäi, ⸗ 19. I.1, 6. Ul. 3, 10o.
158.177. ‚VO. us. L TEE 3 6,14
32, 6, IV, 9. > 11, Il, 14, 2, 19, I 1,8,7« IV. 5,4
zur „ul acer y“'g, — 13 Me 14, 12
11.23.19. 2 I. PET N hr 14. I Er!
17, 10715; IV, 14. z 1Ir V. 2} 14. * 270 IV. I, 7»
19, ı Mh — 120. u, 10, 2,1 ° 29, I I, 19.
sı, ı.f IV. 22.| 16. 1.613.116, 12. 21, 12.f, U a
— 42.46, Ill, 8. |? 19. II, 1a, LO a Ie 1903728
IV, 3.11. ⸗ 20. l. 5 6.| 23, I. VI 177, 8
N 32. II, ER 29. IV. 6, 11.) # 3* Il. RBB
3,39 1 ENDE SR. V. u6 BR U TR Lane ve
V. D, 17 ° 39-|. 1.8, 8. V. 2,3. 6. 10. * 9 IN, / en
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10, 9. . 14) > am ‘v, 2,37.12. | 25, 32.f 1119, 20.1248,
13, 6 IV. 22. — ⸗ ll. .
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8 17 2 44 V.i, 8. 2 14. 28, 19. IL II, 5 14,%
8 IV aa 45:48: V. e a, 19 | ? 2% I, 9 ar
N. 3. d.R * 6. ME 9 13, Marci.
4 38 1 2 6. IT, 1,11.17.,4, 1% ll. 10, 19
Pſalm. A tel: ‚IV, nat at Io 19, 6
v5 V. 25 > 17. Iv. 4, E00 Kr PR 4° II. 14 3:
zı, 7% v. 6.|7, 3.4. I. 9 3.1 3% WM iS 1,
119, 99 1, 4+|e 13% 1V2, 10,6,1ı. | 9, 29% IV, 4, I
„139, 2% Y; 6.|; 14. IV, y z,|ı0, nm VI I, 19%
Jeſaiaͤ. — bt FRE v. de 14, > 19)
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Aberglaube der serfalienen Chriſten Vill. 6, 6,
Abfall, Klage dariiber IV. 9, ix. f. Verfall. -
Abastrerey vermeidet V. 3,6. der Gelehrten VL 5, ar.
der verfallenen Chriften VI. 6,1.
Abjsgung des Teufels in der Tauffe 1. 2,8. feiner ſelbſt,
f. Verleugnung,
Abſolution, f. Eoſeſchluͤſſel.
Abjterbung der Sünden muß bey der Tauffe ſeyn I. 28,
Abwejenbeit trennere die Chriften nicht U. 2,17,
Academien, f, Uniwerfitäten,
Adel, welcher wahrhaftig Il. 4, 4. der Seelen I. 4,7.
Advocaren Ungersehtigteie V. 3,5.
Aduocati Eccleſiæ ll. 11, 5,
Yelteften in der Gemeine IL. 5721 find nicht geringer
als ‚Bifchöffe II, 11, 10%
„Erarii M. 10,18,
Aeriani VIII. 25,21. N. 34.
Aergerniſſe muͤſſen Chriſten nicht geben 1.7, 12. der Obrig⸗
keit richten viel bofes an VIN. 5,2, der verfallenen u
fien VI. 6,19. Fommen aus den Derfolgungen Vll.z
14. i
Agape, f. Liebes⸗Mahle.
" Agapete VIII. 14,16,
Agnes 11. 6,5.
Augeris, f. Bererey
Aroienros 11. 2,9,
Albigenfer II. 4, 16,
Aelteſten, f. Presbyteri.
Allgegenwart GOttes I. 14,1 20,8,
— ——— GOttes 1. 14, 1.
Almofen, f. Steygebigkeit, Wie ſie zu geben 1.9, a8,
Alte Leute verforge Mi. 11,6,
Alumni 1. 11, 18,
Ambones ll. 12, 9,
Anachoreten 11. 7,6.
Anfechtung, f. Verfuchung.
Antichviften werben die Ketzer genennet IX. 24, 10.
Antipkonien 1. 2,1.
Apocrifarii IX. 11,14.
Apocrypbifchen Bücher werden in der Gemeine gelefen
M. 12, 2.
’Arorvrınal epiftole UI. 12, 13,
Apoſtel, melche alſo genennet werden, und menn 11. 11,2.
Apofsliihe Männer II. 11,3. Glaubens⸗Bekaͤntniß IX.
Apafolici RX. 24,18, 25, 14. N. 33.
Arcadii 1IX. a5y14 5
Arbeit, darbey zu beten II. 1,19. zu fingen TI. 2,10, au
Sonntag verboten IL 4,. im ih VI. 37,8, j
Arcadii Regierung IX. 4, 18,
Arcz 11, 3, 6,
Arianer Macht nach Conftant, M. nx. 4, 14. ihre Con-
eilia IX. 19,19,
Ariftotelis Philofophie verworfen VL 5,26. 3
Arme, wie fie verforget eben ll. 9.2, 8 denen Reis
chen gleich geachtet 111. 4 .
Armuth, derfeiben hen fich die Ehriften nicht IV.
12,3. 6. freywillige IV. 12,12,
Urnoldiften IX. 25,26, { >
Afceten 1IX. 25,25. ds
Afeetz U. 7,1. hatten geringe. Syeife IV. 97. ur
Athanafıns ins Elend vertrieben IX. 3, 20. 5
Aftrologie VI. 5, 25 wu! }
Acheiften werden Die Ketzer genennet IX. 2019.
Audianer IX. 25,22. N. 34.
Auferziehung der Kinder VL 4,1. f.
Aufnehmung der Bekehrten in die Gemeine, Lauf
Aufrichtigkeit der erfien Ehriften V. 6,1, fı E
Aufruhr, f. Rebellion. 7
Aufſchlagen der Bibel VIL 6, au, f.
Auffeber, f, Biſchoff.
AYuguftini Bergen VI. 6, 17, Ixrthuͤmer IX. 23,19.
Ausgieffung des _H. Gei — ſ. 55Geiſt.
Auslegung der 9. Schrift U. 12,4. - i L
Yusfchlieffung der Sünder, f. Bann,
Austreibung der Teufel, ſ. Teufel,
‚Antores der KirchensHifiorie, f. den Vorbericht, Welche
in Schulen au leſen VL 5, 17, f
B.
Zabel, wer und was ed fey IV. 2,17 f.
Seackenftreiche erduldet V. 2,10,
Bann ber Sünder iſt unrechtmäßig verändert worden
X. 17,8. bat feinen Nutzen IX. 17,9. deſſen rechter
Gebrauch IX. 18,1. deſſen Bebrauc) sehen die Bifehöft
gu fich IX. 18,5. Mifbrauch deffelben UX. 18, 7. f,
roſt wider den unrechten Bann IX. 18, 17. "wird von
Unfchuldigen nichts geachtet MX. 18, 19. Fan bey-dem
groſſen Verfall nicht gebraucht werden IX. 18, 22.
Baplice 11.3,10. _*
Bufılii M. Lebens Net 1. A 4
Baer der Armen I. 11,10, der Märtgrer il. 7, 1m,
nicht_geachtet VI. ıx, nicht koſthar VI. 6, 13,
Seburfamteie iſt Chriſten nöthig 1. 18, ı1. der erften Chris
fien gegen die Bofen V. 1,1 f, kommt aus der Erleuch:
tung 1. 3,25.
Beicht, anfangs nicht gebräuchlich 1X. ı uf.
ift nicht nothig IX. 17, 11. wird eine Er ER der döfen
Lehrer UX. 17,19, wie fie nach und nach) aufkommen
BR. ER
— Beicht⸗Geld
— V 7 et“
- r
Beichts Geld IIX. 17,22. N. 44.
Beichr; Väter, wenn fie auffommen IX. 17,7. man durf⸗
te erwehlen, welche man wo” *e TIX. 17,10, J
Bekaͤntniß der Suͤnden vor Menſchen J. 1, rr, ſreywilli⸗
ges, daß man ein Chriſt ſey IV. 9, ı7. der Suͤnden zu
SGott allein IX-17,2. f. öffentliche Bekaͤntniß der Sün
den mind atonfdaft TS, 17,7,11. xor denen Menſchen iſt
nicht noͤthig zur Vergebung der Sünden IIX. 17, i1. L
ckehrung, der erfie Stein zum Ehriftenthum L.x,r. wa
N ey in 13.17.18. 1X; 172,20, f, dazu gehoͤret Exleuch:
tung 1. 1,4. Erempel und Zeugniffe davon 1. 1, 5. 22.
ohne Heucheleyl. ı g- Früchte I. 1, 17. 18.2, 1, Kenn
jeichen 1. 1,10, wird ehr verkehret IIX, Yen
der Zeyden zu und nach Conftantini M. Zeiten IIX. 4,
Lt
Bekenner, wer fie geweſen I. 17, 5. 1IV.1,16. 9,2, J
Belohnung treibt zur Heiligung I. ı5,ır. 18,3. f. hat die
Gottfeligkeit 118,1, Ir treuen gehrer 1. 9,19, der Al;
mofen 1ll. 9, 23, te
— A f ————
Beruff der Prediger, f. rer. i
Beſchwoͤrung ber Teufel in der Tauffe, f. Exorcifmus.
Seſſerung des Lebens nothwendig I. 1,18. f. _
Beſtaͤndigkeit im Chriftenthum 1. 18, 9. der Märtyrer IV,
9,6, 10,10, f. war bey denen meifken IV. 9,12,
Beftraffung der Chriften unter einander Ul. 7. x. f. ift nd:
thig Al. 7,2, ift ſchwer 11. 7.6. Vorſichtigkeit darbey
1. 7,7. aus Liebe und Demuth UL, 9, 10, f. erſt insge⸗
beim Ul. 7, 15. Stuffen derfelben UL, 7, 16. Nutzen
daraus 1. 7, 19. f.
Befuchung in Häufern fieget denen Lehrern ob IL. 10,19,
der Kranden aus Geiß UX. 13, 15.
Bet⸗Saͤuſer der erften Chriften IL. 3,9,
Berheurung, f. Eydfchwur,
Berteln wollte man feinen laffen Ul. xo, 17,
Bibel, f. 4. Schrift.
Binde: Schlüffel, f. Bann.
Bifchöffe Urforung U. 11,9, Unterfcheid von Nelteften IT.
11,9. baben feinen Nang vor andern IL. 11,16, entzie⸗
ben fich des Predigens IX. 8,12, ihr Hochmuth IX.
‚9. 19,13. werden Fürften IIX. 12,17. tmollen nicht
Seentebaft ihres Thuns geben IIX. 18,10, fuchen fich
_fouveraim zu machen IIX. 19, 10.
Blandina, eine Märtprin I. 15,12, Il. 6,5,
Blindheit, f. Inwiffenbeit, \
Blübender Stand der Kirche IX. 1,11,
Blur effen IV. 3, 14.
Blur: Tauffe 1. 21,
Bluts⸗ Freunde, wie ferne geliebet IV. 2,20, wurden Sein:
de der Ihrigen IV. 7,18,
Blur vergieffen denen Ehriften unzulaͤßig V. 4,4. 15,
Bogomili 11X. 23, 8. 25, 23.
Bonifacius, der Deutfchen Apoftel TIX, 14,12,
BosbeinSunden, ohne diefelben Fann man leben 1. ı1, 3,
Braut Chrifti, mer 1. 20,13,
Brüder find Ehriften unter einander 1. 15,14. U. ı,r, f.
Lehrer hielten die andern vor Brüder II. 11,1. als Bruͤ—
‚der liebten fich die Ehriften unter einander 1ll. a,r, das
bero demüthig gegen einander 111. 4, Fr geifil. denen na;
türlichen vorzuziehen IV. 2,20. die bofen Lehrer wollen
andere nicht Brüder heiffen IIX. 16,3, Keher werden
vor Brüder gehalten, IIX. 22, 11,
Srüperfihaften ll. 10, 14.
Das II. Regifter der merEwiirdigften Worte und Sachen.
— ⸗— — — — — — — — —
1109
Buchftabe, ob er er nöthig 1.3, 9. -
Bücher, erbauliche leſen die Chriſten in ihren Verſammlun
gen 1.12, 2. was fie von denen hepdnifchen gehalten VI.
5,17. welche verboten wurden find VI. 5,23, werden
in der H. Schrift sorgejogen IIX. 8, 2,
Buſſe, f. Bekehrung.
*
€.
Cnmones der Concilien IX. 19, 2, Bo
Cantores in der Gemeine beftellet H. 2, 6.
Cangeln 1. 12,9,
Cataphryges vu. 6,7 h
Tarechifinusstchren bey den erften Chriften IL. 13,1, f.
Catechiſmus⸗Schuͤler, oder Catechumeni , wer fie gewe⸗
„ 1. 2,6. wurden von den Olaubigen unterfchieden 3.
, IO,
Cathari IIX. 21,1. 24,8. 25,14.
Caue Buch vom erften Chriſtenthum. Vorr. 7. f.
Ceremonien werden viele bey dem Verfall eingeführet
1X. 10, 6,
Chriſten find Geiflliche 1. 5,8. U. 5,10, Gefalbte I. 5,10;
ihr Name iſt nicht zu fehdnden 1. 7,1. in der That ſeyn
1.773. f. Kennzeichen 1. 7, 6. find treue Haushalter 1.
ge. werden vor Gauertöpfe geiholten IV. 6,8. ihr
erfall, f. Verfall, Namens Mibbrauch IX. 5,21.
Chriſtenheit wurde nur die Cleriſey genennet UX. 9,6,
xeısoßöges 1. 20, 15, 5
Chriſtenthum, deffen Grund die Demuth 1. 16, 3. Fruͤch⸗
te und Nugen 1. 18,1, darinnen üben ficheinige gar fonz
derbar 1. 7,1,
Chriftus erleuchtet 1. 3,3. durch fein Wort I. 3,4. ins
nerlich 1.3, 5. iſt der Anfänger und Bollender des
BEIuBpe 1. 6, 5. kann ein Chrift genennet werden 1.
20, 14,
Chryfoßonns muß ing Exilium UX. 4,18, 9,18,
Circulares Epifele 1, 11, 4,
Cierifey Il. 21, 14. wird groß durch Conltantinum UX.
2,11,
Clinici 1. 14, 15,
Canobia 1. 7, 4.8. f. 111. 8,16,
CoNeten vor Arme Il. 10, 2,
Commendations;Schreiben 11. 12, 13.
Comodien verabfcheuet IV. 6, ı2. Einwürfe deswegen
widerlegt IV. 6, 19. der Hepden nicht zu lefen VL. 5,
18. von verfallenen Chriften beliebet IX. 6, 5;
Comddisnten wurden nicht zum Abendmahl gelaffen 11.
15,4. nicht aufgenommen und waren infam IV. 6,22,
Concilia über das Wort Gottes gefeget IX. 8, 2,2. 19, 5.
find nicht abſolut nöthig IX. 19, 1, die erften find befr
fer, ale die folgenden IX. 19,2, muͤſſen fich nach GE
tes Wort richten IIX. 19,4. darinnen geht es verkehrt
zu 1IX. 19, 6. wer fie verfammlet IN. 19, 8. davon mer
den die Layen und geringere Kirchendiener ausgeſchloſ⸗
fen 1IX, 19, 11, wenden den Titul der gantzen Kirchen
vor IX. 19, 15. murden auch von Ketzern gehalten
IX. 19,19. daben liefen grobe trebümer vor 1X.
19,20. von derfelben Kolgen und Wirckungen IIX. 20,
1. f. ob eines allgemein 1IX. zo, 1. ihre Autorität ift
a dl * — — aus 1IX. 20,3,
n ig geachte . 20,6, bri i
Schaden I Bet „6. bringen unerfeglichen
Conciliabula der erſten Chriften 11. 3, 10,
Coneubinen ber Priefter 1X, 14, 17,
Anaananz PR,
1110
Couſirmation nach der Tauffe II. 14,28,
Confantini des Groſſen gehöriges Lob IEX. 3, 4. Frenge:
bigkeit gegen die Elerifen UX. 3,ır, Bekaͤntniß zum
Chriſtenthum IX. 3,12. Stimme bey feiner Tauffe IX.
3,3. fein böfes Leben IX. RBrt, Ob er ein Arianer
geweien 2 1X. 3,19, Tod IX. 3,21. Tauffe IX. 3, 22,
Aberglaube UX. 3,22. Ehren⸗Saͤule IX. 6, 4. heydni⸗
ſcher Titel IX. 6,4.
Conftantii Regierung IX. 4,11,
Contefferatio hofpitalitatis ill. 12, 13,
Connenticala der erfien Chriften 1. 3, 10,
Copnlation, ob fie zur Ehe nöthig VI. 1,8, f,
Erenturen rechter Gebrauch IV. 3,9.
Creutz der Chriften wird durch Hoffnung erduldet 1. 15,
12. Gemeinfchaft deffelben unter den Chriften 11. 5,
10, f, ift nothig IV. 7,2, eine Züchtigung IV. 7, 3.
innerliches IV. 7,6. aͤuſſerliches IV. 7, 10. machet des
nen Chriften das Leben der Bofen IV. 7, 16, Unter
fcheid deſſelben bey Bofen und Frommen IV. 8, 7.
Sveude darinnen IV. 8, 12. f. Nutzen deflelben IV. 3,
16, f. getroft aufnehmen IV. 3, 19. Leiden der Märs
tyrer IV, 9, 1. f. Toͤdtung derfüfte ein ſchweres Creuß
IV. 9,5. darunter der beſte Zuſtand der erſten Chri⸗
fien IR. 2,12. f, wahres Kennzeichen der Ehriften IX.
1, 6.
Creus Erfindung IR. 3,23.
Creutzes⸗ Zeichen beym Exoreifmo VIl, 4,17.
Critica VI. 5, 24.
Cyriofität, |, Neugierigkeit.
T D, *
Damaſcent Syfrema und Ketzer⸗Buch IIX. 25, 2.
Danckſagung gegen GOtt vor alles 1.17, 4. heißt das
map 11. 15,15. vor das Creutz IV. 8, 13.
Decimatio V. 4, 17.
Defenfores minorum 1. 11, 5.
Demuth gegen GOtt 1.16, sank: darinnen muß das Ges
bet — 1. 1,19. eine ſonderliche Pflicht der Leh⸗
rer 11. 10, 3. gegen einander Il. 4, gang: derſelhen
Gründe I. 4, 5. in Worten Il. 4, 10. SKenuseichen
ill. 4,12, bey geiftlichen Gaben IL. 4, 13. in Werden
Il. 4,18. daraus befirafen Ill. 7, 11. ein Zeichen der
felben das Fußwaſchen Ul. 12,17. wird von Dbrigkeis
ten erfordert V. 3,12. bey Wunderwercken VIL. 1,9,
Demuͤthigung wegen der Sünden I. 1, 12,
Deponiven auf Academien VI. 4,18,
Diaconife 11. 6,9.13,8.
Diener find die Lehrer IL. 10,4.
Dienftboren, ſ. Gefinde,
Digamia VI. I, 17.
Diecefes der Bifchöffe II. I1, 6,
Difputiven in Religions; Sachen eine Urſach des Verfalls
der Kirche IX. 2,8, x
Do&or-Titel, wenn er aufgefommen VL 4,19,
Donatifßen 1X. 25, 15,
Doxarii IR. 23, 4.
Dreyeinigkeit; Seft, ſ. Seft der Chriften,
*
Das 1. Regiſter
—r — — une
⁊ E. wre * *
Ebenbild GSOttes, durch Die Wiedergeburt I. 4,9: wird
wiedergebracht 1. 9, gang.
Ebraͤiſche Sprache VI, 5, 24. ẽ
Eheſtand iſt frey IV. 5, 14. keuſch IV. 5,14. Abſicht
IV. 5,14, der erften Chriften VI. 1,gang: iſt nicht vers
boten VI. 1,2, iſt vortrefflich VI. 1,3. 15, im Gottes
furcht VI. 1,3. ein Glaubiger fol. fein Unglaubiges
bencaten vr ns ohne ——— NER BE
andernmal zu heyraten VI. 1, 17, eſtandes Verbot
if ſchaͤdlich IX. 14, 13.
Eheſcheidung VL, 1,18,
Eheleute Pflichten gegen einander VI. 2,1, f.
Ehebruchs Strafe V. mn _
Eheloſer Stand, ſ. lediger Stand,
Ehren⸗Stellen ſchlugen die Chriſten ab III. 4,19,
Ehrgeitz der verfallenen Lehrer IX. 9, 1. ſtiftet Boͤſes
> UX. 9, 7,
Eidſchwur meideten die Cheiften V. 5, 5. wem zugelai
fin V-örne. ke, Relisionscd N. 5.
Eifer wider die Heucheley I. 7,8, . im Kampf wider die
Günde I. 11,10, der echten Chriſten vor die Geligfeit
anderer III. 6,3, bey der Liebe UI, 7, 13. unbefünne
ner blendet oft fromme Leute TIX. 24, 18,
Eigen⸗Lob, f. Ruhm, 5 :
Eigennutz verlengnet IV, ı2, 2, Der verfallenen Chriſten
IIX, 6, 10,
Eigenwille, ſ. Wille,
Einfalt wird verſpottet I. 6,8, im Predigen IL.12,17. f,
Kingeben des H. Geiſtes I. 3,13. iſt nur bey den From⸗
men I. 3, 14 f.
seinigkeit, Einmuͤthigkeit, ſ. Eintracht.
Einfame, ihre Lebens⸗Art II. 7, gank : verpflegten die
Fremdlinge III. ı2, 15,
Einſamkeit zum Gebet bequem IL, x, ı7.
— oder Eintraͤchtigkeit der erſten Chriſten TIL.
3/ J. ſ.
Einweyhung der Kirchen, ſ. Kirchweyhe.
Einwohnung GHttes durch Chriſtum I. 20,2, ihre Ark
I. 20,4. nur ih Gottfeligen I. 20, 5. Fruͤchte derſel⸗
ben 1. 20,6. Güßigfeit I. 20,12, .
"Eremizui epiltole III. 12,73,
"Exdizes II. 11, 5.12, 24.
Exurnries II. 3, 19, 5 :
eltern verfolgen ihre Kinder IV.7,18. Pflicht gegen ih⸗
ve Kinder VL. 2,7. f. 41,
sempfeblung der Fremden an andere III. 12,13, _
Encratiten IIX. 25, 14,
Encyclicæ oder eirculares literæ II. I, 4,
Engeln follen Die Lehrer gleich ſeyn IL. 9, 15.
Enthaltung, f. Keuſchheit.
Enthuſiaſten, welche es find VIL 5,13. welche alſo ge
nennet worden IIX. 25, 23. S € u
Entzücung, tag fie ſey VII. 5,ı1. 6, 18.
Epagathus ein groffer Liebhaber Gottes 1.19, 6, IL. 8, 1.
Ephorws Il. 11, .
Epiphanii
ec ee Arie hi) u
7 *
derer merkwuͤrdigſten Worte und Sachen.
ER PER
1114
Epiphanii Ketzer⸗Buch UR. 25. 2.f. N. 37.
Epifeopus U. 11, ıt, r
Epifteln an Sonnsund Fefttagen 3. 12, 8. N. 72.f.
Erfahrung in geiftlishen Dingen 1.5, 12. bringet Hoffnung
+15, 3+ i y
Erfüllung der Seelen vor GOtt I. 20, 11,
Erhebung, f. Hoffart.
wrkänmiß der Sünden eine Grucht.ägz Erleuchtuns 1.
31,6, *
SoOttes muß in der That bewieſen werden I.3,16. buch:
Räbliche 1.3,19. Wachsthum darin I. 4,20, durch die
Erfäntnif Ehriftil. 3,22. durch den Glauben 1.6, 4. und
jur Liebe GOttes erfürdert J. iz, 3. demuͤthiget im Gebet
4.29.
natuͤrliche foll zur Gottedfurcht treiben I. 14 2.
fein ſelbſt bringet Demuth 1. 16, 2.
—— des Predigt⸗ Amts UX.7, 14.
Erklaͤrung, ſ. Auslegung.
Erleuchtung, gehoͤret zur Buſſe I.1,4. Fruͤchte Ir. 6, f.
wird die Tauffe genennet l.2, i5. ihre Art J. Hl 1, ſol zu⸗
nehmen durch die Erkaͤntniß Chriſti 13,2. geſchiehet durch
Chriſti Wort .3,4. innerlich 1.3,5, mit lebendiger Her
bergeugung 1. 3, 8. auch ohne aufferliche Schritt und
Buchftaben 1-3, 9. Tdben die Lehrer an ihren Zuhörern
T.3,10, if eine Offenbarung 1.3711. muß in der That
bewieſen werden 1.3,16. was daraus entſtehe 1.3, 23. f.
ng des Menfchen ift nöthig 1. 4,8. f, iche 1.
a en cice
Erniedrigung der Ehriften, f, Demuth,
Ernſt, ſ. Eifer.
Erquickung, ſ. Troſt.
Erſcheinungen wunderbare VIL &, 19,
Erſte Kicche foll ein Mufter der folgenden feyn, Vorr. 1.f,
erg Bifchöffe Mir, 16, IN. 9,15.
Eſſaͤer U. 7,12.
Ethica Vl. 5,25.
Evangeliſten welche 1. 1,3,
Evangelien an Sonn: und Feſttagen IL. 12,8, N. 72. f,
Evangelium, demfelben wuͤrdiglich wandeln I. 7,12,
Euckariftia ll. 15, 15, e
Eucheten 1IX. 25,24.
Eachiten U, 1,18, IIX. 25,23,
Enfebins , was von ihm zu halten UX. 3,5.
Eufßathins 11..4,18,
Examen der Candidaren 11. %,1, a *
—— der Prediger Titel war anfangs nicht im Gebrauch
9,6, en
Excommunication, f, Bann, >
Kremplarifch Leben der Chriſten 1.9, 1. f. nach dem Erem:
pel Ehriftil.8, 12. daran f Le
fen Ruͤhen Ill. 6, 10.f, newer ennen 18,13. hat groſ⸗
Exempel Ehrifti, |. Nachſolge. Si
Vl.4,10. ftärden To Akte ne
Feilium heilfam IV.a,12, |
Exorafmus bey der Tauffe I. 1427, N. 54 3
wu
len at
u
Exorciſtæ Vil.4,19.
Extorres, Exnlanten IV.1,16, 11,5.
F.
Fall der Bruͤder wurde betrauret 111. 6, 8.
Falſch Schwoͤren wurde gemein V. 6,10.
Fanaticas, fanatiſch Vil. 5,13,
ſten, am Sonntag U. 4, 17. iſt recht WV. 3,3. nuͤtzlich IV,
u 3f. „das befte die Entheltung von Saͤnden IV. 4,7,
Srepheit darinn IV. 4,9. Mibrauch deffelben IV. 4,14,
Faſtnachts⸗Sreuel IX. 6,15, *
Faulheit mit Freygebigkeit nicht zu ſtaͤrcken II. 9, 20. der
verfallenen Prediger IN. 8, ır.
Seinde der Chriften forechen fie unfehuldig 1-ır,z. ſoll man
lieben V.1,7. Sanftmuth gegen fie V.2,gant-
Seindfchaft ſ. Haß.
Fertigkeit der Ungelehrten in geiſtlichen Dingen 11.5, 3.
Feſt der Chriſten unaufhoͤrlich U. 4,3. wie die Feſttage zu
feoren Il.g, 11, vomderfelben urſerung U. 4,133. -
Feuer fchont der Märtyrer VIL 3,4.
Sindlinge verforge Ul. 11, 4.
Firmung nach der Tauffe 11. 14,28, f.
Sleifch effen nicht verboten IV. 3,13,
Stuch, unverdienter über die, fo man in Bann that IX. 28,
14.1
Flucht in Verfolgungen IV. 9,16, AN
Fremdlinge verforgt I. 10, 15. f. Geftfreybein Wurden
die Fuͤſſe gemafihen 1. 12, 17. in der Welt find die Chris
fien IV, 2,10,
Steffen und Sauffen verboten IV. 3,3. der verfallenen Leh⸗
rer IX. 14, 1. f.
Freude, wahre iſt allein GOtt 1. 17,10. Lrweckt das Si
U.2, 14. im Leiden IV.8,12, im Tode VI 6,1, 8.
der andern Wachsthum Ill. 1,17.
Freygebigkeit eine ſonderbare Pflicht der Lehrer Il. 10, 9,
der erſten Chrifien Mildigfeitlll. 9, gank ; wahre und
benchlerifche IN. 9, 12. mit frölichem Hertzen Il. 9, 16%
mit Weisheit IL 9, 18, f.
Freyheit der Chriften IV. 3,10, iſt einem jeglichen im Got⸗
tesdienft zu laſſen IX. 22, 3.
Freye Kuͤnſte VL 5,8,
Freyſtaͤdte V.4,8,
Friede, ſ. Aube,
Friedens Sriefe I 12,14. Kuß U. 2,10,
Friedfertigkeit, f, Eintracht,
Fromme haben fich die Chtiſten genennet 1.156,17, muͤſſen
mitten unter ben Bofen leben IV. 12, 14.
Fruͤhe auſſtehen nuͤtzlich VI. 3,3.
Fuͤrbitte vor Prediger 11.12, 14. vor einander nuͤtzlich 11.
6,13.f. anderer foll nicht ficher machen Il, 6,20. vor
Ubelthäter V.4,7, vor die Juden V.r,17,. vor alle Mens
ſchen V. RS vor die Dbrigfeit V. 3,7.
Furcht GOttes, Liynfi
Fuͤrſten⸗Stand der Biſchoͤffe IN. 12, 17.
Fußwaſchen der erſten Chriſten I. 12, 17. f.
G. Gaden,
1112
©.
Gaben, bey geifilichen demuͤthig ſeyn U. 4,13. zu Almofen,
auch nach den Tod III. 10,4.
GeftSreyheir Il. 12, gang. Unterfcheid der Ehriftlichen
und heydniſchen All. 12,6, ihre Artlil.ı2, 10,
Gaftereyen der verfallenen Lehrer IIX. ı1, 12,
GSaſt⸗Haͤuſer Ill. 12, ar, ”
Saſt Predigten U. u1, 5.
Gaudler wurden nicht zum Abendmahl gelaſſen 11. 15,4,
Gaxari IIX. 21, 1,
Gebet wird erfordert sur Liebe GOttes L.ız,14. davon f. Il.r,
gang. Gebets Formuln oder Bücher, wenn fie aufkom⸗
men l.ı,ı2. mas das ftete Geber fen I.ı,18. wird ab-
fonderlich zu einem Lehrer exfodert 1. 10, a. deſſelben
Gemeinfchafe 1U.6,13. in Anfechtungen IV. 7,9. vor
bie Feinde V.1,13. —
Gebote Chriſti 1.8,3. deren Nothwendigkeit I. 8,4. zu
halten möglich 1. 8,6. f. dem natürlichen Menſchen un⸗
möglich 1.8, 8. find nicht firenge I.8,ıo. von Haltung
derfelben 1.10, gang. aus der Liebe GOttes werden fie
gehalten I. 13,5.
Geburts⸗Tag der Tag des Todes VI. 6,4.
Gedanden, fremde im Gebet zumeidenl.1,ıo. Anfech⸗
tung der böfen IV. 7,8.
Geduld ift aus dem Glauben J. 6, 16. IV. 8,5. der erfien
Chriſten im Creuß IV. 8,1. Nutzen davon IV.8,16, der
Märtyrer IV. 9,6, f.
Gefälligkeirder Menfchen muß bey Lehrern nicht ſeyn IL. 10,
18.
Gefängniffe su Verfammlungen gebraucht U. 3,8. der er
ſten Ehriften IV. ı1, 1, f,
Gefangene verforgt Il. 11, 13,17. fich vor fie hingeben IL.
. IM, 18.
Gegenwart GOttes f. Allgegenwart. Der Brüder ver
langt 1ll.2,7.
Gegenwehr verboten V. 2,6.
Seheimniffe, göttliche find behutfam zu handelm I. 15,19.
werden den Unmuͤndigen geoffenbaret 11. 5,5.
Gehorfsm gegen GOttes Wort I. 8,2. gegen Ehrifti Gebo⸗
te 1.8,16. gegen GOtt 1.9, gang, von Nerken 1.9, 8.
Bein: aufferlich aus 1. 9,9. aufrichtiger ift Vollkommen⸗
eit 1.11, 2,
&. Geift wird ausgegoffen I. 5, 1. wircket allein das Gute J.
5,2. verſiegelt esin Eeufchen Hertzen 1.5,3. reiniget im;
mer weiter 1.575. feine mancherley Wirkungen 1. 5,6.
und Gaben 1. 5,7. ift eines gottlofen Lehrers Fuͤhrer nicht
„U. 9,8. muͤſſen die Lehrer abfonderlich haben Il. 10, 1.
ohne denfelben koͤnnen fienicht lehren U. 12,11, wird vor
der Tauffe gegeben 11.14, 19.
Geiftliche nennten fich die erfien Chriften 1. 5,8. brauchten
die geifilichen Gaben I.5, 9. im Geiftlichen Feiner hoher
alsder andere Ill. 4,3.
Geis, haben fonderlich die Lehrer zu meiden Il.ro,ıo. meis
deten die erften Chriften IV. ı2, 8. der verfallenen Chri⸗
fien IX. 6,8. der verfallenen Lehrer IX. 8, 16. 13, 1, f,
Gelsffenbeit IV. 8,3, 20,
Seld⸗Straffe denen Ketzern auferlegt IX. 24, u.
— — — — — —— — —
Das U. Regiſter 2 -
GSelehrſamkeit, auf weltliche fahen die erſten Chriften nicht
11.8,9. gehöret nicht zum Predigen II. 11,16, f. dererften
Ehriften VI. 5,1, f. techter Gebrauch VL. 5,3. Mikbrauch
VI.5,7. Schade VI. 5,ro. 15. verleugnet VI. 5, 10, Hochs
muth daraus VI. 5,12, ihre Neugierigkeit VL. 5, 14.
Gemeine, müfen mit zu Rath gezogen werden 1l.5,20.
Gemeinſchaft der Heiligen bleibt nach dem Tode 1. 15, 14,
der Hoffnung I. 15, 25. daran haben Männer und Weiber
gleiches Recht 11. 6,3. der Heiligen unter einander }-
Vereinigung. Mit Heuchlern und Gottlofen hatten Die
Chriſten nicht IL. 1,18. im Leiden IL. 5,8, f. imgeifilir
hen Anliegen III. 6, gang. im Gebet III. 6,14. ber Gu⸗
ter III. 8, gang, wenn diefe aufgehoͤret IIL.8,ır,. *
Gerechte nennten ſich die Chriſten I, 16, 11. —
Gerechtigkeit der erſten Chriſten im Handel und Wandel V.
Sr21.f. Gttes bringet Furcht vor GOtt J. 14,5.
Geld der Obrigkeit, davon will die Cleriſey befreyet ſeyn
»TJ, 5. H
Gerfon, Cansler in Paris, nimmt fich der. Catechifation
der Kinder an IL. 13,19,
Gefalbte find die Chriften I. 5,10,
Gefang f. Lieder, j
Geſetz erfüllet die Liebel.g,7. *
Geſichte VIL. 5, 1. u. f. Exempa davon VII.6, 5. f.
Seſinde Pflichten VI.2, 14.
Seſpenſter vertrieben VII. 4,14,
Geſpraͤche der Ehriften VL 3, 12,
Gevattern IL 14,11,
Sewaltthaͤtigkeit ſ. Tyranney.
Gewißheit göttliche, woher ſie entſtehe J. 3, 23. 5, 11.
Sewiſſen machten ſich die Chriſten nicht über Speiſe IV.3,8.
i
errfchaft darüber IIX. 10,7, 16, gantz.
au defielben durch die Coneilia 1X. 19,16, 21, 20,2,
wenn er öffentlich angefangen IIX. 20,13. halten chriſtli⸗
che und heydnifche Regenten vor unrecht IIX. 22,4. Mas
het Heuchler IX. 24,5. N. 26. f. \
Gift denen Chriften unfchädlich VII. 3,2.
Glaube in der Buffe I. 1,13. , findet GOtt J. 1, 14. iſt leben⸗
digl.6,1.f. iftnothmendig I. 6,2. iſt der rund der Se;
ligkeit 1.6, 3. _ erfennet ÖDOLEI. 6,4. ſiehet aufs Unfichts
barel.6,6. iſt der Heucheley entgegen 1.6,ı1. Früchte
deffelben I. 6,12. 15. todter Glaube J. 6, 13. Kraft zur
Heiligung I. 6,17. sur Hoffnungl.6,18. bemfelben i
nichts unmöglich I.10, 7. vereiniget die Chriften als Bruͤ⸗
der lll.ı,g. wird offenbar durch Verfolgung IIX. 1,18,
bat nicht ei bey herefchender Verderbniß UX. 5,15.
Zwang ju demſelben ſ. Gewiflen. DE
Glaubens-Befänniß ſ. Symbola.
— welche J. 6, 10. am meiſten unter der Verfolgung
. 12.
GSleichheit ber Wiedergebornen mit GOtt J. 19, 3. 10, mit
den Engeln J. 19,9. unter einander bringet Demurh Ill.
41.
Glückfeligkeit der Kirche welche IIX. 1, 6. f. Aufferliche.i
Urſach des Verfalls IIX. 2, 1. f. * of Aueik
Sluͤckſelig welche IV. 8, 10,
z
Snade
v
a
ns
d
®
8 if am einem gu preifen 1,16, ı1.
- — 23,8.
ans .
recht befchuldiget UX. 25, 9.
* vie — V.3, 1 t
4,2. Vriefter unter den Chriſteu
ſchreiben 1. 1,15.
bielten die Ehrifen Verſamlung U.
w L ?
der wahre I.ı,r. geiſtlicher iſt ein
Hein nam be 4,2. Äuferlicheeße erfals
0) X. 10,9, ob dabey fonderbare Kleider IX.
Na: der Chriften I. 15, 17.
tum verföret
9 Dinge nicht lehren oder predigen I. 12,12.
eine Gemeinfchaft zu haben lil.x,ıg. unter
denenfelben leben müffen IV. 2,14. werden nicht cr
a der Ehriften Standhaftigkeiti IV. 107, 13.
find weislich zu tractirem Ver,x. vor fie beten V. 1, 6. f.
Sottſeligkeit der Chri nnzeichen 1. 7,6. bat Be
lohnuñg 1.18, 2. f. darauf bey einem Lehrer zu feben IL,
8, Io, >
f. Vergötterung.
GSott werden I, 20, 15.
Grabatarii 11.14, 5.
Gräber ıd Echlaf: Kammern VL6,3. beyden Graͤbern
der er geſchehen Wunderwercke VL 2, 7.13. 4,18.
Voͤllerey darbey IX. 6, 15.
Graufamkeit der verfallenen Lehrer IX. 12, 12. f.
Gregorius der Wunderthaͤter VIL. 1, ı1.
Güter , der zeitlichen Genteinfchaft Il. 8, gang.
Gurthätigkeie der erften Chriften Ul.5y2, f. f. auch Frey⸗
eg
Gürigkeir f, Sanftmuth.
*
5.
Hearefis, Hæreticus, ſ. Ketger, Ketzerey.
Hahnen⸗Geſchrey VL. 3,2. P
— im Singen 11.2, 18.
allelnjatici Pfalmi U, 3,18.
Haltung der Gebote, ſ. Gebote Chriſti.
Zaͤnde aufheben im Gebet 11: 1, 14. ER},
Zandelſchaft hielten die Chriften vor aefährlich V. 6,22.
der verfallenen Lehrer UX. 12, 9.
Zandwercke⸗Ceute werden zu Lehrern befiellet 11.8, 6.
ieder alle Sünden I.1,8.20. der Böfen nieder die
A IV.7,10. wiefern die Boͤſen zu haſſen 1,6,
wieder die. Ketzer UR. 2471.
_ Zaus-Aeme (onderlich verforat IN. 10, 16.
3 Aue — nfteder cıften Ebriſten u. 3,10,
vd
alter find Ehriften 1.7, 10.
Aueh es Biden derer nEhrifen VI 3,1.F.
aus Väter Piichten gegen ihr Gefinde VL 2, 11 f.
„Zeil, f. Seligkeit. J
Zeilig im Singen wiederholet U. 2,18,
gets darf fich ein en l.ıöyı,
Zeilige werden vor gehalten 1IX. 23,6, werden ver:
folge W.nyıg, Wozu
keit ein Kennzeichen ber Ehriften 1.7, 6. die Lätterer
— it zu beſchaͤmen 1.7,9. uͤberzeuget dig Unglaubigen
Gotses ſoll Zuncht vor GOtt wirden 1. 14,7.
werden durch
derer merkwuͤrdigſten Worte und
PT :
Sichen. ' ——
Seiligung, Kraft dartu 1.6, x7. Bad i
zum göttlichen Ebenbilde 1.19, 2. si
Heimlichhaltung der Gottfeligkeit I. 16,8.
Herbergen· ſ. Gaftfrerbeit.
—— denen Knechten gleich IL. 4,6. ihre Pflichten IL.
4:8.
Bernd Buch VI, 6, 5,
Herrſchen foll Fein Chrift über den andern I. 5,19.
ZSerrſchen au
nicht Die Lehrer 11. 10,14. 12,18, über die Seniffen
ber entftanden IX. ro, 7. ‚welches durch die beſondern
Den bee Eon UK. 10,12, meltliches
{ t verfallenen Lehrer IX. un, 3. ı2
— bie IIX. 16, A —
Zertz, denen reinen o 3
Heterodoxi IX. 23, 10, —— un
—— muß nicht bey der Buſſe ſeyn 1.1, 19,
darwieder zu eifern 1.
der verfallenen Lehrer
ser UX. 21, 21.
Seuchler keine Gemeinfchaft mit ihnen Il.r, 19,
m Verfolgungen offenbar IX. 4,9, werden De
durch den Gewiſſens Zwang IX. 24, 5.
Heyden wurden aus ihren Schriften wiederlegt VI. 5,2,
eyduiſche Gebräuche unter den Chriften IX.6, 5
Hierarchie der —— IL ı, u.
Hieronymi Srrthünter UX. 23,20,
Siſtorig, wie ſie nuůtzlich VI.s,as. fol die Lafer nicht ver,
ſchweigen IX. 1,3. der Kirchen wie ſie zu lefen. Worr, if.
Hochmuth, Hoffgrt iſt zu meiden L: 16, 13. f. UL. 4,15.
kommt aus der Gclchrfamkeit IV. 5,12, der verfallenen
Chriſten IX. 6,10. der verfallenen Lehrer IX.S, 1. f,
Sochzeiten Uppigfeit und Greuel VL.yı4. f, Völlerey dar⸗
eh 26, 15.
of von Lehrern oft beſucht UX. I, 24.
Hoffart, f. Hochmuth.
Hoffnung/ lebendige aus der Wiedergeburt J. 4,13. gas dem
Ölauben 1.6, 18. zu GOtt I. 14, gantz. der Fünftigen
Herrlichkeit ſtaͤrckte die Märtyrer IV. 5,8,
Sobepriefter nennten fich die Kahſer IX. 6,4.
Homili@ 1\. 12,9.
onorii Regierung W. 4, 18,
or@ Cnnonice 1. 1,9.
Hoſpitaͤler vor alte Leute ll. 11, 6. geſtiftet UL. x2, az,
Hofpitalarii Il. 12,24.
Huͤlfe der Chriſten gegen einander UL. 5,1, f,
Anliegen ll. 6, gang,
Zunger, f. Verlangen.
Zurerey wurde Chriſtlichen Weibs-Perſonen zugemuthe
IV.5, f. der verfallenen Ehriſten IX. 6,16. der verfaß
lenen Lehrer IX. 14, 16. —
Huren⸗Haͤuſer, darein wurden Chriſtliche Weibs Perſonen
gefuͤhret IV. 5,7. g
Hyaroparaftate 1X. 25, 14,
d iſt wieder
Glauben L. 6, in. wieder den Christen Namen 1. 715.»
fr 8. iſt nicht bey der Liebe lli.a, 4,
x. 10,1f, iſt ein Schirm der Ser
in geiftlichen
4
Be
Jagd⸗ Cuſt derverfallenen Lehrer IN. 14,12.
Idloten wurden die Ehriften genennet VI. 5,9, 1z,
Tanerii Epiftel an die Smoprnenfer IT. 14, 5.
Zanoranten werden die Chriſten geheiffen VI. 5,9. 12,
Tobannes in Del gefotten VL. 3,2,
Bbbbbbb Jovinianer
x
Toviniener IX. 25, 2,
Srvifches verleugnen IV. 1,11.
Irrige ſuchten die Ehriſten zu gewinnen ll. 1, 33 ei. Ke⸗
Ser
Irrthuͤmer der Concilien IX. 19,20. fi nd an andern *
ertragen UX. 21, 13. wie dnſeben⸗ abzuhelfen UX.⸗
ſ. Ketzer, Ketzerey.
an Fuͤrbitte vor fie V. u, 77. Verhalten gegen ſie V.
1,1
Jugend Erziehung VI. 4,1. übelangeführet IX. 5,39.
Siulieni Regierung IX. 4,15.
Jungfrauſchaft, f. Tebiger Stand,
Juftiniemi Regierung IX. 4,19,
B.
Kampf, wieder die Sünde iſt unumgaͤnglich 1. in, *
Kavaoy EnrAnniasinds + 11, 18,
Kadsrıxn epiftola 11. ı1,
Reaufmannicheft, f. Sandelfhaft.
Kelch, güldene beym Äbendmahl Il. 15,14.
Keufchheir der erfien Chriſten IV. 5,gantz: freywillige IV.
5,4. vornehmlich des Hertzens IV. 5, 4. gewaltſamer
Weiſe genontmen V. 5, 5. imledigen StandLV.5, 11, im
Eheftand IV. 5,14.
Kezer hielten die Chriften vor feine Brüder Il.ı,ı2. ſuch⸗
ten fie zu gewinnen Ul.1,13. entftehen von der Philoſo⸗
phie VI. 5,29. von dem Verfall der Lehrer IX. 9, ar.
darzu wird gemacht, wer der Elerifey Reſpeet in Zweifel
zieht IX. 18,9. Verketzerung wird ein Kennzeichen eines
wahren Chriſten IX. 18,18. Name moher entfinnden IX.
21,1, wurde anfänglich, nicht alleseit in böfem Verſtand
gebraucht UR. 21, 2. Eonnen kein gottfelig Leben führen
IIX.21,18. find Heuchler IIX.21,19. wie ſich gegen Die;
felben die wahren Chriften verhalten IX. 22, gantz; wer;
den vor Bruder gehalten IX. 22,11. welche vor Ketzer
gehalten wurden UX.23,1.f. werden vorgottfelig gehal
ten UX. 23,6. Ketzer machten die Orchodoxen IX. 23, 9.
aus falfchen Abfichten IIX. 23,13. und aus bleffen Mey:
nungen IX.23,17. die andere zu Kegern machen, ſtecken
ſelbſt in Irrthumern UX,25,18. werden gehaßt und vers
hast gemacht IX. 24,1. ihre Schriften werden verboten
UX.24,3. wieder fiewird Gewalt gebraucht IX. 24, 4. f.
bekommen allerhand Schimpf- Namen IIX.24,8. werden
auf allerhand Weife gefteaffe IR. 24,11, f. werden indie;
ſem Buch nicht vertheidiget N. 29.
Begerey bedeutet vielerley UX.21, 3. was fie fey IX. 21, 4.
foiche machet die aottlofe Elerifey in geringiten Dingen
IX 21,10. führetaufgottlofes Leben IX. 21,20. Zeug;
niß der Wahrheit mird vor Ketzerey gehalten IX. 23,3,
derfelben werden ni nit Unrecht befchuldiger IX. a5, 1. f.
die prastifche SL. 3
Rind muß man an 1.16, 5. ob Kinder feyn bey denen
ften Ehriften getauft worden A. 14,7. f.
Rindern das Abendmahl gereichet U. x5, a1. ob ihnen Scha:
tze zu ſamlen VI.2,9.f. Pflichten gegen ihre Eltern VI.
2,10, wie fie aufersogen und unterwiefen worden VI. 4,
gang,
Kindbetterinnen irchgang 1.14
— SOttes unterſcheidet die giebequ GOtt von
ern 1.13,9.
Rinder; — — V
Rinderäucht VI. 2 A
Rindihafe BOrtes aus der Wiedergeburt l.4,10. Derfel
ben wurdig su leben 1.4, 11.
2 Das I. Regifter
e Kirchen: Güter Mißbrauch I. 10,7,
Rirchen, an äufferliche unden fich die Ehriften-
U.3, 1.13. hatten feinen Gefallen daran Il. 373. 9)
> berfelben Il. 3, 4.22. geben zum Hochmmth Heuch
Uprigkeit Anlaß U. 3, 25. werden zu Stal bra
ar vembelll.1o,5. der Kirche Schaden aus dem
der Zehrer UIX.15, 1.f. vr
Birchen⸗ Gebraͤuche ſ. Ceremonie
"die Gefangenen gewendet Mag.
Rivchen Väter vder ehrer , f. im \
Rird en Vorſteher M. 12,24. ig;
Kirchhof, ſ. Sottes⸗Acker. al
Kirchweyhe oder —— zung
Kigyresı 1.12,6 h N
Kazeos 11. 17,14 3
leiden die Menden i. 10, m.
Kleider, Zucht der Weibe-Ver
Traurenden VL.6, 10, der v
der Goͤtzen⸗Prieſter IX. 10, ır,
— — denen Fremden offen IL. 12, 15. waren Schw
4,1
Rlugheit aus der Erleuchtung 1.3,25. in
lugh er Erleuchtung 1.3,25. en Sn ed
7r 9. 74
Auechredenen Deren gleich Ill. 4, 7. ihre] Ric
VL 2,14. — Sen nn
3 önige Durch Weite petfonen befshtek IL 6
Könige durch Weibs:Perfonen befehre —*
Zrancke verſorget 11. 11,7. Kıancen-Häufer, f. Rt
ler. werden wunderönt geheilet VII. 2,2. 1. we rden aus
Geitz beſuchet IX. 13, 15.
Krieg nach dem Sal entlanden V- 5,1. if (hät. 517.
darein mifchen fich die verfallenen Lehrer IX. 12, 12. f.
FAN der Liebe beym a: a 18, und fonfien ul.
— 11.3,16, 4,7:
2.
gands Werweiſung der Ketzer UX. 24, 12.
Aeer werden durch die Heiligkeit beſchaͤmet I. * 9
Lafter, ſ. Suͤnde.
Laͤyen I.5, gantz; duͤrfen tauffen II. 14, 4. machen Gelehr⸗
te zuſchanden VI.5, 16,
geben, heiliges muͤſfen die Betaufften — 2, 11, kommt
aus der Wiedergeburt I.4,8. us Liebe gu ebriie!. 8,11.
damit wird GHtt gelobet und befenmet1.17,6. wirdabs _
„fonderlich von Lehrern erfordert II. 9, 1. Spar — ®
nigEeit des Glaubens 1.7, 16,
ur verleugnen LV.ry 11.
böjes der Lehrer thut groffen Schaden 11.9, 6.-
gebens Art der Chriſten erley U.7,1.
— dafen vor die Brüder ll. 5,16. ſich ſelbſt ———
Be: Befchreibungender Heiligen nů lich IN. 6,ır.
Lediger Stand der Thriſten IV.5,ır. hat fein Gebot IV.
5, 74. der Lehrer . 14, 14.
Zegatazu Hofpitälern 1. ah 22.
Sehr Amt ift ehr wichtigll. 9,13: geflohen 11.8,3.f. wird
nicht verachtet N- 46
Lehre, Chriſtliche muß ausgeübet werden 1.8,1. wird vor
verdächtig gehalten V.2,2. Lehren der Heyden wurden
BER Vl.5,18, die heilfame ändert den Willen BB.
21,1 ö
Kehren
Bu
reten au
It
Kerpen Detarung, Begraͤbniß.
r. ” ⸗
Lehren follen die Chriſten einer den andern IT. 5,13. Können
—— ber 176,8. *
gehrer, Chriſtus der beſte I.3,2. hielten buch die Erleuch⸗
— — EI an
e die Menſchen
nd zu prüfen U. 5, 16. zu erinnern haben Die Zus
l.5,17, von ihrer Wahlund Berufung
Handwercks Leute werden zu Lehrern erweh⸗
n.eines £ehverd 11. 9, gantz: ein boͤſer
ht echtes lehren 11.9, 7. 22,12. Kohn der treuen-
9 berfeiben enderhane chen 1.10. gan: Un:
* 2 ar — a ee
weggehen dürfe Il. ur, 7. viel Arten der Zehrer ll. ır
12. wie eher (ehnmälfe 1. 21,19, vonibrem of
und Predisen des Works ll. 12, gantz; er⸗
rer um Vorbitte vor fie I. 12, 14. muͤſſen
-Häufern HM. 13,1. von ihren Cate⸗
2. f. fünnen bejtrafft werden Ul.
en ll.12,7. ob fie lieben dür:
v 1 bey Auferziebung ber Jugend
chiſmus Leh
u‘ 16 J
en
muͤſſen gaftftey
IV. 9,19, 5*
thun VI. 4, 11.
Achrer Verfall IX, 12, Aonın: werden groß IX. 3, ır.
ein Urfprung des Verfalls der übrigen IX. 5,8. Urſprung
deifen 1IX. 7, } die bofen vb andere treue Lehrer
1IS. 7,6. boͤſer Beruff der bofen Lehrer IX. 7,10. 8,8.
Rerachtung Gottes und feines Wort I1X.8, 1. f. Unwip
fenbeit IX. 84 f. Nachläßigkeit der AnıteNfichten IX.
18,10. Flucht IX. 8,13. 18. eriwiefen feinen Ernſt im
Strafen und Ermahnen IX. 8,15. ide Geig IN. 8,16,
Schmeicheley IX. 8, 19. HochmutbIIX. 9, 1. f..10,2.
fonderbare Titel IX. 9, 6.14. Neid und Mifaunit IX. 9,
16. fie unterdrucken die göttliche Wahrheit IIX. 9, 20,
verfolgen andere llX. 9, 17. f. ihre Heucheley IN. 10, 1.f.
fonderbare Kleidung IN. 1o, ıı. f.. pebung über die O⸗
brigfeit UX. 11,1. f. Schmeicheley IX. nı, ı1, Gaftes
renen IX, ı1, 12. Höfe Befuchung IIX. ın, 14, worv-
weaymorvm IX. 12,1.f. Cinmifchung im weltliche Han:
del IX.12,4. unehrliche Handtbierung IX! 12, 9. 13, 10.
Einmifchung in Kriegs Weſen IX. 12,22, Tyranney IIX.
12,13. 16,12.f. 18,13. Geig IX. 13,0. f. Wucher IX,
13,12. Unbarmbergigkeit gegen die Armen IX. 13, 14,
Simonie UX.13, 16. f. Wobllüftigkeit, Sreffen und Sauf⸗
fenlIX.14,1.f. Spielen IIX. 14,9. Stleider: Pracht UX.
14,10, Jagerey UX.ı4, 2, UnuchtliX.14,15. Gchas
den aus ſoichem Verfall IX. 15, gang: N. 49. böfe Lehrer
richten ihre Lehre nach ihrem Leben ein IX. 19, 4. verurfas
chen zeitliche Straffen IX. 15,8. ziehen felbften Strafen
über IX. 15,12. follen nicht geduldet werden IIX.ı5,20.
äbre Herefchaft über die Sewiffen IX. 16,1. f. ziehen auf
fich, was von wahren Lehrern su verfteben IX. x6, r. ihre
angemaßte Unbetrieglichkeit IX. 16,7. f. wollen unbe
flrafft fepn 11.16, 10, machen in geringkten Dingen zu
Kegern IX.21, 10,
mei ichten VI. 4, ıt.
gehrmeiſter V Iften mit einander Ill. 5,9. f.
Teichen Predigten VI. 6, 16.
Ceutſeligkeit, f. Liebe, Sanftmuth.
Libellatici IV. 9,10, 8
Lichter in der Kirche 11. 4,20, .
Kiebe BOtces ift ans dem Glauben 1.6, 15. hält bie Gebote
1.8, 11. 13,5. derfelben i unmedglich 1.10, 7. 1.13,
gank ! Rt —— Furcht vor Gott ſeyn 1.14,7, dar⸗
* — — d — — gegen einander Ill. æ,
iebe, brüderliche der er \ er
x gan + thätige Liebe ein Sennyeichen der wahren Liebe UL,
und Demuth lehren II. ı2,28. lebe
.- Fri ‚tr
aa ir. . Al
St. Kennzeichen das Mitleiden Ul. s,ı4. das Ermah⸗
nen und Bejiraffen 11.7, 4.10. mit Ernft verknüpft I
14, NeBeifet fich abfonderlich in Mildigkeit gegen die
Dürftigen ll. 9,2, gegen die Fremden Ill. 3
Gefen Ilayı. /2. gegen die Fremden ill. ız,ı, das beite
‚der Welt verleugnet IV.2,4. zu den Gottlofen V.r,7.f,
Liebes» Yiable abgefchafft U. i5, ix. ihre Abſicht IN.xo, 12,
Lieder, wenn fie angefangen I. 2, 1, gekünfteltell. 2,6, 5
Tod der Ehriften V1.6,8. bey Begräbniß VI.6, 15. *
Er SOttes 1.17, gang: im Singen U. 2, 14.
Lobgefänge Il. 2,15. ſungen die Chriſten au
ll.a,ı7. der Maͤrtyrer 1.2, 17, BEN auf ben Baffen
Logica V1.$5,26.
Lohn, f. Belohnung.
Loͤſe⸗Schluͤſſel it der gantzen Kirchegemein IX. 15,1 i
gantzen X.17,12. rei
fen die Lehrer zu fich UX. 17,14. Ddarsır find bare —
untuͤchtig IX. 17, 15. groſſer S Ri
felben IX. 17,16, 5. groſſer Schade vom Mjphrauch def
Cucianus ein Märtyrer IL.15,10,
Aucifevianer IX. a5, 21. N. 34.
Lügen der Chriften ein Greuel V. 6,4. f. 20.
Luft, ihre Verleugnung IV. 1,11. 6,1,
Lutheriſch, woher der Name gekommen UX. 24, *
M.
Macarius ein Wunderthaͤter VIL 1,16,
Macedonianer IX. 23,7. N. 36.
Magerkeit verworfen IV. 3,4.
Magiſter⸗Titel, wenn er aufkommen VI.4, 19.
Magnificenz der Prediger Titel IIX. 9, 6.
Mahlzeiten, dabey fungen die Chriften II. 2,4. maren
maͤſſig Il. 12,11. IV. 3,5. wie fie zu Haus gehalten
worden VI.3,9.
Majeſtaͤt Beleidiger die Chriſten gefcholten V. 3, 1.
Mann, feine Pflicht gegen fein Weib VI. 2,1.
Manfionarii\lll. 12,24,
Werter, derfelben Arten IV. in, gan.
Martinus ein Wunderthäter Vll.ı,ı5.
Maͤrtyrer vollkommen genannt I.12,6, einige wollen fick
nicht alfo nennen laffen 1.16,14. (oben GOtt bey der Mars
ter 1. 17,2. und fingen 11.2, 17. IV. 10, 3. ihre Blut⸗Tauf—⸗
fe ll.ı4,21. Mitgenoffen unter. einander ll. 5,8. Leben
und Tod in der Gemeine vorgelefen Ill. 6, 11. begeuben die
Ehriften 11. 13,20. wurden verfegt Il. ı1,ır. die Füffe
gewaſchen Ul.ı2,20. ihr Leiden war groß IV.9,1. was
ein Märtyrer heiffe IV. 9,2, von zweyerley Art IV. 9,3.
ihre Geduld und Standhaftigkeit IV.9,6.f. o,1o.f. ihre
Begierde zu leiden IV. 9,14. ihre Freude in der Marter
IV. 10, 1,f. Arten ihrer Marter IV. ı1, gans : Gedaͤchtniß⸗
Tage VI. 6, 18. bey ihren Gräbern geſchahen Wunders
wercke VIl.2,7.14. 4,18, empfunden oft Feine Schmer⸗
sen IV. 10, 12. 4,
Maͤßigkeit eine fonderliche Pflicht der £ehrerl!. 10,14. der
eriten Chriften IV. 3, gang; beyden Mabljeiten IV. z,5.f.
Ul. iꝛ, ı1.
Maja candida IV. 11,13.
DMathefis VI. 5, 25.
Bbbbbbbe
Maxi
MEERES ER REN
Matricuke III. xx, 18,
Yıreineid , f. falſch fchweren.
Meletianer 1.1, 9,
Menſch innere und aͤuſſere I. 4, 14. des natürlichen und
wiedergebornen Untericheid I. gras, der alte wird enseräts
tet durch Verleugnung IV. 1,18.
Meſſalianer IX. 25,23.
Metropoles UX. 2,7,
Meynungen find keine Ketzereyen IR. 217. um bloſſe Mey⸗
nungen werden Ketzer gemacht IIX. 23, 16.
Miethlinge welche IX. 8,15,
Mildigkeit, f. Freygebigkeit.
Milizia ent a Mrz
Mißgunſt, f Ne
mMißtrauen — — iſt bey der Furcht GOttes nicht E
14,1,
Miterben ber Gnade find die Weiber II. 6,1.
Miteiden der Ehriften IL. 5,8.f. oft noͤthiger und nuͤtzlicher
als aͤuſſerlicher Huͤlfe M. 5,15. im Geiſtlichen ILL. 6, 7. f.
an ſtatt der Freygebigkeit IIL. 9, 8. u
Moͤnche bey dem erfien Chriften IL. 7,3. der erften Inter
ſcheid von den heutigen IL. 7,5. Urſprung derfelben U. 7»
3. Heucheley in Kleidern UX. 10,19.
Monafteria 11. 7,10,.
Montaniſten II.6,ır, VII.6, 7. UX.25,73.. Vorbericht in:
Tertulliano n. 32,.
Morgen⸗Andacht der erſten Ehriften VL.3, 2,
Mund⸗Slaube, deſſen unfelige Früchte UN. 5, 16.
Muſic, Mißbrauch 1.2, 8,
Mutter die Kirche genennet I. 1, er. IX. 2,6. werden
die Sitze der Bifchöffe und die vornehmſten Kirchen: Ge
baude.genennet IX. 2,7.
m.
Nachfolge. —— iſt noͤthig 1.8, 14. GOttes L L.19, 3. der
Bruder 11.6, 9.
ehr Andachten Vl.3,17.
Jachtmahl, ſ. Abendmahl.
Name, Veraͤnderung 5 deffelben bey = Tauffe a⸗, 27: des
Her JEſu that Wunder VI, 1, 6.
Naoßera 1.20,15, U.3, 15,
Nativitaͤt ſtellen VI. 5, 25.
Natur, goͤttlicher werden die Wiedergebornen theilhaftig
1.4, 12:. f. Beubild SOttes.
Neid der verfallenen Prediger IX.o, 16.
Neubekehrten Eifer in Ermahnung nd Zaraffung ande⸗
ver N. 7,8. in der Freygebſgkeit ll. 9,4.
Neugierigkeit der Gelehrten VI. 5, 5 verworfen VI. S,
— aus derſelben ſtellten ſich manche: als Chriſten UX.-
ul e. 1.88% *
——— ER IX..19 9.24
—X ——— 1.1, $
Nuͤchternkeit, Maͤßigkeit.
——— oeilien und Iibichen hringet das Ehriftenehum
18, 1%
"0. onom der ee rifien ll. 10, 6, h
Ofenbarungen zu prüfem VILS,
RR. Das II. Regifter y BR: 7 7
Oblationes 11. 10,4
Obrigkeiten — ſich der Dinge an, die den
hören 11. 5,12, obrigfeitliche Berfonen zu
nommen * 8,8. men auch Lehrer unte
10,6. Verhalten der —5 Ft eu gegend
sang: noͤthig und nüglich V. 3
Gotrfeligfeit V. 3, 10, befehlen Ü
über DIE erheben fich die ver u \ |
1.f. und fchmeicheln denenfelben UX-ız, un, ihr
Kirchen: Sachen N. so
u: ge⸗
—5
n ſey 1 1
efe
Offenberung Jo sl.12,7. *
Offenbarung ift —— g 1.200 de re
femfeun .y,ım. © — —
Vil.s,s. Demuth darben VIL.$78 fi
gen VIl.5, 9. wahre Eommen von
terfcheid von denfalihen VI. 5,15.
6, gang: warum ſie geſchehen VIL 6, “
Operen, f. Comoͤdien.
Opfer der geiftlichen Priefter m. de erſen Ehren IL.
15,25, vor Arme U. 10,4,
Opus operatum IX. 5,14,
Oracnla verſtummen VI. 4, 2.
Orden der £ehrer 11.11, 12. 4 — — ae
Orgelitin Kirchen 1. 1,9 RP RE —
wrigenes lehret er als ein Läye U. 5, 15. ſei eine Verſelguns
2 15. 20,
Praha ei 1l.ı, 4, |
Orthodoxi find allein die Gottſeligen, welche alfo heiſſen ux.
23, 11. machen andere zu Ketzern IX. 23,13.
Oſtern Urſprugg U. 4,20. daran wurden die Gefangenen
losgemacht V. 4, 9. Sureit deßwegen Ux. Be
PD 2
Pabſts⸗Name ll, 1, 20. \ r
Pareboleni 1ll. 11,8,
Narentiren VI 6, RR a
Parochien, Pfarren 11.11, 6,
Dartiarchen 11.11, 16, 1IX. 9, 15.
Yaten bey der Tauffe U. 14, ır, “ 3
Datrelorinchiten. UX. 25,25. 2
Paulus der Einfiedler 11.7,73.
Pe nigung der Wbelthäter
Pelagius W. 23,9,
Petrobruſtaner U. 3, 14. N. 70.
Pfingſt⸗Feſt I. 4, ar. 3 h
Philafrız Ketzer⸗ Buch X. .257 *
Philofophia, was die hope dason gehalten VI. 52 6c—
der Kelerehen Arſprüng VI. 5,29
Philofophas wird yon einem Lünen eingetrieben ll.5,4,. Phir-
lofophi unter. den Ehriften 11.7, 2,7, der Heyden. fchäd=
lich 11.9, 17. VI. 3,17.fe
Phyfica VI. 5, 25. ; . © .
hyfiei Vorber. IE f t
Pilgrimſchaft der Chriffen W. 2,10.
Ilysyenrodogos 1. 20,1,
Penitentiarü UX. 17,7, N -
Poetender Zeyden VI.5, 19, ’
Pompa V1.6,16.. |
Pontifices maximi werdendie Kaͤyſer genennet Nx.6
Poftillen : a Wahld Ne
doſtuuren beh der er Lehrer U. 8,1
‚ hraͤlaten
4, 16.
*Y RN
— — Die Lehrer nicht ſeyn Mora
ig⸗ Amt
heiſſe IL 2, el wo die Lehrer
* 9.
edigen, er ..
geprediget haben
— ſ. Leh ehren.
resbyteri ll. 12, 9. 17.
Prieiter obdie kehrt allein IX. o
viegterebum, geiftliches haben alle heiten IL 5,10, 1.47.
vi illia iſt X. jr an „
roceſſe vermeidet V.2, 17. i
ropheten find —* wahre
ſtament VL. 5, H
proielyten gain! 1.1473.
Igor dgaı
Prüfen war die Chrigen die Lehren U. 5, 16-
— 2 [03
Be .<
Unartapetimanen, UX.25,9,
“ 1? eg R.
Rache muß abſonderlich nicht bey Lehrern ſeyn U ro, 8. iſt
wicht bey Chriſten V.2,4
JH Bub, einm Kath führer Gott durch fehlechte Leute aus
443 den Chriſten Schuld gegeben V. 2, 16. richten
die Verfolgungen an UX. 24, 14.
Rechts Proceſſe vermeidet Ver, 16.
* te ‚ber Spenden V- 3,17. f. werden von Lehrern gehandelt
————— „T Orthodox.
Recommendations; Schreiben M. » 23%
Redner⸗ Rust, f. Selehrſamkeit, Rhetorica.
Reden nach anögefhnittener Zunge VlL2,15,
Reid) GOttes ausbreiten 1.
Reichemüffen abfonderlich fiep * ſeyn 111. 9,9, Senmei
chen, ob ei ee ein Ehriftlll.9, m, gaſtfrey Ill.ı2, 7,
merden if®erichten angefehen: V. 3, 16,
Reinigung von Sünden folgt aus der Hofikung I. r5, ro,
Religion, aus der guten IX.2,2, dazu if niemand ges
sungen IIX. 21,2. f.
Reliquien der Zeiligen, zu ihrer Verehrung leget Conitan-
tinus M. den Ba IX.3, 22.
Rhetorica Vl. 5426
Richter, ungercchte V.3, 13. 4,16,
Ruhe der Seelen aus der Vereinigung mit GOtt I. 20,16,
«ufferliche nichtgut IV. 8, 21.
Aubm vermeiden die Cheiften 1.156,16. f._ gebühret GOtt
allein1.ı6,20, der Ehriften son ihrer Heiligkeit T. 11, 3.-
S.
—— en ſtetig U. 4,2. der Jũden abgeſchafft
11. 4,5. riſten gefeyert 11.4, 9,-
Sacrament, wasesheiffe Il. 14, 1--
Saorificati 1V. 9,10;
Same ver Edriben ii De Dia
ame der Ehrikien tft ie we X. 2%
Samlen ber Almofen, f. Eoliecren. .
Samoſatenus hat die Liederabgeichafft I.a, 2. 12; 9,
Sanftmuch eine fonderhare Pflicht der Lehrer 1.10, 8. ge
aen die Brüder IM. 3, 18, f.. gegen dieFeinde V. —
Sarment icii· V.au, 13.
Saen der Menfchen do hoch gegchtet als GOttes Wort
UN. 8,2, 10,8. 21,9, woher der Bapifien Traditioncsger
der merEwürdigften worte € umD Sachen. ii
—⸗
u
kommen UX. 8, 2, darunter geben ich Menichen gerne
UX. 10,8,
Saufen, f. Steffen. Trunckenheit.
Schaͤndung, ſ. Keuſchheit.
Schauſpiele, f. Comödien.
Scheinheiligkeit bey offenbarer Bosheit IX. 5, 10,
Eu a, die Ehriften V. 2,14. [
vedch wieder die Keuſchheit IV. 5710, verboten der
ehrern IX. 14, 15, di
Schlaf der Tod genennet VL. 6, 3
Schlangen vertreiben, ſ. wunderwerck.
Schmeicheley der verfallenen Prediger IX. 8,16. I, Ir.
Schmerzen bey der Marter nicht empfunden Vll-3, 1 f-
Schoß von Chriften gegeben V. 3, 8.-
Schrift, heilige lafen die Chriften in ihren Verſamlungen
12,1. zu Haufeund beym Eſſen VI. 3, 11.. inden Schu⸗
fen dornehmlich getrieben VI- 4, 14. bey Begraͤbniſſen
2,0
Schulen der Heyden VR 4, ı2,. der Ehriften- VI. 4,13.
Urforung VI. 4,14
Schutz⸗Schriften der Chriften V.r, 2. .
Schwelgerey der verfallenen Ehriften IX. 6, 127 der von
fallenem: Lehrer IX.14, 4.
Schweſtern find Chriſtliche Weibs:Perfons II. 6, 4.
Schwur, f. Eid,
Secte, Sectivifch UX. ar, 3. ſeetiriſche RNamen UX. 24, 8%
Seelſorger 11.6, 4.
Segen in der Delt Fomme durch die Chriſten I. 18,5. haben
die Almofen Il. 9,25:
Seligkeit kommt aus der Liebe zu GOtt I 13, 8. ift eine
Frucht des Chriſtenthums 1.18, 7.. Feine ohne Ereuß UX.
U F.
Sicherheit, fleiſchliche ſchaͤdlich Jrs, 10. kommt aus dem
— der Tauffe U.14,24. von verfallenen Predigern
6,20.
Sieg über die Welt aus dem Glauben 1.6,16,
Verheiſſungen GOttes 1. 18, 12.
Simonie im Beruf dor Lehrer iX. 7,14, f der verſalenen
£ehrer IX. 13, 16, f.
Singen der Ehriften 11.2, gatik.
Sinn, Umfehrungdefielben inder Buffe Er, ı7,
Soldaten; Qeben V. 5, 2. f.. verlaffen V. 5,7. Chrifiem
waren Soldaten V. 5,10. f.
Sonnabend murde gefenert Io. 8.
Saunen, wenn er eingefoßt Il. 4.5. warum er gefeyert
wurde 11.4,7.f- Zwang — 41, Mißbrauch deſ⸗
ſelben U. 4, 12.-
Sorge der Seelen gehet alle Ehrifemanlll.6,.5, 7,4. der
Nahrung verleugnet IV. 12, 6.9.
Sotafalt der Lehrer-11.1o, 16. der Chriſten für ande well,
6,4 7,2. f. ‘
—* heben die B Srüderfehaft nicht auf U. 14.
Speife der Chriffen mar maßig IV.3, 3. gering IV. 2, 5.
hatten feinen tinterichtid darın IV. 2 —
VBbbbbbb
—
ihr
aus denen‘
Speiſen
d ’ f
\ 2
118 _ u. ie
Speifendie Hungrigen III. 10,9, em
Spielen am Eonntag verbieten ift nicht genug UX. 6, 15.
sur Luft der verfallenen Chriften IIX. 6, 13. der verfallenen
Lehrer IX. 14,9. f.auch Comödien,
Spott iſt zu ertragen 1. 4, ır,
Sprachen fremde im Gottesdienft 11.2, 5. Erlernung der⸗
felben VI.5, 24. mitallerhand Sprachen reden VL. 3,7:
Sterben, ſ. Tod, 3
Sterbende erft gefaufft Il. 14, 15. comntlnjeiret 1. 15, 16,
Mitfterbende welche Il. 5, 17.
Steuer vor die Armen III. 10, 2,
Schoß.
Straffen der Uebelthaͤter IV.4, gan: N. sı. erlaſſen V. 4,
6. über die verfallenen Chriſten IX. 6,20, verurſachen
die böfen Lehrer IX. 15,7.
Streit, ſ. Kampf. In Religions⸗Sachen, ſ. Diſputi—
ven.
Streit, Seagen heben die Einigkeit nicht auf ID. 1, 15,
Studiren der erften Ehriften VI. 5, 1. f.
Sünde, Haß darwieder JL. 1,8. davon aufhören I. 1,12. Ab:
kerbung der Sünden J. 2, 10. find alle Wercke ohne Glau⸗
ben 1.6,14,, von Vermeidung derſelben I. ıı, gantz: ob:
ne Suͤnden leben nicht unmöglich I.ır, 4. vor denfelben
bewahret die Furcht GDtte3 1. 14, 9, vor der andern Gun:
den zu forgen Il. 6,5. fremder Sünden fich theilhaftig
machen Un 7, 18._ fremde Sünden ſchmertzen die From:
men IV.7,17. öffentliche Sünden werden nicht mehr be;
firafft UX. 18, or.
Sünder Ausfchlieffung, f. Hann. Aufsehmung ohne Be;
kehrung IX. 17,18.
Superintendens , f. Biſchoff.
Sufceptores, f, Paten.
Suͤßigkeit der Erfäntniß GOLtes T: 3,24. ;
Symbolifihen Bücher über die,9. Schrift geſetzet IIX.
8,2. '
S höole woher fie entftanden fix. 20,10, das Apoſtoli⸗
Ihe IIX.20,10, mit denenfelben fngrt fich der Gewiſ
fens: Zwang an UX. 20, 13. haben feinen Gegen noch
Rachdruck IX. 20,18. das Athanafianifche IX. zo, 18,
dergleichen haben die Apoſtel nicht gemacht, IX. 20, 19,
*
vor die Obrigkeit, ſ.
N. 25.
rei IX. 14,16, \ m
Synodas; f Concilinm,
Bveeirie Ill. 10, 12. :
Bysarınal epiftole ll. 12, 13. f.
T.
Tägliches Brod W. 12,6. Gabbath,f. Sabbath. Buffe
1.12,9. Gottesdienſt II. 4,3.
Tag, wenn einer ausgefeßt worden U. 4,4. des HErrn wel;
her 11.4,7: ö
Tanzen verabfehenet IV, 6,1.f. verboten IV. 6, 6. beſchoͤ⸗
nen die verfallenen Chriften IV. 6,9.
Tafcodrungiten 1X. 25,25.
Tauffe der Neubefehrten I. 2,3. f. Abſchwerung des Teu⸗
fels darbey 1.2,8. Durch Abfterbung der Sünden IL. 2,10.
um göttlichen Leben I.2,ı1, bringet Hunger nach Ver;
mehrung der Gaben des H. Geiftes 1. 2, 14. ift eine Erleuch⸗
tung L.2,ı5. von der Zauffe der erſten Chriften Il.ı4,
gang: des Johannis I. 14,3. wenn die Kinder Taufe
ihren Anfang genommen ll. 14,9. N. 55. f. derſelben
Mißbraͤuche 1.14, 23,
4
er Wi. © *
Das II. Regiſter
— — — — — =. —ñ ———t
Tauffen durften die Chriklichen Weiber U. 6, 14.
— bey einem Schauſpiel von Chriften gefteiniget N
TON. 13, 20. ö ; s
ri: GoOttes find die Slaubigen I. 20,2, I. 3,15, ſ. Kir⸗
e f s
Tefarescedecatiten IIX. 25,8. u. \
Teſtament, des Neuen here Gnade 1. 5,13. des
Veuen und Alten Unterfcheid 1. 8,8. Wort GOttes iſt ein
Teſtament ll.1,7. Neues wurde mehr gelefen Vl.z,u.
Tenfel, feine Anfechtungen IV. 7, 8. exreget die Bofen wie⸗
der die Srommen1V.7,ır. ausgetrieben VIL 4, gang.
Terre zum Predigen II. 12,7. \
Theodoriti Keger-Buch IIX. 25,2, N
Theodofü Regierung IX. A u
Theodojii ll. IX. 4,18, FIRE b
©:0®seos 1.20, 14. 1l. 3,15, m
Thron der folgen iger II. 12, HR.) 5.
— Kar FOR DIS Ak
Titel prächtige gehören denen Lehrern nicht U. 1o,5. der
Doetoren und Magiſter VI. 4,19. nehmen die yerfallenen
Lehrer an 1IX.9, 6,
Tod der erften Chriften war freudig VI. 6,1, ein Schlaf
mie
V1.6,3. deffelben Tag ein Geburts⸗Tag VI. 6,4.
darüber zu trauren VI. 6,5. ;
Todtes Gräber VI 6,13. 4
Todter Glaube 1. 6,19,
Todte begraben Il. ıı,ıo, erwecket VII 2, xx.
Tootichlags Strafe V. 4,11. J .
Toͤdtung des alten Menfchen ein ſchweres £eiden IV. 9,5.
Tradtorie epiffole 11]. 12, 13.
Traditores IV. 9,10.
Träume göttliche VII. 6,5. f.20, 7
Trauern beym Tod der Chriften unterlaffen VI. 7, 5.
Trauvigkeit, göttliche wegen der Sünden I. 1,10. uͤber der
der andern geiftlichen Noth Ill. 6, 7. =
Trauev;Rleider VI. 6,10. wer
Tribut, f. Schoß. Ku
Troft im Leiden ift dns Mitleiden I. 5, 15.
Trübfel, f.Creug. ,
Trunckenheit der verfallenen Lehrer IL. 10,15, UX. 14, 4,
der verfallenen Chriften IIX. 6,12. j
Tugendv Wandel, ſ. &. Leben, geiligkeit.
Tugend, Weg darzu das Leiden IV. 8, 17, »
Tunica ardens ſ. moleſta V. 11,13.
Tyranney der verfallenen Chriften IX. 6,10, ber verfals
lenen £ehrer IX. 12,12, f. 19, 16, f. '
u.
\
Ubelthaͤter Abfiraffung IV. 4, gank + wurden davon bes
freyet V. 4,7. f.
Ubergebung an GOtt I. 1,18,
Uberwinvung, f. Sieg. Re MN
Uberzengung im Goöttlichen , f. Gewißbeit. Heiliges Le
ben überzeuget die Ungläubigen I. 7, zı. j
Umgang mitden Weibern denen Chriſten vorgeworfen 1.
6,12, der Srommen mit ben Böfen IV. 2,14, f, mit deu
Bruͤdern, f. Gegenwart.
Unbarmbergigkeit der verfallenen Lehrer IX. 13, 14,
unbekehrter Menſchen Zuftand 1. 1,2. s
Unbeftändigelaffen fich das Leiden abfchrecken TV.9, 10.
UnbervieglichFeit von Pvedigern vorgegeben IX. 16, 1.f.
Unehelich, f, Ledig. uneinis ⸗
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Avelvweiebeit , [. Philofophia,, Philaſophus. geſchahen in Chriſti Namen VL. 1, 6.
_ .menigFeie Der Frommen IX. 1,12. NEL. VM. 1,6. Deraneh Vils, ned Sea
‚Werde des Glaubens beweifen bie Erfäntnif EHDtterl: 3, Warum vi. 7,2, 1. der Srrigen VIL
18, ohne Glauben find. alle Wercke Sünden I. 6,4 IM
et
7115.
aut Werden ÖDEL alle Ehre zugeben Lin, s,
weybnachr.seit I. 4,21, \ Li 3.
Dienergeburr,, ohne diefelbe kommt der H. Geiſt niet zum *
Renſchen I. 4,2. iſt was hohes nnd ernatuͤruces ĩ.4, Zanck vermeidet U. 3,14: N. Va
3.7. darben. bleibet Das Weſen des Menſchen 4.4 Zauberey Erde ai, den yeifen beya 7
it notwendig 1. 47 5 durch den Olghben L4,6 Frůch⸗ wird von Conftantino M. zugelaffen 1X. 3.ver⸗
te 1. 4,8. f. magbet Brüder TIL 1/4 Fi falleren Ehriften TIX. 6,1. f. der Lehrer ww
Be nd der Glaube feker. - 6,9 Sn F — ce: Mn | 1.
Viederiprud), vv ) Fri... 07,98. chr Pfennig das Abendmahl gen 156
Yoiederfpuecher der Wahrheit hielfen die Chriftn vor kei⸗ a f. — vrenner Er
ne Bruder III. 1712. x Ziit der geiflichen Ubungen der Chriſten, [A
wide Tiere ſchonen der Mirpprer VIL 375. Zeugen der Qaabrheit werfehert IIX. 23,1. 25%
iffe Gottes, fich demſelben Hut unterwerfen I. 9.1. f. Zeugniß des 9. Geiftes verfiegelt T. 573° der
av alten menschlichen Willen zu feßen 1,9,5- 1 die vor Kegeren gehalten IIX. 23,3: ° 7)
a Chung 1.973. Achet der Mengen Beſies Zoll, Schoß. ER
üpgacht | deſſen Gefuͤhl im Gewiſſe⸗⸗
den IV. 1,9. | Zorm Gottes
Zucht, Zaufer IV. 117 5.
Zucht der Kirchen untechtmäßig a
Banıı. _
— Zuhörer wie fie ihren Lehrern begeg
‚12. ber verfalle len für ihre Lehrer beten 1.12, 1
ſtraffen 1.7, 5.
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Zungen reden 7
Be 22 Ehriften Gebet —
“nenfie ll.2,4.f. 3, gan; —
Frocmen und Bd A AHV. 4
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22
Shrifen IL i, I. f. Wit
der merfwärdigften Worte und Sachen.
1119
——— — — — — — — — — — ——— —— — — — —
Uneinigkeit, ſ. Zanck. SER R
————— —* die Obrigkeit den Chriſten beygemeſſen
V. 3, 1.
Ungelehrte, ſLaͤyen.
Unglaube UN. 5,„ 1. f.
Unſverſitaͤten VI, 4,18.
Unkenſchheit, f. Zurerey,
IinmäRigeeit, Wollüfte, RN
iinmimdige verftehen die Geheimniſſe SOttes 11.5,5. bar
ben Vertheidiger Mil. 11, 5. i A.
Unichuld der Chriſten 1. 11, 1. F. Unfchuldigen geichiehee mit
falichen Auflagen unrecht IIN. 24, 17. ,
Unichrbare, daraufftehet der Glaube 1. 6,6. die Hoffnung
l.15, 4.
Unſtraͤfflichkeit wird vornehmlich bey einem Lehrer erfor:
dert ĩ. 10. f.
Unterweiſung der Kinder VI. 4, gantz.
Unvollkommenheit in dieſem Leben 1. 12,8.
Unwiſſenheit der verfallenen Chriſten IIN. 5,9. der verfal—
lenen Lehrer UX.8,6. der linbefehrten 1. ı, 1. f.
Anzucht, |. Aurerey. !
Uppigfeit, [ wWolluſte. Der Chriften an Som: und Fef:
Tagen 11. 4, ı2.
Urtheile, alerband wieder diefe Abbildung N.ı.f. derZus
börer von Lehrern II. 5,16,
v.
Valentis Regierung IIX. 4,19,
Vater, mer alſo genennet worden Ul. i, 20. rı,3. wollen
die böfen Lehrer genennet werden IX. 16, 4.
Verachrung ift zu vertragen Ill. 4,ır. des Nachſten iſt zu
meiden Ul.4,15. GOttes IX. 5,1. f. feiner Woblthaten
IN. 5,15. feines Worte IIN. 5,19.
Vereinigung brüderliche der erften Chriften Ul. 1, gan.
Verfall der Kirche IIN. 3,1. 3,1. f. Urfachen IIX. 2, 10. f.
der Lehrer IIN. 2,12. 7,1.f. unter Confmtino M. 1IX. 3,
ganz: des gemeinen Volcks 1IX. 5, 1. f.
Verfolaung, darüber freueren fich Die Chriften IV. 2,12. wo⸗
ber fie fomme IV. 7, 1. Chriſten verfolgen niemanden IV.
7,15. ofenbaret die Heuchler UX. 1,9. machet den
wahren Glauben Fund IIX. 1,10. der verfallenen Chris
ften wider die wahren Ehriften IN. 6, 17. treuer Kebrer
unter den verfallenen Ehritten IIX. 7,7. 9, 19. ift der
Wahrheit entgegen IIN. 22,1. wahre Chriſten verfol:
en die Keper nicht UX. 21, 13. falſche Abfichten-bey
Besteigung der fo genanten Keper IIN. 23,13. Arten der
Verfolgung wider Die Ketzer UN. 24, gang: was Daraus
entiiebe iIN. 24, 14.
derfübrte , f. Irrige. i
Derukunp der Sünvden ift allein von GSOtt IX. 17,4.
Dergelrung der Frommen und Böfen IV. 8,14.
re Bee Il. 10,13, ber erſten Ehriften
IV. 122,2 ?.
Vergoͤtterung 1. 4,12. 19, 10.
verheiſſung GOttes fol man trauen I.ı5,3. von groffen
Belohnungen 1. 18,1. dadurchwird alles befieget 1.19, 12,
oderkauffung des Predigt: Amts und ber Verrichtungen dar⸗
innen, f. Simonie. ya i
Verlangen, nach Vermehrung der geiftlichen Gaben bey de
nen Getaufften I. 2,14. nach dem Himmel I. 15,9. nach
dem deiden mit ander Ill. 5, 12 IV. 9, 14. nad) anderer
Furbitte 111. 6,19. mach der andern Geltgkeit 11. 7,3.
verleugnung der Vernunft 1. 6,7. des Irdiſchen gebort
zur Kıebe gegen GOtt 1. 13,2. wird abfonderlich won
Lehrern erfordert II. 10,10. durch Freygebigkeit Ul. 9,
15. fein felbft iV. 1, gang: der irdifchen Ele IV.
des eigenen Lebens IV. 1,12. diefer Welt Ill. 4, 19, IV.
2, gang: der Verwandten IV. 2,20. machet geichicht um
Leiden IV. 9,9. des Eigennuges IV. ı2, gank.
Vernunft mup verleugnet werden 1. 6,7. derielben Einwürs
fe wider das Creutz IV. 8,8. megen der jeitlichen Nabs
rung IV. 12, 6.
Verjamlungen, ſ. 3Zufammenfänfte, Concilia.
Verſchmahnng der Welt, ſ. Verleugnung.
SER hRung durch den Friedens Kuß Ul. 2,10, der Brüder
. 3, 12.
Derjtorbene, f. Todte.
Verſuchung / geiftliche IV. 7,6. durch böfe Gedancken IV.
Tı 8.
Verrheidigung der Chriften, f. Schutz⸗Schrift: unrerlief:
fen die Ehritten V. 2,18.
Vertrauen, ſ. Zuverficht.
Verwandte geiſtl. ſ. Brüder.
Verweilung, ſ. Exilium.
Verwegenbeitift nicht bey dem Vertrauen u GOtt 1.14, 8.
Vollerey, f. Trunckenheit, Schwelacrey.
Voaelfangen den Lehrern verboten JIX. 14. 12,
Volfommenbeic 1. 12, gang: N. ar.
Volfommene werden die Märtyrer genennet, f. Märtys
ver: die Gatechifmuss Schüler Il. 1,20.
Vorbitte, ſ. guͤrbitte.
Vormünder der Waäpfen Ul. u, 5.
vzrſicheigten aus der Erleuchtung 1. 3,25. ſ. Behutſam⸗
Vortheile des wahren Chriſtenthums I. Ki
( ans.
Verzug ift nicht unter denen Chriften
‚9
44:
w.
Wachsthum in der Erfentnif GOttes 1. 3, 10. dadurch
fonme, göttliche Gewißheit 1. 3,23. und unausfprechlis
de hg igkeit 1. 3, 14. im Guten, darüber gu erfreuen
«1,17. .
Wachſamkeit it Chriften nöthig I. 18, 10. der Lehrer über
die Seelen 11. 10, 17.
waldenſer V. 6,22, VI. 3,11, fondern fich von ben Gotts
fen ab IIX. 15,23.
Wahl der. Prediger, f. Lebrer.
Wabrbeit von Ehriften geliebet VI. 2, a. f. unterdrurden
die bofen Prediger UX. 9,20,
Woabriagerey wird von Conitantipo M. zugelaffen 1IX-
3.24. |. Jauberey,
wäyien wurden verforge Ill. 11,3. Mäpfen:Hdufer I. 11,4.
weg zum, Leben N 2, 10, = ® 4
WeibsPerfonen, Ehriftliche inder Gemeine, 11. 6, gan:
dürfen Pe 6. haben ſich der Krancken ange⸗
nonmen ll. 21, 6, bielten ſich eingezogen IV. 5, 9. Pflicht
gegen ihre ner VI. 2,4. bielten fich bey denen Lebs
rern auf 1IX. 14, 16.
Weinen über Todte, f. Trauren.
Weifagung, f. Offenbarungen.
Weie heit, f. Klugheit, Erleuchtung.
Welt, diefer Derleugnung IV, 1,16, 2, gang: in und mit
der Welt leben IV. 2,14.
Weltliche Sachen, darein follen ſich Die Zchrer nicht mengen
Il. 10, 7. miſchen fich die verfallenen Lehrer IX. 11,3. 2,1. f.
Welts
1120
Welt Weieheit, f. Philofopbia , Philoſophus.
Wenigfeit der Frommen IX. r, 12.
Werde des Glaubens beweifen die Erkaͤntniß GOttes 1. 3,
18, obne Glauben find ale Werde Sünden 1. 6, 14. ſu
guten Werden GOtt alle Ehre zugeben J. u, 5.
‚weybnachegeit II. 4,2015 u
Wiedergeburt, ohne diefelbe kommt der H. Geift nicht sum
Menſchen 1. 4,2. iſt na hohes und uͤbernatuͤrliches 1.4,
3.7. darben bleiber das Weſen des Menſchen 1. 4, 4.
iſt notbmendig 1. 4,5. durch ven Glauben 1.4,6. Fruüch⸗
te 1. 4,8. f. machet Brüder III. 1,4
wiederihelten, f. Schelcen.
Wiederſpruch, dadurch mird der Glaube fefter. 1. 6,9. _
woichenipreßer der Wahrheit hielten die Ehriften vor kei⸗
ne Brüder IIl. ı,12. £
wilde Thiere ſchonen der Maͤrtyrer VII 3,5.
Wille GOttes, fich demülben gank unterwerfen I. 9. 1, f.
if über allen menfchlichen Willen zu ſetzen 1. 9,5. ift die
Regel alles Thuns 1.9, 3. ſuchet der Menſchen Beſtes
1. 9,2. muß vollbracht werden IV. 1,9.
eigener verleugnet IV. 1. 7.
wirwen verſorgt von denen Chriſten II. ız,ı. f. Mit:
wen-Häufer 11. 1, 4. j i
wolürte der verfallenen Chriſten IIX. 6,12. ber verfaler
nen Lehrer IX. 14. r. 63, N
wolitend, f. Glüceligfeit, Seligkeit.
Woltbaren, GOtt dafür danden 1. 17, 8. 3
rt GOttes erleuchiet 1. 3,4. wird ins Hertz gefchrieben
ur Br jum fieten Andencen 1. 3,6. durch den H. Geift
1. 3,7. wußansgehbet werden 1. 7, 17. 8,1. demielben
oeberfam ſeyn I. 8,2. dadurch erbaueren fich die Chris
jien unter einander 11. s, 13. daraus miedergeboren 11.
1,6. ift. ein Tellament Ill. 1,7.
worrgezänd IX. 21, 10.
Sucher V. 6,23. f. der verfallenen Lehrer TIX. 13, ı1.
Wunder ebaten Die Läven I. 5,2. mas fie find VL. 7,1
warum fie geſcheben VIL 1,12. werden gelaͤſtert Vll. 1,3.
m
Das IL Regifter der mer! würdigften Worte und Sachen.
— — — — —
gefihaben in Shrifti Namen VIL.L,& durch den Glauben
IL 1,6. in Demuth VIl.2,9. ob fie aufgeböret VII. 7, 1.
warum VIl. 7,2. f. der Srrigen VAL. 7, 15.
.
Zanck vermeidet TIL. „ 14. f. V. 3,16,
Zauberey Ehrifto und den Ebriften beygemeſſen VIT. 1, 3.
wird von Gonitantino M. jugelaffen IIX. 3, 23. der ver;
fallenen Chriſten IIX. 6,1. f. der Lehrer IX. 6,3.
Zebenden der Lebrer UX. 13,21.
zehrPfennig das Abendmahl genennet U. 15, 16.
Zeichen, ſ. Wunder.
Zeit der geiftlichen Ubungen der Ehriften, f. Sabbath.
Zeugen der Mabrheit verketzert IX. 23,1. 25, 26.
Zeugniß des H. Geiſtes verſtegelt 1. 5,3. der Wahrheit mirb
vor Kenerey gehalten IIX. 27, 3.
zoll, f. Schoß.
Zorn GOttes, deffen Gefühl im Gewiſſen 1,1, 7.
zucht⸗Zauſer IV. 11,5.
ur der Rirchen unrechtmaͤßig abgeſchafft IX. ı7, r. f.
aunn.
zZuboͤrer, wie ſie ihren Lehrern begegnen ſollen 11.9, 17. ſol⸗
len für ihre Lehrer beten U.12,14. dürfen ihre Lehrer ber
raten NM. 7, 5. , !
Zunge, nach ausaefchnittener reden Vil. 2,15, mit allerhand
Zungen reden VII. 3,7. 5
Zuſammenkuͤnfte der Ehriften zum Gebet 1. 1,6. darbey
fungenfie 1.2, 4. f. 3, gang: dos Morgens VI.3, 6.
Zuftand der Ftommen und Höfen in der Welt IV.8,9. der
befte der erften Chriſten unter dem Ereuß MIX. 1, gantz.
Zuverficht zu GOtt muß bey der Furcht ODttes ſeyn 1.14
7.f. erwecket Srengebigkeit 111.9, 6.21. auffich felbft ı
wieder den Glauben 1. 16,9, i
Zwang zum Lehr: Amt 1. 8,3. des Gewiſſens, ſ. Gewiſſen.
jum — 11. 15, 20. zum Glauben UX. 22, 1. 24,
$. 20, 11.
Salle, Gedruckt mit Gebauerifchen Schriften.