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Full text of "Griechische ostraka aus Aegypten und Nubien;"

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tut  mtoUfficitt 

PRINCETON,  N.  J.  ^ 


Division 

DJ  61 

Section   ,..W..6  6 


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:  ^  ■>0-: 


GRIECHISCHE  OSTRAKA 

AUS  AEGYPTEN  UND  XUBIEX 


GRIECHISCHE  OSTRAKA 


ALS  AEGYPTEN  UND  NLBIEN 


EIN  BEITRAG  ZUR  ANTIKEN  WIRTSCHAFTSGESCHICHTE 


VO.N 

W  ULRICH  WILCKEN 

OKD.  PROF.  DER  ALTEN  GESCHICHTE  A.  D.  UNIVERSITÄT  BRESLAU 


ERSTES  BUCH 


LEIPZIG  UND  BEKLIN 
VERLAG  VON  GIESECKE  &  DEVRIENT 
1899 


Digitized  by  the  Internet  Archive 
in  2015 


https://archive.org/details/griechischeostra01wilc 


THEODOR  MOMMSEN 


GEWIDMET 


VORWORT 


Als  ich  vor  fiinfzelin  Jahren  als  junger  Student,  von 
MoMMSEN  auf  die  damals  noch  jungfräuliche  Berliner  Papyrus- 
sammlung huige wiesen,  mich  als  Autodidakt  in  die  griechische 
Palaeographie  einzuarbeiten  anfing,  reizten  mich  neben  den 
Papyri  ganz  besonders  die  Reproductionen  der  Ostraka,  die  der 
dritte  Band  des  Corpus  inscriptionum  Graecarum  bietet.  Die 
ersten  kleinen  Resultate  meiner  Entzifferungsversuche  veröffent- 
lichte ich  noch  in  demselben  Jahre  1883  in  einem  Aufsatz  über 
„Aeg}^tische  Eigennamen  in  griechischen  Texten"  (Zeitschr. 
Aeg.  Spr.  1883  S.  159  ff.).  Die  aegyptische  Abteilung  der  könig- 
lichen Museen  zu  Berlin,  die  jetzt  dank  den  unausgesetzten 
erfolgreichen  Bemühungen  des  Directors,  Adolf  Ermax,  eine 
der  bedeutendsten  Ostrakonsammlungen  enthält,  bot  damals  für 
diese  Studien  nur  ein  geringes  Material.  Einen  Einblick  in  die 
grosse  Wichtigkeit,  die  diese  Urkundenklasse  für  die  antike  Wirt- 
schaftsgeschichte hat,  gewann  ich  daher  erst,  als  ich  in  den 
Jahren  1886  und  1887,  dank  der  Liberalität  der  königlich 
preussischen  Akademie  der  Wissenschaften,  in  die  glückliche  Lage 
kam,  die  Sammlungen  von  Paris,  London,  Oxford,  Leiden, 
Rom  und  Turin  kennen  zu  lernen.  Damals  fasste  ich  den  Ent- 
schluss,  so  etwas  wie  ein  Corpus  ostracorum  zu  schaffen.  In- 
z\vischen  mehrte  sich  das  Material  von  Jahr  zu  Jahr,  von  Monat 


VIIl 


VORWORT. 


ZU  Monat.  Viele  Hunderte  von  Ostraka  kamen  allein  in  das 
Berliner  Museum  und  konnten  hier  von  mir  studirt  werden, 
während  ich  auf  die  neueren  Erwerbungen  der  anderen  Museen 
zunächst  verzichten  musste.  Einen  vorläufigen  Bericht  über  die 
Ostrakonliteratur  gab  ich  in  der  ,,Archaeologischen  Gesellschaft" 
im  Mai  1889,  nachdem  ich  vorher  die  Bonner  Ostraka  im 
Rheinischen  Jahrbuch  (s.  unten)  besprochen  hatte.  Durch  meine 
Uebersiedelung  nach  Breslau,  w-o  der  neue  \Yirkungskreis  in  den 
nächsten  Jahren  meine  Arbeitskraft  vollständig  absorbirte,  kamen 
die  Arbeiten  in^s  Stocken,  und  als  ich  mich  endlich  wieder 
meinen  wissenschaftlichen  Untersuchungen  zuwenden  konnte, 
waren  inzwischen  in  Berlin  und  anderwärts  epochemachende 
Papyrussammlungen  erworben  worden,  deren  Bearbeitung  mir 
nicht  nur  verlockender,  sondern  auch  zur  Zeit  notwendiger  er- 
scheinen musste.  So  ging  der  Druck  der  Ostrakontexte,  der  schon 
1889  (!)  begonnen  hatte,  in  den  folgenden  Jahren  nur  ruckweise 
vorwärts,  mid  erst  im  Sommer  1894  konnte  ich  mich  der  Aus- 
arbeitung des  Commentars  zuw^enden. 

Dass  diese  Genesis  in  der  Publication  selbst  ihre  Spuren 
hinterlassen  hat,  ist  selbstverständlich.  Es  gilt  dies  namentlich 
vom  II.  Buch,  Avo  Anhang  an  Anhang  gefügt  ist.  Wenn  aber 
auch  im  Aeusseren  Unebenheiten  genug  dadurch  entstanden  sind, 
so  ist  es  doch  meinen  Untersuchungen  sehr  zu  statten  gekommen, 
dass  die  fortwährende  Erweiterung  unserer  Kenntnisse  durch 
wichtige  neue  Materialien  —  ich  erinnere  an  die  Flinders  Petrie 
Papyri,  den  Londoner  „Catalogue",  den  Revenue -Papyrus,  die 
Publicationen  von  Grenfell  und  Hunt  und  unsere  Berliner  Edi- 
tion —  für  die  Ostraka  noch  verwertet  werden  konnte.  Hier- 
durch sowie  durch  das  fortwährende  Nachprüfen  der  früheren 
Lesungen  sind  die  „Zusätze  und  Berichtigungen",  die  am  Schluss 
des  II.  Buches  gegeben  sind,  recht  umfangreich  geworden.  Nament- 
lich ist  es  von  grossem  Vorteil  für  mein  Buch  gewesen,  dass  ich 
im  Sommer  1895,  wiederum  unterstützt  von  der  königlich 
preussischen  Akademie  der  Wissenschaften,  Gelegenheit  hatte, 
die  Lesungen,   die  ich  neun  Jahre  zuvor  in  Leiden,  London 


VORWORT. 


IX 


und  Oxford  gewoDnen  hatte,  nochmals  am  Original  zu  prüfen, 
ganz  abgesehen  davon,  dass  ich  über  300  neue  Ostraka  von 
dieser  Eeise  heimbrachte.  Ich  möchte  daher  Jeden,  der  die 
griechischen  Texte  benutzen  Avill,  eindringlich  auf  die 
„Zusätze  und  Berichtigungen"  verweisen,  bemerke  aber 
zugleich,  dass  die  Verbesserungen  der  Texte  im  Commentar 
bereits  stillschweigend  mit  verarbeitet  sind. 

Was  so  zu  Stande  gekommen  ist,  ist  von  einem  Corpus 
ostracorum  weit  entfernt.  Der  Gedanke,  auch  nur  eine  annähernde 
Vollständigkeit  zu  erstreben,  musste  immer  mehr  zurückgedrängt 
werden,  denn  fortwährend  kamen  neue  Massen  von  Ostraka  zu 
Tage  und  wanderten  in  die  verschiedenen  Sammlungen.  Nur  eben 
die,  die  mir  gerade  zugänglich  w^aren,  und  auch  von  ihnen  wieder 
nur  diejenigen,  zu  deren  Entzifferung  hinreichende  Müsse  vor- 
handen war,  konnten  in  mein  Buch  aufgenommen  werden.  So 
bietet  es  trotz  der  stattlichen  Zahl  von  1624  Nummern,  von 
denen  1355  hier  überhaupt  zum  ersten  Mal  edirt  worden  sind, 
doch  immer  nur  eine  Auswahl  aus  den  augenblicklichen  Beständen 
der  Museen  und  Privatsammlungen.  Ja,  nicht  einmal  die  Berliner 
Sammlung  konnte  vollständig  mitgeteilt  werden,  da  ich  nach  der 
üebersiedelung  nach  Breslau  nur  gelegentlich  meine  älteren  Copieen 
zu  collationiren  in  der  Lage  war.  Einigermassen  vollständig  sind 
vielleicht  die  älteren  Bestände  der  Museen  mitgeteilt  worden, 
aber  auch  dies  gilt  nicht  von  allen.  Wenn  meine  Hoffnung  sich 
erfüllt,  dass  diese  Publication  mir  Mitarbeiter  erweckt  und  den 
Anstoss  dazu  giebt,  dass  die  vieler  Orten  vorhandenen  Ostraka 
nunmehr  publicirt  werden,  so  hätte  ich  wohl  Lust,  in  späteren 
Jahren  weitere  Bände  von  Texten  diesem  ersten  folgen  zu  lassen. 

Meine  Sammlung  beschränkt  sich  —  abgesehen  von  einem 
lateinischen  Unicum  (Nr.  1266)  —  auf  die  griechisch  be- 
schriebenen Ostraka  und  schliesst  damit  die  Tausende  von 
Scherben  aus,  die  mit  der  einheimischen,  aegyptischen  Cursive, 
dem  sogenannten  Demotisch,  beschrieben  sind,  wiewohl  diese 
inhaltlich  durchaus  zii  ihnen  gehören,  ja  oft  die  notwendige 
Ergänzung  dazu  bieten.  Zu  dieser  Beschränkung  war  ich  genötigt, 


X 


da  ich  selbst  nicht  in  der  Lage  bin,  demotische  Ostraka  zu  ent- 
ziffern, von  aegyptologischer  Seite  aber  bei  der  abgesonderten 
Stelhing,  die  die  demotischen  Studien  leider  immer  noch  ein- 
nehmen, erst  wenige  Texte  der  Art  bearbeitet  worden  sind.  Die 
vereinzelten  Uebersetzungen  demotischer  Ostraka,  die  Heinrich 
Brugsch  und  Eugene  Revillout  —  z.  T.  recht  abweichend  — 
geliefert  haben,  habe  ich  gelegentlich  in  der  Einleitung  berück- 
sichtigt. Dass  das  grosse  und  schwer  übersehbare  AVerk  von 
Revillout,  „Melanges^^,  in  dem  er  ausführlicher  auf  die  demotische 
Ostrakonliteratur  eingeht,  zu  spät  erschien,  um  so,  wie  ich  es 
gewünscht  hätte,  von  mir  durchgearbeitet  zu  werden,  bedaure 
ich  im  Interesse  meines  Buches.  Die  Aufgabe  bleibt  für  die 
Zukunft  bestehen,  die  griechischen  und  die  demotischen  Ostraka 
mit  einander  zu  verarbeiten. 

Der  Commentar,  den  ich  im  I.  Buch  vorlege,  hat  viel 
grössere  Dimensionen  angenommen,  als  ursprünglich  geplant  war. 
Eine  so  abgeschlossene,  in  sich  gleichmässige  Urkundengruppe 
wie  diese  Steuerquittungen  kann  auf  allgemeineres  Interesse  nur 
Anspruch  erheben,  wenn  der  lebendige  Zusammenhang  mit  den 
Bedürfnissen,  aus  denen  sie  hervorgegangen  ist,  nach  allen  Seiten 
klar  zu  Tage  tritt.  So  wurde  ich  von  selbst  dazu  geführt,  die 
wichtigeren  Fragen  der  Steuergeschiclite  in  weiterem  Rahmen  zu 
behandeln  und  die  ganze  Kette  von  Vorgängen  darzustellen, 
von  der  (He  auf  den  Ostraka  vollzogene  Quittirung  der  Steuer- 
zahlungen nur  ein  einzelnes,  an  sich  nicht  bedeutendes  Glied 
bildet.  Es  schwebte  mir  als  Ziel  vor,  die  Steuern  selbst  und 
das  Steuersystem  nach  Möglichkeit  zu  erklären,  die  Methode, 
nach  der  das  Steuersoll  des  Einzelnen  bestimmt  wurde,  nach- 
zuweisen und  endlich  den  langen  Weg,  auf  dem  der  einzelne 
Steuerbetrag  aus  der  Lehmhütte  des  Fellachen  schliesslich  in 
die  königliche  Kasse  in  Alexandrien,  resp.  den  kaiserlichen  Fiscus 
in  Rom  gelangte,  in  seinen  einzelnen  Etappen  aufzudecken. 
Hierzu  war  eine  möglichst  vollständige  Verwertung  der  Papyrus- 
urkunden sowie  der  sonstigen  Nachrichten  notwendig,  und  so 
bietet  das  I.  Buch  zugleich  einen  Commentar  zu  diesen  Texten, 


XI 


soweit  sie  die  Steuergeschichte  berühren.  A\'emi  ich  mir  sagen 
muss,  dass  ich  oft  weit  hinter  meinem  Ziel  zurückgeblieben  bin, 
so  darf  ich  wohl  auch  darauf  hinweisen,  dass  es  Vorarbeiten 
nur  wenige  gab  und  das  Meiste  von  Grund  aus  neu  aufzubauen 
war.  Möchte  dieser  erste  Versuch,  so  viele  Lücken  und  IiTtümer 
er  im  Einzelnen  auch  enthalten  mag,  recht  Viele  anregen,  die 
hier  aufgeworfenen  Probleme  anzugreifen  und  weiter  zu  fördern. 
Manche  Frage,  deren  Beantwortung  ich  offen  lassen  musste, 
wird  durch  die  in  den  Museen  vorhandenen,  aber  noch  nicht 
edirten  Papyrusschätze  mit  einem  Schlage  ihre  Lösung  finden. 
Möchten  die  Hüter  dieser  Schätze  sich  hierdurch  bewogen 
fühlen,  das  ihnen  anvertraute  Gut  recht  bald  uns  Allen  zugäng- 
lich zu  machen. 

Ich  habe  noch  die  angenehme  Pflicht,  den  zahlreichen  Ge- 
lehrten, die  mich  in  meinen  Ostrakonstudien  durch  Rat  oder  That 
gefordert  haben,  meinen  herzlichsten  Dank  auszusprechen.  Was 
ich  ihnen  im  Einzelnen  verdanke,  habe  ich  an  den  betreffenden 
Stellen  angemerkt.  Der  Musen  ms  Verwaltungen  und  Ostrakon- 
eigentümer,  die  mir  ihre  Sammlungen  zur  Verfügung  gestellt 
haben,  ist  unten  im  II.  Kapitel  mit  aufrichtigem  Dauke  gedacht 
worden.  Meinem  lieben  Freunde  Conrad  Cichoeius  danke  ich 
herzlich,  dass  er  für  die  Correcturen  der  letzten  Bogen  ein- 
gesprungen ist,  so  dass  ich  ruhigen  Herzens  die  ersehnte  Fahrt 
nach  dem  Süden  antreten  kann.  Die  fleissigen  Indices  zum 
IL  Buch  verdanke  ich  meinem  Schüler,  stud.  Karl  Mittelhaus, 
der  mich  auch  bei  der  Vollendung  der  Register  des  1.  Buches 
bestens  unterstützt  hat. 

Zu  ganz  besonderem  Dank  fühle  ich  mich  meinem 
hochverehrten  Freunde  und  Verleger,  Herrn  Commerzienrat 
Hermann  Giesecke,  Seniorchef  der  Firma  Giesecke  &  Devrient 
in  Leipzig,  veqjflichtet.  Mit  beispielloser  Geduld  und  immer 
gleicher  Güte  und  Freundlichkeit  hat  er  durch  diese  neun  Jahre 
hindurch  alle  Hindernisse,  die  sich  dem  baldigen  Abschluss 
des  Werkes  von  meiner  Seite  entgegenstellten,  hingenommen, 
und  ist  dabei  vor  keinem  Opfer  zurückgeschreckt,  um  dieses 


XII 


VORWORT. 


Werk,  dessen  Drucklegung  ganz  besondere  Schwierigkeiten  bot, 
in  vortrefflichster  Weise  herzustellen. 

Mein  tiefster  Dank  aber  gebührt  dem  allverehrten  Meister, 
dem  dies  Buch  gewidmet  ist.  Abgesehen  von  den  letzten  Bogen, 
deren  Druck  beschleunigt  Averden  musste,  hat  er  von  beiden 
Bänden  die  zweiten  Correcturen  mitgelesen.  Ich  brauche  nicht 
zu  sagen,  wie  diese  ständige  Anteilnahme  —  ganz  abgesehen 
von  den  positiven  Beiträgen,  die  ich  noch  einflechten  konnte  — 
mich  gefördert  und  über  die  Mühseligkeiten  der  Arbeit  er- 
hoben hat. 

Breslau,  im  October  1<^98. 


Ulrich  Wilcken. 


Inhalt. 


Vorwort  S.  VII— XII. 
Inhalt  S.  Xm— XVI. 

I.  Kapitel.  Das  Ostrakon  als  Schriftträger  S.  3 — 19. 

'Oaxpaxov  3.  Ostrakismos  in  Athen  4.  Ostraka  vor  Kleisthenes  5.  Verbreitung 
der  Ostraka  G.  Ostraka  in  Aegyiiten  7.  Verwendung  durch  die  Behörden  10. 
Sparsame  Benutzung  12.  Als  Steuerquittungen  selten  nach  Diokletian  13. 
Keramologische  Beobachtungen  13.  Verschiedene  Färbungen  15.  Verpichung  16. 
Die  Vorläufer  der  Balälis  17.   Eecto  und  Verso  18.  Ostrakon  -  Archive  19. 

n.  Kapitel.  Herkunft  und  Schicksale  der  Ostraka  S.  20—57. 

Dakkeh  20.  Elephautine  20.  Hermonthis  21.  Edfu  und  Gebelen  21.  Theben  22. 
Koptos,  Aschmunein,  Sedment  22.  Faijum,  Sakkära  23.  Erman  über 
Sedment  24.  Maspero's  Ausgrabungen  in  Kamak  25.  Berliner  Museum  27. 
Louvre  38.  Bibliotheque  Nationale  zu  Paris  40.  British  Museum  40.  Leidener 
Museum  45.  Rom  46.  Turin,  Florenz,  Bonn,  München  47.  Ashmolean 
Museum,  Wien,  Lemgo  48.  Appleton,  Bankes,  ehester,  Dodgson,  Eisenlohr, 
Finlay  49.  Fröhner,  Gau,  Hess,  Keene,  Marcel,  Flinders  Petrie  50.  Du 
Rocher,  Sayce  51.  Walker,  Wilcken  52.  Besitzer  unbekannt  53.  Zer- 
störung der  Ostraka  durch  Salzkrystalle  54.    Ostrakonliteratur  56. 

m.  Kapitel.  Die  Formulare  der  Quittungen  S.  58 — 129. 

Xeue  Interpretation  58.  Theben  und  Hermonthis.  Geldzahlungen. 
Ptolemäerzeit.  Erheberquittungen  60.  Bankquittungen  63.  7:£7:x(ü*/.£v  64. 
Die  Holztafeln  65,  66,  67.  Demotische  Subscriptionen  68.  Die  Bank- 
quittungen dem  Erheber  ausgestellt  69.  Weiterentwickelung  der  Formulare  69. 
Der  Erheber  genannt,  nicht  der  Zahler  72.  Subscriptionen  75.  Rand- 
bemerkungen der  Trapeziten  75.  irz'xy.OAO'jd-ziy  76.  Wiederholung  von 
Quittungen  78.  Kaiserzeit.  Erheberquittungen  80.  Wegfall  von  xaips'.v  84. 
Bankquittungen  87.  Siaypaqjeiv  89.  Die  Bankquittungen  dem  Erheber  aus- 
gestellt 93.  Naturallieferungen,  Ptolemäerzeit.  Erheberquittungen  97. 
Thesaurosquittungen  98.  ji£}i,£Tpr(}ia'.  100.  Spreulieferungen  102.  Kaiser- 
zeit. Erheberquittungen  103.  Thesaurosquittungen  109.  Elephantiue  und 
Syene.  Geldzahlungen.  Ptolemäerzeit  118.  Kaiserzeit  119.  Erheber- 
quittungen 119.  Xaturallieferungen.  Ptolemäerzeit  125.  Kaiserzeit  126. 
Koptos  127.  Sedment,  Pselkis,  Krokodilopolis  128.  Arbeits- 
quittungen 129. 


XIV  INHALT. 


rv.  Kapitel.  Die  Abgaben  S.  130—421. 

Die  Abgaben  in  den  Ostraka  (§  1 — 138)  130  —  344.  Die  Abgaben  in  den 
Papyri,  Inschriften  und  Klassikern  (§  139—218)  344 — 404.  Sehlusswort  405. 
Directe  und  indirecte  Abgaben  40G.  Abgaben  -  Tabelle  408 — 410.  Die  Ge- 
sammteinnahmen  Aegyptens  411.  Hieronymus  über  die  Einnahmen  des  Phila- 
delphos  412.  Die  Einnahmen  des  Auletes  413.  Eeichtum  der  Alexandriner 
415.  Der  Schatz  des  Philadelphos  416.  Geldgeschäfte  der  Könige  419.  Ein- 
künfte in  der  Kaiserzeit  420. 

V.  Kapitel.  Die  Steuerveranlagung  S.  422—512. 

§  1.  Die  Steuerbezirke  422—435.  Die  Gaue  423.  Die  Dreiteilung 
Aegyptens  ist  römisch  423.  Die  Heptanomis  zwischen  GS  und  130  n.  Chr. 
eingerichtet  427.  Die  Epistrategen  427.  Die  Gliederung  des  Gaues  428. 
Toparchien  428.  ixBpibsc,  429.  Metropole  und  Dörfer  429.  Einführung  der 
Decuriouatsordnung  im  Jahre  202  n.  Chr.  430.  Die  Amphodarchien  432. 
Die  Griechenstädte  433. 

i>  2.  Die  Steuersubjects-Deklarationen  435 — 455.  In  der  Ptolemäer- 
zeit  436.  In  der  Kaiserzeit  438.  Tabelle  der  erhaltenen  Deklarationen  438/9. 
Formular  440.  Adresse  441.  Description  des  Hauses  443.  xax'  ocxiav 
dTtoypai^i^  444.  Aufzählung  der  Personen  445.  Aegyptischer  Provinzial- 
census  449.  Urkunde  aus  Memphis  449.  Urkunden  aus  Augustus'  Zeit  450. 
Geburtsanzeigen  451.  Im  militärischen  Interesse  eingefordert  453.  Todes- 
anzeigen 454. 

§  3.  Die  Steucrobjects-Deklarationen  456 — 469.  Ptolemäerzeit  456. 
Kaiserzeit  461.    Vergleichung  mit  den  Subjects-Deklarationen  469. 

§4.  Controle  der  Deklarati onen  470 — 477.  Notwendigkeit  einer  Coutrole 
470.  Der  Eid  471.  Die  amtliche  Nachforschung  472.  Coutrole  der  Subjects- 
deklarationen  474.    Controle  der  Objectsdeklarationen  475. 

§  5.  Die  Steuerbücher  478 — 491.  Grund-  und  Gebäudekataster  480. 
Publicität  der  Steuerbücher  483.  Ersatz  für  die  Grundbücher  484.  Volks- 
zählungen 487.    Diodor's  Zeugnis  488. 

^  G.  Die  Steuerberechnung  492 — 512.  Die  Steuerbehörden  der  Ptolemäer- 
zeit 492.  Der  Eklogist  493.  Die  Steuerberechnung  in  der  Ptolemäerzeit  495. 
Die  Steuerbehörden  der  Kaiserzeit  496.  Der  Eklogist  499.  Competenz  der 
Ortsbehörden  503.  Repartition  der  Steuern  504.  Steuereinschätzungs- 
commissioncn  505.  Berechnung  dos  nopoc,  506.  Zahlung  der  Steuern  für 
das  laufende  Jahr  510.    Die  dTtatxT^o'.fxa  511. 

VI.  Kapitel.  Die  Steuererhebung  S.  513—663. 

§  1.  Die  Steuererhebung  in  der  Ptolemäerzeit  513 — 570.  A.  Die 
gesetzliche  Grundlage  513 — 515.  B.  Die  Steuerpacht  515 — 555. 
Alle  Steuern  verpachtet  516.  Keine  Poleten  516.  Verpachtung  auf  ein 
Jahr  518.  Verpachtungsreviere  520.  Qualification  der  Pächter  522.  Starke 
Beteiligung  der  Juden  523.  Analogie  der  Domanialpachten  525.  Die 
Verpachtung  der  Steuern  527.  Pfändungsrecht  der  Pächter  531.  Pacht- 
contract  531.  Emolumente  der  Pächter  532.  Die  Pacht  ein  gutes  Geschäft 
534.  Pachtgesellschaften  535.  Ihre  Entstehung  537.  Nur  der  äpxwvYjS 
pactirt  mit  dem  Staat  538.  Aufgaben  der  Gesellschafter  539.  Ihre  Pvechte  541. 


INHALT. 


XV 


Qualification  542.  Schliessung  der  Gesellschaft  543.  Associirte  Pächter  544. 
Afterpacht  547.  Bürgeustellung  obligatorisch  547.  Gegenstand  der  Bürg- 
schaft 549.  Mehrere  Bürgen  für  einen  Pächter  550.  Haftung  der  Bürgen  551. 
Ihre  Emolumente  552.  Hypotheken  553.  Die  Bürgen  der  Bürgen  553. 
C.  Die  Steuererhebung  555 — 569.  Erhebungspersonal  555.  Die  Pächter 
erheben  auch  die  Geldsteuern  558.  Erhebung  durch  Regierungsbeamte  562. 
Die  Tipdxxopsg  564.  Uebernahm«  der  Geschäfte  durch  den  Pächter  565. 
i^rhebung  für  das  laufende  Jahr  566.  Ratenzahlungen  567.  Zwangs- 
mittel 567.  Beschwerderecht  der  Steuerzahler  568.  D.  Die  Rechnungs- 
legung 569 — 570. 

§  2.  Die  Steuererhebung  in  der  Kaiserzeit  570 — 630.  A.  Die  gesetz- 
liche Grundlage  570 — 572.  B.  Die  Erhebungssysteme  572 — 587. 
Die  Erhebung  im  Reich  572.  Tabelle  der  verpachteten  Steuern  575,  der  nicht 
verpachteten  Steuern  578.  Pacht  und  Regie  582.  Allmähliches  Vordringen 
der  Regie  585.  C.  Die  Steuerpacht  587  —  601.  Das  Pachtangebot  587. 
Societates  publicanorum  590.  Eintreten  des  Erben  für  den  Pächter  591. 
Gelegentlicher  Pächtermangel  592.  Die  kaiserliche  Controle  595.  Controle- 
recht  der  ordentlichen  Beamten  596.  Die  Controlebeamten  599.  D.  Die 
kaiserliche  Regie  601  —  617.  Die  Tipaxxopss  601.  Vicarii  606.  Con- 
trolirung  der  Tipdxxopsg  609.  Die  ÄTiatxrjxat  609.  Die  |ita^wxal  lepag  uuXr^s 
DoigvYjg  611.  Die  Tipsaßuxspo'.  xü)|ir^5  613.  Die  Priester  als  Erheber  614. 
E.  Die  Steuererhebung  617 — 622.  Erhebungspersonal  618.  Raten- 
zahlung 619.  Die  öcTtaixT^aiixa  619.  Zwangsmittel  620.  Militärische  Unter- 
stützung 621.  Das  upaxxöpstov  621.  F.  Die  Rechnungslegung  622 — 623. 
G.  Die  Steuererhebung  im  IH.  Jahrb.  n.  Chr.  623—630.  Der 
Stratege  von  Alexandrien  624.  Beteiligung  des  Rates  an  der  Steuer- 
erhebung 625.  Die  decemprimi  626.  Erhebung  durch  die  Gemeinden  629. 

§  3.  Die  Kassen  630—649.  A.  Ptolemäerzeit  630—641.  Die  Reichs- 
hauptkasse in  Alexandrien  631.  Die  königliche  Bank  632.  Die  Trapeziten 
sind  Beamte  634.  Geschäftsführung  der  Banken  638.  B.  Kais  er  zeit 
641—649.  Der  Fiscus  642.  Der  i'Stog  Xöyos  643.  Der  oOa'.axös  Xo^oc,  644. 
Die  kaiserliche  Bank  645.    Geschäftsführung  der  Banken  647. 

§  4.  Die  Magazine  649—663.  A.  Ptolemäerzeit  649—655.  Die  Thesauren 
650.  Verwaltung  der  Thesauren  652.  Die  Sitologen  sind  Thesaurosbeamte  653. 
Geschäftsführung  654.  B.  Kaiserzeit  655 — 663.  Die  Thesauren  655.  Aioi- 
xr^ats  und  Ispd  656.  Verwaltungspersonal  657.  Die  Geschäftsführung  661. 
VII.  Kapitel.  "Wirtscilaftsgeschichtliehe  Beobachtungen  S.  664 — 704. 

1.  Geld-  und  Naturalwirtschaft  665 — 681.  Bruch  mit  der  Natural- 
wirtschaft durch  Darius  665.  Haushalt  der  Ptolemäer  und  Kaiser  666.  Aus- 
gaben für  Heer  und  Beamtenschaft  669.  Haushalt  der  Tempel  673.  Haus- 
halt der  Privaten  674.  Rückkehr  zur  Naturalwirtschaft  seit  dem  III.  Jahrh. 
n.  Chr.  679. 

2.  Sklaverei  und  freie  Arbeit  681 — 704.  In  Alexandrien  681.  Im 
Lande  681  flf.  Seltene  Erwähnung  von  Sklaven  682.  Die  Charta  Borgiana  683. 
Die  Subjectsdeklarationen  683.  Die  Sklavinnen  dominiren  als  Concubinen 
685. .  Die  Sklaven  im  Handwerk  und  in  der  Industrie  687.    Tabelle  der 


XVI 


INHALT. 


Berufsarten  688.  Vorherrschen  der  freien  Arbeiter  695.  Die  königlichen 
Fabriken  arbeiten  mit  Freien  696.  Die  Tempelindustrieen  696.  Keine  Oiken- 
wirtsehaft  697.  Die  Sklaven  in  der  Landwirtschaft  698.  Die  private  Wirt- 
schaft 698.  Die  königliche  und  priesterliche  Wirtschaft  700.  Der  Zwang 
zur  Pachtübernahme  nicht  legal  701.    Ergebnis  708. 

VIII.  Kapitel  S.  705—708. 

1.  Die  Ostraka  aus  Dakkeh-Pselkis  705—707. 

2.  Die  Ostraka  von  Sedraent  707 — 708. 

3.  Varia  708. 

IX.  Kapitel.  Die  topographischen  Angaben  S.  709—717. 

Phoinikon,  Svene,  Elephantine  709.  Eileithyia,  Krokodilopolis  710.  Uphion, 
Hermonthis,  Theben  711.  Die  thebanischen  Stadtquartiere  712.  Sedment  715. 

X.  Kapitel.  I.  Die  Münzen  S.  718—738.  A.  Ptolemäerzeit  718.  Silber- 
und Kupfergeld  im  III.  Jahrb.  v.  Chr.  719.    Kupferwährung  im  II./I.  Jahrh. 

V.  Chr.  722.  x*^^^^^  ou  dJ.Xay-jg  724.    •x^ot.X'ÄOU  taovöfiou  724.  X'^^'^ou  725. 

B.  Kaiserzeit  725.  Miinzwesen  unter  Augustus  726.  Billonprägung,  von 
Tiberius  eingeführt  727.  Billontetradrachmen  729.  Didrachmen  und  Drachmen 
des  Claudius  729.  Kaiserliche  Kupferdrachmen  730.  Münzangaben  der 
Ostraka  730.  Münzangaben  der  Papyri  732.  Römische  Denarrechnung  in 
Aegypten  736.  Neuordnung  des  Münzwesens  durch  Konstantin  737.  II.  Die 
Masse  S.  738 — 780.  A.Trockenmasse  738.  Artabe  738.  Artabe  und 
Choinix  740.  |iax'.ov  und  Tptfiaxtov  751.  oaxxot,  övoi,  dytoyai,  y6p.o'.  754. 
^söyog  755.  §£a|iai  757.  B.  Flüssigkeitsmasse  757.  Metretes  und 
Chus  757.  xspdjiiov  759.  ^saxTjs  762.  xoOpi  763.  xpix^pov  und  5ixt»>P^v 
763.  KoXocpwv'.ov  764.  Tö5iov,  KvcSiov  765.  d5pox(.  .  .),  "Aixtov,  xoLicpov, 
XdY'JVOg  766.  Unsicherheit  auf  metrologischem  Gebiete  767.  Staatliche 
Prüfung  der  Masse  (Aichung)   768.    Die  Masse  im  Privatverkehre  7  70. 

C.  Flächenmasse  774.    Arure  774.    u^X^S  779. 

XI.  Kapitel.    Die  Daten  S.  781—815. 

1.  Die  Jalireszählung  781.  A.  Ptolemäerzeit  781.  Das  aegA'ptische, 
nicht  das  makedonische  Jahr  ist  das  offizielle  Steuerjahr  der  x^PO'  '^^2. 
Das  aegyptische  Wandeljahr  782.  Datirung  nach  den  Regierungsjahren  der 
Könige  783.  Die  Datirungen  der  Ostraka  784.  B.  Kaiserzeit  786. 
Datirung  nach  den  Regierungsjahren  der  Kaiser  786.  Aeronrechnung  nach 
der  Kaiaapog  xpdxvjais  ulou  788.   Neuordnung  des  Kalenders  durch 

Augustus  789.  Fortbestehen  des  alten  aegyptischen  Wandeljahres  791.  2.  Die 
Monate  807.  A.  Die  aegyptischen  Monate  807.  B.  Monate  mit 
Ehrenname'n  809.  3.  Die  Tage  812.  asßaaxac  812.  Tagesdatirungen 
ül)er  30  im  ^lonat  813. 

XII.  Kapitel.    Palaeographisehe  Randbemerkungen  S.  816—819. 
Nachträge  S.  820—823. 

Register  S.  824— 860.  I.  Sachliches  Register  S.  824—830.  II.  Grie- 
chisches Wörterverzeichnis  S.  831  —  841.  III.  Register  der  be- 
handelten Stellen  S.  842— 860.  A.  Autoren  S.  842— 846.  B.Papyri 
S.  846—858.  C.  Ostraka  (in  Band  II  nicht  publicirt)  S.  858.  D.  Holz- 
tafeln  S.  858.    E.  Inschriften  S.  858  —  860. 


I.  BUCH 


COMMENTAR 


^E/.  uaQoi'^  yiyro')a/.outi'. 


WiLCKEN,  Ostraka. 


1 


1.  KAPITEL. 


Das  Ostrakon  als  Schriftträger. 

Mit  dem  Worte  oaxpaxov  bezeichneten  die  Griechen  ursprünglich 
die  Schalen  der  Schaltiere,  wie  der  Schildkröte,  der  Muscheln,  Krebse 
u.  s.  ^y.,  daher  auch  Schildpatt  und  Perlmutter.  Das  Wort  öaxpeov, 
die  Auster,  ist  offenbar  desselben  Stammes.  Im  übertragenen  Sinne 
wurde  oaTpaxov  dann  auch  auf  andere  flachgewölbte,  aber  gleichfalls 
harte  Gegenstände,  deren  Aussenseite  in  ähnlicher  Weise  convex 
sind,  angewendet.  So  konnte  das  Wort  passend  auch  auf  die  Scherben 
rundlicher  Gefösse  bezogen  werden,  und  da  im  gewöhnlichen  Leben 
das  aus  Thon  gefertigte  Gefass  gegenüber  den  kostbareren  Metall- 
gefassen  dominirte,  so  finden  wir  in  der  Literatur  das  AVort  im 
Besonderen  gern  auf  die  Scherben  thönerner  Gefässe  angewendet, 
wiewohl  man  gewiss  auch  z.  B.  das^  Bruchstück  einer  kupfernen 
Kanne  als  Ostrakon  hätte  bezeichnen  können.  Schliesslich  wurde 
öaxpaxov  ein  allgemeiner  Ausdruck  fiir  das  Thongeschirr  überhaupt, 
und  schon  sehr  früh  kommen  Ableitungen  wie  dazpoLxeuc  (der 
Töpfer)  vor.i) 

Während  das  vollständige  Thongefäss  seine  Bedeutung  als  Auf- 
bewahrungsmittel für  flüssige  und  trockene  Gegenstände  hatte,  die 
Bemalungen  aber  oder  die  Aufschriften  secundärer  Natur  waren, 
spielten  die  Scherben  allein  dadurch  eine  Rolle,  dass  sie  zur  Aufnahme 
von  Schriftzügen  tauglich  waren,  sei  es  dass  diese  mit  einem  spitzen 
Gegenstand  in  den  Thon  eingeritzt  oder  aber  vom  Kalamos  mit  Tinte 
aufgetragen  wurden.    Wohl  wurden  auch  die  unbeschriebenen  und 


Vgl.  H.  Blümner,  Terminologie  u.  Technologie  d.  Gew.  II  S.  34. 

1* 


4 


I.  KAPITEL. 


unbeinalten  Scherben  als  Ostraka  bezeichnet.  Unsere  Publication  be- 
schäftigt sich  aber  nur  mit  beschriebenen  Scherben  thönernerGefässe. 
Doch  damit  sind  die  Grenzen  unseres  Themas  noch  nicht  scharf  genug 
bezeichnet.  Wir  haben  es  nicht  mit  Scherben  zu  thun,  die  schon 
als  Teil  des  vollständigen  Gefasses  beschrieben  waren,  also  Mitteilungen 
über  das  Gefäss  selbst,  über  Inhalt,  Herkunft  u.  s.  w.  oder  über  die 
Darstellung  der  Malerei  enthielten,  sondern  lediglich  mit  Scherben, 
deren  Aufschriften  mit  dem  Gefass  als  solchem  nichts  zu  thun  haben 
und  erst  nach  Zusammenbruch  des  Gefässes  auf  die  Scherbe 
als  eine  selbstständige  Einheit  gesetzt  worden  sind.^)  Wiewohl 
also  unsere  Ostraka  Bruchstücke  von  Gefössen  sind  und  als  solche  die 
unregelmässigsten  Contouren  zeigen  (vgl.  die  Tafeln),  ist  doch  jedes 
Einzelne  als  Träger  der  Schrift  etwas  Vollständiges,  es  sei  denn, 
dass  nachträglich  die  beschriebene  Scherbe  durch  weiteres  Abbrechen 
fragmentarisch  geworden  sei.  Das  Ostrakon  in  unserem  Sinne  ist 
also,  losgelöst  von  seiner  ursprünglichen  Existenz,  lediglich  als  ein 
Besch reibstoff  zu  betrachten,  der  sich  von  den  anderen  Schreib- 
materialien wie  Papyrus,  Pergament,  Holz,  Wachstafeln,  Leinwand, 
Stein  u.  s.  w.  in  seiner  Zweckbestimmung  nicht  unterscheidet. 

Dass  man  im  Altertum  in  der  hier  angegebenen  Weise  die 
Ostraka  als  BeschreibstofF  verwendet  hat,  war  von  jeher  bekannt. 
Der  athenische  Ostrakismos  ist  das  berühmteste,  aber  nicht  das 
einzige  Beispiel  eines  derartigen  Gebrauches  im  grossen  Massstabe. 
Die  leider  auch  jetzt  noch  von  Einigen'')  vertretene  Meinung,  dass 
diese  athenischen  Ostraka  a4  hoc  hergestellte  thönerne  Täfelchen 
gewesen  seien,  ist  jüngst  mit  Recht  von  Valeton^)  zurückgewiesen 
worden;  vielmehr  sind  auch  diese  ganz  wie  die  unsrigen  nichts  als 
Gefassscherben  gewesen.    Jeder  Zweifel  wird  durch  die  Originale, 

^)  Den  von  uns  beliaiulelteu  Aufschriften  kommen  wohl  jene  Kritzeleien 
am  nächsten,  die  die  Töpfer  gelegentlich  auf  die  Gefässe  gesetzt  haben,  in- 
sofern sie  keine  Beziehung  zu  dem  Gefäss  haben.  Allerdings  sind  sie  auf  die 
noch  unversehrten  Gefässe  gesclirieben.  Vgl.  O.  Jahn,  Bericht.  Sächs.  Ges.  Wiss. 
1854.  S.  36  ff. 

Vgl.  Gilbert,  Handbuch  d.  Griech.  Staatsaltert.  I,  2.  Aufl.  S.  346,  der  von 
Thontäfelchen  spricht.  Ebenso  Busolt,  Griech.  Gesch.  II,  2.  Aufl.  (1895)  S.  439, 
der  zwar  Valeton  citirt,  aber  seine  Mahnung  nicht  berücksichtigt,  sondern  ruhig 
weiter  von  Thoutäfelchen  redet. 

^)  Mnemosyne,  N.  S.  XYI  1888,  S.  1  ff.  Den  Hinweis  auf  diese  lehrreiche 
Allhandlung  verdanke  ich  Franz  Studniczka. 


DER  ATHENISCHE  OSTRAKISMOS. 


5 


die  jüngst  in  Athen  gefunden  und  von  Benndorf,  Studniczka  und 
Kavvadias  herausgegeben  sind,^  )  genommen.  Alle  drei  Ostraka,  auf 
denen  der  Name  des  zu  Verbannenden  noch  erhalten  ist,  sind  nach 
der  Angabe  der  Herausgeber,  die  durch  die  Reproductionen  illu- 
strirt  wird,  unverkennbar  Scherben  von  einstigen  Gefässen.  Nur  das 
von  Benndorf  herausgegebene  Stück  zeigt  eine  Eigentümlichkeit, 
für  die  ich  unter  den  uns  vorliegenden  aegyptischen  Ostraka  keine 
Analogie  finde:  es  ist  „rund  zugeschnitten",  doch  aber  ohne  Zweifel 
ein  „Gefössstück".  Ich  möchte  darin  nichts  anderes  als  eine  Docu- 
mentirung  des  griechischen  Formensinnes  erkennen. 

Wenn  Kleisthenes  anordnete,  dass  die  schriftliche  Abstimmung 
über  den  zu  Verbannenden  auf  solchen  Gefässstücken  zu  erfolgen 
habe,  so  setzt  das  m.  E.  als  selbstverständlich  voraus,  dass  schon  vor 
ihm  und  vor  seiner  Gesetzgebung  die  Verwendung  der  Ostraka  als 
Schreibmaterial  in  Athen  ganz  allgemein  verbreitet  war.  Valeton 
(S.  20)  nimmt  im  Gegenteil  an,  dass  es  Kleisthenes'  Erfindung  sei, 
die  Ostraka  in  dieser  Weise  zu  benutzen.  Dafür  liegt  aber  weder 
ein  Zeugnis  vor,  noch  ist  es  sachlich  wahrscheinlich.  Das  Novum, 
das  der  Staatsmann  Kleisthenes  brachte,  war  ausschliesslich  die 
Bedrohung  der  politisch  Gefahrlichen,  nicht  auch  das  Beschreiben 
der  Topfscherben.  Das  geht  auch  aus  unserer  Tradition  hervor. 
Keiner  der  alten  Autoren,  der  über  die  Gesetzgebung  des  Kleisthenes 
berichtet,  spricht  von  der  Anordnung,  dass  die  Xamen  auf  Ostraka 
zu  schreiben  seien,  in  der  Art,  dass  man  annehmen  müsste,  die 
Benutzung  der  Scherben  zum  Schreiben  sei  etwas  Xeues  gewesen. 
Kein  Wort  wird  über  die  Beschaflfenheit  der  Ostraka  oder  über 
die  Art,  wie  man  sie  beschreibt,  verloren.  Die  sämmtlichen 
Testimonia  über  den  athenischen  Ostrakismos  erwecken  den  Eindruck, 
dass  diesen  Autoren,  und  ebenso  natürlich  den  alten  Quellen,  auf 
die  sie  zurückgehen,  die  Sitte,  Ostraka  als  Schreibmaterial  zu  ver- 
werten, als  eine  selbstverständliche  und  nicht  erst  durch  einen  Gesetz- 
gebungsact  geschaflfene  erschienen  ist.  Ich  glaube  daher,  wir  werden 
diese  Sitte  in  Athen  schon  vor  Kleisthenes,  also  gewiss  schon  für 
das  VI.  Jahrhundert  anzusetzen  haben. 

Aus  welchen  Gründen  Kleisthenes  die  Verwendung  gerade  dieses 
Schreibmateriales  zu  dem  bestimmten  Zweck  angeordnet  hat,  darüber 

^)  Vgl.  jetzt  CIA  IV  1,  3.  S.  192  f.  Nr.  569—571. 


6 


I.  KAPITEL. 


kann  kein  Zweifel  sein.  Wie  schon  oft  hervorgehoben  worden  ist,  war 
es  die  völlige  Kostenlosigkeit,  verbunden  mit  der  grossen  Brauchbar- 
keit, die  hier,  ayo  auch  die  ärmeren  Bürgersleute  Mann  für  Mann  ein 
beschriebenes  Stück  abliefern  sollten,  diesem  Material  vor  allen  anderen 
den  Vorzug  geben  musste.  Irgend  welche  Topfscherben  befanden 
sich  wohl  auch  im  primitivsten  Haushalt,  oder  konnten  nötigenfalls 
vom  nachbarlichen  Müllhaufen  entnommen  werden.  Dass  die  Scherben 
zu  Hause,  und  nicht  erst  auf  dem  Markt  beschrieben  wurden,  mit 
anderen  Worten,  dass  sie  vom  Bürger  selbst  zu  liefern  waren,  hat 
Valeton  a.  a.  O.  gezeigt. 

Aber  nicht  nur  in  Athen  ist  man  auf  die  Idee  gekommen,  die 
alten  Topfscherben  als  BeschreibstofF  zu  verwerten.  Wenn  die  Autoren  ^  j 
sagen,  dass  der  Ostrakismos  nicht  nur  in  Athen,  sondern  auch  in 
Argos,  Milet  und  Megara  bestanden  habe,  so  sprechen  sie  zwar 
nur  von  der  politischen  Institution;  zugleich  setzt  die  Bemerkung 
aber  doch  voraus,  dass  man  auch  dort,  also  auch  in  Kleinasien 
und  in  der  Peloponnes,  auf  Topfscherben  zu  schreiben  gewohnt 
war.  Dass  man  es  auch  hier  nicht  nur  bei  den  Abstimmungen  und 
auch  gewiss  nicht  erst  seit  der  Uebernahme  des  Kleisthenischen 
Gedankens  gethan  hat,  ist  mir  wahrscheinlich,  und  ich  glaube  nicht 
zu  viel  zu  behaupten,  wenn  ich  sage,  dass  die  Verwendung  der 
Topfscherbe  als  Schreibmaterial  durch  die  ganze  griechische  Welt 
schon  seit  früher  Zeit  die  allerweiteste  Verbreitung  gehabt  hat. 

Wenn  dies  für  die  älteren  Zeiten  einstweilen  natürlich  Hypothese 
bleiben  muss,  so  liegen  für  die  jüngere,  im  Besonderen  für  die 
hellenistische  Zeit,  directe  Zeugnisse  auch  in  der  Literatur  dafür  vor. 
Bekannt  ist  die  Anekdote  vom  Stoiker  Kleanthes,  der  so  arm  war, 
dass  er  sich  nicht  Papyrus  kaufen  konnte  und  daher  auf  Ostraka 
oder  Leder  schrieb  (Diog.  Laert.  VII  173/4).  Eine  ganz  ähnliche 
Geschichte  wird  vom  Apollonios  Dyskolos  erzählt,  worauf  Egger  zuerst 
hingewiesen  hat.  Vgl.  Vita  des  Herodian  bei  Sturz,  Etymologicum 
Gudianum  Lips.  1818  p.  730  und  daraus  Lentz  im  Herodian  I 
p.  VI.-)  —  Ausserdem  fand  ich  das  Ostrakon  als  BeschreibstofF 
in  einer  Fabel  des  Babrius  (127  ed.  Crusius)  erwähnt,  wo  es  heisst: 


1)  Aristotel.  Pölit.  VIII  (V)  1302  b.    Scliol.  Aristoph.  Ritt.  855. 
"-)  Diese  Citate  verdanke  ich  Friedrich  Marx.     Nachträglich  fand  ich  die 
Sache  auch  von  Egger  erwähnt. 


VERBREITUNG  DER  OSTRAKA. 


xißwTOV  TauTac  awp&usLV,  l'v'  epaviaag  IxaaTou  xa«;  Stxa^  ava7üpaaar|. 
—  Auf  den  ersten  Bück  scheint  auch  in  den  Zauberpapp'i  die 
Scherbe  mehrfach  als  Beschreibstoff  genannt  zu  werden.  So  bei 
Kenyon  (Catal.  Gr.  Pap.)  S.  94,  300;  96,  374;  99,  467.  Es  handelt 
sich  hier  aber  überall  um  ein  oaxpaxov  oltzo  ^•o^X(x,aar^q  oder  ähnlich. 
Damit  dürfte  doch  wohl  eine  Seemuschel  gemeint  sein.^)  Dagegen 
wird  man  in  dem  TapL^oo  öaxpaxov  (Pap.  Leid.  V  II,  16)  wohl 
die  Scherbe  eines  Pökelfasses  zu  sehen  haben.-) 

Belesenere  werden  wohl  noch  weitere  Hinweisungen  in  der  Lite- 
ratur finden.  Doch  wozu  sollen  wir  nach  Körnern  suchen,  wo  die 
reichen  Goldadern  vor  uns  liegen?  Unsere  Sammlung  von  1624 
Ostraka,  die,  wie  oben  bemerkt,  nur  eine  Auswahl  der  gegenwärtigen 
Bestände  der  Museen  und  Privatsammlungen  darstellt,  ist  geeignet, 
uns  eine  Vorstellung  davon  zu  geben,  in  wie  weitem  Umfange  die 
Ostraka  in  dieser  späteren  Zeit  als  Schreibmaterial  benutzt  worden 
sind.  Unsere  Texte  reichen  vom  III.  Jahrhundert  vor  Chr.  (von 
der  Zeit  des  Philadelphos )  bis  in's  VII.  Jahrhundert  nach  Chr., 
erstrecken  sich  also  über  einen  Zeitraum  von  etwa  1000  Jahren.  Davon 
sind  in  unserer  Sammlung  die  ersten  sechs  Jahrhunderte  (also  bis 
in's  III.  Jahrhundert  n.  Chr.  hinein)  am  stärksten  vertreten,  während 
sie  für  die  späteren  Jahrhunderte  nur  wenige  Beispiele  bietet.  L^nsere 
Texte  stammen  sämmtlich  aus  Aegypten,  wo  die  Kunst  mit  Kalamos 
und  Tinte  zu  schreiben  schon  vom  IV.  oder  III.  Jahrtausend  an 
verbreitet  war  und  seitdem  nie  abhanden  gekommen  ist.  Wenn 
die  Aegypter  sich  auch  in  dem  Papyrus,  diesem  bewunderungs- 
würdigsten Kunstprodukt  des  Kilthals,  ein  Schreibmaterial  par  ex- 
cellence  geschafien  hatten,  so  haben  sie  doch  daneben  gelegentlich 
auch  andere  nicht  verschmäht,  wie  Leder,  Leinwand,  Holz,  Kalkstein- 
fragmente.^)    Zu  diesen  subsidiären  Schreibmaterialien  ist  auch  die 

Wessely,  Neue  gr.  Zauberpap.  S.  11,  sieht  es  für  eine  Scherbe,  ein 
„Ostrakon",  an. 

^)  So  noXiTTjS  in  Byzant.  Zeitsehr.  1  (1892)  S.  558.  Dieterich,  Pap.  magica 
Mus.  Lugd.  Bat.  1888  S.  789,  will  xap'-XoS  als  „Mumie"  fassen. 

^)  Diese  Kalksteinfragmente  sind  wohl  meist  durch  die  Sonnenglut  vom 
Kalksteinfelsen  abgesplittert  worden.  Man  pflegt  auch  diese  als  Ostraka  zu  be- 
zeichnen ,  wiewohl  der  Ausdruck  ungenau  ist.  Aber  auch  die  Aeg}-pter  selbst 
haben  gelegentlich  beide  Beschreibstoflfe  mit  demselben  Namen  benannt.  Ich 
verdanke  dem  Koptologen  Mr.  Crum  in  London  die  interessante  Mitteilung,  dass 


8 


I.  KAPITEL. 


thönerne  Topfscherbe  zu  rechnen,  die  sich  in  dieser  Verwendung, 
wenn  auch  nur  vereinzelt,  schon  für  die  früheren  Zeiten  nachweisen 
lässt.  "Wir  sehen  natürlich  unserer  Definition  gemäss  von  denjenigen 
Ostraka  ab,  deren  Aufschriften  sich  auf  das  vollständige  Gefass  oder 
seinen  Inhalt  beziehen.  Dahin  gehören  z.  B.  die  hieratisch  beschrie- 
benen Scherben,  die  Wiedemann  in  der  Zeitschr.  f.  aeg.  Sprache  1883 
S.  33  f.  publicirt  hat.^)  Sie  sind  nichts  anderes  als  die  Etiquetten, 
die  über  den  Inhalt  der  Weinkrüge  Auskunft  gaben.  Ueber  das 
Vorkommen  der  Ostraka  (in  unserem  Sinne)  in  den  alten  Zeiten 
verdanke  ich  Adolf  Erraan  folgende  Nachrichten:  „Topfscherben  als 
Schreibmaterial  sind  im  neuen  Reich  (II.  Jahrtausend  vor  Chr.) 
wohl  etwas  seltener  als  die  Kalksteinscherben  Die  Londoner 
Publication  enthält  deren  nur  zwei,  und  auch  bei  uns  (in  Berlin) 

in  den  koptischen  Texten  das  thönerne  Ostrakon  als  Bx2?e  bezeichnet  wird, 
dass  daneben  aber  auch  dasselbe  Wort  das  Kalksteinfragment  bezeichnen  kann. 
In  der  Sammlung,  die  Mr.  Crum  im  vorigen  Sommer  in  Bearbeitung  hatte,  fand 
sich  die  erstere  Anwendung  des  Wortes  4  Mal,  die  zweite  3  Mal.  Auch  in  der 
griechisch-koptischen  Scala,  die  Krall  in  Mitth.  Pap.  Rain.  IV  S.  129  publicirt  hat, 
findet  sich  die  Gleichung  OCTpXKCON  :  riR^V^Se  (hier  nach  Krall's  Lesung 
als  Masculinum,  während  es  bei  Crum  regelmässig  und  auch  in  einem  meinem 
Freunde  Alfred  Schiff  gehörigen  koptischen  Ostrakon  als  Femininum  begegnet). 
Dagegen  wurde  in  derselben  Londoner  Sammlung  daneben  das  Kalksteinfragment 
nicht  weniger  als  12  Mal  mit  dem  griechischen  Lehnwort  TiXd^  bezeichnet  (im  Kopt. 
masc).  Ueber  die  Verwendung  dieser  TiXdxsg  in  der  alten  Zeit  verdanke  ich  Adolf 
Erman  folgende  freundliche  Mitteilung:  ,,Die  Sitte,  Unwichtigeres  auf  Kalkstein- 
splitter zu  schreiben,  ist  sehr  alt.  Das  Londoner  Stück  Nr.  5641  (Inscript.  in  the 
hierat.  charact.  pl.  VIII)  entstammt,  der  Schrift  nach  zu  urteilen,  dem  Mittleren 
Reich  (NB.  um  2000  v.  Chr.)  oder  noch  früherer  Zeit  (es  scheint  ein  Brief  zu  sein). 
Aus  dem  Neuen  Reich  sind  derartige  Kalksteinostraka  in  grosser  Anzahl  erhalten. 
Mehr  als  ein  viertel  Hundert  ist  z.  B.  in  der  genannten  Londoner  Publikation 
veröffentlicht.  Es  sind  Abrechnungen,  Listen,  Protokolle  u.  ähnliches.  Viele 
entstammen  auch  Schulen  und  enthalten  schlechte  Abschriften  aus  der  klassischen 
Literatur.  So  steht  z.  B.  der  Anfang  der  Sinuhegeschichte  auf  einem  grossen  Kalk- 
steinostrakon  in  Kairo,  das  in  einem  thebanischen  Grabe  der  XX.  Dynastie 
gefunden  Avurde,  wälirend  ein  Londoner  Stück  den  Schluss  desselben  Textes 
trägt."  —  Wälirend  die  späteren  Aegypter,  die  Kopten,  gleichfalls  sehr  gern 
auf  diesen  Kalksteinsplittern  geschrieben  liaben,  kenne  ich  nur  wenige  griechische 
Texte  auf  diesem  Material.   In  unserer  Sammlung  sind  sie  nicht  berücksichtigt. 

^)  Auch  in  Teil  el-Amarna  sind  kürzlich  beschriebene  Scherben  von  Wein-, 
Oel-  imd  Honigkrügen  gefunden  worden.  Auch  diese  Aufschriften  beziehen  sich 
auf  den  Inhalt  des  Gefasses.  Vgl.  Flinders  Petrie,  Teil  el-Amarna,  Lond.  1894. 
S.  32  (Griffith).    Vgl.  auch  ebend.  Taf.  XXII  ff. 


DAS  OSTKAKOX  IX  AEGYPTEN. 


9 


erreichen  sie  nicht  ganz  die  anderen.  Es  liegt  dies  wohl  daran,  dass 
die  Ostraka  nicht  genug  Raum  für  die  grosse  hieratische  Schrift  boten. 
Doch  kommen  auch  hier  literarische  Texte  vor,  wie  dies  die  von 
Golenischeff  und  Maspero  besprochenen  Florentiner  und  Pariser  Ostraka 
zeigen,  die  zusammen  zu  gehören  scheinen  (Recueil  de  travaux  III  3 ; 
ib.  7  ).  Für  die  Zeit  nach  dem  neuen  Reich  ist  unser  Material  ja 
nur  ein  sehr  geringes,  doch  zeigt  es,  dass  die  Sitte  keine  Unterbrechung 
erfahren  hat.  So  befindet  sich  im  Lom^e  ein  Heiratscontract  auf 
einem  Teller,  aus  der  Zeit  eines  Psammetich^)  (Papyrus  demotiques 
du  Louvre,  ed.  Revillout,  II  fasc.  pl.  8).  Auf  einem  grossen  Krug 
der  Berliner  Sammlung  stehen  lange  Listen  oder  Rechnungen  in 
der  von  der  Hieratischen  zur  Demotischen  überleitenden  Schriftform 
(Ausfuhrl.  Verzeichnis  d,  aeg.  Alterth.  Berlin  S.  195),  und  eine  Scherbe 
ebenda  mit  einem  medizinischen  Rezept  scheint  etwa  in  die  saitische 
Zeit  zu  gehören  (ibid.  S.  388)." 

Ich  gewinne  aus  dieser  freundlichen  Mitteilung  Erman's  den 
Eindruck,  dass  doch  auffallend  wenige  Ostraka  aus  vorgriechischer 
Zeit  bisher  bekannt  geworden  sind.  Ob  das  Zufall  ist  oder  ob  es 
den  damaligen  Verhältnissen  entspricht,  muss  einstweilen  dahingestellt 
bleiben.  Aus  den  bisherigen  Funden  möchte  man  den  Schluss  ziehen, 
dass  die  Verwendung  der  Topfscherbe  als  Beschreibstoff  zwar  schon 
seit  mindestens  dem  zweiten  Jahrtausend  in  Aegypten  bekannt  gewesen 
ist,  aber  in  grösserem  Umfange  doch  erst  nach  Einführung  der 
griechischen  Herrschaft,  also  nach  Alexander  dem  Grossen  populär 
geworden  ist.  Es  Hesse  sich  wohl  denken,  dass  diese  Sitte  bei  den 
Griechen,  für  die  der  importirte  Papyrus  etwas  sehr  kostbares  war, 
sehr  allgemein  gewesen  wäre  (s.  oben),  und  dass  sie  sie  dann  auch 
im  Lande  des  Papyrus  weiter  verbreitet  hätten,  da  schliesslich  auch 
hier  das  Ostrakon  immer  noch  billiger  war,  nämlich  garnichts 
kostete.  Wenn  ich  recht  unterrichtet  bin,  stammen  auch  die  demo- 
tischen Ostraka  sämmtlich  aus  der  Zeit  nach  Alexander  dem  Grossen. 
Die  Griechen  wären  danach  die  Lehrmeister  der  Aegypter  in  der 
sparsamen  Ausnutzung  der  gegebenen  Materialien  gewesen.  Jedenfalls 
finden  sich  demotische  Ostraka  in  der  Ptolemäer-  und  Kaiserzeit 
massenweise,  und  als  der  siegreiche  Hellenismus  zur  Verdrängung 
der  einheimischen  Schrift  durch  die  griechische  fährte,  sind  unzählige 


^)  Das  kann  natürlich  mir  eine  private  Abschrift  sein.  Vgl.  S.  11/2  (Wilcken^. 


10 


I.  KAPITEL. 


Ostraka  mit  dieser  sogeiiannteD  „koptischen''  Schrift  bedeckt  worden. 
Ja,  auch  die  Araber  haben  noch  zu  diesem  billigen  Schreibmaterial 
gegriffen.  1) 

Dass  die  Kostenlosigkeit  und  die  grosse  Brauchbarkeit  auch 
hier  die  Gründe  waren,  die  die  Scherben  zu  einem  so  beliebten 
Schreibmaterial  machten,  ist  begreiflich  genug.  Die  im  Anhang  I 
mitgeteilten  Varia,  denen  man  noch  zahlreiche  Analoga  hinzufügen 
könnte,  sollen  illustriren,  zu  wie  verschiedenen  Zwecken  die  Scherben 
beschrieben  wurden.  Da  sind  Briefe  freundschaftlichen  oder  geschäft- 
lichen Inhalts,  da  sind  contractartige  Abmachungen,  da  sind  Dichter- 
verse, die  sich  ein  wissensdurstiger  aber  armer  Teufel  auf  einer  Topf- 
scherbe  notirt  hat,  da  sind  Zahlungsanweisungen,  Notizen  über 
Einnahmen  und  Ausgaben  und  sonstige  Aufzeichnungen  verschiedenster 
Art.    Genaueres  s.  in  Kap.  VIII. 

Von  besonderer  Wichtigkeit  sind  die  Ostraka  aber  erst  dadurch 
geworden,  dass  auch  staatliche  Organe  es  nicht  verschmäht  haben,  für 
ihre  Aufzeichnungen  in  bestimmten  Fällen  sich  ihrer  zu  bedienen. 
Unter  den  „Varia"  gehören  dahin  die  zahlreichen  Listen  von  Eingängen 
staatlicher  Einkünfte,  von  denen  wir  nur  einige  wenige  Proben  vor- 
gelegt haben.  In  erster  Linie  aber  stehen  hier  die  Quittungen,  die 
über  den  Empfang  eingegangener  Abgaben  ausgestellt  sind.  Diese 
erst  geben  durch  ihre  quantitative  und  m.  E.  auch  qualitative 
Ueberlegenheit  der  Ostrakouliteratur  ihre  hohe  Bedeutung.  Unsere 
Sammlung  enthält  vorwiegend  solche  Quittungsurkunden,  und  dass 
dies  Originale  und  nicht  etwa  Brouillons  oder  Copieen  sind,  dafür 
bürgt  die  Verschiedenartigkeit  der  Hände  auf  ein  und  derselben 
Scherbe.  Wir  können,  wenn  ich  nicht  irre,  die  Verwendung  der 
Ostraka  durch  staatliche  Organe  noch  genauer  begrenzen.    Es  sind 

^)  Koptische  Ostraka  giebt  es  zu  vielen  Hunderten  in  den  Europäischen 
Museen.  Das  Berliner  Kgl.  Museum  z.  B.  enthält  eine  glänzende  Sammlung, 
ebenso  das  British  Museum.  Mit  der  Edition  der  koptischen  Ostraka  aus  Deir 
el-Bahari  ist  Mr.  Crum  beschäftigt.  —  Auch  ein  aramäisch  beschriebenes 
Ostrakon  (aus  Elephantine)  besitzt  das  Berliner  Museum.  Vgl.  Ausführl.  Ver- 
zeichnis d.  aeg.  Altertümer  (1894)  S,  388.  —  Dass  auch  die  Araber,  als  sie 
sich  in  Aegypten  niederliessen,  das  Ostrakon  als  Besch reibstofi"  verwendeten,  hat 
Karabacek  aus  literarischen  und  urkundlichen  Quellen  nachgewiesen  (Mitt.  Pap. 
Erz.  Rain.V.  S.  63).  Ich  konnte  diese  Beobachtung  durch  die  Mitteilung  bestätigen, 
dass  das  Berliner  Kgl,  Museum  mehrere  arabisch  beschriebene  Ostraka  besitzt. 
Vgl.  Berl.  phil.  Wochenschr.  1891,  Nr.  52,  S.  1649. 


DAS  OSTEAKOX  IM  AMTLICHEN  GEBRAUCH. 


11 


nämlich  nach  dem  bisher  vorliegenden  Material  ausschliesslich  die 
Beamten  der  Königlichen  Bank  und  des  Thesauros  sowie  die  Abgabeu- 
erheber,  die  sich  der  Ostraka  zu  ihren  Quittungen  bedienen.  Die 
Letzteren,  die  Erheber,  sind  nicht  eigentliche  staatliche  Beamte. 
Soweit  sie  Pächter  sind,  sind  sie  Unternehmer,  die  vom  Staat  die  Er- 
hebung bestimmter  Steuern  gepachtet  haben ;  die  Praktoren  der  Kaiser- 
zeit aber  sind  Bürgersleute,  die  die  Abgabenerhebung  als  Liturgie  haben 
übernehmen  müssen.  Ihnen  allen  ist  gemeinsam,  dass  die  Geschäfts- 
führung ihre  Privatkasse  belastet.  Hätten  sie  ihre  Quittungen  auf 
Papyrus  ausstellen  wollen,  so  hätten  sie  damit  grosse  Geschäfts- 
unkosten gehabt.  Sie  benutzten  also  die  Ostraka,  um  diese  Ge- 
schäftsunkosten zu  vermeiden.  —  Wenn  Grenfell's  Deutung  des 
Revenue-Papyrus  73  ff.  sicher  stünde,  wonach  die  Trapeziten  gleich- 
falls Pächter  sein  sollen,  so  würden  die  Bankquittungen  auf  Ostraka 
durch  die  vorhergehenden  Bemerkungen  zugleich  erklärt  sein,  und 
wir  würden  überhaupt  kein  Beispiel  dafür  haben,  dass  ein  könig- 
licher Beamter  sich  im  amtlichen  Verkehr  des  Ostrakons  bedient 
hätte.  Ich  werde  aber  unten  in  Kap.  VI  zu  zeigen  versuchen,  dass 
jene  Pachtvorschriften  sich  nicht  auf  die  königlichen  Trapeziten 
beziehen.  Fassen  wir  also  die  Traj^eziten  und  Sitologen  als  könig- 
liche Beamte  auf,  so  ist  zu  constatiren,  dass  es  diesen  erlaubt  war, 
sich  im  Verkehr  mit  dem  Publicum  und  den  Steuererhebern  der 
Ostraka  zu  bedienen.  Dagegen  mussten  sie  im  Verkehr  mit  den 
vorgesetzten  Behörden  selbstverständlich  auf  Papyrus  schreiben  (Be- 
lege in  Kap.  VI).  Dass  die  Geschäftsbücher  sämmtlicher  Chargen 
auf  Papyrus  zu  führen  waren,  bedarf  keiner  Erwähnung.^)  üeber- 
haupt  werden  wir  aus  dem  vorliegenden  Material  die  Regel  abstrahiren 
können,  dass  im  amtlichen  Verkehr  der  Behörden  unter  einander 
alleiu  der  Papyrus  zulässig  war,  dass  das  Ostrakon  dagegen  nur 
im  Verkehr  mit  dem  Publicum,  Steuerpächtern  u.  dgl.  geduldet  wurde. 

Auch  diese  Regel  wird  ihre  Ausnahmen  gehabt  haben.  Aber 
ihre  Beobachtung  ist  bei  der  Interpretirung  mancher  Schriftstücke 
doch  von  Wert.    Wenn  z.  B.  ein  Ostrakon-)  einen,  wie  es  scheint, 

^)  In  dem  Lond.  Pap.  CCCYI  verpflichtet  sich  Satornilos,  der  die  Ver- 
tretung des  Stotoetis  als  Tcpay.-rcop  übernimmt,  dass  er  liefern  werde  xä  x^j  xasscoj 
ß['.]ßXi'a  xat;  £5  £9-0'j;  ^rpo^-sau-a-.;,  xoO  ZaxopviXo'j  x[o]p^<Y°'^''''^^S  X^^p'ac. 

-)  Berliner  Ostrakon  P.  4424.  Ich  habe  es  nicht  in  die  Sammlung  auf- 
genommen, da  meine  Copie  zu  unvollkommen  ist.    Der  Text  beginnt:  'Ispav.:. 


12 


I.  KAPITEL. 


amtlichen  Brief  an  einen  Strategen  enthält,  so  möchte  ich  glauben, 
dass  wir  nur  ein  Brouillon  oder  eine  Copie  vor  uns  haben.  Ebenso 
werden  wir  die  in  den  Varia  publicirten  Listen  von  Personen  mit 
Angabe  ihrer  Lieferungen  oder  Zahlungen  nach  dem  Gesagten  nicht 
für  amtliche  Documente  halten,  sondern  für  Entwürfe  oder  vor- 
läufige private  Aufzeichnungen,  die  zur  Anfertigung  der  amtlichen 
Papyrusbücher,  wie  z.  B.  der  Londoner  Papyrus  CIX^  (Kenyon  Catal. 
Gr.  Pap.  S.  151  ff.)  eines  ist,  verwendet  werden  sollten. Es  sei 
übrigens  darauf  hingewiesen,  dass  sich  betreffs  der  Benutzung  der 
Ostraka  zum  Beschreiben  vielleicht  landschaftliche  Unterschiede  heraus- 
stellen werden.  So  sind  aus  dem  Faijüm  private  und  namentlich 
amtliche  Quittungen  auf  Papyrus  aus  derselben  Zeit  bekannt  ge- 
worden, in  der  in  Theben  und  Syene  Ostraka  dazu  verwendet  wurden, 
aus  den  ersten  drei  Jahrhunderten  unserer  Zeitrechnung.-)  Vgl. 
hierzu  unten  S.  22  f. 

Wir  kommen  somit  zu  dem  Resultat,  dass  die  Benutzung  der 
Ostraka  als  Schreibmaterial  in  den  höheren  Kreisen  nicht  für  fashionable 
galt,  dagegen  in  den  unbemittelteren  Schichten  im  allerweitesten 
Umfange  gebräuchlich  war.  Selbst  mit  der  Topfscherbe  sind  die 
kleinen  Leute  sparsam  umgegangen.  Ich  habe  im  IL  Buch  Fälle  an- 
gemerkt, in  denen  die  ursprüngliche  Schrift  abgewaschen  ist,  um  der 
neuen  Schrift,  die  wir  vor  uns  sehen,  Platz  zu  machen.  Also  Palimp- 
seste  auch  auf  Topfscherben!  Wir  haben  ferner  Beispiele  in  unserer 
Sammlung,  in  denen  auch  die  Rückseite  beschrieben  ist,  sei  es  mit 
gelegentlichen  ^^^otizen,  oder  auch  mit  einer  neuen  Steuerquittung 
(vgl.  Nr.  1  und  295).  Also  opisthographe  Ostraka!  Wir  haben 
endlich  zahlreiche  Fälle,  in  denen  die  Quittungsschreiber  aus  Spar- 
samkeit nicht  nur  einen,  sondern  mehrere  Zahlungsnachträge  auf 
derselben  Scherbe  notiren.    Vielleicht  am  merkwürdigsten  ist,  dass 

oxpaxyjYoy.  l'.o7zoX(izou)  Ilaxoöii'.g  Taova'jT'.oc;  (?)  und  ist  datirt  Lv-s  Ka-laapog 
6(5ux  xg.  d.  h.  vom  23.  Sept.  5  vor  Chr.  Auch  P.  4149  ist  an  einen  Stra- 
tegen gerichtet:  A'.5u|J.(p  ozpioLxr^'foi)  nspiO-Cr^ßag). 

^)  Es  soll  auf  Ostraka  koptische  Briefe  von  Bischöfen  geben.  Auch  das 
müssen  natürlich  Copieen  sein. 

-)  Vgl.  die  Papyrusquittungen  von  Sitologen  in  BGU  61,  67,  218,  336, 
die  Papyrusquittungen  der  Bank  in  BGU  62,  63,  65,  66,  99,  212—210,  219—222, 
270,  273,  293,  342,  345,  346,  356,  359,  die  Privatquittungen  auf  Papyrus  in 
BGü  24,  32,  150. 


ÖRTLICHE  UND  ZEITLICHE  GRENZEN   DER  VERWENDUNG.  13 


man  auch  alte,  schon  beschriebene  Ostraka,  die  noch  freien  Raum 
boten,  zu  einer  neuen  Quittung  benutzte,  ohne  den  alten  Text  abzu- 
waschen (vgl.  Nr.  630  und  881). 

In  grösserer  Zahl  liegen,  wie  oben  bemerkt,  Ostraka  nur  bis  zum 
III.  Jahrh.  n.  Chr.  vor.  Sayce  (Jewish  Quarterly  Review  II  S.  401) 
kennt  Stücke  aus  der  Zeit  des  Aurelian  und  M.  Claudius  Tacitus  — 
wie  es  scheint,  Steuerquittungen.  Unsere  Sammlung  enthält  wohl 
noch  einzelne  Stücke  aus  späterer  Zeit,  so  aus  dem  Jahre  298/99 
n.  Chr.  (Nr.  1308),  aus  dem  IV.  (Nr.  1309)  und  VI/VII.  Jahrhundert 
n.Chr.  (1126,  1127,  1224,  1225,  1603—1607).  'Davon  scheint 
eines,  1225,  wirklich  eine  Steuerquittung  zu  sein.  Dass  das  Ostrakon 
auch  in  dieser  späteren  Zeit  in  den  unteren  Schichten  ein  beliebtes 
Schreibmaterial  blieb,  ^)  zeigen  die  vielen  Hunderte  von  koptischen 
Ostraka  in  unseren  Äluseen.  Andrerseits  begegnen  jedoch  in  der 
byzantinischen  Zeit  grosse  Massen  von  Quittungen  auf  Papyrus  und 
Pergament,  sodass  es  den  Anschein  hat,  als  ob  das  Ostrakon  von 
diesen  Materialien  verdrängt  worden  ist.  Wie  das  Aufhören  der 
Ostrakon quittun gen  um  die  Wende  des  III.  Jahrhunderts  n.  Chr.  zu 
erklären  ist,  ist  schwer  zu  sagen.  Nur  vermutungsweise  möchte  ich 
darauf  hinweisen,  dass  dieser  Wechsel  zeitlich  mit  dem  grossen 
Umschwung  zusammenfallt,  den  die  Verwaltung  der  römischen  Welt 
und  so  auch  Aegyptens  durch  die  diocletianisch-constantinischen 
Reformen  erfuhr.  Vielleicht  ist  auch  dies  eine  der  zahlreichen  Neue- 
rungen der  neuen  Zeit,  dass  es  dem  nunmehr  mit  der  Steuererhebung 
betrauten  Beamtenpersonal  (in  der  Regel)  untersagt  war,  sich  der 
Ostraka  zum  Quittiren  zu  bedienen. 

So  viel  über  die  Verbreitung  der  Ostraka  als  Schriftträger. 
Wollten  wir  hier  nun  die  Herstellung  und  Beschaffenheit  dieses  merk- 
würdigen Schreibmateriales  ausführlichst  darlegen,  so  müssten  wir 
geradezu  eine  Geschichte  der  Keramik  in  diesen  tausend  Jahren,  die 
durch  unsere  Sammlung  vertreten  sind,  schreiben.  Ich  muss  dies 
Anderen  überlassen,  die  besser  dazu  qualificirt  sind.  Mein  Augen- 
merk war  zu  sehr  auf  die  Entzifferung  der  schwierigen  Texte 
gerichtet,  als  dass  ich  auf  die  keramischen  Eigentümlichkeiten 
immer  genügend  hätte  achten  können.    Aber  auf  die  grosse  Be- 


^)  VgL  Pap.  Lond.  in  Palaeogr.  Soc.  Ser.  II  189  vom  J.  350  n.  Chr.:  y.ai, 
fik^dv  x'.vsg.  axpax'.wxa'.  npög  {XETÖt  öaxpcxxwv. 


14 


I.  KAPITEL. 


deutung  des  hier  vorliegenden  Materiales  für  keramische  Studien  sei 
um  so  mehr  hingewiesen,  als  bisher  meines  Wissens  Niemand  diese 
Seite  beachtet  hat.  Diese  Bedeutung  finde  ich  vor  allem  darin, 
dass  die  Schrift  fast  jeden  Stückes  bis  auf  den  Tag  genau  datirt  ist. 
Damit  ist  zunächst  allerdings  nur  ein  terminus  ante  quem  für  die 
Fabrication  gegeben.  Aber  man  wird  doch  in  den  meisten  Fällen 
mit  ziemlicher  Sicherheit  sagen  können,  dass  kein  allzugrosses  Spatium 
zwischen  dem  Zeitpunkt  der  Fabrication  und  der  Benutzung  als 
Schreibmaterial  bestanden  haben  wird.  Wir  haben  es  ja  fast  überall 
hier  mit  der  gewöhnlichen  Ware  zu  thun,  die  für  den  täglichen 
Bedarf  billig  hergestellt,  auch  sofort  in  den  Handel  kommt  und, 
wenn  sie  einmal  dem  alltäglichen  Gebrauch  übergeben  ist,  —  wie 
die  Hausfrauen  bestätigen  werden  —  nur  ein  kurzes  Leben  führt. 
In  den  meisten  Fällen  wird  die  Scherbe  von  derselben  Generation 
gebrannt  worden  sein,  von  der  sie  mit  Schrift  bedeckt  ist.  In 
einzelnen  Fällen  mögen  eine  oder  zwei  Generationen  zuzugeben 
sein.  So  ist  uns  durch  die  Datirung  der  Schrift  doch  auch  appro- 
ximativ die  Zeit  der  Fabrication  an  die  Hand  gegeben.  Wie 
wichtig  das  ist,  erhellt,  wenn  man  folgende  Worte  Adolf  Erman's 
(Aegypten  S.  606)  dagegen  hält:  „Nichts  ist  in  Aegypten  so  schwer 
zu  datiren  als  ein  Thongeßiss,  denn  Scherben,  die  durch  Jahrtausende 
getrennt  sind,  haben  hier  einen  fast  gleichen  Charakter.  Die  moderne 
graue  Ware  von  Keneh  oder  die  rote  von  Siüt  lässt  sich  z.  B.  fast 
ganz  gleich  schon  im  neuen  Reiche  (II.  Jahrtausend  v.  Chr.)  nach- 
weisen." Ohne  diese  letztere  Beobachtung  irgendwie  einschränken 
zu  wollen,  glaube  ich  doch  auf  Grund  des  reichen  datirten  Ostrakon- 
materiales  nachweisen  zu  können,  dass  in  der  Zwischenzeit  gar  manche 
Wandlungen  in  der  Fabrication  statt  gefunden  haben,  Wandlungen, 
die  sich  z.  Th.  gerade  in  dem  Wechsel  der  Farben  offenbaren.  Ich 
habe  schon  im  Jahre  1889  in  der  Berliner  Archaeologischen  Ge- 
sellschaft^)  darauf  hingewiesen,  dass  für  die  verschiedenen  Perioden 
gewisse  Thonfärbungen  charakteristisch  sind.  Diese  Beobachtung  hat 
sich  mir  durch  das  reiche  Material,  das  inzwischen  hinzugekommen 
ist,  nur  bestätigt.  Gewisse  Mittelfarben  sind  natürlich  zu  allen  Zeiten 
vorgekommen,  aber  es  giebt  einige  hervorstechende  originelle  Farben, 
die  ich  für  die  einzelnen  Perioden  geradezu  als  Modefarben  bezeichnen 

^)  Vgl.  den  Bericht  in  der  AVoclienschr.  f.  Klass.  Piniol.  1889,  Nr.  25,  S.  701. 


KERAMOLOGISCHE  BEOBACHTUNGEN. 


15 


möchte.  Vergegenwärtigen  wir  uns,  dass  diese  verschiedene  Färbung 
nicht  nur  durch  die  verschiedenartige  Fabrication,  durch  das  Brennen 
oder  auch  durch  künstliche  Färbung,  sondern,  namentlich  bei  den 
rohen  Thongefässen,  von  denen  die  Ostraka  ja  meistens  stammen,  vor 
allem  durch  die  verschiedene  Farbe  der  zur  Verfügung  stehenden 
Thonerde  verursacht  wird,  so  thun  wir  gut,  diese  Untersuchungen 
lokal  zu  führen.  Da  die  Scherben  von  Svene -Elephantine  bis 
jetzt  nur  wenige  Jahrhunderte  repräsentiren ,  wollen  wir  die  The- 
banischen  Ostraka,  die  durch  tausend  Jahre  hin  vertreten  sind,  zu 
Grunde  legen.    Von  diesen  lässt  sich  folgendes  feststellen: 

1.  Für  die  Ptolemäerzeit  ist  eine  hellgelbe  oder  graugelbe  Farbe 
charakteristisch,  wie  sie  bei  den  römischen  und  byzantinischen  Stücken 
nicht  oder  doch  nur  ganz  vereinzelt  vorkommt.  Die  Bruchränder 
sowie  die  Rückseite  erscheinen  gleichfalls  in  derselben  graugelben 
Farbe  oder  aber  in  einer  hellrosafarbenen  Schattirung.  Natürlich 
finden  sich  in  der  Ptolemäerzeit  daneben  auch  anders  geförbte  Scherben, 
rote,  braune  und  rotbraune.  Aber  die  hat  es  dort  zu  allen  Zeiten 
gegeben,  während  die  graugelben  für  die  Ptolemäerzeit  charakteristisch 
sind.  Freilich  ist  auch  diese  Regel  nicht  ohne  Ausnahmen,  Im 
Sommer  189q  sah  ich  in  Leiden  ein  gelbes  Ostrakon  aus  hadrianischer 
Zeit,  in  London  eines  aus  trajanischer.  Dies  waren  aber  die  einzigen 
Ausnahmen  bei  den  vielen  Hunderten  von  Ostraka,  die  mir  damals 
durch  die  Hand  gingen.  Ich  bedaure,  in  den  beigefügten  Tafeln  von 
dieser  gelben  Art  kein  Beispiel  gegeben  zu  haben.  Das  einzige  ptole- 
mäische  Stück,  Nr.  5,  ist  bräunlich  gefärbt,  und  zwar  gelblich-bräunlich. 

2.  Als  charakteristisch  für  die  römische  Periode  (die  ersten 
Jahrhunderte  nach  Chr.)  könnte  ich  nur  das  Vorherrschen  der  roten 
und  braunen  Farbe  anführen.  Ein  so  leuchtendes,  sattes  Rot,  wie 
es  in  Svene  in  dieser  Zeit  üblich  war  (vgl.  die  drei  ersten  Nummern 
auf  den  Tafeln),  ist  mir  für  Theben  nicht  erinnerlich.  In  Theben 
herrscht  im  Allgemeinen  in  dieser  Zeit  mehr  der  bräunliche  Ton  vor. 
Vgl.  Nr.  4  und  6  auf  Tafel  II  und  III. 

3.  Für  die  byzantinische  Zeit,  in  der  gleichfalls  die  verschiedensten 
roten  Färbungen  begegnen,  möchte  ich  als  eigenartig  hervorheben, 
dass  hier  die  Scherben  manchmal  auf  der  Oberfläche  einen  gewissen 
Glanz  zeigen,  der  entweder  durch  Politur  oder  durch  leichte  Glasur 
hervorgerufen  zu  sein  scheint.  Diesen  Glanz  zeigen  z.  B.  zwei  in 
meinem  Privatbesitz  befindliche  Ostraka  (ich  verdanke  sie  Fröhner's 


16 


I.  KAPITEL. 


Güte),  die  nach  der  koptischen  Minuskel  zu  schliessen  vielleicht  in's 
VII/VIII.  Jahrhundert  n.  Chr.  zu  setzen  sind.  Das  eine  Stück,  das 
wohl  einer  flachen  Schüssel  oder  Schale  entstammt,  ist  auf  beiden 
Seiten  glänzend.  Bezüglich  der  Farben  dieser  Periode  möchte  ich 
hervorheben,  dass  mir  mehrfach  eine  leuchtende  hellrote  Farbe  als 
charakteristisch  aufgefallen  ist. 

Die  oben  hervorgehobenen  Farbenunterschiede  sind  so  charakte- 
ristisch, dass  ein  geübtes  Auge  vielfach  auf  den  ersten  Blick  nach 
der  Farbe  die  Periode  bestimmen  kann.  Mein  hochverehrter  Freund 
J.  P.  ^lahaff}',  der  mir  im  letzten  Sommer  gelegentlich  zusah,  als  ich 
im  Queen's  College  die  Ostraka  von  Sayce  durcharbeitete,  wird  mir 
bestätigen,  dass  ich  die  Ptolemäer-  und  Kaisertexte  meist  sogleich 
nach  der  Farbe  auseinander  halten  konnte,  noch  ehe  ich  die  Schrift 
geprüft  hatte.  Ich  habe  diese  einstweilen  noch  ganz  rohen  Be- 
obachtungen nicht  zurückhalten  wollen,  in  der  Hofinung,  dass  ein 
Kundigerer  sich  genauer  damit  befasse. 

Im  Uebrigen  habe  ich  über  das  Aeussere  der  Ostraka  nicht 
viel  hinzuzufügen.  Ich  hob  schon  hervor,  dass  sie  meist  Bruchstücke 
roh  gearbeiteter  Gefasse  sind,  wie  sie  im  einfachen  Haushalt  zu  den 
verschiedensten  Zwecken  gebraucht  werden.  Nur  ganz  selten  finden 
sich  Spuren  von  aufgemalten  oder  eingeritzten  sehr  einfachen  Orna- 
menten. Doch  verraten  die  Ostraka  sämmtlich  die  Benutzung  der 
Töpferscheibe,  die  den  Aegyptern  ja  schon  seit  dem  alten  Reich  bekannt 
war.i)  Soweit  die  Gefasse  zur  Aufbewahrung  von  Flüssigkeiten  be- 
stimmt waren,  sind  sie  vielfach  auf  der  Innenseite  verpicht  worden,  und 
viele  der  hier  publicirten  Ostraka  zeigen  eine  verpichte  Innenseite. 
Schon  Toelken  (Reise  des  Generals  v.  Minutoli  S.  421)  erinnerte  an- 
gesichts der  Elephantiner  Ostraka  an  Suet.  Claud.  16,  wonach  Claudius 
in  einem  Edict  bestimmte,  ut  uheri  vinearum  provenht  hene  dolia 
picarentur.  Ebenso  hatte  auch  schon  Philadelphos  verordnet,  dass  die 
Gefasse,  in  denen  der  Wein  für  die  d(.Tz6[ioip(x.  abgeliefert  wurde,  gut 
verpicht  sein  sollten.  So  möchte  ich  wenigstens  Rev.  Pap.  32,  3 
ergänzen:  "Eaiw  he  6  7.£p[a][iO?  Xcpa[iLa  aieyva  [7iLaaoxo]7io6[X£va 

^)  Für  Solche,  die  je  nach  der  Benutzung  oder  Nichtbenutzung  der  Töpfer- 
scheibe Kulturperioden  zu  trennen  lieben,  sind  aegyptische  Bilder  lehrreich,  in 
denen  man  neben  der  Verwendung  der  Töpferscheibe  die  Fabrication  aus  der 
freien  Hand  dargestellt  findet.  Natürlich  werden  nur  noch  einfachere  Gegen- 
stände auf  letzterem  Wege  hergestellt  sein.    Vgl.  Erman,  Aegypten,  S.  606. 


FABRICATION  DER  GEFÄSSE. 


17 


(statt  [5iaaxo]7:o6(i£va  Mahaffy).  Auf  dieser  EigeDtümlichkeit  mancher 
Scherben  beruht  nach  meiner  Ansicht  das  bekannte  Knabenspiel, 
das  man  daipay.ivBa  TüaLuSLV  nannte.^)  Man  nahm  dazu  eine  Scherbe, 
deren  concave  Seite  verpicht  war  (ou  •9'axepov  [asv  TzsTüiaao)- 
pivov  f^v,  TO  iyzoQ  STQXaSr),  xb  Se  ixzbq  dmaawTOV.  Eusth.  a. 
a.  O.).  Krause  (Pauly,  Realencykl.  u.  Ostrakon)  nimmt  merkwürdiger- 
weise an,  dass  die  Kjiaben  selbst  die  Innenseite  mit  Pech  bestrichen 
hätten.  Vielmehr  haben  sie  natürlich  Scherben  von  verpichten 
Krügen  zu  diesem  Spiele  benutzt. 

Was  die  Herkunft  der  Gefasse  betrifft,  so  wird  wohl  fast  überall 
in  Aegypten  eine  lokale  Töpferindustrie  bestanden  haben,  denn  der 
aegyptische  Boden  ist  ausserordentlich  reich  an  Thonlagern. 2)  So 
hatte  Theben  sein  Töpferviertel  auf  dem  Westufer,  die  K£pa{Ji£ca,  die 
in  der  Hauptsache  seinen  Bedarf  gedeckt  haben  werden.  Doch  hat  es 
daneben  natürlich  auch  importirte  Waren  gegeben,  und  es  scheint,  dass 
ähnlich  wie  heute  Keneh,  so  im  Altertum  Koptos  ein  Hauptfabrikort 
für  Töpferei  gewesen  ist,  von  dem  viel  exportirt  wurde. 3)  Inter- 
essant ist  in  dieser  Hinsicht  Kr.  1129,  in  der  ein  Soldat  seinem 
Optio  quittirt,  an  Wein  xepafiov  KoTTXtxtxov  £v(a)  empfangen  zu  haben. 
Der  „Koptitische  Krug"  (d.  h.  der  aus  dem  Koptitischen  Gau)  scheint 
demnach  in  ganz  Aegypten  —  das  Ostrakon  stammt  aus  Pselkis 
im  fernen  Nubien!  —  eine  bekannte  Sorte  gewesen  zu  sein,  ähnlich 
wie  heute  die  Balälis,  die  gleichfalls  nach  dem  Fabricationsort,  dem 
Dorfe  Balläs  genannt  werden.  Ja,  man  kann  geradezu  die  Balälis 
als  die  Nachfolger  der  x£pa|JLOL  Kotitltixol  bezeichnen,  denn  das  Dorf 
BaUäs  liegt  schräg  gegenüber  von  Kuft,  dem  alten  Koptos,  und  es 
sind  wohl  noch  dieselben  Thonlager,  die  heute  wie  damals  bearbeitet 
wurden.  Ueber  die  Massbestimmung,  die  zugleich  in  dem  Ausdruck 
enthalten  ist,  vgl.  Kap.  X. 

Endlich  noch  ein  Wort  über  die  Anordnung  der  Schrift  auf 
den  Ostraka.     Wie  ich  es  früher  für  den  Papyrus  gethan  habe 


^)  Vgl,  die  ausführlichen  Erzählungen  bei  Pollux,  Onom.  IX  III,  112. 
Eust.  ad  Horn.  II.  XVIII  p.  1160  sq. 

So  werden  z.  B.  für  Ptolemais  Hormu   im  Faijüm  mehrere  xspajjLSt^ 
bezeugt.  Vgl.  Chart.  Borg.  VI  20,  21. 

^)  Vgl.  Lumbroso,  Reeherehes  S.  131.     Dazu  Athenä.  XI  464^:  eyco  Se 
eö  olSa  oxi  f^Siaxa  TioXXocy.'.g  saxl  xa  xspdijisa  exTcW^iaxa        xal  xa  Tcap  :^[itv 
ex  x^s  KÖTtxou  xaxayöiJLSva*  }xsxa  yocp  aptO[jLax(ov  au|icpupa6-siaY]5  zric,  öuxaxai. 
WiLCKEX,  Ostraka.  2 


18 


I.  KAPITEL. 


(Hermes  XXII  S.  487  fF.),  so  lässt  sich  auch  für  das  Ostrakon  ein 
Kecto  und  ein  Verso  unterscheiden.  Natürlich  ist  es  hier  die  convexe 
Seite,  die  Aussenseite  des  Gefasses,  die  vornehmlich  zum  Schreiben 
geeignet  sein  musste,  denn  nur  auf  ihre  Glättung  wurde  besondere 
Sorgfalt  verwendet,  war  doch  die  Glätte  ein  Hauptvorzug  eines  schönen 
Gefasses,  während  die  Innenseite  derartig  zu  bearbeiten  keine  Veran- 
lassung, ja  bei  manchen  Formen,  z.  B.  den  schmalhalsigen  Gefässen, 
auch  nicht  die  Möglichkeit  vorlag.  Daher  lässt  sich  als  Regel  auf- 
stellen, dass  zunächst  die  glatte  Convexseite  des  Ostrakons  beschrieben, 
die  concave  aber,  wenn  überhaupt,  nur  subsidiär  und  nachträglich 
benutzt  wurde.  So  beginnt  z.  B.  die  Personenliste  in  Nr.  1194  auf 
der  convexen  Seite  und  wird  fortgeführt  auf  der  concaven.  So  wird 
in  Nr.  728  die  gezahlte  Summe  auf  der  Innenseite  wiederholt  — 
eine  nachträgliche  Notiz.  Aus  diesem  Grunde  muss  z.  B.  der  Text 
von  Nr.  295  älter  sein  als  der  von  Nr.  1,  der  auf  der  Innenseite 
derselben  Scherbe  steht.  Eine  einzige  Ausnahme  scheint  unsere 
Sammlung  zu  enthalten:  der  Text  von  Nr.  38  steht  auf  der  Innenseite! 
Aber  diese  Ausnahme  bestätigt  vortrefflich  die  Regel,  denn  —  die 
Aussenseite  konnte  in  diesem  Falle  nicht  gut  benutzt  ^verden,  da 
sich  daselbst  ein  Gefasshenkel  befindet!  Es  ist  also  bei  den  Ostraka 
genau  dasselbe  Verhältnis  von  Recto  und  Verso  wie  bei  den  Pa- 
pyri,^) und  ebenso  wie  dort  sind  es  Eigentümlichkeiten  der  Fabri- 


^)  MahafFy  hat  jüngst  bei  der  Herausgabe  der  Flinders  Petrie  Papyri 
mehrere  „Ausnahmen"  von  meiner  Theorie  constatirt,  jedoch  mit  Unrecht.  Die 
Autopsie  hat  mir  ergeben,  dass  jedes  einzelne  Stück  der  Flinders  Petrie  Pa- 
pyri meine  Theorie  bestätigt,  dass  MahaiFy  sich  vielmehr  durch  die  Richtung 
der  Schrift  hat  täuschen  lassen.  Ich  habe  schon  im  Hermes  a.  a.  O.  490  Anm. 
ausdrücklich  hervorgehoben,  dass  es  für  die  Frage  nach  Recto  und  Verso  völlig 
gleichgültig  ist,  welche  Richtung  die  Schrift  einnimmt.  Daher  sind  auch  die 
folgenden  Worte  von  J.  Krall  CPR  II  S.  8  geeignet,  Verwirrung  anzustiften: 
„Man  kann  mit  grosser  Wahrscheinlichkeit  bei  einem  auf  beiden  Seiten  be- 
schriebenen koptischen  Papyrus  jenen  Text,  der  längs  den  Verticalfasern  ge- 
schrieben ist,  als  den  älteren  ansehen,  denn  wie  die  Beschreibung  der  Rechts- 
urkunden zeigt,  ist  von  unseren  220  Rechtsurkunden  nur  ein  Sechstel  auf  den 
Horizontalfasern  beschrieben,"  Meine  Schrift  ist  nicht  genannt.  Wenn  dies  eine 
Widerlegung  sein  soll,  so  kann  ich  sie  nicht  für  zutretFend  halten.  Hier  liegt 
offenbar  nur  das  Factum  vor,  auf  das  ich  gleichfalls  schon  in  jener  Anmerkung 
hinwies,  dass  man  in  der  byzantinischen  Zeit  besonders  gern  die  Schrift  parallel 
den  Klebungen,  resp.  der  Höhe  der  Pagina,  d.  h.  den  Verticalfasern  (der  Rück- 
seite) gesetzt  hat.    Für  die  Frage,  welcher  Text  der  ältere  ist,  d.  h.  für  die 


RECTO  UND  VERSO. 


19 


cation,  die  die  strenge  Scheidung  zwischen  der  Beschreibseite  xax' 
izoyriy  und  der  subsidiären  Beschreibseite  bedingen. 

Die  Aufbewahrung  dieser  unhandlichen  „Papiere"  wird  eine  sehr 
mannigfaltige  gewesen  sein.  Vielfach  hat  man  die  Ostraka  gewiss, 
ebenso  wie  die  Papyrusrollen ,  in  grossen  Thonkrügen  aufbewahrt. 
Ein  solches  Archiv  muss  einem  Weinkeller  geglichen  haben.  In  der 
oben  citirten  Babriusstelle  (127)  wird  ein  xißtoxoc,  ein  Kasten  oder 
Schrank,  als  Depot  für  die  Ostraka  bezeichnet,  und  das  wird  wohl 
nicht  nur  bei  den  Göttern  Brauch  gewesen  sein.^) 

Frage  nach  Eecto  und  Yerso  ist  dies  aber  ganz  indifferent.  Dafür  sind  lediglich 
die  aus  der  Fabrication  des  Papyrus  von  mir  entnommenen  Gesichtspunkte  mass- 
gebend. Auch  in  den  einseitig  beschriebenen  Urkunden  der  Wiener  Sammlung 
wird  die  Schrift,  mag  sie  auch  parallel  den  Verticalfasern  laufen,  doch  auf  der 
„Horizontalseite"  stehen,  d.h.  auf  der  Seite,  deren  Fasern  rechtwinklig 
gegen  die  Selisklebungen  laufen.  Krall  hat  die  Verwirrung  dadurch 
noch  grösser  gemacht,  dass  er  bei  der  Beschreibung  der  Urkunden  statt  „längs 
den  Verticalfasern"  gar  „auf  den  Verticalfasern"  sagt.  Ich  kenne  bis  jetzt 
nur  eine  Ausnahme  meiner  Eegel,  das  ist  der  Pap.  Lond.  CCCCI.  Dabei  ist 
aber  zu  bedenken ,  dass  der  Text  ein  Brouillon  ist !  MahaffS  's  Bemerkungen 
hierzu  zeigen  gleichfalls,  dass  er  den  Kern  meiner  Theorie  verkennt.  —  Der 
antiken  Auffassung  würde  es  vielleicht  am  besten  entsprechen,  wenn  wir  statt 
H  orizontalseite  Innenseite"  und  statt  Verticalseite  ,,Aussenseite"  sagten.  Vgl. 
Rev.  Pap.  41,13,  wo  auf  Bemerkungen,  die  auf  der  Rückseite  stehen,  mit  s^ü) 
hingewiesen  wird. 

^)  Das  Wort  X'.ßwxös  begegnet  in  der  Kanzleisprache  sonst  auch  als  Be- 
zeichnung für  den  Geldkasten,  in  den  das  Geld  (vom  Zahler)  hineingeworfen 
wird.  Vgl.  TisTCTCoxsv  sie,  y.'.ßcoTÖv  in  Pap.  Leid.  I.  379  (so  nach  dem  Original). 
Weitere  Beispiele  bei  Revillout,  Rev.  Egypt.  II  S.  114.  Diese  Formel,  die  bisher 
sich  nur  für  das  III.  Jahrh.  vor  Chr.  (Philadelphos  und  Euergetes  I)  hat  nach- 
weisen lassen,  ist  gleichbedeutend  mit  dem  jüngeren:  ::£7tX(ü*X£v  stzI  xTjv  Tpaiüs^av. 
Diese  Bedeutungsentwickelung  von  xißtoxög  kann  man  mit  der  von  arca  ver- 
gleichen, worauf  mich  Mommsen  hinweist.  Auch  der  „fiscus"  (Korb)  hat  dieselbe 
Entwickelung  durchgemacht. 


II.  KAPITEL. 


Herkunft  und  Schicksale  der  Ostraka. 

Wir  haben  nunmehr  nachzuweisen,  wo  und  wie  unsere  Ostraka 
gefunden  sind,  wo  sie  zur  Zeit  aufbewahrt  w^erden,  und  was  bis  jetzt 
über  sie  geschrieben  worden  ist. 

Die  wichtigsten  Fundgruben  für  Ostraka  sind  bisher  —  von 
Süden  nach  Norden  —  Dakkeh  in  Nubien,  Elephantine,  Gebelen, 
Erment,  Karnak  und  Umgegend,  Kuft,  Sedment  und  Sakkära. 

Die  nubischen  Ostraka  von  Dakkeh,  dem  alten  Pselkis  in 
der  Dodekaschoinos,  waren  wohl  die  ersten,  die  in  Europa  bekannt 
wurden.  Der  Architekt  Gau  fand  1819  „eine  Unzahl"  von  be- 
schriebenen Scherben  daselbst.  Mehrere  davon  zeichnete  er  ab,  so 
gut  er  konnte,  warf  sie  dann  aber,  nicht  ahnend,  welch  wertvolles 
Geschenk  ihm  die  Götter  in  den  Schoss  gelegt  hatten,  als  „lästigen 
Ballast"  über  Bord.  Nur  zwei  Scherben  behielt  er  zurück ;  die  schenkte 
er  Barthold  Georg  Niebuhr  und  regte  ihn  zugleich  an,  die  Entzifferung 
dieser  neuen  Urkunden  zu  versuchen.  Vereinzelt  scheinen  auch 
später  noch  in  Dakkeh  Ostraka  gefunden  zu  sein  (vgl.  1220). 

Grössere  Massen  von  Ostraka  wurden  dann  in  den  zwanziger 
Jahren  unseres  Jahrhunderts  und  in  den  folgenden  Decennien 
aus  Elephantine  bekannt,  der  herrlichen  Palmeninsel  gegenüber 
As  SU  an  (dem  alten  Syene),  der  alten  Grenzstadt  des  eigentlichen 
Aegyptens.  In  sämmtlichen  Fundberichten,  die  mir  erinnerlich  sind, 
ist  immer  nur  Elephantine  als  Fundort  genannt,^)   während  wir 

^)  So  sagt  Toelken,  Reise  d.  Generals  v.  Minutoli  S.  420 :  „Beim  Auf- 
räumen alter  Ruinen  in  der  Insel  Elephantine  fand  man  einen  grossen  Vorrat 
beschriebener  Thonscherben."    Vgl.  Sayce,  Jewish  Quarterly  Review  II  S.  400. 


VON  DAKKEH  BIS  KARNAK. 


21 


aus  dem  Inhalt  schliessen  müssten,  dass  nicht  wenige  davon  aus 
Syene  stammten.  Einstweilen  kann  ich  nur  constatiren,  dass  nach 
den  Berichten  die  Stücke  auf  der  Nilinsel  Elephantine,  nicht  in 
Syene  gefunden  sind. 

Diese  Ostraka  aus  Dakkeh  und  Elephantine  waren  bis  vor 
Kurzem  die  einzigen,  die  wir  kannten,  und  alle  älteren  Publicationen 
beschäftigen  sich  nur  mit  ihnen,  abgesehen  von  em  paar  Stücken 
aus  Erment,  dem  alten  Hermonthis,  die  sich  auch  schon  bei 
Fröhner  finden.  Es  scheint,  dass  die  Fundquelle  auf  Elephantine 
zur  Zeit  erschöpft  oder  wenigstens  verstopft  ist,  denn  in  den  letzten 
Jahren  sind  nur  noch  ganz  vereinzelt  neue  Ostraka  von  dort  bekannt 
geworden,  und  von  diesen  steht  vielleicht  nicht  einmal  fest,  ob  sie 
auch  neuerdings  erst  geftinden  sind.  Erman  hat  1885/6  noch  einige 
wenige  dort  käuflich  erworben.  Sayce  (a.  a.  O.)  schrieb  im  Jahre  1890: 
„For  the  last  four  or  five  years  no  more  ostraca  have  been  discovered 
there."  Andrerseits  hat  Jean  Jacques  Hess  noch  kürzlich  Ostraka 
aus  Elephantine  erworben.  Auch  das  Berliner  Museum  hat  soeben 
(1896)  mehrere  Ostraka  aus  Elephantine  erhalten.  Hoffen  wir.  dass 
bald  neue  grosse  Funde  dort  gemacht  werden.  Das  elephantinische 
Material  ist  bisher  sehr  einseitig;  Ptolemäertexte  sind  dort  erst  ganz 
sporadisch  gefunden. 

"Weiter  nordwärts  sind  in  Edfu,  dem  alten  Apollinopolis 
Maior,  von  Maspero  (nach  einer  fi-eundlichen  Mitteilung  desselben) 
Ostraka  gefunden  worden.  Gegen  50  Stück  hat  er  von  dort  in's 
Museum  von  Bulaq  (heute  Gizeh)  gebracht.  Von  diesen  befindet 
sich  keines  in  unserer  Sammlung. 

Fahren  wir  den  Nil  weiter  abwärts  gen  Norden,  so  kommen 
wir  im  oberaegyptischen  Gebelen,  nordwärts  von  Esne,  ^\iederum 
auf  einen  Ostrakonplatz.  Sayce  war  wohl  der  Erste,  der  hier  grie- 
chische und  demotische  Ostraka  fand  (vgl.  a.  a.  O.  401).  Auch 
einige  der  Hess'schen  Ostraka  stammen  aus  der  Gegend  von  Gebel^n 
(vgl.  unten  Kap.  IX),  und  da  diese  kürzlich  dort  erworben  sind, 
so  scheint  sich  glücklicherweise  die  Befürchtung  Sayce's,  dass  durch 
das  Graben  nach  Sebah-Erde  alle  Ostraka  dort  zerstört  seien,  nicht 
zu  bestätigen.  Dass  auch  in  Erment  (Hermonthis)  Ostraka 
gefunden  sind,  wurde  schon  oben  erwähnt. 

Die  ergiebigste  Fundquelle  bildet  zur  Zeit  das  weite  Ruinenfeld 
des  alten  „hundertthorigen"  Thebens,  der  Aiö?  izoXic,  -f]  iieya^rj  der 


22 


II,  KAPITEL. 


Griechen.  Der  unermüdliche  Sayce,  der  schon  so  Vieles  fand,  war 
wohl  der  Erste,  der  auch  diese  Quelle  entdeckte.  Im  Winter  1881/2 
stiess  er,  zusammen  mit  Alfred  Wiedemann,  nördlich  von  den  Ruinen 
von  Karnak  auf  die  ersten  thebanischen  Ostraka.  Etwa  zu  glei- 
cher Zeit  wurden  auch  Maspero  die  ersten  Stücke  von  dort  in  das 
Museum  von  Bulaq  gebracht  (etwa  100).  Im  Jahre  1883  hat 
Maspero  dann  planmässige  Nacliforschungen  nach  Ostraka  in  Karnak 
angestellt,  als  deren  Ergebnis  etwa  400  Urkunden  (griechische,  de- 
motische und  koptische)  nach  Bulaq  in's  Museum  wanderten.  Auf 
diese  interessanten  Ausgrabungen  komme  ich  nachher  noch  zurück. 
Nach  und  nach  sind  nun  gewaltige  Massen  von  Ostraka  an  den 
verschiedensten  Stellen  des  grossen  Ruinenfeldes,  westlich  und  östlich 
vom  Nil,  gefunden  worden,  und  jetzt  giebt  es  wohl  kaum  ein  grösse- 
res Museum,  das  nicht  seine  „Thebaner"  hätte.  In  das  Berliner 
Kgl.  Museum  sind  durch  Erman's  Bemühungen  allein  viele  Hunderte 
thebanischer  Ostraka  gelangt,  deren  grösster  Teil  in  unserem  Buche 
zum  ersten  Mal  publicirt  vorliegt.  Auch  Budge  hat  kürzlich  meh- 
rere Hunderte  von  thebanischen  Ostraka  für  das  British  Museum 
erworben  (s.  Anhang  III). 

Weiter  nördlich  hat  wiederum  Sayce  in  Kuft,  dem  alten 
Koptos,  Ostraka  gefunden  —  „at  a  little  distance  within  the 
eastern  gate  of  the  Roman  wall"  (a.  a.  O.  S.  401). 

Aus  Mittelaegypten  sind  bisher  meines  Wissens  erst  wenige 
Ostraka  bekannt  geworden.  In  Aschmunein,  dem  alten  Hermu- 
polis  Magna,  hat  Maspero  einige  Ostraka  gefunden,  die  in  das 
aegyptische  Laudesmuseum  übergeführt  sind.  Im  Jahre  1886  ent- 
deckte Adolf  Erman  einen  neuen  Platz  in  Sedment-el-Gebel, 
einem  Flecken  am  Eingang  des  Faijüm,  am  linken  Ufer  des  Bahr- 
el-Yusuf  gelegen. 

Im  Faijüm  selbst,  das  uns  so  verschwenderisch  mit  Papyri, 
Pergamenten  und  Papieren  versorgt  hat,  sind  bisher,  wie  es  scheint, 
sehr  wenige  Ostraka  gefunden  worden.  In  Berlin  wurden  erst  in 
allerletzter  Zeit  einige  Stücke  als  faijümisch  erworben  (vgl.  Nr.  1303 
und  1306).  Doch  ist  Genaueres  über  den  Fundort  nicht  bekannt. 
Dass  auch  hier  unter  den  Ruinen  von  Arsinoe  sowie  in  dem 
Schutt  der  zahllosen  Dörfer  dieses  reichsten  und  bevölkertsten  aller 
Gaue  viele  Tausende  von  Ostraka  begraben  liegen,  wäre  a  priori 
höchst  wahrscheinlich.     Nach  Karabacek  müsste  in  der  That  das 


YOX  KAKNAK  BIS  SAKKARA. 


23 


Faijum  eine  Hauptfundstätte  für  Ostraka  sein.  Er  sagt  (Mitt.  Pap. 
Eain.  V  S.  63  =  Führer  durch  d.  Ausstellung  PER  S.  10):  „Das 
weite  Trümmerfeld  von  Arsinoe- Faijum  wird  von  den  Arabern  ge- 
radezu als  Schutt-  und  Scherbenland  bezeichnet.  Wo  man  hin- 
tritt, greift  man  Scherben  heraus,  mitunter  recht  kostbare." 
Der  Zusammenhang  zeigt,  dass  Karabacek  von  beschriebenen 
Scherben  spricht.  Mit  dieser  Aussage  steht  einstweilen  die  That- 
sache  im  AViderspruch,  dass  bis  jetzt,  nach  Aussage  der  Reisenden, 
sehr  wenige  Ostraka  im  Faijum  gefunden  sind.^)  Oder  sollten 
jene  Massen  nach  Wien  gekommen  sein?  Man  scheint  dort  die 
drei  griechischen  Ostraka,  die  im  „Führer"  a.  a.  O.  als  Beispiele 
für  die  Vorbemerkung  Karabacek's  angeführt  werden,  für  faijümisch 
zu  halten.  Das  einzige  Stück,  das  ich  durch  das  beigegebene 
Facsimile  controlliren  konnte  (unsere  Nr.  1623),  stammt  aber, 
wie  der  Text  deutlich  besagt,  aus  den  thebanischen  Mem- 
nonienl  Hoffen  wir,  dass  trotz  allem  auch  das  Faijum  uns 
noch  reiche  Ostrakon schätze  bringt.  Einstweilen  liegt  es  allerdings 
nahe,  mit  dem  seltenen  Vorkommen  faijümer  Osti*aka  die  auffallige 
Thatsache  in  Verbindung  zu  bringen,  auf  die  wii'  schon  oben  S.  12 
hinwiesen,  dass  im  Faijum  eine  ganze  Reihe  von  Quittungen  privaten 
und  öffentlichen  Charakters  gefunden  sind,  die  auf  Papyrus  ge- 
schrieben sind  —  und  zwar  aus  den  ersten  drei  Jahrhunderten  unserer 
Zeitrechnung,  wo  z.  B.  in  Theben  und  Elephantine  für  diese  Zwecke 
durchaus  das  Ostrakon  praevalirte. 

Endlich  ist  Sakkära,  in  der  Xähe  des  alten  Memphis,  als 
Fundstätte  von  Ostraka  zu  nennen.  Wenigstens  nach  dem  Bericht 
des  Berliner  Kataloges  sind  Nr.  1126  und  1127  von  Brugsch  aus 
Sakkära  angekauft.  Ob  sie  freilich  auch  wirklich  dort  gefunden 
und  nicht  nur  von  dort  im  Handel  vertrieben  sind,  muss  dahin- 
gestellt bleiben. 

Für  die  Interpretation  der  Urkunden  wäre  es  von  nicht  geringem 
Interesse,  Genaueres  über  die  Art  zu  erfahren,  wo  und  wie  man 
die  Ostraka  gefunden  hat.  Leider  liegen  mir  darüber  nur  wenige 
Zeugnisse  vor,   denn  die  meisten  Ostraka  sind  käuflich  von  den 

^)  Erman  hat  bei  seinem  Aufenthalt  im  Faijum  ein  Ostrakon  gesehen. 
Steindorff,  der  im  Frühling  1895  das  Faijum  bereiste,  teilte  nur  mit,  dass  er 
Ostraka  dort  nicht  gesehen  habe.  Jüngst  schrieb  mir  Erman,  dass  der  Koptologe 
Schmidt  soeben  ein  koptisches  Ostrakon  im  Faijiim  gekauft  habe. 


24 


Fellachen  oder,  was  noch  schlimmer  ist,  von  den  Antikenhandel 
treibenden  Arabern  erworben  worden.  Diese  aber  sind  bekanntlich 
stummer  als  die  Sphinx,  wenn  man  sie  nach  dem  genauen  Fundort 
fragt,  oder  aber  —  sie  lügen,  was  ihnen  gerade  einfallt.  Um  so  wertvoller 
ist  der  Bericht,  den  ich  der  Güte  Adolf  Erman's  über  seinen  Fund 
der  Ostraka  von  Sedment-el-Gebel  verdanke.  „Neben  dem  Dorf', 
so  schreibt  er  mir,  „steht  auf  dem  hohen  Ufer  des  Bahr  Jusuf  das 
Kloster  des  Mar  Girgis"  (die  hübsche  Skizze,  die  Erman  von  der 
Lokalität  entwarf,  kann  ich  hier  leider  nicht  wiedergeben).  „Auf 
dem  schmalen  Wege  zwischen  dem  Uferrand  und  der  Klostermauer 
fanden  sich  die  Ostraka.  Schweinfurth  und  ich  waren  Anfang  Januar 
1886  mehrere  Tage  in  diesem  damals  vom  Antikenhandel  noch 
kaum  berührten  Dorf,  und  allmählich  brachten  die  Leute  allerlei 
heran,  was  wir  nach  ihrer  Meinung  vielleicht  kaufen  konnten.  Auch 
die  Mönche  des  Klosters  waren  dabei,  und  es  war  wohl  einer  von 
ihnen,  der  das  erste  Ostrakon  brachte.  Als  wir  mehr  davon  haben 
wollten,  suchten  sie  vor  unseren  Augen  an  der  bezeichneten  Stelle, 
und  auch  wir  selbst  suchten  und  fanden  mit.  Die  Stücke 
lagen  flach  in  der  Erde,  oben  am  Ufer,  natürlich  in  irgend  welchem 
alten  Schutt.  Während  wir  am  Tage  fort  waren,  suchten  sie  dann 
wohl  weiter.  Soweit  meine  Erinnerung.  An  der  Stelle  geht  noch 
heute  ein  Weg  zum  Faijüm  hinüber,  und  ich  dachte,  ob  hier  nicht 
eine  Zollstation  gewesen  sein  könnte."  Hier  haben  wir's  also  deutlich 
mit  den  Ueberresten  eines  Bureaus  zu  thun,  und  wir  werden  in 
Kap.  VIII  sehen,  dass  dieses  Moment  bei  der  Interpretation  der 
rätselhaften  Texte  eine  gute  Stütze  bietet. 

Ich  bin  in  der  angenehmen  Lage,  auch  über  eine  der  zahl- 
reichen Fundstellen  auf  dem  thebanischen  Kuinenfelde  Genaueres 
berichten  zu  können.  Ich  verdanke  diese  .Kenntnis  der  grossen 
Liebenswürdigkeit  Maspero's,  der  auf  meine  Anfrage  mir  unterm 


^)  Ich  finde  in  Makrizi's  Geschichte  der  Kopten  (übersetzt  von  Wüstenfeld, 
Gött.  1845)  im  7.  Kapitel  unter  No.  32  folgende  Erwähnung  dieses  Klosters: 
„Das  Kloster  von  Sedment  seitwärts  von  el-Menhi  (d.  h.  dem  Josephskanal)  auf 
dem  Damme  zwischen  el- Faijüm  und  el-Eif  mit  dem  Namen  des  Abu  Dschordsch 
(=  Girges  =  Georg)  hat  von  dem,  was  es  früher  war,  viel  verloren,  und  ist  nur 
noch  von  wenigen  bevölkert."  Man  findet  den  Ort  z.  B.  in  der  Spezialkarte 
des  Faijüm  und  Umgegend,  die  dem  Werk  von  R.  H.  Brown  (The  Fayüm  and 
lake  Moeris,  Lond.  1892)  beigegeben  ist. 


MASPERO'S  AUSGRABUNGEN  IN  KARNAK. 


25 


22.  October  1888  einen  ausführlichen  Bericht  über  seine  Ostrakon- 
funde  zugeschickt  hat.  Indem  ich  ihm  meinen  herzlichsten  Dank  dafür 
auch  an  dieser  Stelle  wiederhole,  lasse  ich  seine  eigenen  Worte  folgen. 

„En  1881  — 1882,  en  meme  temps  que  Wiedemann  achetait 
les  Ostraca  que  vous  publiez  (gemeint  ist  meine  Publication  der 
Bonner  Ostraka),  l'agent  du  Musee  ä  Karnak  Reis  Diab  Timsah 
m'en  apportait  une  centaine  dont  la  moitie  seulement  grecs,  le  reste 
demotiques  et  coptes,  provenant  de  la  partie  de  la  ville  antique 
qui  est  situee  au  nord  du  portique  des  Bubastites  et  du  mur  de  Seti  I, 
ä  l'Ouest  du  petit  temple  de  Phtah  Thebain  et  des  petits  edifices 
d'epoque  saite,  ainsi  que  du  grand  temple  ä  peu-pres  detruit  d'Amen- 
hotpou  III:  ils  sont  aujourd'hui  au  Musee  de  Boulaq.  L'annee 
d'apres  en  1883,  je  resolus  de  faire  quelques  fouilles  dans  cette 
partie  des  ruines,  et  je  mis  une  vingtaine  d'ouvriers  au  travail.  Apr^s 
avoir  decouvert  9ä  et  lä  des  ostraca  isoles,  ils  mirent  la  main 
sur  un  veritable  depöt.  Prevenu  par  le  Reis  Diab,  j'accourus  et 
je  vis  une  partie  des  ostraca  sortir  de  Th^bes.  Iis  etaient  accumules 
au  pied  d'un  mur  en  briques  crues  qui  avait  encore  pres  de  trois 
m^tres  de  haut  et  au  moins  0^  80  d'epaisseur.  Iis  posaient  sur 
une  couche  de  terre  battue  qui  etait  evidemment  le  sol  antique  de 
la  maison:  le  bas  du  mur  etait  enduit  de  crepis  blanc,  et  je  me 
souviens  qu'apr^s  l'avoir  examine,  je  crus  reconnaitre  que  la  face 
au  pied  de  laquelle  les  ostraca  etaient  accumules  etait  une  face 
toumee  ä  l'exterieur.  Les  debris  voisins  me  parurent  appartenir 
a  des  murs  de  Separation  plutot  qu'ä  des  murs  d'habitations,  et  j'en 
conclus  que  le  depöt  etait  dans  une  petite  cour  bordee  de  murs  sur 
trois  cötes  et  abutant  ä  une  maison  sur  le  quatri^me  cote.  Des 
traces  d'une  porte  etaient  encore  visibles  sur  Tun  des  murs:  un  jambage 
etait  assez  bien  conserve.  Apres  ce  premier  examen,  j'etais  revenu 
m'asseoir  sur  le  mur  et  je  suivais  les  recherches  des  ouvriers  qui 
etaient  assez  infructueuses,  quand  le  mur  s'ecroula  sous  mon  poids 
et  entraina  sur  moi  une  partie  des  decombres  voisins.  En  me  rele- 
vant, je  constatai  qu'il  y  avait  dans  l'eboulis  des  fragments  d'ostraca, 
et  je  fis  deblayer  la  partie  attenante  A — B  (nach  der  von  M.  bei- 
gegebenen Skizze  ein  Teil  der  Mauer).  On  y  trouva  encore  une  centaine 
d'ostraca  et  ce  fut  tout.  Des  sondages  operes  dans  les  environs 
ne  produisirent  plus  rien.  Plus  tard,  j'appris  que  les  chercheurs  de 
^abakh  avaient  mis  la  main  sur  un  nouveau  depöt  dans  le  voi- 


6 


II.  KAPITEL. 


sinage,  et  on  m'affirma  que  les  ostraca  vendus  aux  voyageurs  depuis 
quelques  annees  provenaient  tous  du  meme  endroit,  c'est-ä-dire  de  la 
maison  exploree  par  moi  et  des  maisons  voisines.  Malheureusement 
Targent  m'a  manque,  lä  comme  partout,  et  je  n'ai  pu  faire  rien  de 
plus  que  ce  que  j'avais  fait  en  1883.  Les  Ostraca  au  nombre  de 
plus  de  quatre  cents  fragments,  la  plupart  grecs  et  demotiques,  quel- 
ques uns  coptes  ont  ete  deposes  par  moi  au  musee  de  Boulaq  .  .  . 
La  maison  ou  les  maisons  oü  se  trouvaient  les  ostraca  devaient  etre 
des  maisons  de  publicains  ou  de  banquiers.  ...  La  maison  que  j'ai 
exploree  etait  situee  au  point  A  que  vous  reconnaitrez  sur  le  plan  2 
du  „Karnak"  de  Mariette  en  tirant  une  ligne  de  la  porte  du  porti- 
que  Nord  des  Bubastites  et  une  autre  par  Taxe  du  temple  T:  la 
maison  etait  a  peu-pres  au  point  de  rencontre  des  deux  lignes,  h  peu- 
pres  ä  la  hauteur  des  petits  temples  G  (planche  I).  Bleu  entendu 
ceci  n'est  qu'une  approximation,  et  je  puis  me  tromper  meme  d'une 
centaine  de  m^tres.  Je  crois  bien  pourtant  que  l'indication  est  ä 
peu-pr^s  exacte." 

Die  Erzählung  ist  so  anschaulich,  dass  wir  ihr  nichts  hinzuzu- 
fügen haben.  Wir  wissen  hiernach,  dass  es  auf  dem  östlichen  Ufer, 
nordwärts  von  den  Ruinen  von  Karnak  —  der  Platz  lässt  sich  nach 
Maspero's  Angaben  auf  dem  Mariette'schen  Karnakplan  leicht  be- 
stimmen —  mehrere  Häuser  gegeben  hat,  in  denen  Ostraka  in  grösse- 
ren Massen  beisammen  gefunden  worden  sind.  Andrerseits  ist  aber 
sicher  eine  grosse  Zahl  von  Ostraka  auch  auf  dem  westlichen  Ufer 
zu  Tage  gekommen,  und  nach  den  Berichten  der  Reisenden  ist  es 
nicht  unwahrscheinlich,  dass  man  sie  auch  einzeln  und  weit  verstreut 
über  dass  grosse  Trümmerfeld  hin  gefunden  hat.  Diese  zweifache 
Art  der  Funde  entspricht  dem,  was  wir  aus  den  Texten  selbst  er- 
schliessen  können.  Wir  werden  in  Kap.  III  zu  zeigen  haben,  dass 
die  Quittungen  teils  an  die  Steuererheber  (von  den  Trapeziten  resp. 
Sitologen),  teils  an  die  Steuerzahler  (von  den  Erhebern)  gerichtet 
w^orden  sind.  Die  ersteren  werden  wahrscheinlich  in  den  Bureaus 
der  Steuererheber  ordnungsgemäss  aufbewahrt  worden  sein,  und  ein 
solches  Bureau  ist  es  vermutlich,  das  Maspero  ausgegraben  hat,  w^ie 
er  selbst  schon  richtig  sagt.  Dagegen  die  Quittungen,  die  die  Steuer- 
zahler erhielten,  desgleichen  auch  die  zahlreichen  Privatscripturen 
(vgl.  Varia)  werden  überall  in  der  Stadt  und  den  Dörfern,  in  den 
Häusern  und  Hütten  der  Bewohner  zu  finden  gewesen  sein.  Dasselbe 


CONCORDANZ. 


27 


Verhältnis  muss  allerorten  bestanden  haben.  Wenn  man  jetzt  einmal 
wieder  ein  solches  Bureau  ausgrübe,  wäre  es  vor  allem  wünschenswert 
zu  constatiren,  welche  der  von  uns  in  Kap.  III  behandelten  Kategorien 
von  Urkunden  sich  beisammen  finden.  Bei  der  Schwierigkeit  der  in 
jenem  Kapitel  geführten  Untersuchungen  wäre  ein  solcher  Fundbericht 
von  grösstem  Werte. 

Von  einer  merkwürdigen  Verwendung  der  Ostraka  weiss  Sayce 
(Jewish  Quart.  Rev.  II,  S.  401)  zu  berichten.  Er  fand,  dass  man 
(in  Karnak)  in  der  römischen  Zeit  den  Nilschlammziegeln,  mit 
denen  die  Häuser  gebaut  wurden,  alte  Ostraka,  und  zwar  auch  be- 
schriebene, beigemischt  hat,  um  die  Ziegel  dauerhafter  zu  machen. 
Die  Ostraka  von  Sayce  stammen  zum  Teil  aus  solchen  Mauer- 
werken: „Others  we  extracted  from  the  bricks  with  our  own 
hands." 


Wir  haben  nunmehr  nachzuweisen,  wo  die  von  uns  publi- 
cirten  Ostraka  conservirt  werden.  Um  weitere  Arbeiten  auf  diesem 
Gebiet  zu  erleichtern,  geben  wir  im  Folgenden  eine  Concordanz 
der  betrefienden  Museumsnummern,  in  aufsteigender  Linie,  mit 
den  Nummern,  die  die  Stücke  in  unserer  Sammlung  erhalten 
haben.  Die  Museumsnummern  stehen  zu  diesem  Zweck  links,  die 
Buchnummern  rechts.  Es  wird  damit  Jedem,  der  unsere  Texte 
nachzuarbeiten  wünscht  —  und  hofientlich  wird  es  an  solchen  nicht 
fehlen  —  das  Auffinden  des  Originals  erleichtert.  Zugleich  ist 
hiemach  leicht  zu  überblicken,  welche  der  Museumsnummern  wir 
nicht  in  unsere  Sammlung  aufgenommen  haben.  Bei  den  Privat- 
sammlungen, die  keine  Numerirung  durchgeführt  haben,  zähle  ich 
die  Ostraka  in  der  Reihenfolge  auf,  in  der  sie  in  meinem  Buch 
erscheinen.  Auf  Ostraka,  die  im  Commentar  gelegentlich  erwähnt 
oder  besprochen  sind,  ohne  in  extenso  publicirt  zu  werden,  kann 
erst  in  den  Addenda  mit  der  Seitenzahl  hingewiesen  werden. 

1.  Königliches  Museum  zu  Berlin. 

Die  Berliner  Ostraka  werden  in  der  aegyptischen  Abteilung  der 
Königlichen  Museen  (am  Lustgarten)  aufbewahrt,  und  sind  zu- 
sammen mit  den  Papyri  in  das  sogenannte  P.  Inventar  eingetragen. 


28 


II.  KAPITEL. 


Dieses  P.  Inventar  ist  bis  1889  von  mir,  seitdem  von  Herrn  Dr.  Krebs 
geführt  worden.  Nur  ganz  wenige  der  Berliner  Ostraka  gehören  zu 
den  alten  Beständen  der  Kgl.  Museen.  Die  weitaus  grösste  Masse 
ist  erst  in  den  letzten  Jahren  (etwa  seit  1880)  hinzugekommen. 
Besonders  wertvoll  war  der  Zuwachs,  den  die  Sammlung  infolge 
der  aegyptischen  Reise  des  Directors  der  Abteilung,  Adolf  Erman, 
(1885/86)  erfuhr.  Hervorzuheben  ist  auch  die  Erwerbung  der 
reichen  Ostrakonsammlung  von  Alfred  Wiedemann  in  Bonn.  Diese 
habe  ich  im  Textdruck  besonders  hervorgehoben  („früher  Wiedemann, 
jetzt  Berlin  .  .").  Im  Uebrigen  muss  ich  betreffs  der  Zugehörigkeit 
der  Stücke  zu  den  einzelnen  Erwerbungen  auf  das  P.  Inventar  ver- 
weisen. In  diesem  Buche  genauere  Mitteilungen  darüber  zu  machen, 
schien  mir  überflüssig.  —  Meine  Copieen  der  Berliner  Texte  stammen 
meist  aus  der  Zeit,  da  ich  als  Hilfsarbeiter  in  der  aegyptischen  Ab- 
teilung der  Kgl.  Museen  beschäftigt  war  (1885 — 1889).  Doch  habe 
ich  hinterher  mehrfach  Gelegenheit  genommen,  die  alten  Lesungen 
zu  revidiren  —  freilich  lange  nicht  in  genügendem  Masse.  Herrn 
Generaldirector  Geheimrat  Schoene  sowie  Herrn  Director  Erman 
sage  ich  auch  an  dieser  Stelle  für  die  freundliche  Förderung, 
die  meine  Studien  seitens  der  Verwaltung  jederzeit  genossen  haben, 
meinen  wärmsten  Dank.  Herrn  Dr.  Krebs  habe  ich  für  die  unver- 
änderliche Liebenswürdigkeit,  mit  der  er  meine  zahlreichen  Anfragen 
geduldig  beantwortet  hat,  im  Besonderen  auch  für  die  nützlichen 
Durchpausungen  von  fraglichen  Stellen  herzlichst  zu  danken.  Es 
folgt  die  Concordanz. 


P.  1  =  301 


P.  54  ^  957 


2  =  121 

3  =  291 

4  =  84 

5  =  258 

6  =  149 

7  =  277 

13  =  11 

14  =  20 
23  =  1269 

51  =  935 

52  =  965 

53  =  772 


55  =  941 

56  =  490 

57  =  1293 

58  =  557 

59  =  640 

60  =  1298 

61  =  1279 

62  =  592 

63  =  658 
69  =  1204 
76  =  711 

100  =  653 


BERLINER  OSTRAKA. 


29 


R  101  =  952 

106  =  395 

107  =  892 

108  =  839 

109  =  1205 

110  =  575  • 

111  =  601 

112  862 

113  =  1290 

114  =  563 
117  =  602 

122  =  593 

123  =  856 
126  =  583 
129  =  860 
132  =  608 

136  =  996 

137  =  570 

141  +  144  =  854 

142  4-  145  =  589 
149  =  1261 

155  =  1215 

156  =  331 

157  =  877 

158  =  356 
161  =  859 
163  =  1165 
166  =  489 
169  =  1185 
172  =  540 
175  =  846 

190  =  1089 

191  =  710 
194  =  900 
199  =  696 

203  =  973 

204  =  1074 
249  =  334 


P.  283  =  332 
285  =  317 
288  =  660 

290  1064 

291  =  795 
294  =  955 

296  =  368 

297  =  1206 
299  =  1036 

310  =  110 

311  =  153 
312  4-  365  =  77 

313  =  33 

314  =  237 

315  =  4 

316  =  154 

317  =  28 

318  =  167 

320  =  41 

321  =  1224 

322  =  190 

323  =  286 

324  =  35 

325  =  285 

326  =  142 

327  =  1127 

328  =  1126 

329  =  1265 

330  =  265 

331  =  107 

332  =  225 
334  =  160 

340  =  137 

341  =  211 
343  =  294 
345  =  1274 
451  =  809 
453  =  310 


30 


II.  KAPITEL. 


P.  455 

1077 

480 

321 

495 



1048 

504 



345 

505 

323 

506 

— 

1305 

507 

:  : 

724 

508 

319 

509 

= 

707 

510 

713 

513 

= 

701 

515 



894 

516 

- 

443 

518 

== 

768 

519 

<^38 

520 

= 

549 

521 

= 

921 

523 

708 

756 

655 

757 

832 

758 

= 

904 

794 

1098 

795 

 : 

1109 

796 

1114 

797 



1105 

798 

1095 

799 

1106 

800 

1104 

801 



1110 

802 



1101 

803 



1097 

804 



1117 

805 

1103 

806 

1092 

807 

1107 

808 

IUI 

810 

1094 

811 

1096 

P.  812 

— 

1091 

813 

— 

1093 

814 

— 

1125 

815 

— 

1113 

816 

— 

1116 

■  817 

— 

1124 

818 

— 

1102 

819 

— 

1108 

820 

— 

1123 

821 

1100 

S22 

— 

1122 

823 

1112 

824 

— 

1099 

825 

— 

1120 

830 

— 

1115 

845 

— 

1119 

848 

— 

1121 

850 

— 

1118 

1113 

— 

1025 

1117 

— 

469 

1147 

— ■ 

329 

1148 

— 

966 

1151 

— 

919 

1153 

— 

305 

1154 

— 

793 

1160 

— 

911 

1161 

— 

530 

1165 

— ■ 

670 

1174 

— 

915 

1179 

— 

949 

1183 

— 

812 

1195 

— 

918 

1198 



383 

1199 

1050 

1200 

902 

1201 

1033 

1202 

909 

1203 

606 

BERLINER  OSTRAKA. 


31 


P.  1206  =  399 
1211  =  738 
1289  =  384 

1551  =  705 

1552  =  1227 

1553  =  1023 

1554  1026 

1555  =  716 

1556  =  1230 

1557  =  1171 

1559  =  346 

1560  =  328 
1562  =  721 
1564  =  311 

1571  =421 

1572  =  415 

1573  =  417 

1574  =  416 

1575  =  1010 

1577  =  1154 

1578  =  604 

1579  =  578 

1580  798 

1581  =  520 

1582  =  587 

1584  =  901 

1585  =  1163 

1586  =  576 

1587  =  1043 

1588  =  491 

1589  =  671 

1590  -  1066 

1591  =  841 

1592  =  807 
1594  =  641 

1596  =  513 

1597  =  611 
1599  =  1063 


P.  1600  =  789 

1601  =  1287 

1602  =  844 

1603  =  514 

1604  =  774 

1605  =  1041 

1607  =  1176 

1608  =  675 

1609  =  677 

1612  =  676 

1613  =  685 

1614  =  692 

1615  =  370 

1616  =  374 

1617  =  446 

1618  =  470 

1619  =  440 

1620  =  373 

1621  =  375 

1622  =  386 

1623  =  432 

1624  =  423 

1625  =  447 
1627  =  419 

1630  =  480 

1631  =  428 

1632  =  439 

1634  =  465 

1635  =  434 

1636  =  448 

1637  =  449 
1638  -I-  1640  =  1281 

1641  =  435 

1642  =  450 

1644  =  442 

1645  =  1285 

1648  =  1001 

1649  =  986 


32 


II.  KAPITEL. 


P.  1650  = 

1294 

1651  = 

1297 

1652  = 

824 

1653  = 

991 

1654  = 

1004 

1655  = 

897 

1656  = 

441 

1800  = 

820 

1806  = 

851 

1809  = 

388 

1814  = 

503 

3977  = 

351 

3978  = 

748 

3979  = 

715 

3980  = 

352 

3981  = 

1009 

3982  = 

347 

3983  = 

1150 

3987  = 

1232 

3990  = 

1161 

3994  = 

1237 

3996  = 

338 

3997  = 

1256 

3998  = 

306 

3999  = 

320 

4000  = 

333 

4001  = 

744 

4002  = 

749 

4003  = 

723 

4004  = 

739 

4006  = 

1262 

4008  = 

733 

4009  = 

1235 

4018  = 

742 

4019  = 

706 

4020  = 

734 

4021  = 

:  1278 

4023  = 

764 

P.  4024  = 

1014 

4025  = 

972 

4027  = 

867 

4030  = 

808 

4031  = 

956 

4033  = 

945 

4035  = 

967 

4038  = 

1286 

4040  -f-  4085  =  848 


4041 

888 

4046 

914 

4055 

852 

4057 

505 

4058 

959 

4059 

790 

4060 

1038 

4062 

829 

4064 

574 

;7  +  4170  =  ^ 

4068 

977 

4069 

828 

4070 

936 

4081 

837 

4086 

1057 

4094 

985 

4096 

643 

4097 

537 

4099 

898 

4100 

515 

4107 

502 

4114 

976 

4116 

797 

4121 

542 

4123 

796 

4124 

933 

4126 

1019 

4127 

992 

4130 

508 

BERLINER  OSTRAKA. 


33 


P.  4133  =  780 

P.  4265  =  693 

4134  =  940 

4267  =  690 

4135  =  1002 

4268  =  488 

4136  =  917 

4271  =  688 

4137  =  785 

4272  =  456 

4138  =  1250 

4275  =  743 

4139  =  376 

4277  =  1236 

4140  =  506 

4283  =  679 

4141  =  1249 

4294  =  324 

4150  =  390 

4295  =  753 

4153  =  1248 

4296  =  342 

4155  =  562 

4297  =  418 

4156  =  927 

4298  =  414 

4158  =  684 

4299  =  777 

4159  462 

4300  =  412 

4163  =  17 

4301  =  420 

4166  =  289 

4302  =  779 

4168  =  296 

4303  =  1188 

4176  =  634 

4304  =  402 

4180  =  1003 

4305  =  431 

4189  =  683 

4306  =  422 

4190  =  458 

4308  =  437 

4192  =  691 

4310  =  463 

4193  =  1238 

4311  =452 

4196  =  459 

4313  =  314 

4197  =474 

4315  =  732 

4203  =  659 

4317  =  413 

4205  =  1169 

4318  =  1030 

4210  +  4286  =  682 

4319  =  466 

4216  =  823 

4320  =  1283 

4222  =  794 

4322  =  444 

4224  =  1159 

4323  =  461 

4225  =  1264 

4324  =  472 

4227  =  1187 

4325  =  429 

4245  =  509 

4326  =  438 

4251  =  477 

4327  =  1044 

4253  =  471 

4331  =  1217 

4263  =  454 

4334  =  335 

WiLCKEX,  Ostraka, 

3 

n.  KAPITEL. 


P.  4335 

719 

4336 

330 

4337 

= 

1028 

4339 

751 

4341 

1201 

4342 

= 

1231 

4345 

— - 

336 

4347 

755 

4348 

382 

4349 

1258 

4350 

= 

391 

4351 

= 

648 

4352 

360 

4353 

= 

620 

4354 

1039 

4355 

1040 

4356 

= 

784 

4357 

1020 

4358 

= 

526 

4360 

1174 

4361 

= 

674 

4363 

=- 

517 

4364 

= 

1061 

4365 

529 

4366 

1300 

4367 

501 

4371 

= 

1047 

4372 

= 

1291 

4373 

= 

1296 

4374 

= 

974 

4375 

799 

4376 

821 

4378 

- 

623 

4379 

385 

4380 

532 

4382 

1200 

4383 

1175 

4385 

559 

P.  4386 

1246 

4389 

S49 

4392 

1291 

4394 

1295 

4397 

316 

4398 

312 

4399 

325 

4400 

1021 

4404 

1304 

4406 

315 

4410 

727 

4411 

1229 

4413 

= 

871 

4414 

857 

4415 

697 

4416 

875 

4417 

== 

994 

4418 

= 

649 

4419 

916 

4420 

1280 

4422 

1260 

4423 

1079 

4426 

699 

4427 

427 

4428 

1076 

4429 

939 

4430 

- 

1013 

4431 

934 

4432 

= 

485 

4435 

= 

358 

4436 

554 

4437 

843 

4439 

535 

4440 

1018 

4441 

800 

4445 

997 

4446 

975 

4447 

1162 

BERLINER  OSTRAKA. 


35 


R  4448  =  680 

4449  =  673 

4450  =  831 

4451  =  864 

4452  =  1006 

4453  =  815 

4454  =  1155 

4455  =  787 

4456  =  853 

4457  =  637 

4458  =  364 

4459  =  717 

4460  =  519 

4461  =  1202 

4462  =  718 
4464  =  381 

4466  =  595 

4467  =  750 

4468  =  993 

4470  =  349 

4471  =  380 

4472  =  971 

4473  =  625 

4474  =  770 
4476  =  1029 

4478  =  1024 

4479  =  476 

4480  =  564 

4481  =  546 

4482  =  582 

4483  =  929 

4484  =  689 

4485  =  622 

4486  =  473 

4487  =  845 

4488  =  528 

4489  =  393 

4490  =  730 


P.  4491  =  339 
4492  =  763 

4494  =  1179 

4495  =  1078 

4496  =  408 

4498  =  776 

4499  =  1203 

4501  =  855 

4502  =  511 

4503  =  362 

4504  =  819 

4505  =  827 

4506  =  802 

4508  =  1056 

4509  =  1288 

4511  =  398 

4512  =  326 

4513  =  550 

4514  =  1058 

4515  =  1308 

4516  =  885 

4517  =  636 

4518  =  963 

4519  =  617 

4520  =  1053 

4521  =614 

4522  =  672 

4524  =  645 

4525  =  624 

4526  =  524 

4527  =  931 

4528  =  544 

4529  =  1000 

4530  =  858 

4531  =  561 

4532  =  1059 

4533  =  460 

4534  =  618 

3* 


II.  KAPITEL. 


P.  4535 

616 

4536 

1282 

4537 

1022 

4538 

= 

585 

4539 

= 

635 

4540 

= 

430 

4541 

= 

433 

4542 

1045 

4543 

626 

4544 

495 

4545 

= 

884 

4546 

762 

4547 

547 

4548 

= 

778 

4549 

= 

1302 

4550 

590 

4551 

392 

4552 

607 

4553 

752 

4554 

1178 

4555 

951 

4556 

-  - 

818 

4557 

865 

4558 

586 

4559 

619 

4560 

479 

4561 

407 

4562 

= 

594 

4563 

= 

944 

4564 

1302 

4565 

= 

937 

4566 

= 

924 

4567 

1213 

4568 

754 

4569 

621 

4570 

1062 

4571 

566 

4572 

610 

P.  4573 

834 

4574 

654 

4575 

866 

4576 

= 

632 

4577 

541 

4578 

445 

4579 

= 

455 

4580 

984 

4581 

= 

922 

4582 

525 

4583 

- 

403 

4584 

552 

4585 

- 

756 

4586 

1257 

4587 

729 

4588 

523 

4589 

= 

543 

4590 

1046 

4591 

899 

4592 

615 

4593 

337 

4594 

786 

4595 

627 

4596 

- 

1034 

4597 

= 

553 

4599 

1289 

4600 

882 

4601 

= 

989 

4602 

817 

4626 

■ 

1054 

4669 

= 

1042 

4670 

= 

567 

4674 

510 

4675 

1060 

4681 

962 

4713 

357 

4732 

694 

4743  +  4748  =  903 


BERLINER  OSTRAKA. 


37 


P.  4757 

1148 

4758 

1147 

4759 

= 

982 

4761 

498 

4766 

964 

4768 

497 

4770 

- 

666 

4772 

= 

943 

4777 

= 

869 

4781 

633 

4783 

928 

4789 

483 

4800 

631 

4801 

= 

507 

4802 

599 

4803 

698 

4804 

400 

4805 

= 

538 

4806 

720 

4807 

= 

527 

4808 

367 

4809 

= 

378 

4810 

835 

4811 

= 

988 

4816 

= 

1301 

4818 

— 

642 

4821 

365 

4824 

1244 

4825 

1075 

4850 

850 

4852 

950 

4853 

397 

4861 

500 

4862 

638 

4863 

923 

)6  =  630  und  8 

5897 

1247 

5898 

= 

1242 

5899 

960 

5900 

788 

6024 

- 

958 

6047 

1263 

6048 

425 

6049 

372 

6051 

868 

6052 

= 

1245 

6053 

1240 

6054 

= 

968 

6055 

953 

7860 

1268 

7861 

1272 

7862 

1276 

7863 

1271 

7865 

1267 

7866 

1309 

7867 

1275 

7868 

1270 

7869 

1307 

7870 

1273 

7891 

1306 

7896 

1303 

Ausserdem  briugen  noch  die  Nummern  307,  475,  481  und  747 
unserer  Sammlung  Berliner  Texte.  Doch  ist  es  mir  bisher  noch 
nicht  gelungen,  die  betreffenden  Nummern  des  P.  Inventars  zu  eruiren. 


38 


n.  KAPITEL. 


2.  Louvre. 

Die  Benutzung  der  Ostrakonsammlung  des  Louvre  wurde  mir 
von  Herrn  Prof.  Eugene  Revillout,  conservateur  adjoint  au  Musee 
du  Louvre,  in  liebenswürdigster  Weise  freigestellt,  wofür  ich  ihm 
auch  hier  meinen  herzlichsten  Dank  ausspreche.  Meine  Copieen 
sind  im  Herbst  1886  und  im  Frühling  1887  gemacht.  Leider 
habe  ich  seitdem  keine  Gelegenheit  gehabt,  die  Lesungen  zu  revi- 
diren.  Ohne  Zweifel  wird  daher  eine  neue  Revision  von  grossem 
Nutzen  sein. 

Die  Concordanz  ist  folgende: 


Louvre  1  (N.  690)  =  29  Louvre  7218  =  1219 

2  801  7221  =  152 

3  =  118  7242  +  7249  =  235 


4  =  179 

7252  =  814 

5  =  297 

7253  =  90 

6  =  219 

7255  =  260 

7  =  196 

7256  =  876 

8  (N.  690)  =  234 

7260  =  522 

8     =  231 

7291  =  143 

9=236 

7302  =  189 

10  (N.  690)  =  239 

7587/8  =  1196 

12  =  251 

7644  =  198 

13(N.690)  =  298 

7645  =  271 

15  (N.  686)  =  293 

7647  =  155 

16  =  1198 

7648  =  96 

7176  =  1199 

7745  =  783 

7178  =  222 

7747  =  874 

7179  =  268 

7749  =  804 

7184=  165 

7750  =  895 

7185  =  292 

7752  =  1193 

7187  =  281 

7753  =  518 

7188  =  278 

7754  =  411 

7190  =  213 

7761  =810 

7196  =  806 

7764  =  836 

7204  =  290 

7768  =  1052 

7209  =  263 

7774  =  663 

7211  =  1158 

7778  =  1259 

LOUVRE. 


39 


Louvre  7791  =  1090 

Louvre  8154  =  1208 

7799  =  581 

8155  =  912 

7805  361 

8165  =  556 

7807  =  193 

8166  =  1251 

7894  =  712 

8168  =  736 

7945  =  825 

8169  =  409 

7947  =  1214 

8171  =938 

7951  =  651 

8177  =  889 

7953  =  533 

8178  =  588 

7955  =  759 

8194  =  1243 

7962  =  863 

8197  =  1008 

7963  =  579 

8198  =  1015 

7964  =  861 

8199  =  363 

7968  =  1192 

8202  =  910 

8031  =  1624 

8213  =  907 

8034  =  639 

8214  =  603 

8035  =  840 

8258  =  661 

8036  =  1207 

8263  =  816 

8037  =  598 

8268  =  §70 

8038  =  1007 

8304  =  695 

8039  =  568 

8305  =  998 

8041  =  558 

8508  =  1071 

8042  =  981 

8512  =  482 

8043  =  492 

8515  =  1180 

8044  =  406 

8534  =  571 

8045  =  597 

8535  =  883 

8050  =  580 

8537  =318 

8100  =  322 

8546  =  731 

8109  =  308 

8547  =  629 

8135  =  887 

8548  =  628 

8136  =  913 

8559  =  551 

8138  +  8196  =  905 

8569  =  531 

8140  =  878 

8574  =  847 

8141  =  872 

8575  =  979 

8144  =  925 

8578  =  548 

8147  =  1160 

8579  =  565 

8152  =  662 

8581  =  879 

8153  =  687 

8582  =  1070 

40  II.  KAPITEL. 


Louvre  8585  =  377 

Louvre  8674  =  560 

8586  =  569 

8676  =  947 

8590  =  667 

8678  =  652 

8591  =  891 

8681  =  1068 

8592  =  830 

8689  =  948 

8594  =  539 

8694  =  656 

8613  =  487 

8718  =  873 

8615  =  880 

8727  =  813 

8616  =  572 

8736  =  545 

8631  =  644 

8737  =  521 

8651  =  1191 

8741  =  1149 

8652  =  1072 

8745  =  1011 

8654  =  678 

8836  =  1167 

8662  573 

8847  =  726 

Ausserdem  bringen  noch  die  Nummern  6,  7,  309,  426  und 
609  unserer  Sammlung  Louvretexte,  deren  Inventarnummer  anzu- 
geben ich  jedoch  nicht  in  der  Lage  bin.  Auf  Nr.  7  las  ich  Nr.  692, 
doch  ist  dies  nicht  eine  Spezialnummer. 

3.  Bibliotheque  Nationale  zu  Paris. 

Mit  gütiger  Erlaubnis  des  Herrn  Omont  habe  ich  1886/87 
folgende  Ostraka  in  der  Bibliotheque  Nationale  copirt: 
Supplement  Grec  718  =  1173 
„     719  =  299 
„     720  =  240 
„     722  =  221 

4.  British  Museum. 

Die  Ostraka  des  British  Museum  werden  im  Orlen tal  Depart- 
ment conservirt.  Die  älteren  Bestände  habe  ich  zum  guten  Teil  im 
Jahre  1886  abgeschrieben.  Diese  Lesungen  konnte  ich  im  Sommer 
1895  nochmals  revidiren,  wobei  noch  manche  neue  Lesung  ge- 
wonnen wurde  (vgl.  Nachträge).  Gleichzeitig  habe  ich  einen  kleinen 
Teil  der  mehrere  Hunderte  zählenden  Ostrakonsammlung,  die  der 
Director  der  Abteilung,  Herr  Wallis -Budge,  jüngst  aus  Aegypten 
mitgebracht  hat,  noch  in  meine  Sammlung  aufnehmen  können 
(vgl.  Nr.  1335  ff.).    Sowohl  Herrn  Lepage-Renouf,  der  im  Jahre 


LOUVRE          BRITISH  MUSEUM. 


41 


1886,  als  auch  Herrn  Wallis-Budge,  der  1895  mir  mit  der  grössten 
Liberalität  die  Londoner  Ostrakonschätze  zur  Verfügung  stellte, 
sage  ich  raeinen  aufrichtigen  Dank.  Auch  dem  principal  librarian, 
dem  hochverehrten  Ed.  Maunde  Thompson,  der  meine  Studien  im 
British  Museum  stets  auf's  freundlichste  gefordert  hat,  möchte  ich 
nicht  verfehlen,  hier  meinen  herzlichen  Dank  auszusprechen. 


Brit.  M.  5305  =  191  Brit.  M.  5823  =  135 

5790  =  304  5824  =  257 

5791  =  104  5825  =  178 
5791  n+ 14169  (5791p.) -128  5826  =  245 


5792  =  51 

5827  =  657 

5793  =  161 

5828  =  13 

5794  =  166 

5829  =  313 

5795  =  113 

5831  =  261 

5796  =  163 

5834  =  216 

5799  =  246 

5838  =  1337 

5800  =  250 

5845  =  14 

5801  =  181 

5846  =  1340 

5802  =  188 

12070  =  241 

5803  =  176 

12086  =  210 

5804  =  175 

12088  =  256 

5807  =  200 

12096  =  264 

5808  =  199 

12103  =  105 

5809  =  169 

12106  =  214 

5810  =  272 

12115  =  232 

5811  =  201 

12116  =  162 

5812  =  205 

12118  =  38 

5813  =  227 

12126  =  209 

5814  =  238 

12135  =  100 

5815  =  92 

12146  =  262 

5816  =  217 

12150  -f  12144  =  1 

5817  =  218 

12159  =  48 

5818  =  208 

12162  =  254 

5819  =  195 

12165  =  138 

5820  =  180 

12275  =  893 

5821  =  252 

12405  =  273 

5^22  =  15 

12423  =  478 

42 


IL  KAPITEL. 


Brit.  M.  12424 

493 

Brit.  M.  12674  =  1031 

12430 

= 

1460 

12675  =  340 

12432 

1475 

12677  =  396 

12441 

31 

12679  =  1393 

12452 

= 

669 

12680  =  833 

12457 

= 

668 

12681  =  728 

12460 

244 

12682  =  665 

12462 

= 

119 

12691  =  1434 

12467 

= 

467 

12692  =  769 

12472 

1051 

12693  =  1186 

12476 

243 

12697  =  761 

12477 

= 

451 

12698  =  700 

12485 

= 

19 

12699  =  970 

12611 

371 

12701  =584 

12618 

= 

766 

12703  =  826 

12623 

1234 

12706  =  600 

12625 

1190 

12707  =  767 

12627 

350 

12712  =  646 

12629 

= 

758 

12715  =  926 

12630 

= 

1422 

12718  =  404 

12632 

920 

12722  =  1353 

12633 

714 

12731  =512 

12634 

343 

12734  =  327 

12635 

612 

13968  (5790 1)  =  88 

12636 

765 

13969  (5790  a)  =  73 

12639 

= 

405 

13970  (5791  f)  =  106 

12640 

1336 

13971  (5790  g)  =  86 

12642 

1449 

13972  (5788  e)  =  56 

12647 

969 

13973  (5790  b)  =  49 

12648 

355 

13974  (5790  o)  =  32 

12650 

387 

13975  (5790  c)  =  94 

12657 

516 

13976  (5790w)  =  97 

12661 

366 

13977  (5791  1)  =  87 

12662 

1221 

13978  (5790  s)  =  76 

12664 

359 

13979  (5790 1)  =  98 

12665 

890 

13980  (5790  m)  =  62 

12669 

980 

13981  (5790  n)  =  102 

12673 

760 

13982  (5891  a)  =  53 

BRITISH  MUSEUM. 


43 


13983(5791  b)  =  81 

13984  (5791  s)  =  69 

13985  (5791  e)  =  85 

13987  (5790  b)  =  80 

13988  (5790  f)  =  103 

13989  (5790  k)  =  60 

13990  (5788  e)  =  74 

13991  (5790  m)  =  64 

13992  (5790  r)  =  66 

13993  (5791  m)  =  1157 

13994  (5790  a)  =  68 

13995  (5790  n)  =  72 

13996  (5788  f)  =  63 

13997  (5790  f)  =  194 

13998  =  270 

13999  (5790  t)  =  207 

14000  (5791  h)  =  116 

14001  (5790 1)  ==  130 

14002  (5790  g)  =  65 

14003  (5790  c)=  136 

14004  =  1220 

14014  (5790  r)+ 14051  (5788c) 
=  120 

14016  (5791  i)  =  39 

14017  (5791  c)  =  47 

14018  (5790  h)  =  37 

14019  (5790  k)  =  18 

14020  (5791j)  =  27 

14021  (5790w)=:45 

14022  (5819  i)  =  279 

14023  (5790  x)  =  34 

14024  (5789  e)  =  44 
14034  (5791  V)  =  55 
14041  (5791  d)  =  25 

14047  (5791  n)  =  89 

14048  (5791  g)  =  115 

14049  (5788  d)  =  67 
14052  (5790  s)  =  108 


14058  (5791  n)  =  59 

14059  (5788  a)  =  36 

14060  (5791  q)  =  123 
14063  =  220 

^    14068  (5789  d)  =  274 
14103  (5805  A)  =  1487 
14112(5790  p)  =  122 
14113(5790  i): 

14114  (5790  d) 

14115  (5790  o) 
14116(5790  e)  =  10 

14117  (5790  d)  =  75 

14118  (5790  g)  =  61 
14119(5805  b)  =  148 

14120  (5790  e)  =  127 

14121  (5790  u)  =  131 

14122  (5791  k) 

14123  (5790  i)  -- 

14129  =  1152 

14130  (5789  f) 

14131  (5790  z)  =  78 

14137  (5790  p)  =  109 

14138  (5890  b)  =  9 
14145  =  253 

14155(5819d;nachBirch5819c) 
+  14011  (5790  h)  =  50 
14162  (5791  1)  =  132 

14171  (5805  d)  =  112 

14172  (5805  e)  =  202 
14175  (5819  m)  =  288 

14183  =  204 
14186  =  1218 
14189  (5851  a  nach  Birch) 
=  269 
14201  =  22 

14906  =  40 

14907  =  124 
14908  -h  15668  =  249 


83 
=  26 
=  52 


=  134 
140 

255 


44 


II.  KAPITEL. 


14910 

186 

16014 

= 

126 

16456 

464 

16459 

1454 

16461 

1252 

16463 

1195 

16464 

781 

16467 

1372 

16468 

555 

16471 

1049 

16473 

= 

42 

16474 

436 

16475 

961 

16482 

1222 

16486 

771 

16507 

886 

25523 

1425 

25527 

1338 

25528 

1392 

25529 

= 

1457 

25530 

1335 

25535 

= 

1472 

25544 

1458 

25545 

1409 

25546 

1482 

25550 

1466 

25590 

= 

1413 

25593 

1456 

25594 

1424 

25596 

1417 

25597 

1380 

25599 

1406 

25603 

-  - 

1437 

25605 

1397 

25606 

1345 

25608 

1464 

25609 

1359 

25616 

1455 

25621 

= 

1421 

25623 

1352 

25625 

1465 

25630 

1408 

25631 

1368 

25633 

1423 

25636 

= 

1468 

25641 

1348 

25666 

1385 

25672 

= 

1428 

25674 

= 

1420 

25681 

1418 

25696 

= 

1436 

25699 

1398 

25706 

= 

1427 

25709 

1366 

25718 

1485 

25722 

1446 

25726 

= 

1469 

25730 

1474 

25736 

1488 

25739 

1350 

25745 

1384 

25751 

1481 

25764 

1383 

25769 

1371 

25776 

- 

1416 

25779 

1484 

25788 

1414 

25789 

= 

1459 

25794 

1403 

25803 

1355 

25804 

= 

1410 

25816 

1431 

25837 

1483 

25840 

1349 

25842 

1377 

25844 

1391 

BRITISH  MUSEUM. 


45 


25863  = 

1396 

25957  =  1351 

25864  = 

1395 

25959  =  1402 

25868  = 

1342 

25962  =  1390 

25873  = 

1375 

25963  =  1354 

25875  = 

1367 

25965  =  1473 

25879  = 

1452 

25966  =  1387 

25883 

1476 

25969  =  1426 

25887  = 

1399 

25983  =  1432 

25893 

1357 

25989  =  1339 

25899  = 

1479 

25997  =  1453 

25900  = 

1480 

25998  =  1415 

25901  = 

1477 

26006  =  1447 

25906  = 

1405 

26008  =  1441 

25910  = 

1358 

26049  =  1363 

25914  = 

1404 

26059  =  1439 

25915  = 

1429 

26066  =  1444 

25917  = 

1346 

26078  =  1462 

25927  = 

1407 

26081  =  1401 

25936  = 

1376 

26082  =  1445 

25939  = 

1430 

26084  =  1411 

25944  = 

1400 

26085  =  1394 

25952  = 

1344 

26093  =  1471 

25956  = 

1412 

26115  =  1448 

Nur  eine  Nummer  konnte  ich  nicht  identificiren,  Nr.  70.  Nach 
Birch  a.  a.  O.  müsste  sie  im  British  Museum  Nr.  5790  o  sein,  was 
aber  nicht  der  Fall  ist. 

5.  Leidener  Museum. 

Die  Leidener  Ostraka  werden  im  Nederlandsche  Museum  van 
Oudheden  conservirt.  Auch  diese  Sammlung  ist  erst  nach  und  nach 
zu  ihrem  jetzigen  Bestände  angewachsen.  Den  Grundstock  bildet 
die  Sammlung  Anastasy,  die  im  J.  1829  angekauft  wurde.  Ihr 
gehören  diejenigen  Ostraka  an,  die  nur  mit  Zahlen  numerirt  sind. 
Die  mit  BA  bezeichneten  wurden  im  J.  1882  aus  dem  Nachlass  des 
Herrn  Beeftingh  in  Rotterdam,  der  sie  in  Aegypten  gesammelt  hatte, 
gekauft.  Endlich  die  mit  Ae.  S.  bezeichneten  sind  von  J.  H.  Insinger 
gesammelt  und  1888  dem  Leidener  Museum  geschenkt  worden.  Als 
ich  1886  unter  dem  Directorat  des  unvergesslichen  Conrad  Leemans 


II.  KAPITEL. 


dort  arbeitete,  habe  ich  die  Ostraka  nur  wenig  berücksichtigt,  sodass 
ich  die  Lesungen  für  dies  Buch  nachher  aus  den  Leemans'schen 
Facsimilia  gewinnen  musste.  Erst  1895  habe  ich  sie  nach  den 
Originalen  revidirt  (vgl.  Nachträge).  Gleichzeitig  habe  ich  mehrere 
der  neuen  Erwerbungen  hinzugefugt.  Dem  Assistenten  des  Museums, 
Herrn  Dr.  Boeser,  der  in  Abwesenheit  des  verehrten  Directors  Herrn 
Pleyte  mir  die  Schätze  seines  Museums  in  freundlichster  AVeise  zur 
Verfügung  stellte,  sei  auch  an  dieser  Stelle  mein  herzlichster  Dank 
ausgesprochen. 


435  =  1 153 

Ae.  S 

65  =  1326 

448  =  1322 

69  =  1315 

453^=295 

72  =  1311 

453^=1 

75  =  1324 

455  ==  23 

jj 

76  =  1312 

456  =  2 

j) 

77  =  1316 

457  =  184 

jj 

79  =  1328 

459  =  275 

5> 

81  =  1332 

461  =  5 

84  =  1329 

462  =  151 

>J 

85  =  1317 

BA  200  =  3 

J> 

91  =  1313 

Ae.  S.  47  =  1319 

5> 

93  =  1325 

„     57  =  1330 

94  =  1314 

„     58  =  1333 

99  =  1321 

„     60  =  1327 

» 

124  =  1334 

„     ()2  =  1331 

126  =  1320 

„     64=  1323 

132  =  1318 

6.  Rom. 

Die  Ostraka,  die  in  der  aegyptischen  Abteilung  der  vatica- 
nischen  Sammlungen  aufbewahrt  werden,  habe  ich  im  Frühling  1887 
mit  freundlicher  Erlaubnis  des  inzmschen  verstorbenen  Commen- 
datore  Visconti  abgeschrieben.  Folgende  sind  in  dies  Buch  auf- 
genommen: 

Vat.  1  =  16  6  =  129 

3  =  91  7  =  168 

4  =  95  10  =  215 

5  =  125 


LEIDEN  BONN. 


47 


7.  Turin. 

Im  Museo  Egizio  e  di  antichitä  Greco-Romane  (im  Palazzo  deW 
Äccademia  delle  Scienze)  habe  ich  im  Frühling  1887  mit  freundlicher 
Erlaubnis  der  Direction  folgende  Ostraka  abgeschrieben: 

Tur.  14  =  93  18  =  145 

15=267  19  =  287 

16  =  276  20  =  280 

17  =  172 


8.  Florenz. 

Aus  der  aegyptischen  Abteilung  des  Archäologischen  Museums 
zu  Florenz  sind  drei  Ostraka,  die  ich  im  Frühling  1887  copirt 
habe,  in  dies  Buch  aufgenommen:  Flor.  5633  =  147,  56327  (oder 
5632,7?)  =  185  und  ein  damals  Unnumerirtes  =  775. 


9.  Bonn. 

Die  Ostrakonsammlung  des  „Vereins  von  Altertumsfreunden  im 
Rheinlande"  zu  Bonn  umfasst  47  Nummern.  Sie  stammen  aus  der 
Karnaker  Sammlung  Alfred  Wiedemann's.  Im  Jahre  1888  hatte  der 
Vorsitzende,  Herr  Prof.  Joseph  Klein,  die  grosse  Liebenswürdigkeit, 
mir  diese  Ostraka  zum  Studium  in  das  Berliner  Museum  zu  schicken. 
Ihm  sowie  Herrn  Prof.  Wiedemann  sage  ich  auch  hier  nochmals 
meinen  ergebensten  Dank.  Der  grösste  Teil  dieser  Ostraka  ist  in 
unser  Buch  aufgenommen,  nachdem  ich  sie  früher  schon  besonders 
in  dem  Jahrbuch  des  Vereins  (s.  unten)  publicirt  hatte.  Da  die 
Bonner  Ostraka  wenigstens  damals  keine  Spezialnummern,  sondern 
nur  eine  allgemeine  Inventarnummer,  A.  V.  1237,  fährten,  so  kann 
ich  im  Folgenden  nur  die  Nummern  nennen,  die  sie  in  unserem 
Buche  tragen:  353,  410,  468,  484,  494,  496,  499,  534,  536,  596, 
681,  686,  702,  709,  722,  725,  735,  745,  746,  773,  782,  792, 
882,  906,  946,  978,  983,  990,  1012,  1069,  1073,  1168,  1170, 
1172,  1181,  1209,  1210,  1211,  1212,  1241. 

10.  München. 


Das  Münchener  Antiquarium  in  der  Neuen  Pinakothek  besitzt  eine 
Anzahl  von  griechischen  Ostraka,  die  in  Glaskästen  ausgestellt  sind. 


48 


II.  KAPITEL. 


Mit  freundlicher  Erlaubnis  des  inzwischen  verstorbenen  Directors, 
Herrn  Prof.  Lauth,  habe  ich  in  der  Sammlung  gearbeitet  und  habe, 
bei  beschränkter  Zeit,  wenigstens  einen  Teil  der  Urkunden  für  unser 
Buch  druckfertig  gemacht.  Da  ich  meine  Lesungen  seit  1888  nicht 
revidirt  habe,  dürfte  jetzt  Manches  nachzutragen  sein.  Spezial- 
nummern  führten  die  Scherben  damals  nicht.  Ich  kann  hier  also 
nur  angeben,  w^elche  Nummern  unseres  Buches  Münchener  Ostraka 
bringen.  Es  sind  folgende:  12,  30,  46,  54,  58,  99,  141,  159,  171, 
177,  187,  197,  212,  223,  224,  229,  248,  259,  284,  300,  1151,  1197. 

11.  Ashmolean  Museum  in  Oxford. 

Das  Ashmolean  Museum  besitzt  mehrere  griechische  Ostraka, 
von  denen  3  in  unser  Buch  aufgenommen  sind.    Die  Originale  zu 
prüfen  habe  ich  leider  nicht  Gelegenheit  genommen;  meine  Lesungen 
basiren  auf  Sayce's  Publication.    Es  sind  folgende  Nummern: 
Ashmol.  1218  =  III 
1221  =  117 
1222=  57 

12.  Wien. 

Die  Ostraka  der  Wiener  Sammlungen  habe  ich  nicht  im  Original 
gesehen.  Meine  Lesungen  beruhen  nur  auf  Publicationen.  Nur 
Eines  (1623)  konnte  ich  auf  Grund  einer  photographischen  Re- 
production  lesen.  Folgende  Nummern  unserer  Sammlung  enthalten 
Wiener  Texte:  247,  283,  999,  1623. 

13.  Lemgo  (Lippe). 

Dem  Gymnasium  zu  Lemgo  gehören  6  Ostraka,  die  ein  früherer 
Schüler  der  Anstalt,  der  Verlagsbuchhändler  Langewort  (in  Berlin), 
in  Aegypten  gekauft  und  dem  Gymnasium  geschenkt  hat.  Herrn 
Director  A.  Jordan  sage  ich  auch  hier  nochmals  meinen  herzlichsten 
Dank  für  die  grosse  Liebenswürdigkeit,  mit  der  er  mir  auf  meine 
Bitte  die  Originale  nach  Breslau  zum  Studium  geschickt  hat  (1894). 
Folgende  vier  Nummern  enthalten  Lemgoer  Texte:  1277,  1292, 
1299,  1310. 

Abgesehen  von  diesen  öffentlichen  Sammlungen  gelang  es  mir 
auch  manche  Ostraka  kennen  zu  lernen,  die  sich  im  Privatbesitz 
befinden.    Ich  führe  die  Besitzer  in  alphabetischer  Reihenfolge  auf. 


PRn'ATSA:M:MLUXGEN. 


49 


14.  C.  Appleton. 

Dem  verstorbenen  C.  Appleton  gehörte  unsere  Nummer  150. 
Wo  sich  das  Original  befindet,  weiss  ich  nicht  zu  sagen.  Meine 
Publication  basirt  auf  der  Mitteilung  Birch's. 

15.  Bankes. 

W.  Bankes,  der  glückliche  Finder  der  Ilias  Bankesiana  und  des 
bilinguen  Obelisken  von  Philae,  hat  am  Anfang  unseres  Jahrhunderts 
auch  7  Ostraka  auf  Elephantine  geftinden.  Als  ich  im  Sommer  1886 
sein  herrliches  Schloss  in  Kingston  -  Hall  (Dorsetshire)  zwecks 
des  Studiums  jenes  Obelisken  besuchte,  habe  ich  mich  vergeblich 
nach  diesen  Ostraka  umgesehen.  Auch  der  jetzige  Besitzer,  Herr 
Ralph  Bankes,  wusste  mir  keine  Auskunft  über  sie  zu  geben.  So 
blieb  ich  für  meine  Publication  auf  die  Facsimilia  angewiesen,  die 
Peter  Paul  Dobree  in  seinen  „Miscellaneous  notes  on  inscriptions" 
(nach  seinem  Tode  erschienen,  Cambridge  1835)  mitgeteilt  hat.  Die 
Kenntnis  dieses  seltenen  Buches  verdanke  ich  Richard  Schoene,  ohne 
dessen  Hinweis  ich  diese  Ostraka  jedenfalls  übersehen  hätte.  Folgende 
Nummern  unserer  Sammlung  bieten  Bankes-Ostraka :  101,  133,  174, 
183,  282,  303. 

16.  Grevllle  ehester. 

Nach  Sayce's  Angabe  befindet  sich  unsere  Nummer  1156  im 
Besitz  von  Greville  Chester.  Meine  Publication  beruht  auf  der  von 
Sayce. 

17.  Aquila  Dodgson. 

Nach  Birch's  Mitteilung  befindet  sich  unsere  Nummer  71  im 
Besitz  von  Aquila  Dodgson.  Meine  Lesungen  beruhen  auf  der  Publi- 
cation von  Birch. 

18.  Eisenlohr. 

Herr  Prof.  Eisenlohr  in  Heidelberg  hatte  vor  mehreren  Jahren 
die  grosse  Freundlichkeit,  mir  einige  ihm  gehörige  Ostraka  nach 
Berlin  zum  Studium  zu  schicken.  Zwei  davon  habe  ich  in  unsere 
Sammlung  aufgenommen,  als  Nr.  650  und  987. 

19.  Finlay. 

Der  Collection  Finlay  zu  Athen  gehört  unsere  Nummer  242 
an.    Das  Original  habe  ich  nicht  gesehen. 

WiLCKEX,  Ostraka.  4r 


50 


II.  KAPITEL. 


20.  Fröhner. 

In  der  reichen  Privatsammlung  von  Wilhelm  Fröhner  (Paris) 
befinden  sich  mehrere  Ostraka,  von  denen  ich  mit  seiner  freundlichen 
Erlaubnis  vier  in  meine  Sammlung  aufgenommen  habe,  als  Nr.  21, 
24,  79,  1177. 

21.  Gau. 

Ueber  die  Schicksale  der  vom  Architekten  Gau  1819  gefundenen 
Ostraka  von  Dakkeh  habe  ich  oben  S.  20  berichtet.  In  unserer 
Sammlung  gehören  ihr  Nr.  1128—  1146  und  1223  an.  Meine 
Lesungen  sind  nach  Taf.  VIII  und  IX  des  unten  genannten  Denk- 
mälerwerkes von  Gau  gewonnen. 

22.  Hess. 

Herrn  Prof.  Jean  Jacques  Hess  in  Freiburg  i.  d.  Schweiz  bin  ich 
zu  grossem  Dank  verbunden,  dass  er  mir  seine  kleine,  aber  ganz 
ausgezeichnete  Ostrakonsammlung,  die  er  jüngst  in  Aegypten  erworben 
hat,  zum  Studium  nach  Breslau  geschickt  hat  (1895).  Die  Hess'- 
schen  Ostraka  gehören  zu  den  interessantesten  und  best  erhaltenen 
Stücken  unserer  Sammlung.  Ich  habe  15  Nummern  in  unser  Buch 
aufgenommen  (von  Nr.  1608 — 1622). 

23.  Charles  H.  Keene. 

Zwei  im  Besitz  des  Herrn  Charles  H.  Keene  befindliche  Ostraka 
habe  ich  unter  Nr.  1228  und  1239  publicirt.  Die  Originale  habe 
ich  nicht  gesehen. 

24.  Collection  Marcel. 

Zwei  Ostraka  der  Collection  Marcel  in  Lausanne  gebe  ich  unter 
Nr.  139  und  302  nach  den  Abschriften  Wilhelm  Fröhner's,  die  dieser 
mir  freundlichst  überliess. 

25.  Flinders  Petrie. 

Flinders  Petrie,  der  mit  glücklichem  Spaten  so  manche  alte 
aegyptische  Stadt  aus  dem  Schutt  wieder  hervorgezaubert  hat,  hat  neben 
anderen  vielen  Schätzen  auch  eine  grössere  Ostrakonsammlung  heim- 
gebracht, die  zur  Zeit  im  Petrie-Museum  im  University-College  zu  London 
conservirt  wird.    Auf  meine  Bitte  hat  Herr  Petrie  mir  im  Sommer 


PRIVATSAIOILUNGEN. 


51 


1895  diese  Sammlung  auf  das  bereitwilligste  zum  Studium  zur 
Verfügung  gestellt,  wofür  ihm  mein  wärmster  Dank  gebührt.  Bei 
beschränkter  Zeit  konnte  ich  nur  einen  kleinen  Teil  davon  meinem 
Buche  einverleiben.  Hoffentlich  werden  auch  die  anderen  bald  publi- 
cirt  werden.  Da  ich  die  von  mir  abgeschriebenen  Ostraka  auf  Wunsch 
des  Herrn  Petrie  mit  fortlaufenden  Ummern  versehen  habe,  so 
gebe  ich  hier  die  Konkordanz  dieser  mit  den  Nummern,  die  sie  in 
meinem  Buch  erhalten  haben: 


Petrie    1  =  1381 

Petrie  19  =  1360 

2  =  1378 

20  =  1440 

3  =  1382 

21  =  1369 

4  =  1438 

22  =  1347 

5  =  1379 

23  =  1486 

6  =  1388 

24  =  1461 

7  =  1341 

25  =  1435 

8  =  1419 

26  =  1442 

9  =  1386 

27  =  1389 

10  =  1361 

28  =  1365 

11  =  1343 

29  =  1370 

12  =  1364 

30  =  1433 

13  =  1467 

31  =  1463 

14  =  1451 

32  =  1356 

15  =  1373 

33  =  1443 

16  =  1362 

34  =  1450 

17  =  1478 

35  =  1470. 

18  =  1374 

26.  Du  Rocher. 

Nr.  233  unserer  Sammlung  war,  nach  Lenormant's  Angabe,  im 
Jahre  1851  im  Besitz  eines  Herrn  du  Rocher.  Hase  hatte  es  damals 
in  seinem  cours  de  paleographie  seinen  Schülern  vorgelegt.  Weiteres 
ist  mir  über  den  Verbleib  dieses  Ostrakon  nichts  bekannt. 

27.  A.  H.  Sayce. 

Die  Privatsammlung  von  Sayce  gehört  zu  den  bedeutendsten 
Ostrakonsammlungen  überhaupt.  Er  ist  wohl  der  Einzige,  der  schon 
seit  Jahren  systematisch  Nachforschungen  nach  Ostraka  in  Aeg}^ten 
anstellt,  und  dies  mit  glänzendstem  Erfolg.    Ueber  tausend  Ostraka 

4* 


52 


II.  KAPITEL. 


liegen  im  Queen's  College  zu  Oxford  in  seiner  Wohnung.  Etwa 
eben  so  viele  aber  befinden  sich,  so  schreibt  er  mir,  auf  seiner  Daha- 
biye  auf  dem  Nil.  Von  ganzem  Herzen  danke  ich  Mr.  Sayce  für  die 
unübertrefiliche  Liberalität  und  Selbstlosigkeit,  mit  der  er,  sowohl 
188G  als  auch  wieder  1895,  mir  seine  Oxforder  Schätze  zur  Ver- 
fügung gestellt  hat.  Hier  erübrigt  es  nur  noch,  ziffernmässig  fest- 
zustellen, wieviel  mein  Buch  ihm  verdankt.  Da  die  Ostraka  von 
Sayce  bis  jetzt  keine  Spezialnummern  tragen,  so  kann  ich  hier  nur 
die  Nummern  unserer  Sammlungen  aufführen.  Ich  bemerke,  dass 
die  Spezialnummern,  die  ich  im  Anhang  III  habe  mit  abdrucken 
lassen,  sich  nur  auf  die  Reihenfolge  beziehen,  in  der  ich  meine  Copieen 
angefertigt  habe.  Da  dies  ohne  allgemeines  Interesse  ist,  so  bleiben 
sie  hier  unberücksichtigt.  Folgende  Nummern  gehören  der  Sammlung 
Sayce  an:  266,  341,  344,  348,  354,  369,  379,  389,  394,  401, 
424,  453,  457,  486,  577,  591,  605,  613,  647,  664,  703,  704, 
740,  741,  757,  791,  803,  805,  896,  908,  930,  932,  942,  954, 
995,  1005,  1016,  1032,  1035,  1037,  1065,  1067,  1080—1088, 
1166,  1182—1184,  1189,  1216,  1225,  1233,  1253  —  1255, 
1489—1607. 

28.  Walker. 

Als  ich  1886  im  British  Museum  arbeitete,  wurderi  mir  einige 
Ostraka  zur  Begutachtung  vorgelegt,  die  ein  Mr.  Walker  sich  aus 
Aegypten  mitgebracht  hatte.  Mit  gütiger  Erlaubnis  des  Besitzers 
habe  ich  sie  abgeschrieben  und  vier  davon  als  Nr.  82,  158,  164,  203 
in  meine  Sammlung  aufgenommen. 

29.  Wilcken. 

Ich  selbst  bin  ohne  mein  Zuthun  glücklicher  Besitzer  einer 
hübschen  kleinen  Ostrakonsammlung  geworden.  Mein  väterlicher 
Freund  Georg  Ebers,  der  verstorbene  Aegyptologe  Heinrich  Brugsch 
und  der  um  die  Ostraka  so  hoch  verdiente  Wilhelm  Fröhner  waren 
die  gütigen  Geber.  In  diesem  Buche  sind  folgende  Nummern  meiner 
Privatsammlung  entnommen:  8,  43,  173,  226,  842,  1017,  1027, 
1055,  1164,  1194,  1226,  1266.  Ich  bemerke,  dass  auch  die  6  Ostraka 
darunter  sind,  die  in  den  beigefügten  Tafeln  in  Facsimile  reproducirt 
worden  sind.  Ich  war  hierfür  auf  meine  eigene  Sammlung  angewiesen, 
da  ich  nicht  fremde  Stücke  in  das  Leipziger  Institut  schicken  konnte. 


PRIVATSAMMLUNGE  X 


—  ANORDNUNG  DER  TEXTE. 


53 


30.  Besitzer  unbekannt. 

Ich  stelle  hier  diejenigen  Xuramern  zusammen,  die  ich  nur  aus 
PubKcationen  kenne,  ohne  ihren  Aufbewahrungsort  angeben  zu 
können.  Es  sind  Xr.  114,  144,  146,  156,  170,  206,  228.  Zwei 
davon,  146  und  228,  sollen  von  Belzoni  nach  England  gebracht 
worden  sein;  doch  ist  mir  Genaueres  darüber  nicht  bekannt. 

Endlich  habe  ich  noch  darauf  hinzuweisen,  dass  mr  es  in  2  Fällen, 
in  Nr.  192  und  230,  aus  Gründen,  die  dort  angeführt  sind,  wahr- 
scheinlich mit  Fälschungen  Lenormant's  zu  thun  haben.  Nicht  als 
ob  er  versucht  hätte,  falsche  Originale  herzustellen;  sondern  erdichtete 
Texte,  so  scheint  es,  hat  er  publicirt,  die  er  angeblich  auf  Ostraka 
gelesen  haben  will. 


Die  Anordnung  der  Texte  im  II.  Buche  ist  nach  folgenden 
Gesichtspunkten  getroffen  worden.  Die  Texte  sind  zunächst  nach  den 
Fundorten  gesondert.  Innerhalb  der  so  entstehenden  Rubriken  sind 
die  Quittungen  in  der  Weise  geordnet,  dass  in  chronologischer  Folge 
erst  die  über  Geldzahlungen,  dann  die  über  Naturallieferungen, 
endlich  die  über  Zahlungen  mit  ungenanntem  Zahlungsmittel  auf- 
geführt sind.  In  Anhang  I  sind  darauf  mehrere  Texte  zusammen- 
gestellt, die  nicht  Quittungen  enthalten,  sondern  nur  die  anderweitige 
Verwendung  der  Scherben  illustriren  sollen.  In  Anhang  II,  der 
wieder  Quittungen  bringt,  ist  dasselbe  Anordnungsprincip  durch- 
geführt wie  vorher  in  dem  Hauptteil.  Dagegen  habe  ich,  z.  T. 
aus  rein  praktischen  Gründen,  geglaubt,  in  Anhang  III,  den 
ich  erst  in  der  zwölften  Stunde,  nach  meiner  letzten  englischen 
Reise  (1895),  schaffen  konnte,  von  diesem  System  absehen  zu 
sollen.  Ich  habe  hier  die  Texte  lediglich  nach  den  Museen,  in 
denen  sie  conservirt  werden,  gesondert  und  gebe  sie  innerhalb  dieser 
Rubriken  ohne  Rücksicht  auf  ihren  Inhalt  in  chronologischer  Folge. 
Die  Unregelmässigkeit,  die  hierdurch  sowie  überhaupt  durch  die 
Anhänge  entstanden  ist,  möge  man  damit  entschuldigen,  dass  mir 
während  der  Arbeit  fortwährend  neues  Material  zugeflossen  ist.  Ich 
hielt  es  für  besser,  diese  kleine  Unbequemlichkeit  mit  in  Kauf  zu 
nehmen,  als  darum  auf  die  neuen  Quellen  zu  verzichten.  Man 
druckt  eben  nicht  ungestraft  sieben  Jahre  an  einem  Buche! 


54 


II.  KAPITEL. 


Zum  Schluss  möchte  ich  noch  ein  Wort  über  die  äussere  Con- 
servirung  der  Ostraka  sagen.  Im  Allgemeinen  kann  man  es  ja 
nur  mit  Bewunderung  hervorheben,  wie  vortrefflich  diese  Urkunden, 
die  doch  durchschnittlich  1500 — 2000  Jahre  alt  sind,  sich  erhalten 
haben.  Die  Schriftzüge  sind  meist  von  einer  Klarheit  und  Frische, 
die  Tinte  von  einer  Schwärze,  dass  man  oft  glauben  könnte,  der 
Text  sei  erst  heute  geschrieben.  Diese  staunenswerte  Conservirung 
verdanken  wir  dem  aegyptischen  Sande,  unter  dem  die  Scherben 
bis  jetzt  geruht  haben.  Leider  ist  zu  constatiren,  dass  die  Ostraka, 
wenn  sie  dieser  schützenden  Hülle  beraubt  werden  und  in  die  Museen 
gelangen,  allmählich  anfangen  zu  verfallen!  Wenigstens  gilt 
das  von  denen,  die  in  unser  nordisches  Klima  kommen.  Zum 
Glück  scheinen  nicht  alle  in  gleicher  Weise  der  Gefahr  ausgesetzt 
zu  sein.  Ich  habe  beobachtet,  dass  die  Ostraka  aus  Elephantine, 
die  zum  grössten  Teil  schon  seit  dem  Anfang  des  Jahrhunderts  in 
unseren  Museen  liegen,  sich  vortrefflich  erhalten  und  keine  Spur 
eines  Zerfalles  zeigen.  Dagegen  sind  leider  die  Karnaker  Ostraka, 
die  doch  erst  seit  Anfang  der  achtziger  Jahre  unsere  Museen  füllen, 
fast  sämmtlich  als  Todeskandidaten  zu  bezeichnen.  ^  Der  Grund  für 
diese  Erscheinung  kann  wohl  nur  in  der  verschiedenen  chemischen 
Zusammensetzung  des  an  den  beiden  Orten  verwendeten  Materials 
gesucht  werden.  Es  scheint,  dass  das  thebanische  Thonmaterial 
ganz  besonders  salzhaltig  ist,  Avährend  das  von  Elephantine  relativ 
salzfrei  ist,  denn  Salzkrystalle  sind  es,  die  unsere  Ostraka  zer- 
fressen. Aus  dem  Innern  der  Scherben  schiessen  allmählich  schnee- 
weisse  Salzkrystalle  zu  Hunderten  und  Tausenden  hervor  und  zer- 
stören nach  und  nach  die  mit  Schrift  bedeckte  Oberfläche.  Ich 
habe  diesen  Process  in  den  verschiedensten  Stadien  leider  nur  zu 
oft  beobachten  können,  namentlich  in  Berlin  und  London.  In  beiden 
Sammlungen  ist  es  mir  mehrfach  vorgekommen,  dass  Ostraka,  die 
ich  noch  vor  einigen  Jahren  als  völlig  unversehrte  Urkunden  habe 
entziffern  können,  hoffnungslos  zerstört  mir  wieder  vor  Augen  ge- 
kommen sind.  So  steht  es,  um  ein  Beispiel  zu  geben,  mit  unserer 
Nr.  340,  die  ich  1886  im  British  Museum  noch  vollständig  lesen 
konnte,  1895  aber  als  völlig  zerfressen  bei  Seite  legen  musste. 
Solche  Stücke  sind  meist  bis  zu  einer  Höhe  von  etwa  Centimeter 
oder  mehr  mit  einem  dichten  Wald  weisser  Krystalle  bedeckt.  Hat 
die  Oberfläche  der  Scherbe  in  sich  festen  Zusammenhang,  so  zer- 


I 

i 

CONSERVIEUNG  DER  OSTEAKA.  55 


sprengen  die  von  innen  hervorschiessenden  Krystalle  sie  und  tragen 
dann  die  einzelnen  Fragmentchen  mit  samrat  den  Schriftzügen  bis  zu 
verschiedener  Höhe  empor.  Am  markantesten  trat  mir  ein  solcher 
Fall  in  unserer  Nr.  714  entgegen,  als  ich  sie  1895  in  London  wieder- 
sah. Solche  Stücke  sind  natürlich  verloren,  denn  ohne  Anstrengung 
könnte  man  die  Krystalle  mit  sammt  den  beschriebenen  Thonfrag- 
mentchen  wie  die  Flocken  einer  Butterblume  hinwegblasen.  AVeniger 
geßlhrlich  sind  die  Scherben,  deren  Oberfläche  porös  genug  ist,  um  die 
Kr}^stalle  hindurchschiessen  zu  lassen.  Dann  findet  eine  Zertrümmerung 
der  Oberfläche  nicht  statt,  sie  ist  nur  mit  jenem  weissen  Wald  bedeckt. 
In  solchen  Fällen  lässt  sich  wenigstens  fiir  den  Augenblick  dem 
Uebel  abhelfen.  So  habe  ich  1895  im  British  Museum  mit  Er- 
laubnis der  Beamten  in  vielen  Fällen  die  weisse  Krystalldecke  mit 
einem  weichen  Pinsel  oder  auch  einem  feuchten  Schwamm  beseitigt, 
worauf  die  Schrift  wieder  klar  zu  Tage  lag.  Aber  freilich  nützt 
diese  Manipulation  auch  nur  für  einige  Zeit;  die  Krystalle  kehren 
doch  wieder  und  setzen  ihr  Zerstörungswerk  fort.  — r  Ich  habe  mich 
im  Vorstehenden  nur  darum  meist  auf  die  Londoner  Sammlung  be- 
zogen, weil  ich  in  ihr  zuletzt  Gelegenheit  hatte,  diese  Dinge  zu 
untersuchen.    Mit  anderen  Sammlungen  wird  es  ganz  ähnlich  stehen. 

Wie  lässt  sich  diesem  Uebel  steuern?  Auch  die  sorgfaltigste 
Verpackung  ist  völlig  nutzlos.  Im  British  Museum,  wo  jede  einzelne 
Scherbe  in  einer  besonderen  verschlossenen  Pappschachtel  liegt,  ist 
die  Zerstörung  doch  vorwärts  geschritten.  Es  scheint,  dass  man  in 
Berlin  jetzt  ein  wirksames  Mittel  gefunden  hat.  Der  Chemiker  der 
königlichen  Museen,  Herr  Dr.  Rathgen,  hat  seit  einiger  Zeit  ange- 
fangen, die  Berliner  Ostraka  in  Wasser  auszulaugen,  und  verspricht  sich 
hiervon  den  Erfolg,  dass  einer  weiteren  Zerstörung  vorgebeugt  wird. 
Die  bisherigen  Versuche  sollen  sehr  vertrauenerweckend  sein.  Ob 
das  Mittel  auf  die  Dauer  hilft,  muss  die  Zeit  lehren. 

Einstweilen  möge  man  aus  dem  oben  dargelegten  Thatbestande 
die  Consequenz  ziehen,  dass  Jedermann,  der  Ostraka  besitzt, 
im  Besonderen  auch  jedes  Museum,  so  schnell  wie  irgend 
möglich  die  Texte  der  Oeffentlichkeit  übergebe,  noch 
ehe  es  zu  spät  ist.  Bei  besonders  wichtigen  Stücken  aber  sollte 
man  es  nicht  versäumen,  wenn  die  Mittel  irgend  dazu  da  sind, 
sie  durch  photographische  Reproductionen  für  alle  Zeiten  festzuhalten, 
denn  schon  in  wenigen  Jahren  kann  die  Schrift  völlig  zerstört  sein. 


56 


II.  KAPITEL. 


Wer  ein  Ostrakon  entziffert,  möge  ferner  ausser  der  Transcription 
sich  mit  Bleistift  eine  Abzeichnung  des  Textes  machen,  oder  er 
möge,  wie  ich  es  gethan  habe,  wenigstens  die  schwierigeren  Schriffc- 
complexe,  die  irgend  welchen  Zweifeln  betreffs  der  Lesung  unterliegen 
könnten,  mit  möglichster  Accuratesse  nachzeichnen.  Es  ist  bei  der 
Schwierigkeit  der  Texte  meist  ja  ganz  unmöglich,  gleich  im  ersten 
Ansturm  alle  Rätsel  zu  lösen,  und  es  bedarf  meist  einer  immer  wieder- 
holten Prüfung.  Solche  Abzeichnungen,  wenn  sie  gut  gemacht  sind, 
können  bis  zu  einem  gewissen  Grade  das  Original  ersetzen  und  erhalten 
einen  bleibenden  Wert,  sobald  das  Original  etwa  den  Krystallen  er- 
legen ist. 


Ostrakonliteratur. 

Publicationen  und  Spezialarbeiten. 

F.  C.  Gau,  Neu  entdeckte  Denkmäler  von  Nubien  (gezeichnet  und 
vermessen  1819).  Stuttg.,  Paris  1822.  Darin:  Inschriften  in 
Nubien  und  Aegypten.  Ostraka  auf  Taf.  VIII  und  IX.  Com- 
mentar  dazu  von  B.  G.  Kiebuhr,  S.  18 — 20. 

E.  H.  ToELKEN,  Reise  des  Generals  von  Minutoli  zum  Tempel  des 
Jupiter  Ammon  etc.,  Berlin  1824.  Taf  XXXII,  17  u.  18, 
dazu  Erklärungen  von  Buttmann  auf  S.  420  ff. 

Thomas  Young,  Hieroglyphica ,  Lond.  1823.    Taf  LIII  — LV. 

Otfried  Müller,  Götting.  Gelehrt.  Anzeigen  1827,  1529  ff. 

C.  J.  C.  Reuvens,  LettresäM.Letronne,  Leide  1830.  III.  S.  56— 59. 

Peter  Paul  Dobree,  Miscellaneous  notes  on  inscriptions,  Cam- 
bridge 1835. 

Fran^ois  Lenormant,  Revue  Archeologique  VIII  1851,  S.  464  ff. 
Derselbe,  Philologus  XXV,  S.  531. 

Franz,  Corp.  inscript.  Graec.  III  (Berlin  1853)  n.  4863^—4891 
und  5109,  Nr.  1 — 37.  In  letztere  Publication  sind  allerdings 
aus  Missverständnis  auch  koptische  Ostraka  (Nr.  20,  25,  26)  und 
ein  demotisches  (Nr.  27)  geraten. 

Egger,  Memoires  de  l'Acad.  des  Inscript.  XXI.  Paris  1857.  S.  377  ff. 

Conrad  Leemans,  Aegyptische  Monumenten  van  het  Nederlandsche 
Museum  van  Oudheden  te  Leiden.  IL  Abth.,  S.  CCXXXII  n.  435  f 

Derselbe,  in  den  Mededeelingen  der  konink.  Akademie  van 
Wetenschappen,  Afdeeling  Letterkunde  X  1866  und  XI  1868. 


OSTRAKONLITERATUR. 


Hase,  Notices  et  Extraits  d.  Mauuscrits  de  la  Bibl.  Imp.  XVIII 
tome  2,  S.  427—433  (mitgeteilt  von  Brunet de  Presle),  Paris  1865. 

Wilhelm  Fröhner,  Kevue  Archeolog.  N.  S.  XI,  S.  422  ff.  und  XII, 
S.  30  ff    Paris  1865/66. 

Derselbe,  Catalogue  de  la  Collection  A.  Raife  (1867),  S.  54. 

DuMONT,  HavSwpa  XVIII,  S.  418.  Athen  1867.  Vgl.  Revue  Ar- 
cheolog. N.  S.  XIX  (1869),  S.  226. 

GiACOMO  LuMBROSO,  Atti  deir  Acad.  d.  scienze  di  Torino  IV  (1869), 
S.  704  und  VII  (1871),  S.  215  ff 

Alfred  Wiedemann,  Revue  Egyptol.  II  (1882),  S.  346  ff. 

Derselbe,  Proceedings  of  the  Society  of  Bibl.  Archeolog.  VI  (1884), 
S.  207  ff 

Samuel  Birch,  Proceed.  of  the  Soc.  of  Bibl.  Archeol.  V  (1883), 

S.  84  ff,  124  ff  und  158  ff. 
Sayce,  Proceed.  of  the  Soc.  of  Bibl.  Archeol.  VII  (1884),  S.  11  ff. 

VII  (1885),  S.  89,  195  ff 
Derselbe,  Journal  of  Hellenic  Stud.  I,  S.  92. 
Derselbe,  bei  Mahaffy,  Flinders  Petr.  Pap.  II,  S.  43/44. 
Palaeographical  Society,  II.  Serie,  I  Xr.  1  ff. 
.Karl  Wessely,  Wien.  Stud.  VII,  S.  72  ff  VIII,  S.  118. 
E.  Revillout  et  Wilcken,  Revue  Eg}'ptol.  IV  (1885),  S.  183  ff., 

VI  (1891),  S.  7ff 
Keene-Mahaffy,  Journal  of  Hellen.  Stud.  XIII  (1892/93),  S.  121. 
Führer  durch  die  Ausstellung  Pap.  Erzherz.  Rainer  (1894),  S.  10. 
Eugene  Revillout,  Melanges  sur  la  metrologie,  l'economie  politique 

et  l'histoire  de  l'ancienne  Egypte,  Paris  1895. 

Endlich  habe  ich  selbst,  abgesehen  von  der  mit  Revillout  ge- 
meinschaftlich herausgegebenen   Publication,    an  folgenden 
Stellen  über  Ostraka  gehandelt: 
Actenstücke  aus  der  Kgl.  Bank  zu  Theben,  Abhandl.  Pr.  Akad.  d. 

Wiss.  1886,  S.  59. 
Hermes  XXH  (1887),  S.  634. 
Berlin.  Philol.  Wochenschr.  29.  Sept.  1888,  S.  1208. 
Jahrbuch  d.  Vereins  v.  Altertumsfr.  i.  Rheinl.  LXXXVI  (1888), 

S.  231  ff 

Archäolog.  Gesellschaft  zu  Berlin,  Mai  1889.  Vgl.  Archäolog. 
Anzeiger.- 


III.  KAPITEL. 
Die  Formulare  der  Quittungen. 

Die  wissenschaftliche  Behandlung  einer  Sammlung  von  Quit- 
tungen wird  am  besten  mit  einer  Untersuchung  der  Formen,  in 
denen  sie  gehalten  sind,  beginnen.  Wenn  sich  dabei  herausstellt, 
dass  sich  verschiedene  feste  Schemata  oder  Formulare,  zu  verschie- 
denen Zeiten  und  zu  verschiedenen  Zwecken  angewendet,  consta- 
tiren  lassen,  so  ist  diese  Erkenntnis  nicht  nur  für  die  Geschichte 
des  Urkundenwesens  im  Allgemeinen  ein  Gewinn,  sondern  sie  wird 
auch  zur  Interpretation  der  Einzelurkunde  ein  wichtiges  Hilfsmittel, 
ja  die  unerlässliche  Vorbedingung  sein.  Ich  habe  daher  schon  in 
meiner  Vorarbeit  im  Rheinischen  Jahrbuch,  so  gut  es  damals  ging, 
versucht,  aus  der  Fülle  der  Erscheinungen  feste  Schemata  zu  ab- 
strahiren.  Soweit  mir  bekannt,  haben  diese  Ausführungen  inzwischen 
keinen  Widerspruch  von  anderer  Seite  erfahren,  Ich  selbst  aber 
bin  seitdem  zu  teilweise  abweichenden  Resultaten  gelangt.  Die  fort- 
gesetzte Beschäftigung  mit  diesen  Urkunden  hat  mich  inzwischen  zu 
der  besseren  Erkenntnis  geführt,  dass  diese  Schemata  nicht  verschiedene 
Formen  sind,  die  gleichwertig  nebeneinander  existirten  und  be- 
liebig gewählt  werden  konnten,  sondern  dass  wenigstens  z.  T.  den 

1)  Vgl.  K.  Wessely,  Deukschr.  Wien.  Akad.  3  7  (1889)  S.  200,  213/4, 
der  meine  Resultate  unverändert  acceptirt  und  sie  zur  Erklärung  der  späteren 
Quittungsformulare  verwertet.  Auch  der  historische  Rückblick  auf  S.  2  23/4  ist 
—  trotz  des  fehlenden  Quellennachweises  —  im  Wesentlichen  nur  eine  wörtliche 
Wiedergabe  meines  Schema's  im  Rhein.  Jahrb.  S.  245  (unter  1,  2,  3).  —  Soweit 
ich  Revillout's  Melanges  durchgesehen  habe,  halten  auch  sie  an  meiner  früheren 
Auffassung  fest. 


DIE   FORMULARE   DER  QUITTUNGEN. 


59 


verschiedenen  Formen  auch  ein  verschiedener  Inhalt,  ein  verschiedener 
Zweck  eigentümlich  ist.  Der  Fortschritt  besteht  vor  allem  in  der 
Erkenntnis,  dass  die  Quittungen  nicht  alle,  wie  ich  damals  annahm 
und  bis  jetzt  allgemein  angenommen  wurde,  an  die  Steuerzahler 
addressirt  sind,  sondern  z.  T.  von  den  Trapeziten  und  Sito- 
logen  an  die  Steuererheber  gerichtet  sind.  Diese  Urkunden 
rücken  damit  in  ein  ganz  neues  Licht,  und  unsere  Vorstellungen  von 
der  Steuererhebung  werden  damit  wesentlich  verschoben,  ja  die  letzten 
Fragen  nach  dem  Zweck  dieser  Quittungen  müssen  von  Neuem  beant- 
wortet werden.  In  der  folgenden  Uebersicht  über  die  Formulare  werde 
ich  im  einzelnen  diese  neue  Ansicht  zu  begründen  haben.  Hier  will 
ich  nur  vorausschicken,  dass  abgesehen  von  Bedenken,  die  mii*  schon 
früher  aufgetaucht  waren  und  auf  die  ich  nicht  weiter  zurückkommen 
will,  vor  allem  ein  von  Sayce  mir  freundlichst  überlassenes  Ostrakon 
es  war  (jetzt  Kr.  1255),  das  mich  auf  den  richtigen  Weg  gebracht 
hat.  An  der  Stelle,  an  der  wir  früher  den  Steuerzahler  suchten,  steht 
hier:  Si|Ji(i)V  'la^apou  IceiXr^!^ (b?,  d.  h.  der  Steuerpächter.  Als 
ich  daraufhin  diese  ganze  Gruppe  durchmusterte,  stellte  sich  heraus, 
dass  weder  in  den  Quittungen  der  Trapeza  noch  in  denen  des 
Thesauros  irgend  welche  Indicien  dagegen  sprechen,  diese  Erkenntnis 
wenigstens  für  denselben  Ort,  für  Theben,  zu  verallgemeinern,  ja 
dass  sogar  Manches  dafür  spricht,  wie  z.  B.  die  hohen  Summen, 
die  oft  in  diesen  Fällen  begegnen,  die  Erwähnung  der  Com- 
pagnons  u.  A.  Damit  war  das  Resultat  gewonnen,  dass  in  den 
nach  einem  gewissen  Schema  abgefassten  Quittungen  der  Trapeza 
und  des  Thesauros  —  die  übrigens  auf  die  Ptolemäerzeit  beschränkt 
-sind  —  nicht  den  Steuerzahlern,  sondern  den  Steuererhebern  quittirt 
wird.  Eine  zweite  wichtige  Neuerung  besteht  in  der  Erkenntnis, 
dass  die  mit  oisypadfcV  (oder  ähnlich)  beginnenden  Quittungen  aus 
Theben  nicht  vom  Steuererheber  wie  in  Sjene-Elephantine,  sondern 
von  der  Bank  ausgestellt  sind.  Dies  wurde  mir  erst  bei  meiner 
jüngsten  Anwesenheit  im  British  Museum  zur  Gewissheit  (dui'ch 
Kr.  1387),  und  wird  unten  genauer  zu  begründen  sein. 

Ich  brauche  wohl  nicht  hervorzuheben,  dass  die  im  Folgenden 
aufgestellten  Formulare  nicht  etwa  mit  eiserner  Notwendigkeit  von 
jedem  quittirenden  Beamten  zu  befolgen  waren.  Es  sind  Adelmehr 
traditionelle  Schemata,  deren  sich  zu  bedienen  Usus  war,  von  denen 
aber  auch  nach  dem  Geschmack  des  Einzelnen  nach  dieser  oder 


60 


III.  KAPITEL. 


jener  Richtung  hin  —  wenn  auch  nur  in  Kleinigkeiten  —  abge- 
wichen werden  konnte.  Ich  habe  es  in  diesem  Zusammenhange 
nicht  für  nötig  befunden,  alle  die  kleinen  Varietäten,  die  indivi- 
duellen Launen  ihr  Dasein  verdanken,  mit  zu  notiren,  sondern 
habe  nur  die  grossen  durchgehenden  Züge  zu  fassen  versucht. 

Ich  behandle  zunächst  die  in  Theben  gebräuchlichen  Formulare, 
weil  hierfür  das  reichste  Material  vorliegt,  und  sich  daher  an  dieses 
die  Erörterungen  am  besten  anschliessen.  Darauf  gebe  ich  die  von 
Syene-Elephantine  u.  s.  w.  Die  lokale  Unterscheidung  war  nötig,  weil, 
wie  die  Vergleichung  ergeben  wird,  die  Formulare  verschiedener  Städte 
gewisse  lokale  Unterschiede  zeigen.  Im  grossen  und  ganzen  freilich 
treten  die  Uebereinstimmungen  stärker  hervor  als  die  Differenzen. 

In  der  folgenden  Uebersicht  bezeichne  ich  der  Kürze  wegen 
als  „Erheber"  denjenigen,  der  die  Abgaben  eintreibt,  gleichviel  ob 
er  ein  Pächter  (teXwvyj?,  [xca^wxrj^)  oder  ein  mit  der  Eintreibung 
der  Steuern  von  der  Regierung  Beauftragter  ist  (Tipaxxwp).  Den, 
der  zahlt,  nenne  ich  kurz  den  „Zahler",  mag  er  Geld  oder  Getreide 
liefern.  Die  für  die  verschiedenen  Formulare  charakteristischen 
griechischen  AVörter  sind  beibehalten.  Mag  dies  Gemisch  von 
griechischen  und  deutschen  Worten  geschmacklos  erscheinen,  so  ist's 
doch  praktisch.  Ich  habe  die  sämmtlichen  Belegstellen,  die  meine 
Sammlung  bietet,  hinzugefügt,  weil  damit  zugleich  meine  Auffassung 
von  dem  Charakter  jeder  einzelnen  Urkunde  gegeben  ist. 


Theben  und  Ilermonthis.') 
Quittungen  über  Geldzahlungen. 

A.  Ptolemiierzeit. 

I.  Quittungen,  die  der  Erheber  ausstellt. 
1. 

Datum  (Jahr,  Monat,  Tag)  —  tisi  —  der  Erheber  —  von 
{naQci)  dem  Zahler  —  für  Abgabe  —  Summe. 

Für  diese  altertümliche,  schlichte  Art  bietet  unsere  Sammlung 
nur  ein  einziges  Beispiel,  Nr.  343,  aus  der  Zeit  des  Philadelphos 

^)  Ich  habe  das  benachbarte  Hermonthis  mit  Theben  zusammen  behandelt, 
weil  ich  keinen  Unterschied  in  den  Formularen  der  beiden  Städte  gefunden 


THEBANISCHE  EKHEBERQUITTUXGEN  AUS  PTOLEMÄERZEIT.  61 


(a.  255/4).  Ich  glaubte  dennoch  eine  eigene  Rubrik  daraus  machen 
zu  sollen,  zumal  auch  ein  (sehr  verwischtes)  Ostrakon  der  Berliner 
Sammlung,  das  ich  mir  früher  als  „Wiedemann  2"  notirt,  aber 
wegen  der  Unvollständigkeit  meiner  Copie  nicht  in  dies  Buch  auf- 
genommen habe,  dasselbe  Schema  zeigt:  [^l'.y  naO[v:]  :y;  lyti  6  S&cva 
Tcapa  Tou  SsLVO^.  Auch  dieses  gehört  ins  III.  Jahrh,  vor  Chr.  —  Dass 
in  343  npWToyevr^c  wirklich  der  Erheber  und  nafi'jTYj?  der  Zahler 
ist,  lässt  sich  zwar  nicht  direct  beweisen.  Doch  halte  ich  die  andere 
Möglichkeit,  dass  Ersterer  der  Trapezit  und  Letzterer  etwa  der 
Erheber  wäre,  für  äusserst  unwahrscheinlich.  Es  wäre  jedenfalls 
ohne  Beispiel,  dass  in  dieser  Weise  ein  Trapezit  quittirte.  Dagegen 
heisst  es  im  Pap.  Leidens.  Q  aus  Svene,  der  (aus  dem  J.  260/59)  das- 
selbe Schema  hat,  ausdrücklich:  "E/sl  Xcxavwp  TrpaxTWp.^)  Hier 
ist  der  Quittungsaussteller  also  sicher  der  Erheber,  freilich  der 
Quittungsempfänger  nicht  der  Zahler,  sondern  ein  Beamter. 

2. 

Der  Erheber  —  dem  Zahler  —  yaioeiv.  "E/(x)  {oder  uL7iif(a  oder 
tha^ai)  —  für  Abgabe  —  Summe.  Datum.  Vgl.  318,  320,  323, 
328,  333,  338,  1028,  1029,  1229,  1231,  1233,  1278,  1314,  1316, 
1344,  1361,  1490,  1495,  1510,  1523,  1530,  1535—1537,  wohl 
alle  aus  dem  II.  Jahrh.  vor  Chr. 

Dies  ist  die  übliche  Form,  in  der  die  Erheber  dem  Zahler 
quittiren.  Sie  ahmt  offenbar  den  Briefstil  nach.  Es  ist  jedoch  kein 
vollständiger  Brief,  denn  es  fehlt  am  Schluss  vor  dem  Datum  eine 
Grussformel  wie  ^ppwao. 

Das  Verbum  Tdcaaea^-ac,  das  hier  in  demselben  Sinne  stehen 
muss  wie  in  den  sogenannten  „trapezitischen  Registern",  hat  beim 
Bekanntwerden  dieser  letzteren  Urkunden  am  Anfang  unseres  Jahr- 
habe. Vgl.  jedoch  Anm.  2  S.  74.  Auch  im  griechischen  Textdruck  sind  beide 
zusammen  behandelt  worden.     Vielleicht  wäre  eine  Trennung  besser  gewesen. 

^)  Dieser  Papyrus,  der  von  Leemans  nicht  ganz  fehlerlos  publicirt  worden 
ist,  lautet  nach  meiner  am  Original  gewonnenen  Lesung  folgendermassen :  ^y.^ 
Tößv  '.d-  Ixst,  N'.xdvwp  (nicht  Nixaxiüp)  7zpdy.ziüp  Tiapa  'Opasvoucpiog  UoLyyoü^ioc, 
8[o]%'.}iaoxoö  xoö  sv  Huf^vYj'.  und  xou  tzbtzküxözoc,  auTÖ'.  toö  xspajjLtou  xoö  yivo- 
jisvou  zfi'.  (nicht  xw'.)  ^'.XaSsXcpo)'.  xoö  xß  xal  xy  ^  apYup'Ou  \-i=bpa.y^\id!.<;)  x, 
ävsu  5ox'.[JLaax'.xoö  (nicht  dvs'jSox'.p-aax':'  xai),  xoöxo  8e  ao'.  ::apa5£;ovxa'..  Vgl. 
hierzu  meine  Bemerkungen  in  Gött.  Gel.  Anz.  1895.  S.  163,  auch  unten  Kap.  IV 
§  154.  Es  ist  bemerkenswert,  wie  der  Quittungsaussteller  Nicanor  am  Schluss, 
wo  er  einen  Zusatz  macht,  aus  der  Construction  fällt. 


62 


m.  KAPITEL. 


Hunderts  zu  den  verschiedensten  falschen  Deutungen  geführt,  bis 
J.  G.  Droysen  im  Gegensatz  zu  Buttmann,  Peyron  und  Boeckh  das 
Richtige  fand,  indem  er  es  im  Hinblick  auf  Herodot  III  13  medial 
fasste  und  mit  „entrichten"  übersetzte  (Rhein.  Mus.  1829,  S.  491  f. 
=  Klein.  Schrift.  I.  S.  8).^)  x\uch  in  unseren  Urkunden  werden  wir 
es  als  „entrichten,  bezahlen"  zu  fassen  haben.  —  Es  ist  zu  betonen, 
dass  in  diesen  Quittungen  der  Ptolemäerzeit  das  Verbum  ^)[eiv  immer 
im  Praesens,  nicht  im  Aorist  verwendet  wird.  Ebenso  a7i£)((i),  das 
sich  1314  und  1530  findet. 

In  den  angeführten  IN^ummern  finden  sich  verschiedene  Ab- 
weichungen, die  ich  als  unwesentlich  betrachte.  So  steht  das  Datum 
in  1231  an  der  Spitze,  in  323  in  der  Mitte,  und  mehrfach  fehlt  es 
ganz.  Das  Jahr  ist  ja  gewöhnlich  auch  bei  der  Abgabe  schon  einmal 
genannt  worden.  So  fehlt  in  1029  das  )(aip£cv,  worauf  wir  unten  zurück- 
kommen. Unwesentlich  ist  auch,  dass  in  1229  die  Summe  vor  der  Ab- 
gabe genannt  wird.  Wichtiger  ist,  dass  Nr.  1028,  1029,  1523,  1530, 
1536  und  1537  den  Zusatz  enthalten:  xoO^sv  ao:  h^y.ockCb  „und  ich 
habe  keine  weiteren  Forderungen  an  Dich."  Diese  Erklärung,  die  uns 
schon  aus  der  Sprache  der  Contracte  bekannt  ist,  kann  nichts  weiter 
besagen,  als  dass  es  sich  nicht  um  eine  vorläufige  Ratenzahlung,  sondern 
um  die  Schlusszahlung  der  Gesammtschuld  handelt.  Bemerkenswert 
ist  auch,  dass  in  1231  und  1233  zum  Schluss  mitgeteilt  wird,  wer  die 
Quittung  geschrieben  hat.  Im  zweiten  Falle  lässt  sich  der  quittirende 
Erheber  (ein  Jude),  der  selbst  nicht  griechisch  schreiben  kann,  durch 
einen  Anderen  vertreten.  2)  Wenn  in  diesen  beiden  Fällen  der  Name 
des  Schreibers  mitgeteilt  wird,  so  möchte  ich  das  nicht  als  eine  Sub- 


^)  Die  Erklärung  von  Wessely  (d.  griech.  Pap.  der  Kais.  Samml.  Wien 
S.  20),  xocoasoO-at.  lieisse  zahlen,  „da  jede  Zahlung  einregistrirt  werde",  die  leider 
auch  in  MahaflFy's  Werk  (Flind.  Petr.  Pap.  I  p.  [48])  übergegangen  ist,  braucht 
nicht  widerlegt  zu  Averden.  Es  ist  nur  eine  Wiederholung  des  Gedankens  von 
Peyron,  den  Droysen  a.  a.  O.  bereits  zurückgewiesen  hat. 

•2)  Oberhalb  dieser  Quittung  1233  steht  von  zweiter  Hand  geschrieben 
ti£X£iXYi(^a)  (so  zu  lesen  statt  Sayce's  jjL-.av  b'.n^,  vgl.  Nachträge).  Diese  Formel, 
die  nur  an  dieser  einen  Stelle  in  unserer  Sammlung  begegnet,  ist  uns  sonst 
durch  die  Notizen  der  Graphionbeamten  auf  den  Contracteu  in  der  Verbindung 
[iSTStXTjCpa  £cg  avaypacpT^v  bekannt  genug.  Da  bedeutet  es:  „Ich  habe  den 
Contract  (zur  Einregistrirung)  angenommen  oder  entgegengenommen."  Wenn 
man  dem  entsprechend  in  unserem  Ostrakon  übersetzt,  „ich  hab's  angenommen", 
so  entsteht  die  Frage,  wer  Subject  ist.    Simon,  der  Steuerpächter,  kann  es  nicht 


THEBANISCHE  ERHEBERQÜITTUNGEX  AUS  PTOLEIMAEEZEIT.  63 


scriptio  im  juristischen  Sinne  fassen,  d.  h.  als  eine  Unterschrift,  die 
die  Gültigkeit  der  Urkunde  garantiren  soll,  wie  wir  sie  bei  anderen 
Klassen  von  Quittungen  und  auch  bei  dieser  selben  Klasse  in  der 
Kaiserzeit  gelegentlich  finden  werden.  Es  steht  hier  in  beiden  Fällen 
eypa'^cV  6  Bsiva,  das  ist  eine  einfache  Mitteilung  in  3.  Person,  wobei 
der  Ton  offenbar  auf  dem  ypa^etv  liegt,  während  es  in  jenen  anderen 
„Subscriptionen"  '0  celva  lypa^a  (1.  Person)  heisst,  wodurch  der  be- 
treffende Beamte  die  Garantie  ftir  die  Urkunde  übernimmt.  Vgl.  unten  zu 
Klasse  III.  Es  ist  also  hervorzuheben,  dass  wir  bis  jetzt  keine  Quittungen 
dieses  Schemas  mit  Subscriptionen  aus  der  Ptolemäerzeit  haben. 

Im  einzelnen  bieten  die  Formulare  der  angeftihrten  Quittungen 
manche  Schwierigkeiten,  auf  die  ich  kurz  hinweisen  will.  Bei  328 
könnte  man  auf  den  Gedanken  kommen,  dass  der  Adressat  Horos 
vielleicht  nicht  der  Steuerzahler,  sondern  ein  Gehilfe  der  drei  asso- 
cürten  Pächter  sei,  der  für  sie  einkassirt  hat  und  dafür  nun  Quittung 
empföngt.  Auch  bei  1231  wäre  diese  Deutung  ^^elleicht  nicht  aus- 
geschlossen. Aber  ich  gestehe,  dass  ich  einen  zwingenden  Grund 
dafür  nicht  anzugeben  wüsste.  Nur  die  Allgemeinheit  des  Ausdrucks, 
namentlich  das  aizo  toö  kazoc[ihcu  TsXoug  in  328,  auch  die  Höhe 
der  Summe  in  beiden  Fällen  könnte  dafür  sprechen.  Gehilfen  haben 
sie  natürlich  gehabt  (vgl.  Kap.  VI).  Aber  dass  sie  diesen  derartige 
Quittungen  ausgestellt  hätten,  daftir  liegt  sonst  wenigstens  kein 
zweifelloses  Zeugnis  vor.  —  318  ist  nur  des  Schemas  wegen  hier- 
hergestellt. Zum  Inhalt  vergl.  unten  Kap.  IV,  §  38.  xluch  1535 
steht  inhaltlich  für  sich. 

II.  Quittungen,  die  die  königliche  Bank  ausstellt. 

1. 

Datum  {Jahr,  Monat,  Tag)  —  i'/Qj^^fiariGsi)  —  der  Zahler  (oder 
der  Erheberf)  —  für  Abgabe  —  Summe. 

Dieses  Schema  ist  nur  in  einer  Nummer,  1335,  vertreten,  die 
aus  dem  III.  Jahrh.  vor  Chr.  stammt.    Das  Verbum  )(prj[iaTt^£CV 

sein,  da  er  ja  nicht  schreiben  kann.  Der  Schreiber  AsJJ.oDs  ist  auch  aus- 
geschlossen, da  die  Bemerkung  von  anderer  Hand  geschrieben  zu  sein  scheint.  Wes- 
halb die  Empfänger,  die  Steuerzahler,  diese  Bemerkung  gemacht  haben  sollten, 
ist  nicht  recht  einzusehen.  Wohl  aber  wäre  es  denkbar,  dass  diese  die  Steuer- 
quittung bei  irgend  einer  Veranlassung  einer  Behörde  als  Document  vorgelegt  hätten, 
und  dass  diese  Behörde  dann  den  Empfang  in  obiger  Weise  bescheinigt  hätte. 


64 


III.  KAPITEL. 


fasse  ich  hier  in  der  unseren  Lexicis  unbekannten  Bedeutung  von 
„Geld  auszahlen",  die  uns  schon  aus  den  „Actenstücken  der  königlichen 
Bank  zu  Theben"  geläufig  ist  (vgl.  Nr.  VI  f.).^)  Ob  der  'ApiaxoieXYjc, 
der  die  Zahlung  leistet,  der  Zahler  oder  der  Erheber  ist,  lässt 
sich  nicht  ausmachen,  da  in  den  verwandten  Schemata  des  III.  Jahr- 
hunderts (mit  TCSTiTWxev  statt  £)(pY][JLaTta£v)  Beides  vorkommt.  S.  unten. 
Die  Analogie  genügt  aber  wohl  andrerseits,  um  die  Annahme  zu 
rechtfertigen,  dass  der  Aussteller  der  Quittung  die  Bank  ist. 

Datum  {Jahr,  Monat,  Tag)  —  7iintQaY.iv  —  für  Abgabe  —  durch 
{dia)  den  Erheber  —  der  Zahler  —  Summe.  Dazu  event.  demotische 
Beischriften.    Vgl.  312,  313,  314,  316,  1337,  1340,  1493,  1494. 

Dasselbe,  ohne  nmtm^Aev.  Vgl.  305,  306  —  311,  315,  1021, 
1227,  1492. 

Auch  in  dieser  Klasse  finden  sich  einige  unbedeutendere  Ab- 
weichungen, wie  in  315  (Umstellung),  1021  (Fehlen  von  Summe 
und  Tag)  u.  A. 

Die  Erklärung  dieser  Gruppe  bietet  ausserordentliche  Schwierig- 
keiten. Sie  werden  vor  allem  durch  die  Wortkargheit  der  Schreiber 
verursacht,  durch  die  sich  überhaupt  die  Urkunden  des  III.  Jahrh. 
vor  Chr.  wesentlich  von  denen  des  II.  Jahrh.  vor  Chr.  unterscheiden. 
Weder  wohin  das  Geld  gezahlt  wird,  verraten  die  Texte,  noch  wer 
die  Quittungen  ausstellt,  noch  w^er  die  mit  5ca  eingeführte  Persön- 
lichkeit ist.  Zunächst  ein  Wort  zur  grammatischen  Erklärung.  Die 
Construction  in  2^  ist  folgende:  tcetttwxev  —  6  Selva.  Das  Verbum 
7iL7iT£cv  bedeutet  bekanntlich  in  der  Sprache  der  Finanzwelt  „fallen, 
hingeworfen  werden"  (=  xaxaßaXXea^ac,  Pass.),  seil,  auf  den  Tisch  des 
Trapeziten  [hzi  ir\y  xpaTie^av)  oder  dq  tov  XLßwTOV  oder  ähnlich,  also 
nach  gewöhnlichem  Sprachgebrauch  „gezahlt  werden".  Vgl.  A.  Peyron, 
Zoispap.  S.  169.  In  diesem  Sinne  begegnet  das  Wort  oft  in  den 
Quittungen,  und  zwar  ist  es  geradezu  charakteristisch  für  die  ältere 
Ptolemäerzeit,  für  das  III.  und  die  erste  Hälfte  des  II.  Jahrh.  vor. Chr. 

^)  In  derselben  Bedeutung  begegnet  das  Wort  in  BGU  156,3  vom  Jahre 
201  nach  Chr. 


THEBANISCHE  BAXKQUITTUNGEX  AUS  PTOLEMÄERZEIT. 


65 


Das  Wort  findet  sich  natürlich  auch  noch  später,  z.  B.  im  Pap.  Paris. 
63,  4,  14  (zweite  Hälfte  des  II.  Jahrh.  v.  Chr.),  aber  in  den 
Quittungen  wird  es  durch  das  oben  besprochene  mediale  Taaasa^ac 
allmählich  verdrängt.  So  findet  sich  ttstütwxev  in  den  Petr.  Pap.  (II) 
S.  [114]  28,  [131]  15  (aus  Philadelphos'  Zeit),  ferner  auf  der  Holz- 
tafel der  Pariser  Bibliotheque  Nationale  (Nr.  1893,  Departement 
des  Medailles),^)  gleichfalls  aus  der  Zeit  des  Philadelphos,  ferner  in 
der  Londoner  Bilinguis  vom  13.  Jahre  des  Philopator  (Revillout, 
Proc.  Soc.  Bibl.  Arch.  XIV  S.  61),  ferner  im  Berliner  Papyrus 
P.  3114  (  =  Droysen  a.  O.  Nr.  41),^)  vom  23.  Jahre  des  Epiphanes 
(a.  182  v.  Chr.),  in  den  Zoispapyri  vom  31.  und  33.  Jahre  des 
Philometor  u.  s.  w.  Weitere  Beispiele  für  Philadelphos'  und 
Euergetes'  I.  Zeit  bei  Revillout,  Rev.  Egypt.  II.,  S.114.  Da  TiLTixetv 
passivischen  Sinn  hat,  ist  die  correcte  Construction  die  der  Zoispapyri, 
wo  es  heisst:  IIlTrTwxsv  —  Tiapa  ZwlSo^  —  die  Summe.  Ebenso  in 
der  Londoner  Bilinguis :  IlETUTCOzev  —  Tiapa  Sozeuzoc,.  Wenn  daher 
unsere  Ostraka  regelmässig  schreiben:  Tziizziüxey  6  Sstva,  d.  h. 
der  Zahler,  so  ist  das  ein  auffälliges  Anakoluth,  das  vielleicht 
aus   der  Vorliebe  für  Knappheit   und   Kürze,    die   gerade  dem 

1)  Vgl.  Lenormant,  Philologus  1867,  S.  340.  Eug.  Revillout,  Rev.  Egyptol.  II 
S.  266  ff.  und  ebenda  Nachtrag  S.  51.  Da  diese  sowie  die  verwandten  Texte 
in  London  und  Berlin  sich  mit  unserem  Gegenstande  formell  vielfach  berühren, 
teile  ich  sie  hier  nach  meinen  1886  und  1887  am  Original  gewonnenen 
Lesungen  mit.  Ueber  ihren  Inhalt  vgl.  unten  Kap.  IV,  Die  Pariser 
Tafel  enthält  zwei  Texte,  Der  erste  (A)  lautet:  (l)'-X  Töß'.  >c$  tisttxwxsv  Semi 
(2)  XoYSUTT]!,  8'.a  A'.ovuooSwpou  (3)  twv  HzpdxoivoQ  ÖTnrjpexwv  (4)  Tswg  Jl(xxri\Lioc, 
xal  Z|itv'.5  dS£X(5)9Ös  eißtoßoaxoi  st^  XTjv  -c'.ixYjv  (6)  xou  l^iozctcpsLcu  Y-od  x-^s 
upo9Yj(7)T£ias  otal  zou  y]\iiaouc,  XYjc,  8cop£(8)atag  y^g,  ric,  [jlstsxs!.  tö  sTidvo) 
lß!,o(9)Tacp£rov  TO  7j|it,au,  ä  -^v  AcDpicovog  (10)  xoö  xoTiapxi^aavxog  ötiö  Sxpdx(D(ll)va 
xöv  IIspi  Oi^ßag  xÖTiov,  a  7cpos(12)£ßdXovxo  bC  'Ovojidpxou  Trpdxxopog  (13j 
xwv  ßaaiX'.Xüiv  |-  ißSoiii^xovxa.  Der  zweite  Text  (B),  der  von  einer  weniger 
geübten  Hand   geschrieben  ist,  lautet:  (1)  Tößi  x^   tistixcoxsv  6£(2)o)V'. 

Xoysux^t  xöv  2xpdxü)vos  (3)  uTiTjpexwv  TboSc,  ILc(.zo6\i',oc,  xal  (4)  Z|itvto$  (sie) 
dösXcpös  Ißtoßoaxoc  sie,  (5)  xYjv  x'.|j,7]v  xoü  Ißioxa^stou  xal  (6)  x-^g  upocpyjxsias 
xal  xoö  '^p,':a[o]ug  (7)  z9]c,  y^g  x^g  btüpcäccc,  (?),  ric,  {jlsxsxs'.  (8)  xö  eudvü)  Ißtoxa- 
^siov  TO  'fjp.tau,  a  (9)  -^v  AcuptcDvog  xoö  xoTiapxigaavxog  (10)  bnö  Sxpdxcova  xöv 
Uspl  Oi^ßag,  a  7T:pog(ll)£ßdXeTO  (sie)  8i'  'Ovo[idpxou  updxTopo?  (12)  twv  ßa- 
o'.Xixwv  h  lßSo[ngxovxa  .  (13)  'Exst-pOYpdcpyjasv  IIxoXeiJLaros  (14)  öswvo^  ouv- 
TdgavTOg.    Auf  der  Rückseite  6  Zeilen  Demotisch, 

^)  Vgl.  Droysen,  Klein.  Schrift,  I,  S.  36,  und  dazu  meine  Lesungen 
ebenda  S.  387. 

WiLCKEN,  Ostraka,  5 


66 


III.  KAPITEL. 


Urkundenwesen  des  III.  Jahrhunderts,  wie  bemerkt,  eigentümlich  ist, 
zu  erklären  sein  wird.  Dass  tcetütwxev  etwa  activisch  zu  fassen  sei, 
halte  ich  für  ausgeschlossen.  Es  ist  vielmehr  anzuerkennen,  dass 
wir  hier  eine  sprachliche  Geschmacklosigkeit  vor  uns  haben,  wie  sie 
ja  der  Actenstil  nicht  nur  jener  fernen  Zeiten  gelegentlich  zu  zeitigen 
pflegt.  Dieselbe  Construction  findet  sich  übrigens  auch  auf  der 
oben  erwähnten  Pariser  Holztafel,  die  derselben  Zeit  angehört,  wo  es 
heisst:  ÜSTiXWxev  —  Tsw^  IlaxYjjjiLo^  xod  Zpitvig  aSeXcpo^  SLßioßoaxot. 
In  den  unter  2^^  zusammengestellten  Nummern  ist  7t:£71TO)X£V  zu  er- 
gänzen. Aehnlich  fehlt  es  auch  in  den  jener  Pariser  Holztafel  ganz 
ähnlichen  Tafeln  des  British  Museum  und  des  Berliner  Museum^). 
Dass  auch  hier  TüSTCXtoxsv  im  Eingang  zu  ergänzen  ist,  zeigt  die 
Vergleichung  mit  der  sonst  völlig  übereinstimmend  stilisirten  Pariser 
Holztafel.  Auch  die  Subscriptionen  der  Berliner  Tafel  legen  es 
nahe  (s.  unten). 

Doch  wer  ist  nun  der  Empfanger  des  Geldes,  der  unsere 
Quittungen  ausgestellt  hat?  Man  kann  nur  schwanken  zwischen 
dem  Trapeziten,  an  den  ja  alle  Geldsteuern  zahlbar  waren,  und  dem 

Die  Londoner  Tafel  (Brit.  Mus.  5849)  ist  von  Eug.  Revillout  in  Rev. 
Egyptol.  II  Nachtrag  S.  54  und  wiederum  in  Proceedings  Soc.  Eibl.  Arch.  XIV 
S.  82  publicirt  worden.  Nach  meiner  Lesung  des  Originals  lautet  der  Text 
folgendermassen :  Recto:  (1)  "-Xa  'Euslcp  iyj  (2)  TaO-aÖTig  [Zii]cv!.og  (corrig.) 
(3)  xal  TaXrßis  ZjJLtvog  (sie)  (4)  i:'.|j,rjv  tß'.cxacpsCou  xat  (5)  xrj?  TipocpYjxsLag  xat 
xou  (G)  Yjiiiaous  xric,  dwpsa'Ja^  y^S,  (7)  -^g  {isxsxst,  x6  STtdvü)  lßto-(8)xacp£rov 
x6  >^jiiau,  ä  -^v  (9)  AcDpicovog  xou  xo7tapx7^aav-(  10)xo5  xöv  Ilspt  Ov^ßac;  xöuov, 
(11)  ä  upogsßaXovxo  Tsw^  >cat  (12)  Z|ilvi$  S'/  'Ovo|xäpxo'J  7ipäxxo-(13)pG5  xtöv 
ßaa-Aixcov  >tal  7:apsxt-(14)pYjaav  Ta^aüxst,  xat  TaX[i]-(15)ߣ'.  sie,  oL^oLrSkriptüQiv 
L  (=8pax|iü)v)  21  (=  210)  (16)  |-  (=6pax|Jias)  IßSoiiVixovxa.  Darauf  1  Zeile 
Demotisch.  Verso :  1)  "-Xa  'ETieccp  '.yj  tietixcü-  (2)  %£v  EuSTgiiü)'.  (steht  über  durch- 
strichenem  ■9'S',  was  wohl  0£ü)vi  werden  sollte)  Si'  'At^oXXwviou  (3)  h  lß5o|jLrj- 
xovxa.  Von  Kleinigkeiten  abgesehen,  ist  hier  namentlich  die  neue  Lesung  in  8 
a  -^v  statt  8' ^v,  in  13/4  7tap£X'-pv]aav  =  uapEXstpvjoav  und  in  15  Lot  wichtig. 
Letzteres  bezeugt,  dass  die  7  0  Drachmen,  über  die  hier  quittirt  wird,  die  letzte 
Rate  einer  Gesammtsumme  von  210  Drachmen  sind.    Vgl.  Kap.  IV. 

2)  Auf  die  Berliner  Tafel  (n.  8131),  die  gleichfalls  aus  dem  31.  Jahre  des 
Philadelphos  stammt,  habe  ich  schon  des  öfteren  hingewiesen,  doch  den  Text 
publicire  ich  hier  zum  ersten  Mal.    Er  lautet: 

•-Xa  üaxcDvs  '.£  ini  xtjv  ev 

A'.ög  TzöXei  zy]i  |i£YtxXvj'.  xpdTts^av 

bC  EuSt^iiou 

ßao'.XEt  nxoX£|iatü)i  Tbmc,  IIa- 


THEBANISCHE  BANKQUITTUXGEN  AUS  PTOLEMÄERZEIT. 


67 


Erheber.  An  letzteren  möchte  ich  deshalb  nicht  denken,  weil  ich 
glaube,  dass  die  mit  5:a  eingeleitete  Person  eben  der  Erheber  ist.  Nach 
Analogie  vieler  anderer  Fälle  könnte  man  zwar  zunächst  annehmen, 
dass  mit  o:d  die  Person  eingeführt  werde,  durch  deren  Vermittelung 
die  Zahlung  an  den  Erheber  erfolgt,  also  irgend  ein  Verwandter 
oder  Untergebener  des  Zahlers.  Aber  da  an  dieser  Stelle  mehrfach 
derselbe  I^^ame  begegnet,  z.  B.  StoaipaTO?  in  305  —  310  u.  s.  w., 
wird  man  in  ihm  "vielmehr  einen  Beamten  sehen  müssen,  der  regel- 
mässig mit  der  Zahlung  zu  thun  hat.  Und  das  kann  hier  wohl 
nur  der  Erheber  sein.    Der  Trapezit  ist  jedenfalls  ausgeschlossen, 

5     xwii'.os  //////  y.al  Z|jitvig  dSsXccol 

tß'.cßoaxol  eig  T7)v  x'.[iYjv  xou  Iß'.oxacpsioü 
y.al        gtopsa-ag  y^^,  -^g  jisxexs: 
xö  STidvü)  iß'.oxacpstov  xd  f,\i\)<zu, 
ä  f|V  A(op'.a)V'-og  (sie)  xoö  xoTiapxyjOavxog 
10     [o]7iö  SxpdxcDva  xöv  IIspl  Or^ßag  xötcov, 

a  TTposßctXsxo  (sie)  S'.a  'Ovop.apxou  7ipaxxop(os) 
h  Sß8op,rjxovxa.  xtov  ßaaiXiy.öv 

(2,  Hand:)      n£-x(i)y.£v  0£(!)v'.  h  Iß^otir^y.ovxa. 
(3.  Hand:)      IIsTcxtoxsv  'ÄTioXXwviou 
15      oly.ovöp,ou  h  IßSojiff/.ovxa. 

Darauf  1  Zeile  Demotiseh. 
In  diesem  Text  hat  J.  G.  Droysen  das  Wort  ioowö\ioii  (seil,  x^^^"^-^^)  zu 
finden  geglaubt  (Kl.  Schrift.  II  S.  302).  Offenbar  hat  ihn  der  Anfang  von 
Z.  15  getäuscht,  wo  vielmehr  oly.ov6\iou  steht.  Uebrigens  kommt  der  Ausdruck 
XaXxoö  laovö|AOU  im  III.  Jahrh.  v.  Chr.  noch  nicht  vor.  Vgl.  Grenfell,  Ee- 
venue  Pap.  Append.  III. 

Eine  ähnliche  Holztafel  befindet  sich  im  Besitz  des  Herrn  Prof.  J.  J.  Hess 
in  Freiburg  in  der  Schweiz.  Auch  sie  stammt  der  Schrift  nach  zu  urteilen  aus 
der  Glitte  des  III.  Jahrh.  vor  Chr.  Auch  hier  wird,  falls  meine  Lesung  der 
schwierigen  Zeile  6  richtig  ist,  über  Summen  (in  natura)  quittirt,  die  zur 
Erlangung  einer  Priesterstelle  gezahlt  sind.  Mit  freundlicher  Erlaubnis  des  Be- 
sitzers publicire  ich  hier  den  Text: 

naöv. 
TüapaSsxsxa-. 
MsXav.  'Ep|jLO!fiXou 
xal  Xairpst 
5     Ilaxoöxog  x'.jiYiv 

tspaixtag  (sie)        (=  TTupou)  sTxo 
xpsrs  L  x5 

/  xyL^^ 
Auaavtag. 

6  1.  houTaiag. 

5" 


68 


ni.  KAPITEL. 


denn  die  Bank  zahlt  hier  ja  nicht,  sondern  sie  empfangt.  Es 
ist  aber  zu  beachten,  dass  das  Oed  mit  tiItitwxsv  zu  verbinden 
ist.  Also  durch  den  Erheber  ist  die  Zahlung  erfolgt.  Andrerseits 
ist  zweifellos,  dass  die  Personen,  die  im  Nominativ  vor  den 
Summen  genannt  werden,  wirklich  die  Steuerzahler  sind,  denn 
es  kommen  auch  Frauennamen  darunter  vor.  Danach  ist  es  mehr 
als  wahrscheinlich,  dass  der  ungenannte  Empfanger,  der  nach  Ana- 
logie der  angeführten  Urkunden  sich  im  Dativ  (tw  Selvt,  seil. 
TOTiTWxev)  hätte  nennen  können,  kein  anderer  als  der  Trapezit  ist, 
und  dass  wir  also  auch  hier,  wie  in  den  meisten  angeführten  Ur- 
kunden ausgeschrieben  ist,  ein  ItcI  ty]v  ev  Aco^  TCoXet  zfi  [isyccXv] 
xpaTie^av  zu  ergänzen  haben. 

Ganz  ungenannt  ist  der  Trapezit  aber  vielleicht  doch  nicht  in  allen 
Fällen  geblieben.  Mehrere  Urkunden  haben  demotische  Beischriften. 
Es  ist  meine  Vermutung,  dass  diese  Beischriflen  von  der  Hand  des 
Trapeziten  herrühren  und  uns  seinen  Namen  nennen.  So  hat  z.  B. 
Revillout  für  die  demotische  Beischrift  von  305  folgende  Ueber- 
setzung  geliefert,  für  die  ich  ihm  natürlich  die  Verantwortung 
überlassen  muss  (Rev.  Egyptol.  VI.  S.  11.):  „A  ecrit  Psemont  fils 
de  Teos  (?)  sur  1  kati  (2  drachmes  de  sei)  en  compte."  Der  Name 
Weptixwv^Tjg  TeGizoc,  (?)  findet  sich  in  dem  griechischen  Teil  nicht: 
der  Erheber  heisst  SwaTpaio^,  die  Zahler  ÜLpeXtfi^  und  Tolve'/^xziq. 
Ich  meine,  ^'£{jL[xwV'&'r^;  ist  der  Trapezit,  der  diese  Subscription  in 
einheimischer  Sprache  darunterfügt  und  damit  den  Inhalt  des  Grie- 
chischen kurz  recapitulirt,  etwa  wie  wir  unter  anderen  Urkundeh- 
gruppen  die  Subscription  finden:  '0  Setva  sypa'^^a  oder  a£ar^jJi£''(jL){jiat 
bpay^\idcq  x.  Ebenso  gewinnen  wir  nach  Revillout's  Lesung  für  309 
einen  Trapeziten  'A|x£vtoO'yj^,  für  1227  einen  neTsve/ouirj?,  (hier  ist 
eine  vollständige  demotische  Uebersetzung  des  Griechischen)  u.  s.  w. 
Die  genannten  Männer  sind,  ihrem  Namen  nach  zu  schliessen,  alle 
Aegypter  und  können  offenbar  nicht  griechisch  schreiben.  Dazu 
hatten  sie  wohl  ihre  griechischen  Ypa(Ji[Ji,aT£l^.^)  Für  unser  Formular 
ist  aber  hervorzuheben,  dass  diese  demotischen  Subscriptionen  nur 
hin  und  wieder  stehen,  also  nicht  notwendig  sind  —  ebensowenig 

Es  ist  auffallend,  dass  man  damals  (III.  Jalirh.  v.  Chr.),  falls  obige 
Vermutung  zutreffend  ist,  so  viele  Aegypter  zur  Trapeza  zuliess.  Im  II.  Jahrh. 
V.  Chr.  finden  wir  fast  regelmässig  Männer  mit  griechischen  Namen  als  Trape- 
ziten (vgl.  Lumbroso,  Recherches  S.  331).    Vielleicht  sah  die  Regierung  anfangs 


THEBANISCHE  BANKQUITTUNGEN  AUS  PTOLEMÄERZEIT.  69 


wie  die  griechischen  Subscriptionen  (s.  unten).  Ich  halte  es  übrigens 
nur  für  zufallig,  dass  wir  noch  keine  Urkunde  dieser  Art  mit 
griechischer  Subscription  haben. 

Wir  sind  also  zu  dem  Resultat  gekommen,  dass  in  diesen  Ur- 
kunden die  Bank  über  Zahlungen  quittirt,  die  von  den  Zahlern 
durch  Vermittelung  der  Erheber  eingegangen  waren.  Folgt  daraus 
nun,  dass  diese  Quittungen  den  Zahlern  ausgestellt  wurden?  Ich 
denke,  nein.  Denn  dagegen  spricht,  dass  mehrfach  auf  einem 
Ostrakon  die  Zahlungen  von  zwei  Zahlern  gebucht  sind.  Wer  von 
beiden  bekäme  dann  das  Ostrakon?  Ich  glaube  darum  annehmen  zu 
müssen,  dass  diese  Quittungen  von  den  Bankbeamten  den  Erhebern 
ausgehändigt  wurden.  Dasselbe  werden  wir  auch  sonst  überall  anzu- 
nehmen haben,  wo  die  Bank  von  dem  Zahler,  nicht  von  dem  Erheber 
die  Zahlung  aussagt.  Es  wird  sich  als  Endresultat  ergeben,  dass  im 
III.  Jahrh.  vor  Chr.  die  Bank  beide  Arten  von  Quittungsformen 
kennt,  dass  dann  im  II.  I.  Jahrh.  v.  Chr.  die  Xennung  des  Erhebers 
in  der  Quittung,  mit  völliger  Uebergehung  der  Zahler,  herrschend 
wird,  dass  dagegen  von  Augustus  an  die  Bank  mit  Uebergehung 
der  Erhebernamen  regelmässig  nur  die  Zahler  nennt.  Alle  diese 
Quittungen  aber  werden,  mag  Zahler  oder  Erheber  genannt  sein, 
regelmässig  dem  Erheber  eingehändigt  worden  sein,  der  die  betreffende 
Zahlung  aus  der  Hand  des  Zahlers  an  die  Bank  übermittelt  hat. 
So  scheint  es  wenigstens  für  Theben  zu  gelten.^) 

Datum  {Jahr,  Monat,  Tag)  —  TTtTztcox^v  —  für  Abgabe  —  der 
Zahler  —  Summe.    Vgl.  325,  336. 

die  Eingeborenen  wegen  des  lebhaften  Verkehrs  der  aegyptisehen  Subalternbeamten 
mit  der  Bank,  die  damals,  unter  Philadelphos,  wohl  noch  selten  Griechisch  ver- 
standen, nicht  ungern  in  dieser  Stellung.  Jedenfalls  werden  sie  Griechen  neben 
sich  im  Amte  gehabt  haben. 

Im  Faijüm  z.  B.,  wo  überhaupt  die  Quittungsformulare  in  mehreren 
Punkten  von  den  thebanischen  und  auch  elephantinischen  abweichen,  stellt  die 
Bank  Quittungen  aus,  in  denen  sowohl  der  Erheber  (mit  biet  oder  im  Dativ)  als 
auch  der  Zahler  genannt  wird.  Diese  Quittungen  aber  werden  dem  Zahler 
ausgehändigt.  Das  zeigt  der  Zusatz,  der  zum  Schluss  gelegentlich  zu  dem 
Namen  des  Zahlers  gemacht  ist:  {irj  xpi^o^lJ-svo^  sxspo)  aujxßöXcp  oder  ähnlich. 
"Vgl.  BGU  66  und  214  und  dazu  unsere  Ausführungen  S.  79.  Da  hier  der 
Zahler  (in  66  ein  Aövyos,  in  214  die  Tipsaßuxspo'.)  ermahnt  wird,  sich  keine 
andere  Quittung  ausstellen  zu  lassen,  so  muss  auch  der  Zahler  der  Empfänger  sein. 


70 


III.  KAPITEL. 


'3b- 

Dasselbe,  ohne  nrnr^'Aer.    Vgl.  1230,  1236,  1339,  1491. 

Die  Urkunden  gehören  sämratlich  dem  III.  Jahrh.  vor  Chr.  an. 
Dieses  Formular  ist  mit  dem  vorigen  identisch,  nur  fehlt  die  mit 
hiOL  eingeleitete  Erwähnung  des  Erhebers.  Andrerseits  findet  sich 
hier  in  325  und  1491  die  Subscrijotion  der  Trapeziten,  die  dort 
fehlte.  Die  Subscription  hat  hier  noch  die  denkbar  einfachste  Form: 
nur  der  Name  (im  Nominativ)  ist  genannt.  Sehr  auffällig  ist 
der  Vermerk  am  Schluss  von  1230:  AwpLWVL  Ich  glaube,  wir 
haben  hierin  den  Namen  des  Erhebers,  der  die  Zahlung  des  ^£|jip,£Tvc^ 
an  die  Bank^)  befördert  hat.  Damit  kann  wohl  nichts  anderes 
ausgedrückt  sein,  als  dass  diese  Quittung  für  den  Erheber  Awptwv 
bestimmt  war,  und  ich  finde  darin  eine  Bestätigung  der  obigen 
Auseinandersetzung,  wonach  auch  diejenigen  Baukquittungen,  die  den 
Zahler  nennen,  doch  dem  Erheber  ausgehändigt  wurden. 

Dass  die  in  diesen  Quittungen  genannten  Personen  wirklich 
die  Zahler  und  nicht  die  Erheber  sind,  geht  daraus  hervor,  dass 
auch  ein  Frauenname  begegnet:  330  No^epex  d.  h.  „(die)  Schöne". 
'OaopYSI  in  1236  ist  übrigens  offenbar  nur  ein  Versehen  für  'Oaopyyj?. 

4. 

Datum  (Jahr,  Monat,  Tag)  —  für  Abgabe  —  der  Erheber  — 
Summe.    Subscinption.    Vgl.  1491.    III.  Jahrh.  vor  Chr. 

Dies  Schema  ist  formell  mit  3^  identisch,  nur  wird  der  Erheber, 
nicht  der  Zahler  genannt.  Die  hier  erwähnte  Person  OLXoywXyj? 
Nixtovo?  ist  uns  nämlich  durch  1253,  1254  =  1489  und  1338  als 
Steuererheber  für  die  Mitte  des  III.  Jahrhunderts  vor  Chr.  bezeugt. 
Nun  könnte  man  ja  vielleicht  dem  vorigen  Schema  zu  Liebe  annehmen, 
dass  Philokles  in  dem  hier  genannten  Jahre  (a.  15)  nicht  Steuerr 
erheber  gewesen  sei,  also  als  Steuerzahler  figurire,  ähnlich  wie  der- 
selbe X£{XTCV£ö^  'IvapöTO?  im  J.  178  n.  Chr.  als  zeXthvriC,  (1067), 
im  J.  154/5  n.  Chr.  als  Zahler  begegnet  (1444).  Gewiss  wäre 
dies  nicht  unmöglich,  und  dann  wäre  diese  Nummer  einfach  dem 


Im  Text  ist  schon  angedeutet,  dass  es  sich  hier  vielleicht  um  eine 
Naturallieferung  handelt.  Dann  ist  oben  nur  statt  der  Bank  der  Thesauros  ein- 
zusetzen.   Bank  und  Thesauros  haben  aber  analoge  Formulare. 


THEBANISCHE  BAXKQUITTUNGEN  AUS  PTOLEMÄERZEIT.  71 


vorigen  Schema  zuzuweisen.  Aber  ich  möchte  bis  auf  Weiteres  das 
Nächstliegende  für  wahrscheinlich  halten  und  den  Philokles  auch 
hier  als  Steuererheber  betrachten.  Auch  mit  Rücksicht  auf  das  folgende 
Schema  nehme  ich  also  an,  dass  auch  schon  im  III.  Jahrh.  die  Bank 
auf  den  Namen  des  Erhebers  die  Quittung  ausstellen  konnte,  wie 
sie  das  im  II.  Jahrhundert  fast  regelmässig  gethan  hat. 

Die  Subscription  ist  hier  schon  etwas  entwickelter.  Zwei  Trape- 
ziten  unterschreiben.  Der  Eine  nennt,  wie  oben,  nur  seinen  Namen, 
der  Andere  aber  fügt  die  empfangene  Summe  hinzu. 

5. 

Datum  (Jahr,  Monat,  Tag)  — =  7Tt7rt(t)/,ev  im  t\v  Iv  Ortsname  tQa- 
ns^av,  icp  Tjg  der  Trapezit,  für  Abgabe  —  der  Erheber  —  Summe. 
Subseription,  Vgl.  329,  331,  1338  (Mitte  des  III.  Jahrh.  v.  Chr.). 

Diese  Formel  bildet  die  Verbindung  zwischen  der  vorhergehenden 
und  der  folgenden.  Alles,  was  wir  uns  bei  der  vorigen  ergänzen 
mussten,  ist  hier  ausgeschrieben.  Dass  die  hier  genannten  Personen 
die  Erheber  sind,  dürfte  namentlich  durch  das  nächste  Schema  mehr 
als  wahrscheinlich  werden.    Man  bedenke  auch  die  grossen  Summen. 

Eine  beachtenswerte  Erweiterung  des  Schemas  zeigen  331  und 
1338,  insofern  vor  der  Nennung  der  Abgabe  das  Wort  ßaatXel 
eingeschoben  ist,  das  man  mit  TreTüXWZsv  zu  verbinden  hat.  Der 
Sinn  ist  klar.  Ich  finde  diesen  Zusatz  auch  sonst  noch  bei  Urkunden 
der  älteren  Zeit.  Vgl.  die  oben  publicirte  Berliner  Holztafel  vom 
Jahre  254  vor  Chr.,  wo  noch  deutlicher  steht:  ßaaiXsi  IlToXeiJiaia):. 
Aehnlich  heisst  es  in  den  Zoispapyri:  Baa'.Xeöat.  Auch  in  der 
Londoner  Bilinguis  (s.  oben)  steht  ßacjcXel. 

Die  Unterschrift  des  Trapeziten  ist  in  diesen  Nummern  vom 
Ypa(i[JLaT£U(;  in  Stellvertretung  geleistet  worden.  Offenbar  konnte 
AioSoTog  —  alle  drei  Texte  nennen  ihn  als  Trapeziten  —  nicht 
schreiben,  und  begnügte  sich  für  seine  Person  mit  den  drei  Kreuzen 
am  Schluss:  X  X  X.  In  331  und  1338  (beidg  von  demselben  Jahre) 
ist  nur  Name  und  Titel  der  Subscribenten  genannt,  in  329  auch 
die  Summe. 

ßa. 

Datum  (Jahr,  Monat,  Tag)  —  rtrcvAzai  in)  rtji>  iv  Ortsname 
tgotTze^av,  icp  j]g  der  Trapezit,  für  Abgabe  —  der  Erheber  —  Stimme. 


72 


III.  KAPITEL. 


Subscription  des  Trapeziten.  Vgl.  317,  319,  334,  335,  337,  339, 
340—342,  344,  345,  347,  [348],  351,  353,  1228,  1232,  1351, 
1354,  1357,  1359,  [1362],  1503,  1504,  1506—1508,  1515—1518, 
1526,  1615  (II.  Jahrh.  vor  Chr.). 

Dasselbe,  ohne  den  Zusatz:  icp  der  Traj^ezit  Vgl.  322,  324, 
327,  330,  346,  349,  350,  354,  1234,  1235,  1315,  1345,  1346, 
1496,  1497,  1499,  1522,  1532,  1534  (II.  Jahrh.  vor  Chr.). 

Es  ist  für  die  ganze  Steuergeschichte  von  grösster  Wichtigkeit, 
dass  diese  Quittungen  nicht,  wie  wir  früher  annahmen,  dem  Zahler, 
sondern  dem  Erheber  ausgestellt  sind.  Ich  habe  schon  oben  darauf 
hingewiesen,  dass  Nr.  1255  mir  den  Anstoss  zu  diesem  Umschwung 
gegeben  hat.  Sie  ist  zwar  nicht  von  der  Bank,  sondern  vom  The- 
sauros  ausgestellt,  doch  ist  das  Schema  dem  unsrigen  so  analog, 
dass  die  Frage  untersucht  werden  musste,  ob  nicht  auch  in 
diesen  Bankurkunden  der  Erheber  der  Quittungsempfänger  sei.  Auf 
einzelne  Fälle,  in  denen  sich  diese  Frage  mit  Sicherheit  beantworten 
lässt,  sei  hier  hingewiesen. 

Nr.  1233,  die  mir  gleichzeitig  mit  1255  durch  Sayce  bekannt 
wurde,  nennt  als  Quittungsschreiber  einen  2t[jia)V  'la^apou  6  e^ecXr^- 
9ü)c  xyjv  TETapTTjV  Twv  aXtewv  elq  t6  y.yj^.  Als  Entrichter  dieser 
selben  Fischereiabgabe  an  die  Bank  nennt  nun  aber  für  dasselbe 
28.  Jahr  Nr.  337,  die  zu  unserer  Gruppe  gehört,  einen  SL[ia)v.  Es 
ist  wohl  mehr  als  wahrscheinlich,  dass  beide  Urkunden  dieselbe 
Person  vorführen.  Folglich  ist  für  337  erwiesen,  dass  die  hier 
genannte  Persönlichkeit  der  Steuererheber,  nicht  der  Steuerzahler 
ist.  St[xa)v  liefert  also  an  die  Bank  ab,  was  er  vom  Zahler 
erhalten  hat. 

Ferner:  In  Nr.  1029  stellt  im  J.  r>5  ein  ''Qpoc,  Auzou,  zusammen 
mit  seinem  Compagnon  als  ol  npoc,  zy]i  TsiapTVjL  xwv  aXiecov,  also 
als  Fischereiabgabenpachter  bezeichnet,  in  Briefform  dem  Zahler 
eine  Quittung  aus.  In  Nr.  1347  vom  17.  J.  und  346  vom  32.  J., 
von  denen  die  Letztere  zu  unserer  Gruppe,  die  Erstere  zur  nächsten 
(verwandten)  gehört,  wird  einem  ^Qpoc,  Auxou  über  dieselbe  Abgabe 
von  der  Bank  quittirt.  Auch  der  ^Qpog  in  326  vom  14.  J.  und 
1348  vom  18.  J.  empfangt  über  die  nämliche  TeiapTY]  ä)dio)V  von 


THEBANISCHE  BANKQUITTUNGEN  AUS  PTOLEMÄERZEIT. 


73 


der  Bank  Quittung.  Es  unterliegt  für  mich  keinem  Zweifel,  dass 
in  all  diesen  Fällen  ein  und  dieselbe  Persönlichkeit  gemeint  ist. 
Wer  die  Nummern  genauer  mit  einander  vergleicht,  wird  mir  bei- 
stimmen. Somit  ist  durch  1029  erwiesen,  dass  auch  die  Bankquittungen 
326,  346,  1347  und  1348  an  den  Steuerpächter,  nicht  an  den 
Zahler  gerichtet  sind.  Es  ist  als  ein  besonderer  Glücksfall  zu  be- 
trachten, dass  bei  dem  immerhin  noch  geringen  Material  die  Ur- 
kunden sich  zweimal  in  dieser  Weise  gegenseitig  interpretiren. 

Man  wird  auch  in  den  anderen  Urkunden  leicht  Indicien  finden, 
die  für  diese  Auffassung  sprechen,  so  namentlich  die  vielfach  ausser- 
ordentlich hohen  Summen,  die  die  Quittungsempfönger  zahlen,  die 
als  Steuerbeiträge  der  einzelnen  Unterthanen  ganz  unglaublich  wären. 
Doch  ich  will  nicht  allzu  lange  hierbei  verweilen.  Für  mich  ist 
nach  allem  diesem  ausgemacht,  dass  nicht  nur  326,  337,  346,  1347 
und  1348,  sondern  alle  thebanischen  Urkunden,  die  dasselbe  Formular 
aufweisen,  Quittungen  sind,  die  die  Bank  dem  Erheber  ausstellt 
und  dass  diese  Art  zu  quittiren  im  II.  Jahrh.  vor  Chr.  —  denn 
diesem  gehören  sie  sämmtlich  an  —  üblich  gewesen  ist.^)  Dies 
gilt  wenigstens  für  Theben.  Wir  werden  sehen,  dass  in  dem  be- 
nachbarten Krokodilopolis  die  Bank  auch  im  II.  Jahrh.  nach  Art 
des  III.  Jahrhunderts  den  Zahler  in  ihren  Quittungen  nennt.  Unter 
den  thebanischen  Quittungen  scheint  mir  nur  eine  zu  sein,  die  auf 
den  ersten  Blick  diese  letztere  Usance  zu  bezeugen  scheint,  ich 

Es  erklärt  sich  aus  der  Xatur  des  einzelnen  Falles,  dass  die  soge- 
nannten ,,trapezi tischen  Eegister"  derselben  Zeit  auch  in  Theben  nicht  auf  den 
Namen  des  Erhebe rs,  sondern  auf  den  des  Zahlers  ausgestellt  sind.  Hier  kommt 
es  ja  gerade  darauf  an,  nachzuweisen,  dass  dieselbe  Person,  die  den  Contract, 
auf  dem  die  Bemerkung  notirt  ist,  geschlossen  hat,  auch  die  dadurch  fallig 
gewordene  Verkehrssteuer  gezahlt  hat.  Die  Letztere  muss  schon  darum  auf 
seinen  Xamen  ausgestellt  werden,  weil  der  Contract  mitsammt  der  trapezitischen 
Quittung  für  ihn  unt^r  Umständen  dazu  dienen  soll,  die  Eechtmässigkeit  der 
betreffenden  Erwerbung  etc.  docum entarisch  zu  belegen  (vgl.  Hermiasprocess, 
Pap.  Taur.  I  5,18:  cov  xal  xx  xsXr^  xs-rax^a-.  zIq  xyjv  xoö  evxuxXiou  wvr^v). 
Eine  eingehendere  Besprechung  dieser  wichtigen  Urkundenklasse  behalte  ich 
mir  für  meine  Xeuedition  derselben  in  den  „Ptolemäertexten"  vor.  Bisher 
giebt  es  keine  fehlerlose  Publication  derselben.  Einstweilen  verweise  ich  auf 
J.  G.  Droysen,  Kl.  Schrift.  I  1  ff,  und  dazu  meine  Notizen  S.  386/7.  Eine 
Zusammenstellung  vieler  Text«  findet  man  bei  Wessely,  Wien.  Stud.  III.  S.  1  ff., 
der  sich  aber  fast  überall  damit  begnügt  hat,  die  alten  Lesungen  mit  den  alten 
Fehlern  wieder  abzudrucken. 


74 


III.  KAPITEL. 


meine  1315,  wo  der  Name  also  lautet:  Bepfxo'J  Mex^peou^.  Wohl 
scheint  es  am  nächstliegenden  ^ep\!.G^  in  6£p[jioi)0'L?  oder  B£p[jLOud'apcov 
aufzulösen,  also  einen  Frauennamen  zu  bilden,  und  damit  wäre 
allerdings  auch  für  Theben  der  Brauch  des  III.  Jahrhunderts  für 
diese  Zeit  erwiesen.  Aber  ehe  zwingende  Gründe  hierfür  vorliegen, 
ziehe  ich  es  vor,  eine  männliche  Ableitung  von  dem  Göttinnennamen 
0£p[xou^:(;  zu  supponiren,  etwa  0£p{jioDO'La)v,  das  dem  häufigen  'laLWV 
analog  wäre,  oder  auch  0£p|jLOU^co^  (vgl.  "loioq),  das  vielleicht  im 
Leipz.  Pap.  4  Recto  vorliegt  i),  und  wovon  das  Femininum  Ospjjio'j^ca 
bezeugt  ist.  Jedenfalls  sind  wir  nicht  genötigt,  hier  einen  Frauen- 
namen zu  ergänzen.  Somit  können  wir,  wie  mir  scheint,  constatiren, 
dass  in  dem  bis  jetzt  vorliegenden  Material  aus  Theben  kein  Indicium 
gegen  die  Annahme  spricht,  dass  in  den  Bankquittungen  des  II.  Jahr- 
hunderts nicht  der  Zahler,  sondern  der  Erheber  genannt  werde. 2) 
Wir  haben  noch  einige  Einzelheiten  zu  besprechen.  In  der 
Gruppe  6''  fehlt  der  Zusatz  iq?'  fiq  (seil.  zpo^iziZxi^)  6  Sslva.  Diese 
Angabe  war  allerdings  entbehrlich ,  wenn  der  Trapezit  eigen- 
händig den  Text  unterzeichnete.  Freilich  fehlt  in  einigen  Urkunden 
dieser  Gruppe  auch  die  Subscription,  so  in  327,  354,  1235,  1346, 
sodass  hier  überhaupt  nicht  gesagt  ist,  welcher  Trapezit  die  Quittung 
ausgestellt  hat.  Man  möchte  fast  meinen,  dass  sie  nicht  correct 
abgefasst  seien.    Aber  hätten  sich  die  Erheber  damit  zufi'ieden  ge- 

^)  Hier  könnte  OspixouO-iq)  freilich  auch  von  dem  Femininum  6£p[JLOU^'.ov 
abgeleitet  sein.  Von  einem  Zollpächter,  wie  Wessely  (Ber.  Verh.  Sächs.  Gesell. 
1885,  S.  244)  zu  dieser  Stelle  meint,  ist  hier  kaum  die  Rede,  vielmehr  von 
irgend  einer  Person,  an  welche  eine  Zalüung  gemacht  ist.  Vgl.  Eta'.Stbpqj  in 
Z.  14.  Auf  Parthey,  Aegypt.  Personennamen  S.  119  durfte  sich  Wessely  für  das 
Masculinum  6£p|JioöO-'.g  jedenfalls  nicht  beziehen.  Parthey  hat  dafür  nur  einen 
sehr  wenig  glaubwürdigen  Zeugen,  nämlich  Heliodor,  Aethiop.  2,12.  Wenn 
Heliodor  allen  fernstes  einen  Räuber  mit  Namen  OepiiouO^ig  auftreten  lässt,  so 
ist  das  nur  ein  neuer  Beweis  dafür,  dass  er  von  aegyptischen  Dingen  nicht 
viel  versteht.    Vgl.  E.  Rohde,  Griech.  Roman  S.  455  f. 

Dagegen  wird  mir  in  letzter  Stunde  für  Hermonthis  eine  Ausnahme 
bekannt.  In  einem  soeben  vom  Berliner  Museum  erworbenen  Ostrakon  (P.  8622) 
des  II.  Jahrhunderts  quittirt  die  Bank  von  Hermontliis  zwei  Frauen.  Vgl.  Kap.  IV 
§  93.  Der  Name  der  Ersten  fängt  mit  Ta  an,  die  zweite  heisst  Ssv^wxig.  Ich 
kann  mich  jedoch  des  Verdachtes  nicht  erwehren,  dass  der  Schreiber  hier  aus 
Versehen  'ep[JL(ü)vO-£!,)  statt  Kpo(xo5iXü)v  tioXs'.)  geschrieben  hat.  Die  Erwähnung 
des  Gaues  (IlaO-upcxou)  vor  dem  Namen  der  Zahlerinnen  erinnert  jedenfalls  merk- 
würdig an  die  Quittungen  aus  Krokodilopolis.    Vgl.  1617,  1618. 


THEBANISCHE  BANKQUITTUXGEN  AUS  PTOLEMÄERZEIT.  75 


geben?  So  müssen  doch  wohl  auch  diese  Quittungen  als  vollgültig 
angesehen  sein.  Wir  werden  finden,  dass  auch  in  anderen  Urkunden- 
klassen, auch  in  der  Kaiserzeit,  dieselben  Formulare  bald  mit,  bald 
ohne  Subscription  erscheinen.  Vielleicht  war  die  Echtheit  der  nicht 
subscribirten  dadurch  garantirt,  dass  hier  der  Trapezit  selbst  den 
ganzen  Text  geschrieben  hatte,  während  die  subscribirten  Texte 
wohl  meist  nur  von  ihren  Schreibern  geschrieben  waren.  Graphisch 
wird  sich  die  Frage  schwer  entscheiden  lassen,  denn  der  Kachweis, 
dass  ein  solcher  Text  ohne  Subscription  nicht  von  der  Hand  eines 
Trapeziten  geschrieben  sei,  wird  schwer  zu  führen  sein. 

Betrachten  wir  die  Subscriptionen  genauer.  Ich  beschränke 
mich  hier  auf  die  Kümmern  unserer  Gruppe;  in  den  anderen  wird 
man  dieselben  Beobachtungen  machen  können.  Es  finden  sich  folgende 
verschiedene  Arten  (einige  Citate  mögen  genügen): 

1.  Käme,  Titel,  (xpaTie^iTYjO.    Vgl.  317,  341,  351,  1232. 

2.  Käme,  Titel,  Summe.   Vgl.  319,  322,  324,  326,  337,  340, 
344  etc. 

3.  Käme,  Summe.    Vgl.  1345. 

4.  Titel,  Summe.    Vgl.  1351,  1354,  1506. 

5.  Summe.    Vgl.  354,  1499. 

6.  Käme,  iTtr^ywoXou^Yjxa.    Vgl.  1362. 

Es  ist  bemerkenswert,  dass  die  Summe,  die  in  den  fünf  ersten 
Subscriptionen  erscheint,  und  die  häufig  nebenbei  am  Rande  oder 
auch  vor  dem  Kamen  (wie  1518)  notirt  ist,  immer  grösser  als  die 
ist,  über  die  quittirt  wird.  So  wird  z.  B.  in  319  über  1  Tal. 
4809  Drachm.  quittirt.  Der  Trapezit  aber  subscribirt:  'A|X[jl(j[)(vlo^) 
Tpa(7i£^Lnr]c)  a  e/TT^o,  d.  h.  1  Tal.  5970  Dr.  Aehnlich  in  den 
anderen  Fällen.  Was  soll  das  heissen?  Man  könnte  sich  verschiedene 
Möglichkeiten  denken.  Dass  der  Trapezit  sich  mit  dieser  Summe 
etwa  notirt  hätte,  wieviel  der  betrefiende  Erheber  noch  zu  zahlen 
hat,  ist  unwahrscheinlich,  denn  dann  würde  doch  wohl  auch  einmal 
eine  Summe  dastehen,  die  kleiner  als  die  gezahlte  ist.  Es  liegt 
näher  anzunehmen,  dass  die  gezahlte  Summe  in  dieser  grösseren 
enthalten  ist.  Sollte  die  letztere  vielleicht  besagen,  wieviel  der 
Erheber  überhaupt  zu  zahlen  hat?  Das  wäre  höchst  interessant, 
insofern  wir  dann  für  eine  ganze  Reihe  von  Abgaben  sagen  könnten, 
zu  welchem  Preise  sie  an  die  Pächter  (pro  Monat?)  verpachtet 
waren.    Doch  gegen  diese  Auffassung  spricht  Manches,  z.  B.  die 


76 


Vergleichung  von  Nr,  337  und  340.  Das  natürlicliste  ist  vielmehr 
anzunehmen,  dass  der  Trapezit  mit  dieser  grösseren  Zahl  das  be- 
zeichnet, was  der  Erheber  bisher  überhaupt  in  summa  gezahlt  hat. 
Dies  allein  scheint  mir  auch  dem  Wesen  der  Subscriptio  zu  entsprechen, 
dass  der  Trapezit  damit  über  geleistete  Zahlungen  quittirt.  Diese 
Annahme  fand  ich  nachträglich  in  London  durch  Nr.  1359  bestätigt, 
wo  es  am  Rande  ausdrücklich  heisst:  'A7ü£)((a)),  worauf  die  (grössere) 
Summe  folgt.  Damit  ist  die  Frage  entschieden.^)  —  Aber  auf 
welchen  Zeitraum  soll  sich  diese  Abrechnung  beziehen?  Soll  es 
heissen,  so  viel  habe  ich  in  diesem  Jahr  erhalten?  oder  in  diesem 
Monat?  Nach  dem  im  Kapitel  VI  Mitgeteilten  wird  man  Letzteres 
für  wahrscheinlicher  halten,  denn  monatlich  rechneten  die  Trapeziten 
mit  den  Erhebern  ab,  und  dies  ergiebt  sich  als  richtig  auch  durch 
Vergleichung  von  Nr.  339  und  340.  Vgl.  Kap.  IV  §  7.  Andrer- 
seits ist  sicher,  dass  in  1499  die  Randbemerkung  sich  auf  das 
Jahr  bezieht. 

Das  Verbum  iTcaxoXouO-cIv,  das  unter  6  erscheint,  können  wir 
in  der  Kanzleisprache  Aegyptens  vom  III.  Jahr,  vor  Chr.  an 
durch  mehrere  Jahrhunderte  verfolgen.  Im  III.  Jahrh.  vor  Chr. 
begegnet  es  noch  in  einer  Bedeutung,  die  der  ursprünglichen  des 
„Folgens"  nahe  kommt,  nämlich  als  „befolgen".  Vgl.  Petr.  Pap. 
(I)  XXV  2,  7,  wo  ich  lese:  STcaxoXou^'^aaL  zolc,  uapa  aou  Tiept 
TOUTWV  [axa-ö-ela:?].  Hier  steht  es  synonym  dem  üblichen  axoXouO'S'tv. 
Dagegen  findet  es  sich  in  einer  unseren  Stellen  näherkommenden 
Bedeutung  in  einem  anderen  Texte  des  III.  Jahrhunderts,  Petr. 
Pap.  (II),  XLb,  einem  Briefe,  in  dem  Dorotheos  dem  Theodoros 
mitteilt,  dass  die  Weinlese  bevorstehe,  und  hiuzufügt:  y.oiXihc,  oöv 

yivo[JL£VOU  aoL  '^'kz\)'/.0\jc,.  Theodoros  soll  also  einen  Vertrauensmann 
schicken,  der  dem  Eingiessen  des  ihm  zufallenden  Mostes  „folgt",  d.  h. 
zur  Controlle  „persönlich  zugegen"  ist.  Ebenso  in  Petr.  Pap.  (II) 
S.  [7],  unteres  Fragment  Z.  5,  wo  ich  lese:  STraxoXou^eLTO)  (statt 
auvazoXo'j^ELTO))  Zk  zic,  Tiapdc  aou  if^i  6[x[. .  Aehnlich  auch  im 
Revenue -Papyrus  57,22:  xwl  oe  yvaxepyaaafxevwc  £7i[a>to]Xou'9'Y]aouaLV 
OL  TY^v  wVY^v  lyovxzq.  In  dieser  Bedeutung  des  „persönlich  zugegen- 
sein's"  möchte  ich  das  Wort  auch  in  unseren  Texten  nehmen.  Einen 


^)  Anders  fasst  es  Kevillout  in  den  „Melanges"  auf. 


THEBANISCHE  BANKQUITTUNGEN  AUS  PTOLEMÄERZEIT. 


77 


directen  Beweis  bieten  die  Zoispapyri,  in  denen  XpuaLTUTiog,  von  dem 
vorher  gesagt  ist  nocpo^zoq  XpuacuTioi),  quittirt  mit  den  Worten: 
XpuaLTZTZoq  £7iYj%oXo6^Y](xa).  Vgl.  Peyron,  Zoispap.  S.  190.  Wessely, 
Gr.  Pap.  Kais.  Samml.  Wien  S.  17.  Wir  werden  danach  STivjxoXou'ö-yjxa 
übersetzen  können:  Ich  bin  bei  der  Zahlung  zugegen  gewesen. 
Natürlich  konnte  jeder  Beamte,  der  eine  Zahlung  oder  Lieferung 
entgegennahm,  sich  in  der  Subscription  der  Formel  sTiYjxoXou^yjxa 
bedienen,^)  und  so  werden  wir  weiter  unten  dem  Worte  noch  öfter 
begegnen.  In  den  Ostraka  finden  sich  Belege  bis  in's  II.  Jahrh. 
n.  Chr.  Für  die  Ptolemäerzeit  verweise  ich  noch  auf  Pap.  Leid.  F, 
auch  auf  die  Subscription  des  demotischen  Ostrakon  Louvre  7867 
(Revue  Egypt.  IV  S.  185) :  .'AazXYj(7r:a5yj^)  £7r7jxoXo6[-8'y]]xa. 

Besonderheiten  bieten  auch  die  Subscriptionen  von  341  und 
1228.  In  341  steht  ausser  der  Subscription  des  Trapeziten  von 
2.  Hand  geschrieben:  K<xXki(xc,  Yp(a[jL|xaT£U^),  und  auf  der  Innen- 
seite des  Ostrakon  steht  KocXXiou  yp(<x\i\iazEii)q)  Tie^wv.  Das  hängt 
damit  zusammen,  dass  der  Text  von  Salzlieferungen  an  die  neQoi 
handelt.  Nr.  1228  ist  dadurch  bemerkenswert,  dass  nicht  der 
Antigenes,  der  im  Text  als  der  Trapezit  genannt  ist,  unterzeichnet, 
sondern  erst  ein  'A-O'Yjvcwv,  dann  ein  ''HpaxXsLSr^g,  Letzterer,  indem 
er  die  gezahlte  Summe  und  auch  das  Datum  wiederholt.  2)  Aus 
den  Ausführungen  in  Kap.  VI  wird  hervorgehen,  dass  diese  beiden 
die  Collegen  des  Antigenes  gewesen  sind,  die  auch  statt  seiner 
quittiren  können.    Aehnlich  1516. 

Hier  sei  noch  auf  einen  merkwürdigen  Zusatz  hingewiesen,  den 
einige  Ostraka  dieser   und  der  nächsten  Gruppe  aufweisen.  Ich 


^)  Im  Pap.  Par.  62,  5,  12  (xwv  Se  xaxaßoXwv  aujJißoXa  Xa|JLßav£X(joaav 
Tiapa  xoö  xpaTis^txou,  bnoypoLcpa.c,  zxovzcc  Tiapa  xwv  sTiaxoXouO-ouvxcDv)  werden 
die  „Zahlungszeugen"  (sTiaxoXou^oOvxeg)  von  den  Trapeziten  unterschieden.  Dieser 
Vorschrift  entsprechen  die  Zoispapyri,  in  denen  nicht  der  Trapezit,  sondern  der 
sua%oXoU'8'a)v  subscribirt.  Andrerseits  bietet  unsere  Sammlung  genug  Belege 
dafür,  dass  auch  der  Trapezit  selbst  die  Quittungen  an  die  ZoUpächter  unter- 
schrieb.   Vgl.  übrigens  Kap.  VI. 

Leider  ist  es  mir  bisher  nicht  möglich  gewesen,  nach  dem  Facsimile, 
auf  das  ich  angewiesen  bin,  das  Verbum  hinter  'HpaxXsiSyjg  mit  Sicherheit  zu 
lesen.  Das  x^  =  xe(xaxxat),  das  ich  im  Text  habe  drucken  lassen,  ist  ganz  un- 
sicher. Sprachlich  ist  es  mir  deshalb  unwahrscheinlich,  weil  das  Verbum  an  dieser 
Stelle  in  1.  Person  zu  stehen  pflegt.  Ich  würde  ein  STüYjxoXouO-Yjxa  oder  ähnliches 
erwarten.    Hoffentlich  bringt  das  Original  einmal  Sicherheit. 


78 


m.  KAPITEL. 


meine  die  folgenden:  351  twl  TipoTspov  ypaC^lvxc)  toö  laou  [jly] 
X[pi^<3y]i].  iö^ö  %al  [XYj  XP'h^'Q  "^^[1]  Tipoxspov  [Ypa(9£VT0].  i^Pö  twl 
Se  TipoTspov  Yp(a:y£VTi)  [|JiYj]  x[p]'*^(^''^0-  -^"^^^  "c^^  Tzpoypa- 
((^evTc)  TOÖ  l'aou  [iYj  XP'^iC^'^O-^)  Formell  ist  bemerkenswert,  dass 
in  diesen  Parenthesen,  die  in  den  Qiüttungskörper  eingeschoben  sind, 
der  Quittungsempfanger  plötzlich  in  2.  Person  angeredet  wird  (vgl. 
1026),  während  die  Quittung  selbst  in  3.  Person  von  ihm  spricht. 
Der  Zusatz  besagt  nun:  „Die  früher  geschriebene  Quittung  über 
dieselbe  Zahlung  sollst  Du  nicht  gebrauchen."  Pie  obigen 
Quittungen,  die  diesen  Vermerk  tragen,  ersetzen  also  früher  ge- 
schriebene, denen  eben  durch  den  Vermerk  die  Rechtsgültigkeit  ab- 
gesprochen wird.  Wodurch  mag  die  Cassirung  der  früheren  und 
die  Notwendigkeit,  neue  Quittungen  auszustellen,  begründet  sein? 
Die  Antwort  giebt,  glaube  ich,  unsere  Nr.  50  (aus  Elephantine), 
die  offenbar  gleichfalls  eine  Wiederholung  darstellt,  wie  folgender 
Zusatz  zeigt  (vgl.  Corrigenda):  Scd  t6  7i(apa)7t£7iTa)(x£vaL)  tyjv 
TCpOT(£pav)  d7ro)((Yjv).  Was  bedeutet  dies  7iapa7iC7rT£cv  ?  Ich  hatte 
daran  gedacht,  aus  dem  „danebenfallen"  ein  „verlorengehen"  abzu- 
leiten, konnte  freilich  keinen  Beleg  dafür  bringen.  Den  richtigen 
Sinn  hat  erst  Mommsen  erschlossen,  der  mir  vorschlug,  aus  dem 
„danebenfallen"  vielmehr  ein  „ungültig  werden,  etwa  wegen  eines 
Formfehlers"  abzuleiten.  In  der  That  lässt  sich  für  7:apaTc:7rT£LV 
eine  Bedeutung  nachweisen,  die  zu  dieser  Auffassung  führt.  Neben 
7iapa7iC7iT£LV  zy]c,  aXri^eioLC,  u.  ähnl.  („von  der  Wahrheit  abirren") 
begegnet  das  Verbum  auch  absolut  in  der  Bedeutung  „verfehlen, 
fehlen,  irren".    Vgl.  Polyb.  XVIII  36,  6:  zölc,  5'  oXoic,  Tipdyixaacv 


^)  Sprachlich  sind  diese  Verbindungen  z.  T.  nicht  ohne  Härten.  Ich 
habe  geschwankt,  ob  ich  das  in  ypd\i\io!.  auflösen  sollte,  wovon  dann  der 
Genetiv  xou  toou  abhängen  würde.  Doch  würde  man  dann  eher  Tipoxsptp  als 
TipÖTspov  erwarten.  Immerhin  ist  die  Möglichkeit  offen  zu  lassen,  dass  folgender- 
massen  zu  lesen  ist:  xtp  upöxspov  (seil,  ypacpsvx!,)  Ypä|X|iaxt.  In  1526,  wo  npoyp 
steht,  müsste  man  annehmen,  dass  auch  das  Substantivum  7T:pÖYpa|j.[JLa  ebenso 
wie  das  Verbum  die  Bedeutung  des  „früher  Geschriebenen"  haben  könnte. 
FpdjiiJLa  würde  in  derselben  Bedeutung  stehen  wie  im  Pap.  Geneve  9,  Z.  18  f.: 
[xuptjtov  xal  ßcßaiwv  ovxwv  [xwv  inpoxspjcüv  ypajjiiidxoov.  —  To  taov  begegnet 
in  den  Papyri  der  Kaiserzeit  in  der  Bedeutung  ,,Copie,  Exemplar".  Doch  liegt 
es  hier  näher,  an  der  ursprünglichen  Bedeutung  festzuhalten. 

^)  Gebraucht"  wurden  die  Quittungen  z.  B.  als  Documente  vor  den 
Behörden. 


THEB ANISCHE  BANKQUITTUNGEX  AUS  PTOLEMÄEEZEIT. 


79 


ayvoelv  e^r^  zal  Tiapa-fcsLV  oLuzoy,  el  TrsTtcLaTa:  („er  irre,  wenn  er 
glaube").^)  Vgl.  auch  Xenophon,  Hell.  I  6,  4.  Danach  ist  also 
die  Quittung  Nr.  50  ausgestellt  worden,  „weil  die  frühere  Quittung 
sich  geirrt  hatte,  Formfehler  enthalten  hatte".  Derselbe  Grund  zur 
Erneuerung  wird  auch  fiir  die  obigen  Thebanischen  Ostraka  mass- 
gebend gewesen  sein,  in  denen  der  Empfanger  ermahnt  wird,  „die 
frühere  Quittung  nicht  zu  gebrauchen". 

Hierdurch  finden  auch  einige  Zusätze  ihre  Erklärung,  die  sich 
in  Faijümer  Papyrusquittungen  finden.  Ich  meine  fiilgende  Stellen: 
BGU  66:  xal  \Lfi  x9ria6:\LE'^oc,  i[T£p](p  auvß6>w((p).  BGU  214:  [iy] 
^^poc^/Jpr^oo^\L^^^OQ  (so  ist  statt  7:po/^pyjaa[i£vo?  zu  lesen)  kzepo  (sie) 
auvßwXq)  5'.d  TÖ  ^aav-siv  7:apa7:£7;7tTa)7w£va'.  (sie).  Endlich  las  ich 
im  Brit.  Pap.  CCCXVI:  (iyj  Tipoi^xpi^i^^Ti  ^'^^ptp  a'j[iß6X((i))  B:a  t6 
i^aax£LV  7üapa7:(£7:T(i)7.£vaL).  Hier  ist  nicht  von  einer  früheren  Nieder- 
schrift der  Quittung  (au[xj3oXov)  die  Rede,  sondern  von  einer  „anderen", 
die  man  nicht  noch  „ausserdem"  (jzpoq)  ^)  verwenden  solle.  Hier 
wird  also  nicht  die  Cassirung  einer  früheren  Quittung  ausgesprochen, 
vielmehr  die  Rechtsgültigkeit  der  vorliegenden  Quittung  auf's  schärfete 
dadurch  betont,  dass  eventuelle  spätere  Einwendungen  wegen  Fehler- 
haftigkeit der  Urkunde  im  voraus  abgewiesen,  beziehungsweise  ver- 
boten werden. 

7  a. 

Datum  (Jahvj  Monat,  Tag)  —  thoL-Azai  —  für  Abgabe  —  der- 
Erhebet^  —  Siimme.  Subscription  {des  Trapeziteii).  Vgl.  326,  332,  352, 
355,  1277,  1347,  1348. 

7b. 

Dasselbe,  ohne  Datum.    Vgl.  1257,  1531. 

Diese  Formel  sieht  wie  eine  Verkürzung  der  vorigen  aus.  Es 
fehlt  nur  der  Zusatz  £7:1  tt^v  Iv  Ortsname  Tpa7:£^av,  i:^'  f^c,  C  S£:va, 

^)  Livius  XXXIII  12,  3  giebt  dass  Ganze  wieder  mit  falli  eum  aiuiU 
tota  re. 

Hier  seheint  mir  dem  r.^oq,  in  Tipo^xp^^^*'-  diese  ursprüngliche  Be- 
deutung anzuhaften.  In  anderen  Fällen  ist  sie  so  abgeschwächt,  das  7:p3;xp'^^^°^- 
synonym  mit  xp'^^^at  gebraucht  wird.  Vgl.  Pap.  Taur.  I  4,15  :  Y.ctX  sAsysv  |jL7j 
'^P^SXP'i^i^'csGv  slvat,  Tal^  £7i'.:pspö|j.svai5  —  au^Ypacpaig.  Ebenda  I  4,18:  sav  x'.^ 
STtsv^Yxr^t  ouYTpacfTjv  sTci  ib  5'.y.aaxr,piov  jirj  £aTup'.ü)|j.£VYjv ,  [irj  upogxp'^/^^a-- 
Uebrigens  wird  auch  hier  in  beiden  Fällen  das  Wort  von  der  Verwendung  von 
Documenten  als  Belegen  gebraucht. 


80 


m.  KAPITEL. 


der  aber  natürlich  hinzuzudenken  ist;  denn  auch  diese  Texte  sind 
offenbar  von  der  Bank  ausgestellt,  wenn  auch  nirgends  das  Wort 
xpaTis^a  oder  zp(XT,eZ^zr^;,  vorkommt.  Wenn  man  aber  die  historische 
Entwickelung  der  Quittungsformulare  in  Betracht  zieht,  wird  man 
sich  dafür  entscheiden,  hierin  nicht  eine  Verkürzung,  sondern  vielmehr 
die  Vorstufe  zu  jener  zu  erblicken.  Diese  Urkunden  gehören  zwar 
im  Allgemeinen  derselben  Zeit  an  wie  die  vorige  Gruppe,  d.  h.  der 
zweiten  Hälfte  der  Ptolemäerzeit.  Aber  von  einer  ist  es  doch  sehr 
wahrscheinlich,  dass  sie  in  das  III.  Jahrh.  gehört,  Nr.  1277,  die  ich 
aus  rein  palaeographischen  Gründen  in  die  Zeit  des  Philadelphos 
versetzt  habe.  Der  Text  bietet  übrigens  auch  sonst  manche  Ab- 
sonderlichkeiten. Aus  der  Subscriptio  Zthizupoc.  6  Tiapa  MevavSpou 
ist  zu  folgern,  dass  Menander  damals  Trapezit  war,  und  Zopyros 
sein  Adjunctus.  Ob  das  Ostrakon  aus  Theben  stammt,  ist  ungewdss. 
Vielleicht  erklären  sich  die  Absonderlichkeiten  (xliaxiaL  für  diese 
Zeit!)  dadurch,  dass  das  Stück  aus  einem  Orte  stammt,  dessen 
Formulare  wir  sonst  nicht  kennen. 

8. 

Datum  (Jahr,  Monat^  Tag)  —  biaytyQcifpev  —  für  Abgabe  — 
der  Erlieber  —  Summe.  Subscription. 

Dieses  Formular,  das  nur  ein  einziges  Mal  in  unserer  Sammlung, 
durch  1528,  vertreten  ist,  ist  mit  dem  Vorigen  identisch,  nur  steht 
ocaysypacpev  statt  xeiaxTaL    lieber  6taYpa(^£cv  vgl.  unten  S.  89  ff. 

B.  Eaiserzeit. 

III.  Quittungen,   die   der  Erheber   dem  Zahler  ausstellt. 

1. 

Der  Erheber  —  dem  Zahler  —  yaigeiv.  " Eico  (oder  ähnlich)  — 
für  Abgabe  —  Summe.  Datum.  Subscription  (des  Erhebers).  Vgl. 
390,  402,  491,  051,  1033,  1035,  1036,  1037,  1039,  1041,  1052, 
1057,  1321,  1404,  1431,  1559. 

2. 

Dasselbe,  ohne  Siibscrii^tion.  Vgl.  365,  376,  396,  410,  412—418, 
420,  421,  504,  664,  1030,  1032,   1040,   1042,  1048—1051, 


THEBANISCHE  ERHEBERQUITTUNGEN  AUS  DER  KAISERZEIT.  81 


1053—1056,  1060,  1061,  1068—1070,  1075,  1368,  1370,  1386, 
1394,  1395,  1412,  1416,  1419,  1487,  1552,  1569,  1574. 

3. 

Dasselbe,  ohne  laiQEiv,  mit  Subscription.  Vgl.  498,  506 — 509, 
511—519,  525,  531—533,  536,  539,  553,  555—558,  560—565, 
569,  571,  572,  574—576,  579,  581,  583—588,  590-596,  598, 
600  —  602,  605  —  607,  609,  613—620,  624—626,  630,  631, 
634—643,  645,  649,  658,  1074,  1241,  1245—1250,  1286,  1287, 
1291,  1292,  1329,  1330,  1331,  1420,  1422,  1426,  1428,  1429, 
1432  —  1435,  1439,  1441,  1443,  1477,  1570,  1578—1585,  1587, 
1588. 

.    *  4. 

Dasselbe,  ohne  yaigeiv  und  ohne  Subscription.  Vgl.  464,  497, 
499—503,  505,  520—524,  526—530,  535,  537,  538,  541—552, 
554,  559,  566—568,  570,  573,  577,  578,  580,  582,  589,  599, 
603,  604,  [608],  610—612,  621—623,  627,  629,  632,  633,  644, 
646,  650,  652,  660,  662,  671,  680,  1031,  [1059],  1062—1067, 
1071  —  1073,  1076—1079,  1242—1244,  1251,  1252,  1263,  1264, 
1288—1290,  1298,  1332,  1363,  1372,  1421,  1423—1425,  1427, 
1430,  1437,  1438,  1442,  1445,  1449,  1454,  1462,  1463,  1551, 
1572,  1575-1577,  1586,  1591,  1613. 

Wir  haben  bei  dieser  Uebersicht  wie  oben  die  Quittungen  „mit 
ungenanntem  Zahlungsmittel"  (1021  ff.)  mit  zu  den  Geldquittungen 
gerechnet,  ohne  dadurch  im  Einzelnen  über  das  Zahlungsmittel  etwas 
behaupten  zu  wollen. 

Es  liegt  hier  dasselbe  Grundschema  vor  uns,  das  wir  oben 
unter  I  2  für  denselben  Zweck  für  die  Ptolemäerzeit  nachgewiesen 
haben.  Es  ist  die  briefartige  Form,  mit  der  Adresse:  '0  SeTva  xw 
SeTvt  yjxipei'^.'^)     Einmal  (1049)  steht  ausnahmsweise  )^a:p£:v  vor 


^)  In  680  (aus  dem  Ende  des  II.  Jahrli.  n.  Chr.)  steht  övQ(|JLaTOg)  oder 
wohl  besser  övöfjiax'.)  xoö  Secvog  statt  des  einfachem  -w  Sslv..  Es  ist  auffällig, 
wie  diese  Sitte  der  Umsehreibung  mit  ovo|Jia  sich  vom  Ende  des  II.  Jahrh.  n.  Chr. 
an  verbreitet  und  in  die  verschiedensten  Formulare  eindringt.  Ein  früheres 
Beispiel  ist  670. 

WiLCKEN,.  Ostiaka.  G 


82 


ni.  KAPITEL. 


dem  Dativ.  Diese  Formel  hat  sich  also  im  Wesentlichen  unverändert 
durch  die  griechische  und  römische  Zeit  hin  erhalten,  ja  es  ist  die 
einzige  Quittungsformel,  die  ein  so  dauerhaftes  Leben  gehabt  hat  — 
wohl  aus  dem  Grunde,  weil  sie  in  dem  im  öffentlichen  und  privaten 
Leben  geltenden  Briefstil  ihren  dauernden  Rückhalt  und  ihr  leben- 
diges Vorbild  hatte.  Wenn  daher  das  uns  vorliegende  Material  nur 
bis  zum  Ende  des  IL  Jahrhunderts  geht,  sichere  Beispiele  aus  dem 
III.  Jahrhundert  aber  fehlen,  so  möchte  ich  dies  bis  auf  Weiteres 
für  einen  Zufall  halten.    Vgl.  unten  S.  104. 

Die  obigen  Quittungen  aus  der  Kaiserzeit  unterscheiden  sich  von 
den  entsprechenden  der  Ptolemäerzeit  durch  die  Subscriptionen,  die 
in  jenen  fehlen.  Doch  das  halte  ich  für  ein  zuföUiges  Ergebnis 
unserer  Sammlung.  Gewiss  werden  auch  noch  Ptolemäertexte  dieser 
Art  zu  Tage  kommen,  die  Subscriptionen  haben.  Es  scheint  übrigens, 
als  wenn  diese  Sitte  in  der  Kaiserzeit  sich  erst  allmählich  verbreitet 
habe.  Das  erste  Beispiel  unserer  Sammlung  gehört  zwar  schon  in  die 
Zeit  des  Tiberius  (1033),  doch  sind  die  Beispiele  im  I.  Jahrhundert 
n.  Chr.  selten,  mehren  sich  dagegen  sehr  stark  im  II.  Jahrhundert. 
Aber  auch  dieses  Ergebnis  mag  durch  den  zufalligen  Bestand  unseres 
Materials  bedingt  sein.  Jedenfalls  ist  kein  Grund  abzusehen,  wes- 
halb nicht  schon  in  der  Ptolemäerzeit  diese  Urkunden  gelegentlich 
subscribirt  worden  sein  sollten.  Die  Unterschriften,  wie  wir  sie  hier 
finden,  widersprechen  nun  durchaus  dem  eigentlichen  Wesen  eines 
Briefes.  Der  Brief  wird  nach  griechischer  —  und  auch  nach  römischer  — 
Auffassung  dadurch  „unterzeichnet",  dass  man  nicht  etwa  seinen  Namen 
wie  hier,  sondern  eine  Grussformel  eigenhändig  darunterschreibt.  ^) 
Abgesehen  von  einem  Beispiel  aus  Koptos  (Nr.  1083),  wo  wirklich 
Ippwao  steht,  und  der  thebanischen  Nr.  1502,  fehlt  diese  Grussformel 
in  unseren  Quittungen  regelmässig.  Doch  ist  die  letztere  jedenfalls, 
die  erstere  wahrscheinlich  eine  Privatquittung.  Untersuchen  wir,  ob 
sich  aus  den  vorhandenen  Subscriptionen  irgend  ein  innerer  Grund  da- 
für finden  lässt,  weshalb  man  zu  diesen  im  Briefstil  unerhörten  Namens- 
unterschriften gegriffen  hat.  Ich  unterscheide  folgende  Arten,  wobei 
ich  mich  wegen  der  Fülle  des  Materiales  auf  wenige  Belege  beschränke : 

1)  Name  a£ayj[X£((jt)|jiaL  Summe.    Vgl.  579,  586,  587,  591. 

2)  Name  Summe.    Vgl.  600. 


^)  Vgl.  Bruns,  die  Unterschriften  in  d.  röm.  Rechtsurkunden  S.  68  flf. 


THEBAXISCHE  EKBEBEEQUITTUXGEN  ALS  DER  KAISERZEIT.  83 


3)  Name  aeoYjjieiwjjia:.    Vgl.  513,  560,  G51,  1012. 

4)  Name.    Vgl.  390,  506,  533,  641,  1033,  1035. 

5)  Manchmal  unterzeichnet  statt  des  Erhebers  sein  Secretär. 
Das  geschieht  mit  der  Formel:  „Der  Erheber  durch  (S:d)  den 
Secretär  a£aYj|X£ta)|jiau"    Vgl.   595,    605,    614,   620,   635,  (5ia 

Die  Unterschrift  in  1321  „£Ypa(4>£v)  6  6£cva  bizlp  aOioO  ztX" 
ist,  wie  oben  auf  S.  63  ausgeführt  wurde,  keine  eigentliche  Sub- 
scription. 

Zunächst  ein  Wort  über  arj[i£COöa^a:.  Dieses  Verbum  begegnet, 
wenn  mich  mein  Gedächtnis  nicht  täuscht,  in  der  Ptolemäerzeit  in 
diesem  Zusammenhange  noch  nicht.  Es  gehört  also  zu  dem  „Modernen" 
der  Kaiserzeit.  Wie  andere  Stellen  zeigen  werden,  ist  als  Object 
zu  a£ar/[i£ca)[ia:  die  gezahlte  Summe  zu  denken.  Man  hat  dies 
arjfiSioöaO'aL  verschieden  gefasst.  Viereck  (Hermes  XXX  S.  108)  sieht 
in  einer  Unterschrift  a£arj(|Ji£Lü)[xa:)  apxaßa;  oxtw  die  Angabe  dafür, 
dass  der  Betreffende  „die  8  Artaben  in  die  Listen,  die  über  die 
Getreidevorräte  geführt  werden,  eingetragen  habe".  Das  halte  ich 
nicht  für  zutreffend.  Das  a£ar^{i£:ü)[xa:  ist  nicht  auf  eine  ausserhalb 
des  Subscribirens  liegende  Thätigkeit,  sondern  auf  das  Subscribiren 
selbst  zu  beziehen-  Der  Sinn  ist  also:  „Ich  habe  hiermit  über  so 
und  soviel  gezeichnet." 

Dass  sich  hier  niemals  der  Titel  des  Erhebers  findet,  mag  sich 
daraus  erklären,  dass  bei  der  Briefform  ja  schon  in  der  Adresse 
der  Titel  des  Unterzeichneten  oder  auch  der  damit  identische  seiner 
Socii  erwähnt  zu  werden  pflegte.  Die  Summen,  die  hier  genannt 
werden,  sind  dieselben,  über  welche  im  voraufgehenden  Text 
quittirt  wird. 

Fragen  wir  nun,  ob  sich  aus  unseren  Urkunden  selbst  ein  Grund 
für  die  Subscription  finden  lässt,  so  liegt  es  vielleicht  nahe,  auf  die 
Vielköpfigkeit  der  Associationen  hinzuweisen,  in  deren  Namen  die 
Quittung  ausgestellt  wurde.  Wir  werden  in  Kap.  VI  genauer  darauf 
einzugehen  haben,  wie  diese  Erheber  meist  eine  Gesellschaft  bildeten, 
die  ihre  feste  Firma  hatte,  bestehend  aus  dem  Namen  des  Leiters 
resp.  der  Leiter  mit  dem  Zusatz  xocl  oi  [lizoyoL.  Diese  „Firma"  erscheint 
in  der  Briefadresse,  gleichviel  ob  Einer  der  dort  mit  Namen  genannten 
im  speziellen  Falle  die  Quittung  ausgestellt  hat  oder  nicht.  Linter  diesen 
Verhältnissen  musste  es  nahe  liegen,  hinzuzufiigen,  wer  von  den  Socii 

6* 


84 


III.  KAPITEL. 


denn  das  Geld  empfangen  oder  die  Quittung  ausgestellt  habe,  damit 
im  Falle  von  Streitigkeiten  die  Gesellschaft  oder  die  Behörden  sich  an 
diesen  halten  konnten.  Die  Grussformel,  die  eigentliche  Subscription, 
war  für  diesen  Fall  nichtssagend.  Genügt  hätte  es,  wenn  in  der  Adresse 
der  spezielle  Quittungsschreiber  und  nicht  die  ganze  Firma  sich  ge- 
nannt hätte,  und  das  ist  auch  in  einer  Reihe  von  Fällen  geschehen. 
Zog  man's  aber  vor,  die  Firma  in  die  Adresse  zu  setzen,  so  musste 
man  leicht  darauf  kommen,  dass  der  spezielle  Quittungsaussteller 
sich  in  einer  besonderen  Unterschrift  mit  Namen  nenne,  denn  er 
hatte  dafür  aufzukommen.  Und  so  haben  wir  viele  Beispiele,  in 
denen  in  der  Subscription  ein  ganz  anderer  Name  steht  als  in  der 
Adresse.  Das  ist  dann  der  Socius,  der  die  Quittung  ausgestellt  hat. 
So  nennt  z.  B.  in  Kr.  512  die  Adresse  den  'I[xo'j^yj^  xal  \i{izoxoi), 

die  Subscription  aber  lautet:  A(  )  a(£arj (leccojjiaL).    Und  so  in 

zahlreichen  Fällen.  Oft  unterzeichnen  auch  mehrere  Socii,  so  z.  B. 
in  553,  und  zwar  schreibt  der  Eine  'Afxsvw^yj^  a£(a7][i£L(D[jLa:),  der 
Andere  nur  Oaxp*^^,  was  deutlich  zeigt,  dass  die  blosse  Namens- 
nennung elliptisch  aufzufassen  ist.  Die  vollständige  Form  ist  die 
unter  1  gegebene.  — War  es  auf  diesem  Wege  einmal  eingeführt  worden, 
in  gewissen  Fällen  eine  Subscription  hinzuzufügen,  so  konnte  es  leicht 
auch  da  angewendet  werden,  wo  eine  Nötigung  nicht  vorlag,  also 
z.  B.  wo  nur  der  thatsächliche  Erheber  in  der  Adresse  genannt  war. 
Da  die  Erheberassociationen  schon  in  der  Ptolemäerzeit  bestandep,  so 
könnte  man  auch  nach  diesen  Betrachtungen  erwarten,  dass  sich  einmal 
subscribirte  Texte  unserer  Klasse  aus  der  Ptolemäerzeit  finden. 

Wir  haben  oben  diejenigen  Quittungen  für  sich  gestellt,  in  denen 
y^aipeiy  in  der  Briefadresse  ausgelassen  ist.  Wenn  wir  von  dem  uns 
vorliegenden  Material  ausgehen,  gewinnen  wir  den  Eindruck,  dass 
die  Sitte  oder  Unsitte,  das  yjxipzi'^  fortzulassen,  sich  nach  und  nach 
weiter  verbreitet  hat.  Aus  der  Ptolemäerzeit  liegt  nur  ein  Beispiel 
vor  (Nr.  1029).  Auch  im  Anfang  der  Kaiserzeit  fehlt  yjxipziv  nur 
gelegentlich,  vgl.  Nr.  13G3  und  7()5,  aus  der  Zeit  des  Augustus, 
Nr.  1031,  1372,  1551,  aus  Tiberius'  Zeit  u.  s.  w.  Aus  dem  IL  Jahr- 
hundert n.  Chr.  lassen  sich  die  meisten  Fälle  nachweisen.  Doch 
ist  die  Möglichkeit  offen  zu  lassen,  dass  nur  die  zufallige  Zusammen- 
setzung unseres  Materiales  an  diesem  statistischen  Ergebniss  Schuld  ist. 

Fragen  wir  nach  dem  Grunde  des  Fortlassens,  so  ist  natür- 
lich das  Nächstliegende  anzunehmen,  dass  die  Bequemlichkeit  des 


THEBANISCHE  ERHEBERQUITTUNGEN  AUS  DER  KAISERZEIT.  85 


Schreibers,  das  Streben  nach  Kürze  dazu  geführt  hat.  Gewiss  spricht 
dieses  Moment  mit,  und  es  ist  daran  zu  erinnern,  dass  der  Schreiber 
aus  demselben  Grunde  ja  auch  das  schliessende  sppwao,  ja  in  der 
späteren  Zeit  manchmal  £a)(OV  fortgelassen  hat,  sodass  schliesslich  der 
ursprüngliche  Briefstil  ganz  verwildert  ist.  Das  Fortlassen  des  Grusses 
)(aLp£tv  hat  aber  noch  eine  besondere  ^Nuance,  auf  die  ich  schon  im 
Rheinischen  Jahrbuch  S.  251  hingewiesen  habe.  Plutarch  erzählt 
nämlich  im  Phokion  c.  17,  dass  Alexander  der  Grosse  nach  seinem 
Siege  über  Darius  acfeiXe  twv  ETicaToXwv  t6  yjxipziv  Tzkr(^  Iv  oaac^ 
£Ypa!^e  <I>(i)xca)vc,  toutov  hk  fxovov  woTisp  'AvTiTiaxpov  (xexa  toö  yoLiptiv 
T^poqri^fOptuB  (vgl.  C.  Müller,  Script,  bist.  Alex.  M.  p.  115).  Plutarch 
beruft  sich  dafür  ausser  auf  Duris  auch  auf  eine  primäre  Quelle, 
auf  Chares  von  Mitylene,  den  SL^ayYeXeui;  des  grossen  Königs.  Aus 
diesem  Zeugnis  scheint  mir  mit  Sicherheit  soviel  hervorzugehen,  dass 
man  es  im  Altertum,  und  nicht  nur  zur  Zeit  Alexanders  des  Grossen, 
sondern  auch  noch  zu  der  des  Plutarch,  als  eine  Unhöflichkeit  em- 
pfand, wenn  das  -/^xtpeiv  in  der  Adresse  fortgelassen  wurde.  Wenn 
nun  auch  die  aegyptischen  Provinzialen,  soweit  sie  überhaupt  Griechisch 
verstanden,  kein  allzu  tiefes  Sprachgefühl  hatten,  so  musste  doch 
auch  von  ihnen  die  Versagung  einer  sonst  allgemein  üblichen  Gruss- 
formel gewiss  als  eine  Unhöflichkeit  empfunden  werden,  und  wenn 
die  Steuererheber  sich  diese  Versagung  erlaubten,  so  thaten  sie  es 
gewiss  nicht  nur  deshalb,  weil  es  bequem  war,  sondern  weil  sie 
meinten,  den  simpeln  Steuerzahlern  gegenüber  sich  als  Beamte  des 
Staates  diese  Bequemlichkeit  erlauben  zu  dürfen.  Nachdem  das  Aus- 
lassen des  y^xipziv  einmal  von  Einigen  riskirt  war,  hat  es  dann,  wie 
das  so  zu  gehen  pflegt,  immer  mehr  Nachahmung  gefunden.^) 

Wenden  wir  uns  von  der  Subscription  und  der  Adresse  zur 
Quittung  selbst,  so  fragen  wir  zunächst  nach  dem  regierenden  Verbum, 
das  den  Empfang  ausdrückt.    In  den  briefartigen  Quittungen  der 

^)  Viereck's  Einwendungen  (Hermes  XXX  S.  110  Anm.)  erseheinen  mir 
nicht  stichhaltig.  Er  beruft  sich  darauf,  dass  auch  „von  Seiten  der  aegyptischen 
Provinzialen"  das  x^tpstv  fortgelassen  wurde,  bringt  übrigens  kein  Beispiel  dafür. 
Ich  bezweifle  nicht,  dass  die  Provinzialen,  wenn  sie  ihren  Knechten  oder  Unter- 
gebenen etwas  mitteilten,  dass  yoLipziv  wohl  fortliessen  —  wenn  sie  gerade  Lust 
dazu  hatten.  Gegen  mich  würden  nur  solche  Fälle  sprechen,  in  denen  ein  Pro- 
vinziale  oder  sagen  wir  überhaupt  irgend  Jemand  in  einem  Brief  an  eine 
höherstehende  Persönlichkeit  das  "/jxlpziy  ausgelassen  hätte.  Solche  Fälle 
(und  zwar  nicht  aus  einem  avTcypa^ovI)   sind  erst  nachzuweisen.  Uebrigons 


III.  KAPITEL. 


Ptolemäerzeit  (I  2)  begegneten  zwei  Arten:  1)  ly^dy  oder  aTil^^w, 
regelmässig  im  Präsens.  2)  TSTa^a:.  In  unseren  Texten  aus  der 
Kaiserzeit  finden  sich  folgende  Verben  (wenige  Citate  mögen  genügen) : 

1)  "Exo).    Vgl.  364,  365,  491,  537  u.  s.  w. 

2)  "Eaxov.    Vgl.  410,  497  u.  s.  w. 

3)  'AttIxw.    Vgl.  376,  390,  402,  555  u.  s.  w. 

4)  'AtüIoxov.    Vgl.  1370. 

5)  ^ATziGyri%oc.    Vgl.  1454. 

6)  'OjAoXoyö)  IxsLV.    Vgl.  396,  420. 

Ueber  den  Gebrauch  ist  zu  sagen,  soweit  man  aus  dem  vor- 
liegenden Material  schliessen  darf,  dass  im  I.  Jahrhundert  n.  Chr. 
1X0)  und  aniyjb)  die  üblichsten  Formen  gewesen  zu  sein  scheinen, 
während  eaxov  nur  ein  einziges  Mal  für  das  J.  59  (410)  bezeugt 
wird,  ebenso  OLTziGyov  für  das  J.  10  n.  Chr.  (wenn  hier  nicht  ein 
Lesefehler  für  oltiz^  vorliegt),  dass  dagegen  im  II.  Jahrhundert 
n.  Chr.  Ixü)  und  OLTÄyjb)  zurücktreten,  während  von  Nr.  497  an  (a.  107) 
der  Aorist  1<t/q^  fast  ganz  allein  auf  dem  Plan  erscheint.  Für 
OjioXoyö)  ex^^^j  womit  also  der  Quittung  die  Form  einer  6|JioXoYta 
gegeben  wird,  sind  in  unserer  Sammlung  nur  die  beiden  angeführten 
Beispiele  vorhanden  (aus  dem  J.  48  und  68).  In  mehreren  Fällen 
fehlt  übrigens,  wie  schon  bemerkt,  überhaupt  ein  Verbum  wie  eoyoy. 
Vgl.  528,  549,  551,  670,  1613.  Das  ist  gewiss  nur  aus  Flüchtig- 
keit oder  aus  übergrosser  Bequemlichkeit  geschehen. 

Von  Interesse  ist  es,  dass  in  einigen  Fällen  (513,  1058,  1289) 
unsere  Quittungen  als  ein  dvTLypa^ov  aTZcyriq  bezeichnet  werden. 
Ob  man  daraus  den  Schluss  ziehen  darf,  dass  alle  übrigen  Quittungen 
die  einen  derartigen  Vermerk  nicht  tragen,  Originalurkunden  und 
nicht  Abschriften  sind,  bleibt  a  priori  zweifelhaft.  Für  die  Frage, 
zu  welchem  Zweck  solche  avxcypa^a  angefertigt  wurden,  ist  von 


spricht  Plutarch  garnicht  von  Briefen  Alexanders  „an  Darias  u.  A.",  wie  nnin 
aus  Viereck's  Worten  schliessen  könnte,  sondern  ganz  allgemein  von  seinen 
Briefen  überhaupt.  Also  „der  amtliche  und  geschäftliche  Verkehr"  kann  nicht 
mit  Viereck  in  Gegensatz  dazu  gestellt  werden ,  ist  vielmehr  durchaus  mit  ein- 
geschlossen. Uebrigens  ist  es  ja  selbstverständlich,  dass  es  in  einer  solchen  Frage 
der  Höflichkeit  keine  festen  Vorschriften,  sondern  nur  eine  Sitte  giebt,  der  sich 
das  Individuum  eventuell  entziehen  kann.  Um  so  bemerkenswerter  ist,  mit  welcher 
Eegelmässigkeit  in  den  Briefen  aus  Pselkis,  die  von  Soldaten  an  den  vorgesetzten 
Optio  gerichtet  sind,  sich  das  y^txipB'.w  findet  —  und  das  im  III.  Jahrh.  n.  Chr.  I 


THEBAXISCHE  ERHEBERQUITTUXGEX  AUS  DER  KAISERZEIT.  87 


Bedeutung,  dass  z.  B.  in  513  auch  das  ccnb(^oi.'j^ov ,  ganz  wie  eine 
Originalurkunde,  eine  Subscription  von  zweiter  Hand  trägt.  Also 
auch  diese  Abschriften  haben  amtlichen  Charakter  I  Natürlich  wird 
hier  durch  das  a.vxiypa.cpo'^  die  Originalquittung  nicht  cassirt,  wie 
in  den  oben  S.  78/9  besprochenen  Fällen.  Das  dLVV.^(pOL^O'^  ist  eine 
identische  und  durch  die  Subscription  beglaubigte  Abschrift. 

Ganz  eigenartig  und  von  höchstem  Interesse  ist  ein  Zusatz,  den 
Nr.  662  trägt:  (seil,  die  gezahlten  21^/2  Drachmen)  6:a- 
Yp(a4'0|Jt£v)  £7:1  tyjv  5r^([ioaiav)  Tpa7:(£^av).  Damit  ist  uns  der 
Geschäftsgang,  durch  den  die  Steuer  aus  der  Hand  des  Zahlers  durch 
Vermittelung  des  Erhebers  an  die  Bank  gelangt,  klar  vor  Augen 
gefiihrt.    Vgl.  darüber  Kap.  VI. 


IV.  Quittungen,  die  die  Bank  ausstellt. 

Bis  vor  Kurzem  war  es  überhaupt  unbekannt,  dass  in  der 
Kaiserzeit  das  Institut  der  königlichen  Bank  fortbestanden  hat.  Noch 
im  Rheinischen  Jahrbuch  glaubte  ich  daher  das  Gegenteil  versichern 
zu  dürfen.  Erst  die  neueren  Erwerbungen  des  Berliner  Museums 
und  anderer  Sammlungen  haben  uns  eines  besseren  belehrt  (vgl. 
Kap.  VI),  und  durch  die  Ostraka,  wie  wir  sie  jetzt  auffassen,  finden 
sie  ihre  Bestätigung.  Nach  mancherlei  Mühen  und  Kämpfen  bin  ich 
zu  der  Ueberzeugung  gelangt,  dass  auch  in  der  Kaiserzeit  die  Erheber 
den  Zahlern  lediglich  in  der  Briefform  quittirten,  wie  sie  es  schon  in 
der  Ptolemäerzeit  gethan  hatten  (abgesehen  von  II),  und  dass  daher 
alle  anders  gearteten  Quittungen  der  Bank  zuzuschreiben 
sind.  Ich  werde  diese  These  bei  den  einzelnen  Gruppen  nachzu- 
weisen haben. 

Aehnlich  wie  in  der  Ptolemäerzeit  die  Bankquittungen  im  Laufe 
der  Jahrhunderte  mancherlei  Veränderungen  aufweisen,  so  können 
wir  auch  durch  die  drei  ersten  Jahrhunderte  der  Kaiserzeit,  über 
die  unser  Material  sich  erstreckt,  eine  fortwährende  Entwickelung 
des  Formulars  verfolgen.  Im  Anfang  knüpfen  sie  an  die  letzte 
Entwickelungsstufe  der  Ptolemäerzeit  an;  gleichzeitig  aber  ent^vickeln 
sich  schon  neue  Formen,  die  wieder  von  anderen  abgelöst  werden. 
Den  sämmtlichen  thebanischen  Bankquittungen  der  Kaiserzeit  ist 
aber  Eines  gemeinsam:  sie  nennen  nicht  den  Erheber,  wiewohl  dieser 


88 


III.  KAPITEL. 


ganz  wie  in  der  Ptolemäerzeit  der  Ueberbringer  des  Geldes  der 
Steuerzahler  war,  sondern  lediglich  den  Zahler,  von  dem  der  Erheber 
das  Geld  gebracht  hat.  Sie  befolgen  also  ein  Princip,  welches  wir 
schon  für  das  III.  Jahrhundert  v.  Chr.  oben  kennen  gelernt  haben. 
Dass  daraus  auf  eine  Veränderung  des  praktischen  Geschäftsganges 
zu  schliessen  sei,  glaube  ich  nicht;  es  ist  nur  von  rein  formaler  Be- 
deutung. Wie  wir  es  schon  für  dass  III.  Jahrhundert  v.  Chr.  wahr- 
scheinlich zu  machen  suchten,  so  möchten  wir  auch  für  die  Kaiser- 
zeit annehmen,  dass  diese  Bankquittungen,  wiewohl  sie  den  Zahler 
(regelmässig  in  3.  Person)  nennen,  dennoch  dem  Erheber  eingehändigt 
Avurden,  und  eben  nichts  anderes  sind  als  die  Quittungen,  die  der 
Erheber  erhielt.  Vgl.  oben  S.  69.  Wir  halten  also,  um  es  zusammen- 
zufassen, durchgehends  in  den  thebanischen  Bankquittungen  der 
Kaiserzeit  den  Schreiber  für  den  Trapeziten,  die  in  der 
Quittung  genannte  Person  für  den  Zahler  und  den  Em- 
pfänger für  den  Erheber.  Bei  dieser  Auffassung  findet  auch 
eine  Erscheinung  ihre  Erklärung,  die  sonst  schwer  zu  erklären  sein 
dürfte:  es  kommt  nämlich  mehrfach  vor,  dass  in  ein  und  derselben 
Quittung  die  Zahlung  mehrerer  Personen  bescheinigt  wird.  Das  sind 
einfach  verschiedene  Zahler,  die  in  das  Revier  desselben  Steuer- 
erhebers gehören.  —  Wir  lassen  nun  die  einzelnen  Gruppen  folgen. 

la. 

Thaxrai  —  ficr  Abgabe  —  der  Zahler  —  Summe.  Datum. 
Vgl.  1545,  aus  der  Zeit  des  Augustus. 

Ib. 

Der  Zahler  —  rt'raxtcu  —  für  Abgabe  —  Summe.  Datum.  Sub- 
scription  des  Trapeziten.  Vgl.  356,  357,  358,  1364,  1540,  alle  aus 
der  früheren  Zeit  des  Augustus. 

Eine  Anknüpfung  an  die  Ptolemäerzeit  sehe  ich  in  der  Ver- 
wertung des  Wortes  zdaaead-ai,  das  sich  in  diesen  Quittungen  zum 
letzten  Mal  findet,  um  dann  durch  ^LaypacpeLV  völlig  verdrängt  zu 
werden.  Das  Schema  1*  schliesst  sich  eng  an  das  ptolemäische 
Schema  II  an.  Dagegen  ist  in  1^  die  Voranstellung  des  Namens 
eine  Neuerung.  Ich  will  hier  ein  für  alle  Mal  einschieben,  dass, 
was  uns   als   neu  unter  Augustus  entgegentritt,   vielleicht  schon 


THEBANISCHE  BAXKQUITTUNGEX  AUS  DER  KAISERZEIT.  89 


im  I.  Jahrhundert  v.  Chr.  unter  den  Ptolemäern  Brauch  gewesen  ist. 
Wir  müssen  diese  Möglichkeit  jedenfalls  offen  lassen,  da  wir  ptole- 
mäische  Texte  des  I.  Jahrhunderts  v.  Chr.  nicht  besitzen,  oder  wenig- 
stens nicht  mit  Sicherheit  als  solche  erkennen  können.  —  Dass  wir 
die  hier  entgegentretenden  Xamen  mit  Recht  auf  den  Zahler  und 
den  Trapeziten  beziehen,  lässt  sich  im  einzelnen  nachweisen.  In 
1364  steht  hinter  dem  Namen  an  der  Spitze:  xoüps'j^  (Barbier). 
Damit  ist  gesichert,  dass  wir  es  hier  nicht  etwa  mit  dem  Erheber, 
sondern  mit  dem  Zahler  zu  thun  haben.  Andrerseits  nennt  sich 
der  unterzeichnete  Beamte  selbst  in  1364  und  1540  ausdrücklich 

2. 

Der  Zahler  —  diayeyQCiCfr^xev  —  für  Abgabe  —  Summe.  Datum. 
Vgl.  360,  vom  22.  J.  des  Augustus. 

Dies  Schema  ist  mit  1^  identisch,  nur  ist  xaaasa^ai  durch 
S'.aypa^SLV  ersetzt.  Ueber  dieses  Wort,  das  von  nun  an  durch  die 
drei  ersten  Jahrhunderte  unserer  Zeitrechnung  das  herrschende  bleibt, 
möchte  ich  hier  einige  Bemerkungen  einschieben. 

Schon  Amadeo  Peyron  hat  in  seiner  Abhandlung  über  SLaypa^i^ 
(Pap.  Taur.  IS.  144  ff.)  auf  die  Klassikerworte  hingewiesen,  die  für 
unseren  Terminus  in  Betracht  kommen,  nämlich  auf  die  Worte  Suidas'  s. 
6taYpa4'avTO^ :  „Tive?  |X£v  avxl  toö  xaxaßaXö  vto(;  zal  xaTaO-evxo^. 
ev'.oi  5£  dvTL  Toö  6:a  zpociziCric,  api^fjLi^aa^/io^  (hc,  Xeyofxsv  Iv  z'q 
aDvr^'8'£La",  und  auf  S.  146  sagte  er:  Scaypa^ac  non  tantmn  erat 
pecuniam  numerare  ex  mensa  trapezitae,  verum  etiam  pecuniam 
numerare  trapezitae,  und  verweist  auf  LXX,  Esth.  3,  9  und 
II  Makk.  4,  9.  Die  letztere  Bedeutung  ist  es,  die  wir  in  den  Ostraka 
für ,  SLaypa^eiv  in  Anspruch  nehmen  müssen.  Es  heisst,  wie  Suidas 
sagt,  nichts  anderes  als  „zahlen,  auszahlen",  also  ywaxaßaXXeLV,  d.  h. 
„das  Geld  hinwerfen  auf  den  Zahltisch". i)     A'aypat^eLV  hat  also 

KataßdX}^£iv  in  der  Bedeutung  „bezahlen"  ist  in  der  aegyptischen 
Kanzleisprache  seit  dem  III.  Jahrh.  v.  Chr.  nachweisbar.  Vgl.  Petr.  Pap.  (I) 
[80]  6,  (II)  [38]  7,8.  Auch  im  Revenue -Pap.  48,10  heisst  es:  ocaxaßaXXs- 
TCöoav  sul  -CYjv  ßaa-.X'.XYjv  TpaTCS^av.  Vgl.  ibid.  52,15,  18  und  23;  74,2; 
75,5.  Für's  II.  Jahrh.  vor  Chr.  vgl.  TcaxaßoXi^  =  Zahlung  in  Pap.  Paris. 
62,  5,  12.  Grosse  Verbreitung  fand  das  Wort  aber  erst  in  der  byzantinischen 
Zeit,  und  das  ist  zum  Verständnis  der  Suidasstelle  von  Interesse.  KaxaßaXXetv 
hat  in  dieser  späten  Zeit  neben  :iap£X£'.v  (s.  unten)  das  S'.aypaf^s'.v  geradezu 


90 


III.  KAPITEL. 


ganz  ähnliche  Bedeutungswandlungen  durchgemacht  wie  das  ent- 
sprechende lateinische  Wort  perscribere,  wofür  ich  auf  Mommsen's 
Ausführungen  im  Hermes  XII  S.  III  verweise.  Zumal  mir  von  be- 
freundeter Seite  brieflich  mancherlei  Bedenken  gegen  diese  Bedeutung 
von  5:aypacp£LV  geäussert  wurden,  halte  ich  es  nicht  für  überflüssig, 
einige  Belege  anzuführen.  Zunächst  die  schon  von  Peyron  angeführten 
Stellen,  Esth.  3,  9:  xdyo)  Scaypa'jio)  elc,  t6  yat^ocpuXaxLov  tou  ßaaiXstix; 
apyupLoi)  xaXavTa  {xupia,  und  II  Makk.  9:  Tzpbc,  he  zouzok;  UTztayyelzo 
xal  £T£pa  (seil.  laXavca)  hiotypa^fxi.  Die  Bedeutung  „zahlen"  hat 
Staypa^eLV  ohne  Zweifel  in  den  Zoispapyri  (I  18,  19,  21,  29,  vgl.  II) 
aus  dem  II.  Jahrhundert  v.  Chr.  In  dem  grossen  Erlass  über  die 
Steuerverpachtung  (Pap.  Paris.  62),  gleichfalls  aus  dem  II.  Jahrhundert 
V.  Chr.,  heisst  es  in  Col.  IV  21:  xa  he  auva^-^-yjaofisva  Bcaypa^T^aexa: 
elc,  TO  ßaaiXtzov,  d.  h.  „das  wird  baar  ausgezahlt  werden  an  die  könig-  • 
liehe  Bank".  In  einem  Auszug  aus  einem  Darlehen scontract  aus  dem 
II.  Jahrhundert  v.  Chr.  (Pap.  Paris.  8,  9)  heisst  es:  I9'  wl  \loi  hioc- 
ypa'v|;oi)a''  (nicht  Scaypa^ouoL)  |jlol  auxa  Iv  twl  Oap[xoö^i  [xy^vI  y.tX, 
d.  h.  „unter  der  Bedingung,  dass  sie  es  mir  zurückzahlen  im  Monat 
Pharmuthi".  Von  besonderer  Wichtigkeit  ist  eine  Stelle  im  Petr. 
Pap.  (II)  XLVI  c  13  aus  dem  J.  202/1  v.  Chr.,  wo  es  heisst: 
[6]cay£yp(a9£v)  (nicht  £l]?y£yp*)  enl  ty^v  £V  K(po%o6£tX(ji)v)  TZQ(\eO 
ßa(aLXLxrjV)  Tp(a7r£(^av) ,  |(^'  '^g  EOpwva^.  Vgl.  hierzu  Gött.  Gel. 
Anz.  1895  S.  162.  Das  ist  genau  dieselbe  Verbindung  wie  in  unseren 
Ostraka!  Noch  weiter  hinauf  führt  Petr.  Pap.  (I)  XVI  2,  aus  dem 
J.  231/0  V.  Chr.,  wo  die  Bedeutung  „zahlen"  gleichfalls  unzweifelhaft 
ist.  Als  Synonymen  steht  hier  daneben  7rap£)(£a'9'aL  (s.  unten).  Auch 
im  Revenue-Papyrus  (Philad elphos'  Zeit)  begegnet  5caypa(f)£:v  in 

verdrängt  und  findet  sich  daher  am  Eingang  der  Quittungen.  So  beginnt  z.  B. 
die  Berliner  Quittung  P.  2695:  -\-  KaxsßaXsv  My]vas  (V2  Solidus).  Es  steht 
aber  auch  bei  Naturallieferungen.  Vgl.  P.  2697  (publicirt  in  meinen  Tafeln 
z.  ält.  griech.  Palaeogr.  XX*):  Kax£ßaXa(v)  ol  dnö  KxYjaig  (Artaben  8OV3). 
K.  Wessely  hat  dies  Wort  völlig  missverstanden,  wenn  er  in  Mitteil.  Pap. 
Eain,  III,  S.  263  eine  Quittung  der  Rainer- Sammlung,  die  mit  den  Worten 
y.axeßXS  Sajiiavs  ap"^  -kotz^c,  beginnt,  folgendermassen  übersetzt:  „Zugemessen 
wurde  dem  Bäcker  Damianos."  Davor  hätte  ihn  schon  das  0  über  xou  be- 
wahren müssen,  das  den  Dativ  ausschliesst.  Es  heisst  nach  Obigem  vielmehr: 
Bezahlt  hat  der  Bäcker  Damianos  (ly^  Keratien).  In  derselben  Bedeutung  be- 
gegnet xaxaßaXXs'.v  auch  in  den  byzantinischen  Papyri  bei  Kenyon,  p.  200 
201,  205. 


THEBAXTSCHE  BANKQUITTÜNGEN  AUS  DER  KAISERZEIT. 


91 


dieser  Bedeutuog.  Vgl.  col.  32,  II,  wo  es  von  der  Zahlung  durch 
die  Bank  steht  (ganz  wie  bei  Suidas  an  zweiter  Stelle),  ferner  col. 
34,  22;  77,  4,  an  letzterer  Stelle,  ^ne  bei  uns,  von  der  Zahlung  an 
die  Bank:  Siaypa'^ETa)  ok  £?;  t6  ji[aa]'.>.'.x6v. ^)  Merkwürdig  ist,  dass, 
wiewohl  hiernach  schon  in  der  Ptolemäerzeit  O'.aypac^SLV  in  der  Kanzlei- 
sprache die  Bedeutung  „zahlen"  hat  oder  haben  kann ,  es  in  den  Steuer- 
quittungen dieser  Zeit  doch  durchaus  hinter  tzItzzeiv  und  TaaasaO'a: 
zurücktritt.  Nur  ein  einziges  Beispiel  (1528)  ist  uns  bekannt  (siehe 
oben  S.  80,  Schema  II  8).  Erst  jetzt,  unter  Augustus  und  Tiberius, 
musste  in  den  Steuerquittungen  das  alte  Taaasa^ai,  das  einst,  wie  wir 
sahen,  das  noch  altertümlichere  tz'.tzzeiw  verdrängt  hatte,  allmählich 
dem  Siaypa^E'.v  Platz  machen.  Xach  Tiberius  begegnet  meines  Wissens 
das  Wort  Taaa&a^ai  in  diesem  Zusammenhange  nicht  mehr,  viel- 
mehr ist  das  übliche  Wort  sowohl  fiir  die  Zahlungen,  die  der  Zahler 
dem  Erheber  leistet,  als  fiir  diejenigen,  die  der  Erheber  wieder  an 
die  höheren  Instanzen  leistet,  von  nun  an  ausschliesslich  Siay^a^cLV. 

Noch  ein  Wort  zu  der  merkwürdigen  Perfectbildung  ScaySYpa^r^xa. 
In  der  Ptolemäerzeit  noch  sagte  man,  wie  sich 's  gehört:  Scaysypa^cV. 
Vgl.  Zoispap.  I  29:  Siaysypa-^evai.  So  auch  in  1528,  wo  Scaypsya^sv 
für  S'.ayeypa^cV  verschrieben  ist.-)  In  den  Ostraka  der  Kaiserzeit 
dagegen  findet  sich,  wo  überhaupt  das  Wort  ausgeschrieben  ist, 
die  Bildung:  Siaysypacpr^xa.  Vgl.  Nr.  6,  7,  10,  12,  16,  1322. 
Demnach  ist  überall  diese  Form  von  mir  hergestellt. 

3. 

JiaysyQaqTpiev  im  rt^v  iv  Ortsname  toaTielav  —  der  Zahler  —  für 
Abgabe  —  Summe.  Datum.  Subscription  des  Trapeziten.  Vgl.  362, 
1371,  beide  aus  der  Zeit  des  Tiberius. 

Die  Analogie  mit  der  ptolemäischen  Klasse  II  6**  (S.  72)  liegt 
auf  der  Hand. 


Daneben  begegnet  S'.aypa'^e'.v  im  Eevenue  -  Papyrus  auch  in  der 
ursprünglichen  Bedeutung  des  „aufechreibens".  Vgl.  col.  13,3;  43,7;  43,20. 
Zu  ö'.aypacpr^  in  der  Bedeutung  „Zahlungsanweisung''  vgl.  meine  „Actenstücke 
aus  der  königlichen  Bank  zu  Theben"  S.  30. 

^)  Eine  solche  Behandlung  als  verbum  contractum  ist  mir  für  B'.aYp(xcpä'.v 
in  der  Ptolemäerzeit  nicht  bekannt,  wohl  aber  für  andere  Composita  von  Ypd(f£iv. 
So  steht  im  Revenue-Pap.  (III.  Jahrh.  vor  Chr.)  27,18:  dvaY£[Ypa]cpr,x^va'.. 
Vgl.  33,15.    Ebenso  in  86,12:  OLTio'^B'^gct.^r^i^tiaL'.. 


92 


III.  KAPITEL. 


4. 

/Jiays'/Qacpijxsp  im  ti]v  rov  deipo^  iQuite^uv  —  der  Zahler  —  filr 
Abgabe  —  Summe.  Datum.  Subscription  des  Trapeziten.  Vgl.  359, 
1318,  1365,  1366,  1376,  1541  —  1543,  1556,  aus  der  Zeit  des 
Augustus,  mit  Ausnahme  von  1376  und  1556,  die  aus  dem  Anfang 
der  Regierung  des  Claudius  stammen. 

Wir  stehen  hier  vor  einer  neuen  Formel,  die  sich  bis  jetzt  lediglich 
für  die  frühere  Kaiserzeit  nachweisen  lässt.  Wenigstens  ist  mir  aus 
der  Ptolemäerzeit  kein  Beispiel  dafür  bekannt,  dass  die  königliche 
Bank  als  toö  SeTvog  ipaTce^a  bezeichnet  würde.  Damals  sagte 
man  yj  xpaTie^a,  £9'  '^iq  6  Secva.  Die  hier  gewählte  Bezeichnung 
ähnelt  vielmehr  der  Art,  w4e  man  Privatbanken  benennt.  Vgl.  BGU  I 
Index  s.  v.  TpdcTie^a.  Die  Möglichkeit,  dass  auch  hier  Privatbanken 
gemeint  wären,  ist  a  priori  zuzugeben,  denn  man  konnte  ja  vermittelst 
dieser  den  Steuerbetrag  an  die  Behörden  auszahlen  lassen.  Dann 
würden  die  obigen  Quittungen  Privatquittungen  sein.  Aber  es  wäre 
doch  auffallend,  wenn  immer  in  denselben  Jahren  plötzlich  eine 
grössere  Zahl  von  Steuerzahlern  darauf  verfallen  wäre,  sich  der 
Privatbanken  zu  bedienen.  Man  bedenke  auch  die  Geringfügigkeit 
der  Summen.  Demnach  möchte  ich  in  unseren  Texten  doch  an  die 
königliche  Bank  denken  und  daher  auch  die  Versuchung,  in 
1376  und  1556  xo^'  xpa^  in  zoX(Xußiaicxy]v)  Tpa7i;(£^av)  aufzulösen, 
von  der  Hand  weisen. 

Dass  die  in  diesen  Quittungen  genannten  Personen  wirklich  die 
Zahler,  nicht  etwa  die  Erheber  sind,  wird  durch  1365  bestätigt,  wo 
der  Stand  der  Person  mit  K(xazo(j:p6poc,)  angegeben  ist. 

5. 

JiayeyQaq^rjxev  8ia  tijg  rov  dsivog  tQanil^ijg  —  der  Zahler  —  für 
Abgabe  —  Summe.  Datum.  Vgl.  361,  1317,  1319,  1320.  Weitere 
Beispiele  dieser  Gruppe  finden  sich  unter  den  neueren  Erwerbungen 
von  Leiden.  Ich  notirte  folgende  Nummern  als  zu  demselben  Schema 
gehörig:  Leiden  Ae.  S.  74,  120,  122,  134,  138.  Eine  baldige  Publi- 
cation  dieser  wichtigen,  aber  schwierigen  Stücke  ist  sehr  zu  wünschen. 
Alle  Texte  dieser  Gruppe  stammen  aus  der  Zeit  des  Augustus. 

Die  Verbindung  ScaypacpsLV  5:d  ty)?  xpaTcl^Yj^  ist  in  diesem 
Zusammenhange  merkwürdig.  Man  könnte  auch  hier  leicht  auf  die 
Vermutung  verfallen,  dass  die  betreffenden  Zahler  nicht  direct  (1^ 


THEBANISCHE  BA>'KQUITTUyGEX  AUS  DER  KAISERZEIT.  93 


oixou),  sondern  durch  Yermittelung  ihres  Privatbankiers  die  Summe 
gezahlt  hätten.  Doch  aus  den  obigen  Erwägungen  möchte  ich  auch 
hier  die  Deutung  auf  die  königliche  Bank  vorziehen,  und  wenn  es 
heisst,  der  Zahler  habe  vermittelst  der  Bank  gezahlt,  so  hat  man 
etwa  ein  ßaa'.X&T,  wie  es  in  den  alten  Ptolemäertexten  steht,  hinzu- 
zudenken: an  den  Kaiser  zahlt  man,  durch  Vermittelung  der  könig- 
lichen Bank. 

ßa. 

/JiaysyQaq}i]y.8v  (später  dif/QaWsv')  —  der  Zahler  —  für  Abgabe 
—  Summe.  Datum.  Suhscription  des  Trapeziten.  Manchmal  demotische 
Beischriften.  Vgl.  363,  366  —  375,  377,  387,  389,  391,  392, 
394,  395,  398—401,  403-407,  409,  411,  424,  425,  436,  443, 
446,  453,  454,  456—459,  462,  469,  470,  474—476,  481—490, 
492,  494—496,  534,  540,  628,  647,  648,  653—656,  667,  [673], 
1238,  1240,  1280,  1284,  1323—1327,  1373—1375,  1377,  1380— 
1385,  1387—1393,  1396—1398,  1400—1403,  1406-1409,  1414, 
1440,  1444,  1448,  1547—1550,  1553—1555,  1557,  1558,  1561, 
1562,  1566,  1623. 

Dasselbe,  ohne  Subscription.  Vgl.  388,  393,  408,  419,  422, 
423,  427—435,  437—442,  444,  445,  447—450,  452,  455,  460, 
461,  463,  465,  466,  472,  473,  480,  510,  1281—1283,  1285,  1378, 
1379,  1418,  1560,  1563. 

Während  die  vorhergehenden  fünf  Klassen,  die  teils  Rudimente 
aus  der  früheren  Zeit,  teils  Neuerungen  aufweisen,  nur  vorübergehend 
in  Gebrauch  gewesen  sind,  ist  diese  sechste  Klasse,  die  sich  aus  den 
früheren  losgelöst  hat,  zu  weiter  Verbreitung  gelangt  und  hat  jene 
früheren  Ansätze  völlig  absorbirt.  Das  vorliegende  Formular  ist  das 
-herrschende  bis  zur  Mitte  des  II.  Jahrhunderts  und  darüber  hinaus 
geblieben  und  geht  dann  mit  gewissen  Modificationen  auch  in's 
III.  Jahrhundert  hinein. 

Teils  durch  die  Analogie  der  0:£Ypa'J;cV- Quittungen  in  Syene, 
teils  durch  unrichtige  Lesungen  bestimmt,  haben  wir  bis  vor  kurzem 
die  vorliegenden  Urkunden  für  Quittungen  gehalten,  die  von  den 
Erhebern  (TipazTOpe^)  ausgestellt  seien,  und  leider  drückt  sich  diese 
Auffassung  auch  in  dem  Textdruck  der  früheren  Bogen  aus  (vgl. 
jetzt  die  Nachträge  am  Schluss).    Es  ist  jedoch  unzweifelhaft,  dass 


94 


m.  KAPITEL. 


sie  vielmehr  von  den  Trapeziten  ausgestellt  und  subscribirt  sind. 
Beweis  ist  namentlich  Nr.  1387,  wo  in  grosser,  deutlicher  und  jeden 
Zweifel  ausschliessender  Schrift  geschrieben  steht:  Baaaog  Aexjxou 
zp<XTz(izZ,lzri(;)  a£a7]([X£Lü)[JiaL).  Desgleichen  ist  beweisend  Nr.  401,  wo 
nach  meiner  am  Original  jüngst  vorgenommenen  Revision  zu  lesen  ist: 
Baaao?  Aix(\io\j)  Tpa(7i£^t'CYj^)  a£ar/([Ji£LO){jiaL).  Ebenso  in  399  und 
in  dem  nicht  publicirten  Ostrakon  zu  Berlin  P.  4433.  Der  Aus- 
dehnung dieses  Resultates  auf  alle  entsprechenden  Nummern  steht 
nichts  im  Wege,  wie  ich  mich  wenigstens  für  die  Berliner  Urkunden 
bei  einem  flüchtigen  Besuch  im  Sommer  1895  überzeugen  konnte. 
Vgl.  die  Corrigenda  am  Schluss  von  Buch  II.  Andrerseits  findet 
dieses  Ergebnis  seine  innere  Bestätigung  durch  die  vorhergehenden 
Schemata,  im  Besonderen  durch  Nr.  3.  Unser  Formular  ist  offenbar 
durch  Kürzung  aus  Nr.  3  entstanden,  indem  man  das  unnötige  £7il 
TYjv  —  Tpa7i£i^av  fortliess.  Man  kann  hier  also  eine  ganz  ähnliche 
Entwickelung  der  Formulare  beobachten  wie  in  der  Ptolemäerzeit. 

Dass  ferner  die  in  den  Quittungen  genannten  Personen  wirklich 
die  Zahler  sind,  wird  durch  die  Thatsache  erhärtet,  dass  an  dieser 
Stelle  mehrfach  Frauennamen  begegnen.  Vgl.  473,  494,  654  u.  s.  w. 

Bemerkenswert  ist,  dass  in  den  älteren  Quittungen  das  Perfectum 
(5LaY£Ypa^y]X£v)  üblich  ist,  während  der  Aorist  (Silypa^'^v)  erst 
später  weitere  Verbreitung  findet.  In  den  uns  vorliegenden  Texten 
begegnet  der  Aorist  zuerst  im  J.  40  n.  Chr.  (1374).  Wohl  kommt 
das  Perfectum  noch  mehrfach  im  I.  Jahrhundert  vor,  zum  letzten 
Mal  in  Nr.  486  vom  J.  96  n.  Chr.  Doch  für  das  II.  Jahrhundert 
habe  ich  keine  Belege  mehr  für  eine  Verwendung  des  Perfectum  in 
diesen  Bankquittungen  gefunden.  In  den  Texten  des  I.  Jahrhunderts 
ist  es  übrigens  oft  schwer,  mit  Sicherheit  zu  sagen,  welche  von  beiden 
Formen  gemeint  ist,  da  die  Schreiber  gerade  dieses  Eingangswort 
sehr  stark  zu  kürzen  oder  zusammenzuziehen  lieben. 

Die  Subscriptionen  der  Trapeziten  haben  wie  ein  und  denselben 
Sinn,  so  im  Grunde  auch  ein  und  dieselbe  Form.  Die  äusseren 
Unterschiede  entstehen  nur  durch  Ellipsen.  In  den  angeführten 
Texten  lassen  sich  folgende  Arten  unterscheiden  (wenige  Citate 
mögen  genügen): 

1.  Name,  Titel  (TpaTi£c^tTY]^),  a£ayj{Ji£LW{jiac.  Vgl.  401,  1387. 
Dies  ist  die  vollständigste  Form,  die  stillschweigend  auch  in  den 
anderen  Fällen  zu  suppliren  ist. 


THEBANISCHE  BANKQUITTUNGEN  AUS  DER  KAISERZEIT.  95 


2.  Name,  a£aY]|JL£tü)[iaL  (ohne  Titel).    Vgl.  363,  403,  405. 

3.  Name,  Titel  (ohne  aeaY^fiecwfxat).    Vgl.  367  ff. 

4.  Name  (ohne  Titel  und  asar^pLsiWfxa:)-  Vgl.  391,  394, 
395,  409,  1388. 

Auch  £7üaxoXouO'£CV  (s.  oben  S.  76  f.)  wurde  von  den  Bankbeamten 
gebraucht.  So  steht  unter  einem  demotischen  Text  (Brit.  Mus.  12612) 
aus  dem  2.  Jahre  des  Augustus,  der  nach  Kevillouts  Uebersetzung 
von  der  Bank  ausgestellt  zu  sein  scheint,  die  griechische  Subscription : 
]  .  (1)^  'IXapLWvo?  £7:yjxoXouOTjXa  (vgl.  Revue  Egypt.  IV.  S.  185). 

Zu  der  Bezeichnung  dvTiypa^ov  OLTZQyjiq  in  1558  vgl.  oben 
S.  80  f.  Eine  merkwürdige  Absonderlichkeit  zeigt  Nr.  672.  Es 
heisst  da:  „A'.£Yp(a9Yj)  fjfjiöv  KXaDSiO'j  ILepwociou  zal  ({X£T6x(i)v) 
7rpax(T6pa)v)  —  für  Abgabe  —  öv6([xaT0?)  des  Zahlers  —  Summe. 
Datum."  Hält  man  den  Text  für  correct,  so  muss  man  daraus 
folgern,  dass  hier  der  Erheber  bescheinigt,  auf  den  Namen  des 
Zahlers  an  die  Bank  gazahlt  zu  haben.  Ich  halte  diese  Deutung, 
durch  welche  das  Ostrakon  ganz  aus  dem  obigen  Rahmen  heraus- 
fallen würde,  für  sehr  unwahrscheinlich  und  möchte  annehmen,  dass 
hier  wie  so  häufig  in  vulgären  Texten  ujxwv  für  y^ijlwv  zu  lesen  ist. 
Dann  bleibt  die  Quittung  eine  Bankquittung,  was  sie  auch  ihrem 
ganzen  Schema  nach  zu  sein  scheint,  und  es  ist  nur  der  für  Theben 
singuläre  Fall  zu  constatiren,  dass  die  Trapeziten  angeben,  durch 
welchen  Erheber  ihnen  die  Summe  gezahlt  ist.^)  Dass  sie  ihn  in 
2.  Person  anreden,  bestätigt  nur  unsere  Annahme,  dass  die  Bank- 
quittungen den  Erhebern  eingehändigt  wurden  (s.  oben  S.  88). 

7. 

/IifyQaxpsv  —  Datum  {Monat,  Tag,  Jahr)  —  der  Zahler  {oder 
bvofiatog  des  Zahlers)  —  für  Abgabe  —  Summe.  Subscription. 
Vgl.  665,  1472,  1474,  1594,  alle  aus  dem  III.  Jahrh.  nach  Chr. 

Wir  lassen  dieses  Schema  dem  vorigen  sogleich  folgen,  weil 
es  eine  zwar  sachlich  unwesentliche,  formell  aber  doch  charakte- 
ristische Um  Wandelung  des  Vorigen  darstellt:  das  Datum  ist  von 
der  letzten  Stelle  an  die  zweite,  hinter  5:£Ypa4'£V  gerückt,  und  zwar 

^)  In  den  Faijümer  Quittungen  auf  Papyrus,  die  nach  meiner  Vermutung 
von  der  Bank  ausgestellt  sind,  ist  es  ganz  gewöhnlich,  dass  der  Erheber  mit 
genannt  wird.  Das  geschieht  entweder  in  der  Form:  „Sieypacpsv  —  durch  (8ta) 
den  Erheber  —  der  Zahler"  (vgl.  BGU  99,  212,  214,  219  etc.)  oder  „biiypOL^zv 
—  dem  Erheber  —  der  Zahler''  (vgl.  BGU  66,  213,  220,  221,  270  etc.). 


96 


III.  KAPITEL. 


steht  regelmässig  der  Monat  voran.  Es  ist  merkwürdig,  wie  solche 
sachlich  ganz  gleichgültigen  Kleinigkeiten  doch  allgemeine  Ver- 
breitung finden.  Die  angeführten  Beispiele  stammen  aus  der  Zeit 
der  Philippe  und  des  Valerian  und  Gallien.  Wir  haben  hier  offenbar 
die  im  III.  Jahrhundert  üblich  gewordene  Form  der  Bankquittungen 
vor  uns,  die  die  vorige  Form  (6)  verdrängt  hat.  Wir  werden  in 
Nr.  10  eine  Abkürzung  unseres  Formulars  kennen  lernen,  das  neben 
ihm  in  Geltung  war. 

In  1474  steht  statt  des  Namens  des  Zahlers  im  Nominativ 
vielmehr  6v6(|xaTO^)  mit  dem  Genetiv  des  Namens.  Dabei  ist  das 
Verbum  nicht  etwa  in  bieypoi'^ri  verändert,  wie  man  erwarten  sollte, 
sondern  es  lautet  hier  zufällig  ausgeschrieben:  6i[£Ypa]rj;£V.  Vgl. 
unten  S.  108  7zocpiG-/eQ  öv6[xaT05. 

8. 

Der  Zahler  —  für  Abgabe  —  Summe.  Datum.  Vgl.  1369, 
426,  451,  467,  471,  477,  478,  493,  666,  668,  669. 

Ich  halte  dieses  Schema  für  eine  Verkürzung  von  Nr.  6,  mit 
dem  es  im  Wesentlichen  identisch  ist,  nur  dass  das  regierende  Verbum 
(Scayeypacpr/Xev)  als  selbstverständlich  fortgelassen  ist.  Von  den 
angeführten  Nummern  gehört  1369  in  die  Zeit  des  Augustus,  auch 
666  in  den  Anfang  der  Kaiserzeit,  alle  übrigen  aber  in  die  2.  Hälfte 
des  I.  Jahrhunderts,  in  die  Zeit  von  Otho  bis  Trajan.  Diese  scheinen, 
zum  Teil,  von  derselben  Hand  geschrieben  zu  sein  und  behandeln 
dieselben  Personen,  wie  ^Apvoupiq  'ATioXXtovLou,  'AttoXXw?  "Apvou- 
pioq  u.  s.  w.  Offenbar  stammen  diese  alle  aus  demselben  Bureau; 
aus  welchem  Orte,  ist  nicht  genauer  bekannt. 

9. 

Für  Abgabe  tov  x.  hovg  —  Datum  —  der  Zahler  —  Summe. 
Subscription  des  Trapeziten.  Vgl.  468,  479,  1413,  1564,  1565, 
alle  aus  der  Zeit  des  Domitian. 

Diese  Nummern  bieten  wieder  eine  andere  Umstellung  derselben 
Elemente.  Mit  dem  vorigen  Schema  ist  ihnen  gemeinsam  das  Fehlen 
des  regierenden  Verbums.  Eigentümlich  ist  ihnen  die  Voranstellung 
der  Abgabe.  Ausser  in  1564  findet  sich  in  allen  Nummern  vor  dem 
Namen  des  Zahlers  die  Sigle  Cp,  die  ich  leider  noch  immer  nicht  ent- 
rätseln konnte.  Auch  hier  kommt  man  auf  den  Gedanken,  dass  die  an- 
geführten Nummern  vielleicht  aus  einem  und  demselbenBureau  stammen. 


THEBANISCHE  BANKQUITTUNGEN  AUS  DER  KAISERZEIT.  97 


10. 

Datum  {Monat,  Tag,  Jahr)  —  hrouaro^  des  Zahlers  —  für 
Abgabe  —  Summe.  Subscription  des  Trapeziten.  Vgl.  659,  661, 
663,  674-679,  681—700,  1333,  1334,  1457,  1466,  1469,  1470, 
1473,  1478,  1595. 

Auch  hier  haben  wir  es  offenbar  mit  einer  elliptischen  Form 
zu  thun.  Wir  irren  wohl  nicht,  wenn  wir  dieses  Schema  als  eine 
Verkürzung  von  Nr.  7  betrachten,  mit  der  sie  die  merkwürdige 
Voranstellung  des  Monats  gemein  hat;  nur  fehlt  hier  das  Verbum 
Siaypa^&LV.  Man  vgl.  1473  und  1474!  Dieses  Formular,  das 
sich  durch  grosse  Kürze  auszeichnet,  scheint  die  alte  S'.£Ypac|>£V- 
Form  (Nr.  6)  in  der  2.  Hälfte  des  II.  Jahrhunderts  verdrängt  zu 
haben.    Es  begegnet  dann  im  III.  Jahrhundert  neben  Kr.  7. 

Wir  waren  nicht  in  der  Lage,  für  die  letzten  Klassen,  7 — 10, 
aus  den  einzelnen  Texten  den  Beweis  dafür  zu  erbringen,  dass  diese 
Quittungen  wirklich  von  der  Bank  ausgestellt  sind.  Doch  das 
liegt  nur  an  unserem  Material,  indem  in  den  Subscriptionen,  wenn 
solche  überhaupt  da  sind  —  oft  fehlen  sie  ganz  — ,  keine  Titel 
genannt  werden.  Ich  glaube  aber,  dass  die  Abhängigkeit  dieser 
Formulare  von  einander  und  die  enge  Verwandtschaft  mit  Klasse  6 
ausser  Zweifel  stellt,  dass  wir  uns  mit  der  Erklärung  derselben  als 
Bankquittungen  im  Rechte  befinden. 


Theben  und  HermontMs. 
Quittungen  über  Naturallieferungen. 

A.  Ptolemäerzeit. 

I.  Quittungen,  die  der  Erheber  ausstellt. 

Der  Erheber  —  dem  Zahler  —  laioHv.  "E^is)  —  ^mme.  Datum. 
Vgl.  755,  1358. 

Wie  zu  erwarten  war,  quittiren  die  Erheber  und  Pächter  der 
Naturallieferungen,  ebenso  wie  die  der  Geldsteuera,  ihren  Zahlern 
in  der  brie&rtigen  Form.  Aus  der  Ptolemäerzeit  liegen  zufallig 
nur  diese  beiden  Beispiele  vor.  Wir  werden  unten  sehen,  dass  sie 
auch  in  der  Kaiserzeit  an  dieser  Form  festgehalten  haben,  und 
zwar  ausschliesslich. 

WiLCKEN,  Ostraka.  7 


98 


m.  KAPITEL. 


Ganz  isolirt  steht  einstweilen  der  merkwürdige  Brief  1525,  in 
dem  ein  Mann,  den  wir  wohl  für  den  Steuererheber  halten  dürfen, 
dem  Zahler  schriftlich  giebt,  wieviel  er  ihm  noch  schuldet  (ß):^lXeic, 
[jlol).  Wenn  dieser  Brief  auch  sachlich  nicht  hierher  gehört,  so  ist 
es  doch  formell  nicht  uninteressant,  dass  er  eine  Subscription  trägt: 
Aoctiiocy^oq  £7iY]xoXoU'9'y](xa).  Wir  wiesen  schon  oben  darauf  hin, 
dass  wohl  auch  schon  in  der  Ptolemäerzeit  die  briefartigen  Quit- 
tungen des  Erhebers  Subscriptionen  getragen  haben  mögen,  wenn 
wir  auch  bis  jetzt  kein  Beispiel  dafür  kennen. 

II.  Quittungen,  die  der  Thesauros  ausstellt. 

1. 

Datum  (Jahr,  Monat,  Tag)  —  der  Erheber  (f)  —  für  Abgabe 
—  Summe.    Subscription.    Vgl.  711,  1336. 

Diese  Quittungen  gehören  beide  dem  III.  Jahrh.  vor  Chr., 
wohl  der  Zeit  des  Philadelphos,  an.  Wie  die  Analogie  der  nächsten 
Schemata  zeigt,  haben  wir  hinter  dem  Datum  ein  [X£[i£TpYjX£V  zu 
ergänzen.  Wir  haben  hier  in  diesen  altertümlichen  Urkunden 
dasselbe  Streben  nach  Kürze,  das  wir  oben  für  die  Bankquittungen 
derselben  Zeit  hervorhoben.  Auch  dort  liebte  man  es  in  dieser 
Zeit,  eventuell  7t£7rT(jL)Z£v  fortzulassen,  und  wie  die  Bankquittungen 
allmählich  immer  wortreicher  und  klarer  werden,  so  werden  wir 
dasselbe  auch  für  die  Thesaurosquittungen  constatiren  können.  Wir 
finden  also  in  den  Quittungen  der  beiden  Schatzverwaltungen  dieselbe 
Entwickelung. 

Dass  die  in  den  beiden  Quittungen  genannten  Personen  die 
Erheber  seien,  kann  ich  nicht  strict  beweisen.  Doch  legt  die 
Analogie  der  nächsten  Schemata  es  nahe,  ebenso  die  Vergleichung 
mit  der  Bankquittung  1491,  die  den  unsrigen  durchaus  entspricht. 
Immerhin  ist  daran  zu  erinnern,  dass  im  III.  Jahrh.  v.  Chr.  wenig- 
stens in  den  Bankquittungen  meist  die  Zahler  genannt  zu  werden 
pflegten. 

Die  unterzeichnenden  Personen  werden  wir  für  Beamte  des 
Thesauros  zu  halten  haben.  AVir  werden  unten  in  Kap.  VI  genauer 
darlegen,  dass  die  Beamten  der  Staatsmagazine  oder  '8'yjaaupo:,  die 
dem  Trapeziten  an  der  Trapeza  entsprechen,  die  acToXoyoi  gewesen 
sind.    Der  Apollonides  (?),  der  1336  unterzeichnet,  wird  daher  der 


THEBANISCHE  THESAUROSQUITTUNGEN  AUS  PTOLEMÄERZEIT.  99 


Sitologe,  resp.  ein  Vertreter  gewesen  sein.^)  Für  das  Geschäft,  das 
in  711  vorliegt,  kommt  freilich  der  Sitologe  nicht  in  Betracht,  denn 
hier  handelt  es  sich  um  Weinlieferungen  für  die  a7c6|X0Lpa  und 
ocvoXoyta.  Wahrscheinlich  werden  die  grossen  Staatsweinkellereien 
auch  zu  dem  Gesammtbereich  des  Thesauros  gehört  haben.  Aber 
wie  die  mit  diesem  Zweige  betrauten  Beamten  geheissen  haben,  ist 
nicht  überliefert.  Vielleicht  darf  man  den  subscribirenden  ^Epptia^ 
im  Anschluss  an  die  erwähnte  ocvoXoyLa  als  ohoXoyoc,  bezeichnen, 
was  eine  gute  Analogie  zum  aizoXoyoc,  wäre. 

Datum  (Jahr,  Monat,  Tag)  —  |X£[X£Tp7]X£V  sie,  Tov  Iv  Ortsname 
•ö-Yjaaupov  —  für  Abgabe  —  der  Erheber  —  Summe.  Subseription 
des  Sitologen.  Mehrfach  demotische  Beischriften.  Vgl.  709,  718, 
721,  723—731,  734—736,  740,  745—748,  750,  752,  754,  1255, 
1349,  1350,  1353,  1505,  1509,  1511,  1521,  1524,  1527,  1529. 
Vgl.  auch  741,  743. 

2^- 

Dasselbe  ohne  Subs&ription.  Vgl.  702,  704,  742,  1341,  1533. 
Vgl.  auch  737. 

Diese  Thesaurosquittungen  entsprechen  im  Wesentlichen  den 
Bankquittungen,  welche  begannen:  tcottwxev  oder  xsTaxTat  ItcI 
T'/jV  Iv  Ortsname  xpaTie^av.  Sie  gehören,  soweit  sie  sich  sicher 
datiren  lassen,  alle  dem  II.  Jahrhundert  v.  Chr.  an. 

Im  Rheinischen  Jahrbuch,  2)  wo  ich  zuerst  dieses  Formular 
hergestellt  und  erklärt  habe,  nahm  ich  irrig  an,  dass  die  in  der 

^)  Nachträglich  sehe  ich,  dass  Revillout,  der  den  Text  in  den  M^langes 
S.  129  nochmals  bringt,  Z.  4  liest:  'AuoXXü)(vios)  atxoXöyog,  während  ich  im 
vorigen  Jahre  'A710aXü)v[5(7]5)  (?)  zu  sehen  glaubte.  Da  auch  ich  im  Druck  die 
3  letzten  Zeichen  durch  die  Punkte  als  unsicher  bezeichnet  habe,  wäre  es  wohl 
möglich,  dass  hier  etwa  AnoXX^  oi^  stünde.  Ausgeschrieben,  wie  bei  Eevillout, 
ist  das  Wort  jedenfalls  nicht.  Dagegen  halte  ich  in  Z.  3  mein  n[s]pl  6i^(ßas) 
gegenüber  seinem  (xÖTtou)  aufrecht. 

2)  Rhein.  Jahrb.  S.  236  flf.  und  256  flf.  Dort  ist  auch  auf  die  früheren 
Arbeiten  hingewiesen.  Wessely,  Denkschr.  Wien.  Akad.  1889.  S.  214,  hat  die 
ptolemäischen  Beispiele  falsch  aufgefasst,  wenn  er  eig  tyjv  STiiYpatfi^v  in  das 
Schema  hineinzieht.  Damit  ist  vielmehr  eine  bestimmte  Abgabe  gemeint. 
Vgl.  Kap.  IV  §  46. 

7* 


100 


III.  KAPITEL. 


Quittung  genannte  Person  der  Zahler  sei.  Vielmehr  ist  sie  auch 
hier,  ganz  wie  in  den  entsprechenden  trapezitischen  Quittungen,  der 
Erheber.  Beweisend  ist,  wie  schon  oben  erwähnt,  Nr.  1255,  in  der 
sie  mit  ihrem  Titel  als  6  IgscXyjcpwg  d.  h.  als  der  Pächter  aus- 
drücklich bezeichnet  wird.  Damit  sind  alle  Zweifel  gehoben,  und 
wir  dürfen  dies  Ergebnis  auch  auf  die  anderen  Urkunden  desselben 
Schemas  ausdehnen. 

Die  Subscriptionen  der  Sitologen  zeigen  folgende  verschiedene 
Formen : 

1.  Name.    Vgl.  709,  718,  721,  724  u.  s.  w. 

2.  Name,  Titel  (öixoXoyoq).  Vgl.  734,  735  u.  s.  w.  Diese 
Nummern  sind  von  grösster  Wichtigkeit,  da  sie  uns  die  Sicherheit 
geben,  dass  die  Quittungen  dieser  Gattung  ebert  von  den  Sitologen 
ausgestellt  sind. 

3.  Name  (X£(|jL£Tpr^|jiaL),  Summe  (d.  h.  AViederholung  der  em- 
pfangenen Artabensumme).  Vgl.  709,  724,  725,  736  u.  s.  w.  Im 
griechischen  Textdruck  habe  ich  in  den  früheren  Bogen  noch  die 
Auflösung  |X£([Ji£Tpr/X£v)  vorgeschlagen.  Ich  möchte  dies  jetzt  schon 
wegen  des  Subjects wechseis,  den  man  dann  annehmen  müsste,  be- 
anstanden. Auch  glaube  ich,  dass  es  dem  Wesen  der  Subscription 
mehr  entspricht,  dass  der  Subscribent  seine  eigene  Thätigkeit  her- 
vorhebt, nicht  die  des  Zahlers.  Vgl.  £Ypa'];a,  a£(Tyj[X£La)(xaL,  etzti- 
y.oXoud'^y.oc  u.  s.  w.  Ich  schlage  daher  vor,  wie  oben,  [Ji£([X£- 
Tpy][xaL)  zu  lesen,  was  bedeutet:  „Ich  habe  es  mir  vermessen." 
Das  ist  geradezu  soviel  wie:  „Ich  habe  es  empfangen."  So  las  ich  im 
Pap.  Lond.  CCXCV  die  Worte:  6[ioXo^((b  (X£|i£Tpfja^aL  xal  aiztoyT^- 
xivac.  So  quittirt  ein  Sitologe  in  BGU  61,14  mit  den  Worten: 
Kaaxiop  "Hpwvo?  fA£[X£Tpyj[X£  xaxog  7ip6>c[£c]Tac,  nachdem  es  vorher  ge- 
heissen  hat  [Ji£[X£Tpy){jL£'9'a,  d.  h.  „wir  haben  empfangen".  Vgl.  Pap. 
Lond.  CCXVII,  16:  Sapa7:a|x(X(ji)v  aLToX(6yo^)  (Ji£[JL£Tpyj|Ji(ac)  TiCpo- 
%£CTaL).  Vgl.  auch  BGU  67,6:  [X£[X£Tpy)[Ji£0'a  £V  d-r^aocupG),  gleichfalls 
von  Sitologen  gesagt.  Weitere  Belege  BGU  I  Index  u.  [X£Tp£lv. 

Auch  bei  diesen  Quittungen  kommt  es  ganz  ähnlich  wie  bei 
den  Bankquittungen  vor,  dass  der  Beamte  nebenbei  eine  Summe 
notirt,  die  grösser  ist  als  die  in  der  Quittung  genannte.  So  steht 
z.  B.  auf  dem  Verso  von  709  erst  die  quittirte  Summe,  7-|  Artaben, 
darauf  noch  „102^^-2  Artaben".  Letzeres  muss  die  Gesammtsumme 
sein,  die  der  Sitologe  bis  dahin  erhalten  hat.    Vgl.  oben  S.  75/6. 


THEBANISCHE  THESAUROSQUITTUXGEN  AUS  PTOLEMÄERZEIT.  101 


Im  einzelnen  finden  sich  auch  hier  wieder  allerlei  Ab- 
weichungen vom  Schema,  die  meist  ohne  grosse  Bedeutung  sind.  So 
wird  in  718  die  Abgabe,  in  1349  der  Ortsname  übergangen.  So 
steht  in  1349  £i^[i£|JL£Tpr^X£v  statt  des  Simplex. 

Eine  besondere  Kubrik  bilden  Xr.  737,  741,  743,  in  denen 
Lieferungen  tlq  t6  IXaLOupyeTov  bescheinigt  werden.  Dies  erklärt 
sich  daraus,  dass  es  sich  hier  um  die  Vermessung  der  Krotonpflanze 
handelt,  die  zur  Oelfabrication  an  die  königliche  Oelfabrik  abge- 
liefert wird.  Nach  Nr.  727  und  729  wurde  Kroton  jedoch  auch  in 
den  Thesauros  vermessen. 

Noch  einer  Eigentümlichkeit  müssen  wir  gedenken,  die  einige 
Thesaurosquittungen,  dieser  und  der  nächsten  Gruppe,  aufweisen. 
Bei  Manchen  steht  nämlich  oberhalb  der  ersten  Zeile  etwa  in  der 
Mitte  das  Wort  hpo\j  mit  einer  darauf  folgenden  Zahl,  meistens 
einem  Bruch.  Vgl.  736  (Corrig.),  740,  746,  747,  1341,  1521,  und 
von  der  nächsten  Klasse  710,  749,  1343.  Es  ist  dies  die  Gruppe, 
die  von  E.  Revillout  in  seinen  „Melanges",  -v^^e  ich  soeben  sehe, 
als  L£poö  ai(TOD)  gelesen  wird.     Zur  Sache  vgl.  Kap.  IV  §  60. 

3^ 

Datum  (Jahr,  Monat,  Tag)  —  für  Abgabe  —  der  Erheber  — 
Summe.  Subscription  des  Sitologen.  Vgl.  321,  701,  703,  710,  720, 
722,  732,  749,  753,  756,  1253,  [1254=]1489,  1311,  1355,  1360, 
1498,  1500,  1520. 

3^- 

Dasselbe,  ohne  Subscription.  Vgl.  706,  708,  713,  717,  733, 
1312,  1313,  1342,  1343,  1356,  1512. 

Dies  Formular  unterscheidet  sich  vom  Vorhergehenden  im 
Wesentlichen  nur  dadurch,  dass  der  Zusatz  £l^  tcv  O-r^aaupöv  fehlt, 
der  natürlich  zu  ergänzen  ist.  Aehnlich  hatten  wir  oben  eine 
Rubrik  unter  den  Bankquittungen,  in  der  ItzI  XYjV  Tpa7i£^av  fehlte 
(II  7).  In  1520,  wo  es  sich  um  Sesamlieferungen  handelt,  wird 
vielleicht  de,  lo  IXaLOupyelov  zu  ergänzen  sein.  Auch  hier  werden 
wir  wie  bei  den  Bankquittungen  die  Annahme,  dass  dieses  kürzere, 
schlichtere  Formular  die  ältere  Vorstufe  zu  dem  vollständigeren  ist, 
bevorzugen,  zumal  wenn  wir  bedenken,  dass  zwei  Nummern  darunter 
sind  (1253  und  1489),  die  der  Zeit  des  Philadelphos  angehören.  Die 
übrigen   stammen   wohl   meist  aus    dem  II.  Jahrhundert  v.  Chr. 


102 


Diese  beiden  alten  Quittungen  unterscheiden  sich  von  den  jüngeren 
nur  darin,  dass  sie  £Ci;[jL£[X£'cpyjX£V  sagen,  was  sich  freilich  sonst  auch 
bei  jüngeren  Texten  findet  (vgl.  Nr.  1349). 

Die  Subscriptionen  gleichen  in  allem  Wesentlichen  denen  der 
vorigen  Klasse.  Nur  die  Abart  „Name,  Titel,  Summe"  (Nr.  720) 
kam  dort  zufällig  nicht  vor.  Hier  ist  natürlich  p,£[X£Tpyj{JLa:  zu 
ergänzen.  Nr.  1360  ist  subscribirt:  A:'  ^Fip\i~. 

4a. 

Datum  (Jahr,  Monat,  Tag)  —  7iapaO£5wx£V  —  für  Abgabe  — 
der  Erheber  —  oc/ßpou  —  Summe.  Subscription.  Vgl.  738,  744, 
1352,  1501,  1513,  1514,  1519. 

4.. 

Dasselbe,  ohne  Subscription.    Vgl.  707,  715,  751. 

4c. 

Datum  (Jahr,  Monat,  Tag)  —  [A£(|Ji£Tp'iQX£v)  bIq  t6  ßaatXtxov 
der  Erheber  —  a.'/ßpou  —  Summe.  —  Datum.    Vgl.  705. 

Wir  haben  diese  Quittungen,  die  von  den  Spreulieferungen 
handeln,  aus  sachlichen  und  formellen  Gründen  für  sich  gestellt. 
Wohin  die  Fuhren  von  Spreu  (dytoyai  heissen  sie  hier  in  der  Ptole- 
mäerzeit  regelmässig)  geschafft  wurden,  geben  unsere  Texte  leider 
nicht  an.  In  705  heisst  es:  elc,  zb  ßaacXtxov.  Das  ist  ein  ganz 
allgemeiner  Begriff,  unter  den  z.  B.  ausser  dem  Thesauros  auch  die 
Bank  fallt.  Wahrscheinlich  werden  die  Spreulieferungen  zum  Ressort 
des  Thesauros  gehört  haben,  aber  sie  scheinen  doch  mindestens  ein 
gesondertes  Departement  gebildet  zu  haben.  Ich  besinne  mich, 
auf  einem  der  Ostraka  von  Sayce  den  Ausdruck  £[^  t'^jv 
a.yupo^riY.ri^  gelesen  zu  haben,  den  auch  die  Iliasscholien  kennen. 
Das  mag  der  Name  für  dies  Departement  gewesen  sein,  und  die 
Männer,  die  hier  subscribiren ,  mögen  die  Beamten  dieser  o(.y(upo- 
•9"rjxyj  sein.  Formell  kommt  Nr.  705  den  Thesaurosquittungen  am 
nächsten.  Sie  steht  bis  jetzt  allein,  denn  alle  übrigen  verwenden  statt 
ji£Tp£Tv  regelmässig  das  Verbum  Tzocpahihovoci,  seil,  ayjjpou  ay^ya?. 

Dass  der  Quittungsempfanger  der  Erheber  ist,  wird  z.  B.  durch 
744  -vyahrscheinlich,  wo  Aiovuaco^..  xal  oi  ]).kioyoi  genannt  werden, 
also  eine  Genossenschaft.    Ebenso  in  1519. 


THEBANISCHE  QUITTUNGEN. 


103 


Zu  4*  gehört  auch  das  Ostrakon,  das  Sayce  in  Petr.  Pap. 
(II)  S.  43  mitteilt.  In  Z.  2  wird  7:apa5£5(o(x£v)  zlq  zö  xaO-CfjXov) 
zu  lesen  sein,  in  Z.  4  dytoya^  statt  [iwia.  ^) 

B.  Eaiserzeit. 

Auch  von  den  Naturalquittungen  der  Kaiserzeit  gilt,  was  wir 
oben  für  die  Geldquittungen  dieser  Periode  ausführten,  dass  die 
Steuererheber  sich  den  Zahlern  gegenüber  lediglich  der  Briefform 
bedienten,  dass  also  alle  anderen  Varietäten,  die  uns  entgegentreten, 
auf  Rechnung  der  Thesaurosbeamten,  der  Sitologen,  die  den  Trape- 
ziten  in  jenem  anderen  Departement  entsprechen,  zu  setzen  sind. 
Nach  diesem  Grundprincip  sondern  wir  das  vorliegende  Material 
in  der  folgenden  Weise. 

III.  Quittungen,   die   der  Erheber  dem  Zahler  ausstellt. 

1. 

Der  Erheber  —  dem  Zahler  —  yaigsiv.  "Eyco  {oder  ähnlich)  —  fitr 
Abgabe  —  Summe  (oder  „die  Abgabe",  ohne  Sumine).  Datum.  Sub- 
seription  des  Erhebers.    Vgl.  782,  784,  812,  865,  866,  927,  1012. 

2. 

Dasselbe,  ohne  Subseription.  Vgl.  775,  780,  781,  784—787, 
789,  795,  797,  798,  801,  806,  807,  810,  819,  844—846,  853, 
854,  [875],  914,  936,  961,  973,  1009,  1010,  1015,  1020,  1415, 
1417. 

3. 

Dasselbe,  ohne  laiQsiv^  mit  Subseription.  Vgl.  818,  835,  839, 
857,  863,  871,  906,  916,  1013. 

4. 

Dasselbe,  ohne  yaiQsiv,  ohne  Subscndption.  Vgl.  763,  765,  796, 
815,  834,  841—843,  849,  856,  862,  864,  877,  882,  885,  919, 
924,  928,  932,  955,  1446,  1452. 

^)  Danach  würde  der  Text  lauten :  "Etou^  xy  <J>apii&öO-'-  X  ::apaS^8o)(y.£v) 
elgxö  [x]a6'('?3xov)  xou  auxoO  Ixous  nsTsaGox-Co^S  '/r^^'^^^^'^'^'^i  (oder  Xr,voßoay.oö?) 
dxü(pou)  <^dY(öYas^  xp'.dxovxa  /  X.  Die  Subscriptionen  hat  Sayce  nicht  voll- 
ständig mitgeteilt. 


104 


III.  KAPITEL. 


Auch  unter  diesen  Urkunden  befindet  sich,  wie  wir  es  oben 
auch  für  die  entsprechenden  Quittungen  der  Gelderheber  constatiren 
mussten,  kein  Beispiel,  das  mit  Sicherheit  in's  III.  Jahrhundert 
n.  Chr.  gesetzt  werden  müsste.  Sie  reichen  vielmehr  wie  jene  nur 
bis  zum  Ende  des  zweiten  Jahrhunderts.  Es  liegt  sehr  nahe,  diesen 
thatsächlichen  Befund  mit  dem  Ergebnis  von  Wessely's  Unter- 
suchungen der  Quittungen  der  byzantinisch -arabischen  Zeit  in  Ver- 
bindung zu  bringen,  wonach  unser  briefartiges  Formular  in  jener 
späten  Zeit  nicht  mehr  vorkommen  soll  (Denkschr.  d.  Wien.  Akad. 
XXXVII  1889.  S.  224).  Man  könnte  hiernach  leicht  zu  der  An- 
nahme kommen,  dass  um  200  n.  Chr.  die  Erheber  aufgehört  hätten, 
in  Briefform  den  Zahlern  zu  quittiren,  oder  allgemeiner,  dass  über- 
haupt damals  diese  Form  abgekommen  sei.  Doch  dieser  Schluss 
wäre  gewiss  übereilt;  man  braucht  nur  auf  die  Quittungen  aus 
Pselkis  hinzuweisen,  die  dem  III.  Jahrhundert  nach  Chr.  entstammen 
und  doch  in  Brieflbrm  verfasst  sind.  Dass  ^vir  in  Theben  kein 
Beispiel  für  das  III.  Jahrhundert  haben,  kann  sehr  leicht  ein  Zufall 
sein,  zumal  wir  aus  diesem  überhaupt  nur  noch  vereinzelte  Ostraka 
besitzen.  Wenn  sich  ferner  unter  den  von  Wessely  a.  a.  O.  publi- 
cirten  Quittungen  der  späteren  Zeit  wirklich  keine  briefartigen 
Quittungen  fanden,  so  könnte  auch  dies  sehr  leicht  ein  Zufall  sein. 
Sehr  gewagt  ist  es  daher,  wenn  Wessely  a.  a.  O.  dem  Abdruck 
meines  Schemas  aus  dem  Rheinischen  Jahrbuch  S.  245  (s.  oben  S.  5^ 
Anm.)  die  Worte  hinzufügt:  „Da  jedoch  die  Epistola  ganz  in  das 
Wesen  der  Contracte  überging,  fiel  diese  Form  für  die  Quittungen  ausser 
Betracht."  Selbst  wenn  man  annehmen  wollte,  dass  aus  dem  vorliegen- 
den Material  notwendig  folge,  dass  die  briefartigen  Quittungen  auf- 
gehört hätten,  so  möchte  ich  doch  die  von  Wessely  vorgeschlagene 
Motivirung  dieses  Vorganges  nicht  für  zutreffend  halten.  Denn  wenn 
die  Briefform  in  die  Contracte  eindringt,  warum  soll  dies  die  Quittungs- 
aussteller veranlassen,  ihrerseits  auf  diese  seit  Jahrhunderten  übliche 
Form  zu  verzichten?  Vor  dieser  Gedankenverbindung  musste  auch 
schon  die  Beobachtung  schützen,  dass  nach  dem  von  Wessely  vor- 
gelegten Material  die  Briefform  im  geschäftlichen  Verkehr  auch  noch 
der  späteren  Zeit  eine  sehr  weite  Verbreitung  gehabt  hat.  Sind  doch 
die  meisten  Zahlungsanweisungen  in  Briefform  verfasst.  Denn  wenn 
die  auf  S.  238  ff.  von  ihm  publicirten  Amveisungen  das  Schema 
haben  „"0  Selva  tw  Selvc.  Ilapaa^ou"  y.tX.  oder  „TtJ)  Selvc  6  oelva. 


THEBANISCHE  ERHEBERQUITTUNGEN  AUS  DER  KAISERZEIT.  105 


napaa)(OD"  xtX,  so  ist  das  nichts  anderes  als  die  Briefform.  Man 
wird  sich  an  dem  Fehlen  von  y^aipsiv  nach  den  obigen  AusfiihruDgen 
nicht  stossen,  und  dass  in  gewissen  Fällen  der  Dativ  gern  voran- 
gestellt wurde,  habe  ich  früher  nachgewiesen.  Aber  wenn  ich 
nicht  irre,  befindet  sich  sogar  eine  Quittung  in  Briefform  in 
Wessely's  Publication  selbst.  Die  Richtigkeit  seiner  Lesung  voraus- 
gesetzt, möchte  ich  die  unterste  Nummer  auf  S.  232  folgendermassen 
auffassen : 

[■f  Suv  -ö-ew.    Mrjv]a^  6(cd)  Hiaoiou  XoyoypCa^O'j)  6[iTv  xölc, 

apo'jp((I)v)  T(i)v  ayLcov  £-/txXrj[a:a^  .  .  . 

Ixxyj^  dpT(aßa5)  jicf  (xö(vaö. 

Sollte  hier  eine  Ungenauigkeit  in  der  Publication  vorliegen 
und  hinter  ri\L(ötq)  in  Z.  2  noch  etwas  zu  ergänzen  sein,  so  würde 
man  nach  dem  in  den  Prolegomena  S.  17  von  Wessely  mitgeteilten 
Text^)  einen  Namen  daselbst  ergänzen  und  lesen:  KaTaߣß>vr;x(£v) 
[6  Seiva].  Dieser  Name  würde  wohl  den  Vertreter  des  Adressaten 
bezeichnen.  Wie  dem  auch  sei,  jedenfalls  haben  wir  eine  Quittung 
vor  uns,  und  zwar  in  der  von  Wessely  vermissten  Briefform. 
Danach  möchte  ich  die  Erwartung  aussprechen,  dass  wenn  weiteres 
Material  vorliegt,  sich  auch  weitere  Belege  für  das  Fortbestehen 
dieses  Quittungsformulars  finden  werden.  Einstweilen  verweise  ich 
auf  die  in  den  „Tafeln  z.  ält.  griech.  Palaeogr."  XTX  b  von  mir 
publicirte  Quittung  aus  byzantinischer  Zeit,  die  gleichfalls  in  Brief- 
form verfasst  ist. 

Wir  haben  hier  bei  der  Getreideverwaltung  genau  dasselbe 
Formular  und  dieselben  vier  Abarten  wie  oben  bei  der  Geldver- 
waltung (III).  Ich  brauche  daher  auf  die  Bedeutung  des  Formulars 
nicht  zurückzukommen.  Auch  über  )(aipccv  ist  dort  das  Nötige 
gesagt.    An  Subscriptionen  finden  wir  hier  folgende  Arten: 

1.  Name,  a£ar^[X£ca)[iac.    Vgl.  782,  812. 

2.  Name.    Vgl.  863,  866. 

3.  SEOTjpiEiwfxac.    Vgl.  927. 

4.  Name,  Titel,  £7nrjxoXouOTr]xa.    Vgl.  857. 


^)  Zu  dem  stark  veränderten  Wiederabdruck  dieses  Textes  a.  a.  O.  S.  232/3 
sind  meine  Ausführungen  in  Zeitschr.  Aeg.  Spr.  1883  S.  162/3  zu  vergleichen. 


106 


III.  KAPITEL. 


Zu  iTzccxoXoöd-eiv  vgl.  oben  S.  76  f.  Hier  ist  von  Interesse, 
dass,  während  die  iTrcTyjpr^xal  -O-yjaaupoö  in  der  Adresse  genannt 
werden,  der  tsXwvyjg  (ß"f}a(X.upo\))  subscribirt.  Dasselbe  Verhältnis 
liegt  z.  B.  auch  in  863  vor,  wo  der  TeXwvyj?  'Epteu?  (vgl.  862) 
freilich  nur  seinen  Namen  nennt.  Im  Allgemeinen  ist  zu  sagen, 
dass  die  Subscriptionen  hier  später  auftreten  als  bei  den  Geld- 
quittungen, was  gewiss  Zufall  ist.  Das  erste  Beispiel  bietet  wohl 
Nr.  782  vom  Jahre  90. 

Der  Empfang  wird  hier  auf  mannigfaltigere  Weise  bestätigt 
als  bei  den  Geldquittungen,  was  sich  durch  die  Verschiedenartigkeit 
der  in  Empfang  genommenen  Objecte  erklärt.  Es  finden  sich  hier 
folgende  Ausdrucksweisen : 

1.  "Exo).    Vgl.  785. 

2.  "Eaxov.    Vgl.  780. 

3.  "Eaxr|x(a).    Vgl.  936,  1452. 

4.  '0{xoX(oYö))  eyeiv  xtX.    Vgl.  1010. 

5.  'Ati^x^.    Vgl.  775,  784,  786,  787. 

6.  'ATieaxov.    Vgl.  781,  782,  795. 

7.  M£(ji£(Tpr/7wag)  oder  (jL£[Ji£(TpYj[jiaL)?    Vgl.  1009. 

8.  T£T£X(£xaö.    Vgl.  801,  806. 

9.  nap£%6(xiaas.    Vgl.  906,  961,  1015. 

10.  nap£ax£?.    Vgl.  1012,  1013. 

11.  nap£Xaßa|x£v.    Vgl.  914. 

12.  "EXaßov.    Vgl.  927. 

Ob  auch  hier  wie  bei  den  Geldquittungen  dieser  Form  das 
Praesens  £xw  und  dcTziy^io  altertümlicher  ist  als  der  Aorist  und 
das  Perfect,  lässt  sich  nicht  so  klar  wie  dort  entscheiden,  da  wir 
für  das  I.  Jahrh.  n.  Chr.  ein  geringeres  Material  haben.  —  Ganz 
eigenartig  ist  1010:  '0|jioX(oy  .  .)  £x^v  TYjV  au^£VTCX7jv  aTzoyj]^ 
dxup[ou]  y6\io\j  hbq  ou  ebioxocc,  ztX.  Der  Schluss  des  Textes  ist 
leider  nicht  erhalten.  Wie  ist  6|jlo^  aufzulösen?  Das  nächstliegende 
6[LoXoyou\i.zv,  das  ich  a.  a.  O.  vorgeschlagen  habe,  giebt  keinen  be- 
friedigenden Sinn.  Denn  nicht  die  a.'/updpioi  empfangen  die  authen- 
tische Quittung  über  die  von  Adressaten  gelieferte  (IStoxai;!)  Spreu, 
sondern  der  Spreu lieferant.  Aber  auch  gegen  oiioXo'^elq,  wodurch 
der  richtige  Sinn  herauskommen  würde,  habe  ich  grosse  Bedenken, 
denn  es  ist  meines  Wissens  ohne  Beispiel,  dass  der  Quittungs- 
schreiber die  öiLoXoyioL  des  Adressaten  aussagt.    Ich  glaube,  wir 


THEBANISCHE  ERHEBEEQUITTUNGEX  AUS  DER  KAISERZEIT.  107 


haben  6fjioX(oYoö|i£v)  lytv^  <(y.0Lza,y  xf^v  auO-evTix-^jv  anoy^riv  zu  emen- 
diren:  „Wir  haben  gemäss  dieser  authentischen  Quittung  erhalten"  etc. 
Der  Genetiv  y6|iou  Ivo?  findet  vielleicht  in  dem  verloren  gegangenen 
Schluss  seine  Erklärung.  —  M£[Ji£(TpY;7.a?)  resp.  {i£jJL£(Tpr^[iaL)  —  beides 
hätte  gleich  guten  Sinn  —  steht  in  einem  Text  der  augusteischen 
Zeit.  —  T£T£X£xa5  wird  an  beiden  Stellen  von  demselben  Zollpächter 
"l£pa^  gebraucht.  Für  die  Wahl  dieses  AVortes  ist  vielleicht  mass- 
gebend gewesen,  dass  es  sich  in  beiden  Fällen  um  Zoll  (Ausfuhrzoll) 
handelt.  Wiewohl  bekanntlich  teXeIv  auch  allgemein  „Geld  ent- 
richten" heissen  kann,  scheint  es  doch  besonders  gern  von  Zollzahlungen 
gebraucht  zu  werden.  So  sah  ich  im  British  Museum  einige  mit 
T£T£X(£X£VJ  beginnende  Quittungen,  die  vom  Thorzoll  handeln.  Vgl. 
Kap.  IV  §  151.  —  Die  drei  Ostraka,  in  denen  7rap£x6(jL:aa?  steht, 
handeln  von  Lieferungen  von  Spreu  und  Gerste  für  militärische  Zwecke. 
Das  Verbum  betont  den  Transport.  Es  sind  Quittungen,  die  vom 
a)(Up07ipay.T(i)p  resp.  dem  TupaxTtop  aiTtzf^g  ausgestellt  sind.  Ebenso 
die  unter  10  und  11.  Dagegen  ist  die  unter  12  von  der  Militär- 
verwaltung ausgestellt.  In  letzterer  ist  ungewiss,  ob  der  Adressat 
der  Zahler  oder  der  Erheber  ist. 

Bemerkenswert  ist,  dass  das  Wort  7Zocpiy(ziy  schon  am  Ende  des 
II.  Jahrhunderts  als  technischer  Ausdruck  in  den  Quittungen 
vorkommt  (s.  10).  Die  Kanzleisprache  kannte  das  Wort  zwar  schon 
seit  alter  Zeit  in  der  Bedeutung  „entrichten,  zahlen,  liefern".  Vgl. 
Petr.  Pap.  (I),  XVI  2  (vom  J.  231/0  vor  Chr.),  wo  es  sich  um 
die  Bückzahlung  einer  Geldsumme  handelt,  Z.  13:  lav  bk  [irj  hia- 
Ypa^w  [y-OLi]  |xrj  Tiapao^wixa:.  Auch  in  Z.  8  ist  wohl  r^ocpe]qza%-(x.i 
statt  Ta]^£aO'aL  zu  ergänzen.  Auch  im  Revenue -Papyrus  begegnet 
das  Wort  häufig,  sowohl  im  Activ  wie  im  Medium,  wie  es  scheint 
ohne  Unterschied.  Aber  in  den  Quittungen  der  früheren  Zeit  ist  es 
uns  bis  jetzt  nicht  entgegengetreten.  Dagegen  hat  dies  Wort  später 
in  der  byzantinischen  und  arabischen  Zeit  auch  in  den  Quittungen 
die  weiteste  Verbreitung  gefunden,  und  ist  geradezu  die  häufigste 
Bezeichnung  für  „zahlen,  liefern",  sowohl  in  Natur alquittungen,  wozu 
wir  hier  die  Anfange  kennen  lernen,  als  auch  in  Geldquittungen 
geworden,  sodass  es  [X£Tp£Tv  und  ScaypacpE'.v  verdrängt  hat.^) 

Vgl.  zahlreiche  Beispiele  in  den  Pariser  Quittungen  bei  "Wessely, 
Denkschr.  Wien.  Akad.  1889,  ebenso  in  den  noch  unpublicirten  Texten  zu 
Berlin,  auch  bei  Kenyon,  Catal.  Gr.  Pap.  S.  221.    Wessely  (S.  223/4)  scheint 


108 


III.  KAPITEL. 


Ob  763  mit  Recht  in  diese  Rubrik  gesetzt  ist,  kann  zweifelhaft 
erscheinen.  Doch  sieht  TeßYjt  wie  ein  Dativ  aus.  Es  würde  anzu- 
nehmen sein,  dass  eyii)  oder  ein  Aequivalent  ausgelassen  ist. 

IlfiQtXaßov  —  für  Abgabe  —  TiaQcc  Zahler  oder  Erheberf  — 
Summe.  Datum.    [Subscription].    Vgl.  901,  1259. 

liaQtGXdi;  —  hvbfjiazog  des  Zahlers  —  für  Abgabe  —  Summe. 
Datum.    Subscri2Mon.    Vgl.  1479. 

Ich  stelle  diese  sehr  merkwürdigen  Formulare  hierhin,  w^eil  sie 
durch  die  eben  besprochenen  Urkunden  am  besten  erklärt  werden. 
Im  Hinblick  auf  die  Quittungen,  die  (nach  der  Adresse)  mit 
TiapsXaßov  und  Tzocpiayßc,  begannen,  ist  es  mir  sehr  wahrscheinlich, 
dass  wir  die  vorliegenden  Formulare  als  hybride  Weiterbildungen 
des  Briefstils  zu  betrachten  haben.  Die  Adresse  fehlt  vollständig! 
Dafür  ist  der  Name  des  Adressaten  in  den  Urkundenkörper  selbst 
hineingekommen.  In  5"  steht  er  hinter  Tiapa,  in  ist  das  Subject 
zu  TZ(x.pi(T/eq  in  sehr  ungeschickter  Weise  mit  övöfAaxo?  eingeführt. 
Der  Name  des  Schreibers  aber  ist  aus  der  Adresse  in  die  Subscription 
gewandert,  während  er  in  der  eigentlichen  Quittung  garnicht  erscheint. 
Einen  ähnlichen  Fall  werden  wir  unten  in  Nr.  28  für  Elephantine 
kennen  lernen. 

Ich  möchte  in  5^  die  Vorstufe  zu  einem  Quittungsformular 
sehen,  das  in  der  byzantinischen  Zeit  zu  den  gebräuchlichsten  gehört: 
"E^w  (oder  eay^ov  oder  eos^afirjV  oder  iTrXyjpw^y^v  oder  ähnlich) 
lyo)  6  helvoc  izoLpoc  aoO  to'j  Selvo?  xxX.  Vgl.  zahlreiche  Beispiele 
bei  Wessely,  Denkschr.  d.  Wien.  Akad.  XXXVII  (1889)  S.  202  ff. 
Dieses  Formular  hat  den  Vorzug,  dass  der  Quittungsschreiber  seinen 
Namen  in  der  Quittung  selbst  neunt. 

zu  glauben,  dass  die  Verbindung  uapsaxsv  bizip  S'.aypacfJ^s,  die  häufig  in  diesen 
byzantinischen  Quittungen  begegnet,  für  das  ältere  5'.!sYP*'^£v  steht.  Vielmehr 
ist  Tiapsaxsv  allein  Aequivalent.  Mit  uTrsp  S'.aYpacpf/g  ist  eine  spezielle  Abgabe 
bezeichnet.  Daher  giebt  es  auch  genug  Fälle,  in  denen  statt  dessen  eine  andere 
Veranlassung  genannt  wird,  so  in  P.  6056  (vgl.  meine  „Tafeln  zur  ält.  griech, 
Palaeogr.'*  XX  Tiap'^axCev)  —  duö  jiEpo(ug)  dvo'.x(tou),  oder  in  P.  2663:  U7i(£p) 
evo'.xi[ou]5  und  in  zahlreichen  anderen  Fällen,  auch  in  den  Pariser  Texten  bei 
Wessely  S.  226  oben,  234  unten  u.  s.  \v. 


THEBAXISCHE  ERHEBERQUITTUNGEX  AUS  DER  KAlsERZEIT.  100 


Zumal  in  901  und  1259  die  Subscriptionen  nicht  erhalten 
sind,  bleibt  es  zweifelhaft,  von  was  ftir  Personen  sie»  geschrieben 
sind.  Das  Nächstliegende  wäre  anzunehmen,  dass  es  Quittungen 
der  Spreuerheber  —  denn  um  ayjjpov  handelt  es  sich  —  an  den 
Zahler  seien.  Vgl.  914,  1012,  1013.  Es  bleibt  aber  auch  die 
Möglichkeit,  dass  sie  von  der  betreffenden  Militärbehörde  ausgestellt 
sind,  ebenso  wie  Nr.  927  (IXaßov). 

Noch  ein  Wort  zu  der  Verwendung  von  Xaßclv  und  TuapaXa^clv. 
"EAaßov  sagt  in  927  ein  römischer  Chiliarch.  Ebenso  sagen  regel- 
mässig die  Soldaten  in  Pselkis  sAaßov  (vgl.  1128  ff.  und  1265). 
Das  synonyme  TzapIXaßov  gebraucht  in  914  wiederum  ein  Römer. 
Sonst  kommen  diese  Verben  in  unseren  Ostraka,  wenn  ich  recht 
gesehen  habe,  nicht  vor.  Ist  dies  Zufall  oder  darf  man  es  damit 
in  Verbindung  bringen,  dass  in  der  römischen  Quittung  der  Kaiser- 
zeit das  accepi  (=£Xaßov)  die  übliche  Formel  wurde,  während  die 
habere-Quittungen  (=  lyw,  dTU£)^(i))  der  früheren  Zeit  angehörten? 
Vgl.  Henry  Erman,  Zur  Geschichte  der  römischen  Quittungen  und 
Solutionsacte  (1883)  S.  1  ff.  Dass  gelegentlich  auch  einmal  ein 
Römer  der  Kaiserzeit  ÄTzlyo)  sagt  (vgl.  1011),  würde  noch  nicht 
gegen  die  zweite  Annahme  sprechen.  Andrerseits  wollen  wir  aber 
doch  auf  BGU  69  hinweisen,  einen  Darlehnscontract  vom  Jahre  120 
n.  Chr.,  in  dem  der  römische  Soldat  Valerius  Loiigus  erst  ofJtoXoyö) 
l)(£'.v  und  nachher  in  der  Subscription  IXaj3ov  xaO-d);  zpoxcTa:  sagt. 
Man  würde  also  doch  wohl  zu  weit  gehen,  wenn  man  in  der  obigen 
Thatsache  mehr  als  einen  Zufall  sehen  wollte.  Immerhin  hielt  ich 
es  für  meine  Pflicht,  auf  den  Thatbestand  hinzuweisen.  Vielleicht 
kann  durch  neues  Material  die  Frage  doch  noch  von  Bedeutung 
werden. 

IV.  Quittungen,  die  der  Thesauros  ausstellt. 

Wie  schon  oben  bemerkt,  halten  wir  die  sämmtlichen  folgenden 
Quittungen  ftir  solche,  die  von  den  Thesaurosbeamten  geschrieben 
sind.  Viel  Mühe  hat  es  gekostet,  ehe  ich  zu  dieser  Ansicht  durch- 
gedrungen bin.  Ja,  jNIanches  schien  direct  dafür  zu  sprechen,  dass 
einzelne  der  folgenden  Rubriken,  z.B.  die  mit  |i£Tpr^[JLa  beginnenden,  von 
den  Erhebern  ausgestellt  seien.  So  fiel  mir  auf,  dass  in  790,  einer 
mit  p,£TpY][ia  anfangenden  Quittung  aus  d.  J.  101  n.  Chr.,  ein 
'Attiwv  unterzeichnet,  dass  ein  'A7üLa)(v)  aber  durch  786  ftir  das 


110 


m.  KAPITEL. 


Jahr  95  und  durch  789  für  das  Jahr  98  als  tsXwvy]?  bezeugt  wird. 
Gegen  den  •  Gedanken,  in  dem  Subscribenten  und  dem  tsXwvyj? 
dieselbe  Persönlichkeit  zu  sehen,  ist  zunächst  darauf  hinzuweisen, 
dass  in  der  Unterschrift  die  Lesung  Aizi^,  wie  im  Text  auch  an- 
gedeutet ist,  nicht  völlig  sicher  steht.  Vielleicht  ist  die  Lesung 
'A{xw=  'A[JL(i)VLO(;  nicht  ausgeschlossen.  Aber  selbst  die  Richtigkeit 
der  Lesung  vorausgesetzt,  würde  mich  bei  der  grossen  Häufigkeit 
des  Namens  Apion  dieser  Thatbestand  nicht  mehr  bewegen  können, 
an  meiner  Ansicht  irre  zu  werden,  dass  die  Erheber  nur  in  Brief- 
form quittiren,  und  dass  auch  die  mit  [A£Tpyj|xa  beginnenden  Quit- 
tungen, die  doch  offenbar  nur  eine  Verkürzung  derer  mit  dem  Anfang 
(isptSTpyjxev  sind,  von  den  Sitologen  ausgefertigt  sind.  Ich  ziehe 
also  vor,  zwei  verschiedene  Apion  anzunehmen,  einen  Sitologen  und 
einen  Steuerpächter.  Ebenso  zweifle  ich  auch  nicht,  dass  der  Horos, 
der  in  871  als  Steuerpächter  für  das  Jahr  143  n.  Chr.  genannt 
wird,  eine  andere  Persönlichkeit  ist  als  der  Horos,  der  wenige 
Monate  später  die  Nr.  874  ([Ji£[X£Tpr^TaL  -/.zX)  unterzeichnet.  Letzterer 
muss  vielmehr  Sitologe  sein.  Schon  allein  unser  Index  kann 
darüber  belehren,  dass  Horos  einer  der  landläufigsten  Namen  ist. 
Den  positiven  Nachweis  dafür,  dass  die  mit  |JL£[Ji£Tpy]yw£v  beginnenden 
Quittungen,  wie  in  der  Ptolemäerzeit  (s.  oben  S.  98  f),  so  auch  in 
der  Kaiserzeit  lediglich  von  den  Thesaurosbeamten  geschrieben  sind, 
werden  wir  unten  zu  bringen  haben.  Daraus  ergiebt  sich  aber  auch, 
dass  alle  daraus  abgeleiteten  Formulare  gleichfalls  von  den  Sitologen 
ausgestellt  sind.  Hierbei  ist  ein  grosser  Unterschied  gegenüber  der 
Ptolemäerzeit  zu  constatiren:  Die  in  der  Quittung  genannte 
Person  ist  nicht  mehr  der  Erheber,  sondern  der  Zahler. 
Das  wird  durch  die  zahlreichen  Frauennamen,  die  uns  an  dieser 
Stelle  begegnen,  über  alle  Zweifel  erhoben.  Dies  Resultat  entspricht 
genau  dem,  was  wir  oben  S.  87  f  für  die  Bankquittungen  der  Kaiserzeit 
constatirten ,  und  wir  sehen  die  Formulare  der  beiden  Schatzver- 
waltungen in  völlig  parallelen  Linien  verlaufen.  Auch  hier  werden 
wir  wie  dort  annehmen,  dass  diese  Urkunden,  wenn  sie  auch 
den  Namen  des  Zahlers  nennen,  dennoch  dazu  bestimmt  waren,  den 
Erhebern  eingehändigt  zu  werden  und  ihnen  als  Quittung  zu  dienen. 
Auch  hier  spricht  wieder  dafür,  dass  oft  in  einer  und  derselben 
Quittung  über  die  Lieferungen  mehrerer  Zahler  quittirt  wird.  Vgl. 
z.  B.  Nr.  778,  779  u.  s.  w.    Wenn  derartige  Quittungen,  die  den 


THEBANISCHE  THESAUEOSQLTTTCNGEN  AUS  DER  KAISEEZEIT.  III 


Namen  des  betreffenden  Erhebers  garnicbt  erwähnen,  dennoch  ge- 
nügten, ihm  dem  Thesauros  gegenüber  völlige  Sicherheit  zu  geben, 
so  setzt  dies  voraus,  dass  jeder  Erheber  verpflichtet  war,  bei  einer 
Reihe  bestimmter  Persönlichkeiten,  die  in  den  Listen  als  in  sein 
Revier  gehörig  eingetragen  waren,  die  Abgaben  zu  erheben.  "Weiteres 
in  Kap.  VI. 

Datum  (Jahr,  Monat,  Tag)  —  ^sfittQr^xsp  —  der  Zahler  —  für 
Abgabe  —  Summe.  Datum.  Vgl.  764,  auch  1544. 

Datum  (Jahr,  Monat,  Tag)  —  fittQr^(jj,a)  ■d-rjaavQov  —  der  Zah- 
ler —  Summe.  Vgl.  1596. 

Wir  haben  diese  Rubriken  zusammengestellt,  weil  sie  die  einzigen 
sind,  in  denen  nach  alter  ptolemäischer  Sitte  das  Datum,  und 
zwar  mit  Voranstellung  des  Jahres,  an  der  Spitze  steht  (in  764 
fehlt  Monat  und  Tag).  Nr.  764  und  1544  stammen  aus  der  Zeit  des 
Augustus,  die  ja  auch  für  das  Urkundenwesen,  wie  wir  sahen,  so 
recht  eine  Zeit  des  Ueberganges  war.  Während  in  diesen  beiden 
Nummern,  der  Sitte  der  Kaiserzeit  gemäss,  der  Kaisername  im  Datum 
genannt  wird  ("Etous  xß  Kaiaapo?),  heisst  es  in  1596  noch  nach 
ptolemäischer  Weise:  ^f]  'ETreC^t  ih.  Dies  ist  für  die  Kaiserzeit  ein 
Unicum  in  unserer  Sammlung.  Die  Zeit  ist  leider  nicht  genau  zu 
bestimmen.  Der  Schrift  nach  habe  ich  das  Ostrakon  in  das  I.  oder 
auch  II.  Jahrhundert  n.  Chr.  gesetzt.  Die  Verwendung  von  p,£Tpyj[jia 
statt  einer  Verbalform  spricht  vielleicht  mehr  für  den  Ausgang  als 
den  Anfang  des  I.  oder  aber  für  das  II.  Jahrhundert  (s.  unten). 

Wir  haben  1544  neben  764  gestellt,  wiewohl  gewisse  Ab- 
weichungen im  Schema  auf  der  Hand  liegen.  Diese  Nr.  1544  hat 
eine  interessante  Subscription :  „Name  i7rr{/.oXo\)^{/.c(.  Summe."  Die 
Summe,  die  auf  e7raxoXoi)0'£:v  folgt,  ist  natürlich  dieselbe,  über  die 
quittirt  wird.  Einen  speziellen  Beweis  dafür,  dass  diese  und  die 
beiden  anderen  Nummern  von  den  Sitologen  des  Thesauros  ausge- 
stellt sind,  habe  ich  nicht.  Aber  die  Analogie  der  gesammten 
unter  IV  hier  vereinigten  Urkunden  spricht  dafür. 


112 


III.  KAPITEL. 


2. 

Name  —  Titel  (acToXoyo?)  —  Summe.  Datum.  Vgl.  766. 
Dieser  griechische  Text  (aus  der  Zeit  des  Augustus)  ist  nichts 
anderes  als  die  Subscription  zu  dem  ihm  vorangehenden  demotischen 
Text.  Die  eigentliche  Quittung  ist  also  demotisch  geschrieben.  Vgl. 
ein  ähnliches  Beispiel  aus  der  Bankverwaltung,  gleichfalls  aus  der  Zeit 
des  Augustus,  oben  S.  95.  Unserer  Kr.  766  ist  das  Berliner  Ostrakon 
P.  1570,  das  nur  durch  ein  Versehen  nicht  in  unsere  Sammlung 
aufgenommen  ist,  völlig  analog.  Den  demotischen  Text  übersetzte 
zuerst  Revillout  in  der  Revue  Egypt.  VI  S.  10,  darauf  mit  starken 
Abweichungen  Heinrich  Brugsch  im  Thesaur.  Inscr.  Aegypt.  V  S.  1047. 
Den  griechischen  Text,  den  ich  in  der  Revue  Egypt.  a.  a.  O.  mitteilte, 
lese  ich  jetzt  nach  erneuter  Revision,  die  mir  durch  eine  Abzeichnung 
von  Krebs  ermöglicht  wurde,  folgendermassen : 

'AtcoXXwvcoi;  Euap£aTo[u  GiioX{o^o<ff\ 
£7iYjz(o)A(o6^yjxa)  Talg  -l-  ^  (5y5[oy)xovTa] 
5uo  IzTov  /  -l-  ~  Twß  [c] 

^1%'  Ka^a(apog)  .  [  

5       y.OLl  X5  Zal  X[   a.  12^1.  t.  Chr. 

Wir  werden  hiernach  auch  in  Nr.  766  uns  ein  iTzyjxoXou^yjxa 
hinzuzudenken  haben. 

Der  Zahler  —  für  Abgabe  —  Summe.  Deinotische  Beischrifl. 
Vgl.  760—762.  Vgl.  auch  716. 

3b. 

Der  Zahler  —  £/V  &riGavQüv  —  yEvijfiatog  tov  x.  hovg  —  Summe. 
Datum.    Vgl.  1367. 

Diesen  Urkunden  (aus  der  Zeit  des  Augustus)  ist  gemeinsam, 
dass  in  ihnen  ein  Verbum  wie  (Ji£|X£TprjX£V  fehlt.  Im  Uebrigen 
liegen  die  Unterschiede  auf  der  Hand.  Dass  die  an  der  Spitze  ge- 
nannte Person  der  Zahler  ist,  lässt  sich  nachweisen:  In  760  und 
761  wird  AuaL{JLa)(og  'AttoXXwviou  genannt,  derselbe,  der  in  359, 
765,  767,  auch  in  dem  demotischen  Text  der  eben  besprochenen  766, 
immer  in  der  Rolle  des  Steuerzahlers  erscheint. 


THEBANISCHE  THESAUROSQUITTUXGEN  AUS  DER  KAISERZEIT.  113 


Ich  neige  jetzt  aus  palaeographischen  und  sachlichen  Gründen 
der  Ansicht  zu,  Nr.  716,  die  ich  unter  die  Ptolemäerurkunden  ge- 
stellt habe,  vielmehr  in  die  Zeit  des  Augustus  zu  setzen.  Das 
Schema  ist '  recht  verworren.  Man  kann  es  vielleicht  am  besten  mit 
760  und  761  vergleichen. 

4  a. 

MsfisTQri'AEv  —  der  Zahler  —  eig  &tj(JavQCv  —  yevrjfxarog  rov  x.  hovg 
—  Summe.  Datum.  Subscription  des  Sitologen.  Vgl.  767,  768,  774, 
779,  1546. 

4b. 

MeiA,8tQ]]y.£v  —  sig  &rj(javoov  —  '/svrifiatog  rov  x.  ezovg  —  der 
Zahler  —  Summe.  Datum.  Subscription  des  Sitologen.  Vgl.  771 — 773, 
791. 

4c. 

MefisrQ7]Tai  —  eig  ■&riGavQüv  (oder  ■d-tjoavoov  oder  &i]GavQ^)  — 
'/8vrif4.arog  rov  x.  arovg  —  für  Abgabe  —  bvb^arog  des  Zahlers  — 
Summe.  Datum.  Subscription.  Vgl.  770,  778,  783,  794,  800,  814, 
816,  855,  859,  874,  891,  966,  1328. 

4d. 

MsrQTjiÄU  —  8ig  ß-r^GavQov  —  ysvf^f^arog  rov  x.  kovg  —  Datum  — 
hvbfiatog  des  Zahlers  —  für  Abgabe  —  Summe.  Subscription.  Vgl. 
788,  790,  805,  809,  820,  821,  825—832,  836—838,  840,  852, 
858,  860,  868,  870,  883,  899,  1017. 

4e. 

MstQTjfia  ■&t]GavQov  —  ysvrjfiarog  rov  x.  arovg  —  Datum  —  bvofiarog 
des  Zahlers  —  für  Abgabe  —  Summe.  Subscription.  Vgl.  792,  793, 
799,  802—804,  813,  817,  822—824,  833,  847,  848,  850,  851, 
861,  867,  869,  872,  873,  876,  878-881,  884,  886-890,  892— 
897,  900,  902-904,  907—913,  915,  917,  918,  920—923,  925, 
926,  929  —  931,  933—935,  938  —  942,  944  —  950,  952  —  954, 
956—960,  962—965,  967—972,  974—1008,  1016,  1019,  1260, 
1294—1297,  1450,  1451,  1455,  1456,  1459,  1465,  1468,  1471, 
1568,  1571,  1589,  1590,  1592,  1593,  1614. 

WiLCKEX,  Ostraka.  8 


114 


III.  KAPITEL. 


Wir  haben  diese  fünf  Rubriken  unter  einer  X.ummer  vorgeführt, 
um  schon  äusserlich  anzudeuten,  dass  sie  auf  das  Engste  mit  ein- 
ander verwandt  sind  und  offenbar  nichts  Anderes  als  Variationen 
ein  und  desselben  Grundschema's  darstellen.  Es  sind  rein  formale  Um- 
wandlungen der  alten  ptolemäischen  Formel  der  Thesaurosquittungen. 
Wir  haben  sie  in  der  Reihenfolge  aufgeführt,  in  der  sie  uns  zeit- 
lich entgegentreten,  und  in  der  sie  sich  auch  entwickelt  haben 
mögen.  4^  reicht  noch  in  Augustus'  Zeit  hinein,  4^  und  4^  setzen 
unter  Nero  ein.  4*^,  das  nur  eine  unwesentliche  Abweichung  von 
4^  zeigt,  tritt  unter  Nerva  auf,  und  4^,  das  dann  im  II.  Jahrhundert 
die  vorherrschende  Form  bleibt,  unter  Trajan.  Doch  ich  will  nicht 
unerwähnt  lassen,  dass  das  von  |ji£Tp£lv  abgeleitete  Eingangswort 
vielfach  so  verkürzt  und  zusammengezogen  ist,  dass  es  sehr  schwer 
ist  zu  sagen,  welche  Form  gemeint  ist,  ob  man  z.  B.  [X£[ji£Tpr|Ta: 
oder  [X£Tpr|[Jia  auflösen  soll.  In  der  Sache  kam  ja  auch  nichts  darauf 
an.  Der  Entwickelungsgang  scheint  der  zu  sein,  dass  die  activische 
Construction  (|Ji£[Jt£TpYjx£V  6  8£Tva)  durch  die  passivische  (|ji£[X£TpYjTat 
6y6\i(XZoq  TGÖ  5£Tvo^)  verdrängt  wird,  und  statt  letzterer  dann  das 
elliptische  jJi£TpYj|ia  eingeführt  wird.  Dass  ich  im  Rheinischen  Jahr- 
buch 256  f.  mit  der  Aufstellung  dieser  Nominalform  recht  hatte, 
fand  ich  kürzlich  durch  Nr.  i471  bestätigt,  wo  das  ganze  Wort 
[i£Tpr^(xa  ausgeschrieben  ist. 

Dass  diese  Urkunden  von  den  Thesaurosbeamten  ausgestellt 
sind,  wird  für  4'^  und  4^  durch  die  Subscriptionen  erwiesen,  in  denen 
sich  der  Sitologos  ausdrücklich  nennt;  vgl.  767  und  772.  Danach 
unterliegt  es  wohl  keinem  Zweifel,  dass  auch  die  anderen  Klassen, 
die  ja  nur  formale  Umwandelungen  jener  sind,  gleichfalls  von  Sito- 
logen  geschrieben  sind.  Die  für  4^  scheinbar  entgegenstehenden 
Bedenken  haben  wir  schon  oben  S.  109  f.  zurückgewiesen.  Wir  können 
aber  auch  einen  directen  Beweis  für  diese  [A£Tpyj[JLa-Klasse  beibringen. 
In  983  hatte  ich  bereits  im  Rheinischen  Jahrbuch  S.  260  die  Sub- 
scription  folgendermassen  gelesen:  'A[Jia)(v:o?)  aiizoXoyoq)  +  ß.  Später 
glaubte  ich  statt  ai~  vielmehr  ayj^  lesen  zu  sollen,  d.  h.  a(£a)yj- 
(pi£{(i)[jiai)  (vgl.  Buch  II).  Letzteres  ist  mir  nachträglich  an  der 
Hand  der  Abzeichnung,  die  ich  mir  früher  gemacht  habe,  wieder 
zweifelhaft  geworden,  und  ich  glaube,  dass  ich  mit  a'~  doch  das 
Richtige  getroffen  hatte.  Damit  hätten  wir  einen  directen  Beweis 
auch  für  diese  Klasse. 


THEBANISCHE  THESAUROSQUITTUNGEN  AUS  DER  KAISERZEIT.  115 


Dass  die  in  der  Quittung  genannte  Person  der  Zahler  ist,  unter- 
liegt keinem  Zweifel,  da  in  sehr  vielen  Fällen  Frauennamen  begegnen. 
Vgl.  z.B.  817,  821,  832,  838,  852,  858,  867,  902,  921,  923, 
926  u.  s.  w. 

Wir  haben  zu  dem  Schema  noch  hinzuzufügen,  dass  der  Zusatz 
„für  Abgabe"  sich  nicht  in  allen  Urkunden  findet,  und  zwar  scheint 
aus  dem  vorliegenden  Material  hervorzugehen,  dass  er  überhaupt 
nicht  von  vornherein  dazugehört.  Er  begegnet  zuerst  in  820,  in 
der  Form  Xapaxo?,  wofür  man  häufiger  sagt  bizkp  Xapa7wO?.  Fast 
regelmässig  steht  hier  hinter  uTTsp  ein  Lokalname,  der  das  E,e^'ier  be- 
zeichnet, für  welches  die  Naturalabgabe  erhoben  wurde.  Vgl.  Kap.  IV. 

Singulär  ist,  dass  in  918  der  Name  des  Zahlers  am  Anfang 
vor  [X£Tp7j|JLa  wiederholt  ist. 

In  za^reichen  Fällen  ist,  wie  auch  bei  den  Geldzahlungen,  die 
Abgabe  nicht  durch  den  Zahlungspflichtigen,  sondern  durch  irgend 
einen  Vertrauensmann  oder  Untergebenen  abgeliefert.  In  diesen 
Fällen  ist  hier  wie  dort  der  Ueberbringer  mit  6ca  hinzugefügt.  Hier 
bei  den  Naturallieferungen  ist  der  Fall  sehr  häufig,  dass  die  Ab- 
lieferung durch  die  yetopyGL,  die  Pächter,  die  das  Grundstück  des 
Zahlungspflichtigen  bebauen,  erfolgt.  Diese  werden  mit  der  Formel 
Std  Yetopyoö  eingeführt.   Vgl.  z.  B.  869,  935,  939,  945,  953  u.  s.  w. 

Selten  wird  der  Zahler  statt  mit  övöixaTO?  mit  aTzö  eingeführt. 
Vgl.  z.  B.  930. 

Auch  bei  dieser  Klasse  ist  die  Subscription  üblich,  aber  nicht 
notwendig.  Jedoch  ist  zu  bemerken,  dass  sie  hier  nur  sehr  selten  fehlt. 
Unter  den  zahlreichen  Beispielen  von  4^  entbehren  z.  B.  nur  793, 
817  und  1002  der  Subscription.   Wir  unterscheiden  folgende  Formen: 

1)  "EypaC^ia)  Name,  Titel  (aizoXoyoq).    Vgl.  767,  772. 

2)  Name,  Titel  (aiToXoyo?),  Summe.    Vgl.  983  (s.  oben). 

3)  Name,  Titel  (ßoYj^o?),  a£a7jpi£cw[JLa:.    Vgl.  867,  868. 

4)  Name,  a£arj(jL£iü)[xai  Summe.    Vgl.    874,  886,  1450. 

5)  Name  durch  (Sid)  Name,  a£ar^[i£Cü)|xai  Summe.   Vgl.  1451. 

6)  Name,  a£ayj|X£''ü)[iaL.    Vgl.  870  und  passim. 

7)  Name,  6umme.  Vgl.  881. 

8)  Name.  Vgl.  870. 

Hiervon  ist  die  erste  Form  die  altertümlichste.  Zu  der  Auf- 
lösung £Ypa(];a  (nicht  £ypa4^£V,  wie  im  Text  gedruckt  ist)  vgl.  oben 
S.  63.    Die  anderen  Formen  bieten  uns  nichts  Neues. 

8* 


116 


III.  KAPITEL. 


Auch  diese  Thesaurosquittungen  werden  gelegentlich  als  oi.-KoyoLi 
bezeichnet.    Vgl.  771:  avT^Ypa(90v)  d7rox(7j^). 

Zum  Schluss  sei  erwähnt,  dass  1018  wohl  in  keine  dieser 
Klassen  hineingehört,  wohl  überhaupt  keine  Quittung  ist.  Es  ist 
vielleicht  nur  ein  Vermerk  über  verschiedene  Eingänge  an  Getreide. 
Ich  lasse  daher  auch  dahingestellt,  wie  Z.  1  zu  ergänzen  ist.  Dieser 
Besonderheit  des  Textes  verdanken  wir  wohl  auch  die  Hinzufügung, 
dass  das  Getreide  Tpc|jiaTLq)  (xexpo)  (vgl.  Kap.  X)  gemessen  sei.  Eine 
derartige  Bemerkung  findet  sich  nirgends  in  den  Quittungen  unserer 
Sammlung. 

5.  ^ 

Für  Abgabe  rov  x.  kovg  —  ovouatog  des  Zahlers  —  Summe. 

Dies  Formular,  das  in  unserer  Sammlung  nur  in  der  einzigen 
Nummer  1405  (aus  Vespasian's  Zeit)  repräsentirt  ist,  entspricht  ge- 
nau den  Geldquittungen,  die  wir  oben  S.  96  als  IV  9  behandelt 
haben.  Hier  wie  dort  ist  die  Abgabe  an  die  Spitze  gestellt,  und 
fehlt  das  regierende  Verbum  (hier  [jL£[jL4TpYj7w£v).  Ich  finde  in  meinen 
Papieren  noch  ein  Ostrakon,  das  dasselbe  Schema  zeigt.  Ich  habe 
es  in  mein  Buch  nicht  aufgenommen,  weil  meine  Lesungen  mich 
früher  zu  wenig  befriedigten.  Nachdem  ich  etwas  weiter  gekommen 
bin,  sei  es  hier  nachträglich  mitgeteilt.  Es  ist  das  Ostrakon  British 
Mus.  12688  und  lautet: 

no(  )  5L  N£pü)v[oG  

IlafAtov^ou  'ApDa)^[o'j  .  .  . 

a  —  L£pa(T:7.ö)v  ?)  yj,  5Lo(LX'i^a£ü)?)  yj,  i£(paT:7.ö)v)  ih,  aX(Xa)  .  [.  .  . 
.  ~  f£(paTr/Cü)v)  YGLj3,  bio(i%r]OE()}q)  aj3^,  lz(p(xxix&v)^  ..[... 
5  /  6:o(i7wyia£ü)?)  7v^Lß,  h(pcx,Tiy.(bv)  x5cl. 

6. 

Datum  (Monat,  Tag,  Jahr)  —  fiir  Abgabe  —  avofiatog  des 
Zahlers  —  Summe.    SubscrijMon  {des  Sitologeii). 

Auch  dieses  Schema  begegnet  in  unserer  Sammlung  zufällig 
nur  ein  Mal,  in  1467  aus  dem  Ende  des  II.  oder  Anfang  des  III. 
Jahrhunderts.  Sowohl  das  vorhergehende  wie  dieses  Schema  führen 
die  interessante  Thatsache,  auf  die  ich  schon  öfter  hinwies,  deutlich 
vor  Augen,  dass   die  Thesaurosquittungen  dieselben  Abarten  und 


THEBANISCHE  THESAUROSQUITTUXGEX  AUS  DER  KAISERZEIT.  117 


Varietäten  zeigen,  wie  die  Bankquittungen,  und  dass  diese  Entwicke- 
lung  in  beiden  Schatzverwaltungen  zeitlich  gleichen  Schritt  gehalten 
hat.  Das  vorliegende  Formular  ist  identisch  mit  IV  10  der  Bank- 
quittungen (S.  97).  Wie  dort  fehlt  das  Verbum,  und  wie  dort  steht 
der  Monat  voran!  Auch  für  dieses  Schema  kann  ich  aus  meinen 
Papieren  noch  weitere  Beispiele  hinzufügen:  das  Berliner  Ostrakon 
P.  4497  und  das  Londoner  Ostrakon,  Brit.  Mus.  12711,  zeigen 
genau  dasselbe  Formular  wie  1467.  —  Von  einer  Vermischung 
dieses  Schemas  mit  dem  Hauptformular  (4),  wie  wir  es  bei  den 
Geldquittungen  für  das  III.  Jahrhundert  n.  Chr.  in  IV  7  kennen 
lernten,  liegt  hier  bis  jetzt  kein  Beispiel  vor. 

Zum  Schluss  behandeln  wir  einige  Quittungen,  die  wir  in  keine 
der  vorhergehenden  Rubriken  einrangiren  können. 

a. 

IlaQS/iOfiiGs  —  der  Zahler  oder  Erheherf  —  ayvQOv  —  Summe. 
Datum.    Suhscription.    Vgl.  1436. 

b. 

IIuQS'Aouio&r^  —  für  Abgabe  —  bvouatog  des  Zahlers  oder  Er- 
hebersf  —  aivgov  —  Summe.  Subsciiption.  Vgl.  905,  937,  943, 
951,  1014,  1447,  1453,  1458,  1461,  1464,  1475,  1476,  alle 
aus  der  zweiten  Hälfte  des  II.  Jahrhunderts  n.  Chr. 

Diese  Quittungen,  die  alle  von  Spreulieferungen  handeln,  haben 
gemeinsam  die  Verwendung  von  7iapa%o[i(^£LV  statt  |JL£Tp£lv,  da  sie 
die  Spreu  nach  Fuhren  oder  Lasten  berechnen.  Diese  Fuhren 
heissen,  wie  in  der  Ptolemäerzeit  dYwyai,  so  hier  regelmässig  y6|jlo'. 
(die  Lesung  cc[yißy(x.c,  in  1011  ist  ganz  unsicher). 

Von  wem  sind  diese  Quittungen  ausgestellt?  Wenn  wir  auch 
annehmen,  dass  die  Erheber  den  Zahlern  lediglich  in  Briefform 
quittirt  haben,  so  bleiben  hier  doch  zwei  Möglichkeiten:  die  Urkunden 
können  von  dem  Thesauros  resp.  der  a^^upo^r^XY]  ausgestellt  sein 
oder  aber  von  der  Militärverwaltung  (vgl.  oben  S.  109).  In  einem 
einzigen  Falle  glaube  ich  die  Frage  entscheiden  zu  können:  in  905 
quittirt  ein  Antoninus  dem  IlavaiieO^  ALO^xoupLSou  xal  |jl£TO)(OL.  Hier 
kann  der  Quittungsempfänger,  da  ihm  zusammen  mit  [iiToy^GL  quittirt 


118 


m.  KAPITEL. 


wird,  wohl  nur  der  Steuererheber,  also  der  d)(up07rpaxTü)p,  nicht  der 
Zahler  sein.  Dies  wird  also  keine  Thesaurosquittung  sein,  denn  diese 
nennen,  wie  wir  sahen,  den  Zahler.  Danach  möchte  ich  den  Antoninus 
für  einen  römischen  Militär  halten,  der  wie  der  Chiliarch  in  927  über 
eine  Spreulieferung  quittirt.  Ich  lasse  es  einstweilen  dahingestellt, 
wie  weit  man  dieses  Resultat  auf  die  analogen  Fälle  ausdehnen  darf. 
Auch  in  1436  und  1447  quittiren  Römer  (Vitrasius  und  Nepotianus), 
in  den  anderen  aber  Männer  mit  griechischen  und  aegyptischen  Namen. 
Letztere  könnten  freilich  trotzdem  Soldaten  sein.  Vgl.  Kap.  VIII. 
Sollten  sie  alle  von  der  Militärbehörde  geschrieben  sein,  so  würde 
sich  ergeben,  dass  die  Spreulieferungen,  die  in  der  Ptolemäerzeit  an 
den  Thesauros  (zlq  t6  ßaai}^:x6v)  gingen,  in  der  Kaiserzeit  direct  an 
die  Truppenteile  von  den  Erhebern  abgeführt  und  hier  quittirt  wurden. 
Zur  Sache  vgl.  Kap.  IV  §  21. 


Elephantine  und  Syene. 
Quittungen  über  Geldzahlungen. 

A.  Ptolemäerzeit. 

I.  Quittungen,  die  der  Erheber  ausstellt. 
Derartige  Quittungen  sind  in  unserer  Sammlung  nicht  vorhanden. 
Ich  zweifle  aber  nicht,  dass  sie  ebenso  wie  in  Theben  in  Briefform 
abgefasst  waren,  zumal  wir  für  die  Kaiserzeit  diese  Form  auch  für 
Elephantine-Syene  nachweisen  können.  Auch  das  oben  für  Theben 
(III.  Jahrh.  vor  Chr.)  unter  I  1  nachgewiesene  Formular  ist  hier 
bekannt  gewesen,  wie  Pap.  Leid.  Q  (aus  der  Zeit  des  Philadelphos) 
zeigt:  ''E)(£i  Nczavwp  TipaxTWp  napoc  'Opaevou^co?  xxX.  Vgl. 
oben  S.  61. 

IL  Quittungen,  die  die  Bank  ausstellt. 

Datum  (Jahr,  Monat),  —  tha-Atai  im  trjv  iv  Ortsname  iQane^av, 
i(p  7jg  der  TrapezU,  —  für  Abgabe  —  der  Erheber  (f)  —  Summe. 
Subsci'iption  des  Ih^apeziten. 

Dieses  Formular,  das  in  unserer  Sammlung  nur  durch  Nr.  1 
vertreten  ist,  entspricht  genau  dem  thebanischen  Formular  II  6^ 
(S.  71  f).    Dass  die  in  der  Quittung  genannte  Person  der  Erheber 


GELDQUITTUNGEN  AUS  ELEPHANTINE. 


119 


ist,  haben  wir  nur  aus  der  Analogie  dieser  thebanischen  Quittungen 
geschlossen,  doch  wird  es  durch  die  hohe  Summe  (500  Drachmen) 
so  gut  wie  bestätigt.  Die  Möglichkeit  ist  freilich  offen  zu  lassen, 
dass  in  Syene  damals  (II.  Jahrhundert  v.  Chr.)  die  Bank  den  Zahler 
nannte.  —  Auch  hier  findet  sich,  wie  häufig  in  den  thebanischen 
Quittungen,  am  Rande  von  der  Hand  des  Trapeziten  eine  Summe 
notirt,  die  grösser  ist  als  die  quittirte.  Vgl.  dazu  oben  S.  75  f.  Wir 
irren  wohl  nicht  in  der  Annahme,  dass  auch  hier  in  Syene  ver- 
schiedene Entwickelungsstufen  dieses  Schemas  einander  gefolgt  sind. 
Einstweilen  haben  wir  kein  weiteres  Material  als  diese  einzige  Nummer. 

B.  Kaiserzeit. 
III.  Quittungen,  die  der  Erheber  ausstellt. 
1. 

Der  Erheber  —  dem  Zahler  —  laigm.  "Ef(a  (oder  ähnlich^ 
—  für  Abgabe  —  Summe.  Datum.  Subscription.  Vgl.  35,  43,  83, 
150,  235,  262,  302—304,  1276. 

Dies  ist  dasselbe  briefartige  Formular,  das  oben  für  Theben 
ausführlicher  besprochen  ist.  Dass  der  Adressat  der  Zahler  ist, 
wird  dadurch  bestätigt,  dass  in  83  eine  Frau  genannt  wird.  Die 
Subscription  steht  nur  einmal,  in  304,  nach  dem  Schema:  Name 
aTC£)(W.  In  35  ist  statt  dessen  eine  demotische  Subscription  bei- 
gefügt. Es  darf  vielleicht  als  Bestätigung  unserer  obigen  Aus- 
führungen über  y^xipeiy  angeführt  werden,  dass  die  einzige  Quittung, 
in  der  hier  die  Grussformel  fehlt  (Nr.  235),  an  einen  Sklaven  ge- 
richtet ist  (vgl.  oben  S.  85  f.).  —  Als  Verbum  steht  hier  meistens 
a7i£)(ü),  auch  £)(ü),  im  Praesens.  Nur  einmal  (235)  findet  sich  der 
Aorist  (im  J.  158).    Vgl.  oben  S.  86. 

2. 

'Eym  —  TTaQct  Zahler  —  für  Abgabe  —  Summe.  Subscription. 
Datum.    Vgl.  28  (vom  J.  76  n.  Chr.) 

Wir  wiesen  schon  oben  S.  108  darauf  hin,  dass  diese 
Nummer  mit  901  und  1259  verglichen  werden  kann.  Auch  hier 
steht  der  Name  des  Schreibers  nicht  in  der  Quittung,  sondern  in 
der  Subscription.  Auch  diese  Nr.  28  nimmt  sich  wie  eine  Ver- 
kürzung der  Briefform  aus. 


120 


III.  KAPITEL. 


3^ 

Jiaye'/Qacfrjxev  (später  dis'/Qccwev)  —  der  Zahler  —  fi'ir  Abgabe 
—  Datum.  Summe.  SubscrijMon  des  Erliebers.  Vgl.  3,  5,  7,  8, 
12,  18,  20,  23-27,  29—31,  33,  34,  36—42,  44,  46,  47,  49- 
53,  55—57,  59,  60,  62,  64,  65,  67,  69—82,  85,  86,  100,  102. 
104,  107. 

r 

Dasselbe,  ohne  Subscription.  Vgl.  4,  6,  10,  16,  19,  21,  66, 
68,  280,  1322. 

4a- 

Der  Erheber.  JiayeyQacptjKev  (später  hiyqaxpev)  —  der  Zahler  — 
ßiir  Abgabe  —  Summe.  Datum.  Subscription  des  Erhebers.  Vgl.  84, 
87,  88,  90,  92,  93,  103,  108,  112,  120,  122,  136,  139,  144, 
148,  164,  172—174,  179,  180,  186,  212—216,  222,  229,  241, 
242,  [248],  265,  266,  271,  272,  281,  293,  1274. 

4b. 

Dasselbe,  ohne  SubscrijMon.  Vgl.  13 — 15,  17,  22,  48,  89,  91, 
95—99,  101,  105,  106,  109—111,  113—119,  121,  123—135, 
137,  140—143,  145—147,  149,  151—163,  165—171,  175— 
178,  181—185,  187—191,  193—211,  217—221,  223—228, 
231—234,  236—239,  243—247,  249—261,  263,  264,  267,  268, 
273,  274,  276—278,  283,  285,  286,  288—292,  1268,  1270- 
1273,  1573,  1609,  1610. 

Wir  stehen  hier  an  dem  schwierigsten  Punkte  unserer  Unter- 
suchung. Betrachten  wir  die  beiden  vorliegenden  Schemata,  3 
und  4,  lediglich  nach  der  formalen  Seite,  so  bieten  sie  allerdings 
keinerlei  Schwierigkeit:  Grupjoe  3  ist  völlig  identisch  mit  der  oben 
für  Theben  nachgewiesenen  Gruppe  IV  6,  und  4  unterscheidet  sich 
davon  nur  dadurch,  dass  am  Kopfstück  der  Beamte  im  Praescript 
genannt  ist.  Aber  sachlich  besteht  ein  gewaltiger  Unterschied 
zwischen  der  thebanischen  und  unserer  Gruppe:  jene  ist  von  Trape- 
ziten,  diese  von  Erhebern  subscribirt;  mit  anderen  Worten,  jenes 
sind  Bankquittungen,  dieses  Erheberquittungen.  Die  Ueber- 
einstimmung  ist  also  lediglich  eine  formale.  An  der  Richtigkeit  dieser 
Thatsache  wird  kaum  gezweifelt  werden  können.    Denn  wie  wir  für 


GELDQUITTUNGEN  AUS 


ELEPHANTINE. 


121 


Theben  den  Titel  ipOLizißZizriq)  in  den  Subscriptionen  sicher  nach- 
weisen konnten ,  so  begegnet  hier  eben  so  sicher  an  derselben  Stelle  der 
Titel  np<xxz(j)p  oder  ein  verwandter.  Diese  Thatsache  führt  aber 
zu  den  grössten  Schwierigkeiten,  die  ich  namentlich  in  zwei  Punkten 
finde.  Einerseits  fragen  wir  uns  vergeblich,  in  welcher  Weise  denn 
die  Bank  den  Erhebern  quittu't  hat,  wenn  diese  SLsypa^'sv-Formulare 
nicht  von  ihr  verwendet  wurden.  Abgesehen  von  Nr.  2  (s.  unten  IV), 
die  noch  in  die  augusteische  Uebergangszeit  gehört,  haben  wir  mm 
kein  Beispiel  einer  Bankquittung  für  Svene-Elephantine.  Andrerseits 
verwundern  wir  uns,  dass  die  Erheber,  die  den  Zahlern  doch  schon 
in  der  Briefibrm  quittirten  (s.  oben  III  1),  daneben  noch  zu  dem- 
selben Zweck  sich  dieser  Z'.iypoc'liZ'/ -Formel  bedient  haben  sollen. 
Auf  der  einen  Seite  fehlt  uns  etwas,  auf  der  anderen  haben  wir 
etwas  zu  viel.  Unter  diesen  Umständen  liegt  es  sehr  nahe,  den 
Versuch  zu  machen,  ob  man  diese  SL£Ypa'|»£V-Quittungen  nicht  doch 
in  eine  Beziehung  zu  der  Bank  bringen  könnte.  Aber  ich  bekenne, 
zu  einem  mich  befi'iedigenden  Ergebnis  nicht  gelangt  zu  sein. 

Man  könnte  z.  B.  auf  eine  Reihe  von  Fällen  hinweisen,  in 
denen  in  der  Subscription  der  Titel  TUpaxTWp  nicht  steht,  sondern 
nur  ein  Xame  ohne  Titel,  und  könnte  meinen,  dies  seien  Bank- 
quittungen, die  formell  den  5i£Ypa'|»£V-Urkunden  der  7rpaxT0p£^  gleich 
wären.  Ich  meine  Subscriptionen  wie  in  ]N'r.  3:  'A7:oA(Atov:o^) 
i^^r^xo(Xou^'r^y.oC).  Vergleicht  man  diese  Xummern  mit  den  theba- 
nischen,  so  liegt  ja  allerdings  der  Gedanke,  dass  der  Subscribent 
wie  dort  Trapezit  sei,  äusserst  nahe,  aber  ich  halte  es  doch  für 
unmethodisch  und  unerlaubt,  hier  wo  der  Titel  fehlt,  einen  anderen 
einzusetzen  als  den,  der  in  den  Subscriptionen  mit  Titeln  genannt 
wird.  Wir  werden  vielmehr,  bis  wir  etwa  durch  neues  Material 
widerlegt  werden,  auch  diese  Subscriptionen  den  Erhebern  zu- 
schreiben müssen.  Somit  können  wir  in  der  That  für  Svene -Ele- 
phantine  keine  kaiserlichen  Bankquittungen  (ausser  Kr.  2)  nach- 
weisen. Dies  wäre  noch  nicht  das  Bedenklichste,  denn  man  könnte 
ja  annehmen,  dass  uns  zufallig  keine  überliefert  sind,  oder  auch, 
dass  es  in  Elephantine  Sitte  wurde,  dass  die  Bank  den  Erhebern 
auf  Pap}T:us  quittirte,  wie  es  im  Faijüm  der  Fall  gewesen  zu  sein 
scheint  (vgl.  BGU  62,  63,  65,  215,  273  und  dazu  oben  S.  22  f.). 
Die  Hauptschwierigkeit,  die  wir  nicht  beseitigen  können,  besteht  viel- 
mehr darin,  dass  die  Erheber  in  Elephantine  sich  genau  desselben 


122 


III.  KAPITEL. 


Formulars  bedienten ,  das  in  Theben  die  Trapeziten  gebrauchten,  und 
das,  wie  uns  schien,  durch  mancherlei  Umwandelungen 
aus  der  alten  ptolemäischen  Bankquittung  sich  entwickelt 
hatte.  Welchen  Zweck  sollen  zudem  diese  neben  den  briefartigen 
Quittungen  ausgestellten  Bescheinigungen  gehabt  haben?  Vorüber- 
gehend kam  ich  auf  den  Gedanken,  dass  sie  vielleicht  die  Belege 
seien,  die  die  Erheber  in  ihrem  Bureau  deponirten,  um  danach  ihre 
monatlichen  Berichte  an  die  Bank  zusammenzustellen.  Doch  ist  dies 
gewiss  abzuweisen,  denn  Quittungen,  die  einem  Anderen  über- 
wiesen wurden,  sind  diese  Urkunden  sicherlich.  Das  geht  u.  A.  auch 
aus  Nr.  50  hervor,  wo  sich  am  Schluss  die  ganz  singuläre  Bemerkung 
findet:  bioc  xö  T:(apa)7i£7rT(jL)(x£vai)  TYjV  7tpoT(£pav)  d7roy^(yjy).  Wir 
haben  darüber  schon  oben  S.  78  gehandelt.  Hier  ist  für  uns  von 
Wichtigkeit,  dass  die  Urkunde  selbst  damit  indirect  als  eine  aizoyj] 
bezeichnet  wird,  also  als  eine  Quittung,  die  dazu  bestimmt  ist,  einem 
Anderen  Sicherheit  zu  geben.  So  komme  ich  doch  wieder  zu  dem 
nächstliegenden  Schluss,  dass  diese  Quittungen  vom  Erheber  dem 
Zahler  ausgestellt  wurden,  dass  also  in  Elephantine- Svene  die  Er- 
heber bald  in  Briefform,  bald  in  der  hier  behandelten  Form  quit- 
tirten.  Wir  werden  unten  auf  S.  126  auf  ein  Kriterium  stossen, 
das  diese  Meinung  zu  stützen  geeignet  ist. 

Ich  kehre  nunmehr  zu  der  formellen  Seite  der  Gruppen  3  und  4 
zurück.  Ueber  3  ist  nicht  viel  zu  sagen,  da  sie,  wie  bemerkt,  mit 
dem  thebanischen  Schema  IV  6  völlig  übereinstimmt.  Neu  ist, 
dass  Nachträge  gelegentlich  mit  der  Formel  ofJiOLW?  £)(W  aXXa?  xzX 
eingeführt  werden,  so  in  53  und  60.  Dieser  Wechsel  von  hii^poc'\)ev 
und  eyjüy  ist  sehr  bemerkenswert  und  bestätigt  den  Quittungscharakter 
unserer  Urkunden.  Aehnlich  wird  gelegentlich  bei  Zahlung  einer 
letzten  Rate  hinzugefügt:  auv  odq  EGyoy  TZpoxepo^  (oder  ähnlich), 
vgl.  74,  75,  76.  —  Auf  gewisse  Umstellungen  innerhalb  des 
Schemas  brauchen  wir  nicht  einzugehen. 

Ganz  originell,  und  bisher  mir  nur  für  Syene- Elephantine  be- 
kannt, ist  die  Gruppe  4,  deren  Charakteristicum  das  Praescript  ist. 
Im  Uebrigen  stimmt  sie  durchaus  mit  der  Grupj^e  3  überein.  Der 
quittirende  Beamte  ist  damit  aus  der  Subscription  an  die  Spitze 
der  Urkunde  getreten,  und  längere  Zeit  scheint  die  Praescriptio  die 
Subscriptio  überflüssig  gemacht  zu  haben.  Während  jene  von 
Claudius'  Zeit  an  häufig  begegnet,  erscheint  die  Subscriptio  in  dieser 


GELDQUITTUNGEN  AUS  ELEPHANTINE. 


123 


Gruppe  erst  unter  Trajan.  AVie  die  obige  Tabelle  zeigt,  ist  es  aber 
auch  fernerhin  gebräuchlicher  gewesen,  keine  Subscription  hinzuzufügen. 

AVir  können  folgende  Formen  von  Praescriptionen  unterscheiden 
(wenige  Citate  mögen  genügen) : 

1.  Name.    Vgl.  13,  14,  15,  17  etc. 

2.  Käme  hioc  Name.    Vgl.  48. 

3.  Name  Sta  Name,  Titel.    Vgl.  129. 

4.  Name,  Titel.    Vgl.  84. 

5.  Name,  Titel  8ca  Name.    Vgl.  97. 

6.  Name,  Titel  5ta  Name,  Titel.    Vgl.  95,  106. 

7.  Name,  Titel       £|jloö  Name,  Titel.    Vgl.  291. 

8.  Name,  Titel,  £7raxoXou^o6vT(i)V  . . .,  Sca  Name.  Vgl.  194. 

9.  Name,  Titel  auv  Name.    Vgl.  205. 
10.  Ata  Name.    Vgl.  109. 

Man  sieht,  die  Praescriptio  ist  grundsätzlich  verschieden  von 
der  Subscriptio,  insofern  sie  niemals  eine  Zahlungsbestätigung  enthält, 
sondern  lediglich  bestimmt  ist,  die  Namen  der  beteiligten  Beamten 
(jzpdy.xops.c,  oder  {ica^wxai'  oder  iizizTiprizcci  etc.)  anzugeben.  Meist 
ist  in  der  Praescriptio  nicht  nur  der  spezielle  Beamte  genannt,  der  im 
einzelnen  Falle  die  Zahlung  entgegengenommen  hat,  sondern  die 
ganze  Firma,  die  ganze  Gesellschaft  der  associirten  Beamten  oder 
Pächter  tritt  uns  hier  am  Kopfstück  entgegen,  sei  es  dass  die  ein- 
zelnen Namen  aufgeführt  werden,  oder  nur  Einer  oder  Zwei  genannt 
und  die  Uebrigen  mit  xal  oi  auv  auxw  oder  ähnlich  angefügt  werden. 
Einzelne  Ostraka  gehen  in  der  Angabe  der  Associationen  so  weit, 
dass  sie  sogar  über  gewisse  Verschiebungen  innerhalb  der  Gesell- 
schaft Mitteilung  machen,   so  Nr.  271   (ava5o'8'£VX£5  elq  xXfipov 

.  .  .).  Vgl.  272,  285.  Vgl.  hierzu  Kap.  VI.  Das  ist  ein  zweiter 
wesentlicher  Unterschied  von  der  Subscription,  da  in  dieser  immer 
nur  der  Einzelne  genannt  wird,  oder  aber  wenn  Mehrere,  so  doch 
Jeder  für  sich.  Welchen  Zweck  man  bei  der  Einführung  des 
Praescripts  verfolgt  hat,  ist  schwer  zu  sagen.  Formell  erinnert  es  an 
die  Kopfstücke  der  amtlichen  Erlasse,  die  gleichfalls  nur  den  Namen 
des  betreffenden  Beamten  im  Nominativ  enthalten.  Vgl.BGU  7  und  18. 

Die  Subscriptionen  sind  hier  in  Syene-Elephantine  —  nach 
dem  uns  vorliegenden  Material  —  mannigfaltiger  als  in  Theben. 
Wir  können  folgende  Gruppen  unterscheiden: 


124 


III.  KAPITEL. 


1.  a)  Name  sTirjZoXoü^r^xa.    Vgl.  3. 

b)  Name  sTryjxoXouO'rjxa  Summe.    Vgl.  5,  7,  8. 

2.  a)  Name  d[7i£axov]  Summe.    Vgl.  100. 

b)  Name  auvaTiea^ov.    Vgl.  266,  271,  272. 

3.  a)  Name  sypa'^a.    Vgl.  12,  23—27,  29. 

b)  Name  £Ypa4'a.    Datum.    Vgl.  18. 

c)  Name,    Titel    (Tüpazxwp,    auch    Ypa[J.{xax£u^)  eypa^a. 
Vgl.  37,  38. 

d)  Name,  Titel,  eypa^a  Datum.    Vgl.  41,  46. 

e)  Name,  Titel,  sypa^a  5 cd  Name.  Datum.    Vgl.  78. 

4.  a)  Name  acaYjptetWfjiat.    Vgl.  102. 

b)  Name,  Titel,  a£aYj[Ji£Lü)|JLat  Summe.    Vgl.  84. 

c)  Name,  a£(ay][ji£C(i)}JLaO  öv6(x(aT0^)  .  .  .  Summe.  Vgl.  265. 

5.  a)  Aid  Name.    Vgl.  56,  60. 

b)  Aid  Name,  Titel.    Vgl.  85  (£T::T7]pyjTYj;). 

c)  Acd  Name,  Summe.    Vgl.  20. 

d)  Atd  Name,  Datum.    Vgl.  104. 

Auf  einzelne  Absonderlichkeiten,  wie  z.  B.  die  Voranstellung 
des  Namens  in  46,  verlohnt  es  sich  nicht  genauer  einzugehen. 

Der  Zahler  —  für  Abgabe  —  Summe.  Subscription  des  Erhebers. 
Vgl.  32,  45,  54,  61,  63. 

Der  Erheber.  Der  Zahler  —  für  Abgabe  —  Summe.  Datum. 
Vgl.  94. 

Diese  Formulare  unterscheiden  sich  von  den  vorhergehenden 
Schemata  3  und  4  nur  dadurch,  dass  oi£Ypa^£V  ausgelassen  ist. 

6. 

Datum  {Jahr,  Monat,  Tag)  —  8dyQa\ptv  —  der  Zahler  — 
für  Abgabe  —  Summe.  Subscrijytion.  Vgl.  269,  270,  275.  Das 
Formular  unterscheidet  sich  von  dem  Hauptschema  3  nur  durch  die 
Voranstellung  des  Datums. 


ELEPHANTINISCHE  FORMULARE. 


125 


IV.  Quittungen,  die  die  Bank  ausstellt. 

Datum  (Jahr,  Monat,  Tag)  —  xkavaai  im  r?;v  iv  Ortsname 
tQOLTiE^av,  ecp  7]g  der  Trapezit,  —  für  Abgabe  —  der  Zahler  — 
Summe.    Subscription  des  Trapeziten.  '  Vgl.  2. 

Wie  oben  bemerkt,  ist  dies  bis  jetzt  das  einzige  sichere  Beispiel 
einer  Bankquittung  aus  der  Kaiserzeit  für  Syene.  Dies  Ostrakon, 
aus  dem  Jahre  13  n.  Chr.,  zeigt,  dass  wie  in  Theben  auch  hier 
die  alte  ptolemäische  Form  sich  bis  in  die  Zeit  des  Augustus  er- 
halten hat. 


Elephantine  und  Syene. 
Quittungen  über  Naturallieferungen. 

A.  Ptoleinäerzeit. 

I.  Quittungen,  die  der  Erheber  ausstellt, 

sind  bis  jetzt  nicht  bekannt.  Sie  waren  jedenfalls  in  Briefform  ab- 
gefasst. 

IL  Quittungen,  die  der  Thesauros  ausstellt. 

Datum  {Jahr,  Monat)  —  eigfiSfiEtQri'ÄEv  sig  rhv  Iv  Ortsname 
■&t](javQüv  —  fiir  Abgabe  —  der  Erheber  (f)  —  Summe.  Subscription 
des  Sitologen.    Vgl.  295.    Vgl.  auch  1608. 

Dieses  Formular  entspricht  genau  dem  thebanischen  Formular  II 
2*  (S.  99).  Dass  die  in  der  Quittung  genannte  Person  der  Erheber 
sei,  schliessen  wir  nur  aus  der  Analogie  der  thebanischen  Quittungen. 
Die  Möglichkeit,  dass  man  in  Syene  den  Zahler  genannt  habe,  ist 
einstweilen  offen  zu  lassen.  —  Nr.  1608  gehört  in  diese  Gruppe 
hinein,  nur  erfolgt  die  Lieferung  (Kroton)  statt  an  den  Thesauros 
an  das  IXaioupylov.  Aehnliche  Fälle  wurden  oben  auch  für  Theben 
namhaft  gemacht. 

In  allen  drei  Quittungen,  die  wir  aus  der  Ptolemäerzeit  haben, 
Nr.  1,  295  und  1608,  wird  im  Eingang  nur  Jahr  und  Monat  genannt, 
nicht  der  Tag.    Es  ist  sehr  fi-aglicb,  ob  das  mehr  als  Zufall  ist. 


126 


III.  KAPITEL. 


B.  Kaiserzeit. 
III.  Quittungen,  die  der  Erheber  ausstellt. 

Der  Erheber.  'E^ttQjjGev  —  o  deiva  —  für  Abgabe  —  ovofiatog 
des  Zahlers  —  Summe.  Datum.  Subscription.    Vgl.  296 — 301,  1460. 

Dieses  Formular,  das  wir  bisher  lediglich  für  Syene-Elephan- 
tine  nachweisen  können,  ist  ein  vollständiges  Pendant  zu  den  oben 
unter  III  4  behandelten  Geldquittungen  der  Erheber.  Charakte- 
ristisch ist  für  beide  Gruppen  die  Praescription.  Wir  verweisen  auf 
unsere  obigen  Ausführungen.  Eine  Subscription  steht  nur  in  301. 
Es  unterzeichnet  hier  der  TupazTwp  oLTtzf];  SoYjVYj?. 

Kur  in  301  wird  der  Zahler  direct  mit  £|JL£Tpr^a£V  verbunden. 
In  den  anderen  Fällen  steht,  wie  oben  bemerkt:  6  Sslva  —  övo- 
^OLZOC,  des  Zahlers.  Das  kann  wohl  nur  heissen,  dass  die  erstge- 
nannte Person  (in  296,  299  und  1460  eine  Frau!)  die  Lieferung 
im  Namen  der  zweiten  Person,  des  Zahlungspflichtigen,  gebracht 
resp.  übergeben  und  vermessen  hat. 

Sehr  bemerkenswert  ist  eine  sprachliche  Ungenauigkeit,  die  sich 
in  298,  299  und  300  findet.  Es  heisst  da:  £[ji£Tpyja£V  6  B£lva 
—  TO  £7iißaXXov  aoL  (JiEpo^,  wo  statt  ao:  vielmehr  auico  stehen 
müsste.  Dieser  Lapsus  des  Schreibers  —  es  ist  immer  derselbe, 
M.  Annius  Nemonianus,  der  es  allerdings  zu  verschiedenen  Zeiten, 
a.  173  und  176,  geschrieben  hat  —  ist  für  die  Frage  nach  der  Be- 
deutung und  dem  Zweck  dieser  Quittungen  nicht  unwichtig,  und  wii' 
werden  um  so  grösseres  Gewicht  darauf  legen,  wenn  wir  bedenken,  dass 
dies  Formular  formell  identisch  ist  mit  den  unter  III  3  und  4  be- 
handelten Geldquittungen,  deren  Deutung  besonderen  Schwierigkeiten 
unterlag.  Ich  meine,  wenn  dem  Schreiber  aus  Versehen  ein  aoi 
statt  airrn  in  die  Feder  kommt,  so  setzt  das  voraus,  dass  der  be- 
treffende Mann  ihm  gegenübersteht  und  er  für  ihn  die  Quittung 
schreibt.  Damit  dürfte  es  so  gut  wie  gesichert  sein,  dass  unsere 
Urkunden  doch  nichts  anders  sein  können  als  Quittungen,  die  der 
Erheber  dem  Zahler  ausstellt,  und  bei  der  völligen  Analogie  mit 
III  3  und  4  dürfen  wir  weiter  folgern,  dass  auch  die  SiEypa^EV- 
Quittungen  von  Elephantine  (mit  oder  ohne  Praescript)  denselben 
Sinn  haben.  Dies  vorausgesetzt,  ist  zu  constatiren,  dass  die 
Erheber  in  Elephantine  ausser  in  Briefform  auch  in  dieser  ob- 
jectiv  stilisirten  Form  den  Zahlern  quittirt  haben,  dass  wir  aber 


QUITTUNGSFORMULARE  IN  ELEPHANTINE  UND  KOPTOS.  127 


Beispiele  von  Bankquittungen  aus  Elephantine  für  die  Kaiserzeit 
(abgesehen  von  Nr.  2)  einstweilen  nicht  nachweisen  können.  Wir 
sehen  hieraus,  wie  verschieden  das  Quittungswesen  sich  in  verschiede- 
nen Städten  entwickelt  hat.  Dieselbe  Beobachtung  ist  auch  schon 
früher  für  andere  Gebiete  des  ürkundenwesens  gemacht  worden, 
und  man  hat  wohl  zwischen  unteraegyptischen  und  oberaegyptischen 
Formularen  geschieden.  Nachdem  diese  Untersuchungen  gezeigt 
haben,  dass  auch  innerhalb  Oberägyptens  Städte  wie  Theben, 
Krokodilopolis  (s.  unten),  Syene  ihre  Eigentümlichkeiten  im  Ur- 
kundenwesen aufweisen,  wird  es  vielleicht  richtiger  sein,  nicht  zu 
verallgemeinern,  und  statt  von  unteraegyptischen  und  oberaegyp- 
tischen Formularen  vielmehr  v^on  memphitischen,  arsinoitischen,  theba- 
nischen  etc.  zu  sprechen. 

IV.  Quittungen,  die  der  Thesauros  ausstellt, 
sind  in  unserer  Sammlung  nicht  vorhanden. 


Koptos, 

Die  als  Nr.  1080 — 1090  publicirten  Urkunden  aus  Koptos 
(vgl.  auch  1616)  sind  Quittungen,  die  der  Erheber  dem  Zahler 
ausstellt.  Das  Formular  ist  die  bekannte  Briefform,  über  die  oben 
zur  Genüge  gehandelt  worden  ist.  Irgend  welche  Abweichungen 
von  den  entsprechenden  Urkunden  aus  Theben  und  Syene  sind  hier 
nicht  zu  finden,  wenn  man  nicht  auf  TUpo^Sl^ofiaL in  1089  (fiir 
£X(o)  hinweisen  will.  Wie  schon  oben  S.  82  bemerkt  wurde,  steht 
am  Schluss  von  1083  das  seltene  ippiaao;  doch  ist  es  recht  wahr- 
scheinlich, dass  diese  Nummer  eine  Privatquittung  ist.  Vgl.  das 
Fehlen  des  Titels  hinter  'Ep[i6oa)poc  wie  in  Nr.  1080,  die  jedenfalls 
privaten  Charakter  hat  (vgl.  y'^/*  [lou).  Auch  1502,  wo  gleichfalls 
Ippwao  steht,  ist  eine  Privatquittung.  Nr.  1234,  eine  Bankquittung 
aus  Koptos  vom  Jahre  120/19  vor  Chr.,  zeigt  keine  Abweichungen 
von  dem  thebanischen  Schema  II  6^- 

npog5£X£aO-a'.  (=  annehmen,  empfangen)  ist  mir  sonst  in  diesen  Quit- 
tungen nicht  begegnet.  Das  synonyme  TZOipoLHy^ea^a.:  findet  sieh  auf  der 
Hess'schen  Holztafel  (s.  oben  S.  67  Anm.). 


128 


III.  KAPITEL. 


Sedment 

Die  Erklärung  der  schwierigen  Formulare  von  Sedment  hängt 
zu  sehr  mit  der  sachlichen  Interpretation  zusammen,  als  dass  ihre 
rein  formale  Behandlung  hier  zweckentsprechend  wäre.  Wir  werden 
unten  in  Kap.  VIII  die  Urkunden  von  Sedment  einer  besonderen 
Untersuchung  unterziehen. 

Pselkis. 

Die  Mehrzahl  der  Urkunden  von  Pselkis  sind  Quittungen,  in 
denen  römische  Soldaten  dem  Optio  den  Empfang  der  ihnen  zu- 
stehenden Naturallieferungen  bestätigen.  Es  gehören  hierhin  Nr.  1128 
—1134,  1136,  1137,  1139—1144.  Zur  sachlichen  Erklärung  vgl. 
unten  Kap.  VIII.  Hier  sei  nur  darauf  hingewiesen,  dass  diese 
Quittungen  alle  in  der  üblichen  Briefform  ausgestellt  sind.  Ueber 
IXaßov,  das  hier  regelmässig  als  Formel  der  Empfangsbescheinigung 
begegnet,  vgl.  oben  S.  109. 

Die  Grussformel  yaipeiv  fehlt  in  diesen  Quittungen  niemals, 
was  gewiss  kein  Zufall  ist,  da  sie  an  den  Optio  adressirt  sind 
(s.  oben  S.  85  f.).  Bemerkenswert  sind  einige  Subscriptionen.  So  wird 
die  Soldatenquittung  1131  von  einem  Centurio  unterzeichnet,  zu 
dessen  Centurie  wohl  der  Quittuugsschreiber  gehörte. 

Nr.  1135  ist  eine  Anweisung,  durch  die  die  7rapa).yj[X7tTa'.  aiiou 
vom  Optio  zu  einer  Getreidelieferung  aufgefordert  werden.  Was 
die  TüpaxTOps^  in  Nr.  1138  an  die  Frau  Aioaxopouc,  zu  schreiben 
hatten,  ist  nicht  mehr  zu  ermitteln. 

Krokodilopolis. 

Aus  dem  oberaegyptischen  Krokodilopolis  liegen  uns  3  Bank- 
quittungen aus  dem  II.  Jahrh.  v.  Chr.  vor:  1617,  1618,  1620. 
Sie  sind  alle  drei  nach  folgendem  Schema  abgefasst: 

Datum  (Jahr,  Monat,  Tag)  —  tt'ra'Atai  im  rr^v  Iv  Kqo'aoöiIcov 
tiüXh  TooLTie^av,  iq)  ijg  der  Trapezit,  —  für  Abgabe  —  der  Zahler 
—  Summe.    Subscription  des  Trapeziten. 

Auf  den  ersten  Blick  scheint  dies  Formular  mit  dem  für  Theben 
und  Syene  nachgewiesenen  völlig  identisch  zu  sein.  Aber  ein 
Unterschied  besteht:  während  dort  der  Urheber  genannt  wird,  steht 
hier  der  Name  des  Zahlers!    Dies  geht  unzweifelhaft  daraus  hervor. 


QUITTUXGSFORMULARE. 


129 


dass  in  1617  und  1618  Frauennamen  begegnen.  Es  sind  die  Töchter 
des  Dryton,  die  uns  aus  Grenfell's  Papyri  (Gr.  Pap.  I)  bekannt 
sind.  Leider  ist  mein  Material  für  Krokodilopolis  zu  klein,  um 
weitere  Schlüsse  über  das  Quittungswesen  in  diesem  Orte  ziehen 
zu  können.  Dass  auch  der  Jlavsßxaövi?  in  1620  der  Steuerzahler 
ist,  wollen  wir  einstweilen  nach  Analogie  annehmen.  Wir  können 
nur  constatiren,  dass  die  Bank  in  Krokodilopolis  im  II.  Jahrhundert 
V.  Chr.  die  Methode  befolgt,  die  wir  oben  für  Theben  für's 
III.  Jahrh.  v.  Chr.  und  wiederum  für  die  Kaiserzeit  nachgewiesen 
haben.    Vgl.  auch  unsere  Ausführungen  auf  S.  74,  Anm.  2. 

Manches  spricht  dafür,  dass  auch  Xr.  1619,  1621  und  1622 
(^^aturalquittungen)  aus  Kj-okodilopolis  stammen.  Sie  zeigen  fol- 
gendes Formular: 

Datum  (Jahr,  Monat,  Tag)  —  fieutroti-Aev  —  für  Abgabe  —  der 
Zahler  i^^)  - —  Summe.    Subscription  (des  Sitologen). 

Unter  der  Voraussetzung,  dass  auch  in  Krokodilopolis  die 
Bank-  und  die  Thesaurosquittungen  sich  gleichmässig  entwickelt 
haben,  nehmen  wir  bis  auf  Weiteres  an,  dass  die  in  der  Quittung 
genannte  Person  entsprechend  den  oben  behandelten  Xummern  auch 
hier  der  Zahler  sei.    Eine  Bestätigung  bleibt  abzuwarten. 

Es  sei  noch  hervorgehoben,  dass  auch  in  1026  der  Zahler, 
nicht  der  Erheber  genannt  zu  werden  scheint.  Denn  dass  MGa)(''a)v 
der  Besitzer  der  500  leider  so  schwer  verständlichen  Steuerobjecte 
ist,  dürfte  doch  das  Wahrscheinlichste  sein.  Leider  ist  nicht  genauer 
bekannt,  aus  welchem  Ort  das  Ostrakon  stammt. 

Arbeitsquittungen. 

Zum  Schluss  möchte  ich  auf  diejenigen  Quittungen  hinweisen, 
in  denen  es  sich  nicht  um  Zahlungen  in  Geld  oder  Getreide,  sondern 
um  Arbeitsleistungen  handelt.  Ueber  die  sachliche  Bedeutung 
dieser  Quittungen  vgl.  unten  Kap.  IV.  Hier  sei  nur  hervorgehoben, 
dass  die  Beamten  meist  in  der  briefartigen  Form  quittiren.  So  in 
1043  —  1047  (vgl.  Corrigenda),  1058,  1399,  1410,  1411,  1567. 
Altertümlicher  scheint  die  Form  zu  sein,  die  in  1023  (III.  Jahrh. 
V.  Chr.)  vorliegt:  .y^ATZzip-^OLGZXi  —  der  Arbeiter  —  so  und  so  viele 
Naubia.  Subscription:  Name  des  Beamten."  Aehnlich  1025  (gleich- 
falls aus  dem  III.  Jahrh.  v.  Chr.). 


WiLCKEN,  Ostraki 


9 


IV.  KAPITEL. 


Die  Abgaben. 

In  diesem  Kapitel  haben  wir  die  Abgaben  im  weitesten  Sinne, 
d.  h.  die  Gebühren  und  Steuern,  auch  die  privaten  Abgaben,  die  in 
unseren  Ostraka  begegnen,  zusammengestellt  und  haben  versucht, 
unter  Heranziehung  auch  anderen  Materiales^  die  Katur  der  ein- 
zelnen Abgaben  zu  erklären.  Leider  mussten  wir  oft  mit  einem 
„non  liquet"  schliessen,  doch  einige  wichtigere  Grundzüge  Hessen 
sich  auch  jetzt  schon  erkennen.  Ohne  Zweifel  wird  durch  die 
fortgesetzten  Papyruspublicationen ,  hoffentlich  auch  durch  weitere 
Ostrakaeditionen,  unsere  Kenntnis  von  den  Steuern  sich  noch  immer 
mehr  vertiefen,  sodass  dieser  erste  Versuch,  der  hier  gewagt  ist, 
in  vielem  bald  überholt  sein  wird.  Möchte  für  diese  weiteren 
Forschungen  die  hier  gebotene  Zusammenstellung  sich  als  eine  nütz- 
liche Vorarbeit  bewähren!  Dann  hat  sie  ihren  Zweck  erfüllt. 

Wir  geben  die  einzelnen  Abgaben,  mit  den  griechischen  Bezeich- 
nungen der  Texte,  in  alphabetischer  Folge.  Bei  zusammengesetzten 
Ausdrücken  entscheidet  der  Anfangsbuchstabe  des  Steuerobjectes. 
Also  Wörter  wie  liXoq,  ^opoc,  slooc,  sind  nicht  berücksichtigt,  wenn 
sie  in  Verbindung  mit  dem  Steuerobject  auftreten.  Dass  wir  auch 
die  TL[xa'',  wiewohl  sie  keine  Abgaben  sind,  eingereiht  haben,  möge 
man  damit  entschuldigen,  dass  ihre  Besprechung  auch  für  die  ent- 
sprechenden Abgabenverhältnisse  nicht  ohne  Nutzen  ist.  Ausschliessen 
mussten  wir  diejenigen  Ostraka,  in  denen  die  Bezeichnung  der 
Abgabe  entweder  im  Text  verstümmelt  und  daher  unlesbar  ist,  oder 
aber,  wiewohl  gut  erhalten,  bisher  noch  nicht  von  uns  entziffert 
werden  konnte.    Es  sind  folgende  Nummern:   185,  227,  239,  265, 


§  1.    DIE  AGOßAXOMIE- STEUER. 


131 


278,  294,  301,  358,  361,  362,  365,  431,  437,  491,  499,  500, 
507,  510,  535,  557,  558,  583,  610,  638,  678,  689,  695,  703, 
739,  760,  761,  788,  999,  1079,  1277,  1317—1319,  1338,  1405, 
1444,  1473,  1503,  1568,  1578,  1584,  1586,  1588,  1594. 

Am  Schluss  findet  sich  eine  Zusammenstellung  weiterer  für 
Aegypten  nachweisbarer  Steuern,  sowie  ein  Versuch,  etwas  Ordnung 
in  das  Chaos  zu  bringen. 

§  1.  TsAO(;  dYopavGjjL(Lac). 

•Für  Theben  belegt  durch  Nr.  1053,  1330,  1331,  1333,  1419. 

In  1330  findet  sich  die  vollständigste  Schreibung:  ayopavoiA, 
in  1419  OLyopV-,  in  1053  und  1333  nur  aY°,  in  1331  eine  Abbre- 
viatur von  Letzterem.  Man  könnte  auch  an  die  Auflösung  ayopa- 
V0|JiLx6v  oder  dyopavofiwv  denken. 

Die  ursprüngliche  Aufgabe  der  ayopavojiGt  war  bekanntlich, 
den  Marktverkehr  zu  regeln  und  zu  leiten,  also  die  Marktpolizei 
zu  üben.  Daraus  hat  sich  weiter  ihre  Befugnis  entwickelt,  Contracte 
über  Eigentumsveränderungen  etc.  aufzustellen,  Diese  zwiefache 
Competenz  tritt  uns  auch  hier  bei  der  Agoranomieabgabe  entgegen. 

Wir  müssen  hier  wie  immer  von  dem  Namen  der  Steuer  aus- 
gehen. TiXoq  aYOpavo(XLa^  wird  eine  Abgabe  bezeichnen,  die  für 
die  Agoranomie,  für  den  Unterhalt  und  die  Salarirung  der  Agora- 
nomen  erhoben  wurde.  Wir  werden  unten  ähnliche  Abgaben  für 
die  Praktoren,  die  Sitologen  u.  s.  w.  kennen  lernen.  Die  Agoranomie- 
Steuer  wurde  jedenfalls  von  denjenigen  erhoben,  für  die  die  Agora- 
nomen  thätig  waren,  d.  h.  die  Händler,  die  auf  dem  Markt  ihre 
Waren  feil  boten.  In  1330  und  1331  ist  der  Steuerzahler  ein 
Fischhändler  (vgl.  §  6).  In  1419  wird  die  Abgabe  genauer  als 
[xeXo?]  dYOpavo(i({a5)  wviwv  bezeichnet,  also  bot  der  Zahler  jeden- 
falls Marktwaren  (wvia)  feil.  Natürlich  hatten  alle  diese  Händler 
ausserdem  ihre  Gewerbesteuer  zu  zahlen  (§  6  und  §  135).  Wenn 
nach  1419  die  Abgabe  pro  Monat  berechnet  wurde,  so  müssen 
Händler  in  Frage  stehen,  die  regelmässig  den  Markt  besuchten, 
dort  wohl  ihren  festen  Stand  hatten.  Die  Existenz  einer  solchen 
Marktsteuer  legt  die  Frage  nahe,  ob  es  überhaupt  erlaubt  war, 
ohne  Aufsicht  der  Agoranomen  Marktwaren  zu  vertreiben. 

Mitteis,  Eeichsrecht  u.  Volksr.  S.  52.    "Wessely,  Mittli.  Pß  V.  S.  83. 

9* 


132 


IV.  KAPITEL. 


Entsprechend  dem  notariellen  Charakter  der  Agoranomen  wird 
in  1053  ein  ziXoc,  {JLcaO'Waewc:  —  es  handelt  sich  um  die  Pacht 
eines  Grundstückes  —  unter  den  allgemeinen  Begriff  des  ziXoc, 
aYopavo[Jn'a^  subsumirt.  Dafür,  dass  der  Pachtcontract  vor  dem 
Agoranomos  geschlossen  ist,  wird  das  ziXoc,  an  den  TeXwvy]^  OL^fOpT,- 
vo[XLZO'j  gezahlt.  Wir  würden  eine  solche  Abgabe  eher  für  eine  Yer- 
kehrssteuer  halten.  Der  Name  zeigt  aber,  dass  auch  dies  als  eine 
Abgabe  für  den  Agoranomos  aufgefasst  wurde. 

§  2.    TTisp  )(  dyopaata^. 

Nur  in  1225,  aus  byzantinischer  Zeit. 

Was  diese  Abgabe,  die  als  ein  ziXoc,  bezeichnet  wird,  bedeutet, 
wage  ich  nicht  zu  bestimmen,  ehe  nicht  für  ^  eine  evidente  Auf- 
lösung gefunden  ist.    Der  IMöglichkeiten  giebt  es  mehrere. 

§  3.         Z7  8o&s[vTa]  dYw(  ). 

Für  Theben  belegt  durch  1349  (II.  Jahrh.  v.  Chr.). 

Weder  für  diese  Wendung  noch  für  den  Gesammtinhalt  der 
Quittung  wüsste  ich  einstweilen  eine  Erklärung  vorzuschlagen.  Ich 
will  nur  hervorheben,  dass  wir  hier  einen  der  wenigen  Fälle  vor 
uns  zu  haben  scheinen,  in  denen  in  natura  gezahlt  wird,  ohne  dass 
von  Grundsteuer  die  Rede  ist.  Vielleicht  handelt  es  sich  hier  aber 
garnicht  um  eine  Abgabe,  sondern  um  eine  geschäftliche  Lieferung. 
Sollte  in  Z.  4  voL'OY.\(r^poq)  statt  vo?  zu  lesen  sein,  was  mir  frei- 
lich palaeographisch  bedenklich  erscheint,  so  würde  es  nahe  liegen, 
ayw  etwa  in  aYa)(Y:pia)  aufzulösen.  Dann  würde  der  Schiffsherr 
auf  Rechnung  der  ihm  überwiesenen  Fracht  die  10  Artaben  Weizen 
abliefern.    Doch  hier  ist  einstweilen  alles  unsicher. 

§4.  AiM?). 

Für  Theben  belegt  durch  408,  419,  422,  423,  429,  431,  434, 
437,  438,  444,  448,  452,  461,  465,  466,  472,  480,  1281,  1282, 
1379,  1613,  alle  aus  der  Kaiserzeit. 

Während  das  Wort  ol':^  in  den  meisten  Fällen  wegen  der 
Flüchtigkeit  der  Schrift  nur  schwierig  zu  erkennen  ist,  steht  es  in 


§  1-4. 


133 


1379  klar  und  deutlich  geschrieben,  sodass  jeder  Zweifel  ausge- 
schlossen ist.i) 

Was  es  bedeutet,  weiss  ich  nicht.  A^on  griechischen  "Wörtern, 
die  mit  ac^-  beginnen,  käme  höchstens  aixca  in  der  Bedeutung  „In- 
jurie" in  Betracht.  Dann  würden  diese  Zahlungen  Biissgelder  für 
die  Zufügung  von  Injurien  sein.  Doch  diese  Deutung  scheint 
dadurch  ausgeschlossen,  dass  die  hier  vorliegenden  Zahlungen  Jahr 
für  Jahr  wie  eine  ordnungsmässige  Abgabe  erhoben  werden. 

Für  die  Charakterisirung  der  Abgabe  ist  Folgendes  hervor- 
zuheben : 

1.  Die  Ostraka,  auf  denen  oL'y-  begegnet,  stammen  sämmtlich 
aus  ein  und  derselben  Ortschaft,  Xoto;  xal  Acd).  Xur  in  1379 
ist  nach  damaliger  Sitte  (im  J.  43)  kein  Lokal  genannt,  und  in 
423  steht  A^eo,  in  1610  McfivovsLWV. 

2.  Die  Ostraka  mit  a:^-  sind,  wenigstens  in  der  vorliegenden 
Sammlung,  auch  zeitlich  eng  begrenzt.  Sie  stammen  aus  der  Zeit 
von  43—109  nach  Chr. 

3.  Da  auch  hier  vielfach  Ratenzahlungen  vorliegen,  ist  es 
schwer,  über  die  Höhe  und  Bemessung  der  Abgabe  etwas  zu  sagen. 
Bemerkenswert  ist,  dass  KajJLfjii?  Ka|JLr^T:oc  sowohl  für  79/80  als  für 
83/4  und  85/6  immer  dieselbe  Summe,  je  2  Drachmen  14  Obolen 
und  2  Chalkus  zahlt  (vgl.  1281,  461,  465).  Dagegen  tritt  bei 
anderen  Persönlichkeiten  in  den  verschiedenen  Jahren  ein  bedeu- 
tendes Schwanken  des  Satzes  hervor.  Man  vergl.  z.  B.  für  den 
Vater  des  oben  genannten  Kametis,  Kapi^T'.c  nsTEapTzprjo'JC,  die 
^s^ummern  419,  422,  429,  431,  434,  438,  448.  Andrerseits  zahlt 
WevaevTL^ofjS  im  J.  79;  80  ebenso  wie  der  jüngere  Ka|jiYjTi?  die  oben 
genannte  Summe.  Dagegen  zahlt  er  im  Jahre  85  6  3  Drachmen 
44  Obolen,  während  jener  2  Drachmen  14  Oboben  2  Chalkus  zahlt. 
Es  ist  mir  nicht  gelungen,  aus  diesen  Thatbeständen  einen  Schluss 
auf  den  bei  dieser  Steuer  zu  Grunde  liegenden  Modus  der  Auflage 
zu  ziehen. 


^)  Vorübergehend  habe  ich  an  eine  ganz  andere  Lösung  gedacht :  a'.*''-  =  ai 
y.(a'9-f^7tG'jaa'.)  oder  ähnlich.  Palaeographiseh  wäre  es  möglich.  Das  fiel  mir  bei 
137  9  ein,  wo  für  das  xa)|iaT'.y.öv  1  Dr.  2|  Ob.  gezahlt  werden,  darauf:  ai^ 
6  Dr.  4  Ob.,  eine  Summe,  die  gerade  für  xwtiftx'.xöv  das  Uebliche  ist.  Danach 
würde  al  7C(aO"r/%oi)aa!,)  die  Normalhöhe  angeben  nach  einer  voraufgeheuden 
Rate.    Aber  andere  Stellen  sprechen  dagegen. 


134 


IV.  KAPITEL. 


§  5.  'AxpoBpucav. 

Für  Syene  belegt  durch  Nr.  1  und  2  (vgl.  Corrigenda),  für  Theben 
durch  1278,  1316,  1344,  1346,  1491. 

'Axp65pi)ov  oder,  wie  es  hier  mehrfach  geschrieben  ist,  axpo- 
Tpuov  bezeichnet  sowohl  den  Fruchtbaum  (vgl.  Geoponic.  X.  66,2), 
als  auch  die  Baumfrucht,  und  zwar  werden  speziell  die  Früchte 
mit  holziger  Schale  darunter  verstanden.^) 

Betrachten  wir  zunächst  die  thebanischen  Ostraka.  In  diesen 
wird  die  Steuer  regelmässig  als  eine  exiv]  bezeichnet,  d.  h.  als  ein 
Sechstel  vom  jährlichen  Ertrage.  In  1278,  1316  und  1344  wird 
sie  ausserdem  als  ein  ziXoc,  tottod  bezeichnet,  womit  besonders  darauf 
hingewiesen  ist,  dass  sie  nach  den  Toparchien  auferlegt  und  erhoben 
wird  (vgl.  unten  §  124).  Wiewohl  wir  diesen  selben  Hinweis  ge- 
rade bei  der  Grundsteuer  häufig  finden  werden  (a.  a.  O.),  ist  in  unseren 
Fällen  hier  an  eine  Grundsteuer  dennoch  nicht  zu  denken.  Wir 
werden  unten  den  Nachweis  führen,  dass  die  Grundsteuer  in 
Aegypten  in  Form  einer  festen  Taxe  pro  Arure  aufgelegt  w^urde  (vgl. 
unten  §  46),  Avährend  wir  es  hier  mit  einer  Ertragsquote  zu  thun 
haben.  Für  das  Obstland  wird  jene  Grundsteuerberechnung  durch 
den  Londoner  Papyrus  CXIX  Z.  53  (axpoSpuwv  ava  ^  x)  und 
CXIX  A  Z.  5.  (TiapaSsiatüv  xal  axpoSpuwv  ava  ^X)  ausdrücklich 
bezeugt,  wonach  die  Arure  Obstland  bald  mit  20,  bald  mit 
30  Drachmen  besteuert  wurde.  Man  könnte  einwenden,  dass  dieses 
Zeugnis  aus  dem  II.  Jahrh.  n.  Chr.  stammt,  während  unsere  Texte 
hier  dem  III.  und  II.  Jahrh.  vor  Chr.  angehören.  Es  ist  aber  mehr 
als  unwahrscheinlich,  dass  in  der  Ptolemäerzeit  für  das  Obstland 
ein  anderes  Berechnungssystem  bestanden  haben  sollte  als  für  die 
anderen  Bodenarten. 

Ich  glaube  daher,  dass  wir  es  hier  vielmehr  mit  nichts  anderem 
zu  thun  haben  als  einer  speziellen  Abart  jener  a7r6|xocpa,  über 
deren  Neuordnung  durch  Philadelphos  Grenfell's  Revenue -Papyrus 
uns  soeben  neues  Licht  gebracht  hat  (vgl.  §  17).  In  diesem  Gesetze 
des  Philadelphos  heisst  es  Col.  24,11  ff: 

^)  Geoponica  X  74  (ed.  Beckh):  1  'O-wpa  XsYsia'.  -q  x?-ctü5Yj  xov  y.apTiöv 
ly^o'j:jOL,  olov  Swpaxivd,  \i.%XoL,  txTiTiigia,  Sa^iaa-xr^vcc,  y.al  oja  |jLYj  sx£'.  s^wO-dv  i-, 
SuAcoSäg.  2  'AxpöSpua  §£  y-aXsixa'.  oaa  e^coO-sv  xsXuqJcs  sx^i?  o-^v  po-.d,  Ti'.a- 
-dx'.a,  xdaxava,  xai  oaa  ^uXwdY)  xdv  "/tapTiöv  s^wO^sv  sxs'.. 


§  5.    DIE  OBSTABGABE. 


135 


Twv  bk  TrapaSei'atov  l^uvTiixT^aewi;  zfilg  ] 

[.  .  .  .][JL£Vyj^  IZpOQ   OLpyöpLO'^   TYjV   Ezir^v  t[  ] 

[.  .  .]  aiv. 

Also  von  dem  Ertrage  der  Garten erzeugnisse  soll  ein  Sechstel 
an  die  Göttin  Arsinoe  Philadelphos  jährlich  gezahlt  werden,  und 
zwar  In  Silber.  Können  nun  aber  die  axpoSpua  unter  den  von 
dem  Gesetz  genannten  ysvigfxaTa  (vgl.  Col.  36,  18)  der  TrapaSsLaoc 
mit  verstanden  werden?  Ich  glaube,  das  wird  durch  einen  Flinders 
Petrie  PapjTus  (III.  Jahrh.  vor  Chr.)  mehr  als  wahrscheinlich.  Im 
Petr.  Pap.  (II)  XXVII  1  ist  eine  au'ni\ir^a'.c,  erhalten,  wie  sie  in 
jenem  Gesetzesparagraphen  gefordert  wird.  Darin  berechnet  der 
Steuerpflichtige  erstens  die  exty]  von  seinem  dpiTieXwv,  und  zwar 
in  natura,  zweitens  die  sywXYj  twv  axpo5p'JO)v  Vwal  axei^avwv,  und 
zwar  in  Geld.  *Es  unterliegt  keinem  Zweifel,  dass  diese  auvTL|JiyjaL^ 
für  jene  a7r6(X0Lpa  gemacht  ist.  Danach  entsprechen  aber  hier  die 
axpobpuoc  und  axe^avo:  den  Y£vrj[xaTa  der  TiapaSe'.ao:  im  Eevenue- 
Papyrus.  Damit  erledigen  sich,  wie  mir  scheint,  die  Einwendungen 
von  Mahaffy,  Rev.  Pap.  p.  XXXIII.  Uebrigens  vgl.  unten  S.  157  A.  2. 
Sonach  sind  wir  berechtigt,  auch  in  unseren  Ostraka  die  exry]  von 
den  axpoSpua  als  einen  Teil  jener  von  Philadelphos  neu  geordneten 
a7i6|XOLpa  zu  betrachten. 

Die  beiden  Ostraka  aus  Svene  (eines  aus  Ptolemäerzeit,  das 
andere  aus  Augustus'  Zeit)  weichen  darin  von  den  thebanischen 
Urkunden  ab,  dass  sie  die  Abgabe  nicht  als  exty]  bezeichnen.  In 
Nr.  1  scheint  gleichfalls  auf  die  Toparchie  hingewiesen  zu  sein  wie 
in  Theben,  vielleicht  auch  in  2.  Ich  wage  nicht  zu  entscheiden, 
ob  wir  es  auch  hier  mit  der  sxtyj,  also  der  a.7i6\ioipoc  zu  thun 
haben,  oder  ob  es  sich  hier  um  die  Grundsteuer  für  das  Obstland 
handelt.  In  letzterem  Falle  würde  axpoopua  hier  in  dem  Sinne 
von  „Fruchtbaum"  (seil,  y*^)  stehen.  Dass  diese  Grundsteuer  in 
Geld  gezahlt  würde,  wäre  den  Angaben  jener  Londoner  Papyri 
entsprechend. 


In  1491,  das  aus  dem  III.  Jahrh.  vor  Chr.  stammt  (Avohl  Euergetes  I.), 
wird  der  Vorschrift  des  Philadelphischen  Gesetzes  entsprechend  in  Silber  gezahlt. 
Bei  den  Kupferzahlungen  des  II.  Jahrhunderts  finden  sich  in  den  vorliegenden 
Fällen  keine  besonderen  Charakterisirungen  des  Kupfers.    Vgl.  Kap.  X. 


136 


lY.  KAPITEL. 


§  6.  Tskoq  |xsTaß6X((ov)  dXiswv. 

Für  Theben  belegt  durch  Nr.  647  und  1449  (IL  Jahrh.  n.  Chr.). 

Wie  der  Textdruck  zeigt,  habe  ich  lange  geschwankt,  wie  die 
Worte  [jLETaß  oder  [xsTaßo^  und  aXc^  oder  aXiewv  zu  verbinden  sind. 
Entgegen  meinen  früheren  Vorschlägen  glaube  ich  jetzt  das  Richtige 
zu  treffen,  indem  ich  [ieza^oXoc,  als  Adjectivum  fasse,  das  die  Art 
des  cc)dt{)C,  genauer  definirt.  Wohl  steht  es  gewöhnlich  substantivisch, 
gleichbedeutend  mit  [lezoL^oXeijc,  (Kleinhändler).  Vgl.  Rev.-Pap.  47,12; 
48,3  und  7.  Ebenso  in  LXX  und  sonst^),  auch  in  Nr.  1331,4.  Aber 
auch  die  adjectivische  Verwendung,  die  durch  das  folgende  aXtecov 
hier  nahegelegt  wird,  ist  sprachlich  möglich.  Ich  finde  es  so  in  dem 
Palmvrenischen  Steuertarif  (ed.  Dessau,  Hermes  XIX  S.  516),  wo  es 
heisst:  6\ioii})c,  L{j.aTL07iü)Xat  (iETaßoXoc  tiwXoövte^  ev  x-g  ttoXsc.^)  Das 
zeXoc,  |Ji£Taß6Xa)v  aXcswv  ist  hiernach  die  Gewerbesteuer,  die  von 
den  Fischern  erhoben  wird,  die  ihre  Ware  verkaufen.  Wir  w^erden 
im  nächsten  Paragraphen  sehen,  dass  die  Fischer  dafür,  dass  sie 
fischen  durften,  eine  andere  hohe  Abgabe  zu  zahlen  hatten.  Unsere 
Abgabe  hier  zahlen  sie  lediglich  für  den  Kleinhandel  mit  Fischen, 
für  die  |X£Taj3oXy].^)  Dass  dieser  Handel  auf  dem  Markt  stattfand, 
sahen  wir  oben  in  §  1. 

Ueber  die  Höhe  der  Steuer  lässt  sich  aus  den  vorliegenden 
Urkunden  nichts  Sicheres  gewinnen.  Bemerkenswert  ist,  dass  in 
647  eine  Gesellschaft  von  Fischern  die  hohe  Summe  von  72  Drachmen 
für  einen  Monat  zahlt.  Wie  alle  Gewerbesteuern  wurde  auch  diese 
pro  Monat  berechnet. 

In  1449  wird  die  Abgabe  von  einem  iTiLTYjpYjTY]?  ziXouq  |JL£Ta- 
ßoXwv  aXt£(i)V  erhoben. 

^)  In  einer  Inschrift  aus  Cos  (Rev.  Etud.  Gree.  IV  S.  359  ff.  372)  begegnen 
xot  iiexaßoXol  xoi  ev  Totg  ix^öoiv. 

■'^)  Mein  früherer  Vorschlag,  aXiecDv  für  Verschreibiing  von  (xXi£t,wv  zu  halten, 
hat  nur  das  Bedenkliche,  dass  dann  yj  ocX'.sia  den  coucreten  Sinn  von  „Fischer- 
•\varen"  haben  müsste.  —  Die  nächstliegende  Lösung,  jjLSxaßoXyjg  aXiecov  zu  lesen, 
ist  mir  darum  unwahrscheinlich,  weil  in  den  Gewerbesteuerquittungen  immer 
die  Personen  hinter  uTisp  genannt  werden.    Vgl.  §  135. 

^)  Eine  Inschrift  aus  Karthago  nova  (CIL  II  S.  5929)  nennt  2nscafo7'es 
et  propolae,  also  Fischer  und  Höker,  als  Dedicanten.  Vermutlich  sind  auch 
diese  propolae  entsprechend  unseren  [jLSxäßoXoi  cCaibVc,  als  Fischhändler  auf- 
zufassen, woraus  sich  am  leichtesten  erklären  würde,  dass  sie  mit  den  piscatores 
zusammen  einen  Verein  bilden.    Vgl.  Liebenam,  Röm.  Vereinswes.  S.  87. 


§6  7.     ABGABEN   DER  FISCHHÄNDLER  UND  FISCHER.  137 


§  7.    'H  TsiapTY]  aXtswv. 

Für  Theben  belegt  durch  Nr.  326,  331,  337,  339,  340,  346, 
349,  1029,  1233,  1347,  1348,  1522.   Vgl.  343. 

Die  von  den  Fischern  erhoben^  Abgabe,  die  in  1029  und 
1233  zi'koq  heisst  (vgl.  auch  1233),  wird  regelmässig  als  zezdpzri 
bezeichnet,  meist  als  TSTapTYj  äXl£ü)V,  einmal  auch  TSxapXYj  lyß-uixGiV 
aXtetov  (331).  Mit  letzterem  Ausdruck  ist  343  zu  vergleichen 
(aus  dem  Jahre  255/4  vor  Chr.),  wo  nur  lyß'Uix&y  gesagt  ist,  ohne 
Hinzufügung  der  Quote.  Da  Kr.  331  der  Mitte  des  III.  Jahrh. 
V.  Chr.  angehört,  so  sehen  wir,  dass  im  III.  w^ie  im  II.  Jahrh.  vor 
Chr.  die  Fischer  ein  Viertel  ihres  jährlichen  Ertrages  an  den  König 
abliefern  mussten  (vgl.  331:  ßaaiXsT). 

Leider  geben  uns  die  Texte  keine  volle  Klarheit  darüber,  wie 
diese  Abgabe  aufzufassen  ist.  Nur  das  Eine  steht  ausser  Zweifel, 
dass  die  Zahlungen  sämmtlich  an  den  König,  resp.  die  königliche 
Bank  fliessen.  Die  Auffassung  der  Abgabe  wird  davon  abhängen, 
ob  man  den  König  oder  aber  die  Fischer  als  die  Eigentümer  des 
im  einzelnen  Falle  ausgeübten  Fischereirechtes  betrachtet.  Dass  der 
König  auf  dem  Nil  und  den  Seen  ausgedehnte  Fischereirechte  be- 
sass^),  ist  selbstverständlich  und  wird  auch  ausdrücklich  überliefert. 
Bekannt  ist  Herodot's  Erzählung  (II  149,  III  91)  von  dem  reichen 
Ertrage,  den  die  Fischerei  im  Moerissee  für  den  König  —  damals 
den  Perserkönig  —  abwarft),  und  Diodor  I  52  illustrirt  diese  An- 
gabe durch  die  Mitteilung,  dass  für  die  Einpökelung  der  kolossalen 
Fischmassen  aus  dem  Moerissee  kaum  Arbeitskräfte  genug  zu  finden 
waren.  Wenn  man  diese  Angabe  verallgemeinert  und  annimmt, 
dass  der  König  auf  Fluss  und  Seen  allein  das  Fischereirecht  ge- 
habt habe,  mit  anderen  Worten,  dass  die  Fischerei  ein  königliches 
Monopol  gewesen  sei,  so  fragt  es  sich,  wie  dieses  Monopol  gehand- 
habt worden  ist.  Sind  etwa  die  einzelnen  Fischereien  verpachtet 
gewesen,  so  sind  unsere  öOdelc,  Pächter  des  Königs,  und  die  izzocpzy] 
ist  nichts  anderes  als  die  Pachtsumme.  ^)    Diese  Auffassung  scheint 

^)  Für  die  alten  Zeiten  vgl.  Erman,  Aegypten  und  aeg.  Leben  S.  125. 

^)  Täglich  1  Talent;  während  des  Ueberschwemmungshalbjahres  aber  nur 
20  Minen  pro  Tag. 

^)  Auch  heute  noch  bringt  die  Verpachtung  der  Fischerei  in  Aegypten 
der  Krone  grosse  Summen  ein.    Allein  der  Menzale-Sec  bringt  heute  jährlich 


138 


IV.  KAPITEL. 


mir  dadurch  ausgeschlossen,  dass  die  TSTapXY]  als  xiloq  bezeichnet 
wird.  Dieser  Ausdruck  würde  —  unter  der  Annahme  des  Monopols  — 
eher  zu  der  Annahme  führen,  dass  der  König  von  den  in  seinen 
Diensten  stehenden  Fischern  eine  Abgabe  von  ^  des  jährlichen 
Ertrages  verlangt  habe.  Doch  auch  dies  scheint  mir  nicht  zutreffend. 
Sollte  der  König,  wenn  ihm  als  alleinigem  Herrn  der  gesammte 
Ertrag  zustand,  sich  mit  einem  Viertel  begnügt  haben?  So  neige 
ich  vielmehr  der  Ansicht  zu,  dass  die  Fischerei  in  Aegypten  nicht 
ausschliesslich  königliches  Monopol  gewesen  ist,  dass  vielmehr  auch 
Private  und  Priesterschaften,  vielleicht  auch  Gemeinden  Fischerei- 
rechte besessen  haben. ^)  Sehen  wir  in  den  Fischern  unserer  Ostraka 
Leute,  die  solche  Fischereirechte  etwa  in  derselben  AYeise  besassen 
wie  Andere  Aecker  und  Weingärten  ihr  Eigen  nannten,  so  ist  die 
ztzoLpxf]  einfach  die  Ertragssteuer,  die  ihrer  Bedeutung  nach  mit 
der  Grundsteuer,  die  Jene  zu  zahlen  hatten,  auf  einer  Stufe  steht. 
Die  Normirung  auf  ^  des  Ertrages  scheint  mir  bei  dieser  Erklärung 
verständlich. 

Die  Fischereiabgabe  begegnet  auch  sonst  in  den  Urkunden. 
Im  Pap.  Paris.  63,  4,  98  tritt  sie  unter  dem  Namen  lyß^uripa.  (seil, 
wvi^)  auf.  "Wahrscheinlich  ist  auch  mit  der  Tezdpzy]  im  Pap.  Paris. 
67,15   nichts   anderes   gemeint.     In  dieser   Abrechnung   über  die 


gegen  1,248,000  Mark.  Vgl.  v.  Fireks  „Aegypt.  1894"  S.  117.  Vgl.  auch 
Wiedemann,  Herodot's  II.  Buch  S.  537.  —  Aus  dem  Altertum  liegen  auch  sonst 
Nachrichten  vor,  dass  das  Fischereirecht  den  Staaten  oder  Gemeinden  gehörte  und 
von  ihnen  verpachtet  wurde.  Für  Byzanz  vgl.  Pseudo-Aristot,  Oeconom.  II  2,  3 
{iriZ  O-aXocTTYjs  xfjV  äJv'.siav),  wo  der  Text  leider  verdorben  ist.  Vgl.  Boeckh, 
Staatshaushalt  d.  Athen.  I^  S.  372.  Interessant  ist  eine  ephesische  Inschrift,  die 
E.  Curtius  im  Hermes  IV  S.  187  herausgab,  in  der  ol  eni  zö  xeXwviov  xf^g 
i/Jhvi/.ri^  :ipaY[JLaTSDÖ[i£vo!,  begegnen.  Curtius  meint,  dass  an  diese  xsAwvat 
die  zuständige  Tempclbehörde  den  ergiebigen  Fischfang  verpachtet  habe  (S.  189). 
Vielmehr  war  der  Fischfang  an  Fischer  verpachtet.  Die  xsXwva'.  können  nur 
die  Steuerpächter  sein,  die  die  Erhebung  der  jenen  auferlegten  Fisch ereiabgabe 
iy/ß-'y.'/.r^)  gepachtet  hatten.  Weitere  Belege  bei  Zangemeister,  Corresp.  d.  AYest- 
deutsch.  Zeitschr.  8,  1889,  S.  7  f.,  worauf  mich  Mommsen  freundlichst  hinweist. 

Im  Pap.  Leipz.  11  Verso  12  f.  (ed.  Wessely  S.  252)  findet  sich  folgender 

Passus : 

'AtioXXws  'Ax'AXscos  aX'.süs  a{[iv7]s 
TaiJLW'.  (??)  SoöX(os)  'Avxio^£vo(ug)  SigaaxaX(ou)  cvj. 
Dieser  Apollos  (nicht  Apollon,  AVess.)  scheint  auf  dem  genannten  See  ein 
Fischereirecht  besessen  zu  haben.    Vgl.  Wessely  a.  a.  0. 


§  7.    DIE  FISCHEREIABGABE, 


139 


einzelnen  Steuern  ist  die  ZEZxpVf]  nach  meiner  Lesung  mit  20  Talenten 
5980  Drachmen  aufgeführt.^)  Leider  wissen  wir  nicht,  auf  welchen 
Ort  resp.  auf  welchen  Steuerdistrikt  sich  die  Angaben  dieses  Papyrus 
beziehen.  Um  so  erfreulicher  ist  es,  dass  wir  durch  einen  soeben  von 
Eugene  Revillout  edirten  neuen  Parisei*  Papyrus-)  erfahren,  wie  hoch 
die  Erhebung  der  Fischereiabgabe  gerade  in  Theben,  woher  ja  auch 
unsere  Ostraka  stammen,  um's  Jahr  130  vor  Chr.  verpachtet  wurde. 
Diese  äusserst  wichtige  Urkunde  ergiebt,  dass  damals  im  Peri- 
thebischen  Gau  die  Erhebung  der  Fischereiabgabe  (sie  heisst  hier 
nur  TÖv  aXiltov,  seil,  wvi^,  Z.  9)  normaler  Weise  mit  25  Talenten 
pro  Jahr  vergeben  wurde,  was  voraussetzt,  dass  man  den  jährlichen 
Ertrag  der  dieser  Abgabe  unterworfenen  Fischerei  des  genannten  Gaues 
auf  rund  100  Talente  abschätzte.^)  In  dem  in  dem  Pariser  Papyrus 
erhaltenen  Erlass  des  Königlichen  Schreibers  Heliodoros  erhält  der 
o:7.GVG[XG?  ToO  IIcpl  Sr^'pOLC,  einen  Verweis  dafür,  dass  er  die  Pacht  zu 
niedrig  (für  22  Talente)  vergeben  habe,  anstatt,  da  es  sich  in  diesem 
Falle  um  ein  Uebergebot  handelte,  das  vorgeschriebene  eTTiöly.axov, 
d.  h.  10  Procent  Zuschlag,  also  im  Ganzen  274  Talente  zu  verlangen. 
Er  wird  daher  unter  Hinweis  darauf,  dass  er  mit  seinem  eigenen 
Vermögen  einzustehen  habe,  energisch  zur  Remedur  aufgefordert.^) 


^)  Lumbroso,  Eecherches  S.  306,  dachte  an  die  Tsxapxir],  die  am  roten 
Meer  als  Einfuhrzoll  erhoben  wurde  (vgl.  §  205).  Doch  liegt  es  jetzt  näher,  an 
die  xsxdpxYj  (iX'.scov  zu  denken.  Auch  die  Steuern  zpo<^f,<^  und  wohl  auch  5paX[i^^, 
die  in  dieser  Pariser  Liste  aufgeführt  werden,  scheinen  nicht  mit  ihrem  vollen 
Namen  genannt  zu  sein.  Dass  in  Z.  9  des  Pariser  Textes  wv  e[ia]'.v  statt  (ov£'.[a)]v 
zu  lesen  ist,  erwähnte  ich  schon  an  anderer  Stelle. 

•2)  Eevue  Eg>-ptol.  VII  S.  39  f.    Melanges  S,  300  flf. 

^)  Der  kolossale  Fischreichtum  des  Nil  ist  bekannt  genug.  Vgl.  Diod.  I  36,  1 : 
XüDp'-s  5s  Töv  £ip-/i|jLsv(i)v  d-r,pi(Dv  5  Nsi?.©;  Ixs'-  Tiavxota  yevr^  '.x^-utov  '/.cd  xaxa 
TO  Tikfj^o^  57t'.axa.  Nach  Klunzinger  giebt  es  heute  nicht  weniger  als  70 — 80  Arten 
von  Fischen  im  Nil.  v.  Fircks  a.  a.  O.  spricht  sogar  von  100  Arten.  Wirt- 
schaftlich spielte  der  Fisch  eine  ausserordentlich  wichtige  Eolle,  da  er  namentlich 
in  gedörrtem  oder  geiDÖkeltem  Zustande  statt  des  Fleisches  das  Hauptnahrungs- 
mittel des  Volkes  bildete  (vgl.  Diod.  a.  a.  O.).  In  einem  Wirtschaftsbuch  aus  dem 
III.  Jahrh.  v.  Chr.,  dem  sogenannten  Papyrus  Sakkakini,  den  Revillout  zuerst 
entziffert  hat  (Rev.  Egypt.  III.  118  ff.),  erscheint  unter  den  zum  Haushalt  nötigen 
Ausgaben  neben  Brot  und  Gemüse  fast  jeden  Tag  xap'-Xo^,  worunter  man  gewiss 
Pökelfische  zu  verstehen  hat.  Nur  einmal  (S.  125)  erscheint  daneben  Fleisch  i  xpsaj). 

■*)  Der  Text,  wie  ihn  Revillout  vorgelegt  hat,  ist  im  Grossen  und  Ganzen 
verständlich.    Nur  in  der  mittleren  Partie  fühlt  man  sich  versucht,  z.  T.  ab- 


140 


IV.  KAPITEL. 


Aus  unseren  Ostraka  ist  über  die  Höhe  der  gesammten  Jahres- 
pacht nichts  zu  erschliessen ,  da  wir  es  hier  lediglich  mit  ganz  un- 
regelmässigen Ratenzahlungen  zu  thun  haben.  Dennoch  ist  die  Betrach- 
tung der  einzelnen  Summen  in  diesem  Falle  nicht  ganz  unnütz.  Abge- 
sehen von  1029  und  1233  sind  die  uns  hier  beschäftigenden  Urkunden 
sämmtlich  Quittungen,  die  die  Bank  den  Steuerpächtern  ausstellt 
(vgl.  Kap.  III).  Es  ist  nun  ein  glücklicher  Zufall,  dass  wir  in  zwei 
Fällen  mehr  als  eine  Quittung  aus  ein  und  demselben  Jahre  be- 
sitzen. Nach  339  zahlte  der  Steuerpächter  Simon  —  es  ist  derselbe, 
der  sich  in  1233  (vom  Jahre  vorher)  2t^03v  'la^apou  6  s^etXyjcpto^ 
TYjv  TSTapTT^v  TWV  aXilwv  de,  TO  XTj  L  nennt  —  am  4.  Hathyr  des 
29.  Jahres  (142/1  vor  Chr.)  2140  Drachmen  für  die  besagte  Abgabe 
an  die  königliche  Bank.  Der  Bankier  Ptolemaios  notirt  bei  dieser 
Gelegenheit  am  Rande  „2460  Drachmen",  was  nach  unserer  im 
III.  Kapitel  S.  76  gegebenen  Deutung  besagen  will,  dass  er  bis 
dahin  im  Ganzen  2460  Drachmen  erhalten  habe.  Für  die  Beant- 
wortung der  Frage,  ob  sich  diese  Notiz  auf  das  ganze  Jahr  oder 
aber  auf  den  betreffenden  Monat  bezieht,  verwiesen  wir  a.  a.  O. 
gerade  auf  die  vorliegende  Untersuchung.  Die  Frage  wird  nämlich 
durch  Nr.  340  entschieden.  Danach  zahlte  derselbe  Simon  drei 
Monate  später  (am  29.  Mechir)  für  dieselbe  Abgabe  an  dieselbe 
königliche  Bank  580  Drachmen.  Wenn  nun  die  Randbemerkungen 
der  Trapeziteu  sich  auf  das  ganze  Jahr  erstreckten,  so  müssten  wir 
erwarten,  dass  hier  notwendig  jene  2460  Drachmen  hinzuaddirt 
wären.  Das  geschieht  aber  nicht,  vielmehr  steht  am  Rande:  „670". 
Damit  haben  wir  das  Resultat  gewonnen,  dass  die  Randbemerkungen 
des  Trapeziten  lediglich  das  zusammenfassen,  was  in  dem  betreffenden 
Monat  gezahlt  ist.  Wir  gewinnen  andrerseits  einen  tieferen  Ein- 
blick in  die  Steuererhebung,  indem  wär  sehen,  Mas  auch  durch 
andere  Urkunden  bestätigt  wird,  dass  die  Steuerpächter  allmonatlich, 
oft  in  Raten,  an  die  Bank  ablieferten,  was  sie  im  Monat  von  den 
Steuerzahlern  eingetrieben  hatten.  Die  Ostraka  zeigen  uns  zugleich, 
was  an  sich  selbstverständlich  ist,  dass  diese  monatlichen  Zahlungen 
der  Steuerpächter  von  sehr  verschiedener  Höhe  waren.  Das  haben 
wir  uns  bei  jeder  einzelnen  derartigen  Quittung  vor  Augen  zu  halten. 

weichende  Ergänzungen  zu  proponiren.  Doch  Hesse  sich  das  nur  am  Original 
mit  Sicherheit  machen.  In  Z.  18  ist  wohl  jedenfalls  statt  des  grammatisch  un- 
möglichen y.al  [ach]  Ssovxog  zu  schreiben:    Kai  [au]  Ssovxog. 


§  7.    DIE  FISCHEREIABGABE. 


141 


—  Zu  demselben  Resultat  führt  auch  die  Vergleichuug  von  349 
und  1522,  die  über  die  Ratenzahlungen  desselben  Steuerpächters, 
Biyjpxa;,  für  dasselbe  Jahr  (J.  41  des  Euergetes  II.)  quittiren.  Ich 
verweise  auf  die  Texte. 

Abweichend  von  den  anderen  Ostraka  sind  1029  und  1233 
Quittungen,  die  die  Steuerpächter  —  es  sind  dieselben  Personen, 
2i{Xü)V  und  ^Qpoq,  die  wir  dort  als  Quittungsempfänger  kennen 
lernten  —  den  Steuerzahlern  ausstellten.  In  1233  wird  einem 
Fischer  quittirt,  der  mit  seinen  Söhnen  das  Geschäft  betrieb  (vgl. 
Corrigenda). 

Wenn  auch  die  vorliegenden  Ostraka  sämmtlich  der  Ptole- 
mäerzeit  angehören,  hat  doch  die  Fischereiabgabe  auch  in  der 
Kaiserzeit  fortbestanden.  BGU  220  und  221  bezeugen  eine  Abgabe 
von  den  älitlc,  für  die  Zeit  um  200  n.  Chr.  In  220,13  hatte  ich 
statt  9[6p(ou)]  aXi£(i)v  vielmehr  ß'  aXiewv,  d.  h.  6I{Jiocpov  dXilwv  vor- 
geschlagen. Danach  wäre  die  Abgabe  von  den  Kaisern  enorm 
in  die  Höhe  geschraubt,  insofern  die  Fischer  statt  des  Viertels 
nun  gar  zwei  Drittel  ihres  Ertrages  dem  Kaiser  zu  zahlen  hatten. 
Doch  nach  nochmaliger  Prüfung  des  Originals  (1896)  ist  mir  mein 
ß'  ebenso  fraglich  geworden  wie  das  cp[6p(ou)]  der  editio  princeps.  Ich 
glaube  hl/  zu  erkennen,  worauf  vielleicht  noch  ein  verstümmelter  Buch- 
stabe vor  aXt£(ov  folgt.  Wiewohl  die  Stelle  einstw^eilen  noch  dunkel 
ist,  ist  doch  soviel  sicher,  dass  es  sich  um  eine  Fischerabgabe  handelt. 

Auch  in  BGU  485  aus  dem  II.  Jahrh.  n.  Chr.  wird  die  Abgabe 
genannt  und  zwar  mit  der  alten  Bezeichnung:  L)(^uy]pa.  lieber  die 
Höhe  ist  leider  auch  an  dieser  Stelle  nichts  zu  ersehen.  Wohl  aber 
besagt  der  Text,  dass  die  Erhebung  der  Abgabe,  wie  in  den  alten 
Zeiten,  verpachtet  war.  Vgl.  Z.  6:  a)V  elaiv  cd  oöaat  ölizo  T£Xö)[v] 
Tiapa  [X'.a'ö'WTa'!^  ovxwv.  Darauf  folgt  die  Liste,  an  der  Spitze: 
iX^ur/pa^.  Was  die  Abgabe  ysvwv  aXieuTCXÖv  (BGU  277  I  1,  aus 
dem  II.  Jahrh.  n.  Chr.)  bedeutet,  lasse  ich  einstweilen  dahingestellt. 

§  8.  ''H  akiyd]. 

Für  Theben  belegt  durch  Nr.  305—316,  1227,  1337,  1340, 
1492—1494,  1624. 

^AXixyj  ist  von  aXc,,  Salz,  abzuleiten  und  bedeutet  eine  Abgabe 
für  Salz.    Leider  sind  unsere  Texte,  die  sämmtlich  der  Mitte  des 


142 


IV.  KAPITEL. 


III.  Jahrhunderts  vor  Chr.,  meisteos  mit  Sicherheit  der  Zeit  des 
Philadelphos  angehören,  so  wortkarg,  dass  es  schwer  ist,  über  den 
Sinn  dieser  Abgabe  in's  Klare  zu  kommen.  Sie  sagen  nichts  weiter 
als  Folgendes:  „An  dem  und  dem  Tage  hat  X.  für  die  ocXiy.y]  durch 
die  Vermittelung  von  Y.  so  und  so  viel  gezahlt.'*  Nach  dem.  was 
wir  in  Kap.  III  (S.  64  f.)  ausgeführt  haben,  ist  als  sicher  anzunehmen, 
dass  die  königliche  Bank,  also  der  König  der  Empfänger  des  Geldes 
war,  dass  ferner  unter  dem  Y.  der  Abgabenpäehter  zu  verstehen  ist, 
der  die  Erhebung  der  a^axyj  gepachtet  hatte.  Fraglich  bleibt,  wer 
der  Zahler  ist,  und  vor  allem,  wofür  denn  die  ä^czy]  gezahlt  wird. 

Wir  werden  von  der  Annahme  auszugehen  haben,  dass  wie  alle 
anderen  Bergwerke^),  so  auch  die  Salinen  Eigentum  des  Königs 
waren  2)  und  die  Salzgewinnung  dem  Könige  allein  zustand.  Das- 
selbe wird  auch  von  dem  Seesalz  gelten.  Wir  haben  es  also  mit 
einem  königlichen  Monopol  zu  thun.^)  Es  fragt  sich  nur,  in  welcher 
Weise  dasselbe  gehandhabt  wurde.  Leider  geben  unsere  knappen 
Texte  keine  sichere  Antwort  auf  diese  Frage,  und  ich  muss  mich 
darauf  beschränken,  unter  den  Möglichkeiten  die  wahrscheinlichste 
hervorzuheben. 

Man  könnte  denken,  dass  die  Zahler  die  Zwischenhändler  seien, 
die  das  Salz  vom  König  kaufen,  um  es  weiter  im  Kleinhandel  zu 
verschleissen.  Solche  zaTiYjXo:  oder  laexaßoXoL  oder  7:aX'.V7ipaTOövx£?. 
wie  der  Revenue -Papyrus  sie  uns  für  das  Oelmonopol  vor  Augen 
geführt  hat,  werden  wir  auf  alle  Fälle  als  Bindeglied  zwischen  der 

^)  Vgl.  Varges,  de  stat.  Aeg.  S.  65. 

^)  In  Nr.  1227  steht  d^wY]  Ispwv.  Ist  dieses  Ispwv  als  Gegensatz  zu 
t'.oiy.rjOBtüc,  aufzufassen,  womit  nur  gesagt  wäre,  dass  der  Betrag  an  das  Tempel- 
ressort abgeführt  werden  solle?  Oder  setzt  dies  voraus,  dass  es  auch  Salinen  im 
Tempelbesitz  giebt? 

^)  Auch  heute  spielt  das  Salzmonopol  im  aegyptischen  Staatshaushalt  eine 
grosse  Rolle.  Im  Jahre  1893  ergab  der  Verkauf  von  Salz  und  Natron  über 
3|  Millionen  Mark,  Avas  nach  Abzug  der  Verwaltungs-  und  Erhebungskosten 
einen  Einnahmeüberschuss  von  über  2-i  Millionen  Mark  ausmacht.  Vgl. 
V.  Fircks,  Aegypten  1894,  S.  164/5.  —  Im  Altertum  ist  das  Salzmonopol  ausser 
für  Rom  (s.  oben)  für  Byzanz  überliefert.  Vgl.  Ps.  Aristot.  Oec.  II  2,  3,  wo 
man  wohl  xy]v  xwv  &Xwv  &?v07iü)Xtav  zu  schreiben  hat.  Die  Form  dAOTicbXY]!; 
ist  jetzt  auch  urkundlich  bezeugt.  Vgl.  nächste  Anmerkung.  Auch  in  dem 
Steuertarif  von  Palmyra  (Dessau,  Hermes  XIX  S.  518  flf.)  ist  vom  vectigal  salis 
die  Rede.  Leider  ist  der  aramäische  Text  unvollständig,  der  griechische  ganz 
verloren.    Dessau  sieht  darin  „eine  auf  dem  Kleinverkauf  lastende  Abgabe". 


§  8.    DIE  SALZSTEUER. 


143 


königlichen  Salinenverwaltung  und  den  Consumenten  anzunehmen 
haben. ^)  Dass  sich  unter  den  Zahlern  auch  Frauen  befinden,  könnte 
gegen  diese  Deutung  wohl  nicht  in's  Feld  geführt  w^erden,  denn  ich 
könnte  mir  denken,  dass  auch  Frauen  zu  diesem  Salzhandel  zugelassen 
wären.  Aber  wenn  wir  sehen,  dass  in  einer  unseren  Ostraka  gleich- 
zeitigen Urkunde,  Petr.  Pap,  (II)  XXXIX  £,  ein  stolzer  Makedonier, 
'OX6[X7Ti)(0?  'AYsXaou,  gleichfalls  diese  äXixy]  zahlt,  so  ist  es  doch 
höchst  unwahrscheinlich,  dass  dieser  ein  solcher  Salzhändler  gewesen 
sei.  Eher  könnte  man  ihn  für  einen  Salinenpächter  halten.  Dann  würde 
die  aXczTQ  dem  vectigal  salinarum  der  Römer  entsprechen,  das  mit 
Mommsen  (R.  Staatsr.  11'^  430  A.  7)  als  die  Abgabe  zu  betrachten 
ist,  die  die  Salinenpächter  an  den  Staat  zahlten.  Doch  gegen  diese 
Annahme  spricht  die  Kleinheit  der  von  Olympichos  gezahlten  Summe : 
er  zahlt  pro  Jahr  im  Durchschnitt  3  Drachmen. 2)  Auch  können 
wir  uns  die  Frauen  selbstverständlich  nicht  als  Salinenpächter  denken. 
Sie  stehen  aber  durchaus  auf  einer  Stufe  mit  dem  Olympichos. 

So  wird  man  eine  dritte  Möglichkeit  in's  Auge  fassen  müssen, 
nämlich  dass  die  Zahler  die  Consumenten  sind,  die  das  Salz  für 
ihren  Hausstand  verbrauchen.  Die  Personenfrage  macht  dann  jedenfalls 
keinerlei  Schwierigkeiten,  da  Salz  in  jedem  Hausstand  gebraucht 
wird.  Man  hätte  dann  etwa  anzunehmen,  dass  die  Consumenten 
den  Kaufpreis  (Tt[i')^)  für  das  Salz  an  jene  Zwischenhändler  zahlten, 
ausserdem  aber  an  die  zuständigen  Abgabenpächter  die  aAiXT],  die 
Salzabgabe,  d.  h.  den  für  das  Jahr  fixirten  Zuschlag  zum  Kaufpreis, 
durch  den  eben  der  König  sein  Monopol  fructificirte.  Dass  diese 
CLkivA]  für  das  Jahr  berechnet  wurde,  ergiebt  sich  u.  a.  aus  Nr.  312, 
wo  ausdrücklich  zlq  töv  IviauTOV  gesagt  ist.  Auch  der  von  Olympichos 
handelnde  Text  setzt  dies  voraus.  Unter  dieser  Annahme  würde 
also  die  Salzsteuer  nicht  indirect  von  den  Zwischenhändlern,  sondern 
direct  von  den  Consumenten  erhoben  sein.  Mir  scheint  diese  An- 
nahme unseren  Texten^)  am  ehesten  zu  entsprechen.   Fraglich  bleibt 


"AAOTiwXvj^  ist  die  spezielle  Bezeichnung.  In  Arsinoe  gab  es  eine  Salz- 
ladenstrasse.  Vgl.  BGU  9  I  14,  IV  17:  sv  loZc,  aXwTtwXioig. 

Ich  sah  1895  in  London  noch  weitere,  unpublicirte  Fragmente  dieser 
Urkunde  XXXIX.  Auf  einem  las  ich  den  Posten  aX-.y.f^g  L  [b^  Drachmen), 
auf  einem  anderen  aAixvjs  ^  S  (12^  Drachmen).  Vgl.  auch  Mahaffy,  Petr.  Pap.  (II) 
S.  36/7. 

3)  Vgl.  auch  Petr.  P.  (II)  IV,  11,  3. 


144 


IV.  KAPITEL. 


nur,  wie  man  den  jährlichen  Salz  verbrauch  ermittelt  hat.  Dass 
durch  die  Zwischenhändler  der  factische  Consum  des  Einzelnen 
gemeldet  wäre,  ist  wohl  undenkbar.  Sollte  etwa  je  nach  der  Kopf- 
zahl der  Familie  eine  Pauschsumme  pro  Jahr  berechnet  worden 
sein,  so  würde  das,  wie  Ludwig  Elster  mir  bemerkt,  an  die  Salz- 
conscription  des  XVIII.  Jahrhunderts  erinnern,  insofern  auch  hier 
nicht  der  factische,  sondern  ein  vom  Staat  berechneter  Consum  zu 
Grunde  gelegt  wurde. ^) 

Nach  Mommsen's  Ausspruch  (a.  a.  O.)  hat  für  den  römischen  Staat 
der  Hauptzweck  der  Monopolisirung  des  Salzhandels  darin  bestanden, 
„der  Bürgerschaft  reichliches  und  billiges  Salz  zu  verschaffen".  Ob 
dieser  Gesichtspunkt  auch  für  die  Ptolemäer  massgebend  gewesen  ist? 

§  9.  Ti^ii]  äX6g. 

Nach  Nr.  341  (vom  J.  140  vor  Chr.,  Theben)  hat  ein  gewisser 
Chares  für  Salz,  welches  für  die  Fusstruppen  bestimmt  war,  3  Ta- 
lente 3700  Drachmen  gezahlt.  Der  Wortlaut  ist:  dnö  Ti[x%  ocXoq 
Xapyj?  Toij2)  ToT;  Tze'C^oTq-  (seil.  5:5o[X£VOU).  Es  handelt  sich  hier  also 
nicht  um  eine  Abgabe,  sondern  um  die  Entrichtung  eines  Kaufpreises 
(Ti\iri).^)  Der  Zahler  Xapvjg  muss  irgend  eine  Charge  bei  dem  in 
Frage  stehenden  Infanterieregiment,  das  offenbar  in  Theben  stationirt 
war,  eingenommen  haben.  Der  Verkäufer  und  Empfanger  des 
Geldes  ist  die  Bank,  also  der  König.  Dass  der  König  Salz  verkaufte, 
bekräftigt  unsere  Annahme  im  vorhergehenden  Paragraphen,  dass 
das  Salz  monopolisirt  war.  Hier  ist  aber  nicht  von  aXcx*^,  sondern 
nur  von  einer  T'.[xy]  ccXoc,  die  Rede.  Ich  glaube,  man  wird  annehmen 
dürfen,  dass  das  Heer  gegenüber  dem  Salzmonopol  eine  eximirte 
Stellung  eingenommen  hat.  Den  activen  Mannschaften  wurde  offenbar 
das  Salz,  dessen  sie  zu  ihrer  Speise  bedurften,  von  der  Militärver- 
waltung frei  geliefert.  Dass  aber  die  Militärverwaltung  bloss  den 
eigentlichen  Kaufpreis,  nicht  auch  den  Zuschlag  zahlte,  den  der 

M  Vgl.  Handwörterb.  d.  Staatswiss.  V  S.  490. 

Anfangs  las  ich  XP'^i'^'^^^  statt  x^P'^l'^'^^^-    Meine  Abzeichnung  spricht 
für  Letzteres.    Auch  würde  sonst  das  Subject  zu  xsxa'xxai  fehlen. 

^)  Im  Papyrus  Sakkakiui,  einem  Wirtschaftsbuch  aus  dem  III.  Jahrh. 
vor  Chr.,  findet  sich  unter  dem  1.  Mesore  und  dann  erst  wieder  unter  dem 
10.  Mesore  der  Posten:  dAs;  2_,  d.  h,  „Salz  i  Obol"  «NB.  Silberwährung!). 
Dies  ist  der  Kaufpreis. 


§  9.  SALZKAUF.   


§10.    DIE  WAGEXSTEUER. 


145 


König  von  seinen  übrigen  Unterthanen  forderte,  wäre  begreiflich. 
Denn  die  Militärkasse  war  ja  nur  ein  Teil  der  gesammten  könig- 
lichen Kasse,  und  schliesslich  hätte  der  König  nur  sich  selbst 
in  diesem  Falle  besteuert.  Es  ist  aber  auch  für  das  im  vorigen 
Paragraphen  untersuchte  Problem  insofern  von  Wert,  als  es  uns 
zeigt,  dass  die  äX^xV)  etwas  anderes  ist  als  der  blosse  Kaufpreis.  — 
Die  Militärverwaltung  scheint  aber  auch  insofern  eine  gesonderte 
Stellung  gehabt  zu  haben,  als  sie  offenbar  nicht  von  den  Zwischen- 
händlern, sondern  vielleicht  direct  von  den  königlichen  Salinen 
kaufte.    Jedenfalls  bezahlt  sie  den  Kaufpreis  an  die  Bank. 

Die  in  dem  Ostrakon  für  Salz  gezahlte  Summe  erscheint  enorm 
hoch.  Aber  es  ist  zu  bedenken:  1)  es  handelt  sich  nur  um  Kupfer- 
geld, 2)  die  Zahlung  mag  für  das  ganze  Jahr  gelten,  3)  wir  wissen 
nicht,  wie  gross  der  in  Frage  stehende  Truppenteil  gewesen  ist. 

§  10.    TiXo<;  d[iagwv. 

Für  Theben  belegt  durch  Xr.  392,  395,  1054,  1057,  1261, 
alle  aus  der  Kaiserzeit. 

Ob  man  das  afia^'  in  Ä[iaEwv  oder  in  Ä|ia§:xoO  auflösen  wül, 
macht  sachlich  keinen  Unterschied.  Soviel  scheint  sicher,  dass  durch 
diese  Steuer  die  Besitzer  von  a|JiaEa'.,  d.  h.  von  Lastwagen,  getroffen 
wurden.  In  einigen  Fällen  wird  sie  ausdrücklich  als  xiXoq  ^iia^i^^ 
aou  bezeichnet,  wo  mit  aou  also  der  Besitzer  angeredet  ist.  Dieser 
Ausdruck  zeigt  zugleich,  dass  der  Wagen  selbst  das  Steuerobject 
darstellt.  Das  Nächstliegende  ist  daher,  in  dieser  Wagensteuer  eine 
Vermögenssteuer  zu  erblicken.  Vermutlich  wurde  auch  der  Besitz- 
stand an  Wagen  jährlich  deklarirt  (Kap.  V),  und  wurde  danach 
die  Steuer  pro  Jahr  resp.  pro  Monat  ^)  wohl  nach  der  Zahl,  aber 
auch  mit  Rücksicht  auf  ihre  Qualität,  berechnet. 

Diese  Deutung  würde  mir  ganz  zweifellos  sein,  wenn  nicht, 
abgesehen  von  1057,  überall  zugleich  das  tIao^  (5vrjX(aa:a;)  erhoben 
würde  (vgl.  §  88).  Damit  kann  eine  Vermögenssteuer  nicht  gemeint 
sein.  Die  Abgabe  von  den  im  Besitz  befindlichen  Eseln  könnte 
nur  ziXoz  ovwv  o.  ä.  heissen.    Die  ovr^X(aacaj  weist  ^delmehr  auf 

^)  Die  Yergleichung  von  392  mit  395  legt  die  Vermutung  nahe,  dass  die 
Firma  Ka^if^x'.!;  IlaxpcitTO'j  xal  jiSTOXO'-  für  Wagensteuer  und  für  dvYjXaaia  zu- 
sammen pro  Monat  75  Dr.  zu  zahlen  hatte. 

WiLCKEK,  Ostraka.  10 


146 


IV.  KAPITEL. 


die  gewerbsmässige  Verwendung  der  Esel  hin,  und  so  wird  der 
Gedanke  nahe  gelegt,  ob  nicht  auch  mit  der  Wagensteuer  eine 
Abgabe  gemeint  sei,  die  für  die  Verwertung  der  Wagen  erhoben 
wurde.  Man  würde  da  zunächst  an  Vermietung  denken.  Die 
Vermietung  der  Lastwagen  spielt  in  Nr.  1180  eine  Rolle.  Da 
heisst  es:  [xia-ö'oü  a[jiaEwv  cf  ^iß  (so  2  Mal)  und  [jLLa^oö  a[xacY]c 
^  a  p.  Also  die  ]Miete  für  einen  Lastwagen  beträgt  hier  pro  Tag 
2  resp.  1^  Drachmen.  Der  Unterschied  in  der  Höhe  mag  auf  der 
verschiedenen  Dauer  der  Benutzung  beruhen.  Auch  in  dem  grossen 
Wirtschaftsbuch  aus  Hermupolis  aus  der  Zeit  des  Vespasiau  (Pap. 
Lond.  CXXXI  Recto)  spielt  das  Mieten  von  ä\io^^o^',  eine  Rolle. 
Vgl.  Z.  500/1,  517,  565  f.,  579  f.,  auch  Z.  30  (wo  2  Mistwagen, 
xoTZpriyol,  gemietet  werden).  Gegen  diese  Auffassung  ist  jedoch 
wieder  einzuwenden,  dass  der  Ausdruck  uTiep  t-^^^  apia^Yj^  aou  eben 
für  eine  Vermögenssteuer,  nicht  aber  für  eine  Gewerbesteuer  spricht. 
Halten  wir  also  an  der  obigen  Deutung  von  Vermögenssteuer  fest, 
so  bleibt  die  Schwierigkeit  bestehen,  dass  zwei  verschiedenartige 
Steuern  mit  einer  gewissen  Regelmässigkeit  mit  einander  copulirt 
erscheinen.  Dass  ein  und  dieselben  TsXwva:  beide  zusammen  ge- 
pachtet haben  (vgl.  1054),  ist  zwar  ohne  Bedeutung.  Aber  nach 
;)92  und  395  scheint  es,  als  wenn  für  beide  Posten  zusammen  eine 
Summe  berechnet  worden  sei  (s.  145  Anm.  1).  Vielleicht  bringen 
neue  Texte  Licht. 

§  11.    Eig  TO  'A|JL|Jl(03Vc10V). 

Vgl.  321,  702,  1341,  1498,  1527,  alle  aus  Theben,  aus 
dem  Ende  des  II.  Jahrhunderts  v.  Chr.    Vgl.  auch  1505. 

Während  in  den  beiden  letzten  Kummern  kurz  ei^  xo  'A[X[X(i)V£:ov 
gesagt  ist,  findet  sich  in  den  drei  anderen,  die  sämmtlich  von  den- 
selben Steuerpächtern,  der  Firma  IIpolTO?.  Kovwv  und  Compagnie 
ausgestellt  sind,  der  Zusatz:  iepötc,  vrpou  IIoavepiGuvsü)^.  In  321 
ist  der  lehrreiche  Zusatz  gemacht:  twv  tepewv  'A[1ü)voc,  d.  h.  für 
die  Priester  des  Ammon.^)    In  1505  steht  nur  noavsfJioOv.    Es  ist 

^)  Dieser  Zusatz  zeigt,  dass  die  Abgabe  wirklich  als  Tempelabgabe  für 
den  Ammonterapel  aufzufassen  ist.  Daher  ist  die  andere  Möglichkeit,  in  'Aijl^w- 
vsrov  nur  eine  Lokalangabe  zu  sehen,  abzulehnen.  Aus  Grenfell  (Gr.  Pap.  I) 
XXI  15  geht  nämlich  hervor,  dass  mit  zb  'AjJL[ia)v£tov  ein  Stadtteil  Thebens 
bezeichnet  wurde :  Tä  ds  Xo(t7ia)  olxoTZsSa  [y.at  cj^iJXoi  tötxo'.  (sie)  £v  A'.ög  7ic(ÄS'.) 


11.     FÜR   DAS  A3IM0XI0N. 


147 


also  wohl  nur  eine  Eigentümlichkeit  dieser  Schreiber,  dass  sie  sich 
einer  solchen  Ausführlichkeit  befleissigen,  und  wir  werden  berechtigt 
sein,  auch  in  den  beiden  anderen  Fällen  den  Zusatz  hinzuzudenken. 
Also  für  die  Priester  des  Ammontempels  auf  der  heiligen  Nilinsel 
Poanemunis  (vgl.  Kap.  IX)  ist  das  Getreide  —  es  handelt  sich 
überall  um  Weizenlieferungen  —  bestimmt.  Nichts  desto  weniger 
wird  es  nach  702,  1505  und  1527  elz  tcv  ev  A:g;  7:6 ab:  'zf^:  \it^(0!,Xri', 
•önrjaaupov  abgeführt,  also  in  den  grossen  Staatsspeicher  in  Theben! 
Dieser  scheinbare  Widerspruch  löst  sich  durch  die  Annahme,  dass 
der  Zusatz  e:;  to  'A|i[jLa)V£lov  xta.  nur  besagt,  dass  das  Getreide, 
das  zunächst  in  den  allgemeinen  Thesauros  gebracht  wird,  dazu  be- 
stimmt war,  später  dem  besagten  Ammontempel  überwiesen  zu  werden. 
Es  liegt  also  im  Grunde  nichts  anderes  vor,  als  wenn  sonst  das 
Getreide  in  den  -ö-y^aaupGc  ispwv  überführt  wird,  nur  ist  in  unserem 
Falle  die  spezielle  Bestimmung  genauer  ausgedrückt.  Dass  es  sich 
um  Grundsteuer  handelt,  ist  wohl  nicht  zweifelhaft.  —  In  1341 
findet  sich  oberhalb  des  Textes  die  Randbemerkung  lepoO  L  (4.). 
Vgl.  dazu  §  60. 

§  12.  T-sp  djjLTZcAwvwv  und  uizlp  yswixsTpiag  Ä[X7ü£Aa)va)v. 

Ersteres  für  Theben  belegt  durch  Xr.  375,  397,  404,  1543, 
letzteres  gleichfalls  für  Theben  durch  407  und  580,  alle  aus  der 
Kaiserzeit.    Vgl.  auch  1301. 

Es  kann  sachlich  und  sprachlich  wohl  kaum  ein  Zweifel  darüber 
bestehen,  dass  die  als  \)T:zp  a[X7:cAü)Vü)v .  d.  h.  „für  Weingärten" 
bezeichnete  Steuer  die  Grundsteuer  ist,  die  vom  Weinlande  erhoben 
wurde.  Diese  Auffassung  findet  darin  ihre  Stütze,  dass  in  den 
meisten  der  angefiihrten  Ostraka  der  besteuerte  Flächenumfang  an- 
gegeben ist.  Es  geschieht  das  in  folgender  Weise: 
In  1543  (a.  9/8  v.  Chr.)  wird  gezahlt  für  4  -3^^  Arure  [x  Drachmen]. 
In  375  (a.  33/4  n.  Chr.)    „       „       „  11  Dr.  1^  Ob. 

In  397  (a.  47/8  „  )  „  „  „  |  „  20  Dr. 
In  404  (a.  52/3     „     )    „       „       „    i         „      10  Dr. 

f^'.  iiSYa(/>r/.)  £v  tö'.  'A}jl"1(!)(v£'(!)'.)  [y.jal  sv  to:;  Kspajisio-.;  sxstw  'EsO-XaSa?. 
Solche  Hausstellen  können  nicht  „im  Ammontemper',  sondern  nur  im  Quartier 
des  Ammontempels  liegen.  Von  diesem  Quartier  wird  wohl  auch  in  einer  the- 
bauischen  Inschrift  gesprochen,  die  einen  cfuÄaxixr,^  ict.od  'A{i|iü)V.£toi)  nennt. 
Vgl.  Merriam,  Amer.  Journ.  of  archaeol.  188C,  S.  149. 

10* 


148 


IV.  KAPITEL. 


Aus  dieser  Uebersicht  ergiebt  sich,  dass  für  die  Arure  Weinland 
eine  bestimmte  fixe  Geldsumme  als  Grundsteuer  erhoben  wurde. 
Man  denkt  unwillkürlich  an  das  Wort  £7iapo6p:ov,  das  wir  unten 
§  43  nachweisen  werden.  Die  Uebersicht  ergiebt  zugleich,  dass 
in  375,  397,  404  für  1  Arure  40  Drachmen  gezahlt  wurden. 
Dieselbe  Abgabe  von  40  Drachmen  für  die  Arure  Weinland  liegt 
aber  auch  in  407  vor,  wo  67i(£p)  Y£ü)|jL(£Tpta?)  a[XTc(£Xü)Vü)v) 
quittirt  wird;  hier  werden  für  ^  Arure  12^  Drachmen  gezahlt. 
In  580,  wo  gleichfalls  67t£p  yeoy[iezpla^  a[Ji7r£Xa)vwv  gezahlt  wird, 
ist  leider  das  Flächenmaass  nicht  angegeben.  Sollen  wir  nun  an- 
nehmen, dass  von  den  Weinlandbesitzern  sowohl  bizep  a|JLTC£Xü)Vü)v 
als  auch  Ö7i£p  yt(ü\LeTpiocq  a|JiT:£Xa)va)v  je  40  Drachmen  pro  Arure 
gezahlt  wurden?  Ich  denke,  man  wird  nicht  fehlgehen,  wenn 
man  darin  vielmehr  zwei  verschiedene  Ausdrücke  für  eine  und 
dieselbe  Sache,  nämlich  für  die  Grundsteuer,  erkennt.  Wir  werden 
unten  §  27  zu  untersuchen  haben,  wie  der  Ausdruck  (jizep  y£ü)jJi£Tpca(; 
d{Ji7i£Xa)Vü)v  statt  des  einfachen  bnkp  a|Ji7i£Xa)va)V  sprachlich  zu  er- 
klären ist.  Hier  kommt  es  nur  darauf  an  festzustellen,  dass 
alle  Wahrscheinlichkeit  dafür  spricht,  dass  mit  beiden  Wendungen 
dasselbe  gemeint  ist.  Auch  in  Nr.  1301,  die  w^ohl  ein  Auszug 
aus  dem  Kataster  ist,  werden  nach  der  Ueberschrift  r£ü)((X£Tp:a) 
'AyopöCv)  (d.  h.  Landesvermessung  des  Ortes  'Ayopat)  Wein- 
gärten genannt,  die  dvd  ^  [jl,  d.  h.  pro  Arure  mit  40  Drachmen  be- 
steuert waren. 

Die  Ostraka  zeigen  uns  also  eine  Grundsteuer  für  Weinland 
im  Betrage  von  40  Drachmen  pro  Arure.  Es  würde  sehr  nahe  liegen, 
dieses  Ergebnis  zu  verallgemeinern  und  zu  sagen,  dass  die  Grund- 
steuer für  Weinland  im  kaiserlichen  Aegypten  regelmässig  40  Drach- 
men betragen  habe.  Der  Londoner  Papyrus  CIX  A  belehrt  uns  aber 
eines  besseren.  Dieser  Papyrus  eine  der  wichtigsten  Urkunden 
für  die  Grundsteuerfrage  —  er  stammt  gleichfalls  aus  Theben  und 
ist  in  der  Mitte  des  II.  Jahrhunderts  n.  Chr.  geschrieben  —  zeigt 
uns,  dass  die  Weingärten  zur  Grundsteuer  in  sehr  verschiedener  Höhe 
veranlagt  werden  konnten.  Der  Satz  von  40  Drachmen  pro  Arure 
ist  zwar  auch  in  dieser  Urkunde  der  häufigste.  Vgl.  Z.  13,  33,  40,  46, 

F.  Kenyon,  Catal.  of  tbe  Greek  Pap.  in  the  Brit.  Mus.  1893,  S.  142  ff. 
Vgl.  dazu  meine  Bemerkungen  in  Gött.  Gel.  Anz.  1894,  Nr.  9,  S.  733  ff.  Das 
"NVeinland  (d[jL7i£Aü)v)  steht  überall,  wo  Kenyon  axa)  las. 


§12.    GRL-TS'DSTEUER  FÜR  REBEXLAXD. 


149 


60,  74,  75,  98,  104,  117,  131.  Daneben  findet  sich  aber  gleich- 
zeitig auch  der  Satz  von  20  Drachmen  pro  Arure  (Z.  33,  oben), 
von  75  Drachmen  (Z.  105),  von  150  Drachmen  (Z.  33,  104,  117) 
und  gar  von  350  Drachmen  (Z.  48,  135,  139).  Es  scheint  also 
ein  reiner  Zufall  zu  sein,  dass  die  paar  Ostraka,  die  von  dieser 
Steuer  handeln,  soweit  sie  controllirbar  sind,  sämmtlich  den  Satz 
von  40  Drachmen  aufweisen,  und  wir  müssen  die  Möglichkeit  offen 
lassen,  dass  in  580  und  1543,  die  sich  nicht  genauer  berechnen 
lassen,  vielleicht  andere  Sätze  zu  Grunde  liegen.  Diese  grosse  Ver- 
schiedenheit in  der  Besteuerung  des  Rebenlandes  —  die  Steuer 
schwankt  also  zwischen  20  und  350  Drachmen  pro  Arure  —  wird 
kaum  anders  als  durch  die  verschiedene  Qualität  des  Bodens  und 
der  Reben  sowie  durch  die  verschiedene  Lage  der  Gärten^)  erklärt 
werden  können. 

Der  Londoner  Papyrus  lässt  uns  noch  tiefer  in  die  Behandlung 
der  Weinland -Grundsteuer  hineinblicken.  Mir  ist  aufgefallen,  dass 
diejenigen  Summen,  die  nach  dem  Satze  von  20  oder  40  Drachmen 
pro  Arure  erhoben  werden,  regelmässig  für  die  E:oL7.yja:?  in  Anrechnung 
gebracht  werden,  dagegen  diejenigen,  denen  der  Satz  von  75,  150 
oder  350  Drachmen  zu  Grunde  liegt,  ebenso  regelmässig  für  die  lepa. 
Älit  S'.OLxrjai^  und  hpi  werden  die  zwei  grossen  Ressorts  der  aegyp- 
tischen  Provinzialkasse  bezeichnet,  die  den  gesammten  Rechnungen 
des  Londoner  Pap}Tus  zu  Grunde  liegen  und  auch  in  unseren  Ostraka 
an  den  verschiedensten  Stellen  hervortreten  (vgl.  Kap.  VI).  Wir 
können  sie  etwa  als  Staats-  und  Tempelressort  unterscheiden.  Bei 
dem  bedeutenden  Umfang  der  Londoner  Urkunde  wird  man  in  der 
oben  mitgeteilten  Thatsache  kaum  einen  Zufall  erblicken  dürfen, 
sondern  wird  annehmen  müssen,  dass  aus  den  höher  besteuerten 
Weinländereien  die  Grund  steuererträge  nicht  der  S:oi7.yjaLC,  sondern 
den  C£pa  zuflössen.  Eine  innere  Begründung  dafür  zu  finden,  dürfte 
schwierig  sein.  Aber  die  Thatsache  scheint  mir  fest  zu  stehen,  dass 
die  Grundsteuern  aus  den  besten  und  ertragsfahigsten  Weingärten 
der  thebanischen  Landschaft  dem  Tempelressort  zugewiesen  wurden. 
Wir  werden  somit  nach  dem  Londoner  Papyrus  annehmen,  dass  die 
Beträge  unserer  Ostraka,  denen  der  niedrige  Satz  von  40  Dmchmen 


Dass  im  Falle  mangelhafter  Ueberschwemmung  Steuererleichtenmg  ge- 
währt wurde,  zeigt  Grenf.  (II)  LVI.    Vgl.  Kap.  Y. 


150 


IV.  KAPITEL. 


ZU  Grunde  liegt,  für  die  SiOLXYjat^,  nicht  für  die  cepa  bestimmt  waren. 
Und  ich  glaube  unsere  Texte  bestätigen  diese  Vermutung.  Wir 
werden  unten  (§  131)  sehen,  dass  die  Ostraka  zwischen  den  (fotVLXwve; 
und  den  cpoLVcy.wvei;  hpccxiy.oi  unterscheiden.  Unter  letzteren  ver- 
stehe ich  diejenigen  Palmgärten,  deren  Grundsteuer  an  das  Tempel- 
ressort abgeführt  wird.  Da  nun  in  unseren  Texten  hier  lediglich 
von  (^[xTieXwve^ ,  nicht  aber  von  a[jL7ü£X(I)V£?  lepaTizoc  die  Rede  ist, 
so  sehe  ich  hierin  eine  Bestätigung  dafür,  dass  die  hier  gezahlten 
Beträge  für  die  StOLxyjai?  bestimmt  waren. 

Wir  haben  noch  einer  anderen  Beziehung  zwischen  dem  Londoner 
Papyrus  und  unseren  Ostraka  zu  gedenken.  Wir  werden  unten 
unter  ol'vou  liXoc,  (§  86)  die  Thatsache  zu  besprechen  haben,  dass 
die  Weinlandbesitzer  ausser  der  Grundsteuer  noch  eine  „Weinsteuer" 
zahlten.  In  den  uns  beschäftigenden  Ostraka  begegnet  ein  ent- 
sprechender Zusatz  zweimal,  in  397  und  404.  In  beiden  Fällen 
beträgt  die  Grundsteuer  40  Drachmen  pro  Arure.  Auch  in  dem 
Londoner  Papyrus  wird  diese  Weinsteuer  erwähnt,  aber,  wie  wir 
unten  nachweisen  werden,  regelmässig  nur  bei  denjenigen  Grund- 
stücken, für  die  der  niedrige  Satz  von  40  Drachmen  Grundsteuer 
gilt,  nicht  bei  denjenigen,  die  75,  150  und  350  Drachmen  bringen, 
mit  anderen  Worten,  nur  bei  denjenigen,  die  für  die  Dioikese  be- 
steuert werden.  Es  stimmt  also  mit  den  Angaben  des  Papyrus 
überein,  wenn  in  397  und  404  die  Weinsteuer  erwähnt  wird.  Wenn 
sie  in  375  und  407  nicht  genannt  wird,  so  ist  zu  bedenken,  dass 
man  sie  ja  nicht  notwendiger  Weise  zu  gleicher  Zeit  mit  der  Grund- 
steuer zu  zahlen  brauchte. 

Aus  dem  Gesagten  geht  hervor,  dass  die  Grundsteuer  vom 
Weinland  in  der  Kaiserzeit  zu  denjenigen  Steuern  gehörte,  die,  um 
mich  des  alten  ptolemäischen  Ausdruckes  zu  bedienen,  nicht  TZpbc, 
yevi^fJiaTa,  sondern  jzpbc,  apyupLO"^  erhoben,  d.  h.  nicht  in  natura, 
sondern  in  Geld  bezahlt  wurden.  Werfen  wir  kurz  noch  einen  Blick 
auf  die  Ptolemäerzeit.  Für  das  III.  Jahrhundert  haben  wir  die 
Flinders  Petrie  Papyri  zu  befi-agen.  Bei  Mahaffy  (II)  XLIIIa  (bis 
Z.  26  incl.)  haben  wur  laut  Ueberschrift  eine  Abrechnung  über  Ein- 
gänge für  den  ^opoc,  dt|Ji7r£X(üVü)V.  Damit  ist  wohl  die  Grundsteuer 
gemeint,  die  vom  Weinlande  erhoben  wurde. ^)     Für  uns  ist  hier 

^)  Die  aufgeführten  Personen  sind  die  AVeinlandbesitzer;  es  begegnen  auch 
Frauen  darunter  (vgl.  0£Ocp(Xa  in  Z.  22  und  wohl  auch  0aoug  in  Z.  26).  An 


§12.    GRUNDSTEUER  FÜR  REBENLAND. 


151 


nur  von  Interesse,  dass  diese  Steuer  in  Geld  gezahlt  wurde,  wie  die 
nebenstehenden  Summen  zeigen.  Leider  lässt  sich  die  Höhe  der 
Abgabe  nicht  berechnen.  Von  Z.  27  an  ist  der  Text,  wie  ich  am 
Original  erkannte,  von  dem  vorhergehenden  zu  trennen.  Gleichwohl 
handelt  auch  dieser  Abschnitt  (Z.  27 — 44)  neben  anderem  (azpoSp'jwv) 
von  der  Weinland- Grundsteuer. Auch  hier  wird  sie  in  Geld  be- 
zahlt, wie  sich  aus  der  Art  erkennen  lässt,  in  der  hier  die  Wein- 
steuer (oLVOU  lou  auToO  afiTieXwvo;)  erwähnt  wird.  Vgl.  unten  §  86. 
Ferner  finden  wir  die  Grundsteuer,  und  zwar  wiederum  als  Geldsteuer, 
im  Petr.  Pap.  (II)  XXIXa.  Endlich  findet  sie  sich  auch  in  der  Bitt- 
schrift des  K/i(i)v  Aiozi\LO\)  (Petr.  P.  II.  XIII  17),  wo  er  sagt:  Tiapa- 
Y£Ypa{i(xa:  twl  Tipaziop:  w;  g[9c:aü)v]  r^pbc,  xa  d|JL7ü£Ar/a  toö  X' —  hq, 
d.  h.  „ich  bin  vom  Praktor  mit  90  Drachmen  im  Rückstand  für  die 
ßc\iizBXi%7,  des  30.  Jahres  notirt  worden."  Nach  dem  Obigen  werden 
wir  in  diesen  ajJL7t£Ar/.a  nicht  mit  MahafiH^  „the  vine-tax",  sondern 
vielmehr  die  Grundsteuer  von  den  ajiiieXwvec  sehen.  Der  Gegensatz 
in  der  Besteuerung  des  Weinlandes  in  Geld  gegenüber  der  des 
Weizenlandes  in  natura  tritt  hier  scharf  hervor,  indem  der  Schreiber 
fortföhrt:  xal  toö  aXL  Tiupwv  x5  y  (seil,  apxaßag).  Wir  kommen 
somit  zu  dem  Endergebnis,  dass  vom  III.  Jahrhundert  v.  Chr.  an 
die  Grundsteuer  für  Weinland  regelmässig  in  Geld,  nicht  in  natura 
erhoben  wurde.  Nur  eine  Ausnahme  wüsste  ich  anzuführen,  aber 
eine  solche,  die  die  Regel  bestätigt.  Nach  dem  Dekret  von  Rosette 
Z.  30  f.  befreite  Ptolemäus  V.  Epiphanes  im  8.  Jahre  seiner  Regierung 
die  Tempel  Aegyptens  von  tt^^  a[7:oT£xaY][X£vr^?  dpxaßyj^  zy]i  xpoupoLi 
x^?  iepotc,  yy];  xal  xfjC  dp,7i£A''xi5o;  6{JL0i[a)(;]  x6  y,epi\iiow  zr]i  ocpoupoci. 
Die  Tempel  zahlten  also  bis  zu  diesem  Jahre  1  Keramion  Wein  pro 
Arure.  Schon  Lumbroso  (Recherches  S.  293)  wies  darauf  hin,  dass 
diese  Sätze  sehr  gering  und  wohl  nur  durch  die  privilegirte  Stellung 


Pachtzins  ist  hier  k^um  zu  denken,  da  auch  ein  IxaxovTapoupo^  unter  den  Zahlern 
erscheint.  Freilich  ganz  ausgeschlossen  ist  es  nicht.  Der  Zusammenhang  ergiebt, 
dass  es  hier  natürlich  königliche  Pächter  sein  müssten.  Aber  auch  dann  würde 
der  Text  für  unsere  Frage  von  Interesse  sein,  da  der  Pachtzins  gewöhnlich  mit 
demselben  Zahlungsmittel  beglichen  wird  wie  die  Grundsteuer. 

^)  Weil  ich  sagte,  dass  dieser  Text  zu  derselben  Urkunde  wie  die  folgende 
Seite  gehöre,  meinte  Grenfell,  dass  auch  dieser  von  der  IxxYj  xal  ScXOctt^  handeln 
müsse.  Das  ist  aber  nicht  nötig  und  auch  nicht  richtig,  wie  die  Erwähnung 
des  olvou  xiXog  zeigt. 


152 


IV.  KAPITEL. 


der  Tempel  zu  verstehen  seien.  Wir  lernen  jetzt,  dass  die  Tempel 
nicht  nur  hinsichtlich  der  Höhe  der  Veranlagung,  sondern  auch  der 
Art  der  Contribution  bevorzugt  waren.  Denn  offenbar  war  es  be- 
quemer und  vorteilhafter,  den  selbstproducirten  Wein  als  baares 
Geld  zu  liefern. 

§  13.  TTisp  jispLa(xou  dva^ 

Für  Syene-Elephantine  belegt  durch  101,  135,  für  Theben  durch 
556,  564,^579,  585,  601,  602,  606,  612,  614,  620,  627,  630, 
631,  635,  642,  651,  1290,  1437,  1583,  alle  aus  der  ersten 
Hälfte  des  II.  Jahrhunderts  n.  Chr. 

Die  Lesung  ava>'-  steht  fest.  Nur  in  556  und  564  könnte  man 
zwischen  ava  und  avy  schwanken,  doch  ist  ersteres  wohl  das  Richtige. 
Was  mit  ava"*^  gemeint  ist,  weiss  ich  nicht.  Mit  Vermutungen 
will  ich  mich  nicht  aufhalten.  In  dem  hier  nicht  aufgenommenen 
Berliner  Ostrakon  P.  1156  steht  67T:(£p)  ava"/-  )(0  Xa(paxo^).  Auch 
dies  hilft  nicht  weiter.  Hoffentlich  bringt  einmal  ein  neues  Ostrakon 
die  evidente  Auflösung.  In  1290  steht  unkp  [X£pca|JL(oö)  ava>^  qa 
(=91?),  was  mir  völlig  rätselhaft  ist.  —  Nach  den  Ausführungen 
in  §  75  können  wir  nur  vermuten,  dass  auch  der  [xsptafio?  (^va^ 
kopfsteuerartig  auf  die  Steuerzahler  verteilt  war.  Hierzu  würde 
stimmen,  dass  nach  631  drei  Personen  —  ein  Vater  und  zwei  Söhne  — 
die  gleiche  Summe  von  je  3  Obolen  zahlen.  Nach  630  zahlt  auch 
noch  eine  vierte  Person  dieselbe  Summe  für  dasselbe  Jahr. 

§  14.  Mspia[x6<;  av^. 

Für  Theben  belegt  durch  Nr.  559,  603,  604  (II.  Jahrhundert 
n.  Chr.). 

Ich  weiss  für  av^  einstweilen  keine  Auflösung  vorzuschlagen. 
Man  beachte,  dass  in  ()03  „für  so  und  so  viele  Aruren"  quittirt  wird. 

§  15.  TTisp  dv8piavx(i)v. 

Für  Theben  belegt  durch  1430,  für  Syene-Elephantine  durch 
71  —  73,  94,  100,  105,  151,  152,  154  —  156,  171,  178—180, 
182,  183,  201,  249,  254,  261,  1272. 

Es  handelt  sich  hier  um  eine  Abgabe,  deren  Ertrag  zur  Her- 
stellung und  Ausbesserung  von  Statuen  oder  auch  Büsten  (7rpoTO[iac) 


§  12  —  15. 


153 


verwendet  werden  soll.  In  einzelnen  Fällen  wird  die  darzustellende 
Persönlichkeit  genannt,  und  zwar  ist  es  einmal  Trajan,  ein  ander 
Mal  Hadrian,  und  ein  drittes  Mal  ol  y.upLOi  Kaiaape^,  d.  h.  Marcus 
und  Verus.  Wir  dürfen  sicherlich  annehmen,  dass  es  auch  in  den 
anderen  Fällen  sich  um  Kaiserstatuen  handelt,  und  es  liegt  viel- 
leicht am  nächsten,  sich  diese  Statuen  in  Tempeln  aufgestellt  zu 
denken.  Wurden  doch  die  Kaiser  als  ^Nachfolger  der  Ptolemäer  in 
allen  Städten  Aegyptens  als  auvvao:  -ö-eo:  verehrt.  Unsere  Kaiserstatuen 
wären  danach  also  zugleich  Götterstatuen.  Speziell  für  den  Tempel 
des  Jupiter  Capitolinus  in  Arsinoe  habe  ich  früher  den  Nachweis 
geführt,  dass  er  mit  Kaiserstatuen  angefüllt  war.  Ich  erinnere  an 
die  interessante  Darstellung,  die  die  arsino'itischen  Tempelrechnungen 
von  der  Aufstellung  einer  neuen  Kolossalstatue  des  Caracalla  (im 
J.  215)  gaben.  1)  Natürlich  soll  damit  nicht  gesagt  sein,  dass  man 
nicht  auch  ausserhalb  der  Tempel  Kaiserstatuen  in  Aegypten  er- 
richtet hätte.  2) 

Wenn  unsere  Ostraka  nur  für  die  Zeit  von  Trajan  bis  Marcus 
die  Errichtung  von  Kaiserstatuen  bezeugen,  so  ist  das  nur  ein  Zufall. 
Augustus  scheint  es  sogar  recht  eilig  gehabt  zu  haben,  seine  Statuen 
durch  ganz  Aegypten  zu  verbreiten.  Denn  schon  im  Jahre  24  3 
V.  Chr.  fanden  die  einbrechenden  Aethiopen  in  Philae,  Syene  und 
Elephantine  mehrere  Augustusstatuen  vor,  die  sie  dann  mit  sich 
fortführten."'^) 

In  den  Ostraka  werden  nun  folgende  Sammlungen  für  Statuen 
unterschieden : 

1)  Im  J.  104  n.  Chr.  wurde  für  eine  Statue  (bTzkp  avSp'.avTO?) 
gesammelt,  vermutlich  des  Trajan  (71 — 73). 

2)  Im  J.  114/5  desgleichen  für  eine  Statue  des  Trajan  (04, 
100,  105).    Hier  sind  die  Texte  ergiebiger:  bizip  Tifi"^?  y.al  Sa-a- 


^)  Hermes  XX  S.  430  ff.  und  XXIII  S.  629  f.  Der  Text  ist  jetzt  mit 
wenigen  Aendermigen  von  mir  neu  edirt  in  BGU  362. 

Vgl.  z.  B,  CIGr.  III  4680  und  dazu  meine  Ausfuhrungen  im  Hermes 
XXVn  S.  294  A.  1. 

3)  Strabo  XVII  p.  820.  Vgl.  dazu  Philolog.  LIII  S.  90  A.  Bekanntlieh 
wurde  es  für  den  ersten  Statthalter  Aegyjjtens,  G.  Cornelius  Gallus,  verhängnis- 
voll, dass  er  dem  Kaiser  hierin  Concurrenz  machte  (Dio  Cassius  LIII  23,5). 
Vgl.  zu  dieser  Frage  meinen  Aufsatz  über  die  ,,Trilinguis  von  Philae"  in  der 
Zeitschr.  f.  aegypt.  Sprache  1897,  Heft  I. 


154 


IV.  KAPITEL. 


VYjjJiaTo;  avopiavTO^  Tpaiavoö.  Die  TL|JiYi  wird  den  an  den  Künstler 
zu  zahlenden  Preis,  das  6a7ravr/{Jia  wohl  die  Unkosten  für  Transport 
und  Aufrichtung  bedeuten. 

3)  In  den  Jahren  128/30  werden  Ratenzahlungen  für  eine 
Statue,  wohl  des  Hadrian,  eingezogen.  Die  Texte  sagen:  bizip 
[jtepLapioö  £7rtx£cpaXLou  avSpLavxo?  (151,  152,  1272). 

4)  In  den  Jahren  131/2  wdrd  für  die  jS^euvergoldung  einer 
Statue  —  avSpidtVTO^  avax£)((pua(i)|JL£VOu)  —  einkassirt.  Hier  ist  viel- 
leicht eher  an  die  Statue  eines  früheren  Kaisers  zu  denken  (151 — 156). 

5)  Desgleichen  zahlt  man  im  J.  138/40  für  eine  Xeuvergoldung 
(171,  182,  183). 

6)  Im  J.  141  wird  für  eine  Statue  und  eine  Büste  gesammelt, 
wohl  des  Antoninus  Pius  (178 — 180). 

7)  Im  J.  143/4  wiederum  für  eine  Neuvergoldung  (201). 

8)  Endlich  zahlt  man  im  J.  161/2  für  2  Statuen  und  2  Büsten, 
nämlich  des  Marcus  und  Verus  (249,  254,  261),  und  später  noch- 
mals für  eine  Vergoldung  (261). 

Dies  alles  in  Svene -Elephantine.  In  Theben  wird  nur  eine 
Statue  des  Hadrian  erwähnt,  für  die  im  2.  Jahre  des  Antoninus 
Pius  gesammelt  wird  (1430). 

Bei  der  Ausführlichkeit  der  Texte  bleiben  wir  glücklicherweise 
über  die  Xatur  dieser  Statuensteuer  nicht  im  Unklaren.  'E7rLX£^aXL0V 
heisst  sie  an  mehreren  Stellen.  Daraus  folgt,  dass  sie  nach  Art 
einer  Kopfsteuer  umgelegt  und  erhoben  wurde,  also  pro  Kopf  in 
gleicher  Höhe.  Auch  die  Bezeichnungen  einzelner  Summen  als 
\Lepia\ioi  spricht  nach  §  75  für  diese  Auffassung.  Die  in  den  Ostraka 
genannten  Summen  bestätigen  dies.  So  werden  für  die  Statue  unter 
1)  in  allen  3  Fällen  je  3  Obolen  gezahlt,  für  die  unter  2)  des- 
gleichen in  3  Fällen  je  2  Drachmen  und  4  Obolen,  für  die  unter 
6)  je  4  Drachmen,  für  die  unter  8)  je  10.  Der  letztere  Posten 
zeigt,  dass  eine  Doppelherrschaft  für  den  Unterthan  auch  doppelte 
Unkosten  verursachen  kann. 

Wer  die  Statuen  errichten  hiess,  ist  unseren  Texten  nicht  zu 
entnehmen.  Wie  Mommsen  mit  Recht  bemerkt,  ist  Decretirung 
durch  die  Lokalbeamten  das  Wahrscheinlichste.  Trotzdem  ist  Be- 
schlussfassung durch  die  Communen  für  Aegypten  nicht  völlig  aus- 
geschlossen. Vgl.  CIGr.  III  4699,  12:  z^oqB  zdlc,  ocizb  xwfxyj? 
Boi)a£Lp£ü)?  ToO  Ay]To[7roX£c]TGD  -apoLXoOaL  xal?  wjpoi\Ll(ji  xal  toT^ 


§15.  STATUEXSTEUER.   


§16.  ANNONA. 


155 


£V  a'JT[fJ  7.aTaYc:vo[Ji£Vo:;  TG7:oYpa[i{JiaT£0a:  xal  zcapLGYpajjtjjLaTeOac 
(J;rj[9:a]aaa'9'aL  7wal  [avJa-ö-cTvai  axrjAYjv  7wtX.  Hier  beschliessen 
die  Gemeindeangehörigen  zusammen  mit  den  Lokalbeamten  eine 
Ehrung. 

§  16.  .T7:sp  dvvwvT]^. 

Für  Elephantine  belegt  durch  273,  für  Theben  durch  674, 
679,  682,  698,  1016,  1019,  1479,  alle  aus  dem  Ende  des  IL 
oder  Anfang  des  III.  Jahrh.  n.  Chr.    Vgl.  auch  1264. 

Unter  der  annona  versteht  man  Naturallieferungen ,  die  als 
Zuschlag  zu  der  Grundsteuer  erhoben  wurden.  1 )  In  der  Bezeichnung 
annona  liegt  der  besondere  Hinweis  auf  die  Bestimmung  dieser 
Naturallieferungen  zur  Verj)flegung.  In  Aeg}^ten  kommen  zweierlei 
Arten  von  annonae  in  Betracht,  die  für  die  Verpflegung  von  Rom 
(annona  urbis  oder  civica)  und  Alexandrien,  sowie  die  für  die  Ver- 
pflegung der  in  Aegypten  selbst  stationirten  Truppen  und  Beamten 
(annona  militaris).-) 

Auf  die  Bedeutung  des  aegyptischen  Getreides  für  die  Ver- 
sorgung der  Stadt  Rom  ist  später  hinzuweisen,  wo  wir  von 
der  Grundsteuer  sj^rechen.  AYenn  ich  auch  keine  directen  Be- 
weise dafür  habe,  möchte  ich  doch  meinen,  dass  für  die  Bedürf- 
nisse der  annona  urbis  im  Princip  die  Grundsteuer  bestimmt  war, 
und  auch  in  der  Regel  für  sie  ausreichend  war,  dass  dagegen  für 
die  annona  militaris,  die  im  Lande  selbst  ihre  Verwendung  fand, 
eben  die  uns  hier  beschäftigende  Steuer,  die  annona  im  engeren 
Sinne,  ausei-sehen  war.  Wenn  unter  der  Letzteren  die  stadtrömische 
zu  verstehen  wäre,  würde  sie  vielleicht  in  unserer  Sammlung  eine 
grössere  Rolle  spielen. 

Für  diese  annona,  die  zweimal  als  :£pa  avvwvY],  d.  h.  als 
kaiserliche  bezeichnet  wird  (682,  1019),  werden  die  verschiedensten 
Naturalien  eingefordert,  entsprechend  den  mannigfachen  Bedürfhissen 
der  aegyptischen  Beamtenschaft  und  der  Garnisonen.  In  den  obigen 
Texten  werden  Weizen,  Gerste,  Wein  und  Heu  genannt.  Vielleicht 
wird  man  auch  Nr.  961  und  1013  hierher  ziehen  dürfen,  in  denen 

^)  Marquardt,  R.  Staatsv.  II^  S.  232  f.  Vgl.  O.  Seeck,  Zeitschr.  f.  Soc.  u. 
Wirtschaftsg.  IV,  S.  329  f. 

Marquardt  a.  a,  O. 


156 


IV.  KAPITEL. 


Gerste  und  Bohnen  für  die  Itztzeic,  elXric,  'HpaxXiavyj?  geliefert  wird, 
wiewohl  das  Wort  annona  hier  nicht  begegnet.  Doch  nicht  immer 
wurde  die  Steuer  in  natura  eingefordert.  Meist  liegt  eine  Um- 
wandlung der  Naturalien  in  Geldsätze,  also  eine  annona  adaerata 
vori),  so  in  679,  698  (für  Gerste),  682  (für  Heu),  273,  674. 
Correct  wird  eine  solche  adaeratio  angedeutet  mit  der  Wendung 
biikp  TC(X'^;  (y^opzou  oder  xpL-ö"^?  oder  ähnlich),  d.  h.  „für  den  Preis" 
(von  Heu  oder  Gerste).  Bemerkenswert  ist,  dass  auch  Geldzahlungen 
vorkommen,  die  nicht  als  Ersatz  für  Naturalien  bezeichnet  sind.  So 
in  273  (uTcep  dvvwvrji;,  vgl.  Corrigenda).  Vgl.  674.  Die  beiden 
letzten  Fälle  würden  jedenfalls  am  leichtesten  ihre  Erklärung  finden 
durch  die  Annahme,  dass  die  Zahler  nicht  Grundbesitzer  sind,  und 
darum  eben  direct  in  Geld  (ohne  adaeratio)  zahlen.  Daraus  könnte 
man  folgern,  dass  alle  steuerpflichtigen  Unterthanen  zur  annona 
herangezogen  wurden,  nicht  nur  die  zur  Grundsteuer  beitragenden 
Grundbesitzer.  Doch  diese  Erklärung  wird,  worauf  Mommsen  mich 
hinweist,  durch  die  Thatsache  zurückgewiesen,  dass  die  annona  immer 
eine  Bodenleistung  ist,  selbst  wenn  sie  adaerirt  wird.  Es  bleibt 
also  nur  übrig  anzunehmen,  dass  in  den  beiden  obigen  Fällen  eine 
unvollständige  Bezeichnung  vorliegt. 

Eines  ist  noch  zu  bemerken:  die  annona  wurde  nicht  nach  den- 
selben Principien  wie  die  Grundsteuer  aufgelegt.  Beweis:  die  Wein- 
bergbesitzer zahlen  die  Grundsteuer  in  Geld  (s.  oben  §  12),  dagegen 
die  annona  in  natura.  Vgl.  1479:  Tiapeaxe?  —  UTrep  X6yo(u) 
avva)(vY]?)  olvou  Bi7i(Xo7.£pa|Jiov)  a.  Sollte  in  1264  wirklich  zIq 
avvü)v(av)  zu  lesen  sein  (s.  unten  S.  159),  so  würde  daraus  nur  folgen, 
dass  auch  hier  eventuell  adaeratio  eintreten  konnte. 

Die  annona  begegnet  auch  in  den  Papyri  dieser  Zeit.  Vgl. 
BGU  336  (a.  216  n.  Chr.),  wo  Weizen  und  Gerste  in  natura  für 
die  annona  geliefert  werden.  Ebenso  in  BGU  529,  534,  aus  dem- 
selben Jahre.  Diese  Papyri  sowie  unsere  Ostraka  sind  meines 
Wissens  zur  Zeit  die  ältesten  Belege  für  das  Vorkommen  von 
annona  im  obigen  Sinne.  In  der  Literatur  begegnet  das  Wort  wohl 
zum  ersten  Mal  in  der  Mitte  des  III.  Jahrh.  v.  Chr.  bei  ^lodestinus 
(Dig.  XXVI  7,  32,  §  6),  worauf  Seeck  a.  a.  O.  hingewiesen  hat. 
Eine  desto  grössere  Rolle  spielt  das  Wort  seit  Diocletian.  Doch 


1)  Marquardt  a.  a.  0.  S.  233. 


§16.  AXS'ONA.   


§17.  APOMOIRA. 


157 


beruht  dieser  Unterschied  wohl  nur  darauf,  dass  für  das  Steuerwesen 
der  vorhergehenden  Zeit  eine  so  viel  dürftigere  Tradition  vorliegt. 
Für  das  Vorkommen  in  der  Papyrusliteratur  der  jüngeren  Zeit  ver- 
weise ich  auf  BGU  94,17  (aus  diocletianischer  Zeit):  5yj[Aca'.a 
TzavTOla  GIZIY.X  TS  y.al  dpyupixa  y.al  avv(I)[vav];  BGU  519  (Pacht- 
contract  des  IV.  Jahrhunderts):  twv  5r][xoa:tov  xal  olvvovov  (sie) 
xal  7iavTGt'a)v  l-ißoAWV.  In  beiden  Fällen  tritt  der  Charakter  der 
annona  als  Zuschlag  zu  den  ordentlichen  Steuern  (5irj[x6aca)  deutlich 
zu  Tage.  Vgl.  auch  Grenf.  (II)  XCV  (aus  bvzant.  Zeit) :  de,  Aoyov 
dvvwvwv  TÖv  Yevvaioxdiwv  Szu^wv  TouaTtviavöv ,  wo  die  Be- 
stimmung für  die  militärische  Verpflegung  hervortritt. 

§  17.    Ttüsp  d7zo\io(p(xc,. 

Für  Theben  und  Hermonthis  belegt  durch  322,  332,  352, 
354,  355,  711,  1234,  1235,  1315,  1345,  1518,  1526. 

Ueber  das  Wesen  der  d7:6{iOLpa  sind  wir  erst  neuerdings  durch 
Grenfell's  Revenue -PapjTUS  aufgeklärt  worden.  Nach  der  vortreff- 
lichen Behandlung  dieser  Abgabe  durch  den  Herausgeber i)  kann 
ich  mich  darauf  beschränken,  nur  die  wichtigsten  Punkte  hier 
zur  Orientirung  hervorzuheben. 

Die  a.7:6\LO'.px  war  ursprünglich  eine  Abgabe,  die  die  Eigen- 
tümer von  Rebenland  (dfXTüsXwve?)  und  Nutzgärten  (TüapdSsLao:)^) 

Vgl.  namentlich  S.  94  ff.,  119  f.  Vgl.  auch  Mahafiy  in  der  Einleitung 
zum  Key.  Pap.  p.  XXVII  sq.  Sein  Vorschlag  p.  LIV,  in  der  Inschrift  von 
Telmessos  [olvlr^pag  statt  [a'.xjyjpag  d7to[ioipa;  zu  lesen,  wird  fünf  Zeilen  darauf 
durch  die  Inschrift  selbst  widerlegt. 

Grenfell  hat,  wie  mir  scheint,  überzeugend  nachgewiesen  (S.  94  f.), 
dass  in  den  ::apä5c'.ao'-  auch  Palmen  und  Obstbäume  der  verschiedensten  Art  stehen 
konnten,  während  Mahaffy  annimmt,  dass  die  TrapaSs'.aot  des  Eev.  Pap.  nur  Wein 
producirten.  Durchschlagend  ist  Grenfell's  Bemerkung:  Why  should  the  govem- 
ment  insist  on  money-payment  of  the  tax  on  wine  produced  in  naoäöaiaoi,  hut 
not  on  wine  produced  from  uixntXöivigf  Beweisend  ist  im  Besonderen  Petr,  Pap. 
(II)  XLIII  b,  wozu,  wie  ich  am  Original  gesehen  habe,  auch  XLIII  a 
Z.  27  ff.  gehört.  Hier  wird  unter  der  Ueberschrift  IxTYjj  xal  gsxäxYjs,  womit  die 
dTCÖjiO'.pa  gemeint  ist  (s.  unten),  nicht  nur  für  ä{JL::£Xwv£S ,  sondern  auch  für 
cpo'.vixwveg  und  für  dxpoSpua  gezahlt.  Die  Inhaber  der  beiden  letzteren  besitzen 
eben  TiapaSs'.ao'.,  die  vorwiegend  oder  ausschliesslich  Palmen,  resp.  Obstbäume 
enthalten.  Wenn  dagegen  in  XXXIX  i  die  uapäSs'.aoi  neben  cpo'.vixwvc^  er- 
scheinen, so  sind  mit  ersteren  Gärten  gemeint,  die  verschiedenartige  Kulturen 
zeigen.  Vgl.  auch  XXVII  1,  wo  für  die  dnöiioipa  (für  die  Ixtyj)  erst  der  Ertrag 


158 


IV.  KAPITEL. 


in  der  Höhe  von  einem  Sechstel  des  jährlichen  Ertrages  an  die 
Tempel  Aegyptens  zu  zahlen  hatten.  Ptolemaios  II.  Philadelphos 
hat  diese  Einnahme  den  alten  Göttern  Aegyptens  entzogen,  indem 
er  bestimmte,  dass  vom  22.  Jahre  seiner  Regierung  an  (  =  264  3 
vor  Chr.)  diese  o(.7:6\iO'.pcc  der  jüngsten  Göttin  im  aegyptischen  Pan- 
theon, der  schon  früher  zur  Göttin  erhobenen  königlichen  Schwester 
und  Gemahlin,  Arsinoe  Philadelphos^),  entrichtet  werden  solle.  Formell 
blieb  auch  jetzt  diese  sxxyj  eine  Tempelabgabe,  da  sie  für  den 
Kultus  {zlq  ir^v  'O'uaiav  y.al  ty^v  GTiovSyjv  Rev.  Pap.  36,  19)  der 
neuen  Göttin  bestimmt  war,  und  mit  Recht  hat  Grenfell 
(S.  120  f.)  darauf  hingewiesen,  dass  auch  in  der  Rosettana  (Z.  13 
bis  15)  diese  Fiction  darin  zum  Ausdruck  kommt,  dass  eben  diese 
aTiopLOipa  neben  den  Tipo^ooo:  twv  tepwv  und  den  auvia^si^  auf- 
gezählt wird.^)  Thatsächlich  aber  war  mit  dieser  Neuordnung  für 
die  königliche  Kasse  eine  bedeutende  neue  Einnahmequelle  erschlossen 
(vgl.  Maha%  a.  a.  O.).  Denn  dass  wirklich  der  Gesammtbetrag 
der  £7.TY]  für  den  Kultus  der  Philadelphos  und  der  später  zu  ihr 
hinzugetretenen  -Ö'EgI  OcXoTiaTOpe^  draufgegangen  sei,  ist  mehr  als 
unwahrscheinlich.  Es  verdient  hervorgehoben  zu  werden,  dass  nicht 
etwa  die  Priesterechaften  der  OiXaSeXcfOC,  sondern  die  königlichen 
Behörden  nunmehr  die  Einziehung  und  Verwaltung  der  extyj  über- 
nahmen, während  dies  bis  dahin  in  Händen  der  Tempel  Verwaltung 
gewesen  war.*)    Unsere  Ostraka  zeigen,  dass  die  von  den  Pächtern 

der  d{j.7:£X(jov£{;,  danu  der  cxxpöSpua  und  ax^cpavo:  eingeschätzt  wird.  Da  auch  von 
den  Letzteren  die  Ixxrj  berechnet  wird,  ist  damit  über  allen  Zweifel  erhoben, 
dass  auch  sie  unter  die  d7iö[jL0'.pa  fielen  (s.  oben  §  5).  Vgl.  übrigens  BGU  50,6, 
wo  von  sXaiöövog  TtapaStaoü  die  Eede  ist,  und  348:  cpoiv.y.aig  lobc^  sv  tw  7:apa5iaq). 

^)  lieber  die  Göttin  ^'.XdSsXcpog  Tgl.  meine  Bemerkungen  bei  Paulv-Wissowa 
unter  „Arsinoe"  und  Gött.  G.  A.  1895,  S.  163. 

2)  In  dem  Berliner  Ostrakon  4412  (Ptolemäerzeit),  das  ich  nur  flüchtig 
copirt  und  deshalb  nicht  in  meine  Sammlung  aufgenommen  habe,  wird  rielleicht 
die  Göttin  ausdrücklich  genannt.  In  Z.  3  las  ich  d7iö[jLOopav[,  in  Z,  4  'Apa'.vör^c. 
In  der  Lücke  danach  könnte  [$iXa5sXcpou]  ergänzt  werden. 

^)  Mit  Grenfell  sind  in  dem  Passus  y.ac  xd^  y.aO-r^y.O'jaag  dTioiJLO'pag  loZc. 
unter  den  Göttern  Arsinoe  Philadelphos  und  die  O-sot  ^'.AOTidxopsg  zu 
verstehen.    Dass  Letztere  angegliedert  wurden,  zeigt  Petr.  Pap.  (II)  XLVI. 

*)  Wäre  die  ly.TYj  schon  früher  etwa  vom  Staat  erhoben  und  nur  an  die 
Tempel  abgeführt  worden,  so  hätte  Philadelphos  bei  der  Eeform  nicht  nötig 
gehabt,  über  den  Umfang  der  Steuerobjecte  u.  s.  w.  eine  Enquete  zu  veranstalten. 
Vgl.  Rev.  Pap.  36  und  37. 


§17.    DIE  APOMOIRA. 


159 


erhobenen  Beträge  an  die  königliche  Bank,  resp.  an  die  königlichen 
Magazine  abgeführt  wurden. 

Zur  Geschichte  der  a-dpLOipa  wollen  wir  nur  noch  hinzufügen, 
dass  sie  auch  in  der  Kaiserzeit  fortbestanden  hat.  Natürlich  kann 
sie  nicht  mehr  auf  den  Xamen  der  Philadelphos  erhoben  worden 
sein,  und  wir  wissen  nicht,  welche  neue  Bestimmung  Augustus  ihr 
gegeben  hat.  Consequent  wäre  es  gewesen,  wenn  er  sie  an  den 
Etat  des  neuen  Kaiserkultus  überwiesen  hätte.  Früher  glaubte  ich 
das  Wort  aTCGfiotpa  in  ]N^r.  1264  (aus  dem  Jahre  183  n.  Chr.)  zu 
erkennen.  Doch  ist  mir  diese  Lesung  bei  erneuter  Revision  des 
Originals  (1896;  sehr  zweifelhaft  geworden.  Die  Lesung  e!;  avva)v(av) 
ist  mir  wahrscheinlicher.  Dagegen  las  ich  mit  Sicherheit  in  dem 
Londoner  Papyrus  CXCV  A  (aus  dem  I.  Jahrhundert  n,  Chr.),  dessen 
Durchsicht  mir  ^Ir.  Kenvon  freundlichst  gestattete,  die  Worte:  xal 
zlq  d7tG[iOL(pav)  a[iT:£A((i)VGg)  V'9'ddv(a)  [^i]  ^  d.h.:  „und 

für  die  a.r.6[ioipy.  für  59^  Aruren  Weinland  [zu  je  10  Drachmen] 
592  Drachmen  und  3  Obolen."^)  Ferner  las  ich  in  dem  Berliner 
Papyrus  P.  1422,  15  (II.  Jahrh.  n.  Chr.):  xal  wv  (seil.  TzapaSciawv) 
d7i6pLOip(av)  |xfj  dYsa-ö-a:. 

Wie  der  Revenue -Papyrus  lehrt,  war  schon  vor  der  Reform 
des  Philadelphos  diese  Abgabe  in  der  Weise  auferlegt,  dass  die 
Rebenlandbesitzer  die  sxTYj  in  natura,  also  in  Wein  abzuliefern 
hatten,  während  die  Gartenbesitzer  in  baarem  Gelde  (Silber)  zahlten. 
Die  Verschiedenartigkeit  der  Zahlungsmittel  erklärt  sich  einfach  daraus, 
dass  der  Wein  durch's  Lagern  bekanntlich  nicht  schlechter  wird, 
während  die  Gartenfrüchte  dazu  nicht  tauglich  sind.  Trotzdem  ist 
in  einzelnen  Fällen  auch  statt  der  W^einlieferung  eine  Geldzahlung 
eingetreten.  2 j     Diese  Bestimmung  blieb   auch  nach   der  Reform 

^)  Die  Lesung  u  (90)  verdanke  ich  einer  freundliehen  Mitteilung 
Kenyon's.  Derselbe  versicherte  mir,  dass  die  59A  als  Arureu,  nicht  etwa  als 
Keramien  aufzufassen  sind. 

2)  So  im  Pap.  Leid.  Q  und  Petr.  Pap.  (II)  XLIII  b.  Grenfeil  glaubt, 
aus  ßev.  Pap.  30,20  flf.  sehliessen  zu  sollen,  dass  die  Geldzahlung  regelmässig 
zu  erfolgen  hatte,  wenn  die  Weinbauer  nicht  rechtzeitig  den  Wein  ablieferten. 
Hätte  er  mit  dieser  Ausfüllung  der  grossen  Lücke  Recht,  so  hätte  es  factisch 
im  Belieben  des  Einzelnen  gestanden,  ob  er  in  natura  oder  in  Geld  zahlen 
wollte.  Dagegen  spricht  aber  die  Fassung  von  ßev.  Pap.  24  f.  ganz  entschieden. 
Zum  mindesten  müsste  man  annehmen,  dass  die  in  col.  31  festgesetzten  Wein- 
preise exorbitant  hohe  gewesen  seien,  das  trifft  jedoch  nicht  zu.    Aber  wie  ist  es 


160 


IV.  KAPITEL. 


bestehen,  nur  gewährte  Philadeli^hos  —  wie  es  scheint,  nicht  von 
Anfang  an  —  einzehien  Klassen,  wie  den  Militärcolonisten ,  eine 
Steuererleichterung,  indem  er  sie  statt  der  exty]  eine  bey.a.xf}  zahlen 
Hess.  Dies  galt  jedoch  nur  für  die  Rebenlandbesitzer^  nicht  für  die 
Gartenbesitzer.  Danach  wurde  die  Abgabe,  wie  Grenfell  sah,  auch 
gelegentlich  als  ixvq  zal  Ssy.a-cyj  bezeichnet.^)  In  den  obigen 
Ostraka  lässt  es  sich  nur  zwei  Mal  mit  Sicherheit  erkennen,  ob  es 
sich  um  Besteuerung  von  a[nzeXibvec,  oder  von  TiapaSecaoi  handelt. 
In  711  (Mitte  des  III.  Jahrh.  v.  Chr.)  werden  für  dTc6{xo:pa  und 
olvoXo^fioc  zusammen  10  Keramien  geliefert.  Hier  ist  kein  Zweifel^ 
dass  es  sich  um  Weinländereien  handelt.  Die  Erhebung  in  natura 
entspricht  den  Bestimmungen  des  Revenue -Papyrus.  Ueber  die 
OLVoXoyLa  vgl.  unten  §  85.  Dagegen  ist  nach  den  oben  citirten 
AVorten  des  Londoner  Textes  in  der  Kaiserzeit  ein  Systemwechsel 
eingetreten.  An  die  Stelle  der  Ertragsquote  ist  die  feste  Taxe  pro 
Arure  getreten,  und  die  Zahlung  erfolgt  nicht  in  natura,  sondern  in 
Geld.  Dass  die  Kaiser,  die  nicht  in  Alexandrien  wie  die  Ptolemäer 
residirten,  mehr  AVert  auf  das  baare  Geld  als  auf  den  Wein  legten, 
ist  begreiflich  genug,  und  man  würde  es  verstehen,  wenn  Augustus 
die  Steuer  in  diesem  Sinne  reformirt  hätte.  Doch  wir  werden  gut 
thun,  ehe  wir  weitere  Schlüsse  ziehen,  Kenyon's  Publication  des 
Textes  abzuwarten. 

In  den  anderen  Ostraka,  die  sämmtlich  dem  II.  Jahrh.  v.  Chr. 
angehören,  ist  nicht  ersichtlich,  ob  es  sich  um  Wein-  oder  Gartenland 
handelt.     Grenfell,  dem  ich  schon  1895  mein  Material  vorlegte, 

denn  überhaupt  möglich ,  in  dieser  Weise  den  Weinpreis  festzusetzen,  da  doch 
Sorten  des  allerverschiedensten  Wertes  gebaut  wurden?  Das  scheint  mir  un- 
denkbar. Ich  glaube,  die  Lücke  muss  ganz  anders  ausgefüllt  werden.  Die 
Ueberschrift  des  Kapitels  lautet  „6i.7Zoy.o\ii^B'.'^  xrjv  d7tö|j,0'.pav".  Es  wird  nun 
geheissen  haben,  dass  die  Weinbauer  in  bestimmten  Terminen  den  Wein  an  die 
königlichen  Kellereien  (dTioSöX'.a)  frei  abführen  (dTioxoaiCiE'.v)  mussten.  Wer  den 
Wein  aber  nicht  ablieferte,  der,  so  möchte  ich  vermuten,  musste  für  die  nunmehr 
vom  Staat  (genauer  von  den  ol  xy]v  (ovvjv  sxovteg)  zu  übernehmende  Abführung 
pro  Metretes  Wein  6  resp.  5  Di'achmeii  zahlen.  Damit  wäre  dann  die  Ent- 
schädigung für  die  Transportunkosten  normirt.  Ich  lese  hiernach  in  Z.  2  f. : 
[d7tox'.]vsxü)  xo[t5  xY]v  wvrjv]  sxouj'.  zr^c,  svocpsiXoujj-svvjg  auxotg  du[oxo[X'.§'^g 
X7]v]  x'-iJLYjv  xxX.  Grenfell  ergänzte  d7t[o[xoi()ag.  Ich  verweise  auf  48,4 :  Ttapaxo- 
p,t,^sTü)aav,  vgl.  ebend.  11 :  x6  bs  dvj^XwiJLa  xö  sie,  xvjv  [7ia]pa-/top,'.SrjV.  Ebenso  werden 
hier  die  Unkosten  für  die  dTüoxojx'.Sig  bestimmt,  da  es  sich  um  d7ioxo(x{^S!.v  handelt. 
')  Vgl.  Petr.  Pap.  (II)  XLIII  b. 


§  17  —  19. 


161 


nahm,  wie  auch  ich  es  damals  that,  an,  dass  es  sich  überall  um 
Weinland  handele,  und  da  die  Zahlung  in  Geld  erfolgt,  schloss 
er  weiter  daraus,  dass  im  II.  Jahrh.  vor  Chr.  statt  der  Wein- 
lieferungen die  Geldsätze  eingeführt  seien.  „I  conjecture  that  pay- 
ment  in  kind  was  not  allowed  after  Epiphanes'  reign"  (Rev.  Pap. 
S.  121).  Die  Möglichkeit  kann  zugegeben  werden,  zumal  wir  oben 
sahen,  dass  gelegentlich  auch  schon  im  III.  Jahrh.  die  adaeratio 
eingetreten  war,  wenn  auch  nicht  in  dem  von  Grenfell  angenommenen 
Umfange.  Doch  ist  dagegen  zu  betonen,  dass  in  den  obigen  Ostraka 
sich  absolut  keine  Andeutung  dafür  findet,  dass  es  sich  um  Wein- 
land handele.  Die  Texte  lassen  vielmehr  ebenso  gut  den  Gedanken 
an  die  Tzocpdheiooi  zu.  Dass  in  unseren  Ostraka  gelegentlich  die 
SZTY]  ay.po6puü)V  als  spezielle  Abgabe  begegnet,  spricht  nicht  da- 
gegen, Ich  bin  daher  der  Ansicht,  dass  wir,  solange  nicht 
Beweise  für  eine  Aenderung  der  Bestimmungen  des  Philadelphos 
nach  Epiphanes  vorliegen,  anzunehmen  haben,  dass  die  obigen 
Ostraka  aus  dem  II.  Jahrh.  vor  Chr.  Belege  für  die  von  Philadelphos 
vorgeschriebenen  Geldzahlungen  für  noLpaheiaoi  bieten. 

§  18.    MspLOjjLog  d7i;6pö)(v). 

Für  Theben  belegt  durch  Nr.  613  (143  n.  Chr.). 

Wenn  hier  uizep  |X£pLa[Jioö  d7t6p(t)(v)  quittirt  wird,  so  kann 
damit  wohl  nur  auf  eine  Besteuerung  zum  Besten  der  änopoi,  der 
Unbemittelten,  der  Armen,  hingewiesen  sein.  Zahlten  etwa  die 
sÖTTOpoc^)  für  die  cHizopoi?  Ich  denke  an  die  Unterstützungen,  die 
z.  B.  in  Athen  die  Armen  und  Invaliden  aus  der  Staatskasse  er- 
hielten. Vgl.  Aristot.  'A-ö-T].  TToX.  49, 4.  Doch  vielleicht  hat  Mommsen 
Recht,  wenn  er  zu  meiner  Deutung  bemerkt:  „Scheint  mir  zu  schön, 
um  wahr  zu  sein." 

§  19.   'Ap)(aLa)v  ltitiswv. 
In  323  wird  folgendermassen  quittirt:  £)^ü)  Tiapd  aoO  L-Ö-  Ilay^wv 
ä  dp)(aL(i)v^)  ETiTietov  Dr.  180.   Das  ä  wird  mit  Ilay^wv  zu  verbinden 

Man  wird  von  der  Ixxyj  dxpoSpOwv  reden,  sobald  der  Steuerpflichtige 
ausschliesslich  Obstbäume  in  seiner  TcapaSscaog  hat. 

^)  Die  s'jTiopo'.,  die  Wohlhabenderen,  als  besondere  Klasse  der  Bevölkerung 
in  BGU  18,  13.    91,  7.  194,  22.  235,  12. 

^)  Vgl.  Arrian.  Anab,  III  12,2:  ol  dpxato'.  xaXouiisvo'.  ^svc  (im  Heere 
Alexanders).    Vgl.  Krause,  Hermes  XXV  S.  77. 

WiLCKEN,  Ostraka.  11 


1G2 


IV,  KAPITEL. 


sein  („am  ersten  Pachon"),  nicht  mit  dem  Folgenden.  Denn  wenn 
es  heissen  sollte,  dass  die  Zahlung  für  den  Monat  Pachon  erfolgt 
sei,  so  hätte  man  wohl  tou  Ilay^wv  [JtrjVÖg  Toü  '9-^  oder  ähnlich 
gesagt.  'Apyaiwv  [titüewv  wird  also  für  ÖTiep  apy^acwv  ittt^Iwv 
stehen.  Es  handelt  sich  danach  um  eine  Geldzahlung  für  den 
Truppenteil  der  äpy^odoi  lizTzelq.  Ueber  die  Xatur  dieser  Zahlung 
wage  ich  keine  Vermutung. 

§  20.    Eig  Xoycv  dp)(ixDvrjYa)v. 

Nach  Nr.  1545  sind  unter  diesem  Titel  400  Kupferdrachmen 
für  das  Jahr  9/10  nach  Chr.  gezahlt  worden.  Wir  haben  unten 
in  §  117  über  das  aiscpavLOV  zu  sprechen,  die  Gratification,  die  ein 
dpXLXUVY^yo^  im  Jahre  121;  0  vor  Chr.  erhalten  hat.  Diese  ptole- 
mäischen  Oberjägermeister  sind,  wde  unser  Text  lehrt,  auch  in  der 
Kaiserzeit  im  Amt  geblieben,  und  auch  jene  von  der  Bevölkerung 
pflichtmässig  aufzubringenden  Gratificationen  scheinen  geblieben  zu 
sein.  Denn  was  hier  als  „für  die  Rechnung  der  Oberjägermeister" 
erhoben  bezeichnet  "wird,  dürfte  seinem  Wesen  nach  von  jenem 
aTe:^dvLGV  nicht  verschieden  sein.  Mommsen  möchte  eher  an  ein  Jagd- 
geld denken,  das  etwa  als  Aequivalent  der  Jagddienste  gezahlt  wäre. 

Es  ist  übrigens  sehr  zweifelhaft,  ob  wir  uns  unter  diesen  dpyt- 
xuvYjyot  ein  Hofamt  vorzustellen  haben.  Denkt  man  an  die  Jagd- 
schifie  (§  70)  und  Jagdspiesse  (§  69),  für  die  von  den  Thebanern 
Beiträge  erhoben  wwden,  so  liegt  es  nahe,  in  dem  apyt^tuvr^yo? 
lediglich  einen  thebanischen  Lokalbeamten  zu  sehen,  der  u.  a.  jene 
Nilpferdjagden  zu  leiten  hatte. 

§  21.  'A)(Dpixd  tsXy]. 

Für  Theben  belegt  durch  Nr.  705,  707,  715,  738,  744, 
751,  765,  776,  810,  854,  865,  866,  901,  905,  906,  914,  927, 
936,  937,  943,  951,  1010—1012,  1014,  1015,  1258,  1259,  1352, 
1431,  1433,  1436,  1447,  1453,  1458,  1461,  1464,  1475,  1476, 
1501,  1513,  1514,  1519. 

In  diesem  Paragraphen  sind  alle  diejenigen  Ostraka  zusammen- 
gefasst,  in  denen  es  sich  um  Spreulieferungen  handelt.  Leider  ist 
aus  den  Texten  nicht  zu  ersehen,  nach  welchem  Princip  diese  Ab- 
gabe der  Bevölkerung  auferlegt  war.  Natürlich  konnte  sie  nur  von 
den  Grundbesitzern,  auf  deren  Tennen  Spreu  ausgeworfelt  w:urde, 


§20.  FÜR  DIE  OBKRJÄGERMEISTER.   


§21.  SPREULIEFERUNGEN.  163 


erhoben  werden.  Eingezogen  wurde  die  Abgabe  von  den  d}('jpo- 
TcpaxTOpeg,  die  auch  dTraLir^Ta:  oder  7üapaXf|[X7:Tac  dy^upoi),  auch 
QLjppoipioi  hiessen. 

Ohne  auf  die  mannigfache  Verwendbarkeit  der  Spreu  (tö 
d5(upov)  genauer  einzugehen,  wollen  wir  hier  nur  zusammen- 
stellen, was  die  Urkunden  darüber  lehren.  Xach  Petr.  Pap.  (II) 
XIV  2a  wurde  die  Spreu,  was  auch  sonst  bekannt  ist,^)  als  Zusatz 
zum  Kilschlamm  bei  der  Ziegelfabrikation  verwendet.  Vgl.  Z.  13: 
xd  diyjjpoc  izpbc,  tyjv  T^Xtv^oXy.iav  (so  las  ich  am  Original  statt 
TiXcv^ov  za:  av).  Vgl.  hiermit  LXX  Exod.  5,7:  hihovoci  ayppoL 
TW  Xaw  e:^  xyjv  TrXiv-ö-oupYtav.  Danach  schlage  ich  vor,  in  1431, 
1433,  1582  (vgl.  1475)  de,  7U>.(ivO'oXxtav)  zu  lesen.  —  Wichtiger 
ist  die  Rolle,  die  die  Spreu  in  dem  holzarmen  Aegypten  als  Feuerungs- 
material gespielt  hat.  2)  Das  lehren  unsere  Ostraka,  in  denen  wir 
die  Spreu  in  den  meisten  Fällen  auch  da,  wo  es  nicht  ausdrücklich 
hervorgehoben  ist,  eben  als  Heizungsmaterial  zu  betrachten  haben 
werden.  Es  scheint,  dass  die  Spreulieferungen  meist,  wenn  nicht 
ausschliesslich,  an  die  Militärbäder  abgeführt  wurden.  Die  Ostraka 
unterscheiden  folgende  Fälle: 

1)  El?  OTioxauatv  ßaXavetou.  Vgl.  901,  905,  927,  936,  1259, 
1447.  Hier  wird  die  Spreu  zum  Heizen  der  Bäder  abgeliefert. 
In  901  und  1259  wird  das  Bad  als  das  des  Militärlagers  von  Ou^lov 
bezeichnet,  in  905  als  das  der  oizzlpoL.  In  927  quittirt  ein  Chiliarch 
der  cohors  II  Thracum  über  den  Empfang  von  OLyppoy  5yj|Ji6acoy. 
Auch  in  1168,  die  als  Xg(yo?)  äyupG'j  bezeichnet  wird,  heisst  es: 
eIq  zocq  xa[X£ivous  ayi))(yod)  dv(d)  u  a  6'tö.  Also  eine 
dYiOYY]  hat  damals  den  Wert  von  400  Kupferdrachmen,  ach- einem 
unpublicirten  Berliner  Ostrakon  (P.  206)  kostete  im  II/III.  Jahrh. 
n.  Chr.  ein  yojxog  cc/upou  48  Dr.:  xal  U7i(£p)  v.\yr^c,  Y6((jia)v) 
dxup(ou)  p  SMS. 

^)  Woenig,  d.  Pflanzen  im  alten  Aegypten  S.  158  f.  Vgl.  auch  Marquardt, 
Privatalt.  S.  637  (Mommsen). 

^)  In  einem  "Wirtschaftsbuch  aus  dem  III.  Jahrh.  v.'  Chr.  (Pap.  Sakkakini, 
Rev.  Egypt.  III)  wird  zu  jedem  Tage  notirt:  ^uXa  i  Obol.  Ich  lasse  dahin- 
gestellt, ob  dies  zum  Heizen  verwendet  worden  ist.  —  Heutzutage  wird  vielfach 
der  Mist  der  grösseren  Haustiere  als  Brennmaterial  verwendet.  ,,Die  Mädchen 
kneten  den  Mist  zu  Kugeln,  welche  gegen  die  Aussenwände  des  Wohnhauses 
geworfen  und  dadurch  abgeplattet  werden.  Die  Mistscheiben  (gille)  bleiben 
an  den  Wänden  haften  und  erhärten  dort",  v.  Fircks,  Aeg>'pt.  1894,  I.  S.  207, 

11* 


164 


IV.  KAPITEL. 


2)  Elc,  TTjV  7:ap£{xßoXfjV.  Vgl.  1461.  Vergleicht  man  hiermit 
901  und  1259,  so  liegt  die  Vermutung  nahe,  dass  auch  diese  Spreu 
zur  Feuerung  des  Bades  abgeliefert  wurde.  Dieselbe  Vermutung 
liegt  auch  bei  den  nächsten  Gruppen  nahe. 

3)  Elc,  aTp(aTr^Yr/ta5)  xpeia^  eiAYj?  'HpaxXecavf^c.    Vgl.  1012. 

4)  Elc,  TYiv  aT^sIpav.  Vgl.  937,  943,  1015,  1453.  Dasselbe 
begegnet  auch  in  der  Form:  de,  ty^v  ytopiYjv.  Vgl.  1014,  1476. 
In  1014  wird  mit  y.(x\)a[iO\j  auf  den  Zweck  der  Verbrennung  hin- 
gewiesen.  In  1015  heisst  es:  elq  arusTpav  ß  0paz(ö)v). 

5)  El?  slXyjv.  Vgl.  906,  1464.  In  906  heisst  es  genauer: 
elc,  TY]v  £v  KoTiTW  eUt^v. 

6)  Elq  'Q^LT°.  Vgl.  1458.  Welche  Auflösung  auch  zu  wählen 
sei,  jedenfalls  dürfte  der  Name  des  thebanischen  Stadtteils  ~Q:pi 
darin  stecken. 

7)  Elq  nop9upLT(.  .).  Vgl.  951.  Ueber  das  Porphyr -Gebirge 
siehe  Kap.  IX.  Vielleicht  handelt  es  sich  hier  um  eine  Lieferung 
für  die  dort  stationirten  Truppen. 

8)  In  776,  1011  und  1258  quittiren  Soldaten  über  den 
Empfang  von  ciyupov. 

9)  Elq  TO  7.a^^7.ov  axup(cz6v),  seil.  xsXo?.  Vgl.  738,  744, 
1352,  1501,  1519.  Das  Wort  ziXoc,  ist  nur  in  1352  geschrieben. 
Diese  Ostraka,  die  sämmtlich  dem  II.  Jahrh.  vor  Chr.  augehören, 
während  alle  in  1 — 8  genannten  aus  der  Kaiserzeit  stammen,  be- 
gnügen sich  damit,  die  Spreulieferungen  als  eine  pflichtmässig  zu 
liefernde  Abgabe  zu  bezeichnen,  ohne  die  spezielle  Zweckbestimmung 
anzudeuten.  Beides  fehlt  in  Nr.  705,  707,  715,  751,  765,  810, 
854,  865  (t6  dyupov  oou  ifiQ  afic,  Yjmpou),  866,  914,  1436,  1513, 
1514,  von  denen  nur  1436  der  Kaiserzeit,  die  anderen  der  Ptole- 
mäerzeit  angehören. 

Es  sei  nur  noch  hinzugefügt,  dass  die  Benutzung  der  Spreu 
zur  Feuerung  für  Aegypten  auch  durch  das  Wirtschaftsbuch  von 
Hermupolis  (Pap.  Lond.  CXXXI  Recto)  bezeugt  wird.  Vgl.  Z.  388: 
[xia-ö-oö  spYaTO'j  xojSaXeucvTO?  öiyupo{v)  aTzb  zfiq  eTiauXso)?  elc,  oI'/.qv 
ek  ßaX(av£Tov).  Aehnlich  Z.  433,  509,  613.  Vgl.  auch  BGU 
14  III  17:  dx^upYjyoövTe?  äizb  a^vWVLac  enoivSou  elc  67t6xaua:v 
xa[i£Lvou  Xouxpwv  ovo:  cß.^) 

^)  Belege  aus  den  Papyrus  Erzh.  Eainer  bei  Wessely,  Denkschr.  Wien. 
Akad.  42,  1893,  S.  9,  Anm.  2. 


§22.    DIE  BADSTEUER. 


165 


§  22.  'Xizsp  ßaXavcLwv. 

Für  Theben  belegt  durch  Kr.  366—368,  370,  373,  374,  376 
bis  378,  384,  386,  387,  389—391,  398,  401,  403,  405,  406, 
409,  411,  424,  425,  429,  436,  443,  453,  456,  462,  463, 
469,  470,  474,  481,  483,  486,  488,  492,  501,  516,  518—520, 
525,  526,  532,  534,  536,  538,  539,  542—544,  546,  548,  555, 
565—567,  569,  570,  573,  582—584,  586,  591,  598,  617,  619, 
623,  626,  634,  636,  641,  645,  651,  665—667,  780—782,  784, 
786,  789,  795—798,  807—812,  815,  818,  819,  835,  842—846, 
849,  853,  857,  862,  863,  871,  875,  877,  882,  885,  916,  919, 
924,  928,  932,  955,  1020,  1032,  1033,  1035—1037,  1061,  1243, 
1251,  1252,  1287,  1289,  1321,  1368,  1370,  1373—1375,  1378, 
1380,  1392,  1393,  1400,  1402—1404,  1409,  1414,  1415,  1417, 
1425,  1426,  1428,  1429,  1452,  1549,  1552,  1562,  1566.  Aus 
Elephantine-Syene  liegt  bis  jetzt  kein  Beispiel  vor. 

Der  Xame  des  besteuerten  Objectes  ist  in  den  vorliegenden 
Texten  niemals  vollständig  ausgeschrieben.  Meistens  ist  nur  ßa>-  oder 
ßa  geschrieben,  seltener  ßaXa  oder  ßaX*.  Am  weitesten  gehen  die 
Schreibungen  ßa/av^  (411)  und  ßa:iav^  (666,  1321,  1378).  Letztere 
geben  den  Schlüssel  für  das  Verständnis:  es  kann  sich  nur  um  ßaXa- 
vela,  um  Bäder,  handeln,  wofür  ßaXav^a  eine  vulgäre  Schreibung 
ist.^)  Die  Abgabe  selbst  wird  nun  verschieden  bezeichnet.  Man  zahlt 
entweder  (^opov  ßaX(av£''oi)),  so  in  1368,  aus  der  Zeit  des  Augustus^), 
oder  TO  zkXoc,  ßaXavr^(ou)  (1321),  oder  t6  ibagc,  toO  ßaX(av£LOD)  (1370), 
oder  uTiep  ßaAav'f^(ou),  oder  endlich  xö  ßaX«,  ßa,  ßa.  Im  letzteren 
Falle  muss  eine  adjectivische  Ableitung  von  ßaXaveTov  gebildet 
werden.  Schon  im  Rheinischen  Jahrbuch  S.  250  habe  ich  die  Auf- 
lösung TO  ßaXavixov  vorgeschlagen.  Wenn  ich  auch  zur  Zeit  keinen 
Beleg  für  diese  Form  beibringen  kann,  so  ist  es  mir  doch  nicht 
unwahrscheinlich,   dass   sie  hier  einzusetzen  ist.     Das  lateinische 

;Man  könnte  sonst  nur  noch  an  eine  Ableitung  von  ßdXavog,  Eichel, 
denken.  Eine  Steuer  ßaXavr/pöv)  oder  ßaXavr,(pa)  Hesse  sich  wohl  denken. 
Aber  ßaXav®  und  namentlich  ßaXv^  (583)  sprechen  für  ßaXavsrov. 

^)  $öpo5  wird  hier  kaum  als  Pachtzins  zu  fassen  sein,  denn  in  1370 
(gleichfalls  aus  Augustus'  Zeit,  vielleicht  von  demselben  ßaXavsu;  'AtcoX^  ge- 
schrieben) steht  an  der  entsprechenden  Stelle  zö  ■ziX{oi;)  xou  ßa?v(av£{o'j).  Freilich 
wäre  ja  trotzdem  möglich,  dass  er  in  1368  den  Pachtzins  für  ein  verpachtetes 
Bad  erhöbe. 


166 


IV.  KAPITEL. 


halneaticum  kommt  einmal  vor,  in  583,  wo  ßaXve  geschrieben  ist, 
was  wohl  nicht  anders  als  ßaXv£(aTLx6v)  aufgelöst  werden  kann. 
In  vielen  Fällen  kann  man  schwanken,  ob  man  ßaX(av£COu)  oder 
ßaX(av:x6v)  auflösen  soll,  so  nach  uTiep.  Ich  habe  im  Textdruck 
meist  das  letztere  gethan,  doch  kommt  nicht  \del  darauf  an. 

Was  bedeutet  nun  diese  Abgabe  für  die  „Bäder"?  Unter  hal- 
neaticum versteht  man  sonst  das  Badegeld,  das  man  für  die  (ein- 
malige) Benutzung  eines  öflPentlichen  Bades  zu  zahlen  hatte.  Das 
ist  z.  B.  im  Papyrus  Sakkakini  gemeint  mit  der  Bemerkung:  „ßaXavsI 
so  und  so  viel"  (Revillout,  Rev.  Egj^t.  III  S.  121).  Diese  Be- 
deutung ist  hier  aber  schon  durch  die  Varianten  mit  zkXoc,  ausge- 
schlossen. "Wir  haben  es  vielmehr  mit  einer  Abgabe  zu  thun,  die 
immer  für  ein  ganzes  Jahr  zu  zahlen  war.  Vgl.  tö  ßaX(avi%6v) 
ToO  X.  ETOUC.  Daher  wird  sie  auch  meist  durch  die  üblichen  Steuer- 
behörden einkassirt,  so  durch  den  TUpaxTWp  ßaXfavLZoO)  (390,  1037) 
oder  TipaxTWp  apyupiv.fj?  (passim),  und  daher  geht  auch  das  Geld  meist 
an  die  königliche  Bank  (vgl.  366  ff).  Ein  Tipa/wTCop  ßaXavetou  ^ikoL-^piZoz 
begegnet  in  den  arsinoitischen  Tempelrechnungen  (BGU  362  pag.  1,24). 
Nur  in  1368  und  1370,  die  beide  aus  der  Zeit  des  Augustus  stammen, 
und  in  1263,  aus  der  Zeit  des  Tiberius,  trägt  der  Erheber  einen  Spe- 
zialtitel,  der  mit  ßa?-  beginnt. i)  Wir  werden  daher  in  dem  ßaXavLVwOV 
eine  Steuer  zu  sehen  haben,  und  die  schwierige  Frage  ist  nur  die, 
wer  zu  dieser  Steuer  verpflichtet  war.  Wurde  sie  von  allen  Orts- 
angehörigen  gezahlt?  Dafür  könnte  sprechen,  dass  sie  gelegentlich 
als  Abgabe  des  und  des  Ortes  bezeichnet  wird.  Vgl.  862:  tg 
ßaX(avLx6v)  'Q^tigoi).  Dann  könnte  man  vielleicht  annehmen,  dass 
die  Steuer  erhoben  wurde,  um  dem  Staate  ein  Aequivalent  zu 
bieten  für  die  Unkosten,  die  die  Instandhaltung  öffentlicher  Bäder 
verursachte.  Man  konnte  eine  solche  Abgabe  mit  demselben  Recht 
ein  ßaAavLZOV  nennen,   wie  man  mit  y^a)[JiaTCz6v  diejenige  Steuer 


Man  möchte  ein  Wort  bilden,  das  den  Erheber  des  ßaAav'.xöv  bezeichnete 
—  etwa  ßaX(av£'.07ipdxTa)p) ,  nach  Analogie  von  dxopoTipay.xwp.  Doch  das 
Nächstliegende  bleibt,  wie  im  Text  vorgeschlagen  ist,  ßaX(avsui;)  zu  lesen.  Mau 
könnte  danach  annehmen,  dass,  als  Augustus  die  Steuer  einführte  (s.  unten),  er 
die  Erhebung  der  Jahresgelder  (hier  Cföpog  und  liXoc,  genannt)  zunächst  noch  dem 
Bademeister,  dem  ßaXavsüs,  überliess,  der  ja  auch  vorher  die  einzelnen  Badegelder 
(balneatica)  eingezogen  hatte.  Später  wurde  dann  auch  diese  Erhebung  den 
ordentlichen  Steuererhebern,  den  Tipdy.xopsg,  überwiesen. 


§22.    DIE  BADSTEUER. 


167 


bezeichnete,  die  die  Unkosten,  die  durch  die  Instandhaltung  der 
Dämme  verursacht  wurden,  decken  helfen  sollte.  Ob  dann  für 
die  Benutzung  des  Bades  im  einzelnen  Falle  ein  Eintrittsgeld  zu 
bezahlen  war,  lasse  ich  dahingestellt.  Andrerseits  bleibt  die  Möglich- 
keit, dass  die  Abgabe  nur  von  denen  erhoben  wurde,  die  das  Bad 
benutzten.  Dann  wäre  das  ßaXavr/-6v  im  Grunde  doch  nichts  anderes 
als  das  balneaticum,  das  Badegeld,  das  in  Form  einer  Steuer  in 
einer  Pauschalsumme  pro  Jahr  erhoben  wurde.  Ich  sehe  in  unseren 
Texten  bis  jetzt  leider  keine  Handhabe,  um  diese  Frage  mit  Sicher- 
heit zu  entscheiden.  Ehe  wir  sie  weiter  untersuchen,  sei  auf  einen 
singulären  Ausdruck  in  617  hingewiesen.  Da  wird  quittirt  uTiep 
p,£pia([Jioö)  ßaA(av£ia)y)  5uo.  Dass  das  nicht  bedeuten  kann  „für 
zweimalige  Benutzung  des  Bades",  ist  klar.  Es  bleibt  wohl  nur 
übrig,  anzunehmen,  dass  es  in  dem  betreffenden  Orte  zwei  Bade- 
anstalten gab,  für  die  die  jährliche  Abgabe  zu  erheben  war.  Es 
ist  dies  der  einzige  Fall,  in  dem  die  Zahl  der  Bäder  angegeben 
ist.  Diese  Stelle  könnte  die  Deutung  nahelegen,  dass  unser  ßa- 
XaviVwOV  nichts  anderes  wäre,  als  das  Pachtgeld,  das  die  [xia^wxal 
ßaXavEiOD  aus  den  Eintrittsgeldern  aufzubringen  und  an  den  Eigen- 
tümer abzuliefern  hatten.  In  diesem  Falle  hier  hätte  der  Zahler 
zwei  Bäder  gepachtet.  Wiewohl  sprachlich  gegen  diese  Erklärung 
nichts  einzuwenden  ist  —  t6  ßaXavLXOV  xoO  x.  stgd^  würde  gut 
dazu  passen  — ,  ist  sie  aus  sachlichen  Gründen  zurückzuweisen. 
Vor  allem  sind  die  Summen,  die  hier  gezahlt  werden,  xiel  zu 
klein,  als  dass  wir  an  die  Ablieferung  des  Pachtgeldes  denken 
könnten  (s.  unten).  Auch  müsste  ja  danach  eine  Unmasse  von 
Bädern  für  Theben  angenommen  werden. 

Zumal  die  Ostraka  trotz  ihrer  grossen  Zahl  über  die  Js^atur 
des  ßaXavixov  so  wenig  lehren,  sei  hier  kurz  auf  die  Angaben 
der  arsino'itischen  Tempelrechnungen  verwiesen  (vgl.  Hermes  XX 
430  ff.  und  BGU  362).  Da  sind  zweierlei  Abgaben  für  das 
ßaAavelov  des  faijümischen  Dorfes  OtAayp:?  zu  unterscheiden : 
1)  die  a7:o^opa  ßaXav&LO'j  xa)[xr^^  OLAaypioo;.  Diese  ist  ver- 
pachtet an  einen  [AiaO-coTi^;  (p.  IX  2).  2)  das  TsXeapLa,  das  der 
Tempel  des  Jupiter  Capitolinus  zu  Arsinoe  für  dasselbe  ßaAavsIov 
zahlt.  Vgl.  p.  VI  21,  X  24.  Dieses  wird  von  einem  7:pay.T(0p 
erhoben.  Vgl.  p.  I  24.  Wie  kommt  der  Jupitertempel  in  Arsinoe 
dazu,  die  letztere  Abgabe  zu  bezahlen?  Ich  habe  im  Hermes  XX 


168 


IV.  KAPITEL. 


S.  450  angenommen,  dass  die  Dörfer  TptxtofJiLa,  Iluppeca  u.  s.  w., 
für  die  er  gleichfalls  'zeXiG\L<XToc  oder  SyjiJLoaca  TeXeafxaxa  zahlt, 
Eigentum  des  Tempels  gewesen  seien.  Ich  möchte  diese  Ansicht 
heute  dahin  modificiren,  dass  der  Tempel  in  den  betreffenden  Dörfern 
Grund  und  Boden  oder  Fabriken  oder  andere  Steuerobjecte  besessen 
habe,  für  die  er  die  Steuern  zu  zahlen  hatte.  Denn  dass  die  ge- 
sammten  Dörfer  ihm  gehört  hätten,  wird  durch  den  Text  nicht 
indicirt,  und  wird  durch  die  niedrigen  Summen,  die  er  zahlt,  jedenfalls 
nicht  wahrscheinlich.  Im  Dorfe  ^iXocypiq  gehörte  ihm  jedenfalls 
nur  die  Badeanstalt.  Denn  dass  er  etwa  als  Grundbesitzer  in  diesem 
Dorfe  auch  zu  dem  ßaXavixov  habe  beitragen  müssen,  und  dass 
mit  anderen  Worten  dies  ziXeo\i.o(.  unserer  Abgabe  gleichzusetzen 
sei,  wird  u.  A.  dadurch  ausgeschlossen,  dass  von  einem  Grundbesitz 
in  OcXaypt?  nie  gesprochen  wird.  Wir  gehen  daher  wohl  nicht 
fehl  in  der  Annahme,  dass  das  TeXeapia  die  Steuer  ist,  die  der 
Tempel  als  Eigentümer  der  Badeanstalt  zu  zahlen  hat,  dass  die 
von  ihm  verpachtete  ano^opd  dagegen  eine  Abgabe  ist,  die  er  von 
den  Bewohnern  von  OtXaypc^  erhob,  ebenso  Avie  der  Kaiser,  nach 
unserer  obigen  Deutung,  ein  ßaXavcxov  in  den  Thebanischen  Dörfern 
einforderte.  Wir  setzen  also  die  aTio^opa  unserem  ßaXavcxov  gleich. 
Leider  giebt  auch  dieser  Papyrus  keine  Antwort  auf  die  Haupt- 
frage, ob  nur  diejenigen  zur  Zahlung  verpflichtet  waren,  die  das 
Bad  benutzten,  oder  ob  alle  Bewohner  des  Dorfes  herangezogen 
wurden. 

Wir  haben  noch  nachzutragen,  dass  das  ßaXavLXov  nicht  in 
allen  Nummern  von  den  kaiserlichen  Steuereinnehmern,  den  Tipax- 
Tope?  ßaXavLXOö  oder  häufiger  apyiipizY]?  (einmal  1061  aTzaizrizri<; 
(X£pLa[Jioö  ßaXavcxoö)  erhoben  wird,  sondern  in  einer  grossen  Zahl 
von  Fällen  vielmehr  von  den  TsXwvai  oder  eTTLTrjpyjTal  -ÖTjaaupoij 
LEpwv  (vgl.  780  ff.).  Hier  handelt  es  sich  also,  wie  es  scheint,  um 
Badeanstalten,  die  nicht  von  der  kaiserlichen  Regierung,  sondern 
ganz  wie  in  dem  Berliner  Papyrus,  von  den  Tempeln  unterhalten 
wurden.  Das  ßaXavizov,  das  hier  von  TsXwvac  erhoben  wird,  gleicht 
also  jener  aTio^opa,  die  in  dem  Papyrus  der  in  Diensten  des  Tempels 
stehende  \iiGd'(£>zy]q  einzog.  Die  xeXwva:  d-yjaaupoö  fspöv  unterlassen 
es  leider  fast  regelmässig,  die  Summe  zu  nennen.  Nur  an  zwei  Stellen 
wird  sie  genannt  (1251,  1252)  und  da  werden  nicht,  wie  man 
nach  dem  Titel  der  Männer  schliessen  sollte,  Artaben,  sondern 


§22.    DIE  BADSTEUER. 


169 


Drachmen  genannt.  Auf  diese  schwierige  Frage  werden  wir  in 
Kap.  VI  einzugehen  haben. 

Versuchen  wir  endlich,  ob  unsere  Texte  uns  über  die  Höhe, 
in  der  diese  Steuer  dem  Einzelnen  auferlegt  wurde,  Auskunft  geben. 
Die  Untersuchung  wird  wiederum  dadurch  erschwert,  dass  wir  meist 
nicht  mit  Sicherheit  sagen  können,  ob  Raten  oder  Jahresbeiträge 
vorliegen.  Auffällig  ist,  dass  gewisse  Summen,  wie  1  Drachme 
l^/j,  Obolen,  ferner  Obolen  oder  auch  2  Drachmen  so  sehr 
häufig,  auch  bei  verschiedenen  Personen,  wiederkehren.  Viel- 
leicht gelingt  es  einem  Anderen,  das  Princip,  nach  dem  die 
Höhe  berechnet  war,  aus  den  erhaltenen  Zahlen  zu  eruiren.  Ich 
möchte  die  Frage  noch  offen  lassen,  bemerke  aber,  dass  es  nicht 
unmöglich  ist,  dass  auch  diese  Abgabe,  ähnlich  wie  die  Xaoypa^ta, 
innerhalb  der  Ortschaften  in  gleicher  Höhe  erhoben  wurde  —  aber 
vielleicht  zu  verschiedenen  Zeiten  in  verschiedener  Höhe.  So  zahlt 
z.  B.  KajifjTL^  ILezeocpTZpiG'jQ  in  Noto;  xal  iVjh  sowohl  im  J.  69/70 
als  84/5  je  4  Drachmen  (429,  463),  während  'Aßö?  Tipeaß'jxepo^ 
ILtTOGipioq  an  die  Steuerbeamten  von  Charax  sowohl  134,5  als 
auch  137/8  und  139/40  je  2  Drachmen  1/2  Obolen  2  Chalkus  zahlt 
(570,  583,  598).  Diese  letztere  Summe  zahlt  aber  auch,  gleichfalls 
für  Charax,  'Etüwvu/^o;  Koc[ir^zioq  im  J.  132^3  (555).  Das  sieht 
doch  aus,  als  sei  das  damals  der  Satz  für  Charax  gewesen.  In 
der  früheren  Zeit  scheint  man  in  Charax  weniger  gezahlt  zu  haben; 
da  sind  die  häufigsten  Sätze  4V2  Obolen  oder  1  Drachme  1^/2  Obolen 
oder  auch  1  Drachme  4  Obolen.  Andrerseits  ist  bemerkenswert,  dass 
der  höchste  Satz,  der  sich  bis  zum  II.  Jahrhundert  findet,  6  Drachmen 
4  Obolen  vom  J.  108/9  auf  die  Ortschaft  Apa(.  .  .)  beschränkt  ist, 
von  der  uns  keine  anderen  Sätze  vorliegen.  Die  hohe  Summe  von 
8  Drachmen,  die  sich  in  665  findet,  mag  sich  durch  das  Datum  — 
244/5  —  erklären.  Sollte  sich  diese  Auffassung  bestätigen,  so  hätten 
wir  anzunehmen,  dass  das  ßaXavtxov  nach  Analogie  des  Kopfgeldes 
aufgelegt  war.  Wie  weit  sich  diese  Analogie  erstreckte,  lässt  sich 
noch  nicht  sagen.  —  Völlig  rätselhaft  bleibt  mir  einstweilen  die  zpizf] 
ßaXaveiou,  die  in  dem  noch  unpublicirten  Berliner  Papyrus  P.  1394 
(Zeit  des  Antoninus  Pius)  begegnet.  Zwölf  Drachmen  werden  dafür 
gezahlt.   Ebenda  wird  gebucht:  7rp[o565(a)v)  ßa]Xav£COD  +  pq  dx5. 

Endlich  haben  wir  noch  darauf  hinzuweisen,  dass  die  Belege 
für  diese  Steuer  sämmtlich  der  Kaiserzeit  angehören,  von  Augustus 


170 


IV.  KAPITEL. 


bis  ZU  den  Philippi.  Für  die  Ptolemäerzeit  hat  sich  bisher  kein 
Beispiel  gefunden.  BaXaveTa  hat  es  selbstverständlich  auch  schon 
in  der  Ptolemäerzeit  gegeben  (vgl.  z.  B.  Mahaffv%  Flind.  Petr.  Pap.  II 
S.  32).  Aber  wir  wissen  nichts  von  einer  ähnlichen  Abgabe,  die 
darauf  lastete.  Man  mag  damals  einfach  ein  Badegeld  im  einzelnen 
Falle  gezahlt  haben.  Vgl.  oben  das  Citat  aus  dem  Papyrus  Sakkakini. 
Es  hat  danach  den  Anschein,  dass  erst  Augustus  diese  Steuer 
eingeführt  hat.  Auf  römischem  Gebiet  möchte  ich  an  das 
jmblicum  Interamnitum  vectigal  babiearum  (CIL  IX  5144)  erinnern. 
Vgl.  dazu  Marquardt,  Privatl.  d.  Römer  I^,  S.  273. 

In  der  römischen  Zeit  scheint  die  Verbreitung  der  Bäder  in 
Aegypten  eine  sehr  grosse  gewesen  zu  sein.  Nicht  nur  in  den  Städten, 
auch  in  den  Dörfern  waren  Badeanstalten  zu  finden.  Vgl.  ausser 
den  schon  oben  berührten  Beispielen  BGU  181,  12:  ev  xm  iv  '/a)|xy] 
Ba.xyiochoc,  ßaXaveiWL  Ueber  Militärbäder  vgl.  oben  S.  163  f  Für 
den  memphitischen  Gau  vgl.  Pap.  Leipz.  27  Recto  5:  ßaXav[,  wo 
Wessely  ßaXXe  liest.  Auch  auf  dem  Gutshof  bei  Hermupolis,  der 
uns  durch  Pap.  Lond.  CXXXI  Recto  (vom  J.  78/9  nach  Chr.)  so 
nahe  gerückt  ist,  spielt  tö  ßaXavelov  eine  Rolle.  Vgl.  Z.  24,  306, 
335  u.  s.  w.  Für  die  byzantinische  Zeit  vgl.  Pap.  Lond.  CXIII  6^ 
(vom  J.  633  n.  Chr.),  ^\o  ein  Tzepiyuiric,  hriiio{aio\j)  ßaXaviou  aus 
Arsinoe  begegnet.  Derselbe  in  einer  Urkunde  bei  Wessely,  Denkschr. 
Wien.  Akad.  1880,  S.  239.  Die  öffentlichen  Bäder  von  Alexandrien 
nennt  noch  das  XIII.  Edict  Justinians  (c.  14).  Diese  Bäder  sind 
ein  Kennzeichen  der  hellenistischen  Kultur! 

§  23.  TTisp  )((sLpü)va5L0D)  ßaXav£i)T(ö3v). 
Für  Theben  durch  Nr.  527  (vom  J.  120/1  n.  Chr.)  belegt.  Der 
ßaXav£UT%  (gewöhnlicher  ßaXavsu?)  ist  der  Bademeister.  Das 
)(£Lpü)va^cov  ßaXaveuTWV  ist  also  die  Gewerbesteuer,  die  er  für  die  Aus- 
übung seines  Geschäftes  zu  zahlen  hat.  Ueber  die  Höhe  der  Steuer  lässt 
sich  aus  diesem  einzelnen  Falle  nichts  erschliessen.  Zur  Gewerbesteuer 
im  Allgemeinen  vgl.  unten  §  135.  Es  ist  dies  in  unserer  Sammlung 
das  einzige  Beispiel  einer  Verwendung  des  Wortes  )^£Lpü)vaEcov  in  Theben. 

§  24.    TskoQ  ßacpscov. 
Für  Theben  belegt  durch  700  (184/5  nach  Chr.),  1068  (179 
n.  Chr.)  und  1516  (141/0  vor  Chr.). 


§  22  —  25. 


171 


Diese  von  den  „Färbern"  ^)  erhobene  Steuer  (in  der  Kaiserzeit 
als  zkXoq  bezeichnet)  ist  als  Gewerbesteuer  zu  betrachten.  lieber 
die  Höhe  der  Abgabe  lässt  sich  aus  diesen  drei  Quittungen  nichts 
Sicheres  gewinnen.  In  der  ptolemäischen  Quittung  1516  ist  nur 
gesagt,  wieviel  der  Steuerpächter  in  dem  betreffenden  Monat  an  die 
Bank  gezahlt  hat.  Aus  1068  geht  hervor,  dass  auch  die  Färber- 
steuer, wie  die  anderen  Gewerbesteuern,  monatlich  berechnet  war. 
Vgl:  "Eoxov  —  TO  za^(Yj7.Gv)  t£A(o?)  tir/^6(?)  0(0^.  So  stehen 
diese  Ostraka  mit  unserer  Haupturkunde  über  Gewerbesteuer,  BGU  9, 
im  Einklang,  die  uns  zugleich  belehrt,  dass  damals,  Ende  des 
III.  Jahrh.  nach  Chr.,  die  Gewerbesteuer  der  Färber  pro  ^lonat 
24  Drachmen  beti-agen  hat  (vgl.  Col.  II  7  ff.).  Ob  dieselbe  Summe 
auch  schon  Ende  des  II.  Jahrh.  n.  Chr.  (Nr.  700  und  1068)  normirt 
war,  lasse  ich  dahingestellt.  Immerhin  werden  die  8  Drachmen 
4  Obolen  in  Nr.  700  sehr  wahrscheinlich  nur  eine  Rate  darstellen. 
Zur  Gewerbesteuer  im  Allgemeinen  vgl.  unten  §  135. 

§  25.    To  zou  ßoYjO-oD  ibIoz. 

Für  Koptos  belegt  durch  Nr.  1084  und  1089. 

ist  eine  ganz  allgemeine  Bezeichnung  fiir  denjenigen, 
der  einem  Anderen  helfend  zur  Seite  steht.  Dass  in  dem  obigen 
Ausdruck  der  ßor^'ö'O?  das  Steuerobject,  nicht  das  Steuersubject  ist, 
ist  sicher.  Unklar  ist  dagegen,  auf  wen  der  ßorj^d;  zu  beziehen 
ist.  Man  hat  zwei  Möglichkeiten.  Entweder  bezieht  man  ihn  auf 
die  xaaaoTio'.o:,  denen  hier  die  Zahlung  ihrer  Gewerbesteuer  quittirt 
wird:  dann  würde  die  Abgabe  dafiir  erhoben  sein,  dass  sich  der 
betreffende  xaaaoTiOLog  einen  ßoyj^oc,  sagen  wir  einen  Geschäfts- 
führer oder  dgl.  hielt.  Oder  aber  man  bezieht  ihn  auf  den  quit- 
tirenden  Beamten,  den  Pächter  dieser  Gewerbesteuer:  dann  würde 
die  Abgabe  für  die  Mühewaltungen  dieses  Secretärs  des  Steuer- 
pächters resp.  als  Beitrag  zu  seiner  Salarirung  erhoben  werden. 
Letzteres  ist  mir  wahrscheinlicher.  Jedenfalls  sind  uns  solche  ßor^^oi 
als  Secretäre  der  Steuererheber  gerade  durch  die  Ostraka  bekannt 
genug.    Vgl.  Kap.  VI. 

Ueber  die  Färberei  im  Altertum  vgl.  H.  Blümner,  Technologie  I  S.  215, 
im  Besonderen  220,  wo  über  die  aegyptische  Färberei  auf  Grund  von  Plinius  XXXV 
150  gehandelt  wird. 


172 


lY.  KAPITEL. 


§  26.    Teloq  ysp^Lwv. 

Für  Theben  belegt  durch:  476,  574,  650,  660,  664,  680,  1040, 
1059,  1060,  1063,  1064,  1067,  1073,  1077,  1332,  1416,  1551. 

TiphiOQ  ist  eine  in  Aegypten  häufige,  sonst  seltene  Bezeich- 
nung für  den  Weber.  ^)  Das  ziXoq  yspS^wv  ist  also  die  Gewerbe- 
steuer, die  die  "Weber  für  die  Ausübung  ihres  Gewerbes  zu  zahlen 
hatten.  lieber  die  Gewerbesteuer  im  Allgemeinen  vgl.  §  135.  Die 
Steuer  wurde  erhoben  durch  icXövac  Y£p5(caxoö)2),  die  auch  einmal 
xeXwvat  xeXoug  yepbm^  heissen  (1067),  oder  durch  sTiCTYjpYjTal 
Y£pB(taxoö)  (664). 

Die  Höhe  dieser  Gewerbesteuer  zu  berechnen  wird  dadurch 
erschwert  oder  unmöglich  gemacht,  dass  die  thebanischen  Schreiber 
nicht  wie  die  elephantinischen  die  Schlusszahlungen  als  solche  be- 
zeichnen. Wir  sind  daher  immer  in  Zweifel,  ob  wir  es  mit  Voll- 
zahlungen oder  Ratenzahlungen  zu  thun  haben.  In  einigen  Fällen 
sollte  man  nach  dem  Wortlaut  annehmen,  dass  es  sich  um  Ersteres 
handelt.  Vgl.  650:  £)(0(ji£V  —  bnkp  zilXouq]  na)((bv  [HajoTv:  — 
Drachmen  4.  Vgl.  auch  1332:  £ax(o[i£v)  —  t6  T£X(o?)  67r(£p) 
p,Y](v(I)v)  Ow-ö-  Oaw'fL  'A^up  —  6  Drachmen.  Vgl.  endlich  660: 
£ax(o{A£v)  —  U7r(£p)  apL'9'([iYja£a)g)  Oa|X£va)^  xal  Oapiiou-ö".  t6 
T£X(o?)  —  Drachmen  7  Obolen  1.  Hiernach  möchte  man  in  den 
beiden  ersten  Fällen  je  2  Drachmen,  im  dritten  je  3  Drachmen 
3^/2  Obolen  als  Normalsumme  pro  Monat  annehmen.  Das  Divergiren 
der  Zahlen  würde  zu  der  Annahme  fuhren,  dass  in  verschiedenen 
Jahren  die  Summen  verschieden  hoch  berechnet  waren.  Aber 
wahrscheinlicher  ist  mir,  dass  nur  die  Ausdrucksweise  des  Schreibers 
incorrect  ist,  und  dass  diese  Summen  doch  nur  als  Raten  aufzufassen 
sind.  Nach  664  werden  für  einen  Monat  allein  8  Drachmen  von 
einer  Person  gezahlt,  und  in  1551  wird  eine  Zahlung  von  4  Drachmen 
für  einen  Monat  ganz  unzweifelhaft  als  Rate  bezeichnet  (dTio  tou 
ziXouq  TOU  Tößt).  Dazu  kommt  noch  eine  Nachtragszahlung  von 
2  Drachmen,  sodass  hier  mindestens  6  Drachmen  den  Monatsbetrag 
ausmachen. 


1)  Vgl.  H.  Blümner,  Technologie  I  S.  151. 

So  wird  aufzulösen  sein,  nicht  yspScwv,  wie  ich  im  Textdruck  meist 
gethan  habe.    Die  Form  yspS'.axöv  entnehme  ich  dem  Berliner  Papyrus  P.  1500. 


§  26.  DIE  WEBERSTEUER.  —  §  27.  FÜR  DIE  LAXD VERMESSUNG.  173 

Die  Webersteuer  begegnet  ausserdem  im  Berliner  Papyrus 
P.  1500  aus  dem  Faijüm  (III.  Jahrh.  n.  Chr.),  und  zwar  unter  dem 
Namen  ycp5:ax6v.  Sie  wird  hier  sowohl  für  die  [ir^zp67:oX^c,  (Arsinoe) 
wie  für  den  vo[i6?  (Herakleidesbezirk  etc.)  bezeugt.  Die  Weber 
waren  also  über  den  ganzen  Gau  verbreitet.  Auch  in  BGU  471,  1 
(II.  Jahrh.  n.  Chr.  Faijüm)  ist  mit  den  Worten  -apa  yspoLWV  auf 
sie  hingewiesen.  In  BGU  617  zahlen  eine  Weberin  und  in  Pap. 
Grenf.  (II)  LX  ein  Weber  ihr  y^SLpwvaEiov.  Doch  ist  nicht  klar 
zu  erkennen,  ob  die  gezahlten  Summen  sich  nur  auf  diese  Gewerbe- 
steuer, oder  auch  auf  die  daneben  genannte  xotty]  'Zp'.yoq  beziehen. 
Vgl.  unten  §  181.  Der  Ertrag  dieser  Webersteuer  muss  bei  der 
grossen  Blüte  und  Bedeutung  der  Weberindustrie  in  Aegypten  kein 
geringer  gewesen  sein.^) 

§  27.  Ttzsp  Y£ü)|xsTpia^. 

Für  Theben  belegt  durch  Kr.  513,  576,  587,  593—595,  599, 
677,  685,  688,  699,  1292,  1406,  1423,  1427,  1434,  1435,  1448, 
1470,  1561,  1572,  1579,  1581. 

Während  die  meisten  Texte  sich  Abkürzungen  erlauben,  bieten 
599  und  1435  das  Wort  Y£0[i£Tp''a;  (sie)  ausgeschrieben.  Auch 
in  dem  nicht  publicirten  Berliner  Ostrakon  P.  4362  findet  sich 
bizep  yetofie-cpia?. 

Es  besteht  wohl  kein  Zweifel,  dass  bizep  Y£(i)|jL£Tp''a^  der  all- 
gemeinere Ausdruck  für  eine  Abgabe  ist,  von  der  die  bizkp  yed)- 
(lETpia?  dfiTieXwvwv  imd  (poivixwytDV  (vgl.  §  12  und  §  131)  nur 
Spezialisirungen  darstellen.  Es  kann  sich  überall  nur  um  dieselbe 
Steuer  handeln.  Wir  haben  nun  schon  oben  darauf  hingewiesen, 
dass  die  Abgabe  bizhp  ye^jiSTpia?  d|X7t£}.a)Vü)v  in  mehreren  Fällen 
nachweisbar  in  derselben  Höhe  erhoben  wird  wie  die  (jizep  dfiTueXwvwv, 
d.  h.  wie  die  Grundsteuer  für  Rebenland,  und  bemerkten  schon  oben. 


Büchsenschütz,  die  Hauptstätten  d.  Gewerbfleiss.  S.  62/3.  Für  die 
alten  Zeiten  vgl.  Erman,  Aegypten  S.  594  ff.  Wiedemann,  Herodot  II  S.  147  ff. 
—  Ein  YspS'.os  unter  den  Tcpsaßuxspo'.  des  Dorfes  Muchis  im  Faijüm  BGU 
6,  13.  Mehrere  fipb'.O'.  auch  in  Ptolemais  Hormos  im  Faijüm,  nach  der  Charta 
Borgiana,  vgl.  III  10,  IV  13,  VII  34,  wo  überall  yspS'.s  statt  Xspg-.s  zu 
lesen  ist.  Sollte  das  rätselhafte  'Opö-oücpo'J  im  Pap.  Grenf.  (II)  LXXIX  1,  3 
vielleicht  dpO-oO^ou  zu  lesen  sein  (vgl.  X'.vöücpos)  und  eine  Weberspezialität 
bezeichnen  ? 


174 


IV.  KAPITEL. 


dass  hier  wahrscheinlich  nur  zwei  verschiedene  Ausdrücke  für  ein 
und  dieselbe  Sache  vorliegen.  Auch  ein  Blick  auf  Nr.  1301  be- 
stätigt diese  Annahme.^)  Wir  werden  danach  auch  in  den  hier 
vorliegenden  Urkunden  Quittungen  über  Grundsteuer  sehen,  und 
es  fragt  sich  nur,  wie  es  denn  möglich  ist,  dass  Zahlungen  für  die 
Grundsteuer  als  ÖTcep  yewjieTpLai;  geleistete  bezeichnet  werden  können. 

Wir  werden  unten  §  46  ausführlicher  darlegen,  wie  die  Um- 
legung der  Grundsteuer  auf  der  Katastrirung  des  Bodens  beruhte. 
Diese  Katastrirung  aber  basirte  auf  der  ye^ptexpLa,  der  Thätigkeit  der 
Y£ü){Ji£Tpa:,  der  Feldmesser.  Sowohl  Klassikertexte  als  auch  Urkunden 
lassen  uns  keinen  Zweifel  darüber,  dass  diese  Kataster  in  Aegypten 
schon  seit  den  ältesten  Zeiten  geführt  worden  sind,  dass  aber  auch 
durch  die  alljährlichen  Nilüberschwemmungen,  die  vielfach  die  alten 
Grenzen   der  Grundstücke  veränderten  und  andrerseits  alljährlich 


^)  Die  Abgabe  uTüsp  YS(0}i£xptai;  ist  mir  sonst  nur  noch  in  BGU  572 — 574 
begegnet,  einer  Liste  aus  dem  Anfang  des  III.  Jahrhunderts  nach  Chr.,  in  der 
in  alphabetischer  Folge  Grundbesitzer  mit  ihren  in  Geld  zahlbaren  Steuern  auf- 
gezählt sind.  Nach  Angabe  des  Umfanges  der  Grundstücke  (es  begegnen 
sXaiwvec,  diizsXwvsg  ^md  uapaSs'.aot)  wird  der  Steuerbetrag  genannt,  und  zwar 
begegnen  folgende  verschiedene  Arten:  1.  £lS(ü)v).  2.  yscodiexpias).  3.  = 
^lByzr^xGGxr^Q.  4.  —  oySör^^.  So  viel  ist  wohl  a  priori  sicher,  dass  einer 
dieser  Posten  die  Grundsteuer  bezeichnen  muss.  Die  beiden  letzten  scheiden 
aus,  da  die  Grundsteuer  nicht  als  Ertragsquote  erhoben  wird.  Man  kann  nur 
schwanken  zwischen  s'.Swv  und  Y£(i)[j.£Xptas.  Gegen  die  Fassung  von  slSog  als 
Grundsteuer  spricht  aber  Folgendes: 

a.  In  Contracten  wird  mehrfach  von  dem  verkauften  Grundstück  aus- 
gesagt, dass  es  y.a^apov  ä7:6  gr^jioaiwv  y.ai  Ttavxdg  stgoug  sei.  Vgl.  BGU  197,  14; 
227,  19;  237,13.  Hier  sind  mit  den  gr;]j.öa'.a  offenbar  die  Hauptsteuern  (Grund- 
steuer und  Annona)  gemeint,  mit  Tiavxcg  (!)  sigou^  aber  sonstige  Abgaben  oder 
Gebühren.  Vgl.  auch  BGU  334,  2:  uTiep  }iOvo5£a|Ji(rjc;)  xöpxcov  Vwal  (3cXX(üv  ixwv 
(=  £'.§ü)v).  Vgl.  auch  236,  9,  wo  Tiavxdg  £i§oi)S  hinter  dem  dp'.0-[JLY]X'//öv  ge- 
nannt wird. 

b.  Die  im  obigen  Text  für  die  £i5y]  gezahlten  Summen  sind  für  die  Grund- 
steuer entschieden  zu  klein.  So  werden  in  574,  5  für  mehr  als  1\  Aruren  nur 
ca.  29  Drachmen  gezahlt,  also  pro  Arure  noch  nicht  4  Drachmen.  Das  ist  als 
Grundsteuer  ganz  undenkbar.  Vgl.  auch  573,  3.  Dagegen  passt  der  für  die 
Y£(OiJL£xpia  sich  ergebende  Betrag  durchaus  zu  den  für  die  Grundsteuer  bekannten 
Sätzen.  So  werden  in  572,  7  ungefähr  36  Drachmen,  und  ebenda  10  ungefähr 
45  Drachmen  pro  Arure  gezahlt. 

Ich  komme  somit  zu  dem  Kesultat,  dass  auch  dieser  Papyrus  dafür  spricht, 
dass  wir  in  der  Abgabe  U7i£p  Y£(ü|X£xpta$  die  Grundsteuer  zu  sehen  haben. 


§27.    FÜR  DIE  LANDVERMESSUNG. 


175 


die  Ertragsföhigkeit  des  Bodens  in  verschiedener  "Weise  bestimmten, 
alljährliche  Revisionen  des  Katasters  notwendig  waren.  Herodot 
II  109  erzählt,  Sesostris  habe  Jedem  einen  gleich  grossen  y,Ar^poc, 
zugeteilt  und  danach  eine  är.G'^opr}  alljährlich  von  ihm  eingefordert. 
El  hi  Tivoc  xoö  y.Xr^po\j  6  TioTafxog  zi  TüapsXoiTO,  D.^wv  av  'izpbc, 
aÖTOv  iar]\Loci'^e  t6  yeYevr^filvov.  '0  6s  (seil.  Ssawaxp:?)  eT.e\ine 
zobc,  £7::GX£d)0|JL£Voi)^  *xal  avafjLSTpyjao vxa^  oato  eXdcaatov  6 
"/ßpoc,  ytfowe,  öxw?  tgö  Xolttou  xa-ca  Aoyov  irjc  z^zo^^(\ibrr^c,  a-o^^op*^? 
teXIol.  Vgl.  Diod.  I  82,  2.  Diese  bewunderungswürdige  Genauigkeit 
in  der  Evidenzhaltung  des  Katasters,  die  die  gerechte  Erhebung  der 
Grundsteuer  zum  Zweck  hatte,  ist  ebenso  auch  in  der  Ptolemäerzeit 
und  auch  in  der  Kaiserzeit  weiter  durchgeführt  worden.  Schon 
aus  Strabo's  Worten  (XVII  p.  787),  „avaYXYj  6rj  dva[i£Tp£iaO-aL  TidcXiv 
7.al  TiaXcv"  war  es  zu  entnehmen.  Die  Papyrusurkunden  führen 
uns  jetzt  noch  tiefer  in  das  Detail  hinein.  In  BGU  12  habe  ich 
einen  Text  publicirt,  der  den  Bericht  einer  Inspectionscommission 
enthält,  die  vom  14.  Juli  bis  14.  Oktober  181  n.  Chr.  (also  während 
der  Ueberschwemmung !)  den  Themistes- Bezirk  des  Ai'sino'itischen 
Gaues  bereiste,  um  die  Dämme  und  sonstigen  Schutzvorrichtungen 
zu  inspiciren  (vgl.  Z.  16).^)  Ihre  Thätigkeit  wird  als  eTzia'AB^iq 
bezeichnet.  Im  Gefolge  der  zuständigen  Gaubeamten  befand  sich 
auch  ein  Geometer,  von  dem  es  Z.  27  heisst:  [y]£Cl)[jl£tpo'jvto^  */al 

^uXopLETpOÖVTO^  0£O$a)p[o'J  TOu]  ljldVf]piyyj  ^TTÖ  V0[J10Ö  ^Hpa[7.]X£C- 

7i(o}vCTOi))  Y£ü)[X£TpO'j.  Wenn  es  sich  an  dieser  Stelle  auch  um  die 
Ausmessung  der  Dämme  etc.  zu  handeln  scheint,  zeigen  doch  wieder 
andere  Texte,  dass  gelegentlich  dieser  oder  ähnlicher  £7tLa7.£'|»£:? 
die  eventuellen  Veränderungen  im  Grundbesitz  vermessen  und  in  die 
Kataster  ein  gefugt  wurden.  So  heisst  es  in  BGU  563  I  11:  et  stzig- 
y.(i^Ei3)q)  cf^  [a]7:6  a'.xiy.wv  (fO'.(v'.7wa)VO?)  '^G(pi\io\j)  V  yj.    Also  so 


Das  Bruchstück  einer  ähnlichen  Urkunde  habe  ich  in  BGU  490  pu- 
blicirt. Geometer  begegnen  auch  in  den  Flinders  Petri  Papyri  (III.  Jahrh.  vor 
Chr.).  Vgl.  Petr.  Pap.  (II)  I,  1  ('AÖ-Yjvo5ü)?ou  ^BO)\i.expou).  In  (II)  XXXVI 
werden  mit  Hilfe  eines  Geometers  die  fertiggestellten  Damm  arbeiten  vermessen, 
ganz  wie  in  dem  oben  citirten  Berliner  Papyrus  (über  400  Jahre  später).  Als 
Geometer  erscheint  auch  hier  ein  Mann  mit  griechischem  Xameu  ('App,ö5'.og), 
doch  ist  sein  Stellvertreter  ein  Aegypter  i.UT.^oü'/.',oc,).  Ein  Grieche  ist  auch  der 
■"AaxXYjTi'.aSrjg  5  7ipoy.£X£'.?'.a|j.£vcs  :ip6s  yBOiiiZzpioi.:  im  Pap.  Leid.  L  (II.  Jahrh. 
vor  Chr.). 


176 


IV.  KAPITEL. 


und  so  viele  Aruren  waren  es  auf  Grund  der  eniG7.e^ic,  des  Gten 
Jahres.  Noch  genauer  ist  die  Angabe  ebenda  in  II  17:  xai  1^ 
emax^i^eidq)  Tzpoq  ysoixCexpiav)  '8'£o[u]  Tpa[L]a[voö.  Vgl.  18: 
iE,  imG'a(i^zis)q)  Tcßepbu  TiXeio)  £7i[t]Yp(acp£VTa).  In  den  hier 
hervorgehobenen  Jahren  war  zum  letzten  Male  eine  Veränderung  in 
den  Grenzverhältnissen  der  betreflfenden  Grundstücke  eingetreten  und 
notirt  worden.  1) 

Trotz  der  nahen  Beziehungen  zwischen  der  Landvermessung 
und  der  Grundsteuer,  wie  sie  aus  den  angeführten  Daten  hervor- 
gehen, ist  und  bleibt  es  sehr  auffallig,  dass  in  unseren  Quittungen 
UTiep  y£a)[JL£Tpta^  heissen  soll:  „für  die  (durch  die  Landverraessung 
festgestellte)  Grundsteuer".  Dennoch  scheint  mir  aus  den  oben 
angeführten  Gründen  diese  Deutung  gefordert  zu  werden.  Wir  werden 
unten  in  §  71  einen  ganz  ähnlichen  Bedeutungsübergang  in  der 
Formel  uizkp  laoypOLcplac,  kennen  lernen.  Dies  übersetzt  man  all- 
gemein, und  mit  Recht,  „für  die  Kopfsteuer",  und  doch  bedeudet 
Xaoypa^La  nichts  anderes  als  die  „Volkszählung".  Die  Volkszählung 
leistet  aber  für  die  Ermittelung  der  Kopfsteuer  dasselbe,  was  die 
Landvermessung  für  die  Ermittelung  der  Grundsteuer.  Es  steht 
also  in  beiden  Fällen  das  Mittel  für  den  Zweck. 

Was  für  Bodenarten  in  den  vorliegenden  Urkunden  gemeint 
sind,  in  denen  weder  a\nzeX(b'^eq  noch  ^oi'^ixGyveq  erwähnt  werden, 
lässt  sich  nicht  bestimmen.  Da  die  Steuer  regelmässig  in  Geld 
bezahlt  wird,  können  wir  nach  unseren  sonstigen  Resultaten  nur 
sagen,  dass  es  sich  wahrscheinlich  um  Reben-  oder  Palmenland, 


^)  Auf  die  Revision  der  Flurbücher  bezieht  sich  offenbar  der  Ausdruck 
Tipög  dvajjLExpyjaiv  in  zwei  Wiener  Pachtcontracten  vom  Jahre  301  und  305  n.  Chr. 
Vgl.  CPR  XL  und  XLI.  Man  wird  ihn  in  beiden  Fällen  auf  die  vorhergehende 
Angabe  des  Flächeninhaltes  der  Grundstücke  beziehen  müssen.  In  XL  ist  wohl 
nur  durch  Versehen  des  Schreibers  eine  andere  Bemerkung  dazwischengetreten. 
Fraglich  ist  nur,  ob  damit  auf  die  letzte  dvajisxpYjaig  hingewiesen  wird,  oder 
auf  die  bevorstehende.  Im  ersteren  Falle  hätte  man  wohl  eher  xaxd  statt  npöc, 
gesagt.  Es  soll  also  wohl  heissen:  So  und  so  viele  Aruren,  vorbehaltlich  der 
eventuell  bei  der  diesjährigen  Wiedervermessung  eintretenden  Grenzverschiebungen. 
Doch  ist  die  andere  Deutung  wohl  nicht  ganz  ausgeschlossen.  Wessely's  Erklärung 
ist  auf  alle  Fälle  abzuweisen.  Auch  im  Pap.  Grenf.  (I)  LIV  10  steht  unmittelbar 
hinter  dem  Flächeninhalt  des  Grundstückes  der  Zusatz  upog  ava|i£Tp7jatv  axot-vtou, 
wo  noch  besonders  auf  die  Benutzung  der  Messschnur  hingewiesen  Avird.  Vgl. 
BGU  526,  13  und  namentlich  586,  9.    Vgl.  auch  CIGr.  III  4957  Z.  60/61. 


§  27  —  29. 


177 


Obst-  oder  Gartenland  handelt.  Ueber  die  Höhe  der  Taxe  lässt 
sich  ebensowenig  etwas  ermitteln.^)  Ob  das  oi  in  1561,  2  zu  ocvou 
zu  ergänzen  ist,  ist  sehr  zweifelhaft. 

TsXoc,  yvacpaXXoXoywv. 
Siehe  unten  §  63  unter  ziXoq  xaaaoTUOtöv. 

§  28.  Tusp  SaTü(t,S6^wv?). 
Am  Schluss  von  Nr.  1395  (Theben,  vom  J.  66/7  n.  Chr.)  stehen 

die  Worte  unep  6a7i(  ).    Zuerst  glaubte  ich,  6a7r(avYi[xaTO?) 

auflösen  zu  sollen.  Doch  folgende  Betrachtungen  führen  zu  einem 
anderen  Resultat.  Der  Form  nach  sieht  die  Urkunde  ganz  so  aus,  als 
wenn  sie  eine  Gewerbesteuerquittung  enthalte.  Vgl.  t6  leXoc,  Bw'O'  ^aw^i. 
Da  die  vorhergehende  Nr.  1394,  die  von  denselben  Personen  handelt, 
im  Wesentlichen  denselben  Text,  mit  Ausnahme  von  u)  6a)  enthält, 
so  scheint  dieser  Zusatz  entbehrlich  zu  sein.  Hierzu  würde  die 
Annahme  passen,  dass  damit  das  spezielle  Gewerbe  bezeichnet  wäre. 
Unter  dieser  Voraussetzung  wüsste  ich  keine  andere  Erklärung 
vorzuschlagen  als  5a7i;(LS6cp(i)v)  im  Sinne  von  „Teppichweber". 
Zwar  ist  dieses  Wort  durch  unsere  Nr.  1213  sowie  durch  Pap. 
Paris.  5,  col.  19,1  gerade  für  Theben  in  der  Form  KX-izibu^poc,  belegt. 
Aber  auch  wenn  wir  nicht  bei  Schriftstellern  2)  die  Nebenform  h(XTZic, 
neben  zdizic,  hätten,  würde  ich  ein  derartiges  Schwanken  in  den 
Dentalen  unserm  aegyptischen  Schreiber  ^'*£(X{Jia)V^r^(;  durchaus  zu- 
trauen. —  Ist  dies  richtig,  so  ist  auch  1394  als  Quittung  für  die 
„Teppichwebersteuer"  aufzufassen. 

§  29.  Asa[jLoö. 
Für  Syene — Elephantine  belegt  durch  Nr.  104,  106,  114 — 
119,  121,  123,  125,  128—130,  140,  141,  144,  148,  151,  152, 
154—156,  158,  165,  201,  alle  aus  dem  II.  Jahrh.  nach  Chr. 

^)  Das  Yj^iot)  in  1572  kann  wohl  nur  bedeuten,  dass  die  Hälfte  der  ganzen 
falligen  Steuersumme  bezahlt  wird  (vgl.  xö  S  in  275),  oder  aber  dass  eine  halbe 
Arure  das  Steuerobject  ist.  In  576  und  1427  (beide  aus  demselben  Jahre)  steht 
e/  {Jiepoui;  =  ti£[jl71tou  jj-epous,  wohl  nur  bedeuten  kann,  dass  hier  4  der 

Gesammtsumme  gezahlt  wird.  Mit  der  yswiJLSTpia  speziell  hat  der  Zusatz  nichts 
zu  thun,  wie  er  denn  auch  bei  der  Dammsteuer  vorkommt. 

^)  Vgl.  z.  B.  Synes.  Epist.  61  (ed.  Hercher) :  Mnita,  lasyaXr^v  -cwv  Alyu::- 

WiLCKEN,  Ostraka.  12 


178 


IV.  KAPITEL. 


Die  Erklärung  des  Wortes  Ssafxo^  hat  schon  den  fi-üheren 
Bearbeitern  der  Ostraka  grosse  Schwierigkeiten  bereitet.  Fröhner^) 
wies  zweifelnd  auf  hoLa\i6q  hin  und  übersetzte  es  danach  mit  „dime". 
Mit  grösserer  Entschiedenheit  trat  Conrad  Leemans-)  dafür  ein, 
dass  hzG[i6c,  nur  eine  dialektische  Variante  für  6aa{JLGg  sei.  Ich 
kann  mich  dieser  Annahme  nicht  anschliessen,  weiss  aber  leider 
keine  sichere  Lösung  des  Kätsels  zu  geben.  Ich  beschränke  mich 
darauf,  einige  Thatsachen  hervorzuheben,  die  für  die  sachliche 
Erklärung  zu  berücksichtigen  sind. 

1)  Asa[xoO  steht  immer  nur  unmittelbar  nach  der  Erwähnung 
der  Xaoypa'^i'a.  Wenn  diese  in  mehreren  Raten  gezahlt  wird,  so 
folgt  6£a|xoO  der  Schlussrate.    Vgl.  123,  140. 

2.  AsafJLOö  tritt  mit  demselben  Augenblick  in  unseren  Ostraka 
auf,  wo  zum  ersten  Mal  die  XaGypa^ia  von  17  Drachmen  auf  III 
erhöht  begegnet. 

3.  Für  den  Seapio;  wird  stets  ^  Obolos  gezahlt. 

4.  Die  Summen  für  loco^p(x,^i(x.  und  Seafiog  werden,  wie  etwas 
Zusammengehöriges,  regelmässig  zusammeuaddirt  (zu  17  Dr.  1  Ob.). 

5.  In  Xr.  160  steht  zum  ersten  Male  17  Drachmen  1  Obol  für 
die  XaoypacpLa,  ohne  dass  der  6£a|x6g  erwähnt  w^rd.  Darauf  in 
167,  182  u.  s.  w\  Dagegen  findet  sich  wieder  die  Trennung  in 
XaoYpacpi'a  und  OcajJto^  (zu  17  Drachmen  J  Obol  und  l  Obol)  in  165 
und  201. 

Hieraus  ergiebt  sich:  Der  oeg^ioc,  hängt  mit  der  X<xo^po(.'^ioc 
eng  zusammen,  ja  der  für  den  6£a|jiG^  gezahlte  halbe  Obol  wird 
geradezu  als  für  die  Xaoypa^ia  gezahlt  aufgefasst. 

So  viel  wüsste  ich  zur  Zeit  über  die  sachliche  Bedeutung  zu 
sagen.  Wie  aber  das  Wort  boG[i6(;  hiernach  zu  erklären  ist,  ist 
mir  völlig  unklar.    Auf  Vermutungen  will  ich  verzichten. 

§  30.    Ta  SYjiJLoata. 
Für  Theben  belegt  durch  Nr.  767,  898. 

Ta  br^\i6(5'.7,  (seil.  TeXsaiiaxa)  ist  eine  sehr  gebräuchliche  all- 
gemeine Bezeichnung  für   die   öffentlichen   Abgaben   und  Lasten. 

1)  Rev.  Archeol.  XI  S.  42  7  A.  30. 

In  einer  besonderen  Abhandlung  über  „Bewijzen  van  betaalde  belasting 
op  potsclierven"  in  „Mededeelingen  der  koninklijke  Akademie  van  "Wetenschappen, 
Letterkunde  Deel  XI"  Amsterdam  1868. 


§  29  —  32. 


179 


Vgl.  BGU  18, 13.  39, 16.  87,  20.  94, 17.  103,  9.  153,  24.  197, 14. 
227,19.  234,19.  339,21.  350,9.  468,21.  In  767,  wo  5yj{jl:ü)v 
offenbar  für  6rj{J,oaitov  verschrieben  ist,  bedeutet  es  im  Spezielleren 
die  Grundsteuer.  In  898,  wo  es  in  einer  dem  Pacbter  ausgestellten 
Privatquittung  neben  t6  £XCp6p:ov  steht,  wird  es  allgemein  auf  die 
finanziellen  Verpflichtungen  hinweisen,  die  laut  Contract  der  Pächter 
übernommen  hat.  Auch  hier  kann  die  Grundsteuer  darunter  ver- 
standen werden.    lieber  die  5rj[xca:a  in  Xr.  413  ö*.  vgl.  unten  §  74. 

§  31.  TTüsp  SioLxf^acco^. 

Wir  erwähnen  diesen  in  den  Ostraka  mehrfach  begegnenden 
Ausdruck  hier  nur,  weil  man  leicht  auf  den  Gedan*ken  kommen 
könnte,  dass  damit  eine  bestimmte  Steuer  gemeint  sei.  Das  ist 
aber  nicht  der  Fall.  Vielmehr  bezeichnet  er  nur  das  Ressort,  in 
welches  die  betreffende  Steuer  abgeführt  wird.  ]\Iit  der  6L0L7.7jc:^  ist 
die  weltliche,  im  Besonderen,  wie  es  scheint,  die  Gemeindeverwaltung 
gemeint,  während  mit  dem  Parallelausdruck  bizsp  iepC(.zr/.o\)  oder 
LEpöv  auf  die  Tempelverwaltung  hingewiesen  wird.    Vgl.  Kap.  VI. 

§  32.  T^sp  SltiXwv. 

Für  Syene— Elephantine  belegt  durch  Nr.  85,  163,  164,  169, 
für  Theben  durch  578,  600,  605,  610,  613,  622,  625,  633,  637, 
1291,  1429,  1477,  alle  aus  dem  II.  Jahrh.  n.  Chr. 

Nur  in  163  und  164  steht  bTzkp  {X£pia|JLoO  ScttXwv,  sonst 
immer '  einfach  uTiep  SltüXöv  (voll  ausgeschrieben  in  605,  613,  1291, 
1477).  Ich  habe  zur  Zeit  keine  Vorstellung  davon,  was  wir  uns 
unter  den  bnzXöt  zu  denken  haben.  Ich  erinnere  nur  daran,  dass 
in  den  „Actenstücken  zur  kgl.  Bank  in  Theben"  IV  17  xa  y.o^^T^- 
(zovTa)  5i7rX(a)  begegnen.  Da  die  Abgabe  in  163  und  164  als 
\Lepi0\i6c,  bezeichnet  ist,  so  wird  sie,  die  Richtigkeit  unserer  Aus- 
fährungen in  §  75  vorausgesetzt,  kopfsteuerartig  verteilt  gewesen  sein. 
Dafür  könnte  man  anführen,  dass  Nr.  633,  637,  1291,  die  alle  für 
dasselbe  Jahr  quittiren,  dieselbe  Summe  (1  Drachme)  nennen. 
Andrerseits  müsste  in  164,  verglichen  mit  163,  eine  Ratenzahlung 
angenommen  werden. 

12* 


180 


IV.  KAPITEL. 


§  33.  TTisp  SiwpDyog. 

Für  Elephantine  belegt  durch  Nr.  259,  für  Theben  durch  577, 
628,  673,  1440,  alle  aus  der  Kaiserzeit. 

In  259  ist  von  der  Lesung  c|;[öp]ou  Oiopu^o^  nur  das  zweite 
Wort  sicher,  das  erste  dagegen  sehr  unsicher.  In  577  ziehen  oltzoli- 
xr^xal  |Ji£pLa[iOö  Siwp'jyoc  ßaaLALzfj^  die  Steuer  ein.  Dieser  „Königs- 
kanal" begegnet  auch  in  1440,  wo  daneben  der  „Frauenkanal"  genannt 
wird.  In  628  wird  UTiep  ocwpuyCog)  quittirt,  sowie  in  673  uTUsp 
6l(i)(puyog)  O''Xü)V0(?).  Es  ist  schon  im  Text  angemerkt  worden, 
dass  dieser  letztgenannte  Philonkanal,  der  hier  für  die  Kaiserzeit 
bezeugt  wird,  auch  im  Pap.  Paris.  66  begegnet,  der,  gleichfalls  aus 
Theben,  dem  III.  Jahrh.  vor  Chr.  angehört. 

Zu  dieser  „Kanalsteuer"  ist  wenig  zu  bemerken.  Für  die 
Wichtigkeit  der  Kanäle  Aegyptens,  dieser  w^ahren  Lebensadern  des 
Landes,  Belege  bringen  zu  wollen,  hiesse  Eulen  nach  Athen  tragen. 
Augustus  konnte  das  römische  Kegiment  gar  nicht  besser  einführen, 
als  indem  er  das  unter  den  letzten  Ptolemäern  verkommene  Kanal- 
netz restaurirte  und  erweiterte.^)  Die  Kanalverwaltung  bildete 
einen  der  wichtigsten  Verwaltungszweige,  und  der  Kanaletat  wird  im 
Gesammtetat  eine  hervorragende  Rolle  gespielt  haben.  Zur  Deckung 
dieses  Etats  ist  eben  die  „Kanalsteuer"  bestimmt.  Denn  etwa  an 
eine  Kanalgebühr  ^  die  für  einmalige  oder  mehrmalige  Benutzung 
der  Kanäle  gezahlt  würde,  zu  denken,  wird  dadurch  ausgeschlossen, 
dass  die  Abgabe  für  das  ganze  Jahr  aufgelegt  (628)  und  Monat 
für  Monat  bezahlt  wurde  (673,  1440). 

In  welcher  Weise  diese  Abgabe  umgelegt  wurde,  nach  welchem 
Princip  der  Anteil  des  Einzelnen  bemessen  wurde,  ist  leider  aus  den 
vorliegenden  Fällen  nicht  mit  Sicherheit  zu  ersehen.  In  259  werden 
von  mehreren  Personen  zusammen  512  Drachmen  gezahlt,  doch  ist 
hier  leider,  wie  oben  bemerkt,  der  Zusammenhang  nicht  klar.  In  577 
zahlt  eine  Person  2  Drachmen  5  Obolen  2  Chalkus  —  offenbar  eine 
Rate,   in   62S   ein   Anderer   für  das   Jahr   145/6   22  Drachmen 

^)  Der  Papyrus  scheint  ZAvei  Philonkanäle  zu  unterscheiden,  erstens  (1.  41  f.) 
TYjv  xaXouijLSvrjV  ^öXwvo^,  Yjg  axöjjLa  y.stxav  sv  xcöi  IlaO-upixr/.,  und  zweitens 
(1.  46)  xyjv  ^iXiüvoc,  XYjv  sv  x'^v  tzöasi.  Im  Petr.  Pap.  (II)  6,  5  begegnet  ein 
Kleonkanal.  Der  ist  offenbar  nach  seinem  Erbauer,  dem  in  diesen  Texten  mehr- 
fach genannten  Baumeister  Kleon  genannt. 

2)  Suet.  Aug.  18.    Dio  Gass.  LI  18,1.    Aur.  Yict.  Epit.  1. 


§33.    DIE  KANALSTEUER.  — 


§  34. 


181 


3  Obolen;  für  dasselbe  Jahr  145/6  werden  in  1440  für  den  Königs- 
und den  Frauenkanal  pro  Monat  ''ASpLaVG^  2  Drachmen  4  Obolen 
gezahlt  (dq  aptO-ptirjaiv  {JLYjvö;  'ASpLavoö).  Diese  monatliche  Be- 
rechnung liegt  auch  in  673  vor. 

Daraus,  dass  die  einzelnen  in  Betracht  kommenden  Kanäle 
meist  mit  Namen  genannt  werden^),  scheint  mir  zu  folgen,  dass  nicht 
alle  Unterthanen  zu  einer  allgemeinen  „Kanalabgabe"  herangezogen 
wurden,  sondern  immer  nur  für  den  einzelnen  Kanal  die  anwohnende 
Bevölkerung,  für  die  die  Instandhaltung  des  betreffenden  Kanales 
eine  Lebensfrage  war.  Ich  lasse  dahingestellt,  ob  daraus  folgt,  dass 
die  Bewohner  in  verschiedener  Weise  herangezogen  wurden.  Das 
Material  reicht  einstweilen  zur  Beantwortung  dieser  Frage  nicht  aus. 
Wir  werden  unten  bei  der  Dammsteuer  (§  136)  nochmals  darauf 
zurückkommen.  —  Die  vorliegenden  Urkunden  stammen  aus  der 
Kaiserzeit.  Es  ist  aber  wohl  kein  Zweifel,  dass  auch  die  Ptolemäer 
diese  Abgabe  erhoben  haben.  Ihren  Fortbestand  in  der  byzantini- 
schen Zeit  bezeugt  eine  Quittung  bei  Wessely,  Denkschr.  Wien. 
Akad.  1889,  S.  247,  wo  gezahlt  wird  b-ikp)  McY^Xr^c  ALa)p(D)Y(o)?. 

Ausser  dieser  in  Geld  zu  zahlenden  Abgabe  hören  ^vir  von 
einer  Verpflichtung  der  Bevölkerung,  ihre  Arbeitskraft  der  Kegierung 
zur  Instandhaltung  der  Kanäle  zur  Verfugung  zu  stellen.  Da  diese 
Kanalarbeiten  mit  den  Dammarbeiten  eno;  zusammeno-ehören ,  so 
werden  wir  unten  in  §  136  beides  gemeinsam  behandeln. 

§34.  TTisp  Spax(ix^S). 
Für  Theben  belegt  durch  Nr.  408. 

Xach  diesem  Ostrakon  zahlen  ein  Vater  und  sein  Sohn  ÖTiep 
ZpOL-/^(\Lfiq)  Mcpivo(v£iü)v)  für  das  Jahr  57^8  n.  Chr.  zusammen 
2  Drachmen.  Es  wird  also  jeder  1  Drachme  gezahlt  haben,  und  das 
wird  eben  die  Drachme  sein,  nach  der  die  Abgabe  ihre  Bezeichnung 
hat.  Zur  Erklärung  dieser  Abgabe  habe  ich  zur  Zeit  nichts  bei- 
zutragen. Ich  verweise  nur  darauf,  dass  auch  im  Pap.  Paris.  67,  13 
(II.  Jahrh.  vor  Chr.)  neben  verschiedenen  anderen  Steuern  wie  viipi- 
xfjg  etc.  auch  tpoc/j^fi^  geschrieben  steht.  Und  in  Pap.  Par.  62  V  19 
wird  unter  den  Zuschlägen  bei  Zahlung  der  Biersteuer  auch  Er- 
wähnung gethan  ifiq,  uTOZE'.pLevy]?  elq  xr^v  £7ü:a7.£uy]V  6pa)(|jLYj?  a  (fxta?). 

^)  Vgl.  BGU  10,  17:  A'.wpuxos  Bo'jß(do-O'j).  Auch  hier  ist  die  Steuer  als 
die  für  einen  bestimmten  Kanal  bezeichnet. 


182 


IV.  KAPITEL. 


§  35.  EI8o$  oder  ziXcq  syxüxXigv. 

Für  Theben  belegt  durch  1051,  1066,  1378,  1454,  1599. 
Vgl.  auch  473. 

So  unsicher  auch  die  Erklärung  des  Wortes  i'^'/.6yJdoq  ist 
(s.  unten),  so  kann  doch  über  das  Wesen  dieser  Steuer  kein  Zweifel 
bestehen.  Es  ist  eine  Verkehrssteuer,  die  die  Veränderungen  im 
Besitzstand  der  Bevölkerung  belastet.  Vor  allem  wurde  der  Kauf 
(d)V"i^)  von  Mobilien  und  Immobilien  von  dieser  Abgabe  betroffen. 
Die  TrevTTQXoaTY]  wvlwv,  die  wir  unten  in  §  138  besprechen  werden, 
ist  daher  ihrem  Sinne  nach  nur  eine  spezielle  Abart  des  allgemeinen 
Begriffes  des  ziXoq  syxuxX'.ov.  Immerhin  möchte  ich  die  Frage 
offen  lassen,  ob  thatsächlich  nicht  ein  prinzipieller  Unterschied  zwischen 
beiden  bestanden  hat.  Das  lyx'JxX'.ov  ist  uns,  abgesehen  von  den 
obigen  Ostraka,  sonst  vielfach  durch  die  Beischriften  der  griechischen 
und  demotischen  Contracte  überliefert,  in  denen  eben  über  die  Zahlung 
dieser  Abgabe  von  der  königlichen  Bank  quittirt  wird  (die  fälschlich 
so  genannten  „trapezitischen  Register"),  und  zwar  wird  sie  —  bisher 
liegen  derartige  Beweise  nur  aus  der  Ptolemäerzeit  vor  —  in  der 
Höhe  von  oder  ^  des  Wertes  erhoben  (s.  unten).  Die  Ver- 
mutung liegt  daher  nahe,  dass  dieses  eyxuzXcov  nur  von  solchen 
Käufen  erhoben  wurde,  die  einer  contractlichen  Fixirung  bedurften, 
wonach  sie  etwa  unserer  heutigen  Stempelsteuer  entsprechen  würde, 
dass  dagegen  die  TCsvTYjzoaxyj  wvlwv  eintrat,  wo  ein  solcher  Contract 
nicht  nötig  war,  wie  z.  B.  in  dem  gewöhnlichen  Marktverkehr.  In 
den  erhaltenen  Coutracten  handelt  es  sich  meist  um  den  Kauf  von 
Häusern  oder  Bauplätzen,  auch  von  bestimmten  Rechten.^)  Die 
Sklavenkäufe,  die  in  1066  und  1454  zum  ersten  Mal  in  Verbindung 
mit  dem  eyy.6yJdGV  auftreten  -),  würden  die  Vermutung,  dass  es  sich 
beim  eyxuywXLov  um  contractlich  stijoulirte  Käufe  handelt,  nur  be- 
stätigen. Sollte  eine  genauere  Untersuchung  dieser  Verhältnisse,  die 
sehr  nötig  ist,  zu  dem  Resultat  führen,  dass  ein  solcher  Unter- 
schied zwischen  dem  eyy.{}y.Xioy  und  der  Tzvnr^y.OG'zri  wviwv  nicht 
bestand,  so  müsste  man  nach  dem  bisher  vorliegenden  Material  an- 


1)  Vgl.  das  Beispiel  bei  Droysen,  Kl.  Sehr.  I,  S.  6. 

-)  Auch  in  Kyzikos  war  das  Kaufen  von  Sklaven  (dv§pa7io§ü)v:rJ  mit 
einer  Steuer  belegt.    Ygl.  Dittenberger,  Syll.  n.  312. 


§  35.    DAS  EXKYKLIOX.  183 


nehmen,  dass  die  Kaufsteuer,  die  zur  Ptolemäerzeit  oder  be- 
tragen hatte,  von  den  Kaisern  —  oder  einem  der  letzten  Ptolemäer  — 
auf  -5^0^  herabgesetzt  worden  sei.  Einstweilen  ist  mir  diese  Annahme 
sehr  unwahrscheinlich. 

Das  lyxu7.X:ov  umfasst  jedoch  nicht  ausschliesslich  nur  die  Kauf- 
steuer (tsXo;  wvf^?).  Wir  haben  ein  Beispiel  dafür,  dass  auch  die 
Abgabe  für  eine  contractlich  stipulirte  Teilung  (oiaLpcaic)  unter  das 
lyy.'jxXiov  fiel^),  und  auch  dieses  tsao?  Siaipiacw;  beträgt  ebenso  wie 
damals  die  Kaufsteuer  yV-  Ferner  wird  in  der  von  Re^Tllout'-)  be- 
handelten Londoner  Bilinguis  auch  für  Swpea  an  das  teXwviov^)  toO 
£Y%i)7Jio'j  gezahlt.  Auch  die  rätselhafte  y^aAX'.aia  fliesst  eben  dorthin 
(vgl.  §  155  u.  214).  Freilich  handelt  es  sich  hier  wohl  nur  um 
Zuschlagszahlungen.  Ich  vermute,  dass  auch  die  nach  Grenfell  (I) 
XXVn  col.  3,10  für  eine  Tiapa/ wpr^aic  an  die  Bank  gezahlte  Ab- 
gabe zu  den  lyz'jxXia  gehört.  Wir  können  hiemach  diese  Steuer, 
die  den  Wechsel  des  Eigentums  trifft,  zu  den  Verkehi-ssteuern  zählen. 

Zur  Geschichte  dieser  Steuer  verweise  ich  auf  ReWllout,  Proceed. 
Soc.  Bib.  Arch.  XIV,  S.  120  £  Hier  seien  nur  die  Hauptpimkte 
hervorgehoben.  —  Schon  Psammetich  I.  hat  die  Steuer  eingeführt, 
und  zwar  als  SexaiTy  (iV)-  Ptolemäer  haben  sie  übernommen 

und  zunächst  in  dieser  Höhe  belassen,  bis  Ptolemaios  Y  Epiphanes 
sie  auf  herabsetzte.  Wenn  Revillout  aber  meint,  dass  Epiphanes 
diese  Reduction  in  seinem  9.  Jahre  (vgl.  Rosettana!)  vorgenommen 
habe,  so  wird  diese  Annahme  durch  den  inzwischen  hinzugekommenen 
Petr.  Pap.  (II)  XL  VI  c  als  irrig  erwiesen.  Dieser  Text  zeigt  viel- 
mehr, dass  die  Steuer  bereits  im  vierten  Jahre  des  Epiphanes 


1)  Vgl.  Wien.  Pap.  26  bei  Wessely,  Wien.  Stucl.  III,  S.  5  f. 
•2)  Vgl.  Proceed.  Soc.  Eibl.  Arch.  XIV,  1892,  S.  61. 

2)  Es  ist  m.W.  das  einzige  Mal,  dass  hier  auf  dem  Contraet  die  Zahlung 
an  das  isXwv.ov  'ou  sYXuy.Xio'j  notirt  wird.  Sachlich  kommt  dieser  Stelle  die 
Subscription  des  ^'.'Z%^<s^zr^c,  im  Pap.  Paris.  17  am  nächsten.  Sonst  wird  ge- 
wöhnlich ein  weiteres  Stadium  des  Geschäftsganges  gebucht,  nämlich  die  gemäss 
der  vom  dvx'.ypacf su^  gegengezeichneten  Abrechnung  (S'.aypacpr/)  des  'sJ.wvr^c 
an  die  Bank  (xpotTze^a)  vollzogene  Zahlung.  Wiewohl  in  diesen  Bankquittungen 
dem  Wortlaut  nach  der  Contrahent  es  ist,  der  die  Steuer  an  die  Bank  zahlt, 
thut  es  in  Wirklichkeit  der  Steuerpächter,  nachdem  er  vorher  von  dem  Cou- 
trahenten  das  Geld  in  seinem  TcXwv.ov  empftuigen  hat.  Das  Merkwürdigste  ist, 
dass  hier  nicht  nur  der  Käufer,  sondern  auch  der  Verkäufer  für  das  Iyv-'JXA'.ov 
zahlt.    Es  ist  m.  W.  das  einzige  Beispiel. 


184 


IV.  KAPITEL. 


betrug.^)  Wann  die  Reduction  vorgenommen  ist,  lasse  ich  dahin- 
gestellt. In  dieser  Höhe  von  -^^j  ist  die  Steuer  dann  geblieben,  bis 
Euergetes  II.  sie  wieder  auf  erhöhte.  In  der  griechischen  Tra- 
dition begegnet  diese  SexaiY]  m.  W.  zum  ersten  Mal  wieder  im 
44.  Jahre  des  Euergetes  II  (=127/6  vor  Chr.).^) 

Für  die  Kaiserzeit  wird  der  Fortbestand  der  Steuer  ausser 
durch  obige  Ostraka  auch  durch  einige  Papyri  bezeugt.  Vgl.  Pap. 
Paris.  17,21:  'Ep(jLOY£vyj(;  KaixcXtou  [XLa^töTTji;  £l6oi)^  eyy.uy.liou  xal 
67iOX£:|Ji£va)v  ßaaiXix^  Ypa[Ji{JiaT£La  x-zX.  Er  quittirt  über  den  Em- 
pfang von  TO  Y£Cv6{X£Vov  ziXoc,  zfiq  7upox£i[X£VYj?  fhyfiq.  Die  wvy] 
ist  in  dem  vorhergehenden  Kaufcontract  spezialisirt.  Vgl.  ferner 
Pap.  Berl.  Bibl.  21,9:  £Vzu7vX£l(oi))  <^zy.;  Pap.  Leipz.  5  Rect.  5:  Ivxux- 
Xdou  5L(a)  |JiiaO'[ü)Tü)v.  Im  Berliner  Papyrus  P.  6957  Col.  I.  (vom 
J.  48  nach  Chr.)  wird  das  £VXuxXiov  für  einen  Kauf  von  Haus  und 
Hof  in  der  Stadt  Ai'sinoe  gezahlt.  Doch  über  die  Höhe  der  Abgabe 
ist  leider  allen  diesen  Texten  der  Kaiserzeit  nichts  zu  entnehmen 
(s.  oben). 

AVas  bedeutet  hier  nun  das  Wort  EyxuxXcog?  Seit  Boeckh  ist 
es  üblich,  es  mit  „gewöhnlich"  zu  übersetzen  und  diese  „gewöhnliche" 
Steuer  sich  im  Gegensatz  zu  „ausserordentlichen,  besonders  aufer- 
legten" Zehnten  oder  Zwanzigsten  zu  denken.^)  Allerdings  wird 
EyxuxXco^  u.  a.  auch  in  der  Bedeutung  „gewöhnlich"  überliefert. 
Ich  kann  mir  aber  nicht  denken,  dass  man  diese  Verkehrssteuer, 
die  doch  um  nichts  gewöhnlicher  war  als  die  Kopfsteuer,  die  Grund- 
steuer etc.,  speziell  als  die  „gewöhnliche"  bezeichnet  haben  sollte.  Ich 


^)  Mahafiy  liest  liier  in  Z.  14:  tote  P^fft^  =  '^'^^  zo  .  .  f]  SLjiOg?  xy;'. 
-vy'j  .^X  /_  -^y-,^  sy-xuxX'.coi  s'.y.oaxr/.?)  xxe  p.  Am  Original  las  ich  folgendermassen : 
xö  TS   ~  L  (ist  oben  übergeschrieben)  (^ic;  — c  xal  x6  yivöjJLSvov  xy]'.  £yy.uy.X(t(i)'.) 

X"X£  p.  Die  kühne  Vermutung  von  Mahaffy  (Empire  S.  314)  „the  imposing  of 
this  tax  map  have  been  one  of  the  causes  of  Epiphanes'  murder^'^  hat  nichts  für  sich. 

■^)  Im  Pap.  Turin,  n.  236,  wo  ich  am  Original  las:  £[15]  xyjv  L  Für 
3000  Dr.  werden  300  Dr.  Steuer  gezahlt.  Lumbroso's  Edition  in  Atti  della 
E.  Acad.  d.  Tor.  1868/9,  S.  691  ff.  bedarf  mancher  Correcturen. 

3)  Vgl.  Droysen,  Kl.  Schriften  I,  S.  17.  Anders  Eevillout,  der  a.  a.  O. 
S.  61  xeXwv'vOv  xoü  EYXOxXtoi)  übersetzt  mit:  „xeXwviov  de  cette  periode  de 
location  de  l'impöt".  Aehnlich  Lumbroso,  Rech.  S.  322:  „Le  terme  d'encycliou, 
avec  lequel  on  designait  le  droit  du  dixieme,  du  vingtieme,  donne  en  ferme, 
en  exprime  bien  l'annualite,  la  periodicite."  Mit  demselben  Recht  hätte  jede 
Steuer,  die  auf  ein  Jahr  verpachtet  wird,  £vy.'j-xX'.o;  genannt  werden  können. 


§  35  —  37. 


185 


möchte  von  der  Grundbedeutung  des  Wortes  ausgehen  und  iyx'j- 
xXtoc  als  das  sich  im  Kreise  bewegende  fassen.  Sollte  man  nicht 
unter  xa  lyxuy.X'.a  die  Verkehrsobjecte  oder  besser  die  sie  repraesen- 
tirenden  und  im  Umlauf  befindlichen  Werte  als  „die  im  Kreise 
sich  bewegenden"  gemeint  haben?  Tikoc,  iyxuxXiov  würde  dann  im 
Sinne  von  liXoq  twv  eyxuxXlwv  stehen  und  nichts  anderes  als  die 
„Verkehrssteuer"  bedeuten.  Der  Umlauf  der  Werte  ist  es  ja  gerade, 
der  durch  diese  Steuer  getrolBfen  wird.  ^ 

§  36.  To  cigxptuzöv. 

Für  Syene-Elephantine  belegt  durch  Nr.  136,  [137]. 

Das  EC^xpiT'.zov  wird  eine  Abgabe  sein,  die  für  das  dqy.pivead'Of.i, 
für  das  Hineingewähltwerden ,  gezahlt  wird.  Den  Schlüssel  zu 
dieser  merkwürdigen  Abgabe  giebt  wohl  die  Thatsache,  dass  die 
Zahler  in  beiden  Fällen  ein  priesterliches  Amt  bekleiden.  Das  elc,- 
xpCTCXov  scheint  danach  eine  Gebühr  zu  sein,  die  der  König  (der 
Erheber  ist  ein  TrpaxTWp)  von  demjenigen  erhob,  der  in  die 
Reihe  der  'zocoad'^opoi  'A[Ji[iö)VO?  (?)  hineingewählt  wurde.  Es  ist 
a  priori  nicht  unwahrscheinlich,  dass  auch  von  anderen  Priestern 
ein  solches  ei^y.pLTLxdv  eingefordert  wurde.  Es  wäre  zu  untersuchen, 
bei  welchen  Priesteilümern  ein  zlcxpivtad'oc.i  überhaupt  statt  fand. 
—  Es  ist  hervorzuheben,  dass  in  beiden  Fällen  —  von  verschiedenen 
Personen  —  dieselbe  Summe,  8  Drachmen  3  Obolen,  gezahlt  wird. 

§  37.  'EvwCpopiov. 

Für  Theben  belegt  durch  Nr.  898,  1024,  1027,  1237,  1262. 
Ps.  Aristoteles  Oecon.  II  1,4  bezeichnet  als  die  wichtigste  Einnahme 
der  satrapischen  Oekonomie  die  aTzb  Tf^g  yf^g,  a'JTT]  hi  laxLV,  f^v  di 
Ix^opcov  di  5s  BexaTYjv  Ttpo^aYOpeuouacv.  Wiewohl  hier  unzweifel- 
haft mit  dem  Wort  Ix'^öpiov  die  Grundsteuer  bezeichnet  wird,  ist 
mir  doch  kein  einwandsfreies  Zeugnis  dafür  bekannt,  dass  diese 
Bedeutung  auch  in  den  Urkunden  der  Papyri  und  Ostraka  begegne. 
Vielmehr  bezeichnet  es  hier  regelmässig,  so  weit  ich  das  Material 
überblicke,  den  Pachtzins,  den  der  Grundeigentümer  (xXyjpoOy^cc 
oder  Y£oö)(0(;)  von  dem  Pachtbauern  (ye^pycO  erhält.  Da  die 
Frage  im  Zusammenhang  noch  nicht  behandelt  ist,  mögen  einige 
Beispiele  hierher  gestellt  sein. 


186 


lY.  KAPITEL, 


1.  Petr.  Pap.  (II)  II,  1  (Zeit  des  Phüadelphos).  Mehrere 
Pächter  führen  Klage  gegen  den  e7.oczovza.po\jpoc,  Lysander,  von 
dem  sie  den  y.Xfipoq  gepachtet  haben  (|JiiaO'waa[Ji£va)v  f^pLWv).  Die 
Pachturkunde  hatte  den  Zeitpunkt  für  die  Zahlung  der  iy,<:p6pioc 
bestimmt.    (Z.  10.)  ^ 

2.  Petr.  Pap.  (II)  XXIX  b,  c,  d  (III.  Jahrh.  vor  Chr.).  Die 
drei  Urkunden  handeln  von  y.Xfipoi,  die  ihren  Eigentümern  (xXr^- 
pouy^oC)  abgenommen  und  elq  zb  ßaaL^wtxov  zurückgezogen  sind. 
Diese  xlfjpouy^oi  hatten  vorher  ihre  xXf^pOL  an  yewpyoL  verpachtet 
(vgl.  b,  6:  auYT^TP^9'^^-  'AXxExav  npbc,  "HXtoSwpov  töv  yewpyov 
TOö  7.Xyjpoi)  Mah.)  und  dabei  im  Contract  die  Höhe  des  excpopiov 
festgesetzt  (vgl.  b:  sx^optou  tccxtou).  Nach  meinen  am  Original 
gewonnenen  Lesungen  beträgt  das  Ix^opcov  in  b  1  Artabe  (nicht 
31,  Mah.),  in  c  pro  Arure  3  Artaben  (nicht  93,  Mah.),  in  d  gleich- 
falls pro  Arure  3  Artaben  (nicht  93,  Mah.).  Diese  ex^öpia  sollen 
nun  nach  der  Einziehung  der  xXyjpOL  an  die  königliche  Kasse  ge- 
zahlt werden.  2) 

3.  Für  die  Kaiserzeit  ist  vor  allem  eine  Stelle  im  Edict  des 
Ti.  Julius  Alexander  von  Bedeutung.  CIGr.  III  4957  Z.  31: 
"ASixov  yap  iazi  Tobc,  wvyjaafjievou^  xTigpiaTa  xal  TC(JLag  auxwv  öctio- 
hovTocc,  (hc,  briiiooiouc,  yeo^pyobq  Ixcpopta  dTcacxeia^ac  twv  lSicdv 
sSaiywv.    Hiermit  ist  ausdrücklich  hervorgehoben,  dass  die  Grund- 

^)  Die  Pächter  haben  nach  dem  Contract  500  Artaben  Weizen  zu  zahlen. 
Um  diese  enorme  Summe  zu  begreifen,  wird  man  anzunehmen  haben,  dass  Ly- 
sander ihnen  seine  sämmtlichen  100  Aruren  in  Pacht  gegeben  hat.  Das  würde 
für  die  Arure  ein  sy.cpcp'.ov  von  5  Artaben  ergeben  —  eine  Summe,  die  zu  den 
oben  angeführten  Beispielen  gut  passen  würde.  Zu  diesen  Verpachtungen  der 
y.Xffpoi  vgl.  Petr.  Pap.  (II)  XXXVIII  a,  wo  zwei  Leute  von  einem  xpiaxovxd- 
poupo?  f  seines  x?.r^po5,  also  20  Aruren  gepachtet  haben.  In  Petr.  Pap.  (II) 
XXIX  d  verpachtet  Lysanias  seine  25  Aruren  an  einen  Bauer;  Z.  8  ist  zu  lesen: 
au]YY£YpdcpO-ai  Auaaviav  Tipd^  •  [  •  •  •  tc^v  YscDpydv]  tou  -xAigpou  /\  y.s. 

^)  Anders  fasst  der  Herausgeber  MahaflFv  die  Texte  auf.  Ich  construire 
folgendermassen  (z.  B.  b) :  „An  Acholpis  (Name  des  Beamten,  der  den  Befehl 
erhält).  Betreffs  des  yiXfjpoc,  des  Alketas,  der  zur  Domäne  eingezogen  worden 
ist  (lies :  ToO  'Aaxstou  .  .  .  y.'kripou  xou  dv£tXr^[X|j.£voo)  hat  uns  der  Urkunden- 
bewahrer  Apollonios  einen  Contract  vorgelegt,  den,  wie  er  sagte,  Alketas  mit 
Heliodoros,  dem  Pachtbauer  des  '/.Xv^pot;,  unter  Festsetzung  von  1  Artabe  Pacht- 
zins geschlossen  hat,  und  sie  haben  den  üblichen  Eid  geschworen,  dass  die  Pacht 
auf  so  viel  von  ihnen  festgesetzt  sei.  Dieser  Pachtzins  soll  nun  in  die  könig- 
lichen Magazine  vermessen  werden.'' 


§37.    DER  PACHTZINS. 


187 


eigentümer  nicht  zu  den  iy.(^6pi(X  herangezogen  werden  dürfen^  sondern 
nur  Leute,  wie  beispielshalber  die  hr,\i6aioi  yetjopyGi,  die  nicht  'ihiOL 
sSacpy]  bebauen.  Die  Grundeigentümer  zahlten  vielmehr  Grundsteuer. 
Folglich  sind  Grundsteuer  und  ly.cpopia  zwei  verschiedene  Dinge. 
Letzteres  bezeichnet  eben  den  Pachtzins,  den  der  Pachtbauer  zahlt, 
gleichviel  ob  er  von  einem  Privaten  oder  vom  König  das  Land  in 
Bebauung  genommen  hat. 

4.  Der  Wiener  Papyrus  31^)  (Zeit  des  Augustus)  spricht  von 
y£ü)pYOU?  ö^e''XovTa?  Ixt^opia  ßaacX(txa).  Das  sind  Bauern,  die 
die  Bebauung  königlicher  Domäne  übernommen  haben.  Ihre  £x- 
9ÖpLa  werden  daher  correct  als  ßaa'.Xixa  bezeichnet. 

5.  Pap.  Leipz.  6  Recto  spricht  in  Z.  1  von  iy,'^{6p:ov),  in  Z.  2 
von  [JLLa'8'(ü)aL^). 

6.  BGU  39  und  227  (vom  J.  186  n.  Chr.  und  151  n.  Chr.) 
sind  Pachtcontracte,  in  denen  die  vom  Pächter  zu  zahlenden  ey.fxopia 
festgesetzt  werden.  In  39  werden  für  5  Aruren  22  J  Artaben,  also 
pro  Arure  4^  Artaben,  in  227  für  1  Arure  6  Artaben  gefordert.  — 
In  BGU  360  werden  die  Yewpyo:,  die  Pachtbauern,  aufgefordert, 
das  Ix^opiov  an  die  neuen  Eigentümer,  die  das  Grundstück  gekauft 
haben,  zu  zahlen.  —  In  BGU  526  (Pachtcoutract  vom  J.  86/7) 
verpflichten  sich  die  Pächter,  im  Voraus  ty]V  töv  Ixcpopiwv  TLjiyjv 
zu  zahlen.  —  In  BGL^  538  (vom  J.  100  n.  Chr.)  werden  gleich- 
falls die  excpopia  für  den  Pächter  festgesetzt. 

7.  BGU  408,  411,  Pap.  Genev.  13  sind  Quittungen,  die  der 
Grundeigentümer  (ysou^wv)  seinem  Pachtbauer  (yetopYC?)  für  Zahlung 
der  ezcpopta  ausstellt.  Ebenso  Pap.  Lond.  CXXXIX  vom  J.  48 
n.  Chr.,  ausgestellt  vom  Kleruchen  seinen  yetopyc'.  Diese  leiten  zu 
unseren  Ostraka  über.  2) 

Wir  dürfen  es  hiernach  wohl  als  ein  gesichertes  Resultat  be- 
trachten, dass  das  ey.^i6piov  den  Grundzins  des  Pächters  bezeichnet. 
Unsere  Nr.  1027  und  1262  schliessen  sich  diesem  Ergebnis  ohne 
Weiteres  an,  da  hier  ausdrücklich  gesagt  ist,  dass  der  Zahler  des 
ex^opiov  der  Pächter  des  Feldes  ist,  ebenso  Kr.  898  (vgl.  f^^  eyewp- 
YYjaa?  \LOL  yfiq).    In  letzterer  Nummer  werden  t6  ex^opiov  und  xd 

^)  Wessely,  Wien.  Stud.  IV.  1882.  Derselbe,  d.  griech.  Pap.  d.  Kais, 
Samml.  Wien  1885.  S.  22. 

^)  ^gl-  jetzt  auch  die  Wiener  Pachtverträge  im  CPR  I,  die  unsere  obigen 
Ausführungen  bestätigen. 


188 


IV.  KAPITEL. 


67][x6aia,  die  öffentlichen  Lasten,  unterschieden.  Wir  werden  aber 
auch  berechtigt  sein,  in  1024  und  1237  die  Zahler  für  Pächter  zu 
halten.  So  entsprechen  sie  ganz  den  oben  unter  Nr.  7  angeführten 
Quittungen.  1)  Da  in  den  obigen  Ostraka  die  Verpächter  überall 
Privatpersonen  sind,  so  haben  wir  es  hier  nicht  mit  einer  öffentlichen 
Abgabe  zu  thun. 

Dass  ausser  dem  Wort  ex^opLOV  auch  tpopo?  in  dieser  Be- 
deutung begegnet,  haben  wir  unten  in  §§  133  ausgeführt.  Es  ist  daher 
wohl  nur  ein  Pleonasmus,  wenn  der  Pachtcontract  CPR  CCXL  2,  6 
von  Izcpopi'oi)  xal  cpopoi)  a7iOTa[zTOD]  spricht. 

§  38.  'EXaVxa. 

Wir  stellen  in  diesem  Paragraphen  diejenigen  Ostraka  zusammmen, 
die  sich  auf  das  Oel  beziehen.  Im  Allgemeinen  verweisen  wir  auf 
Grenfell's  Revenue-Papyrus,  der  uns  gelehrt  hat,  dass  Oelfabrication 
und  Oelhandel  vom  König  monopolisirt  waren.-)  In  den  Ostraka 
geschieht  des  Oeles  in  verschiedenen  Verbindungen  Erwähnung. 

Wer  Pflanzen  baute,  die  zur  königlichen  Oelfabrication  ver- 
wendet werden,  musste  natürlich,  wie  jeder  andere  Grundbesitzer, 
eine  Grundsteuer  zahlen.  Diese  wird  durch  unsere  Ostraka  mehr- 
fach bezeugt,  und  zwar  für  Krotonpflanzer  durch  727,  729,  737, 
741,  743,  1608,  für  Sesampflanzer  durch  763,  1520,  für  Knekos- 
pflanzer  durch  730,  1353.  Diese  Pflanzen  treten  auch  im  Revenue- 
Papyrus  als  die  für  die  Oelfabrication  wichtigsten  hervor.  2)  Wie 
MahaflPs^^)  vermutet,  mag  die  Olive,  die  Strabo  (XVII  S.  809)  im 
Faijüm  und  in  den  alexandrinischen  Gärten  —  aber  sonst  nirgends 
in  Aegypten  —  kennt,  erst  durch  die  griechischen  Colonisten 
eingeführt  sein.^)     Diese  Kroton-,  Sesam-  und  Knekoslieferungen 

^)  Der  Schreiber  von  1022  meint  jedenfalls  auch  in  erster  Linie  das 
STC^öp'.cv,  wenn  er  sagt:  sx«)  ta  aTa^svxa  S'.a  x-^g  ix'.aO-waewg  o5  s\iio^oiod  ooi 
xXt^PO'J.  Vgl.  auch  758  und  759.  Letztere  Nummer  wird  mir  erst  verständlich, 
wenn  ich  annehme,  dass  ao:  in  Z.  3  verschrieben  ist  für  |iO'.. 

^)  Eine  königliche  Oelfabrik  hatte  ich  schon  in  den  ,,Actenstücken  der 
Kgl.  Bank  zu  Theben"  S.  59/60  nachgewiesen. 

3)  Vgl.  die  Mitteilungen  von  E.  P.  Wright  bei  Grenfell,  Eev.  Pap.  S.  124/5. 
Eev.  Pap.  S.  XXXV  f. 

^)  Oder  sollte  der  König  etwa  nur  die  Fabrication  von  Sesamöl,  Krotonöl  etc., 
nicht  aber  die  von  Olivenöl  monopolisirt  haben?   Vielleicht  sind  beide  Ver- 


§  37  —  38. 


189 


werden  nun  teils  in  den  dr^GOCUpoq,  wo  sie  dann  zunächst  lagerten, 
oder  aber  direct  in  die  königlichen  Oelfabriken  (ekocioupyloL)  abge- 
führt (so  in  737,  741,  743,  1608).  Dass  diese  Lieferungen  nichts 
anderes  als  die  Grundsteuer  darstellen,  besagen  die  Texte  aus- 
drücklich. Tgl.  737:  sie  ty;v  £7::Yp(  a;^ r^v),  743:  uTzkp  z6t:ou.  Vgl. 
§  46  und  §  124.  Selbstverständlich  wurde  diese  Grundsteuer  in  na- 
tura abgeliefert  und  nicht  durch  Geld  abgelöst,  da  man  eben  zur 
Fabrication  die  Naturalien  brauchte,  ein  Anderer  als  der  König 
sie  aber  nicht  verwenden  durfte.  Vgl.  Rev.  Pap.  39,19  f.  Dass 
diese  Grundsteuer  nach  demselben  Princip  wie  die  anderen  erhoben 
wurde,  zeigt  Xr.  763,  wonach  für  jede  Arure  3  Artaben  Sesam  zu 
liefern  waren. 

Weniger  klar  sind  diejenigen  Ostraka,  in  denen  über  die  tl[iy) 
iXalou  quittirt  wird.  Vgl.  318,  659,  1502,  1595.  Hier  handelt 
es  sich  offenbar  überall  um  Erlegung  des  Kaufpreises  für  Oel. 
Nach  dem  Revenue-PapjTUS  können  im  Allgemeinen  nur  zwei  Gruppen 
von  Käufern  in  Betracht  kommen,  einmal  die  xaTT/jXo:  etc.,  die  den 
königlichen  Beamten  das  Oel  zum  weiteren  Betrieb  abkauften^),  und 
dann  das  Publicum,  das  von  diesen  Zwischenhändlern  sein  Oel 
bezog.  In  den  obigen  Ostraka  ist  es  nicht  immer  klar,  welches 
Verhältnis  vorliegt.  In  318  wird  einem  ^oycDTi^c,  einem  Beamten, 
der  auch  im  Pev.  Papyrus  eine  Rolle  spielt,  die  Zahlung  von  3000 
Kupferdrachmen  elq  T:[iYjV  eXaiou  quittirt.  Leider  ist  die  Mitte  des 
Textes  noch  nicht  genügend  entziffert.  Auch  659  und  1502  lassen 
manche  Frage  offen.  In  1502  (  wohl  Privatquittung)  ist  wenigstens 
Eines  klar,  dass  der  Zahler  das  Oel  empfangen  hat  (oö  ^X^^?)- 
In  1595  findet  sich  der  Zusatz:  töv  IvTaö^a  aTpaxeufJiaTWV  (vom 
J.  258  n.  Chr.).  Der  Zahler  wird  hier  ein  Militärbeamter  sein, 
der -für  die  am  Ort  stationirten  Truppen  das  Oel  kauft.  Da  diese 
Quittung  ihrem  Schema  nach  für  eine  Bankquittung  zu  halten  ist 

mutungen  dahin  zu  combiniren,  dass  der  König  von  der  Monopolisirung  des 
Olivenöls  Abstand  nahm,  um  zur  Einführung  der  Olivenkultur  in  Aegypten  zu 
ermuntern. 

Ich  glaube,  dass  dieser  Zwischenhandel  nicht  freiwillig  war,  sondern 
als  Xc'.TO'jpY^a  betrachtet  wurde.  Sonst  hätte  es  ja  leicht  kommen  können,  dass 
einmal  keine  Kaufleute  da  waren,  die  geneigt  waren,  dem  König  das  Oel  abzu- 
kaufen. Es  heisst  auch  Eev.  Pap.  47,14,  tzöoo"/  Sit  —  twXsiv.  So  haben  wir 
hier  wohl  die  Verhältnisse  vor  uns,  die  in  Dig.  50,  4,  18,  19  berührt  werden: 
elaeemporia  .....  apud  Älexandrinos  patrimonii  munxis  existimatur. 


190 


lY.  KAPITEL. 


(ebenso  wie  659),  so  folgt  daraus,  dass  dieser  Militärbeamte 
nicht  von  den  Zwischenhändlern  kauft,  sondern  direct  von  der 
königlichen  Verwaltung.  Dasselbe  ergab  sich  in  341,  wo  Salz  für 
die  Truppen  gekauft  wird  (vgl.  S.  145). 

Ganz  unbestimmt  drücken  sich  Kr.  687,  wo  uTzep  £XaLo(u),  und 
1230  aus,  wo  für  l/alzcbv  quittirt  wird.  Eigenartig  ist  Nr.  333, 
wo  eine  Zahlung  eIc,  t6  iX(xio(upyXo^)  fiir  Xpia[J.[a(Ta)v)]  [toö  <I>ap- 
l^joO-ö-L  erwähnt  wird. 

Endlich  sei  erwähnt,  dass  in  1157  xeXwva:  iXoäpäc,  begegnen. 
Doch  hat  der  Inhalt  der  Urkunde  mit  diesem  ihrem  Amt  nichts 
zu  schaffen.  Auch  auf  1603 — 1605  sei  hingewiesen,  in  denen  ein 
tioixT^xr^q  die  lAaioopyla  anweist,  gewissen  Personen  so  und  so  viel 
Oel  zu  verabfolgen.  Hieran  ist  interessant,  dass  noch  in  byzan- 
tinischer Zeit  eine  staatliche  Controlle  über  die  Oelfabriken  ausge- 
übt wurde.  1)   —  In  1236  werden  für  Krotonöl  4  Obolen  gezahlt. 

§  39.  To  i[xßaBLx6v. 

Für  Theben  belegt  durch  1024,  1237,  1262,  1358,  für  Koptos 
durch  1080,  alle  aus  der  Ptolemäerzeit. 

In  1024,  1237  und  1262  wird  das  I{jißa6:x6v  neben  dem 
£X^6p:ov  genannt.  Daraus  ergiebt  sich  (vgl.  §  37),  dass  auch  das 
IjjLpaBizov  eine  Abgabe  ist,  die  von  den  Pächtern  an  die  Grund- 
eigentümer gezahlt  wurde.  Zu  dieser  Annahme  passt,  dass  es  in 
1080  heisst:  t6  £V,3aOLz6y  zy]Q  y*^?  [xod.  Auch  1358  setzt  dieser 
Annahme  kein  Hindernis  entgegen. 

Aber  was  bedeutet  £[ißaBix6v?  Ableitungen  von  t6  £(xßaS6v 
oder  6  IjxßaSo?,  an  die  ich  zuerst  dachte,  befriedigen  in  keiner 
Weise.  Die  richtige  Deutung  gab  Mommsen,  der  es  als  „eine  Ab- 
gabe des  Pächters  für  den  Eintritt  in  das  Grundstück"  auffasst. 
Wir  werden  t6  £[Jißa5:x6y  danach  von  y]  £pißa5ca  ableiten,  das  im 
Lexicon  rhet.  Bekk.  An.  p.  249,  18  folgendermassen  erklärt  wird: 
'E|jißaT£öaai  zal  £[xßaT£:a  l'axiv  r}  vuvl  Xeyo\iivri  Sia  toö  h  Ifjißaoia, 
TO  Tov  oav£:aTYjV  £[jißaT£öaaL  zal  zlceXd-ziv  elc,  tä  XTi^fiaTa  toö 
uTZOXpeo'j  £V£)(upLauOVTa  t6  5av£'.ov.    Zu  dem  Wechsel  von  b  und  t 

^)  Dagegen  -werden  in  BGU  612  Oelfabriken  erwähnt,  die  ohne  Zweifel  im 
Privatbesitz  sind  (a.  56/7).  Vielleicht  erklärt  es  sich  nach  dem  auf  S.  188 
Anm.  5  gesagten  dadurch,  dass  hier  Olivenöl  producirt  sein  mag. 


§  38  —  40. 


191 


vgl.  übrigens  Nr.  1358,  wo  l|jißaTL[z]oö  geschrieben  ist.  Andrer- 
seits vgl.  BGU  101,  16:  evßaSeuetv.  Diese  Abgabe,  durch  welche 
der  Pächter  für  die  Dauer  der  Pachtzeit  sich  in  den  Besitz  des 
Grundstückes  setzt,  wurde  je  nach  den  Bestimmungen  des  Contractes 
in  Geld  oder  in  natura  gezahlt.  In  1237  (Gemüseland)  wird  Geld, 
in  1358  Weizen  geliefert. 

Falls  meine  Ergänzung  in  358  ziX{oQ)  l[Ji(ßaB:7w6v)  richtig  ist, 
so  müsste  der  Zahler  ein  Pächter  von  königlicher  Domäne  sein,  da 
die  Zahlung  an  die  königliche  Bank  erfolgt.  Doch  ist  die  Ergänzung 
nicht  sicher. 

M£pia|xö^  svXsi[i[xaTO(;  tsXcovlxoö. 
Vgl.  unten  §  138. 

§  40.  To  svv6[iLov. 

Für  Syene-Elephantine  belegt  durch  44,  für  Theben  durch 
325,  1510,  1540,  für  Hermonthis  durch  319,  324,  für  Krokodüo- 
polis  durch  1620. 

Das  IvvofJLiov^)  ist  schon  von  Boeckh  (CIGr.  I  1569)  als  vecti- 
gal  pecuarium,  als  Weidegeld  erklärt  worden.  In  derselben  Be- 
deutung, also  der  römischen  scriptura  entsprechend,  kehrt  es  in  dem 
Palmyrenischen  Steuertarif  wieder  (vgl.  Dessau,  Hermes  XIX  S.  523). 
Hier  ist  namentlich  die  Wendung  [tJwv  he  ird  vo|JLyjV  {lETayo- 
[X£va)V  .  .  -ö-pefJiiiaTWV  ö^siXsa^at  .  .  von  Interesse,  weil  hiermit  aus- 
drücklich darauf  hingewiesen  wird,  dass  eben  die  Benutzung  der 
Weide  —  natürlich  der  Gemeindeweide  —  durch  das  Vieh  das 
Steuer object  bildet. 

Dem  entsprechend  heisst  es  in  unserer  Nr.  319:  Iwoptcov 
ZTyj(vü)v)  —  „Weidegeld  für  das  Vieh".  Von  besonderer  Bedeutung 
aber  ist  1540  (vom  J.  14/3  vor  Chr.),  wo  angegeben  wird,  dass  das 

^)  Das  Weidegeld  begegnet  ausserdem  in  BGU  485.  Erwähnt  wird  es  bei 
Mabafiy,  Petr.  Pap.  (II)  S.  [132].  Auch  BGU  478—480  berühren  diese  Ver- 
hältnisse. Es  sind  Meldungen  der  STCixYjpYjxal  vojxwv  (so,  nicht  vöjicov)  ^iXtö- 
TsplSog,  d.  h.  der  Aufseher  der  Weiden  des  Dorfes  Philoteris  an  die  ß'.ßXiocpu- 
X'xy.s.c,  Sr^[ioai'(i)v  Xöycov.  Sie  melden,  wie  es  scheint,  dass  in  der  und  der  Zeit 
nichts  eingekommen  sei  in  ihrem  Aufsichtsdistrict  (sTi'.xi^pYja'.i;),  „weil  es  kein 
Vieh  in  dena  Dorf  gebe".  Das  zweimalige  d-epiiaxa  muss  ein  Provinzialismus 
des  Schreibers  für  %-p£\i\i(x.zc(.  sein.  Vgl.  das  häufige  xopxöSs'.Xog  für  xpoxöSs'.Xos- 


192 


IV.  KAPITEL. 


svvojJitov  für  42  Schafe  (Tipoßaia)  gezahlt  wird.  Daraus  dürfte 
folgen,  dass  die  Höhe  des  £Vv6|jllov  nach  der  Zahl  der  auf  die 
Weide  getriebenen  Tiere  berechnet  wurde.  Es  braucht  nur  noch 
hinzugefügt  zu  werden,  dass  es  sich  in  den  vorliegenden  Fällen 
überall  um  königliche  Weideplätze  handelt,  denn  die  Zahlungen 
erfolgen  an  die  königliche  Bank.  Die  Erhebung  dieses  Weidegeldes 
war  an  Pächter  vergeben.  Sicherlich  gab  es  auch  andere  Weiden, 
die  im  Besitz  von  Gemeinden  oder  von  Privaten  waren.  Wir 
werden  also  das  obige  £Vv6[xiov  zu  den  privatwirtschaftlichen  Ein- 
nahmen des  Königs  zu  rechnen  haben. 

§  41.   To  svoLxiov. 

Für  Elephantine  belegt  durch  292,  für  Theben  durch  644, 
654,  661,  671,  1420,  1469,  1580,  alle  aus  der  Kaiserzeit. 

'EvoLVwCOV  bezeichnet  das  Mietsgeld,  das  der  Mieter  (evorAoq) 
seinem  Mietsherrn,  dem  Hausbesitzer,  zahlt.  Die  AYendung  uTisp 
evoLXioi)  liesse  hiernach  die  Deutung  zu,  das  in  den  obigen  Quit- 
tungen die  Zahlung  des  Mietsgeldes  bezeugt  würde.  Doch  dann 
müsste,  da  es  von  den  staatlichen  Organen  eingetrieben  wird,  überall 
der  Staat  der  Hausbesitzer  sein,  was  sehr  unwahrscheinlich  ist. 

Gehen  wir  von  Nr.  292  aus.  Da  heisst  es:  bizlp  evoiy.iou 
0 17.10) V  Y-  Hier  kann  unmöglich  das  Mietsgeld  gemeint  sein,  das 
der  Betreffende  für  seine  Wohnung  zahlt,  denn  durch  drei  Häuser 
hindurch  wird  niemand  zur  Miete  wohnen.^)  Vielmehr  kann  nur 
das  Mietsgeld  gemeint  sein,  das  er  aus  den  drei  ihm  gehörigen 
Häusern  bezieht.  Und  so  werden  wir  auch  in  den  übrigen  Fällen 
unep  evoLXCOi)  deuten:  für  die  Miete,  die  der  Betreffende  als  Haus- 
besitzer einnimmt.  Wir  haben  es  also  mit  einer  Vermietssteuer  zu 
thun,  die  auf  den  Hauseigentümern  lastet.  Oder  mit  anderen 
Worten:  es  ist  eine  Gebäudesteuer,  die  nach  dem  Ertrag  der  Miete 
erhoben  wird.  In  welcher  Weise  die  Steuer  umgelegt  wurde,  lässt 
sich  aus  unseren  Texten  leider  nicht  erkennen.  Ich  will  nur  er- 
wähnen, dass  derselbe  XaTaßoög  Havaiiea)?  im  J.  119  und  im 
Jahre  121  (vgl.  671  und  1420^  je  8^  Drachmen  zahlt.  Daraus 
folgt  nur,  dass  sein  Hausbesitz  sich  in  dieser  Zeit  nicht  verändert  hat. 

^)  lieber  die  Verteilung  der  Familien  in  den  Häusern  geben  interessante 
Aufschlüsse  die  kürzlich  von  mir  edirten  Urkunden  BGU  493 — 510.  Auch 
die  zahlreichen  y.ax'  ccy.iav  dTioypacfai  bieten  viel  Material. 


§  40  —  44. 


193 


§  42.  TTisp  s7t:(.  . . .). 
Für  Theben  belegt  durch  No.  533  und  676. 
In  beiden  Urkunden  steht  U7i(£p)      d.  h.  £7r(.  .  .  .),  xal  aXXwv. 

Der  Möglichkeiten,  zu  ergänzen,  sind  so  viele,  dass  ich  auf  einen 
Vorschlag  verzichten  muss. 

§  43.  'E7iapo6piov. 

Für  Theben  belegt  durch  332,  352,  1532,  für  Hermonthis 
durch  350,  für  Koptos  durch  1234,  alle  aus  dem  II.  Jahrh.  vor  Chr. 

Das  Wort  iizocpoupiov,  das  sich  voll  ausgeschrieben  in  350 
findet,  ist  unseren  Lexicis  bisher  unbekannt.  Die  Bedeutung^)  kann 
nicht  zweifelhaft  sein:  wie  sTiixscpaXtov  die  Steuer  bezeichnet,  die 
auf  dem  Kopfe  lastet,  so  muss  inapoupiov  die  sein,  die  auf  der 
Arure  lastet.  Wir  haben  also  ein  Wort  vor  uns,  das  so  recht 
geeignet  ist,  das,  was  wir  Grundsteuer  nennen,  zu  bezeichnen.  Es 
ist  gewiss  nur  ein  Zufall,  dass  das  iTuapoupLov  in  den  obigen  Fällen 
immer  mit  Geld  bezahlt  wird,  also  in  Anwendung  auf  Wein-, 
Palmen-,  Obst-  und  Olivenland  steht.  Ich  wüsste  nicht,  weshalb 
man  nicht  auch  die  in  natura  gezahlte  Grundsteuer  für  Weizen- 
und  Gerstenland  sTcapoupiov  hätte  nennen  sollen.  Zur  Grundsteuer 
im  Allgemeinen  vergl.  §  46. 

Das  Wort  begegnet  mir  auch  in  einem  Berliner  Papyrus 
(P.  1422)  aus  der  Zeit  des  Kaisers  Marcus  (i[n](x,po\jpio\j  7])(^7]- 
[a]av).  Hier  wird  es  in  Beziehung  auf  izocpdheiaoq,  auf  Gartenland, 
gesagt.  Bei  Grenfell  (II)  LXV  (aus  dem  II./ III.  Jahrh.  n.  Chr.) 
steht  ivapoupiov  als  Bezeichnung  für  eine  Abgabe.  Ich  vermute, 
dass  ETiapoupiov  zu  lesen  ist. 

§  44.    ICnkp  smßoX(Y]g). 
In  1472  (Theben)  bezahlt  ein  gewisser  Panameus  uTcep  eizi- 
ßoX('^?)  \  (=  xaXavTWv)  ß  toö  a(i)TOö)  ß  L  (=  254/5)  4  Drachmen. 
'ETTtßoXi^  bezeichnet  eine  Abgabe,  die  als  Zuschlag  auferlegt  wird.-) 

^)  6  STiocpoupog  ist  als  Gärtner  oder  „Landmann"  überliefert.  Wie  hier 
dv^^p ,  so  ist  bei  STiapoupiov  etwa  TeXsaixa  zu  ergänzen.  Daraus  erklärt  sich 
die  Verschiedenheit  der  Bedeutung. 

2)  In  dieser  Bedeutung  als  Zuschlag  spielt  die  stzi^oXyi  im  Justinianischen 
Recht  eine  Rolle.  Vgl.  Zachariae  v.  Liugenthal,  Gesch.  d.  Griech.  Röni. 
Rechts ^  S.  228  f. 

WiLCKEN,  Ostraka.  13 


194 


IV.  KAPITEL. 


Vgl.  BGU  519, 15  (IV.  Jahrh.  nach  Chr.):  twv  6r][xoatü)v  xal  dvvovov 
xal  TuavTOLtov  STTißoXwv.  Panameus  zahlt  also  die  4  Drachmen 
„für  den  Zweitalent-Zuschlag  des  Jahres  254/5".  Die  Art,  wie  das  Jahr 
angefügt  ist,  macht  es  wahrscheinlich,  dass  es  sich  nicht  um  eine 
ausserordentliche,  einmalige  oder  gar  nur  den  Panameus  betreffende 
Abgabe  handelt,  sondern  um  eine  allgemein  und  jährlich  erhobene.^) 
Im  Uebrigen  ist  mir  die  Bedeutung  dieses  Zuschlages  völlig  dunkel. 
Die  geringe  Summe  von  2  Talenten  legt  den  Gedanken  nahe,  dass 
die  Erhebung  der  Abgabe  auf  einen  bestimmten  Kreis,  sagen  wir 
auf  die  Ortschaft,  zu  der  Panameus  gehört,  beschränkt  war.  Voraus- 
gesetzt, dass  wir  es  hier  mit  einer  Vollzahlung  zu  thun  haben,  und 
dass  jene  2  Talente,  wie  wahrscheinlich,  kopfsteuerartig  distribuirt 
waren,  so  würden  die  2  Talente  oder  12000  Drachmen  auf  eine 
Bevölkerung  von  3000  Steuerpflichtigen  für  diese  Ortschaft  führen. 
Doch  die  Praemissen  sind  ganz  unsicher. 

§  45.  To  sTOy£VY][ia. 

In  1027  wird  das  iTtLylvTjjAa  neben  dem  iy.'^opioy  als  eine 
Abgabe  erwähnt,  die  der  Pächter  eines  Grundstückes  dem  Grund- 
eigentümer zu  liefern  hat.  Das  AVort,  das  auch  sonst,  z.  B.  im 
Revenue -Papyrus  häufig  gebraucht  wird,  begegnet  in  einem  ähn- 
lichen Zusammenhang  wie  hier  auch  in  Petr.  Pap.  (II)  II,  I,  wo  in 
Z.  19  iTOysvyjiiaat  (so  auch  Revillout,  Melanges  S.  272)  statt  Im 
Y£VYj[xaat  (Mah.)  zu  lesen  ist.  Nur  ist  der  Unterschied,  dass  die 
iTCcysvT^fiaTa  dort  dem  Pächter  zukommen.  Es  wäre  denkbar,  dass  laut 
Pachtcontract  die  £7iLy£VT^(xaTa,  d.  h.  der  Ueberschuss,  der  über  die 
zu  erwartende  Ernte  (yevyjjJiaTa)  hinaus  erzielt  wird,  an  Pächter 
und  Verpächter  geteilt  würde.  Doch  können  die  Contracte  darüber 
sehr  verschiedene  Bestimmungen  getroffen  haben. 

§  46.  'H  smypacpT^. 

Für  Syene  belegt  durch  295,  für  Theben  durch  703,  709, 
712,  722,  733,  735—737,  1253,  1489  (=1254),  1355,  1356, 
1619,  1621,  1622,  alle  aus  der  Ptolemäerzeit. 


^)  Darum  scheint  mir  die  andere  Bedeutung  von  STi'.ßoXig  als  Geldstrafe" 
hier  nicht  am  Platz. 


§  44  —  46. 


195 


Die  angeführten  Quittungen  beziehen  sich  sämmtlich  auf  Na- 
turallieferungen.  In  712  werden  Linsen  vermessen,  in  737  Kroton, 
in  1489  Gerste,  in  allen  übrigen  "Weizen.  Die  Steuer  wird  regel- 
mässig mit  der  Wendung  [ji£[i£TpyjX£V  elc,  XYjV  iTiiYpa'^yjV  toö  x. 
Ito'J^  eingeführt.  Der  Ort  der  Ablieferung  wird  meist  ausserdem 
mit  bIq  tov  -ÖTjaaupov  oder  einmal  elc.  t6  IXaLOupylov  bezeichnet 
'H  iiziypoc'^ri  ist  also  der  Name  der  Steuer,  für  welche  die  Natu- 
ralien geliefert  werden.  In  einigen  Fällen  ist  hinzugefügt,  dass 
diese  Steuer  für  einen  bestimmten  totto?  gilt.  Das  geschieht  ent- 
weder mit  der  "Wendung  uTiep  toö  xgtzou,  wie  z.  B.  in  735,  oder 
aber  der  Topos  ist  im  Genetiv  direct  von  erzi^fpoc'^r]  abhängig  ge- 
macht, so  in  1253,  1619,  1620,  1622.  Wir  werden  unten  in  §  124 
nachweisen,  dass  hier  in  allen  Fällen  unter  xotzoc,  die  Toparchie  zu 
verstehen  ist,  der  Steuerdistrikt.  Dieser  besondere  Hinweis  auf  die 
Toparchie  ist  aber  an  und  für  sich  entbehrlich,  und  wir  werden 
ihn  auch  dort  suppliren  dürfen,  wo  die  iTriypa^ig  ohne  xotzoc,  ge- 
nannt wird.  Wir  haben  es  also  in  allen  Fällen  mit  Natural- 
lieferungen  zu  thun,  die  der  Steuerzahler  als  Angehöriger  einer 
bestimmten  Toparchie  zu  leisten  schuldig  ist. 

Was  bedeutet  nun  iTCtypa^i^?  Von  den  mannigfachen  Be- 
deutungen von  ETü'.ypacpsLV  kann  hier  nur  eine  in  Betracht  kommen: 
imypOL^ziv  zm  t:  =  Jemandem  etwas  auferlegen.  In  der  Gerichts- 
sprache bezeichnet  es  das  Auflegen  von  Strafsummen  und  dergleichen, 
und  so  spricht  auch  unser  Ostrakon  1615  von  der  £7:LYp(a^o[i£VYj) 
t^Y^liia.  Im  Besonderen  aber,  und  das  trifft  für  unseren  Fall  zu, 
bezeichnet  es  das  Auferlegen  von  Steuern,  Abgaben  und  Lasten. 
So  sagt  Ps.  Aristoteles,  Oecon.  II  2,29:  Mljivwv  —  Setj-ö-eI?  y^pr^- 
{xaxwv  £7r£Ypat|i£  toI?  TrXoua'.wxaxoL^  aüxwv  izlfid-oc,  zi  apyupi'ou. 
So  sagt  Polybios  XXV  2,  11  (ed.  Hultsch):  'E7:£Ypa'^Y]  §£  xal  M:- 
•O-piSanr] — TpcazovTa  xaXavTa.  Die  Beamten,  die  in  Athen  bestimmte 
Abgaben  zu  berechnen  und  aufzulegen  hatten,  hiessen  IrciypacpElc, 
was  Pollux  VIII  103  so  erklärt:  o'jto:  xd  6:p£cX6|X£va  £^'  Ixaaxou 
Ixdaxw  £7:£Ypa^ov  —  iTiEypa^ov  he  xal  xd  x:|jLYj{iaxa  Ixdaxoc?  xaxd 
d^tav.  Von  diesem  ETTtypa^ELV  ist  iTciypa^i^  als  „das  Auferlegte, 
die  auferlegte  Abgabe"  abzuleiten.  In  dieser  Bedeutung  kommt 
ETitYpa^TQ  bei  den  attischen  Rednern   vor.^)     Es  ist  aber  auch, 

^)  Vgl.  Isocrates,  trapezit.  §  41 :  slgcfopöc;  Y,{irv  ■zpoc,TOLX.^BlQrtC,  xal  äxspwv 

13* 


196 


IV.  KAPITEL. 


abgesehen  von  unseren  Texten,  in  der  ptolemäischen  Kanzleisprache 
nachweisbar.  In  dem  Pariser  Papyrus  63,  der  von  der  Liturgie 
der  Bestellung  der  königlichen  Domäne  handelt  (II.  Jahrh.  vor  Chr.), 
heisst  es  z.  B.  Col.  III.  70:  xal  [xi^x'  ivioic,  7waTaB££aT£pav  toö  pte- 
Tpiou  TYjV  iTiiypacpYjv  yevYi^yjvai,  wo  mit  der  eni^fpoL'^r]  eben  die 
Auflage  dieses  munus  gemeint  ist.     Vgl.  Z.  152  f:  t/,  aupi^^wvoi) 

xpaTSlv.  In  derselben  Bedeutung  steht  das  Verbum  ebend.  Col.  VII  7 : 
zal  Tal^  a7roa7w£uaT^  auxwv  iTrcysypa^-ö-at  y^v,  d.  h.  die  Bebauung 
des  Landes  ist  ihnen  auferlegt.  Ebenso  Z.  91,  wo  zu  lesen  ist:  wc  toO 
6:d  TOÖ  7rpo;TaY|jiaTo;  a)pLCJ[jL£vou  yw£[9]aXaL0u  Tiaat  —  £7:LY£Ypa|JL- 
[Ji£VOU  (so  auch  Eevillout,  Melanges  S.  255  für  £VY£Ypa{JLpL£voi>). 
Endlich  heisst  es  von  den  Beamten,  die  die  Auflage  besorgen,  Z.  133: 
xav  %aTaXa[ißayr^[T]£  xivag  twv  Tipö^  xaT?  7rpaY|JLaT£iat?  —  £Tül- 
Ypacp£L[v]  {JLYj  ouva[Ji£vou^,  wo  Revillout's  Aenderung  (Melanges  S.  256) 
£TCLYpaq?£c[aO'aL]  sprachlich  und  sachlich  gleich  unmöglich  ist.  Von 
£TCLYPOi?öCL  redet  nach  meiner  Lesung  auch  die  Stele  von  Assuän 
Z  62:  [a]pYupL7.d^  iTiLYP^^^d^,  d.  h.  „in  Geld  zu  zahlende  Abgaben*' 
(  Mahaffy,  Hermathena  IX  S.  288  liest  £TULYpd[4']aa['ö'aL).  —  In  der 
Kaiserzeit  begegnet  mir  das  Wort  in  BGU  563  I,  8:  1^ 
ax(£cj>£a)^)  yS  Tcj3£piou  rXdiit  £7r[t]Yp(a9£VTa),  wo  es  von  der  Auf- 
lage der  Grundsteuer  gesagt  wird.  Denselben  Sinn  hat  das  Nomen 
im  Berliner  Papyrus  P.  1422  Z.  9 :  wv  aTio  iiii'^pioL^f^'^  zxX. 
Dagegen  bleibt  mir  die  spezielle  Bedeutung  unklar  in  der  folgenden 
Formel,  die  sich  mehrfach  am  Schluss  von  )(£ip6Ypa^a  findet:  To 
tz  )(£'.p6Ypacpov  ToöTO  Siaaov  yP^9^'^  xa-S'apov  dTiö  ItücyP^^'^^  'z-^- 
dXccpa^o?  (=  dX£r^aTO(;)  zupcov  Eaxto  xtX.  So  im  Pap.  Lond.  in 
Pal.  Soc.  S.  II  PI.  149.  Vgl.  BGU  578  und  666.  Hier  mag  die 
iTi'.ypO(.:pri  sowie  die  Oelabgabe  zu  den  Gebühren  oder  Sportein  ge- 
hören, die  eventuell  für  solche  Contracte  erhoben  wurden. 

Aus  diesen  Beispielen  dürfte  zur  Genüge  hervorgehen,  dass 
fi  ETZiypa^pri  ein  ganz  allgemeiner  Ausdruck  für  das  dem  Bürger 
vom  Staat  Auferlegte  ist.  Ich  habe  keinen  Beleg  dafür  finden 
können,  dass  mit  diesem  Worte  speziell  diejenigen  Abgaben  bezeichnet 
wären,  die  als  ausserordentliche  zu  den  ordentlichen  hinzugefugt 
wurden.  Eugene  Revillout  hat,  wie  ich  noch  in  der  zwölften  Stunde 
sehe,  in  den  „Melanges",  in  denen  er  ein  reiches  Material  zur  Itil- 
Ypa^TQ  vorgelegt  hat,  auf  dessen  Verwertung  ich  zur  Zeit  leider 


§46.   DIE  GRU>T)STEUER. 


197 


verzichten  muss,  diese  letztere  Deutung  aufgestellt  und  sieht,  gestützt 
auf  seine  demotischen  Aequivalente ,  in  der  STiiypa^^ig  „un  impöt 
mpplementaire" In  dem  griechischen  Worte  liegt  das  jedenfalls  nicht. 
Das,  was  Revillout  vorschwebt,  würde  griechisch  etwa  zpoccTriYpa'^i^ 
heissen  (vgl.  Trpo^Bcaypac^civ,  7:poc[i£Tp£Tv).  Ich  halte  daher  die 
STriYpa^T^  unserer  Texte  nicht  für  eine  Zusatzsteuer,  sondern  für 
eine  ordentliche  und  Hauptsteuer,  die  ganz  allgemein  als  „die 
Auflage"  bezeichnet  wird.-) 

Ueber  die  spezielle  Natur  der  Abgabe  ist  damit  leider  nichts 
erschlossen.  Ich  glaube,  die  richtige  Deutung  gewinnen  wir  lediglich 
durch  einen  Ueberblick  über  die'gesammten  Quittungen  über  Xatural- 
lieferungen  der  Ptolemäerzeit.  Abgesehen  von  den  wenigen  Nummern, 
die  sich  mit  speziell  genannten  anderen  Abgaben  befassen  (s.  unten), 
wird  eine  das  Wesen  der  Naturallieferungen  charakterisirende  An- 
gabe nirgends  gemacht.  Entweder  wird  das  Getreide  sl;  ty)V  ztzi- 
^poL'-^ilv  vermessen,  oder  U7t£p  totüod,  oder  es  steht  beides  beisammen, 
oder  aber  es  heisst  statt  dessen  einfach  e:^  t6  x  .  exo^.  Wenn  ich 
auch  keinen  stricten  Beweis  dafür  erbringen  kann,  so  halte  ich  es 
doch  für  sicher,  dass  es  sich  in  allen  diesen  Fällen  um  die  Zahlung 
der  Grundsteuer  handelt.  Wo  sollen  die  Grundsteuerquittungen, 
die  doch  ohne  Zweifel  mit  die  wichtigste  Rolle  gespielt  haben  werden, 
sonst  stecken?  Bei  welcher  anderen  Naturallieferung  hätte  man  die 
Erwähnung  der  Steuer  für  überflüssig  halten  können  als  bei  der 
Grundsteuer?  Ich  gebe  zu,  dass  der  Wortlaut  der  Einzelurkunde 
zu  dieser  Auffassung  nicht  zwingt.  Aber,  ich  möchte  sagen,  der 
Gesammtbefund  unserer  Urkunden  rechtfertigt,  ja  fordert  diese  An- 
nahme. Es  kommt  hinzu,  dass  ganz  ähnlich,  mit  geringen  Aus- 
nahmen,  auch  die  sämmtlichen  Naturalquittungen  der  Kaiserzeit 

^)  Revillout  liest  das  betreflfende  Wort  houo  hoti  und  erklärt  es  als  „le 
surplus  de  Fimpot".  Er  beruft  sich  S.  183  für  dieselbe  Bedeutung  des  griechischen 
iTriypacpi^  auf  Lysias.  Leider  ist  es  mir  nicht  gelungen,  das  "Wort  bei  Lysias 
zu  finden.  Uebrigens  bemerke  ich,  dass  das  Wort  gerade  wegen  seiner  völligen 
Allgemeinheit  natürlich  auch  auf  Steuern  angewendet  werden  konnte,  die  ihrem 
Wesen  nach  als  Zusatzsteuem  zu  betrachten  sind.  Aber  das  Wort  selbst  drückt 
diese  Nuance  jedenfalls  nicht  aus. 

In  unseren  Texten  haben  wir  nur  Belege  für  die  Ptolemäerzeit.  Aber 
Revillout  bringt  in  den  ,,Melanges"  S.  186  ein  Beispiel  für  das  Vorkommen 
dieser  Steuer  im  20.  Jahre  des  Augustus,  allerdings  in  einem  demotischen  Texte 
(als  houo  hoti). 


198 


IV.  KAPITEL. 


einer  speziellen  Erwähnung  der  Steuer  entbehren  und  sich  meist 
darauf  beschränken,  die  Toparchie  oder  den  speziellen  Ort  zu  nennen. 
Wir  werden  unten  sehen,  dass  es  auch  hier  sich  überall  um  Grund- 
steuer handelt. 

Der  alphabetischen  Anordnung  des  Stoffes  gemäss,  haben  wir 
die  einzelnen  Varietäten  der  Grundsteuer  an  verschiedenen  Stellen 
besprechen  müssen.  Vgl.  §  12  unkp  djJtTtsXtovtov,  §  27  bnep  ysw- 
(xeTpca^,  §  43  iTiapoup'.ov,  §  124  bnkp  zor^ou,  §  131  bnkp  ^olvcxwvwv. 
Hier  unter  der  allgemeinsten  Bezeichnung  der  Steuer  als  iTriypa^'^ 
wollen  wir  versuchen  zusammenzustellen,  was  sich  aus  dem  neuen 
Material  Neues  für  die  Grundsteuer  in  Aegypten  ergiebt. 

Ich  möchte  kurz  vorausschicken,  was  wir  bisher  darüber 
wussten.  Von  dem  allgemein  verbreiteten  Glauben,  dass  man 
in  Aegypten,  bis  in  die  späte  Kaiserzeit  hinein,  ein  Fünftel  der 
Ernte  habe  zahlen  müssen,  hat  uns  Giacomo  Lumbroso  glücklich 
befreit.  Sein  Nachweis  (Recherches  S.  94),  dass  Orosius  I  8,  9  diese 
Nachricht  mitsammt  dem  „usque  ad  nunc"  aus  der  Genesis  47,  24  ff. 
abgeschrieben  hat,  ist  eines  seiner  glänzendsten  und  sichersten  Re- 
sultate, das  aber  leider  nicht  überall  beachtet  worden  ist.^)  Zugleich 
hat  Lumbroso  mit  Recht  darauf  hingewiesen,  dass  es  sich  in  der 
Genesis  nicht  um  Grundsteuer,  sondern  um  Pachtzins  handelt.  Damit 
fallt  dieses  Zeugnis  für  unsere  Frage  völlig  fort.  Lumbroso  hat 
dann  auf  S.  293  die  Vermutung  ausgesprochen,  dass  die  Grundsteuer 
(abgesehen  von  der  der  Tempel)  vielleicht  ein  Zehntel  der  Ernte 
betragen  habe.  Neuerdings  hat  Mommsen  (R.  G.  V  S.  573/4  A.  1) 
sich  folgendermassen  zu  der  Frage  geäussert:  „Ziffern  besitzen  wir 
weder  für  die  Domanial-  noch  für  die  Grundsteuerquote.  —  Die 
Domanialrente  kann  nicht  unter  der  Hälfte  betragen  haben,  auch 
für  die  Grundsteuer  möchte  der  Zehnte  (Lumbroso  a.  a.  O.)  kaum 
genügen." 

Wenden  wir  uns  zunächst  zu  der  Frage,  welche  Zahlungsmittel 
der  Staat  bei  der  Grundsteuer  angenommen  hat.  Auf  Grund  der 
Ostraka  und  Papyri  können  wir  zum  ersten  Male  die  wirtschafts- 
geschichtlich so  interessante  Frage  nach  dem  hierbei  hervortretenden 

V  So  findet  sich  die  alte  Auffassung  noch  in  der  2.  Auflage  von  Marquardt's 
Staatsverw.  II  (1884)  S.  234.  Auch  O.  Seeck,  Zeitschr.  f.  Soc.  u.  Wirtsch.  IT 
1895  S.  338  ö".,  scheint  Lumbroso's  Eesultat  nicht  zu  kennen.  Er  operirt  durch- 
gehends  mit  dem  Fünften". 


§46.    DIE  GRUNDSTEUER.     ARTEN  DER  ZAHLUNGSMITTEL,  199 


Verhältnis  der  Naturalwirtschaft  zur  Geldwirtschaft  schärfer  an- 
fassen. Es  war  bereits  bekannt,  dass  man  in  Aegypten  die  Steuern, 
im  Besonderen  die  Grundsteuern,  teils  in  natura,  teils  in  Geld 
zahlte.  Das  bezeugte  die  Rosettana  Z.  28  ff.,  wo  es  von  Ptole- 
maios  V  Epiphanes  heisst:  dc^Tjxev  y.OLi  xa  £[v]  zolc,  Izpolc,  ocpsi- 
X6[i£va  £1?  TO  ßaad:x6v  —  ovxa  de,  aiTOUT£zal  apyupLou  tiX-^O-o? 
oux  öXtyov.  Dafür  sprach  auch  Z.  11  f.  derselben  Inschrift,  wo  es 
vom  König  heisst:  avaT£^£CX£V  de,  xd  i£pd  apy^pizd^  T£ 
atTizd^  TZ poc^ohoxic,.  Mit  diesen  npoc^oZoi  sind  aber,  wie  uns  z.  B.  die 
Stele  von  Pithom  lehrt,  bestimmte  „königliche"  Einnahmen  gemeint, 
die  er  den  Tempeln  überwies.  So  hat  nach  dieser  Stele  Ptolemaios  II 
Philadelphos  im  21.  Jahre  seiner  Regierung  (265/4)  den  Tempeln 
Aegyptens  die  Erträge  der  Häusersteuer  und  diverser  anderer  Steuern 
des  Jahres  überwiesen  (vgl.  Zeitschr.  f.  Aeg.  Spr.  XXXII,  S.  14). 
Für  die  Kaiserzeit  hatten  wir  ein  entsprechendes  Zeugnis  in  dem  Edict 
des  Ti.  Julius  Alexander  Z.  46/7,  wo  sich  die  Y£a)pY0öVT£5  über  neue 
TEXIafiaxa  aixLxd  xal  d(.p^\}piv.6(.  beklagen.  Diese  Thatsachen 
waren  bekannt  (vgl.  Marquardt,  Staatsverw.  II-,  S.  193  A.  3).  Aber 
in  welchem  Verhältnis  die  Natural-  und  die  Geldleistungen  zu  einander 
gestanden,  nach  welchem  Gesichtspunkt  die  eine  oder  die  andere 
gefordert  wurde,  war  uns  unbekannt,  und  man  hat  sich  wohl  ver- 
schiedene Gedanken  darüber  gemacht  (vgl.  z.  B.  Varges,  de  statu 
Aeg.  S.  56).  Es  scheint  mir  eines  der  wichtigsten  Ergebnisse  unserer 
Ostraka  und  Papyri  zu  sein,  dass  wir  jetzt  in  der  Lage  sind,  diese 
Frage  mit  grösserer  Sicherheit  zu  beantworten.  Die  Urkunden 
lehren  uns  nämlich,  dass  die  Frage,  ob  in  natura  oder  in  Geld  zu 
zahlen  sei,  nicht  etwa  im  Belieben  des  Steuerzahlers  stand,  auch 
nicht  im  einzelnen  Falle  durch  die  besonderen  wirtschaftlichen  Verhält- 
nisse bestimmt  wurde,  sondern  durch gehends  und  regelmässig 
von  der  Kulturart  des  besteuerten  Bodens  abhing.  Das 
Resultat,  das  wir  im  Einzelnen  begründen  wollen,  lässt  sich  etwa 
folgendermassen  formuliren : 

I.  Für  Grundstücke,  die  "Weizen,  Gerste,  Kroton, 
Sesam,  Knekos  tragen,  wird  in  natura  gesteuert. 

IL  Für  Grundstücke,  die  Wein,  Palmen,  Oliven, 
oder  Obst  tragen,  wird  Geld  gezahlt.  Gemüseland  wird 
bald  in  natura,  bald  in  Geld  besteuert. 


200 


lY.  KAPITEL. 


III.  Für  alle  anderen  Steuern  als  die  Grundsteuer 
(zu  der  in  der  Kaiserzeit  die  annona  hinzutritt)  wird  in 
der  Regel  Geld  gezahlt. 

Vergleicht  man  die  beiden  Klassen  von  Bodenarten,  die  wir 
unter  I  und  II  aufgestellt  haben,  hinsichtlich  ihrer  landwirtschaft- 
lichen Bedeutung  mit  einander,  so  liegt  auf  der  Hand,  dass  der  bei 
weitem  grösste  Teil  der  Grundsteuern  in  natura  geliefert  wurde. 
Ob  das  aber  auch  der  grösste  Teil  der  gesammten  in  Aegypten  er- 
hobenen Steuern  war,  wage  ich  nicht  zu  berechnen.  Wenn  ich 
auch  keine  ziffernmässigen  Nachweise  aus  dem  Altertum  bringen 
kann,  so  ist  doch  darüber  kein  Zweifel,  dass  auch  schon  damals 
wie  jetzt  der  Weizenboden  das  grösste  Kulturareal  des  Nilthals  ein- 
genommen hat.  Ja,  der  Weizen  muss  damals  noch  eine  viel  weitere 
Verbreitung  gehabt  haben,  da  er  heute  durch  neueingeführte  Pflanzen 
wie  Mais,  Reis,  Baumwolle,  Tabak  stellenweise  zurückgedrängt  ist. 
Noch  heute  aber  nimmt  das  Weizenland  in  Oberaegypten  50  ^/q, 
im  Delta  (wegen  des  Mais)  nur  30  ^/o  des  Gesammtareais  ein.  Auch 
die  Gerste  findet  sich  in  der  in  natura  besteuerten  Klasse.  Sie  war 
zwar  lange  nicht  so  verbreitet  wie  der  Weizen,  bedeckte  aber 
gleichfalls  beträchtliche  Strecken.  Heute  beträgt  der  Gerstenboden  in 
Oberaeg^^pten  10%,  im  Delta  14  ^/o  des  Kulturlandes.^)  Doch 
auf  diese  unsicheren  Vergleichungen  mit  dem  Modernen  brauchen 
wir  uns  nicht  zu  beschränken.  Die  Ostraka  selbst,  und  die  Papyri 
dazu,  zeigen  uns,  wenn  wir  sie  ins  Gesammt  überblicken,  dass  der 
Weizen  bei  Weitem  die  erste  Rolle  gespielt  hat.  Ein  klassisches 
Zeugnis  für  die  landwirtschaftlichen  Verhältnisse  im  Faijüm  (aus 
dem  J.  235/4  vor  Chr.)  könnten  wir  in  einem  der  Flinders  Petrie 
Papyri  besitzen,  wenn  er  nur  vollständiger  erhalten  wäre  (vgl.  Ma- 
haffy  II,  XXX  d).  Es  ist  eine  vom  Nomarchen  des  arsinoitischen 
Gaues  eingesandte  Üebersicht  über  das  bis  zum  30.  Hathyr  besäte 
Land,  ausgearbeitet  nach  den  Einzelberichten  der  Toparchen  oder 
Topogrammateis.  Da  heisst  es  nach  meiner  Lesung:  'Ev  twl 
'ApGLVOtTYjL'  Tiupwc  jjB'xLsL,  cpaxwc  ü)7^L  t'cf  Xß.  Darauf  folgen 
zuapiWL,  y,pi^fi'.,  [6Xup]?a:,  bei  denen  leider  die  Ziffern  weggebrochen 
sind.    Auch  die  weiteren  Posten  sind  verloren.    Immerhin  ist  es 

1)  Bädeker,  Unteraegypten  2.  Aufl.  1885.  S.  86.  Vgl.  auch  die  Tabelle 
bei  V.  Fircks,  Aegypten  1894,  I  S.  206. 


§  46.  DIE  GRUNDSTEUER.     GELD-  UN'D  NATURALWIRTSCHAFT.  201 


interessant  hier  die  Summe  von  134315|  Aruren  Weizenland  neben 
SSOItVA  -Ä^ruren  Linsenland  zu  finden.  Eechnen  wir  die  Arure 
zu  2756  Cm  (vgl.  Kap.  X),  so  beträgt  das  besäte  Weizenland  über 
370  Dkm  und  das  Linsenland  über  2-J  Dkm.  Wie  gross  das  anbau- 
fähige Land  im  Faijüm  damals  gewesen  ist,  wissen  wir  leider  nicht. 
Mit  der  heutigen  Summe  (1277  Dkm,  vgh  v.  Fircks,  Aegypten  1894, 
II  8)  ist  natürlich  nichts  anzufangen,  da  gerade  im  Faijüm  die  Boden- 
verhältnisse sich  völlig  geändert  haben. 

Sucht  man  nach  dem  Princip,  nach  dem  bei  den  unter  II  auf- 
geführten Bodenarten  die  Naturallieferung  in  eine  Geldzahlung  um- 
gewandelt ist  (denn  das  ist  jedenfalls  der  Gang  der  historischen 
Entwickelung),  so  kann  man  vielleicht  darauf  hinweisen,  dass  unter 
II  solche  Naturalien  vereinigt  sind,  die  vom  Staat  nicht  in  natura 
verbraucht  wurden,  z.  T.  sich  auch  schlecht  speichern  Hessen. 
Weizen  und  Gerste  dagegen  verbrauchte  man  u.  A.  zur  Verpflegung 
des  Heeres^)  in  natura,  und  in  der  Kaiserzeit  brauchte  es  der  Herr 
Aegyptens  ausserdem,  um  den  hungrigen  Pöbel  von  Rom  zu  be- 
friedigen. Was  nicht  verbraucht  wurde,  wurde  thesaurirt,  für  die 
mageren  Jahre.  Sesam,  Kroton  und  Knekos  verbrauchten  die  Ptole- 
mäer  gleichfalls  in  natura,  denn  sie  hatten,  wie  uns  Grenfell's 
Revenue-Papyrus  lehrt,  die  Oelgewinnung  aus  diesen  Pflanzen  mono- 
polisirt.  Nach  diesem  Princip  könnte  man  freilich  auch  Wein- 
lieferungen in  natura  erwarten.  Doch  was  der  Hof  an  einheimischem 
Gewächs  überhaupt  brauchte,  das  mögen  die  königlichen  Domänen 
reichlich  gebracht  haben.  Das  Schwanken  gegenüber  dem  Gemüse- 
land ist  begreiflich  genug.  Man  wird  Gemüse  nur  so  weit  in 
natura  erhoben  haben,  als  man  es  zur  Verproviantirung  gebrauchte 
(vgl.  712,  858;  vgl.  auch  1013). 

Wir  sehen  hieraus,  dass  die  Naturalwirtschaft  in  Aegypten,  soweit 
sie  bei  der  Besteuerung  hervortritt,  schon  in  der  Ptolemäerzeit  von  der 
Geldwirtschaft  weiter  zurückgedrängt  war,  als  wir  bisher  wohl  ge- 
glaubt hatten.  Die  Naturalleistungen  hafteten  in  der  Regel  überhaupt 

^)  Vgl.  meine  „Aetenstücke  aus  der  kgl.  Bank"  S.  94  f.  Die  dort  ange- 
führten Texte  zeigen,  dass  auch  bei  der  Heeresverpflegung  allmählich  die  Geld- 
wirtschaft die  Naturalwirtschaft  zurückdrängte.  Von  den  drei  Artaben  Weizen, 
die  nach  einem  Londoner  Papyrus  der  Soldat  ursprünglich  (neben  dem  Gelde) 
bekommen  sollte,  wurde  im  II.  Jahrh.  vor  Chr.  nur  noch  eine  in  natura  geliefert! 
Vgl.  übrigens  unsere  Ostraka  aus  Pselkis. 


202 


IV.  KAPITEL. 


nur  noch  an  der  Grundsteuer,  und  auch  hier  hielten  sie  sich 
nur  bei  bestimmten  Bodenklassen.  Es  ist  dies  um  so  bemerkens- 
werter, als  Aegypten  ja  früher  ausschliesslich  die  Naturalwirtschaft 
gekannt  hatte. ^)  Freilich  hatten  schon  die  Perser  Geld  von  Reichs- 
wegen in  Aegypten  cursiren  lassen  und  hatten  bereits,  wie  uns 
Herodot  III  91  lehrt,  die  Steuern  teils  in  Geld,  teils  in  Naturalien 
eingefordert.  Ja,  wenn  wir  Herodot's  AVorte  auf  die  AVagschale 
legen,  so  scheint  es,  als  wenn  schon  sie  das  Princip  gehabt  hätten, 
nur  so  viel  in  natura  einzutreiben,  als  im  Lande  zu  Zwecken  der 
Verwaltung  verbraucht  wurde.  Denn  zu  der  Erwähnung  des  iizi- 
{jL£Tp£0|X£VOu  (jizou  fügt  er  hinzu:  aizou  yocp  SuozaiSexa  (JiupLaSa^ 
üspaswv  T£  Tolai  Iv  tw  Asuxw  xely^ei  tw  Iv  Msix^l  xaToixYj- 
[livoiGi  xaTa(X£Tp£Oua'.  xal  xolai  toutwv  iTctxoupoLac.  Also  diese 
120000  Artaben-)  Getreide  wurden  lediglich  zur  Verpflegung  der 
in  Aegypten  stationirten  persischen  Garnisonen  verwendet.  Alle 
übrigen  Abgaben  wurden  in  Geld  gezahlt.^)  Diesen  Zustand  fanden 
die  Ptolemäer  schon  vor,^)  und  es  ist  im  Wesentlichen  derselbe, 
der  uns  aus  unseren  Ostraka  und  Papyri  entgegentritt.  Leider  reichen 
unsere  Steuerquittungen  nur  bis  in  die  Mitte  des  III.  Jahrhunderts 
nach  Chr.;  auch  für  die  ersten  Decennien  dieses  Jahrhunderts  sind 
sie  nur  sehr  spärlich.  Daher  können  sie  uns  keine  Belege  für  die 
bekannte  Thatsache-^)  geben,  dass  vom  Anfang  des  III.  Jahrhunderts 
an  die  Naturalwirtschaft  wieder  zu  wachsen  beginnt  und  die  Geld- 
wirtschaft immer  stärker  zurückdrängt.  Auf  die  Gründe  dieser 
Erscheinung  einzugehen,  ist  hier  nicht  der  Ort;  wdr  wollen  nur 
darauf  hinweisen,  dass  auch  für  Aegypten  diese  Thatsache  durch 
die  Papyrusliteratur  bestätigt  wird.    Vgl.  unten  Kap.  VII. 


^)  Vgl.  z.  B.  Ed.  Mever,  Die  Avirtschaftliche  Entwickelung  d.  Altertums 
S.  64  f. 

^)  Stein  spricht  in  seinem  Commentar  irrtümlich  von  Medimnen.  Die 
Perser  haben  den  Aegyptern  die  Artabe  gebracht.    Vgl.  Kap.  X. 

^)  Nach  Herodot's  "Worten  ist  anzunehmen,  dass  dieses  Getreide  nicht  von 
Aegypten  allein,  sondern  auch  von  Kyrene  und  Barka  geliefert  wurde.  Auch 
die  700  Talente  beziehen  sich  mit  auf  diese  Nachbarländer,  nicht  auf  Aegypten 
allein,  wie  Mommsen  E.G.V  S.  560  anzunehmen  scheint. 

Ueber  Hieronymus'  Angabe,  dass  sich  unter  Pliiladelphos  die  jährlichen 
Abgaben  auf  14800  Talente  und  1^  Millionen  Artaben  Getreide  belaufen  haben, 
vgl.  den  Schluss  dieses  Kapitels. 

^)  Ed.  Meyer,  "die  wirtsch.  Entw.  S.  63. 


§46.    DIE  GRUNDSTEUEE. 


203 


Wir  sind  noch  den  Beweis  für  unsere  obige  Einteilung  des 
Bodens  in  die  zwei  Klassen  schuldig  geblieben.  Wollten  wir  uns 
nur  auf  die  Ostraka  beschränken,  so  könnten  wir  uns  kurz  fassen 
und  einfach  auf  die  Texte  verweisen,  in  denen  eben  zu  lesen  ist, 
dass  Weizen,  Gerste  etc.  in  natura  geliefert  werden,  dass  dagegen 
für  die  Grundstücke  der  II.  Klasse,  soweit  sie  in  den  Ostraka  vor- 
kommen, in  Geld  gesteuert  wird.  Doch  das  Zufällige,  das  einer 
solchen  Urkundensammlung  immer  anhaftet  und  sich  der  Verall- 
gemeinerung hindernd  in  den  Weg  stellt,  möchte  ich  durch  den 
Hinweis  auf  den  Londoner  Papyrus  CXIX  (bei  Kenyon  S.  140  ff) 
beseitigen.^)  Dieser  Papyrus,  eine  der  wichtigsten,  bisher  aber  noch 
nicht  ausgenutzten  Quellen  für  die  Grundsteuern  Aegyptens,  ist 
nicht  nur  durch  seine  positiven  Angaben  von  grösstem  Werte,  sondern 
auch  dadurch,  dass  er  ge^^sse  Dinge  mit  Stillschweigen  übergeht. 
Es  ist  ein  Rechnungsbuch,  in  dem  über  die  staatlichen  Einnahmen 
aus  dem  Privatgrundbesitz  in  Theben  (II.  Jahrh.  n.  Chr.)  in  der 
Weise  Rechnung  gelegt  wird,  dass  die  einzelnen  Steuerzahler  nach 
den  Stadtquartieren  in  alphabetischer  Reihenfolge  aufgeführt  werden, 
und  bei  jedem  Einzelnen  notirt  wird,  wie  viel  er  in  dem  betreffenden 
Monat  an  Grundsteuer  gezahlt  hat.  Vor  allem  muss  hervorgehoben 
werden,  dass  es  sich  hier  lediglich  um  Geldzahlungen  handelt.  Es 
ist  also  ein  Xoycc,  dpY'jpcywO^,  wie  die  Pap}Ti  derartige  Bücher  nennen, 
dem  ganz  gewiss  ein  Xoyoc,  aiTixoq  oder  yevr/co?  (vgl.  BGU  14  II  3) 
zur  Seite  gestanden  hat.  Der  letztere  ist  uns  aber  nicht  erhalten. 
In  diesem  Xoyoc,  dpyup'.zo^  handelt  es  sich  nun  ausschliesslich  um 
folgende  Boden-  resp.  Fruchtarten:  1)  dfXTreXwvsc,  2)  i^ocvcxwvec, 
3)  'koLyjxY^.cd^  4)  dxp66pua,  5)  TüapdSecaoi,  6)  [xupoßdXavo:.  Dagegen 
findet  sich  niemals  Weizen-  oder  Gerstenboden  oder  einer  der  anderen 
unserer  Klasse  I.  Bei  der  gewaltigen  Ausdehnung  des  Papyrus  ist 
dies  ganz  gewiss  kein  Zufall,  vielmehr  können  wir  mit  Sicherheit 
annehmen,  dass  über  die  Einnahmen  aus  diesen  Ai'ten  in  einem  be- 
sonderen Xoyo^  aiTCXO?  Buch  geführt  worden  ist,  mit  anderen  Worten, 
dass  sie  in  natura  besteuert  wurden.  Auch  unsere  Berliner  Pap^Ti 
bieten  weitere  Bestätigungen.  BGU  84  (a.  242/3  n.  Chr.)  handelt 
von  der  aTiaiTr^ai?  aixiywWV  ^opwv.  Wiewohl  es  sich  hier  um  die 
Abgaben  der  6y][i6atoi  ystopyGC  handelt,  ist  es  doch  von  Interesse 


Vgl.  dazu  meine  Bemerkungen  in  den  Gött.  Gel.  Anz.  1894,  S.  733  Q\ 


204 


IV.  KAPITEL. 


ZU  sehen,  dass  hier  in  natura  Weizen,  Gerste  und  Linsen  geliefert 
werden  —  also  Arten  der  Klasse  L  Dagegen  handelt  BGU  141 
(vom  J.  242;  3  n.  Chr.)  von  den  T£X£a[xaTa  apyupiza.  Hier  begegnen 
IXxLWvsg,  (^oivr/.wvsg,  TtapaSsLaot,  &[i.7zsXG)yzc,  —  also  lauter  Arten 
der  Klasse  II.  Die  IXacwvSi;  fehlen  übrigens  in  den  thebanischen 
Rechnungen,  weil  in  der  Thebais  keine  Oliven  wuchsen.  Vgl.  auch 
BGU  572  —  574  und  dazu  oben  S.  174  Anm.  In  BGU  139  (vom 
J.  202)  wird  Weizenland  in  natura  besteuert,  und  so  mögen  sich 
noch  viele  Bestätigungen  finden  lassen. 

Es  scheint  mir  hiernach  ein  sicheres  Resultat  zu  sein,  dass  in 
der  oben  angegebenen  Weise  die  Wahl  des  Zahlungsmittels  je  nach 
der  Bodenart  ein  für  alle  Male  bestimmt  war.  Dass  im  Einzelnen 
unter  ganz  besonderen  Verhältnissen  auch  einmal  Ausnahmen  davon 
vorgekommen  sein  mögen,  ist  sehr  wahrscheinlich.  Man  hat  gemeint, 
dass  die  Kaiser,  weil  sie  mit  dem  aegyptischen  Getreide  die  Stadt 
Rom  vier  Monate  hindurch  verpflegen  konnten  (Joseph,  b.  i.  II  386), 
wohl  weniger  in  Geld  erhoben  hätten  als  die  Ptolemäer,  also  die 
adaeratio,  wie  sie  unter  den  Ptolemäern  bestanden  hatte,  teilweise 
aufgehoben  hätten.^)  Wir  sehen  jetzt,  dass  dem  nicht  so  ist,  dass 
vielmehr  die  Kaiser  an  dem  ptolemäischen  System  nichts  geändert 
haben.  Da  wirklich  mehr  Getreide  in  der  Kaiserzeit  als  in  der 
Ptolemäerzeit  erhoben  worden  ist  (vgl.  den  Schluss  dieses  Kapitels), 
so  müssen  wir  nach  anderen  Erklärungen  dafür  suchen.  Da  wäre 
vor  allem  auf  die  annona  hinzuweisen  (vgl.  oben  S.  155).  Auch 
würde  die  Annahme  einer  Erhöhung  der  Taxe  für  die  einzelne 
Arure  (s.  unten)  nicht  fern  liegen.  Im  Uebrigen  hat  Mommsen 
auf  die  Möglichkeit  hingewiesen,  dass  ein  Teil  des  nach  Rom 
gesandten  Getreides  „aus  den  eigentlichen  Domänen  geflossen,  ein 
anderer  vielleicht  gegen  Entschädigung  geliefert  worden  sei."  2)  Wie 
dem  auch  sei,  an  dem  ptolemäischen  Princip,   dass  die  Natural- 


Vgl.  Marquardt,  E.  Staatsver.  11^,  S.  234.  —  Aurel.  Victor  (Epit.  1) 
sieht  den  letzten  Grund  für  den  Eifer,  den  Octavian  für  die  wirtschaftliche 
Hebung  Aegyptens  entwickelte,  nicht  mit  Unrecht  in  seiner  Fürsorge  für  die 
„annona  urbis"  (Vgl.  Tac.  hist.  I  11:  annonae  fecundam)  und  berichtet,  dass  zu 
Octavian's  Zeit  jährlich  20  Millionen  (modii)  Getreide  von  Aegypten  nach  Rom 
geliefert  wurden.  Vgl.  auch  Plin.  Panegyr.  30  ff. 
2)  Vgl.  Mommsen,  E.  G.  V  S.  560. 


§46.    DIE  GRUNDSTEUER.      BEDEUTUNG  DER  BODENART.  205 


abgäbe  auf  ganz  bestimmte  Bodenarten  beschränkt  war,  ist  nicht 
gerüttelt  worden. 

Wir  haben  noch  ein  Wort  zu  unserer  Behauptung  unter 
III  hinzuzufügen,  dass  alle  anderen  Steuern  ausser  der  Grundsteuer 
und  der  Annona  in  der  Kegel  in  Geld  gezahlt  seien.  Ueber  die 
Ausnahmen,  die  unsere  Sammlung  bietet,  sprechen  wir  an  ihrem 
Orte.  Es  sind  ganz  wenige  Fälle  zu  notiren.  So  wurde  in  der 
Ptolemäerzeit  für  den  axe^avo?  xwv  xaxotxwv  Weizen  geliefert. 
Dieser  axe^avog  ist  aber  eine  halb  freiwillige  Spende,  und  wenn 
die  Katoeken  sie  in  natura  lieferten,  so  besagt  das  vielleicht  nur, 
dass  ihnen  diese  Art  der  Zahlung  bequemer  war  (vgl.  unten  §  118). 
Auch  bei  den  in  §  139,  170,  184,  212  behandelten  Abgaben  könnte 
die  Berechnung  in  natura  damit  zusammenhängen,  dass  sie  von 
griechisch -makedonischen  Kleruchen  erhoben  werden.  Sonst  wüsste 
ich  für  die  Ptolemäerzeit  als  Ausnahme  nur  noch  auf  1529  hin- 
zuweisen, wo  de,  TO  L(l  in  Getreide  gezahlt  wird  —  eine  Abgabe, 
die  mir  leider  völlig  unverständlich  ist.  Auch  aus  der  Kaiser- 
zeit liegen  nur  wenige  Fälle  vor,  vgl.  296 — 301,  918  und  993, 
1546.  Halten  wir  aber  diesen  einzelnen  Fällen,  in  denen  meist 
unbedeutendere  Abgaben  und  Gebühren  erscheinen,  die  Thatsache 
gegenüber,  dass  alle  wichtigen  und  grossen  Steuern,  die  ausser 
der  Grundsteuer  und  der  Annona  Aegypten  belasteten,  wie  die 
Kopfsteuer,  die  Gewerbesteuer,  die  Badsteuer,  die  Dammsteuer 
u.  s.  w.,  alle  regelmässig  ohne  Ausnahme  in  Geld  gezahlt  wurden, 
so  sind  wir  wohl  zu  der  obigen  Auffassung  berechtigt.  Auf  die 
Bedeutung  dieses  Ergebnisses  für  die  Frage  nach  dem  Verhältnis 
der  Naturalwirtschaft  zur  Geldwirtschaft  werden  wir  in  Kapitel  VII 
eingehen. 

Wir  kommen  nunmehr  zu  der  zweiten  wichtigen  Frage,  nach 
welchem  Modus  diese  in  Naturalien  resp.  in  Geld  zahlbare  Grund- 
steuer umgelegt  worden  ist.  Wie  ich  schon  oben  bemerkte,  hat 
man  bisher  immer  angenommen,  dass  in  Aegypten  eine  bestimmte 
Ertragsquote  geliefert  worden  sei,  und  nur  über  die  Höhe  derselben 
gingen  die  Ansichten  auseinander.  Wir  lernen  jetzt,  dass  bei  der 
Grundsteuer  dieser  Modus  überhaupt  nicht  in  Anwendung  kam, 
dass  vielmehr,  sei  es  in  Geld  oder  in  natura,  ein  fixer 
Satz,  der  nach  der  Ertragsfähigkeit  des  besteuerten  Bodens 
abzuschätzen  war,  pro  Arure  festgesetzt  wurde.  Das  einzelne 


206 


IV.  KAPITEL. 


Grundstück  zahlte  also  nicht  ^  oder  oder  irgend  einen  anderen 
Bruchteil  des  Ernteertrages,  sondern  pro  Arure  eine  bestimmte  Anzahl 
Artaben  der  betreffenden  Fruchtart,  resp.  einen  entsprechenden  fixen 
Geldsatz.  Die  Verschiedenheit  dieser  beiden  Systeme  ist  kurz  und  klar 
von  Appian  in  einer  Rede  behandelt  worden,  die  er  dem  M.  Antonius 
bei  seiner  Ansprache  an  die  kleinasiatischen  Hellenen  in  Ephesos  in 
den  Mund  legt  (b.  c.  V  4).  Er  sagt:  'EtisI  he  ISsyjasv  (seil.  96p ü)v), 
ou  Tzpbq  xd  TL{Jiyj{xaTa  u[iTv  iT:zd"fiY.<x\izv,       av  Tiiitic,  d7wtv5i)Vov  :p6poy 

Iva  xod  TÖv  £vavTLü)v  %ocvü)Vü)[ji£V  6|jlTv.  Danach  hebt  Antonius 
es  als  eine  besondere  Milde  und  Gerechtigkeit  der  römischen  Re- 
gierung hervor,  dass  man  in  Asien  Ertragsquoten  eingefordert  habe, 
da  sie  bei  diesem  System  an  allen  Schwankungen,  auch  an  einem 
unglücklichen  Ausfall  der  Ernte  teilnehme.  Als  Gegenstück  dazu 
bezeichnet  er  die  Steuerumlage  Tzpbq  xd  T'^iXT^ptaxa,  bei  der  die  Re- 
gierung sich  auf  alle  Fälle  schadlos  halte.  Mit  dem  letzten  Modus 
kann  nur  der  hier  in  unseren  Urkunden  befolgte  gemeint  sein.  Die 
Festsetzung  der  Artaben  zahl  oder  des  Geldsatzes  für  die  Arure  beruht 
eben  auf  der  Schätzung  (zi\iri[ia)  der  Ertragsfahigkeit.  Ob  die  Be- 
urteilung der  beiden  Systeme  bei  Appian  zutreffend  ist,  kann  Zweifeln 
unterliegen.  Man  darf  nicht  vergessen,  in  welcher  Situation  der 
Staatsmann  Antonius  diese  Darstellung  gegeben  hat.  Als  Regierungs- 
vertreter vergisst  er  hinzuzufügen,  dass  bei  dem  Quotensystem  der 
Staat  auch  an  den  günstigen  Ernten  seinen  entsprechenden  Anteil 
hat,  und  dass  andrerseits  bei  dem  Taxationssystem  im  Falle  beson- 
derer Missernten  Steuernachlässe  bewilligt  wurden.  In  Aegypten 
wenigstens  ist  dies  der  Fall  gewesen,  wie  wir  unten  zeigen  werden. 
—  Noch  eine  andere  Klassikernachricht  möchte  ich  hierher  setzen, 
damit  sie  im  Zusammenhange  mit  unseren  Ergebnissen  betrachtet 
werde.  Ich  meine  die  folgende  Auseinandersetzung  bei  dem  Gro- 
matiker  Hygin  (ed.  Lachmann  p.  205):  „Agri  lautem]  vectigales 
multas  habent  constitutiones.  In  quihusdam  provinciis  frudus  parteni 
praestant  certam,  alii  quintas,  alii  septimas,  alii  pecuniam,  et  hoc  per 
soll  aestimationem.  Ceria  [enwi]  pretia  agris  constituta  sunt,  ut  in 
Pannonia  arvi  primi,  arvi  secundi,  prati,  silvae  glandiferae,  silvae 
vulgaris,  pascuae.  His  omnihus  agris  vectigal  est  ad  modum  uber- 
tatis  per  dngula  iugera  constitutum".  Hygin  unterscheidet  hier  klar 
das  Quoten-  und  das  Taxationssystem.     Doch  kennt  er  nur  die 


§46.    DIE  GRUNDSTEUER.  TAXATIONSSYSTEM. 


207 


Taxation  in  Geld.  In  Aeg}^ten  haben  wir  daneben  bei  bestimmten 
Bodenarten  auch  die  Taxation  in  natura.  Wenn  Seeck  (Zeitschr. 
f.  Soc.  u.  Wirtsch.  IV  S.  341)  meint,  dass  Hvgin  mit  diesen  Worten 
„den  aegj^tischen  Fruchtfünften"  bezeuge,  so  ist  das  ein  Irrtum, 
der  durch  die  Worte  selbst  widerlegt  wird.  Vgl.  auch  oben  S.  198  Anm. 

Zunächst  gilt  es,  die  Existenz  dieses  Systems  nachzuweisen. 
Es  sei  vorausgeschickt,  dass  das  Quotensvstem  in  Aegypten  durchaus 
nicht  unbekannt  war,  nur  wurde  es  nicht  bei  der  Grundsteuer  an- 
gewendet. Wir  finden  es  z.  B.  bei  der  6cT:6\LOip(X,  die  eine  Tempel- 
abgabe war,  und  manchen  anderen  Abgaben.  Dass  es  gerade  bei 
der  Grundsteuer  anders  war,  hätte  man  vielleicht  schon  aus  der 
Rosettana  schliessen  können,  wo  ausdrücklich  gesagt  wird,  dass  die 
Grundsteuer  der  aegyptischen  Tempel  eine  Artabe  Getreide  für  die 
Arure  und  ein  Keramion  Wein  für  die  Arure  betragen  habe  (Z.  30,1). 
Freilich  unterliegt  das  Tempelland  vielfach  besonderen  Massregeln.  Da- 
gegen bieten  die  „Actenstücke  aus  der  königlichen  Bank  zu  Theben" 
Xr.  III  u.  IV  Beispiele  dafür,  dass  auch  bei  profanen  Grundstücken 
die  Ertragsfahigkeit  des  Bodens  durch  Angabe  der  der  Arure  auf- 
erlegten Taxe  bestimmt  wurde.  Da  erscheinen  Aruren,  die  zu  je 
7  Artaben  -J  Choinikes  besteuert  waren,  neben  anderen  Aruren,  für 
die  je  5^  Artaben  2^  Choinikes  oder  aber  4^  Artaben  eingefordert 
wurden.  Dasselbe  System  liegt  vor  in  Petr.  Pap.  (II)  XLIV  9, 
wo  es  von  einem  Kürbisgarten  (tö  aixuyjpaiov)  heisst:  apoupav 
£xaaT[rjv]  6pa)([JLö)v  T£aaapa*/Co[vTa.  Dass  es  sich  um  die  Grund- 
steuer handelt,  wird  durch  den  Zusammenhang  wahrscheinlich.  Für 
dieses  System  spricht  ferner  auch  der  Ausdruck  iTtapoupiov,  den  wir 
S.  193  als  eine  Bezeichnung  der  Grundsteuer  nachgewiesen  haben. 

Mehr  Beispiele  bieten  uns  die  Texte  der  Kaiserzeit.  In  Nr.  760 
unserer  Sammlung  (aus  dem  J.  11/10  vor  Chi*.)  werden  Aruren  zu 
4|  Artaben,  zu  1  Artabe  und  zu  2|yV  Artaben  Weizen  unterschieden. 
In  761  (aus  demselben  Jahre)  werden  Aruren  zu  6^  Artaben 
1^  Choinikes  erwähnt.  In  Nr.  763  steht  zu  lesen:  izaaTYj?  apo6p7](?) 
ayjaa{Ji,o(u)  (apiaßa?)  y.  Auch  hier  dieselbe  Veranlagungsmethode. 
In  einer  Steuerprofession  aus  dem  J.  202  n.  Chr.  deklarirt  ein  Grund- 
besitzer dipoöpoLC,  5uo  xeXouaa^  dvd  Tiupoö  [xiav  fJpiLau  (Hermes  XXVIII 
S.  236).  Hier  ist  klar  und  deutlich  ausgesprochen,  dass  die  Grund- 
steuer für  die  Arure  1^  Artaben  Weizen  beträgt.  Der  Versuch  Seeck's 
(a.  a.  O.  S.  338),  diese  Angabe  mit  dem  „Fünften"  zu  combiniren. 


208 


IV.  KAPITEI>. 


fällt  mit  seiner  falschen  Praemisse.  S.  oben  S.  198  Anm.  Wir  haben 
ferner  in  §  12  und  131  nachgewiesen,  dass  die  djxTisXwve?  und 
(poLyiVMveq  gleichfalls  pro  Arure  mit  einer  festen  Taxe  belegt  waren. 
Dasselbe  ergiebt  sich  aus  dem  schon  öfter  citirten  Londoner 
Papyrus  CXIX,  und  zwar  lernen  wir  hier  kennen:  Palmenland 
zu  20,  40,  75,  180  Drachmen  pro  Arure;  Weinland  zu  20,  40, 
75,  150,  350  Drachmen  pro  Arure;  Gemüseland  Q^cc/jxvioC)  zu 
20  und  zu  75  Drachmen,  Obstland  (axpo^)  zu  20  Drachmen, 
Garten-  und  Obstland  zu  30  Drachmen  (vgl.  CXIX.  A  5)  und 
Myrobalanosland  zu  30  Drachmen.  Auch  aus  BGU  141  würde  sich 
eine  feste  Taxe  pro  Arure  berechnen  lassen,  wenn  der  Text  besser 
erhalten  wäre.  Doch  auch  schon  so  erscheint  es  nach  I  10/1  und 
II  14  als  wahrscheinlich,  dass  hier  für  die  in  Frage  kommenden 
i^OLVLZWve?,  afiTieXwvei;,  IXa'.wveg  und  TiapaSecaoL  die  Taxe  von 
1 0  Drachmen  für  die  Arure  bestanden  habe  (Mitte  des  III.  Jahrhs.  n.  Chr.). 

Die  Art  des  Umlagesystems  kann  nach  all  diesen  Beispielen 
nicht  mehr  zweifelhaft  sein.  Es  fragt  sich  nur,  wie  war  es  möglich, 
es  durchzuführen,  und  mit  welchen  Manipulationen  gelang  es,  für 
jedes  einzelne  Grundstück  die  Taxe  zu  bestimmen.  Die  Grund- 
lage dieser  Steuerumlegung  bildete,  ganz  wie  bei  uns  heute,  die 
genaue  Katastrirung  des  gesammten  Kulturbodens,  worauf  wir  in 
Kaj:).  V  genauer  eingehen  werden.  Die  Masseinheit  war  die  Arure, 
als  deren  Vielfaches  oder  als  deren  Bruchteil  sich  jeder  steuerbare 
Boden  darstellen  Hess.  Wir  sehen  nun,  dass  auch  bei  einer  und 
derselben  Kulturgattung  sehr  verschiedene  Taxen  möglich  waren. 
Bei  dem  Rebenland  finden  wdr  die  grössten  Extreme:  da  schwanken 
die  Steuersätze  zwischen  20  und  350  Drachmen,  bei  den  Palmen - 
gärten  zwischen  20  und  180,  und  dabei  haben  diese  Taxen  gleich- 
zeitig nebeneinander  bestanden,  wie  der  Londoner  Paj)yrus  zeigt. 
Auch  für  den  Weizenboden  haben  wir  oben  recht  verschiedene 
Sätze  nachgewiesen,  freilich  sind  die  Unterschiede  hier  lange  nicht 
so  gross.  Da  die  Grundsteuer  eine  Ertragssteuer  ist,  werden  wir 
anzunehmen  haben,  dass  die  Ertragsfaliigkeit  des  Bodens  den 
Massstab  für  die  verschiedene  Bemessung  der  Taxen  abgegeben  hat. 
Diese  Ertragsfahigkeit  wiederum  ward  w^esentlich  davon  abhängen, 
in  welchem  Masse  die  Grundstücke  an  den  Segnungen  der  Nilüber- 
schwemmungen teilzunehmen  durch  ihre  örtliche  Lage  in  den  Stand 
gesetzt  waren.    Das  ist  damals  wie  heute  die  brennende  Frage  in 


§46.    DIE   GRUNDSTEUER.  TAXATION. 


209 


Aegypten,  ob  und  wie  weit  künstliche  Bewässerung  notwendig  ist. 
Der  Unterschied  der  Rai-Felder,  d.  h.  der  von  der  Ueberschwemmung 
in  hinreichender  Weise  betroffenen,  und  der  höher  gelegenen,  mehr  oder 
weniger  auf  die  künstliche  Bewässerung  angewiesenen  Scharäki-Felder 
hat  damals  so  wie  heute  bestanden  (vgl.  v.  Fircks,  Aegypten  1894, 
I  S.  209  ff)-  Schon  nach  diesem  Gesichtspunkt  lassen  sich  sehr 
verschiedene  Taxirungen  der  Grundrente  und  damit  der  Grundsteuer 
denken,  da  die  künstliche  Bewässerung  zu  den  bedeutendsten  Pro- 
ductionsunkosten  gehörte,  die  bei  der  Berechnung  der  Taxe  vom 
Bruttoertrag  abzuziehen  war.  Wenn  man  nun  auch  ausser  der 
Bewässerungsfrage  die  Verschiedenheiten  in  der  absoluten  Frucht- 
barkeit des  Bodens  sowie  in  der  Qualität  der  Fruchtsorten  in  Be- 
tracht zieht,  so  wird  es  dennoch  fraglich  bleiben,  ob  hierdurch 
allein  die  kolossalen  Verschiedenheiten  der  Taxen,  wie  sie  uns 
namentlich  bei  dem  Palmen-  und  Rebenland  entgegentreten  (zwischen 
20  und  350  Drachmen),  erklärt  werden  können.  Ich  weise  auf 
diese  Schwierigkeit  hin,  ohne  eine  sichere  Lösung  bieten  zu  können. 
Rein  hypothetisch  möchte  ich  die  Vermutung  wagen,  dass  vielleicht 
auch  die  Intensität  der  Bewirtschaftung  in  der  Weise  in  Frage 
kam,  dass  z.  B.  die  Zahl  der  Palmenbäume ^)  und  dem  entsprechend 
die  Ausnutzung  des  Bodens  für  den  Rebenbau  für  die  Steuer- 
abschätzung mit  in  Rechnung  gezogen  wurde. 

Daran  schliesst  sich  eine  andere  schwierige  Frage  an,  nämlich 
ob  für  jedes  einzelne  Steuerobject,  für  jedes  einzelne  Grund- 
stück die  Taxe  besonders  berechnet  wurde,  oder  aber  ob  man  hier 
wie  auch  sonst  im  Altertum  2)  und  wiederum  heute  bei  uns  feste 
Bonitätsklassen  gehabt  hat,  denen  die  Einzelgrundstücke  nach 
ungefährer  Abschätzung  zugewiesen  wurden.  Sehen  wir,  dass  in 
dem  Londoner  Papyrus  und  unseren  Ostraka  eine  grosse  Zahl 
von  Grundstücken,    namentlich   d|i7isXa)V£5  cpOLv:xü)V£^,  mit 

derselben  Summe  besteuert  werden,   so   liegt  es   allerdings  nahe 


^)  Nach  der  forma  censualis  bei  Ulpian  Dig.  L  15,  4  pr.  musste  in  den 
Professionen  die  Zahl  der  Weinstöcke  und  der  Oelbäume  angegeben  werden. 
Auch  in  den  Distributionslisten  von  Thera  und  Astypalaea  wird  die  Zahl  der 
Oelbäume  nach  den  yupot  (den  Gruben)  angegeben.  Vgl.  Mommsen,  Hermes 
III  S.  436  ff. 

^)  Vgl.  Hygina.  O. :  arvi  primi,  arvi  secundi.  Weiteres  bei  Marquardt, 
Staatsv.  II«  S.  227  f. 

WiLCKEN,  Ostraka.  14 


210 


lY.  KAPITEL. 


anzunehmen,  dass  hier  feste  Bonitätsklassen  zu  Grunde  liegen.  Denn 
dass  bei  so  vielen  Grundstücken  die  Bodenrenten  factisch  bis 
auf  den  Obolos  übereingestimmt  hätten,  ist  doch  sehr  unwahr- 
scheinlich, und  es  liegt  näher  anzunehmen,  dass  die  Grund- 
stücke von  annähernd  gleicher  Ertragsfähigkeit  derselben  Steuer- 
klasse zugewiesen  wurden.  Betrachten  wir  aber  andrerseits  die 
Steuersätze,  die  wir  oben  für  den  Weizenboden  nachgewiesen  haben, 
so  machen  diese  allerdings  z.  T.  den  Eindruck,  dass  sie  durch 
Abschätzung  des  einzelnen  Grundstückes  gewonnen  seien.  Ich  meine 
Taxen  wie  die  zu  7  Artaben  |  -J  Choinikes  oder  zu  6^  Artaben  1^  Choi- 
nikes.  Sollten  dies  wirklich  Normaltaxen  für  ganze  Bonitätsklassen 
sein?  Sehen  sie  nicht  vielmehr  aus  wie  Taxen,  die  für  einen  ganz 
bestimmten  concreten  Fall  ausgerechnet  sind?  Vielleicht  ist  es  nicht 
unwichtig,  darauf  hinzuweisen,  dass  wir  in  mehreren  Fällen,  in  denen 
es  sich  um  Weizenboden  handelt,  nachweisen  können,  dass  immer  gleich- 
hoch besteuerte  Stücke  in  einem  und  demselben  Rayon  (o^pa'xi<0^) 
gelegen  haben.  So  in  den  „Actenstücken"  a.  a.  O.  zweimal  und 
in  der  Steuerprofession  vom  J.  202  n.  Chr.  Das  hat  zwar  nichts 
Verwunderliches,  insofern,  wie  gesagt,  die  örtliche  Lage  das  Ausschlag- 
gebende für  die  Ertragsfahigkeit  ist.  Vielleicht  darf  man  aber  daraus  den 
Schluss  ziehen,  dass  die  Rayons  auch  eine  steuertechnische  Bedeutung 
gehabt  haben,  in  dem  Sinne,  dass  sie  immer  gleich  hoch  besteuerte 
Grundstücke  zusammenfassten.  Doch  das  bedarf  weiterer  Unter- 
suchungen. Jedenfalls  hat  es  nach  dem  Gesagten  den  Anschein, 
als  wenn  es  für  den  Getreideboden  feste  Bonitätsklassen  in  Aegypten 
nicht  gegeben  hat.  Nach  der  letzten  Vermutung  wäre  es  aber  wohl 
möglich,  dass  das  Kulturland  in  verschieden  besteuerte  Rayons  zer- 
fallen wäre,  denen  die  Einzeläcker  angehörten.  Andrerseits  fanden  wir, 
dass  bei  dem  Palmen-  und  Rebenland  die  Annahme  von  Bonitäts- 
klassen  viel   für  sich   hatte.     Sollte  vielleicht  ein  verschiedenes 


Wessely  hat  zuerst  auf  das  Wort  acppayc^  hingewiesen  (Mitth.  PR  III 
S.  270),  hat  aber  den  Sinn  nicht  richtig  erkannt.  In  CPR  I  S.  158  deutet 
er  es  als  „Siegel,  gesiegelte  Urkunde,  Urkundung"  und  übersetzt  sv  Suoi 
acppayia'.  mit  ,,in  2  beurkundeten  Losen".  "Was  man  sich  darunter  vor- 
stellen soll,  weiss  ich  nicht.  Ich  habe  schon  im  Hermes  XXYII  S.  237  A.  2 
darauf  hingewiesen,  dass  Eratosthenes  die  Rayons  seiner  Erdkarte  als  acppayiSes 
bezeichnet  hat.  Vgl.  Strabo  II  p.  78  und  84.  Als  Rayons  der  Flurkarte 
haben  wir  die  acppaytSsg  auch  in  unseren  Urkunden  aufzufassen. 


§46.    DIE   GRUNDSTEUER.      BONITÄTSKL ASSEN? 


211 


Verfahren  eingeschlagen  worden  sein,  je  nachdem  die  Taxe  in  natura 
oder  in  Geld  zu  berechnen  war?  Doch  das  sind  Probleme,  die 
weiterer  Untersuchung  bedürfen. 

Wir  haben  ferner  noch  die  Frage  aufzuwerfen,  ob  die  Taxen 
bewegliche  oder  unbewegliche  waren,  d.  h.  ob  sie  für  jedes  Jahr 
ne\i  berechnet  wurden  oder  ein  für  alle  Mal  auf  dem  Grundstück 
lasteten.   Aus  den  vielbesprochenen  Worten  Strabo's  (XVII  p.  817) 

könnte  man  folgern  wollen,  dass  je  nach  dem  Ausfall  der  Ueber- 
schwemmung  in  jedem  Jahre  die  Taxe  neu  aufgelegt  worden  sei. 
Gegen  diese  Annahme  scheint  mir  aber  die  Steuerprofession  vom 
J.  202  n.  Chr.  zu  sprechen,  in  der  die  Grundbesitzerin  Valeria 
Paulina  von  den  ihr  gehörigen  2  Aruren  Weizenboden  aussagt 
„TsXouaa^  ava  TiupoO  fiiav  fJ|iLC7u  a(D|xaTL^o[Ji£va(;  eIc,  OöaXspLav 
nauXivo'J  (sie)  Yj^pox^i'/.'J^a?"  (vgl.  Hermes  XXVIII.  236).  Denn 
wenn  die  Taxe  eine  jährlich  wechselnde  wäre,  so  würde  die  Grund- 
besitzerin nicht  in  der  Lage  sein,  selbst  die  Höhe  der  Taxe  in  der 
betreffenden  Steuerprofession  namhaft  zu  machen.  So  scheint  diese 
Urkunde  dafür  zu  sprechen,  dass  die  einmal  für  ein  Grundstück 
berechnete  Taxe  eine  unbewegliche  war.  Dieselbe  Urkunde  giebt 
uns  zugleich  einen  Fingerzeig  für  die  richtige  Auffassung  der 
Strabonischen  Worte.  Die  Deklarantin  erklärt  der  Steuerbehörde 
ausdrücklich,  dass  ihr  so  und  so  hoch  taxirtes  Grundstück  in  diesem 
Jahre  nicht  von  der  Ueberschwemmung  erreicht,  nicht  bewässert 
worden  sei  (rßpoyriY.'j'KX.q).  Ich  habe  schon  im  Hermes  a.  a.  O.  daraus 
gefolgert,  dass  sie  die  Angabe  gemacht  habe,  weil  sie  hiernach  auf 
Steuerermässigung  oder  Steuernachlass  zu  rechnen  Anspruch  hatte. 
Dasselbe  ergiebt  sich  aus  den  gleichfalls  a.  a.  O.  von  mir  schon 
hervorgehobenen  Worten  des  Edicts  des  Ti.  Julius  Alexander  (CIGr. 
III  4957  Z.  57):  Trpo^'jpLW?  Ystopyelv  tou?  avO-pwTtOu?  [eiSoxa]? 
Sxt  TTpö?  TO  ^(.lr^^'kc,  zy]:;  o5ar;5  avaßaaeo)?  */.al  zy](;  ßeßpMYCfievrj; 
Y%,  aXX']o?>  Tzpbc,  cTJXOcpavTLav  tü)v  xaxa  auvo^J^iv  ';:apaYpa(^o[|jii]vü)v 
aTiatxr^ai^  laxai.  Der  Praefect  wendet  sich  hier  mit  scharfen 
Worten  gegen  den  Missbrauch  Derjenigen,  die  nicht  nach  Maass- 
gabe des  wirklichen  Ueberschwemmungsresultates ,  sondern  xaxa 
auvo4':v,  d.  h.  npö;  ouvxpiaiv  ap)(aL[£a]x£pü)v  x'.vwv  avaßaaewv,  die 
Steuern  und  zwar  die  Grundsteuern  (vgl.  yetüp^eiw,  yfi^)  ein- 
trieben.   Ich  möchte  in  diesem  Zusammenhange  den  Ton  darauf 

14* 


212 


IV.  KAPITEL. 


legen,  dass  der  Präfect  hier  lediglich  von  der  Steuer eintreibung 
{a^Z0L^zT^al<;)  spricht.  Nur  diese  hängt  nach  seinen  Worten  von  dem  Aus- 
fall der  Ueberschwemmung  ab,  nicht  aber  die  Steuerveranlagung. 
Das  Ergebnis,  das  sich  hieraus  in  völliger  Uebereinstimmung  mit 
der  Berliner  Steuerprofession  ergiebt,  möchte  ich  etwa  folgender- 
massen  formuliren:  die  durch  die  Steuerumlage  einmal  fest- 
gelegte Taxe  ist  eine  unbewegliche.  Aber  die  Erhebung 
ist  beweglich,  und  zwar  nach  unten  hin,  insofern  bei  mangelhafter 
Ueberschwemmung  xou^oziXeKX.  oder  dieXeca  zu  gewähren  ist.^) 
Jetzt  erst  verstehen  wir  Strabo's  allgemein  gehaltene  Worte:  höhere 
Einnahmen  brachten  die  guten  Ueberschwemmungen  in  der  That, 
aber  nicht  dadurch,    dass  etwa  höhere  Taxen   berechnet  wären. 


Für  Steuernachlässe,  die  bei  der  Steuereintreibung  bewilligt  werden, 
lassen  sich  in  unseren  Urkunden  noch  weitere  Belege  nachweisen.  So  wird  in 
BGU  84,  die  von  der  dTcaiXYjatg  o'.xlxcüv  cpöpwv  handelt,  zuerst  die  Gesammt- 
summe  der  in  Betracht  kommenden  Aruren  genannt,  worauf  die  unbewässerten 
Ä.ruren  (äßpoxot)  davon  abgezogen  werden.  Hier  tritt  also  für  die  vom  Nil 
nicht  erreichten  Felder  völlige  dxeXs'.a  ein.  In  BGU  198,  einer  Steuerprofession 
vom  J.  162/3  n.  Chr.,  macht  der  Grundbesitzer  gleichfalls  den  Zusatz,  dass 
seine  Felder  v[u]v  ev  dßpöxq)  seien.  Auch  sonst  begegnet  mehrfach  die  Charak- 
terisirung  des  Landes  als  ßpöxog,  oder  einmal  vsiXößpoxo?  (vgl.  Hermes  XXVIII 
S.  238),  andrerseits  als  dßpoxog.  Vgl.  Petr.  Pap.  (II)  XXX  b;  Pap.  Berl.  Bibl.  50 
(III.  S.  p.  Chr).  In  diesem  Zusammenhange  findet  vielleicht  auch  die  merkwürdige 
Urkunde  BGU  145  ihre  Erklärung.  Es  ist  ein  Bericht  des  Dorfschreibers  von 
Soknopaiu  Nesos  an  den  Strategen  seines  Bezirkes,  enthaltend  das  xax'  ävSpa 
Twv  sXdaoü)  cpavevxtüv  7ipa^t|jL0U  biz'  ä[iou  uapd  xd  |isxa§oO-dvxa  bnö  xou  T['^]g 
lisptSog  ßaaiX('.xoö)  yp(a|Ji[JLaxea)g)  xou  £veax(5x[o]$  %aS  (a.  212/3).  Es  handelt  sich 
um  ein  minus  von  8  Artaben  Gerste,  deren  Spezialisirung  auf  die  einzelnen 
Personen  folgt.  Es  ist  wahrscheinlich,  dass  auch  hier  ein  Steuernachlass,  der 
durch  mangelhafte  Bewässerung  der  betrefienden  Grundstücke  eingetreten  sein 
mag,  gemeint  ist.  Es  bliebe  freilich  auch  die  Möglichkeit,  dass  der  Dorfschreiber 
in  diesem  Falle  einen  fehlerhaften  Anschlag  des  königlichen  Schreibers  corrigiren 
will.  Aber  Ersteres  hat  mehr  für  sich.  Vgl.  auch  das  in  der  Rechnung  ab- 
gezogene sSacp'.xöv  sXdaawiJia  in  BGU  20,8.  Das  eXdoowiaa  kommt  gleichfalls 
in  Abrechnung  in  dem  Berliner  Papyrus  P.  2294.  — Aehnlich  wie  bei  der 
Grundsteuer  trat  auch  beim  Pachtzins  eine  Ermässigung  ein,  wenn  die  Ueber- 
schwemmung mangelhaft  war.  So  heisst  es  in  einem  Wiener  Pachtcontract' aus 
Hermupolis  vom  J.  266  n.Chr.  (CPR  XXXIX  22):  'Edv  Se,  ö  ysivoixo, 
dßpoxos  yi'jrtxa.i  dnö  xo[ö]  iE,fiQ  lxou[g],  eudvaY'xes  eTravxXi^oü)  xaL  xsXeao) 
[xwv  7ipo]x£ipL£Vü)v  96pü)v  xö  "JjfJLtou.  Die  künstliche  Bewässerung  macht  eben 
so  viel  Unkosten,  dass  der  Pächter  billiger  Weise  nur  die  Hälfte  des  Pachtzinses 
erlegen  kann. 


§46.    UNBEWEGLICHE  TAXE,  BEWEGLICHE   ERHEBLTfG.  213 


sondern  dadurch,  dass  im  besten  Falle  die  Kormaltaxen  in  voller 
Höhe  effektiv  erhoben  wurden.  Wir  dürfen  wohl  annehmen,  dass 
bei  der  Berechnung  der  Kormaltaxe  sehr  gute  Ernten  voraus- 
gesetzt waren. 

Im  weiteren  Verfolg  dieser  Fragen  ^ird  man  auch  darauf  zu 
achten  haben,  ob  sich  vielleicht  Indicien  dafür  finden,  dass  Grund- 
stücke, deren  Rente  —  von  der  einzelnen  Ueberschwemmung  un- 
abhängig —  etwa  durch  intensivere  Bewirtschaftung  andauernd 
gestiegen  war,  auch  dem  entsprechend  zu  einer  höheren  Grundsteuer 
herangezogen  wurden.  Wenn  z.  B.  in  einem  Olivengarten  durch  den 
Fleiss  und  die  Unkosten  des  Besitzers  der  Bestand  an  Oelbäumen 
sich  allmählich  verdoppelte,  sollte  dieser  Garten  nicht  entsprechend 
höher  besteuert  worden  sein?  Hiernach  würde  die  Annahme  der 
Unbeweglichkeit  der  Taxe  einzuschränken  sein.  Doch  das  bedarf 
weiterer  Untersuchungen.!)  Andrerseits  ist  es  sehr  wahrschein- 
lich, dass,  wenn  in  Folge  der  Ueberschwemmungen  neues  Kulturland 
angeschwemmt  war,  wie  das  häufig  vorkam  (damit  rechnete  z.  B. 
ein  Erlass  des  Theodosius  und  Valentinian  vom  J.  440,  Cod. 
lust.  VII  41,  3),  dem  entsprechend  auch  Erhöhung,  nicht  der  Taxe, 
wohl  aber  der  Totalsumme  eintrat.  Darauf  gehen  wohl  die  Worte 
in  BGU  563,8:  I?  l7r'.ax(£di£ü)?)       Ti^epco'j  tiXeiw  £7:[i]Yp(a(y£VTa). 

Endlich  noch  ein  Wort  über  den  Zahlungstermin.  Wir  werden 
im  V.  Kapitel  zu  zeigen  haben,  dass  die  jüngst  aufgestellte  Be- 
hauptung, dass  „die  Steuern  in  Aegypten  nachträglich  für  das  ab- 
gelaufene Jahr  gezahlt"  wurden  (Krall,  CPR  II  S.  17),  nicht  zutreffend 
ist.  Hier  sei  schon  jetzt  hervorgehoben,  dass  der  Gesammtbefund 
unserer  Ostrakasammlung  zeigt,  dass  die  in  Katuralien  zahlbare 
Grundsteuer  in  der  Regel  von  der  Ernte  des  laufenden  Jahres 
für  das  laufende  Jahr  gezahlt  wurde,  dass  aber  auch  bei  dieser 
Steuer  wie  bei  anderen  die  Regierung  spätere  Kachtragszahlungen 
erlaubte.  Da  die  Ernte  in  der  Thebais  im  Februar  stattfindet,  so 
konnten  natürlich  die  Zahlungen  nur  in  den  letzten  Monaten  des 

^)  Nach  dem  obigen  Erlass  des  Theodosius  und  Valentinian  trugen  diese 
Kaiser  Bedenken,  wenn  Sumpf-  und  Weideland  durch  den  Fleiss  und  die  Un- 
kosten des  Besitzers  zu  Fruehtland  umgeschaffen  waren,  dieses  dem  entsprechend 
zu  belasten,  ne  doleant  diligentes  operam  siiam  agri  dedisse  culturae  nec  dili- 
gentiam  suamsihi  damnosam  intellegant  (Cod.  lust.  VII  41,  3,  1).  —  Vgl.  zu  der 
Frage  Max  Weber,  Rom.  Agrargesch.  S.  164  ff. 


214 


IV.  KAPITEL. 


aegyptischeu  Jahres  erfolgen.  Diese  erscheinen  denn  auch  in  der 
Regel  in  den  Datirungen  der  Grundsteuerquittungen.  In  den  zahl- 
reichen Urkunden  dieser  Art  aus  der  Ptolemäerzeit  habe  ich  nur 
folgende  wenige  Fälle  von  Nachzahlungen,  die  im  nächsten  Jahre 
erfolgten,  gefunden:  Nr.  712,  719,  723,  1313,  1350,  1356,  1498, 
1533.  Hier  ist  überall  ausdrücklich  gesagt,  dass  im  Jahre  x  für 
das  Jahr  x — 1  gezahlt  worden  ist.  In  allen  anderen  Fällen  ist 
für  das  laufende  Jahr  gezahlt. 

Die  Grundsteuerquittungen  der  Kaiserzeit  unterscheiden  sich 
von  denen  der  Ptolemäerzeit  dadurch,  dass  sie  ausdrücklich  hinzu- 
fugen, von  welcher  Ernte  die  Zahlung  erfolgt.  Das  geschieht  mit 
der  Formel:  '^e'^ri[iO(.TOC,  toö  x.  siou?.  Diese  begegnet  in  unserer 
Sammlung  zum  ersten  Mal  im  Jahre  1/2  n.  Chr.  (767),  und  da  sie 
in  den  ptolemäischen  Urkunden  niemals  vorkommt,  dürfte  dieser 
Zusatz  als  eine  Neuerung  der  römischen  Verwaltung  zu  betrachten 
sein.  Nun  wird  zwar  in  anderen  Urkunden,  z.  B.  in  den  Rechnungen 
der  Sitologen  (vgl.  BGU  61,  64,  67,  188  u.  s.  w.),  die  Ernte,  von 
der  gezahlt  wird,  mit  den  Worten  a.7zb  Y£vrj|JiaTog  xoO  x.  exoD?  ein- 
geführt. Dass  aber  der  blosse  Genetiv  in  unseren  Fällen  nichts 
anderes  meint,  geht  aus  Nr.  995  hervor,  wo  ausnahmsweise  steht: 
Y(£v)Yj([JiaTO?)  TOÖ  ih  (Itodö  Ö7i(^p)  Y(£v)T^(|xaxo?)  ty  (ß'^^^O)^ 
was  nur  heissen  kann:  von  der  Ernte  des  14.  Jahres  für  die 
Ernte  des  13.  Jahres.  Zu  dieser  Nachtragszahlung  vgl.  unten. 
Nebenbei  bemerke  ich,  dass  diese  wichtige  Stelle  uns  zugleich 
den  Beweis  dafür  liefert,  dass,  wie  oben  bemerkt,  die  Grund- 
steuer als  eine  Ertragssteuer  aufgefasst  wurde.  Sie  wird  „für  die 
Ernte"  gezahlt. 

Ueberblicken  wir  nun  unsere  Grundsteuerquittungen  der  Kaiser- 
zeit, so  sehen  wir,  dass  in  der  überwältigenden  Mehrzahl  der  Fälle 
das  Getreide  in  den  letzten  Monaten  desselben  Jahres  geliefert  würd, 
von  dessen  Ernte  gezahlt  wird.  Nirgends  ist  eine  Hindeutung  darauf, 
dass  diese  Zahlungen  etwa  nachträglich  für  das  verflossene  Jahr 
erfolgten.  Es  ist  kein  Zweifel,  dass  wir  es  in  all  diesen  Fällen 
mit  Zahlungen  für  das  laufende  Jahr  zu  thun  haben.  In  dem 
fixen  Kalender  der  Kaiserzeit  sind  es  die  Monate  Pachon,  Payni, 
Epiph,  Mesore,  von  Ende  April  bis  Ende  August,  die  am  meisten 
in  diesen  Quittungen  begegnen.  Wie  die  Ptolemäer  erlaubten  aber 
auch    die   Kaiser   eventuell   Nachzahlungen    im    nächsten  Jahre. 


§  46.    ZAHLUNG  FÜR  DAS  LAUFENDE  JAHR. 


215 


Folgende  wenige  Beispiele^)  habe  ich  in  unserer  Sammlung  gefunden 
(vgl.  Corrigenda):  Nachzahlungen  im  Thoth  =  Aug.,  September  des 
nächsten  Jahres  (817,  833,  840,  861,  896,  938,  975,  984,  1450, 
1592),  im  Phaophi  =  Sept./October  (831,  855,  1367),  im  Hathyr 
=  Oct./ November  (949,  950),  im  Choiak  =  Nov./December  (1006, 
1590),  im  Tybi  =  Dec./ Januar  (999),  im  Phamenoth  =  Febr./ März 
(925)  und  im  Pharmuthi  =  März  /  April  (1568).  In  allen  diesen 
Quittungen  wird  mit  der  Ernte  des  verflossenen  (aegyptischen)  Jahres 
gezahlt,  auch  in  den  beiden  letzten  Fällen,  in  denen  man  vielleicht 
schon  die  Verwendung  der  neuen  Ernte  hätte  vermuten  können. 
Darum  wird  auch  in  872  und  1003  eine  Nachtragszahlung  gemeint 
sein,  wiewohl  der  Phamenoth  hier  nicht  ausdrücklich  als  Monat  des 
nächsten  Jahres  bezeichnet  ist.  S.  unten  Anmerkung.  —  Unsere 
Sammlung  bietet  aber  auch  Beispiele  von  noch  späterer  Nachzahlung. 
Vgl.  Nr.  995.  Hier  wird  von  der  Ernte  des  14.  Jahres  für  die  Ernte 
des  13.  Jahres  am  23.  Thoth,  natürlich  des  15.  Jahres  gezahlt.  Mit 
anderen  Worten,  am  10.  September  235  wird  von  der  Ernte  des 
Jahres  234/5,  die  also  im  Februar  235  eingefahren  ist,  für  das 
Rechnungsjahr  233/4  gezahlt.  Hier  fallt  also  der  Zahlungstag  in 
das  übernächste  Jahr.  Während  hier  mit  der  neuen  Ernte  des 
nächsten  Jahres  gezahlt  wurde,  wird  in  976,  wo  sich  eine  ähnlich 
späte  Nachtragszahlung  findet,  noch  die  alte  Ernte  des  normalen 
Zahlungsjahres  verwendet:  am  8.  December  193  wird  die  Grund- 
steuer mit  der  Ernte  des  Jahres  191/2  (also  vom  Februar  192) 
beglichen.  Wir  werden  unten  in  §  109  sehen,  dass  einige  Urkunden 
vielleicht  die  Deutung  zulassen,  dass  im  Falle  späterer  Nachzahlung 
auch  Geld  statt  der  Naturalien  in  Zahlung  genommen  wurde. 

§  47.    To  sTOSsxaxov. 

In  232  (Elephantine)  wird  u.  A.  gezahlt  für  emi  (Z.  8).  Ist 
die  Lesung  richtig,  so  wird  man  es  in  eTrtSexaxov  auflösen  müssen,  wie- 
wohl dies  eigentlich  eizd  hätte  geschrieben  werden  sollen.  Doch  ist  mir 
die  Lesung  sehr  unsicher.  Vielleicht  ist  £voi(x:ou)  zu  lesen.  Lieber  das 
neben  dem  auvYjyoptxov  auftretende  iizihixoczow  vgL  unten  §  119. 

Nicht  in  allen  Fällen  ist  beim  Monat  ausdrücklich  hinzugefügt,  dass 
er  dem  nächsten  Jahre  angehört.  Aber  wenn  z.  B.  im  Thoth  mit  der  Ernte  des 
X.  Jahres  gezahlt  wird,  so  kann  natürlich  frühestens  der  Thoth  des  Jahres 
X  -j-  1  gemeint  sein. 


216 


TV.  KAPITEL. 


§  48.    '£711^19  TiavTOTTwXwv. 

Für  Theben  belegt  durch  Nr.  347,  348  (II.  Jahrh.  v.  Chr.). 

Die  Erklärung  dieser  Steuer  hängt  wesentlich  davon  ab,  wie 
man  sTct^^  ergänzen  will.  Entweder  wird  man  an  imZ^yiTfiaiq,  oder 
aber  an  £7ii^yj[jLL0V,  Synonymon  von  ^7][jLia,^)  denken.  Aber  was 
soll  das  Aufspüren  resp.  das  Strafgeld  der  „Trödler"  (TiavTOTiwXa:) 
bedeuten?  —  Da  beide  Urkunden  Bankquittungen  sind,  die  dem 
Steuererheber  ausgestellt  sind,  so  ist  für  die  Höhe  der  Abgabe 
nichts  daraus  zu  folgern. 

§  49.  TTisp   ). 

Für  Theben  belegt  durch  Nr.  681,  686,  696. 

Es  bleibt  einstweilen  ganz  unsicher,  wie  £7:1^  aufzulösen  ist. 
Im  Text  habe  ich  I7rtx(ap7itag)  vorgeschlagen.  Ich  dachte  dabei 
an  die  von  Ps.  Aristot.  Oecon.  II  1  erwähnte  Abgabe:  'f]  öltzö  tü)V 
ßoaywYj[JLaTü)v,  eTzixocprdof.  xe  xal  Sexaxyj  xaXoufxevy].  Aber  ebenso 
gut  könnte  man  auch  an  l7rcx(£(paXatov)  oder  auch  an  das  Itcl- 
>c(apacov)  des  nächsten  Paragraphen  denken. 

§  50.   TTisp  smxapacou. 

Für  Syene — Elephantine  belegt  durch  Nr.  64  und  67. 

Bei  der  Revision  der  Londoner  Texte  habe  ich  mich  im 
Sommer  1895  nochmals  von  der  Richtigkeit  der  Lesung  sTiLxapaLOU 
überzeugt.  In  welchem  Sinne  das  Wort  hier  aufzufassen  ist,  bleibt 
mir  völlig  dunkel.    Zu  67  vgl.  Corrigenda. 

§  51.     TTlSp  STltOVLWV. 
Für  Theben  belegt  durch  Nr.  1506. 

Ta  eTitovta  ist  eine  aus  den  Grammatikern  bekannte  allgemeine 
Bezeichnung  für  die  „Kaufsteuer".  Vgl.  Boeckh,  Staatsh.  Ath.  I^ 
S.  395.  Gilbert,  Handb.  d.  gr.  Staatsa.  II  S.  369.  In  unseren 
Urkunden  begegnet  sie  sonst  noch  im  Pap.  Paris.  67,  16,  wo 
Lumbroso  (Recherches  S.  307)  mit  Recht  Ittwvlwv  statt  in  wvcwv 
liest.    Für  die  Kaufsteuer  verweise  ich  auf  §  35  und  138. 


'ETi'.^T^ii'.ov  findet  sich  z.  B.  im  Rev.  Pap.  7,6. 


§  48  —  52. 


217 


§  52.  "ETaipixov. 

Für  Syene — Elephantine  belegt  durch  Nr.  83.  Vgl.  auch  die 
thebanischen  Nr.  504  und  1030. 

Wie  das  i|xaTL07iü)XLz6v  die  vqn  den  i\ioczi07zGiA(Xi  erhobene 
Gewerbesteuer  ist,  so  ist  das  IxaLpixöv  die  Steuer,  die  von  den 
IxaTpat,^)  den  Prostituirten ,  erhoben  wird.  Diese  Bezeichnung  ist 
mir  neu,  die  Sache  selbst  ist  bekannt  genug.  Für  Athen  vgl. 
Boeckh,  Staatshaush.  S.  404.  In  Syrakus  bestand  diese  Huren- 
steuer unter  Dionys  (Polyaen  V  2,13),  in  Palmyra  unter  Hadrian 
(Dessau,  Hermes  XIX  S.  516  f.).  In  Rom  wurde  sie  von  Kaiser 
Gaius  eingeführt,  und  zwar  in  der  Weise,  dass  der  Normalertrag 
von  der  einmaligen  Ausübung  des  Gewerbes  als  Abgabe  zu  ent- 
richten war.  Vgl.  Sueton,  Gai.  40:  ex  capturis  prostitiifarum 
quantum  quaeque  uno  concubitu  mereret.^)  Dieselbe  Berechnungs- 
methode hat  Dessau  a.  a.  O.  für  Palmyra  nachgewiesen.  3)  Fraglich 
erschien  ihm  nur,  „in  welchen  Intervallen  die  Steuer  gezahlt 
wurde".  Ich  denke,  auch  dieser  Gewerbesteuer  wird  die  monat- 
liche Berechnung  zu  Grunde  liegen,  sodass  also  die  Dirnen  Roms 

^)  Ueber  die  Hetaeren  in  Aegypten  vgl.  jetzt  Hogarth  in  ,,Koi5tos"  by 
Flinders  Petrie  (1896)  S.  31. 

^)  Vgl.  auch  Justin,  Mart.  apol.  l,c.  27.  Lamprid.  vit.  Alexand.  Severi  24. 
Gothofredus  zum  Cod.  Theod.  XIII  1,1.  Weiteres  bei  Mommsen,  CIL  III  S.  13750. 

^)  In  der  aramäischen  Version  des  Steuertarifes,  die  hier  allein  vollständig 
erhalten  ist,  heisst  es  nach  Vogue's  Uebersetzung :  „Item  exiget  puhlicanus  a 
mulier e:  ah  ea  quae  capit  denarium  aut  plus,  denarium  unum  a  mulier e;  et  ah 
ea,  quae  cajnt  asses  octo,  exiget  asses  octo;  et  ah  ea  quae  capit  asses  sex,  exiget 
asses  sex."  Danach  scheint  es  drei  Klassen  von  Hetaeren  dort  gegeben  zu  haben, 
die  sich  durch  die  verschiedene  Höhe  des  Normalpreises,  den  sie  forderten, 
unterschieden.  Die  Eegelmässigkeit  der  Abstufung  führt  notwendig  zu  der 
Annahme,  dass  die  Behörden  bestimmten,  welchen  Preis  die  Einzelne  zu  fordern 
habe,  resp.  zu  welcher  Klasse  sie  gehöre.  Ich  meine,  die  Art,  wie  in  Rom 
der  Berechnung  der  Gewerbesteuer  der  einzelne  concubitus  zu  Grunde  gelegt  wird, 
führt  zu  demselben  Resultat.  Für  Athen  wird  es  uns  ausdrücklich  überliefert, 
dass  die  Agoranomen  den  Preis,  den  jede  Dirne  nehmen  durfte,  bestimmten. 
Vgl.  Suidas  s.  v.  b:dypa.\i\iOi.-  b'dypoccpoy  yoLp  ol  ayopavoiiot  oaov  I5st  XaiJLßdvsiv 
Ixaipav  Ixdoxr^v.  Meier  (att.  Process,  ed.  Lips.  I  S.  103  f.)  und  Boeckh  a.  a.  O. 
haben  daher  mit  Unrecht  dies  Zeugnis  dahin  verändert,  dass  die  Agoranomen 
nur  die  Höhe  der  Steuer  bestimmten.  Die  palmyrenischen  Klassen  sprechen 
dagegen.  Aa^ßäveiv  in  das  Gegenteil  y.axaßtxXXsiv  zu  ändern  (s.  Meier),  heisst 
aus  schwarz  weiss  machen. 


218 


IV.  KAPITEL. 


und  Palmyras  zwölf  Mal  im  Jahr  die  betreffende  Summe  zu  zahlen 
hatten.    Aus  !N'r.  83  folgt  nichts  über  die  Höhe  der  Steuer. 

Mommsen's  Güte  verdanke  ich  die  Kenntnis  der  demnächst 
im  CIL  III  S.  13750  erscheinenden  Inschrift  vom  Taurischen  Cher- 
sonnes  aus  Commodus'  Zeit,  in  der  unsere  Steuer  als  xo  ziloq  t6 
7t  opvcxöv  oder  capitulum  lenocini  (also  wohl  von  den  Bordell  Wirten 
für  ihre  Dirnen  gezahlt)  begegnet.  Trotz  unserer  Ausführungen 
auf  S.  217  Anm.  3  dürfte  es  aus  sprachlichen  Gründen  kaum  mög- 
lich sein,  capitulum  als  Kopfsteuer  zu  fassen.  Ich  verweise  auf 
den  Commentar  von  Mommsen  a.  a.  O. 

Vielleicht  sind  auch  die  thebanischen  Quittungen  504  und 
1030  auf  dieses  eiaipocov  zu  beziehen.  In  beiden  Fällen  wird 
einer  Frau  (oder  Mädchen)  eine  Zahlung  für  bestimmte  Monate 
quittirt,  ohne  dass  die  Natur  der  Steuer  angedeutet  würde.  Die 
Form  dieser  Quittungen  erinnert  an  die  der  Gewerbesteuerquittungen, 
insofern  die  betreffenden  Monate  hervorgehoben  werden.  Doch 
vielleicht  thue  ich  den  Damen  Unrecht  mit  meinem  Verdacht.^) 
Nr.  1030,  aus  der  Zeit  des  Tiberius,  würde  ein  Beispiel  sein,  das 
älter  ist  als  Kaiser  Gaius.  Auch  ohne  dies  liegt  die  Vermutung 
nahe,  dass  Gaius  diese  Steuer  aus  Aegypten  entlehnt  hat. 


^)  Ich  Aveiss  nicht,  ob  für  diesen  Verdacht  vielleicht  die  Thatsache  spricht, 
dass  in  beiden  Fällen  die  Frauennnamen  ohne  Hinzufügung  des  Vater-  und 
Mutternamens  genannt  werden.  In  Nr.  83,  in  der  die  Steuerzahlerin  ja  sicher 
eine  lxa{pa  ist,  wird  nur  der  Muttername  hinzugefügt.  Das  kommt,  ohne  Hin- 
zufügung von  dTiaxcop,  sehr  selten  vor,  vgl.  654,  791,  954.  War  es  etwa  den 
öffentlichen  Dirnen  versagt,  sich  auch  nach  dem  Vater  zu  be- 
nennen? Die  Frage  müsste  in  grösserem  Umfange  untersucht  werden,  als  es 
mir  zur  Zeit  möglich  ist.  Hier  will  ich  nur  noch  darauf  hinweisen,  dass  auch 
die  Thinabdellah  in  1157,  die  oflfenbar  eine  öffentliche  Dirne  ist,  ohne  Vater 
und  Mutter  genannt  wird.  Natürlich  folgt  daraus  nicht,  dass  alle  Frauen,  die 
von  den  Beamten  ohne  Vater  genannt  werden,  als  Dirnen  zu  betrachten  sind. 
Im  Uebrigen  will  ich  doch  besonders  hervorheben,  dass  in  den  oben  behandelten 
Xr.  504  und  1030  das  Fehlen  einer  Angabe  über  die  Natur  der  Steuer,  zu- 
sammengehalten mit  der  Adresse  an  eine  Frau,  nicht  als  Beweis  für  das 
Ixa'.p'.y.öv  betrachtet  werden  kann.  Man  vergleiche  z.  B.  Nr.  1049,  in  der 
gleichfalls  die  Steuer  nicht  genannt  wird.  Trotzdem  handelt  es  sich  hier,  wie 
wir  unten  in  §  57  nachweisen,  um  die  Flickschneidersteuer.  Vgl.  auch  1048 
und  1050.  Auch  in  1041  handelt  es  sich,  wenn  obige  Vermutung  betreffs  der 
Nomenclatur  der  Dirnen  zutrifft,  um  eine  andere  Steuer.  Denn  die  2£vxw(vacg) 
führt  den  Vatersnamen. 


§52.    DIE  HURENSTEUER. 


219 


Soeben  ist  von  Grenfell  und  Hunt  eine  Urkunde  edirt,  die  sich 
auch  mit  dieser  Steuer  befasst.  Vgl.  Grenf.  (II)  XLI  vom  J.  46  n.  Chr. 
Der  Text  bietet  noch  manche  Schwierigkeiten.  Jedenfalls  ist  es 
ein  Steuerpacht  -  Angebot  (Z.  9  dürfte  u^caiaiiaL  statt  l^iaiafiat 
zu  lesen  sein),  und  der  Ausdruck  oi  £Ta(i)pca{xaTa  (icaO'(o'j[i£voO 
in  Z.  26,  den  die  Herausgeber  richtig  auf  eine  Hetaerensteuer  bezogen 
haben,  zeigt  uns,  um  welche  Steuer  es  sich  handelt. i)  Der  Text 
lehrt  uns,  dass  es  Hetaeren  nicht  nur  in  den  grossen  Städten,  sondern 
auch  in  den  Dörfern  gab,  denn  die  Pacht  bezieht  sich  auf  das  am 
Wüstenrande  gelegene  Dimeh,  die  alte  SoxvoTiatoi)  N'^ao^.  Das  Pacht- 
angebot für  das  Jahr  beträgt  für  das  genannte  Dorf  288  Drachmen, 
zu  denen  noch  allerlei  Sportein  hinzukommen. 

§  53.  TTisp  £'ja)(  ). 

Für  Theben  belegt  durch  Kr.  1457. 

Vorausgesetzt,  dass  wirklich  eu"^  und  nicht  eu^  zu  lesen  ist, 
würde  ich  die  Auflösung  in  eutoC^LÖv)  vorschlagen,  im  Sinne  von 
„Räucherwerk"  (vgl.  Diod.  I  84).  Dieselbe  Abgabe  begegnet  in  dem 
Berliner  Ostr.  P.  1610,  das  ich  nicht  in  die  Sammluug  aufgenommen 
habe.  Doch  auch  hier  ist  die  Lesung  des  dritten  Buchstabens  nach 
meiner  Copie  nicht  ganz  sicher. 

§  54.  TeXoq  I^suYcE)v. 

In  1028  wird  quittirt  über  den  Empfang  von  tö  xoid-fixo"^  liXoc, 
^euywv  Tievcaxoata  (1.  TievTazoaLWv).  Ob  ^eöyo?  hier,  wie  häufig, 
ein  Paar  von  Zugtieren  resp.  ein  zweispänniges  Fuhrwerk  2)  bedeutet, 
wird  durch  die  hohe  Zahl  der  ^tu^f]  zweifelhaft.  ZsOyo?  kann 
aber  auch  allgemein  ein  Paar  bedeuten  (vgl.  Kap.  X).    Der  Text 


^)  In  dem  Paclitangebot  selbst  wird,  wie  mir  scheint,  mit  dem  Worte 
TsXeat.cpöpou  auf  die  Hetaeren  hingewiesen.  In  der  Bedeutung  von  Hure  findet 
sich  das  Wort  xeXeocpöpog  in  LXX  Deuteron.  23,  17:   ouy.  laxai  TsXsaq^öpog 

^)  Die  Abgabe  von  den  ^Buyfi  begegnet  auch  in  der  Inschrift  von  Cos 
bei  Reinach,  Rev.  d.  Etud.  grecqu.  IV  1891  S.  359  (Z.  7).  Reinach  deutet  sie 
hier  als  Abgabe  von  den  voitures,  da  die  Pferde  und  Ochsen  schon  vorher  unter 
den  TEXpcx7io5a  als  Steuerobjecte  aufgeführt  sind. 


220 


IV.  KAPITEL. 


bietet  keinen  Anhalt,  die  Art  genauer  zu  bestimmen.  Wenn  Zug- 
tiere oder  Fuhrwerke  gemeint  sein  sollten,  so  würde  diese  Abgabe 
wie  das  TsXeajJia  xajii^Xwv  u.  a.  zu  den  Vermögenssteuern  zu 
zählen  sein. 

§  55.  ZY][ita. 

In  1615  (Hermonthis)  wird  sie,  tyjv  £7rLYp(a(f)0[JL£VY]v)  ^y](xiav 
gezahlt,  also  für  ein  auferlegtes  Strafgeld.  Auferlegt  ist  es  von 
A:ov6a:o?,  dem  hioixTizriq.  Der  Zahler  ist  ein  Xü)[X0Ypa[i[xaT£u?. 
Ehe  nicht  der  Schluss  von  Z.  4  entziffert  ist,  wage  ich  keine  Er- 
klärung des  Textes. 

§  56.  'H^xioXlov. 

In  1546  (Theben)  liefern  zwei  Brüder  unter  anderem  zwei  Ar- 
taben  Weizen  für  'i^(jLLoX(tou).  Dieses  Wort  bezeichnet  das  Ganze  und 
die  Hälfte  dazu.  Worauf  das  YjixLoXiov  hier  zu  beziehen  ist,  bleibt 
dunkel. 

TTlSp  fpZsipOU  |JLY]Tp07r6Xs(0^. 

Vgh  §  21  (Nr.  1431,  1433,  1475,  1582). 

§  57.  TsAO$  f^Txr^Twv. 

Für  Theben  belegt  durch  Nr.  464, 1039, 1049, 1069—1072,  1282 
(alle  aus  der  Kaiserzeit).  Dazu  kommt  Berl.  Ostr.  P.  228  (a.  40 
des  Augustus). 

Das  Wort  T^TryjTYj^  bezeichnet  den  Flicker,  den  Flickschneider. 
Das  ziXoq  YjTiYjTWV  ist  also  die  Gewerbesteuer,  die  diese  Arbeiter 
für  die  Ausübung  ihres  Gewerbes  zu  zahlen  hatten.  Ueber  die 
Gewerbesteuer  im  Allgemeinen  vgl.  §  135.  Wie  die  anderen  Gewerbe- 
steuern war  auch  diese  pro  Monat  berechnet  und  wurde  ordnungs- 
gemäss auch  monatlich  bezahlt.  Die  Erhebung  geschah  durch  TsXwva: 
(vgl.  464)  oder  iTtcxYjpYjTal  liXoix;.  Die  angeführten  Nummern  sind 
ausser  1282  und  P.  228  (Bankquittungen)  lauter  Erheberquittungen, 
in  denen  die  gezahlte  Summe  nicht  genannt  wird.  Nur  in  464  geben 
die  Steuerpächter  an,  dass  noch  2  Drachmen  an  der  vollständigen 


§  54—60. 


221 


Jahreszahlung  1)  fehlen:  X^oOnai  bpayj^od  8'jo  /hß  elq  TiXigpwaiv. 
In  den  Bankquittungen  1282  und  P.  228  werden  verschiedene  Raten 
angegeben.  Doch  lässt  sich  über  die  Höhe  der  Steuer  nichts  Be- 
stimmtes daraus  entnehmen. 

In  1049  wird  die  Steuer  überhaupt  nicht  mit  Namen  genannt. 
Nur  die  Vergleichung  mit  464  macht  es  mehr  als  wahrscheinlich, 
dass  es  sich  auch  hier  um  die  Flicksteuer  handelt. 

§  58.  T7:£p  %^p{a^po\)). 

Für  Theben  belegt  durch  Kr.  503,  918,  993. 

In  918  und  993  steht  unep  '&rja(a'jpoö)  an  der  Stelle,  an  der 
eigentlich  die  Angabe  des  Ortes  zu  erwarten  wäre,  wie  Xapaxo^ 
oder  ähnlich.  Jedenfalls  handelt  es  sich  in  beiden  Fällen  um  Grund- 
steuer. In  503  wird  über  eine  Geldzahlung  br^ep  -ö-Yjaa'jpoö  iepöyy 
quittirt.  Da  der  %^acc\jp6c,  in  der  Regel  nur  Naturalien  annimmt, 
liegt  wohl  eine  adaeratio  vor. 

§  59.  ICnkp  Tt([ifj^)  -ö-psiJLiJiaTwv. 

In  Nr.  653  zahlt  ein  Petemenophis  ÖTisp  v.([Lfiq)  •9'p£[i{xaTü)v 
aL  40  Drachmen.  Das  lässt  zweierlei  Deutungen  zu:  entweder,  er 
zahlt  den  Preis  för  Vieh,  das  er  bekommen  hat,  dann  müss.te  er  es 
vom  Staat  erhalten  haben,  denn  an  den  zahlt  er.  Oder  aber,  er 
zahlt  den  Geldwert  für  das  Vieh,  das  er  eigentlich  in  natura  hätte 
liefern  sollen  (adaeratio).  Letztere  Annahme  ist  wegen  des  TUpwxou 
Ixoi)^  vorzuziehen.  Für  welche  Abgabe  das  Vieh,  resp.  das  Geld- 
aequivalent,  zu  liefern  war,  ist  aus  dem  Text  nicht  zu  ersehen, 

§  60.  Ispoö  (Tcupou)  und  ispa$  (xpL-ö-^^). 

Für  Theben  belegt  durch  Nr.  710,  736,  740,  746,  747,  749, 
1341,  1343,  1521,  alle  aus  dem  II.  Jahrh.  vor  Chr. 

Die  angeführten  Thesaurosquittungen  über  Grundsteuer  tragen 
am  oberen  Rande  der  Scherbe,  über  der  ersten  Urkundenzeile,  eine 
Randbemerkung,  deren  Entzifferung  mich  lange  gefoltert  hat.  Bei 
der  Herausgabe  der  Bonner  Ostraka^),   wo   sie  mir  nur  einmal 

Sie  sagen:  d7texo|J-ev  —  §ü)$  Msoopyj  X.   Die  5  Epagomenentage  sind 
unberücksichtigt  geblieben.    Vgl.  1084:  ex«  xö  (x)dXos  duo  Bcöux  IcDg  Meaoprj  X. 
Jahrb.  d.  Ver.  v.  Alterthsfr.  i.  Rheinl.  LXXXVI  S.  243. 


222 


IV.  KAPITEL. 


begegnete,  glaubte  ich  eine  Zahl  darin  zu  erkennen  (is'-c'  =  15^ 
Als  mir  dann  weitere  Beispiele  in  der  Berliner  Sammlung  entgegen- 
traten, die  immer  mit  it  begannen,  wurde  ich  schwankend.  Die 
Lösung  des  Rätsels  ergab  sich  mir  aber  erst  im  Sommer  1895, 
als  ich  in  einem  Ostrakon  der  Sammlung  des  Herrn  Flinders  Petrie 
(Nr.  1521)  an  der  betreffenden  Stelle  klar  und  deutlich  die  Worte 
L£poO  d  fand.  Nun  waren  mit  einem  Schlage  auch  die  anderen  Fälle 
verständlich.  Es  zeigte  sich,  dass  die  Schreiber  meist  der  Kürze  zu 
Liebe  nur  le^  oder  itocc,  geschrieben  hatten,  worauf  dann  ein  Bruch 
folgte.  Es  ergab  sich  weiter,  dass  ce^  steht,  wenn  es  sich  um  Lieferung 
von  Ti\jp6q  handelt,  während  izocq,  wenn  von  xpid-'f]  die  Rede  ist.  In 
meiner  Bleistiftcopie  von  740  aber  fand  ich  nachträglich,  dass  das 
bisher  unerklärte  Zeichen  zwischen  ceag  und  q  ein  war,  das  nun  in 
Uebereinstimmung  mit  der  Urkunde  als  y.(pL^fjg)  zu  lesen  ist.  Dem- 
nach ist  sicher,  dass  wir  überall  LSpoö,  seil.  TTJpoO,  oder  [epa?,  seil. 
xpL-O"^^,  zu  lesen  haben.  Dies  halte  ich  auch  gegenüber  der  in- 
zwischen von  Eugene  Revillout  in  den  Melanges  vorgeschlagenen 
Lösung  aufrecht,  der  in  seinen  Louvre-Ostraka  überall  lepoö  ai(TOi)) 
lesen  will  (und  zwar  ohne  Bruch). 

Auf  das  Wort  tepou  oder  lepa?  folgt  in  den  mir  vorliegenden 
Texten  überall  ein  Bruch,  der  natürlich  als  Bruchteil  der  Artabe 
aufzufassen  ist.  Mir  ist  aufgefallen,  dass  dieser  Bruch  in  allen  Fällen 
zu  der  in  der  Urkunde  quittirten  Summe  in  demselben  oder  wenig- 
stens annähernd  demselben  Verhältnis  steht.    Man  vergleiche: 


Nr.  736^)  Quittung  über  14-^-^12  Art.  Weizen:  ispoö  jArt. 


746 

55           \0\                   „  „ 

55            ^  55 

1343 

5J 

55           15                      „  „ 

55  55 

749 

>> 

5)     20           „  „ 

5>            "4  55 

747 

55 

„     20-J-J      „  Gerste: 

^£pa?  i  „ 

740 

5» 

„    12i  +  10H+5  =  28iG. 

5?            "4  55 

1521 

5) 

„     22        Art.  Weizen : 

cepoö  jArt. 

1341 

55 

55          50  ,> 

55            "1  55 

710 

55 

„    70«  (100)  „ 

5)            ii  5) 

^)  Aus  Eevillout,  Melanges  S.  128  ersehe  ich,  dass  ich  in  meiner  vor  zehn 
Jahren  gemachten  Copie  dieses  Ostrakons  die  Randbemerkung  übersehen  habe. 
Revillout  liest  sie:  'Ispcö  g'.'(xou).  Das  ist  gewiss  verlesen  für  'Ispoö  ^'  Der 
Bruch  ^  wird  durch  die  Analogie  der  anderen  Texte  verlangt.  —  Weitere  Bei- 
spiele für  das  angebliche  tspou  ai(xcu)  giebt  er  auf  S.  275. 


60.  TEMPELKORX. 


223 


Hieraus  scheint  mir  zu  folgen,  dass  der  hpbq  Tiupo?  (resp.  die 
tepa  xpiO")^)  im  Durchschnitt,  nach  oben  oder  unten  abgerundet^), 
I^Iq  der  gezahlten  Grundsteuer  beträgt.  Aus  dem  Ausdruck  tepö? 
dürfen  wir  weiter  folgern,  dass  dieses  eine  Procent  für  die  Tempel- 
verwaltung abgeführt  wurde.  Wir  haben  es  danach  mit  einer  Tempel- 
abgabe zu  thun,  die  aber  nicht  als  solche  vom  Steuerzahler  eingefordert, 
sondern  von  der  eingegangenen  Grundsteuer  erst  von  den  Thesauros- 
beamten abgezweigt  zu  sein  scheint.  2) 

Sollen  wir  nun  glauben,  dass  nur  in  den  einzelnen  Fällen,  in 
denen  sich  jene  Randbemerkung  vorfindet,  dieses  eine  Procent  für 
die  Tempel  Verwaltung  reservirt  worden  sei?  Die  obigen  neun  Quit- 
tungen sind  durchaus  den  anderen  Grundsteuerquittungen  conform, 
sodass  sich  gar  kein  Grund  finden  Hesse,  weshalb  gerade  hier  und 
nicht  auch  in  den  anderen  Fällen  das  Procent  berechnet  worden  sei. 
Ich  meine  daher,  dass  von  jeder  Grundsteuerlieferung,  die  von  dem 
Steuerpächter  an  den  Thesauros  abgeführt  wurde,  1  ^/^  für  die  Götter 
separirt  worden  ist,  dass  aber  nur  gelegentlich  diese  Manipulation 
von  den  Thesaurosbeamten  in  jener  —  wohl  meist  nachträglich 
geschriebenen  —  Randbemerkung  auf  der  Quittung,  die  sie  dem 
Pächter  gaben,  notirt  worden  ist. 

Auffallig  ist,  dass  auch  in  1341,  wo  die  gesammte  Lieferung 
(50  Artaben)  für  den  Ammonstempel  auf  der  Insel  Poanemunis 
bestimmt  ist,  trotzdem  1  ^/^  (-J  Artabe)  abgezweigt  wird.  Man  wird 
annehmen  müssen,  dass  dieser  iepOQ  Tiupö?  eben  für  einen  anderen 
Tempel,  wohl  den  Haupttempel  des  Ortes,  bestimmt  war. 

^  §  61.  [Trclp]  "lotSos. 

In  1361  (Theben)  wird  über  eine  Zahlung  von  300  Drachmen 
„für  die  Isis"  quittirt.    Also  eine  Tempelabgabe. 

Vgl.  §  7  (Nr.  343). 

Die  Rechnung  in  710  ist  nicht  ganz  durchsichtig.  In  der  Subscription 
wird  erst  70 wiederholt,  dann  aber  geschrieben:  /p  =  das  macht  100.  Für 
100  würden  wir  nach  Obigem  Ispoö  a  erwarten,  für  70  aber  etwa  tepou  I-q. 
Vielleicht  steckt  ein  Fehler  in  meinen  Lesungen  von  Z.  6. 

^)  Das  etwa  l^/o  ausserdem  als  Zusclüag  gefordert  wäre,  wird  dadurch 
unwahrscheinlich,  dass  dann  auch  in  allen  Fällen  über  diesen  Zuschlag  hätte 
Quittung  ausgestellt  werden  müssen. 


224 


IV.  KAPITEL. 


§  62.  Eig  XY)v  xa  twv  yJJl. 

Für  Theben  belegt  durch  Nr.  1496  und  1534. 

In  1496  ist  mir  die  Lesung  xä  wahrscheinlich,  in  1534  dagegen 
zweifelhaft.  An  letzterer  Stelle  fehlt  jedenfalls  der  Abkürzungsstrich 
über  den  Buchstaben.  KX^  kann  entweder  in  xXY]pou)(ü)V,  resp. 
xXVjpwv,  oder  in  yvXr^pov6[Aü)v  aufgelöst  werden.  Hier  ist  alles  unsicher. 

§  63.  Tekoc,  xaaaoTioiwv  xal  yvacpaXXoXoYwv. 

Für  Koptos  belegt  durch  Nr.  1081,  1082,  1084—1090,  1616, 
alle  aus  dem  II.  Jahrh.  vor  Chr. 

Das  Wort  xaaaoTiotog,  auch  xaconoioc,  geschrieben  (vgl.  1085, 
1087),  begegnet  in  letzterer  Form  auch  in  Petr.  Pap.  (II)  XXXII 
(1)  Z.  10,  einem  Text  aus  dem  Ende  des  III.  Jahrh.  vor  Chr. 
Mahaffy  leitet  es  von  vAc,  ab,  das  Hesjchios  mit  61p  [xcc  erklärt.  Ich 
möchte  es  lieber  mit  xaaaov  in  Verbindung  bringen,  das  derselbe 
Hesychios  als  l\i.duoy  TZfxyb  xal  Tpa)(u  TiepLßoXacov  erklärt,  also  als 
ein  dickes  und  rauhes  Obergewand.  Dies  Kleidungsstück  wird  seinen 
Namen  eben  von  dem  dicken,  rauhen  Stoff  haben,  aus  dem  es  ge- 
fertigt wird.  Die  xaaaoTioiOL  sind  danach  die  Fabrikanten  solcher 
Rauhstoffe.  ^) 

Der  Name  der  zweiten  Handwerkerkategorie  (in  1081,  1082, 
1086)  erscheint  in  verschiedenen  Verschreibungen  als  YVa^aXXoyot 
(1082,  1086)  oder  yvacpoUoXoyoc  (1081).  Wie  weit  hier  etwa 
Verlesungen  des  editor  princeps  vorliegen,  kann  ich  nicht  sagen, 
da  ich  die  Originale  nicht  gesehen  habe.  Jedenfalls  wird  überall 
yva^aXXoXoyot  herzustellen  sein,  was  von  yvaqjaXXov  abzuleiten  ist. 
Letzteres  erklärt  Blümner  (Technologie  I  S.  206,  vgl.  168)  als  die 

Möglich,  dass  die  y.a.aooTZOioi  aus  den  von  ihnen  hergestellten  Stoffen 
auch  Kleider  verfertigt  haben.  Aber  die  Nebeneinanderstellung  mit  den  yva^aX- 
XoXöyo'.  sowie  der  in  der  nächsten  Anmerkung  angeführte  Text  legen  es  nahe, 
dass  wir  in  erster  Linie  in  ihnen  die  Stoflffabrikanten  zu  sehen  haben.  Es  ist 
übrigens  für  die  Entwickelung  der  Gewerbe  in  Aegypten  lehrreich  zu  sehen, 
dass  die  Fabrikation  von  Rauhstoffen  als  ein  selbstständiges  Gewerbe  betrachtet 
wurde.  —  Unsere  Museen  haben  sich  in  den  letzten  Jahren  mit  zahlreichen 
Kleiderüberresten  aus  den  aegyptischen  Gräbern  gefüllt.  Sollten  die  von 
G.  Schweinfurt  (Zeitschr.  Ges.  Erdk.  Berl.  1887  S.  19)  erwähnten  Eubberstoffe 
vielleicht  zu  unseren  xäoaa  gehören?  Vgl.  auch  A.  Riegl,  d.  aeg.  Textilfunde 
im  Oestr.  Mus.  Wien  1889. 


§  62  —  65. 


225 


Wollflocken,  die  beim  Kratzen  und  Scheren  der  Tücher  entstehen. 
Da  hier  die  ^^^OL^iOL/XQko-^oi  neben  den  -/caaaoTioiOL  erscheinen,  werden 
wir  beide  Thätigkeiten  mit  einander  in  Verbindung  zu  setzen  und 
in  den  yva^aXXoXoYo:  wohl  diejenigen  Leute  zu  sehen  haben,  die 
die  Wollenflocken,  ^)  die  bei  der  Fabrikation  der  Rauhstofle  entstanden, 
zusammenlasen  (Xeyecv),  wobei  natürlich  anzunehmen  ist,  dass  ihre 
Handlangerdienste  sich  nicht  auf  dies  Xeyeiv  allein  beschränkt  haben 
werden. 

Die  Gewerbesteuer,  die  diese  beiden  Klassen  von  Handwerkern 
zu  zahlen  hatten,  war  in  Koptos,  woher  unsere  Ostraka  stammen, 
an  Pächter  vergeben,  an  die  s^eiAYj^OTe?  ty;v  wvrjv.  Ueber  die  Höhe 
der  Steuer  lässt  sich  nichts  ermitteln,  da,  wie  meist  in  den  Gewerbe- 
steuerquittungen, nur  angegeben  ist,  fiir  welchen  Monat  gezahlt  worden 
ist,  nicht  aber  wie  viel.  In  1088,  wo  die  Summe  einmal  genannt 
ist  (einstweilen  unsicher,  ob  6  oder  200  Drachmen),  ist  die  Angabe 
der  Monate  nicht  erhalten. 

§  64.  KXsivsv^. 

In  185  und  187  quittirt  ein  tsXwvyj?  zXeLvevc.  resp.  £T§o(u?) 
xXeivsVc.  Die  Bedeutung  des  letzten  Wortes  ist  mir  völlig  rätselhaft. 
In  dem  kürzlich  vom  Berliner  Museum  erworbenen  Ostrakon  P.  8598 
quittirt  derselbe  Pächter  demselben  Steuerzahler  für  dasselbe  Jahr 
den  Empfang  dieser  rätselhaften  Abgabe.  In  185  wird  für  den 
Hathyr,  in  P.  8598  für  den  Pharmuthi  und  in  187  fär  den  Pachon 
des  5.  Jahres  des  Antoninus  Pius  quittirt.  Aus  den  beiden  letzten 
folgt,  dass  die  Steuer  für  den  betreffenden  Mann  pro  Monat  1  Dr. 
1  Ob.,  also  für  das  Jahr  14  Drachmen  betrug. 

§  65.   TsXog  xXwGTYjpLWV  (??). 

In  1525  (a.  124/3  vor  Chr.)  schreibt  Apollonides,  wie  es  scheint 
ein  Steuerpächter,  an  einen  gewissen  Didymos:  Du  schuldest  mir 

^)  Dass  die  in  Frage  stehenden  -xdaaa  aus  Schafwolle  gearbeitet  wurden, 
geht  aus  dem  oben  angeführten  Text  bei  Mahaffy  hervor.  Ein  GerbermeLster 
spricht  hier  von  der  Bearbeitung  der  Xü)'.8'.a  (der  Schaffelle),  &  xLXXovxsg  [....] 
"CO.  [jj.ev  epQS'.a  (so  möchte  ich  ergänzen  statt  Grenfells  Xü)i5'.a)  xoi^  xaaonotorg, 
TO  8^  i'i  aO[xc5v  5ep]|jLa-:a  7iapa5i8ojjL£v  sig  xb  ßao!,A['.xöv]  xxX.  Die  Schaffelle 
werden  also  vom  Gerber  gerupft,  und  die  Wolle  wird  unseren  RauhstoftTabri- 
kanten  übergeben. 

WiLCKEN,  Ostraka.  15 


226 


IV.  KAPITEL. 


fül'  das  xeXog  des  Monats  Phaophi  115  zXwaxigpscCa).  Das  letztere 
Wort  ist  mehrfach  corrigirt,  ist  überdies  ohne  Abkürzungsstrich 
geschrieben ,  ebenso  t£(=  ziloq  ?) ,  das  ausserdem  über  der  Linie 
nachgetragen  ist.  Ganz  ungewöhnlich  ist  ferner,  dass  der  Pächter 
dem  Zahler  iiotirt,  wieviel  dieser  ihm  noch  schuldet.  Das  alles 
sind  Schwierigkeiten,  die  bei  der  Erklärung  des  Textes  zur  Vorsicht 
mahnen.  Wenn  die  obige  Deutung  richtig  sein  sollte,  so  würden 
wir  ein  liXoc,  vor  uns  haben,  das  in  natura,  in  xXwaxi^pLa,  d.  h.  in 
gesponnenen  Fäden,  zahlbar  war.    Doch  hier  ist  alles  unsicher. 


§  66.  'H  zvacf i7.f|. 

Die  xvacpei?  (oft  auch  yvacpeig  genannt)  sind  die  Tuchwalker, 
die  im  Altertum  dadurch  eine  besondere  Rolle  spielten,  dass  sie 
nicht  nur  die  neuen  Fabrikate  walkten  etc.,  sondern  auch  die  Reini- 
gung von  getragenen  Kleidungsstücken  und  anderen  gebrauchten  Woll- 
stoffen besorgten  (vgl.  Büchsenschütz,  die  Hauptstätt.  d.  Gewerbfleiss. 
S.  89).  Die  zva^i/cV]  ist  also  die  von  den  Tuchwalkern  erhobene 
Gewerbesteuer.  Das  einzige  Ostrakon,  das  uns  diese  Steuer  bezeugt 
(1487),  giebt  glücklicherweise  über  die  Höhe  derselben  Auskunft. 
Es  heisst  da:  [exw]  —  tyjv  xvacp:x[y]v  toö  (jlyjIvo;  ''AO-up  ^  ß. 
Also  betrug  die  Gewerbesteuer  der  Tuchwalker  2  Drachmen  pro 
Monat.  Die  Annahme,  dass  diese  2  Drachmen  hier  nur  eine  Raten- 
zahlung bezeichneten,  ist  unwahrscheinlich. 

Bemerkenswert  ist,  dass  die  Quittung  von  einem  activen  römischen 
Soldaten,  dem  Aurelius  Heronianus,  aus  der  Centurie  des  Hierax, 

ausgestellt  ist.    Dieser  sagt:         T.(x,pdL  aoO  elc,  Xcyo[v  ]  ty]V 

xva:pixy]v  xtX.  Wahrscheinlich  wird  man  den  Soldaten  hier  als 
den  Erheber  der  Steuer  zu  fassen  haben,  denn  die  Annahme,  dass 
es  sich  um  eine  Privatquittung  handele,  führt  zu  unlösbaren  Wider- 
sprüchen. Hinter  Xoyov  könnte  wohl  der  Adressat  selbst  (aou)  oder 
der  Name  eines  ihm  nahestehenden  gestanden  haben.  Vgl.  Isr.  1083: 
l^ü)  Tiapa  aoö  elq  tov  "Opou  toö  <uioö  aou>  Xcyov,  d.  h.  auf 
Rechnung  deines  Sohnes.  Doch  ist  es  mir  wahrscheinlicher,  dass 
hinter  Xoyov  der  Xame  des  Steuerpächters  gestanden,  für  den  der 
Soldat  hier  eintritt.  Auf  die  Verwendung  des  Militärs  bei  Ein- 
treibung der  Steuern  werden  wir  in  Kap.  VI  zurückkommen. 


§  65  —  68. 


227 


Diese  Walkersteuer  wird  aucli  in  BGü  337,  23  für  das  Dorf 
SoxvoTiatou  Xf^ao?  bezeugt.^)  Die  Priesterschaft  erklärt,  so  und  so 
viel  für  die  Walker  (yvacpsT^)  des  Dorfes  an  die  Verwaltung  des 
Epistrategen  gezahlt  zu  haben.  Nach  einem  anderen  Text,  dessen 
PubKcation  mir  nicht  zusteht,  ist  es  wahrscheinlich,  dass  die  Erhebung 
dieser  so  wie  der  anderen  dort  aufgeführten  Steuern  der  Priester- 
schaft des  Soknopaios  übertragen  war. 

§  67.  Tiloc,  xop|xwv. 

In  1055  wird  über  den  Empfang  von  t6  ycvojjievov  xiXoq  %op(xö)V 
Tpiwv  quittirt.  Kop\i6c,  bedeutet  Klotz,  Stamm,  Stück  vom  Stamm. 
Im  Festzug  des  Philadelphos  erschienen  Aethiopen,  die  2000  eßevou 
xop|XOU€  brachten  (Athenae.  Y  201  a).  Was  für  ein  ziXoq  im  Ostrakon 
vorliegt,  lässt  sich  nicht  bestimmen. 

§  68.  TTiep  xoupswv. 

Für  Theben  belegt  durch  Nr.  380—382,  1377,  1555  (I.  Jahrh. 
n.  Chr.). 

Diese  Urkunden,  die  uns  wohl  zum  ersten  Mal  über  die  Gewerbe- 
steuer der  Barbiere  (xoupel^)  Aufschluss  geben, 2)  sind  sämmtlich  Bank- 
quittungen. Darum  nennen  sie  uns  auch  die  gezahlten  Summen, 
was  die  Erheberquittungen  ^delfach  verschweigen.  Ferner  ist  es  ein 
glücklicher  Zufall,  dass  sie  sämmtlich  für  eine  und  dieselbe  Person 
ausgestellt  sind,  für  Hzohq,  den  Sohn  des  ^'evsvoö^c?,  der  zur  Zeit 
der  Kaiser  Gaius  und  Claudius  in  Theben  das  Barbiergeschäft  betrieb.^) 
Nach  Nr.  380  zahlte  er  im  Mechir  38  n.  Chr.  für  das  Jahr  37/8 

3  Drachmen  4  Obolen;  nach  381  im  Mesore  39  für  38/9  2  Drachmen 
1  Obol;  nach  382  im  Mechir  40  für  39/40  3  Drachmen  4  Obolen. 
Hiernach  könnte  man  geneigt  sein,  die  Summe  von  3  Drachmen 

4  Obolen  als  Normalsumme  zu  nehmen;  doch  bleibt  es  hiernach  noch 
unentschieden,  ob  sie  für  das  Jahr  oder  für  den  Monat  Geltung  hat. 
Für  die  Beziehung  auf  das  Jahr  scheint  der  Text  zu  sprechen,  wenn 

^)  Für  die  byzantinische  Zeit  vgl.  Wessely,  Denkschr.  Wien.  Akad.  Wiss.  1889 
S.  232.  Damals  stand  ein  eTiiaxaTr^g  als  Zunftmeister  an  der  Spitze  der  Walker 
(ebenso  der  anderen  Gewerbe),    Vgl.  auch  ebend.  S.  217. 

Mommsen  erinnert  mich  an  das  tonstrininn  der  lex  metalli  Vipascensis. 
Bruns,  fönt.«  S.  268. 

^)  Nach  der  Charta  Borgiana  befanden  sich  in  dem  faijümischen  Dorfe 
PtolMnais  Hormos  im  J.  191  n.  Chr.  mindestens  2  Barbiere.  Vgl.  III  26,  IX  5. 

15* 


•  228 


IV.  KAPITEL. 


er  sagt:  bizkp  xoupetov  ß  ^  (=  bzuzepou  ezoöq)  oder  ähnlich.  Um  so 
lehrreicher  ist  es,  dass  die  beiden  folgenden  Nummern  uns  zeigen,  dass 
trotzdem  die  Zahlung  nur  auf  den  betreffenden  Monat  zu  beziehen 
ist.  Nach  1377  zahlt  nämlich  derselbe  HzoXic,  für  41/2  3  Drachmen 
3  Obolen,  und  zwar  nachträglich  im  ersten  Monat  des  folgenden 
Jahres,  also  Aug.  Sept.  42.  Nach  1555  hat  er  aber  bereits  vorher 
im  März  (?)  42  gleichfalls  für  das  Jahr  41/2  3  Drachmen  4  Obolen 
gezahlt.  Daraus  ergiebt  sich  mit  grosser  Wahrscheinlichkeit,  dass 
die  Summe  nicht  auf  das  Jahr,  sondern  auf  den  Monat  zu  beziehen 
ist.^)  Die  Vergleichung  der  Texte  lehrt  zugleich,  dass  sehr  wahr- 
scheinlich die  Gewerbesteuer  der  Barbiere  damals  und  an  jenem  Ort 
3  Drachmen  4  Obolen  für  den  Monat,  also  44  Drachmen  für's  Jahr, 
betragen  hat.    Im  Allgemeinen  vgl.  unten  §  135. 

Sehr  wahrscheinlich  handelt  auch  BGU  9  IV  15 — 19  von  der 
Barbiersteuer.  Die  Ueberschrift  Kopaaie^  muss  nach  dem  Zu- 
sammenhang ein  Gewerbe  bezeichnen.  Ich  fasse  xopaotc,  als  Hypo- 
koristikon  von  xopawTYjp  (Pollux  2,  32)  oder  xopatDTYj^  (Athenae.  XII 
p.  520 e),  die  wieder  Synomyma  von  zoupeu?  sind.  Dass  sich  nach 
dieser  Annahme  auch  eine  Frau  (mit  dem  klassischen  Namen 
Euterpe)  unter  den  Barbieren  von  Arsinoe  befindet,  ist  bemerkens- 
wert, kann  aber  die  obige  Deutung  nicht  erschüttern.  Die  gezahlten 
Summen  sind  in  dem  Papyrus  weggebrochen. 

§  69.  KuvY](Y£Xixa)v)  Bopa(Ta)v). 

Für  Theben  belegt  durch  Nr.  579,  1247,  1248,  aus  der  Zeit 
Hadrians. 

In  579  wird  quittirt  67i(£p)  [Ji£pLa([ioö)  xuv^I  5op^,  in  1247 
für  xuvT^  hopf^.  In  1248  ist  nur  zuv"^  hopll  erhalten.  Der  Haken 
über  Sop  in  579  steht  gewöhnlich  für  a.  Hält  man  8opa  und  hop^ 
zusammen,  so  ist  wohl  nicht  zweifelhaft,  dass  in  beiden  Fällen  Sopdcxwv 
zu  lesen  ist.  Kuv^^  löse  ich  demgemäss  adjektivisch  in  >cuvY](Y£TtX(jL)v) 
auf.    Damit  sind  also  Spiesse  zum  Jagen,  Jagdspiesse  bezeichnet. 

^)  Noch  vorsichtiger  ist,  einfach  zu  constatiren,  dass  Ptolis  für  das  Jahr 
41/2  3,3 -f- 3,4,  d.  h.  7  Drachmen  1  Obol  gezahlt  hat,  und  die  Frage  offen 
zu  lassen,  ob  dies  eine  Rate  ist.  Aber  die  Thatsache,  dass  die  monatsweise  Be- 
rechnung der  Gewerbesteuern  in  den  thebanischen  Erheberquittungen  uns  vielfach 
entgegentritt,  sowie  die  häufige  Wiederkehr  des  Satzes  von  3  Drachmen  4  Obolen 
machen  es  sehr  wahrscheinlich,  dass  dieser  Satz  eben  die  Monatssteuer  ist. 


§  68  —  70. 


229 


Die  Abgabe,  die  die  thebanischen  Bewohner  für  diese  Jagdspiesse 
zu  zahlen  haben,  wird  in  579  als  [itpia\L6q  bezeichnet.  Das  besagt 
nach  §  75,  dass  diese  Abgabe  kopfsteuerartig  in  gleichen  Katen 
verteilt  war.  Nähere  Aufschlüsse  über  diese  merkwürdige  Abgabe 
erhalten  wir  durch  den  nächsten  Paragraphen. 

§  70.  KuvY]YtB((ov). 

Für  Theben  belegt  durch  Nr.  468,  479,  1408,  1564,  1565, 
alle  aus  der  Zeit  des  Domitian. 

Die  Erklärung  dieser  Texte  bietet  grosse  Schwierigkeiten.  In 
479  ist  das  Steuerobjekt  x'jvt«>  geschrieben.  Das  Nächstliegende 
war,  dies  in  y.i)Vü)(v)  aufzulösen  und  so  eine  „Hundesteuer"  zu  con- 
struiren.  Das  ist  denn  auch  in  dem  „Ausfiihrlichen  Verzeichnis 
der  Aegyptischen  Altertümer"  S.  388^)  geschehen.  Auch  ich  habe 
früher  an  diese  Lösung  gedacht.  Die  anderen  Texte,  die  diesem 
ganz  analog  sind,  erfordern  jedoch  eiue  andere  Lösung.  In  468, 
1408  und  1565  steht  xuvi^  geschrieben,  in  1664  xuvYjyiS.  Hält 
man  diese  drei  Schreibungen  neben  einander,  so  ist  es  wohl  nicht 
zweifelhaft,  dass  überall  xu^/yjyiBcov  zu  lesen  ist.  In  dem  un- 
publicirten  Ostrakon  Louvre  8531  glaube  ich  jetzt  in  meiner  Copie 
y.uvriyihoc,  zu  erkennen. 2)  Aber  was  soll  das  heissen?  Die  Bedeutung 
„Jägerin"  ist  ausgeschlossen.  Durch  die  Analogie  der  TwCTajxo^uXaxLSs;, 
die  in  1408  und  dem  Louvreostrakon  daneben  genannt  werden,  bin 
ich  auf  die  Vermutung  gekommen,  auch  hinter  xuvYJYtS  ein  vaö^  zu 
suppliren  imd  darin  ein  „Jagdschiff"  zu  erkennen. 

Wenn  die  Unterthanen  Beiträge  für  diese  Jagdschiffe  ebensogut 
wie  für  die  Flusswachtschiffe  zu  zahlen  haben,  so  werden  auch  diese 
Jagdschiffe  im  öffentlichen  Dienst  stehen,  mit  anderen  TVorten,  es  wird 

^)  Herausgegeben  von  der  Generalyerwaltung  der  kgl.  Museen  zu  Berlin,  1894. 
Ich  lese  den  Text  folgendermassen : 

K<(uv)-r,<(Y^-59S  >t3cl  ii£p'.oji(i)[v] 
uoTap,ocpu?.(axi5ü)v)  xou  ß(?)'-  Aop.'.X'.- 
avoO  xoö  xup'GU  |JLr](vös)  (?)  Ilaxwv 
^  nixwc  IIex£4>a'.xo(g) 

5     x(al)  [i(exo)x(oi)  

1  meine  Copie  hatte  am  Anfang  Kajir,x'.  .  .  —  2  die  Jahreszahl  ist  corrigirt. 
Lesung  unsicher.  —  4  vor  xl^  ist  ausgestrichen  X*  =  Xa(paxog).  . —  5  ist  am 
Original  zu  vervollständigen.  Am  Schluss  scheint  dieselbe  Subscription  zu  stehen 
wie  in  468. 


230 


IV.  KAPITEL. 


sich  um  eine  Jagd  handelü,  die  von  der  Regierung  betrieben  wird, 
und  zwar  zum  Besten  der  Bevölkerung  —  denn  darin  muss  der 
Rechtstitel  für  die  Erhebung  der  Abgabe  liegen,  Halten  wir  damit 
zusammen,  dass  nach  dem  vorhergehenden  Paragraphen  dieselbe  Be- 
völkerung auch  für  die  Jagdspiesse"  Beiträge  zu  zahlen  hatte,  so 
kommen  wir  der  Frage,  was  denn  das  für  eine  Jagd  gewesen  sein 
mag,  schon  näher.  Ich  vermute,  dass  es  sich  um  die  Jagd  auf 
das  gefährliche  Nilpferd  —  vielleicht  auch-  auf  das  Krokodil  — 
handelt.  Alte  aegyj) tische  Bilder,  die  uns  diese  Jagd  veranschau- 
lichen, zeigen,  dass  sie  vom  Schiff  aus  betrieben  wurde,  und  dass 
die  Hauptwaöe  die  lange  Harpune  war.  Man  vergleiche  die 
interessante  Darstellung  aus  einem  thebanischen -)  Grabe  des  mittleren 
Reiches  bei  Wilkinson  „Manners  and  customs  of  the  ancient  Egyp- 
tians"  2.  Aufl.  (Birch)  H  S.  128.^)  Im  Wesentlichen  übereinstimmend 
hiermit  beschreibt  Diodor  I  35,  10  die  Jagd  folgendermassen : 
j/AXiaxsTa:  v.od  toutc  (seil,  das  Nilpferd)  7ioXu)^ecpi'a  twv 
xuTTTOVTtov  zoZq  aihy]polc,  £(jl[3oXloc?.  "Ottou  yap  av  cpavg,  auva- 
youacv  in  auxo  TiXoTa  u.  s.w.  Jene  aiByjpa  IfJißöXia  sind  mit  unseren 
zuvr^yeiixd  Sopaxa,  und  jene  uXoloc  mit  unseren  x'JvyjyiSei;  zu  iden- 
tificiren.  Aber  während  hier  und  in  den  thebanischen  Gräbern  die 
Jäger  Privatleute  sind,  wird  die  Jagd,  auf  die  unsere  Ostraka 
hinweisen,  nach  obiger  Deutung  von  der  Regierung  ausgeübt:  dafür, 
dass  sie  den  Nil  nach  Möglichkeit  von  diesen  gefahrlichen  Tieren 
säubert,  lässt  sie  sich  von  der  anwohnenden  Bevölkerung  Beiträge 
für  die  Jagdschiffe  und  gar  für  die  Harpunen  zahlen.  Dass  auch 
die  Beiträge  für  den  Oberjagdmeister  vielleicht  in  diesen  Kreis 
hineingehören,  erwähnten  wir  schon  oben  (§  20). 

§  71.   TTISp  XoLO^pOL^loLQ. 

Für  Syene-Elephantine  belegt  durch  3—8,  10—12,  18,  20, 
21,  24—26,  29—31,  33,  34,  36—39,  41,  46,  47,  49,  51—65, 
68—76,  79,  81,  82,  85,  86,  102—104,  106,  113—119,  121,  123, 

^)  Die  an  sich  zulässige  Deutung  auf  eine  Besteuerung  des  Privatsportes 
wird  mir  durch  die  Analogie  der  TioxajJiocpuXaxiSes  unwahrscheinlich. 

^)  Nach  Wilkinson's  Angabe  finden  sich  gerade  in  thebanischen  Gräbern 
mehrfach  solche  Jagddarstellungen. 

^)  Vgl.  auch  Erman,  Aegypten  u.  aeg.  Leb.  S.  328.  Dies  beliebte  Sujet 
ist  auch  in  dem  Mosaik  von  Palaestrina  dargestellt.  Vgl.  Maspero  -  Steindorff, 
Aeg.  Kunstgeschichte  1889  S.  180. 


§71.    DIE  KOPFSTEUER. 


231 


125,  128—130,  140,  141,  144,  148,  151,  152,  154—156,  158, 
160,  165,  167,  168,  176,  182,  183,  188—191,  201,  211,  223, 
226,  229,  234,  236,  237,  245,  251,  252,  260,  264,  269,  270, 
280,  290,  1269,  1271,  1272,  1322,  alle  aus  der  Kaiserzeit. 

Für  Theben  belegt  durch  357,  363,  366,  367,  370,  372—374, 
383,  384,  387—389,  393,  398,  399,  401,  403,  411,  419,  422, 
424,  425,  429,  431,  432,  434,  436—438,  444,  446,  448,  450, 
452—454,  457,  460—463,  465,  466,  469,  471,  472,  474,- 475, 
477,  480—482,  486,  487,  490,  492,  493,  508,  516,  525,  530, 
536,  543,  548,  563,  567,  569,  575,  582,  584,  609,  619,  626, 
634,  639,  641,  645,  656,  668,  669,  1052,  1238,  1239,  1242, 
1246,  1279,  1283—1285,  1324,  1365,  1366,  1378,  1380,  1384, 
1390,  1401,  1402,  1414,  1425,  1441,  1541,  1542,  1549,  1562, 
1613,  alle  aus  der  Kaiserzeit. 

Wilhelm  Fröhner  hat  in  seinem  bahnbrechenden  Aufsatz  über 
die  Ostraka  zuerst  erkannt,  dass  mit  der  Abgabe  bizkp  Xacypa^ia^ 
eine  Kopfsteuer  gemeint  ist.  Auf  Grund  des  ihm  vorliegenden 
Materials,  das  damals  noch  unbedeutend  war,  z.  T.  auch  durch 
irrige  Lesungen  verführt,  hat  er  geglaubt  nachweisen  zu  können, 
dass  die  Höhe  dieses  Kopfgeldes  in  jedem  Jahre  nach  dem 
jedesmaligen  Ausfall  der  Ernte  bestimmt  sei  und  daher  gewissen 
Schwankungen  unterlegen  habe.  Mit  ihm  haben  wir  Alle  bisher 
angenommen,  dass  die  von  ihm  berechnete  Höhe  des  Kopfgeldes 
für  ganz  Aegypten  massgebend  gewesen  sei.  Durch  das  grosse  jetzt 
vorliegende  Material  werden  wir  die  letzten  Punkte  seiner  Deduction 
nicht  bestätigt  finden.  Dagegen  hat  seine  Grundaulfassung  von  dieser 
Steuer  als  einer  Kopfsteuer  durch  das  neue  Material  nur  neue  Stützen 
erhalten.  Zumal,  wie  wir  sehen  werden,  die  Bezeichnung  der 
Kopfsteuer  als  Xacypa^ia  nicht  leicht  zu  erklären  ist,  möchte  ich 
gleich  hier  an  der  Spitze  dieser  Untersuchung  darauf  hinweisen, 
dass  unabhängig  von  dem  Ostrakonmaterial  auch  die  Papyi'i  einen 
stricten  Beweis  dafür  erbringen,  dass  die  Xaoypa^La  eine  Kopfsteuer 
ist.  In  BGU  1,  einer  Tempelrechnung  aus  dem  Faijüm  (vgl.  jetzt 
BGU  337),  etwa  um  200  n.  Chr.  geschrieben,  heisst  es,  nachdem 
die  Einnahmen  des  Jahres  mit  den  Worten  loiTZod  XT^(X[iaTO?  SX^^S~| 
gebucht  sind,  folgendermassen  (Z.  15):  Ap]  -/al  5[:a]Ypacf öjieva: 
de,  Tov  x'jp'.axov  Xoyov  urcsp  £7icx£^aALo[u]  löv  uTiepaLpovitov  [eplcov. 
Diese  etwas  dunklen  Worte  erhalten  helles  Licht  durch  den  Londoner 


232 


IV.  KAPITEL. 


Papyrus  CCCXLYII  (aus  dem  J.  201  n.  Chr.),  in  welchem  es  nach 
dem  von  der  Palaeographical  Society  (Ser.  II  Taf.  185)  publicirten 
Facsimile  folgendermassen  heisst  (Z.  5 f.):  Aii'^ipof.^oi.y)  Tsaevoö^tg 
Ilaxuaew^  xod  SxoTofjTt^  'Owtocppew^  xal  g:  Xoitc(oI)  hpelc,  Xao- 
^p{(x.^lo(.q)  [t]ü)v  uTiepaipouvTtov  (sie)  t6v  apL^|ji6(v)  xwv  lepim  -0-^ 
(—  200/1)  [T£]TpaxoaLa;  £ß5o|JLigxovTa  eizzoc  — /  ^uo^  — .  Es 
unterliegt  für  mich  keinem  Zweifel,  dass  an  beiden  Stellen  ein  und 
derselbe  Vorgang  gemeint  ist,  nämlich  das  Zahlen  einer  Abgabe  für 
die  „überzähligen"  (s.  unten)  Priester  an  die  kaiserliche  Kasse.  Diese 
Abgabe  heisst  nun  im  Berolinensis  sTCtxecpaXto v,  im  Lon- 
dinensis  Xaoypa^La!  Das  erstere  Wort  bezeichnet  aber  das, 
was  wir  eine  Kopfsteuer  im  eigentlichen  Sinne  nennen,  d.  h.  eine 
Abgabe,  die  Kopf  für  Kopf  in  gleicher  Höhe  erhoben  wird  (vgl. 
Mommsen  bei  Hirschfeld,  RVG  14  A.  2).  Damit  ist  die  Bedeutung 
des  Wortes  Xaoypacpca,  sofern  es  eine  Steuer  bezeichnet,  gesichert. 

In  demselben  Jahre,  in  dem  Fröhner  aus  den  Ostraka  von 
Elephantine  eine  Kopfsteuer  von  durchschnittlich  etwa  17  Drachmen 
pro  Kopf  nachwies,  veröffentlichte  Rodbertus  seine  Studien  „zur  Ge- 
schichte der  römischen  Tributsteuern  seit  Augustus",  in  denen  er  u.  a. 
den  Versuch  machte,  durch  Combination  verschiedener  Schriftsteller- 
nachrichten die  Höhe  des  Kopfgeldes  bei  den  Aegyptern  zu  berechnen.^) 
Doch  das  Material  war  einerseits  zu  dürftig,  andrerseits  wurde  es 
z.  T.  missverständlich  von  ihm  aufgefasst,  und  da  er  auch  sonst 
von  falschen  Prämissen  ausging,  so  konnte  es  nicht  anders  sein, 
als  dass  sein  Resultat,  die  Aegypter  hätten  pro  Kopf  IJ  Drachmen 
gezahlt,  ein  völlig  verfehltes  war.  Wir  wollen  nun  an  der  Hand 
des  grossen  neuen  Materials  versuchen,  die  wirkliche  Höhe  der  Kopf- 
steuer für  Aegypten  zu  berechnen. 

Wir  beginnen  mit  den  Ostraka  aus  Syene- Elephantine. 
Während  wir  sonst  bei  den  Ostraka  in  der  üblen  Lage  sind,  nicht 
wissen  zu  können,  ob  die  quittirte  Summe  die  Gesammthöhe  der 
jährlichen  Abgabe  oder  aber  eine  Rate  bezeichnet,  geben  uns  die 
Schreiber  von  Syene  und  Elei^hantine  gerade  bei  der  XaoypacpLa  die 
Möglichkeit,  diese  Kardinalfrage  mit  Sicherheit  zu  beantworten,  indem 
sie  die  Schlussrate  häufig  ausdrücklich  als  solche  bezeichnen.  Das 


^)  Hildebrand's  Jahrbücher  für  Nationalökonomie  und  Statistik  IV  1865, 
S.  373  f. 


§71.    HÖHE  DER  KOPFSTEUER. 


233 


geschieht  dadurch,  dass  sie  die  vorläufigen  Raten  gern  mit  £7:1  ^oyou 
einführen,  die  Schlussraten  aber  mit  Wendungen  wie  xal  zäq  XotTra^ 
TOö  auTOÖ  zzouq  Spayjia;  oder  ähnlich  eben  als  Restzahlungen 
charakterisiren.  Wir  stehen  hier  also  auf  ganz  festem  Boden. 
Folgende  Resultate  ergeben  sich  demnach  aus  den  Ostraka: 

1.  Von  Augustus  an,  oder  sagen  wir  vorsichtiger,  da  für  Augustus' 
Zeit  hier  zufallig  keine  Belege  sind,  von  Tiberius  an  bis  mindes- 
tens zum  J.  92^3  (spätestens  95/6)  betrug  das  Kopfgeld  in 
Syene-Elephantine  16  Drachmen.   Man  vergleiche  die  Nummern 

3 —  39  der  obigen  Tabelle,  dazu  1322.  Wohl  wird  hier  meistens  die 
Summe  nur  mit  16  Drachmen  angegeben,  ohne  uns  eine  Gewissheit  zu 
verschaffen,  dass  dies  wu'klich  die  jährliche  Höhe  sei.  Nr.  25  nimmt 
uns  aber  allen  Zweifel  (von  J.  73/4),  in  der  erst  £Tt:1  Xoyou  8  Drachmen 
quittirt  werden,  und  darauf  die  zweite  Rate  von  ^deder  8  Drachmen 
bezeichnet  wu-d  als  .,Td;  ap^upicj  Spayjia^  oxtcl)".  Durch  den 
Artikel  wird  die  Summe  als  der  noch  ausstehende  Rest  bezeichnet. 
Sehen  wir  nun,  dass  in  den  anderen  Fällen  auch  meist  16  Drachmen 
bezahlt  werden,  auf  einmal  oder  in  Raten  wie  15-|-1  (33)  oder 
12 -|- 4  (39)  oder  in  den  beliebten  Halbraten  (3  und  4),  so  unterliegt 
es  keinem  Zweifel,  dass  16  Drachmen  damals  die  Jahressumme  war. 

2.  Von  mindestens  96/7  (frühestens  93/4)  bis  mindes- 
tens 112/3  (spätestens  113/4)  betrug  das  Kopfgeld  in  Syene- 
Elepantine  17  Drachmen. 

Man  vergleiche  die  Nummern  46 — 86  der  obigen  Tabelle,  dazu 
1269-  Dass  in  diesem  Zeitraum  die  Jahreshöhe  wirklich  17  Drachmen 
betrug,  erhellt  aus  folgenden  Fällen.    In  53  wird  von  den  Raten 

4-  |-4-|-7-[-2  die  letzte  2  bezeichnet  als  xd?  XoiTca?.  Ebenso  wird 
in  81,  wo  8-j-8-|-l  gezahlt  werden,  die  letzte  Drachme  als  xf^v 
XoiTiTjV  bezeichnet.  Vgl.  auch  56  mit  57.  Im  Uebrigen  findet  sich 
niemals  eine  höhere  Summe  als  17,  sondern  meistens  17  selbst  oder 
Raten  wie  8  +  9,  8  +  8+1,  8  +  4+5,  12  +  5. 

3.  Von  mindestens  114/5  (frühestens  113/4)  bis  mindes- 
tens 170/1  betrug  das  Kopfgeld  in  Svene-Elephantine 
17  Drachmen  und  1  Obol,  resp.  17  Dr.  ^  Obol  +  Seajxoö 
i  Obol.  Vgl.  102—264  der  obigen  Tabelle,  dazu  1271,  1272.  Wenn 
wir  hier  auch  zufallig  keinen  directen  Beweis  wie  oben  haben,  so 
unterliegt  es  doch  angesichts  der  überwiegenden  Mehrzahl  der  Fälle, 
in  denen  gerade  diese  Summe  genannt  wird,  und  der  Thatsache, 


234 


IV.  KAPITEL. 


dass  wohl  kleinere,  aber  niemals  grössere  Summen  erscheinen,  keinem 
Zweifel,  dass  diese  Summe  eben  der .  Jahresbetrag  gewesen  ist.  Wir 
haben  diese  Periode  nur  deshalb  mit  dem  Jahre  170/1  begrenzt,  w^eil 
in  unserer  Sammlung  kein  späteres  Beispiel  dieser  oder  einer  höheren 
Summe  vorliegt.  lieber  198/9  (Nr.  280)  gehen  hier  zufällig  unsere 
Ostraka  nicht  hinaus. 

Für  alle  drei  Perioden  gilt,  dass  innerhalb  derselben  alle  Kopf- 
steuerpflichtigen von  Syene  -  Elephantine  dieselbe  Summe  zahlten. 
Man  braucht  nur  die  citirten  Nummern  zu  vergleichen,  um  dies 
bestätigt  zu  finden.  "Wir  sind  somit  in  der  glücklichen  Lage,  für 
die  Gemeinden  Syene -Elephantine  durch  die  beiden  ersten  Jahr- 
hunderte unserer  Zeitrechnung  hindurch  die  Höhe  der  Kopfsteuer 
mit  Sicherheit  constatiren  zu  können. 

Nach  allem,  was  wir  uns  bisher  von  der  Kopfsteuer  vorstellten, 
würde  man  versucht  sein,  dieses  Resultat  auf  ganz  Aegypten  auszu- 
dehnen. Es  ist  eine  der  überraschendsten  Lehren,  die  wir  den 
Ostraka  entnehmen  dürfen,  dass,  was  für  Syene-Elephantine  gilt,  nicht 
auch  für  ganz  Aegypten  gilt,  sondern  dass  für  eine  jede  Gemeinde 
die  Höhe  der  Kopfsteuer  besonders  und  in  verschiedener 
Höhe  bestimmt  war.  Zu  diesem  Resultat  kommen  wir,  wenn 
wir  die  thebanischen  Quittungen  mit  denen  aus  Syene-Elephan- 
tine vergleichen.  Die  Angaben  jener  lassen  sich  in  keiner  Weise 
mit  diesen  vereinigen.  Ja,  wur  werden  zu  unserer  Ueberraschung 
sehen,  dass  sogar  die  verschiedenen  kleinen  Ortschaften, 
die  in  der  Kaiserzeit  auf  dem  Boden  des  alten  Theben 
lagen,  Kopfsteuern  von  verschiedener  Höhe  hatten.  Anfangs 
glaubte  ich,  aus  dem  Wirrwarr  der  widersprechendsten  Summen, 
die  die  thebanischen  Quittungen  zeigen,  überhaupt  keine  festen  Sätze 
abstrahiren  zu  können.  Zur  Klarheit  kam  ich  erst,  als  ich  durch 
die  Abweichung  von  den  elephantinischen  Summen  auf  das  lokale 
Moment  aufmerksam  gemacht,  die  Summen  nach  den  einzelnen  Ort- 
schaften gruppirte.  Da  ergab  sich  das  Resultat,  dass  auch  hier 
für  die  einzelnen  Gemeinden  feste,  für  alle  Bewohner  gleiche  Kopf- 
steuersumraen  anzunehmen  sind,  dass  aber  die  Höhe  in  den  ver- 
schiedenen Gemeinden  eine  verschiedene  ist  oder  doch  sein  kann. 

Die  Untersuchung  wird  bei  den  thebanischen  Quittungen  dadurch 
sehr  erschwert,  dass  die  Schreiber  hier  niemals  eine  Schluss- 
zahlung als  solche  charakterisiren ,  sodass  wir  zunächst  nie  wissen 


§71.    HÖHE  DER  KOPFSTEUER. 


235 


können,  ob  die  quittirte  Summe  eine  Rate  oder  den  ganzen  Jahres- 
betrag darstellt.  Wir  können  hier  nicht  anders  operiren,  als  dass  wir 
diejenige  höchste  Summe,  die  sich  für  einen  Ort  bei  verschiedenen 
Individuen  besonders  häufig  nachweisen  lässt,  als  den  Jahresbetrag 
annehmen.  Wir  müssen  uns  allerdings  dabei  sagen,  dass  dieser  Schluss 
zwar  äusserst  wahrscheinlich  ist,  ein  stricter  Beweis  aber  nicht  erbracht 
werden  kann.  —  Die  Untersuchung  wird  ferner  dadurch  erschwert, 
dass  es  in  den  ersten  Decennien  der  Kaiserzeit  nicht  Sitte  war,  die 
spezielle  Ortschaft  namhaft  zu  machen.  Erst  vom  Jahre  42/3  n.  Chr. 
an  findet  sich  die  Erwähnung  des  Lokals  hin  und  wieder,  regelmässig 
begegnet  sie  erst  von  61/2  an  (Nr.  411).  Lassen  wir  die  Ostraka 
ohne  Ortsnamen  als  für  unsere  Frage  nicht  beweiskräftig  bei  Seite, 
so  lassen  sich  aus  der  übrigen  Masse  folgende  Gruppen  herausschälen: 
1.  Die  Quittungen  des  Ortes  Xapa^  nennen  fast  regelmässig  die 
Summe  von  10  Drachmen.  Vgl.  411,  424,  436,  453,  462,  469, 
474,  475,  481,  482,  486,  487,  492.  Nur  ein  einziges  Mal  (457) 
findet  sich  eine  Teilzahlung  von  7-J  -[-  2^  Drachmen.  Zumal  auch 
hier  die  Summe  10  ist,  möchte  ich  es  für  mehr  als  wahrscheinlich 
halten,  dass  die  Kopfsteuer  in  Charax  eben  10  Drachmen  jährlich 
betragen  hat.  Vom  Jahre  113 '4  an  haben  wir  für  Charax  nur 
Erheberquittungen,  in  denen  es  Sitte  ist,  die  Xaoypa^ta  mit  dem 
ßaXavcxov  ohne  Spezificirung  zusammenzuaddiren,  sodass  wir  nicht 
ohne  Weiteres  das  Einzelne  erkennen  können.  Es  scheint  aber, 
dass  damals  auch  eine  materielle  Veränderung  eingetreten  ist,  denn 
die  Summe  der  beiden  Abgaben,  die  bis  dahin  11  Drachmen  1^  Obolen 
ergab,  wovon  10  Drachmen  auf  die  Xaoypa^ca,  1  Drachme  1^  Obolen 
auf  das  ßaXavcxov  fielen,  beträgt  von  jetzt  an  regelmässig  12  Drachmen, 
also  4^  Obolen  mehr  (vgl.  Nr.  5085".).^)  Es  ist  für  uns  zunächst 
nicht  auszumachen,  ob  diese  4^  Obolen  auf  die  Xaoypa^La  oder  auf 
das  ßaXav'.xov  oder  auf  beide  zu  verteilen  sind.  Jedenfalls  müssen 
wir  es  bis  auf  Weiteres  als  möglich  bezeichnen,  dass  im  J.  113/4 
in  Charax  eine  Erhöhung  der  Kopfsteuer  um  einige  Obolen  statt- 
gefunden hat.  Hierbei  erinnern  wir  uns,  dass  auch  in  Syene- 
Elephantine  im  J.  113/4  oder  114/5  eine  Erhöhung  des  Kopfgeldes 
um  1^  OboL  nachweisbar  war.    Es  könnte  nahe  liegen,  diese  beiden 

Es  ist  offenbar  ein  Versehen,  wenn  in  Nr.  1242  für  die  Xacypacpia 
allein  12  Drachmen  gebucht  werden.  Da  ist  die  Erwähnung  des  ßaXav.xöv 
ausgelassen. 


236 


IV.  KAPITEL. 


Erscheinungen  mit  einander  in  Verbindung  zu  bringen.  Doch  sei 
darauf  hingewiesen,  dass  Anfangs  der  90er  Jahre  in  Charax  nicht 
wie  in  Syene-Elephantine  eine  Erhöhung  statt  gefunden  hat.  Eine 
Erhöhung  in  dem  einen  Ort  hat  also  nicht  notwendig  eine  Erhöhung 
in  den  anderen  Orten  zur  Folge. 

2.  Für  die  Ortschaft  Memnonia  sind  uns  überhaupt  nur  vier 
Quittungen  über  Kopfgeld  überliefert.  In  1378  (a.  42/3)  wird  über 
16  Drachmen  quittirt,  in  366  (a.  51/2)  über  8  Drachmen,  in  1623 
(a.  63)  über  mindestens  44-4  +  4  und  in  1613  (a.  108/9)  über 
4-|-8-j-4.  Wir  können  hiernach  nur  sagen,  dass  das  Kopfgeld 
in  den  Memnonia  in  dieser  Zeit  mindestens  16  Drachmen,  vielleicht 
gerade  16  Drachmen  betragen  hat. 

3.  Aus  Ophi  liegen  uns  für  die  ältere  Zeit  nur  zwei  Quittungen 
vor:  in  446  (a.  77/8)  wird  über  10  Drachmen,  in  454  (a.  81/2)  über 
7^  -|-  2-J  (=  10)  Drachmen  quittirt.  Wollen  wir  hiernach  für  diese 
Zeit  die  Kopfsteuer  von  Ophi  auf  10  Drachmen  jährlich  ansetzen, 
so  müssen  wir  für  die  spätere  Zeit,  von  mindestens  133/4  an,  eine 
Erhöhung  von  4  Obolen  annehmen.  Diese  Summe  wird  nämlich  für 
Ophi  bezeugt  durch  563  (a.  133/4),  575  (a.  135/6),  609  (a.  141/2). 
Es  würde  also  auch  für  Ophi  wie  für  Syene,  Elephantine  und  Charax 
eine  Erhöhung  des  Kopfgeldes  am  Anfang  des  II.  Jahrhunderts 
anzunehmen  sein. 

4.  Aus  dem  Orte  'Ayopa  ßo(a)v)  liegt  eine  Quittung  aus  dem 
J.  68/9  vor,  die  10  Drachmen  nennt.  In  1425  dagegen,  aus  dem  J.  130/1 
werden  für  Xaoypa^La  und  j3aXavcx6v  zusammen  12  Drachmen  gezahlt. 
Es  scheint  hier  also  dasselbe  Verhältnis  wie  in  Charax  vorzuliegen 
(s.  oben). 

5.  Für  dieKepajieia  werden  in  den  beiden  Nummern,  die  uns 
aus  diesem  Ort  erhalten  sind,  je  5  Drachmen  2  Obolen  genannt 
(vgl.  639  vom  J,  148/9  und  das  nicht  publicirte  Ostrakon  Brit. 
Mus.  12696  vom  J.  128/9).  Es  liegt  nahe,  daran  zu  erinnern, 
dass  in  Ophi  zur  selben  Zeit  10  Drachmen  4  Obolen,  also  das  Doppelte 
gefordert  wurde,  und  daraus  den  Schluss  zu  ziehen,  dass  wir  in  jenen 
Quittungen  aus  Kerameia  Halbratenzahlungen  vor  uns  haben.  Doch 
muss  weiteres  Material  abgew^artet  werden. 

6.  Für  die  Ortschaft  Noto^  xalAi^»  liegt  uns  eine  ansehnliche 
Zahl  von  Quittungen  vor,  in  denen  meist  über  viele  kleine  Raten 
quittirt  wird.    Wiewohl   auch   hier  nirgends  die  Schlussraten  als 


§71.    DIE  KOPFSTEUER  IN  THEBEN. 


237 


solche  charakterisirt  werden,  glaube  ich  doch  mit  Sicherheit  annehmen 
zu  dürfen ,  dass  die  Kopfsteuer  dieses  Ortes  24  Drachmen  betragen 
hat.  Denn  dies  ist  die  höchste  Summe,  auf  die  in  vielen  Fällen 
die  einzelnen  Raten  sich  addiren  lassen.  Die  Untersuchung  wird 
dadurch  erschwert,  dass  diese  Quittuhgen  von  Noxo^  xal  Alf\i  in 
sofern  vielfach  ungenau  abgefasst  sind,  als  die  Schreiber,  die  die 
Raten  in  ein  und  derselben  Urkunde  häuften,  es  gelegentlich  ver- 
säumten, das  Eintreten  einer  neuen  Abgabe  besonders  hervorzuheben. 
Um  hier  nicht  zu  sehr  in's  Detail  zu  gehen,  will  ich  nur  erwähnen, 
dass  nach  Vergleichung  der  Texte  die  am  Schluss  vielfach  für 
einen  der  ersten  Monate  des  neuen  Jahres  genannten  Raten  ohne 
Zweifel  sich  auf  das  )(ü)(xaTCx6v  beziehen,  auch  wenn  dies  nicht 
besonders  gesagt  ist.  Man  vergleiche  z.  B.  Nr.  429,  wo  das  )(<»> 
correct  genannt  ist,  mit  434,  wo  ohne  Zweifel  hinter  ©w-ö"  x-ö-  ein 
zu  ergänzen  ist,  ebenso  438,  wo  es  hinter  ^aw^c  5  ergänzt 
werden  muss  u.  s.  w.  Mit  Berücksichtigung  dieser  Besonderheiten 
ergiebt  sich  für  die  Kopfsteuer  durch  Addirung  der  Raten  die 
Summe  von  24  Drachmen  in  folgenden  Fällen:  419,  431,  434,  438, 
444  (12  +  8  +  3  Dr. +  2  +  4  Ob.),  448,  450,  452,  461,465,472. 
Diese  Beispiele  erstrecken  sich  vom  J.  66/7  bis  86/7.  In  zahlreichen 
anderen  Fällen  sind  kleinere  Summen  genannt,  die  als  Raten  auf- 
zufassen sind. 

Dies  Resultat,  dass  man  in  NoTOU  xal  Ai^  pro  Kopf  und  pro 
Jahr  24  Drachmen  zahlte,  ist  in  einer  Hinsicht  von  grösster  Wichtig- 
keit. Von  den  oben  unter  1  —  5  nachgewiesenen  Summen  könnte 
man,  da  sie  sämmtlich  kleiner  sind  als  die  gleichzeitigen  Summen 
in  Syene-Elephantine,  behaupten,  sie  seien  nur  als  Raten  aufzufassen, 
und  man  habe  in  Theben  eben  so  viel  gezahlt  wie  am  Katarakt. 
Diese  Einwendung  wird  gegenüber  der  Ortschaft  Noxo?  xal  AccJ» 
hinföllig,  denn  von  ihr  ist  es  über  allen  Zweifel  erhaben,  dass 
sie  eine  höhere  Kopfsteuer  als  Syene  zahlen  musste.  Damit  ist  auf 
alle  Fälle  unsere  alte  vorgefasste  Meinung  von  der  Gleichheit  der 
Kopfsteuer  innerhalb  des  ganzen  Landes  widerlegt. 

7.  Endlich  habe  ich  auf  Nr.  477,  493,  668,  669  hinzuweisen. 
Diese  Nummern  gehören  dem  Schema  nach  eng  zusammen,  und  wir 
haben  schon  im  Kap.  III  (S.  96)  daraufhingewiesen,  dass  die  Besonder- 
heiten des  Schemas  darauf  schliessen  lassen,  dass  sie  alle  einem 
und  demselben  Lokal  angehören.    Wenn  wir  nun  sehen,  dass  die 


238 


IV.  KAPITEL. 


Xaoypa^La  in  diesen  formell  so  gleichartigen  Urkunden  regelmässig 
8  Drachmen  beträgt,  so  dürfen  wir  es  wohl  als  wahrscheinlich  hin- 
stellen, dass  in  diesem  uns  zunächst  noch  unbekannten  Orte  die 
Kopfsteuer  pro  Jahr  wirklich  auf  8  Drachmen  normirt  gewesen  ist. 

8.  Es  erübrigt  noch,  ein  Wort  über  diejenigen  Quittungen  zu 
sagen,  in  denen  der  Ort  nicht  genannt  ist.  Das  sind  namentlich,  mit 
wenigen  Ausnahmen,  die  Nummern  357 — 403,  von  der  Zeit  des 
Augustus  bis  in  die  Zeit  des  Claudius.  Irgend  etwas  Sicheres  über 
die  Zugehörigkeit  dieser  Quittungen  lässt  sich  nicht  ausmachen; 
man  könnte  höchstens  sagen,  dass  die  grosse  Mehrzahl  dieser  Urkunden, 
in  denen  10  Drachmen  genannt  werden,  wohl  nach  Charax  oder  Ophi 
gehören,  denn  nach  Analogie  von  Syene-Elephantine  dürfen  wir  an- 
nehmen, dass  auch  hier  in  den  thebanischen  Ortschaften  die  Kopf- 
steuer nicht  allzugrossen  Schwankungen  unterlegen  haben  wird.  Doch 
können  wir  hier  einstweilen  zu  festen  Ergebnissen  nicht  kommen. 

Stellen  wir  unsere  Resultate  zusammen,  so  ergeben  sich  für  die 
Kopfsteuer  folgende  Sätze  pro  Jahr  und  pro  Kopf: 

Syene-Elephantine  .  .  16  Dr.,  dann  17  Dr.,  dann  17  Dr.  1  Ob. 

Charax   10  Dr.  Von  113/4  an  etwas  mehr. 

Ophi   10  Dr.  Später  10  Dr.  4  Ob. 

'Ayopd  ßo(a)v)  ....  10  Dr. 

KepaixeTa   10  Dr.  4  Ob. 

Memnonia   16  Dr. 

NoTos  zal  A''^  ...  24  Dr. 

In  einem  noch  nicht  publicirten  Papyrus,  der  wohl  aus  dem 
Faijüm  stammte,  las  ich  die  Worte  XaoYp(a^ou{i£VoO  dva^[i.  Danach 
betrug  an  dem  betreffenden  Orte  die  Kopfsteuer  40  Drachmen  pro  Kopf 

So  klar  die  Thatsache  der  verschiedenen  Besteuerung  der 
Communen  vor  uns  liegt,  so  unklar  bleibt  mir  der  Ursprung  dieser 
Verschiedenartigkeit.  ^)  Betrachten  wir  nun  gegenüber  diesen  neuen 
Thatsachen  die  einzige  Klassikerstelle,  aus  der  wir  bis  auf  Fröhner's 
Arbeit  die  Kopfsteuer  für  Aegypten  erschlossen  hatten.  Es  ist  Joseph, 
b.  i.  II  §385:  (y)  AXyunzoq)  iztvzyiv^ovzoL  npoc,  zodq  kTzzaxoaiaic,  ey^omcx, 
[AupcdSa?  dv'ö'pwTiwv  St^a  twv 'AXs^dvSpetav  xaiocxouvTcov,  (hq  eveaicv 

Mommsen  vermutet,  dass  die  ursprünglich  für  alle  Communen  gleiche 
Summe  je  nach  dem  Wohl  verhalten  der  einzelnen  Ortschaften  allmählich  modi- 
ficirt  worden  sei. 


§71.    JOSEPHUS'  ZEUGNIS  ÜBER  DIE  KOPFSTEUER.  239 


£x  zfic,  Vwa^'  kvAavT^y  x£-^aXf;V  ei^^opa;  T£X{JL7^paa^ai.  Josephus 
stützt  also  seine  Angabe  über  die  Bevölkerungszahl  durch  den 
Hinweis  auf  die  Kopfsteuer.  Wenn  letztere  ihm  geradezu  als 
Beweis  gilt,  so  geht  er  offenbar  von  der  Annahme  aus,  dass  diese 
Steuer  von  Allen  in  gleicher  Höhe  erhoben  wurde,  denn  nur  dann 
kann  durch  einfache  Division  die  Bevölkerungszahl  sich  ergeben. 
Aus  dieser  Josephusstelle  hat  man  bisher  geschlossen,  dass  die  Kopf- 
steuer in  Aegypten  auf  alle  Unterthanen  in  gleicher  Höhe  verteilt 
gewesen  sei.  Unsere  Ostraka  lehren  jetzt,  dass  diese  Annahme  falsch 
ist.  Was  ergiebt  sich  daraus  für  Josephus?  Beloch  hat  in  seiner 
„Bevölkerung  der  griechisch-römischen  Welt"  (S.  258)  mit  Recht 
hervorgehoben,  dass  Josephus  in  seiner  Quelle  wohl  nur  den  Ertrag 
der  Kopfsteuer  angegeben  fand,  nicht  aber  eine  directe  Angabe 
über  die  Zahl  der  Bevölkerung.  Er  fährt  fort:  „Und  bei  der 
notorischen  Unzuverlässigkeit  des  Josephus  in  statistischen  Dingen 
muss  es  sehr  zweifelhaft  erscheinen,  ob  er  die  Berechnung  der  Volks- 
zahl  nach  dem  Steuerertrage  nach  richtiger  Methode  ausgeführt  hat. 
Diese  Angabe  ist  also  nur  mit  grosser  Vorsicht  zu  benutzen." 
Die  Skepsis  Belochs  hat  sich  hier  glänzend  bewährt.  Wir  können 
auf  Grund  der  obigen  Resultate  jetzt  mit  Sicherheit  behaupten: 
Josephus  hat  eine  falsche  Methode  bei  der  Berechnung  befolgt,  da 
durch  eine  einfache  Division  die  Kopfzahl  nicht  gefunden  werden 
konnte.  Der  unten  gegebene  Xachweis,  dass  nicht  nur  die  Personen 
unter  14  (resp.  12)  und  über  65  Jahren,  sondern  auch  gewisse  Klassen, 
die  nicht  zu  den  'AXe^avSpcI^  gehörten,  von  dieser  Kopfsteuer  frei 
waren,  zeigt  gleichfalls  die  Unzulänglichkeit  dieser  Methode.  Folglich 
hat  die  von  ihm  berechnete  Summe  von  1^  Millionen  Einwohnern 
(ausser  den  Alexandrinern)  absolut  keinen  Anspruch  auf  Glaub- 
würdigkeit. Sein  Zeugnis  über  die  Bevölkerungszahl  ist  für  uns 
also  völlig  wertlos.    Vgl.  unten  Kap.  V. 

Dass  innerhalb  der  einzelnen  Communen  alle  Steuerpflichtigen 
dieselbe  Summe  zahlten,  geht,  wie  schon  bemerkt,  aus  unseren  Ostraka 
hervor.  Doch  geben  sie  uns  keinen  Aufschluss  darüber,  wer 
denn  steuerpflichtig  war,  resp.  wer  frei  von  dieser  Abgabe  war. 
Glücklicherweise  haben  wir  von  anderer  Seite  Nachrichten  oder 
wenigstens  Andeutungen  darüber.  Wir  werden  für  Aegj^ten  wie  fiir 
die  anderen  Länder  des  Altertums  anzunehmen  haben,  dass  von  dieser 
Kopfsteuer,   die   nach  griechisch-römischer  Auffassung  als  etwas 


240 


IV.  KAPITEL. 


Schimpfliches  galt,  nur  die  unterworfene  Bevölkerung  des  Landes 
betroffen  war.  Wurde  doch  durch  die  Kopfsteuer  nach  der  Auffassung 
des  Altertums  die  Person,  der  Kopf  als  Steuerobject  herangezogen,  wie 
durch  die  Grundsteuer  der  Grund  und  Boden,  und  wie  man  durch 
Zahlung  der  Grundsteuer  sich  die  Erlaubnis  erwarb,  Grund  und  Boden 
zu  haben,  so  erkaufte  man  sich  durch  die  Kopfsteuer  das  Recht,  seinen 
Kopf  zu  tragen,  der  eigentlich  dem  König  gehörte.^)  Danach  kämen 
hier  also  die  eingeborenen  Aegypter  in  Betracht,  und  ausser  ihnen 
dürfen  wir  wohl  eine  gewisse  Schicht  von  nicht  privilegirten,  nicht  mit 
dem  alexandrinischen  Bürgerrecht  beschenkten  Griechen  hinzufügen, 
die  in  der  X^P^  lebend,  z.  T.  auch  durch  verwandtschaftliche  Ver- 
bindungen, sich  mit  den  Aegyptern  allmählich  verschmolzen  hatten. 
Zu  dieser  Annahme  passt  es,  dass  fast  ausnahmslos  die  Zahler  der 
Kopfsteuer  in  unseren  Ostraka  ächt  aegyptische  Namen  tragen.  Ich 
habe  nur  in  Theben  zwei  Ausnahmen  gefunden:  in  399  zahlt  ein 
'Avt^^lXo?  'Avtl^cXou  und  in  634  ein  0£(i)v  Baaaou.  Doch  bei  dem 
völligen  Ineinandergehen  der  aegyptischen  und  griechischen,  eventuell 
auch  römischen  Eigennamen  in  der  Kaiserzeit  bieten  uns  diese 
Namen  allein  keine  Gewähr  dafür,  dass  wir  es  wirklich  hier  mit 
reinen  Griechen  zu  thun  hätten.  Sollte  es  aber  der  Fall  sein,  so 
würden  sie  eben  zu  jener  niederen  griechisch-aegyptischen  Bevölkerung 
gehören.  Diese  allgemeinen  Betrachtungen  fand  ich  nachträglich 
durch  ein  Ostrakon  des  Herrn  Flinders  Petrie  (Nr.  1438)  bestätigt, 
nach  dem  der  Grossvater  jenes  Theon  einen  aegyptischen  Namen 
trug  (WevoaTp:^).  Hier  haben  wir  ein  interessantes  Beispiel  für 
die  Mischung  der  Namen:  der  Grossvater  führt  einen  aegyptischen 
Namen,  der  Vater  einen  römischen  (Bassus),  der  Zahler  selbst  einen 
griechischen  (Theon). 

Wir  werden  uns  hiernach  folgende  Klassen  als  ausgeschlossen 
und  befreit  von  dieser  Steuer  zu  denken  haben: 

1.  Die  in  Aegypten  lebenden  Römer. 

2.  Die  Alexandriner  und  alle  Griechen  und  Aegypter,  die 
alexandrinisches  Bürgerrecht  hatten.  Das  ergiebt  sich  aus  der  ge- 
sammten  Stellung  der  Alexandriner,  und  wird  ausserdem  in  der  oben 


^)  Diese  Vorstellung  kommt  zum  Ausdruck  z.  B.  bei  Josephus  ant.  XII  §  142  : 
(üv  bnkp  zftZ  xscpaX-^g  xsXouatv.  Vgl.  auch  Dio  Gass.  LXII  3:  y.£cpa?.a$  uuoxsXsii; 
uspicpeps'.v. 


§71.    BEFREIUNG  VON  DER  KOPFSTEUER. 


241 


behandelten  Josephusstelle  sowie  im  III.  Makkab.  2,  30  (s.  unten) 
vorausgesetzt.  ^) 

3.  Ich  habe  schon  in  Hermes  XXVIII  248  f.  darauf  hingewiesen, 
dass  es  ausserdem  wohl  auch  noch  andere  privilegirte  Klassen  gegeben 
habe,  so  z.  B.  die  zaiotxoi.  Für  letztere  kann  angeführt  werden, 
dass  in  den  dTioypa^at  der  xaxotxot  der  Zusatz  Xaoypacpouixevos, 
d.  h.  kopfsteuerpflichtig,  regelmässig  fehlt.  In  BGU  562,  15  tf. 
scheint  der  Fall  vorzuliegen,  dass  ein  uibc,  y.OLXoiy.ou  irrtümlich  zur 
Kopfsteuer  herangezogen  war  (elc,  Xaoypa^tav  av£LX7j[jL[X£VoO-  Es 
fand  darauf  nach  Meldung  des  Königlichen  Schreibers  eine  i^izaaiQ 
statt,  wobei  Beweismaterialien  (änotei^eiq)  für  sein  Katökentum  von 
ihm  vorgelegt  wurden.  Daraufhin  entschied  dann  die  Behörde,  aw^^etv 
xa  TZpöq  zobq  xaTOtx(ou5)  Stxata.  Unter  diesen  Gerechtsamen  der 
Katöken  wird  man  nach  dem  Zusammenhang  im  Besonderen  an 
die  Befreiung  von  der  Kopfsteuer  zu  denken  haben.  2) 

4.  Eine  wichtige  Frage,  auf  die  ich  a.  a.  O.  noch  nicht  ein- 
ging, ist  die,  ob  die  aegyptischen  Priesterschaften  zu  dieser  Abgabe 
herangezogen  wurden.^)  Darüber  geben  uns  jetzt  die  beiden  Texte 
in  Berlin  und  London  Aufschluss,  auf  die  ich  im  Eingang  dieses 
Paragraphen  hingewiesen  habe.  Danach  zahlten  die  Priesterschaflen 
eines  aegyptischen  Tempels  ÖTiep  Xaoypacpca^  resp.  iTitxe^aXtoi) 
für  diejenigen  Priester,  „welche  die  Zahl  der  Priester  überschritten" 
(ÖTtepaipoviei^).  Es  war  also  einem  jeden  Tempel  nur  eine  be- 
stimmte Anzahl   von   Priestern    zu    halten    erlaubt.     Diese,  ich 

^)  Es  war  ein  schwerer  Eingriff  in  die  alexandrinischen  Privilegien,  als 
Vespasian  im  J.  70  im  Zorn  über  die  spottlustigen  Alexandriner  den  Befehl 
gab,  es  solle  ihnen  eine  Kopfsteuer  auferlegt  werden.  Vgl.  Dio  Gass.  LXVI  8,  5 : 
xeXeuaa'.  p,ev  %al  xoug  ößoXoug  %ax'  ävSpa  slgTTpaxO-f/vai.  Der  Befehl  wurde 
übrigens  dank  dem  Dazwischentreten  des  Titus  nicht  ausgeführt.  Es  handelt 
sich  hier  um  eine  für  Alexandrien  ganz  neue  Steuer.  Dem  vorhergehenden 
§5  ößoXoi)?  Tcpo^a'.xstg  wird  ein  Sprichwort  zu  Grunde  liegen. 

2)  Vgl.  jetzt  den  Aufsatz  von  P.  Meyer  (Philolog.  LVI  N.  F.  X  2.  S.  193  ff.), 
der  mir  erst  während  der  Correctur  zuging. 

Nach  Joseph,  ant.  XII  §  142  waren  in  Jerusalem  zur  Zeit  Antiochos' 
des  Grossen  die  y^P^'^'^ia  xcd  ci  Ispstg  xal  ol  yp(x.\L\icf.xelQ  xoö  lepoö  xal  ol 
tepoc|;dXxat,  kopfsteuerpflichtig  und  wurden  erst  durch  ihn  davon  befreit.  — 
Marquardt  PtStV  11^  S.  198,  Anm.  1  irrt,  wenn  er  auch  in  den  Worten  des 
Josephus  ant.  XII  155  „xal  ouvaO-poi^ovxsg  x6  npcc,xs.zce.y\ii^o^  xecpccXaiov  xotg 
ßao'.XeOaiv  exsA-ouv"  einen  Beleg  für  die  Kopfsteuer  bei  den  Juden  findet. 
KecpdXatov  heisst  Capital,  Summe.  Die  Kopfsteuer  aber  heisst  sii'.y.scpdXa'.ov. 
WiLCKEN,  Ostraka.  16 


242 


IV.  KAPITEL. 


möchte  sagen,  etatsmässigen  Priester  waren  nach  den  citirten 
Texten  offenbar  frei  von  der  Kopfsteuer.  Dagegen  mussten  die 
„überzähligen"  Priester,  die  vielleicht  durch  besondere  kaiserliche 
Gnade  zu  halten  den  Tempeln  erlaubt  werden  musste,  wie  jeder 
gewöhnliche  Unterthan  das  Kopfgeld  zahlen,  und  wir  dürfen 
wohl  weiter  annehmen,  dass  sie  auch  sonst  an  den  finanziellen 
Privilegien  der  ordentlichen  Priester  keinen  Anteil  hatten. AVir 
gewinnen  so  einen  ganz  neuen  Einblick  in  die  Behandlung  der 
Priesterschaften  seitens  der  Regierung.  Durch  die  gesetzmässige 
Begrenzung  der  Priesterstellen  sollte  offenbar  dem  allzu  grossen  An- 
drang zu  den  durch  ihre  Privilegien  äusserst  verlockenden  Posten 
ein  Riegel  vorgeschoben  werden.  Mit  anderen  Worten,  die  Staats- 
kasse sollte  durch  allzu  grosse  Ausdehnung  der  axeXeLa  nicht  zu 
sehr  geschädigt  werden.  In  unseren  Ostraka  wird  diese  Frage  nur 
einmal  gestreift:  in  1365  zahlt  ein  K(x,öZo(<:p6po<;)  Kopfsteuer.  Da 
die  Pastophoren  zu  den  niederen  Priesterklassen  gehörten,  so  wird 
man  daraus  schliessen  müssen,  dass  diese  nicht  von  der  Kopfsteuer 
befreit  waren.  Das  ist  mir  wahrscheinlicher  als  in  diesem  Falle 
anzunehmen,  dass  der  Zahler  zu  den  „Ueberzähligen"  gehört  habe. 

Auch  für  die  Frage,  welche  Altersstufen  dieser  Steuer  unter- 
worfen waren,  müssen  wir  uns  von  den  Ostraka  zu  den  sonstigen 
Quellen  wenden.  Ich  kann  zur  Zeit  nichts  anderes  darüber  bei- 
bringen als  was  ich  schon  im  Hermes  XXVIII  S.  248  aufgestellt 
habe,  dass  nämlich  wahrscheinlich  in  Aegypten  dieselben  Bestim- 
mungen gegolten  haben,  die  uns  für  Syrien  durch  Ulpian  (Dig.  50, 15,3) 
überliefert  sind.-)  Danach  wären  auch  in  Aegypten  die  Männer 
vom  14.,  die  Frauen  vom  12.  Jahre  an,  beide  bis  zum  65.  Jahre 
kopfsteuerpflichtig  gewesen.  Es  lässt  sich  hierfür  bis  jetzt  nur  an- 
führen, dass  das  ziemlich  umfangreiche  Material  an  Censuseingaben 
(xax'  olySav  aTiGypacpac)  dieser  Annahme  in  keinem  Punkte  wider- 
spricht.   Ja,  Einzelnes  kann  als  besonders  übereinstimmend  damit 


^)  Einen  ähnlichen  Unterschied  zwischen  ordentlichen  und  überzähligen" 
Mitgliedern  finden  wir  bei  den  Katsherren  griechischer  Gemeinden.  Ich  erinnere 
an  Plinius  ep,  ad  Trai.  CXII:  ii  quos  indulgentia  tua  quibusdam  civitatihus 
super  legitimum  numerum  adicere  2)erniisü  et  singula  milia  denariorum 
et  hina  inlulerunt.  Hier  zahlen  die  Ueberzähligen  ein  Eintrittsgeld  (pro  introitu). 

2)  Viereck,  Philolog.  LH  (N.  F.  VI)  S.  244  f.  (vgl.  Anm.  27)  hat  diese 
Vermutung  acceptirt.  Marquardt  StV  11=^  200  denkt  irrig  an  eine  Gewerbesteuer. 


§71.    DIE  KOPFSTEUER. 


243 


hervorgehoben  werden,  so  jener  76jährige  Hausbesitzer,  der  in  BGU 
95,13  sich  ausdrücklieh  als  a,TzoXBAu\ihoc,  zf^c,  lixo^fpoc^iocq  bezeichnet. 
Im  Uebrigen  verweise  ich  auf  Hermes  a.  a.  O. 

Betreffs  der  Zahlung  dieser  Steuer  erfahren  wir  eine  merk- 
würdige Einzelheit  aus  dem  Berliner  I*ap}Tus  P.  7097.  In  dieser 
Eingabe  eines  Ivo'.xo^  zu  der  xax'  oiVwiav  OLTZoypOL^pr^  des  Jahres 
173/4  n.  Chr.  heisst  es  Z.  15:  Ilapwv  he  6  7zpoye^(p{(x\L\Liyoz) 
aTa'9'(pLoöyoG?)  ['I]aLO(i)p[og]  IvYuaTa:  f^{Ji[ac]  tü3[v]  eTrr/vS'^aXcwv. 
Der  Hauseigentümer  bürgt  also  dafür,  dass  seine  Mieter  ihre  Kopf- 
steuern zahlen.  Ich  möchte  auch  hier  wie  oben  in  dem  iTTtxe^aXtov 
unsere  Abgabe  bizep  Xoioyp(x,zio:q  erkennen.  Auf  die  grosse  Wichtig- 
keit dieses  Passus  für  die  Bedeutung  der  xax'  oixiav  azoypa^at 
werde  ich  in  Kapitel  V  einzugehen  haben.  Auch  eine  dunkle  Stelle 
in  BGU  350,  9  erhält  hierdurch  Licht.  Der  Verkäufer  eines  Hauses 
garantirt  wie  üblich  dem  Käufer  ßsjjaLwa:?  octzo  T£  Sr^ixoai'wv  xal 
£'.5iOTLXü)V  7:avTü)V,  erklärt  darauf  aber  die  5r^[iGaLa  genauer  mit 
ÖC7CÖ  [A£V  Xaoypa^LWV  Tiaawv  a-ö  twv  [Lücke  von  ca.  30  Buch- 
staben £]o?  (=£(!)(;)  £T£pou  :xov'.a[xoö  xax'  oixtav  aTioYpa^f^?.  Vgl. 
CPR  206  I  12:  octzo  XaoYpa^iag  xöv  £v  auxolq  ^avr^aofiEVwv  öltzo- 
[y'\e'XpoL^^ai  Ji£XP^  'i'zepocc,  dTroypa^fj?  £LXOVtapioö.  Der  Verkäufer 
übernimmt  also  noch  bis  zum  nächsten  Census  die  Bürgschaft  für 
die  Kopfsteuerzahlung  der  im  letzten  Census  aus  diesem  Hause  Ein- 
geschriebenen. Letztere  sind  nicht  nur  der  Verkäufer  und  seine 
Familie,  sondern  auch  die  IvoLXOi.  Die  Kopfsteuer  Jenes  kann  den 
neuen  Eigentümer  des  Hauses  natürlich  nicht  tangiren,  wohl  aber, 
nach  Obigem,  die  der  Ivoixoi.    Anders  P.  Meyer  a.  a.  O.  S.  199. 

Nachdem  w  die  sachliche  Bedeutung  der  Kopfsteuer  zu  fassen 
versucht  haben,  müssen  wir  noch  ein  Wort  zu  ihrer  Bezeichnung 
als  XaoYpatpia  sagen.  Dass  „Kopfsteuer"  nicht  die  ursprüngliche 
Bedeutung  dieses  Wortes  ist,  liegt  auf  der  Hand.  Aaoypa^ia 
kann  nichts  anderes  bedeuten  als  die  Aufzeichnung  des  Xao?,  des 
Volkes.  Dass  solche  Volkszählungen  stattfanden,  war  von  jeher 
bekannt.  Dass  sie  in  der  Kaiserzeit  in  14jährigen  Perioden  erneuert 
wurden,  ward  gleichzeitig  von  Kenyon,  Viereck  und  mir  nachgewiesen. 
Wir  werden  in  Kap.  V  auf  die  zu  diesem  Zweck  alle  14  Jahre  her- 
gestellten xax'  OLXiav  dTicypacpai  genauer  einzugehen  haben.  Diese 
periodische  Volkszählung  wurde  offenbar  als  Xaoypa^ia  bezeichnet,  denn 
wir  sehen,  dass  diejenigen  Beamten,  die  speziell  mit  der  Entgegennahme 


244 


IV.  KAPITEL. 


und  Weiterbeförderung  der  Einzeleingaben  betraut  waren,  Xacypa^oc, 
d.  h.  „Volkszähler"  genannt  wurden  (vgl.  Hermes  XXVIII  S.  247). 
Es  liegt  nun  auf  der  Hand,  dass  die  Xaoypa^ia  der  Ostraka  von 
dieser  Art  von  Xaoypaqjca  verschieden  ist.  In  den  Ostraka  kann 
nur  von  einer  bestimmten  Steuerart  die  Rede  sein,  wie  schon  der 
Wechsel  mit  STCixecpaXtov  über  allen  Zweifel  erhebt.  Wie  erklärt  sich 
nun  der  Ausdruck?  Ich  habe  im  Hermes  a.  a.  O.  S.  251  die  Ver- 
mutung ausgesprochen,  vielleicht  habe  die  Regierung  den  Ertrag  dieser 
Kopfsteuer  dafür  verwendet,  um  die  gewiss  nicht  unerheblichen 
Unkosten,  die  die  periodischen  Volkszählungen  verursachten,  zu 
decken,  und  daher  habe  man  diese  Kopfsteuer  uTzkp  XtXQ^poc^flocq, 
wie  unsere  Quittungen  sagen,  gezahlt.  Nach  dieser  Erklärung  würde 
die  Laographie- Abgabe  einrücken  in  die  Reihe  der  zahlreichen 
Steuern,  die  zur  Befriedigung  eines  bestimmten  Zweckes  erhoben 
wurden,  wie  die  ÖTuep  Sicopuytov,  )(0)[JiaTa)v  u.  s.  w.  Ich  halte  diese 
Erklärung  nicht  mehr  für  richtig,  denn  unter  dieser  Voraussetzung 
wäre  notwendig  zu  erwarten,  dass  die  Xaoypacpta,  für  die  man  zahlt, 
nicht  als  die  des  laufenden  Jahres  bezeichnet  würde,  wie  es  that- 
sächlich  geschieht,  sondern  als  die  des  nächsten  (resp.  des  letzten) 
Periodenjahres.  Wir  werden  vielmehr  den  Zusammenhang  zwischen 
der  Kopfsteuer-Laographie  und  der  Volkszählungs-Laographie  doch 
eher  in  der  inneren  Verkettung  suchen  müssen,  die  thatsächlich 
zwischen  diesen  beiden  Begriffen  besteht,  in  sofern  die  Volks- 
zählung gerade  den  Zweck  hat,  wenn  auch  nicht  ausschliesslich,  die 
Auflage  der  Kopfsteuer  zu  ermöglichen  (vgl.  Kap.  V).  Ich  finde 
nun  auf  dem  entsprechenden  römischen  Gebiet  eine  ganz  ähnliche 
sprachliche  Metathese:  das  Wort  census  wird  auch  für  die  auf 
einem  Vermögensstück  ruhende  Steuer  angewendet,  die  durch  den 
census  ermittelt  ist.  In  dieser  Bedeutung  findet  sich  das  Wort 
Cod.  Just.  IV  47,2:  nec  Heere  euidam  rem  sine  cemu  comparare  vel 
vendere.  Hier  steht,  wie  auch  die  Juristen  erklären,  census  für  die 
durch  den  census  ermittelte  Steuer.  Denselben  Bedeutungsübergang 
haben  wir  nun  auch  im  Griechischen,  wenn  mit  Xaoypa^La  diejenige 
Steuer  bezeichnet  wird,  die  durch  den  aegyptischen  Census  (=Xao- 
ypa^ca)  vornehmlich  ermittelt  wird,  eben  die  Kopfsteuer.  Für  die 
anderen  Steuern  wurden,  wie  wir  in  Kap.  V  sehen  werden,  alljährlich 
noch  spezielle  aTUoypa^ai  eingereicht.  Für  die  Kopfsteuer  aber  ge- 
nügte  die   alle   14  Jahre  wiederholte   Xaoypa^ca.     Dieser  selbe 


§71.    BEDEUTUNG  TON  Aoc.oypOL<:fla.. 


245 


BedeutuDgsübergang  liegt  auch  bei  Hesychius  und  Suidas  vor,  wenn 
sie  das  Wort  x-^vaD^  oder  XLvao?  u.  a.  als  eTi'.xecpaXatov  erklären. 
Ich  verweise  auch  auf  die  obige  Deutung  von  UTzkp  Y£ü){i£Tpiag 
(S.  176).  Ich  glaube  daher,  dass  mau  die  Kopfsteuer  die  „Volks- 
zählungssteuer" genannt  hat,  weil  die  Volkszählung  in  der  Hauptsache 
die  Kopfsteuer  feststellen  sollte. 

Wir  haben  endlich  die  wichtige  Thatsache  zu  besprechen, 
dass  die  sämmtlichen  Beispiele,  die  unsere  zahlreichen  Ostraka  für 
die  Laographie  bieten,  der  römischen  Kaiserzeit  angehören,  und 
dass  sich  bis  jetzt  nicht  ein  einziges  Beispiel  aus  der  Ptolemäerzeit 
gefunden  hat.  Die  älteste  Erwähnung  geschieht  in  Nr.  357  aus 
dem  J.  18/7  vor  Chr.  Auch  in  den  mehrere  Hundert  Nummern 
betragenden  Ostraka,  die  ich  zwar  gesehen  und  gelesen,  aber  nicht 
in  dieses  Buch  aufgenommen  habe,  ist  mir  nirgends  eine  Erwähnung 
der  XaoYpa^ia  aus  der  Ptolemäerzeit  begegnet.  Ebenso  ist  mir  auch 
in  den  Papyri  die  Xaoypa^La  bisher  nur  in  Texten  der  römischen 
Zeit  begegnet.  Haben  wir  hieraus  den  Schluss  zu  ziehen, 
dass  diese  Kopfsteuer  erst  von  Augustus  in  Aegypten  ein- 
geführt sei?  Noch  im  Hermes  XXVIII  S.  248  wies  ich  darauf 
hin,  dass  Lumbroso  (Recherches  S.  297)  gezeigt  habe,  dass  diese 
XaoYpa^ia  als  Kopfsteuer  auch  schon  in  der  Ptolemäerzeit  bestanden 
habe.  Die  von  Lumbroso  herangezogenen  Belege  waren  einige 
Stellen  aus  dem  III.  Makkabäerbuch  (2,  28,  30.  3,  21.  4,  14. 
6,  38.  7,  22).  Da  diese  Stellen  die  einzige  Erwähnung  der  Xao- 
Ypa^ia  in  vorrömischer  Zeit  in  unserer  gesammten  handschriftlichen 
und  urkundlichen  Tradition  darstellen,  so  haben  frühere  Gelehrte, 
ehe  Lumbroso  diese  Belege  brachte,  nur  vermutungsweise  es  aus- 
gesprochen, dass  wohl  auch  die  Ptolemäerzeit  eine  Kopfsteuer 
gekannt  habe.  Vgl.  Droysen,  Kl.  Schrift.  H  S.  395.  Franz  CIGr. 
HI  S.  297  Die  Frage  scheint  nun  zunächst  durch  das  Makkabäer- 
buch entschieden  zu  sein;  namentlich  kommt  die  erste  Stelle  in 
Betracht,  wo  von  Ptolemaios  Philopator  gesagt  wird,  er  habe 
in  seinem  Grimme  gegen  die  Juden  befohlen  „T:avTa^  zouq  'louSaioui; 
tic,  XaoYpa^tav  xal  oixeiLZYjv  Sta^eaiv  ay^^fjva:".  Dass  X!xo^(poi,:pi<x 
hier  nicht  etwa  die  Volkszählung,  sondern  die  in  klingendem  Gelde 
zu  zahlende  Kopfsteuer  bezeichnet,  geht  aus  dem  Zusammenhang 
unzweifelhaft  hervor  (vgl.  namentlich  v.  32).  Philopator  fügt  weiter 
hinzu  (v.  30),  diejenigen  Juden,  die  ihren  Gott  verliessen,  sollten 


246 


TV.  KAPITEL. 


IgotzoXIzoli  'AXs^avBpeöacv  sein.  Letzteres  steht  hier  geradezu  im 
Gegensatz  zum  ^.aoypacpeTaö-ai,  und  es  ist  kein  Zweifel,  dass  der 
Autor  dieser  Erzählung  dieselben  Verhältnisse  vor  Augen  gehabt 
hat,  die  wir  oben  aus  Ostraka  und  Papyri  für  die  Kaiserzeit  nach- 
gewiesen haben.  Bisher  hat  man,  sow^eit  ich  sehe,  keinen  Anstand 
genommen,  mit  Lumbroso  in  dieser  Erzählung  einen  stricten  Beweis 
dafür  zu  sehen,  dass  dieselben  Verhältnisse  schon  in  der  Ptolemäer- 
zeit  bestanden  haben.  Aber  hat  man  ein  Recht  dazu?  Es  ist  von 
den  Bibelkritikern  längst  erkannt  w^orden,  dass  dieses  sogenannte 
III.  Makkabäerbuch  nichts  anderes  ist  als  eine  jüdische  Tendenzschrift, 
die  mit  der  historischen  Wahrheit  frei  schaltend,  bestimmt  war, 
in  einer  gegebenen  politischen  Situation  ihre  Wirkung  auszuüben. 
Männer  wie  Ewald,  Hausrat  und  Reuss  setzen  die  Abfassung  der 
Schrift  in  die  Zeit  der  alexandrinischen  Judenverfolgungen  unter 
Kaiser  Gaius.^)  Schürer  (Gesch.  d.  jüd.  Volk.  II  S.  745)  bezeichnet 
vorsichtiger  das  I.  Jahrhundert  vor  Chr.  und  das  I.  nach  Chr.  als 
die  Periode,  innerhalb  deren  das  Buch  geschrieben  sein  müsse. 
Wir  sehen  somit,  dass  irgend  ein  Zwang,  dieses  Buch  in  die 
Ptolemäerzeit  zu  verlegen,  nicht  besteht.  Denken  wir  es  uns  aber 
im  I.  Jahrh.  nach  Chr.  entstanden,  so  entbehrt  die  Erwähnung  der 
Xaoypa^La,  wenn  auch  der  Autor  sie  in  die  Zeit  des  Philopa tor 
verlegt,  jeder  Beweiskraft  für  die  Ptolemäerzeit.  Denn  man  braucht 
dieses  traurige  Machwerk  nur  durchzulesen,  um  zu  sehen,  dass 
Anachronismen  von  diesem  xA.utor  nicht  empfunden  wurden.  Ich 
komme  somit  zu  dem  Resultat,  dass  das  III.  Makkabäerbuch  keinen 
Beweis  dafür  liefert,  dass  es  in  der  Ptolemäerzeit  eine  Xaoypa^La 
gegeben  habe.  Ja,  vielleicht  sind  wir  nicht  im  Unrecht,  wenn  wir 
den  Spiess  umdrehen  und  sagen:  Weil  das  III.  Makkabäerbuch 
die  Xaoypacpia  als  Kopfsteuer  kennt,  kann  es  erst  in  der 
Kaiserzeit  geschrieben  sein.  Mit  völliger  Sicherheit  möchte 
ich  dies  freilich  heute  noch  nicht  behaupten,  da  die  Möglichkeit, 
dass  neue  Ostraka  oder  andere  Urkunden  doch  noch  einmal  die 
Xaoypa^ca  für  die  Ptolemäerzeit  bezeugen,  offen  zu  lassen  ist.  Aber 
so  viel  dürfen  -wir  schon  heute  sagen,  dass  nach  dem  jetzt  vorliegenden 
Material  —  zumal  w^enn  wir  bedenken,  dass  von  Augustus  an  die 


So  auch  Hugo  Willrich ,  Juden  und  Griechen  vor  der  makkabäischen 
Erhebung.    1895  S.  143. 


§71.    EINFÜHRUNG  DER  KOPFSTEUER. 


247 


Belege  fast  Jahr  für  Jahr  vorliegen  —  die  Präsumption  dafür 
spricht,  dass  wir  es  bei  der  Xaoypacfta  mit  einer  neuen,  erst  von 
Augustus  eingeführten  Steuer  zu  thun  haben.  Immerhin  können 
wir  einstweilen  nichts  weiter  thun,  als  beide  Möglichkeiten  in  ihren 
Consequenzen  zu  verfolgen.  "Wenn  Augustus  das  tributum  capitis 
in  Aegypten  eingeführt  hat,  so  hat  er  damit  nur  dasselbe  gethan, 
was  die  Römer  nach  der  Eroberung  Karthagos  in  der  neuen  Provinz 
Africa  einführten.  Vgl.  Appian  Libyc.  135:  lolc,  he  XoiTZOlc,  :p6poy 
wp:aav  iizl  t"5  xal  iizl  zolc,  aa){jiaa:v  avSpl  xal  yuvaLxl 
6[iot(i)^.  Ebenso  in  Britannien.  Vgl.  Dio  Gass.  LXII  3,  wo  die 
muthige  Britin  Buduica  sagt:  o'j  —  xal  twv  atojiaxwv  a'JTÖv 
6aa[xcv  Infjaiov  :pipo\Lvr,  vgl.  ebenda:  xe^aXa;  ÖTCOXsXel?  T^epL^EpSLV.^) 

Was  Appian  Svr.  50  von  der  Kopfsteuer  bei  den  Juden  sagt,  ist  nicht 
eindeutig,  und  hat  daher  zu  verschiedenen  Interpretationen  geführt.  Die  Worte 
lauten:  Kai  S'.a  xocux'  eaT-.v  'louSatc.^  aTiaa'.v  6  cöpo^  xwv  awiiä-ctov  ßapOxspog 
TfjS  äXÄYjg  Trspiouoiag.  Leider  hat  die  Musgrev-Bekker'sche  Schlimmbesserung 
Tüep'.O'.xias  für  uspiouaias  viel  Unglück  angerichtet,  wie  denn  die  Ausführungen 
von  Eodbertus  a.  a.  O.  S.  367  f.  auf  dieser  Lesung  basiren  und  mit  ihr  fallen. 
Aehnlich  auch  Marquardt,  EStV  11^  S.  202,  Vgl.  dagegen  Mendelssohn  in 
seiner  Ausgabe.  Das  AVort  Tisp'.O'jaia  =  Vermögen  findet  sich  in  ganz  ähnlichem 
Zusammenhang  z.  B.  bei  Theophil.  Paraphr.  Inst.  1 ,  5 ,  4 :  aavcg  fi'^O'.  X^P'^'^QS» 
£v9-a  TcDjiaroi  dTZSYpacpovxo  xa^  oixeCa^  Tisp'.ouaiai;.  Soviel  seheint  mir  sicher, 
dass  Appian  die  Höhe  und  Schwere  des  jüdischen  Kopfgeldes  (cpopog  aiD|JLax(Ov) 
aus  dem  hartnäckigen  und  wiederholten  Widerstand  erklären  will,  den  sie  den 
Eömem  geleistet  haben,  erst  dem  Pompeius,  dann  Vespasian,  dann  Hadrian. 
Der  Ton  liegt  also  auf  dem  S'.a  xaöx'.  Damit  ist  die  Auffassung  ausgedrückt,  dass 
die  Kopfsteuer  gewissermassen  als  Strafe  für  den  heftigen  Widerstand  auferlegt, 
resp.  erhöht  worden  ist.  Durch  die  Hinzufügung  des  Aufstandes  des  Vespasian 
und  Hadrian  scheint  mir  angedeutet  zu  sein,  dass  die  Kopfsteuer  der  Juden 
allmählich  derartig  angewachsen  ist,  dass  sie  zu  Appian's  Zeiten  die  Abgaben 
von  ihrem  sonstigen  Vermögen  (:r£p'.oua:a)  überstieg.  Aus  dem  Gesagten  geht 
zugleich  hervor,  dass  das  5i5pax|J.ov,  das  die  Juden  erst  dem  Jehova,  dann 
seit  dem  Jahre  70  dem  Jupiter  Capitolinus  zahlen  mussten,  mit  dieser  Kopfsteuer 
nichts  zu  thun  hatte,  denn  dieser  Appianische  zöpog  xwv  aü)[Jiaxü)v  ist,  wie  der 
Zusammenhang  lehrt,  bereits  von  Pompeius  eingeführt  worden.  Dass  Pompeius  die 
Besteuerung  des  Landes  regelte,  zeigt  Joseph,  ant.  XIV  §  74;  b.  i.  I  §  154.  Das 
SidpaXliOv  ist  vielmehr  eine  Tempelabgabe,  die  wie  so  manche  aegyptische  nur  kopf- 
steuerartig aufgelegt  worden  ist.  Daher  kann  ich  auch  Mommsen  nicht  beistimmen, 
wenn  er  dieses  jüdische  Didrachmon  als  Parallele  zu  unserer  aegyptischen  Kopf- 
steuer hinstellt  (bei  Hirschfeld  EVG  S.  14,  Anm.  2).  Das  Analoge  ist  vielmehr 
der  Appianische  cföpog  xöv  ocDjJLaxwv.  —  Wenn  Appian  fortfährt  „sax'.  ti  xal 
Zupo'.s  y.al  EiXi^iv  sxr^o'.og,  IxaxooxT^  xou  X'.|j.f<p.axos  Ixaoxü)",  so  braucht  man 


248 


IV.  KAPITEL. 


Angenommen,  dass  Augustus  diese  Kopfsteuer  in  Aegypten  neu 
eingeführt  habe,  so  erklärt  sich  ferner  damit  vielleicht  die  Nachricht, 
dass  sogleich  der  erste  Präfect  Aegyptens,  Cornelius  Gallus,  einen 
Aufstand  in  der  Thebais  niederzuwerfen  hatte,  der  hia,  lobq  cpopoug 
entstanden  war  (so  Strabo  XVII  p.  819).  Dass  dieser  grössere 
Steuerdruck  des  neuen  Regiments  lediglich  durch  schärfere  Erhebung 
der  schon  bestehenden  Steuern  ausgeübt  sei,  ist  wenig  wahrschein- 
lich, denn  wenn  die  letzten  Ptolemäer  auch  sonst  nicht  viel  vom 
Regieren  verstanden,  so  konnten  sie  es  doch  im  Schröpfen  mit 
Jedem  aufnehmen.  Die  Worte  Strabo's  legen  also  die  Annahme 
nahe,  dass  Augustus  neue  Steuern  in  Aegypten  eingeführt  habe. 
Ueberblicken  wir  die  gesammten  in  diesem  Kapitel  aufgeführten 
Steuern,  Zölle  und  Abgaben  der  verschiedensten  Art,  so  wüsste  ich 
keine  zu  nennen,  die  von  Augustus  eingeführt,  zugleich  in  dem 
Maasse  wie  die  Kopfsteuer  geeignet  gewesen  w^äre,  den  Zorn  der 
sonst  viel  ertragenden  Aegypter  zu  entfachen. 

Auf  der  anderen  Seite  ist  darauf  hinzuweisen,  dass  die  Vor- 
bedingungen der  Erhebung  einer  Kopfsteuer,  nämlich  die  Couscription 
der  Volksmassen,  in  der  Ptolemäerzeit  vorhanden  waren.  Dass  man 
auch  damals  schon  Personenlisten  über  die  gesammte  Bevölkerung 
geführt  hat,  werden  wir  in  Kap.  V  nachweisen.  Danach  wird  es 
uns  schwer,  die  Annahme  zurückzudrängen,  dass  auf  Grund  dieser 
Personenlisten  auch  eine  Personensteuer  erhoben  sei.  Doch  fehlt 
es  uns  bisher  an  jedem  Zeugnis  dafür.  Die  Angabe  des  Ps.  Aristoteles 
(Oecon.  II  2,  25),  dass  Chabrias  dem  Könige  Taos  (XXX  Dynastie, 
IV.  Jahrh.  v.  Chr.),  als  er  Geld  für  die  Kriegsfuhrung  brauchte, 
geraten  habe,  eine  Kopfsteuer  einzuführen  aizb  toö  awfxaxo?,  spricht 
eher  dagegen  als  dafür.  Denn  einmal  tritt  diese  Kopfsteuer  als 
eine  ausserordentliche,  lediglich  zu  Kriegszwecken  erhobene  Abgabe 
auf,  die  also  auch  sachlich  von  unserer  Xaoypacpca  verschieden  ist. 


ihm  nicht  zuzumuten,  dass  er  eine  einprocentige  Vermögenssteuer  für  eine 
Kopfsteuer  gehalten  habe.  Nichts  zwingt,  hinter  sxVja'.og  ein  cföpog  xwv  aa)|xäx(öv 
hinzuzudenken  (vgl.  Marquardt  a.  a.  O.).  Vielmehr  ist  lediglich  cpöpoQ  zu  ergänzen. 
Der  Gedankengang  ist  folgender:  ,,Die  Cilicier  und  Syrier  haben  sich  ohne 
Widerstand  (ä|jLaxc!)  den  Römern  unterworfen.  Darum  ist  auch  diese  (leichte)  ein- 
procentige Vermögenssteuer  über  sie  verhängt  worden.  Die  Juden  allein  haben 
sich  widersetzt,  und  zwar  wiederholentlich ;  darum  ist  ihnen  die  schwer  drückende 
Kopfsteuer  auferlegt." 


§71.    ALTER  DER  AEGYPTISCHEN  KOPFSTEUER. 


249 


Ferner  ergiebt  die  Stelle  gerade  mit  Sicherheit,  dass  die  persische 
Regierung  vor  König  Taos  keine  Kopfsteuer  in  Aeg}^pten  erhoben 
hatte,  denn  sonst  hätte  er  es  nicht  nötig  gehabt,  sich  diesen  Rat 
vom  klugen  Athener  geben  zu  lassen.  Diese  Angabe  macht  es  also 
eher  wahrscheinlich,  dass  Ptolemaios,  als  er  in's  Land  kam,  keine 
Kopfsteuer  dort  vorfand.^)  Immerhin  bleibt  ja  die  Möglichkeit,  dass 
er  oder  einer  seiner  Nachfolger  sie  in  Aegypten  eingeführt  hätte.-) 


Das  bleibt  bestehen,  obwohl  derselbe  Ps.  Aristot,  II  1 ,  4  das  eu'.xscpd- 
Xa-.ov  zu  den  Emkünften  der  Satrapenwirtschaft  zählt:  §xxYj  5s  (seil.  upogoSog) 
■fi  duö  xöv  aXXiov,  £z:x£(^dXaiöv  xe  xai  x^'-P^väsiov  TCpogaYopeuojisvrj.  Es  ist 
eine  falsche  Interpretation,  wenn  Marquardt  RStV  II*  S.  202  hieraus  folgert, 
dass  das  x^',p(3ivdc,',o^  auch  STt'.xscpaXa'.ov  genannt  worden  sei.  Vielmehr  werden 
Kopfsteuer  und  Gewerbesteuer  deutlich  als  zwei  verschiedene  Einnahmen  neben- 
einander gestellt.  Für  das  Ptolemäerreich  ist  dieses  Zeugnis  für  keinen  Fall 
massgebend,  zumal  der  Verfasser  diesen  Ptolemäerstaat  nicht  gekannt  zu  haben 
scheint.  Aber  auch  ob  für  das  Perserreich  eine  Kopfsteuer  aus  dieser  Stelle  ab- 
geleitet werden  kann,  ist  zweifelhaft.  Denn  an  der  einzigen'Stelle,  an  der  derselbe 
Verfasser  das  Kopfgeld  für  das  Perserreich  erwähnt  (II  2,  1,  4),  erscheint  es  nicht 
als  ordentliche  von  Reichswegen  erhobene  Steuer,  sondern  als  eine  ausserordentliche 
Abgabe,  die  lediglich  durch  die  Willkür  des  Satrapen  in  einem  einzelnen  Falle 
aufgelegt  wird.  Man  könnte  geradezu  aus  dieser  Stelle  den  Schluss  ziehen,  zu 
dem  wir  auch  oben  auf  Grund  der  anderen  Stelle  kamen,  dass  im  Perserreich 
keine  Kopfsteuer  erhoben  wurde.  Wenn  Ps.  Aristot.  II  1,4  in  der  Liste  der 
satrapischen  Einnahmen,  bei  denen  er  natürlich  das  Perserreich  vor  Augen 
gehabt  hat,  dennoch  das  £7:'.y.£c:äAa'.ov  aufführt,  so  hat  er  wohl  damit  nicht 
mehr  sagen  wollen,  als  dass  unter  Umständen  auch  ein  solches  Kopfgeld  er- 
hoben werden  konnte,  wie  z.  B.  von  jenem  Kondalos. 

^)  Ich  möchte  hier  ausdrücklich  hervorheben,  dass  die  hieroglyphische 
Pithomstele,  aus  der  Zeit  des  Ptolemaios  II.  Philadelphos,  nicht  als  Beweis  für 
eine  ptolemäische  Kopfsteuer  angeführt  werden  darf.  Xach  der  von  Brugsch 
und  Erman  in  der  Zeitschr.  f.  Aeg.  Sprache  XXXII  jüngst  gegebenen  Ueber- 
setzung  heisst  es  zwar  (Abschnitt  R):  „Verzeichnis  dessen,  was  seine  Majestät 
—  gab:  was  man  von  den  Häusern  dieser  Stadt  einzieht  und  was  man  von 
den  Menschen  einzieht  als  jährliche  Steuer,  Silber  950."  Aehnlich  in  Ab- 
schnitt S.  Man  könnte  hierin  leicht  den  Gegensatz  einer  Häusersteuer  und 
einer  Personen-  oder  Kopfsteuer  erblicken  wollen.  Aber  der  hieroglyphische  Text, 
in  dem  die  Häuser  und  die  Menschen  durch  verschiedene  Präpositionen  mit  dem 
Verbum  des  Einziehens  verbunden  sind,  legte  mir  den  Gedanken  nahe,  dass 
die  Häuser  als  Steuerobject,  die  Menschen  aber  als  Steuersubject  zu  verstehen 
sind.  Adolf  Erman,  dem  ich  diese  Frage  vorlegte,  hatte  die  grosse  Freund- 
lichkeit, sie  in  folgender  Weise  zu  beantworten:  „Es  steht  wörtlich  in  Z.  26: 
Eingezogenes  der  Häuser  dieser  Stadt  und  Eingezogenes  von  den  Menschen  als 
jährliche  Abgabe  —  Silber  950.  —  —  Ich  denke  mir,  dass  hier  unterschieden 


250 


IV.  KAPITEL. 


§  72.  Tiloq  Xa)((avix6v). 

In  Nr.  787  (Theben,  a.  95/6)  quittiren  die  T£X(a)vaO  Xax(avtxoö) 
oder  Xa)((avY]pa5)^)  einem  gewissen  UexuGic,  den  Empfang  des 
T£X(o^)  zfiQ  Xa)(avLa?.  Man  kann  hier  schwanken,  ob  man  locyjxViaq 
(=  Gemüsebau)  oder  Xocy^ocviäc,  (=  Gemüsegarten)  lesen  soll.  Noch 
dunkler  sind  die  folgenden  Worte,  zumal  sie  durch  fehlerhafte 
Sprache  entstellt  sind.  Nur  soviel  scheint  mir  sicher,  dass  Pekysis 
den  Gemüsegarten,  der  auf  einer  Insel  zu  liegen  scheint,  in  Pacht 
hat,  und  zwar  von  einem  gewissen  ^AxGiq.^)  Dass  der  Pächter 
und  nicht  der  Eigentümer  das  ziloc,  an  den  Staat  zahlt,  wird  in 
dem  Pachtcontract  festgesetzt  worden  sein. 

Dieses  ziXoq  lässt  sich  aus  dem  Text  nicht  genauer  be- 
stimmen. Der  Pap.  Lond.  CXIX  lehrt  uns,  dass  die  Grundsteuer 
von  Gemüseland  in  derselben  Weise  berechnet  wurde  wie  von 
Wein-  und  Palmenland,  d.  h.  nicht  als  Fruchtquote,  sondern  als 
feste  Geldtaxe  für  die  Arure.  In  Z.  70  des  genannten  Papyrus  heisst 
es:  Xoc/J^aviäq)  av(d)  ^  x.  In  unserem  Ostrakon  ist  nicht  angegeben, 
ob  es  sich  um  Geld-  oder  Naturallieferungen  handelt.^)  Nach  dem 
Londinensis  ist  anzunehmen,  dass  eine  Geldzahlung  gemeint  ist. 
Auch  das  l[JLj3a5cx6v  und  Ixcpopcov  von  einem  Xa[)(avYjpö?  (seil.  xXfi- 
po^)]  in  1237  werden  mit  Geld  gezahlt. 

Im  Pap.  Berl.  Biblioth.  50  steht  neben  der  Erwähnung  anderer 
Fruchtarten,  wie  Gerste,  Linsen  etc.:  Xa)((avta?)  ^ —  a  —  y.  Also 
von  1  Arure  Gemüseland  3  Artaben.  Hier  bleibt  mir  völlig  unklar, 
worauf  sich  diese  Eechnung  bezieht. 

Endlich  sei  erwähnt,  dass  das  noch  unedirte  Berliner  Ostrakon 
P.  4620  nach  meiner  bisherigen  Copie  folgendermassen  beginnt: 
Töß(L)  y.d'  ävh(ptq)  ß  7rapax£x(o(XLxaacv)  el<;  t6  Xa)((avcyw6v)  (scil.TeXog) 

sind:  1)  eine  Häusersteuer,  2)  diverse  Steuern,  die  man  von  den  Menschen 
einzieht.  —  —  Ihr  Unterschied  zAvischen  Steuersubject  und  -object  mag  wohl 
das  Richtige  treffen."  Hiernach  wird  man  die  Pithomstele  nicht  als  Zeugnis 
für  eine  ptolemäische  Kopfsteuer  anführen  können. 

^)  Diese  Auflösungen  sind  besser  als  Xax(avta(;) ,  wie  ich  im  Textdruck 
vorschlug. 

^)  Diese  Erklärung  ziehe  ich  der  im  Textdruck  zw  Z.  5  gegebenen  vor. 
Wie  TCpOQxaX,  zu  deuten  ist,  lasse  ich  dahingestellt. 

^)  Es  wäre  daher  besser  unter  die  Quittungen  mit  ungenanntem  Zahlungs- 
mittel" gestellt  worden. 


§72.    DIE  GEMÜSESTEUER. 


251 


£x(aaTo?)  a  =  *  Y  r  •  -^^^  Anwendung  des  AVortes  Trapazofit^siv, 
das  sonst  immer  in  Beziehung  auf  Xaturallieferungen  gebraucht  wird, 
deutet  wohl  darauf  hin,  dass  die  Geldzahlung  hier  eine  Natural- 
lieferung  vertritt. 

Dass  die  Gemüsehändler  eine  Gewerbesteuer  zahlten,  ist  a  priori 
anzunehmen  und  wird  durch  BGXJ  337,  22  bezeugt  (Xa^^avoTiwXwv). 
Diese  wird  natürlich  in  Geld  gezahlt. 

§  73.  TTCsp  XY]|jL[iaT(ov. 

A-^lilia  bezeichnet  das  Einkommen,  die  Einkünfte,  im  Gegen- 
satz zu  avaX(0|xa.  den  Ausgaben.^)  In  Kr.  270  (Syene-Elephantine) 
wird  zwei  Männern  quittirt:  bizep  [X£pLa[x[ü)v]  Xig{ipLa(T(Ov)  ce^ 
(174/5)  £x(aaTO^)  — .  Auf  den  ersten  Blick  könnte  es  so 
scheinen,  als  hätten  wir  eine  reguläre  Einkommensteuer  vor  uns, 
wenn  wir  uns  nämlich  Xy][x{i.aT(i)V  abhängig  denken  von  [X£p'.a{xa)V. 
Sachlich  erscheint  mir  das  aber  dadurch  ausgeschlossen,  dass  beide 
Männer  genau  dieselbe  Summe  zahlen.  Bei  einer  Einkommensteuer 
würde  dies  voraussetzen,  dass  sie  auch  genau  dasselbe  Einkommen 
gehabt  hätten.  Selbst  wenn  man  diese  Unwahrscheinlichkeit  für 
den  einzelnen  Fall  zugeben  wollte,  würde  doch  das  Wort  [i£pca[i6? 
dagegen  sprechen,  denn  dieses  bezeichnet,  wie  wir  in  §  75  wahr- 
scheinlich zu  machen  suchen  werden,  solche  Steuern,  die  auf  Alle 
in  gleicher  Höhe  kopfsteuerartig  verteilt  waren.  Da  dies  für  die 
Einkommensteuer  ausgeschlossen  ist,  so  bleibt  nur  übrig,  X>j[ip,aTü)v 
von  [X£p'.a{ji(i)V  zu  trennen,  es  in  dem  Sinne  von  ocizb  ).rj(j,[xaT(ji)V  zu 
nehmen  und  darin  lediglich  einen  Hinweis  darauf  zu  sehen,  dass 
die  ungenannte  Steuer  —  denn  [X£pca|i6s  deutet  nur  den  Charakter 
an  —  von  den  Einkünften  des  betreffenden  Jahres  bezahlt  werden 
sollte,  resp.  worden  ist.'-)  Wie  ich  mir  1895  am  Original  notirt 
habe,  wäre  es  sogar  möglich,  in  der  Lücke  hinter  ^£pca[i[a)V  noch 
ein  T.Tzb']  zu  ergänzen.  Ich  sehe  in  dieser  Bemerkung  XyjfjifiaTWV 
ToO  X  £TOu;  ein  Analogon  zu  dem  in  den  Naturalquittungen  fast 
regelmässigen  Zusatz  Y£vV5{iaT0?   tou  x.  etou;,  wofür  auch  äizb 


^)  Vgl.  BGU  1,  14;  14  II  2;  21  II  1;  34  I  1. 

Ebenso  ist  auch  in  BGU  8  II  das  mehrmalige  Xr,\i\idiz(üv       oder  8^ 
von  dem  vorhergehenden  cpdpof  zu  trennen. 


252 


IV.  KAPITEL. 


Y£vyj|JiaTO(;  stehen  kann.^)  Man  begreift,  dass  in  den  Natural- 
quittungen  der  Zusatz  so  regelmässig  gemacht  wird,  da  das  Ge- 
treide oder  der  Wein  etc.  verschiedener  Jahre  verschiedenen  Wert 
haben  kann.  Darum  begegnet  der  Zusatz  sogar  dann,  wenn  die 
Naturalien  nicht  in  natura  geliefert,  sondern  durch  Geld  abgelöst 
werden.  Vgl.  §  87  und  109.  Andrerseits  ist  es  begreiflich,  dass 
bei  reinen  Geldzahlungen  der  Zusatz  XYj[i[jLax(i)V  toö  x  ezouq  so  un- 
gemein selten  begegnet,  denn  ob  das  Geld  aus  dem  Einkommen 
dieses  oder  jenes  Jahres  genommen  wird,  war  für  den  Staat  gleich- 
gültig. Ich  finde  den  Zusatz  nur  noch  einmal,  in  290,  wo  quittirt 
wird  bizhp  Xaoyp(cx.^i(xq)  X7](|Ji|JLaT(jL)v)  ceL.  Auch  hier  kann  nur 
gemeint  sein,  dass  das  Geld  für  diese  Kopfsteuer  von  dem  Ein- 
kommen des  15.  Jahres  zu  entnehmen  war,  resp.  entnommen  worden 
ist.  Mit  anderen  Worten,  es  ist  garnichts  anderes  als  wenn  einfach 
dastünde:  XaoypacpLa?  le^,  „ftir  die  Kopfsteuer  des  15.  Jahres", 
denn  das  ist  eben  die  Kopfsteuer,  die  von  dem  Einkommen  des 
15.  Jahres  bestritten  werden  soll.  Nach  dieser  Auffassung  ist 
also  XyjfifJiaTWV  eigentlich  überflüssig,  und  daraus  erklärt  sich,  dass 
es  so  selten  gesagt  wird. 

Es  sei  hier  besonders  hervorgehoben,  dass  es  eine  einheitliche 
Einkommensteuer  im  modernen  Sinne  ebenso  wenig  gegeben  hat  wie 
eine  einheitliche  Vermögenssteuer.  Wie  die  einzelnen  Vermögen s- 
objecte  einzelnen  Steuern  unterworfen  wurden,  so  sind  auch  die 
einzelnen  Einkommensquellen  besteuert  worden,  wofür  dieses  Kapitel 
mehrere  Beweise  bringt.^)  An  die  Besteuerung  solcher  Einkommens- 
quellen wird  man  wohl  auch  in  BGU  475  (II.  Jahrh.  n.  Chr.)  zu 
denken  haben,  wo  es  im  Hinblick  auf  Steuereingänge  an  das 
tepWTaTOV  Ta|JL£Tov  heisst:  1^  tbv  dgenpocyß^aocy  uizkp  Xri\i\i(X.zm  toö 
auTOö  d.  h.  „von  dieser  Summe  wurden  eingetrieben  für  die 
Einkünfte  desselben  7.  Jahres"  so  und  so  viel.  Wenn  in  dem 
kürzlich  vom  Berliner  Museum  erworbenen  Ostrakon  P.  8597  UTz(kp) 
Y£ü)[i(£Tpta?)  90LV£ix(a)V0s)  'Apaßta?  U7i(£p)  Xy]jJi([JLaTü)v)  a  ^  quittirt 

^)  Vgl.  BGU  61  I  8:  dnö  Yev7^|J.aT0(s)  xoö  auxoö  STOUg.  Aehnlich 
BGU  64,  5;  67,  8  u.  sonst. 

2)  Ich  bemerke,  dass  die  zweimalige  Erwähnung  der  Xi^iifiaxa  in  BGU  485 
mit  einer  Besteuerung  derselben  nichts  zu  thun  hat.  Hier  sind  es  die  Einkünfte, 
die  der  Staat  oder  die  Gemeinde  aus  den  dort  spezialisirten  Steuern  und  Ab- 
gaben bezieht. 


§  73  —  74. 


253 


wird,  so  soll  damit  wohl  nur  gesagt  sein,  dass  diese  Abgabe  für 
den  Ertrag  des  betreffenden  Palmenlandes  im  ersten  Jahre  erhoben 
wird.    Vgl.  dazu  §  131. 

§  74.  Et?  TYjV  ^oyscav. 

Für  Theben  belegt  durch  Nr.  360,  402,  412—418,  420,  alle 
aus  der  Kaiserzeit. 

Kr.  360,  aus  dem  J.  8  vor  Chr.,  die  nur  teilweise  erhalten 
ist,  steht  für  sich.  Dagegen  sind  die  anderen  Nummern,  die 
vom  J.  52/3  bis  67/8  n.  Chr.  sich  erstrecken,  zusammen  zu  be- 
trachten, denn  sie  sind  sämmtlich  an  dieselbe  Person,  einen  gewissen 
Jli^O'jyj.c,  Ilo'Z^r^a^(J)c,^),  gerichtet  und  sind  auch  sämmtlich,  abgesehen 
von  402,  von  derselben  Person  ausgestellt,  von  einem  gewissen 
Wevap,c5vc?  IlexuaiO!;.  Wir  müssen  diese  Persönlichkeiten  etwas  ge- 
nauer betrachten,  da  dies  für  die  Auffassung  der  Abgabe  entscheidend 
ist.  Der  Quittupgsaussteller  ^*£vap,oövi^  bezeichnet  sich  bald  als 
TtpoaxaTYji;  Toö  O-eoö  (412,  414,  418),  bald  als  (fsw^a:?  oder 
^evv^ai^)  (413,  [415],  416,  417),  bald  als  cpsvvYja:^  xal  ^zpoaT(x,zr^c 
ToO  -ö-eou  (420).  Ich  habe  schon  im  Text  unter  Nr.  413  mit 
Revülout's  Hilfe  das  merkwürdige  Wort  (pevvfja:^  als  griechische 
Transcription  der  aegyptischen  Gruppe  p  hn  n  ese,  d.  i.  „der 
Priester  der  Isis"  erklärt.  Mit  dem  Titel  „Vorsteher  des  Gottes" 
muss  etwas  anderes  gemeint  sein,  da  in  420  beide  Titel  neben 
einander  erscheinen,  durch  xal  verbunden. 3)  ^'"evajAOUVtg  wird  also 
Priester  an  einem  Tempel  gewesen  sein,  in  welchem  Isis  und 
daneben  ein  männlicher  Gott  gemeinsam  —  wahrscheinlich  noch 
mit  Anderen  zusammen  —  verehrt  wurden.  Vor  dem  Namen  des 
Adressaten  steht  mehrmals  0[io^  oder  o(ioXoya),  das  ich  schon  im 
Textdruck  als  6|ioX6Y(p*)  erklärt  habe.    Es  ist  dies  die  bei  weitem 

Nur  in  412  erscheint  er  mit  seinem  vollen  Namen:  Il£xeapvou(^pt5 
IlEXSi^a'.og  og  xal  Il'.ßoöX'.S.    Er  trug  also  einen  Doppelnamen. 
^)  cpEvvfjO'.  ist  die  nicht  gräcisirte  Form. 

^)  Bei  dem  schlechten  Griechisch,  das  dieser  aegyptische  Priester  schreibt, 
hätte  man  sonst  denken  können,  dass  toö  S-eoO  für  d-eoö  oder  X7]q  O-eag 
gesagt  wäre.  —  Beachte  übrigens  die  Dialectform  Xoiyzidv  (=  lojeian)  in  412 
und  415. 

■*)  Nach  420,  wo  die  Quittung  beginnt:  6\loXoy&'.  eX^^'^j  könnte  man  auf 
die  Idee  kommen,  das  Verbum  6|jloXoyc5  darin  zu  sehen,  statt  SjioXcYw.  Man 
müsste  dann  annehmen,  dass  das  Verbum  an  eine  ganz  falsche  Stelle  gekommen 


254 


IV.  KAPITEL. 


älteste  Erwähnung  jener  6[JL6Xoyoc  genannten  Klasse  von  ländlichen 
Arbeitern,  die  uns  bisher  nur  durch  Cod.  Theod.  XI  24,  6  vom 
J.  415  n.  Chr.  bekannt  war.^)    Unser  ntßaij)(cg,  der  also  ein  solcher 

wäre.  Das  halte  ich  aber,  trotz  des  schlechten  Griechisch,  für  unmöglich. 
Auch  paläographisch  wäre  es  höchst  unwahrscheinlich,  dass  das  verbum  finitum 
mit  0[ioX  abgekürzt  wäre,  zumal  hier  sonst  kaum  Abkürzungen  vorkommen. 
Bei  einem  Titel  hat  es  dagegen  nichts  Aufialliges. 

^)  In  diesem  speziell  auf  Aegypten  bezüglichen  Erlass  des  Honorius  und 
Theodosius  heisst  es  in  §  3 :  sane,  qui  vicis,  quibus  adscripti  sunt,  derelictis, 
et  qui  homologi  more  gentilicio  nuncupantur,  ad  alios  seu  vicos  seu  dominos 
transierunt  etc.  Ebenda  pr.  werden  sie  als  homologi  coloni  bezeichnet.  Die 
angeführten  Worte  lassen  darüber  keinen  Zweifel,  dass  man  im  V.  Jahrhundert 
die  an  die  Scholle  gefesselten  adscripticii  darunter  verstanden  hat.  Könnte  man 
feststellen,  was  man  im  Anfang  der  Kaiserzeit,  aus  dem  unsere  Ostraka  stammen, 
mit  5[jLÖXoYog  bezeichnet  hat,  so  würde  das  für  die  Geschichte  des  Colonats  ein 
wichtiger  Beitrag  sein.  Die  Ostraka  geben  keine  Auskunft  über  die  Bedeutung; 
so  müssen  wir  uns  an  die  Etymologie  halten.  Zachariae  von  Langenthal  (Gesch. 
d.  Griech.-Röm.  Eechts,  3.  Aufl.  S.  227)  meint:  ,, Homologi* heissen  sie,  weil  sie 
in  den  Professionen  (6[xoXoYtat)  beim  Census  angegeben  Averden  mussten."  Aber 
öp-OAcyta  heisst  nicht  Profession,  sondern  Vertrag.  Profession  ist  dTCGypacp"»^. 
Das  Eichtige  hat  schon  Gothofredus  .im  Commentar  zu  der  Codexstelle:  öfjtoXoyoi 
conditionales,  dediticii,  qui  videl.  sese  dedentes  ex  p actione  quadam  hanc 
in  conditionem  venerant  et  recepti  fuerant.  'OiiöXoyoL  sind  also  Leute,  deren 
Stellung  auf  einer  S^oXoyia,  einem  Vertrage,  basirt.  Das  ist  wenigstens  die 
ursprüngliche  Bedeutung.  Dass  nun  unter  diesen  SiaöXoyo'.  auch  schon  in  der 
frühen  Kaiserzeit  ebenso  wie  im  V.  Jahrhundert  ländliche  Arbeiter  verstanden 
wurden,  zeigt  BGU  560  (II.  Jahrh.  n.  Chr.): 

20  .  .  .  ]  .  ystopyouvxeg  6[jLÖXoyoi  ävS(p£5)  p!J.S 

21  .  .  ]  Y£a)pY[oD]vx[£]5  ÖYjjjLOoiav  xaL  oOa'.axr/v  yf^v  äv8(p£s) 

22  ...  ]v8p(.  .  .)  a  £Y.Yp{a7ixo'.?)  ly  evaivYis  a 

23  .  .  .  ]  .  Xsv  XTjv  y.Wjxr^v  ßaa'.X-.x-^g  y'^?  dy]aoaiti)(v) 

24  [Y£ü)pYwv  .... 

Dies  steht  unmittelbar  hinter  einer  grossen  Personenliste  (mit  Altersangabe). 
Ich  vermute,  dass  die  Zahl  in  Z.  20  die  Gesaramtsumme  der  vorher  aufgeführten 
Personen  giebt,  während  die  nächsten  Zeilen  die  Spezificirung  enthalten.  So 
die  übliche  Formel:  '(ivowzcx.i  ....  wv  eloiv  .  .  .  Danach  sind  im  Ganzen  144 
.  .  .  YEWYpoövTE^;  6\iöXoyo'.  aufgeführt  worden  (bis  zum  Alter  von  15  Jahren 
herab).  Von  diesen  144  haben  115  Gemeindeland  (Syj|JLoatav)  und  kaiserliches 
Privatland  (ouaiaxi^v)  bestellt.  Die  nächsten  Posten  sind  unklar,  teils  ver- 
stümmelt, teils  unsicher  gelesen.  Die  14  Fehlenden  sind  in  einer  der  grossen 
Lücken  im  Anfang  der  Zeilen  zu  ergänzen.  In  BYYp{oi.Ti':o'.)  oder  s^XPi'^^^'-) 
könnte  man  versucht  sein,  ein  Aequivalent  für  adscripticii  zu  sehen.  Jedenfalls 
scheint  6|jlöXoyos  ^^^^  noch  ein  weiter  Begriff  zu  sein,  der  verschiedene  Arten 
von  ländlichen  Arbeitern  umfasst.    Allen  gemeinsam  wird  nur  sein,  dass  sie  auf 


§74.    COLLECTEX.    DIE  5}xöXoYO'.. 


255 


6\}.GXoyoq  ist,  hat  nach  den  obigen  Quittungen  mehrfach  Beiträge 
für  die  Xoyeia  geliefert.  Das  Wort  Xoyeta,  desselben  Stammes  wie 
XoYE'JSLV  =  „einsammeln",  ist  schon  aus  der  Ptolemäerzeit  als 
Bezeichnung  für  „Sammlung,  Collecte"  bekannt.^)  In  den  obigen 
Ostraka  begegnen  wir  zum  ersten  Mal  einer  Collecte,  die  für  Götter 
erhoben  wird.  Pibuchis  zahlt  sowohl  für  die  Collecte  der  Isis 
(413,  415)  als  auch  für  die  des  ungenannten  d-eoq  (412,  414). 
Beide  Collecten  stehen  selbststandig  nebeneinander,  denn  im  J.  63 
zahlt  Pibuchis  fiir  beide,  für  Isis  4  Dr.  1  Ob.,  für  „den  Gott" 
4  Dr.  2  Ob.  (413,  414).  Nicht  immer  (vgl.  412),  aber  meist 
findet  sich  der  Zusatz  uTiep  töv  hr^\L0O^^s)v.'-)  Dieselbe  Wendung 
steht  in  417  und  418  und  zwar  allein.  Ausserdem  steht  in  416 
und  420  bnkp  twv  SrjpioaLWV  xf;;  (^evvYjaiag.  Der  Ausdruck  xa 
Sr^pLoaia  ist  als  eine  allgemeine  Bezeichnung  für  die  öfientlichen 
Leistungen  oder  Abgaben  bekannt  (vgl.  §  30).  Das  Wort  ^ewr^aia 
muss  nach  den  obigen  Bemerkungen  das  „Priestertum  der  Isis" 
bezeichnen.  Die  Zahlungen  werden  also  damit  als  Beitrag  zu  den 
öffentlichen  Leistungen  der  Isispriester  bezeichnet.  Mir  scheint, 
dass  der  Kern  der  Sache  hier  besser  ausgedrückt  ist  als  oben: 
nicht  für  die  Isis,  sondern  für  die  Isispriester  wird  die  Collecte 
erhoben.  Es  muss  hervorgehoben  werden,  dass  diese  Abgabe  von 
den  Priestern  selbst  eingezogen  wird. 

Ein  Unicum  bildet  402:  bTzkp  ^oyia^  £v:p'.Xac.  Im  Textdruck 
Hess  ich  das  Schlusswort  noch  unerklärt.    Ich  möchte  meinen,  dass 


Grund  einer  t\ioXo^:<x  (wohl  eines  Pachtvertrages?)  arbeiten.  "Wenn  man  die 
Bedingungen  dieser  Verträge  kennte,  Hesse  sich  das  Verhältnis  dieser  t\iÖAO^o'. 
des  II.  Jahrhunderts  zu  denen  des  V.  genauer  fixiren.  Hier  müssen  wir  uns 
auf  diese  Andeutungen  beschränken. 

Vgl.  die  Zusammenstellung  von  Beweisstellen  in  dem  dankenswerten 
Buche  von  Deissmann  Bibelstudien"  Marb.  1895,  S.  139  ff.,  der  mit  Recht 
die  Xo^fLa.  im  I.  Korintherbriefe  16  damit  erklärt.  Das  Wort  XoyloL  habe 
ich  auch  in  BGU  515  7/8  vom  J.  193  n.  Chr.  hergestellt.  Hier  erscheint  die 
Xoyia  als  Zuschlag  (eTiißATjO-evTa)  zu  den  a'.X'.xa  tri\i.6y.o(. ,  gleichfalls  in  Getreide 
zahlbar.  —  Irrtümlich  hält  Rudorff  (Rhein.  Mus.  1828,  S.  137)  ^oysusiv  für 
synonym  mit  Xo^-^soO-a-.  (=  Steuern  repartiren).  Für  ihn  sind  die  sxXoY'-^xat 
daher  auch  Steuererheber.    Vgl.  dagegen  unten  Kap.  VI. 

Der  aegyptische  Priester  kämpft  mit  den  griechischen  Präpositionen  wie 
ein  Tertianer  —  heut  zu  Tage  muss  man  wohl  sagen,  wie  ein  Primaner.  Er 
schreibt  bald  Tiepi  bald  ÖTispl  und  meint  offenbar  br.ip. 


256 


IV.  KAPITEL, 


ev^iXa?  für  zlq  OiXa?  steht  und  damit  gesagt  ist,  dass  diese  Collecte 
für  Philae,  vermutlich  für  den  berühmten  Isistempel  von  Philae 
bestimmt  war. 

§  75.   Tjtsp  |i£pia[jLoö  oder  (X£pta[jLa)v. 

Für  Syene-Elephantine  belegt  durch  Nr.  95—99,  [170],  173, 
174,  178—180,  186,  196—198,  200,  202—205,  208,  209, 
212—222,  224,  225,  228,  235,  241,  242,  246—248,  253,  256, 
258,  270  (vgl.  §  73),  283(?),  289,  für  Theben  durch  545,  549—552, 
561,  615,  637,  652,  655,  1443. 

Es  gilt  zunächst  den  Begriff  der  in  den  Ostraka 

vielfach  in  Verbindung  mit  den  verschiedensten  Abgaben  begegnet, 
in  den  obigen  Xummern  aber  ohne  jede  Zusatzbestimmung  auftritt, 
möglichst  scharf  zu  fassen.  Die  Belege  stammen  sämmtlich  aus 
der  Kaiserzeit.  Aus  der  Ptolemäerzeit  ist  mir  das  Wort  nicht 
erinnerlich. 

Fröhner^)  hat  die  (X£pLa[J-OL  als  Zahlungen  ä  comptes,  als 
payements  partiels,  als  Ratenzahlungen  erklärt.  Ich  möchte  eine 
andere  Auffassung  proponiren.  Ich  leite  das  Wort  von  [xspc^eiv  in  der 
Bedeutung  „verteilen,  zuteilen,  repartiren"  ab  und  nehme  [iepia\LGq 
in  dem  Sinne  von  t6  {JL£{X£pLa{Ji£VOV  als  „das  Zugeteilte",  als  den 
Teil,  der  durch  die  Repartition  der  Gesammtsteuer  auf  den  Einzelnen 
entfällt.  Ich  verweise  auf  BGU  21,  Col.  I,  vom  J.  340  n.  Chr., 
wo  die  Dorfbeamten  dem  Praepositus  pagi  unter  dem  Eide  ver- 
sichern „|X£[i£pca^a:  xal  a7r('irj)T'^a'8'at  eid  ifi<;  r]\izzipcx.q  xa)|xy]?  dq 
Tobq  I^Yj^  h(yeypoc\i\iho\jq  oLvhpocc,  lohq  l^fj^  £YY£Ypa|x[jL£Voi)? 
[X£p'.a[xou(;  £9'  IxaaTOü  [X7]v6^".  Die  [ji£p:a[JiOL  sind  hier  also  von 
der  zuständigen  Behörde  an  die  unten  genannten  Männer  verteilt 
und  dem  entsprechend  erhoben  worden.  Wie  man  auch  über 
das  Wesen  der  hier  vorliegenden  Abgabe  urteilen  will,  so  viel  ist 
sicher,  dass  sie  (in  jedem  Monat)  kopfsteuerartig  in  gleichen  Raten 
auf  die  einzelnen  Personen  repartirt  wurde.  Vgl.  Col.  II  4:  „für 
Monat  Payni  100  Männer  zu  15  Talenten,  macht  1500  Talente". 2) 


1)  Rev.  archlolog.  XII,  S.  41. 

2)  Merkwürdig  ist  die  Angabe  der  vorhergehenden  Zeile  ävSpsg  pxe^, 
d.  h.  125^  Männer.  Das  kann  nur  bedeuten,  dass  der  eine  Mann  die  Steuer 
nur  in  halber  Höhe  zu  zahlen  hatte.    Es  liessen  sich  verschiedene  Gründe 


§  75.  Mspia^iO':. 


257 


Hiernach  scheint  mir  klar  zu  sein,  dass  das  Wort  [ASpcafiOi;  nicht  die 
Teilzahlung,  die  Ratenzahlung  bezeichnet,  die  der  Einzelne  als  Teil 
der  gesammten  ihm  zufallenden  Abgabe  leistete,  denn  die  Höhe 
dieser  Raten  wird  nicht  von  den  Behörden,  sondern  je  nach  den 
Verhältnissen  von  dem  Zahler  selbst  bestimmt.  Vielmehr  wird 
durch  dieses  Wort  der  auf  den  Einzelnen  entfallende  Steuerbetrag 
als  ein  Teil  der  gesammten  von  der  betreffenden  Gemeinde  auf- 
zubringenden Steuersumme  charakterisirt. 

lieber  den  Inhalt  der  Steuer  ist  durch  das  Wort  nichts  aus- 
gesagt. So  finden  wir  es  denn  in  den  verschiedensten  Verbindungen 
wie  fiepcafiö^  ava^"  (§  13),  [a.  av^  (§  14),  ji.  avSpiaviwv  (§  15), 
\L.  d7:6pü)(v)  (§  18),  (X.  ßaX(avcxoö)  (§  22),  ji.  S'.tiXwv  (§  32), 
\L.  5lü)p6y((dv)  (§  33),  [1.  y.uy^  (§  69),  ji.  TroTajio'^uXaxiSwv  (§  99), 
\i.  oLxo5(o|JLLaO  axo-CeXwv)  (§  113),  ji.  gzottCeXcdv)  (§  113), 
[i.  Gzoczimoq  (§  116),  {1.  ziX(o\jq)  (§  122),  [i.  teaou?  wvlwv  (§  138). 
Vielleicht  sind  mir  noch  einige  Verbindungen  entgangen. 

Wiewohl  durch  das  Wort  jJiepL^SLV  oder  [Lep:a\L6q  an  sich  in 
keiner  Weise  eine  Teilung  in  gleiche  Teile  indicirt  ist,  scheint  es 
mir  doch,  als  wenn  man  von  p,£pLa[iO''  doch  nur  bei  solchen  Abgaben 
sprach,  welche  kopfsteuerartig  in  gleichen  Teilen  auf  die  Be- 
völkerung repartirt  waren.  Dass  in  dem  obigen  Papyrus  der  Fall 
so  liegt,  hob  ich  schon  hervor.  Aber  auch  bei  den  oben  angeführten 
Verbindungen  der  Ostraka  haben  wir,  soweit  das  Material  über- 
haupt eine  Berechnung  zuliess,  den  kopfsteuerartigen  Charakter 
aus  den  erhaltenen  Summen  erweisen  können,  so  bei  [lepiajxog 
dv5pcavTü)v,  ßaXavtxoO,  7:oTa{jLOi^i)XaxLS(i)v,  axoTreXwv,  axaxcwvo?, 
xeXoüg  (i)Vtü)V.  Auch  in  den  obigen  Ostraka,  in  denen  [i£pta|JL6^ 
ohne  Hinzufügung  der  betreffenden  Steuer  gebraucht  ist,  scheint 
dieses  Verhältnis  vorzuliegen.  So  wii'd  für  114/5  n.  Chr.  in  2  Fällen 
je  2  Dr.  1  Ob.  gezahlt  (96,  97),  für  140/1  in  2  FäUen  je  2i  Ob. 


dafür  denken.  —  Inzwischen  ist  mir  die  eingehende  Behandlung  dieser  Urkunde 
durch  Seeck  in  der  Zeitschr.  f.  Social-  und  Wirtschaftsgesch.  IV  S.  295  flf.  be- 
kannt geworden.  Den  kopfsteuerartigen  Charakter  der  Abgabe  hebt  auch  er 
hervor.  Im  üebrigen  bleibt  mir  auch  jetzt  in  diesem  schwierigen  Document 
noch  vieles  dunkel.  Dass  der  halbe  Mann  damit  zu  erklären  sei,  dass  auch 
Frauen  (2=1  Mann  gerechnet)  unter  den  av5p=?  seien,  glaube  ich  nicht. 
Listen  wie  unsere  Nr.  1169  und  1170  sprechen  dagegen.  "AvSps^  heisst  Männer, 
nicht  „Köpfe".  Letzteres  hätte  man  etwa  mit  otoiiaTa  ausgedrückt. 
WiLCKEN,  Ostraka.  17 


258 


lY.  KAPITEL. 


(178,  179),  für  144/5  in  3  Fällen  je  3  Dr.  l  Ob.  (200,  202;  in 
letzter  Nummer  heist  es  bei  der  zweiten  Zahlung  ausdrücklich:  xa^ 
taaö,  für  146/7  in  5  Fällen  je  4  Dr.  (208,  209,  212,  213, 
215)  u.  s.  w.  In  242  wird  zwei  Männern  quittirt:  exaaxou  ayhpoq 
^  ac^.  Ebenso  in  253.  Die  Ausnahmen,  die  sich  dieser  Auffassung 
entgegenzustellen  scheinen,  lassen  sich  durch  die  Annahme  von 
Ratenzahlungen  beseitigen.^)  Ich  halte  es  nach  dem  Gesagten  für 
mehr  als  wahrscheinlich,  dass  als  [lepcafiOL  diejenigen  Abgaben 
charakterisirt  wurden,  die  zu  gleichen  Teilen  auf  die  Köpfe  der 
Bevölkerung  repartirt  waren.  Es  sind  das  meist  —  nicht  immer  — 
solche  Abgaben,  die  wir  am  Ende  dieses  Kapitels  als  Zwangsbeiträge 
zu  gemeinnützigen  Zwecken  charakterisirt  haben. 

§  76.  TTisp  y  SLxaajjLoö  jjiDpoß(aXav(ov). 
Für  Syene  belegt  durch  Nr.  1460. 

Ich  wage  keine  Erklärung  für  das  Wort  £ixaa|x6^,  dessen  be- 
kannte Bedeutungen  hier  nicht  am  Platze  zu  sein  scheinen.  Im 
Uebrigen  entspricht  diese  Quittung  in  jeder  Hinsicht  den  im  fol- 
genden Paragraphen  behandelten. 

§  77.  TTisp  TpLTwv  vo[x  [iDpo|3(aXdv(ov). 
Für  Syene  belegt  durch  Nr.  296—300. 

Mit  (JiupoßaXavo?  wird  ein  Nutzbaum  bezeichnet,  dessen  Früchte 
zur  Herstellung  von  Oelen  und  Salben  verwendet  wurden.  Aus 
den  mir  zugänglichen  Hilfsmitteln  war  es  mir  nicht  möglich,  den 
Baum  botanisch  zu  bestimmen. 2) 

In  den  obigen  Texten  handelt  es  sich  um  eine  Abgabe,  die 
in  natura,  in  Früchten,  von  den  Besitzern  solcher  Bäume  gezahlt 
wurde.  Ich  schicke  voraus,  dass  der  Pap.  Lond.  CXIX  (Theben, 
II.  Jahrh.  n.  Chr.)  zeigt,  dass  die  Grundsteuer  von  |iupoßaXavo?-Land 
ebenso  wie  von  AVein-  und  Palmenland  in  Geld,  und  zwar  nach 

Meistens  sind  die  abweichenden  Zahlen  kleiner.  Wenn  in  205  5  Dr. 
^  Ob.  3  Ch.  gezahlt  werden,  während  in  203  und  204  für  dasselbe  Jahr  nur 
je  4  Dr.,  so  folgt  daraus  nur,  dass  die  4  Dr.  trotz  der  Uebereinstimmung 
Raten  sind, 

2)  Ist  etwa  die  Balanites  aegyptiaea  bei  Woenig,  die  Pflanzen  im  alt.  Aeg. 
S.  319,  damit  gemeint? 


§  75  —  78. 


259 


einem  festen  Satz  für  die  Arure  berechnet  wurde.  Vgl.  Z.  80:  [iopo^ 
dv(d)  ^  X.  In  diesem  Falle  betrug  also  die  Grundsteuer  30  Dr.  für 
die  Arure.  Daraus  geht  soviel  mit  Sicherheit  herv'or,  dass  die  obigen 
Ostraka  nicht  von  der  Grundsteuer  handeln. 

Im  Einzelnen  bleibt  alles  dunkel.  In  297  steht:  b7z(kp)  y 
voji  [AUpo^.  Das  Y  wird  nach  296  (uTcep  TpiTa)[v])  als  ^  zu  fassen 
sein.  Aber  was  soll  voji?  Die  Ableitungen  von  vo[xr^,  vo(Ji6c, 
y6\Loq  befriedigen  mich  nicht.  Ist  vielleicht  yo|JL(ap)^:xü)v)  zu  lesen? 
Eine  andere  Schwierigkeit  liegt  darin,  dass  in  297  trotz  des  vor- 
hergehenden Y  doch  TO  Ixt[ov]  geliefert  wird.  Au  eine  Raten- 
zahlung ist  kaum  zu  denken;  dann  würde  ey.xov,  ohne  Artikel, 
gesagt  sein.  —  Wenn  es  in  299  heisst  a7:(6)  (laiCioi))  ay  tö 
ETitßaXXov  GOi  [Aepo?,  so  kann  das  nur  bedeuten,  dass  der  betreffende 
Zahler  eine  Ernte  (yevr^iia)  von  14  Matien  (s.  Kap,  X)  gehabt  hat, 
und  davon  den  betreffenden  Procentsatz  abliefert.  Vgl.  297:  d7i(c) 
}iaT(i(i)v)  s  "^^  e7wT[ov].  Das  würde  voraussetzen,  dass  die  Eigen- 
tümer den  Ertrag  ihrer  Ernte  deklariren  —  ^'ielleicht  schon  im 
Voraus  auf  Grund  einer  auvTifJLYjai? ,  wie  das  bei  der  d7:6{iCLpa 
vorgeschrieben  war  und  durch  Petr.  Pap.  (II)  XXVII,  1  veranschau- 
licht wird.  Bei  obigen  Ostraka  an  die  d7r6|io:pa  selbst  zu  denken, 
wird  dadurch  ausgeschlossen,  dass  in  diesem  Falle  in  Geld  zu  zahlen 
wäre.    Vgl.  §  5. 

§  78.  TTisp  vau^(ioD). 
Für  Theben  belegt  durch  Nr.  1396. 

Das  Wort  va'jß'.ov  ist  trotz  mannigfacher  Bemühungen  noch 
immer  eine  crux  interpretum.  Wohl  zuerst  begegnete  es  im 
Pap.  Paris.  66.  Der  Herausgeber  Brunet  de  Presle,  der  zwischen 
der  Lesung  va'jßia  und  vauSia  schwankte,  vermutete,  qu'il  exprime 
une  fraction  du  talent.  Mahaff}^  der  das  Wort  in  den  Petrie  Papyri 
wiederfand,  vermutete  darin  a  Macedonian  ivord,  meaning  sum  total 
01'  in  gross.  Er  ging  hierbei  von  der  irrigen  Annahme  aus,  dass 
die  darauf  folgende  Summe  eine  Geldsumme  sei,  während  sie  die 
Zahl  der  Naubien  bezeichnet. 

Unsere  Ostraka  bieten  nun  zunächst  zur  Erklärung  des  Wortes 
ein  Factum,  das  auf  alle  Fälle  von  Interesse  ist,  wenn  es  auch  das 
Rätsel  nicht  löst.    In  1025  heisst  es :  dTceipYaaxai  e:g  xö  5:dxo[i{JLa 

17* 


260 


IV.  KAPITEL. 


va(ußca)  X.  Als  ich  vor  Jahren  diesen  Text  mit  E.  Revillout  in 
der  Revue  Egyptologique  VI  S.  1 1  herausgab,  hatte  ich  statt  irrig 
Y^'  gelesen  und  konnte  daher  nicht  merken,  dass  der  demotische 
Text  ein  fast  gleichlautendes  Wort  für  vaußtov  bietet.  Nach  Revil- 
lout's  Lesung  heisst  es  nämlich  in  der  demotischen  Beischrift:  a 
ecrit  .  .  .  sur  30  neht\  Auf  alle  Fälle  entsprechen  diese  30  neht  — 
oder  genauer  nht^  denn  die  Schrift  giebt  den  Vokal  nicht  an  —  den 
30  vaußca  des  griechischen  Textes.  Mein  erster  Gedanke  war,  dass 
vaußLOV  die  Transscription  des  aegyptischen  Wortes  nht  sei  (das  finale  t 
schwindet  früh).  Da  die  Hieroglyphe  nh  einen  geflochtenen  Korb 
darstellt  (\^^),  vermutete  ich,  auch  im  Hinblick  auf  das  koptische 
NOyBT  „flechten",  dass  nht  =  vaußtov  einen  Korb  bezeichne,  und 
da  die  Naubien  regelmässig  im  Zusammenhang  mit  Erdarbeiten  stehen, 
vermutete  ich  weiter,  dass  sie  die  Körbe  seien,  in  denen  die  Erde 
abgetragen  wird,  und  dass  nach  der  Anzahl  der  Körbe  die  Arbeit 
berechnet  sei.  Gegen  diese  Hypothese  wies  Mahafly  (Petr.  Pap.  II 
S.  40)  mit  Recht  auf  die  Thatsache  hin,  dass  mehrfach  Brüche,  auch 
kleinere  Brüche  von  vaußca  begegnen. i)  Andrerseits  wurde  mir 
von  aegyptologischer  Seite  mitgeteilt,  dass  die  Form  vaußtov  so 
wenig  aegyptisch  aussehe,  dass  eher  das  demotische  nht  als  Trans- 
scription des  Fremdwortes  vaußcov  aufzufassen  sei. 

Bei  dieser  Sachlage  wird  es  besser  sein,  auf  die  Etymologie 
einstweilen  zu  verzichten 2)  und  eine  Sacherklärung  zu  versuchen.  Ich 
stelle  im  Folgenden  die  Punkte  zusammen,  die  für  die  Auffassung 
von  vaußtov  von  Bedeutung  sind.  Vor  allem  ist  hervorzuheben,  dass 
die  Naubien  regelmässig  in  Beziehung  zu  Erdarbeiten  (epya)  stehen. 
Betrachten  wir,  zu  welchen  Verben  vaußtov  in  ein  Objects  Verhältnis  tritt: 

^)  So  kleine  Brüche,  wie  Mahaffy  in  Pap.  (I)  XXIII  las,  kommen  dort  aller- 
dings nicht  vor.  In  Z.  14,  wo  er  liest  und  erklärt,  vaußia  AwXSaoc  (4834  .  . 
perhaps  ö8  =        steht  in  Wirklichkeit  vaußia  ccwXSCA»  1834        (also  |) 

Naubien.  Derselbe  Bruch  begegnet  in  Z.  21,  wo  ich  lese  iti^d^  —  b^%Q  ^  i 
(statt  ucp).  In  Z.  4  las  ich  zum  Schluss  den  Bruch  ri  =  ^.  Z.  16  dü8  y=1404-| 
(statt  §U7C5  h  =  4:484|).  In  Z.  8  ist  ein  zweistelliger  Bruch,  wie  t'ß',  zu  ergänzen. 
Die  auf  der  folgenden  Seite  mitgeteilten  Fragmente  habe  ich  nicht  am  Original 
vergleichen  können.    Doch  bezweifle  ich,  dass  dort  der  Bruch  -^^  vorkommt. 

Eigenartig  ist  Wessely's  Versuch,  das  Wort  aus  dem  Griechischen  ab- 
zuleiten. CPR  I  S.  8  vermutet  er,  „dass  vaußiov  die  vulgäre  Form  des  home- 
rischen Wortes  Vi^i'ov,  attisch  vdiov,  von  vaug  gebildet  ist,  Holz  zu  Wasserbauten 
und  die  Holzsteuer  dazu" ! 


§78.    DAS  NAUBION. 


261 


1.  dTiepYaJ^eaO'at.  Vgl.  1023:  'ATreipYaaTai  .  .  .  IlaTaTifj?  .  .  . 
vaußia  X.  „Patapes  hat  fertig  gearbeitet  so  und  so  viele  Naubien". 
Aehnlich  in  1025.  Vgl.  auch  1222:  vaußiwv  p.Yj  aTiepYaa^evTWV, 
auch  Petrie  Pap.  I  S.  [66]  unten. 

2.  IpyaCeaO'a:.  Vgl.  1043  —  1047:  „Du  hast  gearbeitet  — 
y;PY  =  Y]PY(aao)  für  £ipY(aao)  —  an  dem  7r£pt)(ü)[ia  KXouffto^ 
1  Naubion". 

3.  dvaßaXXetv.  Vgl.  1399:  „Ihr  habt  aufgeworfen  —  dveßd- 
Xexe  —  fär  den  neuen  Damm  15  Naubien".  Aehnlich  1410: 
'AvaßeßXCYjxa?)  t6  STT'.ßa^Xov  aoi  vaußcov.  Vgl.  1411.  In  1567 
heisst  es:  'Avaß(eßXY]xaTe)  slq  )(G>(|JLa)  'A^r;v(a:a)v)  v(außcov)  yj'pLcau. 
Vgl.  1058. 

Nur  einmal  begegnete  mir  der  Ausdruck  dvaX''ax£iv  vauß:ov. 
Vgl.  Pap.  Paris.  66  IV  Z.  68  f:  xal  tlc,  tyjv  aTpaTTjY'-XYjv  oTxr^aiv 
dvrPvWxa:  vaußia  da.  „Für  die  Wohnung  —  wohl  für  die  Wälle 
zum  Schutz  der  Wohnung?  —  des  Strategen  sind  1200  Naubien 
aufgewendet  worden".  Darin  liegt  wohl  nur  ein  Hinweis  auf  *die 
Arbeitskraft,  die  dazu  verwendet  worden  ist.  In  1034  ist  die  Lesung 
iTZoiri(axio)  unsicher. 

Andrerseits  lehren  uns  die  Petrie  Papyri  (I)  XXII  2  und  XXIII, 
wie  ich  schon  in  den  Gött.  Gel.  Anz.  1895  S.  148/9  dargelegt  habe, 
dass  der  Lohn  für  die  Arbeiter  an  den  Dämmen  und  Kanälen  nach 
der  Zahl  der  Naubien,  und  zwar  unter  Zugrundelegung  des  Satzes 
von  1  Tetradrachme  für  60  Kaubia,  berechnet  wurde,  üm  diese 
Berechnung  auszuführen,  fand,  wie  der  Papyrus  sagt,  eine  [ilxpyjai^ 
epYWv  statt.  Wie  die  hiernach  aufgestellten  Listen  aussahen,  zeigt 
der  Papyrus  XXIII,  der  die  unmittelbare  Fortsetzung  von  XXII  2 
bildet.  Da  wird  zunächst  der  betreffende  Damm  nach  seiner  Lage 
und  Richtung  gekennzeichnet,  darauf  die  Zahl  der  vaußca  angegeben 
(ohne  Verbum),  endlich  der  Lohn  berechnet  nach  der  Formel  dq  5 
Twv  SH  (s.  oben). 

Diese  selbe  Formel  begegnet  nun  auch  gleichzeitig  bei  der 
Berechnung  des  Lohnes  für  die  dwcXia  oder  Xma.  Vgl.  Petrie 
Pap.  (II)  IV  11  und  XXXVI  2.  Auch  diese  Wörter  sind  bisher 
völlig  unerklärt.  Der  Papyrus  XXXVI  1  zeigt  uns  andrerseits,  in 
welcher  Weise  die  IpYWv  stattfand.    Nach  meiner  am  Ori- 

ginal vorgenommenen  Revision  des  Textes  lautet  die  Ueberschrift: 


262 


lY.  KAPITEL. 


XtOia  Ix  TWV  (X£TpY]'9'£VT[ü)]y 

aSog  Tzpbq  voToy  Ty]g  KXswvoi; 

[j3a]aLXLx[o]ö  Yp(a[jL[j.aT£a)c)  xal  .  uataouxio? 
ToO  :rap'  ^Ap\iohioi>  Y£a)[JL£Tpou. 

Also  der  königliche  Schreiber  und  ein  Geometer,  resp.  ihre 
Unterbeamten,  vermessen  die  Erdarbeiten  zusammen  mit  dem 
'IjiouO-yj^,  und  auf  Grund  der  Vermessung  wird  die  Zahl  der  fertig- 
gestellten Xtü'.a  constatirt.  Das  Vermessungsresultat  wird  in  fol- 
gender Weise  gebucht  (Z.  13  f.):  a^ocvia  £  TiXaxo^  y  ßaO-o^  a  / 
awL^La  tXO-.  Vgl.  Z.  31 :  ayoivloL  it  TzkoLZoq  y  ßa^o$  a  t^wiXca  w^^K 
Ich  überlasse  es  den  Mathematikern,  hiernach  den  Umfang  der 
awtXta  zu  berechnen.  So  viel  aber  dürfte  hiernach  sicher  sein,  dass, 
wie  auch  Mahaffy  bereits  bemerkt  hat,  sie  als  Mass  aufzufassen  sind, 
und  da  drei  Dimensionen  angegeben  werden,  Länge,  Breite  und  Tiefe, 
so  handelt  es  sich  um  ein  Kaummass,  mit  dem  die  aufgetragenen 
oder  abgetragenen  Erdmassen  gemessen  wurden.  Da  wir  nun  sehen, 
dass  für  1  vaußcov  derselbe  Lohnsatz  besteht  wie  für  1  awcXiov,  so 
dürfen  wir  wohl  annehmen,  dass  mit  diesen  beiden  Wörtern  ein  und 
dieselbe  Sache  bezeichnet  ist,  vielleicht  von  verschiedenen  Gesichts- 
punkten aus  aufgefasst,  und  da  auch  die  oben  nachgewiesenen  Ver- 
bindungen mit  a7r£pYa^£a'9'aL  und  dvaßaXX£cv  sich  dieser  Deutung 
fügen,  ist  es  mir  das  wahrscheinlichste,  dass  auch  das  vaußcov  ein 
Kaummass  ist,  mit  dem  die  Erdarbeiten  gemessen  werden.^) 

Was  bedeutet  es  hiernach,  wenn  ein  Steuerzahler  wie  in  1396 
'jTwIp  vaoßi'ou  Geld  zahlt?  In  BGU  572,  CPR  I  16,  CCXL  30 
schliesst  der  Zusammenhang  es  aus,  vaußcov  als  Mass  zu  fassen. 
Vielmehr  ist  hier  ohne  Zweifel  eine  Abgabe  oder  eine  X£LTOijpyta 
gemeint,  und  zwar  eine  solche,  die  auf  dem  Boden  lastet.  Ich 
vermute,  dass  wir  hier  einen  ganz  ähnlichen  Bedeutungswechsel  vor 
uns  haben,  wie  oben  bei  y£ü)[JL£Tpca  und  Xaoypa^ca:  vaußcov  wird 


^)  Die  Aegyptologen  mögen  prüfen,  ob  nicht  ein  Zusammenhang  zwischen 
diesem  vauß'.ov  und  dem  koptischen  NXyBGN  möglich  ist,  das  in  Psalm  XVI  5, 
XVII  37,  CXVIII,  133  den  8iaßri|iaxa  der  LXX  entspricht. 


§  78  —  80. 


263 


auch  die  Abgabe  oder  Liturgie  bezeichnen,  die  durch  das  Raum- 
mass  vauß'.ov  ermittelt  und  bestimmt  wird.  Hier  kann  es  sich  nur 
um  die  Verpflichtung  handeln,  bei  öffentlichen  Erdarbeiten  (für 
Deiche,  Kanäle  etc.)  Frohndienste  zu  leisten  (vgl.  unten  §  136). 
Wo  nun  ÖTiep  vaußcou  Geld  gezahlt  wird,  da  wird  der  Fall  vor- 
liegen, dass  der  Steuerzahler  sich  durch  das  Geld  von  der  Frohn- 
arbeit  loskauft  —  also  eine  Art  adaeratio.  In  BGU  662  wird 
üTiep  vaußioi)  xaxocxwv  gezahlt.  Auch  im  Pap.  Lond.  CCCLXXX 
(III.  Jahrh.  n.  Chr.),  wo  Jemand  vaußicu  )(aXx:v(ou?)  =  zahlt,  handelt 
es  sich,  wie  das  vorhergehende  apLO'|i'ir]T(txoö)  xaT(OLZ(Ov)  zeigt,  um 
einen  xaTGixo?.  Dass  die  Katoeken  nicht  persönlich  die  Frohn- 
dienste leisteten,  passt  zu  dem,  was  wir  sonst  von  ihrer  Stellung 
wissen.  Im  Pap.  Lond.  CCCLXXXIII  (II,  III.  Jahrh.)  wird  das 
vauß:ov  zu  den  „Einnahmen  der  Dörfer"  gezählt:  Xy^iipLaTiöv  xa)|Jiö)v 
vaußtoi)  ISacföv  xaTaxXr^poi))(rj^£VTü)v  'Avx:vo£ua[:]  xta. 

§  79.  ICizep  vauXoBoxwv. 

Das  Wort  vauXoSoxo?,  das  unsere  Lexica  nicht  kennen,  muss 
den  bezeichnen,  der  vaöXov,  Fährgeld,  empfangt.  Vielleicht  ist 
damit  dasselbe  gemeint  wie  mit  7iop^|i£u?  und  TTOpeuxr^^.  In  1477 
wird  zugleich  für  die  ^uXaxi^,  für  SittXwv  und  für  va'jXoSoxwv 
gezahlt  (4  Dr.).  Ueber  die  Höhe  der  einzelnen  Steuer  lässt  sich 
daher  nichts  ausmachen. 

§  80.  TiXoq  vaDTnrjywv. 

Für  Theben  belegt  durch  Nr.  672  (II/III  Jahrh.  n.  Chr.). 

XauTTirjYÖ^  bezeichnet  den  Schiffszimmermann.  Das  zekoc, 
yc^'J7zr^^((bv  ist  also  die  Gewerbesteuer,  die  diese  Arbeiter  zu  zahlen 
hatten.^)  Ueber  die  Grewerbesteuer  im  Allgemeinen  vgl.  §  135.  Das 
eigenartige  Formular  der  vorliegenden  Urkunde  haben  wir  oben 
S.  95  erklärt.  Wir  haben  es  danach  mit  einer  Bankquittung  zu 
thun.  Ueber  die  Höhe  der  Steuer  lässt  sich  aus  diesem  einen  Zeugnis 
nichts  gewinnen. 


^)  Anders  die  Abgabe  vau[TOr,Yi]o[u]  in  Kyzikos  bei  Dittenberger,  Syll.  312. 
Das  muss  ein  Beitrag  für  die  Schiffswerften  sein. 


264 


IV.  KAPITEL. 


§  81.  'H  vtTpixYj  tcXdvod. 

Für  Theben  belegt  durch  329  (III  Jahrh.  v.  Chr.)  und  1497 
(II  Jahrh.  V.  Chr.). 

Eine  Abgabe  mit  Namen  vizpi%ri  war  uns  bisher  durch  mehrere 
Zeugnisse  bekannt.  Vgl.  1)  Petr.  Pap.  (II)  XXVII  3,  eine  Ab- 
rechnung über  Eingänge  aus  verschiedenen  Dörfern  des  Faijüm 
für  die  VLTpLXi^,  aus  dem  III.  Jahrh.  v.  Chr.  2)  die  Zoispapyri, 
aus  dem  J.  151/0  und  149/8  v.  Chr.  aus  Memphis^),  in  denen 
die  £YXYj4'tS  'iy]c,  yizpiy.fic,  eine  Rolle  spielt.  3)  Pap.  Paris.  67,  14, 
Verzeichnis  verschiedener  Steuern  aus  dem  II.  Jahrh.  v.  Chr.,  darunter 
auch  der  VLXpLXi^^). 

"Während  die  Früheren  sich  meist  damit  begnügten,  von  einer 
„Natronsteuer"  zu  sprechen,  hat  Mahaffy  a.  a.  O.  zuerst  eine  genauere 
Erklärung  gewagt,  indem  er  sie  als  an  imjoost  on  postash  or  soaj) 
bezeichnete.  Dass  er  das  Richtige  damit  getroffen,  zeigen  unsere 
Ostraka,  in  denen  sich  zum  ersten  Male  der  Zusatz  tiXuvou  findet. 
Die  gewöhnliche  Bedeutung  von  6  TzXmoc,  =  Wasch  trog,  AVaschgrube 
ist  hier  nicht  am  Platze.  Uns  hilft  Suidas,  der  sagt:  ttXuvö^ 
öJuTOVtog  TO  ayyelov  auxö,  Tiapo^uTOVü)?  Bs  t6  7rXi)v6[X£Vov.  Ich 
lese  daher  ttXuvou,  nicht  tcXuvoö,  und  fasse  es  als  „das  Gewaschene, 
die  Wäsche".  Es  handelt  sich  also  um  eine  Steuer,  die  auf  dem 
für  die  Wäsche  gebrauchten  Natron  lag,  also  Waschnatron.  Dass 
im  Altertum  das  Natron  als  Reinigungsmittel  verwendet  wurde 
und  daher  namentlich  bei  Walkern  und  Färbern  eine  grosse  Rolle 
spielte,  ist  mehrfach  bezeugt.  Vgl.  H.  Blümner,  Technologie  etc.  I 
S.  162.  Wenn  es  daneben  natürlich  auch  zu  anderen  Zwecken 
brauchbar  war  —  so  zum  Einpöckeln  von  Fleisch  (Plin.  h.  n. 
XXXI  III)  und  daher  auch  zur  Mumisirung  von  Leichen  (Herodot 
II  86),  —  so  mag  doch  die  Verwendung  als  Seife  die  grösste  Be- 
deutung gehabt  haben.  Das  Natron,  das  schon  in  den  altaegyptischen 
Texten  als  hsmn  eine  Rolle  spielt,  fand  und  findet  sich  noch  heute  an 

^)  Die  Zoispapyri  sind  aus  dem  31.  und  33.  Jahre  datirt.  Will  man  diese 
Zahlen  auf  Euergetes  II  beziehen,  so  würde  das  140/39  und  138/7  ergeben,  nicht 
138  und  13G,  wie  Wessely  (Gr.  Pap.  Kais.  Samml.  Wiens  S.  14)  sagt.  Doch 
Mehreres  spricht  dafür,  dass  die  Daten  auf  Philometor  gehen. 

^)  Ich  erinnere  hier  wiederum  daran,  dass  die  Ueberschrift  nicht  tt)V£[t(i)]v, 
sondern  wv  £[to]'.v,  zu  lesen  i^t. 


§81.    DIE  NATRONSTEUER. 


265 


verschiedeDen  Stellen  Aegyptens,  im  Besonderen  in  dem  südwestlich 
vom  Delta  gelegenen  Xatrongau  NiTpcwirj^  mit  seinen  Natronseen 
(vgl.  Strabo  XVII  p.  803),  wo  der  Name  noch  heute  am  Wädi  Natrün 
haftet.  Vgl.  Baedeker,  Oberaegypten  ^  S.  383.  Wie  heute  die 
Gewinnung  des  Natron  auf  Kosten  der  Regierung  dort  betrieben 
wird,  so  mag  sie  auch  im  Altertum  ähnlich  wie  die  Salzgewinnung 
monopolisirt  gewesen  sein.^)  Die  Einkünfte,  die  der  König  aus  der 
vtTpixi^  bezog,  waren  nicht  unbedeutende.  Vgl.  Pap.  Paris.  67. 
Wie  hoch  die  Natronsteuer  im  Memphitischen  Gau  im  J.  153/2 
verpachtet  war,  lässt  sich  aus  den  Zoispapyri  nicht  ersehen.  Denn 
die  11  Talente  4000  Drachmen  (I  18)  sind  nicht  die  Gesammt- 
summe,  deren  Erhebung  Dorion  gepachtet  hat  (so  Wessely  S.  16), 
sondern,  wie  schon  Peyron"^)  richtig  erkannt  hat,  nur  derjenige 
Teil  der  Gesammtsumme,  fiir  den  Thanubis  die  Bürgschaft  über- 
nommen hatte  (verbinde  Kpbc,  ■/^ocXy.ou  ob  aXXayyj  Tvta  5'  mit 
h'.a  TO  SeSoa-ö-at  Iv  SceYyui^^aT: ,  nicht  mit  auveyXaßovxo?).  Aus 
den  Ratenzahlungen  unserer  Ostraka  lässt  sich  nichts  über  die 
Höhe  der  Pacht  folgern. 

§  82.  Ek  TaG  vojids. 

Für  Theben  belegt  durch  No. 338,  1257,  1531  (II.  Jahrh.  v.Chr.). 
Vgl.  auch  244. 

*H  vojJLT^  wird  in  diesem  Zusammenhang  den  Weideplatz,  die 
Weide  bezeichnen.  Eine  Zahlung  elc,  zocq  vo|Jia;;  ist  also  eine  Ab- 
gabe für  die  Benutzung  der  Weideplätze,  und  ist  identisch  mit  dem 
ivvojJiLOV  (vgl.  §  40).^)  In  1257  hat  der  erste  Schreiber  a.xzXd(XQ 
geschrieben,  der  zweite  (Ptolemaios)  hat  dann  elc,  xa?  vo[ia?  darüber 
geschrieben.    Ich  meine,  dass  damit  das  erste  Wort  völlig  beseitigt 


^)  üeber  die  Ausnutzung  des  Natrons  durch  die  arabische  Regierung  vgl. 
Calcaschandi,  übersetzt  von  Wüstenfeld  S.  161.  Die  Monopolisirung  wurde  hier 
von  dem  Stellvertreter  des  Ahmed  ben  Tülün  eingeführt. 

^)  Ebenso  auch  Lumbroso ,  Eecherches  S.  304.  Dagegen  scheint  er  auf 
S.  323  zu  meinen,  dass  die  11  Tal.  4000  Drachmen  zwar  ein  Teil  der  Gesammt- 
pachtsumme,  aber  doch  die  ganze  Summe  sei,  für  die  Dorion  sich  verpflichtet 
habe,  während  seine  |jl£xoxo'.  andere  Summen  übernommen  hätten.  Für  diese 
Deutung  bietet  der  Text  keinen  Anhalt. 

^)  Ich  hätte  oben  noch  darauf  hinweisen  sollen,  dass  auch  der  Rev.-Pap. 
Col.  7  2/3  von  dem  ewöiiiov  handelt. 


266 


lY.  KAPITEL. 


sein  soll.  Wenigstens  wüsste  ich  keine  Verbindung  zwischen  den 
beiden  Begriffen  herzustellen.  Dasselbe  Ostrakon  1257  legt  den 
Gedanken  nahe,  dass  diese  Abgabe  je  nach  der  Anzahl  der  Stücke 
Vieh,  die  man  auf  die  Weide  trieb,  berechnet  wurde.  Denn  das 
7rp°  §  wird  kaum  anders  denn  als  7ipo(ßaTO)v)  S  aufzulösen  sein. 
Dasselbe  Resultat  ergab  sich  oben  für  das  Ivv6[jliov.  Vielleicht  ist 
auch  Nr.  244  anzureihen,  falls  man  in  Z.  4  [ij7z(kp)  vo|ji,]a)v  ergänzt. 
Vgl.  unten  §  102. 

Als  ^opoc,  vopiwv  begegnet  die  Abgabe  auch  in  BGU  199 
Verso  10  und  345,  11. 

§  83.  'OO-ovLT^pa. 

Für  Theben  belegt  durch  1499  (II.  Jahrh.  vor  Chr.). 

'O^ovcyjpa,  ein  Wort,  das  unsere  Lexica  nicht  kennen,  be- 
zeichnet die  Abgabe,  die  auf  den  ö^ovLa  lastet.  Aehnliche  Bildungen 
sind  l'/d"jrip(x,  sXacpa,  t^uTv^pa  u.  s.  w. 

Die  alten  Glossatoren  erklären  cO-ovTj  oder  6^6viov  als  ein 
„feines,  zartes  Gewebe"  (z.  B.  Suidas:  XeTixa  u^aajjLaTa).  Wenn 
auch  unter  dem  6^6viov  TvScxov  des  Periplus  maris  erythr. 
Baumwollenstoffe  zu  verstehen  sind,  so  haben  wir  doch  in  dem 
d^GVCOV  Aegyptens  ohne  Zweifel  vor  allem  an  feine  Linnen-  oder 
Byssosstoffe  zu  denken^),  auch  wenn  der  Zusatz  ßuaaivov^)  nicht 
gemacht  ist.  Mit  d^oviov  kann  sowohl  ein  verarbeitetes  Stück 
bezeichnet  werden^),  als  auch  der  unverarbeitete  Rohstoff.  In 
letzterer  Bedeutung  liegt  es  ohne  Zweifel  vor  bei  Ps.  Aristeas  (ed. 
M.  Schmidt  p.  69,  16),  wo  unter  den  Geschenken  an  den  Ober- 
priester Eleazar  auch  genannt  werden:  jSuaatvwv  dO-ovLWV  ioxGbq^) 
äxaTOV,  denn  hier  ist  der  iazoc,,  d.  h.  das  Stück,  das  1  Webstuhl 

^)  Vgl.  Marquardt,  Privatleb.  d.  Rom.  II^  S.  489.    Vgl.  481. 

■-)  Dieser  Zusatz  begegnet  im  Decret  von  Rosette  Z.  17  u.  29.  Ferner 
bei  Ps.  Aristeas  ed.  Schmidt  (Merx'  Archiv  f.  Wiss.  Erforsch.  AT)  p.  69,  16  = 
Joseph,  ant.  XII  117.  Auch  in  BGU  1,  3:  oO-ov^wv  ßuaaivwv.  Nach  dem  Rev. 
Pap.  103,  1  flf.  scheint  es  allerdings,  als  -wenn  auch  die  axu:i7i£öva  und  sp'.xa 
in  die  Verwaltung  der  öO-ov.Tjpa  hineingezogen  waren. 

^)  Vgl.  z.  B.  Pap.  Paris.  53,  8:  ö^öviov  £Yxo!,{iigxp'.(o)v.  Lumbroso, 
Recherches  S.  14,  fasst  sie  aber  zu  einseitig  als  les  vUements,  non  les  etoffes. 
Siehe  oben. 

*)  So  ist  mit  Lumbroso,  Recherches  S.  109,  7,  auf  Grund  von  Joseph, 
ant.  XII  117  statt  scg  lobc,  zu  emendiren. 


§  82  —  83. 


267 


liefert  („die  Webe"),  das  Mass,  nach  dem  die  Stoffinasse  gemessen 
ist.  Letronne  (Recueil  des  Inscr.  I  S.  283)  hat  die  Behauptung 
aufgestellt,  dass  ces  6^6 via  etaient  des  pieces  d'etoffe  d'une  grandeur 
connue,  aidrement  on  aurait  dU  quelle  etait  leiir  dimension.  Lum- 
broso  (Recherches  S.  109  „d'une  dimension  connue'')  hat  sich  ihm 
angeschlossen,  doch  mit  Unrecht.  Denn  Letronne's  Einwand  wird 
durch  den  Pap.  Paris.  32  widerlegt,  wo  ausdrücklich  um  An- 
gabe der  Masse  der  5^GVia  gebeten  wird.^)  So  werden  sich  auch 
die  sehr  verschiedenen  Preise,  die  im  Pap.  Paris.  52  f.  von  öd-ovta 
notirt  werden  (vgl.  Lumbroso,  Rech.  S.  14),  nicht  so  sehr  durch 
die  verschiedene  Qualität,  als  durch  den  verschiedenen  Umfang  der 
Stücke  erklären. 

'Nach  unserer  Urkunde  wird  die  auf  den  SO-ovia  lastende  Steuer 
in  Geld  gezahlt.  Am  16.  Tybi  hat  der  Steuerpächter  Apollonios 
6  Talente  abgeliefert,  am  2.  Pharmuthi  weitere  6  Talente  und  am 
26.  desselben  Monats  wiederum  5  Talente,  in  summa  1 7  Talente.  Wenn 
der  Trapezit  die  Randbemerkung  hinzufügt  „Tal.  17  Drach.  2080", 
so  kann  das  in  diesem  Zusammenhang  nur  die  Summirung  dessen 
sein,  was  er  im  Lauf  des  ganzen  Jahres  von  Apollonios  erhalten 
hat.  Das  ist  eine  Ausnahme  von  jener  Regel,  die  wir  auf  S.  76 
erörtert  haben.  Die  2080  Drachmen  muss  Apollonios  vor  dem 
16.  Tybi  gezahlt  haben.  Es  ist  sehr  auffallig,  dass  hier  offenbar 
keine  monatliche  Abrechnung  mit  der  Bank  stattgefunden  hat.  Auch 
der  Berliner  Papyrus  P.  1364,  der  den  Fortbestand  der  Abgabe 
für  das  II.  Jahrh.  n.  Chr.  bezeugt,  lässt  auf  Bezahlung  der  Steuer 
in  Geld  schliessen. 

Wofür  wurde  nun  diese  Steuer  gezahlt  ?  Wer  war  der  Zahler  ? 
Wenn  ich  auch  eine  definitive  Antwort  nicht  zu  geben  vermag,  so 
glaube  ich  doch  die  Frage  durch  den  Hinweis  auf  den  Revenue- 
Papyrus  fordern  zu  können.  Dieser  handelt  von  Col.  87 — 107  von 
der  öO-ovLT^pa.  Diese  Columnen  sind  allerdings  derartig  zerfetzt, 
dass  es  unmöglich  ist,  eine  sichere  Deutung  zu  geben.  Grenfell 
hat  sich  daher  auch  darauf  beschränkt,  auf  die  beiden  unten  zu 
behandelnden  Gtate  aus  der  Rosettana  hinzuweisen.  Ich  möchte 
die  Vermutung  wagen,  dass  die  Othonionfabrikation  ebenso 


^)  Vgl.  Z.  11  f.:  iTz:XeX%a^cc'.  xöc  pte-cpa  xwv  dO-oviwv  und  22:  'A7üöaT£'.X[öv] 
[10'.  xa  {jiexpa  xwv  öO-ovCcov,  Sicwg  ouvxöjküs  dcTcoaxaX^ 


268 


IV.  KAPITEL. 


wie  die  Oelfabrikation  (Rev.  Pap.  38 — 72)  vom  König  mono- 
polisirt  war.    Folgende  Momente  sprechen  dafür. 

1.  Wie  der  Anbau  der  Oelpflanzen  von  der  Regierung  auf 
das  genaueste  controllirt  wird  (41  f.),  so  hier  der  des  Flachses,  des 
Xtvo?.  Mir  scheint  wenigstens,  dass  die  Bestimmungen  in  Col.  87 
(das  rechte  Fragment  gehört  nicht  dahin)  sich  mit  dem  Flachsbau 
beschäftigen  und  den  Verordnungen  in  41  parallel  stehen.  Vgl.  87,  6 
dpoupa?  ywaT[£a7rap[X£va5  (?);  8  lav  hk  6  v[ojjiapx''^^  ^'^^  V-^ii 
6£t;y]:[zTX,  aTioxcJvsTO)  dq  t6  [ßaaiXcxov.    Vgl.  damit  41,  3  ff. 

2.  Mehrere  Bestimmungen  betreffen  den  Verkauf.  Vgl.  87,  14; 
88,8;  91,2:  [xy]  (?)  TiwjXstTüJaav  elc,  tyjv  x^[pav.  Vgl.  damit 
39,  19;  40,  8. 

3.  Col.  93  scheint  von  dem  Verbot  der  Einfuhr  nach  Alexandrien 
und  anderen  Plätzen  hin  zu  handeln  und  wäre  etwa  mit  52  zu 
vergleichen.  Z.  6/7  ist  etwa  folgenderraassen  aufzufassen:  „Wenn 
Einer  dawider  handelt,  so  wird  der  König  über  ihn  entscheiden 
(ebenso  49,  19);  axeplaj^o)  5s  ^[öv  (5^ovtü)]v  xal  :ipoc£'.?7t[paa- 
aea^ü)  %zl.  Vgl.  52,  10:  'Eav  xtve?  dvaywaiv,  toö  t£  eXacou 
axspeaO-toaav  xal  Trpo^eigTipaaaeaO'waav  xtX. 

4.  Für  ein  Monopol  spricht  auch  96,  1 :  "Oao[u]  5'  ay  xpaiav 
£XOt)[[A£V  XtvoL)  oder  öO-ovlou,  verglichen  mit  53,27:  "Oa[ou]  6'dv 
y^pday  £xtD|i£v  IXaiou  xtX. 

5.  Desgleichen  die  Festsetzung  der  Preise.  Vgl.  94,2  und  5: 
TÖv  lOTOV  I-  7w£,  1  Webe  zu  25  Drachmen.  In  98  werden  für  ver- 
schiedene aus  ö^dviov  gefertigte  Kleider  (yizibytc,  und  andere)  die 
Preise  festgesetzt.  Neben  den  Kleidern  begegnen  auch  Polster 
(rjXsta)  und  Kopfkissen  (7rpo^£^dXaLa) ,  offenbar  auch  aus  feinen 
Linnen  hergestellt. 

Ich  vermute  hiernach,  dass  der  Flachsbau  in  Aegypten  unter 
königlicher  Controlle  stand,  ebenso  wie  der  Oelpflanzenbau ,  dass 
die  Fabrikation  von  Linnen  und  ebenso  auch  die  weitere  Ver- 
arbeitung derselben  ausschliesslich  in  königlichen  Werkstätten  statt- 
fand, und  dass  der  Verkauf  an  die  Consumenten  in  ähnlicher  Weise 
wie  beim  Oelmonopol  geregelt  war.  Vgl.  Deutsch.  Litteratz.  1897. 
Nr.  26  Sp.  1020.  Danach  spielten  die  XivoupYOi  und  Xcvu^oc  dieselbe 
Rolle  wie  dort  die  eXoLio'Jpyoi,  und  die  XivoTZWAa:  werden  sich  wie 
jene  vAizr^Xoi  gestanden  haben,  von  denen  Rev.  Pap.  47,  10  ff.  handelt. 


§83.    DIE  OTHONIONFABRIKATION  TSl  MONOPOL. 


269 


Diese  Annahme  einer  Monopolisirung  lässt  uns  nun  auch  noch 
tiefer  in  die  schon  oft  behandelten  Worte  der  Eosettana  Z,  17  ein- 
dringen: „Töv  t'  siq  TO  ßaatXtxöv  auvTeXoujievwv  iv  zoXc,  hpdlq 
ßuaacvwv  öO-ovlwv  aTieXuaev  (seil.  Ptolemaios  V  Epiphanes)  xa  6uo 
ixepy)."  Die  Tempel  nahmen  offenbar  auch  diesem  Monopol  gegen- 
über eine  privilegirte  Stellung  ein.  Wie  ihnen  erlaubt  war,  Oel 
für  ihren  eignen  Bedarf  zu  produciren  (Rev.  Pap.  50,  20 — 52,  3), 
so  durften  sie  offenbar  auch  6^6 v:a  für  ihre  eigenen  Zwecke  in  ihren 
Tempelfabriken  herstellen,  mussten  dafiir  aber  ein  bestimmtes  Quantum 
in  natura,  oder  falls  sie  so  viel  nicht  herstellen  konnten,  den  Preis 
dafiir  (Rosettana  Z.  29)  an  den  König  abliefern.  BGU  1,  3  aus 
dem  Ende  des  II.  Jahrh.  n.  Chr.  zeigt  uns,  dass  in  dem  Tempel  in 
Soknopaiu  Nesos  die  Othonionfabrikation  damals  darniederlag.  Denn 
der  Tempel  musste  sogar  die  für  die  Bekleidung  der  Götterstatuen 
nötigen  Stoffe  käuflich  erstehen:  elc,  T£i|xy]V  oO-oviwv  ßuaaivwv  aro- 
XLa}JLÖ)(v)  Tpiwv  TWV  O-eöJv  ...  ^p. 

In  neuem  Lichte  erscheinen  nun  die  Worte  bei  Treb.  Poll.  vit. 
Gallien.  6,  4:  nam  cum  ei  nuntiatum  esset,  Aegyptum  deseivisse,  dixisse 
feriur:  „quid,  sine  Uno  Aegyptio  esse  non  possumusf" 

§  84.  TTisp  oixoS(6[jL(ov?). 

Für  Theben  belegt  durch  Nr.  385  (a.  39  n.  Chr.). 

Man  könnte  schwanken,  ob  oixo^  in  oixo5(o[iLa?)  oder 
oixo6(6|JL(öv)  aufeulösen  sei.  Bedenkt  man,  dass  hinter  bizep  o'.xo^ 
unmittelbar  folgt,  wodurch  die  Steuer  nicht  als  eine  einmalig 
erhobene,  sondern  als  regelmässige  alljährlich  wiederkehrende 
charakterisirt  wird,  so  ergiebt  sich  die  Lesung  otxo5(6|JL(i)v)  als  die 
richtige,  und  wenn  man  damit  Verbindungen  wie  UTiep  xoupewv  yi- 
(vgl.  381)  vergleicht,  so  ergiebt  sich  weiter,  dass  wir  es  mit  der 
Gewerbesteuer  zu  thun  haben,  die  die  Baumeister  oder  Zimmer- 
meister (otxo§6(XOi)  zu  zahlen  hatten. 

§  85.  TTisp  ol'^oXoyioLq. 
In  711,  einer  Urkunde  aus  dem  III.  Jahrh.  v.  Chr.,  wird  über 
eine  Lieferung  von  10  Keramien  Wein  fär  ocTzo\Loipa<;  xal  oEvoXoyta^ 
quittirt.    Das  Wort  oivoXoyca,   das   unsere  Lexica  nicht  kennen, 
kann  hier  nichts  anderes  als  das  „Eintreiben  von  Wein  (lieferungen)"  i) 

^)  Auf  das  Verbura  otvoXoystv  im  Sinne  von  „Wein  eintreiben"  scheint 
mir  bei  Athenaeus  II  40  f.  eine  latente  Anspielung  vorzuliegen.   Athenaeus  sagt 


270 


TV.  KAPITEL. 


bedeuten.  Es  hat  seine  Analogieen  in  accoXoyia,  apyupoXoyia, 
BaaixoXoyLa,  yopzokoY^OL^  zpLO-oXoyta^)  u.  s.  w.  Da  für  die  ohoXo^loL 
hier  zusammen  mit  der  a:i6[jLo:pa  gezahlt  und  quittirt  wird,  so 
werden  wir  darin  keine  selbständige  Steuer  zu  sehen  haben,  sondern 
wohl  nur  eine  Gebühr  für  die  otvoXoyoc,  die  den  Wein  der  aTTOptoipa 
einforderten. 

§  86.    OlvOU  T£AO^. 

Für  Theben  belegt  durch  No.  327,  397,  404. 

Aus  327,  einer  Bankquittung  der  Ptolemäerzeit,  ist  für  das 
Wesen  der  Steuer  nichts  zu  lernen.  Dagegen  ergiebt  sich  aus  397 
und  404  (I.  Jahrh.  n.  Chr.),  dass  diese  „Weinsteuer"  von  denjenigen 
erhoben  wird,  die  Weinland  (a|X7i£XwV£?)  besitzen,  also  Wein  pro- 
duciren.  In  beiden  Fällen  wird  den  Zahlern  zugleich  über  die 
Weinberg -Grundsteuer  quittirt,  und  aus  dieser  Veranlassung  ist 
angegeben,  wieviel  Aruren  Rebenland  der  Betreffende  besitzt.  Damit 
ist  die  alte  Auffassung  von  Franz^),  dass  mit  ol'vou  ikXoc,  der 
Ausfuhr-  und  Einfuhrzoll  für  Weine  gemeint  sei,  als  irrtümlich 
erwiesen.  Vielmehr  wird  man  diese  Abgabe,  die  von  den  Weinberg- 
besitzern ausser  der  Grundsteuer  —  auch  ausser  der  a7r6|JiOLpa 
(vgl.  §  17)  —  erhoben  wird,  als  Ertragssteuer  zu  fassen  haben. 
Vielleicht  könnte  man  sie  auch  als  Verbrauchssteuer  fassen,  die 
indirect  von  den  Producenten  erhoben  wurde,  um  auf  die  Consu- 
raenten  überwälzt  zu  werden. 

Es  ist  bemerkenswert,  dass  in  den  beiden  vorliegenden  Fällen 
die  Höhe  der  Weinsteuer  nicht  in  demselben  Verhältnis  zum  Um- 
fang des  Weingartens  steht.  Während  der  Grundsteuer  in  beiden 
Fällen  derselbe  Satz  von  40  Dr.  für  die  Arure  zu  Grunde  liegt,  zahlt 
in  397  der  Besitzer  von  l  Arure  5  Dr.  2  Ob.  Weinsteuer,  in  404 
aber  der  Besitzer  von  \  Arure   nicht  etwa   die   Hälfte  hiervon, 

da:  Toaaöxa  olvoXoyf^aix^xoc,  f/xot  mpi  olvwv  sitiövxoij.  Er  hält  es  für  nötig, 
das  Wort  ob/oXo^zXv  in  der  Bedeutung  „über  Weine  si5reehen"  zu  paraphrasiren. 
Also  kannte  er  die  andere  Bedeutung  und  setzte  ihre  Bekanntschaft  bei  den 
Lesern  voraus, 

^)  Auf  dies  Wort  y.p-.O-oXoYta,  das  unsere  Lexica  gleichfalls  nicht  kennen, 
stiess  ich  im  Cod.  Theod.  14,  26,  1  (vom  J.  412  n.  Chr.),  in  der  Schreibung 
,,crithologia". 

2)  Franz  im  CIGr.  III  S.  297  b.    Vgl.  Lumbroso,  Eecherches  S.  307. 


§86.    DIE  WEINSTEUER. 


271 


sondern  1  Dr.  1  Ob.  Xun  ist  die  Möglichkeit  zuzugeben,  dass  wir 
es  mit  Ratenzahlungen  zu  thun  haben,  und  diese  Möglichkeit 
scheint  durch  den  Pap.  Lond.  CXIX  nähergerückt.  In  dieser 
gleichfalls  thebanischen  Urkunde  (II.  Jahrh.  n.  Chr.)  besteht  ein 
fester  Satz  für  die  Weinsteuer,  nämlich  8  Dr.  für  die  Arure.^) 
Man  vergleiche: 


Danach  dürfte  es  nicht  unwahrscheinlich  sein,  zumal  hier  und 
dort  sonst  dasselbe  System  ist,  dass  in  obigen  Ostraka,  oder 
wenigstens  in  404,  nur  Ratenzahlungen  vorliegen.  Immerhin  müssen 
wir  auch  die  andere  Möglichkeit  offen  lassen,  dass  doch  die  beiden 
Ostraka  Vollzahlungen  bieten.  Dann  würde  die  verschiedene  Höhe 
der  Steuer  sich  vielleicht  durch  die  verschiedene  Qualität  der  Trauben 
erklären.  An  eine  Verschiedenheit  der  Qualität  des  Bodens  zu 
denken  scheint  dadurch  ausgeschlossen,  dass  in  beiden  Fällen  der 
Boden  gleich  hoch  besteuert  ist. 

Das  otvoi)  iBAoc,  begegnet  uns  sonst  noch  im  Pap.  Paris.  67,  12 
(II.  Jahrh.  v.  Chr.),  wo  zu  lesen  ist:  oivou  xilou;,  "^x^y  e,  d.  h.  für 
Weinsteuer  13  Tal.  5000  Dr.  2).  Für  die  Kaiserzeit  bezeugen  sie 
femer  der  Pap.  Leipz.  5  Recto  Z.  6  und  der  oben  erwähnte  Pap. 
Lond.  CXIX  passim. 

§  87.  T7:sp  ZL\ifiq  olvou. 

Für  Theben  belegt  durch  Nr.  662,  691,  697,  1264,  1574, 
1575,  1576,  alle  aus  der  Kaiserzeit.    Vgl.  502. 

Mit  dem  Ausdruck  \)Tzep  TL|JLf]c  werden  in  unseren  Urkunden 
zwei  ganz  verschiedene  Arten  von  Zahlungen  charakterisiil : 
1)  Zahlungen  für  den  Preis  eines  Naturalobjectes,  das  eigentlich  in 

^)  In  397,  wo  5  Dr.  2  Ob.  für  |  Arure  gezahlt  werden,  liegt  also  ein 
höherer  Satz  vor. 

''^)  Dass  die  Ueberschrift  nicht  ()i)vei[(D]v  heisst,  sondern  (5v  e['.a]'.v,  erwähnte 
ich  schon  öfter. 


In  Z.  46  wer 

„    V  65,7 

„   „  98  , 

„   „  106  , 


'den  gezahlt  1  Dr.  für  ^  Arure 


272 


IV.  KAPITEL. 


natura  zu  liefern  war.  Dies  ist  die  übliche  Bezeichnung  der 
adaeratio.  2)  Zahlungen  für  den  Preis  einer  Sache,  die  man 
erhalten  oder  gekauft  hat.  Vgl.  unten  §  109.  In  den  obigen 
Ostraka  scheint  mir  der  erste  Fall  vorzuliegen.  Es  handelt  sich 
danach  um  Geldzahlungen,  die  an  die  Stelle  von  Weinlieferungen 
treten.  Nur  in  1264  ist  ausgesprochen,  für  welche  Abgabe  diese 
Leistung  stattfindet:  tlc,  dvvü)v(av).  Vgl.  S.  156.  In  den  anderen 
Texten  ist  die  Steuer  nicht  genannt,  und  wir  haben  kein  Mittel, 
sie  zu  bestimmen.  Es  ist  mir  nicht  unwahrscheinlich,  dass  es  sich 
auch  hier  überall  um  annona  adaerata  handelt. 

In  502  ist  Ö7r(£p)  zi(iifiQ)  ol'vou  durch  das  darübergeschriebene 
67c(£p)  zi(\ifiq)  90i(vcxa)v)  annullirt. 

§  88.   Tekoq  ovYjXaxwv. 

Für  Theben  bezeugt  durch  No.  392,  395,  684,  1054. 

Die  nahe  Verbindung,  in  der  diese  Steuer  mit  der  Wagen- 
steuer (s.  oben  §  10)  auftritt,  könnte  es  nahe  legen  hier  nicht 
an  die  eigentliche  Bedeutung  von  övvjXaTYjg^),  d.  h.  Eseltreiber, 
zu  denken,  sondern  an  eine  Lieferung  der  Eselbespannung  für 
die  Wagen.  Es  ist  mir  aber  nicht  bekannt,  dass  man  in 
Aegypten  die  Esel  als  Zugtier  benutzt  habe,  vielmehr  zeigen  die 
bildlichen  Darstellungen  den  Esel  immer  nur  als  Lasttier.  Ebenso 
die  Urkunden.  Das  übliche  Zugtier  für  Lastwagen  ist  vielmehr 
der  Ochse  (vgl.  Erman,  Aegypten  S.  650).  Man  wird  daher 
doch  wohl  diese  Eseltreibers  teuer  von  jener  Wagensteuer  trennen 
müssen.  In  684,  wo  nur  U7i(£p)  xeXCoug)  6vy]X(aTa)v)  quittirt  wird, 
wird  man  darin  wohl  nichts  anderes  als  die  Gewerbesteuer  der 
Eseltreiber  zu  sehen  haben.  Schwierigkeiten  machen  392  und  395,  wo 
ein  und  dieselben  Personen  bizhp  6vy]A(axa)v)  und  bn^ip)  a|Jia5((ji)v) 
zahlen.  Dass  diese  Fuhrwerksbesitzer  (es  tritt  hier  eine  Association 
von  solchen  auf)  selbst  als  Treiber  hinter  den  Eseln  herliefen,  ist 


^)  Im  Pap.  Lond.  CXXXI ,  321  (ed.  Kenyon  S.  179)  begegnet  ein 
dpxovYjXCäTTj^).  Diese  Bezeichnung  lässt  auf  eine  gewisse  Gliederung,  auf  eine 
Organisation  der  övYjXocxa-.  sehliessen.  Vermutlich  schlössen  sich  auch  die 
Eseltreiber  wie  wohl  die  meisten  Gewerbetreibenden  zu  einem  Verein  oder 
einer  Gilde  zusammen.  Ein  collegium  mul{ionum)  et  asinar{iorum)  begegnet 
in  CIL  X  143  (aus  Potentia).    Vgl.  unten  §  135. 


§  87  —  89. 


273 


wenig  wahrscheinlich.  Es  liegt  näher  anzunehmen,  dass  sie  Esel 
zum  Vermieten  besassen  und  eben  für  dieses  Vermietungsgeschäffc 
die  Steuer  zahlten.  Oder  hielten  sie  sich  Eseltreiber  und  zahlten 
dafür  die  Steuer? 

§  89.  'Op^ocpbXaxia. 

Für  Syene  belegt  durch  Nr.  262,  263,  274,  277,  302—304, 1276, 
alle  aus  der  Kaiserzeit. 

Diese  Texte  belehren  uns,  dass  es  in  Syene  eine  „Hafenwache" 
gab,  die  von  einem  aa}(oXo6[Ji£Vog  xf/V  opjJLO^uXaxcav  oder  (xca-ö-WTyj^ 
elhouc,  6p\i.o^\jX(xyJ,OLq  verwaltet  wurde.  Zur  Zeit  des  Trajan  (von 
107  — 115  nachweisbar)  war  sie  in  der  Hand  eines  'Avtwvlo^ 
MaX)(^al05 ,  offenbar  eines  Juden  mit  römischem  Bürgerrecht.  Von 
dieser  Hafenwache  wurde  ein  lv6p|JLL0V  erhoben,  d.  h.  ein  Hafenzoll, 
der  nach  der  Zahl  (und  gewiss  auch  Bedeutung)  der  Befrachtungen, 
die  man  im  Hafen  von  Syene  vornahm,  bemessen  wurde.  Denn  das 
wird  das  £v6p[i:ov  dywYtwv  bedeuten.  Gestützt  auf  262,  wo  die  Zahl 
der  aytoYtiov  angegeben  ist  (dywytwv  y),  möchte  ich  in  dycoycov  die 
„Schiffslast",  die  „Fracht"  sehen,  (ähnlich  bei  Xenoph.,  C}t:.  6,  1,  54). 
Bei  dywyta  TZOieZad-a,'.  würde  man  zunächst  an  „Frachten  machen", 
d.  h.  an  das  Befrachten  von  Schiffen  denken,  und  danach  würde 
es  sich  nicht  um  den  Import,  sondern  nur  um  den  Export  handeln. 
Doch  mag  dytoyta  Tiocela-ö-ac  ein  allgemeiner  Ausdruck  sein,  der  auch 
das  „Frachten  ausladen"  ebenso  gut  wie  das  „einladen"  bezeichnet. 
Bei  der  commerziellen  Bedeutung  Syene's  als  Verbindungsplatz  zwi- 
schen Aegypten  und  Nubien  würde  man  wenigstens  erwarten,  dass 
Import  und  Export  in  gleicher  Weise  in  Betracht  kämen.  Ich 
sehe  hiernach  in  dem  £v6p|XL0V  eine  Gebühr  für  die  Benutzung  der 
Hafenanlagen,  berechnet  nach  der  Zahl  der  Frachtgeschäfte. 

Nur  in  einem  Falle  ist  uns  die  Summe  erhalten:  in  262  werden 
fiir  3  Frachten  im  Monat  Thoth  2  Drachmen  und  1  Obol  gezahlt. 
Da  die  Zahl  der  Frachten  zu  der  Summe  in  keinem  einfachen 
Bruchverhältnis  steht,  so  bestätigt  dies  die  Auffassung,  dass  Umfang 
und  Qualität  der  Frachten  auf  die  jedesmalige  Höhe  der  Steuer 
von  Einfluss  waren. 

Eine  abweichende  Erklärung  hat  Fröhner,  der  nur  auf  Nr.  304 
angewiesen  war,  vorgeschlagen  (Rev.  Arch.  XII  S.  43  ff.).  Er  sieht 
in  dem  evopfJiLOV  ein  Stationsgeld,  das  man  für  jeden  Tag,  den  man 

WiLCKEN,  Ostraka.  18 


274 


IV.  KAPITEL. 


im  Hafen  lag,  zu  zahlen  hatte.  Diese  Auffassung,  die  auch  in  die 
2.  Auflage  von  Marquardt's  Rom.  Staatsverwaltung  (II.  S.  247,  7 
und  275)  übergegangen  ist,  wird  jetzt  durch  Nr.  262  widerlegt,  in 
der  ausdrücklich  gesagt  wird,  dass  man  den  Zoll  für  die  3  dywyca 
zahle.  Auch  scheint  mir  die  Deutung,  die  Fröhner  dem  ocythyia, 
TiOLela'ö'at  giebt,  nicht  haltbar.  Er  übersetzt:  pour  les  marchandises 
importees  que  tu  y  as  laissees.  Auch  bezeichnet  der  in  der  Urkunde 
genannte  Zeitraum  nicht  le  nomhre  des  jours  passes  en  rade,  sondern 
nur  die  Zeit,  innerhalb  deren  die  einzelnen  Frachtgeschäfte  ge- 
macht sind. 

Man  hat  unsere  6p[xo^i)Xaxia  auch  mit  der  für  Leuke-Kome 
überlieferten  TeiapTY]  xwv  ec^^epofxsvtov  cpopTiwv  in  Parallele  gesetzt 
und  hat  in  unseren  Urkunden  die  Erwähnung  eines  Einfuhrzolles 
für  die  aethiopischen  Waren  finden  wollen.  Vgl.  Lumbroso,  Recherches 
S.  312.  Aus  Obigem  geht  hervor,  dass  unser  lv6p|x:ov  von  den 
Einfuhr-  und  Ausfuhrzöllen  ebenso  zu  trennen  ist,  wie  der  für  Athen 
überlieferte  Hafenzoll  (eXXipievtov  genannt)  von  den  dortigen  Ein- 
fuhr- und  Ausfuhrzöllen.    Vgl.  Boeckh,  Staatsh.  I^  S.  388  ff. 

Die  Zahler  in  den  vorliegenden  Quittungen  sind  nicht  durch- 
reisende Handelsleute,  sondern  solche,  die  in  Syene - Elephantine 
oder  nächster  Umgegend  ansässig  waren.  Das  geht  meines  Erachtens 
aus  Wendungen  hervor  wie:  wv  eTioci^aou  xa  ocizb  Xotax  X  ew? 
OapfioOO-t  X  (Dezember  bis  April).  Die  Anwesenheit  der  Leute  wird 
vorausgesetzt,  und  sie  haben  so  zu  sagen  ihr  stehendes  Conto  im 
Hafenamt.  1)  Daher  kann  auch  monatlich  mit  ihnen  abgerechnet 
werden.  Doch  wird  das  £v6p[x:ov  auch  von  ephemeren  Besuchern 
des  Hafens  erhoben  worden  sein. 

§  90.  Tiapouacav. 

Die  Anwesenheit,  der  Besuch  (Ttapouai'a)  von  Beamten  oder 
Truppen,  auch  vom  Staatsoberhaupt,  legte  der  Bevölkerung  grosse 

^)  Dass  in  304  ein  xiQvoxpÖTiog,  d.  h.  ein  Gänsezüchter  (für  yrivozpöcpoQ), 
den  Hafenzoll  bezahlt,  seheint  mir  nicht  anstÖssig.  Er  wird  die  Gänsezüchterei 
im  Grossen  betrieben  und  Exportgeschäfte  von  Syene  aus  gemacht  haben.  Fröh- 
ner's  Erklärung  S.  44  ist  jedenfalls  zurückzuweisen:  er  sieht  darin  einen  muni- 
cipalen  Ehrentitel;  der  Inhaber  soll  die  heiligen  Gänse  von  Syene  gefüttert  haben. 
Doch  von  solchen  heiligen  Gänsen  in  Syene  ist  nichts  bekannt,  auch  sehe  ich 
sonst  nichts,  was  diese  Hypothese  einigermassen  plausibel  machen  könnte. 


§89.    DER  HAFENZOLL.  — 


275 


finanzielle  Opfer  auf.  Bekannt  ist  die  Bittschrift  der  Isispriester 
von  Philae  (Ende  des  II.  Jahrh.  vor  Chr.),  in  der  sie  sich  beklagen, 
dass  ol  7tap£7üi5r^[ioövT£?  elc  Ta;  OiAa^  aTpaTY^yol  xal  eTicaTaTa'.  xal 
•ÖTjßapxa:  xal  ßaaiAixol  yp^P'-M-^'^s-*  e^iiaTaTa:  cp'jAayw'.TWv  xal 
gI  aXy.o:  7wpa[Y][iaT'.xol  Ttavis?  xal  ai  axoAO'j^oOaai  C'jva[jL£L;  xal 
1^  Xoiid]  ÖTnjpeaca  avaYxa^oua:  T^|JLa^  Tuapouaiacauxol^Tioiela^a: 
oux  exovxa^.i)  Beiträgen  für  die  -apouaia  spricht  ferner 

Petr.  Pap.  (II)  XXXIX  e  18  (III.  Jahrh.  vor  Chr.).  Kachdem  dort 
•  die  Kranzspende,  der  ail'^avo?  (vgl.  §  118),  für  das  erste  Jahr  des 
Königs  aufgeführt  ist,  heisst  es  weiter  nach  Mahafl^s  Lesung: 
aXXouriapo'jaLaa?  iß  (seil.  Artaben).  Ich  habe  bereits  in  den  Gött. 
Gel.  Anz.  1895  S.  160  vorgeschlagen,  statt  des  mir  unverständlichen 
aXXou7iapoua:a^  vielmehr  aXXou  (seil,  a-ue^avou)  Ttapouaia^  zu  lesen 
und  es  zu  deuten:  ferner  „für  einen  anderen  Kranz,  der  anlässlich 
der  Anwesenheit  des  Königs  geschenkt  wurde".  Ich  halte  auch 
jetzt  diese  Interpretation  aufrecht,  wiewohl  soeben  der  Versuch  ge- 
macht ist,  jenes  Compositum  zu  retten.  Stau.  Witkowski  schreibt  in 
seinem  „Prodromus  grammaticae  papyrorum  graecarum  aetatis  Lagi- 
darum" (Krakau  1897)  S.  56:  „in  iuxtaposita  quae  dicitur  voce  f/ 
dX}.ou7:apo'jaLa  ocurrit  idem  genetivus  loci  oXaou,  quem  hahennis  in 
pap.  Taur.  1  1,  26  xaTayvövTe?  ItcI  töv  (wohl  verdruckt  für  tö:) 
diXXo'j  TTjV  y.%irj'.yl%i  lyziv  [A£."  Ein  Beispiel  für  ein  Compositum 
mit  diesem  localen  aAAou  wird  nicht  gebracht.  Aber  selbst  ange- 
nommen, die  Composition  wäre  möglich,  was  soll  hier,  wo  lediglich 
der  Xame  einer  Steuer  oder  eines  Steuer object€s  stehen  kann,  „der 
Aufenthalt  an  einem  anderen  Ort"?  Gerade  dieser  Versuch,  Mahafl^^'s 
Lesung,  die  er  selbst  mit  einem  Fragezeichen  versehen  hatte,  zu 
halten,  zeigt,  dass  sie  unhaltbar  ist.  Pap.  Grenf.  (II)  XIV b 
(III.  Jahrh.  v.  Chr.)  handelt  von  den  Lieferungen  für  die  Tiapo'jaia 
eines  C'.o'.vjr^zr^;,  (vgl.  unten  §  192  und  193).  In  der  Kaiserzeit 
wurde,  um  den  Missbrauchen  zu  steuern,  vom  Präfecten  Maximus 
(Manius  Maximus  aus  Augustus'  Zeit?)  durch  Edict  genau  geregelt, 
was  imd  wie  viel  für  die  durchziehenden  Truppen  zu  leisten  war. 
Dies  erheUt  aus  dem  Edict  des  Cn.  Vergilius  Capito-)  Z.  26: 
Ö7:ox£''|i£vov  [5]e  pirj5£va  [lyjSev  7üpaTT£:v  l^w  twv  uzo  Ma^ifiou 


1)  CIGr  III  4896. 

2)  CIGr  III  495G. 


18* 


276 


IV.  KAPITEL. 


aTa-ö-evTWV.  Dasselbe  Edict  lehrt  aber,  dass  trotz  dieser  Verfügung 
bald  wieder  Ueberschreitungen  vorgekommen  waren.  Gegen  diese 
wendet  sich  eben  das  Edict  des  Capito  vom  Jahre  49  nach  Chr. 

Von  einem  Besuch,  den  der  Statthalter  Aegyptens  Avillius 
Flaccus,  derselbe,  dessen  Zerrbild  uns  der  Jude  Philo  hinterlassen 
hat,  im  J.  33  n.  Chr.  in  Theben  abstattete,  berichtet  unser  Ostrakon 
1372.  Die  richtige  Deutung  dieser  Urkunde  verdanke  ich  Mommsen. 
Der  Text,  wie  ich  ihn  im  II.  Buch  S.  366  auf  Grund  meiner 
Revision  vom  Jahre  1895  gedruckt  habe,  führt  zu  unlösbaren 
Schwierigkeiten.  Mommsen  beseitigte  sie,  indem  er  vorschlug,  eXaße? 
in  £Xaߣ(v)  zu  ändern.  Die  Richtigkeit  dieser  Conjectur  ergab  mir 
meine  Copie  vom  Jahre  1886,  und  hier  gebe  ich  der  älteren  Copie 
um  so  eher  den  Vorzug,  als  das  Ostrakon  seit  1886  durch  die 
Salzkrvstalle  sehr  stark  gelitten  hat.     Damals  hatte  ich  sXaßee 

OCTlO 

gelesen,  nicht  eXaßs?  .  Was  Mommsen  verlangte,  hat  also  der 
Schreiber  selbst  gethan,  indem  er  eXaße?  nachträglich  zu  eXaßev 
verändert  hat  (vgl.  Corrigenda).  Kun  ist  alles  klar:  „ich  habe  von 
Dir  so  und  so  viel  Drachmen  erhalten  für  den  Preis  einer  Artabe 
Weizen  für  den  Thesauros,  den  der  Statthalter  Flaccus  für  seinen 
Besuch  empfangen  hat." 

Von  einer  rcapouaia  t-^^  ßaaiXiaarj^  handelt  die  Rechnung 
Nr.  1481,  aus  dem  IL  Jahrh.  vor  Chr. 

§  91.  IIsvTYjxoaTT^  (l^aywy^i;). 

Für  Syene  belegt  durch  Nr.  43,  150,  für  Hermonthis  durch 
801,  806,  alle  aus  der  Kaiserzeit.    Vgl.  Ostr.  Louvre  7292. i) 

Dass  an  den  Grenzen  Aegyptens  Einfuhr-  und  Ausfuhrzölle  er- 
hoben wurden,  ist  bekannt  genügt)  und  ist  auch  selbstverständlich. 


^)  Durch  ein  Versehen  ist  diese  Nummer  nicht  in  meine  Sammlung  auf- 
genommen.   Sie  lautet  nach  meiner  Copie  von  1886/7: 
[    ?    ]  tay  [ifiyoc,  'ASptavou  ^ 
[         ]  V  uTcep  e^aY(a)Y'^$)  nupou  dpxaßcSv 
[lxa]xöv  Ttsvxr^xovxa  övö|jL(axo$) 
[2apa]7Ct'tövog  Uax/////// 
5     [xal]  cpaTCou  /////////a 
In  2  kann  auch  e^aY((DT'^oö)  gelesen  werden.    Das  Ostrakon  stammt  wohl 
aus  dem  Ende  des  II.  Jahrhunderts  n.  Chr. 

2)  Vgl.  Lumbroso,  Eech.  S.  312.    Marquardt,  EStV  IP  S.  274  ff. 


§  90  —  91. 


277 


Wir  wissen  ferner  aus  Agatharchides  (in  Phot.  Bibl.  p.  447^  ed. 
Bekker)  und  Strabo  XVII  p.  813,  dass  im  mittelaegyptischen  Her- 
mupolis  Durchfuhrzölle  von  denjenigen  Waren  erhoben  wurden,  die 
aus  der  Thebais  stromabwärts  gingen.  In  unseren  Ostraka  handelt 
es  sich,  wofern  ich  sie  recht  verstehe,  weder  um  jene  Grenzzölle 
noch  um  diese  Binnendurchgangszölle,  vielmehr  um  Ausfuhrzölle, 
die  in  den  (inländischen)  Häfen  Aegyptens  von  denjenigen  zu  zahlen 
waren,  die  nach  auswärts,  d.  h.  wohl  über  die  Grenzen  der  Stadt 
hinaus,  Waren  exportirten.    Betrachten  wir  die  einzelnen  Fälle. 

In  Syene  wird  der  Zoll  erhoben  von  den  TsXwvai  TievTiQxoaT'^? 
oder  7c£mjxoa(Ta)va'.)  X'.([ji£VGc)  SoYjvY^c.  Die  Lesung  X'^>  hatte  Birch 
(zu  is^r.  150,  die  ich  nicht  im  Original  gesehen  habe)  als  „obscure" 
bezeichnet,  doch  wird  sie  durch  die  Schriftspuren  in  Nr.  43  gestützt. 
Die  Zöllner  bezeichnen  sich  also  als  Pächter  der  7z^yzr^y.o:szr^  des 
Hafens  von  Syene.  ^)  Sie  quittiren  den  Empfang  des  tIXo?  wv 
IJVjYaye?  ywOU'^wv  Xayuvwv  x.  Es  handelt  sich  in  beiden  Fällen  um 
die  Besteuerung  des  Exportes  von  Kufen-),  deren  Inhalt  nach  der 
Zahl  der  Flaschen  (Xayuvoi),  die  sie  enthalten,  bestimmt  ist.  Der 
Stoff  ist  nicht  genannt,  doch  handelt  es  sich  vermutlich  um  Wein. 
Der  Zoll  beträgt  vom  Wert  der  exportirten  Waaren.  Der  Zoll- 
betrag ist  nicht  angegeben.  Vermutlich  ist  er  in  Geld,  nicht  in 
natura  gezahlt. 

In  den  anderen  Fällen  handelt  es  sich  um  Ausfuhr  von  Weizen 
und  Linsen  aus  Hermonthis.  Die  Zöllner  nennen  sich  in  801 
und  806  TsXwva:  v  (i==T.^yzr^y,0(Jzf^q)  'Ep[Jiü)vO'(:TO'j).S)  In  801  hat 
ein  römischer  Veteran  dafür,  dass  er  150  Artaben  Weizen  und 
8  Artaben  Linsen  exportirt  (l^aywv,  vgl.  Corrigenda),  ^  vom 
Wert  der  Ausfuhr  zu  entrichten.  Dass  er  es  in  Geld,  nicht  in 
natura  zahlt,  macht  die  Anwendung  des  Wortes  TeXecv  sehr  wahr- 
scheinlich. 

Da  in  Hermonthis  ebenso  wie  in  Syene  der  Zoll  beträgt, 
ist  anzunehmen,  dass  in  allen  Häfen  derselbe  Satz  bestanden  hat.^) 


Das  §vöpp.'.ov  von  Syene  hat  hiermit  nichts  zu  thun.  Vgl.  §  89. 
2)  Vgl.  Kap.  X. 

^)  Ich  löse  hier  'EpfitövO-Ctxou)  und  nicht  *Epjiü)vd-(eü)s)  auf  nach  Analogie 
von  Nr.  1569. 

*)  lieber  die  Tisvxr^xooxr,  als  Einfuhr-  und  Ausfuhrzoll  im  attischen  Reiche 
vgl.  Boeckh,  Staatshaush.      S.  382  f. 


278 


IV.  KAPITEL. 


Hätten  wir  nur  die  Beispiele  aus  Syene,  so  würde  man  viel- 
leicht die  7i£VTY]xoaTi^  für  den  aegyp tischen  Grenzzoll  halten.  Doch 
die  hermonthitischen  Texte  belehren  uns  eines  besseren.  Auch 
weiss  ich  nicht,  ob  überhaupt  damals  in  Svene  ein  Grenzzoll  gegen 
Nubien  erhoben  werden  konnte,  da  doch  auch  der  südlich  angrenzende 
Dodekaschoinos  römisches  Gebiet  war.  Bei  unserer  Auffassung  bleibt 
nur  noch  fraglich,  wo  die  Zollgrenze  anzusetzen  ist.  Auch  wenn 
wir  in  801  und  806  nach  1569  'Ep{jLa)v^(LTOi))  und  nicht  'Epfjiwy- 
'9'(£a)?)  auflösen,  folgt  daraus  keineswegs,  dass  etwa  die  Gaugrenze 
die  Zollgrenze  gewesen,  denn  es  besagt  nur,  dass  diese  Pächter  die 
Abgabe  des  ganzen  Gaues  gepachtet  hatten.  Die  Bezeichnung  der 
Pächter  von  Syene  als  xeXwvai  tö.  Xi(\iivo(;)  HotiVTiC,  spricht  viel- 
mehr dafür,  dass  die  Stadtgrenze  oder  noch  genauer  die  Hafen  grenze 
die  Zollgrenze  war,  für  deren  Ueberschreitung  der  Zoll  zu  entrichten 
war.  Diese  Annahme  findet  ihre  Bestätigung  durch  die  in  §  151 
behandelten  Urkunden,  die  uns  zeigen  werden,  dass  auch  für  die 
auf  dem  Landwege  exportirten  Waren  beim  Verlassen  der  einzelnen 
Stadt  oder  des  einzelnen  Dorfes  ein  Zoll,  ein  Thorgeld,  zu  entrichten 
war.  Ich  halte  es  hiernach  für  wahrscheinlich,  dass  auch  in  solchen 
Fällen,  wo  innerhalb  des  Gaues  von  einer  Ortschaft  zur  anderen 
exportirt  wurde,  dieser  Ausfuhrzoll  erhoben  wurde.  Dass  es  einen 
ganz  entsprechenden  Einfuhrzoll  gegeben  hat,  zeigt  der  nächste 
Paragraph. 

§  92.  nevxrjXoan^  (si^aywy^^) . 

Für  Theben  belegt  durch  Nr.  1569,  vom  J.  119  n.  Chr. 

Die  Zöllner,  die  sich  TsXwvac  v  (=7i£VTY]>toaT'^^)  Ilepl  ©(i^ßa?) 
nennen,  quittiren  über  den  Empfang  des  ziXoc,  i^aytoy'^G  T£L(|xyjv) 
~Y  £.  Wenn  die  Lesung  x^'  richtig  ist,  würde  das  bedeuten,  dass 
die  Zollzahler  Waren  im  Werte  von  3  Tal.  5000  Dr.  eingeführt 
haben  und  dafür  nun  (das  wäre  460  Dr.)  zu  zahlen  haben. 
Es  ist  wohl  kein  Zweifel,  dass  dieser  zweiprocentige  Einfuhrzoll  in 
jeder  Hinsicht  das  Pendant  zu  dem  im  vorigen  Paragraphen  be- 
handelten Ausfuhrzoll  ist.    Das  dort  Gesagte  gilt  auch  hier. 

Combinirt  man  diese  neuen  Daten  mit  den  oben  angeführten 
schon  bekannten  Nachrichten,  so  ergiebt  sich,  dass  der  Warenverkehr 
innerhalb  Aegyptens  ausserordentlich  mit  Zöllen  belastet  war.  Wenn 
man  z.  B.  von  Theben  aus  Waren  nach  Arsinoe  importiren  wollte, 


§  91  —  94. 


279 


so  zahlte  man  zunächst  in  Theben  einen  lokalen  Ausfuhrzoll  von  2%, 
darauf  bei  der  Hermopolitischen  Zollstation,  die  man  zu  passiren 
hatte,  einen  Durchgangszoll,  dessen  Höhe  nicht  bekannt  ist,  end- 
lich in  Arsinoe  einen  lokalen  Einfuhrzoll  von  wiederum  2^/q.  Brachte 
man  aber  gar  Waren  aus  Indien  nach  Arsinoe,  so  hatte  man 
ausser  dem  Hermopolitischen  Durchgangszoll  und  dem  Arsinoitischen 
Einfuhrzoll  vorher  in  dem  Hafen  am  Roten  INIeer,  in  dem  man 
gelandet  war,  eine  TSTapTY],  also  25^/o  vom  Wert  der  Waren  zu 
zahlen  (vgl.  §  205). 

IIsVTYjXOaTYj  WVLWV. 

Vgl.  unten  §  138. 

§  93.  Tp'lzfj  TisptoTspwvwv. 

Für  Theben  belegt  durch  Nr.  1228  (ptol.  Zeit).  Vgl.  1362. 

Uepiazepoiy  bedeutet  „Taubenschlag,  Taubenhaus".  Wenn 
Pap.  Grenf.  (I)  XXI  11  einen  (pL^ov  tgtzov  eIc,  [7ü]£p:a'C£pö)va 
aTToSeSeLyiievov  nennt,  so  lässt  das  wohl  darauf  schliessen,  dass 
solche  Taubenhäuser  eventuell  einen  grösseren  Raum  einnehmen 
konnten.  Die  xpiTY]  Tiep'.aieptüvwv  ist  also  eine  Abgabe,  die  in 
einem  Drittel  vom  Ertrage  solcher  Taubenhäuser  besteht. 

Der  Text  von  1228  bietet  eine  Schwierigkeit.  Wollte  man  toö 
nXaiwvo?  von  toö  IIivupio?  abhängen  lassen,  so  würde  der  Gross- 
vater des  Alexandres  genannt  sein,  was  mehr  als  unwahrscheinlich 
ist,  auch  würde  der  Genetiv  Trep'.axepwvo^  nach  dem  vorhergehenden 
f  Trepiaxepwvwv  unverständlich  sein.  Wir  werden  daher  toö  IlAaTWvo? 
7i£pLaT£pü)V0^  zu  Verbinden  haben  und  müssen  darin  die  spezielle 
Veranlassung  der  Zahlung  erblicken,  mit  anderen  Worten,  Piaton 
muss  der  Steuerzahler  sein.  Also  zahlen  die  Pächter  dieser  Steuer, 
denen  hier  quittirt  wird,  die  800  Kupferdrachmen  speziell  für  das 
Taubenhaus  des  Piaton.  In  einem  soeben  in  Berlin  erworbenen 
Ostrakon,  P.  8622,  zahlen  zwei  Frauen  für  dieselbe  Abgabe 
1475  Kupferdrachmen. 

§  94.   TsXog  TWV  TTSTStVWV. 

Für  Theben  belegt  durch  Nr.  1523  (II.  Jahrh.  vor  Chr.). 

Diese  Geflügelsteuer  ist  eine  Vermögenssteuer,  die  auf  den 
Besitzern  von  Geflügel  lastet.  Meine  Vermutung,  dass  in  1026,  3 
TTSTYjvwv  zu  lesen  sei,  hat  sich  am  Original  nicht  bestätigt. 


280 


IV.  KAPITEL. 


§  95.  Trcsp  TcXsovaa[ioö. 

In  777  (a.  86  n.  Chr.)  quittirt  der  Verwalter  eines  Grund- 
besitzers einem  gewissen  WevixwvOtj^,  1^  Artaben  Weizen  Sltzo  Xoyou 
TrXeovaapioö  erhalten  zu  haben.  Wir  haben  hier  keine  öffentliche, 
sondern  eine  private  Leistung  vor  uns,  denn  der  Zusammenhang  legt 
den  Gedanken  nahe,  dass  ^evfxwv^yj?  der  Pächter  des  Grund- 
besitzers ist  (vgl.  z.  B.  898).  nX£0vaa|x6?  mag  den  Ueberschuss 
bezeichnen,  der  über  den  im  Pachtcontract  vorausgesehenen  Ernte- 
ertrag erzielt  ist.  Vgl.  Rev.  Pap.  57,  13.  So  mag  diese  Zahlung 
einen  Zuschlag  zum  ex^opiov  bedeuten. 

§  96.  TTisp  7iXiV'ö'(.  .  .). 

Für  Theben  belegt  durch  Nr.  512,  572,  592,  1421,  alle  aus 
dem  II.  Jahrh.  n.  Chr. 

Die  Abgabe  UTiep  ttXlv^  wird  von  den  d(.7i(x,Lxy]Z(X,i  [Jiepcajioö 
TcXiv^  erhoben.  In  1421  scheint  die  Abgabe  pro  Arure  berechnet 
zu  sein.  Vgl.  t*^?  Ir-  so  und  so  viel.  Wie  diese  Abgabe  auf- 
zufassen ist,  bleibt  völlig  unklar.  Ich  will  nur  daran  erinnern, 
dass  wir  oben  S.  163  Spreulieferungen  de,  7iX(cv^oXxtav)  kennen 
lernten.  Es  gab  also  kaiserliche  Ziegeleien.  Vielleicht  handelt  es 
sich  auch  hier  um  Leistungen  für  diese  Ziegeleien.  Die  Abgabe 
wird  regelmässig  in  Kupfer  gezahlt. 

§  97.   TjlSp  TlXoiOU  TipSTWpLOl). 

In  Nr.  293  (Ende  des  II.  Jahrh.  n.  Chr.)  wird  neben  den 
7ioxa[Jio9uXaxc6£^  und  der  aiaTLWV  das  tiXolov  npezihpiov  als  Steuer- 
object  genannt.  Damit  kann,  wie  schon  Fröhner^)  gesagt  hat,  wohl 
nur  ein  Schiff  im  Dienst  des  Statthalters  gemeint  sein.  Für  die 
Instandhaltung  dieses  Schiffes  wurden  diese  Zwangsbeiträge  erhoben. 

§  98.  Ticsp  TlOpSDXCOV. 

Für  Theben  belegt  durch  335,  345,  1351,  1354,  1357,  1504, 
1507,  1508,  1517,  alle  aus  dem  IL  Jahrh.  vor  Chr. 

Der  Genetiv  nopeuzGiV,  dessen  Lesung  zu  finden  mir  nur  mit 
vieler  Mühe  schliesslich  gelungen  ist  (vgl.  Corrigenda),  wird  von 


Rev.  Archeol.  XII  S.  42/3. 


§  95  —  98. 


281 


einem  Nominativ  Tzopeuxr^g  abzuleiten  sein.  Das  ist  wieder  eine  der 
zahlreichen  Vocabeln,  die  unsere  Lexica  nicht  kennen.  Da  wir  hier 
sehr  wahrscheinlich  die  Bezeichnung  eines  Standes  oder  Gewerbes 
zu  erwarten  haben,  so  leite  ich  das  Wort  von  dem  Aktivum  zzopvjz'.v 
in  der  Bedeutung  „überfahren,  übersetzen"  ab.  "^0  Tuopeuxr^;  ist  da- 
mit Synonymen  von  6  Tcopeuc,  was  Hesychios  als  TTOp-O-fieu^  erklärt. 
Wir  haben  es  also  mit  der  Gewerbesteuer  der  „Uebersetzenden",  d.  h. 
der  Fährleute  zu  thun.    Vgl.  §  197. 

Da  die  angeführten  Urkunden  sämmtlich  Bankquittungen  sind, 
die  an  den  Steuererheber  ausgestellt  sind,  so  ist  über  die  Höhe  der 
Gewerbesteuer  für  den  einzelnen  Fährman  nichts  zu  gewinnen.  Doch 
sind  die  angeführten  Summen  für  die  Beurteilung  der  Bedeutung 
dieser  Steuer  nicht  ohne  Interesse.  Es  ist  ein  glücklicher  Zufall, 
dass  wir  nicht  weniger  als  fünf  Quittungen  aus  einem  und  demselben 
Jahre  haben.  Der  Jude  Sambathaios,  der  die  Erhebung  dieser  Steuer 
für  das  Jahr  144/3  vor  Chr.  gepachtet  hat,  hat  in  diesem  Jahre 
folgende  Summen  erhoben  und  an  die  Bank  gezahlt: 

1.  10  Tybi  Dr.  867,     (im  Ganzen)    Dr.  1000  (Nr.  1351). 

2.  25  Tybi  Dr.  867,         [  ]  (Nr.  1504). 

3.  17  Phamenoth    Dr.  867,         [  ]  (Nr.  335). 

4.  10  Payni    Tal.  1  Dr.  4434,    (im  Ganzen)    Tal.  2  (Nr.  1507). 

5.  19  Epiph  Dr.  890,     (im  Ganzen)    Dr.  1040  (Nr.  1508). 

Diese  Tabelle  ist  nach  mehreren  Seiten  hin  von  Interesse. 
Zunächst  sehen  wir  hier  einmal  deutlich,  dass  die  in  den  Quittungen 
genannten  Summen  auch  dann  als  Ratenzahlung  gefasst  werden 
können  resp.  müssen,  wenn  auch  der  Wortlaut  der  Urkunde  es  in 
keiner  Weise  indicirt.  Es  heisst  überall  nur  UTiep  .iiopeuTWV  to'j  x. 
i-zouq.  Dies  gilt  im  Allgemeinen  von  den  Bankquittungen,  die  an 
die  Erheber  ausgestellt  sind.  Die  Erheber  zahlen  natürlich  immer 
in  Raten  und  haben  monatliche  Abrechnung  mit  der  Bank.  Die 
Tabelle  ist  zugleich  ein  Beweis  dafür,  dass  unsere  oben  S.  76  gegebene 
Erklärung  der  Marginalsummen  die  richtige  ist:  sie  sind  nichts 
anderes  als  die  Gesammtsummen  dessen,  was  der  Trapezit  im  Laufe 
des  Monats  bis  zu  dem  in  der  Urkunde  genannten  Datum  von  dem 
betreffenden  Steuererheber  erhalten  hat.  Dass  die  Summirung  nicht 
auf  das  Jahr  geht,  SQndern  auf  den  Monat,  ergiebt  deutlich  die 
Vergleichung  von  Nr.  1508  mit  1507.     Die  Marginalsumme  ist 


282 


IV.  KAPITEL. 


hier  im  Epiph  kleiner  als  im  vorhergehenden  Monat  Payni.  Ich 
weise  aber  darauf  hin,  dass  wir  in  §  83  eine  Ausnahme  hiervon 
constatirt  haben. 

Trotz  des  verhältnismässig  grossen  Materials  lässt  sich  nicht 
berechnen ,  zu  welchem  Preise  die  Steuer  pro  Jahr  verpachtet 
war.  Wir  müssen  bedenken,  dass,  wie  der  Steuerzahler  in  freien 
Raten  zahlte,  so  in  Folge  dessen  auch  der  Steuerpächter  die  fallige 
Summe  in  entsprechenden  Raten  an  die  Bank  weiter  zahlte.  Wenn  also 
Sambathai  OS  bereits  am  10.  Payni  (also  im  Laufe  der  ersten  zehn 
Tage  des  Payni)  laut  Marginalbemerkung  zwei  Talente  abgeliefert  hat, 
so  folgt  daraus  nicht,  dass  etwa  monatlich  mindestens  zwei  Talente 
abzuliefern  waren,  mit  anderen  Worten,  dass  die  Steuer  für  mindes- 
tens 24  Talente  pro  Jahr  vergeben  war,  sondern  die  Normalhöhe 
des  Monatsbetrages  kann  eine  kleinere  gewesen  sein,  ebensogut  wie 
eine  grössere.  Der  Steuerpächter  kann  in  diesem  Monat  factisch 
mehr  als  die  Normalsumme  gezahlt  haben,  ebensogut,  wie  er  in 
anderen  Monaten  weniger  zahlt.  Da  er  am  29.  Hathyr  z.  B.  laut 
Marginalbemerkung  erst  1000  Drachmen  gezahlt  hat,  wird  er  in 
diesem  Monat  sehr  w^ahrscheinlich  weit  unter  der  Normalhöhe  ge- 
blieben sein,  wenn  er  auch  noch  am  30.  Nachträge  geliefert 
haben  sollte. 

Merkwürdig  ist,  dass  Sambathaios  vier  Mal  eine  Rate  von 
867  Drachmen  zahlt  (335,  1351,  1354,  1504),  davon  zwei  in 
einem  und  demselben  Monat. 

§  99.  Trüsp  7ioTa[xocpi)XaxLSa)v. 

Für  Syene-^llephantine  belegt  durch  Nr.  48,  87,  89—92,  104, 
108,  112,  120,  122,  124,  127,  131,  132,  134,  139,  142,  143, 
145  —  147,  162,  169,  287,  293,  1274,  1573,  für  Theben  durch 
Nr.  439,  440,  507,  1241,  1408,  1413,  alle  aus  dem  I/II.  Jahrh. 
nach  Chr. 

Die  Texte  bieten  meist  Tioiafiocpu?^  oder  eine  andere  Abkürzung, 
die  uns  über  die  Wortform  im  Unklaren  lässt.  Ausgeschrieben  finden 
sich  folgende  Formen:  [7roTa|Jio]9uXazi[So]5  in  48,  was  in  104  zu 
7iOTa[io^uX(a)xL5oi)  verschrieben  ist.  Der  Plural  findet  sich  in  293: 
7tOTa{jiocpuXaxi6(i)V5  und  merkwürdig  verschrieben  in  134:  7ioTa[xov- 
^uXaXLOeg  (für  7roTa[JL(ji)V  ^.?).    In  Theben  findet  sich  statt  dessen 


§98.  FÄHRMANNSTEÜER. 


—   §  99.    DIE  FLUSSWACHE.  283 


einmal  7roTa[iö)V  (puXa7.'^(?),  in  440.  Für  letzteres  sagt  eine  latei- 
nische Inschrift  (Henzen  6928  =  CIL  II  1970)  potamophylaeia.  Die 
Bedeutung  ist  klar.  'H  TroTafio^uXaxi^,  ein  Wort,  das  unsere 
Lexica  nicht  kennen,  bedeutet  „Flusswachtschiff'  (seil,  vaöc),  und 
potamophylaeia  die  Flusswache.  Bemerkenswert  ist  der  Plural  TtOxapLwv 
in  dem  thebanischen  Ostrakon.  Danach  wurde  nicht  nur  auf 
dem  Nil,  sondern  auch  auf  seinen  Armen  und  Kanälen  AYache 
gehalten. 

Die  Einrichtung  dieser  Flusswache  ist  bekannt  genug.  Ich 
verweise  im  Allgemeinen  auf  die  Ausfuhrungen  von  Lumbroso 
(V  Egitto  2.  Aufl.  S.  29  f.).  Für  die  Ptolemäerzeit  sind  die  Wacht- 
schiffe  auf  dem  Nil  durch  Pap.  Paris.  63  I  22  bezeugt:  „tü)v  iiCi 
Töv  cpi>Xaxt5ü)v  [TeT]aY|i£V(i)V  vauxXy]po[iax^tJt(i)v"  (II.  Jahrh.  vor  Chr.). 
Der  Text  ergiebt  zugleich,  dass  diese  Schiffsbemannungen  sich  teils 
in  Alexandrien  (vgl.  Z.  20:  oi  Tiapsi^sSpsuovTe?  £V  'AXe^avSpsLa'.), 
teils  in  den  Gauen  befanden.  Vgl.  Z.  24:  „to'j[5]  Tüap'  a'jxöv  olt.g- 
XeX£t[i|ievou5  (so  las  ich  am  Original  statt  -oXefjLLr^jxevou^)  £7tl  twv 
TOTcWv",  wo  unter  den  totto:  die  Toparchien  der  Gaue  zu  verstehen 
sind.  Für  die  Kaiserzeit  bezeugen  unsere  Ostraka  dieselbe  Einrichtung, 
und  zwar  von  Vespasian  bis  Antoninus  Pius.  Die  eben  erwähnte  latei- 
nische Inschrift  ^)  fallt  in  die  Zeit  Hadrians  (vgl.  Hirschfeld  R.  V. 
S.  127).  Auch  Josephus  bestätigt  diese  Einrichtung,  indem  er  erzählt, 
dass,  wie  die  Ptolemäer,  so  auch  die  Kaiser  den  alexandrinischen 
Juden  die  Flusswache  {fluminis  custodiam)  ^)  anvertraut  hätten.  Es 
bleibt  mir  fi-eilich  zweifelhaft,  ob  unter  dieser  den  Juden  anvertrauten 
custodia  die  militärische  Leitung  und  Bemannung  der  Wachtschiffe 
zu  verstehen  ist.  Man  denkt  unwillkürlich  an  die  kurz  vorher 
(§  44)  von  demselben  Josephus  (vgl.  Aristeas)  aufgestellte  Be- 
hauptung, dass  Ptolemaios  I.  die  Castelle  Aegyptens  den  Juden 
zur  Bewachung  anvertraut  habe!  Die  Flusswache  war  aber,  wie 
Lumbroso  richtig  hervorhebt,  nicht  nur  da,  um  die  Ordnung  auf- 
recht zu  erhalten  und  den  Handel  und  Wandel  auf  den  Wasserwegen 

CIL  II  1970:    Z.  ValeHo  L.  f.  Quir.  Procido  ....  praef.  classis 
Alexandrin.  et  potamophylaciae. 

*)  Joseph,  c.  Apion.  II  5  §64:  Maximam  vero  eis  {Judaeis  in  Alexandria 
commorantihus)  fidem  olim  a  regibxLS  datam  conservaverunt  (imperatores),  id  est 
fluminis  custodiam  totiusque  custodiae  ncquaquam  his  rebus  indignos  esse  indi- 
cantes.    Was  soll  totiusque  custodiae  f 


284 


IV.  KAPITEL. 


ZU  beschützen,  1)  sondern  auch  um  die  ordnungsgemässe  Eintreibung 
der  auf  den  Wasserstrassen  fälligen  Zölle  und  Abgaben  zu  control- 
liren,  resp.  durchzuführen.  Hierzu  wird  man  Juden  verwendet 
haben,  die  ja  schon  in  der  Ptolemäerzeit  eine  besondere  Veranlagung 
zu  solchen  Geldgeschäften  documentirten.^)  Ob  freilich  sie  allein 
zugelassen  wurden,  wie  Josephus  glauben  machen  will,  lasse  ich 
dahingestellt,  —  Ich  denke  mir,  dass  bei  den  Standquartieren  der 
Fluss wache  sich  Zollbuden  befanden,  in  denen  diese  Geschäfte  ab- 
gewickelt wurden.  Vgl.  Strabo  XVII  p.  813:  „'E^'^^  5'  eaxlv  'Ep{jLO- 
TToXcTtXT]  (^ulax-fj,  teXwvlov  u  twv  £X  t*^^  ©YjßatSo;  xaxacpepo- 
pievwv.  Auf  die  äussere  Anlage  dieser  Stationen  wirft  die  Bezeichnung 
a)(£§ca  Licht,  die  abwechselnd  neben  (puXaxi^  begegnet.^)  Es  sei 
hier  auch  darauf  hingewiesen,  dass  in  unseren  Quittungen  über 
TTOTaixo^uXaxLÖe^  manchmal  daneben  auch  die  aiaxLWV  derselben 
erwähnt  wird.  Vgl.  §  116. 

Unsere  Ostraka  lehren  uns  nun,  dass  für  die  Instandhaltung 
dieser  Flusswache  eine  Abgabe  von  den  Unterthanen  erhoben  wurde, 
denn  so  werden  wir  mit  Fröhner  (Rev.  Archeol.  XII  S.  42)  diese 
Quittungen  zu  deuten  haben.  Meistens  wird  quittirt  UTiep  [i£pia{Jioö 
Tiozociio^uXa.y.ihoc,,  womit  über  die  Bedeutung  der  Zahlung  nichts 
ausgesagt  ist.  Einmal  heisst  es  UTiep  ö'j'wvtou  7roTa[xocpuXa>ci6o? 
(104),  und  in  vier  Quittungen,  die  alle  aus  dem  J.  113/4  stammen, 
heisst  es  uTiep  [xia^oö  Tzoz(x\LO^u'Xaxihoc,  (89 — 92).  Die  letzteren  Aus- 
drücke weisen  darauf  hin,  dass  die  Abgabe  auch  für  die  Verpflegung  und 
Besoldung  der  Mannschaften  auf  den  Wachtschiffen  verwendet  wurde. 

Vergleicht  man  die  gezahlten  Summen,  so  fallt  auf,  dass  die 
Beträge  für  ein  und  dasselbe  Jahr  meist  gleich  hoch  sind.    So  zahlen 


^)  Ueber  die  Bewachung  des  alexandrinischen  Hafens  giebt  Strabo  II  p. 
101  interessante  Auskünfte:  dXX'  oüS'  £^6v  rjv  avsu  7cpoaxdy|jiaTOg  'AXs^av- 
5psi«s  dvdysa^at,  xat  xaöxa  vevoocpta[jL£V(p  ßaaiXt,-xd  xp^^M-axa  (seil.  Eudoxos). 
Oubi  ys  Xad-stv  sxTiXeuoavxa  svsSsxsxo,  xooccux-q  cppoup^  >t£xX£io|JL£vou  xou  Xi\iivog 
xal  xwv  dXXü)v  £^öSü)v,  6ay)v  xal  vuv  Ixt  5caiJi£vouaav  £yv(i)ji£v  '^|i.£ls  £7:t,5Y)|ioövx£g 
x'^  'AX£^av8p£tqc  uoXüv  xpovov,  xac'xot  xd  vuv  uoXu  dv£rxa',  Tü),aaiü)v  £Xövxü)v 
al  ßao'.X'.xal  tk  cppoupal  noXu  -^aav  Tt'.xpöxEpau  Man  durfte  also  aus  Alexandrien 
nicht  ohne  spezielles  Trpösxayjia,  nicht  ohne  Pass  in  See  stechen. 

^)  Zahlreiche  Juden  unter  den  thebanischen  Steuerpächtern  des  II.  Jahrh. 
vor  Chr.,  vgl.  Kap.  VI.  Ein  Jude  auch  an  der  Spitze  der  opiio^uXaxia  in 
Svene.  Vgl.  §  89. 

2)  Vgl.  Agatharchid.  bei  Phot.  p.  447  b  ed.  Bekker.    Dazu  Henzen  6928. 


§  99  —  101. 


285 


für  75;  6  zwei  Leute  je  4  Obolen  (439,  440),  für  124/5  zwei  Leute 
je  10  Obolen  (131,  132),  fiir  128/9  zwei  Leute  je  1  Drachme  4  Obolen 
(145,  146).  In  1573  (fiir  dasselbe  Jahr)  ist  die  Summe  nicht 
erkennbar,  doch  Vater  und  Sohn  zahlen  dasselbe  (exaaTO^  .  .).  Für 
113/4  zahlen  zwei  Leute  je  6  Drachmen  5  Obolen  (89,  91),  einer 
nur  5  Drachmen  3  Obolen.  Letzeres  kann  Kate  sein.  Auch  in  dem 
soeben  in  Berlin  erworbenen  Ostrakon  P.  8620  zahlen  zwei  Leute 
für  das  Jahr  119/20  je  1  Drachme  5  Obolen.  Daraus  scheint 
sich  zu  ergeben,  dass  der  Betrag  alljährlich  festgesetzt  wurde,  und 
zwar  pro  Kopf  in  gleicher  Höhe.  Dass  auch  für  diesen  kopfsteuer- 
artig aufgelegten  Zwangsbeitrag  die  Bezeichnung  [i£p'.a|Ji6c  so  häufig 
wiederkehrt,  stützt  unsere  Ausführungen  in  §  75. 

§  100.  Mspia^G^  TipaxTopioD. 

Das  TüpaxTOpiov  ist  das  Bureau  der  TipaxTOpe^,  der  Steuer- 
erheber. Aus  dem  Edict  des  Tib.  Julius  Alexander  wissen  wir,  dass 
im  Praktorion  diejenigen  gefangen  gehalten  wurden,  die  der  kaiser- 
lichen Kasse  verschuldet  waren.  Vgl.  CIGr.  III  4957,  Z.  17  f: 
[AT/S'  oXuyq  xaxay.XsLeaO'ai  XLva?  D^eud-ipoxjq  .  .  .  elc,  to  TTpaxxope'.ov 
l^ü)  Töv  dcfSiXovTtov  tlc,  TÖv  xuptaxöv  Xoyov.  Es  war  also  zugleich 
ein  Greföngnis  für  die  Steuerschuldner.  Um  so  bitterer  mag  es  die 
Bevölkerung  empfunden  haben,  dass  sie  zur  Herrichtung  oder  In- 
standhaltung dieser  Schuldgeföngnisse  aus  ihrer  Tasche  beizutragen 
gezwungen  wurde.  In  Nr.  517  (Theben,  a.  118)  werden  für  diesen 
Zweck  3-|  Obolen  von  den  d7:a:T(yjTal)  (i£p:a|i(oO)  TipaxTWpcou  (sie) 
erhoben.  Auch  dieser  Zwangsbeiti*ag  wird  kopfsteuerartig  aufgelegt 
sein  (vgl.  [i£p'.a[i6?). 

§  101.  Mspia|jLÖ^  TipsaLBLOu. 

In  621  (Theben,  a.  145  n.  Chr.)  quittiren  die  dTtacTTjTal  [xepta- 
|ioö  7Zptoihi(p\)).  Ich  lasse  dahingestellt,  ob  man  praesidium  hier 
im  Sinne  von  Besatzung  oder  von  Lager,  Schanze  oder  dgl.  fassen 
soll.  Jedenfalls  scheint  hier  eine  Abgabe  vorzuliegen,  die  mit  der 
militärischen  Besatzung  des  Ortes  in  irgend  welcher  Beziehung  steht. 
Auch  sie  wird  kopfsteuerartig  aufgelegt  sein. 


286 


IV.  KAPITEL. 


§  102.  Tjisp  7rpo|3aTcov. 

In  1369  (Theben,  vom  J.  10  n.  Chr.)  wird  für  den  Monat 
Choiak  eine  Abgabe  für  15  Schafe  gezahlt.  Der  Betrag  ist  nicht 
angegeben.  Diese  Steuer,  die  von  den  Schafbesitzern  erhoben  wird, 
ist  als  Vermögenssteuer  aufzufassen.  Um  die  Besteuerung  der  Schafe 
zu  ermöglichen,  mussten  die  Herdenbesitzer  alljährlich  eine  aTioypa^T^ 
einreichen  (vgl.  Kap.  Y).  Speziell  über  den  Besitz  an  Schafen  handeln 
BGU  133  und  ein  Wiener  Papyrus  bei  Härtel,  Griech.  Pap.  Erzh. 
Rain.  S.  74.^)  In  den  Faijümer  Papyri  begegnet  die  Schafsteuer 
unter  dem  Namen  ^opo?  Tipoßaxwv  mehrfach.  Vgl.  BGU  41,  12; 
63,  6;  199,  16;  292,  3.  Es  sei  hervorgehoben,  dass  die  Erhebung 
dieser  Schafsteuer  (ebenso  wohl  der  verwandten  Viehsteuern)  in 
besonderer  Weise  der  Oberaufsicht  des  Strategen  überwiesen  gewesen 
zu  sein  scheint.  In  dem  noch  unpublicirten  Berliner  Papyrus 
P.  1394  findet  sich  bei  cpopou  TTpoßaxwv  —  und  nur  hier  —  der 
Zusatz  U7i6  9pov[Tt5a  aTpaTYjY®^]«")  Bemerkenswert  ist  auch,  dass 
nach  dem  Pap.  Lond.  CCLV  der  Ertrag  des  ^opoc,  Trpoßaxwv  nicht 
wie  der  der  Biersteuer  (^uxyjpa)  an  die  §r^[xoaLa  xpaTis^a,  sondern 
elq  XYjV  £7tl  xouxo:^  xpd7r£^a(v)  abgeführt  wird,  also  an  ein  spe- 
zielles Ressort. 

Auch  in  244  (Syene)  handelt  es  sich  um  Besteuerung  von 
Schafen.  Hier  ist  vor  TCpoßaxtov  freilich  eine  Lücke,  die  noch  ihrer 
Füllung  harrt.  Vielleicht  Hesse  sich  hier  [67i(£p)  vo[x]ü)V  ergänzen. 
Dann  würde  es  sich  vielmehr  um  Weidegeld  handeln.  Vgl.  §  40 
und  82. 


^)  In  dem  Berliner  Text  erklärt  der  Declarant,  dass  von  104  upößaxa, 
6  aiyes  und  10  äpvss  des  vorigen  Jahres  14  Tipößaxa  zu  Grunde  gegangen  seien, 
sodass  er  nur  noch  100  anzeige.  Die  Rechnung  ist  sehr  einfach,  wenn  man, 
wie  Mommsen  vorgeschlagen  hatte,  die  10  Lämmer  des  vorigen  Jahres  still- 
schweigend als  Schafe  dieses  Jahres  mitzählt.  Die  6  Ziegen  wird  er  in  einem 
besonderen  uns  verloren  gegangenen  Satze  —  die  Urkunde  ist  unvollständig  — 
angezeigt  haben.  Es  ist  mir  nicht  klar  geworden,  wie  Härtel  a.  a.  O.  zu 
115  Stück  kommt,  die  übrig  geblieben  seien.  Vielleicht  liegt  hier  ein  Druck- 
fehler vor.  Ilpößaxov  aber,  wie  er  will,  als  „Kleinvieh"  zu  nehmen,  verbietet 
sich  dadurch,  dass  derselbe  Text  die  cdyBC,  von  den  Trpößaxa  unterscheidet. 

2)  Ergänzt  nach  P.  1397. 


§102.    DIE  SCHAFSTEUER. 


  §  103.  ZUSCHLÄGE. 


287 


§  103.  Ta  rwpocBiavpa-^oiJLcva. 

Es  wd  kaum  nötig  sein,  alle  die  Xummern  zu  citiren,  in 
denen  ftir  xd  7rpoc5:aYpacp6{Ji£va  gezahlt  wird,  üeber  das  Auftreten 
dieser  Zahlungen  in  unseren  Ostraka  habe  ich  Folgendes  beobachtet: 

1)  Sie  fehlen  regelmässig  in  den  (briefartigen)  Quittungen,  die 
die  Erheber  den  Zahlern  ausstellen,  und  kommen  nur  in  den  Bank- 
quittungen vor. 

2)  Sie  fehlen  (bisher)  regelmässig  in  den  Texten  der  Ptolemäer- 
zeit  und  begegnen  nur  in  denen  der  Kaiserzeit.  Am  Ende  des  II. 
und  im  III.  Jahrh.  nach  Chr.  werden  sie  nicht  erwähnt. 

3)  Sie  fehlen  in  Syene-Elephantine  und  begegnen  in  Theben, 
aber  nicht  regelmässig.  Fast  immer  werden  sie  in  den  Quittungen 
aus  XdpaJ,  ^Q^i  und  'Ay^ß  erwähnt,  dagegen  fehlen  sie  mit  einer 
Ausnahme  (489)  in  denen  aus  Xcxo;  xal  Ai'h, 

Ich  füge  hinzu,  dass  sie  auch  in  den  Quittungen  aus  dem  Faijüm 
vorkommen,  und  zwar  in  Urkunden,  die  nach  meiner  Auffassung 
wiederum  Bankquittungen  sind.  Vgl.  BGU  99,  219,  337,  342. 
Vgl.  auch  Pap.  Grenf  (II)  XLI,  10;  XL VIII;  LH.  Auch  fiir 
Panopolis  sind  sie  bezeugt.    Vgl.  Hermes  XXIII  S.  593. 

So  viel  über  das  Vorkommen  der  TTpo^Scaypa^ofxeva.  Was 
haben  wir  uns  nun  darunter  vorzustellen?  A'.aYpd^siv  heisst  „zahlen". 
Also  ist  xd  7:po;5:aYpa^6[JL£va  das,  was  zu  etwas  anderem  hinzu- 
gezahlt wird.  Vgl.  auch  Pap.  Paris.  62  V  5.  In  der  That  begegnet 
xd  Tipo^S  niemals  selbstständig,  sondern  immer  im  Anschluss  an  eine 
vorhergehende  Zahlung  (vgl.  xd  xo'jxwv  Trpo^S'.aypa^ofieva).  Ich  habe 
schon  im  Rhein.  Jahrb.  LXXXVI  S.  249  die  Deutung  vorgeschlagen, 
dass  man  an  Schreibgebühren  oder  Aehnliches  zu  denken  habe.  Diese 
Auffassung  wird  jetzt  durch  die  Faijümer  Urkunden  bestätigt.  In 
BGU  99  steht:  xal  xd  7(:p[o;]6('.aYpacp6|JL£va)  au[ißGX(ou)  oder  aupi- 
ßoX(cxd),  „das,  was  hinzugezahlt  wird  für  die  Quittung", i)  wo  mit  dem 
g6|ji,,3oXov  eben  die  vorliegende  Quittung  gemeint  ist.  Ich  verweise  auf 
Eevenue-Pap.  20,  14  ff:  [" Oaa  ajuyYpd^ovxai  ol  oly.ow6\LOi  xxX  . . ., 
[XY]  Ttpaaala^waav  oi  7ipaY|-ta[x£i)ö[i£vo'.]  Iz  xwv  auyypa^wv  [irfik 
xwv  oufißoXwv  [Ji[r^5£v].   Es  wird  hier  den  Oekonomen  und  anderen 


^)  Zu  aüjißoXov  als  Quittung  vgl.  Actenstücke  aus  der  kgl.  Bank  v.  Theben 
V,  VI,  VII. 


288 


IV.  KAPITEL. 


königlichen  Beamten  ausdrücklich  verboten,  für  die  Contracte  und 
Quittungen,  die  sie  in  den  näher  bezeichneten,  aber  durch  eine 
Lücke  uns  unverständlichen  Angelegenheiten  ausstellen,  eine  Gebühr 
zu  erheben.  Wenn  Philadelphos  es  für  diesen  speziellen  Fall  ver- 
bietet, muss  es  sonst  üblich  gewesen  sein.  Wir  würden  aber  xoc 
7rpo?5taYpacp6[Ji£va  zu  eng  fassen,  wenn  wir  es  nur  auf  die  Quittungs- 
gebühren beschränken  w^ollten.  Es  muss  ein  weiterer  Begriff  gewesen 
sein,  der  auch  andere  Bureaugebühren  in  sich  schloss.  Denn  in 
Pap.  Grenf.  (II)  XLI,  10  werden  xa  7rpo^5iaYpa(^6[X£va  und  xa  aujjißo- 
Xr/wdc  neben  einander  genannt.  Der  Text  lehrt  zugleich,  dass  der 
Steuerpächter  schon  in  seinem  Pachtangebot  der  Regierung  eine 
bestimmte  Summe  für  diese  beiden  Posten  in  Aussicht  stellte.  Auf- 
fallig bleibt  nur,  dass  wir  keine  Quittungen  haben,  in  denen  der 
Pächter  den  Empfang  dieser  Tupo^Scaypacpofxeva  vom  Steuerzahler 
bezeugt.  Und  doch  hat  er  das  Geld  von  der  Bevölkerung  erhoben, 
wie  ja  auch  die  Bankquittungen  besagen.  Weshalb  uns  diese  Gebühr 
nur  in  den  oben  gezeichneten  Grenzen,  und  nicht  überall  begegnet, 
weiss  ich  nicht  zu  erklären. 

§  104.  np6q^e\i(x). 

Für  Theben  belegt  durch  Nr.  834,  839,  841,  973.  Vgl.  P.  4229. 

npo^O-Ceixa)  bedeutet  „Zugabe,  Zusatz".  In  allen  Fällen  handelt 
es  sich  um  Naturallieferungen ,  teils  von  Weizen  teils  von  Bohnen 
(834,  973).  Nur  in  P.  4229  ist  adaeratio  eingetreten. i)  Man  fragt, 
zu  welcher  anderen  Abgabe  wird  dieses  Tipo^-ö-epia  hinzugefügt?  Die 
Antwort  dürfen  wir  wohl  dem  Pap.Lond.  XCIX  (ed.  Kenyon  S.  158  ff.) 
entnehmen.  In  dieser  Urkunde  aus  dem  IV.  Jahrh.  nach  Chr.,  die 
Abrechnungen  über  eingegangene  Getreidelieferungen  enthält,  werden 
durchgehends  die  Lieferungen  für  den  xavwv  und  für  das  Tzp6^^t\i(x. 
unterschieden.  Der  Canon  ist  nach  dem  Sprachgebrauch  dieser  Zeit 
die  ständige,  jährliche  Naturalabgabe  (vgl.  §  175),  das  7zp6qd'E[i0c 
also  ein  Zuschlag  zu  dieser.  So  werden  wir  das  7rp6i;'9'£|Jia  unserer 
Texte  (II.  Jahrh.  n.  Chr.)  für  den  Zuschlag  der  damals  üblichen 
Naturalabgaben,  also  vor  allem  für  Grundsteuern  und  annona,  zu 

^)  In  dieser  Quittung,  die  nicht  in  unsere  Sammlung  aufgenommen  ist, 
wird  gezahlt  sl^  'Kpö(c,)^{B\iOL)  z'-(\iy]c,)  Spayj  {lag)  öxto  /  ^yj.    Hier  wird 

nicht  Weizen  geliefert,  sondern  der  Preis  für  ^  Artabe  Weizen  mit  8  Dr.  bezahlt. 


§  103  —  107. 


289 


betrachten  haben.  Daher  heisst  es  auch  in  839,  Tvie  sonst  bei  den 
Grundsteuerquittungen,  bnep  Y^VT^CfiaTOs)  toO  Sslvot;  izouq.  —  Die 
Erheber,  die  das  Getreide  einfordern,  nennen  sich  TrpaxTOpe?  acTix"^^, 
einmal  (973)  ^^no^lzr^zi]q  7.'j(a(jLa)v). 

Mommsen  erinnert  mit  Recht  an  die  römische  superindidio. 

§  105.  Ta  7üpo^{i£Tpou[i£va. 

Dieser  Ausdruck  besagt  auf  dem  Gebiet  der  Getreidelieferungen 
gewiss  dasselbe,  was  xa  Tüpo^^iaypa^ofieva  auf  dem  der  Geldzahlungen 
(vgl.  §  103).  Er  kommt  aber  sehr  viel  seltener  vor,  vgl.  716,  1405 
(beide  aus  der  Kaiserzeit).  Aehnliche  Zuschläge  bei  Marquardt, 
RStV.  112  a  190  Anm.  4. 

§  106.  Tt^sp  7rpogüi([JLou). 

Für  Hermonthis  und  Theben  belegt  durch  Nr.  342,  351, 
1232,  1515,  alle  aus  dem  II.  Jahrhundert  v.  Chr. 

Eine  andere  Auflösung  für  Tipo^Ti'^ls  7üp6?TL{Jiov  dürfte  kaum 
zu  jßnden  sein.  Das  Wort  bezeichnet  gewöhnlich  das  Straf-  oder 
Bussgeld.  Da  es  sich  hier  in  allen  vier  Fällen  um  Zahlungen 
an  die  königliche  Bank  handelt,  werden  es  Strafgelder  sein,  die 
an  den  König  fielen.  Daneben  wird  die  Zahlung  von  xd  xaOn^- 
xovxa  zkXf]  bezeugt,  ohne  dass  die  Höhe  derselben  angegeben  würde. 
Bisher  war  es  mir  nicht  möglich,  in  1232  die  Gruppe  hinter 
TTpo^x'^u  lesen.  Ich  erkannte  nur  Tipo^x'T'.  .  ^  y*^?*  Buss- 
geldem  vgl.  unten  §  164. 

Ttisp  7i;poTO[Xü)v. 

Vgl.  §  15. 

§  107.  Trcsp  TTpoupLou. 

In  271  (aus  Elephantine)  wird  quittirt  ÖTtep  TUpoupcou  (sie) 
Tzzpl  OoLVi'^  xaXo[u]pL£vov  (sie)  Sav6avrirjy.  Die  Lesung  Trpoup'.ou 
ist  sicher.  Fröhner  (Rev.  Arch.  XII  S.  33)  hat  vorgeschlagen,  es  zu 
TCp(atx)oi)ptou  zu  vervollständigen,  und  übersetzt:  „pour  le  navire 
pretorien  stationnant  en  Phenicie  (et)  appele  Sendantexi"  ^).  Ich  halte 
eine  derartige  Vervollständigung  des  Wortes  aus  palaeographischen 


1)  Wessely   (Denkschr.  Wien.  Akad.  1889,  S.  184),  der  Fröhner  folgt, 
druckt  Tcpa'.xoDpiou  ohne  Klammern  ab,  als  wenn  es  so  überliefert  wäre. 
WiLCKEN,  Ostraka,  19 


290 


IV.  KAPITEL. 


Gründen  principiell  für  unrichtig.  Es  ist  zwar  behauptet  worden,  dass 
auch  in  dieser  Weise  abgekürzt  w^orden  sei,  doch  sind  überzeugende 
Beispiele  noch  nicht  erbracht  worden.  Man  müsste  es  höchstens 
als  ein  Versehen  des  Schreibers  auffassen.  Aber  auch  das  ou 
spricht  dagegen,  da  o),  schlimmsten  Falls  o,  zu  erwarten  wäre. 
Vgl.  Tikoiou  7rp£iü)p(oi)  in  293.  Ein  Wort  izpoupiov  giebt  es  nun 
allerdings  nicht.  Ich  spreche  die  Vermutung  aus,  dass  TipoupLOU 
für  (fpoupLOU  steht.  Solche  Vertauschung  der  Tenuis  mit  der  Aspirata 
kommt  in  vulgärer  Dialectorthographie  vor^).  Dann  würde  die 
Abgabe  erhoben  für  ein  Castell  mit  Namen  Sandanten  (?).  Freilich 
wäre  es  nun  sehr  merkwürdig,  w^enn  ein  Bürger  von  Elephantine 
im  Jahre  179  n.  Chr.  für  ein  phönicisches  Castell  zahlen  sollte.  Ist 
denn  aber  die  Auflösung  OoLVLx(Yjv)  notwendig?  Ich  habe  in  den 
Corrigenda  vielmehr  die  Lesung  OoLVtx(a)va)  vorgeschlagen,  und 
denke  dabei  an  einen  Ort  im  unteren  Nubien,  dem  Nachbargebiet 
Elephantines  (vgl.  Kap.  IX).  Dann  hätte  man  in  Elephantine  bei- 
gesteuert zu  der  Befestigung  des  Castells  bei  Phoinikon.  Dies  würde 
ganz  verständlich  sein. 

§  108.  TTisp  7xpox(  ....)• 
Vgl.  648,  1577. 

In  648  werden  20  Drachmen  UTtep  Tipo^  toö  (auxoö)  %^  für 
den  Monat  Payni  gezahlt,  in  1577  3  Dr.  3  Ob.  unkp  [xspcafiou  npo^. 
In  beiden  Fällen  muss  Tzpo^  eine  Abgabe  bezeichnen.  Ich  weiss 
keinen  befriedigenden  Vorschlag  zur  Erklärung  zu  machen.  An  den 
Ortsnamen  IIpo^  (vgl.  Kap.  IX)  kann  hier  nicht  gedacht  werden. 

§  109.     TTISp  TljJlYj^  TlUpOU. 

Für  Theben  belegt  durch  359,  663,  694,  1325,  1371,  1388, 
1391,  1558,  1587.    Vgl.  1535. 

Es  sind  Quittungen  über  Geldzahlungen,  die  unep  TifJi^?  Tiupoö 
erfolgen,  also  Naturallieferungen  vertreten  sollen.  Mit  den  an- 
geführten Worten   ist  über   die  Art   der  Steuer,   für  welche  die 

Vgl.  Pap.  Leipz.  4  K.  15  Tiaar^Xitov  für  aaY]Xt(i)v.  Pap.  Grenf.  (I)  XLV 
$ave(i'.iü)5  neben  HaveiietT^oug  in  XLVI,  wo  dieselbe  Person  gemeint  ist. 
BGU  71,  19  ff.  xt-poTP^^O'^  t8ö>tpa7iov,  uTtoypduovxog  für  X£-pöypacpov,  cS'-öypacpov, 
uüoypdcpovxog.    Vgl.  andrerseits  BGU  458,  7  ^fj^ocpr^Tcg  für  Tcpocpr^xYjg. 


§  107  —  110. 


291 


Zahlung  geschieht,  nichts  ausgesagt.  Wir  haben  jedenfalls  an  solche 
Steuern  zu  denken,  die  eigentlich  in  natura  zu  zahlen  waren, 
d.  h.  namentlich  an  die  Grundsteuer  und  die  annona.  In  §  104 
haben  wir  ein  Beispiel  solcher  adaeratio  auch  für  das  7:pG;'9'£[ia 
gegeben  (P.  4229).  Dass  die  Steuer  in  den  obigen  Urkunden  nicht 
genannt  wird,  haben  sie  gemein  mit  den  meisten  Quittungen  über 
Katurallieferungen,  in  denen  gleichfalls  gewöhnlich  nur  der  Ort, 
fiir  den  die  Zahlung  erfolgt  (OTisp  Xapaxo^  oder  ähnlich),  genannt 
wird  (vgl.  §  124).  Wie  dort  wird  auch  in  den  obigen  Texten 
gelegentlich  das  Emtejahr  angegeben,  aus  dem  der  Weizen  zu  ent- 
nehmen war.  Wie  dort  ^ird  auch  hier  gelegentlich  das  Ressort 
genannt,  für  welches  die  Lieferung  erfolgt.  Vgl.  Bioixr^aswc  in  359, 
1325.  Kach  alledem  ist  wahrscheinlich,  dass  wir  es  mit  einer 
adaeratio  der  Gmudsteuer  resp.  der  annona  zu  thun  haben.  Während 
bei  letzterer  die  adaeratio  sehr  häufig  eintrat  (vgl.  §  16  und  §  87), 
scheint  sie  bei  der  Grundsteuer  nur  in  Frage  zu  kommen,  wenn 
es  sich .  um  Nachtragszahlungen  handelt.  Wenigstens  in  den  vor- 
liegenden Fällen  sind  die  Zahlungen,  soweit  wir  diesen  Punkt  über- 
haupt controlliren  können,  immer  Xachtragszahlungen.  Vgl.  359, 
1371,  1388,  1558,  1587,  wo  überall  fiir  die  Ernte  des  verflossenen 
Jahres  gezahlt  wird.  Eine  sehr  verspätete  Zahlung  liegt  in  1325 
vor:   da  wird  fiir  das  11.  Jahr  im  14.  Jahr  gezahlt.    Vgl.  S.  215. 

In  1535  scheint  mir  eine  adaeratio  des  Pachtzinses  (izcpopiov) 
vorzuliegcD,  denn  es  heisst:  SeSwxa^  ÖTcsp  ob  Yeiopyels  xXrjpou. 
Der  Grundeigentümer,  der  xAYjpoO/^oc,  lässt  seinen  Pächter  ('AXeEav- 
5po;)  einen  Teil  (d7:6)  des  ihm  schuldigen  Pachtzinses  in  Geld  an 
seine  Commilitonen  (ouvaTpaTiöiai)^)  de,  xö  7ü£[pLa?]x£X(xa(?)  zahlen. 

§  110.  Ty;^  TTpwxYj^  sga[jLyjvo'j. 

In  336  (Theben,  vom  J.  259;8  v.  Chr.)  wird  die  Zahlung 
lediglich  durch  die  Worte  xf^^  Twpwxr^c  lxEa{JL£VOi)  begründet. 
Ebenso  heisst  es  in  1339  (aus  demselben  Jahre)  Tf^^  5£ux£pa;,  wozu 
man  gewiss  ein  l^ajir^vou  zu  ergänzen  hat.    In  beiden  Fällen  ist 

Ein  neuer  Beweis  dafür,  dass  wir  in  den  x^r^pcuxc.  der  Petrie  Papyri 
nicht  mit  Mahafiy  pensionirte  Veteranen,  sondern  active  Soldaten  zu  sehen 
haben.  Vgl.  Gött.  Gel.  Anz.  1895,  S.  132.  Bestätigt  wurde  meine  Ansicht 
auch  von  Grenfell,  Rev.  Pap.  S.  93. 

19* 


292 


IV.  KAPITEL. 


lediglich  der  Zeitraum  angegeben,  für  den  die  Zahlung  gilt.  Um 
welche  Abgaben  es  sich  handelt,  ist  nicht  gesagt.  Ich  möchte 
vermuten,  dass  es  sich  um  die  aXotig  handelt.    Vgl.  §  8. 

§  III.  Saxxo(cp6pa)v?). 
Für  Theben  belegt  durch  Nr.  1563. 

Gleichviel,  ob  man  im  Text  IIlxw^  nToXXL5(og)  %al  |i(£TOXoO 
G0(.y.xo(<:p6poC)  oder  ao(.Y.%o(<^oplocq)  oder  aaxzoC^optov)  ergänzen  will, 
jedenfalls  handelt  es  sich  um  eine  Gewerbesteuer,  die  die  betreffenden 
Arbeiter  —  nach  meinem  Vorschlag  Sackträger  —  zu  zahlen  haben. 
Die  Sackträger^)  sind  für  Aegypten  als  eigenes,  selbständiges  Gewerbe 
mehrfach  bezeugt.  Vgl.  BGU  141  II  8:  NeiXaixjxwv  caxxo(^(6po?); 
ebend.  286,  4  f.:  AupyjXcq)  XIsyjoötl  —  aaxxo^opo).  Vgl.  auch  Pap. 
Lond.  ed.  Kenyon  S.  34,  Z.  34:  Stoto-^tc^  aay.y.o^opoq  (II.  Jahr- 
hundert V.  Chr.).  Man  könnte  freilich  auch  an  eine  andere  Bildung 
wie  aaxxoTTOio^  denken.  Auch  diese  Sackfabrikanten  bildeten  ein 
eigenes  Gewerbe.  Vgl.  Wessely,  Denkschr.  Ak.  Wien  1889,  S.  216: 
a\i^6zBpoi  aaxxoTTOLoL 

In  Rom  wurde  die  Besteuerung  der  geruli  durch  Kaiser 
Gaius  eingeführt.  Sie  mussten  -J-  des  täglichen  Verdienstes  abliefern. 
Vgl.  Sueton  Gai.  40. 

§  112.  TsXc^  axi)(Y])paToo. 

To  aixu-^paiov  bedeutet  das  „Gurken-  oder  Melonenbeet".  In 
Nr.  1075  wird  ein  zkXoc,  erwähnt,  das  von  solchen  Beeten  erhoben 
wird.  Bei  der  Lückenhaftigkeit  des  Textes  sind  keine  Schlüsse  über 
die  Art  dieser  Steuer  zu  ziehen.    Vgl.  Petr.  Pap.  (II)  XLIV. 

§  113.  Tusp  axoTisXcov. 

Für  Syene-Elephantine  belegt  durch  Nr.  249,  286,  für  Theben 
durch  495,  497,  505,  506,  509,  511,  514,  515,  520—524,  529, 
541,  545,  547,  551,  566,  571,  585,  610,  616,  618,  625,  629, 
632,  640,  1286,  1287,  1422,  1424,  1429,  1570. 


^)  Das  von  aaxxocpöpog  gebildete  Hypokoristikon  aaxxag  ist  dadurch 
namentlich  bekannt  geworden,  dass  der  Neuplatoniker  Ammonios,  weil  er  sich 
seinen  Lebensunterhalt  ursprünglich  als  Sackträger  verdiente,  Ammonios  Sakkas 
genannt  wurde. 


§  110  —  114. 


293 


In  497  findet  sich  die  Verbindung  67r(ep)  axo7:(£Xou)  9uX(axü)v). 
Dies  fuhrt  uns  auf  die  richtige  Deutung  des  Wortes  axoTieXo?. 
Wir  werden  es  in  seinem  ursprünglichen  Sinne  als  „Warte"  (vgl. 
axoTTsTv)  aufzufassen  haben,  und  zwar  als  die  Warte,  von  der  die 
Wächter  (^'jXaxe;)  über  das  Flachland  hin  Ausschau  hielten.  Wir 
werden  unten  in  §  134  zeigen,  dass  die  Bevölkerung  für  die 
Besoldung  dieser  (^uXaxe^  besteuert  wurde.  Die  vorliegenden  Texte 
zeigen,  dass  sie  ebenso  auch  für  die  Instandhaltung  der  „Warten" 
ihren  Zwangsbeitrag  zu  zahlen  hatten.  In  240  heisst  es:  bn(ep) 
ji6pia[i(oö)  oixo5(o|iLa?)  ax(o)7t(eXoi)).  Da  handelt  es  sich  offenbar 
um  Neubau  oder  Ausbesserung  einer  solchen  Warte. 

Wiewohl  diese  Abgabe  in  den  Quittungen  meist  mit  einer 
anderen  zusammengezogen  ist,  sodass  man  die  auf  den  axoTceXog 
entfallende  Summe  nicht  mit  Sicherheit  erweisen  kann,  genügt  doch 
das  Material,  um  zu  zeigen,  dass  auch  diese  Abgabe  kopfsteuerartig 
auf  alle  Bewohner  in  gleicher  Höhe  repartirt  war,  dass  aber  die 
Höhe  in  den  verschiedenen  Jahren,  wohl  entsprechend  den  wechselnden 
Bedürfiiissen,  eine  verschiedene  sein  konnte.  So  zahlen  2  verschiedene 
Personen  für  das  Jahr  112/3  dieselbe  Summe  von  4  Dr.  4  Ob. 
(505,  506),  3  verschiedene  Personen  die  gleiche  Summe  für  119/20, 
nändich  3  Dr.  4J  Ob.  (521,  522,  1287),  3  Personen  dieselbe  Summe 
von  3  Dr.  2  Ob.  für  120/1  (523,  524,  1570),  2  Personen  dieselbe 
Summe  von  3  Dr.  4^  Ob.  für  131,2  (547,  551).  In  allen  diesen 
Fällen  ist  noch  eine  andere  Abgabe  mit  eingeschlossen  in  die 
Summe  (meist  xal  aXXwv).  Auch  hier  bewährt  sich  unsere  Auf- 
fassung voD  ^ep'.apiG?. 

§  114,  TiXoc,  ax'JTswv. 

Für  Theben  belegt  durch  Nr.  334  und  1359,  beide  aus  dem 
n.  Jahrh.  V.  Chr. 

In  beiden  Fällen  handelt  es  sich  um  die  Gewerbesteuer  der 
axuxel^.  Mit  diesem  Wort  bezeichneten  die  Griechen  den  Leder- 
arbeiter im  Allgemeinen,  häufiger  noch  den  Schuster  im  Besonderen^). 
Diese  Weite  des  Ausdrucks  erklärt  sich  wohl  dadurch,  dass  die 
Schuster  nicht  ausschliesslich  bei   ihren  Leisten  blieben,  sondern 


^)  Vgl.  Blümner,  Technologie  I,  S.  268. 


294 


lY.  KAPITEL. 


vielfach  daneben  auch  andere  Lederarbeiten,  im  Besonderen  auch 
die  Gerberei  mit  betrieben i).  Welche  spezielle  Nuancen  hier  vor- 
liegen, lässt  sich  nach  dem  Wortlaut  nicht  ausmachen.  Zur 
Gewerbesteuer  im  Allgemeinen  vgl.  §  135. 

§  115.  a\ 

In  IN'r.  760,  761,  1539,  1546  begegnet  die  Gruppe  a^,  wie 
es  scheint,  als  Bezeichnung  einer  Abgabe.  In  allen  Fällen  handelt 
es  sich  um  Xaturallieferungen.  Hängt  es  mit  aizoXoyix  zusammen? 
Das  würde  parallel  stehen  der  Abgabe  UTzep  OLVoXoyta^  in  711  und 
würde  als  eine  Abgabe  fiir  die  Mühewaltung  der  gviqXo^ol  auf- 
zufassen sein. 

§  116.  T-Ep  GTaTiwvo^  :i;oxa(xocpi)XaxtSwv. 

Für  Syene-Elephantine  belegt  durch  Nr.  145—147,  273,  278, 
287,  293. 

Nur  in  278  findet  sich  der  Zusatz  7roTa[JLG9'jXaxt5(a)v),  wozu 
ausserdem  noch  xod  aXXwv  Ipywv  tritt.  Aber  auch  in  den  anderen 
Nummern  (ausser  in  273)  Averden  die  Wachtschiffe  unmittelbar 
vor  oder  hinter  der  statio-)  genannt.    Wenn  auch  der  Ausdruck 

Büchsenschütz,  Die  Hauptstätten  des  Gewerbefleisses  1869,  S.  91,  Anm.  7, 
führt  aus  den  Scholien  zu  Platon's  Apologie  d.  Sokr.  S.  IS''  ein  Beispiel  dafür 
an,  dass  ein  und  derselbe  Mann  erst  als  nXoüa'.og — sx  ßupaoSccJjt.x'^g,  und  dann 
als  axutsus  bezeichnet  wird.  Ich  finde  denselben  Fall  bei  MahaflFy,  Flind.  Petr. 
Pap.  (II)  XXXII  (1),  aus  dem  Ende  des  III,  Jahrh.  v.  Chr.  Die  Eingabe,  die  von 
einem  ßupooSscjjYjg ,  d.  h.  einem  Gerber,  geschrieben  ist,  trägt  auf  der  Rückseite 
einen  amtlichen  Vermerk,  den  ich,  z.T.  abweichend  von  Mahaffy,  folgender- 
massen  lese:  Xa  Tcpog  x6v  axu-sa 

ävaxaXsaaoO-ai,  tov  r^pöc, 

■c^-  Ssp{iatr^pa[i]. 

Der  i'7Z'.\i.sXr^xr^c,  Dorotheos,  an  den  die  Klagschrift  gerichtet  ist,  entscheidet 
damit,  dass  der  Beamte  der  5sp[iaTr^pä,  d.  h.  der  Fellabgabe,  die  Angelegen- 
heit mit  dem  oxuxeui;  an  sich  ziehen  und  untersuchen  soll.  Hier  wird  also 
der  ß'jpaoSs'-lr^g,  wie  auch  Mahaffy  hervorhebt,  als  axoTSug  bezeichnet.  Ueber 
die  Sspiiaxr^pa  vgl.  §  149. 

2)  Zu  dem  Gebrauch  von  axaxtwv  vgl.  BGU  326  II  10:  ev  x%  oiOLzimi 
zf,c,  scxoax^s  'c^^'^  xXirjpovo|jL'.c5v  xal  eXsu^-spiuiv  (a.  194  n.  Chr.).  Auch  die 
Stationen  der  Wachtschiffe  waren,  wie  Avir  oben  §  99  sahen,  zugleich  Zoll- 
stationen. 


§  114  —  118. 


295 


aX}.ü)V  Ipytüv  mehi-deutig  ist,  so  zeigt  er  doch,  dass  hier  unter  der 
statioy  denn  zu  dieser  steht  er  parallel,  die  baulichen  Anlagen  der 
Station  zu  verstehen  sind.  ^lit  anderen  Worten,  für  die  Instand- 
haltung der  Stationsanlagen  -wird  der  Zwangsbeitrag  erhoben. 

Diese  Abgabe  scheint  ebenso  wie  die  für  7:oTa(iGcpuXax:Se$ 
selbst  aufgelegt  zu  sein,  d.  h.  kopfsteuerai*tig  für  Alle  gleich,  aber 
in  jährlich  wechselnder  Höhe.    Vgl.  145 — 147. 

§  117.  Sxscav'.ov. 

Sxe^aviov  ist  das  Diminutivum  von  axe^avo^.  Was  der 
„Kjranz"  für  den  König  ist  (vgl.  den  nächsten  Paragraphen),  das 
ist  das  „Kränzchen"  für  den  gewöhnlichen  Sterblichen.  Beides 
bezeichnet  ein  Geschenk,  eine  Dotation.  Im  Pap.  Paris.  42  erhält 
ein  Mann,  der  Verbrecher  angezeigt  hat,  zur  Belohnung  ein  Praesent, 
ein  axe^aviGV  von  3  Talenten  (vgl.  Lumbroso,  Rech.  S.  285).  In 
unserem  Ostrakon  1530  quittirt  ein  gewisser  X£/^'9"^apoOc,  dass  er 
als  Oberjäger  sein  aie^aviov  vom  Adressaten  erhalten  habe  und 
keine  weiteren  Ansprüche  an  ihn  habe.  Er  sagt  correct  x6  yivo- 
jievov  \LOi  —  aiecpavLOV,  nicht  tö  y.aO"^xov  oder  ähnlich.  Freilich, 
in  dem  Zusatz  xou-ö-ev  aoi  syy.aXü)  liegt  doch,  dass  diese  Gratification 
nicht  so  ganz  freiwillig  erfolgt  ist.  Wahrscheinlich  handelte  es  sich 
um  eine  alte  eingebürgerte  Gewohnheit,  dem  Oberjäger  ein  gewisses 
Praesent  zukommen  zu  lassen. 

§  118.  ST£'j:avo5. 

Für  Theben  belegt  durch  Nr.  320,  330,  353,  675,  683,  690, 
701,  1298,  1311,  1334,  1360,  1376,  1512,  1528,  1556. 

Der  aie^avos  ist  eine  in  der  hellenistischen  Welt  seit  Alexander 
dem  Grossen  weit  verbreitete  Institution.  Man  versteht  darunter 
Geschenke,  die  den  Machthabern  in  Gestalt  goldener  Kränze  — 
oder  auch  nur  unter  dem  Xamen  derselben  —  von  der  Bevölkerung 
bei  bestimmten  Veranlassungen  gespendet  wurden^).   Lumbroso,  der 

^)  Auch  „Geschenke"  an  auswärtige  Mächte  wurden  so  bezeichnet.  Vgl. 
Suidas  s.  v.  a-scpav.xöv :  TsXsaua  t.ol^ol  To5io'.;  o'ncüc,  sxaXsiTO,  sTisiSr,  auxövo}jio'. 
^aav  Ol  TöS'.oi,  ßpaX'J  5s  {J-spo^  Twiia-O'-s  irti  T'.fif^  Tzi^^r.o^xsc,  ixr,aicy, 
oO  cpöpov  fjY£|iöa'.  jiäAAov  yj  axscf  avov  cpiXo'.g  SiSövxss.  Toöxo  xal  'EXXrjVoyaXdxa'.c 
xotg  'Ayxupavoi?  szixwpia^e'.  x6  Xöy'-ov  oxscpavixdv  yoLp  X^youai  Tiav  x6  iv 
Xocp'.xog  Xöyq)  5'.5ö[JLevov. 


296 


IV.  KAPITEL. 


in  seinen  Recherches  S.  315  Belege  für  Alexander  wie  für  die 
Seleukiden^)  zusammengestellt  hat,  konnte  damals  noch  kein  Zeugnis 
dafür  vorbringen,  dass  auch  im  Ptolemäerreich  diese  Sitte  bestand. 
Inzwischen  haben  die  Petrie  Papyri  diese  Lücke  gefüllt.  Neben 
verschiedenen  anderen  Abgaben  begegnet  im  Petr.  Pap.  (II)  XXXIX  e 
eine  Naturalleistung  für  ol^  axe^avou,  was  Mahaffy  zutreffend  als 
a  national  present  to  the  king  on  his  accession  erklärt.  Die 
nächste  Zeile,  die  Mahaffy  „aXXouTrapouaLa??"  las,  haben  wir  oben 
S.  275  in  aXXou  TZOLpoualxc,  getrennt  und  dahin  gedeutet,  dass  hiermit 
ein  zweiter  Kranz  gemeint  sei,  der  aus  Veranlassung  eines  Besuches 
des  Königs  im  Faijüm  ihm  gestiftet  war.  Schon  diese  beiden 
Fälle  zeigen,  dass  die  Widmung  eines  „Kranzes"  immer  einer  be- 
sonderen Veranlassung  bedurfte;  im  ersteren  Falle  liegt  sie  in  dem 
TipöTOV  exos,  im  zweiten  in  der  Trapouata.  Weiteres  Material 2) 
bieten  nun  unsere  Ostraka. 

Aus  der  Ptolemäerzeit  stammen  Nr.  320,  330,  353,  701,  1311, 
1360,  1512,  1528.  In  320  begegnen  wu-  einer  interessanten  Charakte- 
risirung  solcher  Stiftungen.  Die  Männer,  an  die  die  Zahlung  erfolgt, 
heissen  hier  ol  Tuapa  IlaTpwvog  toö  npbc,  t'Q  ouvTa^ec.  Das  Wort 
ouYZoc^ic,  wurde  bekanntlich,  wie  auch  die  Geschichte  des  zweiten 
attischen  Seebundes  lehrt,  als  ein  milderer  Ausdruck  anstatt  des  ge- 
hässigen ^Gpoq  betrachtet  und  bezeichnete  nicht  mehr  als  einen  „Bei- 
trag". Rechtlich  sind  denn  auch  diese  „Kränze"  als  freiwillige  Gaben 
aufzufassen.  Doch  liegt  es  in  der  Natur  der  Dinge,  dass  thatsäch- 
lich  derartige  „fi^eiwillige  Gaben",  von  denen  man  sich  anstands- 
halber nicht  ausschliessen  kann,  sich  allmählich  zu  Zwangsleistungen 
umwandeln,  und  dass  die  Machthaber,  die  ursprünglich  die  Gaben 
nur  anzunehmen  haben,  schliesslich  sie  wie  ein  gutes  Recht  fordern^). 


Die  von  ihm  angeführten  Stellen  sprechen  allerdings  z.  T.  nur  von  der 
Beschenkung  der  Freunde  mit  goldenen  Kränzen  durch  Alexander,  Wichtiger 
ist  z,  B.  Arrian.  Anab.  VII  15,  4,  wo  erzählt  wird,  dass  die  Libyer  kommen  und 
den  Alexander  mit  einem  solchen  Kranz  beschenken  (oxecpavouvctüv).  —  Für  die 
Seleukiden  ist  ausser  Makk.  I  10,  29  —  31;  11,  34.  35;  13,  37.39  auch  Joseph, 
b.  i.  XII  §  142  zu  berücksichtigen. 

2)  Vgl.  auch  Pap.  Grenf.  (I)  XLI,  aus  dem  II.  Jahrh.  vor  Chr. :  'iTtapSst. 
001  etg  oii^ixvov  xot^^oö  xäXavxa  biy.cc  udvxs. 

Im  letzteren  Sinne  erscheinen  die  axscpavo'.  in  den  Makkabäerbüchern 
und  bei  Josephus, 


§118.    DIE  KRANZSPENDE. 


297 


Unsere  Ostraka  lehren  uns  nun,  zunächst  für  die  Ptolemäer- 
zeit,  dass  diese  „Beiträge"  sich  wesentlich  von  den  Staatssteuern 
dadurch  unterschieden,  dass  ihre  Erhebung  nicht  an  TsXövai  ver- 
pachtet war.  Die  Bank-  und  Thesaurosquittungen  geben  uns  freilich 
auf  diese  Frage  keine  Antwort,  da  sie  den  Stand  des  Zahlers  nicht 
nennen;  aber  aus  320,  der  einzigen  Erheberquittung  (in  Briefform) 
geht  hervor,  dass  die  Erhebung  in  diesem  Falle  jenem  Manne  anverti-aut 
war,  der  den  schlichten  Titel  eines  .,6  -po;  cTJVTa^si'-  führte.  Ich  ver- 
mute, dass  die  Competenz  eines  solchen  Commissionärs  sich  auf  den  Gau 
erstreckte  (vgl.  353:  axe^avoi)  y.aTOixwv  Ilepl  6y;ßa?),  vielleicht  aber 
auch  nur  auf  eine  Ortschaft  innerhalb  desselben.  Da  es  nicht  rätlich  war, 
dass  dieser  Vertrauensmann  die  oft  recht  bedeutenden  Summen  bei  sich 
bewahrte,  und  er  auch  das  Getreide  vielleicht  nicht  gut  speichern  konnte, 
so  lieferte  er,  vermutlich  allmonatlich  i),  die  an  ihn  eingegangenen  Bei- 
träge an  die  königlichen  Institute  der  Bank  resp.  des  Thesauros  ab. 

Die  Beiträge  konnten  nämlich  sowohl  in  Geld  (320,  330,  353, 
1528)  als  auch  in  Getreide,  und  zwar  in  Weizen  (701,  1311,  1360, 
1512),  bestehen.  Namentlich  angesichts  dieser  Xaturallieferungen  — 
vgl.  auch  die  oben  angeführten  Petrie  Papyri  —  ist  es  mir  sehr 
zweifelhaft,  ob  die  Stiftung  wirklich  immer  schliesslich  in  Gestalt 
eines  goldenen  Kranzes  dem*  König  überreicht  wurde.  Es  wäre 
sehr  denkbar,  dass  man  schliesslich  nur  den  alten  Xamen  dafür 
beibehielt  und  sich  darauf  beschränkte,  dem  Könige  zu  melden,  dass 
das  getreue  Volk  in  seine  Bank  so  und  so  viele  Talente  oder  in 
seine  Magazine  so  und  so  viele  Artaben  Getreide  abgeliefert  habe. 

Es  ist  bemerkenswert,  dass  die  oben  angeführten  Ostraka  aus 
der  Ptolemäerzeit  sämmtlich,  mit  zwei  Ausnahmen,  die  xaxoixo: 
(einmal  xaioixoi  Ilepl  Bi^ßa;)  als  die  Geber  nennen.  In  1528 
werden  die  xXyjpcöxo:  statt  dessen  genannt.  In  320  dagegen  ist 
der  Stand  des  Gebers  überhaupt  nicht  augegeben,  was  sich  daraus 
erklärt,  dass  hier  der  Zahler  angeredet  wird.  So  bleibt  die  Mög- 
lichkeit, dass  dieser  'HpaxXeL^r;^  'Atio^J.wvio'J  nicht  zu  jener  Be- 
völkerungsklasse gehört,  offen.  Andrerseits  macht  der  rein  griechische 
Name,  auch  die  Höhe  des  Beitrages 2)  es  nicht  unwahrscheinlich, 

^)  Vgl.  Nr.  1360:  et;  tov  toD  |ir](vo;)  a'S'^Cavov). 

Der  Adressat  Apion  zahlt  „für"  'HpaxXc-Sr,;  'AroXXwvtou  4400  Drach- 
men. Ich  sehe  keine  andere  Möglichkeit,  als  dass  diese  Summe  von  Herakleides 
aufgebracht  ist.   Allerdings  ist  zu  bedenken,  dass  es  nur  Kupferdrachmen  sind. 


298 


lY.  KAPITEL. 


dass  auch  er  ein  xaioizog  oder  xXripouy^oc,  war.  Auch  jene  Männer, 
die  in  dem  Petrie  Papyrus  für  den  azi^avoq  zahlen,  sind  offenbar 
xXyjpoöxoi.  Wenn  wir  sehen,  dass  gerade  diese  privilegirten  Klassen 
in  der  Ptolemäerzeit  dem  Könige  Kränze  stiften,  so  liegt  die  Ver- 
mutung nahe,  dass  diese  halb  freiwilligen,  halb  gezwungenen  Beiträge 
gewissermassen  ein  Aequivalent  dafür  darstellten,  dass  sie  von 
manchen  Lasten  befreit  waren.  So  mögen  sie  sie  vielleicht  weniger 
aus  reiner  Loyalität  als  aus  dem  Wunsche,  den  König  in  guter 
Laune  zu  erhalten,  dargebracht  haben,  oder  auch,  um  mit  den 
Worten  Gratian's  zu  reden,  weniger  amore  projjrio  als  indulgentiarmn 
laetitia  commoti  (s.  unten). 

Ueber  die  Höhe  der  Beiträge,  über  die  Art  der  Verteilung 
geben  unsere  Texte  keine  Auskunft.  Die  Höhe  wird  natürlich  bei 
den  verschiedenen  Kränzen  eine  verschiedene  gewesen  sein.  Ebenso 
wenig  vermag  ich  mit  Sicherheit  zu  erweisen,  bei  welchen  Ver- 
anlassungen die  axIcpavoL  dargebracht  worden  sind. 

Welche  grosse  Rolle  die  goldenen  Kränze  im  ptolemäischen 
Aegypten  gespielt  haben,  zeigt  die  berühmte  Darstellung  des  phila- 
delphischen  Festzuges  bei  Kallixenos  (Athenae.  V  196a — 203b). 
Uns  interessiren  hier  namentlich  die  Worte  203  b:  xal  xaux'  YjptO-- 
\i'qd"fi  TidcvTa  zdlc,  ocxovofxo'.g  hidc  tyjv  twv  axe^avouvTWV  Trpo-ö-ufxtav 
Ttpo  Toö  Tai;  ^'icct;  TzocpeXd'elv.  Die  kolossale  Summe,  um  die  es 
sich  hier  handelt,  2239  Talente  50  Minen  (und  zwar  in  Silber, 
vgl.  Schluss  dieses  Kapitels  und  Kap.  X),  ist  also  an  die  ßaaiXixol 
oiXGv6[xot,  denn  an  diese  wird  hier  zu  denken  sein,  ausgezahlt  worden, 
und  dies  wegen  der  Bereitwilligkeit  der  aie^avouvTe^  schon  vor  dem 
Feste  (anders  Droysen,  Kl.  Schrift.  H  S.  293).  Mit  Recht  hat  Rühl 
(Jahn's  Jahrbb.  49.  1879  S.  627)  gegenüber  Droysen  (Hellenism.  HI 
1.  S.  53)  hervorgehoben,  dass  es  sich  hier  um  ein  nationales  Ehren- 
geschenk handelt.  Mit  7CpoO'i)|Jiia  ist  auf  den  freiwilligen  Charakter 
der  Gabe  hingewiesen.  Es  ist  bemerkenswert,  dass  man  auch  von 
axe^avouv  spricht,  wenn  es  sich  um  Stiftung  von  Statuen  handelt. 

Endlich  sei  darauf  hingewiesen,  dass  nach  einer  freundlichen 
Mitteilung  Adolf  Erman's  auch  in  der  hieroglyphischen  Pithomstele 
(gleichfalls  aus  der  Zeit  des  Philadelphos)  der  aie^avo?  genannt  wird. 
Erman  übersetzt  jetzt  den  Abschnitt  Q  der  besagten  Inschrift  folgender- 
massen:  „Verzeichnis  alles  dessen,  was  seine  Majestät  that  als 
Wohlthat  in  den  Tempeln  Aegyptens,   als  jährliche  Steuer  und 


§118.    DIE  KRA>'ZSPENDE. 


299 


Ooldkranz,  der  seiner  Majestät  gegeben  wurde:  Silber  10,050000".^) 
Hier  ist  einmal  von  Interesse,  dass  der  goldene  Kranz  ausdrücklicli 
von  den  alljährlich  einlaufenden  Steuern  unterschieden  wird,  und 
femer,  dass  er  als  Geldsumme  (nach  Silberpfimden  gerechnet)  be- 
handelt wird.  In  Lepsius'  Denkmälern  kann  man  Ueberreichangen 
goldener  Kränze  dargestellt  sehen.  So  bringt  in  IV  26  Ptolemaios  VI. 
Philometor  der  Isis  von  Philae  einen  Kranz  dar,  und  dabei  stehen  die 
Worte:  „Er  bringt  einen  Kranz  (oder  Diadem)  von  Gold  seiner 
Mutter". 

Aus  der  Kaiserzeit  stammen  Nr.  675,  683,  690,  1298,  1334, 
1376,  1556.  Während  der  aie^avo?  in  den  ptolemäischen  Urkunden 
zufällig  nur  einmal  als  y^p'jaoOc  bezeichnet  wurde  (320),  ist  die  Gabe 
hier  regelmässig  mit  axe^/  XP'^^'  bezeichnet,  was  in  axs^avcxo^  XP^^^'S 
aufzulösen  sein  wird.  Das  ist  ein  genaues  Aequivalent  für  den 
römischen  Ausdruck  awum  coronarium.  Schon  den  Kömern  der 
Republik  war  diese,  wie  Mommsen  betont,  rein  griechische  Kranz- 
spende bekannt  geworden,  und  zwar  zunächst  in  Form  von  Ge- 
schenken, die  speziell  den  siegreichen  Feldherren  zur  Verherr- 
lichung ihres  Triumphes  von  den  Besiegten  oder  auch  von  den 
Provinzialen  dargebracht  wurden.  2)  Auch  noch  in  dem  Falle  des 
L.  Antonius,  ja  auch  noch  bei  Augustus  und  Claudius  steht  das 
aurum  coronarium  mit  dem  Triumph  in  Verbindung.^)  Allmählich 
aber  wurde  es,  ganz  wie  unser  ptolemäischer  axE^avo^,  zu  einer 
Gratification,  die  die  Bevölkerung  nicht  nur  bei  Triumphen,  sondern 
aus  den  verschiedensten  Anlässen  dem  Kaiser  darbrachte.  In  unserer 
Tradition  finde  ich  dafür  den  ersten  Beleg  für  Kaiser  Hadrian,  von 
dem  es  in  Spartian's  vita  c.  6,  5  heisst:  aumim  coronaHum  Italiae 
remisit,  in  provinciis  minuit.  Da  dies  unmittelbar  nach  Uebernahme 
der  Regierung  geschah,  so  sollte  dieses  aurum  coronarium  ihm 
offenbar  anlässlich  seines  Regierungsantrittes  überreicht  werden.  Die 


Vgl.  die  Publication  von  Brugsch-Erman  in  Zeitschr.  f.  Aeg.  Spr.  XXXII 
1895  S.  13.  Vielleicht  triflPt  man  den  Sinn  noch  genauer,  wenn  man  übersetzt 
„von  der  jährlichen  Steuer  und  dem  Goldkranz",  denn  es  kann  sich  doch  wohl 
nur  um  eine  einmalige  Schenkung  handeln. 

^)  Ueber  das  aurum  coronarium  vgl.  Gothofredus  zum  Cod.  Theod.  XII  13. 
Marquardt,  Staats v.  II^  S.  295  f. 

^)  L.  Antonius:  Dio  Gass.  XLVIII  4,  6.     Augustus:  Mon.  Ancyran.  ed. 
.Mommsen^  S.  89,    Claudius:  Plin.  h.  n.  XXXIII  54. 


300 


IV.  KAPITEL. 


Verbindung  mit  der  früheren  Auffassung  bietet  hier  und  in  ähn- 
lichen Fällen,  wie  Mommsen  bemerkt,  die  den  Triumphen  correlate 
imperatorische  Acclamation.  Die  angeführten  Worte  machen  es 
sehr  wahrscheinlich,  dass  auch  schon  früher  diese  Consequenz  ge- 
zogen war.  Denn  die  Sammlung  der  Beiträge  wird  nicht  so  schnell 
von  statten  gegangen  sein,  dass  man  das  remittere  und  minuere  auf 
eingegangene  Gelder  zu  beziehen  hätte.  Hadrian  erwartete  vielmehr 
nach  den  Präcedenzfallen  der  Vergangenheit,  dass  man  ihm  ein  aurum 
coronarium  stiften  werde.  ^)  Für  eine  noch  weitere  Ausdehnung  dieser 
Sitte  spricht,  dass  dem  Antoninus  Pius  anlässlich  seiner  Adoption  ein 
aurum  coronarium  von  den  Italikern  und  Provinzialen  angeboten 
wurde  (vit.  Ant.  Pi.  c.  4,  10).  Andere  Beispiele  dieser  späteren  Ent- 
wickelung  bei  Marquardt  a.  a.  O.  Hier  sei  nur  noch  hervorgehoben, 
dass  als  allgemeine  Motive  für  die  Stiftung  eines  aurum  coronarium  in 
einer  Constitution  des  Gratianus,  Valentinianus  und  Theodosius  vom 
J.  379  ^)  amor  proprius,  indulgentiarum  laetitia  und  res  prospere 
gestae  namhaft  gemacht  werden,  Motive,  die  ebenso  auch  von  der 
ptolemäischen  Regierung  als  massgebend  für  die  Darbringung  der 
axl^pavoc  aufgefasst  sein  werden.  Dass  auch  in  der  Kaiserzeit  der 
freiwillige  Charakter  dieser  Gaben  allmählich  schwand,  braucht  kaum 
gesagt  zu  werden.  Kaiser  Julian  musste  im  J.  362  ausdrücklich 
einschärfen:  aurum  coronarium  munus  est  voluntatis.^) 

In  Aegypten  hat  die  alte  ptolemäische  Institution  selbstverständ- 
lich auch  nach  der  Occupation  durch  Octavian  in  der  alten  Weise 
fortbestanden.  Einen  directen  Beleg  für  die  Continuität  ^dieser 
aT£!^avoc  finde  ich  in  einem  bisher  noch  nicht  richtig  verwerteten 
Passus  eines  Papyrus  der  Berliner  Bibliothek.^)  In  Nr.  21  Recto 
Z.  7  f.  lese  und  ergänze  ich  folgen dermassen : 

2T£(pavou  Toö  lv7rp[oa]'9'£v  ßa[aLXtxoö,  vuvl  bk  dq'] 
TÖv  ^Laxov  av[aXa](xß(avo[X£Vou) 

Dieser  Text,  in  dem  dann  noch  weitere  Einkünfte  aufgezählt 
werden,  ist  im  III.  Jahrh.  n.  Chr.  geschrieben.  AVenn  man  noch 
damals  mit  ev7rpoa^£V  und  vuvl  den  Gegensatz  des  königlichen  und 

^)  Schiller,  Gesch.  d.  Rom.  Kaiserz.  I  2  S.  621  nennt  die  Gabe  mit  Recht  eine 
„herkömmliche".  Doch  ihre  Charakterisirung  als   Thronsteuer"  ist  nicht  zutreffend. 
5)  Cod.  Theod.  XII  13,  4. 
3)  Cod.  Theod.  XII  13,  1. 

^)  Edirt  von  G.  Parthey  in  „Nuove  Memorie  d.  Istituto  Arch."  II  S.  440  ff". 


§118.    DIE  KRANZSPENDE. 


301 


des  kaiserlichen  Regiments  hervorzuheben  für  gut  findet,  so  zeigt 
das  nur,  dass  man  eine  alte  Formel  benutzte,  die  in  den  ersten 
Zeiten  der  römischen  Occupation  geprägt  sein  mag  und  seitdem 
in  den  aT£(^avo^- Acten  fortgeführt  wurde.  So  klar  wie  hier  ist  es 
übrigens  sonst  wohl  selten  ausgesprochen,  dass  an  die  Stelle  der 
alten  Königskasse  der  fiscus  Caesaris  trat.  Uns  interessirt  hier  vor 
allem,  dass  die  Continuität  der  Kranzspenden  durch  jene  TVorte  auf 
das  schärfste  hervorgehoben  wird,  dass  also  auch  unter  den  ersten 
Kaisern  in  Aegypten  der  alte  orl^avo?  fortbestanden  hat.  Die 
urkundlichen  Zeugnisse  für  den  kaiserlichen  axet^avog  stammen 
zufallig  alle  erst  aus  dem  Ende  des  zweiten  und  dem  Anfang  des 
dritten  Jahrhunderts  nach  Chr. 

Betrachten  wir  nun  die  Ostraka,  so  fallt  uns  auf,  dass  wir 
für  die  Kaiserzeit  kein  Beispiel  einer  Xaturalleistung  für  den 
axe^avo?  haben.  Ob  das  Zufall  ist  oder  nicht,  muss  dahingestellt 
bleiben.  Nur  in  wenigen  Fällen  lässt  sich  der  Anlass  zu  der 
Stiftung  des  axecpavo?  erraten.  In  1376  und  1556  werden  uTzkp 
axe^avo'j  Kaiaapo?  je  2  Drachmen  3  Obolen  gezahlt.  Die  eine 
Quittung  ist  am  9.  Juni  42  n.  Chr.,  die  andere  am  4.  September 
desselben  Jahres  geschrieben.  Mit  dem  KaTaap,  für  den  der  Kjranz 
bestimmt  ist,  kann  hier  nur  Claudius  gemeint  sein,^)  dessen  voller 
Isame  in  der  Datirung  erscheint.  Wiewohl  Claudius,  als  diese  Quit- 
tung geschrieben  wurde,  schon  1^  Jahre  auf  dem  Thron  sass,  wird 
der  oxecpavo?  dieser  Ostraka  ihm  doch  aus  Anlass  seines  Regierungs- 
antrittes bestimmt  gewesen  sein.  Denn  dass  die  Einsammlung  der 
Beiträge  eine  längere  Zeit  erforderte,  ja  mehr  Zeit  als  die  der  regel- 
mässigen Staatssteuem ,  wäre  sehr  begreiflich.  Doch  vielleicht  ist 
mit  Mommsen  an  imperator  III,  das  in  diesem  Jahre  beginnt,  zu 
denken.  Da  in  den  beiden  Fällen  verschiedene  Männer  dieselbe 
Summe  zahlen  (2  Drachmen  3  Obolen),  so  ist  es  sehr  wahrscheinlich, 
dass  dieser  ore^avo?  kopfeteuerartig  in  gleicher  Höhe  repartirt  war. 
Ich  lasse  dahingestellt,  wie  weit  man  dies  verallgemeinern  darf. 

Die  angeführten  Ostraka  sind  sämmtlich  Bankquittungen, 2) 
bis  auf  Nr.  1298,  die  von  den  Erhebern  ausgestellt  ist.    Wir  sahen, 

Wäre  Augustus  gemeint,  hätte  das  vorgesetzte  0-soö  nicht  fehlen  dürfen. 
Vgl.  Kap.  XL 

2)  In  1376  und  1556  wird  die  Bank  als  T£v(iiü)v6-ou)  KoX(XcuO-ou) 
xpdTie^a   bezeichnet.     Unsere   obigen  Betrachtungen    über  Mersis  und  Comp. 


302 


IV.  KAPITEL. 


dass  in  der  Ptolemäerzeit  oi  npbq  zy]'.  auvia^si  die  Beiträge  ein- 
kassirten.  In  1298  (vom  J.  171  n.  Chr.)  nennen  sich  die  Erheber, 
nach  meiner  jetzigen  Lesung  (vgl.  Corrigenda):  Mepai?  %al  (x(£TOXoO 
£711  Twv  Tiapa^.  Ich  weiss  für  rzapa^'  keinen  anderen  Ergänzungs- 
vorschlag als  7tapa7w(aTa^/]Xü)y),  im  Sinne  von  Depositum.  Dass 
die  Beiträge  zum  axecpavog  als  Deposita  bezeichnet  würden,  ist  nicht 
gerade  unmöglich,  aber  denkbar  wäre  auch,  dass  Mersis  und  Comp, 
eine  Depositenbank  gehabt  hätten,  und  dass  man  daher  sie,  die  als 
vertrauenswürdige  Männer  in  der  Stadt  bekannt  waren,  mit  der 
Eintreibung  der  Beiträge  betraut  hätte.  In  diesem  einzelnen  Falle 
wäre,  ähnlich  wie  in  jenem  Beispiele  aus  der  Ptolemäerzeit,  die 
Eintreibung  des  aie^avo;  an  Privatleute  übertragen.  Die  griechischen 
Papyri  zeigen  uns  aber,  dass  wir  diesen  einzelnen  Fall  nicht 
verallgemeinern,  jedenfalls  nicht  auf  die  späteren  Zeiten  über- 
tragen dürfen.  In  BGU  62  wird  der  Beitrag  von  den  TipaxTOpe«; 
ax£(^av:xou  xwjjiY]?  IlzoXz\i<xtboc,  Nsa^  erhoben  (a.  199  n.  Chr.). 
Ebenso  heisst  es  in  den  arsinoitischen  Tempelrechnungen  (BGU 
362  I  23):  7ipax(T0pL)  aT£cp[avLX(r)v],  (a.  213/4  n.  Chr.).  Hier  wird 
also  auch  das  axE^avixov  von  den  gewöhnlichen  Steuererhebern 
eingefordert.  Ebenso  in  BGU  452,  458,  518,  die  zugleich  zeigen, 
dass  unter  Elagabal  das  Kranzgeld,  seinem  eigentlichen  Charakter 
entgegen,  Jahr  für  Jahr,  ja  Monat  für  Monat  erhoben  wurde.  Das 
entspricht  ganz  der  allmählichen  Entwickelung  dieser  ursprünglich 
freiwilligen  „Gabe"  zu  einer  unfreiwilligen  „Abgabe". 

§  119.    SDvr^yopiy.öv  xal  s-iBs/waTov. 

Als  ich  im  Sommer  1895  in  Leiden  den  Papyrus  F  nochmals 
collationirte,  gelang  es  mir,  in  Z.  3  statt  der  bisherigen,  oft  be- 
sprochenen Lesung  [wJvYjxpcxov  die  Lesung  auvYjyopcxov  festzustellen, 
sodass  der  Anfang  des  Textes  nunmehr  lautet: 

'AXISavSpo?  xal  oi  [jl£io- 
yoi  oi  7ipaY|jia[T]£u6[JL£VOL 
TO  a['j]vY3Y0pLxöv  xap  tö] 
imtixazov. 


könnten  den  Gedanken  nahe  legen,  hierin  eine  Privatbank  zu  erkennen  und  zu 
lesen:  Yj  ^*Ev(|iü)v^ou)  y.oX(Auß'.c:T'.XYj)  -cpccTie^a.  Die  Möglichkeit  ist  zuzugeben. 
Vgl.  jedoch  oben  S.  92. 


§  118  —  119. 


303- 


Meine  Üeberraschung  war  nicht  gering,  als  ich  gleich  darauf 
in  Oxford  unter  den  Ostraka  von  Sayce  eines  fand  (1537),  welches 
beginnt:    'HpaxXeixo?  6  TüpayfxaTeuöfievo?  t[ö]  auvr^yoptxov  y.al 

l7Ct(5£XaTOV). 

To  (TJvr^Yop'.y.ov  ist  das  Geld,  das  der  ouYTi^opoc,  der  juristische 
Verteidiger,  für  seine  Verteidigung  erhält.  Vgl.  Aristoph.  Vesp.  691. 
Das  einzige  Merkwürdige  an  den  vorliegenden  Texten  ist,  da$s  dieses 
au vr^yopiywOV  hier  nicht  etwa  an  die  Eechtsanwälte  direct  gezahlt 
wird,  sondern  dass  die  Erhebung  dieses  Geldes  vom  Staat  an  Pächter 
vergeben  ist.  Ueber  7:paY|iaTcUC[i£V0C  im  Sinne  von  Pächter  vgl. 
Kap.  VI.  Das  legt  den  Gedanken  nahe,  dass  der  Staat  die  Rechts- 
anwälte anstellte  und  besoldete,  wie  er  auch  die  Aerzte  salarirte 
(vgl.  §  170).  Wie  er  als  Beihilfe  zu  der  Besoldung  der  Aerzte 
ein  LaxpiXGV  erhob,  so  hier  ein  auWiyopiy.GW  für  die  der  Anwälte. 
Doch  ein  Unterschied  ist  zu  beachten:  zu  dem  laxpcxov  wurden, 
wie  es  scheint.  Alle,  ob  krank  oder  gesund  herangezogen,  zum 
auvYJYopixov  aber  wahrscheinlich  nur  diejenigen,  die  im  einzelnen 
Falle  eines  Anwaltes  bedurften.  Dafür  spricht  wenigstens  Leidensis  F, 
wo  die  Zahlung  des  au^/Y]Yop:xGV  ganz  deutlich  mit  einem  bestimmten 
juristischen  Falle  in  Verbindung  steht.  Daher  werden  wir  das 
a\JYfiyopiy.6'^  nicht  zu  jenen  auf  Alle  gleichmässig  verteilten  Zwangs- 
beiträgen zählen,  sondern  werden  es  für  eine  Gebühr  halten,  die 
nur  im  Falle  der  Inanspruchnahme  des  staatlichen  Instituts  der 
(juvri^opoi  erhoben  wurde.  Sind  diese  Folgerungen  richtig,  so  fallt 
auf  die  Stellung  der  Anwälte  im  ptolemäischen  Aegypten  ein  ganz 
neues  Licht.  Es  bleibt  zu  untersuchen,  ob  damals  vielleicht  ein 
Zwang  bestanden  hat,  sich  vor  Gericht  durch  einen  Rechtsanwalt 
vertreten  zu  lassen.    Ich  kann  diese  Frage  zur  Zeit  nicht  verfolgen.^) 

Der  Gedanke,  in  dem  a'j vrjYOpixov  etwa  eine  auf  dem  Advocaten- 
gewerbe  ruhende  Steuer  zu  sehen,  wird  durch  den  Leidener  Papyrus 
abgewiesen,  in  welchem  aegyptische  Choachyten  die  Zahler  sind. 

Wie  das  iTüiSexaTOV  zu  fassen  ist,  ist  schwer  zu  sagen.  Das 
Wort  bezeichnet  ein  Ganzes  und  ein  Zehntel  dazu,  aber  auch  ein 


^)  Vgl.  Mitteis,  ßeichsrecht  und  Yolksrecht  S.  48.  Zu  seinen  Ausführungen 
auf  S.  47  bemerke  ich,  dass  der  Gerichtshof  der  Dreissig  (Diod.  I  75),  vor  dem 
kein  Anwalt  auftreten  darf,  nicht  in  die  Ptolemäerzeit,  sondern  in  die  alte 
Pharaonenzeit  gehört.    Vgl.  meine  Observationes  ad  bist.  Aeg.  p.  10. 


304 


IV.  KAPITEL. 


Zehntel,  dass  zu  etwas  Anderem  hinzugethan  wird  (vgl.  Ps.  Aristot. 
Oec.  II  2,  3).    Im  Leidensis  heisst  es  von  ihm  in  Z.  17  f.: 

5s 

xpLa[£(i)?  au  ?  ?]TYj?  OU-ö-EV 
6|jLT[y  £YxaXoö]|ji£v. 
Diese  Worte  zeigen   so  viel  mit  Sicherheit,  dass  auch  das 
£7rt6£xaTov  zu  den  Unkosten  des  Gerichtsverfahrens  gehört. 

§  120.  HwjjLaTixöv. 

In  1052  wird  [uTrClp)]  owjjtaxczöv  toö  5  L  (=100/1)  quittirt. 
Die  Erheber  nennen  sich,  w^enn  unsere  Ergänzung  in  den  Corrigenda 
richtig  ist,  [ol  ß]  XaoYpa(cpo:),  sind  also  „Volkszähler".  !Sö)[JLa 
bezeichnet  die  Person;  awfxaTLxov  wäre  also  eine  Personen  Steuer. 
Sollten  die  Volkszähler,  die  die  awfAaxa  festzustellen  hatten,  dafür 
eine  Gebühr  unter  dem  Namen  awjJtaxLXOV  erhoben  haben?  Wenn 
nicht  die  Xaoypa^OL  daständen,  würde  das  nächstliegende  sein, 
awpiaTLXOV  als  Sklavensteuer  zu  fassen,  d.  h.  als  Steuer,  die  von 
den  Herren  für  den  Besitz  der  Sklaven  zu  zahlen  w^ar  (Vermögens- 
steuer). Von  dieser  Besteuerung  der  Sklaven  (aa)|xaTa)  handelt 
Petr.  Pap.  (II)  XXXIX  b  und  c  (III.  Jahrh.  vor  Chr.).  Für  die 
Kaiserzeit  vgl.  Pap.  Leipz.  25,  wo  für  zwei  verschiedene  Sklaven 
(SouXoc)  dieselbe  Summe  (22  Dr.  2-|  Obolen)  gezahlt  werden.  Ebenda 
29  Recto  ist  überall,  wo  Wessely  SouXrjg  liest,  vielmehr  5i(a)  zy](; 
zu  lesen.  Auch  in  Z.  9  ist  statt  tou  So'jX  vielmehr  xou  a(Oxoö) 
5:(a)  zu  lesen.    Dieses  Stück  handelt  also  nicht  von  Sklaven. 

§  121.  Tsloq  xacpwv. 

Für  Theben  belegt  durch  658,  1062,  1065,  1462,  1585,  1591, 
alle  aus  dem  II.  Jahrh.  nach  Chr. 

Die  Erklärung  dieser  Urkunden  bietet  ganz  besondere  Schwierig- 
keiten. Die  Beamten,  die  die  Steuer  erheben,  heissen  iTULXYjpyjxal 
xiXouc,  t|Jiaxco7r(i)Xß)V  oder  zzX&vo(,i  ifJtaxLOTTwXwv.^)    Danach  müsste 

In  1062  steht  X£X(ü)va!,)  tjjLax'.OTiwXcüv.  Nach  correctem  Sprachgebrauch 
könnte  von  xeXcüVTjs  nur  der  Name  der  Steuer,  nicht  die  Bezeichnung  der  Be- 
steuerten abhängen.  Diese  Nachlässigkeit  ist  charakteristisch  für  den  Jargon 
unserer  Ostraka. 


§  119  —  121. 


305 


man  annehmen,  dass  es  sich  um  die  von  den  „Kleiderhändlern" 
erhobene  Gewerbesteuer  handelte.  Ganz  entgegen  den  sonstigen  Ge- 
werbesteuerquittungen wird  hier  aber  nicht  eine  regelmässige,  für 
den  Monat  berechnete  Abgabe  für  die  Ausübung  des  Betriebes  erhoben, 
sondern  es  wird  eine  einzelne  Spezialleistung  der  Kleiderhändler 
besteuert.  Die  Zahlungen  erfolgen  nämlich  „für  die  Steuer  einer 
oder  mehrerer  xacpai"  (bizep  tIXo'j;  xa^*^^  oder  uT.kp  zo(.'^y]q),  und 
zwar  werden  für  eine  zoczy]  2  Drachmen  erhoben.  Ich  habe  in  der 
Deutschen  Literaturzeitung  1889,  Nr.  37,  S.  1353/4  die  Erklärung 
vorgeschlagen,  dass  den  Kleiderhändlern  die  Einkleidung  der  Leichen 
zwecks  der  Bestattung  übertragen  war,  und  dass  von  diesem  Verdienst 
der  Staat  für  jede  costümirte  Leiche  eine  bestimmte  Taxe  erhoben 
habe.i)  Ich  weiss  auch  heute  noch  nichts  Besseres  vorzuschlagen. 
Dass  abgesehen  von  der  Gewerbesteuer  ein  Teil  des  Gesammt- 
betriebes  auch  noch  einer  Spezialsteuer  unterliegt,  bleibt  freilich 
sehr  auffallig. 

Besondere  Schwierigkeiten  macht  Nr.  1463.  Da  wird  einer 
Frau  Tep\iäiiic,  (Femininum  von  Ilspiiaji'.c)  quittirt  bizep  Z(X(^fi<; 
I1bzb1{.  .  .  .)  dv5p6?  ^ß,  also  über  eine  Zahlung  der  Steuer  für 
das  Begräbnis  oder  die  Bestattung  ihres  Mannes  (denn  das  muss 
ayr^p  hier  bedeuten)  Petel(  ....).  Man  könnte  hiernach  auf  den 
Gedanken  kommen,  dass  die  Steuer  nicht  von  den  Kleiderhändlern, 
sondern  von  den  Leidtragenden  erhoben  wäre,  dass  also  Jeder, 
der  eine  Leiche  costümiren  Hess,  dem  Staate  ein  Didrachmon  zu  zahlen 
gehabt  hätte.  Doch  das  führt  zu  neuen  Schwierigkeiten.  ^Yarum 
sollte  denn  eine  solche  „Begräbnissteuer"  regelmässig  von  denjenigen 
Steuererhebern  eingezogen  werden,  die  das  ^[laxLOTtwXixov  erheben? 
Nach  Nr.  1462  müsste  unter  dieser  Annahme  IlaTaeßa'.^  drei  Todes- 
falle auf  einmal  in  seiner  Familie  gehabt  haben.    Das  ist  zwar 


^)  Wenn  man  diese  Ei-kläruug  zulässt,  so  ist  damit  erwiesen,  w/e  ich  schon 
a.  a.  O.  hervorhob,  dass  es  schon  im  II,  Jahrh.  n.  Chr.,  dem  unsere  Urkunden 
angehören,  vorgekommen  ist,  dass  die  Leichen  nicht  nach  altaegyptischer  Sitte 
in  Binden  eingewickelt,  sondern  in  Kleider  gehüllt  wurden.  Dies  Ergebnis 
ist  für  die  Datirung  der  zahlreichen  Kleiderreste,  die  neuerdings  aus  den 
aegyptischen  Gräbern  hervorgekommen  sind,  von  grossem  Interesse.  Vgl,  zu 
diesen  Ueberresten  Alois  Riegl,  die  aegyptischen  Textilfunde  i^  K.  K.  Oester- 
reich. Museum,  Wien  1889  und  dazu  meine  Anzeige  in  der  Deutsch.  Literaturz. 
a,  a.  O. 

WiLCKEN,  Ostraka.  20 


306 


IV.  KAPITEL. 


nicht  unmöglich,  spricht  aber  doch  eher  gegen  als  für  diese  An- 
nahme. So  ist  vielleicht  vorzuziehen,  doch  auch  in  der  TepjxajJicg  eine 
Kleiderhändlerin  zu  sehen,  die  vielleicht  nach  dem  eben  erfolgten 
Tod  ihres  Mannes  das  Geschäft  übernommen  hat  und  nun  für  die 
Einkleidung  seiner  Leiche,  die  sie  natürlich  von  ihrem  Geschäft  aus 
übernimmt ,  besteuert  wird.  Doch  gebe  ich  zu,  dass  die  Deutung 
auf  die  Leidtragenden  nicht  ausgeschlossen  ist.    Non  liquet. 

§  122.  mog. 

In  Nr.  328,  504,  1030,  1048,  1050,  1078,  1314,  1335, 
1386,  1394,  1412,  1490  wird  über  den  Empfang  eines  zkXoc,  (meist 
für  den  und  den  Monat)  quittirt,  aber  nicht  gesagt  was  für  eiu 
zkXoc,  es  ist.  In  den  meisten  Fällen  würde  ich  zuerst  an  eine 
Gewerbesteuer  denken.  In  1394  ist  sie  sicher  anzunehmen,  falls 
meine  Ergänzung  in  1395  67:(£p)  hoLTiißu^tav)  richtig  ist  (vgl.  §  28). 
In  328  steht:  «tuo  toö  laTa|Ji£vou  TeXo'j;. 

Ebenso  w^enig  weiss  ich  zu  sagen,  w^as  mit  dem  xsXou^ 
gemeint  ist,  über  den  in  554,  624,  670  und  1586  quittirt  wird. 
Nach  dem  Titel  der  Erheber  möchte  man  vielleicht  an  das  tIXo^ 
wviwv  denken.    Aber  das  ist  ganz  ungewiss. 

§  123.    TsXoS  TYj^  TSTapTY]^. 

In  1363  quittirt  der  Unterbeamte  des  Agoranomos  einer  Frau 
Thermuthis  den  Empfang  dieses  ziXoc,.  Die  Summe  stellt  den 
Betrag  für  die  Zeit  vom  Tybi  bis  zum  Pharmuthi,  also  für  4  Monate, 
dar.  Die  Abgabe  ist  enorm  hoch  —  25  ^/q.  Wofür  sie  gezahlt 
wird,  ist  nicht  gesagt.  Da  sie  vom  Agoranomos  erhoben  wird,  ist 
sie  vielleicht  ein  Marktgefäll. 

§  124.    TTISp  TOTIOD. 

Für  Syene  belegt  durch  295,  für  Theben  durch  723  —  725, 
734—736,  740,  742,  743,  745—750,  754,  1253,  1312,  1336, 
1342,  1350,  1521,  1524,  alle  aus  der  Ptolemäerzeit. 

Mit  uTCsp  TOTCOU  oder  UTiep  toO  totüoi)  ist  nicht  die  Steuer  selbst 
bezeichnet,  sondern  nur  der  Distrikt,  für  welchen  sie  erhoben  und  auf 
welchen  sie  distribuirt  ist.    Während  in  den   meisten  Fällen  die 


§  121  —  124. 


307 


Steuer  selbst  ungenannt  bleibt,  zeigen  uns  Nr.  295,  735,  736  und 
1253,  wie  wir  den  elliptischen  Ausdruck  zu  fassen  haben.  Da 
findet  sich  die  Wendung  elq  zr^y  ETT'.Ypa^Yjv  toö  x.  Itou?  uTtep 
TÖ7I0U  oder,  wie  es  in  1253  noch  deutlicher  heisst:  elc  Trjv  iizi- 
ypa^^Tjy  toO  IIcpl  ÖVjßac  tczo-j.  Wir  werden  nicht  fehlen  gehen, 
wenn  wir  hiernach  in  allen  Fällen,  in  denen  ÖTiep  tg-ou  quittirt 
wird,  ein  elq  TTjV  irj^^^OLzr^^J  hinzudenken.  Unter  iTzr^poc^pr]  aber 
ist,  wie  wii'  oben  S.  194  ff.  gezeigt  haben,  die  Grundsteuer  zu  ver- 
stehen. In  den  oben  angeführten  Fällen  wird  regelmässig  in  Weizen, 
Gerste  oder  Kroton  gezahlt. 

Was  bedeutet  nun  der,  wie  wir  a.  a.  O.  sahen,  entbehrliche  Zusatz 
ÖTcep  TOTTOD?  Glücklicherweise  lässt  uns  die  älteste  unter  den  ange- 
führten Xummern,  1253  (aus  der  Zeit  des  Philadelphos) ,  keinen 
Zweifel  darüber,  dass  tot-o;  hier  nicht  eine  allgemeine  Bezeichnung 
für  den  „Ort"  ist,  an  dem  der  Zahlende  sich  befindet,  sondern  dass 
zoTzoc,  hier  wie  häufig,  im  technischen  Sinne  als  Aequivalent  für 
TOTZOLpyloL  ZU  fasscu  ist.  Vgl.  auch  1336,  gleichfalls  aus  der  Zeit 
des  Philadelphos,  wo  •J7:£p  toO  Ilcpl  0r^(ßa;)  seil,  tcttou,  gesagt 
ist.  Ueber  die  Toparchien  vgl.  Kap.  Y.  Ich  habe  schon  in  den 
„Actenstücken  aus  der  kgl.  Bank  v.  Theben"  S.  33,  A.2  nachgewiesen, 
dass  zur  Zeit  des  Philadelphos  die  Landschaft  IIspl  ©r^ßa^  noch 
nicht,  wie  im  IL  Jahrh.  y.  Chr.,  ein  vo|jl6c,  sondern  noch  ein  loizoc, 
war.  Vgl.  auch  auf  den  oben  S.  65  ff.  mitgeteilten  Holztafeln:  Ato- 
pLWVO^  ToO  'zoTzccpyr^Goc'^zoc,  TÖv  IIspl  0r^ßa$  tottov.  Somit  sind  wir 
berechtigt,  unter  dem  tottg?  unserer  Ostraka  die  TOTiap/Ja  zu  ver- 
stehen. 

Nr.  1253  ist  aber  auch  in  anderer  Hinsicht  lehrreich.  Es 
heisst  da  bIc,  ty^v  ETriYpa^r^v  toö  Oepl  6y;ßa?  zotzou,  während  die 
anderen  alle  die  lose  Verbindung  mit  br.kp  xoTtOU  wählen.  Damit 
Ist  die  Sicherheit  gegeben,  dass  die  e-iypa^y]  oder  Grundsteuer  be- 
zeichnet wurde  als  die  Steuer  des  und  des  xoTiog.  Mit  anderen 
Worten,  unsere  Ostraka  lehren  uns,  dass  die  Grundsteuer  in  Aegypten 
nach  den  Toparchien  des  Landes  distribuirt  war. 

Wir  wollen  auch  auf  diejenigen  ptolemäischen  Ostraka  hin- 
weisen, die  mit  den  hier  behandelten  im  Wesentlichen  identisch  sind, 
nur  dass  uTzep  totüO'j  und  £?;  xr^v  irjj^pcL^r^''^  fehlen,  also  Nummern 
wie  708,  710,  713,  717,  718,  730,  732,  741,  756,  1255,  1343, 
1367,  1509,  1533.  In  diesen  ist  nur  über  die  Lieferung  von  Getreide 

20* 


308 


IV.  KAPITEL. 


quittirt,  ohne  dass  gesagt  wäre,  zu  weichem  Zweck  es  erhoben  sei. 
Ich  glaube,  dass  wir  es  hier  lediglich  mit  einem  elliptischen  For- 
mular zu  thun  haben,  und  dass  auch  diese  Quittungen  die  Grund- 
steuer betreffen.  Dasselbe  glaube  ich  auch  von  denjenigen  Kummern 
behaupten  zu  müssen,  die  sonst  mit  den  eben  genannten  überein- 
stimmen, nur  dass  sie  den  speziellen  Ortsnamen  nennen,  für  den 
die  Steuer  erhoben  wird.  Vgl.  706,  727,  729,  731,  753,  1505. 
Wenn  z.  B.  in  706  vi^aoi)  I[zoX(e\i(X.iboq)  steht,  so  ist  damit,  meine 
ich,  der  Distrikt  bezeichnet,  für  welchen  die  (ungenannte)  Grund- 
steuer erhoben  wurde.  Statt  des  ganzen  zonoq  ist  hier  der  einzelne 
Ort  hervorgehoben. 

Wir  sind  damit  zu  dem  Kesultat  gekommen,  dass  fast  alle 
Quittungen  über  Naturallieferungen  aus  der  Ptolemäerzeit  die  Grund- 
steuer betreffen,  soweit  sie  nicht  ausdrücklich  andere  Abgaben  nennen, 
wie  den  aT£cpavO(;  twv  xaxotxwv  (§  118)  und  anderes.  Auszuschliessen 
sind  natürlich  auch  die  Quittungen  über  Spreulieferungen,  die  für 
sich  zu  betrachten  sind  (§  21). 

Nicht  anders  liegt  es,  wie  mir  scheint,  in  der  Kaiserzeit.  Aus- 
drücklich genannt  wird  die  Grundsteuer  nur  ein  einziges  Mal,  in 
767  mit  ÖTuep  67j|JLi'a)(v).  Vgl.  §  30.  Aber  gemeint  ist  die  Grund- 
steuer auch  hier  in  allen  Thesaurosquittungen,  soweit  sie  nicht 
ausdrücklich  eine  andere  Steuer  nennen.  Die  Toparchie  ist  auch 
in  der  Kaiserzeit  der  Steuerbezirk,  der  der  Auflage  und  Erhebung 
der  Grundsteuer  zu  Grunde  liegt.  So  finden  wir  auch  die  Toparchie 
gelegentlich  erwähnt,  und  zwar  in  der  Weise,  dass  gesagt  ist,  in 
das  Magazin  dieser  oder  jener  Toparchie  sei  das  Getreide  abgeliefert: 
ji£[X£TpY]X£V  elc,  -ö-T^aaupov  avcö  oder  xaiü)  zoTz^ocpy^ioLq)  oder  ähnlich. 
Vgl.  761,  778,  783,  799,  800,  805,  1009,  1328,  1596.  In 
1009  (aus  der  Zeit  des  Augustus)  heisst  es  ähnlich  wie  in  den 
ptolemäischen  Texten:  |jL£{Ji£TpY]xa?  (3tv(0  'Zon(apy(i(x,q).  Während 
dort  die  Form  zoTzoq,  vielfach  ausgeschrieben,  überliefert  war,  finden 
wir  für  die  Kaiserzeit  in  1596  die  Form  T07rap)((ca)  bezeugt.  Was 
ich  in  den  Observationes  ad  hist.  Aeg.  prov.  Rom.  p.  26  f.  über 
die  Gleichwertigkeit  der  beiden  Ausdrücke  gesagt  habe,  findet  durch 
das  hier  vorgelegte  Material  eine  neue  Stütze. 

Doch  die  Fälle,  in  denen  in  der  Kaiserzeit  die  Toparchie  an- 
gegeben wird,  sind  im  Ganzen  selten.  Weit  häufiger  ist  es,  dass, 
ganz  wie  wir  es  oben  für  die  Ptolemäerzeit  kennen  lernten,  keinerlei 


§124.    DIE  TOPARCHIE  ALS  STEUERDISTRIKT. 


309 


nähere  Angabe  über  die  Art  der  Steuer  gemacht  wird.    Vgl.  762, 
768,  771  —  773,  779,  790,  792—794  u.  s.  w.    Dies  ist  bis  auf 
Hadrian  die  vorherrschende  Form.    Von  da  an  wird  es  Sitte, 
zwar  nicht  die  Toparchie,   wohl  aber  das  Dorf  zu  nennen,  für 
welches  die  Grundsteuer  erhoben  wurde  —  vde  wir  es  gleichfalls 
für  die  Ptolemäerzeit  in  einigen  Fällen  oben  kennen  lernten.  In 
unserer  Sammlung  begegnet  ein  derartiger  Zusatz  zuerst  im  Jahre 
125  n.  Chr.  (Nr.  820).    Von  da  an  wird  es  immer  häufiger,  ja 
schliesslich  zur  Regel.     Wir  meinen  Zusätze   wie  bizip  Xapaxog 
(oder  auch  bloss  Xapaxog),  \)Tzkp  Noxou  xal  Aißo?,  bizep  Kepaiieiwv, 
ÖTiep  Nt^gwv  u.  s.  w.    Kurz  die  meisten  Oertlichkeiten ,  die  wir  auf 
dem  alten  thebanischen  Boden  nachgewiesen  haben,  begegnen  hier 
als  die  Bezirke,  für  die  die  Grundsteuer  erhoben  ist.    Es  steht  hier 
der  Einzelort  an  Stelle  der  gesammten  Toparchie.    Auf  eine  Aende- 
rung  in   der  Steuerpraxis   möchte   ich  daraus  für  die  Kaiserzeit 
ebensowenig  Avie  aus  denselben  Verhältnissen  füi*  die  Ptolemäerzeit 
schliessen.    Dass  die  Toparchie  auch  in  der  Kaiserzeit  die  Grund- 
lage der  Steuerverteilung  blieb,   lehrt  eine  Gruppe  von  Berliner 
Papyri,  auf  die  ich  schon  in  den  Observationes  p.  24  f.  kurz  hin- 
gewiesen habe  (BGU  552 — 557).   Es  sind  Berichte  der  SexaTüpwiot 
über  die  eingegangenen  Weizenlieferungen,  aus  dem  Herakleopoli- 
tischen  Gau^),  aus  dem  10.  Jahre  des  Kaisers  Gallienus.    Da  sind 
die  Eingänge  nach  den  Dörfern  zusammengestellt,  die  Dörfer  aber 
sind  nach  den  Toparchien,  in  denen  sie  liegen,  gruppirt.  Zum 
Schluss  einer  jeden  Toparchie- Abrechnung  heisst  es  dann:  Y''(v£Tac) 
T07i(ap)(ia?)  +  —  X,  d.  h.  „das  macht  für  die  Toparchie  so  und 
so  viele  Artaben  Weizen".    Wir  können  somit  die  Toparchie  als 
Steuerdistrikt  von  den   Zeiten    des  Philadelphos   bis    auf  Kaiser 
Gallien,  also  durch  sechs  Jahrhunderte  verfolgen.    Mit  dieser  Be- 
deutung der  Toparchie  hängt  es  zusammen,  dass  in  einem  noch 
unpublicirten  Londoner  Papyrus   aus  dem  2.  Jahre  des  Hadrian, 
den  ich  durch  Kenyon's   Güte    einsehen  durfte,    die  Thesauros- 
beamten geradezu   als   die  Sitologen   der  und  der  Toparchie  be- 
zeichnet werden.    Es  heisst  da:    üio^XiS:  xal  [lezoyoic,  atxoXö- 
yioiq)  T07iap)^(ca5)  ALOVi)aia6o[?  •^']t'rfi\i((x.xoq)  ßL.     Vgl.  Kenyon, 


Dass  sie  nicht  zum  arsinoitischen  Gau  gehören,   bemerkte  ich  schon 
Hermes  XXVII  S.  299  A.  6. 


310 


IV.  KAPITEL. 


Catalogue  of  additions  to  the  department  of  Mss.  1888  — 1894 
S.  426  Pap.  CCXCV. 

lieber  die  Grundsteuer,  die  nach  diesen  Toparchien  distribuirt 
und  erhoben  wurde,  ist  oben  in  §  46  gehandelt  worden. 

125.  Tpocpwv  GcX(cpdx(ov?). 

In  265,  4  (Elephantine)  scheint  mir  nach  nochmaliger  Revision 
des  Originals  folgendes  zu  stehen:  zal  ipo^ov  (für  xpo^wv)  heX- 
(cpaxwv)  xal  aXXfwv)  ayeXwv.  Die  Lesung  bedarf  noch  weiterer 
Nachprüfung.  Wie  diese  Abgabe  aufzufassen  ist,  lasse  ich  dahingestellt. 

§  126.  'nxf;. 

In  1031  (aus  dem  Jahre  31  n.  Chr.)  quittirt  der  tsXwvy]^ 
biy,YiQ  einer  Frau  SevapLSu?,  dass  er  das  zeaoc,  6£A9azt(6jo^  |jLca? 
von  ihr  empfangen  habe.  Die  Abgabe  wird  als  ulV.y),  d.  h.  als 
„Schweinesteuer"  bezeichnet,  und  wird  im  gegebenen  Fall  „für 
1  Ferkel"  erhoben.  Diese  Schweinesteuer  ist  zu  den  Vermögens- 
steuern zu  zählen. 

§  127.  T7:sp  7ipog6B(ov  cpocv''7w(a)v). 

Für  Svene  durch  Nr.  276  (vom  J.  186/7  n.  Chr.)  belegt. 

Es  kommt  sachlich  auf  dasselbe  hinaus,  ob  man  ^olvlx((i)v) 
oder  90tvix(tovtov)  auflöst.  Unter  dieser  izpoqoboq  kann  wohl  nur 
die  Einnahme  verstanden  werden,  die  dem  Besitzer  der  (^OLVCzeg 
oder  ^ocvLXWve?  aus  dem  Verkauf  der  Früchte  (Datteln)  und  aus 
der  sonstigen  vielseitigen  Nutzbarmachung  dör  Palmen  erwächst. 
Eine  Abgabe,  die  uTwSp  Tzpoqobtßw  90ivr/c(a)v)  erhoben  wird,  trifft 
also  dieses  Einkommen  und  ist  zu  den  Einkommensteuern  zu  zählen. 
Genaueres  lässt  sich  über  diese  Abgabe  nicht  ermitteln,  da  der 
Schluss  der  Urkunde  nicht  vollständig  erhalten  ist.  Nur  so  viel 
sieht  man,  dass  sie  in  Geld  gezahlt  wird  (vgl.  Siaypa^ecv). 

§  128.  Tjcsp  xi\ific,  hri\iooCo\)  cpotvixog  und  unhp  zl\^f^(;  cpoivixo^. 

Ersteres  für  Svene  —  Elephantine  belegt  durch  84,  93,  111, 
126,  159,  161,  172,  227,  232,  243,  254,  255,  257,  266,  281, 
285,  288,  1268,  1273,  1609,  Letzteres  für  Theben  durch  502, 
692,  693,  697,  1466,  alle  aus  dem  II.  und  III.  Jahrhundert  nach  Chr. 


§  124  —  128. 


311 


In  Elephantine  quittirt  man  uT,ep  zl\^f^(;  5r^|ioaiou  c^oLvixog. 
Das  "Wort  (pGivtxo;  findet  sich  in  266  voll  ausgeschrieben,  eben 
so  ^ri\LO(5io'j  in  84,  III,  161,  243.  Dass  damit  auf  kaiserliche 
Palmengärten  hingewiesen  wird,  scheint  mir  daraus  hervorzugehen, 
dass  die  v.\Lr^^  von  den  kaiserlichen  Praktoren  erhoben  wird,  den- 
selben, die  auch  die  kaiserlichen  Steuern  eintreiben.  T'.[ii^  bezeichnet 
hier  den  Kaufpreis,  denn  der  Gedanke  an  eine  Adaeratio  wird  durch 
5rj[ioaioi)  ausgeschlossen.  Es  handelt  sich  hier  also  nicht  um  Abgaben 
irgend  welcher  Art,  sondern  lediglich  imi  den  Kaufpreis  von  Ob- 
jecten,  die  aus  der  kaiserlichen  Domäne  gekauft  sind.  Was  ist  nun 
dieses  Kaufobject?  Das  Nächstliegende  scheint  zu  sein,  cpciv:?  als 
„Palmenbaum"  zu  fassen.  Sieht  man  aber,  dass  in  der  Regel  hinzu- 
gefügt wird  „Y£vr^[iaT05  toO  x.  I-q'jc",  so  wird  man  vielmehr  auf 
das  hingewiesen,  was  die  Bäume  in  dem  betreffenden  Jahre  getragen 
haben,  also  die  Früchte,  die  Datteln.  Sprachlich  ist  diese  Deutung 
durchaus  erlaubt,  denn  Hesychios  sagt  unter  (foiv.q:  xö  SIvSpov  .  .  . 
xal  6  xapTtd^.  Ich  glaube  daher  annehmen  zu  dürfen,  dass  in 
den  vorliegenden  Texten  denjenigen  Leuten  quittirt  wird,  die  aus 
der  kaiserlichen  Domäne  Datteln  gekauft  haben.  Ueber  die  Höhe 
des  Preises  lässt  sich  nichts  eruiren.  Die  quittirten  Summen  sind 
von  sehr  verschiedener  Höhe,  was  zu  unserer  Auffassung  passt. 
Vielleicht  ist  es  kein  Zufall,  dass  die  meisten  Quittungen  aus  dem 
October  und  November  stammen.  Die  Dattelernte  findet  in  Aegypten 
im  August  und  September  statt.  In  diesen  Fällen  handelt  es  sich 
also  um  den  Ankauf  von  frischen  Datteln  aus  der  neuen  Ernte. 
Dem  widerspricht  nicht,  dass  die  Früchte  regelmässig  als  zu  dem 
Y£VT^[Aa  des  verflossenen  Jahres  gehörig  bezeichnet  werden.  Auch 
die  Früchte,  deren  Ernte  in  den  Anfang  des  aegyptischen  Jahres 
hineinfallt,  sind  doch  gewachsen  und  geworden  in  dem  vorher- 
gehenden Jahre.  Sie  sind  das  ylvr^pia  des  Jahres,  das  kalendarisch 
mit  dem  28.  August  abschliesst. 

Bei  den  thebanischen  Quittungen,  in  denen  die  ^oivixe?  nicht 
als  5r^[iGaLCL  bezeichnet  werden,  kann  man  schwanken,  ob  Tijiyj 
als  Kaufpreis  zu  fassen  ist.  Die  Möglichkeit,  dass  es  sich  auch 
hier  um  den  Verkauf  kaiserlicher  Datteln  handelt,  ist  nicht  aus- 
geschlossen, und  man  könnte  auf  die  durch  Strabo  XVII  p.  818 
bezeugten  kaiserlichen  Palmengärten  der  Thebais  hinweisen.  Andrer- 
seits besteht  aber  auch  die  Möglichkeit,  dass  mit  der  Formel  UTzhp 


312 


lY.  KAPITEL. 


zi\ifiq  auf  eine  Adaeratio  hingewiesen  wird  (vgl.  §  87).  Dann  würde 
in  diesen  Fällen  Geld  gezahlt  werden,  während  eigentlich  Datteln 
als  Abgabe  zu  entrichten  waren.  Wie  in  §  87  würde  man  auch 
hier  zunächst  an  die  Annona  denken.  Diese  zweite  Deutung  ist 
mir  wahrscheinlicher,  doch  muss  ich  die  Frage  offen  lassen. 

§  129.    [TTisp  ....  Cpo]lVLX((Ov)  S£a[JL(63v) 

Vgl.  Nr.  35  aus  Syene  vom  J.  89  n.  Chr. 

Schon  in  der  Revue  Egyptologique  VI  S.  11  erklärte  ich 
SeaP-  als  Seafxat  im  Sinne  von  „Bündel".  Ich  halte  an  dieser  Er- 
klärung fest,  zumal  uns  inzwischen  auch  in  den  Flinders  Petrie  Papyri 
die  tiaiir]  als  Mass  (für  Heu)  entgegengetreten  ist  (vgl.  Kap.  X). 
In  diesem  Zusammenhange  kann  (poiv.E,  nicht  die  Palme,  auch  nicht 
die  Palmfrucht,  sondern  nur  den  Palmzweig  bedeuten.  Dass  das 
Wort  diese  Bedeutung  haben  kann,  bezeugt  Pollux  I  244:  xaXsTiac 
bk  xal  6  xldhoc,  aoxoö  6|jLti)v6|jLa)5  cpoivL^.^)  Wie  die  vorliegende 
Zahlung  aufzufassen  ist,  bleibt  mir  dunkel.  Verbindet  man  (poLVLXwv 
direct  mit  uTzkp,  so  würden  die  47  Bündel  Palmzweige  (im  Besitz 
der  Zahler)  das  Steuerobject  darstellen.  Man  könnte  aber  auch 
67i(£p)  Tc([JL7j;)  cpOLVi'zwv  ergänzen,  und  da  die  Zahlung  von  Steuer- 
pächtern erhoben  wird,  würde  man  hier  wohl  eher  an  eine  Adaeratio, 
als  an  den  Kaufpreis  denken  (vgl.  den  vorigen  Paragraphen). 

§  130.    ^6poc>  —  cpoivtxcov. 

Wenn  unsere  Ergänzung  von  1536  (II.  Jahrh.  vor  Chr.)  richtig 
ist,  wird  dort  über  den  cpopoc,  twv  [Ji[£[xtaO'(a)(X£V(i)v)  aoc]  (focvcxtov 
quittirt.  ^opoc  steht  dann  in  dem  Sinne  von  ez^optov  für  den  Pachtzins 
(vgl.  §  133),  denn  die  Quittung  macht  durchaus  den  Eindruck  einer 
Privaturkunde.  Dies  wäre  wohl  das  älteste  Beispiel  dieses  Sprach- 
gebrauches. 

Vielleicht  liegt  dieselbe  Abgabe  in  1446  vor,  wo  anö  96p(oü) 
1  Artabe  Datteln  gezahlt  wird  (vgl.  Corrig.).  Doch  ist  die  Lesung 
cp6p(ou)  hier  nicht  sicher.  Die  Quittung  ist  ausgestellt  von  ir^i- 
TyjpYj(TaL)  ZTYj((xa'C(i)v),   etwa  Güterinspectoren.     Man   könnte  sich 

Ueber  mannigfache  Verwendungen  der  Palmenzweige  vgl.  Wönig,  die 
Pflanzen  i.  alt.  Aeg.  S.  313.  Als  ßaij  spielen  sie  auch  im  Haushalt  des 
Jupiter  Capitolinus  in  Arsinoe  eine  Rolle.    Vgl.  Hermes  XX.  S.  458. 


§  128  —  131. 


313 


hier  als  den  Grundeigentümer  wohl  den  Kaiser,  aber  auch  einen 
reichen  Privatmann  denken.  Dass  in  dem  einen  Falle  mit  Geld, 
in  dem  anderen  in  natura  gezahlt  wird,  wird  in  den  betreffenden 
Pachtcontracten  so  festgesetzt  sein. 

§  131.  Tzep  e:c:v'//.(ji)va)v  und  \)~hp  y£ü)|jLSTpLag  cpoivtxwvwv.^) 

Ersteres  für  Theben  belegt  durch  Nr.  356,  369,  379,  396, 
397,  400,  407,  494,  540,  649,  1323,  1326,  1327,  1364,  1382, 
1383,  1385,  1389,  1398,  1548,  1554,  Letzteres  für  Syene-Ele- 
phantine  durch  Xr.  13—15,  17,  22,  88,  157,  184,  210,  238,  267, 
268,  275,  284,  1610,  alle  aus  der  Kaiserzeit. 

Dass  mit  dem  Ausdruck  bnep  cpoiVLXWVWV  die  Grundsteuer 
bezeichnet  wird,  die  auf  dem  Palmenboden 2)  lastet,  kann  sachlich 
und  sprachlich  kaum  in  Zweifel  gezogen  werden.  Dass  aber  auch 
mit  dem  Ausdruck  uizzp  yscofiSTpia^  cfo'.vixwvwv  nichts  anderes  ge- 
meint ist,  haben  wir  oben  in  §  27  nachzuweisen  und  zu  erklären 
versucht.    In  dem  vorliegenden  ]Material  ist  die  erstere  Formel  in 

^)  Der  Singular  cfO'.v.xwvos  ist  ausgeschrieben  in  184.  Dagegen  steht  in 
275  Tc5v  a('JT(5v)  ^cl(v'.%ü)V(üv).  Unter  einem  cpo'.v.xwv  ist  ein  Grundstück  zu  ver- 
stehen, das  ganz  oder  wenigstens  vorwiegend  mit  Palmen  bestanden  ist.  Nur 
von  solchen  handeln  die  hier  vorgelegten  Quittungen.  Dagegen  kommen  hier 
solche  Gnmdstücke  nicht  in  Betracht,  in  denen  vereinzelt  Palmen  stehen,  wie 
das  namentlich  in  den  uapaSs'.aoi  vorkommt.  So  heisst  es  in  BGÜ  348 
(vom  J.  156):  KaXwg  TtO'.y^a'.g  xo'jg  cfoivixaj  xcjg  sv  tw'.  (1.  x'^'.)  uapaSiaw.  izoATfJOLq, 
(1.  TWüXr^aas.)  In  einem  anderen  Falle  finden  wir  Palmen  auf  einem  Weizenacker 
erwähnt  (BGU  227).  Wohl  Avird  hier  das  sxcpöp'.ov,  wie  billig,  nach  Artaben 
Weizen  festgesetzt,  doch  auch  von  den  vereinzelten  Palmen  scheint  eine  Abgabe 
festgesetzt  zu  sein.  Denn  das  ist  wohl  der  Sinn  der  beiden  noch  nicht  sicher  her- 
gestellten Worte  über  Z.  16.  So  wird  bei  gemischten  Anpflanzungen  die  Be- 
zeichnung immer  a  potiori  genommen.  Im  Faijüm,  wo  auch  die  Olive  gedieh, 
finden  wir  nach  BGU  141  Grundstücke,  in  denen  Olive  und  Palme  neben- 
einander und,  wie  es  scheint,  in  etwa  gleichem  Verhältnis  wuchsen.  Ein  solches 
Grundstück  heisst  eXa-.wv  xai  cpoivixwv  und  wird  mit  einer  einheitlichen  Grund- 
steuer belastet  (vgl.  I  Z.  10,  12,  wo  auch  eXaitovog  vor  xai  (^lO'.v'.X'ivo?  zu 
ergänzen  sein  wird,  und  II.  Z,  9).  —  Eine  interessante  Illustration  zu  solchen 
gemischten  Anpflanzungen  bietet  ein  aus  Theben  stammender  Grundriss  eines 
altaegyptischen  Gartens,  aus  der  Zeit  der  XVIII.  Dynastie.  Vgl.  Erman, 
Aegypten  u.  aeg.  Leben  S.  2  74. 

*)  Für  die  aegyptischen  Palmen  verweise  ich  auf  Wönig,  Die  Pflanzen  im 
alten  Aegypten,  8.  304  flF. 


314 


IV.  KAPITEL. 


Theben  üblich,  während  für  Syene  —  Elephantine  bis  jetzt  nur  die 
andere  bezeugt  ist.  Die  Identität  ist  hier  nicht  so  evident  wie  bei 
den  a[X7r£Xü)V£(; ,  weil  wir  nicht  in  der  Lage  sind,  wie  dort  den- 
selben Steuersatz  für  Beide  nachzuweisen  (S.  147  f.).  Das  kommt 
daher,  dass  in  den  elephantinischen  Texten  niemals  der  Flächen- 
inhalt angegeben  ist.  Aber  was  für  die  dc\i7zeX(bvzc,  gilt,  muss  auch 
für  die  ^o'.VLXWve?  gelten.  Man  könnte  auf  1301  hinweisen,  wo 
unter  der  Ueberschrift  Teo{\iezpiocQ}  nicht  nur  für  a[X7i£Xö)V£?,  sondern 
auch  für  ^oivtxwve^  Grundsteuer  berechnet  wird.  Auch  in  407 
liegt  es  sehr  nahe,  vor  ^oCiVLXWvwv)  aus  der  vorhergehenden  Zeile 
ein  Y£CL)|JL£Tpcag  zu  suppliren  (vgl.  6[xoiü)(;). 

Die  Grundsteuer  für  Palmenland  wird  regelmässig  nicht  in 
natura,  sondern  in  Geld  gezahlt.  Aus  den  Elephan tiner  Ostraka 
lässt  sich  über  die  Höhe  der  Steuer  nichts  feststellen,  da  sie,  wie 
gesagt,  sich  darauf  beschränken,  nur  die  Geldsumme  zu  nennen. 
Es  begegnen  die  verschiedensten  Summen,  entsprechend  dem  ver- 
schiedenen Umfang  der  besteuerten  Ländereien.  Dass  die  zahlenden 
Personen  die  Eigentümer  der  Grundstücke  sind,  kann  nicht  bezweifelt 
werden;  auch  Frauen  begegnen  darunter  (vgl.  210).  Meistens  ist 
zu  der  Steuer  nur  die  Jahreszahl  hinzugefügt,  wobei  zu  bemerken 
ist,  dass  (ausser  in  157)  immer  das  verflossene  Jahr  genannt  wird. 
In  einigen  Fällen  steht  statt  der  einfachen  Jahreszahl  yevri[LO(.zoc, 
Tou  X.  ezouc,  (vgl.  88,  184,  267,  268,  275),  einmal  Xyi([x(JLaT03v) 
Toö  X.  zzouc,  (1610).  Dass  die  Grundsteuer  für  Palmenland  für  das 
verflossene  Jahr  gezahlt  zu  werden  pflegte  und  nicht  wie  beim  Körner- 
boden für  das  laufende  Jahr  (vgl.  S.  21 3  f),  hängt  mit  dem  Termin 
der  aegyptischen  Dattelernte  zusammen.  Diese  fällt  in  den  August 
und  September,  also  gerade  in  die  Wende  des  aegyptischen  Jahres. 
Ich  hob  schon  oben  S.  311  hervor,  dass  die  Datteln,  die  in  den  ersten 
Tagen  oder  AYochen  des  neuen  Jahres  geerntet  wurden,  mit  Recht 
als  Y^vyjfJia,  als  Wachstum  des  verflossenen  Jahres  bezeichnet  werden 
konnten.  Da  es  sich  hier  nirgends  um  Naturallieferungen  handelt, 
so  kann  mit  yevri\i(x,zoc,  toö  x.  stouc,  nicht  die  Ernte  gemeint  sein, 
von  welcher  die  Zahlung  erfolgt  (vgl.  S.  214),  sondern  für  welche 
gezahlt  wird.  Die  Richtigkeit  dieser  Aufl?assung  wird  durch  ein 
soeben  in  Berlin  erworbenes  Ostrakon,  P.  8597,  erwiesen,  in  welchem 
quittirt  wird:  bn(ep)  -(eißii^expiac,)  90LV£Lx(a)Vü)v)  'Apaßca?  \)Tz(kp) 
XYj(JL((xaT(i)v)  a^.    Es  ist  von  denselben  Pächtern  ausgestellt,  die  in 


§131.    GRUNDSTEUER  VOM  PALMENLAND. 


315 


1610  einfach  Ar^([i[iaTa)v)  sagen.  Es  zeigt  sich  hierin  wiederum, 
dass  die  Grundsteuer  als  Ertragssteuer  aufgefasst  wurde  (vgl.  S.  214). 
Eine  Besonderheit  findet  sich  in  275:  da  wird  t6  5',  d.  h.  t6  zizocp- 
TGV  gezahlt.  Ich  erwähne  es  nur,  um  davor  zu  warnen,  etwa  eine 
Angabe  über  die  Höhe  der  Steuer  darin  zu  sehen.  Es  kann  in  dem 
Zusammenhang  nichts  anderes  bedeuten,  als  dass  der  Zahler  eine  Rate 
im  Betrage  von  einem  Viertel  der  auf  ihn  fallenden  Gesammtsumme 
entrichtet  hat. 

Weiter  kommen  wir  mit  den  thebanischen  Urkunden.  Wie 
bei  den  dfiTieXwve?  werden  wir  auch  hier  den  grossen  Londoner 
Papyrus  CXIX  zur  Ergänzung  heranziehen  (vgl.  oben  S.  148). 
Aus  diesem  Papyrus  lernen  wir,  dass  in  Theben  (II,  Jahrh.  n.  Chr.) 
die  Palmenländereien,  soweit  sie  in  Privatbesitz  waren,  in  sehr  ver- 
schiedener Höhe  zur  Grundsteuer  herangezogen  wurden.  Es  lassen 
sich  folgende  Sätze  erkennen:  1.  20  Drachmen  für  die  Arure  (Z.  8, 
11,  18,  27,  41,  50,  51,  56,  59,  61,  74,  76,  77,  78,  79,  102, 
108,  109,  114,  115,  124,  126,  132,  148).  2.  40  Dr.  (Z.  57, 
60,  73).  3.  75  Dr.  (Z.  119)  und  4.  180  Dr.  (Z.  101).  Auch 
hier  wird  die  Verschiedenheit  des  Steuersatzes  namentlich  in  der 
verschiedenen  Qualität  des  Bodens  ihren  Grund  haben.  Bei  den 
aiiTreXwve?  sahen  wir,  dass  die  höher  besteuerten  Grundstücke  an 
die  L£pa,  die  niedriger  besteuerten  an  die  h^o^y.r^ölq  zahlten.  Das 
trifft  auf  die  Palmenländereien  nicht  in  demselben  Masse  zu.  Wohl 
gehen  die  Summen,  die  nach  dem  Satz  von  20  und  40  Drachmen 
für  die  Arure  gezahlt  werden,  auch  hier  regelmässig  an  die  b^o^y,r^GLQ, 
während  der  zu  75  Dra'chmen  Besteuerte  an  die  lepx  zahlt.  Aber 
der  höchste  Satz,  der  zu  180  Drachmen,  geht  nicht  an  die  cspa, 
sondern  an  die  6iGL7wr^a'.?. 

Auch  in  den  Ostraka  können  wir  Zahlungen  an  das  Staats- 
ressort und  solche  an  das  Tempelressort  unterscheiden.  In  mehreren 
Fällen  werden  nämlich  die  cpotv:%ö)V£(;  als  lep(x.v,y.oi  bezeichnet  (369, 
379,  397,  494,  1323,  1548).  Nach  dem  Wortlaut  sollte  man  meinen, 
es  seien  Palmengärten,  die  den  Tempeln  gehörten.  Diese  Deutung 
ist  hier  aber  völlig  ausgeschlossen.  Es  kann  kein  Zweifel  bestehen, 
dass  es  sich  hier  überall  um  Privatbesitz  handelt.  Die  Steuerzahler, 
unter  denen  sich  auch  Frauen  befinden,  sind  die  Eigentümer  der 
betreffenden  Ländereien.  Ich  sehe  in  dem  Zusatz  ispaiixoc  lediglich 
einen  Hinweis  darauf,  dass  die  Grundsteuer  an  die  lepa,  nicht  an 


316 


IV.  KAPITEL. 


die  hioixfi^ic,  geht.  Andrerseits  halte  ich  dafür,  dass  diejenigen 
cpoiviy.Giveq,  die  nicht  jenen  Zusatz  haben,  an  die  SLOiXYjaii;  steuern. 
Dass  in  dieser  Weise  die  Steuererträge  auf  die  beiden  Ressorts  re- 
partirt  wurden,  dafür  bürgt  der  Londoner  Papyrus,  der  geradezu 
auf  diesem  Grundsatz  basirt.  Dass  es  sich  in  ihm  aber  um  Privat- 
eigentum handelt,  unterliegt  keinem  Zweifel ;  werden  die  Grundstücke 
doch  mehrfach  ausdrücklich  als  tSLOZxyjTOi  bezeichnet. 

Ehe  wir  versuchen,  aus  den  überlieferten  Summen  die  Höhe 
des  Steuersatzes  zu  berechnen,  sei  ein  Wort  über  die  Ratenzahlungen 
vorangeschickt.  Ich  habe  schon  in  den  Göttinger  Gel.  Anz.  1894 
S.  734  darauf  hingewiesen,  dass  in  dem  Londoner  Papyrus  die  ein- 
zelne Rate  nicht  als  Bruchteil  der  zu  zahlenden  Gesammtsumme  aufge- 
fasst  wird,  sondern  als  Vollzahlung  für  den  betreffenden  Bruchteil 
des  Grundstückes.  Vgl.  z.  B.Z.  79:  Wevptwv-ö'Yji;  'ÄTiaO-ou  ^oi(yi7.(byo<;) 
L5ioz(TrjTou)  dv(a)  ^>t  %ß  (seil,  xoö  SeTvog  |jlyjv6^)  octzö  drf  tÖ'>| 
dXß  h^o^^K(r^G^^)yq)  ^  efo^X-  -^^^  besagt:  Psenmonthes  besitzt  im 
Ganzen  ^  ^  Aruren  Palmenland  (die  Arure  zu  20  Drachmen  Grund- 
steuer). Er  zahlt  aber  zur  Zeit  (am  22.  des  betreffenden  Monats) 
nur  für  |  davon,  d.  h.  nur  für  ^  Arure.  Das  macht  5  Drachmen 
3|  Obolen  2  Chalkus.  Dieselbe  Art  der  Ratenberechnung  liegt  nun 
auch  in  unseren  Ostraka  vor,  nur  dass  hier  nicht  ausdrücklich  an- 
gegeben ist,  ob  die  gezahlte  Summe  eine  Rate  oder  der  volle  Betrag 
ist.  Wir  dürfen  daher,  auch  unter  der  Annahme  von  Raten,  doch 
immer  die  Geldsumme  als  den  vollen  Betrag  für  das  angegebene 
Stück  Land  betrachten  und  sind  daher  in  der  Lage,  den  Steuersatz 
für  die  Arure  zu  berechnen.  Ich  stelle  zunächst  diejenigen  Num- 
mern zusammen,  in  denen  der  Betrag  nach  obiger  Deutung  an 
die  hioiy.rioic,  geht. 


In  Nr. 

356  (19/8  V.  Chr.)  w 


ird  gezahlt  für  i  i      ih  Arure  —  8  Dr.  3  Obol. 


1364(16/5     „    )  „ 

.      .  i-h 

„    -5  „ 

3  „ 

1554  (37/8  n.Chr.)  „ 

„    —  6  „ 

3i  „ 

1382(43/4     „    )  „ 

„    -1  „ 

5  „ 

1383  (43/4     „    )  „ 

"          i  iV 

„    —3  „ 

4i  „ 

1385(44/5     „    )  „ 

"          "     4  S 

„    —  7  „ 

3  „ 

396(47/8     „    )  „ 

„    -1  „ 

5  „ 

407  (54/5     „    )  „ 

„    —  1  „ 

5i  „ 

[P.4434(54/5j„    )  „ 

»     »  iV 

„    -1  „ 

§131.    GRUNDSTEUER  VOM  PAL3IENLAND. 


317 


In  Nr. 


1389  (57/8  n.  Chr.)  wird  gezahlt  für  "s^^ 


1398  (66/7 

1326  (67/8 

1327  (77/8 
540  (128/9 
649  (156,  7 


^  Arure  —  2Dr.lObol. 

-5  „  4  „ 
^  j>  3  ,, 

—  5  „ 

—  2  „ 

—  4 


Der  unschätzbare  Londoner  Papyrus  lehrt  uns  die  interessante 
Thatsache,  dass  bei  der  Berechnung  der  Grundsteuer  für  die  kleineren 
Aruren- Bruchteile  Abrundungen,  bald  nach  oben,  bald  nach  unten 
vorkamen.  Ich  habe  zur  Probe  einige  Fälle  auf  S.  145  der  Kenyon'- 
schen  Edition  nachgerechnet  und  fand  daselbst  mehrere  Beispiele 
für  solche  Abrundungen.  So  müssten  in  Z.  50  für  Arure  bei 
dem  Satz  von  20  Drachmen  nicht  2  Obolen,  sondern  1  Obol  und 
7  Chalkus  gezahlt  werden.  Es  hat  also  eine  Abrundung  der  Summe 
nach  oben  um  1  Chalkus  stattgefunden.  Das  findet  sich  genau  so 
in  Z.  54  wieder,  und  ebenso  auch  in  Z.  59,  wo  für  -J- ^  Arure 
(zu  20  Dr.)  2  Dr.  5  Obolen  gezahlt  werden.    Exact  wäre  gewesen: 

2  Dr.  4  Ob.  7  Chalkus.  Dass  wir  es  hier  wirklich  mit  kleinen 
Ungenauigkeiten  zu  thun  haben,  nicht  etwa  mit  verschiedenen  Steuer- 
sätzen, wird  dadurch  über  allen  Zweifel  erhoben,  dass  ja  im  Londoner 
Papyrus  ausdrücklich  der  Steuersatz  in  jedem  Falle  erwähnt  wird: 
dtvdc  Spayjxa?  x.  Dies  ist  uns  um  so  wertvoller,  als  in  den  Ostraka 
der  Steuersatz  nicht  genannt  wird,  sondern  von  uns  erst  aus  dem 
Verhältnis  der  gezahlten  Summe  zu  der  Flächengrösse  berechnet 
werden  soll.  Wir  werden  daher  auf  Grund  des  Londoner  Papyrus 
von  vornherein  erwarten  dürfen,  dass  auch  hier  kleine  Ungenauig- 
keiten begegnen.  Die  obige  Tabelle  scheint  mir  nun  zu  ergeben, 
dass  in  sämmtlichen  Fällen,  die  controllirbar  sind  (also  ausser  den 

3  letzten),  der  Satz  von  20  Drachmen  für  die  Arure  vorliegt.  Und 
zwar  ist  die  Rechnung  exact  in  1326,  1383,  1385  und  in  P.  4434. 
Es  ist  gewiss  kein  Zufall,  dass  in  diesen  Fällen  ein  kleinerer  Aruren- 
Bruchteil  als  -^^  nicht  begegnet,  und  wir  können  sagen:  die  Genauig- 
keit in  der  Ausrechnung  der  Steuersumme  geht  nur  bis  Arure. 
In  allen  anderen  Fällen,  wo  ^  und  ^  auftreten,  haben  wir  es 
mit  Abrundungen  zu  thun.  Zur  Erleichterung  der  Nachprüfung 
schreibe  ich  hier  den  Normaltarif  hin: 


318 


lY.  KAPITEL. 


20  Drachmen. 
5 

2        „3  Obolen. 
1        „    1    „    4  Chalkus. 
3    „  6 
1    „    7  „ 

Hieraus  ergiebt  sich,  dass  auch  in  den  anderen  in  der  Tabelle 
aufgeführten  Fällen  der  Satz  von  20  Drachmen  für  die  Arure  zu 
Grunde  liegt,  dass  hier  aber  Abrundungen,  bald  nach  oben  (356,  407, 
1398),  bald  nach  unten  (396,  1364,  1382,  1389,  1554)  vorliegen. 
Die  Differenz  zwischen  der  normalen  und  der  effektiven  Summe 
beträgt  1,  2,  auch  3  Chalkus.  Nur  einmal  (1364)  begegnet  ein 
Nachlass  von  6  Chalkus.  Ich  wünschte,  dass  das  Original  nochmals 
daraufhin  verglichen  würde,  ob  wirklich  ^ef  dasteht,  wie  ich  ge- 
lesen habe,  und  ob  nicht  vielmehr  ^Sp  zu  lesen  ist.  Dann  würde 
auch  hier  nur  eine  Abrundung  um  2  Chalkus  (und  zwar  nach 
oben)  vorliegen. 

Bei  denjenigen  Summen,  die  für  ^poivixG^vec,  Up!XZiY,oi  gezahlt 
werden,  sind  wir  nicht  in  der  Lage,  in  ähnlicher  Weise  den 
Steuersatz  zu  berechnen,  da  hier,  wohl  nur  zufalliger  Weise,  die 
Angabe  des  Flächenmasses  fehlt  (369,  379,  400,  494,  1323, 
1548).  Nur  in  397  ist  es  angegeben.  Hier  werden  für  -/g  Arure 
4 1  Obolen  gezahlt.  Nach  dem  Satze  von  20  Dr.  für  die  Arure 
müssten  aber  3  Obolen  und  6  Chalkus  gezahlt  werden,  und  es 
wäre  sehr  merkwürdig,  wenn  man  dies  ohne  Not  nicht  etwa  auf 
4  Obolen,  sondern  sogar  auf  4  Obolen  und  4  Chalkus  erhöht 
hätte.  Ich  lasse  es  dahingestellt,  ob  daher  hier  vielleicht  ein  an- 
derer Steuersatz  anzunehmen  ist.  Die  gezahlte  Summe  würde  correct 
sein  bei  der  Annahme  eines  Steuersatzes  von  24  Dr.  für  die  Arure. 

Es  ist  nicht  uninteressant,  einige  Steuerzahler  zu  betrachten, 
die  zu  w^iederholten  Malen  begegnen.  So  zahlt  ''Ep[Jica^  ZwlXou 
(nach  1382)  im  J.  43/4  für  i\  -^-^  Aruren,  und  im  J.  54/5  (nach 
P.  4434)  für  yV-  ^^^^  möchte  daraus  nicht  den  Schluss  ziehen, 
dass  sein  Grundbesitz  sich  etwa  in  der  Zwischenzeit  um  -31^  ver- 
mindert hätte,  wiewohl  die  Möglichkeit  natürlich  besteht.  Nach 
dem,  was  wir  oben  über  die  Ratenzahlungen  sagten,  ist  es  vielmehr 
näherliegend  anzunehmen,  dass  in  der  zweiten  Quittung  nur  eine 


1  Arure 


16 


64 


§  131  —  133. 


319 


Ratenzahlung,  die  den  Steuerbetrag  von  ^ig-  deckte,  vorliegt.  Ja, 
auch  die  j\  brauchten  nur  einen  Bruchteil  des  Ganzen  aus- 
zumachen. So  erklärt  es  sich  auch,  wenn  Ilcxsjisvö^'.^  IIa[JLa)V^oi) 
als  Grundsteuer  für  sein  Palmenland  im  J.  31,2  3  Dr.  4}  Ob.  zahlt 
(1548),  im  J.  36,7  44  Obolen  (379)  und  im  J.  49/50  8  Dr.  4  Ob. 
(1323).  Die  beiden  ersten  Zahlungen  sind  sicher  Ratenzahlungen, 
vielleicht  auch  die  letzte.  Es  ist  übrigens  bemerkenswert,  dass  diese 
Palmenländereien  des  Petemenophis  in  allen  drei  Fällen,  durch 
18  Jahre  hindurch,  immer  zu  den  lepoczrAol  ^oivixövs?  gehören. 

Wir  haben  somit  den  isachweis  geführt,  dass  in  der  Kaiserzeit 
(I/II.  Jahrh.  n.  Chr.)  die  Palmen  gärten  sowohl  in  Svene -Elephantine 
wie  in  Theben,  genau  so  wie  die  Weingärten,  nicht  in  natura,  sondern 
in  Geld  besteuert  wurden,  und  dass  diese  Geldsteuer  als  ein  fixer 
Satz  für  die  Arure,  in  verschiedener  Höhe,  je  nach  der  Qualität  des 
Bodens,  aufgelegt  war.  Dass  sich  in  unserer  Sammlung  keine 
Quittung  über  diese  Steuer  aus  der  Ptolemäerzeit  findet,  kann  nur 
ein  Zufall  sein.  Auch  die  Pap}Ti  bieten  so  gut  wie  nichts.  Die 
(poivr/.wvcC  in  Petr.  Pap.  (II)  XLIIIb  glaube  ich  hier  ausscheiden 
zu  müssen,  weil  es  nach  der  Ueberschrift  sich  um  die  exnr;  zal 
Ssxaryj,  d.  h.  die  Apomoira  handelt  (s.  oben  S.  157  A.  2).  Vielleicht 
wird  man  XXXIX  i  auf  die  Grundsteuer  beziehen  dürfen.  Doch  ist 
der  Beweis  nicht  zu  führen. 

§  132.  Oopixfov). 

In  1546  scheint  das  Wort  ^opi7.(GÖ)  eine  Abgabenart  zu  be- 
zeichnen, wie  die  Gegenüberstellung  mit  §  nahelegt.  Es  mag  wohl 
von  ^opog  abzuleiten  sein.  Doch  wage  ich  keine  genauere  Erklärung. 

§  133.  <l>Gpo;. 

Für  Elephantine^)  belegt  durch  Xr.  657.    Vgl.  1167,  1177. 
Der  ^opoq         in  657  wird  von  einem  Manne  gezahlt,  der 
das  betreffende  Grundstück  in  Pacht  hat  (f^^  ^X^'*  (iiaO-waL). 

Mit  Unrecht  habe  ich  die  Nummer  in  die  thebanischen  Ostraka  ein- 
gereiht. Die  Eigennamen  illaxotiX'^i!^-??  na7zpc|iiO-ir]5,  nsx£Xvo5|iig)  weisen  deutlich 
nach  Elephantine,  Sollte  der  unterzeichnende  Toy^'XXoc;  Ni'Ypou  vielleicht 
identisch  sein  mit  dem  gleichnamigen  Agoranomos  Elephantines,  der  durch  den 
Pap.  Paris.  17  für  das  Jahr  153  n.  Chr.  bezeugt  ist?  Dann  würde  die  vorliegende 
Quittung  in  der  Agoranomie  ausgestellt  sein.  In  diesem  Falle  wäre  allerdings 
anzunehmen,  dass  wir  nur  eine  Copie  vor  uns  haben,  nicht  das  Original  (vgl.  S.  12). 


320 


IV.  KAPITEL. 


Wir  werden  daher  in  dem  ^opo^  den  Pachtzins  sehen,  den  der 
Pächter  dem  Grundeigentümer  zahlt.  Dieser  Pächter  erhält  Quittung 
von  drei  Männern,  die  sich  als  iTtLTrjpY^Tal  yfi<;  T[xouaav£ü)^  bezeichnen, 
vermutlich  die  Verwalter  des  Grundeigentümers,  und  zwar  legt 
ihr  Titel  die  Vermutuog  nahe,  dass  es  sich  um  kaiserliches  Do- 
maniallaud  handelt,  das  eben  an  den  Zahler  in  Pacht  gegeben  ist. 
Wie  wir  in  §  37  gezeigt  haben,  ist  nun  zwar  die  übliche  Bezeich- 
nung für  den  Pachtzins  ex^opiov.  Aber  auch  ^opoc,  kommt  daneben 
in  dieser  Bedeutung  vor.  In  BGU  409  (a.  313  n.  Chr.)  wird  einem 
Pächter  der  Empfang  des  ^opoc,  quittirt.  Dabei  wird  die  Urkunde 
bezeichnet  als  [Jita^aTioxVj.  Oopog  an  der  Stelle,  wo  wir  nach 
Obigem  iy.^6piOV  erwarten  würden,  begegnet  ferner:  BGU  303,16 
(a.  586  n.Chr.  uTiep  toxaxTOU  ^opou);  307/8  (byz.  Zeit);  349,8 
(a.  313  n.  Chr.);  364,12  (a.  553  n.  Chr.  unkp  aTioTaxTOi)  (popou); 
396,  7  und  13  (byz.  arab.  Zeit);  Pap.  Genev.  10  (a.  323,  wo 
in  Z.  13  l^^opoi)']  zu  ergänzen  sein  wird);  Pap.  Grenf.  (I)  LIV,  12 
(a.  378),  LVI  11.  Die  Beispiele  stammen  sämmtlich  aus  der  jüngeren 
Zeit.  Vergleiche  jedoch  das  Beispiel  in  §  130  aus  dem  II.  Jahrh.  v.  Chr. 
Auch  im  Pap.  Lond.  CCXVI  vom  J.  94  n.  Chr.  steht  ^opoq  für 
Pachtzins.  Ebenso  scheint  in  BGU  487  (IL  Jahrh.  n.  Chr.)  (^opoq 
in  Verbindung  mit  der  (jLLaO-waL^  vorzukommen,  und  vermutlich 
sind  die  ^opoi  in  unserer  Nr.  1167  ebenso  zu  deuten:  Abydenos  wird 
der  Grundeigentümer  sein,  und  die  anderen  Männer,  die  ihm  Weizen 
liefern,  werden  seine  Pächter  sein.  Vgl.  Nr.  1177.  Weitere  Bei- 
spiele für  ^opog  als  Pachtzins  bringt  jetzt  CPR  I  (vgl.  S.  153). 
Andrerseits  kann  aber  ^6po<;  auch  in  dieser  Urkundensprache  eine 
staatliche  Steuer  bezeichnen.    Vgl.  z.  B.  ^opoc,  ßoöv  in  §  144  u.  a. 

§  134.   Tvisp  cpuX(axYj(;)  oder  cpuX(axü)v)  und  UTzep  G^tßyiou 

cpuX(axa)v). 

a)  Ersteres  für  Theben  belegt  durch  Nr.  451,  460,  463,  467, 
472,  478,  480,  529,  581,  616,  1283,  1285,  1429,  1477. 

b)  Letzteres  für  Theben  belegt  durch  Nr.  422,  427,  428,  430, 
433,  435,  437,  441,  442,  445,  447,  449,  455,  461,  465,  1281,  1284. 

Die  Vergleichung  der  Texte  lehrt,  dass  mit  den  beiden  ver- 
schiedenen Ausdrücken  ein  und  dieselbe  Abgabe  bezeichnet  wird. 
Drei  Quittungen  stammen  aus  Xapa^  (581,  616,  1477),  drei  aus 


§  133  —  135. 


321 


einem  anderen  nicht  genannten  Orte  (451,  467,  478),  alle  anderen 
aus  NoTo?  */al  Ac^». 

Es  scheint,  dass  diese  Abgabe,  die  für  die  „Besoldung  der 
Wächter"  erhoben  wurde,  in  jedem  Jahre  neu  aufgelegt  wurde,  und 
zwar  für  alle  Steuerpflichtigen  immer  in  derselben  Höhe,  also  kopf- 
steuerartig. Das  ergiebt  sich  aus  den  Fällen,  in  denen  wir  mehrere 
Quittungen  für  ein  Jahr  haben.  Für  75/6  zahlt  sowohl  Kapf^Ti^ 
(441)  als  WevaevTL^oy]?  (442)  je  1  Dr.  Ii  Ob.  Für  79^80  zahlt 
sowohl  'AnoXlthq  (451)  als  Ka|i^XL?  (1281)  je  1  Dr.  Für  83/4 
zahlt  sowohl  KapL-^xt^  (461)  als  ^''evaevTtO'of^?  (460)  je  1  Dr. 
Ebenso  stellt  es  sich  für  84/5  (vgl.  463  und  P.  1787)  und  86/7 
(vgl.  472  und  1284)  heraus.  Diese  Regelmässigkeit  scheint  mir  dafür 
zu  sprechen,  dass  wir  es  hier  nicht  mit  Raten  zu  thun  haben. 

Andrerseits  sehen  wir,  dass  ein  und  dieselbe  Person  in  ver- 
schiedenen Jahren  in  verschiedener  Höhe  bezahlt.  So  zahlt  Ka[ji'^Tt(; 
nezeoipnpriouq  für  67/8  (422)  1  Dr.  4  Ob.,  für  69;70,  70/1  und 
72/3  (428,  430,  433)  je  2  Dr.,  fiir  75/6  (441)  1  Dr.  1^  Ob.,  für 
77/8  (447)  1  Dr. 

An  was  für  ^uXaxeg  hier  im  Speziellen  zu  denken  ist,  ist  schwer 
zu  sagen.  Denn  es  gab  cp()Xa.7.E<;  der  verschiedensten  Art.  Eine 
Zusammenstellung  des  Materiales  findet  man  bei  O.  Hirschfeld,  Die 
aeg.  Polizei  in  der  Kaiserzeit  nach  Papyrusurkunden  (Sitzungsb. 
Berk  Akad.  1892.  28.  Juli).  Doch  wenn  hier  von  (pöX(xy.eq  schlankweg 
geredet  wird,  so  ist  es  mir  am  wahrscheinlichsten,  dass  damit  die 
Dorfjpolizei  der  betreffenden  Ortschaften  gemeint  ist,  die,  wie  ich 
bei  Hirschfeld  a.  a.  O.  S.  2  bemerkt  habe,  zu  den  hr^iiOGioi  der 
Dörfer  gehören.  Für  das  Kostgeld  dieser  „Wächter"  hatten  also 
die  Gemeindeangehörigen  alljährlich  einen  Zwangsbeitrag  in  der  oben 
bezeichneten  Art  beizusteuern.    Ueber  das  ^'jXaxixixov  vgl.  §  212. 


§  135.  XsLpwva^iov. 

Für  Syene-Elephantine  belegt  durch  Nr.  16,  19,  23,  27,  28, 
32,  40,  45,  50,  66,  67,  77,  78,  80,  107,  109,  110,  133,  153, 
166—168,  175,  181,  193—195,  199,  206,  207,  250,  291,  alle 
aus  dem  I.  und  II.  Jahrh.  n.  Chr.    Für  Theben  vgl.  Nr.  527. 

Xecptova^cov  ist  die  Steuer,  die  die  )(£'.pwvaxT£?,  die  Hand- 
werker, für  die  Ausübung  ihres  Gewerbes  zu  zahlen  haben,  also  die 

WiLCKEN,  Ostraka.  21 


322 


lY.  KAPITEL. 


„Gewerbesteuer".  In  der  Literatur  begegnet  der  Ausdruck  nur  bei 
Ps.  Aristot.  Oeconom.  II  1,4,  wo  neben  der  Kopfsteuer,  dem  Itülxe- 
^aXtov,  das  )(£Lp(i)va^tov  unter  den  izpoqohoi  der  Satrapenwirtschaft 
aufgezählt  wird. 

Untersuchen  wir,  ob  sich  aus  dem  vorliegenden  Material  ein 
Einblick  in  das  System  gewinnen  lässt.  nach  welchem  die  Gewerbe- 
treibenden zur  Steuer  herangezogen  wurden.  Wir  werden  unten 
sehen,  dass  man,  w^ie  heute,  auch  im  Altertum  verschiedene  Arten, 
diese  Steuer  aufzulegen,  gekannt  hat.  Für  das  ptolemäische  und 
römische  Aegypten  liegt  uns  in  der  Literatur  kein  Zeugnis  vor.  Aus  den 
kurzen  aber  inhaltschweren  Worten  Strabo's  (XVII.  p.  787)  .,tou^ 
5'  öaa  Iv  s^pyj'V'O  yf^y  te  y.al  xiyyoLC,  Ip YaLjojjilvouc,  dcp'  wvTcsp  xal 
al  TZpoqohoi  auvT^yovTO  tw  ßaaiXst'*,  durch  die  die  Gew^erbesteuer 
für  die  Ptolemäerzeit  bezeugt  ward,  hatte  bereits  Lumbroso  (Re- 
cherches  S.  297)  mit  Recht  geschlossen,  dass  w^ohl  alle  die  ver- 
schiedenen Gewerbe,  die  er  auf  S.  104  f  zusammenstellt,  einer  Ab- 
gabe unterworfen  gewesen  seien.  Doch  über  die  Art  dieser  Gewerbe- 
steuer geben  Strabo's  Worte  keinen  Aufschluss.  Diese  Lücke  füllen 
nun  die  Ostraka  und  Papyri. 

Betrachten  wir  zunächst  die  Ostraka.  In  den  obigen  Nummern 
wird  nur  zwei  Mal  das  Gewerbe  des  Zahlenden  ausdrücklich 
genannt,  in  IN'o.  23  und  45.^)  In  23  zahlt  ein  gewisser  Phenopis 
für  das  Jahr  71/2  am  30.  Mesore  72  Ö7r(£p)  )(i(pü)vacLOu)  Xiv()^ii>(y) 
'EX£9(avTLvr^$)  12  Drachmen.  Hier  könnte  man  noch  schwanken, 
ob  die  12  Drachmen  Vollzahlung  oder  Rate  sind.  Die  Zweifel 
w^erden  durch  Xr.  27  gehoben,  wonach  derselbe  Phenopis  für  die 
Gewerbesteuer  des  Jahres  75/6  am  30.  Mesore  76  zahlt  xa^  X(onzdcq) 
dpYu(pLOu)  5pa(x[JLd?)  (hyy.uio  /  \  tjS,  d.  h.  „er  zahlt  die  noch 
restirenden  8  Drachmen,  das  macht  in  Summa  12  Drachmen".  Damit 
scheint  mir  erwiesen,  dass  der  Leinweber  Phenopis  12  Drachmen 
zu  zahlen  hatte,  und  offenbar  für's  Jahr. 2)    Dabei  ist  die  Frage 


^)  Das  von  Marquardt  (RStV  11^  S.  199  A.  5)  aus  Fröhner  citirte  X£'.pü)vtx^iov 
— xa7CYjXei(ou)  ist  aufzugeben.  Es  ist  statt  dessen  zu  lesen:  XaoCypacpiag)  —  xaxöc 
p-dpog.    Vgl.  Nr,  104.    Natürlich  zahlten  auch  die  vtaTiYjXo'.  eine  Gewerbesteuer. 

Xaeh träglich  waren  mir  allerlei  Bedenken  gekommen,  ob  die  Zahlungen 
nicht  auf  den  Monat  statt  auf  das  Jahr  zu  beziehen  seien.  Es  würde  mich  zu 
weit  führen,  wollte  ich  die  sehr  verwickelten  und  verschlungenen  Wege,  auf 
denen  sich  meine  Bedenken  und  dann  meine  Gegengründe,  die  mich  an  der 


§135.    DIE  GEWERBESTEUER  IN  ELEPHANTLNE. 


323 


noch  unentschieden,  ob  diese  Summe  als  Quote  des  jährlichen  Ge- 
wiunstes  oder  aber  als  Fixum,  das  auf  das  Gewerbe  als  solches  gelegt 
war,  aufzufassen  ist.  In  ersterem  Falle  wäre  anzunehmen,  dass 
Phenopis  im  J.  75/6  genau  so  viel  verdient  hätte  wie  im  J.  71/2. 

In  Xr.  45  zahlt  ein  Xlvgt^wXyj^  Pete}Tis  fiir  das  )(£ipo)vac:ov 
des  Jahres  96/7  erst  stzI  XGyo'j,  also  als  Rate,  4  Drachmen,  darauf 
TÄ?  XuTid?  ToO  aL  ^  öxTO).  Dies  ergiebt  mit  Sicherheit,  dass  auch 
der  Xivo7:toAr^5  Peteyris  12  Drachmen  für  das  Jahr  zu  zahlen  hatte, 
iso.  50  zeigt,  dass  derselbe  Peteyris  fiir  98  wiederum  12  Dr.  zahlt. 
In  Kr.  66  wird  ihm  für  101/2  die  Ratenzahlung  (eTzl  Xcyoij)  von 
4  Dr.  quittirt,  während  67  die  General quittung^)  für  dasselbe 
Jahr  101/2  ist,  wonach  er  auch  für  dieses  Jahr  12  Drachmen  gezahlt 
hat.  Auch  dieser  Peteyris  zahlt  also  in  drei  verschiedenen  Jahren 
immer  dieselbe  Summe.  So  werden  wir  schon  hiernach  der  Meinung 
zuneigen,  dass  die  Gewerbesteuer  nicht  als  Quote  des  Jahresgewinnes 
berechnet  war.  —  Alvottwat^^  ist  der  Leinenhändler,  während  Xivucpo^-) 
der  Leinweber  ist.  Das  sind  zwei  verschiedene  Gewerbe,  die  somit 
gleich  hoch  besteuert  waren. 

Weitere  Gewerbe  werden  in  den  obigen  Ostraka  nicht  genannt. 
Wohl  aber  zeigen  sie  uns,  dass  andere,  ungenannte  Gewerbe,  in 
anderer  Höhe  besteuert  waren.  In  Kr.  16  zahlt  eine  Frau  Thaesis 
für  60/1  \)T.zp  y£'.povac:o(u)  [iy](viaLou)  (?)       0ü)T  Oaö'^i  'AO-up 

alten  Ansicht  festhalten  Hessen,  bewegten,  hier  in  extenso  vorführen.  Nur  Eines 
will  ich  hervorheben.  Wenn  der  Schreiber  (z.  B.  von  Xr,  45)  sagt  ,,6  a'jxög  za.c, 
XotTiag  xoö  aL  (=Kpd)xoü  Ixcug)"  xxX,  ist  es  da  wahrscheinlich,  dass  man  an 
eine  Eestzahlung  für  einen  bestimmten  Monat  zu  denken  habe,  während  doch 
kein  Monat  in  dem  Ostrakon  erwähnt  wird?  Aehnlich  liegt  es  in  7  7  und  sonst. 
Sollten  die  Summen  auf  den  Monat  zu  beziehen  sein,  so  könnte  man  wohl  er- 
warten, dass  bei  den  Restzahlungen  einmal  auch  grössere  als  die  Normalsummen 
vorkämen,  dass  also  einmal  für  zwei  Monate  nachgezahlt  würde.  Wer  sich  die 
Mühe  giebt,  die  Frage  nachzuprüfen,  wird,  denke  ich,  auch  zu  meinem  Resultat 
kommen. 

^)  Es  ist  offenbar  nur  eine  nachlässige  Kürze,  wenn  der  Schreiber  hier 
einfach  die  Gesammtsumme  nennt,  anstatt  die  Restzahlung  hervorzuheben  und 
dann  die  Summe  zu  ziehen. 

^)  Die  hier  gebräuchliche  Form  Xivutyos  (nicht  X'.vöü^og)  ist  in's  Lateinische 
als  linyphus  übergegangen.  Vgl.  Blümner,  Technologie  I.  S.  184.  Uebrigens 
begegnet  in  Papyri  auch  die  Form  X'.vööcpo?,  z.  B.  im  Berliner  Papyrus  P.  1364. 
Ueber  die  aegyptischen  Leinweber  vgl.  Büchsenschütz,  die  Hauptstätten  d.  Ge- 
werbfleiss.  S.  62.    Vgl.  auch  oben  S.  268. 

21* 


324 


lY.  KAPITEL. 


|XYj(v(i)v)  Y  4  Drachmen.  Angenommen,  dass  dies  Ostrakon  wirk- 
lich aus  Elephantine  stammt/)  ist  es  das  einzige  Beispiel  für 
diesen  Ort,  in  dem  eine  monatliche  Berechnung  der  Gewerbe- 
steuer zu  Tage  tritt,  so  wie  es  in  Theben  üblich  war  (s.  unten). 
Sonst  tritt  uns  hier  immer  die  Jahressumme  entgegen.  Ob  die 
Ergänzung  l^r^(y^c^lO'J') ,  wonach  die  Gewerbesteuer  geradezu  als 
Monatssteuer  bezeichnet  würde,  richtig  ist,  lasse  ich  dahingestellt.-) 
Jedenfalls  hatte  Thaesis,  wenn  sie  für  die  di-ei  ersten  Monate  des 
Jahres  4  Dr.  zahlt,  für's  ganze  Jahr  16  Dr.  zu  zahlen.  Ihr  Gewerbe 
wird  also  anders  als  das  der  Leinweber  und  Leinenhändler  besteuert. 
In-  derselben  Höhe  wie  die  Letzteren  wird  dagegen  ein  gewisser 
Harpaesis,  Sohn  des  Phanophis,  besteuert.  Der  zahlt  für's  Jahr  103/4 
nach  Nr.  77  erst  8  Dr.,  und  dann  „die  übrigen  4  Dr."  also  12  Dr. 
im  Jahr.  Das  bestätigt  Nr.  80  für  107/8,  Nr.  109  für  116/7  (hier 
wird  die  zweite  Rate  von  4  Dr.  ungenau  mit  ^XXaq,  statt  mit  xdg 
Xonzoiq  bezeichnet)  und  Nr.  110  für  117/8.  Welches  Gewerbe 
er  trieb,  bleibt  unbekannt. 

Mehrere  Personen  zahlen  ferner  20  Dr.  2  Ob.  für's  Jahr.  Es 
giebt  hier  zwar  bis  jetzt  zufallig  keinen  Fall,  in  dem  es  sich,  etwa 
durch  Bezeichnung  der  Xonzoi,  nachrechnen  Hesse,  dass  dies 
wirklich  der  volle  Jahresbetrag  und  nicht  eine  Rate  sei.  Die 
Summe  begegnet  aber  so  ausserordentlich  häufig,  dass  sich  w^ohl 
nicht  daran  zweifeln  lässt,  dass  dies  wirklich  der  jährliche  Betrag  ist. 
Folgende  Personen  zahlen  20  Dr.  2  Ob.  als  Gewerbesteuer:  1.  Na- 
^epaäciq  (Nr.  32).  2.  W(xyayGiQ  (40).  3.  KaXaalpL?  (133). 
4.  nexexvoOßt?  (153).  5.  Tlzxopl\ifid'iq  (166).  6.  Uoczoip^iq  (167, 
175,  181,  195,  199,  206,  250).  7.  ZfxevTtö^  (168).  8.  0oto- 
[xoö^  (193,  hier  ist  y^SLpwva^iov  ergänzt).  9.  Kaac^  (194).   10.  Ein 

Nachträglich  kommen  mir  Bedenken,  ob  dies  Ostrakon  nicht  vielleicht 
aus  Theben  stamme.  Die  Quittung  steht  formell  den  thebanischen  viel  näher 
als  denen  aus  Elephantine.  Auch  könnte  der  Name  des  Mannes  dieser 
Frau,  'Fsv[i(j3vO-Y]i; ,  dafür  angeführt  werden.  Month  ist  ein  thebanischer  Gott, 
und  die  Zusammensetzungen  mit  seinem  Namen  sind  dort  ungemein  häufig. 
Aus  Elephantine  wüsste  ich  sonst  keine  anzuführen.  Aber  beweisend  ist  der- 
gleichen natürlich  nicht. 

^)  Nach  Analogie  von  Nr.  527  könnte  man  vermuten,  dass  in  dem  [i"^ 
vielmehr  die  Bezeichnung  des  Gewerbes  stecke.  Man  könnte  an  |iy)Xovö|ios  oder 
jiYjXoxpöcpc^  denken.  Dass  eine  ,, Schafhirtin"  aber  höher  besteuert  wäre  als  ein 
Leinweber,  ist  wenig  wahrscheinlich. 


§135.    DIE  GEWEEBESTEÜER  IX  ELEPHANTINE. 


325 


anderer  Tl^zop'^\lf^^".c,  (207).  r>as  sind  10  vei-schiedene  Personen, 
die  dieselbe  Gewerbesteuer  zahlen,  vielleicht  auch  dasselbe  Ge- 
werbe treiben. 

Endlich  sei  auf  Xr.  19  hingewiesen,  wo  über  20  Dr.,  und  auf 
291,  wo  über  8  Dr.  2  Ob.  quittirt  wird.  In  beiden  Fällen  ist 
unklar,  ob  eine  Rate  vorliegt. 

Aus  dem  Angeführten  ergiebt  sich  mit  grosser  Wahrscheinlichkeit, 
dass  in  Elephantine-Syene  die  verschiedenen  Gewerbe  in  verschiedener 
Höhe  besteuert  wurden,  in  der  Weise,  dass  jedes  einzelne  Ge- 
werbe mit  einem  bestimmten,  für  Jeden,  der  das  Gewerbe 
trieb,  gleichen  Fixum  behaftet  war.  Der  Gedanke  an  eine 
Berechnung  der  Gewerbesteuer  als  Gewinnstquote  wird  m,  E.  schon 
durch  die  Tabelle  jener  Personen,  die  sämmtlich  20  Dr.  2  Ob.  zahlen, 
ausgeschlossen.  Im  Einzelnen  haben  wir  für  Elephantine-Syene 
folgende  Jahresfixa  gewonnen:  die  Leinweber  zahlten  12  Dr.,  eben- 
soviel die  Leinenhändler,  desgleichen  ein  ungenanntes  Gewerbe;  ein 
anderes  ungenanntes  Gewerbe,  von  einer  Frau  ausgeübt,  war  mit 
16  Dr.  belastet,  ein  anderes  mit  20  Dr.  2  Ob. 

Diese  Auffassung  findet  durch  einen  Papyrus  der  Berliner 
Sammlung  (BGÜ  9)  ihre  volle  Bestätigung.  Ich  habe  schon  im 
„Rheinischen  Jahrbuch"  S.  254  kurz  darauf  hingewiesen.  Diese 
Urkunde  steht  auf  der  Rückseite  eines  Textes  aus  dem  J.  248  n.  Chr., 
ist  also  jünger;  wieviel  jünger,  ist  schwer  zu  sagen.  Ich  denke,  wir 
können  sie  etwa  rund  um  300  ansetzen,  wobei  es  auf  ein  paar  Decen- 
nien  mehr  oder  weniger  nicht  ankommt.  Diese  L^kunde  enthält  nun 
Listen  von  Gewerbetreibenden  aus  Arsinoe,  der  Hauptstadt  des  Faijüm. 
Den  Namen  ist  die  Wohnung  („in  der  und  der  Strasse")  und  eine  (offen- 
bar von  ihnen  gezahlte)  Geldsumme  hinzugefügt.  Sie  sind  nach  ihren 
Gewerben  geordnet,  und  die  Angehörigen  ein  und  desselben  Gewerbes 
zahlen  dieselbe  Summe.  Die  einzige  Ausnahme  I  13  wird  als 
Ratenzahlung  zu  fassen  sein.  Ich  habe  schon  a.  a.  O.  die  Erklärung 
aufgestellt,  dass  diese  Summen  als  Gewerbesteuerzahlungen  aufzufassen 
sind.  Danach  zahlten  die  y.puxwT^öXai  =  ypuxoTiwXa'. ,  die  Trödler, 
12  Drachmen,  die  [lupwTiöXa:  =  (i'jpWTrwXai ,  die  Salbenhändler, 
60  Dr.,  die  ßa^eT?,  die  Färber,  24  Dr.,  andere  Gewerbe,  deren 
Ueberschrift  verloren  ist,  8  Dr.  und  8  Dr.  und  16  Dr.  Bei  den 
xopaaxe?,  den  Barbieren  (vgl.  S.  228),  sind  keine  Summen  erhalten. 
Zum  Glück  lässt  sich  noch  mit  Sicherheit  feststellen,  für  welchen 


326 


IV.  KAPITEL. 


Zeitraum  diese  Summen  fallig  waren.  In  II  11  zahlt  ein  Färber 
das  Doppelte  von  dem,  was  die  Anderen  zahlen,  und  da  heisst  es: 
bizep  [xrjvwv  ß.  Folglich  waren  jene  Summen  monatlich  zu  zahlen. 
Danach  können  wir  für  Arsinoe  für  die  Zeit  um  300  n.  Chr.  folgende 
Tabelle  aufstellen : 

Zwei  ungenannte  Gewerbe  zahlten  pro  Jahr  je  12  X  8  =  96  Dr. 
Die  Trödler  „        „      „     „  12X12=  144  Dr. 

Ein  ungenanntes  Gewerbe  „  „  „  „  12  X  16  ==  192  Dr. 
Die  Färber  „        „      „     „  12  X  24  =  288  Dr. 

Die  Salbenhändler  „        „      „     „  12  X  60  =  720  Dr. 

Vergleicht  man  diese  Zahlen  mit  denen  aus  Elephantine,  so 
fällt  ihre  gewaltige  Höhe  auf.  Wir  werden  die  Erklärung  hierfür 
in  dem  rapiden  Sinken  des  Geldwertes  am  Ausgang  des  III.  Jahr- 
hunderts, in  der  bekannten  Verschlechterung  der  Münze  dieser  und  der 
folgenden  Zeit  zu  suchen  haben, und  sehen  uns  somit  ausser  Stande, 
über  das  positive  Verhältnis  dieser  Gewerbesteuersummen  zu  jenen 
etwas  zu  eruiren.  Indessen  wird  man  nicht  fehl  gehen,  wenn  man 
annimmt,  dass  das  relative  Verhältnis,  dass  in  diesem  Papyrus  unter 
den  verschiedenen  Gewerben  hinsichtlich  ihrer  Besteuerung  besteht, 
in  den  früheren  Zeiten,  denen  die  Ostraka  angehören,  im  Grossen 
und  Ganzen  dasselbe  gewesen  sein  Avird,  dass  also  die  Gewerbesteuer 
der  Trödler,  der  Färber,  der  Salbenhändler  sich  auch  früher  wie 
1:2:5  verhalten  haben  wird.  Als  Hauptergebnis  dieses  Textes 
möchte  ich  aber  die  Bestätigung  betrachten,  die  sie  unserem  obigen  aus 
den  Ostraka  geschöpften  Resultat  gewährt,  dass  alle  Angehörigen 
desselben  Gewerbes  dieselbe  Steuer  zu  zahlen  hatten. 

Betrachten  wir  nunmehr  die  Gewerbesteuerquittungen  aus  Theben. 
Der  Ausdruck  y^eipwva^tov  begegnet  hier  nur  einmal  (Nr.  527). 
Vgl.  oben  §  23.  Im  Uebrigen  ist  es  hier  Sitte,  das  Gewerbe  selbst 
in  der  Quittung  zu  nennen,  meist  in  der  Form  bizhp  ßa^iwv 
oder  ähnlich.  Wir  haben  die  einzelnen  Fälle  in  diesem  Kapitel 
an  ihrem  Orte  behandelt,  und  haben  folgende  verschiedene  Ge- 
werbe als  der  Gewerbesteuer  unterworfen  nachgewiesen:  1.  die 
Fischhändler  (§  6).     2.   die  Bademeister  (§  23).     3.  die  Färber 

^)  Vgl.  Wessely,  XXII  Jahresbericht  d.  K.  K.  Staatsgymnas.  III,  Bezirk 
Wien  1890/1.  S.  14.  Nach  BGU  13  kostete  übrigens  im  J.  289  n.  Chr.  ein 
Kamel  nicht  6  Tal.  3000  Dr.,  Avie  Wessely  a.  a.  O.  S.  2  liest,  sondern  sogar 
16  Tal.  3000  Dr. 


§135.  DIE  GEWERBESTEUER  ENI  FAIJUM  UND  IX  DER  THEBAIS.  327 


(§  24).  4.  die  Weber  (§  26).  5.  die  Teppichweber  28).  6.  die 
öffentlichen  Dirnen  (§  52).  7.  die  Flickschneider  (§  57).  8.  die 
Rauhstofffabrikanten  (§  63).  9.  die  Walker  (§  66).  10.  die  Barbiere 
(§  68).  11.  die  Fährleute  (§  79,  vgl.  98,  197).  12.  die  Schiffs- 
zimmerer (§  80).  13.  die  Zimmerleute  (§  84).  14.  die  Eseltreiber 
(§88).  15.  die  Sack[träger]  (§  III).  16.  die  Schuster  (§  114). 
So  umfangreich  auch  bereits  das  Material  ist,  so  würde  es  uns 
doch,  wenn  wir  auf  diese  thebanischen  Quittungen  angewiesen 
wären,  über  die  wichtigsten  Punkte  im  Unklaren  lassen.  Auf 
die  Frage,  nach  welchem  Princip  diese  Gewerbesteuer  berechnet 
und  aufgelegt  war,  geben  sie  uns  keine  Antwort.  Aus  ihm  allein 
könnten  wir  nicht  entscheiden,  ob  die  Gewerbesteuer  wie  sonst 
vielfach  im  Altertum  als  Gewinnstquote  berechnet  wurde,  also  für 
jeden  einzelnen  Gewerbetreibenden  individuell  bemessen  war,  oder 
aber  ob  jene  andere  Methode,  die  wir  oben  für  Svene- Elephantine 
und  Arsinoe  nachgewiesen  haben,  bestanden  hat,  wonach  alle  An- 
gehörigen desselben  Gewerbes  in  gleicher  Höhe  steuerten.  Andrerseits 
ist  hervorzuheben,  dass  in  dem  bis  jetzt  vorliegenden  Material  kein 
Moment  zu  finden  ist,  das  dagegen  spräche,  diese  zweite  Methode 
auch  für  Theben  zu  supponiren,  und  da  a  priori  eine  gleichmässige 
Behandlung  innerhalb  Aegyptens  wahrscheinlich  ist,  so  werden  wir 
wohl  mit  Recht  auch  für  Theben  annehmen,  dass  alle  Angehörigen 
desselben  Gewerbes  dieselbe  Steuer  zu  zahlen  hatten.^) 

Bessere  Auskunft  geben  die  thebanischen  Ostraka  für  eine 
andere  Frage.  Wir  haben  oben  gesehen,  dass  nach  dem  Faijümer 
Papyrus  die  Gewerbesteuern  für  den  ]Monat  berechnet  waren  und 
ordnungsgemäss  auch  monatlich  zahlbar  waren.  Während  dies  in 
den  Elephantiner  Quittungen  sich  nur  ein  einziges  Mal  fand,  liegt 
für  Theben  eine  grosse  Reihe  von  Belegen  dafür  vor,  dass  es  hier 
ebenso  gehalten  wurde.  Man  braucht  nur  die  Erheberquittungen 
durchzusehen,  um  zu  finden,  dass  fast  überall  gesagt  ist:  Du  hast 
für  den  und  den  Monat  die  fallige  Steuer  (t6  xa^f^xov  ziXoq)  gezahlt 

^)  Das  gilt  auch  von  den  Dirnen,  wenn  wir  annehmen,  dass  sie  ähnlich 
wie  in  Palmyra  zur  Steuer  herangezogen  wurden.  Gab  es  auch  in  Aegypten 
verschiedene  Klassen  mit  amtlich  vorgeschriebenem  Tarif,  so  zahlten  eben  alle 
Dirnen,  die  zur  selben  Klasse  gehörten,  dieselbe  Steuer.  Immerhin  ist  dies 
der  einzige  Fall,  wo  nach  der  Höhe  des  Einkommens  Unterschiede 
gemacht  werden. 


328 


lY.  KAPITEL. 


In  den  meisten  Fällen  bleibt  es  ungewiss,  wie  hoch  ein  jedes 
einzelne  Gewerbe  besteuert  war.  Nur  bei  der  Walkersteuer  ist  es 
wahrscheinlich,  dass  sie  12  X  2  =  24  Dr.  im  Jahr,  ebenso  bei  der 
Barbiersteuer,  dass  sie  44  Dr.  betrug  (vgl.  §  6G  und  68).  Diese 
Unsicherheit  beruht  auf  folgenden  Gründen.  Soweit  unsere  Urkunden 
Erheberquittungen  sind,  beschränken  sie  sich  meist  darauf  anzugeben, 
dass  der  Adressat  - —  es  sind  immer  briefartige  Quittungen  — 
für  den  und  den  Monat  die  fällige  Steuer  gezahlt  hat,  ohne  dass 
sie  die  Summe  nennten.  Nur  selten  findet  sie  sich  einmal  hinzu- 
gefügt. Das  mochte  überflüssig  erscheinen,  weil  ja  das  Gewerbe 
in  der  Quittung  genannt  wurde,  die  Fixa  der  einzelnen  Gewerbe 
aber  in  den  Steuerbureaus  bekannt  genug  waren.  Wenn  alle 
Schneider  x  Drachmen  zu  zahlen  hatten,  so  genügte  es,  wenn  in 
der  Quittung  gesagt  wurde,  dass  die  Zahlung  für  die  Schneidersteuer 
erfolge.  —  Bei  den  Bankquittungen  müssen  wir  die  Königs-  und 
die  Kaiserzeit  scheiden.  Unter  den  Ptolemäern  sind  sie  regelmässig 
auf  den  Namen  des  Erhebers  ausgestellt,  nennen  nur  die  Summen,  die 
diese  an  die  Bank  abliefern,  ohne  die  Beiträge  der  einzelnen  Steuer- 
zahler zu  spezificiren.  Diese  bieten  also  ebensowenig  eine  Antwort 
auf  unsere  Frage.  Sie  können  uns  höchstens  eine  ungefähre  Vor- 
stellung davon  geben,  was  für  Summen  durch  die  Erhebung  der 
betreffenden  Steuer  eingingen.  Anders  sind  die  Bankquittungen 
der  Kaiserzeit.  Sie  geben  »uns  ziffernmässig  an,  wieviel  der  einzelne 
Steuerzahler  im  gegebenen  Fall  (durch  Vermittelung  des  Erhebers 
an  die  Bank)  gezahlt  hat.  Jedoch  ist  es  meist  ganz,  unsicher,  ob 
die  genannte  Summe  den  Gesammtbetrag  des  Jahres  oder  den  eines 
Monats  oder  aber  eine  Rate  des  Jahres-  resp.  Monatsbetrages  dar- 
stellt. Diese  Schwierigkeit  wird  sich  allerdings  einmal  beseitigen 
lassen,  wenn  unser  Material  erst  grösser  ist.  Wenn  erst  mehrere 
Quittungen  aus  benachbarten  Jahren,  an  dieselbe  Person  ausgestellt, 
vorliegen,  dann  wird  sich,  so  wie  wir  es  schon  in  §  68  bei  den 
zoupel?  thun  konnten,  zunächst  im  einzelnen  Fall  eine  Entscheidung 
treffen  lassen,  und  sind  erst  mehrere  Fälle  entschieden,  dann  wird 
man  auch  das  Resultat  verallgemeinern  können,  denn  dass  auch 
in  diesem  Punkt  ein  fester  Usus  für  die  Quittungsschreiber  bestanden 
hat,  ist  sehr  wahrscheinlich. 

Somit  bleibt  einstweilen,  wenn  wir  auf  die  Ostraka  und  Papyri 
zurückblicken,  als  Hauptresultat  die  Erkenntnis,   dass  diejenigen, 


§135.    DIE   GEWERBESTEUER  IX  DER  THEBAIS. 


329 


die  dasselbe  Gewerbe  ausübten,  eine  Gewerbesteuer  in  gleicher  Höhe 
zu  zahlen  hatten.  Ich  habe  noch  hinzuzufügen,  dass  unsere  Ur- 
kunden keinen  Anhalt  dafür  bieten,  dass  in  der  von  den  Ostraka 
beleuchteten  Periode  —  II.  Jahrh.  vor  Chr.  bis  II.  Jahrh.  nach  Chr. 
—  eine  Aenderung  in  diesem  Princip  eingetreten  sei.  Dass  die 
einzelnen  Fixa  je  nach  der  wirtschaftlichen  Lage  geändert  werden 
konnten,  ist  a  priori  wahrscheinlich,  und  wird  durch  jenen  Faijümer 
Papyrus  aus  der  Zeit  um  300  n.  Chr.  so  gut  wie  sicher. 

Dieser  Einblick  in  die  Gewerbesteuern  ist  um  so  wertvoller, 
als  wir  bisher  nur  vereinzelte  Notizen  über  diese  wichtige  Frage 
besassen.  Aber  selbst  diese  wenigen  genügen,  um  uns  davor  zu 
warnen,  das  Resultat,  das  wir  hier  an  der  Hand  der  aegyptischen 
Urkunden  gewonnen  haben,  etwa  ohne  Weiteres  verallgemeinern  zu 
wollen.  Für  Aegypten  selbst  ist  durch  Ps.  Aristot.  Oeconom.  II 
2,25  überliefert,  dass  der  aegyptische  König  Taos  auf  den  Rat 
des  Atheners  Chabrias  octzo  twv  ttXolwv  t£  zal  Ipyaaxr^pLWv  xal 

zeXeöaa:  aTwOxeXsTv.  Danach  musste  jeder  Gewerbetreibende 
seines  Gewinnstes  dem  Könige  zahlen. Diese  Bestimmung  ist 
natürlich  ephemer  gewesen,  wie  die  Regierung  des  Taos  selbst. 
Aehnlich  haben  die  Byzantier,  als  sie  in  Geldverlegenheit  waren, 
von  den  Wunderthätern  (O-aufjiaxoTiotoi),  Wahrsagern  (fiavxet?), 
Quacksalbern  (cpapiiaxoTZwXaL)  und  anderen  ähnlichen  Leuten  eine 
Gewerbesteuer  im  Betrage  von  ^  des  Gewinnstes  erhoben  (Ps.  Aristot. 
Oeconom.  II,  2,  3:  x6  xpixov  he  \Lipoq  xoö  spya^ofxevou  aTzoxeXelv 
Ixa^av).  Ebenso  hat  Kaiser  Gaius  die  Lastträger  (geruli)  in 
der  Weise  besteuert,  dass  sie  J  ihrer  täglichen  Einnahme  dem  Staate 
zu  entrichten  hatten  (Sueton.  Gai.  40).  In  allen  diesen  Fällen 
wird  also  anders  als  im  ptolemäischen  und  kaiserlichen 
Aegypten  eine  bestimmte  Quote  vom  Gewinnst  als  Ge- 
werbesteuer abgeführt. 

Andrerseits  finde  ich  den  aegyptischen  Modus  wieder  in  Pal- 
myra,  zur  Zeit  Hadrians.  In  dem  Steuertarif  der  Stadt  (ed.  Dessau, 
Hermes  XIX.  S.  501,  vgl.  516)  heisst  es:  fO  auxög  5yj{x]oa:a)VYj? 
7Tp[a?]£c    lpYaaxYjpL(x)v[  ]    7iavxoTC(i)X[£q(i)v  oxuxlxwv 

Die  Ansichten  gehen  darüber  auseinander,  ob  dies  aJs  eine  Gewerbesteuer 
(so  Marquardt,  RStV  11=^  S.  199;  oder  aber  als  eine  Einkommensteuer  (so  Boeckh, 
Staatshaush.       S.  696)  zu  fassen  ist.    Ersteres  erscheint  mir  zutreffender. 


330 


IV.  KAPITEL. 


[  ]   £x  guvti^eIccc,  Ixaaxou    {jlyjvo?   xod  epYaaxrjpi'ou 

exaaTOU  5r;vapLov  ä.  Wenn  ich  den  Text  recht  verstehe,  hat 
man  hinter  epy(x.azripi(j)v  die  Bezeichnung  noch  eines  Gewerbes 
(in  adjectivischer  Form)  zu  ergänzen.  Von  diesem,  sowie  von 
den  Trödlern  und  Schustern,  wird  sonach  für  den  Monat  und  für 
die  Werkstatt  1  Denar  erhoben.  Hier  sind  also  drei  verschiedene  Ge- 
werbe zusammengestellt,  die  gleich  hoch  besteuert  sind.  Das  Wichtigste 
ist,  dass  auch  hier  wie  in  Aegypten  innerhalb  eines  jeden  Gewerbes 
jedes  Mitglied  gleich  viel  zu  zahlen  hat,  und  zwar  eine  fixe  Summe, 
die  unabhängig  vom  Jahresertrag  tarifmässig  für  den  Monat  festgelegt 
ist.  Aehnlich  stelle  ich  es  mir  für  Aegypten  vor.  Der  palmyrenische 
Text  lehrt  uns  aber  auch  etwas  Neues.  Er  hebt  hervor,  dass  die 
Steuer  für  jede  Werkstatt  (epyaaTTgpLOv)  zu  zahlen  ist.^)  Darin  liegt, 
wenn  ich  recht  sehe,  dass  nur  selbstständige  Handwerker,  die  eine 
eigene  Werkstatt  besitzen,  zu  dieser  Steuer  herangezogen  werden, 
nicht  etwa  auch  die  Lehrlinge  und  Handlanger,  die  in  der  Werkstatt 
mit  arbeiten,  auch  nicht  —  und  daran  ist  in  diesem  palmyrenischen 
Tarif  v/ohl  noch  eher  zu  denken  —  die  durchziehenden  Kara- 
wanenhändler, sondern  die  Ständigen  und  Ansässigen.  Unsere 
Ostraka  geben  auf  diese  Frage  keine  Antwort.  Ich  möchte  aber 
annehmen,  dass  auch  die  in  ihnen  genannten  Handwerker  als  selbst- 
ständige Arbeiter  und,  soweit  die  Natur  des  Gewerbes  es  verlangt, 
Inhaber  von  Werkstätten  zu  betrachten  sind. 

Endlich  sei  die  Frage  untersucht,  ob  die  Regierung  bei  der 
Auflage  oder  Erhebung  der  Gewerbesteuern  irgend  welche  Rück- 
sicht auf  die  Vereinigungen  der  Gewerbetreibenden  genommen,  resp. 
dieselben  sich  dienstbar  gemacht  hat.  Zunächst  ein  Wort  zu  den 
Vereinen  selbst  Liebenam  hat  in  seinem  Buch  „Zur  Geschichte  und 
Organisation  des  römischen  Vereinswesens"  (1890)  gezeigt,  wie  das 
Zusammenschliessen  der  Gewerksgenossen  zu  Vereinen  oder  Gilden  aller 
Orten  im  römischen  Reich  —  wenn  auch  in  verschiedenem  Grade  — 
verbreitet  gewesen  ist.  2)  Speziell  für  Aegypten  bringt  er  freilich 
(S.  158)  nur  zwei  Beispiele,  die  mercatores  und  die  navicularii  von 
Alexandi'ien.    Hierzu  lässt  sich  noch  Manches  hinzufügen.    In  einer 

^)  Auch  nach  der  oben  angefvüirten  Erzählung  von  den  Steuerreformen 
des  Königs  Taos  (Ps.  Aristot.  Oecon.  II.  2,25)  werden  die  spYaaxi^pta  besteuert. 

2)  Die  Arbeit  von  E.  Ziebarth  über  die  griechischen  Vereine  konnte  ich 
hierfür  noch  nicht  benutzen. 


§  135.   DIE  GEWERBESTEUER.           DIE  HAXD WERKERVEREINE.  331 


bei  Lumbroso,  Recherches  S.  134,  wiedergegebenen  Inschrift  aus 
dem  Faijüm  (vom  Jahre  3  nach  Chr.)  ehrt  t6  7zXf^^•GC  xwv  dcizb 
TOö  'ApatvoELTOU  xa^apoupywv  xal  TiXaxouvTOTioiwv  den  TzpooTanr)^ 
des  laufenden  Jahres  mit  einer  steinernen  Bildsäule.  Da  tritt  uns 
deutlich  die  Organisation  der  Gilde  entgegen,  die  hier  als  tiXt^O-o; 
bezeichnet  wird.^)  Für  die  Ptolemäerzeit  glaube  ich  Spuren 
des  Vereinswesens  in  dem  Pap.  Paris.  5  zu  finden,  einem 
thebanischen  Contract  aus  dem  Ende  des  II.  Jahrh.  vor  Chr.  Es 
handelt  sich  hier  im  Wesentlichen  um  das  Recht  der  Choachyten  an 
den  Toten.  In  dem  -/ax'  avSpa  twv  awjiaiwv  finden  sich  nun  fol- 
gende Bemerkungen  (nach  meinen  Lesungen): 

axuT£(ov  TOÖ  na^i)pLT[ou].    Col.  3,3. 

TocpiyjcUzGiW  (corrigirt  aus  a7wUT£ü)v)  twv  Ix  toö  Ko7:(t:tou).  Col.  3,  9. 
Tapt)(£UTü)V  Ko7c(titö)v).    Col.  18.  1.  29,5. 

Hiernach  scheinen  „die  Schuster  des  Pathyritischen  Gaues" 
und  ebenso  „die  Leichenbalsamirer  des  Koptitischen  Gaues"  in  der 
thebanischen  Nekropole  ihren  besonderen  Begräbnisplatz  gehabt  zu 
haben.  Ist  diese  AuflTassung  richtig,  so  lässt  das  auf  eine  gilden- 
artige Geschlossenheit  der  beiden  Gewerke  schliessen.  Eines  ver- 
dient noch  hervorgehoben  zu  werden:  weder  die  Kuchenbäcker  im 
Faijüm  noch  diese  Schuster  und  Balsamirer  in  der  Thebais  werden 
als  Vereine  einer  Stadt  oder  eines  Dorfes  bezeichnet,  vielmehr 
als  Vereine  des  Gaues.  Vgl.  namentlich  die  Worte  der  Inschrift: 
TO  TiXfjO-Os  Twv  aTtö  TOÖ  'ApaLVOELTOU  xtX.  Daraus  ergiebt  sich, 
dass  die  Gilde  als  solche  den  ganzen  Gau  umfasste,  nicht 
eine  einzelne  Ortschaft.  Das  schliesst  nicht  aus,  dass  die  Ge- 
werke auch  innerhalb  der  einzelnen  Gemeinden  ihre  Organisation 
hatten.  So  begegnet  im  Pap.  Grenf  (II)  XLIII  9  vom  J.  92  n.  Chr. 
ein  T^youpLEVo^  -"(Eplmy  zfic,  auTTj?  y.bi\lr^q,  d.  h.  von  Soknopaiu  Nesos. 

Einen  kleinen  Beitrag  zur  Organisation  der  Gewerke  bieten 
auch  die  Strassennamen.  Wenn  es  z.  B.  in  Arsinoe  eine  Salz- 
händlerstrasse, eine  Leinen weberstrasse,  eine  Fischerstrasse,  eine 
Pöklerstrasse,  eine  Linsen händlerstrasse  u.  s.  w.  gab,'-)  so  folgt 
daraus  doch  wohl,  dass  auch  hier  wie  anderwärts  ursprünglich  die 

^)  Vgl.  hierzu  auch  Lumbroso,  Recherches  S.  106. 

^)  Vgl.  meine  Zusammenstellungen  in  der  Zeitschr.  Gesellsch.  Erdk.  Berlin 
1887.  1.  S.  28. 


332 


IV.  KAPITEL. 


Innungen  bei  einander  wohnten  und  dadurch  eben  den  Strassen 
ihren  Namen  gaben.  Diese  ursprüngliche  Sitte  des  Zusammen wohnens 
hat  sich  auch  in  Aegypten  mit  der  Zeit  gelockert.  So  sehen  wir 
in  der  oben  besprochenen  Papyrusurkunde  aus  der  Zeit  um  300 
n.  Chr.  die  Mitglieder  ein  und  desselben  Gewerkes  in  ganz  ver- 
schiedenen Strassen  wohnen.  Aber  die  alten  Strassennamen  sind 
natürlich  bestehen  geblieben,  ebenso  wie  in  unsern  modernen  Städten. 

Auf  die  innere  Gliederung  der  Vereine  werfen  Bezeichnungen 
wie  lazißydpyriQ  und  OLpy^oyriXdzriq  ein  Streiflicht.  Ersteres,  das  in 
unseren  Ostraka,  in  Nr.  1154 — 1156  begegnet,  bezeichnet  den  Vor- 
steher der  Weberwerkstatt.  Der  ap)(Ovr^XaTr^c,  der,  wie  oben  S.  272 
bemerkt,  in  dem  grossen  Wirtschaftsbuch  von  Hermupolis  begegnet, 
wird  der  Vorsteher  des  Eseltreiber -Vereins  sein. 

Die  oben  angeführten  Beispiele,  die  durchaus  nicht  den  An- 
spruch auf  Vollständigkeit  machen  wollen,  legen  den  Gedanken 
nahe,  dass  auch  in  Aegypten  die  gewerblichen  Vereine  oder  Gilden 
eine  nicht  unbedeutende  Rolle  gespielt  haben,  ja  dass  wohl  in  allen 
Gauen  solche  Organisationen  bestanden  haben.  Es  ist  jedoch  her- 
vorzuheben, dass  in  unseren  Gewerbesteuerquittungen  aus  dem 
II.  Jahrh.  vor  Chr.  bis  zum  II.  Jahrh.  nach  Chr.  immer  der  einzelne 
Gewerbetreibende  es  ist,  von  dem  durch  die  betreffenden  staat- 
lichen Behörden  die  Gewerbesteuer  erhoben  wird.  Das  hat  sich  später 
bei  der  grossen  Reorganisation  des  gesammten  staatlichen  Lebens 
durch  Diokletian  geändert.  Wie  überhaupt  die  Tendenz  dahin  ging, 
diese  Handwerkervereine  ebenso  wie  die  sonstigen  Genossenschaften 
allmählich  immer  mehr  in  den  Dienst  des  Staates  zu  stellen  und  sie 
als  Werkzeuge  der  Verwaltung  zu  benutzen i),  so  ist  in  der  nach- 
diokletianischen  Zeit  die  Repartirung  und  Eintreibung  der  Gewerbe- 
steuer (des  chrysargyrum)  der  Gilde  als  solcher  übertragen  worden. 
Die  Genossenschaft  hatte  nunmehr  für  die  Ablieferung  der  auf- 
erlegten Pauschsumme  einzustehen. 2)  Doch  für  diese  Zeit  versagen 
unsere  Ostraka  völlig.    Hier  setzen  die  byzantinischen  Papyri  ein.^) 

^)  Vgl.  Liebenam ,  Zur  Geschichte  und  Organisat.  d.  Rom.  Vereinswesens 
1890.  S.  50. 

^)  Vgl.  hierzu:  Marquardt,  EStV  11"^  S.  237.  E.  Kuhu,  Städtische  und 
Bürgerliche  Verfassung  d,  Rom.  Reichs  I  18G4.  S.  281.  Liebenam  a.  a.  O.  S.  53/4. 

^)  Vgl.  hierzu  einstweilen  Wessely,  Denkschr.  Akad.  Wien  1889.  S.  216  f. 
auch  232. 


§  135  —  136. 


333 


Zum  Schluss  möchte  ich  hervorheben,  dass  in  den  vier  Jahr- 
hunderten, über  die  sich  unsere  Gewerbesteuerquittungen  erstrecken, 
immer  nur  Geld,  niemals  Naturalien  für  diese  Steuer  geliefert 
werden.  Das  entspricht  ganz  dem,  was  wir  sonst  über  das  Verhältnis 
der  Geldwirtschaft  zur  Naturalwirtschaft  wissen.  Die  Letztere  bricht 
erst  wieder  mit  dem  III.  Jahrh.  n.  Chr.  herein.  Das  hat  Büchel- 
ebenso  verkannt  wie  er  die  Bedeutung  des  selbstständigen  Hand- 
werks im  Altertum  verkannt  hat.    Vgl.  Kap.  VII. 

§  136.  TtiIp  )((0[iaT(i)v. 

Für  Theben  belegt  durch  Nr.  371,  377,  378,  386,  391,  394, 
405,  406,  408,  409,  419,  422,  423,  426,  429,  431,  [434,  437, 
438],  443,  [444,  448],  452,  456,  458,  459,  [461],  465,  466, 
470,  480,  483—485,  488,  489,  496,  498,  518,  519,  526,  528, 
531,  532,  534,  537—539,  542,  544,  546,  565,  573,  585,  586, 
591,  623,  636,  667,  1021,  1058,  1243,  1245,  1247,  1280,  1281, 
1283,  1288,  1289,  1373—1375,  1378,  1379,  1381,  1387,  1392, 
1393,  1397,  1400,  1403,  1407,  1409,  1428,  1429,  1547,  1550, 
1553,  1560,  1566,  1570,  1613. 

Nur  1021  ist  aus  der  Ptolemäerzeit,  alle  anderen  Nummern 
aus  der  Kaiserzeit  (I. — II.  Jahrb.). 

Die  )(a)(Jia'ca,  die  Dämme  oder  Deiche,  spielen  im  Leben 
Aegyptens  dieselbe  Rolle,  wie  die  Kanäle,  über  die  wir  oben  §  33 
gesprochen  haben.  Durch  Dämme  und  Kanäle  wird  die  elementare 
Gewalt  der  Nilüberschwemmung  zum  Segen  des  Landes  regulirt.^) 
Darum  waren  sie  auch  der  besonderen  Fürsorge  der  Götter  unter- 
stellt. Eine  von  Miller  in  der  Rev.  Archeol.  Sept.  1883  heraus- 
gegebene Inschrift  aus  Koptos  vom  8.  Jahre  des  Kaisers  Trajan 
(No.  2)  feiert  Isis  als  die  grosse  „Dammgöttin":  "IglSc  tiQ 
■ö-ea  [AsytaTY].  Um  die  Deiche  in  Stand  zu  halten  oder  nötigen- 
falls neue  aufzuführen,  braucht  der  Staat  einmal  Geld  und  zweitens 
Arbeitskräfte.  Beides  mussten  die  Bewohner  Aegyptens  liefern,  und 
nicht  mit  Unrecht,   da  ihre  Existenz  von  den  Deichen  abhing. 

^)  Für  diese  Thatsache,  die  noch  heute  wie  vor  Tausenden  von  Jahren  ihre 
Bedeutung  hat,  Belege  bringen  zu  wollen,  wäre  überflüssig.  Wir  wollen  hier 
nur  auf  Strabo  XVII  p.  788  verweisen,  der  mit  der  ihm  eigenen  Klarheit  die 
Bedeutung  der  StwpuYsg  und  Ttapaxwii.aia  für  die  Ueberschwemmung  darlegt. 


334 


lY.  KAPITEL. 


Ich  lasse  im  Folgenden  die  Frage  offen,  ob  man  in  der  uns  hier 
interessirenden  Periode  ähnlich  wie  später  in  der  arabischen  Zeit 
zwischen  „Regierungs- Deichen"  und  „städtischen  Deichen"  unter- 
schieden hat.i)  Der  Ausdruck  y^WjjLa  Sr^iioaoov,  der  sich  z.  B.  im 
Pap.  Leipz.  13  R.  zweimal  findet,  lässt  allerdings  auf  verschiedene 
Arten  von  Dämmen  schliessen.^)  Die  oben  angeführten  Urkunden 
sind  sämmtlich  Quittungen,  in  denen  Geldzahlungen  bizep  )^ü)[JLaTiywOö 
oder  UTzep  )(a)|xaTü)v  bezeugt  werden.  Das  Material  ist  so  gross, 
dass  es  einen  Einblick  in  die  Art  der  Steuerauflage  gewährt.  Ver- 
gleicht mau  die  in  den  Urkunden  quittirten  Zahlungen,  so  wird  man 
sehr  verschiedene  Summen  finden.  Doch  eine  kehrt  mit  auffallender 
Häufigkeit  wieder,  sodass  man  geneigt  ist,  in  dieser  Wiederkehr 
mehr  als  einen  Zufall  zu  sehen.  Das  ist  die  Summe  von  6  Drachmen 
4  Obolen.  Sie  begegnet  oben,  wenn  ich  recht  gesehen  habe,  nicht 
weniger  als  31  Mal.  In  1378  ergiebt  sie  sich  durch  Summirung 
der  beiden  Raten  von  3  Drachmen  4^  Obolen  und  2  Drachmen 
ö|  Obolen,  in  443  durch  Halbirung  der  13  Drachmen  2  Obolen 
an  die  zwei  genannten  Personen.  Die  sonstigen  Summen  sind,  wenn 
man  die  Texte  richtig  interpretirt,^)  immer  kleiner  als  6  Drachmen 
4  Obolen.  In  den  Erheberquittungen  herrscht  die  Unsitte,  die  ver- 
schiedenen bezahlten'  Steuern  nicht  zu  spezialisiren.  So  wird  unser 
)((0[iaTLx6v  in  den  Erheberquittungen  (meist  aus  dem  II.  Jahrb.,  nur 
in  534  liegt  eine  Bankquittung  aus  dieser  Zeit  vor)  gewöhnlich  mit 
dem  ßaXavLXOV  zusammenaddirt,  sodass  man  nicht  mit  Sicherheit 
den  Betrag  der  einzelnen  Steuer  Consta tiren  kann.  Ich  möchte  nach 
dem  Gesagten  die  Vermutung  aufstellen,  dass  im  I.  Jahrh.  n.  Chr. 


^)  Vgl.  Caleaschandi,  übersetzt  von  Wüstenfeld,  Abh.  Gesell.  Gött.  XXV 
1879  S.  150. 

Der  Begriff  Sr^ioaios  ist  in  unseren  Urkunden  nicht  leicht  zu  fassen. 
Wenn  ich  recht  sehe,  wird  er  nicht  auf  das  kaiserliche,  sondern  auf  das  commu- 
nale  Gebiet  angewendet.    Das  müsste  noch  genauer  untersucht  werden. 

^)  Die  Quittungen  aus  Nöxog  xaL  Ai<\>  zeigen  manche  Ungenauigkeiten. 
So  liegt  in  419  gewiss  ein  Versehen  vor.  Das  a^-  wird  sich  sicherlich  erst  auf 
die  zweite  Zahlung  vom  29.  Thoth  beziehen,  und  die  4  Drachmen  vom  28.  Thoth 
werden  für  66/7  gezahlt  sein.  Vgl.  422.  Wir  haben  schon  im  Text  aus  der  Jahres- 
bezeichnung al-  gefolgert,  dass  diese  Quittung  419  eine  erst  später  geschriebene 
Gesammtquittung  ist.  Dadurch  mag  sich  das  Versehen  erklären.  —  Ebenso  beziehe 
ich  in  466  die  4  Drachmen  vom  5.  Phaophi  auf's  Jahr  85/6,  die  6  Drachmen 
4  Obolen  dagegen  aufs  neue  Jahr  86/7. 


§136.    DIE  DAMMSTEUER. 


335 


und  in  der  ersten  Hälfte  des  II.  —  denn  über  diese  Zeit  erstrecken 
sich  unsere  Urkunden  —  die  Dammsteuer  6  Drachmen  4  Obolen 
für  den  Kopf  des  Steuerpflichtigen,  und  zwar  jährlich,  betragen 
habe.  Ich  finde  eine  Stütze  für  diese  Annahme  in  BGU  99,  wo 
gleichfalls  6  Drachmen  4  Obolen  für  die  -/^(j^ilolioc  für's  Jahr  166 
n.  Chr.  quittirt  werden,  und  dies  im  Faijüm.  Ebenso  werden  im  Pap. 
Lond.  CCXCVI  nir  dieselbe  Steuer  6  Drachmen  4  Obolen  erhoben.^) 
Der  Satz  von  6  Drachmen  4  Obolen  gilt  ebenso  in  Xapa^  wie  in 
M£{xv6via,  'Q^'.'^ov,  und  auch  im  Faijüm.  Wenn  nach  BGU  359 
für's  Jahr  178/9  7  Drachmen  4  Obolen  2  Chalkus  für  dieselbe  Ab- 
gabe gezahlt  werden,  so  lasse  ich  dahingestellt,  ob  hier  inzwischen 
eine  Erhöhung  eingetreten  ist,  oder  ob,  irrtümlich  oder  stillschweigend, 
der  Betrag  einer  anderen  Abgabe  dazugezählt  ist. 

Die  kopfsteuerartige  Auflage  der  Dammsteuer  zeigt,  dass  keine 
Rücksicht  darauf  genommen  wurde,  ob  die  Steuerpflichtigen  etwa  als 
Grundbesitzer  noch  ein  besonderes  Interesse  an  der  Instandhaltung 
der  Dämme  hatten  oder  nicht.  Eine  solche  Klarheit  konnten  wir 
oben  bei  der  Kanalsteuer  (§  33)  nicht  gewinnen.  Insofern  scheint  aber 
jedenfalls  ein  Unterschied  zwischen  den  beiden  Abgaben  zu  bestehen, 
als  jene  Kanalsteuer  immer  für  einen  besonderen  Kanal  erhoben 
wurde,  während  hier  allgemein  für  die  Dämme  gezahlt  wird.  Auch 
schien  jeue  Steuer  für  den  Monat  berechnet  zu  sein,  was  hier  nicht 
der  Fall  ist.  Eine  Constitution  des  Honorius  und  Theodosius  vom 
J.  412  legt  die  Vermutung  nahe,  dass  in  späterer  Zeit  die  Damm- 
steuer in  anderer  Weise  repartirt  wurde.  Es  steht  im  Cod.  Theod. 
15,  3,5  geschrieben:  „per  Bithyniam  ceterasque  provincias  possessores 
et  reparationi  publici  aggeris  et  ceteris  eiusmodi  muneribus  pro  iugorum 
numero  vel  capitwn,  quae  possidere  noscuntur,  adstringi  cogantur" 
Möglich,  dass  damals  die  possessores  auch  zur  Wiederherstellung  oder 
Instandhaltung  öffentlicher  Dämme  nach  Massgabe  ihres  Grund- 
besitzes herangezogen  wurden. 2) 


^)  Vgl.  Kenyon,  Catalogue  of  addit.  to  the  departm,  of  Mss.  1888 f.  Nach 
meiner  Lesung  (Sommer  1895)  stammt  der  Text  übrigens  nicht  aus  dem  4., 
sondern  aus  dem  24.  J.  des  Antoninus  Pius  (=  160/1).    Gleichfalls  Faijüm. 

^)  So  war  es  jedenfalls  zur  Zeit  der  arabischen  Herrschaft.  Calcaschandi 
erzählt  in  seiner  Geographie  und  Verwaltung  von  Aegypten  (deutsch  von  ^Vüsten- 
feld,  Abh.  Kgl.  Gesell.  Gött.  XXV  1879.  S.  150/1)  folgendermassen :  „Die 
städtischen  Deiche.    Dies  sind  solche,  für  welche  einzelne  Städte  für  sich  zu 


336 


lY.  KAPITEL. 


AVenn  uns  nun  in  den  Urkunden  ausser  dieser  Geldsteuer 
UTiep  xwfJLCCTWV  auch  noch  die  Verpflichtung  der  Unterthanen  zu 
persönlichen  Frohndiensten  an  den  Dämmen  und  Kanälen  entgegen- 
tritt, so  entsteht  die  Frage,  ob  beide  Lasten  nebeneinander  bestanden 
haben,  oder  ob  jene  Geldsteuer  vielleicht  als  Ablösung  von  den 
Frohnarbeiten  zu  betrachten  ist.  Vergegenwärtigen  wir  uns  zunächst, 
was  die  Urkunden  über  diese  Frohndienste  lehren. 

Wo  die  Urkunden  von  Arbeiten  an  Dämmen  und  Kanälen 
sprechen,  ist  vor  allem  zu  untersuchen,  ob  es  sich  um  Lohn- 
arbeiten handelt,  für  die  der  Staat  die  Arbeiter  besoldet,  oder  aber 
um  pflichtmässige  Leistungen  oder  Frohnarbeiten  der  Bevölkerung, 
die  als  XeixoupycaL  oder  munera  zu  betrachten  wären,  wie  jene 
Landarbeiten,  von  denen  der  Pap.  Paris.  63  handelt.  Ausserdem 
hatte  der  Staat  noch  eine  dritte  Möglichkeit,  um  die  notwendig 
erscheinenden  Erdarbeiten  ausführen  zu  lassen :  er  konnte  das 
Militär  dazu  requiriren.  Sueton  (vit.  Aug.  18)  erzählt  uns,  dass  der 
junge  Octavian  nach  der  Eroberung  Aegyptens  im  Jahre  30  die 
Kanäle  des  Landes,  die  durch  die  Misswirtschaft  der  letzten  Ptolemäer 
verkommen  waren,  wiederhergestellt  habe,  und  zwar  militari  opere.^) 
Uns  interessiren  hier  nur  die  ersten  beiden  Arten.  Dass  die 
Regierung,  soweit  die  gesetzmässig  verfügbaren  Kräfte  nicht  aus- 
reichten, mit  Lohnarbeitern  Damm-  und  Kanalarbeiten  hat  ausführen 
lassen,  ist  selbstverständlich  und  bedarf  eigentlich  keines  Beleges. 
Für  die  Zeit  des  Ptoleraaios  II.  Philadelphos  können  wir  noch  aus 
Petrie  Papyri  (I)  XXII  2,  XXIII,  (n)  XXXVI  die  Höhe  des 
Lohnes  berechnen.  Ich  habe  in  den  Gött.  Gel.  Anz.  1895  S.  149  den 
Nachweis  geführt,  dass  die  Formel  de,  E,  twv  dahin  zu  verstehen 
ist,  dass  für  die  Fertigstellung  von  60  Xaubia  (oder  Aoilia),  sei  es 
bei  Kanälen  oder  Dämmen,  4  Silberdrachmen  bezahlt  wurden.  Nach 
diesem  Tarif  wurde  im  einzelnen  Falle  das  geleistete  Arbeitsquantum 
bezahlt.    Vgl.  oben  S.  261. 


sorgen  haben,  mit  deren  Instandhaltung  die  Stadteommandanten  mit  ihren 
Triippencorps  und  anderen  Personen  beauftragt  sind,  und  wozu  die  Kosten  aus 
dem  städtischen  Vermögen  bestritten  werden,  nachdem  die  Eigentümer  nach 
Verhältnis  ihres  Grundbesitzes  ihre  Beiträge  abgeliefert  haben. 
Diese  Beiträge  werden  für  jedes  Jahr  besonders  festgestellt." 

^)  Nach  Calcaschandi  (vgl.  die  vorige  Anmerkung)  hatte  in  arabischer  Zeit 
der  Stadtcommandant  mit  seinen  Truppencorps  für  die  städtischen  Dämme  zu  sorgen. 


§136.    DAMM-  UND  KANAL  ARBEITEN. 


337 


Während  wir  es  hier  sicher  mit  Lohnarbeiten  zu  thun  haben  — 
ILöiaiq  xal  ol  [liio'/^oi  und  die  anderen  dort  genannten  Personen 
scheinen  die  Unternehmer  zu  sein  —  ist  der  Charakter  der  Arbeit 
in  unseren  Ostraka  Nr.  1023,  1025,  1043 — 1047,  auch  in  der  Gruppe 
1058,  1399,  1410,  1411,  1567  zunächst  unklar.  Es  sind  Quittungen, 
in  denen  bezeugt  wird,  dass  NN  so  und  so  viele  Naubia  fertig  ge- 
arbeitet hat  (dTrepya^saO'at,  j  Ipyav^ea^ac,  resp.  avaßaXXsiv).  Zu 
welchem  Zweck  sind  diese  Quittungen  ausgestellt?  Man  könnte  sich 
denken,  dass  es  Bescheinigungen  wären,  auf  die  hin  die  betreffenden 
Arbeiter  sich  von  der  Kassen  Verwaltung  ihren  Lohn  auszahlen  lassen 
sollten.  Aber  die  andere  Deutung  scheint  mir  doch  die  richtigere  zu 
sein,  dass  es  vielmehr  Bescheinigungen  von  Leistungen  sind,  die, 
ohne  Gegenleistung  seitens  des  Staates,  pflichtmässig  ausgeführt  sind. 
Ich  möchte  im  Besonderen  auf  1410  und  1411  hinweisen,  wo  es 
heisst:  avaßeßXyjzag  t6  STicßaXXov  aoi  vaußtov.  Danach  hat  der 
Adressat  den  ihm  zukommenden,  auf  ihn  entfallenden  Teil  der 
Gesammtarbeit  erledigt.  Wenn  es  ferner  in  1023  heisst:  „dTieLpyaa- 
Tac  —  elc,  TO  la.^  HoczocTzfiq  vaußca  x",  so  spricht  hier  die  Zeit- 
bestimmung „für  das  11.  Jahr"  m.  E.  gleichfalls  dafür,  dass  es  sich 
um  eine  Liturgie  handelt.  Man  bedenke  auch,  dass  in  keiner 
dieser  Quittungen  irgendwie  auf  Geldaequivalente  hingewiesen  wird. 
So  ist  es  allerdings  sehr  wahrscheinlich,  dass  die  Erdarbeiten, 
die  in  diesen  Quittungen  bescheinigt  werden,  XeLTOUpyta:  oder 
munera  sind. 

Von  dieser  Verpflichtung,  dem  Staate  unentgeltlich,  in  bestimm- 
ten Grenzen,  bei  den  Dammarbeiten  zu  helfen,  scheint  mir  der  Ber- 
liner Papyrus  BGU  176  zu  handeln.  Wenn  ich  dies  kleine  Frag- 
ment recht  verstehe,  beklagt  sich  eine  Priesterschaft  darüber,  dass, 
entgegen  den  Bestimmungen  der  Präfecten  (?),  die  Tztxihec,  aus  den 
Tempeln  fortgezogen  würden  zu  den  Dammarbeiten  (dTTOQTiaaO'a'. 
xobq  TzaXbaq  aizb  twv  tepwv  [Tipo^  TYjV  dTrepyaaLav  xöv]  )(ü)[jidTü)v), 
denn  sie  seien  durch  Privileg  befreit  hiervon  (67i£]^Yjp£^yj(X£V  xf]^ 
ö(,TZBp^aa[i(x,q)^)     Auch  der  Pap.  Paris.  66  (III.  Jahrh.  vor  Chr.) 

^)  Unter  den  Tcatös^  sind  hier  wohl  Sklaven  zu  verstehen.  Dem  gegenüber 
hebe  ich  hervor,  dass  in  der  Charta  Borgiana  (s.  unten)  unter  den  Erdarbeitern 
begegnet:  Ilpwxa^  Soö?.os  Kpovlmoc,  lepewg.  Freilich  ist  dieser  nicht  Eigentum 
des  Tempels,  sondern  speziell  des  Priesters  Kpoviwv.  Doch  vielleicht  ist  die 
Stelle  ganz  irrelevant  für  diese  Frage.  In  VIT  13  lose  ich  nämlich  'Ispsüc: 
WiLCKEN,  Ostraka.  22 


338 


lY.  KAPITEL. 


scheint  mir  von  solchen  Frohnarbeiten  zu  handeln.  In  Col.  I.  13 
begegnet  der  Ausdruck  X]eiTO\jp^(ioci.  In  den  darauf  folgenden  Listen 
werden  pro  Kopf  30  Naubia  gerechnet,  von  einer  Gegenleistung  aber 
ist  nicht  die  Rede.  Ob  die  y  ü)[JiaTr/td  epycc  in  BGU  513  gleichfalls 
als  Frohnarbeiten,  oder  aber  als  Lohnarbeiten  aufzufassen  sind, 
lasse  ich  dahingestellt. 

Während  in  den  obigen  Ostraka  die  Liturgie  nach  Naubien 
bemessen  wird,  d.  h.  der  Umfang  des  zu  leistenden  Arbeitsquantums 
festgestellt  ist,  zeigen  uns  mehrere  Papyrusquittungen  aus  dem  Faijüm, 
dass  die  dortigen  Quittungen  die  Arbeitszeit  zu  Grunde  legen.  Fr.Kenyon 
hat  in  dem  Catalogue  of  additions  to  the  department  of  Mss.  1888 
bis  1894  (British  Museum)  zuerst  solche  Quittungen  erwähnt  und 
richtig  gedeutet.  Vgl.  Nr.  CCCXVI,  CCCXXI,  CCCXXV.  Dazu 
kommen  BGU  264  und  593.  Soeben  haben  Grenfell  und  Hunt 
neue  derartige  Texte  edirt.  Vgl.  Grenf.  (II)  LIII.  In  diesen 
Quittungen  wird  bezeugt,  dass  NN  von  dem  bis  zu  dem  Tage  (es 
sind  immer  fünf  Tage!)  bizep  )(ü)([JLdTWv)  gearbeitet  habe  (Ipyd^ea'ö'aL). 
In  CCCXXI  c,  das  ich  nebst  den  anderen  Londoner  Texten  im 
Sommer  1895  mit  Kenyon's  freundlicher  Erlaubnis  kennen  lernte, 
wird  dieser  Zeitraum  ausdrücklich  als  TYjV  xaX(ou|JL£vr;v)  7r£V^(yj|i£piav) 
bezeichnet.  Aehnlich  in  den  anderen. i)  Kenyon  spricht  daher  mit 
Recht  von  the  statutary  five  days.  Danach  bestand  also  die  Ver- 
pflichtung, fünf  Tage  lang  in  jedem  Jahre  an  den  öffentlichen 
Dammarbeiten  teilzunehmen.  Eigenartig  ist  der  Zusatz  „Iti'  dya^w 
2j07wV07caiou",  der  sich  in  mehreren  Quittungen  aus  dem  Dorf 
SoxvoTüaiou  X-^ao^  findet. 2)  Wenn  die  Dammarbeiten  „zum  Besten 
des  Soknopaios"  ausgeführt  werden,  so  handelt  es  sich  hier  wohl 
um  Liturgieen  oder  Frohndienste,  die  nicht  die  Regierung,  sondern 
die  Tempelverwaltung,  die  Priesterschaft  des  Soknopaios,  des  Haupt- 
gottes des  Dorfes,  aufzulegen  berechtigt  war.    Daneben  giebt  es 


Kpovcwvo?,  wo  'Isps'jc  ohne  Zweifel  Eigename  ist.  Also  kann  auch  dort  gelesen 
werden:   Kpoviwvog  'Ispswg. 

^)  In  BGU  593,  4  fand  ich  die  TisvO-r^ijLspta  in  der  Schreibung  ey]  wieder. 
Ebenso  in  Pap.  Lond.  CCCXXI  a.  Ich  vermute,  dass  diese  Schreibung  auch  in 
den  Grenfell'schen  Texten  vorkommt,  z.  B.  in  b  und  c  statt  £vx(  ).  Doch  habe 
ich  keine  Facsimilia. 

2)  Auch  in  den  Grenfell'schen  Texten  ist  sti'  aYa'9-(w)  zu  lesen  statt 
'EuayaO-C  ),  womit  ich  nichts  anzufangen  weiss.    Vgl.  b  und  c. 


§136.    DAS  FÜNFTAGEWERK. 


339 


andere  Beispiele,  die  uns  zeigen,  dass  auch  die  kaiserliche  Regierung 
die  Bewohner  Aegyptens  in  gleicher  "Weise  zu  fünftägigen  Frohn- 
arbeiten  herangezogen  hat.  'Vgl.  z.  B.  bei  Grenf.  d  und  g.  Es  ist 
bisher  noch  nicht  bemerkt  worden,  dass  diese  selbe  7:£V'9'yj{X£p''a,  wenn 
auch  nicht  dem  Namen  nach,  so  doch  thatsächlich  in  jener  berühmten 
Charta  Borgiana  vorliegt,  die  vor  mehr  als  hundert  Jahren  als  erstes 
Beispiel  einer  cursiven  griechischen  Urkunde  bekannt  wurde.  ^)  Der 
treffliche  Herausgeber,  Xicolaus  Schow,  hat  richtig  erkannt,  dass  diese 
Urkunde  Listen  von  Personen  enthält,  die  an  gewissen  Erdarbeiten 
im  Gebiet  von  Ptolemais  Hormos  im  Faijüm  thätig  gewesen  sind.  2) 
Dass  die  Urkunde  aus  dem  Jahre  191  stammt,  habe  ich  früher 
nachgewiesen.^)  Schow  Hess  aber  die  Frage  noch  offen  (p.  XXX  sq.), 
utrum  sponte  an  mercede  aut  lege  quadam  ohstridi  haecce  opera  per- 
fecerint  Ich  glaube  diese  Frage  jetzt  beantworten  zu  können. 
Die  folgenden  Lesungen,  die  von  der  editio  princeps  z.  Th.  abweichen, 
habe  ich  mit  Hilfe  einer  dem  Berliner  königlichen  Museum  ge- 
hörigen, leider  in  sehr  kleinem  Massstabe  angefertigten  Photographie 
gewonnen.  Eine  nochmalige  Edition  dieser  historischen  Urkunde 
würde  nicht  ohne  Interesse  sein.  Wir  haben  uns  hier  an  die  Ueber- 
schriften  der  Listen  zu  halten.    Die  erste  lautet: 

I  1  ff,  Kax'  avSpa  twv  dTiepYaaajisvwv 

ilc,  xa  )(ü)|jLaTLxd  Ipya  T£7:Xuv£ü)(?)  (?) 
■  Xa^  M£)(£lp  l  ziitc,  ih  nToX£|Jiat6(o;)  ''Op(JL(o'j) 
dv5(pü)v)  pTia,  0)7  TO  xaT'  dv5(pa). 


^)  Charta  papyracea  graece  scripta  Älusei  Borgiani  Velitris,  edita  a  Nicoiao 
Schow.  Rom  1788. 

^)  Ich  habe  vor  Jahren  in  meiner  Dissertation  (Observationes  ad  bist, 
Aeg.  p.  5  A.  1)  die  Vermutung  ausgesprochen,  dass  auch  die  Charta  Borgiana 
wie  die  neuen  Faijümfunde  aus  dem  Archiv  der  Hauptstadt  Arsinoe  stamme. 
Nachdem  die  letzten  Jahre  uns  mit  den  Archiven  der  Dörfer  bekannt  gemacht 
haben  —  ich  erinnere  nur  an  Kapavi^  und  2oxvo7:atoi)  N-^aog,  —  liegt  kein 
Grund  mehr  vor,  speziell  Arsinoe  für  den  Fundort  der  Charta  Borgiana  zu  halten. 
Vielmehr  ist  es  wahrscheinlicher,  dass  sie  auf  dem  Boden  der  alten  IlxoXejiatg 
"OpjJLOg  gefunden  ist.  Daran  ist  aber  jedenfalls  festzuhalten,  dass  sie  nicht  aus 
Gizeh  stammt,  wie  die  Araber  behaupteten. 

3)  Zeitschr.  Aeg.  Sprach.  1883.  S.  163  A.  1.  Vgl.  Observat.  ad  bist.  Aeg. 
p.  52.  Trotzdem  halten  Härtel  (Griech.  Pap.  Erz.  Rain.  1886  S.  11)  und  Watten- 
bach (Anleitung  z.  griech.  Palaeogr.  3.  Aufl.  1895  S.  44)  daran  fest,  dass  sie 
aus  dem  III.  Jahrb.  n.  Chr.  stamme. 

22* 


340 


lY.  KAPITEL. 


Diese  181  Männer,  deren  Namen  im  Folgenden  genannt  werden, 
haben  also  vom  10. — 14.  Mechir,  d.  h.  fünf  Tage  lang  an  den  ge- 
nannten Dammarbeiten  gearbeitet. 

Die  nächste  Ueberschrift  lautet: 

VII  2  f.  '0|JLo[w?  aTio  lä  £0)^  ü 

Die  69  Männer,  die  an  dem  Kanal  Phogemis  gearbeitet  haben, 
sind  wiederum  5  Tage,  vom  11. — 15.  (seil.  Mechir)  thätig  gewesen. 

IX  8f  Oajxevo)^  P  sw?  hithpuyioqY) 

XII  16  f.  OapiJLOÖ^L   £  £Ü)?  ^ 

avo(p£(;)  Xe. 

Für  die  Lesung  der  Fragmente  stand  mir  keine  Photographie 
zur  Seite.  Doch  erkennt  man  auch  hier  in  fr.  IV:  T]*/]  £0)?  xp 
avSCpeö  5. 

Aus  dieser  Uebersicht  ergiebt  sich,  dass  die  sämmtlichen  Männer, 
die  in  der  Charta  Borgiana  aufgeführt  werden,  sei  es  an  den  Dämmen 
oder  an  den  Kanälen  immer  fünf  Tage  gearbeitet  haben.  Auch 
hier  finden  wir  also  jene  7t£V^rj[JL£pLa,  die  die  Papyrusquittungen 
erwähnen,  und  es  ist  wohl  kein  Zweifel,  dass  wir  es  auch  hier  mit 
einer  XEtTOupyta  zu  thun  haben.  Die  Frage  ist  nur  noch,  ob  auch 
diese  im  Interesse  eines  Tempels  resp.  eines  Gottes  zu  leisten  war. 
Ausschlaggebend  sind  für  uns  die  Subscriptionen  der  Listen,  im 
Besonderen  IX  7  und  XII  15.    Schow  las  hier: 

AüxaTTOpo^j  iq  laih.  xaxaa  .  .  . 
und   übersetzte   dies:    Diicattore,   sacerclote  Isidis,   operum  redore. 
Das  würde  allerdings  wieder  auf  die  Tempelverwaltung  hinweisen. 
In  Wirklichkeit  glaube  ich  aber  auf  der  Photographie  Folgendes 
zu  erkennen: 

hl  Kaaxopo^  zm"^  x(x.zo(.c5^, 
und  das  würde  heissen:  8c(a)  Kaaxopo?  £7rLT(yjpy]T0u)  xaTaa7r(opa?). 
Danach  sind  die  Listen  von  einem  iizizr^prizfic,  xazocGTiopotQ,  also  dem 
Aufseher  über  das  Aussäen,  dem  Saatinspector,  geführt  worden,  und 


^)  Das  Wort  d'.wpuyog  scheint  nachträglich  hinzugefügt  zu  sein.  Daher 
auch  nicht  Stcbpuxog,  wie  vorher. 


§136.    DIE  CHARTA  BORGIAXA. 


341 


dieser  bisher  unbekannte  Titel  bezeichnet  gewiss  eine  staatliche  Be- 
hörde. Wenn  ich  nicht  irre,  ist  von  einem  solchen  ^7Zlzr^pr^vr^c,  auch 
die  interessante  Urkunde  BGU  12  verfasst,  ein  amtlicher  Bericht 
über  eine  Inspectionsreise  durch  das  Faijüm,  in  dem  es  sich  besonders 
um  die  Erdarbeiten  (epy^)  Dämmen  [und  Kanälen]  handelt, 

Diese  Saatinspectoren  hatten  also  die  Aufgabe,  für  die  rechtzeitige 
Herstellung  resp.  Instandhaltung  der  die  Xilüberschwemmung  regu- 
lirenden  und  daher  die  Saat  beschützenden  Dämme  und  Kanäle  zu 
sorgen.  Sie  sind  es  auch,  die  die  Bevölkerung  zu  dieser  Liturgie 
der  7:cv07j[i£pia  heranziehen  und  die  nötigen  Listen  aufstellen.-) 

Ohne  auf  interessante  Fragen,  die  sich  hieran  anknüpfen,  weiter 
eingehen  zu  können,  will  ich  hier  nur  noch  hervorheben,  dass  nach 
den  Listen  der  Charta  Borgiana  alle  L'nterthanen  ohne  Unterschied 
(natürlich  ausser  den  Alexandrinern  und  sonstigen  Privilegirten)  in 
den  verschiedensten  Berufsständen  herangezogen  wurden.  Da  finden 
wir  unter  den  Arbeitern  Eseltreiber,  Gemüsehändler,  Weber  (Y£p5'.o?), 
Rinderhirten,  Verwalter  (Scaxtüv),  Maschinisten,  Töpfer,  Drescher 
(das  wird  |5aß5:aTyi?  bedeuten,  vgl.  LXX  Judd.  6,  11,  Ruth  2,  17), 
Walker,  Maler  (?  ypa^su?),  auch  zahlreiche  Sklaven  (ooöXol),  deren 
Herren  genannt  sind.  Auch  die  Barbiere  müssen  das  Messer  bei 
Seite  legen  und  zu  Hacke  und  Spaten  greifen. 

Kehren  wir  noch  einmal  zu  unseren  Ostraka  zurück',  so  müssen 
wir  constatiren,  dass  während  in  den  Faijümer  Quittungen  die  Arbeit 
einer  bestimmten  Zeit  (fiinf  Tage)  bezeugt  wird,  in  unseren  Ostraka 


*)  Ich  möchte  jetzt  in  Z.  14/5  ergänzen:  ne":p(Dv{q)  xw  Ti[po  i\Lcu]  [ysvoiJ.]- 
dvq)  e7i'.[TYjprj]x^  (statt  B^z•.[\^£Ar^Txr,).  Danach  ist  der  Verfasser  des  Berichtes 
selbst  ein  szi-r^pr^Tr^;.  Er  macht  die  Inspectionsi-eise  zusammen  mit  einem  Stra- 
tegen u.  A.  dxoXo'j9-:ü)g  TOig]  stzl^o^zVc:]  uzö  xwv  ixizzou  xötiou  xaxa- 
o[icopeü?] övTtov  xal  xo>p.aTe7:i|i£Xr,xtov  —  ^oyo-?.  Auch  nachher  ist  in  Z.  19 
wieder  von  den  xaxaaTTopsis  die  Rede.  So  tritt  uns  auch  in  diesem  Papyrus 
ein  Zusammenhang  zwischen  der  Deichverwaltung  und  der  xaxaoTiopd  entgegen. 
Es  ist  mir  danach  in  der  That  sehr  wahrscheinlich,  dass  auch  der  Verfasser  des 
Papyrus  den  Titel  STr'.xr^pr^xTjg  xaxaa7:opa;  führte. 

Auch  BGU  618  vom  Jahre  213/4  n.  Chr.  enthält  eine  Liste  von  Per- 
sonen, die  zu  den  Dammarbeiten  herangezogen  werden  sollen:  xax'  äv5pa  xwv 
6[<p]i,X6vx(Dv  SYpäaaaO-a'.  xa  xw|Jiax'.xä  £p[y]a  xou  Ivsoxwxog  xßk  Die  4  auf- 
geführten Personen  werden  als  inöX^oyo'.)  XaoYp(aT^^P-£''0-)  bezeichnet.  Vgl. 
zu  diesen  oben  S.  254.  Die  vorliegende  Liste  ist  von  einem  Dorfschreiber  ein- 
gereicht.   Diese  Lokalbehörden  mussten  natürlich  jene  iTCixr^pr^xai  unterstützen. 


342 


IV.  KAPITEL. 


vielmehr  über  das  Arbeitspeosura ,  nach  Naubien  berechnet,  quittirt 
wird.  Ich  muss  es  dahingestellt  sein  lassen,  ob  wir  es  hier  nur 
mit  formalen,  oder  auch  mit  sachlichen  Verschiedenheiten  zu  thun 
haben.  Die  Frage  aber,  die  ich  oben  betrefls  der  Geldzahlungen 
UTcep  )(a)[Jiaxti)V  aufwarf,  wage  ich  auch  jetzt  nach  diesem  Ueberblick 
über  die  Frohnarbeiten  nicht  mit  Sicherheit  zu  beantworten.  Mög- 
lich, dass  jene  Geldzahlungen  als  Ablösung  von  den  Frohnarbeiten, 
also  gewissermassen  als  adaerationes  aufzufassen  sind  (vgl.  oben 
S.  263).  In  diesem  Falle  wäre  W'ohl  anzunehmen,  dass  die  6  Drachmen 
4  Obolen  in  jener  Periode  genügten,  um  dafür  einen  Lohnarbeiter 
als  Stellvertreter  anzustellen.  Vorausgesetzt,  dass  auch  in  Theben 
fünf  Tage  hindurch  zu  arbeiten  war,  so  würde  das  einen  Tageslohn 
von  1  Drachme  2  Obolen  für  den  Erdarbeiter  ergeben,  was  zu  den 
Lohnsätzen  des  Wirtschaftsbuches  von  Hermupolis  vom  Jahre  78/9 
n.  Chr.  nicht  schlecht  passen  würde. Andrerseits  ist  aber  die 
Möglichkeit  offen  zu  lassen,  dass  die  Unterthanen  ausser  den  Frohn- 
arbeiten auch  noch  jene  kopfsteuerartig  aufgelegte  „Dammsteuer"  zu 
zahlen  hatten. 

§  137.  Eis  ^^v  zf^^  <hvy]q  X6yov. 

In  1495  (aus  dem  II.  Jahrh.  vor  Chr.)  wird  einem  Manne  quittirt, 
dass  er  de,  tov  zfiq  wvYj?  Xoyov  ocnb  Bwux  ew?  'A-ö-up  )(a(Xxoö) 
gezahlt  habe.  Die  (hvy]  wird  hier  wie  so  häufig  die  Steuerpacht 
bedeuten,  und  jener  Passus  wird  nur  besagen,  dass  der  Adressat  auf 
Rechnung  der  von  den  Schreibern  gepachteten  Abgabe  1500  Kupfer- 
drachmen gezahlt  habe. 

§  138.  TTisp  d)VLWv. 

Die  tbvioc  (Kauf\varen)  begegnen  in  unseren  Texten  in  sehr 
verschiedenen  Verbindungen  ,  die  wir  hier  nach  einander  besprechen 
wollen,  ohne  damit  zu  sagen,  dass  in  allen  eine  und  dieselbe  Abgabe 
gemeint  sei. 

^)  Jedenfalls  sind  die  Löhne  hier  nicht  höher,  und  darauf  kommt  es  an. 
Vgl.  z.  B.  Z.  45  :  xw9opo(öai,)  sie,  auxö  spY(ocxat,g)  Yj  xU[i7]t;)  f  §ü)g  [leaYjp-ßpiaCs). 
Diese  Arbeiter  bekommen  bis  zum  Mittag  jeder  3  Obolen.  Danach  würde  der 
volle  Tageslohn  für  derartige  Arbeiten  1  Drachme  betragen. 


§  136  —  138. 


343 


a.  nevxYjy.oaTTj  wvlwv. 

Für  Theben  belegt  durch  1056,  1076. 

Der  Steuererheber  in  1056  nennt  sich  T£X(a)vrj^)  v  (=7:£v- 
TT/XoaTf^c)  (i)v:((i)v)  67:oT£X(ö)v)  Tcö  IIcpl  Sr^^o^q.  Danach  habe  ich 
1076  ergänzt.  Die  Abgabe  wird  also  als  „-^\  von  den  steuerbaren 
Kaufwaren  des  Perithebischen  Gaues"  bezeichnet.  Die  Texte  lassen 
keinen  Zweifel  darüber,  dass  diese  Abgabe  von  demjenigen  zu  zahlen 
war,  der  eine  solche  „steuerbare"  Ware  käuflich  erworben  hatte.  So 
heisst  es  in  1056:  ....  8  YjYGpaz(a)5  Tiapd  Wevfiwv^O'j.  Aehnlich 
in  1076,  wo  es  sich  um  einen  Holzankauf  handelt.  Wir  haben 
hier  also  deutlich  eine  „Kaufsteuer"  vor  uns,  die  zu  den  Yerkehrs- 
steuem  zu  zählen  ist.  Der  Kauf  als  solcher  wird  besteuert.  Xicht 
auf  allen  Waren  scheint  eine  solche  Abgabe  zu  lasten.  Denn  in 
1056  werden  im  Titel  ausdrücklich  die  wv.a  utigtcAY]  hervorgehoben. 

Ich  lasse  dahingestellt,  ob  und  in  wie  weit  diese  TuevTr^y.oang 
sich  mit  jenem  in  §  1  behandelten  zeXoc,  dyopavcixi'a^  berührt.  Der 
Ausdruck  TeXCövai)  dYOp(avo)ji(ta(;)  wvlwv  in  1419  bildet  die  Brücke. 
Ueber  das  Verhältnis  dieser  7:£VT7]xoaTT]  zu  dem  lyx'jxX'.ov  vgl.  oben 
S.  182  f 

Ich  habe  diese  Tcevryjxoaxi^  vorangestellt,  weil  über  ihre  Be- 
deutung dank  der  Ausführlichkeit  der  Texte  kein  Zweifel  sein  kann. 
Ich  wende  mich  nun  zu  den  anderen  Urkunden  über  wv:a.  die 
weniger  klar  sind. 

b.  'jTiep  (bvitov.    Vgl.  562. 

c.  U7:£p  [jL£p:a{jLoO  wv'odv.    Vgl.  560,  1445.    P.  4469. 

d.  (dTzai'ajTal)  |i£p'.a|Jio'j  ziXo'jc,  wvi'tov.  Vgl.  553,  588,  589, 
597,  607,  608,  611,  1439. 

Die  Urkunden  unterscheiden  sich  von  den  unter  a  behandelten 
vor  allem  darin,  dass  hier  nicht  auf  einen  bestimmten  einzelnen 
Kaufact  Bezug  genommen  wird,  sondern  vielmehr  eine  Abgabe  für 
das  ganze  Jahr  erhoben  wird.  So  heisst  es  in  562:  UTiEp  wvi'wv 
iQ^  und  ähnlich  in  den  anderen.  Danach  möchte  man  annehmen, 
dass  diese  Abgabe  solche  Personen  betrifft,  die  das  ganze  Jahr  hin- 
durch mit  wvux  zu  schaffen  haben,  also  Händler,  Kaufleute.  Ist 
vielleicht  an  ein  Standgeld  für  ihren  Platz  auf  dem  Markt  zu 
denken?  Der  Ausdruck  [i£p'.a[i6?  legt  nach  §  75  den  Gedanken 
nahe,  dass  diese  Abgabe  kopfsteuerartig  auf  die  Betreffenden  ver- 
teilt   war.      In    der    That    finden    sich    dieselben    Summen  für 


344 


IV.  KAPITEL. 


verschiedene  Personen  in  560  und  562  für  132/3  und  in  588  und 
589  für  137/8  belegt. 

Ganz  unklar  sind  mir  die  folgenden  Verbindungen: 

e.  (dTiaiTTjTal)  [ji£pLa{Jioö  wvtwv  lvX£L[x[jLaTO^  teXcovlxoö.  Vgl.  558. 

f.  UTiep  |Ji£pca[xoü  ivXd\L\io(.Toq  tsXwvcxoö  (oder  ebenso  im  Titel 
der  aTiaiTYjTal).  Vgl.  568,  590,  596,  643,  646,  1249,  1250, 
1438,  1442. 

g.  (dTraLxr^Tal)  (ji£pia(jLOö  TCEVTTjxCoax'^?).    Vgl.  1329. 

In  e  tritt  zu  dem  Vorigen  der  Ausdruck  £vX£CjJi[iaT05  teXwvixoö 
hinzu.  Ich  weiss  diesen  nicht  anders  als  mit  „Zollrückstand"  zu 
übersetzen.  Aber  was  soll  das  in  diesem  Zusammenhang?  Wenn 
wir  nicht  558  (e)  hätten,  würden  wir  garnicht  merken,  dass  die 
unter  f  genannten  Urkunden  sich  auch  auf  die  wvia  beziehen.  Die 
TTEVTYjxoaTyj  in  1329  (g)  stelle  ich  deshalb  hierher,  weil  dieselbe 
Erheberfirma,  die  sich  hier  als  'AaxXa?  xal  [iizoyoi  aTztxizirizod) 
Ti£(v)Ty]x(oaT'^0  yS  iiennt,  in  596  für  dasselbe  Jahr  als  'AaxXa? 
xal  {jL£TO)(oc  d7ratT(y]Tal)  |JL£pca[Xo(ö)  ivliiiazo^q)  T£XtovLx(oö)  auftritt. 


Ehe  ich  zur  Klassificirung  der  aus  den  Ostraka  gewonnenen 
Abgaben  übergehe,  möchte  ich  kurz  zusammenstellen,  was  mir  in 
der  sonstigen  Tradition,  in  Klassikern,  Inschriften  und  Papyri  an 
Steuern,  die  in  Aegypten  erhoben  sind,  begegnet  ist.  Ich  fürchte, 
dass  trotz  eifrigen  Bemühens  mir  noch  manche  Notiz  entgangen  sein 
wird,  da  das  Material  kaum  zu  überblicken  ist.  Ich  beschränke 
mich  im  Folgenden  auf  eine  kurze  Mitteilung  des  Nötigsten. 
Abgaben,  die  im  Vorhergehenden  zur  Erklärung  herangezogen  sind, 
werden  der  Uebersicht  wegen  hier  noch  einmal  innerhalb  der  alpha- 
betischen Folge  angeführt.  Zur  Vereinfachung  der  Citate  fahre  ich 
mit  der  Zählung  der  Paragraphen  fort. 

§  139.  'AvinnioLq. 

Vgl.  Petr.  Pap.  (II)  XXXIX  e  (III.  Jahrh.  vor  Chr.). 

Der  Herausgeber  Mahaflfy  bezeichnet  es  mit  Recht  als  very 
hold,    diese  Abgabe   dahin  zu   deuten,   dass   sie   gezahlt  sei  for 


§  138  —  140. 


345 


having  no  horse.  Diese  Deutung  wird  sogar  geradezu  ausge- 
schlossen dadurch,  dass  in  einem  Falle  ein  und  derselbe  Mann 
für  die  aviTiTita  und  für  den  (popoc,  imzm,  die  Pferdesteuer,  zahlt 
(vgl.  fr.  5,  2  und  6,  4).  Dieser  ist  also  Besitzer  von  Pferden 
(vgl.  §  173).  Da  man  mit  der  Bedeutung  (Xv:7:7io?=  „unberitten, 
ohne  Pferd"  nicht  weiter  kommt,  liegt  es  nahe,  die  av:7:7;'!a  nicht 
auf  den  Steuerzahler,  sondern  auf  den  Boden  zu  beziehen,  wie  es 
Herodot  II  108  thut:  „AlyuTcTO^  loöaa  r^zbiocc,  Tiaaa  aviTCTio?  xal 
dvajia^euTo?  yeYOve".  Man  könnte  dviTZTita  hiernach  etwa  als  „Unweg- 
samkeit, Unbrauchbarkeit  (des  Terrains  für  Cavallerie)"  fassen,  und 
wenn  hierfür  eine  Steuer  erhoben  wird,  so  könnte  man  denken,  dass  sie 
dafür  gezahlt  würde,  dass  die  Regierung  diese  dvLTiTii'a  beseitigt  oder 
mildert.  Freilich  würde  man  bei  dieser  Sachlage  erwarten,  dass 
die  positive  Leistung  der  Regierung,  nicht  diese  negative  Eigen- 
tümlichkeit des  Terrains  bei  Bezeichnung  der  Steuer  hevorgehoben 
würde.    Vielleicht  klärt  uns  w^eiteres  Material  einmal  darüber  auf. 

Die  Steuer  wird  in  Getreide  gezahlt.  Die  Zahler  der  vor- 
liegenden Urkunde  sind  hellenische  Militärcolonisten  des  Faijüm. 

§  140.  a-OLpyji. 

Das  mehrdeutige  Wort  dTrap^V)  begegnet  im  Pap.  Tur.  I  7, 
10  (II.  Jahrh.  vor  Chr.)  im  speziellen  Sinne  von  „Erbschaftssteuer", 
wie  schon  A.  Peyron  (S.  164f)  richtig  erkannt  hat. 2)  Vgl.  auch 
Lumbroso,  Recherches  S.  307  f,  der  wohl  nicht  mit  Unrecht  vermutet, 
dass  diese  ptolemäische  Erbschaftssteuer  auf  die  Einführung  der 
römischen  durch  Augustus  nicht  ohne  Einfluss  gewesen  sei.  Zur 
letzteren  vgl.  unten  §  157. 

Der  Ausdruck  6LuOLpyi\  giebt  die  Vorstellung  an  die  Hand,  dass 
von  der  Erbschaft  ein  Teil  für  den  König  vorweggenommen  wurde. 

Die  alte  Bedeutung  der  Ehrenspende  für  die  Gottheit  hat  sich  bis  in 
die  christliche  Welt  erhalten.  Vgl.  Berliner  Papyrus  P.  2701:  u(7i^p)  a!7t]apx(>)g) 
xfj(g)  aOx(f^g)  (5:Y£(as)  ex[xXr<a(as,  wo  es  sich  um  Weinlieferungen  handelt.  — 
Für  die  frühere  Zeit  vgl.  auch  BGU  30. 

^)  Die  Stelle  lautet:  Tov  aOxöv  5i  xpöiiov  xal  xaxa  xou^  TtoX'.xixoOg  vönou; 
xal  xa  clYjCflaiiaxa  xäg  auxa^  i-n'Zzilt'.Q  7io'.rjOd[jievov  xal  xaga|Aevov  xy;v  d7iapxr,v 
xXr,povoiJiiav  d-oypa'laoO-ai  Yj  dTioxcveiv  aOxdv  5pax|J.äs  |Jiup£aj  xal  dg  dv  Tiot- 
r<aY)xa'.  olxovo'i''as  dxupou^  eivai  xal  {jir,  l^eiva*.  £7:1  xd  xwv  xexeÄEuxTjXÖxcüv 
iTC'.Tcopeüeod-a'.. 


346 


lY.  KAPITEL. 


Wie  gross  dieser  Teil  gewesen  ist,  erfahren  wir  nicht.  Der 
Turiner  Text  lehrt  aber,  dass  dieser  ptolemäischen  Erbschaftssteuer 
auch  die  Söhne  bei  Antritt  eines  väterlichen  Erbteils  unterworfen 
waren,  während  von  der  römischen  vicesima  bekanntlich  die  Tiavu 
a\jyyey€lq  befreit  waren.  Ausserdem  lernen  wir,  dass  für  die  Erben 
die  Verpflichtung  bestand,  die  Erbschaft  zu  deklariren  (vgl.  Kap.V), 
widrigenfalls  sie  eine  hohe  Strafsumme  zu  zahlen  hatten  und  das 
Erbe  nicht  antreten  durften, 

Neue  Funde  werden  uns  hoffentlich  darüber  Aufschluss  geben, 
ob  alle  Bevölkerungsklassen  in  derselben  Weise  dieser  Erbschafts- 
steuer unterworfen  waren.  Der  Hermias,  der  im  Turiner  Papyrus 
mit  ihr  in  Verbindung  gebracht  wird,  ist  ein  Grieche.  Es  ist  an- 
zunehmen, dass,  als  unter  Augustus  die  in  Aegypten  lebenden  Römer 
der  römischen  Erbschaftssteuer  unterworfen  wurden,  die  Provincialen 
nach  wie  vor  zur  dcnocpyri  herangezogen  wurden.  Der  Papyrus 
BGU  340  (vom  J.  148/9  n.  Chr.),  der  leider  wegen  seiner  entsetzlichen 
Orthographie  schwer  verständlich  ist,  spricht  von  Abgaben,  die  von 
den  TsXwvat  „für  die  Erbschaft"  (uTzep  xXr^povoiiifxq)  eingezogen 
werden.  Die  Zahlerin,  die  ToYjSou^  ^^?9[-  •  heisst,  ist  jedenfalls 
keine  Römerin,  wenn  sie  auch  von  einem  Römer,  Julius  Chaeremo- 
nianus,  erbt;  also  ist  hier  nicht  von  der  römischen  vicesima,  sondern 
von  der  provincialen  Erbschaftssteuer  die  Rede.  Wenn  hier,  wie 
ich  glauben  möchte,  die  Steuer  selbst  mit  den  Worten  bizep  xeXwv 
xaTaXo)([£L]a[i<(ü))>v  bezeichnet  wird,  2)  wobei  y.(xz(xXoy^LG[s.6q  die  Ein- 
tragung des  Namens  in  die  Bücher  etc.  bedeuten  mag,  so  würde 
sich  ftir  diese  aegyptische  Erbschaftssteuer  die  Auffassung  ergeben, 
dass  sie  eben  für  diese  Uebertragung  der  Bücher  und  die  damit 
verbundenen  Mühen  und  Unkosten  erhoben  wurde.  Damit  würde 
sie  den  Charakter  einer  Gebühr  erhalten,  die  ihr  auch  die  modernen 
Systematiker  zuweisen.  Doch  ich  gebe  diese  Vermutungen  nur  mit 
Vorbehalt,  da  BGU  340,  wie  gesagt,  eine  unsichere  Grundlage  bietet. 


Ob  die  10  000  Drachmen,  die  der  Papyrus  als  Strafsumme  nennt,  die 
für  den  speziellen  Fall  berechnete  Summe  oder  eine  allgemeingültige  fixe  Summe 
darstellt,  oder  ob  endlich  mit  den  Spax|JLal  |JLUpia'.  ganz  allgemein  eine  sehr  hohe 
Summe  bezeichnet  sein  soll,  lässt  sich  nicht  mit  Sicherheit  ausmachen.  Vgl. 
Lumbroso  S.  309  f. 

^)  Der  Papyrus  hat  "xaTaXox[£t'](3tiov ,  wofür  der  Herausgeber  Krebs  xaxa- 
XoytotAÖv  zu  lesen  vorschlägt  —  mit  Unrecht,  wie  mir  scheint.    Ebenso  Z.  10. 


§  140.    ERBSCHAFTSSTEUER.    §  141.    GELEITGELD.  347 


§  141.  To  dTToaToXtov. 

Von  dieser  Abgabe  handelt  der  merkwürdige  Tarif  von  Koptos, 
der  soeben  von  D.  G.  Hogarth  herausgegeben  worden  ist.^)  Ich 
verweise  im  Allgemeinen  auf  seinen  scharfsinnigen  Commentar.  Der 
Stein  von  Koptos,  dessen  Inschrift  auf  Befehl  des  L.  Antistius 
Asiaticus,  des  praefectus  Berenices  im  J.  90  n.  Chr.  eingemeisselt 
worden  ist,  wurde  gefunden  halfway  hetween  Coptos  and  the  desei-t 
at  the  reinains  of  a  guard-house  (?)  on  the  road  across  the  piain. 
Wahrscheinlich  war  hier  die  Grenze  des  Stadtgebietes.  Die  In- 
schrift giebt  einen  Auszug  aus  dem  Tarif  (yvwjJKöv),-)  der  die 
Erhebung  des  a7:o(rc6X:ov  regelte.  Im  Grossen  und  Ganzen  scheint 
mir  Hogarth  das  Richtige  getroffen  zu  haben,  wenn  er  hierin  eine 
Abgabe  sieht,  die  für  die  Benutzung  der  von  Koptos  nach  Berenike 
am  Roten  Meer  führenden  Wüstenstrasse  und  für  das  Geleit,  das  die 
Regierung  den  Reisenden  dort  gewährte,  gezahlt  wurde.  Ich  komme 
zu  demselben  Resultat,  indem  ich  von  einer  noch  genaueren  Ety- 
mologie des  uns  sonst  unbekannten  Wortes  ausgehe.  Hogarth  sagt 
S.  30:  its  etymology  siiggests  that  it  hos  reference  to  an  a7i6GZü).o<s\ 
something  despatsched  und  bald  darauf  aTioatbhov  must  mean  something 
like  a  posting  Service.     So   richtig  die  von   ihm  herangezogenen 


^)  Vgl.  Flinders  Petrie,  Koptos,  1896.  S.  27  flf.  Die  Publieation  von 
Jouquet  im  Bullet,  d.  Corr.  hell.  1896  habe  ich  noch  nicht  gesehen.  Der  Text 

lautet  nach  Hogarth:  (1)  'E5  ETTi-ay^s  (2)  "Oaa  Sei  xo'jg 

fi'.a9-(i)(3)xas  xou  ev  KÖTixtDi  57to7t=i7iTov-(4)TOg  x^».  dpaßapx^cf  aTcoaxoXiou  Tipaa- 
(5)ae'.v  "xaxa  x(6)v  y'^^l^^v^c  irfiz  1%  (6)  axT^Xr/.  evxsxapaxxa-.  5'.a  Aouv.'O'j  (7) 
'Avx'.oxto'j  ""Aa'.ax'.y.oO  irApym  (8)''Opo'j;  Bspcvsixr,;-  (9)  KußspvVjxou  spuO-pa-xoö 
8pa-(10)xnas  dxxw',-  npiop^wj  5paX[iä;  Ssxa'  (12)  [.  .  .]axou  5pax|ia;  Sexa- 
(13)  [Naj'jxou  ^paXfii;  Tievxs-  (14)  [OejpaTwS'JxoD  vauTOjYoö  öpaxjJL«?  (15)  Trevxs* 
Xs'.poxdxvou  ?pax|JLa5  (16)  öxxcbi*  FuvaLXwv  Ttpog  lxa!,pto-(17)fidv  5paX[iäs 
£xax6v  öxxü)-  (18)  rova'.xöv  slsuXso'jatT.v  5pa-(19)X{iag  eixoa'.-  Fuvaixwv 
axpaxi-(20)ü)xü)v  ?pax|ii;  sIxot.-  (21)  Il'.xxaxio'j  xa^T/Äwv  ößoXdv  Iva-  (22) 
2cf pay-aiioO  Tiixxaxiou  ößoXo'j;  Wo*  (23)  Ilopsiag  EiepxoiaEvr,^  Ixaoxou  (24) 
7tixxax{o'j  xou  dv8pös  dvaßaivov-(25)xog  8paxpiT]v  fJiiav,  yuva'.xwv  (26)  Tcaaöv 
dvdt  8pax|xds  xeaaapa;'  (27)  'Ovou  ößoXooj  Öuo*  'A|idgr^;  sxo0-(28)or<g  xsxpd- 
yiovov  JpaXfJtd^  x^aaaps;*  (29)  'Ioxo'j  5pax|id;  eIxot.*  Kspaxo;  dpa-(30)x|iis 
XEoaapEg'  Tacp^s  dvacp£pO|Jii-(31)vrj$  xal  xaxa^fEpo}i£vrj;  5paX}iY,v  {xj^ij-i  32)av 
XExpcbßoXov.  ("Exou?)  0-  k'izov.p'ixo^o;,  (33)  Kataapo^  [Aofji'.x'.avoD]  ÜEßaoxoi 
[rep|jiav('.xou)l  (34)  naxü)(v)  ts  (=  10  Mai  90  n.  Chr.). 

*)  rvü)|Jiü)v  in  der  Bedeutung  „Tarif"  belegt  durch  Lexic.  rhet.  p.  233,  28. 


348 


ly.  KAPITEL. 


sachlichen  VorstelluDgen  sind,  möchte  ich  doch  betonen,  dass  das  Sub- 
stantivum  tö  anoaioXiov  der  Käme  der  Abgabe,  nicht  der  Abgaben- 
quelle ist.  Vgl.  Z.  2:  Tou;  [xia^wxd^  xoö  Iv  Kotütw  utlOtotitovto?^) 
TY)  dpaßapyja  dTioaToXiou,  womit  die  Abgabenpächter  gemeint  sind. 
To  dTzoaxoX'.ov  ist  also  die  Abgabe  für  die  d^oaToXy),  so  wie  t6  yzi- 
p(iiV(x^ioy  die  für  die  )(£tpa)vaELa,  tö  xaTaytoyLOV  die  für  die  zaTaywYT^, 
das  sx^opLOV  die  für  die  ix^opa.  u.  s.  w.  Es  fragt  sich  nur,  wessen 
„Entsendung"  besteuert  wii'd.  Die  in  dem  Tarif  genannten  Personen, 
wie  der  Steuermann,  der  Schiffer  u.  s.  w.,  können  nicht  gemeint 
sein,  denn  sie  werden  nicht  entsendet,  sondern  ziehen  freiwillig  diese 
Strasse.  Ich  glaube,  OL7:o^ToXri  muss  ein  technisches  Wort  für  die 
„Entsendung"  der  auch  von  Hogarth  angenommenen  Eskorte  gewesen 
sein,  unter  deren  Schutz  die  Reisenden  die  gefährliche  Wüstenstrasse 
zurücklegten.  In  diesem  Sinne  finde  ich  das  Verbum  im  Peripl. 
mar.  Erythr.  p.  19,  wo  es  in  Bezug  auf  AeuxY]  ywWjjtyj  am  Roten 
Meer  heisst:  6:6  %al  sie,  auxYjv  xal  izoLpOLXr^-zr^c,  ty]?  itzoLpzr^c,  xwv 
£:^!^£po|Ji£Vü)V  (^opxLWv  xal  71  apa!f uXaywYj^  X^P^^  £xaT0VTdp)(y]5 
[JL£Td  axpaTEUixaio^  öLTZGöxiXXtzai.  Wir  haben  uns  den  Her- 
gang danach  etwa  folgendermassen  vorzustellen:  die  Regierung  rüstete 
von  Zeit  zu  Zeit  —  wohl  kaum  in  festen  Intervallen,  sondern  so  oft 
Bedürfnis  vorlag  —  militärische  Eskorten  aus.  Wer  unter  ihrem 
Schutze  von  Koptos  nach  Berenike  oder  in  umgekehrter  Richtung 
zog,  hatte  für  diese  ccTZOGZoXr]  ein  „Geleitgeld",  wie  man  es  nennen 
könnte,  in  der  von  dem  Tarif  vorgeschriebenen  Höhe  zu  zahlen. 
Man  wird  dies  Geleitgeld  zu  den  Gebühren  zählen,  da  es  als  Gegen- 
leistung für  eine  Mühewaltung  der  Regierung  erhoben  wurde.  Andrer- 
seits ist  nicht  zu  verkennen,  dass  diese  Gebühr  dadurch  einen  zollartigen 
Charakter  gewinnt,  dass  sie  je  nach  dem  Stande  des  Abgabenpflichtigen 
in  verschiedener  Höhe  fixirt  wird,  und  das  ist  vielleicht  das  Merk- 
würdigste an  der  Inschrift.  Während  eine  Hetäre  108  Drachmen 
zu  zahlen  hat,  braucht  ein  Schiffer  nur  5  Drachmen  zu  zahlen. 
Die  Auswahl  der  hier  genannten  Stände  ist  in  ihrer  Beschränkung 
sehr  auffallend.    Was  zahlten  z.  B.  die  zahlreichen  Handelsleute, 

Der  Ausdruck  besagt,  dass  diese  Steuer  dem  Arabarehen  unterstand. 
TTioTiiTixsiv  steht  hier  synonym  dem  häufigeren  unoxstoO-ai.  Vgl.  Pap.  Paris. 
17,  12:  |i'.a8-ü)x>]g  eiSoug  sy^ux^tou  y.al  'j;:oxs!,|j.svü)v  ßaatJax-fy  ypafxjaaxstcx.  Vgl. 
auch  BGU  337,  9:  •!)7Xo%s!,|a[Evoi)  %]ü)fjLOYpa|i|aax(£La),  Z.  18:  uTioxeiiasvou  sTitaxpa- 
XY3[Yiqc]. 


§141.    DAS  APOSTOLION.  349 


die  ihre  Waren  diesen  Weg  führten?  Das  d-oaToXiov  kann  un- 
möglich auf  die  wenigen  hier  genannten  Klassen  beschränkt  gewesen 
•  sein.  Nur  Schiffspersonal  und  Weiber  werden  aufgeführt.  Ich  möchte 
daher  vermuten,  dass  der  yvtOfKOV  (Z.  5)  sehr  viel  reichere  Bestim- 
mungen gehabt  hat,  dass  also  die  Inschrift  von  Koptos  nur  einen 
aus  uns  unbekannten  Verhältnissen  gebotenen  Ausschnitt  aus  dem- 
selben darstellt. 

Der  vorliegende  Auszug  giebt  speziell  an,  was  man  in  Koptos, 
nicht  was  man  event.  in  Berenike  zu  zahlen  hatte  (vgl.  Z.  3:  Tou 
EV  KoTZTW-aTToaToXLOi)).  Hogarth  hat  scharfsinnig  erkannt,  dass 
die  Sätze  bis  Z.  20  bei  der  Ankunft  in  Koptos,  die  späteren  vor 
der  Abreise  von  Koptos  ebendort  zu  entrichten  waren.  Ich  meine, 
dieselben  Gebühren  werden,  vermutlich  in  derselben  Höhe,  auch  in 
Berenike  zu  zahlen  gewesen  sein,  wo  wohl  gleichfalls  ein  entsprechen- 
der Tarif  publicirt  gewesen  sein  mag.  Mit  anderen  Worten,  wer 
von  Koptos  nach  Berenike  zog,  hatte  vorher  in  Koptos  nach  unserem 
Tarif  gemäss  Z.  21  ff.  zu  zahlen,  und  nach  seiner  Ankunft  in  Bere- 
nike gemäss  demjenigen  Teile  des  dortigen  Tarifs,  der  unseren  ersten 
20  Zeilen  entspricht,  und  so  vice  versa.  Schon  hieraus  ergiebt  sich, 
dass  die  beiden  Teile  des  Tarife  verschiedener  Natur  sind.  Nur  in 
dem  ersten  Teil  (bis  Z.  20)  möchte  ich  die  Sätze  des  dTToaioXiov  im 
eigentlichen  Sinne  des  Wortes,  des  Geleitgeldes,  erkennen.  Dagegen 
sehe  ich  in  der  Abgabe,  die  in  dem  zweiten  Teil  spezialisirt  wird, 
vielmehr  ein  Wegegeld,  eine  Gebühr,  die  für  die  Benutzung  der 
von  der  Regierung  in  Ordnung  gehaltenen  und  mit  Cisternen  ver- 
sehenen Wüstenstrasse  erhoben  wurde.  Die  Sätze,  die  hier  für  ein 
Kamel,  einen  Esel,  einen  Wagen  festgesetzt  werden,  können  unmöglich 
etwa  als  Aequivalente  für  die  Benutzung  dieser  Transportmittel  be- 
trachtet werden.  1)  Dafür  sind  sie  viel  zu  gering.  Dass  man  z.  B. 
für  die  Benutzung  eines  Wagens  von  Koptos  bis  Berenike  nur 
4  Drachmen  gezahlt  habe,  ist  ganz  undenkbar.  Wir  kennen  ja  den 
Geldwert  dieser  Zeit  aus  dem  Wirtschaftsbuch  von  Hermupolis  recht 
gut.  Wir  können  daher  in  den  4  Drachmen  nur  das  Wegegeld 
sehen,  das  für  den  Wagen  auf  dieser  Strecke  zu  zahlen  war.  Schwanken 

Ich  bekenne,  aus  Hogarth's  Ausführungen  auf  S.  32  nicht  klar  ver- 
standen zu  haben,  welcher  Meinung  er  in  diesem  Punkte  ist.  Er  spricht  u.  a. 
von  einem  semi-official  transport  Service.  Ich  weiss  nicht,  ob  er  damit  die  oben 
von  mir  zurückgewiesene  Meinung  vertritt. 


350 


IV.  KAPITEL. 


kann  man  nur,  wer  in  den  einzelnen  Fällen  der  Zahlungspflichtige 
ist.  Mir  ist  am  ^Yahrscheinlichsten  die  Annahme,  dass  die  Besitzer 
der  Kamele,  Esel,  Wagen  dieses  Wegegeld  zu  zahlen  hatten.  So 
verstehe  ich  wenigstens  am  besten  die  verwickelte  Bestimmung  über 
die  Kamele.  Danach  würde  also  der  Kamelbesitzer  zunächst  für 
die  Benutzung  der  Strasse  für  jedes  Kamel  ein  Billet  (TiCTiazLOv)  für 
1  Obol  gelöst  haben  (vgl.  unten  §  200),  ferner  für  die  Abstempelung 
dieses  Billetes  noch  2  Obolen,  und  wenn  er  die  Plätze  auf  seinem 
Kamel  an  Reisende  vermietete,  weiter  noch  für  jeden  männlichen 
Passagier  1  Drachme,  für  jeden  weiblichen  4  Drachmen.  Bei  der 
letzteren  Zahlung  könnte  man  freilich  vielleicht  noch  lieber  annehmen 
wollen,  dass  die  Passagiere,  die  den  Platz  gemietet  hatten,  selbst  sie 
als  Wegegeld  gezahlt  hätten.  Bei  der  knappen  Ausdrucksweise  des 
Tarifes  bleibt  hier  eben  manches  unklar.  Doch  soviel  scheint  mir 
sicher,  dass  dieser  zweite  Teil  überhaupt  von  einem  Wegegeld  handelt. 
Wenn  unsere  Inschrift  auch  diese  Abgabe  dem  ocTZOGZo'kiov  subsumirt, 
so  ist  das  allerdings  nicht  ganz  correct,  aber  Geleitgeld  und  Wegegeld 
haben  zu  allen  Zeiten  eng  zusammengehört.  Daher  ist  es  auch 
begreiflich,  dass  ein  und  derselbe  Pächter  beide  übernimmt. 

Nebenbei  sei  hervorgehoben,  dass  diese  Inschrift  die  alte  Streit- 
frage nach  dem  Verhältnis  des  Arabarchen  zum  Alabarchen  endlich 
definitiv  entscheidet.  Nachdem  wir  hier  den  Arabarchen  als  einen 
Steuerbeamten  kennen  lernen,  dem  u.  a.  die  Erhebung  unseres  Wege- 
und  Geleitgeldes  unterstellt  war,  kann  es  wohl  nicht  mehr  zweifel- 
haft sein,  dass  er  mit  dem  gerade  als  Finanzbeamten  uns  bezeugten 
Alabarchen  identisch  ist. 2)  Schürer's  Ansicht  hat  sich  also  als  die 
richtige  erwiesen.  Nur  dürfen  wir  den  Arabarchen  nicht  mit  ihm 
als  „Zollpächter",  sondern  als  Beamten  betrachten.  Unter  den  vor- 
liegenden Zeugnissen  berührt  sich  mit  unserem  Tarif  wohl  am 
nächsten  die  Constitution  des  Gratian,  Valentinian  und  Theodosius 
(Cod.  Theod.  4,  12,  9,  vgl.  Cod.  lust.  4,  61,  9),  die  im  Hinblick  auf 
das  vedigal  alabarchiae  resp.  arabarchiae  von  der  trcmsdiidio  animalium 

^)  Auch  die  Bestimmungen  über  den  Mastbaum,  die  Segelstangen  (xepag) 
und  die  Mumien  lassen  sich  damit  vereinigen. 

^)  Vgl.  zu  der  Frage  Schürer,  Gesch.  d.  jüd.  Volkes  II  S.  540.  Während 
des  Druckes  ging  mir  ein  Aufsatz  ,, Inschrift  aus  Coptos  in  Aegypten  und 
Juvenal",  unterzeichnet  von  M.,  in  der  Beilage  z.  Allg.  Zeitg.  vom  7.  Mai  189  7 
zu,  in  dem  dieselbe  Consequenz  wie  oben  gezogen  wird. 


§  141  —  142. 


351 


spricht,  quae  sine  praebitione  solita  minime  pennittenda  est.  In  dieser 
praehitio  solita  kann  man  unser  dTüoaTÖXcov  wiedererkennen.  Für 
die  Identität  der  beiden  Titel  möchte  ich  auch  Folgendes  hervor- 
heben: in  CIGr.  m  5075  (vgl.  Lepsius,  Denkm.  VI  n.  392,  393) 
tritt  [dpaßapjyo'j  ulo;  resp.  'jlbz  — OLpOi'^^OL^yyj  zu  Personennamen 
hinzu.  In  dem  unpublicirten  Berliner  Ostrakon  P.  8  las  ich  die 
Worte :  dAaßdpy oi)  uloö.  Da  eine  derartige  Erwähnung  des  Standes 
des  Vaters  sonst  sehr  selten  ist,  so  ist  wohl  kein  Zweifel,  dass  in 
beiden  Fällen  derselbe  Rang  bezeichnet  worden  ist. 


§  142.  Tg  dpL^[ir^Tix6v. 

Vgl.  BGU  94,  21;  236,  9;  330,  7;  Pap.  Lond.  CCCLXXX; 
CPR  II,  16  und  die  noch  unpublicirten  Berliner  Papyri  P.  2308 
und  P.  2311,  alle  aus  römischer  Zeit. 

To  dp'.O-iiyjTLXov  wird  man  von  6  OLpi^\i.r{rr^q  („der  Zähler") 
abzuleiten  haben,  wie  etwa  t6  ^uAax'.TLy.cv  von  6  cfu^axiTTjc.  Man 
könnte  dabei  an  die  amtlichen  Zähler  denken,  die  die  ziffermässigen 
Angaben  der  dTTcypa^a''  nachzuzählen  hatten,  wie  z.  B.  die  Zahlen 
des  Viehbestandes  u.  s.  w.  (vgl.  Kapitel  V).  Freilich  ist  hier  meist 
von  lEap'.-ö-iJLelv  die  Rede.  Die  Steuerzahler  der  obigen  Urkunden 
lassen  sich  z.  T.  als  Grundbesitzer  erkennen,  im  Londinensis  und  in 
P.  2311  speziell  als  xdxoLXOi  (dp'.^{iy;T'.7.oO  xaxoLxwv).  Nach  BGU 
236  gehört  das  0Lp'.%'\ir{i'.'A6v  zu  den  Abgaben,  die  auf  dem  Grund 
und  Boden  lasten.  Der  in  Frage  stehende  vXfi^oc,  wird  ausdrücklich 
als  frei  von  dpiO-pLTjTLXOÖ  zal  7:avTÖ?  elSou?  bezeichnet.  Aehnlich 
im  CPR.  Falls  die  obige  Ableitung  des  Wortes  zutreffend  ist,  würden 
wir  eine  Abgabe  darunter  zu  verstehen  haben,  die  dafür  erhoben 
wurde,  dass  die  Regierung  solche  Zähler  zur  Controlle  bestellte.^) 

In  BGU  342  habe  ich  dpcO-([Ar]xtxoö)  xo:(vo'j)  aufzulösen  vor- 
geschlagen. Man  könnte  vielleicht  eher  an  dpLO'([ir^ToO)  xo'.(voO) 
oder  dpiO-C^r^Töv)  xoi(vü)v)  denken.  Das  wäre  eine  Abgabe  „für 
die  Gemeinde-Zähler*',  und  man  könnte  annehmen,  dass  diese  Zähler 
von  der  Gemeinde  Karanis  angestellt  wären.  Doch  Sicherheit  ist 
hier  nicht  zu  erlangen. 


Wessely,  CPR  I  S.  6  übersetzt  es  mit  „Evidenzhaltungssteuer". 


352 


ly.  KAPITEL. 


§  143.  To  jSsßatwTLxov. 
Vgl.  BGU  156,  9,  vom  J.  201  n.  Chr. 

Ein  Soldat,  der  von  der  kaiserlichen  Domaine  einen  Acker 
gekauft  hat,  lässt  durch  seinen  Bankier  dem  kaiserlichen  Oikonomen 
ausser  dem  Kaufpreise  (xLfAig)  und  einem  Zuschlag  von  4^/^  noch 
TO  ßeßaiwTCxov  auszahlen,  Die  ßeßacwacc  ist  Sache  des  Verkäufers, 
hier  also  des  Kaisers.  Wenn  der  Käufer  ihm  ein  ße^aiwii'/wOV  zahlt, 
so  ist  das  wohl  als  Gegenleistung  dafür  zu  fassen,  dass  der  Kaiser  ihm 
gegenüber  eben  die  ßeßaLwa:^  übernommen  hat.  Mir  ist  sonst  kein 
Beispiel  für  eine  solche  Abgabe  bekannt,  und  es  bleibt  zu  unter- 
suchen, ob  sie  auch  beim  Kauf  zwischen  Privaten  in  Frage  kam. 

§  144.  ^opoq  ßowv. 
Vgl.  BGU  25,  8,  vom  J.  200  n.  Chr. 

Die  Rindersteuer  wurde  jedenfalls  von  denen  gezahlt,  die  Rinder 
besassen  und  daher  Rinder  deklarirten.  Sie  gehört  danach  zu  den 
Vermögen  SS  teuern . 

§  145.  BopaviG. 

Vgl.  Petr.  Pap.  (II)  XXXIX e  und  S.  36/7  (III.  Jahrh.  v.  Chr.). 
ßupaa  bedeutet  „das  Fell".    Wie  diese  Fellsteuer,  die  in 
den  vorliegenden  Fällen  von  hellenischen  Militärcolonisten  erhoben 
wird,  genauer  zu  erklären  ist,  weiss  ich  nicht.    Auf  Vermutungen 
will  ich  nicht  eingehen. 

§  146.  ^GpGC,  ßa)[ia)v. 

Vgl.  BGU  199,  13;  292,  1;  337,  3  (alle  aus  der  Kaiserzeit). 

Diese  „Altarsteuer"  wird  in  den  vorliegenden  Fällen  immer  von 
Priestern  gezahlt.  In  337  wird  spezialisirt  UTrep  ßwfxwv  Suo,  worauf 
die  Götter,  denen  die  Altäre  geweiht  w^aren,  genannt  werden.  Hier- 
nach unterlagen  also  die  einzelnen  Altäre  einer  Steuer,  die  von  den 

^)  Aus  gewissen  Gründen  schwankte  ieh^  ob  es  sich  nicht  nur  um  eine 
Pacht  handele.  Aber  es  scheint  hier  doch  ein  Kauf  vorzuliegen,  und  zwar  ein 
Kauf  auf  dem  Wege  der  Auction  (vgl.  Z.  4:  exuptü^Yjv).  —  Statt  der  irreleitenden 
Lesung  der  Editio  princeps  am  Schluss  von  Z.  5  ist  nach  Hunt  zu  lesen :  dpou[pwv 


§  143  —  148. 


353 


betreffenden  Priesterschaften  an  den  Staat  zu  entrichten  war.  Ueber 
die  Bedeutung  und  Begründung  dieser  Steuer  lassen  sich  nur  Ver- 
mutungen aufstellen.  Wurde  damit  vielleicht  indirect  der  Empfang 
der  Opfergaben  besteuert,  die  an  diesen  Altären  niedergelegt  wurden 
und  der  Priesterschatt  zu  Gute  kamen?  'Man  könnte  auch  an  die 
merkwürdige  Urkunde  Petr.  Pap.  (II)  XII  erinnern,  aus  der  hervor- 
geht, dass  die  Anwesenheit  von  Altären  vor  Einquartierungen  beschützte. 
Vgl.  Z.  12:  ß(i)[JLOi);  7:pGC(i)'.XG5G{JLV/aa'.v.  ToOto  tk  r,er,o'.r^y,7.GV^ 
T.pbq  zb  |iYj  ETTcaTa^lJie'jcaO'ac. 

§  147.  TpacpsioD. 

Vgl.  BGU  277  II  11  (aus  römischer  Zeit):  [z]al  wv  ol  ^6(po:) 
Iv  ouo'.axw  Xgyw  avaXa[ißavovTa'/  vpa-^siGU  xal  yoLpir^poLq  Xsiagü 
7t6X(£ü)^)  y.al  SGXVOTTaiG'j  Xi^aoi).  Was  bedeutet  hier  das  vpa^slov? 
Man  denkt  zunächst  an  die  bekannten  Bureaus  dieses  Namens, 
bei  denen  z.  B.  die  Contracte  einregistrirt  wurden  (vgl.  Mitteis,  Reichsr. 
u.  Volksr.  S.  52 f.).  Aber  die  Nachbarschaft  von  y^ocprfipa.  (s.  unten 
§  215)  legt  es  nahe,  ypa^slGV  hier  in  dem  auch  sonst  bezeugten  Sinne 
von  „Schreibmaterial"  zu  fassen,  wobei  man  wohl  besonders  an 
Kalamoi  und  Tinte  zu  denken  hätte.  Danach  könnte  man  in 
dieser  Abgabe  einen  Zwangsbeitrag  sehen,  der  für  die  von  den  Be- 
hörden im  Dienste  aufzuwendenden  Schreibmaterialien  erhoben  wurde. 
Doch  Hessen  sich  auch  andere  Deutungen  denken. 

§  148.  To  Ssxavixov. 

Vgl.  BGU  1,  1  (aus  röm.  Zeit):  Seywavcxoö  6|io:(i);  twv  aoxwv 
TiXoLtov  ^  E.  Diese  Worte  weisen  zurück  auf  die  unmittelbar  vorher- 
gehende Zeile  (BGU  337,26):  ]7:p07.&:{i£Vü)v  aX'.euTLy.wv  7iX[g:ü)v  ^] 
X£- .  Gezahlt  wird  die  Abgabe  von  der  Priesterschaft  des  Soknopaios. 
Das  Wort  Sexavo?,  das  dem  lateinischen  decurio  entspricht,  hat  die 
mannigfachsten  Bedeutungen.^)  Welche  derselben  hier  in  Beziehung 
zu  den  „Fischerböten"  heranzuziehen  ist,  weiss  ich  nicht  zu  sagen. 
Jedenfalls  ist  dies  SexavLXGV  von  dem  oexavo?  abzuleiten,  von  dem 


Vgl.  verschiedene  Bedeutungen  in  Cod.  Just.  I  2,  4  und  9;  XI  18,  1; 

XII  26  tit  (=Cod.  Theod.VI  33);  vgl.  auch  I  5,  3.  —  Ein  ^sxavG?  z.  B.  in 
CIGr.  III  47 IG  d^*5. 

WiLCKEN,  Ostraka.  23 


354 


IT.  KAPITEL. 


in  einem  Pariser  Text  der  byzantinischen  Zeit  die  Rede  ist:  Tiapa- 
ax(oD)  BeoSwpo)  Sexavw  bnep  [tiXoicov  aTU£pxo[X£]v(i)v  Iv  'A^^e^av- 
6p(£La)  6(7r£p)  dvaX(a)[JLaToc)  x(ßpdxicc)  i<;  \i(6vcc).  Vgl.  AVessely, 
Denk'sch.  Akad.  Wien  1889  S.  241. 

§  149.  'H  Zsp\iOLTrip(x. 

Die  „Hautabgabe"  (5£p[JiaTyjpa)  wird  für  das  III.  Jahrh.  vor  Chr. 
bezeugt  durch  Petr.  Pap.  (II)  XXXII  (1),  auf  dessen  Yerso,  wie 
schon  oben  auf  S.294  Anm.  1  bemerkt,  folgende  Worte  stehen :  Td  TZpbc, 
Tov  azuTsa  dvaxa^Eaaa^ac  tov  Tzpbc,  T'^t  hep\i(x.zr}pöi[C\.  Aus  dem 
Streitfall,  über  den  auf  dem  Recto  der  Gerber  (ax'JX£6^)  berichtet, 
kann  ich  keine  klare  Vorstellung  von  dieser  Abgabe  gewinnen. 
Für  das  III.  Jahrh.  nach  Chr.  wird  dieselbe  Abgabe  durch  Pap. 
Leipz.  5,  8  bezeugt,  wo  hep\iaTr]pötq,  nicht  6£p|jLaTY]x  (Wessely)  zu 
lesen  ist.  Hier  wird  die  Steuer  in  Geld  bezahlt,  denn  in  Z.  4  heisst 
es  nach  meiner  Ergänzung:  "Eaxiv  xd  SiaypCacp^vxa)  £tcI  TY]y[57][JLoacav? 
Tpd7i£^av.  In  BGU  655,  gleichfalls  aus  dem  III.  Jahrh.  n.  Chr., 
begegnen  7rpdywTop£5  5£p|xdTü)(v)  ^copouvitov  <£>:?  xaTaax£UY]v  bizlm 
Twv  dvtxfjTWV  aTpaT07:£5(i)V.  Hier  handelt  es  sich  also  speziell  um 
Häute,  die  zur  Waffenf  abrikation  für's  römische  Heer  verwendet  wurden. 

Ueber  das  Wesen  dieser  Hautabgabe  lassen  sich  nur  Ver- 
mutungen aufstellen.  Dem  athenischen  5£p[jLaitxöv,  dem  Hautgeld, 
das  der  Staat  von  den  grossen  Opfern  und  Speisungen  bezog 
(Boeckh,  Staatsh.  I^  S.  405),  scheint  es  nur  dem  Namen  nach 
zu  ähneln. 

§  150.  To  BLa|jLia^(i)TL7w6v. 

Vgl.  BGU  475  (aus  röm.  Zeit).  Es  ist  dies  eine  allgemeine 
Bezeichnung  für  die  durch  Verpachtung  von  kaiserlichen  Ländereien 
(vgl.  TO  c£pa)TaTOV  Ta[A£COv)  eingegangenen  Pachtgelder.  AVir  haben 
es  hier  also  mit  einer  privatwirtschaftlichen  Einnahme  der  kaiserlichen 
Kasse  zu  thun. 

§  151.  To  aaruüXiov. 

Soeben  haben  Grenfell  und  Hunt  14  Quittungen  (H/HI  Jahrh. 
n.  Chr.)  publicirt,  die  sich  mit  Thorzöllen  befassen.  Vgl.  Grenf  (II)  L. 
Schon  im  Sommer  1895  hatte  ich  Dank  dem  freundlichen  Entgegen- 
kommen von  Friedrich  Kenyon  Gelegenheit,  im  British  Museum 


§  148  —  151. 


355 


4  derartige  Texte  kennen  zu  lernen,  die  nach  genau  demselben  Formular 
abgefasst  sind  wie  diese  14  neuen  Quittungen.  Die  Anfangs worte 
der  Londoner  Texte  ^)  xexe^  StaTCu?-  hatte  ich  in  T£T£X(£y.£)  hiOLTZuX- 
(tou)  aufgelöst:  „Bezahlt  hat  für  den  Thorzoll"  2)  u.  s.  w.,  und  hierauf 
bezog  ich  mich  oben  S.  107.  Jetzt  zeigen  die  neuen  Texte,  dass 
diese  Auflösung  nicht  richtig  war.  In  Lf  steht  ausgeschrieben: 
TeziltazoLi  hioc  7z6Xr^q.  Sachlich  ist  damit  nichts  geändert,  und  ich 
habe  daher  in  der  Ueberschrift  an  der  allgemeinen  Bezeichnung  hi<x- 
TiuXiov  festgehalten,  da,  wie  mir  scheint,  die  sämmtlichen  Abgaben, 
die  hier  begegnen,  wenigstens  formell  unter  den  Begriff  des  Thor- 
zolles zu  subsummiren  sind. 

Das  Formular  xeziXeGTOc:  —  6  6£Tva  ist  so  auffällig,  dass 
niemand  das  Recht  gehabt  hätte,  diese  Auflösung  zu  wählen.  Ent- 
weder muss  man  das  Verbum  medial  fassen,  wie  es  die  Herausgeber 
zu  thun  scheinen,  wenn  sie  übersetzen:  he  has  paicl  the  tax.  Hier- 
gegen ist  nur  zu  erinnern,  dass  bisher  wenigstens  ein  derartiger 
Gebrauch  des  Mediums  im  Sinne  von  „zahlen"  absolut  unbelegt  ist. 
Oder  aber  man  fasst  es  passivisch  auf.  Dann  haben  wir  ein 
Anakoluth  vor  uns,  das  in  dem  oben  S.  65  besprochenen  7I£7:tü)X£V 
6  5clva  seine  Analogie  haben  würde.  Wie  man  sich  auch  ent- 
scheidet, über  die  sachliche  Bedeutung  kann  kein  Zweifel  sein. 

Um  zunächst  eine  Vorstellung  von  diesen  merkwürdigen  Quit- 
tungen zu  geben,  stelle  ich  Lk  als  Beispiel  hierher: 

T£T£X(£aTa:)  5cd  7iuX(yj?)  2oxv(o7raLoi))  Nigaou 

Xc(|l£VOg)  M£|JL9£(Ji)?  'A|Jl(XÖ)Vig  £CaY(ü)V) 

£7:1  y.(x\lr^X((^)  ivl  7iu)X((p)  Ivl  dpoßou  Äp- 
Tdtßas  5£xa  Z    ("Etou;)  ß//  OapfioOCO-O  Ix- 
5  xacSExaTTj. 

Die  am  Thor  gezahlte  Summe  wird  weder  hier  noch  in  den 
anderen  Quittungen  genannt.  Auch  in  den  oben  in  §  91  und  92 
besprochenen  ähnlichen  Quittungen  fehlt  diese  Angabe  beständig. 
Vielmehr  wird  hier  wie  dort  nur  spezialisirt,  was  der  Zahler  exportirt 
oder  importirt.    Die  einzige  Schwierigkeit,  die  diese  Texte  bieten, 

Nur  CCCXVIc  fängt  anders  an.  Nach  meiner  flüchtigen  Copie  habe 
ich  damals  uapaea  gelesen,  was  wohl  für  irapda(X£v)  stehen  würde.  Der  Text 
hat  auch  noch  sonst  orthographische  Fehler. 

*)  Ueber  das  SiautiX-ov  in  Athen  vgl.  Boeckb,  Staatshaush.  d.  Ath.  V  S.  394. 

23* 


356 


IV.  KAPITEL. 


liegt  in  den  Bemerkungen,  die  unmittelbar  hinter  dem  Ortsnamen 
sich  finden.  Es  sind  die  folgenden:  vo[JiapX  Apa^  p  >tal  v  vov-  Apatvo, 
p  xal  V,  £pY][xo9i)Xaxca^  und  Xi\ihoq  Miii^eo)^.  Um  eine  Prüfung 
meiner  Auffassung  zu  erleichtern,  gebe  ich  im  Folgenden  eine  Ueber- 
sicht  über  den  Inhalt  der  18  Texte,  die  mir  jetzt  zur  Verfügung 
stehen.  Mehr  als  40  ähnliche  Quittungen,  die  Hogarth  und  Grenfell 
in  Bacchias  fanden,  sind  noch  nicht  publicirt. 

I.  Beim  Thor  von  Soknopaiu  Nesos  hat  Zoll  gezahlt: 

a)  für  vo[xap)((c(I)y)  'Apa:vo(cTOu)^)  —  X,  importirend  1  weibliches 

Kamel  (La). 

b)  für  p  xal  v  vo{JLap)((cö)v)  'Apaiv.  —  X,  exportirend  (zur  Oase) 

auf  2  Kamelen  20  Art.  Weizen  (Lb). 

c)  für  p  y.od  v  —  X,  exportirend  Weizen  auf  3  Kamelen  und  2 

jungen  Kamelen  (Lfl). 
„        „    „  —  X,  importirend  6  Keramien  Wein  (Lf2). 
„        „    „  —  X,  exportirend  auf  1  Kamel  4^  [jteTpYjxalOel  (Lg). 
„        „    „  —  X,  exportirend  auf  2  Eseln  6  Artab.  Hülsen- 
früchte (Lh). 

„        „    „  —  X,  exportirend  auf  2  Eseln  6  Artab.  Kichererbsen 

(Lond.  CCVId). 

d)  für  IpyjixocpuXaxca  —  X,  exportirend  (was?) 2)  auf  4 Kamelen  (Li). 

„        „        „       —  X,  exportirend  5  Kamele  mit  Palmenzweigen 

und  1  Esel  mit  Geräten  (Lm). 
„        „        „        —  X,  importirend  20  Keramien  Wein  zu  je 

8  Dr.  4  Ob. 3)  (Lond.  CCCXVIb). 

^)  Die  Herausgeber  lösen  vo|jiapx(tag)  auf.  Ich  schlage  den  Plural  vor, 
da  es  mehrere  Nomarchien  innerhalb  des  Arsinoitischen  Gaues  gab.  Im  einzelnen 
Falle  kommt  ja  allerdings  nur  die  eine  Nomarchie  in  Betracht,  zu  der  die 
betreffende  Ortschaft  gehört.  Aber  der  Zusatz  von  'Apa'.(votxou)  zeigt,  dass  hier 
das  allgemeine  Ressort  angegeben  werden  soll. 

'■^)  Wegen  des  eizi  möchte  ich  annehmen,  dass  der  Schreiber  die  Angabe 
der  Fracht  nur  vergessen  hat,  nicht  (Avie  Grenfell),  dass  überhaupt  keine  Fracht 
hier  gewesen  sei. 

^)  Meine  Copie  bietet:  ic,dyü)(v)  z%  TisvTsyvaLSsxdxyj  oivo(u)  y.Bpd\i{ioi.)  eiY.oo: 
TtliYjTa  ^Tgp.  Falls  die  unsichere  Lesung  XL|jLYjT!X  richtig  ist,  Aväre  damit  die 
Taxirung  des  Weines  bezeichnet.  Unmöglich  können  20  Keramien  Wein,  und 
sollte  es  der  schlimmste  Grüneberger  sein,  zusammen  8  Dr.  4  Ob.  kosten.  Da- 
gegen ist  dies  für  1  y.Bpd\iioy  ein  annehmbarer  Preis.  Der  Schreiber  hat  also  aus 
Flüchtigkeit  oder  Bequemlichkeit  dvä  vor  der  Summe  ausgelassen.  —  Schwer 


§151.    DIE  THORGELDER. 


357 


für  IpYJiJLO^uAaxLa    —    X,    exportirend    1  Esel   mit  Geräten 

(Lond.  CCCXVIc). 

e)  für  d.  XtjiTjV  Meptt^swc  —  X,  exportirend  auf  1  Kamel  und  1 

jungen  Kamel  10  Art.  Weizen  (Ld). 
„  „  „        —  X,  exportirend  auf  2  Eseln  2  Metr.  Oel, 

und  auf  1  Esel  1  Art.  Weizen  1  Metr.  Oel  (L  e). 
„  „  „        —  X,  exportirend  auf  1  Kamel  und  1 

jungen  Kamel  10  Art.  Kichererbsen  (Lk). 

IL  Beim  Thor  von  Philadelphia  hat  Zoll  gezahlt: 
für  Ipr^pio^uXaxLa  —  X,  exportirend  frische  Palmenzweige  auf  1  Esel 

und  Weizen  auf  1  Esel  (Lc). 
für  d.  XifJirjv  Mepi^cü)^  —  X,  exportirend  auf  1  Esel  4.  Art.  Hülsen- 
früchte (LI). 

in.  Beim  Thor  von  [.  .]anis^)  hat  Zoll  gezahlt: 
für  d.  Xifiy^v  M£[xcf       —  X,  exportirend  auf  3  Kam.  und  I  jung. 

Kam.  21  Art.  Weiz.  (Lond.  CCVIc). 

Ich  möchte  zunächst  daraufhinweisen,  dass  überall  sich  IcaycDv 
resp.  E^i^aywv  findet.  Also  wird  das  Mass  der  Ausfuhr  und  Einfuhr 
überall  bei  Bemessung  der  verschiedenen  hier  begegnenden  Steuern 
in  Betracht  gekommen  sein. 

Fangen  wir  mit  p  xal  v  an.  Die  Herausgeber  ziehen  beides 
zusammen  und  erklären:  lij^  ~\~  oo  ~  ^  P^^  cent.  on  the  jyroduce 
transported.  Nachdem  wir  oben  in  §  91  und  92  aus  den  Ostraka 
gelernt  haben,  dass  in  Syene  sowohl  wie  in  Hermonthis  der  Einfuhr- 
und  Ausfuhrzoll  regelmässig  betrug,  werden  wir  geneigt  sein,  auch 
in  dem  vorliegenden  Passus  nur  die  TtevnrjxoaTig  auf  die  transportirten 
Waren  zu  beziehen,  für  die  IxaTOorrj  aber  eine  andere  Bestimmung 
zu  suchen.    Ich  vermute,  dass  dieser  einprocentige  Zoll  für  die  zum 


verständlich  in  seiner  Kürze  ist  auch  der»  Zusatz  TLSVTexa'.Jsxax-Q.  Kenyon 
nennt  im  Catalogue  of  additions  S.  430  unsere  Urkunde  ein  receipt  for  winetax 
{upparently  described  as  Dies  ist  jedenfalls  nicht  zutreffend.  Aber  schwer 

ist  das  Richtige  zu  sagen.  Sollte  es  vielleicht  heissen:  der  so  und  so  viel 
Wein  einführt  für  „den  15."  (seil,  des  laufenden  Monates,  an  dessen  9.  Tage 
die  Quittung  ausgestellt  ist)?  Vielleicht  war  am  15.  ein  berühmtes  Fest  im  Ort. 
Doch  über  Vermutungen  komme  ich  nicht  hinaus. 

Meine  flüchtige  Copie  hat  [..J.dveto;.    Also  ist  Kapav{;  (gen.  iio^) 
ausgeschlossen. 


358 


lY.  KAPITEL. 


Transport  benutzten  Tiere  zu  zahlen  war,  also  I^Iq  vom  Wert  des 
Kamels  oder  des  Esels.  Wenn  der  Thorzoll  überhaupt  die  aus- 
geführten und  eingeführten  Wertobjecte  treffen  sollte,  so  war  es  ja  nur 
consequent,  schliesslich  auch  die  Transporttiere  selbst  zu  verzollen, 
denn  auch  sie  repräsentiren  ebenso  wie  die  Waren  einen  Wert, 
der  je  nach  Belieben  des  Besitzers  jeden  Augenblick  durch  Verkauf 
in  Geld  umgesetzt  werden  kann.  Unter  dieser  Annahme  erklärt 
sich  auch,  weshalb  überall  so  genau  angegeben  ist,  auf  was  für 
Tieren  die  Waren  befördert  worden  sind.  Dass  in  Lf2  und  in 
Lond.  CCCXVI  b  kein  Tier  genannt  wird,  ist  wohl  nur  der 
Flüchtigkeit  des  Schreibers  zuzumessen.  Dass  wirklich  die  Tiere 
für  sich,  abgesehen  von  ihrer  Fracht,  verzollt  wurden,  zeigt,  wie  mir 
scheint,  La:  si^aywv  xa[xyjXov  -ö-yjXecav  leu7.r]V  SeuxepoßoXov  7.zyoL- 
pay|JL£VY]V  'Apaß^xol?  )(apaY|jiaaL  Dieses  Kamel  ist  ohne  Fracht 
angekommen;  es  trat  daher  dem  Thorschreiber  noch  deutlicher  als 
ZoUobject  entgegen,  und  darum  mag  er  das  ausführliche  Signalement 
beigefügt  haben. Kach  meiner  Ansicht  hätte  er  hinter  der  Orts- 
angabe den  Zollsatz  selbst  mit  p  angeben  können,  doch  hat  er  ihn 
als  selbstverständlich  fortgelassen. 

Neben  diesen  p  xal  v  steht  einmal  der  Zusatz  vo[xap)((Lö)v) 
'Apatvo(cTOu).  AVie  auch  die  Herausgeber  richtig  andeuten,  besagt 
dieser  wohl  nichts  weiter,  als  dass  diese  Zölle  den  Arsinoitischen 
Nomarchien  unterstanden  und  an  sie  (zunächst)  abgeführt  wurden. 
Diese  exaToaTyj  und  diese  TrevcYjxoaTYj  waren  also,  um  den  Ausdruck 
des  Tarifs  von  Koptos  zu  gebrauchen,  ÖTTOTiiTiTouaaL  loCic,  vo|xap)(cat? 
'Apaivotxou.  Sowie  dort  die  [xca^toxat  ihre  Einnahmen  an  den  Ara- 
barchen  abzuliefern  hatten  und  unter  seiner  Aufsicht  standen,  so  hier 
diese  Thorzöllner  unter  der  der  betreffenden  Nomarchen.  Ich  halte  es 
nur  für  eine  Bequemlichkeit  der  Schreiber,  dass  nur  einmal  (Lb) 
dieser  Zusatz  gemacht  ist.  Ich  denke,  wir  haben  ihn  uns  überall 
hinter  p  xal  v  hinzuzudenken,  ebenso  wie  andrerseits  in  La  ein  p 
vor  dem  votJ-  Apa-  zu  ergänzen  war. 

Die  Herausgeber  seheinen  anzunehmen,  dass  nur  die  unbeladenen  Kamele 
als  solche  besteuert  Avurden.  Das  ist  mir  unwahrscheinlich,  schon  weil  man 
diese  Steuer  so  leicht  hätte  umgehen  können,  indem  man  irgend  einen  gering- 
wertigen aber  zollbaren  Gegenstand  aufpackte.  Der  Hinweis  auf  die  au|JißoXa 
vcap-T^Xcov  ist  nicht  zutreffend.  Diese  Abgabe  wird  für  die  spYjjiocpuXaxia  gezahlt. 
Siehe  unten  §  200. 


§151.    DIE  THOEGELDER. 


359 


Anders  steht  es  nun  mit  den  Zusätzen  epr^jjLO^uXayia^  und 
Xipievo^  M£|i(^£toc.  Diese  Abgaben  werden  zwar  auch  am  Thore 
des  Dorfes  erhoben  und  können  daher  formell  auch  als  Thorgelder 
(5:a7ü6X:a)  betrachtet  werden.  Sachlich  sind  sie  aber  von  den  eben 
besprochenen  Zöllen  völlig  zu  trennen.  Die  Abgabe  für  die  epr^pio- 
«puXaxta  wird  offenbar  dafür  gezahlt,  dass  der  die  Wüstenstrassei) 
Dahinziehende  den  Schutz  der  Wüstenwächter  (epr,\Lo^6Xo(.y.ec,)  ge- 
niesst,  und  wir  können  hierin  ein  Pendant  zu  jenem  „Geleitgelde" 
des  Tarifs  von  Koptos  sehen  (vgl.  §  141  und  §  200).  Da  auch  in 
diesen  Quittungen  über  lpr^[iO(^uXaxta  ganz  so  wie  in  den  Zoll- 
quittungen genau  angegeben  wird,  welche  Waren  und  welche  Trans- 
porttiere die  Dorfgrenze  passiren,  so  werden  diese  Ermittelungen  für 
die  Bemessung  dieser  Abgabe  massgebend  gewesen  sein.  Einmal 
wird  hier  sogar  der  Taxwert  der  Waren  ausdrücklich  hervorgehoben 
(Lond.  CCCXVIb).  Ob  hier  ausserdem  noch  Unterschiede  in  der 
Berechnung  je  nach  dem  Stande  der  Keisenden  gemacht  wurden, 
wie  in  Koptos,  können  wir  aus  den  vorliegenden  Urkunden  nicht 
entnehmen.  Die  Zahler  sind  hier  wohl  sämmtlich  Handelsleute. 
Ich  bin  also  der  Ansicht,  dass  diese  Abgabe  für  die  £pY;[Jio^'jXa7.:a 
von  denselben  Personen  erhoben  wurde,  die  ausserdem  den  Import- 
oder Exportzoll  zu  zahlen  hatten. 

Ebenso  betrachte  ich  als  eine  besondere  noch  ausserdem  zu 
zahlende  Abgabe  die  „für  den  Hafen  von  Memphis",  und  hierfür  kann 
ich  mich  auf  Grenfell's  Nachricht  aus  den  unpublicirten  Bacchias- 
papyri  stützen,  der  sagt,  dass  these  show  that  it  was  a  tax  addi- 
tional  to  the  tax  of  3  per  cent.  (s.  oben),  levied  at  the  same  time  and 
upon  the  same  loads,  and  —  what  is  very  remarkable  —  that  it  was 
paid  by  persons  entering  the  Fayonm  as  well  as  hy  those  leaving  it. 
Diese  Abgabe  ist  hiernach  also  genau  so  aufzufassen  wie  die  für 
die  IprjpLO^'jXaxia.  Sie  wurde  von  denjenigen  erhoben,  die  von  den 
obengenannten  Dörfern  durch  die  Wüste  nach  Memphis  zogen,  oder 
den  umgekehrten  Weg  machten.    Wer  dagegen  wie  z.  B.  in  Lb 

Die  hier  genannten  Dörfer  lagen,  wie  die  topographischen  Untersuchungen 
von  Hogarth  und  Grenfell  uns  gezeigt  haben,  am  Nordost-  und  Ostrande  des 
Faijüm  und  grenzten  an  die  Wüste.  .Soknopaiu  Xesos  ist  Dimeh,  nördlich  vom 
Birket  el-Kurün.  Bacchias  fanden  die  genannten  Gelehrten  in  Küni  el  Katl 
wieder.  Vgl.  Egypt  Exploration  Fund.  Archaeological  Report  1895/6  S.  14  ff. 
und  dazu  die  erste  Karte.    Zur  Lage  von  Philadelphia  vgl.  Grenfell  zu  L. 


360 


IV.  KAPITEL. 


in  die  Oase  zog,  war  selbstverständlich  von  dieser  Abgabe  frei. 
Dass  man  „für  den  Hafen  von  Memphis"  bereits  beim  Verlassen 
des  faijümischen  Dorfes  am  Thore  zahlte  und  andrerseits  wieder 
beim  Eintreffen  ebendort,  ist  merkwürdig  genug.  Vielleicht  werden 
neue  Texte  uns  einmal  diese  Massregel  verstehen  lehren. 

Zum  Schluss  möchte  ich  meine  Auffassung  durch  ein  Beispiel 
illustriren.  Wer  von  Soknopaiu  Nesos,  d.  h.  von  Dimeh,  aus  durch 
die  Wüste  auf  Kamelen  Weizen  nach  Memphis  transportirte,  musste 
vorher  am  Thor  des  Dorfes  folgende  Zölle  entrichten: 

1.  vom  Wert  des  Getreides.  2.  i^-y  vom  Wert  der  Kamele. 
3.  Eine  Summe  für  die  „Wüstenwache",  unter  deren  Schutz  er  sich 
begab.    4.  Eine  Summe  für  den  Hafen  von  Memphis. 

§  152.        BL^pa)(|jLca  toö  2ou)(od. 

Xach  dem  unpublicirten  Berliner  Papyrus  P.  6951  II  (vom  J.  48 
n.  Chr.)  muss  ein  Mann,  der  Haus  und  Hof  in  einer  Strasse  der 
Metropole  Arsinoe  gekauft  hat,  dafür  ty]V  6c5pay^{JLia(v)  toü  Souy^ou 
'9'£0ö  |jL£YaXo(u)  [X£YaXo(u)  zahlen.  Zufällig  ist  daneben  die  Quittung 
erhalten,  nach  der  er  ausserdem  für  denselben  Kauf  das  lyxoxXtov 
entrichtet  hat  (s.  oben  §  35).  Hieraus  wird  man  folgern  dürfen, 
dass  für  jeden  Häuserkauf,  der  innerhalb  der  Stadt  Arsinoe  perfect 
wurde,  2  Drachmen  an  die  Tempelkasse  des  alten  „Herrn"  der  Stadt, 
des  Stadtgottes  Suchos,  abzuführen  waren. i)  Vielleicht  bezogen  auch 
die  anderen  Stadtgötter  Aegyptens  eine  entsprechende  Eevenue.  Ob 
eine  solche  Tempelabgabe  auch  bei  anderen  Transactionen  der  Bürger- 
schaft erhoben  wurde  als  gerade  beim  Häuserkauf,  müssen  wir  dahin- 
gestellt sein  lassen. 

§  153.  AiTrXa)|JLa  ovwv. 

Das  Wort  6L7iXw{xa,  das  im  Allgemeinen  die  Urkunde  bezeichnet, 
ist  im  Besonderen  als  technischer  Ausdruck  für  den  Erlaubnisschein, 
der  zu  der  Benutzung  der  kaiserlichen  Post  berechtigte,  bekannt. 
Solche  diplomata  wurden  von  den  Kaisern  oder  den  Statthaltern  im 

^)  Denkbar  wäre  es  ja,  dass  Suchos  eben  gerade  in  der  hier  genannten 
Strasse  $p£|JLSi  und  event.  einigen  anderen  dieses  Recht  gehabt  hätte.  Doch  die 
obige  Beziehung  auf  die  ganze  Stadt  ist  mir  wahrscheinlicher. 


§  151  —  154. 


361 


Namen  der  Kaiser  ausgestellt.^)  Was  soll  man  sich  nun  unter  einem 
8L7rXü)|ia  ovtov  vorstellen?  Diese  Verbindung  begegnet  in  BGU  213 
(vom  J.  112,3  n.  Chr.)  in  dem  Titel  des  Steuerpächters:  [i'.aO-WTYj^ 
0L7:Xa)[iaT0C  ovwv  Kapaviooc.  Dem  Zahler  aber  quittirt  die  Bank  bizep 
OL7iA(0[xaxog  LZ  (Ito'j;)  ür.kp  ov(g'j)  Iv(gc).  Die  Abgabe  ist  also  als 
eine  regelmässige  für  das  Jahr  und  zwar  nach  der  Zahl  der  Esel  be- 
rechnet. Ich  möchte  hiernach  folgende  Erkläruog  proponiren:  die 
Eigentümer  von  Eseln  mussten  sich  von  der  kaiserlichen  Regierung 
Erlaubnisscheine  (0L7uXt0{JiaTa)  ausstellen  lassen,  um  ihre  Esel  auch  auf 
den  öffentlichen  Wegen,  die  der  kaiserlichen  Aufsicht  unterstanden, 
treiben  zu  dürfen.  Für  ein  solches  Diploma  zahlte  man  nach  unserem 
Text  für  den  Esel  8  Drachmen,  wobei  es  unklar  bleibt,  ob  dieser  Satz 
für  das  Jahr  oder  nur  für  den  ]Monat  galt.  Hiernach  würde  unsere 
Abgabe  den  Charakter  eines  „Wegegeldes"  gehabt  haben,  und  sie 
würde  in  dem  T.',zzoL'/,ioy  xa[i'ifiXa)V  des  Tarifs  von  Koptos  (s.  §  141) 
und  in  den  aij|x|3c>Xa  7va[iy)Xtöv  (s.  unten  §  200)  sprachlich  und  sach- 
lich ihre  Parallelen  finden,  nur  mit  dem  Unterschiede,  dass  die 
letztgenannten  Abgaben  für  einmalige  Benutzung  erhoben  wurden. 
Freilich  ist  diese  Deutung  zunächst  nichts  als  eine  Vermutung.-) 

§  154.  Tb  5oxi[xaaTLx6v. 

Im  Pap.  Leid  Q,  12  (vom  J.  260/259  vor  Chr.)  lese  ich  nach 
dem  Original  aveu  8oxL|jiaaT:xGö  (statt  dv£Uoox'.[jLaaT{'  zal).  Vgl.  oben 
S.  61  Anm.  1.  Das  CQ%i[L0(.av.y.6y  muss  eine  Abgabe  bezeichnen, 
die  für  den  SoxciAaaTigs  erhoben  wird.  Der  in  diesem  Papyrus 
genannte  Beamte  dieses  Namens  hatte,  wie  Lumbroso  (Recherches 
S.  294)  richtig  bemerkt,  vermutlich  die  Aufgabe,  die  unter  Umständen 
(hier  wegen  der  starken  Verspätung)  erforderliche  Umrechnung  der 
gesetzmässig  in  natura  zu  liefernden  We\n-&Tz6\ioipOL  in  Geld  vorzu- 
nehmen, resp.  zu  prüfen.    Ich  lasse  dahingestellt,  ob  der  in  Frage 

Vgl.  Edict.  d.  Vergil.  Capito,  CIGr  III  4956  Z.  25:  i\L6(.  eiuXtbiiaxa. 
Plinius  Ep.  X  45,  64,  120,  121  (121:  diplomatibits,  quae  officio  tuo  dedi).  Im 
Uebrigen  vgl.  Marquardt,  Staatsv.  11-^  S.  561.    Hirschfeld  RVG  S.  98  ff. 

^)  Nach  Analogie  der  5'.7:Xü)|Jiaxa,  die  zur  Benutzung  der  Posteinrichtungen 
berechtigten,  könnte  man  auf  die  Vermutung  kommen,  dass  unser  Diploma  etwa 
zur  Benutzung  von  Eseln,  die  die  Regierung  hielt,  berechtigt  habe.  Doch  ist 
mir  das  wenig  wahrscheinlich.  Auch  würde  dann  das  SiTiXcojia  wohl  kaum  wie 
eine  feste  Jahresabgabe  berechnet  sein. 


362 


IV.  KAPITEL. 


stehende  Beamte  lediglich  für  die  Umrechnung  der  a.n6\L0ip(x.  oder 
überhaupt  für  die  Prüfung  der  adaerationes  angestellt  war.  Der 
vorliegende  Fall  zeigt,  dass  er  ausserdem  sich  auch  bei  der  Ein- 
treibung der  Steuer  selbst  bethätigte. 

Für  den  Unterhalt  und  die  Besoldung  dieses  aderateur  (Lumb.) 
erhebt  nun  die  Regierung  neben  der  d7c6{jLocpa  noch  eine  besondere  Ab- 
gabe unter  dem  Namen  t6  5oxc[JiaaTLx6v.  Diese  wird  sicherlich  nur  von 
denen  zu  zahlen  gewesen  sein,  die  eben  die  d7i6{JLOipa  nicht  in  natura, 
sondern  in  Geld  zahlten.  Dieser  Zuschlag  zu  der  Hauptsteuer  wird 
in  dem  vorliegenden  Falle  garnicht  erst  an  die  Kasse  des  Tipdxxwp 
abgeführt,  sondern  soll  direct  an  den  SoxtiiaaTT^«;  abgeliefert  werden. 
Denn  das  bedeutet  wohl  der  merkwürdige  Schlusssatz,  mit  dem  der 
Quittungsschreiber  aus  der  Construction  fallt:  touto  hk  aoi  TrapaSe^oviac. 

§  155.  Acopsag. 

In  der  Londoner  Bilinguis  vom  13.  Jahre  des  Philopator  (Proceed. 
Soc.  Bibl.  Arch.  XIV  S.  61)  zahlen  Käufer  und  Verkäufer  eines  Grund- 
stückes ausser  der  üblichen  Verkehrssteuer  (lyxuxXtov)  für  die  Swped 
1  Triobolon,  also  jeder  1^  Obol.  Ich  möchte  in  diesem  „Geschenk" 
eine  Gebühr  für  die  Mühewaltung  des  im  Texte  erwähnten  tsXwvwv 
sehen.  Der  Ausdruck  erinnert  an  das  cpiXdvO'pWTiov  (§  211).  Ganz 
anders  deutet  es  der  Herausgeber  Revillout  (S.  125). 

§  156.  'H  s^xoaiYj  eksu^-epim. 

Vgl.  BGU  96,  8;  326  II  10;  388  I  7  und  20,  alle  aus  rö- 
mischer Zeit. 

Dies  ist  die  viceswia  (vgl.  388  I  7  ouLXYjaLpia)  manumissionum 
oder  libertatis,  die  in  Rom  seit  357  v.  Chr.  als  eine  fünfprocentige 
Abgabe  vom  Wert  der  freigelassenen  Sklaven  bestand. i)  Diese  Steuer 
gehört  zu  denjenigen,  die  nur  den  römischen  Bürgern  auferlegt  w^aren. 
In  Aegypten  wurden  also  nur  die  dort  wohnenden  cives  Romani  von 
dieser  Steuer  betroffen.  Ob  es  eine  entsprechende  Abgabe  auch  — 
etwa  schon  seit  der  Ptolemäerzeit  —  für  die  griechisch-aegyptische 
Bevölkerung  gab,  wissen  wir  nicht.  Nach  Dio's  Darstellung  (LXX  VII,  9) 
soll  bekanntlich  gerade  die  Beschränkung  dieser  und  der  Erbschaftssteuer 


^)  Vgl.  Hirschfeld,  RVG  S.  68  ff.    Marquardt  RStV  II^  S.  281. 


§  154  —  158. 


363 


auf  die  römischeD  Bürger  für  Caracalla  mit  ein  Anlass  gewesen  sein, 
die  Civität  auf  die  Provineialen  auszudehnen  (im  J.  212).^)  Der  Er- 
folg dieser  Massregel  war  jedenfalls  der,  dass  nach  dem  J.  212  alle 
Provineialen  Aegyptens,  soweit  sie  römische  Bürger  wurden, 2)  auch 
dieser  Steuer  unterworfen  wurden.  Ein  Beispiel  dafür  bietet  BGU  96, 
die  wohl  nicht  allzu  lange  nach  der  Constitutio  Antonina  geschrieben 
sein  mag.  Der  Freilasser  Maron  (Z.  9  ff.)  ist  offenbar  einer  von  den 
neu  geschaffenen  römischen  Bürgern.  Am  Anfang  der  Urkunde, 
der  nur  verstümmelt  vorliegt,  ist  er  gewiss  vollständig,  A'jpVjX'.og 
Mapwv,  genannt  worden.^)  —  Nach  BGU  326  II  10  befand  sich  in 
der  Metropole  Arsinoe  auf  dem  Forum  Augustum  (Le^ccazr^  ayopa) 
eine  statio  ty]^  eLzcaT-^g  töv  xXrjpovofiiwy  xal  IXeu^sp'.wv.  Die 
so  eng  verwandten  Steuern,  vicesima  manumissionwn  und  vicesima 
herediiatium  werden  hier  also  zusammen  verwaltet. 

§  157.  'H  sixoaTYj  twv  xXrjpovojJtiwv. 
Vgl.  BGU  240,  10;  326  II  11. 

Auch  diese  vicesima  herediiatium  lastete  nur  auf  den  römischen 
Bürgern.  Ueber  ihre  Einführung  durch  Augustus  (im  J.  6  n.  Chr.) 
vgl.  oben  §  140,  wo  die  in  Aegypten  auf  den  Provineialen  lastende 
Erbschaftssteuer  (d7cap)(rj)  besprochen  ist. 

§  158.  BbAOGxr]. 

In  Petr.  Pap.  (II)  XI  (2)  (III.  Jahrh.  vor  Chr.)  schreibt  ein 
gewisser  Polykrates  seinem  Vater:  a.7zo^(h{poL[i\LOLi  5s  etzI  teXwvlov 

TÖ  O^XOTteBoV  9£pG[l£V[0]v  V-t^C,  Iva  Ix  TOaO'JTOU  9£pÜ)|l£V  TYJV  Etxoa- 

T1QV.  „Ich  habe  beim  Zollamt  die  Hausstelle  mit  einem  Ertrage  von 
17 1  Drachmen  (Silber)  deklarirt,  damit  wir  von  dieser  Summe  den 
Zwanzigsten  zahlen".  Der  Brief  setzt  alles  als  bekannt  voraus, 
was  uns  eine  klare  Vorstellung  von  dem  Wesen  dieser  Abgabe  er- 
möglichen würde.  Das  nächstliegende  ist  anzunehmen,  dass  eine 
fünfprocentige  Abgabe  von  dem  Ertrage  der  Hausstellen  (o:xÖ7C£6a) 

*)  Seine  gleichzeitige  Erhöhung  der  Freilassungssteuer  auf  -^^  des  Wertes 
wurde  schon  von  Macrinus  wieder  beseitigt  (Dio  LXXVIII,  12). 
2)  Vgl.  Herraes  XXVII  S.  294  f. 

^)  Vgl.  die  Namen  der  Subscribenten.  Es  geschieht  sehr  häufig,  da*s 
man  im  weiteren  Verlauf  der  Urkunden  den  Gentilnaraen  fortlässt. 


364 


IV.  KAPITEL. 


gemeint  ist,  wobei  man  wohl  an  einen  Ertrag  durch  Vermietung 
oder  Verpachtung  zu  denken  hat.  Diese  Abgabe  würde  der  von 
den  TzpoQoboi  olzotiISwv  gleichzusetzen  sein,  die  für  die  römische 
Zeit  belegt  ist  (§  194). 

§  159.  'ExaioaTau 

Kach  BGÜ  156,  8  (vom  J.  201  n.  Chr.)  zahlt  ein  römischer 
Soldat,  der  von  der  königlichen  Domäne  einen  Acker  gekauft  hat 
(vgl.  §  143),  ausser  der  tc{xyj  einen  Zuschlag  von  4^/o :  bnep  Ixaxoaxwv 
Tsaaapwv.  Wie  diese  Zahlung  motivirt  ist,  weiss  ich  nicht  zu  sagen. 
Es  mag  wohl  irgend  eine  Gebühr  damit  erledigt  werden.  An  das 
eyy.uxXcov  ist  hier  nicht  zu  denken.  Der  Text  nennt  nur  diejenigen 
Zahlungen,  die  der  Soldat  an  den  Domänenverwalter,  den  Oikonomos, 
direct  abzuführen  hat.  Das  eyxuxXtov  geht'  vielmehr  durch  den 
IxiaO-wiTj?  sl'Sou^  lyzuxXLOU  an  die  Bank;  seine  Erwähnung  ist  hier 
also  nicht  zu  erwarten.  —  Ebenso  wenig  ist  über  den  einjorocentigen 
Zuschlag  (IzaToaiTj)  Sicheres  bekannt,  der  in  den  Zoispapyri  begegnet. 
Meine  Vermutungen  in  „Actenstücken  der  Königlichen  Bank"  S.40  sind 
ebenso  unsicher  wie  die  neuerdings  von  Eug.  Revillout  vorgetragenen 
(Proceed.  Soc.  Bibl.  Arch.  XIV  S.  122  fr.).  —  Ganz  andersartig  ist 
jedenfalls  der  einprocentige  Zuschlag,  der  nach  BGU  552  A  I  9/10 
zu  den  Katurallieferungen  hinzukommt.  Das  mag  ein  epimetrum 
für  die  Erheber  sein,  wie  es  im  Cod.  Theod.  XII  6,  15  und  21  vor- 
geschrieben wird. 

§  160.  §jjißoXf^. 

In  BGU  15  II  3  (vom  J.  197  n.  Chr.)  werden  die  Strategen 
der  Heptanomis  ermahnt,  künftig  besser  für  die  liißoX'i^  zu  sorgen. 
Der  Brief  beginnt  mit  den  Worten:  xyjv  IvßoXvjv  zal  a^oSpa  69' 
T^IJiwv  (lies:  upiwv)  dfjieXoufJievYjV  opö.  Da  im  Folgenden  von  den 
Durchstechereien  die  Rede  ist,  die  die  Strategen  mit  den  Eseltreibern 
(6vr/Xaxac)  begangen  haben  sollen,  und  die  zu  unregelmässigen  Ab- 
lieferungen des  Getreides  geführt  haben,  so  könnte  man  allerdings 
daran  denken,  i\ipoXri  hier  in  seiner  eigentlichen  Bedeutung  als  ,, Auf- 
laden" zu  nehmen.!)    Aber  sollte  dann  in  jenen  Eingangsworten  die 


^)  Vgl.  BGU  14  III  20:  sjißoXsuovcss  y.ot.1  ovr^Xaxouvxss  xotg  TZpoysypaii- 


§  158  —  161. 


365 


Art  der  liißoXy]  nicht  etwas  genauer  charakterisirt  worden  sein? 
Auch  fragt  es  sich,  ob  man  für  schlechtes  Aufladen  die  Strategen 
verantwortlich  machen  konnte.  Ich  habe  daher  im  Philologus  LIII 
(N.  F. VII)  S.  93,  7  vorgeschlagen,  in  £[ißoXr^  vielmehr  den  tech- 
nischen Ausdruck  wiederzuerkennen,  der  aus  der  späteren  Zeit  als 
Bezeichnung  der  für  Constantinopel  verladenen  Naturallieferungen, 
des  sogenannten  canon  fmiiientarius ,  bekannt  ist.  Als  Abgabe,  die 
für  den  Kaiser  bestimmt  ist,  heisst  sie  nach  byzantinischem  Sprach- 
gebrauch die  felix  embola  (vgl.  Cod.  Just.  XI  4,  2  vom  J.  439) 
oder  in  den  griechischen  Texten  fj  IfJtJjoXrj  e\)VJ-/r^i^  oder  -f}  aiata 
(z.  B.  Xin  Edict  Justin,  de  dioecesi  Aeg.  passim).  Vgl.  hierzu 
V.  Härtel,  Wien.  Stud.  V  S.  20  f.  Wenn  in  unserem  Papyrus  efijjoXr^ 
wirklich  so  zu  fassen  ist,  so  ist  dies  die  bei  Weitem  älteste  Ver- 
wendung des  Wortes  in  dieser  Bedeutung,  die  wir  kennen.  Xatürlich 
kann  im  J.  197  nur  die  Naturalabgabe  für  Rom  —  und  wohl  auch 
für  Alexandrien  —  damit  gemeint  sein. 

Auch  in  BGU  8  III  4  (vom  J.  248  n.  Chr.)  begegnet  das  Wort 
offenbar  in  derselben  Bedeutung. 

§  161.  To  svoixiov. 

Wir  haben  oben  in  §  41  IvoJxiov  als  Mietssteuer  oder  Haussteuer 
kennen  gelernt.  Hier  wollen  wir  nur  einige  Beispiele  für  die  ge- 
wöhnliche Bedeutung  des  Wortes  als  „Mietsgeld,  Wohnungsmiete" 
anführen.  Vgl.  Petr.  Pap.  (II)  XXXIHa  5  (III.  Jahrh.  vor  Chr.); 
Pap.  Berk  Bibl.  25,  9;  BGU  32,  3;  47,  1;  150,  2;  173,  1 ;  253, 15; 
289,  2.  Wessely,  Denksch.  Ak.Wien  1889  S.  235  f.  Ueberall  han- 
delt es  sich  nur  um  die  rein  private  Leistung  des  Mieters  gegenüber 
dem  Vermieter.  Die  Texte  zeigen,  dass  die  monatliche  Berechnung 
der  Miete  das  liebliche  war.^)  In  dem  Mietscontract  BGU  289 
wird  die  Miete  für  den  Monat  festgesetzt. 

In  der  byzantinischen  Zeit  halten  sich  vornehme  und  reiche 
Herren,  wie  der  dux  Theodoraems  (BGU  3)  oder  „die  heilige  Grosse 
Kirche"  (vgl.  BGU  47  und  173)  eigene  Mietserheber:  i^oiY.ioXo'^o'.. 

')  In  dem  Text  der  Berliner  Bibliothek  lese  ich:  x6  §voix'.ov  y.a<xa). 
|j,75va  5'.?dx(D.  —  Die  Berechnung  für  den  Monat  schliesst  natürlich  nicht  aus,  dass 
die  Zahlung  event.  für  ein  halbes  oder  ganzes  Jahr  erfolgte.  Vgl.  Beispiele  bei 
Wessely,  a.  a.  O. 


366 


ly.  KAPITEL. 


§  162.  'H  £^7]xoaTi^. 

Von  dieser  eEyjxoaxyj,  die  in  den  Zoispapyri  begegnet,  gilt  das 
oben  §  159  über  die  IxaiooTr;  gesagte.  Auch  das  Wesen  dieser 
Abgabe  ist  noch  nicht  befriedigend  erklärt. 

§  163.  To  sTOQTauxov. 

Vgl.  BGU  337,2  und  471,6  (aus  römischer  Zeit). 

To  i^ZlG10^zl%6v  wird  eine  Abgabe  für  den  eTTcamTY]^  sein. 
Es  giebt  Beamte  dieses  Namens  in  verschiedenen  Ressorts.  Da  in 
beiden  Fällen  die  Steuer  von  Priesterschaften  erhoben  wird,  so  mag 
es  sich  hier  um  den  ETriaiaxT/^  toO  [epoö  oder  twv  hpG)V  handeln. 
Die  Abgabe  würde  also  für  den  Unterhalt  dieses  iTiLaxa-CY]^  von 
den  betreffenden  Priesterschaften  gezahlt  sein. 

§  164.  To  imufiov. 

Vgl.  Pap.  Tur.  IV  25;  VIII  35,87.    Grenf.  (II)  XXV  21; 

XXVI  20;  XXVIII  19;  XXX  23;  XXXIII  12.   Vgl.  Grenf.  (I) 

XXVII  col.  111,4  (aus  Ptolemäerzeit) ;  ferner  BGU  193,26;  233,17; 
350,16;  CPR  I  1,21;  2,9;  3,16  etc.  (aus  der  Kaiserzeit). 

Dieses  „Bussgeld"  wird  für  Uebertretung  contractlicher  Ab- 
machungen erhoben.  Betrachten  wir  zunächst  die  Ptolemäertexte.  Der 
achte  Turiner  Papyrus  lässt  keinen  Zweifel  darüber,  dass  der  Ueber- 
treter  diese  Summe  an  den  geschädigten  Contrahenten  zu  zahlen 
hatte.  Vgl.  Z.  34:  TzpO(;aT:oz[eX]oa.i  töv  7iapaai)[vYjpa90uvTa  t[ü):] 
£{X|JL£V0VXL  xa^'  8  av  [iipoq  7]  elboc,  Tcapaauvypa^i^ai^L  eTzizi[ioy 
xxX.  Aehnlich  heisst  es  im  Pap.  Tur.  IV  23:  7rpo?a7roT£:aaT03 
zolc,  TTSpl  Tov  5^£vy^wva^v  xzA.  Damit  sind  auch  die  anderen  Ur- 
kunden erklärt,  in  denen  eine  derartige  Angabe  fehlt. 

In  den  vorliegenden  Fallen  wird  für  das  £7tLTt{X0V  immer  eine 
bestimmte  runde  Summe  fixirt:  5  Talente  (Grenf.  II.  26,  30,  33) 
oder  10  Talente  (Grenf.  25,  28,  auch  I  27,  wo  das  Wort  £7:ltl[jiov 
fehlt)  oder  20  Talente  (Tur.  4)  oder  30  Talente  (Tur.  8).  Weshalb 
im  einzelnen  Falle  gerade  die  betreffende  Summe  gewählt  ist,  lässt 
sich  aus  den  Texten  nicht  ersehen.  Man  könnte  meinen,  dass 
die  Höhe  der  Summe  im  Verhältnis  zu  dem  Werte  des  im  Contract 
behandelten  Objectes   gestanden  habe.     Vielleicht  ist  richtiger  zu 


§  162  —  164. 


367 


sageo,  dass  die  Contrahenten  je  nach  dem  Wert,  den  sie  auf  die 
EinhaltuDg  des  Contractes  legten,  eine  beliebig  hohe  Summe  — 
etwa  in  gewissen  Grenzen  —  auszumachen  die  Freiheit  hatten. 

Nach  dem  Gesagten  gehört  dieses  |7:i'ti[iov  nicht  zu  den  öffent- 
lichen, sondern  zu  den  privaten  Abgaben,  doch  wird  sie  von  den 
Agoranomen  fixirt  und  der  Staat  wacht  über  die  Einhaltung  dieser 
Bestimmungen.  Der  Ordnung  gemäss  soll  der  üebertreter  izoLpa.- 
ypf^[L(x..  d.  h.  sofort,  ohne  dass  staatliche  Behörden  einzugreifen  hätten, 
das  Bussgeld  zahlen.  Falls  er  sich  aber  weigert,  so  kann  der 
Geschädigte  von  den  Behörden  die  zwangsweise  Einziehung  verlangen. 
Vgl.  Pap.  Tur.  8  Schluss. 

Neben  diesem  £7::tl[jiov  wird  regelmässig  —  wir  stehen  noch 
bei  der  Ptolemäerzeit  —  ein  anderes  Bussgeld  fixirt,  das  nicht  an 
den  geschädigten  Contrahenten,  sondern  an  den  König  zu  zahlen 
ist.  Während  den  damaligen  Münzverhältnissen  entsprechend 
(IL  Jahrh.  v.  Chr.)  das  £7rtTi{xov  natürlich  in  Kupfer  gezahlt  wurde, 
wird  dieses  Strafgeld  an  den  König  merkwürdigerweise  regelmässig 
in  Silber  gezahlt  (vgl.  Kap.  X).  Mit  einer  Ausnahme  liegt  in  den 
obigen  Beispielen  überall  dasselbe  Verhältnis  zwischen  den  beiden 
Bussgeldern  vor:  neben  5 Kupfertalenten  begegnen  100  Silberdrachmen 
(Grenf  II  26,  30,  33),  neben  10  Kupfertalenten  200  Silberdrachmen 
(Grenf.  I  27,  II  25,  28),  neben  20  Kupfertalenten  400  Silberdrachmen 
(Tur.  4).  Nach  dem  damaligen  Verhältnis  der  Kupferdrachme 
zur  Silberdrachme  (1:120)  würde  sich  hiernach  das  £7::x:jiov  für 
den  Contrahenten  zu  dem  für  den  König  wie  5 : 2  verhalten.  Doch 
scheint  der  8.  Turiner  Papyrus  vor  einer  Verallgemeinerung  zu  warnen, 
in  welchem  neben  30  Talenten  für  den  Contrahenten  nicht  600,  sondern 
nur  300  Drachmen  für  den  König  erscheinen.  Oder  liegt  hier  nur 
ein  Schreibfehler  vor?  Da  so  viele  Texte  ein  und  dasselbe  Verhältnis 
zeigen,  möchte  man  fast  annehmen,  dass  das  Bussgeld  für  den  König 
als  ein  fester  Procentsatz  von  dem  für  den  Contrahenten  vor- 
geschrieben war. 

Ich  habe  noch  hinzuzufügen,  dass  in  Pap.  Leid.  C  und  O  das 
Bussgeld  für  den  König  erscheint,  ohne  dass  das  iTitXLjiov  für  die 
Contrahenten  daneben  normirt  würde.  In  C  wird  vielmehr  event. 
die  Rückzahlung  der  v.\Lri  und  zwar  ai)v  'f^[iloX^7.  vorgesehen,  in 
O  neben  anderem  auch  der  Schaden  (t6  ^Xaßo;).  Als  Grund  für  die 
Zahlung  an  den  König  wird  hier  auf  das  TzapaauyYpa^e^v  hingewiesen. 


368 


TV.  KAPITEL. 


Bussgelder,  die  nicht  für  Contractbrueh  durch  Contract  bestimmt, 
soudern  für  Gesetzesübertretung  durch  Gesetz  vorgeschrieben  sind, 
begegnen  im  Revenue -Papyrus.  Vgl.  z.  B.  43,  8;  85,  1  und  7. 
Wenn  eine  solche  Uebertretung  die  Beschädigung  einer  Person  her- 
beiführt, so  "wird  auch  hier  ausser  dem  vom  Gesetz  vorgeschriebenen 
festen  Satz  für  den  König  noch  ein  Bussgeld  zur  Entschädigung 
jener  Person  gefordert.  Vgl.  z.  B.  40,  6 :  ei  |jiy],  aTTOTiveiü)  elq  t6 
ßaaiAizöv  \-  a  xod  6xi  av  i^  wvy]  Slcc  xauia  xaxaßXaß'J  7:£v[T]a7üXoöv. 

Auch  in  der  Kaiserzeit  begegnet  das  eT:lzi\iOV  mehrfach  in  den 
Contracten  in  ganz  ähnlichem  Zusammenhange,  wie  in  den  obigen 
ptolemäischen  Contracten,  bis  in  die  späte  byzantinische  Zeit  hinein. 
Die  Papyruspublicationen  bieten  viele  Beispiele  dafür.  Die  oben 
angeführten  mögen  hier  zur  Vergleichung  genügen.  Manchmal  findet 
sich  statt  dessen  der  synonyme  Ausdruck  7:p6^TC[JLOV.  Vgl.  z.  B.  BGU 
282,  315,  404,  542;  Pap.  Paris  21,52;  21  bis  28.  Vgl.  oben  §  106. 
In  einigen  Kaufcontracten  wird  für  den  Fall,  dass  die  vom  Verkäufer 
zu  übernehmende  ßeßaLwac?  nicht  genügend  geleistet,  oder  sonstige 
Verpflichtungen  des  Contractes  nicht  eingehalten  werden,  das  Bussgeld 
in  einer  den  ptolemäischen  Texten  völlig  analogen  Weise  fixirt.  So  wird 
z.  B.  in  BGU  193  ausser  der  Rückzahlung  der  TC[JLYj  [le^  ii\LioXiocc, 
und  der  Unkosten  (z.  B.  der  gezahlten  tIXy],  P.  7932)  in  doppeltem 
Betrage  (avyjXtopLeva  birJ.öt)  ein  zweifaches  |71ltl[ji,ov  festgesetzt: 
1)  ein  irJ.Z'.\iov  im  Betrage  von  700  Dr.  2)  elq  zb  5r^[JL6a:ov  Ta^ 
laa^,  d.  h.  für  die  Staatskasse  derselbe  Posten  von  700  Dr.  Dieselbe 
Formel  findet  sich  auch  in  350  und  in  CPR  a.  a.  O.  Diese  Zwei- 
teilung entspricht  ganz  dem,  was  wir  oben  aus  den  ptolemäischen 
Urkunden  gewonnen  haben,  nur  steht  dort  der  ßaadeug,  wo  hier 
TO  5y][AGacov  steht. 

Die  vorliegenden  römischen  Urkunden  bestätigen  die  Vermutung, 
dass  es  im  freien  Ermessen  der  Contrahenten  stand,  die  Höhe  dieser 
Strafgelder  auszumachen.  In  193  wird  das  iTziv.noy  in  der  Höhe 
des  Kaufpreises  selbst  angesetzt,  in  350  dagegen  in  der  halben 
Höhe  desselben.  Andrerseits  wird,  während  in  der  Ptolemäerzeit 
das  £7üLTL[Jiov  für  den  Contrahenten  fast  immer  um  |  höher  war  als  das 
für  den  König,  hier  in  der  Kaiserzeit  beides  in  gleicher  Höhe  bemessen. 

Zur  Beantwortung  der  Frage,  in  welchen  Fällen  überhaupt 
solche  £7rLTi[Jia  festgesetzt  werden,  bedarf  es  einer  zusammenfassenden 
Behandlung  der  Urkunden,  auf  die  ich  zur  Zeit  verzichten  muss. 


§  164  —  166. 


369 


'Ep-/j[iocpüXa7ias.  Vgl.  §  151  und  200. 

§  165.  ZDYoaTaaioi). 

Vgl.  BGU  337,20  (Ende  des  II.  Jahrh.  n.  Chr.). 

Die  Priester  zahlen  hier  neben  anderen  Abgaben,  die  sie  ein- 
zuziehen und  an  den  l-caTpaTYjYO^  abzuliefern  haben,  auch  i^uyo- 
aiocaloD  xa)[XYj^  Soxvc-aiou  Nrjaou.  Dem  v^uYoaraxyjc^),  dem  „Wage- 
meister", lag  nicht  nur  die  aestimatio  frumenti  (Cod.  Theod. 
14,  26,1),  sondern  auch  die  Prüfung  der  in  Curs  befindlichen 
Münzsorten  ob.  Letzteres  wird  wenigstens  für  die  spätere  Zeit  durch 
einen  Erlass  des  Kaisers  Julian  vom  J.  363  bezeugt.  Vgl.  Cod. 
Theod.  12,  7,2:  Ideoque  placet,  quem  sermo  Graecus  appellat  per 
singulas  eivitates  constitui  zygostaten,  qui  pro  sua  fide  atque  industria 
neqiie  fallat  neque  faUatur,  nt  ad  eins'  arbitrium  atque  ad  eins 
fidem,  si  qua  inter  vendentem  einjytoremque  in  solidis  exorta  fuent 
contentio,  dirimatur.  Die  Parallele,  in  der  im  Papyrus  ^DyGaTaatou 
mit  Tap^xoTTwXwv,  ßa^swv,  Xa^avoTtto^öv,  yvaf^etov  steht,  könnte 
den  Gedanken  nahe  legen,  dass  im  II.  Jahrh.  n.  Chr.  die  Zvgostasie 
noch  nicht  ein  Amt,  sondern  ein  Gewerbe  gewesen,  und  die  vor- 
liegende Abgabe  als  Gewerbesteuer  aufzufassen  sei.  Doch  gebe  ich 
zu,  dass  die  Parallele  nicht  zwingend  ist.  Es  ist  die  Möglichkeit 
offen  zu  lassen,  dass  es  sich  um  Spesen  für  den  ^uyoaiaTTj^  handelt, 
wie  sie  im  11.  Edict  Justinians  behandelt  werden  (a.  559). 

Wer  annimmt,  dass  die  im  Papyrus  a.  a.  O.  genannten  Ge- 
werbe für  den  Tempel  arbeiteten,  müsste  annehmen,  dass  auch  die 
Zygostasie  im  Besitz  des  Tempels  gewesen  wäre,  was  an  und  für 
sich  sehr  gut  denkbar  sein  würde. 

§  166.  ^^jzripd. 

Vgl.  Pap.  Paris.  62  IV  4,  V  19;  63  IV  3  f;  67  II  10  (aus 
Ptolemäerzeit).  BGU  1,2;  Pap.  Leipz.  5,9;  Kenyon,  Catal.  of  addit. 
S.  417  (aus  römischer  Zeit).  —  Vgl.  auch  Grenf.  (II)  XXXIX. 

Dass  die  Aegypter  schon  seit  den  ältesten  Zeiten  (vgl.  die  Fyra- 
midentexte)  ein  Gerstenbier  {hkt)  zu  brauen  und  zu  trinken  verstanden. 


*)  Das  Wort  J^UYoaxaata  begegnet  bei  Grenf.  (II)  XLVI  a  8/9. 
WiLCKEN,  Ostraka.  24 


370 


IV.  KAPITEL. 


lehren  die  einheimischen  Texte. Die  obigen  Urkunden  zeigen  uns, 
dass  dieses  im  Volk  weit  verbreitete  Genussmittel,  l^öd-oq  oder  (^uto? 
genannt,^)  von  den  Ptolemäern  wie  von  den  Kaisern  einer  Steuer 
unterworfen  wurde  (uuir^pa,  seil.  (hvrf).  Lumbroso  (Recherches  S.  305) 
lässt  die  Frage  offen,  ob  diese  Steuer  die  produdion  oder  die 
consommation  treffe.  Ich  glaube,  so  viel  lässt  sich  aus  den  obigen 
Texten  erweisen,  dass  die  Steuer,  was  ja  auch  a  priori  wahrscheinlich 
ist,  jedenfalls  nicht  von  den  Consumenten,  sondern  von  den  Produ- 
centen  erhoben  wurde.  Freilich  ist  dabei  anzunehmen,  dass  die 
Letzteren  den  grössten  Teil  der  Steuer  auf  den  Consumenten 
als  den  Steuerträger  überwälzten,  dass  wir  also  eine  indirecte 
Verbrauchssteuer  im  modernen  Sinne  vor  uns  haben.  Dass  die 
^UT'iTjpa  wirklich  von  den  Bierbrauern  erhoben  wurde,  scheint  mir 
aus  Pap.  Paris.  63  IV  3  zu  folgen.  „Wer  ist  so  thöricht",  sagt  der 
Schreiber,  „dass  er  nicht  einsähe,  dass  auch  zobq  UTZoze.Ae1c,  t'^  T£ 

y.(xz(xpi%'\ieiad'<xi  au[ij3£ßy]X£ Der  Sinn  ist,  diese  bizozekeXq  gehören 
nicht  zu  den  d5i)VaToOvT£c,  im  Sinne  des  Decretes,  sondern  zu  den 
Wohlhabenderen,  die  herangezogen  werden  sollen. 3)  Nun  ist  wohl 
so  viel  klar,  dass  der  bizQze'kyjq  zfi  lyß'urip^  nicht  etwa  der  ist,  der 
Fische  consumirt,  denn  das  thaten  alle  Aegypter,  sondern  der, 
der  Fische  fängt  (vgl.  oben  §  7).  Also  kann  auch  der  bizozeXric,  x'g 
^uxr^pa,  d.  h.  der  für  die  Biersteuer  zu  zahlen  Verpflichtete,  nicht 
der  Consument  sein,  sondern  nur  der  Producent.  Die  Stelle  lehrt 
also,  dass  dieser  ^uxyjpd  die  Bierbrauer  unterworfen  waren. 

Die  anderen  Belegstellen  sind  von  geringerer  Bedeutung.  Aus 
Pap.  Par.  62.  V  19  erfahren  wir,  dass  die  Biersteuer  damals 
(II.  Jahrh.  v.  Chr.)  r,pbc,  )(aXx6v  b6vo[Jiov  verpachtet  war,  d.  h.  in 
Kupfer  ohne  Agio  zu  zahlen  war  (vgl.  Kap.  X).  —  In  demselben 
Papyrus  IV  4  steht  die  merkwürdige  Bestimmung,  dass  die  Pächter 


^)  Vgl.  Wiedemann,  Herodot  II,  S.  327.  Varges,  de  statu  Aeg.  prov. 
Rom.  S.  72. 

^)  Vgl.  Wessely,  Zythos  und  Zythera  (XIII.  Jahresb.  K.  K.  Staatsgym.  in 
Hernais  1887). 

^)  Das  Gegenteil  folgert  Lumbroso,  E,echerches  S.  92  (danach  Wessely 
a.  a.  O.  S.  42),  —  nicht  mit  Eecht,  Avie  mir  scheint.  Die  Aufzählung  der 
döuvaxouvTSg  beginnt  mit  dem  nächsten  Satz;  [K]at  xoug  ■KXeioxoug  Ss  xwv  — 
Xacöv.    Vgl.  Z.  131  f:  xwv  ii[svj  xaiXa'.itwpwv  Xaöv  xxX. 


§166.    DIE  BIERSTEUER. 


371 


der  ^'JTy;pa  —  und  zwar  nur  dieser  Steuer  —  für  ihre  cc^OLr^o^od. 
den  Monat  im  Winterhalbjahr  zu  35  Tagen,  im  Sommerhalbjahr  zu 
25  Tagen  rechnen  sollten.  Lumbroso  (Recherches  S.  306)  meint, 
das  hänge  damit  zusammen,  dass  der  Consum  im  Sommer  ein 
grösserer  sei.^)  Ich  kann  an  diese  Erklärung  nicht  glauben,  weiss 
aber  keine  andere  vorzuschlagen.  —  Die  Schlussfolgerungen,  die 
Wesselv  a.  a.  O.  S.  41  aus  Pap.  Paris.  67  II  10  gezogen  hat,  fallen 
mit  der  falschen  Ergänzung  Brunet  de  Presle's  von  Z.  9,  die  er 
übernommen  hat.  "Wessely  liest  (i)V£L[a)v].  verbindet  es  mit  dem 
^DTTjpa^  der  nächsten  Zeile  und  übersetzt:  Steuern  bei  Verkäufen 
von  Bier  und  spricht  daher  S.  42  von  der  Steuer  der  Bierver- 
käufer. IN'atürlich  hat  es  eine  solche  gegeben,  die  wird  aber  xb 
J^UTOTTwXixov  geheissen  haben.  2)  In  dem  Parisinus  ist  vielmehr  a)v 
£[ia]:v  statt  (!)V£i[(i)v]  zu  lesen,  wie  ich  schon  öfter  hervorhob,  womit 
einfach  die  Spezialisirung  der  vorhergehenden  Gesammtsummen  ein- 
geleitet ist.  Der  Papyrus  lehrt  also  nichts  weiter,  als  dass  in  der 
betreffenden  Ortschaft  für  den  betreffenden  Zeitraum  45  Talente 
5100  Dr.  (sie)  ftir  die  ^'Jir^pa  gebucht  werden.  In  welchem  Sinne 
diese  Buchung  geschieht,  ist  nicht  ganz  klar.^)  —  Wenn  die  Sokno- 
paiospriester  unter  ihren  Ausgaben  uTtsp  ^uir^pa?  Soxvo7:atoi)  NiQaoi) 
220  Drachmen  notiren  (BGU  1,2),  so  können  wir  schwanken,  ob 
die  Priester  als  Bierbrauer  diese  Abgabe  zahlen,  was  möglich 
wäre  —  sie  würden  dann  wohl  die  ältesten  nachweisbaren  Vorläufer 
der  mittelalterlichen  Klosterbrauereien  sein  —  oder  aber,  ob  auch 
hier,  wie  mehrfach  (vgl.  BGU  337),  die  Priester  nur  von  der  Abführung 
einer  Steuer  sprechen,  die  sie  vorher  in  dem  ihrem  Gotte  gehörigen 
Dorfe  eingezogen  haben.  Für  letztere  Auffassung  könnte  der  Zusatz 
2oxvo7:aLOU  NVjaou  sprechen.  —  Aus  dem  Leipziger  Fragment  ist 
nichts  Besonderes  zu  entnehmen.^) 


Danach  wiederholt  bei  Wessely,  a.  a.  O.  S.  43. 

Der  Bierverkäufer  hiess  ^UTOTrwXr^g.    Eine  Bierverkäuferin  (^UTÖTMoXif) 
in  BGU  38,18. 

^)  Ich  las  den  Anfang  der  Columne  am  Original  folgend e rm assen : 
'EXäoaw  r;  ;///////  a  ///////  r<v  -ccö  iß  L. 

5'.a  Tag  7ipo5e5TjXü)[JL[dva{  a]h{ag  [§]xTcg  xwv  jAr^Tzo)  8'.ü)ixr^|i^vo)v  xaO-ö-'. 
Y[epYa7ix]a:. 

*)  "Wessely's  Betrachtungen  S.  41/2  schweben  völlig  in  der  Luft.  Er 
ergänzt  in  der  Lücke  ohne  jeden  Grund  TtoXstoj  und  versichert  daraufhin  (S.  42\ 

24* 


372 


ly.  KAPITEL. 


Dagegen  fällt  ein  ganz  neues  Licht  auf  die  schwebenden  Fragen 
durch  einen  soeben  von  Grenfell  und  Hunt  publicirten  Papyrus  des 
British  Museum,  aus  dem  I.  Jahrh.  v.  Chr.  Vgl.  Grenf.  (II)  XXXIX. 
Es  sind  12  mehr  oder  weniger  verstümmelte,  aber  einander  ganz 
analoge  und  daher  sich  gegenseitig  ergänzende  Steuerquittungen, 
von  denen  die  Herausgeber  nur  die  erste  in  vollständigem  Text 
mitgeteilt  haben.    Sie  lautet: 

Wa[ji[JLyjTLXO(;  Ilaacwv  (1.  IlaaicovO 
xal  ^svO-so)?  (1.  Ssv^sT)  t^uzoizoiolq 
Xa:p£LV.    'ATc(£))(a)  tov 
[9]6pov  [toö  <I>a(I)]cp[L  yQocXxou 
[TaXa]v[Ta  Tievie  e. 

["Eto'j?  ß  <I>aü)cpL]  T;. 

Hiernach  haben  zwei  Bierbrauer,  die  offenbar  associirt  sind 
und  eine  Firma  repräsentiren,  für  den  Monat  Phaophi,  und  ebenso 
nach  den  anderen  Quittungen  für  jeden  anderen  Monat  des  Jahres, 
5  Kupfertalente  als  (^opoQ  gezahlt.  Das  macht  im  Jahre  60  Kupfer- 
talente. Wie  ist  nun  dieser  <^6poc,  aufzufassen?  Ist  er  die  Gewerbe- 
steuer, die  die  ^uzoTZOiol  für  die  Ausübung  ihres  Gewerbes  zu  zahlen 
hatten?  Bei  der  enormen  Höhe  dieser  Steuer  scheint  mir  das  nach 
dem  in  §  135  Gesagten  kaum  möglich.  Jedenfalls  würde,  da 
innerhalb  des  Gewerbes  die  Summen  gleich  hoch  waren,  die 
Existenz  kleinerer  Bierbrauereien  damit  völlig  ausgeschlossen  sein, 
und  wir  würden  nur  mit  Grossbetrieben  zu  rechnen  haben.  Auch 
will  mir  der  Ausdruck  ^opoq  schlecht  zu  dieser  Deutung  passen, 
da  sonst  von  teXoc,  in  den  Gew^erbesteuerquittungen  die  Rede  ist. 
Vgl.  §  135.  Somit  bliebe  die  andere  Möglichkeit,  in  diesem  ^opoc, 
eine  Ertragssteuer  zu  sehen,  die  wohl  gemäss  der  Deklaration  im 
speziellen  Falle  nach  einem  uns  nicht  bekannten  Satze  für  den  Monat 
berechnet  wäre.  Eine  Brauerei,  die  im  Jahre  60  Talente  allein 
an  Ertragssteuer  zahlt,  muss,  wenn  uns  auch  Vergleichungspunkte 
fehlen,  ganz  kolossale  Geschäfte  gemacht  haben.  Warum  sollen 
wir  durch  die  vorliegenden  Quittungen  in  der  Firma  „Pasion  und 


dass  die  Steuer  namentlich  in  der  Stadt  vorgekommen  sei.  Es  ist  vielmehr  zu 
lesen  und  zu  ergänzen:  "Eoxiv  xa  §oaYp(acp£VTa)  inl  xyjv  [Sr;|jLOaiav?  xpccTis^av  xxX. 
Auch  die  Lesung  S'.a  ^r^x[?YjX(i)v  hinter  ^uxYjpag  halte  ich  für  falsch. 


§  166  —  168. 


373 


Sentheus"  nicht  zufällig  einen  faijümischen  Sedlmayr  des  I.  Jahrh, 
V.  Chr.  kennen  lernen? 

Ist  nun  dieser  cpopog  der  ZpzoTZOioi  identisch  mit  unserer  ^uxyjpa? 
Die  Herausgeber  nehmen  es  an,  wenn  sie  vom  Psammetichos  sagen 
probably  the  fcmner  of  the  ^vrtjQo.  or  beer-tax.  Nachdem  wir  oben 
gesehen  haben,  dass  auch  die  ^uxr/pa  von  den  ^uxOTüOLOt  aufzubringen 
war,  werden  wir  uns  dieser  Entscheidung  nur  anschliessen  können. 

Es  sei  nur  noch  hinzugefügt,  dass  die  OTYjpa  in  der  Kaiserzeit 
nicht  mehr  verpachtet  wurde.  Der  noch  unpublicirte  Pap.  Lond. 
CCLV  Tvgl.  Kenyon,  Cat.  of  addit.  S.  417)  zeigt,  dass  diese  Abgabe 
im  Dorfe  Karanis  von  den  TrpsaßiJTepOL  des  Dorfes  eingezogen  wurde. 

§  167.  ^ipoc,  ysvwv  CcoYpacp'.xwv. 

Vgl.  BGü  10,11;  25,16;  199  Verso  4;  277  I  13;  652,12, 
aus  der  Kaiserzeit. 

Die  yiYTj  Ctoypacpixa  sind  den  y^vr^  aXieuTixa  in  BGU  277,  1 
correlat.  Mit  Mommsen  werden  wir  jene  als  Malerwaren,  sowie 
diese  als  Fischerwaren  aufzufassen  haben.  Der  Sinn  der  Abgabe 
bleibt  mir  noch  dunkel.  —  Die  Urkunden  stammen  aus  Dörfern 
des  Faijüm  und  bezeugen  somit  die  Existenz  von  Malern  (^(oypatpot) 
in  diesen  Dörfern.  Unwillkürlich  denken  wir  dabei  an  die  be- 
kannten „hellenistischen  Porträts",  die  meist  solchen  Dorfmalern  ihr 
Dasein  verdanken. 

§  168.  To  *£wpix6v. 

Im  Pap.  Berl.  Eibl.  23,10  (Anfang  des  III.  Jahrh.  n.  Chr.) 
findet  sich  der  Posten:  y  [ilpoD?  ^  [.  .].  Die  Auflösung  von 
•ö-eüJ  scheint  mir  ein  Berliner  Papyrus  (III.  Jahrh.  n.  Chr.)  an  die 
Hand  zu  geben,  den  ich  früher,  mit  der  vorläufigen  Signatur  Inv. 
VII  1658,  flüchtig  copirt  habe.  Ich  las  daselbst  nach  der  ver- 
stümmelten Adresse  an  die  Trapeziten:  A'.lypa'-J^a  ^7:1  TfjV  hr^\Loa[^ay'] 
TpscTie^av  de,  dtpiO-iiyjaiv  |Ji[r^vö;]  OwO-  toO  IveaxöTO?  UTzkp 
Xoyou  TptTwv  ^£(i)pixü)v  [.].  a  (?)  y^[i£pö)v  Sexa  twv  öltzö  x  §ü)^ 
X  Toö  a'JT(oO)  [ßS]'  ^PY'^P''^^  ^  P  •  •    ^^^^^  werden  hiernach  auch 


Vgl.  hierzu  meine  Bemerkungen  im  Archaeol.  Anzeig.  1889.  S.  4. 


374 


IV.  KAPITEL. 


in  dem  ersten  Papyrus  zpiiou  [Jtlpou^  '8'£w(pr/w(i)v)  lesen.  Das  -ö-sw- 
pizov  als  Abgabe  kann  wohl  nur  ein  Beitrag  zur  O-stopLa,  zum 
Schauspiel,  zum  Festspiel  sein.  Zumal  im  ersten  Papyrus  vorher 
von  Tempelabgaben  die  Rede  ist  —  vgl.  Z.  8  apyjispiidc,  ^  xq  und 
Z.  9  LSpwv  aT£:p(av  .  .)  y^p^i^  •  •)  —  werden  wir  hier  wohl  an  religiöse 
Feste  zu  denken  haben.  Dieses  'ö'SWpczov,  zu  dem  die  Bevölkerung 
herangezogen  wurde,  ist  also  völlig  verschieden  von  dem  athenischen 
'9'£ü)pix6v,  jener  Spende,  die  das  Volk  seit  Perikles  erhielt. 

Nicht  ganz  zweifellos  ist,  wie  das  y  \^^poq  aufzufassen  ist.  Der 
zweite  Text  könnte  es  nahelegen,  das  Drittel  damit  in  Verbindung 
zu  bringen,  dass  die  Zahlung  hier  für  ein  Drittel  des  Monats 
(10  Tage)  erfolgt.  Ich  denke  aber,  wir  haben  es  hier  eher  zufallig 
mit  einem  zehntägigen  Fest  zu  thun  (Sia?).  Wenn  die  Abgabe  also 
als  „das  Drittel  von  den  Theorika"  bezeichnet  wird,  so  wird  eben 
nur  ^  von  den  Schaugeldern  von  der  Bevölkerung  durch  diese 
Steuer  aufgebracht  sein.  Möglich,  dass  die  anderen  zwei  Drittel 
von  den  respectiven  Tempelkassen  zu  übernehmen  waren. 

§  169.   Tiloq  ^olwv. 

Diese  Lesung  habe  ich,  gestützt  auf  Pap.  Lond.  CCCXLVII 
(Pal.  Soc.  II  PI.  185),  in  BGU  199  Verso  1  und  danach  in  337,11 
statt  des  tsXoc  ^uglwv  der  editio  princeps  hergestellt.  Mit  der  Be- 
deutung von  1^  -ö-uca  als  „Mörser"  wird  hier  nichts  anzufangen  sein. 
Vielmehr  wird  man  an  den  -ö-uca  oder  -ö-ua  genannten,  im  ganzen 
Altertum  hoch  geschätzten  und  hoch  bewerteten  afrikanischen  Baum 
zu  denken  haben,  der  nach  Plinius  h.  n.  XIII  16,  102  in  der 
Ammonsoase  und  dem  Hinterlande  der  Cyrenaica  besonders  schön 
gedieh.  Wir  werden  also  ziXoc,  d-uiibv  als  eine  Abgabe  für  Thya- 
bäume  oder  Thyahölzer  aufzufassen  haben.  In  337  und  im  Lon- 
doner Text  sind  die  Priester  von  Soknopaiu  Nesos  die  Zahler.  Das 

in  337  darauf  folgende  eXocio\)p^i[  ]  weiss  ich  nicht  zu 

ergänzen,  und  so  bleibt  mir  die  Bedeutung  der  Abgabe  unklar. 
Das  Nächstliegende  wäre,  an  einen  Einfuhrzoll  i)  zu  denken,  der  auf 
diesen  in  Aegypten  offenbar  nicht  heimischen  Baum  gelegt  wäre. 
Dass  man  gerade  in  Soknopaiu  Nesos  solchen  Einfuhrzoll  zahlte, 


^)  Lumbroso,  Recherches  S.  312,  wies  schon  darauf  hin,  dass  die  Ptolemäer 
wahrscheinlich  einen  hohen  Ausfuhrzoll  auf  das  Thyaholz  gelegt  haben. 


§  168  —  170. 


375 


würde  zu  seiner  Lage  gut  passen.  Dieses  Dorf  (Dimeh)  lag  am  Rande 
der  Wüste  und  stand  mit  der  Heimat  des  Thyabaumes  im  Kara- 
wanenverkehr  (vgl.  oben  §  151).  Andrerseits  ist  zu  bedenken,  dass 
diese  Abgabe  uns  als  eine  ordentliche,  für  das  ganze  Jahr  erhobene 
entgegentritt.  Denn  im  Londinensis  heisst  es:  TiXouq  -ö-uiöv 
(=  200/1  n.  Chr.). 

§  170.  To  laxpixöv. 

Vgl.  Petr.  Pap.  (II)  S.  36  und  XXXIX  e  (III.  Jahrh.  v.  Chr.). 

Die  „Aerztesteuer",  die  uns  in  Aegypten  hier  zum  ersten  Mal^) 
begegnet,  wird  in  den  vorliegenden  Fällen  in  Getreide  erhoben  und 
beträgt  für  die  Person  und  für's  Jahr  2  Artaben  Weizen.  Doch 
ist  zu  bedenken,  dass  die  Steuerzahler  in  den  obigen  Urkunden 
alle  derselben  Gesellschaftsklasse  angehören:  es  sind  griechische 
Militärcolonisten.  Man  kann  also  Bedenken  tragen,  jene  Summe 
als  die  regelmässig  für  den  Kopf  erhobene  zu  betrachten,  und  wird 
die  Möglichkeit  offen  lassen,  dass  die  verschiedenen  Klassen  in  ver- 
schiedener Höhe  herangezogen  wurden. 

Die  Erklärung  für  diese  merkwürdige  Steuer  finde  ich  bei 
Diod.  I  82:  Kaxa  Bs  zaq  axpocxziac,  xal  locq  ItwI  ty)?  X^P^?  £x5y]- 

O-cpaT^suGViat  TiavTsg  ou8£va  [iiaO-öv  IhiT,  5c56vt£^*  cl  yap  laxpol 
xa^  (Jiev  Tpo^a?  Iz  toö  xotvoO  Xaji-ßavoua'..  Diese  Worte  finden 
ihrerseits  wieder  die  schönste  Ergänzung  durch  die  obigen  Urkunden. 
Die  Aerzte  empfingen  ihren  Lebensunterhalt  von  der  Gemeinde, 
sagt  Diodor;  aber  die  Gemeinde,  so  können  wir  jetzt  fortfahren, 
erhob  zu  diesem  Zweck  eine  jährlich  normirte  Aerztesteuer  von  den 
Gemeindemitgliedem.  Das  Diodorische  Tpo^a^  stimmt  gut  zu  der 
Naturalabgabe  unserer  Texte.  Es  scheint  übrigens,  als  ob  auch 
Diodor  von  dieser  Aerztesteuer  gewusst  habe,  denn  darauf  deuten 
wohl  seine  Beschränkungen  der  kostenlosen  Behandlung  auf  xaxd 
Ta?  axpaieia^  xal  zoo;  ird  xfiC,  X^P^?  ^x5yj{Jicac.  War  man  als 
Soldat  oder  auch  als  Privatmann  innerhalb  Aegyptens  auf  der  Reise, 

Bezeugt  ist  sie,  gleichfalls  als  iaxp'.xöv,  für  Delphi  (Rev.  Archeol.  1880 
XXXIX  S.  241  f.)  und  Teos  (Athen.  Milteil.  XVI  1891  S.  292).  Th.  Reinach 
hat  in  der  Inschrift  von  Cos  (Rev.  Etud.  Grecq.  IV  S.  371)  die  Abgabe  xoö  Xaxp'.xoö 
vermutungsweise  in  toö  taxptxoö  zu  verändern  vorgeschlagen.  Da  der  Stein  nach 
der  Publication  ein  deutliches  A  zeigt,  wird  man  an  Xaxp'.xou  festzuhalten  haben. 


376 


IV.  KAPITEL. 


und  wurde  man  in  einem  fremden  Orte  krank,  so  wurde  man  von 
den  dortigen  Aerzten  kostenfrei  behandelt,  da  diese  schon  von  ihrer 
Gemeinde  unterhalten  wurden.  Damit  ist  stillschweigend  angedeutet, 
dass  man  in  seiner  eigenen  Gemeinde  doch  Itlcc  etwas  geben  müsse 

—  nämlich  das  laxpr/.ov.  Andrerseits  folgt  aus  Diodor's  Worten, 
dass  die  Aerzte  weder  von  den  Gemeindegenossen,  noch  von  den 
durchreisenden  Patienten  (im  Besonderen  auch  vom  Militär)  im 
einzelnen  Falle  eine  Honorirung  erhielten. 

Da  die  aegyptischen  Aerzte  hiernach  vom  Staate  ihren  Lebens- 
unterhalt bezogen,  so  müssen  wir  sie  als  staatliche  Organe  auffassen. 
Daraus  erklärt  sich  vielleicht  auch,  dass  sie  so  streng  an  die  Be- 
obachtung der  vorgeschriebenen  Medicinal -Verordnungen  gebunden 
waren.  Vgl.  ausser  Diodor  a.a.O.  ^)  auch  Aristot.  Politik  III  15, 1286a,12: 
xat  TCü)?  £V  AcyuTCTO)  |JL£Ta  TY]V  Tpir/piepov  xlveTv  e^eaxi  zolq  loLzpoiq, 
eav  Se  Tipoxepov,  inl  tw  aöxoO  xlvSuvo).  —  In  der  Kaiserzeit  wird 
sich  kaum  etwas  in  diesen  Verhältnissen  geändert  haben.  Ein  soeben 
von  mir  herausgegebener  Text  aus  dem  J.  130  n.  Chr.  (BGU  647) 
zeigt  uns,  wie  in  einem  einzelnen  Falle  ein  Arzt  zur  Ausübung  seines 
Berufes  wie  ein  Beamter  zu  einer  Amtshandlung  aufgefordert  wird. 
Einem  gcAvissen  G.  Minucius  Valerianus,  £)((0V  tö  locxpzXov  Iv  %(h\iri 
KapavtSi,  war  von  dem  bizripixrjq  (wohl  des  Strategen)  anbefohlen 
worden  (TraprjVyeXyj),  er  solle  den  Zustand  eines  gewissen  Mystharion 

—  der  eine  Schlägerei  gehabt  zu  haben  scheint  —  untersuchen. 
Der  Arzt  giebt  nun  in  der  uns  vorliegenden  Urkunde,  unter  dem 
Schwur  bei  der  Tuy^r/  des  Kaisers,  zu  Protokoll,  dass  er  daraufhin 
am  fünften  Tage  nach  der  Schlägerei  die  Wunde,  oberhalb  der 
linken  Schläfe,  untersucht  —  es  fanden  sich  kleine  Steinchen  darin  — 
und  behandelt  habe.  Selbstverständlich  wird  man  diesen  Fall  nicht 
dahin  verallgemeinern  dürfen,  dass  etwa  in  jedem  Einzelfalle  die 
staatlichen  Behörden  den  Arzt  zur  Ausübung  seines  Berufes  aufzu- 
fordern hatten.  Da  wären  wohl  die  meisten  gestorben,  ehe  die 
ärztliche  Hilfe  gekommen  wäre.  Vielmehr  wird  die  Aufforderung 
in  dem  vorliegenden  Fall  wahrscheinlich  damit  zusammenhängen, 
dass  die  Schlägerei  wohl  ein  gerichtliches  Nachspiel  hatte  und  daher 
ein  ärztliches  Gutachten  eingeholt  w^erden  musste.    Immerhin  lernen 


^)  Tag  Ss  O-spaTisiag  Tipocayoua'.  xaxa  vöijlov  By^poccpov,  bnö  tioXXwv  xal 
6£5ogaa|x£V(i)v  iaxpwv  öcpxaicDv  ouYyBYp(x\i\iivov. 


§  170—172. 


377 


wir  daraus,  dass  in  solchen  Fällen  der  Arzt  ohne  weiteres  den  An- 
ordnungen der  Behörde  zu  folgen  hatte. 

Der  Staat,  der  die  Salarirung  der  Aerzte  übernommen  hatte, 
wird  auch  darüber  gewacht  haben,  dass  die  Spezialisirung  der  Fächer, 
wie  sie  seit  alters  bestand,  eingehalten  wurde.  Ohne  staatlichen  Zwang 
wäre  kaum  zu  verstehen,  dass  es  in  Aegypten  in  der  Praxis  that- 
sächlich  nur  Spezialisten  gab.  Bekannt  sind  die  Worte  Herodot's 
(II  84):  bh  ixzp'.y.y]  y.7.zoc  ziZe  acf.  oeoaaia'/  [i.'.r^q  vouaou  exaaToc 
Ir^xpoq  eoTc  xal  ou  ttXeovcov.  Ilavxa  S'  ir^xpöv  saii  TzXioc'  ol  (xev 
yap  ö^-ö-aXiJLtüv  lr^xpol  y.aTeaxaa:,  oi  tk  ze^aXfj^,  oi  6s  oSovtwv, 
Ol  hk  Twv  y.aia  */ir^5'jv,  ol  he  töv  d^avswv  vouawv.  Auch  jener 
Berliner  Papyrus  bietet  einen  neuen  Beleg  dafür.  Denn  wenn  der 
Arzt  seine  Behandlung  mit  dem  merkwürdigen  Compositum  Tpau|ia- 
<TO^£>pa7:£6£LV  ausdrückt,  so  thut  er  es  gewiss,  weil  er  den  Titel 
eines  Tpaü[iaTO'8'£pa7w£'Jxyi^,  eines  „Wundarztes",  geführt  hat.  Vgl. 
auch  den  laxpoxa'jaryj^,  „den  Spezialisten  für  Brennen",  den  ich  im 
Pap.  Lond.  XLIII  nachgewiesen  habe  (vgl.  Gött.  G.  A.  1894.  S.  725). 

§  171.   rizkp  ISpcLOU. 

In  einem  kleinen  Fragment  des  Petrie  Papyri  aus  dem  III.  Jahrh. 
y.  Chr.  (Mahaffy,  II  S.  37  d)  wird  neben  mehreren  Steuereingängen 
auch  folgender  Posten  notirt:  L£p£io'j  y.^,  d.  h.  „für  ein  Opfertier 
(izpBiov)  20  Dr.  3.  Obolen",  Der  Zusammenhang  zeigt,  dass  auch 
dies  als  ein  Steuereingang  zu  betrachten  ist.  Die  Yergleichung  mit 
§  188  und  201  lehrt  uns,  dass  diese  Opfertiersteuer  yon  den  Priestern 
zu  zahlen  war,  die  das  Opfer  vollzogen. 

Im  Petr.  Pap.  XXXEXd,  20  ff.  findet  sich  zweimal  der  Posten 
i£p£Lü)L  X  ^-  ^-  »fiii'  eiii  Opfertier  4  Choiniken  (Gerste)".  Hier 
wird  es  sich  kaum  um  eine  Steuer  handeln  (vgl.  Dativ). 

§  172.  To  ijiaxioTiwXtxov. 

Im  Pap,  Leipz.  5,7  wird  neben  anderen  Steuern,  die  in  Memphis 
(III.  Jahrh.  n.  Chr.)  eingingen,  auch  das  ?|iaTC07iü)Xtx(dv)  erwähnt. 
Vgl.  oben  §  121.  Mit  dieser  „Kleiderhändlersteuer"  ist  die  Gewerbe- 
steuer bezeichnet,  die  die  L|iaxL07:(I)XaL  für  die  Ausübung  ihres  Ge- 
werbes zu  zahlen  hatten.    Vgl.  §  135. 


378 


IV.  KAPITEL. 


§  173.     ^OpOC,  LTITTCDV. 

Im  Petr.  Pap.  (II)  XXXIXe  (5)  2  wird  von  einem  Militär- 
colonisten  des  Faijüm  (III.  Jahrh.  v.  Chr.)  ein  ^opo^  Itctüwv  erhoben, 
und  zwar  in  Geld.  Diese  „Pferdesteuer"  kann  wohl  nur  denjenigen 
auferlegt  gewesen  sein,  die  Pferde  besassen^),  wie  der  <:p6poc,  npo- 
ßdcTWV  die  Besitzer  von  Kleinvieh  traf.  Wir  haben  also  eine  Ver- 
mögenssteuer vor  uns.  2) 

§  174.  TelzG\L(x  xaiJLr^Xwv. 

Für  mehrere  Faijümdörfer  belegt  durch  BGU  41,10;  219,5; 
461,4;  521,5;  654,6;  Grenf  (II)  XLVIII,  LH  7,  alle  aus  dem 
II/III.  Jahrh.  n.  Chr. 

Diese  Steuer  —  einmal  als  ziXoq  bezeichnet  (Grenf.  XLVIII) 
—  wurde  von  denjenigen  erhoben,  die  Kamele  besassen.  Es  ist 
also  eine  Vermögenssteuer  wie  die  vorhergehende  Abgabe.  Wir 
konnten  schon  bei  der  Schafsteuer  (§  102)  nachweisen,  dass  für  das 
Stück  ein  bestimmter  Satz  auferlegt  war.  Dass  auch  die  „Kamel- 
steuer" in  derselben  Weise  aufgelegt  wurde,  zeigt  jetzt  Pap.  Grenf.  (II) 
LH,  wo  es  heisst:  xeXeaixaTo^  l  xa(jLYjX(o)v)  —  ^  el'xoa:.  Die  Heraus- 
geber haben  mit  Recht  daraus  geschlossen,  dass  für  jedes  Kamel 
2  Drachmen  zu  zahlen  war.  Die  Vergleichung  mit  XLVIII  spricht 
vielleicht  dafür,  dass  dieser  Satz  für  den  Monat  galt. 

§  175.  '0  xavwv. 

Das  Wort  zavwv  (canon)  ist  für  die  nachdiocletianische  Zeit 
namentlich  aus  den  juristischen  Quellen  als  eine  allgemeine  Bezeich- 
nung für  die  ordentlichen  Abgaben  bekannt  genug.  Hier  sei  nur 
hervorgehoben,  dass  das  Wort  in  dieser  Bedeutung  auch  in  den  aegyp- 
tischen  Urkunden  dieser  späten  Zeit  vielfach  begegnet.  Vgl.  z.  B.  Pap. 

1)  In  dem  Testament  Petr.  Pap.  (I)  XI  10  (III.  Jahrh.  v.  Chr.)  vermacht 
ein  Militärcolonist  seinem  Sohne  sein  Pferd. 

Diese  Pferdesteuer,  Rindersteuer  u.  s.  w.  entspricht  der  auf  Cos  er- 
hobenen Abgabe  von  den  xsxpauöSwv.  Th.  Reinach  (Rev.  Etud.  Grec.  IV.  S.  368) 
sieht  mit  Unrecht  darin  eine  Abgabe  sur  la  vente  des  quadrtqyldes]  vielmehr 
wird  auch  dies  eine  Vermögenssteuer  sein.  Auch  die  Abgabe  für  die  imzoivLf], 
die  für  Kyzikos  belegt  ist  (Dittenberger  Nr.  312),  hat  nichts  hiermit  zu  thun. 
Diese  Steuer  traf  vielmehr  die  Käufer  von  Pferden. 


§  173  —  177. 


379 


Lond.  XCIX  (Kenvon  S.  158  ff),  wo  der  xavwv  als  ordentliche 
Abgabe  regelmässig  von  dem  Zuschlag,  dem  7:pc;'9'(£[ia)  (vgl.  §  104) 
unterschieden  wird.  Vgl.  auch  Grenf.  (II)  LXXX,  14;  LXXXI,  14; 
XCV,  2;  Pap.  Lond.  CCXXXIV  (Pal.  Soc.  IL  PI.  188),  aus  der 
Mitte  des  4.  Jahrhunderts  n.  Chr.:  zlq  xf^v  dTiaixr^aiv  twv  5£a7:o-u'.xü)V 
xav6vü)V.  Kamentlich  in  den  Steuerquittungen  der  byzantinischen 
Zeit  begegnet  das  Wort  ungemein  häufig,  meist  in  der  Verbindung: 
„für  den  ersten  resp.  zweiten  oder  dritten  Kanon  der  so  und  so  vielten 
Indiction".  Vgl.  meine  „Tafeln  z.  ält.  griech.  Pal."  XXc  2,  wo  xoö 
f  (TpLTOi))  xav(6v05)  zu  lesen  ist^),  nicht  toO  äy(iG\j)  y.<xy(^6'^oc,)j 
wie  ich  zuerst  vorschlug.  Zahlreiche  Beispiele  ferner  bei  Wessely, 
Denkschr.  Ak.  Wien  1889,  S.  218  ff. 

§  176.  To  ywaTaywY^ov. 

Im  Pap.  Par.  62  V  17,  aus  dem  IL  Jahrh.  v.  Chr.  (vgl.  Grenf. 
Kev.  Pap.  S.  179)  wird  für  die  Zahlungen  izpbc,  apyupcov  (vgl. 
Kap.  X)  und  für  die  ^unr^pa  unter  anderem  eine  Zuschlags- 
zahlung unter  dem  IN'amen  xaTaycoy^ov  gefordert,  im  Betrage  von 
3  Obolen,  beziehungsweise  2  Drachmen  für  die  Mine.  Das  xaTaytoyiov 
muss  für  die  xaiaY^yY]  gezahlt  sein,  d.  h.  hier  für  den  Transport 
(stromabwärts)  der  eingegangenen  Kupfermassen,  wie  Revillout 
richtig  sagt  pour  les  frais  de  traiisport  du  cuivre,  metal  assez  hurd 
(Proceed.  Soc.  Bibl.  Arch.  XIV  S.  127).  Es  fragt  sich  nur, 
wohin  die  zaTaytOYi^  führte?  Ist  an  die  Abführung  der  in  den 
Gaukassen  eingegangenen  Gelder  an  die  Regierungs- Hauptkasse  in 
Alexandrien  zu  denken?  Der  Ausdruck  xaTaytoycov  spricht  für 
diese  Auffassung,  denn  wenn  es  sich  nur  um  den  Transport  aus 
den  Dorfkassen  in  die  Metropolkasse  handelte,  so  würde  in  vielen 
Fällen  ein  dvaywytov  zu  erwarten  sein. 

TiXoc,  xaxaXox^cjjiwv.    Vgl.  §  140. 

§  177.  TTisp  y.aToixwv. 

In  BGU  579  (vom  J.  263  n.  Chr.)  quittiren  die  SexaTiptoxo: 
über  den  Empfang  von  20  Artaben  Weizen,  die  ö^ep  xaioixwv 
'/.(h\^r^c,  ^'evupswg  eingegangen  sind.    Vielleicht  war  eine  genauere 

^)  So  auch  Wessely,  XXII.  Jahrb.  K.  K.  Staatsgj  m.  III.  Bez.  Wien  1801.  S.  16. 


380 


lY.  KAPITEL. 


Charakterisirung  der  Abgabe  in  den  voraufgehenden  verstümmelten 
Worten  [  ].  inBixi\iiyoic,  (=  ini7.ei\iivoiq)  gegeben.  Jeden- 
falls kann  nicht  eine  Abgabe  gemeint  sein,  die  etwa  zum  Besten  der 
xoLZOixoi  von  Anderen  gezahlt  war,  sondern  nur  eine  solche,  die 
von  den  xaiocxoL  selbst  aufzubringen  war.  Eine  andere  Urkunde 
legt  den  Gedanken  nahe,  dass  wir  es  hier  einfach  mit  der  Grund- 
steuer der  Katoeken  zu  thun  haben,  die  nur  besonders  gebucht 
wurde  wegen  der  besonderen  Stellung  der  Katoeken  (s.  oben  S.  241). 
In  BGU  64  quittiren  nämlich  die  Sitologen  über  den  Eingang  von 
87  J  Artaben  Weizen.  Darauf  folgt  die  Spezialisirung  der  Summe: 
von  den  6r;((x6Tat),  wenn  meine  Ergänzung  der  Stelle  richtig  ist, 
sind  68  Artaben  eingegangen,  von  den  %a,xoiy.oi  19^ ;  macht  in 
Summa  87 1.  Mag  man  das  Syj  in  hy]\i6aioi  oder  SyjjJioTat  auflösen, 
jedenfalls  scheint  damit  der  andere  Bestandteil  der  Bevölkerung 
bezeichnet  zu  sein,  der  den  privilegirten  nazoixoi  gegenüberstand. 
Hier  handelt  es  sich  nun  offenbar  um  die  Grundsteuer,  und  so 
könnte  man  sie  auch  in  dem  obigen  Text  wiederfinden.  Leider 
verhindert  die  Lücke  die  Sicherheit  der  Auffassung. 

§  178.  KtapßaaaLg. 

In  BGU  10,3  wird  parallel  anderen  Steuerobjecten  Kcapßaaat^ 
genannt,  -ebenso  in  BGU  277  I  7  Kepßagt?.  Ich  glaube,  dass  an 
beiden  Stellen  dieselbe  Sache  gemeint  ist.  Das  Schwanken  in  der 
Orthographie  legt  den  Gedanken  nahe,  dass  wir  es  mit  einem  fremden, 
in  Aegypten  nicht  heimischen  Worte  zu  thun  haben.  Ist  es  etwa  mit 
xapTiaaOi;,  carbasus  ^)  zusammen  zu  bringen  ? 

§  179.  TTisp  xX7]po6)(wv. 

Im  Pap.  Lond.  CCXVII  (vom  J.  213  n.  Chr.)  quittiren  die 
Sitologen  über  Getreidelieferungen  uTzkp  xXY]po6)(a)v.  Diese  Abgabe 
wird  analog  der  oben  in  §  177  besprochenen  unep  xaxoLXWV  als 
Grundsteuer  der  Kleruchen  zu  deuten  sein.  Danach  möchte  ich  in 
BGU  61,9  auch  xXyjpou)(ü)v  lesen,  statt  des  xXY]poi))(ü)v  der  editio 
princeps. 

^)  Big.  39,  4,  16,  7  werden  vela  tincta  carbasea  unter  den  species  perti- 
nentes  ad  vectigal  aufgeführt. 


§  177  —  182. 


381 


§  180.  KoU'j^G'j. 

Bei  Grenf.  (II)  LXV  (n,III.  Jahrh.  n.  Chr.)  wird  ausser  für 
die  Hauptabgabe  auch  für  die  7:poc5:aYpa9Ö|Xcva  (§  103)  und  endlich 
für  den  y.oAXußo^  gezahlt.^)  Grenfell  bemerkt  hierzu:  It  also  occurs 
frequently  in  the  Bacchias  papyri,  always  afler  the  7ig()g8iayQaq,6fieva, 
and  as  a  trifling  charge,  made  prohahly  ivhen  the  tax-payer  did  not 
offer  the  exad  amoiuit  of  his  tax,  biit  required  change.  With  the  ratio 
betiveen  silver  and  copper  it  has  nothing  to  do.  Ich  erinnere  noch  daran, 
dass  eine  Abgabe  für  das  Wechseln,  für  den  collybus,  auch  unter 
den  Sportein  begegnet,  die  zu  Cicero's  Empörung  Verres  sich  bei 
der  Steuererhebung  berechnen  Hess.   Vgl.  Cicero,  Verr.  EQ.  78,  181. 

§  181.  KoTzff,  Tpt)(6$. 

In  BGU  617  (vom  J.  215  n.  Chr.)  wird  gezahlt  den  pLLa^((i)TaTO 
yw07r(fj?)  'ipiyoc,  xal  y^tipoyoL^ioö,  ebenso  in  Pap.  Grenf.  (II)  LV  (vom 
J.  193/4  n.  Chr.)  den  iyXri(TZZGpGC)  —  denn  so  dürfte  statt  ly  Xtj- 
([i[iaT(i)v)  aufzulösen  sein^)  —  ^po  (?)  zoTüfj?  "^p^X^?  ''^^^  yzipis)- 
(va^LO'j).  Im  ersteren  Falle  zahlt  eine  Weberin  (yepScaiva),  im 
zweiten  ein  Weber  (yipoioq).  Ich  weiss  weder  eine  überzeugende 
Auflösung  von  [i^^  Tip^^)  noch  eine  Deutung  von  xotiy]  ipiyoq 
vorzuschlagen.  Wahrscheinlich  haben  wir  einen  terminus  technicus 
aus  dem  Webereigewerbe  vor  uns.  Zu  der  Gewerbesteuer  vgl.  §  26 
und  135. 

§  182.  KpuTOTiwXwv. 

In  BGU  9  I  12  (Ende  des  III.  Jahrh.  n.  Chr.)  wird  neben 
anderen  Gewerbesteuern  auch  die  für  die  xpuxwTTöXac,  d.  h.  die 

Wahrscheinlich  ist  xoX(Xußou)  auch  in  BGU  9  IV  2  und  3  herzustellen, 
Avie  Grenfell  a.  a.  O.  vermutet.  —  Zahlungen  für  xöXXußog  begegnen  auch  in 
den  Berliner  Papyri  P.  24G5  und  246G  (Kaiserzeit). 

Man  erwartet  hinter  den  Eigennamen  den  Titel.  'Ey^r/UKop  —  vgl. 
das  ptolemäische  e^e'J.r^cpfög  —  bedeutet  den  Pächter,  ist  also  dem  {jL'.aO-WTJ^C  des 
Paralleltextes  synonym. 

^)  Sollte  vielleicht  upo($ö5ü)v)  xon-^g  "^P'-X^S  gemeint  sein?  in  [Jiifjxpo- 
TCÖXeoDS  aufzulösen,  wird  dadurch  ausgeschlossen,  dass  der  Zahler  aus  einem 
Dorfe  stammt.  Aber  vielleicht  |jiY](viai(Ov)  ?  Die  Genannten  wären  dann  Pächter 
(der  Abgabe  von)  den  monatlichen  Einkünften  aus  der  xonY)  xpixöj;  und  ausserdem 
der  Gewerbesteuer. 


382 


IV.  KAPITEL. 


ypUTOTTwXat^),  für  die  „Trödler"  aufgeführt.  Damals  zahlte  jeder 
Trödler,  wie  es  scheint,  12  Drachmen  für  den  Monat  an  Gewerbe- 
steuer.   Vgl.  §  135. 

§  183.  Aa)(avo7ia)Xa)v. 

Auch  die  Gemüsehändler  haben  ihre  Gewerbesteuer  zu  zahlen. 
Vgl.  BGU  337,22  (II.  Jahrh.  n.  Chr.). 

§  184.  AeizoupyiKO'^. 

Im  Petr.  Pap.  (II)  XXXIX  e  (III.  Jahrh.  vor  Chr.)  begegnet 
mehrfach  neben  anderen  Abgaben  das  XeiTOupyizov,  das  regelmässig 
in  Getreide  gezahlt  wird.  Der  Name  besagt,  dass  diese  Abgabe 
nichts  anderes  als  eine  Ablösung  von  den  XecTOupycat  war,  und 
wenn  wir  sehen,  dass  die  Steuerzahler  der  vorliegenden  Urkunde 
sämmtlich  griechisch-makedonische  Militärcolonisten  sind,  so  begreifen 
wir,  dass  sie  nicht  persönlich  zu  den  Frohnarbeiten  herangezogen 
wurden,  sondern  statt  dessen  ein  XsLTOupytxov  zu  zahlen  hatten. 
Dass  eine  solche  Substituirung  zulässig  war  und  auch  sonst  nach- 
weisbar ist,  haben  wir  oben  S.  263  gesehen.  Interessantes  Material 
für  diese  Frage  bieten  auch  die  soeben  von  Grenfell  und  Hunt 
herausgegebenen  Texte  Grenf.  (II)  LXXX  — LXXXII. 

§  185.    T:isp  Xsawvsia^. 

Dieser  Posten  findet  sich  unter  den  Ausgaben  der  Soknopaiu- 
Priester  in  BGU  337,13  (II.  Jahrh.  n.  Chr.)  Auch  in  dem  noch 
unpublicirten  Berliner  Papyrus  P.  2476  kehrt  der  Ausdruck  wieder. 
Was  Xeawveia  bedeutet,  weiss  ich  nicht  zu  sagen.  Es  dürfte  aegyp- 
tischen  Ursprungs  sein.  Beide  Belegstellen  scheinen  dafür  zu  sprechen, 
dass  die  Xeatovsia  irgendwie  mit  dem  Kult  des  krokodilköpfigen 
Gaugottes  Suchos  zusammenhängt. 

§  186.    Tjisp  |jLsp[i§]apx(...). 

Vgl.  Pap.  Grenf.  (II)  LIV  (vom  J.  150  n.  Chr.). 
Der  Titel   [lepiSapyr^^   bezeichnet  den  Vorsteher  einer  [izpiq. 
Da  der  vorliegende  Text  aus  dem  Faijüm  stammt,  so  ist  der  Titel 


1)  Vgl.  Petr.  Pap.  (II)  XXXII  (1)  27:  axeuwv  ypüzYiy. 


§  182  —  187. 


383 


mit  deu  bekannten  drei  des  Gaues  in  Verbindung  zu  bringen. 

Wie  Grenfell  mitteilt,  begegnet  der  Titel,  der  uns  bisher  für 
Aegypten  nicht  belegt  war,  auch  in  einem  noch  unpublicirten  Petrie 
Papyrus  des  III.  Jahrh.  vor  Chr.^)  Der  obige  Text  lehrt  uns,  dass 
dieses  Amt  auch  in  die  Kaiserzeit  hinübergegangen  ist. 

Kach  der  obigen  Quittung  zahlt  nun  ein  gewisser  IlapGO; 
20  Drachmen  ur.hp  pt£p[^5]apy  (. . .)  r.po^  t[o]ö  a'JTOö  (liouq).  Grenfell 
löst  das  auf:  u^ep  [A^?['5]apx('.y.'^?)  7:po(?6)B(c'j).  Ich  gestehe, 
dass  ich  mir  hierbei  nicht  recht  etwas  denken  kann.  Sein  Hinweis 
auf  die  tax  for  the  vofiaQyJia)  l4gaivo'{rov  ist  nach  unseren  Aus- 
führungen in  §  191  hinföllig.  Auch  ich  möchte  meinen,  dass  es 
sich  hier  um  eine  Abgabe  für  den  Meridarchen,  für  seinen  Unter- 
halt etc.  handelt,  wie  wir  ja  auch  Abgaben  für  andere  Chargen 
kennen  gelernt  haben.  Aber  das  wird  nicht  ausgedrückt  mit  bizkp 
7:po?65ü)v  Toö  Secvo^.  Nach  Analogie  anderer  Fälle  würde  ich  diesen 
Gedanken  eher  mit  UTzlp  [lepitipyou  oder  [i£p:5apyja^  oder  aber 
\iepihapyv/.ou  ausgedrückt  erwarten.  Das  7:po^  aber  möchte  ich 
lieber  auf  die  r^pocoZoi  des  Steuerzahlers  beziehen  und  daher  lesen: 
TtpogoStöv  ToO  auTOU  £T0'J?  »von  seinen  Einkünften  desselben  Jahres", 
ein  Zusatz,  der  z.  B.  in  dem  stereotypen  yz^/fi\L(xzoq  xoO  x.  Ito'j; 
der  Grundsteuerquittungen  seine  Parallele  hat. 

§  187.    TTisp  |jLGvo5sa[jLr^g  )(6pT(Dv. 

In  BGU  334,2  wird  quittirt  uTvSp  |xovo6£a[i(.  .)  )(6pTü)v  xal 
aXXcDV  ixö)v(=£i5ö3v),  in  BGU  528  U7:£p  (lovoSlajiy;^  xop^ztaw) 
xal  aXXü)v  £i[5(i)v].  Aehnlich  in  BGU  431.  Diese  Abgabe  wird 
nicht  eher  verständlich  sein,  als  bis  das  bisher  unbekannte  AVort 
|iovo5£a|JLyj  seine  Erklärung  gefunden  hat.  ^lan  denkt  unwillkürlich 
an  die   5£a[iai  yopxwv,    die   Heubündel   (Kap.  X)   und   an  die 

Ich  wies  schon  in  den  Observ,  ad  hist.  Aeg.  p.  12,  wo  ich  die  3  iisptSs; 
des  Faijüm  zum  ersten  Mal  feststellte,  darauf  hin,  dass  der  Titel  jisp'.Sdpxr^; 
bei  Joseph.  Ant.  XII  §  261  und  264  für  Samarien  bezeugt  ist  (für  das  Jahr 
167  V.  Chr.)  Nachdem  meine  a.  a.  O.  aufgestellte  Vermutung,  dass  diese  Ein- 
teilung des  Gaues  in  jxspiSeg  bis  in  die  Ptolemäerzeit  zurückgehe,  durch  die 
Petrie  Papyri  bestätigt  worden  ist,  liegt  die  Annahme  nahe,  dass  die  Ptolemäer, 
die  ja  im  III.  Jahrh.  v.  Chr.  über  Palästina  herrschten,  die  jispiSsj  und  jiSp'.- 
Sapxai  dort  nach  aegA'ptischem  Muster  eingeführt  haben,  wohl  zugleich  mit 
den  xoTiapxiai. 


384  lY.  KAPITEL. 


Bestimmungen  der  Pachtcontracte  betreffs  der  bioic,  toö  y^opzou 
(vgl.  BGU  308,  9).   Aber  was  soll  mit  dem  angedeutet  sein? 

Was  ist  der  Gegensatz  dazu?  In  einem  Pap.  Erz.  Rainer,  von  dem 
Wesselyi)  Stückchen  mitteilt,  steht  neben  einander:  u'jxYjpa^ 
zal  [xovoSsGjJiwv  Tcal  aXXtov  scSwv.  Er  übersetzt  unser  AYort  mit: 
„Garbensteuer".  Dabei  vermisse  ich  die  Berücksichtigung  von  piovoc. 
Ich  enthalte  mich  einstweilen  der  Vermutunwn. 

§  188.   Tek'zq  jjLoay^cov  -ö-doijlsvwv. 
Vgl.  BGU  383  und  463. 

Wir  lernten  in  §  171  für  das  III.  Jahrh.  v.  Chr.  eine  Steuer 
„für  das  Opfertier"  (iepziovi)  kennen.  Die  vorliegenden  Urkunden 
zeigen,  dass  diese  Steuer  auch  in  der  Kaiserzeit  erhoben  worden  ist. 
Diese  \i6(T/^oi,  die  hier  in  Soknopaiu  Xesos  geopfert  werden,  können 
Kälber  sein,  können  aber  auch  junge  ausgewachsene  Ochsen  sein, 
wie  z.  B.  der  Apis  von  Herodot  III  28  als  [iday^oc,  bezeichnet  wird. 
Andrerseits  scheidet  derselbe  II  41  Tou?  ßou^  und  zobc,  \i6ay^ouc,. 
Diese  Steuer  wird  durch  den  Pächter  (TrpayiJtaTeuxyj^),  der  unter  dem 
Nomarchen  steht,  an  die  Bank  abgeliefert.  Wenigstens  spricht  die 
Form  der  Quittung  463  dafür,  dass  wir  eine  Bankquittung  vor 
uns  haben.  Es  ist  jedenfalls  eine  Abgabe,  die  in  die  kaiserliche 
Kasse  fliesst. 

Wer  ist  nun  der  Steuerzahler?  Die  Knappheit  der  Quittungen 
erschwert  die  Beantwortung  dieser  wichtigen  Frage.  In  383  wird 
die  Abgabe  von  einem  Stomc  gezahlt,  in  463  von  Ilaxöac^  Ilaxu- 
aew?  TOÖ  'Epiltü?,  in  356,  die  gleichfalls  auf  ein  Rinderopfer  Bezug 
nimmt,  (s.  §  201)  eine  verwandte  Abgabe  von  einem  AbprikiOQ 
AcSupio^  'AXe^avSpsu?.  Da  keinerlei  Titel  daneben  stehen,  scheinen 
diese  Männer  auf  den  ersten  Blick  beliebige  Privatpersonen  zu  sein. 
Dennoch  glaube  ich  es  wahrscheinlich  machen  zu  können,  dass  wir 
vielmehr  die  Priester  in  ihnen  zu  sehen  haben,  die  das  betreffende 
Opfer  ausgeführt  haben.  Zunächst  ist  sprachlich  das  utzo  vor  dem 
Namen  der  Steuerzahler  auffallig  (383  und  356),  das  sich  sonst 
m.  W.  niemals  in  solchen  Bankquittungen  findet.  Ich  glaube  daher, 
dass  ÖTTO  in  beiden  Fällen  nicht  von  SLsypCa^Y]),  sondern  von  -ö-uofisvwv 


M  Wessely,  Zythos  und  Zythera  S.  43. 


§  187  —  189. 


385 


abhängig  zu  denken  ist.  Vgl.  383:  p,Ga}(wv  ^uo[i£va)v  ev  ispö  Sgxvo- 
tzolIou  Xr^aou  utto  Swxa?  (sie).  Zu  dieser  Auffassung  passt,  dass  es 
sich  immer  um  ein  bestimmtes  einmaliges  Opfer  handelt.  Vgl.  463: 
•8"J0{X£(va)v)  T-J  aCuxf/)  r^\iip7..  Es  sind  also  nicht  etwa  Beiträge,  die 
für  das  Jahr  fixirt  sind.  Wenn  in  463  der  Pakvsis  wie  üblich  im 
Nominativ  eingeführt  wird,  so  zeigt  das  nur,  dass  der  Opferer  zu- 
gleich der  Steuerzahler  ist. 

Diese  Ergebnisse  finden  darin  ihre  Bestätigung,  dass  der  in 
463  genannt«  Pakysis  sich  mit  grosser  Wahrscheinlichkeit  als  Priester 
nachweisen  lässt.  Ich  halte  ihn  für  identisch  mit  dem  üaxOaL; 
naz'jastog  TGö  'EpcEW^  |jLYiTp[6c]  [.  .  .]'c[o]c  aus  der  Mitte  der 
dreissiger  Jahre  des  II.  Jahrh.  n.  Chr.,  der  die  Trpoc'^wvr^ai:  BGU 
250  an  den  Strategen  gerichtet  hat.  Ein  Titel  fehlt  freilich  auch 
hier;  aber  schon  die  Anfangs worte  7;p6;  t6  ixeTaScO-Cev)  e:;  icizocaiv 
xxX  zeigen,  dass  der  Mann  in  amtlicher  Stellung  war:  der  Strateg 
hat  ihm  den  vorliegenden  Fall  „zur  Prüfung"  überwiesen.  Ganz 
ähnlich  beginnt  die  Tipo^^covr^a'.;  BGU  16  (vom  J.  159  60),  die 
von  den  fünf  TupeaJ^DTSpwv  ispswv  TT^VTa-^uXia^  ^soO  SoxvcTiaiou 
an  den  Strategen  gerichtet  wird.  Es  ist  mir  sehr  wahrscheinlich, 
dass  der  IlaxOa'.;  Ilay.'jaEü);,  der  unter  den  fünf  Presb}i;ern  auf- 
geführt wird,  wieder  unser  Pakysis  ist.  Jedenfalls  beweist  BGU  16, 
dass  auch  BGU  250  von  einem  Priester  abgefasst  ist. 

Dies  Resultat  werden  wir  gewiss  verallgemeinern  dürfen  und 
werden  daher  in  Ewia?  und  AOpi^Xio?  Ai§'J|jlo?  (356)  gleichfalls 
Priester  erkennen.  Wir  kommen  somit  zu  dem  Ergebnis:  die  Priester, 
die  Rinderopfer  vollziehen,  bezahlen  dafür  ein  teao?,  eine  Steuer, 
an  den  Staat  —  und  zwar  für  jedes  einzelne  Opfer.  Die  Höhe 
der  Summe  lässt  sich  auch  aus  463  nicht  ersehen,  da  nicht 
feststeht,  ob  hier  [iGa)r(ou)  oder  |i6a)^(wv)  aufzulösen  ist.  Die  Steuer 
vdrd  damit  begründet  sein,  dass  die  Priester  ja  von  jedem  Opfertier, 
das  sie  schlachteten,  ihre  Emolumente  bezogen,  und  diese  eben 
werden  damit  besteuert. 

§  189.  M'jpoTiwXwv. 
In  BGU  9  I  17  wird  die  Steuer  der  p-upo-WAai,  der  Salben- 
händler,  aufgeführt.     Dass  damit  die  Gewerbesteuer  gemeint  ist, 
haben  wir  schon  oben  in  §  135  besprochen.    Sie  betrug  damals 
(um  300  n.  Chr.)  für  den  Monat  60  Drachmen,  also  fiir's  Jahr  720  Dr. 

WiLCKEN,  Ostraka.  25 


386 


IV.  KAPITEL. 


für  den  einzelnen  Händler.  Unter  den  in  dieser  Urkunde  auf- 
geführten Gewerben  ist  das  der  Salbenhändler  bei  Weitem  am 
höchsten  besteuert.  Ueber  die  grosse  Bedeutung  der  Salben  Industrie 
in  Aegypten  vgl.  Plinius  h.  n.  XIII.  6,  26:  terrariim  omnium  Äegyptus 
accommoclatissima  iinguentis.  ^) 

Auch  im  Pap.  Berl.  Eibl.  21,8  begegnet  dieselbe  Steuer. 

§  190.    NaöXov  Tzkoiovi. 

Nach  der  Steuerquittung  BGU  645^  (vom  J.  157  n.  Chr.)  wird 
für  das  vaOXov  tzXoIod,  „das  Fährgeld  für  das  Fahrzeug",  an  den 
TtpaxTtop  dpyupLxwv  Kocpayihoc,  gezahlt.  Daraus  folgt,  dass  es  sich 
nicht  um  ein  im  Privatbesitz  befindliches,  sondern  um  ein  staatliches 
Boot  handelt.  Ich  finde  durch  diese  Quittung  bestätigt,  was  ich 
früher  gelegentlich  des  XII.  Actenstückes  der  königlichen  Bank 
von  Theben  (aus  dem  II.  Jahrh.  v.  Chr.)  ausgeführt  habe. 2)  Es 
ergab  sich  mir  aus  dieser  Urkunde,  dass  die  Regierung  tzXoXoc  zum 
Transport  von  Personen  und  Frachten  bereit  hielt,  für  deren  Be- 
nutzung ein  vaöXov  erhoben  wurde,  das  natürlich  namentlich  zur 
Zeit  der  Ueberschwemmung  in  beträchtlicher  Höhe  einging.  3)  Die 
Erhebung  dieses  Fährgeldes,  das  wir  als  Gebühr  charakterisiren 
werden,  war  damals  entsprechend  der  ptolemäischen  Regel  verpachtet 
(Z.  6:  TSAwvT^aovTa  Taöxa  dcnohi(x.ypa.t\)[eiy  zb  auva)(]^a6[JL£vov 
vaöXov  i[7zi  TYjJy  ßaaiXtXYjv  TpccTie^av).  In  der  obigen  Quittung 
aus  der  Kaiserzeit  begegnet  an  Stelle  des  TsXtovYjg  der  TipazTtop. 
Dass  der  König,  resp.  der  Kaiser  in  dieser  Weise  für  den  Transport 
sorgten,  versteht  man  gerade  für  Aegypten*)  gut,  wenn  man  bedenkt, 
dass  zur  Zeit  der  Ueberschwemmung  die  Ortschaften  wie  Inseln 


1)  Vgl.  Büchseuschütz,  Hauptstätt.  d.  Gewerbfleis.  1869.  S.  95  ff.  Vgl.  auch 
Petr.  Pap.  (II)  XXXIV  b  und  den  Revenue  -  Papyrus. 

2)  Abhandl.  Akad.  Berl.  1886.  S.  21  und  65  f. 

^)  Meine  damalige  Annahme,  dass  die  Boote  nur  für  die  Ueberschwem- 
mungszeit  gestellt  wären,  ging  zu  weit.  Der  Beamte  beklagt  sieh  nur  darüber, 
dass  nach  der  Ueberschwemmung  weniger  eingeht,  da  die  AVege  nun  schon  wieder 
für  die  x-ur/VV]  gangbar  werden. 

^)  Aehnliche  Vorrichtungen  haben  natürlich  auch  sonst  im  römischen  Reiche 
bestanden,  und  so  ist  unsere  Gebühr  unter  demselben  Namen  naulum  in  das 
merovingische  Steuersystem  übergegangen.  Vgl.  F.  Dahn,  Könige  d.  German. 
VII  3.  S.  126. 


§  189  —  191. 


387 


aus  dem  Meere  hervorragten,  zu  anderen  Zeiten  aber  der  Verkehr 
durch  die  unzähligen  Kanäle  behindert  wurde.  So  wurde  durch 
die  Regierungsfahren  Verkehrsstockungen  vorgebeugt  und  zugleich 
für  die  königliche  Kasse  eine  ergiebige  Einnahmequelle  eröffnet. 

Ganz  andersartig  ist  das  vxöXov,  über  das  das  XIII.  Edict 
Justinians  handelt  (ed.  Zachar.  v.  Lingenthal  I  §  7,  IV  §  2).  Darunter 
verstehe  ich  das  durch  eine  Steuer  erhobene  Frachtgeld  für  den 
Transport  des  aegyptischen  Getreides  von  Alexandrien  nach  Con- 
stantinopel.  Nach  I  §  7  wird  immer  1  Solidus  für  100  Artaben 
erhoben. 

§  191.    Oopo^  vo{jLapyLXü)v  'ApatvoiTiywCav  da)^o}.(Y]pLaTü)v).^) 

Vgl.  BGU  8  II  17  und  23  (vom  J.  248  n.  Chr.). 

P.  Viereck,  der  diesen  Text  — -  unabhängig  von  meiner  gleich- 
zeitigen Publication  in  BGU  —  im  Hermes  XXVII  herausgegeben 
und  erklärt  hat,-)  bemerkt  auf  S.  522  über  diese  Steuer  Folgendes: 
„'Aa/oXi^fjLaTa  'ApacvoViixa  sind  Geschäfte  oder  Gewerbe  innerhalb 
des  Arsinoitischen  Gaues;  durch  das  Adjectivum  vofiapy^ixo^  kann 
nur  bezeichnet  sein,  dass  diese  Geschäfte  speziell  die  Xomarchen 
angehen,  denen  es  zukam,  diese  bestimmte  Kategorie  von  Abgaben 
zu  erheben.  So  hätten  wir  denn  unter  dem  9.  v.  A.  a.  die  von 
den  Xomarchen  des  Arsinoitischen  Gaues  erhobene  Gewerbesteuer 
zu  verstehen."  Ich  kann  mich  dieser  Deutung  weder  im  Ganzen 
noch  im  Einzelnen  anschliessen.  Die  Bedeutung  von  aa)(OATg[JLaTa 
als  Gewerbe  wird,  glaube  ich,  nicht  belegt  werden  können.  Vielmehr 
scheinen  mir  die  aayoXo'j{J.£VO'.,  die  „Beschäftigten",  immer  amtlichen 
oder  doch  halbamtlichen  Charakter  zu  haben.  So  verstehe  ich  in 
einer  Inschrift  aus  Dimeh^)  unter  xöv  5ca  xfj^  dayoXoufievwv 
UTi'  a'JTG'j^  officielle  Organe,  die  unter  den  vorhergenannten  Beamten 
thätig  waren.  Wenn  der  Herausgeber  Krebs  (S.  535)  vermutet, 
dass  „darunter  vielleicht  die  Kaufmannschaft  des  Bezirkes  zu  ver- 
stehen sei",  so  giebt  er  Viereck's  Auffassung,  auf  den  er  sich  auch 

^)  Die  Auflösung  doXQ?''yi(jJiax(Ov)  stützt  sich  auf  Z.  12,  wo  bn]äp  'Apot,- 
voiT'.Xüiv  daXoXr,}iaTa)v  ausgeschrieben  steht.  Doch  wäre  trotzdem  auch  das  gleich- 
bedeutende doxoA/^^ou|i£V03v)  möglich. 

Vgl.  dazu  meine  Bemerkungen  im  Philol.  LUX  (N.  F.  VII)  S.  93  Anm.  6. 
Vgl.  auch  meine  Correcturen  in  BGU  I  Index.  S.  359. 
Krebs,  Gött.  Nachr.  1892.  S.  533. 

25* 


388 


IV.  KAPITEL. 


beruft,  nur  eine  besondere  Nuance.  Mir  ist  es  mehr  als  unwahr- 
scheinlich, dass  man  die  Kaufmannschaft  eines  Bezirkes  kurzweg 
die  „unter  dem  Oikonomos  und  seinem  ypa[JL[xaT£ug  Beschäftigten" 
nennen  könnte.  Dass  es  sich  wirklich  um  Untergebene  dieser  Be- 
amten handelt,  besagt  noch  deutlicher  eine  ganz  analoge  Inschrift 
aus  Dimeh,!)  die  an  der  betreffenden  Stelle  von  xwv  67raa)(oXoi)- 
[Jievwv  £V  z^i  olxoyo\iicc  Sca  zf^q  [lEpihoc,  spricht.  Wir  können  die 
Bedeutung  aber  noch  schärfer  fassen  mit  Hilfe  des  folgenden  Passus 
des  Berliner  Papyrus  P.  6951  I  3:  löi  uttö  Ttßepcov  KXau5[to]v 
^tXo^evov  vo|Jiap)((Yjv)^)  day^oXoü(x(£vtOL)  tö  IvxuxXlov  t(oö)  'Apat- 
(votxoi))  TtßspLWL  KXauSiWL  Eupu^piWL.  Dieser  Eurythmos  verwaltet 
das  IvVwUxXlov  unter  der  Oberleitung  des  Nomarchen.  Ich  verweise 
auch  auf  den  aus  unseren  Ostraka  bekannten  'Avxwvio^  MaX)(aTO(; 
6  da)(^oXo6jjL£vo^  ty^v  öpiJio^uXaxLav  lliO-tpr^c,  (vgl.  Nr.  302 — 304). 
In  diesen  beiden  Fällen  haben  wir  den  „Beschäftigten"  für  den 
Pächter  der  betreffenden  Steuer  zu  halten.  Allerdings  ist  hervor- 
zuheben, dass  das  "Wort  an  sich  keinen  speziellen  Hinweis  auf  das 
Pachtverhältnis  enthält.  Unter  dem  Nomarchen  standen  nicht  nur 
die  Pächter,  sondern  auch  die  Praktoren.  Beide  werden  unter  den 
da)(oXo6[i£VOC  zu  verstehen  sein.  Für  die  Praktoren  verweise  ich  auf 
den  Wiener  Papyrus,  dessen  Anfang  Wessely  in  „Zythos  und  Zythera" 
S.  43  mitgeteilt  hat.  Ich  deute  ihn  folgendermassen  :^)  "EpiioyEVirj 
vo[jidp7^rj  'Apa:vo£LTO'j  [7iap]d  ^KyiXXöL  x(i)|jiOYp(a[i{iax£(i)5)  Ta  .  . .  ^. 
Eig  TipaxxopLav  vo(Jiap)(Lotö)v  da)(oXyj[jidxa)v  ^uxyjpä?  xal  |jLOVo5£a[JLü)V 
dXXtov  £l5ö)v  5£i8o[i£va)v  (oder  6l5(i){xl?)  xxX.  Wiewohl  es  bedenklich 
ist,  eine  Urkunde,  deren  erste  Worte  nur  mitgeteilt  sind,  abweichend 
vom  Herausgeber,  der  den  ganzen  Text  kennt,  zu  interpretiren,  möchte 
ich  doch,  gestützt  auf  BGU  194  vermuten,  dass  in  dieser  Urkunde 
der  Dorfschreiber  dem  Nomarchen  Vorschläge  betreffs  neuer  Besetzung 
der  Praktorenstellen  macht.     Wie  es  dort  heisst  de,  TZpay.zopl(x,'^ 


1)  Mahaffy,  Hermathena  1895.  XXI,  S.  162. 

^)  Man  könnte  hier  auch  daran  denken  wollen,  vo|j,apX(t>c^)  aaXoXou|Ji(£vq)) 
herzustellen.  Doch  wegen  des  von  doXo?^oUfx£V(p  abhängenden  Objects  halte  ich 
die  obige  Auflösung  fiir  die  gegebene. 

^)  Wessely  liest  nach  y.wiioyps:  xa  npoc,  s'.gTipaxxopiav.  Doch  hinter 
y.(ülioyp%  wird  sicherlich  der  Dorfname  gestanden  haben.  ~pog  rauss  verlesen  sein. 
Vielleicht  Tävscog?  Die  Eingabe  beginnt  erst  mit  bIq  npoLV-iopioL'^,  wie  ich  trennen 
möchte.    Vgl.  BGU  194. 


§  191  —  192. 


389 


apyuptxwv,  so  hier  elq  TrpaxTcptav  vo|xap7^tztbv  ccayoXy]\La.zm  tjjvf]pöt<; 
xxX.  Ich  sehe  somit  in  den  vojiapxiXÄ  dayoXY]{Jia':a  eine  allgemeine 
Bezeichnung  für  die  dem  Nomarchen  unterstehende  (Steuer)verwaltung.i) 
Wenden  wir  uns  endlich  wieder  zu  unserem  cpcpoc  vopLap/'.xwv 
'Apaivol'Tixwv  aa)(oXr^[iaTü)V.  Nach  dem  Obigen  werden  wir  darin 
eiue  allgemeine  Bezeichnung  für  die  Steuern  sehen,  die  der  Nomar- 
chischen  Verwaltung  unterstellt  waren. 

§  192.  Tä  gsvia. 

Die  pv:a  sind  die  Gastgeschenke,  die  die  Bevölkerung  den 
durchziehenden  Beamten  und  Truppen  darzureichen  verjoflichtet  war. 
Ueber  die  Grösse  dieser  Last  haben  wir  schon  oben  in  §  90  ge- 
legentlich der  Tiapouaia  gesprochen.  Ein  anschauliches  Bild  von  der 
Art  dieser  pvia  giebt  uns  jetzt  Pap.  Grenf.  (II)  XIV  b  (III.  Jahrh. 
V.  Chr.),  wo  genau  aufgezählt  wird,  was  dem  durchreisenden  Sioixrjn^^ 
sowohl  für  seine  Ttapouaca  wie  für  die  oh'.cc  (§  193)  bereitgestellt 
ist.  Auf  der  Rückseite  des  Briefes  wird  sein  Inhalt  mit  den  AYorten 
^£VC(i)v  Twv  f^To:[iaa{Ji£va)V  zusammengefasst.  Der  Ausdruck  umfasst 
also  beides. 

Von  besonderem  Interesse  ist  der  Petr.  Pap.  (II.)  X  (1),  gleich- 
falls aus  dem  III.  Jahrh.  v.  Chr.,  der  uns  lehrt,  dass  nicht  nur  die 
Bevölkerung,  sondern  auch  der  König  selbst  sich  an  der  Verpflegung 
seiner  reisenden  Beamten  mit  Eevia  beteiligte.  Er  zeigt  aber  auch 
zugleich,  dass  diese  Beamten  gelegentlich  sogar  vor  den  Interessen 
der  königlichen  Kasse  mit  ihren  Ansprüchen  nicht  Halt  machten. 
Vier  königliche  Gänsehüter  (ßaatXcxol  yr^yo^OGy.oi)  führen  hier 
Klage  beim  Oikonomos  gegen  einen  anderen  Oikonoraos,  der  ge- 
legentlich seines  Besuches  von  ihnen  12  Gänse  verlangt  habe:  6:66 vat 
elc,  xa  ^Evcay-^va?  iß.  Sie  weisen  nach,  dass  diese  Forderung  den 
auf  sie  entfallenden  Anteil  an  der  Gesammtsumme  der  von  dem 
Gau  zu  stellenden  Gänse  weit  überschreite,  und  verlangen  Unter- 
suchung durch  die  Rechnungskammer  (XoYtOTi^piov).  Da  die  Gänse- 
hüter sich  als  „königliche"  bezeichnen,  so  müssen  die  von  ihnen 
gehüteten  Herden  Eigentum  des  Königs  gewesen  sein.  Also  steuert 
auch  der  König  zu  den  ^ivia  für  die  reisenden  Beamten  bei.  Mir 


^)  Wessely  trifft  in  der  Hauptsache,  das  Riclitifze,  wenn  er  übersetzt :  „Ein- 
treibung der  in  den  amtlichen  "Wirkungskreis  fallenden  Biersteuer"  etc. 


390 


lY.  KAPITEL. 


scheint  wenigstens  diese  Auffassung  nach  dem  Wortlaut  geboten.^) 
MahafFy  fasst  es  anders  auf.  Es  bleibt  hiernach  ungewiss,  ob  die 
in  dem  anderen  Grenfell- Papyrus  „bereitgestellten  Gastgeschenke" 
nicht  vielleicht  auch  von  der  königlichen  Verwaltung  geliefert  sind. 
Nach  dem  Wortlaut  können  sie  freilich  ebensogut  durch  Er- 
hebungen von  der  Bevölkerung  eingezogen  sein. 

Dass  die  ^ivioc  in  der  Kaiserzeit  fortbestanden,  lehrt  das  Edict 
des  Vergilius  Capito  (CIGr.  III.  4956).  Die  Majuskeln  in  Z.  20 
EENIACATTQN  möchte  ich  nicht  mit  Franz  in  ^svta^  aöxöv, 
sondern  in  pvia  [l]auTö)V  auflösen.  Danach  wird  Klage  geführt 
gegen  die  Beamten:  apica^ovTWv  ocheG)c,  twv  Inl  zodc,  yjpEiOLic,  ^c, 
u7iox£C[JL£va       BaTiava?  xal  pvia  eauxwv  xtX. 

§  193.  fO]Bca. 

Im  Pap.  Grenf.  (II)  XIV b,  4  (III.  Jahrh.  v.  Chr.)  ergänzen 
die  Herausgeber  [ö]OLa.  Bei  der  Genauigkeit  dieser  Publication 
nehme  ich  an,  dass  wirklich  nur  für  einen  Buchstaben  in  der  Lücke 
Platz  ist.  Sonst  würde  es  näher  liegen,  das  übliche  [l^oJScov 
herzustellen.  Doch  kann  auch  wohl  das  mir  sonst  unbekannte 
o5cov  dasselbe  bedeuten.  Diese  oSca  machen,  wie  wir  im  vorher- 
gehenden Paragraphen  gesehen  haben,  einen  Teil  der  ^kvioL  aus:  es 
sind  die  Lebensmittel,  die  den  durchreisenden  Beamten  bei  ihrer 
Abfahrt  mit  auf  den  Weg  gegeben  wurden.  2)  Der  Dioiketes,  von 
dem  der  vorliegende  Papyrus  handelt,  bekommt  folgende  Kleinigkeiten 
mit  auf  den  Weg:  50  Gänse,  200  Vögel  (opyi-O-e?),  100  junge  Tauben 
(TcspcaTpcSsl?  für  nzpioz^pihv.'^. 

§  194.    IIpo^oSwv  0LX07i;(sSa)v). 

Vgl.  BGU  41,11;  216;  652,14,  alle  aus  der  Kaiserzeit. 
To  OLxoTieSov  wird  als  die  „Hausstelle"  erklärt,  auf  der  ein 
Haus  steht  oder  stehen  kann.^)    Die  icpo^oBoi  ocxottISwv  sind  also 

^)  Auch  der  Schlusssatz  spricht  dafür:  Iva  5uvü)ji£'9-a  xöc  Sixaia  Tioistv  tü)i 
ßaoiXer.  Wenn  sie  den  Beamten  zu  viel  Gänse  liefern  müssen,  so  beeinträchtigen 
sie  damit  die  Rechte  des  Königs. 

^)  Vgl.  CIGr,  2058  (aus  Olbia)  Z.  9:  TtapayevoiJisvou  Sattacpäpvou  xoö 
ßaaiXsw^  —  xal  dTcaiToövxos  xa  Scopa  x^g  uapöSoi). 

BGU  83,5  und  G  zeigen,  dass  man  oixöusSov  und  otx(a  scharf  unter- 
schied. Dass  ausser  den  olxÖTisSa  auch  die  olxiat  besteuert  wurden,  ist  selbst- 
verständlich.   Eine  Form  dieser  Besteuerung  lernten  wir  in  §  41  in  dem  evotxtov 


§  192  —  196. 


391 


die  Einkünfte,  die  der  Besitzer  solcher  Hausstellen  bezieht.  Dafür 
wird  eine  „Hausstellen-Einkommensteuer" von  ihm  erhoben.  Ich 
lasse  dahingestellt,  ob  man  in  den  Fällen,  wo  kein  Haus  daraufstand, 
diese  Steuer  vielleicht  den  Grundsteuern  zuzuzählen  hat.  BGU  216 
lehrt,  das  diese  Steuer,  wie  natürlich,  für  das  Jahr  berechnet  war: 
7rpo(^6)5(ü)V)  o?%07r(£6a)v)  tcr  (ezouq),  Sie  wird  in  Geld  entrichtet. 
In  §  158  sahen  wir,  dass  in  der  Ptolemäerzeit  diese  Steuer  vermutlich 
-2^^  der  betreffenden  izpoqohoi  betragen  hat.  Ob  dieser  Satz  noch 
in  der  Kaiserzeit  bestanden  hat,  können  wir  den  obigen  Urkunden 
nicht  entnehmen. 

Eine  Besteuerung  der  olxomboc  ist  auch  für  Cos  bezeugt.  Vgl. 
Kev.  Etud.  Grecq.  IV  S.  368.  Wir  werden  auch  dies  als  eine  Be- 
steuerung der  Tzpoqohoi  otxoTteSwv  aufzufassen  haben.  Th.  Reinach 
fasst  auch  diese  Steuer  mit  Unrecht  als  eine  Verkaufssteuer  auf. 
Der  Text  bietet  dazu  keinen  Anhalt. 

§  195.    nXoLwv  aXtsuuxwv. 
Vgl.  BGU  10,14;  337,26. 

Die  TzkoioL  aXteuTixa  —  oder  aXteuxtxa  TiXoTa,  wie  es  an  der 
zweiten  Stelle  heisst  —  sind  die  Schiffe  der  Fischer,  die  Fischer- 
böte, von  denen  aus  der  Fischfang  getrieben  wird.  Die  Steuer, 
die  auf  diesen  lastete,  traf  die  Eigentümer  der  Böte.  Wir  haben 
also  eine  Vermögenssteuer  vor  uns. 

Nach  Ps.  Aristot.  Oecon.  II  2,  25  hat  schon  König  Taos  in  der 
Perserzeit  vorübergehend  eine  Besteuerung  der  tzXöIcx.  eingefülu't. 

§  196.    ^opoq  Tzkoibiv  'AvTwviav^^  ougIccq. 

Vgl.  BGU  199  Vers.  9;  212;  653,  11,  aus  der  Kaiserzeit.  In 
199  und  563  steht  'Avxwvcavyj^  ouaia^  voran.  In  653  ist  'Avtco- 
(vcvtav^?)  Druckfehler. 


kennen.  Nach  Pseud.  Arist.  Oec.  II  2,  25  hat  der  König  Taos  in  Aegypten  eine 
Hanssteuer  eingeführt:  &n'  oix^ag  H  IxdaxYjg  xsXeöaat  aTtavxag  eigsv^y'**« 
xcc^avxa  ö  Set. 

^)  In  652  steht  Ttpo^o^  ot  Xy]  ...  Vielleicht  ist  statt  ot(xoU£8tX(öv) 
XTgfixjjiäKöv)  aufzulösen  ouxoTcdScüv)  XYj(p,|idxü)v)  seil.  xo5  x.  Ixouf,  d.  h.  gezahlt 
von  dem  Einkommen  des  und  des  Jahres. 


392 


lY.  KAPITEL. 


Wie  diese  Urkunden  bezeugen,  wird  die  Abgabe  von  den 
kaiserlichen  Tzpdxiopzc,  erhoben,  fliegst  also  in  die  kaiserliche  Kasse. 
Wenn  trotzdem  die  best;euerten  izldla  als  zu  einer  'AvTWVcavY]  ouata, 
d.  h.  ,,zu  dem  Vermögen  des  Antonius"  gehörig  bezeichnet  werden, 
so  bedarf  dies  einer  Erklärung. 

Solche  ouacai,  die  oflenbar  einen  Teil  der  allgemeinen  kaiserlichen 
ouaia  ausmachen,  begegnen  uns  mehrfach  in  den  Urkunden.  In 
BGU  181,  4  (vom  J.  57  n.  Chr.)  erscheint  ein  [iia^wx-^^  tlvwv 
zlfiq]  NIpwvo?  KXauOLOu  Kaiaapog  SsßaaToö  r£p[jiavLxoö  Auxozpa- 
lopOQ  Maizr^vaiTLav^^  ouglä^.  Da  hier  der  Kaiser  ausdrücklich  als 
Eigentümer  genannt  wird,  ist  kein  Zweifel,  dass  diese  einst  dem 
Maecenas  —  wahrscheinlich  dem  berühmten  Freunde  des  Augustus^) 
—  gehörige  ouaca  in  die  kaiserliche  ouata  übergegangen  ist.  In 
BGU  650,  1  heisst  es:  Twl  7rpO£[aT](jL)T[L  1]*^^  Iv  xtp  'A[p]a'.voLT'ij] 
[Nepcovoc]  KXau5{ou  Kociaocpoc,  SsßaaTOö  Fepixavcxoö  Auzoxpdiopoc, 
IleTpwvLavYjg  ouaia^.  Hiernach  ist  das  Vermögen  eines  Petronius  in 
das  Vermögen  des  Kaisers  übergegangen.  Ebenso  heisst  es  in  der 
Inschrift  eines  jüngst  vom  Berliner  Museum  erworbenen  Bronce- 
schildes  (P.  10592)):  'AypCTiTrtvcavfj^  xod  TouicXXLavfj^  ouaca?  toö 
zupLOu  Abxoy.pixopoqJ)  Auch  hier  ist  ausdrücklich  hervorgehoben, 
dass  die  o6a''a  der  Agrippiua  —  wohl  einer  der  berühmten  des 
Kaiserhauses  —  und  des  Rutilius  in  den  Besitz  des  Kaisers  über- 
gegangen ist.  In  anderen  Fällen  wird  auf  den  früheren  Besitzer 
der  ouai'a  hingewiesen  mit  der  Formel:  izpozepov  [ikv  toö  SeTvo^, 
v'jvl  TOÖ  ispwTaTOL)  Ta[jiL£Loi).  Vgl.  BGU  475  R  1/2;  Pap.  Lond. 
in  Pal.  Soc.  II  164:  TipovoyjTY]?  ou^laQ  d  (=  TipoTSpov)  'Avoußä 
Y£VO|X£VOu  67ro[xvr^[JiaTOYp(a90i)),  vuv£l  be  toö  kpinzdzou  Ta[jit£:oi>. 
Oder  auch  kurz  mit  7ip6T£pov  toö  5£lvo^.  Vgl.  BGU  8  II  18  und 
24:  oua([a^)  a  (=  7rp6T£pov)  'Arcttovo?  (s.  meine  Bemerkung  in  den 
Corrigenda) ;  63,6 :  oi)a(Lag)  a  (=  Tcp6T£pov)  0£(ov£LVOu.  In  einem 
Papyrus,  dessen  Publication  mir  nicht  zusteht,  fand  ich  eine  Er- 
wähnung TYj?  7ip6T£pov  Napywtaaou  ouaia^  (eine  Oelfabrik,  IXaLOUpyTov, 

^)  Wenn  auch  das  obige  Vermögen  etwa  dem  Augustns  zugefallen  war, 
so  nennt  doch  die  Urkunde  vom  Jahre  57  n.  Chr.  durchaus  correct  den  regie- 
renden Kaiser  (Xero)  als  den  Eigentümer.    Vgl.  Hirschfeld,  RVS.  S.  26. 

'■^)  Der  Text  ist  von  der  Direction  publicirt  in  Zeitschr.  Aeg.  Spr.  1890.  S.  59. 
Ich  erkläre  sie  nach  einer  analogen  Inschrift  in  den  „Papers  of  the  American 
School  of  class.  stud.  at  Athens  III.  1888.  S.  5. 


§196.    DAS  KAISERLICHE  PATRIMONIUM. 


393 


gehört  dazu),  wo  wahrscheinlich  der  berühmte  Günstling  des  Claudius 
gemeint  ist. 

Die  letztere  Ausdrucks  weise  bildet  die  Brücke  zu  unserer  'Avxw- 
viavT]  o'jaia,  die,  wie  oben  bemerkt,  auch  kaiserlich  sein  muss,  wenn  es 
auch  nicht  ausdrücklich  gesagt  ist.  Ich  denke,  es  ist  so  viel  wie  cjaia 
Tcpöxepov  'AvTWVLOU,  seil,  vjvl  xoö  tepwTaxoi)  Ta(jLi£LOu.  Es  ist  ver- 
lockend, hier  an  den  Triumvir  Antonius  zu  denken,  dessen  reiche 
Besitztümer  in  Aegypten  ja  gewiss  dem  Kaiser  zugefallen  waren. 
Vgl.  auch  die  ouaia  'Av^iav^  in  BGü  199  Vers.  10  und  277  I  17. 

In  allen  Fällen  handelt  es  sich,  so  viel  scheint  klar,  um  Vermögen, 
die  durch  Confiscation  oder  Schenkung  oder  Testameut  oder  Kauf 
oder  sonst  wie  aus  dem  Besitz  Anderer  in  das  kaiserliche  Patrimonium 
übergegangen  waren.  Die  angeführten  Stellen  bestätigen,  dass 
diese  Einzelbestandteile  der  gesammten  kaiserlichen  o'jai'a  auch  nach 
ihrer  Einverleibung  dauernd  gesondert  unter  dem  alten  Titel  und 
unter  besonderen  Chefs,  den  TupoeaxwTcC  der  betreffenden  ouaia, 
verwaltet  wurden.  Bisher  lagen  uns  über  die  kaiserliche  cuaia 
in  Aegyi^ten  keine  detaillirteren  Nachrichten  vor.  Bei  Hirschfeld, 
der  in  RVG  S.  24  A.  3  eine  Zusammenstellung  von  Zeugnissen 
über  die  kaiserlichen  Patrimonialgüter  giebt,  findet  sich  kein  Beispiel 
aus  Aegypten.  Jetzt  gewinnen  wir  auch  eine  klarere  Vorstellung 
von  der  Bestimmung  und  Thätigkeit  des  procurator  usiacus 
(^inizpozoq  twv  o'jaiaxwv).  Seine  Hauptaufgabe,  nach  der  er  auch 
seinen  Titel  führt,  wird  die  gewesen  sein,  die  aeg}^ptischen  Patri- 
monialgüter des  Kaisers  zu  verwalten.  Jene  izpozazGiZcC,  werden 
unter  seiner  Aufsicht  gestanden  haben.  Andrerseits  begreifen  wir 
jetzt  noch  besser,  dass  er  dem  Idiologos  unterstellt  war  (vgl.  Hirsch- 
feld, RVG  S.  43,  A.  5;  Wilcken,  Hermes  XXIII  S.  606). 

Wie  nun  der  <^6pGC,  ttXolwv  mit  dieser  'AvitoviaVY]  ouaia  zu 
verbinden  ist,  darüber  lassen  sich  die  verschiedensten  Vermutungen 
aufstellen.  Ich  möchte  folgende  Hypothese  wagen:  (föpo^  mag  hier 
wie  häufig  (vgl.  §  133)  den  Sinn  von  Pachtgeld  haben.  Dass  diese 
O'jaiai  gerade  durch  Verpachtung  vielfach  nutzbar  gemacht  wurden, 
zeigen  die  angeführten  Beispiele,  in  denen  mehrmals  (iiaO-wiat  xivtDv 
ifi^  .  .  .  oöaia^^)   begegnen.     So   mögen   zu   dem  Antonianischen 

Das  sind  also  Inhaber  von  jiiaö-toosis  ouaiaxai,  von  denen  das  Edict 
des  Alexamler  handelt  (CIGr.  4957  Z.  11).  Sie  sind  wohl  identisch  mit  den 
oOotaxol  iJiiad-(i)xa'.  in  BGU  .599. 


394 


IV.  KAPITEL. 


Vermögen  auch  Schiffe  gehört  haben,  die  der  Kaiser  verpachtete,  und 
für  die  er  daher  von  den  Pächtern  einen  jährlichen  ^6po<;  durch 
seine  ordentlichen  Steuererheber  einkassiren  liess.  Zu  der  oöata 
'Av^LavYj  gehören  nach  BGU  199  Vers.  10  Weideplätze,  die  gleich- 
falls einen  ^opog  einbringen. 

§  197.  HopO-ixstov. 

Im  Pap.  Par.  67  II  17  (II.  Jahrh.  v.  Chr.)  las  ich  am  Original 
[7r]op'9'[i[£]a)V  statt  des  0)v  der  editio  princeps.  Der  Zu- 
sammenhang zeigt,  dass  eine  Steuer  damit  gemeint  ist.  Es  kann 
nur  die  Gewerbesteuer  sein,  die  die  Fährleute  (7rop'9'|Ji£l^)  für  die 
Ausübung  ihres  Gewerbes  zu  zahlen  hatten.    Vgl.  §  98  und  135. 

§  198.    To  TipaxTopixov. 

In  BGU  471,  13  und  17  (II.  Jahrh.  n.  Chr.)  wird  parallel 
anderen  Steuern  auch  ein  TipaxTOpixov  erwähnt.  Damit  wird  eine 
Abgabe  gemeint  sein,  die  für  die  Praktoren,  für  ihre  Salarirung 
erhoben  wurde.  Die  Praktorie  war  eine  Liturgie.  Unsere  Steuer 
zeigt,  dass  sie  doch  nicht  ganz  ohne  Entgelt  von  den  Bürgern  über- 
nommen wurde.    Vgl.  Kap.  VI. 

§  199.    E^g  TijJLYjv  GTzupihm. 

Im  Pap.  Par.  62  V  1 7  und  VI  3  (II.  Jahrh.  v.  Chr.)  wird  eine 
Zuschlagszahlung  zu  der  eigentlichen  Steuerzahlung  für  die  Tt|Jt7] 
OTiuptSwv  vorgeschrieben.  Diese  wird  zu  den  dvaXwfxaxa  der  Steuer- 
erhebung gerechnet.  Es  kann  sich  wohl  nur  um  die  Körbe  handeln, 
in  denen  das  Geld  in  die  Regierungshauptkasse  nach  Alexandrien 
transportirt  wurde.  Vgl.  §  176.  Für  die  Anschaffung  dieser  Körbe 
wurde  jener  Zuschlag  erhoben. 

§  200.  ^TTisp  aD[xß6Xa)v  xaiJL-i^Xwv. 

Im  Pap.  Grenf.  (II)  LVIII  (vom  J.  175  n.  Chr.)  quittirt  der 
[TcpaY][xax£UT7]^  ipri\iO<^\jXocxi(xq  IIpoatoTicTou  xal  ['ApaLVOLTOi)?]^) 

^)  Abweichend  von  den  Herausgebern  vermute  ich,  dass  in  der  Lücke 
nicht  der  Name  einer  Persönlichkeit,  —  die  könnte  nicht  ohne  Titel  sein  — 
sondern  vielmehr  der  Name  eines  Gaues  gestanden  hat.    Es  müsste  ein  Gau  sein. 


§  196  —  201. 


395 


durch  seinen  Secretär  Julianus  über  den  Empfang  von  24  Drachmen 
UTiep  aujjißöXwv  xaiiyjAwv.  Nach  einem  ganz  analogen  Papyrus, 
den  ich  vor  Jahren  im  Privatbesitz  sah,  ist  zu  vermuten,  dass  hinter 
xa[iT^Xa)V  die  Zahl  der  Kamele  genannt  war.^)  Also  für  die  g6\l^oXoc, 
die  tickets,  wie  die  Herausgeber  richtig  erklären,  von  so  und  so 
vielen  Kamelen  werden  24  Drachmen  gezahlt.  Vorausgesetzt,  dass 
meine  Ergänzung  'ApaLVOiTOU  richtig  ist,  handelt  es  sich  um  die 
Benutzung  der  Karawanenstrasse,  die  aus  dem  Prosopitischen  Gau 
durch  die  Wüste  zum  Faijüm  führte.  AVer  seine  Kamele  diesen 
Weg  treiben  woUte,  musste  für  jedes  ein  Billet  lösen.  Dies  Geld 
wurde  von  den  „Pächtern  der  Wüstenwacht''' ^)  erhoben,  offenbar 
w^eil  man  durch  dieses  a6[j,ßoAov  sich  den  Schutz  der  epri\io:^'jXo!.y.eq, 
der  Wüstenwächter,  erkaufte.  Mit  Kecht  erinnern  die  Herausgeber 
an  das  izizzivj.ow  7.a|jn^}vü)V,  das  bei  Benutzung  des  Wüstenweges  von 
Koptos  nach  Berenike  zu  lösen  war.    Vgl.  oben  §  141,  auch  §  151. 

§  201.   'Tnkp  a^p  (ayLa|Jioi))  [i6a)(a)v  '9-D0[xsva)v. 

In  BGU  356,  einer  Bankquittung  vom  J.  213  n.  Chr.,  wird 
quittirt  für  den  a^p(o(.'^iG\ibc)^')  [ioayou  Ivo?  d-uoiiivou  Iv  x'g  xwfxiQ 
UTwO  Aupr^Xbu  Aicu|iou  'A^ve^avSplw?.  Ich  habe  schon  in  §  188 
den  Nachweis  zu  führen  gesucht,  dass  dieser  Didymos  der  Opfer- 
priester war.  Ebenda  lernten  wir  eine  „Opfertier Steuer"  kennen,  die 
der  im  einzelnen  Falle  opfernde  Priester  zu  zahlen  hatte  (vgl.  §  171). 
Die  vorliegende  Quittung  lehrt  nun,  dass  dieselben  Priester  ausserdem 
noch  für  die  Versiegelung  des  betreffenden  Opfertieres  eine  andere 
Steuer  zu  zahlen  hatten.  Was  es  mit  dieser  Versiegelung  auf  sich 
hat,  erzählt  uns  Herodot  II  38:  Toi)?  he  ßoö?  tou?  epaevac  xoö 
'ETüacfou  elva:  vo[jiiLODai,  v,od  touto'j  scvsxa  8oxc|iauOi)aL  auTOÖ? 
ü)5£*  Tpi)^a  f^v  y.al  jicav  iSr^xai  iTisoöaav  [leXaivav,  ou  xaO-apov  elvai 

der  durch  die  "Wüste  mit  dem  Prosopites  verbunden  war.  Da  der  Papyrus  im 
Faijüm  gefunden  ist,  liegt  es  am  nächsten,  an  den  'Apaivotxrjg  zu  denken. 
Der  Raum  würde  passen.    Ich  lese  daher  Z.  2 :   ['Apa'.votxou  5i.]a  'louXtavoö. 

Es  heisst  da:  uTisp  a'jjißöXcov  y.al  7iapo5(ou  xaiii^Xwv  Tp'.wv  8pax(|ia;)  24. 
Wiewohl  hier  auch  noch  von  dem  zapöSiov  die  Rede  ist,  könnte  doch  auch  in 
unserem  Text  vielleicht  ['p'-wv  dpY(upioo)  bpoLyJixicg)  zu  ergänzen  sein. 

^)  In  jenem  Paralleltext  las  ich  jji'.aO-tüxrjg  ipYjiiocpuXayj  iag). 

^)  Mir  scheint  ocppCaytofioO)  jetzt  besser  als  acppCayiSo?).  Vgl.  Tarif  von 
Koptos  Z.  22.  Nicht  unmöglich  wäre  auch  die  Auflösung  09p(aY'.aT0Ö)  resp. 
acppCaytoxwv). 


396 


IV.  KAPITEL. 


l^£Lp6aa^,  £1  za-ö-apY]  twv  7T:pox£t|jt£VO)V  or^fjiyjLtov  —  xaxopa  §£  xal  xd? 
zplyjxq  zy]q  oupfi^  £c  xaid  q^uaiv  ey^ti  7i£cpuxuia^.  ''Hv  §£  toutwv 
TwdvTwv  f/  za^apog,  aYi[jiaLV£Ta:  ßußXo)  TC£pl  xd  xipecx.  eDdo- 
awv  XÄL  £7C£:Ta  yfjv  ayjiJiavTpLSa  £7TC7tXdaa?  ini^ocXlei  lov 
5axTu).tov  xal  outo)  dTtdyouac.  'Aa7^{JLavT0 v  hh  -O-uaavTC  -ö-d- 
vaxoi;  fi  ^ri\iiri  £7riX££TaL.  Aus  Kastor  (bei  Plut.  de  Isid.  Osir. 
31)  wissen  wir  sogar  noch,  welche  Hieroglyphe  das  Siegel  enthielt.^) 
Plutarch  a.  a.  O.  nennt  die  priesterliche  Behörde,  die  die  Prüfung 
und  Versiegelung  der  Opfertiere  vorzunehmen  hatte,  a^payiaiai, 
während  Chaeremon  (FHG  III  fr.  4  S.  498)  sie  spezieller  \ioaj^o- 
a^payiaTa:  nennt.  Nach  Clemens  Alexandrinus  (Strom.  VI  36 
p.  758)  enthielten  die  ßtßXta  [xoay^oa^payta-cxd  die  Vorschriften 
für  diese  Behörde.  Diese  Klassikernotizen  werden  aufs  Beste  durch 
BGU  250  bestätigt.-)  Unsere  obige  Quittung  aber  ergänzt  sie  dahin, 
dass  der  Opferpriester  für  diese  Versiegelung  jedes  einzelnen  Opfer- 
tieres eine  besondere  Abgabe  an  die  kaiserliche  Kasse  zu  zahlen  hatte. 

§  202.  Tapr/s'jTwv. 

Das  Wort  Tap:x£'JTYj?  bezeichnet  den,  der  das  Gewerbe  des 
Einpökeins  betreibt.  In  Aegypten  hiessen  so  bekanntlich  die  Leichen- 
balsamirer,  doch  konnten  auch  die  Fischpökler  u.  s.  w.  damit  be- 
zeichnet werden.  In  welchem  Sinne  das  Wort  in  BGU  337,21 
steht,  lasse  ich  dahingestellt.  Jedenfalls  ist  damit  die  betreffende 
Gewerbesteuer  gemeint.    Vgl.  §  135. 

§  203.     'H  TSXdpTY]  TGÖ  TOLpiy^OU. 

Zum  Petr.  Pap.  (I)  28  (2)  habe  ich  bereits  in  Gött.  GA  1895 
S.  144  von  Mahaffy  und  mir  einige  Correcturen  mitgeteilt.  Nach 

Vgl.  Parthey  im  Commentar  seiner  Ausgabe  der  Schrift.  Vgl.  auch 
Wiedemann,  Herodot  II.  Buch,  S.  182. 

Der  Priester  erklärt,  dass  die  jioaXo^cppaT'-'^'^^^  durch  Untersuchung 
des  Opfertieres  festgestellt  hätten  &c,  sax'.v  xoL^ctpoc,  xaxa  x6  eO-o^,  xac  sacppoL- 
Yia^ai,  ö[7te]p  ou  |j.y)  £y5£5öaO'(aO  [loi  Ypaia/iaxa.  Für  gewöhnlich  erhielt 
also  der  Opferpriester  eine  schriftliche  Bescheinigung  darüber,  dass  das  Opfer- 
tier ,,rein"  sei.  Der  Anfang  einer  solchen  Bescheinigung  ist  wohl  das  Fragment 
bei  Grenf.  (II)  LXIV:  2oxvovwv£ü3g  Ispoixoaxoa'^pay.axYis  STisO-swpr^aa  |i[ö]ax[o]v 
0-uö|ji£vov  £v       2o[xvo7i]aLO'j  Xf^aov  (sie)  uuo  [  &c,  iajTiv  x[a^apög]. 


§  201  —  204. 


397 


nochmaliger  Prüfung  der  Photographie  glaube  ich  jetzt  von  Z.  8  an 
folgendermassen  lesen  zu  sollen  i^) 

8.  "Eyyuo;  eIq  £XT£:aLV  Atovuaioi)  xoü  iqlzi']lri'^6- 

9.  TO?  TYjv  Tsxapxev  (oder  isxapTE'.v)  loö  Tapt/^ou  xf^c  y.w- 
10.  >Y]g  £1?  TO  tßL  (J.  236  V.  Chr.)  u.  s.  w. 

Gleichviel,  ob  in  9  TSTapTSV  oder  TSTapTS'.v  zu  lesen  ist, 
jedenfalls  hat  der  Schreiber  es  für  T£TapTr]v  verschrieben.  Dionysios, 
für   den   die  Bürgschaft  gestellt  wird,   ist   also  der  Pächter  der 

TSTapTTj  TOÖ  Tapl^OD. 

Das  Wort  zoLOiy^oc,  ist  eben  so  mehrdeutig,  wie  der  TOcpr/tuVTiC, 
im  vorigen  Paragraphen.  Es  bezeichnet  alles  Gepökelte,  wie  Pökel- 
fleisch, Pökelfisch,  aber  auch  die  Mumie.  In  dieser  amtlichen 
Titulatur  möchte  ich  allerdings  die  erstere  Bedeutimg  hier  vorziehen, 
und  möchte  es  allgemein  als  „Pökelware"  fassen.  Die  zezipzY^ 
würde  dann  vielleicht  als  Abgabe  von  25  ^/o  von  dem  Ertrage  (?) 
dieser  Pökel  wäre  zu  deuten  sein.  2) 

Auch  in  der  Inschrift  von  Cos  erscheint  die  Abgabe  vom 
Taptxo?.    Vgl.  Rev.  Etud.  Grecq.  IV  S.  371. 

§  204.   To  TcXsar.xov. 

Das  Decret  von  Rosette  erwähnt  in  Z.  16  unter  den  Wohlthaten 
des  Königs  Epiphanes:  Tipo^exacev  xal  Tispl  twv  ispewv,  ötiw; 
|XY]^£v  TiXelov  S'.Swaiv  zlq  tö  TsXeaTcxöv  ob  ivxoaovzo  sw?  toO 
TTpwTOU  £TOU?  iizl  TOÖ  TTaTpö?  auToö.  Die  Priester  sollen  also  nicht 
mehr  für  das  T£X£aTLx6v  zahlen,  als  sie  unter  seinem  Vater,  bis  zu 
seinem  (des  Epiphanes)  erstem  Jahr  gezahlt  haben.  Dass  diese 
Worte  auf  eine  Erhöhung  der  Abgabe  bei  Beginn  der  Regierung 
des  Epiphanes  schliessen  lassen,  hat  Mahaffy,  Empire  S.  319,  richtig 
bemerkt.  Ueber  die  Bedeutung  dieses  T£X£aT:x6v  sind  die  mannig- 
fachsten Hypothesen  aufgestellt  worden.  Vgl.  Lumbroso,  Recherches 
S.  299  ff.  Der  demotische  Text  der  Rosettana  lässt  keinen  Zweifel 
darüber,  dass  die  Abgabe  gezahlt  wurde,  „um  Priester  zu  werden". 
Vgl.  Revillout,  Chrestomath.  demot.  S.  17.  Es  ist  danach  das  Wort 
TeXfiaTLXÖv  von  T£X£lv  in  dem  Sinne  von  „weihen,  pass.  geweiht  werden" 


Anders  liest  Revillout,  M^langes  S.  351. 
*)  Für  den  enormen  Umfang  der  Pökeleien  im  Faijüm  vgl.  Diodor  I  52. 


39<S 


IV.  KAPITEL. 


abzuleiten.  Mit  Recht  hat  schon  Lumbroso  a.  a.  O.  darauf  hinge- 
wiesen, dass  diese  Steuer  dadurch  motivirt  war,  dass  die  Priester- 
stellen den  Inhabern  mancherlei  Privilegien  und  Vorteile  brachten. 

Irrtümlich  habe  ich  im  Hermes  XXIII  S.  595  An.  1  diese 
Steuer  damit  in  Verbindung  gebracht,  dass  der  König  die  Priester- 
stellen meistbietend  versteigerte.  Ich  bin  jetzt  vielmehr  der  Ansicht, 
dass  die  Einnahmen  aus  dem  TeXsaxcxov  und  die  aus  den  Versteige- 
rungen neben  einander  herliefen.  —  Dass  der  Kaiser  thatsächlich  die 
Priesterstellen  verauctionirte ,  habe  ich  a.  a.  O.  zu  zeigen  versucht. 
Für  die  Ptolemäerzeit  bestätigen  es  z.  B.  die  Holztafeln,  die  ich 
oben  auf  S.  65  An.  1,  66  An.  1  und  2  mitgeteilt  habe.  In  der 
Berliner,  Pariser  und  Londoner  Holztafel  sind  es  Ibiobosken,  die 
elc,  TTjV  TC|JiY]v  Tou  cßtOTacp£toi)  xal  T-^^  TTpo^Yjxeca^  xtX  an  den 
König  zahlen.  Also  diese  Prophetie  hat  ihren  Preis,  sie  wird  ver- 
kauft, d.  h.  da  es  natürlich  auf  Zeit  ist,  verpachtet.  Auch  in  der  Holz- 
tafel von  Hess  a.  a.  O.  wird  über  eine  tl[jlyj  iepamac,  (=lepaxeia.c,), 
d.  h.  einer  Priesterstelle,  quittirt.  Hier  wird  der  Preis  in  natura 
beglichen  (mit  23^  ^  ^\  Artaben  Weizen).  Da  alle  diese  ti\iolI  in 
die  königliche  Bank  fliessen,  so  ist  kein  Zweifel,  dass  der  König 
der  Versteigerer  ist. 

Von  diesen  Einnahmen  sind,  wie  gesagt,  diejenigen  sicherlich 
zu  trennen,  die  aus  den  „Weihegeldern"  der  Priester  flössen. 

§  205.    'H   TSTCCpTY]  TWV   S^^Cf SpO[JL£Va)V  CpOpTlWV. 

Im  Periplus  mar.  Eryth.  S.  19  heisst  es  von  dem  Hafen 
AeuxY]  xwfJLYj  am  Roten  Meer:  iyßi  Se  £[XTCoptoi)  Tcva  xal  auTY]  Ta^cv 
Tolc,  ScTzb  zfic,  'Apaßta^  l^apT:^o|JL£voc^  elq  aOrr^v  TzXoioic,  ou  (jLeyaXoL?. 
Aiö  xal  zlc,  aÖTYjv  xal  TcapaXVjTiTYj?  zfiq  TSTapTr^;  twv  £c^9£pO|JL£va)V 
(^opxcwv  xal  IxaiovTapxY]?  ^£Ta  aTpaT£U{xaTo^  aTzooxiXXemi.  Hier- 
nach wurde  im  Hafenorte  Leuke  Kome  ein  Viertel,  also  25  ^/q,  vom 
Wert  der  importirten  Waren  als  Zoll  erhoben.  Otto  Hirschfeld  (RVG 
S.  20  A  2)  hat  den  Vorschlag  gemacht,  T£TTapaxoaT'^(g  statt  T£TapTYj^ 
zu  lesen.  Ich  möchte  mich  dem  nicht  anschliessen,  ehe  nicht  zwingende 
Gründe  dafür  vorgebracht  sind.  Dass  der  Binnenzoll  in  Aegypten 
nur  betrug,  kommt  hier  nicht  in  Betracht.  Denn  dass  man 
an  der  Grenze  bedeutend  höhere  Zölle  erhob,  ist  begreiflich  genug. 
Der  arabische  und  indische  Handel  führte  damals  über  Aegypten 


§  205.    DER  EINFUHRZOLL  AM  ROTEX  MEER. 


399 


zu  den  europäischen  Häfen. ^)  Da  man  Concurrenz  nicht  zu  be- 
fürchten brauchte,  konnte  man  einen  so  hohen  Zoll  wohl  riskiren. 

Ich  möchte  jetzt  um  so  mehr  an  dem  überlieferten  Text  fest- 
halten, als  wir  im  Rev.  Pap.  52,  13  ff.  ein  neues  Beispiel  für  einen 
Grenzzoll  von  25  ^/q  kennen  gelernt  haben.  Wer  ausländisches 
Oel  einfuhrt,  gleichviel  ob  über  Alexandrien  oder  Pelusion,  soll 
12  Drachmen  für  den  Metretes  zahlen.  Das  ist  aber,  wie  Grenfell 
S.  149  richtig  bemerkt,  ^  des  Preises.  Immerhin  besteht  ein  Unter- 
schied. Die  Zölle  am  Roten  Meer  sind  reine  Finanzzölle,  dagegen 
dieser  Oelzoll,  der  das  monopolisirte  Oel  schützen  soll,  hat  den 
Charakter  eines  Schutzzolles  —  wenigstens  nach  unseren  Begriffen. 

Auch  Hogarth's  Vermutung^)  möchte  ich  nicht  beistimmen,  der 
die  Höhe  des  Zolles  durch  die  Annahme  zu  erklären  sucht,  dass 
die  Römer  zu  Gunsten  der  Route  Koptos  -  Berenike  die  Reisenden 
von  der  Benutzung  der  südlicheren  Route  Leuke  Kome-Syene  hätten 
abbringen  wollen.  Dagegen  spricht  schon  die  durch  denselben 
Text  bezeugte  Entsendung  der  Truppen,  die  doch  ohne  Zweifel 
eine  Fürsorge  der  römischen  Regierung  für  diesen  Hafen  be- 
zeugt. Ich  möchte  vielmehr  aus  der  Art,  wie  die  Steuer  von  dem 
Autor  erwähnt  wird  (mit  dem  directen  Artikel!)  die  Vermutung 
wagen,  dass  auch  in  den  anderen  Häfen,  so  auch  in  Berenike,  der- 
selbe Zoll  von  25  ^/o  erhoben  wurde.  Wenn  Hogarth  übrigens 
sagt,  dass  in  Leuke  Kome  vom  Import  wie  vom  Export  25  er- 
hoben wurden,  so  ist  das  ein  Irrtum.  Der  Text  spricht  nur  vom 
Import,  und  die  Worte  Strabo's  XVII  p.  798  dürfen  damit  nicht 
vermengt  werden.  Natürlich  ist  dort  auch  ein  Ausfuhrzoll  erhoben 
worden,  aber  über  seine  Höhe  ist  m.  W.  zur  Zeit  nichts  bekannt. 

Der  TrapaXrjTiTT]^,  der  nach  dem  Periplus  zur  Erhebung  des 
Zolles  nach  Leuke  Kome  geschickt  wird,  ist  offenbar  kein  Pächter, 
sondern  ein  mit  der  Erhebung  betrauter  Beamter.  Nach  CIGr. 
III  5075  (Anfang  der  Kaiserzeit)  hat  der  dort  genannte  Strateg 
von  Ombos  und  Elephantine  zugleich  den  Titel  eines  TiapaXi^fATtTrj? 
[t"^^  'fifju-ö-pa?  d-ocXoLGor^q.  Das  kann  wohl  nur  bedeuten,  dass  die 
TrapaXfjpLTiTat  in  den  einzelnen  Küstenorten  ihm  unterstellt  waren. 


V)  Vgl.  Marquardt,  RStV  II"^  S.  275. 

^)  Vgl.  Flinders  Petrie,  Koptos,  1896.  S.  32.  —  Ueber  Lumbroso's  Ver- 
mutung in  der  Recherches  S.  306  vgl.  oben  S.  139. 


400 


IV.  KAPITEL. 


Unter  Claudius  ist  ein  Systemwechsel  eingetreten,  insofern  die  Zölle 
des  Roten  Meeres  damals  verpachtet  worden  sind.    Vgl.  Plin.  h.  n. 

VI  84:   Ä7ini  Plocami,  qui  maris  Ruhri  vectigal  a  fisco  redemerat. 

§  206.  'H  TSTpaxaLSLxoaT-^. 

Im  Petr.  Pap.  (I)  XXV  (2)  begegnet  zweimal  der  Ausdruck 
OLTzb  Tfic,  (Z.  2  und  4).   Bei  der  Unvollständigkeit 

des  Textes  ist  es  nicht  sicher,  ob  es  sich  hier  überhaupt  um  eine  Ab- 
gabe handelt.  Doch  ist  es  nicht  unwahrscheinlich,  wie  denn  auch  Ma- 
haify  es  annimmt.  Da  von  Getreidelieferungen  die  Rede  ist  (vgl.  Z.  3. 
•ö-Yjaaupotg,  Z.  6  coc'/.y.oijq),  so  könnte  der  auffallende  Bruch  2h  sich 
vielleicht  dadurch  erklären,  dass  er  als  Bruchteil  der  Artabe  auf- 
zufassen ist,  denn  gehört  zu  den  üblichen  Teilmassen  der  Artabe 
(vgl.  Kap.  X).  Ueber  die  Bedeutung  der  eventuellen  Steuer  verlohnt 
es  sich  nicht,  Vermutungen  aufzustellen. 

§  207.  TpaTO^LTwv. 

Im  Pap.  Berk  Bibl.  21,10  (III.  Jahrh.  n.  Chr.)  begegnet  neben 
anderen  Steuern  auch  eine  Abgabe  TpaTceCetxwv.  Jedenfalls  ist 
nicht  an  königliche,  sondern  an  Privatbanquiers  zu  denken.  Doch 
über  den  Charakter  der  Steuer  giebt  die  Urkunde  keinen  Aufschluss. 
Zu  den  Trapeziten  vgl.  Kap.  VI. 

§  208.  To  TpL7]papx7]|jLa. 

Im  Petr.  Pap.  XXXIX  e  (III.  Jahrh.  v.  Chr.)  begegnet  neben 
anderen  Steuern  auch  das  zpifipapyrnioc.  Die  Zahler  sind  Militär- 
colonisten,  ein  Athener  Pythagoras  und  ein  Makedonier  Adymos. 
Ersterer  zahlt  5  Drachmen  für  das  Jahr.  Hier  wurde  also  nicht  etwa 
nach  athenischer  Weise  dem  Einzelnen  die  Ausrüstung  einer  Triere 
als  Liturgie  überwiesen,  sondern  die  Unkosten  der  Kriegsflotte 
wurden  durch  eine  besondere  Steuer  erhoben.  Denn  das  scheint 
mir  der  Sinn  dieser  Abgabe  zu  sein.  Wie  diese  berechnet  war,  ob 
sie  nur  auf  einzelnen  Klassen  oder  auf  der  gesammten  Bevölkerung 
gelastet  hat,  lässt  sich  aus  den  vorliegenden  Texten  nicht  ersehen. 

§  209.  Tpocpyje. 

Der  Pap.  Par.  67  II  11  (II.  Jahrh.  v.  Chr.)  erwähnt  neben  anderen 
Steuern  auch   die  für   die  xpo^Y]   gezahlte.     Die  von  Lumbroso, 


§  205  —  211. 


401 


Recherches  S.  306,  zur  Erklärung  aufgestellte  Hypothese  hat  für 
mich  wenig  Wahrscheinlichkeit.^)  Doch  weiss  ich  keine  sichere 
Deutung  zu  geben,  da  der  Text  uns  eben  nur  das  eine  Wort  über- 
liefert. Die  Frage  ist,  für  wessen  Ernährung  die  Abgabe  zu 
zahlen  ist?  Sollte  hier  an  die  Ernährung  Unbemittelter  zu  denken 
sein?  Etwa  an  Alimentationen,  wie  sie  später  die  Kaiser  eingeführt 
haben? 2)  Oder  ist  es  eine  Abgabe,  die  der  Einzelne  für  seine 
eigene  Nahrung  zu  zahlen  hatte?    Kaum  denkbar. 

§  210.  TyhiY.f^^. 

In  BGU  471,15  (II.  Jahrh.  n.  Chr.)  wird  neben  anderen  Steuern 
auch  über  Zahlungen  für  die  zu'])'.y.ri  gebucht.  Der  Herausgeber 
liess  die  Möglichkeit  offen,  yu^ixfiC,  zu  lesen.  Nachdem  ich  das 
Original  gesehen,  glaube  ich  doch  an  der  Lesung  vj']>iy.fi^  festhalten 
zu  müssen.    Eine  Erklärung  dafür  habe  ich  nicht. 

§  211.    TTisp  cpiXav^pwTüO'j. 

Vgl.  BGU  64,8  f.;  199  Vers.  7;  534,  12  f.;  652,15,  Pap.  Lond. 
CCCXLVII  (Pal.  Soc.  II  PI.  185),  alle  aus  der  Kaiserzeit. 

In  64  und  534  wird  unter  diesem  Titel  Getreide  geliefert,  und 
zwar  wird  die  Lieferung  als  Zuschlag  zu  der  vorher  erwähnten 
Grundsteuer  resp.  Annona  bezeichnet:  xal  TauTai;  7:pogavaX(r^^^£LaaO 
bizkp  (piXavO-pcoTTOi)  y.al  aXXwv.  Dagegen  wird  in  199  und  652 
sowie  im  Londinensis  nicht  Getreide,  sondern  Geld  für  diesen  Posten 
gezahlt. 

T6  cpiXavO-pwiiov  ist  uns  sonst  aus  der  Papyrusliteratur  in 
dem  Sinne  von  „Gnadenact,  Gnadenerlass"  (seil,  des  Königs)  bekannt. 
Vgl.  A.  Peyron,  Tur.  Pap.  (I)  S.  167.  Mommsen  erinnert  mich 
an  Mon.  Ancyr.  (Gr.)  9,  10.  Die  obigen  Stellen  verlangen  aber 
einen  anderen  Sinn»  Ich  möchte  von  seiner  ursprünglichen  Be- 
deutung als  „Freundlichkeit,  Erkenntlichkeit"  ausgehen,  und  dieses 
in  dem  übertragenen  Sinne  fassen  wie  etwa  das  entsprechende 
französische  douceur.     In    199   und  652  und  dem  Londinensis^) 

*)  Völlig  Verkehrtes  bringt  Wessely,  Zythos  etc.  S.  41:  „bei  Verkäufen  — 
von  Nahrungsmitteln".    Vgl.  oben  S.  371. 

^)  Sprachlich  werde  ich  daran  erinnert  durch  Dio  Cassius  G8,  5,4  (Traian): 
xatg  TiöXsa-.  xaig  ev  'lTaX{jf  nnog  Trjv  röiv  nuiöoiv  Tooffrjv  TCoXXa  y^oi.pioot.z^a.',. 

^)  Auch  hier  lese  ich:  cf tXavO'pü)7t(ou)  >ta)(ji[o]Yp(a|i|Jiai£i). 
WiLCKEN,  Ostraka.  26 


402 


IV.  KAPITEL. 


wird  dieses  „Douceur"  als  für  den  -/ca)[JiOYpa|i(xaT£6?  bestimmt  be- 
zeichnet. —  Da  diese  ^iXavO-ptOT^a  von  den  Sitologen  resp.  den 
Praktoren  einkassirt  werden,  so  werden  diese  Liebesgaben  den  Steuer- 
zahlern zwangsweise  auferlegt  sein,  wie  eine  ordentliche  Abgabe. 

§  212.    To  cpuXaxLTizov. 

Diese  Steuer  begegnet  mehrfach  in  den  Petrie  Papyri  aus  dem 
III.  Jahrh.  V.  Chr.  Vgl.  Mahaffy  (II)  S.  29  (dazu  Appendix  zu 
den  Petr.  Pap.  S.  3),  S.  36/7,  ferner  XXXIX  e  und  f.  Manchmal 
steht  (puXaxcxixov  allein,  mehrfach  aber  finden  sich  spezialisirende 
Zusätze  wie  Xeiocq  TTpoßaxwv  (S.  36)  oder  Xzloic,  (S.  37),  yf^q  (ebenda) 
oder  yfiq  ä\i.(jzzXiuhoq)  (ebenda),  )(y]Vü)V  (ebenda).  Im  Appendix 
a.  a.  O.  steht  das  mir  unverständliche  9i)(XaxiTr/c6v)  £'8".V(i)v  xoCi 
p£(.  .  .).  Diese  Steuern  werden  bald  in  Geld  bald  in  Getreide 
gezahlt.  Ja,  eine  und  dieselbe  Person  zahlt  gleichzeitig  sowohl 
Geld  wie  Getreide  dafür  (S.  36). 

Das  Wort  (^uXaxiTczov  kann  nur  von  ^uXaxLxr^^  abgeleitet 
werden ,  nicht  etwa  von  cpuXa^.  Die  ^uXazTxa:  aber  sind  uns  als 
die  Gendarmerie,  die  Lokalpolizei  Aegyptens  bekannt.  Vgl.  Lum- 
broso,  Recherches  S.  249  f^)  Der  Herausgeber  Mahaffy  nennt 
unsere  Steuer  daher  mit  Recht  eine  police-tax.  Es  ist  offenbar 
eine  Abgabe,  die  für  die  Verpflegung  und  Salarirung  des  Gen- 
darmeriecorps, durch  welches  der  Staat  das  Eigentum  der  Unter- 
thanen  schützte,  erhoben  wurde.  Die  obigen  Zusätze  wie  Xziac, 
TTpoßdcTWV  u.  s.  w.  deuten  an,  auf  Grund  welches  Besitztums  der 
Einzelne  zu  dieser  Steuer  herangezogen  wurde.  Denn  so  viel  ist 
wohl  wahrscheinlich,  dass  nicht  alle  Unterthanen  hiermit  belastet 
wurden,  sondern  nur  diejenigen,  die  Güter  besassen,  die  des  Schutzes 
bedurften  und  genossen.  Dafür  spricht  auch  jener  Papyrus,  den 
Mahaffy  im  Appendix  a.  a.  O.  vollständiger  als  auf  S.  29  publicirt 
hat.  Mit  den  Worten  zobc,  bizozzleZc,  tou  9uXa7w[cT:]xoö  werden 
hier  diejenigen  Personen  hervorgehoben,  die  dieser  Steuer  unterlagen. 
Sie  bilden  also  einen  bestimmt  umgrenzten  Kreis. 

^)  Seine  Ausführungen  werden  durch  die  neuen  Texte  durchaus  bestätigt. 
Vgl.  z.B.  Petr.  Pap.  (II)  XXXII.  2b,  avo  ein  Ptinderhirt,  der  seine  Heerden 
in  die  Krotonpflanzungen  getrieben  hatte,  den  Phylakiten  dafür  übergeben 
werden  sollte. 


§  211  —  217. 


403 


§  213.  TsAsaiJLa  cp'jTwv. 
In  dem  Berliner  Pap}Tus  P.  1394,  einer  Abrechnung  über 
Steuereingänge,  beginnt  eine  Kubrik  mit  den  AYorten  T£A£a|JLa'Cü)v 
(puTwv  ovTtov  £V  G',z'.y,\_.  .  Es  ist  also  eine  Abgabe  von  Pflanzen. 
Sie  wird  in  Geld  gezahlt.  Ueber  den  Charakter  der  Steuer  weiss 
ich  nichts  zu  sagen. 

§  214.  XaAxiaca. 

In  der  Londoner  Bilinguis  aus  der  Zeit  des  Philopator,  die 
Kevillout  in  den  Proceed.  Soc.  Bibl.  Ai'ch.  XIV  S.  61  publicirt  hat, 
heisst  es  in  Z.  10  y^aAXiaiav  Tsaaapa^  ößoXov,  nicht  y^aXx(oö) 
a(XXaY'^^)  zioaocpxq  6'^oXo6q,  wie  der  Herausgeber  las.  Die  richtige 
Lesung  ist  bereits  in  Palaeogr.  Societ.  II  143  und  bei  Grenfell, 
Rev.  Pap.  S.  201  zu  finden.  Also  für  die  yaXxLata  werden  4  Drach- 
men 1  Obol  an  das  TcAwviov  gezahlt.  Was  die  Abgabe  bedeutet, 
weiss  ich  nicht.    Eine  Vermutung  bei  Grenfell  a.  a.  O. 

§  215.  'H  yjxpxripd. 
In  BGU  277  II  11  (II.  Jahrh.  n.  Chr.)  werden  als  Abgaben 
angeführt:  ypacpscoi)  xal  yapxYjpäc.  Mit  dem  letzteren  Wort  muss 
eine  Steuer  bezeichnet  sein,  die  auf  dem  yapTYjg,  dem  Papyrus, 
lastete.  Man  könnte  sich  eine  Papyrussteuer  in  verschiedener  Weise 
vorstellen.  Die  Verbindung  mit  ypa^eiO'J  legt,  wie  ich  schon  im 
§147  angedeutet  habe,  die  Vermutung  nahe,  dass  hier  eine  Abgabe 
für  das  Schreibmaterial  und  „Papier"  gemeint  ist,  das  die  Behörden 
im  Interesse  des  Publicums  verbrauchten.  Freilich,  auch  dies  ist 
nur  eine  Hypothese. 

§  216.    OopoG  /saovT 
Eine  Abgabe  dieses  Namens  begegnet  in  BGU  652,  11.  Ich 
weiss  damit  nichts  anzufangen. 

§  217.  'H  /pDao/o'ixT^. 

Im  Petr.  Pap.  (II)  XLIHb  (III.  Jahrh.  v.  Chr.)  wird  diese 
„Goldschmiedesteuer"  erwähnt,  die  gewiss  als  Gewerbesteuer  auf- 
zufassen ist.  An  dem  Text  ist  noch  interessant,  dass  es  danach 
auch  in  den  Dörfern  des  Faijüm  Goldschmiede  gab,  so  in  dem  Dorfe 
Pelusion  und  'AXe^avopou  Nfjao^. 

26* 


404 


IV.  KAPITEL. 


Dieselbe  Steuer  scheint  mir  in  BGU  434  (vom  J.  169  n.  Chr.) 
vorzuliegen.  Abweichend  vom  Herausgeber  möchte  ich  daselbst 
folgendermassen  ergänzen:  SLaysypCacpr^ywev)  'A9[poScaL(i)?]  7rpax(TOpO 
dpY(upLXü)v)  TpLTOD  afji^oSo'j^)  Eu5a''jjL[a)v  y£v6([JLevo;).^]  X(xoyp(d<^oq) 
)(puaoxoa)(v)  xtX.  Also  Eudaemon,  der  früher  das  Amt  eines 
"kaoypoi^oc,  bekleidet  hatte,  im  Uebrigen  aber  seines  Zeichens  ein 
Goldschmied  war,  bezahlt  hier  für  die  Gewerbesteuer  der  Gold- 
schmiede so  und  so  viel. 

§  218.  Wi)y|j.oi)  xal  aa(]js'A(.  .  .). 

In  BGU  10,8  steht,  parallel  anderen  Abgaben,  (j;uY|J-oö  xal 
5:a(];£iX(.  .  .  .  ?)  l-  (=  dpoupwv)  vS.  In  BGU  277  II  5  ist  zu 
lesen:  ^KX^u^iioLzm  xod  SiacJjeiXwv  Tzpbc,  IXaiwC.  .  .)  l--  v5.  Mir 
ist  nur  eines  klar,  dass  an  beiden  Stellen  dieselbe  Abgabe  gemeint 
ist.  Ihre  Bedeutung  ist  mir  dunkel.  Für  t^\)^(\i6c,  und  6ca^uy|jLa 
wird  man  vielleicht  an  hia^ijy^Biv  im  Sinne  von  „austrocknen"  anzu- 
knüpfen haben,  denn  offenbar  handelt  es  sich  um  irgendwelche 
Behandlung  der  54  Aruren.^)  Analog  möchte  man  in  oia^eiXcov 
eine  Bezeichnung  für  das  „ausroden"  suchen.  Doch  sehe  ich  noch 
nicht,  wie  die  Form  Sia^'S'.Xwv  grammatisch  erklärt  werden  soll. 
Man  möchte  eher  biO(.^eiXo)\ia,zis)V  vermuten,  analog  den  Sia'^uyiJ-dTWV. 

^)  Vielleicht  stammt  der  Text  aus  Memphis,  denn  dort  numerirte  man  die 
Strassen.  Freilieh  mag  es  auch  noch  anderweitig  Sitte  gewesen  sein.  Aber  in 
Arsinoe  z.  B.  war  es  nicht  Brauch.  —  Hinter  E'j5a{|i[(i)v  ist  in  der  Lücke 
Platz  für  noch  etwa  4 — 5  Buchstaben.  Danach  ergänze  ich  vermutungsweise  ysv^. 

^)  Der  c{;uyjj.ög  im  Petr.  Pap.  (II)  XXXII  wird  von  Mahaflfy  wohl  mit 
Recht  als  drying  erklärt.  Vgl.  auch  die  Inschrift  bei  Mahaflfy,  Bull.  Corr.  Hell. 
1894.  XVIII.  S.  147,  wo         cpuyjjioD  als  Grenzbestimmung  steht. 


SCHLUSSWORT. 


Wir  stehen  am  Ende. 

Man  wird  nun  von  mir  erwarten,  dass  ich  nach  der  alphabe- 
tischen Aufzählung  des  Materiales  auch  eine  sachliche  Gruppirung 
der  Steuern  gebe.  Ich  will  mich  dieser  Aufgabe  nicht  entziehen, 
wiewohl  ich  mir  der  grossen  Schwierigkeiten  wohl  bewusst  bin.  Das 
Nächstliegende  würde  sein,  die  Steuern  nach  Art  der  Alten  einzu- 
teilen, d.  h.  Teilungsprincipien  zu  Grunde  zu  legen,  die  dem  antiken 
Gesichtskreise  angehören.  Ich  habe  aber  vergeblich  nach  solchen 
Principien  gesucht,  die  unserem  Material  gegenüber  mit  Erfolg,  d.  h. 
so,  dass  sie  Aufklärung  schaffen,  Anwendung  finden  könnten.  Eine 
Einteilung  etwa  in  Steuern  für  römische  Bürger  und  IN'ichtbürger  wäre, 
zwar  logisch,  nützte  aber  hier  nicht  viel,  denn  wir  würden  nur  die  Erb- 
schafts- und  Freilassungssteuer  auf  die  eine  Seite  und  die  gesammten 
anderen  Steuern  auf  die  andere  Seite  zu  stellen  haben.  Von  grösserem 
Interesse  ist  schon  die  Einteilung  in  Xatural-  und  Geldsteuern.  Hier- 
über haben  wir  bereits  oben  S.  199  ff.  das  Nötigste  gesagt.  Aus  Mangel 
an  einem  wirkungsvollen  antiken  Einteilungsprincip  hat  man  denn 
auch  neuerdings  gewöhnlich  moderne  Begriffe  in  die  aegyptische 
Steuergeschichte  eingefülirt.  Alle  Behandlungen  der  aegj^ptischen 
Steuern,  die  mir  zur  Hand  sind,  begnügen  sich  mit  der  Scheidung 
in  directe  und  iudirecte  Abgaben.  Vgl.  Varges,  Franz,  Lumbroso. 
Dieser  moderne  Begriff  der  directen  und  indirecten  Steuern  unterliegt 
jedoch  sehr  verschiedenen  Deutungen.  Gewöhnlich  fasst  man  in  der 
Praxis  unter  den  directen  Abgaben  die  Ertrags-  und  Einkommen- 
steuern, unter  den  indirecten  alle  anderen  zusammen,  und  in  diesem 
oder  ähnlichem  Sinne  haben  auch  die  genannten  Gelehrten  jene  Termi- 
nologie angewendet.   So  rechnet  Xumbroso  zu  den  directen  Steuern 


406 


IV.  KAPITEL. 


die  Grund-,  Gebäude-,  Personen-  und  Gewerbesteuer  sowie  die  Pro- 
vinzialabgaben,  zu  den  indirecten  die  Kauf-,  Bier-,  Fischerei-,  Wein-, 
Natron  steuern  etc.  sowie  die  Zölle  und  Strafgelder.  An  dieser  Ein- 
teilung ist  nur  auszusetzen,  dass  diese  Fassung  des  Begriffes  „direct" 
und  „indirect"  willkürlich  und  unklar  ist.  Auch  würde  es  schwer  sein, 
alle  uns  jetzt  bekannten  Abgaben  in  dieses  Schema  hineinzuzwingen. 
Wenn  ich  im  folgenden  in  der  Lage  bin,  eine  Einteilung  der  obigen 
Steuern  auf  Grund  der  Anschauungen  der  modernen  Finanzwissen- 
schaft zu  geben,  so  verdanke  ich  das  meinem  Collegen  Ludwig 
Elster,  der  mir  manche  Stunde  geopfert  hat,  um  die  einzelnen 
Steuern  mit  mir  durchzugehen  und  in  das  von  ihm  mir  proponirte 
Schema  einzuordnen.  Manche  der  Abgaben  ist  mir  erst  im  Gedanken- 
austausch mit  ihm  klar  geworden,  sodass  ich  auch  im  Vorhergehenden 
ihm  manches  verdanke,  ohne  es  doch  im  Einzelnen  angeben  zu 
können.  Für  die  folgende  Gruppirung  aber  bin  ich  ihm  zu  ganz 
besonderem  Dank  verpflichtet.  Dass  sich  natürlich  auch  andere 
Systeme  aufstellen  Hessen,  kann  unserer  Uebersicht  keinen  Abbruch 
thun,  denn  es  kommt  nicht  darauf  an,  eine  alleinseligmachende 
Einteilung  zu  finden,  sondern  eine  solche  aufzustellen,  die  sich  logisch 
begreifen  lässt  und  zugleich  geeignet  ist,  die  Fülle  des  Materials 
übersichtlich  zu  ordnen. 

Zur  Erklärung  der  folgenden  Tabelle  schicke  ich  einige  Be- 
merkungen voran.  Wir  scheiden  zunächst  nach  dem  Subject,  für 
welches  in  letzter  Instanz  die  Abgaben  entrichtet  werden,  in  könig- 
liche Abgaben,  Tempelabgaben  und  Privatabgaben.  Unter  den  könig- 
lichen Abgaben  unterscheiden  wir  die  zu  den  öffentlichrechtlichen 
Einnahmen  und  die  zu  den  privatwirtschaftlichen  Einnahmen  gehö- 
rigen. Zu  den  letzteren  rechnen  wir  diejenigen  Abgaben,  die  der 
König  aus  seinen  landwirtschaftlichen  und  industriellen  Besitzungen 
(Domänen,  Fabriken  u.  s.  w.)  erhebt.  Die  öffentlichrechtlichen 
Abgaben  zerfallen  wieder  in  Gebühren  und  Steuern  im  engeren  Sinne. 
Unter  Gebühren  führen  wir  in  Uebereinstimmung  mit  der  allgemein 
recipirten  Terminologie  diejenigen  Abgaben  auf,  die  als  Entgeld  für 
die  Inanspruchnahme  einer  Leistung  der  königlichen  Regierung  ein- 
gefordert werden,  die  also  nicht,  wie  die  Steuern  von  Allen  alljährlich 
zu  zahlen  sind,  sondern  nur  von  denjenigen,  die  die  betrefl?ende 
Einrichtung  in  Anspruch  nehmen.  Die  Steuern  scheiden  wir  ferner 
in  directe  und  indirecte,  doch  nicht  in  der  oben  besprochenen  vulgären 


SCHLUSSWORT. 


407 


Bedeutung,  vielmehr  fassen  wir  in  Uebereinstimmung  mit  der 
heutigen  wissenschaftlichen  Terminologie  unter  den  directen  Steuern 
die  unmittelbar  erhobenen  und  unter  den  indirecten  die  mittel- 
bar erhobenen  zusammen.  Die  directen  sind  also  diejenigen,  die 
vom  Steuerträger  direct  erhoben  werden,  während  die  indirecten  von 
Mittelspersonen  gezahlt  werden,  denen  es  überlassen  bleibt,  die  Steuer- 
summe auf  die  Steuerträger  zu  überwälzen.  Bei  den  directen  sind 
die  Steuerzahler  und  Steuerträger  identisch,  während  sie  bei  den 
indirecten  verschiedene  Persönlichkeiten  sind.  Zu  den  directen  Steuern 
in  diesem  Sinne  gehören  die  Vermögenssteuern,  die  Ertragssteuern, 
die  wieder  die  ,Grund-,  Gebäude-  und  Gewerbesteuer  umfassen,  ferner 
die  Einkommen-,  Verkehrs-,  Verbrauchs-  und  Aufwandsteuern.  Am 
schwierigsten  waren  diejenigen  —  sehr  zahlreichen  —  Steuern  unter- 
zubringen, die  nach  Angabe  unserer  Texte  für  die  Befi-iedigung 
bestimmt  genannter  Zwecke  erhoben  wurden,  wie  die  Bad-,  Damm- 
und Kanalsteuer  u.  s.  w.  Wir  haben  sie  als  Zwangsbeiträge  zu 
bestimmten  Zwecken  bezeichnet  und  haben  sie,  da  sie  sämmtlich 
direct  erhoben  werden,  als  besondere  Rubrik  zu  den  Einkommen- 
steuern gestellt.  Die  indirecten  Steuern  haben  wir  in  die  an  den 
Grenzen  und  die  im  Inneren  erhobenen  Verbrauchssteuern  getrennt. 

Was  nun  die  Einordnung  der  einzelnen  Steuern  in  dieses  Schema 
anlangt,  so  sind  wir  uns  wohl  bewusst,  dass  sie  nur  teilweise  als 
eine  gesicherte  betrachtet  werden  kann.  Auszuscliliessen  waren 
natürlich  alle  diejenigen  Abgaben,  deren  Sinn  uns  überhaupt  nicht 
klar  geworden  war.  Aber  auch  bei  den  anderen  war  es  bei  der 
Mangelhaftigkeit  der  Nachrichten  oft  sehr  schwer,  manchmal  un- 
möglich, ihnen  einen  bestimmten  Platz  anzuweisen.  Die  Abgaben 
folgender  Paragraphen  sind  nicht  in  die  Tabelle  eingefügt  worden: 
§  2,  3,  4,  7,  9,  13,  14,  21,  29,  31,  32,  34,  3G,  42,  47,  48,  49, 
50,  53,  55,  56,  59,  62,  64,  65,  67,  73,  75,  76,  77,  95,  96,  108, 
110,  121,  122,  123,  125,  12>i,  129,  132,  137,  139,  145,  146, 
148,  149,  160,  165,  167,  171,  178,  isi,  1S5,  187,  188,  191, 
203,  204,  206,  209,  210,  213,  216. 


408 


IV.  KAPITEL. 


Tabelle. 
A.  Königliche  Abgaben. 

I.  Oeflfentlichreclitliche  Einnalimen. 

1.  Gebühren.     §  1  ziXoq  d^yopO(.vo\L(iixq)  (?).    §  89  öpfxo^uXaxta. 

§  103  7rpo?5iaYpaq?6[Ji£vov.  §  105  Tcpos|Ji£Tpo6|ji£Vov.  §  106  np6^- 
U{Jiov.  §119  a'JVYjYopczöv.  §140  dTrap^v]  (als  Erbschaftssteuer). 
§  141  ocTzoGxoXiov.  §  143  ߣßat(DTLx6v(?).  §  153  StTiXwfJia 
övü)v.  §  155  btsipzotq.  §  157  xXYjpovo|x:ö)v.  §  159  exaioang. 
§  162  e^yjxoaxT^.  §  164  irdxiiLov.  §  180  xoXXußou(?).  §  190 
vaOXov  TtXocou.  §  200  aujjißoXwv  zafjfi^Xwv.  §  201  a^paytapLou 
[looyo'j.    §  204  TeXeaxizovC?).    §  214  yjxkY.ioi.io!.. 

2.  Steuern. 

A.  Directe  Steuern. 

a.  Vermögens  steuern.  §  54  ^euywv.  §  94  Trexe'.vwv. 
§  102  TTpoßdtiwv.  §  120  aa)[xaTL7w6v  (als  Sclavensteuer). 
§  126  'iSivA],  §  144  ^opoc,  ßowv.  §  173  «popo?  Ittttiov. 
§  174  TsXeaiJia  xa[X'i^X(i)v.    §  195  ttXolwv  aXceuicxwv. 

b.  Ertragssteuern. 

a)  Grundsteuer.  §  12  dfjiTieXwvwv.  §  16  annona.  §  27 
yeoipieTpca?.  §  30  xd  SyjfjLoaca.  §  38  Für  Oelfrucht- 
boden.  §  43  STiapoup'.ov.  §  46  sTccYpacpy).  §  58  UTrep 
O-r^aaupoö.  §  72  Für  Gemüseland.  §  87  zi\if\c,  oivou. 
§  104  7cp6;^£(JLa(?).    §  109  Ttfxfj?  Tuupoö.    §  112  aixu- 

YjpdxWV.     §  124  U7l£p  TOTTOU.     §  131   CpOLVCXtOVWV.     §  175 

ö  xavwv.    §  177  xaToixwv.    §  179  xXyjpou/^wv. 
ß)  Gebäudesteuer.     §  41  Ivoixiov.    §  93  xpcxY]  7r£pLa- 
T£pa)va)v(?). 

y)  Gewerbesteuern.  §  6  [jL£Taß6Xa)v  dXcIwv.  §  10  dpia- 
^a)v(?)  §  23  x(£^ptJ^'''^S^ov?)  ßaXav£i)T(ü)v).  §  24  ßacpiwv. 
§  26  y£p8:a)v.  §  28  5a7r(L569(i)v?).  §  52  Ixacpcxöv. 
§  57  YjTTYjTcov.  §  63  xaaaoTüOLwv  und  yvacpaXXoXoywv. 
§  66  xva^LXT^.  §  68  xoupEwv.  §  79  vauXoSoxwv. 
§  80  vauTür^ywv.  §  84  oixooojJLWV.  §  88  ovvjXaTwv. 
§  98  TTopEUTwv.    §  III  aaxxo^öpwv.    §  114  axu-cewv. 


STEUERTABELLE. 


409 


§  135  yeipm&o'/.  §  172  ^liaTtoTcwXLxov.  §  182  xpu- 
tottodXöv.  §  183  Xa)^avoTüü)Xö)v.  §  189  [iupoTzwXöv. 
§  197  7:op^{X£ü)v.  §  202  zapix^wzGiw.  §  207  Tpa7:£;:Tö)v. 
§  217  yp'JGoy^oXy.ri. 

c.  Einkommensteuern. 

a)  §  71  XaoYpacfia.  .  §  127  Trpo^oSwv  cpotvtx((i)v).  §  158 
eixoar)^.    §  194  TrpogoSwv  o'.xoTteSwv. 

ß)  Zwangsbeiträge  für  bestimmte  Zwecke.  §  15 
avop:avT(i)v.  §  18  dcTiopwv.  §  19  ap}(aL(j)v  itutüewv. 
§  20  apxLxuvr/Yöv.  §  22  ßaAav:x6v.  §  25  ßorjO-oO. 
§  33  ^'.(jip'jyoq.  §  44  eTiißoXi^.  §  69  xuvr^Y^'^-*''-^'''  ^O" 
pa-uwv.  §  70  x'jvYjYiSwv.  §  78  vaußiou.  §  85  o?yo- 
XoY^'ac.  §  90  Tcapo'jaia^.  §  97  tzaoIou  TüpeicDpiou.  §  99 
TCOTafiocpuXaxiSwv.  §  100  Trpaxxoptoi».  §  101  Tzpeo'Ziou. 
§  107  -po'jpLoi).  §  113  axo7:£Awv.  §  115  QizoXoyioLq(?). 
§  116  aiaxitovoG  TUOTapiGC'jXaxiSwv.  §  117  axecfayLOu 
(halbfrei^villig).  §  118  aT£:f  dtvou  (halbfreiwillig).  §  134 
d^J^tövtov  (fi)Xaxü)v.  §  136  /(OfidcTtov.  §  142  ap'.^|jLYjTi- 
xGv(?).  §  147  ^(p7.'^do'j.  §  154  5cx'.[iaaTLx6v.  §  163 
l7i:aTaTix6v(?).  §  168  O'cwp'.xov.  §  170  laip'.xöv. 
§  176  xaxaYWY^Gv.  §  184  XeiTouYpixov.  §  186  [Ltpi- 
ZoLpyo'j.  §  192  ^£VLa.  §  193  SSia.  §  198  TipaxTopcxov. 
§  199  T'.|Ji'^;  a7iDpi5ü)v.  §  208  Tp'.yjpap/Yj|jia.  §  211  cpiXav- 
^piüTiGV.  §  212  9'jXaxiTixGV.  §  215  yoLpir^pi..  §  218  '^uyI^^'^- 

d.  Verkehrssteuern.   §  1  liXoq  ixiaO-waEW^.   §  35  b^Y.dyXiO'^^. 
§  51  £71(1) v:a.    §  138  wvcwv. 

e.  Verbrauchssteuern. 

a)  Von  Genuss-  und  Verbrauchsgegenständen. 

§  8  a^Lxi^.    §  81  viTpixYj. 
ß)  Von  Luxusgegenständen.    §156  £X£'jO'£p'.(I)V. 

B.  Indirecte  Steuern. 

a.  An  den  Grenzen  erhobene  Verbrauchssteuern.  §91 
l^aYcoY*^?.  §  92  £??aYü)Yfj;.  §  151  StajcuXiov.  §  169  ^'j:(I)v(?). 

§  205  T£Tap'C7j  TÖ)V  £?$'^£pop,£VÜ)V. 

b.  Im  Innern  erhobene  Verbrauchssteuern.  §  38  iXaVxV;. 
§  83  60'OvtTjpa(?).    §  86  oTvo'j  teXo?.    §  166  ^uirjpa. 


410 


IV.  KAPITEL. 


II,  Privatwirtschaftliche  Einnahmen. 

§  37  sxcpopLov.  §  39  £|jLßa5:z6v.  §  40  IvvofJiLov.  §  82  vofxwv. 
§  133  :p6poq.    §  150  ScaiicaO-WTLTtov.    §  196  ^opoc,  ttXoccov  'Avito- 

B.  Tempelabgaben. 

§  5  axpoopuwv.  §  11  El?  t6  'A(x|jL(töV£Tov).  §  17  a7r6|jiOLpa. 
§  60  Lepoö  TT'jpoO.    §  61  "laiSo?.    §  74  loysia.    §  152  6:opax[j.ta 

C.  Privatabgaben. 

§  37  Ix^opiov.  §  39  IpißaScxov.  §  45  sTiiyevr^iJta.  §  130  ^opo? 
cpoLvtxwv.    §  133  <^6poc,.    §  161  Ivocxlov. 


Ein  unendlich  fein  gegliedertes  Steuersystem  liegt  in  dieser 
Tabelle  vor  uns.  Man  fragt  sich  unwillkürlich,  ob  es  denn  im  da- 
maligen Aegypten  überhaupt  ein  steuerfähiges  Object  gegeben  habe, 
das  unbesteuert  geblieben  wäre.  Dass  in  einem  solchen  System 
eine  starke  Belästigung  der  Steuerzahler  lag,  ist  selbstverständlich. 
Ob  man  aber  auch  von  einer  übermässigen  Belastung  reden  darf, 
dies  zu  beantworten,  reicht  das  oben  vorgelegte  Material  nicht  aus. 
Auch  das  finanzielle  Ergebnis  dieses  Systems  für  die  Regierung 
lässt  sich  nach  den  obigen  Urkunden  nicht  abschätzen.  Gern 
würde  man  erfahren,  wie  viel  wenigstens  einige  der  HaujDtsteuern 
aus  dem  gesammten  Aegypten  der  Regierung  eingebracht  haben. 
Soweit  ich  sehe,  kann  aber  auch  nicht  von  einer  einzigen  der 
oben  besprochenen  Steuern  berechnet  werden,  wie  viel  sie  im 
Jahre  der  Regierung  abgeworfen  hat.  üeberall  findet  sich  min- 
destens ein  unberechenbarer  Factor.  Es  ist  schon  viel,  wenn  wir 
erfahren,  wie  viel  eine  Steuer  für  den  einzelnen  Gau  eingebracht 
hat.  So  betrug  der  jährliche  Ertrag  der  Fischerei  Steuer  im  Peri- 
thebischen  Gau  gegen  Ende  des  II.  Jahrhunderts  v.  Chr.  im  Durch- 
schnitt 25  Kupfertalente  (vgl.  oben  S.  139).  Von  dieser  Summe  aus 
etwa  weiter  zu  berechnen,  wie  viel  diese  Steuer  aus  dem  gesammten 
Aegypten  eingebracht  hat,  dazu  fehlen  uns  wieder  die  notwendigsten 
Voraussetzungen.  Unter  diesen  Verhältnissen  beschränke  ich  mich 
darauf,  die  aus  den  Klassikern  uns  bekannten  Angaben  über  die 


DIE   EI>'yAHMEX  AUS  AEGYPTEN. 


41] 


Gesammteinnahmen  Aegyptens  unter  den  Ptolemäern  und  Römern 
zusammenzustellen  und  nochmals  zu  prüfen.^) 

1)  Kur  im  Vorübergehen  will  ich  darauf  hiuNveisen,  was  uns 
Herodot  III  91  über  die  Steuern  Aegyptens  zur  Perserzeit  berichtet. 
Aegypten  bildete  damals  nach  den  ^Bestimmungen  des  Darius  I  zu- 
sammen mit  Libyen,  Kyrene  und  Barka  einen  Steuerbezirk  (vo[Jl6;). 
Dieser  gesammte  Bezirk  hatte  im  Jahre  700  (babylonische)  Talente 
Silber  und  120000  Artaben  Getreide  aufzubringen,  die  letzteren  für 
die  Verproviantirung  der  in  Aegypten  stationirten  persischen  Truppen. 
Ausserdem  warf  die  Fischerei  auf  dem  Moerissee  noch  240  Talente 
ab.  Wie  viel  von  den  zuerst  genannten  Summen  speciell  auf 
Aegypten  kamen,  lässt  sich  nicht  berechnen. 

2)  Von  Ptolemaios  I  berichtet  Diod.  XVIII  14,  1:  Kaia  U 
TYjV  'Aatav  twv  jji£[ji£p'.a|i£vtov  xa?  aaTpaTzeia;  IlzoXe\LOLloc.  jiev  dxcv- 
S'jvü)?  TrapeXaße  tt^v  Aiyi)7:tov  xal  zoiz  [jl£V  h(y(Si^[oic,  cf.Aav^pw-wc 
7rpoc£^£p£TO ,  TiapaXaßwv  0£  6xTa7.'.cyjA'.a  liXocnoL  (iia^o^opcj; 
f^O-poL^e  ^tX.  Sowohl  Lumbroso  (S.  318)  wie  auch  Rühl  (S.  621) 
folgern  hieraus,  dass  Ptolemaios  8000  Talente  Revenuen  gehabt  habe. 
Der  Text  spricht  aber  garnicht  von  Einkünften.  Der  König  „über- 
nahm" vielmehr  einen  Schatz  von  8000  Talenten,  eben  so  wie  er 
Aegypten  „übernahm"  (vgl.  7iap£Aaj3£  —  TrapaXaßwv).  Diese  richtige 
Deutung  hat  auch  schon  J.G.  Droysen  in  seinem  Aufsatz  über  das  Finanz- 
wesen der  Ptolemäer  gegeben  (Sitzungsb.  S.  212).  Die  8000  Talente 
fand  also  Ptolemaios  vor,  als  er  im  J.  323  seine  Satrapie  antrat. 
Dass  Ptolemaios  hier  überhaupt  einen  Schatz  vorfand,  scheint  mir 
sehr  bemerkenswert.  In  der  Perserzeit  werden  die  Geldabgaben 
gewiss  zum  grössten  Teil,  wenn  nicht  ganz,  an  den  Hof  abgeführt 
worden  sein.  Auch  Alexander  wird  wahrscheinlich  die  Einsendung 
der  Geldsteuern  als  Norm  vorgeschrieben  haben.  Die  8000  Talente 
mögen  daher  ganz  oder  zum  Teil  durch  die  unerhörten  Schröpfungen  des 
berüchtigten  Kleomenes  von  Naukratis  zusammengebracht  worden  sein. 


Ueber  dieses  Thema  haben  gehandelt:  Boeckh,  Staatsh.  I'  S.  13. 
Varges,  de  statu  Aeg.  S.  55.  Franz,  CIGr.  III  S.  300.  Lumbroso,  Re- 
cherches  S.  318.  Droysen,  Hellenisra,  III  1  S.  52.  Derselbe,  „Zum  Finanz- 
wesen der  Ptolemäer"  in  Sitzungsber.  Kgl.  Akad.  Berl.  1882  S.  207  fl  Kl. 
Schrift.  II  S.  275  ff.  Endlich  F.  Rühl,  „Der  Sehatz  des  Ptolemaios  II  Phila- 
delphos"  in  Jahn's  Jahrbb.  f.  Phil.  u.  Paed.  119.  1879  S.  G21  ff.,  wo  aueh  auf 
die  ältere  Literatur  hingewiesen  wird. 


412 


lY.  KAPITEL. 


3)  Von  Ptolemaios  II  Philadelphos  bezeugt  Hieronymus  ad 
Daniel.  XI  5  p.  1122  (Bened.):  auri  quoque  et  argenti  grande  pondus, 
ita  iit  de  Aegypto  per  singidos  annos  quattuordecim  milia  et  octoginta 
talenta  argenti  acceperit,  et  fnimenti  artabas,  quae  mensura  tres  modios 
et  tertiam  modii  2)cirtem  habet,  quinquies  et  decies  centena  milia.  Danach 
hatte  Philadelphos  speziell  aus  Aegypten  eine  jährliche  Einnahme 
von  14800  Silbertalenten  und  1 J  Millionen  Artaben.  Die  Berechnung 
der  Artabe  auf  3^  römische  Modii  ist  sehr  auffällig,  denn  in  diesem 
Umfange  ist  die  Artabe  als  Normalmass  erst  für  die  Kaiserzeit  bezeugt, 
während  die  normale  ptolemäische  Artabe  von  den  ^letrologen  auf 
4J  römische  Modii  bestimmt  wird.  Nun  gab  es  zwar,  wie  wir  in 
Kapitel  X  zeigen  werden,  in  der  Ptolemäerzeit  verschiedenartige 
Artaben  neben  einander,  sodass  es  an  sich  denkbar  wäre,  dass  diese 
Berechnung  eben  auf  eine  der  anderen  Artaben  gestellt  wäre.  Das 
müsste  die  Artabe  zu  30  Choinikes  sein,  mit  der  nach  dem  Revenue- 
Papyrus  die  Oelpflanzeu  gemessen  wurden.  Doch  das  ist  nach  dem 
in  Kapitel  X  Ausgeführten  mehr  als  unwahrscheinlich.  Ebenso 
unwahrscheinlich  ist  es  mir,  dass  etwa  Hieronymus  oder  seine  Quelle 
die  Artabensumme,  die  sie  nach  altem  ptolemäischen  Mass  (zu 
4^  Modii)  in  ihrer  Quelle  vorfanden,  nach  dem  Satze  ihrer  eigenen 
Zeit  umgerechnet  haben  sollten.  Dann  würden  die  Einnahmen  des 
Ptolemaios  sich  auf  nur  1 110000  Artaben  (zu  4-J  Modii)  belaufen. 
Ich  glaube  vielmehr,  dass  sie  die  Summe  1500000  in  ihrer  Quelle 
vorgefunden  haben,  und  dass  sie  sie  nur  missverständlich  auf  die 
Normalartabe  ihrer  Zeit  (zu  3-J^  Modii)  bezogen  haben.  Wir  werden 
danach  an  der  Summe  von  1-J  Millionen  Artaben  für  die  Zeit  des 
Philadelphos  festhalten,  werden  sie  aber  nicht  mit  Hieronymus  auf 
5  Millionen,  sondern  auf  6|  Millionen  Modii  berechnen. 

Bei  den  Angaben  des  Hieronymus,  die  allgemein,  und  wohl 
mit  Recht,  als  gut  beglaubigt  angenommen  werden,  ist  nicht  zu 
vergessen,  dass  sie  sich  nur  auf  die  jährlichen  Einkünfte  aus  Aegypten 
beziehen.  Will  man  die  Gesammtsumme  der  Einkünfte  des  Königs 
berechnen,  so  sind  die  Einnahmen  aus  den  übrigen  Teilen  seines 
weiten  Reiches  hinzuzuzählen.  Wie  gross  diese  gewesen  sind,  das 
zu  bestimmen,  fehlt  uns  jedes  Hilfsmittel.  Bedenkt  man  die  ge- 
waltige Ausdehnung  des  Reiches  gerade  unter  diesem  Ptolemäer, 
so  wird  man  annehmen  müssen,  dass  auch  die  Revenuen  aus  diesen 
Ländern    sehr    beträchtliche    gewesen   sind.     Boeckh    hat  einmal 


DIE  EINNAHMEN'  DES 


PHILADELPHOS. 


413 


vermutuDgs weise  die  jährlichen  Einnahmen  des  Philadelphos  aus  den 
Nebenländern  auf  ca.  4170  Silbertalente  angenommen  (Staatsh. 
S.  13).  Rühl,  der  unter  Boeckh's  Voraussetzungen  auf  c.  4257  Silber- 
talente kommt,  hält  diese  Ansätze  für  sehr  hoch  (S.  624).  Auch 
ich  verwerfe  mit  Rühl  den  Versuch  Boeckh's,  aus  der  Appianstelle 
die  Revenuen  der  Nebenländer  zu  berechnen  (vgl.  unten).  Dass 
aber  die  angegebenen  Summen  für  diese  Einkünfte  sehr  hoch  seien, 
ist  wohl  schwierig  zu  beweisen,  und  wenn  ich  behaupten  wollte,  dass 
dieser  Satz  viel  zu  niedrig  ist,  wird  man  mich  schwer  widerlegen 
können.  Mir  scheint  allerdings  die  "Weltmachtstellung  des  Philadelphos 
■weit  unterschätzt,  wenn  man  annimmt,  dass  die  Nebenländer  nicht  mehr 
als  etwas  über  4000  Silbertalente,  also  noch  nicht  den  dritten  Teil  der 
aegyptischen  Revenuen  eingebracht  hätten.  Wir  haben  eine  Xotiz 
über  die  Einkünfte  aus  Koelesyrien,  Phoenikien,  Judaea  und  Samaria, 
doch  bezieht  sie  sich  auf  eine  etwas  spätere  Zeit,  und  hat  vor  allem 
eine  so  bedenkliche  Umgebung,  dass  ich  kein  Gewicht  darauf  legen 
will.  Ich  meine  die  Angabe  der  berüchtigten  apokryphen  Josephus- 
legende  (bei  Joseph,  ant.  XII  §  175),  wonach  zur  Zeit  des  Ptolemäers, 
unter  dem  Josephus  die  Legende  spielen  lässt,  jährlich  8000  Talente 
aus  den  gedachten  Ländern  eingekommen  wären,  die  dann  der 
edle  Tobiade  sogar  auf  16000  steigert.  Damit  können  nur  Silber- 
talente gemeint  sein,  denn  nach  dem  jetzt  feststehenden  Verhältnis 
des  Silbers  zum  Kupfer  wie  1 20  :  1  (vgl.  Kapitel  X)  würden 
8000  Kupfertalente  nur  66-|  Silbertalente  ergeben,  eine  Summe,  die 
wohl  a  priori  durch  ihre  Kleinheit  ausgeschlossen  ist.^)  Dass  diese 
Zahl,  8000  (Silber-)Talente,  trotz  der  verdächtigen  Umgebung  richtig 
sein  könnte,  ist  nicht  ausgeschlossen.  Ich  verzichte  jedoch  darauf, 
sie  zu  benutzen. 

4)  Endlich  haben  wir  für  die  jährlichen  Einnahmen  des  Königs 
Auletes  zwei  von  einander  unabhängige  Berichte.  Nach  Strabo  XVII 
p.  798  hat  Cicero  —  wohl  in  der  Rede  de  rege  Älexandnno  —  gesagt, 
dass  Aegypten  dem  Ptolemaios  Auletes  jährlich  12500  Talente  ein- 
gebracht habe:  tt^;  Aivu-tou  Bs  xa?  7tpo;65o'j;,  a;  ev  v.y.  Xöyw 

Es  ist  wohl  nur  ein  Versehen,  wenn  Droysen  (Sitzungsb.  S.  217)  sagt, 
dass  nach  Aristcas'  Schrift  über  die  LXX  8000  Talente  Kupfer  gezahlt  seien. 
Die  Geschichte  steht  überhaupt  nicht  bei  Aristeas,  sondern  nur  bei  Josephus 
a.  a.  O.    Das  Metall  aber  wird  dort  nicht  angegeben. 


414 


IV.  KAPITEL. 


-/OGLWV.  Dass  auch  hier  nur  Silbertalente  gemeint  sein  können,  ist 
nie  bezweifelt  worden.  Diese  Zahl,  12500  Talente,  der  hieronymia- 
nischen  Summe  von  14800  Talenten  entgegengehalten,  veranschau- 
licht uns  den  Niedergang  der  materiellen  Blüte  des  Landes  unter 
den  letzten  Ptolemäern.  Rühl  (S.  622)  hält  in  Anbetracht  eben 
dieses  Verfalls  die  Summe  Cicero's  für  „sehr  hoch"  und  meint,  dass 
sie  wohl  thatsächlich  übertrieben  sei.  Mir  fehlt  jede  positive  Unter- 
lage, um  diese  Summe  für  zu  hoch  oder  zu  niedrig  zu  erklären. 
Eine  Differenz  von  jährlich  2300  Silbertalenten  gegenüber  den  vor 
200  Jahren  eingegangen  Revenuen,  d.  h.  ein  Rückgang  um  mehr 
als  ein  Siebentel,  ist  auf  alle  Fälle  recht  beträchtlich,  und  ich  möchte 
nicht  a  priori  behaupten,  dass  der  Rückgang  ein  noch  grösserer 
gewesen  sein  müsse.  Vielmehr  möchte  ich  meinen,  dass  diese  Zahlen 
für  uns  die  Grundlage  für  unsere  Vorstellung  von  dem  Grade  des 
Verfalles  bilden  müssen.  Rühl  scheint  auch  nur  von  einer  Ueber- 
treibung  Cicero's  zu  sprechen,  weil  er  bei  Diodor  für  dieselbe  Zeit 
eine  um  die  Hälfte  geringere  Summe  bezeugt  findet.  „Denn",  fährt 
er  fort,  „Diodor  XVII  52,  6  giebt  für  seine  Zeit  nach  den  Angaben 
der  zocq  avaypacpa^  ey^ovTZC,  den  Betrag  twv  Tzpoqohm  twv  xai' 
AI'yutitov  auf  TzXdix)  twv  £^axc5)(dta)v  xaXavxwv  an".  Und  damit 
kommen  wir  zu  dem  zweiten  Zeugnis  über  die  Zeit  des  Auletes. 
Ebenso  wie  Rühl  haben  bisher  alle  anderen  Forscher  angenommen, 
dass  Diodor  a.  a.  O.  aussage,  dass  die  jährlichen  Einnahmen  des 
Königs  aus  Aegypten  sich  auf  6000  Talente  beliefen.  Man  hat  die 
verschiedensten  Versuche  gemacht,  um  den  Widerspruch  mit  Cicero 
auszugleichen.  Mannert  (Tom.  X  part.  I  p.  311)  nahm  an,  dass 
Diodor  sich  geirrt  oder  aber  nur  den  Reingewinn  der  Einkünfte 
nach  Abzug  der  Ausgaben  gemeint  habe.  Varges  (de  statu  Aeg. 
S.  55),  Boeckh  (Staatsh.  I^  S.  13)  und  v.  Gutschmid  (bei  Sharpe  11^ 
S.  27 f.)  halten  beide  Summen  für  identisch,  indem  sie  annehmen, 
dass  Cicero  und  Diodor  nach  verschiedenem  Münzfuss  gerechnet 
hätten.  Anders  wieder  Rühl  a.  a.  O.,  der  Diodor  den  Vorzug  giebt 
und  Cicero's  Angabe  für  übertrieben  hält.  Eine  Uebertreibung  um 
das  Doppelte  wäre  allerdings  sehr  stark.  Auch  Mommsen  (RG.  V 
S.  560)  bezeichnet  „reichlich  6000"  als  das  Jahreseinkommen.  Lum- 
broso  (Recherches  S.  318)  stellt  beide  Angaben  unvermittelt  neben 
einander,   Droysen  endlich  (Sitzungsb.  a.  a.  O.  S.  212)  übergeht  die 


DIE  EINNAHMEN  DES  AULETES. 


415 


Zahl  des  Diodor  mit  Stillschweigen.  Der  Einzige,  der  die  6000  Talente 
Diodor's  nicht  für  die  Gesammteinnahme  des  Königs  aus  Aegj'pten 
hielt,  war  Sharpe  a.  a.  O,,  dessen  Vorschlag,  die  Hafengelder  Alexan- 
driens darunter  zu  verstehen,  allerdings  völlig  willkürlich  war.  Und 
doch  steckt  ein  Körnchen  Wahrheit  in  seiner  Auffassung. 

Nach  meiner  Ansicht  spricht  Diodor  a.  a.  O.  überhaupt  nicht  von 
den  Gesammteinnahmen  aus  Aegypten.  Liest  man  die  angezogenen 
Worte  im  Zusammenhange  des  ganzen  Kapitels,  so  sieht  man,  dass 
Diodor  etwas  total  anderes  hat  sagen  wollen.  Im  Anschluss  an  die 
Gründung  von  Alexandrien  spricht  er  von  der  späteren  glänzenden 
Entwickelung  der  Stadt,  die  geradezu  die  erste  unter  den  Städten  der 
Welt  genannt  werde,  xal  yap  xaXXec  xal  \Lo^(i%'Zi  zal  7:po?öSü)V 
TZA-qd-ti  xal  Twv  T.pbq  zp\j'^i]V  avYjxovTWV  tzoXu  Sia^epec  twv  aXXwv. 
Zum  Beweise  spricht  er  von  der  grossen  Einwohnerzahl,  die  sich 
nach  den  dLV0C(poL'^OL[  auf  mehr  als  300000  Freie  belaufe.  Darauf 
folgen  die  Worte:  Ix  tz  Töv  Tipo^oSwv  xwv  xai'  ATy'J7:tov  Xa[ij3av£iv 
Tov  ßaa'.}ia  ttaslo)  twv  i^,0LV.ic,yi}J,(ii'^  zalcky-zidv.  Auch  dies  hängt 
ab  von  i'^aaav  ol  zxq  dvaypa^a;  eyovTSC.  Ich  frage,  was  soll  in 
diesem  Zusammenhang  eine  Mitteilung  darüber,  wie  viel  Revenuen 
der  König  aus  Aegypten  bezogen  habe?  Das  hat  mit  dem  Thema 
Diodor's,  der  Grösse  Alexandriens,  absolut  nichts  zu  thun.  Was  soll 
hier  eine  Mitteilung  über  die  finanzielle  Bedeutung  der  xwpa,  wo  wir 
lediglich  Aufklärung  über  Alexandriens  Reichtum,  über  das  Tzpoqo- 
6ü)V  TzXfid'OC,  der  Stadt  erwarten?  Nach  meiner  Ansicht  können 
daher  mit  den  izpo^ooo'.,  aus  denen  (vgl.  ex)  der  König  6000  Ta- 
lente bezieht,  nur  die  der  unmittelbar  vorher  genannten  300  000  Freien 
von  Alexandrien  gemeint  sein.  Ich  fasse  den  Satz  also  folgender- 
massen:  die  Stadt  hat  300000  freie  Einwohner,  und  von  deren  Ein- 
künften aus  Aegypten  empfangt  der  König  jährlich  6000  Talente 
(Steuern).  Diese  Deutung,  die  der  Zusammenhang  gebieterisch  fordert, 
steht  mit  den  überlieferten  Worten  durchaus  im  Einklang.  Wir 
brauchen  uns  nur  hinter  Tipo^dSwv  das  (selbstverständliche)  aOiöv 
oder  cc'JXfiQ  hinzu  zu  denken.  Was  wir  hiernach  aus  Diodor  lernen, 
ist  ebenso  überraschend  wie  wichtig.  Die  Alexandriner,  so  müssen 
wir  annehmen,  hatten  in  der  X^P^  yiele  Besitzungen  an  Land- 
gütern, Fabriken,  agrarischen  und  industriellen  Unternehmungen  der 
verschiedensten  Art,  dass  der  König  allein  aus  der  Besteuerung  ihrer 
hieraus  fliessenden  Einkünfte  jährlich  6000  Talente  einnahm.  Da 


416 


IV.  KAPITEL. 


derselbe  König  nach  Cicero  im  Ganzen  12500  Talente  aus  Aegypten 
herauswirtschaftete,  so  sehen  wir,  class  etwa  die  Hälfte  aller  besteuer- 
ten Werte  in  Aegypten  in  den  Händen  der  alexandrinischen  Kapita- 
listen war.  Die  andere  Hälfte  wurde  von  den  Provinzialen  der  xwpa 
aufgebracht.  Natürlich  ist  das  nur  ein  Beispiel,  das  Diodor  anführt, 
um  das  vorher  betonte  7:pog6Sa)v  nXfid-oq  der  Stadt  zu  illustriren. 
Er  wird  dies  Beispiel  geAvählt  haben,  weil  die  von  ihm  angegangenen 
alexandrinischen  Behörden  —  offenbar  die  Steuerbehörden  —  ihm 
gerade  über  diesen  Posten  leicht  Auskunft  geben  konnten;  denn  das 
wird  in  dem  Hauptsteueramt  zu  Alexandrien  genau  gebucht  ge- 
wesen sein,  wie  viel  von  den  Gesammteinnahmen  des  Königs  aus 
Aegypten  auf  die  alexandrinische  Bürgerschaft  fiel.  Ob  man  dort 
über  die  sonstigen  Einnahmen  der  Alexandriner  in  derselben  Weise 
orientirt  war,  kann  zweifelhaft  erscheinen,  zumal  diese  nur  z.  T.  be- 
steuert wurden.  Wir  sind  ja  über  die  Steuerpflicht  der  Alexandriner 
nur  ungenügend  unterrichtet,  aber  das  ist  wohl  sicher  anzunehmen, 
dass  z.  B.  ihre  Besitzungen  innerhalb  der  Stadt  steuerfrei  waren. 
So  sagt  das  Edict  des  Tiberius  Julius  Alexander  (CIGr  4957  Z.  59  f.), 
dass  in  die  S(,py^ai(x  yf^  der  Stadt  wie  des  Menelaites  eine  Messschnur 
nie  gekommen  sei,  d.  h.  eine  Grundsteuer  wurde  dort  nicht  erhoben. 
So  hat  sich  Diodor  darauf  beschränkt,  auf  Grund  der  amtlichen  Auf- 
zeichnungen mitzuteilen,  wie  viel  der  König  aus  ihren  besteuerten 
Besitzungen  in  Aegypten  einzog.  Und  das  Beispiel  ist  gut  gewählt, 
denn  es  führt  uns  die  finanzielle  Bedeutung  der  Hauptstadt  gegen- 
über dem  flachen  Lande  deutlich  vor  Augen. 

Hiermit  sind  die  Nachrichten  der  Klassiker  über  die  Einkünfte 
der  Ptolemäer  erschöpft.  Es  bleibt  noch  übrig,  den  Bericht  des 
Appian  (Proöm.  10)  über  den  Bestand  des  Schatzes  des  Philadelphos 
zu  besprechen:  ypyj{xaTa)v  6'  Iv  zolc,  O-Yjaaupoi?  xsaaape^  xal  k^oo\iri- 
xovzT.  |jLUpLao£^  TaXavTWV  AiyDTiTttov,  ic,  yccp  Syj  Tcaoöxo  Tiapaaxeu'^; 
T£  xal  Gzpaziäc,  Ix  twv  ßaaiXixwv  avaypai^wv  ^acvexai  Trpoayaywv  T£ 
xal  zaTaXiTiwv  6  oeO-cepo?  AiyuTiToi)  ßaacXeO^  [jl£t'  'AXecavopov. 
Diese  Angabe  hat  die  verschiedensten  Commentare  hervorgerufen. 
Die  kolossale  Höhe  der  Summe  hat  manche  Gelehrte  zu  der  An- 
nahme gebracht,  dass  es  sich  nicht  um  Silber-,  sondern  um  Kupfer- 
talente handele.  Als  Vermutung  wurde  es  zuerst  von  Niebuhr  (Kl. 
Sehr.  I  S.  278f)  geäussert.  Auch  Letronue  (Recompense  promise 
1833  S.  20,  vgl.  Notic.  et  Extr.  XVHI  2.    S.  191)  empfahl  diese 


DER  SCHATZ  DES  PHILADELPHOS. 


417 


Annahme  und,  da  er  das  Verhältnis  des  Kupfers  zum  Silber  wie 
1:60  schätzte,  kam  er  auf  einen  Schatz  von  12333^  Silbtrtalenten. 
Auch  Franz  (CIGr  III  S.  300)  schloss  sich  dieser  Hypothese  an, 
und  neuerdings  ist  sie  wieder  von  Eühl  in  der  oben  citirten  Ab- 
handlung verteidigt  worden.  Ich  halte  diese  Vermutung  nach 
dem,  was  wir  seit  kurzem  über  die  Münzverhältnisse  zur  Zeit 
des  Philadelphos  wissen,  für  völlig  ausgeschlossen.  Das  Material, 
auf  das  ich  mich  stütze,  —  es  sind  namentlich  Grenfell's  Revenue- 
Papyrus  und  Mahaffy's  Petrie  Papyri  —  waren  den  genannten  Ge- 
lehrten noch  nicht  bekannt,  und  ich  zweifle,  ob  sie  noch  heute  ihre 
Ansicht  aufrecht  erhalten  würden.  Xach  dem,  was  ich  unten  in 
Kapitel  X  über  die  Geschichte  des  Münzwesens  unter  den  Ptolemäern 
kurz  zusammengestellt  habe,  kann  es  wohl  keinem  Zweifel  unterliegen, 
dass  die  Regierung  zur  Zeit  des  Philadelphos  lediglich  mit  Silbertalenten 
gerechnet  hat.  Man  nimmt  aber  mit  Recht  an,  dass  das  statistische 
Material  bei  Appian  wie  bei  Hieronymus  auf  eine  alte  gute  Quelle 
zurückzuführen  ist,  die  gewiss  aus  gleichzeitigen  Aufzeichnungen 
geschöpft  hat.  Mit  Recht  hat  daher  auch  MahaflH-  (Ptolemies  S.  130 
Anm.)  auf  Grund  der  neuen  Urkunden  angenommen,  dass  Appian 
nur  Silbertalente  meinen  kann.  Gegen  die  obige  Annahme  spricht 
aber  auch  noch  ein  zweites  Moment.  Wir  wissen  heute,  dass 
das  Verhältnis  von  Kupfer  zu  Silber  nicht  wie  l:ßO,  sondern  wie 
1 : 120  war  (vgl.  Kapitel  X).  Danach  würden  740000  Kupfertalente 
nur  6166-|  Silbertalente  sein.  Das  wäre  also  noch  nicht  einmal  die 
Hälfte  einer  Jahreseinnahme  aus  Aegypten,  also  nur  ein  kleiner 
Bruchteil  der  gesammten  Jahreseinnahmel  Wer  will  das 
glauben? 

Einen  anderen  Ausweg  hat  Boeckh  (Staatsh.  I^  S.  13)  vor- 
geschlagen. Ausgehend  von  der  Annahme,  dass  Philadelphos  un- 
möglich einen  Schatz  von  740000  Silbertalenten  hinterlassen  haben 
könne,  vermutet  er,  Appian  habe  irrtümlich  den  Gesammtbetrag  der 
Einkünfte  seiner  38  jährigen  Regierung  mit  dem  hinterlassenen  Schatz 
verwechselt.  Er  multiplicirt  daher  die  14800  Talente  des  Hierony- 
mus mit  38,  berechnet  die  H  Millionen  Artaben  desselben  auf 
500  Talente  und  kommt  so,  indem  er  auch  diese  mit  38  multiplicirt, 
auf  581 400  Talente  als  die  Gesammteinnahmen  aus  Aegypten  während 
der  38  jährigen  Regierung.  Die  Differenz  gegen  740000  betrachtet 
er  als  Gesammtsumme  der  Einnahmen  aus  den  Nebenländern,  wonach 

WiLCKEN,  Ostraka.  27 


418 


IV.  KAPITEL. 


diese  im  Jahr,  wie  oben  bemerkt,  etwa  4170  Talente  gezahlt  hätten. 
Ich  halte  diese  Berechnung  für  durchaus  verfehlt,  vor  allem  weil 
ich  meine,  dass  man  einem  in  der  Praxis  so  bewanderten  Mann  wie 
Appian  einen  derartigen  kolossalen  Fehler  nicht  zutrauen  darf 
Niemand  hat  zutreffender  die  Unhaltbarkeit  dieser  Boeckh'schen 
Berechnung  charakterisirt  als  derjenige,  der  neuerdings  den  Grund- 
gedanken Boeckh's  neu  variirt  hat.  J.  G,  Droysen  (Sitzungsb.  S.  213) 
sagt  zu  dieser  Berechnung:  „Für  die  Einnahmen  aus  den  Nebenländern 
hatte  er  keine  andere  Grundlage,  als  dass  ihm  gerade  38X4170 
Talente  fehlten,  um  die  gegebene  Summe  voll  zu  machen".  Was 
Droysen  an  die  Stelle  jener  Hypothese  gesetzt  hat^),  scheint  mir 
freilich  ebenso  in  der  Luft  zu  schweben.  Mit  Recht  hebt  er  zwar 
hervor,  dass  Appian  uud  Hieronymus  in  ihren  statistischen  Angaben 
wohl  auf  dieselbe  Urquelle  zurückgehen.  Wenn  er  aber  darum  meint, 
dass  es  kein  Zufall  sein  könne,  dass  740000  gerade  das  50  fache 
von  14800  sei,  die  erstere  Zahl  sei  also  eine  gemachte,  durch  Multij^li- 
cation  der  hieronymianischen  Zahl  mit  50  entstanden,  so  kann  ich 
ihm  nicht  folgen.  AVie  unw^ahrscheinlich  diese  Hypothese  ist,  zeigt 
schon  der  Umstand,  dass  Droysen  annehmen  muss,  dass  man  bei 
der  Berechnung  auf  die  Jahre  des  Vaters,  des  Ptolemaios  I,  zurück- 
gegriffen habe.  Trotzdem  findet  er  auch  so  nicht  einmal  eine  glatte 
50  jährige  Periode  und  er  sieht  sich  daher  zu  der  Annahme  genötigt, 
dass  auch  die  Zahl  der  Jahre  —  etwa  von  Ipsos  bis  zum  Tode 
des  Philadelphos  (301 — 247)  —  auf  50  abgerundet  sei!  Vor  Allem 
hat  Droysen  Eines  übersehen:  Hieronymus  giebt  ja  nur  die  Einnahmen 
aus  Aegypten  an,  nicht  auch  die  aus  den  Nebenländern.  Man  müsste 
also  nunmehr  dem  Appian  sogar  zutrauen,  dass  er  jenem  ersten 
Hauptfehler,  der  Verkennung  des  Problems,  auch  noch  diesen  zweiten 
ganz  unglaublichen  Fehler  einer  Verwechselung  der  aegyptischen 
Einnahmen  mit  denen  aus  dem  gesammten  Reich  hinzugefügt  habe. 
Ich  halte  es  somit  trotz  Droysen  für  einen  reinen  Zufall,  dass 
50X14800  =  740000  ist,  zumal  er  die  50  uns  nicht  glaubwürdig 
erklären  kann.  Endlich  beweist  die  Gemeinsamkeit  der  Quelle  für 
Hieronymus  und  Appian  durchaus  nicht,  dass  ihre  Zahlen  dasselbe 
bedeuten  müssen.  Warum  soll  denn  diese  gemeinsame  Quelle  nicht 


^)  Im  „Hellenismus"  nahm  Droysen  noch  an,  dass  Philadelphos  740  000 
Silbertalente  hinterlassen  habe. 


DER  SCHATZ  DES  PHILADELPHOS. 


419 


erst  die  jährliehen  Einkünfte  und  dann  den  hinterlassenen  Schatz 
aufgeführt  haben? 

Wie  werden  wir  uns  nun  Appian  gegenüber  stellen?  Kupfer- 
talente kann  er  nicht  gemeint  haben.  Durch  künstliche  Berechnung 
ist  die  Zahl  gleichfalls  nicht  zu  erklären.  Die  Frage  ist  demnach 
nur  die,  ob  wir  triftige  Gründe  haben,  daran  zu  zweifeln,  dass 
Philadelphos  740000  Silbertalente  aufgespeichert  und  hinterlassen 
haben  könnte.  Nach  meiner  Ansicht  sind  wir  nicht  in  der  Lage,  diese 
Frage  zuversichtlich  mit  einem  einfachen  Ja  oder  Nein  zu  beantworten. 
Es  sind  uns  zu  viele  Factoren  in  der  Rechnung  unbekannt.  Wir 
wissen  garnicht,  welchen  Schatz  ihm  sein  Vater  bereits  hinterlassen 
hatte.  Wir  wissen  auch  nicht,  welche  Hilfsquellen  ihm  zur  Ver- 
fügung standen.  Wohl  kennen  wir  aus  Hieronymus  jene  14800 
Silbertalente  als  die  jährlichen  Einnahmen  aus  Aegypten ,  aber  wie 
gross  die  aus  den  Nebenländern  gewesen  sind,  ist  uns  völlig  unbekannt. 

Noch  unberechenbarer  ist  für  uns  ein  Erwerbsfactor  in  den 
königlichen  Einnahmen,  der  bisher  in  diesem  Zusammenhang  völlig 
übersehen  worden  ist.  Man  nimmt  allgemein  an,  dass  der  Schatz  des 
Philadelphos  ein  totes  Kapital  gewesen  sei.  „In  welchem  Zustande", 
fragt  Rühl  S.  623,  „müsste  sich  wohl  eine  Volkswirtschaft  befinden, 
der  man  in  verhältnismässig  wenigen  Jahren  ein  solches  Kapital 
entzogen  hätte,  um  es  müssig  liegen  zu  lassen?"  Und  er  vergleicht 
dann  weiter  den  Schatz  des  Philadelphos  mit  dem  des  Juliusturmes 
zu  Spandau.  Ich  halte  diese  Vorstellung  für  durchaus  irrig.  Mag 
der  Schatz  gross  oder  klein  gewesen  sein,  totes  Kapital  war  er  nicht, 
vielmehr  hat  der  König  ganz  sicherlich  Geldgeschäfte  mit  ihm  ge- 
macht. Ja,  diese  Geldgeschäfte  werden  im  Laufe  seiner 
langjährigen  Regierung  sehr  dazu  beigetragen  haben,  den 
Schatz  zu  mehren  und  auf  die  Höhe  zu  bringen.  Schon 
Lumbroso  (Recherches  S.  316)  hat  hervorgehoben,  dass  die  Könige 
durch  Ausleihegeschäfte  ihre  Revenuen  zu  erhöhen  bemüht  gewesen 
seien.  Er  verweist  auf  Diod.  I  84,  8,  wonach  Ptolemaios  I  den 
Priestern  von  Memphis  zur  Bestattung  des  Apisstieres  50  Silbertalente 
vorschoss.  Dass  er  Zinsen  dafür  bekam,  ist  selbstverständlich.  Er  ver- 
weist ferner  auf  Appian  SixeX.  1,  wonach  die  Karthager  den  Philadelphos 
um  ein  Darlehen  von  2000  Talenten  (natürlich  Silber)  baten.  Aus 
politischen  Gründen  musste  der  König  auf  dies  Geschäft  verzichten, 
was  ihm  sauer  genug  geworden  sein  mag.    An  der  dritten  Stelle, 

27  * 


420 


lY.  KAPITEL. 


auf  die  Lumbroso  verweist  (Pap.  Paris.  63  VI  171),  scheint  mir  eher 
von  dem  Vorschuss  von  Aussaat  als  von  Kapitalien  die  Rede  zu  sein. 
So  spärlich  auch  diese  Notizen  sind,  lassen  sie  uns  doch,  zusammen- 
gehalten mit  dem,  was  wir  sonst  über  die  Darlehengeschäfte  der  alten 
Staaten  wissen  (vgl.  Lumbroso  a.  a.  0.),  keinen  Zweifel  darüber,  dass 
die  Ptolemäer  im  Inlande  wie  im  Auslande  Geldgeschäfte  durch 
Ausleihung  von  Kapitalien  auf  Zinsen  gemacht  haben.  Die  Geschäfte 
mit  dem  Auslande  wird  die  Hauptbank  in  Alexandiden  vollzogen 
haben.  Im  Inlande  werden  es  die  durch  das  ganze  Nilthal  ver- 
streuten Banken  gethan  haben,  und  wir  werden  unten  in  Kapitel  VI 
sehen,  dass  gerade  die  Ausleihegeschäfte  der  vom  König  verpachteten 
Banken  eine  wichtige  Rolle  in  den  vom  König  monppolisirten  Bank- 
geschäften gespielt  haben.  Hiernach  dürfen  wir  annehmen,  dass 
der  Schatz  des  Philadelphos,  wie  gross  oder  klein  er  auch  gewesen 
sein  mag,  abgesehen  von  den  Ueberschüssen  der  regelmässigen  jähr- 
lichen Einkünfte,  auch  durch  Verzinsung  eines  Teiles  von  Jahr  zu 
Jahr  angewachsen  ist. 

Angesichts  dieser  zahlreichen  ganz  unberechenbaren  Factoren 
enthalte  ich  mich  einer  Entscheidung  über  den  Wert  der  Appianischen 
Nachricht.  Dass  es  absolut  unmöglich  gewesen  sei,  dass  Phila- 
delphos im  Laufe  seiner  Regierung  einen  Schatz  von  740000  Silber- 
talenten aufgehäuft  habe,  wage  ich  nicht  zu  behaupten.  Will  man 
diese  Möglichkeit  leugnen,  so  bleibt  nichts  übrig  als  anzunehmen, 
dass  die  Zahl  des  Appian  falsch  ist,  gleichviel,  ob  er  eine  irrige  Zahl 
in  seiner  Quelle  vorfand,  oder  ob  seine  richtige  Zahl  durch  die  Ab- 
schreiber verdorben  worden  ist.  Hoffen  wir,  dass  neues  Material 
uns  die  nötigen  Unterlagen  giebt,  um  die  Frage  definitiv  beantworten 
zu  können. 

Aus  der  Kaiserzeit  liegen  uns  meines  Wissens  keine  Nachrichten 
über  die  Einkünfte  aus  Aegypten  vor.  Nur  über  die  Getreideausfuhr 
giebt  es  einige  Notizen.  Nach  Josephus  bell.  i.  II  §  386  wurde  Rom 
vier  Monate  hindurch  mit  aegyptischem  Getreide  verpflegt^),  und 
nach  Aurel.  Victor  Epit.  1  schickte  Aegypten  unter  Augustus  all- 
jährlich 20  Millionen  (Modii)  nach  dorthin.    Rechnen  wir  wie  oben 


^)  Beloch,  Zur  Bevölkerungsgeschichte  des  Altertums  (Hildebrand's  Jahr- 
bücher III  F.  XIII  (LXVIII)  S.  331/2  bezieht  diese  Angabe  im  Hinblick  auf 
§  383,  wie  mir  scheint  mit  Recht,  nur  auf  die  Getreidespenden. 


GETREIDEAUSFUHR  IX  DER  KAISERZEIT. 


421 


S.  412  die  1-J  Millionen  Artalpen  des  Hieronymus  zu  4^  Modii,  so 
stehen  diesen  20  Millionen  Modii  aus  der  Zeit  des  Augustus  nur 
6f  Millionen  Modii  aus  der  Zeit  des  Philadelphos  gegenüber,  und 
dabei  bezeichnet  die  letztere  Summe  die  gesammten  Naturalsteuern 
Aegyptens,  während  die  erstere  nur  die  Ausfuhr  nach  Rom  bedeutet. 
Ueber  die  Gründe  dieses  enormen  Anwachsens  haben  wir  oben 
S.  204  einige  Vermutungen  vorgetragen.  Noch  höher  war  später 
die  Zufuhr,  die  nach  Constantinopel  zu  liefern  war.  Nach  Justi- 
nian's  13  Edict  c.  8  gingen  unter  Justinian  jährlich  8  Millionen  Ar- 
taben  =  26|  Millionen  römischer  Modii  nach  Constantinopel. 


V.  KAPITEL. 


Die  Steuerveranlagung. 

§1. 

Die  Steuerbezirke. 

Nachdem  wir  im  vorhergehenden  Kapitel  die  einzelnen  Steuern 
betrachtet  haben,  soll  in  diesem  und  dem  folgenden  Kapitel  der 
Versuch  gemacht  werden,  von  den  Aufgaben  der  aegyptischen  Steuer- 
verwaltung in  griechisch-römischer  Zeit  und  von  den  zur  Lösung 
dieser  Aufgaben  angewendeten  Methoden  ein  möglichst  anschauliches 
Bild  zu  entwerfen.  In  Kapitel  V  soll  die  Steuerveranlagung,  in 
Kapitel  VI  die  Steuererhebung  zur  Darstellung  kommen.  Betrachten 
wir  zunächst  in  diesem  ersten  Paragraphen  einleitungsweise  die 
örtlichen  Steuerbezirke.  ^) 

^)  An  zusammenfassenden  Arbeiten  über  die  Geschichte  Aegyptens  in 
dieser  Zeit  sind  folgende  zu  nennen: 

a)  Ptolemäerzeit :  J.  G.  Dropsen,  De  Lagidarum  regno  Ptolemaeo  VI  Philo- 
metore  rege,  Berlin  1831  =  Klein.  Schrift.  II  S.  351  flf.  Derselbe  im  „Hellenismus" 
passim.  Franz,  CIGr.  III  S.  281  flf.  Letronne,  Eecueil  des  inscriptions  grecq. 
et  lat.  de  l'Egypte  I  II,  Paris  1842.  R.  Lejysius,  Ueber  einige  Ergebnisse  d.  aeg. 
Denkmäler  für  die  Kenntnis  der  Ptolemäergeschichte,  in  Abh.  Akad.  Berlin  1852 
S.  455  £F.  S.  Sharpe,  Geschichte  Egyptens,  deutsch  v.  Jolowicz,  2.  Aufl.  (mit 
Anmerkungen  von  A.  v.  Gutschmidj,  Leipz.  1862.  G.  Lumhroso,  Recherches  sur 
l'^conomie  politique  de  l'Egypte  sous  les  Lagides,  Turin  1870.  Derselbe,  L'Egitto 
dei  Greci  e  dei  Romani,  2.  Aufl.,  Rom  1895.  Robiou,  Memoire  sur  l'economie 
politique  etc.  de  l'Egypte  au  temps  des  Lagides,  Paris  1875.  Eug.  Revillout, 
Revue  Egyptologique  I — VII  passim.  Derselbe,  Melanges  sur  la  metrologie, 
l'economie  politique  et  l'histoire  de  l'ancienne  Egypte,  Paris  1895.  Ed.  Meyer, 
Geschichte  d.  alten  Aegyptens  (in  Oncken's  Sammlung,  I),  Berl.  1887  S.  397  fi". 
A.  Holm,  Griechische  Geschichte  IV  Band,  Berl.  1894.  Mahaffy,  The  Empire  of 
the  Ptolemies,  Lond.  1895.  M,  L.  Strack,  Die  Dynastie  der  Ptolemäer,  Berlin  1897. 


§  1.    DIE  STEUERBEZIRKE. 


423 


Aegypten  war  schon  seit  den  ältesten  Zeiten  in  eine  grössere  Zahl 
von  Steuerbezirken,  den  sogenannten  Gauen  (vo[xoO,  geteilt,  oder  richtiger 
gesagt,  man  verwendete  die  Gaue,  die  vielleicht  einst,  ehe  der 
„Einiger  der  Länder"  kam,  selbständige  politische  Einheiten  gebildet 
hatten^),  schon  früh  für  die  Zwexike  der  Steuerverwaltung.  Dass 
Umfang  und  Zahl  der  Gaue  im  Laufe  der  Jahrhunderte  sehr 
geschwankt  haben,  indem  bald  mehrere  Gaue  zu  einem  zusammen- 
gelegt, bald  ein  Gau  in  zwei  zerschlagen  wurde,  sei  hier  nur  nebenbei 
hervorgehoben.  Hinsichtlich  der  Bedeutung  der  Gaue  als  Verwaltungs- 
einheiten hat  sich  in  der  makedonischen  und  römischen  Zeit  nichts 
verändert.  Sie  entsprachen  auch  damals  genau  dem,  was  wir  heute 
Steuerbezirke  nennen,  und  bildeten  die  Grundlage  für  die  gesammte 
Steuerverwaltung. 

Gleichfalls  schon  seit  alten  Zeiten  waren  die  Gaue  des  Nordens 
und  die  des  Südens  wiederum  zu  grösseren  Steuergebieten  zusammen- 
geschlossen. Diese  alte  Scheidung  in  Ober-  und  Unteraegypten  ist, 
wie  ich  glaube,  auch  während  der  Ptolemäerzeit  die  allein  massgebende 
gewesen  und  ist  auch  noch  in  die  Kaiserzeit  mit  hinübergegangen. 
Es  ist  ein  alter,  allgemein  verbreiteter  Aberglaube,  dass  schon  die 
Ptolemäerzeit  die  Dreiteilung  —  in  Delta,  Heptanomis  und  Thebais  — 
kenne.  Ich  habe  mich  schon  in  einer  meiner  Doctorthesen  dagegen 
gewendet:  Heptanomis  Äugusti  aetate  nondum  instituta  erat.  Kürzlich 
ist  auch  Simaika  mit  guten  Gründen  dafür  eingetreten,  dass  die 
Heptanomis  erst  im  Laufe  der  Kaiserzeit  abgezweigt  worden  ist.  2) 


b)  Kaiserzeit:  C.  E.  Varges,  De  statu  Aegypti  prov.  Eomanae  I  et  II  p.  Chr. 
n.  saeculis,  Gött.  1842.  Franz  a.  a.  O.  S.  308  flf.  Sharpe  a.  a.  O.  Emil  Kuhn, 
Die  städt.  u.  bürgerl.  Verfassung  d.  Rom.  Reiches  bis  auf  Justinian  II,  Leipz.  1865. 
J.Marquardt,  Rom.  Staatsverwaltung  I-^,  Leipz.  1881  S.  438  fi\  Wilcken,  Obser- 
vationes  ad  bist.  Aegypti  prov.  Rom.  Diss.  Berl.  1885.  Mommsen,  Rom.  Ge- 
schichte V,  1885  S.  553  flf.  Abdallah  Simaika,  Essai  sur  la  province  Rom.  d'Egypte, 
Paris  1892. 

Zahlreiche  Einzelarbeiten  werden  ausserdem  aufgeführt  in  dem  Anhang  zu 
Lumbroso's  l'Egitto^  S.  243  (progressi  della  Egittologia  greco-romana  dal  1868 
al  1895)  und  in  den  Anmerkungen  meines  Vortrages  ,,Die  griech.  Papyrus- 
urkunden", Berlin  1897  (Reimer). 

^)  Ed.  Meyer,  Gesch.  d.  Altertums  I  S.  53. 

^)  Sonst  hat  nur  noch  Lumbroso  (Rech.  S.  237)  richtig  hervorgehoben, 
dass  die  Dreiteilung  römisch  sei.  Aber  er  meint  irrig,  dass  Strabo  schon  die 
Heptanomis  bezeuge. 


424 


V.  KAPITEL. 


Inzwischen  sind  die  Flinders  Petrie  Papyri  und  der  Revenue-Papyrus 
erschienen,  die  uns  einen  neuen  Einblick  in  die  Verwaltung  des 
ptolemäischen  Aegyptens  gewährt  haben.  Auch  sie  haben  mich  in 
meiner  früheren  Ansicht  nur  bestärkt. 

Schon  in  den  Anordnungen  Alexanders  des  Grossen,  wie  sie 
uns  von  Arrian  (Anab.  III  5)  sachkundig  mitgeteilt  werden,  spricht 
nichts  für  eine  Dreiteilung.  Vielmehr  liegt  offenbar  eine  Zweiteilung 
vor,  wenn  Alexander  den  Doloaspis  und  Petisis  als  Verwalter  des 
Landes  zurückliess.^)  Dass  Letzterer  nachher  zurücktrat,  ändert 
nichts  an  der  Thatsache,  dass  Alexander  die  alte  Teilung  in  Ober- 
und  Unteraegypten  aufrecht  hielt. 

Aus  dem  Revenue-Papyrus  habe  ich  den  Eindruck  gewonnen, 
dass  auch  im  III.  Jahrh.  v.  Chr.  hierin  keine  Aenderung  eingetreten 
ist.  Diese  Urkunde  enthält  zwei  Gaulisten,  in  col.  31,  wo  gewisse 
Bussen  für  die  einzelnen  Gaue  festgesetzt  werden,  und  in  col.  60 — 72, 
wo  die  Saatverhältnisse  der  einzelnen  Gaue  geregelt  werden.  Beiden 
Listen  ist  —  trotz  sonstiger  Abweichungen-)  —  gemeinsam,  dass 
sie  zum  Schluss  die  sämmtlichen  südlichen  Gaue  als  Srßcctq  zusammen- 
fassen, die  nördlichen  dagegen,  vom  Hermopolitischen  an,  einzeln 
aufführen.  Dass  die  südlichen  nicht  gleichfalls  spezialisirt  werden, 
liegt  nach  meiner  Ansicht  einfach  daran,  dass  das  vorliegende 
Exemplar  der  königlichen  Verordnung  für  Unteraegypten  (Faijüra) 
ausgestellt  war.  In  dem  Exemplar  für  Oberaegypten  werden  wenig- 
stens die  Bestimmungen  über  die  Saatverhältnisse ^)  für  die  einzelnen 

^)  A'jo  [X£v  voiidpxccc,  AlyuTcxou  xaTsaxYjosv  xxX.  Dieser  „Nomarcli"  ist  nicht 
mit  den  in  Aegypten  sonst  üblichen  Xomarchen,  den  Vorstehern  der  einzelnen 
Gaue,  zu  verwechseln.  Der  vo[iö^,  der  dem  Arrianischen  Titel  zu  Grunde  liegt, 
ist  das  gesammte  Aegypten  in  seiner  Eigenschaft  als  Steuerbezirk  des  persischen 
Reiches,  resp.  des  Alexanderreiches.  Vgl.  Herodot  III  90flf.,  vro  die  20  Satrapien 
des  Darius  als  Steuerbezirke  yo\ioi  genannt  werden. 

^)  Dass  die  Gaue  in  verschiedener  Reihenfolge  aufgezählt  werden,  finde  ich 
nicht  so  seltsam,  da  sie  doch  in  col.  31  mit  Rücksicht  auf  die  Höhe  der  Bussen 
zusammengestellt  sind.  Aber  dass  in  col.  60  tf.  z.  T.  andere  Namen  erscheinen, 
ist  allerdings  auffällig.  Das  wird  sich  mit  Grenfell  dadurch  erklären,  dass  die 
zweite  Liste  aus  viel  älteren  Documenten  herübergenommen  ist.  Vgl.  auch 
Deutsche  Literaturz,  1897,  No.  26,  Sp.  1017.  —  Dass  Strabo  in  seiner  Periegese 
nicht  die  Namen  der  thebanischen  Gaue  nennt,  sondern  nur  die  Metropolen  auf- 
führt, halte  ich  für  Zufall.  Mahaffy  übersieht,  dass  Strabo  p.  787  sagt:  Ssxa 
Ii£v  (seil,  vojious)  Yj  Gr^ßatg. 

^)  Die  Bussen  stimmten  dort  überein. 


§  1.    DIE  STEUERBEZIRKE. 


425 


Gaue  gewiss  spezialisirt  gewesen  sein.  Aber  dass  überhaupt  die 
Thebais,  und  zwar  als  das  Land  südlich  vom  Hermopolitischen  Gau, 
in  dieser  Weise  von  den  X ordgauen  geschieden  wird,  ohne  dass  unter 
diesen  wiederum,  etwa  bei  Memphis,  ein  Einschnitt  gemacht  wäre, 
zeigt  meines  Erachtens  deutlich,  dass  die  Regierung  damals  nur  zwei 
Verwaltungsbezirke  kannte:  Ober-  und  Unteraegypten. 

Auch  für  das  IL  Jahrh.  v.  Chr.  liegt  kein  Zeugnis  für  die  Drei- 
teilung vor.  Agatharchides  bezeugt  uns  die  Zollgrenze  zwischen 
dem  Hermopolitischen  Gau  und  der  Thebais  (Geogr.  Gr.  min.  ed. 
C.  Mueller  §  22). 

Auch  die  Gauliste  des  Strabo^),  der  in  den  Anfangen  der  neuen 
römischen  HeiTschaft  Aegypten  bereiste,  spricht  nicht  für  die  Drei- 
teilung. Zwar  sagt  er  p.  787  C:  if)      X^P^  '^'■^  M-^v  TipcoiTjv  S'.atpeaiv 

5'  [xsTacj.  Aber  Strabo  hat  hier,  wie  auch  Simaika  S.  35  richtig 
gesehen  hat,  lediglich  eine  geographische  Einteilung  im  Auge. 
Unter  AeXxa  versteht  er  hier  —  übrigens  dem  Artemidoros  folgend-)  — 
das  Land  zwischen  dem  Kanobischen  und  dem  Pelusischen  Nilarm. 
Da  die  Thebais  eine  gegebene  Grösse  war,  musste  er  so  zur  Aufstellung 
eines  Zwischenlandes  (t^  p,£Tag6)  kommen.  Eine  politische  oder 
administrative  Bedeutung  hat  aber  diese  aus  rein  geographischen 
Gesichtspunkten  gewonnene  Einteilung  absolut  nicht.  Somit  kann 
Strabo  nicht  als  Zeuge  für  die  administrative  Dreiteilung  des  Landes 
angeführt  werden. 

Auch  nach  Plinius'  Bericht  hat  sich,  wie  Simaika  mit  Recht 
hervorhebt,  noch  nichts  geändert.  Er  zählt  die  Gaue  der  Thebais  auf, 
als  deren  nördlichsten  er  den  Lycopolites  nennt  (h.  n.  V  49,  vgl.  61), 
kennt  also  dieselbe  Grenze  wie  die  vorhergenannten  Autoren.  Die 
nördlicheren  Gaue  werden  lediglich  nach  ihrer  geographischen  Lage 
vorgeführt,  ohne  irgend  eine  administrative  Scheidung  oder  Gruppirung. 
—  Dieselbe  Anschauung  liegt  auch  noch  im  Edict  des  Ti.  Julius 
Alexander  vor  in  den  "Worten  (CI  Gr.  III  4957,  47 f.):  oOx  £7:1  xf^v 
0y]ßaica  ja6v[ov,  oujBe  £7il  zouq  Tzoppw  vo|ioij?  t"^?  zccko  yuipoLC. 

^)  Die  Aufzählung  der  Gaue  nach  Strabo  bei  Mahaffy  (Rev.  Pap.  p.  L  f.) 
ist  voller  Missverständnisse.  Völlig  correet  gab  sie  G.  Parthey,  ,,Zur  Erdkunde 
des  alten  Aegyptens"  in  Abb.  Akad.  Berl.  1857  S.  513. 

-)  Vgl.  p.  804 :  Iva  5s  xcov  5dxa  xwv  ev  xö  AiXxa  Ö'.ap'.ö-iJicixa'.  (Artemidoros) 
xal  xouxov  (seil,  xöv  ]SeO-p(üixi'5v). 


426 


Y.  KAPITEL. 


aXXa  xal  xa  7ipoaoT[£]:a  r^?  TroXeo);.    Hier  werden  die  an  die 
Thebais  angrenzenden  Gaue  (zobc,  Tccppw  v.)  zur  xcctü)  X^P^5 
ünteraegypten,  gerechnet. 

Wenn  der  T^yeixcov  djJt^OTSpwv  in  P.  Oxyr.  I  39,  6  mit  Grenfell- 
Hunt  als  Statthalter  von  Ober-  und  Unteraegypten  zu  fassen  wäre, 
so  würde  dieser  Text  aus  dem  J.  52  n.  Chr.  eine  neue  Stütze  unserer 
obigen  Darlegungen  sein.  Aber  es  ist  mir  im  Hinblick  auf  den 
Titel  ^:)?'ae/ec/iis  Alexandreae  et  Aegypti,  den  Gaius  Cornelius  Gallus 
in  der  Inschrift  von  Philae  führt,  fraglich,  ob  nicht  auch  mit  dem 
ajJKpoTEptov  vielmehr  auf  Alexandrien  und  Aegypten  hingewiesen 
wird,  zumal  die  Urkunde  in  Alexandrien  selbst  aufgesetzt  ist. 

So  ist  der  erste  Autor,  der  die  Abtrennung  der  Heptanomis 
kennt,  Claudius  Ptolemaeus  (Mitte  des  II.  Jahrh.  n.  Chr.).  Für  ihn 
ist  die  xaio)  y^wpa  nur  noch  das  Delta  (Arabia  und  Libya  mit 
eingeschlossen).  Die  Gaue  südwärts,  vom  Memphites  an  bis  zur 
alten  Zollgrenze,  den  Hermopolitischen  c^uXa/wac,  fasst  er  als  die 
'Etitä  vo|JLol  'ETtTavo|JLC?  zusammen  (IV  5,  55).  Auch  die  66o 
'Oaalxa:  rechnet  er  dazu  (IV  5,  61).^)  Wann  ist  diese  Neuerung 
eingeführt?  Nach  den  überzeugenden  Ausführungen  von  Schwarz 
(Rhein.  Mus.  1896.  51.  S.  637)  hat  Hadrian,  als  er  im  J.  130  Antinoe 
gründete  und  den  Antinoitischen  Gau  absonderte,  den  mittelaegyptischen 
Provinzen  die  Bezeichnung  '"ETiid  vofxol  xal  'ApatvotTY]?  gegeben, 
indem  er  dem  abseits  liegenden  Faijüm  in  der  Titulatur  eine  Sonder- 
stellung gab.-)    Dies  setzt  notwendig  voraus,  dass  er  die  Heptanomis 

^)  An  die  grosse  Oase  el-Chargeh'darf  dabei  nicht  gedacht  werden,  wie 
Kuhn  II  S.  482  thut,  denn  die  gehörte  sicher  zur  Thebais,  vielmehr  an  die 
beiden  nördlicheren  el-Beharie  und  Faräfra.  Die  gehören  auch  heute  zur  Ver- 
waltung des  Faijüm,  während  Dächel  und  el-Chargeh  zu  Sifit  zählen.  Vgl. 
V.  Fircks  II  S.  7. 

^)  Daher  muss  auch  Orelli  51 G  jünger  als  130  n.  Chr.  sein  (anders  Simaika 
S.  39).  Von  den  anderen  Texten,  die  jenen  Titel  bringen,  ist  es  bezeugt:  CIL  III 
6575  (aus  Commodus'  Zeit);  BGU  8  II  26  (J.  248  n.  Chr.);  15  II  1  (J.  197?); 
646  (J.  193).  —  Wenn  es  in  BGU  15  II  1  heisst  „'E7CX(x  vojiöv  xal  'Apotvot- 
TOü  XtüptS  Auocascog",  so  bedeutet  das  nicht  mit  P.  Meyer  (Philol.  LVI  S.  211 
A.  26)  ,,eine  nach  der  hadrianischen  Neuordnung  nochmals  eingetretene  Aenderung 
der  Bezeichnung",  sondern  es  will  nur  besagen,  dass  der  vorliegende  Erlass  nicht 
auch  für  die  Oase  gültig  ist.  Ebenso  ist  aufzufassen  BGU  484  (J.  201/2): 
emaxp(aTy]Yia$)  ^  vo|xü)v  xai  'Apai(votTOu)  Xtöp[^S]  'H[pa]xXeoTCoX(iTOu) ,  denn 
die  nächsten  Worte  zeigen,  dass  der  Präfect  an  die  Beamten  des  Herakleo- 
politischen  Gaues  ein  besonderes  Schreiben  gerichtet  hat. 


§  1.    DIE  STEUERBEZIEKE. 


427 


als  festen  Begriff  bereits  vorfand,  denn  sonst  hätte  er  gewiss  eine 
'Oxxavofi:;  geschaffen.  Wir  kommen  also  zu  dem  Resultat,  dass  die 
Abtrennung  der  Heptanomis  zwischen  dem  Jahre  des  Edicts  des  Jul. 
Alexander,  d.  h.  68  n.  Chr.,  und  130  n.  Chr.  vollzogen  worden  ist. 

Die  Selbstständigkeit  dieser  grossen  Verwaltungsgebiete  docu- 
mentirt  sich  darin,  dass  besondere  Oberbeamte  an  ihre  Spitze  gestellt 
waren,  die  Epistrategen,  die  über  den  Strategen  der  Einzelgaue  standen. 
Ob  das  schon  von  Anfang  an  geschehen,  ist  jedoch  zweifelhaft.  In 
den  zahlreichen  Urkunden  des  III.  Jahrh.  v.Chr.  hat  sich  bisher 
kein  Epistrateg  gefunden.  Das  kann  freilich  Zufall  sein.^)  Für 
das  II.  Jahrh.  v.  Chr.  ist  der  Epistrateg  der  Thebais  bezeugt.  Ob 
es  aber  neben  ihm  auch  einen  Epistrategen  von  Unteraegypten  gab, 
wissen  wir  nicht.  Kotwendig  folgt  nicht  der  Eine  aus  dem  Anderen, 
denn  die  grössere  Entfernung  der  Thebais  von  der  Hauptstadt  und 
ihre  militärische  Bedeutung  (nach  Süden  hin)  würde  auch  besondere 
Massregeln  begreiflich  machen.-)  Für  Augustus'  Zeit  scheint  Strabo 
p.  798  zwei  Epistrategen,  für  Ober-  und  Unteraegypten,  zu  bezeugen, 
wenn  er  sagt,  die  Römer  schickten  in  die  xcopa  ..iTTiaTpaTyjYO'JC 
Tiva?".  Aber  die  Stelle  ist,  wie  schon  oft  bemerkt,  nicht  unbe- 
denklich.^) Während  die  griechischen  Zeugnisse  der  Kaiserzeit 
die  alten  griechischen  Titel  auch  für  diesen  römischen  Beamten 
beibehalten,  zeigen  die  lateinischen,  dass  die  Kaiser  dies  Amt  mit 
der  Procuratur  verknüpften.^)  Dem  entsprechend  charakterisiren  ihn 
auch  die  griechischen  Texte  als  xpaTiaxoc,  d.  h.  als  vir  egregius. 
Urkundlich  sind  für's  I.  Jahrh.  n.  Chr.  Epistrategen  der  Thebais 
mehrfach  bezeugt,  aber  meines  Wissens  keiner  für  Unteraegvpten. 
Auch  dies  kann  Zufall  sein.  Dagegen  liegen  mehrere  Belege  dafür 
vor,  dass  die  Heptanomis  seit  ihrer  Begründung  einen  besonderen 


*)  Vgl.  Grenfell,  Rev.  Pap.  S.  117.    Hier  wäre  er  allerdings  zu  erwarten. 

^)  Sowohl  in  den  ganz  alten  wie  auch  wiederum  in  modernen  Zeiten  hat 
die  Thebais  vielfach  besondere  Massregeln  erfordert. 

')  Mommsen,  Hermes  XXVII  S.  525,  vermisst  dahinter  ein  xai  o'paxTjYO'j;. 
Ausserdem  kann  man  vom  Epistrategen  nicht  gut  sagen  jjTipaY/xaxcDv  oO  {jLSYaXtüv 
iTitoxaTsiv  f(^'.ü)ndvov.    Letronne  wollte  uTioaTpaTr^You;  lesen. 

*)  Vgl.  z.  B.  Orelli  516:  proc.  Aug.  epistrategiae  Septem  nomorum  et 
Ärsinoitae,  daneben  auch  kurz  epistrategus,  vgl.  Orelli  3881.  Die  Identität  beider 
ergiebt  sich  z.B.  aus  BGÜ1G8,  wo  der  eTZiaxpatr^Y^?  in  Z.  3  als  ZT.Lzpor.Oi 
bezeichnet  wird. 


428  Y.  KAPITEL. 


Epistrategen  gehabt  hat^),  und  daraus  folgt  wohl  notwendig,  dass 
auch  das  davon  abgetrennte  Delta  seinen  eigenen  Epistrategen  erhielt. 
Trotz  Simaika  (S.  189  f.)  halte  ich  mit  den  Früheren  daran  fest,  dass 
der  AouzxT^LO?  'OcpeXAiavog  in  CIGr.  III  4701  (vom  J.  165/6  n.  Chr.) 
Epistrateg  des  Delta  ist,  denn  der  Letopolitische  Gau,  in  dem  dies 
Denkmal  gesetzt  ist,  gehört  zum  Delta. 

"Wie  die  Verwaltungspraxis  auf  der  einen  Seite  zur  Zusammen- 
fassung mehrerer  Gaue  zu  grösseren  Steuergebieten  drängte,  so  erheischte 
sie  andrerseits  eine  grössere  Zergliederung  der  einzelnen  Gaue  und 
Bildung  noch  kleinerer  Steuerbezirke.  So  wiederholt  sich  dasselbe 
Bild,  das  das  gesammte  Land  im  Grossen  uns  bietet,  innerhalb  des 
Gaues  noch  einmal  en  miniature.  Der  Gau  zerfallt  in  Unterbezirke, 
die  sogenannten  Toparchien  (oder  totiol),  je  nach  der  Grösse  des 
Gaues  in  verschiedener  Zahl.  Welche  wichtige  Rolle  die  Toparchie 
als  Steuerbezirk  spielte,  darauf  ist  schon  oben  S.  306  ff.  hingewiesen 
worden  (vgl.  auch  309).  Jede  Toparchie  aber  zerfiel  wieder  in  einen 
südlichen  und  einen  nördlichen  Bezirk :  cd  avco  und  cd  zaTW  zoizoLpyioLi. 
Ich  wies  schon  in  den  Observationes  ad  hist.  Aeg.  p.  25  darauf  hin,  dass 
die  Hieroglyphe  für  „Gau",  die  bereits  in  der  Unainschrift  (ca.  2500 
V.  Chr.)  begegnet,  uns  ein  deutliches  Bild  eben  dieser  Einteilung 
giebt:  fflBffi.  Hier  ist  der  Gau  in  der  Mitte  durch  eine  Linie, 
wohl  den  Hauptkanal,  in  zwei  Hälften  geteilt  (avo)  und  xdtxü)). 
Rechtwinkelig  wird  diese  Linie  von  anderen  geschnitten,  die  die 
Toparchien  von  einander  trennen.  Wir  sehen  deutlich  in  dem  Bilde 
die  sich  gegenüberliegenden  nördlichen  und  südlichen  Hälften  der 
Toparchien  vor  uns.  Mit  der  Gaueinteilung,  wie  sie  sich  uns  aus 
den  griechischen  Papyri  ergeben  hat-),  stimmt  dieses  schematische 
Bild  in  seinem  Grundgedanken  durchaus  überein. 

Nach  Strabo  p.  787  wären  nur  „die  meisten"  Gaue  in  solche 
Toparchien  zerlegt  worden.  Die  Geschichte  des  Perithebi sehen  Gaues, 
wie  ich  sie  in  den  „Actenstücken  aus  der  kgl.  Bank"  S.  33  A.  2  dargelegt 
habe,  giebt  uns  einen  Wink  für  die  richtige  Auffassung  dieser  Nach- 
richt: Strabo  wird  diejenigen  ausgeschlossen  haben,  die,  wie  der  IIspl 
0yjßa?,  selbst  aus  einer  Toparchie  hervorgegangen  waren.  Zwar 
wurden  auch  diese  Gaue  durch  eine  Mittellinie  in  einen  nördlichen 

^)  Vgl.  ausser  den  alten  Citaten  bei  Kuhn  II  S.  482,  Marquardt  I"^  S.  445  etc. 
die  neuen  Belege  in  den  Indices  zu  BGU. 

2)  Vgl.  Observationes  ad  hist.  Aeg.  p.  2 Off. 


§  1.    DIE  STEUERBEZIRKE. 


429 


und  einen  südlichen  Distrikt  geteilt,  aber  diese  führten  keine  besonderen, 
von  dem  Gaunamen  abweichenden  Kamen,  da  hier  ja  Toparchie  und 
Gau  zusammenfiel.  Man  nannte  sie  einfach:  r^  avo)  resp.  i]  xa-to 
zoTzapyJ.oL.  ^) 

Am  genauesten  kennen  wir  die  Toparchieeinteilung  des  Hera- 
kleopolitischen  Gaues.-)  Eine  Besonderheit  zeigt  der  Arsinoitische 
Gau,  wohl  der  umfangreichste  von  allen,  der  zwar  auch,  wie  wir 
jetzt  wissen^),  aus  Toparchien  bestand,  ausserdem  aber  in  drei 
geteilt  war  —  die  "Hpa/.Xeioo'j,  0£|Ji''aTOi)  und  noXsfiwvo^  [xspic.*) 
Meine  Vermutung,  dass  diese  drei  Bezirke,  die  ich  zunächst  nur  für 
die  Kaiserzeit  nachweisen  konnte  (Observationes  p.  12),  auch  schon 
in  der  Ptolemäerzeit  bestanden,  fand  durch  Inschriften  und  Papyri 
inzwischen  ihre  Bestätigung.  5)  In  der  Kaiserzeit  war  die  oberste 
Leitung  des  Polemon-  und  Themistesbezirkes  in  einer  Hand  vereinigt, 
so  dass  der  Arsinoitische  Gau  zwei  Strategen  hatte.  Dagegen  hatte 
jede  der  drei  [icplteq  ihren  eigenen  „königlichen  Schi-eiber".  Ausser- 
dem gab  es  spezielle  „Merls -Vorsteher"  oder  [iBpiodpyoc..  Zu  den 
schon  oben  S.  382  f.  angeführten  Zeugnissen  kommt  jetzt  P.  7459 
hinzu,  wo  ein  [x£p:o(apy^yj^)  ''Hpa7.X(£i6ou)  \Lzpiooz,  erwähnt  wird 
(III.  Jahrh.  n.  Chr.). 

In  diesen  Toparchien,  den  Landbezirken  des  Gaues,  lagen  nun  ein- 
mal die  Metropole,  die  meist  uralte  Hauptstadt  des  Gaues,  die  sich  an 
das  Gauheiligtum  anschloss,  und  dann  die  zahlreichen  Dörfer  (x(I)|Jiat). 

Das  geschieht  auch  bei  anderen  kleineren  Gauen.  Vgl.  Pap.  Grenf.  (II) 
24,  3:  T^s  5va)  X07r(apx-as)  "^oö  Ilad-upixou.  Pap.  Grenf.  (I)  33,  18:  ev  xdxo 
xoTZOLpX'-'^  AaTC7:o(Xf:ou). 

2)  Die  Urkunden,  auf  die  ich  mich  in  den  Observationes  p.  24  f.  stützte, 
sind  jetzt  als  BGU  552 — 557  publicirt.  Dass  sie  nicht  aus  dem  Arsinoitischen, 
sondern  dem  Herakleopolitischen  Gau  stammen,  habe  ich  im  Hermes  XXVII 
S.  299  A.  6  bemerkt. 

^)  Vgl.  BGU  579,  4:  bB[y,]'XT.p(üzoi  ß'xal  f  xouapX'.wv  'HpaxX£i[5o'J  |i£p''8o;. 
Ebenso  in  P.  8794.  Vgl.  auch  Pap.  Lond.  CCXCV,  1:  To:iapx(ta€)  A'.ov'ja'.a5o[;\ 
Im  Hermes  XXVII  a.  O.  kannte  ich  diese  Texte  noch  nicht. 

Irrig  ist  es,  wenn  Grenfell  (Gr.  Pap.  II  S.  107)  meint,  dass  die  [izpitzg 
des  Faijüm  den  Toparchien  der  anderen  Gaue  entsprächen.  Vielmehr  bestehen  die 
jiSplSss  aus  Toparchien.  Vgl.  die  vorige  Anmerkung.  —  Der  Mann,  nach  dem 
die  zweite  benannt  war,  heisst  0£|iiaxr,g,  nicht  Themistos  oder  Themistios, 

Avie  man  vielfach  zu  lesen  bekommt. 

5)  Vgl.  Krebs,  Nachr.  Gött.  Ges.  1892,  Nr.  15,  S.  535.  In  den  Flinders 
Petrie  Papyri  begegnen  die  [JLepiJsg  passim. 


430 


Y.  KAPITEL. 


Diese  Metropolen,  die,  ohne  Autonomie,  staatsrechtlich  bekanntlich 
nicht  TzoXeLq,  sondern  zö)[jiat  waren,  bildeten  den  Centraipunkt  für 
die  gesammte  Steuerverwaltung  des  Gaues.  Hier  war  der  Sitz  der 
obersten  Steuerbehörde,  des  Strategen  und  des  königlichen  Schreibers, 
hier  war  das  Gau-Archiv,  die  57j[jioaia  ßLßXLoO-yixyj,  die,  wie  wir  sehen 
werden,  u.  A.  auch  die  Steuerbücher  und  Kataster  des  gesammten 
Gaues  vereinigte,  hier  war  die  Hauptrechnungskammer  des  Gaues, 
das  Xo^{iGzripiov,  in  dem,  wie  wir  gleichfalls  unten  zeigen  werden,  die 
Steuerveranlagung  sowie  die  Steuerabrechnung  vorgenommen  wurde. 
Dieser  Metropole  unterstanden  die  Dörfer,  die  wiederum  ihre  eigene, 
weitverzweigte  Beamtenschaft  hatten,  von  der  speziell  für  die  Steuer- 
verwaltung die  xa){Jtap/a:,  die  ywWfioypaiJijJia'cel^  und  die  TrpeajBuxspot 
in  erster  Linie  in  Betracht  kommen. 

An  diesen  Grundzügen,  wie  sie  hier  nur  mit  wenigen  Strichen 
skizzirt  werden  können  i),  scheint  sich  nicht  allzuviel  geändert  zu 
haben,  als  die  Metropolen  mit  der  Decurionatsverfassung  beglückt 
wurden.  Dass  dies  nicht  nach  der  Constitutio  Antonina  vom  J.  212 
erfolgte,  wie  Marquardt  (St.V.  I-  S.  212)  annahm,  auch  nicht  nach 
der  Zeit  der  Philippi  (Kuhn  II  S.  240)  oder  gar  erst  „durch  die 
allgemeinen  Vorschriften  des  Theodosischen  Codex",  wie  Rudorff 
meinte 2),  sondern  bereits  in  den  ersten  Jahren  des  III.  Jahrh.  n.  Chr., 
haben  uns  die  Papyri  gelehrt.  Direct  bezeugt  ist  die  Decurionen- 
ordnung  zwar  erst  für  einzelne  Metropolen^),  aber  dass  die  Ver- 
leihung eine  generelle  war,  wie  ich  es  im  Hermes  XXVII  S.  295/6 
vermutungsweise  aussprach,  ist  soeben  durch  P.  Oxyr.  I  58,  13  sehr 
wahrscheinlich  gemacht  worden.  In  diesem  Schreiben  an  die  Strategen 
der  Heptanomis  (vom  J.  288)  wird  von  xlvSuvo)  IxaaxYj^  ^ouXfic, 
gesprochen.  Der  Schreiber  setzt  also  in  jeder  Metropole  der  7  resp. 
8  Gaue  eine  ßouXyj  voraus.  Meine  Vermutung,  dass  dies  gleichzeitig 
mit  der  Schaffung  der  alexandrinischen  ßouXyj,  also  202  n.  Chr., 


^)  Eine  neue  Darstellung  der  gesammten  Gauyerwaltung  wäre  dringend 
erwünscht.  Was  ich  in  den  Ohservationes  gegeben  habe,  ist  durch  die  grossen 
Papyruspublicationen  der  letzten  Jahre  weit  überholt,  wenn  auch  in  allen  wesent- 
lichen Punkten  bestätigt. 

2)  Rhein.  Mus.  1828  S.  145. 

2)  Für  Arsinoe  (Ohservationes  p.  14),  Herakleopolis  (Härtel,  Griech.  Pap. 
S.  66),  Hermupolis  (Wessely,  Mitt.  Pap.  Rain.  IV  S.  57),  Oxyrhynchos  (P.  Oxyr.  I 
passim),  Memphis  (Pap.  Berl.  Eibl.  18  Verso  1). 


§  1.    DIE  STEUERBEZIRKE. 


431 


geschehen  sei,  ist  durch  das  inzwischen  hinzugekommene  Material 
nicht  entkräftet  worden. Es  ist  bezeichnend  für  die  Stellung  der 
Aegypter  im  römischen  Reiche,  dass  erst  damals,  als  das  Deciirionat 
nichts  mehr  galt  und  in  den  anderen  Provinzen  eher  gemieden  als 
erstrebt  wurde,  dies  Danaergeschenk  ihnen  zu  teil  ward.  Für  die 
Steuerverwaltung  trat  jetzt  insofern  eine  Aenderung  ein,  als  manche 
Aufgaben,  die  bis  dahin  den  königlichen  Beamten  obgelegen  hatten, 
nunmehr,  wie  unten  darzuthun  sein  wird,  auf  den  neuen  Rat  abgewälzt 
werden  konnten.  Es  ist  mir  sehr  wahrscheinlich,  dass  diese  Aus- 
nutzung der  Decurionen  ein  Hauptmotiv  des  Severus  für  ihre 
Schaffung  gewesen  ist.  Im  Uebrigen  blieben  die  Metropolen  nach 
wie  vor  der  Sitz  der  königlichen  Beamten,  das  Centrum  der  gesammten 
Gauverwaltung.  Ob  und  in  wie  weit  durch  die  Verleihung  der  ßo'jXi^ 
die  Competenz  der  königlichen  Beamten  gegenüber  der  Metropole 
beschränkt  worden  ist,  bedarf  noch  weiterer  Untersuchungen.-)  Die 
Bewohner  der  Metropolen  werden  sich  nach  der  Verleihung  recht- 
lich kaum  anders  gestanden  haben  als  vorher,  und  wenn  wirklich, 
wie  es  nach  P.  Oxyr.  I  86,  11  jetzt  den  Anschein  hat^),  eine 
Gliederung  des  Volkes  nach  Phylen  gleichzeitig  mit  dem  Rat  ein- 
geführt ist,  so  kann  darum  doch  an  eine  Beteiligung  des  „5y5[jlo^" 


Wessely  bringt  zwar  in  CPR  34  einen  Faijümer  Papyrus,  der  einen 
ßo'jX£üTr,g  nennt  und  dabei  aus  dem  II.  Jahrh.  n.  Chr.  stammen  soll.  Aber 
diese  Datirung  "Wessely's,  die  auf  einer  vagen  palaeographisehen  Schätzung  be- 
ruht, ist  ganz  gewiss  verkehrt.  Der  Umstand,  dass  die  beiden  Contrahenten,  im 
Besonderen  auch  der  Dörfler  Ammonäs,  als  AOpr^Xiot  bezeichnet  werden,  spricht 
dafür,  dass  der  Text  jünger  als  212  ist  (vgl.  Hermes  XXVII  S.  294  flf.).  — 
Dem  von  mir  vermuteten  Datum  der  Einsetzung  der  ßo'jXVj  (202)  kommt  zur 
Zeit  wohl  am  nächsten  Pap.  Lond.  CCCXLVIII,  der  aus  dem  J.  205/6  stammt 
und  einen  ßouXsuxT^s  von  Arsinoe  nennt  (Kenyon,  Cat.  of  add.  S.  436). 

2)  Ich  habe  in  den  Observationes  p.  15  angenommen,  dass  Arsinoe,  die 
Stadt,  nach  202  nicht  mehr  zum  vofjiög  gezählt  sei.  Ich  folgerte  das  aus  einer 
Abrechnung  aus  der  Mitte  des  III.  Jahrhunderts,  in  der  nach  der  Rubrik 
jir^xpoTiöXcCüg  die  Rubrik  vo|iOÖ  djictw^  folgt  (jetzt  BGU  753).  Diese  Teilung 
kann  jedoch  in  den  vorliegenden  Fällen  lediglich  aus  rechnerischen  Gründen 
der  Buchführung  durchgeführt  sein.  Man  konnte,  schliesslich  auch  vor  202  die 
Steuereingänge  aus  der  Metropole  und  die  aus  den  Dörfern  für  sich  gruppiren. 

")  Tf,<;  vuvl  X'.xc\}p^o'jor^c,  cpuAf^g.  An  Priesterphylen  kann  hier  nicht 
gedacht  werden.  Es  handelt  sich  um  einen  vauxr,^,  den  die  tzö/.'.q  für  ein 
8y,}iöa'.ov  tiXoCov  zu  stellen  hatte.  Aber  ehe  nicht  ein  zweiter  Beleg  hinzukommt, 
bleibt  die  Annahme  einer  Phylenordnung  unsicher. 


432 


Y.  KAPITEL. 


an  der  Leitung  der  communalen  Angelegenheiten  nicht  gedacht  werden. 
Man  wird  diese  Phyleo  vor  Allem  benutzt  haben,  wie  auch  der 
angeführte  Text  es  an  die  Hand  giebt,  um  nach  dieser  Gruppirung 
der  Bevölkeruug  die  Liturgien  aufzulegen.  So  war  es  eine  ganz 
eigenartige  Zwitterbildung,  zu  der  sich  Severus  entschlossen  hat.^) 

Aber  wir  stehen  noch  nicht  am  Ende  der  Steuerbezirkseioteilungen. 
Wenn  Strabo  p.  787  von  den  Gauen  sagt  „scg  yap  zoTzocpyiac,  oi 
TzXelazoL  Sr^pyjvTO  xal  auzai  5'  de,  äXk7.Q  TO[jia^*  iXar/iGxoLi  6'  al 
dipo\)p(x.i  so  giebt  er  uns  freilich  mit  den  Aruren  keine  weiteren 

Steuerbezirke  an,  denn  die  Arure  ist  einfach  das  Flächenmass,  nach 
dem  in  Aegypten  der  Boden  vermessen  wird  (vgl.  Kap.  X).  Sie  ist 
für  die  Grundsteuer  die  Steuereinheit.  Auch  von  weiteren  Einteilungen 
der  Toparchien  wüsste  ich,  abgesehen  von  den  beiden  Hälften  avo) 
und  xaTü),  aus  den  Urkunden  nichts  zu  meldeu,  man  müsste  denn 
die  verschiedenen  Dorfmarkeu,  die  die  Toj^archie  ausmachen,  als 
solche  auffassen. 2)  Dagegen  lehren  uns  die  Urkunden,  dass  die 
Metropole,  und  wahrscheinlich  auch  jede  einzelne  Kome,  wiederum  in 
Untersteuerbezirke  zerfiel,  die  sogenannten  djji^ooap/Jac.^)  To 
ä\icpoboy  ist  die  in  Aegypten  übliche  Bezeichnung  für  die  Strasse. 
Eine  Amphodarchie  wird  also  mehrere,  vermutlich  lokal  zusammen- 
gehörige Strassen  umfasst  haben,  die  als  Verwaltungseinheit  einem 
d|i(^o5ap)(Yjg  unterstellt  waren.  Wir  können  ihn  etwa  den  „Quartier- 
vorsteher" nennen.  Wir  werden  unten  sehen,  dass  nach  diesen  Quar- 
tieren die  Bewohner  eingeschrieben  und  zur  Steuer  herangezogen  wurden. 

So  war  das  weite  Land  Aegypten  in  eine  Unmasse  kleinster  Steuer- 
bezirke zergliedert.  Sie  bildeten  die  Vorbedingung,  um  jeden  Steuer- 
pflichtigen fassen  zu  können.     Ein  engmaschiges  Netz  war  über 

1)  Vgl.  Hermes  XX  S.  446. 

^)  Wie  sich  die  durch  die  Petrie  Papyri  erwiesenen  vo|j.apxca'.  des  Faijvim 
zu  den  [izpibec,  und  TOTiap^iai  vei'halten,  bleibt  noch  zu  untersuchen.  Vgl.  einst- 
weilen Grenfell,  Rev.  Pap.  S.  133. 

^)  Vgl.  Härtel,  Griech.  Pap.  S.  73.  Weitere  Aufschlüsse  wird  wohl  Pap. 
Lond.  CCLX  bringen,  in  welchem  Personenlisten  mitgeteilt  werden,  die  der 
d|JLcpo§ocpXYjg  zusammengestellt  hat.  Vgl.  einstweilen  Kenvon,  Cat.  of  Add.  S.  419. 
Wichtig  ist  auch  Pap.  Genev.  4.  Auch  ein  noch  uupublicirter  Papyrus,  den  ich 
flüchtig  sah,  enthielt  einen  sehr  ausführlichen  Xöyog  ')(Bip(})voLE,io'J,  der  von  einem 
a[jLcpo5dpXYjS  aufgestellt  war.  —  In  BGU  G59  II  1  möchte  ich  a}iq?oSa[px(>iaavT05) 
Xü)]iiOYp(a(jiiJiaT£ü)g)  statt  d[xcpo5d[px(ou)  %(ü]ixoyp(oLix\mzi(}ic,)  lesen.  Denn  er 
dürfte  kaum  beide  Aemter  gleichzeitig  verwaltet  haben. 


§  1.    DIE  STEUERBEZIRKE. 


433 


Aegypten  ausgespannt,  durch  das  so  leicht  Niemand  hindurch- 
schlüpfen konnte. 

Von  dieser  Gauverwaltung,  die  wir  bisher  in's  Auge  gefasst 
haben,  waren  nun  völlig  eximirt  die  wenigen  Griechenstädte,  die, 
wie  in  allen  anderen  Zweigen  der  Verwaltung,  so  auch  im  Steuerwesen, 
als  Hauptcentren  der  Eroberer  gegenüber  dem  flachen  Lande  der 
Unterworfenen  eine  ganz  singuläre  Rolle  spielten.  Das  sind  für  die 
Ptolemäerzeit  Alexandrien  und  das  von  Ptolemaios  I.  in  Obemeg^i^ten 
begründete  Ptolemais  (el-MenshieK).  Dazu  kommt  noch  die  älteste 
griechische  Ansiedelung  in  Aegypten,  Naukratis  im  Delta,  über  deren 
Verfassung  sich  freilich  noi*  Vermutungen  aufstellen  lassen,  Auch 
von  einem  griechischen  Quartier  der  'EXXyjVO{i£[icpTTai  in  Memphis 
haben  wir  nur  dunkle  Kunde.  2)  Als  Enclaven  des  herrschenden 
Volkes  bildeten  jene  Griechenstädte  notwendig  besondere  Steuerbezirke 
fiii-  sich.  Wer  in  eine  der  Phylen  und  Demen  von  Alexandrien  oder 
Ptolemais  eingeschrieben  war^),  genoss  damit  die  Privilegien,  die 
auf  dem  Gebiet  der  Steuern  und  Liturgien  den  Griechen  von  dem 

Der  für  die  Zeit  des  Ptolemaios  IV  jüngst  erwiesene  0',xov6{jios  xöv  y.axa 
Na'jxpa'iv  (Americ.  Jonm.  of  arch.  1886,  S.  151)  zeigt  wohl,  dass  Xaukratis  im 
Finanzwesen  einen  eigenen  Bezirk  bildete,  aber  ob  dieser  Oikonomos  ein  städtischer 
oder  ein  königlicher  Beamter  war,  lässt  sich  nicht  mit  Sicherheit  entscheiden.  — 
Im  Eev.  Pap.  60  heisst  es:  ev  -w'.  Satxr/.  o'jv  Xauxpäxs'..  Hier  ist  die  Stadt 
deutlich  vom  Gau  eximirt.  —  Ueber  die  Münzen  von  Naukratis  zur  Zeit  Alexanders 
des  Grossen  vgl.  Head,  Numismat.  Clironicle  VI  3.  Ser.  S.  11  und  Denselben  bei 
Petrie,  Naucratis  I  S.  66  f.  —  Alles  in  Allem  glaube  ich  nicht,  dass  Mahaflfy 
Recht  hat,  wenn  er  sagt,  Naukratis  sei  in  der  Ptolemäerzeit  „a  mere  Egyptian 
town'^  gewesen.  —  Ueber  Sitten  in  Naukratis  spricht  Hermeias  f  FHG  II  S.  80).  — 
Im  Pap.  Genev.  10,  9  vom  J.  323  n.  Chr.  begegnet  ein  Ysyc^isvog  ßouXsuTT;; 
1f^c,  Nauxpaxfxwv  rAXtiac,.  —  An  Naukratis  und  das  M'.XrjaicDv  izlyoz  ist  zu 
denken,  wenn  Milet  sich  noch  im  J.  195  n.  Chr.  als  {JLTjXpÖTtoXi;  „TtoXXwv  xal 
jasyaXwv  tcöXswv  ev  xe  xqi  Uövxq)  xai  z%  Aly^T^xq)"  rühmt  (CIGr.  2878). 

Diese  Hellenomemphiten  für's  III.  Jahrh.  vor  Chr.  bezeugt  durch  Pap. 
Lond.  L  (Kenyon,  Cat.  Gr.  P.  S.  49).  In  Gött.  GA.  1894,  No.  9,  S.  725  wies  ich 
darauf  hin,  dass  hierdurch  eine  Nachricht  des  Aristagoras  von  Milet  (FHG  II 
S.  98  Nr.  5)  bestätigt  wird.  Vielleicht  hängt  es  mit  der  Stellung  des  Deklaranten 
als  Hellenomemphit  zusammen,  dass  er  seine  Eingabe  nicht  etwa  an  den  oxpa- 
XTiYÖg  oder  den  ßaaiX'.xog  Ypa|x|j,ax£'ji;  des  memphitischen  Gaues  richtet,  sondern 
an  einen  i^^•,^zkr^zr^c,.  Wenn  wir  nur  wüssten,  was  das  für  ein  i^Z',^^Kr^'lr^z  war! 
Ist  der  unter  dem  Oikonomos  stehende  Finanzbeamte  gemeint? 

Vgl.  Lumbroso,  l'Egitto"^  S.  74.  Demotica  in  den  Petrie  Papyri  constatirte 
ich  in  Gött.  GA  1895,  No.2,  S.  136,  138,  141  f.  Jetzt  hat  Jouguet  neue  Demotica  für 
WiLCKEX,  Ostraka.  28 


434 


V.  KAPITEL. 


Aegyj)ter  schieden.  Betreffs  der  Steuerprivilegien  macht  es  keinen 
Unterschied,  ob  damals  Alexandrien  und  Ptolemais  nach  Art  der 
sonstigen  Griechenstädte  einen  städtischen  Rat  gehabt  haben  oder 
nicht,  wohl  aber  ist  diese  Frage  für  die  Steuerverwaltung  von  Wichtig- 
keit. Bekanntlich  gehen  die  Ansichten  darüber  bisher  sehr  aus- 
einander.^) Jetzt  ist  die  Frage  —  wenigstens  für  Ptolemais  — 
durch  einen  glücklichen  Fund  endgültig  entschieden.  Pierre  Jouguet 
hat  soeben  im  Bull.  corr.  hell.  XXI  1897  S.  184 ff.  mehrere  neu- 
gefundene Inschriften  aus  Ptolemais  publicirt,  die  uns  endlich  die 
Sicherheit  geben,  dass  diese  Stadt  schon  im  III.  Jahrh.  v.  Chr.  eine 
jSouXy]  gehabt  hat.  Ich  verweise  auf  den  sachkundigen  Commentar 
von  Jouguet.  Gewiss  lässt  sich  aus  dieser  Thatsache  kein  bindender 
Schluss  auf  die  Verfassung  Alexandriens  ziehen.  Est  ist  möglich, 
dass  Alexandrien  anders  organisirt  war,  aber  die  Wahrscheinlichkeit 
dafür,  dass  auch  Alexandrien  damals  einen  Rat  hatte,  dürfte  durch 
den  neuen  Fund  eher  gewachsen  sein. 

Für  die  Kaiserzeit  steht  fest,  dass  Alexandrien  von  Augustus 
an  keine  ßouXyj  gehabt  hat,  bis  ihm  Severus  im  J.  202  —  wie  auch 
den  Metropolen  der  Gaue  —  einen  Rat  verliehen  hat.  Die  Phylen- 
und  Demenordnung  der  Alexandriner  hat  auch  in  dieser  Zeit  von 
Augustus  bis  Severus  fortbestanden.  2)  Ueber  die  Verfassung  von 
Ptolemais  in  dieser  Periode  haben  wir  keine  Kunde.  Dass  es  im 
III.  Jahrh.  n.  Chr.  Buleuten  gehabt  hat  (CIGr.  III  5000,  5032, 
vgl.  4989,  4996),  ist  nach  dem  oben  Gesagten  selbstverständlich. 
Schon  vorher  aber  hatte  Hadrian  im  J.  130  in  Antinoe  eine  rein 
griechische  Stadt  mit  Rat,  Prytanen,  Phylen  und  Demen  geschaffen. 
In  welcher  Weise  die  Steuerverwaltung  in  diesen  Griechenstädten  aus- 
geübt wurde,  wird  unten  besprochen  werden.  Hier  sollte  nur  auf  die 
Sonderstellung  dieser  Gemeinden  als  Steuerbezirke  hingewiesen  werden. 

Ptolemais  publicirt.  Vgl.  Bull.  corr.  hell.  XXI  S.  184  flf.  Ich  habe  zu  seiner 
Sammlung  noch  Folgendes  nachzutragen:  IloXuSsuxsiog  (Strack,  Dyn.  Ptol.  Nr.  4). 
Kaaxöpstos  (Petr.  Pap.  unpublicirt).  AtaxtSsug  (Petr.  Pap.  I,  XXI  14).  Vielleicht 
auch  Xpuoaopsus  (Strack,  Nr.  95,  von  dem  Kultnamen  Xpuaaopos  abgeleitet). 
Vgl.  jedoch  CIGr.  II  S.  473.  Le  Bas  n.  399. 

^)  Vgl.  Observationes  S.  17  flf.  Mommsen  E.G.V  S.  557.  Lumbroso,  l'Egitto^ 
S.  73  flf.    Mahafiy,  Emp.  Ptol.  S.  76. 

Wofern  wir  mit  Recht  das  Demoticon  2ü)a'.xöa|JLiog  b  xal  'AXB-aisu^ 
Alexandrien  und  nicht  Antinoe  zugewiesien  haben.  Vgl.  die  Indices  zu  B  G  U. 
Vgl.  auch  P.  Oxyr.  I  95,  15  (vom  J,  129). 


§  2.     DIE  STEUERSUBJECTS- DEKLARATIONEN. 


435 


Eine  genauere  Darlegung  der  durch  Diocletian  inaugurirten  und 
von  Constantin  weitergeführten  Js'euordnung  Aeg}^tens  würde  die 
Grenzen  unseres  Ostrakoncommentars  überschreiten,  da  von  dieser 
Zeit  an,  wie  wir  oben  S.  13  sahen,  Steuerquittungen  nur  noch  ganz 
ausnahmsweise  auf  Ostraka  geschrieben  wurden.  Es  sei  nur  zur 
Abrundung  der  obigen  Skizze  darauf  hingewiesen,  dass,  wie  die 
anderen  Provinzen  des  Reiches,  so  auch  Aegypten  in  mehrere  kleinere 
Provinzen  (inocpyJocC)  zerschlagen  wurde,  deren  Zahl  im  Laufe  der 
Zeit  gewechselt  hat.^)  Die  vo[xol  aber,  die  bis  in  die  arabische 
Zeit  hinein  sich  erhalten  haben,  wurden  gleichfalls  in  kleinere  Unter- 
abteilungen, die  pagi  oder  Tuayoi  geteilt,  die  unter  dem  praepositus 
pagi  (TTpaiTTOGLTo;  Tcayo'j)  oder  pagarchus  (7zi^(7.p'/oq)  standen.-) 
Mit  der  neuen  Gliederung  des  Landes  geht  die  Umgestaltung  der 
Beamtenhierarchie  Hand  in  Hand.^) 

§  2. 

Die  Steuersubjects- Deklarationen. 

Wir  unterscheiden  in  der  Steuergeschichte  der  modernen  Staaten 
drei  verschiedene  Methoden  zur  Feststellung  der  Steuersubjecte  und 
Steuerobjecte:  die  amtliche  Nachforschung,  die  Verpflichtung  dritter 
Personen,  gewisse  Steuerpflichtige  bei  der  Steuerbehörde  behufs  Steuer- 
veranlagung anzumelden,  und  die  Verpflichtung  der  Steuersubjecte  selbst, 
sich  oder  ihre  Habe  anzumelden.^)  Aus  den  Urkunden,  die  in  letzter 
Zeit  aus  dem  Schutt  der  aegyptischen  Städte  und  Dörfer  an's  Tages- 
licht gekommen  sind,  lässt  sich  erweisen,  dass  dieselben  drei  Methoden 
auch  in  der  griechisch-römischen  Periode  Aegyptens  zur  Anwendung 
gekommen  sind.  Wir  sehen  zunächst  von  der  amtlichen  Nach- 
forschung ab  und  stellen  in  diesem  Paragraphen  zusammen,  was  wir 

^)  Vgl.  Marquardt,  St.V.  I'^  S.  456. 

^)  Vgl.  Herraes  XXVII  S.  299  f.  Noch  höher  hinauf  führt  PER  I  233 
vom  J.  314.  Vgl.  jetzt  auch  P.  Oxyr.  I  67,  5. 

^)  Auch  für  diese  Fragen  liegt  jetzt  ein  reiches  neues  Material  vor,  das 
dringend  nach  Bearbeitung  verlangt.  —  Der  letzte  Stratege  als  Gaubeamter,  der 
uns  zur  Zeit  bekannt  ist,  ist  der  in  P.  Oxyr.  I  60,  1  (vom  J.  323)  genannte. 
Vgl.  Hermes  XXVII  S.  297  f. 

*)  Vgl.  Adolf  Wagner,  Finanzwissenschaft  II*  1890  S.  717  flf. 

28* 


436 


V.  KAPITEL. 


Über  die  Steuersubjects- Deklarationen,  im  nächsten,  was  wir  über 
die  Steuerobjects- Deklarationen  erfahren. 

Unter  den  Urkunden  aus  der  Ptolemäerzeit  hat  sich  bisher  nur 
eine  einzige  gefunden,  die  uns  hierüber  Auskunft  giebt.  Dies  un- 
schätzbare Document  verdanken  wir  dem  Spürsinn  Mahaffy's,  der  es 
im  Museum  zu  Alexandrien  jüngst  aus  einem  pectoml  d'une  momie 
herausgelöst  hat.  Vgl.  Bull.  corr.  hell.  XVIII  (1894)  S.  145  ff. 
Revision  am  Original  vorbehalten,  möchte  ich  etwa  folgender- 
massen  lesen 

("Etou^)  ^  Oawcp  6  (?).    'AaxXvjTrLaSyj?.    Tuvt]  Ila-cpocptXa. 
Tlö^  'A7uoX}.ocpdv7j^       (sxwv)  c£,  'ATToXXoSwpo^  tb?  (sTwv)  ty, 

'ApT£[JLL5o)pO?  d)^  (STWV)  t,  J\.Zo'kt\i.dXoC,  (1)^  (£XÖ)V)[.].  Tpo^ö? 

Koa|xta.    rewpyol  [xca^(a)Tol)  yj  'Ixa^apo?,  TaysaßaXa, 
5  'leaß,  KpaTEpo^,  StTaXxe^,  Na[T]avßaXa,  'HXt|JL^v, 

noTa|jLwv.    BouxoXo?  ^Qpo?  /  ad)(jjiaTa}  ts. 

Die  Urkunde  ist  mit  Mahaffy  wahrscheinlich  in  das  7.  Jahr 
des  Euergetes  I,  also  240/39  v.  Chr.  zu  setzen.  In  knapper,  ich 
möchte  sagen  archaischer  Kürze,  wie  sie  dem  Actenstil  des  III.  Jahr- 
hunderts im  Gegensatz  zu  den  späteren  Jahrhunderten  eigentümlich 
ist  (vgl.  Kap.  III),  zählt  hier  der  Hausvorstand  Asklepiades  seine 
Familie  und  sein  Hausgesinde  auf:  ausser  der  Frau  und  den  vier 
Kindern,  deren  Alter  angegeben  wird,  eine  Amme,  acht  Feldarbeiter, 
die  sich  ihm  contractlich  verdungen  haben  und  wohl  bei  ihm  wohnen 
(meist  Semiten),  und  ein  Rinderhirt.  „Das  macht  15  Personen". 
Bei  dieser  Zählung  wäre  Asklepiades  selbst  nicht  mitgezählt.  Wahr- 
scheinlicher ist  mir,  dass  :c=16  statt      zu  lesen  ist. 

Das  ist  eine  Deklaration  des  Personenbestandes  eines  Haus- 
haltes. Die  Objectsdeklaration,  die  sich  auf  demselben  Blatte  un- 
mittelbar daran  anschliesst,  wird  uns  erst  im  nächsten  Paragraphen 
beschäftigen. 2)  Es  ist  sehr  zu  bedauern,  dass  wir  nicht  wenigstens 
noch  eine  zweite  Subjectsdeklaration  aus  ptolemäischer  Zeit  besitzen. 
Manches  bleibt  daher  dunkel.  So  können  wir  die  Frage,  ob  damals 
—  wie  in  der  Kaiserzeit  (s.  unten)  —  die  Hauseigentümer  oder 

0  Vgl.  Gött.  G.  A.  1895  No.  2  S.  146  A.  1. 

^)  Mahafiy  S.  146  scheint  mir  den  Charakter  der  Gesammturkunde  nicht 
richtig  zu  bestimmen,  Avenn  er  sie  als  ,,une  d^claration  de  propritte^^  erklärt. 
Es  ist  vielmehr  eine  Zusammenfassung  von  Subjects-  und  Objectsdeklaration 
auf  einem  Blatte. 


§  2.    DIE  STEUERSUBJECTS- DEKLARATIONEN. 


437 


aber  die  Haushaltungsvorstände  zu  deklariren  hatten,  nicht  beant- 
worten. Im  vorliegenden  Falle  gehören  die  Personen  offenbar  alle 
zum  eignen  Hausstand,  aber  es  kann  Zufall  sein,  dass  Asklepiades 
keine  eyoixoi  aufzuzählen  hatte. 

Das  Deklarationssystem  ist  nicht  erst  von  den  Ptolemäern  in 
Aegypten  eingeführt  worden,  sondern  war  auch  schon  den  Pharaonen 
bekannt,  vielleicht  ist  es  aber  weiter  von  jenen  entwickelt  worden. 
Herodot  H  177  erzählt,  dass  Amasis  angeordnet  habe  aTToSscxvuvai 
exeoc,  exaaiou  tw  vo|Jiapyy]  Tiavia  xcva  AiyuTTTiwv  6^£v  ß^cöxaL 
Danach  Diodor  I  77,  5:  aTToypacpea^aL  izpbq  xobq  oLpyoviOLq^  ÖLizb 
Tivwv  sxaaxo?  7i;opL(^£Tat  tov  ßtov.  Hier  ist  lediglich  von  Objects- 
deklarationen  die  Rede.  Aber  gewiss  ist,  dass  jeder  Mann,  der  sein 
Einkommen  angab,  auch  seinen  Namen  dabei  nennen  musste,  und 
ich  zweifle  nicht,  dass  schon  damals  Steuerzahlerlisten  auf  Grund 
dieser  Deklarationen  geführt  worden  sind.  Darum  bleibt  es  aber 
doch  eine  Neuerung  —  wenigstens  dieser  Nachricht  gegenüber  — , 
dass  in  der  obigen  Urkunde  der  Deklarant  zugleich  den  Bestand 
seiner  Familie  und  seines  Gesindes  angiebt.  Wenn  jeder  Hausvor- 
stand wie  unser  Asklepiades  berichtete,  so  hatte  damit  die  Regierung 
die  sämmtlichen  Namen  der  Bevölkerung  in  der  Hand. 

In  unserer  Urkunde  spricht  nichts  dafür,  dass  derartige  Sub- 
jectsdeklarationen  in  grösseren,  mehrjährigen  Perioden  eingereicht 
werden  mussten,  vielmehr  steht  nichts  der  Annahme  entgegen,  dass 
in  jedem  Jahre  wie  die  Objecte  (s.  §  3),  so  auch  die  Subjecte 
deklarirt  werden  mussten.  Irgend  welche  Conscriptionsperioden  lassen 
sich  für  die  Ptolemäerzeit  bisher  nicht  nachweisen. 

Weitere  Zeugnisse  über  Steuersubjectsermittelungen  sind  mir 
für  die  Ptolemäerzeit  nicht  bekannt.  Dass  die  aus  Makk.  III  ge- 
schöpften Angaben  über  Xaoypacpcat  und  dTTcypa^aL  bei  Lumbroso, 
Rech.  S.  297  für  diese  Periode  keine  Gültigkeit  haben,  ist  oben  S.  245  f. 
gezeigt  worden.  Verzeichnisse  von  Geburten  und  Todesfallen,  die 
Beloch,  Bevölkerung  S.  255,  annimmt,  sind  mir  für  die  Ptolemäerzeit 
und  die  noch  älteren  Zeiten  nicht  bekannt.  Ich  glaube  gern,  dass 
man  sie  geführt  hat,  aber  ein  Zeugnis  liegt  m.  W.  nicht  vor.  Man 
könnte  für  die  Pharaonenzeit  vielleicht  auf  Diod.  I  53,  2  verweisen: 
FevvYjO'evTo?  yap  tou  Seaowato^  iTiotyjaev  6  Traxr^p  aOiou  (leYaXo- 
TTpeTC?  Ti  xal  ßaacXixov  *  tou;  yap  xaia  T'^^v  auxy^v  VjiJLepay  Y£vvirj- 
TialSa;  i%  öXyj?  t"^;  AJyuTrToi)  auvayaywv  xxX.  Notwendig 


438 


y.  KAPITEL. 


wird  jedoch  auch  hierdurch  nicht  die  Annahme  von  Geburtslisten. 
Ein  Edict  des  Königs  hätte  auch  ohne  sie  für  den  einzelnen  Fall 
die  Geburten  des  bestimmten  Tages  eruiren  können,  zumal  den  sich 
Meldenden  eine  glänzende  Aussicht  eröffnet  wurde.  ^) 

Ein  reicheres  Material  über  Subjectsdeklarationen  besitzen  wir 
für  die  Kaiserzeit.  Was  ich  im  Hermes  XXVIII  S.  240  ff.  und 
Philologus  LH  S.  564  über  diese  gesagt  habe,  ist  durch  die  inzwischen 
hinzugekommenen  Texte  in  allen  wesentlichen  Punkten  bestätigt 
worden.  Was  dort  bereits  erledigt  ist,  kann  hier  in  Kürze  vor- 
geführt werden;  ausführlicher  werden  einige  neue  Beobachtungen  zu 
begründen  sein.  2) 

Die  Papyri  haben  ergeben,  dass  im  kaiserlichen  Aegypten  alle 
vierzehn  Jahre  neue  Subjectsdeklarationen  eingereicht  worden  sind. 
Ich  gebe  zunächst  eine  tabellarische  XTebersicht  über  die  mir  zur 
Zeit  bekannten  Eingaben  dieser  Art.  Die  fett  gedruckten  Zahlen 
bezeichnen  Urkunden,  die  selbst  solche  Deklarationen  sind;  die 
Zahlen  in  gewöhnlichem  Druck  dagegen  beziehen  sich  auf  Texte, 
in  denen  der  betreffende  Census  nur  erwähnt  wird.  Von  Pap. 
Grenf  (I)  45  und  46  ist  in  dieser  Liste  abgesehen,  da  sie  nachher 
einer  besonderen  Prüfung  unterworfen  werden  sollen. 

Tabelle. 

8.  Jahr  des  Nero  =  61/2.  Pap.  Lond.  CCLX  (2),  5  (vgl.  Kenyon, 
Cat.  Add.  S.  419). 

8.  Jahr  des  Vespasian  =  75/6.  BGU  109,  19.  Pap.  Lond.  CCLIX 

(vgl.  Kenyon  a.  O.). 

9.  Jahr  des  Domitian  =  89/90.  BGU  109,  11  und  13.  Pap.  Lond. 

CCLIX  (a.  O.). 


^)  E.  Engel,  Die  Volkszählungen  (Zeitscbr.  d.  Kgl.  pr.  statist.  Bureaus  II) 
1862  S.  27  findet  diese  Nachricht  Herodot's  „in  sofern  beschämend  für  unsere 
Zeit,  als  der  Sesostris  des  19.  Jahrhunderts  bei  der  Geburt  des  Königs  vom  Eom 
im  J.  1811  wohl  einen  ähnlichen  Befehl  erliess,  sein  Minister  des  Innern  ihm 
aber  nur  von  50  Departements  die  Anzahl  der  Geborenen,  jedoch  nicht  nach 
Geschlecht  geordnet,  anzugeben  vermochte".  Sein  weiterer  Schluss,  dass  jene 
Erzählung  die  Führung  von  Civilstandsregistern  voraussetze,  ist  nicht  zwingend, 
wenn  diese  Vorstellung  an  sich  auch  nicht  unwahrscheinlich  ist.  Ebenso  entscheidet 
sich  W.  Levison,  Die  Beurkundung  des  Civilstandes  im  Altertum.  Diss.  Bonn  1898. 

2)  Vgl.  auch  Kenyon,  Classical  Review  VII  1893  S.  110.  Viereck, 
Philol.  LH  S.  219  ff. 


§  2.    DIE  STEÜERSUBJECTS- DEKLARATIONEN. 


439 


7.  Jahr  des  Trajan  =  103/4.  BGU  109,  1 1  und  14.  Pap.  Grenf.  (II) 
49,  7  und  12. 

2.  Jahr  des  Hadrian  =  117/8.  BGÜ  109,  15;  182,  21;2;  706  (?). 

Pap.  Grenf.  (II)  49, 7  und  10.  [Pap.  Lond.  CCCXXIY  (Kenvon, 

Cat.  Add.  S.  431)]. 
16.  Jahr  des  Hadrian  =  131/2.  BGU  53;  III,  13;  137,  5  und  8 

und  11;  132;  182,  16 ff.  Pap. Grenf.  (H)  49,  8und  lOund  11. 
9.  Jahr  des  Antoninus  Pius  =  145/6.   BGU  55  II,  5;  95;  137; 

154,  11;  324,  14.   Pap.  Lond.  CCCXXIV  (Kenyon  a.  O. 

S.  431). 

23.  Jahr  des  Antoninus  Pius  =  159/60.  BGU  54;  55  II  bis  Z.  10; 

55  II,  16  und  18;  57;  58;  90;  123,10;  154;  224;  225; 

324,  14;  410;  524;  537.  Pap.  Grenf.  (II)  55.  Pap.Lond. 

CLXXXII  (b)  (Kenyon  a.  O.  S.  404). 
14.  Jahr  des  Marcus  =  173/4.  BGU  [26=]  447;  55  U  U  ff.;  59; 

115  I,  23;  115  II,  16;  116  I,  11;  116  II,  22;  118  II,  8; 

118  HI,  5;  119;  120,  3;  123;  126,  10;  127;  128  11,8; 

138,  6  und  13;  298;  302.  Pap.  Berl.  P.7097.  Pap.  Geney. 

18,  14  und  17. 

28.  Jahr  des  Commodus  =  187/8.  BGU  60;  115  I,  II;  116  I,  II; 

U7;  1181,  n,  ni;  120;  124;  126;  128;  129;  138;  430. 
10.  Jahr  des  Severus  ==  201/2.  BGU  97;  484,2;  577. 

Nicht  genau  datirbar  sind  die  Eingaben  BGU  122,  125, 

130-132,  182, 1-15. 

Hiernach  liegen  uns  bis  jetzt  Deklarationen  im  Wortlaut  nur 
fiir  die  Zeit  von  Hadrian  bis  Severus  vor.  Sie  stammen  sämmtlich 
aus  dem  Faijüm,  bis  auf  P.  7097,  die  nach  Memphis  gehört.  Kach 
Andeutungen  von  Wessely^)  giebt  es  ferner  in  Wien,  wie  es  scheint, 
auch  Deklarationen  aus  den  beiden  nächsten  Censusjahren,  von  215/6 
und  229/30.  Diese  Urkunden  sind  heute  jedoch  noch  eben  so  wenig 
zugänglich  2)  wie  der  Wiener  Papyrus,  durch  welchen  nach  Wessely^s 
Ansicht  (a.  a.  O.)  eine  „sorgfaltige  Volkszählung"  für  das  Jahr  242 
n.  Chr.  bezeugt  wird.  Da  dies  nach  dem  14jährigen  Turnus  viel- 
mehr für  das  Jahr  243/4  zu  erwarten  wäre,  so  muss  inzwischen 

*)  Bericht.  Sächs.  Ges.  Wiss.  1885  S.  270. 

^)  Gerade  diese  würden  für  manche  Fragen  von  besonderem  Interesse  sein, 
da  sie  nach  der  Erteilung  der  Decurionatsordnung  an  Arsinoe  (s.  oben  S.  430) 
und  nach  der  Constitutio  Antonina  (212)  abgefasst  sind. 


440 


V.  KAPITEL. 


dieser  Turnus  aufgegeben  sein,  oder  aber  —  was  mir  wahrschein- 
licher ist  —  es  liegt  nur  eine  missverständliche  Auffassung  von 
Wessely  vor. 

Da  es  fest  vorgeschriebene  Formulare  für  ganz  Aegypten  nicht 
gegeben  hat,  so  zeigen  die  obigen  Eingaben  mancherlei  lokale  Ver- 
schiedenheiten im  Schema,  Die  Deklarationen  aus  der  Metropole, 
die  unter  sich  im  Wesentlichen  übereinstimmen,  weichen  formell 
von  denen  aus  den  Dörfern  in  einzelnen  Punkten  ab.  Auch  die 
dörfischen  haben  nicht  alle  dasselbe  Formular,  ja  in  einem  und 
demselben  Dorf  begegnen  —  und  nicht  nur  zu  verschiedenen  Zeiten 
(vgl.  BGU  58  mit  154)  —  Abweichungen  formeller  Art.  Doch 
diese  formalen  Unterschiede  innerhalb  des  Faijüm  sind  im  Ganzen 
belanglos.  Viel  w^esentlicher  sind  die  Eigenheiten,  die  die  einzige 
memphitische  Urkunde  zeigt.  Auf  diese  soll  daher  besonders  nach 
der  Besprechung  der  Faijümer  Texte  zurückgekommen  werden. 

Abgesehen  von  den  lokalen  Verschiedenheiten  haben  wir  auch 
mit  zeitlichen  zu  rechnen.  Wenn  in  obigen  Deklarationen  der 
Metropole  sich  keine  wesentlichen  Unterschiede  zeigen,  so  ist  nicht 
zu  vergessen,  dass  sie  sich  nur  über  siebenzig  Jahre  —  von  117/8 
bis  187/8  —  erstrecken.  A  priori  ist  die  Möglichkeit  zuzugeben,  dass 
die  Formulare  im  I.  Jahrh.  n.  Chr.  vielleicht  einige  Abweichungen 
gezeigt  haben.  Auf  diesen  Gesichtspunkt  werden  wir  unten  bei 
Besprechung  von  Pap.  Grenf.  (I)  45  und  46  zurückkommen. 

Die  Hauptrubriken  der  Subjectsdeklarationen  sind  folgende: 

1.  die  Adresse. 

2.  Angabe  des  Besitzes  an  Haus  und  Zubehör. 

3.  Erklärung,  dass  der  Deklarant  die  Hausbewohner  hiermit 
in  die  xax'  oixcav  aTroypa^Y]  des  verflossenen  Jahres  einschreibe. 

4.  Aufzählung  der  Hausbewohner. 

5.  Schlussformel  (biö  £7ic5t5ü)(JLc),  eventuell  mit  nachfolgender 
Unterschrift  des  Deklaranten. 

ad  1.  Die  Eingabe  hat  stets  die  Form  des  67i6|xvYj|JLa  (tw  SeTvc 
Tzocpdc  TOö  Selvo^).  Vgl.  Hermes  XXII  S.  5.  Die  am  Schluss  des 
UTi6[Xvr/[JLa  zu  erwartende  Grussformel  fehlt  regelmässig. 

Die  Metropoliten  richten  ihre  Eingaben  an  den  Strategen  des 
Gaues,  den  königlichen  Schreiber  und  die  beiden  Stadtschreiber 
(Ypa|X[JiaT£C^  TYj^  (xyjxpOTioXeü);).  Manche  der  Eingaben  nennen  in 
der  Adresse  nur  den  Strategen,  andere  nur  den  königlichen  Schreiber, 


§  2.    DIE  STEUERSÜBJECTS- DEKLARATIONEN. 


441 


wieder  andere  alle  drei  gleichzeitig  (BGU  55,  12;  182).  Kennung 
der  Stadtschreiber  allein  liegt  bis  jetzt  nicht  vor.  Kach  Analogie 
der  dörfischen  Eingaben  möchte  ich  jetzt  annehmen,  dass  jeder  De- 
klarant  an  jede  dieser  Instanzen  je  zwei  Exemplare  einzureichen 
hatte,  wobei  es  ihm  überlassen  war,  ob  er  in  der  Adresse  alle  drei 
oder  nur  den,  für  den  speziell  das  Exemplar  bestimmt  war,  nennen 
wollte. 

Die  Dörfler  hatten  ausser  an  den  Strategen  und  den  königlichen 
Schreiber,  die  ja  für  den  ganzen  Gau  zuständig  waren,  an  den  Dorf- 
schreiber und  an  die  Volkszähler  (Xaoypacpoi)  ihres  Dorfes  einzu- 
reichen. Ob  die  letztere  Behörde  nur  zufallig  in  den  Eingaben  der 
Metropoliten  nicht  genannt  wird,  lasse  ich  dahingestellt.  Wegen 
BGU  55,  12  und  182  ist  es  wahrscheinlicher,  dass  dieser  Beamte 
für  die  Metropole  nicht  in  Betracht  kam.  Die  Dörfler  hatten  also 
jedenfalls  an  vier  Instanzen  zu  schreiben.  Auch  ihnen  war  es  über- 
lassen, ob  sie  in  der  Adresse  alle  vier  hintereinander  oder  nur  den 
betrefienden  Einzelnen  nennen  wollten.  Die  obigen  Urkunden  lehren 
uns  ferner,  dass  jede  einzelne  der  vier  Eingaben  zweimal  auszufertigen 
war.  So  besitzen  wir  von  einem  Manne  ^Aipfiq  SaxaßoöTO^  folgende 
gleichlautende  Eingaben,  die  er  sämmtlich  am  28.  Juli  161  n.  Chr. 
geschrieben  hat:  zwei  an  den  Strategen  (BGU  224  und  410);  eine 
an  den  königlichen  Schreiber  (Pap.  Grenf.  II  55);  zwei  an  den  Dorf- 
schreiber (BGU  90  und  537);  eine  an  die  Volkszähler  (BGU  225). 
Danach  ist  wohl  nicht  zweifelhaft,  dass  er  im  Ganzen  —  mindestens  — 
acht  Exemplare  derselben  Deklaration  anzufertigen  hatte. 

Der  Deklarant  giebt  in  der  Adresse  ausser  seinem  vollständigen 
Namen  (mit  Vater,  Grossv&ter  und  Mutter)  seine  Ortsangehörigkeit 
an,  vielfach  auch  die  Strasse,  in  welche  er  „eingeschrieben"  ist  (ava- 
Ypa^ojAEVOi)  £Tcl  Toö  X.  a[Ji^65ou  oder  ähnlich).  Die  letztere  Be- 
merkung fehlt,  wenn  ich  recht  gesehen  habe,  bei  den  Dörflern  an 
dieser  Stelle  überall.  Da  die  hier  in  der  Adresse  genannte  Strasse 
vielfach  eine  andere  ist,  als  diejenige,  in  der  das  nachher  genannte 
Haus  liegt,  so  habe  ich  daraus  gefolgert  (Hermes  a.  O.  S.  241),  dass 
mit  der  ersteren  die  Amphodarchie  bezeichnet  ist,  zu  welcher 
die  zweite  gehört.^)  —  Ist  seit  dem  letzten  Census  (vor  14  Jahren) 

Danach  gehören  zu  dem  nach  der  Gymnasionstrasse  benannten  Revier 
folgende  Strassen:  'ßpicovog  'lepaxeiou  (BGU  123),  Bid-uvwv  'loiwvos  (116  1), 
*A7CoXXü)v{ou  IlapefißoXfjg  (116  II).   Zum  Tameionrevier  gehören  Btd-uvöv 'AXXtüv 


442 


Y.  KAPITEL. 


Wohnungswechsel  eingetreten  ([iexaßaa'.i;),  so  wird  gelegentlich  schon 
an  dieser  Stelle  daraufhingewiesen,  dass  man  vor  14  Jahren  in  einem 
anderen  Revier  eingeschrieben  war. 

Unter  den  Deklaranten  begegnen  uns  Personen  der  verschiedensten 
Nationalitäten  —  Römer,  Griechen,  Aegypten  Männer  in  privi- 
legirten  Stellungen  heben  die  Sonderstellung  manchmal  schon  an 
dieser  Stelle  hervor,  so  Katoeken  und  Priester  (vgl.  BGU  706). 
Deklarirende  Frauen,  die  nicht  Römerinnen  sind,  treten  mit  ihrem 
Tutor  auf  ([xsxa  zupiou).  Vgl.  dagegen  die  Römerin  in  BGU  131: 

Gelegentlich  sind  Frauen,  auch  solche  mit  römischen  Namen,  durch 
ihren  (ppovTiaxYj^  vertreten  (vgl.  BGU  53).  Das  geschah  z.  B., 
wenn  die  Frau  zur  Zeit  der  Deklaration  ortsabwesend  war.  Vgl. 
BGU  493, 15:  oixc(a$)  . .  KXauBiag[. . .]  ocnouaric,  1$  bTzo\i(yriiL(x,zoq) 
'AtüoXXw(vcou)  .  .  .  9povTca(Toö). 

Die  Deklaranten  der  Faijümer  Texte  sind  sämmtlich  Haus- 
eigentümer.^) Die  Mieter  (evoixoi)  deklariren  nicht  für  sich  selbst, 
sondern  werden  von  ihren  Wirten  angezeigt.  Die  obigen  Urkunden 
sind  daher,  soweit  sie  die  Namen  des  Hauseigentümers  und  seiner 
Familie  enthalten,  Selbsteingaben,  soweit  sie  die  Mieter  nennen,  Ein- 
gaben dritter  Personen,  die  zur  Anzeige  dieser  verj^flichtet  sind 
(vgl.  oben  S.  435).  Diese  Methode,  die  Bevölkerung  mit  Hilfe  der 
Hauseigentümer  festzustellen,  erinnert  an  die  vom  Dictator  Caesar 
in  Rom  befolgte  Censirung:  recensum  populi  nec  more  nec  loco  solito, 
sed  vicatwi  per  dominos  insidarum  egit  (Suet.  div.  Jul.  41),  und  ähnlich 
wird  auch  der  kürzere  Bericht  über  Augustus  zu  fassen  sein:  j)02mli 
recensum  vicatim  egit  (Suet.  Aug.  40).   Die  vici  dürften  etwa  unseren 


TÖTitov  (115  I),  MoT^pstos  tcXtiOcov  x^c;  uuJ.Tjf  (115  II  6).  Bei  letzterem  ist  das 
TcXyjaiov  x.  u.  zum  Strassennamen  zu  ziehen,  oder  in  BGU  57  ist  [Mo]r/p£ü)g 
fälschlich  ergänzt.  Zum  Bezirk  Aiovuaiou  Tötccdv  gehört  öpaxwv  (138).  Weitere 
Amphodarchien  sind  Xrjvoßoaxwv  HpcoTtov  (137),  Aivucpsicov  (137)  —  der  Zusammen- 
hang zeigt  deutlich,  dass  in  137,  7  Atvutfsicov  ein  Schreibfehler  ist,  —  'EXXtjvi'ou 
(55),  'AuoXXiDvdou  'Ispaxiou  (55),  [Mo?]7^p£Cüs  (57),  [M]£pc5(v)  ez[.]\ii~'  (116  I), 
^pBiiBi  (117),  'AnoXXcDviou  'Ispaxiou  Boußaaxsiou  (118),  'Ispa;  IIuXYjg  (126). 
Dies  alles  gehört  nach  Arsinoe. 

')  Ob  der  Deklarant  in  demselben  Haus,  oder  überhaupt  in  demselben 
Orte  wohnt,  ist  gleichgültig.  Er  muss  auf  alle  Fälle  die  Deklaration  machen. 
So  berichten  in  BGU  57  zwei  Schwestern,  die  in  der  Metropole  wohnen,  über 
ein  —  zur  Zeit  unbewohntes  —  Haus  im  Dorfe  Neilupolis. 


§  2.     DIE  STEUERSUBJECTS- DEKLARATIONEN. 


443 


Revieren  (i[X(^o5ap)(ia'.),  die  domini  insularum  wohl  jedenfalls  unseren 
Hauseigentümern  entsprechen. 

ad  2.  Der  Hinweis  auf  das  Haus,  für  welches  die  Eingabe 
gemacht  wird,  fehlt  nirgends.  Bald  geschieht  es  in  einem  besonderen 
Satze  (JjrApyzi  [jlol  oIvIol  y.al  a'jXrj  oder  ähnlich),  bald  ist  es  mit 
der  nächsten  Angabe  verknüpft  (öcTroypaf^opiac  —  üc,  tyjv  OTrapy^ouaav 
\L0'.  olvloLv).  In  letzterem  Falle  (in  manchen  Dörfern)  pflegt  dann 
nachträglich  (an  vierter  Stelle)  mit  uizoLpy  Bi  Se  noch  eine  Spezialisirung 
zu  folgen. 2)  Ferner  wird  gesagt,  in  welcher  Strasse  das  Haus 
liegt.  —  Auch  Bemerkungen  über  die  Art  des  Erwerbs  finden  sich 
gelegentlich,  so  z.  B.  von  wem  es  geerbt  ist  (TraTTTi'.xyj ,  [jLa{i[X'.7.y]. 
TiaTpr/y],  |XYjTp:7vyj).  Seltener  wird  hinzugefügt,  ob  das  Haus  alt 
oder  neu  ist  (y.(x,iwr^:  BGU  115  H  7),  oder  wieviel  Stockwerke  es 
hat  (SiaTeyoi;:  BGU  130).  Auch  über  die  unbeweglichen  Pertinenzen 
wird  manchmal  mit  auffallender  Ausführlichkeit  berichtet.  So  wird 
in  BGU  117,5  ausser  den  Gebäuden  ein  65pTov  genannt,  in  97  eine 
yppzod"f]yir]  xal  exspa  y^priazripioc,  in  447  mehrmals  d»tXol  totüoi  und 
y^pyjanQp'.a.  Trotzdem  ist  daran  festzuhalten,  dass  wir  Subjects-  und 
nicht  Objectserklärungen  vor  uns  haben.  2)  Die  Annahme,  dass  etwa 
in  diesen  Periodenjahren  anstatt  der  besonderen  Hausdeklarationen 
(s.  unten)  dieser  Hinweis  in  den  Subjectsdeklarationen  genügt  hätte, 
möchte  ich  ablehnen.  Eine  solche  Unterbrechung  der  jährlich  zu 
liefernden  Hausdeklarationen  ist  mir  sehr  unwahrscheinlich.  Viel- 
mehr möchte  ich  annehmen,  dass  in  den  obigen  Fällen  der  Schreiber 
redseliger  gewesen  ist,  als  für  den  vorliegenden  Zweck  erforderlich 
war.  Vielleicht  ist  ihm  unwillkürlich  die  Beschreibung  seiner  Liegen- 
schaften in  die  Feder  gekommen,  wie  er  sie  alljährlich  für  die 
Objectsdeklarationen  aufzusetzen  hatte.  Im  Uebrigen  sind  die  Letzteren 
in  mancher  Hinsicht  denn  doch  noch  ausführlicher  (s.  unten). 

Wenn  der  Schreiber  in  dem  bezeichneten  Hause  selbst  wohnt, 
pflegt  er  hinzuzufügen:  Iv  ri  xaioixo)  oder  ähnlich. 

^)  Mir  ist  aufgefallen,  dass  der  Zusatz  xal  cd^pLoy  sich  —  bis  jetzt  — 
nur  in  Eingaben  aus  der  Metropole  findet. 

Gelegentlich  werden   hier  auch  Besitzungen  von  Familienmitgliedern 
angegeben.  Vgl.  BGU  58,  25:  [uT^ipyj',      x^]  {xr^xpi  |iou  xxX.  Vgl.  57  Schluss,  97. 

^)  Auch  BGU  53,  das  Viereck  a.  O.  S.  231  als  Beispiel  einer  Objects- 
deklaration  vorführte,  ist  nichts  als  eine  mangelhaft  stilisirte  Subjectsdeklaration. 
Vgl.  Philol.  LH  S.  566. 


444  Y.  KAPITEL. 

 t  

ad  3.  Die  übliche  Inscriptionsformel  lautet:  aTioypa^oiJiat  l(xai)T6v 
xal  zobc,  e\iobc,  —  resp.  zobc,  ivoixoDQ,  oder  Beides  —  de,  ttjv  toö 
SteXyjXu'ö'OTO?  x.  Itou?  xax'  orAav  dTtcypa^i^v.  Hierdurch  unter- 
scheiden sich  diese  Censusein gaben  auf  das  deutlichste  von  den  all- 
jährlich einzureichenden  Objectsdeklarationen.  Erstere  werden  stets 
für  das  verflossene  Jahr  ausgestellt,  während  Letztere  immer  für 
das  laufende  Jahr  gelten.  Vgl.  meine  Bemerkungen  im  Philologus 
a.  a.  O.  Der  Ausdruck  xax'  oiXLav  aTwOypa^yj  —  der  gleichfalls 
ein  ausschliessliches  Charakteristicum  dieser  Subjectsdeklarationen  ist  — 
bezeichnet  eine  „(Einwohner-) Deklaration  Haus  für  Haus".  In  dem 
obigen  Zusammenhange  ist  damit  wohl  die  auf  Grund  der  Einzel- 
eingaben von  der  Regierung  herzustellende  Gesammtliste  gemeint.^) 
In  dieser  Bedeutung  steht  es  auch  in  BGU  484,  2  (jzpbc,  eTitxpiaLV 
xai'  OLXiav  OLTZoypa^pfi^),  wo  nicht  die  Einzeleingabe,  sondern  das 
Schlussresultat,  die  Gesammtliste  gemeint  ist.  Dennoch  möchte  ich 
glauben,  dass  man  auch  die  Einzeleingabe  dieser  Art  als  xai'  oixcav 
OLTZO^pOL^i]  bezeichnet  hat.  Für  uns  wird  sich  jedenfalls  diese  Ter- 
minologie praktisch  empfehlen, 

Dass  diese  Censusein  gaben  immer  erst  in  dem  Jahr  nach  dem 
Periodenjahr,  für  welches  die  Zahlung  gilt,  gemacht  worden,  wird 
so  zu  erklären  sein  (vgl.  Hermes  a.  O.  S.  243),  dass  der  letzte  Tag 
des  Periodenjahres  als  temiinus  j^ost  quem  für  die  Abfassung  fest- 
gesetzt war  —  wohl  damit  alle  in  diesem  Jahre  Geborenen  in  das 
Verzeichnis  hineinkämen.  AVenn  die  Faijümer  Eingaben  meist  erst 
aus  den  letzten  Tagen  des  folgenden  Jahres  stammen,  so  zeigt  das 
nichts  weiter,  als  dass  man  auch  damals  schon  eingeforderte  Dekla- 
rationen aus  Trägheit  gern  auf  den  letzten  Termin  hinausschob,  wie 
schon  Aristoteles,  'AO-.  ttoX.  40  sagt:  dvaßaXXojJievwv  hk  lYjV  OLyoc-^pOL^riv 
zlc,  Tag  iay^dxoL(;  T^fispag,  OTiep  eiwi^aaLV  Tioielv  äizocvzeq.^) 

^)  Die  Beziehung  auf  die  Gesammtliste  richtig  bei  Viereck  a.  O.  S.  232 
A.  18.  und  240.  Nur  irrt  er,  wenn  er  sich  unter  dieser  xax'  oi%{av  6iTzoyp<x,<:pri 
„das  auf  dem  Archiv  befindliche  Grundbuch"  vorstellt,  „in  welchem  die  Häuser 
und  Bauplätze  des  Dorfes  oder  der  Stadt  verzeichnet  standen".  Zur  Anfertigung 
dieses  dienten  vielmehr  die  (Haus-)  Objectsdeklarationen  (s.  unten).  Die  obigen 
Eingaben  führen  zu  Personallisten,  in  denen  Haus  für  Haus  die  Bewohner  ver- 
zeichnet sind. 

2)  In  BGU  447,  28  wird  sogar  erst  im  Anfang  des  übernächsten  Jahres 
deklarirt.  —  Der  Memphitische  Papyrus  macht  auch  hierin  eine  Ausnahme, 
vielleicht  zufallig:  er  ist  schon  am  4.  Phaophi  des  folgenden  Jahres  geschrieben. 


§  2.     DIE  STEUEKSUBJECTS- DEKLARATIONEN. 


445 


Vielfach  wird  an  dieser  Stelle  darauf  hingewiesen,  in  welches 
Revier  der  Deklarant  sich  in  der  letzten  Apographe  (vor  14  Jahren) 
eingeschrieben  hat:  inl  Toö  auTOö  aptcpoSou,  £9'  ou  xal  T-g  toö  x. 
ezoöq  xax'  oixiav  aTTcypacp-g  d7ü£Ypa'|»a[iy]v,  oder  es  wird  auf  den 
inzwischen  erfolgten  Umzug  ({lEiaJ^aa:;)  hingewiesen,  mit  Angabe 
des  früheren  Reviers.  In  den  vorliegenden  Dorfacten  finden  sich 
bisher  keine  solche  Notizen,  auch  in  der  Metropole  sind  sie  nicht 
obligatorisch.  Diese  Beziehungen  auf  den  letzten  Census  waren  es, 
die  uns  zuerst  den  periodenhaften  Charakter  dieser  Eingaben  offen- 
barten (vgl.  Sitzungsber.  Ak.  a.  O.  S.  906).  Dass  die  Periode  vierzehn 
volle  Jahre  umfasste,  wurde  von  Kenyon,  Viereck  und  mir  a.  a.  O. 
gleichzeitig  erwiesen. 

ad  4.  Den  eigentlichen  Kern  der  Eingabe  bildet  die  Aufzählung 
aller  in  den  vorher  genannten  Baulichkeiten  wohnenden  Personen. 
Man  unterscheidet  die  Angehörigen  (to'j^  £{jlouc)^)  und  die  Mieter 
(£vo:y.o0-  Ist  das  Haus  zur  Zeit  unbewohnt,  so  pflegt  man  den 
Zusatz  zu  machen:  Iv  w  cbtdq  a.T:G^(p(k^BZ(x.i  (vgl.  57,  118  II),  doch 
ist  er  nicht  notwendig  (vgl.  Philol.  LH  S.  566).  Dass  auch  un- 
bewohnte Häuser  angemeldet  werden,  spricht  nicht  gegen  den  Charakter 
der  Eingaben  als  Subjectsdeklarationen.  Für  die  Censusbehörden 
war  auch  die  Erklärung,  dass  die  und  die  Häuser  unbewohnt  seien, 
von  "Wert. 

Wir  sahen  oben,  dass  das  Eigentumsrecht  an  dem  Hause  über 
die  Frage,  wer  die  Deklaration  zu  machen  habe,  entscheidet.  Daran 
hat  man  zu  denken,  wenn  z.  B.  einerseits  eine  74jährige  Mutter 
ihren  56jährigen  Sohn  (BGU  577),  andrerseits  eine  16jährige 
Tochter  ihre  Eltern  mit  anzeigt  (BGU  154).  Soweit  ging  man 
jedoch  nicht,  dass  etwa  eine  hausbesitzende  Frau  ihren  Mann  anzeigte. 
In  diesem  FaU  macht  vielmehr  der  Mann  die  Deklaration  (BGU  54, 95). 
Sind  zwei  Personen  zusammen  Eigentümer  zu  gleichen  Teilen,  so 
reichen  sie  auch  gemeinsam  die  Deklaration  ein  (vgl.  118  II:  buipyj,: 
fjfilv  xoivwg  £§  Taou  und  xac  la|i£v).  Doch  genügte  es  in  solchen 
Fällen  auch  wohl,  dass  einer  die  Eingabe  machte.  2) 

^)  Dass  die  £»j.ol  in  dem  Hause  wohnen,  wird  nicht  ausdrücklich  gesagt, 
ist  aber  selbstverständlich.  Dass  der  Hauseigentümer  etwa  die  siimmtlichen  Ver- 
wandten, gleichviel  wo  sie  wohnten,  aufgezählt  hätte,  ist  undenkbar. 

Vgl.  BGU  57,  von  zwei  Schwestern  eingereicht,  wiewohl  sie  das  Haus 
zusammen  mit  zwei  Brüdern  besassen.    Freilich  steht  hier  nicht  laou. 


446 


V.  KAPITEL. 


Die  Aufzählung  der  Familie  beginnt  mit  xat  el\).i  oder  zl\d  Se, 
die  der  Mieter  mit  otai  ecatv  oder  elal  hi.  In  den  vorliegen  Ur- 
kunden begegnen  folgende  Familienglieder:  die  Frau  des  Deklaranten, 
ihre  gemeinsamen  Söhne  und  Töchter  (die  Söhne  immer  voran), 
die  Frauen  dieser  Söhne  und  deren  Kinder,  sowie  auch  die  Kinder 
der  eigenen  Töchter,  ferner  Brüder  und  deren  Söhne  und  Töchter, 
sowie  die  Frauen  und  Kinder  dieser  Söhne.  Auch  Vater  und  Mutter 
(vgl.  BGU  154,  302,  447,  524),  Bruder  der  Mutter  (302,  17),  sowie 
Vaterbruders -Sohn  (524,  20)  werden  genannt. 

Eigenartig  ist  die  Behandlung  der  verheirateten  Töchter  und 
ihrer  Männer.  In  115  II  sagt  der  Deklarant,  dass  seine  Tochter 
mit  ihren  Kindern  von  ihrem  Manne  angezeigt  werde.  Das  ist 
begreiflich,  denn  die  Tochter  wohnt  offenbar  bei  ihrem  Manne. 
Allerdings  ist  dieser  Hinweis  im  Munde  des  Vaters  überflüssig;  er 
macht  ihn  wohl,  weil  er  in  der  letzten  Apographe  vor  14  Jahren 
sie  noch  als  Unverheiratete  in  seinem  Hause  aufgeführt  hatte. 
Anders  BGU  95.  Da  zeigt  der  Deklarant  seine  Tochter  in  der 
üblichen  Weise  an  und  fährt  dann  fort:  xod  xa  1^  auxriq  T[£xva] 
'8-[rjX]uxa  xpLa,  änep  a7i£ypa(|;aT0  6  Traxyjp  [.  .  .  .]g  n[£]'8'£(i)5  hioc 
kxipou  y.oXkriiioc'zloq].  Also  der  Schwiegersohn  hat  seine  Kinder 
auf  einem  anderen  Blatte  angezeigt.^)  Nach  unserer  Auffassung  der 
Urkunden  folgt  daraus,  dass  diese  verheiratete  Tochter  bei  den  Eltern 
wohnt,  ihre  Kinder  aber  im  Hause  ihres  Mannes.  Der  Gedanke 
an  eine  Scheidung,  der  nahe  liegt,  wird  durch  BGU  97  und  577 
abgewiesen.  In  der  ersteren  Urkunde  meldet  eine  Frau  ihre  Tochter 
und  deren  Töchterchen  an,  nicht  aber  den  Schwiegersohn.  Und  doch 
lebt  dieser  nicht  etwa  in  Feindschaft  mit  seiner  Frau,  auch  ist  er 
nicht  tot,  denn  er  vertritt,  wie  derselbe  Text  besagt,  seine  Schwieger- 
mutter als  y.up'.o?.  Zufällig  besitzen  wir  die  Urkunde,  in  der  eben 
dieser  Schwiegersohn  für  denselben  Census  (201/2)  angezeigt  wird: 
in  577  meldet  ihn  zusammen  mit  seinem  Töchterchen  aus  erster 
Ehe  seine  Grossmutter  an.  Hier  wohnt  also  die  Ehefrau  mit  ihrem 
Kinde  bei  der  Mutter,  der  Ehemann  bei  seiner  Grossmutter,  resp. 
seinem  Vater,  den  diese  gleichfalls  anzeigt. 

^)  In  den  citirten  Worten  liegt  in  sofern  eine  Ungenauigkeit  vor,  als  xal 
IOC  tsxva  von  d7i:oypdcpo(j,at  abhängt,  während  er  sie  doch  thatsächlich  gamicht 
anmeldet,  sondern  nur  auf  sie  hinweist  (vgl.  das  Fehlen  der  Namen  und  Alters- 
angabe.). 


§  2.    DIE  STEUERSUBJECTS-DEKLARATIONEX. 


447 


Ich  trage  Bedenken,  aus  diesen  EinzelföUen  verallgemeinernde 
Schlüsse  zu  ziehen.  Dass  die  Frau  nicht  etwa  bei  Lebzeiten  der 
Eltern  in  das  Elternhaus  gehörte,  dagegen  spricht  das  erste  Beispiel 
(115  II).  So  können  wir  nur  sagen,  dass  gelegentlich  die  Begründung 
eines  neuen  Hausstandes  —  wohl  aus  Sparsamkeitsrücksichten  — 
dadurch  umgangen  wurde,  dass  Mann  und  Frau,  auch  nach  der 
Eheschliessung,  bei  ihren  respectiven  Eltern  wohnen  blieben.^) 

Zu  den  epioL  gehören  auch  die  Sklaven.  Da  diese  als  Sache 
zum  Vermögen  gehören,  müssen  sie  ausserdem  alljähi'lich  in  Objects- 
deklarationen  angezeigt  worden  sein.  In  unseren  Urkunden  aber 
werden  sie  als  Personen,  als  Teile  der  Bevölkerung  aufgezählt. 
Gelegentlich  kommt  dem  Herrn  wohl  jenes  andere  Verhältnis  in  den 
Sinn  und  er  schreibt:  ÖTuap^si  t-Q  [^uyaTpl]  TcacScoxY]  So'jXyj 
(95,  19).  Sonst  aber  werden  die  Sklaven  meist  ganz  wie  die  Ver- 
wandten (nach  diesen  und  vor  den  Mietern)  aufgezählt:  aTTcypa^opLa: 
xal  Tov  SoöXov  [Lou  oder  ähnlich  (BGU  137,10.  115  II  13).^) 
Bemerkenswert  ist  BGU  115  II.  Der  Herr  des  zu  deklarirenden 
Sklaven  giebt  an,  dass  er  ihn  zu  einem  Drittel  von  X.,  zu  zwei 
Drittel  von  Y.  gekauft  habe.  Da  so  der  Sklave  zu  zwei  Häusern 
gehört  hatte  —  wahrscheinlich  hat  er  bald  hier  bald  dort  gearbeitet  — , 
so  war  er  bei  der  letzten  Apographe  von  beiden  Herren  deklarirt 
worden,  von  dem  einen  für  das  Tameionrevier,  von  dem  anderen 
für  das  Gymnasionre^^er. 

Die  IvoLXO'.  werden  in  den  Faijümer  Urkunden,  wie  gesagt, 
regelmässig  von  ihren  Wirten  angezeigt.  Wohnt  der  Wirt  selbst 
in  einem  anderen  Hause  als  dem  vermieteten,  so  sagt  er  manchmal 
ausdrücklich,  dass  er  sich  selbst  auf  einem  anderen  Bogen  anmelde: 
a.Tzo^eyp{(x.\i\iho\j)  5l'  liepou  [y.oXXr^[iaT]o5  (125,  3;  vgl.  182,  4). 

^)  "Was  Viereck  a.  O.  S.  235  6  aus  BGU  55  über  das  Getrenntleben  der 
Ehegatten  schliesst,  beruht  auf  einer  irrigen  Interpretation  von  Z.  5.  Mit  sxi  sv 
u7ioxdYp,ax'.  o'jaav  ist  nur  gesagt,  dass  sie  damals  vor  14  Jahren,  da  sie  noch 
Sklavin  war,  mit  ihrer  Herrin  in  das  Helleniourevier  eingeschrieben  gewesen 
sei.  Dass  sie  bis  zum  gegenwärtigen  Zeitpunkt  bei  jener  Herrin  in  Dienst 
stand,  ist  nirgends  gesagt.    Damit  fallen  alle  Folgerungen. 

2)  In  447,23  zeigt  der  Accusativ  der  Sklavennamen,  dass  sie  nicht  mit 
dem  vorhergehenden  'jTiäpxs-,  sondern  mit  dem  wieder  aufzunehmenden  inoypdi^o- 
\ia.'.  zu  verbinden  sind.  Die  Kinder  der  Sklavin  Korcpia  (so  ist  zu  ergänzen) 
werden  von  dem  Deklaranten  selbst  gezeugt  sein.  —  Bezeichnung  als  So'jXixdc 
cwixa-ca  in  BGU  128  19  und  447  23. 


448 


Y.  KAPITEL. 


Eine  Eingabe,  in  der  nur  Mieter  genannt  sind,  wird  in  119,4  als 
eine  xax'  oixtav  dTTcypa^Y]  £Voix(a)v)  bezeichnet. 

Angemeldet  wurde  nicht  die  thatsächlich  ortsanwesende  Be- 
völkerung, sondern  die  Wohnbevölkerung,  die  gewöhnlich  im  Orte  lebte, 
mit  Zurechnung  der  vorübergehend  Abwesenden  und  Abrechnung  der 
vorübergehend  Anwesenden.  So  wird  in  447,  6  ein  Mann  angezeigt, 
der  zur  Zeit  auf  der  Wanderschaft  war  (ovxa  £V  ava)(a)pyiaO.  Vgl. 
auch  493,  15  (oben  S.  442).  Dass  die  vorübergehend  Anwesenden 
abgerechnet  wurden,  lässt  sich  freilich  nicht  im  einzelnen  nach- 
weisen, ist  aber  die  natürliche  Kehrseite  jener  Anrechnung  der  Ab- 
wesenden. Jedenfalls  haben  sich  bis  jetzt  keine  Tcap£7it5r^[JioöVT£g 
in  den  Apographai  gezeigt. 

Von  sämmtlichen  Personen  werden  Käme,  Alter  und  äussere 
Merkmale  angegeben.  In  letzterer  Hinsicht  steht  meist  nur  acji^pto?, 
d.  h.  „ohne  besondere  Merkmale".  Vgl.  jedoch  577,  10:  oOX(rj) 
oa7.T(uAa))  7ip(j[)(T(i))  '/jLpö((;)  Sc^ta^.  Das  angegebene  Alter  gilt  für 
das  Datum  der  Eingabe,  nicht  für  das  „verflossene"  Jahr,  für  das 
sie  gemacht  wird  (Hermes  a.  O.  S.  243).  Vgl.  120,  10:  y£v[6[X£- 
vov  x]ö)  lv£aTü)[Tt  (£T£l)].  Vgl.  Dig.  50,  15,  3:  aetas  autem  spedatur 
censendi  tempore.^)  Die  angefangenen  Jahre  werden  für  voll  gezählt. 
Vgl.  BGÜ  III,  18,  wo  ein  Knabe,  der  im  1.  Jahr  des  Antoninus 
geboren  ist,  im  2.  Jahr  bereits  als  etojv  56o  genannt  wird. 2) 

Ausserdem  wird  eventuell  das  Gewerbe  und  das  Verhältnis  zur 
Kopfsteuer,  sowie  zu  den  militärischen  Pflichten  hervorgehoben.  Die 
Nennung  des  Gewerbes  dient  zur  Unterlage  für  die  Berechnung  der 
Gewerbesteuer,  sowie  der  Zusatz  XaoYpacpo6[Ji£Vog  zur  Heranziehung 
zur  Kopfsteuer. 3)  'E7üiX£y.pc|i£Vog  aber  besagt,  dass  der  Betreffende 
die  militärische  Epikrisis  bereits  durchgemacht  und  in  die  Epikrisis- 
listen  eingetragen  ist.^)  So  sind  es  gerade  diese  Zusätze,  die  uns 
die  mannigfaltige  Verwendbarkeit  dieser  Subjectsdeklarationen  vor 
Augen   führen.    Sie  dienen  den  bürgerlichen,  im  Besonderen  den 


^)  So  erkläre  ich  auch  BGU  132  II  5:  y£vvrjO-(£lg)      (eT;£0>  i- 
Jahr  nach  dem  Periodenjahr. 

Eine  genauere  Angabe  finde  ich  nur  bei  einem  zweimonatlichen  Kinde 
(447,  27  :  |j,yjvü)v  Siio). 

^)  Der  Gegensatz  ist:  dixoX£AU|aevog  x^g  Xaoypacpias.  Vgl.  Hermes  XXVIII 
S.  249.    Dort  auch  über  die  Frage,  wann  AaoYpacpo'jfisvos  gesetzt  ist. 

*)  Vgl.  Hermes  a.  O.  S.  249  f.    P.  Meyer,  Philol.  LVI  S.  212. 


§  2.    DIE  STEUERSUBJECTS- DEKLARATIONEN. 


449 


Steuerbehörden  ebenso  wie  den  militärischen  Behörden  als  Unterlage 
für  die  Heranziehung  der  Bevölkerung  zu  den  Staatsleistungen.  In 
diesen  alle  14  Jahre  wiederholten  Aufzeichnungen  der  gesamraten 
Bevölkerung,  die  nach  andrer  Seite  durch  die  alljährlichen  Objects- 
deklarationen  ihre  Ergänzung  finden,  haben  wir  somit  den  aegyp- 
tischen  Provinzialcensus  vor  uns  (Hermes  XXVHI  S.248).  Xach 
Mommsens  Ausführungen  im  Staatsrecht  H^  S.  417  sind  wir  nicht 
berechtigt,  aus  unserer  Kenntnis  dieses  aegyptischen  Census  auf  die  ent- 
sprechenden Organisationen  in  den  anderen  Reichsteilen  Rückschlüsse 
zu  machen,  zumal  Aegypten  streng  genommen  nicht  Provinz  war. 

ad  5.  Zur  Schlussformel  5'.6  £7i::B''5(i)pL:  habe  ich  nur  zu 
bemerken,  dass,  falls  die  Eingabe  von  fremder  Hand  geschrieben 
ist,  der  Deklarant  mit  eigener  Hand  subscribirt,  wobei  er  sich  des 
Perfectums  iTiiSeowxa  bedient. 

Von  diesen  faijümischen  Urkunden  unterscheidet  sich  die  einzige 
memphitische,  die  wir  bisher  kennen  (P.  7097),  vor  Allem  dadurch, 
dass  hier  der  Mieter  (evoixo^)  für  sich  und  die  Seinen  selbst  deklarirt: 
aTrcypCa^ofiai)  l(iai)x(6v)  ze  "xal  zobq  e\iobq,  £VOi%(ouc),  elc,  f^v  oIvm 
£V  M£|JL9£L  £[7il  To]ö  a'JToG  ß  dji^oSCo'j)  ^)  [oiz]Lav  'la'.ocopo'j 
'Avoußitüvo;  y.-uX.  Das  heisst  nicht  „ich  melde  mich  und  meine 
Mieter  an",  sondern  „mich  und  die  Meinen,  die  wir  Mieter  sind", 
denn  das  Haus,  in  dem  er  wohnt,  wird  ja  als  Eigentum  eines 
Anderen  bezeichnet.  —  Nicht  minder  interessant  ist  der  originelle 
Schlusssatz.  Nachdem  der  Deklarant  sich  und  zwei  Töchter  auf- 
gezählt hat,  fahrt  er  fort:  Ilapwv  he  6  7Zpo^(eyp(<x\i\ihoq)  aTa^([xoö)(0$) 
['I]a{5ü)p[oc]  IvY'Jaxat  r^[i[ä^]  tü)[v]  iTZiy.z^poclmy.  Vgl.  oben  S.  243. 
Der  Mieter  schreibt  also  in  Gegenwart  seines  Wirtes,  und  der  Wirt 
übernimmt  die  Bürgschaft  für  die  Zahlung  der  Kopfsteuern  seiner 
Mieter.  Damit  wird  meine  schon  in  den  Sitzungsberichten  a.  O. 
S.  902  und  noch,  schärfer  im  Hermes  XXVIH  S.  248  aufgestellte 
Ansicht,  dass  unsere  Eingaben  auch  für  die  Veranlagung  der  Kopf- 
steuern dienten,  unwiderleglich  bestätigt.  Diese  Subjectsdeklarationen 
sind  eben  fiir  die  Kopfsteuer  gleichzeitig  die  Objectsdeklarationen.^) 

Völlig  verschieden  von  den  bisher  behandelten  Subjectsdekla- 
rationen, die  wie  gesagt  sämmtlich  aus  dem  H.  Jahrh.  n.  Chr.  stammen, 

In  Memphis  waren  also  die  Strassen  nicht  benannt,  sondern  numerirt. 
Vgl.  BGU  434. 

Die  Einwendungen  von  Viereck,  Philol.  a.  O.  S.  240,  sind  nicht  stichhaltig. 
WiLCKEN,  Ostraka.  29 


450 


V.  KAPITEL. 


sind  zwei  Eingaben  aus  dem  11.  und  12.  Jahr  des  Augustus  (=20/19 
und  19/8  vor  Chr.),  die  Grenfell  jüngst  edirt  hat  als  (I)  45  und  46. 
Der  erstere  Text  sei  hierher  gestellt:  'A7roXX(i)(vi(p)  Xü)[JiOYpa(|x[JLaTeL) 
0£a5£X(cpca^)  Tiapa  IIv£9£pü)(T0?)  xoö  <I>av£[jL:£ü)5  6Y](JioaLou  y£ü)(pyou) 
(£Tü)v)  ?Y  [i£Xavxp'i^iG  aTpoYYuXu7ip6ao3(7ro?)  ouXy]  OTcO-aXpLö  he^ith. 
'A:roYpa90{xac  £[JiaT6v  £Eg  xö  icc  (£xoc)  KaLaaCpoö  '9'£Xü)v  auvxa^Lv  (?), 
§£  x-^  [.  .]£aYp£tJL9i'^  7waxaYtvo|Jiai.  Acö  iTiiStSwjJLt  x6  U7r6[xvy]([xa), 
Ö7i(D?  xaxaxwp^<3^"ij.  ("Exod^)  ca  Kataa(poö  M£)((lp)  y-  (2.  Hand:) 
'E7ri5£5oxai  (Ixoui;)  :a  Kacaa(pog)  na)(_ü)(v)  p.  Der  zweite  Text, 
von  demselben  nv£9£pü)?,  ist  knapper,  stimmt  aber  in  der  Haupt- 
sache überein. 

Die  Unterschiede  gegenüber  den  früher  behandelten  Urkunden 
liegen  auf  der  Hand.  Der  Staatspächter  Pnepheros  nennt  zwar  auch 
seinen  Xamen,  sein  Alter,  seine  Wohnung  und  giebt  sein  Signalement. 
Aber  die  Eingaben  sind  nicht  für  das  verflossene,  sondern  für  das 
laufende  Jahr  gemacht,  nicht  in  14jährigen  Perioden,  sondern  in  zwei 
Jahren  hinter  einander,  also  als  alljährliche  gemacht.  Das  ist  so 
völlig  anders,  dass  ich  anfangs  meinte,  diese  Eingaben  hätten  mit  den 
xax'  olvloLV  dTTOYpa^ac  überhaupt  nichts  zu  thun  —  vielleicht  könnte 
der  Schlüssel  in  dem  rätselhaften  'Ö'eXwv  auvxa^LV  liegen  —  und 
Grenfell  meinte,  speziell  die  57][x6acot  y^^PT^^  hätten  vielleicht  die 
Verpflichtung  gehabt,  sich  in  dieser  Weise  zu  melden.  Vergleichen 
wir  sie  aber  mit  der  Urkunde  aus  dem  III.  Jahrh.  vor  Chr.,  so 
nähert  sie  sich  ihr  durch  den  Mangel  an  Periodicität  und  die  Gültig- 
keit für  das  laufende  Jahr.  Auch  fehlt  hier  wie  dort  der  Terminus 
xax'  OLXLav  aTiOYpa^T^.  Andrerseits  nähert  sie  sich,  im  Gegensatz 
zu  jener,  den  Eingaben  aus  dem  II.  Jahrh.  n.  Chr.  durch  die  Angabe 
der  Wohnung  und  die  Schlussformel  hib  etclSiSwjac,  auch  das  Signale- 
ment. Wiewohl  eine  sichere  Lösung  hier  nur  durch  neues  Material 
gebracht  werden  kann,  möchte  ich  doch  auf  die  Möglichkeit  hin- 
weisen, dass  diese  Eingaben  aus  augusteischer  Zeit  vielleicht  das 
Bindeglied  zwischen  der  ptolemäischen  Urkunde  und  denen  des 
II.  Jahrh.  n.  Chr.  darstellen.  Aus  dieser  Prämisse  würde  folgen,  dass 
im  Jahre  18  vor  Chr.  die  14jährige  Censusperiode  noch  nicht  ein- 
geführt war,  was  an  sich  ganz  gut  möglich  wäre.^) 


^)  Bis  jetzt  ist  das  früheste  Periodenjalir ,  das  bezeugt  ist,  das  8.  J.  des 
Nero  =  61/2  n.  Chr.    Die  Neuerung  müsste  dann  also  eingeführt  sein  im  21.  J. 


§  2.    DIE  STEUERSÜBJECTS -DEKLARATIONEN. 


451 


Zum  Schluss  sei  darauf  hingewiesen,  dass  wir  in  der  TrsviasTia 
im  Edict  des  Julius  Alexander  Z.  49  nunmehr  eine  fünfjährige 
Schätzungsperiode  nicht  mehr  erkennen  dürfen,  da  zur  Zeit  des 
Edicts  die  14jährige  Periode  bereits  bestand. Auf  eine  fünf- 
jährige Periode  der  Katasterrevision,  wie  Gardthausen,  Augustus  I 
S.  921  annimmt,  kann  es  um  so  w^eniger  bezogen  werden,  als  an 
jener  Stelle  vom  Kataster  garnicht  gesprochen  wird.-)  Wenn  man 
hier  überhaupt  eine  Periode  annehmen  will,  so  könnte  höchstens 
eine  Steuerumlageperiode  gemeint  sein ,  sodass  alle  fünf  Jahre  eine 
Revision  der  Besteuerung  stattgefunden  hätte.  ^)  Ich  möchte  aber 
doch  darauf  hinweisen,  dass  eine  Notwendigkeit,  eine  Periode  anzu- 
nehmen, überhaupt  nicht  vorliegt.  Der  Präfect  konnte  auch  aus 
anderen  Gründen  die  Revision  der  letzten  fünf  Jahre  anordnen.*) 

Ausser  den  bisher  behandelten  Apographai  giebt  es  nun  auch 
noch  andersartige  Eingaben,  die  zur  Feststellung  der  Bevölkerung 
dienten,  das  sind  die  Geburtsanzeigen  und  die  Todesanzeigen. 

Von  ersteren  sind  bis  jetzt  drei  gefunden:  BGU  28,  110, 
III,  die  erste  aus  dem  J.  183/4,  die  beiden  anderen  aus  dem 
J.  138/9  n.  Chr.  No.  III  bezeichnet  sich  selbst  als  67i6[ivyj|ia  xf^? 
STrtyevvigaew?.    Das  Schema  ist  in  allen  das  gleiche:  die  Eltern 


des  Augustus  =  10/9  v.  Chr.,  oder  in  seinem  35.  J.  =  5/6  n.  Chr.  oder  im  7.  J. 
des  Tiberius  =  19/20  oder  im  21.  J.  desselben  =  33/4  oder  im  8.  J.  des  Clau- 
dius =  47/8  oder  endlich  im  J.  61/2  selbst. 

^)  Als  Schatzungsperiode,  verbunden  mit  Katasterrevisionen,  deutete  es 
Rudorff,  Rh.  Mus.  1828  S.  187.  Ihm  schliesst  sich  Marquardt,  St.  V.  11^  S.  244 
an.  —  Die  letzte  Schätzung  war  nach  Obigen  im  J.  61  vorgenommen,  das  Edict 
stammt  aus  dem  J.  68.  * 

^)  Die  Kataster  wurden,  wie  wir  unten  sehen  werden,  wahrscheinlich 
alljährlich  revidirt.  Gardthausen's  Worte  sind  auch  nur  ein  ungeschickter  Auszug 
aus  den  oben  citirten  Worten  von  Rudorflf,  die  er  in  der  Anmerkung  z.  T.  an- 
führt.   Rudorff  selbst  legt  das  Hauptgewicht  vielmehr  auf  die  Schätzung. 

^)  Da  die  Steuern  für  jedes  Jahr  festgesetzt  werden,  könnte  höchstens 
an  eine  fünfjährige  Revision  gedacht  werden,  nicht  an  eine  „Fixirung  der  Steuer- 
quoten" auf  5  Jahre,  wie  Wessely,  Mitt.  ER  S.  99  annimmt.  Die  Urkunde,  in 
der  er  dies  Quinquennium  wiederfindet,  ist  anders  zu  deuten.  Es  handelt  sich 
wohl  um  Verpachtung  auf  so  und  so  viele  Jahre.  In  einer  ähnlichen  Urkunde 
BGU  734  ist  die  Pachtzeit  um  ein  Jahr  geringer. 

*)  Es  wäre  z.  B.  möglich,  dass  das  letzte  hierauf  bezügliche  Edict  gerade 
vor  fünf  Jahren  erlassen  war.  Mommsen  schreibt  mir  zu  Obigem:  „Das  ist 
wohl  richtig;  das  lustrum  lag  ja  so  nahe". 

29* 


452 


V.  KAPITEL. 


erklären  (dTtcypaf^ofAS^a),  dass  ihr  Sohn,  der  in  dem  und  dem  Jahre 
—  der  Tag  wird  nicht  angegeben!  —  geboren  sei,  jetzt  im  laufenden 
Jahre  so  und  so  viele  Jahre  zähle.  Die  angezeigten  Kinder  sind 
bereits  2,  4  und  7  Jahre  alt.  Also  bestand  nicht  ein  Zwang,  die 
Kinder  unmittelbar  nach  der  Geburt  anzuzeigen.  Vielmehr  nehme 
ich  an,  dass  die  Regierung  von  Zeit  zu  Zeit  den  Befehl  erliess,  dass 
alle  Kinder,  die  seit  der  letzten  Anzeige  hinzugeboren  seien  (vgl. 
das  ETzi  in  eTT'.yevvr^aL^  mit  ihrem  Geburtsjahr  und  ihrem  augen- 
blicklichen Alter  angezeigt  würden.  Da  BGU  110  und  III  aus 
demselben  Jahre  stammen,  wird  der  Befehl  ein  genereller  gewesen 
sein,  zum  mindesten  für  den  ganzen  Ort  oder  den  Gau. 

Es  liegt  auf  der  Hand,  dass  diese  aegyptische  Einrichtung  mit 
jenen  Geburtsbeurkundungen,  wie  sie  Kaiser  Marcus  nach  Capit.  vit. 
Marc.  9,  7 — 9  zuerst  eingeführt  hat,  nichts  zu  schaffen  hat.  Jene 
sollten  innerhalb  von  30  Tagen  nach  der  Geburt  geliefert  werden, 
und  zwar  handelt  es  sich  nur  um  cives,  um  römische  Bürger.  2)  In 
den  obigen  Urkunden  werden  aegyptische  Kinder  angemeldet,  und 
zwar  2  resp.  4  oder  7  Jahre  nach  ihrer  Geburt.  Wilhelm  Levison, 
der  jüngst  versucht  hat,  durch  eine  ungemein  fleissige,  aber  meines 
Erachtens  doch  nicht  völlig  beweiskräftige  Statistik  die  Nachwirkung 
jenes  Kaisererlasses  in  den  Altersangaben  der  Steine  nachzuweisen 3), 
hat  mit  Recht  auf  diesen  fundamentalen  Unterschied  hingewiesen  und 
hat  zugleich  die  Meinung  aufgestellt  (S.  70/1),  dass  diese  aegyptischen 
Geburtsanzeigen  zur  Ergänzung  unserer  alle  14  Jahre  stattfindenden 
xax'  oiVwiav  dTioYpacpac  dienen  sollten.  Das  ist  gewiss  richtig,  heisst 
es  doch  in  III  ausdrücklich:  d7iOYpacp6|JL£^a  tou?  Y£Vvr/^(£VTa^) 
ifi^jLetv  |X£xd  TYjV  Toö  Lcf  (sTOuq)  %'eou  "A-ö-ptavou  xax'  otztav  äizo- 
Ypai^YjV  £^  dXXyjX(o)v)  ucou?.  AYenn  er  aber  sagt,  „ob  die  Anmeldung 
im  ersten  Lebensjahr  erfolgte  oder  später,  war  unwesentlich,  wenn 
sie  nur  so  früh  erstattet  wurde,  dass  der  Fiscus  zu  seinem  Recht 

^)  Aehnlich  heissen  in  den  Viehdeklarationen  die  Fohlen,  die  seit  dem 
letzten  Jahr  „Hinzugeborenen"  (sTiiYsvTjO-sis,  smyovrj).    Siehe  unten. 

^)  Capitolinus  1.  c. :  inter  haec  liberales  causas  ita  munivit,  ut  primus  iuberet 
apud  praefectos  aerarii  Saturni  unumquemque  civium  natos  liberos  proßteri  intra 
tricensimiim  diem  nomine  imposito.  Per  pi'ovincias  tabulariorum  publicortim 
usum  instituit,  apud  guos  idem  de  originibus  fieret,  quod  Romae  apud  prae- 
fectos aerarii  .  .  . 

^)  „Die  Beurkundung  des  Civilstandes  im  Altertum.  Ein  Beitrag  zur 
Geschichte  der  Bevölkerungsstatistik."    Bonn.  Diss.  1898. 


§  2.    DIE  STEUERSUBJECTS-DEKLARATIONEy. 


453 


kam",  und  wenn  er  weiter  sagt,  die  aegyptischen  Geburtsanzeigen 
stünden  im  Dienste  der  Steuerverwaltung,  so  ist  das  nicht  ganz 
zutreffend.  Der  Fiscus  war  auf  alle  Fälle  durch  die  xa*:'  oixcav 
aTToypac^a''  gesichert.  Darum  war  ja  gerade,  wie  ich  im  Hermes  a.  O. 
S.  250  vermutet  habe,  die  Censusperiode  14jährig  gemacht,  weil  so 
die  Vierzehnjährigen,  für  die  die  Kopfsteuerpflicht  begann,  auf  alle 
Fälle  im  nächsten  Census  genannt  wurden.  Hätte  die  Kopfsteuer- 
pflicht etwa  mit  sieben  Jahren  angefangen,  so  würde  man  wahr- 
scheinlich siebenjährige  Censusperioden  geschaffen  haben.  Auch 
glaube  ich  nicht,  wie  Levison  anzunehmen  scheint,  dass  es  den 
Eltern  überlassen  war,  wann  sie  die  Geburten  anzeigen  wollten. 
Dann  hätte  es  gewiss  Niemand  gethan,  denn  der  Pap}Tus  kostet 
Geld,  und  Kefmachen  ist  besser  als  Eingaben  aufsetzen.  Ich  nehme 
daher,  wie  oben,  besondere  Befehle  der  Regierung  an. 

Doch  davon  abgesehen,  scheint  mir,  dass  diese  Geburtsanzeigen 
weniger  im  Interesse  des  Fiscus,  als  der  Militärverwaltung  eingefordert 
wurden.  Mir  ist  aufgefallen,  dass  nur  die  Knaben,  nicht  auch  die 
Mädchen  durch  solche  67:o[xvyi|JiaTa  ETZiYcVv/jacWC  augezeigt  wurden. 
Wir  müssen  da,  um  auf  breiterem  Boden  zu  stehen,  zu  jenen  3  Ori- 
ginalen noch  gewisse  Bemerkungen  in  den  xax'  oIvIolv  dTtOYpa^a: 
hinzunehmen.  Ich  habe  schon  im  Hermes  XXVIII  S.  245  darauf 
hingewiesen,  dass  bei  Kindern  unter  14  Jahren,  aber  nicht  mehr  bei 
denen  von  14  Jahren  an,  sich  der  Zusatz  findet:  [if^  avaYcYp3C[i{Ji£V0^ 
£7  iTZi'^Z'^vrrwib^O',^^  d.  h.  „nicht  aufgezeichnet  unter  den  Hinzu- 
geborenen". Dass  damit  auf  unsere  OTiGfJtvi^fiaTa  iTJ^(vrrr^rst{üc,  hin- 
gewiesen wird,  ist  klar.    In  mindestens  zwei  Fällen  steht  statt  dessen 

die  positive  Mitteilung:  avaYSYP^f^'-l^^'^^?  Itucy^Y^^'^H'^'^^'?-  ^S^- 
BGU  132  II  2,  wo  meine  Correctur  des  Textes  unnötig  und  daher 
falsch  war,  und  115  I  9,  wo  der  Gegensatz  der  folgenden  Kinder, 
die  nicht  angemeldet  sind,  dafür  spricht,  dass  Z.  9  Anfang  kein  \yf] 
zu  ergänzen  ist.    Hier  ist  also  vorher  eine  Geburtsanzeige  erfolgt. 

In  allen  diesen  Fällen  sind  es  nun  ausschliesslich  Knaben,  zu 
denen  dieser  positive  und  negative  Zusatz  gemacht  wird.  In  den 
Dorfeingaben  habe  ich  ihn  nirgends  gefunden,  weder  bei  Knaben 
noch  bei  Mädchen i),  wiewohl  auch  in  den  Dörfern  Geburtsanzeigen 


Auch  in  Memphis  war  es  wohl  nicht  Sitte,   beim  Censiiü   auf  die 
Geburtsanzeigen  hinzuweisen.    Vgl.  P.  7097. 


454 


Y.  KAPITEL. 


erstattet  wurden  (vgl.  BGU  28).  In  den  städtischen  Eingaben  aus 
Arsinoe  dagegen  findet  sich  jener  Hinweis  auf  die  ÖTCoiivi^iJiaTa  iizi- 
yevvyjasto^  bei  den  Knaben  unter  14  Jahren  regelmässig  (vgl.  55, 
8;  55,  20;  115  I  9  ff.;  182, 14;  132  II  2),  dagegen  bei  den  Mädchen 
dieses  Alters  niemals  (vgl.  55,21;  115117;  117,20;  118  II  13). 
Dass  hier  nicht  ein  Zufall  spielt,  zeigt  folgendes.  In  115117  steht 
-ö-DYailpa  Supav  (sto'j^)  a,  während  in  derselben  Urkunde  bei  sämmt- 
lichen  Knaben  sich  jener  Zusatz  findet.  Noch  deutlicher  aber  redet 
55,  20.  Da  steht  bei  dem  ältesten  Knaben  (11  jährig)  [xv]  cc>oir(Z- 
Ypa{jL[jL£vo^  Iv  l7rLY£Y£vy][i£Vo:(;;  bei  seinen  Brüdern  (10  und  9 jährig) 
wird  diese  Bemerkung  durch  ein  6{iolw^  aufgenommen.  Darauf  folgt 
ywal  '9'UY(aT£pa)  'laiowpav  (£xa)v)  tq.  Hier  fehlt  ojJioLwg,  also  der 
Hinweis  auf  die  Geburtsanzeige  I  Ausschliesslich  um  Söhne  handelt 
es  sich,  soweit  ich  bei  flüchtiger  Durchsicht  des  Originals  sehen  konnte, 
in  dem  noch  unpublicirten  Pap.  Lond.  CCLX  (2),  der  einen  ölt^o- 
XoyLajJLOi;  a^YjXcxwv  u[lö)]v  und  unter  Anderem  ein  Verzeichnis  der 
ar; |jiaV'9'£VT(i)v  iT.i^(V(tvfp%'OLi  giebt  (J.  4  des  Vespasian).  Namentlich 
auf  Grund  der  vorher  angeführten  Thatsachen  zweifele  ich  nicht, 
dass  in  der  Geburtsanzeige  B  G  IT  28  in  dem  auf  alle  Fälle  fehler- 
haften Passus  d7roYpa96{Ji£'8'a  yeyovozoc — 0'i)Ya[T£p]a — -{tyrid-hzoL — 
y.a.1  Gvia  das  Masculinum  der  Participien  zu  Rechte  best^t,  und 
•0"JYaT£pa  verschrieben  ist  für  uiov.  Der  verstümmelte  Eigenname 
.  .  öTiToq  trägt  nichts  zur  Lösung  bei. 

Wenn  weiteres  Material  dieses  Resultat  bestätigen  sollte,  dass 
nur  die  Knaben,  nicht  auch  die  Mädchen  durch  besondere  Geburts- 
anzeigen obiger  Art  Anzumelden  waren,  so  wird  man  wohl  der  Ansicht 
zuneigen,  dass  weniger  die  Steuerbehörden,  für  die  das  Geschlecht 
der  nicht  steuerpflichtigen  Kinder  gleichgültig  war,  als  die  Militär- 
behörden^) ein  Interesse  an  diesen  Ö7tO{Jtvyj{iaia  gehabt  haben.  Denn 
die  Epikrisiseingaben  zeigen  uns,  dass  die  Militärbehörden  sich  auch 
schon  mit  Knaben  unter  14  Jahren  beschäftigten,  so  in  BGU  324  mit 
einem  11jährigen,  in  109  und  Pap.  Genev.  18  mit  einem  13  jährigen. 

Engeren  Zusammenhang  mit  der  Steuerverwaltung  haben 
dagegen  die  Todesanzeigen.   Davon  sind  bis  jetzt  neun  gefunden 

^)  Dass  die  Eingaben  an  die  üblichen  Gaubeamten  gerichtet  waren,  spricht 
nicht  dagegen.  Diese  Gaubeamten  führten  eben  die  gesammten  Personalacten, 
gleichviel  ob  die  Einzelangabe  für  ihr  spezielles  oder  für  ein  anderes  Eessort 
von  Wichtigkeit  war. 


§  2.    DIE  STEUERSUBJECTS- DEKLAR ATIONEX. 


455 


(IL  und  m.  Jahrh.  n.  Chr.):  BGU  17,  79,  254.  P.  Ox^t.  I  79. 
PER  n.  1410,  1412,  2026,  Anzeiger  d.  Wien.  Akad.  XXXI  1895 
S.  7.^)  Noch  unpublicirt  ist  Pap.  Lond.  CCVIII  a  (Kenyon,  Cat. 
of.  Add.  S.  409).  Für  diese  Todesanzeigen  kann  ich  auf  Levison's 
Ausführungen  verweisen.  Die  Anverwandten  melden  den  Tod  des 
Gestorbenen  dem  königlichen  Schreiber  oder  den  Stadtschreibern 
resp.  dem  Dorfschreiber  und  bitten  ihn,  den  Verstorbenen  in  die 
Sterbeliste  zu  setzen  (a^iö  TaaaeaO-ai  a'jxov  £V  tq  twv  zexzAe'jTrf/,6zm 
xaEec)  oder,  wie  es  im  III.  Jahrh.  heisst,  seinen  Namen  zu  löschen 
(a^tö)  a£  7i£pcaLp£'9"^vat  toöto  tö  ovojAa).  Da  das  eigene  Interesse 
der  Verwandten  im  Hinblick  auf  die  Besteuerung  möglichst  baldige 
Anzeige  erheischte,  so  sind  die  vorliegenden  Urkunden  sämmtlich 
noch  in  demselben  Jahre,  meist  noch  in  demselben  Monat  eingereicht. 
Dass  auch  der  Tod  der  Frauen  angezeigt  wurde,  ist  selbstverständlich. 
Diese  Todesanzeigen  dienten  den  Behörden  zur  E^adenzhaltung  der 
Bevölkerungslisten,  waren  aber  von  besonders  actuellem  Interesse  für 
die  Steuerbehörden.  Levison  bezweifelt,  ob  eigentliche  Sterbelisten 
auf  Grund  der  eingereichten  Einzelurkunden  angefertigt  wurden 
(S.  79 f.).  Mir  scheint  PER  n.  1410  diese  Frage  zu  entscheiden: 
in  der  Adresse  fehlt  der  Name  des  Adressaten,  also  haben  wir  eine 
Abschrift  vor  uns  (vgl.  Hermes  XXII  S.  5).  Unmittelbar  darüber 
steht  die  Paginazahl  „92".  Folglich  ist  dies  Stück  ein  Blatt  aus 
den  amtlicherseits  zusammengestellten  Sterbelisten.  Ebenso  scheint 
es  mit  P.  Oxyr.  I  79  zu  stehen,  über  dem  sich  die  Zahl  „80" 
befindet. 

Unsere  Uebersicht  hat  ergeben,  dass  hinsichtlich  der  Subjects- 
deklarationen  zwischen  der  Praxis  der  ptolemäischen  und  der  kaiser- 
lichen Regierung  nicht  unwichtige  Unterschiede  bestanden.  Zwar 
war  das  Material  für  die  Ptolemäerzeit  so  gering,  dass  ein  Erfassen 
der  damaligen  Einrichtungen  im  Einzelnen  nicht  möglich  war.  Aber 
Eines  hat  sich  doch  mit  Wahrscheinlichkeit  ergeben,  nämlich  dass 
die  alle  14  Jahre  sich  wiederholenden  y.ax'  cixiav  dTZOYpa^ai  mit 
ihren  oben  hervorgehobenen  Eigentümlichkeiten  erst  in  der  Kaiser- 
zeit —  genauer  wohl  zwischen  18  v.  Chr.  und  61  n.  Chr.  —  an  die 
Stelle  der  alten  jährlichen  Deklarationen  getreten  sind. 


Die  Wiener  Texte  nach  Wessely's  Lesungen  mitgeteilt  bei  Levison, 
a.  O.  S.  75  ff. 


456 


y.  KAPITEL. 


§  3. 

Die  Steuerobjects-Deklarationen. 

^yir  haben  oben  in  Kapitel  IV  gesehen,  dass  man  in  Aegypten 
von  dem  modernen  Ideal  der  „einen"  Steuer  so  weit  entfernt  war, 
dass  man  nicht  einmal  einheitliche  Bezeichnungen  für  die  Haupt- 
steuerarten hatte,  sondern  nur  die  Besteuerung  der  einzelnen  Steuer- 
objectsgruppen  kannte.  Man  hatte  z.  B.  nicht  eine  einheitliche  Ver- 
mögenssteuer, sondern  nur  eine  Besteuerung  der  Einzelobjecte,  die 
das  Vermögen  ausmachten.  Es  herrschten  dort  also  Zustände,  ähnlich 
denen,  die  in  den  älteren  sechs  bayerischen  Gebietsteilen  noch  um 
das  J.  1800  bestanden,  wo  man  unter  607  Benennungen  zahllose 
directe  Steuern  erhob,  darunter  allein  144  verschiedene  Grund- 
steuern."') Ebenso  erklärt  sich  die  grosse  Mannigfaltigkeit  unserer 
Steuertabelle  auf  S.  408  ff. 

Diesem  Zustande  entspricht  nun  die  starke  Spezialisirung  der 
Steuerprofessionen  oder,  wie  wir  sie  im  Gegensatz  zu  den  Subjects- 
deklarationen  nennen  wollen,  der  Objectsdeklarationen.  Für  jede 
Gruppe  von  Steuerobjecten,  die  einer  gemeinsamen  Besteuerung  unter- 
lag, musste  eine  besondere  Deklaration  ausgestellt  werden. 

Dass  das  System  der  Selbstanzeige,  das  bekanntlich  im  Alter- 
tum überhaupt  weit  verbreitet  war,  in  Aegypten  sich  schon  seit  den 
Zeiten  des  Amasis  nachweisen  lässt,  wurde  schon  oben  S.  437  bemerkt. 
Der  Ausdruck  Herodot's  (II  177)  dTioSecxvuvaL  exeo^  exaaxou 
TW  vo[Jiap)^-(]  —  GÖ-ev  ßiouiac  würde  den  Gedanken  an  eine  münd- 
liche Erklärung  vor  dem  Nomarchen  zulassen.  Diodor  (I  77,  5)  hat 
aber  gewiss  das  Richtige  getroffen,  wenn  er  dafür  den  terminus 
technicus  für  die  schriftliche  Fassion,  dTicypa^ea-ö-ac,  einsetzt.  Es 
soll  in  diesem  Paragraphen  meine  Aufgabe  sein,  zusammenzustellen, 
was  wir  an  solchen  dTToypa'fat  besitzen. 

A.  Ptolemäerzeit. 

1.  In  dem  auf  S,  436  erwähnten  Papyrus  des  Alexandrinischen 
Museums  aus  dem  J.  240/39  vor  Chr.  folgt  auf  die  Subjects- 
deklaration  die  Angabe  der  Getreide-  und  Fruchtvorräte:  a7Zoypd^o[i.<x'. 


^)  Vgl.  Handwörterbuch  der  Staatswiss.  VI^  S.  94. 


§  3.    DIE  STEUEROBJECTS-DEKLAEATIO>'Ey. 


457 


t6v  budpy^o'na,  jiGC  gItov  xtX.  Es  wird  genau  nach  Artaben  ange- 
führt, wie  viel  der  Deklarant  von  den  verschiedenen  Fruchtarten 
—  Weizen,  Gerste,  Spelt,  Bohnen,  Terebinthen,  Linsen  u.  s.  w.  — 
besitzt.  Es  versteht  sich  von  selbst,  dass  eine  solche  Deklaration 
von  Naturalien  nicht  für  eine  mehrjährige  Periode,  sondern  nur  für 
das  laufende  Jahr  von  Wert  sein  kann.  Da  der  Schluss  der  Urkunde 
fehlt  (etwa  2 — 3  Zeilen),  so  bleiben  manche  Fragen  offen.  Weshalb 
gerade  diese  Erklärung  auf  einem  Blatte  mit  der  Subjectsdeklaration 
steht,  lässt  sich  nicht  sagen.  Sicher  ist,  dass  dieser  Deklarant  auch 
noch  eine  ganze  Reihe  anderer  Fassionen  einzureichen  hatte,  denn 
wer  solche  Getreidevorräte  besitzt,  der  hat  auch  Haus  und  Hof, 
Scheunen,  Aecker,  Ackergerät  u.  s.  w.  Auf  sein  Vieh  weist  er  in 
Z.  8f  nebenbei  hin.  Wahrscheinlich  wird  auch  dies  in  einer  be- 
sonderen Eingabe  deklarirt  gewesen  sein. 

2.  Pap.  Lond.  L.  Vgl.  Hermes  XXVHI  S.  231.  Kenyon,  Cat. 
Gr.  Pap.  S.  49  (vgl.  Gött.  G.  A.  1894  S.  725).  Eine  Deklaration 
über  Haus  und  Hof  aus  dem  IH.  Jahrh.  vor  Chr.^),  auf  Grund 
eines  königlichen  TzpGC'aYjJLa  eingereicht  an  den  e^.llL^Ar^vr^z  (s.  oben 
S.  433  A.  2).  Der  Deklarant  giebt  die  Masse  des  Hauses  und  Hofes 
(oixi'a  und  a'jXrj)  nach  Ellen  an  (Turjyei^),  orientirt  sie  genau  nach 
den  vier  Himmelsrichtungen  durch  Xennung  der  Nachbarn  und 
äussert  sich  über  die  Zweckbestimmung  des  Hauses.  Es  werden 
zwei  Gebäude  angezeigt:  in  dem  einen  ist  eine  Bäckerei  (ev  aiTO- 
Tio'.oöa'.v,  vgl.  aiTOTioelov  {xod  Z.  12);  das  andere,  dessen  Bestimmung 
nicht  besonders  angegeben  wird,  ist  wohl  das  Wohnhaus.  Diese 
Unterscheidung  war  notwendig,  weil  die  Besteuerung  jedenfalls  eine 
verschiedene  war,  je  nachdem  es  sich  um  ein  Wohnhaus  oder  ein 
Gebäude  zu  gewerblichen  Zwecken  handelte.  Das  oben  S.  192  von 
uns  nachgewiesene  evoLXLOV  konnte  natürlich  nur  von  ersterem 
erhoben  werden.  Wie  gewerbliche  Gebäude  besteuert  wurden,  wissen 
wir  nicht.  Wahrscheinlich  wurden  sie  niedriger  belastet,  da  sie  ja  nicht 
selbstständig,  wie  die  Mietshäuser,  ertraggebend  sind  —  wie  auch 
heute  bei  uns  von  Wohnhäusern  4^,o»  ^'^^  gewerblichen  Gebäuden 
2°/o  des  Nutzungswertes  erhoben  wird.  In  diesem  Zusammenhange 
ist  bemerkenswert,  dass  der  Wert  des  Bäckereigebäudes,  wiewohl  es 


Wegen  der  Rechnung  nach  Kupfer  möchte  ich  sie  eher  an  das  Ende 
als  in  die  Mitte  des  Jahrhunderts  rücken.  Vgl.  Kap.  X. 


458 


V.  KAPITEL. 


genau  dieselben  Masse  hat  wie  das  Wohnhaus,  nur  halb  so  hoch 
taxirt  wird  wie  jenes. 

Dass  überhaupt  eine  Schätzung  durch  den  Deklaranten  vor- 
genommen wird,  ist  von  grosser  Bedeutung:  xauxYjv  ouv  TC[jLü)[Jia: 
5pa)(|Jia)v  TEzpoc'niqyjJ<i(ßV.  Es  sei  schon  hier  hervorgehoben,  dass 
in  dieser  Selbstschätzung  ein  wesentlicher  Unterschied 
gegenüber  der  Praxis  der  Kaiserzeit  besteht.  Der  Deklarant 
der  Ptolemäerzeit  zählt  nicht  nur  seine  Vermögen sobjecte  auf,  sondern 
er  schätzt  sie  auch  ein.  Unser  Text  unterscheidet  diese  beiden 
Handlungen  deutlich  als  aizoypa^eod'oci  und  Tiiiaa^-ai.  Es  ist  der- 
selbe Sprachgebrauch  wie  bei  Dionys.  Hai.  IV  15:  IxeXsuas  czTiaviai; 
TwjJtaLou^  dTtoypa^eaO'aL  xe  y.al  TC[JLaa^aL  zocc,  oualaq  npbc,  ocpyupiov. 
Hierdurch  werden  Rodbertus'  Bemerkungen  in  Hillebrand's  Jahrbb.V 
S.  155  f.  vollauf  bestätigt:  von  einer  „Schätzung"  ist  im  Evang. 
Luc.  2,  1  in  der  That  nicht  die  Rede,  sondern  nur  von  ocKoy p6:<:p zad-ai. 

Da  die  folgenden  Beispiele  aus  der  Ptolemäerzeit  sämmtlich  die 
Verbindung  von  Anzeige  und  Schätzung  aufweisen,  so  könnte  die 
Vermutung  nahe  liegen,  dass  auch  in  dem  verlorenen  Schluss  der 
unter  1  genannten  Urkunde  eine  Taxirung  der  gesammten  Natural- 
vorräte  gestanden  habe.  Das  halte  ich  jedoch  für  irrig.  Denn  diese 
Getreidevorräte  wurden  jedenfalls  auch  in  natura  besteuert;  in  Geld 
taxirt  wurden  aber  wohl  nur  diejenigen  Objecte,  für  die  auch  Geld- 
steuern erhoben  wurden. 

Wie  oft  solche  Hausbesitzdeklarationen  einzureichen  waren,  geht 
aus  dem  Text  nicht  hervor.  Nach  Analogie  der  anderen  Urkunden 
wird  man  auch  hierfür  wie  überhaupt  für  die  Objectsdeklarationen 
die  alljährliche  Erneuerung  anzunehmen  haben,  wie  sie  auch  schon 
Amasis  eingeführt  hatte.  Die  Erwähnung  des  königlichen  Erlasses 
spricht  nicht  etwa  für  eine  einmalige  oder  aussergewöhnliche  Anord- 
nung der  Schätzung  (vgl.  BGU  139  und  dazu  unten),  vielmehr 
wird  der  König  alljährlich  die  Einsendung  der  Deklarationen 
angeordnet  haben.  —  Sicher  ist,  dass  auch  dieser  Schreiber  ausser- 
dem noch  andere  OLHo^poL^od  eingereicht  haben  wird,  denn  wer  zwei 
Häuser,  darunter  eine  Bäckerei  besitzt,  der  hat  auch  noch  mehr  zu 
deklariren. 

3.  Petr.  Pap.  (II)  XI  (2).  Ein  gewisser  Polykrates  (HL  Jahrh. 
V.  Chr.)  schreibt  seinem  Vater:  a7üOY£Ypa[X[xaL  hl  iizi  xeXwviov  tö 
oiTcoTieSov  9£p6[ji£v[o]v  Hl^c,  Iva  ex  togoutou  ^spwjiev  lYjv  eExoaxr^v 


§  3.    DIE  STEUEROBJECTS- DEKLAR ATIO> EX. 


459 


xxA.  Der  Brief  enthält  also  einen  Hinweis  auf  die  Deklarirung  einer 
Hausstelle  (vgl.  Kap.  IV  §  158).  Im  Einzelnen  bleibt  manches  unklar. 
Wichtig  ist,  dass  auch  hier  die  Taxirung  neben  der  Anzeige  hergeht. 

4.  Für  eine  Deklaration  halte  ich  auch  das  Fragment  bei 
Mahaffy,  Petr.  Pap.  (II)  S.  36  oben  (III.  Jahrh.  v.  Chr.).  Vgl.  Gött. 
G.  A.  1895  S.  145/6.  Ein  ßaa:Xt7wö^  yetdpycc,  schreibt  in  der  Form 
des  u7iG[iV7]|Jia  dem  ßaaiX'.xö^  vpapLjjLaic'j?  seines  Bezirkes  unter 
Angabe  des  Datums:  dTTcypa^oixa:  xaTa  zb  TzpoclzayiLx.  Da  das 
"Weitere  fehlt,  lässt  sich  mit  Sicherheit  nicht  einmal  sagen,  ob  die 
Urkunde  eine  Subjects-  oder  Objectsdeklaration  war. 

5.  Mahaffy,  Petr.  Pap.  (II)  S.  33  (III.  Jahrh.  v.  Chr.)  Auch 
dies  Fragment  halte  ich  für  eine  Deklaration.  Z.  1  lese  und  ergänze 
ich  nach  meiner  Revision  des  Originals:  Lx5  [xrjvo;  *A^'jp  d[7roYpa^'i^. 
Hier  wird  allerlei  Hausgerät  angezeigt:  ein  Schöpfgefäss  oder  Werk- 
zeug (axa^T^GU  für  axa^eioi)),  ein  Kleid  (yiTwv),  ein  Bett  oder  Lade 
(y,oizri  oder  xoTto(;)^)  und  Körbe.-)  Auch  hier  folgt  der  Anzeige 
die  Schätzung:  a  Tt[ia)|jLa:.  Das  axa^-^ov  wird  zu  14  Drachmen, 
der  Chiton  zu  3  Drachmen  taxirt.    Das  Uebrige  ist  weggebrocheu. 

6.  Der  Revenue  -  Papyrus  (aus  Philadelphos'  Zeit)  zeigt  uns, 
dass  der  Deklarationszwang  geradezu  zu  den  Grundprincipien  der 
Steuers^en\'altung  gehörte.  Die  verschiedensten  Verhältnisse  wurden 
durch  Einführung  der  obligatorischen  Deklaration  geregelt.  Hier 
seien  nur  solche  Beispiele  hervorgehoben,  die  sich  mit  unseren 
Steuerprofessionen  berühren.  Als  der  König  die  Apomou-a  von  den 
alten  Göttern  Aegj-pten's  auf  seine  vergötterte  Schwester  Arsinoe 
Philadelphos  übertrug,  bestimmte  er  durch  Decret,  dass  —  abgesehen 
von  der  concurrirenden  Deklaration  der  Beamten  (darüber  im 
nächsten  Paragraphen)  —  die  Besitzer  von  Wein-  und  Nutzgärten 
Umfang  und  Ertrag  ihrer  Ländereien  deklariren  sollten  (36,  17: 
dtTZGypd^ELV  TO  T£  T,Xf^^oq  -fic,  ^(f^z,  xal  Ta  ysvi^iJLaTa).  Aus  dem 
Grundgesetz,  das  für  die  neue  Steuer  erlassen  wurde,  sind  uns  in 
Bezug  auf  die  Nutzgärten  folgende  Worte  erhalten  (24,  11):  Töv 
ht  TiapaOEiawv  e^uvTifii^aecD^  (=  Ix  aDVTt|iYja£Ci)^)  Tf^[?  xax'  Ixog 
Ytv]p|x£vr^?  3)  Tüpo?  apY'jpiov  t?]v  gxrrjv  xxX.  Also  das  Sechstel  vom 

*)  Z.  5  Schluss  las  ich  am  Original  xo'.x  (für  a7tU?[p'.5io'j). 

Lies  ouupixcDv  (=  aTiupiScov)  statt  areup'.Siou. 
*)  Grenfell  vermutete  Tf^[5  'mo-^zy^oi\i]\ii-^r^z  oder  •j7:oxe']|isvr,;.  Bei  meiner 
Revision  (Herbst  1897)  sah  ich  vor  jisvr^s  Spuren  des  rechten  Halbkreises  von  o. 


460 


V.  KAPITEL. 


Ertrag  der  Nutzgärten  soll  auf  Grund  einer  alljährlich  zu  wieder- 
holenden Abschätzung  des  Ertrages  in  Silber gezahlt  werden 
(vgl.  oben  S.  135).  Dass  vorher  eine  ähnliche  Bestimmung  auch 
für  die  in  natura  besteuerten  Weingärten  gestanden  hat,  zeigen  uns 
zwei  Deklarationen  (III.  Jahrh.  v.  Chr.),  die  auf  Grund  eben  dieses 
Paragraphen  gemacht  sind.  Vgl.  Petr.  Pap.  (II)  XXVII  (I)^)  und 
XXX  e.  Vgl.  auch  XXX  c.  Da  die  Wein  -  Apomoira  in  natura 
geliefert  wurde,  so  genügte  hier  eine  Abschätzung  des  jährlichen 
Ertrages  nach  Keramien  —  eine  auvTC(xy]ai?  Tupog  YevyjptaTa.  Vgl. 
auch  Rev.  Pap.  29:  die  Besitzer  von  TrapaSecaot  sollen  den  Pächtern 
deklariren  (dTcoypa^aa^waav)  —  [t6  xe]  auxwv  ovofxa  xal  ev 
xtb[irj:  ocxoOacv  xod  7c[6aou  zi[i(ßv']zoci  TYjV  Tipo^oSov  tyjv  £V  twc 
7üapa[S£:atoc].  Vgl.  col.  26.^)  —  Auch  bei  der  Verwaltung  des  Oel- 
monopols  spielen  die  dTioypacpai  eine  grosse  Rolle.  Vgl.  Rev.  Pap. 
42,11:  oi  he  [Xaol]  xal  ol  Xomol  yewpyol  Tifjida'ö'waav  xd  a[ÖT(j[)]v 
yevi^lJiaTa  exaaxa  xaxd  yevoi;  xtX — ypa^sTwaav  he  oi  Xocol  töv 
GTZopov  —  xal  Tzoaou  exaozoc,  TC[jLaxa:.  Vgl.  auch  49,  10  ff.  Eine 
Zolldeklaration  wird  in  52,  13 ff.  vorgeschrieben:  wer  ausländisches 
Oel  von  Alexandrien  aus  in  Aegypten  einführt,  muss  es  in  Alexandrien 
deklariren  (dTioypa^ea^toaav)  und  dann  für  den  Metretes  12  Drachmen 
zahlen  (vgl.  oben  S.  399).  Eine  genaue  Deklaration  wird  auch  von 
den  im  Tempelbesitz  befindlichen  Oelfäbriken  verlangt,  die  trotz  des 
Monopols  für  den  eigenen  Bedarf  Sesamöl  herstellen  dürfen.  Hier 
muss  der  Umfang  des  Betriebes  nach  der  Zahl  der  Mörser  (5X[Jioc) 
und  Pressen  (iTitöTigpia)  angegeben  werden  (vgl.  50,  20  ff.). 

7.  Endlich  lehrt  uns  Pap.  Tur.  I  7,  10  (II.  Jahrh.  v.  Chr.), 
dass  die   Erben  verpflichtet  waren,   die  Erbschaft  zu  deklariren 

^)  Vgl.  Petr.  Pap.  XXX  (c)  3  f. :  xwv  icpog  apyiiptcv  auvT£Xt|iY]|JLev(üv. 

Diese  Urkunde  ist  zu  lesen:  'Op.oXoyet  Aiovtiaiog  'AaxXYju[i,oc5oü]  oövti- 
\x(xo^0Li  xöy  67idpx[ovTa  [loi]  daTisXöova  bIc,  zö  xy'-  T^spl  z[ö]  n[.  .]  sTtoixiov  x'^s 
'HpaxAsJSou  \iBplb[oc,]  iy.  p.sxpYjxojv  Sexa  duo,  wv  f]  Ixxyj  fiexpyjxat  §i3o  xal  xc5v  [?] 
axpoSputov  xal  axscpdvü)v[?£x]  Spaxfxwv  dexa  8uo,  wv  ri  exx[7]]  SpaXjJtal  5i3o. 
'Eöcv  5s  x[i]  xo[uxois  7:pog]yevYjxai,  Ttpc^avoiatü  |x[sxd  xsOP^TP^^^ö'S  öpxou 
ßaaiXixoö. 

^)  Nebenbei  sei  erwähnt,  dass  dieselben  Gartenbesitzer,  die  für  die  Apomoira 
die  vorliegenden  Deklarationen  eingereicht  haben,  gewiss  ausserdem  für  die 
Grundsteuer  zu  deklariren  hatten.  Diese  Apographai  werden  genauere  Angaben 
über  den  Umfang  der  Gärten  gehabt  haben,  denn  die  Grundsteuer  wurde  nicht 
als  Quote,  sondern  als  Fixum  für  die  Arure  erhoben  (s.  oben  S.  147  flf.). 


§  3.    DIE  STEÜEROBJECTS-DEKLARATIOXEX. 


461 


(xXyjpovoficav  aTioypa^'aaO'a:).  Vgl.  oben  S.  345  f.  Ueber  die  hierfür 
bestehenden  Zwangsmassregeln  vgl.  den  nächsten  Paragraphen. 

B.  Kaiserzeit. 

'1.  Deklarationen  über  Haus  und  Hof:  BGU  112,  420, 
459,  536.  P.  Oxvr.  I  72.  Vgl.  Hermes  XXVIH  S.  233.i) 

Diese  Eingaben,  die  aus  verschiedenen  Dörfern  stammen,  sind 
sämmtlich  an  die  „Bücherbewahrer"  in  der  Metropole  Arsinoe,  resp. 
Oxyrhynchos  gerichtet.  In  112  heissen  sie  ßißXtocf 'jXaXc?  ifj?  ev 
'ApaivoVxöv  tzoXbl  hri\LOoi(xc,  ßtßXcoOn^xir]^,  in  den  übrigen  ßißXcocpuXaxe; 
£Y7.TVja£(i)v  'x4paivoiTO'j.  Der  letztere  Titel  ist  der  Spezialtitel,  der 
das  im  vorliegenden  Fall  in  Betracht  kommende  Departement  des 
Gauarchivs  hervorhebt.-)  Es  sind  dies  die  Archivbeamten  des  Gaues, 
die  u.  A.  die  Häuserlisten  zu  führen  hatten,  woraus  sich  ihre  Erwähnung 
an  dieser  Stelle  erklärt  (vgl.  Hermes  a.  O.).  Ich  halte  es  für  einen 
Zufell,  dass  nur  solche  Eingaben  erhalten  sind,  die  an  diese  ßißXio- 
cpuXaxE^  gerichtet  sind.  Sehr  wahrscheinlich  mussten  gleichzeitig 
entsprechende  Exemplare  auch  an  die  anderen  Gaubeamten,  den 
Strategen  und  den  königlichen  Schreiber,  sowie  an  die  Ortsbehörden, 
die  Stadt-  resp.  Dorfschreiber  eingereicht  werden.  Von  den  xXfipoi 
xaxotx'.xo:,  die  in  420  und  536  neben  den  Häusern  genannt  werden, 
wissen  wir  es,  dass  sie  auch  bei  diesen  anderen  Beamten  angezeigt 
wurden.  Vgl.  unten. 

Gemäss  dem  Befehl  des  jedesmaligen  Präfecten  werden  die 
einzelnen  Objecte  aufgeführt:  xaia  xd  bTzb  toü  xpaiLaiou  i^^Ycjxovog 
—  7:po?T£TaY}ji£va  d-OYpd^ofiaL  —  xd  u7:dpxovxd  \loi  xxX  oder 
ähnlich.  Angemeldet  werden  OLXia:,  auXac  und  ^iXol  zoTZOi.  Wenn 
in  420  und  536  daneben  auch  xX-^pot  xaxoix'.xoc  angezeigt  werden, 
so  scheint  das  eine  Abweichung  von  dem  Princip  zu  sein,  immer 
nur  gleichartige  Gegenstände  in  einer  und  derselben  Apographe  zu 
nennen.  Doch  liegt  hier  wohl  der  Begriff  der  „Immobilien"  als 
Einheit  zu  Grunde. 

In  einer  fragmentarischen  Urkunde  (BGU  243)  meldet  der 
Käufer  eines  Hauses  an,  dass  er  in  der  nächsten  Steuerprofession 

Die  von  Viereck  Philol.  LII  S.  231  als  Beispiel  einer  Hausbesitzanzeige 
verwertete  Urkunde  gehört  vielmehr,  wie  oben  bemerkt,  zu  den  xax'  otxiav 
(XTioYpacpai. 

*)  Vgl.  Philolog.  LIII  S.  99  A.  1. 


462 


V.  KAPITEL. 


den  Nachweis  dafür  erbringen  werde,  dass  das  Haus  ihm  gehöre, 
und  dass  es  schuldenfrei  sei,  von  Niemandem  belastet:  oTtOxav  yap 
TYjV  a7T0Yp(acpYjv)  auTOö  7roca)[jiac,  dTioSet^w,  bTzoLpyei  xac  lax: 
za-ö-apov  {jiyjSevl  xpaTOu({ji£Vov).^)  Dem  entsprechend  wird  auch  in 
den  vorliegenden  Eingaben  hervorgehoben,  auf  Grund  welches  Rechts- 
titels der  Deklarant  die  genannten  Objecte  besitzt.  Endweder  hat 
er  sie  geerbt  (TZ(x,zpiyA,  [jtyjxpLxa^  7ia7i7cr/wa,  [jLa[jL[jir/a),  oder  aber  er 
hat  sie  gekauft.  In  letzterem  Falle  wird  der  frühere  Besitzer  genannt, 
bald  in  der  kurzen  Formel  TcpoTSpov  Toö  heZvoq  (vgl.  536),  bald 
ausführlicher,  zugleich  mit  Angabe  des  Datums  des  Kaufes  (112) 
oder  auch  unter  Hinweis  auf  die  auf  ihn,  den  Käufer,  über- 
gegangenen Rechte  (Oxyr. :  axoXou^w?  zolq  el(;  auxov  hi'naioic,).  Jenem 
xa^apov  (xr^Sevl  zpaTOU|Ji£Vov  entsprechend  wird  aber  auch  noch  hinzu- 
gefügt, ob  das  Haus  pfandfrei  ist  oder  nicht.  Im  ersteren  Falle 
nennt  man  es  xa^apa  aizo  TS  o^pikfiq  xal  bno^rixriq  xal  tzqlvzöc, 
§L£YYU%aTO^  (112;  536,6).  Der  andere  Fall  liegt  vor  in  536,8: 
xal  OLXLÖJV  [Iv  6]7ro'9"i^xTrj  (Yj|jicau)  {X£po(^)  olxiocq  xal  auXyj?,  £v  ig 
£^£o(av£:aa[xr/v)  [7i]apa  na7r£T[To]^  toö  naTU£lTog.  Hier  wird  also 
gar  der  Name  des  Gläubigers  genannt,  dem  das  Haus  verpfändet 
war.  Die  Ansicht  von  Mitteis  (Hermes  XXX  S.  601),  dass  die 
aTioypa^aL  die  Hypotheken  nicht  zum  Gegenstand  hätten,  wird  durch 
diesen  inzwischen  hinzugekommenen  Text  berichtigt. 

Bemerkenswert  ist  die  Schlussformel  in  112:  oxi  6'  av  änb 
TouTü)v  £^ocxovo[X'i^aco  y)  xal  TTpo^ayopaact),  7rp6T£pov  npoqoLyytlib, 
ü)g  £X£X£ua^yj.  Es  war  also  vorgeschrieben,  jede  Immobiliar- Besitz- 
veränderung vor  dem  Vollzug  dem  Archivbeamten  anzuzeigen 2). 
Dass  überhaupt  eine  solche  Anzeige  erfolgte,  w^ar  für  die  Evidenz- 
haltung der  Steuerbücher,  die  den  ßißXt09uXax£^  oblag  (s.  unten), 
durchaus  notwendig.  Weshalb  es  aber  schon  vor  dem  Vollzug  der 

^)  So  möchte  ich  hier  das  \iy]  xpaxoufisvov,  durch  welches  das  xaO-apöv 
genauer  bestimmt  wird,  fassen,  nicht  als  ,, nicht  occupirt".  Vgl.  379,  22:  ou' 
ouSsvos  xpaxoujxevTjs,  von  einem  Hause  gesagt,  das  einen  Besitzer  hat,  aber 
nicht  verschuldet  ist.  Auch  im  Edict  des  Jul.  Alexander  Z.  23  wird  mit  dem 
UTiapxövxwv  xpaTO'j{x£v(i)v  auf  Vermögen  hingewiesen,  die  als  verschuldet  mit 
Beschlag  belegt  sind.  Vgl.  vorher:  7]  (ispYj  xöv  uTrapXövxwv  aOxoö  xaxsxs'.v  £v 
xotg  briiiooioic,  ypajjtiiaxocpuXaxio'.g  npdc,  ^^^BiXr^\l'x.  —  Mommsen  denkt  ausser- 
dem an  den  Gegensatz  von  praedium  liberum  und  praedium  servum  in  Beziehung 
auf  die  Servituten  (Dig.  8,  4,  6,  3  a.  19,  1,  8). 

2)  Vgl.  Hermes  XXVIII  S.  235  f.    Mitteis,  Hermes  XXX  S.  602. 


§  3.    DIE  STEUEROBJECTS -DEKLARATIONEN. 


463 


Transaction  angemeldet  werden  musste,  geht  aus  den  uns  erhaltenen 
Anmeldungen  dieser  Art  hervor.  Vgl.  BGU  184  (Haus  und  Hof), 
379  (xXf^po;  xaxoixixoO  und  PEK  bei  Härtel,  Griech.  Pap.  S.  64 
(unvollständig  mitgeteilt).  Der  Schreiber  thut  kund,  dass  er  sein 
Grundstück,  das  er  bei  derselben  Behörde  deklarirt  habe^),  ganz 
oder  z.  T.  an  N.  N.  für  den  und  den  Preis  veräussern  wolle: 
5  a7i£Ypa'jia|JLyjv  —  ßo6Xo[JLa:  £Coixovo[xf^aac  tw  SeTv:  T:|xf^?  x.  oder 
ähnlich.  Nur  eine  der  drei  Urkunden  liegt  uns  vollständig  vor, 
BGU  379,  und  darin  fährt  der  Schreiber  fort:  Siö  7rpogaYY£XXo[(i£v]j 
GTZoic,  i7ziozeiXr]zs.  tw  t6  Ypa9£Toy^)  Kapav[L5o;]  ouv^pT] |xaTC^£(:v) 
VjfJiETy  (hq  xaO'T^X£i.  Daraufhin  hat  einer  der  beiden  Archivare  die 
Eingabe  an  den  Graphionbeamten  weitergeschickt  mit  der  Bemerkung : 
TG)l  TO  YpaffTov  KapavtSo^.  KaO-'  f^v  7i£7roiY]VTaL  7i£[pl]  t[6]  TpiT[ov] 
\iipoq  TYj^  Toö  ylripou  apo[6p]7j[?]  [iiag  '^^r^:;']  6-'  GXjhevbq  xpaiou- 
\it/Yic,  T£}.£taO'(i)  (oder  Y£V£<(c)>aO'ü)  Hunt)  xaO-VjXEC.  Was  folgt 
daraus?  Die  Graphionbeamten,  von  denen  der  Kauf  vollzogen 
werden  soll,  dürfen  erst  dann  mit  den  Verkäufern  in  amtlichen 
Verkehr  treten  (so  fasse  ich  a'JV)(p*^[iaT(^£iv),  wenn  sie  von  den 
Archivaren  auf  Gesuch  Jener  hin  dazu  ermächtigt  sind,  und  vor 
Allem,  laut  Grundbuch,  von  ihnen  erfahren  haben,  ob  das  zu  ver- 
äussernde Grundstück  hypothekarisch  belastet  sei  (Otü  'oi)5£v65  xpaTOU- 
[i£vr^c,  s.  oben).  In  dem  letzten  Passus  liegt  offenbar  der  Schwerpunkt 
der  Anweisung. 3)  Wir  lernen  also,  dass  in  Aegypten  Immobilien 
erst  verkauft  werden  durften,  nachdem  von  den  Grundbuchführern 
constatirt  war,  dass  das  Kaufobject  unverschuldet  war  —  resp.,  so 
dürfen  wir  ergänzen,  in  welchem  Masse  es  verschuldet  war.  Denn 


^)  Mitteis  a.  O.  übersetzt  das  d7t£YP(a'-};a|jnrjv)  des  "Wiener  Textes  mit  „sieh 
zusehreiben  lassen".  Diese  Bedeutung  dürfte  nicht  zu  belegen  sein.  Vielmehr 
hat  der  Betreflfende  das  Land  deklarirt,  und  zwar  oltzö  ovo^iaxog  xoö  dSsXcpoö  — 
TeTcX(suTrjXÖTO$)  xtX,  d.  h.  unter  Nennung  des  Namens  seines  verstorbenen 
Bruders,  der  es  ihm  vermacht  hat.  Da  ist  eine  ä'OYpacpr,  gemeint  wie  P. Oxyr.  I  75. 
—  In  diesem  Wiener  Text  möchte  ich  Einiges  anders  auflösen  als  bei  Härtel 
geschehen.  Z.  7  und  14  wird  7iapax£X(»)(pr,xai),  als  Medium,  zu  lesen  sein,  deim 
der  Zusammenhang  verlangt  die  Bedeutung  „kaufen".  Z.  10  1.  ä7:eYp(acLa|A'ir]v) 
statt  d7i=Yp(d'];axo).   Z.  12  1.  d7t£XeuO'(^pos)  statt  d7:sX£uO-(dpou). 

^)  Hier  wird  etwa  ein  |JLSxaxs'.pi^O|idv(p  hinzuzudenken  sein. 

Mitteis  a.  O.,  der  diese  Lesungen  noch  nicht  kannte,  giebt  dem  Text 
eine  andere  Deutung.  Auch  die  von  P.  Meyer  im  Philol.  LVI  S.  199  halte  ich 
für  irrig. 


464 


V.  KAPITEL. 


dass  Grundstücke,  auf  denen  Hypotheken  lasteten,  nicht  verkauft 
werden  durften,  ist  wohl  undenkbar.^)  Durch  diese  Ordnung  der 
Dinge  war  zugleich  der  im  Interesse  der  Grundbuchführung  erforder- 
liche Zwang  zur  Anzeige  von  Besitzveränderungen  geschaffen,  denn 
es  lag  nun  auch  im  Interesse  der  Contrahenten ,  die  Anzeige  zu 
erstatten,  da  ohne  sie  die  Graphionbeamten  ihnen  den  Contract  nicht 
vollziehen  durften.  —  Ein  Beispiel  für  eine  Anzeige  eines  Häuser- 
ankaufes scheint  mir  in  dem  Fragment  BGU  243  vorzuliegen.-) 

Die  angeführten  Beispiele  zeigen  uns,  dass  bei  Veränderungen 
des  Immobiliar- Besitzes  dafür  gesorgt  war,  dass  die  Steuerbehörden 
rechtzeitig  in  Kenntnis  gesetzt  wurden,  um  bei  der  nächstjährigen 
Besteuerung  den  neuen  Herrn  statt  des  alten  heranzuziehen. 

Wie  oft  solche  Hausbesitzdeklarationen  wie  die  oben  besprochenen 
eingereicht  werden  mussten,  geht  aus  den  vorliegenden  Texten  nicht 
hervor.  Nichts  spricht  aber  gegen  die  Annahme,  dass  auch  diese 
wie  alle  anderen  Objectsdeklarationen  alljährlich  einzureichen 
waren.  Da  sich  dreimal  die  Bemerkung  a7Zoyp(x.(po\L(X.i  elq  TYjV 
£V£aTö)aav  Y,{Ji£pav  findet  (112,  536  und  P.  Oxyr.),  so  ist  es  nicht 
unwahrscheinlich,  dass  der  Präfect  einen  bestimmten  Tag  als 
Ablieferungstermin  oder  auch  als  letzten  Termin  anzukünden  pflegte. 

Die  Eingabe  aus  Oxyrhynchos  ist  an  Stelle  des  zur  Zeit 
abwesenden  Eigentümers  von  einer  anderen  Person  abgefasst  und 
eingereicht  worden. 

Vergleichen  wir  diese  römischen  Hausdeklarationen  mit  dem 
Beispiel  aus  dem  III.  Jahrh.  vor  Chr.  (oben  S.  457),  so  treten  wesent- 
liche Unterschiede  hervor.  In  der  Ptolemäerzeit  wurde  der  Umfang 
(nach  Ellen)  und  der  Wert  (in  Geld)  angegeben.  Beides  fehlt  in 
der  Kaiserzeit.  Dafür  bieten  wieder  die  Eingaben  aus  der  Kaiserzeit 


^)  In  den  Kaufcontracten  wird  freilich  regelmässig  die  ßsßai'coaij  dafür 
geleistet,  dass  das  Haus  resp.  Grundstück  frei  sei  von  allen  öffentlichen  und 
privaten  Verpflichtungen. 

2)  Diese  Anzeige,  die  allerdings  nach  vollzogener  Transaction  gemacht  zu 
sein  scheint,  soll  beim  Adressaten  deponirt  werden  (b'.ö  £7ct§c5ü)|it  bI^  t6  xyjv 
TiapaO-sa'.v  Y-vsa9-a'.).  Es  wird  auf  die  nächste  Apographe  hingewiesen,  in  der 
der  Schreiber  ihnen  beweisen  werde,  dass  das  Object  ihm  gehöre  und  unver- 
schuldet sei  (s.  oben  S.  462).  Da  solche  Apographai  aber  an  die  ßtßXiocpuXaxss 
gerichtet  werden,  so  glaube  ich,  dass  auch  diese  Urkunde  an  sie  gerichtet  war, 
nicht  an  das  Graphion,  wie  Mitteis  (Hermes  XXX  S.  600)  meint. 


§  3.    DIE  STEUEROBJECTS- DEKLARATIONEN. 


465 


den  Ausweis  über  die  Verschuldung  oder  NichtVerschuldung,  der 
in  der  Ptolemäerzeit  fehlte. 

2.  Deklarationen  über  Ackerland:  BGU  108  Recto,  139, 
198.  Pap.  Grenf.  (II)  56.  Vgl.  Hermes  XXVIII  S.  236.  Viereck, 
Philolog.  LH  S.  230. 

Diese  Urkunden  sind  nicht  an  die  ß:ßA:o^'jXaxec  gerichtet, 
sondern  139  an  den  Strategen,  den  königlichen  Schreiber  und  den 
Dorfschreiber,  der  Grenfell  -  Text  an  den  königlichen  Schreiber; 
108  ist  vom  königlichen  und  vom  Dorfschreiber  unterzeichnet.  Xach 
dem,  was  wir  oben  über  die  Subjectsdeklarationen  nachgewiesen 
haben,  ist  es  wahrscheinlich,  dass  auch  hier  jeder  der  drei  Beamten 
ein,  resp.  zwei  Exemplare  empfangen  hat.  Da  die  gemischten  Ein- 
gaben 420  und  536,  in  denen  xX-^poi  xaTOixizc:  neben  den  Häusern 
genannt  werden,  an  die  ß'.ßXiocp'jXaxe;  gerichtet  waren,  wird  ferner 
anzunehmen  sein,  dass  auch  von  den  vorliegenden  Urkunden  —  in 
198  handelt  es  sich  gleichfalls  um  einen  xaTO'.xoc  —  ein  resp. 
zwei  Exemplare  an  die  ßtßXtO(^uXax£(;  gingen.  Wir  werden  vielleicht 
verallgemeinern  dürfen  und  sagen:  die  Eingaben  über  Immobilien 
gingen  nicht  nur  an  die  für  alle  Deklarationen  zuständigen  Gau- 
und  Ortsbeamten,  sondern  auch  an  die  ßißXLO^'jXaxeg  der  Metropole 
—  wahrscheinlich  deshalb,  weil  sie  mit  der  Führung  der  Grund- 
bücher betraut  waren. 

„Gemäss  dem  Befehl  des  Präfecten"  werden  die  in  Frage 
stehenden  Aecker  deklarirt.^)  Dabei  wird  angegeben  die  örtliche 
Lage  des  Ackers,  der  Umfang  nach  Aruren  (fehlt  in  198)  und  die 
Steuerkraft  (139:  TeXouaa^  dva  Tzupou  ^lav  rjjjiia'j).  Auch  wird 
nicht  versäumt  zu  melden,  ob  der  Acker  von  der  Ueberschwemmung 
erreicht  ist  oder  nicht.  Vgl.  oben  S.  211.  Unklar  sind  mir  noch 
die  Bemerkungen  über  den  awfJtaiiaixo^.^) 


^)  Nach  198  könnte  es  scheinen,  als  ob  zpdj  x6  svsgto;  ezoq  mit  ano- 
Ypoccpcp.a'.  zu  verbinden  wäre.  Man  sagt  aber  dcTCoypa^saO-a'.  slg  sxo;.  Also 
geht  es  doch  auf  das  äßpoxov.    So  auch  Hermes  a.  a.  O. 

^)  139:  o(D[iaTi.^oiJidvag  elc,  OöaXspiav  HauXivou  (Name  der  Deklarantin). 
198:  5'.a  §£  owfiax'.ofjiou  si^  Zü)t,[5]ouv  Ilsxeaouxou.  Diese  ist  nicht  die  Dekla- 
rantin.  Auch  bei  Grenfell  a.  O.  folgt  ein  anderer  Name.  Vgl.  BGU  141: 
OQ)|JLaTiap.65  xax'  ävSpa.  Vgl.  auch  Ostr.  1204.  Kanu  cwfiaxue'.v  heissen  „auf 
einen  Namen  eintragen"?  Aber  warum  folgen  zweimal  andere  Namen  als  der 
des  Deklaranten? 

WiLCKEN,  Ostraka.  30 


466 


V.  KAPITEL. 


Während  wir  bei  den  Hausdeklarationen  nur  vermuteten,  dass 
sie  alljährlich  eingereicht  wurden,  lässt  es  sich  hier  beweisen. 
BGU  139  stammt  aus  dem  J.  201/2,  BGU  108  aus  dem  J.  203/4. 
Also  grössere  mehrjährige  Perioden  bestanden  hier  jedenfalls  nicht. 
Man  beachte  auch  die  Schlussworte  von  108:  xal  oLTZO^(p{a.(po\i(x.i) 
t[ü)  IveaTWTc]  (eiei).  Vergleicht  man  damit  die  Eingaben  der 
nächsten  Rubrik,  so  liegt  es  nahe,  etwa  zu  ergänzen:  „Im  vorigen 
Jahre  habe  ich  x  Aruren  angezeigt,  und  diese  zeige  ich  auch  für 
das  laufende  Jahr  an".  Aber  allein  schon  der  Hinweis  auf  die 
Ueberschwemmung  des  laufenden  Jahres  zeigt  uns,  dass  wir  es  mit 
jährlichen  Eingaben  zu  thun  haben. 

InP.  Oxyr.  178, 14—18  wird  auf  eine  solche  Apographe  hingewiesen. 

3.  Deklarationen  über  Viehbesitz  (Kamele,  Schafe,  Ziegen) : 
BGU  51,  52,  89,  133,  192,  266,  352—355,  357,  358,  421,  629. 
Pap.  Grenf  (II)  45  und  45  a.  PER  bei  Härtel,  Griech.  Pap.  S.  74. 
Pap.  Lond.  CCCXXVIII  (ed.  Kenyon,  Rev.  de  philol.  XXI  1897 
S.  4 ff.).  Pap.  Lond.  CCCIX,  CCCXXVII.  P.  Oxyr.  I  74.  Vgl. 
Hermes  XXVIII  S.  238  f.  Viereck,  Philolog.  LH  S.  226  f. 

Die  Eingaben  sind  fast  sämmtlich  zugleich  an  den  Strategen 
und  den  königlichen  Schreiber  gerichtet,  nur  133  lediglich  an  den 
Ersteren,  89  und  der  Wiener  Text  an  den  Letzteren.  Der  Schreiber 
von  P.  Oxyr.  I  74  macht  es  sich  bequem,  indem  er  schreibt:  'AtcoXXwvco) 
[a]Tp(aTyjYcp)  xal  olc,  xa-ö-T^xsL  Nach  den  obigen  Erfahrungen  werden 
wir  daraus  schliessen,  dass  immer  jeder  der  beiden  Beamten  je  ein, 
wenn  nicht  zwei  Exemplare  erhielt.  Nach  dem,  was  ich  oben 
S.  286  über  die  besondere  Aufsicht  des  Strategen  über  die  Heerden 
gesagt  habe,  halte  ich  es  nicht  für  einen  Zufall,  dass  in  keiner  der 
Adressen  der  Dorfschreiber  begegnet.^) 

Die  Eingaben  sind  meist  nach  folgendem  Schema  abgefasst: 
„Von  den  x  Tieren,  die  ich  im  vorigen  Jahre  deklarirt  habe,  sind  y 
crepirt  oder  verkauft  oder  von  der  Regierung  requirirt  (vgl.  266 
und   Kenyon  a.  O.).     Die   übrigbleibenden   x — y  deklarire  ich 2) 

Andrerseits  scheinen  die  ßißXiocpuXaywSg  5Y][i,oatü)v  XöyoDv  bei  der  Heerden- 
verwaltung  beteiligt  zu  sein.  Vgl.  die  an  sie  eingesandten  Berichte  der  Weide- 
inspectoren  BGU  478—480  (dazu  oben  S.  191  Anm.  1). 

-)  Hier  wo  es  sich  lediglich  um  die  Aufzählung  der  vorhandenen  Stücke 
Vieh  handelt,  begegnet  neben  dcTroypacpT^  auch  6!.TZo'koyia(]x6c,)  (BGU  89,  1).  Vgl. 
266,6:  dcp'  wv  d7i£Xoy<t>^aM'^iV. 


§  3.    DIE  STEUEROBJECTS- DEKLARATIONEN. 


467 


initsammt  den  neugeborenen  Jungen  (zoijq  iizi'YOvfiq  aüTÖv  ^'K^'(^'^^r^- 
pivo'J^  TCwXo'JC  oder  ähnlich)  ^)  für  das  laufende  Jahr".  Bei  Anderen 
hat  sich  der  Viehbestand  durch  Kauf  erweitert  (354)-),  wieder  bei 
Anderen  ist  er  sich  gleich  geblieben  (352;  Pap.  Lond.  CCCXXVII). 
Immer  aber  wird  der  augenblickliche  Besitzstand  mit  dem  des  ver- 
flossenen Jahres  verglichen.  Daraus  folgt  notwendig,  dass  auch  diese 
Deklarationen  alljährlich  einzureichen  waren. 

4.  Deklarationen  über  Schiffe.  Im  Pap.  Grenf  (I)  49 
(vom  J.  220/1)  deklarirt  ein  Bürger  der  griechischen  Stadt  Antinoe 
ein  seinem  minorennen  Sohne  gehöriges  Schiff,  dessen  Steuermann 
er  selbst,  der  Deklarant,  ist.  Das  Schiff,  das  als  7:XoTov  ['EXJXyjvlxov 
bezeichnet  wird,  ist  ein  Lastschiff,  das  zum  Korntransport  benutzt 
zu  sein  scheint.  Seine  Grösse  wird  durch  die  Angabe  bestimmt, 
dass  es  250  Artaben  tragen  könne  (aYCoyT/?  apiaßwv  ^Laxoaiwv 
7ce^/Ti^XG^/ra).  Vgl.  P.  Oxyr.  I  86,  6.  Zur  Identificirung  wird  auf  das 
Abzeichen  hingewiesen,  das  es  am  Bug  trägt  (o'j  Tüapaarjfxov  TravTÖ- 
[lopcpoO-  Vgl.  übrigens  oben  S.  391.  —  Diese  Eingabe  ist  an  den 
Epistrategen ,  nicht  an  den  Strategen  gerichtet,  weil  Antinoe  von 
der  Gewalt  des  Letzteren  eximirt  war  (vgl.  oben  S.  434). 

5.  Eine  Deklaration  über  Sklaven  ist  uns  nicht  erhalten, 
denn  P.  Oxyr.  I  73  ist  nicht,  wie  die  Herausgeber  meinen,  eine 
iiTiOYpacf  Vj,  sondern  die  Bescheinigung  einer  solchen  vor  den  Agora- 
nomen.  Vgl.  Z.  10,  wo  dTTSYpa'^aio  steht,  nicht  a7:oYpa!^o{xaL.  Auf 
die  vorhergegangene  Apographe  wird  hingewiesen  in  Z.  23  (bC  O'j 
£7::5£5(ö7.£V  \)7:o\lW^\LO^'zoc) ,  wo  sie  nach  ihrer  formalen  Seite  ganz 
correct  als  ÖTcd|ivr^[ia  bezeichnet  ist.  Aus  dem  daraus  folgenden 
Auszug   kann    man   sich   die   Hauptpunkte   der   ocTZO^^poc^py]  noch 

In  dem  Oxyrhynchos-Text  sagt  der  Schreiber  xoi)$  e7iaxoXoüd'OUvx(ag) 
dtTiö  Y^^^^S  äpv[a$.  —  Die  Lämmer  (äpvss)  des  verflossenen  Jahres  werden  still- 
schweigend im  laufenden  Jahre  als  Tipößaxa  gezählt.  Vgl.  oben  S.  286  A.  1.  Diese 
von  Mommsen  für  133  vorgeschlagene  Erklärung  wird  jetzt  durch  den  Kenyon'- 
schen  Text  bestätigt :  twdXou  £vcs  XoY'.*op.^voi)  vuvsl  sv  xsXsiO'.^. 

*)  In  den  Kaufcontracten  wird  gelegentlich  hervorgehoben  ,  dass  von  nun 
an  der  Käufer  die  ä.TZoypot.(^i]  zu  machen  habe.  Vgl.  BGU  87,  153,  427.  In 
dem  letzteren  Text  werden  diese  Deklarationen  als  ^psii^iäxwv  äTioYpacpa: 
bezeichnet.  —  "Wenn  es  in  388  11  6  heisst,  der  Tote  habe  gehabt  x  Schafe  Iv 
diroYpa^-^  x[7.l  äÄ/w]a  ^  ävaTiÖYP^Y*)  so  ist  vielleicht  anzunehmen,  dass  er  diese 
500  Schafe  kurz  vor  seinem  Tode  gekauft  hat,  so  dass  sie  nicht  mehr  auf  seinen 
Namen  angemeldet  wurden  (?). 

30* 


468 


V.  KAPITEL. 


reconstruiren.  Sie  enthielt  [den  Namen]  des  Sklaven,  sein  Alter, 
das  Signalement  und  einen  Hinweis  auf  die  ojXoXoyta,  durch  welche 
der  Sklave  erworben  war. 

6.  Wie  eine  Erbschaftsdeklaration  sieht  P.  Oxyr.  I  75  aus. 
Ein  gewisser  Theon  deklarirt  im  Jahre  129  n.  Chr.  vor  den  ßi^XLO- 
9uXax£(;  von  dem  durch  testamentarische  Verfügung  seiner  Eltern 
vom  Jahre  84  auf  ihn  entfallenen  Erbteil  (aTio  Twv  xaxr^vnrjxoTCöv 
tiq  [le)  ein  dreistöckiges  Haus  (nebst  Erdgeschoss  und  Hof)  und 
einen  ^'.Xbc,  totio?.^)  Er  fügt  hinzu,  dass  seine  Schwester  Diogenis, 
der  in  jenem  Testament  eine  Mitgift  von  1000  Drachmen  und  das 
Kecht,  in  dem  Hause  (frei)  zu  wohnen  (evoLxr^ac^)  bestimmt  war, 
kinderlos  noch  vor  den  Eltern  gestorben  sei.  Die  Erklärung  dieser 
merkwürdigen  Apographe  richtet  sich  danach,  ob  die  Eltern  in  dem 
laufenden  Jahre  gestorben  sind  oder  schon  früher.  Die  Worte  s^' 
(seil.  ^LaO-T^xiT])  aptETa^exa)  dpi^OTSpoc  eieXsuTr^aav  geben  darüber 
keine  klare  Auskunft.  Sind  die  Eltern  im  laufenden  Jahre  gestorben, 
so  haben  wir  eine  Erbschaftsdeklaration  vor  uns,  und  wir  lernen 
dann,  dass  man  nicht  die  ganze  Erbschaft  auf  einem  Blatte  als 
solche  deklarirte,  sondern  die  einzelnen  zu  derselben  Steuergruppe 
gehörigen  Objecte  —  so  hier  Haus  und  Hof  —  in  besonderen  Ein- 
gaben anzeigte  (vgl.  a7i6  twv  xaiyjVTyjxoTWv).  Für  diese  Deutung 
könnte  angeführt  werden,  dass  der  Deklarant  sich  nicht  auf  den 
Befehl  des  Präfecten  bezieht,  sondern  ganz  allgemein  enl  toö 
TiapovTO?  sagt.  Sollten  die  Eltern  aber  schon  früher  gestorben  sein 
—  und  der  Wortlaut  ist  hiermit  durchaus  vereinbar,  —  so  haben 
wir  eine  Hausdeklaration  vor  uns,  die  sich  von  den  unter  1  auf- 
geführten nur  dadurch  unterscheidet,  dass  der  Schreiber  merkwürdiger 
Weise  statt  des  kurzen  TiaxpiXT^  die  Details  der  testamentarischen 
Verfügungen  angiebt.  Man  könnte  es  auch  so  auffassen,  dass  dieser 
Schreiber  sich  alljährlich  wieder  des  alten  Formulars  bedient,  dass 
er  zuerst  im  Jahre  der  Erbschaft  aufgesetzt  hatte.  Welche  von  den 
beiden  Deutungen  die  richtige  ist,  wage  ich  nicht  zu  entscheiden. 

Dies  sind  die  Objectsdeklarationen,  die  mir  aus  der  Ptolemäer- 
zeit  und  der  Kaiserzeit  bekannt  sind.    Es  ist  bis  jetzt  nur  eine 


^)  Genauer:  ein  Drittel  von  dem,  was  sein  Vater  von  dem  Hause  und 
61X05  xÖTiog  besessen  hatte.  Von  dem  Hause  hatte  dem  Vater  aber  nur 
i  +  h  ~  ^  gehört.    Also  hat  der  Sohn       des  gesammten  Hauses  geerbt. 


§  3.    DIE  STEUEROBJECTS- DEKLARATIONEN. 


469 


kleine  Anzahl  von  Rubriken,  die  uns  durch  erhaltene  Urkunden 
bezeugt  wd.  Denken  wir  an  unsere  Steuertabelle  auf  S.  408  ff,  so 
sehen  wir,  dass  bei  der  völligen  Separirung  der  einzelnen  Objects- 
gruppen  auch  schon  für  einen  mässig  wohlhabenden  Mann  die  Zahl 
der  jährlich  in  mehrfachen  Exemplaren  einzureichenden  Deklarationen 
eine  recht  bedeutende  gewesen  sein  muss. 

In  Hinsicht  der  Periodicität  besteht  zwischen  den  Objects- 
deklarationen  und  den  Subjectsdeklarationen  ursprünglich  kein 
Unterschied.  In  der  Ptolemäerzeit  wurden  beide,  wie  es  uns  schien, 
alljährlich  eingefordert,  und  in  einem  Falle  fanden  wir  beide  auf 
einem  Blatte  vereinigt.  Freilich  gemahnte  uns  die  Dürftigkeit  des 
Materials  zur  Vorsicht.  Auch  die  beiden  Subjectsdeklarationen  aus 
der  Zeit  des  Augustus  waren  jährlich  eingereichte  Urkunden. 
Dagegen  mindestens  von  61/2  an  sind  die  Unterschiede  sehr  be- 
deutende: von  da  an  wurden  die  Subjectsdeklarationen  alle  14  Jahre 
für  das  verflossene  Jahr  eingereicht,  die  Objectsdeklarationen  dagegen 
in  jedem  Jahre  für  das  laufende  Jahr.^) 

Vergleichen  wir  andrerseits  die  Objectsdeklarationen  der  Kaiser- 
zeit mit  den  Objectsdeklarationen  der  Ptolemäerzeit,  so  liegen  auch 
hier  grosse  Unterschiede  vor.  Das  Charakteristische  der  ptolemäischen 
Eingaben  war,  dass  immer  neben  dem  dTTcypacpeG^a:  das  TijJtaaO-a: 
stand,  neben  der  Anzeige  die  Schätzung.  Für  die  Kaiserzeit  giebt 
es  dagegen  kein  Beispiel,  dass  eine  Schätzung  {v.\Lr^al(;)  von  den 
Steuerzahlern  selbst  vorgenommen  wäre.  Es  ist  daher  nicht  zutreffend, 
wenn  Viereck  (Philol.  LH  S.  233)  gegenüber  diesen  Urkunden 
von  „Selbsteinschätzung"  spricht.  Vielmehr  sind  sie  ausschliesslich 
„Selbstanzeigen",  aTTcypa^at.  Das  ist  eine  fundamentale  Neuerung, 
die  wir,  wenn  auch  kein  Urkundenmaterial  aus  dem  I.  Jahrh.  v.  Chr. 
vorliegt,  doch  wohl  der  römischen  Regierung  zuschreiben  dürfen. 
Darin  liegt  ein  wichtiger  Systemwechsel,  dem  gegenüber  die  sonstigen 
Unterschiede  zurücktreten.  Dieser  Wechsel  ist  um  so  bemerkens- 
werter, als  im  römischen  Census  der  Deklarant  selbst  einzuschätzen 
hatte. 2)  Dies  spricht  von  Neuem  dafür,  dass  —  wie  Mommsen 
mehrfach  hervorgehoben  hat  —  der  römische  Bürgercensus  und  der 
Provinzialcensus  völlig  getrennte  Institutionen  sind. 


*)  Vgl.  meine  Ausführuugeu  im  Philologiis  LH  S.  565  f. 
')  Mommsen,  Staatsrecht  IP  S.  394  f. 


470 


V.  KAPITEL. 


§  4. 

Die  Controle  der  Deklarationen. 

Die  bisher  behandelten  Deklarationen  konnten  der  Regierung 
nur  unter  der  Voraussetzung  zur  Grundlage  der  Steuerveranlagung 
dienen,  dass  einmal  sich  Niemand  der  Deklarationspflicht  entzog, 
und  dass  ferner  die  Angaben  der  Wirklichkeit  entsprachen.  Die 
Erfüllung  dieser  beiden  Bedingungen  konnte  nicht  dem  guten 
Willen  der  Bevölkerung  überlassen  bleiben.  Wenn  schon  heute  in 
hochentwickelten  Kulturländern  selbst  solche  Personen,  die  sonst 
rechtlich  gesonnen  sind,  den  Steuerdefraudationen  gegenüber  vielfach 
ein  weites  Gewissen  zeigen,  so  wird  das  im  Altertum  nicht  besser 
gewesen  sein,  und  speziell  für  Aegypten  haben  wir  ein  klassisches 
Zeugnis  in  den  bekannten  Worten  des  Ammianus  Marcellinus 
(XXII  16,  23):  erubescit  ajmd  eos  (seil.  Aegyptios)  si  qui  7ion 
infitiando  trihuta  plurimas  in  corpore  vibices  osiendat.^)  Wir  können 
es  daher  als  selbstverständlich  betrachten,  dass  der  Deklarations- 
zwang durch  gesetzliche  Bestimmungen  gesichert  wurde.  Von  Amasis 
berichtet  Herodot  II  177  (im  Anschluss  an  die  oben  S.  437  citirten 
Worte),  dass  er  auf  die  Unterlassung  der  Deklaration  die  Todes- 
strafe gesetzt  habe:  [xy]  Se  Troceuvia  xauxa  —  C'9'6v£a9'aL  -ö-avaxw.^) 
Ob  diese  Angabe  richtig  ist,  wird  wohl  mit  Recht  bezweifelt.  Für 
die  griechisch-römische  Periode  ist  eine  derartige  Bestimmung  jeden- 
falls abzulehnen.  Das  beweist  die  einzige  Notiz,  die  wir  über  eine 
Bestrafung  im  Falle  der  Deklarationsunterlassung  für  diese  Zeit 
kennen.  Nach  Pap.  Tur.  I  7,  10 f.  verlor  derjenige,  der  eine  Erb- 
schaft nicht  deklarirte,  nicht  den  Kopf,  wohl  aber  sein  Recht  auf  die 
Erbschaft  und  musste  ausserdem  ein  sehr  hohes  Strafgeld  zahlen 
(s.  oben  S.  345  f.).  In  ähnlicher  Weise  mögen  auch  für  die  anderen 
Steuern  Strafgelder  festgesetzt  gewesen  sein,  wozu  wahrscheinlich 
eventuell  auch  körperliche  Züchtigungen  hinzugekommen  sind. 

Nicht  minder  wichtig  war  die  Frage,  wie  die  Richtigkeit  der 
Deklaration  controlirt  werden  sollte.    Hierzu  liegt  uns  ein  reicheres 


^)  Aehnliche  Zustände  dort  noch  heute.  Vgl.  v.  Fircks,  Aegypten  1894  I 
S.  145/6. 

Schief  wiedergegeben  von  Diod.  I  77,  5. 


§  4.    DIE   CONTROLE  DER  DEKLARATIONEN. 


471 


Material  vor,  das  uns  zeigt,  dass  die  Regierung  sich  wohl  bewusst 
war,  dass  Deklaration  ohne  Controle  wertlos  ist.  Zunächst  wurde 
—  in  manchen  Fällen  —  das  Gewissen  der  Deklaranten  dadurch 
geschärft,  dass  man  sie  die  Richtigkeit  ihrer  Angaben  durch  einen 
Eid  beschwören  Hess  —  wie  das  ja  auch  im  römischen  Bürgercensus 
regelmässig  der  Fall  war.^)  'Nach  aegvptischer  Landessitte  wurde 
der  schriftliche  Eid  beim  König  verlangt.  Dieser  Eid  begegnet 
mehrfach  in  den  vom  Revenue-Papyrus  vorgeschriebenen  Deklarationen 
(s.  oben  S.  459).  So  heisst  es  col.  27,  13 ff.  von  dem  "Winzer,  der 
dem  Apomoirapächter  zu  deklariren  hat:  xeipGY[pa:pr^a]aTü)  [Se]  6 
yewpyö?  xöv  ßaa'Aixov  opx[o]v  [7:]av  zb  ye'/yjfia  aTzoSESs^/sva:  — 
xal  TTjv  a7ü6[X0Lp[av]  ty;v  ''{^yz'rr^\Lhr^y  (Hunt)  [5]'.xa:a);  avaY^Cypa]- 
c;pr]xevat.  Einen  entsprechenden  Eid  hat  auch  der  Pächter  dem 
Winzer  zu  leisten  (col.  27,  5  ff.).  Vgl.  auch  col.  42,  17:  {jlsO-'  opzo'j. 
Ebenso  heisst  es  im  Petr.  Pap.  (II)  XXYII  (1)  von  dem  Steuer- 
deklaranten,  der  eventuelle  Veränderungen  im  Besitzstande  alsbald 
anzuzeigen  verspricht:  TTpocavoLaw  [i[£Ta  yeipoJYpa^ia?  opxou  ßaa:- 
Xixoö.  Der  Wortlaut  eines  Eides,  der  ftir  Deklaranten  vorgeschrieben 
wird,  scheint  mir  in  einem  zerfetzten  Passus  des  Revenue-Papyrus 
erhalten  zu  sein.  Col.  86,  10 f  möchte  ich  folgendermassen  ergänzen: 
'0[ivu(ü  ßacj:[X£a  nToXc{ia!ov(?)^)  [irjv  Bcxaiw];  if^v  a7iOYpa-^[YjV 
Töv  ^B'/riii]izm  twv  6[7:ap76v'ca)V  (loc  ä.'jr.o^^vfpoc^riy.hoci  y.zl.  Die 
angeführten  Beispiele  stammen  aus  dem  III.  Jahrh.  v.  Chr.  Auch 
aus  der  Kaiserzeit  liegen  einige  Beispiele  für  die  Anwendung  des 
Königseides  vor.  In  der  oben  besprochenen  Subjectsdeklaration  aus 
Memphis  (vom  J.  173/4)  heisst  es  zum  Schluss:  7.[al]  6{ivuii)  Ty;v  toO 
xupioi)  [Au]py]XLO'j  'A^/rwvivoi)  Kaiaapo^  L'^'^ly/^''  aXr^^-^  elva:  -zoc 
7:pox(£L|Ji£va).  Während  hier  beim  Genius  des  Kaisers  geschworen 
wird,  lautet  der  Eid  am  Schluss  der  Objectsdeklarationen  P.  Oxyr.  I 
74  und  75,  wie  in  alten  Zeiten,  auf  den  Herrscher  selbst:  6|iv'jü) 
AüToxpaTopa  Kaiaapa  Tpaiavov  'Aopiavöv  2£ßaaxöv  [l^  i^^xiad-a.'.. 
Eine  solche  eidliche  Versicherung  findet  sich  in  keiner  der  zahl- 
reichen entsprechenden  Deklarationen  aus  dem  Faijüm!  Dagegen 


Vgl.  Mommsen,  R.  Staatsr.  IV  S.  373  f. 
^)  Vielleicht  ohne  Namen.    Viel  umständlicher  ist  der  Königseid  in  Petr. 
Pap.  (Iii  XLVI  a  (vgl.  Gött.  GA  1895  S.  161».  Meine  am  Original  vorgenommene 
Revision  stimmt  mit  Witkowski,  Prodromus  gramm.  pap.  gr.  (1897)  S.  56  überein. 


472 


V.  KAPITEL. 


wird  in  einer  der  oben  besprochenen  faijümischen  Todesanzeigen 
(BGU  17)  wie  auch  in  P.  Oxyr.  I  79  die  Aussage  durch  einen 
Eid  bekräftigt.  Desgleichen  begegnet  der  Eid  in  den  unten  zu 
besprechenden  Urkunden  BGU  92,  649,  730  (aus  dem  Pharbaithites). 

Aber  eben  so  wenig,  wie  sich  heute  unsere  Regierung  bei  der 
„nach  bestem  Wissen  und  Gewissen"  ausgefertigten  Deklaration 
beruhigen  kann,  genügte  damals  die  beschworene  Eingabe.  So  trat 
neben  die  Deklaration  der  Steuerpflichtigen  die  amtliche  Nach- 
forschung. Wir  lernen  verschiedene  Arten  dieser  Controle  kennen. 
In  einem  Falle  sehen  wir,  wie  gleichzeitig  mit  den  Steuerzahlern 
die  „königlichen  Schreiber"  aufgefordert  werden,  concurrirend  mit 
Jenen  über  Umfang  und  Ertrag  der  betreffenden  Steuerobjecte  zu 
deklariren.  Dies  befahl  Philadel phos,  als  er  die  Apomoira  neu 
regelte.  Vgl.  Rev.  Pap.  36,  3  ff.,  ähnlich  auch  in  dem  zweiten  Erlass 
37,  10  ff.  Hier  werden  also  zwei  selbstständige,  von  einander  unab- 
hängige Eingaben  gemacht,  von  den  Steuerzahlern  und  von  den 
Regierungsbeamten.  Beide  werden  der  Steuerveranlagungscommission 
überwiesen  (36,  10). 

Dieses  umständliche,  aber  allerdings  auch  sichere  Controle- 
system  mag  wohl  nur  in  Ausnahmefällen,  wie  hier  bei  Einführung 
einer  neuen  Steuer,  befolgt  worden  sein.  Für  gewöhnlich  wird  man 
sich  darauf  beschränkt  haben,  die  von  den  Steuerpflichtigen  ein- 
gereichten Deklarationen  nachträglich  auf  ihre  Zuverlässigkeit  hin 
zu  prüfen.  So  ergiebt  sich  aus  Rev.  Pap.  29  folgendes  Bild.  Die 
Besitzer  von  Nutzgärten  sollen  den  Steuerpächtern  und  den  Regierungs- 
beamten gegenüber  deklariren  und  zugleich  den  Ertrag  abschätzen. 
Wenn  der  Steuerpächter  der  Schätzung  zustimmt,  so  soll  er  mit 
dem  Besitzer  die  vorgeschriebenen  contractlichen  Abmachungen  voll- 
ziehen. Wenn  er  aber  Widerspruch  erhebt,  so  soll  der  thatsächliche 
Ertrag  dadurch  festgestellt  werden,  dass  der  Steuerpächter  selbst 
den  Verkauf  der  Früchte  übernimmt.  Hat  der  Besitzer  zu  niedrig 
geschätzt,  so  ist  das  Plus,  das  sich  durch  den  Verkauf  ergiebt,  Profit 
des  Steuerpächters,  der  Staat  aber  bekommt  seine  Quote  von  dem 
wirklichen  Ertrage.  Hat  der  Besitzer  jedoch  höher  eingeschätzt,  als 
der  Verkauf  ergiebt,  so  trägt  der  Pächter  den  Schaden,  indem  der 
Staat  die  Differenz  von  ihm  erhebt,  die  Regierung  aber  macht  einen 
Profit,  insofern  sie  mehr  erhält,  als  sie  von  dem  positiven  Ertrag 
allein  bekommen  hätte. 


§  4.    DIE  CONTROLE  DER  DEKLARATIONEN. 


473 


Hier  scheint  mir  vor  Allem  bemerkenswert,  dass  die  Prüfung 
der  TLfirjai^  —  denn  die  liegt  in  dem  euSoxeiv  oder  dvxLXeyeiv  — 
nicht  von  den  Regierungsbeamten,  sondern  von  den  Steuerpächtem 
vorgenommen  wird.  Da  nun  alle  Steuern,  wie  wir  sehen  werden, 
in  der  Ptolemäerzeit  verpachtet  waren,  liegt  der  Schluss  nahe,  dass 
auch  bei  den  übrigen  Steuern  die  Prüfung  der  Deklarationen  und 
der  in  jener  Zeit  damit  verbundenen  Schätzungen  den  Steuerpächtern, 
die  ihrerseits  wieder  unter  der  Controle  der  Regierungsbeamten 
standen,  übertragen  war.  In  col.  28  des  Revenue-Papyrus,  in  der  es  sich 
um  die  Abmachungen  zwischen  Winzern  und  Steuerpächtem  handelt, 
ist  die  Controle  der  Deklarationen  gleichfalls  den  Letzteren  über- 
wiesen. Hier  wird  für  den  Fall,  dass  der  Pächter  sein  Veto  ein- 
legt, die  Entscheidung  den  Regierungsbeamten  als  zweiter  Instanz 
(£7Ci7.p'!v£iv)  zugeschoben.  1)  Vgl.  auch  col.  89,  2  und  fragm.  2,  e.  In 
wie  weit  diese  Einzelangaben  zu  verallgemeinern  sind,  lasse  ich 
dahingestellt.  Dass  die  ptolemäische  Regierung  im  Princip  die 
Prüfung  der  Deklarationen  den  Pächtern  überlassen  und  selbst  nur 
eventuell  im  Streitfall  die  letzte  Entscheidung  sich  vorbehalten  habe, 
ist  mir  nicht  unwahrscheinlich.  Sie  würde  die  Arbeit  damit  auf 
andere  Schultern  abgewälzt  und  sich  selbst  dabei,  wie  obiges  Bei- 
spiel zeigt,  finanziell  auf  alle  Fälle  gesichert  haben,  denn  damit, 
dass  im  Falle  einer  zu  niedrigen  Schätzung  dem  Pächter  ein  Profit 
zufiel,  war  die  Sicherheit  gegeben,  dass  er,  wo  irgend  der  Verdacht 
einer  Steuerhinterziehung  vorliegen  konnte,  sein  Veto  erheben  würde. 
Andrerseits  war  der  Steuerzahler  dadurch,  dass  im  Falle  eines 
ungerechten  Veto  der  Pächter  in  seine  eigene  Tasche  greifen  musste, 
vor  leichtfertigen  Beanstandungen  seiner  Schätzung  geschützt,  während 
der  Staat  ein  Plus  machte.  Man  wird  zugeben,  dass  dieses  Controle- 
system  ausserordentlich  fein  ersonnen  war. 

Aus  dem  Gesagten  erklärt  sich  auch,  weshalb  die  oben  ange- 
führten Beispiele  von  Objectsdeklarationen  —  denn  nur  für  diese 
können  die  Steuerpächter  herangezogen  werden,  nicht  auch  für  die 
Subjectsdeklarationen  —  teils  an  Regierungsbeamte,  teils  an  Steuer- 
pächter adressirt  sind.  So  ist  No.  2  (S.  457)  an  einen  iTzi[LzXriTf]C, 
gerichtet,  No.  4  an  den  ßaai^.cxö^  ^(p(x,\i\L!XZE'jq,  dagegen  No.  3  an 


["Eiv  8*  dvx]iXdYü)a'.v  ü)g  uXiov  Tj  IXaraoov  yijVSTai,  iuixp'.vexü)  6  oixovö|ic; 
xal  6  [dvx'.]Ypacp£ug  xal  xaO-ÖTi  dv  iuixp-.^'.,  acpp[aY'.^^]o9-(üoav. 


474 


Y.  KAPITEL. 


das  TsXwvLOV.  Man  deklarirte  also  wohl  gleichzeitig,  wie  es  der 
Reveoue-Papyrus  für  einzelne  Fälle  vorschreibt,  an  die  Regierungs- 
organe und  das  betreffende  Zollbureau. 

Wenden  wir  uns  nun  zur  Kaiserzeit  und  zunächst  zu  den 
Subjectsdeklarationen.  Wir  haben  oben  gesehen,  dass  diese  in 
doppelten  Exemplaren  an  die  Gaubeamten  —  den  Strategen  und 
den  königlichen  Schreiber,  eventuell  auch  die  Archivare  —  sowie  an 
die  zuständigen  Ortsbeamten  —  die  Stadtschreiber,  bezw.  den  Dorf- 
schreiber und  die  Volkszähler  —  zu  richten  waren.  A  priori  wird 
man  annehmen,  dass  diese  Instanzen  auch  mit  der  Nachprüfung  der 
Eingaben  betraut  gewesen  sind.  Gewisse  Subscriptionen  in  einigen 
der  uns  erhaltenen  Exemplare  bestätigen  diese  Annahme.  Mehrfach 
j&ndet  sich  die  Unterschrift:  6  SeTva  a£ayj|X£C(jt)|JLai.  Vgl.  BGU  53,  95, 
447,  524.  Ebenso  wie  in  den  Quittungen  durch  diese  Formel  die 
Richtigkeit  der  Urkunde  bezeugt  wird  (s.  S.  83),  so  wird  auch  hier 
der  subscribirende  Beamte  die  Richtigkeit  der  Deklaration  damit 
bestätigen  wollen.  In  53  subscribirt  der  Dorfschreiber,  In  95 
scheinen  die  beiden  Subscribenten  zu  den  Volkszählern  zu  gehören. 
In  447  kann  man  zwischen  dem  Dorfschreiber  und  einem  Volks- 
zähler schwanken.    Auch  in  524  ist  die  Person  unklar. 

Eine  andere  Formel  begegnet  in  97  und  447,  in  denen  es 
beide  Male  gleichlautend  heisst:  2ü)xpaTyj(;  ea^ov  l'aov  zlc,  l^eiaaiv. 
XaLp'/jfiwv  auv£a)(OV.  Hier  bezeugen  die  Beamten  —  es  mögen  zwei 
Volkszähler  sein  oder  der  Dorfschreiber  und  ein  Volkszähler,  — 
dass  sie  eine  Copie  von  dem  Vorliegenden  „zur  Prüfung"  erhalten 
haben.  Das  vorliegende  Exemplar  mag  mit  dieser  Subscription 
der  nächst  höheren  Instanz  übergeben  sein.  In  welcher  Weise 
die  Exemplare  von  unten  nach  oben  weiter  gegeben  wurden,  darüber 
bleibt  noch  manches  unklar,  aber  soviel  scheint  sich  aus  den  ange- 
führten Fällen  mit  Sicherheit  zu  ergeben,  dass  es  speziell  die  Orts- 
beamten waren,  die  mit  der  Nachprüfung  der  Eingaben  betraut 
waren.  Auch  die  höheren  Instanzen  mögen  sie  mit  ihren  Personal- 
büchern verglichen  und  so  eine  Controle  ausgeübt  haben,  aber  die 
Ortsbeamten  waren  naturgemäss  die  zur  Controle  Geeignetsten,  denn 
sie  hatten  nicht  nur  wie  Jene  ihre  Bücher  zum  Nachschlagen, 
sondern  sie  konnten  vor  Allem  an  Ort  und  Stelle  durch  Nach- 
forschungen in  den  Haushaltungen  selbst  sich  von  der  Richtigkeit 
überzeugen. 


§  4.    DIE  COXTROLE  DER  DEKLARATIONEN. 


475 


Aehnliche  Controlevermerke  tragen  nun  auch  die  Objects- 
deklarationen.  Ich  beginne  mit  denen  über  Viehbesitz,  weil  hier 
die  Sachlage  am  klai-sten  ist.  Die  Lesung  und  Ergänzung  der 
betreffenden  Subscriptionen  steht  zwar  noch  nicht  überall  fest,  aber 
über  die  Bedeutung  kann  kein  Zweifel  mehr  sein.  Vgl.  Hermes  XXVIII 
S.  240.  Als  Beispiel  gebe  ich  die  Subscription  von  BGU  358,  die 
besonders  gut  erhalten  ist: 

19  (2.  Hand)    'A::£Yp(a^ir]aav)  aTpaT(r^Y^)  *''-a[iriX(oL)  Z 

20  Meyjp  6.     (S.Hand)    UocpOC  ^(XO'JXQ.'Ätb)  6([xo:ü)c) 

21  XapLYjAfoi)   ^  M£X(lp)  £. 

22  (4. Hand)    Mdcpwv  x7:oh(ßZf^(\Liyoc)  p[x(vaaiapxr^;)  £5r;(pid'jxr^aa) 

23  (O.Hand)    Ilapa  ßaa'.XCixw)  6|i(o:(D5)  (i>?  7r(pöx£iTai). 

24  (6.  Hand)    \ioYJ^'.(o)c  £cr^p'0-([ir^aa)  6i(a)  toö  ßo(r^^oO) 

25  xal  £^r;p'.0'([xy;x(i);)  g'j{x'^ü)(vü)). 

Zunächst  wird  vom  Strategen  bezeugt,  dass  die  in  der  Eingabe 
aufgezählten  Tiere  an  dem  und  dem  Datum  in  seine  Bücher  ein- 
getragen sind,  denn  das  bedeutet  hier  a7:£Yp(a^Y;aav),  wie  die  Variante 
xaT£Xü)p:a9'yjaav  (vgl.  BGU  352)  zeigt. ^)  Darauf  folgt  ein  ent- 
sprechender Vermerk  des  königlichen  Schreibers.  Hiermit  ist  noch 
nichts  über  die  Richtigkeit  der  Eingabe  ausgesagt.  Das  geschieht 
erst  mit  den  folgenden  Unterschriften,  die  besagen,  dass  die  Tiere 
von  amtswegen  nachgezählt  sind,  und  zwar  wiederum  einmal  beim 
Strategenamt  und  ein  zweites  Mal  beim  königlichen  Schreiber. 
Gewöhnlich  folgt  noch  eine  dritte  Auszählung,  wie  hier  die  des 
Aiovuaio^.    "Wer  das  ist,  ist  aus  dem  Text  nicht  zu  ersehen. 

Von  besonderem  Interesse  ist  der  Maptov,  der  für  das  Strategen- 
amt die  Auszählung  übernommen  hat.  Wir  sehen  hier  einen  ange- 
sehenen Bürger,  der  zum  G}Tnnasiarchen  designirt  ist,  mit  der  Aus- 
zählung von  Kamelen  beschäftigt!  Also  gehörte  das  ^^ap:0'{Ji£lv 
wohl  zu  den  Liturgien,  die  auf  der  Bürgerschaft  lasteten.-) 

Dieses  amtliche  Auszählen  oder  Nachzählen  des  Viehes  bildet 
also  die  notwendige  Ergänzung  zu  den  Selbsteingaben  der  Vieh- 
besitzer. Daher  sagt  der  Deklarant  in  266:  5rjXü)  p.£xd  dT:0Yp(a9"?jv) 
xal  l5[apL0'[irjacv]. 

Nicht  „eingereicht",  wie  Viereck,  Philol.  LH  S.  227  meint. 
Vgl.  oben  S.  351.  Die  Auffassung  dieses  Amtes  als  einer  Liturgie  würde 
gegen  eine  Salarirung  nicht  sprechen.  Vgl.  S.  394  §  198. 


476 


Y.  KAPITEL. 


Viereck  (Philol.LII  S.  229)  sieht  auch  in  BGU  92  eine  Urkunde, 
die  der  Controle  der  Steuererklärung  diente.  Das  ist  nicht  ganz 
unrichtig,  und  dennoch  möchte  ich  eine  andere  Pointe  in  dieser 
Eingabe  finden  (ebenso  in  den  ähnlichen  BGU  649  und  730).  Der 
Schwerpunkt  liegt  nicht  sowohl  in  der  von  der  Regierung  extrahirten 
Angabe  (jzpoq'^oyyriaiq),  dass  der  Schreiber  zur  Zeit  so  und  so  viele 
Schweine  habe,  als  vielmehr  in  der  w^eiteren  Erklärung,  dass  er 
jederzeit  bereit  sei,  diese  Schweine  auf  Wunsch  vorzuführen,  d.  h. 
wohl  auf  den  Markt  zu  treiben,  für  den  er  sie  grossziehe.^)  In  92 
wird  auf  den  Markt  von  WevxoXXfj^:? ,  in  649  auf  den  von 
Alexandrien  hingewiesen.  Wir  sehen  also  die  Regierung  darüber 
wachen,  dass  die  Viehmärkte  genügende  Zufuhr  erhielten. 2)  Es  ist 
mir  übrigens  fraglich,  ob  die  Schreiber  dieser  Eingaben  wirklich  die 
Besitzer  der  Schweine  sind  und  nicht  vielmehr  Beamte  der  könig- 
lichen Domanial  Verwaltung.  3) 

In  ähnlicher  Weise  werden  auch  die  übrigen  Objectsdeklarationen 
controliii;  sein,  wiew^ohl  die  Controle  nicht  überall  so  einfach  aus- 
zuführen war  wie  gerade  bei  den  Viehdeklarationen.  So  finden  sich 
Controlevermerke  auch  bei  einigen  der  oben  angeführten  Deklara- 
tionen über  Haus  und  Hof  und  Ackerland.  Vgl.  108  R,  139,  459,  536. 
Im  Einzelnen  bleibt  hier  noch  manches  fi^aglich,  so  in  459  und  536. 
Den  oben  besprochenen  Subscriptionen  der  Viehdeklarationen  ent- 
sprechen am  meisten  108 R  und  139.  In  letzterer  heisst  es: 
(2.  Hand)  'A7ü£Ypa(9r|)  Tü(apd)  aTp(arrjY(p)  Oa[x(£vd)^)  ä. 
^s.Hand)  'A7i£Yp(acprj)  :r(apöc)  ßaacX(ixa))  ypCafiiiaxel)     ^aptCevo)^)  ä. 


^)  Die  Wendung  vcal  dTiöxav  sTX'.^YjT-^g,  Tiapaaxr^aü)  (92,  16)  ist  formelhaft. 
Vgl.  Pap.  Grenf.  (II)  79  I  8.  In  G49,  das  leider  verstümmelt  ist,  scheint  es 
daneben  ausführlicher  ausgedrückt  gewesen  zu  sein.  In  92  ist  der  Gedanke 
ungeschickt  mit  der  ersten  Aussage  verknüpft:  ouauep  xpscpwv  sie,  x6  xaTayttystv 
sig  Tag  zf,c,  WsvxoXXt^Xsü)?  ayopots.  —  Die  obige  Auffassung  wurde  soeben  durch 
P.  Oxyr.  I  81  bestätigt,  eine  ganz  ähnliche  Eingabe  eines  Eierhändlers.  Hier 
fällt  die  Zählung  natürlich  ganz  fort,  und  dadurch  tritt  die  Hauptsache,  die 
Bereiterklärung,  den  Markt  von  Oxyrhynchos  mit  Eiern  zu  versehen,  noch  deut- 
licher hervor.  Der  Eierhändler  fügt  die  Versicherung  hinzu,  nicht  heimlich  und 
auch  nicht  im  eigenen  Hause  zu  verkaufen. 

^)  Die  vorliegenden  Eingaben  sind  an  den  Strategen  gerichtet. 

^)  Der  Eine  sagt  Ixs'.v  uap'  sjiauxu),  der  Andere  Ixs'-v ;  keiner  sagt  ÖTiapxstv 
[jLOi.  Der  Schreiber  von  92  nennt  sich  Jy.axaYCOYS'JS,  was  nach  dem  Vorhergehenden 
vielleicht  zu  5r/}iöa'.o;)  'Äzri^^ozpö^oc,  (vgl.  BGU  638)  xal]  xaxaywYsOs  zu  ergänzen 


§  4.    DEE  CONTROLE  DER  DEKLARATIONEN. 


477 


(4.  Hand)   ^Eplt\JC,  X(l)[10Ypa((l[iaT£'j;)   £a/GV  TG'JTo(l)) 

Auch  hier  wird  zunächst  die  Buchung  bei  den  beiden  Gau- 
ämtem  constatirt,  darauf  folgt  —  wie  bei  den  Subjectsdeklarationen  — 
die  Aussage  des  Dorfschreibers  (auch  in  108  R),  dass  er  eine  Copie 
hiervon  „zur  Prüfung"  erhalten  habe.  So  erscheint  auch  hier,  wie 
bei  den  Subjectsdeklarationen,  der  Ortsbeamte  als  derjenige,  der  die 
Controle  thatsächlich  auszuüben  hat.  Während  die  sonstigen  An- 
gaben dieser  Deklarationen  auch  von  den  Gaubeamten  in  ihren 
Büchern  verglichen  werden  konnten,  war  der  Dorfschreiber  speziell 
in  der  Lage,  zu  controliren,  ob  die  Angabe  über  das  Mass  der 
Bewässerung  durch  die  Kilschwelle  zu  Recht  bestand, 

So  sehen  wir  in  der  Kaiserzeit  die  Gaubeamten  und  namentlich 
die  Ortsbeamten  die  Controle  über  die  Deklarationen  ausüben, 
während  sie  in  der  Ptolemäerzeit  auf  die  von  den  Beamten  con- 
trolirten  Steuerpächter  abgewälzt  war.  Diese  directe  Controle  durch 
die  Regierungsbeamten  ist  nichts  als  eine  selbstverständliche  Conse- 
quenz  der  von  der  römischen  Regierung  in  weitem  Umfang  durch- 
geführten Ersetzung  der  Steuerpacht  durch  die  directe  Erhebung 
(vgl.  Kap.  VI).  Es  bleibt  abzuwarten,  ob  bei  denjenigen  Abgaben, 
die  auch  in  der  Kaiserzeit  noch  verpachtet  wurden,  die  Controle 
durch  die  Pächter  ausgeübt  worden  ist.  P.  Oxyr.  I  36  scheint  für 
diese  Annahme  zu  sprechen.  2)  Die  oben  angeführten  Deklarationen 
sind  sämmtlich  für  Steuern  eingereicht,  die  nicht  verpachtet  waren, 
sondern  in  directer  Regie  standen. 


ist.  Das  wäre  ein  Beamter,  der  die  (kaiserlichen  oder  Gemeinde-?)  Schweine 
aufzuziehen  und  auf  den  Markt  zu  treiben  hätte.  Aber  es  ist  nicht  aus- 
geschlossen, dass  es  sich  um  Privatleute  handelt.  Vgl.  P.  Oxyr.  I  81. 

Nicht  zu  den  eigentlichen  Controlevermerken  gehört  die  Xotiz  bei 
P.  Grenf.  (II)  56.  Die  Herausgeber  meinen,  dass  die  zwischen  der  Deklaration 
und  dem  Datum  von  dritter  Hand  eingeschobenen  Zeilen  15  — 18  in  keiner 
Beziehung  zu  der  Urkunde  stünden.  Aber  wie  sollte  sie  dann  dorthin  gekommen 
sein?  Ich  glaube  vielmehr,  dass  diese  Worte  bis  5p  Z,  besagen  sollen,  dass 
die  Deklarantin  im  vergangenen  Jahr  7  Drachmen  Steuern  für  das  betreffende 
Object  gezahlt  habe.  So  erklärt  sich  auch,  dass  in  dieser  Quittung  der  Xame 
des  Zahlers  fehlt.  Diese  Bemerkung  mag  sich  also  ein  Beamter  notirt  haben,  der 
mit  der  Steuerveranlagung  beschäftigt  war. 

^)  Es  handelt  sich  hier  allerdings  nicht  um  eine  periodische  dTioYpa^r^, 
sondern  um  eine  einmalige  Zolldeklaration  bei  der  Zollbude. 


478 


Y.  KAPITEL. 


Die  Steuerbücher. 

Waren  die  Deklarationen  eingereicht  und  auf  ihre  Richtigkeit 
hin  geprüft,  so  galt  es,  sie  übersichtlich  zusammenzustellen  und  zu 
Listen  oder  Büchern  der  verschiedensten  Art  zu  verarbeiten,  um  für 
die  Steuerberechnung  eine  bequeme  Unterlage  zu  schaffen.  Diese 
Arbeit  wurde  nicht  nur  an  einer  Stelle  vorgenommen,  sondern 
—  unabhängig  von  einander  —  von  all  denjenigen  Ressorts,  an 
welche  die  Deklarationen  adressirt  waren,  also  sowohl  von  den  Gau- 
beamten wie  von  den  Ortsbehörden.  Eben  zu  diesem  Zweck  waren 
wohl  die  doppelten  Exemplare  eingefordert,  damit,  wenn  das  eine 
Exemplar  an  die  oberen  Instanzen  weitergegeben  wäre,  das  andere 
die  Grundlage  für  die  Buchführung  bilden  könne. 

Zunächst  wurden  die  im  Bureau  verbleibenden  Deklarationen 
selbst  zu  einem  Buche,  d.  h.  nach  damaligen  Verhältnissen,  zu  einer 
Rolle  zusammengestellt.  Das  geschah  in  der  Weise,  dass  man  die 
Originaleingaben  in  derjenigen  Ordnung,  die  für  das  betreffende 
Amt  von  Wert  war^),  aneinander  klebte.  Erhaltene  Rollenfragmente 
führen  uns  dies  deutlich  vor  Augen. 2)  Diese  zeigen  zugleich,  dass 
innerhalb  der  so  hergestellten  Rolle  die  Einzeleingaben  mit  fort- 
laufenden Nummern  versehen  wurden,  um  das  Citiren  zu  erleichtern. 
Die  Einzeleingabe  war  nun  Columne  x  in  Rolle  y,  oder  xoXXyjpia  x 
in  z6\ioq  j.  Aehnlich  w^ie  hier  die  Subjectsdeklarationen,  sind  gewiss 
auch  die  Objectsdeklarationen  aneinander  geklebt  worden. 

Da  solche  Rollen  für  die  verschiedensten  Zwecke  gebraucht 
wurden,  sah  man  sich  eventuell  genötigt,  auch  Abschriften  (aVTcypa^a) 
der  Originaleingaben  zu  solchen  Rollen  zu  vereinigen.  Hierfür 
brachten  wir  oben  bei  Besprechung  der  Sterbelisten  ein  Beispiel. 

^)  Die  Subjectsdeklarationen  sind  nach  den  Strassen,  resp.  den  Ampho- 
darchien,  auf  die  sie  sich  beziehen,  geordnet. 

^)  Man  betrachte  z.  B.  die  Photographien,  die  ich  in  den  Sitzungsberichten 
d.  Berl.  Akad.  1883  als  Beigabe  zu  den  „Steuerprofessionen  vom  J.  189"  bei- 
fügen durfte :  da  sieht  man  auf  Taf .  IX — XII,  wie  die  Originaleingaben,  die  durch 
die  verschiedenen  Hände  sich  deutlich  als  solche  documentiren,  immer  mit  dem 
linken  Eand  unter  den  rechten  Eand  der  vorhergehenden  Urkunde  geklebt 
sind  —  also  in  derselben  Weise,  wie  die  in  der  Fabrik  hergestellten  Papyrus- 
blätter zu  Rollen  aneinander  gefügt  werden. 


§  5.    DIE  STEUERBUCHER. 


479 


Für  die  mannigfachen  Zwecke,  denen  die  Deklarationen  dienten, 
genügte  aber  dieses  einfache  Anein anderkleben  nicht.  Vielmehr  wurden 
ausserdem  nach  den  verschiedenen  massgebenden  Gesichtspunkten 
Auszüge  angefertigt.^)  Da  die  Bücher,  die  so  entstanden,  in  erster 
Reihe  der  Steuerverwaltung,  im  Besonderen  der  Steuerberechnung 
dienten,  können  wir  sie  als  Steuerbücher  bezeichnen.  In  dem 
Schutt  der  Städte  und  Dörfer  haben  sich  noch  manche  Reste  von 
solchen  Büchern  erhalten. 

Am  klarsten  erkennbar  sind  die  Auszüge  aus  den  Subjects- 
deklarationen.  Vgl.  BGU  185,  493—510,  533.  Die  Anlage  ist 
folgende.  Voran  steht  der  ^^'ame  der  Strasse.  Darauf  werden  die 
einzelnen  Häuser,  resp.  die  Hausteile,  die  ein  Eigentum  für  sich 
ausmachten,  aufgeführt,  und  zwar  bezeichnet  nach  dem  Namen  der 
Eigentümer,  denn  Hausnummern  kannte  man  nicht.  Darauf  werden 
die  Mieter  (svo'.zot)  aufgezählt,  erst  die  männlichen,  dann  die  weib- 
lichen, Letztere  durch  vorgesetztes  ^y]A(eio(,C)  abgetrennt.  Von  jeder 
Person  ist  in  der  Regel  —  ganz  wie  in  der  Deklaration  selbst  — 
Vater,  Grossvater  und  Mutter  angegeben,  der  Stand  und  das  Alter. 
Auch  finden  sich  die  oben  besprochenen  Zusätze  wie  Xaoypa^o'Jpievog, 
£7ctX£Xp'.|X£V0?  u.  a.  Wenn  in  den  vorliegenden  Beispielen,  wie  es 
scheint,  nur  Ivoixo:  aufgezählt  werden,  so  waren  entweder  diese 
Häuser  nur  Mietshäuser,  oder  aber  diese  Listen  sollten  speziell  die 
Mieter  zusammenstellen,  nicht  auch  die  Hauseigentümer  mit  ihrer 
Familie.  Ersteres  ist  mir  wahrscheinlicher,  zumal  es  in  BGU  504 
in  der  Ueberschrift  heisst:  xal  töv  £)(6vtü)V  ocxLa^  Ixlpwv 
afi^oSiov,  vgl.  503,  2.  In  dem  obigen  Schema  waren  alle  wesent- 
lichen Punkte  der  Deklaration  berücksichtigt  und  in  übersichtlicher 
Weise  zum  weiteren  Gebrauch  zusammengestellt.  Dass  solche  Listen 
direct  aus  den  Subjectsdeklarationen  excerpirt  waren,  erhebt  eine 
sorgsame  Vergleichung  über  allen  Zweifel  (vgl.  z.  B.  506, 9  tü) 
^V£aTü)Tt  v.d'L  =  188/9). 

^)  Darauf  beziehen  sich  z.  B.  die  oben  besprochenen  Subscriptionen  dtTce- 
Ypacf^jaav  oder  xax£Xü)pta9T,aav,  die  bedeuteten,  dass  der  Inhalt  eingetragen  sei 
in  die  Bücher  des  betreffenden  Beamten.  —  Ueber  eixovi^eiv  in  der  Bedeutung 
„Auszüge  machen",  „den  Hauptinhalt  skizziren",  vgl.  Mitteis,  Hermes  XXX  S.  597. 
Jetzt  tritt  uns  die  Bedeutung  der  stxov.axat  in  P.  Oxyr.  I  34  Verso  12  ff.  noch 
deutlicher  entgegen.  Es  handelt  sich  hier  freilich  um  Einreu'istrirung  von 
Contracten,  aber  der  Geschäftsgang  wird  bei  den  Deklarationen  nicht  viel  anders 
gewesen  sein. 


480 


V.  KAPITEL. 


Nicht  SO  klar  liegen  die  Dinge  bei  denjenigen  Listen,  die  die 
Steuerobjecte  zusammenfassen.  Hier  wird  man  vielfach  schwanken, 
ob  man  es  mit  Auszügen  aus  den  Deklarationen  zu  thun  hat,  oder 
aber  aus  Steuerbüchern,  die  ganz  oder  vorwiegend  auf  Grund  amt- 
licher Nachforschung  —  parallel  jenen  —  geführt  wurden.  Ich 
möchte  wenigstens  annehmen,  dass  es  für  gewisse  Steuern  solche  auf 
amtlicher  Nachforschung  begründeten  Steuerbücher  gegeben  hat,  die 
zur  Controle  der  betreffenden  Deklarationen  dienten,  wie  sie  selbst 
wieder  mit  Unterstützung  jener  evident  gehalten  wurden.  Ich  denke 
namentlich  an  die  Besteuerung  der  Immobiliarobjecte,  also  nament- 
lich der  Grundstücke  und  Häuser.  Das  Controleverfahren ,  das  bei 
den  Mobiliarobjecten  wie  z.  B.  bei  den  Viehheerden  durch  einfaches 
Auszählen  leicht  zu  üben  war,  konnte  gegenüber  den  Grundstücken 
und  Häusern  nicht  mit  derselben  Leichtigkeit  angewendet  werden. 
Dieser  Controle  dienten  vielmehr  Grund-  und  Gebäudesteuerbücher 
oder,  um  sie  mit  dem  gebräuchlicheren  Namen  zu  nennen,  Grund- 
und  Gebäudekataster.  Es  sind  schon  oben  S.  174ff.  Klassiker- 
und  Urkundenzeugnisse  zusammengestellt  worden,  aus  denen  hervor- 
geht, dass  in  Aegypten  schon  seit  den  ältesten  Zeiten  —  wie  Herodot 
sich  ausdrückt,  seit  Sesostris'  Zeiten  —  der  Grund  und  Boden  aufs 
Genaueste  vermessen  und  in  Katastern  aufgezeichnet  war.  Diese 
Kataster  waren  jedenfalls  nicht  auf  die  Deklaration  der  Grundeigen- 
tümer, sondern  auf  die  Vermessungen  der  königlichen  Geometer 
basirt;  sie  unterlagen,  wie  wir  gleichfalls  a.  a.  O.  schon  belegten, 
namentlich  wegen  der  durch  die  Nilüberschwemmungen  hervor- 
gerufenen Veränderungen  einer  häufigen  Revision.  Dass  diese  Ver- 
messung des  gesammten  Kulturbodens  auch  graphisch  in  Flurkarten 
zur  Darstellung  gelangte,  lässt  sich  nur  vermuten.  In  diesem  Kataster 
waren  nicht  nur  die  Grösse  der  Einzelgrundstücke,  sondern  auch  die 
sonstigen  den  Ertrag  beeinflussenden  Verhältnisse,  wie  namentlich 
die  Art  der  Bewirtschaftung,  die  Kulturgattung  gebucht,  und  end- 
lich der  Ertrag  selbst,  resp.  der  Wert,  dessen  Feststellung  der  Haupt- 
zweck des  Katasters  ist,  notirt. 

Zur  Erleichterung  eben  dieser  Ermittelungen  Hess  sich  die 
Regierung  alljährlich  die  Deklarationen  einreichen,  ja,  die  Ver- 
änderungen in  den  Immobiliar-Besitzverhältnissen  mussten  sogar,  wie 
wir  oben  sahen,  ausserdem  schon  vor  dem  rechtlichen  Vollzug  der- 
selben bei  den  ßtßXLO^uXaxe?  angemeldet  werden.    Zu  den  directen 


§  5.     DIE  STEUERBÜCHER. 


481 


Beweisen  fiii'  die  Existenz  von  Katastern  lässt  sich  noch  ein  indirecter 
aus  der  Vergleichung  der  Deklarationen  selbst  ableiten.  Das  einzige 
hierher  gehörige  Beispiel  einer  Immobiliardeklaration  aus  der  Ptole- 
mäerzeit  (Pap.  Lond.  L,  s.  oben  S.  457)  ist  nach  allen  Richtungen 
hin  so  vollständig,  dass  es  für  die  sämmtlichen  Rubriken  des 
Katasters  verglichen  werden  konnte.  Da  giebt  der  Hausbesitzer 
nicht  nur  den  Umfang  von  Haus  und  Hof  genau  in  Ellen  an, 
sondern  er  bestimmt  auch  genau  die  Lage  durch  Angabe  der 
Kachbam  nach  den  vier  Windrichtungen  und  giebt  endlich  auch 
den  Wert  des  Hauses  —  nach  seiner  Schätzung  —  an.  Das  ent- 
spricht durchaus  den  Rubriken  des  Katasters:  Xame  des  Eigen- 
tümers —  Object  —  Lage  desselben  —  Grösse  —  Zweck- 
bestimmung —  Wert.  Im  Kataster  wird  ausserdem  wohl  noch 
die  auf  Grund  dieser  Angaben  ermittelte  Steuersumme  notirt  gewesen 
sein.  Sehr  viel  mangelhafter  sind  nun,  wie  wir  schon  oben  S.  469 
hervorhoben,  die  entsprechenden  Deklarationen  der  Kaiserzeit.  Da 
fehlt  überall  die  Orientirung  nach  den  Nachbarn,  die  Angabe  des 
Umfanges  nach  Ellen  und  die  Taxirung  des  Wertes.  Da  diese 
Punkte  aber  zur  Feststellung  der  Steuersumme  unentbehrlich  sind, 
so  folgt  daraus,  wie  ich  schon  im  Hermes  XXVIH  S.  235  ver- 
mutete, dass  die  Beamten,  an  die  diese  Deklarationen  gerichtet 
sind,  unabhängig  hiervon  über  diese  Daten  verfügten,  d.  h.  dass 
sie  Gebäudekataster  besassen,  in  denen  die  hier  übergangenen 
Punkte  auf  Grund  amtlicher  Nachforschung  eingezeichnet  waren. 
Der  Schwerpunkt  dieser  Deklarationen  liegt  wohl  in  den  ^lit- 
teilungen  über  den  augenblicklichen  Eigentümer  und  die  augen- 
blickliche Verschuldung  oder  NichtVerschuldung  des  Gebäudes, 
während  die  anderen  Daten  wohl  mehr  das  Aufschlagen  im  Kataster 
erleichtem  sollten.  Dass  auch  in  den  Gebäudekatastern  der  römischen 
Zeit  der  Umfang  der  Häuser  nach  Ellen  angegeben  war,  ist  selbst- 
verständlich, und  wird  durch  den  Kaufvertrag  BGU  667,  7  ff.  bezeugt, 
nach  welchem  ein  Haus  unter  Hinweis  auf  die  SYjfioaia  ßi^Xia,  d.  h. 
den  Gebäudekataster,  iizl  zdlq  [oOJat  aux*^?  {lexpoL?  xal  T^rj^iafJLoI; 
verkauft  wird.^) 

Aehnlich  steht  es  mit  den  Deklarationen  über  Grund  und 
Boden.    Wie  diese  in  der  Ptolemäerzeit  ausgesehen  haben,  wissen 

^)  Vgl.  Z.  9  Anfang:  xal  5'.a  SYjpoaiwv  ß:ßX{ü)v  [xpr,ixoL'.lZs:^].  Vgl. 
auch  BGU  94,  8. 

WiLCKEX,  Ostraka.  31 


482 


V.  KAPITEL. 


wir  noch  nicht.  Sehr  wahrscheinlich  w^aren  sie  eben  so  ausführlich 
wie  die  damaligen  Gebäudedeklarationen,  jedenfalls  enthielten  sie  die 
Werttaxe.  In  den  Deklarationen  der  Kaiserzeit  wird  zwar  das 
Mass  nach  Aruren  angegeben,  einmal  auch  der  Steuersatz  (BGU  139), 
aber  es  fehlt  auch  hier  wieder  die  Orientirung  und  die  Werttaxe. 
Ein  Kataster  war  also  auch  hier  daneben  notwendig.  Die  Haupt- 
pointe dieser  Eingaben  aber  w^ar  offenbar  die  Mitteilung  über  den 
Erfolg  der  derzeitigen  Ueberschwemmung;  die  anderen  dürftigen 
Angaben  sollten  vielleicht  auch  hier  mehr  das  Aufschlagen  und 
Identificiren  im  Kataster  erleichtern. 

Wir  haben  somit  für  die  Immobiliarobjecte  neben  den  Dekla- 
rationen selbstständige  Kataster  anzunehmen,  die  durch  amtliche 
Nachforschung  eingerichtet  waren  und  auch  ferner  durch  solche 
Nachforschungen,  natürlich  unter  Verwertung  der  Deklarationen, 
evident  gehalten  wurden. 

Hiernach  wird  sich  die  Frage,  woher  die  uns  erhaltenen  Listen 
und  Auszüge  stammen,  leichter  beantworten  lassen.  Wenn  sich  z.  B. 
in  BGU  83  ausser  dem  Namen  des  Hauseigentümers  und  dem  Object 
selbst  auch  noch  die  Orientirung  nach  den  Nachbarn  findet,  so  geht 
dieser  Auszug  wahrscheinlich  nicht  auf  eine  Deklaration,  sondern  auf 
einen  Gebäudekataster  zurück.  Dasselbe  gilt  von  der  grösseren  Liste 
BGU  186,  in  der  sich  folgende  Rubriken  finden:  Name  des  Haus- 
eigentümers —  Object  —  Orientirung  nach  den  Nachbarn  —  Steuer- 
summe für  das  betreflTende  Jahr  (vgl.  Z.  12:  x£^  ^iß).  Auch  dies 
wird  aus  dem  Kataster  stammen.  Ebenso  werden  BGU  563 — 566 
zu  beurteilen  sein.  Wenn  hier  auch  nur  der  Name  des  Eigentümers 
und  Umfang  und  Kulturgattung  des  Grundstücks  excerpirt  sind,  so 
weisen  doch  die  Bemerkungen  über  die  früheren  emaxi^eiq  auf  den 
Kataster  hin.  Andere  Listen  wie  BGU  217  (Schema:  Name  — 
Steuersatz  nach  Artaben  fiir  die  Arure  —  Umfang  nach  Aruren) 
und  426  (Schema:  Name  —  Umfang  nach  Aruren)  könnten  an 
sich  ebenso  gut  aus  Deklarationen  excerpirt  sein.  Doch  da  nach 
Obigem  das  Kataster  erst  das  Definitivum  ist,  wird  es  vielleicht 
richtiger  sein,  auch  diese  Listen  aus  den  Katastern  abzuleiten.  Das- 
selbe ist  w^ohl  auch  für  die  Listen  aus  dem  III.  Jahrh.  vor  Chr. 
anzunehmen ,  nämlich  Petr.  Pap.  (II)  XXX  b  (Schema :  Name  — 
Qualität  des  Bodens  —  Grösse  —  Steuersatz  —  Steuersumme)  und 
XXXIX  i  (Schema:  Name  —  Kulturgattung  —  Ort  —  Steuersumme). 


§  5.    DIE  STEUERBÜCHER.  483 


Doch  ist  diese  Frage,  woher  die  uns  erhaltenen  Listen  stammen, 
an  sich  von  geringerem  Interesse.^) 

Die  hier  besprochenen  Steuerbücher  dienten  in  erster  Reihe 
der  Steuerberechnung,  doch  wurden  sie  auch  zu  den  verschiedensten 
anderen  Zwecken,  und  zwar  nicht  nur  im  amtlichen  Interesse,  sondern 
—  was  besondere  Beachtung  verdient  —  auch  im  Interesse  des 
Publicums  verwendet.  Letzteres  war  nur  möglich,  wenn  ihnen  eine 
gewisse  Publicität  eigen  war,  und  dass  dies  der  Fall  gewesen,  wird 
durch  folgende  Beispiele  wahrscheinlich  gemacht. 

In  dem  Kaufcontract  BGU  94,  7  (vom  J.  289)  sagt  der  Ver- 
käufer, er  verkaufe  die  Aruren  etzI  zoXc,  oöai  a6i(I)[v]  opioic  xal 
nozhzpoL'.c,  XTA  [y.axa  ttjv  ^PVJt^  "^-^^  [^^]X?-  '^'^'^  auvr^^iav 
xal  (hq  5ta  Sr^fAoaiwv  ß:ßX:(D[v  )(pYj|iaTL^o'ja'.(?)].  Ebenso  in  667,  7 
(vom  J.  221/2):  o:z:av  eizl  zoZc,  [oö]a'.  a'JT-^c  [xsTpoi;  '/,od 'jzr^y'.i\i.ol(; 
xal  ^cficXiG:?  xtX  xal  5:xa:oLc  7:a[a]L  xa^d  [tyjJv  sE  o^pyJ^q  xal 
(il/pi  TOö  vöv  auvYi^iay  [xal  (hc,  6:d  6Yj{ioaLtov  ßißXiwv  xpr^iiaxi^eu  ?)]. 
In  beiden  Fällen,  deren  formelhafter  Charakter  klar  zu  Tage  liegt, 
beruft  sich  der  Verkäufer  für  die  Grenzen  resp.  die  Masse  des  Kauf- 
objectes  sowie  für  die  Pertinenzen  —  oben  ist  detaillirt,  was  sonst 
xd  auyxupovTa  Trdvxa  heisst  —  und  die  mit  dem  Object  verbundenen 
Rechte  einmal  auf  das  alte  Gewohnheitsrecht,  zweitens  aber  auf  die 
Aufzeichnungen  der  5yj[i6a'.a  ßLßXia.  Dass  mit  den  Letzteren  die 
Grund-  resp.  Gebäudekataster  gemeint  sind,  liegt  auf  der  Hand. 
Jeder  Zweifel  wird  dadurch  ausgeschlossen,  dass  unmittelbar  vorher 
die  Verkäufer  sich  nicht  nur  auf  den  vorliegenden  Verkaufscontract, 
sondern  auch  auf  die  Vermittelung  der  twv  lyxTi^actöV  ßißAiG^i^XYj 
stützen.  2)  Diese  ist  aber  nichts  anderes  als  dasjenige  Ressort  des 
grossen  Gauarchivs  (Srjjxoaia  ßißX'.oO-yjXYj) ,  das  speziell  die  Besitz- 
veränderungen zu  buchen  hatte,  also  das  Katasteramt.    Die  Ver- 

Wieder  andere  Listen,  die  äusserlieh  den  oben  genannten  ähneln,  sind 
überhaupt  nicht  zu  Zwecken  der  Steuerberechnung  aufgestellt,  sondern  bieten 
vielmehr  Abrechnungen  über  bereits  gezahlte  Steuern.  Vgl.  Petr.  Pap.  (II) 
S.  36,  37,  VII,  XXVII  (3),  XXVIII,  XXIX  (a),  XXXIX  e,  XLIII  (a.b.). 
Pap.  Lond.  CXIX  ed.  Kenyon  S.  140  ff.,  CIX  A  und  B,  S.  150  ff.  Hierhin  gehören 
auch  mehrere  unserer  Ostraka,  die  Personenlisten  nebst  den  gezahlten  Beträgen 
enthalten.  Vgl.  Nr.  1180—1184,  1188,  1189,  wohl  auch  1190—1192,  1194—1196. 

-)  94,5:  xaxa  xVjvSs  xif;v  6p,oXcYiav  xal  S'.i  xfj?  xwv  'sYXTr^aswv  ß.ßXio- 
^r^xr^g].  Ebenso  ergänze  ich  667,  6:  nsTipaxcva'.  —  [xa-i  --rjvds  xriv  diioXoyCav 
xal  ö'.i  zfiz  xö)v  ilvxxT^^oewv  ß'.ßX'.odnr^xrj;. 


484 


Y.  KAPITEL. 


mittelung  dieses  Amtes  wird  darin  bestanden  haben,  dass  —  wie 
wir  oben  S.  463  sahen  —  erst  auf  Anweisung  dieser  ßLßXiO'B''i^%y] 
hin  das  Notariat  die  Vollziehung  der  vorliegenden  Contracte  über- 
nommen hatte.  Wenn  also  in  obigen  Fällen  die  Contrahenten  in 
der  Lage  sind,  sich  für  die  Description  des  Objectes  auf  die  Kataster 
zu  berufen,  so  zeigt  dies,  dass  diese  Steuerbücher  öffentlichen 
Charakter  hatten. 

Dasselbe  geht  aus  P.  Oxyr.  I  100,  10  (vom  Jahre  133  n.  Chr.) 
hervor,  einer  Kaufurkunde,  in  der  der  Verkäufer  für  die  geographische 
Lage  der  verkauften  t^iXol  zonoi  und  ihre  Orientirung  nach  den 
Nachbarn  auf  die  xoczocy poc^^i]  verweist:  a)V  ig  lonod^ealix  xal  t6 
za-ü'  av£|xov  6ia  ty]?  xaTayfa^fj?  SeSigXwTac.  Diesen  Ausdruck 
ywaTaypa^T^  wird  man  geradezu  als  termimis  technicus  für  das  Kataster 
fassen  dürfen. 

Ergänzend  tritt  P.  Oxyr.  I  78  hinzu.  Da  führt  ein  Mann,  der 
ein  Grundstück  gekauft  und  es  darauf  ordnungsgemäss  deklarirt  hat, 
Beschwerde  darüber,  dass  er  in  den  Listen,  die  danach  publicirt 
seien,  gesehen  habe,  dass  das  Grundstück  noch  auf  den  Namen  des 
früheren  Besitzers  eingetragen  sei:  ev  tw  vöv  TipoTsO-lvxL  zax' 
avSpa  ßLßXitp  eupov  xauxa^  in  övojJLaTo;  ty]?  TipoxTYjTpta^  izpog^e- 
Ypa[Ji[X£va5.  Damit  es  nun  nicht  scheine,  als  ob  er  mit  der  Nach- 
lässigkeit des  Beamten  einverstanden  sei,  fordert  er  Remedur.  Wir 
sehen  daraus,  dass  die  unter  Verwendung  der  eingereichten  Objects- 
deklarationen  angelegten  Listen  (ß^ßX^ov)  öffentlich  ausgelegt  wurden, 
sodass  das  Publicum  selbst  eventuelle  Versehen  melden  konnte. 
Die  hier  gemeinten  Listen  waren  xax'  avSpa  angelegt,  also  nicht 
nach  den  Grundstücken,  sondern  nach  den  Eigentümern  geordnet. 

Im  Hinblick  auf  die  vorher  gegebenen  Beispiele  können  wir 
noch  einen  Schritt  weiter  gehen  und  sagen:  die  mit  Publicität  aus- 
gestatteten Steuerbücher  oder  Kataster  spielten  im  Verkehrsleben 
der  Privaten  eine  ganz  ähnliche  Rolle,  wie  heute  die  ausschliess- 
lich im  Interesse  des  Publicums  geführten  Grundbücher.  „Dass 
eine  officielle  Grundbuchführung  im  Interesse  des  privaten  Besitz- 
standes, so  wie  wir  sie  heute  haben,"  damals  bestanden,  hat  Mitteis 
(Hermes  XXX  S.  601)  gewiss  mit  Recht  geleugnet.  Vielmehr  „war 
die  Evidenz  der  Besitzveränderungen  lediglich  im  Interesse  der  Steuer- 
erhebung gewährleistet"  j^ebenda).  Aber  auch  Mitteis  kommt  dann 
weiter  zu  dem  Schluss,  dass  die  Aufzeichnungen  der  Steuerbehörden 


§  5.    DIE  STEUERBÜCHER. 


485 


„eine  gewisse  Publieität  der  Besitzverhältnisse  im  Gefolge  hatten" 
(S.  605).  Wir  können  geradezu  sagen:  die  oben  erwiesene  Publieität 
der  Steuerbücher  machte  die  Schaffung  eines  besonderen  für  private 
Zwecke  angelegten  Grundbuches  überflüssig.  Nach  Mitteis  würde 
zwar  doch  ein  sehr  wichtiger  Unterschied  zwischen  jenen  Steuerbüchern 
und  unseren  Grundbüchern  darin  bestanden  haben,  dass  erstere,  wie 
er  meint,  „die  Hypotheken  nicht  zum  Gegenstand  hatten"  (S.  601). 
Dies  halte  ich  jedoch  nach  dem  oben  S.  462  f.  zusammengestellten 
Material  nicht  fär  zutreffend.  Die  Immobiliardeklarationen  geben  ganz 
genaue  Daten  über  Hypotheken  und  Schulden,  und  dass  die  Kataster- 
fiihrer,  die  ß'.ßXic^'jXaxec,  in  der  Lage  waren,  über  diese  Hypotheken- 
und  SchuldverhältnLsse  Auskunft  zu  geben,  ist  danach  selbstver- 
ständlich, wird  aber  auch  durch  BGU  379  ausdrücklich  bezeugt 
(s.  S.  463).  Hiernach  können  wir  jetzt  mit  noch  grösserem  Rechte 
sagen,  dass  die  Immobiliar-Steuerbücher  oder  Kataster  neben 
ihrem  eigentlichen  Zweck  die  Rolle  der  heutigen  Grund- 
bücher gespielt  haben. 

Während  in  den  obigen  Fällen  die  ß'.ßXio^üXaxec  als  die 
Katasterführer  erscheinen,  zeigen  andere  Beispiele,  dass  ausser  ihnen 
auch  die  anderen  Behörden,  an  welche  die  Deklarationen  gerichtet 
waren,  im  Besonderen  die  betreffenden  Ortsbehörden,  im  Besitz  von 
Katastern  waren  und  daher  Auskunft  zu  erteilen  in  der  Lage  waren. 
Lehrreiche  Beispiele  für  die  Ptolemäerzeit  bieten  die  „Actenstücke 
aus  der  königlichen  Bank"  I — IV.  Das  Angebot,  das  beim  Thebarchen 
für  die  bevorstehende  Versteigerung  von  Grundstücken  eingelaufen  ist, 
wird  an  den  Bezirksschreiber  (T07iOYpa|JL{iaT£6c)  weiter  gegeben  mit 
der  Marginalbemerkung  „Nachprüfen  und  Bericht  erstatten,  auch  den 
Wert  (der  Grundstücke)  beifügen". i)  Darauf  giebt  der  Bezirks- 
schreiber es  weiter  an  den  Dorfschreiber,  und  dieser  antwortet-) 
(IV,  13):  'E-cay.oTTOövTS^  £6p{axG|i£v  twv  [cpuXaaac  ?]|I£V(i)v  i^\L^y 
[ßt]ßXiü)v  £'j.  p,  '.g  olIoOtzozoix;  [xal  dva]Ypa^o[i£va$  xobq  TrpoYS- 
Ypa|i[i£VG'j;.  A£o[v]  laxlv  [T'.jiYj]-9'i^va:  a;{a;  H  (Spa^fiöv  7r£VTa- 
x:^)^'.a:(i)v).  Er  schlägt  also  in  dem  von  ihm  geführten  Kataster 
nach  und  giebt  danach  die  gewünschte  Auskunft  —  diesmal  im 

IV,  12:   Emaxsc{ja|jidvous   dvsvsYXstv,    ^larpjad-^vxa    [xal    ty;v]  d^iav. 
Vgl.  I  2,  9. 

-)  In  I  2  in  demotischer  Sprache,  was  der  Bezirksschreiber  dann  übersetzen 
lassen  muss. 


486 


V.  KAPITEL. 


fiscalischen  Interesse.^)  Hierdurch  wird  übrigens  bezeugt,  dass  in 
den  Katastern  der  Wert  der  Grundstücke  in  einen  Geldsatz  ab- 
geschätzt war.  —  Auch  der  Hermiasprocess  bietet  ein  Beispiel,  dass 
man  vom  'zoT:oypa\i\i.7,ZB()C,  und  Xü)|JiOYpa[Ji|xaT£6^  Auskunft  darüber 
verlangte,  auf  welchen  Kamen  ein  Grundstück  (im  Kataster)  ein- 
geschrieben sei.   Vgl.  Pap.  Tur.  I  4,  5if. 

In  ähnlicher  Weise  werden  in  BGU  5  und  11  (IL  Jahrh.  n.  Chr.) 
die  ßLjSXio^uXazs^  und  der  Dorfschreiber  um  Auskunft  über  Besitz- 
verhältnisse angegangen  (vgl.  Hermes  XXVIII  S.  234).  In  11  weist 
der  Dorfschreiber,  nachdem  die  ßißXcocpuXaxe^  sich  über  die  Zeit  des 
Erwerbes  geäussert  haben,  nach,  dass  das  strittige  Haus  resp.  Grund- 
stück einem  gleichnamigen  jüngeren  Bruder  des  Genannten  gehöre. 
Die  Behörde,  die  sich  bei  Beiden  erkundigt  hatte-),  weist  dann  die 
Sache  von  sich  mit  dem  Bemerken:  AYjX(oö{JL£v)  [lov  t]y]?  Kspxe- 
ao6xa)(v)  "Opou^  xa)[jLOYp(a|X|xaT£a)  6^EiXs,iv  Tispl  touto[u  Tijpo^^o)- 
v<£o>a'9'aL  hiä  zb  t6  uTiapy^ov  £X£i  ZBhYiX^Gyöd-ai).  Hier  ist  ein 
deutlicher  Hinweis  auf  die  vom  Dorfschreiber  geführten  Kataster, 
und  wir  sehen  zugleich,  dass  der  Dorfschreiber  zur  Auskunft  ver- 
pflichtet war.^) 

In  ähnlicher  Weise  wurden  auch  die  Steuersubjectsdeklarationen 
und  die  aus  ihnen  gewonnenen  Personallisten  öffentlichen  und  privaten 
Zwecken  der  verschiedensten  Art  dienstbar  gemacht.  In  einem  vor 
dem  Präfecten  geführten  Process,  sagt  der  TzpOQohoizoiG^,  da  es 
zweifelhaft  ist,  wem  der  Sklave  gehört  hat  (BGU  388  II  19):  £X 
zfiQ  xax'  ocxiav  dTioypatp'^?  aTzoheiy.v\jzo(.i^  tlvo?  laxlv  ooöXo?.  Hier 
beruft  man  sich  also  auf  die  Personallisten  als  sichersten  Beweis 
für  die  Zugehörigkeit  des  Sklaven. 

Wenn  einige  Tage  darauf  der  Bezirksschreiber  —  für  die  Anweisung  an 
die  königliche  Bank  —  nochmals  aufgefordert  wird,  die  Eichtigkeit  der  Angaben 
zu  bestätigen  und  Masse  und  Nachbarn  der  Grundstücke  beizufügen,  so  möchte 
ich  daraus  nicht  folgern,  dass  der  Bezirksschreiber  noch  wieder  ein  besonderes 
Kataster  geführt  habe,  denn  dann  hätte  er  die  erstere  Auskunft  nicht  an  den 
Dorfschreiber  abgeschoben.  Vielmehr  wird  er  diesmal  die  Daten  selbst  aus  dem 
Dorfkataster  entnommen  haben. 

^)  Mit  Unrecht  bezog  ich  diese  Unterschrift  früher  auf  die  ßLßXiocpüXay.£5. 

^)  Die  Person,  die  den  ungenannten  Beamten  um  Auskunft  bat,  —  wohl 
ein  Privatmann  — ,  mag  wohl  in  diesem  Dorfe  gewohnt  haben.  Darum  wird 
er  an  das  Dorfkataster  verwiesen  und  nicht  an  die  ß'.ßXtoO-T^xr^,  die  sich  in  der 
Metropole  befand. 


§  5.    DIE  STEUERBÜCHER. 


487 


Von  dem  unpublicirten  Pap.  Lond.  CCCXXTV  sagt  Kenvon 
(Cat.  Add.  S.  431):  „Copy  of  extracts  from  the  public  record  office 
(dtjuoGi'a  ßißho&}]xrj) ,  containmg  the  census  Ikts  of  the  [ßnd]  year  of 
Hadrkinus  Caesar  and  of  the  9th  year  of  Antoninus  Caesar,  sent  hy 
Änieiis,  son  of  Chenenuphis,  to  his  sister  Tamystha,  as  evidence  ihat 
he  is  her  brother."  Wenn  ich  dies  recht  verstehe,  lässt  sich  ein 
Privatmann,  um  der  Schwester  zu  beweisen,  dass  er  der  Bruder  ist, 
von  der  5yj|xoa(a  ßLßXio^i^xrj  Auszüge  aus  den  xai'  oixiav  OLT.oypcc^OLi 
machen.  So  hatten  also  auch  diese  Personallisten  Publicität,  und 
konnten  im  amtlichen  wie  im  privaten  Interesse  benutzt  werden. 

Das  sind  Beispiele  von  Anwendungen,  die  mit  dem  ursprüng- 
lichen Zweck  der  Personallisten  nichts  zu  thun  haben.  Zum  Schluss 
sei  noch  auf  eine  andere  Verwendung  hingewiesen,  die  ein  grösseres 
Interesse  hat  als  die  angeführten  Einzelfalle.  Betrachtet  man  die 
Personallisten  der  Ptolemäer-  und  Kaiserzeit  in  ihrer  oben  dargelegten 
Anordnung,  so  ist  klar,  dass  der  Kegierung,  wenn  sie  die  Zahl  der 
Bevölkerung  Aegyptens  wissen  wollte,  in  ihnen  jedenfalls  die  beste 
Unterlage  zu  einer  Volkszählung  gegeben  war.  Dass  die  Volkszählung 
als  solche  nicht  der  Zweck  der  Personalerhebungen  gewesen,  vielmehr 
die  Aufgaben  der  Steuer-  und  Militärvei-waltung  in  erster  Linie 
massgebend  gewesen,  ist  unbestreitbar.  Aber  dass  das  so  gewonnene 
Material  dann  auch  gelegentlich  zu  Volkszählungen  verwendet  worden 
ist,  wird  uns  anderweitig  nahegelegt. 

Beispiele  für  Zählungen  in  der  Ptolemäerzeit  bietet  Diodor  an 
zwei  Stellen.  Einmal  sagt  er  (XVII  52,  6):  ^aO"'  8v  yap  if)[Ji£T; 
TiapeßaXofiev  yjpovov  Aiy^iTTOv  i^o(,G7.y  oi  zxq  dvaypa^a? 
I^ovie^  Töv  xaTOLXouvTWV  elva:  zobc,  ev  ocOtQ  (in  Alexandrien) 
ScaxptßovTa?  iXvj^ipoijc,  ttaeiod^  töv  Tpcaxovxa  jiup:a5ü)v.  Es  gab 
also. in  Alexandrien  eine  Behörde,  welche  „die  Listen  der  Bevölke- 
rung" führte,  oder  vorsichtiger  gesagt,  aufbewahrte  (iy^ovzeq)  und  auf 
die  Frage  Diodors  die  Zahl  der  Freien,  die  sich  in  Alexandrien 
aufhielt  (SiaTptßovia?),  anzugeben  im  Stande  war.  Leider  lässt  dies 
erste  Zeugnis  manche  Fragen  offen.  Sind  mit  den  iXeOO-epoi  nur 
die  Männer  oder  auch  die  Frauen  und  Kinder  gemeint?  Beloch^) 
und  Eduard  Meyer^)   nehmen   das   letztere  an,   Marquardt^)  das 

Bevölkerung  d.  Griech.  Rom.  Welt  1886.    S.  5. 
*)  Artikel    Bevölkerung"  im  Handwört.  Staatsw.  8.  444. 
»)  Rom.  Staatsverw.  IV  S.  120,  auch  V  S.  455. 


488 


V.  KAPITEL. 


erstere.  Eine  sichere  EntscheiduDg  scheint  mir  nicht  möglich,  da 
^yir  nicht  wissen,  wie  Diodor  gefragt  hat.  Hatte  diese  Behörde 
ferner  auch  Listen  über  die  Nichtfreien  in  Alexandrien?  auch  über 
die  Bewohner  der  aegyptischen  ^wpa?  Ich  möchte  es  glauben.  Auf 
die  Mitteilung  dieser  letzteren  Zahl  konnte  Diodor  an  dieser  Stelle 
verzichten,  wo  er  nur  von  der  Grösse  Alexandriens  spricht. 

Weiter  führt  uns  eine  andere,  viel  umstrittene  Stelle  desselben 
Autors.  Diodor  I  36,  6  spricht  von  der  ausserordentlich  starken 
Bevölkerung,  durch  die  Aegypten  in  der  Pharaonenzeit  —  denn  das  ist 
TO  TiaXacov  —  alle  Länder  der  Erde  weit  übertroffen  habe.  Auch  zu 
seiner  Zeit,  fügt  er  hinzu,  stehe  es  hierin  keinem  Lande  nach  (%al 
xa-ö-'  fj|jLa?  he  oöSsvo^  xwv  aXXwv  Soxel  Xetjcea^a'.).  Zum  Beleg 
fährt  er  zweierlei  an. 

1.  In  der  Pharaonenzeit  gab  es  in  Aegypten  18000  Städte  und 
grössere  (a^ioXoyoi)  Dörfer,  wie  man  in  den  heiligen  Aufzeichnungen 
(Iv  xa:;  lepodq  dvaypacpaT?)^)  sehen  könne.  Zur  Zeit  des  Ptolemaios  I. 
aber  seien  30000  gezählt  worden  (Y]pC'8'[JL'i^'9"ir]aav)-),  und  diese  Zahl 
sei  auch  bis  auf  seine  Zeit  geblieben.  Die  Angabe  über  die  Pharaonen- 
zeit und  die  des  Ptolemaios  I.  hat  Diodor,  wie  allgemein  mit  Recht 
angenommen  wird,  seiner  Hauptquelle,  Hekataios  von  Abdera,  dem 
Zeitgenossen  dieses  Ptolemaios,  entnommen.  Dagegen  die  Kenntnis 
der  Verhältnisse  seiner  eigenen  Zeit  (6:a[ji£[i£VY]y.£v  £0)?  twv  %a^' 
fjfiai;  xpovtov)  muss  er  einer  zeitgenössischen  Quelle  verdanken  — 
vielleicht  jener  Obersteuerbehörde  von  Alexandrien,  die  er  auch  über 
die  Bevölkerung  Alexandriens  befragt  hatte.  Nach  Diodors  Erkundi- 
gungen hatte  sich  also  seit  den  Tagen  des  ersten  Ptolemäers  bis  auf 
seine  Zeit  die  Dichtigkeit  der  Besiedelung  des  Landes  —  im  wesent- 
lichen —  nicht  verändert.  Das  ist  wichtig  auch  für  die  folgende 
Untersuchung!  lieber  den  absoluten  Wert  der  beiden  Zahlen  — 
18000  und  30000  —  ist  es  schwer,  ein  bestimmtes  Urteil  zu  fallen. 
Sehr  möglich  ist,  dass  eine  von  beiden  oder  auch  beide  corrumpirt  sind.^) 


Ich  vermute,  dass  er  diese  Listen  nur  darum  „heilige"  nennt,  weil  sie, 
wie  natürlich,  in  hieratischer  Schrift  geschrieben  waren.  Eine  Führung  durch 
die  Priester  ist  daraus  nicht  zu  folgern. 

Ich  constatire,  dass  hier  eine  Zählung  der  Ortschaften  zur  Zeit  des 
ersten  Ptolemäers  bezeugt  wird.  Darum  braucht  freilich  die  angeführte  Zahl 
nicht  richtig  zu  sein. 

Beloch,  Bevölkerung  S.  256,  will  mit  CF  3000  statt  30  000  lesen. 


§  5.    DIE  STEUERBÜCHER. 


489 


Nach  dem  ZusammeDhang  sollte  man  eine  so  grosse  Differenz 
nicht  erwarten. 

2.  Diodor  föhrt  fort:  toö  Se  a'j|ji7ravi05  Xaoö  tö  [lev  TiaXaccv 

eXaTTG'JC  slvai  Tp'.a7.oa''(öv.  So  in  sämmtlichen  Handschriften  ausser 
dem  unbedeutenden  Cod.  Yenetus  (M  Dind.),  der  TptaVwOaiwv  am 
Schluss  fortlässt.  Danach  hätte  also  die  Gesammtbevölkerung 
Aegyptens  zur  Pharaonenzeit  7  Millionen  betragen,  „zu  unserer  Zeit" 
aber  3  ^Millionen.  Schon  Stephanus  hat  die  letzte  Zahl  Tpiaxoacwv 
verdächtigt  ,  und  seit  Dindorf  wird  in  den  neueren  Ausgaben  das 
Wort  eingeklammert  oder  ganz  aus  dem  Text  entfernt.  Danach 
würden  auch  „zu  unserer  Zeit"  7  Millionen  gewesen  sein. 

Neuerdings  hat  Tpiaxoatwv  einen  Verteidiger  gefiinden  in  Julius 
Beloch  (Bevölkerung  S.  256).  Mich  haben  seine  Gründe  nicht  über- 
zeugt, vielmehr  beanstande  auch  ich  das  xp'.axoaiwv  und  zwar  auf 
Grund  einer  sprachlichen  Beobachtung,  die  bisher  m.  W.  nicht 
hervorgehoben  ist.  Ich  behaupte,  dass  Diodor,  wenn  er  nach  IXaTXO'jg 
überhaupt  eine  Zahl  genannt  hätte,  sicher  den  bestimmten  Artikel 
davorgesetzt  haben  würde:  er  würde  töv  Tpiaxoacwv  gesagt  haben.^) 
Also  corrupt  ist  die  Ueberlieferung  jedenfalls.  Sachlich  spricht  aber 
gegen  die  Zahl  3  Millionen  ausser  anderen  Gründen,  die  schon  von 
anderer  Seite  vorgebracht  sind-),  auch  Folgendes.  Kai  xa^'  f^jia^ 
Se  heisst  nicht  „und  zu  unserer  Zeit",  sondern  „und  auch  zu  unserer 
Zeit".  Unser  „und"  ist  durch  8c  gegeben.  Ebenso  kurz  vorher  in 
§  6:  xal  xaO''  f||xa?  ouSevo?  twv  aXXwv  SoxsT  Xdizzad-T,.  Damit 
ist  auf  die  (annähernde)  Gleichheit  der  Bevölkerungsverhältnisse  zu 
den  beiden  Zeiten  hingewiesen.  Folglich  kann  unmöglich  an  zweiter 
Stelle  eine  Zahl  genannt  sein,  die  um  mehr  als  die  Hälfte  kleiner 
ist  als  die  erstere,  mit  der  sie  verglichen  wird.  Es  kann  also  nur 
heissen:  „und  auch  zu  unserer  Zeit  waren  nicht  weniger".^) 

Ich  habe  das  XVII.  Buch  Diodors  (über  Alexander),  das  besonders 
reich  an  Zahlenangaben  ist,  auf  diese  Frage  durchgesehen.  Mit  einer  Ausnahme 
steht  hier  in  sämmtlichen  Fällen  hinter  TtXe'.ous  und  sXdzxoD^  der  bestimmte 
Artikel.  Vgl.  9,3;  19,4;  31,2;  36,6;  46,4;  52,6;  53,3;  61,  3 ;  62,  7 ;  64,  4 ; 
66,1;  87,2.  Vgl.  auch  40,1;  65,1;  91,7.  Diesen  Fällen  gegenüber  möchte 
ich  auch  das  eXdxxou^  i'.^yj.Moiy  in  21,6  für  corrumpirt  halten. 
*)  A.  V.  Gutschmid  bei  Sharpe,  Gesch.  Aeg.  11^  S.  28  A.  2. 

Man   darf  meines  Erachtens  den  Unterschied  zwischen  :ioXü  Ttpo^axe 
und  oOöevög  Xeiueo^at  in  §  6  nicht  zu  stark  urgiren.    Es  ist  nicht  viel  mehr 


490 


Y.  KAPITEL. 


Trotzdem  bin  ich  nicht  für  einfkche  Streichung  des  TpLaxoatwv, 
denn  die  Entstehung  dieser  falschen  Lesart  bliebe  so  unerklärt.  Ich 
vermute,  dass  der  Text  ursprünglich  lautete:  oux  eXaxTOU?  elva: 
TOUTtov.  Das  TpLaxoaiwv  —  als  Ziffer  x  —  mag  durch  Missverständnis 
einer  Abbreviatur  von  toutwv  entstanden  sein.^) 

Noch  in  einem  anderen  Punkte  muss  ich  Beloch  widersprechen. 
Er  bezieht  die  zweite  Zahl  auf  die  Zeit  des  Hekataios  von  Abdera, 
denn  das  xa^'  ^Ql^-otc,  habe  Diodor  aus  ihm  herübergenommen 
(S.  257).  Ich  halte  es  für  unmöglich,  dass  Diodor,  der  unmittelbar, 
zwei  und  neun  Zeilen  vorher,  zwei  Mal  mit  xa^'  fi\iäc,  deutlich  auf 
seine  eigene  Zeit  hinweist,  hier  j^lötzlich  die  Zeit  des  Hekataios 
meinen  soll,  die  er  doch  vorher  durch  Erwähnung  des  Ptolemaios 
Lagu  davon  geschieden  hat.  Allerdings  ist  anzunehmen,  dass  er 
auch  bei  Hekataios  eine  Bevölkerungszahl  gefunden  hat,  aber  diese 
hat  wohl  wieder  (wie  bei  den  Dörfern)  übereingestimmt  mit  der,  die 
er  in  Alexandrien  von  den  Steuerbehörden  für  seine  Zeit  erfahren 
hat,  und  anstatt  nochmals,  wie  vorher,  Ptolemaios'  Zeit  und  seine 
Zeit  zu  unterscheiden,  beschränkt  er  sich  auf  die  Hervorhebung 
der  eigenen. 

Ich  bin  also  der  Ansicht,  dass  Diodor  uns  hier  sowohl  für  die 
Pharaonenzeit  wie  für  die  Zeit  des  ersten  Ptolemäers  und  seine  eigene 
eine  Bevölkerung  von  7  ^lillionen  bezeugt.  Für  die  beiden  ersteren 
stützt  er  sich  auf  Hekataios^),  für  die  letztere  auf  eine  zeitgenössische 
Quelle  —  vielleicht  jene  alexandrinische  Steuerbehörde.    Mit  dem 


als  eine  stilistische  Variante.  Er  will  offenbar  sagen,  dass  die  TroXuavO-pooufa  zu 
seiner  Zeit  im  Wesentlichen  dieselbe  sei  wie  in  der  Pharaonenzeit.  Wenn  er 
in  §  9  nur  die  Ipya  [isyäXa  xai  S-aufjiaoxa  der  Pharaonen  hervorhebt,  so  geschieht 
das,  weil  er  in  diesem  Buche  die  alte  Geschichte  Aegyptens  erzählen 'will.  In 
XVII  52,  4  sagt  er  ganz  ebenso  von  Alexander,  er  habe  in  Alexandrien  ßaaiXs'.a 
xaxaaxsudaat  O-auiaaoxa  xaxa  xö  |Ji£ys'9-og  xal  ßapog  xwv  spywv,  und  die 
Nachfolger  bis  auf  seine  Zeit  hätten  es  weiter  ausgebaut,  Alexandrien  aber  sei 
die  erste  Stadt  der  Welt  geworden. 

^}  Wurde  x,  etwa  in  xoux  (vgl.  Aristoteles'  Ath.  Pol.),  als  xptaxoottüv  auf- 
gefasst,  so  moclite  xou  als  unverständlich  fallen  gelassen  werden.  —  Auch 
Ed.  Meyer  nimmt  gegen  Beloch  an,  dass  eine  Corruptel  vorliege  (Artikel 
„Bevölkerung"  a.  a.  O.  S.  448). 

^)  Dieselben  sieben  Millionen  stehen  auch  in  einem  confusen  Fragment 
des  Baton,  Frag.  hist.  Gr.  IV  S.  348.  Dass  in  ihm  der  Bematist  Baeton  zu  sehen 
ist,  wie  Meyer  (a.  a.  O.  S.  444)  vermutet,  glaube  ich  nicht. 


§  5.    DIE  STEUERBÜCHER. 


491 


g()\lt:qcc,  XociCj  der  gezählt  wird,  ist  sicherlich  die  Gesammtbevölkerung 
Aegyptens  gemeint.^) 

Für  die  Kaiserzeit  haben  wir  nur  die  Notiz  des  Josephus,  der 
aus  der  Kopfsteuer  die  Bevölkerung  auf  7^  Millionen  —  ausser  d^n 
Alexandrinern  —  berechnet  hat.  Dass  seine  Berechnungsart  Be- 
denken unterliegt,  und  ihr  Resultat  kein  Testimonium  für  uns  ist, 
haben  wir  oben  S.  239  zu  zeigen  versucht.  Sachlich  mag  sein 
Ergebnis  von  der  Wirklichkeit  nicht  allzuweit  sich  entfernt  haben, 
denn  dass  bei  dem  Aufblühen  Aegyptens  unter  den  Kaisern  die 
Kopfzahl   noch   etwas  gestiegen  ist,   ist  nicht  unwahrscheinlich.^) 

Die  Diodorstellen  zeigen  uns  also,  dass  amtliche  Auskunft  über 
die  Bevölkerung  Aegyptens  erteilt  werden  konnte.  Wenn  auch  die 
Zahlen  rund  sind,  so  kann  doch  die  Abrundung  durch  Diodor  oder 
seine  Quelle  erfolgt  sein.  Dass  also  auf  Grund  des  oben  besprochenen 
Materials  gelegentlich  Volkszählungen  von  der  Regierung  vor- 
genommen wurden,  ist  nicht  unwahrscheinlich.  Aber  eine  genaue 
Nachricht  über  ein  Volkszählungsergebnis  liegt  uns  nicht  vor,  und 
wir  wissen  auch  nicht,  in  welcher  Weise  die  Volkszählung  vor- 
genommen wurde.  Für  die  Kaiserzeit  fehlt  uns  überhaupt  jedes 
Zeugnis,  dass  eine  amtliche  Zählung  vorgenommen  sei.^) 

Zum  Schluss  sei  noch  auf  die  merkwürdige  Inschrift  bei  Flinders 
Petrie,  Illahun  Kahun  und  Gurob  1891,  PI.  XXXII  hingewiesen, 
nach  der  fj  TZoXiq  ILzoXz\Loc'.ioiv  6ia  t(i)[v]  £^axi;;(LX:a)v  T£Tp[a7.o]- 
atwv  £ß6o|xr^x[ovxa]  dem  Kaiser  Nero  eine  Weihung  darbringt.  Da 
mir  die  Publication  zur  Zeit  nicht  zugänglich  ist,  kann  ich  auf  die 
Berechnungen  des  Herausgebers  nicht  eingehen. 

Beloch  (S.  257)  weist  irrig  auf  die  Mögliclikeit  liin,  dass  darin  viel- 
leicht nur  Freie  zu  sehen  seien  —  wohl  weil  seine  Zahl  (3  Millionen)  ihm  doch 
etwas  zu  klein  erseheint. 

2)  Nach  der  Zählung  von  1894  hat  Aegypten  —  Unter-  und  Oberaeg)-pten 
mit  dem  Isthmusgebiet  und  den  Oasen  —  7,739000  Einwohner,  Sie  ergiebt  eine 
durclischnittliehe  Bevölkerungsdiehtigkeit  für  Oberaegvpten  von  270,  für  Unter- 
aegypten von  273  Menschen  auf  den  Quadrat-Kilometer.  Das  ist  eine  ungeheure 
Dichtigkeit,  wie  sie  in  Europa  nur  speziell  in  Industriebezirken  ausnahmsweise 
erreicht  wird.  Vgl.  v,  Fircks,  Aegypten  1894  I  S.  134  fi'.  Die  bedeutend  kleine- 
ren Zahlen  aus  dem  Anfang  des  Jahrhunderts  erklären  sich  z.  T.  aus  der  mangel- 
haften Handhabung  der  Volkszählung,  z.  T.  aber  aus  der  Mamlukenwirtschaft.  — 
Ueber  die  Volkszählungen  in  der  arabischen  Zeit  vgl.  Karabacek  bei  Härtel, 
Griech.  Pap.,  S.  58. 

^)  Vgl.  Mommsen,  Staatsr.  IP  S.  417. 


492 


Y.  KAPITEL. 


§6. 

Die  Steuerberechnung. 

Wie  die  Steuersubjecte  und  die  Steuerobjecte  ermittelt  wurden, 
haben  wir  im  Vorhergehenden  zu  zeigen  versucht.  Es  bleibt  nun 
noch  übrig,  auf  die  letzte  Etappe  des  Steuerveranlagungsprocesses 
einzugehen,  die  Ermittelung  der  Steuersätze  und  die  Berechnung  der 
Steuersumme  für  die  einzelnen  Steuerzahler. 

Wir  müssen  zu  dieser  Frage  die  Einzelgaue,  in  denen  wir  uns 
bisher  bewegt  haben,  zunächst  verlassen  und  unsere  Blicke  nach 
Alexandrien  wenden,  denn  dort  war  der  Sitz  der  Centraisteuerbehörde, 
nach  deren  Instructionen  die  zuständigen  Gaubeamten  die  Steuer- 
berechnung vornahmen.  Es  bedarf  keines  Wortes,  dass  in  der 
Ptolemäerzeit  der  König  selbst  die  obei-^te  Spitze  dieser  Behörde 
darstellte.  Durch  seine  Gesetze  und  Erlasse  war,  wie  die  gesammte 
Steuerverwaltung,  so  auch  die  Steuerveranlagung  in  ihren  Grund- 
zügen bestimmt.  Er  decretirte,  ob  die  Steuern  in  Geld  oder  in  natura 
angesetzt  werden  sollten  (vgl.  Rev.  Pap.  24),  er  bestimmte,  auf  welche 
Klassen  von  TJnterthanen  die  Steuer  sich  erstrecken,  welche  Klassen 
mit  einem  höheren,  welche  mit  einem  niedrigeren  Satz  belegt  werden 
sollten  (ebendort),  und  verfügte  bis  in's  Detail,  nach  welchem  Modus 
etwa  neue  oder  neugeordnete  Steuern  veranlagt  werden  sollten  (Rev. 
Pap.  36.37).  Darum  sind  auch  die  Steuern  durchweg  „königliche"  — 
wie  es  denn  auch  in  den  Quittungen  gelegentlich  ausdrücklich  hervor- 
gehoben wird,  dass  der  Betrag  „dem  Könige"  (ßaaiXel)  gezahlt  werde 
(vgl.  S.  71).  Auch  die  Tempelabgaben  stehen  nicht  etwa  selbst- 
ständig neben  den  königlichen,  sondern  werden  in  gleicher  Weise 
vom  König  durch  Gesetz  geregelt  (vgl.  Rev.  Pap.). 

Zur  Ausführung  seines  Willens  stand  dem  König  ein  grosses 
und  wohlorganisirtes  Beamtenheer  zur  Verfugung.  In  Alexandrien 
war  seine  rechte  Hand  der  Chef  der  gesammten  Finanzverwaltung, 
dessen  Titel  uns  durch  Cicero  pro  Rab.  10,  28  und  durch  Urkunden 
als  ^lo:%r^zr]c,  (dioecetes)  oder  auch  6  enl  ifiq  SioixT^aew^  (Rev. 
Pap.  19,  7)  bezeugt  wird.^)    Neue  Funde  haben  gezeigt,  dass  mit 

^)  An  letzterer  Stelle  ist  freilich  der  Lokalbeamte  gemeint.  Dieser 
Titel  erinnert  an  den  STzi  X'^  S'.o'.xrjOEi,  der  etwa  zu  derselben  Zeit,  als  die 


§  6.    DIE  STEUERBERECHNUXG. 


493 


demselben  Titel  5:o'.xr;Ti^^  auch  im  Nilthal  mehrere  Finanzbeamte 
fiingirten,  die,  Jenem  unterstellt,  die  Lokalchefs  dieses  Ressorts  für  die 
yjjipoL  waren.  ^)  Mir  ist  es  trotz  Grenfell's  Bedenken  am  wahrschein- 
lichsten, dass  jeder  Gau  seinen  eigenen  Dioeketen  gehabt  habe.  Im 
einzelnen  Fall  ist  es  allerdings  oft  schwer  zu  sagen,  ob  der  Oberdioeket 
oder  der  Lokaldioeket  gemeint  ist.  2)  Unter  diesen  Lokaldioeketen 
standen  wiederum  der  u7to5:o:xr^T7]^,  der  £7::[XcAyjn^^,  die  ßaa:- 
Xcxol  ol'/.o'JO\LOi  mit  ihren  avTcypacpeli;  und  andere  Unterbeamte  (vgl. 
Lumbroso,  Rech.  S.  339  ff.).  Innerhalb  dieser  Beamtenhierarchie 
glaube  ich  nun  einen  Spezialbeamten  nachweisen  zu  können,  der  im 
Besonderen  mit  den  Steuerveranlagungsgeschäften,  und  wie  ich  sogleich 
hinzuftigen  muss,  auch  mit  der  Nachrechnung  der  eingegangenen 
Steuern  betraut  war,  das  ist  der  exXoYian^^.  Diese  Eklogisten  werden 
meist  falsch  aufgefasst.  Buttmann  hat  in  seiner  „Erklärung  der  grie- 
chischen Beischrift  auf  einem  aegyptischen  Papyrus"  (Abh.  Akad. 
Berlin  1824  S.  99)  das  TüpöTOV  4'£ö5o?  geschaffen,  indem  er  Xoys'JStv 
als  „in  einem  Xoyo^,  Rechnung,  Berechnung  aufführen"  erklärte  und 
auf  „seinen  mit  Xo^'^SGÖ-at  übereinstimmenden  Gebrauch"  hinwies. 
Daraufhin  hat  Rudorff  in  seinem  Commentar  zum  Edict  des  Ti. 
Julius  Alexander  (Rh.  Mus.  1828  S.  137)  die  Eklogisten  für  Beamte 
erklärt,  denen  nicht  nur  die  Ausmittelung  der  Beträge,  sondern  auch 
die  Einforderung  derselben  (IxTipaaasiv)  oblag.  Es  bedarf  kaum 
eines  Wortes,  dass  Xoyeustv  „sammeln,  einfordern",  XoYi^s^^^a:  dagegen 


Ptolemäerherrschaft  sich  iu  Aegypten  constituirte ,  in  Athen  eingeführt  wurde. 
Vgl.  Gilbert  Gr.  St.A.  P  S.  276.  Von  ihm  sagt  PoUux  VIII  113:  '0  8s  suL  x"^; 
Sioixf^astog  alpsxos  "^v  sut  xwv  Tzpog.ö-^xm  xal  dvaX'.jxoiisvcov.  —  Die  Form 
Siotxdxr^g,  die  von  Viereck  in  Berl.  Phil.  Woch.  1896  Sp.  1649  ff.  beständig 
gebraucht  wird,  beruht  nur  auf  einem  Versehen  Viereck's. 

Vgl.  Mahaffy,  Petr.  Pap.  (II)  S.  9.    Grenfell,  Rev.  Pap.  S.  123. 

Sicher  ist  der  Oberdioeket  gemeint  in  der  von  Hiller  von  Gärtringen 
auf  Thera  gefundenen  Inschrift,  in  der  der  König  Euergetes  I.  schreibt:  Ttposxs- 
Taxa|J.£v  A'.OYsvs'.  iw,  S'.otXYjxyj'.  öoöva-.  auxoig  (den  petitionirenden  Truppen  auf 
Thera)  xa  dve'.Xrjji{ieva  utiö  xoO  oixovöp,ou  stg  xö  ßaa'-Xixöv  x^^^P^*-  Danach 
unterstanden  auch  die  auswärtigen  Besitzungen  dem  alexandrinischen  Siotxrjxi^c. 
Oberdioeket  ist  wohl  auch  der  Xpu3t.7i7io;  dpX'.aü)|JiaxocfuXa^  xal  Öiotxrjxy^s 
Pap.  Grenf.  (II)  14  (b)  2  (III.  Jahrh.  v.  Chr.).  Aber  wie  steht  es  z.  B.  mit  dem 
r[xGAS}jiaiog  6  ouYTSvTjC  xat  S'.oixr^xi^c  in  Pap.  Grenf.  (II)  23  vom  J.  108  v.  Chr.? 
Wahrscheinlich  ist  mir,  dass  er  Lokaldioeket  ist,  aber  auch  das  andere  wäre 
möglich. 


494 


V.  KAPITEL. 


„berechnen"  heisst  (vgl.  oben  S.  255). Dennoch  sind  Rudorff  bis 
heute  in  der  Doppelauffassung  der  Eklogisten  Alle  gefolgt.  Vgl. 
Varges,  S.  60,  62;  Franz  CIGr.  III  S.  319;  Kuhn  II  S.498;  Simaika 
S.  156;  Grenfell,  Rev.  Pap.  S.  87/8.  Nach  der  richtigen  Etymologie 
sind  die  Eklogisten  vielmehr  ausschliesslich  die  Berechner  xax'  l^o)^'i^v, 
nicht  auch  Steuererheber. 

Die  wenigen  Stellen,  an  denen  die  Eklogisten  genannt  werden, 
bestätigen  diese  Auffassung.  In  dem  Erlass  des  Philadelphos  vom 
J.  263  (Rev.  Pap.  37,  11)  werden  die  Besitzer  von  Wein-  und  Nutz- 
gärten aufgefordert,  ihre  Deklarationen  einzureichen  zolq  xe  Tiapa 
Saxupoi)  7rpaY(jLax[£uo[X£VOc^  xal  xo]Tg  napdc  AcovuaoSwpou  xexayixsvoc? 
lyXo Yt[<3xaT^].  Grenfell  hat  schon  richtig  erkannt,  das  Satyros  der 
alexandrinische  Oberdioeket  (vgl.  36,  11),  Dionysodoros  der  alexan- 
drinische  Obereklogist  ist.  Diesem  alexandrinischen  Paare  entsprechen 
die  ihnen  unterstellten  (ol  Tcapa)  Paare  von  je  einem  Dioiketen  und 
einem  Eklogisten  in  den  Bezirken  des  Landes,  wie  ich  glaube,  in 
jedem  Gau.  Vgl.  18,7:  Tzpbc,  xov  stzI  [xy]^  Scotzi^aew^  xJexayfASVOV 
xal  xöv  £YX[oYca]x[Y]v].  Ebenso  ergänze  ich  19,  6/7.  Nach  jenem 
königlichen  Erlass  werden  also  bei  der  Neuordnung  der  Apomoira 
die  ersten  grundlegenden  Deklarationen,  die  den  Ertrag  der  letzten 
vier  Jahre  bieten,  an  den  Dioeketen  und  den  Eklogisten  des  Gaues 
eingereicht  —  offenbar,  damit  diese  die  rechnungsmässigen  Unterlagen 
für  die  neue  Apomoira  schaffen.  An  der  zweiten  Stelle  (Rev.  Pap. 
18  und  19)  wird  bestimmt,  dass  Copien  von  den  Abrechnungen  der 
Oekonomen  mit  den  Steuerpächtern  (huxlo^iaiiol)  an  die  Dioeketen 
und  Eklogisten  eingesandt  werden  sollen  —  offenbar  zur  Nachrechnung 
und  Eintragung  in  die  Bücher.  In  beiden  Fällen  treten  uns  also 
die  Eklogisten  klar  als  Rechnungsbeamte  entgegen,  und  während 
der  vorgesetzte  Dioeket  das  gesammte  Finanzwesen  unter  sich  hat, 
werden  wir  den  Eklogisten  als  seinen  Spezialbeamten  für  das  Rechnungs- 
wesen auffassen  dürfen. 

Weitere  Erwähnungen  der  Eklogisten  aus  der  Ptolemäerzeit  sind 
mir  nicht  bekannt.^)  Dagegen  wird  ihr  Bureau,  das  Xoyiozr]pioy  oder 

^)  Das  XsXoYSDiJLSvov  y]  TXsTipaYiJLSVov  im  Edict  des  Capito  Z.  37,  auf  das 
Buttmann  sich  stützt,  kann  daran  nichts  ändern.  Damit  wird  lediglich  das 
[siSjiiSTipaxxai  in  Z.  33  aufgenommen  und  spezialisirt. 

2)  Auf  den  oben  S.  65  flf.  publicirten  Holztafeln  ist  überall  Xoysux^i,  nicht 
Xoytox'^t,  zu  lesen. 


§  6.    DIE  STEUEKBERECHNUNG. 


495 


exXoYcaTTfjpiov,  also  die  SteueiTechnungskammer,  mehrfach  erwähnt. 
So  im  III.  Jahrh.  v.  Chr.  im  Petr.  Pap.  (H)  X  (1)  und  (2).  In  dem 
ersteren  Text,  in  dem  die  königlichen  Gänsehirten  sich  über  die  über- 
mässigen Forderungen  des  Oekonomen  Isch^-rias  beim  Oekonomen 
Phaies  beschweren  (s.  oben  S.  389),  bitten  sie  den  Letzteren,  ihre  Be- 
schwerde an  das  Xoyiazripiov  zur  Untersuchung  (eTCiaxItpaa^a:)  zu 
schicken.  Hier  erscheinen  die  Eklogisten  —  denn  das  sind  die  Beamten 
des  ^oyc^Ti^piov  —  als  diejenige  Behörde,  die  über  die  dem  Oekonomen 
zukommenden .  ^ev'.a,  also  über  die  Höhe  einer  Abgabe  Auskunft  zu 
erteilen  haben.  An  sie  wenden  sich  die  anderen  Beamten  im  Streitfalle. 
Sie  führen  also  die  Bücher,  aus  denen  zu  ersehen  ist,  wieviel  dem 
Einzelnen  zukommt,  resp.  wieviel  der  Einzelne  zu  leisten  hat.  Der  zweite 
Text  ist  die  Beschwerde  eines  Schreibers,  der  im  Logisterion  mit  „Ab- 
rechnungen" beschäftigt  war:  7wapaY£V0|X£V0D  \io\j  dq  zb  \o^('.azr\piO^ 
oLTZoXoY-'^ocad'OLi.  Die  correctere  Form  sYAOY'.an^p'.ov  finde  ich  in 
einem  Text  des  H.  Jahrh.  v.  Chr.,  Pap.  Lond.  XXIII  (Kenyon  S.  41) 
Z.  110:  ixYjxr^vsxa  (=  (jLexr^vsYxa)  zlc,  zb  ^'^Xo-^iozr^p'.o^^  (=  t6  i-^Xo- 
^(iQzr^p'.O'i)  AioaxoDpiBY]  tö  yP^^I^I^^^'^^^-  ^^ss  dem  Eklogisten  eine 
grössere  Zahl  von  Schreibern  zur  Verfügung  stand,  ist  selbstverständlich. 

War  es  uns  auch  möglich,  die  Behörde  zu  bezeichnen,  die 
speziell  mit  der  Steuerberechnung  betraut  war,  so  fehlen  uns  für  die 
Frage,  in  welcher  Weise  die  Steuern  für  den  einzelnen  Steuerzahler 
berechnet  wurden,  zur  Zeit  so  gut  wie  alle  Unterlagen.  A  priori  ist 
anzunehmen,  dass  sehr  verschiedene  Veranlagungsmodi  in  Anwendung 
kamen,  je  nach  der  Natur  der  Steuer.  Wir  haben  schon  oben  in 
Kapitel  IV  bei  Besprechung  der  einzelnen  Abgaben  versucht,  das 
Princip  ihrer  Umlage  zu  erkennen,  aber  nur  in  den  wenigsten  Fällen 
war  es  möglich,  über  Hypothesen  hinauszukommen.  Ich  muss  liier 
für  das  Einzelne  auf  die  früheren  Ausführungen  verweisen.  Im 
Allgemeinen  sei  nur  Folgendes  bemerkt.  Bei  den  Steuern,  die  als 
Quoten  eingefordert  wurden,  wie  die  Apomoira  oder  ^),  das 
Enkyklion  oder  ^i^),  die  Fischereisteuer  (^)  u.  s.  w.  ist  der 

Gang  der  Geschäfte  klar:  da  ist  die  Höhe  der  Quote  durch  könig- 
liches Gesetz  bestimmt,  und  es  gilt  nur  noch,  die  Summe,  von  der 
die  Quote  zu  erheben  ist,  zu  berechnen,  wofür  die  detaillirtesten 
Vorschriften  bestanden  (vgl.  Rev.  Pap.).  Wie  es  aber  bei  den 
Steuern  gemacht  wurde,  die  nicht  als  Quoten  aufgelegt  waren, 
bei  denen  vielmehr  ein  bestimmter  Steuersatz  für  die  Steuereinheit 


496 


V.  KAPITEL. 


ZU  berechnen  war,  wüsste  ich  nicht  mit  Sicherheit  im  Allgemeinen 
anzugeben.  Manche  andere  wichtige  Frage  knüpft  sich  hieran  an, 
die  sich  zur  Zeit  wohl  stellen,  aber,  soweit  ich  sehe,  nicht  beant- 
worten lässt.  Standen  diese  Steuersätze  in  einem  festen  Verhältnis 
zu  dem  von  der  Regierung  gewollten  Gesammtertrag  jeder  Steuer- 
gattung? Wurden  sie  also  durch  das,  was  wir  Repartitionssystem 
nennen,  gewonnen?  Gab  es  überhaupt  einen  festen  Etat  im  Ptole- 
mäerreich?  Wenn  man  bedenkt,  dass  damals  die  Erhebung  der 
einzelnen  Steuern  in  jedem  Jahre  von  Neuem  an  den  Meistbietenden 
versteigert  wurde,  so  möchte  man  die  letztere  Frage  eher  verneinen 
als  bejahen.  1)  Wohl  wird  die  Regierung  sich  einen  gewissen  Durch- 
schnitt als  Minimum  für  jede  Steuer  festgelegt  haben  (vgl.  Kap.  VI), 
aber  das  mit  der  Steuerverpachtung  betriebene  Handelsgeschäft  mag 
zu  sehr  wechselnden  Ergebnissen  geführt  haben.  Man  wird  also  — 
wenn  man  überhaupt  an  das  Repartitionssystem  denkt  —  nur 
von  einem  Verhältnis  des  Steuersatzes  zu  dem  durch  die  jedesmalige 
Versteigerung  zufallig  sich  ergebenden  Gesammtertrag  der  Steuer 
sprechen  können.  Doch  die  hier  aufgeworfenen  Fragen  bedürfen 
noch  gründlichst  der  Aufklärung. 

Etwas  klarer  liegen  die  Dinge  in  der  Kaiserzeit.  Betrachten 
wir  auch  hier  zunächst  das  Beamtenpersonal.  Für  die  allgemeine  von 
Augustus  begründete  Neuordnung  Aegyptens  kann  ich  auf  die  licht- 
volle Darstellung  bei  Mommsen,  Röm.  Gesch.  V  S.  553  ff.  ^)  verweisen 
und  beschränke  mich  darauf,  nur  die  speziell  die  Steuerberechnung 
betreffenden  Punkte  hervorzuheben.  Durch  die  Eroberung  im  J.  30 
V.  Chr.  ist  Aegypten  bekanntlich  nicht  in  die  Reihe  der  römischen 
„Provinzen"  eingetreten,  sondern  ist  als  „das  grösste  der  kaiserlichen 
Landgüter"^)  unter  die  spezielle  Disposition  des  Kaisers  gestellt  worden. 

Boeckh  (Staatsh.  S.  253)  sagt  wohl  mit  Recht,  dass  ,,ein  richtiger 
Ueberschlag  der  Ausgaben  und  Einnahmen"  „schwerlich  in  irgend  einem  Helle- 
nischen Staate  regelmässig  und  im  Voraus  angefertigt"  sei.  „Durch  Erfahrung 
indess  und  durch  die  Rechnungen  musste  sich  bald  ergeben,  wie  hoch  die  regel- 
mässigen Ausgaben  und  Einkünfte  sich  beliefen,  und  inwiefern  diese  zureichend 
oder  nicht,  jene  notwendig  oder  überflüssig  wären."  An  mehr  als  eine  solche 
praktische  Erfahrung  wird  wohl  auch  im  Ptolemäerstaat  nicht  zu  denken  sein. 
—  Ueber  das  „Budget"  der  römischen  Republik  vgl.  Mommsen,  Staatsr.  11^  S.  432. 

2)  Vgl.  auch  Mommsen,  Staatsr.  11^  S.  859  und  1004. 

^)  Philo  ad  Flacc.  2,  19:  xö  filyiaxov  aöxoö  twv  xxyjjjtaxtüv.  Vgl.  Tacit. 
hist.  1,  11:  domi  retinere. 


§  6.    DIE  STEUERBERECHXUXG. 


497 


Kraft  dieser  eigenartigen  Ordnung  spielt  der  Kaiser,  der  ja  auch  von 
den  Aegyptem  ganz  wie  seine  Vorgänger  als  ihr  König  verehrt  wurde, 
in  der  Verwaltung  dieselbe  Rolle  wie  vorher  die  Ptolemäer.  Die 
äusseren  Verschiedenheiten  in  der  Verwaltung  der  beiden  Perioden  sind 
vorwiegend  darin  begründet,  dass  der  römische  König  nicht  mehr  in 
Alexandrien,  sondern  im  fernen  Rom  residirte  und  daher  einen  Stell- 
vertreter, einen  Vice -König,  in  Alexandrien  nötig  hatte.  Das  ist 
der  praefedm  Alexandreae  et  Aegypti.^)  Doch  dieser  Unterschied  ist 
mehr  ein  äusserlicher.  Nach  wie  vor  hat  der  König,  jetzt  also  der 
Kaiser,  die  gesammte  Steuerverwaltung  in  seiner  Hand.  Das  Budget 
für  Aegypten  wird  in  der  kaiserlichen  Kanzlei  in  Rom  festgesetzt, 
und  sein  Mandatar  in  Alexandrien  hat  auch  auf  dem  Steuergebiete  nur 
den  Willen  seines  Herrn  auszuftihren.  Wie  die  Edicte  des  Capito 
und  Julius  Alexander  zeigen,  können  üebelstände  im  Steuerwesen 
wohl  durch  Statthalteredict  geregelt  werden,  kraft  der  vom  Kaiser 
ihnen  mandirten  Vollmacht,  aber  schwierigere  Fragen  wagt  der  Präfect 
doch  nicht  zu  erledigen,  ohne  sich  spezielle  Instructionen  vom  Kaiser 
zu  erbitten 2).  Die  Steuergesetzgebung  war  durchaus  in  den  Händen 
des  Kaisers.  Das  Recht,  Veränderungen  an  schon  bestehenden 
Steuern  vorzunehmen  oder  neue  Steuern  einzuführen,  stand  im 
Princip  dem  Kaiser  zu.^) 

Im  Besonderen  nun  für  die  Frage  der  Steuerveranlagung  ist 
es  von  Wichtigkeit,  dass  der  Kaiser  den  aus  Aegypten  herauszu- 
wirtschaftenden Gesammtbetrag  —  wie  es  scheint,  alljährlich  —  fest- 
setzte.   Das  ergiebt  sich  aus  dem  bekannten  Bonmot  des  Tiberius 


^)  So  wird  C.  Cornelius  Gallus  bezeichnet.  Vgl.  Sitzungsber.  Berl.  Akad. 
XX  1896  S.  469  ff.  Vgl.  dazu  meine  Ausführungen  in  der  Zeitschrift  f.  Aeg. 
Sprache  XXXV  1897. 

Ed.  Jul.  Alex.  8:  zzpoi'^pa.'i^'x  —  oaa  llzoxl  \io;  xpeivs-.v  xa:  tioisCv 
xa  8s  {isd^ova  xal  8EÖ|x£va  z%c,  xoö  A'jxoxpäxopos  Suväfiswg  xai  jjtsYaXi'.öxr^xos 
aOxü)  5Yj/vü)aü)  [isxa  tiizr^c,  aXT^^-sia^.    Vgl.  Z.  62  ff. 

^)  Zu  den  schon  von  Rudorff  (Rhein.  Mus.  1828  S.  186)  beigebrachten 
Zeugnissen,  unter  denen  namentlich  Cod.  Just.  IV  62  hervorzuheben  ist, 
möchte  ich  noch  Dig.  39,  4,  10  hinzufügen:  vectigalia  sine  imperatorum  prae- 
cepto  negue  praesidi  neque  curatori  neque  curiae  constituere  nec  praecedentia 
reformare  et  his  vel  addere  vel  deminuere  licet.  Mommsen  verweist  mich  ferner 
auf  Dig.  48,6,  10.  —  Zu  Dio  53,  15  vgl.  Mommsen,  Staatsr.  IP  S.  1014  A.  2. 
Dass  für  Aegypten  der  Senat  selbst verständich  nicht  in  Betracht  kommt,  braucht 
nicht  gesagt  zu  werden. 

WiLCKEN,  Ostraka.  32 


498 


V.  KAPITEL. 


bei  Dio  57,  10,  5:  AipicXtq)  yoöv  Tt^xtw  )^pT^[xaTa  ttots  auiw  tiXelü) 

TZCCpdi  TO  T£TaY|X£VOV  £X  T'^i;  AiyUTrXOU  %  fjPX^  7I£[x4'aVTC  dVT£TÜ£aT£lX£V 

ot:  x£tp£a^at  [xou  xa  Tupoßaia,  aXX'  oux  dTio^upEa^ac  ßouXofxa:. 
Danach  war  dem  Statthalter  die  Ablieferung  einer  bestimmten  Summe 
vorgeschrieben,  die  er  weder  nach  unten,  noch  —  wenigstens  bei 
guten  Kaisern  wie  hier  —  nach  oben  hin  überschreiten  durfte. 
Dieser  Gesammtposten ,  der  gewiss  spezialisirt  war  in  Steuererträge 
und  Domanialerträge,  musste  den  Zielpunkt  für  die  gesammte  Steuer- 
veranlagung bilden. 

Diese  Veranlagungsarbeiten  ruhten  in  letzter  Instanz  in  der 
Hand  des  Präfecten.  Wenn  Philo  ad  Flacc.  16  auf  den  ungeheuren 
Umfang  der  Rechnungsgeschäfte  des  Präfecten  mit  den  AVorten 
hinweist:  XoyLG\io\)c,  twv  Tipo^oScov  xal  SaapLWV  Xa[xßavcv'C£?,  wv  -f] 
e^ezoLGiQ  TÖv  7iX£tova  toö  £VtauToö  yjpo'^ov  dv'igXLax£V,  so  ist  damit 
wohl  nicht  nur  die  Abrechnung  über  die  erhobenen  Steuern,  sondern 
auch  die  der  Erhebung  vorangehende  Berechnung  der  Steuern  ge- 
meint. Dem  Präfecten  stand  ein  grosses  Beamtenpersonal  zur  Ver- 
fügung, das  in  Alexandrien  wie  im  Lande  mit  der  Steuerberechnung 
und  Steuerabrechnung  betraut  war.  Hier  kommen  zunächst  die 
verschiedenen  kaiserlichen  Procuratoren  (iTzlxpoizoC)  in  Betracht,  die 
überhaupt  der  Finanzverwaltung  dienten  und  je  nach  ihrem  Ressort 
Spezialtitel  führten.  Diese  kaiserlichen  Procuratoren  ersetzten  sachlich 
und  auch  titular  die  höheren  Finanzbeamten  der  Ptolemäerzeit.  So 
verwandeln  sich  die  ScoLXYjxa:  (oder  ItiI  t"^^  ScotzT^aEWi;)  in  imipoTioi 
ItCi  6iotX'^a£tö?^),  und  wenn  noch  in  Urkunden  aus  dem  III.  Jahrh. 
n.  Chr.  von  einem  ScotxyjTig^  die  Rede  ist,  so  ist  das  wohl  nur  eine 
bequeme  Verkürzung  für  jenen   officiellen  römischen  Titel.  ^)  So 


^)  Bull.  corr.  hell.  III  S.  257:  sTitxpouog  iiil  StoiXT^asw^  ['AXegavSpeiag]. 
Vgl.  CIL  III  431:  proc.  ad  dioecesim  Alexandreae.  Vgl.  hierzu  Philolog.  LIII. 
S.  93  A.  6. 

■2)  BGU  8  II  29;  P.  Oxyr.  I  61,  15.  An  beiden  Stellen  wird  der  aiotXYjxT^g 
als  xpdxiaxog  bezeichnet.  —  Erst  nach  meinen  Bemerkungen  im  Philol.  a.  a.  O. 
sah  ich,  dass  SioiXYjXT^g  xoö  Ispcoxaxou  xa|j,£{ou  garnicht  im  Text  steht,  sondern 
nur  eine  Construction  von  Viereck  ist  (Hermes  XXVII  S.  526).  —  Auch  Strabo 
XVII  p.  840  meint  mit  den  SiotXTjxat  kaiserliche  Procuratoren.  —  Ein  später 
Nachfolger  der  ptolemäischen  Lokaldioeketen  ist  wohl  der  <E>X.  Myjvccg  6  Xa|j,7rpö- 
xaxos  StO'.XYjxYj?  xfic,  'A7ioXXwvo7röX(£a)5)  im  Pap.  Grenf.  (I)  63,3  (VI.  oder 
VII.  Jahrh.  n.  Chr.).  Vgl.  Z.  4. 


§  6.    DIE  STEUERBERECHNUNG. 


499 


wurde  ferner  der  alte  ptolemäische^)  Finanzbeamte  „6  TZpbc,  xw 
tStci)  Xoyw"  jetzt  zu  einem  imzpoTzoq  toö  lhioi>  Xoyou,  doch  wurde 
gelegentlieh  auch  hier  aus  Bequemlichkeit  die  Procuratur  unerwähnt 
gelassen.^)  Dass  ähnlich  auch  der  Epistrateg  ein  promrator  epistra- 
tegiae  wurde,  erwähnten  wir  schon  oben  (S.  427).  Mommseu  trennt 
freilich  diese  beiden.  Das  Verhältnis  der  verschiedenen  Procuratoren 
zu  einander  bedarf  noch  vielfach  der  Aufklärung.^)  Die  alten  rein 
griechischen  Titel  haben  sich  nur  bei  den  niederen  Chargen  erhalten, 
die  unter  jenen  xpaTtaxoi  standen,  so  die  GixovofiOt^)  und,  was  uns 
hier  besonders  interessirt,  die  ex^OYiara:.^) 

Üeber  die  Thätigkeit  der  Letzteren  in  römischer  Zeit  geben 
die  Edicte  des  Capito  und  Julius  Alexander  (C  IGr.  III  4956,  4957) 
genauere  Auskunft.  Beide  hat  man  missverstanden,  wenn  man  aus 
ihnen  zu  erweisen  suchte,  dass  die  Eklogisten  Steuererheber  gewesen 
seien.  Betrachten  wir  zunächst  das  Edict  des  Alexander.  In  Z.  36 
heisst  es:  wenn  zwei  Präfecten  übereinstimmend  in  einer  Frage  der 
Steuerfreiheit  absolutorisch  entschieden  haben  (aTioXuetv),  so  soll  der 
Eklogist,  der  trotzdem  die  Sache  nochmals  zur  Revision  vorbringt, 
straffällig  sein:  xoXaaTSO?  lailv  6  k^Xo^('.GzriC,  6  xcc  auxa  elq  S'.aAO- 
Y:a[Jiöv  aywv.  Mit  diesem  oiaXoyLaiio^  wird  die  Abrechnung  oder 
Revision  gemeint  sein,  der  die  Präfecten  auf  ihren  Inspectionsreisen, 


*)  Dass  dieser  Beamte  schon  im  Ptolemäerreieh  existirt  hat,  zeigte  zuerst 
Wescher.    Vgl.  Marquardt  R.  St.V.  II^  S.  310.    „Actenstücke"  S.  40. 

2)  Vgl.  die  Belege  bei  Marquardt  R.St.V.  11^  S.  311  A.  1.  Sogar  in  einer 
lateinischen  Inschrift  (CIL  X  4862)  steht  kurz  idiologus.  Auch  der  Präfect 
selbst  unterdrückt  die  Procuratur  in  CIGr.  4957,  39. 

3)  Vgl.  O.  Hirschfeld,  RVG  S.  263.  Wilckeu,  Hermes  XXIII  S.  592  ff. 

*)  Vgl.  Ed.  Jul.  Alex.  (CIGr.  4957)  Z.  21:  oax'.g  av  svO-äSs  eTitxpoitog 
ToD  xupioo  Yj  oixovöjios.  In  BGÜ  156,  3  ein  Saturninus  als  KaiadpcDv  oixovö|jiog 
vom  J.  201.  Kaiacxptov  steht  hier  für  Kataapwv  §ouX(p.  Vgl.  unten  Kap.  VI 
§4.  Im  Hermes  XXIII  S.  593  Z.  13  brachte  ich  einen  Mr^xioxo^  otxovöjios 
xoO  xuptoi)  vom  J.  196.  Von  diesen  oixovö|iO'.  spricht  Strabo  XVII  p.  797. 
Inwieweit  sie  sachlich  den  ptolemäischen  o'.xovö[io'.  entsprechen,  bleibt  zu 
untersuchen. 

^)  Man  nimmt  gewöhnlich  an,  dass  durch  CIGr.  5085  die  Form  Xoytoxi^s 
bezeugt  sei.    Ueberliefert  ist  X6IHCTHC-  könnte  auch  j^s'-P'-^xr^g  oder 

sonst  etwas  sein.  Die  Verbindung  Ypa|i|iax£'JS  xal  XoY'.oxTjg  ist  jedenfalls  austössig. 
Welche  Bolle  später,  nach  der  diokletianisch-constantinischen  Beforni,  die  Xoy.oxai 
(im  Sinne  von  curatores)  in  den  aegyptischen  Städten  gespielt  haben,  lernen 
wir  jetzt  aus  den  Papyri  von  Oxyrhynchos. 

32* 


500 


V.  KAPITEL. 


wenn  sie  Convent  abhielten,  die  gesammten  Gauangelegenheiten  unter- 
warfen.^) Der  Eklogist  erscheint  hier  also  als  ein  Beamter,  der 
in  Fragen  der  Steuerpflichtigkeit  oder  Steuerfreiheit  das  Material  für 
diesen  ^i!xkoyia\L6q  vorzulegen  hatte,  also  als  ein  Rechnungs-  oder 
Veranlagungsbeamter.  Wenn  der  Text  fortfährt:  xoil  ixyjSev  aXXo 
TTOtwv  7iXy]V  apyupcajjLoö  Tipocpaaiv  xaTaXetTiwv  sauxw  xal  xoiq  oiXXoic, 
TipayiiaTCXoT?,  so  wird  daraus  nur  zu  folgern  sein,  dass  dem  Eklogist 
irgend  welche  Procente  von  den  von  ihm  ausgeschriebenen  Steuern 
als  Sportein  zukamen  —  freilich  eine  gefährliche  Bestimmung.-) 
Dass  diese  denn  auch  thatsächlich  oft  gemissbraucht  worden  ist, 
indem  die  Eklogisten,  um  sich  zu  bereichern,  neue  Steuern  aus- 
schrieben, zeigt  dasselbe  Edict  Z.  46fF.,  im  besonderen  51  ff".  Der 
Präfect  beklagt  sich  über  die  öi\iETpoQ  IJouata  xwv  eyXoYcaiwv  „5ia 
TO  Tiaviag  auTöv  xaxaßoav  iid  tw  Tcapaypacpecv  ocuzobc,  nXeiGza  — 
ob  auveßaivev  auiou^  [xsv  dpyupL^^ea^at,  ty]v  hk  Al'yuTiTov  ava- 
axaxov  yeLvea^ac".  Ich  betone,  dass  hier  nur  vom  Tiapaypa^etv, 
nicht  vom  TtapaTipaaaec v  die  Rede  ist. 3)  Der  Präfect  schärft 
darauf  ein,  dass  ohne  vorhergehende  Entscheidung  des  Präfecten 
die  Eklogisten  überhaupt  keine  prinzipielle  Aenderung  in  der  Steuer- 
umlage einführen  dürften.^)  Darauf  werden  die  Strategen  ermahnt, 
von  den  Eklogisten  nichts  anzunehmen  ohne  Erlaubnis  des  Präfecten 
(|JLY]6£V  Tiapa  i'^XoyiGzGiy  [JL£TaXa[ißav£Lv).  Offenbar  waren  hier  ähn- 
liche Durchstechereien  vorgekommen,  wie  sie  durch  BGU  15  II 


Vgl.  BGU  22G,  21:  ou  socv  6  xpaxiaTog  -^ysiacov  IIojiTiT^tog  IlXdvxag 
xov  zou  vo[jLoO  SiaXoyiOfiOv  uo'.^xat.  Vgl.  Mitteis,  Hermes  XXX  S.  574,  der 
auch  auf  168,  18f.  hinweist.  Auch  BGU  195,  36:  ÖTiöxav  5iaXa|ji[ßocv]vj  mag 
sich  auf  den  Convent  beziehen. 

^)  Als  Analogie  könnte  man  auf  die  an  den  'praef.  annonae  Alexandriae 
gerichtete  Verfügung  des  Constantius  und  Constans  vom  J.  349  verweisen,  Cod. 
Theod.  XII  6,  3:  siisceptores  centesimae  dimidium,  annotatores  vero  ceterorumque 
officiorum  diversos  homines,  quos  rationibus  constat  obnoxios  esse,  alterum 
dimidium  habere  censuimus. 

^)  napaypacpsiv  kann  freilich  auch  von  dem  Erheber  gesagt  werden, 
der  widerrechtlich  einen  Steuerzahler  mit  einer  zu  grossen  Summe  anschreibt 
oder  notirt.  Vgl.  Petr.  Pap.  (II)  XIII  (17)  2:  uapaysYpaiaiaai,  xwi  updxxopi,  wo 
xwt  Tcpdxxop'.  doch  wohl  in  dem  Sinne  von  utco  xoö  Tipocxxopog  steht.  Aber  es 
bleibt  wichtig,  dass  das  eindeutige  TiapaTtpdaas'.v  weder  im  Edict  noch  sonst  wo 
auf  den  Eklogisten  angewendet  wird. 

*)  Das  ist  wohl  mit  dem  noch  nicht  geheilten  Passus  Z.  52/3.  gemeint. 


§  6.    DIE  STEUERBERECHNUXG. 


501 


zwischen  Strategen  und  Eseltreibern  eonstatirt  werden. i)  Was  aber 
auf  Grund  unerlaubter  Steuerausschreibungen  der  Eklogisten  und 
ihres  Personals-)  erhoben  war,  das  sollen  diese  —  olfenbar  soweit 
es  ihnen  zugefallen  war  —  den  Steuerzahlern  zurückerstatten,  und 
ausserdem  ein  Vielfaches  als  Strafe  an  die  Staatskasse  zahlen.  Man 
beachte  dTroBtoaouaiv  oaov  6^T:r^zr^^r^G7.'^  —  nicht  aTnf^xYjaav,  was  so 
nahe  gelegen  hätte,  wenn  die  Steuerveranlager  auch  die  Erheber 
gewesen  wären. 

isoch  weniger  kann  ich  der  bisher  allgemein  acceptirten 
Deutung  des  Edicts  des  Capito  zustimmen.  Der  Präfect  setzt  zu- 
nächst hohe  Strafen  fest  gegen  diejenigen  durchreisenden  Soldaten, 
die  sich  unerlaubter  Weise  ^£v:a  und  sonstige  Abgaben  von  der 
Bevölkerung  erpressten  (vgl.  oben  S.  389).  0[i  \ihv  oOv  ßJaa'.Aixol 
Ypa|Ji{jLaT£l^j  so  iährt  der  Text  mit  den  üblichen  Ergänzungen  fort, 
zal  7ta)[iOYpapL[xaT£!?  xal  T07:GYpa{jL[[xaT]cT;  xaxa  vc{xc;v  TiavTa  oaa 
6a-avaTac  Ix  toö  vofAOö,  d  XLva  IzlqTzjir.pxy.ztxi  T^apaXoya)^  r^  aXXo 
Ti,  dvaY[p]a9[£a]0-ü)[a]av  xat  £[v  r^\iipo^^q]  l^rjxovxa  iTicSoTwaav 
oi  S'  £[v]tö$  0yjßaiSo?  5:a  T£Tpa|jnQVOu  [ax]o[7:]£[LTa)aav  (oder 
i'^GpoLZtaaoLy  Letronne)  xa]  Xoy'.axYjpia  xal  7:pö?  BaaiA£L6rjv  xov 
Kataapog  d7t£A£6^£pov  x[d]  £[5  §xda]xGi)  (oder  xa  xoO  Letr.) 
XoYiaxYjpiG'j  xal  xou?  ix^vcyiaxa;  7:£|X7w£xa)aav,  Iv'  Idv  x:  (vgl.  Addit.) 
-apd  x6  Stxacov  X£>.oy2'J[A£Vgv  r^  7ü£7:paY[Ji£Vov  f^i,  xoüxo  S:op-&'ü)a[ü)][xat. 
Unter  dem  Eindruck  des  anderen  Edicts  ist  man  davon  ausgegangen, 
dass  auch  hier  von  üebergriffen  der  Eklogisten  die  Rede  sei.  Die 
königlichen,  die  Dorf-  und  Bezirksschreiber,  so  nimmt  man  an,  sollten 
Controle  üben  über  die  Eklogisten;  die  in  der  Thebais  sollten  alle 
vier  Monate  die  Logisterien  revidiren  und,  was  sie  da  fanden,  mit- 
sammt  den  Eklogisten  selbst  an  den  Basileides  schicken.  Ich  fasse  den 
Text  anders  auf.  Die  Uebelthäter,  deren  unerlaubte  Erhebungen 
(vgl.  [£L^rj£7:paxxai  und  nachher  X£A0Y£D}JI£V0V  und  7i£7rpaY[A£VOv) 
von  den  genannten  Schreibern  notirt  werden  sollen ,  sind  nicht  die 
Eklogisten,  sondern  wie  im  Vorhergehenden  die  Soldaten.  Die 
Aufzeichnungen  der  Schreiber  sollen  vielmehr  zur  rechnungsmässigen 
Prüfung  an  Basileides  und  die  Eklogisten  eingereicht  werden, 

^)  Z.  11:  o'JvxaxoupYoGvTe^  xoi^  dvr]?.ä-a'.;. 

Ich  glaube,  dass  unter  den  ctXXo'.  T^py.yixot.x'.y.oL  in  Z.  54  die  Eklogisten 
mit  zu  verstehen  sind,  denn  sonst  würde  gerade  für  die  Hauptschuldigen,  die 
Eklogisten,  keine  Strafe  bestimmt  sein. 


502 


V.  KAPITEL. 


worauf  dann  der  Präfect  Remedur  verspricht.  Die  Dinge  liegen  hier 
also  genau  so,  wie  im  Pet.  Pap.  (II)  X  (I)  aus  dem  III.  Jahrh.  v.  Chr. : 
auch  da  wird  die  Anzeige  der  Uebergriffe  des  durchreisenden  Be- 
amten, der  zu  grosse  pvca  in  Anspruch  nahm,  an  das  Xoyiazripiov 
zur  Prüfung  eingereicht.  Dass  dies  auch  der  Sinn  des  Edictes  ist,  ist 
mir  nicht  zweifelhaft;  die  Ergänzung  des  Textes  im  Einzelnen  muss 
freilich  bei  der  schlechten  Tradition^)  dunkel  bleiben.  So  nament- 
lich der  Schluss  von  Z.  34,  wo  das  überlieferte  0EOIE1N  weder 
zu  axoTietTwaav  tcc,  noch  zu  e^opaxwaav  xa  ergänzt  werden  darf. 
Die  vorhergehenden  Worte  ol  5'  ivTÖq  Biq^atboc,  5:a  Texpaixi^vou 
fasse  ich  als  Parenthese:  die  anderen  Beamten  sollen  alle  60  Tage, 
die  in  der  Thebais  aber  alle  vier  Monate  die  Aufzeichnungen  (seil, 
die  aus  dem  avaypa^la'ö'waav  herauszuholenden  dvaypa^a^  ein- 
reichen. Danach  wird  XoyiaiTQpia  mit  eTtcSoxtoaav  in  irgend  welcher 
Verbindung  stehen.  2)  Die  folgende  Zeile  wird  so  zu  emendiren 
sein:  xal  npbc,  BocaiXtihr^v  tov  Kacaapo^  ämleud-epov  t[6v]  £[7rl] 
Tou  Xo^iavfipiou^)  y.ocl  zobc,  ixXoyiG'zdiq  TisfXTreTwaav.  In  diesem 
Basileides  sehe  ich  den  Obereklogisten  in  Alexandrien,  den  Vorsteher 
der  Hauptrechnungskammer  des  Landes,  für  den  der  sonst  nicht 
belegte  Titel  6  enl  toö  XoytaTyjptou  durchaus  angemessen  wäre. 
Basileides  würde  also  die  Stelle  einnehmen,  die  im  Rev.  Pap,  37,  12 
Dionysodoros  einnimmt. 

Nach  unserer  Auffassung  der  Edicte  hat  sich  in  der  Organisation 
und  der  Bedeutung  der  Eklogisten  in  der  Kaiserzeit  gegenüber  der 
Ptolemäerzeit  nichts  geändert.  Diese  Auffassung  findet  nachträglich 
durch  P.  Oxyr.  I  57  ihre  volle  Bestätigung.  Hier  tritt  uns  „der 
Eklogist  des  Gaues"  (Z.  9)  deutlich  als  der  Rechnungsbeamte  ent- 
gegen, der  die  Einnahmen  der  StotXYjai^  berechnet,  während  die 
Erhebung  der  betreffenden  Steuern  dem  Strategen  zufiel: 


^)  Eine  neue  Revision  der  beiden  Edicte  am  Original  wäre  dringend  zu 
wünschen.  Da  die  Inschriften  nicht  etwa  auf  Steinen  stehen,  die  leicht  ver- 
schleppt oder  zerstört  sein  könnten,  sondern  „am  ersten  Pylon  des  grossen  Tempels" 
der  Oase  el-Chargeh,  so  müssten  die  Texte  auch  heute  noch  leicht  aufzu- 
finden sein. 

■2)  Ist  Tcpog  xa  oder  sie,  xöc  zu  lesen?  oder  xotg  xa?  Vgl,  zu  letzterem 
xq)  x6  ypacpsiov  in  BGU  379.  Das  würde  freilich  die  Schwierigkeit  ergeben, 
dass  die  Logisterion-Beamten  und  die  Eklogisten  getrennt  würden. 

3)  üeberliefert  ist  TA€r- 


§  6.    DIE  STEUEEBERECH>'UXG. 


503 


|i£Vov  xtX. 

In  Bezug  auf  die  Logisterien  der  Kaiserzeit  will  ich  nur  noch 
auf  meine  Bemerkungen  im  Philologus  LIII  S.  89  verweisen.  Mit 
dem  Pap.  Petersburg  14^,  den  ich  daselbst  er\yähnte,  ist  jetzt  noch 
BGU  466  zu  vergleichen.  Die  IJeberschrift  des  letzteren:  X^yoc 
8a7ü(av(I)v)  tgO  XoY('.aTr^ptoi))  dürfte  auch  für  den  Petersburger  Text 
passen.  Sie  sind  wohl  beide  Abrechnungen  über  Ausgaben  eines 
Logisterion.  So  lernen  wir  einige  Subalternbeamte  der  Logisterien 
kennen,  die  hier  ihren  Sold  erhalten,  so  in  BGU  466  zwei  (^UAaxs^, 
einen  apy^iÜTOjplTTjc,  im  Petersburger  Text  die  ßor^-ö'OL^)  —  Das 
für  Hermupolis  bezeugte  7:oa:t:xgv  Ao^fiazrfpio'^  (vgl.  PER  I  S.  110) 
scheint  dem  Zusammenhange  nach  die  „städtische  Rechnungskammer" 
zu  sein.  Eine  Abteilung  des  allgemeinen  Logisterion  war  wohl 
das  xaTOix'.xov  XoyiaTYjpLGV  inPERIl,  11.  Li  ihm  werden  u.  a. 
die  Besitzveränderungen  der  Katoeken  gebucht.-)  P.  Oxyr.  I  57 
erwähnt  t6  t-^^  Siocxi^aew^  ^oyLan^piov. 

So  stehen  auch  in  der  Kaiserzeit  die  Eklogisten  als  die  speziell 
mit  der  Berechnung  und  Ausschreibung  der  Steuern  sowie  mit  der 
Steuerabrechnung  betrauten  Beamten  vor  uns.^)  Es  ist  daher  nicht 
ganz  zutreffend,  die  in  den  Steuerdeklarationen  genannten  Gau-  und 
Ortsbeamten  —  die  Strategen,  königlichen  Schreiber,  Stadt-  und  Dorf- 
schreiber und  Volkszähler  —  als  die  „Steuereinschätzungscommission" 
zu  bezeichnen.^)  Nach  unserer  obigen  Deutung  der  Adressen  dieser 
Eingaben  wird  man  überhaupt  Bedenken  tragen,  diese  Beamten  darum, 
weil  sie  neben  einander  genannt  werden,  sich  auch  in  einer  Commission 
thätig  vorzustellen.  Doch  von  dieser  formalen  Frage  abgesehen, 
glaube  ich  auf  Grund  der  obigen  Ausführungen  annehmen  zu  müssen, 
dass  diese  in  den  Deklarationen  genannten  Beamten,  zum  mindesten 
vorwiegend,  mit  der  Entgegennahme,  Prüfung  und  Zusammenstellung 


Vgl.  Z.  1:  vauXov  uXoiou  bnö  ßor^O-oti?,  d.  h.  Fährgeld  für  das  Boot, 
das  die  ßoirjO-oi  übersetzte.  Z.  7:  öcjjcDvicov  ßsr^^o:;  XcYXXTjpiou.  —  In  beiden 
Texten  findet  sich  auch  ein  Posten  über  Papyrus;  466,  12  xap'cap-tp  Obolen), 
Petersb.  5  z:ix%g,  /ap-wv. 

2)  Vgl.  Mitteis,  Hermes  XXX  S.  603.    P.  Meyer,  Philol.  S.  199. 

^)  Mommsen  verweist  auf  Corp.  gloss.  2,  291  Götz  {iy.AO'^-.j-Yf^  =  di'gpunctor) 
und  Ulpian,  Dig.  50,  16,  56  pr. 

*)  Vgl.  Viereck,  Philolog.  LU  S.  219flf. 


504 


V.  KAPITEL. 


der  Deklarationen  zu  Steuerbüchern  betraut  waren,  dass  dagegen  die 
auf  Grund  dieser  Unterlagen  zu  fuhrende  Berechnung  der  Steuer- 
schuldigkeiten der  einzelnen  Steuerindividuen  in  erster  Linie  von 
den  Eklogisten  in  den  Logisterien  ausgeführt  wurden.  Höchstens 
könnte  man  annehmen,  dass  mit  der  Controle  der  Ortsbehörden 
auch  eine  gewisse  Mitwirkung  bei  Taxirung  der  Objecte  verbunden 
gewesen  wäre.  Aber  die  eigentliche  Steuerberechnung  hat  gewiss 
in  der  Hand  der  Eklogisten  gelegen. 

Nur  einer  der  genannten  Beamten,  der  Stratege  des  Gaues, 
scheint  auch  bei  dieser  Steuerberechnung,  sei  es  mitarbeitend  oder 
controlirend,  thätig  gewesen  zu  sein.  Das  entspricht  seiner  gesammten 
Stellung  innerhalb  des  Gaues,  und  das  folgt  wohl  auch  aus  dem 
Edict  des  Ti.  Julius  Alexander,  wo  es  in  Z.  49  ff.  heisst,  die  Strategen 
sollen,  wenn  in  den  letzten  fünf  Jahren  unerlaubter  Weise  neue 
Steuern  ausgeschrieben  sind  (xaTEXpc-ö-yj),  diese  wieder  abschaffen  — 
Tiocpbmc,  ocuzGiy  lYjV  aTzalvqaiv.  Zwar  wird  hier  nur  gesagt,  dass 
die  Strategen  die  „Erhebung"  sistiren  sollen,  aber  dieser  Befehl  zur 
Sistirung  setzt  doch  notwendig  voraus,  dass  sie  vorher  bei  der  Revision 
constatiren,  dass  unrechtmässige  Ausschreibungen  vorliegen.  Hier- 
nach wird  man  zum  mindesten  annehmen  müssen,  dass  sie  ein  Controle- 
recht  über  die  Steuerberechnungen  der  Eklogisten  besassen. 

Ueber  die  Frage,  inwieweit  im  HI.  Jahrh.  n.  Chr.  die  ßouXi^  an 
der  Steuerveranlagung  beteiligt  worden  ist,  vgl.  unten  Kap.  VI  §  2  G. 

Soviel  von  dem  Beamtenpersonal.  Leider  gilt  auch  für  die 
Kaiserzeit,  dass  wir  von  der  Thätigkeit  dieser  Beamten  im  Einzelnen 
sehr  wenig  wissen.  In  einem  Punkte  stehen  wir  für  die  Kaiserzeit 
auf  festerem  Boden:  wir  wissen,  dass  der  Kaiser  die  alljährlich  zu 
erhebende  Gesammtsumme  der  Steuern  Aegyptens  festsetzte  (s.  oben 
S.  497  f.).  Wahrscheinlich  war  die  Steuerveranlagung  im  Grossen 
und  Ganzen  betrachtet  eine  Repartition  dieser  Gesammtsumme  auf 
die  einzelnen  Steuersubjecte.  Eine  solche  Repartition  war  in  der 
Kaiserzeit  dadurch  erleichtert,  dass,  wie  wir  im  nächsten  Kapitel 
sehen  werden,  die  Erhebung  durch  kaiserliche  Regie  in  weitem 
Umfange  an  die  Stelle  der  ptolemäischen  Steuerpacht  getreten  war. 
Ein  zusammenhängendes  Bild  von  dem  Modus  zu  geben,  nach  dem 
nun  praktisch  die  Steuersummen  berechnet  und  ausgeschrieben 
wurden,  ist  mir  nicht  möglich.  Sicherlich  wird  er  bei  den 
verschiedenen  Steuerarten  ein  verschiedener  gewesen  sein.    Was  ich 


§  6.    DIE  STEUERBERECHNUNG. 


505 


auf  Grund  der  Ostraka  und  Papyri  über  die  Veranlagung  der  einzelnen 
Steuern  ersehliessen  konnte,  habe  ich  schon  in  Kapitel  IV  angemerkt 
und  ich  muss  hier  auf  diese  Einzeluntersuchungen  verweisen.  Was 
Ti.  Julius  Alexander  in  seinem  Edict  Z.  57  f.  für  die  Grund- 
steuer verlangt,  dass  nämlich  die  Erhebung  nach  Massgabe  der 
wirklichen  Ueberschwemmung,  und  nicht  zaxa  auvo({>LV,  d.  h.  nach 
Vergleichung  mit  der  vorhergehenden  Zeit  zu  erfolgen  habe^), 
das  wird  mutatis  mutandis  auch  für  die  Veranlagung  aller  übrigen 
Steuern  der  massgebende  Gesichtspunkt  gewesen  sein.  Ich  beschränke 
mich  hier  darauf,  einige  Einzelheiten,  die  uns  überliefert  sind,  zu 
besprechen. 

1.  Wir  haben  es  oben  als  charakteristisch  für  die  Kaiserzeit 
hervorgehoben,  dass  die  Deklarationen  keine  Wertschätzungen  der 
deklarirten  Steuerobjecte  enthielten,  dass  diese  Taxationen  also  von 
den  Behörden  herzustellen  waren.  Wir  werden  hier  zunächst  an  die 
Eklogisten  denken,  aber  auch  die  Möglichkeit  zugeben,  dass  die  Orts- 
behörden sie  irgendwie  mit  Angaben  unterstützten  (s.  oben).  Es  giebt 
nun  eine  Urkunde,  die  uns  ausserdem  an  die  Mitwirkung  angesehener 
Bürger  denken  lässt.  In  BGU  18  (vom  J.  169  n.  Chr.)  werden 
sechs  Bürger,  die  zu  den  „Wohlhabenden"  (£'ja)<T^[iov£g)  gehören, 
durch  Erlass  des  Strategen  aufgefordert,  eine  Liturgie  zu  übernehmen, 
die  mit  den  schwer  verständlichen  Worten  ei^  t6  ai)VT:[jLy;aaaO'a'.  xa 
ev  OLTZpizoic,  uTzdpyoYiOL  genauer  bezeichnet  wird.  Was  mit  Iv  ocTipizoic, 
gemeint  ist,  ist  nicht  leicht  zu  sagen.  Jedenfalls  sollen  die  Bürger 
diese  besondere  Klasse  von  „Vermögen"  (pr.ipy^o'noc)  taxiren  (o-jvx:- 
[ir^aaGO-ai).  Ich  bemerke  noch,  dass  diese  Sechsmännercommission 
offenbar  eine  dauernde  Institution  war,  denn  die  neuen  Mitglieder 
werden  ernannt,  weü  bei  vieren  von  den  früheren  die  vorgeschriebene 
Amtszeit  abgelaufen  ist  (TreTrXyjpwxoTWv  tcv  wp'.ajiivov  ypovov), 
zwei    andere    gestorben    sind.     Die    in    der   Uebernahme  dieser 

Ich  sehe,  dass  meine  Interpretation  dieser  Worte  oben  auf  S.  212 
leicht  miss verstanden  werden  könnte.  Ich  meine  auch  jetzt,  wie  ich  dort  aus- 
einandersetzte, dass  die  Durchschnittstaxe  der  Grundsteuer  eine  unbewegliche, 
die  Erhebung  eine  bewegliche  war.  Aber  diese  eventuelle  Herabminderung  der 
Taxe  musste  doch  vorher  von  den  Steuerveranlageru  berechnet  werden,  und 
darauf  weist  auch  das  TiapaYpacpoji^vcov  hin.  Ich  hätte  daher  S.  212  Z.  3  statt 
„Steuerveranlagung"  vielmehr  „Durchschnittstaxe"  sagen  sollen.  —  Für  die 
Bedeutung  von  a'jvo'|-S  ^st  folgender  Passus  in  einem  noch  unedirten  Papyrus 
von  Interesse:  Xöyc;  xe'-pwva^iou  toO  s^-  .  .  .  ouvo.|>'.0|iivo[g  Kpojg  xö  ö"-. 


506 


Y.  KAPITEL. 


Commissionsmitgliedschaft  bestehende  Liturgie  wurde  also  immer  für 
einen  feststehenden  Zeitraum  auferlegt,  und  die  Commission  war  eine 
perpetuirliche.  Wir  haben  hier  eine  Einrichtung  vor  uns,  die  in 
unsern  modernen  Steuercommissionen  durchaus  ihr  Analogon  findet. 

2.  Der  angeführte  Text  leitet  zu  einer  anderen  Frage  über :  gab  es 
eine  Taxirung  des  Gesammtvermögens,  resp.  Gesammteinkommens  der 
Steuerzahler?  Wir  sahen,  dass  in  den  Deklarationen  nur  die  einzelnen 
Klassen  von  Vermögensobjecten  und  die  einzelnen  Einnahmequellen 
vorgeführt  wurden,  nirgends  aber  der  Gesammtwert  in  Geld  auf  einem 
Blatte.  Auch  wiesen  wir  oben  S.  252  darauf  hin,  dass  es  eine  ein- 
heitliche Vermögens-  oder  Einkommensteuer  damals  nicht  gegeben  hat. 
Dennoch  konnte  für  mancherlei  Zwecke,  z.  B.  für  die  Liturgienfrage, 
eine  Abschätzung  des  Gesammtvermögens  erwünscht  sein.  Dass  sie 
wirklich  stattfand, .  lässt  sich  noch  erweisen.  Man  könnte  es  vielleicht 
schon  aus  Plinius'  Epist.  ad  Traj.  6  (22)  folgern.  Als  Plinius  den 
Kaiser  gebeten  hatte,  dem  Aegypter  Harpocras  das  römische  Bürger- 
recht zu  verleihen,  hatte  er  die  Antwort  erhalten,  er  solle  dem  Kaiser 
das  Alter  und  das  Vermögen  des  Mannes  angeben,  und  Plinius  war 
ohne  Weiteres  in  der  Lage  gewesen,  über  beides  zu  berichten:  sed 
cum  annos  eins  et  censum,  sieut  praeceperas,  ederem.  Vgl.  den  Schluss 
des  Briefes.  Hier  kann  nach  dem  üblichen  Sprachgebrauch  unter 
census  nur  das  Gesammtvermögen,  auf  das  Harpocras  von  den  Steuer- 
behörden taxirt  war,  gemeint  sein.  Dieses  zu  berechnen,  war  nach 
den  oben  dargestellten  Vorarbeiten  nicht  allzu  schwierig:  es  brauchten 
nur  die  deklarirten  einzelnen  Vermögensobjecte  in  Geldsätzen  abge- 
schätzt, und  darauf  diese  zusammengezählt  zu  werden. 

An  diese  Klassikerstelle  wurde  ich  durch  gewisse  Urkunden 
erinnert,  in  denen  der  nopoc,  von  Personen  in  Geldsätzen  angegeben 
wird.  In  allen  Fällen  handelt  es  sich  um  die  Führung  oder  Ueber- 
nahme  von  munera  oder  honores.  Vgl.  BGU  6,  18,  91,  194,  235, 
Pap.  Lond.  CICIX  (Kenyon,  Add.  S.  408),  Pap.  Paris  Bibl.  bei 
Hirschfeld  (Sitzungsb.  Berl.  Akad.  39.  1892  S.  817  ff.).  In  BGU 
6,  18,  91  wird  die  Geldsumme  ausdrücklich  von  £)(ü)V  Tiopov  abhängig 
gemacht.  Dies  ist  daher  auch  in  den  anderen  analogen  Fällen,  wo 
nur  die  Geldsumme  steht,  zu  ergänzen.^)    IIopo^  bezeichnet  nach 

^)  In  dem  Pariser  Text  bei  Hirschfeld  a.  a.  O.  hatte  Wessely  die  Summen 
als  Gehalt  aufgefasst.  Ich  habe  schon  damals  die  obige  Erklärung  dem  gegen- 
übergestellt (bei  Hirschfeld,  S.  823). 


§  6.    DIE  STEUERBERECHNUNG. 


507 


dem  gewöhnlichen  Sprachgebrauch  nicht  da^  Vermögen,  sondern  das 
Einkommen.  In  den  Urkunden  wechselt  jedoch  Tzopoc,  gelegentlich 
mit  67rap)^ov  (Vermögen).  So  wird  in  BGU  11,7  auf  ein  vorher- 
genanntes Haus  und  Zubehör^)  mit  xöv  7rpoz£L[i£vov  7:6pGV  hin- 
gewiesen, während  vier  Zeilen  darauf  ein  anderer  Beamter  dasselbe 
mit  TO  uTzipy^GW  bezeichnet.  Auch  in  BGU  8  II  29  f  wechseln 
7z6po<;  und  UTrap/^ovTa.  Wenn  das  Haus  in  dem  ersteren  Beispiel 
als  Ttcpo?  bezeichnet  wird,  so  ist  es  wohl  dabei  als  Einnahmequelle 
vorgestellt,  und  so  könnte  auch  in  den  obigen  Texten  das  einkommen- 
föhige  Vermögen  gemeint  sein.  Gleichviel  ob  dies  oder  das  Einkommen 
selbst  gemeint  ist,  was  ich  nicht  zu  entscheiden  wage,  jedenfalls  lehren 
die  obigen  Urkunden,  dass  von  jedem  Steuerzahler  ein  Gesammt-7:cpG; 
in  einem  Geldsatz  berechnet  wurde.  Die  Texte  lehren  zugleich,  dass 
nur  eine  ungefähre  Schätzung  auf  Hunderte  von  Drachmen 
stattfand;  die  überlieferten  Zahlen  sind  sämmtlich  rimde  Hunderte. 
Man  kann  auch  sagen,  es  bestanden  Schätzungsklassen  von  100,  200, 
300  Drachmen  u.  s.  w.,  denen  die  einzelnen  Individuen  nach  approxi- 
mativer Schätzung  zugewiesen  wurden. 

Diese  Vermögens-  resp.  Einkommensschätzung  bildete  die  Grund- 
lage für  die  Heranziehung  zu  den  öffentlichen  Leistungen,  und  wurde 
dem  entsprechend  auch,  wie  Plinius'  Bericht  bestätigt,  bei  Erteilung 
von  Pri\Tlegien  berücksichtigt.  Denn  dass  der  7;6po?  der  Urkunden 
jenem  cemus  des  Plinius  entspricht,  liegt  auf  der  Hand,  wenigstens 
wird  man  dem  Plinius,  als  er  sich  von  der  Syjfxoaia  ß'.ßX'.oO-T^xrj  des 
memphitischen  Gaues  den  cenmis  des  Harpocras  ausschreiben  Hess, 
nichts  anderes  gegeben  haben  als  seinen  7:Gp05,  der  in  den  Büchern 
stand.  Dass  die  beiden  Begriffe  sich  völlig  deckten,  würde  freilich 
noch  nicht  einmal  notwendig  daraus  folgen. 

Es  ist  nicht  ohne  Interesse,  die  Geldsätze  zu  betrachteu.  Im 
Dorfe  Muchis  (Faijüm)  haben  im  J.  158/9  n.  Clir.  die  aufgeführten 
TipeaßuTepoi  einen  Tidpo^  von  400  oder  500  Drachmen  (BGU  6). 
Wenn  die  TTpeaß'JiepOL  von  Soknopaiu  Nesos  am  Ende  des  II.  Jahrh.-) 
einen  Tzopoc,  von  800  Drachmen  aufweisen  (Kenyon  a.  a.  O.),  so  könnte 
man  darin  eine  grössere  Wohlhabenheit  dieses  Dorfes  bezeugt  finden. 
Vielleicht    ist    aber   auch   die    Wertminderung   des  aegyptischen 


Ergänze:  oixia.  (?)  [xal  xi  JUY'^'JjpovTa  TwävTa. 
*)        wohl  =  200/1. 


508 


V.  KAPITEL. 


Billongeldes  am  Ende  des  II.  Jahrh.  in  Betracht  zu  ziehen,  Im 
J.  170/1  werden  ferner  zur  XifxvaaTSLa^)  Männer  mit  einem  Tzopoc, 
von  800  oder  700  Drachmen  vorgeschlagen.^)  Für  die  relative  Wert- 
schätzung dieser  Summe  ist  von  Interesse,  dass  sie  ausdrücklich  als 
suTiopot  bezeichnet  werden.  Im  J.  177  werden  zu  Steuererhebern 
(TipaxTOpe^)  Männer  mit  je  1000  Drachmen  (jzopoq)  vorgeschlagen,  die 
gleichfalls  als  zunopoi  bezeichnet  werden  (BGU 194).  Bedeutend  höher 
ist  der  Tzopoq  jener  Bürger,  die  im  J.  169  n.  Chr.  ec^  t6  auvTL[JLYjaaa^ac 
Ta  ev  OLTzpazoic,  uTiapxovxa  zur  Schätzungscommission  berufen  wurden: 
sie  haben  4000  Drachmen,  einer  sogar  ein  Talent  (BGU  18). 
Natürlich  gehören  auch  sie  zu  den  zuizopoi.  Mehrere  dieser  Personen 
sind  Grundbesitzer  (yeouy^ouvzeq),  aus  verschiedenen  Dörfern.  Dass 
man  auch  deren  TZOpoq,  wenn  auch  nur  annäherungsweise,  hat 
feststellen  können,  ist  bei  dem  verwickelten  landwirtschaftlichen 
Betriebe  sehr  bemerkenswert.  In  derselben  Urkunde,  in  der  die 
TtpeaßuxepoL  von  Soknopaiu  Nesos  mit  je  800  Drachmen  aufgeführt 
werden  (Ende  des  II.  Jahrh.),  Avird  der  izopoq  eines  apy^i^pohoc, 
und  mehrerer  £ipyjV09L>X(ax£?)  mit  je  000  Drachmen  angegeben, 
während  die  gewöhnlichen  ^uX(ax£^)  nur  300  Drachmen  haben. 
Die  letztere  Summe  ist  auch  der  Durchschnitt  bei  den  niederen 
Polizeiorganen  in  der  Pariser  Urkunde  bei  Hirschfeld  a.  a.  O.  Die 
Tzopo:  schwanken  hier  zwischen  200,  300  und  400  Drachmen.^) 
In  BGU  235  sind  die  Zahlen  weggebrochen.  Hier  finden  sich  die 
merkwürdigen,  für  die  Geschichte  der  Liturgien  wie  für  die  Bedeutung 
der  Dorfgemeinden  gleich  wichtigen  Worte  (Z.  12):  [dvaSiowpiL  Touc;] 
uTUOY£Yp(a[jL[X£vou?)  ovxa^  ebizopouc,  %al  £7rLS7j§co[u5]  (1.  eniziQhdouq^ 
seil,  zlq  5r^|jt6aca,  vgl.  BGU  18,  13)  yvwfjLTj]  xal  XLv5u[v]a)v  (1.  xtv- 
5'jv(p)  Twv  aizb  zy\q  xwfJiY];  twv  xal  £VYi)0|X£[vo]ug  (1.  lyYutojXEVwv). 
Der  Dorfschreiber  schlägt  also  zur  Liturgie  vor  auf  Beschluss 
der  Dorfgemeinde^)  und  auf  die  Gefahr  der  Dorfgemeinde,  die 

^)  Vgl.  Hultsch,  Metrologie 2  S.  650/1. 

BGU  91.  In  einem  unpublicirten  Papyrus  der  Pariser  Bibliothek  (Suppl. 
Gr,  910)  fand  ich  einen  [Xt,]|jivao[xY]]s  xat  xaxaoTiopsus- 

^)  Wenn  in  BGU  619,  8  gefragt  wird,  sTil  uototg  uTidpXooai  sigsSoO-Y], 
so  ist  auch  wieder  uTiapxovxa  für  uöpog  gesetzt. 

Hier  steht  bei  jeder  Person  Alter  und  Ttöpo^,  ganz  wie  bei  Plinius: 
sxwv  X,  SpaXfxwv  x  u.  s.  w. 

^)  Hiernach  möchte  ich  die  Subscription  des  Pariser  Textes  bei  Hirsch- 
feld S.  820  etwa  folgendermassen  ergänzen: 


§  6.    DIE  STEUERBERECHNUNG. 


509 


die  Bürgschaft  übernimmt.  Also  nicht  nur  der  Porös  des  Einzelnen, 
der  die  Liturgie  übernahm,  sondern  —  in  zweiter  Linie?  —  auch 
der  Gesammtporos  der  Dorfbewohner  bürgte  dem  Staat  für  die  richtige 
Führung  der  Liturgie.  Dass  die  Dorfbewohner  als  Gemeinde  be- 
rechtigt sind,  einen  derartigen  Beschluss  zu  fassen,  ist  nicht  minder 
interessant.^)  Gewiss  gilt  dies  nicht  nur  von  der  speziellen  Liturgie 
des  vorliegenden  Falles,  sondern  wir  haben  hier  einen  Schlüssel  für 
das  Verständnis  der  Liturgien  überhaupt.  Der  Dorfschreiber  ist  nur 
der  vermittelnde  Beamte;  die  Gemeinde  selbst  hatte  das  Vor- 
schlagsrecht. 2) 

War  der  Tzopoc  berechnet  —  vermutlich  von  den  Eklogisten, 
die  ^nelleicht  von  den  Ortsbehörden  unterstützt  wurden,  oder  auch 
von  Schätzungscommissionen  (s.  oben),  —  so  wurde  er  in  allen  zu- 
ständigen Bureaus  in  die  Personallisten  eingetragen.  Meist  sind  es 
die  Dorfschreiber,  die  in  den  obigen  Texten  Auskunft  über  den  Tzopoc 
geben,  vgl.  BGU  5  II  4;  6;  11;  18;  91;  194;  235.  Aber  auch 
in  die  Bücher  der  SyjjAoaLa  ßi^Xco^r^xr^  war  der  Tröpo;  eingetragen. 
Vgl.  BGU  11  und  namentlich  den  Londoner  Text,  dessen  Verso  ich 
folgendermassen  lesen  möchte:  'Ex  ß'.ßX(:oO-r|Xr;?)  5r^[ioaLü)(v)  Xoyiov 
[£]x  YpCa^-^s)  5r^pLoai(i)(v)  -ö-^.^) 

3.  In  den  Bureaus  der  Eklogisten  muss  eine  rastlose  Thätigkeit 
entwickelt  worden  sein.    Während  sie  noch  mit  den  Abrechnungen 

[KüO{i,oYpa{ji}iaT£'j;  YvwfiYj]  xwv  dud  x'^;  xiüjir^j 
[ava5£5(j3X£v?  xw  sveajXÖTt,  $ac5cp'.. 
Damach  würde  sich  erklären,  dass  meist  so  viele  Namen  für  jeden  einzelneu 
Posten  genannt  werden.    Vielleicht  wurden  so  viele  Namen  vorgeschlagen,  wie 
Stellen  frei  waren,  vielleicht  aber  auch  mehr. 

^)  Dass  sie  Beschlüsse  über  Ehrungen  fassen  durften ,  wussten  wir  schon 
aus  CIGr.  III  4699:  ISojs  xot$  oltzö  xw^irig  Bouastpsto^  —  xat  xoCg  ev  a'jx[^] 
xaxaYS'.vo[ievo'^  xo7iOYpa|i|iaxsuo'.  xad  xcojiOYpamia-sua'.  '^ri[cplo]oLo%-y.t.  xxX. 

2)  Wie  es  in  den  Metropolen  zuging,  zeigt  P.  Oxyr.  I  54,  10:  £:;5o9-£vxü)v 
uTco  xoO  x^;  7:öX£(i);  Ypa|i{Aax£(o;  Y^^^I^IO  '^^^  xo-.vou  xoiv  dpxövxtov.  Der  Text 
stammt  aus  dem  Jahre  201,  also  vor  der  Decurionatserteilung.  Wer  sind  die 
dpXovxcj?  Man  denkt  zunächst  an  Gynmasiarchen ,  Exegeten  u.  s.  w.  Aber 
gerade  an  diese  ist  das  Schreiben  gerichtet.  Und  bildeten  diese  ein  xoivöv? 
Darf  man  hier  unt«r  den  dpxovx£5  vielleicht  die  zur  Teilnahme  an  der  Ver- 
waltung qualificirten  s^jKopo:  verstehen?  Man  denkt  unwillkürlich  an  die  oben 
S.  491  erwähnten  6470  Personen,  die  die  Stadt  Ptolemais  repräsentirten. 

^)  Kenyon  a.  a.  O.  schlug  vor:   dx  ß'.ßXiou  Sr^fioado'j  und   £x  -^pOL-^eioD 


510 


V.  KAPITEL. 


Über  die  eingegaDgenen  Steuern  des  verflossenen  Jahres  beschäftigt 
waren,  liefen  schon  wieder  die  neuen  Deklarationen  und  die  sonstigen 
voluminösen  Scripturen  ein,  auf  Grund  deren  sie  für  das  laufende 
Jahr  jedem  Steuerzahler  sein  Steuersoll  zu  berechnen  hatten.  Und 
es  musste  schnell  gearbeitet  werden,  wenn  rechtzeitig  den  Erhebern 
die  nötigen  Anweisungen  gegeben  werden  sollten.  Freilich,  wenn 
die  von  Krall  (CPR  II  S.  17)  jüngst  geäusserte  Meinung,  „dass  die 
Steuern  in  Aegypten  nachträglich  für  das  abgelaufene  Jahr  gezahlt 
seien",  dass  man  also  „im  Jahre  14  die  Steuern  für  das  Jahr  13" 
zahlte,  richtig  wäre,  dann  hätten  sie  gemächlicher  arbeiten  können. 

Prüfen  wir  diese  Ansicht  genauer.  Man  wird  mir  zugeben, 
dass  die  Streitfrage  entschieden  ist,  wenn  sich  Zahlungen  für  das 
laufende  Jahr  positiv  nachweisen  lassen.  Denn  wenn  die  Steuern 
für  das  13.  Jahr,  um  bei  KralFs  Beispiel  zu  bleiben,  schon  im  13. 
gezahlt  werden  konnten,  so  ist  ausgeschlossen,  dass  ihre  Zahlung 
normaler  Weise  im  14.  Jahre  zu  erfolgen  hätte,  denn  dass  man 
ein  Jahr  zu  früh  Steuern  zahlte,  ist  undenkbar.  Die  Zahlungen 
aber,  die  sich  etwa  für  das  14.,  15.  oder  noch  spätere  Jahre 
nachweisen  lassen,  sind  dann  nichts  anderes  als  Nachtragszahlungen. 
Von  diesem  Gesichtspunkt  aus  habe  ich  schon  oben  S.  213  f.  den 
Nachweis  geführt,  dass  die  Grundsteuer  im  Princip  für  das  laufende 
Jahr  während  des  laufenden  Jahres  gezahlt  wurde,  dass  aber  bereit- 
willig auch  spätere  Zahlungen  zugelassen  wurden.  Es  wird  kaum 
nötig  sein,  für  sämmtliche  Steuern  den  speziellen  Nachweis  zu 
erbringen.  Ist  er  für  einige  der  wichtigeren  Steuern  gegeben,  so 
ist  das  System  klargelegt. 

In  den  Kopfsteuerquittungen  (vgl.  S.  230  ff.)  ist  das  Jahr  der 
Zahlung  vielfach  nicht  ausdrücklich  genannt,  wenn  es  mit  dem  Jahr, 
für  welches  gezahlt  wurde,  identisch  war.  Aber  in  zahlreichen  Fällen 
ist  ausdrücklich  hervorgehoben,  dass  die  Kopfsteuer  fiir  das  Jahr  X 
auch  im  Jahre  X  gezahlt  ist.^)    Damit  ist  die  Frage  auch  für  die 

1)  Ostr.  144,  156,  1G8,  182,  189,  223,  229,  234,  236,  237,  251,  252, 
264,  269,  270,  280,  357,  363,  366,  370,  373,  374,  383,  384,  387,  388,  389, 
393,  399,  401,  403,  411,  419,  422,  424,  425,  429,  431,  432,  434,  436—438, 
444,  446,  450,  452  —  454,  457,  460  —  463,  465,  466,  469,  472,  474,  475, 
480—482,  486,  487,  490,  492,  493,  508,  516,  525,  530,  536,  548,  563,  569, 
575,  584,  609,  619,  626,  634,  639,  645,  656,  668,  1238,  1242,  1246,  1283—1285, 
1324,  1365,  1366,  1378,  1380,  1384,  1390,  1401,  1402,  1414,  1425,  1441, 
1542,  1549,  1562,  1613. 


§  6.    DIE  STEUERBEKECHNUNG. 


511 


Kopfsteuer  entschieden.  Der  früheste  Zahlungstermin  ist,  wenn  ich 
recht  gesehen  habe,  der  Phaophi,  der  zweite  Monat  des  aegyptischen 
Jahres  (450,  463).  In  anderen  Fällen  dagegen  ist  hervorgehoben, 
dass  die  Zahlung  erst  im  nächsten  Jahre  erfolgte. Das  sind  nach 
Obigem  Nachtragszahlungen.  Einmal  erfolgt  die  Zahlung  sogar  erst 
zwei  Jahre  später  (118).  Manchmal  beginnen  die  Ratenzahlungen 
im  laufenden  Jahr  und  werden  im  folgenden  fortgeführt.  Vgl.  102, 
128,  234  u.  s.  w. 

Die  TSTapTY]  aX'iwv  (vgl.  S.  137)  wird  fast  in  allen  Fällen  für 
das  laufende  Jahr  gezahlt.-)  Nur  in  1233  und  1347  lässt  es  sich 
nicht  direct  erweisen.  Die  früheste  Zahlung  fallt  in  den  Hathyr, 
den  dritten  Monat,  des  laufenden  Jahres. 

Bei  der  in  Geld  zu  zahlenden  Grundsteuer  fiir  Weinland  (S.  147  ff.) 
liegen  viele  Nachtragszahlungen  vor  (397,  404,  407,  580,  1543), 
aber  auch  hier  wird  durch  375  bezeugt,  dass  die  Zahlung  principiell 
im  laufenden  Jahre  zu  erfolgen  hatte. 

Unter  den  Quittungen  über  aTz6[Loipoc  (vgl.  S.  157)  ist  nur  eine 
Nachtragszahlung  (1518).  Die  anderen  bezeugen  sämmtlich,  dass 
sie  für  das  laufende  Jahr  zu  zahlen  war.  Hier  begegnet  sogar  schon 
eine  Zahlung  aus  dem  Thoth,  dem  ersten  Monat. 

Doch  diese  Beispiele  mögen  genügen.  Hiernach  ist  anzunehmen, 
dass  die  Steuerberechnung  bereits  in  den  ersten  Monaten  des  Jahres 
stattzufinden  hatte.  Damit  hängt  zusammen,  dass  die  Objectsdekla- 
rationen  sämmtlich,  soweit  sie  ein  Datum  tragen,  in  der  ersten  Hälfte 
des  Jahres  eingereicht  sind.  BGU  139  (über  Grundbesitz)  ist 
am  1.  Phamenoth  (25.  Februar)  vom  Strategen  und  königlichen 
Schreiber  einregistrirt.  Die  Deklarationen  über  Kamelbesitz  sind 
sämmtlich  in  merkwürdiger  Uebereinstimmung  am  3.,  4.  oder  5.  Mechir 
(=r  28. — 30.  Januar)  einregistrirt. 

4.  War  die  Steuerv^eranlagung  beendet,  so  wurde  in  jedem 
Bezirk  für  jede  Steuer  für  sich  die  zu  erhebende  Gesammtsumme, 
sowie  die  Spezialisirung  für  die  einzelnen  Steuerzahler  aufgeschrieben, 
und  diese  Listen  wurden  dann  als  „Einforderungsanweisungen"  — 
aTiaiTT^aifia  —  durch  die  zuständigen  Steuerbehörden  den  für  die 
betreffende  Steuer  in  Betracht  kommenden  Erhebern  ausgehändigt, 

^)  Ostr.  33,  47,  73,  79,  85,  113—115,  119,  125,  129,  130,  155,  168, 
176,  183,  188,  191,  201,  226,  290,  372,  448,  1269,  1541. 

2)  Ostr.  326,  331,  337,  339,  340,  346,  349,  1029,  1348,  1522. 


512 


V.  KAPITEL. 


die  dann  auf  Grund  dieser  Anweisung  ihr  Erhebungsgesehäft  aus- 
zuführen hatten.  Solche  aTraixigatixa  werden  genannt  in  BGU  175, 
259,  299,  457,  598,  659,  PER  I  33.  Auch  in  der  5yj{xoaLa  ßißXio- 
d'rjxri  wurde  ein  Exemplar  dieser  aTiatTi^aLixa  bewahrt  (vgl.  175). 
Meistens  erscheinen  die  Dorfschreiber  als  diejenigen  Beamten,  die 
den  Steuererhebern  die  Anweisungen  zustellen.  Vgl.  BGU  457,  wo 
der  Dorfschreiber  dem  Praktor  eine  nachträglich  nötig  gewordene 
Aenderung  der  Anweisung  mitteilt.  Vgl.  auch  659.  Doch  diese 
dTraiTT^aifxa  führen  uns  schon  zum  nächsten  Kapitel  hinüber. 


VI.  KAPITEL. 


§  1. 

Die  Steuererhebung  in  der  Ptolemäerzeit.^) 

A.  Die  gesetzliche  Grundlage. 

Die  Steuererhebung  im  Ptolemäerreich  war  durch  königliche 
Gesetze  (v6[ioi)  geregelt.  Die  Grundlage  der  ptolemäischen  Steuer- 
gesetze wird  von  Ptolemaios  I.  geschaffen  sein,  der  vielleicht  auch 
hierbei  sich  des  Rates  des  erfahrenen  Demetrios  von  Phaleron  be- 
dient hat.-)  Wiewohl  mir  genauere  Details  über  die  Steuererhebung 
der  vorgriechischen  Zeit  nicht  bekannt  sind-^),  ist  es  mir  doch  wahr- 
scheinlich, dass  dieser  Teil  der  Verwaltung,  der  in  seinen  Grund- 
zügen so  grosse  Uebereinstimmung  mit  den  griechischen  Ein- 
richtungen aufweist,  nach  griechischen  Mustern  geregelt  worden  ist. 
Die  Grundgesetze  wurden  je  nach  Bedürfnis  durch  königliche  Ver- 


^)  Grundlegend  ist  Lumbroso,  Recherches  S.  320 ff.  Seine  Darstellung 
beruhte  auf  den  Zoispapyri,  den  ,,trapezitischen  Registern",  Pap.  Paris.  G2,  Pap. 
Leid.  F,  Q,  und  Josephus  ant.  XII  §  160  ff.  Seitdem  ist,  abgesehen  von  unseren 
Ostraka,  der  Revenue-Papyrus  mit  dem  vortrefflichen  Commcntar  von  Grenfell 
dazugekommen  (vgl.  Deutsch.  Literaturzeit.  1897  S.Juli  Sp.  1015  ff.),  ferner 
Petr.  Pap.  (II)  XXXII  (1)  und  XLYI  und  die  „Actenstücke  aus  der  kgl.  Bank 
zu  Theben"  (Abb.  Berl.  Akad.  1886).  Weiteres  Material  bringt  ferner  Revillout, 
Melanges  S.  280  ff.  Soweit  mir  meine  Augen  die  Leetüre  dieses  autographirten 
Buches  erlaubten,  fand  ich  viele  anregende  und  zutreffende  Ausführungen  darin, 
aber  auch  vieles,  worin  ich  dem  Verfasser  nicht  folgen  kann.  Die  dort  mit- 
geteilten neuen  Texte  der  königlichen  Bank  habe  ich  nur  mit  grosser  Vorsicht 
herangezogen,  da  eine  Revision  am  Original  offenbar  unerlässlich  ist. 

Vgl.  Aelian,  Var.  bist.  III  17:  (ATfjp,i^xpiog)  £v  Abf'jnioi  5s  auvtbv  -w 
nxoXejiaiq)  vofioO-soiag  rjpSe. 

*)  Erman  schreibt  mir  auf  eine  Anfrage:  „Ueber  Steuereinziehung  im  alten 
Aegypten  wissen  wir  nur,  dass  sie  von  Soldaten  ausgeübt  wird". 

WiLCKEN,  Ostraka,  3Ü 


514 


VI.  KAPITEL. 


fügungen  —  Trpo^TaypLaTa,  SiaypaixiJiaTa,  7rpOYpa[X|JLaTa,  XPW^'^-^I^^'^^ 
5L0p^a)|JLaTa^)  —  erweitert  und  verändert.  Ich  Avies  schon  in  der 
Deutschen  Literaturzeitung  1897  (S.Juli)  Sp.  1017  darauf  hin,  dass 
wohl  in  jedem  Jahre,  anlässlich  der  Verpachtung  der  Steuern,  die 
bestehenden  Verordnungen  von  Neuem  publicirt  und  dabei  eventuell 
entsprechend  den  augenblicklichen  Verhältnissen  abgeändert  worden 
sind.  So  werden  namentlich  die  eventuellen  Preisbestimmungen  in 
jedem  Jahre  je  nach  der  wirtschaftlichen  Lage  von  Neuem  fixirt 
worden  sein.  Vgl.  Rev,  Pap.  53,  10:  xal  tou  av^aafjioi)  zal  xpozmoc, 

£/tT£['9'£]vTC  bIq  TO  XL,  (£T0^).  Da  dicscs  27.  Jahr  des  Philadelphos 
unseres  Wissens  in  keiner  Hinsicht  irgendwie  ein  besonderes  Jahr 
gewesen  ist,  so  wird  in  jedem  Jahre  durch  königliches  Siaypajijxa 
der  betreffende  Preis  festgesetzt  sein.  Danach  möchte  ich  jetzt  Pap. 
Paris.  62  I  G  ff.  folgendermassen  ergänzen:  die  Steuerpächter  werden 
ermahnt,  ihr  Geschäft  auszuüben  xaia  TOi>^  v6\lo\jc,  xal  xa  5ca- 
[Ypa[jL[iaTa  xal  xd  TüpJo^Tdyfiaxa  xal  xd  StopO'CL>^£0'a  (1.  5cop'9'(i)[xaxa) 
[xd  xax'  exoq  £xx£'8']y]a6[JL£va  £cp'  ixdaxYj?  (hyfiq.  Hiernach 
würden  alljährlich  die  Pachtregulative  für  eine  jede  Steuer  von 
Neuem  revidirt  worden  sein.  Der  Revenue -Papyrus,  aus  dem 
27.  Jahre  des  Ptolemaios  H.,  ist  ein  beredtes  Zeugnis  für  die  Richtig- 
keit dieser  Auffassung.  Er  enthielt  in  Abschnitt  A  —  ebenso  wie 
Pap.  Paris.  G2  —  die  generellen  Bestimmungen  über  die  Steuerpacht, 
in  den  folgenden  Abschnitten  die  Spezialgesetze  für  die  einzelnen 
Steuern  (£^'  £xdaxY]?  (hvr]q).  Schon  Grenfell  (S.  123)  hat  darauf 
hingewiesen,  dass  die  in  A  gegebenen  Bestimmungen  in  ihrem  Kern 
vielleicht  auf  Ptolemaios  I.  zurückgehen,  wiewohl  die  vorliegende 
Formulirung  dem  27.  Jahr  des  Philadelphos  angehört.  Dasselbe 
wird  man  auch  für  die  anderen  Abschnitte  annehmen  dürfen, 
ausser  B,  der  auf  die  von  Philadelphos  selbst  in  seinem  23.  Jahre 
gegebenen  Verordnungen  zurückgeht. 2)  Die  jährliche  Revision  aber 
tritt  uns  am  deutlichsten  in  Abschnitt  C  (über  das  Oelmonopol) 
entgegen,  dessen  Haupttext  durchweg  nach  dem  für  das  laufende 
27.  Jahr   erlassenen   o:dYpa[jL[JLa  (53,  11)  im  Bureau   des  Lokal- 


^)  Vgl.  Pap.  Paris.  G2  I  6  ff.  npöypajJLiJLa :  Eev.  Pai?.  37,6.  Xpr^iiax'.aiJLoL- 
Pap.  Paris.  62  V  2. 

Dieses  Gesetz  ist  also  auf  alle  Fälle  die  Wiederholung  eines  früheren. 


§  1.    DIE  STEUERERHEBUNG   IX  DER  PTOLEMÄERZEIT.  515 


dioeketen  von  zweiter  Hand  durchcorrigirt  ist.^)  So  war  die  ptole- 
mäische  Steuergesetzgebung  in  einer  beständigen  Entwickelung  be- 
griffen, die  mit  den  wirtschaftlichen  Wandlungen  gewiss  gleichen 
Schritt  hielt.  2) 

Diese  ptolemäischen  Gesetze,  die  die  Erhebung  der  Steuern 
regulirten,  kann  man  in  ihrer  Zweckbestimmung  den  vg|Xo:  TcXwviy.OL 
der  Athener^)  und  auch  den  leges  censoriae  der  Körner^)  vergleichen. 
Eine  noch  treffendere  Parallele  bietet  vielleicht,  nicht  nur  als 
Gesammterscheinung,  als  Ausfluss  eines  königlichen  Willens,  sondern 
auch  —  worauf  ich  in  der  Deutschen  Literaturzeitimg  a.  a.  O.  hin- 
wies —  nach  dem  Charakter  der  Bestimmungen  selbst,  die  lex 
Hieronica,  die  die  Eömer  auf  Sicilien  vorfanden  und  als  gültiges 
Recht  beibehielten  (vgl.  Cic.  Yerr.  III  6,  14 ff.).  Auch  diese  lex 
Hieronica  ist  früher  gewiss  durch  königliche  Verordnungen  weiter- 
gebildet worden,  wie  sie  später  durch  römische  Statthalteredicte  weiter 
ausgebaut  worden  ist.^) 

B.  Die  Stenerpacht. 

Wir  unterscheiden  heute  drei  verschiedene  Steuererhebungs- 
systeme: die  Erhebung  durch  Steuerpächter,  die  Erhebung  durch  Ver- 
mittelung  der  Selbstverwaltungskörper  und  die  directe  Selbsterhebung 
oder  Staatsregie. '0  Was  Boeckh  (Staat^haush.  I^  S.  188)  vom  Steuer- 
wesen der  Athener  sagt:  „alle  regelmässigen  Gefalle  waren  an  Staats- 
pächter verpachtet",  das  gilt,  wie  es  neuerdings  sich  auch  für  die 
anderen  griechischen  Gemeinwesen  mit  immer  grösserer  Deutlichkeit 
als  das  herrschende  System  herausstellt,  so  in  vollstem  Umfange 

^)  Vgl.  Deutsch.  Literaturzeit,  a.  a.  O.  Die  Veränderungen  sind  in  diesem 
Falle  in  das  alte  Exemplar  vom  vorigen  Jahre,  soweit  Eaum  war,  zwischen  den 
Zeilen  des  alten  Textes  oder  am  Eande  eingetragen,  wo  der  Eaum  nicht  aus- 
reichte, auf  der  leeren  Eückseite  des  Papyrus  au  der  betreffenden  Stelle.  Auf 
diese  Aussenbemerkungen  wird  mit  ssü)  opa  verwiesen.  Vgl.  Grenfell. 

Lehrreich  ist  in  dieser  Hinsicht  die  Vergleichung  des  Eevenue-Papyrus 
mit  dem  über  100  Jahre  jüngeren  Pap.  Paris.  62.  In  den  Grundzügen  ist  übrigens 
die  Differenz  nicht  so  gross,  ^ne  ich  in  der  Deutsch.  Literaturzeit,  a.  a.  O.  annahm. 

3)  Vgl.  Demosth.  c.  Timocrat.  96  p.  730;  101  p.  731. 

*)  Vgl.  Mommsen,  Staatsr.  11^  S.  430. 

^)  Vgl.  H.  Degenkolb,  die  lex  Hieronica  und  das  Pfändungsrecht  der 
Steuerpächter.    Berlin  1861. 

Vgl.  Adolf  Wagner,  Finanzwissenschaft  11"^  (1890)  S.  746  ff. 

33* 


516 


VI.  KAPITEL. 


auch  vom  Ptolemäerreiche.  Ich  kenne  zwar  keine  Stelle,  an  der 
dies  im  Allgemeinen  ausgesprochen  wäre,  aber  andrerseits  giebt  es 
meines  Wissens  auch  kein  Testimonium,  das  gegen  die  Ver- 
allgemeinerung der  uns  überlieferten  Einzelfalle^)  sprechen  würde. 
Der  Gedanke  an  eine  Vermittelung  von  Selbstverwaltungskörpern 
ist  dadurch  ausgeschlossen,  dass  —  abgesehen  von  den  wenigen  oben 
S.433f.  erwähnten  Ausnahmen  —  autonome  Gemeinden  dem  Ptolemäer- 
reiche fremd  waren,  und  ebenso  fehlt  für  die  Ausübung  der  Staats- 
regie in  dieser  Zeit  jeder  Anhaltspunkt.  Die  einzige  Ausnahme 
nach  dieser  Richtung,  die  directe  Erhebung  der  Strafgelder  und 
Steuerrückstände  durch  staatliche  Beamte  (s.  unten),  bestätigt  um  so 
mehr  die  Regel,  als  auch  in  Athen  diese  irregulären  Einnahmen  von 
staatlichen  Organen  erhoben  wurden.  Dagegen  ist  es  vielleicht  eine 
Eigenart  der  aegyptischen  Verwaltung,  dass  die  königlichen  Beamten 
in  weitgehendem  Masse  controlirend  neben  den  Pächtern  in  die 
Erhebung  eiü griffen. 

Es  soll  hier  zusammengestellt  werden,  was  sich  aus  unserer 
lückenhaften  Tradition  über  das  ptolemäische  Pachtsystem  ergiebt. 
Wenn  der  Revenue-Papyrus  nicht  in  so  zerfetztem  Zustande  auf  uns 
gekommen  wäre,  würden  wdr  klarer  sehen.  So  aber  bleibt  vieles 
dunkel,  und  eine  abschliessende  Behandlung  ist  zur  Zeit  unmöglich. 

Grenfell  (Rev.  Pap.  S.  83)  hat  mit  Recht  darauf  hingewiesen, 
dass  es  in  Aegypten  einen  den  athenischen  TtwXvjTaL  entsprechenden 
Spezialbeamten  für  die  Verpachtungen  nicht  gegeben  hat.  Je  nach 
dem  Gegen  Stande  der  Pacht  scheinen  die  verschiedenen  ordentlichen 
Beamten  zuständig  gewesen  zu  sein.  In  den  „Acten stücken"  I — IV 


^)  Der  Eevenue-Papyrus  bezeugt  das  Pachtsystem  für  die  d7iö|iO!,pa  (24 — 37), 
die  sXatXT^  (38 — 72),  die  ö^ovtTjpa  (87  bis  mindestens  106),  das  evvö|jLtov  (fr.  4flF., 
vielleicbt  schon  von  fr.  1  an);  der  Pap.  Paris.  62  für  die  ^uxTjpa  (IV  4,  V  19); 
die  „trapezitischen  Register"  für  das  syxüxXiov  (passim),  die  Zoispapyri  für  die 
vixpixT^,  Pap.  Leid.  F  für  das  ouvrjyoptxöv  xat  smSsxaxov,  Joseph,  ant.  XII  §  175 
für  die  sämmtlichen  xsXyj  von  Coelesyrien,  Phoenicien,  Judaea,  Samaria.  In  den 
Ostraka  wird  nur  selten  die  Pacht  ausdrücklich  hervorgehoben.  Da  meist  nur 
die  Namen  der  Erheber  genannt  werden,  so  könnten  diese  an  sich  ebenso  gut 
Regierungsbeamte  wie  Pächter  sein.  Die  Erwähnung  von  jjisxoxot,  ist  nicht 
beweisend.  Ausdrücklich  bezeugt  ist  in  ihnen  die  Pacht  nur  für  das  xsXog  xöv 
xaaao7iO'.c5v  xal  yvaiyaXXoXöytov  (1081—1090,  1616),  da  hier  der  Erheber  als 
s^siXYjcpü)^  bezeichnet  Avird,  ferner  aus  demselben  Grunde  für  die  xsxocpxYj  xüjv 
aX'.swv  (1233,  vgl.  auch  1029)  und  die  Grundsteuer  (1255). 


§  1.    DIE  STEUERERHEBUNG  IX   DER   PTOLEMÄERZEIT.  517 


wird  die  Verpachtung  von  Domanialland  (s.  unten)  vom  Stellvertreter 
des  Thebarchen  vorgenommen  i),  in  den  Zoispapyri  von  dem 
£7::(i£Ar^Tf^c  genannten  Finanzbeamten.-)  Die  Verpachtung  der 
Abgabenerhebung  scheint,  wie  gleichfalls  Grenfell  hervorhebt,  regel- 
mässig Sache  des  königlichen  oixovd[io?  gewesen  zu  sein,  wenn  auch 
natürlich  die  ihm  übergeordneten  Finanzbeamten,  vom  StOLxrjnfj^ 
abwärts,  dabei  mitzureden  hatten.  Entscheidend  sind  die  Worte  des 
Rev.  Pap.  20,  12:  [SLajAOY'.v^eaO-waav  5s  Tzi'/zec.  'äoltoc  xauia,  oac. 
t:  [twv  ßaaiXjLXÖv  7r[a)A]r)aoua:v.  Da  vorher  der  SiaAOY'.ajiog  des 
Oikonomos  dargestellt  ist,  so  folgt  daraus,  dass  er  auch  in  dem 
vorliegendem  Falle,  also  der  Steuerpacht,  der  T,^i)Ar^'zr^z  gewesen  ist. 
Zugleich  zeigen  die  Worte  aber  auch,  dass  andere  königliche  Ver- 
pachtungen von  anderen  Beamten  vorgenommen  wurden  oder  werden 
konnten.  In  Uebereinstimmung  hiermit  tritt  im  Pap.  Louvre  bei 
Revillout,  Rev.  Egyptol.  Vn  S.  39  =  Melanges  S.302f.  der  o'xov6|xo? 
uns  unzweideutig  —  nicht  blos  probably  (Grenfell)  —  als  der  die 
Steuer  verpachtende  Beamte  entgegen.^)  Nach  Analogie  der  Zois- 
papyri und  der  „Actenstücke  aus  der  königlichen  Bank"  ist  anzu- 
nehmen, dass  nicht  der  Oikonomos  allein  die  Verpachtung  vornahm, 
sondern  den  Vorsitz  in  einer  Verpachtimgscommission  führte.  Die 
Verantwortung  aber  hatte  er  allein,  denn  derselbe  Lou\Te-Text  lehrt 
uns,  dass  der  Oekonom  mit  seinem  eigenen  Vermögen  für  eventuelle 
Ausfalle  haftete.^)  In  der  Josephslegende  bei  Joseph,  ant.  XII 
§176  —  einem  späten   Ableger   der   alten  Josephslegende  der 

*j  In  IV  2,5  las  ich  inzwischen:  A'.ovuaiü)'.  Xü)'.  S'.aSsxofi^vw.  xa  xa-a  trjV 

Mit  Unrecht  ist  bisher  en'.ixeXr^xYjg  Ttpd^  xy)v  syXri'^'.w  zf,c,  v.xp'.xf^s  xoD 
xö"  exo'J^  (I  13;  —  auch  von  mir  (Actenst,  S.  27)  —  als  zusammenhängender 
Titel  aufgefasst  worden.  Der  hätte  eTi'.iisXYjxY;^  x-^g  syXr/jjewg  oder  zum  mindesten 
£ii'.|ji£Ar,xYj5  i  npoz  x-g  SY^i^i'-l^s-  heissen  müssen.  Vielmehr  sind  die  Worte  TCpdg 
y.xX  mit  dem  vorhergehenden  xwv  TipaO-svxoDv  zu  verbinden.  Es  ist  also  von 
dem  bekannten  Finanzbeamten  äiziiitXr-.r,^  die  Rede.  Danach  wird  man  den 
Theodoros  und  Heliodoros  der  Zoispapyri,  der  diesem  ETCip-SAriXH^g  wohl  eher 
über-  als  untergeordnet  war  (Actenst.  a.  a.  O.j,  nunmehr  mit  grosser  Walirschein- 
lichkeit  als  den  oixovöjios  erklären  dürfen. 

^)  Der  königliche  Schreiber  macht  ihm  Vorwürfe,  dass  er  die  Fischorei- 
steuer  zu  niedrig  verpachtet  liabe  (a.r.oy.oTzr,w  —  TZz.r,oir,jot.'.). 

*)  Z.  22:  "Iva  oüv  jit;  auiißaivr/.  es  sx  xoD  -Sto'J  jisxa  :ipo;xi|iou  TipaoassO-ai, 
Tipovor^Or^xi  d)s  jJiaX'.axa  jiev  ouvTiXT^pcDO-r^aexa'.  xi  xoD  -aps/.d-övxo;  sxouj  xecfi- 
Xa-.a,  el  5*  fiT^iTe  O'JX  §Xaoaü)  xwv  x^  7^  |-  f  5'.o'.xr,0"r<O£xa'.  xaxa  xö  Tzapöv,  xxX. 


518 


VI.  KAPITEL. 


Genesis  —  leitet  der  König  Ptolemaios  persönlich  die  Verpachtung 
der  syrischen  Abgaben.  Das  gehört  wohl  zu  den  märchenhaften 
Zügen  der  Erzählung.  Da  bei  dieser  in  Alexandrien  vorzu- 
nehmenden Versteigerung  die  syrischen  Lokalbeamten  nicht  in 
Betracht  kamen,  so  mag  der  Oberdioeket,  dem  die  auswärtigen 
Besitzungen,  wie  wir  sahen,  unterstellt  waren,  selbst  oder  durch 
seine  Untergebenen  die  Verpachtung  vorgenommen  haben. 

Solche  Steuerverpachtungen  fanden  in  jedem  Jahre  statt,  denn 
die  Pachtzeit  war  ein  Jahr.^)  Die  von  Lumbroso  Rech.  S.  321 
gegebenen  Beispiele  könnten  heute  leicht  vermehrt  werden.  Wir 
w^ollen  nur  auf  die  ausführliche  Zeitbestimmung  am  Eingang  des 
Pap.  Paris.  62  hinweisen,  wo  die  Pachtzeit  umschrieben  ist  mit  den 
Worten:  ei^  SwSezaiJiyjvov  [xal  xdcq  iTZocyo[ih(xq]  %£pa?  i.  Von 
dieser  Regel  macht  scheinbar  eine  Ausnahme  die  Verpachtung  der 
eXoCiXT]  auf  zwei  Jahre  (Rev.  Pap.  57,  5;  59,4).  Doch  hier  wird 
nicht  eine  Steuer,  sondern  der  Betrieb  eines  Monopols  verpachtet. 

Da  die  Steuerpacht  für  ein  volles  Jahr  galt,  muss  sie  mit  dem 
Neujahrstage  begonnen  haben,  denn  sonst  könnte  man  nicht  sagen 
—  wie  es  so  oft  heisst  — ,  dass  Jemand  die  Pacht  „für  das  Jahr  x" 
habe.^)  Wenn  die  Pacht  in  irgend  einem  anderen  Monat  einsetzte, 
müsste  man  sagen  „für  das  Jahr  x  und  y",  denn  sie  würde  mit  so 
und  so  vielen  Monaten  in  das  nächste  Jahr  hineinragen.^)  Daraus 
folgt  nicht  notwendig  (vgl.  Grenfell  Rev.  Pap.  S.  182),  dass  die  Ver- 
pachtung vor  dem  Neujahrstage  vorgenommen  werden  musste.  Fand 


^)  Vgl.  Joseph,  ant.  XII  §  169:  xat'  Ixog  os  aOxa  (xa  tsXyj)  —  sTiiTTpaaxsv 
b  ßaaiXeui;.  —  Auch  in  Athen  wurden  die  Abgaben  auf  ein  Jahr  verpachtet, 
ebenso  auch  in  Sicilien  nach  der  lex  Hieronica  (vgl.  Cic.  Verr.  III  51,  120). 
In  Rom  dagegen  verpachtete  der  Censor  damals  auf  ein  lustrum. 

^)  Ein  Beispiel  für  viele:  6  'g'.Xyjcpwc;  xö  SsXo^  xwv  xaaoTco'.wv  (sxou^)  Xs 
(Ostr.  1085). 

^)  Darum   glaube   ich  auch  nicht,    dass  im  Pap,  Paris.  62  I  2   bIc,  xd 

al-  [  duö  jxvivjög  MsoopT/  zu  ergänzen  ist.    Grenfell,  der  dies  Eev. 

Pap.  S.  182  vorschlägt,  beugt  zwar  dem  obigen  Einwand  damit  vor,  dass  er 
meint,  vielleicht  sei  davor  das  2.  Jahr  erwähnt  worden.  Er  stützt  seinen  Vor- 
schlag auf  Rev.  Pap.  57,  wo  allerdings  das  Oelmouopol  vom  Mesore  - Gorpiaios 
an  verpachtet  wird.  Aber  ich  betone  auch  hier  wieder,  dass  diese  Monopol- 
verpachtung keine  zwingende  Parallele  für  die  Steuerverpachtung  abgiebt.  Dass 
die  letztere  vielmehr  im  ersten  Monat  des  Jahres  stattfand,  im  Thoth,  wird  oben 
gezeigt. 


§  1.     DIE  STEUERERHEBUNG  IN  DER   PTOLEMÄERZEIT.  519 


sie,  wie  wir  sogleich  zeigen  werden,  bald  nach  dem  Neujahrstage, 
im  Laufe  des  ersten  Monats  statt,  so  galt  die  Pacht  darum  doch 
schon  vom  Neujahrstage  an,  d.  h.  der  Pächter  war  berechtigt  und 
verpflichtet,  die  von  diesem  Tage,  an  föllige  Abgabe  zu  erheben. 
Die  Pacht  wirkte  also  rückwirkend  vom  Neujahrstage  an.  Darum 
heisst  es  gelegentlich  in  unseren  Quittungen:  'ATTsy^O)  Tiapd  aoö  t6 
yLv6|ji£V0v  ziloc,  är.b  BwO*  yJü)?  Meaopf^  xoü  a-jToO  r^zoc  (Ostr.  10'^5, 
ähnlich  1084).  Er  hat  also  die  Steuer  erhalten  vom  ersten  bis  zum 
letzten  Monat  des  Jahres.  Den  Zeitpunkt  der  Verpachtung  können 
wir  dem  oben  erwähnten  Louvre-Text  entnehmen  (Revillout,  Melanges 
S.  302).  Die  dem  Oekonomos  wegen  zu  niedriger  Verpachtung 
erteilte  Rüge  soll  in  das  Journal  des  Monats  Thoth  eingetragen 
werden;  also  war  auch  das  Schreiben  in  diesem  Monat  an  ihn 
gerichtet  worden.  Dass  er  es  aber  während  der  Verpachtungsgeschäfte 
erhielt  und  zwar  noch  vor  Abschluss  derselben,  zeigt  der  Zusammen- 
hang.   Also  fand  die  Verpachtung  im  Thoth  statt.  ^) 

Die  angeführten  Beispiele  stammen  aus  der  zweiten  Hälfte  des 
II.  Jahrh.  v.  Chr.,  also  aus  der  Zeit,  in  der  der  aegyi^tische  und 
der  makedonische  Kalender  in  der  Weise  ausgeglichen  waren,  dass 
der  1.  Thoth  mit  dem  1.  Dios  zusammenfiel  (vgl.  Kap.  XI).  Wie 
war  es  aber  vorher,  als  noch  die  beiden  Kalender  neben  einander 
hergingen?  A  priori  sollte  man  denken,  dass  damals  der  makedonische 
Kalender  als  der  des  herrschenden  Volkes  vorgegangen  sei,  dass 
also  das  Pachtjahr  nicht  vom  Thoth  bis  Mesore,  sondern  vom  Dios 
bis  zum  Hyperberetaios  gelaufen  sei,  und  diese  Annahme  scheint 
auch  eine  Stütze  im  Rev.  Pap.  34, 5  zu  finden,  wo  das  Gesetz 
bestimmt,  dass  die  Apomoira-Pächter  die  monatlichen  Einzahlungen 
an  die  Bank  machen  sollen  aTiö  Aiou  eo)^  [T-epjSspSTacoi)  xa-Ja 
[i'^va  (s.  unten).  Dennoch  wird  es  mir  schwer  zu  glauben,  dass 
im  III.  Jahrh.  und  in  der  ersten  Hälfte  des  II.  Jahrh.  v.  Chr. 
das  aegyptische  Pachtjahr  je  nach  der  augenblicklichen  Congruenz 
des  aegyptischen  Sonnenjahres  mit  dem  makedonischen  Mondjahr 
bald  mit  dem  Choiak,  bald  mit  dem  Mechir  u.  s.  w.  und  nicht 
vielmehr  regelmässig  mit  dem  aegyptischen  Thoth  angefangen  habe. 
Nach  den  obigen  Worten  des  Rev.  Pap.  hätte  es  damals  mit  dem 
Phaophi  anfangen  müssen  (vgl.  Rev.  Pap.  57,  4  und  Frg.  6).  Die 


^)  So  auch  Revillout  a.  a.  O.    Vgl.  auch  P.  Par.  62  IV  11. 


520 


VI.  KAPITEL. 


Beweiskraft  jener  Worte  (34,  5)  wird  aber  dadurch  abgeschwächt, 
dass  die  makedonischen  Monate  hier  nicht  den  damals  entsprechenden 
aegyptischen  Monaten  ausdrücklich  gleichgesetzt  sind,  wie  das  im 
Rev.  Pap.  sonst  immer  geschieht,  wenn  ein  bestimmtes  Datum  an- 
gegeben werden  soll.  Vgl.  57,  4  und  Frag.  6.  Es  wäre  daher  wohl 
möglich,  dass  anb  Acoi)  eidc,  TTiepßepeTabi)  als  etwas  Formelhaftes 
—  im  Sinne  von  „durch's  ganze  Jahr  hindurch"  —  in  dem  Gesetz 
stehen  gelassen  wurde,  in  der  X^poc  aber  ohne  weiteres  darunter 
dTtö  00)1)^  £(1)^  Msaopr]  verstanden  wurde.  Ich  stehe  hier  vor  einer 
Schwierigkeit,  die  ich  nicht  sicher  zu  lösen  weiss. 

Räumlich  konnte  der  Erhebungsdistrict  der  zu  verpachtenden 
Steuer  verschieden  begrenzt  werden.  Es  hing  das  z.  T.  vielleicht 
von  den  vorliegenden  Angeboten  mit  ab.  Möglich  ist,  dass  bei  der 
Versteigerung  Derjenige,  der  für  einen  grösseren  Bezirk  die  Steuer 
zu  übernehmen  versprach,  den  Vorzug  erhielt  vor  dem,  der  sich 
nur  für  einen  kleineren  bereithielt.  Ueberliefert  ist  uns,  dass  die 
Pacht  vergeben  werden  konnte  für  ein  einzelnes  Dorf^)  oder  für 
eine  \xeplq'^)  oder  für  einen  ganzen  Gau.  Letzteres  tritt  uns  häufiger 
entgegen,  so  im  Rev.  Pap.  60, 23:  6  tov  SacxYjV  dyopaaa^  und 
ebenso  im  folgenden  in  Verbindung  mit  den  anderen  Gauen;  in 
P.  Leid.  F:  ol  7rpaY[xaT£u6[i£VOL  t6  a[u]vyjYOpLxöv  xa[l  xö]  iTiiSexaTOv 
dTCÖ  loö  K[o]7iTLTOu3);  Ostr.  1087:  6  'gtXyj^w?  t6  heXoq  twv  xaao- 
Tiotwv  TO'j  KoTimou,  ebenso  in  1088 — 1090.^)  In  der  Josephs- 
legende (Joseph,  ant.  XII  §  160  ff.)  pachtet  der  schlaue  Joseph  sogar 
die  sämmtlichen  Abgaben  von  Coelesyrien,  Phoenicien,  Judaea  und 


^)  Vgl.  Rev.  Pap.  54,12:  xwv  fisiiiaO-wiJLSvwv  XYjv  xwjiyjv;  Petr.  Pap.  [11) 
XLVI:  Pachtung  der  Apomoira  von  Philadelphia  und  Bubastos  im  Faijüm.  Der 
Ausdruck  twv  irspi  <I>.  tötccdv  d|i7t£Xa)v(i)v  xal  uapa8etaü)v  hat  mit  den  Toparchien 
nichts  zu  thun.  Vgl.  b  4,  wo  tÖ7t;(i3v  fehlt.  Die  Abgabe  war  für  jedes  der  beiden 
Dörfer  einzeln  verpachtet,  wie  die  beigegebenen  Summen  nahe  legen. 

■2)  Vgl.  Mahaflfy,  Appendix  Petr.  Pap.  S.  3:  xoö  ijlstexovxös  \iOi  xyjv  fxsptSa 
(seil.  Osfiiaxaü). 

^)  So  nach  dem  Original,  statt  [Il(x]^upixou. 

*)  Grenfell  meint,  es  sei  überhaupt  nur  gauweise  verpachtet  worden,  die 
Pachtgesellschaften  hätten  dann  die  Dörfer  unter  einander  verteilt.  Weshalb  ich 
ihm  nicht  zustimmen  kann,  wird  unten  gezeigt  werden.  Pap.  Paris.  62  I  1 : 
[nü)Xoö|i£v  xa^  £v  xjffii  'O^upoYX^'C'»^-  wväg  besagt  nur,  dass  die  Steuern  dieses 
Gaues  so  und  so,  nicht  dass  die  einzelnen  Steuern  notwendig  für  den  ganzen 
Gau  auf  einmal  verpachtet  werden  sollen.    Auch  wenn  das  Gesetz  von  6  xöv 


§  1.     DIE  STEUERERHEBUNG  IX   DER  PTOLEMÄERZEIT. 


521 


Samaria  zusammen  auf  ein  einziges  Generalangebot.  Dass  dergleichen 
möglich  war,  ist  mir  nicht  unwahrscheinlich.  Aber  es  war  sicher- 
lich etwas  Ungewöhnliches,  und  vor  Allem  scheint  mir  dies  General- 
angebot viele  Einzel  an  geböte  für  die  einzelnen  Steuerbezirke  zurück- 
gedrängt zu  haben.  Lumbroso,  Rech.  S.  321,  resumirt  zwar 
folgendermassen :  pour  les  provinces  tributaires,  VEtat  fixait  le  montant 
du  revenu,  et  les  personnages  plus  importants  de  ces  pays  mbdivisaient 
la  ferme  generale  entre  eux  en  autant  de  fermes  partimlieres  qu'il 
y  avait  de  villes.  Ich  glaube  umgekehrt,  dass  die  Steuern  der  einzelnen 
Bezirke,  d.  h.  für  diese  syrischen  Länder  wohl  der  einzelnen  Stadt- 
gebiete, einzeln  verpachtet  wurden,  und  dass  nur  im  vorliegenden 
Ausnahmefall,  der  freilich  der  Legende  angehört,  eine  Generalpacht 
herauskam.  Dass  sich  die  Kapitalisten  aus  den  sämmtlichen  Städten 
Syriens  als  Publicanengesellschaft  zu  einem  einzigen  Angebot  ver- 
einigt hätten,  wie  Lumbroso  anzunehmen  scheint,  wäre  zwar  an  sich 
möglich,  aber  mir  scheint  Josephus'  Darstellung  vielmehr  dahin  zu 
führen,  dass  —  nach  seiner  Auffassung  —  ein  Jeder  für  die  Steuern 
seiner  Heimat  bot.    Das   liegt  meines  Erachtens  in  den  Worten: 

S'jpia;  teXwv  ztX.  Das  auvaO-pot^eaö-a:  weist  wohl  auf  eine 
Addition  der  Einzelgebote  hin.^)  Auch  würde  es  unter  der  An- 
nahme einer  Pächtergesellschaft  auffallig  sein,  dass,  wie  Josephus 
sagt,  aus  jedem  Stadtgebiet  die  Reichsten  herbeikamen,  §  169:  xai' 

ßaa:Xeuc. 

Wenn  Josephus  ferner  seinen  Helden  diese  Generalpacht 
22  Jahre  hindurch  fähren  lässt  (§  186),  so  kommt  in  dieser  Er- 
zählung ganz  richtig  zum  Ausdruck,  dass  die  räumlichen  und  zeit- 
lichen Grenzen  für  den  Einzelnen  durch  Cumulation  und  Iteration 
aufgehoben  werden  konnten.  Im  Pap.  Paris.  62  VI  4  wird  ausdrück- 
lich auf  die  Möglichkeit  hingewiesen,  dass  mehrere  Steuern  von 
einer  Person  gleichzeitig  gepachtet  werden  konnten:  Idv  Zk  tlVcC 


Hat-cTjV  OLr^opiza.^  spricht,  so  folgt  daraus  noch  nicht,  dass  die  ganze  Pacht  wirk- 
lich immer  einer  Person  übergeben  werden  musste.  Der  Gesetzgeber  fasst  der 
Kürze  wegen  diesen  einen  Fall  in's  Auge. 

Die  folgenden  "Worte  Ö'.eßaXXsv  wg  auvv)-£}xivous  bedeuten  nur.  dass 
sie  sich  im  Geheimen  verabredet  hätten,  niedrig  zu  bieten. 


522 


VI.  KAPITEL. 


Twv  TsXwvwv  TzXdoöC,  (A)v[a^  sY^aßtoai].^)  Einen  Beleg  bietet  z.  B. 
der  Jude  2:[X(j()V  'la^apou,  der  für  dasselbe  28.  Jahr  die  Fischerei- 
steuer (1233)  und  die  Grundsteuer  (1255)  gepachtet  hat.  Andrer- 
seits war  es  in  Aegypten  eben  so  wenig  wie  in  Athen  2)  verboten, 
mehrere  Jahre  hinter  einander  dieselbe  Pacht  zu  übernehmen.  Nur 
musste  in  jedem  Jahre  ein  neuer  Pachtvertrag  abgeschlossen  werden. 
Der  Index  unserer  Steuerpächter  zeigt,  dass  häufig  eine  und  dieselbe 
Person  mehrere  Jahre  hindurch  dieselbe  Pacht  gehabt  hat. 

lieber  die  Qualification  zur  Pachtübernahme  hat  uns  der  Revenue- 
Papyrus  15  wertvolle  Kunde  gebracht: 

2  [Or]5£  [xr]  d)V£[t]aö'(i)aav  [JtyjBe  xo[cva)v]£LTü)aav  (Jtr^o[£] 

3  [£]YyuaaO'a)[aa]v 

4  [oTcJoaoL  TL  Twv  ßaacXixwv  5cotxo[uai  oc] 

5  [)(pY]{jiaT:a]Tal  xod  6  £[c];aY0)Y[£6?  .  .  . 

Allen,  welche  zur  königlichen  Verwaltung  gehören,  wie  den 
Chrematisten ,  dem  tlQO(.'Y(i)Ye()Q  der  Chrematisten  u.  s.  w.  —  die 
weitere  Liste  ist  nicht  erhalten  —  ist  es  untersagt,  sich  an  den 
Steuerpachtungen  zu  beteiligen.^)  Das  ist  eine  für  die  Auffassung 
der  ptolemäischen  Steuerpacht  grundlegende  Thatsache!  Der  König 
hält  seine  Beamten  fern  von  der  Pacht,  wohl  weil  er  ihrer  gerade 
zur  Controle  der  Pächter  bedarf  Diese  Bestimmung  in  dem  Gesetz 
des  Philadelphos,  die  gewiss  schon  auf  Soter  zurückgeht,  erinnert 
uns  an  die  später,  am  Ende  des  III.  Jahrhunderts  v.  Chr.,  in  Rom  ein- 
geführte Massregel,  dass  die  Senatoren  sich  von  allen  Geldgeschäften 
—  und  so  auch  von  der  Steuerpacht  —  fern  zu  halten  hatten.^) 

Derselbe  Gesetzesparagraph  scheint  auch  die  Bestimmung  ent- 
halten zu  haben,  dass  Sklaven  zur  Steuerpacht  disqualificirt  waren, 
oder  vielleicht,  dass  die  königlichen  Beamten  nicht  auf  Umwegen 
durch  ihre  Sklaven  an  den  Pachten  teilnahmen.^)  Die  Stelle  ist 
aber  zu  lückenhaft,  um  etwas  Sicheres  sagen  zu  können. 

1)  Vgl.  Lumbroso  Rech.  S.  324. 

2)  Vgl.  Plut.  Alcib.  5:  zltü^öxBc,  yap  del  x(x.lc,  Ssuidpaig  wvaig  xpstoXuxetv 
xctc,  Tzpihxoic,.  Vgl.  auch  Andocid.  de  myster.  §  134:  sodvoövxo  tiocXlv. 

^)  Grenfell  liest  ol  5s  und  will  das  auf  die  in  col.  14  genannten  Personen 
zurückbeziehen.  Aber  da  sind  gar  keine  genannt,  die  hier  in  Betracht  kommen 
könnten.  Auch  würde  das  [oTüJöaot  y.xX  dann  völlig  in  der  Luft  schweben.  Ich 
fasse  Z.  2 — 3  vielmehr  als  Ueberschrift  zu  der  folgenden  Liste  auf. 

*)  Lex  Claudia  vom  J.  218  bei  Liv.  XXI  63,  3/4.  Vgl.  Cic.  Verr.  V  18,  45. 

5)  Vgl.  MahaffS-,  Rev.  Pap.  Introd.  p.  XXXI.    Grenf.  S.  84. 


§  1.    DIE  STEUERERHEBUNG  IX  DER  PTOLEMÄERZEIT.  523 


Die  Nationalität  war  für  die  Frage  der  Qualification  indifferent. 
„Dans  wie  affaire  de  finance  oü  tout  consistait  ä  troiivei'  un  plus-offrcmf, 
les  Ptoleniees  nefaisaient  pas  distindion  de  nationalite."^)  Im  III.  Jahrh. 
V.  Chr.  scheinen  zwar  nach  dem  uns  zufällig  vorliegenden  Material 
die  Griechen  überwogen  zu  haben,  was  an  sich  begreiflich  wäre. 
Aber  daneben  erscheinen  auch  Aegypter,  wie  IlcXiavoög  (Ostr.  312, 
316),  W£[1[aTv:?  Ila-acTo;  (329),  riizwg  (331).  Dies  seltene  Vor- 
kommen aegyptischer  Namen  kann  ein  Zufall  sein.  Jedenfalls 
möchte  ich  nicht  mit  Grenfell  (Rev.  Pap.  S.  79)  in  den  Worten 
TtaTpG^ev  xal  TzazpihoQ  (Rev.  Pap.  7,3)  einen  Hinweis  darauf 
sehen,  „that  most,  if  not  all,  tax-farmers  in  tJie  tJurd  centunj  B.  C. 
were  foreigners".  Das  Wort  noLTplc,  weist  in  diesem  Zusammenhang 
durchaus  nicht  auf  das  Ausland  hin:  auch  Aegypten  ist  eine  Traipic.-) 

Im  II.  Jahrh.  v.  Chr.,  aus  dem  uns  ein  viel  reicheres  Material 
vorliegt,  erscheinen  Griechen  und  Aegypter  in  gleicher  Weise  neben 
einander.  Von  besonderem  Interesse  ist  das  starke  Auftreten  von 
Juden  neben  ilmen.  Wiewohl  schon  für  das  III.  Jahrh.  v.  Chr.  eine 
jüdische  Diaspora  nachweisbar  ist^),  sind  mir  doch  jüdische  Steuer- 
pächter aus  dieser  Zeit  noch  nicht  begegnet.  Für  das  II.  Jahrh. 
nennen  unsere  Ostraka  folgende  Juden  (resp,  Semiten)  als  Steuer- 
pächter: 

'Aß'.f^Ao;  =  bi^-'ni^  (Ostr.  334). 
'A7ro(  )  SaXa[iL;  (1359). 

'ApLaxoßouXo^  Sa[Jiivoi>  (753).  SafxTvo?  vielleicht  =  )iyO  (wohlbeleibt)? 
'Aßaious  (?)  (1231).^) 

Oe^Xpr^aTO?  SaXajxivio?  (1350).  Oeoy^pyjaio?,  nach  Delitzsch  \'ielleicht 
üebersetzung  von  ^^n*:3"lt2  (Tobia).  SaXafilv:^  (vgl.  oben  SaXajii;) 
vielleicht  verwandt  mit  Salomon. 

'ItüGfiTzoq  'AßSiou  (721). 

n-jO-dcYTeXos  'IwoVjTiLo;  (729). 

Sa|ißa^aTo?  (1507)  oder  Sa|ißaTaIog  (1508)  oder  hypokoristisch 
Sajißa?  (1503).    Auflösung  unbestimmt:  Sa|Jißa(.  .  .  .)  in  355, 


^)  Lumbroso,  Eech.  S.  332. 

2)  Dass  mit  Tiaxpi;  das  Heimatsland,  nicht  der  Heimatsort  gemeint  ist. 
zeigt  Rev.  Pap.  104,4:  z:aTpöO-£v  y.]ai  7ta-pi8og  [xal  s]x  zota;  tiöasü)^  xtX. 

3)  Vgl.  Berl.  phil.  Wochensehr.  21.  Nov.  1896  Sp.  1492  ff.  und  jetzt  Well- 
hausen, Israel,  und  jüd.  Geschichte  3,  Aufl. 

*)  Ein  Jude  ist  wohl  auch  der  Adressat  'lasipYjg. 


524 


VI.  KAPITEL. 


1351,  1354,  1504.  Ueberall  derselbe  Mann.  Sapißa^alo?  ist 
eine  Erweichung  von  SaßßaO-aTo?  =  "'f^^T?  (am  Sabbath  geboren)  in 
Esr.  10,  15,  Nehem.  8,7.  11,  16.  LXX:  SaßßaO-aC  und  Soßßa- 
^ocioq.  Auch  in  der  Liste  der  72  Uebersetzer  findet  sich  ZAveimal 
ein  EaßßaTaTo^  (Aristeas). 

Sa[xßaTaiog  'AßtVjXou  (1505).    Eine  andere  Person. 

2a[jißa'8'alo^  SoXXou|jlco^  (Ostr.  Ashmol.  566). 

2]l|xü)v  'la^apou  (1233,  1255).   Meine  Vermutung,  'la^apou  zu  lesen 
statt  'IX^apou  (Sayce),  fand  ich  nachträglich  am  Original  bestätigt, 
'la^apo?  =  -ITS?':  =  "Ioc^r}p  (Makk.). 
2::[jtü)v  'Ep[XLou  (728). 
^i[i(bv  'Qp(x.iou  (1511). 
Stfjiwv  'AßtT^Xou  (1513). 
2c(ia)v  (337,  339,  340).   Wohl  ein  Anderer. 
^oXoxzoq  (?)  SifjLWVO?  (718). 

Hier  sind  die  ursprünglichen  semitischen  Namen  meist  mit 
griechischen  Buchstaben  transcribirt.  Daneben  finden  sich  aber  — 
entsprechend  dem  schon  damals  starken  Einfluss  des  Hellenismus  — 
auch  griechische  Namen,  die  z.  T.  Uebersetzungen  semitischer  Ori- 
ginale zu  sein  scheinen,  z.  T.  aber  auch,  wie  der  Vatername  ^Ep|xia^, 
rein  griechischen  Ursprungs  sind.i)  Es  ist  daher  nicht  unmöglich, 
dass  unter  den  griechischen  Namen  unserer  Pächterliste  dieser  Zeit 
sich  noch  manche  Juden  verbergen. 2) 

Wir  kommen  also  zu  dem  Schluss,  dass  abgesehen  von  den 
königlichen  Beamten  und  den  Sklaven  Jeder,  der  dem  Staate  finan- 
ziell die  genügende  Sicherheit  bot  und  sonst,  so  dürfen  wir  wohl 
hinzufügen,   unbescholten  war,  zur  Steuerpacht  zugelassen  wurde. 

^)  Interessant  ist  eine  Vergleiehung  mit  der  Liste  der  72  Dolmetscher  bei 
Aristeas.  Auch  hier  begegnen  neben  den  vorherrschenden  jüdischen  Namen 
griechische  Uebersetzungen  wie  OsoSöaiog,  OsöSoxog,  AoaLO-sog,  und  auch  rein 
griechische  Namen  wie  Xaßpiag,  'ASaiog,  'Idaiüv.  Diese  Mischung,  die  unserer 
obigen  Pächterliste  ziemlich  genau  entspricht,  dürfte  ein  Argument  dafür  sein, 
wenn  es  dessen  noch  bedürfte,  dass  jene  Dolmetscherliste  nicht  zur  Zeit 
des  Philadelphos,  sondern  während  der  späteren  Ptolemäerzeit  construirt  worden  ist. 

^)  Namentlich  bei  den  mit  •9-sö$  zusammengesetzten  liegt  der  Gedanke 
nahe,  z.  B.  bei  icoai^eog  Jluppou  (724),  Qeöbtüpoc,  (1231),  der  mit  'Aßatoug 
associirt  erscheint  u.  s.  w.  Doch  lässt  sich  hier  nichts  erweisen ;  sie  können  eben 
so  gut  Griechen  sein.  —  Ueber  jüdische  Steuerpächter  in  Judaea  vgl.  Schürer, 
Gesch.  d.  jüd.  Volkes  I  S.  399. 


§  1.    DIE  STEUERERHEBUNG  IN  DER  PTOLEMÄERZEIT.  525 


War  in  Aegypten  selbst  die  Nationalität  irrelevant,  so  ist  es  ver- 
ständlich, dass  auch  in  den  Provinzen  die  reichen  Provinzialen,  wie 
Josephus  uns  erzählt,  Zutritt  hatten.  Dass  der  Steuerpächter 
schreiben  könne,  war  nicht  erforderlich.  So  stellt  für  den  Juden 
I]:|X(i)V  'la^^apou  ein  gewisser  AsXXo'j^  die  Quittung  aus,  „weil 
Jener  nicht  schreiben  kann"  (hioc  ib  [iy;  eioevat  auxov  yp(k<:pBi'j, 
1233). 

Ueber  den  Act  der  Steuerverpachtung  haben  wir  —  von  der 
Josephslegende  abgesehen  —  keinen  zusammenhängenden  Bericht. 
Die  Einzelangaben  sprechen  aber  dafür,  dass  er  sich  —  ähnlich  wie 
in  Athen  und  Rom  —  im  Wesentlichen  in  denselben  Formen  vollzog 
wie  die  Verpachtung  der  öffentlichen  Arbeiten  i),  der  königlichen 
Domänen  u.  s.  w.^)  Beispiele  für  Verpachtungen  letzterer  Art  bieten 
die  Zoispapyri  und  die  „Actenstücke  aus  der  königlichen  Bank  zu 
Theben"  I — IV,  die,  wie  ich  jetzt  nach  langem  Schwanken  annehme, 
beide  nicht  vom  Verkauf,  sondern  von  der  Verpachtung  von  Domanial- 
land  handeln.^)  Nach  diesen  Urkunden  vollzog  sich  die  Verpachtung 
von  Domanialland  in  folgender  Weise.  Stand  eine  Verpachtung  bevor, 

^)  Von  den  Pächtern  öffentlicher  Arbeiten  sprechen  oft  die  Petrie  Papyri 
aus  dem  III.  Jahrh.  v.  Chr.  Vgl.  (II)  IV  (12)  2:  e^sXaßov  xö  epYOv.  XIII  (1)  5: 
xaS-a  s^siXi^cpaiiev,  woraus  folgt,  dass  die  sXsuO-spO'.  Xaxöfio'.  die  Bearbeitung 
der  Steinbrüche  in  Pacht  genommen  haben.  XIV  (Ib)  2:  s^siXrjcpön,  ty]v  ßaai- 
Xeixyjv  xaxdXuaiv  xaO-sXstv  xxX.  Hier  wird  der  Pachtvertrag  als  spyoXaßta 
bezeichnet  (vgl.  auch  XIII  18  b).  XIV  (1  c)  3:  TiXtvO-oöXxoi  ol  Iss'.Xrjcpdxsg 
IXxuaa'.  7i[XtV'3-ou]  fi(upidSag)  ß  xxX.  XIV  (1  d)  1 :  ol  sgsiXTjcpöxss  —  xöv  uapa- 
cppu^aviop-öv  xou  nsYdXou  X'^J^'-o^'cos.  Dasselbe  Verhältnis  liegt  auch  in  den 
Quittungen  XXVI  vor.  Vgl.  (5)  6,  wo  zu  lesen  ist:  x'.|iYjv  xaXoc|JL[ou  [i{up<.dbog)  a, 
ü)v]  ■//[pjyoXccßYjxev  [TcposdistvJ  xxX.   Aehnlich  in  (6). 

^)  Das  wird  mit  Recht  auch  von  Revillout,  Melanges  S.  316  hervor- 
gehoben. Er  hält  freilich,  wie  wir  alle  bisher,  daran  fest,  dass  die  Zoispapyri 
und  die  „thebanischen  Actenstücke"  vom  Verkauf  handeln.  Siehe  nächste 
Anmerkung. 

^)  Die  Zweideutigkeit  ist  dadurch  gegeben,  dass  die  Griechen  bekanntlieh 
für  Kauf  und  Pacht  dieselben  Ausdrücke  gebrauchen.  H'.Ttpdaxe'.v ,  tüwXsiv, 
dTtoSiSoaO-ai  heissen  sowohl  verkaufen  wie  verpachten,  und  dyopd^s'.v  und 
TTpiaaO-at  bezeichnen  sowohl  das  Kaufen  wie  das  Pachten.  Zu  der  obigen  Deutung 
der  Actenstücke  bestimmen  mich  folgende  Gründe.  1.  Die  Abgabe  der  Ländereien 
wird  als  £X<pöpiov  bezeichnet.  Dies  bedeutet  aber  regelmässig  nicht  die  Grund- 
steuer, sondern  das  Pachtgeld  (s.  oben  S.  185  ff.).  2.  Der  Satz  Idv  8t,'  'EpjJiio'J 
[istova  xd  TipOYSYpadJLP-eva)  [^xcpöpia  .  .  .  Y^vTjxa'.,  ^TtavaTtpaO-i^jasxat  (III  1,13, 
vgl.  I  24,  IV  1,18)  ist  nur  unter  der  Annahme  einer  Pacht  verständlich.  Ein 


526 


VI.  KAPITEL. 


SO  mussten  die  Pachtlustigen  schriftlich  in  Form  eines  u7r6[JLvyj[Jia^)  ihr 
Angebot  machen  (u^caiaa^a:,  ÖTicaxvsIa-ö'ac).-)  Nachdem  hierauf  hin 
durch  den  TOTroypajJLpiaTeu^  Umfang  und  Wert  des  Objects  auch  amtlich 
festgestellt  waren,  wurde  die  bevorstehende  Pacht,  wahrscheinlich  mit 
Angabe  der  Pachtbedingungeu,  öffentlich  angekündigt  (exic-ö-sva:  elc, 
Trpaaiv).^)  War  hiernach  ein  vorgeschriebener  Zeitraum  verflossen 
([xexd  Tocq  ixaväc,  -^niipac,,  Actenst.  II  12),  während  dessen  alle  Pacht- 
lustigen Gelegenheit  gehabt  hatten,  sich  zu  informiren,  so  wurde  an 
dem  angekündigten  Termin  in  Gegenwart  der  oben  besprochenen  Ver- 
pachtungscommission durch  Heroldsruf  das  Object  zur  Pacht  aus- 
geboten (7ipoxYjp6aa£:v).  Nunmehr  hatten  die  Pachtlustigen  vorzu- 
treten (TZpoqeXd-ely  npoc,  xwt  ayopaaiJLcoi)^)  und  zu  bieten.  Diese 
VerhandluDgen  erfolgten  natürlich  mündlich.  Dem  Meistbietenden 
wurde  darauf  das  Object  zugesprochen  (xupoöv).  Für  den  Fall, 
dass  die  Pachtbedingungen  nicht  gehalten  würden,  wurde  eine  noch- 
malige Versteigerung   in  Aussicht  genommen  (iTiavaTipa-ö-yjaexac). 


Kauf  könnte  unter  dieser  Bedingung  nicht  rückgängig  gemacht  werden.  3.  Aus 
den  Worten:  ou  xpairstv  aOxdcg  jj.exp'-  ''ö'^  ^  ^  folgerte  ich  schon  in  der 
Publication  S.  31,  dass  eine  Pacht  damals  abgelaufen  sei.  Es  liegt  viel  näher, 
an  eine  Erneuerung  dieser  Pacht  zu  denken,  als  anzunehmen,  „dass  sie  Avünschten, 
nun  in  den  dauernden  Besitz  zu  gelangen".  Auf  andere  Consequenzen  dieser 
veränderten  Auffassung  kann  hier  nicht  eingegangen  werden.  Oben  S.  207  sind 
die  aus  IV  mitgeteilten  Sätze  nunmehr  als  Belege  für  Grundsteuer  zu  streichen.  — 
In  den  Zoispapyri  sind  für  mich  entscheidend  die  Worte:  >tupü)^^va'.  Ss  x-^t, 
Zü)'!5'.  £1^  (=  exr]  Tsaoapa).  Seit  Peyron  pflegt  man  dies  dahin  zu  verstehen, 
dass  es  der  Zois  zugeschlagen  sei  um  so  und  so  viel  „in  vier  Jahresraten''.  Das 
ist  aber  sprachlich  ganz  unmöglich.  Es  kann  nur  heissen:  es  wurde  ihr  zuge- 
sprochen auf  vier  Jahre.  Vgl.  Rev.  Pap.  57,3:  TCwXoöfisv  x[Yjv  sXatXYjv]  .  .  . 
eig  sx[Yj  ß].  Vgl.  59,  1  ff.  Dann  aber  liegt  kein  Kauf,  sondern  eine  Pacht  vor. 
Auffällig  ist  es  ja,  dass  durch  die  Verpachtung  fast  dieselbe  Summe  (weniger 
1  Talent)  herauskommt,  für  welche  das  Grundstück  verpfändet  war.  Aber  jene 
klaren  Worte  lassen  meines  Erachtens  keine  andere  Deutung  zu. 
*i)  Actenst.  I  2,  II  2,  III  2.    Zoisp.  I  20. 

-)  Actenst.  a.  a.  O.  Auch  bei  Joseph,  ant.  XII  §  17  6  ucpia-caaö-ai,  und 
uTiiaxvstxo.  Das  Angebot  ist  f]  bnoaxoLoic, ,  Actenst.  I  8;  Eevillout,  Melanges 
S.  322  oben. 

3j  Actenst.  I  1,  8,  II  11.    Zoisp.  I,  24. 

*)  Actenst.  I  14,  II  18.  Josephus  ant.  XII  §  176:  upogsXO-wv.  Eevillout, 
Melanges  S.  321:  §'.a  x6  fjLYjSsva  TtpogsXO-siv.  —  Vgl.  Andoc.  de  myster.  §  134: 
uapc?.0-ü)v  syoD  bIc,  xv^v  ßouXrjV.  Plut.  Alcib.  5 :  Tcpo^eXO-cbv  6  [isxotxos  s^S 
ayopav  xxX. 


§  1.    DIE  STEUERERHEBUNG  IN  DER  PTOLEMÄERZEIT.  527 


Dann  aber  sollte,  wie  es  scheint,  mindestens  um  ^  über  die 
Summe  hinaus  gefordert  werden,  zu  welcher  vorher  der  Zuschlag 
erfolgt  war.^)  Das  endliche  Ergebnis  wird  dann  jedenfalls  öffent- 
lich bekannt  gegeben  worden  sein.-) 

Mutatis  mutandis  scheint  die  Verpachtung  der  Steuern  in  ganz 
ähnlicher  Weise  vor  sich  gegangen  zu  sein.^)  Auch  hierfür  waren 
zunächst  schriftliche  Angebote  erforderlich.  Für  die  Kaiserzeit  liegt 
uns  ein  solches  Schriftstück  im  Original  vor  (s.  unten) ;  darum  möchte 
ich  sie  auch  für  die  Ptolemäerzeit  annehmen.  Die  Worte  Rev. 
Pap.  14:  'ATüoypa^T]  apx(i)[yö)v.  "Oaoi  a]v  oioi  ol  ßouX6[i£Vo: 
dp7CL)v[cLV,  a-GY]pa!^£a[0-ü)aav]  T.pbc  tov  7:(oXoOv['ca]  werden  mit 
Mommsen  nur  auf  die  Liste  der  Reflectu'enden  zu  beziehen  sein. 

Worauf  sich  diese  ersten  Angebote  gestützt  haben,  lässt  sich 
nur  vermuten.  Einmal  konnte  die  Pachtsumme  des  verflossenen 
Jahres  in  Rechnung  gezogen  sein,  und  je  nach  den  wirtschaftlichen 
Verhältnissen  dieselbe  Summe  oder  aber  ein  Mehr  oder  Weniger  geboten 
werden.  Das  würde  —  um  mit  Tiberius  Julius  Alexander  zu  reden  — 
ein  Angebot  xoczoc  a'jvci^'.v  gewesen  sein.  Andrerseits  ist  aber  gewiss 
auch  anzunehmen,  dass  die  Pachtlustigen  aus  den  oben  beschriebenen 
Steuerbüchern  und  Katastern  einen  Einblick  in  den  thatsächlichen  Wert 
der  Steuerobjecte  ge-vvinnen  und  darauf  ihr  Angebot  basiren  konnten. 


Actenst. III  1 5  möchte  ich  jetzt  etwa  folgendermassen  ergänzen:  i^jiozoL',  5s 
xat  x[or]s  ßouXo|i£vo'.5  uT^spßaXXs'.v  [sv  auTö  upaxirjpitp? ,  sTcs-.Sav  6 
8]o9-^i,  oux  eXdajoyoc,  §s  iwv  eTtiSsxaxcov.  Vgl,  Pap.  Paris.  62  III  14  f.  Was 
vorher  über  die  „bisherigen  Bieter"  bestimmt  wird,  ist  mir  nicht  klar.  Vgl. 
Actenst.  III  14:  xal  zoiQ  }jl£v  xo  7:a[p]öv  u7i:oa-r,[aa[isVo:j  und  danach  wohl 
auch  I  25:  e^saxat  5s  [lolg  xö  Tiapdv  uTioaxr^aafi^svo'.^  'jTispßäAXs'.v  §.iü(^riix[  .  .  . 
(rjlJLspöiv?).  Vielleicht  hatten  die  bisherigen  Bieter  irgend  welche  Vorrechte;  es 
durfte  aber  auch  jeder  Beliebige  bieten.  —  Der  Zusammenhang  scheint  dafür 
zu  sprechen,  dass  ein  solches  Ueberbieten  nicht  nach  jedem  Zuschlag  (sTisiSav 
6  O-aXXo^  5o0-^'.)  möglich  war,  sondern  nur,  wenn  eine  sTcavdTipaa'.g  vorgenommen 
wurde.  Vgl.  auch  Pap.  Paris,  a.  a.  O.  und  den  unten  zu  besprechenden  Louvretext. 

^)  Aus  Aegypten  ist  mir  kein  Beleg  bekannt.  Aber  z.  B.  aus  Olymos  und 
Mylasa  haben  wir  Steinurkunden,  die  die  Pachtbedingungen  und  darauf  die 
Namen  der  Pächter  nennen.  Vgl.  Le  Bas  n.  323  ff.  Es  handelt  sich  hier  um 
Verpachtung  von  Tempeldomänen. 

Auch    bei  der  Versteigerung  öffentlicher  Arbeiten   kehren  dieselben 
tennini  technici  wieder.  Vgl.  Petr.  Pap.  (II)  XIII  (18  b):  sx^s;  ouv  sxd-sna  xai 

^ipGxr^p'JSOV,  tl  x[!.]ve;  ßoüXovxa'.  sxi  dAaaaovo;  [l^pYo/caßf^J^aa]'.  Ojxspov 

•j-spßoÄYjv  ....  x'jptüd-fjva'.. 


528 


VI.  KAPITEL. 


Dieses  erste  schriftliche  Angebot  wurde  nun  gewiss,  ganz  ähnlich 
wie  bei  den  Domanial Verpachtungen,  von  den  zuständigen  Behörden 
auf  Grund  der  Veranlagungsarbeiten  geprüft,  und  daraufhin  entschied 
sich  die  Regierung,  ob  sie  das  Angebot  als  Minimalsatz  gelten 
lassen  oder  aber  selbst  eventuell  mit  einem  höheren  Minimalsatz 
hervortreten  wolle  (s.  unten).  Dann  wurden,  wenn  der  Termin  ge- 
kommen w^ar,  die  Pachtbedingungen  für  die  einzelnen  Steuern  öffent- 
lich ausgelegt  (ey.z'.d-iya.i  elq  npöto'y),  wobei  jedenfalls  auch  das 
betreffende  Minimalgebot  mit  publicirt  wurde.  Diese  exd-eoLC,  dauerte 
mehrere  Tage,  entsprechend  jenen  Lxaval  fjfxepat  bei  den  Domanial- 
verpachtungen.  Nach  dem  Revenue-Papyrus  wurde  dieses  Ausbieten 
der  Steuern  in  Stadt  und  Land  bekannt  gegeben,  und  die  Steuer- 
zahler wurden  während  dieser  Zeit  angewiesen,  den  Pachtlustigen 
eventuell  Einblick  in  ihre  Verhältnisse  zu  gewähren.  Das  wird  wenig- 
stens für  die  anoixoipOL  durch  Rev.  Pap.  26,  13 ff.  bezeugt:  oiav  t6 
TtpwTov  7üapaY[Y£X'8'£v  TiuO'wJviaL  Iv  zy][i]  nolzi  xwfjtr^:, 

£V  fii  £xa[aT]o[i  xaTOLXo]öaL,  a7roYpa[(p]£a'9'a)aav  ol  yzo^pyol  aud-q- 
[jL[£]po[v  zfii']  6[a]T£paLaL  xal  ETrcSELxv'jxtoaav  tov  oIvov  [xal  t6]v 
a[Ji7i£Xa)v[a]  iE,  [ou]  TzpOETpuyyjaav.  Also  die  Winzer  sollen  sofort 
an  demselben  Tage  oder  spätestens  am  folgenden  Tage  bezeichnen, 
wue  viel  Wein  sie  vorher  producirt  haben,  und  sollen  eventuell  auf 
Wunsch  den  Wein  selbst  und  den  Weingarten  zeigen, 

Nachdem  so  alle  Pachtlustigen  Gelegenheit  gehabt  hatten,  sich 
zu  Orientiren,  begann  am  festgesetzten  Termin  die  eigentliche  Auction 
damit,  dass  die  einzelnen  Steuern  mit  den  Pachtbedingungen  und 
dem  von  der  Regierung  festgesetzten  Minimalsatz  öffentlich  von  der 
Verpachtungscommission  durch  Heroldsruf  ausgerufen  wurden.  In 
diesem  Tipoxi^pDyixa  war  nachweislich  z.  B.  der  von  der  Regierung 
aufgestellte  Minimalsatz-),  ferner  für  das  Oelmonopol  die  Angabe, 
wieviel  Oel  für  Alexandrien  nötig  sei  (Rev.  Pap.  54,  1),  welchen 
Gewinnanteil  die  Pächter  haben  sollten  (55,  16),  wieviel  Aruren 
mit  der  betreffenden  Fruchtart  besät  seien  (57, 8)  und  anderes 
mehr  enthalten.    Vgl.  59,  16. 

^)  Grenfell  S.  99  bezieht  dies  auf  den  ersten  Tag  der  Auction  selbst.  Aber 
das  sVwiiO-evai  geht,  wie  die  ,,Actenstücke"  zeigen,  der  eigentlichen  Auction,  die 
mit  dem  TipoxT^pUYfia  beginnt,  um  mehrere  Tage  vorauf. 

^)  Falls  meine  Ergänzung  7rpo[xr/p'j]^aa0-at  in  dem  Louvretext  Z.  20 
richtig  ist. 


§  1.    DIE  STEUERERHEBUNG  IN  DER  PTOLEMÄERZEIT.  529 


Dieser  Heroldsruf  gab  nun  das  Zeichen  zur  Versteigerung  selbst, 
die  wir  uns  ähnlich  wie  die  Domanialverpachtung  zu  denken  haben. 
Hierbei  mag  es  oft  zu  erregten  Scenen  gekommen  sein,  denn  um 
die  Gegenbieter  zu  beseitigen,  ist  man  oft  vor  den  bedenklichsten 
Mitteln,  vor  Verleumdung  und  Svkophantie  oder  auch  vor  Bestechung 
nicht  zurückgeschreckt.  Für  ersteres  bietet  uns  Josephus  ant.  XII 
§  176  ein  Beispiel,  der  erzählt,  dass  der  schlaue  Joseph  bei  der 
Versteigerung  die  Concurrenten  verleumdete,  sie  hätten  sich  heimlich 
verschworen,  dem  König  nur  ein  geringes  Angebot  zu  machen:  zobc, 
fxev  wvc'jfxevou?  SießaXXev  wc  auvO-cjjievou^  oXtyrjv  auxö  TC[jLrjv 
O^LaTaaO-aL  twv  tsXwv.^)  Für  die  Bestechung  ist  die  Erzählung 
bei  Plut.  Alcib.  5  lehrreich,  wo  der  Günstling  des  Alcibiades  sich 
für  ein  Talent  bewegen  lässt,  vom  Bieten  abzustehen  (aTioaTf/va'.). 
Vgl.    auch    Andoc.    de   myster.  §  133:    \iri    uTrepßaXXwa:  Xaßelv 

Die  Analogie  mit  der  Verpachtung  von  Domanialland  tritt  am 
deutlichsten  in  den  Schlussbestimmungen  über  die  eventuelle  Wieder- 
holung der  Verpachtung  hervor.  Ich  setze  am  besten  die  betreffenden 
Worte   des  Pap.  Paris.  62  (III  11  —  16)  hierher:  'Eav  U  zivec 

Xpovd):,  ETiavaTipa^rjaovTa:  aOxwv  ai  wval  y.[al  £]av  xc  Ä^eupsfia 
^(ivr]za'.,  Tipa/^O-rjacviaL  7iapa/^pfj|xa,  zölg  be  ßGuXopLsvoi?  uTiepßaXXeiv 
[A£xa  XG  xov  -ö-aXXov  Go^'^va:,  i^saxao  sv  auxwi  xwc  T^paxYjpio):,  oux 
l[Xaa]aovG$  bz  xwv  [l]7r'.5£7wax(i)v.  Also  auch  hier  soll  zu  einer 
neuen  Verpachtung  geschritten  werden,  wenn  die  Pächter  die  Pacht- 
bedingungen nicht  einhalten  —  denn  zu  diesen  gehört  das 
hizyyuav.  Wenn  bei  dieser  zweiten  Verpachtung  eine  niedrigere 
Pachtsumme  (d^£up£(xa)  herauskommt,  so  sollen  die  zurück- 
getretenen Pächter  den  Schaden  tragen.  2)  Auch  hier  soll  es  jedem 
Beliebigen  erlaubt  sein,  sich  an  der  zweiten  Auction  zu  beteiligen. 


^)  Lunibroso  Rech.  S.  323  bezieht  auf  diese  Vorgänge  bei  den  Auctionen 
die  Eingangsworte  des  Pap.  Paris.  62,3:  d[Y]opa^£T£  5^  [Adverbium  xal  [ifj 

(iäXXsxe  |j.Yj[0-j£va  auxocpavTr^asiv  [  S['.a]ßaXXc'.v ,  äXX'  oltzö  toö 

ßcXxiaxou  [TcpaYnaxcOsaO-a]'.  xaxä  xoö;  vö|iou;  v.xX.  Wegen  der  letzten  Worte 
beziehe  ich  das  vielmehr  auf  das  Verhalten  der  Steuerpächter  zu  den  Steuer- 
zahlern während  ihres  Amtsjahres. 

^)  Ebenso  VI  8  ff. :  xo'j[xü)v  }i£v;  al  wval  £-ava7ipaO-r^aovxa'.  xoö  Eupcrxovxo^ 
x[ax!X?x6  CKf£iX?]rj|jia  xal  x6  dc;£'5p£|ia  TipaxO^r^aovxa-.. 

WiLCKEN,  Ostraka.  34 


530 


VI.  KAPITEL. 


doch  muss  sein  Angebot  auch  hier  um  y\y  grösser  sein  als  das 
frühere.^) 

Eine  Illustration  zu  diesen  Gesetzesparagraphen  bietet  der 
neue  Louvretext  bei  Revillout,  Melanges  S.  302.  Ich  möchte  ihn 
etwa  folgendermassen  auffassen.  Ein  gewisser  Ptolemaios  hatte  fiir 
die  Fischereisteuer  des  Perithebischen  Gaues  25  Talente^)  geboten 
(bcpEGza.öd'a.i).  Seine  daran  geknüpften  Bedingungen,  die  sich  auf 
die  damalige  Revolution  und  die  durch  die  Kämpfe  hervorgerufenen 
Störungen  im  Fischereibetriebe  beziehen,  sind  mir  bei  dem  jetzigen 
Zustand  des  Textes  nicht  klar  geworden.  Trotz  jener  Bedingungen 
war  dem  Ptolemaios  die  Pacht  zugesprochen  worden.^)  Dieser  Zu- 
schlag wurde  aber  rückgängig  gemacht  —  weshalb,  erfahren  wir 
nicht  —  und  die  Pacht  wurde  nunmehr,  bei  erneuter  Versteigerung, 
einem  gewissen  Agroitas  für  22  Talente  zugesprochen  (auvxey^wp'^a^ac). 
Mit  Recht  erhielt  der  Oikonomos,  der  diese  Verpachtung  geleitet 
hatte,  vom  königlichen  Schreiber  eine  strenge  Rüge  dafür:  xal  [au] 

jjiY]  iXdxTOVOc,  Toö  imhzxxzou,  b  5yj  eouv  Txß  y,  Ix  xwv  IvavTctov 
dTCOXOTCYjV  £T£pa)V  Tvy  7i£7ioLy]aai.  In  der  That  hätte  der  Oikonom 
nach  den  geltenden  Steuergesetzen  (Pap.  Paris.)  bei  der  Wieder- 
holung der  Auction,  „da  die  Pacht  einem  Anderen  gegeben  werden 
sollte",  auf  einem  INIindestsatz  von  mehr,  als  er  bei  der  ersten 
Versteigerung  erhalten  hatte,  also  von  25  -j-  2^  Tal.(=  211  Tal., 
Z.  26),  bestehen  müssen.  Statt  dessen  hat  er  gar  3  Talente  weniger, 
nämlich  22  Talente  acceptirt.  Der  königliche  Schreiber  fordert  ihn 
daher  —  so  scheint  es  —  auf,  nochmals  eine  Versteigerung  vor- 
zunehmen und  die  Steuer  für  nicht  weniger  als  27^  Talente  zu  ver- 
geben, „gemäss  den  Verordnungen"  (dxoXoO-ö'Wg  zoTc,  laxa[X£VOi<;), 
widrigenfalls  er  mit  seinem  eigenen  Vermögen  einstehen  müsse 
(s.  oben  S.  517).     Hierin  weicht   der   vorliegende  Fall  von  den 

^)  Pap.  Paris.  62  VIII  giebt  ausführliche  Bestimmungen  über  die  Behand- 
lung des  UTiepßöXiov.  Da  die  vorhergehende  Columne  VII  bis  auf  wenige  Worte 
verloren  ist,  so  ist  mir  nicht  ganz  klar,  welche  Eventualitäten  hier  in's  Auge 
gefasst  sind. 

^)  Richtig  ergänzt 'von  Revillout  in  Z.  13. 

^)  Z.  13  y.axsaxda^ai.  Dadurch  scheint  mir  Revillout's  Auffassung  S.  300, 
Ptolemaios  sei  überhaupt  gar  nicht  angenommen  Avorden,  weil  er  Bedingungen 
gestellt  habe,  ausgeschlossen. 

*)  Revillout  liest  7tpog[bi]E,7.o^oi.i. 


§  1.    DIE  STEUERERHEBUNG  IX  DER   PTOLEMÄERZEIT.  531 


G^esetzesparagraphen  ab,  als  nach  ihnen  vielmehr  der  frühere  Pächter 
im  Falle  eines  d^S'jpeixa  die  Differenz  tragen  sollte, 

Zugleich  mit  den  Steuert!  wurde,  wie  uns  Josephus  ant.  XII  §  176 
erzählt,  auch  das  Pfandungsrecht  gegenüber  den  eventuellen  Steuer- 
schuldnern verpachtet.-)  Joseph  verspricht:  xwv  aiiapTcvTWv  tgv 
GLxov  auToö  Tag  obaiocq  a,yoLrA\L'\)tiv  auxw  (tw  ^ocaiXei)'  xal  yap  toOtc 
tgTc  Tc/ia'.  o'JWETZ'.TZpiay.tzo.  Ich  kenne  keine  Urkunde  aus  der  Ptole- 
mäerzeit,  die  uns  diese  Mitteilung  bestätigte,  freilich  auch  keine,  die 
sie  widerlegte.  Dass  die  Steuerrückstände  nach  Ablauf  des  Jahres,  wie 
wir  sehen  werden,  von  königlichen  Beamten  erhoben  wurden,  schliefst 
nicht  aus,  dass  die  Steuerpächter  schon  während  ihres  Geschäftsjahres 
gegenüber  zahlungsunfähigen  oder  zahlungsunlustigen  Steuerzahlern 
mit  Pfändung  vorgegangen  wären.  Trotz  des  legendarischen  Charakters 
der  Erzählung  wird  diese  Einzelheit  gewiss  zu  Rechte  bestehen,  wie 
ja  auch  sonst  der  Verfasser  sich  mit  dem  Detail  der  Steuerverpachtung 
als  gut  unterrichtet  erwiesen  hat.  Der  Pächter  wird  durch  die  Steuer- 
pacht ohne  weiteres  auch  das  Pföndungsrecht  erhalten  haben. 

Ein  Handelsgeschäft,  wie  es  die  Verpachtung  der  Steuern  war, 
bedurfte  einer  contractlichen  Formulirung.  So  wurde  denn  auch 
zwischen  der  Regierung  und  dem  Pächter  ein  Pachtcontract  aufgesetzt, 
in  welchem  die  Rechte  und  die  Pflichten  der  Contrahenten  fixirt  M  aren. 
Dieser  Vertrag  wird  nach  seinem  Inhalt  als  wvr^^)  oder,  von  der 
anderen  Seite  betrachtet,  als  TZpaoL^^)  bezeichnet.  Der  Pächter  ver- 
pflichtete sich  hierin,  der  Regierung  die  Pauschsumme,  zu  welcher 
ihm  die  Pacht  zugesprochen  war,  im  Laufe  des  Jahres  auszuzahlen. 
Hatte  er  Ueberschüsse  (£7:iY£vr^|ia),  so  war  es  sein  Vorteil^),  nahm 
er  weniger  ein  (eyceca),  so  war  es  sein  Schaden.*^)    Das  ist  der 

*)  Die  Erklärung  bietet  vielleicht  der  mir  noch  dunkle  Mittelpassus.  Der 
Fall  ist  übrigens  dadurch  complicirt,  dass  auch  Ausfälle  des  letzten  Jahres 
gedeckt  werden  sollen. 

^)  Vgl,  die  römische  pignoris  capio,  Gaius  4,  28  (Mommsen). 
Vgl.  z.  B.  Rev.  Pap.  17,  14:  eYYSYpa»i!a[=]v(i)v  sTcl  -y/.  <hw%:. 

*)  Vgl.  z.  B.  Pap.  Louvre  bei  Revillout,  M61.  S.  303,  12:  -9,^  dTisaxaXjiivT^; 

^)  Vgl.  Rev.  Pap.  34,  14:  xai  sav  |i£v  s-'.yävr^iia  r.zy.r,:.  [s-iS'.aYpja'I'aTCo 
(seil.  6  o'.xov6|xo;)  dpxwvr/.  —  '[o  toO]  £~'.Y=''^(I^2tTo;  —  s-'.ßäXXov. 

*j  Vgl.  Picv.  Pap.  34,  17:  eav  8'  [By]^z:'x  yvn^-T.:,  -pasji'tü  (seil,  i  o'xo- 
vöfio?)  Tzapd  ToO  apxwvou  xxX.  Auch  in  den  Eingangsworten  des  Pap.  Paris.  G2 
wird  der  Steuerpächter  daran  gemahnt  (I  11):      xat  töc;  iftsioL^  7cpax0-r^[a£a0-s]. 

34* 


VI.  KAPITEL. 


Grundgedanke  dieses  Pachtgeschäftes  —  hier  ganz  so  wie  im  griechi- 
schen und  römischen  Pachtsystem.  Im  Einzelnen  bleibt  manches 
unklar.  Dass  der  Pächter  ohne  jede  gesetzliche  Schranke  durch 
übermässiges  Eintreiben  jeden  beliebigen  Ueberschuss  hätte  erzielen 
können,  ist  undenkbar.  In  der  lex  Hieronica  waren  die  Rechte 
des  decumanus  so  genau  umschrieben,  id  —  ah  invito  aratore  plus 
decuma  non  possit  auferri  (Cic.  Verr.  III  8,  20).  Derartige  Bestimmun- 
gen sind  in  unseren  ptolemäischen  Steuergesetzen  nicht  erhalten, 
aber  diese  sind  zerfetzt,  und  dass  auch  sie  dahingehende  Cautelen 
gehabt  haben,  ist  w^ohl  sicher  anzunehmen.  So  werden  —  unter 
regulären  Verhältnissen  —  Ueberschüsse  nur  dann  erzielt  worden 
sein,  wenn  in  Folge  guter  Ernte  der  allgemeine  Wohlstand  die  bei 
Abschluss  der  Pacht  erwartete  Höhe  übertraf. 

Der  Pächter  machte  aber  auch  schon  dann  ein  gutes  Geschäft, 
wenn  er  nur  die  bei  der  Pacht  übernommene  Summe  ablieferte,  denn 
in  diesem  Falle  erhielt  er  vom  Staat  bestimmte  Procente  als  Tan- 
tieme (o'jiwvLOv).  Im  Revenue-Papyrus  ist  zwar  in  dem  allgemeinen 
Abschnitt  (A)  ein  derartiger  Passus  zufällig  nicht  erhalten,  dafür 
aber  im  Pap.  Paris.  62  V  3:  Tolq  6'  dvaTrXr^ptoaouaiv  xa?  wvd^  5o- 
'8'Y]a£Tai  (34'wvia,  IdvTiep  exTrXvjpwawaLV  xal  xa^-saxazoTeg  xd  5:o{jlo- 
Aoyr^^evxa  ht.eyyuri\iO(.zoc,  xoö  7x  hy^.  Das  kann  nur  heisseu,  dass 
die  Pächter,  nachdem  sie  die  contractlich  festgesetzte  Summe 
voll  ausgezahlt  und  alle  Pachtbediugungen  erfüllt,  auch  die  ver- 
sprochenen Bürgschaften  gestellt  haben als  d^'wvtov  vom  Talent 
600  Drachmen 2),  also  10  Procent  erhalten  sollen.   Diese  Erklärung 


^)  Dieser  Zusatz  erscheint  hier  als  überflüssig.  Es  soll  wohl  nur  betont 
werden,  dass  eben  alle  Pachtbedingungen  erfüllt  sein  müssen.  Das  xal  xaO-sa- 
xy.y.özoc,  tritt  erklärend  zu  e>t'JtXYjpa)a(i)at,v.  —  Man  könnte  daran  erinnern,  dass 
in  Petr.  Pap.  (II)  XIV  (1  b — d)  in  den  Anweisungen  an  die  Bank,  den  s^siXy]- 
cpöxeg  ihren  Lohn  auszuzahlen,  hinzugefügt  wird:  st  S'.rjyy'jrjxaaiv. 

^)  Es  ist  bemerkenswert,  dass  hier,  avo  von  Naturalsteuern  die  Rede  ist 
—  vgl.  III  15  xwv  Ss  Tipöc,  yBvfiixocz'x.  —  Auszahlungen  in  Geld  in's  Auge 
gefasst  werden.  Auch  andere  Stellen  sprechen  dafür,  dass,  sobald  es  sich  um 
die  Abrechnung  der  Naturalsteuerpächter  handelt,  nicht  die  thatsächlich 
erfolgten  Lieferungen  in  natura,  sondern  die  entsprechenden  Geldsätze  in  Rechnung 
gezogen  werden.  Darum  heisst  es  vorher  IV  18:  6  bä  Xöyog  xf/g  TipogoSoi) 
Xp(x.<^rioBzixi  Tipög  -obc,  xsXwvag  Tcpög  xpocTis^av.  Vgl.  Rev.  Pap.  28,16:  xYjv 
x'.fxYjV  |iY)  ÖTioXoysixcDoav  (es  handelt  sich  um  die  in  natura  zu  liefernde  a.n6- 
jio'.pa  von  diiTisXwvsg) ;  34,8:  'jTToJ.oys'.aO-rjaexa'.  r]  xtfjifj  (dito).    Also  Gewinn 


§  1.    DIE  STEUERERHEBUNG  IN   DER  PTOLEMÄERZEIT. 


533 


des  dvaTiXyjpoöv  xag  (hvdq,  die  auch  Lumbroso  Rech.  S.  327  und 
Revillout  M^l.  S.  285  aufstellen,  ist  kürzlich  von  Mahaffy  und 
Grenfell  bestritten  worden  (Rev.  Pap.  S.  184).  Sie  meinen,  ,,0:  ava- 
TiXyjpoOvTS?  are  those  who  offer  to  fill  up  the  list  of  famiers  or 
undertake  to  ohtain  TeXtovat  and  eyyuoi''.  und  leugnen,  dass  die 
Pächter  ausser  dem  Ueberschuss  (lTrtY£vy][xa)  eine  Tantieme  erhalten 
hätten.  Vgl.  auch  Grenfell  S.  82  und  128.  Es  sollen  also  Prämien 
für  diejenigen  gezahlt  sein,  die  die  nötigen  Pächter  und  Bürgen 
herbeischleppten.  Diese  Erklärung  halte  ich  sprachlich  für  aus- 
geschlossen. Wie  kann  dvaTiXvjpoöv  zccc,  wvd^  heissen,  „die  Pächter- 
listen ausfüllen"?  Was  es  bedeutet,  zeigt  derselbe  Papyrus  II  11  ff. 
Da  stehen  sich  gegenüber  Idv  xt  d7c[oXc]7i(i)a[L,  „wenn  sie  ein  Deficit 
haben"  und  (13)  [edv  S']  dvaTCX[y]p(I)a:  xd?]  d)v[d^i),  „wenn  sie  aber 
die  Pachten  erfüllen",  d.  h.  „die  Pachtsumme  voll  auszahlen",  oder 
allgemein,  „die  Pachtbedingungen  voll  erfüllen".  Das  dvaTtXrjpouv 
xd^  a)vd^  ist  das  Gegenteil  von  „Deficit  machen".  Wir  werden 
also  daran  festhalten  dürfen,  dass  die  Pächter,  die  die  Pachtbedin- 
gungen erfüllten,  zum  Lohn  eine  Tantieme  von  lO^/o  erhielten.^) 
Diese  10  Procent  sollen  sie,  wie  der  Text  fortfährt,  „ausser  der  Pacht- 


oder Verlust  wurde  auch  den  Naturalsteuerpächtern  in  Geld  berechnet.  Dahin 
gehört  Avohl  auch,  wenn  in  Petr.  Pap.  (II)  XLVI  der  Bürge  für  den  Pächter 
der  d7tö|ioipa  von  d|j.7i£Xü)v£g  und  TiapdSstao'.  die  von  ihm  verbürgte  Summe  in 
Geld  anzugeben  weiss,  wiewohl  der  Pächter  teils  Geld,  teils  Wein  abzuliefern 
hatte.  Dass  die  vorliegende  Bürgschaft  nur  für  die  napdöeiaot,  gegolten  habe, 
widerspricht  dem  Wortlaut.  Ich  denke  eher,  dass  für  die  Bürgschaften 
auch  die  in  natura  zu  liefernden  Werte  in  Geld  umgerechnet  wurden.  Vgl. 
Kap.  VII. 

^)  So  ergänze  ich  statt  [xolg  S']  dva7iX[Y]pouau 

2)  Einen  Beweis  für  die  Richtigkeit  dieser  Deutung  finde  ich  auch  im 
Rev.  Pap.  34,  14:  edv  |iev  euiYSVYjfxa  7i[ept]'^(,,  [d7ii8taYp]dc{;a-c(0.  Zur  Ergänzung 
von  TiposS'.aYpa'jidxa)  ist  nach  Grenfell  kein  Platz.  Sicher  ist  aber,  dass  nicht 
blos  8iaYpa'4^dT(0  dasteht.  Folglich  wird  den  Pächtern  durch  die  königliche 
Bank  der  Ueberschuss  zu  etwas  anderem  hinzu  ausgezahlt.  Dieses 
andere  kann  aber  wohl  nur  das  öt|^ü)vt,ov  sein,  das  sie  für  die  Erfüllung  des 
Pachteontractes ,  gleichfalls  von  der  Bank,  erhielten.  —  Mit  den  im  Pap. 
Paris.  62  V  8  ff.  folgenden  Worten  zlc,  y^ip'x  8s  oO^svl  oOO-ev  8(baouotv  xxX  soll 
wohl  nur  gesagt  sein,  dass  die  genannten  Beamten  den  Pächtern  ihr  d'|icov'.ov 
nicht  in  die  Hand  geben,  und  diese  bei  Strafe  es  nicht  annelimen  sollton  — 
offenbar,  weil  die  Auszahlung  vielmehr  durch  die  königliche  Bank  zu  erfolgen 
hatte.    Es  sollten  damit  wohl  Durchstechereien  vermieden  werden. 


534 


VI.  KAPITEL. 


summe  hinzuzahlen",  Sollte  der  Staat  ungeschmälert  die  ganze 
Paehtsumme  behalten,  so  mussten  diese  10°/o  ausser  der  Pachtsumme 
erhohen  werden.  Hiermit  möchte  ich  die  bisher  unverständliche 
Bestimmung  erklären,  dass  die  Bürgen  nicht  nur  für  die  Pachtsumme, 
sondern  auch  für  lO^/o  ausserdem  bürgen  mussten.  Vgl.  Pap.  Paris. 
02  I  15:  Ta)]v  £7iL§[£xaTa)]v.  Das  wird  eben  dasselbe  sTtLSexaiov 
sein,  dass  im  Falle  der  Erfüllung  die  Pächter  zu  beanspruchen  hatten. 
Und  wenn  weiter  nach  Rev.  Pap.  34,  3  und  56,  15  im  III.  Jahrh. 
V.  Chr.  die  Bürgen  nicht  twv  iTTL^exaTWV,  sondern  nur  twv  e^SLXoaxöv 
zu  bürgen  hatten,  so  ist  vielleicht  der  Schluss  nicht  zu  kühn,  dass 
im  III.  Jahrh.  dem  entsprechend  auch  die  Pächter  nicht  sondern 
nur        als  Tantieme  erhielten. 

Mit  unserer  Erklärung  des  dvaTiXyjpoöv  zdc<;  wva^  fällt  aber 
auch  der  einzige  Beleg  dafür  fort,  dass  es  in  der  Ptolemäerzeit  — 
wie  MahafFy  und  Grenfell  annehmen  —  schwer  gehalten  habe,  Pächter 
zu  finden  (Rev.  Pap.  S.  114  und  185),  und  dass  man  nur  „iinder 
comjmkion''  Pachten  übernommen  habe.  Gelegentlich  mag  das  vor- 
gekommen sein,  namentlich  wenn  Revolutionen  die  öffentliche  AYohl- 
fahrt  störten,  wie  es  in  dem  oben  besprochenen  Louvretext  hervor- 
gehoben wird.  Aber  im  Allgemeinen  spricht  alles  dafür,  dass  unter 
dem  Schutze  der  ptolemäischen  Steuergesetze  die  Steuerpacht  ein 
gutes  Geschäft  war.  Freilich  stand  dem  STULYevrjjJia  und  dem  6'hCo- 
V'.ov  die  Gefahr  gegenüber,  im  Falle  der  Nichterfüllung  der  Pacht- 
bedingungen mit  dem  eigenen  Vermögen  herangezogen  ^u  werden.-) 
Doch  wurde  diese  Gefahr,  wie  wir  sogleich  sehen  werden,  dadurch 
verringert,  dass  man  sich  mit  Compagnons  zusammenthat.  Dass 
die  Steuerpacht  im  Allgemeinen  ein  lucratives  Geschäft  war,  zeigt 
wohl  ein  Blick  auf  unsere  Pächterlisten,  nach  denen  oft  eine  und 
dieselbe  Person  längere  Zeit  hinter  einander  die  Pacht  wiederholt 
hat.  Soll  man  etwa  annehmen,  dass  immer  wieder  dieselben 
Personen  zur  Pacht  gezwungen  wären?    Im  Durchschnitt  werden 


^)  "0  7ipo;5'.aypäd;oUG'>.v  s/.-ög  xyic,  syAr/jisto^.  Bei  Mahaflfy's  und  Grenfell's 
Deutung  bleibt  dieser  Satz  unerklärt.  AVer  soll  denn  hier  das  Subject  sein? 
Auch  Jene,  die  die  Listen  füllen? 

■2)  Vgl,  Rev.  Pap.  34,  17,  auch  Zoispap.  I  19:  |j,7^t£  xob  Atüpiwvo;  Siaypä- 
cpov-oj.  Nach  Pap.  Paris.  62  VIII  15  sollen  die  Pächter,  Avenn  sie  gegen  die 
vorher  genannten  Verordnungen  Verstössen,  unter  Bedeckung  an  den  Dioiketes 
geschickt,  und  ihre  Güter  confiscirt  werden. 


§  1.    DIE  STEUERERHEBUNG  IX   DER  PTOLEMÄERZEIT.  535 


die  ungünstigen  Ausfalle  gewiss  seltener  eingetreten  sein  als 
mindestens  die  Erfüllung  des  Pachtcontractes,  die  doch  schon  immer 
den  hübschen  Gewinnst  von  10 ^/o  brachte.  Waren  aber  besonders 
günstige  Ueberschwemmungsjahre,  so  konnten  die  ^7Z'.^^^Yr^\^7.zoc  sehr 
bedeutende  sein.  Die  Steuerpacht  war  also  im  Allgemeinen  gewiss 
kein  schlechtes  Geschäft.  Auch  auf  die  starke  Beteiligung  der 
Fremden  kann  in  diesem  Zusammenhange  hingewiesen  werden  (vgl. 
S.  523  f).  Es  liegt  aber  auch  ein  literarisches  Zeugnis  dafür  vor:  die 
ganze  Josephslegende  beruht  auf  der  Vorstellung,  dass  man  durch 
Steuerpacht  ein  reicher  Mann  werden  könne,  und  wenn  Josephus 
uns  den  Wettstreit  bei  der  Auction  vor  Augen  führt,  so  hat  er  damit 
gewiss,  wie  in  so  manchem  anderen  Detail  der  Legende,  einen 
historischen  Zug  wiedergegeben.  Von  dem  siegreichen  Joseph  wird 
nachher  ausdrücklich  gesagt:  auvayaywv  5s  TZoXXä  xpr^^iaTa  xal 
%ipör}  [XcYaXa  TLOLTjoa^  r/.  x-^;  (hvf^c,  twv  xeXwv  (§  184). Die 
Worte  des  Tiberius  Julius  Alexander,  auf  die  Grenfell  S.  114  hin- 
deutet, beweisen  nichts  für  die  Ptolemäerzeit. 

Der  Staat  konnte  oder  wollte  doch  die  Erhebung  der  Steuern 
nur  unter  der  Bedingung  an  Privatleute  abgeben,  dass  diese  auf 
alle  Fälle  ihm  die  ausgemachte  Pauschsumme  garantirten.  Da 
hierzu  grössere  Kapitalien  nötig  waren,  so  ergab  sich  wie  von  selbst, 
dass  die  Pachtlustigen  auch  andere  Kapitalisten  heranzogen  und  mit 
ihnen  zu  Vermögensgesellschaften  zusammentraten.  Erich  Ziebarth 
hat  soeben  in  einer  gründlichen  Untersuchung 2)  den  Nachweis  geführt, 
dass  solche  Pachtgesellschaften  nicht  nur  in  Athen  —  über  sie  hat 
schon  Boeckh,  Staatsh.  gehandelt  — ,  sondern  auch  in  manchen 
anderen  griechischen  Gemeinden  bestanden.  Auf  Delos,  auf  Kos,  in 
Kyzikos  und  im  fernen  Olbia,  überall  finden  wir  dieselbe  Insti- 
tution, und  mit  Recht  nennt  Ziebarth  die  Vergebung  der  Steuer- 
erhebung an  Pachtgesellschaften  „eine  gemeiugriechische  Rechtssitte". 
So  werden  wir  die  Pachtgesellschaften  im  Ptolemäerreich,  wie  oben 


^)  Auch  in  Athen  war  —  von  den  römischen  Publicanen  gar  nicht  zu 
sprechen  —  die  Steuerpacht  ein  lucratives  Geschäft.  Man  braucht  nur  Andoc. 
de  myst.  §  133  f.  zu  lesen.  —  Solche  Parallelen  beweisen  allerdings  nichts  für 
Aegypten.  Denn  es  hängt  in  erster  Reihe  von  den  Steuergesetzen  des  Landes 
ab,  ob  das  Geschäft  ein  gutes  ist  oder  nicht. 

Das  griechische  Vereinswesen.    Preisschrift  d.  Fürstl.  Jablonski'schen 
Gesellschaft  XXXIV  Leipz.  1896. 


536 


VI.  KAPITEL. 


schon  das  Pachtsystem  im  Ganzen,  zu  den  von  Ptolemaios  Soter 
nach  griechischem  Muster  eingeführten  Neuerungen  zu  zählen  haben. 

Unsere  Hauptquelle  für  diese  Gesellschaften  ist  jetzt  der 
Revenue -Papyrus,  auf  den  auch  schon  Ziebarth  hinweisen  konnte. 
War  auch  ursprünglich  die  Einzelj^acht  das  Gegebene  und  in 
älteren  Zeiten  vielleicht  auch  das  Ueblichere  gewesen,  so  ist  doch 
in  der  uns  beschäftigenden  Periode,  in  der  hellenistischen  Zeit,  die 
Vergebung  an  Gesellschaften  durchaus  das  herrschende  System. 
Ich  möchte  das  zwar  nicht  mit  Mahaffy  und  Grenfell  (Rev.  Pap.  S.  183) 
aus   den  Worten   des   Pap.  Paris.  62  I  9  folgern:   [xd^   5'  (I)va? 

dvajTiXYjpwaecv  ou^iva  uTcöXoyov  [  t6]  ßaacXc/wOv 

Tzocpeupeaei  Y|T(.v[l]oöv,  die  bedeuten  sollen:  „the  taxfarmers  were  to  fiU 
up  the  list  of  [X£TO)(OC,  not  passing  over  any  person  who  was  liahle 
(jJTZoXoyoc,)  to  he  called  upon  to  serve  as  xeXwvY^^."  Abgesehen  von  der 
unrichtigen  Vorstellung,  als  wenn  damals  irgend  jemand  verpflichtet 
gewesen  wäre,  eine  Steuerpacht  zu  übernehmen,  ist  diese  Deutung 
der  Worte  unmöglich.  Hier  soll  dvaTiXyjpoöv  xocc,  wvd^  das  Ausfüllen 
der  Gesellschafterlisten  bedeuten,  wie  oben  das  Ausfüllen  der  Pächter- 
listen, und  doch  kann  es  auch  hier  nur  wieder  das  Erfüllen  der 
Pachtbediugungen  bedeuten.  Wie  UT^oXoyov  zu  fassen  ist,  macht 
wegen  der  darauf  folgenden  Lücke  Schwierigkeiten. Aber  dass 
man  den  Begriff  liable  in  diesem  Zusammenhange  nicht  mit  uTioXoyoi; 
ausgedrückt  hätte,  scheint  mir  sicher. 

Eher  könnte  man  für  den  Zwang  zur  Bildung  von  Gesell- 
schaften auf  Rev.  Pap.  14,  15  f  verweisen:  ]y]  |JLY]  Tcap[a6£  oder  £?] 
^Yjxat  xoLv[(I)va;  .  .  .  .]o?  |jly]  SiSwatv,  d7iox£L[a]£'.  elq  xö  ßaaiXLXov 
[(iv]a?  X.  Die  Stelle  ist  aber  derartig  zerfetzt  und  mehrdeutig,  dass 
es  bedenklich  ist,  aus  ihr  allein  eine' so  wichtige  Folgerung  zu  ziehen. 
So  beschränke  ich  mich  darauf,  zu  constatiren,  dass  der  Revenue- 
Papyrus  im  Allgemeinen  die  Präsentirung  von  [iizoy^oi  als  etwas 
Selbstverständliches  betrachtet,  und  lasse  es  zur  Zeit  unentschieden. 


^)  Etwa:  ,,die  Pächter  sollen  die  Pachtbedingungen  erfüllen ,  indem  sie 
Niemanden  der  königlichen  Kasse  gegenüber  auf  Rechnung  setzen"  (oO^-sva 
uTCÖXoyov  no'.O'JiJLSvo'.  npdc,  iö  ßaa'.Xixöv?);  das  könnte  heissen,  sie  sollen  ein- 
treiben, und  nicht  Rückstände  auf  Rechnung  setzen.  Vgl.  Rev.  Pap.  75,  1:  jiYj 
bnoX[o'{Bix(}ioixv ,  dXX'  aJvacpspEXWaav  eni  tTjv  dTioSsSs'.yfjLSvrjV  xpäTxs^av.  Von 
oX  in  DTZoX  erkannte  ich  am  Original  noch  schwache  Spuren. 


§  1.     DIE  STEUERERHEBUNG  IX  DER   PTOLEMÄERZEIT.  537 


ob  damit  ein  thatsächliches  oder  ein  rechtliches  Verhältnis  zum 
Ausdruck  kommt. 

Pachtgesellschaften  konnten  in  zweierlei  Formen  eine  Pacht  über- 
nehmen. Entweder  pachtete  eine  Person  für  sich  allein  und  bildete 
dann  nachträglich  mit  anderen  eine  Gesellschaft,  oder  es  bildete  sich 
vorher  eine  Gesellschaft  und  beauftragte  Einen  aus  ihrer  Mitte,  als 
ihr  Stellvertreter  oder  Agent  den  Contract  mit  dem  Staat  zu 
schliessen.^)  Die  erstere  wohl  relativ  ältere  Art  der  Gesellschafts- 
bildung tritt  uns  z.  B.  bei  Andoc.  de  myst.  133  entgegen:  oi  ^idc 
TOÖTG  l|jioLY£  hoY.ouoi  auXXey^vai  Ixeiae,  l'v'  auxoi^  dfji'^OTspa  y; 
xal  [ifj  ÖTrepßaAXwa:  XaßeTv  apyjpLGV  v.al  oHyou  TtpaO-siaT]? 
[leTaay^eTv.  Diese  Personen  Hessen  sich  also  erst  Geld  von  Agyrrhios 
geben,  damit  sie  ihn  nicht  überböten,  und  nachdem  er  dann  die 
Pacht  ftir  einen  geringen  Preis  erhalten  hätte,  wurden  sie  seine 
[iizoyoi,  seine  Gesellschafter.  Der  Fortgang  der  Erzählung  zeigt 
uns,  dass,  wenn  einmal  auf  diesem  Wege  eine  Gesellschaft  zustande 
gekommen  war,  der  gemeinsame  geschäftliche  Erfolg  ihr  leicht  auch 
über  das  Pachtjahr  hinaus  Dauer  geben  und  so  eventuell  zum  Abschluss 
einer  neuen  Pacht  nach  der  zweiten  Methode  führen  konnte.  Nachdem 
nämlich  die  genannten  Socii  einen  reinen  Profit  von  mehreren  Ta- 
lenten gehabt  hatten 2),  merkten  sie,  dass  das  ein  gutes  Geschäft 
sei  und  auvsanr^aav  ttscvts;,  d.  h.  sie  traten  nun  alle  zu  einer  Ge- 
sellschaft zusammen,  nämlich  für  das  folgende  Geschäftsjahr,  und 
beabsichtigten,  die  Pacht  wieder  für  denselben  Preis  von  30  Talenten 
zu  gewinnen.  Da  trat  ihnen  Andokides  entgegen  und  erhielt  die 
Pacht  für  36  Talente.^)    Für  das  zweite  Jahr  hatte  sich  also  die 


^)  Vgl.  Dietrich,  die  rechtlichen  Grundlagen  der  Genossenschaften  der 
römischen  Staatspiichter,  Meissen  1889,  S.  18,  der  darauf  hinweist,  dass  die 
zweite  Art  namentlich  in  der  späteren  Entwickelung  des  römischen  Publicanen- 
Wesens  eine  Rolle  spielte.  Vgl,  Cagnat,  les  Impöts  indirects  S.  86.  Das  Buch 
von  F.  Kniep,  Societas  publicanorum  I  189G,  wurde  mir  erst  während  der 
Correctur  bekannt,  so  dass  ich  es  nicht  verwerten  konnte. 

^)  Die  Ueberlieferung  schwankt  zwischen  2  und  3  Talenten.  Boeckh's 
Vorschlag,  6  Talente  zu  lesen,  weil  Andokides  6  Talente  mehr  bietet,  halte  ich 
nicht  für  zutreffend.  Die  anderen  4  resp.  3  Talente  Profit  wird  der  Haupt- 
pächter AgA'rrhios  eingesteckt  haben. 

^1  Ich  halte  ecDvoyvio  für  Imperfectum  de  conafu.  Ziebarth  meint,  sie 
bekamen  den  Zuschlag,  und  Andokides  habe  sie  das  nächste  Mal  überboten.  Das 
scheint  mir  niclit  richtig.  Vgl.  auch  Boeckh,  Staatsh.  V  S.  38.5. 


538 


VI.  KAPITEL. 


Gesellschaft  schon  vor  der  Auction  gebildet.  Wer  für  sie  bieten 
sollte,  geht  aus  dem  vorliegenden  Text  nicht  hervor, 

Die  hier  aufgeworfene  Frage  wird  durch  die  Urkunden,  soweit 
ich  sehe,  für  Aegypten  nicht  beleuchtet.  Den  Gesellschaften,  die 
uns  hier  begegnen ,  kann  man  die  Art  ihrer  Entstehung  nicht  an- 
sehen. Auch  in  den  gesetzlichen  Bestimmungen  des  Kevenue-Papyrus 
und  des  Pap.  Paris.  62  ist  nichts,  was  diese  Frage  berührte.  Wir 
werden  wohl  annehmen  dürfen,  dass  auch  im  ptolemäischen  Aegypten 
beide  Formen  der  Gesellschaftsbildung  neben  einander  bestanden. 

Wichtiger  ist,  dass  uns  der  Revenue-Papyrus  die  volle  Sicher- 
heit giebt,  dass  der  Staat  das  Pachtgeschäft  nicht  mit  der 
Pachtgesellschaft,  sondern  lediglich  mit  dem  ocpy^üvr]q  ab- 
schlösse) —  wie  die  römische  Regierung  mit  dem  manceps.  In 
col.  34  wird  der  Hauptpächter  und  seine  Gesellschafter  dreimal 
hintereinander  mit  beabsichtigtem  Wechsel  bezeichnet.  Z.  11:  xov 
ffj'[opaz]6Ta  T[yjv  (I)]vf/V  zal  xobQ  fjtSTOxou?  auxoö.  Z.  13:  xov  xy^v 
wvfjV  [£Xo]vT[a  xal  tou?]  [itToy^ouQ.  Z.  15:  zG)i  ze  apxwvYjt  xal 
ToTg  1JL£[t]g[)(oc]?.  Daraus  ergiebt  sich,  dass  nur  der  Hauptpächter, 
der  dpya)vyj(;,  als  6  '^yopaxax;  bezeichnet  wird,  d.  h.  als  derjenige, 
welcher  gepachtet  hat,  während  die  Gesellschafter  als  seine  fjtexoxot, 
seine  Teilnehmer,  von  ihm  unterschieden  werden.  Dieselbe  klare 
Distinction  findet  sich  in  14,  12,  wo  ich  ergänzen  möchte:  bc,  5'  av 
Tüapa  T[a'jTa  7^  d]Yop[aar^O  7j  {jL£T[aBa)^]  v)  [xsiex^jL  Da  ist  der 
dyopaaa^  und  der  [lezoiZouq  der  Hauptpächter,  oder  wie  wir  jetzt 
schärfer  sagen  können,  der  Pächter^),  während  der  [ji£T£X.(i)V  den 

^)  Ich  vermute  Agyrrhios.  In  dem  Passus  aovsa-rjjav  Ttavxsg  xal  (asxa- 
Sövxc^  Torj  aXXo'.g  ewvouvxo  uocXtv  xpiäxovxa  xaXävxwv  sind  die  Worte  xoij 
aXXo'.g  unverständlich.  Wer  sollen  „die  Anderen"  sein?  Ziebarth's  Uebersetzung 
„sie  unterstützten  einander  mit  Geld"  ist  sprachlich  nicht  gerechtfertigt.  Bakius 
meinte  dasselbe,  als  er  aXXfp.OLC,  für  zolc,  oiXXo'.c,  vorschlug.  Aber  was  nützte 
es,  M-enn  sie  sich  unter  einander  halfen?  Dadurch  wurde  das  Kapital  der  Gesell- 
schaft ja  nicht  grösser.  Zumal  die  Gesellschafter,  die  jetzt  eben  so  hoch  bieten 
wie  im  vorigen  Jahre  mit  Agyrrhios  zusammen,  sein  Kapital  doch  kaum  missen 
konnten,  vermute  ich,  dass  xotg  SiXXoic,  corrumpirt  ist  aus  xw  'Ayoppco):  sie 
gaben  demnach  dem  Agyrrhios  Anteil  an  ihrer  Gesellschaft,  nahmen  ihn  auf. 
In  demselben  prägnanten  Sinne  steht  fisxaS'.Sövat  auch  im  Pap.  Paris.  62  VI  13: 
0  x£  jjLSxaSoüs  (s.  unten).  Vgl,  auch  Pvev.  Pap.  14,  12:  |a£x[a5ü)t,]. 

^)  Auch  von  Ziebarth  S.  26  richtig  hervorgehoben. 

^)  Der  Ausdruck  dpXcbvYjs  ist  also,  im  Gegensatz  zu  den  [izzo^oi  gedacht, 
nicht  correct,  denn  diese  sind  überhaupt  nicht  ü)V0'J|j.£V0'..  Eine  andere  Deutung 


§  1.     DIE  STEUERERHEBUNG  IX  DER  PTOLEMÄERZEIT. 


539 


Teilnehmer  bezeichnet.  Ich  bin  daher  der  Ansicht,  dass  sowohl  im 
Revenue -Papyrus  wie  sonst  der  -f^-^o^oiVM;,.  ol^^o^olgt.^^  7:pia{i£V0?, 
ly/waßcbv  oder  s^eiXrf^o)?^)  TYjV  wvi^y,  wohl  auch  der  r/wv,  oio'.xöv, 
7tpaY|JiaT£'j6|i£vo?  ty^v  wvtjv  überall  den  Pächter  ausschliesslich,  und 
nicht  auch  den  Gesellschafter  bezeichnet.  Ich  kann  daher  Grenfell 
nicht  beistimmen,  wenn  er  S.  97  sagt:  wliere  the  singidar  of  any  of 
these  expressions  is  used,  the  taxfarmer,  ichether  apy^y^ric,  or  [lizoyoqj 
is  generally  meant.^)  Nein,  der  \Lizoyoc  ist  genau  genommen  gar 
nicht  taxfarmer.'-^)  Auch  der  andere  Titel,  mit  dem  der  Gesell- 
schafter im  Revenue -Pap\Tus  erscheint,  6  zo'.vwv,  bezeichnet  ihn 
ebenso  wie  [xiTO/^oc  lediglich  als  Teilnehmer  an  der  Pacht. 

Wenn  wir  auf  Grund  dieser  Definition  in  den  r^'fopocvA'zzc,  u.  s.  w. 
lediglich  den  Pächter  erblicken,  so  ergiebt  sich  aus  dem  Revenue- 
Papyrus  wie  aus  dem  Pap.  Paris.  62,  dass  die  gesamraten  mit  der 
Steuererhebung  verbundenen  Geschäfte  ausschliesslich  dem  Pächter 
zufielen.  An  und  für  sich  konnte  es  ja  nahe  liegen,  ausser  dem 
sogleich  zu  behandelnden  Personal  auch  die  [LSToyoi  zu  der  Geschäfts- 
führung mit  heranzuziehen.  Vielleicht  liegt  dieser  Fall  vor  in  Rev. 
Pap.  10,  10,  doch  ist  der  Zusammenhang  hier  recht  unsicher.^) 
Nicht  entscheidend  ist  auch  der  von  MahaffH^,  Petr.  Pap.  Appendix 
S.  3  mitgeteilte  Text.  Ein  ec&cXyj^ü)?  t6  c^uXax'.Tixov,  also  ein 
„Pächter",  führt  erneute^)  Klage  gegen  <I>:Xa)Vog  toö  \Leziyovz6c, 

s.  unten.  Es  ist  daher  auch  richtiger  von  Pachtgesellsehaften,  nicht  von  Pächter- 
gesellschaften zu  reden. 

^)  'E7tXa|ißav£'.v  ist  ein  terminus  teclinicus  für  die  Uebernahme  einer  Pacht, 
Belege  vgl.  oben  S.  525  A.  1.  Wessely  (Gr.  Pap.  d.  Kais.  Samml.  Wiens  S.  16)  denkt 
irrig  an  das  „Einnehmen"  der  Steuer.  Dass  das  falsch  ist,  zeigt,  um  nur  ein 
Beispiel  zugeben,  Petr.  Pap.  (II)  XIV  (Ic):  £;='.Xr,cp&-:=3  SXxOaa'.  7:Xtvd-ou  xxX, 
wo  gar  nicht  Steuereinnehmen,  sondern  Ziegelstreichen  verpachtet  ist.  Auch 
Mahaffy  verkennt  den  Sinn,  wenn  er  Petr.  Pap.  (II)  XIII  (1)  5  xad-a  e^siXT^^auev 
übersetzt  „according  as  ive  have  received  [promüesj"  statt  gemäss  unserem 
Pachtcontract."  Darum  ist  auch  passim  lyÄrjy'.s  synonym  mit  f,  wvr^  =  Pacht. 
Mommsen  verweist  auf  Corp.  gloss.  2,291  Götz:  ixXy,}i'ji'.;  |iiaO-(i)a'.;  conductio. 

Vgl.  auch  S.  155/6.  Auch  Viereck,  Herl.  phil.  Wochenschr.  1896  S.  1648 
bezieht  7ipiap,£vos  xä^  wväg  auf  Pächter  und  Pachtgesellschaften. 

^)  Nach  dem  jetzt  vorliegenden  Material  kommt  es  erst  in  der  Kaiserzeit 
auf,  dass  auch  die  Teilnehmer  an  der  Pacht  (jasTOXO'.)  als  xsXcova:  im  weiteren 
Sinne  bezeichnet  werden.  S.  unten. 

*)  GrenfelPs   Ergänzung  von  Z.  11/12    halte   ich   für  sehr  bedenklicli. 

^)  Ich  vermute  Z.  4:  xal  7c[pöx6pov  n^]v  67cd5ö)xa  xxX. 


540 


VI.  KAPITEL. 


[Loi  TY]v  öi:  aveu  fjpiwv  xal  twv  [X£t'  'ApiatoxpiTou?  ^oysuiöv 

[7Tpo]^£V£T  Toug  uTTOTeXec?  ToO  q;uAa>t[tTL]zoö  £c;  TO  ibiov  xal  15 
IXaiTovoi;  (Grenfell)  auvx.wpigas:;;  TiOLelxac  xaiajBXaTiTWV  ty]v  wvt^v. 
Dieser  Philon  lud  also  hinter  dem  Kücken  des  Pächters  u.  s.  w.  die 
Steuerzahler  in  sein  Haus  und  machte  ihnen  Zugeständnisse  —  ver- 
mutlich gegen  persönliche  Vorteile.  Sieht  man  in  diesem  |jt£T£)(ü)V 
(xoc  TYjV  [itplba  (seil.  Se\ii<JZOu)  einen  (jl£T0)(05  in  obigem  Sinne,  so 
hat  sich  dieser  zwar  beteiligt  an  der  Geschäftsführung,  aber  diese 
Beteiligung  wird  als  eine  unerlaubte  Einmischung  Gegenstand  einer 
Klage.  Man  könnte  also  höchstens  aus  dem  Text  schliessen,  dass 
die  [iizoy^oi  sich  nur  nach  besonderer  Weisung  und  Erlaubnis  des 
Pächters  an  den  Geschäften  beteiligen  durften.  Aber  es  ist  mir  nicht 
ganz  sicher,  dass  dieser  |jt£T£)(a)v  [loc  TfjV  \itpib(X  der  [lizoy^oc,  ist. 
Es  könnte  wohl  auch  ein  zweiter  „Pächter"  sein  —  wie  wir  sogleich 
besprechen  werden  — ,  der  mit  ihm  zusammen  die  betreifende  Abgabe 
gepachtet  hatte  (=  [ji£t'  auxoO  £/^(jl)V  tt^v  wvt^v). 

Auch  die  zahlreichen  Bank-  und  Thesaurosquittungen  auf  Ostraka, 
in  denen  6  5£lva  xal  oi  [nizo'/^oi  als  Zahlende  genannt  werden 
(s.  unten),  beweisen  nichts  für  diese  Frage.  Denn  dass  der  Pächter 
und  die  gesammten  Gesellschafter  persönlich  die  einzelne  Zahlung 
efFectuirt  hätten,  wird  man  gewiss  nicht  annehmen  w^oUen.  Das  lässt 
sich  auch  direct  widerlegen  durch  Ostr.  319:  'ApLfxwvLO?  xal  oi 
[jl£(to)(Oi)  hioc  "Qpou  Toö  üa^wTOU.  Die  Zahlung  ist  also  erfolgt 
durch  Horos,  einen  Subalternbeamten  des  Pächters;  dennoch  wird 
als  Zahler  die  volle  Firma  aufgeführt. 

Auch  die  Fälle,  in  denen  die  Steuererhebung  eines  einzelnen 
Dorfes  erwähnt  wird  (Petr.  Pap.  XL  VI,  Rev.  Pap.  54,  12),  beweisen 
nichts.  Grenfell  (Rev.  Pap.  S.  89  und  155/6)  glaubt  zwar  hieraus 
schliessen  zu  sollen  —  und  Ziebarth  S.  26  stimmt  ihm  bei  — ,  dass 
die  Gesellschaft,  die  sich  den  ganzen  Gau  gepachtet  hatte,  dann  die 
einzelnen  Distrikte  zur  Erhebung  unter  sich  verteilt  hätte.  Ein 
Zeugnis  liegt  m.  W.  nicht  vor.  Ich  sehe  auch  nicht  ein,  weshalb 
nicht  die  Erhebung  einzelner  Dörfer  direct  an  Pächter  vergeben  sein 
sollte  (s.  oben  S.  520).  Höchstens  könnten  ausser  ihnen  noch  After- 
pächter in  Betracht  kommen  (s.  unten).  Jedenfalls  können  m.  E. 
die  beiden  vorliegenden  Fälle  nicht  auf  die  Mitwirkung  der  [Lizoyoi 
bezogen  werden,  denn  im  Petr.  Pap.  handelt  es  sich  um  einen  £E£LXyjcpa)^, 
im  Eev.  Pap.  um  jJt£|jLLa'9'(i)|JL£V0i.    In  beiden  Fällen  sind  also  nach 


§  1.    DIE  STEUERERHEBUNG   IN  DER  PTOLEMÄERZEIT.  541 


unserer  Auffassung  des  Sprachgebrauches  Pächter,  nicht  Gesellschafter 
gemeint. 

Ich  kenne  somit  zur  Zeit  keine  völlig  sicheren  Beweise  dafür, 
dass  die  [Lizoy  o:  sich  überhaupt  odet  gar  regelmässig  au  den  Geschäften 
der  Steuererhebung  beteiligt  hätten.  Sehr  möglich,  dass  neues  Material 
uns  eines  Tages  davon  überzeugt.  Aber  wenn  es  vorkam,  so  war 
es  doch  gewiss  eine  secundäre  Erscheinung,  und  es  bedurfte  wohl 
besonderer  Abmachung.  Von  Haus  aus  bilden  vielmehr  die  [iizoyoi 
mit  dem  Pächter  zusammen  lediglich  eine  Vermögensgenossenschaft, 
die  bez.weckt,  einmal  dem  Pächter  durch  Bereitstellung  ihres  Ver- 
mögens die  Uebernahme  grösserer  Pachten  zu  ermöglichen  und  ferner 
vor  allem  den  Gesellschaftern  die  Teilnahme  an  dem  Gewinn  des 
Pachtgeschäftes  zu  eröffnen.^)  Dass  die  Gewinnaussichten  damals  im 
Allgemeinen  für  den  Pächter  günstige  waren,  haben  ^vir  oben 
gezeigt.  Dasselbe  gilt  dem  entsprechend  auch  von  den  Aussichten 
der  Gesellschafter. 

Das  Geschäftsverhältnis  des  Pächters  zu  den  Teilnehmern  wurde 
contractlich  festgelegt.  Der  Revenue  -  Papyrus  nennt  einen  solchen 
Contract  nach  seinem  Inhalt  correct  eine  [xsToyT^  (34,  16;  vgl.  14,  10). 
In  diesem  Gesellschaftsveitrage  müssen  die  Rechte  und  Pflichten  der 
beiden  contrahirenden  Teile  genau  fixirt  gewesen  sein.  Vor  allem 
war  hierin  stipulirt,  in  welchem  Masse  der  einzelne  Gesellschafter 
Anteil  nahm  an  Gewinn  und  Verlust  des  Pachtgeschäftes.  In  Bezug 
auf  den  Gewinn  ist  hei-vorzuheben ,  dass  der  Staat  die  oben  nach- 
gewiesene Tantieme  von  10  ^/q,  zahlbar  im  Falle  der  Erfüllung  der 
Pachtbedinguugen,  wie  natürlich  nur  dem  Pächter  auszahlte.  "Wahr- 
scheinlich garantirte  in  dem  Gesellschaftsvertrage  der  Pächter  den 
Teilnehmern  einen  Anteil  daran.  Dagegen  erhielten  die  \iizoyoi 
ebenso  wie  die  Pächter  selbst  direct  vom  Staat  den  ihnen  zukommenden 
Anteil  an  dem  eventuellen  eniyhr^iLXj  dem  Ueberschuss.  Vgl. 
Rev.  Pap.  34,  14  ff*.:  der  Oikonomos  soll  im  Falle  eines  iTZ'j'{iYf][ix 
dem  Pächter  und  den  Gesellschaftern,  die  gleichfalls  persönlich  zur 
Abrechnung  erscheinen,  durch  die  Bank  auszahlen  lassen  t[6  toO] 


Ebenso  sagt  Cagnat  S.  86  von  den  römischen  socii:  „les  associes  qui  ne 
faUaient  que  fournir  les  fonds,  les  capüalistes  qui  pla^aient  leur  urgent  dans 
Ventreprise^^.  Nach  Dietrich  S.  21  hätten  sich  die  socii  auch  an  den  Erhebungs- 
arbeiten beteiligt. 


542 


VI.  KAPITEL. 


eTrcyevYifJtaTO?  exaaTWt  xaxd  xyjv  [A[£T]o[x.'rivi)  £7i]Lßa).Xov,  „das 
was  dem  Einzelnen  zukommt  vom  Ueberschuss  gemäss  dem  Gesell- 
schaftsvertrage." Diese  Worte  lassen  die  Frage  offen,  ob  der  Gesell- 
schafter mit  seinem  ganzen  Vermögen  oder  nur  mit  einem  bestimmten, 
von  ihm  fixirten  Teil  seines  Vermögens  an  der  Gesellschaft  beteiligt 
war.  Man  wird  sich  mit  Mommsen  wohl  für  die  erstere  Eventualität 
entscheiden. 

In  demselben  Verhältnis  wie  zum  Profit  wird  der  \iizGyGq  auch 
zum  eventuellen  Deficit  herangezogen.  Rev.  Pap.  34,  17  fährt  fort: 
Idv  6'  [bßbeioc  ysvYjxaL,  TipaaGstü)  iiapd  tou  apyjßvou  x[al]  twv 
[jL[£]TG7a)[v]  .  .  .  Tiap'  sxdaxo'j  t[g]  STT'.ßdXXov.  Auch  hier  ist  gemeint: 
TO  zaxd  TTjV  jJL£TO)(yjV  STCißdXXov.  Die  betreffenden  Anteile  sollen 
im  ersten  Viertel  des  Jahres  nach  der  Pacht  erhoben  werden.  Blieben 
der  Pächter  oder  einer  der  Gesellschafter  im  Falle  des  Deficits  dem 
Staate  schuldig,  so  haftete  nicht  der  betreffende  Einzelne,  sondern  die 
ganze  Gesellschaft.  Das  scheint  mir  der  Sinn  von  Pap.  Paris.  62  VI  14 
zu  sein:  eav  oi  Tiveq-)  -Jtpo^  zaq  iyXyj^s:^  69£[LX(oaLv] ,  f|  TZpöL^ic, 
ZGXOLi  sc  evo^  zal  ex  Tcdvxwv.   Anders  Grenfell  und  Ziebarth  S.  26. 

Für  die  Bildung  der  Gesellschaften  gab  es  besondere  Vorschriften 
und  Bedingungen,  wohl  namentlich  auch  betreffs  der  zuzulassenden 
Persönlichkeiten,  die  im  Rev.  Pap.  14  gestanden  haben,  aber  bei 
der  Zerstörung  der  Columne  nicht  mehr  verständlich  sind.  Der  Text 
fährt  dann  fort  (Z.  12):  „Wer  entgegen  diesen  Bestimmungen  pachtet 
oder  Anteil  an  der  Gesellschaft  giebt  ([i£T[a5ö)L])  oder  Anteil  nimmt, 
soll  30  Minen  Strafe  zahlen."  Darauf  folgt  nach  einem  oben  be- 
sprochenen dunkeln  Passus  die  Bestimmung,  dass  königliche  Beamte  — 
und  Sklaven  (?)  —  zur  Anteilnahme  an  Pachtgesellschaften  dis- 
qualificirt  sind  (15,  1:  [jlyjSe  xo[tVü)v]£LT(i)aav).  Die  Namen  der 
gewonnenen  Teilnehmer  wurden  darauf  —  ebenso  wie  die  der  Bürgen 
und  des  Erhebungspersonals  (darüber  später)  —  in  den  zwischen 
Staat  und  Pächter  abzuschliessenden  Pachtcontract  (wvT^)  eingeschrie- 
ben (vgl.  Rev.  Pap.  11,  17:  tü)v  [£YY]pa(^£VT[{jL>v  inl  ifii  wv^i]. 

^)  Mexoxv^^v  corrigirt  aus  lovigv.  Der  Schreiber  hatte  zuerst  an  das  Ver- 
hältnis des  dpxwvr^g  gedacht. 

Ueber  tlvs;  steht  von  anderer  Hand  0-stüv,  wohl  0£ü)v  zu  lesen  —  die 
Randbemerkung  eines  Lesers.  Unmittelbar  vorher  ist  vom  Pächter  und  von 
den  Gesellschaftern  gesprochen,  vom  |jL£-a5o'j;  und  |ji£TaXaßü)v.  Darauf  bezieht 
sich  Tivsg. 


§  1.    DIE  STEUERERHEBUNG  IN  DER  PTOLEMAERZEIT.  543 


ergänzt  nach  17,  13),  und  ausserdem  mussten  ihre  Namen  auch  in 
der  Personenliste  (ypacpVj)  aufgeführt  werden  (-axpcO-cV  y.al  Tzxzpicoz), 
die  der  Pächter  nach  Abschluss  seines  Pachtcontractes  dem  Oikonomos 
einzureichen  hatte  (Rev,  Pap.  11, 11  ff.).  Wenn  der  Oikonomos  hinter- 
her, nach  Entgegennahme  der  Liste,  noch  Jemanden  antraf,  der  sich 
irgend  wie  im  Interesse  einer  Pacht  bethätigte,  ohne  in  jene  ^(^OLzr^ 
eingetragen  zu  sein,  so  wurde  dieser  an  den  König  zur  Bestrafung 
deportirt.  Vgl.  Rev.  Pap.  12,  1 — 4:  ol  Ss  cczov6|Jio^  zal  6  avi:- 
Ypa^c'jc  eav  T:y[a]  Xaßwai  7rpaY[JLaT£ü6[i£VOV  xal  jirj  7rapa5cOO{ji£v[o]v 
£V  zfi'.  Ypa9'^['.,   d]v[aY£]':(i)aav  etil  tov  ßa[atX£a  7:p]6T£pov 

[  Tt]va  ut;'  a'JToO.    Nach  dem  Zusammenhang  ist  dabei 

auch  an  die  [liTO^o:  zu  denken. i)  Hiermit  berührt  sich  auf  das 
engste  Pap.  Paris.  62  VI  10  ff.:  ToTc  o'  av[aXaßoöa:]2)  xa?  wva; 
o'j['8']£lc  [i£^£E£i  7:Xyjv  twv  It:!  Tfj[^  7:paa£0)^  oder  wvf/^]  a'jvy.aia- 
Ypa^*/;aG[A£V(i)V.  'Eav  g£  7:apa  TaOxa  7:[o:'i^aa)a:v],  6  T£  [ji£TaGO'jg 
7.T.oxciati  £7i''Tt[xov  "7v  z  Tüal  6  [[JL£':a]Xaßa)v  Also  denjenigen, 

welche  die  Pacht  gewonnen  haben,  soll  sich  Niemand  anschliesseu 
dürfen,  der  nicht  in  den  Pachtcontract  mit  eingeschrieben  ist. 
Der  Pächter,  der  dieser  Bestimmung  entgegen  Eintritt  in  die  Gesell- 
schaft gewährt,  soll  20  Talente  zahlen,  und  ebensoviel  derjenige, 
der  entgegen  dieser  Bestimmung  in  dia  Gesellschaft  eintritt.  Das 
bedeutet,  dass  durch  Eintragung  der  Namen  der  Gesellschafter 
in  den  Pachtcontract  die  Gesellschaft  als  geschlossen  galt, 
so  dass  hinterher  niemand  mehr  zugelassen  werden  durfte. 
Diese  Vorschrift  ist  hier  speziell  für  den  Fall  gegeben,  dass  unter 
ganz  besonderen  Verhältnissen  eine  nochmalige  Versteigerung  der 
Pacht  nötig  wurde.  Ich  zweifle  aber  nicht,  dass  sie  auch  ebenso 
gut  auf  die  in  col.  III  12  vorgesehene  Wiederholung  der  Auction 

Das  7:paYp,ax£U&|ji£vov  auf  sie  bezogen  ist  kein  Beweis  für  ihre  Be- 
teiligung an  den  Erhebungsgeschäften.  Auch  die  e'(^'jr,-:y.i  sind  damit  gemeint, 
die  ganz  sicher  nicht  mit  erhoben.  In  Bezug  auf  die  |i=TOXO'.  wird  an  die 
Kapitalbeteiligung  zu  denken  sein. 

^)  Mit  dieser  Ergänzung  triflFt  Revillout,  Mel.  S.  2S6,  wie  mir  scheint,  das 
Richtige.  Das  dvaXafißavs'.v  (man  könnte  auch  ein  ctvsYXajxßävsiv  bilden,  doch 
kommt  auch  Xa}aßävc'.v  zolz  wvä;  vor)  steht  dem  e7:ava::'.7:paax£'.v  gegenüber.  — 
Grenfell's  Ergänzung  dv' a7:/.y,poÖ3'.]  giebt  keinen  guten  Sinn,  denn  wenn  die  Pächter 
ihre  Pachtbedingungen  erfüllt  haben,  wird  niemand  mehr  in  die  Gesellschaft 
eintreten  wollen,  da  das  Jahr  dann  abgelaufen  ist.  Auch  wenn  man  das  Wort 
in  seinem  Sinne  fasst  (s.  oben  S.  533),  bleibt  die  Stelle  unverständlich. 


544 


YI.  KAPITEL. 


in  Anwendung  kam,  ja,  dass  sie  überhaupt  eine  ganz  generelle 
Bestimmung  war,  die  auch  für  die  erste  Hauptverpachtung  galt. 
Dafür  spricht  die  aus  dem  Revenue -Papyrus  angezogene  Parallele. 

Durch  diese  Verfügungen  ist  wohl  zugleich  auf  das  Klarste 
erwiesen,  dass  der  Eintritt  in  die  Pachtgesellschaft  nicht  eine  er- 
zwungene Leistung  war,  sondern  im  Gegenteil  als  Quelle  guter 
Geschäfte  sehr  begehrt  wurde. 

Aus  dem  obigen  ergiebt  sich,  dass  die  Gesellschafter  nur  in 
einem  mittelbaren  Verhältnis  zur  Regierung  standen.  Contractlich 
war  ihr  Verhalten  nur  dem  Pächter  gegenüber  geregelt,  aber  der 
Pächter  wieder  hatte  seinen  Contract  mit  der  Regierung  geschlossen, 
und  in  diesem  Contract  waren  sie  als  seine  Gesellschafter  namhaft 
gemacht.  Ja,  er  wird  auch,  wie  aus  Rev.  Pap.  34,  16  hervorgeht,  den 
Gesellschaftsvertrag  der  Regierung  haben  mitteilen  müssen.  Vielleicht 
wurde  dieser  gar  wie  seine  Abmachungen  mit  den  Bürgen  auf  der  Bank 
deponirt.  Daher  konnte  die  Regierung,  auf  diesen  Gesellschaftsvertrag 
hin,  in  directen  geschäftlichen  Verkehr  mit  den  Gesellschaftern  ihres 
Pächters  treten,  wie  wir  oben  S.  541  gesehen  haben.  Die  Rücksicht- 
nahme auf  die  [ji£TO)(OL  ging  so  weit,  dass  der  Oikonomos  angehalten 
war,  auch  ihnen  eine  Abschrift  der  mit  den  Pächtern  vollzogenen 
Abrechnungen  (hi(xXoyiG\iOi)  einzuschicken.  Vgl.  Rev.  Pap.  17,  17: 
Twv  bh  hiocXoyianibv,  oO^  a[v  TUOLT^Jar/xaL  6  olyiovoliijoc,  npbq  T[o]ug 
Tag  (i)vag  ey^o'nocc,  Tiavxwv  dvicypa^a  £xaaTa)[L]  twv  zocva)v[a)]v 
7üapa)(p'^[jia  66tü)  xtX*.  Damit  war  den  Gesellschaftern  die  Sicherheit  ge- 
geben, dass  sie  nicht  etwa  von  ihrem  Pächter  über's  Ohr  gehauen  wurden. 

Wir  haben  bisher  die  gesetzlichen  Vorschriften  über  die  Gesell- 
schaften betrachtet.  Sehen  wir  nun,  was  die  Ostraka  aus  der  Praxis 
lehren.  Sie  zeigen  uns  zunächst  eines,  das  sich  weder  aus  dem  Revenue- 
Papyrus  noch  aus  dem  Pap.  Paris.  62  ersehen  liess,  nämlich  dass  auch 
noch  mehr  als  eine  Person  mit  der  Regierung  in  ein  Pachtverhältnis 
treten  konnte,  in  der  Weise,  dass  jeder  von  ihnen  „Pächter"  war,  nicht 
etwa  (xsTOXo?  im  obigen  Sinne.  Das  liegt  z.  B.  in  Ostr.  702  vor, 
wo  als  zahlende  Firma  genannt  wird:  Upolzoc,  zal  Kovwv  xal  ol 
[Lizoy^OL  Vgl.  dieselben  in  1341.  Hier  scheint  es  mir  zweifellos, 
dass  Kovwv  nicht  als  [iixoy^oq  —  etwa  als  erstes  Beispiel  derselben  — 
genannt  ist,  sondern  ebenso  wie  HpoTzoq  von  ihnen  unterschieden 
wird.  Hpolzoq  und  Kovwv  haben  also  zusammen  die  Steuer  gepachtet 
und  haben  ausserdem  sich  eine  Gesellschaft  gebildet.    Dass  das  auch 


§  1.    DIE  STEUERERHEBUNG  IX  DER  PTOLEMÄERZEIT.  545 


sonst  in  der  griecliischen  Welt  vorkam,  zeigt  eine  Inschrift  aus 
Kyzikos  aus  dem  I.  vorchristlichen  Jahrhundert  (Athen.  ^litt.  X 
1885  S.  205),  die  den  Bestand  einer  Pachtgesellschaft  angiebt.  Da 
stehen  hinter  dem  Titel  apywvr]^  zwei  Namen^),  ^y.OT.iocc,  öißpo'j 
und  'AyaO-apyo?  N[£ix:]o[u].  Darauf  folgen  —  abgesehen  von  den 
beiden  Buchftihrern  (?) :  ol  iizl  zou  )(py][iaTca[ioö  —  noch  elf  Personen, 
die  als  [lEToyoi  bezeichnet  sind.  Hier  haben  lixoniocq  und  'AYad-ap/o? 
offenbar  gemeinsam  gepachtet.  Der  Singular  apy  w^/yjg  weist  vielleicht 
darauf  hin,  dass  der  Erstgenannte  eine  leitende  Stellung  hatte. 
Vielleicht  hatte  er,  wenn  auch  zugleich  ftir  den  Anderen,  bei  der 
Auction  das  Angebot  gestellt.  Und  so  dürfte  der  Titel  apywvrjg, 
der  im  Gegensatz  zu  den  {ilioyo:  gedacht,  wie  wir  oben  sahen,  un- 
logisch ist,  ursprünglich  für  die  Stellung  des  ersten  Pächters  gegen- 
über dem  zweiten  Pächter  gebildet  sein. 

Sachlich  werden  sich  diese  Mitpächter  von  den  Gesellschaftern 
dadurch  unterschieden  haben,  dass  sie  sich  nicht  nur  mit  dem  Kapital 
beteiligten,  sondern  wie  der  dpycovY]^  selbst  an  dem  Erhebungsgeschäft 
beteiligt  waren. 

An  solche  gemeinsame  Pächter  —  nicht  an  [isToyoi  —  ist  auch 
zu  denken,  wenn  die  Ostraka  uns  mehr  als  einen  Namen  nach  ein- 
ander als  Erheber  nennen.  Vgl.  334:  IlaLWV  xal  'Aßi-^Xoc,  349: 
NLXoXao?  xa'.  BnrjpTag,  1228:  üaxpwv  xod  Eubioq  oi  'A/eEdcvSpoi, 
TOö  EEivupio?.  Diese  Beispiele  sind  Bank-  und  Thesaurosquittungen 
entnommen.  Aber  auch  in  ihren  eigenen  Quittungen,  die  die  Pächter 
den  Steuerzahlern  ausstellen,  erscheinen  gelegentlich  mehr  als  ein  Name. 
Vgl.  328:  SapaTTcwv  zal  Ecoxpaxyj^  xal  'Atio^^wvw^.  Auch  das  sind 
meines  Erachtens  drei  gemeinsame  Pächter,  nicht  [lexoyoL.  Ebenso 
in  1231,  1344,  1495,  1616.  Vgl.  auch  1029:  ^Qpog  Auxou  xal 
St  .  .  cpcXo'jg  oi  T.pbc,  zfii  (xeiapTTj:)  töv  aXtewv.  Das  sind  ganz 
sicher  beides  Pächter.  Andrerseits  werden  die  [i£TO)(OL  auch  in  diesen 
Pächterquittungen  ausdrücklich  als  solche  bezeichnet.  Vgl.  1258: 
'Ep(x.v.Xdor^c,  xal  oi  \iizoyoi  doeXcpot.^) 

Hierdurch  erklärt  sich  nun  auch,  weshalb  der  Revenue-Papyrus 
von  dem  Pächter  bald  im  Plural,  bald  im  Singular  spricht.  Man 

Nicht  einer,  wie  Ziebarth  S.  24  wohl  versehentlich  sagt. 

Hier  haben  die  Brüder  des  Pächters  eine  Gesellschaft  mit  ihm  begründet. 
Anders  in  1512  und  1520  (6  Setva  xal  oi  dSsXcfoC),  wo  die  Brüder  gemeinsam  mit 
einander  gepachtet  haben,  der  Kürze  wegen  aber  nur  einer  mit  Namen  genannt  wird. 
WiLCKEN,  Ostraka.  35 


546 


YI.  KAPITEL. 


muss  zwar  an  und  für  sich  der  Gesetzessprache  die  Freiheit  zugestehen, 
dass  sie  von  „den  Pächtern"  eben  so  gut  wie  von  „dem  Pächter" 
spricht.  Aber  diese  Nachlässigkeit  gegenüber  dem  Numerus  ist  doch 
noch  begreiflicher,  wenn  wir  weissen,  dass  auch  mehr  als  eine  Person 
die  Pacht  übernehmen  konnten.  Auf  alle  Fälle  ist  es  unrichtig, 
den  Plural  TüptafJievoc  im  Revenue-Papyrus  auf  die  [leioxoL  zu  beziehen, 
wie  z.  B.  auch  Ziebarth  S.  26  A.  1  thut.  Wenn  in  der  Steuerinschrift 
von  Kos  bald  von  6  7rpia[Ji£V0^ ,  bald  von  toI  7ipca[X£vo:  die  Rede 
ist,  so  ist  der  Plural  in  den  meisten  Fällen  auch  dadurch  gerecht- 
fertigt, dass  mehrere  Steuern  danach  genannt  werden.  In  den  Fällen, 
wo  nur  eine  darauf  folgt,  möchte  ich  nicht  daraus  schliessen,  dass 
diese  nun  gerade  „erfahrungsmässig",  wie  Ziebarth  meint,  von  mehreren 
übernommen  sei,  sondern  möchte  auch  hier,  da  es  sich  um  all- 
gemeine Vorschriften  handelt,  auf  den  Numerus  an  und  für  sich  kein 
Gewicht  legen;  keinesfalls  aber  darf  man,  wie  Ziebarth  S.  23  zu  thun 
scheint,  beim  Plural  an  die  [iizoyjoi  denken,  sondern  höchstens  an 
mehrere  gemeinsame  Pächter  wie  oben.^) 

Die  Ostraka  führen  uns  noch  einmal  auf  die  schon  oben  S.  536 
aufgeworfene  Frage  zurück,  ob  es  damals  noch  vorkam,  dass  Jemand 
ohne  Mithilfe  einer  Gesellschaft  eine  Pacht  übernahm.  Die  Ostraka 
scheinen  auf  den  ersten  Blick  diese  Frage  zu  bejahen,  denn  in  den 
Bank-  und  Thesaurosquittungen  werden  nur  selten  Mitpächter  (s.  obige 
Beispiele)  und   auch   nur  selten  [iizoy^oi  genannt^),   dagegen  tritt 


Dieser  Fall  liegt  vielleicht  auch  in  den  Zoispapyri  vor,  in  den  viel 
besprochenen  Worten  Z.  16:  AüJpiü)vos  xoO  [auJvsYXaßdvxos  aXXoig  xY/V  auTY]v 
syXr/sl^Lv.  Lumbroso,  Eech.  S.  323,  sieht  in  dem  Dorion  einen  iisioxos.  Das 
ist  irrig,  erstens  weil  man  iyX(x,\x^di^Biv  nicht  vom  iiizo^o^  sagt,  zweitens,  weil 
ein  {idxoxOsj  """ie  wir  sehen  werden,  keine  Bürgen  stellt.  Also  hat  Dorion  mit 
Anderen  zusammen  die  vixpiXT]  gepachtet.  Möglich  oder  wahrscheinlich,  dass 
sie  sich  Gesellschafter  hinzugezogen  haben,  aber  Dorion  ist  sicher  Pächter,  und 
wahrscheinlich  auch  die  aXXoi.  —  Vgl.  auch  Petr.  Pap.  (I)  XXVIII  (2)  10: 
EOSd^ou  xal  'Apiaxso'J  xal  öscovo^  xwv  sgetXTjcpöxwv.  Ebenso  werden  auch 
öffentliche  Arbeiten  an  mehrere  Personen  zusammen  verpachtet,  ohne  dass 
eine  fisxoX'ii  vorläge.  Vgl.  Petr.  Pap.  (II)  XIV  (1  c) ,  wo  7  Ziegelstreicher 
als  ol  sss'.Xr^cpdxsg  IXxuaa'«  %xX  neben  einander  aufgezählt  werden.  Vgl. 
auch  1  d. 

^)  Ausser  den  oben  erwähnten  Fällen  vgl.  319,  326,  704,  715,  718,  744, 
751,  1208,  1347,  1517.  Die  ol  afuv  auxw)  genannten  Genossen  in  1519  sind 
wohl  eher  [isxoxo'.  als  Mitpächter.    Doch  ist  es  fraglich. 


§  1.    DIE  STEUERERHEBUNG  IX  DER  PTOLEMÄERZEIT.  547 


meistens  der  Pächter  allein  auf.^)  Es  lässt  sich  aber  nachweisen, 
dass  diese  allein  genannten  Pächter  nicht  notwendig  auch  factisch 
allein  die  Pacht  übernommen  haben  müssen.  In  1522  wird  Bir^piötc, 
als  Pächter  der  Fischereisteuer  für  das  J.  130/29  v.  Chr.  allein  genannt, 
während  in  349  für  dasselbe  Jahr  XixoXaoc  xal  Bir^p-a;  als  Pächter 
dieser  Steuer  erscheinen.  Folglich  hat  der  quittirende  Bankbeamte 
in  1522  aus  Bequemlichkeit  nur  den  wirklich  zahlenden  Pächter, 
nicht  die  Firma  genannt.  Ebenso  nennt  1517  üopziq  xal  oi  {xlio/oc, 
dagegen  345  für  dasselbe  Jahr  nur  UcpT:;.-)  Daraus  ergiebt  sich, 
dass  auch  in  jenen  zahlreichen  Fällen,  wo  nur  ein  Pächter  genannt 
ist,  die  Möglichkeit  besteht,  dass  Mitpächter  oder  Gesellschafter  resp. 
Beides  der  Kürze  wegen  ausgelassen  sind.  So  beweisen  auch  die 
Ostraka  nichts  für  den  facultativen  oder  obligatorischen  Charakter 
der  Gesellschaftsbildung. 

Abgesehen  von  der  Gewinnung  von  Mitpächtern  oder  Gesell- 
schaftern gab  es  auch  noch  eine  andere  Art,  die  Pachtgeschäfte  zu 
erleichtern,  nämlich  durch  Afterj^acht.  Vgl.  Pap.  Paris.  62  III  17: 

[0LXGVG{jL0'j]  xal  TG'j  paaLAiXGö  YpafiiiaTSWc.  Lumbroso  Rech.  S.  324 
hat  mit  Recht  die  Ä7:o7tpa[iaTa  als  Afterpacht  erklärt.  Der  Steuer- 
pächter konnte  also  —  ebenso  wie  das  auch  die  anderen  Staatspächter 
durften 3 j  —  die  Pacht  unter  Beihilfe  und  Controle  des  Oikonomos 
und  des  königlichen  Schreibers  weiterverpachten,  üeber  die  auch 
von  den  Afterpächtern  zu  stellenden  Bürgen  vgl.  unten  S.  555. 

Wir  wenden  uns  nunmehr  zu  den  Bürgen  (e^yuG:,  ^(^prizai). 
Mussten  Avir  die  Frage  offen  lassen,  ob  rechtlich  die  Bildung 
einer  Gesellschaft  erforderlich  war  oder  nicht,  so  ist  diese  Frage 
gegenüber  der  Bürgschaft  über  allen  Zweifel  erhaben:  die  Stellung 

^)  Vgl.  1,  295,  305—317,  321,  322,  324,  325,  329—332,  335,  337,  339, 
340,  342,  344—347,  350—355,  701,  703,  705—710,  712,  713,  717,  720—722, 
724—738,  740—743,  745—750,  752—754,  756,  1227,  1232,  1234,  1235,  1253, 
1255,  1257,  1311—1313,  1315,  1337,  1338,  1342,  1343,  1345,  1346, 
1348—1352,  1354—1357,  1489,  1491—1494,  1496—1501,  1503—1509,  1511, 
1513—1516,  1518,  1521,  1522,  1524,  1526,  1527,  1529,  1531—1534,  1537, 
1608,  1624. 

^)  Kdvwv  Aibpo'J  iu  1343,  verglichen  mit  702  und  1341  ist  nicht  voll 
beweisend,  da  es  sich  um  verschiedene  Jahre  handelt. 

^)  Vgl.  z.  B.  P.  Grenf.  (II)  LVII,  wo  ein  oOo'.axc;  jjl'.jO-wtt,;  weiter  ver- 
pachtet. 

35* 


548 


VI.  KAPITEL. 


von  Bürgen  von  Seiten  des  Pächters  war  geradezu  die  condido  sine 
qua  non  für  das  Zustandekommen  des  Pachtcontractes.  Dass  auch 
die  [lexoxot  hätten  Bürgen  stellen  müssen,  wie  Lumbroso  Pech. 
S.  324  glaubt,  wird  nirgends  bezeugt,  denn  unter  den  teXt]  Xa|JL- 
ßavovTE^  im  Pap.  Paris.  62  I  13  und  den  Tipiaptsvoc  im  Rev.  Pap. 
34, 2  und  56,  14  verstehen  wir  wie  oben  nur  die  Pächter.  Dass 
die  Regierung  von  den  (jl£TO)(ol  keine  Bürgen  verlangte,  versteht 
sich  eigentlich  von  selbst,  da  diese  ja  nur  dem  Pächter  gegenüber 
contractlich  verpflichtet  sind.^)  Möglich,  dass  sie  privatim  dem 
Pächter  Bürgen  stellten.-) 

Der  Revenue-Papyrus  schreibt  sowohl  für  die  Apomoira  wie 
für  das  Oelmonopol  vor,  dass  die  Pächter  innerhalb  30  Tagen  nach 
dem  Zuschlag  die  Bürgen  zu  stellen  haben  (eyyuou^  xa^caxavat).^) 
Dasselbe  sagt  Pap.  Paris.  62  I  13 — II  1  ganz  generell,  und  zwar 
sollen  hiernach  die  Bürgschaften  dem  ol7.Qv6\}.oz,  und  dem  ßaaiXixö? 
YpaptfiaTEug  gestellt  werden.'^)  Derselbe  Text  bestimmt  ferner,  dass, 
wenn  die  Bürgschaften  nicht  bis  zu  dem  vorgeschriebenen  Termin 
gestellt  sind,  der  Zuschlag  ungültig  ist  und  eine  nochmalige  Ver- 
steigerung vorzunehmen  ist.    Vgl.  III  1 1 :  'Eav  oi  tlv£?  töv  xaxa- 

ETcavaTipa^T^aovxaL  auxwv  cd  wvat.  Vgl.  VI  8  ff.  Schärfer  kann  der 
obligatorische  Charakter  der  Bürgschaft  nicht  formulirt  werden. 

Wenn  man  die  Bürgen  auch  erst  binnen  30  Tagen  nach  dem 
Zuschlag  vorzuführen  hatte,  so  kam  es  doch  vor,  dass  man  auch 
schon  bei  der  Auction  eventuell  auf  Anfrage  solche  in  Aussicht  stellen 
musste.  Dafür  spricht  die  Erzählung  bei  Joseph,  ant.  XII  §  177, 
die  durch  Plut.  Alcib.  5  in  dieser  Grundfrage  bestätigt  wird.  Dass 

^)  Auch  von  den  römischen  praedes  sagt  Polyb.  VI  17,  4:  ol  S'  eYY"<jövxa'. 
xo'jg  Yjyopay.öxa^,  und  auch  er  unterscheidet  die,  welche  dyopa^ouai,  und  die, 
welche  vcoivcovouau  Also  kennt  auch  er  nur  die  Bürgschaft  für  die  Pächter, 
nicht  für  die  Gesellschafter. 

Wenn  zwei  Pächter  eine  Pacht  übernahmen,  wird  jeder  seine  eigenen 
Bürgen  gestellt  haben.  Oder  sollte  der  äpxwvr^g  dies  allein  übernommen  haben? 

^)  Rev.  Pap.  34,  2flf.;  56,  14.  Dass  an  letzterer  Stelle  die  Zeitbestimmung 
fehlt,  gehört  zu  den  zahlreichen  Liederlichkeiten  des  Textes. 

Letzteres  bestätigt  der  Louvretext  bei  Revillout,  M61.  S.  302,27: 
Xyjcp^Evxtov  T(5v  y.aO-Yjxövxcov  S'.eyYur^iJLocxcov  x[a]uxYji;  xs  xai  xwv  äXXwv  wvwv, 
xa^ocTCsp  %al  5','  Ixspwv  qqi  Ysypoccpafisv.  Dazu  ermahnt  hier  der  ßaaiXixös 
YpafjLfiaxsug  den  olxo'^6\ioc,. 


§  1.    DIE  STEUERERHEBUNG  IN  DER  PTOLEMÄERZEIT.  549 


der  schlaue  Joseph  den  König  und  die  Königin  selbst  als  Bürgen 
proclamirt,  ist  eine  würdige  Parallele  zu  der  Erzählung,  dass  der  König 
ihn  in  seinen  Wagen  eingeladen  habe.  Letztere  hält  zwar  Mahaffy 
(Empire  S.  219)  für  credible,  sie  ist  aber  doch  nur  über  den  alten 
Leisten  von  Genesis  41,  43  geschlagen.  —  Der  Oikonomos  und  der 
königliche  Schreiber  hatten  darauf  die  Bürgschaften  auf  ihre  Sicher- 
heit und  ihren  Wert  hin  zu  prüfen  (iT^iaxl'j/aa-ö-a'.).  War  alles  in 
Ordnung,  so  acceptirten  sie  sie  (Xajjißaveiv)  und  bestätigten  die 
Richtigkeit  durch  Unterschrift  des  zwischen  dem  Pächter  und  den 
Bürgen  vereinbarten  Contractes.  So  fasse  und  ergänze  ich  Pap. 
Paris.  62  II  9:  xal  twv  £'.[X]yj96[T(jL)v]  xa  ScsyT^'^H'^'^^  [6710]- 
Ypa^a^  ÖTi  lTü£ax£|Ji{Ji£v[a]i)  £ialv  xa[c]  £:aLV  a^[La  .  .  .  .JO-odc. 

Erfolgte  die  Bürgenstellung  ohne  die  Controle  der  genannten 
Beamten,  so  war  sie  ungenügend,  und  es  mussten  neue  Bürgen  gestellt 
werden.  Die  einmal  verbürgten  Güter  aber  hafteten  weiter  für  die 
betreffende  Steuer.  Vgl.  Pap.  Paris.  62  III  3:  lav  hk  T'.V£g  av£i)  Vf\c, 
Tö)V  7i:poY£Tpa(x|ji£V(i)v  Yvw[ir](;  Sceyyu'i^aiöaLV,  xa  Xyj^-ö'EVTa  Ö7rap^£: 
tlc,  Ty]V  lyXr^iJ^'.v  xai  avayy.aa-ö-yjaETac  Tzpo^hiz'^^udL'^  xoö  TrapoixoXoyrj- 

Zur  Uebernahme  der  Bürgschaft  war  Jeder,  der  die  nötigen 
Garantien  bot,  befähigt;  nur  die  königlichen  Beamten  waren  auch 
hiervon  ausgeschlossen.  Vgl.  Rev.  Pap.  15,  2  ff. 

Strittig  ist,  für  welchen  Betrag  der  Pächter  Bürgen  zu  stellen 
hatte.  Lumbroso  Rech.  S.  325  meint,  die  Bürgen  hätten  nur  für 
den  Teil  der  Pachtsumme  gutgestanden,  für  welchen  das  eigene  Ver- 
mögen des  Pächters  nicht  ausreichte  (pour  le  reste).  Hiergegen 
sprechen  die  oben  citirten  Worte  des  Rev.  Pap.  34,  2  und  56,  14, 
auch  Pap.  Paris.  62  I  15,  wonach  die  Pächter  vielmehr  Bürgen  zu 
stellen  hatten  xwv  £^£L7.oaTwv  (HI.  Jahrh.)^),  resp.  xöv  £7:L5£xaTtov 
(II.  Jahrb.),  also  nicht  nur  für  den  gesammten  Betrag  der  Pacht- 
summe^),  sondern  gar  noch  für  ^^^P-  A  ausserdem.  Zu  welchem 
Zwecke  dieser  letztere  Bruchteil  noch  extra  erhoben  wurde,  ist  oben 


So  auch  Revillout. 

^)  Das  irj,]biy.oc~0'^  im  Rev.  Pap.  9,  -3  steht  damit  nicht  in  Widerspruch. 
Das  bezieht  sich  notwendig  auf  Anderes. 

•"^i  Das  eTitSsxaxov  bedeutet  das  Ganze  und  dazu.  Entsprechend  das 
scpstxoaxöv. 


550 


VI.  KAPITEL. 


S.  534  gezeigt  worden,  Dass  im  Ernstfalle  die  Regierung  sich 
zunächst  an  den  Pächter  und  dann  an  die  Bürgen  hielt,  diese  also 
pour  le  reste  herangezogen  wurden,  mag  im  Allgemeinen  richtig  sein. 
Aber  bürgen  mussten  sie  doch  für  das  Ganze. 

Diese  Thatsache  spricht  a  priori  dafür,  dass  der  Pächter,  nament- 
lich wenn  es  sich  um  grössere  Pachten  handelte,  mehr  als  einen 
Bürgen  gestellt  haben  wird.  Allerdings  steht  einmal  (Rev.  Pap.  19,  3) 
Tiap'  auTWv  (seil,  den  Pächtern)  tou  iylyu'jou.  Ich  möchte  daraus 
aber  nicht  mit  Grenfell  S.  89  schliessen,  dass  jeder  Pächter  nur  einen 
Bürgen  gehabt  habe.  Wollte  man  den  Singular  pressen,  so  würde 
ja  sogar  herauskommen,  dass  alle  Pächter  zusammen  nur  einen 
Bürgen  gehabt  hätten.  Der  Singular  steht  also  in  genereller  Be- 
deutung, wie  so  oft  in  derselben  Urkunde  bei  6  dyopaaa^  u.  ä. 
Das  beständige  Wechseln  zwischen  Plural  und  Singular  spricht  nur 
für  die  schlechte  Stilisirung  der  Urkunde.  Dass  wirklich  mehrere 
Bürgen  zugelassen,  ja  sogar  vorausgesetzt  waren,  dafür  spricht  Rev. 
Pap.  11,  15:  Toö  ap)(a)]voi)  t6  ovojjia  xal  tJöv  lyyuyjTWV,  denn  hier 
ist  von  der  Einzelliste  des  einzelnen  ap)(wvy]?  die  Rede.  Vgl.  auch 
Demosth.  c.  Timocr.  39  (p.  712,  27),  wo  es  innerhalb  eines  Gesetzes 
heisst:  tw  hh  xaTaaTY]aavi:  zobc,  lyyuyjTag. 

Die  Summe,  für  die  der  Einzelne  die  Bürgschaft  übernahm, 
wurde  in  dem  mit  dem  Pächter  vereinbarten  Contract  genau  fixirt. 
Waren  mehrere  Bürgen,  so  übernahm  wohl  jeder  einen  Teil  der 
Gesammtsumme.  Gerade  durch  diese  Repartirung  unter 
mehrere  wurde  es  auch  den  kleineren  Kapitalisten  ermög- 
licht, sich  an  den  Pachtgeschäften  als  Bürgen  zu  beteiligen. 
Uns  ist  eine  Bürgschaftsurkunde  (sYyuyj,  formell  au{xßoXov)  aus  dem 
2.  Jahre  des  Epiphanes  erhalten  (Petr.  Pap.  II  XL  VI).  Man  hat 
bisher  angenommen 2),  dass  der  Bürge  sich  hier  für  die  Gesammt- 
summe verbürge,  für  die  der  Pächter  die  Pacht  übernommen  habe. 
Die  Möglichkeit  ist  zuzugeben,  aber  der  Wortlaut  besagt  nur,  dass 
der  Bürge  für  den  Pächter  die  Bürgschaft  übernehme  für  2  Talente. 
Ich  halte  es  für  wahrscheinlich,  dass  die  Pachtsumme  eine  sehr  viel 

^)  Darum  kann  ich  Grenfell  S.  86  nicht  zustimmen,  wenn  er  zur  Erklärung 
des  rätselhaften  OLbisyyuov  jispog  x'^;  wvtjs  17,  3  meint,  dass  das  Deficit  so 
gross  sein  konnte,  dass  die  Bürgschaft  nicht  ausreichte,  es  zu  decken.  Nach 
den  Gesetzes  Vorschriften  ging  das  jedenfalls  nicht. 

2)  Grenfell,  Rev.  Pap.  S.  113;  auch  ich  noch  in  Gött.  GA  1895  S.  162. 


§  1.     DIE  STEUERERHEBUNG  IX  DER  PTOLEMÄERZEIT.  551 


grössere  gewesen,  und  der  vorliegende  Bürge  eben  nur  für  die  2  Talente 
haftet.  Darum  verbinde  ich  die  Geldangaben  in  (b)  3  ff.  nicht  mit 
l^eiAr^tfCTOC,  was   an   und  für  sich  möglich   wäre,    sondern  mit 

Ebenso  liegt  es  in  dem  zweiten  Beispiel,  das  wir  haben,  den 
Zoispapyri.  Wie  schon  oben  S.  265  bemerkt  wurde,  ist  TTpo?  y^aXxoO 
O'j  Ä/vAacyr^  lsc  5'  (Z.  17  f.)  nicht  mit  (TJVcYAaSdvxoc.  sondern  mit 
SsBoa^a:  sv  Z:By^('jri\iOLV.  zu  verbinden.  Auch  hier  kann  die  Pacht- 
summe des  Dorion  eine  viel  grössere  gewesen  sein.  Sicher  ist  nur, 
dass  Thanubis  speziell  für  die  genannte  Summe  die  Bürgschaft 
übernommen  hatte.  Damit  erledigen  sich  die  Betrachtungen  Gren- 
fell's  S.  113 ff.  (Rev.  Pap.),  die  ihn  nebst  anderen  Punkten  zu  der 
Auffassung  fuhren,  dass  die  Bürgschaft  für  einen  Steuerpächter 
mud  have  been  an  extremely  burdensome  /.eiTovoyiu,  and  it  is  surprising 
that  any  one  could  have  been  found  to  undertake  the  duty  except  under 
compulsion.  Diese  Vorstellung  ist  meines  Erachtens  für  den  Bürgen 
ebenso  wenig  zutreffend  wie  für  den  Pächter  und  Gesellschafter 
(s.  obenj.  Nichts  spricht  dafür,  dass  die  Bürgschaft  zu  den  ASiTOUp- 
yia:  gehörte.  Sie  war  vielmehr  ein  rein  privates  Geschäftsunternehmen, 
ebenso  gut  wie  die  Teilnahme  an  einer  Pachtgesellschaft. 

Dass  sich  Leute  für  ein  solches  Geschäft  fanden,  wäre  aller- 
dings unglaublich,  wenn  wir  wh'klich  annehmen  müssten,  dass 
die  Bürgen  nicht  auch  irgend  welchen  Anteil  am  Profit  gehabt  hätten, 
sondern  nur  am  Verlust.  Der  Hauptzweck  der  Bürgschaft  war  ja 
allerdings,  dass  der  Bürge  einzutreten  hatte  im  Falle  des  Deficits. 
Das  schliesst  aber  nicht  aus,  dass  im  Falle  der  Erfüllung  der  Pacht 
ihnen  irgend  welche  Emolumente  zugewiesen  w^urden.  Auch  für  die 
athenischen  Bürgen  nimmt  man  einen  Gewinnanteil  an;  Beweise 
scheinen  allerdings  nicht  vorzuliegen. 

Betrachten  wir  zunächst  die  Deckung  des  Deficits.  Im  Rev. 
Pap.  34,  19  heisst  es:  „Wenn  ein  Deficit  ist,  soll  der  Oikonomos 

Boeckh,  Staatshaush.  I'  S.  407:  „vermutlich  gehörten  sie  häufig  zu  den 
Teilnehmern  am  Gewinn".  Noch  allgemeiner  GUbert  S.  395.  Boeckh  scheint 
daran  zu  denken,  dass  die  Bürgen  in  die  Pachtgesellschaft  eintraten  und  dadurch 
sich  einen  Gewinn  zu  sichern  suchten.  Dasselbe  wird  für  die  römischen  praedes 
angenommen  (Dietrich  S.  19).  Mir  erscheint  es  sehr  auffällig,  dass  der  Staat 
darauf  eingegangen  sein  sollte,  ein  und  dasselbe  Vermögen  zweimal  als  Sicherheit 
anzunehmen,  denn  auch  die  jii-cxov  wurden,  wie  wir  sahen,  zur  Deckung  des 
Deficits  herangezogen. 


552 


VI.  KAPITEL. 


es  eintreiben  von  den  Pächtern  und  den  Gesellschaftern  und  den 
Bürgen,  von  einem  Jeden  den  auf  ihn  entfallenden  Betrag"  (t6 
STiLßaXXov).  Dies  steht  in  dem  Abschnitt  über  die  Apomoira. 
Danach  ist  die  alleinige  Nennung  der  Bürgen  in  dem  allgemeinen 
Teil  17,  13  auffällig.  Ich  bemerke  aber,  dass  die  Ergänzung 
£[YYU(i)v]  twv  £yY£Ypapi[X£VO)V  snl  zrii  wv^c  nicht  notwendig  ist. 
Ich  erwarte  eher  einen  allgemeinen  Ausdruck  für  Alle,  die  haften, 
etwa  £[v6xo)v].  —  Die  Zoispapyri  und  Petr.  Pap.  (II)  XL  VI  zeigen 
uns,  wie  im  Falle  eines  Deficits,  wenn  der  Pächter  nicht  zahlungs- 
fähig war,  und  auch  der  Bürge  kein  baares  Geld  hatte  (|jiy)t£  tou 
A(i)pLü)vo?  ScaypacpovTO?  [jly]T£  xy]?  ©avoußco^  6Tro|i£voua'yi^  hiop^-oua- 
•8-at),  die  verpfändeten  Grundstücke  confiscirt  und  zur  königlichen 
Domäne  geschlagen  wurden.  Sie  werden  dann  wie  jedes  andere 
Domanialgut  nutzbar  gemacht,  d.  h.  verpachtet^)  oder  auch  ver- 
i:auft.2) 

Auf  die  von  mir  vermuteten  Emolumente  der  Bürgen  glaube 
ich  in  einem  zerfetzten  Passus  des  Pap.  Paris.  62  einen  Hinweis  zu 
finden.  Nachdem  die  Hauptbestimmungen  des  Bürgschaftsvertrages 
aufgezählt  sind,  heisst  es  II  11:  (hc,  £av  xi  aTc[oX'']7r(oa[L  .  .  .  .]  x  .  .  v] 

xa-ö'yj7wOV  t[  ]ü)acv  [.  .  .  d7:o]T£caov[.  .  .]  [lav  5']  dva- 

7rX[yjpö)aLV  xd^]  (i)v[d(;?  ].    Ob  Z.  14  noch  dazu 

gehört,  ist  schwer  zu  sagen.  Hier  waren  die  Pflichten  und  die 
Rechte  der  Bürgen  normirt.  Der  Text  spricht  aber  nicht  nur  von 
der  Möglichkeit  des  Deficits,  sondern  auch  von  dem  Falle,  dass 
die  Pachtsumme  in  ihrem  vollen  Betrage  eingehe.  In  letzterem 
Falle  wird  den  Bürgen  irgend  welcher  materieller  Vorteil  in 
Aussicht  gestellt  sein  —  etwa  ein  Anteil  an  jenen  zehnprocentigen 
d(J;ü)Via,  für  die  sie  ja  gleichfalls  gebürgt  hatten  (s.  oben).^)  Hier- 
mit steht  durchaus  im  Einklang,  dass  die  eyyuoi  nach  Rev.  Pap. 
34,  15  keinen  Anteil  an  den  iTTLyEVYjjJLaTa,  den  Ueberschüssen  hatten, 


So  in  den  Zoispapyri.    S,  oben  S.  525  An.  2. 

^)  In  Petr.  Pap.  XLVI  ist  kein  Hinweis  auf  eine  Ueberlassung  auf  Zeit. 
Hier  scheint  Verkauf  vorzuliegen.  Zum  Text  vgl.  Gött.  GA  1895  S.  161  flf.  und 
auch  Eevillout,  Melanges  S.  306fi'. 

^)  Die  Versuchung  liegt  nahe  zu  ergänzen:  [sav  5]'  dvaTcX[Yjpwa'.v,  Ö4'](0v[i .  .  . 
Dann  stünde  dvaTiXyjpouv  hier  im  prägnanten  Sinn.  —  Wie  diese  Prämie  bei 
denen  bemessen  wurde,  die  nur  einen  Teil  der  Gesammtsumrae  verbürgt  hatten, 
bleibt  dunkel. 


§  1.     DIE  STEUERERHEBUNG  IX  DER   PTOLEMÄERZEIT.  553 


die  eveDtuell  über  die  Paehtsumme  und  über  jene  10  (resp.  5)  Proeent 
hinaus  erzielt  wurden.  Sie  konnten  nur  belohnt  werden  für  die 
Summen,  die  sie  verbürgt  hatten,  Anteil  an  dem  reinen  Geschäfts- 
gewinn verträgt  sich  allerdings  nicht  mit  dem  Wesen  der  Bürgschaft, 
aber  eine  Prämiirung  für  den  Fall  der  Erreichung  des  vom  Staat 
erstrebten  Zieles  ist  wohl  nicht  undenkbar.  Eine  solche  Massregel 
der  RegieiTing  wu*d  man  um  so  eher  begreifen,  wenn  man  bedenkt, 
dass  sie  in  jedem  Jahre  Bürgen  für  die  gesammten  Steuern  Aegyptens 
(-|-  10  resp.  5^/o)  brauchte. 

Die  Summe,  für  die  die  Bürgen  hafteten,  mussten  sie  hypo- 
thekarisch sicherstellen.  Vgl.  Petr.  Pap.  (II)  XLYI  (b)  5:  r.po;  ä 
(seil,  die  2  Tal.)  67:oTL0nrj[jL:  TYjv  6-apycuaav  \ioi  olyJ.ocv  xal  aoXrjV 
zal  Ta  a'jvxupovxa  Iv  EuspyeTiS:.  Auch  die  Thanubis  in  den  Zois- 
papyri  verpfändet  ihr  Grundstück. 

In  Petr.  Pap.  (II)  XL  VI  wird  die  Sicherheit  der  Hypothek 
durch  den  bekannten  schriftlichen  Eid  beim  König  verstärkt,  (b) 
Z.  6:  [xlal  dpLWjjLGxx  [tgv  YJsYpajJLjisvpvO  opxov  ßaaiX'.xov  xaxa 
TS  a'jpißGAGV  tcOto.  Der  Eid  selbst  ist  in  (a)  erhalten.  Der  Bürge 
schwört  (nach  meiner  Lesung):  [TaJ'JTr/^  ty;v  OTTcO-i^xYjV  f^v  bizozi- 
O-Eixa  T:pG[c]  ^[dAajvTa  C'j[o  cl]v[a:]  £|it,v  xaO-apav  xal  jiy]  xjtzo- 
xsTaO-ai  7:p6;  aXXo  |xyjO-£v  äa//  f^  tt^v  7:poY£Ypa(i[|i£vr]]v  EYY^r^v. 

Xach  Pap.  Paris.  62  II  7  ff.  scheint  mir  ausserdem  noch  eine 
andere  Garantie  verlangt  zu  sein.  In  den  von  den  Bürgen  den 
Pächtern  auszustellenden  a'j|Ji,3oAa"-)  soll  nämlich  nicht  nur  fixirt 
sein,  für  welche  Summe  die  Bürgen  sich  hypothekarisch  ver- 
pflichteten, [o]aa  [l-l?  Töv  uj^oO-r^xwv  Igtlv,  sondern  auch 
TiVcC    g[:]    p£pa:a)T[al3)  xal    oaa;    £xaa]To:    elc,    t7;v  ߣßa:ü)aiv 

O7:o07)xac  [  ]  C£Ott)xaa'.v.    Es  könnte  nahe  liegen,  unter 

den  p£pa'.a)':a:  wieder  die  Bürgen  selbst  zu  verstehen.  Mir  ist  ein 
solcher  Wechsel  des  sonst  so  constanten  terminus  technicus  jedoch 


[xöv  rpoYjsYpafijasvov  schlug  ich  in  GGA  1895  S.  162  für  Mahaffy's 
[•cov  'J7t£pY]sYpa|ji;jievov  vor.  Am  Original  sah  ich  aber,  dass  für  -p6  oder 
sonst  etwas  kein  Platz  ist.   Es  wird  also  nur  die  Schriftlichkeit  hervorgehoben. 

-)  Diese  süfißoAa  sind  nicht  gegenseitige  Contracte,  sondern  einseitige 
Erklärungen  des  Bürgen.  Vgl.  Petr.  Pap.  (II)  XLVI  (b)  7:  xazi  x6  oujißoXcv 
TOUTO.  Es  enthält  hier  nur  die  Verpflichtungen,  die  der  Bürge  auf  sich  nimmt. 

3)  Von  Wessely  hergestellt,  Wochenschr.  f.  Klass.  Phil.  1896  14.  Oct.  Nr.  42. 


554 


VI.  KAPITEL. 


bedenklich.  1)  Auch  ist  die  Angabe  des  Namens  bei  diesen 
einseitig  vom  Bürgen  ausgestellten  aufxßoXa  so  selbstver- 
ständlich, dass  man  sie  kaum  als  besondere  Rubrik,  und  noch 
dazu  an  zweiter  Stelle  aufführen  würde.  Be^aLWcat  sind  uns 
sonst  als  diejenigen  Gewährsmänner  bekannt,  die  beim  griechischen 
Kauf  die  Evictionsgarantie  für  den  Verkäufer  leisteten. 2)  Es  wäre 
ganz  verständlich,  wenn  hier  ähnlich  für  den  sich  Verbürgenden  die 
ßsßaiwxai  die  Sicherheit  seiner  Hypotheken  gewährleisteten,  auch 
ihrerseits  wieder  durch  Stellung  von  Hypotheken.  Der  Staat  würde 
sich  so  durch  eine  doppelte  Reihe  von  Hypotheken  auf  alle  Fälle 
schadlos  halten.  Wenn  ich  Polyb.  VI  17,  4  recht  verstehe,  sicherte 
sich  auch  die  römische  Republik  in  derselben  Weise:  ol  |Ji£V  y*^? 
ayopa^ouat  Tiapa  twv  Tifjtr^xwv  auxol  xd?  exSoaet^,  oi  he  xoLVWvoöai 
Touxot^,  Ol  5'  lyyuövxat  zobc,  Yjyopaxoxa»;,  oi  hh.  xd?  obaiaq  hihoocGi 
Tiepl  xouxtov  dq  x6  hr]\L6aiov.  Da  sind  deutlich  vier  Klassen  geschieden: 
1.  der  manceps,  2.  die  socii,  3.  die  praedes,  4.  diejenigen,  welche 
für  diese  praedes  (jzBpl  xouxwv)  ihr  Vermögen  dem  Staate  an- 
geben, d.  h.  mit  ihm  haften.  Wie  hier  ÖLBoaai,  heisst  es  auch  an 
unserer  Stelle  oeStoxaacv.  Es  scheint  mir  daher  nicht  richtig,  diese 
vierte  Klasse  mit  den  Bürgen  zusammen  zu  werfen,  wie  das  wohl 
meist  geschehen  ist  —  Cagnat  S.  86  ff.  scheidet  sie  z.  B.  nicht  aus  — , 
vielmehr  dürften  wir  in  ihr  die  den  griechischen  ßsßaitoxaL  ent- 
sprechenden Hintermänner  der  Bürgen  erkennen.^) 

Wenn  in  dem  Symbolon  vom  2.  Jahre  des  Epiphanes  (Petr. 
Pap.  XL  VI)  solche  ßeßaLWxai  nicht  genannt  werden,  so  wurden  sie 
damals  entweder  noch  nicht  verlangt,  oder  die  ßeßaiwxai  übernahmen 
damals  in  einem  besonderen  au^i^oXov  die  Garantie  für  die  Sicher- 
heit der  Hypotheken  des  Bürgen.*) 

Diese  (TJ|xj3oXa  der  Bürgen  wurden,  wie  es  scheint,  von  ihnen 
selbst^)  und  von  dem  Trapeziten  unterzeichnet  und  versiegelt  auf 

^)  In  der  nächsten  Zeile  werden  die  Bürgschaften  des  Bürgen  wieder  ganz 
eorrect  als  SisYYur/fiaxa  bezeichnet. 

2)  Vgl.  Mitteis,  Reichsrecht  u.  Volksr.  S.  503  ff. 

^)  Mommsen  bestätigt  mir  dies  durch  Hinweis  auf  Corp.  gloss.  2,  256,  wo 
ßeßatcoxr^S  =  auctor  secundus,  und  auf  Dig.  21,  2,  4  pr. 

Oder  der  Bürge  könnte  auch  in  einer  besonderen  Urkunde  darüber 
berichtet  haben. 

^)  Pap.  Paris.  62  II  4/5:  sacppaytajisva  utzö  [xwv  .  .  .  .]ü)v  xal  zob  xpctm- 
^ixou.  Eevillout,  Mel.  S.  283  ergänzt  xwv  aOxwv,  was  auf  den  Oikonomos  und 


§  1.     DIE  STEUERERHEBUNG  IX  DER  PTOLEMÄERZEIT.  555 


der  betreffenden  Bank  deponirt.  Der  Trapezit  hatte  dann  in  das 
Monatsjournal  die  Hauptpunkte  spezialisirt  (t6  za-ö-lv)  einzutragen 
(Pap.  Paris.  62  II).  Nahmen  die  Pächter die  au{xßoXa  zfic, 
hLe''(yuyiGeLOc,  entgegen,  brachten  sie  aber  nicht  auf  die  Bank,  so 
mussten  sie  Jeder  ein  Talent  Strafe  zahlen  und  darauf  die  Depo- 
nirung  ausführen  (Pap.  Paris.  62  III  6 — 10). 

Die  von  den  Afterpächtern  dem  Oikonomos  und  königlichen 
Schreiber  zu  stellenden  Bürgschaften  unterlagen  denselben  Bedingungen 
wie  die  der  Pächter.  Das  Gesetz  hebt  ausdrücklich  hervor,  dass  die 
von  den  Afterpächtern  gestellten  Bürgen  dem  Pächter  nicht  an- 
gerechnet werden  sollen.  Vgl.  Pap.  Paris.  62  III  17 — IV  4.  Die 
letztere  Bestimmung  ist  sehr  bemerkenswert:  die  in  Afterpacht  ge- 
gebenen Teile  der  Gesammtpacht  waren  dem  Staate  also  doppelt 
verbürgt. 

Am  Ende  des  Jahres  erhielt  jeder  Bürge  vom  Oikonomos  eine 
Abrechnung  (b'.0(.XoyiG\i6f),  worin  ihm  bestätigt  wurde,  dass  alle  seine 
Verpflichtungen  erfüllt  seien  (Rev.  Pap.  20  7  ff.). 

C.  Die  Steuererhebung. 

Die  Hauptaufgabe  des  Steuerpächters  war,  die  von  ihm  gepachtete 
Steuer  in  vorgeschriebener  Weise  einzufordern,  zu  erheben  und  die 
Pachtsumme  an  die  königliche  Kassen-  resp.  Magazinverwaltung  ab- 
zuführen. 

Ebenso  wie  in  Athen  und  Rom  stand  dem  Pächter  für  die  Er- 
hebung ein  grösseres  Personal  zur  Verfügung.  Erst  der  Revenue- 
Papyrus  hat  uns  in  das  Detail  dieses  Personals  eingeführt.  Die 
betreffenden  Columnen  sind  jedoch  derartig  zerstört  und  lückenhaft, 
dass  ein  klarer  Einblick  in  die  Stellung  dieses  Personals  ausgeschlossen 
ist,  und  die  erhaltenen  Einzelangaben  nur  schwer  verständlich  sind. 
So  vermag  ich  die  Hauptfrage,  ob  dies  Personal  vom  Pächter  oder 
von  der  Regierung  angestellt  war,  nicht  mit  völliger  Sicherheit  zu 
beantworten.   Man  sollte  denken,  dass  der  Pächter  sich  selbst  dieses 


königlichen  Schreiber  gehen  soll.  Doch  deren  Nennung  liegt  etwas  weit  zurück. 
Mir  scheint  Grenfell's  Vorschlag  xwv  i-xyüiöv  den  Vorzug  zu  verdienen.  Vgl. 
Rein  bei  Pauly,  Realencykl.  VI  1  S.  20  über  jiraedia  suhsignarc. 

Der  vorhergehende  Satz  zeigt,  dass  nicht  etwa  der  Oikonom  und  könig- 
liche Schreiber  gemeint  sind. 


556 


VI.  KAPITEL. 


Personal  hielt,  denn  wenn  der  Staat  es  gethan  hätte,  so  könnte  man 
fragen,  worin  denn  überhaupt  der  Nutzen  des  Pachtsystems  bestand, 
wenn  trotz  des  Pächters  der  Staat  die  zahllosen  Steuereinnehmer  zu 
stellen  und  zu  honoriren  hatte.  Die  Fragmente  des  Revenue-Papyrus 
lassen  denn  auch  die  Deutung  zu,  dass  das  Personal  vom  Pächter 
zu  stellen  war,  zeigen  dann  allerdings,  dass  das  Verhältnis  zwischen 
Pächter  und  Personal  einer  eingehenden  Controle  durch  die  Regierung 
unterlag.  So  bestimmt  Rev.  Pap.  13,  1  ff.,  dass  der  Oikonomos  und 
sein  Secretär  (der  avxLypa^su^)  gemeinsam  mit  dem  Pächter  ent- 
scheiden sollten,  ein  wie  grosses  Personal  für  die  betreffende  Steuer 
anzustellen  sei:  [oaoo]^  5[e  5]£t  xaiaaTa-^-^vai  de,  IxaaTYjv  wvyjv 
XoY[£]u'cdg  7.od  uTiyjpexa^  xal  au[xj3oXo9uXaxa(;,  Scaypa'j'aTa)  ö  xe 
o[t]x[o]v6|JLO?  xal  6  av[Tiypa9£U^]  (xeid  toö  dp)([tüvou].  In  den 
Zeilen  vorher  wird  ferner  von  der  Regierung  bestimmt,  mit  welchem 
Gehalt  ((xca-ö-o?)  diese  Unterbeamten  anzustellen  waren.  Angenommen, 
der  Pächter  hielt  dieses  Personal,  so  wurde  er  hierdurch  verpflichtet, 
das  Gehalt  auszuzahlen  und  zwar  von  den  eingehobenen  Geldern  — 
^710  TÖ3V  [)wOY£u]^dTa)V  (12,  13).  Jedenfalls  werden  diese  Beträge 
ausser  der  Pachtsumme  erhoben  worden  sein,  falls  sie  nicht  vorher 
mit  eingerechnet  waren.  Thatsächlich  gezahlt  haben  sie  also  die 
Steuerzahler.  Die  Annahme,  dass  der  Pächter,  nicht  die  Regierung, 
diese  Subalternen  anstellte,  erhält  wohl  dadurch  eine  Stütze,  dass 
der  Pächter  verpflichtet  ist,  sie  ebenso  wie  seine  Gesellschafter  und 
Bürgen  im  Pachtcontract  und  dann  in  der  besonderen  ypa^ig  (s. 
oben  S.  542  f.)  namhaft  zu  machen.  Vgl.  Rev.  Pap.  11,  16  f  Das 
würde  doch  kaum  verständlich  sein,  wenn  sie  ihm  von  der  Regierung 
zugewiesen  wären. 

Betrachten  wir  die  vom  Revenue -Papyrus  genannten  Beamten 
einzeln.  Da  sind  zunächst  die  Xoy£UTat^),  die  in  Aegypten  dieselbe 
Rolle  wie  die  ey.Xo^elq  in  Athen  spielen.  Von  den  letzteren  sagt 
Boeckh  (Staatsh.  S.  406):  „Bald  werden  damit  öffentliche  Beamte 
bezeichnet,  welche  im  Namen  des  Staates  dessen  Gelder  einziehen, 
daher  auch  die  den  Tribut  erheben,  der  niemals  verpachtet  war,  mit 
diesem  Namen  genannt  werden,  bald  bezieht  er  sich  auf  diejenigen, 
welche  im  Namen  der  Generalpachter  das  Gefall  erheben."  Ebenso 
kommen  auch  in  Aegypten  Xoy£DTaL  als  staatliche  Erheber  von  Ein- 


^)  Ein  XoyeuxrjS  in  Ostrak.  318. 


§  1.    DIE  STEUERERHEBUNG  IN   DER  PTOLEMÄERZEIT.  557 


nahmen  vor,  die  nicht  verpachtet  waren daneben  aber  auch  wie 
oben  als  Erheber  verpachteter  Steuern.  Die  Zahl  der  bei  der  Einzel- 
pacht anzustellenden  Xoyc'JTa''  wird,  wie  schon  bemerkt,  durch  den 
Oikonomos  und  seinen  Secretär  zusammen  mit  dem  Pächter  festgesetzt. 
Die  Xaraen  dieser  Logeuten  hat  der  Pächter  zusammen  mit  denen 
der  anderen  Subalternen  der  Regierung  in  der  früher  erwähnten  Liste 
(Ypa^r/j  anzuzeigen  (Rev.  Pap.  11,  16).-)  Einer  von  ihnen  scheint 
eine  leitende  Stellung  gegenüber  den  anderen  gehabt  zu  haben.  Vgl. 
Mahaffy,  Petr.  Pap.  Appendix  S.  3:  töv  (1£t'  'ApiaxoxpCTOU^  ^oysuTtov. 
Sie  hatten  ein  besonderes  Amtslocal,  das  Ao^(euTf]piGy  (Rev.  Pap.  11, 13) 
und  erhielten  zur  Zeit  des  Philadelphos  einen  monatlichen  Lohn  von 
30  Silberdrachmen.  ^) 

Neben  ihnen  erscheinen  a.  a.  O.  die  uTnrjpsTac.  Auch  Beamte 
dieses  Titels  begegnen  als  Erheber  von  nicht  verpachteten^)  ebenso 
wie  von  verpachteten  Einnahmen.  Im  Rev.  Pap.  55,  18  werden 
UTzr^pizcci  speziell  als  Diener  „des  Pächters"  genannt:  oi  ri^(opO(.'/,6zeq 
TYjV  a)[vr^v]  r^  oi  to'jtwv  birfipizoL'..  Sie  waren  niedrigeren  Ranges 
als  die  Logeuten  und  wurden  daher  auch  von  diesen  bei  der  Steuer- 
erhebung verwendet  (vgl.  vorige  Anmerkung).  Ihr  Lohn  betrug 
monatlich  20  Silberdrachmen  zur  Zeit  des  Philadelphos.  Vgl.  Rev. 
Pap.  12,  16. 

An  dritter  Stelle  werden  die  Tj[jißGXo^'jXa7.cC  aufgeführt.  Das 
waren  Spezialbeamte,  die  mit  der  Aufbewahrung  der  Quittungen 


So  in  den  oben  S.  65 ff.  publicirten  Holztafeln.  Die  Erhebung  der  T'.jxai 
von  den  königlichen  Pachtungen  (vgl.  S.  398)  Avar  natürlich  nicht  verpachtet, 
sondern  A\-urde  direct  von  königlichen  Beamten  erhoben.  So  hier  von  dem  AOys'JxVj?. 
Der  XoYS'Jxr,^  scheint  die  Summe  an  den  Oikonomos  abgeliefert  und  dieser  erst 
an  die  königliche  Bank  gezahlt  zu  haben.  Vgl.  den  Text  auf  S.  67.  Darum 
erscheint  auch  in  der  Bankquittung  der  Zoispapyri  (I  1 — 4)  kein  TsXcbvr,^.  Das 
hier  Gesagte  bestätigt  unsere  obige  Vermutung  (S.  517  An.  2),  dass  derTheodoros  und 
Heliodoros  der  Zoispapyri,  auf  deren  Anweisung  hin  die  Bank  das  Geld  in  Em- 
pfang nahm  (xaTi  tt^v  '!)7:oy.£:|i£vr,v  S'.aYpacpTjV),  Oikonomen  war. 

^)  Rätselhaft  sind  mir  noch  ol  sv  xw'.  äiiTiopioi:  A[ojY£Uxai  (Rev.  Pap.  9,  2). 
Vielleicht  ist  zu  ergänzen  12,  14:  XoY£'Jx[ats  dxäjaxwi,  15:  bT.[r,piia.:^ 
[Ixdoxü)'.  5pay|jial  xxX  und  17:  aDfißoXocp'jXa^'.  [ixaaxw.  5paxfija{.  Dann 
wird  das  izHoy.  iui  noch  klarer. 

■*)  Vgl.  die  Holztafeln  S.  65.  Die  Zahlung  der  x'.|ar,  erfolgt  an  den 
XoYS'Jxr^S    Theon,    der   vertreten    ist    durch    Dionysodoros    xöv  Sxpaxtovoj 


558 


VI.  KAPITEL. 


(aufxßoXa)  betraut  waren.  Diese  erhielten  damals  15  Drachmen  in 
Silber  monatlich. 

Ausserdem  gehörte  zum  Bureau  des  Pächters  ein  e<^ohoq.  Da 
dieser  bei  weitem  das  grösste  Gehalt  bekam,  nämlich  100  Drachmen 
monatlich,  so  werden  wir  in  diesem  „Inspector"  etwa  den  Bureau- 
vorsteher des  Pächters  zu  sehen  haben. 

Im  II.  Jahrh.  v.  Chr.  begegnen  uns  ausserdem  noch  ßoyj-ö-ot, 
Hilfsbeamte,  im  Dienste  des  Pächters.    Vgl.  oben  S.  171. 

Endlich  nennt  der  Revenue  -  Papyrus  den  avTcypa^su^  des 
Pächters.  Dazu  ist  der  avTcypa^ojiSVO^  in  der  Inschrift  aus  Byzanz 
bei  Ziebarth  Gr.  Vereinsw.  S.  24  zu  vergleichen,  auch  die  contra- 
scriptores  der  römischen  Publicani  der  Kaiserzeit  (Cagnat  S.  98). 

Negativ  sei  hervorgehoben,  dass  sich  für  die  Verwendung  von 
Sklaven  zu  den  Erhebungsgeschäften,  wie  sie  für  Rom  mehrfach 
bezeugt  ist  und  für  Athen  von  Boeckh  (Staatsh.  I^  S.  407)  ange- 
nommen wird,  in  Aegypten  keine  Spur  findet. 

Mit  Hilfe  dieses  im  einzelnen  Falle  wohl  oft  recht  umfang- 
reichen Bureaupersonals  betrieb  der  Pächter  die  Erhebung  der  von 
ihm  gepachteten  Steuer.  Der  Revenue-Papyrus  hat  uns  gezeigt,  dass 
der  Pächter  hierbei  einer  sehr  weitgehenden  Controle  seitens  der 
königlichen  Beamten,  im  Besonderen  des  Oikonomos  und  seines 
Secretärs,  unterstand,  und  dass  diese  Beamten  vielfach  concurrirend 
mit  dem  Pächter  oder  doch  subsidiär  in  den  Gang  der  Erhebung 
eingriffen.  Grenfell  vertritt  in  seinem  grundlegenden  Commentar 
sogar  die  Ansicht,  dass  die  Geldsteuern  überhaupt  nicht  vom  Pächter, 
sondern  vom  Oikonomos  erhoben  seien;  die  Pächter  seien  oft  nur 
die  Zuschauer  und  manchmal  selbst  das  nicht  gewesen  (S.  105). 
„Payments  in  money",  sagt  er  ein  ander  Mal  (S.  80),  „did  not  pass 
through  the  hands  of  the  tax-farmers"  und  „the  presence  of  a  govem- 
ment  officicd,  hut  not  the  presence  of  the  tax-fminer,  was  essential  in 
all  payments  of  taxes.''  Ich  habe  schon  in  der  Deutschen  Literatur- 
zeitung 1897  Sp.  1019  Widerspruch  gegen  diese  Auffassung  erhoben 
und  muss  hier  noch  einmal  genauer  auf  diese  wichtige  Frage  eingehen. 
Die  angeführten  Worte  Grenfell's  basiren  vor  Allem  auf  folgendem 
Fetzen  des  Rev.  Pap.  (10,  10—11): 

10  ]5  '/.od  Ol  xocvwve?  a)[ 

11  ]V  |XY]0"£V  avsi)  ^[ö 
Darauf  fehlen  einige  Zeilen. 


§   1.     DIE  STEUERERHEBUNG  IN  DER  PTOLEMÄERZEIT.  559 


GreDfell  ergänzt^)  und  erklärt  dies  S.  80  folgendermassen :  „2%€ 

chief  fanner  and  Jus  assocmtes  shall  not  receive  any  payments  except 
in  the  presence  of  ihe  oeconomm  and  antig raphem."  Formell  kann 
er  sich  dafür  auf  die  Worte  am  Ende  der  Columne  stützen  (16): 

lOLc,  ü)vac  lav  x'.  t[  ]  [  ]t:  ave-j  toö  avTcypaf-^lwc] 

AaßwG'.v  r^  TipacavTc^  (xt)  a[v£V£Y*/-wa'.]  rrpc;  töv  dviiyp^?^^? 
[T:v£Tcoaav]  £!^  t6  ßaaiXix6[v  ::£v]':r//.ov[':  ]. 

Ich  bemerke  zunächst,  dass,  wenn  es  auch  nachher  heisst,  dass 
das  Erhebungspersonal  nicht  dv£U  Tou  dviiypacpea)^  Geld  empfangen 
soll,  daraus  noch  nicht  folgt,  dass  auch  vorher  von  dem  Geldempfangen 
oder  Erheben  durch  Pächter  und  Gesellschafter  gesprochen  sein  muss. 
Zumal  hier  auch  die  Gesellschafter  genannt  werden  (s.  oben  S.  539  f.), 
glaube  ich  viel  eher,  dass  hier  von  irgend  einer  anderen  Thätigkeit 
die  Rede  ist.  Ferner  wird  durch  die  Parallelstelle  die  Ergänzung 
des  Oikonomos  auf  keinen  Fall  gerechtfertigt. 

Vor  Allem  aber  scheint  mir  in  beiden  Fällen  dv£U  falsch  gefasst 
zu  sein.  Dass  das  Erhebungspersonal  und  ebenso  auch  der  Pächter 
nur  in  Gegenwart  jener  Beamten  hätten  erheben  dürfen,  ist  doch 
ganz  unglaublich.  Man  vergegenwärtige  sich  nur  die  zahllosen  Raten- 
zahlungen, die  im  Laufe  eines  Monats  oder  gar  eines  Jahres  erhoben 
wurden,  und  man  wird  die  Ungeheuerlichkeit  dieser  Vorstellung 
erkennen.  Ich  behaupte,  dass  aveu  toO  dvTiypa'^^toc  in  diesem 
Zusammenhangt)  nur  heissen  kann  „ohne  Wissen,  ohne  Willen", 
wie  es  ausführlicher  in  Pap.  Paris.  62  III  3  heisst:  dveu  if^z  tü)v 
7tpGY£Ypa[i[i£VC!)v  Yvwpir^;.  und  stütze  mich  auf  die  schon  öfter  er- 
wähnte Klagschrift  bei  Mahaffy,  Petr.  Pap.  Appendix  S.  3.  Da 
klagt  ein  Pächter  gegen  seinen  Mitpächter  oder  Gesellschafter  (s.  oben 
S.  540),  Gl'.  av£'j  y^pLÖv  xal  tGjv  \lzz  'ApLaTGxpiTGug  Xoys'JXwv  [t^Po]- 
E£V£'l  ToOg  'j7:g-:£A£T;  toö  (^uAax[aTc]xGO  ei?  t6  lScov.  Das  kann 
nur  heissen:  „ohne  unser  Wissen  und  ohne  Wissen  jener  Logeuten 


0   10      ^  ipxwvrj;  xai  o«.  xo'.vwv£;        .  . 

11  ]v  jir^O-dv  dtvE'j  xo[ö  oiy.ovö'io'j] 

12  \yi  'oO  äv':'.Y?2'?£WS  XafißaväTtoaav  .  .  .  .] 

^)  Yj&  soll  natürlich  nicht  geleugnet  werden,  dass  mit  äveu  auf  die  Abwesen- 
heit hingewiesen  werden  kann.  In  diesem  Sinne  steht  es  vielleicht  im  Petr. 
Pap.  (II)  XIII  18'>,  17.  Doch  ist  es  auch  hier  nicht  nötig,  an  die  Abwesenheit 
zu  denken. 


560 


VI.  KAPITEL. 


lädt  er  die  Steuerzahler  zu  sich  in's  Haus."  Hier  ist  durch  die 
Sachlage  die  Uebersetzung  „in  uoserer  Abwesenheit"  ausgeschlossen, 
denn  er  konnte  unmöglich  verlangen,  dass  in  seiner  Gegenwart  oder 
gar  angesichts  der  Logeuten  die  Einladung  erging.  Wohl  aber  konnte 
er  verlangen,  dass  ein  solcher  Verkehr  mit  den  Steuerzahlern  nicht 
ohne  sein  "Wissen  erfolge.  Und  so  besagt  meines  Erachtens  auch 
Rev.  Pap.  10,  11  nur,  dass  Pächter  und  Gesellschafter  nicht  ohne 
Wissen  des  [Antigrapheus]  diese  oder  jene  Massnahmen  treffen  sollten. 

Es  bleibt  noch  die  andere  Ansicht  Grenfell's  zu  widerlegen, 
dass  die  Geldsteuern  nicht  vom  Pächter,  sondern  regelmässig  vom 
Oikonomos  erhoben  seien.  Dagegen  spricht  zunächst  Rev.  Pap.  15, 10  ff. : 

0:  7i:pLa(x£V0L  xac  (i)[vd?  7ipaaa]£a'8'a)aa[v  zobq'] 

uKoxeXeXc,  7ravT[  ]a  i%  Ta)[v  .  .]  .  wv.^) 

Hier  wird  ganz  allgemein  angeordnet,  dass  der  Pächter  die 
Steuern  einzutreiben  habe,  ohne  dass  dies  etwa  auf  die  Natural- 
steuern beschränkt  wäre. 

Noch  deutlicher  spricht  Rev.  Pap.  34,  2  ff.:  [ol  §£  Tipiafxsvoc 

dY]opdaa)a[cv]  ev  T^piepafti;]  X,  iccc,  hk  %ax[aßoXd^  TrocigjaovTa:  iwv 
Xprj(jidTWV  ÖLTiQ  äiou  £ü)?  ['r7r£p[3£p£TaLou^)  xax]d  (ji-^va  t6  £7icßdXXov. 
Grenfell  ergänzt  •/.OLz[ix'^pOL^dLC,  und  übersetzt:  ,,and  the  sureties  shall 
register  the  2>roperty  which  they  mortgage,  in  monthly  instahnents  from 
Dius  to  .  .  .  ."  Der  Subjectswechsel  wäre  hart,  kommt  aber  in  dieser 
Urkunde  vor.  Aber  das  verpfändete  jwoperty  ist  nicht  ypTgixaxa. 
sondern  UTudpyovxa  oder  ähnlich  —  Häuser  oder  Grundstücke.  Und 
was  sollen  die  monatlichen  Zahlungstermine  bei  der  Registrirung  der 
Hypotheken?  Ich  ergänze  wie  oben  und  übersetze:  „Die  Pächter 
sollen  Bürgen  stellen  und  sollen  die  Geldzahlungen  (nämlich  an  die 
königliche  Bank)  vom  Dios  bis  Hyperberetaios ,  d.  h.  vom  ersten 
bis  zum  letzten  Monat  des  Jahres,  in  monatlichen  Raten  abführen." 
Im  Gegensatz  zu  den  Geldzahlungen,  die  sich  auf  die  Besteuerung 

^)  Grenfell  liest  vöJijtov.  Am  Original  erschien  mir  das  |ji  sehr  unwahr- 
scheinlich. 

2)  Nach  Grenfell  ist  kein  Platz  für  TTispßspcxatO'j.  Es  kann  aber  kaum 
etwas  anderes  da  gestanden  haben.  Vielleicht  ist  etwas  corrigirt  worden.  Oder 
es  müsste  der  Begriff  ,,Jahresschluss"  mit  einem  allgemeineren  Worte  aus- 
gedrückt sein. 


§  1.    DIE  STEUEREEHEBUNG  IN  DER  PTOLEMÄERZEIT.  561 


der  TiapdcBecaoi  beziehen,  handeln  die  nächsten  Worte  von  der  Erhebung 
der  Naturalabgabe  von  den  ajXTiEAöveg :  oooc,  6'  av  ATg^O-f/.  Trap' 

Die  Evidenz  dieser  Interpretation  wird  durch  die  Parallelstelle 
in  dem  Abschnitt  über  das  Oelmonopol  noch  klarer.  Vgl.  Rev. 
Pap.  56,  14  ff.:  ol  he  7ip:a[X£V0L  xYjv  [a)]vY]V  eyyuouq  ywaTaan^aouai 
Tü)[v]  scpsLXoaxwv  xocl  hiopd'(j)aoyx(xi  xa  [[jl]£V  XoY£UfJia[T]a  ywa-ö-' 
Trjjiepav  [ejm  xy^v  xpa7ü£^[ay].  Auch  Pap.  Paris.  62  V  12  spricht 
von  den  xaxaßoXa:  des  Pächters^),  womit  wie  immer  die  Ablieferung 
der  eingezogenen  Gelder  an  die  Regierungskasse  gemeint  ist.  Vgl. 
auch  Andoc.  de  myst.  134:  xaxaaxYjaag  b[iiy  iy^uriiocq  i^ileE^T.  xa 
)(pf;[xaxa  y,!xl  y.Oiii^ocXov  xfj  tzoXel  Hier  sagt  der  athenische  Steuer- 
pächter Andokides  ausdrücklich  von  sich,  dass  er  die  Gelder  ein- 
getrieben und  an  die  Kasse  abgeführt  habe.  Die  citirten  Worte 
des  Revenue-Papyrus  zeigen,  dass  es  im  ptolemäischen  Aegypten  nicht 
anders  gewesen  ist. 

Endlich  treten  unsere  Ostraka  beweiskräftig  dafür  ein,  dass 
entsprechend  der  obigen  Interpretation  des  Revenue-Papyrus  die 
Pächter  auch  die  Geldsteuern  erhoben  und  an  die  königliche  Kasse 
abführten.  Da  haben  wir  einmal  zahlreiche  Beispiele  dafür,  dass 
die  Pächter  den  Steuerzahlern  quittiren,  so  und  so  viel  Geld  von 
ihnen  empfangen  zu  haben  (Jx^  ^^^^  aizix^  Tiapd  aoö  zxX,  vgl. 
oben  S.  60—63),  und  andrerseits  noch  mehr  Quittungen,  in  denen 
die  Bankbeamten  den  Pächtern  bescheinigen,  dass  sie  so  und  so  viel 
Geld  an  die  königliche  Bank  gezahlt  haben  (vgl.  oben  S.  63 — 80, 
S.  118  f.). 

Nachdem  wir  so  als  Grundlage  die  Ansicht  gewonnen  haben, 
dass  in  der  Regel  der  Steuerpächter,  mit  Hilfe  des  ihm  unter- 
stellten Bureaupersonals,  die  Geldsteuern  und  die  Naturalsteuern 
erhoben  und  an  die  Bank  abgeführt  hat,  betrachten  wir  die  einzelnen 
Fälle,  in  denen  statt  seiner  Regierungsbeamte  als  Erheber  erscheinen, 
und  versuchen,  ob  diese  Ausnahmen  sich  unter  gemeinsame  Gesichts- 
punkte fassen  lassen. 


^)  Twv  5s  xaxaßoXöv  aufxßoXa  Xa[xßavex(i)aav  v.zX.  —  In  dem  allgemeinen 
Abschnitt  über  den  SiaXoyioiiös  (.Rev.  Pap.  16 — 17)  kommt  zutallig  kein  directer 
Hinweis  auf  die  Zahlungen  der  Pächter  vor.    Es  fehlen  aber  2X7  Zeilen.  Wahr- 
scheinlich war  in  17,  5  davon  die  Rede,  wo  etwa  zu  ergänzen  ist:  [xaxaßsßXi^Jxaaiv. 
WiLCKEN,  Ostraka.  36 


562 


VI.  KAPITEL. 


1.  Rev.  Pap.  18,17.^)  Bei  der  Schlussrevision  soll  der  Oekonom 
feststellen,  ob  noch  von  den  Afterpächtern  oder  sonst  Jemandem 
etwas  geschuldet  wird,  was  der  Oekonom  einziehen  müsste:  8  8[£l 
TÖv  oVlnoyoixav  npöt^Gci.  Hiernach  werden  Steuerrückstände  (vgl. 
IvocpeiXeTat)  als  Forderungen  bezeichnet,  deren  Eintreibung  in  das 
Ressort  des  Oikonomos  gehört. 

2.  Nach  Rev.  Pap.  19,  11  wird  der  Oekonom  vom  Dioeket  be- 
auftragt, für  den  Fall  eines  Steuerdeficits  ^)  die  Eintreibung  von 
dem  Steuerschuldner  vorzunehmen  und  die  eingehobenen  Gelder  dem 
Pächter  (so  Witkowski)  zu  übergeben,  wenn  die  STicXoyeuacg  statt- 
finde. Auch  hier  treibt  der  Oikonomos  Steuerrückstände  ein.  Wenn 
er  nicht  binnen  drei  Tagen  erhoben  und  abgeliefert  hat,  so  treibt 
der  Dioeket  es  ein,  der  Oekonom  aber  zahlt  das  Dreifache  als 
Strafe. 

3.  In  Rev.  Pap.  22,  5  scheint  der  Oikonomos  Strafgelder  zu 
erheben.    Doch  die  Stelle  ist  lückenhaft. 

4.  Rev.  Pap.  28,  9  If.  Wenn  der  Pächter  mit  dem  Winzer  nicht 
pactirt  hat,  darf  er  auch  nicht  die  Apomoira  von  ihm  erheben.  In 
diesem  Falle  soll  der  Oikonomos  und  sein  Secretär  den  Pact  machen 
und  den  Wein  einziehen  und  an  die  Staatskellereien  abführen.  Dem 
Pächter  aber  soll  zur  Strafe  der  Betrag  nicht  angerechnet  werden. 
Hier  ist  klar,  dass  der  Oikonomos  subsidiär  als  Erheber  eintritt, 
wenn  der  Pächter  nicht  richtig  functionirt. 

5.  Rev.  Pap.  31,  14.  Wenn  die  Winzer  den  Apomoirawein  nicht 
rechtzeitig  an  die  Kellereien  abführen  (vgl.  oben  S.  159  A.  2),  müssen 
sie  ein  Strafgeld  zu  Gunsten  der  Pächter  zahlen  (Z.  2:  a7roTL]v£T(i)). 
Dies  Strafgeld  soll  der  Oikonomos  einziehen  und  an  die  königliche 
Bank  abführen  für  das  Conto  der  Apomoira  (uTiep  xyj^  wvy]?). 

6.  Rev.  Pap.  33,  6.  Wenn  die  Früchte  der  TiapaSsLaoL  sich  nicht 
verkaufen^),  soll  der  Oikonomos  zusammen  mit  dem  Pächter  den 


^)  Die  Tipa^tg  in  Rev.  Paji.  17,  12  und  34,  18  scheidet  für  uns  aus,  da  es 
sich  hier  nicht  um  Erhebung  der  Steuer  von  den  Steuerzahlern  handelt. 

^)  Genauer,  wenn  ein  Steuerpächter  mehrere  Steuern  gepachtet  hat  und 
er  kein  £7C!.Y£vr,[jia  erzielt  hat,  durch  das  das  Deficit  in  einer  anderen  Pacht 
ausgeglichen  werden  könnte.  In  Z.  11  ist  etwa  ^[TttYevYjO'jTji  oder  Sinnverwandtes 
zu  ergänzen,  nicht  i[vo:peil]r,i.    Der  Gegensatz  ist:  säv  rji  7t£piYt.vö|JLSVöv  tu 

^)  Ich  ergänze  33,2:  öaoc,  S'  (xv  |i['yj  TiwXyjO-^i]  (seil.  '/.ccpTzöc,)  und  Z.  6 
wohl  TCpaaatov  zccc,  [Ixxag  dvacfepjexo). 


§  1.     DIE  STEUERERHEBUNG  IN  DER  PTOLEMÄERZEIT.  563 


Verkauf  vornehmen,  darauf  (allein)  die  Steuer  einziehen  und  für 
das  Conto  der  Steuer  an  die  Kasse  abführen.  Hier  tritt  der  Oiko- 
nomos  ein,  nachdem  der  reguläre  Gang  der  Erhebung  gestört  ist. 

7.  Kach  dem  Lou^"retexte  bei  Revillout  Mel.  S.  302  haftete 
der  Oikonomos  eventuell  mit  seinem  eigenen  Vermögen  dafür,  dass  die 
Steuerrückstände  des  vei'flossenen  Jahres  gedeckt  wurden.     Z.  24: 

Auf  den  Abschnitt  über  das  Oelmonopol  gehe  ich  nicht  ein, 
da  es  sich  hier,  wie  Grenfell  richtig  hervorhebt,  nicht  um  Pächter 
einer  Steuer,  sondern  eines  ganzen  Betriebes  handelt. 

Aus  den  angeführten  Fällen  ergiebt  sich,  dass  der  Oikonomos 
und  sein  Secretär  als  Erheber  einzutreten  pflegten,  wenn  es  sich 
entweder  um  Steuerrückstände  oder  Strafgelder  handelt,  oder  auch 
wenn  der  Pächter  nicht  ordnungsmässig  functionirte ,  oder  durch 
andere  Verhältnisse  die  reguläre  Erhebung  der  Steuer  gestört  war. 
Einen  weiteren  Beleg  hierfür  bieten  die  Turiner  Papyri  V,  VI,  VII, 
in  denen  Pastophoren  Klage  führen  gegen  Uebergriffe  des  TZpbc  zy]: 
oly,ovo\LioL'.  TÖv  apY'jp'.7.ö(v)  tgO  naO-upiTGi) ,  d.  h.  des  Oikonomos 
für  die  Geldverwaltung  des  Pathyritischen  Gaues.  Das  izpioaziv 
dieses  Oikonomos  wird  in  VI  und  \T1  ausdrücklich  als  ein  ^r^[i'.G- 
TipazTcIv  charakterisirt,  d.  h.  als  ein  Eintreiben  von  Strafgeldern. 

Diesen  Thatsachen  gegenüber  bleibt  mir  Rev.  Pap.  29,  11  ein 
Rätsel:  die  Besitzer  von  Nutzgärten  sollen  mit  dem  Pächter  pactiren 
und  daraufhin  soll  der  Oikonomos  das  Sechstel  erheben  (xal  Ix 
TO'JTO'j  Ty;v  [£7.]ryjv  T.pocaai-zoi  6  oixovojag;).  Hier  scheint  von  der 
regulären  Steuererhebung  die  Rede  zu  sein,  und  doch  soll  nicht 
der  Pächter,  sondern  der  Oikonomos  einziehen,  und  zwar  auf  Grund 
des  Pactes,  den  der  Pächter  mit  den  Steuerzahlern  gemacht!  Das 
ist  den  angeführten  Zeugnissen,  im  Besonderen  den  auf  dieselbe  sxryj 
bezüglichen  Bestimmungen  in  34,  4  (s.  oben)  so  entgegen,  dass  man 
sich  zu  einer  anderen  Erklärung  gedrängt  fühlt.  Auch  das  Ostra- 
kon  1344  bestärkt  uns  in  dieser  Annahme.  Da  wird  über  dieselbe 
EXTTj  (axpoop6(i)v)  quittirt,  von  der  der  Revenue -Papyrus  an  der 
fraglichen  Stelle  handelt.  Xun  erscheinen  hier  aber  zwei  Personen 
als  Erheber:  OiXoxAf^^  xal  Ilawc.  AVenn  man  auch  bei  den  anderen 
Quittungen  über  cLV.pGtp'ja  (s.  oben  S.  134)  den  Einwand,  die  er- 
hebenden  Personen    könnten   der   Oikonomos    resp.  Unterbeamte 

36* 


564 


VI.  KAPITEL. 


desselben  sein,  schwer  direet  widerlegen  kann,  so  ist  es  doch  hier  mehr 
als  unwahrscheinlich,  dass  der  Oikonomos  zwei  ünterbeamte  zur 
Erhebung  der  paar  Drachmen  abgesandt  habe.  Wir  werden  viel- 
mehr nach  S.  545  in  ^'.Xoy.Xf^?  xal  Jla&q  die  Firma  zweier  associirter 
Pächter  der  szty]  zu  erkennen  haben. 

Danach  möchte  ich  annehmen,  dass  entweder  in  Rev.  Pap,  29,11 
doch  nicht  eine  reguläre  Erhebung  der  Steuer  gemeint  ist,  und 
dann  steckt  die  Lösung  des  Rätsels  vielleicht  in  den  7  verlorenen 
Zeilen  am  Anfang  der  Columne,  oder  aber,  dass  6  olxov6|jlo^  ver- 
schrieben ist  für  6  TsXwvT]^. 

Dass  in  Z.  17  derselben  Columne  die  exirj  an  den  Oikonomos 
abgeliefert  werden  soll,  entspricht  den  obigen  Ausnahmen  (namentlich 
unter  6),  denn  hier  handelt  es  sich  nicht  um  die  reguläre  Erhebung. 

Wir  halten  demnach  an  dem  Resultat  fest,  dass  die  Steuer- 
erhebung —  in  Geld  wie  in  natura  —  regelmässig  dem  Pächter 
oblag,  und  dass  die  Regierungsbeamten  nur  unter  den  oben 
charakterisirten  Bedingungen,  die  gesetzlich  fixirt  waren,  subsidiär 
für  sie  eintraten. 

Es  hat  sich  aber  auch  ergeben,  dass  der  Oikonomos  und  sein 
Secretär  eventuell  auch  Steuerrückstäude  und  Strafgelder  einforderten. 
Für  derartige  Erhebungen  wird  uns  ausserdem  eine  Spezialbehörde 
genannt,  die  hiernach  ihren  Namen  führte,  die  TipaxTOpe^,  „die  Ein- 
treiber"  xax'  ec^oyrivJ)  Dass  man  in  der  Kaiserzeit  etwas  ganz 
anderes  darunter  verstand,  soll  unten  gezeigt  werden.  Von  den 
ptolemäischen  Praktoren  hat  schon  Revillout  (Revue  Egypt.  II  S.  140), 
dem  Grenfell  (Rev.  Pap.  S.  78)  mit  Recht  beistimmt,  erwiesen,  dass 
er  der  huissier  gewesen  ist,  der  öffentliche  Schulden  einzutreiben 
hatte.  Uns  interessirt  hier  besonders,  dass  er  auch  mit  der  Ein- 
treibung von  Steuerschulden  betraut  war.  So  wird  im  Pap.  Leid.  Q 
(vgl.  den  Text  oben  S.  61  A.  1)  die  rückständige  Apomoira  vom 
J.  22  und  23  im  J.  26  durch  den  SoxLjxaaTi^^  an  ihn  gezahlt  (vgl. 
Grenfell,  Rev.  Pap.  S.  115).  So  erfolgt  ferner  im  Falle  der  Nicht- 
erfüllung der  Pachtbedingungen  seitens  des  Steuerpächters  die  Ver- 
steigeruDg  der  für  sie  verpfändeten  Liegenschaften  auf  Grund  der 

1)  Z.  14  ergänze  ich  [sxßäjAXr/..    Vgl.  Z.  19:  sx7ü[£]aYji. 

-)  Der  Titel  Praktor  erscheint  gelegentlich  in  demotischen  Texten  trans- 
scribirt  als  p-r-a-g-t-o-r.  Vgl.  H.  Brugsch,  Thesaurus  iuscript.  aegypt.  V  p.  XV 
(aus  Trajan's  Zeit). 


§  1.     DIE  STEUERERHEBUNG  IN  DER  PTOLEMÄERZEIT. 


565 


vom  Praktor  im  Verfolg  seiner  Abrechnung  aufgestellten  Schuldner- 
liste.  So  erkläre  ich  Zoisp.  113:  zax'avBpa  7üpaxT0pL7w0'j  SiaXoyiajioö. 
So  wird  ferner  nach  Petr.  Pap.  (II)  XIII  17  ein  gewisser  Kleon  vom 
Praktor  —  wie  jener  meint,  fälschlich  —  als  Steuerschuldner  notirt: 
7capaY£Ypa|X(JL|JLa:  xöt  TipazTop:  wc  (5[9£cX(ü)v)]  Tzpbq  xa  afXTieXLxa 
ztX.  Aber  auch  Straf-  und  Bussgelder  werden  von  ihnen  eingezogen. 
So  wird  in  einem  Gesetzesfragment  aus  dem  III.  Jahrh.  v.  Chr. 
(Petr.  Pap.  II  XXTT)  der  TipaxTWp,  der  hier  als  6  iizl  xwv  ßaaiX:- 
x[a)v]  TTpocoSwv  zez(x.y\Liyoq  bezeichnet  mrd^),  verpflichtet,  gewisse 
Bussgelder  zu  erheben. 

So  steht  der  ptolemäische  Praktor  im  Wesentlichen  mit  denselben 
Befugnissen  vor  uns  wie  der  athenische  Beamte  gleichen  Xamens, 
dem  nach  Boeckh  (Staatsh.  I^  S,  189)  die  Eintreibung  der  Gerichts- 
und Strafgelder  oblag.  Da  hiernach  der  Praktor  mehrfach  mit  den- 
selben Aufgaben  betraut  war  wie  der  Oikonomos,  so  wird  vielleicht 
anzunehmen  sein,  dass  er  diesem  unterstellt  war,  zu  seinen  Organen 
gehörte.  2) 

Soviel  über  die  Competenzen  der  Pächter  und  der  Beamten.  Im 
Folgenden  soll  kurz  das  Wichtigste  von  dem,  was  wir  über  den  Gang 
der  Steuererhebung  selbst  wissen,  zusammengestellt  werden.  Dabei 
müssen  manche  Fragen,  die  der  zerfetzte  Revenue-Papyrus  an  uns  richtet, 
bei  Seite  gelassen  werden,  andere  können  hier  nur  gestreift  werden. 

Schon  die  Frage  nach  der  Uebernahme  der  Geschäfte  durch  den 
neuen  Pächter  bietet  grosse  Schwierigkeiten.  Pap.  Paris  62  IV  9  ff. 
sagt:  ToXq  6'  £YXa(xßavoua:v  xd?  wvd?-  {icxaSo-ö-i^aexaL  utto  xwv  npo- 
7üpaYfiax£uo|Ji£va)v  xd  ^(Z'/f]\Locz(x,  xwv  7tpo£Xy]Xi)-9'i)L(i)v  f^|JL£pü)v  |ji£xd 
)(£LpoYpa9''ag  opxo'j  ßaaiXr/oO.  Also  der  Vorgänger  des  neuen  Päch- 
ters soll  diesem  die  Erträgnisse  der  vorhergehenden  Tage  übergeben. 
Was  sind  das  für  vorhergehende  Tage?  Ich  denke,  die  Tage,  die 
im  neuen  Steuerjahr  bis  zu  der  definitiven  Uebernahme  der  Geschäfte^) 

^)  Vgl.  Pap.  Leid.  G  3,  vom  16,  Jahre  des  Ptolemaios  Alexander. 

Immerhin  scheint  die  Stellung  des  TtpaxTOip  damals  eine  verhältnis- 
mässig hohe  gewesen  zu  sein.  Vgl.  den  eben  erwähnten  Titel  6  stiI  xwv  ßao'.Xi- 
Xü)V  7tpo;ö5(ov.  In  Petr.  Pap.  (II)  XVII  (1)  wird  an  den  Tipaxxcop  eine  Klag- 
schrift eingereicht  (Z.  8).  In  Z.  14  f.  ebendort  werden  Untergebene  des  irpocxiiop 
erwähnt:  xobc,  riOLpcc  .  .  .  zou  -päxxopog. 

^)  Der  Pachtcontract  wurde  ja  ierst  30  Tage  nach  der  Auction  abgesohh>ssen. 
Inzwischen  waren  die  Abmadiungen  mit  den  Bürgen  zu  treflfen ,  das  Personal 
auszusuchen  u.  s.  w. 


566 


VI.  KAPITEL. 


durch  den  neuen  Pächter  verstrichen.  Das  würde  voraussetzen,  dass 
der  alte  Pächter  auch  im  neuen  Jahr  bis  zu  diesem  Termin  eintreiben 
durfte,  wenn  auch  auf  Rechnung  des  neuen  Jahres.  AVie  hier- 
mit die  Angaben  über  die  iizO.oyeuoiqy  von  der  der  Revenue-Papyrus 
in  den  ersten  Columnen  handelt,  zu  vereinigen  sind,  ist  mir  nicht 
klar  geworden.  1) 

Als  Regel  wird  zu  gelten  haben,  dass  der  Pächter  nur  für 
das  Jahr,  für  welches  er  die  Pacht  übernommen  hatte,  einziehen 
durfte.  Blieben  Rückstände,  so  wurden  diese,  wie  wir  sahen,  von 
den  Regierungsbeamten  erhoben,  eventuell  hielt  sich  der  Staat  an 
die  vom  Pächter  gegebenen  Sicherheiten.  Daher  quittiren  unsere 
Ostraka  fast  regelmässig  nur  über  Zahlungen,  die  für  das  laufende 
Jahr  erhoben  sind.  Gegenüber  der  erdrückenden  Fülle  von  Bei- 
spielen können  die  wenigen  Fälle,  in  denen  die  Zahlung  einer  rück- 
ständigen Summe  (vom  vorigen  Jahre)  quittirt  wird,  nur  als  Ausnahme 
gelten.  Ich  habe  nur  folgende  Beispiele  unter  den  ptolemäischen 
Quittungen  gefunden:  342,  712,  719,  723,  1313,  1350,  1356,  1360, 
1498,  1512,  1518,  1532,  1533.  Man  könnte  annehmen  wollen,  dass 
die  hier  genannten  Erheber,  die  immer  ohne  Titel  genannt  sind,  nicht 
die  Pächter,  sondern  eben  jene  Regierungsorgane  sind.  Ich  möchte 
jedoch  die  Erklärung  vorziehen,  dass  in  diesen  Fällen  die  Pächter 
zur  Erhebung  des  vorjährigen  Rückstandes  berechtigt  waren,  weil 
sie  auch  damals  Pächter  gewesen  waren  und  im  laufenden  Jahr  die 
Pacht  des  vorigen  Jahres  erneuert  hatten.  Wie  bei  einer  solchen 
Wiederholung  der  Pacht  die  Rückstände  behandelt  wurden,  darüber 
giebt  uns,  soweit  ich  sehe,  weder  der  Revenue-Papyrus  noch  der 
Pap.  Paris.  62  irgend  welche  Auskunft.  Ich  will  nur  darauf  hin- 
weisen, dass  es  in  Athen  jedenfalls  den  Pächtern,  die  im  folgenden 
Jahre  die  Pacht  erwarben,  erlaubt  war,  selbst  die  Rückstände  zu 
erheben  und  so  eventuell  ihre  Schulden  zu  begleichen.  Vgl.  Plut. 
Alcib.  5:  etwO-oie?  ydp  asl  xalg  beuTspoLiq  modc,  Xp£a)>.UT£lv  tä^ 


^)  Waren  die  STciXoysuaavxss  des  Eev.  Pap.  etwa  die  alten  Pächter,  bis 
zum  Antritt  der  neuen?  Doch  ich  kann  bei  der  Zerfetztheit  des  Textes  zu 
keinem  zwingenden  Resultat  kommen.  —  In  Eev.  Pap.  6,  1  muss  vor  s^eaxü) 
wegen  des  folgenden  /ar^Se  ein  ergänzt  werden.  Damit  fällt  Mahaflfy's  Er- 
klärung bei  Grenf.  S.  78.  Aber  die  Schwierigkeiten  weiss  ich  nicht  zu  lösen.  — 
Viereck  (Berl.phil.Woch.189G  Sp.  1649)  vermutet,  dass  die  STiaoysOaavxss 
identisch  sind  mit  den  Tüpdxxopss.    Grenfell  trennt  sie  —  wohl  mit  Recht. 


§  1.     DIE  STEUERERHEBUNG  IX   DER  PTOLEMÄERZEIT. 


567 


TTptOTa?.  Es  ist  niclit  unwahrscheinlich,  dass  das  in  Aegypten  ähn- 
lich geregelt  war. 

Wir  haben  schon  oben  in  Kap.  lY  bei  Besprechung  der  einzel- 
nen Steuern  mehrfach  darauf  hingewiesen,  dass  die  auf  den  einzelnen 
Steuerzahler  entfallende  Steuersumme  nicht  etwa  an  vorgeschriebenen 
Terminen  in  gleich  grossen  Teilzahlungen,  sondern  vielmehr  in  völlig 
ungebundenen  Raten  im  Laufe  des  Jahres  gezahlt  wurde.  Zwar 
zerfiel  die  Jahressumme  in  Monatsraten,  die  normaler  Weise  auch 
monatlich  hätten  gezahlt  werden  sollen  (s.  unten),  aber  thatsächlich 
wurden  diese  Xormalraten  mit  Rücksicht  auf  die  Verhältnisse  der 
Zahler  in  ganz  beliebigen  Effektivraten  entrichtet.  Es  kam  nur 
darauf  an,  dass  am  Ende  des  Jahres  die  ganze  Summe  gezahlt  war, 
und  der  Zahler  nicht  mit  einer  Schuld  angeschrieben  wurde  (Pap. 
Paris.  62  I  9 — 10).  Die  Regierung  nahm  also  weitgehende  Rück- 
sicht auf  die  wirtschaftliche  Lage  der  steuerzahlenden  Bevölke- 
rung. Dass  die  Naturalien  nur  nach  der  betreffenden  Ernte  ent- 
richtet werden  konnten,  versteht  sich  von  selbst.  Aber  auch  bei 
den  Geldsteuern  wurde  Rücksicht  darauf  genommen,  wann  der  Steuer- 
pflichtige zahlungsfähig  war.  Füi*  jede  Ratenzahlung,  die  der  Steuer- 
pflichtige dem  Erheber  übergab,  erhielt  er  von  diesem  eine  Quittung, 
und  zwar  gewöhnlich  auf  einer  Topfscherbe  (vgl.  oben  S.  60  ff.). 

Ueber  die  Zwangsmittel,  die  dem  Erheber  zu  Gebote  standen, 
sind  wir  nur  unvollständig  unterrichtet.  Dass  er  bei  Zahlern,  die 
sich  hartnäckig  weigerten,  zu  körperlichen  Züchtigungen  schreiten 
durfte,  ist  in  diesem  Lande,  wo  die  Bastonade  seit  den  ältesten 
Zeiten  zu  den  beliebten  Regierungsmitteln  gehörte,  a  priori  sehr 
wahrscheinlich  und  wird  durch  die  oben  S.  470  angeführten  Worte  des 
Ammianus  ^larcellinus  direct  bezeugt.  Viel  schmerzhafter  aber  war 
es  dem  Aegj-pt^r,  wenn  es  an  die  Pfändung  seines  Eigentums  ging. 
AVir  wiesen  schon  oben  darauf  hin,  dass  nach  dem  nicht  unglaub- 
würdigen Bericht  des  Josephus  der  Pächter  zugleich  auch  das  Recht 
pachtete,  enventuell  durch  Confiscation  der  oOaia  den  Steuerbetrag 
herauszubekommen.  Einen  urkundlichen  Beleg  dafür  kenne  ich  für 
diese  Zeit  nicht.  Nach  demselben  Josephus  ist  anzunehmen,  dass 
der  Pächter  eventuell  auf  die  Unterstützung  durch  das  Militär  rechnen 
durfte.  Für  die  Ptolemäerzeit  kenne  ich  ausserdem  nur  noch  einen 
Hinweis  darauf,  die  fragmentarische  Stelle  im  Pap.  Paris.  62  VI  21: 
9l  6Dva[i£L^  d7:[oax]£{XavTo[5].  Auch  könnte  man  darauf  hinweisen. 


568 


VI.  KAPITEL. 


dass  Ptolemaios  Philadelphos  das  Edict  über  die  Neuordnung  der 
a.7z6\ioip(X  nicht  nur  den  Civilbehörden ,  sondern  auch  den  Spitzen 
der  Militärverwaltung  mitteilte.  Vgl.  Rev.  Pap.  37.  An  die  Josephs- 
legende dachte  Boeckh,  als  er  die  im  Allgemeinen  doch  zu  schwarz 
malenden  Worte  niederschrieb :  „Uebrigens  sogen  die  Ptolemäer  die 
Länder  gänzlich  aus,  und  die  Steuern  und  Tribute  wurden  mit  be- 
waffneter Macht  von  den  habsüchtigsten  Generalpachtern  eingezogen, 
nicht  durch  Soldaten  darf  man  sagen,  sondern  durch  Räuberbanden." 
Vgl.  Staatshaush.      S.  13. 

Was  die  cpuXaxT^  in  Rev.  Pap.  10,  1  zu  bedeuten  hat,  ist  nicht 
ganz  klar.  Es  ist  an  und  für  sich  nicht  unwahrscheinlich,  dass  mit 
dem  TsXtoviov  ein  Wachtlokal  verbunden  war,  das  eventuell  auch  als 
Schuldgefängnis  dienen  konnte.  Dass  auch  schon  damals  das  für  die 
römische  Zeit  bezeugte  Kpocxzcpioy  bestand,  ist  wahrscheinlich  (s.  unten). 

Gegen  eventuelle  Uebergriffe  der  Erheber  stand  dem  Steuer- 
zahler das  Beschwerderecht  zu.  Im  Pap.  Tur.  V — VII  beklagen 
sich  Pastophoren  beim  Epistrategen  der  Thebais  über  die  Uebergriffe 
des  Oikonomos,  der  Strafgelder  von  ihnen  einforderte  (s.  oben  S.  563). 
Sie  beriefen  sich  in  ihrer  Beschwerde  auf  das  schon  von  früheren 
Königen  erlassene  Gebot  xaivc^eiv".    Der  Pap.  Paris.  61 

(II.  Jahrh.  v.  Chr.,  aus  Memphis)  wirft  ein  grelles  Licht  auf  die 
damaligen  Missstände.  Die  Drangsalirungen  (6caa£La|Jioc)  und  uner- 
laubten Schröpfungen  (TiapaXoyeTaQ  und  Verleumdungen  der  Steuer- 
pächter (vgl.  auxo^av'ceTa'ö'ai)  sowie  auch  Uebergriffe  seitens  der 
Beamten  hatten  damals  Viele  derartig  erbittert,  dass  sie  die  weite 
Reise  nach  Alexandrien  nicht  scheuten,  um  hier  vom  König  selbst 
Schutz  zu  erbitten.  Daraufhin  erging  das  vorliegende  Rundschreiben 
an  die  höheren  Beamten,  in  dem  strengstens  verboten  wird,  irgend 
Jemand  zu  schädigen  (kuTzelv).  Ganz  besonders  aber  richtet  sich  der 
Erlass  gegen  die  Steuerpächter:  [laXtaxa  be  twv  auxo^avTsTv  iTiixei- 
po'JVTWV  TsXtovwv.i)  Die  detaillirten  Bestimmungen  der  ptole- 
mäischen  Steuergesetze  haben  also  doch  nicht  solche  Uebergriffe 
verhindern  können,  und  auch  in  Aegypten  haben  die  „Zöllner"  — 
wohl  nicht  nur  zur  Zeit  dieses  Erlasses  —  den  allgemeinen  Hass 
auf  sich  geladen.-)    Dass  derartiges  häufiger  vorkam,  dafür  spricht 

^)  Vgl,  Z.  8 :  {xaX'.axa  5s  xa-ca  xwv  Tzpoc,  xacg  xsXwvta'.g  svx'JYXavövxwv. 
-)  Vgl.  ausser  Pollux  VI  128,  IX  32  jetzt  aucli  Herondas  VI  64:  zobc,  yap 
X£Aü)vas  Tiaaa  vöv  %•upr^  cpptoasi. 


§  1.     DIE  STEUERERHEBUNG  IN  DER  PTOLEMÄERZEIT.  569 


auch,  dass  der  Pap.  Paris.  62  sogleich  in  seinen  Eingangsworten 

einschärft:  xal  [xy]  ]  [xeXXsTe  (Tjy.ocpavnfjaeiv  [   jxrjSe] 

5[:a]ßaXX£iv,  dXX'  anb  toö  ßsXTtaxou  [TupayiiaTeuea^a]:  xaxa  tou? 
v6[ioug  ztX  (s.  oben  S.  529). 

D.  Die  Rechnungslegung. 

Das  Geld,  das  der  Pächter  vom  Steuerzahler  erhalten  hatte, 
zahlte  er  weiter  an  die  königliche  Bank,  die  Naturalien  aber  über- 
wies er  dem  betreffenden  Ressort  des  Thesauros.  lieber  den  Modus 
der  Ablieferungen  soll  unten  in  §  3  und  4  bei  der  Darstellung  der 
Banken  und  Magazine  gehandelt  werden.  Für  jede  Zahlung,  resp. 
Xaturallieferung  erhielt  der  Pächter  von  der  betreffenden  Verwaltung 
eine  Quittung,  und  zwar  gewöhnlich  auf  einer  Topfscherbe.  Vgl. 
oben  S.  63—80,  98—103,  118  f.,  125,  128  f. 

Feste  Termine  für  die  Ablieferung  an  Bank  oder  Thesauros 
gab  es  nicht  (vgl.  z.  B.  oben  S.  281).  Wohl  aber  gab  es  Termine 
für  die  Abrechnung  mit  den  Behörden:  alle  Monate  fand  ein  6:a- 
Xoyia\L6c,  statt.    Der  Pap.  Paris.  62  IV  13  sagt  kurz  und  bündig: 

{x-^va  1%  Twv  TTiTüTovTWV  Im  T7]V  Tpa.TzeC.a.v.  Detaillirte  Bestimmungen 
über  diese  monatliche  Abrechnung  enthielt  der  Rev.  Pap.  16 — 18. 
Vgl.  auch  54,  20  ff.  Der  Text  ist  jedoch  derartig  lückenhaft,  dass 
im  Einzelnen  Manches  unklar  bleibt.  Danach  hatte  der  Oikonomos 
und  sein  Secretär  über  jeden  Monat  eine  Abrechnung  mit  dem  Steuer- 
pächter abzuhalten,  und  zwar  immer  vor  dem  10.  Tage  des  nächsten 
Monats  (jzpb  zy]q  oexaTY]^  ia[Ta|Ji£vou]  16, 4).  Das,  was  in  einem 
Monat  vom  Pächter  abgeliefert  war,  nannte  man  eine  dvat^opa. 
Auch  die  Pachtraten  der  Thanubis  in  den  Zoispapyri  werden  so 
genannt.  Wiewohl  nun  die  Steuerzahler  in  ganz  freien  Raten  zahlten, 
also  die  Einnahmen  der  Pächter  sehr  schwankende  sein  mussten, 
gab  es  doch  für  die  einzelne  dva^opa  eine  Norm,  denn  sonst  könnte 
in  col.  17,  Iff.  nicht  von  einer  Verrechnung  des  Plus  und  Minus 
der  einzelnen  Monatszahlungeu  die  Rede  sein  {imyi'^r^iLT.  und  vfit'.a). 
Ob  die  Normalraten  etwa  von  vorn  herein  mit  Rücksicht  auf  den 
Zeitpunkt  der  betreffenden  Ernte  für  die  einzelnen  Monate  verschieden 
bemessen  waren,  lasse  ich  dahingestellt;  wegen  der  Schwierigkeit 
der  Berechnung  ist  es  kaum  wahrscheinlich.  Aber  sicher  ist, 
dass  bei  einer  Steuer  die  Torrn  ine  verschieden  normirt  waren: 


570 


VI.  KAPITEL. 


nämlich  bei  der  Biersteuer  rechnete  man  im  Winterhalbjahr  den 
Monat  zu  35  Tagen,  im  Sommerhalbjahr  zu  25  Tagen.  Vgl.  Pap. 
Paris.  62  IV  4  ff. :  a:  6'  avacpopal  (JtspLaO-T^aovTai  xfiq  [xsv  t^uxripotq 

TYj?  y^ElllZplVfiC,  l^a[JL7^V0U  XoyC^O|Jl£VO'J  TOÖ  [Xr^VÖ^  £^  7,|Jt£pö)V  Xe,  zfic, 

6s  I?  fj[Ji£pä)v  x£,  Twv  6'  aXXwv  wvwv  Ix  TOÖ  zaxa  Xöyov 

Twv  ÖTiapxouawv  fx^xp^  toö  a^,  eav  {jltj  etic  tlvwv  aXXo  ti  Xuac- 
TeXlaxcpov  auv^topr^^TjC  etcI  Tipaacto^.  Die  letzteren  Worte  Aveisen 
darauf  hin,  dass  eventuell  bei  der  Verpachtung  besondere  Bestimmun- 
gen über  die  Normirung  der  avacpopa:  vereinbart  werden  konnten. 

In  welcher  Weise  nun  und  unter  welchen  Umständen  das  Plus 
und  Minus  der  auf  einander  folgenden  dvac^opai  gegen  einander  zu 
verrechnen  waren,  darüber  hat  der  Rev.  Pap.  16 — 17  genauere  Vor- 
schriften gebracht,  von  denen  aber  nur  Bruchstücke  vorliegen.  Ab- 
schriften des  monatlichen  hi(xXoyi(Jii6q  erhielten  nicht  nur  die  Gesell- 
schafter des  Pächters,  wie  schon  oben  bemerkt,  sondern  auch  der 
Lokaldioeket  und  der  Eklogist  (Rev.  Pap.  18,  7  ff.). 

Nach  Schluss  des  Jahres  fand  dann  die  Generalabrechnung  statt, 
und  zwar  vor  dem  10.  Tage  des  ersten  Monats  des  folgenden  Jahres 
(vgl.  Rev.  Pap.  18,  9  ff.,  34,  8  ff.).  Hier  wurden  nun  die  Monatsraten 
zusammengezählt,  das  Ergebnis  mit  der  Pachtsumme^),  die  abzu- 
liefern war,  verglichen  und  danach  festgestellt,  ob  Deficit  oder  Ueber- 
schuss  da  war,  oder  aber  die  Pachtsumme  gerade  erreicht  war.  Je 
nachdem  fand  die  Auszahlung  des  ö^covtov  (s.  oben  S.  532f.)  an  die 
Pächter  oder  die  Verteilung  des  Ueberschusses  an  Pächter  und 
Gesellschafter  statt,  oder  aber  es  wurden  die  oben  beschriebenen 
Schritte  gethan,  um  die  Staatskasse  für  das  Deficit  zu  entschädigen. 

§2. 

Die  Steuererhebung  in  der  Kaiserzeit, 

A.  Die  gesetzliche  Grundlage. 

Wie  die  Steuererhebung  in  der  Ptolemäerzeit  durch  königliche 
Gesetze  und  Erlasse  geregelt  war,  so  war  sie  in  der  römischen  Periode 
auf  kaiserliche  Verfügungen  basirt.  In  letzter  Linie  wird  die  aegyp- 
tische  Steuererhebung  der  Kaiserzeit  auf  die  Neuordnung  zurück- 

^)  18,  14  ergänze  etMa:  x:ixf,v  xfjC,  [T^paasto;. 


§  2.    DIE  STEUERERHEBUNG  IN  DER  KAISERZEIT. 


571 


gehen,  die  Augustus  geschaffen  hat.  So  beruft  sich  Ti.  Julius 
Alexander  in  seinem  Steueredict  mehrfach  auf  die  Verfügungen  des 
d'EOC,  liZ^OLOZoq.  Dass  sich  schon  der  junge  Octavian  unmittelbar  nach 
der  Niederwerfung  Aegyptens  im  J.  30  v.  Chr.  mit  dem  Steuerwesen 
Aegyptens  eingehend  beschäftigt  hat,  ist  selbstverständlich;  kaum  ein 
anderer  Zweig  der  Verwaltung  musste  von  solchem  Interesse  für  den 
neuen  Herrn  des  Landes  sein.  Seine  Verfügungen  waren  so  durch- 
greifend, dass  noch  in  demselben  ersten  Jahre  seiner  Regierung  in 
der  Thebais  Sca  Tobq  ^opoi)^  (Strabo  XVII  p.  819)  ein  Aufstand  aus- 
brach, der  dann  durch  C.  Cornelius  Gallus  mit  Waffengewalt  nieder- 
geschlagen wurde.  Die  Steuergesetze,  die  Octavian  vorfand,  haben 
wir  oben,  wenn  auch  in  einer  früheren  Entwickelungsstufe,  kennen 
gelernt.  Wahrscheinlich  hat  er  im  Anschluss  an  sie  neue 
Steuergesetze  in  seinem  Xamen  verkündet.  AVieweit  er  sich  dabei 
an  die  früheren  Bestimmungen  angeschlossen,  wieweit  er  Neuerungen 
eingeführt  hat,  ist  nach  dem  jetzt  vorliegenden  Material  schwer  zu 
sagen.  Einige  Einzelheiten,  die  sich  schon  jetzt  erkennen  lassen, 
sollen  unten  behandelt  werden.  Ein  winziger  Rest  eines  Steuergesetzes 
aus  der  Kaiserzeit  ist  soeben  von  Grenfell-Hunt  als  P.  Oxyr.  I  36 
publicirt  worden.  Er  genügt  nur  gerade  uns  zu  zeigen,  dass  die 
Regulative  in  der  Kaiserzeit  genau  so  detailliii;  waren  wie  in  der 
Ptolemäerzeit.  Auf  die  formale  Aehnlichkeit  mit  dem  Revenue- 
Papyrus  haben  schon  die  Herausgeber  mit  Recht  hingewiesen. 

Ebenso  wie  die  Ptolemäer  das  Grundgesetz  des  Ptolemaios  Soter 
durch  ihre  T.po^zi^(\iOLZOL  und  hiO(.ypy.\i\iy,zoc  und  SiopO-wixaia  beständig 
revidirten  und  mit  den  wechselnden  wirtschaftlichen  Verhältnissen 
und  Bedürftiissen  in  Einklang  erhielten,  so  werden  auch  die  Kaiser 
durch  die  an  die  Statthalter  Aegyptens  gerichteten  Rescripte  an  der 
organischen  Weiterentwickelung  des  augusteischen  Grundgesetzes  ge- 
arbeitet haben.  Auf  ein  solches  Kaiserrescript  bezieht  sich  z.  B. 
Julius  Alexander  in  seinem  Edict  Z.  26:  6  ^£0?  KXa'jSio?  lypa- 
']iEV  ncaT6|JL(0.  Ausserdem  waren  aber  diese  Statthalter  selbst  in  den 
oben  S.  497  angedeuteten  Grenzen  befugt,  durch  Edict  in  demselben 
Sinne  zu  wirken.  Von  solchen  Statthalteredicten,  die  sich  speziell 
oder  doch  vorwiegend  mit  der  Steuerverwaltung  beschäftigen,  sind 
uns  in  den  oben  schon  oft  citirten  Edicten  des  Cn.  Vergilius  Capito 
vom  Jalu-e  49  und  des  Ti.  Julius  Alexander  vom  Jahre  ß><  zwei 
Beispiele  erhalten.    Ein  Hinweis  auf  solche  Edicte  findet  sicli  in 


572 


VI.  KAPITEL. 


BGU  340,24:  xwv  Tuepl  töv  toioutwv  uttö  Tiavitov  yjYepiovtov  TTpo^TS- 
TaY|Ji£Vü)V,  öaxe  |JLY]  TtapaTipaatv  (=  TiapaTcpaaaecv). 

Die  Statthalter  hatten  auch  für  die  nötige  Publicität  der 
Steuerregulative  zu  sorgen.  Dass  auch  in  der  Kaiserzeit  wie  in  der 
Ptolemäerzeit  für  die  Verpachtung  der  Steuern  alljährlich  die  be- 
treffenden Eegulative  von  Neuem  veröffentlicht  wurden  (s.  oben 
S.  514),  ist  mir  sehr  wahrscheinlich.  Aus  Koptos  (s.  oben  S.  347) 
haben  wir  jüngst  einen  Steuertarif  kennen  gelernt,  der  auf  Befehl 
des  Statthalters  in  eine  Stele  eingegraben  und  öffentlich  zur  all- 
gemeinen Kenntnisnahme  aufgestellt  war.^)  Die  Edicte  selbst  aber 
wurden  zunächst  in  Alexandrien  öffentlich  angeschlagen  und  darauf  in 
Abschrift  an  sämmtliche  Strategen  verschickt  mit  der  Weisung,  sie 
sowohl  in  der  Metropole  als  auch  in  den  Dörfern  in  deutlichen  Buch- 
staben zur  Kenntnis  zu  bringen  (CIGr.  III  4956).  Die  Strategen 
der  grossen  Oase  kamen  diesem  Befehle  nach,  indem  sie  die  Texte 
an  dem  ersten  Pylon  des  grossen  Tempels  einbauen  Hessen. 

B.  Die  Erhebuiigssysteme. 

Während  der  Ptolemäerzeit  waren  sämmtliche  Abgaben,  die 
directen  wie  die  indirecten  —  im  gewöhnlichen  Sinne  des  Wortes  — 
nach  einem  System  erhoben  worden,  dem  Pachtsystem.  In  diesem 
Punkte  haben  die  Kaiser  die  Wege  ihrer  Vorgänger  verlassen.  In 
Aegypten  wie  auch  in  den  anderen  Teilen  des  Keiches  sind  sie  von 
dem  ausschliesslichen  Pachtsystem,  das  ja  auch  in  der  römischen 
Republik  —  völlig  ausgebildet  durch  Gaius  Gracchus  —  gegolten 
hatte,  zu  einem  gemischten  System  vorgeschritten,  indem  sie  neben 
der  Pacht  die  Staatsregie  einführten.  Es  soll  hier  zunächst  kurz 
zusammengefasst  werden,  was  wir  bisher  über  diesen  Vorgang  wussten. 

Vorübergehend  hatte  schon  der  Dictator  Caesar  in  das  aus- 
schliessliche Pachtsystem  Bresche  gelegt,  indem  er  es  nur  noch  für 
die  indirecten  Abgaben  bestehen  Hess,  die  directen  aber  z.  T.,  wie 
die  afrikanischen  und  sardinischen  Korn-  und  Oellieferungen,  un- 
mittelbar an  den  Staat  abführen  Hess,  z.  T.,  wie  die  kleinasiatischen 


^)  Der  Name  des  Statthalters  muss  an  der  zerstörten  Stelle  hinter  smxoLyyiQ 
gestanden  haben.  Ungenau  sagte  ich  oben  S.  347,  dass  der  Stein  auf  Befehl  des 
Asiatieus  aufgestellt  sei.    Dieser  that  es  vielmehr  auf  Befehl  des  Statthalters. 


§  2.    DIE  STEUERERHEBUNG  IX   DER  KAISERZEIT. 


573 


Gefälle,  in  feste  Geldabgaben  verwandelte  und  die  Einziehung  der 
Einzelbeträge  den  Steuerdistrikten  selbst  überliess.^)  Was  vom  Dictator 
angeordnet  und  dann  während  der  Agonie  der  römischen  Republik 
wieder  ausser  Kraft  getreten  war,  ist  von  den  Kaisern  nach  und 
nach  als  dauernde  Institution  eingeführt  worden.  Zwar  unter  Augustus 
und  im  ersten  Teil  der  Regierung  des  Tiberius  scheint  die  Einhebung 
im  Allgemeinen  dieselbe  gewesen  zu  sein  wie  in  der  Republik.  Aus 
den  Worten  des  Tacitus  (ann.  4,  6) :  at  Jrumenta  et  peeuniae  vectigales, 
cetera  publicorum  fructuum  sodetatibus  equitum  Romanorum  agitabantur 
folgert  Mommsen  (Staatsr.  11^  S.  1017  A.  1),  „dass  sowohl  die  directe 
Steuer  an  Naturalien  und  an  Geld  wie  auch  die  übrigen  Gefalle 
damals,  wenn  auch  nicht  durchaus,  so  doch  in  bedeutendem  Umfang 
verpachtet  wurden.  Dies  muss  aber,  eben  nach  dieser  Stelle,  schon 
in  der  späteren  Zeit  des  Tiberius  wesentlich  eingeschränkt  worden 
sein,  und  dies  bestätigen  die  Inschriften." 2)  Mehr  und  mehr  scheint 
dann  die  Erhebung  der  directen  Abgaben  „in  die  Hände  der  Ge- 
meinden selbst  übergegangen,  zum  Teil  auch  von  Leuten  aus  dem 
kaiserlichen  Gesinde  wenn  nicht  geradezu  beschafft,  so  doch  in  den 
einzelnen  Gemeinden  beaufsichtigt  worden  zu  sein"  (Mommsen  a.a.O.). 
Als  Leute  letzterer  Art  nennen  die  Inschriften  mehrfach  kaiserliche 
servi  mit  dem  Titel  von  exadores. 

Anders  stand  es  mit  der  Erhebung  der  indirecten  Abgaben. 
Für  diese  blieb  das  Pachtsystem  im  Wesentlichen  bestehen,  so  für 
die  Freilassungs-,  Erbschafts-  und  Auctionssteuer,  sowie  füt  alle  Zölle. 
Bei  den  beiden  ersteren  ist  freilich  nach  Trajan  —  wie  Hirschfeld 
wahrscheinlich  gemacht  hat,  unter  Hadrian  —  die  Verpachtung  mit 
der  directen  Hebung  vertauscht  worden.  Aber  für  die  Zölle  ist  die 
ganze  Kaiserzeit  hindurch  im  Wesentlichen  das  alte  Pachtsystem 
massgebend  geblieben.-'^)  Wie  selbstverständlich  dies  für  die  Zölle 
erschien,  wird  am  besten  durch  Tac.  ann.  13,  50  illustrirt.  Als  im 
Jahre  58  die  Klagen  über  die  Unmässigkeit  der  Publicanen  über- 
hand nahmen,  da  dachte  Kaiser  Nero  nicht  etwa  daran,  die  Pacht 


1)  Mommsen,  RG  IIP  S.  506. 

2)  Vgl.  Marquardt,  StV  ll-^  S.  313.  Otto  Hirschfeld  dagegen  schreibt  schon 
dem  Augustus  „die  Einführung  des  directen  Abgabensystems  im  ganzen  Reiche" 
zu  (RVG  S.  282). 

2)  Vgl.  Mommsen,  Staatsrecht  a.  a.  O.  S.  1018.  Marquardt  a.  a.  O.  S.  312Ö\ 
Vgl.  auch  Cagnat,  les  impots  indirects  S.  87flf. 


574 


VI.  KAPITEL. 


durch  Regie  zu  ersetzen,  sondern  die  Zölle  selbst  aufzuheben. 
Er  zog  es  dann  freilich  vor,  lieber  durch  schärfere  Controle 
das  Pachtsystem  zu  verbessern.  In  sofern  unterscheidet  sich 
überhaupt  das  kaiserliche  Pachtsystem  von  dem  alten  republi- 
kanischen, als  die  Kaiser  eine  intensive  Controle  einführten,  die 
früher  gemangelt  hatte:  teils  wurden  „den  einzelnen  Hebestellen 
kaiserliche  Beamte  von  Ritterrang  vorgesetzt,  teils  ein  Teil  der 
subalternen  Stellen  mit  Freigelassenen  und  Sclaven  des  Kaisers 
besetzt."^)  Ueber  die  Verbesserungen  Nero's  berichtet  Tacitus  a.  a.  O. 
folgendes;  ergo  edixit  jprinceps,  id  leges  cuiusque  puhlici,  occultae 
ad  id  tempus,  proscriberentur ;  omissas  petitiones  non  idtra  annum  resu- 
merent;  Romae  praetor,  per  ^wovincias,  qui  pro  praetor e  aut  comule 
esseyit,  iura  adversus  publicanos  extra  ordinem  r edder ent;  militibus 
immunitas  servaretur,  nisi  in  iis,  quae  veno  exercerent;  aliaque  ad- 
modum  aequa,  quae  brevi  servata,  dein  frustra  habita  sunt.  Manet 
tarnen  abolitio  quadragesimae  quinquagesimaeque,  et  quae  alia  exactionibus 
illicitis  nomina  publicani  invenerant.  Temperata  apud  tran&marinas 
provincias  frwnenti  subveetio;  et  ne  censibus  negotiatorum  naves  ascribe- 
rentur  tributumque  ^yro  Ulis  ender  ent,  constitutum.  Ob  die  hier  an- 
geordnete Publicirung  der  Pachtgesetze  2)  auch  für  Aegypten  etwas 
Neues  gebracht  hat,  ist  sehr  fraglich.  Waren  hier  doch  schon  die 
ganze  Königszeit  hindurch  die  betreffenden  Gesetze  stets  öffentlich 
kund  gegeben  worden. 

Das  -stären  etwa  in  kurzen  AVorten  die  Hauptdaten,  die  uns 
bisher  über  das  Erhebungssystem  der  Kaiserzeit  bekannt  waren.  Es 
ist  nun  unsere  Aufgabe  zu  untersuchen,  w-ie  sich  unsere  aegyptischen 
Urkunden  zu  diesem  Bilde  verhalten. 


Mommsen,  Staatsr.  IP  S.  1019. 
^)  Diese  leges  cuiusque  j)ul}lici  entsprechen  den  oben  behandelten  vö|iot 
xsXwvixoL,  im  Besonderen  dem  Eeveniie-Papyrus,  der  von  Abschnitt  B  an  gleich- 
falls für  jede  einzelne  Abgabe  das  Regulativ  enthielt.  Für  die  Kaiserzeit  ist 
jetzt,  wie  oben  bemerkt,  P.  Oxyr.  I  36  zu  vergleichen.  —  Aus  dem  übrigen 
Reichsgebiet  könnte  man  als  Analogie  etwa  die  lex  meialli  Vipascensis  (Ende 
des  I.  Jahrh,  n.  Chr.)  anführen  (Bruns,  font.  iur.  Rom.^  S.  266).  Auch  hier 
sind  die  Bestimmungen  nach  den  einzelnen  Pachtobjecten  geordnet.  Aucli  die 
„in  einander  greifende  Geschäftsführung  des  procurator  metallorum  und  der 
pachtenden  Gesellschafter",  die  Mommsen  (Staatsr.  IP  S.  1019  A.  1)  mit  Recht 
als  „merkwürdig"  hervorhebt,  findet  mutatis  mutandis  in  der  concurrirenden 
Thätigkeit  der  Oekonomen  und  der  Pächter  des  Revenue-Papyrus  ihre  Parallele. 


§  2.    DIE  STEUEREKHEBUXG  IN  DER   KAISERZEIT.  575 


Ich  habe  die  sämmtlichen  in  Kapitel  IV  behandelten  Steuern 
auf  die  Erhebungsform  hin  untersucht  und  will  hier  das  Ergebnis, 
das  auch  für  manche  andere  Fragen  von  Wert  sein  kann,  in  extenso 
mitteilen.  Für  manche  Steuern  ist  es  zur  Zeit  unmöglich  den  Er- 
hebungsmodus zu  erkennen,  denn  Auskunft  geben  uns  unter  den 
Ostraka  nur  die  Erheberquittungen  und  auch  von  diesen  nur  die- 
jenigen, die  dem  Xamen  des  Erhebers  den  Titel  hinzufügen,  während 
die  Bank-  und  Thesaurosquittungen  auf  diese  Frage  keine  Antwort 
geben,  da  sie  den  Steuerzahler,  nicht  den  Erheber  nennen.  Er- 
gänzend treten  die  Papyri  und  Inschriften  hinzu.  Wir  betrachten 
als  verbrachtet  diejenigen  Abgaben,  die  durch  TSAwva:.  6y;»JiGaL(i)vaL, 
[iiaO-w^ai.  h(Xr^7:zo^tz.  izzO:f^z6-:tz,  TTpaYpiaTc'jTac  oder  aa)(oXo'j(Ji£vo'. 
erhoben  werden,  dagegen  als  nicht  verpachtet  diejenigen,  deren  Er- 
hebung den  7:paxTGp£c,  Ä^aiTT^Tai  oder  den  [xia^wral  ''&pa;  r^uXr^c, 
^OY^Yf^z  oblag.  Doch  kommen  a-aiTr^Ta:  auch  bei  Einforderungen 
von  Rückständen  verpachteter  Steuern  vor.  Die  sTrir/jpr^TaL  begegnen 
in  beiden  Rubriken  und  entscheiden  daher  die  Frage  nicht,  wo  sie 
allein  nachweisbar  sind.  Die  Begründung  dieser  Auffassungen  wird 
unten  folgen.    Wir  geben  zunächst  die 

TabeUe.i) 
A.  Verpachtete  Stenern. 

Teag?  ayopavo^iia?  §  1.         zz/mtc^z:  1053,  1419. 

Iya(t^7:tü)p)  ....  V  aYopa(vo[iiac): 
P.  8953. 

&r^|ioaiu)vr^c:  P.  Oxyr.  I  44  (8  f.  toO  to 
ÄYopav6|itov  5Yjp,oa'.ü)vö)v. 

aa/oXG'jfJLSvo?:  P.Oxyr.I  44  (23  twv  — 
TG  yp7,'^zlo'^  do/oAGUfisvcov). 

iTTixTQpr^TY)?  teXod;  dcYapavo[i(ia$)  i 
1330,  1331. 


^1  Dio  §§  sind  die  des  IV.  Kapitels,  Die  Zahlen  ohne  nähere  Bestimmung 
sind  Ostrakanummern.  Was  nach  der  Drucklegung  von  Kap.  IV  an  Texten  mir 
bekannt  wurde,  ist  hier  mit  aufgenommen.  Die  mit  P.  angeführten  Nummern 
sind  noch  unpublicirte  Texte  des  Berliner  Museums.  Es  sind  oben  nur  die- 
jenigen Belege  auftreführt,  die  für  die  Frage,  ob  die  Steuern  ver- 
pachtet oder  nicht  verpachtet  waren,  in  Betracht  kommen. 


576 


VI.  KAPITEL. 


lyß'uripoL  §  7. 

zeXoc,  Ä[Jia5(a)v)  §  10. 

ßaX(avcx6v)§22.Vgl.S.168. 


ziXoc,  yspOLWv  §  26. 


e-^y/j-AAioy  §  35. 


eXaVpa  §  38. 
exa'.pLxov  §  52. 


TeXo;  YjTwYJTWV  §  57. 


|jica^a)T%:  BGU  485. 

xeXwvYi?:  1054,  1057,  1261. 

TsXwvT]^  -ö-yjaaupoö  Lspwv:  782,  786, 
789,  795  —  798,  807,  815,  819, 
842  —  846,  857,  862,  871,  877, 
882,  885,  1251,  1252,  1415,  1417. 

iTutTYjpyjTY]?  '9'r/aaupoö  cepwv:  780,  781, 
784,  849,  853,  857,  863,  916,  919, 
924,  928,  932,  955,  1020,  1426, 
1452. 

[jLLCj'9'ü)Tyj^  aTTo^oCpa?)  ßaXavecou:  BGU 

362  IX  2  f. 
TEAwvYj?:  650,   1040,   1059,  1060, 

1063,  1064,  1067,  1077,  1416, 

1551. 

£7itTyjpY]TYj^  ziXouq  Y£pSt(i)v:  574,  660, 

664,  680,  1073,  1332. 
[jica^WTY]^  elhouq  iyy.\jx)do\j:  P.  Paris. 

17.  Vgl.  P.  Leipz.  5. 
aa)(oXo6(X£vog  t6  eyxuxXLOv:  BGU  748 

II  5  und  P.  Oxyr.  I  44. 
6  Im  zfic,  iyKuxXiou:  P.  Oxyr. I  96.^) 
£7rLTYipy]Tyj(;  ziXouc,  lyxuxXcou:  1066, 

1454.  P.  Bibl.  Nat.  Par.  Suppl.  Gr. 

910.2) 

leXthyTiq:  1157. 
teXwvy]?:  83. 

[[xcaO-wxyj^]:  P,  Grenf.  (II)  41  (ot  £xat- 

pLaptaia  [jLcaO'Oupi£vo:). 
T£Xü)vr^?:  464. 


^)  Die  Herausgeber  lesen  Z.  2:  Aioysvr^s  °  auvaAlXay.xfjg?)  S7:l  x'^(g) 
svxuxX[lou].    Ich  vermute  6  auv  (3cX(Xo!,g)  xxX. 

2)  In  diesem  noch  unpublicirten  Text  las  ich :  [ys]vd|j,[s]vos  7zpdy.xü)p  xal 
e7CLXYjpr^x(Yj5)  svxu>tX£io(u),  v'jvt  y.xX.  Natürlich  ist  der  Mann  nicht  Tipäxxwp 
und  STiixT/pr^xr/S  zu  gleicher  Zeit  gewesen,  und  so  ist  auch  Ttpaxxwp  nicht  mit 
swy.uy.Xiou  zu  verbinden.  Es  ist  etwa  ein  dpyjpiy-wv  hinter  Tipdxxwp  zu 
ergänzen. 


§  2.    DIE  STEUERERHEBUNG  IN  DER  KAISERZEIT.  577 


xXecv£VT(.  .)  §  64. 

\oLyJjx^n%6^i)  §  72. 
zkXoc,  6yy}k(oLaia<;)  §  88. 
6p|xocpi)Xax(a^  §  89. 


7i£VTy)xoaTYj  (e^ay^y^g)  §  91. 

TrevTYjxoaTT;  (ec^aywy^?)  §  92. 
tIXo?  Taf^wv  §  121. 


6V%T^  §  126. 

.  .  .  9o]Lvt%(.  .)  §  129. 

TcevTYjxoaTY]  d)v:ü)v  §  138. 


dLTioazoXioy  §  141. 
Ypa^etou  §  147. 

5c7tXa)|jLaTO?  ovwv  §  153. 

WiLCKEN,  Ostraka. 


j  e^z',zr^prlTod  ziXouc,  YjTur^TüJv:  1069  — 
1072. 

xeXwvYi^:  185,  187.    P.  8598. 
TsXwvTj?:  787. 

teXwvy]?:  1054,  1057,  1261. 
Ixia-ö-töTYj?  elbouc,  öpixo^uXaxta?:  262, 

263,  274,  277. 
aaxoXo'jfxevo^  xrjv  6p(xo^i)Xa7wtav :  302 

—  304,  1276. 
TeXtovY]?:  150,  801,  806. 
7i£VTYjxoaT((ovr;^  ?) :  43. 
xeXwvr^?:  1569. 
TeXwvYj?:  1062,  1065,  1585. 
eTTL-nQpr^TYjis  xIXoix;  L[xaTi07T;a)X(a)v) :  658, 

1462,  1591. 
TeXwvYj?:  1031. 
TsXwvy]^:  35. 
xeXwvr^?:  1056,  1076. 
Der  aTiaiTYjTT^?  zieht  Rückstände 

einfür:  |ji£pLa{ioö  TOVXYjxoax'^?:  1329, 
wvtwv  resp.  [A£pLa[AOö  ü)vl(i)v:  560,  562. 

1445, 

|jL£p:a|jLoö  teXod?  wvcwv:  553,  588,  589, 

597,  607,  608,  611,  1439. 
|iepcafioö  £vXet[JL(xaTO(;  tcXwvlxöv  (wvt- 

ü)v):  558,  568,  590,  596,  643,  646, 

1249,   1250,  1438,  1442,  Ostr. 

Ashmol.  Mus.  480. 
T£Xa)vy}?:  BGU  340. 
8Yj[ioa:a)V7]5  tIXod?  xaiaXo^Laii-wv  (un- 

publ.  Papyr.) 
5taaxoXo6[i£vo;  zobc,  y.(xz(xXo-^:Q\i.o\)q: 

P.  Oxyr.  I  45—47. 
[xiaO'Wiyj^:  Tarif  von  Koptos. 
aa)(oXou[X£V05 :  P.  Oxyr.  I  44.  Vgl.  oben 

unter  ayopavoiita^. 
(xiaO-WTYj^  hnzX(ji\Lcczoq  övü)v:  BGU  213. 

37 


578 


VI.  KAPITEL. 


?tou  §  181. 
zkXoQ  \x6<T/ou  §  188. 
ai)|xß6Xou  xa|ji^Xa)v  §  200. 


a^payiaiJioö  [xca/ou  §  201. 

TexapTYJ    Tü)V  £L?9£pO[X£VÜ)V 

§  205. 


[jLLa^toTYj^:  BGU  617. 
lyXCi^TiTwp):  P.  Grenf.  (II)  60. 
7ipaY[xaT£UT7^?:  BGU  383.1) 
TcpayfjLaTeuTY]?     Ipyjfxo^uXaxca?:  P. 

Grenf.  (II)  58. 
(xia'ö'WTyjg  Ipy^fio^uXaxia^  (unpubl.  Pa- 

TipaYfJLaTeuTi^i;:  BGU  356. 
Verpachtet  Dach  Plinius  h.  n.  VI  84. 

TcapaXYjjJtTiTyj?:    Peripl.    mar.  Erythr. 
S.  19. 


B;  Nicht 

r£W|X£Tp:a;  a[jL7i£Xa)V(i)v  §  12. 
[X£p:ap,oö  ava^  §  13. 


[X£pLa[ioö  av5  §  14. 
dvBpiavTwv  §  15. 


dvvöva  §  16. 


|X£pLa[JlOÖ   aTTGpWV   §  1 

ayupou  §  21. 


ßaXavLxov  §  22. 


verpachtete  Steuern. 

:TpaxTO)p:  580. 

TipazTwp:  101,  135,  556,  564,  579, 

585  u.  s.  w. 
eTZiTf]py]Ty]q  hpoiq  nulriq  2ot^vy]?:  135. 
aTraiTTiTT^?:  559,  603,  604. 
TipaxTwp:  71,  72,  105,  178—180, 

249,  254. 
[iia^WTY]?  ^£pa?  Tzulriq  SoYjvyj?:  182, 

183,  201. 
irj.rfiprizriq  1.  tz.  Sot^vyj?:  151,  154  — 

156,  171,  1272.  ^ 
TipaxTtop:  273. 

£7rcTY]pYjTal  Tc([XYj(;)  olvou  xal  90i(v{- 
xtov):  1264.  Vgl.  662,  1574—1576. 
TTpaXwTWp:  613. 

axi»p07ipax(T(i)p):  936,   1012,  1015. 

anocizriTriq:  1431. 

TüapaXVjfJLTiTYj?:  1433. 

ßaX(av£ug):  1368,  1370. 

TipaxTwp:  390  (vgl.  1032,  1033,  1035, 
1036),  501,  516,  518—520,  525, 
526,  532,  536,  542  —  544,  546, 
548,  555,  565 — 567  u.  s.  w. 


Der  ^oixdpyjiC,  in  BGU  463  wird  unten  erklärt. 


§  2.    DIE  STEUERERHEBUXG  IN  DER  KAISERZEIT. 


579 


Y£ü)(X£Tpi'a;  §  27. 


SotXwv  §  32. 


5ia>puY05  §  33. 

Blqy.piv,y.6y  §  36. 
evocxLov  §  41. 

t  §  42. 

£7tL(5£XaTOV)  §  47. 

iTCLxapacou  §  50. 
xva^ixT^  §  66. 

Xl>VY]Y£TlXÜ)V  BopflCTWV  §  69. 

Xaoypacpi'a  §  71. 


XayavoTCtoXwv.  §  72. 
Xoytia,  §  74. 


ji£p'.a|i6;  §  75. 


äTzaiz-qvfiq:  538,  539,  1061. 
TcpdtxTwp:  513,  576,  587,  593 — 595, 

599,  1292,  1423, 1427, 1434,  1435, 

lo72,  1579,  1581. 
TüpaxTCDp:  163,  164,  169,  578,  600, 

605,  610,  613,  622,  625,  633,  637, 

1291,  1429,  1477. 
irj-ifipriVfi^;:  85. 
TTpaxTWp:  259. 
öcTraiTYjn^?:  577. 
TipaxTWp:  136. 

TTpaxTwp:  292,  644,  1420,  1580. 
imvqprizyiq:  BGU  293. 
TipaxTtop:  533. 
TTpaxTWp:  232. 
TcpaxTtüp:  64,  67. 
axpaTitOTYjg:  1487. 
Priester  (?):  BGU  337,23. 
TrpaxTODp:  579,  1247,  1248. 
TTpaxTwp:  37—39,  41,  46,  49,  51—55, 

57,  61 — 65  u.  s.  w.  (Syene), 

516,  525,  530,  536  u.  s.  w.  (Theben), 

BGU  41  (Faijüm). 
ETciTrjpTjrif]?:  85,  [86]. 
(ica'9'ü)Ty;(;  itpöiq  TcuXr^?  Sor^vyj?:  106, 

113  —  116,  118,  119,  129,  130, 

140,  141  u.  s.  w. 
inivriprizric,  L  tzuX.  Sot^vy]?:  123,  125, 

140,  141,  144,  148,  151,  152  u.  s.  w. 
dTracTyjTYj?:  Ostr.  Brit.  Mus.  12696, 

12713. 
Priester  (?):  BGU  337. 
TZpoGTOcvfiq  O'£o0  oder  ^Evv^ai?:  412  — 

418,  420. 
TipaxTwp  a'.TLxwv:  BGU  515. 
TrpaxTwp:  95—99,  170, 173, 174  u.  s.w. 
dcTwaL-r^TT^?:  549 — 551,  561,  615,  652, 

1443. 

37* 


580 


VI.  KAPITEL. 


Y  eixaafxoö  p,upoß(aXavü)v) 
§  76. 

YVO[x(..)  |JLupo|3(aXava)v)§77. 


vaußiou  §  78. 

vauXoSüxwv  §  79. 
vauTiyjYwv  §  80. 
cpopo^  vo[iö)v  §  82. 
7rXiv^(.  .  .)  §  96. 

TlXotOl)  TUp£TO)pLOU  §  97. 

7roTa|Ji09uXaxca^  §  99. 


7lpo^Y.zop^o\)  §  100. 
|jL£pLa[jLO'j  TipeaiSLou  §  101. 
'-popoc,  TipoßaTWV  §  102. 


TrpoaO-eiJia  §  104. 

TipOUpLOU  §  107. 

-poxG  .  .)  §  108. 
avwOTteXwv  §  113. 

§  116. 
OTE^avou  §  118. 


awfxa-Lxov  §  120. 
xeXo^  xfj?  Tsiapir^?  §  123. 
Tpocpwv  5£X(cpa7.(i)v)  §  125. 
7cpO(;ö6ü)v  cpocv'xCwv)  §  127. 
zi\ific,  5yj[x.  90Lvtxo?  §  128. 


iTzizr^prixTic,:  1460. 
aTTaiTr/TY]?:  1460. 

[xiaO-WTYj^  hp&c,  7i6Xyj(;  lior}vri^:  296. 

STTlTr^pYiTYj?  L  TÜUX.  SoT^VY]?:  297  —300. 

aTTaiTYjTYi?:  298—300. 

TrpaxTwp:  BGU  662.  P.  7248,  7304. 

P.  LoDd.  CCCLXXX. 
TipaxTWp:  1477. 
TcpazTWp:  672. 
TipeaßuTepoL:  BGU  345  b. 
aTraiTr^TTj?:  572,  592,  1421. 
TipaxTWp:  293. 

TipaxTwp:  87,  89,  90,  108,  112,  120, 
122,  124,  127,  131.  132,  134,  139, 
142,  143, 145—147,  162, 169,  287, 
293,  507,  1241,  1573. 

inizYiprizric,:  91  (?). 

dTiacxrjxr^g:  517. 

dTcaixTjTYj«;:  621. 

TTpaxTtop:  BGU  41. 

Tipeaß'jTEpOL  %(h\iri(;:  BGU  63,  199, 
382.  P.  Lond.  CCLV. 

Ttpaxxtop  aiTixwv:  834,  841,  1013. 

aTracnrjTY]^  xu(a|iO)v):  973. 

TTpaxTwp:  271. 

d-aLTr^TY];:  1577. 

TrpdxTtop:  [249],  286,  497,  505,  514, 

515,  520—524  u.  s.  w. 
TipdxTwp:  145—147,  273,  278,  287, 

293. 

6  ItwI  twv  Tuapa*''-:  1298. 
TipdxTwp:  BGU  62,  362  I,  452,  458, 
518. 

Xaoypd^oi  (?):  1052. 

6  Tcapd  Toö  ayopayopiou:  1363. 

TzpdxTWp:  [265]. 

TipdxTwp:  276. 

TupdxTCOp:  84,  93,  III  u.  s.  w. 


§  2.    DIE  STEUERERHEBUNG  IX  DER  KAISERZEIT.  581 


(fOtVlTtWVWV  §  131. 


[§  134. 

cpi)Xa7w(i)v  oder  ö4'a)VL0U  cpuX. 
)(£cpwva5:ov  §  135. 


X(i)|jiaT(i)V  §  136. 


dp lO-iJiYjT  1x6 V  §  142. 


(pöpo?  ßowv  §  144. 
^opoq  ßwixöv  §  146. 
5£p|jiaT(i)v  §  149. 
^uYoaTaaiou  §  165. 
^uTYjpa  §  166. 


yevöv  (^wypacptxwv  §  167. 


jiia^WTYj?  hpötq  ^z{)Xr^q  SoT^vr^i;:  255. 
eTi'.n^pyj-ürj?  tiuX.  Sot^vy];:  159. 
TtpaxTWp:  649. 

[xca^tOTY]^  lepa?  t^'jXy]?  Soyjvr^g:  88, 

184,  210,  238,  1610. 
smnrjpT/TYj?  l.  ttuX.  Soi^vyjg:  157,  267, 

268. 

TipaxTwp:  581,  616,  1477.  P.  8414. 
TTpaxTtop:  40,  45,  50,  67,  77,  78,  80. 
jicaO-wxYj^  hpaq  ttuXy]?  Sot^vy^?:  110, 

133,  181,  193,  194,  206,  207,  250. 
ETctTrjpyjTal  c.  7tuX.2or^vy;(;:  153, 166(?), 

167,  168,  175,  194,  195,  199,  291. 
TupaxTwp:  498,  518,  519,  526,  528, 

531,  532,  537,  542,  544,  546,  u.s.w. 

BGU  99,  214. 
dTtaiTYjnfj^:  538,  539. 
7ip£aß'jT£poL  y.(ji\ir^q:  BGU  214. 
TipaxTwp:  BGU  330,  342  b.  P.  7376. 

P.  Lond.  CCCXXX. 
dTra'.TTjTYj?:  BGU  342  a. 
TTpaxTWp:  BGU  25. 
TipaxTwp:  BGU  199. 
TTpdxTwp:  BGU  655. 
Priester  (?):  BGU  337. 
TcpdxTwp:  Wessely,  Zythos  etc.  S.  43. 

Vgl.  P.  8414. 
Twpeaß'jTEpo:  xwjiYj?:  P.  Lond.  CCLV. 
TipaxTwp:  BGU  25,  652.0 


In  BGU  10  begegnet  derselbe  Posten  unter  der  Ueberschrift  s-i- 
xripYfXod  TsXcovtxwv.  Auch  dass  S'.wp'j/os  Bouß(aaxo'j)  darunter  ist,  passt  nicht 
zu  dem  oben  über  8tü)pu;(og  ermittelten.  Freilich  ist  dieser  Widerspruch  nicht 
80  stark  wie  der  andere,  weil  ja  vielleicht  verschiedene  Kanäle  verschieden 
behandelt  sein  könnten.  Da  sich  sonst  keinerlei  Widersprüche  finden,  so  ist 
hier  vielleicht  der  Ausdruck  xsXtov.y.öv  nicht  ganz  genau  zu  nehmen,  nicht 
ausschliesslich  auf  die  verpacliteten  Steuern  zu  beziehen.  Sonst  müsste  mau  an- 
nehmen, dass  eine  und  dieselbe  Steuer  bald  so  bald  so  behandelt  wäre.  BGU  277, 
eine  ähnliche  Urkunde,  entscheidet  diese  Frage  nicht. 


582 


VI.  KAPITEL. 


TeXeafjia  xafxi^Xwv  §  174. 
{lovoSeafita^i)  yopzo\}  §  187. 


'jocuXov  TzXolou  §  190. 
Tzpoqohm  olxottsSwv  §  194. 
(^opoi;  ttXolwv  'Avtwv.  oua. 
TapL^euTcov  §  202.    [§  196. 
^tXav^ptoTiou  §  21 1. 
'^opoc,  yj,aov  §  216. 


^paxTwp:  BGU  41,  219. 

TipaxTWp:  BGU  711.  Wessely,  Zythos 

etc.  S.  43. 
TupeaßuTspoL  x(i)|xyj?:  BGU  334,  431, 

711. 

TipdxTtop:  BGU  645  b. 
TcpaxTtop:  BGU  41,  652. 
TTpaxTwp:  BGU  212,  653. 
Priester  (?):  BGU  337. 
TipaxTwp:  BGU  652. 
TipaxTwp:  BGU  652. 
TipaxTWp:  P.  7197. 
TipaxTwp:  BGU  61.   P.  7248.  Vgl. 
P.  7304. 


Gruppiren  wir  zur  besseren  Uebersicht  die  Einzelheiten 
nach  der  auf  S.  408  gegebenen  Abgabentabelle,  so  ergiebt  sich 
folgendes  Bild. 

Die  Gebühren  sind,  soweit  sich  der  Erhebungsmodus  überhaupt 
feststellen  lässt,  mit  einer  Ausnahme,  sämmtlich  verpachtet,  nämlich 
das  zzXoq  ayopavoixta^  und  Ypa^ecoi)^)^  das  zlhoQ  6p(jio^i)Xaxcac, 
das  aTToaxöXiov,  das  xiXoc,  xaTaXo)(ca{xö)V  (in  §  140),  das  St7tXa)|xa 
övtDv,  die  au[jißoXa  xaixi^Xwv  und  der  acppayLaixöi;  \i6ay^o\j.  Dagegen 
Avird  unmittelbar  erhoben  das  vaöXov  TzXoiou. 

Von  den  Vermögensteuern  wird  die  Schweinesteuer  ver- 
pachtet, dagegen  die  Schaf-,  Rinder-  und  Kamelsteuer  direct  erhoben. 

Die  Grundsteuer  w^ird  in  allen  controlirbaren  Fällen  unmittel- 
bar erhoben,  so  die  von  Wein-  und  Palmenland,  auch  die  annona, 
und  das  Tipo^'ö-Sfia.  Wahrscheinlich  wird  man  das  Resultat  auf  alle 
Arten  von  Grundsteuern  verallgemeinern  dürfen. 

Desgleichen  wird  die  Gebäudesteuer  (evotXLOv)  direct  erhoben. 

Bei  der  Gewerbesteuer  ist  eine  Mischung  der  Systeme  zu 
constatiren.  In  Syene-Elephantine  zwar  wird  sie  unter  dem  einheit- 
lichen Namen  )(£Lpa)va^LOV  regelmässig  direct  erhoben.    Im  Einzelnen 


^)  Diese    an  sich  zu  fordernde  Form  las  ich  jetzt  am  Original,  nicht 

Weshalb  das  ypatpsioü  jetzt  unter  die  Gebühren  zu  setzen  ist,  wird  in 
den    Zusätzen  und  Berichtigungen"  mitgeteilt. 


§  2.    DIE  STEUERERHEBUNG  IN  DER  KAISERZEIT.  583 


erkennbar  ist  hier  nur  das  Gewerbe  der  Xcvu^o:  und  XcvoTiöXa: 
(vgl.  S.  323  f.).  Dagegen  ist  in  Theben,  wo  jede  Gewerbesteuer 
unter  ihrem  speziellen  Xamen  begegnet,  die  Erhebung  der  Wagen- 
und  Eseltreibersteuer,  der  Weber-,  Flickschneider-,  Kleiderhändler- 
und  Prostituirtensteuer  verpachtet,  während  andrerseits  die  Steuern 
der  Fährleute  (vauAoSoxot),  Schiffszimmerer  und  Gemüsehändler  direct 
erhoben  werden.  Das  ysipwva^iov  von  der  xottt]  xpc/o?  (§  181) 
im  Faijüm  ist  verpachtet.  Da  bei  so  ^^elen  der  uns  bekannten 
Gewerbesteuern  der  Erhebungsmodus  nicht  feststeht,  so  lässt  sich 
zur  Zeit  nicht  sagen,  ob  bei  der  Gewerbesteuer  in  Theben  die 
Verpachtung  oder  die  Regie  stärker  gewesen  ist.  Dass  in  Syene- 
Elephantine  alle  Gewerbesteuern  direct  erhoben  wurden,  ist  schon 
wegen  des  allein  üblichen  Gebrauches  der  allgemeinen  Bezeichnung 
/£Lp(Ova^iov  wahrscheinlich.  Immerhin  ist  die  Frage  offen  zu  lassen,  ob 
wirklich  in  Svene  dieselbe  Steuer  direct  erhoben  wurde,  die  in  Theben 
verpachtet  war.^)  Wir  haben  bis  jetzt  keinen  directen  Beweis  dafür. 

Einheitliche  Behandlung  tritt  uns  wieder  bei  den  Einkommen- 
steuern entgegen:  die  Kopfsteuer,  die  Tüpo^oSwv  (^O'.vixwv  und 
TüpogoStov  oixo7;£$o)V  werden  sämmtlich  direct  erhoben. 

Dasselbe  gilt  von  den  zahlreichen  Zwangsbeiträgen  für  be- 
stimmmte  Zwecke,  die,  soweit  überhaupt  controlirbar,  sämmtlich 
direct  erhoben  werden,  nämlich  die  Statuen-  und  Armensteuer,  die 
Kanal-  und  Jagdspiesssteuer,  die  Abgabe  für  das  Xaubion,  das 
Statthalterschiff,  die  Flusswachtschiffe  und  ihre  Stationen,  für  das 
Tipo'jpiov,  für  die  Warten  und  Wächter,  für  den  Kranz  und  die 
Dämme,  endlich  für  das  ^cp',^'[i.r^v,y,6y  und  das  cpiAav^p 0)7:0 v.  Auch 
die  Badsteuer  wird  direct  erhoben,  soweit  es  sich  um  kaiserliche 
Bäder  handelt;  nur  die  Abgabe  von  den  den  Tempeln  gehörigen 
Bädern  ist  an  leXöva:  -ö-yjaaupoO  fepöv  verpachtet. 

Die  Verkehrssteuern  sind  sämmtlich  verpachtet.  Dass  auch 
die  Abgabe  für  die  wv.a  trotz  des  aTüaiXYjTi^^  verpachtet  war,  soll 
unten  gezeigt  werden. 

Welcher  Modus  bei  den  Verbrauchssteuern  beobachtet  wurde, 
lässt  sich  aus  dem  vorliegenden  Material  nicht  erkennen. 

Dagegen  scheinen  unter  den  indirecten  Steuern  die  an  den 
Grenzen  erhobenen  Verbrauchssteuern,  d.  h.  die  Zölle  sämmt- 

^)  Dass  die  XivjcpO'.  mit  den  '(ip^io:  nicht  zu  identificiren  sind,  ist  nach 
S.  268  wahrscheinlich. 


584 


YI.  KAPITEL. 


lieh  verpachtet  gewesen  zu  sein.  Die  Binnenzölle,  d.  h.  die  lokalen 
Aus-  und  Einfuhrzölle  sind  verpachtet.  Dass  auch  die  Thoraccise 
verpachtet  war,  ist  sehr  wahrscheinlich,  lässt  sich  aber  nicht  erweisen. 
Die  Einfuhrzölle,  die  in  den  Häfen  des  roten  Meeres  erhoben  wurden, 
waren  nach  Plinius  h.  n.  VI  84  zur  Zeit  des  Claudius  gleichfalls  ver- 
pachtet. Wenn  ich  oben  S.  399  den  7tapaXrj|ji7tTyj^  des  Periplus 
maris  Erythraei  als  Beamten  erklärt  habe,  so  ist  das  gewiss  richtig. 
Dagegen  sind  mir  die  weiter  daran  geknüpften  Ausführungen  zweifel- 
haft geworden.  Vielleicht  war  der  TrapaXi^fATrTYj^  der  Beamte,  der  die 
von  den  Pächtern  erhobenen  Zölle  in  Empfang  zu  nehmen  hatte, 

Unter  den  im  Innern  erhobenen  Verbrauchssteuern  kennen 
wir  nur  von  einer  den  Erhebungsmodus:  die  Biersteuer  wurde  direct 
erhoben. 

Von  den  Tempelabgaben  der  Kaiserzeit  lässt  sich  der  Modus 
nur  für  die  Xoyeca  erkennen.  Diese  wurde  teils  von  den  beteiligten 
Priestern  selbst,  teils  von  izpdxzopzq,  also  direct  erhoben. 

Fassen  wir  das  Gesagte  zusammen.  Das  Pachtsystem  blieb 
in  der  Kaiserzeit  bestehen  bei  den  Gebühren  (ausser  dem  vaöXov 
TcXotou),  den  Verkehrssteuern  und  den  Zöllen.  Regie  wurde  ein- 
geführt für  die  Vermögensteuern  (ausser  der  Schweinesteuer,  vgl. 
jedoch  unten  S.  586),  für  die  Grund-  und  Gebäudesteuer,  die  Ein- 
kommensteuer (darunter  die  Kopfsteuer)  und  die  Zwangsbeiträge. 
Gemischt  war  das  System  bei  den  Gewerbesteuern,  wenigstens  sicher 
in  Theben. 

Es  darf  hierbei  nicht  ausser  Acht  gelassen  werden,  dass  die 
Systemfrage  in  zahlreichen  Fällen  durch  das  vorliegende  Material 
überhaupt  nicht  beantwortet  wurde.  Es  bleibt  daher  abzuwarten, 
ob  durch  weiteres  Material  die  obigen  Grundzüge  sich  verschieben. 
Für  die  Richtigkeit  derselben  dürfte  vielleicht  sprechen,  dass 
ganz  ungesucht  sich  ein  Resultat  ergeben  hat,  das  im  Grossen  und 
Ganzen  durchaus  mit  dem  übereinstimmt,  das  aus  anderen  Quellen 
für  das  gesammte  Kaiserreich  gewonnen  war.  Auch  in  Aegypten 
scheint  das  der  Grundgedanke  der  Neuordnung  gewesen  zu  sein,  die 
Pacht  nur  bei  den  indirecten  Abgaben  —  im  gewöhnlichen  Sinnfe 

^)  Vgl.  die  at,xo7tapa?sY^|X7iTat  unten  iu  §  4.  —  So  würde  sich  auch  der 
Stratege  von  Ombos  und  Elephantine,  der  zugleich  7xapaX7^|i7ixr/5  x'^g  'Epu^pag 
•B-aXocaoYjg  ist,  am  zwanglosesten  erklären.  Uebrigens  ist  der  Periplus  wohl  eher 
jünger  als  älter  denn  die  Pliniusstelle. 


§  2.     DIE  STEUERERHEBUXG  IN  DER  KAISERZEIT. 


585 


des  Wortes  —  zu  belassen,  dagegen  bei  den  directen  die  kaiserliche 
Regie  an  ihrer  Stelle  einzuführen.  Wie  die  Ausnahmen  zeigen,  ist 
dieser  Grundgedanke  freilich  nicht  in  völliger  Reinheit  zur  Ausführung 
gekommen. 

Es  bliebe  endlich  zu  untersuchen,  ob  wir  auch  in  Aegypten 
das  allmähliche  Vordringen  der  Regie  beobachten  können,  wie  es 
oben  nach  Mommsen's  Beobachtungen  für  das  ganze  Reich  constatirt 
werden  konnte,  im  Besonderen,  ob  vielleicht  auch  hier  erst  unter 
Tiberius  die  Regie  zum  Durchbruch  gekommen  ist.  Zu  einer  sicheren 
Beantwortung  dieser  Frage  reicht  unser  Material  nicht  aus.  Die 
grössere  Schlichtheit  der  Quittungsformulare  gerade  am  Beginn  der 
Kaiserzeit  tritt  uns  hier  hindernd  in  den  Weg.  In  dieser  Zeit  wird 
nur  selten  der  Titel  dem  Namen  des  Erhebers  beigefügt.  Das  Fehlen 
des  Praktortitels  darf  daher  nicht  als  argumentum  a^lentio  verwendet 
werden.  So  gebe  ich  die  folgenden  Beobachtungen  nur  mit  allem 
Vorbehalt. 

Unter  Augustus  kommt  in  unseren  Urkunden  der  Praktortitel 
noch  nicht  vor.  Dass  aber  das  ausschliessliche  Pachtsystem  nicht 
mehr  bestand,  wird  durch  1363,  1368,  1370  gezeigt.  In  1363 
wird  ein  ziloq  irj?  TSTapxoi)  (sie),  das  wir  unerklärt  Hessen,  von  dem 
Untergebenen  des  Agoranomen  —  6  Tuapd  toö  dyopavofjLOi)  —  er- 
hoben. In  1368  und  1370  wird  die  Badabgabe  von  einem  ßaX(a- 
veu?)  erhoben  (vgl.  S.  166).  Im  letzteren  Falle  ist  ein  Beamter  aus 
dem  betreffenden  Verwaltungskreise,  ein  Bademeister,  nebenbei  mit 
der  Erhebung  betraut.  Vielleicht  gilt  das  auch  von  dem  ersteren 
Falle.  Dürfen  wir  darin  etwa  ein  vorbereitendes  Uebergangs- 
stadium  zu  der  Regie  erblicken?  Es  ist  dabei  zu  bedenken,  dass 
die  Badsteuer  zu  den  von  Augustus  neu  eingeführten  Steuern  gehört. 
Dass  er  das  Pachtsystem  bei  ihr  nicht  eingeführt  hat,  ist  auf  alle 
Fälle  bemerkenswert. 

Unter  Tiberius  wird  ein  TeXwvy]^  für  die  Schweinesteuer  erwähnt 
(1031,  aus  dem  19.  Jahre  des  Kaisers)  und  ein  anderer  für  die  Weber- 
steuer (1551).  Andrerseits  wird  auch  unter  Tiberius  noch  wie  unter 
Augustus  die  Badsteuer  vom  ßaXa(v£6^)  erhoben  (1263,  aus  dem 
6.  Jahr).  Die  anderen  Erheberquittungen  aus  seiner  Zeit  nennen 
keine  Titel  (vgl.  376,  1030,  1032,  1033),  sodass  wir  nicht  wissen 
können,  ob  sie  Pächter  oder  kaiserliche  Beamte  sind.  Wenn  wir  aber 
sehen,  dass  der  in  1032  und  1033  genannte  R'zoXs,\i(xXoq  'AaxXa;, 


586 


VI.  KAPITEL. 


der  im  21.  und  22.  Jahre  des  Tiberius  (ohne  Titel)  die  Badsteuer 
erhebt,  nach  1307  im  4.  Jahre  des  Claudius^)  dieselbe  Steuer  als 
TipaxTwp  ßaX(avLXOö)  erhob,  so  liegt  die  Vermutung  nahe,  dass  er 
es  auch  schon  unter  Tiberius  als  Praktor  gethan  hat.  Nimmt  man 
dies  an,  so  könnten  wir  thatsächlich  während  der  Regierung  des 
Tiberius  eine  Veränderung  constatiren :  dann  würde  in  seinem  6.  Jahre 
die  Badsteuer  noch  vom  ßaXaveu^,  im  22.  Jahre  aber  bereits  von 
einem  Praktor  erhoben  sein. 

Man  könnte  vielleicht  noch  eine  weitere  Vermutung  wagen. 
Die  Schweinesteuer  ist  die  einzige  unter  den  Vermögensteuern,  die 
während  der  Kaiserzeit  verpachtet  war.  Man  könnte  die  Ausnahme 
beseitigen  wollen  durch  den  Hinweis  darauf,  dass  der  einzige  Beleg 
dafür  (1031)  aus  dem  19.  Jahre  des  Tiberius  stammt,  und  weiter 
annehmen,  dass  auch  hier  die  Pacht  später,  vielleicht  noch  unter 
Tiberius,  in  Regie  verwandelt  wäre.  Doch  das  bleibt  freilich 
Hypothese. 

Unter  Gaius  wird  die  Badsteuer  von  den  TipaxTOpe^  ßa).(a- 
vcxoö)  erhoben  (1552,  vielleicht  390,  s.  oben).  Weitere  Titel  aus 
seiner  Zeit  kommen  nicht  vor. 

Unter  Claudius  begegnet  der  oben  genannte  IlxoXe\ioäoc,  als 
7tpaxTü)p  ßaX(avLXOö)  in  1037,  derselbe  ohne  Titel  in  1035,  1036. 
Andere  Titel  begegnen  nicht. 

Unter  Nero  wird  ein  zeXtsivr^q  N')^(aou?)  genannt  (410),  ein 
TeXwvyj?  yepSccDv  (1040)  und  ein  aaxoXo6[X£Vo?  tö  lyxuxXtov 
(BGU  748  n  5).  Die  Xoyeta  wird  von  den  Interessenten,  den  Priestern 
selbst  erhoben.  (412  —  418,  420,  421).  Andere  Titel  begegnen 
nicht  (vgl.  1041,  1394,  1395,  1399). 

Die  Texte  aus  der  Zeit  des  Galba  und  Otho  nennen  keine 
Titel.  Unter  den  folgenden  Kaisern  wird  es  nun  allmählich  immer 
mehr  Brauch,  dem  Namen  des  Erhebers  den  Titel  beizufügen.  Doch 
wir  können  hier  abbrechen;  eine  vollständige  Liste  w^ürde  doch  mehr 
für  die  Entwickelung  der  Quittungsformulare  von  Wert  sein.  Hier 
möge  es  genügen,  gezeigt  zu  haben,  dass  die  Urkunden  für  die 
Beantw^ortung  der  aufgeworfenen  Frage  nicht  ausreichen.  Beachtens- 
wert ist  vielleicht  das  unter  Augustus  und  Tiberius  Angemerkte. 


^)  Vielleicht  ist  390  auf  Gaius  statt  auf  Tiberius  zu  beziehen.  Das  würde 
noch  mehr  für  die  obige  Auffassung  sprechen. 


§  6.     DIE  STEUERERHEBUNG  IN   DER  KAISERZEIT.  587 


Aber  einen  genaueren  Einblick  in  das  siegreiche  Vordringen  der 
Regie  gewähren  uns  die  Urkunden  nicht. 

Es  sollen  zunächst  nun  die  beiden  Haupterhebungssysteme  der 
Kaiserzeit,  die  Pacht  und  die  Regie,  zur  Darstellung  kommen.  Zum 
Schluss  werden  wir  den  Xachweis  führen,  dass  seit  Einführung  der 
Decurionatsordnung  auch  das  dritte  System,  die  Erhebung  durch  die 
Gemeinden,  wenn  auch  nicht  in  reiner  Form,  in  Aegypten  Eingang 
gefunden  hat. 

C.  Die  Steilerpacht. 

Ausser  dem  oben  S.  571  erwähnten  kleinen  Fragment  besitzen 
wir  für  die  Kaiserzeit  keine  gesetzlichen  Verfügungen  über  die  Ver- 
pachtung der  Steuern,  wie  wir  sie  für  die  frühere  Zeit  in  dem 
Revenue-Papyrus  und  Pap.  Paris.  62  hatten.  Wohl  aber  können 
wir  aus  einigen  praktischen  Fällen,  die  uns  urkundlich  vorliegen, 
Rückschlüsse  auf  die  IS^ormen  machen.  Das  gilt  vor  Allem  von 
P.  Grenf.  (II)  41  vom  Jahre  46  n.  Chr.,  aus  dem  sich  trotz  des 
vulgären  Kauderwelsch  manch  wichtiger  Zug  entnehmen  lässt.  Bei 
der  grossen  Wichtigkeit  dieses  Unicum  sei  der  volle  Wortlaut  hierher- 
gestellt. Mahaffy  verdanke  ich  eine  nochmalige  Revision  des  in 
Dublin  bewahrten  Originals. 

.....[  ]  .  .  pG|X£you  TW  zpa- 

[Tiaxw  ]o'j  SoxvoTiaco'j  Ni^aou 

[TYi;]'%a[xX]£[?[ou] 

Tiapa  [T£a£]vo6cpi[o?  toö]  T£[a]£vou(fLO(;  iTZi^opri- 

ä   Xo'JTWxpa-ciüvc.  7ipo£lxav  %(i)(i7j<; 

[Soxvo7ia:o]'j  NYj[ao]i»  zf^q  ^HpazXEiTou  \iEpihoc, 

Zlc,  TO  £V£aT65  ißSÖfJLOU  ezouQ  TcߣpLOÜ 

KXauStou  Kai'aapo?  Ze'^xgzoO  r£p[iavixoö 

AuTwzpaTopog  <(u>9{aTa[jiac  T£X£ac(v)  cpopou 
10     TOÖ  TzavTO?         y.o^^"r^y.QOl  xal  Tupo^Sca- 

Ypa^o{i£vo'jg  xal  ai)(xßoXcxi)^  ^PY'jpLOi) 

6pay[jia^  S'.axouaia^  OXTWT^xovTa 

öxTü):  xal  G'!zo[y']zfiC,  Oa[jL£Vü)ö'  oTvou  X£pa[i'.a 

5'jü)'.  Töv  T£  Ttpoi^Scaypa'^o  xaTa  [ifjva 
15     £|A[iyjva  ToO  a  .  .  OD  .  a£l       TC£|i7UTyj  xal  d- 

xaTYj  xal  xaTa)^opi^(o  aou  5:a  T£Tpa|jLyj- 


588 


VI.  KAPITEL. 


(levou^  )(pyj[xaTLa|jLO'j^  Iv  t6[iou  auvxoX- 
XoaifJiou  zal  ecpofisvL  Ivl  zal  avaypa- 
20     cp-^j  {ica  xal  66ao  tou  xaxaxopiafxov 
ßuß).tti)v  Spaxfjtd^  dxTWL  %al  66ao  aou 
£[xav6v  d^'.wxpov,  lav  cplvai  £7T:cx.op'^a(ai) 

(2.  Hand.)    "E^ü)  otc,  eTzixzy^tj) (pfixocq)  ETzl  zaZq  T:pox(£C|jL£vaL5)  dpYu(ptou) 
25     StaxoGtac?  oySoT^zovxa  öxtwl  xd  xwv 

dXXwv  £^0  xal  d  tou  c  (£Toi)(;)  ol  kzapio\LOczo(.  |Ji'.a'0'(ou[A£VOL?) 
xafxLT  .  .  y(    )  Travil  xpovw:.    ("Etou?)  ^  Ttߣp(ou 
KXauSLoi)  Kacaapo?  2j£ßaaT0'j  r£p[jLavLXOLl 
AuToxpdTopc[^  [XY]]vl  2£ßaaT(i)  t5. 

3  von  M.  auf  meine  Anfrage  jetzt  gelesen.  Ko  sign  of  {isptSo^.  —  4  S7i'. 
XopTj  Grenf.  Hunt.  Es  rauss  eine  Form  von  eTrix^perv  sein.  —  9  auch 
nach  M.  steht  £cptaxa|iat  da.  Es  kann  aber  nur  öcf  taxa|iai  gemeint  sein.  — 
9  TsXeatcfopO'j  Gr.  H.  Danach  oben  S.  219  A.  1  irrig.  —  10  die  Ergänzung 
nach  M.  j^alaeographisch  possibly.  —  13  o^lo[v]zr^Q  für  a7tOv5fj^  von  M. 
ergänzt  —  15  s/ifir^va  für  sfi  fxr^vt  Gr.  H.  —  15  xoö  aOSoö  {exouc,)  Gr.  H. 
Toua  .  .  ouv  M.  —  18  evTCjaou  Gr,  H.  Gemeint  ist  sv  xöfjiqj  ouvxoXXr^atfiq).  — 
22  £711  XOP'I'JS  =        X^öpas  Gr.  H.    Gemeint  ist  sav  cpatv"/]  STZ'./wp^jai. 

AVie  die  Herausgeber  Grenfell  uud  Hunt  schou  richtig  erkannt 
haben,  ist  diese  Urkunde  ein  Pachtangebot,  das  ein  gewisser  Tese- 
nuphis,  der  die  Hetärensteuer  für  das  vergangene  6.  Jahr  gepachtet 
hatte,  für  die  bevorstehende  neue  Verpachtung  derselben  Steuer  für 
das  laufende  7.  Jahr  einreicht.  Hier  ist  vor  Allem  bemerkenswert, 
dass  das  erste  Angebot  damals  ebenso  in  Form  eines  schriftlichen 
u7i6{xvyj[JLa  übergeben  wurde,  wie  es  für  die  Ptolemäerzeit  durch  die 
„Actenstücke  der  königlichen  Bank"  für  die  bevorstehende  Ver- 
pachtung von  Domanialland  erwiesen  werden  konnte.  Vgl.  oben 
S.  526.    Das  Angebot  selbst  umfasst  folgende  Punkte: 

1.  Tesenuphis  verspricht  für  die  Steuer  selbst  sowie  für  die 
nötigen  Zuschläge,  xd  Tipo^SLaypacpofXEva  (s.  oben  S.  287  f.)  und  au[ji- 
ßoXtxd  (ebenda),  eine  feste  Pauschsumme  von  288  Drachmen  zu  zahlen, 
ausserdem  für  die  aTzovhy]  des  Monats  Phamenoth^)  zwei  Keramien 
AVein  zu  liefern.    Unklar  bleibt,  was  er  am  25.  eines  jeden  Monats 

^)  Man  vergleiche  die  aTiovSr^  in  P.  Oxyr.  I  101,  19  und  36.  Was  für  eine 
Libation  oben  gemeint  ist,  weiss  ich  nicht. 


§  2.    DIE  STEUERERHEBUNG  IX  DER  KAISERZEIT.. 


589 


zahlen  will,  ob  nur  die  Zuschlagsgelder  (vgl.  ^zpoc,hl0^ypoLf\)(si)  oder 
die  monatlichen  Raten  der  gesammten  Pauschsumme.  Trotz  des  npoq 
wird  die  letztere  Annahme  die  richtige  sein.  "EpLfJir^va  mag  ein 
termmiis  techniciis  für  die  monatlichen  Raten  sein. 

2.  Er  verspricht  alle  vier  Monate  die  von  ihm  zu  führenden 
'/pri\i(x,z'.a\ioi  in  einem  Sammelbande  und  ....  dem  Beamten  zur 
Einregistrirung  zu  übergeben,  Eine  derartige  Bestimmung  ist  uns 
aus  der  Ptolemäerzeit  nicht  bekannt.  Mit  den  )(pr^(iaT'.a[jLOt  mögen 
die  Bücher  gemeint  sein,  die  er  über  die  empfangenen  und  weiter- 
gezahlten Steuerraten  zu  führen  hatte.  2)  Er  soll  sie  an  einander 
kleben  und  die  so  entstandene  Rolle  einreichen:  das  ist  der  t6[10^ 

3.  Für  die  Einregistrirung  der  Bücher  verspricht  er  dem  Beamten 
eine  Vergütigung  von  8  Drachmen.  Auch  dies  ist  für  die  Ptolemäer- 
zeit nicht  bekannt. 

4.  Endlich  verspricht  er  einen  ausreichenden  Bürgen  (Exav6v 
d^L&Xp£ü)v)^)  zu  stellen,  falls  ihm  der  Beamte  unter  den  vor- 
stehenden Bedingungen  "den  Zuschlag  gebe  (sTir/wpYjaaL). 

Eine  derartige  Urkunde  ist  uns  aus  der  Ptolemäerzeit  nicht 
erhalten.  Aber  das  Bild,  das  wir  hiernach  von  dem  äusseren  Her- 
gang der  Verpachtung  gewinnen,  entspricht  in  seinen  Grundzügen 
durchaus  dem,  das  wir  oben  für  die  Ptolemäerzeit  entwarfen.  Die 
Uebereinstimmung  zeigt  sich  auch  darin,  dass  hier  wie  dort  die 
Pacht  auf  ein  Jahr  erfolgt.  Das  ist  in  sofern  von  Wichtigkeit,  als 
es  uns  bestätigt,  was  wir  auch  a  priori  annehmen  würden,  dass 
die  Kaiser  nicht  etwa  das  römische  Publicanenwesen  in 
Aegypten  eingeführt  haben  —  denn  diese  Publicanen  pach- 
teten damals  auf  5,  später  auf  3  Jahre  — ,  sondern  das 
ptolemäische  System  in  den  Grundzügen  unverändert  fort- 
bestehen Hessen. 

^)  Kaxaxwpi^o)  in  16  heisst  zwar,  „ich  will  einregistriren".  Aber  das 
Folgende  zeigt  wohl,  dass  es  wie  oben  geraeint  ist. 

^)  Wohl  in  demselben  Sinne  begegnen  in  der  Pächtergenossenschaft  von 
Kyzikos  drei  Männer  mit  dem  Titel  STil  zou  xp^Jl^a'Ci'Ojiou.  Vgl,  Mitt.  Arch. 
Inst.  Athen.  X  1885  S.  205. 

^)  Vgl.  jetzt  P.  Oxyr.  I  34  I  12:  oxav  xöv  v6|iov  [xcov  7rp]o;aYop£'JOlJL£vü)v 
[auvxo?.]Ar(a{fia)v  -pö^  xaxa/cop'.afidv  äv£x[d^]ojai. 

Vgl.  Le  Bas  n.  404  (Mylasa):  iyy6o\)(^  5i  xaxaox[r,a]o'jo'.v  ol  \x',o^(ü- 
aajjiEvo!,  d^'.o[xpi]oD5  st^  sxxsio',[v]. 


590 


VI.  KAPITEL. 


Nur  der  Beamte,  an  den  das  Angebot  gerichtet  ist,  gemahnt 
uns  an  die  Kaiserzeit:  es  ist  ein  y.p(kxiGXoq,  wahrscheinlich  einer  der 
zahlreichen  Procuratoren ,  die  dem  Steuerwesen  vorgestellt  waren, 

Dass  die  Eingabe  am  14.  Sebastos,  d.  h.  am  14.  Tage  nach 
Neujahr  eingereicht  wurde,  stimmt  gleichfalls  zu  dem,  was  wir  oben 
S.  518  f.  über  den  Termin  der  ptolemäischen  Steuerverpachtuugen 
ermittelt  haben. 

Wenn  auch  das  schriftliche  Angebot,  wie  es  scheint,  an  den 
Procurator  zu  richten  war,  so  wurde  doch  die  Verpachtung  selbst 
nachher  vom  Strategen  des  Gaues  und  dem  königlichen  Schreiber 
vorgenommen.  Das  zeigt  der  soeben  von  Grenfell  und  Hunt  edirte 
Papyrus  Oxyr.  I  44  (Ende  des  I.  Jahrh.  n.  Chr.).  Wie  in  der  Ptole- 
mäerzeit  wurden  auch  damals  die  Steuern  von  einer  grösseren 
Commission  versteigert  (ItcI  TcapovTWV  xal  twv  s^w^otwv).  Auch 
sonst  kehren  hier  dieselben  technischen  Ausdrücke  wieder.  Vgl. 
7cpo?£p)(0{ji£Vü)v  Z.  20,  7rpoxy]pu)(0'£iaä)v  Z.  21. 

Für  die  Frage  der  Bürgschaftsstellung,  die  oben  für  die  Ptole- 
mäerzeit  so  eingehend  behandelt  werden  konnte,  fehlt  es  uns  für 
die  Kaiserzeit  ausser  jener  Erwähnung  des  Ixolvoc,  0L^i6y^pBi£>c,  an  jeder 
urkundlichen  Nachricht.  Auch  hierin  dürfte  sich  nichts  geändert  haben. 

Ebenso  fehlen  uns  über  die  Pachtgesellschaften  zusammen- 
hängende Nachrichten.  Dass  die  societates  jmblicanorum  im  sonstigen 
Reichsgebiet  auch  in  der  Kaiserzeit  fortbestanden,  ist  bekannt.  Für 
Aegypten  wird  es  uns  durch  die  Ostraka  bezeugt,  die  häufig  neben 
den  TeXwva:  ihre  \iizoy^oi  erwähnen.  Doch  ein  Unterschied  ist  mir 
gegenüber  der  Ptolemäerzeit  aufgefallen.  Damals  sagte  man  6  SsTva 
%<xl  OL  [X£TO)(oc.  Jetzt  sagt  man  regelmässig:  6  Setva  xal  oi  iiizoy^o: 
TsXwvaL^),  w^orauf  eventuell  die  Angabe  der  speziellen  Steuer  folgt. 
Vgl.  die  Beispiele  der  obigen  Tabelle.  Hier  werden  also  auch  die 
[lizo'/^oi  wie  der  ap)^a)vyjS  selbst  als  „Steuerpächter",  TsXwvai,  bezeichnet. 
Ich  legte  oben  besonderes  Gewicht  darauf,  dass  in  der  Gesetzessprache 
des  Revenue-Papyrus  der  Tzpid\iewoc,  ttjv  wvf^v  und  die  liizoy^oi  scharf 
geschieden  wurden.  Auch  in  den  geschäftlichen  Urkunden  fand  sich 
kein  Beispiel,  dass  die  liizoyoi  als  Steuerpächter  bezeichnet  wären. 

Auch  in  den  übrigen  Teilen  des  Reiches  hatten  die  Procuratoren  — 
nach  dem  Aufhören  der  censorischen  Location  —  die  Leitung  der  Steuerver- 
pachtung.   Vgl.  Marquardt,  St.  V.  11*^  S.  313. 

-)  Vielleicht  noch  correcter:  6  Sstva  y.al  o[  liizoy^oi,  i&Xmoci  y.xX. 


§  2.    DIE   STEUERERHEBUNG  IN  DER   KAISERZEIT.  591 


Bei  dem  Mangel  jeder  ausfiihrlicheren  Nachricht  über  das  aegyptische 
Publicanenwesen  der  Kaiserzeit  lasse  ich  die  Frage  unentschieden, 
ob  aus  der  obigen  Bezeichnung  der  ^izoyy,  als  XcXwva:  auf  eine 
prinzipielle  Aenderung  der  Gesellschafts  Verhältnisse  zu  schliessen  ist, 
oder  ob  lediglich  eine  formale  Aenderung  darin  zu  erkennen  ist. 
Wahrscheinlicher  ist  mir  allerdings  das  letztere;  lag  es  doch  auch 
für  die  populäre  Auffassung  nahe,  diejenigen,  die  „Teilnehmer"  an 
einer  Pacht  waren,  auch  selbst  als  Pächter  zu  bezeichnen.  Sollte 
der  Revenue-Papyrus  der  Kaiserzeit  geftinden  werden,  so  dürfte  der 
Gesellschafter  dort  vielleicht  ebenso  scharf  wie  im  ptolemäischen 
Revenue-Papyrus  von  dem  Pächter  geschieden  sein,  wie  es  z.  R 
auch  in  der  lex  metalli  Vipascensis  regelmässig  heisst:  condudor  sodiis 
actorve  eim  (Bruns  font.^  S.  266  f.). 

Für  die  innere  Gestaltung  der  Pachtgesellschaften  dieser  Zeit 
wüsste  ich  aus  imseren  Urkunden  nur  eine  Stelle  von  Interesse  anzu- 
fiihren.  Im  Pap.  Paris.  17  (vom  Jahre  153/4)  wird  die  Zahlung  der 
Stempelsteuer  quittirt  von  "Epjioysvr^^  KaixiXtO'j  [i'.aO-wrfj^  siSou; 
EYXuy-ALO'j  [y.al]  'A[1[X(i)V'.g;  SwxpaTou;  v.Xr^^o'/6\io;,  xoO  [isryj/AayGTo; 
auTOö  T^aipGc  zoivwvoO  fiou  Ysvapisvoi).  Hier  ist  also  ein  Socius 
während  der  Pachtzeit  gestorben,  und  an  seine  Stelle  ist  sein  Sohn, 
sein  Erbe,  in  die  Gesellschaft  eingetreten.  Es  ist  bemerkenswert,  dass 
hier  am  Schluss  des  Kaufcontractes,  wo  offenbar  eine  correcte  Be- 
zeichnung der  Firma  beabsichtigt  ist,  der  Socius  nicht  wie  auf  den 
Ostraka  gleichfalls  als  (i'.aO'Win^i;  bezeichnet  wird,  sondern  nur  als 
Gesellschafter,  resp.  als  Erbe  desselben.  Wenn  wir  den  obigen  Fall 
verallgemeinern  wollen,  so  würde  sich  ergeben,  dass  —  wohl  gemäss 
dem  Gesellschaftsvertrage  —  im  Falle  des  Todes  eines  Gesellschafters 
sein  Erbe  einzutreten  hatte.  Diese  Bestimmung  würde  um  so  be- 
greiflicher sein,  wenn  wir  wie  oben  die  Gesellschafter  lediglich  für 
Kapitalisten  halten,  die  sich  an  dem  Pachtgeschäft  beteiligen,  ohne 
selbst  —  notwendig  —  an  den  Erhebungsgeschäften  beteiligt  zu  sein. 
So  kam  es  auf  die  Persönlichkeit  nicht  an,  sondern  auf  das  Kapital. 
Dieses  aber  war  unter  obiger  Annahme  für  die  Dauer  der  Pacht, 
auch  im  Falle  des  Todes,  gewährleistet.  Aus  der  Ptolemäerzeit  ist 
über  die  Regelung  dieser  Frage  nichts  überliefert.^) 


Für  die  römischen  Publicani  behandelt  diese  Frage  Dietricli,  d.  nchtl. 
Grundlage  d.  Genoss.  d.  röm.  Staatspächter  a.  a.  O.  S.  12fl'. 


592 


VI.  KAPITEL. 


Wie  in  der  Ptolemäerzeit  war  auch  jetzt  die  Uebernahme  einer 
Steaerpacht  lediglich  eine  Geschäftssache,  die  zu  unternehmen  im 
freien  Ermessen  eines  Jeden  stand.  Trotzdem  ist  es  gelegentlich 
unerlaubter  Weise  vorgekommen,  dass,  wenn  Mangel  an  Pachtlustigen 
eintrat,  die  Regierung  auch  Pachtunlustige  zur  Uebernahme  des 
Geschäftes  zwang.  So  w^endet  sich  im  2.  Jahre  des  Galba  (68)  der 
Präfect  Ti.  Julius  Alexander,  durch  zahlreiche  Beschwerden  ver- 
anlasst, im  Anfang  seines  Edictes  gegen  den  Missbrauch,  dass  Personen 
gegen  ihren  Willen  zur  Uebernahme  von  Steuerpachten  und  anderen 
fiscalischen  Pachten  gezwungen  würden  (Z.  10):  axovia^  avO-pcoTTOU^ 
zlc,  TcXwvEca;  y]  ccXXocc  [xiaO-wasi?  ouaiaxa^  —  npbq  ß(av  ayBaO-ai. 
Die  Beschwerdeführer  konnten  sich  darauf  berufen,  dass  dies  dem 
allgemeinen  Gewohnheitsrecht  der  Provinzen  zuwiderlaufe  (Tiapd 
TO  XOLVOV  ed-oq  xwv  IrcapyeLÖv).  Der  Präfect  erklärt  nun,  dass 
er  Niemanden  zu  einer  solchen  Pacht  gezwungen  habe  noch  zwingen 
werde,  und  stützt  sich  dabei,  abgesehen  von  dem  angegebenen  Rechts- 
standpunkt, namentlich  auf  den  Erfahrungssatz,  dass  es  dem  Staate 
grossen  Schaden  gebracht  habe,  dass  viele  in  solchen  Geschäften 
unbewanderte  Personen  zur  Pacht  gezwungen  wurden,  und  dass  es 
dem  Staate  nur  nütze,  wenn  die  finanziell  Starken  freiwillig  und  mit 
Lust  und  Liebe  das  Geschäft  übernähmen:  oux  öX[ly](|)  sßXa^'E  Ta 
/ipayfjLaxa  t6  ttoXXou;  dTrecpou?  cviag  zfiq  TO'.auxyj^  TcpayfxaTSLa? 
dx^yjva:  |ji£t'  dvcäcyxy^?  STiLßXr^O-svTWV  auxot;  twv  teXwv,  und  Z.  12: 
dbijyc,  ToöTo  aoii^epeiv  xal  zodc,  xupiaxati;  ^r^foic,  lo  [xetcc  npod-uiiiaq 
Ixovxac  TupayfiaTsuea^aL  tou^  tuvoczo'jq.  Endlich  spricht  er  die 
Erwartung  aus,  dass  auch  künftig  Niemand  einen  Zwang  nach  dieser 
Seite  ausüben  werde:  7r£7C£:ajjiai  öii  ou5'  eIc,  tö  [xIaXov  dxovid? 
Tiq  a^ei  xeXwva^  [jnaO-wia? ,  dXXd  5:a[ALa^wa£:  zoIq  ßouXo[i£VOL^ 
ixo'jaia)^  Tzpoipyead'T.L.^) 

Ich  möchte  betonen,  dass  in  allen  diesen  Sätzen  nicht  von 
Uebergriffen  der  Unterbeamten,  sondern  der  Präfecten  selbst  ge- 
sprochen wird.  Das  geht  auch  deutlich  aus  den  Schlussworten 
hervor:  [jkxXXov  XYjv  xwv  Tipoxipcöv  £7i;dp)(ü)v  aiwvcov  auvVjO'Eiav 
^'jXdaatov  XYjv  TCpo^xacpov  zivoc,  d6r/iav  \).^^\iT^G6:\L^yoQ.  Hier 
stellt  er  die  beständige  gute  Gewohnheit  der  früheren  Präfecten  der 
vorübergehenden  Ungerechtigkeit  eines  Einzelnen  gegenüber.  Nach 


^)  Oder  ist  hier  der  terminus  technicus  Tipo^spxsaO-aL  lierzusjtellen? 


§  2.    DIE  STEUERERHEBUNG  IX  DER  KAISERZEIT.  593 


dem  Zusammenhang  kann  meines  Erachtens  mit  diesem  etwas  ver- 
ächtlich angeführten  tl?  nur  auf  seinen  Amtsvorgänger  hingewiesen 
sein.^)  Diese  Interpretation  ist  nach  zwei  Seiten  hin  von  Interesse. 
Einmal  bestätigt  sie  uns,  dass  der  Präfect  in  letzter  Instanz  der- 
jenige ist,  der  die  Verpachtung  der  Steuern,  wenn  auch  nicht  im 
Einzelnen  vorzunehmen,  so  doch  zu  leiten  hatte.  Andrerseits  zeigen 
diese  Worte,  dass  ein  Missbrauch  wohl  nur  ganz  vorübergehend, 
wohl  nur  unter  seinem  Vorgänger  eingerissen  war,  während  von  den 
früheren  Präfecten  ausdrücklich  die  odthyioq  auvi^^cLa  der  freien 
Pachtverdingung  hervorgehoben  wird. 

Dieselben  vernünftigen  Grundsätze  vde  Alexander  befolgt  auch 
ein  anderer  Präfect  am  Ende  des  Jahrhunderts  (etwa  aus  der  Zeit 
des  Domitian),  von  dem  P.  Oxyr.  I  44  handelt.  Auch  damals  befand 
sich  die  Regierung  in  der  Notlage,  dass  sie  keine  Pächter  finden 
konnte.  Der  Stratege  und  der  königliche  Schreiber  hatten  bei  der 
Auction  sich  vergeblich  bemüht,  die  alten  Pächter  zur  Uebernahme 
der  neuen  Pacht  zu  überreden  (5ua7i£t^ouvT(i)V^)  töv  —  6Y]|Jioa:(i)vö)v). 
Diese  hatten  erklärt,  sie  seien  schon  genug  geschädigt  und  kämen 
sonst  in  Gefahr,  Haus  und  Hof  verlassen  zu  müssen  (w;  txavdc 
ßXa7T:T0[JL£Vü)V  xal  xcvSuvsuovtwv  [iexavaax'^vaL).  Darauf  hatte  der 
Stratege  den  Präfecten  um  Instructionen  gebeten,  und  dieser  schrieb 
-zurück,  er  solle  nach  Durchsicht  der  früheren  Pachtcontracte,  soweit 
es  irgend  möglich  sei,  die  Bedingungen  erleichtern,  damit  die  Leute 
nicht  zur  Pacht  gezwungen  flüchtig  werden  müssten  (jzcpl  toO  e^L- 
Sovxa  Tag  Ti[po]T£pag  (xia^was:?  y.oczdc  t6  Suvaxöv  [dvajxo'j^iaat 
Tou$  TeXtovag  uTilp  toO  [Li]  ^uyC^]^^?  YeveaO-a:  t[o]'j;  npbq  ßC^'o^'-'] 
(3t[Yo]pL£VOU(;.^).   Trotzdem  hatten  weder  die  alten  Pächter  die  Pacht 

Das  war  wohl  der  Caecina  Tuscus,  der  kurz  vorher  von  Nero  abberufen 
war.  Vgl.  Suet.  Nero  35.  Dio  Gass.  63, 18.  Nach  Klebs,  Prosopogr.  I  S.  257 
wäre  diese  Abberufung  des  Caecina  im  J.  67  erfolgt,  während  nach  Dessau, 
Prosopogr.  II  S.  165  Alexander  schon  im  J.  66  die  Statthalterschaft  empfangen 
hätte.  Man  wird  mit  Dessau  dem  Bericht  des  Josephus,  b.  i.  II  §  309  den  Vorzug 
geben.  Dio  a.  a.  O.  ist  vielleicht  in  sofern  damit  zu  vereinigen,  als  er  ja  nicht  die 
Abberufung,  sondern  die  endliche  Bestrafung  (uTispopt^eiv)  des  Caecina  in's  J.  67  setzt. 

^)  Dem  guaTiEiS-ctv  ist  ein  Tist^eiv  der  Eegierungsbeamten  voraufgegangen. 
Vgl.  Actenst.  Kgl.  Bank  I  17:  {löX'-s  o'jv  ueTisixajisv  aOxdv  eTiiSssaad-a'.. 

^)  So  möchte  ich  ergänzen  nach  dem  Ed.  Jul.  Alex.  Z.  11:  Tipög  ßdav  äyea- 
^at.  Die  Ergänzung  der  Herausgeber  7ipogß['.ß]a[^o]}i£vo'j;  würde  zwar  auch 
einen  Sinn  ergeben.    Vgl.  Plut.  Cato  min.  36. 

WiLCKEN,  Ostraka.  38 


594 


VI.  KAPITEL. 


angenommen,  noch  waren  Andere  mit  Angeboten  hervorgetreten,  so 
oft  auch  der  Herold  die  Pachten  ausrief  (twv  wvwv  [ay]  STiiSeSeYl^^v^v 
UTTO  Twv  teXwvwv  {XYjSs  (XYjv  aXXwv  7rpog£px[o{JL]£Vü)v  auToTg,  TioXXaxL? 
TTpoxYjpu/^'ö'eLawv).  Der  Stratege  setzte  seine  Unterhandlungen  mit 
den  Pächtern  fort  und  nahm  schriftliche  Erklärungen  von  den  alten 
Pächtern  entgegen.  Leider  bricht  der  Papyrus  hier  ab,  so  dass  wir 
die  Lösung  dieser  interessanten  Verwickelung  nicht  kennen. 

Der  Text  lehrt  uns,  dass  die  Regierung  es  auch  am  Ende  des 
I.  Jahrhunderts  als  ungesetzlich  und  inopportun  zurückwies,  mit 
Gewaltmassregeln  Leute  gegen  ihren  Willen  zur  Steuerpacht  zu 
zwingen,  und  ferner,  dass  auch  damals  wie  in  der  Mitte  des  Jahr- 
hunderts ein  Mangel  an  Pachtlustigen  bestand.  Aus  den  juristischen 
Quellen  wissen  wir,  dass  es  auch  ausserhalb  der  aegyptischen  Grenzen, 
im  Reiche,  nicht  anders  aussah.  So  sah  sich  Hadrian  zu  folgendem 
Rescript  veranlasst  (Dig.  49,  14,  3,  6):  Valde  inhumanus  mos  est 
iste,  quo  retinentur  conductores  vectigalium  publicorum  et  agrorwn,  si 
tantidem  locari  non  possint.  Nam  et  facilms  invenientur  conductores, 
si  scierint  fore  iit,  si  peracto  lustro^')  discedere  voluerint,  non  teneantur. 
Dies  berührt  sich  um  so  enger  mit  dem  Papyrus  aus  Oxyrhynchos,  als 
es  auch  dort  sich  um  die  Wiedergewinnung  der  alten  Pächter  handelte.  2) 
Das  oben  besprochene  Pachtangebot  vom  Jahre  46  zeigt,  dass 
zu  anderen  Zeiten  die  Steuerpacht  gern  übernommen  wurde.  Dennoch 
kann  nach  den  obigen  Angaben  kein  Zweifel  sein,  dass  innerhalb  wie 
ausserhalb  Aegyptens  gelegentlich  ein  Pächtermangel  eingetreten  ist. 
Dies  bedarf  um  so  mehr  der  Erklärung,  als  unter  der  Ptolemäer- 
herrschaft  ebenso  wie  in  der  römischen  Republik  die  Steuerpacht 
im  Allgemeinen  als  ein  gutes  Geschäft  von  den  Kapitalisten  begehrt 
.worden  war.  Was  mögen  die  Gründe  sein,  die  diese  Verschiebung 
herbeigeführt  haben?  Die  nächstliegende  Annahme,  dass  ein  all- 
gemeiner wirtschaftlicher  Niedergang  zu  jener  Erscheinung  geführt 
habe,  widerstreitet  unseren  Vorstellungen  von  dem  Aufblühen  der 

^)  Die  Erwähnung  des  lustrum  zeigt,  dass  dies  Rescript  nicht  an  den 
Präfecten  Aegyptens  gerichtet  war. 

2)  Für  die  spätere  Zeit  vgl.  Dig.  39,  4,  9,  1.  —  Dig.  48,  19,  9,  9, 
worin  Rudorflf  (Rh.  Mus.  1828  S.  161)  den  Grundsatz  ausgedrückt  fand,  „dass 
Jemand  zur  Strafe  zu  einer  Staatspachtung  genötigt  werden  kann",  ist  nach 
Mommsen  vielmehr  dahin  zu  deuten,  dass  „Jemand  zur  Strafe  vom  Bieten  aus- 
geschlossen" werden  kann. 


§  2.    DIE  STEUERERHEBUNG  IN   DER  KAISERZEIT. 


595 


Provinzen  unter  der  fürsorglichen  Regierung  der  Kaiser,  Man  wird 
die  Gründe  auch  nicht  in  speziell  aegyptischen  Verhältnissen,  wie 
etwa  dem  im  Vergleich  zur  Ptolemäerzeit  sehr  wahrscheinlich  grösse- 
ren Steuerdruck^)  zu  suchen  haben,  denn  jene  Erscheinung  ist  nicht 
auf  Aegypten  beschränkt.  Wahrscheinlich  wird  der  Pächtermangel 
auf  ungünstigere  Pachtbedingungen  und  auf  die  straffere  Controle 
der  Kaiser  zurückzuführen  sein.  Üeber  die  Pachtbedingungen  sind 
wir  freilich  nur  sehr  ungenügend  unterrichtet.  Immerhin  begegneten 
in  dem  oben  besprochenen  Pachtangebot  vom  Jahre  46  n.  Chr. 
einzelne  belastende  Bestimmungen,  die  in  den  ausführlichen  Vor- 
schriften der  Ptolemäerzeit  nicht  erwähnt  wurden.  So  erbot  sich 
der  Pächter,  dem  Beamten  eine  Vergütigung  von  so  und  so  vielen 
Drachmen  für  die  Einregistrirung  zu  zahlen  und  ausserdem  für  die 
a7üov§Yj  des  Phamenoth  zwei  Keramien  Wein  zu  liefern.  Das  sind 
Kleinigkeiten,  doch  immerhin  tritt  darin  eine  grössere  Belastung  der 
Pächter  zu  Tage.  Wichtiger  wäre  zu  wissen,  wie  damals  die  Emolu- 
mente  des  Pächters  bemessen  waren.  Hierfür  lässt  uns  das  obige 
Pachtangebot  im  Stich,  da  es  nur  das  fixirt,  was  der  Pächter  zu 
übernehmen  verspricht,  nicht  was  die  Regierung  ihm  zu  gewähren 
hat.  Bekam  der  Pächter  auch  jetzt  für  die  Erfüllung  seines  Con- 
tractes  eine  Tantieme  von  so  und  so  viel  Procenten?  Hatte  er  auch 
jetzt  denselben  Anspruch  auf  die  iTiLyevYjpLaTa  wie  früher?  Ehe 
wir  hierauf  keine  Antwort  erhalten,  können  wir  uns  auch  von  der 
Lage  der  Pächter  keine  rechte  Vorstellung  machen. 

Mit  grösserer  Sicherheit  können  wir  dagegen  behaupten,  dass 
die  von  den  Kaisern  ausgeübte  Controle  eine  derartig  scharfe  und 


Es  würde  sich  freilich  verlohnen,  die  Berechtigung  dieser  Vorstellung 
auf  Grund  des  neuen  Materials  in  weiterem  Umfange  zu  prüfen.  Es  würde  vor 
Allem  auf  das  I.  und  II.  Jahrhundert  ankommen.  Ich  verweise  einstweilen  auf 
CIGr.  III  4957,  40,  BGU  159,  372,  475.  Pap.  Genev.  16. 

2)  Die  Worte  Mommsen's  (RG.V  S.  574):  „sicher  lastete  der  Steuerdruck, 
sowohl  an  sich  wie  wegen  der  Verwendung  des  Ertrags  im  Ausland,  schwerer 
auf  Aegypten  unter  der  römischen  Fremdherrschaft  als  unter  dem  keineswegs 
schonenden  Eegiment  der  Ptolemäer"  sind  durch  manche  der  in  Kap.  IV  vor- 
gebrachten Einzelheiten  bestätigt  worden.  So  ergab  sich,  dass  die  drückende 
Kopfsteuer  (Xaoypaccia)  sehr  wahrscheinlich  erst  von  Augustus  eingeführt  ist, 
und  dasselbe  galt  z.  B.  von  der  Badsteuer.  Drückender  als  diese  Einzelheiten 
mag  freilich  die  andere  Thatsache  gewirkt  haben,  dass  es  jetzt  nicht  nur  die 
Verpflegung  Alexandrien's,  sondern  auch  Eom's  galt. 

38* 


596 


VI.  KAPITEL. 


belästigende  gewesen  ist,  dass  das  Pachtgeschäft  zum  mindesten  auf 
alle  diejenigen,  die  auf  unerlaubten  Profit  ausgingen,  die  alte  An- 
ziehungskraft verloren  haben  mag.^) 

Es  soll  hier,  abgesehen  von  der  obigen  Frage,  zusammengestellt 
werden,  was  wir  über  die  Controle  der  Pächter  in  der  Kaiserzeit 
wissen.  Es  ist  vorauszuschicken,  dass  die  Pächter,  wie  es  scheint, 
derselben  Controle  unterlagen,  wie  die  kaiserlichen  Erhebungsbeamten. 

Die  Controle  wurde  teils  von  den  ordentlichen  Beamten  des 
Landes,  teils  von  speziell  hierzu  geschaffenen  Aufsichtsbeamten  aus- 
geübt. Dass  die  höheren  Finanzbeamten,  vom  Präfecten  selbst 
abwärts,  im  Besonderen  die  verschiedenen  Procuratoren  die  Er- 
hebung der  Pächter  controlirt  haben,  ist  nach  Analogie  der  ptole- 
mäischen  Verhältnisse  wahrscheinlich,  und  nicht  minder,  dass  ihr 
Controlerecht  in  den  Steuergesetzen  dieser  Zeit  ebenso  genau 
fixirt  gewesen  sein  wird,  wie  das  der  ptolemäischen  SLocxYjxa'', 
OLXOVOpiot  u.  s.  w.  im  Revenue -Papyrus.  Deutlicher  tritt  uns  die 
durch  die  Gau-  und  Ortsbeamten  ausgeübte  Controle  entgegen. 
Nicht  nur  hatten  die  Strategen  innerhalb  des  Gaues  die  Ober- 
aufsicht über  die  gesammte  Steuererhebung  —  weshalb  denn  auch 
der  Präfect  ihnen  den  Befehl  giebt,  die  Erhebung  zu  sistiren, 
falls  ungerechter  Weise  neue  Steuern  ausgeschrieben  seien^j  — , 
sondern  die  einzelnen  Steuern  waren  geradezu  an  die  ver- 
schiedenen Landes-  und  Gaubeamten  zur  Controle  ver- 
teilt, so  dass  jeder  eine  bestimmte  Anzahl  von  Steuern  in 
seine  Spezial  Verwaltung  übernahm.  Für  ein  derartiges 
Controlesystem  liegt  meines  AVissens  aus  der  Ptolemäerzeit  kein 
Anzeichen  vor.  Für  die  Kaiserzeit  stütze  ich  mich  namentlich  auf 
solche  Stellen,  an  denen  einzelne  Steuern  als  „unterstellt  diesem 
oder  jenem  Amte",  als  67i0X£L|Ji£va  oder  bnonlKToyia  bezeichnet 
werden.  In  der  folgenden  Uebersicht  sind  die  nichtverpachteten 
Steuern  ebenso  berücksichtigt  wie  die  verpachteten,  da  die  Controle 

^)  Hogarth  (bei  Flinders  Petrie,  Koptos  S.  28)  will  den  im  Ediet  des 
Alexander  hervortretenden  Päclitermangel  speziell  durch  das  Gesetz  des  Nero 
erklären,  wonach  die  Steuertarife  publicirt  werden  sollten.  Ich  wies  schon  oben 
darauf  hin,  dass  gerade  für  Aegyi^ten  hierin  vielleicht  keine  Neuerung  lag,  da 
doch  schon  die  ptolemäischen  Steuergesetze  durchaus  öflFentlichen  Charakter  gehabt 
hatten.  Aber  der  Grundgedanke,  dass  überhaupt  die  schärfere  Controle  die 
Steuerpacht  unbeliebt  gemacht  habe,  ist  gewiss  zu  billigen. 

2)  CIGr.  III  4957,  50. 


§  2.    DIE  STEUERERHEBUNG  IN  DER  KAISERZEIT. 


597 


in  derselben  Weise  über  beide  Gruppen  ausgeübt  wird.  Folgende 
Beamte  lassen  sich  als  mit  der  Erhebungscontrole  betraut  erweisen. 

1.  Der  Epistratege,  also  ein  kaiserlicher  Procurator.  Vgl. 
BGU199, 14  und  337,18:  b7zoy.ei\ieyo\j  £7iLaTp(aTY]YLa).^)  Ebenso 
in  P.  Lond.  CCCXLVII  (Pal.  Soc.  II  S.  185).  An  der  zweiten 
Stelle  werden  folgende  Steuern  unter  dieser  Kubrik  genannt:  [ß?]a9£(i)v, 
^u'fOGTOcaiou ,  Tapc5(£i)TWVj  Xa)(avo7iü)X(I)V ,  yva^ewv  —  sämmtlich 
nicht  verpachtete  Steuern. 

2.  Der  Arabarch  oder  Alabarch  (s.  oben  S.  350).  Ihm  war 
die  Erhebung  des  dcTzoazoXiow  unterstellt.    Vgl.  Tarif  von  Koptos: 

Der  Ausdruck  bTZOTziTZZOVzoQ  beseitigt  jeden  Zweifel  über  die  Bedeutung 
des  blasseren  Ö7iox£t[i£Vov  in  den  anderen  Fällen.  Vgl.  oben  S.  347ff. 
und  358. 

3.  Der  Stratege.  Die  Schafsteuer  stand  speziell  uko  ^povxtSa 
aTpaTTiYOö.   Vgl.  oben  S.  286. 

4.  Der  Nomarch.  Der  Pächter  des  eyxuxXoov  unterstand  dem 
Nomarchen.  Vgl. oben  S.388:  twi  ötto  Ti^ipiov  KXa65[:o]v  OlX6^£vov 
vo|JLapx('y]v)  aay^oXou[Ji(£Vw)  tö  IvzuzXiov  (BGU  748  II).  Nach  dem 
ebendort  angeführten  Wiener  Text  gehörten  zu  diesen  vo[xap)(:xa 
OLoy^oXriliaza,  auch  die  Biersteuer  und  die  Abgabe  für  |xovo5£a[JLi'a 
)(6pT0'j,  die  beide  direct  von  Praktoren  erhoben  wurden.  Daher  nennt 
sich  in  BGU  7  LI  ein  Praktor,  der  über  die  letztere  Abgabe  quittirt, 
geradezu  upa%(Tü)p)  vo[xap)((tocü)v) ,  seil.  aaxoXY][xaTa)V.  Unter  der 
Controle  des  Nomarchen  stand  ferner  die  Erhebung  der  Abgabe  für 
den  acppayLafJiö?  (Aoa^oi),  die  verpachtet  war  (BGU  356,  oben  S.  395), 
und  das  leXoq  jJi6a)(ou,  die  gleichfalls  verpachtet  war  (BGU  463, 
vgl.  383  und  oben  S.  384),  ferner  die  Fischereisteuer  (BGU  220, 
221,  s.  oben  S.  141)  und  die  Weidesteuer  (BGU  345  b,  s.  oben 
S.  266),  die  beide  direct  erhoben  wurden.  Auch  mit  den  Worten 
xal  elc,  Tov  zfiq  yo\icx,p-/io(,c,  Xoyov  in  BGU  337, 25  wird  auf  die 
Controle  des  Nomarchen  hingewiesen.  Es  folgt  hier  die  Abgabe  von 
den  dXt£ux:xa  nXciloc  sowie  das  5£xavtx6v  —  twv  auxwv  ttXoiwv 
(BGU  1,  1  schliesst  unmittelbar  an  337  an),  darauf  die  Biersteuer. 
Dies  bestätigt,  was  wir  oben  dem  Wiener  Text  entnahmen.  Endlich 
unterstanden  ihm  auch  die  als  ky-OLZOG-zr]  und  7r£VTyjxoax7^  bezeichneten 


Es  wird  regelmässig  das  Buroau  genannt,  nicht  der  Beamte. 


598 


VI.  KAPITEL. 


Thorzölle.  Vgl.  oben  S.  358.  Die  gesammten,  dem  Nomarclien  unter- 
stellten Steuern  wurden,  gleichviel  ob  sie  durch  Pächter  oder  Prak- 
toren  erhoben  wurden,  als  vo{xap)(i>ca  aa)(oXYi[JiaTa  zusammengefasst. 
Vgl.  oben  S.  387  ff.  Die  Nomarchen  wurden  ihrerseits  als  die  Tipoe- 
axöTeg  Tü)[v]  vo[xapy^r/c[ö)v  da/^o (Xyj|iaTü)v)]  bezeichnet  (BGU8II3f.). 

5.  Der  königliche  Schreiber.  Vgl.  Pap.  Paris.  17,22:  |JLia- 

Welche  Abgaben  mit  dem  letzteren  Ausdruck  gemeint  sind,  ist 
unbekannt.  Man  beachte,  dass  nicht  gesagt  ist:  zai  aXXwv  utco- 
yw£L[X£va)v  xtX.  Das  stimmt  zu  dem  obigen  Resultat,  dass  das  eyxuxXiov 
vielmehr  dem  Nomarchen  unterstellt  war. 

6.  Der  Dorfschreiber.  Vgl.  BGU  337,  9:  Ö7rox£L|ji[£Vou 
x]ü)[iOYpa[JL[jLaT(£ca).  Welche  Steuer  gemeint  ist,  bleibt  unbekannt. 
Für  die  Beaufsichtigung  der  Steuererhebung  durch  die  Dorfschreiber 
spricht  u.  a.  auch  BGU  145. 

Vielleicht  wird  man  auch  schon  in  dem  publicirten  Material 
noch  weitere  Belege  finden.  Die  obigen  Beispiele  mögen  genügen, 
zu  zeigen,  dass  die  Controleaufsicht  über  die  Erhebung  der  einzelnen 
Steuern  an  die  verschiedensten  Beamten  verteilt  war.  Sie  beauf- 
sichtigten die  Erhebung  derart,  dass  es  in  den  Quittungen  manchmal 
geradezu  heisst,  dass  die  Steuer  ihnen  gezahlt  sei,  die  sie  vertreten 
gewesen  seien  durch  den  betreffenden  Erheber,  Vgl.  BGU  220, 
221,  345,  350  u.  s.  w. 

Für  eine  derartige  Verteilung  der  Steuern  unter  das  reguläre 
Beamtenpersonal  liegt,  wie  bemerkt,  aus  der  Ptolemäerzeit  meines 
Wissens  kein  Beleg  vor.  Es  ist  mir  auch  sehr  fraglich,  ob  wir  für 
jene  Zeit  diese  Einrichtung  supponiren  sollen.  Dass  freilich  nicht 
nur  der  im  Revenue -Papyrus  beständig  genannte  Oikonomos  und 
sein  Secretär,  sondern  auch  die  anderen  ordentlichen  Behörden,  und 
zwar  sowohl  die  Militär-  wie  die  Civilbehörden  irgend  wie  mit  der 
Steuer  Verwaltung  in  Connex  standen,  geht  aus  der  Thatsache  hervor, 
dass  Philadelphos  seine  Verordnung  über  die  neu  geregelte  Apomoira 
mitteilte  [toI?  Gzp']ocz'f}'{dl<;  %al  xdllj,  L7iTcdp)(ac5]  [xajc  zoic,  fjY£[i6aL 
xal  zo[X]q  vofjidpy^aL?  xal  zolc,  i:o\ji(xp-/o(,ic,  xal  io']l<;  [olx]ov6[jloc5  xal 
zoXc,  dvTCYpa(^£öaL  xal  -zoiq  [3aaLX[cxoT?  Ypa[X|JL]a'C£ua:  [x]al  zdlc, 
Aiß'jdp)(aL(;^)   xal  zdlq  dp)^t9uXaxtTa[t^].    Der  König  teilt  ihnen 

^)  Ich  vermute,  dass  davor  oder  dahinter  durch  Versehen  des  Abschreibers 
xal  Tois  'Apaßapxai^  ausgefallen  ist.  Grenfell  und  Mahafiy  wollen  die  Libyarchen 


§  2.    DIE  STEUERERHEBUNG  IX  DER  KAISERZEIT. 


599 


sein  7ip6ypa{x|Jia  mit  und  fügt  hinzu:  'E7r['.[X£X£?  oijv  u[JiT]v  Y^V£[aO'(i), 
071(1)^  av  ytvyjTa:  xaxa  Taöxa.  Sie  alle  werden  also  aufgefordert 
mitzuwirken,  dass  der  Erlass  des. Königs  ausgeführt  werde. ^)  Aber 
das  ist  doch  etwas  ganz  anderes,  als  wenn  die  einzelnen  Steuern 
einzelnen  Beamten  zur  Controle  und  Verwaltung  überwiesen  werden. 
Auch  die  dominirende  Stellung,  die  der  Oikonomos  und  sein  Secretär 
im  Kevenue-Papyrus  einnehmen,  spricht  gegen  jene  Annahme.  Den 
Abschnitt  B  und  C,  über  die  Apomoira  und  das  Oelmonopol,  könnte 
man  freilich  noch  dahin  deuten,  dass  eben  diese  beiden  Steuern 
speziell  den  Genannten  unterstellt  gewesen  seien.  Aber  im  Abschnitt 
A  und  im  Pap.  Paris.  62,  die  ganz  allgemein  über  die  Steuern  über- 
haupt sprechen,  spielen  sie  dieselbe  Kolle,  und  damit  scheint  es  mir 
ausgeschlossen,  dass  damals  wie  in  der  Kaiserzeit  die  Verwaltung  der 
einzelnen  Abgaben  unter  die  einzelnen  Beamten  verteilt  gewesen  wäre. 

Ebenso  halte  ich  für  eine  Neuerung  der  Kaiserzeit  die  den 
Pächtern  —  und  ebenso  auch  den  Praktoren  u.  s.  w.  —  an  die 
Seite  gesetzten  „Aufpasser"  oder  i7ziTfipr}zoci  Aus  der  Ptolemäerzeit 
ist  mir  die  Nennung  dieser  Beamten,  in  dieser  Bedeutung,  nicht 
erinnerlich. 

Aus  der  obigen  Tabelle  auf  S.  575  ist  ersichtlich,  für  welche 
Steuern  bis  jetzt  iTitTYjpr^xat  nachgewiesen  sind.  Ich  zweifle  nicht, 
dass  wir  verallgemeinern  dürfen  und  annehmen,  dass  für  jede  Steuer 
STüiTr^pr^TaL  eingesetzt  waren.  Die  angeführten  Ostraka  und  Papyri 
zeigen  uns,  dass  diese  Controlebeamten  nicht  nur  ihrem  Titel  ent- 
sprechend „aufpassten",  sondern  auch  in  die  Erhebung  selbst  thätig 
mit  eingriffen.  Viele  Quittungen  sind  von  ihnen,  nicht  von  den 
betreffenden  Erhebern  ausgestellt.  Die  eTCLTr^pr^xaL  bedeuten  also 
zugleich  eine  Erweiterung  des  Erhebungspersonals.  Manchmal  er- 
hoben und  quittirten  die  iTtixyjpyjTac  in  Stellvertretung  der  Pächter. 
So  in  844  und  845:  Utzey^ear^^oy^pizri!;)  zal  (\iizoy^Qi)  T£X(ü)va'.) 

irrig  als  officials  of  the  nome  Libya  auffassen.  Nein,  die  Aißiir^ ,  die  in 
diesem  Titel  steckt,  umfasst  den  ganzen  Wüstenrand  auf  dem  Westufer  von 
Norden  bis  Süden,  so  wie  die  dpaßapj(ia  das  ganze  östliche  Wüstengebiet  von 
Norden  bis  Süden  umfasst.  Vgl.  Pap.  Lond.  CCCCI  Verso,  10:  ini  xou  KöxXaxoj: 
xrjs  'Apaßtag  xoö  5r|?.0'j|Ji£vo['j]  IlaO-'jpixo'j  vojicu.  P.  Tur.  8,  9:  -%c,  A'.ß'j>;g  xoD 
HaO-uptxou. 

Im  Besonderen  handelt  es  sich  um  die  nötigen  Vorarbeiten  zur  Einführung 
der  Apomoira.  Aber  auch  dieser  Erlass  wird  geschlossen  liaben ,  wie  der  in 
36,  3 — 19,  nämlich  mit  dem  Befehle,  die  Sxxy]  zu  zahlen. 


600 


VI.  KAPITEL. 


-ö-yjaCaDpou)  hioc  <I>a(|xtvio?)  x(al  [X£)t(6)(_(ji)v)  £7r(cTYjpY]Tö)v).  In 
anderen  Fällen  wieder  war  die  Erhebung  gemeinsam,  wie  es  scheint, 
von  i^zlZ'f]pT^TO(.^  und  Pächtern  vorgenommen.  So  stellen  in  857  die 
iTLtTYjpvjTac  die  Quittung  aus,  es  unterschreibt  aber  der  Pächter  mit 
den  Worten:  6  helyix  T£X(a)vyj^)  £7iYjxoX(o6'ö'Yjxa).  Vgl.  auch  863, 
wo  der  subscribirende  ^Fipizdq  gleichfalls  T£Xü)vy]^  ist  (nach  862). 
Hier  scheint  sich  durch  die  gemeinsame  Thätigkeit  das  Verhältnis 
zwischen  ihnen  so  gestaltet  zu  haben,  dass  formell  fast  der  T£X(i)VYj^ 
als  der  bestätigende  Beamte  erscheint,  denn  £7iaxoXou^£cv  wird  sonst 
gerade  von  den  controlirenden  Beamten  gesagt.  Vielleicht  ist  die 
Deutung  richtiger,  dass  in  diesen  beiden  Fällen  die  Erhebung  that- 
sächlich  nur  vom  Pächter  ausgeübt  ist,  dass  er  aber  in  der 
Quittung  die  Firma  seiner  iTTtTYjpvjTat  nennt. 

Aus  BGU  619  scheint  zu  folgen,  dass  diese  i^z^Trlpr^alc,  zu  den 
Liturgien  gehörte,  die  zwangsweise  den  (wohlhabenderen)  Bürgern 
auferlegt  wurden.  Da  wird  erzählt,  dass  ein  gewisser  AeXoq  für 
dieses  Amt  präsentirt  (Z.  20:  elqhod-fiyoLi  tov  A£lov  TTjV  eni- 
T'^pTjGLv)^)  und  daraufhin  eingezogen  worden  sei:  %oczeG'/y]a^O(,C^) 
elc,  ETZizripriGiy  [o]u[a]cax('^?)  [x^aO-waEW^  nToX(£|JLabu)'0  Kpovcou. 
In  diesem  Falle  handelte  es  sich  also  um  die  Beaufsichtigung  einer 
fiscalischen  Domanialpacht,  die  ein  gewisser  Ptolemaios  des  Kronios 
Sohn  übernommen  hatte.  Ebenso  werden  auch  die  £7rcTY]pY]TaL  der 
Steuerpächter  bestellt  worden  sein. 

Die  für  dieselben  Steuern  ernannten  inizriprizoci  treten  uns 
meist  als  Collegium  entgegen,  denn  das  bedeutet  wohl  der  Zu- 
satz, der  so  häufig  zu  den  Namen  tritt:  xal  [liioy^oi  emxripriTOci 
oder  Y,od  auv  auTW  iTiLXYjpYjTac.  An  eine  Gesellschaft  in  dem  Sinne, 
wie  wir  sie  oben  für  die  Steuerpächter  kennen  lernten,  d.  h.  an  ein 
Consortium  von  Kapitalisten,  das  die  £7itTy^py]Ta[  unterstützt  hätte, 
ist  hier  in  keinem  Fall  zu  denken.  Die  sämmtlichen  ETitTyjpyjTac, 
die  für  dieselbe  Steuer  ernannt  sind,  und  das  sind  oft  viele  (vgl. 
die  Indices),  sind  eben  (i,£TO)(OC,  Teilnehmer  an  der  iTtCTigpyjatg. 
Nur  um  nicht  alle  Namen  aufzuführen,  nennt  man  einen  oder  zwei 
und  hängt  die  anderen  als  \iiToy^oi  an. 

^)  Es  soll  hier  wegen  eines  Streitfalles  untersucht  werden  (Z.  8),  utiö  xdvwv 

xal  Bul  Tiotoig  U7iapx,ouat,  st^sSoO-vj.    Vgl,  oben  S.  506  f. 

^)  Z.  5:  zYjc,  xaxox^S         STitxTjpf^aewg.    Vgl.  7. 

^)  Viereck  ergänzt  nxoX(£|j,arov).    Das  scheint  mir  keinen  Sinn  zu  ergeben. 


§  5.    DIE  STEUERERHEBUNG  IX  DER  KAISERZEIT. 


601 


So  sehen  wir,  dass  in  der  Kaiserzeit  die  Steuerpächter  sowohl 
durch  die  regulären  Behörden  wie  auch  durch  spezielle  Controle- 
beamte  beaufsichtigt  waren.  Dass  auch  in  anderen  Provinzen  Aehn- 
liches  eingeführt  wurde,  ist  schon  oben  angedeutet  worden.  So  stand 
in  Africa  neben  dem  condudor  IUI  piihlicorum  Africae  (CIL  YI 
8588,  VIII  997)  ein  procumtor  IUI  publicorum  Africae  (CIL  III 
3925,  V  7547,  X  6668).^  Es  ist  sehr  wohl  möglich,  dass  dies 
römische  Controleverfahren  selbst  in  Aegypten,  wo  bereits  die  Ptole- 
mäer  eine  so  scharfe  Aufsicht  geführt  hatten,  doch  noch  verschärfend 
gewirkt  hat,  wie  ganz  sicher  im  übrigen  Reich,  und  es  ist  daher 
nicht  unwahrscheinlich,  dass  eben  diese  beständige  Controle  mit  zu 
den  Momenten  gehört  hat,  die  die  Aussicht  auf  den  geschäftlichen 
Gewinn  der  Pacht  verringert  und  daher,  wenigstens  zeitweise,  zu  einem 
Mangel  an  Pachtlustigen  geführt  haben. 

D.  Die  kaiserliche  Regie. 

Es  ist  schon  oben  darauf  hingewiesen  worden,  wie  zu  Beginn 
der  Kaiserzeit  die  Staatsregie  nach  und  nach  die  Steuerpacht  auf 
ein  kleines  Gebiet  beschränkt  hat.  Hier  soll  es  unsere  Aufgabe 
sein,  zu  zeigen,  mit  w^elchem  Personal  die  Regie  ausgeübt  wurde. 

Die  wichtigste  Beamtenklasse,  die  durch  ganz  Aegypten  mit 
der  directen  Erhebung  betraut  war,  sind  die  npoLXiopec.  Mit  dem 
alten  ptolemäischen  TCpaxTWp  (s.  oben  S.  564)  haben  sie  nur  den  Namen 
gemein.  Während  jene  als  Executoren  Rückstände,  Strafgelder  u.  s.  av. 
einkassirten ,  sind  die  kaiserlichen  Praktoren,  wie  die  obige  Tabelle 
zeigt,  reguläre  Steuererheber.  Je  nachdem  sie  Geld-  oder  Natural- 
steuern erhoben,  nannte  man  sie  Tzp(xy.zopec,  dpyupLXWv  oder  aiTLXWV. 
Seltener  wurden  derselben  Person  beide  Arten  von  Steuern  gleich- 
zeitig übertragen.  Vgl.  Ostr.  293:  TrpazTope^  [apYUp]:x(ü)v)  xal 
a:Tr/t(ö)v)  'EXs^avTivr^?.  Ebenso  in  294.  Wir  betrachten  die  Prak- 
toren als  kaiserliche  Beamte,  w^eil  ihnen  ihre  Aufgabe  nicht  etwa 
kraft  eines  Pachtvertrages,  sondern  von  den  kaiserlichen  Oberbeamten 
pflichtmässig  übertragen  wurde.  Auch  die  Uebernahme  dieses  Amtes 
gehört  zu  den  Liturgien,  die  auf  den  Schultern  der  eÖTTOpo:  oder 
euoy^T^IJLOve^  lasteten.  Ausführlichere  Nachrichten  über  die  Verleihung 
dieses  Amtes  verdanken  wir  BGU  194  (vo^n  Jahre  177),  einer  Ein- 


^)  Vgl.  Marquardt,  St.  V.  IP  S.  27G. 


602 


VI.  KAPITEL. 


gäbe  des  %(j)\io^poiiL\iO(.ze\)q  an  den  axpaTr^yo?,  in  der  er  ihm  für 
eine  noch  unbesetzte  Praktorenstelle  ^)  zwei  Personen  nennt.  Das 
Vorschlagsrecht  für  solche  Liturgien  hatte,  wie  wir  oben  S.  508 f. 
sahen,  die  Dorfgemeinde,  oi  dcnb  zy}c,  xa)[JL7j(;,  die  zugleich  die 
Bürgschaft  für  den  Vorgeschlagenen  übernahm.  Das  überlieferte  Bei- 
spiel (BGU  235)  spricht  zwar  von  einer  anderen  Liturgie,  doch 
darf  das  wohl  auf  alle  verallgemeinert  werden.  Diese  Vorschlagsliste 
übergab  (avaStSovai,  Blqhih6y<xi ,  hihovoci)  der  Dorfschreiber,  unter 
Angabe  des  nopoc,  der  Vorgeschlagenen,  dem  Strategen  des  Gaues, 
damit  dieser  sie  zur  Auslosung  an  den  Epistrategen  schicke.  Vgl. 
194,23:  Tr£jJi9'9'y]ao|JL£Vou?  elc,  ylfipov  tw  zpaxtaTW  iTziazp(cx,zy]yii)). 
Also  ein  römischer  Procurator  war  es,  der  —  nach  Prüfung  der 
Acten  —  die  Praktoren  aus  der  präsentirten  Liste  ausloste.  Die 
Vorgeschlagenen  mussten  wohlhabend  (eÖTiopot)  und  auch  sonst  taug- 
lich für  das  Amt  sein  (sTiLTyj^scoc).  Es  sei  noch  hinzugefügt,  dass 
nach  BGU  15  durch  Statthai teredict  verfügt  war,  dass  ein  Jeder 
nur  für  sein  eigenes  Dorf  Liturgien  zu  leisten  verpflichtet  sein  solle.  2) 
Diese  für  die  dörfischen  Verhältnisse  massgebenden  Nachrichten 
werden  in  manchen  Punkten  ergänzt  durch  P.  Oxyr.  I  81  (vom  Jahre 
244/5),  der  von  einem  für  die  Praktorie  der  Geldsteuern  der  Metro- 
polis (Oxyrhynchos)  vorgeschlagenen  Manne  geschrieben  ist.  Nach 
Analogie  wird  man  annehmen,  dass  er  von  oi  aizb  zy]q  [i7]Tp07i6/l£ü)^ 
vorgeschlagen  war.  Wer  den  Vorschlag  an  den  Strategen  weiter- 
gegeben hat,  hat  in  Z.  7  gestanden,  ist  aber  noch  nicht  entziffert 
worden:  6ti6  .  .  |x  .  .  OYpa[xp-aTog.  Man  sollte  erwarten,  dass  einer 
der  beiden  ypa[Ji[iaT£T(;  zfiq  [xyjxpoTioXew^  gemeint  sei.  Der  Vor- 
geschlagene schickt  nun  dem  Strategen  —  wie  es  scheint  noch  vor 
seiner  Auslosung  —  den  vorliegenden  bpxoq  ßaatXixo?,  in  welchem 
er  beim  Genius  des  Kaisers  Philippus  schwört,  sein  eventuell  ihm 
übertragenes  Amt  getreulich  zu  führen.    Das  etwa  wird  in  dem 

^)  Die  Stelle  war  dadurch  vacant  geworden,  dass  der  bereits  Ausgeloste 
sich  nachträglich  als  Priester  eines  Tempels  herausstellte,  für  den  die  Dörfler 
die  Liturgie  zu  leisten  auf  sich  genommen  hatten  (dvaSs^dfiSVoi  sx  auvxaxa- 
•ö-easwg).  Der  Irrtum  scheint  dadurch  entstanden  zu  sein,  dass  in  diesem  Falle 
der  Epistratege  ohne  besondere  Informirung,  einfach  aus  der  Liste  der  Wohl- 
habenden einen  ausgelost  hatte  (sx  x-^^  xöv  suaxYlfJ-övwv  ypacp^g).  Doch  bleibt 
diese  Deutung  zweifelhaft. 

^)  Vgl.  hierzu  meine  Ausführungen  in  der  Zeitschr.  Savignyst.  f.  Rechts- 
gesch.  XVII  Rom.  S.  159. 


§  2.    DIE  STEUERERHEBUNG   IX  DER  KAISERZEIT. 


603 


verlorenen  Schluss  spezialisirt  worden  sein.  Wenn  man  ihn  nach 
P.  Oxyr.  I  82^)  noch  weiter  vervollständigen  darf,  so  würde  er  am 
Schluss  noch  angegeben  haben,  welchen  Mitbürger  er  speziell  als 
seinen  Bürgen  nenne.  2) 

Nach  einem  Wiener  Text  (stückweise  mitgeteilt  von  Wesselv, 
Zythos  S.  43  vgl.  oben  S.  388)  scheint  es  fast,  als  wenn  für  die 
dem  Nomarchen  unterstellten  Steuern  diesem,  nicht  dem  Strategen 
die  Liste  zu  überreichen  war.  Doch  eine  Entscheidung  ist  erst 
möglich,  wenn  der  Text  vollständig  mitgeteilt  ist.^) 

Was  wir  hier  aus  den  Papyri  mitteilten,  wird  in  den  Ostraka 
gelegentlich  gestreift.  So  erscheinen  als  Erheber  in  271  ein  TipazTWp 
und  zwei  Männer,  die  charakterisirt  werden  als  ava5o^(£VT£g)  elc, 
y.Xy]po(y)  dvcl  '"ApTZ^arjOioq).^)  Diese  beiden  sind  also  eingereicht  an 
Stelle  des  Harpaesis,  dessen  Platz  vacant  war.  Es  ist  merkmürdig, 
dass,  wiewohl  das  Los  noch  nicht  entschieden  hat,  wer  von  beiden 
die  Praktorie  bekommen  soll,  sie  doch  beide  functionieren.  Die 
Subscription  leistet  allerdings  nur  der  active  T^paVwTWp.  Von  denselben 
beiden  Personen  heisst  es  in  272  (aus  demselben  Jahre):  Iq  yj.f^poy 
7ipa>c(xopia?)  y.^  dv£(56'97jaav)  oder  dva(5o'8'£VT£g).  Sie  sind  also 
vorgeschlagen  für  das  20.  Jahr,  die  Quittung  datirt  aber  vom  Pachon 
des  19.  Jahres.  Unterschrieben  hat  auch  hier  wieder  der  active 
TTpdxTWp.  —  Statt  Scvocood-elc,  dq  yJSipow  sagt  man  auch  kürzer  Iv 
Y,Xr^p^^.^)  Vgl.  Ostr.  285:  'At7ü£}(voö|jil;  na7:p£(Jiii)'OU  £v  Klr^pu)  y,od 
KopyriXic,  ZapaTiafxwv  y£v6([1£Vo^)  7rpdxT(ü)p)  dpY(uptxtov)  So'i^(vrj?). 

^)  Dies  ist  ein  ganz  ähnlicher  Eid,  den  ein  zur  Strategie  Vorgeschlagener 
schwört.  Dieser  Eid  mag  an  den  Präfecten  adressirt  gewesen  sein.  Vgl.  Ed. 
Alex.  (CIGr.  4957)  34f.:  jasÄr^ast,  5£  |jlo'.  xal  xag  oxpaxr^Yiag  |X£xa  g'.aXoYiajiöv 
Tipög  xpisxiav  dvxs'.pi^S'.v  Toig  y.aTaaxaO-r^aofxsvo'.g.  Für  die  obigen  Fragen  ist 
von  Interesse,  dass  dieser  künftige  Stratege  ausdrücklich  beschwört:  xäg  äva- 
Söastg  Tü)v  XeixoüpYiöv  uoti^aaaO-at  uyitög  xal  Ti'.axwg. 

2)  Das  würde  wohl  nicht  ausschliessen ,  dass  ausserdem  auch  hier  die 
gesammte  Metropolitengemeinde  als  solche  für  ihn  bürgte.  Vgl.  übrigens  oben 
S.  509  A.  2. 

^)  Nach  dem  vorliegenden  Fragment  wäre  es  auch  möglich,  dass  der  Dorf- 
schreiber in  seinem  Schreiben  an  den  Nomarchen  nur  hinweist  auf  die  —  an 
den  Strategen  —  eingereichten  Personen. 

*)  Im  Pap.  Bibl.  Nat.  Paris.  Suppl.  Gr.  910  las  icli:  vjvL  TZSjjLCpO-s-;  £'.; 
xX^pov  7ipaxx(opiag)  äpy'jp'.x(c5v). 

^)  So  auch  in  dem  Text  der  vorigen  Anmerkung  ein  paar  Zeilen  später: 
vuvt  ü)v  £v  xXr^pq). 


604 


VI.  KAPITEL. 


Das  ist  ein  merkwürdiges  Gespann:  der  eine  Erheber  ist  noch  nicht 
ausgelost,  also  noch  nicht  definitiv  angestellt,  und  der  andere  ist 
Praktor  gewesen,  ist  es  nicht  mehr.  Dennoch  stellen  sie  zusammen 
die  Quittung  aus.    Vgl.  auch  645. 

Die  uns  bekannten  Praktoren  (vgl.  Indices)  tragen  römische, 
griechische,  aegyptische,  auch  jüdische^)  Namen.  Die  mit  römischen 
Namen,  die  verhältnismässig  selten  sind,  werden  schwerlich  als 
cives  Romani  aufzufassen  sein,  denn  dass  solche  zu  dieser  )(ü)p:xy] 
XeiTOupyta  herangezogen  wären,  erscheint  um  so  mehr  aus- 
geschlossen, als  schon  die  cives  Alexandrini  von  diesen  befreit 
waren  (CIGr.  4957,  34).  Wie  die  einzelnen  Personen  zu  ihren 
römischen  Gentilnamen  gekommen  sind,  ist  schwer  zu  sagen. 
Manche  mögen  als  Freigelassene  zu  betrachten  sein,  wie  z.  B. 
sicher  jener  OXaouco^  EuTi))('igc  (140,  141),  der  sich  gelegentlich 
ausdrücklich  als  aTieXsu-ö-spo^  OXaouLou  Ilavaa  bezeichnet  (129,  130). 
Dass  die  Praktorie,  wenigstens  im  Allgemeinen,  den  Eingeborenen 
(syX^pcoL),  d.  h.  der  griechisch-aegyptischen  Mischbevölkerung  dieser 
Zeit  auferlegt  wurde,  zeigt  BGU  747.  Da  beschwert  sich  der  Stra- 
tege von  Koptos  beim  Präfecten  Avidius  Heliodorus,  dass  die  in 
seinem  Gau  angestellten  Römer,  Alexandriner  und  Veteranen  ihm 
nicht  pariren  wollen:  (I  7 f.)  lolc,  Iv  xcäc,  6yj[JLoaLat^  ^pdoLic,  to[ö  v]o|xoö 
oOai  Ttofxaiot^  xal  'AX£[5a]v6p£öac  xap]  7ia[Xa]L  aTpaxcwTac?  avxta- 
xaxoijaL  xtX.  Sie  behaupten  —  so  scheint  es  später  II  4 ff.  zu 
heissen  — ,  sie  stünden  nicht  unter  der  Strategie  und  dürften  nicht 
auf  eine  Stufe  mit  den  „einheimischen  Praktoren"  gestellt  werden: 
£auxo[u]^  (jiy]  elvai  buh  tyjv  aTpaxyjycav  |jLYj5£[7i?]a)  xaxa  t6  l'aa  (sie) 
ToT?  £V/^(jL)pL0C(;  Tcpay.Twpaiv  öcp£iX£LV  lazoLQ^ai.  Daraus  scheinen  sie 
ihr  Recht  abgeleitet  zu  haben,  den  Praktoren  und  auch  dem  Stra- 
tegen die  Zahlung  der  Steuern  zu  verweigern. 

Die  Praktorie  war  lokal  beschränkt  auf  einen  Ort.  So  war 
man  Praktor  von  Syene  oder  Elephantine  oder  Charax  u.  s.  w. 
Werden  Praktoren  von  zwei  Gemeinden  genannt,  so  sind  diese 
benachbart  und  bilden  ein  zusammenhängendes  Steuergebiet.  So 
begegnen  in  1609  7rpax(Top£g)  apY(upLxa)v)  2oy)(vyj(;)  xal  'EX(£cpav- 
TLVYji;).  Dass  Syene  und  Elephantine  einen  Bezirk  bildeten,  geht 
auch  daraus  hervor,  dass  ein  und  derselbe  Steuerzahler  bald  an  die 


1)  Vgl.  1609:  'Aßouva  'la^iXv/^ovt. 


§  2.     DIE  STEUERERHEBUNG  IX  DER  KAISERZEIT.  605 


Beamten  von  Syene,  bald  an  die  von  Elephantine  zahlte.^)  Man 
vgl.  z,  B.  im  Index  die  Belegstellen  für  Myjvo^edo^  [xei^wv  'OpßaetSo^ 
oder  IlaiacßTC^  üeTOpt^jiTgO-OD  u.  A.  Aehnlich  ist  auch  der  7rpa7w(Tü)p) 
dp(yupcxwv)  N6(tou)  xod  'ß^t  in  609  u.  a.  zu  deuten. 

Betreffs  der  Dauer  der  Praktorie  scheint  es  keine  festen  Normen 
gegeben  zu  haben.  In  P.  Oxyr.  I  81  wird  das  Amt  auf  1  Jahr  ver- 
geben, ebenso  in  Ostr.  272.  Andrerseits  zeigt  P.  Lond.  CCCVI 
(s.  unten),  dass  die  Praktorie  auch  auf  mehrere  Jahre  (ohne  Iteration) 
auferlegt  wurde,  denn  hier  überträgt  ein  Praktor  einer  anderen  Person 
sein  Amt  „auf  2  Jahre".  Die  Ostraka  zeigen  uns,  dass  eine  und 
dieselbe  Person  oft  eine  grössere  Reihe  von  Jahren  hintereinander 
das  Amt  ausgeübt  hat.  So  war  mindestens  5  Jahre  im  Amt  ZavjJLOÖg 
(vgl.  108  und  122),  ^wx-^p  (vgl.  186  und  204),  mindestens  6  Jahre 
PepixavoG  (vgl.  213  und  224),  mindestens  10  Jahre  SwzpaxYj^ 
(vgl.  32  und  40)  und  Al6u[XL(0V  (?)  (vgl.  101  und  128),  mindestens 
11  Jahre  "EpfJLoyevrj«;  'A{JL[Jia)Växo?  (vgl.  45  und  77).  Vgl.  hierzu 
die  Indices.  Ob  hier  Iterationen  vorliegen,  oder  von  vornherein 
Ernennungen  auf  längere  Zeit,  lässt  sich  nach  Obigem  nicht  ent- 
scheiden. 

Auch  bei  den  Praktoren  findet  sich  wie  bei  den  sTiLXYjpyjxaL 
sehr  häufig  der  Zusatz  xal  ol  [iixoy^oi  Tzpdxzopeq  oder  zal  oi  auv 
ai)X(j)  7rpaxxop£(^.  Auch  hier  werden  nur  der  Kürze  wegen  die 
gesammten  für  dieselbe  Steuer  ernannten  Praktoren  zusammengefasst 
sein.  Es  ist  nur  eine  formale  Variante,  wenn  in  anderen  FäUen 
die  Namen  selbst  aufgezählt  werden,  worauf  sie  eventuell  noch 
zusammenaddirt  werden.  Vgl.  213:  'EpiJtoyevy]«;  xal  Pspixavo?  xal 
"lepa?  xal  HocnpeiLid-iriq)  oi  5  7rpax(xop£^)  xxX.  In  demselben  Jahre 
schreibt  dasselbe  Collegium  in  einer  anderen  Quittung:  ''Ep\Loyiyy][_q 
xod  Tzp\L(xvbQ  xal]  oi  auv  a\)z(oXq)  7rpa[x(xop£?)].  Damit  scheint 
mir  die  Frage  entschieden  zu  sein. 

Die  Regierung  ernannte  also  mehrere  Praktoren  für  eine  und 
dieselbe  Steuer,  und  dass  unter  diesen  die  zu  erhebende  Gesammt- 
summe  in  gleichen  Teilen  repartirt  wurde,  zeigt  Pap.  Lond.  CCCVI,  12, 
wonach  einem  einzelnen  Praktor  ein  xpLXOV  [lipoq  XYji;  Tipaxxopia? 
zufiel.    S.  unten. 


^)  So  schreibt  auch  Diocletian  ein  Rescript  'EXscpavx'.vixat,;  xal  2or,vixai^ 
xctc  ev  eYjßatdu    Vgl.  CIGr.  III  4892. 


606 


VI.  KAPITEL. 


Von  den  Verpflichtungen  des  Praktor  wissen  wir  nicht  viel  mehr, 
als  dass  es  seine  Aufgabe  war,  die  betrefiende  Steuer  zu  erheben 
und  die  Summen  einzuzahlen.  Dass  er  mit  seinem  Vermögen  für 
die  richtige  Ablieferung  haftete,  ist  sehr  wahrscheinlich  —  die  An- 
gabe seines  Tzopoc,  bei  der  Präsentation  mag  sich  darauf  beziehen, 
auch  die  Bürgenstellung  (vgl.  oben  S.  603)  — ,  aber  directe  Belege 
liegen  nicht  vor.  Ebenso  wenig  wissen  wir,  ob  er  einen  rechtlichen 
Anspruch  wie  der  Pächter  auf  eventuelle  Ueberschüsse  (iTCcyev^fJiaTa) 
hatte.  Dass  er  thatsächlich  trotz  der  Controle  oft  genug  durch 
Auspressung  der  Steuerzahler  unerlaubte  Ueberschüsse  erzielte,  kam 
gewiss  oft  vor.  Ueber  einige  Beschwerden  hierüber  s.  unten.  Da- 
durch wird  er  sich  schadlos  gehalten  haben  für  die  Gefahren, 
die  er  in  finanzieller  Hinsicht  bei  der  Praktorie  lief  Auch  für 
die  Geschäftsunkosten  scheint  er  nach  P.  Lond.  CCCVI  (s.  unten) 
keine  Vergütigung  erhalten  zu  haben.  Freilich  ganz  ohne  Ent- 
schädigung blieb  er  nicht.  Wir  erklärten  schon  oben  S.  394  das 
TipaxTopLxov  als  eine  Abgabe,  die  für  die  Salarirung  der  Prak- 
toren  von  den  Steuerzahlern  erhoben  wurde.  Wie  diese  Praktoren- 
Remuneration  bemessen  war,  wissen  wir  nicht. 

Dass  alles  in  allem  betrachtet  die  Praktorie  nicht  etwa  ge- 
fürchtet wurde,  sondern  —  sei  es  auf  Grund  der  rechtlich  ihr  zu- 
stehenden Emolumente,  sei  es  wegen  der  thatsächlich  sich  eröffnenden 
Aussichten  auf  Gewinn  —  eventuell  sogar  gesucht  und  erstrebt 
wurde,  zeigt  die  Thatsache,  dass  sich  Personen  fanden,  die  freiwillig 
durch  private  Abmachungen  mit  den  Praktoren  an  ihrer  Stelle  zeit- 
weise die  praktorischen  Geschäfte  übernahmen.  Das  lehren  uns  zwei 
merkwürdige  Papyri  des  British  Museum  (CCLV  und  CCCVI),  deren 
Einsicht  mir  Kenyon  1895  freundlichst  gestattete.  Indem  ich  auf 
die  nahe  bevorstehende  Publication  Kenyon's  verweise,  berichte  ich 
hier  nach  meinen  flüchtig  genommenen  Abschriften  des  Originals. 
P.  Lond.  CCCVI  ist  ein  Contract,  eine  gugzolgic,  wie  BGU  191 
und  300,  datirt  vom  letzten  Tage  des  8.  Jahres  des  Antoninus 
(28.  Aug.  145),  durch  welchen  der  Tipaxxwp  dpyupcxöv  xa)(xy}? 
'HpaVwXecag  (Faijüm)  Stotoetis  einen  gewissen  Satornilos  bevoll- 
mächtigt, im  9.  und  10.  Jahre  statt  seiner  die  Praktorie  auszuüben: 
6\ioXo^sX  lizozofiTiq  —  SaTopviXw  —  töv  6[ioXoyouyz(x  ouveaiaxIvaL 
(sie)  xov  SaxopvUov  TipaxTopsuovTa  (1.  TrpaxTOpsuaovxa)  äizb  toö 
Iqioyzoc,  d-  ^  —        £TYj  66(1)  xal  5ca[Ypa]90VTa  (1.  Scaypa'j^ovTa) 


§  2.    DIE  STEUERERHEBUNG  IX  DER  KAISERZEIT. 


607 


elq  TO  6y][Ji6acov  xö  ini^dXXoy  tw  Stotot^ti  zpizoy  {JLspo?  t-^?  Tipo- 
Z£t[X£VY]g  TCpaxTWpcai;.  Wenn  Stotoetis  den  „auf  ihn  entfallenden 
dritten  Teil  der  Praktorie"  vergiebt,  so  folgt  daraus,  dass  ihm  die 
betreffende  Steuer  mit  zwei  Anderen  zusammen  übertragen  war.^) 
Der  Bevollmächtigte  soll  also  die  Praktorengeschäfte  auf  zwei  Jahre 
übernehmen  und  die  eingezogenen  Gelder  nicht  etwa  an  den  Voll- 
machtgeber, sondern  direct  an  die  Staatskasse  einzahlen.  Er  über- 
nimmt also  die  volle  Thätigkeit  eines  Praktoren.  Die  nächste  Be- 
stimmung ist  mir  unverständlich  geblieben^);  sie  enthält-noch  eine 
weitere  Verpflichtung  des  Satornilos.  Ferner  soll  dieser  Bevollmäch- 
tigte an  den  üblichen  Terminen  seine  Bücher  zur  Einregistrirucg 
(den  Behörden)  vorlegen,  wobei  er  auch  die  Unkosten  für  Papyrus 
und  anderes  zu  tragen  hat:  exL  oe  xoCi  [yjaxa^wpel  (1.  xaTay^wpceT) 
6  HoczopvlXoq  xa  zy]c,  xa^eto?  |3[i]ß)a'a  xaTg  ed^ouc,  TrpoO-safxcac?, 
xoö  SaxopviXoi)  )((i)pY]YOövxo?  y^apxa^  xal  zfiq  aXXyj?  SaTüavYj^  ouayj^ 
TZpGC,  auxov.  Das  entspricht  den  oben  besprochenen  AYorten  des 
Pachtangebotes  (Grenf.  II  41,  16):  xal  7.axa)(opc(^(i)  aou^)  Slcc  xexpa- 
(xr;va  xxX.  Die  Kechnungslegung  ist  also  bei  den  Pächtern  und  den 
Praktoren  übereinstimmend. 

Endlich  wird  festgesetzt,  dass  der  Praktor  seinem  Bevollmäch- 
tigten in  jedem  der  beiden  Jahre  252  Drachmen  geben  solle,  die 
dieser  ihm  in  4  gleichen  Raten  zurückzuzahlen  hat:  auxoö  (Saxop- 
viXou)  Xajjißavovxo?  izocpoc  xoö  Sxoxoyjxeo)^  xaxa  zexoc,  elq  Xoyov 
.  .  .  vcou  dpyuptou  bp(x,-/^[idcc,  6:axoaia^  Tievxi^xovxa  Suo),  wv  xal 
[xY]]v  aTioSwasLv  (1.  dTcoSoatv)  Tion^aexac  auxo  (1.  auxw)  Iv  Tupo^ea- 
liiocic,  x£[a]aapac  hioc  xpcijn^vou  .  .  .  poöv  iE,  taou.  Kenyon  (Cat. 
Add.  S.  428)  sah  in  diesen  252  Drachmen  das  jährliche  salary,  und 
in  der  That  sollte  man  erwarten,  dass  der  Bevollmächtigte,  der  die 
gesammten  Geschäftsunkosten  übernahm,  irgend  ein  Salär  von  dem 

^)  Kenyon  (Cat.  Add.  S.  428)  scheint  zu  meinen,  dass  er  ihm  den  dritten 
Teil  seiner  Praktorie  überlassen  habe.  Das  steht  aber  nicht  da.  Er  überträgt 
ihm  das  Ganze,  was  er  hat  —  eben  das  Drittel  der  gesammten  Praktorie. 

^)  [xjoO  UaxopvtXoi)  Tc[.]pouvto5  xaxa  dpc0-|i7jaiv  ^iioloiQ  zö  STi'.ßäXXov 
aOxw  xpixov  lispog.  Das  naheliegende  TtXyjpoövxog  schien  mir  am  Original  mit 
den  Schriftspuren  nicht  vereinbar. 

^)  Aus  diesem  aou  (für  aoi)  schliesse  ich  in  beiden  Fällen,  dass  es  sich 
nicht  darum  handelt,  dass  er  selbst  etwa  die  Quittungen  für  sich  einregistrirt, 
sondern  dass  er  seine  Bücher  den  Behörden  vorlegt  zwecks  Einregistrirung  in 
ihre  Acten. 


608 


VI.  KAPITEL. 


Praktor  erhalten  hätte.  Da  er  ihm  aber  die  252  Drachmen  in  vor- 
geschriebenen Raten  zurückzahlen  soll,  so  kann  es  sich  doch  nur  um 
ein  Darlehen^)  handeln,  das  er  ihm  vielleicht  als  Betriebskapital 
vorschiesst.  Zum  Schluss  wird  hinzugefügt,  dass  der  Vollmachtgeber 
sich  vorbehalte,  nötigenfalls  mit  Jenem  zusammen  die  Steuern  ein- 
zutreiben: auvTipaxTwpeuaL  he  [.  .]tw^^)  Stoto'^ti^  ötzotb  edv 
[Xpejca  yevyjTac  5ca  tö  iid  TouT[(p  TVjv]  auaT[aaiv]  Y£YOV£v[aL]. 

Das  sind  merkwürdige  Nachrichten,  die  wir  ganz  w^ohl 
erst  verstehen  werden,  wenn  Paralleltexte  gefunden  sind.  Man 
fragt  sich,  welchen  Vorteil  hat  der  Praktor  davon,  in  dieser 
Weise  sein  Geschäft  zu  übertragen?  oder  verzichtete  er  auf 
jeden  Vorteil,  um  nur  von  der  Arbeit  frei  zu  sein?  Und  welche 
Vorteile  standen  für  den  Anderen  den  obigen  schweren  Bedingungen 
gegenüber?  Aus  den  im  Contract  genannten  Bedingungen  ist  dies 
schlechterdings  nicht  zu  ersehen.  Vielleicht  trägt  zur  Erklärung  bei, 
dass  in  dem  mit  der  obigen  Urkunde  formell  verwandten  Voll- 
machtsvertrag BGU  300,  durch  welchen  ein  Veteran  dem  anderen 
seine  ganze  Geschäftsführung  überträgt,  gleichfalls  nur  die  Pflichten 
des  Bevollmächtigten,  nicht  auch  seine  Rechte  und  Emolumente  fixirt 
werden.  Auch  wird  man  mit  in  Anschlag  bringen  müssen,  dass  ein 
solches  Vicariat  —  denn  so  darf  man  wohl  das  Verhältnis  auffassen 

—  offenbar  eine  verbreitete  Institution  war,  so  dass  man  annehmen 
kann,  dass  die  allgemeinen  Rechte  des  Praktor  und  seines  Vicarius 
gesetzlich  geregelt  waren,  daher  hier  im  Vertrag  nicht  aufgeführt  zu 
werden  brauchten.  Ausserdem  bleibt  immer  noch  die  Möglichkeit, 
dass  die  Beiden  sich  über  die  Verteilung  der  eventuellen  Ueber- 
schüsse,  die  sie  durch  Erpressung  zu  erzielen  hofften,  sich  privatim 

—  ohne  Notar!  —  verständigt  hatten. 

Die  andere  Londoner  Urkunde,  CCLV,  bestätigt  einige  der 
obigen  Angaben.  Hiernach  hatten  die  Tcpsaßuiepoi  xtofXYj^  KapaviSog, 
denen  die  Erhebung  einiger  Steuern  auferlegt  war  (s.  unten),  einem 
gewissen  Horion  diese  Aufgabe  —  wohl  gleichfalls  durch  einen  Voll- 
machtscontract  —  übertragen:  eizl  auveaiaxapiev  ooi  (1.  etwa  eizel 
auv£aTT^aa|X£V  as)  dvO-'  6{jl(I)v  (1.  ^wv)  Tipaxxopeuetv  %od  X^P^S^^ 


^)  Man  möchte  daher  gern  bIc,  Xöyov  Saviou  ergänzen.  Aber  so  weit  ich 
sehen  konnte,  passen  die  Spuren  schlecht  dazu. 

2)  OuxoDg  passt  nicht,  auch  övxcos  nicht.    Vielleicht  ö/jicog? 


§  2.    DIE  STEUERERHEBUNG  IX  DER  KAISERZEIT. 


609 


(1.  y^£LpL^£tv)  Hier  ist  der  Begriff  der  Stellvertretung,  des 

Vicariates,  noch  schärfer  als  in  der  ersten  Urkunde  ausgedrückt. 
Die  Presbyter  quittiren  darauf  dem  Horion,  dass  er  die  Steuern 
richtig  eingezogen  und  an  die  betreffenden  Banken  —  vgl.  oben 
elc,  TO  or/[JL6acov  —  abgeliefert  habe,  xal  o'jSev  goi  £VxaXoö[Ji£V  7r£pl 

TOUTWV. 

Auch  die  Praktoren  standen,  wie  oben  bemerkt,  ebenso  wie  die 
Pächter  unter  dauernder  Controle,  Die  obige  Tabelle  (S.  575  ff.)  zeigt, 
dass  die  £7üCTYjp7^Tat  auch  bei  den  an  Praktoren  vergebenen  Steuern 
amtirten,  also  auch  die  Praktoren  beaufsichtigten.  Auch  hier  griffen 
sie  concurrirend  in  die  Erhebung  selbst  mit  ein.  Dass  die  Praktoren 
ausserdem  unter  der  Aufsicht  der  regulären  Landes-  und  Ortsbeamten 
standen,  ist  gleichfalls  oben  S.  596  ff.  ausgeführt  worden.  In  letzterer 
Hinsicht  liegen  uns  für  die  Praktoren  noch  genauere  Nachrichten 
vor.  Das  Tagebuch  des  Strategen  des  Ombitischen  und  Elephan- 
tinischen  Gaues  (Philolog.  LHI  S.  80  ff.)  erwähnt  mehrfach  unter  den 
üblichen  Geschäften  des  Strategen  die  TTpaxxopwv  hi(xy.piaiq,  die  Prü- 
fung oder  Revision  der  Praktoren,  resp.  ihrer  Bücher,  und  derselbe 
Ausdruck  kehrt  in  BGU  747  wieder,  wo  der  Stratege  von  Koptos 
dem  Präfecten  schreibt  (I,  20):  TipaxTOpa^  5[:]axp£LVü)  7r[p]65  t6v 
£p?]L6v[T]a  Ö7:£p  [t]-^^  t6''[a]^  7cpazTü)p([a];  X6^o[_y  xxX.,  und  kurz 
vorher  bezeichnet  er  als  die  vornehmste  Aufgabe  [ai  a]7racTrj[a£]:5 
Tü)V  ö:pLXo[Ji£[v]a)V  tö  xupiaywW  [X6]Ycp  und  fährt  fort  (Z.  17):  hC 
ö[7c]£p  £7ra[Y]pi)7ivö)  7tpo^9[£]p6|Ji£VO?  TT]  £Z7:paE£i  xtX.  Hieraus 
scheint  sich  mir  zu  ergeben,  dass  der  Stratege  nicht  nur  die  Haupt- 
controle  über  die  gesammte  Steuererhebung  innerhalb  seines  Gaues 
hatte  (vgl.  oben  S.  596),  sondern  auch  selbst  —  d.  h.  durch  seine 
speziellen  Organe  —  concurrirend  mit  den  Praktoren  sich  an  der 
Erhebung  beteiligt  hat.  Denn  die  Ibioc  TTpaxTOpia  wird  man  nicht 
auf  die  einzelnen  Praktoren,  die  er  prüft,  sondern  auf  den  Strategen 
selbst  beziehen  müssen.  Wenn  er  sagt:  „ich  prüfe  die  Praktoren 
für  die  kommende  Abrechnung  meiner  eigenen  Steuererhebung",  so 
liegt  andrerseits  darin,  dass  er  für  die  Praktoren  seines  Gaues  den 
höheren  Beamten  gegenüber  verantwortlich  war. 

Zu  den  Organen  der  directen  kaiserlichen  Steuererhebung  ge- 
hören ferner  die  aTiatTYjTat.  Für  Syene-Elephantine  sind  sie  nur 
als  Stellvertreter  der  £7i'.TYjprjTal  t£pa^  Tzulr^c,  Sof^VYj?  bezeugt. 
Vgl.  297  — 300,  1460.    Sie  werden  hier  mit  der  Formel  Sia  — 

WiLCKEN,  Ostraka.  39 


610 


VI.  KAPITEL. 


anoLizfiTOu  eingeführt.  In  Theben  und  im  Faijüm^)  begegnen  sie  als 
selbstständige  Erhebungsbeamte,  die  abwechselnd  mit  den  Praktoren 
mit  der  Einziehung  der  direct  zu  erhebenden  Steuern  betraut  waren. 
Vgl.  die  Tabelle  auf  S.  575  ff.  Sie  stellen  selbstständig  in  ihrem  eigenen 
Namen  Quittungen  aus  und  bilden  ganz  wie  die  Praktoren  mehr- 
gliedrige  Collegien.  Bei  verpachteten  Steuern  begegnen  sie  in  dem 
vorliegenden  Material  als  ordnungsmässige  Erheber  niemals.  Da- 
gegen werden  die  dTracTTjxat  auch  dazu  verwendet,  die  Rückstände 
der  verpachteten  Steuern  einzutreiben.  Dies  geht  mit  völliger  Sicher- 
heit aus  den  oben  S.  344  noch  unerklärt  gelassenen  Ostraka  hervor, 
in  denen  die  aTracTTjxat  bezeichnet  werden  als  Erheber  des  £vX£C|Ji{JLa 
xeXwvLXWV^),  d.  h.  des  Rückstandes  verpachteter  Steuern.  Vgl.  558, 
568,  590,  596,  643,  646,  1249,  1250,  1438,  1442.  Wie  die  Texte 
zeigen,  handelt  es  sich  hier  in  der  That  um  Abgaben  des  ver- 
flossenen Jahres  (so  meist)  oder  noch  weiter  zurückliegender  Jahre 
(vgl.  646,  1250).  Auch  die  anderen  Ostraka,  die  in  demselben 
§138  ((I)vca)v)  aufgeführt  sind,  bieten  sämmtlich  Nachtragszahlungen, 
von  aTraLTYjTai  erhoben.  Wir  haben  daher  die  Abgabe  bizep  wvtwv 
u.  ä.  in  der  obigen  Tabelle  unter  die  verpachteten  Steuern  gestellt; 
die  dcKaizfizoLi  aber  sind  damit  als  directe  Erhebungsorgane  er- 
wiesen, die  Rückstände  eintrieben.  Dass  sie  andrerseits  auch,  wie 
oben  bemerkt,  als  reguläre  Erheber  der  für  das  laufende  Jahr  direct 
zu  erhebenden  Steuern  verwendet  wurden,  also  ganz  wie  die  Prak- 
toren, zeigen  z.  B.  538  und  539,  in  denen  sie  die  Damm-  und  Bad- 
steuer des  13.  Jahres  im  13.  Jahre  erheben.  Vgl.  512,  ebenso 
die  noch  unpublicirten  Ostraka  Brit.  Mus.  12696  und  12713.  Dass 
sie  auch  von  den  direct  erhobenen  Steuern  eventuell  Rückstände 
eintreiben  konnten,  versteht  sich  von  selbst  (vgl.  561,  615,  652, 
973,  1443).  Das  konnten  sie  ebenso  gut  \\ie  die  Praktoren,  da  sie 
gleichfalls  meist  mehrere  Jahre  im  Amt  waren.  Vermutlich  war  auch 
diese  airatTVjat^  eine  Liturgie.  Doch  liegen  sichere  Zeugnisse  nicht  vor. 3) 


^)  Nur  in  P.  Grenf.  (I)  50  erscheint  ein  dTrat-cyjXT^g  als  Stellvertreter  des 
Exegeten. 

^)  Früher  las  ich  £vX(stjjifiaxo;)  T£Xa)vix(oö).  Die  obige  Lösung  wird 
durch  Ost.  Ashmol.  480  an  die  Hand  gegeben,  das  ich  erst  1897  kennen  lernte. 
Hier  heisst  es:  dTcatx(yjTyjg)  }i£poa(n(öv)  £vX(e£jJijJiaxos)  xeXwvixcüv. 

3)  Vielleicht  bezieht  sich  darauf  P.  Grenf.  (I)  50,  4:  6i(a)  xXtjp/  Ka[.  .  .]a)5 
ÄTiaiXYjCxou).  Es  müsste  x^T^pcp  oder  xX-Qpou  (?)  in  dem  Sinne  von  iv  xXT^pti)  stehen. 


§  2.    DIE  STEUERERHEBUNG  IX  DER  KAISERZEIT.  611 


Wir  wenden  uns  nun  zu  den  {XLaO-wial  iepöic,  tzuXtiC,  So-^vy]?. 
Man  hat  sie  bisher,  was  auch  auf  den  ersten  Blick  als  indicirt  er- 
scheint, als  Steuerpächter  erklärt.  Letronne  (Recueil  II  S.  192) 
meinte,  die  porte  sacree  de  Syene  sei  das  Thor  in  der  grossen  Mauer, 
die  Aegypten  hier  gegen  Süden  abschloss,  oder  auch  Syene  selbst, 
das  gewissermassen  die  Pforte  Aegyptens  sei:  on  congoit  qu'ä  cette 
porte  pouvait  etre  etabli  im  hureau  de  peage,  oü  les  marchandises  venant 
de  rEtJiiopie  payaient  un  droit  dont  le  produit  etait  afferme;  de  lä  le 
titre  de  [iLaO-wx-^^.  Diese  Erklärung,  die  von  Fröhner  (Rev.  Archeol.XII 
S.  46)  und  Marquardt  (StV.  11^  S.  275  A.  5)  acceptirt  worden  ist, 
wird  dadurch  hinfällig,  dass  diese  jJLta^wxai  nach  den  uns  vorliegen- 
den Quittungen  niemals  einen  solchen  Grenzzoll,  sondern  vielmehr 
die  üblichen  Steuern  der  Bewohner  von  Syene -Elephantine,  wie  die 
Kopfsteuer,  Gewerbesteuer  u.  s.  w.,  erhoben.  Franz  (CIGr  4867) 
beschränkt  sich  auf  die  dunkeln  Worte:  haec  ispa  nuXf]  So'^VYj^ 
fortasse  pertinet  ad  celebrem  lapicidinam  Syenes.  Hogarth  (bei  Flind. 
Petrie,  Koptos  S.  28)  schwankt  zwischen  beiden  Ansichten  (Jarming  — 
dues  on  mining  or  customs  at  Syene).  Folgende  Gründe  haben  mich 
dazu  geführt,  in  den  obigen  [xca^wiat  nicht  Steuerpächter  zu  sehen, 
sondern  sie  den  kaiserlichen  Beamten  der  directen  Erhebung  an  die 
Seite  zu  stellen. 

1.  Diese  Pächter  nennen  sich  niemals  Pächter  einer  Steuer, 
wie  der  |jLia'9'ü)T%  d'Sou?  ey^u^Xiou,  der  {ita-Ö-wcTj^  €iho\)c,  6p(xocpu- 
Xazcac,  der  [xta'ö'WTY]^  Zi%X(Si}^OLZoc,  ovwv,  der  [xio-ö'WTyj^  xoTt'^S  Tpt)(0? 
xal  yzipm(x^io\J  (vgl.  die  obige  Tabelle),  sondern  sie  nennen  sich 
regelmässig  „Pächter  des  heiligen  Theres^)  von  Syene",  oder,  falls 
dies  Thor  schon  vorher  genannt  ist,  bloss  [xia-ö'WTaL  (194). 

2.  Diese  [JLca^WTal  erheben  dieselben  Steuern,  die  gleichzeitig 
in  demselben  Steuerbezirk  auch  von  Praktoren  erhoben  werden,  so 
die  Statuensteuer,  die  Kopfsteuer,  die  Palmen grundsteuer,  die  Ge- 
werbesteuer u.  s,  w.  (vgl.  Tabelle).  So  wird  z.  B.  die  Kopfsteuer  von 
Syene -Elephantine  im  J.  5  des  Hadrian  bald  vom  TTpaxTWp  (117), 
bald  von  den  {jita^wial  tepa^  TiuXyjg  ^ot^vy]?  erhoben  (118,  119). 
Wenn  man  die  obige  Tabelle  daraufhin  durcharbeitet,  wird  man 
finden,  dass  von  Trajan  an  —  im  Jahre  114  erscheinen  diese  |x:a^ü)TaL 


^)  Was  das  für  ein  heiliges  Thor  ist,  wissen  wir  nicht, 
eine  Strasse  „vom  heiligen  Thore"  bezeugt. 


Für  Arsinoe  ist 
39* 


612 


VI.  KAPITEL. 


zum  ersten  Mal  in  unserer  Sammlung  (88)  —  die  obengenannten 
Abgaben  beständig  bald  von  Praktoren,  bald  von  diesen  {xia^wxai 
erhoben  wurden.  Daneben  begegnen  auch  hier  £7riTY]p7jTat,  die 
sich  speziell  als  die  Aufpasser  jener  {jLca^wxat  meist  als  sTiCTyjpy]- 
Tal  hpäc,  tiuXt]^  liori'^ric,  bezeichnen.^)  Es  ist  für  unsere  Frage 
bemerkenswert,  dass  diese  £TULT7]p7]TaL  i.  tz.  2.  gelegentlich  nicht  nur 
zusammen  mit  den  [xtaO'WTac  i.  iz.  S.  (vgl.  140,141),  sondern  auch 
mit  den  Praktoren  Steuern  erhoben.  Vgl.  135:  SevTipcov^o?  KeXzp 
xal  [ol  auv  auTW  eTrtxyjpyjTal  l.  tt.  S.]^)  xal  AiSujxlwv  Tüpa>t(Twp). 

Mir  scheint  es  nun  ganz  undenkbar,  dass  eine  und  dieselbe 
Steuer  in  demselben  Bezirk  gleichzeitig  teils  von  Steuerpächtern, 
teils  von  izpay.zopec,  erhoben  sein  sollte.  Das  ist  für  mich  der  durch- 
schlagende Grund  um  anzunehmen,  dass  die  [xia^wial  l.  tz.  S.  nicht 
Steuerpächter,  sondern  kaiserliche  Steuererheber  waren  oder  doch  — 
was  in  der  Hauptsache  auf  dasselbe  hinauskommt  —  mit  der  directen 
Erhebung  von  Abgaben  (ohne  Pachtverhältnis)  beauftragt  waren. 
Es  ist  sehr  gut  möglich,  dass  sie  als  „Pächter  des  heiligen  Thores"^) 
in  erster  Reihe  irgend  welche  anderen  uns  unbekannten  Functionen 
hatten.  Dann  würde  man  sie  etwa  mit  den  TrpeaßuxepOL  ztop-yj^  oder 
den  Priestern  in  Parallele  setzen  können,  die,  wie  wir  sogleich  sehen 
werden,  auch  neben  ihrem  Hauptamt  gelegentlich  mit  der  Steuer- 
erhebung (ohne  Pachtverhältnis)  betraut  waren.  Andrerseits  wieder 
werden  wir  sie  mehr  den  Praktoren  an  die  Seite  stellen,  insofern  sie 
(von  Trajan  an)  mit  derselben  Regelmässigkeit  wie  die  Praktoren  die 
Steuern  erhoben. 

Diese  [iia^wxal  l.  tu.  S.  bildeten  ganz  wie  die  izpdxxopec,  und 
die  £7iiTYjp7]Tat  mehrgliedrige  Collegien.  Vielleicht  gab  es  bei  ihnen 
eine  bestimmte  Rangordnung,  da  in  CIGr  4919  eines  6£i)[T]£pou 
[n[a'9'a)T0U  le]pötc,  tcuXyj?  So'^vyjg  Erwähnung  geschieht.^) 

^)  In  85  (vom  J.  113)  fehlt  noch  der  Zusatz  [.  tc.  S.    Doch  könnte  hier 
auch  an  einen  smxrjpYixric,  der  Ttpocxxopsg  gedacht  werden. 
2)  Die  Ergänzung  steht  durch  andere  Texte  fest. 

^)  Das  heilige  Thor,  resp.  die  mit  seinem  Besitz  verbundenen  Obliegen- 
heiten sind  das  Pachtobject  des  ixio^-mx-qz.  Ich  halte  daher  l.  n.  S.  nicht  für 
eine  blosse  Anfügung  des  Amtslokales,  was  formell  ja  möglich  wäre.  Vgl. 
BGU  356:  7tpay(fjia-C£ux7]g)  TiüXyjg  ^iXo-beXizp  .  .)•  Dann  würde  ijiia^wxr^g  ganz 
in  der  Luft  schweben. 

*)  Er  wird  als  [xtov  sv  'EXscpjavxtvi;],  als  Bürger  von  Elephantine  bezeichnet. 
Trotzdem  ist  er  [iiaO-CDXYjs  l.  n.  S.  drüben  in  Assuän!    Vgl.  oben  S.  604  f. 


§  2.    DIE  STEUERERHEBUNG  IN  DER  KAISERZEIT.  613 


Diese  {xca^WTaL  —  wie  oben  gedeutet  —  leiten  hinüber  zu 
denjenigen  Beamten,  die  neben  ihrer  Hauptbeschäftigung  auch  mit 
der  Steuererhebung  betraut  waren.  Da  sind  zunächst  die  Tipza- 
j3uT£pOL  ywWjxyji;.  Diesen  Dorfaltesten,  die,  wie  es  scheint,  ein  jähr- 
lich wechselndes  Collegium  bildeten i),  war  die  Eintreibung  einiger 
Steuern  innerhalb  ihres  Dorfes  übertragen.  Belegt  sind  bis  jetzt  die 
Schafsteuer,  die  Weideabgabe,  die  Biersteuer,  die  Dammsteuer  und 
die  Abgabe  für  [ioyobea\i.iix  -/ppzou.  Doch  wurden  manche  derselben 
auch  von  Praktoren  erhoben  (vgl.  die  Tabelle).  Da  diese  Dorföltesten 
die  Vertreter  der  Dorfgemeinde  waren,  so  kann  man  hierin  wohl 
einen  Ansatz  zu  jenem  dritten  Erhebungssystem  finden,  für  das  wir 
bisher  kein  Beispiel  für  Aegypten  angeführt  haben,  nämlich  die  Er- 
hebung durch  die  Communen  selbst.  Man  darf  es  vielleicht  so  auf- 
fassen, dass  die  Eintreibung  der  betreffenden  Steuern  den  Dorf- 
gemeinden überlassen  war,  und  diese  eben  durch  ihre  Dorfältesten 
die  Erhebung  ausführen  Hessen. 

Ich  stelle  diejenigen  Beispiele  an  die  Spitze,  durch  welche  die 
Dorfältesten  ohne  Zweifel  als  Erheber  bezeugt  werden.  Das  gilt  vor 
Allem  von  dem  oben  besprochenen  P.  Lond.  CCLV.  Er  zeigt  uns 
zugleich,  wie  wir  sahen,  dass  die  Dorfältesten  das  Geschäft  gelegent- 
lich von  sich  abwälzten,  indem  sie  einen  Anderen  bevollmächtigten, 
statt  ihrer  (dv^'  t^ijlwv)  die  Steuern  zu  erheben  und  an  die  könig- 
liche Bank  abzuliefern.  Da  sie  die  Thätigkeit  dieses  Anderen  als 
TTpazTopsoeiv,  nicht  TipaaasLV  bezeichnen,  so  wird  er  den  Titel  TcpdxTwp 
gefuhrt  haben  ebenso  wie  die  vom  Epistrategen  ausgelosten  Erheber. 
Solche  vicarii  treten  freilich  nicht  immer  ein.  So  wird  in  BGÜ  334 
vom  Steuerzahler  direct  an  die  Trpsaßuxepoi  gezahlt,  und  in  BGU431 
quittirt  die  Bank,  dass  der  Steuerzahler  durch  Vermittelung  der  Pres- 
byter (Slcc)  gezahlt  habe. 

In  anderen  Fällen  sehen  wir,  dass  die  TipeaßuTepoi  die  von  ihnen 
erhobenen  Summen  an  den  kaiserlichen  TipdxTWp  weiterzahlen.  So  be- 
richten in  BGU  199  die  Praktoren,  die  Schafsteuer  6:d  TipeajSuxepwv 
empfangen  zu  haben.  Das  5cdc  zeigt  uns  deutlich,  dass  die  Presbyter 
nicht  die  Steuerzahler  sind,  sondern  die  Vermittler,  die  die  Einzel- 


^)  Vgl.  BGU  195,30:  xoug  xax'  £Tog  Tipsaßu-cspo-j;;  345:  Tipsoß  le^; 
P.  Lond.  CCLV:  TipsoßuTepot  xou  x*^.  —  Zum  Collegium  vgl.  BGU  85:  t(ov 
ß  xal  Twv  Xo'.Titov  Tipsoßuxepwv. 


614 


VI.  KAPITEL. 


betrage  von  ihren  Dorfgenossen  erhoben  haben.  Dem  entspricht 
BGU  711,  wo  der  Tipaxxtop  vo[xap)((LXWv)  den  Presbytern  quittirt, 
von  ihnen  für  die  iiOVohe<j\}m  y^6pzo\)  16  Drachmen  empfangen  zu 
haben.  Dasselbe  liegt  in  BGU  214  vor,  wo  die  Bank  bescheinigt, 
dass  durch  Vermittelung  des  kaiserlichen  Praktorencollegiums^)  die 
Dorfältesten  die  Dammsteuer  gezahlt  haben.  Ebenso  wird  nach 
BGU  345  die  Weideabgabe  durch  Vermittelung  (hioc)  der  Presbyter 
an  den  Nomarchen  gezahlt. 

Andrerseits  tritt  uns  das  aus  dem  Londinensis  erschlossene 
Vicariat  in  BGU  382  entgegen.  In  dieser  Bankquittung  wird  den 
Presbytern  bescheinigt,  dass  sie  durch  Vermittelung  eines  TipaxTCop 
gezahlt  haben:  6L£Yp(a4'av)  7ip£aß(ux£poc)  —  oia  HsTaXou  Tcpax(To- 
poq).  Dieser  einzeln  stehende  Praktor,  der  sich  von  den  sonst  üb- 
lichen Praktorencollegien  deutlich  abhebt,  ist  wohl  ohne  Zweifel  der 
Vicarius  des  Londinensis,  denn  dadurch,  dass  er  nachgestellt  ist, 
wird  er  als  Stellvertreter  charakterisirt.  Diese  Auffassung  wird  ge- 
stützt durch  BGU  63,  wo  über  dieselbe  Abgabe  quittirt  wird:  hier 
haben  die  TipeaßuTepOL  selbst,  ohne  Vicarius,  die  Erhebung  besorgt. 

Eines  ist  noch  bemerkenswert  an  den  hier  behandelten  Urkunden. 
Diese  Bankquittungen  nennen  regelmässig  den  Steuerzahler,  während 
die  Nennung  des  Erhebers  nicht  notwendig  ist  (vgl.  mein  Urkunden- 
verzeichnis am  Schluss  von  BGU  II).  Danach  spielen  in  manchen 
der  Quittungen  formell  die  Presbyter  die  Rolle  der  Steuerzahler, 
so  in  BGU  63,  wo  sie  allein  genannt  werden,  in  214,  wo  die  Prak- 
toren  als  Erheber,  sie  als  die  Zahler  erscheinen.  Gerade  diese  Fälle 
bestätigen  die  Auffassung,  dass  die  Presbyter  hier  wie  überall  als 
die  Vertreter  der  Dorfgemeinde  auftreten.  Sie  nehmen  eben  eine 
Zwitterstellung  ein  als  Mitglieder  der  steuerpflichtigen  Gemeinde  und 
zugleich  als  Erheber  der  der  Commune  aufgelegten  Abgabe. 

Ueber  die  Controle  dieser  Dorfältesten  erfahren  wir  nichts. 
Unter  enizr]pr^xcx,i  scheinen  sie  nicht  gestanden  zu  haben.  Wahr- 
scheinlich waren  sie  der  Controle  ihres  xa){JioYpa[ipLaT£u?  unterstellt. 

Neben  den  7rp£aß6T£pot  xwjXYj?  sind  die  7rp£aßuT£poi  L£p£(i)V  oder 
allgemeiner  die  Pries terschaften  als  Organe  zu  nennen,  die  neben 
ihren  Hauptaufgaben  gelegentlich  mit  der  Steuererhebung  betraut 


^)  Mit  'Auuyxt-S  ^at-  ix^io^oi  upaxxope^  xxX  können  nur  die  regulären 
Praktoren  gemeint  sein,  nicht  etwa  vicarii. 


§  2.     DIE  STEUERERHEBUNG  IX  DER  KAISERZEIT. 


615 


wurden.  Da  ist  zu  unterscheiden  ihre  Stellung  gegenüber  den  Tempel- 
steuern und  gegenüber  den  Staatssteuern. 

Die  Tempelsteuern,  die  vom  Staat  den  Tempeln  zugewiesen 
waren,  wurden,  wie  es  scheint,  in  der  Regel  von  den  gewöhnlichen  staat- 
lichen Erhebungsorganen  eingezogen.  So  war  es  schon  in  der  Ptole- 
mäerzeit  gewesen,  wo  z.  B.  die  für  die  Göttin  Philadelphos  bestimmte 
a7i6{iOLpa,  eine  reine  Kirchensteuer i),  ganz  wie  die  staatlichen  Steuern 
vom  König  verpachtet  wurde  und  die  für  den  Ammontempel  be- 
stimmte Naturalabgabe  zunächst  in  die  Staatsspeicher  abgeführt  wurde 
(s.  S.  147).  Das  scheint  sich  in  der  Kaiserzeit  nicht  geändert 
zu  haben.  Die  Naturalabgaben,  die  für  die  Tempel  bestimmt  waren, 
wurden  an  das  Tempelressort  der  kaiserlichen  Magazine  abgeliefert 
und  hier  von  den  kaiserlichen  (31x0X6^01  entgegengenommen  (vgl. 
unten  §  4). 

Andrerseits  gab  es  auch  Tempelabgaben,  deren  directe  Erhebung 
den  Priestern  überlassen  wurde.  Dahin  gehört  die  „Collecte  für  die 
Isispriester",  die  Xo^eia  für  die  cpevvr^aca,  die  von  dem  Tzpoazdvriq 
oder  cpsvv^a'.;  selbst  erhoben  wurde  (s.  oben  S.  253  ff.).  Dass 
dieser  Weg  nicht  immer  eingeschlagen  wurde,  zeigt  BGU  515,  7, 
wo  eine  XoycLa  vielmehr  vom  TipaxTtop  aiZ'.YMy  erhoben  wird.  "Wieder 
anders  war  die  Erhebung  der  Badabgabe  geregelt,  die  die  Tempel 
für  die  von  ihnen  besessenen  Bäder  erhoben  (s.  S.  168).  Diese  war 
an  Steuerpächter,  wie  es  scheint,  von  der  Tempelverwaltung  selbst 
verpachtet,  die  sich  daher  TeXöva:  '9'r^aaupoö  Eepwv  nennen.  Ebenso 
heissen  die  dazugehörigen  Controlebeamten  eTC'.TYjpTjTal  -ö-YjaaupoO 
Lcpwv.-)    Da   dieses  Badgeld   nicht  in   natura,   sondern   in  Geld 

^)  Nach  wiederholter  Prüfung  kann  ich  nicht  mehr  wie  oben  S.  158  Mahafiy 
beistimmen,  -wenn  er  in  der  Ueberweisung  der  Apomoira  an  die  Osa  ^tXdSsXi^os 
eine  Beeinträchtigung  der  Tempel  zu  Gunsten  der  königlichen  Kasse  sieht  (Rev. 
Pap.  p.  XXIX).  Es  handelt  sich  um  die  finanzielle  Fundirung  des  neu  ein- 
gerichteten Kultus  jener  Göttin.  Et^  XTjV  •9'uacav  "/ai  XYjv  a7:ov5V;v  (36,  19)  wird 
ihr  die  Apomoira  überwiesen.  Dass  die  Göttin  zufällig  als  Mensch  die  Schwester 
des  Königs  war,  kann  doch  nicht  erweisen,  dass  die  Erträgnisse  der  Steuer  nicht 
für  diesen  Zweck  ausgegeben  seien,  resp.  dass  die  Ueberschüsse  nicht  in  ihrem 
Tempel  thesaurirt  wären.  Die  Abgabe  selbst  ist  übrigens  durchaus  geeignet  für 
den  angegebenen  Kultzweck:  das  Geld  von  den  zapäSeiao',  war  für  die  O-uatai 
und  der  Apomoira-Wein  für  die  aTiovSat.  Dass  der  Wein,  der  nicht  libirt  wurde, 
nicht  umkam,  dafür  werden  schon  die  Philadelphos-Priester  gesorgt  haben. 

■^)  Dass  in  STt'.xyjpr^xYjS  xs^  ^Y|aai)pou  Upwv  (vgl.  916,  1252,  1452)  nicht 
xsXcavwv,  sondern  xdXou^  aufzulösen  ist,  zeigt  1020. 


616 


VI.  KAPITEI,. 


erhoben  wurde  (S.  168/9),  so  wird  man  O-yjaaupo^  in  dieser  Verbin- 
dung als  das  „Schatzhaus"  fassen  müssen,  das  sowohl  Geld  als 
Naturalien  aufnahm  (vgl.  §  4). 

Von  besonderem  Interesse  ist  nun  aber,  dass  die  Priester  auch 
zu  der  Erhebung  der  staatlichen  Steuern  mit  herangezogen  wur- 
den, Das  scheint  mir  aus  BGU  392  und  639  hervorzugehen. 
Diese  Urkunden  enthalten  Berichte  der  TcpaxTOpe^  0(,p^upixGi'^  xwfJLYjg 
SoywVOTtaiou  Xi^aou  an  den  Strategen  über  die  in  dem  Monat  ein- 
gegangenen Steuern,  und  zwar  sind  es  xax'  avSpa,  d.  h.  sie  geben 
die  Namen  der  Steuerzahler  nebst  dem  Steuerbetrag.  Am  Schluss 
dieser  Abrechnungen  finden  sich  nun  die  Worte:  xal  hioc  xwv 
L£p£(i)v  7:p£aßuT£pct)V  SO  Und  so  viele  Drachmen.  In  beiden  Fällen 
steht  hid,  nicht  Tiapa,  was  zweideutig  wäre.  Ata  kann  nur  bedeuten, 
dass  die  betreffenden  Summen  durch  Vermitteln ng  dieser  Priester- 
ältesten an  sie  gezahlt  seien.  Daraus  folgt  aber,  dass  diese  Aeltesten 
die  Summen  erhoben  haben.  Um  welche  Abgabe  es  sich  handelt, 
wird  nicht  gesagt.  Ich  glaube  nicht,  dass  Abgaben  gemeint  sind,  die 
etwa  die  Priester  als  solche  zu  zahlen  hatten.  Es  wird  dieselbe  staat- 
liche Steuer  sein,  die  auch  die  vorher  genannten  Personen  zahlten. 

Durch  diese  Texte  gewinnt  die  Deutung,  die  ich  oben  S.  227 
und  369  der  Urkunde  BGU  337,  18  ff.  vermutungsweise  gegeben 
habe,  an  "Wahrscheinlichkeit.  Die  Soknopaiospriester  zählen  hier  unter 
ihren  Ausgaben  folgende  Posten  auf:  xal  6Ti£p  67toz£C[JL£VOU  £7itaTpa- 
xr^yta,  darauf  die  Spezialisirung:  ß?]a9£ü)v  N£tXou  nolziaq,  ^ö^ogtixoIou 

no)Xö)V  yM[L\r^c,  6[jiocü)^],  yva^lwv  ztoptv]«;  6[|jioc(ji)^]  und  hinter  jedem 
den  Betrag.  Es  könnte  die  Vermutung  nahe  liegen,  dass  die  an- 
geführten Gewerbe  in  diesen  Dörfern  dem  Tempel  gehörten,  für  ihn 
arbeiteten,  und  dass  daher  der  Tempel  die  Gewerbesteuer  für  sie  zu 
zahlen  habe.  Ich  wies  jedoch  schon  oben  S.  227  darauf  hin,  dass 
ein  unpublicirter  Papyrus,  den  ich  einsehen  durfte,  vielmehr  die 
Deutung  nahe  legt,  dass  die  Priester  für  den  Staat  die  betreffende 
Abgabe  erhoben  haben. 2)  Es  ist  das  eine  ganz  ähnliche  Priester- 
urkunde —  wenn  ich  bei  meiner  flüchtigen  Durchsicht  recht  gesehen 

^)  In  BGU  598  übersendet  ein  Ispsug  y.WfxYJg  üsßsvvüxou  dem  oxpatTjyös 
ein  äTxaixfja'.iJiov.    Der  Zusammenhang  ist  nicht  klar. 

^)  Dass  das  unter  den  Ausgaben  steht,  ist  ganz  in  der  Ordnung.  Sie  werden 
die  eingegangenen  Steuern  auch  unter  ihre  Einnahmen  aufgenommen  haben. 


§  2.    DIE  STEUERERHEBUNG  IX  DER  KAISERZEIT. 


617 


habe,  von  derselben  Priesterschaft  ausgestellt.  Da  werden  nach  der 
Ueberschrift  uTiOxecia'.  be  r]\Li[v  xax']  Ito;  apyupixa  fxev  äizep 
saxlv  7^£[ip(i)va^L]ü)v  aTro  7.L  xoO  xal  aL  ^sgO  'ASpLavoO  (J.  116/7) 
dieselben  Steuern  wie  oben  angeführt.  Diesmal  aber  steht  Tüapa 
vor  jedem  einzelnen  Titel.  Also  Tiapa,  uud  nicht  etwa  07:1p  I  Damit 
scheint  mir  entschieden  zu  sein,  dass  die  Priester  die  betreffenden 
Steuern  von  den  genannten  Gewerbetreibenden  erhoben  haben.  In 
diesem  Sinne  konnten  sie  sagen  unoxeizoci  r^\L^w,  wiewohl  die  Steuern 
andrerseits  zu  den  u7üox£L[i£va  STiLaTpaTrfj'La  gehörten.  Doch  auch 
jetzt  kann  ich  diese  Deutung  nur  mit  Vorbehalt  geben,  da  meine 
Kenntnis  der  Urkunde  auf  flüchtiger  Durchsicht  beruht.  Hoffentlich 
wird  dies  wichtige  Stück  bald  edirt  werden. 

Zum  Schluss  noch  ein  Wort  über  den  XaGypa^o^.  Wir  haben 
diesen  „Yolkszähler"  oben  als  einen  Beamten  kennen  gelernt,  der 
bei  der  Herstellung  der  xax'  oixcav  dTioYpa'^ai  in  den  Dörfern  be- 
teiligt war.i)  Paul  Meyer  (Philol.  LVI  S.  212)  erklärt  ihn  als  den 
„mit  der  Erhebung  der  Kopfsteuer  auf  Grund  der  xax'  oixcav  octzo- 
ypoc<'^oc.i  beaufti-agten  Beamten"  und  ähnlich  vermutet  auch  Viereck 
(Philol.  LII  S.  245),  dass  er  „auch  Erheber  der  Kopfsteuer"  ge- 
wesen sei.  Diese  Ansicht  wird  durch  unsere  Urkunden  nicht  be- 
stätigt. Die  Kopfsteuer  wird  vielmehr  regelmässig  von  Tzpiyizopzc, 
oder  [iia-ö-wcal  iepätc,  716X755  ScYjVYjc  resp.  ^TJ.zr^pr^zo^^ ,  niemals  aber 
durch  loLoypd'^oi  erhoben  (vgl.  die  Tabelle).  Dennoch  wäre  es  nicht 
unmöglich,  dass  auch  dieser  Verwaltungsbeamte  neben  seiner  Haupt- 
aufgabe gelegentlich  auch  bei  der  Steuereintreibung  verwendet  wäre. 
Wenn  unsere  Ergänzung  von  Ostr.  1052  [ot  ß]  XaoYpa(90i)  richtig 
ist,  so  würden  diese  beiden  Volkszähler  im  Jahre  100/1  die  Abgabe 
ÖTiep  awfiaxtxwv  erhoben  haben.   Vgl.  S.  304. 

Ueber  die  Verwendung  der  £7il  töv  7iapax(aTaO'yjxwv?)  vgl. 
oben  S.  302.    Ueber  die  j3aAav£T5  vgl.  oben  S.  585. 

E.  Die  Steuererhebung. 

^^^ach  den  vorhergehenden  Ausführungen  können  wir  uns  betreffs 
der  Erhebung  selbst  auf  wenige  Bemerkungen  beschränken. 

Vgl.  auch  BGU  484,  7,  wo  in  Verbindjing  mit  der  y.ax'  clxiav  duo- 
Ypa^ig  die  Rede  ist  von  -wv  dvaSoO-evxcov  £-[l]  xa  zf,^  y.<b(\xr^^)  XaoYp(acfcov), 
von  den  für  die  dörfischen  Geschäfte  vorgeschlagenen  Volksziihlern. 


618 


VI.  KAPITEL. 


Die  Steuerpächter  konnten  nur  während  des  Jahres,  für  welches 
ihr  Contract  lief,  Steuern  erheben.  Während  wir  für  die  Ptolemäer- 
zeit  einige  Ausnahmen  dieser  Kegel  constatiren  konnten  (S.  566), 
liegt  für  die  Kaiserzeit  in  unserer  Urkundensammlung  nicht  eine 
einzige  vor.  In  folgenden  Fällen  wird  ausdrücklich  hervorgehoben, 
dass  die  Erhebung  in  demselben  Jahre,  für  welches  gezahlt  wird, 
erfolgt:  83,  187,  262,  263,  274,  392,  464,  476,  787,  1049,  1053, 
1054,  1057,  1282,  1333,  1419,  P.  Grenf.  (II)  60.  In  den  anderen 
Quittungen  über  verpachtete  Steuern  wird  meist  nur  gesagt,  für 
welches  Jahr  die  Zahlung  erfolgt,  da  es  eben  selbstverständlich  war, 
dass  sie  auch  in  demselben  erfolgte.  Nur  im  Pap.  Paris.  17,  22  ff. 
amtirt  der  Pächter  auch  noch  am  16.  Thoth  des  folgenden  Jahres. 
Hieraus  wird  man  schliessen  dürfen,  was  auch  für  die  Ptolemäerzeit 
wahrscheinlich  war,  dass  der  alte  Pächter  bis  zum  Antritt  des  neuen 
Pächters  stellvertretend  für  ihn  functionirte.  Ob  bei  Wiederholung 
der  Pacht  im  nächsten  Jahre  es  dem  Pächter  selbst  erlaubt  war, 
eventuelle  Rückstände  aus  dem  vorhergehenden  Pachtjahr  einzutreiben 
(vgl.  oben  S.  566),  wissen  wir  nicht.  Aber  gut  bezeugt  ist,  dass 
regulär  die  Eintreibung  rückständiger  Steuern,  die  an  Pächter  ver- 
geben gewesen  waren,  von  den  dTratTYjTat  executirt  wurde  (s.  oben 
S.610). 

Die  kaiserlichen  Beamten  der  directen  Erhebung,  die  izpdxzopec, 
u.  s.  w.,  konnten  natürlich  auch  aus  früheren  Jahren  Rückstände  der 
ihnen  selbst  übertragenen  Steuern  einkassiren,  da  sie  ja  mehrere  Jahre 
hindurch  im  Amt  zu  sein  pflegten. 

Alle  die  genannten  Steuererheber,  Pächter  wie  Nichtpächter, 
hatten  für  das  Eintreibungsgeschäft  ein  Hilfspersonal  zur  Verfügung. 
Von  den  Xo^euiai  und  den  anderen  Subalternen,  die  der  Revenue- 
Papyrus  uns  für  die  Ptolemäerzeit  nennt,  hat  sich  in  Texten  der 
Kaiserzeit  bisher  keine  Spur  gefunden.  Nur  der  ÖTiyjpexyji;  ist  als 
Untergebener  der  TipaxTope^  bezeugt.  Vgl.  BGU  515.^)  Als  Hilfs- 
personal der  directen  Erheber  nennen  die  Ostraka  sehr  häufig  die 
und  Ypa[Ji{xaT£r?.  Diese  waren  berechtigt,  statt  der  Erheber 
selbst  die  Steuern  einzuziehen  und  Quittungen  auszustellen.  Ein 
Beispiel  für  viele:  OuaXeptwv  xal  ol  Xonz(oi)  (JLta'9-(a)Tal)  iepötc,  7iu- 
X(y](;)  2oT^vy]5  5c(d)  Sapa(Tucü)vo^)  Yp(a(i|JiaT£ü)5)  (Ostr.  110).  Ausser- 

^)  Er  unterstützt  hier  zusammen  mit  dem  ypa^iiiaxsug  den  Praktor  bei 
einer  Pfändung. 


§  2.     DIE  STEUEREEHEBUXG  IX   DER  KAISERZEIT. 


619 


dem  nennen  uns  die  Papyi*i  auch  noch  ysip'.aTa:  im  Dienste  der 
Praktoren  (vgl.  z.  B.  Pap.  Genev.  17,  7)^)  wie  andrerseits  im  Dienste 
der  Nomarchen  (vgl.  BGU  345), 

Das  System  der  Ratenzahlung  war  dasselbe  wie  in  der  Ptole- 
mäerzeit.  Die  Gesammtsumme,  die  der  einzelne  Steuerzahler  für  die 
einzelne  Steuer  zu  zahlen  hatte,  war  —  wenigstens  bei  vielen  Steuern 
—  in  12  monatliche  Xormalraten  geteilt.-)  Diese  wurden  aber  durch- 
aus nicht  immer  rechtzeitig,  d.  h.  spätestens  am  Ende  des  betreffen- 
den Monats  erhoben,  vielmehr  wurden  die  Summen  je  nach  den 
Verhältnissen  der  Steuerzahler  in  beliebigen  Raten  zu  beliebigen 
Terminen  eingezogen.  Ein  Beispiel  möge  genügen:  in  1067  wird 
das  TEAGC  Oaiicvw^  y.al  OapidcOO-:  am  25.  Payni  gezahlt.  Daraus 
geht  hervor,  einmal  dass  es  für  die  einzelnen  Monate  Xormalraten 
gab,  andrerseits  aber  dass  diese  thatsächlich  auch  später  erhoben 
werden  konnten.  Ich  betone  ausdrücklich,  dass  auch  für  die  ver- 
pachteten Steuern  solche  monatlichen  Normalraten  vorgeschrieben 
waren  (vgl.  dasselbe  Beispiel). 

Die  Praktoren  und  ebenso  gewiss  auch  die  anderen  directen 
Erheber  —  ob  auch  die  Pächter,  ist  nicht  bezeugt^)  —  erhoben 
die  einzelnen  Beträge  auf  Grund  der  von  den  Regierungsbeamten 
ihnen  zugestellten  „Erhebungsanweisungen",  jener  öL7:7.'.zr^T.\}.(X ,  mit 
deren  Erwähnung  ^vir  oben  das  Kapitel  über  die  Steuerveranlagung 
beschlossen.^)  In  diesen  ^^T:y.lz^r^^',\i.o^  war  von  den  Veranlagungs- 
beamten genau  berechnet,  welche  Steuersumme  von  jedem  Erheber 
zu  zahlen  war.  Eine  solche  Anweisung  enthielt  die  Namen  der 
Steuerzahler  (y,7.z  ä'^opoc),  das  Steuerobject  —  in  BGU  175  und 
659  sind  es  Aruren  —  und  die  zu  erhebende  Steuersumme.  Von 
besonderem  Interesse  ist  BGU  457,  wo  ein  xwjJLoypafifiaTeu?  dem 

^)  Vgl.  auch  P.  Lond.  CCLV,  wo  dem  Yicarius  der  TipsoßiiTcpot,  sowohl 
das  /£'.pi^£'.v  wie  das  TrpaxTopsöc'.v  übertragen  ist. 

*)  Jeder  Monat  hatte  seine  eigene  dptO-fiYjc.?.  Darum  werden  die  Zahlungen 
häufig  ausdrücklich  als  Zahlungen  ,,£:-  äpi9-|ir,a'.v  des  und  des  Monats"  be- 
zeichnet. Vgl.  Kap.  XI  Schluss. 

^)  Da  die  Pächter  nicht  als  Beamte,  sondern  als  freiwillige  Contrahenten 
dem  Staat  gegenüberstanden,  sollte  man  denken,  dass  sie  auch  bei  der  F^rhebung 
selbstständiger  gewesen  seien.  Andrerseits  spricht  die  eben  erwähnte  Tliatsachc, 
dass  auch  ihnen  monatliche  Xormalraten  festgesetzt  waren,  gegen  diese  Annahme. 

*)  BGU  175,  259,  299,  457,  598,  659,  PER  I  33.  Vgl.  auch  P.  Oxyr.  I 
136,  17  vom  J.  583. 


620 


VI.  KAPITEL. 


TipaxTWp  GLTCXWV  mitteilt,  dass  das  ihm  übersandte  aTiatX'^acjJLOV  in 
einem  Punkte  zu  verändern  sei.  Die  auf  den  Namen  des  Sokrates 
eingetragenen  Aruren  seien  nach  inzwischen  eingelaufenen  Mitteilungen 
von  Anderen  in  Besitz  genommen  (iTTCXpaTsIa^a:),  von  diesen  müsse 
daher  die  Steuer  erhoben  werden:   ixETaSeSoxai  sie,  tö  xyjv  Tipa^cv 

lieber  die  Erhebung  selbst  bringt  soeben  P.  Oxyr.  I  36,  das 
oben  erwähnte  Fragment  der  Steuergesetzgebung,  einige  Einzelheiten. 
Danach  hatte  der  Zollpächter  das  Recht,  falls  er  glaubte,  dass  der 
Kaufmann  mehr  Waren  auf  seinem  Schiffe  habe  als  er  deklarirt 
hatte  (aTTSypa'j'aTo)^),  die  Ausladung  des  Schiffes  zu  verlangen. 
Fand  sich  dann  mehr  als  deklarirt  war,  so  wurde  das  Plus  confiscirt. 
War  aber  der  Verdacht  des  Zöllners  ungerecht  gewesen,  so  musste 
er  dem  Kaufmann  die  Umladungskosten  aus  seiner  Tasche  bezahlen. 
Diese  Bestimmung^)  war  geeignet,  sowohl  die  Interessen  des  Staates 
als  auch  die  des  Steuerzahlers  zu  wahren.  Durch  die  letztere 
Bestimmung  war  der  ungerechten  Belästigung  durch  die  Pächter 
vorgebeugt. 

lieber  die  Zwangsmittel,  die  dem  Erheber  der  Kaiserzeit  zur 
Verfügung  standen,  ist  uns  wenig  bekannt.  Im  Allgemeinen  mag 
es  damit  geblieben  sein  wie  in  der  Ptolemäerzeit  (s.  S.  567  f ).  Dass 
die  Erheber  im  Falle  der  Zahlungsverweigerung  zur  Pfandimg  des 
Steuerzahlers  schreiten  konnten,  ist  bekannt.  Ein  Beispiel  dafür  bietet 
BGU  515,  eine  an  den  Centurio  gerichtete  Klagschrift  (vom  Jahre 
193),  in  der  über  die  bei  der  Pfändung  vorgekommenen  Uebergriffe 
der  TipaxTOpe?  amxwv  Beschwerde  geführt  wird.  Da  der  Kläger 
für  die  Xoysca  noch  eine  Artabe  Weizen  schuldete,  so  w^aren  die 
Praktoren,    begleitet  von   ihrem    Schreiber   und   ihrem  UTiYjpsTY]^, 

^)  Aehnlich  scheint  die  Sachlage  in  BGU  330  zu  sein.  Im  Einzelnen  ist 
hier  manches  dunkel. 

^)  Diese  ctTioypacpT^  hat  natürlich  nichts  mit  den  in  Kap.  V  besprochenen 
periodischen  dcTtoypacpat  (Objectsdeklarationen)  zu  ihun.  Es  handelt  sich  hier 
offenbar  um  Ein-  oder  Ausfuhrzoll.  Wir  lernen  aus  dem  Text,  dass  dieser  Zoll 
erhoben  wurde  auf  Grund  einer  ad  hoc  gemachten  Deklaration  des  Zollzahlers. 

^)  Vgl.  hiermit  die  ^TgTr/aig  in  Rev.  Pap.  55,  18ff.,  andrerseits  den  Zolltarif 
von  »Palmyra  Z.  7  (Dessau,  Hermes  XIX  S.  490):  auveßaivsv  Se  TiXsiaxaxts 
Tispl  xoOxou  ^TjXT^asis  Ytv£aO'[a!,  |x£]xa^u  xwv  svTiöptov  Tcpo^  zouc,  TeXcovag.  Vgl. 
auch  die  von  Friedländer,  Sittengesch.  11^  S.  45  f.  zusammengetragenen  Nach- 
richten. 


§  2.    DIE  STEUERERHEBUNG  IN  DER  KAISERZEIT. 


621 


während  er  selbst  auf  dem  Felde  arbeitete,  in  sein  Haus  eingedrungen 
und  hatten  ein  Kleid  seiner  Mutter  gepfändet.  Soweit  mögen  die 
Praktoren  —  trotz  des  gehässigen  a^i^pTiaaav  —  nach  ihren 
Instructionen  verfahren  sein.  Dass  sie  dann  aber  die  Mutter  miss- 
handelten, so  dass  sie  bettlägerig  (xX'.vi^py];)  wurde,  ging  jedenfalls 
über  ihr  Recht  hinaus  und  rechtfertigt  die  Klage.  Nach  P.  Grenf 
(II)  66  wurden  zwei  andere  TTpaxTope?  aiT'.xwv  von  einem  xaia- 
önopeuq  verklagt,  weshalb  sie  von  der  Dorfpolizei  ausgeliefert  werden 
sollen.    Der  Grund  der  Klage  ist  nicht  angegeben. 

So  scheinen  es  die  kaiserlichen  Beamten  nicht  besser  getrieben 
zu  haben  als  die  vielverschrieenen  „Zöllner".  Das  Treiben  der  letz- 
teren beleuchtet  BGU  340,  eine  Bittschrift,  in  der  eine  Frau  beim 
Epistrategen  Klage  führt  gegen  TeXwva:,  die  schon  gezahlte  Summen 
nochmals  einzufordern  suchten,  wiewohl  sie  die  Quittung  (a6[JLßoXoy) 
vorzeigen  konnte. 

Dass  die  Steuererheber  gelegentlich,  wenn  ihnen  besondere 
Schwierigkeiten  gemacht  Avurden,  vom  Militär  unterstützt  wurden, 
ist  sehr  wahrscheinlich,  wenn  mir  auch  aus  den  ersten  Jahrhunderten 
der  Kaiserzeit  kein  stricter  Beleg  erinnerlich  ist.^)  In  BGU  8  II  9 
vom  Jahre  248  schickt  ein  Procurator  einem  Strategen,  dem  er  eine 
TTpa^cg  aufträgt,  einen  Soldaten  zu  Hilfe,  um  ihm  jeden  „Vorwand" 
zu  nehmen.  Deutlicher  spricht  P.  Lond.  CCXXXIV  (vgl.  Pal.  Soc.  II 
Ser.  188)  aus  der  Mitte  des  IV.  Jahrhunderts,  in  dem  der  £7i''Tp(o7io;) 
6£a7iOTLyw(ö)v)  XTi^aewv  den  Commandanten  der  xaaxpa  AcovuaiaSo^ 
auffordert,  ihm  gemäss  dem  Befehl  des  comes  et  dux  militärische 
Hilfe  zur  Eintreibung  der  canones  zu  schicken:  Tipo^exa^sv  £|ji"5 
ini\}.eXdc(.  ßoyj^tav  aTpa-ciWTixYjv  7rapaa)(_£^Yjvai  elq  xYjv  aTracxYjaiv 
Twv  6£a7roTCXü)V  xavovwv  Ix  twv  utzo  tyjv  ayjv  (fpoviiSa  aipa- 

TCWTWV.^) 

Dass  die  Steuerschuldner  eventuell  in  das  TipaxTopE'.ov  geworfen 
wurden,  sagt  Ti.  Julius  Alexander  in  seinem  Edict  Z.  17:  |17]5'  eiQ 
TO  TipaxTopEtov  E^w  TÖ)V  Ö9£iX6vTa)v  elc,  Tov  xi)pLax6v  Xoyov.  Ich 
habe  dieses  7:paxT6p£iov  oben  S.  285  mit  den  kaiserlichen  7rpaxT0p£^ 
zusammengebracht.    Vielleicht  ist  es  zutreffender,  an  die  Praktoren 

Vgl.  oben  S.  226.    Die  Quittungen,  in  denen  Soldaten  über  a/upov 
quittiren,  sind  wohl  nicht  Steuerquittungen.    Vgl.  P.  Oxyr.  I  43. 

^)  Vgl.  hiermit  das  Kaiserrescript  an  den  präf.  Augustalis  Cod.  Just.  I 
37,  1  (vom  J.  386). 


622 


YI.  KAPITEL. 


im  Sinne  der  Ptolemäerzeit  zu  denken^),  d.  h.  an  den  Executor, 
der  mit  der  Eintreibung  der  Schulden  betraut  war.  Denn  in  das 
Praktorion  wurden,  wie  die  Allgemeinheit  der  Worte  des  Edicts 
nahe  legt,  gewiss  nicht  nur  die  Steuerschuldner  geworfen,  und  unter 
diesen  sicherlich  nicht  bloss  die  Schuldner  der  TtpaxTOpec,  sondern 
auch  der  Pächter.  Das  Wort  wird  schon  aus  der  Ptolemäerzeit  her- 
stammen. 

F.  Die  Rechnuugslegung". 

Entsprechend  der  straffen  Controle  der  Kaiserzeit  wird  die 
Rechnungslegung  der  Steuererheber  durch  Regulative  auf  das  genaueste 
geregelt  gewesen  sein.  Von  diesen  Vorschriften  ist  uns  nichts  er- 
halten. Im  Revenue-Papyrus  lernten  wir  auf's  genaueste  den  6ca- 
XoY:a{JLG<^  kennen,  den  in  jedem  Monat  die  Finanzbeamten  mit  den 
Pächtern  abzuhalten  hatten.  Wahrscheinlich  wird  das  in  der  Kaiser- 
zeit nicht  anders  gehandhabt  worden  sein.  2)  Ueber  die  Abrech- 
nungen der  Pächter  sind  die  oben  S.  589  besprochenen  Bestimmungen 
des  Pachtangebotes  in  P.  Grenf.  (II)  41  wohl  die  einzige  Nachricht, 
über  die  wir  zur  Zeit  verfügen.  Dass  die  Praktoren  ausserdem 
gelegentlich  einer  Superrevision  (ß'Axpioiq)  durch  den  Strategen  unter- 
worfen wurden,  haben  wir  oben  S.  609  hervorgehoben.  Hier  sei  nur 
noch  hinzugefügt,  dass  die  Praktoren  allmonatlich  dem  Strategen  in 
einem  Ö7ü6[JLvr|[Jia  zu  melden  hatten,  wieviel  sie  auf  Rechnung  des 
verflossenen  Monats  an  die  königliche  Bank,  resp.  an  den  Thesauros 
abgeliefert  hatten.  Erhalten  sind  uns  solche  67i:o|jivfj|xaTa  nur  über 
Zahlungen  an  die  Bank,  und  zwar  musste  jeder  Praktor  für  jeden 
Monat  eine  zwiefache  Eingabe  machen :  in  der  einen  meldete  er,  wieviel 
für  die  einzelnen  Steuern,  die  ihm  überwiesen  waren,  in  dem  be- 
treffenden Monat  im  Ganzen  eingegangen  war,  in  der  anderen 
meldete  er,  wieviel  die  einzelnen  Steuerzahler,  die  ihm  überwiesen 
waren,  in  dem  betreffenden  Monat  gezahlt  hatten  (Vwax'  av6pa). 
Urkunden  der  ersteren  Art  sind  BGU  25,  41,  652,  653,  der  zweiten 


In  diesem  alten  Sinne  steht  Tipäxxwp  auch  im  Evaug.  Luc.  12,  58:  6 
xp'.XT^g  OB  7iapagü)aet  Tqi  Tipäxxopi  xat  T^pocxxwp  ob  ßaXst  eic,  cpuXaxVjv. 

^)  A'.aAoy.aiiög  begegnet  in  der  Kaiserzeit  als  terminus  technicus  für  die 
Revisionen,  denen  der  Präfect,  wenn  er  Convent  hielt,  die  Gauverwaltung  unter- 
warf. Ein  d'.aXoyiajjLÖs  wurde  auch  mit  dem  abtretenden  oxpaxTgyög  abgehalten 
(vgl.  CIGr.  III  4957,  35). 


§  2.    DIE  STEUERERHEBUNG  IX  DER  KAISERZEIT. 


623 


Art  BGU  42,  199  R,  392,  639.  Sie  zeigen,  dass  die  Abrechnungen 
meist  in  der  Mitte  des  nächsten  Monats  eingereicht  wurden. 

Eigenartig  ist  der  Bericht  der  Praktoren  an  den  Strategen  in 
P.  Grenf.  (II)  72  a:  6yjXoO{Jt£V  \irßev  5[LaY£]Yp(a9^a:)  vipLlv  ccizb  ix 
£(0?  [.]'^  TOö  M£aGpY^  [i-fi^b^  [_iyE'Jz]G)ZOC,  :£^.  Hiernach  scheint 

es,  als  wenn  auch  innerhalb  des  Monats  (vorläufige?)  Berichte  ein- 
gesandt wurden.  Oder  liegt  ein  Ausnahmefall  vor,  dadurch  veranlasst, 
dass  in  dem  angegebenen  Zeitraum  nichts  gezahlt  worden  war? 

Natürlich  bedurften  diese  einseitigen  Meldungen  weiterer  Con- 
trole.  Abgesehen  von  den  oben  erwähnten  hiocxpiaei;,  wurde  sie 
dadurch  geleistet,  dass  auch  die  Trapeziten  wie  die  Thesaurosbeamten 
ihrerseits  wieder  dem  Strategen  über  die  monatlichen  Eingänge  zu 
berichten  hatten  (vgl.  §  3  und  4). 

Von  den  Strategen  wurde  dann  weiter  berichtet  an  die  nächst 
höheren  Instanzen,  und  so  fort,  bis  hinauf  zur  Oberrechnungskammer 
in  Alexandrien  und  zum  Präfecten  selbst.  Dieser  hatte  dann  das 
Schlussergebnis  dem  Kaiser  nach  Rom  zu  melden  (s.  oben  S.  498). 

Gr.  Die  Steuererhebniig  im  III.  Jahrh.  ii.  Chr. 

Im  Anfang  des  III.  Jahrhunderts  sind  zwei  Neuerungen  von 
einschneidender  Wichtigkeit  in  Aegypten  eingeführt  worden.  Im 
Jahre  202  gab  Kaiser  Severus  der  Stadt  Alexandrien  und,  wie 
wir  oben  S.  430 f.  wahrscheinlich  zu  machen  suchten,  auch  den 
sämmtlichen  Metropolen  der  aegyptischen  Gaue  eine  ßo'jX")^,  und  im 
Jahre  212  gab  Caracalla  wie  den  Bewohnern  der  anderen  Provinzen, 
so  auch  den  Aegyptern,  mit  ge^vissen  Ausnahmen,  das  römische 
Bürgerrecht.  Es  wäre  von  besonderem  Interesse  zu  erkennen,  welche 
Einwirkungen  diese  beiden  grundlegenden  Neuerungen  auf  das  öffent- 
liche Leben  in  Aegypten,  im  Besonderen  auf  die  Steuerordnung  aus- 
geübt haben.  Die  Urkunden  geben  aber  über  das  III.  Jahrhundert 
bisher  nur  dürftige  Kunde.  Eine  zusammenhängende  Darstellung  ist 
daher  zur  Zeit  unmöglich,  und  ich  muss  mich  darauf  beschränken,  für 
künftige  Untersuchungen  zusammenzustellen,  was  uns  bisher  vorliegt. 

Ehe  wir  auf  die  neue  Decurionenordnung  Aegj^ptens  eingehen, 
wird  es  sich  empfehlen  zu  fragen,  wie  denn  bis  zum  Jahre  202  die 
Steuerordnung  in  den  Griechenstädten  des  kaiserlichen  Aegyptens 
gewesen  war.  Alexandrien  hatte  in  dieser  Zeit,  wie  uns  Strabo  XVII 
p.  797  berichtet,  vier  städtische  Beamte,  die  auch  in  der  Königszeit 


624 


YI.  KAPITEL. 


functionirt  hatten,  den  I^YJYyjTi^g,  den  uTrofJtvr/fJtaToypatyoc,  den  äpj;,- 
StxaaTigg  und  den  v'JZT£p'.v6(;  aTpaxyjYO^.  Von  diesen  konnte  für 
die  Steuerordnung  höchstens  der  ibqyrixriq  in  Betracht  kommen,  aber 
auch  nur  indirect,  insofern  ihm  die  eTZ'.jJieXsLa  xwv  zr^  tüoXsl  xpy]a({Xü)v, 
d.  h.  die  cura  annonae  unterstellt  war.  Wer  leitete  also  das 
Steuer wesen  der  Stadt  Alexandrien,  wie  es  der  Stratege  für  den  Gau 
that?  In  BGU  729  erscheint  ein  axpoLvriybc,  xfic,  tuoXew^.  Meine 
a.  a.  O.  vorgeschlagene  Deutung,  dass  mit  noXiq  Alexandrien  gemeint 
sein  müsse,  findet  nachträglich  durch  P.  Oxyr.  I  100,  If  ihre  Be- 
stätigung: der  AzXoc,  yevojjisvo^  aTpaTTgy^?  '^'^^  tz6Xz(})c,  vom  Jahre  144 
(im  Berliner  Text)  ist  offenbar  identisch  mit  dem  Möipxoc,  'AvTtovco^ 
Aelog  xod  (1)^  y^pyj(jiaTL^a)  aTpaTyjyyjaa^  'AXs^avBpsia;  vstoxopo?  toö 
(leyccXoD  üiocpaTziboc,  vom  Jahre  133.  Das  ist  eine  überraschende 
Nachricht,  dass  damals  —  seit  wann,  wissen  wir  nicht  —  Alexandrien 
der  Gewalt  eines  Strategen  unterstellt  war.  Wir  gehen  wohl  nicht 
fehl  in  der  Annahme,  dass  dieser  Beamte,  ähnlich  den  Gaustrategen, 
unter  anderem  die  Steuerverwaltung  Alexandriens  unter  sich  gehabt 
hat.  Dies  zugegeben,  würde  man  trotzdem  anzunehmen  haben,  dass 
es  über  ihm  einen  römischen  Procura tor  gegeben  habe,  so  wie 
der  Stratege  des  Gaues  unter  dem  Procurator  der  Epistrategie  stand. 
Diesen  Procurator  könnte  man  vielleicht  in  dem  prociü^ator  ad 
dioecesin  Alexandriae  (s.  oben  S.  498)  wiedererkennen. 

Ueber  die  anderen  Griechenstädte  haben  wir  aus  dieser  Periode 
(30  V.  Chr.  —  202  n.  Chr.)  keine  Nachrichten.  Für  Antinoe  ist  uns 
für  220/1  überliefert,  dass  die  Steuerobjectsdeklaration  eines  Bürgers 
dieser  rein  griechischen  Gemeinde  nicht  an  den  Strategen,  sondern 
an  den  Epistrategen  gerichtet  war,  worin  wir  eine  Bestätigung  dafür 
fanden,  dass  die  Stadt  von  der  Gewalt  des  Strategen  eximirt  war 
(s.  oben  S.  467).  Für  unsere  Frage  ist  es  vielleicht  noch  interessanter, 
dass  diese  Deklaration  nicht  an  den  städtischen  Rat  oder 
die  städtischen  Behörden  adressirt  war. 

Geschah  das  in  einer  von  ihren  Anfangen  an  rein  griechischen 
Stadt,  so  ist  es  a  priori  um  so  wahrscheinlicher,  dass  auch  in  den 
aegyptischen  Städten,  die  seit  202  eine  ßGuXr)  hatten,  die  Steuer- 
deklarationen nicht  dem  Rat  überwiesen  wurden.  Wir  haben  zwei 
Subjectsdeklarationen  für  das  Jahr  201/2,  die  also  202/3  ge- 
schrieben sind,  gerade  in  dem  Jahre,  in  welchem  nach  unserer  Ver- 
mutung der  Rat  begründet  wurde.   Wenn  sich  in  diesen  gegenüber 


§  2.    DIE  STEUERERHEBUNG  IX  DER  KALSERZEIT. 


625 


den  früheren  Eingaben  keinerlei  Veränderungen  zeigen,  so  ist  dies, 
da  es  gerade  das  üebergangsjahr  war,  nach  keiner  Seite  beweisend. 
Aber  entscheidend  ist,  dass  wir  Objectsdeklarationen  haben,  die 
jünger  sind  als  202  und  doch  an  dieselben  Beamten  wie  früher 
adressirt  sind.  Vgl.  BGU  108,  266.  Trotzdem  wird  man  annehmen 
dürfen,  dass  der  Rat  —  vielleicht  concurrirend  mit  jenen  Beamten  — 
sich  an  der  Steuerveranlagung  irgend  wie  beteiligt  hat.  Das  folgt 
zwar  nicht,  wie  Viereck  (Hermes  XXVII  S.  520)  glaubte,  aus 
BGU  8  II  17  und  23,  denn  es  ist  dort  sicher  nicht  rj7wp(:ßü)x6Tü)v) 
ßouX(£UTü)v)  zu  lesen,  was  auch  sprachlich  anstössig  wäre,  sondern 
'f]  xp(aTLanQ)  ßouX('i^),  was  wir  sogleich  erklären  werden.  Es  ergiebt 
sich  aber  mit  grosser  Wahrscheinlichkeit  aus  der  Art  und  Weise, 
wie  dieser  Rat  an  der  Steuererhebung  beteiligt  wurde.  Für 
letztere  Thatsache  liegen  zur  Zeit  folgende  Indicien  vor. 

Zunächst  ist  darauf  hinzuweisen,  dass  der  Rat,  wie  manche  andere 
Beamte^),  so  auch  solche  zu  erwählen  hatte,  die  der  Steuerverwaltung 
vorstanden.  So  lehrt  ein  Papyrus  vom  Jahre  247  n.  Chr.,  dass  der 
Prytan,  der  jedesmalige  Geschäftsführer  des  Rates,  die  Xomarchen 
erwählte.  Welche  wichtige  Rolle  diese  bei  der  Steuererhebung  spielten, 
ist  oben  S.  597  f.  hervorgehoben  worden.  Vgl.  BGU  8  II  5 :  to[ö  /Jei- 
pOTO'/i^aavTO^  au[T0U5  TipujTav&tog.  Diese  vom  Prytan  erwählten 
Nomarchen  wurden  geradezu  als  Organe  des  Rates  betrachtet.  Daher 
heisst  es  in  demselben  Text  II  17  und  23:  fj  zp(aTia'CY;)  ßo'jX(y]) 

(s.  oben)   bia.  twv  aipeO-ivTWV  'AaxXYjTTtvou  xal  Xp[  tJ'^M-" 

vaai(ap)(YiaavTa)v)  xal  twv  g'jv  auxoT?  vo[iapx,ö)v.  Hier  wird  der  Rat 
als  die  eigentliche  Steuererhebungsbehörde  bezeichnet,  deren  aus- 
führende Mandatare  die  Xomarchen  sind.  Für  die  Bedeutung  des 
Rates  für  die  Steuererhebung  ist  es  aber  von  besonderer  Wichtigkeit, 
dass  nach  demselben  Papyrus  der  Prytan  für  die  richtige  Er- 
hebung der  Steuern  mit  seinem  Vermögen  haftete.  Der  an- 
geredete Beamte  —  wohl  der  Stratege,  wie  Viereck  vermutet'-)  — 
wird  von  dem  Schreiber,  einem  Procurator,  angewiesen,  das  Vermögen 
der  Nomarchen  und  des  Prytanen,  der  sie  erwählt  hatte,  bis  zur 

Der  Rat  von  Arsinoe  wählte  den  sTi'.fj.sXrjXi^s  des  Jupiter- Capitolinus- 
Tempels  der  Stadt,  der  die  Schatzverwaltung  des  Tempels  unter  sich  hatte.  Vgl. 
BGU  362  und  dazu  Hermes  XX  S.  430 f.    So  wählte  er  auch  den  cppcvTiaxi^g 
des  laiiteiov,  und  zwar  auf  seine  Gefahr,  wie  soeben  P.  Oxyr.  I  58,  12  ff.  zeigt. 
2)  Hermes  XXVII  S.  519.  Vgl.  zu  dem  Folgenden  auch  seinen  Nachtrag  S.  654. 
WiLCKEX,  Ostraka.  40 


626 


VI.  KAPITEL. 


Zahlung  der  Schuld  mit  Beschlag  zu  belegen  (^xaiaa^elv),  und  beruft 
sich  dafür  auf  die  Verordnungen  seiner  Vorgänger:  IxTipa^a:  x[aT]a 
TÖv  auxöv  zp6Tzo[y  twv  eylyuwv  xa  bizoLpyoyzoL.  Unter  diesen  eyyuot 
sind  hier  einmal  die  Nomarchen  gemeint,  die  ja  als  Steuererhebungs- 
beamte für  die  richtigen  Steuereingänge  hafteten;  aber  auch  der 
Prytan  muss  nach  dem  Zusammenhang  darunter  verstanden  werden. 

Der  Eat  war  nicht  nur  indirect  durch  Ervvählung  von 
Erhebungsbeamten  an  der  Steuereintreibung  beteiligt,  sondern  es 
wurde  auch  den  Ratsherrn  selbst  das  munus  exigendi  tributi  auferlegt, 
und  zwar  in  der  Form  des  decemprimatus.  Menadier^)  hat  zwar 
gemeint,  dass  die  SsxaTTpwxo:  in  den  griechischen  Gemeinden  nicht 
aus  den  Ratsherrn,  sondern  aus  allen  Bürgern  erwählt  seien,  und 
ich  habe  ihm  früher^)  auch  für  Aegypten  darin  beigestimmt,  weil 
ich  einen  AxjprjXioc,  Kaaxwp  dyopavoixCi^aag)  SexdcTipWTog  (jetzt 
BGU  552  A  III  6)  anführen  konnte,  also  einen  decemprimus ,  der 
sich  nicht  zugleich  als  Buleut  bezeichnet.  Ich  bin  jedoch  zu  der 
Ansicht  gekommen,  dass  aus  dem  Fehlen  des  Buleutentitels  nicht 
notwendig  geschlossen  werden  darf,  dass  der  Betreffende  nicht  that- 
sächlich  doch  Buleut  gewesen  wäre.  AuprjXioq  'AXs^avSpo^  6  xal 
'AvTWvTvo^  xal  'AaxXrj7rcaoYj(;  NecXafJifxwvo?  nennen  sich  in  BGU  553 
A  III  11  ff",  nur  SexaTiptOTOt,  dagegen  in  554,  16  —  aus  demselben 
Jahre  —  apt^oiepot  ßouXeuxal  ScxdcTcpwTOL  Hiernach  halte  ich 
das  Vorhandensein  oder  Fehlen  des  Ratsherrntitels  neben  hzxoiTZpidzoq 
für  die  Frage  der  Zugehörigkeit  zur  Bule  für  indifferent  und  meine, 
dass  man  auf  die  besondere  Hervorhebung  des  Buleuten  verzichten 
konnte,  da  der  Titel  SexaTtpiOTo;  an  sich  schon  die  Zugehörigkeit 
involvirte.^)  Wir  schliessen  uns  daher  der  Ansicht  Waddington's 
an,  dass  die  SexdcTtpWTOi  der  griechischen  Gemeinden  aus  der  Zahl 
der  Buleuten  auserwählt  wurden.^)    Daraus  erklärt  sich  auch,  dass 

^)  Qua  condicione  P^phesii  usi  sint  inde  ab  Asia  in  forniam  provinciae 
redacta.  Berl.  1880. 

Observationes  ad  bist.  Aeg.  p.  16  A.  2. 
^)  AsxocTtpwxo'.,  die  sieb  zugleich  als  Buleuten  bezeicbnen  in  P.  1444: 
xoo}x(Y3XYjg)  ßouX(£UX7]g)  SexaTipcoTO^.  Vgl.  auch  P.  8794.    Ohne  ßouXeuxi^s 
556  II  11  f.  ,  wo  aber  ßou^  vielleicht  in  der  Lücke  zu  ergänzen  ist,  und  579.  Die 
Männer  werden  beim  Quittungsausstellen  gern  einige  ihrer  zahlreichen  Titel  unter- 
drückt haben.  In  579  nennen  sie  sich  in  der  Subscription  nicht  einmal  SsxccTipcoxou 

Le  Bas,  Voyage  Arch.  IV  S.  286.    Die  von  Menadier  dagegen  angeführten 
Worte  der  Dig.  L  1,  17,  7  sind  nicht  beweiskräftig. 


§  2.     DIE  STEUERERHEBUNG  IN   DER  KAISERZEIT.  627 


die  SsxaTrpwToi  vor  dem  III.  Jahrhundert  in  Aegypten  nicht  begeg- 
nen. Wenn  Waddington  ferner  bemerkt,  dass  die  griechischen  Ssxa- 
7cpü)T0i  nicht  wie  die  decemprimi  der  Städte  römischer  Ordnung  die 
zehn  ersten  Senatoren  des  Album  waren,  sondern  aus  der  Gesammt- 
zahl  der  Senatoren  gewählt  wurden,  so  ist  dies  gewiss  auch  für 
Aegypten  anzunehmen.  Wenn  man  bedenkt,  dass  für  jede  Toparchie 
meist  zwei  oexaTipwcG:  bestimmt  waren,  so  ergiebt  sich  schon  hieraus 
bei  der  grossen  Zahl  der  Toparchien  mancher  Gaue,  dass  die  Zehn- 
zahl durchaus  nicht  eingehalten  wurde,  sondern  ganz  abgesehen  von 
der  eigentlichen  Bedeutung  der  Titel  osxaTTptoxoc;  den  mit  der 
Steuererhebung  betrauten  Buleuten  bezeichnete. 

Xach  Waddington  sind  die  Dekaproten  immer  auf  ein  Jahr 
gewählt  worden.  Marquardt  (St,  V.  I-  S.  214  A.  3)  verweist  da- 
gegen auf  den  BexaTiptOTSuaa^  STYj  l  in  CIGr.  3490.  Es  bleibt  hier 
freilich  unentschieden,  ob  nicht  Iteration  vorliegt,  zumal  nicht  fest- 
steht, ob  die  10  Jahre  hinter  einander  zu  denken  sind.^)  Die 
Papyri  tragen  zu  dieser  Frage,  soweit  ich  sehe,  nichts  bei.  Auch 
über  die  Amtsführung  der  Dekaproten  können  wu'  ihnen  nur  wenig 
entnehmen.  In  den  oben  angeführten  Beispielen,  die  alle  der  Mitte 
des  III.  Jahrhunderts  angehören,  sehen  wir  die  S&xaTipWTOC  den 
monatlichen  Bericht  an  die  Strategen,  die  nach  wie  vor  das 
Haupt  der  Steuerverwaltung  im  Gau  darstellten,  nicht  etwa 
an  den  Rat  erstatten.  In  den  angezogenen  Fällen  handelt  es  sich 
überall  um  den  Eingang  von  ^Naturalsteuern.  Der  Gau  war  zu 
diesem  Zweck  nach  Toparchien  unter  die  SsxaTipWTOC  verteilt  (vgl. 
auch  BGU  579  und  P.  8794).  Eine  andere  Urkunde,  vom  Jahre  247, 
(BGU  7)  zeigt  uns,  dass  die  OcXaTiptoxot  über  die  dem  Fiscus  ver- 
schuldeten Pächter  (yewpyot)  dem  Strategen  Bericht  erstatteten.  End- 
lich zeigt  P.  Oxyr.  I  62  (III.  Jahrh.  n.  Chr.),  dass  die  SsxaTipWTo: 
mit  der  Ablieferung  der  IjxjjoAig  (s.  oben  S.  364  f)  zu  thun  hatten. 
Wenn  hier  der  Brief  an  die  xX7]pov6[xoi  des  BexaTipWTOU  T'^^ 
©liO'.aa^ü)^  T07wap)^({a^)  geschickt  werden  soll,  so  folgt  daraus  viel- 
leicht, dass,  falls  ein  SexaTiptOTO^  während  seiner  Amtszeit  starb, 
seine  Erben  für  ihn  aufzukommen  hatten. 

Aus  diesen  dürftigen  Angaben  allein  würde  man  sich  kein 
klares  Bild  von  den  SsxaTipwxoL  machen  können.    Man  würde  sie 

^)  Vielleicht  währte  auch  das  Buleutenamt  nur  ein  Jahr.  Dann  wäre  die 
Frage  in  Waddington's  Sinne  erledigt. 

40* 


628 


VI.  KAPITEL. 


vielleicht  eher  für  Thesaurosbeamte  als  für  Steuererheber  halten.  Die 
Quittung  BGU  579,  die  formell  ganz  den  Sitologenquittungen  ähnelt, 
legt  in  der  That  den  Gedanken  nahe,  dass  die  SexaTTpwxot  damals 
etwa  die  Stelle  der  Sitologen  eingenommen  hätten.  Nun  wissen  wir 
aber,  dass  die  Sitologen  auch  nach  Einführung  der  Decurionats- 
ordnung  die  Thesaurosbeamten  waren  (s.  §  4).  Man  könnte  also 
höchstens  vermuten,  dass  die  Dekaproten  neben  ihnen  —  oder  wohl 
richtiger,  über  ihnen  —  an  der  Thesaurosverwaltung  irgend  w^ie 
beteiligt  gewesen  wären.  Selbst  wenn  diese  Annahme  sich  bestätigen 
sollte,  müssten  wir  doch  auf  Grund  der  juristischen  Quellen  daran 
fest  halten,  dass  die  SezdcTiptOTOi  in  erster  Linie  Steuererheber 
waren.    Einige  Belege  seien  in  der  Anmerkung  mitgeteilt.^) 

Für  die  Stellung  des  Rates  ist  nun  von  grosser  Wichtigkeit, 
dass  nach  wie  vor  die  TipazTOpeg  apyupcxwv  und  a'.TCXWv,  die  Steuer- 
pächter u.  s.  w.,  kurz  das  gesammte  Erhebungspersonal  ganz  wie  in 
den  ersten  beiden  Jahrhunderten  fortbestanden  2),  und  vor  Allem,  dass 
auch  die  Lokalbehörden  wie  die  aTpaTyjYoi,  ßaaiXixol  Ypa[jL[xaT£!^, 
vo[JLapy^ac  u.  s.  w.  ebenso  wie  vorher  fungirten.  In  welcher  Weise 
die  Stellung  des  Rates,  der  mit  dem  Jahre  202  in  ganz  Aegypten 
als  ein  neues  Element  in  die  Steuerverwaltung  eintrat,  gegenüber 
jenen  schon  von  früher  her  bestehenden  Factoren  geregelt  worden  ist, 
bleibt  uns  im  Einzelnen  noch  dunkel.  Aber  die  Thatsache  steht 
fest,  dass  der  Rat  gewissermassen  zwischen  die  alten  Elemente  ein- 
geschoben worden  ist  und,  wie  auch  in  den  Gemeinden  ausserhalb 
Aegyptens,  die  Hauptverantwortung  für  die  Steuererhebung  hat 
übernehmen  müssen.  Dass  Aegypten  überhaupt  nur  darum  seine 
Decurionen  bekommen  hat,  damit  man  sie  für  die  Verwaltung  aus- 
nutzen könne,  wurde  schon  oben  S.  431  vermutet  und  wird  durch 

^)  Dig.  L  4,  1,  1:  patrivionii  sunt  munera  rei  vehicularis,  item  navicularis, 
decemprimatus ;  ab  istis  enim  periculo  ipsorum  exactiones  sollemnium  celebrantur. 
Aehnlich  3,  10,  und  11.  Dagegen  erklärte  Herennius  Modestinus  die  Decaprotie 
für  ein  munus  mixtum.  Vgl.  Dig.  L  4,  18,  26:  mixta  munera  decaproiiae  et 
icosaprotiae,  ut  H.  M.  et  notando  et  disputando  bene  et  optima  ratione  decrevit: 
nam  decaproti  et  icosaproti  tributa  exigentes  et  corjjorale  ministerium  gerunt  et 
pro  [nominibus  defectorum]  fiscalia  detrimenta  resarciunt,  ut  merito  inter  mixta 
hoc  munus  numerari  debcat. 

2)  So  erscheinen  Praktoren  in  BGU  362  (vom  J.  214/5);  452;  Ostr.  281. 
Praktoren  auch  noch  im  XIII.  Edict  Justinians  (i^rooeraium).  Vgl.  auch  Just, 
Nov.  XVII  8.    Pächter  in  BGU  617. 


§  2.    DIE  STEUERERHEBUNG  IX  DER  KAISERZEIT.  629 


dies  Detail  —  vgl.  namentlich  die  Haftung  des  Prytanen  —  noch 
wahrscheinlicher. 

Wenn  wir  so  zu  dem  Resultat  kommen,  dass  in  Aeg}^ten  seit 
Anfang  des  III.  Jahrhunderts,  so  wie  es  ausserhalb  schon  lange  Sitte 
war,  die  Steuererhebung und  im  Besonderen  auch  die  Haftung  auf 
die  Schultern  der  Decurionen  abgewälzt  wurde,  so  erhebt  sich  die 
Frage,  ob  damit  nicht  auch  ein  Bruch  in  dem  bis  dahin  gültigen 
Erhebungssystem  herbeigeführt  wurde,  d.  h.  ob  nicht  damals  das 
dritte  System,  von  dem  wir  oben  sprachen,  die  Erhebung  durch 
Selbstverwaltungskörper  —  wenn  auch  nicht  in  ganz  reiner  Form  — 
in  Aegypten  ihren  Einzug  gehalten  hat.  Theoretisch  wäre  es  ja 
nicht  undenkbar,  dass  nach  wie  vor  die  Regierung  für  jeden  einzelnen 
Steuerzahler  die  Steuersumme  berechnet  hätte,  und  die  SczaTTpwioc 
nur  beauftragt  worden  wären,  sie  zu  erheben.  Aber  die  Analogie 
der  ausseraegyptischen  Gemeinden  spricht  allerdings  dafür,  dass  das 
gesammte  Steuersoll  nunmehr  auf  die  Gaue  verteilt  und  die  Beitreibung 
diesen  selbst  übertragen  wurde.  Unter  dieser  Voraussetzung,  deren 
Berechtigung  weiter  zu  prüfen  ist,  würden  wir  uns  die  Steuerverwaltung 
seit  Einführung  des  Rates  etwa  folgendermassen  vorzustellen  haben. 

Die  Gesammtsumme,  die  aus  Aegypten  zu  erheben  war,  wurde 
auf  die  einzelnen  Metropolen,  die  als  Centren  ihres  Gaues  diesen 
repräsentirten ,  repartirt.  Die  Gaubeamten,  denen  auch  früher  die 
Berechnung  der  Steuersätze  für  den  einzelnen  Zahler  zustand,  also  vor 
Allem  die  Eklogisten,  unterstützt  nicht  nur  wie  früher  vom  Strategen 
u.  s.  w.,  sondern  auch  wohl  von  den  Decurionen,  berechneten  darauf 
—  unter  Benutzung  der  an  die  Strategen  u.  s.  w.  eingereichten  Dekla- 
rationen und  der  vorhandenen  Steuerbücher  —  die  Repartirung  dieser 
auf  den  Gau  entfallenden  Summe  für  den  einzelnen  Steuerzahler.  Nach 
wie  vor  wurden  die  Steuern  zum  grössten  Teil  direct  erhoben,  zum 
kleinern  Teil  an  Steuerpächter  übergeben.  An  der  Steuerpacht  mögen 
sich  auch  Ratsherrn  beteiligt  haben.  Wenigstens  aus  der  späteren  Zeit 
haben  wir  eine  Verfügung,  wonach  es  in  Aegypten,  aber  auch  nur 
dort,  den  Decurionen  erlaubt  war,  Steuerpächter  zu  werden  (Cod. 

^)  In  einer  noch  unpublicirten  Steuerquittung  des  Berliner  Museums 
(P.  7459),  aus  dem  III.  Jahrli.  n.  Chr. ,  heisst  es:  xaxsßaXlsv)  si^  tcv  zf^ig) 
ßouX(^S)  XÖY('ov)  S'.a  AOpr(X({ou»  'AjjL|jiü)viou  ji£p'.5(dpxoui  'HpaxX(si5ou)  [ji£pi8(og). 
Hier  wird  also  vom  Meridarchen  (s.  oben  S.  382  f.)  die  Steuer  auf  Rechnug  des 
Rates  erhoben. 


630 


VI.  KAPITEL. 


Theod.  XII  1,  97,  vom  Jahre  383).  Nach  wie  vor  bildete  der 
Stratege  die  Spitze  der  Steuererhebung  innerhalb  seines  Gaues^); 
an  ihn  gingen  nach  wie  vor  die  Berichte  der  Steuererheber  wie  auch 
der  Kassen-  und  Magazinbeamten  ein,  ihm  mussten  die  Praktoren 
den  Eid  leisten  (P.  Oxyr.  I  81).  In  der  Erhebung  selbst  aber  trat 
nun  der  Rat  dominirend  hervor.  Nicht  nur,  dass  die  Gaubeamten, 
die  mit  der  Erhebung  betraut  waren,  wie  die  Nomarchen,  vom 
Prytanen  gewählt  und  so  vom  Rat  abhängig  wurden,  sondern  auch 
einem  Teil  der  Ratsherrn  selbst  wurde  der  decemprimatus  auferlegt. 
Die  obigen  Fälle  bezeugen  ihre  Thätigkeit  auf  dem  flachen  Lande. 
Um  so  mehr  werden  sie  auch  in  der  Metropole  selbst  die  Steuern 
erhoben  haben.  Wenn  wir  neben  ihnen  nach  wie  vor  die  Praktoren 
thätig  sehen,  so  wird  man  annehmen  müssen,  dass  entweder  eine 
Teilung  der  Geschäfte  zwischen  ihnen  vorgenommen  war,  oder  aber, 
und  dies  hat  mehr  für  sich,  dass  die  Praktoren  den  BexaTipwiot 
untergeordnet  waren  und  von  ihnen  als  Organe  der  Steuererhebung 
benutzt  wurden.  Die  Buleuten  werden  also  mehr  die  Oberaufsicht 
der  ihnen  übertragenen  Reviere  gehabt  haben,  sowie  die  Haftung 
für  die  betreffende  Summe,  während  die  Praktoren  das  Eintreibungs- 
geschäft selbst  nach  wie  vor  mit  ihrem  Personal  auszuführen  hatten. 
So  standen  auch  in  den  griechischen  Gemeinden  der  Kaiserzeit  die 
exadores  neben  den  decemprimi'^) 

§3. 

Die  Kassen. 

A.  Ptolemäerzeit. 

Wir  haben  im  Vorhergehenden  oft  von  den  Banken  und  den 
Magazinen  als  denjenigen  Stellen  gesprochen,  an  welche  die  Erheber 
die  eingezogenen  Gelder  resp.  Naturalien  abzuführen  hatten.  Es  soll 


^)  In  dem  Tagebuch  des  Strategen  von  Elephantine  und  Ombos  (Philol.  LIII 
S.  80  ff.)  sieht  man  ihn  in  alter  Weise  functioniren.  Des  Rates  geschieht  keine 
Erwähnung. 

2)  Menadier  a.  a.  O.  S.  100.  Vgl.  Mommsen's  Ausführungen  zu  CIL  III  n. 
352  S.  67  f.  Nach  Diocletian,  wo  ja  überhaupt  die  griechischen  Titel  allmählich 
den  lateinischen  weichen,  begegnet  der  s^axxwp  auch  in  Aegypten.  Vgl.  PER  I 
233  (J.  314),  BGU  21  I  17,  III  1  und  9  (J.  340),  PER  I  247  (J.  346). 


§  3.    DIE  KASSEN. 


631 


in  diesem  und  dem  nächsten  Paragraphen  zusammengestellt  werden, 
was  wir  über  das  Kassen-  und  Magazinwesen  Aegyptens  erfahren. 

To  ßaaiXcxov  ist  der  allgemeine  Name  für  den  Schatz  der 
Ptolemäer.  Entsprechend  dem  Nebeneinander  von  Geld-  und  Natural- 
wirtschaft besteht  dieser  Schatz  —  von  Pretiosen  und  Aehnlichem 
abgesehen  —  sowohl  aus  barem  Geld  wie  aus  Naturalien.  So 
bezeichnet  t6  ßaaiXixov  bald  die  königliche  Kasse,  bald  die  könig- 
lichen Magazine.^)  Das  ist  derselbe  Unterschied,  der  uns  schon  im 
„alten  Keich"  der  Pharaonen  in  dem  „Silberhaus"  und  den  „Korn- 
speichern" als  den  beiden  Hauptressorts  der  Schatzverwaltung  ent- 
gegentritt. 2) 

Ohne  Zweifel  war  das  gesammte  Kassenwesen  der  Ptolemäer 
in  Alexandrien  in  einer  Reichshauptkasse  centralisirt.  lieber  die 
Organisation  dieser  alexandrinischen  Centraikasse  liegen  uns  keine 
Nachrichten  vor.  3)  Wir  wissen  nur,  dass  als  besonderes  Ressort 
von  der  allgemeinen  Königskasse  die  „Privatkasse"  des  Königs, 
6  Ihioq  Xoyo?,  abgezweigt  war  (vgl.  oben  S.  499).  Die  Baulichkeiten, 
in  welchen  die  Baarbestände,  die  augenblicklich  nicht  cursirten, 
deponirt  waren,  wird  man  nach  griechischem  Sprachgebrauch  als 
•ÖTjaaupo^  —  im  weiteren  Sinne*)  —  bezeichnet  haben.  Einen  Beleg 
hierfür  könnte  man  in  der  oben  S.  416  besprochenen  Nachricht  des 
Alexandriners  Appian  finden  (Iv  xoT?  ■ö'VjaaupoT^).  Im  offiziellen 
Sprachgebrauch  wird  ein  ßaatAcxo^  hinzugetreten  sein  (vgl.  unten 
S.  650).  Sicherlich  wird  dies  Schatzhaus  zu  dem  Königsquartier 
Alexandriens,  xd  ßaaiXeia,  gehört  haben.  5) 


^)  Im  Revenue  -  Papyrus  ist  z.  B.  die  Kasse  gemeint  in  13,  12;  15,  1,  14; 
20,3  und  öfter.  Ueber  die  Magazine  vgl.  §  4. 

2)  Vgl.  Erman,  Aeg.  u.  aeg.  Leben  S.  128  flf.  und  oft. 

^)  Bei  Athenä.  XI  493  f.  erscheinen  in  Alexandrien  xa-iilcci  als  diejenigen, 
die  —  unter  Philadelphos  —  Pensionen  auszuzahlen  hatten.  Nach  unseren  ur- 
kundlichen Zeugnissen  aus  der  X^poc  sollte  man  annehmen,  dass  dies  Sache  der 
Trapeziten  gewesen  wäre.  Der  Ausdruck  ist  vielleicht  nicht  als  terminus  tech- 
nicus  hier  zu  fassen.  Immerhin  könnten  xcc[xta.i  in  der  Schatzverwaltung  thätig 
gewesen  sein  (vgl.  unten  S.  642). 

*)  OTjaaupö^  auf  Geldvorräte  bezogen  z.  B.  bei  Joseph,  ant.  XVIII  §  158. 
Für  die  spätere  Zeit  vgl.  Cod.  Theod.  XIII  2,  1;  Cod.  lust.  X  23,  1.  Bekannt  ist 
auch  ^Yjoaupös  als  Opferkasse  (für  Geld). 

^)  Vielleicht  mit  Rücksicht  darauf  sagt  Joseph,  ant.  XII  §  17G:  siq  xöv 


632 


VI.  KAPITEL. 


In  engster  Verbindung  mit  diesem  königlichen  Thesauros  von 
Alexandrien  stelle  ich  mir  dasjenige  Institut  vor,  das  die  könig- 
lichen Einnahmen  in  Empfang  zu  nehmen  und  die  Ausgaben  aus- 
zuzahlen hatte:  das  ist  die  königliche  Bank,  r]  ßaat^cxy]  xpccTie^a. 
Ich  kenne  zwar  kein  Zeugnis  dafür,  dass  Alexandrien  eine  solche 
xpaTce^a  gehabt  habe.  Aber  da  wir  diese  Banken  im  ganzen  Lande 
ausgebreitet  finden,  so  folgt  schon  aus  dem  gesammten  Centralisirungs- 
system  der  Ptolemäer  notwendig,  dass  diese  Einzelbanken  in  der 
^wpa  unter  einer  Hauptbank  in  Alexandrien  gestanden  haben.  Diese 
Hauptbank  wird  die  Jahresüberschüsse  an  den  Thesauros  abgeführt 
und  eventuelle  Deficite  —  etwa  in  Jahren  mangelhafter  Ueber- 
schwemmung  —  aus  dem  Thesauros  gedeckt  haben.  Sie  wird  aber 
auch,  wie  wir  oben  S.  419  vermuteten,  bei  gegebener  Gelegenheit 
Gelder  aus  dem  Thesauros  durch  Ausleihen  auf  Zins  wieder  in  Ours 
gebracht  haben. 

Sind  wir  für  Alexandrien  auf  Hypothesen  und  Rückschlüsse 
angewiesen,  so  liegt  uns  für  die  königlichen  Banken  in  der  ^wpa 
ein  reiches  Material  vor.  Ein  jeder  Gau  hatte  in  seiner  Metropole 
eine  ßaatXLXYj  TpaTie^a,  die  wir  gewissermassen  als  Filiale  der 
alexandrinischen  Hauptbank  auffassen  können.  Solche  Gaubanken 
waren  uns  schon  seit  Beginn  dieses  Jahrhunderts  mehrfach  bezeugt. 
Lumbroso  Rech.  S.  330  erwähnt  die  von  Memphis,  Oxyrhynchos, 
Diospolis  Magna,  Hermonthis,  Syene.  Inzwischen  haben  wir  könig- 
liche Banken  kennen  gelernt  in  Krokodilopolis  im  Faijüm  (dem 
späteren  Arsinoe)^),  in  Letopolis^),  Latopolis-^)  und  Krokodilopolis 
in  Oberaegypten Dass  thatsächlich  jede  Metropole  ihre  eigene 
Trapeza  hatte,  wird  durch  Rev.  Pap.  75,  1  bezeugt:  [aL  Iv  Talg] 
TToXeocv  t)  xwjJLatg  xpdize^ai  ßaacXcxat.  Diese  Worte  bestätigen 
zugleich,  was  ich  in  Gött.  G.  A.  1895  S.  155/6,  abweichend  von 
Mahaffy,  aus  Petr.  Pap.  (II)  XXVI  gefolgert  hatte,  nämlich  dass 
auch  die  Dörfer  ihre  eigenen  königlichen  Banken  gehabt  haben. •'^) 


1)  Petr.  Pap.  (II)  XLVI  c.  13. 

Pap.  Leid.  R.   Vgl.  meinen  Vortrag  über  die  „Griech.  Papyrusurkunden" 
S.  43  A.  10. 

3)  P.  Grenf.  (II)  15,  3,  1. 
*)  Ostr.  1617  flf. 

^)  Ein  weiteres  Beispiel  einer  Dorfbank  bietet  P.  Grenf.  (II)  37,3,  wenn 
wirklich,  wie  mir  der  Text  zu  indiciren  scheint,  HaO-öpis  damals  eine  xcüjiYj  war. 


§  3.    DIE  KASSEN. 


633 


Jene  Petrie  -  Papyri  zeigen  uns,  dass  diese  Dorf  banken  der  Metropol- 
bank in  der  Weise  unterstellt  waren,  dass  der  Leiter  der  ersteren 
als  Untergebener  —  6  Tiapa  —  des  Leiters  der  letzteren  bezeichnet 
wurde.  So  möchte  ich  es  erklären,  dass  in  jenen  Quittungen,  die 
aus  verschiedenen  Dörfern  des  Faijüm  stammen,  die  Trapeziten 
sämmtlich  als  6  Tiapa  üuO-wvoi;  bezeichnet  werden. 

Der  Charakter  der  königlichen  Bank  ist  bis  in  die  neueste 
Zeit  hinein  vielfach  verkannt  worden.  Die  „trapezitischen  Register" 
haben  anfangs  in  ihrer  Isolirtheit  zu  der  irrigen  Ansicht  geführt, 
dass  die  zpoLTzeZoc  ein  Zollamt  und  die  TpaTie^lxa:  Zöllner  seien. 
So  Amadeo  Peyron  (P.  Tur.  I  S.  147  unten),  J.  G.  Droysen  (Klein. 
Schrift.  I  S.  10  f.),  C.  Leemans  (P.  Leid.  I  S.  57).  Dass  die  könig- 
lichen Trapeziten  vielmehr  ausschliesslich  Kassenbeamte  sind,  hat 
bereits  Franz  (CIGr  III  S.  298)  richtig  erkannt,  und  Lumbroso 
(Rech.  S.  333)  hat  es  dann  genauer  begründet.  Trotz  dieser  Aus- 
führungen nennt  K.  Wessely  die  Trapeziten  wieder  „Zollpächter" 
und  die  Bank  ein  „Steueramt",  i)  Dass  die  von  Franz  begründete 
Ansicht  die  richtige  ist,  braucht  hier,  nachdem  in  den  Ostraka  (vgl. 
oben  Kap.  III)  ein  so  reiches  Material  vorgelegt  ist,  kaum 
noch  bewiesen  zu  werden.  War  sie  doch  schon  durch  die  „Acten- 
stücke  aus  der  königlichen  Bank  zu  Theben"  vollauf  bestätigt 
worden.  Allerdings  nahm  die  Trapeza  unter  anderem  auch  Steuern 
entgegen,  aber  nicht  aus  der  Hand  der  Steuerzahler,  sondern  aus 
der  Hand  der  Steuerpächter,  die  sie  vorher  von  den  Steuerpflichtigen 
erhoben  hatten.  Die  Trapeza  ist  also  lediglich  die  königliche  Kasse, 
an  welche  die  Steuern  abgeliefert  werden. 

Noch  deutlicher  spricht  gegen  den  Charakter  der  Trapeziten 
als  Zollpächter  die  Thatsache,  dass  sie  königliche  Gelder  nicht  nur 
in  Empfang  nahmen,  sondern  auch  fiir  die  verschiedensten  Zwecke 
auszahlten.  So  empfangen  von  der  Bank  die  Beamten  ihr  Gehalt 2) 


Vgl.  Z.  6  T^s  ^'-tj^lir^S,  ohne  Nennung  eines  Namens.  Damit  kann  nur  das  vor- 
hergehende Pathyris  gemeint  sein.  Der  STZ'.oxdxYjs  entspricht  dann  dem  imoxi- 
Tr^S  'tWMS  ^  P^P-  Leid.  A.  Auch  der  y.(o\ioYpoL\i\ioL'ZBUQ  in  Z.  3  ist  nur  so 
verständlich. 

Bericht.  Sachs.  Ges.  Wiss.  1885  S.  244.  Die  griech.  Pap.  der  kais. 
Samml.  Wien's  1885  S.  16.  —  Vgl.  auch  Mitteis,  Reichsrecht  u.  Volksr.  S.  46. 

P.  Grenf.  (II)  23:  ein  7ipoxexeip'.o|i^vog  ini  xdv  sTi'.oTtouSaaiidv  xoD 
TtupoD  mit  Genossen.   „Actenstück"  IX :  ein  cp[j.r^v6U$  xtov  TpwyoSuxwv. 


634 


VI.  KAPITEL. 


und  die  Priester  ihre  gu^zolE^lc,^)  sowie  die  Truppen  ihren  Sold 2) 
und  das  Futtergeld  für  die  Cavalleriepferde.^)  Die  Bank  verabfolgt 
ferner  Gelder  für  die  verschiedensten  öffentlichen  Ausgaben,  so  für 
Ziegel  zum  Bau  einer  ßaaiXc^yj  xaiaXuac?^),  für  Binsen  (O-pua)  und 
Rohr  (xaXa|xo^)  zu  öffentlichen  Arbeiten^),  für  die  Krüge,  die  der 
Staat  den  Winzern  zu  den  Apomoira-Lieferungen  giebt^').  Das  sind 
lauter  Einzelheiten,  die  uns  zufallig  durch  die  Urkunden  bezeugt 
sind.  Wir  können  ohne  Bedenken  verallgemeinern  und  sagen:  die 
königliche  Bank  ist  die  Staatskasse,  welche  die  sämmt- 
lichen  Staatseinnahmen,  soweit  sie  in  Geld  erfolgen, 
annimmt  und  die  sämmtlichen  Staatsausgaben  (in  Geld) 
auszahlt.'')  Sie  führt  überhaupt  die  sämmtlichen  Geld- 
geschäfte der  Regierung. 

Ist  dies  die  Bedeutung  der  Banken,  so  würde  es  ganz  unver- 
ständlich sein,  wenn  wirklich  diese  Staatskassen,  wie  es  auf  den 
ersten  Blick  aus  Rev.  Pap.  73  zu  folgen  scheint,  alljährlich  an  den 
Meistbietenden  verpachtet  worden  wären. ^)  Ist  es  denn  überhaupt 
denkbar,  dass  man  die  Staatsbank  an  wechselnde  Geschäftsleute 
meistbietend  verpachtet  hätte?  Wir  kennen  auch  in  der  griechischen 
Welt  einige  Gemeinden,  in  denen  die  öffentliche  Bank  die  Staats- 
kasse war  —  und  sicher  ist,  dass  erst  die  Ptolemäer  dies  Bankwesen 
aus  Griechenland  in  Aegypten  eingeführt  haben  — ,  aber  in  jenen 
griechischen   Gemeinden    hat   dann    der  Trapezit   notwendig  den 


^)  P.  Paris,  bei  Revillout,  Melanges  S.  327. 

2)  „Actenstück"  V,  VI,  VII,  X  (vgl.  zu  letzterem  die  vortrefflichen  Cor- 
recturen  von  Revillout,  Melanges  S.  336).  Vgl.  ferner  die  Pariser  Texte  bei 
Revillout,  Melanges  S.  329 — 335. 

^)  Vgl.  Revillout,  Melanges  S.  332.  Vgl.  Actenstück  VI  17  (luTtoxpocptxöv). 

4)  Petr.  Pap.  (II)  XIV  1^  1%  auch  1*^.  Vgl.  Gött.  GA  1895  S.  153. 

s)  Petr.  Pap.  (II)  XXVI  (3)  bis  (G).  Vgl.  Gött.  GA  1895  S.  155.  Mahaffy's 
Lesungen  sind  hier  sehr  verbesserungsbedürftig,  wie  ich  inzwischen  am  Original 
sah.  Das  obige  ergiebt  sich  aus  folgenden  Lesungen:  (3)  Z.  8:  [xtjJiYjv  ^pu?]ou 
£1$.  (4)  Z.  5  hinter  xpaTie^Yjg:  xifiyjv  ■9'pu[co]v.  (5)  Z.  6:  xiiiYjv  xaXoc|j,[cu  ^  wv] 
yjp[Y]oXaßY]%£v  [upo^a^stv]  [sjtg  <'ca>  xaxix  n[xoX£jjiat5a  Epya  xxX.  (6)  Z.  5 
hinter  xparcE^Tj^:  x!.|j.yjv  >taXcc[|jio]u  xxX. 

Rev.  Pap.  32,  12.    Vgl.  auch  34,  17. 

')  In  dieser  Allgemeinheit  fasste  ich  es  schon  in  den  „Actenstück en"  S.  5. 

«)  S.  Grenfell,  Rev.  Pap.  S.  174.  Viereck,  Berl.  phil.  Wochenschr.  1896 
Sp.  1654  stimmt  ihm  bei. 


§  3.    DIE  KASSEN. 


635 


Charakter  eines  Beamten. Das  hatten  wir  bisher  mit  Franz  und 
Lumbroso  auch  für  die  aegyptischen  Trapeziten  angenommen,  und 
dass  wir  hieran  auch  künftig  festhalten  sollen,  habe  ich  in  der 
Deutschen  Literaturzeitung  1897  Sp.  1020  f.  zu  zeigen  versucht. 
Allerdings  redet  der  Revenue -Papyrus  von  einer  Verpachtung  der 
Banken,  vgl.  73,1:  [7r(i)Xo'j{i]£V  zac,  TpaT:[£^a^  Ta;  o'jaa^  ev 
'AXecavSpEia  y.al?  xajxd  TYjV  y(!L)p[av;  75,4:  [iw:  ttJv  ipa-s^av 
f^yopax6[Tc;  76,1:  6  fiyopay.w^  ty^v  [xpa-sJ^av.  Vgl.  76,3  und  6. 
Aber  diese  verpachtete  Bank  wird  niemals  als  die  „königliche" 
bezeichnet;  sie  steht  vielmehr  in  75,  1  in  deutlichem  Gegensatz 
zu  dieser:  [a^  £v  xaTc]  TTOAcacv  xcopLa:^  Tpa-s^ai  ßaa:X'.7.al  p.y] 
Ö7üoX[oY£:T{i)aav,  a/Aa  a]va'f cpixwaav  £-1  Tr/*'  a-GOc^ciYP^^VTjV  xpa- 
TTE^av  7.tX.-)  Folglich  sind  die  königlichen  Banken,  die  in  Aegypten 
die  Rolle  der  Staatskasse  spielen,  von  diesen  verpachteten  Banken 
scharf  zu  trennen.  Die  letzteren  haben  offenbar  nicht  den  Charakter 
einer  Staatskasse,  sondern  sind  lediglich  Banken,  die  Geldwechsel- 
und  Ausleihegeschäfte ^)  betreiben,  wie  die  Privatbanken  in  der 
griechischen  Welt,  und  da  der  König  nur  diesen  Pachtbankeu 
—  abgesehen  natürlich  von  der  Staatskasse  —  solche  Bankgeschäfte 
zu  erlauben  scheint^),  so  war  danach  das  ganze  Bankgeschäft  im 
III.  Jahrhundert  v.  Chr.  vom  König  monopolisirt.  In  der  That  hat 
sich  bisher  aus  der  Ptolemäerzeit  keine  Spur  einer  Privatbank 
gezeigt.^)    Da  von  den  Pachtvorschriften  nur  Fetzen  erhalten  sind, 


Tenos:  CIGr.  I  202  —  206.  Ilion:  CIGr.  II  3599,  3G00  (=  Fröhner, 
Inscr.  du  Louvre  37,  35).  Temnos:  Cicero  pro  Flacc.  19.  Kyzikos:  CIGr.  II 
3679.   Vgl.  Boeckh,  Staatsli.  11^  S.  320.    Marquardt  St.V.  II"^  S.  64. 

^)  An  und  für  sich  ist  es  natürlich  nicht  nötig,  dass  die  Staatsbank  aus- 
drücklich als  ßao'.Xiy.TQ  bezeichnet  werde.  So  fehlt  das  Adjectivum  überall 
in  den  Bankquittungen  der  Ostraka,  die  sicher  von  der  königlichen  ausgestellt 
sind.  Aber  an  obiger  Stelle  besteht  ein  deutlicher  Unterschied  zwischen  der  könig- 
lichen und  der  zur  Pacht  bezeichneten  Bank. 

^)  Der  König  schreibt  ihnen  in  76  vor,  welches  Agio  sie  nehmen  sollen. 
In  76,  4  ist  Tipog  zu  streichen,  wie  ich  am  Original  sah.  Er  bestimmt  auch 
den  Zinsfuss  für  die  Darlehen;  1.  78,  1:  £-1  t[öxü)!,].   Vgl.  75,5. 

*)  74,  5  f.  lese  ich  jetzt  nach  dem  Original:  äXXü)'.  5|  [jir^O-svij  e5[£ax(0 

^)  Unklar  ist  noch  76,  5.  Danach  scheint  es  doch  private  Wechsler  ge- 
geben zu  haben,  sie  mussten  nur  Verträge  geschlossen  haben  mit  den  staatlich 
autorisirten  Banken  (idv  fi-fj  O'jvxdgy^xa'.). 


636 


VI.  KAPITEL. 


bleibt  im  Einzelnen  das  Meiste  dunkel,  und  wir  können  über  diese 
Pachtbanken  nur  Hypothesen  aufstellen.^)  Aber  die  Hauptsache, 
die  uns  hier  interessirt,  scheint  mir  sicher,  nämlich  dass  der  könig- 
liche Trapezit  von  dem  Bankpächter  (6  tyjv  TpccTie^av  T^yopaxw^) 
zu  scheiden  ist.  Somit  steht  nichts  im  Wege,  die  königlichen 
Trapeziten  Aegyptens  nach  wie  vor  für  Beamte  zu  halten. 

An  der  Spitze  der  einzelnen  Gaubank  in  der  Metropole  stand 
der  xpaTTS^LTY]?  oder  6  tyjv  Tparue^av  [Ji£Tay^£Lpc^6|ji£V0?  (Actenst. 
S.  28),  der  für  die  Bank  während  seiner  Amtsdauer  gewissermassen 
eponym  war.  Vgl.  die  häufige  Wendung:  ettI  tyjv  xpaTue^av,  £9' 
f^c,  6  5£Tya.2)  Für  die  Einheit  des  Trapezitenamts  in  der  Metropole 
scheinen  ferner  die  Petr.  Pap.  (II)  XXVI  zu  sprechen,  die,  wiewohl 
aus  verschiedenen  Dörfern  stammend,  immer  denselben  Ilu-ö-tov  als 
Vorgesetzten  der  betreffenden  Dorftrapeziten  nennen.  Auch  der  Pap. 
Paris.  62  spricht  beständig  von  6  zpo^^l^l^^zr^c,.  Diese  Argumente 
sind  aber  beide  nicht  durchschlagend^),  und  so  möchte  ich  doch 
meine  schon  früher  aufgestellte  Ansicht,  dass  mehrere  Trapeziten 
an  derselben  Metropolbank  neben  einander  thätig  gewesen,  als  wahr- 
scheinlich aufrecht  erhalten^),  zumal  sich  inzwischen  herausgestellt 
hat,  dass  in  der  Kaiserzeit  sicher  mehrere  Trapeziten  als  ein  Collegium 
der  Bank  vorstanden.  Vor  Allem  sind  wichtig  Ostr.  1228  und  1516, 


Verpachtete  der  König  nur  das  Recht,  Bankgeschäfte  zu  führen?  Dann 
war  es  so  wie  in  Byzanz  und  Olbia,  vgl.  Deutsche  Literaturz.  a.  a.  O.  Oder  ver- 
pachtete er  die  Banken  selbst?  Nach  dem  Wortlaut  (uioXoüfisv  xag  xpaTte^ag) 
ist  letzteres  wahrscheinlicher.  Auch  dann  bleibt  noch  zweifelhaft,  ob  die  Pächter 
mit  ihrem  eigenen  Kapital  wirtschaften  sollten  oder  etwa  mit  königlichen  Kapi- 
talien. Im  ersterem  Falle  würde  es  in  der  Hauptsache  auch  noch  mit  den  Zu- 
ständen in  Byzanz  und  Olbia  übereinstimmen,  dagegen  im  anderen  Falle  würden 
wir  ein  völliges  Novum  vor  uns  haben. 

2)  Wohl  das  älteste  Beispiel  ist  Petr.  Pap.  (II)  XLYIc  13,  wo  ich  lese: 
ecp'  riq,  Eupwva^  —  vom  Jahre  200  v.  Chr. 

^)  Für  die  Metropole  würde  dieses  Argument  fortfallen,  wenn  man  an- 
nimmt, dass  Python  etwa  der  Obertrapezit  für  das  Faijüm  oder  für  Unter- 
aegypten wäre,  so  wie  durch  Pap.  Berl.  Parthey  12  ein  xpaCus^ixTjs)  x9ic,Qri('^(xXbo<;) 
bezeugt  wird  (vgl.  Actenst.  S.  28).  In  dem  letzteren  Falle  ist  es  sicher,  dass 
dieser  Obertrapezit  von  dem  Trapeziten  von  Diospolis  Magna  zu  trennen  ist. 
Jener  heisst  'Epficag,  dieser  'HpaxXsiSyj?. 

^gl-  „Actenstücke"  S.  28.  Der  Lysimachos  in  A.  3  stammt  freilich, 
was  ich  übersah,  aus  dem  36.  Jahre  des  Philometor,  der  Diogenes  aus  dem 
36.  Jahre  des  Euergetes  II. 


§  3.    DIE  KASSEN. 


637 


wo  die  Bank  als  die  eines  Einzigen  bezeichnet  wird,  und  doch  in 
der  Subscription  auch  andere  Personen,  offenbar  Trapeziten,  daneben 
erscheinen. 

Für  die  Einheit  des  Trapezitenamtes  in  den  Dörfern  dagegen 
zeugt  P.  Grenf.  (II)  37,  der  unter  den  Beamten  einer  xwfxr^  „den 
zp(x.m'C,lz'f}c,"  nennt  —  im  Singular.  Diese  Dorfbanken  unterstanden, 
wie  bemerkt,  der  Metropolbank,  und  diese  wieder  standen  unter  der 
Aufsicht  der  höheren  Finanzbeamten,  des  8tOLxy]Ti^^,  utioSioixyjtt^^, 
oh/.0'^6iioq  u.  s.  w.  Für  die  Thebais  ist  ein  besonderer  „Trapezit  der 
Thebais"  überliefert,  dem  wohl  die  sämmtlichen  Metropolbanken 
unterstellt  waren  (vgl.  vorige  Seite  An.  3). 

Andrerseits  werden  die  Trapeziten  in  der  Metropole  wie  im 
Dorf  eine  nicht  geringe  Schar  von  Unterbeamten  zu  ihrer  Verfügung 
gehabt  haben.  Den  Untertrapeziten,  der  als  6  Tcapa  bezeichnet  wird, 
nennt  schon  Lumbroso,  Rech.  S.  332.  Ein  neues  Beispiel  bringt 
Ostr.  1277:  ZwTzupog  6  Tiapd  MevavSpou.  Wenn  daneben  ein 
yzipiazric,  6  Tiapa  toö  zpant^hou  erscheint  (P.  Lond.  XXVII, 
Kenyon  S.  14),  so  ist  das  vielleicht  nur  der  vollständigere  Titel  für 
denselben  Beamten.  Dass  sie  ausserdem  Ypa(i|Jiax£T?  zur  Verfügung 
hatten,  ist  bei  dem  Umfang  ihrer  Geschäfte  selbstverständlich,  und 
wird  z.  B.  durch  Ostr.  329,  331,  1338  bezeugt,  wo  für  den  anal- 
phabeten(!)  Trapeziten  sein  Ypa|Ji[xaT£u^  unterzeichnet  (s.  oben  S.  71). 

Die  Namen  der  uns  erhaltenen  Trapeziten  zeigen  uns,  dass 
man  vor  Allem  Griechen  zu  diesem  Posten  genommen  hat.  Vgl. 
Lumbroso  Rech.  S.  331  und  unseren  Index.  Sehr  selten  kommen 
aegyptische  Namen  vor.  Vgl.  P.  Grenf.  (II)  15,  3,  1  in  Latopolis 
(139  V.  Chr.)  ein  XaTpeoö?.  Unsere  Vermutung  oben  S.  68  A.  1 
bedarf  weiterer  Prüfung.  Dass  die  Amtsführung  eventuell  viele 
Jahre  hindurch  währen  konnte,  zeigen  die  Indices.  Der  oben  er- 
wähnte Python  (Petr.  Pap.  II  26)  fungirt  ebenso  im  Jahre  253  wie 
im  Jahre  240  v.  Chr. 

Dass  ein  so  grosses  Institut  wie  die  Regierungskasse  eines 
Gaues  seine  verschiedenen  Ressorts  gehabt  hat,  ist  a  priori  anzu- 
nehmen. Die  von  mir  in  den  „Actenstücken"  S.  29^)  auf  Grund 
einer  Lesung  Egger's  vermutete  zpine^a.  töv  fepöv  ist  zwar  nach 
Revillout's  Revision  der  Lesung  durch  den  angezogenen  Pariser  Text 


^)  Vgl.  auch  meine  Besprechung  der  Bonner  Ostraka  S.  261. 


638 


VI.  KAPITEL. 


nicht  bezeugt  (Melanges  S.  327).  Aber  dass  die  an  die  Tempel 
abzuführenden  Gelder  eine  besondere  Kasse  innerhalb  der  Trapeza 
gebildet  haben  werden,  ist  darum  doch  wahrscheinlich.  Der  unten 
zu  besprechende  Gegensatz  zwischen  den  hpd  und  der  hiolxTiaiq  ist 
freilich,  wenn  ich  mich  recht  erinnere,  mit  diesen  Ausdrücken  für 
die  Ptolemäerzeit  nicht  nachweisbar. 

Ueber  den  bei  Ein-  und  Auszahlungen  üblichen  Geschäftsgang 
der  Trapeza  geben  uns  Papyri  und  Ostraka  manche  Aufschlüsse.  Aus- 
zahlungen durften  nicht  erfolgen,  ehe  nicht  die  zuständigen  Finanz- 
und  Controlebeamten  den  Posten  geprüft  und  darauf  den  Trapeziten 
zur  Auszahlung  angewiesen  hatten.  Wie  es  bei  Soldzahlungen  vor 
sich  ging,  zeigen  die  „Actenstücke"  V — VII.  Der  ypa|Ji|JLaT£u^ 
der  Truppe  schickt  dem  zuständigen  Finanzbeamten  die  Soldforderung 
(aciyjacg)  ein,  mit  genauer  Spezialisirung  der  Einzelposten  (ScaaxoX'^) 
und  eventuell  unter  Beilegung  der  Verfugung,  auf  die  sich  seine 
Soldforderung  stützt  (so  in  VII).  Unter  Anschliessung  einer  Ab- 
schrift dieser  Eingabe  fordert  darauf  der  Finanzbeamte  den  Trape- 
ziten auf,  der  Anlage  gemäss  den  Sold  auszuzahlen,  nachdem  auch  der 
T07iOYpa{i(JLai£U^  unterzeichnet  habe,  nämlich  dass  alles  in  Ordnung 
sei.i)  Die  Empfanger  der  Gelder  müssen  ausserdem  von  ihren 
Zahlmeistern  legitimirt  sein. 2)  Die  Auszahlung  wird  darauf  durch 
a-jfJißoXa  und  dvTca'j[JißoXa  beurkundet.  Vgl.  VI  11.  Das  aujJißoXov 
mag  die  Quittung  sein,  die  der  Trapezit  dem  Empfanger  ausstellt, 
und  das  dvTcau|JißoXov  die  Quittung,  die  der  Empfanger  der  Bank 
ausstellt.^)    Doch  könnte  es  auch  umgekehrt  sein. 

Ganz  entsprechend  ist  der  Geschäftsgang  in  P.  Grenf  (II)  33,  nur 
dass  hier  der  ßaac}ax6^  ypo(,\i\i.O(,'zeuq  die  Anweisung  mit  unterschreibt.*) 

^)  So  fasse  ich  jetzt,  abweichend  von  meiner  früheren  Interpretation, 
QWUTZoy p(d.<^ovzo<;)  xoö  TOUcypaiiixaTecDg.  Der  folgende  Dativ  ist  nicht  hiermit, 
sondern  mit  xpy]]xa.xiooy  zu  verbinden.  Vgl.  V7:  xprjixccx'.aov  ccuxoiq  xotg  dv- 
[Spdot,  wie  ich  jetzt  nach  einem  Paralleltext  ergänze.  Ebenso  VI  7/8.  —  In  VII 
ist  die  demotische  Zeile  (23)  die  gewünschte  Aufforderung  des  Topagrammateus 
zur  Auszahlung,  die  darauf  folgende  griechische  wird  die  Uebersetzung  davon  sein. 

2)  So  lese  ich  jetzt:  yvwaxsuoiJLEvc'.g  uTtd  xwv  iUm  uTir^psxööv  in  V  8,  VII  6. 

^)  Von  letzterer  Art  sind  uns  einige  Beispiele  erhalten.  Vgl.  Actenstücke 
IX,  X,  Xa. 

Hier  fordert  der  SioiXTjxrjg  den  u7io§io'/XY]X7^g  auf,  der  letztere  den  Finanz- 
bearaten  'Epfiia^,  der  zugleich  die  Banken  und  die  Magazine  unter  sich  hat, 
und  dieser  weist  dann  den  Trapeziten  an. 


§  3.    DIE  KASSEN. 


639 


Mit  denselben  umständlichen  Formalien  vollzogen  sich  die 
Einzahlungen  an  die  Bank.  Das  klassische  Beispiel  hierfür 
bieten  die  Zoispapyi-i.  Hier  wird  der  Trapezit  zur  Entgegennahme 
der  dem  König  zugefallenen  Summe  zunächst  durch  den  Finanz- 
beamten Theodoros  —  wahrscheinlich  den  Oikonomos,  wie  wir  oben 
sahen  —  angewiesen,  der  ihm  in  einem  ausföhrlichen  Expose  den 
ganzen  Hergang,  der  zu  der  Gewinnung  der  Summe  geführt  hat, 
auseinandersetzt.  Darauf  unterzeichnet  der  dvicypa^eij^  und  endlich 
der  T07:oYpa[i|iaT£'j^,  beide  durch  ihre  Anweisung  die  Richtigkeit 
der  Zahlung  bescheinigend.  Nun  erst  darf  der  Trapezit  die  Summe 
in  Empfang  nehmen. 

Ganz  ähnlich  ist  der  Geschäftsgang  in  den  „Actenstücken" 
I— IV.  Vgl.  auch  oben  S.  486  An.  l.i) 

Hiernach  wird  man  annehmen  müssen,  dass  auch  die  Entgegen- 
nahme der  Steuern  aus  den  Händen  der  Steuerpächter  sich  in  ähn- 
licher Weise  vollzogen  hat.  Die  Ostraka  lehren  uns  hierüber  zwar 
nichts,  da  die  Bankquittungen,  die  sie  uns  bieten,  auf  die  vor  der 
Zahlung  erforderlich  gewesenen  Formalitäten  nicht  Bezug  nehmen. 
Aber  die  Steuerquittungen,  die  z.  B.  über  die  Verkehrssteuer  bei 
Immobiliarverkäufen  auf  die  Contracte  selbst  geschrieben  wurden 
(vgl.  oben  S.  73  A.  1),  die  sogenannten  „trapezitischen  Register", 
zeigen  uns,  dass  der  Hergang  bei  der  Steuereinzahlung  im  Wesent- 
lichen derselbe  war.  Der  Steuerpächter,  der  die  betreffende  Summe 
von  dem  Steuerzahler  erhoben  hatte,  wies  die  Bank  an,  das  Geld 
von  ihm  auf  den  Kamen  des  Zahlers  in  Empfang  zu  nehmen.  Erst 
nachdem  diese  Anweisung  vom  avT'.ypa^S'j^  geprüft  und  unterzeichnet 
war,  durfte  die  Bank  das  Geld  annehmen:  xaxa  Siaypat^yjV  toö 
xeXcöVOi),  Ö9'  fjv  bnoypoL^pzi  6  aviiypa^eu^.  Für  die  Kaiserzeit  liegt 
uns  eine  solche  Anweisung  eines  Steuererhebers  vor  (s.  unten  S.  647). 
Dieser  dvicypacpeu;  ist  also  der  Controlebeamte,  der  die  Anweisungen 
der  Steuerpächter  gegenzuzeichnen  hatte.-) 


Für  Temnos,  wo  gleichfalls  die  Kegierungskasse  eine  xpäus^a  war,  wird 
uns  eine  ähnliche  Umständlichkeit  des  Geschäftsganges  bezeugt.  Vgl.  Cicero 
pro  Flacc.  19,  44:  in  qua  nummus  commoveri  nullus  potest  sine  quinque  prae- 
toribus,  quaestoribus  tribus,  quattuor  mensariis,  qiii  apud  illos  a  populo  creantur. 

2)  Sehr  merkwürdig  ist,  dass  im  Pap.  Leid.  L  II  7  das  Amt  des  Trapeziten 
und  des  Antigrapheus  von  einer  Person  bekleidet  wird.  Ich  las  daselbst  am 
Original:  wv  Ss  Tiapa  AtüpicDvog  xou  dvxvYpfacf siog)  xal  ß(,ao'.Xixoi))  xp(aus^ixo'j). 


640 


VI.  KAPITEL. 


Die  Zahlungen  selbst  und  zwar  die  Aus-  wie  die  Einzahlungen 
erfolgten  in  Gegenwart  eines  Bank-Controleurs.  Wessely  (Zoispap. 
S.  21)  identificirt  diesen  mit  dem  eben  erwähnten  avTcypoi^s^^j  wenn 
er  meint,  dass  der  Controleur  in  Oberaegypten  dviiypa^eu^,  in 
Unteraegypten  6  Tiapwv  geheissen  habe.  Das  ist  irrig.  Jener 
avTtypaffeu^  controlirt  die  Pächter,  dieser  Tcapwv  aber  den  Trape- 
ziten.  Die  Zoispapyri  zeigen  deutlich,  dass  es  sich  um  zwei  ver- 
schiedene Personen  handelt:  Jener  heisst  hier  Awpiwv,  dieser 
Xp'jatTiTCO^.  Jenen  können  wir  also  als  Anw^eisungscontroleur  be- 
zeichnen, diesen  als  Zahlungscontroleur.  Der  Letztere,  der  in  den 
Zoispapyri  mit  £7iyjxoXo6'9"y]xa  unterzeichnet,  ist  offenbar  derselbe, 
der  im  Pap.  Paris.  62  V  12  als  STüaxoXou^öv  bezeichnet  wird.  Ich 
wies  schon  oben  S.  77  A.  1  darauf  hin,  dass  die  Vorschrift  des 
Pariser  Textes,  dass  die  aujJißoXa  der  Trapeziten  von  den  sTiazoXou- 
•ö-ouvTS?  gegengezeichnet  werden  sollen  —  wie  es  in  den  Zoispappi 
thatsächlich  geschieht  —  in  den  Ostraka  nicht  befolgt  wird.  In 
der  Bankquittung  P.  Lond.  XXVII  (Kenyon,  Cat.  Gr.  P.  S.  14)  wird 
bei  einer  Auszahlung  der  STraxoXou'ö'WV  als  Tiapwv  erwähnt.  Vgl. 
Gött.  G.A.  1894  S.  74  f 

War  nun  die  Zahlung  erfolgt,  so  stellte  die  Bank  dem  Pächter, 
von  dem  sie  das  Geld  des  Steuerzahlers  empfangen  hatte,  das 
a6[xßoXov  aus.  Solche  aufJißoXa  sind  eben  unsere  Ostraka, 
soweit  sie  von  der  Bank  ausgestellt  sind.  lieber  ihre 
Formen  vgl.  oben  Kap.  III.  Darauf  erfolgte  die  Einregistrirung 
des  Betrages  in  die  Bücher.  Auch  hierzu  war  der  Trapezit  vorher 
gleichzeitig  angewiesen  (xaTa)(a)pLaov). 

Von  der  Buchführung  der  Trapeziten  erfahren  wir,  dass  sie 
amtliche  Tagebücher  führten,  wie  das  von  Beamten  jener  Zeit  a  priori 
anzunehmen  ist.^)  Mit  dem  Namen  i^r]\izpihec,,  der  auch  für 
die  Bücher  der  Privatbankiers  überliefert  ist  (Plut.  de  vit.  aere 
allen.  5,  3),  werden  sie  uns  durch  Pap.  Paris.  62  VIII  9  be- 
zeugt, In  diesen  wird  Tag  für  Tag  Einnahme  und  Ausgabe 
—  gewiss  getrennt  nach  Xy]ii\iOLX(X.  und  avaXa)|JLaTa  —  gebucht 
worden  sein.  Nach  Analogie  eines  unten  zu  besprechenden  Docu- 
mentes  aus  der  Kaiserzeit  ist  es  nicht  unwahrscheinlich,  dass  hierin 


1)  Vgl.  Philolog.  LIII  S.  80  £f. 

^)  Ol  5s  xpaTis^rxat.  dvotaouatv  s[j,  |i£v  xoig  [xJaO-'  r][iipa.y  £9[7]]|ji£pcaiv. 


§  3.     DIE  KASSEN. 


641 


auch  Abschriften  von  den  Quittungen,  die  die  Bank  bei  Einzabhmgen 
ausgestellt,  resp.  bei  Auszahlungen  empfangen  hatte,  beigefügt  wurden. 
Auch  über  den  Geschäftsgang  wurde  darin  berichtet. Am  Ende 
des  Monats  wurde  dann  die  Monatsrechnung  aufgestellt,  zoc  [xr^viala, 
die  dann  den  vorgesetzten  Behörden  —  wahrscheinlich  auch  dem 
eyJXo^{iGzy}pioy  —  zur  Controle  übermittelt  wurden.  Der  Pariser 
Text  bei  Revillout  Mel.  S.  301  ff.  zeigt,  dass  auch  wichtige  ein- 
gegangene Actenstücke,  wie  Verordnungen  von  vorgesetzten  Behörden, 
in  diese  [xr^viaTa,  wenn  auch  wohl  nur  im  Auszug,  aufgenommen 
wurden:  ava'^spsa^ü)  oöv  oOtc?  iiz'  £axaTo[v]  tou  [ir;VL[a]LO'j  tgO 
©öuO"  ty];  Iv  Aioc  TziXz'.  zf^',  [ji£[Ya]Xr/.  Tpa7:£!^Y;c.  Ebenso  wurden 
von  den  a'j[JLßoXa  der  Bürgen,  die  von  den  Steuerpächtern  gestellt 
waren,  die  Hauptpunkte  in  die  |i,r^V'.aTa  der  Trapeza,  auf  der  sie 
deponirt  waren,  eingetragen.  Vgl.  Pap.  Paris.  62  II  2  ff.  Danach  ent- 
hielten also  die  Bücher  der  Trapeziten  nicht  nur  die  ziffermässigen 
Abrechnungen,  sondern  auch  die  actemnässigen  Belege  für  den 
ganzen  Betrieb  im  weitesten  Umfange. 

B.  Kaiserzeit. 

Das  aegyptische  Kassenwesen  der  Kaiserzeit  ist  erst  durch 
Mommsen's  Staatsrecht  klargelegt  worden.  Rudorff  hatte  die  Ansicht 
aufgestellt,  dass  ein  wichtiger  Teil  der  aegyptischen  Staatseinnahmen 
an  das  aerarium  Saturni,  also  die  Senatskasse,  abgeführt  sei 
(Rh.  Mus.  1828  S.  142  ff).  Ihm  waren  Varges  (S.  66),  Franz 
(CIGr.  III  S.  320)  und  neuerdings  noch  —  trotz  Mommsen  — 
Wessely  gefolgt. 2)  Entsprechend  der  staatsrechtlichen  Stellung  des 
Kaisers  als  des  Landesherren  von  Aegypten  floss  vielmehr  alles, 
was  an  den  König,  „sei  es  als  Steuer  oder  Zoll,  sei  es  als  Domanial- 
nutzung,  gezahlt  worden  war,  in  den  kaiserlichen  Fiscus."^)  Der 
Fiscus  ist  also  der  directe  Rechtsnachfolger  der  alten  Königskasse, 
des  ßaa'.A'.xov.  Jedenfalls  hatte  auch  er  in  Alexandrien  seine  Haupt- 
filiale, die  Generalkasse  Aegyptens.  Es  ist  mir  nicht  unwahrschein- 
lich, dass  man  den  fiscus  Alexandrinus  dafür  halten  darf.-^) 

*)  So  soll  nach  Pap.  Paris.  62  VIII  10  darin  notirt  werden ,  wenn  ein 
Uebergebot  für  die  Steuerpacht  vorliege:  ov.  sxxs'.xa',  bIc,  u7t£pßo[Xr,v]. 

2)  „Der  Wien.  Pap.  Nr.  31"  (Wien.  Stud.  IV  1882)  S.  4  (Separatabzug). 
^)  Mommsen,  Staatsr.  IP  S.  1004. 

*)  Anders  Mommsen  bei  Hirschfeld,  RVG.  S.  14  A.  2. 
WiLCKEN,  Ostraka.  41 


642 


VI.  KAPITEL. 


Das  lateinische  Wort  in  griechischer  Transcription,  cpcaxo?,  hat 
sich  bisher  nur  selten  gefunden,  so  im  Edict  des  Julius  Alexander 
(CIGr.  4957,  21  und  25)  und  in  dem  oben  S.  300f.  behandelten 
Papyrus  der  Berliner  Bibliothek  aus  dem  III.  Jahrh.  n.  Chr.,  der 
die  für  unsere  Frage  wichtigen  Worte  enthält:  axecpavou  toö 
£VTup[oa]^£V  ßa[atXixou,  vuvl  he  eig]  xov  91'axov  dv[aXa](xß(avo[X£Vou). 
Der  griechische  Ausdruck  für  den  Fiscus  ist  t6  Ta[x:£Tov  oder  t6 
tEpwxaTOV  Z(X[Li€ioy.  Nach  dem  mir  vorliegenden  Material  scheint 
die  Verbindung  mit  c£ptOTaTOV  erst  seit  dem  Ende  des  II.  Jahrh. 
n.  Chr.  üblich  zu  werden.^)  Ich  möchte  nicht  glauben,  dass  erst 
in  der  späteren  Zeit,  als  „fiscus  und  aerarium  factisch  zusammen- 
fielen" der  Fiscus  als  z(X[iieiov  bezeichnet  worden  ist.  Das  Wort 
zoc\iLi€iov,  das  in  der  Verbindung  ßaatXtxöv  Ta[AC£Tov  schon  für  die 
Ptolemäerzeit  bezeugt  ist^),  bezeichnet  ganz  allgemein  die  Schatz- 
verwaltung und  hat  von  Hause  aus  zum  aerarium  kein  näheres 
Verhältnis  als  zum  fiscus.*)  So  wird  es  in  Aegypten,  wo  nur  der 
Fiscus  in  Betracht  kam,  von  vornherein  der  griechische  Ausdruck 
für  diesen  gewesen  sein,  neben  dem  man  vielleicht  auch  noch  das  alte 
ßaacXcxov  weiter  gebraucht  haben  mag.  Es  sei  schon  hier  hervor- 
gehoben, dass  za\ii€lov  an  den  angeführten  Stellen  bald  auf  die 
Kassen-,  bald  auf  die  Magazinverwaltung  geht. 

Ebenso  wie  in  der  Ptolemäerzeit  von  dem  ßaacXtxov  eine  könig- 
liche Privatkasse  als  loioc,  Xoyoc,  abgetrennt  war,  so  ist  auch  in  der 
römischen  Zeit  von  Anfang  an  von  jener  Generalkasse  der  Provinz 
ein  Xbio^  Xoyo^  des  Kaisers  abgezweigt  worden.  Dass  die  Römer 
hierin  lediglich  ein  schon  vorhandenes  Institut  übernahmen,  spiegelt 
sich  äusserlich  darin  wieder,  dass  selbst  in  lateinischen  Texten  die 
griechische  Bezeichnung  als  idim  logus  wiederkehrt  (s.  oben  S.  499). 

^)  To  Tajioetov  findet  sich  in  BGU  15  II  16  (J.  197) ;  75  II  12  (II.  Jahrh.)  ; 
106,5  (J.  199);  388  II  10  (IL  Jahrh.);  462,13  (Pius);  482,7  (II.  Jahrh.). 
Dagegen  xb  Upmaxov  xaiiistov  in  BGU  7  I  8  (J.  247);  8  II  30  (J.  248);  96,  8 
(III.  Jahrh.);  156,  6  (J.  201);  475,  2  (II./III.  Jahrh.,  frühestens  wohl  198); 
P.  Genev.  16  (J.  207);  P.  Lond.  in  Pal.  Soe.  II  Ser.  164  (Aurelian). 

2)  Mommsen,  Staatsr.  11^  S.  999  A.  1. 

3)  Petr.  Pap.  (II)  XXXII  (1)  4.  Es  bezeichnet  hier  speziell  die  Natural- 
verwaltung. 

*)  Daher  nennt  man  z.  B.  in  Aphrodisias  das  aerarium  xajiistov  xoö  Sv^fiou 
T(i)p,atü)v  und  den  fiscus  xaixisrov  xoD  xupiou  Auxoxpaxopog  Kaiaapog  oder 
ähnlich.    Vgl.  CIGr.  II  2830  0". 


§  3.    DIE  KASSEN. 


643 


Dagegen  scheint  eine  neue  Einrichtung  der  Kaiser  zu  sein,  dass  von 
dem  loioc,  Xoyos  noch  wieder  ein  ouaiaxo^  ^oyo?  unterschieden  wurde. 
AVenigstens  ist  dieser  für  die  Ptolemäerzeit  bis  jetzt  nicht  belegt. 
Aus  der  Bezeichnung  lässt  sich  der  Unterschied  der  beiden  Kassen 
nicht  erkennen,  denn  auch  oua:a  bedeutet  Privatvermögen,  ebenso 
wie  xd  Itioc.  Marquardt  (St.V.  11^  S.  311  A.  1)  hat  daher  auch 
den  procurator  idiu  logu  und  den  procurator  iisiacus  für  denselben 
Beamten  erklärt.  Dass  Hirschfeld  aber  Recht  hatte,  wenn  er  (BVG. 
S.  43  A.  5)  beide  unterschied,  geht  u.  a.  jetzt  aus  BGU599  (II.  Jahrh.) 
hervor,  wo  erst  der  oi)oi(x.y.bq  [Xoyo?]  (Z.  14)  und  dann  der  lo:o? 
X^yog  (Z.  16)  neben  einander  erwähnt  werden.  Auch  gab  es  nur 
einen  Procurator  für  den  loioq  Xo^^oz,  dagegen  mehrere,  wie  es  scheint, 
für  den  oOaLaxöi;  Xoyo^.  Ueber  die  Bedeutung  dieser  beiden  Kassen 
liegen  folgende  Zeugnisse  vor. 

1.  "IBio?  Xo^oq.  Strabo  XVII  p.  797:  diXXoc,  6'  (neben  dem 
iuridicus)  laxlv  6  Tipoc,!X'^opeu6\LoVoq  l^'.oXo^foq,  töv  äoeaizozm 
zal  Twv  zlc,  Kacaapa  TrcTrxsLV  o^pe^Xoviwv  e^e-caang?  lai'.v.  Also  die 
bona  vacantia  und  caduca  und  alles,  was  sonst  an  den  Kaiser  fällt, 
ging  an  den  Idiologos  (vgl.  Marquardt  II^  S.  304).  In  BGÜ  106 
(J.  199)  wird  ein  cornicularius  des  imzpOTZoq  elbiou  X[6yo'j]  auf- 
gefordert, Auskunft  zu  geben  über  das  Vermögen  (Tzopoq)  eines 
Y£VO[ji£VO'j  [xca-ö-tOTOu  o'jaca?  'Efxßp-^  /pstoaTOu  to[ö]  z(x\i'.tio'j ,  d.  h. 
nach  den  obigen  Ausführungen  auf  S.  391  f.,  eines  früheren  Domanial- 
pächters,  der  inzwischen  zum  debitor  fisci  geworden  war.^)  Dieser 
Text  bestätigt,  was  Mommsen  Staatsr.  III  S.  753  bemerkt,  dass  das 
Domanialgut  dem  Idiologos  unterstellt  war,  denn  die  Anfrage  wird 
offenbar  darum  an  den  Untergebenen  des  Idiologos  gerichtet,  weil 
dieser  über  die  Personalien  der  königlichen  Domanialpächter  Buch 
führte. 

Wie  die  Verbindung  dieser  Aufgaben  des  Idiologos  mit  seiner 
gleichzeitigen  Amtsführung  als  ap'/^is.peuq  und  seiner  Aufsicht  über 
die  Tempel,  und  zwar  nicht  etwa  bloss  über  die  Tempelkassen,  sondern 


^)  Ouoias  'Efißp"^  steht  kurz  für  oOoiag  Ttpöxepov  'Ejißp"^,  vuvt  xou 
laii'.Eiou.  Da  er  früher  (ysvoiisvoo)  Pächter  gewesen,  ist  nicht  nötig,  das^s  er  als 
solcher  ein  Schuldner  des  xaji'.siov  geworden.  "Wenn  dies  der  Fall  wäre,  so 
würde  hier  die  Generalkasse  (fiscusj  statt  des  speziell  in  Frage  kommenden 
Ressorts  genannt  sein,  was  an  sich  unanstössig  wäre. 

41* 


644 


YI.  KAPITEL. 


auch  Über  die  inneren  Angelegenheiten  der  Priesterschaften,  zu  deuten 
ist,  bedarf  noch  weiterer  Untersuchungen.^) 

2.  06acaz6?  Xoyoq.  BGU  277,10  (IL  Jahrb.):  Mal  S)V 
OL  96(poi)  £V  o5a:axa)  Xoyü)  dvaXapißavovTat.  599,  14:  twv  5s  upbc, 
TÖv  oöataxöv  [XGyov  ö^SLXopisvwv?].  Es  handelt  sich  hier  um  schuldig 
gebliebene  (?)  obaiccySi  [xcaO-wxaL  (Z.  9). 

Dass  mit  den  oOaLaxdc  speziell  die  Patrimonialgüter  des  Kaisers 
bezeichnet  wurden,  versuchten  wir  oben  S.  393  zu  erweisen.  In 
sofern  wird  man  den  oOacaxo^  ^oyo^  als  Ressort  des  Ibioi;  Xoyoq 
begreifen,  und  wird  Hirschfeld's  Aufstellung  beistimmen,  der  die 
proeuratores  usiaci  zu  Untergebenen  des  procurator  idiu  logu  gemacht 
hat  (s.  oben  S.  393).^) 

Wir  haben  also  in  Aegypten  eine  allgemeine  Generalkasse,  den 
fiscus,  und  von  diesem  abgezweigt  die  „Privatkasse",  den  Xhioc,  "koyoq, 
von  dem  wiederum  die  Patrimonialkasse,  der  ouGiccy.bq  Xoyo^,  ab- 
getrennt ist. 

Ausser  diesen  officiellen  termini  technici  begegnen  noch  einige 
allgemeinere,  umschreibende  Bezeichnungen  für  die  Kassen. 


^)  Diese  im  Hermes  XXIII  S.  600  f.  von  mir  erwiesene  Verbindung  ist  in- 
zwischen bestätigt  worden  durch  BGU  16,  8  (J.  159/60)  und  250,  21  (J.  122/3). 
An  ersterer  Stelle  ist  beim  Idiologos  Anklage  erhoben  worden  gegen  einen  Priester, 
der  sich  gegen  die  schon  von  Herodot  II  37  und  81  bezeugte  Kleiderordnung 
der  Priester  vergangen  hatte.  An  zweiter  Stelle  wird  der  Idiologos  als  Instanz 
in  Sachen  der  p-oaxcocppaytaxai  citirt.  In  dem  Wiener  Text,  den  ich  a.  a.  O. 
benutzte  (J.  231),  wird  dem  Idiologos  Anzeige  darüber  erstattet,  dass  kemer  der 
Priester  seinen  Dienst  vernachlässigt  habe.  lieber  ähnliche  Urkunden  der 
Wiener  Sammlung  berichtet  Mommsen,  Zeitschr.  Savigny-St.  Rechtsg.  XVI  Rom. 
S.  190  A.  1.  Uebrigens  ist  in  den  Texten  überall  £n\.zpon{xi)  zu  lesen,  nicht 
eTC!,xp07i(£icf)  (Wessely).  —  Die  Stellung  des  Idiologos  zum  Kult  scheint  nach 
Obigem  doch  eine  andere  zu  sein  als  die  des  dpx:.5!.xaax7^$,  der  nebenbei  auch 
Isps'jg  heisst  (lepsug  des  Museums?  Vgl.  BGU  73  und  136).  Jener  führt  that- 
sächlich  die  Oberaufsicht  über  die  sämmtlichen  aegyptischen  Tempel.  Ich 
habe  ihn  daher  a.  a.  O.  mit  dem  dpxtepe'JS  'AXsgavSpsiag  xat  Alyuuxo'j  Trdayjg 
identificirt. 

^)  Für  die  feinen  Abstufungen  im  kaiserlichen  Besitz  ist  bemerkenswert, 
dass,  wie  auch  P.  Meyer,  Piniol.  LVI  S.  195  richtig  hervorgehoben  hat,  in 
BGU  560,  21  und  23  die  ouo'.ay.Y]  zur  ßaaiXixY]  y/j  in  Gegensatz  gestellt  wird. 
War  vielleicht  die  letztere  die  alte  Domäne,  die  der  Kaiser  von  den  Ptolemäern 
übernommen  hatte,  dagegen  die  ouoiaxY]  yy]  diejenige,  die  aus  den  oualai  der 
früheren  Privatbesitzer  im  Laufe  der  Zeit  an  ihn  gefallen  waren? 


§  3.    DIE  KASSEN. 


645 


1.  6  Kataapog  Xoyoc.   CIGr.  4957,  29f.:  unhp      xöv  Ix 

^opca  zaTEXpL^Yj.  Mit  dieser  „Kaiserkasse"  kann  der  Fiscus  im 
Allgemeinen  bezeichnet  sein.  Doch  da  es  sich  speziell  um  Iz^opia, 
Pachtgelder,  handelt,  ist  hier  vielleicht  speziell  an  das  Domanial- 
ressort  gedacht,  also  den  IZioc,  Xoyoc,  oder  noch  spezieller  den 
oöataxo?  X6yo<;. 

2.  6  xupiax6(;  Xoyoq.  CIGr.  4957,  18:  {irß"  oXo)^  xaxaxXeL- 
ea^at  xiva?  iXtuMpouc,  de,  (puXaxYjv  Y^vxivoöv  .  .  .  I^co  xwv  d'^eiXov- 
T(i)V  xöv  xupiaxov  Xoyov.  Hier  ist  ganz  allgemein  von  den 
debitores  fisci  die  Kede.^)  Dasselbe  gilt  von  BGU  1,  15,  wo  das 
priesterliche  Kopfgeld  gezahlt  wird  de,  xov  xupcaxov  X6^(0V.  Auch 
hier  ist  der  fiscfüs  gemeint.  Vgl.  BGU  620,  15:  Tipo^exs^yj  ev  xol^ 
xupiaxoT^  XoyoQ^].  Ebenso  in  BGU  747  I  16:  xwv  ö^iXojJievwv 
xw  x'jpiaxü)  X[6]Ya).  Bei  den  xupLaxaT^  ^'''^9°'?  CIGr.  4957,  13 
kann  gleichfalls  an  den  fiscus  gedacht  sein,  aber  nach  dem  Zu- 
sammenhang auch  speziell  an  die  Domanialkasse. 

3.  6  SrjiJLoaco?  Xoyoq.  CIGr.  4957,21:  xcov  Tzpoc,o^BiXriy.6- 
Xü)V  xw  5r^[JLoa:tp  Xoyw.  Auch  hier  scheint  der  fiscus  gemeint  zu 
sein.  Ebendort  Z.  16  wird  mit  xa  bv^[}.6a:o^  gleichfalls  auf  den 
fiscus  verwiesen.  Vgl.  BGU  193,  27  (elc,  xö  SrjjJLoaiov),  ebenso 
350,  17;  650,  14  und  öfter;  P.  Lond.  CCCVI,  11. 

Diese  Ausdrücke  sind  alle  so  allgemein,  dass  sie  unter  Um- 
ständen ebenso  gut  auf  die  Spezialressorts  des  ihioq  und  oOaiaxo^ 
Xo'^oc,  wie  auf  die  Generalkasse,  den  fiscus,  bezogen  werden  können. 

"Wie  in  der  Ptolemäerzeit  neben  der  Königskasse  in  Alexandrien 
die  königliche  Bank  mit  ihren  Filialen  in  den  Metropolen  und  Dör- 
fern als  dasjenige  Institut  stand,  welches  die  Ein-  und  Auszahlungen 
effectuirte,  so  hat  auch  neben  der  Kaiserkasse  die  kaiserliche  Bank 
gestanden.  Diese  Thatsache  ist  erst  seit  Kurzem  bekannt  geworden 
(vgl.  oben  S.  87),  und  auch  jetzt  ist  das  Material  darüber  noch  ein 
dürftiges.  Der  Ausdruck  ßaacXixrj  xpdcTie^a  hat  sich  meines  Wissens 
in  Texten  der  Kaiserzeit  noch  nicht  gefunden.  Dass  er  aber  lebendig 
war,  zeigt  BGU  121,  ein  Bericht  der  ßaacAixöv  xpa7i(£^txü)v)  vom 
Jahre  194  n.  Chr.  Verbreiteter  scheint  jetzt  der  Ausdruck  SyjpLoata 
xpaTte^a  und  6yj[i6acot  xpaue^Ixat  gewesen  zu  sein,   der  in  der 


^)  Vgl.  CIGr,  II  2842  (Aphrodisias) :  xw  x'jp-.axoj  cpiaxtp. 


646 


VI.  KAPITEL. 


Ptolemäerzeit  wohl  noch  nicht  gebräuchlich  ^yar.  Vgl.  BGU  25; 
41;  42;  652;  653  und  Ostr.  662.  Mit  6Y][ji6aLO?  wird  zunächst  nur 
das  Gegenteil  von  toicoTixog  bezeichnet,  wobei  es  an  sich  noch  offen 
bleibt,  ob  der  Kaiser  oder  eine  andere  nicht  private  Instanz,  etwa 
die  Commune,  gemeint  ist.^)  Gelegentlich  steht  brnioaioq  im  Gegen- 
satz zum  „Kaiserlichen". 2)  Aber  sicher  ist,  dass  in  anderen  Fällen 
wieder  6yj|x6aco?  gerade  das  „Kaiserliche"  bezeichnet,  so  in  der  Ver- 
bindung bri\i6aioc,  Xoyoq,  wie  wir  sahen,  in  CIGr.  4957,  21,  wo  der 
Gedanke  an  eine  Communalkasse  ausgeschlossen  ist.^)  In  dieser 
Bedeutung  möchte  ich  das  Wort  auch  in  der  Verbindung  6yj[xoaLa 
TpaTTE^a  fassen,  da  die  Steuern,  w^elche  an  sie  abgeführt  werden, 
von  den  kaiserlichen  TzpdxTopzq  erhoben  werden  und  jedenfalls  als 
kaiserliche  aufzufassen  sind.  Die  Communalkassen  der  Metropolen 
scheinen  vielmehr  als  izolizrAOC,  Xoyo^,  resp.  ttoXitcxy]  xpaTie^a  be- 
zeichnet zu  sein.^) 

Die  Existenz  der  kaiserlichen  Banken  wird  ferner  durch  die 
zahlreichen  Bankquittungen  aus  der  Kaiserzeit  bezeugt,  deren  For- 
mular oben  S.  87  ff.  behandelt  ist. 

lieber  die  Organisation  der  kaiserlichen  Banken  erfahren  wu* 
wenig.  In  einigen  Ostraka  aus  dem  I.  Jahrh.  n.  Chr.  wird  die  Bank, 
die  die  Quittung  ausstellt,  als  „die  Bank  des  NN"  bezeichnet,  wie 


^)  So  begegnen  folgende  Verbindungen:  5r^|J.oaia  ß'.ßAtoO-r^xr^ ,  5.  oSög,  S. 
Ystüpyot  (passim),  5.  x-igvoipöcpos  (BGU  638,  G),  g.  övYjXäxT]^  (136,  15),  S.  Xst- 
TOupYta  (159,4),  S.  cpöpsxpa  (227,16),  ö.  cppoupd  (255,7),  S.  nupös  (286,  8), 
8.  cfCLVig  (s.  oben  S.  311)  u.  a. 

2)  Wenn  in  560,  21  g7]^lOa^a  und  oua'.axY]  yy]  unterschieden  werden,  so 
wird  man  unter  ersterem  wohl  das  „Gemeindeland",  das  der  betreffenden  Com- 
mune gehörte,  zu  verstehen  haben  (vgl.  oben  S.  254).  Vgl.  auch  in  BGU  285 
den  Gegensatz  von  SyjiJLOatou  und  ßaaiX(ix'^g)  y^j,  auch  in  188,  23.  So  auch 
Viereck,  Hermes  XXX  S.  119. 

^)  Vgl.  auch  BGU  560,  23:  ßaatXiy.vjs  Sia  br^iiOGim  [ystopytov].  Ebenso 
werden  in  P.  Lond.  CCLVI  Srj|iöc'.OL  yscopyot'  genannt,  die  ßaaiXixvjv  otat  Upav 
xat  Ixepav  y^v  gepachtet  haben.  Hier  sind  also  die  brniÖGioi  ystopYoi  identisch 
mit  den  ßaaiX-.xol  yswpyoü 

*)  Vgl.  Mitt.  PER  IV  S.  58:  xafiias  noXizix(ou)  X[öyou].  Vgl.  CPR  I  39 
und  S.  110.  Es  lag  nahe,  diese  Stadtkasse  als  eine  Folge  der  Decurionatsordnung 
anzusehen,  da  die  angeführten  Beispiele  jünger  sind.  Aber  in  P.  Oxyr.  I  54,  16 
wird  gleichfalls  dieser  Kasse  gedacht,  und  dieser  Text  stammt  aus  dem  J.  201, 
ist  also  älter  als  die  Decurionatsordnung.  —  Die  tioXitixt]  tpäTie^a  begegnet  in 
P.  Oxyr.  I  84,  10,  vom  J.  316. 


3.    DIE  KASSEN. 


647 


sonst  die  Privatbanken  der  Kaiserzeit  sich  nennen  (vgl.  S.  92).^) 
Wenn  es  hier  heisst  Itzl  TYjV  toö  hzivoq  xpaTie^av,  so  ist  das  offen- 
bar nur  eine  andere  Form  für  das  ptolemäische  era  TYjV  TpccTre^av, 
%  6  oelva.  Aber  auch  die  alte  Formel  begegnet  noch  zur  Zeit 
des  Claudius,  wie  jetzt  P.  Oxyr.  I.  99,  14  zeigt:  TpaTie^Yj?,  ecp'  f^^ 
Sapa[7iL]ü)v  xal  [A£T0)(0L  Während  in  den  Ostraka,  die  jene  Formel 
bringen,  immer  nur  eine  Person  genannt  wird,  finden  wir  hier  ein 
Collegium.2)  Aber  auch  in  jenen  Ostraka  finden  sich  gelegentlich 
in  der  Subscription  andere  Namen  (so  in  1376  und  1556).  Auch 
sonst  begegnet  in  der  Kaiserzeit  öfter  ein  Collegium  von  Trapeziten. 
Vgl.  BGU  121  (vom  J.  194):  twv  ß]  xal  twv  X[oi]7i(wv)  ßaa:X:- 
xöv  Tpa7ü(£^CTö)v) ;  707  (Ende  des  II.  Jahrb.).  Weitere  Beispiele 
bringen  jetzt  die  Oxyrhynchos -Papyri.  Vgl.  I  50  (vom  J.  100):  xal 
et  [iiCxoy^oi)  Tpa(7:£^lTa:);  61,  5:  xal  tol;  auv  a(uTö)  6yj[ioai(oi?) 
Tpa7r(£^ha:ö;  ähnlich  96,  3. 

Verschiedene  Bankressorts  lassen  sich  auch  für  die  Kaiserzeit 
nachweisen.  Nach  P.  Lond.  CCLV  wurde  die  Biersteuer  ItcI  XYjV 
Sr^fioatav  Tpi,7zt^oc.v,  die  Schafsteuer  aber  elc,  lyjv  £7ul  toutol^  TpaTO^av 
abgeliefert.  Auf  die  beiden  grossen  Ressorts  der  5cotxr^a:$  und  der 
E£pa  soll  in  §  4  eingegangen  werden. 

Ueber  den  Geschäftsgang  der  Banken  ist  für  die  Kaiserzeit  nur 
wenig  überliefert.  Dass  er  in  den  Grundzügen  derselbe  geblieben 
ist  wie  in  der  Ptolemäerzeit,  zeigt  P.  Oxyr.  I  96,  in  dem  der  Pächter 
des  lyxuxXLOV  die  Trapeziten  brieflich  auffordert,  von  dem  und  dem 
die  Kaufsteuer  in  Empfang  zu  nehmen:  6£EaaO-£  Tüapa  XaLpyj|xoy:- 
toc,  —  zeXoq.  Dabei  ist  genau  angegeben,  von  wem  die  Chaeremonis 
den  Sklaven  gekauft  hat,  und  auch  vor  welcher  Agoranomie  der 
Kauf  vollzogen  ist.  Dieser  Wortlaut  wäre  an  und  für  sich  mit  der 
Vorstellung  vereinbar,  dass  die  Käuferin  selbst  an  die  Bank  gezahlt 
habe.  Aber  Pap.  Paris.  17  zeigt  uns,  dass  sie  vielmehr  das  Geld 
an  die  Pächter  zu  zahlen  und  diese  es  weiter  an  die  Bank  zu  liefern 
hatten.  In  diesem  Ox}Thynchos- Papyrus  ist  uns  also  eine  jener  An- 


Konnten  wir  oben  für  die  Ptolemäerzeit  keine  Privatbanken  nachweisen, 
so  begegnen  sie  in  der  Kuiserzeit  desto  häufiger.  Vgl.  die  Indiccs  der  Papyrus- 
publieationen ,  auch  CPR.  Das  Bankmonopol  bestand  damals  nicht  mehr. 
Eine  Studie  von  Mitteis  über  die  Privatbanken  der  Kaiserzeit  ist  zu  erwarten. 

^)  Ich  erinnere  an  die  quattuor  mensarii  in  Temnos  bei  Cic.  pro  Flacc. 
19,  44. 


648 


VI.  KAPITEL. 


Weisungen  im  Original  erhalten,  die  in  der  Ptolemäerzeit  so  häufig 
in  der  Formel  xaxa  Scaypa^yjv  tsXwvoi)  begegneten  (s.  oben  S.  639). 
Dass  diese  Btaypa^i^  auch  jetzt  von  einem  avT^ypacpeu^  zu  prüfen 
und  gegenzuzeichnen  war,  ist  nicht  überliefert,  wird  aber  wohl  an- 
zunehmen sein. 

Wenn  die  Bank  nach  diesen  Formalitäten  das  Geld  in  Empfang 
genommen  hatte,  so  stellte  sie  dem  Steuererheber  die  Quittung  da- 
rüber aus.  Solche  Quittungen  sind  unsere  Ostraka,  so  weit 
sie  von  der  Bank  ausgestellt  sind.  Ueber  die  Formulare  der- 
selben ist  oben  S.  87  und  125  gehandelt  worden.  Dass  im  Faijüm 
zu  solchen  Quittungen  nicht  Ostraka,  sondern  Papyrus  verwendet 
wurde,  hoben  wir  oben  S.  12  hervor^)  (vgl.  S.  22),  und  über  ihr 
Formular  sprachen  wir  S.  69  A.  1.  Es  ist  mir  inzwischen  durch 
weiteres  Material  unwahrscheinlich  geworden,  dass  diese  Papyrus- 
quittungen, wie  ich  dort  vermutete,  den  Zahlern,  nicht  den  Erhebern 
ausgehändigt  seien.  Es  giebt  Fälle,  in  denen  die  Quittungen  auf 
mehr  als  einen  Namen  ausgestellt  sind.  Vgl.  BGU  342.  Wer  von 
ihnen  sollte  dann  die  Quittung  empfangen  haben?  Dies  führt  doch 
wohl  zu  der  Annahme,  dass  diese  Namen  zwar  den  Zahler  bedeuten, 
dass  der  Empfänger  aber  jemand  anders  war,  und  das  kann  nach 
dem  ganzen  Geschäftsgange  nur  der  Erheber  sein.  Die  Worte  \L'r] 
ypr^aajjL£VO?  kzipid  au[ij36Xq),  die  mich  a.  a.  O.  zu  der  anderen 
Ansicht  führten,  werden  also  wohl  nur  als  schlechte  Construction 
an  Stelle  von  [xy]  XP'h^'Q  ^-  ^-  fassen  sein.  Hiernach  besteht 
in  der  Hauptsache  völlige  Uebereinstimmung  zwischen  den  Ostraka 
und  Papyri.  Es  bleibt  nur  der  rein  formale  Unterschied,  dass  in 
den  Papyrusquittungen  des  Faijüm  meist,  wenn  auch  nicht  immer, 
auch  die  Erheber  mitgenannt  werden,  während  die  Ostraka  (ausser 
672)  nur  den  Zahler  nennen. 

Die  Buchführung  der  Trapeziten  wird  vermutlich  dieselbe  wie 
in  der  Ptolemäerzeit  gewesen  sein.  Ein  Beispiel  einer  Monatsrechnung 
bietet  BGU  474  (II.  Jahrb.).  Vgl.  die  Aufschrift  auf  der  Rückseite: 

X  t6[i(ou)  |xr^vca(a)v  Tpa[7i£^Y]^  [JtVjV]6?  ^oc\iEV(h[^}.    Es  ist 

wenigstens  nicht  unwahrscheinlich,  dass  es  sich  hier  um  eine  kaiser- 
liche Bank  handelt. 

^)  Zu  den  in  der  Anmerkung  2  dort  angeführten  Beispielen  sind  inzwischen 
weitere  hinzugekommen.  Vgl.  BGU  382,  383,  386,  391,  431,  434,  452,  458, 
461,  463,  518,  521,  528,  535,  617,  645  (Randj,  655,  662,  704. 


§  4.    DIE  MAGAZINE. 


649 


Ueber  die  monatlichen  Abrechnungen  mit  den  Steuererhebern 
wurde  allmonatlich  an  die  vorgesetzten  Finanzbehörden  Bericht  er- 
stattet. Vgl.  BGU  121. 

§  ^. 

Die  Magazine. 

A.  Ptolemäerzeit. 

Neben  der  Kassenverwaltung  stand  die  Magazinverwaltung,  der 
die  gesammten  in  natura  erfolgenden  Einnahmen  und  Ausgaben  des 
Staates  unterstanden.  Wir  wiesen  schon  oben  S.  631  darauf  hin, 
dass  beide  Ressorts  mit  dem  Titel  tö  ßaaiX'.xov  belegt  wurden, 
Zu  dieser  Magazinverwaltung  gehörten  die  sämmtlichen  Vorratshäuser 
des  Königs,  mochten  sie  Kornspeicher  oder  Weinkeller 2)  oder  Räume 
für  sonstige  Naturaleinkünfte  sein.  Nach  Petr.  Pap.  (II)  XXXII 
(1)4  gab  es  in  Ejrokodilopolis  im  Faijüm  ein  ßaacXtxöv  Ta[x:£Tov 
Twv  5£p[(jLa]T(i)v  (Wyse).  Hier  wurden  die  Felle  nicht  nur  auf- 
gespeichert, sondern  auch  von  den  Gerbern  bearbeitet.  In  den  Ostraka 
spielen  die  Kornspeicher,  in  die  die  Getreideabgaben  zu  liefern  waren, 
die  Hauptrolle.  Für  sie  begegnet  als  terminus  technicus  der  Aus- 
druck 6  ^aocupoq.  Vgl.  Ostr.  702  ff.  Dieses  Wort  bezeichnet  zwar, 
wie  wir  oben  S.  631  gesehen  haben,  in  seiner  allgemeinen  Bedeutung 
auch  das  Schatzhaus,  das  die  Geldvorräte  barg.  Aber  im  prägnanten 
Sinne  bezeichnet  es  die  Vorratshäuser  für  Naturalien 3),  und  in 
diesem  Sinne  habe  ich  in  Kap.  III  die  Thesaurosverwaltung  der 
Kassen  Verwaltung  gegenübergestellt.'^)  Von  dem  Thesauros  in  diesem 
Sinne  haben  wir  auch  hier  zu  handeln. 


0  In  Ostr.  705  wird  Spreu  el<;  x6  ßaaiX'.xöv  vermessen.  Auch  in  Eev. 
Pap.  28,  14;  34,  7  und  öfter  ist  die  Magazinverwaltung  gemeint.  In  Petr.  Pap. 
(II)  XXXII  (1)  10  f.  werden  Sspjiaxa  abgeliefert  ecg  xö  ßaot,X[t.xöv]. 

2)  Vgl.  die  aTtoSdX'.a  in  Rev.  Pap.  31,  18  ff.  und  dazu  oben  S.  99.  Dass 
die  Weinkeller  unter  den  Begriff  des  O-Yjaaupös  fielen,  zeigt  BGU  33,  13  ff.,  wo 
die  olvapta  (ausnahmsweise)  p,Yj  sie,  xdv  ^yjaaupöv  gebracht  werden  sollen. 

^)  Ausser  den  Ostraka  und  Papyri  vgl.  Ps.  Arist.  Oecon.  II  2,38:  etküXs'. 
xa  EX  xwv  ^yjaaupwv  (im  Perserreich).  Appian.  Lib.  95 :  O-Yjoaupol  Tiapsxeivxo 
auxoig  xwv  xpocpwv  (seil,  in  den  Mauern  von  Karthago).  Für  die  spätere  Zeit 
vgl.  Cod.  Theod.  VIII  5,  48,  §  1. 

So  zuerst  im  Jahrb.  Ver.  Altertumsfr.  i.  Rheinl.  LXXXVI  S.  241. 


650 


VI.  KAPITEL. 


Aehnlich  wie  die  Centralkassenverwaltung  in  Alexandrien  durch 
das  ganze  Land  ihre  Filialen  hatte,  so  auch  die  Centralmagazin- 
verwaltung,  die  wir  für  Alexandrien  als  selbstverständlich  zu  sup- 
poniren  haben.  Bezeugt  sind  uns  die  Thesauren  in  den  Metropolen^) 
und  den  einzelnen  Dörfern. 2)  Die  dem  Staat,  d.  h.  dem  Könige 
gehörigen  Thesauren  werden  gelegentlich  —  in  den  Ostraka  niemals 
—  ßaadixol  '9'YjaaüpoL  genannt.  So  heisst  es  in  dem  von  Mahaffy 
edirten  Papyrus  des  alexandrinischen  Museums  (s.  oben  S.  436)  Z.  16: 
£V  T[6E)]t  £[x  Bo'jßaaitot  ßaatXtxtOL  -ö-Tgaaupöt  (III.  Jahrh.  v.  Chr.), 
und  im  P.  Grenf  (I)  33,  52  wird  ein  •9'yjaai)(pö(;)  ßa(aiXix6(;)  als 
Grenze  angeführt.  Daneben  hatten  natürlich  auch  die  Tempel  ihre 
eigenen  Thesauren.  Vgl.  Pap.  Paris.  60  bis,  31:  Ix  -ö-yjaaupoö  (über 
durchgestrichenem  t*^^  Tipo^eaeco^)  toö  lepou,  wobei  zu  bemerken 
ist,  dass  i^Yjaaupo?  hier,  da  es  sich  um  Geldsummen  handelt,  im  all- 
gemeinen Sinne  zu  fassen  ist.^)  Auch  die  Vorratshäuser  der  Pri- 
vaten wurden  -ö'rjaaupoL  genannt. 

Von  der  Gestalt  und  Einrichtung  solcher  Thesauren  können  wir 
uns  noch  genaue  Vorstellungen  machen.  Im  Besonderen  sind  es  die 
Kornspeicher,  über  die  uns  speziellere  Nachrichten  vorliegen.  Mit 
der  Ausmessung  von  Kornspeichern  beschäftigt  sich  der  hieratisch 
geschriebene  mathematische  Papyrus  Rhind,  der  unter  den  Hyksos- 
königen  nach  einem  älteren  Buche  abgeschrieben  worden  ist*),  sowie 
der  jüngst  gefundene  griechische  mathematische  Papyrus  von  Achmim, 
der  der  byzantinischen  Zeit  angehört.^)  In  dem  mehr  als  zwei- 
tausendjährigen Zeitraum,  der  zwischen  diesen  beiden  Endpunkten 
liegt,  hat  sich  an  den  Kornspeichern  Aegyptens  nichts  geändert. 
Der  hieratische  Text  unterscheidet  Speicher  mit  kreisrunder  Basis 


^)  Vgl.  z.  B.  das  stereotype  [isfisxpr^xsv  zlc,  xöv  sv  Aidg  izöXsi  xvjt,  jis- 
ydXrji  O-rjaaupöv  in  Ostr.  702  flf.,  ebenso  bIc,  töv  sv  Su(7^vr^t,)  •9'y](aaupöv)  in  295. 

Dass  jedes  Dorf  seinen  eigenen  Thesauros  hatte,  ist  für  die  Kaiserzeit 
vielfach  bezeugt  (s,  unten).  Auch  für  die  Ptolemäerzeit  mögen  Belege  vorliegen. 
Anzunehmen  ist  es  jedenfalls.  Vgl.  die  Weinkeller,  die  nach  Eev.  Pap.  31,  18  flf. 
„in  jedem  Dorf"  vom  Oikonomos  angelegt  werden  sollen. 

^)  Eevillout,  Mel.  S.  109  weist  den  Thesauros  des  Gottes  neben  dem  The- 
sauros des  Königs  in  demotischen  Texten  nach. 

*)  Vgl.  A. Eisenlohr,  Ein  mathematisches  Handbuch  der  alten  Aegypter,  1877. 

^)  Ed.  J.  Baillet,  Memoires  de  la  Mission  archeol.  franc.  au  Caire  IX  1, 

1892. 


§  4.     DIE  MAGAZINE. 


651 


(dbn)  und  solche  mit  viereckiger  Basis  (ifd).  Die  ersteren  waren 
bienenkorbförmige  Gebäude,  die  meist  oben  eine  Luke  hatten,  durch 
welche,  nachdem  man  auf  Leitern  oder  Treppen  von  aussen  hinauf- 
gestiegen war,  das  Getreide  hineingeworfen  wurde,  um  im  Bedarfs- 
falle durch  eine  Luke  am  Erdboden  wieder  herausgezogen  zu  werden. 
Li  den  Gräbern  sind  uns  mehrfach  solche  Bauten  abgebildet.^) 
Die  Wände  der  viereckigen  Speicher  waren  nach  oben  zu  geneigt, 
so  dass  das  flache  Dach  kleiner  war  als  die  Basis. 2)  Ebenso  unter- 
scheidet der  byzantinische  Text  von  Achmim  den  -ö-r^aaupo^  TcTpa- 
ywvo?  (Exempel  !N^r.  2)  von  dem  runden  Speicher.  Von  letzterem 
handeln  die  Exempel  47 — 49,  wenn  hier  auch  nur  vom  ^aaupoc 
die  Rede  ist.  Das  beigefügte  Bild  ÜGQ,  das  in  der  Hauptsache 
mit  den  Darstellungen  der  Pharaonenzeit  übereinstimmt,  zeigt  deut- 
lich den  Aufriss  des  bienenkorbförmigen  Gebäudes. 

Weitere  interessante  Details  über  die  Anlage  der  Thesauren 
bietefP.  Lond.  CCXVI  (Pal.  Soc.  II  Ser.  162),  dessen  Original  ich 
mit  Kenyon's  freundlicher  Erlaubnis  einsehen  durfte.  Es  gehört 
zwar  in  die  Zeit  Domitians,  doch  da  bei  der  Stabilität  dieser  Ein- 
richtungen in  Aegypten  wesentliche  Veränderungen  in  der  Kaiserzeit 
nicht  anzunehmen  sind,  sei  es  schon  hier  vorweg  behandelt.  Zwei 
Pächter  eines  dem  Gotte  Soknopaios  gehörigen  Gehöftes^)  verpachten 
hier  einen  zu  ihrer  Pachtung  gehörigen  Thesauros  weiter.  Dies 
Pachtobject  wird  folgen dermassen  in  dem  Contract  beschrieben : 
■ÖTjaaupov  evepyov  aTeyvov  y.al  T£0"jp[w][i£vov,  Iv  to:  TT'jpyo? 
Tcal  auXrj  xocl  Ta[AT[a]  Tzbm  xal  vo'jßaa:  xal  aipoi?  zal  toT; 
Xoir.oiq  y^pfi^iTipl^^oi;,  Tzoiai.  Abweichend  von  dem  Achmim -Text 
bezeichnet  -ö'Yjaaupo^  hier  nicht  das  einzelne  Vorratshaus,  den  Speicher, 
sondern  die  gesammte  Anlage.  In  diesem  Thesauros,  der  als  im  Ge- 
brauch befindlich  (?),  dichthaltend  oder  festgefügt  (?)^)  und  mit 
Thüren  versehen  beschrieben  wird,   befindet  sich  ein  Turm,  ein 


0  Vgl.  Wilkinson,  Manners  and  customs  I-  S.  371. 

Vgl.  die  Hieroglyphe:  ^  Natürlich  gab  es  auch  noch  manche 

andere  Formen.  Vgl.  die  merkwürdigen  nicht  zusammenhängenden  Kammern, 
die  Naville  in  Pithom  als  Magazine  erkannte.  Wieder  anders  sind  die  mit  einer 
Plattform  bedeckten  runden  Gewölbe  hinter  dem  Ramesseum.  Vgl.  Maspero- 
Steindorff,  Aeg.  Kunstgeschichte  1889  S.  32  f. 

^)  Z.  2  1.  ino'.'/.io\)  (nicht  svo'.xtou)  Il'.aaixo;.    Ebenso  Z.  8. 

*)  Vgl.  Rev.  Pap.  32,3:  y.Epa|Jita  axsYvd  [7ctoaoxo]7Xou}i£va. 


652 


yi.  KAPITEL. 


freier  Hof  und  fünf  zo(,\iizl<x.  Es  ist  nicht  leicht,  die  Schilderung 
des  Gesammtthesauros  mit  den  Einzelheiten,  die  in  ihm  sein  sollen, 
in  Einklang  zu  bringen.  Am  verständlichsten  wäre  es,  wenn  man 
die  Epitheta  svepyöv,  aieyvov,  TsO-upwiJtsvov  auf  die  die  ganze  An- 
lage umschliessende  Mauer  beziehen  dürfte.  Innerhalb  derselben 
läge  dann  der  Turm,  der  Hof  und  die  fünf  TajAieca.^)  Der  Turm 
mag  zur  eventuellen  Verteidigung  oder  zum  Auslug  nach  den 
Räubern ,  mit  denen  wohl  namentlich  hier  am  Wüstenrande  immer 
zu  rechnen  war,  gedient  haben.  Doch  zeigt  uns  BGU  740,  dass 
ein  solcher  TZöpyoq  auch  Wirtschaftsräume  umschloss.  Vgl.  Z.  5: 
ocüb  Twv  aX[a)]v:[cov  t]ü)v  ovtwv  £V  zölc,  auToT?  nlulpyoiq.  Hier 
befand  sich  also  die  Tenne  in  dem  Turmgebäude.  Mit  Tapiielov  kann 
hier  nicht  die  Kasse  gemeint  sein,  denn  was  sollten  fünf  Kassen 
für  einen  Thesauros?  Vielmehr  wird  man  unter  den  Ta[x:£La  hier  die 
einzelnen  —  viereckigen  oder  runden  —  Speicher  zu  verstehen 
haben.-)  Was  mit  voußaac  gemeint  ist,  weiss  ich  nicht. ^)  Die 
aipoi  sind  als  Getreidegruben  bekannt.  Vgl.  Demosth.  Philipp.  IV  16, 
de  Cherson.  45. 

Die  Kassen  und  die  Magazine  bildeten  nur  verschiedene  Ab- 
teilungen einer  und  derselben  Verwaltung.  Die  höchste  Leitung 
beider  lag  in  einer  Hand.  Der  StotXYjTi^^,  den  wir  oben  als  höchsten 
Beamten  im  Kassenwesen  kennen  lernten,  war  zugleich  auch  der 
Chef  der  Magazine  im  gesammten  Lande.  In  P.  Grenf.  (II)  33  giebt 
der  Sco'.XYjXYj?  IlToXefxaTo^  Befehl  zur  Auszahlung  sowohl  von  Geld 
wie  Getreide.  Dieser  Befehl  wird  durch  den  bnohioiXTizric,  'EpfJiwva? 
w^eitergegeben  an  einen  'Ep[JiLa^,  dessen  Amt  unbekannt  ist,  der  aber 
auch  noch  für  beide  Zweige  zuständig  ist.  Nun  erst  trennen  sich 
die  beiden  Aufträge,  und  Hermias  schreibt  gesondert  zwei  verschie- 
dene Anweisungen   an   den  Trapeziten  —  die  liegt  uns   vor  — 


^)  Eine  Mauer  umfasst  die  gesammten  Vorratshäuser  auch  in  der  Dar- 
stellung bei  Erman,  Aeg.  S.  141,  die  überhaupt  mit  unserer  Beschreibung  ver- 
glichen werden  kann. 

2)  Vgl.  das  ßaadrxov  xa|ii£iov  xcov  Sspfxocxwv  in  Petr.  Pap.  (II)  XXXII 
(1)  5.  Als  Vorratshaus  begegnet  xaiitstov  auch  bei  Appian.  Lib.  88:  xa  xwv 
axsußv  xaiiista  und  ebendort  95:  xai  xajiisra  X'-^^o^  xs  %ai  y.p'.O-^g.  Vgl.  auch 
Evang.  Luc.  12,24:  „Sie  säen  nicht  und  sie  ernten  nicht,  olc,  oöx  saxiv  xa- 
\i'.ziov  ouSs  dTioO'Y/.Yj." 

3)  Etwa  nubische  Sklaven?? 


§  4.    DIE  MAGAZINE. 


653 


und  an  den  Thesaurosbeamten.  Auch  aus  dem  Revenue -Papyrus 
geht  hervor,  dass  die  höheren  Finanzbeamten  in  gleicher  Weise  für 
die  Kassen  wie  für  die  Magazine  zuständig  waren.  So  soll  der 
cixovopioc,  der  sonst  überall  auch  die  Geldsteuern  beaufsichtigt,  die 
Weinkeller  einrichten  (31,  18  f.).  Vgl.  auch  Petr.  Pap.  (U)  XX. 
Freilich  am  Ende  des  II.  Jahrhunderts  vor  Chr.  finden  wir  einen 
oixov6{iO?  GLTLXwv^)  Und  einen  oixovofioc  dpYupiy.wv.-) 

Das  untere  Personal  war  von  vornherein  naturgemäss  ein  ver- 
schiedenes für  die  beiden  Abteilungen.  So  wie  die  Trapeziten  aus- 
schliesslich mit  dem  Geld  zu  thun  hatten,  so  muss  es  auch  Beamte 
gegeben  haben,  die  speziell  Magazinbeamte  waren.  Als  solche  den 
Trapeziten  parallele  Spezialbeamte  möchte  ich  die  Sitologen  an- 
sprechen. Das  Wort  aLToXoyo^,  „der  Getreide  sammelt",  scheint  zwar 
eher  auf  einen  Erheber  hinzuweisen,  und  Franz  (CIGr.  III  S.  299) 
scheint  auch  dieser  Ansicht  zu  huldigen,  wenn  er  ihn  mit  der  exactio 
tributorum  frugum  in  Zusammenhang  bringt.  Auch  ich  selbst  habe 
es  früher  geglaubt  (Philolog.  LIII  S.  92).  Dass  die  Etymologie 
allein  hier  aber  irre  führt,  geht  aus  der  Thatsache  hervor,  dass  die 
Sitologen  sich  auch  als  Getreideverteiler,  nicht  nur  als  Ge- 
treideempfänger nachweisen  lassen.  Für  die  Ptolemäerzeit  ist  mir 
nur  ein  Beispiel  zur  Hand:  Petr.  Pap.  (II)  XL VIII.  Es  sind  Quit- 
tungen^), in  denen  ein  va'jxXr^poc  einem  aiTOAGyo^'^)  den  Empfang 
von  Weizen  bescheinigt.  Dies  Beispiel  allein  ist  vielleicht  nicht 
zwingend.  Man  könnte  hier  immer  noch  annehmen,  dass  der  Steuer- 
erheber das  Getreide  einem  va'jxXyjpo?  übergeben  habe,  damit  er  es 
ihm  nach  dem  Thesauros  transportire.  Aber  für  die  Kaiserzeit  liegen 
uns  so  viele  Beweise  vor,  dass  es  ausser  Zweifel  steht,  dass  die 
Sitologen  auch  Getreide  austeilten.  Sie  spielen  also  in  der  Getreide- 
verwaltung genau  dieselbe  Rolle  wie  die  Trapeziten  in  der  Geld- 
verwaltung, die  gleichfalls  einnahmen  und  ausgaben. 

Dies  Resultat  wird  durch  die  Ostraka  bestätigt.  Die  früher  be- 
kannten Naturalquittungen  konnte  man  wohl  eben  so  gut  dahin 

1)  Im  Faijüm:  Krebs,  Nachr.  Gött.  GW.  1892  Nr.  15  S.  583. 

^)  In  der  Thebais  (P.  Tur.  V  8  und  VI  0):  xou  Tipog  z%\  o:xovO|i{a'.  töv 
dpYUpiX(]5(v)  Tou  IlaO-jptxo'j. 

^)  Z.  9  1.:  y.al  oOO-sv  svxaXw  (für  xai  aO-v.cüv?  xaXcDs), 

*)  Z,  5:  -[apa  A](i)pi(üvo;  xou  a'.xoAoYoijv':[o;  xwv  Tispl]  Bou- 

ßaax[ov]  xÖTicDv. 


654 


VI.  KAPITEL. 


deuten,  dass  der  unterzeichnende  Sitologe  der  Erheber  und  der  in 
der  Quittung  genannte  Lieferant  der  Steuerpflichtige  sei.  Seitdem 
wir  aber  Ostr.  1255  kennen,  wissen  wir,  dass  der  Lieferant  vielmehr 
der  Steuererheber  war.  Dann  aber  kann  der  unterzeichnende  Sito- 
loge nur  der  Magazinbeamte  sein,  der  hier  dem  Steuererheber 
fjuittirt  wie  in  den  Geldquittungen  der  Trajoezit  (vgl.  oben  S.  98  fi*.). 
Unter  dieser  Annahme  gewinnt  auch  erst  die  Eingangsformel  ihre 
richtige  Bedeutung:  [X£pi£TpyjX£V  de,  tov  £V — -ö-yjaaupov.  Der  Sito- 
loge bestätigt,  dass  das  Getreide  in  dem  von  ihm  verwalteten  The- 
sauros  vermessen  worden  ist. 

Die  Thatsache,  dass  manche  Thesaurosquittungen  von  mehreren 
Personen  in  gleicher  Weise  unterzeichnet  sind,  wie  709,  724,  725,  727, 
728,  731,  732  u.  s.  w.,  zeigt  uns,  dass  —  wenigstens  in  Metropolen 
wie  Aibq  noXic,  —  mehrere  Sitologen  an  einem  Thesauros  angestellt 
waren.  Vgl.  namentlich  732:  'Avitoy^o^  xal  'AtioXXwvco?.  Damit 
ist  vereinbar,  dass  eventuell  in  einem  Dorfe  nur  ein  Sitologe 
begegnet.  Vgl.  P.  Grenf.  (II)  37,  3  (unter  den  Dorfbeamten  von 
Pathyris):  xal  aixoXoywL  Natürlich  hatten  diese  Sitologen  ein 
grösseres  Bureaupersonal  zur  Verfügung.  Für  die  Ptolemäerzeit 
liegen  mir  keine  Belege  vor. 

lieber  den  Geschäftsgang  in  den  Thesauren  sind  wir  sehr  viel 
schlechter  unterrichtet  als  über  den  in  den  Banken.  Dass  auch  dem 
Sitologen  Controlebeamten  zur  Seite  standen,  und  dass  die  Entgegen- 
nahme wie  die  Ablieferungen  von  Getreide  einem  ähnlichen  Controle- 
verfahren  unterlag  wie  die  Ein-  und  Auszahlungen  der  Bank,  ist 
a  priori  anzunehmen.  Eine  Andeutung  giebt  P.  Grenf.  (II)  23,  12  f. 
Danach  soll  die  Auszahlung  der  Getreideraten  eben  so  gut  wie  die 
der  Geldraten  auf  Anweisung  des  königlichen  Schreibers  erfolgen: 
a'JvuTToypa^ovTO?  xal  O^ßco?  toö  ßaaiX'.xoö  Ypajji[jLaT£[(i)?].  Vgl. 
oben  S.  638  ff.  Die  Aufforderung  an  die  Sitologen  liegt  uns  nicht  vor, 
aber  jedenfalls  ist  ein  ganz  ähnliches  Document  wie  das  vorliegende 
an  die  Sitologen  ergangen,  und  das  wird  dann  auch  die  Anweisung 
des  königlichen  Schreibers  enthalten  haben  (wie  hier  Z.  24). 

Die  Buchführung  der  Sitologen  wird  der  der  Trapeziten  ganz 
analog  gewesen  sein  (vgl.  oben  S.  640).  Auch  die  Sitologen  machten 
monatliche  Abrechnungen  mit  den  Steuererhebern.  Darauf  beziehen 
sich  die  Randbemerkungen  einiger  Ostraka,  die  eine  grössere  Summe 
nennen  als  die  Quittung  selbst.  Wir  erklärten  sie  oben  S.  75/6  und 


§4.    DIE  MAGAZINE. 


655 


100  als  diejenigen  Summen,  die  bisher  im  Monat  im  Ganzen  von 
dem  betreffenden  Steuererheber  eingegangen  waren.  Monatliche 
Abrechnungen  ([XYjVLaTa)  werden  auch  sie  an  ihre  Vorgesetzten  ge- 
richtet haben. 

B.  Kaiserzeit. 

Die  Magazin  Verwaltung  blieb  beim  Uebergang  Aegyptens  in 
die  römische  Herrschaft  im  Wesentlichen  dieselbe.  Nur  hatten  sich 
ihre  Aufgaben  gesteigert,  denn  jetzt  galt  es  nicht  nur  Alexandrien, 
sondern  auch  Rom  mit  Zufuhr  zu  versehen. 

Wie  für  die  Kassen,  so  ist  auch  für  die  Magazine  der  Kaiserzeit 
die  alte  zusammenfassende  Bezeichnung  als  ßaaiXixov  bis  jetzt  nicht 
erwiesen.  Vielmehr  wird  das  Magazinressort  im  Allgemeinen  — 
ebenso  wie  das  Kassenressort  —  als  t6  Ta|jiC£Tov^)  oder  t6  tepo)- 
Taxov  Taptcecov-)  oder  auch  als  t6  6rj[Ji6a:ov^)  bezeichnet. 

Ueber  die  Speicheranlagen  in  Alexandrien  sind  mir  auch  aus 
dieser  Zeit  keine  genaueren  Angaben  bekannt.*)  A  priori  ist  nicht 
unwahrscheinlich,  dass  diese  alexandrinischen  Einrichtungen  vorbild- 
lich gewesen  sind  für  die  gewaltigen  Anlagen,  die  unter  der  kaiser- 
lichen Verwaltung  in  Rom  und  Ostia  für  die  annona  geschaffen  wurden. 

Dagegen  werden  die  Thesauren  sowohl  in  den  Metropolen  wie 
in  den  Dörfern  durch  Ostraka  und  Papyri  vielfach  belegt.  Dass 
jedes  Dorf  seinen  eigenen  d^aocupoc,  hatte,  zeigen  z.  B.  unser  Ostr.  1306 : 
'9T^(aai)pö)  y,(h\Lric,  "lepa?  NsLxoXaou  und  BGU  67,  7:  ev  ^rjaaupw 
T-^c  7:pox£:|X£vy]?  xwfiY]?.  Ebenso  81,  25;  188,8  und  oft.  Nebenbei 
sei  erwähnt,  dass  auch  die  Speicher  der  Privaten  d"riaoLUpoi  genannt 
wurden.  Vgl.  BGU  644,  23. 

In  den  thebanischen  Ostraka  finden  sich  verschiedenartige  Be- 
zeichnungen des  Thesauros.  Die  Scheidung  des  driGXJpoq  [xr^Tpo- 
TiöXewi;  und  des  -ö-r^aaupö?  X(i)[Ji(I)V^)  beginnt  erst  mit  dem  Anfang 
des  II.  Jahrhunderts.  Jener  begegnet  zuerst  in  792  vom  Jahre  101 
(dann  802,  804  u.  s.  w.),  dieser  in  793  (mit  dem  Zusatz  fepöv) 

BGU  15  II  16. 

2)  BGU  7  18.  Pap.  Genev.  16  (J.  207):  (Ixcpdpiov)  jisTpeixai  xtp  Ispco- 
xaxq)  xcL\ielM. 

3)  BGU  223,  8.  414,  4.    Vgl.  auch  P.  Oxyr.  I  89  und  90. 
*)  Erwähnt  werden  sie  bei  Tae.  ann.  II  59:  apertis  horreis. 

'"')  Die  Lesung  d-r^aaupög  x(ü|itBv  steht  völlig  fest  durch  808  und  1592. 


656 


VI.  KAPITEL. 


vom  Jahre  102  (dann  803,  822  u.  s.  w.).  Von  dieser  Zeit  an  werden 
in  den  Ostraka  die  Thesauren  fast  regelmässig  auf  die  eine  oder 
andere  Weise  bezeichnet. 

Im  ersten  Jahrhundert  dagegen  unterscheiden  die  Ostraka  den 
O-r^aaupo^  SioLywYjasto^  und  den  ^r^aocupbq  cepwv.  So  heisst  es:  tlq 
TÖv  T-^?  hioi%ri(jEO)Q  'O'Yjaaupov  in  767,  770,  772,  773,  778,  794 
(vom  Jahre  2  n.  Chr.  bis  102)  und  sie,  tov  tö)V  cepwv  -ö-yjaaupov 
in  771,  790,  1367,  1546  (vom  Jahre  3  n.  Chr.  bis  101)  oder 
de,  •ö-yjaaupöv  Lspwv  'Ep[ia)vO'£(i)5  in  768,  774,  779.^)  Gelegentlich 
wird  auch  hinzugefügt,  zu  welcher  Toparchie  der  -ö-yjaaupo?  gehört, 
so  '9'y](aaupoö)  6co:(xYja£ü)0  "Avto  (T07iap)^ta?)  in  799,  800,  1328 
(vom  Jahre  105  und  87)  und  e:^  tov  twv  hp(b(y)  '^■Yj(aaup6v)  "Ava) 
(zGTzapyiocq)  in  783,  788  (vom  Jahre  91  und  97)  oder  dq  •9'y]a(aup6v) 
Kaxo)  QzoTKxpyiac,)  in  805  (vom  Jahre  112). 

Derselbe  Gegensatz  zwischen  der  SiocxYjat^  und  den  lepoc, 
der  für  die  Ptolemäerzeit  meines  Wissens  bis  jetzt  nicht  bezeugt 
ist,  findet  sich  auch  in  der  grossen  Londoner  Steuerabrechnung 
Pap.  CXIX  A  (II.  Jahrh.  n.  Chr.),  worauf  wir  schon  oben  S.  149 
hinwiesen.  Dieser  Text  bezeugt  zugleich,  dass  auch  für  die  Geld- 
steuern derselbe  Unterschied  bestand.  Auch  in  P.  Oxyr.  I  57  ist 
von  Geldzahlungen  die  Rede,  die  de,  tö  t'^^  Scotzi^aew^  Xo^iairipiov 
einregistrirt  werden  sollen.  Vorher  werden  sie  als  X'>^[x[xaTa  bioiy.ri- 
aeo)?  bezeichnet.  Man  wird  in  diesem  Gegensatz  kaum  einen  anderen 
als  den  zwischen  der  weltlichen  oder  kaiserlichen  und  der  Tempel- 
verwaltung finden  können-)  und  wird  anzunehmen  haben,  dass  die- 
jenigen Posten,  die  die,  O'yjaaupov  [epwv  abgeliefert  wurden,  der 
Tempelverwaltung  überwiesen  wurden.  Doch  stand  dieses  Tempel- 
magazin unter  den  gewöhnlichen  kaiserlichen  Beamten,  wie  denn  in 
Ostr.  1546  über  eine  Lieferung  zlq  tov  twv  tepwv  -ö-Yjaaupdv  der 
Sitologe  quittirt.  Es  bildete  also  dieser  Thesauros  das  Tempelressort 
innerhalb  des  Gesammtthesauros. 

Dass  das  Wort  hiolxfiaiq  zu  dieser  prägnanten  Bedeutung  des 
Gegensatzes  zu  tepa  gekommen  ist,  ist  um  so  auffälliger,  als  in 

In  dem  Titel  der  xsXwvat,  und  s7riTY]pY]xat  0-Yjaaupoö  [spöv  begegnet 
freilich  der  d-rioccupöc,  Ispöv  auch  im  II.  und  III.  Jahrhundert.  WahrsQ^ieinlich 
ist  hier  der  Thesauros  der  Tempel  selbst  gemeint.  Vgl.  oben  S.  583. 

^)  S.  oben  S.  149  (Staats-  und  Tempelressort).  Die  Hervorhebung  der 
Gemeindeverwaltung  auf  S,  179  ist  wohl  nicht  glücklich. 


§  4.    DIE  MAGAZINE. 


657 


anderen  gleichzeitigen  Texten  SLOtxyjac?  in  seiner  ursprünglichen 
Bedeutung  als  „Verwaltungskreis"  ^)  sowohl  auf  die  kaiserliche  w^ie 
auf  die  priesterliche  Verwaltung  bezogen  wird.  Vgl.  BGU  20,  3 
(Jahr  140/1):  hiorA-fjaziaq  zfic,  t£  ßaacXix^i;  y.al  lepäc,  zal  r.[p~\oq6oo'jJ) 
Vgl.  auch  512.  In  anderen  Texten  wiederum  steht  cioiVwyja:^  im 
Gegensatz  zu  den  ouacaxa.  Vgl.  BGU  84,  5. 

Die  Magazinverwaltung  wurde  von  demselben  oben  be- 
handelten römischen  Beamtenpersonal  —  mit  dem  Präfecten  an  der 
Spitze  —  geleitet,  dem  auch  die  Kassenleitung  unterstand.  Für  die 
Magazinverwaltung  kamen  ausserdem  noch  diejenigen  Beamten  in 
Betracht,  die  speziell  mit  der  Fürsorge  für  den  Unterhalt  der  Städte 
beauftragt  waren.  Für  Alexandrien  ist  uns  durch  Strabo  XVII  p. 
797  der  e^yjyyjTYji;  als  ein  Beamter  bezeugt,  dem  die  iTzi\ieXEioc  tü)v 
TioXet  y^prpi|Jia)V  übertragen  war.  In  ihm  hat  Hirschfeld  (RVG. 
S.  143)  mit  Recht  das  Vorbild  für  den  stadtrömischen  praefedus 
annonae  erkannt.  Dieselbe  Rolle,  die  der  letztere  in  dem  Magazin- 
wesen der  Hauptstadt  gespielt  hat,  wird  auch  dem  Exegeten  in 
Alexandrien  zuzuschreiben  sein.  Exegeten  sind  uns  auch  für  die 
Metropolen  im  Lande  vielfach  bezeugt.  Ob  sie  eine  ähnliche  Be- 
fugnis für  ihre  Städte  gehabt  haben,  kann  zur  Zeit  nicht  entschieden 
werden.  Es  wäre  nicht  unmöglich,  dass  in  Alexandrien  die  cura 
annonae  nur  ein  Accedens  zu  den  ursprünglichen  Competenzen  des 
Exegeten  gewesen  wäre. 

Für  das  Ende  des  II.  Jahrhunderts  wird  uns  durch  BGU  578,9 
für  Alexandrien  ein  anderer  Titel  für  dieselbe  Sache  überliefert: 
6  inl  zfic,  sOO-Yjv'a^.    Mir  scheint  wenigstens  aus  dem  Zusammenhang 


\)  Im  Rev.  Pap.  19,  7  steht  6  bkI  ifjt;  SLO'.y.y^aöco j  TSTayiasvog  im  Sinne 
von  6  dioiXTßYiZ. 

^)  Vgl.  auch  Demosth,  c.  Timocr.  96:  xr^v  5'.ocy.r,a'.v  —  TVjv  Ispäv  xal 
TYjv  6atav.  —  Der  dritte  Begrifi'  in  BGU  20,  7:poaö5ou,  ist  schwer  zu  deuten. 
Viereck  denkt  in  seiner  sachkundigen  Behandlung  der  Saatquittungen  (Hermes 
XXX  S.  119)  bei  der  upo^öSou  an  das  „Privateigentum  freier  Bauern". 
Hätte  er  sich  die  Frage  vorgelegt,  von  wem  denn  jene  Quittungen  ausgestellt 
sind,  so  würde  er  kaum  zu  dieser  Auffassung  gekommen  sein.  Nach  meiner 
Ansicht  sind  sie  von  dTfiiooioi  yswpYoi  verfasst,  wie  mir  nachträglich  durch 
P.  Lond.  CCLVI  bestätigt  wurde.  Dann  aber  kann  die  y^i  7:po^ö5ou,  die  mehr- 
fach in  diesen  Quittungen  begegnet,  nicht  Privatland  sein,  sondern  muss  gleich- 
falls öffentliches  Land,  wahrscheinlich  ein  bestimmter  Teil  der  königlichen  Do- 
mäne sein.  —  In  BGU  485,  5  wird  Ötotxi^ascDC  irposoSixi'^s)  zu  lesen  sein. 
WiLCKEN,  Ostraka.  42 


VI.  KAPITEL. 


deutlich  hervorzugehen,  dass  hiermit  ein  alexandrinisches  Amt  gemeint 
ist.  Das  erinnert  direct  an  die  griechische  Wiedergabe  des  praefedus 
annonae:  Ir^apyoc,  zh^'^vioLC,  (CIGr.  III  5895,  5973).  Danach  scheint 
diese  Verwaltung  vom  Exegeten  abgezweigt  worden  zu  sein.  Doch 
ist  weiteres  Material  abzuwarten.  Auch  für  Arsinoe  ist,  zuerst  für 
das  Jahr  187/8,  ein  £U'9'y]Vcap)(Y]^  bezeugt,  was  dasselbe  besagen  muss. 
Vgl.  BGU  556,  12  und  579,  8.i)  Ebenso  für  Hermupolis  für  das 
III.  Jahrhundert;  vgl.  Mitt.  PR  IV  S.  58:  £i)^yjVLap)(yjaaVTO?  ßou- 
XeuTOU  xtX.  Vermutlich  gab  es  solche  Beamte  in  allen  Metropolen. 
Neben  diesen  Spezialbeamten  waren  aber  auch  die  ordentlichen  Gau- 
beamten nach  derselben  Richtung  thätig.  So  zeigen  BGU  92,  649 
und  730,  dass  die  Strategen  dafür  zu  sorgen  hatten,  dass  das  nötige 
Vieh  auf  die  Märkte  getrieben  wurde.-) 

Während  die  höheren  Verwaltungsposten  wie  bei  den  Kassen 
nach  römischer  Weise  umgestaltet  wurden,  blieben  die  unteren,  die 
eigentlichen  Spezialbeamten  der  Thesauren,  unverändert.  So  finden 
wir  auch  in  der  Kaiserzeit  die  aiToXoyoL  wieder.  Dass  sie  wirklich, 
wie  oben  ausgeführt  wurde,  die  Magazinbeamten  und  nicht  etwa 
die  Naturalsteuererheber  waren,  wird  für  die  Kaiserzeit  durch  mehrere 
Documente  erwiesen. 

1.  Es  giebt  zahlreiche  Quittungen  auf  Papyrus^),  in  welchen 
den  Sitologen  der  Empfang  von  vorgeschossenem  Saatkorn  bestätigt 
wird  —  nach  meiner  Ansicht,  von  den  Syjfjioatoi  yetopyG:  (s.  S.  657). 
Wenn  die  Sitologen  das  Saatkorn  verabfolgen,  so  functioniren  sie 
als  Magazinverwalter,  nicht  als  Steuererheber. 

2.  In  BGU  621  (II.  Jahrh.)  bescheinigen  vier  OSpo^uXaxs?  den 
Sitologen  von  Karanis,  den  ihnen  zustehenden  Lohn  (ö^'wvia)  in 
Naturalien  von  ihnen  empfangen  zu  haben.  Hier  spielen  die  Sito- 
logen dieselbe  Rolle  wie  in  den  oben  angeführten  Bankquittungen 
die  Trapeziten. 


^)  In  556,  12  wird  sO^Yjv.apX'i^aavxoj  zu  schreiben  sein. 

2)  S.  oben  S.  476.  In  649, 16  schreibt  der  Schweinehirt,  dass  er  so  und 
so  viel  SchAveine  habe:  stg  xyjv  sOO-Evtav  XTjg  Xafji7i[p]oxaxYjs  TiöXswg  xwv 
'A[Ae^javdp£(ov.  —  Im  IV.  Jahrhundert  gingen  diese  Schreiben  an  den  Logisten, 
Vgl.  die  ähnliche  Erklärung  eines  Eierhändlers  in  P.  Oxyr.  I  83. 

^)  Vgl.  Viereck,  Hermes  XXX  S.  107  flf.  Inzwischen  hat  sich  das  Material 
vermehrt.  Vgl.  die  Indices  von  BGU. 


§  4.     DIE  3rAGAZIXE. 


659 


3.  In  P.  Grenf.  (II)  44  (Jahr  101)  wird  den  6y]{xoai'oc?  gizo1(q- 
yoiq)  ^iX(X,b(eXcpi(xq)  quittirt,  dass  sie  die  den  Nomarchen  zustehenden 
^opezpOL  in  Gestalt  von  2  Artaben  Linsen  verabfolgt  haben. 

4.  In  P.  Lond.  CCXCV  quittirt  ein  xafXYj/loTpocpog  den  Sitologen, 
die  (fopexpa  von  ihnen  empfangen  zu  haben.  Vgl.  BGU  607. 

Diese  Beispiele  genügen,  um  zu  zeigen,  dass  die  Sitologen  die 
Thesaurosbeamten  waren,  die,  wie  sie  die  Naturaleinnahmen  des 
Staates  in  Empfang  nahmen,  so  auch  die  Naturalausgaben  verab- 
folgten. Dies  Resultat  findet  jetzt  seine  Bestätigung  durch  P.  Oxyr.  I 
63,  12  ff.:  lSsto)  touc  ^yjaaupoug  xal  Tobq  [ajToXöyou^  xal  xo\)q 
aXXo'j;  zobc,  TzpGC,  tyjv  yptioLV  xtX.  Dem  entsprechend  sind  die 
sämmtlichen  Ostraka,  in  denen  die  Vermessung  von  Getreide  an  die 
Thesauren  bescheinigt  wird,  von  Sitologen  subscribirt.  In  manchen 
Fällen  ist  der  Titel  in  der  Subscription  ausdrücklich  gegeben.  Vgl. 
oben  Kap.  III  S.  109  ff.  Vgl.  jetzt  auch  P.  Oxyr.  I  90. 

Unbedeutend  sind  die  Abweichungen,  die  die  faijümer  Thesauros- 
quittungen auf  Papyrus  gegenüber  diesen  Ostraka  aufweisen.  Vgl. 
BGU  61  I,  67,  188,  218,  336.  P.  Lond.  CCXVII,  CLXXX  (Pal. 
Soc.  II  Ser.  150),  CCCXLVI  b,  CCCLI.  Wie  die  Ostraka,  so  nennen 
auch  diese  Papyrusquittungen  i)  nur  den  Sitologen  und  den  Steuer- 
zahler. Dass  die  Person,  auf  deren  Namen  die  Quittung  ausgestellt 
ist,  nicht  etwa  der  Steuererheber,  der  TTpaywTWp  acxizwv,  sondern  der 
Steuerzahler  ist,  geht  daraus  hervor,  dass  oft  mehrere  Personen  in 
einer  Quittung  aufgeführt  werden.  Vgl.  namentlich  BGU  188,  auch 
61,  67.  Wären  das  die  Steuererheber,  so  müsste  man  fragen,  wer 
von  ihnen  denn  die  Quittung  erhalten  sollte.  Diese  Mehrheit  von 
Personen  erklärt  sich  nur  unter  der  Annahme,  dass  diese  Personen 
selbst  die  Steuerzahler  sind,  der  Empfänger  der  Quittung  aber  — 
ganz  wie  wir  es  auch  für  die  Ostraka  annahmen  —  der  ungenannte 
Steuererheber  ist,  in  dessen  Revier  die  betreffenden  Zahler  gehörten. 
Das  Schema  dieser  Papyrusquittungen  lautet  folgendermassen :  „Datum 
(Jahr)  —  die  Sitologen  (Name  mit  Titel,  im  Nominativ  vgl. 
BGU  67,  Lond.  CCXVII,  CCCXLVI  b,  oder  Genetiv,  vgl.  BGU 


Dass  die  angeführten  Texte  überhaupt  Quittungen  und  nicht  etwa  Be- 
richte sind,  wie  man  aus  der  Einführung  der  Sitologen  mit  Tiapa  schliesseu 
könnte,  geht  deutlich  aus  der  Subscription  hervor,  die  einige  von  ihnen  haben: 
BGU  61,  218,  P.  Lond.  CCXVII.  In  letzterem  steht  z.B.  llapaTiafjiiJLWv  o'.to- 
X(ÖYO$)  |ji£jjL£xpr]|j,(aO  (bg  ufpoxsixai). 

42* 


660 


VI.  KAPITEL. 


188,  336,  oder  in  einer  Mischung  von  Nominativ  und  Genetiv, 
Lond.CCCLI,  oder  mit  Tiapa  BGU  61,  Lond.  CLXXX)  —  |X£|Ji£TpYi- 
[iS'ö'a  —  Tagesdatum  —  ocizb  yzvr]\i(xxoQ  toö  x.  ezouq  —  ev  O-r^aau- 
pG)  zfic,  X.  xwjJLTj?  —  |Ji£Tp(i)  X.  —  vom  Steuerzahler  (Name  im 
Nominativ  BGU  61,  67,  188,  oder  mit  dq,  BGU  218  [wo  er  in 
Z.  5  zu  ergänzen  ist]  oder  elc,  övo(Jia,  Lond.  CLXXX,  CCCLI, 
CCCXLVI)  —  für  Abgabe  —  Summe  —  Subscription  (nicht 
überall)".  In  der  Praxis  finden  sich  natürlich  auch  hier  manche 
Varianten. 

Dem  einzelnen  Thesauros  standen  in  der  Regel  mehrere  Sito- 
logen  vor,  die  ein  Collegium  bildeten.  So  ist,  um  einige  Beispiele 
zu  geben,  BGU  61  ausgestellt  nocpa  KoLGTOpoc,  "Hpwvog  xal 
[X£x6)((wv)i)  aLToX(6Ya)v)  xwpiyj^  'HpaxX£ta?,  64  von  4  Personen: 
Twv  B  xal  Tü)V  Xoi(jz(bv)  acToX(6Ya)v)  xu)(|jiyj^)  Kapaviboc,.  Wie  hier 
die  Sitologen  eines  Dorfes,  so  werden  anderwärts  die  einer  Toparchie 
zusammengefasst.  Vgl.  P.  Lond.  CCXCV:  IItoXXiSc  xal  |jl£t6)(^(ol^) 
aizoX{6yoiq)  iQTZOLpjiioLq)  Acovua:a6o?. 

Die  Sitologie  gehörte  zu  den  X£CTOupYcac,  die  von  den  wohl- 
habenderen Bürgern  zu  leisten  waren.  Dafür  spricht  BGU  188,  6  f : 
xal  Tü)V  Xoc7r((jt)v)  aLToX6y(a)v)  [£v  x^i^ptp  (vgl.  oben  S.  603),  auch 
BGU  462,  15:  £[Y])(£CpLa'9'£taY]  2)  odjzolc,  aixoXoyta.  Hatte  man 
die  vorgeschriebene  Zeit  als  gizoXo^qc,  abgeleistet,  so  nannte  man 
sich  Y£v6|JL£vo^  aLToAöyo?  (vgl.  BGU  186  und  öfter). 3) 

Die  den  Sitologen  unterstellten  Schreiber  werden  für  die  Kaiser- 
zeit bezeugt  durch  unser  Ostr.  1159:  ^pOL^\^oi.z(€l)  aixoXoy(laq)  und 
BGU  67,  wo  die  Ypa[ji[xaT£t^  aLToX(oYtaÖ  statt  der  Sitologen  selbst 
die  Quittung  ausstellen,  auch  P.  Lond.  CCCLI.  Zu  ihrem  Personal 
gehörten  auch  die  Gixo[iizpo(.iy  die  mensores  frumenti  (BGU  399,  10; 
509,  11). 

Merkwürdig  ist  der  ßouX(£UTf^?)  oltoXoywv  in  P.  Grenf  (II) 
63,  9  (III.  Jahrh.)  Das  kann  kaum  eine  „combination  of  ^o\)XB\jzr]q 


So  wird  auch  in  dem  Wiener  Text  bei  Härtel  Gr.  Pap.  S.  75  zu  lesen 
sein:  y.a.1  |j,£xöxwv  (nicht  Msxöx&u)  oixoXö^m  xxX. 

^)  Vgl.  CIGr.  4957,  35:  xag  axpatYjytag —  ev^sipt^stv  zoic,  xaxaaxaO-Yi- 
oo|j,evOL5. 

^)  In  der  Sitologenliste  BGU  715  (J.  101/2)  begegnen  mehrere  Juden: 
4  'IcDof^s  6  xat  TsucpiXos  (=  eeocpiXo^),  7  Sxpocxow  ouxaXXiu  (?)  'Iaax(£ü)5), 
II  2  'Aßpd|i['.og,  9  g  'laäxewe,  H  2a|ißa^(arog)  'laxoußou. 


§  4.    DIE  MAGAZINE. 


661 


and  acToXoyo^"  sein,  denn  dann  müsste  es  g'.zo\6^(oz  heissen.^) 
Vielmehr  scheint  ein  hervorragender  Posten  in  dem  Collegium  der 
Sitologen  damit  bezeichnet  zu  sein,  wie  es  auch  ßouXsuxal  tepewv 
gab  (Dekret  von  Kanopos  73). 

Unklar  bleibt  die  Stellung  der  cppovTLaxal  aizol^o^m)  oder 
aiToX(oYcag)  in  P.  Grenf.  (II)  44,  die  ihrerseits  wieder  ein  Colle- 
gium bildeten. 

Für  Thesaurosbeamte  möchte  ich  ferner  auch  die  acTOTiapaX'^^iTiTa'. 
halten.  Ihrem  Xamen  nach  nahmen  sie  Getreide  entgegen.  Wir 
haben  aber  Beweise,  dass  sie  auch  im  Namen  der  Regierung 
Getreide  verabfolgten;  sie  sind  also  ganz  ähnliche  Beamte  wie 
die  Sitologen.2)  BGU  81  (vom  Jahre  188/9)  ist  eine  Ab- 
rechnung über  Einnahmen  und  Ausgaben  des  Thesauros,  die  der 
a',zoiz(x,p7.Xri\i7Zzr^c,  X(0|JLyj^  AuTcBixr^^  an  einen  h^'/.o^bo!.p'/T^c,  einsendet. 
Hier  tritt  er  uns  deutlich  als  Thesaurosbeamter  entgegen.  Nach 
den  Quittungen  von  Pselkis  haben  dort  die  Trapa^f^pt-TtTai  aciou  den 
Soldaten  den  Naturalsold  ausgezahlt  (vgl.  Kap.  VIII).  Das  Beamten- 
verzeichnis BGU  425  (vgl.  Viereck,  Hermes  XXX  S.  109),  in  dem 
nach  einander  der  aizoXoyoq^  der  a'.zoTZ(x.pxXri[).T:zriq  und  dann  der 
TrpaxTwp  atTCXWv  aufgezählt  werden,  zeigt  vielleicht,  dass  der  Sitologe 
übergeordnet  war. 

Eine  andere  Spezialbehörde  bilden  die  e\)T/r^\io'^eq  xod  izxpx- 
IfilLTZzai  auvaYopaaxix-^?  y.p'-^f^c,  in  BGU  381,  die  den  Tzpeo^uzEpOL 
von  Soknopaiu  Nesos  den  Empfang  von  Gerste  quittiren.  Dieser  Text 
wird  erst  verständlicher  durch  Heranziehung  von  P.  Grenf.  (I)  48.^) 

Dem  Paraleptes  verwandt  war  wohl  der  aizou  dT^oSexT/jg  in 
Ostr.  1217.  Vgl.  auch  die  dTioSIxTat  der  Spreu  Verwaltung  in  P. 
Oxyr.  I  43  III.  Diesen  scheinen  dort  die  £7CL|ieXr]Tal  OLyupou  über- 
geordnet zu  sein. 

Dass  der  Geschäftsgang  in  den  Thesauren  ein  ebenso  vorsichtiger 
und  umständlicher  war  wie  der  in  den  Banken,  haben  wir  oben  fiir 
die  Ptolemäerzeit  schon  dargelegt.  Für  die  Kaiserzeit  verweise  ich 
auf  P.  Lond.  CCLVI,   dessen   Einsicht  mir  Kenyon  freundlichst 

An  sich  wäre  die  Verbindung  natürlich  sehr  gut  möglich.    Vgl.  die 
ßouX(£üTal)  6inotiy.(zca)  in  P.  Oxyr.  I  43. 

2)  Der  dx'Jp(o'J)  7tapaX('>^|J.7ixr^s)  in  1433  scheint  allerdings  Steuererheber 
zu  sein. 

^)  Ist  in  Z.  13  vielleicht  ODvaYCpaax'.xrjV  zu  lesen  statt  vüv  äYopajx'.xr^v? 


662 


YI.  KAPITEL. 


gestattete.  Vgl.  Kenyon,  Cat.  of  Add.  S.  417.  In  diesem  Papyrus 
(aus  dem  41.  Jahr  des  Augustus)  wird  der  Sitologe  Akusilaos  von 
seinem  Vorgesetzten,  unter  Berufung  auf  die  Vorschriften  des 
Strategen  und  königlichen  Schreibers,  angewiesen,  an  br]\i6aioi 
yewpyot  Aussaat  zu  verabfolgen,  „auvETLaxoXouO-oüVTOJV  tou  T07ra[p- 
•/Jou  xal  Toö  7.(jL)[xoYpa{ipiaT£ü)^  z'qc,  yM\iric,  xal  twv  aX[Xa)v]  T^you- 
[JlIvwv".  Also  der  Toparch,  der  Dorfschreiber  und  die  anderen 
Spitzen  sollen  bei  der  Vermessung  zugegen  sein  und  sie  beglaubigen. 
Bemerkenswert  ist  auch  die  Persönlichkeit  des  Vorgesetzten.  Er 
heisst  Oaöaxo^  U.piay.ou  (1.  Ilpcaxo?)  Kcclaocpoc,.  Kenyon  a.  a.  O. 
hält  Kaiaapog  für  sein  Cognomen.  Ich  glaube  vielmehr,  dass  Kalaapoc, 
hier  elliptisch  für  Kai'aapo?  SoöXo?  steht.  Dass  in  lateinischen  In- 
schriften Caesaris  nach  einem  Namen  für  Caesaris  servus  steht,  ist 
bekannt  genug.  Aber  auch  im  Griechischen  herrscht  derselbe  Ge- 
brauch, wie  Franz  im  CIGr.  III  4713f.  richtig  anmerkt.^)  So  sehen 
wir  hier  einen  kaiserlichen  Sklaven  über  die  Magazinverwaltung 
gestellt.    Der  aLxoXöyog  heisst  6  Tiap'  auxoö. 

Auf  die  Buchführung  der  Thesauren  wird  durch  P.  Oxyr.  I  43 
(vom  Jahre  295)  neues  Licht  geworfen.  In  diesem  Ausgabenbuch 
der  e-jiLixsXYjTal  oc/ßpou  werden  nicht  nur  die  einzelnen  Posten,  die 
ausgegeben  sind,  gebucht,  sondern  es  werden  auch  die  Quittungen, 
die  sie  dafür  erhalten  haben,  entweder  erwähnt  oder  gar  wörtlich 
eingetragen.  Vgl.  namentlich  III  ff.  Es  ist  nicht  unwahrscheinlich, 
dass  die  Sitologen  in  ihren  Ephemeriden  ähnlich  verfahren  haben. 
Sicher  ist,  dass  sie  ebenso  wie  die  Trapeziten  allmonatlich  Abrech- 
nung mit  den  Steuererhebern  hielten  und  darauf  ihre  [lyjvcala  dem 
Strategen  einschickten.  Vgl.  BGU  64,  529,  534.  Das  Schema  ist 
etwa  folgendes:  „Dem  Strategen  von  den  Sitologen.  Monatsrech- 
nung ({jLTjvtaTo?,  seil.  Xoyoc,)-)  in  summarischer  Uebersicht  (ev 
xe^aXaco))  für  den  Monat  x  von  der  Ernte  des  Jahres  x.  Es 
sind  von  uns  vermessen  worden  in  dem  Thesauros  des  oben  genannten 


^)  In  4713  'ETiacppöSixog  Kataapog  Eiyyjpiavög,  in  471 3  f  'ETxa^pöStxog 
SoöXoig  SsiyYjp'.avög.  Franz  hält  Siy/jpiavös  für  das  Cognomen.  Sollte  Epaphroditos 
sieh  wirklieh  einfaeh  doöXog  nennen,  während  er  ein  kaiserlicher  bouXog  war, 
wenn  nicht  der  Zusatz  SiyYjpiavög  ihn  als  solchen  kennzeichnete?  Ich  denke, 
es  gab  eine  kaiserliche  oOata  Siy^ptavT^  (s.  oben  S.  392  f.),  und  zu  dieser  gehörte 
der  Sklave,  der  danach  ein  doöXog  2t,y7]pi,avÖ5  war. 

^)  Vgl.  auch  Ostr.  1175:  |j,7]vt,acou  0ü)d-. 


§  4.    DIE  MAGAZINE. 


663 


Dorfes  so  und  so  viele  Artaben.  Es  folgt  die  Spezialisirung  nach 
den  verschiedenen  Steuern.  Darauf  Angabe  des  eventuellen  Ueber- 
schusses  (e^Xoyoq)  vom  verflossenen  Monat.  Schlusssumme.  Datum." 
Daneben  hatten  sie  auch  Abrechnungen  einzuschicken,  in  denen  die 
Eingänge  der  einzelnen  Steuerzahler  spezialisirt  waren.  Dafür  ist 
ein  Beispiel  BGU  585.  Vgl.  Z.  4:  Kax'  avopa  töv  [|jL£]Tp7]0'( svtwv) 
TQIxeTv  xtX. 


VIT.  KAPITEL. 


Wirtschaftsgeschichtliche  Beobachtungen, 

Was  die  Ostraka  für  die  Steuergeschichte  bedeuten,  haben  wir 
in  den  vorhergehenden  Kapiteln  darzulegen  gesucht.  Insofern  die 
Steuergeschichte  selbst  einen  Teil  der  Wirtschaftsgeschichte  ausmacht, 
haben  die  Urkunden  auch  diese  erhellt.  Aber  auch  für  manche 
andere  Probleme  der  Wirtschaftsgeschichte  bieten  sie  neues  Material. 
Noch  in  viel  höherem  Masse  gilt  dies  freilich  von  den  Papyri, 
und  so  sind  auch  hier  wieder  beide  Urkunden gruppen  mit  einander 
zu  verarbeiten.  Wenn  wir  einige  Probleme  der  antiken  Wirtschafts- 
geschichte, die  augenblicklich  im  Mittelpunkt  der  Discussion  stehen  i), 

^)  Vgl.  Karl  Bücher,  Die  Entstehung  der  Volkswirtschaft  1893  S.  3ff. 
2.  Aufl.  1898  S.  51  ff.  Gegen  die  erste  Auflage  richtete  sich  Eduard  Meyer, 
Die  wirtschaftliche  Entwickelung  des  Altertums  1895,  Ich  habe  aus  Bücher's 
scharfsinniger  theoretischer  Construction  ebenso  wie  aus  Meyer's  glänzender  histo- 
rischer Skizze  viel  gelernt;  in  der  Streitfrage  aber  hat  mich  Meyer  überzeugt. 
Bücher  ist  inzwischen  in  der  zweiten  Auflage  —  trotz  seiner  Polemik  auf  S.  65 
A.  1  —  Meyer  ein  gutes  Stück  entgegengekommen,  indem  er  auf  S.  58  folgenden 
Satz  der  1.  Auflage  (S.  15/6)  stillschweigend  entfernt  hat:  „Die  Periode  der 
geschlossenen  Hauswirtschaft  reicht  von  den  Anfängen  derKultur 
bis  in  das  Mittelalter  hinein  (etwa  bis  zum  Beginn  des  zweiten  Jahr- 
tausends unserer  Zeitrechnung)."  Gerade  gegen  diese  horrende  Behauptung, 
durch  die  das  ganze  Altertum  mit  Haut  und  Haaren  der  geschlossenen  Haus- 
wirtschaft zugcAviesen  war,  hatte  sich  aber  vor  Allem  Meyer's  Schrift  gerichtet  — 
nicht  gegen  eine  „von  Herrn  Meyer  construirte  Windmühle".  Wenn  Bücher 
jetzt  in  der  2.  Auflage  S.  65  A.  1  erklärt,  er  habe  „lediglich  ein  Paradigma  der 
höchstentwickelten  Hauswirtschaft,  wie  sie  sich  beim  Sklavenbetrieb  der  Alten 
findet",  geben  wollen,  und  dabei  im  Text  die  Worte  „dieser  Art  war  die  Wirt- 
schaft der  Griechen,  der  Karthager,  der  Römer"  stehen  lässt,  so  verfährt  er  etwa 
wie  Einer,  der  die  Hoplitentaktik  darstellt  und  dabei  behaupten  wollte,  das  sei 
„die"  Taktik  der  Griechen  gewesen.  Ich  habe  mich  bemüht,  das  neue  Material, 
ohne  in  den  Streit  der  Meinungen  einzugreifen,  durch  sich  selbst  wirken  zu  lassen. 
Möchte  es  von  beiden  Seiten  vorurteilsfrei  geprüft  und  weiter  verfolgt  werden. 


WIRTSCHAFTSGESCHICHTLICHE  BEOBACHTÜNGEX.  665 


herausgreifen  und  durch  Ostraka  und  Papyri  zu  beleuchten  suchen, 
so  geschieht  es,  um  die  Aufmerksamkeit  auf  dieses  für  wirt- 
schaftsgeschichtliche Untersuchungen  bisher  noch  völlig  unbenutzte 
Urkundenmaterial  zu  lenken;  an  eine  zusammenfassende  Behandlung 
dieser  weit  ausgreifenden  Fragen  kann  hier  im  Ostrakoncommentar 
nicht  gedacht  werden.  Es  braucht  wohl  nicht  hervorgehoben  zu 
werden,  dass  die  Resultate,  die  sich  aus  diesen  Urkunden  ergeben, 
zunächst  nur  für  Aegypten  Gültigkeit  haben.  Bei  den  ganz  eigen- 
artigen wirtschaftlichen  Verhältnissen  des  Nilthaies  wird  es  erst 
weiterer  Untersuchungen  bedürfen,  inwieweit  aus  den  aegyptischen 
Zuständen  Rückschlüsse  auf  die  der  anderen  Länder  der  alten  Welt 
gezogen  werden  können. 

1.  Geld-  und  Naturalwirtschaft. 

AVer  da  weiss,  welche  Rolle  Alexandrien  und  auch  Aegypten  2) 
in  der  hellenistischen  Periode  für  den  Welthandel  gespielt  haben, 
dem  werden  die  folgenden  Zusammenstellungen  nur  Selbstverständ- 
liches sagen.  Angesichts  der  geringen  Meinung,  die  Manche  von 
der  Bedeutung  der  Geldwirtschaft  im  Altertum  haben,  ist  es  aber 
vielleicht  doch  nicht  zwecklos,  die  Urkunden  einmal  unter  dem 
Gesichtspunkt  zu  betrachten,  ob  sie  für  das  Vorherrschen  der  Geld- 
oder der  Naturalwirtschaft  Zeugnis  ablegen;  auch  ist  es  immer  ein 
Gewinn,  wenn  wir  Ansichten,  die  wir  uns  auf  einzelne  Schriftsteller- 
nachrichten hin  gebildet  haben,  an  der  Hand  gleichzeitiger  Urkunden 
nachzuprüfen  in  die  Lage  kommen.  Man  erwarte  aber  von  diesem 
ersten  Versuch  keine  vollständige  Verwertung  des  schwer  überseh- 
baren Materials. 

Es  ist  schon  oben  S.  202  aus  Herodot  (III  91)  belegt  worden, 
dass  mit  der  Naturalwirtschaft,  wie  sie  zur  Zeit  der  Pharaonen  in 
selten  reiner  Form  durchgeführt  war^),  durch  das  Tributsystem  des 
Darius,  des  Schöpfers  der  persischen  Reichsmünze,  gebrochen  war. 
Während  in  den  älteren  Zeiten  der  Bedarf  des  Hof-  und  Staats- 
haushaltes rein  naturalwirtschaftlich  gedeckt  war  —  Herodot  III  89 
drückt  das  mit  den  schlichten  Worten  Swpa  dyLveov  aus  — ,  wurden 

^)  M^yiOTOv  £|ji:iöpiov  xf^$  oixoufisvr^s  nennt  es  Strabo  XVII  p.  798.  Vgl. 
auch  Diod.  I  50,  7  und  XVII  52,  5. 

2)  Vgl.  Strabo  a.  a.  O. 

3)  Meyer,  Wirt.  Entw.  S.  64 ff.   Vgl.  z.  B.  auch  Herodot  II  168. 


666 


VII.  KAPITEL. 


jetzt  aus  Aegypten,  zusammen  mit  Kyrene  und  Barka,  alljährlich 
700  Talente  Silber  erhoben,  ausserdem,  abgesehen  von  dem  gleich- 
falls in  Silber  berechneten  Ertrage  aus  dem  Moerissee^),  120000 
Artaben  Weizen,  die  für  die  Verpflegung  der  persischen  Garnison 
auf  der  Burg  von  Memphis  bestimmt  waren. 2)  Als  dann  die  Ptole- 
mäer  Aegypten  zum  ersten  Mal  eine  eigene  Landesmünze  gaben, 
hat  die  Geld  Wirtschaft,  wie  ich  schon  a.  a.  O.  andeutete  und  hier 
nun  genauer  dargelegt  werden  soll,  im  öffentlichen  wie  im  privaten 
Haushalt  die  Naturalwirtschaft  immer  mehr  zurückgedrängt,  so  dass 
die  Geldwirtschaft  die  vorherrschende  Wirtschaftsform  wurde. 

Betrachten  wir  zunächst  den  königlichen,  resp.  kaiserlichen 
Haushalt.  Für  diesen  ist  vor  Allem  entscheidend,  dass,  wie  wir 
in  §  46  des  IV.  Kapitels  dargelegt  haben,  von  den  sämmtlichen 
zahlreichen  Steuern  Aegyptens  —  mit  verschwindenden  Ausnahmen 
(s.  S.  205)  —  nur  Grundsteuern  in  natura  erhoben  wurden, 
alle  übrigen  in  baarem  Gelde.  Aber  auch  von  den  Grundsteuern 
waren  die  von  Wein-,  Palmen-,  Oliven-  und  Obstland  erhobenen  in 
Geldsteuern  umgewandelt,  so  dass  factisch  nur  Weizen  und  Gerste 
sowie  die  zur  königlichen  Oelfabrikation  verwendeten  Fruchtsorten 
wie  Kroton,  Sesam  und  Knekos  in  natura  abgeliefert  wurden.  Es 
ist  noch  hinzuzufügen,  dass  auch  diese  Naturalien  bei  späteren 
Nachtragszahlungen  durch  ihr  Geldäquivalent  vertreten  wurden.  Ja, 
es  kam  vor,  dass  die  TipaxTOpeg  acxcxwv  schon  an  den  ordentlichen 
Terminen  statt  des  Getreides  Geld  erhoben  und  dafür  die  fallige 
Naturalabgabe  an  die  Magazine  ablieferten.  Vgl.  BGU  223  (vom 
Jahre  210/1)  und  414  (vom  Jahre  161  n.  Chr.).  Es  ist  weiter  daran 
zu  erinnern,  dass  die  Bürgschaften  der  Naturalsteuerpächter  nicht 
auf  den  Naturalbetrag,  sondern  auf  die  entsprechende  Geldsumme 
lauteten,  und  dass  das  Conto  der  Naturalsteuerpächter  in  Geld  geführt 
wurde  (s.  oben  S.  532  An.  2).  Wenn  in  Petr.  Pap.  (II)  XXXIX  e 
(vgl.  ebendort  S.  36/7),  aus  der  Mitte  des  III.  Jahrh.  v.  Chr.,  auch 
einige  Nicht-Grundsteuern  wie  das  Laxptxov,  ^uXaxcTixov,  avcTiTica^, 
XsiTOUpytxov  in  Weizen  erhoben  werden,  so  wird  man  darin  wohl  ein 
Residuum  aus  der  Zeit  der  Naturalwirtschaft  erblicken  dürfen,  das 
sich  wahrscheinlich  nicht  lange  gehalten  hat.  Von  dem  ^uXaxtxcxov 

Nach  II  149  waren  es  jährlich  240  Talente  Silber. 
^)  Ob  auch  diese  Getreidelieferung,  wie  ich  a.  a.  O.  annahm,  auf  Barka 
und  Kyrene  mit  zu  beziehen  sind,  kann  nach  dem  Wortlaut  doch  zweifelhaft  sein. 


WIRTSCHAFTSGESCmCHTLICHE  BE0BACHTUXGP:N. 


667 


bezeugt  es  derselbe  Text  (S.  36),  dass  es  daneben  —  und  zwar 
von  derselben  Person  —  auch  schon  in  Geld  gezahlt  wurde.  Hierin 
wird  man  ein  Zeugnis  für  ein  allmähliches  Vorrücken  der  Geld- 
wirtschaft sehen  dürfen. 

Wir  haben  schon  oben  a.  a.  O.  aus  diesem  Thatbestand  den 
Schluss  gezogen,  dass  die  ^s'aturalforderungen  nur  insofern  bei- 
behalten wurden,  als  sie  für  die  Verpflegung  des  Heeres  und  der 
Beamten,  sowie  zur  Production  in  den  königlichen  Betrieben  oder 
zu  sonstigen  Bedürfnissen  consumirt^)  oder  aber  für  magere  Jahre  in 
den  königlichen  Magazinen  thesaurirt  wurden.  Ist  diese  Deutung 
richtig,  so  wird  man  sagen  dürfen,  dass  das  Budget  der  Ptolemäer 
im  Wesentlichen  geldwirtschaftlich  gedeckt  wurde.-) 

Nun  könnte  man  dagegen  einwenden,  dass  trotz  der  starken 
Beschränkung  der  Xaturalabgaben  thatsächlich  der  Wert  der  jährlich 
abgelieferten  Naturalien  doch  \'ielleicht  den  Wert  der  eingegangenen 
Geldbeträge  übertroffen  habe.  Es  lässt  sich  jedoch  noch  nachweisen, 
dass  diese  Annahme  nicht  zutreffend  ist.  Xach  Hieronymus  betrug 
die  jährliche  Einnahme  des  Philadelphos  aus  Aegypten  14800  Silber- 
talente und  14-  Millionen  Artaben  Getreide  (s.  oben  S.  412).  Nun 
ist  es  ja  sehr  schwer,  diesen  letzteren  Betrag  in  Geld  umzurechnen. 
Die  Getreidepreise  schwankten  natürlich,  je  nach  dem  Ausfall  der 
Ueberschwemmung;  auch  wissen  wir  nicht,  wieviel  Weizen,  wieviel 
Gerste  bei  jener  Summe  gemeint  ist,  der  Weizen  aber  wurde  ge- 
wöhnlich doppelt  so  hoch  bewertet  wie  die  Gerste.^)  Vgl.  Ostr.  1529. 
Die  folgende  Berechnung  kann  daher  nur  eine  ganz  approximative 
sein,  hat  aber  doch  gegen  die  von  anderer  Seite  aufgestellten  das 
voraus,  dass  sie  von  urkundlich  überlieferten  Preisen  aus  dem 
HI.  Jahrh.  ausgeht.  Nach  Petr.  Pap.  (II)  XXXIH  (a)  32,  aus  dem 
in.  Jahrh.  v.  Chr.,  kostete  nach  meiner  Lesung  des  Originals^) 
1  Artabe  Gerste  4|  Obolen.  Also  würde  1  Artabe  Weizen  auf 
9  Obolen  oder  1^  Drachmen  anzusetzen  sein.    Etwa  denselben  Preis 


Auch  die  Wein-Apomoira  (Tempelabgabe)  erklärt  sich  dadurch,  dass 
der  Wein  für  die  Libationen  consumirt  werden  sollte. 

^)  Das  stark  ausgebildete  Liturgieenwesen  hat  den  naturalwirtschaftlichen 
Beigeschmack  ohne  Zweifel  erhöht. 

In  der  Apokalypse  Job.  6,  6  wird  der  Weizen  sogar  dreimal  so  hoch 
angesetzt  wie  die  Gerste. 

*)  Lies:  xp'.(O-^s)  (apxaßa?)  i^»  dv(a)  fT^  \- ,}  TZ-. 


668 


VII.  KAPITEL. 


ergiebt  eine  noch  unpublicirte  Rechnung  aus  demselben  III.  Jahr- 
hundert, die  ich  unter  den  Petrie  -  Papyri  sah.  Da  heisst  es:  Tcupwv 
y^i=.  Wenn  10  Choinikes  2  Obolen  kosten,  so  kostet  die  grosse 
ptolemäische  Artabe  zu  40  Choinikes  (vgl.  Kap.  X)  8  Obolen.  Doch 
bleiben  wir,  um  ja  keine  zu  niedrigen  Zahlen  zu  erhalten,  bei  dem 
Preis  von  9  Obolen  und  legen  wir  aus  demselben  Motiv  lediglich 
diesen  Weizenpreis  der  Rechnung  zu  Grunde,  unter  Beiseitelassung 
der  Gerste,  dann  würden  1^  Millionen  Artaben  Weizen  2^  Millionen 
Silberdrachmen  oder  375  Silbertalente  kosten.  Setzt  man  die 
Artabe  Weizen  gar  auf  2  Silberdrachmen  an,  so  würden  die 
1-J  Millionen  Artaben  immer  nur  einen  Wert  von  500  Talenten 
Silber  ausmachen.  Auf  diese  Summe  hat  übrigens  Boeckh,  Staatsh.  I^ 
S.  13,  die  1^  Millionen  des  Hieronymus  geschätzt.  Man  sieht  also, 
auch  bei  hoher  Ansetzung  des  AVeizenpreises  stehen  immer  nur 
400 — 500  Talente,  die  in  Naturalien  eingingen,  den  14800  Silber- 
talenten, die  in  baarem  Geld  erhoben  wurden,  gegenüber!  Diese 
Thatsache  ist  meines  Erachtens  entscheidend  für  die  Frage,  in 
welchem  Verhältnis  im  Haushalt  der  Ptolemäer  die  Geld-  und  die 
Naturalwirtschaft  zu  einander  gestanden  haben. 

Für  die  Kaiserzeit  können  wir  eine  derartige  Rechnung  nicht 
aufstellen.  Das  Eine  ist  sicher,  dass  Aegypten  in  der  Kaiserzeit, 
wo  es  auch  die  Hauptstadt  Rom  auf  vier  Monate  mit  Getreide  ver- 
sorgte, sehr  viel  mehr  Getreide  aufbringen  musste  als  zur  Zeit  der 
Ptolemäer.  Wie  wir  schon  oben  S.  421  hervorhoben,  stehen  den 
6f  Millionen  Modii  des  Hieronymus  20  Millionen  bei  Aurelius  Victor 
gegenüber,  also  das  dreifache,  wobei  noch  zu  bedenken  ist,  dass 
Victor  nur  von  dem  exportirten  Getreide  spricht.  Nun  pflegt  man 
anzunehmen,  und  vielleicht  mit  Recht,  dass  auch  die  Geldsteuern 
in  der  Kaiserzeit  erhöht  worden  sind.^)  Aber  ob  diese  Geldsteuern 
in  demselben  Verhältnis  gestiegen  sind,  ist  uns  unbekannt. 2)  Ich 
kann  es  nicht  beweisen,  aber  es  ist  mir  nicht  unwahrscheinlich,  dass 


^)  Vgl.  Marquardt,  St.  V.  II^  S.  298. 

^)  Die  Berechnungen  von  Ludwig  Friedländer  im  Index  lect.  Acad.  Albert. 
(Königsb.  1880  S.  S.)  scheinen  mir  nicht  auf  völlig  einwandsfreien  Grundlagen 
zu  beruhen.  So  ist  es  mir  sehr  zweifelhaft,  ob  die  bei  Joseph,  ant.  XIX  §  352 
genannten  Summen  die  jährlichen  Einkünfte  des  Königs  darstellen  sollen.  Ist 
nicht  vielmehr  von  der  persönlichen  Bereicherung  des  Agrippa  die  Rede?  Be- 
achte den  Aorist  und  die  folgenden  Worte:  TioXXa.  jievxot  TipogsSavstoaxo. 


WIRTSCHAFTSGESCHICHTLICHE  BEOBACHTUNGEN. 


669 


in  der  Kaiserzeit,  wo  Aegypten  ja  gerade  als  Kornkammer  Roms, 
später  Constantinopels  Bedeutung  hatte,  im  Steuersystem  thatsächlich 
die  Naturallieferungen  wieder  zu  relativ  grösserem  Umfange  gekommen 
sind  als  vorher. 

Neben  den  Steuern  kämen  die  Domänen  in  Betracht.^)  Diese 
haben  ohne  Zweifel  die  ^saturaleinnahmen  der  Herrscher  vermehrt 
(s.  oben  S.  204).  Aber  ebenso  wie  die  Güter  der  Priester  und  Privaten 
(s.  unten),  werden  auch  sie  zugleich  durch  Verkauf  der  Ueber- 
schussproducte  Gelderträge  erzielt  haben.  —  Von  den  königlichen 
Monopolen  kennen  wir  genauer  das  Oelmonopol  (Rev.  Pap.).  Dies 
erstrebt  zwar  auch  die  Production  der  für  den  öffentlichen  Bedarf 
erforderlichen  Oele,  führt  aber  vor  Allem  finanziell,  wie  die  detaillirten 
Bestimmungen  über  den  Versehleiss  der  Oele  zeigen,  zur  Gewinnung 
von  baarem  Gelde. 

Für  die  Bedeutung  der  Geldwirtschaft  im  königlichen  Hause 
scheint  mir  aber  vor  Allem  von  Bedeutung,  was  wir  oben  S.  41 9 f. 
und  635  über  die  Geldgeschäfte  der  Könige  nachzuweisen  suchten. 
Wenn  wirklich  die  Könige  selbst  Geld  auf  Zinsen  ausliehen  und 
den  von  ihnen  verpachteten  Banken  vorschrieben,  wieviel  Agio  sie 
beim  Geldwechseln,  wieviel  Zinsen  sie  beim  Ausleihen  von  Kapitalien 
nehmen  durften,  wenn  also  die  Könige  selbst  ebenso,  wie  auch  alle 
anderen  Kapitalisten  im  Lande,  das  Geheimnis  kannten,  „mit  Geld  Geld 
zu  erwerben" 2),  so  zeigt  dies  wohl  deutlicher  als  irgend  etwas  anderes, 
dass  mit  der  Naturalwirtschaft  gründlich  gebrochen  war,  und  die 
Geldwirtschaft  in  den  Formen,  die  das  Altertum  überhaupt  ent- 
wickelt hat,  auch  im  hellenistischen  Aegypten  dominirt  hat. 

Wenden  wir  uns  zu  den  Staatsausgaben,  so  tritt  auch  hier 
die  Präponderanz  der  Geldwirtschaft  deutlich  zu  Tage.  Die  Natural- 
verpflegung  des  Heeres  und  der  Beamtenschaft  hat  freilich 
niemals  aufgehört.  Gerade  für  sie,  so  nahmen  wir  au,  wurden  die 
Naturalsteuern  beibehalten.  Aber  ein  Fortschreiten  der  adaeratio 
lässt  sich  doch  sogar  auf  diesem  Gebiet  nachweisen  (s.  oben  S.  201 
A.  1).  Nach  Pap.  Lond.  XXHI  (Kenyon  S.  37)  war  für  einen 
Soldaten  der  Epigonentruppe  in  Memphis  ein  Sold  von  monatlich 


Nicht  unbedeutend  waren  auch  die  Einnahmen  aus  den  Strafgeldern, 
die  immer  in  baarem  Silber  eingingen. 

2)  Vgl.  hiermit  Bücher,  Entst.  d.  Volksw.  2.  Aufl.  S.  Ulf. 


670 


TIT.  KAPITEL. 


150  Kupferdraclimen  baar  und  3  Artaben  Weizen  ausgesetzt.  Aber 
von  diesen  3  Artaben  wurde  damals,  im  II.  Jalirh.  v.  Chr.,  nur 
noch  eine  in  natura  verabfolgt,  die  beiden  anderen  wurden  in  Geld 
(atxwviov),  zu  je  100  Kupferdrachmen  gerechnet,  ausgezahlt.  Er 
erhielt  also  thatsächlich  350  Drachmen  und  1  Artabe  oder,  mit 
anderen  Worten,  etwa  f  des  Soldes  in  Geld,  ^  in  Getreide.  Dasselbe 
Verhältnis  und  dieselbe  Rechnungsweise  hat  sich  auch  für  andere 
Truppenteile  in  den  „Actenstücken  aus  der  königlichen  Bank" 
V — VII  wiedergefunden  (um  130  v.  Chr.).^)  Es  liegt  auf  der  Hand, 
dass  diese  Rechnungsart  nicht  die  ursprüngliche  ist.  Im  Beginn  der 
Ptolemäerzeit  werden  thatsächlich  die  drei  Artaben  in  natura  zuge- 
messen worden  sein,  aber  im  II.  Jahrh.  v.  Chr.  war  eben  die  Geld- 
wirtschaft so  weit  vorgedrungen,  dass  für  zwei  von  den  Artaben  die 
adaeratio  eingeführt  wurde.-)  Aus  einem  Text  aus  dem  Jahre  108 
V.  Chr.  (P.  Grenf.  II  33)  scheint  zu  folgen,  dass  die  adaeratio  bei 
der  Soldzahlung  inzwischen  noch  weitere  Fortschritte  gemacht  hatte. 
Da  erhalten  die  Mannschaften,  die,  wie  es  scheint,  die  militärische 
Bedeckung  eines  Finanzbeamten  auf  einem  Schiffe  bildeten,  zusammen 
monatlich  8^  Kupfertalente  und  25  Artaben  Weizen.  Rechnet  man 
auch  hier  den  fiscalischen  Preis  von  100  Kupferdrachmen  für  die 
Artabe,  so  beträgt  der  Geldsold  das  Zwanzigfache  der  Natural- 
lieferung.^)  Aus  Bankquittungen  vom  Jahre  135  v.  Chr.,  die 
Revillout,  Melanges  S.  333  ff!  publicirt  hat,  geht  hervor,  dass  der 
für  die  Truppen  bestimmte  Wein  nicht  etwa  aus  den  Staatskellereien 
in  natura  geliefert  wurde,  sondern  dass  der  zum  Ankauf  erforderliche 
Geldbetrag  von  der  königlichen  Bank  ausgezahlt  wurde.  Ich  erinnere 
daran,  dass  das  Rebenland  auch  in  Geld  besteuert  wurde.  Ebenso 


Militärisch  ist  offenbar  der  dpX07T:Y](psTrjg)  aufzufassen,  der  in  Ostr.  1538 
(II.  Jahrh.  v.  Clir.)  die  Anweisung  giebt:  AoS-t^xü)  —  x6  >caO-^(xov)  {jLSTpY^dJia) 
xal  ö'i;ü)v'.ov.  Auf  militärische  [xsxpT^fxaxa  und  ö^(bvi<x  bezieht  sich  wohl  auch 
Ostr.  714. 

^)  Dass  die  Ersetzung  einer  Artabe  durch  100  Kupferdrachmen  ein 
sehr  billiger  Preis  war,  wie  er  Avohl  auf  keinem  Markt  vorkam,  dass  also  die 
Kegierung  ihren  Profit  machte,  sei  nur  nebenbei  erwähnt.  Vgl.  Lumbroso, 
Eecherches  S.  Iff. 

2)  Das  Fragment  P.  Grenf.  (I)  9  aus  dem  III.  Jahrh.  v.  Chr.  scheint  von 
Soldzahlungen  an  Flottensoldaten  (von  der  Roten-Meer-Flotte)  zu  handeln.  Da 
begegnen  Weinlieferungen  neben  dem  Geld.    Z.  5  ergänze:  xp^/lJ-äJx'.aov. 


WIRTSCHAFTSGESCHICHTLICHE  BEOBACHTUNGEN.  671 


zahlte  die  Bank  baares  Geld  für  das  Pferdefutter  (^TiTioTpo^ixov). 
Vgl.  „Actenstücke"  V— VII  und  Revillout,  Melanges  S.  332. 

Die  Verpflichtung  der  Bevölkerung,  den  durchziehenden  Truppen 
Quartier  und  Verpflegung  zu  geben,  hat  natürlich  niemals  aufgehört. 
In  CIGr.  4896  (II.  Jahrh.  v.  Chr.)  werden  die  Isispriester  von  Philae 
ausdrücklich  davon  befreit,  und  das  Edict  des  Cn.  Vergilius  Capito 
richtet  sich  gegen  die  übermässigen  Forderungen  der  durchziehenden 
Truppen  (CIGr.  4956). i) 

Dass  auch  in  der  Kaiserzeit  die  Verpflegung  des  Heeres  in 
Geld  und  in  natura  erfolgte,  ist  bekannt  und  wird  durch  unsere 
Ostraka  aus  Pselkis  (Anfang  des  III.  Jahrh.  n.  Chr.)  bestätigt.  Da 
erhält  der  Soldat  ausser  seinem  ocj'covcov,  das  ihm  in  Denaren  und 
aegyptischer  Scheidemünze  ausgezahlt  wird  (Ostr.  1128),  regelmässig 
1  Artabe  Weizen  für  den  Monat,  d.  h.  wahrscheinlich  eine  Choinix 
für  den  Tag  (vgl.  Kap.  X),  ausserdem  auch  Wein  (1129)  und  gewiss 
noch  manches  andere  in  natura.  2)  Die  Angaben  sind  nicht  voll- 
ständig genug,  um  das  Wertverhältnis  der  Naturalien  zum  Gelde 
zu  berechnen. 

Die  Besoldung  und  Verpflegung  der  Beamten  wird  im  Wesent- 
lichen dieselbe  Entwickelung  genommen  haben  wie  die  der  Soldaten, 
werden  sie  doch  in  dieser  Hinsicht  gern  auf  eine  Stufe  gestellt 
(vgl.  CIGr.  4896).  Es  fehlt  aber  an  genaueren  Nachrichten. 
Ueber  die  Natural  Verpflegung  der  Beamten  auf  ihren  Dienstreisen 
vgl.  oben  S.  275  und  389 f  In  der  Kaiserzeit  tritt  uns  die  annona 
als  eine  Abgabe  entgegen,  die  im  Besonderen  zur  Verpflegung  von 
Heer  und  Beamtenschaft  bestimmt  war.  Wie  wir  oben  S.  1550". 
zu  zeigen  versuchten,  wurde  für  die  annona  Weizen,  Gerste,  Wein 
und  Heu  eingefordert,  doch  fand  auch  oft  genug  adaeratio  statt. 
Ueber  das  Verhältnis  der  in  Geld  zahlbaren  Gehälter  der  Beamten 
zu  den  ihnen  verabfolgten  Naturalien  erlauben  die  dürftigen  Notizen 
keine  Schlüsse. 3) 


^)  Ueber  den  Druck  der  axpax'.coT'.xal  sOO-svLat  beklagt  sich  eiue  Frau 
in  P.  Oxyr.  171,  vom  J.  303  n.  Chr. 

2)  Vgl.  Marquardt,  St.  V.  II'^  S.  93  f. 

^)  Der  Dolmetscher  der  Trogodyten  erhält  von  der  Bank  sein  Gehalt  in 
Geld.  Vgl.  „Actenstück"  Nr.  IX  (II.  Jahrh.  v.  Chr.).  Andrerseits  erhalten  die 
6SpocpiiXay.es  in  BGU  621  (II.  Jahrh.  n.  Chr.)  ihr  monatliches  ö'^^wv.ov  in  Ge- 
treide.   Nach  P.  Grenf.  (II)  44  (J.  101  n.  Chr.)  bekommen  die  Nomarchen  als 


672 


VII.  KAPITEL. 


Ebenso  wie  die  Soldaten  und  Beamten  bezogen  auch  die 
Priester  vom  König  ihre  Pensionen  (auvTa^ec^)^)  teils  in  Geld, 
teils  in  natura.  Vgl.  CIGr.  4697:  auvca^eiq  acTtxa^  ts  xoCi  apyupi- 
xa^.^)  Dass  die  Schenkungen  der  Könige  an  die  Tempel  nach 
beiden  Modi  erfolgten,  versteht  sich  von  selbst.^) 

Auch  die  Gelehrten  des  alexandrinischen  Museums  erhielten 
neben  einer  festen  Pension  in  Geld  (vgl.  Lumbroso,  Rech,  S.  277) 
freie  Verpflegung  im  Museum  (aizo{)[iEyoi  £V  tw  Mouaeto)). 

Wir  können  das  Gesagte  etwa  dahin  zusammenfassen,  dass  bei 
der  Besoldung  des  Heeres,  der  Beamtenschaft,  der  Priester  u.  s.  w. 
die  einstige  reine  Naturalwirtschaft  dem  gemischten  System  gewichen 
war,  ja,  dass  bei  der  Besoldung  des  Heeres  sich  ein  allmähliches 
Vordringen  der  Geldwirtschaft  nachweisen  lässt. 

Wir  fragen  w^eiter,  wie  sonstige  Leistungen  und  Arbeiten  vom 
Staat  bezahlt  wurden.  Aus  dem  III.  Jahrh.  v.  Chr.  kenne  ich  ein 
Beispiel,  das  uns  völlig  in  die  Zeiten  der  alten  Naturalwirtschaft 
zurückversetzt,  das  ist  Petr.  Pap.  (II)  XXV.  Da  wird  ein  Fuhrherr 
(fyioy^oq)  nebst  seinem  Personal,  der  einen  königlichen  Beamten  auf 
seiner  Dienstreise  im  Gau  herumgefahren  hatte  (vgl.  Gött.  G.  A.  1895 
S.  155),  vom  Staat  in  der  Weise  bezahlt,  dass  er  für  jeden  Tag  so 
und  so  viele  Brote,  Wein  und  Gel,  ausserdem  von  Zeit  zu  Zeit  ein 
leckeres  Ferkel,  für  die  Pferde  aber  Heu  bekam.  Diese  Rechnung 
könnte  ebensogut  aus  der  Pharaonenzeit  stammen.  Etwas  Aehnliches 
ist  mir  in  der  späteren  Zeit  nicht  begegnet,  und  ich  bin  geneigt, 
in  diesem  Vorgang  aus  dem  III.  Jahrh.  v.  Chr.  ein  Rudiment  aus 
den  alten  Zeiten  zu  erblicken.    Jedenfalls  steht  fest,  dass  gleichzeitig, 


cpöpsxpov  für  die  von  ihnen  geleisteten  Transporte  so  und  so  viele  Artaben 
Linsen.    Nach  P.  Lond.  CCXCV  (II.  Jahrh,  n.  Chr.)  erhält  ein  xa|jiYjXctpöcpos 
als  cpöpsxpov  Getreide,  dagegen  nach  BGU  607  (J.  163)  und  697  (J.  140)  Geld. 
1)  Vgl.  Revillout,  Rev.  Egyptol.  I  S.  8 2  ff. 

^)  Von  den  Geldpensionen  handelt  der  Text  bei  Revillout,  Melanges  S.  32  7. 
Ueber  den  Empfang  der  dpyup'.xY) '  auvxa^tg  quittiren  die  Priester  in  BGU  707 
(II.  Jahrh.  n.  Chr.).  Von  den  Oel-  und  Speltforderungen  der  beiden  Zwillings- 
schwestern im  Serapeum  handeln  bekanntlich  viele  Papyri. 

^)  Vgl.  CIGr.  4697,  11,  Unter  den  gewaltigen  Schenkungen,  die  Phila- 
delphos  dem  Tempel  von  Pithom  gestiftet  hat,  treten  die  in  baarem  Silber  am 
stärksten  hervor.  Aber  es  kommen  auch  hier  daneben  Schenkungen  in  Natura- 
lien vor.  Vgl.  Abschnitt  L  in  der  Ausgabe  Brugsch  -  Erman  (Ae,  Z.  XXXII). 
Naturalien  stiften  auch  die  Könige  in  der  Stele  von  Assuän. 


WIRTSCHAFTSGESCHICHTLICHE  BEOBACHTUNGEN. 


673 


im  in.  Jahrh.  v.  Chr.,  andere  Arbeitsleistungen  mit  baarem  Gelde 
bezahlt  wurden.  Ich  erinnere  nur  daran,  dass  die  Arbeiter,  die  bei 
den  Kanälen  und  Dämmen  thätig  waren,  damals  für  60  Naubia  ein 
Silbertetradrachmon  erhielten  (s.  oben  S.  261).  Auch  sonst  liegen 
mehrere  Beispiele  dafür  vor,  dass  auch  schon  im  III.  Jahrhundert 
der  Staat  seine  Lieferanten  mit  baarem  Gelde  bezahlte.  Vgl.  Petr. 
Pap.  (II)  XIV  (Ib):  für  10000  Ziegel  15  Drachmen.  Vgl.  auch 
1  c  und  1  d.  Auch  Lieferungen  von  Binsen  und  Rohr  werden  von 
der  Bank  in  Greld  bezahlt  (ebenda  XXVI). 

Wenden  wir  uns  zum  Haushalt  der  Tempel.  Dass  sie  ihre 
staatlichen  Einnahmen  teils  in  Geld,  teils  in  natura  bezogen,  wurde 
schon  oben  hervorgehoben.  Die  gewaltigen  Latifundien,  über  die 
die  Tempel  verfügten,  brachten  gleichfalls  Geld  wie  Naturalien  ein, 
ebenso  die  Stiftungen  der  Privaten.  Was  die  Ausgaben  betrifft, 
so  scheint  es  zu  den  Privilegien  der  Priester  gehört  zu  haben,  dass 
sie  manche  Abgaben,  die  die  Privaten  in  Geld  zahlen  mussten,  in 
eigenen  Producten  liefern  durft;en.  So  zahlten  sie  noch  unter  Ptole- 
maios  V.  die  Grundsteuer  fiir  Rebenland  mit  einem  Keramion  Wein 
für  die  Arure,  während  sonst  das  Rebenland  in  Geld  besteuert  war 
(s.  oben  S.  151).  So  zahlten  sie  auch  die  Abgabe  für  die  in  den 
Tempeln  hergestellten  Byssosgewänder  mit  ihren  eigenen  Fabrikaten. 
Aber  die  Inschrift  von  Rosette,  die  dies  lehrt  (Z.  17),  zeigt  zugleich 
an  einer  anderen  Stelle  (Z.  29),  dass  gelegentlich  hierfür  adaeratio 
eintrat,  und  statt  der  Byssosgewänder  der  Preis  (^-l^y})  dafür  ent- 
richtet wurde.  Vgl.  oben  S.  269.  Hierin  können  wir  wieder  ein 
Vorschreiten  des  geld wirtschaftlichen  Princips  erkennen. 

Die  Tendenz  des  priesterlichen  Haushaltes  wird,  ähnlich  wie 
die  des  königlichen,  dahin  gegangen  sein,  mit  Naturalien  nur  soweit 
zu  wirtschaften,  wie  es  zur  Verpflegung  der  Priesterschaften 2)  nötig 
war,  im  Uebrigen  aber  auf  möglichst  grosse  Ansammlung  von  Capi- 
talien  hinzuarbeiten.  Dass  sie  mit  den  landwirtschaftlichen  Producten 
einen  bedeutenden  Handel  getrieben  haben,  versteht  sich  bei  dem 
Umfang  der  Tempelländereien  wohl  von  selbst,  und  wenn  im  Rev. 
Pap.  51  den  Priestern  ausdrücklich  verboten  wird,  mit  dem  von 
ihnen  producirten  Oel  Handel  zu  treiben,  so  zeigt  dies  nur,  dass 


Naturalstiftungen  in  den  Inschriften  bei  Strack,  Dyn.  Ptol.  144,  145. 
2)  Zu  dieser  Verpflegung  vgl.  BGU  1,  149. 
WiLCKEX,  Ostraka.  ^3 


674 


VII.  KAPITEL. 


sie  in  anderen  Productionszweigen,  die  nicht  vom  König 
monopolisirt  waren,  als  Handeltreibende  bekannt  waren. 
Nicht  minder  beteiligten  sie  sich  an  den  eigentlichen  Geldgeschäften. 
AVie  es  aus  der  griechischen  Welt  bekannt  ist,  so  haben  auch  die 
Götter  Aegyptens  in  der  hellenistischen  Periode  es  nicht  verschmäht, 
durch  verzinsliche  Darlehen  ihr  Tempelgut  zu  mehren.  Die  Rech- 
nungen aus  dem  Tempel  des  Jupiter  Capitolinus  in  Arsinoe  vom 
Jahre  215  n.  Chr.  geben  uns  über  diese  priesterlichen  Darlehens- 
geschäfte ausführlichere  Nachrichten.  Vgl.  Hermes  XX  S.  447.  So 
verwundert  es  uns  nicht  zu  hören,  dass  die  Priester  Gelddeposita 
(-ö-lixaTa)  auf  den  königlichen  Banken  hatten  und  in  einem  lebhaften 
geschäftlichen  Verkehr  mit  den  königlichen  Bankiers  standen, 

Fragen  wir  endlich  nach  der  Haushaltung  der  Privatleute, 
so  ist  hier  a  priori  mit  grossen  Verschiedenheiten,  je  nach  der  Be- 
deutung der  Einzelwirtschaften,  je  nachdem  sie  in  die  Städte  oder 
auf  das  flache  Land  gehören,  zu  rechnen;  haben  sich  doch  auch 
bei  uns  noch  auf  dem  Lande  viele  Residuen  der  Naturalwirtschaft 
erhalten.  Zumal  unsere  Urkunden  zum  nicht  geringen  Teil  aus 
Dörfern  stammen,  ist  es  um  so  bemerkenswerter,  dass  sich  so  ver- 
schwindend wenige  naturalwirtschaftliche  Symptome  finden.  Wir 
lernen  so  manches  Hauswesen  kennen,  aber  da  ist  keines,  von  dem 
man  sagen  könnte,  dass  es  uns  „die  reine  Eigenproduction ,  die 
tauschlose  Wirtschaft"  (Bücher^  S.  58)  oder,  um  mit  Rodbertus  zu 
reden,  die  „Oikenwirtschaft"  zeige,  und  darum  kann  hier  auch  von 
einer  reinen  Naturalwirtschaft,  die  eben  nur  in  einer  autonomen 
Hauswirtschaft  denkbar  ist,  nicht  die  Rede  sein.  Da,  was  zum  Leben 
erforderlich  war,  nicht  oder  doch  nur  zum  Teil  im  Hause  producirt 
wurde,  so  brauchte  man  Geld,  um  es  zu  kaufen.  Man  brauchte 
auch  Geld,  um  die  zahlreichen  Geldsteuern  zahlen  zu  können,  und 
darum  ist  denn  auch  die  Wirtschaft  der  Privaten,  wie  die  des  Königs 
und  der  Priester,  vorwiegend  auf  Capitalgewinnung  gerichtet. 

Ich  stelle  die  wenigen  naturalwirtschaftlichen  Symptome,  die 
mir  begegnet  sind,  an  die  Spitze.  2) 


^)  Von  den  hierauf  bezüglichen  „Actenstücken  aus  der  kgl.  Bank"  ist 
bisher  erst  eines  publicirt,  von  Parthey  (Abh.  Berl.  Akad.  1869). 

Ich  habe  mich  auf  die  griechischen  Urkunden  beschränkt.   Wenn  man 
die  hier  angeregten  Themata  gründlich  behandeln  will,  müssen  die  demotischen 


WIRTSCHAFTSGESCHICHTLICHE  BEOBACHTUNGEX. 


675 


Nach  P.  Grenf.  (I)  29  vom  Jahre  105  v.  Chr.  leiht  eine  Frau 
einem  Manne  6  Artaben  Salz,  ohne  Zinsberechnung  (dcTOza).  Wenn 
er  sie  zum  festgesetzten  Termin  nicht  zurückgiebt,  so  soll  er  so  und  so 
viel  Artaben  Weizen  liefern.  Das  ist  ein  unverzinsliches  Darlehens- 
geschäft, wie  es  durchaus  in  eine  Periode  autonomer  Hauswirtschaft 
hineinpassen  würde:  für  Salz  soll  eventuell  Getreide  zurückgeliefert 
werden.  Aber  das  ist  ein  Unicum^),  dem  andrerseits  zahlreiche 
Zeugnisse  für  eine  hohe  Entwickelung  des  verzinslichen  Geldgeschäftes 
gegenüberstehen  (s.  unten). 

Ein  naturalwirtschaftliches  Residuum  ist  es  ferner,  wenn  die 
Paraschisten  der  thebanischen  Nekropole  noch  im  II.  Jahrh.  v.  Chr. 
für  die  Ausübung  ihres  Berufes  sich  mit  Hülsenfrüchten  und  Wein 
honoriren  Hessen.  Vgl.  P.  Tur.  8,  24. 

In  dem  Wirtschaftsbuch  aus  Hermupolis  (Kenyon  S.  188  Z.  616), 
aus  der  Zeit  des  Vespasian,  wird  einmal  die  Miete  für  einen  Wagen 
(a|Jia^a)  in  Gerste  bezahlt.  Das  ist  ein  Unicum,  da  sonst  nach  diesem 
Wirtschaftsbuch  die  Wagenmiete  regelmässig  in  Geld  bezahlt  wird. 

Ein  gemischtes  System  zeigt  endlich  P.  Grenf  (II)  67,  vom 
Jahre  237  n.  Chr.,  wo  die  Miete  für  zwei  Tänzerinnen  zwar  in  Geld 
festgesetzt  ist,  ausserdem  aber  3  Artaben  Weizen  und  f^^ißiiiiity 
^euyY]  ci  sowie  die  Stellung  von  Eseln  für  den  Transport  aus- 
bedungen wird.  2) 

Vielleicht  habe  ich  manche  Beispiele  übersehen,  und  dass  neues 
Material  auch  noch  viele  bringen  kann,  ist  selbstverständlich,  aber 
an  dem  Gesammteindruck ,  dass  vom  III.  Jahrh.  v.  Chr.  bis  in's 
III.  Jahrh.  n.  Chr.  auch  im  privaten  Haushalt  die  Geld  Wirtschaft 
dominirt  hat,  dürfte  dadurch  kaum  etwas  geändert  werden,  denn 


Documente  mit  herangezogen  werden.  Vgl.  einstweilen  den  Aufsatz  von  Heinrich 
Brugsch,  Die  Kosten  des  Haushalts  in  alter  Zeit  (Volkswirtseliaftl.  Zeitfragen 
Heft  89,  Berlin  1890). 

^)  Am  nächsten  kommt  P.  Grenf.  (II)  24,  aus  demselben  Jahre  105,  wo 
6  Keramien  Wein  unverzinslich  verliehen  werden.  Hier  sollen  aber  im  Falle, 
dass  der  Termin  der  Rückgabe  nicht  eingehalten  wird,  9  Keramien  Wein  zurück- 
gezahlt werden,  also  das  '^[xiöXtov  und  zwar  in  demselben  Stoff.  Es  ist  übrigens 
nicht  ausgeschlossen,  dass  auch  in  dem  anderen  Beispiel  der  Wert  des  Getreides 
gegenüber  dem  Salz  das  •^jJLiöXiov  darstellte.  Aber  hier  wäre  doch  immer  noch 
der  Wechsel  des  Stoffes  urwüchsiger. 

^)  Z.  1  wird  man  jetzt  nach  P.  Oxyr.  I  88  etwa  lesen:  ■:ipoyor,z{^)  y^ii- 
(vaa(,apx.wv). 

43* 


676 


yil.  KAPITEL. 


die  Fülle  der  Beispiele,  die  hierfür  sprechen,  ist  geradezu  erdrückend. 
Es  ist  daher  auch  unmöglich,  sie  alle  hier  aufzuzählen,  und  ich 
muss  auf  die  Publicationen  selbst  verweisen.  Nur  einige  wichtigere 
Momente  seien  hier  hervorgehoben. 

Zunächst  sei  daran  erinnert,  dass  das  Geld  in  dieser  Periode 
der  ausschliessliche  Wertmesser  ist.  Die  Objecte,  die  das  Ver- 
mögen des  Einzelnen  ausmachen,  werden,  wie  wir  oben  S.  458  ff.  sahen, 
zwecks  der  Besteuerung,  soweit  überhaupt,  in  Geld  taxirt.  Dem 
entsprechend  wird  der  izopoc,  jedes  einzelnen  Steuerzahlers  in  Geld 
berechnet  (s.  oben  S.  506  ff).  Mir  ist  kein  Beispiel  erinnerlich,  dass 
im  öffentlichen  oder  privaten  Leben  irgend  ein  Object  anders  als  in 
Geld  bewertet  wäre.^) 

So  giebt  es  denn  auch  kein  Beispiel  für  ein  Tauschgeschäft, 
bei  dem  ein  Bedarfsartikel  gegen  einen  anderen  ausgetauscht  würde, 
vielmehr  ist  das  Geld  überall  das  alleinige  Tauschmittel,  und  Kauf 
und  Verkauf  gehören  zu  den  alltäglichsten  Geschäften. 

Es  sind  einige  private  Wirtschaftsbücher  erhalten,  die  für 
unsere  Frage  von  grossem  Interesse  sind.  In  das  III.  Jahrh.  v.  Chr. 
gehört  der  Papyrus  Sakkakini  (Revillout,  Rev.  Egypt.  III  S.  118  ff.), 
ein  Fragment  aus  dem  Ausgabebuch  eines  Privatmannes.  Da  wird 
Tag  für  Tag  Brot,  Zukost,  Pökel waaren,  Salz,  Gewürze,  Gemüse, 
Kohl,  Holz,  gelegentlich  auch  Fleisch  gebucht,  und  alles  wird  in 
Geld  bezahlt.  Von  einer  Oikenwirtschaft  ist  hier  also  keine  Spur. 
Auch  das  Gehalt  der  Augestellten  (otj'wvcov)  wird  in  Geld  bezahlt, 
ebenso  die  Löhne  ()(aXx£T,  exßoXyj  xoTipLwv);  auch  Posten  für  Wäsche 
und  Badebenutzung  finden  sich.  In  einem  ganz  ähnlichen  Papyrus 
des  Berliner  Museums  (unpublicirt)  kehrt  ausser  den  genannten  und 
manchem  anderen  Posten  wie  Wein,  Gel,  Wasser,  Natron  mehrfach 
auch  Tzzidy^m  wieder.  Also  gar  der  Bettler  bekam  nicht  ein  Stück 
Brot,  sondern  Geld! 

In  einen  anderen  Haushalt  derselben  Zeit  führt  Petr.  Pap.  (II) 
XXXIII  (a).  Diese  Urkunde  ist  dadurch  besonders  wertvoll,  dass 
neben  dem  loyoc,  dpyupcxo^  auch  der  Xoyoq  aizinoc,  erhalten  ist, 
wenn  auch  fragmentarisch.  Unter  den  Naturalausgaben  spielt  das 
Getreide  für  die  Brote  eine  Hauptrolle.  Ob  diese  darum  im  Hause 
hergestellt  sein  müssen,  kann  zweifelhaft  erscheinen,  denn  in  der 


')  Vgl.  z.  B.  Petr.  Pap.  (II)  XXXII  (1)  17  ff.    BGU  4,  7f. 


WIRTSCHAFTSGESCHICHTLICHE  BEOBACHTU>'GEN.  677 


Geldrechnung  steht  der  Arbeitslohn  (-/waTspYov)  für  das  Brot,  in  Geld 
gezahlt.  Auch  alle  sonstigen  Tagelöhne  für  die  verschiedensten 
Dienste  werden  in  Geld  entrichtet,  ebenso  das  Gehalt  der  Angestellten 
des  Hauses,  wie  des  Rinderhirten,  des  Sauhirten  u.  s.  w.  Die  Ein- 
nahmen stützen  sich  auf  die  cf  opSTpa  O-o^uyLWV  und  die  Wohnungs- 
miete, die  beide  in  Geld  eingehen. 

Aehnlich  ist  das  Fragment  eines  Ausgabebuches  in  P.  Paris  60^^ 
gleichfalls  aus  dem  III.  Jahrh.  v.  Chr.  Auch  hier  werden  die  ver- 
schiedensten Löhne  in  Geld  bezahlt,  und  wo  Wein  oder  Bier  ausserdem 
verabreicht  werden,  sind  diese  Posten  mit  ihrem  Geldwert  gebucht. 
Also  sind  diese  Getränke  nicht  im  Hause  producirt,  sondern  für 
Geld  gekauft.  Bemerkenswert  ist,  dass  unter  den  Ausgaben  mehrfach 
8aV£La  aufgezählt  werden.    Wir  kommen  sogleich  darauf  zurück. 

In  die  Zeit  des  Yespasian  führt  das  oft  genannte  Wirtschafts- 
buch von  Hermupolis  (Kenyon  S.  166  ff.}.  Hier  haben  wir  es  mit 
einem  landwirtschaftlichen  Betriebe  zu  thun,  mit  einem  kleinen  Gut 
in  der  Nähe  von  Hermupolis.  Trotz  der  grossen  Ausdehnung  des 
Textes  ist  er  für  unsere  Frage  nicht  so  sehr  ergiebig,  denn  es  fehlt  uns 
neben  dem  erhaltenen  XoyG^  ap^fjpixo;  der  liyoc  acT'.xo?,  so  dass 
wir  einen  klaren  Einblick  in  den  wirtschaftlichen  Betrieb  nicht  ge- 
winnen können.  Auch  erschwert  es  das  Verständnis,  dass  der  Guts- 
verwalter Didymos  unter  den  Einnahmen  die  Baarbestände  mit 
aufzählt,  die  ihm  sein  Gutsherr  Epimachos  aus  Hermupolis,  wo  er 
wohnte,  zur  UnterhaltuDg  des  Gutes  zuschickte.  Woher  dieser  aber 
das  Geld  genommen  hat,  ob  etwa  von  den  seinerseits  in  Hermupolis 
verkauften  Producten  des  Gutes  oder  woher  sonst,  erfahren  wir  nicht. 
So  ist  es  nur  ein  zufalliger  Ausschnitt,  den  wir  kennen  lernen. 
A  priori  ist  anzunehmen,  dass  in  einem  solchen  landwirtschaftlichen 
Betriebe  die  Naturalwirtschaft  vorgewaltet  habe,  und  in  der  That 
scheint  das  Gut  seine  naturalen  Bedürfnisse  meist  selbst  befriedigt 
zu  haben.  Für  Geld  gekauft  werden  in  dem  vorliegenden  Text  nur 
Linsen  (als  Vogelfutter),  Oel  (zum  Braten  der  Tauben,  115)  und 
Papyrus  (348).  Aber  wir  wissen  freilich  nicht,  was  ausserdem  der  Guts- 
herr in  Hermupolis  fiir  das  Gut  eingekauft  haben  mag.  Andrerseits 
steht  fest,  dass  das  Gut  nicht  etwa  nur  für  den  eigenen  Consum, 


^)  Gelegentlich  schickt  der  Verwalter  dem  Herrn  den  Erlös  vom  Verkauf 
der  Producte.    Vgl.  Z.  248. 


678 


YII.  KAPITEL. 


sondern  auch  für  den  Verkauf  producirte.  Weizen,  Wein  und  Gemüse 
sind  die  Artikel,  die  auf  dem  Gute  im  Ueberschuss  producirt  und 
zu  Geld  gemacht  werden.  Aber  auch  diese  Uebersicht  ist  unvoll- 
ständig, da  auch  der  Gutsherr  in  Hermupolis  verkauft  zu  haben 
scheint  (vgl.  Z.  540).  Für  die  Bedeutung  der  Geldwirtschaft  in  jener 
Zeit  ist  aber  von  grösster  Wichtigkeit,  dass  die  Tagelöhne,  die  für 
die  verschiedensten  Verrichtungen  Tag  für  Tag  zu  zahlen  waren,  in 
baarem  Gelde  ausgezahlt  werden.  Für  das  Bier,  das  gelegentlich 
den  Leuten  bestimmt  w^urde,  wurde  ihnen  extra  Geld  eingehändigt 
(vgl.  262,  294). 

Einen  ähnlichen  Eindruck  gewinnen  wir  von  der  ländlichen 
Wirtschaft  in  BGU  14  vom  Jahre  255  n.  Chr.  Hier  wird  Weizen, 
Wein  und  Essig  zum  Verkauf  producirt,  andrerseits  werden  Linsen, 
Heu,  Gel,  Käse,  Pökelwaaren  u.  a.  für  Geld  gekauft.  Die  Tagelöhne 
wie  die  Gehälter  w^erden  auch  hier  in  Geld  gezahlt.  Der  Xoyoc, 
yzvixoQ  (die  Naturalrechnung),  der  dem  vorliegenden  Xoyoc,  äpyu- 
pLXO?  folgte  (69'  8v),  ist  nicht  erhalten. 

Auch  ausserhalb  der  angeführten  Wirtschaften  werden  in  der 
uns  beschäftigenden  Periode  die  Tagelöhne  in  Geld  gezahlt.  Vgl. 
BGU  699  (H.  Jahrh.  n.Chr.),  362  (vom  Jahre  215),  auch  Ostr. 
1169  und  1170.  Doch  Personen,  die  in  den  Haushalt  aufgenommen 
wurden,  erhielten  wohl  ursprünglich  meist  Naturallohn.  So  wurde  den 
Ammen  von  Hause  aus  „Lebensunterhalt,  Gel,  Kleidung  und  anderes" 
verabfolgt.  In  der  Kaiserzeit  aber  w^ar  daftir  bereits  ein  Geld- 
äquivalent eingeführt,  so  dass  wir  auch  hier  wieder  das  Vorschreiten 
der  Geld  Wirtschaft  erkennen  können.  Vgl.  P.  Oxyr.  I  37  (I  24)  vom 
Jahre  49  n.  Chr.,  91  vom  Jahre  187  und  P.  Grenf  (II)  75  vom 
Jahre  305.  Demnach  ist  auch  BGU  297  vom  Jahre  50  n.  Chr. 
zu  ergänzen. 

Für  die  Bedeutung  der  Geldwirtschaft  im  privaten  Haushalt 
spricht  nun  aber  vor  Allem,  was  wir  über  die  Geldgeschäfte  der 
Privaten  erfahren.  Auch  sie  verstanden  es,  ebenso  wie  die  Könige 
und  Priester,  mit  Geld  Geld  zu  erwerben.  Wir  können  noch  ver- 
folgen, wie  die  verzinslichen  Darlehen  nach  und  nach  eine  immer 
grössere  Bedeutung  im  Geschäftsleben  der  Bevölkerung  gewonnen 
haben.  Ein  merkwürdiges  Beispiel  unverzinslichen  Naturaldarlehens 
(vom  Jahre  105  v.  Chr.),  kraft  dessen  eventuell  Weizen  für  Salz 
zurückgeliefert  werden  sollte,  haben  wir  schon  oben  als  natural- 


WIRTSCHAFTSGESCHICHTLICHE  BEOBACHTUNGEN. 


679 


wirtschaftliches  Rudiment  hervorgehoben.  Auch  sonst  begegnen  noch 
neben  verzinslichen auch  unverzinsliche  Darlehen  im  II.  Jahrh. 
V.  Chr.,  aber  hier  tritt  wenigstens  Zinsberechnung  für  die  Zeit  nach 
dem  verfallenen  Rückgabetermin  ein.  So  in  den  Gelddarlehens- 
contracten  P.  Grenf.  (II)  18  (Jahr  127  v.  Chr.),  21  (Jahr  113),  27 
(Jahr  103).  Bei  den  unverzinslichen  Naturaldarlehen  in  P.  Paris.  7 
und  P.  Grenf.  (I)  18  (beide  aus  dem  II.  Jahrh.  v.  Chr.)  findet  sich  die 
Bestimmung,  dass  im  Falle  der  nicht  rechtzeitigen  Rückgabe  das 
riiiioXiov  (150%)  zu  zahlen  sei  und  zwar  in  Geld:  tyjv  laojJtevYjV 
Iv  T'5  dc^opx  TL|xyjv.2)  Man  rechnet  hier  also  mit  dem  wechselnden 
Marktpreise  des  Getreides.  Aus  der  Kaiserzeit  sind  mir  keine  un- 
verzinslichen Gelddarlehen  bekannt.^)  Mögen  sie  auch  gelegentlich 
vorgekommen  sein,  charakteristisch  für  diese  Zeit  bleibt  doch,  dass 
die  Bevölkerung  in  den  weitesten  Kreisen  Zinsgeschäfte  betrieben 
hat.  In  diesem  Zusammenhang  ist  daran  zu  erinnern,  dass  die 
Privatbanken  in  der  Kaiserzeit  eine  grosse  Rolle  im  Geschäftsleben 
gespielt  haben.  Nicht  nur  die  reichen  Capitalisten ,  sondern  auch 
der  kleine  Mann,  der  sich  etwas  zurückgelegt  hatte,  deponirte  es 
auf  einer  der  zahlreichen  Banken,  die  über  das  ganze  Land  aus- 
gebreitet waren  (s.  oben  S.  647  An.  1)  und  führte  seine  Geldgeschäfte 
nicht  mehr  iE,  ol'xou,  sondern  aizö  TpaTie^yji;.  Die  zahlreichen  Bank- 
urkunden, die  uns  aus  den  ersten  drei  Jahrhunderten  der  Kaiserzeit 
überliefert  sind^),  zeigen  uns,  wie  die  verschiedensten  Geldgeschäfte 
durch  Vermittelung  der  Banken  geführt  wurden. 

Zum  Schluss  dieser  Skizze  sei  noch  darauf  hingewiesen,  dass 
nach  den  hier  behandelten  Jahrhunderten  der  vorwiegenden  Geld- 
wirtschaft sich  im  III.  Jahrh.  n.  Chr.  im  ganzen  römischen  Reiche 
eine  Rückkehr  zur  Naturalwirtschaft  angebahnt  hat^),  die 
uns  im  IV.  Jahrhundert  auch  in  den  aegyptischen  Urkunden,  wenn 

1)  Verzinsliche  Darlehen  z.  B.  in  P.  Grenf.  (II)  19  (J.  118  v.  Chr.),  22 
(J.  110  V.  Chr.). 

2)  In  Mitt.  PR  II  S.  31  (J.  238  n.  Chr.)  heisst  es:  TYjv  st:'  xoO  xaipoö 
soop.evYjv  TiXsiaxrjV  xc(,|ir^v. 

^)  Ein  unverzinsliches  Naturaldarlehen  in  Mitt.  PR  II  31.  Vgl.  vorige 
Anmerkung.    Zu  BGÜ  101,  339  vgl.  Gradenwitz,  Hermes  XXVIII  S.  328. 

*)  Vgl.  BGU  70,  88,  281,  415,  427,  468,  472  II,  607,  645.  PER  I 
12  — 17.    Weiteres  in  den  Indices  der  Publicationen. 

^)  Vgl.  Eduard  Meyer,  Wirtsch.  Entw.  S.  61  ff.  Die  Arbeit  von  Bücher 
über  „die  diokletianische  Taxordnung  vom  J.  301"  war  mir  leider  nicht  zugänglich. 


680 


YII.  KAPITEL. 


auch  nur  sporadisch,  entgegeu tritt,  Nach  den  Mitteilungen  Wessely's 
im  „Führer  durch  die  Ausstellung  PER"  1894  S.  87  ff.  sind  in  der 
Wiener  Sammlung  Texte,  von  der  Zeit  des  Diokletian  an,  die  nach 
dieser  Richtung  von  grossem  Interesse  zu  sein  versprechen.  Aus 
dem  IV.  Jahrh.  selbst  möchte  ich  namentlich  auf  P.  Lond.  CXXV 
(Kenyon  S.  192)  hinweisen. 2)  Gleichviel,  ob  dies  eine  öffentliche 
oder  private  Abrechnung  über  Ausgaben  ist^),  die  Zahlungen  er- 
folgen hier  sämmtlich  in  Artaben  Weizen.  Darunter  finden  sich 
Posten  für  den  epytxvqQ,  den  textwv,  den  axecpavoTrXoxo?  u.  A.  Wie 
das  aufzufassen  ist,  zeigen  andere  Stellen,  wo  ausdrücklich  ÖTiep 
{Xia-ö-oö  hinzugefügt  ist.  Also  die  Löhne  werden  hier  mit  Weizen 
bezahlt!  Darin  tritt  uns  deutlich  der  Umschwung  gegenüber  der 
früheren  Periode  entgegen.  So  bietet  dieser  Text  in  wirtschafts- 
geschichtlicher Hinsicht  eine  Parallele  zu  dem  gleichzeitigen  Sportel- 
tarif  aus  Thamugadi  in  Numidien  (Bruns,  font.  i.  R.^  S.  257).  In 
das  IV.  Jahrh.  n.  Chr.  gehören  auch  P.  Oxyr.  I  92  und  93,  wo 
Weinlieferungen  an  einen  Rossarzt  und  Weizenlieferungen  an  einen 
Wasserorgelspieler  angeordnet  werden  —  vielleicht  als  Salär.  Wein- 
lieferungen, die  gleichfalls  als  Löhne  aufzufassen  sind,  erwähnt 
Ostr.  1485  (III/IV.  Jahrh.),  wo  es  in  Z.  13  ausdrücklich  \)K(kp) 
[ita'9'(oö)  heisst.  Vgl.  auch  die  Weinlieferungen  in  BGU  34,  in 
dem  unpublicirten  Ostr.  Brit.  Mus.  25660,  dem  unpublicirten  Berliner 
Ostr.  P.  4820  u.  a. 

Es  sind  dies  alles  sehr  unbedeutende  Indicien  eines  sehr  be- 
deutenden Vorganges,  der  uns  vor  Augen  führt,  wie  es  gekommen  ist, 
dass  das  Mittelalter  wieder  mit  der  Naturalwirtschaft  einsetzt,  nach- 


^)  Vielleicht  könnte  man  schon  in  einzelnen  Urkunden  des  III.  Jahrh. 
Spuren  der  hereinbrechenden  Naturalwirtschaft  sehen  wollen,  wie  z.  B.  in  jenem 
Vertrag  über  die  Tänzerinnen  vom  J.  237  (s.  oben  S.  675),  oder  dem  Contract 
über  das  unverzinsliche  Naturaldarlehen  vom  J.  238  (s.  oben  S.  679  An.  2).  Doch 
ist  diese  Deutung  nicht  zwingend,  denn  aufgehört  hat  die  Naturahvirtschaft  ja 
niemals.  Es  ist  andrerseits  für  die  Festigkeit  der  Geldwirtschaft  von  Interesse, 
dass  man  selbst  in  diesem  Jahrhundert  des  Staatsbankerotts  und  der  entsetzlichsten 
Münzverschlechterung  doch  im  Allgemeinen  an  den  Geldzahlungen  festgehalten 
hat,  z.  T.  mit  den  wunderlichsten  Mitteln.  Dahin  gehört  das  stärkere  Cursiren 
des  alten  ptolemäischen  Kupfergeldes,  das  freilich  niemals  ganz  verschwimden 
war.    Vgl.  Kap.  X. 

Vgl.  Gött.  GA.  1894  S.  743  f. 

^)  Für  ersteres  spricht  vielleicht  Z.  57. 


WIRTSCHAFTSGESCHICHTLICHE  BEOBACHTUNGEN. 


681 


dem  das  Altertum  schon  Jahrhunderte  hindurch  eine  vorwiegende 
Geldwirtschaft  gehabt  hatte. 

2.  Sklaverei  und  freie  Arbeit.^) 
Wollen  wir  an  der  Hand  der  Urkunden  die  Frage  nach  dem 
Verhältnis  der  Sklavenarbeit  zur  freien  Arbeit  in  Aeg}'pten  unter- 
suchen, so  müssen  wir  von  vornherein  scheiden  zwischen  der  grie- 
chischen Welthandelsstadt  Alexandrien  und  dem  flachen  Lande,  der 
)(a)pa,  in  der  völlig  andere  Verhältnisse  massgebend  waren. 

Die  positiven  Zeugnisse  für  die  Sklaverei  in  Alexandrien  sind 
äusserst  unbedeutend.  2)  Aber  wenn  man  bedenkt,  dass  diese  Stadt 
lange  Zeit  hindurch  der  grösste  griechische  Handelsplatz  gewesen  ist, 
so  wird  man  a  priori  eine  nicht  unbedeutende  Sklavenschaft  an- 
nehmen müssen.  Beloch  (Bevölkerung  S.  259)  schätzt  sie  für  die 
Zeit  des  Diodor  auf  gegen  200000  Sklaven,  bei  300000  freien  Ein- 
wohnern. Mir  fehlt  jede  Unterlage,  um  zu  entscheiden,  ob  diese 
Taxation  zu  hoch  oder  zu  niedrig  greift.  Trotz  der  relativ  hohen 
Sklavenzahl  hat  aber  auch  die  Arbeit  der  Freien  einen  bedeutenden 
Factor  in  dem  vielgeschäftigen  und  vielseitigen  wirtschaftlichen  Leben 
Alexandriens  gebildet.  Ich  verweise  nur  auf  die  oft  citirten  Worte 
in  dem  angeblichen  Brief  Hadrian's  (vita  Saturnini  8,5):  civitas 
opulenta,  dives,  fecunda,  in  qua  nenio  vivat  otiosiis.  alii  vitrwn  conflajit, 
aliis  Charta  conficitur,  alii  linifiones,  omnes  certe  uniuscumque  artis  et 
videntur  et  Tiahentur.  podagrosi  quod  agant  hahent,  hahent  caeci  quod 
faciantj  ne  chiragrici  quidem  aput  eos  otiosi  vivunt.  unus  Ulis  dem 
nummus.^)  Hier  ist  sicher  an  Freie  gedacht,  denn  Personen  mit 
diesen  körperlichen  Gebrechen  würden  als  Sklaven  gar  nicht  ange- 
nommen sein. 

Für  die  X^P'^  ^^^S*  Pap}Ti  und  Ostraka  ein  reiches 

Material  vor.  Tausende  von  Personen  werden  uns  hier  mit  ihrem 
Namen,  ihrem  Berufe  genannt;  in  zahlreiche  Haushaltungen  können 
wir  hineinblicken.    Da  verlohnt  es  sich  wohl,  die  Frage  zu  stellen, 

^)  Vgl.  Eduard  Meyer,  Die  wirtschaftliche  Entwickelunt;  des  Altertums  1895. 
Soeben  erschien  von  demselben  „Die  Sklaverei  im  Altertum",  Dresden  1898. 
Von  Früheren  vgl.  namentlich  Julius  Beloch,  Die  Bevölkerung  d.  griech.- 
römischen  Welt,  1886. 

Vgl.  Varges,  de  statu  Aeg.  S.  21.  Lumbroso,  Rech.  S.  65. 

^)  Vgl.  über  die  genannten  Gewerbe  die  Ausführungen  von  Varges  S.  74  ff. 


682 


YU.  KAPITEL. 


in  welchem  Verhältnis  denn  hier  die  Sklavenarbeit  und  die  freie 
Arbeit  zu  einander  gestanden  haben.  Ich  habe  an  folgenden  Stellen 
Sklaven  erwähnt  gefunden: 

Ptolemäerzeit:  Petr.  Pap.  (I)  XV.  (II)S.  22;  23  (III.  Jahrh. 
V.  Chr.).  Rev.  Pap.  15,  17  (III.  v.  Chr.).  Pap.  Lond.  CCCCI 
(II.  V.  Chr.)  P.  Tur.  8,  12  und  17  (II.  v.  Chr.).  P.  Grenf.  (I)  43 
(IL  V.  Chr.). 

Kaiserzeit:  Ostr.  235.  1066.  1303.  1400.  1454.  1482. 
BGU7II9.  55  II  5.  75  II.  95.  113,7.  115  II.  128  1.  137,10. 
146.  168.  176.  193.  297,16.  316,11.  324.  326.  361  m.  388. 
447,23.  467.  493.  495.  510.  532.  540.  617.  630.  706.  Charta 
Borgiana:  passim.  P.  Grenf.  (I)  47.  (II)  59.  75.  P.  Genev.  5. 
P.Oxyr.I38.  48.  49.  50.  73.  91.  94.  95.  96.  97.  Pap.  Edmonstone 
(Young,  Hierogl.  46).    P.  Leipz.  11.  25  (nicht  auch  29). 

Freigelassene  werden  u.  a.  an  folgenden  Stellen  erwähnt: 

BGU55II2,4,18.  113,6.  131,9.  138,8.  185.  447,13.  493II6. 
494.  505,  5.  510,  8.  567.  649,  4.  657  II  9.  P.  Grenf.  (II)  46  a.  63. 
69.  71  II  29.  P.  Oxyr.  I  98.  104,  4.  105,  5. 

An  einigen  anderen  Stellen  kann  man  schwanken,  ob  es  sich 
um  Freie  oder  Sklaven  handelt.^)  Bei  der  Unübersichtlichkeit  des 
Materials  ist  es  sehr  wahrscheinlich,  dass  mir  mancher  Beleg  ent- 
gangen ist.  Aber  wenn  auch  noch  einige  hinzukämen,  so  würde  das 
doch  an  dem  Gesammteindruck,  dass  die  Sklaven  gegenüber  den 
Tausenden  von  Freien,  die  uns  genannt  werden,  sehr  selten  begegnen, 
nicht  viel  ändern.  Nun  wäre  freilich  nichts  verkehrter,  als  die  Ziffern 
der  Sklaven  und  der  Freien  gegenüber  zu  stellen  und  daraus  das 
Verhältnis  der  beiden  Klassen  zu  einander  ziffermässig  belegen  zu 
wollen.  Es  könnte  ja  der  reine  Zufall  sein,  dass  in  den  uns  erhaltenen 
Urkunden  gerade  wenig  Gelegenheit  gewesen  wäre,  von  Sklaven  zu 
sprechen.  Wir  müssen  daher  suchen,  innerhalb  des  vorliegenden 
Materials  solche  Fälle  herauszufinden,  die  uns  gestatten,  für  ein 
begrenztes  Gebiet,  etwa  eine  einzelne  Gemeinde  oder  einen  einzelnen 
Haushalt,  jene  Frage  in's  Auge  zu  fassen. 


^)  So  in  Petr.  Pap.  (II)  IV  2,  wo  die  uaiSapta  oiüfiaxa  Sklaven  sein 
könnten,  aber  auch  freie  Knaben.  Sü)|JLaxa  bezeichnet  durchaus  auch  freie 
Personen.    Vgl.  z.  B.  oben  S.  436. 


WIRTSCHAFTSGESCHICHTLICHE  BEOBACHTUNGEN. 


683 


Nach  dieser  Richtung  scheint  mir  die  Charta  Borgiana,  über 
deren  Bedeutung  wir  oben  S.  339  ff.  gehandelt  haben,  von  Interesse 
zu  sein.  Sie  bietet  uns,  wie  wir  sahen,  die  Kamen  der  Bewohner 
des  faijümischen  Dorfes  Ptolema'is  Hormos,  die  im  Anfang  des  Jahres 
192  n.  Chr.  zur  Liturgie  des  Fünftagewerkes"  an  Dämmen  und 
Kanälen  abcommandirt  waren.  Diese  amtliche  Liste,  die  uns  einige 
Hunderte  von  Bewohnern  des  Dorfes  kennen  lehrt,  scheidet  gewissen- 
haft die  Sklaven  von  den  Freien,  erstere  unter  Jsennung  ihrer  Herren. 
Wenn  wir  nun  alle  lückenhaften  Zeilen,  in  denen  es  nicht  ganz 
klar  ist,  ob  Freie  oder  Sklaven  gemeint  sind,  bei  Seite  lassen,  so 
ergiebt  sich  folgendes  Resultat:  vom  10.  bis  14.  Mechir  arbeiteten 
146  Freie  und  9  Sklaven,  vom  11.  bis  15.  65  Freie  und  4  Sklaven, 
vom  2.  bis  6.  Phamenoth  90  Freie  und  2  Sklaven.  Das  macht  im 
Ganzen  201  Freie  und  15  Sklaven.  Da  alle  Dorfbewohner,  Freie 
wie  Unfreie,  zu  dieser  Liturgie  in  gleicher  Weise  herangezogen  wurden 
und  absolut  nicht  einzusehen  ist,  weshalb  gerade  in  diesen  Tagen 
die  Sklaven  besonders  geschont  sein  sollten,  so  ist  es  ^^elleicht  nicht 
zu  kühn,  aus  dem  hier  hervortretenden  Verhältnis  —  die  Sklaven 
machen  etwas  über  7  Procent  aus  —  auf  die  Mischung  der  Bewohner- 
schaft von  Ptolema'is  Hormos  Rückschlüsse  zu  ziehen. 

"Wie  steht  es  ferner  mit  den  Haushaltungen,  in  die  uns  die 
Subjectsdeklarationen  einen  Einblick  gewähren?  Lassen  wir  auch 
hier  wieder  alle  Urkunden  bei  Seite,  die  unvollständig  sind  und 
zu  Zweifeln  Anlass  geben,  so  ergiebt  sich  folgendes  Resultat:  Haus- 
haltungen mit  Sklaven  in  BGU  95,  115  H,  128  1,  137,  447,  706; 
Haushaltungen  ohne  Sklaven  in  BGU  54,  55,  90  (in  mehreren 
Exemplaren),  97,  1151,  116,  117,  118  H,  154,  302,  524,  577. 
Ich  bemerke,  dass  die  Deklaranten,  die  meist  aus  Arsinoe,  z.  T.  aus 
Dörfern  des  Arsinoiti sehen  Gaues  stammen,  sämmtlich  dem  Mittel- 
stande angehören,  Hausbesitzer  sind  und  meist  irgend  ein  Gewerbe 
treiben.  Von  diesen  Haushaltungen  wirtschaften  also  6  mit  Sklaven, 
12  ohne  Sklaven.  Und  wie  stark  ist  die  Sklavenschaft  in  jenen 
Häusern?  In  95  hat  die  Tochter  1  Sklavin,  in  115  II  hat  ein 
xaxocxos  1  Sklaven,  ebenso  der  lo'MVi]q  in  137  (xöv  5oöX6v  p.ou), 
in  447  begegnet  1  Sklavin  mit  mehreren  Nachkommen,  in  706  hat 
der  Hausherr  1  Sklavin,  desgleichen  seine  Mutter,  in  1 28  I  dagegen 
scheinen  mehrere  Sklaven  zu  sein.  Letzteres  ist  vielleicht  ein  grie- 
chischer Haushalt,  vgl.  Z.  3:  To'jp]ßa)va  "EXXyjva;  aber  der  Text 


684 


VII.  KAPITEL. 


ist  ZU  fragmentarisch,  um  Genaueres  zu  sagen.  Das  ist  alles,  was 
sich  in  diesen  18  Haushaltungen  des  Mittelstandes  von  Sklaven 
findet!  Wollte  man  die  Zahl  dieser  Sklaven  auch  nur  der  Zahl  der 
Erwachsenen  in  diesen  Haushaltungen  gegenüberstellen,  so  würde 
sich  ein  noch  viel  kleinerer  Procentsatz  für  die  Sklaven  als  in  jener 
Rechnung  über  Ptolema'is  Hormos  ergeben.  Natürlich  hatten  die 
reicheren  Häuser  entsprechend  grössere  Sklavenbestände  aufzuweisen, 
aber  gerade  dieser  Mittelstand,  wie  er  uns  in  diesen  Deklarationen 
entgegentritt,  macht  das  Gros  der  aegyptischen  Bevölkerung  aus. 

Doch  verlassen  wir  diese  statistischen  Beobachtungen,  die  zwar 
für  einzelne  Fälle  wertvolle  Aufschlüsse  geben,  deren  Verallgemeine- 
rung aber  doch  grosse  Bedenken  entgegenstehen.  Wir  werden  unserem 
Problem  näher  kommen,  wenn  wir  fragen,  welchen  Zwecken  die  hier 
urkundlich  nachgewiesenen  Sklaven  gedient  haben.  Zu  einem  domi- 
nirenden  Factor  im  wirtschaftlichen  Leben  wird  die  Sklaverei  nur, 
w'enn  sie  die  Landwirtschaft  und  die  Industrie  oder  doch  eine  von 
beiden  beherrscht;  dagegen  ist  die  Haussklaverei  selbst  dann,  wenn 
sie  verhältnismässig  stark  hervortritt,  an  sich  nicht  von  durch- 
schlagender Bedeutung.  Wie  stellen  sich  unsere  Urkunden  zu  diesen 
Fragen  ? 

In  den  oben  zusammengestellten  Belegen  ist  nur  in  vereinzelten 
Fällen  angegeben,  in  welcher  Weise  die  Sklaven  verwendet  worden 
sind.  Prüft  man  die  obigen  Belegstellen  im  Zusammenhang  mit 
ihrer  ganzen  Umgebung,  so  wird  man  den  Eindruck  gewinnen,  dass 
mit  wenigen  Ausnahmen,  auf  die  ich  sogleich  zu  sprechen  komme, 
die  angeführten  Sklaven  meist  als  Haussklaven  zu  betrachten  sind, 
die  zur  persönlichen  Bedienung  der  Familie  da  waren,  wie  bei  uns 
die  Dienstboten.  So  war  die  Sklavin,  die  die  Tochter  in  BGU  95 
besitzt,  gewiss  ihre  Dienerin,  sowie  der  Kelte  Argutis,  den  der  römi- 
sche Officier  in  Askalon  kaufte  und  in  die  aegyptische  Garnison 
mitbrachte,  sein  persönlicher  Diener  gewesen  sein  wird  (BGU  316). 
Dasselbe  gilt  von  dem  Sklaven  MiXaq,  wohl  einem  Schwarzen,  der 
frir  seine  kranke  Herrin  eine  Beschwerde  überreicht  (BGU  467). 
Auch  die  Sklaven,  die  als  6  5cd  Xöywv,  d.  h.  wohl  als  Rechnungs- 
führer, bezeichnet  werden,  gehören  zu  den  Haussklaven  (BGU 493, 495). 

Aufgefallen  ist  mir,  dass  die  Sklavinnen  im  Allgemeinen 
grösseres  Ansehen  zu  gemessen  scheinen  als  die  Sklaven.  Während 
bei  amtlichen  und  privaten  Aufzählungen  von  Freien  sonst  regel- 


WIRTSCHAFTSGESCHICHTLICHE  BEOBACHTUNGEN.  685 


mässig  die  Männer  den  Frauen,  die  Knaben  den  Mädchen  voran- 
gehen (vgl.  oben  S.  479),  begegnet  es  mehrfach,  dass  bei  Aufzählung 
von  Sklaven  und  Sklavenkindern  erst  die  weiblichen,  dann  die 
männlichen  genannt  werden.  So  «ählt  der  Kyrenäer  Philon  in  seinem 
Testament  Petr.  Pap.  (II)  S.  23  ausdrücklich  erst  die  [SoüXixd 
awfjiJaTa  -ö-Y^Xuxa,  dann  die  Ipaevcxa  (dorisch  für  äpaevtxa)^)  auf. 
Dieser  Urkunde  aus  dem  III.  Jahrh.  v.  Chr.  stellt  sich  BGU  447 
vom  Jahre  175  n.  Chr.  an  die  Seite,  wo  bei  Aufzählung  der  Sklaven- 
kinder Z.  24  ff.  erst  die  Mädchen,  dann  die  Knaben  genannt  werden. 
Dass  diese  Aufzählung  vielleicht  der  Altersfolge  entspricht,  nimmt 
dem  Vorgang  nicht  seine  Besonderheit,  denn  gerade  in  diesen  dcr.o- 
yp(X(^(x.i  werden  bei  Freien  ohne  Rücksicht  auf  das  Alter  erst  die 
Kjiaben,  dann  die  Mädchen  genannt.  Auch  noch  in  einer  Frei- 
lassungsurkunde vom  Jahre  354  n.  Chr.  (Young,  Hierogl.  46)-)  sagt 
die  Freilasserin  in  Bezug  auf  ihre  Sklaven:  £lt£  iizl  ^-rileioic,  T£XVo:^ 
el'ie  STzl  exkpoiq  hiyoyoiq  (Z.  13).  Diese  Uebereinstimmung  kann 
nicht  auf  einem  Zufall  beruhen.  Ich  möchte  die  Erklärung  für  dies 
merkwürdige  Phänomen  darin  finden,  dass  die  Sklavinnen  als 
Concubinen  des  Hausherrn  eine  hervorragende  Stellung 
im  Hauswesen  eingenommen  haben. 

Letztere  Thatsache  tritt  in  den  obigen  Urkunden  mehrfach 
hervor.  In  Petr.  Pap.  (I)  XV  bestimmt  ein  griechischer  Officier 
(Jahr  237  v.  Chr.),  der  Frau  und  Kinder  hat,  in  seinem  Testament 
einer  Sklavin  und  ihrem  Sohn,  den  sie  ihm  geboren  hat,  für  seinen 
Todesfall  die  Freiheit,  falls  sie  bei  Lebzeiten  treu  bei  ihm  bleiben. 
Ich  lese  daselbst  nach  dem  Original  Z.  17  ff.:  MeXatvtSa  Bs  [xal 
TÖv  ULÖv  a]i)xyj^  xov  iE,  Iptou  Yeyevyjixevov  ouaav(?)  £?[a:]p£[TOV^) 
d^ty^jit  IXjsu'ö'lpoi)^*) ,  £a[Ji  \ioi  7rapa[X£tv[a)aLv] ,  £ü)g  av  lyw  (^öt. 


Vgl.  Witkowski,  Prodromus  grammat.  pap.  graec.  aet.  Lagid.  Krakau 
1897  S.  3.  Ulm  stimmt  bei  Edwin  Mayser,  Grammatik  d.  griech.  Pap.  (Progr. 
des  Heilbronner  Gymn.  1898)  S.  IX  8. 

2)  Hier  findet  sieh  übrigens  in  den  Worten  utiö  F^v  otal  Oupavöv  (Z.  7) 
eine  Parallele  zu  der  Formel  ötiö  Ata  Ftjv  "HXtov  der  Freilassungsurkunden 
P.  Oxyr.  I  48,  49,  die  von  Wilamowitz  (Gött.  GA.  1898  S.  682)  erkannt  worden  ist. 

3)  Vgl.  P.  Oxyr.  I  73,  26:  e[gla{p£TOV  SoüXy]v.  Das  lässt  auf  verschiedene 
Abstufungen  unter  den  Sklavinnen  schliessen. 

*)  Auch  hier  gilt  der  Satz:  ex  ancilla  et  libero  iure  gentium  servus  nas- 
citur  (Gaius,  Inst.  I  82). 


686 


YII.  KAPITEL. 


Während  hier  ausdrücklich  gesagt  ist,  dass  das  Sklavenkind  vom 
Hausherrn  gezeugt  ist,  ist  es  im  Testament  des  Lykiers  Peisias 
Petr.  P.  (II)  S.  22,  9  zwischen  den  Zeilen  zu  lesen:  TcaiStaxyjv  'Aßc- 
GiXäv  xal  TauTYj^  -O-uyaTlpa  Etpi^vYjv  Supa?.^)  Auch  die  andere 
syrische  Sklavin,  die  er  seiner  Frau  hinterlässt,  mag  seine  Concu- 
bine  gewesen  sein.  Dasselbe  vermutet  man  in  dem  folgenden 
Soldatentestament  S.  23  bei  den  beiden  vorangestellten  Sklavinnen 
IlapO-evcov  und  MupaLVY].  Für  die  hohe  Stellung  der  Sklavin  im 
Hause  spricht  P.  Grenf.  (I)  43  (II.  Jahrh.  v.  Chr.),  wo  in  der  üblichen 
Begrüssungsformel  auch  das  Wohlergehen  der  Sklavin  und  ihrer 
Tochter  neben  dem  der  Frau  vom  Hausherrn  erwähnt  wird:  £ppw- 
[Lzd'oc  he  xod  auxol  xal  'A^poSiaia  xod  O-uyair/p  xod  r}  Tzixihiay.r] 
xal  Tj  -ö'uyaxyjp  txuzfiQ.  Auch  die  beiden  Sklavinnen  Marcella  und 
Cleopatra,  die  der  durch  sein  Testament  berühmt  gewordene 
Veteran  Longinus  Castor  im  Jahre  189  n.  Chr.  zu  Erben  ein- 
setzt, sind  ohne  Zweifel,  zumal  er  Junggeselle  ist,  als  seine 
Concubinen  aufzufassen,  und  die  ohne  weitere  Bestimmung  auf- 
geführten Personen  Sarapion,  Sokrates,  Longus  und  Neilos,  die 
nach  dem  Tode  der  beiden  Frauen  in  das  Erbe  eintreten  sollen, 
sind  offenbar  ihre  Kinder,  die  sie  ihm  geboren  haben.  Vielleicht 
tritt  auch  darin  wieder  die  Bevorzugung  der  Sklavinnen  hervor, 
dass  das  einzige  Mädchen,  das  ihm  geboren  ist,  in  dem  Testament 
schon  für  seinen  Todesfall  mit  einem  bedeutenden  Legat  resp.  Erb- 
teil bedacht  wird. 

Dass  nicht  nur  in  Soldatenkreisen,  worauf  die  bisherigen  Bei- 
spiele führen  könnten,  sondern  auch  in  anderen  Schichten  dieselben 
Sitten  bestanden,  zeigt  z.  B.  BGU  447,  eine  Subjectsdeklaration  vom 
Jahre  175.  Die  Sklavin  Ko7rp[La]  (Z.  24),  die  mit  mehreren  Kindern 
aufgeführt  wird  (eyyova  auTYj(;),  ist  offenbar  die  Concubine  des  im 
übrigen  verheirateten  Hausherrn  Ptollas.  Wenn  die  20  jährige  Tochter 
dieser  Sklavin  wiederum  mit  zwei  unmündigen  Kindern  aufgeführt 
"wird  (Z.  26),  so  entschliesst  man  sich  nach  unseren  Anschauungen 
nur  ungern  zu  der  Annahme,  dass  der  Hausherr  auch  diese  gezeugt 
habe.  Da  aber  die  Sklavenkinder  nicht  als  Kinder  des  Hausherrn, 
sondern  nur  als  eyyova  der  betreffenden  Sklavin  galten,  so  wird 
jene  Annahme  doch  das  richtige  treffen.    An  anderen  Stellen  werden 


')  Hier  sind  übrigens  zwei  syrische  Sklaven  vorher  genannt. 


WIRTSCHAFTSGESCHICHTLICHE  BEOBACHTUNGEN. 


687 


die  vom  Hausherrn^)  mit  der  Sklavin  gezeugten  Kinder  als  o:xoY£VYj 
SoüXLxa  acoptaxa  bezeichnet,  so  in  BGU  193  und  P.  Oxyr.  I  48.  In 
BGU  297  wird  fiir  ein  solches  SouXixov  lyY^vov  ^rjXuxGV  eine 
Amme  in's  Haus  genommen. 

Fassen  vdr  das  Gesagte  zusammen,  so  ergiebt  sich,  dass  die 
meisten  der  in  den  Urkunden  genannten  Sklaven  als  Haussklaven 
aufzufassen  sind,  die  zur  Erleichterung  der  Wirtschaft  und  zur 
persönlichen  Bedienung  in  geringer  Zahl  gehalten  wurden,  dass  aber 
die  SklaAannen  unter  ihnen,  abgesehen  davon,  dass  sie  sich  natürlich 
auch  in  der  Wirtschaft  nützlich  machten^),  als  Concubinen  des 
Hausherrn  eine  hervorragende  Stellung  einnahmen. 

Es  soll  natürlich  nicht  geleugnet  werden,  dass  es  auch  Haus- 
haltungen gegeben  hat,  die  über  grössere  Sklavenbestände  verfiigten, 
und  das  wird  namentlich  von  den  griechischen  und  römischen  Fa- 
milien gelten,  die  sich  im  Nilthal  niederliessen.  So  spricht  es  für 
eine  luxuriösere  Haushaltung,  wenn  man  sich  eine  eigene  ayopaazT], 
eine  Einkäuferin*)  halten  konnte,  wie  sie  in  P.  Oxyr.  I  95  (J.  129) 
begegnet.  Bezeichnend  ist,  dass  diese  Sklavin,  die  früher  einem 
alexandrinischen  Vollbürger  gehört  hatte,  von  einem  Griechen  einem 
Römer  verkauft  wird. 

Wie  steht  es  nun  mit  der  Bedeutung  der  Sklaven  im  Hand- 
werk und  der  Industrie?  Unter  den  oben  angeführten  Fällen  sind 
einige  wenige  Beispiele  von  gewerblichen  Sklaven. 

1.  In  P.  Grenf  (II)  59  (J.  189  n.  Chr.)  vermietet  eine  Frau 
ihren  Sklaven  (T^aT^),  der  die  Weberei  gelernt  hat^),  auf  20  Monate. 
Der  Contract  ist  unvollständig.  Dass  in  Griechenland  und  Rom  die 
Sklavenvermietung  verbreitet  war,  ist  bekannt. 

2.  In  BGU  617  (J.  216  n.  Chr.)  wird  der  TaXdq  aouXyj  'Ept- 
euTO?  yspStatva  über  Gewerbesteuer  u.  a.  quittirt.    Da  sie  und  nicht 

Nichts  spricht  dafür,  dass  diese  Kinder  etwa  von  einer  Sklavin  und 
einem  Sklaven  im  Hause  gezeugt  wären.  Solche  Sklavenehen  kamen  wohl  nur 
vor,  wo  grosse  Sklavenmassen  vorhanden  waren.  In  den  obigen  Haushaltungen 
sind  meist  neben  der  Sklavin  gar  keine  Sklaven  erwähnt. 

^)  Ebenso  in  P.  Oxyr.  I  37,  38,  denn  der  Findling  „vom  Misthaufen" 
wird  offenbar  Sklave, 

^)  Gelegentlich  verdiente  der  Hausherr  auch  Geld  durch  sie,  indem  er  sie 
als  Amme  in  ein  anderes  Haus  vermietete.   Vgl.  P.  Oxyr.  I  91. 

^)  Vgl.  z.  B.  Xenoph.  Memorab.  I  5,  2.    Athenae.  IV  171a. 

^)  Z.  10  ist  etwa  zu  vervollständigen:  «(eTt'.ota^isvov  xy;v)  YspS'.axrjv  zi'/yr^\. 


688 


Vn.  KAPITEL. 


ihr  Herr  die  Steuer  zahlt,  so  wird  sie  mit  seiner  Erlaubnis  selbst- 
ständig die  Weberei  ausgeübt  haben,  wie  das  gleichfalls  in  Griechen- 
land und  Rom  vorkam. 

3.  Ebenso  wird  in  unserem  Ostr.  235  einem  Aioqxopoq  hobXoq 
Ac8i)[ictovoG  über  Zahlung  der  Abgabe  bizkp  {xsptapLÖv  quittirt.  Auch 
dieser  mag  irgend  eine  selbständige  Thätigkeit  gehabt  haben.  Vgl. 
auch  1400. 

4.  In  P.  Leipz.  11  (Wessely,  Ber.  Sächs.  Ges.  1885  S.  252) 
begegnet  ein  •/^ocXy.ebc,  'AvxLa^Csvouö  ocXisbq  —  hoijX{oq) 
'AvTca^£Vo(i);)  hioo(,ay.ak(o\j).  Schon  Wessely  hat  dies  richtig  dahin 
gedeutet,  dass  in  beiden  Fällen  Sklaven  gemeint  sind,  die  als  Kupfer- 
schmied resp.  Fischer  ein  selbständiges  Gewerbe  trieben.  Es  ist  be- 
merkenswert, dass  ihr  Herr  Antisthenes,  der  als  „Lehrer"  bezeichnet 
wird,  offenbar  ein  Grieche  ist. 

Dies  wären,  soweit  ich  gesehen  habe,  die  einzigen  Fälle  in 
unseren  Urkunden,  in  denen  Sklaven  sich  am  gewerblichen  Leben 
beteiligen.  Die  Urkunden  warnen  uns  aber  auf  das  eindringlichste 
davor,  dies  etwa  in  weitem  Umfang  zu  verallgemeinern  und  den 
Sklaven  irgend  welche  hervorragende  Bedeutung  im  Handwerk  oder 
Gewerbe  beizumessen,  denn  sie  zeigen  uns  auf  das  unzweideutigste, 
dass  das  Handwerk,  wie  die  sonstigen  Berufsarten,  durchaus  von  der 
freien  Bevölkerung  beherrscht  wurde.  Vor  bald  30  Jahren  hat 
Lurabroso  in  seinen  Recherches  S.  104  die  Gewerbe  zusammengestellt, 
die  ihm  damals  aus  dem  hellenistischen  Aegypten  bekannt  waren. 
Inzwischen  hat  das  Material  sich  gewaltig  vermehrt,  und  so  ist  es 
vielleicht  nicht  ohne  Interesse,  eine  neue  Liste  aufzustellen.  Es 
schien  mir  genügend,  für  jedes  Gewerbe  nur  einige  Belege  zu  bringen, 
auch  wo  es  viele  giebt.  In  den  Indices  der  Publicationen  wird  man 
Genaueres  finden.  Ich  habe  die  Berufsarten  im  weitesten  Sinne  ge- 
fasst  und  habe  nur  diejenigen  ausgeschlossen,  die  amtlichen  Cha- 
rakter haben. 

'AXieuq,  der  Fischer:  P.  Par.  5,  41,  10  (IL  v.  Chr.),  Grenf.  (I)  60. 

Oxyr.  141  (röm.) 
^AXotiwXy]^,  der  Salzverkäufer.  Eine  ^AXoTTwXtwv-Strasse  in  Arsinoe: 

BGU  9  (III.  n.  Chr.). 
'A[Ji7i£XoupY6s,  der  Winzer:  P.  Lond.  S.  182  (I.  n.  Chr.).  BGU 

308,  319,  508. 
'AoiSo?,  der  Sänger:  Lepsius  Denkm.  VI  n.  30. 


WIRTSCHAFTSGESCHICHTLICHE  BEOBACHTUNGEN. 


689 


Ap^upoTzpoLVfiq,  der  Wechsler,  Bankier  (vgl.  Du  Gange):  P.  Oxyr. 

127,  144  (VI.  n.  Chr.). 
'ApTOXOTio? ,  der  Brotbäcker:  P.  Lond.  S.  34  (II.  v.  Chr.)  und  oft. 
'ApTOTipaTYjC,  der  Brothändler:  BGU  304,  317  (byz.). 
'Apx'-T^^PT^^j  der  Oberfeldarbeiter:  Ostr.  1308.    BGÜ  14  III  27 

(III.  n.  Chr.). 
'ApxttaTpo?,  der  Oberarzt:  P.  Oxyr.  126,  23  (byz.). 
'ApxtxußepvT^TT^^,  der  Obersteuerraann :  P.  Grenf.  (II)  80,  81,  82 

(V.  n.  Chr.). 

'ApxtxexTWV,  der  Oberbaumeister:  Petr.  Pap.  passim  (III.  v.  Chr.). 
'ApxoVYjXaxT]?,  der  Obereseltreiber:  P.  Lond.  S.  179,  180,  182  (I.  n. 

Chr.).    Oben  S.  272. 
'AatXXo^opo^,  der  Lastenträger:  P.  Lond.  S.  34  (II.  v.  Chr.). 
'AaTpoXoyoc,  der  Sternkundige:  Pap.  Berl.  P.  1410  (IL  n.  Chr.). 
AuXy^TYjg,  der  Flötenspieler,  resp.  ocbXr^Tfiq,  der  Meier:  P.  Par.  5,  26,  6 

(II.  V.  Chr.).    Chart.  Borg.  VII  15.  19  (II.  n.  Chr.). 
ßaXaveu?,  der  Bademeister:  P.  Sakkakini  (III.  v.  Chr.).  Ostr.  1368, 

1370,  1263  (L  n.  Chr.). 
BaXavsuTT^?,  der  Bademeister:  Ostr.  527  (II.  n.  Chr.). 
Ba^eus,  der  Färber:  Ostr.  1516  (II.  v.  Chr.).  BGU  9  II  7.  676  und 

oft.   Oben  S.  170  f. 
BouxoXog,  der  Kinderhirt:  Petr.  P.  (II)  XXXVII  (III.  v.  Chr.). 

und  oft. 

BupaoSeti^y^^,  der  Gerber:  Petr.  P.  (II)  XXXII  (1)  (IH.  v.  Chr.). 
Oben  S.  294  A. 

FaXazTO^opog,  der  Milchträger:  P.  Lond.  S.  46,  22  (II.  v.  Chr.). 
Feoöxo?,  der  Feldeigentümer,  Grundbesitzer:  BGU  283  (II.  n.  Chr.) 
und  oft. 

Tiphioq,  der  Weber:  BGU  6.    115  I  (IL  n.  Chr.)  und  oft.  Oben 
S.  172. 

retofjieTprj;,  der  Feldmesser:  Petr.  P.  (II)  1  (III.  v.  Chr.).  Leid.  P  11. 
Ostr.  1188. 

rewpyo^,  der  Feldarbeiter,  resp.  Pächter:  passim. 
rva^a^J.oXoyo^,    der   die  Wollenflocken   sammelt:    oben  S.  224 
(II.  V.  Chr.). 

rpa|jL[AaT£u?,  der  Schreiber:  BGU  117,8,10  und  sonst  oft. 
rpa[i|iaxYj96po;,  der  Briefträger:  P.  Oxyr.  I  156  (VI.  n.  Chr.). 
rpacpeu^,  der  Maler  oder  Schreiber:  Chart.  Borg.  VII  26  (II.  n.  Chr.). 

WiLCKEN,  Ostraka.  44 


690 


Vn.  KAPITEL. 


A:axü)v,  der  Verwalter:  Chart.  Borg.  IV  15.  VII  16—18.  IX  23 
(II.  n.  Chr.). 

A:6aaxaXo?,  der  Lehrer:  P.  Leipz.  11.    Ostr.  1188  (röm.). 

Apofxsug,  der  Läufer:  BGU  141,  362  (röm.). 

^EXoLiOTZpdzrjq,  der  Oelhändler:  P.  Lond.  S.  221  (byz.). 

'EXatOTitoX-/]?,  der  Oelhändler:  P.  Oxyr.  I  S.  47. 

'EXaLOupyo?,  der  Oelarbeiter:  P.  Lond.  S.  170  (L  n.  Chr.).   BGU  7. 

Oxyr.  I  43  Verso  und  oft. 
'EXaioxpiozriq,  der  mit  Oel  salbt:  BGU  576  (II/III.  n.  Chr.). 
"EfXTcopo^,  der  Grosshändler:  Kev.  Pap.  52,  25;  77,  7  und  oft  (III.  v. 

Chr.).    P.  Oxyr.  I  36  (röm.). 
'ETiLOToXo^opo^,  der  Briefträger:  P.  Petersburg  1. 
'EpyaxY]?,  der  Arbeiter:  Petr.  Pap.  (II)  XXIII  (a)  (III.  v.  Chr.). 

BGU  14,  11.5,  116,  146  und  oft. 
'EpyoScwxTYj^,  der  Arbeitervogt:  Petr.  P.  (II)  IV  (1)  (III.  v.  Chr.). 
'EpsTYjg,  der  Ruderer:  P.  Grenf.  (II)  80 ff.  (V.  n.  Chr.). 
Zz\jyrj'kdzy]c,  laupixo?,  der  Stiergespanntreiber:   BGU  624  (III/IV. 

n.  Chr.). 

Zud'OTZOiXriq,  der  Bierverkäufer:  P.  Oxyr.  I  85  (IV.  n.  Chr.). 
Zu-Ö-OTiwXc?,  die  Bierverkäuferin:  BGU  38,  18  (1.  n.  Chr.). 
ZuTonoioc,,   der  Bierbrauer:  P.  Grenf  (II)  39  (I.  v.  Chr.).  Oben 
S.  369  ff 

ZwyXu^o^,  der  Bildhauer:  P.  Lond.  S.  46,  15  (II.  v.  Chr.). 
Zwypacpo?,  der  Maler:  BGU  652  (III  n.Chr.),  34,  371.  Oben 
S.  373. 

'HvLOXo?,  der  Fuhrmann:  Petr.  P.  (II)  XXV  (III.  v.  Chr.). 
'Htttjt'I^^,  der  Flickschneider:  oben  S.  220. 
BpuoTitoXyj?,  der  Binsenverkäufer:  P.  Lond.  193  (IV.  n.  Chr.). 
Supiüpoq,  der  Thürhüter:  P.  Oxyr.  I  137,  141,  148.  Grenf.  (II)  91 
(byz.). 

'laTpoxauaxY]?,  der  Spezialarzt  für  Brennen:  P.  Lond.  S.  48  (II.  v. 
Chr.). 

^lazpOQ,  der  Arzt:  passim.    S.  oben  S.  375. 

'lepoyXuqpo?,  der  Hieroglyphen -Steinmetz:  P.  Leid.  U  4,  2.  CIGr.  III 
4716  di9. 

l£poc|;aXTY]?,  der  Tempelsänger:  BGU  630  IV  26  (II/III.  n.  Chr.). 
T{xaTC07itoX7]^,  der  Kleiderhändler:  P.  Lond.  S.  34  (II.  v.  Chr.)  und 
öfter.    Vgl.  die  'Ayopa  'Ifiaxtwv  in  Arsinoe  (BGU  415,  27). 


WIRTSCHAFTSGESCHICHTLICHE  BEOBACHTUNGEN. 


691 


[7|ji,aTC0?]7iXuTY]g,  der  [Kleider] wäscher :  BGU  118  (röm.). 
'iTiTtOlaxpos,  der  Eossarzt:  P.  Oxyr.  92  (IV.  n.  Chr.). 
l7t7ro7.6{Jiog,  der  Pferdewärter:  Petr.  P.  (II)  XXV  (IIL  v.  Chr.). 
'iTiTiOTpo^oc,  der  Pferdezüchter:  BGU  151  (röm,). 
'IaTap)(r^g  (yspScog),  ca'wvapy^yjc,  der  Webstuhlmeister,  Vorsteher  der 

Weberwerkstatt:  Ostr.  1155,  1154,  1156  (röm.). 
'IX^uoTipa-crjc,  der  Fischhändler:  P.  Lond.  S.  211  (VI.  n.  Chr.). 
'IX^uoTiwXrjG,  der  Fischhändler:  BGU  330,  344  (II.  n.  Chr.). 
Ka^aipsTT^g:  BGU  14  V  12. 

KaO-apoopyG^,  der  Feinbrotbäcker :  oben  S.  331  (1.  n.  Chr.). 
KaU'JVT)^?:  P.  Par.  36,5  (IL  v.  Chr.). 

KafxyjXaxr^g  (für  xaixyjXyjXaxYj^),  der  Kameeltreiber:  BGU  14  VI  12 
(III.  n.  Chr.). 

Ka[ir^XLTr^c,  der  Kameelwärter :  BGU  34,  544  (Il.n.Chr.).  Oxp-.1 113. 
Ka[XY]Xoxp6cpog,  der  Kameelzüchter:  BGU  607  (IL  n.  Chr.). 
Ka[JiLV£UT'igc,  der  Feuer-  oder  Ofenarbeiter:  Pap.Berl.unedirt  (III.  v.Chr.). 
KoLTzqloc.  der  Kleinhändler,  Krämer:  Kev.  Pap.  47,  11;  48,  3,  7 

(III.  V.  Chr.)  und  öfter. 
KocGGOTZOiGQ,  der  RubberstofF- Arbeiter:  oben  S.  224. 
KaTaßoX(£uö:  ^G^U  630  (Il/in.  n.  Chr.). 
KaiaycDYSu?,  der  Viehtreiber:  BGU  92  (IL  n.  Chr.). 
KepafJtsu?,  der  Töpfer:  passim. 

K£pa{Ji07üXaaTY]5  (Y£pa[Jia'j7:Xaa'nr]g),  der  Töpfer:  BGU  668  (byz.). 
K'Qnoupoq,  der  Gärtner:  P.  Lond.  S.  175 ff.  (L  n.  Chr.).  BGU  115  L 
KiO-apiaTY]?,  der  Citherspieler:  BGU  377  (byz.  arab.). 
Kl7.loi)py6?,  der  Klkiöl- Arbeiter:  P.  Par.  11  (II.  v.  Chr.). 
Kvacp£u^  (oder  yvacpEu^,  der  Tuchwalker:  oben  S.  226.  BGU  315. 
Ko^fX'^zr,^'.  P-  G^i'enf.  (II)  87  (VIL  n.  Chr.). 
Koviax^?,  der  Kalkanstreicher:  Ostr.  1485  (III/IV.  n.  Chr.). 
Ko7r£u?,  der  die  Früchte  zerschneidet  (in  der  Oelfabrik):  Rev.  Pap. 

45,  5  (III.  V.  Chr.). 
Kopaötq,  der  Barbier:  BGU  9  (III.  n.  Chr.).    Oben  S.  325. 
Ko'jp£6g,  der  Barbier:  P.  Berl.  uned.  (III.  v.  Chr.).    Oben  S.  227. 
Koi)90X£pa|ioupYÖ^,  der  Kufenmacher:  BGU  368.   P.  2923  (röm.). 
KpofißuoTTwXyji;,  der  Zwiebelhändler:  P.  Par.  5,  20,  8  (für  KpovSuoTTü)) 

(II.  V.  Chr.). 

KpuTOTiwXrj^  (oder  ^puzoiKjiXriq),  der  Trödler:  BGU  9  (III.  n.  Chr.). 
Oben  S.  381. 

44* 


692 


VII.  KAPITEL. 


KTYjvoTpo^oc,  der  Viehzüchter:  BGU  14,  46,  638  (röm.). 
Kußepv^TY]?   (oder  YußspvyjxY]?) ,   der  Steuermann:   P.  Par.  5,  36 

(II.  V.  Chr.)  und  oft. 
Aax6{Jio^,  der  Steinbruch -Arbeiter:  Petr.  Pap.  II  pass.  (eXeuO-spoc  X.) 

(III.  V.  Chr.).   P.  Oxyr.  I  134  (VI.  n.  Chr.). 
Aoc^ocyzuxriq,  der  Gemüsegärtner:  P.  Oxyr.  I  43  Verso  III  12  (tiuXy]  X.) 

(röm.). 

Aa^avoTTpccTY/^,  der  Gemüsehändler:  P.  Lond.  S.  213  (VI.  n.  Chr.). 
Aa)(avo7ia)Xyj^,  der  Gemüsehändler:  Chart.  Borg.  II  21,  VI  18  und 

oft  (II.  n.  Chr.). 
Aid'OupYoq,  der  Steinarbeiter:  Petr.  P.  XIII  6  (III.  v.  Chr.). 
Aid'O^opoq,  der  Steinträger:  Pap.  Berl.  P.  8894  (byz.). 
AtvoTiwXT]?,  der  Linnenhändler:  Ostr.  45  (I.  n.  Chr.).  Leipz.  11  (nicht 

Xivoupyog). 

Alvoü^o;  oder  X^vucpog,   der  Leinweber:   Ostr.  23  (oben  S.  322) 
und  oft. 

Mayeipo?,  der  Koch:  Eev.  Pap.  50,  14  (III  v.  Chr.).   BGU  6,  151. 

Oxyr.  I  108,  118. 
MsXiaao'jpyo^,  der  Imker,  der  Honigbereiter:  P.Par.5,  22,5.  P.Leid. 

P  19  (IL  V.  Chr.).  BGU  690.  Oxyr.  I  85. 
MexaßoXo?,  der  Krämer:  Rev.  Pap.  47,  12;  48,  3,  7  (IIL  v.  Chr.). 
My])(avapco?,  der  Maschinenarbeiter:  P.  Lond.  S.  171  ff.  (I.  n.  Chr.). 

BGU  213,  325  (röm.). 
MoXußaoupyo?,  der  Bleiarbeiter:  Ostr.  1188,  1485.    Oxyr.  I  135. 
Muo^yjpaT%,  der  Mäusefänger:  P.  Lond.  S.  193  (IV.  n.  Chr.). 
M'jpoTiwXrj?,  der  Salbenhändler:  BGU  9  (III.  n.  Chr.). 
NauxXyjpo?,  der  Schiffsherr:  Petr.  P.  (II)  XXVII  (2)  (IH.  v.  Chr.) 

und  oft. 

NauXo56xo{;,  der  Fährmann:  Ostr.  1477  (IL  n.  Chr.). 
Na'JTirjYO?,  der  Schiffsbauer:  Petr.  P.  (II)  XX  (IIL  v.  Chr.).  Oben 
S.  263. 

NauTT]?,  der  Schiffer:  BGU  255  (VI.  n.  Chr.).  Oxyr.  I  86  und  oft. 
NexpoTaqjo?,  der  Leichenbestatter:  BGU  34.   Grenf.  (II)  68 ff.  oft 
(röm.). 

Noptixo?,  der  Rechtsgelehrte,  der  Anwalt:  BGU  388  und  öfter. 
EupTjTYj?,  der  Scheerer:  BGU  630  V  10  (röm.). 
'OSyjyo?,  der  Karawanenführer:  CIGr.  III  4716  d  12. 
'OO-ovlotiwXy]?,  Verkäufer  feiner  Stoffe:  P.  Leid.  K  13  (IL  v.  Chr.). 


-«TIRTSCHAFTSGESCHICHTLICHE  BEOBACHTUNGEN. 


693 


Olxo56|jlo?,  der  ZimmermanD :  Petr.  P.  (II)  XIII  (14)  (III.  v.  Chr.) 
und  öfter. 

OEvIptTTOpo? ,  der  Weingrosshändler:  P.  Oxyr.  I  43.    Grenf.  (II)  61 
(röm.). 

OboTipdvfi^,  der  Weinhändler:  BGU  34  (röm.)  und  öfter. 
OivoTiwXyj?,  der  Wemhändler:  Pap.  Berl.  P.  1410  (röm.). 
Ob^oyeipiGTriC,  der  Weinverweser:  P.  Oxyr.  141,  150  (byz.). 
'Ovr^Xaxr^^,  der  Eseltreiber:  passim. 
'OTöxavE'jg,  der  Brater:  Pap.  Berl.  uned.  (III.  v.  Chr.). 
'Opveoxpö^oc,  der  Vogelzüchter:  BGU  725,  7  (VII.  n.  Chr.). 
naXacax^?,  der  Einger:  P.  Par.  5,  24,  8  (IL  v.  Chr.).   BGU  492, 
596  (röm.). 

HaXiVTcpaTOuvTe^,  die  Verschleisser:  Rev.  Pap.  47,  16  (III.  v.  Chr.). 
IlavTOTitoXy^c,  der  Trödler:  Ostr.  347,  348  (H.  v.  Chr.). 
n£pc)^6T7]^,  der  Badgehiilfe  (der  das  Wasser  übergiesst):  P.  Lond. 

S.  214,  215.   P.  Oxyr.  I  148  (byz.). 
nyjXoTTOioc,  der  Lehmarbeiter:  BGU  362  VHI  8  (LEI.  n.  Chr.). 
nXa/wO'j VTOTüO IOC,  der  Kuchenbäcker:  s.  oben  S.  331  (1.  n.  Chr.). 
nXLV^euxYj^j  der  Ziegelstreicher:  P.  Lond.  S.  178  (L  n.  Chr.). 
nXivO-ouXywO?,  der  Ziegelstreicher:  Petr.  Pap.  (II)  XIV  (1  c)  (III.  v. 

Chr.). 

HXivd-oupyoQ,  der  Ziegelstreicher:  P.  Lond.  S.  220  (byz.). 
notpiYjV,  der  Hirt:  Ostr.  1191.    Chart.  Borg.  V  2—4  und  oft. 
HopeDTi^^,  der  Fährmann:  s.  oben  S.  280 f.  (II.  v.  Chr.). 
nop^|ji£uc,  der  Fährmann:  P.  Paris.  5,  42,5.   Leid.  P  (II.  v.  Chr.). 
IIop^upOTrwXr^g,  der  Purpurhändler:  P.  Schmidt  (byz.). 
noTa|JLLTr]^,  der  Wassersucher  (Lex.)  oder  wohl  eher  der  Kanalarbeiter: 

BGU  14,  295  (röm.). 
npcoTYj^,  der  Säger:  Pap.  Berl.  uned.  P.  8896  (byz.). 
np(jt)p£u$,  der  Hauptbootsmann:  Tarif  von  Koptos  (oben  S.  347). 
nü)|jLapcTY]g,  der  Obstgärtner:  Wessely,  Rev.  Egypt.  HI  S.  172.  BGU 

643  (byz.). 

Taßaian^?,  der  Drescher  (?):  BGU  115.   Chart.  Borg.  IV  11,  12 

(röm.).   S.  oben  S.  341. 
Tt^tcdp,  der  Anwalt:  BGU  15  L  19  II  und  oft  (röm.).    In  Pap. 

Berl.  uned.  P.  2540  ein  figTWp  xal  y^p'jaoxooq. 
Saxxocpopo^,  der  Sackträger:  P.  Lond.  S.  34  (II.  v.  Chr.).  BGU  141. 

286.  370.  Vgl.  S.  292. 


694 


VII.  KAPITEL. 


StSyjpoupyoG,  der  Eisenarbeiter:  P.  Paris.  5,  34,  9  (II.  n.  Chr.). 
liihripoy^oLXxeuq,  der  Eisenschmied :  P.  Oxyr.  I  84  (IV.  n.  Chr.). 
SLTOxaTiyjXog,  der  Getreidehändler:  P.  Lond.  S.  34  (II.  v.  Chr.). 
liizo\iizpriq ,  der  Getreidevermesser:  Ostr.  1191.    BGU  509  (röm.). 

In  P.  255:  epyaata  aLTO[Ji£Tpwv. 
SxXyjpoupyoi;,  der  Steinhauer:  CIGr.  4716d.  20. 
SxuTSU?,  der  Schuster:  s.  oben  S.  293. 

ExaO-ixoöxo?,  der  Wirt:  Berl.  Pap.  uned.  P.  7097,26  (II.  n.  Chr.). 
Uze^ocvoTzXoxoQ,  der  Kranzflechter:  P.  Lond.  S.  193  (IV.  n.  Chr.). 
SxiTTTüOupYO?,    der   Wergarbeiter:    BGU  682.     Grenf.    (II)  86 
(röm.). 

It'/^oiviOTzXoY.oc,,  der  Seilarbeiter:  BGU  118  (II.  n.  Chr.). 
TaTCiSu^o?  (oder  SamSucpo^),  der  Teppichweber:  P.  Paris.  5,  19,  1 

(II.  V.  Chr.).    S.  oben  S.  177. 
Tapt^euTiQ^,  der  Pökler,  der  Balsamirer:  P.  Par.  5,  26,  10  (II.  v. 

Chr.).   BGU  337. 
Tap  1)^071  ü)Xyj^,  der  Pökelhändler:  Zeitschr.  Gesell.  Erdk.  Berl.  1887 

S.  28. 

Tapaixapioq:  BGU  34,  738  (byz.). 

TexTWV,  der  Zimmermann:  P.  Par.  5  (II.  v.  Chr.)  passim  und  oft. 
Tpa-e^LTY]^,  der  Bankier:  BGU  passim  (röm.). 
Ti)[i7i:avcaTyj(;,  der  Paukenschläger:  BGU  630  IV  1  (röm.). 
"YbpauXriq,  der  AYasserorgelspieler :  P.  Oxyr.  I  93  (IV.  n.  Chr.). 
'YhpOTza.poy^oq,  der  Wasserträger:  BGU  14  VI  7  (III.  n.  Chr.). 
TSpu^uXa^,   der  Wasserwächter:    P.  Lond.   S.  176   (I.  n.  Chr.). 
BGU  621. 

TTcapxtTSXTtov,  der  Unterbaumeister:  Petr.  Pap.  (II)  VI  (III.  v.  Chr.). 
TTioxauaTYj^,  der  Heizer:  P.  Leid.  T5  (II.  v.  Chr.). 
'l^opßo?,  der  Sauhirt:  Petr.  Pap.  (II)  XXXIIIa,  30  (III  v.  Chr.). 
OaxLvoTitoXy);,  der  Linsenhändler:  BGU  9  (^axLVOTtwXiwv-  Strasse) 

(III.  n.  Chr.). 
<I>uXa^,  der  Wächter:  passim. 

XaXxcUs,  der  Schmied:  P.  Par.  5,  42  (II.  v.  Chr.).    Oxyr.  I  113. 

CIGr.  4716  d.  28,  59. 
XaXxoxoXXyjTT^?,  der  Kupferlöther:  P.  Oxyr.  I  85. 
XaXxoTUTTo;,  der  Kupferschmied:  CIGr.  4716d.  44,  61. 
XaXxoupyos,  der  Kupferarbeiter:  BGU  362  VII  16,  576  (röm.). 
XapTOTipa-cyjg,  der  Papyrushändler:  BGU  319.  P.  2749  (byz.). 


WIRTSCHAFTSGESCHICHTLICHE  BEOBACHTUNGEN. 


695 


Xeipciey^vo?,  der  Handwerker:  P.  Oxyr.  I  38,  17  (ein  yepSioc  nennt 

sich  so).   Tarif  v.  Kopt.  oben  S.  347. 
Xri'^o^ocjy.oq,  der  Gänsehüter:  Petr.  Pap.  (II)  X  1  (III.  v.  Chr.).  Paris. 

5,  25,  5  (II.  V.  Chr.).   BGU  137,  138. 
Xoa)(UTYj;:  passim  (II.  v.  Chr.). 

XoLpOfxayeLpoi;,   der  Schweinekoeh  oder  Schweinemetzger:   BGU  3 
(byz.). 

Xpuooyooq,  der  Goldschmied:  Petr.  Pap.  (H)  Xmib  (III.  v.  Chr.). 

Paris.  5,  12,  2.   BGU  115,  434,  574,  659  und  öfter. 
W(OaO'07iX6xo?,  der  Binsenmattenflechter:  Chart.  Borg.  XI  8. 
'ßoTTwXrjc,  der  Eierhändler:  P.  Oxyr.  I  83  (IV.  n.  Chr.). 

Diese  Liste  ist  nach  mehreren  Seiten  hin  von  Wert.  Zunächst 
zeigt  sie  uns  auf  das  Klarste,  dass  von  irgend  welcher  Bedeutung 
der  Sklaverei  für  das  Handwerk  und  die  Industrie  in  Aegypten 
keine  Rede  sein  kann.  Wir  lernten  einen  Weber,  eine  Weberin, 
einen  Schmied  und  einen  Fischer  kennen,  die  Sklaven  waren  und 
auch  ausdrücklich  als  solche  bezeichnet  wurden^),  und  es  mag 
manche  wohlhabendere  Häuser  gegeben  haben,  die  ihre  Sklaven,  wie 
das  ja  in  Griechenland  und  Rom  sehr  häufig  vorkam,  für  ein  be- 
stimmtes Handwerk  ausbilden  Hessen.  Aber  eben  jene  Gewerbe 
werden,  wie  die  Liste  zeigt,  ausserdem  —  und  offenbar  für  gewöhn- 
lich —  von  Freien  betrieben.  Von  den  meisten  der  oben  angeführten 
Gewerbe  wird  es  durch  die  Belege  erwiesen,  dass  Freie  es  waren, 
die  sie  ausübten.  Bei  Manchen  fehlt  der  direete  Beweis  für  den 
einzelnen  Fall,  doch  spricht  auch  nichts  dafür,  dass  sie  etwa  von 
Sklaven  betrieben  wären.  Wir  werden  daher  das  Gesammtergebuis 
der  Liste  dahin  zusammenfassen  dürfen,  dass  die  Gewerbe  in  erster 
Linie  in  der  Hand  der  freien  Bevölkerung  waren,  wogegen  die  Ver- 


Vermutlich  wird  man  auch  die  Tänzerinnen,  die  von  einem  Haushalt 
zum  anderen  auf  Zeit  gegen  Entgelt  verliehen  wurden  (s.  oben),  für  Sklavinnen 
halten  dürfen.  Waren  die  Tänzerinnen,  wie  wahrscheinlich,  alle  Sklavinnen, 
80  lag  in  dem  Schreiben  keine  Nötigung  vor,  dies  Sklaven  Verhältnis  besonders 
hervorzuheben.  —  In  diesem  Zusammenhange  kommt  mir  die  Vermutung,  dass 
vielleicht  auch  die  ixaipai  sämmtlich  Sklavinnen  waren.  Was  ich  oben  S.  218 
An.  1  über  ihre  Nomenclatur,  über  das  Fehlen  des  Vaternamens  gesagt  habe, 
würde  nur  für  diese  Annahme  sprechen.  Wenn  das  ixaip-.xöv  von  ihnen,  nicht 
von  den  Bordellhaltern  erhoben  wird,  so  würde  das  eben  so  aufzufassen  sein, 
wie  wenn  jene  yzf,^l7.','^y.  SoOXr^  selbst  das  yc'.pwvägiov  zahlt. 


696 


VII.  KAPITEL. 


Wendung  von  Gewerbesklaven  im  Dienste  wohlhabender  Häuser 
völlig  zurücktritt. 

Von  entscheidender  Bedeutung  fiür  unsere  Frage  ist  meines  Er- 
achtens die  Thatsache,  dass  auch  die  Grossindustrie,  wie  sie 
vom  König  selbst  in  seinen  Fabriken  betrieben  wurde, 
nicht  mit  Sklavenraassen,  sondern  mit  freien  Lohn- 
arbeitern wirtschaftete.  Das  geht  wenigstens  für  die  Oelfabri- 
kation,  die  ja  vom  König  monopolisirt  war,  aus  dem  unschätzbaren 
Revenue -Papyrus  deutlich  hervor.  Die  ausführlichen  Bestimmungen, 
die  uns  daselbst  c.  44  ff.  über  die  Rechte  und  Pflichten  der  in  den 
königlichen  Oelfabriken  angestellten  eXocioupyoi  erhalten  sind,  zeigen 
auf  das  deutlichste,  dass  es  freie  Arbeiter  sind,  die  da  für  Lohn 
(xaTepyov,  [xca-ö-og)  und  für  eine  gewisse  Tantieme  am  Gewinn  (c.  45) 
für  den  König  arbeiten.  Freilich  sind  diese  Arbeiter  —  das  hängt 
offenbar  mit  den  Erfordernissen  des  Monopols  zusammen  —  gewissen 
Beschränkungen  unterworfen:  sie  dürfen,  wenn  sie  einmal  in  eine 
königliche  Oelfabrik  eines  Gaues  eingestellt  sind,  nicht  auf  eigene 
Faust  in  einen  anderen  Gau  übersiedeln,  also  ihre  Freizügigkeit  ist 
beschnitten  (44,  18  ff.),  aber  diese  Bestimmung,  die  Sklaven  gegen- 
über völlig  überflüssig  gewesen  wäre,  zeigt  gerade,  dass  wir  freie 
Arbeiter  vor  uns  haben.  Dass  sie  täglich  ein  ganz  bestimmtes  Quan- 
tum Arbeit  erledigen  mussten,  spricht  nur  für  die  straffe  Disciplin, 
die  in  diesen  Grossbetrieben  herrschte. 

Wie  es  in  den  grösseren  industriellen  Betrieben,  die  die  Tempel 
unterhielten,  gehalten  wurde,  wissen  wir  nicht.  Tempelsklaven  hat 
es  gegeben^),  aber  nach  dem,  was  wir  sogleich  über  die  Tempel- 
doraäne  constatiren  werden,  ist  es  wenig  wahrscheinlich,  dass  die 
Tempelsklaverei  überhaupt  eine  hervorragende  Bedeutung  gehabt 
hat.  Rev.  Pap.  50, 20 ff.  meint  jedenfalls  mit  oi  iXaioupyoOv- 
lec,  £V  Tolq  hpolc,  nicht  Sklaven,  zumal  man  von  denen  kaum  die 
dTioypa^aL  eingefordert  haben  würde.  Also  scheint  auch  die  priester- 
liche Oelfabrikation  in  der  Hand  freier  Arbeiter  gewesen  zu  sein. 

Für  die  Kraft,  die  der  Gedanke  der  freien  Arbeit  in  Aegypten 
hatte,  sei  endlich  auf  die  Thatsache  hingewiesen,  dass  sich  sogar  in 
den  Steinbrüchen,  die  sonst  überall  wohl  in  der  Regel  von  Sklaven 

1)  Vgl.  P.  Tur.  8,  12  und  17  (II.  Jahrh.  v.  Chr.).  Vgl.  auch  BGU  176 
(Hadrian's  Zeit),  wo  Priester  sich  beklagen,  dass  ihre  Tzoiitzc,  zu  den  Damm- 
arbeiten abcommandirt  würden. 


WIRTSCHAFTSGESCHICHTLICHE  BEOBACHTUNGEN. 


697 


(resp.  Sträflingen)  bearbeitet  werden,  IXeu^epot  Xaxojioi  finden. 
Vgl.  Petr.  Pap.  (II)  XIII  (1)  und  dazu  oben  S.  525  An.  1.  Sie 
sind  übrigens  ähnlich,  wie  sonst  die  Sklaven,  in  Decurien  (unter 
5£xaTap)(ac)  organisirt.  Freilich  lässt  schon  die  Hervorhebung  von 
IXeuO-epoc  darauf  schliessen,  dass  es  neben  ihnen  auch  Unfreie 
dort  gab.  Aber  die  Thatsache  dieser  „freien  Steinbrucharbeiter" 
bleibt  darum  doch  sehr  bemerkenswert. 

Für  die  soziale  Stellung  der  freien  Handwerker  sind  die  Ver- 
eine von  Interesse,  auf  die  wir  schon  oben  S.  330  ff.  hingewiesen 
haben.  1)  Auch  auf  das  ursprüngliche  Beieinanderwohnen  der 
Vereinsgenossen  in  derselben  Strasse,  die  dann  nach  ihnen  den 
Namen  erhielt,  haben  wir  schon  a.  a.  O.  aufmerksam  gemacht. 

Unsere  obige  Liste  ist  aber  auch  noch  nach  einer  anderen  Rich- 
tung von  Bedeutung.  Es  liegt  wohl  auf  der  Hand,  dass  bei  einer 
so  fein  gegliederten  Arbeitsteilung,  wie  sie  uns  in  der  Liste  ent- 
gegentritt, von  einer  Oikenwirtschaft  im  Sinne  von  Rod- 
bertus-Bücher  im  Aegypten  dieser  Zeit  nicht  die  Rede  sein 
kann.  Wenn  man  die  einzelnen  Berufsarten  durchgeht,  so  wird 
man  weiter  finden,  dass  diese  verschiedenartigen  Handwerke  durch- 
aus nicht  immer  direct  für  den  Kunden  arbeiteten,  sondern  dass 
der  Zwischenhandel  voll  entwickelt  war.  Ich  will  hier  gar  nicht 
auf  den  alexandrinischen  Export  hinweisen 2),  sondern  halte  mich 
an  unsere  Liste.  Da  finden  wir  Zwischenhändler  mit  den  ver- 
schiedensten Bezeichnungen,  e^iTiopoi,  xa7:yjXoc,  (jLexaßoXoL,  TiaXiv- 
TTpaTOövce^.  Auch  der  Handel  mit  Spezialartikeln  ist  entwickelt, 
vgl.  die  [[iaxtOTiöXac,  ^uO-OTwwXa: ,  oivIfiTiOpoL,  aiTOxaTnrjXo:  u.  s.  w. 
Dass  die  Töpfer  von  Koptos  für  den  Export  gearbeitet  haben, 
ist  uns  zufallig  überliefert  (Athenae.  XI  464  b).  Das  Product 
durchlief  also  noch  andere  Wirtschaften,  ehe  es  vom  Produ- 
centen  zum  Consumenten  gelangte,  und  damit  war,  wenn  ich  Bücher 


Inzwischen  sind  noch  weitere  Belege  hinzugekommen,  so  das  xo'.vov  xwv 
xexxövcov  (Oxyr.  I  53),  das  xo'.vdv  xöv  atSr^poxaXxitov  (Oxyr.  84),  xöv  xP'-Xy.o- 
xoXXr^Xüiv  und  xcSv  ^'jO-otiwXwv  (Oxyr.  85).  Diese  gehören  freilich  alle  dem 
IV.  Jahrh.  n.  Chr.  an,  wo  das  Zunftwesen  ja  einen  neuen  Aufschwung  nahm. 
Oben  haben  wir  auch  schon  für  die  Ptolemäerzeit  Belege  gebracht.  Zum  Vereins- 
wesen vgl.  jetzt  Ziebarth,  Das  griechische  Vereinswesen. 
*)  Vgl.  Strabo  XVII  S.  793. 


698 


VII.  KAPITEL. 


recht  verstehe,  die  dritte  Stufe  seines  Schema's,  die  volkswirt- 
schaftliche, erreicht. 

Fragen  wir  endlich  nach  der  Bedeutung  der  Sklaverei  in  der 
Landwirtschaft.  Wir  haben  ein  ausdrückliches  Zeugnis  dafür, 
dass  die  Aecker  Aegyptens  nicht  von  Sklaven,  sondern  von  Freien 
bebaut  Avurden.^)  Varro  rer.  rust.  I  17  sagt:  omnes  agri  coluntur 
hominihus  servis  aut  liberis  aut  utrisque:  liheris,  aut  cum  ipsi  colunt, 
ut  plerique  pauperculi  cum  sua  progenie,  aut  merceimariis  cum  con- 
ducticiis  liherorum  operis  res  maiores,  ut  vindemias  ac  faenisicia  ad- 
ministrant,  idque  quos  ohaer arios  (pperarios  f)  nostri  vocitarunt^  ut  etiam 
nunc  sunt  in  Äsia  atque  Aegypto  et  in  Ulyrico  complures.  Er  bezeugt 
also  für  Aegypten  die  Bewirtschaftung  durch  die  Freien  selbst  unter 
Zuhilfenahme  freier  Tagelöhner.  Durchblättert  man  unter  diesem 
Gesichtspunkt  die  Urkunden,  so  wird  man  das  varronische  Zeugnis 
durchaus  bestätigt  finden.  Ich  wüsste  nicht  eine  einzige  Urkunde 
zu  nennen,  die  auf  einen  landwirtschaftlichen  Sklavenbetrieb  schliessen 
liesse.2) 

Da  Varro  von  den  Privatleuten  spricht,  die  nur  eine  kleine 
Parzelle  ihr  Eigen  nennen,  wollen  wdr  zunächst  die  private  Wirt- 
schaft betrachten.  Dass  diese  kleinen  Parzellenbesitzer,  die  uns 
zu  Hunderten  in  den  Texten  entgegentreten,  nicht  mit  Sklaven 
wirtschaften,  versteht  sich  eigentlich  von  selbst.  Vielfach  verfuhren 
sie  so,  wie  Varro  auseinander  setzt,  d.  h.  sie  beackerten  mit  Hilfe 
ihrer  meist  sehr  zahlreichen  Familie  ihr  Stück  Land  im  Schweisse 
ihres  Angesichtes  und  nahmen  vielleicht  bei  der  Weinlese  oder  Heu- 
ernte freie  Tagelöhner  (spyccTaL)  zu  Hilfe.  Vielfach  haben  sie  aber 
auch  durch  Verpachtung  die  Wirtschaft  auf  Pächter  abgewälzt,  die 
dann  ihrerseits,  wie  oben  beschrieben,  das  Land  bearbeiteten  oder  auch 
wiederum  teilweise  in  Afterpacht  gaben  (vgl.  z.  B.  P.  Lond.  CCXVI). 
Die  [XLaO-waii^  spielt  in  unseren  Texten  neben  der  auxoupyta  eine 
grosse  Rolle.  Die  eben  geschilderte  Wirtschaftsart  findet  sich  aber 
auch  bei  grösserem  Grundbesitz.  Nach  Petr.  Pap.  (II)  XXVIII  (a) 
wird  ein  makedonischer  Soldat  mit  30  Aruren  (=  82680  üm)  bei 

^)  Vgl.  Rudorff,  Rhein.  Mus.  1828  S.  180.  Varges,  de  stat.  Aeg.  S.  21. 
Lumbroso,  Rech.  S.  95.    Marquardt,  St.  V.      S.  440. 

^)  In  P.  Grenf.  (I)  47  pachtet  der  Sklave  eines  früheren  Gymnasiarchen 
4  Aruren.  Der  steht  auf  einer  Stufe  mit  den  Sklaven,  die  mit  Erlaubnis  ihres 
Herrn  ein  Geschäft  betrieben,  wie  etwa  jene  SouXTj  yepStatva. 


WIRTSCHAFTSGESCHICHTLICHE  BEOBACHTUNGEN. 


699 


Lysimachis  im  Faijüm  als  Kleruch  angesiedelt  (III.  Jahr.  v.  Chr.). 
Von  diesen  30  Aruren  hat  er  -|  an  zwei  andere  Soldaten  verpachtet, 
^  behält  er  zu  eigener  Bewirtschaftung  zurück  (y.axa  t6  zpizow  [lipo^ 
auvyswpyoöVTO^).  Ueber  die  Art  der  Bewirtschaftung  selbst  erfahren 
wir  aus  diesem  Text  nichts.  Nach  dieser  Richtung  ist  für  das 
III.  Jahrh.  v.  Chr.  die  oben  S.  436  besprochene  Steuerdeklaration 
des  Asklepiades  von  Interesse.  Gleichviel  ob  der  Mann  Grund- 
eigentümer oder  Pächter  ist^),  jedenfalls  führte  er  seine  Wirtschaft 
nicht  mit  Sklaven,  sondern  mit  yewpyo'^  (iia'9'((i)T0i),  also  Feld- 
arbeitern, die  sich  ihm  um  Lohn  verdungen  hatten.  Dass  das  Freie 
waren,  zeigt  der  Titel  deutlich  genug;  auch  hätten  sie  in  einer 
dTCOYpsc^Yj  notwendig  sonst  als  SoöXoc  bezeichnet  werden  müssen. 
Hier  haben  wir  solche  mercennarii,  wie  Yarro  sie  nennt,  nur  sind  sie 
nicht  Tagelöhner,  die  aushilfsweise  für  bestimmte  Arbeiten  engagirt 
sind,  sondern  sie  sind,  wie  es  scheint,  dauernd  in  Lohn  genommen. 

Doch  ich  kann  hier  nicht  die  einzelnen  Wirtschaften  durchgehen. 
Nur  auf  den  landwirtschaftlichen  Betrieb,  der  uns  durch  das  Wirt- 
schaftsbuch von  Hermupolis  aus  der  Zeit  des  Vespasian  (s.  oben 
S.  675)  vor  Augen  geführt  wird,  sei  mit  ein  paar  Worten  hingewiesen. 
Dieses  kleine  Gut  arbeitet  mit  zwei  Arten  von  Arbeitern.  Einmal 
erscheinen  da  eine  Reihe  von  Männern,  fast  tagtäglich,  die  mit 
Kamen  genannt  offenbar  dauernd  zu  dem  Hauswesen  gehören,  etwa 
wie  die  yscopyGl  (Ji'.a^(a)TOL)  des  Asklepiades-),  ich  meine  die 
'Ajißpuwv,  ''Qpoi;,  ^ETziiLccyGQ,  Otß:;  u.  A.  Dass  sie  etwa  Sklaven 
wären,  wird  durch  nichts  indicirt.  Ausserdem  werden  täglich,  so 
weit  wir  sehen  können,  wohl  das  ganze  Jahr  hindurch  je  nach 
Bedarf  ep^axai  angenommen,  die  für  Lohn  ({x'.aO-o^)  und  zwar  um 
Geld,  wie  wir  sahen,  arbeiten.  Das  sind  die  mercennarii  des  Varro. 
Neben  diesen  spyccxat  begegnen  auch  TialSc;,  womit  hier  nicht 
Sklaven,  sondern  Knaben  gemeint  sind,  die  als  Eseljungen  oder 


Für  letzteres  spricht  Z.  12:  TipoQ  xa  sxcpöpia  5'  öcp£'.Xo[i£v ////  toQ 
2y.a;jidv5pou  x^r^pou.    Doch  könnte  er  daneben  auch  eigenen  Besitz  haben. 

*)  Solche  freien,  dauernd  mit  dem  Haus  verbundenen  Arbeiter  begegnen 
auch  sonst.  Vgl.  BGU  146  (III.  n.  Chr.):  5oöXog  ^apa-iwvog 'Owwcppsw;  x[aL 
5.iXkoQ  ^£vo[$j  äpfi[xr,c,  aOjTOÖ.  Dass  der  zweite  kein  Sklave  ist,  geht  aus 
dem  Gegensatz  klar  hervor.  Und  doch  heisst  er  „sein  äpydzr^^".  Vgl.  auch 
den  §pYäxy,g,  den  der  Priester  'ApTCO^pag  dem  Gutshof  bei  Hermupolis  auf  einen 
Tag  vermietet  (Kenyon,  S.  182  Z.  406). 


700 


Vn.  KAPITEL. 


zum  Ausjäten  des  Unkrautes  und  ähnlichen  leichten  Arbeiten  in 
Lohn  genommen  werden.  Wenn  man  sieht,  wie  diese  freien  länd- 
lichen Tagelöhner  beständig  die  notwendigsten  Arbeiten  verrichten, 
so  wird  man  die  Annahme,  dass  etwa  ausserdem  ein  grosses  Sklaven- 
heer bestanden  habe,  das  nur  in  den  Rechnungen  nicht  erwähnt 
werde,  als  durchaus  unwahrscheinlich  zurückweisen.  Dass  da  ein 
paar  Sklaven  gewesen  sind,  ist  ganz  gut  möglich.  Aber  die  Arbeit 
ruhte  vor  Allem  auf  den  dauernd  mit  dem  Hause  verbundenen 
Arbeitern  sowie  auf  den  freien  Tagelöhnern,  die  Tag  für  Tag, 
oft  in  grösserer  Zahl,  in  Lohn  genommen  wurden.  —  Ganz  ähn- 
lich w^ar  die  Wirtschaft  auf  dem  Gut,  dessen  Ausgaben  uns  durch 
BGU  14  (vom  Jahre  255  n.  Chr.)  z.  T.  erhalten  sind. 

Wie  stand  es  nun  mit  der  Sklaverei  in  den  königlichen  und 
heiligen  Domänen?  Diese  Frage  ist  für  das  System  noch  wichtiger, 
da  es  sich  hier  nicht  um  kleinere  oder  grössere  Parzellen,  sondern 
um  ganz  gewaltige  Latifundien  handelt,  die  in  ihrer  Gesammtheit 
den  grössten  Teil  des  Landes  ausmachten. Die  Urkunden  sprechen 
dafür,  dass  auch  in  diesen  Domänen  die  Sklaverei  sicherlich  keine 
hervorragende  Rolle  gespielt  hat.  Ja,  wir  können  überhaupt  nicht  nach- 
weisen, dass  hier  irgendwo  Sklaven  verwendet  worden  wären.  Diod.  I  74 
berichtet  folgendes:  ol  \iey  oöv  yswpYol  {xixpoö  zivoq  tyjv  zapTio^öpov 
y^v  TY]v  Tuapa  tou  ßaatXewg  %od  twv  cepltov  zal  twv  {JLa)(i'|jio)v 
[ita-ö-oopievoL  ScaxeXoöac  xov  TiavTa  yjpo^ov  Tiepl  tyjv  ipyaQi(xv  byxeq 
ific,  )(a)pag.  Das  ist  zwar  kein  Zeugnis  pour  Vepoque  des  Ptolemees 
(Lumbroso,  Rech.  S.  94),  denn  Diodor  spricht  hier  wie  in  dem  ganzen 
Abschnitt  von  der  Pharaonenzeit,  von  den  ol  xö  TiaXatov  xy]V  Al'yuTi- 
xov  xaxocxoövxe^  (vgl.  Observat.  ad  bist.  Aeg.  S.  10).  Aber  was 
er  hier  über  die  königliche  und  heilige  Domäne  sagt,  wird  allerdings 
durch  die  Urkunden  auch  für  die  Ptolemäerzeit  noch  als  zu  Rechte 
bestehend  erwiesen.  Es  scheint  in  der  That,  dass  diese  Domänen 
in  der  Regel,  in  kleinere  Parzellen  zerlegt,  an  Pächter  vergeben 
und  von  diesen  in  der  oben  angedeuteten  Weise  bewirtschaftet  wurden. 
Solche  Pächter  nannte  man,  ebenso  wie  die  Pächter  von  Privatland  ^), 

^)  Varges  S.  21  irrt,  wenn  er  die  Varronische  Notiz  über  das  Fehlen  der 
Sklaverei  durch  den  Mangel  an  Latifundien  erklären  will.  Auch  die  Besitzungen 
der  reichen  Alexandriner  im  Lande  mögen  gelegentlich  den  Charakter  von  Lati- 
fundien gehabt  haben.    Vgl.  oben  S.  415. 

2)  Vgl.  oben  S.  185flf.  Vgl.  jetzt  auch  Paul  Meyer,  Philolog.  LVI  S.  203. 


WIRTSCHAFTSGESCHICHTLICHE  BEOBACHTUNGEN.  701 


yewpYOL  (=  coloni),  was  an  und  für  sich  nur  den  Feldarbeiter  be- 
deutet, der  fremdes,  nicht  eigenes  Land  bebaut,  Die  Pächter  von 
königlichem  Domanialland  hiessen  speziell  ßaaiXty.ol  yeißpyoi,  vgl.  Petr. 
Pap.  (II)  S.  36  und  Pap.  Paris.  12  (III.  und  II.  Jahrh.  v.  Chr.). 
Auch  in  der  Kaiserzeit  hat  sich  dieselbe  Institution  erhalten,  nur 
nannte  man  die  Pächter  jetzt  öfter  5y]|iöatoi  yeiopycL^)  als  ßaadtxol 
yecöpyoL^),  oder,  wo  es  sich  speziell  um  yy]  o'ja'.axy)  handelte,  auch 
wohl  [xiaO'COxal  o'jaiav.o''.*)  Dass  mit  diesen  ßaaiXixol  und  SyjjiöaLoc 
Y£ü)pYO^  wirklich  Pächter  gemeint  sind,  ergiebt  sich  schon  daraus, 
dass  sie  excpop'.a  zu  zahlen  hatten  (s.  oben  S.  185  ff.).  Dass  die 
heilige  Domäne  aber  in  derselben  Weise  von  hri\i6aioi  ^(Stjypyoi  be- 
wirtschaftet wurde,  zeigt  z.  B.  P.  Lond.  CCLVI,  aus  der  Zeit  des 
Augustus,  wo  folgende  Worte  begegnen:  bri\ioaioic,  Y^wpYoTc,  zlc,  f^v 
YewpYoOai  ßaaiXixT/V  xal  hpocv  xal  eilpav  y'^v«  Ebenso  wie  hier 
handelt  es  sich  um  den  Vorschuss  der  Aussaat^)  an  die  5r^[Ji6a:o: 
ytbipyoi  auch  in  BGU  20  (vom  Jahre  140/1),  wo  es  heisst:  [xspca- 
jiö?  07r£p[xaT(ov  5ioL7.7ia£a)?  TTjc,  T£  ^<xa'.Xr/,fiq  xal  i£pa^  xal  Tzpoqohou. 
Vgl.  auch  BGU  624.  Für  die  Ptolemäerzeit  vgl.  P.  Paris.  63, 178: 
Tü)v  —  TY]v  L£pav  Y£wpY2'JVTa)v. 

Wir  hören,  dass  der  Staat  gelegentlich  Gewalt  anwenden  musste, 
um  die  nötigen  Pächter  zu  bekommen.  Das  war  z.  B.  vor  dem 
Amtsantritt  des  Julius  Alexander  geschehen,  und  gegen  diesen  Miss- 
brauch der  staatlichen  Macht  wendet  sich  der  Präfect  in  seinem  Edict 
(CIGr.  4957,  10:  aXXa?  [iia^waeii;  o'jaLaxa?).  Allmählich  scheint 
die  Vorstellung,  dass  man  zur  Pacht  gezwungen  werde  könne,  Fort- 
schritte gemacht  zu  haben,  denn  in  BGU  648  vom  Jahre  164  oder 


*)  So  wird  man  die  Ystopyol  jjL'.a9-(ü)ToO  des  Asklepiades,  die  zu  seinem 
Hausstand  gehören  und  ohne  jeden  Anhang  sind,  lieber  für  solche  Feldarbeiter 
als  etwa  für  seine  Pächter  halten. 

2)  Vgl.  P.  Lond.  CCLVI.  Grenf.  (Ij  45,  46.  CIGr.  4957,  32.  BGU  84; 
471;  560,23;  589;  659  und  öfter. 

^)  So  in  P.  Lond.  CLXXVII  aus  dem  I.  Jahrh.  n.  Chr.  Eine  bei  Ziebarth, 
Griech.  Vereinsw.  S.  213,  mitgeteilte  Inschrift  nennt  einen  Verein,  eine  auvoSog 
Yscopytüv  Kaiaapog  (aus  Tiberius  Zeit). 

*)  Vgl.  BGU  599,  9. 

Von  den  sxcpdp-.a  ßaa'.X'.xä  und  der  r,ix'.o/doi  a-£p|iaxo)v  solcher  yBiopyoi 
handelt  der  Wien.  Pap.  31,  aus  der  Zeit  des  Augustus.  Vd.  Wessely,  Wien.  Stud. 
1882.  Die  griech.  Pap.  d.  kais.  Samml.  1885  S.  23.  Dazu  Observat.  ad.  bist. 
Aeg.  S.  47f. 


702 


YII.  KAPITEL. 


196  n.  Chr.  beruft  sich  eine  Frau  auf  die  Erlasse  der  Präfecten 
und  Procuratoren  dafür,  dass  sie  „als  Frau"  nicht  zur  Staatspacht 
herangezogen  werden  könne:  '^e(i)pyi(xq  ßaadtx"^?  yf^q,  elc,  t^v  yuvy] 
oöaa  oi)X  ö^etXd)  xa^lXxea-ö-ac  .  .  .  ItceI  xal  axexvo?  £l\ii  xal  oube 
£[jLauT7ji  aTiapxsTv  Suvafiat.  Sie  bezeichnet  darauf  der  Behörde  die- 
jenigen Personen,  die  zur  Pacht  genommen  werden  könnten. 

In  der  Ptolemäerzeit  scheint  unter  besonderen  Umständen,  wohl 
in  schwierigen  wirtschaftlichen  Krisen,  gelegentlich  diese  Vergewalti- 
gung der  Bevölkerung  durch  königlichen  Erlass  legalisirt  worden 
zu  sein.  Das  ist  meines  Erachtens  der  Sinn  des  Pap.  Paris.  63 
aus  dem  II.  Jahrh.  v.  Chr.^),  der  die  Interpretation  eines  TTpo^xayiJLa 
enthält,  nach  welchem  alle  finanziell  Leistungsfähigen  zur  yscopyia 
der  ßaatXtxyj  herangezogen  werden  sollten.  2)  In  Z.  163  ff.  wird 
darauf  hingewiesen,  dass  auch  früher  schon  einmal  „unter  ähnlichen 
Verhältnissen"  eine  solche  Massregel  getroffen  sei.^)  Wie  lange  der 
vorstehende  Erlass  in  Gültigkeit  gewesen  ist,  wissen  wir  nicht. 
Wenn  die  Regierung  in  dieser  Weise  die  Bevölkerung  zur  Ueber- 
nahme  der  Domänenpacht  zwang,  so  näherte  sich  damit  allerdings 
die  Leistung  der  Bevölkerung  stark  der  Fronarbeit. 

Wir  können  hier  nicht  auf  die  Entwickelung  dieser  Pachten 
eingehen.^)  Für  unsere  Frage  ist  nur  von  Wichtigkeit,  dass  diese 
Pächter  der  königlichen  und  heiligen  Domäne  aus  der  freien  Bevölke- 
rung entnommen  wurden,  wie  sowohl  aus  dem  Pap.  Paris.  63  als 


Vgl.  Lurabroso,  Rech.  S.  89  ff.    Eevillout,  Melanges  S.  251  ff. 

^)  Man  pflegte  bisher  aus  diesem  Text  zu  folgern,  dass  die  gesammte 
Bevölkerung,  soweit  sie  finanziell  leistungsfähig  war,  hierdurch  zur  Uebernahme 
alljährlicher  Fronarbeiten  auf  den  königlichen  Domänen  gezwungen  worden  sei. 
So  Lumbroso,  Rech.  S.  89,  der  diese  corvee  de  V ensemencement  des  terres  royales 
der  Verpachtung  (hail)  auf  S.  94  gegenüberstellt.  Auch  ich  habe  bisher  diese 
Meinung  geteilt.  Aber  bei  wiederholter  Leetüre  sind  mir  Bedenken  gekommen, 
ob  es  berechtigt  ist,  die  hier  behandelte  yscopyta  der  ßaoiXcxY)  von  der 
sonst  überlieferten  yswpyda  ßaaiXi-xi^  (=  Pacht)  zu  trennen.  Mir  scheint,  dass  die 
obige  Auffassung  der  Urkunde  durchaus  dem  Wortlaut  entspricht.  —  Dass  der 
Erlass  übrigens  für  damalige  Zeit  ein  Novum  brachte,  zeigt  schon  die  Thatsache, 
dass  er  in  allen  Bureaus  missverstanden  wurde. 

^)  "Ov  xpÖTiov  xal  xaxa  tyjv  6|j.otav  Tcsptaxaaiv  'luuäXou  toö  xöxs 
upoxa'9-YjjJisvou  tfic,  yßpccc,  7ipoxpsc}ja|xevo'j  zouq  axpaxrfj'G'j^  xal  xoug  Xacug 
smSeSaoO-at  xa  zyjc,  daxo?aag  xxX. 

*)  Vgl.  P.  Meyer,  Philol.  LVI  S.  203 ff. 


WIRTSCHAFTSGESCHICHTLICHE  BEOBACHTUNGEN. 


703 


auch  aus  den  erhaltenen  Pächterlisten  der  Kaiserzeit  unzweideutig 
hervorgeht.  Vgl.  z.  B.  659  IL  PER  I  33.  Vgl.  auch  den  ßaaiXc- 
y,oc,  Yswpycg  in  P.  Lond.  CLXXVII.^) 

Wir  sind  somit  zu  dem  Resultat  gekommen,  dass  weder  in  der 
Industrie  noch  in  der  Landwirtschaft  die  Sklaverei  einen  hervor- 
ragenden Factor  dargestellt  hat.  Mögen  auch,  was  wir  nicht  wissen, 
aber  anzunehmen  nahe  liegen  könnte,  auf  den  kaiserlichen  und  den 
heiligen  Domänen  Sklaven  beschäftigt  worden  sein,  zu  irgend  welcher 
dominirenden  Bedeutung  fiir  das  Wirtschaftsleben  sind  sie  jedenfalls 
nicht  gekommen.  Nachweisbar  ist  in  Aegypten  die  Sklaverei  in  der 
Hauptsache  nur  als  Haussklaverei  und  auch  hier  in  beschränktem 
Umfang.  Und  wenn  wir  sehen,  dass  die  Sklavinnen  als  Concubinen 
des  Hausherrn  unter  diesen  Haussklaven  die  erste  Rolle  spielen, 
so  gewinnen  wir,  alles  in  allem  betrachtet,  den  Eindruck,  dass  die 
Sklaverei  in  dem  Aegypten  der  •  griechischen  und  römischen  Periode 
über  die  Entwickelungsstufe,  die  sie  in  Griechenland  etwa  in  der 
homerischen  Zeit  erreicht  hatte  und  im  Orient  mit  wenigen  Aus- 
nahmen 2)  zu  allen  Zeiten  festgehalten  hat^),  trotz  der  griechischen 
Besiedelung  nicht  gar  zu  weit  hinausgekommen  ist.*) 

Fragen  wir  endlich  nach  den  tieferen  Gründen,  weshalb 
speziell  in  Aegypten  sich  keine  bedeutende  Sklaverei  entwickelt  hat, 
so  wird  man  auf  die  ungewöhnlich  dichte  Bevölkerung  (s.  oben 

^)  Dass  die  Yswpyo'!  in  BGU  7,  unter  denen  sich  2  Sklaven  befinden, 
Sr^jida'.O'.  yscopYGi  sind,  ist  nicht  ausdrücklich  gesagt,  ist  aber  doch  nicht  un- 
wahrscheinlich. 

Dahin  gehört  —  abgesehen  von  Babylonien  (Meyer,  Sklav.  S.  26)  — 
die  Ueberführung  grosser  Sklavenmassen  nach  Aegypten  im  Verfolg  der  grossen 
Eroberungskriege  des  neuen  Reiches.  Ramses  III.  hat  während  seiner  langen  Re- 
gierung im  Ganzen  113  433  Sklaven  an  Tempel  verschenkt,  davon  allein  86  486 
an  den  Ammon  von  Theben.  Dass  dies  eine  Ausnahme,  hebt  auch  Meyer  hervor. 
War  der  Grund  vielleicht  der,  dass  die  einheimische  Bevölkening  durch  die 
Jahrhunderte  hindurch  geführten  grossen  Kämpfe  zusammengeschmolzen  war? 

^)  Vgl.  Ed.  Meyer,  D.  Sklaverei  S.  20  0".  Ueber  den  Unterschied  zwischen 
den  orientalischen  und  den  klassischen  Völkern  sagt  Meyer  S.  28  zutreffend: 
„Das  intensive  Sklavenbedürfnis,  der  Heisshunger  nach  Sklaven, 
welcher  für  die  spätere  römische  Republik  so  charakteristisch 
ist,  fehlt  dem  Orient  durchaus,  weil  die  wirtschaftlichen  Verhältnisse 
ganz  andere  waren." 

Vgl.  Ed.  Meyer,  D.  Sklaverei  S.  18  ff.  Als  neu  gegenüber  den  älteren 
Zuständen  wäre  namentlich  das  starke  Hervortreten  der  Kaufsklaven  zu  nennen. 


704 


S.  490 f.),  auf  ihre  ausserordentliche  Bedürfnislosigkeit  und  auf  ihre 
sich  ewig  gleich  bleibende  politische  Unmündigkeit  hinweisen  können. 
Wenn  bei  den  klassischen  Völkern,  bei  dem  Aufschwung  von  Handel 
und  Industrie,  das  Bedürfnis  nach  billigeren  Arbeitskräften,  als  die 
Freien  sie  liefern  wollten,  zum  Anwachsen  der  Sklaverei  geführt 
hat,  so  bot  hier  in  Aegypten  die  einheimische  Bevölkerung  selbst 
das  denkbar  billigste  und  anspruchsloseste  Arbeitsmaterial,  das  zu- 
dem unter  dem  andauernd  despotischen  Regiment  beliebig  zu  Fron- 
arbeiten herangezogen  werden  konnte.^)  Es  fehlten  hier  somit  die 
wirtschaftlichen,  sozialen  und  politischen  Bedingungen,  die  anderwärts 
zur  Entstehung  einer  starken  Sklavenschaft  geführt  haben. 

^)  Es  steht  fest,  dass  selbst  die  ersten  Ptolemäer,  die  so  glückliche  Kriege 
geführt  haben,  keine  Sklavenmassen  nach  Aegypten  gebracht  haben.  Dass  die 
Officiere,  wie  wir  oben  sahen,  sich  ihre  Sklavinnen  aus  dem  Felde  heimbrachten, 
spricht  nicht  dagegen.  Was  Pseudo-Aristeas  über  massenhafte  Verschleppung  von 
Juden  durch  Ptolemaios  I.  fabelt,  wird  hoflfentlich  von  Niemand  mehr  ge- 
glaubt. Vgl.  Hugo  Willrich,  Juden  und  Griechen  S.  22  ff.  Dagegen  ist  über- 
liefert, dass  Ptolemaios  I.  nach  der  Schlacht  von  Gaza  8000  kriegsgefangene 
Soldaten  in  die  aegyptischen  Nomen  verteilt,  d.  h.  angesiedelt  hat  (Diod.  XIX 
85,  4),  Das  bedeutet  nur  eine  Verstärkung  des  Heeres.  Ein  solcher  Kriegs- 
gefangener begegnet  in  Petr.  Pap.  (II)  XXIX  b  in  dem  'AXxsxag  xöv  dTTÖ  X7]<; 
'AoCag  aij(|^aXü)Xü)v  (III.  Jahrh.  v.  Chr.).  Das  Interessante  an  dem  Texte  ist, 
dass  der  Mann  nicht  etwa  Sklave  geworden  ist,  sondern  vom  König  einen  xX'^pog 
bekommen  hat,  also  freier  xXripody^og  geworden  ist. 


VIII.  KAPITEL. 


Es  sollen  hier  solche  Ostraka  unserer  Sammlung,  so  weit 
nötig,  besprochen  werden,  die  keine  Steuerquittungen  sind  und  in 
den  früheren  Kapiteln  nicht  erläutert  worden  sind. 

1.  Die  Ostraka  aus  Dakkeh-Pselkis. 

Vgl.  1128—1146,  1220,  1223.  Vgl.  1265. 

lieber  den  Fund  ist  bereits  oben  S.  20  gesprochen.  Die  Quittungs- 
formulare sind  auf  S.  128  erklärt  worden. 

Ich  habe  diese  Texte  in  den  Anfang  des  III.  Jahrh.  n.  Chr. 
gesetzt,  wie  es  auch  schon  Niebuhr  gethan  hat.  Xur  Kr.  1265,  deren 
Zugehörigkeit  zu  dieser  Gruppe  freilich  nur  auf  Vermutung  beruht, 
gehört  in  die  Zeit  des  Commodus.  Den  Jahreszahlen  nach  hätten 
auch  die  anderen  Texte  auf  Commodus  bezogen  werden  können. 
Wenn  ich  sie  trotzdem  auf  Caracalla  bezogen  habe,  so  war  für  mich 
bestimmend,  dass  uns  bei  dieser  Ansetzung  bei  dem  optio  Askle- 
piades  die  Wirkung  der  Constitutio  Antonina  vom  J.  212  entgegen- 
tritt, Dieser  heisst  in  1128—1132,  1134,  1135  'AaxXyjTi'.aSyi;, 
dagegen  in  1137,  1139,  1140  A\)priXioq  'AaxXyjTiia^yjg.  Bezieht 
man  die  Daten  auf  Caracalla,  so  wird  er  mit  dem  Aureliernamen 
von  215  an  benannt.  2) 

Diese  Scherben  führen  uns  in  das  römische  Lagerleben  hinein. 
Dass  dieser  AwSszaa^oivo^  genannte  südlichste  Strich  des  römischen 
Reiches^)  seit  Augustus  von  römischen  Truppen  besetzt  gehalten 
wurde,  ist  bekannt.  Ruinen  römischer  Castelle  und  zahlreiche  Soklaten- 

Hermes  XXVII  S.  294. 
*)  Vgl,  1469,  wo  eine  und  dieselbe  Person  im  J.  215  «I'p.ouO'y,;,  im  J.  217 
Aupyihoz  4>}ioud-r^5  genannt  wird. 

«)  Vgl.  Hermes  XXIII  S.  596  A 
WiLCKEN,  Ostraka  *5 


706 


YIII.  KAPITEL. 


inschriften  aus  den  drei  ersten  Jahrhunderten  illustriren  dieses  Factum. 
Unsere  Ostraka  nun  sind  mit  wenigen  Ausnahmen^)  Quittungen,  die 
römische  Soldaten  über  empfangenen  Sold  ausstellen.  Dass  er  ihnen 
teils  in  Geld,  teils  in  natura  verabfolgt  wurde,  haben  wir  schon 
oben  in  Kapitel  VII  hervorgehoben.  Hier  sei  noch  hinzugefügt,  dass 
mehrere  der  Zahlungen  als  Vorschusszahlungen  charakterisirt  werden. 
Vgl.  £7rl  Tipoxpetoc  (H^l,  1139,  1145),  axp:  toö  di^mlou  (1129), 
axpc  Xoyoi)  auvapaeto?  (1135). 

Der  Truppenteil,  dem  unsere  Soldaten  angehörten,  wird  nirgends 
genannt.  Es  wird  eine  Gehörte  gewesen  sein  und  zwar  eine  cohors 
equitata,  denn  neben  den  Fusstruppen  werden  auch  Reiter  genannt. 
Vgl.  1130,  1140,  1144.  Inschriftlich  begegnen  in  der  Dodekaschoinos 
Soldaten  verschiedener  Gohorten,  wie  der  aTielpa  'laTiavwptov  (CIGr. 
5043,  5046),  aTceTpa  ß  'IxoupaLtov  (5080,  5081),  yßpzrj  ä  eYjßac((öv) 
(5052 — 5054).  In  Dakkeh  selbst  wird  die  an  zweiter  Stelle  ge- 
nannte Gehörte  erwähnt  (5081),  ausserdem  ein  Arzt  der  legio  XXII. 
Aber  über  den  Garnisonort  scheint  mir  damit  nichts  Sicheres  aus- 
gesagt zu  sein,  da  solche  irpo^XDV'i^iJLa'ca  auch  auf  dem  Marsche  oder 
bei  vorübergehenden  Gommandos  gemacht  werden  konnten.  2) 

Die  Namen  der  Soldaten  sind  römisch  oder  griechisch  oder 
aegyptisch.  Auch  unter  den  6  Genturionen,  die  genannt  werden, 
begegnet  ein  Mann  mit  aegyptischem  Namen:  (1128,  1130). 

Die  Turmenführer,  die  erwähnt  werden,  haben  beide  aegyptische 
Namen:  'I[ji[o60'Y]g]  (1140)  und  Kovou[9i^]  (1144). 

Als  Option  es,  die  mit  der  Getreideverteilung  betraut  sind,  be- 
gegnen Mapzo?  A\)pr]XiQq  'laiSwpo?  (1135)  und  der  schon  erwähnte 
Asklepiades.  Letzterer  wird  bald  otitlwv  genannt  (1128,  1129, 
1131,  1132,  1139,  1143),  bald  ÖTiTctov  TiapaXYjjjiTiToi)  acxou  (1130, 
1134,  1136),  bald  7rapaX%7tTY]^  aixou  (Hob,  1140).  Mit  letzterem 
Titel  allein  begegnet  neben  ihm  ein  na[JLß'^7wi^  in  1135.  An 
militärischen  Titeln  treffen  wir  sonst  noch  den  xcßapaxwp  (1142, 
1265)  und  den  zzaazpOLpioq  (1143,  1146). 


^)  1135  ist  eine  Anweisung  zur  Auszahlung.  1138  ist  von  Praktoren 
geschrieben. 

■-)  P.  Meyer,  Jahrbb.  Phil.  1897  S.  583,  folgert  vielmehr,  dass  in  Dakkeh 
ein  ständiges  Detaehement  der  legio  XXII  gelegen  habe.  Die  Möglichkeit  soll 
nicht  bestritten  werden. 


II.  DIE  OSTRAKA  VON  SEDMENT. 


707 


Es  sei  nochmals  hervorgehoben,  dass  meine  Lesungen,  da  sie 
sich  nicht  auf  die  Originale,  sondern  auf  Facsimilia  stützen,  viel- 
fach unsicher  sind. 

2.  Die  Ostraka  von  Sedment. 
Vgl.  1091—1125. 

lieber  den  Fund  und  den  Fundort  ist  schon  oben  S.  22  und 
namentlich  S.  24  berichtet  worden.  Das  Verständnis  dieser  Urkunden 
wird  dadurch  sehr  erschwert,  dass  ihre  Schreiber  in  Knappheit  und 
Wortkargheit  geradezu  excelliren.  Nirgends  ist  ein  Verbum  zu  finden. 
Die  Schemata  lassen  sich  in  zwei  Gruppen  teilen. 

1.  Datum  —  atxo^  eines  Dorfes  —  yevT^fxaTO^  eines  Jahres  — 
hioc  5va)v  desselben  oder  eines  anderen  Dorfes  —  Säcke  oder  Esel 
resp.  Artaben  so  und  soviel.  Vgl.  1092,  1096,  1098,  1100,  1101, 
1103,  1104—1110,  1116—1120.  In  1091,  1093,  1094,  1095, 
1097,  1099,  1102,  1113,  1115,  1121,  1122  ist  olto^  an  die  Spitze 
gestellt.  Mehrfach  fehlt  hioc  ovwv,  so  dass  das  zweite  Dorf  im  Genetiv 
für  sich  steht.    In  1111  ist  yevi^iJLaTO?  an  die  Spitze  gestellt. 

2.  In  der  zweiten  Gruppe  fehlt  acTO^.  Vgl.  1112,  1114,  1123, 
1124.    Die  anderen  Elemente  sind  verschieden  geordnet. 

Es  lassen  sich  mehrere  Möglichkeiten  denken,  diese  disiecta 
membra  mit  einander  zu  verbinden.    Ich  schlage  folgende  vor. 

Die  Ostraka  sind  sämmtlich,  wie  wir  oben  S.  24  sahen,  an 
einem  Platze  gefunden.  Die  Schreiber  dieser  offenbar  amtlichen 
Beurkundungen  werden  dort  ihr  Bureau  gehabt  haben.  Dies  Bureau 
lag  nicht  weit  von  dem  Eingang  zu  dem  schmalen  Thal,  das  in 
das  Faijüm  hineinführt.  Die  Dörfer,  deren  aixoXoyoi  genannt  werden, 
liegen  sämmtlich  im  Faijüm;  von  den  meisten  ist  es  nachweisbar, 
von  den  anderen  ist  es  anzunehmen.  Dagegen  liegen  die  Dörfer,  die 
an  zweiter  Stelle  in  Verbindung  mit  den  Eseln  genannt  werden,  nur 
z.  T.  im  Faijüm,  z.  T.  aber,  wie  ausdrücklich  hinzugefügt  wird,  in 
den  benachbarten  Gauen  der  Heptanomis  (s.  nächstes  Kapitel). 

Ich  vermute  nun,  dass  unsere  Ostraka  besagen  sollen,  dass  an 
dem  und  dem  Tage  aus  dem  und  dem  Dorfe  des  Faijüm  so  und 
so  viele  Artaben  Getreide  auf  Eseln,  die  z.  T.  aus  den  Nachbargauen 
requirirt  waren,  exportirt  sind  und  die  Controlestation  von  Sedment 
passirt  haben.  Alle  Einzelangaben  der  Texte  würden  unter  dieser 
Annahme  zu  voller  Wirkung  kommen.  Da  die  Scherben  in  Sedment 

45* 


708 


yni.  KAPITEL. 


gefunden  sind,  so  haben  wir  nicht  Bescheinigungen  vor  uns,  die 
etwa  den  Getreidetransporteuren  gegeben  wären,  sondern  die  Notizen, 
die  die  Controleure  von  Sedment  für  ihre  Bücher  sich  gemacht 
haben.    Daher  die  abrupte  Sprache. 

Ist  diese  Deutung  richtig,  so  ergiebt  sich,  dass  die  Getreide- 
lieferungen der  Dörfer,  soweit  sie  für  die  i^ayidYQ,  für  die  Abführung 
nach  Alexandrien  bestimmt  waren,  nicht  etwa  erst  an  den  Haupt- 
thesauros  von  Arsinoe  gingen,  sondern  direct  von  dem  betreffenden 
Dorfthesauros  aus  an  den  Nil  und  weiter  nach  Alexandrien  abge- 
führt wurden.  1) 

3.  Varia. 

Endlich  seien  hier  diejenigen  Ostraka,  die  zu  keiner  der  bisher 
behandelten  Rubriken  gehören,  übersichtlich  zusammengestellt. 

Literarische  Stücke:  1147,  1148,  1149,  1226,  1310,  1488. 

Erlasse,  Befehle,  Anweisungen  etc.:  1153,  1159, 
1160—1162,  1164,  1165,  1217,  1218,  1538,  1597,  1603-1605. 

Privatbriefe:  1151,  1152,  1154—1157,  1163,  1219,  1220, 
1307. 

Contracte:  1158,  1224. 
Privatquittung:  1221. 

Abrechnungen  etc.:  1166—1203,  1205,  1207—1209,  1214, 
1216,  1223,  1299,  1302,  1305,  1480,  1481,  1483  —  1485, 
1598—1600,  1611. 

Personenlisten:  1210  —  1213,  1215,  1300,  1301,  1308, 
1482,  1486. 

Eid:  1150. 

Horoskope:  1601,  1602. 
Verschiedenes:  1204,  1309. 


^)  Aus  dem  III.  Jahrh.  v.  Chr.  haben  wir  in  Petr,  Pap.  (II)  XX  Urkunden, 
die  über  den  Transport  des  aizoc,  ßaaiXtxög  aus  dem  Faijiim  auf  dem  Wasser- 
wege berichten.  In  Col.  II  (letzte  Zeile)  habe  ich  in  GGA  1895  S.  154  Mahaffj-'s 
Druck  miss verstanden.  Am  Original  sah  ich,  dass  wirklich  dasteht:  Tiapa  xag 
p  C  (=  dpxaßa^)  £•-.  Bei  der  Lückenhaftigkeit  des  Textes  bleibt  mir  diese 
Bestimmung  unklar. 


IX.  KAPITEL. 


Die  topographischen  Angaben. 

Es  soll  in  diesem  Kapitel  besprochen  werden,  was  in  topo- 
graphischer Hinsicht  den  Ostraka  zu  entnehmen  ist. 

Beginnen  wir  im  Süden.  In  271  wird  nach  meiner  Ergänzung 
(s.  oben  S.  289/90)  ein  Castell  bei  $o:viz((j[)v)  in  Xubien  erwähnt. 
Ich  habe  dabei  an  die  Ortschaft  gedacht,  deren  Olympiodor  (FHG 
IV  S.  66  §  37)  gedenkt.  Er  erwähnt  sie  zusammen  mit  Ilptjjia 
(=npf|[Xi5),  Xcpig,  0a7:ic  und  TaApii^.  Es  liegt  näher,  an  diese 
zu  denken,  als  an  das  Phoinikon  auf  dem  Wege  zwischen  Koptos 
und  Berenike.  Vgl.  Kot.  dign.  or.  XXXI  49  (Joenieionis). 

Die  aus  Dakkeh  stammenden  Texte  enthalten  keine  topo- 
graphischen Angaben. 

Dagegen  ist  äussert  häufig  die  Xennung  von  Svene  und  Ele- 
phantine.i)  Die  erstere  Stadt,  das  heutige  Assuän,  heisst  in  der 
Ptolemäerzeit  (1,  295,  1608,  vgl.  P.  Leid.  Q)  und  unter  Augustus 
(2)  SuT^vrj,  dagegen  in  den  späteren  Texten  wohl  regelmässig  Sor^vrj.^) 
Das  ist  die  Transcription  des  aegyptischen  Namens  &wnt,  der  „Handel", 
resp.  „Handelsplatz"  bedeutet.^)  Der  Bewohner  heisst  SoY^vtirj^  in 
CIGr.  4892,  33  (Diokletian).  Welche  Baulichkeit  mit  der  lepa  izxikri 
SGYjvr;?  gemeint  ist,  ist  nicht  klar.  Vgl.  oben  S.  611. 

'EXe^avTiVYj  kommt  nur  in  dieser  einen  Schreibung  vor.  Der 
Bewohner  heisst  'EXs^avTCVcxr^g  in  CIGr.  4892,  33  (Diokletian). 

^}  Nebenbei  sei  erwähnt,  dass  in  dem  unpublieirten  Mumienetikett  Brit. 
Mus.  9892  c  (röm.  Zeit)  Philae  mit  dem  einheimischen  Namen  HiJ^ax  begegnet. 

2)  So  heisst  es  im  III.  Jahrh.  v.  Chr.  Mu^pig  (Petr.  Pap.  II.  28  VII  18), 
dagegen  in  der  Kaiserzeit  Mo^p'.^. 

')  Vgl.  Erman,  Aeg.  und  aeg.  Leben  S.  659. 


710 


Doch  scheint  auch  'EXecpavieu^  in  P.  Paris.  5,  43  den  Elephantiner 
zu  bezeichnen,  da  das  in  Z.  3  vorhergehende  T£(xtü)v)  die  Deutung 
als  „Elfenbeinarbeiter"  ausschliesst.^)  'EXs^aviLVY]  ist  die  Ueber- 
setzung  des  aegyptischen  Namens  Jeh  (mit  dem  Elephanten  deter- 
minirt),  „die  Elfenbeinstadt",  der  oflPenbar  in  dem  hier  an  der  Süd- 
grenze mit  den  Nachbarn  eifrig  gepflogenen  Elfenbeinhandel  seine 
Begründung  hat.-)  —  Im  Gebiet  von  Syene-Elephantine  liegt  die 
T{jLouaav£(i)5  (657). 

In  dem  unpublicirten  Ostrakon  Ashmolean  Mus.  562  (Trajan) 
glaubte  ich  7rpax(T(i)p)  apY(upLXY]0  zu  erkennen.  Dies  könnte 
EcXst'ö'Uia^TioXL^  bedeuten  —  das  heutige  el-Käb,  nördlich  von  Edfu. 

Umstritten  ist  die  Lage  der  KpoxootXwv  TioXii;,  die  in 
unseren  Ostraka  1617  ff.  begegnet.  Diese  Texte  bezeugen,  was  auch 
sonst  bekannt  ist  (vgl.  P.  Grenf.  I),  dass  die  Stadt  im  II.  Jahrh. 
V.  Chr.  zum  Pathyritischen  Gau  gezählt  wurde.  Der  Lokalname 
nY]tx(.  .  .),  der  in  1617,  1618  genannt  wird,  scheint  eine  Toparchie 
zu  bezeichnen.  Nach  Hess'  freundlicher  Mitteilung  stammen  diese 
Texte  aus  Gebelen.  Andrerseits  kommen  dorther  aber  auch  Ur- 
kunden, die  ihrem  Inhalt  nach  zu  schliessen  aus  Ila^öpig  stammen. 
Vgl.  die  von  Daressy  herausgegebene  Inschrift  bei  Jouguet,  Bull, 
corr.  hell.  1897  S.  142.  Dieses  üa-ö-OpL^  ist  offenbar  das  Original 
zu  der  griechischen  Uebersetzung  ^ K^pohixfic,  TzoXic,  (Hathorstadt). 
Nach  dem  mir  vorliegenden  Material  scheint  die  Annahme  richtig 
zu  sein,  dass  Ha-ö-öpL^  =  'A^poStTyj?  noXic,  das  heutige  Gebelen  ist, 
und  dass  die  KpoxoScXwv  tioXl^,  übereinstimmend  mit  Strabo  XVII 
S.  817,  nördlich  davon  zu  suchen  ist.^)  Mir  scheint  manches 
dafür  zu  sprechen,  dass  beide  Orte  in  allernächster  Nachbarschaft 
bei  einander  gelegen  haben.  Es  sieht  fast  so  aus,  als  wenn 
sie  ein  gemeinsames  Hauptheiligtum  oder  doch  gemeinsame  Götter 
gehabt  haben.  P.  Grenf  (I)  25  nennt  in  einem  Contract  aus  Pathyris 
einen  ispsu^  Souxou  xal  'A^po^LTr^?,  27  in  einem  Contract  aus 
Krokodilopolis  einen  tepeu?  2]ou)(Oi>  ^^o\j  {i.f^loiou  xal  'A^po- 
ScTY]?,  44  einen  tepsug  'A^poStirj^  xal  Souxou.    Suchos  ist  aber 

^)  Das  könnte  neben  sJ.scpavTOöpyös  stehen  wie  "/olKv.Z'Öc,  neben  yjx\Y.o'jp^6c,. 

2)  So  Erman  a.  a.  O.  Ebers,  Cicerone  II  S.  118.  Wiedemann  (Herodot 
II.  Buch  S.  118)  erklärt  den  Namen  vielmehr  mit  der  „Gestalt  der  Insel,  die 
entfernt  an  einen  Elephanten  erinnert''! 

^)  Vgl.-P.  Grenf.  (II)  S.  42. 


DIE  TOPOGRAPHISCHEN  ANGABEN. 


711 


der  Krokodilgott  Sobk,  der  gegebene  Gott  für  eine  KpoxoStXtov 
tzoXl^  sowie  'A^poStTY]  für  üa^öpic.  Es  sei  auch  darauf  hingewiesen, 
dass  der  Contract  P.  Grenf.  (I)  27  vor  dem  Agoranomos  von  Krokodilo- 
polis  aufgesetzt,  die  Kaufsteuer  aber  an  die  Bank  von  Pathyris  ge- 
zahlt wird.  Das  Umgekehrte  in  P.  Grenf  (II)  35.  Hiernach  sollte 
man  meinen,  dass  die  beiden  Orte  unmittelbar  neben  einander  ge- 
legen haben.  ^) 

Auf  dem  Ostufer,  gegenüber  von  Rizagät  liegt  heute  Tud,  das 
Tou^tov  des  Ptolemaios  (IV  5  §  73).  Hiermit  möchte  ich  das 
Oö^cov  in  901  und  1259  identificiren.  Da  der  alte  Stadtname 
Hf  („Schlangenstadt")  bald  mit  bald  ohne  Artikel  (t)  steht,  so  er- 
klärt sich  daraus  das  Nebeneinander  der  beiden  Formen  OucpLOV  und 
T0U910V.  Dass  hier  im  II.  Jahrh.  n.  Chr.  ein  römisches  Lager  ge- 
wesen (7rap£(xßo).r^),  ist  sonst  wohl  nicht  bezeugt. 

In  Bezug  auf  Hermonthis  (Erment),  das  häufig  in  den  Ostraka 
begegnet,  hebe  ich  nur  hervor,  dass  durch  324  eine  Lokalität 
T|xovT£)((.  .  .)  innerhalb  dieses  Gaues  bezeugt  wird. 

Ergiebiger  sind  die  Angaben  der  Ostraka  über  Theben.  Die 
Ostraka  der  Ptolemäerzeit,  wie  auch  die  sonstige  urkundliche  Tradi- 
tion dieser  Periode,  kennen  nur  einen  amtlichen  Namen  für  diese 
einstige  Hauptstadt  Aegyptens,  nämlich  Alo^  izoXiq  [leyaXy],  die 
„grosse  Ammonstadt".^)  Der  Name  begegnet  auch  noch  im  Jahre 
19/20  n.  Chr.  in  362  und  im  Jahre  68  n.  Chr.  in  422.  An  letzterer 
Stelle  freilich  steht  Ac6(^  TzoXiq)  in  Verbindung  mit  dem  sogleich  zu 
besprechenden  Noiou  xal  Aißo^. 

Etwa  vom  Jahre  100  n.  Chr.  an  ist  die  übliche  Bezeichnung 
für  die  Gesammtstadt  \iriXp6noXiq.  Der  Name  A:ö?  noXic,  kommt 
ausser  jenen  beiden  Fällen  in  den  Ostraka  der  Kaiserzeit  nicht 
mehr  vor.  Neben  diesem  zusammenfassenden  Namen  [xyjTpoTtoXt^ 
begegnen  mehrere  andere,  die  offenbar  einzelne  Teile  darstellen,  wie 

Diese  Vermutung  wird  mir  nachträglich  von  SteindorflF  bestätigt.  Aphro- 
ditopolis  erkennt  er  in  dem  am  westlichen  Fuss  des  Gebel  Schech  Musa  ge- 
legenen Dorfe  Gebelen.  Den  Gebel  Schech  Musa  selbst  aber,  der  einst  eine 
Insel  bildete  und  daher  wie  andere  Nilinseln  den  Sobk  zum  Lokalgott  hatte, 
hält  er  für  Krokodilopolis ,  wofür  die  in  der  Nähe  gefundenen  Krokodilgräber 
sprechen. 

Die  merkwürdige  Verbindung  dieses  Ortes  mit  dem  griechischen  Stadt- 
namen Theben  tritt  amtlich  nur  in  Ilepl  Oi^ßag,  ÖYjßats  und  Or^ßapxo^  auf. 
Die  Stadt  selbst  heisst  „Theben"  nur  im  poetischen  Gebrauch.  Vgl.  CIGr.  4961. 


712 


IX.  KAPITEL. 


XapaS,  NoTO?,  Noto?  .xal  Ai^,  'Q^f^ov,  'Ayopat  u.a.  Ich  habe 
schon  Rhein.  Jahrb.  LXXXVI  S.  246  f.  einige  dieser  Namen  als 
O ertlichkeiten  auf  dem  Boden  des  alten  Theben  nachgewieseu. 
Wenn  ich  daselbst,  anknüpfend  an  die  Worte  Strabo's  XVII 
S.  816  „vuvl  be  xwjJiyjBov  auvoixeixaL"  angenommen  habe,  dass  diese 
Oertlichkeiten  als  xwjjiac  aufzufassen  seien,  so  kann  ich  diese  An- 
sicht heute  nicht  mehr  aufrecht  erhalten.  In  dem  thebanischen 
Papyrus  Lond.  CXIX  (Kenyon  S.  147)  findet  sich  die  Ueberschrift : 
MfiTpoTzolziiX;  ofJLOtü)^  Xavpocc,  Xapaxog.  Ebendort  S.  150  steht: 
NoTOU  Xocupac,  o^olw«;,  und  in  unserem  Ostrakon  834  heisst  es: 
7rp(axT0)p)  acT:x(a)v)  Xaup(a^)  oder  wohl  besser  Xaup(ü)v)  Xap(axog) 
xal  'AYOpa)(v)  ß.  Kenyon  hat  bereits  aus  den  beiden  ersten  Stellen 
den  richtigen  Schluss  gezogen,  dass  Charax  und  Notos  Bezirke  der 
Metropole  selbst  darstellen,  und  durch  das  Ostrakon  gewinnt  diese 
Ansicht  eine  neue  Stütze.  Diese  Texte  lassen  in  der  That  keinen 
Zweifel  daran,  dass  Xaupa  die  officielle  Bezeichnung  für  die  genannten 
Lokalitäten  ist.^)  Freilich  wird  man  Xaupa  hier  ungern  in  seiner 
gewöhnlichen  Bedeutung  als  „Strasse"  fassen,  wenn  man  sieht,  welche 
Massen  von  Personen  für  einzelne  Namen  wie  Xapa^,  Noio?  u.  a.  ge- 
nannt werden.  Es  kommt  dazu,  dass  die  Strasse  in  Aegypten  sonst 
immer  xö  ajicpoSov  oder  y]  pu[XY]  heisst. '2)  Der  Zusammenhang  erfordert 
für  Xaupa  eine  weiter  greifende  Bedeutung,  wie  etwa  „Quartier".^) 
Diese  Auffassung  findet  darin  ihre  Bestätigung,  dass  die  Getreide- 
lieferungen für  die  genannten  Lokalitäten  mit  in  den  Thesauros  der 
[iflxpoizoXic,  abgeführt  werden,  und  dass  die  Erhebungsbeamten  der 
Metropole  auch  die  Abgaben  Jener  erheben.  Andrerseits  ergiebt  sich 
aus  dem  Gesagten,  dass  die  Xü)[iac,  die  in  der  Verbindung  -öngaaupö? 
xwpiwv  häufig  genannt  werden  (vgl.  z.  B.  979),  nicht  jene  Quartiere 
sind,  wie  ich  früher  annahm,  sondern  irgend  welche  Dörfer,  die  der 
Metropole  unterstehen.  Betrachten  wir  uns  die  einzelnen  Namen 
dieser  Stadtquartiere  (Xaupat). 


^)  A.  a.  O.  meinte  ich,  da  ich  nur  das  erste  Beispiel  kannte,  dass  die 
Strasse  nach  der  von  mir  angenommenen  Ortschaft  genannt  sei. 

^)  Wo  in  den  byzantinischen  Texten,  wie  in  BGU  679,  681  und  öfter, 
Xa'jpa  begegnet,  ist  der  Begriff  „Quartier"  durchaus  am  Platz.  Doch  deutlicher 
spricht  P.  Oxyr.  I  99,  55,  wo  man  klar  den  Unterschied  zwischen  püixf]  und 
Xaiipa  ersehen  kann.   Ygl.  Z,  7:  pujjLr^g  zrlc,  cpspoüaTjs  slg  xYjv  .  .  .  Xaüpav. 

^)  Aaupa  heisst  später  auch  die  Klosterzelle.   Vgl.  Du  Gange. 


DIE  TOPOGRAPHISCHEN  ANGABEN. 


713 


Xapa^  begegnet  voll  ausgeschrieben  in  411,  1192,  1577,  sonst 
in  den  verschiedensten  Abkürzungen,  meist  nur  y  <^.  Der  Name 
lässt  auf  eine  Befestigung  schliessen.  Vgl.  Rhein.  Jahrb.  LXXXVI 
S.  246. 

Andere  Quartiere  heissen  nach  ihrer  örtlichen  Lage  Notou, 
NoTOU  xal  Aißo^  und  Boppa  Ai^oq,  wozu  nach  Obigem  Xaupa  zu 
ergänzen  ist,  also  Südquartier,  Südwest-  und  Nordwestquartier.  Das 
Südwestquartier  wird  sehr  verschieden  geschrieben,  Noxou  zal  At 
(z.  B.  429),  NoTou^  (389),  NotouX  (990),  No  xal  A^ß  (419),  Not'' 
(388),  No^  (602)  u.  s.  w.  Wo  nur  N^  geschrieben  ist,  nehme  ich 
jetzt  an,  dass  Notou  allein  gemeint  ist.  Boppa  Atßo^  erscheint  nur 
einmal  als  ß°      in  510. 

Weniger  klar  sind  die  mit  ayopa  zusammengesetzten  Namen. 
Voll  ausgeschrieben  finde  ich  ihn  nur  in  dem  noch  unpublicirten 

Ostrakon  Ashmolean  Mus.  178:  7rpax(Ta)p)  acT:x((jt)v)  [  ]  xal 

'Ayopwv.  Vgl.  1301:  ytD^{\itzpia)  'AYOp(ö(v).  Dies  einfache  'Ayo- 
pöv  ist  oft  bis  zur  Unkenntlichkeit  durch  Abkürzungen  entstellt. 
Es  wird  schliesslich  zu  V  ,  was  ayo  heissen  soll.  Ausserdem  begegnet 
das  Wort  mit  Zusätzen,  und  zwar  findet  sich  manchmal  ß  (643,  834, 
1008)  oder  ß  (488,  857,  1425)  oder  aber  v°  (490  Corrig.).  Der 
Gegensatz  giebt  die  richtige  Deutung  an  die  Hand:  es  ist  oflTenbar 
ßoppa  (nicht  ßowv,  wie  auf  S.  236,  238)  und  votoü  (oder  ähnlich) 
aufzulösen.  Danach  gab  es  also  ein  Nord  marktquartier  und  ein  Süd- 
marktquartier, ausserdem  ein  Marktquartier  schlechthin.  Für  letzteres 
ist,  wie  wir  sahen,  die  Bezeichnung  Xaupa  ausdrücklich  überliefert. 
Endlich  begegnet  auch  'Ayo(p  .  .)  y  (vgl.  1474). 

Ein  anderes  Quartier  hiess  'Q^CYjov  oder  ^Q<:pL.  Ausgeschrieben 
findet  sich  'Qcpii^ou  in  688,  sonst  Q^lt/o  oder  Q:p'.r,^  einmal  'ßcpce(LOu) 
(1561).  Die  nicht  gräcisirte  Form  *Q(pi  steht  in  609,  1.  In  der 
verkürzten  Form  'O^LfjOV  begegnet  es  in  der  Inschrift  des  Gallus, 
der  es  grossspurig  unter  den  eroberten  iwbes  aufführt.^)  Dieses 
'Ö'f c  ist  sicherlich  nichts  anderes  als  das  aegyptische  ipt  =  Ophi, 
das  z.  B.  in  dem  Namen  des  Gottes  von  Karnak  'A[i£Vö)9ig  auftritt. 
Dass  dies  Quartier  wirklich  den  Tempelbezirk  umfasst,  dafür  scheint 
mir  die  eigenartige  Bildung  auf  yjov  (für  £:ov)  zu  sprechen.  Von 


Vgl.  Sitzungsber.  Berl.  Akad.  1896  XX  S.  482.   Für  die  Identität  spricht 
namentlich  auch  die  ungewöhnliche  Endung  r^ov.    S.  unten. 


714 


'Q(pi  wird  abzuleiten  sein  'Q9tTo(.  .)  in  1458,  dessen  Auflösung 
nicht  klar  ist. 

Die  Metropole  mitsammt  ihren  Quartieren  lag  auf  dem  Ostufer. 
Wenden  wir  uns  nach  Westen,  so  kommen  wir  zunächst  zu  den 
Nilinseln,  die  mehrfach  in  den  Ostraka  begegnen.  Zahlungen  uTuep 
vyja((i)v)^)  werden  öfter  genannt.  Vgl.  858,  872,  873  u.  s.  w.  Vgl. 
auch  1575,  1576:  ItiI  N-j^aou.  Einzelne  Inseln  werden  mit  Namen 
genannt:  vigaou  I[ToX(e\i(xtboq)  706  (ptol.),  vigaou  T\ioripeD)<;  (727, 
ptol.),  vriGOu  IIiwoC.  .  .)  (731,  ptol.),  vigaou  Hkx.  .  \i . od  (1053, 
röm.),  hpötq  vigao'j  Iloavepiouvewg  (321,  702,  1341,  1505,  vgl. 
oben  S.  146). 

Jenseits  auf  dem  AVestufer  werden  uns  die  bekannten  M£|jiv6via 
mehrfach  genannt,  auch  das  zaaxpov  Mepivovtewv  (sie)  (1224),  und 
das  gleichfalls  oft  genannte  Töpferviertel  xd  KspajxeTa.^) 

Ausserdem  finden  sich  auf  den  thebanischen  Ostraka  noch 
folgende  topographische  Angaben: 

'Apa(ßta^?)  501.  Vgl.  1544.  Auflösung  unsicher.  'Apaßca 
würde  hier  das  thebanische  Ostufer  bezeichnen.  Die  'Apaßta  des 
Ila^upLTY]?  erwähnt  in  P.  Lond.  CCCCI  Verso  10. 

Kü))((Xaxo^?)  für  K6-)(koLy.oq,  Lesung  und  Auflösung  unsicher. 
Der  thebanische  KoyXaE,  auch  in  P.  Paris.  5  mehrfach  genannt. 
Der  Kgx^olI  des  Ua^upLXYj?  in  P.  Lond.  CCCCI  Verso  10. 

Ka)(piYj)  'A7ioX(Xtovca5)  672. 

TuvYj  842. 

'Atpe^  423.  Erinnert  an  das  Dorf  "Atic;  in  P.  Paris.  5,  7,  11; 
13,  6. 

AtüoxG  . .)  oder  Mü)x(. . .)  847,  848. 

npox(.  .  .)  913.  Nicht  ganz  sicher,  ob  Ortsname.  Vgl.  S.  290. 

Xü)p:ov  IIcxepaLOi)  1166. 

HeSlov  'Exxoysipeü)?  898. 

Aiwpu^  IxYjxpoTioXeü)?  1222. 

Aiöpu^  ßaai[Xi%Y]]  xal  yi)va:x(ü)v)  1440. 

Atwpu?  OcXwvog  673.  Vgl.  S.  180. 


^)  Den  Plural  wähle  ich  jetzt  nach  einem  Ostrakon,  das  ich  bei  Sayce 
sah,  wo  uTisp  vYja^'^  steht. 

In  dem   unpublicirten  Berliner  Ostrakon  P.  196  steht:    dcTto  y.ü)|ir^c: 
K£pap,£(a$. 


DIE  TOPOGRAPHISCHEN  ANGABEN. 


715 


Hop^upizfic,  951.  Die  Auflösung  ergiebt  das  unpublicirte  Ostr. 
Brit.  Mus.  25960:  7copcpup£tTr|V.  Vgl.  oben  S.  164.  Ist  an  das 
von  Ptolemaeus  IV  5,27  erwähnte  Porphyr  -  Gebirge  zu  denken? 
Vgl.  CIGr.  4713. 

To  Necpuilov  1166.  Ich  habe  es  schon  im  Textdruck  als 
„Tempel  des  Gottes  Nephotes"  erklärt.  Nephotes  (nfr  htp),  das 
sonst  namentlich  als  Kultbeiname  (z.  B.  bei  dem  Chons  in  der  berühmten 
Bentreschstele)  bekannt  ist,  kommt  auch  als  selbstständiger  Götter- 
name vor.  Speziell  für  Theben  wird  er  belegt  durch  Leps.  Denkm. 
IV  15^:  „Nfr  hötp,  der  grosse  Gott,  lebend  im  Herzen  von  Theben". 
Vgl.  in  einer  von  Sayce,  Revue  Et.  Grec.  1895  S.  297/8  heraus- 
gegebenen Inschrift  aus  Süsilis:  Aibq  xaXoi)[[JL£you]  NefftüTOU  toö 
(AeyLaTOU  (aus  Trajan's  Zeit.) 

Wir  wenden  uns  nun  zu  den  Ostraka  von  Sedment  el-gebl, 
die  uns  mancherlei  Dorfnamen  aus  Mittelaegypten  bieten  (vgl.  das 
vorige  Kapitel).  Viele  der  hier  für  das  III.  Jahrh.  n.  Chr.  bezeugten 
Dörfer  begegnen  auch  schon  in  den  Petrie  Papyri  aus  dem  III.  Jahrh. 
V.  Chr.  mit  denselben  Namen.  Ich  habe  einige  Parallelstellen  dazu- 
geschrieben. 

Dörfer  des  Arsinoitischen  Gaues  (Faijüm). 
'A^vai  1093,  1094,  1099.  Vgl.  Petr.  P.  (II)  28  IX  38.  BGU 
141  Vs.  5. 

'Avoußtas  1095,  1109,  1119,  1120.  Vgl.  Petr.  P.  (II)  28  V  25. 
BGU  491,  4. 

'AtioXXwvo^  tc6X(cO  1123. 

BepvLxl?  OeadJiocpopoö  1118.  Vgl.  Petr.  P.  (II)  6,15.  8,  7. 
BGU  589,  5. 

OeoYOVt;  1091,  1103,  1106,  1108.  Vgl.  Petr.  P.  (II)  21  (d); 
28  (11)  24.  BGU  311,  5. 

'Ißtwvos  'Apyatou  1098.   Vgl.  BGU  328  I  29. 

'IßtcDvo?  xr  (=  e?xoa:7C£VTapoupü)v)  1113.  Vgl.  BGU  91,4; 
286,  4. 

lepa  1092.  Vgl.  BGU  540,  20. 
'laTov  1113. 

Ka|X£ivoL  1101,  1116,  1117.   Vgl.  Petr.  P.  (II)  28  X  9. 
Ka[i£LVOC  noX(£|iü)VO?) ,  d.  h.  im  Polemonbezirk  1105,  1107. 
Vgl.  Petr.  P.  (II)  28  IV  7  (corrig.). 


716 


IX.  KAPITEL. 


KepxeuaTpt?  IloX(i\imoq)  1098,  1114.  Vgl.  Petr.  P.  (II)  28 
VIII  22  (1.  KepxeoacpyjwO. 

KepxsoYjcp:?  1100,  1124.   Vgl.  BGU  94. 

Kepzoaoöxa  (für  Kepywsao-jxwv)  1110.  Vgl.  Petr.  P.  (II)  28, 
I  28,  n  13.   BGU  31,  5  u.  oft. 

KepxYjTa.*  1115. 

AeßsTp///  1125. 

Auatptaxc?  1118.   Vgl.  Petr.  P.  (II)  28  IX  30. 
MayowXa  1124.   Vgl.  BGU  328  II  12,  21.  474  II  15. 
M£p[X£pO"ü)v  (gen.)  1122. 

'Ogi)puYx(wv)  1096,  1104,  1122.  Vgl.  Petr.  P.  (II)  28  II  15. 
nxoX(£|xal-0  MsXG  .  .)  1102,  1123. 
TexfjLYj.  1121. 
Tpcaiopto?  1097,  1123. 

Ausserdem  soll  1306  aus  dem  Faijüm  stammen,  wo  eine  xd)[xyj 
t£pa  'NeixoXdou  genannt  wird. 

Dörfer  des  Memphitischen  Gaues, 
'lalov  Uli. 

K£pxy]  1092,  1105.  Ueber  dieses  Dorf  vgl.  meine  Bemerkungen 
im  Archaeol.  Anzeiger  1889  S.  3. 
Ihaq  (gen.)  1102. 
MolO-ö[jli^  1092. 
Uzoio  (?)  1107. 
SoxO-i?  1112. 

Dörfer  des  Aphroditopo litischen  Gaues. 
TG)Xiq  1095,  1110. 


Dörfer  des  Herakleopolitischen  Gaues. 

Boualpiq  1125.   Vgl.  BGU  552  II  4. 
'E£ß7]xi(;  1104. 
K£px£afj9L?  1114. 
'OvvT^  1115. 
noi|X£vwv  1108. 

IKbic,  1106,  1116.   Vgl.  BGU  553  B  I  8. 
2:tv£g  (?)  1099. 


DIE  TOPOGRAPHISCHEN  ANGABEN. 


717 


Dörfer  des  Kynopolitischen  Gaues. 
'AtioXXwvo?  (TzoXiq)  1093,  1121. 
Ke  //.  //.  bioi  1094. 
KewO-L?  1110. 
Uepeg  .  v  .  .  .  1109. 

Dörfer  des  Oxyrhynchitischen  Gaues. 
'Ad-q  .  .  .  1091. 
Aupwv  (?)  (gen.)  1097. 

Sapccpt^  1115.   Vgl.  P.  Oxyr.  I  97,  8:  2£p6'^cwc. 
Seaucpt?  (?)  1103. 
//£vo//y  1120. 

In  den  Ostraka  aus  Sakkara  1126  und  1127  ist  vielleicht 
TpiTtTitO'WV  ein  Dorfname, 


X.  KAPITEL. 


I.  Die  Münzen. 

A.  Ptolemäerzeit. 

Die  ptolemäische  Münzgeschichte  ist  bekanntlich  eine  der  schwie- 
rigsten Partieen  der  antiken  Numismatik  überhaupt.  Die  Münzen 
selbst  sind  neuerdings  am  eingehendsten  von  R.  Stuart  Poole  in  seinem 
Catalogue  of  Greek  coins,  The  Ptolemies  kings  of  Egypt  (London 
1883)  behandelt  worden.  Die  ägyptischen  Urkunden,  im  Besonderen 
die  demotischen,  sind  von  Heinrich  Brugsch  und  Eugene  Revillout 
auf  die  Münzen  hin  durchgearbeitet  worden,  Soeben  hat  uns  der 
Revenue  -  Papyrus  ganz  neue  und  epochemachende  Aufschlüsse,  wie 
über  viele  andere  Zweige  des  öffentlichen  Lebens,  so  auch  über  die 
ptolemäischen  Münzverhältnisse  gebracht.  Von  diesem  neuen  Boden 
aus  hat  Grenfell  in  Appendix  III  seiner  musterhaften  Edition 
(S.  193 — 232)  im  grossen  Zusammenhange  die  schwebenden  Fragen 

Vgl.  E.  Eevillout,  Lettres  ä  M.  Lenormant  sur  les  monnaies  Egyptiennes, 
Rev.  Egyptologique  II  S.  201  ff.,  als  selbständige  Schrift  1895  erschienen.  Der- 
selbe: TJn  papyrus  bilingue  du  temps  de  Philopator,  in  Proceedings  Society  Eibl. 
Arch.  XIV  1891  S.  60  ff.  Vgl.  auch  Revillout,  M§langes  1895.  Wesentlich 
anders  werden  die  demotischen  Angaben  gedeutet  von  Heinrich  Brugsch,  Die 
Lösung  der  altägyptischen  Münzfrage,  Zeitschr.  für  Aeg.  Spr.  1889  S.  1  ff.  und 
1892,  S.  1  ff.  Ohne  in  das  Detail  dieser  unendlich  verwickelten  und  für  mich 
nicht  übersehbaren  Fragen  einzutreten,  möchte  ich  nur  darauf  hinweisen,  dass 
ich  den  Londoner  Text,  auf  dem  Revillout' s  Arbeit  in  den  Proceedings  sich  auf- 
baut, nach  dem  in  Palaeogr.  Society  II  14.3  publicirten  Facsimile  eben  so  ge- 
lesen und  gedeutet  habe,  wie  es  inzwischen  auch  Grenfell,  Rev.  P.  S.  201,  gethan 
hat:  in  Z.  9  werden  8  Drachmen,  2  Obolen  (3uoßöXoug  oder  Su'  ößoXoüs)  und 
2  Chalkus  genannt,  in  Z.  10  Schluss  4  Drachmen  1  Obol  (vorher  1.  xaXxiaiav). 
Damit  werden  die  dortigen  Ausführungen  Revillout's,  soweit  sie  diese  Summen 
berühren,  gegenstandslos. 


I.   DIE  MÜNZEX. 


719 


einer  durchgreifenden  Revision  unterzogen  und  ist  dabei  zu  ganz  neuen 
Resultaten  gekommen,  die  Revillout's  Ergebnisse  z.  T.  stark  erschüttern 
oder  umstossen.  Grenfell's  Arbeit,  auf  die  wir  uns  im  Folgenden  in 
erster  Linie  stützen,  wird  gewiss  den  Anstoss  zu  einem  neuen  Auf- 
schwung dieser  Forschungen  geben.  Möchten  vor  Allem  auch  die 
Numismatiker  auf  dem  Plan  erscheinen!  Unsere  Aufgabe  hier  soll 
nur  sein,  die  Münzangaben  unserer  Ostraka  zu  erklären. 

Im  in.  Jahrhundert  vor  Chr.  bis  auf  Ptolemaios  V.  Epiphanes 
cursirten  Silbergeld  und  Kupfergeld  in  festem  Verhältnis  neben 
einander,  und  zwar  konnten  selbst  grössere  Beträge  ebenso  gut  wie 
in  Silber  auch  in  Kupferobolen  gezahlt  werden.  Kupferdrachmen 
gab  es  als  Münze  damals  nicht  (vgl.  Grenfell  S.  194  ff.).  Ob  bei 
Zahlungen  an  den  König  Silbergeld  oder  Kupferobolen  zu  zahlen 
waren,  entschied  das  Gesetz,  für  die  Steuern  der  vcfxoc  zz/Myixoq. 
Die  einen  Steuern  waren  in  Silber,  die  anderen  in  Kupfer  zu 
zahlen,  und  wurden  daher  dem  entsprechend  izpöc,  ocpyup'.o'^  oder 
TZpbc,  yjxXv.i'^  verpachtet.  Im  ersteren  Falle  musste  ein  Agio  von 
durchschnittlich  10  Procent  dazugezahlt  werden,  wenn  die  Zahlung 
nicht,  wie  vorgeschrieben,  in  Silber,  sondern  in  Kupferobolen  erfolgte 
(vgl.  Grenfell  S.  199).  War  dagegen  die  Steuer  von  vornherein  nicht 
TTpoc  apyupiov,  sondern  izpbc,  )(aX7.6v  verpachtet,  so  wurde  das 
Kupfergeld  vollwertig  angenommen,  d.  h.  ein  Agio  wurde  nicht 
gefordert.  So  war  z.  B.  das  Oelmonopol,  wie  uns  der  Revenue-Papyrus 
in  einer  klassischen  Stelle  lehrt,  TUpö^  )(aXx6v  verpachtet.  Vgl.  60, 
13-15:  7tü)Xoö{JL£V  TY^v  (LvYjV  Tipbc,  )(aXx6v  xal  Xr^>^'h6\Lz%^(x.  elq  töv 
axaTT^pa  ößoXoug  x6.  Das  bedeutet  nach  Grenfell's  überzeugender 
Erklärung  (S.  195),  dass  in  diesem  Falle  24  Kupferobolen  gleich 
4  Silberdrachmen  gerechnet,  oder  dass  der  Kupferobol  als  -J-  Silber- 
drachme angenommen  werden  sollte. 

Die  Ostraka,  die  dieser  Periode  angehören,  nennen  mit  wenigen 
Ausnahmen  niemals  das  Metall,  in  dem  die  Zahlungen  erfolgt  sind. 
Nur  in  1338,  aus  der  Zeit  des  Philadel phos  oder  Euergetes  I, 
ist  das  Geld  deutlich  als  Silbergeld  —  dpyfuptou)  —  bezeichnet, 
sowie  in  1490  als  Kupfergeld  —  )((aXxoö).  Wenn  der  letztere 
Text  wirklich,  wie  ich  aus  palaeographischen  Gründen  angenommen 
habe,  dieser  frühen  Zeit  angehört,  so  ist  die  Zahlung  der  1000  Drach- 
men in  Kupferobolen  erfolgt;  die  1000  Drachmen  aber  repräsentiren 
einen  Wert  von  1000  Silberdrachmen.    Ob  das  ziXo^,  von  dem  das 


720 


X.  KAPITEL. 


Ostrakon  spricht,  Tzpöc,  dpyupiov  oder  izpbq  yjxXy.6v  verpachtet  war, 
lässt  sich  aus  dem  Text  nicht  ersehen.  Falls  das  in  Nr.  1277, 
die  sicher  dieser  Periode  angehört,  gleichfalls  in  yaX'/.oxj  aufzulösen 
ist,  was  sehr  fraglich  bleibt,  so  würde  es  ebenso  zu  erklären  sein. 

Nr.  329  und  331,  die  beide  von  demselben  Trapeziten  Diodotos 
ausgestellt  sind  (Mitte  des  III.  Jahrb.),  zeigen  Besonderheiten,  die 
wir  besprechen  müssen.  In  331  wird  die  Münze  genauer  bezeichnet 
mit  )(a(Xxoö)  tlc,  %cf2>.  Derselbe  Ausdruck  findet  sich  auch  in  dem 
Zoispapyrus  I  33  (II.  Jahrh.  vor  Chr.).  Grenfell  hat  ihn  S.  199  ohne 
Zweifel  richtig  erklärt,  indem  er  ihn  der  oben  citirten  Stelle  des 
Revenue -Papyrus  entgegenstellt  und  sagt:  das  ist  Kupfergeld,  von 
dem  nicht,  wie  z.  B.  beim  Oelmonopol  24,  sondern  26J  Obolen  auf 
4  Silberdrachmen  gerechnet  werden,  für  das  also  ein  Agio  von 
2\  Obolen  pro  Silber  -  Tetradrachmon  erhoben  wird.  Das  giebt 
9-J  Drachmen  Aufgeld  für  die  Mine  oder  Procent.  ^)  Die  Texapiyj 
tX'ö'ulxcöv  aXcIwv,  von  der  das  Ostrakon  handelt,  war  also  eine  Steuer, 
die  TZpbc,  äp^upiov  vergeben  war.  Die  80  Drachmen,  über  die  es 
quittirt,  sind  Silberdrachmen,  gezahlt  in  Kupferobolen  nach  dem 
Curs  „26:^  Kuj^ferobolen  auf  4  Drachmen".  2)  Es  sei  schon  hier 
hervorgehoben,  dass  in  den  Zoispapyri  der  obige  Ausdruck  mit  dem 
im  IL  Jahrh.  v.  Chr.  üblicheren  y^otXxoü  o\j  dXXayi^  gleichbedeutend 
abwechselt. 

In  329  steht  vor  der  Summe:  npbc,  dpyupcov.  Ich  habe  im 
Textdruck  angenommen,  dass  dies  für  yjxXv.ob  TZpoc,  ocpyupiow  steht, 
eine  Bezeichnung,  die  ich  früher  für  die  Zeit  des  Epiphanes  und 
Euergetes  II  nachgewiesen  habe.^)  Grenfell,  der  sich  dieser  Annahme 
anschliesst  (S.  200  f,  204),  sieht  in  diesem  xaXxö(;  npbc,  dpYUpLOV 

^)  Grenfell  S.  200  rechnet  11|  Vo  heraus. 

^)  Von  einem  solchen  Aufgeld  handelt  wohl  auch  Petr.  P.  (II)  IV  3,  von 
dem  aber  zu  wenig  erhalten  ist,  als  dass  ich  Bestimmtes  zu  behaupten  wagte. 
In  Z.  9  heisst  es:  sivai  x6  bidcfopov  Tiapa  zäc,  5  h  (=  5paX!J-a$)  Suo  ößoÄoi, 
worauf  eine  grössere  Lücke  folgt.  Das  soll  doch  wohl  bedeuten,  dass  auf  je  ein 
Tetradrachmon  (in  Silber)  2  Kupferobolen  [und  vielleicht  noch  ein  Bruchteil] 
dazugerechnet  werden.  Vielleicht  ist  hier  derselbe  Curs  wie  oben  gemeint.  Vgl. 
S.  721  Anmerk.  1. 

3)  Vgl.  Actenstücke  aus  d.  Kgl.  Bank  S.  39  und  Gött.  GA  1895  S.  162. 
Die  dort  gegebene  Erklärung  wird  durch  obige  Ausführungen  umgestossen.  Der 
Ausdruck  kehrt  wieder  in  P.  Oxyr.  I  91,  19,  vom  J.  55  nach  Chr.,  wo  nach 
ptolemäischem  Kupfergeld  gerechnet  wird.    S.  unten. 


I.   DIE  MÜNZEN. 


721 


eine  Bezeichnung  für  Zahlungen  mit  Kupferobolen,  bei  denen  ein 
Aufgeld  nicht  genommen  wurde,  bei  denen  also  24  Kupferobolen 
gleich  1  Tetadrachmon  galten.  Er  sieht  daher  in  diesem  Ausdruck 
ein  Aequivalent  für  den  yjxXv.bc.  ia6vo[AO^  des  IL  Jahrh.  vor  Chr.^) 
Ich  möchte  ihm  in  dieser  Annahme  nicht  folgen.  Sachlich  zwingt 
nichts  dazu.  Sprachlich  aber  scheint  es  mir  geboten,  in  dem  )(aXxös 
izpbc,  äpyup'.O'^  Kupfer  zu  sehen,  das  „gegen  Silber"  gezahlt  wird, 
d.  h.  das  gezahlt  wird,  wo  nach  dem  Gesetz  Silber  hätte  gezahlt 
werden  sollen.  Dann  aber  ist  der  Ausdruck  äquivalent  für  )(aXxö; 
o5  aXkayi],  nicht  fiir  yaXy.bq  Laövo|iog.  Der  Inhalt  des  Ostrakons 
spricht,  falls  wir  überhaupt  mit  Recht  diese  Frage  mit  ihm  ver- 
knüpfen, nicht  für,  sondern  gegen  Grenfell's  Deutung.  Es  handelt 
sich  da  um  eine  Zahlung  für  die  VLip'.XYj  t^Xuvou.  Nach  Grenfell's 
Voraussetzung  müsste  damals  (III.  Jahrh.)  diese  Steuer  7:pC5  yaXxov 
vergeben  gewesen  sein.  Nun  zeigt  aber  Petr.  Pap.  (II)  XXVII 
(gleichfalls  aus  dem  III.  Jahrh.),  dass  die  vixpixi^,  und  das  wird 
dasselbe  wie  viTpr/wTj  tiX'jvou  sein  (vgl.  S.  264),  vielmehr  Tzpbq 
ap^upiov  vergeben  war. 2)  Will  man  also  (yaXxoO)  Tipö;  apy'jpiov 
ergänzen,  so  ist  sicher,  dass  man  darin  ein  Aequivalent  für  yjxXv.bz, 
oh  dXXayiQ  sehen  muss,  falls  man  nicht  eine  Aenderung  des  Ver- 
pachtungssystemes  annehmen  will.  Es  ist  mir  aber  sehr  zweifelhaft 
geworden,  ob  wir  überhaupt  mit  Recht  ein  )^aAxoO  ergänzt  haben. 
Diese  Ellipse  wäre  doch  recht  auffallig.  Mir  ist  es  wahrscheinlich  ge- 
worden, dass  wir  hier  in  dem  Tzpb^  apyupiov  nichts  anderes  als  den  Hin- 


In  P.  Oxyr.  I  49  An.  17  neigen  Grenfell-Hunt  jetzt  auch  der  oben  von 
mir  vertretenen  Auffassung  zu. 

2)  Das  ergiebt  b,  3,  wo  ich  am  Original  folgendermassen  gelesen  habe: 

/  dxv^  Fe  ^"^i  )  (nicht  si  Mah.)  poß  p  2..    Das  heisst:  für  die  v.xpiXTQ 

sind  eingegangen  1659  Dr.  4^-  Ob.  Dazu  sind  als  Agio  hinzuzuzahlen  —  £-  wird 
S7it,8öot|j,ov  oder  ähnlich  zu  ergänzen  sein  —  172  Dr.  5^  Ob.  Das  ist  ein  Auf- 
geld von  etwas  unter  10"/(,.  Es  kann  kein  Zweifel  sein,  dass  die  1659  Dr. 
4^  Ob.  in  Kupfer  gezahlt  sind,  und  dass  der  Zuschlag  erfolgt,  weil  die  Steuer 
normal  in  Silber  zu  zahlen  war.  Also  war  die  vixpixiQ  damals  Tipog  apyiipiov 
verpachtet.  Sie  war  es  auch  noch  unter  Philometor  im  II.  Jahrh.,  wie  die  Zois- 
papyri  zeigen.  Denn  die  Zahlungen  erfolgen  hier  gleichfalls  in  Kupfer  mit 
Agio.  —  Dieselbe  Agioberechuung  fand  ich  in  Petr.  P.  (II)  XXIX',  wo  in  Z.  18 
statt  /  pvcc  =  V  £1  iyY'  (Mah.)  vielmehr  zu  lesen  ist:  /  pxf  =  v  s::(.  .  .  .)iY~, 
d.h.  „126  Dr.  2'  Ob.,  hinzuzuzahlen  sind  13  Dr.  1  Ob.".  Auch  hier  beträgt 
das  Agio  etwas  unter  10  "/o* 

WiLCKEN,  Ostraka.  46 


722 


X.  KAPITEL. 


weis  darauf,  dass  diese  Steuer  TZpbc,  apyupiov  verpachtet  war,  zu  sehen 
haben.  Man  könnte  die  Worte  mit  dem  vorhergehenden  Namen  des 
Pächters  in  Verbindung  bringen  und  den  Passus  etwa  so  inter- 
pretiren:  W£|ji|jlcvc?  (e^s'.Xyjcpax;)  npbq  apyupcov.  Wie  man  auch 
verbinden  will,  die  60  Drachmen,  die  der  Pächter  an  die  Bank  zahlt, 
sind  dann  einfach  Silberdrachmen,  die  er  auch  in  Silber  abliefert. 
Ist  diese  Deutung  richtig,  so  kennen  wir  bisher  überhaupt  kein  Beispiel 
für  das  Vorkommen  des  Ausdruckes  y^oiky.bc,  Tipbc,  ocp^(()piow  vor 
Epiphanes.  Ebenso  wie  y^alxbc,  ob  aXXayyj  und  ■/^od'nbc,  laovojio^ 
begegnet  er  dann  erst  in  der  zweiten  Periode  (s.  unten).  Für  diese 
erste  Periode  kennen  wir  dann  einstweilen  nur  die  ziffermässige  An- 
gabe des  Agio  (26^),  der  die  ziffermässige  Charakterisirung  des 
Kupfers  ohne  Aufgeld,  wie  sie  im  Revenue -Papyrus  gegeben  wird, 
entspricht. 

Wie  Revillout's  und  GrenfelPs  Studien  gezeigt  haben,  ist  wäh- 
rend der  Regierung  des  Ptolemaios  V.  Epiphanes  —  wenn  nicht 
schon  zu  Ende  der  seines  Vorgängers  Philopator  —  eine  epoche- 
machende Wandlung  im  Älünzwesen  eingetreten.  Seit  dieser  Zeit 
besteht  in  Aegypten  eine  Kupfer  Währung,  insofern  im  öffentlichen 
wie  im  privaten  Leben  Zahlungen  in  Silber,  wie  es  scheint  i),  nur 
in  bestimmten  Ausnahmefallen  vorkommen,  während  regelmässig  die 


^)  Amadeo  Peyron  (Turin.  Pap.  II.  Band  S.  33)  meint,  dass  das  Kupfer- 
geld damals  im  privaten  Verkehr  gebraucht  sei,  während  Silber  nur  für  Straf- 
gelder und  Steuern  (multas  et  tributa)  verwendet  sei.  Auch  Grenfell  S.  210 
nimmt  das  Silber  in  dieser  Periode  für  „fines  and  taxes"  in  Anspruch.  Ich 
erinnere  mich  nicht  eines  Beispiels  dafür,  dass  in  dieser  II.  Periode  Steuern 
wirklich  mit  Silbermünze  gezahlt  seien.  Die  upog  dpyup'.ov  d)vat  wurden  viel- 
mehr regelmässig  in  Kupferdrachmen  (mit  Agio)  bezahlt  (s.  unten).  Dagegen 
ist  richtig,  dass  die  Strafgelder,  die  für  Contractbruch  an  den  König  gezahlt 
wurden,  in  baarem  Silber  entrichtet  werden  mussten.  Vgl.  Pap.  Leid.  C  Eect.  14; 
Pap.  Turin.  IV  26,  VIII  36  f.;  Grenfell  (I)  XXVII  Col.  III  4:  Ispöc^  xwt  ßaaiXst 
(oder  ähnlich)  äpyupioi)  £7iiaigp.ou  5pax|JLa$  x.  Der  übrigens  nicht  regelmässige 
Zusatz  STtiafifiou  (geprägt)  zeigt,  dass  diese  Zahlungen  nicht  in  Kupfer  umgerechnet 
werden  durften,  sondern  wirklich  in  geprägter  Silbermünze  zu  zahlen  waren. 
Vgl.  auch  Leid.  O,  24  f.,  wo  zu  lesen  ist:  xal  zoo  uapaauyypaqj&tv  sig  zö  ßa^ 
atXixdv  Ixi  (5cXX(i)v  dpyuptou  Spax|j,dg  Tsaaapsg.  Zur  Sache  vgl.  auch  Revillout, 
Lettres  S.  99  ff.  —  Wie  weit  Silbermünzen  überhaupt  im  Privatverkehr  cursirt 
haben,  ist  noch  zu  untersuchen.  Einstweilen  vgl.  z.  B.  Pap.  Paris.  57  II  19,  59,3. 
Pap.  Lond.  (Kenyon)  S.  163.  Pap.  Leid.  O  und  vor  allem  Pap.  Tur.  13,  der  von 
einem  privaten  Darlehen  in  Silber  handelt. 


I.  DIE  MÜNZEN. 


723 


Zahlungen  in  Kupferdrachmen ^)  und  ihren  Teilen  erfolgen, 
Drachmen,  von  denen  120  einer  Silberdi-achme  im  Werte  gleich- 
kommen.2)  Dennoch  sind  die  gesetzmässigen  Bestimmungen  über 
die  Steuerzahlungen  in  dieser  II.  Periode  im  Wesentlichen  dieselben 
wie  in  der  I.  Periode.  Wie  der  Pap,  Paris.  62  IV  15  ff.  lehrt^), 
werden  auch  im  II.  Jahrhundert  v.  Chr.  die  Steuern  —  abgesehen 
von  den  Naturallieferungen  (npbq  ysyr^fiaTa)  —  teils  in  Silber  (jzpbq 
apyupcov)  teils  in  Kupfer  (izpbq  yjxXy.by  ?a6vo|Jiov)  ausgeschrieben. 
Die  Silberzahlungen  stehen  aber  —  anders  als  im  III.  Jahrhundert! 
—  nur  auf  dem  Papier.  In  Wirklichkeit  werden  auch  sie  gemäss 
den  bestehenden  Verhältnissen  zwischen  Silber  und  Kupfer  in  Kupfer- 
drachmen bezahlt,  wobei,  ganz  wie  bei  den  Kupferobolenzahlungen  des 
III.  Jahrhunderts,  ein  Agio  erhoben  wird.  Der  Pariser  Papyrus  setzt 
dies  Agio  auf  10  Drachmen,  2|  Obolen  für  die  Mine  fest,  d.  h.  auf 
etwas  über  10  ^/q.  Natürlich  unterlag  dieser  Ansatz  Curssch wan- 
kungen. In  den  Zoispapyri,  die  dieser  Periode  angehören,  aber  älter 
sind  als  der  Parisinus,  und  aus  einem  anderen  Gau  stammen,  wird. 


^)  Im  III.  Jahrh.  hatte  es  Kupferdraehmen  nur  als  Rechnungseinheiten 
gegeben.  xccXxoo  |- ß  hiess:  „in  Kupfer  2  Drachmen",  d.  h.  2  X  6  ==  12  Kupfer- 
obolen.  Vgl.  Belege  bei  Grenfell  S.  196.  Dass  die  Drachme  selbst  als  kupferne 
bezeichnet  wäre,  kommt  damals  natürlich  nicht  vor,  wohl  aber,  wenn  auch  selten, 
im  II.  Jahrhundert.    Vgl.  Pap.  Paris.  57,  I  3,  II  18.  59,  2. 

^)  Hier  sei  auf  zwei  Ostraka  hingewiesen,  die  auf  den  ersten  Blick  eine 
andere  Gleichung  zu  ergeben  scheinen.  In  1496  (II.  Jahrh,  v.  Chr.)  ist  über 
(=  xaXavTa)  xploc.  zwischen  den  Zeilen  in  kleinen  Buchstaben  nachgetragen: 
Ti|ir|V  dpyupto'J  L  jx.  Das  Nächstliegende  ist  anzunehmen,  dass  die  3  Talente, 
die  ohne  Zweifel  Kupfertalente  sind,  als  gleichwertig  mit  dem  "Werte  (xi|JLr<)  von 
40  Siberdrachmen  bezeichnet  werden  sollen.  Das  würde  die  Gleichung  1  Silber- 
drachme =  450  Kupferdrachmen  ergeben.  Merkwürdig  ist,  dass  fast  genau  das- 
selbe Verhältnis  durch  1480,  eine  Abrechnung  aus  dem  II.  Jahrh,  v.  Chr.  ge- 
wonnen Averden  kann.  Da  heisst  es  aTaT'^p(ei;)  ß  Y  XP'  Angenommen,  dass 
hinter  jj,  kein  Zeichen  mehr  zu  ergänzen  ist,  ergiebt  das  die  Gleichung:  2  Stateres 
=  3640  Dr.  Nimmt  man,  was  wieder  das  Nächstliegende  ist,  den  Stator  als 
Silberstater,  so  ergiebt  das  1  Silberstator  =  1820  Kupferdraehmen  und  1  Silber- 
drachme =  455  Kupferdraehmen!  Doch  hier  muss  ein  Spiel  des  Zufalls  vor- 
liegen. Die  Gründe,  die  von  verschiedenen  Seiten  für  das  Verhältnis  1  =  120 
vorgebracht  sind,  sind  zu  gewichtig,  als  dass  sie  durcli  diese  beiden  Stellen  be- 
seitigt werden  könnten.  Ohne  Zweifel  sind  beide  Texte  mehrdeutig.  WeU'lie 
Deutung  zu  wählen  ist,  lasse  ich  dahingestellt. 

^)  Vgl.  die  Neubearbeitung  der  Urkunde  bei  Grenfell,  Appendix  I. 

46* 


724 


X.  KAPITEL. 


wie  oben  bemerkt,  das  Agio  durch  die  alte  Formel  •/jxXy.ox)  dq 
die  mit  •/^cx.Xt.ou  ou  öiXkcccr]  abwechselt,  auf  festgesetzt.  Dies 

ist  derselbe  Satz,  den  wir  oben  für  das  III.  Jahrh.  vor  Chr.  kennen 
lernten.  1)  Auch  sonst  hat  sich  die  Höhe  des  Aufgeldes  gegenüber 
dem  III.  Jahrhundert  nicht  wesentlich  verändert  (vgl.  Grenfell  S.  214). 
Es  verdient  noch  hervorgehoben  zu  werden,  dass  der  Parisinus  voraus- 
setzt, dass  die  Silberzahlungen  regelmässig  in  Kupferzahlungen 
umgewandelt  werden.  Er  sagt:  xwv  izpoc,  apyupiov  wvwv  izpoc,- 
Staypa^'ouaiv  a}v(X)aYy]V  xtX.  Da  ist  nicht  eine  Eventualität  in's 
Auge  gefasst,  sondern  es  wird  als  selbstverständlich  betrachtet,  dass 
die  Zahlungen  in  Kupfer  erfolgen.  Dies  ist  meines  Wissens  bisher 
noch  nicht  scharf  hervorgehoben  worden. 

Mit  den  Angaben  des  Parisinus  stimmen  unsere  Ostraka  auf's 
Beste  überein.  In  den  zahlreichen  Urkunden  aus  dem  II./I.  Jahrh. 
vor  Chr.  begegnet  nicht  eine  einzige  Zahlung  in  Silber. 2)  Vielmehr 
finden  sich  folgende  Charakterisirungen  der  Summen: 

1)  Vor  der  Summe  steht  )(aX>cou  ou  dXXayi^.  Vgl.  334,  335, 
337,  339,  340,  342,  1228,  1351,  1354,  1504  u.  s.  w.  Hier  handelt 
es  sich  nach  Obigem  um  Steuern,  die  normal  in  Silber  hätten  ge- 
zahlt werden  müssen.  Daher  wird  zu  den  Zahlungen  in  Kupfer- 
drachmen ein  Agio  erhoben.  Folgende  Steuern  waren  hiernach 
damals  Tzpoc,  apyupiov  verpachtet:  bizkp  axuTswv,  Tuopeuiöv,  TSTapTY] 
dXiewv,  Tüpoaxcfiov,  bnep  TcepLaxepewvwv. 

2)  Vor  der  Summe  steht  )(aXxou  Laov6[xou.  Hier  handelt  es 
sich  um  Steuern,  die  Tzpbc,  )(aXx6v  laovojjtov  vergeben  sind,  d.  h.  in 
Kupferdrachmen  ohne  Agio  gezahlt  werden  sollen.  Dies  begegnet 
in  unserer  Sammlung  nur  einmal,  in  1518,  wo  für  die  aTu6[xoipa 
gezahlt  wird.  Schon  Grenfell  hat  darauf  hingewiesen,  dass  hiernach 
bei  dieser  Abgabe  eine  Aenderung  gegenüber  dem  Gesetz  des  Phila- 
delphos  eingetreten  ist,  insofern  nach  jenem  die  aTiopLOipa  in  Silber 


Es  ist  auffällig,  dass  hier  im  II.  Jahrh.  der  grosse  Obol  des  III.  Jahrh. 
der  Agiobereehnung  zu  Grunde  gelegt  wird.  Möglich,  dass  er  auch  damals  noch 
neben  den  kleinen  Kupfertetradrachmen  in  Umlauf  gewesen  ist.  Möglich  aber 
auch,  dass  sich  hier  nur  die  alte  Formel  erhalten  hat,  die  modern  zu  deuten  ist. 
Die  angeführte  Stelle  aus  dem  Pap.  Paris.  62  zeigt,  dass  man  sonst  im  II.  Jahrh. 
entsprechend  der  neuen  Kupferdrachmenrechnung  den  Agioberechnungen  die 
Mine  zu  Grunde  legte. 

2)  Das  "Wort  dpyüpiov  begegnet  überhaupt  nur  in  1496. 


I.   DIE  MÜNZEN. 


725 


(soweit  nicht  in  natura)  zu  zahlen  war.  AVenn  Grenfell  (S.  204) 
aber  für  die  Annahme,  dass  diese  Aenderung  schon  unter  Epiphanes 
eingetreten  sei,  sich  auf  Petr.  Pap.  (II)  XL  VI  beruft,  so  kann  ich 
ihm  nicht  zustimmen.  Er  stützt  sich  hier  auf  die  Gleichsetzung 
des  y^0LXy.bc  7ip6;  apytüpiov  mit  yaXzo;  Ig6vo[loq,  die  ich  oben  als 
unwahrscheinlich  zurückgewiesen  habe.  Nach  unserer  Deutung  des 
Ausdruckes  ist  die  d:7z6\LOipoc  auch  noch  im  4.  Jahre  des  Epiphanes 
wie  unter  Philadelphos  „gegen  Silber"  verpachtet  gewesen,  falls  -wir 
überhaupt,  wie  ich  mit  Grenfell  annehmen  möchte,  aus  der  Zahlung 
für  die  confiscirte  Hypothek  auf  die  für  die  Abgabe  selbst  Rück- 
schlüsse machen  dürfen.   Die  Aenderung  muss  also  später  erfolgt  sein. 

3)  Vor  der  Summe  steht  yaAXoO,  ohne  weiteren  Zusatz.  Vgl. 
317,  318,  320,  326,  328,  333,  338,  341,  350,  353,  355,  1083, 
1229,  1231  u.  s.  w.  Xur  in  einzelnen  Fällen  lässt  sich  entscheiden, 
welche  der  beiden  vorhergehenden  Zahlungsarten  gemeint  ist.  In  326 
z.  B.  wird  für  die  xsTapTYj  aX'iwv  gezahlt.  Diese  ist  aber,  wie 
327  u.  a.  zeigen,  7:p6^  apyjp'.ov  vergeben.  Also  ist  das  yaXy.oO  hier 
als  yaXxoO  o'j  aX^ayr)  zu  fassen.  Dasselbe  gilt  von  1359,  wo  (jT.kp 
axuxIcDv  quittirt  wird.  Vgl.  334.  Andrerseits  ist  mit  dem  yocAy.ou 
in  355  isonomes  Kupfer  gemeint,  denn  hier  wird  für  die  a7:6[iO'.pa 
gezahlt,  die  damals  Tzpbc,  yjxXv.ov  :a6vo[AOV  vergeben  war. 

4)  In  den  meisten  Fällen  ist  das  Metall,  in  dem  gezahlt  wird, 
überhaupt  nicht  genannt.  Dass  man  hier  nicht  an  Silber,  sondern 
nur  an  Kupfer  denken  kann,  scheint  mir  sicher.  Ob  es  sich  aber 
im  einzelnen  Falle  um  yaXxo^  ob  ocAAccyri  oder  um  yoC/.v.oc,  :a6vo|JLO^ 
handelt,  lässt  sich  nur  entscheiden,  wenn  der  Zahlungsmodus  der 
betreffenden  Steuer  schon  anderweitig  bezeugt  ist.  So  handelt  es 
sich  um  y(xX%bq  oh  diXkcc^i]  z.  B.  in  345,  wo  Orcsp  TiopeuTöv  (vgl.  335), 
in  346,  wo  für  die  TSTap-Y]  äX:£ü)v  (vgl.  337),  in  351,  wo  für 
Tipo^TipLov  (vgl.  342),  in  1497,  wo  für  die  vcxpcxrj  tiXovou  gezahlt 
wird  (vgl.  329  und  dazu  oben  S.  720  f ).  Dagegen  ist  z.  B.  yaXxos 
Icso'^o^o^  in  322,  332  u.  a.  gemeint,  wo  für  die  d:7i6|iO'.pa  gezahlt  wird. 

B.  Kaiserzeit.i) 

Die  staatsrechtliche  Sonderstellung  Aegyptens  innerhalb  des 
römischen  Reiches  tritt  auch  im  Münzwesen  deutlich  hervor.  An 

^)  Vgl.  Th.  Mommsen,  Geschichte  des  Rom.  Müuzwesens  18G0.  S.  722  ff. 
A.  V.  Sallet,  die  Daten  der  alexandrin.  Kaisermünzen.    Berlin  1870.   B.  Pick, 


72G 


X.  KAPITEL. 


die  Einführung  der  römischen  Reichsmünze  ist  nicht  gedacht  worden. 
Nach  wie  vor  wurde  in  Alexandrien  für  Alexandrien  und  das  Nil- 
thal geprägt;  Aegypten  behielt  seine  eigene  Münze.  Nur  waren  es 
nicht  mehr  die  Ptolemäer,  sondern  der  Sohn  des  göttlichen  Caesar 
und  seine  Nachfolger,  auf  deren  Befehl  die  Münze  arbeitete.  Die 
Numismatiker  lehren,  dass  Augustus  in  Aegypten  nur  Kupfermünzen 
geschlagen  und  sich  auch  in  den  Aeusserlichkeiten  dieser  Prägung 
zunächst  ganz  nach  dem  Muster  der  letzten  Ptolemäer  gerichtet 
habe.^)  Augustus  hat  hier  also  gerade  diejenige  Prägung  mit  Vor- 
liebe, ja  ausschliesslich  ausgeübt,  die  er  im  Reich  —  seit  dem  J.  15 
V.  Chr.  —  dem  Senat  überlassen  hatte.  Die  Rechte,  die  er  als 
Herr  Aegyptens,  als  Nachfolger  der  Ptolemäer  ausübte,  hatten  eben 
wenig  oder  nichts  mit  den  Rechten  des  römischen  Princeps  zu  thun. 
Wenn  Augustus  sich  in  Aegypten  auf  die  Kupferprägung  beschränkte, 
so  setzt  dies  voraus,  dass  die  im  Lande  cursirenden  Ptolemäer- 
münzen  in  Silber,  und  wohl  auch  die  in  Kupfer,  in  Curs  blieben, 
denn  dass  man  damals  nicht  etwa  nur  mit  Augusteischen  Kupfer- 
münzen gewirtschaftet  hat,  ist  a  priori  einleuchtend,  und  wird  zudem 
durch  Urkunden  bestätigt.  So  spricht  BGU  189  (vom  36.  J.  des 
Augustus  =  7  n.  Chr.)  von  einem  Darlehen  von  72  Drachmen, 
die  als  dpyuptou  STTcai^iJiou  xe^aXatou  vo\i.ia\ia'zoc,y  also  als  Silber- 
münzen bezeichnet  werden. 2) 

Es  gab  also  Silber-  und  Kupfermünzen  auch  unter  Augustus. 
Aber  welche  Bestimmungen  bestanden  betreffs  ihrer  Verwendung  bei 
der  Steuerzahlung?  Hat  Augustus  hier  Aenderungen  eingeführt  oder 
hat  er  die  Steuern  nach  denselben  Grundsätzen  einziehen  lassen,  wie 
es  seit  dem  H.  Jahrh.  vor  Chr.  Sitte  war? 

In  unserer  Sammlung  ist  ein  Ostrakon,  Nr.  1545,  das  für  die 
zweite  Annahme  zu  sprechen  scheint.  Da  entrichtet  der  Steuerzahler 
Xa(Xxoö)  u/^u,  d.  h.  400  Kupferdrachmen.  Die  Summe  ist  für 
den  einzelnen  Steuerzahler,  denn  von  dem  ist  die  Rede,  eine  so  hohe, 

Zeitschr.  f.  Nura.  XIV  S.  300  flf.    E.  Stuart  Poole,  Catalogue  of  the  coins  of 
Alexandria  and  the  nomes  Lond.  1892. 
1)  Poole  p.  XXVIII. 

^)  Mommsen  a.  a.  O.  S.  723  meint  dagegen,  dass  „auch  das  im  Umlauf 
befindliche  Silbergeld  eingezogen  sei,  da  das  als  J^-  des  goldenen  Oktadrachmon 
geschlagene  Silbertetradrachmon  natürlich  nicht  als  -c}^  des  nun  mehr  als  zwei 
Drittel  leichteren  Aureus  umlaufen  konnte".  Das  neue  Material  scheint  nicht 
für  diese  Annahme  zu  sprechen. 


I.  DIE  MÜNZEN. 


727 


namentlich  in  Anbetracht  der  Steuer  —  es  handelt  sich  um  den 
Beitrag  für  den  ccpyivjj^ri'^oc,  (vgl.  S.  162)  — ,  dass  gar  kein  Zweifel 
ist,  dass  wir  es  hier  mit  einer  Zahlung  jener  Kupferdrachmen  zu 
thun  haben,  mit  denen,  wie  wir  oben  sahen,  seit  Epiphanes  die  Steuern 
bezahlt  zu  werden  pöegten,  gleichviel  ob  die  Steuern  ii^bc,  apyu- 
ptov  oder  TZpbc,  yjxXy.6v  vergeben  waren.  Um  welche  der  beiden 
Eventualitäten  es  sich  hier  handelt,  ist  aus  diesem  Text  ebensowenig 
zu  ersehen  wie  in  den  oben  unter  3)  angeführten  Fällen. 

Während  es  also  nach  diesem  Ostrakon  scheinen  könnte,  als 
wenn  alles  beim  Alten  geblieben  wäre,  warnen  uns  die  anderen  Ostraka 
aus  der  Zeit  des  Augustus  (vgl.  den  Kaiserindex),  dies  Ergebnis  zu 
verallgemeinern.  Zwar  findet  sich  in  diesen  niemals  eine  Angabe 
über  das  Metall,  in  dem  die  Zahlung  erfolgt.  Erwägt  man  aber 
die  Kleinheit  der  von  den  einzelnen  Steuerzahlern  entrichteten 
Summen  —  es  sind  meist  1,  2,  3  etc.  Drachmen  sammt  so  und 
so  viel  Obolen  und  Chalkus  — ,  so  erscheint  es  völlig  ausgeschlossen, 
dass  es  sich  hier  um  jene  ptolemäischen  Kupferdrachmen  handle  wie 
in  Nr.  1545.  Diese  Summen  sind  vielmehr  nur  als  Zahlungen  in 
Silber  verständlich.  Die  Annahme  wird  dadurch  zur  Gewissheit, 
dass,  soweit  controlirbar,  für  die  einzelnen  Steuern  dieselben  Summen 
begegnen  wie  in  der  Zeit  von  Tiberius  an,  wo  sie  nachweislich  als 
Silberzahlungen  aufzufassen  sind.  Wir  kommen  somit  zu  dem 
Resultat,  dass  Augustus  für  gewisse  Steuern,  wie  es  scheint,  nur 
für  wenige,  die  alte  Zahlung  in  Kupferdrachmen  zugelassen  (vgl. 
1545),  im  Uebrigen  aber  für  alle  wichtigeren  Abgaben  die  Zahlung 
in  Silberdrachmen  neu  eingeführt  hat.  Diese  Silberdrachmen  müssen 
dann  aber,  da  er  selbst  keine  geprägt  hat,  ptolemäische  sein.  Es 
ist  freilich  die  Möglichkeit  offen  zu  lassen,  dass  schon  am  Ausgang 
der  Ptolemäerzeit  (I.  Jahrh.  vor  Chr.),  aus  dem  uns  keine  Steuer- 
urkunden vorliegen,  diese  wichtige  Aenderung  getroffen  wäre.  Aber 
die  Wahrscheinlichkeit  spricht  mehr  dafür,  dass  Augustus  der  Neuerer 
gewesen  ist. 

Bekanntlich  hat  Tiberius  in  Aegypten  mit  der  Prägung  von 
Silbermünzen,  oder  genauer  von  Billonmünzen ,  begonnen.  Das 
früheste  bisher  bekannt  gewordene  Datum  auf  seinen  Münzen  ist 
das  7.  Jahr  (=  19/20).^)     Auch  Tiberius  schloss  sich   in  dieser 


Poole,  p.  XXVIII. 


728 


X.  KAPITEL. 


BillonpräguDg,  wie  vor  ihm  Augustus  in  der  Kupferprägung,  an  das 
Vorbild  der  letzten  Ptolemäer  an.  Seine  Billonmünze  ist  nichts  als 
eine  Fortsetzung  der  letzten  ptolemäischen  Silbermünze,  die  schon 
seit  Ptolemaios  XIII.  Auletes  sehr  schlecht  und  minderwertig  aus- 
gebracht war.  So  konnten  neben  dem  neuen  kaiserlichen  Billongeld 
die  alten  ptolemäischen  Silberstücke  in  Ours  bleiben.  In  unseren 
Urkunden  werden  gelegentlich  beide  Arten  ausdrücklich  von  einander 
geschieden.  Die  Kaiserraünzen  werden  vielfach  durch  den  Zusatz 
ZeßaaTOö  oder  Ijsßaaxwv  als  solche  charakterisirt,  und  zwar  wird 
man,  da  der  Plural  -EeßaaTWV  in  Urkunden,  die  nach  Sammtherr- 
schaften  datiren,  begegnet,  vielleicht  mit  Wessely  anzunehmen  haben, 
dass  im  Besonderen  Münzen  dadurch  bezeichnet  wurden,  die  das 
Bild  des  jeweilig  regierenden  Herrschers  trugen.^)  Andrerseits  ist 
durch  Wessely  aus  Wiener  Papyri  der  interessante  Nachweis  geführt 
worden,  dass  auch  noch  in  der  Kaiserzeit  Zahlungen  in  ocpyupiou 
TTaXaiou  TiToXspiaVxoö  vo[ila\i7.TOC,  beurkundet  werden.^)  Die  von 
Wessely  citirten  drei  Beispiele  gehören  alle  der  zweiten  Hälfte  des 
III.  Jahrh.  n.  Chr.  an,  und  da  er  keinen  Beleg  für  den  Zusatz  Seßaaxoö 
für  diese  Zeit  kannte,  so  scheint  er  anzunehmen,  dass  die  eine  Art  die 
andere  abgelöst  habe.  Wir  kennen  jetzt  auch  Fälle  mit  Seßaaiöv 
aus  dieser  selben  Periode,  so  dass  erwiesen  ist,  dass  damals  Kaiser- 
geld und  Ptolemäergeld  neben  einander  in  Ours  waren.  Wessely's 
Vermutung,  dass  man  gerade  am  Ende  des  III.  Jahrhunderts 
wegen  der  bekannten  Verschlechterung  der  Kaisermünze  zu  den 
alten  ptolemäischen  Stücken  gegriffen  habe,  hat  manches  für  sich. 
Man  wird  doch  aber  höchstens  von  einer  stärkeren  Heranziehung 
dieses  ptolemäischen  Geldes  sprechen  können.  Jedenfalls  wird  es 
auch  vorher  schon  neben  dem  Kaisergeld  beständig  in  Umlauf 
gewesen   sein.     Denn   an   ein  plötzliches   Wiederauftauchen  einer 

^)  Wessely,  Mitth.  Pap.  Eain.  IV  S.  144  ff.  Mit  den  von  ihm  vorgebrachten 
Beispielen  vergleiche  noch  BGU  69  (J.  120),  465  (J.  13  7),  87  (J.  144),  13  (J.  289). 
Vgl.  auch  Pap.  Genev.  9  aus  der  Zeit  des  Trebonianus  und  Volusianus;  Pap. 
Grenf.  (II)  LXXII,  6  (Dioclet.  u.  Maxim.);  LXXIV,  8  (J.  302).  Mir  ist  nur  ein 
Fall  bekannt,  in  dem  Scßaoxöiv  steht,  -während  nur  ein  Kaiser  auf  dem  Thron 
sass.  Vgl.  BGU  57  8,  12,  aus  der  Zeit  der  Alleinherrschaft  des  Commodus.  Hier 
mögen  aber  Münzen  aus  der  Zeit  seiner  gemeinsamen  Ptcgierung  mit  Marcus  ge- 
meint sein.  Vielleicht  wird  man  aber  auch  mit  Pick  in  dem  Zusatz  SsßaatoO 
oder  ZsßaaTWV  nur  den  Gegensatz  zu  den  ptolemäischen  Münzen  zu  sehen  haben. 

2)  Mitth.  Pap.  Rain.  a.  a.  0. 


I.  DIE  MÜNZEN, 


729 


Münze,  die  seit  300  Jahren  ausser  Curs  gewesen  wäre,  wird  man 
nicht  leicht  glauben  wollen.  Soeben  hat  Grenfell  einen  Papyrus  aus 
dem  III./IV.  Jahrh.  n.  Chr.  publicirt,  in  dem  nach  Drachmen  TiaXa'.oö 
vo}xca[xaTO(;  oder  7iaX(a'.al)  Spaypiat  gerechnet  wird  (Grenf.  II 
LXXVII).  Der  Herausgeber  nimmt  an,  dass  damit  Geld  j^^'ior  to 
the  new  coinage  of  Diocletian  gemeint  sei,  weil  in  LXXIV  das  Dio- 
cletianische  Geld  als  xaivo?  bezeichnet  wird.  Ich  halte  es  nicht  für 
unmöglich,  dass  mit  den  „alten  Drachmen"  auch  hier  Ptolemäer- 
drachmen  gemeint  sind,  zumal  sie  im  Curs  sehr  hoch  stehen. 

Während  der  Correctur  wurden  mir  BGU  713  und  P.  Oxyr.  I 
48 — 50  und  99  bekannt,  die  die  obige  Auffassung  bestätigen.  Xach 
dem  Berliner  Text  wird  im  J.  41/2  n.  Chr.  gerechnet  nach  apY'Jp^o[i)] 
[ejTrcai^fiofu]  xai^ccXalou  xal  nToXaifjieaLxou  v[o[Jiia](iaTO?,  und  in 
den  Texten  aus  Oxyrhynchos  vom  J.  55,  86  und  100  n.  Chr.  wird 
nach  y^aXxoö,  resp.  yjx,X%o\j  Tipö;  ocp^fup'.ov  gerechnet,  worin  die 
Herausgeber  S.  78  offenbar  mit  Recht  ptolemäisches  Geld  erkennen. 

Ehe  wir  zur  Erklärung  der  Münzbestimmungen  in  den  Urkunden 
übergehen,  vergegenwärtigen  wir  uns,  welche  Nominale  von  Tiberius 
an  bis  auf  die  Diocletianisch-Constantinische  Reform  in  Aegypten 
geprägt  worden  sind.  Es  wird  sich  empfehlen,  von  den  erhaltenen 
Münzstücken  auszugehen,  da  die  Beschreibungen  in  den  Urkunden 
vielfach  zweideutig  sind.  Auf  meine  Frage,  ob  die  Kaiser  in 
Aegypten  Obolen,  resp.  Triobolen,  Tetrobolen,  Pentobolen  in  Billon 
geprägt  haben,  wie  es  nach  einzelnen  Urkunden  den  Anschein  hatte 
antwortete  mir  mein  Freund  Pick: 

„Die  Frage  ist  mit  einem  einfachen  nein  zu  beantworten. 
Die  kaiserliche  Billonprägung  in  Aegypten  beschränkt  sich  auf  die 
sogenannten  Tetradrachmen.  Nur  von  Claudius  giebt  es  aus 
seinem  dritten  Jahre  auch  zwei  kleinere  Nominale,  welche  Hälften 


CPR  I  12:  TÖxou  jiv^  dpyup'.xwv  oßoXwv  xsoaaptov.  BGU  362  XV  4: 
TÖxtp  Tp'.CDßoXsitp  dpyup'.xw.  Dem  Wortlaut  nach  würde  sieh  ergeben,  dass  es 
auch  Billonobolen ,  resp.  Billontriobolen  gegeben  habe.  Ich  bin  Grenfell  sehr 
dankbar,  dass  er  mich  auf  die  sachliche  Unmöglichkeit  dieser  Deutung  hin- 
gewiesen und  mich  dadurch  vor  vielen  Missverständnissen  bewahrt  hat.  Seine 
Einwendungen  wurden  mir  von  Pick  bestätigt  und  weiter  ausgeführt.  Auch 
meine  flüchtige  Durchsicht  der  alexandrinischen  Münzen  des  Berliner  Cabinets, 
bei  der  Herr  Dr.  Gäbler  mich  freundlichst  unterstützte,  bestätigte  mir  ihre  Aus- 
führungen.   Die  richtige  Deutung  der  obigen  AVertc  s.  unten. 


730 


X.  KAPITEL. 


und  Viertel  des  gewöhnlichen  Nominals  sein  dürften,  also  Didraehmen 
und  Drachmen.  Ich  kenne  allerdings  davon  nur  Beschreibungen 
ohne  Gewichtsangabe,  aber  nach  dem  Durchmesser  scheint  meine 
Auffassung  passend  zu  sein.    Es  sind  die  folgenden  Stücke: 

1)  mit  zwei  Füllhörnern  und  den  Köpfen  der  kaiserlichen 
Kinder  Antonia,  Octavia  und  Britanniens  (Feuardent,  Cat.  Dimitrio 
656,  pl.  Xni;  Brit.  Mus.  Cat.  Alexandria  9,68;  Mionnet  6,  56,  96). 

2)  mit  dem  Brustbild  des  Sarapis  (Feuardent  609;  Brit. 
Mus.  10,  78;  Mionnet  6,  56,  95;  Fabretti  Cat.  Tur.  Mus.  6107). 
Fabretti  giebt  kein  Gewicht  an,  bezeichnet  das  Stück  aber  wie  ich 
als  „drachma". 

Eine  dauernde  Bedeutung  hat  die  Prägung  dieser  Didraehmen 
und  Drachmen  nicht;  es  handelt  sich  wohl  um  einen  Versuch  des 
Claudius,  kleinere  Nominale  in  Billon  einzuführen,  der  aber  nicht 
wiederholt  worden  ist;  man  muss  sich  also  anders  geholfen  haben. 
Es  ist  ganz  sicher,  dass  keine  späteren  Prägungen  dieser  Art  bekannt 
sind.  Die  Stücke  des  Claudius  selbst  sind  ziemlich  selten  und 
können  nicht  lange  circulirt  haben." 

Hieran  sei  sogleich  angeschlossen,  was  Pick  mir  auf  die  weitere 
Frage,  ob  er  Kupferdrachmen  kaiserlicher  Prägung  nachweisen  könne, 
geantwortet  hat: 

„Die  Frage  kann  ich  nicht  so  bestimmt  beantworten.  Wenn 
man  unter  den  vorhandenen  Münzen  eine  finden  will,  die  als  die 
Kupferdrachme  gegolten  haben  könnte,  so  bietet  sich  dafür  meines 
Erachtens  nur  ein  Nominal,  nämlich  die  ganz  grosse  Kupfermünze, 
die  von  Vespasian  eingeführt  und  bis  Commodus  geprägt  wurde. 
Ihr  Vorbild  ist  offenbar  der  römische  Kupfer-  (oder  vielmehr  Messing-) 
Sesterz,  dessen  Wert  gleich  Denar  war.  Da  nun  der  Silberwert  des 
aegyptischen  Tetradrachmon  in  der  besseren  Zeit  gleich  1  Denar  war, 
so  könnte  diese  Kupfermünze  im  Werte  von  ^  Denar  gleich  ^  Tetra- 
drachmon, d.  h.  also  gleich  1  Drachme  gesetzt  werden."  Nach  einer 
späteren  Zuschrift  Pick's  ist  ihm  nach  weiterer  Prüfung  die  Ansetzung 
jener  grossen  Kupfermünze  als  Kupferdrachme  noch  sicherer  geworden. 

Fragen  wir  auf  Grund  dieses  numismatischen  Befundes,  in 
welchen  Metallen  thatsächlich  die  Zahlungen  unserer  Ostraka  erfolgt 
sind,  so  wird  die  Beantwortung  dadurch  sehr  erschwert,  dass  die 
Quittungsschreiber  vielfach,  ja  meist  das  Metall  nicht  erwähnen. 
Wollen  sie  eine  Zahlung  ausdrücklich   als  Billonzahlung  charak- 


I.   DIE  MÜNZEN. 


731 


terisiren,  so  wird  apYUpLGU  oder  ocpyjpio'j  (5'j7:apGO  vor  die  Summe 
gesetzt. 

Die  Obolen  werden  niemals  ausdrücklich  als  „kupferne"  be- 
zeichnet. Da  es  nach  Obigem  nur  Kupferobolen,  nicht  Billonobolen 
gab,  so  war  das  Fortlassen  der  Metallbestimmung  selbstverständlich. 
Wenn  in  P.  Lond.  CGCLXXX  )(aXxiv(.  .)  =  gezahlt  wird,  so  möchte 
ich  das  daher  nicht  als  yoLkvhoMC^  oßoXo'j^  t:£VT£,  sondern  lieber  als 
yoLXvlvriv  o'^oXobc,  ttIvts  =  1  Kupferdrachme  5  Obolen  fassen. 

Nicht  selten  werden  die  Obolen  als  Scheidemünze,  xlpjia,  be- 
zeichnet. Vgl.  468,  505,  506,  509,  517,  529,  553,  572,  581,  592, 
1247.  Wenn  es  in  505,  506,  529,  581  heisst:  j5u7:(apoö)  ^  xeaaapa^ 
X£p([AaT05)  h  oder  ähnlich,  so  wird  damit  gemeint  sein,  dass  1  Billon- 
tetradrachmon  und  ausserdem  so  und  so  ^dele  Obolen  gezahlt  sind. 
In  anderen  Fällen  steht  auch  vor  Obolensummen  puTcapoö.  Vgl. 
127,  131,  132  (je  10  Obolen),  164  (6  Obolen),  479  (40  Obolen), 
1564  (55  Obolen),  1568  (8  Obolen).  Gelegentlich  werden  auch  die 
Kupferdrachmen  als  x£p[ia  bezeichnet.   Vgl.  512,  568,  1413. 

Damit  sind  die  in  der  Ostraka  vorkommenden  Beispiele  von 
genaueren  Angaben  über  die  Art  der  Münzen  im  WesentKchen 
erschöpft.  In  den  meisten  Fällen  fehlt,  wie  gesagt,  eine  genauere 
Charakterisirung  völlig. 

Nach  dem  Münzbefund  wissen  wir  nun,  dass  es  Nominale  in 
Billon  in  der  Regel  nur  im  Betrage  von  4  Drachmen  gegeben  hat. 
Mir  sind  in  unserer  Sammlung  nur  zwei  Fälle  bekannt,  wo  Drachmen- 
beträge unter  dem  Tetradrachmon  ausdrücklich  als  in  Billon  gezahlt 
bezeichnet  werden.  Vgl.  1391:  äpY(upcou)  ^'j7i(apoö)  ^  pti'av;  1556: 
dpY(Dptou)  \  huo  Tpi6j3o(Xov).  Da  die  erstere  Urkunde  in  die  Zeit 
des  Nero,  die  zweite  in  die  des  Claudius  gehört,  so  wird  man  hierin 
vielleicht  jene  kleineren  Nominale  wiedererkennen  dürfen,  die  Pick 
oben  gerade  als  Claudische  Prägung  von  vorübergehender  Bedeutung 
nachgewiesen  hat. 

Von  diesen  Ausnahmen  abgesehen  können  die  Beträge  unter 
4  Drachmen  wohl  nur  auf  folgende  zwei  Arten  gezahlt  worden  sein. 
Entweder  gab  man  ein  Billon -Tetradrachmon  in  Zahlung  und  er- 
hielt die  Differenz  in  Kupfer  zurück,  oder  aber  man  zahlte  von 
vornherein  in  Kupfer,  und  zwar  in  Kupferobolen,  resp.  ihren  Viel- 
fachen. Nach  Pick's  Ausführungen  wird  man  von  Vespasian  an 
auch  an  Kupferdrachmen  im  Werte  von  6  Obolen  denken  dürfen. 


732 


X.  KAPITEL. 


Es  waren  also  —  wenigstens  bis  auf  Vespasian  —  ganz  ähn- 
liche Zustände  wiedergekehrt,  wie  sie  im  III.  Jahrh.  vor  Chr.  vor 
Epiphanes  bestanden  hatten.  Die  Urkunden  lehren  uns  nun,  und 
darin  ergänzen  sie  die  aus  den  Münzen  zu  gewinnenden  Resultate, 
dass  ähnlich  wie  damals  nur  bei  den  izpoc,  yjxXv.ov  vergebenen  Steuern 
24  Obolen  für  einen  Stater  angenommen  wurden,  sonst  aber  ein  Agio 
zu  zahlen  war,  so  auch  in  der  Kaiserzeit  ein  Aufgeld  erforderlich 
war,  wenn  Kupferobolen  statt  Billon  gezahlt  Avurde.  Das  ergab  sich 
mir  schon  aus  dem  Ostrakon  1302,  wo  sich  folgende  Gleichung 
findet:  für  14  Knaben  je  5  Obolen  =  10  Drachmen.  Da  14  X  5 
=  70,  so  sind  hier  70  Obolen  =  10  Dr.  gesetzt,  oder  1  Dr.  =  7  Ob. 
Hier  wird  also  bei  Zahlungen  mit  Kupferobolen  statt  Billon  für  die 
Drachme  1  Kupferobol  als  Agio  berechnet,  so  dass  nicht  24,  sondern 
28  Obolen  auf  die  Billontetradrachme  gehen.  Derselbe  Satz  liegt 
auch  in  den  anderen  Posten  dieser  Rechnung  zu  Grunde.  Für 
3  Männer  je  10  Obolen  =  7  Dr.  2  Obolen.  Für  2  Männer  je 
9  Ob.  =  2  Dr.  4  Ob.  Ueberall  sind  7  Obolen  auf  1  Drachme 
gerechnet. 

Etwa  dasselbe  Verhältnis  liegt  auch  in  den  arsinoitischen  Tempel- 
rechnungen vom  J.  215  vor.  Da  heisst  es  (BGU  362  p.  VIII  4 ff.): 
für  3  Zimmerleute  je  18  Kupferobolen  =  7  Dr.  4  Obol.  Nach  dem 
Satz  1  Dr.  =  7  Ob.,  würde  es  vielmehr  7  Dr.  5  Ob.  ergeben  (3X18 
=  54).  Ungefähr  dasselbe  Verhältnis  liegt  auch  in  dem  darauf 
folgenden  Posten  vor:  für  6  Knaben  je  10  Obolen  =  8  Dr.  2  Ob. 

Zu  diesem  dürftigen  Material  kam  durch  die  sorgfältige  Publi- 
cation  des  Pap.  Lond.  CXXXI  Recto  durch  Friedrich  Kenyon  eine 
ausserordentlich  wichtige  Quelle  hinzu.  Es  ist  dies  das  berühmte 
Wirtschaftsbuch  aus  dem  Hermopolitischen  Gau,  vom  J.  78  und  79 
n.  Chr.,  auf  dessen  Rückseite  Aristoteles'  'A'ö-r^vaiwv  TioXiTeca  ge- 
schrieben steht. ^)  Was  uns  hier  vorliegt,  ist  ein  umfangreiches 
Fragment  (637  +  94  =  731  Zeilen)  aus  den  vom  Gutsverwalter 


^)  Vgl.  dazu  Gött.  GA  1894  S.  742,  wo  übrigens  Z.  18  „Kupferdrachmen" 
Druckfehler  für  „Kupferobolen"  war.  Während  der  Arbeit  erhielt  ich  durch 
die  Güte  des  Verfassers  die  wertvolle  Arbeit  von  W.  Kubitschek,  Eundschau 
über  ein  Quinquennium  der  antiken  Numismatik  (1890 — 1894),  Wien  1896,  in 
der  auch  er  die  wichtigen  Aufschlüsse  des  Papyrus  über  das  Verhältnis  des 
Kupfers  zum  Silber  dargelegt  hat.  Was  ich  a.  a.  O.  über  die  l^ößoXoi  gesagt 
habe,  muss  ich  zurücknehmen.    Erneutes  Studium  der  betreffenden  Stellen  sowie 


I.  DIE  MÜNZEN. 


733 


Didymos,  dem  Sohne  des  Aspasios,  im  Auftrage  des  Gutsherrn 
Epimachos,  des  Polydeukes'  Sohn,  geführten  Büchern  über  Ein- 
nahmen und  Ausgaben  der  ihm  unterstellten  Wirtschaft,  soweit 
sie  in  Geld  erfolgt  sind  —  also  ein  apyjpLXG;  16^(oz  (Z.  2).  Da- 
neben ist  natürlich  ein  aiTixo;  oder  y^vixo;  Acycc  geführt  worden, 
über  Einnahmen  und  Ausgaben  in  Naturalien;  dieser  ist  uns  abei« 
nicht  erhalten.  1)  Das  Wirtschaftsbuch  ist  in  folgender  Weise  an- 
gelegt. Zuerst  werden  die  Xr^\L\ioL'ZOc,  dann  die  avaA(i)[JLaTa  gebucht. 
Am  Ende  einer  jeden  Columne  werden  die  Einzelposten  zusammen- 
addirt.  Am  Schluss  der  Monatsrechnung  findet  dann  die  Schluss- 
rechnung statt,  in  der  die  Einnahmen  und  Ausgaben  gegen  einander 
verrechnet  werden  und  der  Ueberschuss  ly^oyoc)  festgestellt  wird. 
Uns  interessirt  hier  nur,  was  der  Papyrus  über  das  Münzwesen 
lehrt.  Der  Hauptwert  des  Textes  liegt  darin,  dass  er  uns  zeigt,  wie 
im  praktischen  Leben  Billon-  und  Kupfermünzen  neben  einander 
verwendet  und  gegen  einander  verrechnet  wurden. 

Der  Buchführer  befolgt  die  Praxis,  alle  höheren  Beträge  von 
Kupferobolen  zunächst  auf  eine  Kupferdrachme  von  6  Kupferobolen 
zu  reduciren  und  sie  in  dieser  Gestalt  am  Ende  der  einzelnen  Posten 
aufzuführen. 2)  Am  Schluss  der  Columnen,  und  ebenso  am  Schluss 
der  gesammten  Monatsrechnung,  zählt  er  zusammen,  wieviel  Billon- 
drachmen  und  wieviel  Kupferdrachmen  vorher  aufgeführt  sind.  Nach- 
dem nach  dieser  Methode  alle  Obolen,  die  im  Laufe  des  Monats 
ausgegeben  sind,  zusammenaddirt  sind,  werden  sie  zum  Schluss  in 

neues  Material  haben  mich  von  der  Irrigkeit  überzeugt,  und  ich  habe  dalier, 
bereits  in  den  Corrigenda  des  II.  Bandes  unserer  BGU  bemerkt,  dass  die  Hex- 
obolen  in  dem  dort  angegebenen  Sinne  überall  zu  streichen  sind.  Es  ist  viel- 
mehr an  den  betreffenden  Stellen  dßoXwv  zu  lesen.  So  in  BGU  362  Till  3 ; 
P.  Lond.  CXXXI  R.  530  und  531,  auch  in  unserer  Xr.  1302.  In  BGU  220,  14 
ist  g  dinoL  Ig  ößoX(ol)  8exa  zu  lesen.  Jenes  sx  begegnet  auch  sonst  sehr 
häufig  bei  Preisangaben,  Taxirungen  u.  s.  \v.  Vgl.  P.  Grcnf.  (I)  22,  11,  wo 
150  Artaben  ex  SpaXfiwv  1200  erwähnt  werden. 

So  heisst  es  in  BGU  14  II  2 :  Xöyos  dpY'jp'.xd^  XrjiajiaTWv  xal  dvaXtü- 
jiditüv  6cp'  cv  xal  YSvixög.  Letzteres  bedeutet:  „Nach  dieser  Abrechnung  über 
die  Geldwirtschaft  kommt  die  über  die  Naturalwirtschaft".  Ein  Hinweis  auf 
diesen  Xöyo;  z'.z;y.6c,  findet  sich  in  dem  Londinensis  615  f.,  wo  es  von  der  Miete 
für  einen  Wagen  heisst:  xöv  5^  [iiaO-dv  §S£'.  £v  xp'.9-(^).    Vgl.  Kap.  VII. 

^)  Nur  selten  hat  er  diese  Reduction  schon  vorher  vorgenommen.  So 
Z.  338  und  346,  wo  er  beide  Male  nach  seiner  sonstigen  Gewohnheit  statt  a  = 
vielmehr  öß(oXoug)  if]  hätte  sagen  müssen. 


734 


X.  KAPITEL. 


Billongeld  umgereclinet.  Dass  der  Buchführer  die  Obolenbeträge 
auf  dem  Umwege  der  Kupferdrachmen  in  Billongeld  umrechnet,  thut 
er  lediglich  aus  praktischen  Gründen.  Es  ist  ihm  so  bequemer,  als 
jeden  einzelnen  Kupferobolenbetrag  in  Billon  umzurechnen. 

Dass  diese  Umrechnung  klar  und  deutlich  vor  unseren  Augen 
vollzogen  wird,  darin  liegt  der  Hauptwert  dieser  Urkunde.  Ich  will 
ein  Beispiel  hierher  stellen.   Z.  350 ff.: 

/  dvy]Xto[ia(Ta)  toö  {jltjvo^  Neou  S£ßaa'co(ö) 

apY(i)pcoi))  2_  aoß  x(al)  xa(Xxoö)  2-  pi^  p,  oCi  dpY(i)ptoi))  fhc,  tü)(v) 

2L  S  (5ß(oX(I)v)  XYj  2_  p  /  ETzl  TO  a(uT6)  dvyjX((i)|jia)  toö  [irj(v6^) 

dpyfuptou)  2.  Toß. 

„Das  macht  an  Ausgaben  für  den  Monat  Neos  Sebastos 
(=  Hathyr)  in  Billon  Drachmen  272  und  in  Kupfer  Drachmen  116 
Obolen  4.  Letztere  sind  in  Billon,  wenn  man  auf  4  (Billon) drachmen 

28  Obolen  rechnet,  100  Dr.  Das  macht  zusammen  —  in  Billon 
372  Drachmen". 

Dieser  Umrechnung  liegt  der  Satz  zu  Grunde:  1  Billon-Tetra- 
drachmon  =  28  Kupferobolen.  Derselbe  Ours  ist  auch  beim  Tybi 
notirt  (Z.  447). 2)  Dagegen  ist  beim  Monat  Sebastos  (Z.  167)  und 
Phamenoth  (CXXXI*  18)  der  Curs  zu  29  Obolen  für  das  Tetra- 
drachmon  berechnet.  Im  Pharmuthi  aber  begegnen  beide  Curse 
neben  einander.  Da  werden  von  der  Gesammtsumme  von  231  Dr. 
und  3  Ob.  68  Drachmen  und  4  Obolen  zu  28,  und  163  Dr.  zu 

29  Obolen  gerechnet. 

Es  sei  hervorgehoben,  dass  formell  die  Umrechnung  aus  dem 
einen  Metall  in  das  andere  hier  nach  derselben  Methode  erfolgt  wie 
im  III.  Jahrh.  vor  Chr.  Im  Revenue -Papyrus  hiess  es  (s.  oben): 
wir  nehmen  auf  1  Stater  (=  4  Silberdrachmen)  24  (Kupfer) obolen. 
So  heisst's  auch  hier:  auf  4  Drachmen  werden  so  und  so  viele  Obolen 
gerechnet. 

Auch  sachlich  ist  der  Unterschied,  was  das  Verhältnis  der  Me- 
talle zu  einander  betrifft,  nicht  bedeutend.  Für  das  III.  und  II.  Jahrh. 
vor  Chr.  haben  wir  oben  einen  Curs  von  26^  Kupferobolen  für  das 
Tetradrachmon  nachgewiesen.    Hier  zur  Zeit  Vespasian's  beträgt  er 

^)  Nur  selten  hat  er  diese  Reduetion  schon  vorher  vorgenommen.  So  in 
Z.  417,  420.   Vgl.  auch  Z.  373  und  dazu  Kenyon's  Anmerkung. 

^)  Auch  sonst  liegt  es  bei  den  einzelnen  Umrechnungen  vor.  Vgl.  Z.  373, 
417,  554,  555,  558. 


I.  DIE  MÜNZEN. 


735 


28  oder  29  Obolen.  Das  Kupfergeld  in  der  Kaiserzeit  hat  also 
einen  wenn  auch  nur  unbedeutend  geringeren  Wert  dem  Silber  gegen- 
über als  in  der  Ptolemäerzeit,  oder  mit  anderen  Worten,  das  Silber- 
geld der  Kaiserzeit,  wiewohl  es  nur  schlechtes  Billon  ist,  hält  sich 
dem  Kupfer  gegenüber  besser  im  Curs  als  das  der  Ptolemäerzeit.  Aber 
die  Differenzen  sind  doch  recht  geringe.  Der  Curs  von  28  Obolen  liegt 
auch  in  Nr.  1302  aus  dem  II.  Jahrhundert  vor,  wo,  wie  wir  oben 
sahen,  7  Obolen  auf  1  Drachme  gerechnet  wurde.  Und  auch  noch 
zur  Zeit  Caracalla's  ist  durch  die  arsinoitischen  Tempelrechnungen 
derselbe  Curs  bezeugt  (s.  oben).  So  lässt  sich  durch  Jahrhunderte 
hindurch  eine  grosse  Stabilität  constatiren. 

Diese  Ergebnisse  wurden  soeben  durch  die  metrologischen  Zu- 
sammenstellungen aus  Oxyrhynchos  bestätigt,  die  Grenfell-Hunt  als 
P.  Oxyr.  I.  IX  Verso  (III/IV  Jahrh.  n.  Chr.)  edirt  haben.  Da^  heisst 
es:  ly^L  yjxXrAzbn^  o^oXobq  cf  ,  .  .  lyj.i  Spayjxr]  b^oXohc,  iTüia  ^.  Die 
yjxXY.iyri  werden  wir  mit  Pick  wahrscheinlich  als  Münze,  die  5pay^[n^ 
dagegen  als  Rechnungseinheit  zu  fassen  haben.  Auch  hier  werden 
7  Obolen  auf  die  Billondrachme  gerechnet,  während  6  Obolen  auf 
die  Kupferdrachme  gehen. 

Nach  dem  Vorstehenden  müssen  auch  die  oben  citirten  Worte 
Toxo'j  T'5'  [JLva  dpyupixwv  oßoXwv  Tsaaapwv  (CPR  I  12)  und  Toxto 
TpiwßoXeiü)  apYDpLXw  (BGU  362)  ihre  Erklärung  finden.  Da  es 
Billonobolen  nicht  gegeben  hat,  kann  wohl  nur  gemeint  sein,  dass 
die  Zahlung  der  Zinsen  in  Billon  zu  erfolgen  habe,  so  dass  also  bei 
eventuellen  Kupferzahlungen  7,  nicht  6  Obolen  auf  die  Drachme  ge- 
zählt werden  sollten. 

Wenden  wir  uns  zum  Schluss  wieder  den  Steuern  zu.  Es 
drängt  sich  die  Frage  auf,  ob  auch  in  der  Kaiserzeit  wie  in  der 
Ptolemäerzeit  die  einen  Steuern  TZpbq  apyupioy,  die  anderen  TZpbq 
yjxXy.ow  erhoben  wurden,  mit  anderen  Worten,  ob  es  Steuern  gab, 
die  normal  in  Kupferobolen,  für  die  dann  kein  Agio  gefordert  wurde, 
zahlbar  waren.  Mir  scheint  unser  Material  noch  zu  gering,  um  auf 
inductivem  Wege  diese  Frage  mit  Sicherheit  zu  beantworten.  Einige 
Einzelheiten  seien  hervorgehoben.  Aus  1247  geht  vielleicht  hervor, 
dass  die  Abgabe  für  die  '/.\JW^yezly.o^  bopoLxa.  in  Kupfer  ohne  Agio 
(Tzpbq  yaXxov)  zu  zahlen  war.  Da  werden  die  für  diese  Steuer  ge- 
zahlten x£p([iaTO?)  6ß(oXol)  cf  mit  dem  vorhergehenden  Posten 
§\JTz(<xpac,)  SpaxCfia^)  p.^av  =     zusammenaddirt  zu  L  ß  =  /.  Hier 


736 


X.  KAPITEL. 


sind  also  die  6  Obolen  als  1  Drachme  angesetzt.  Andrerseits  folgt 
-sdelleicht  aus  604,  dass  der  [xepiafio^  av^  5?^pOG  apyup'.ov"  vergeben 
war,  denn  die  oßoXol  c;'  sind  hier  nicht  zu  den  vorhergehenden 
2  Drachmen  als  1  Drachme  hinzugezählt.  Also  machten  hier  erst 
7  Obolen  die  Drachme  aus.  Endlich  zeigt  P.  Oxyr.  I  99,  dass  das 
eyxuxXcov  in  der  Kaiserzeit  izpbc,  Scpy()pLoy  verpachtet  war;  die 
Zahlung  an  die  Bank  erfolgt  in  )(aXx(oö)  npbq  apyCup'.ov),  worunter 
ptolemäisches  Kupfergeld  zu  verstehen  ist  (vgl.  oben  S.  729).  Dass 
ich  oben  S.  721  diesen  Ausdruck  mit  Recht  auf  Zahlungen  bezogen 
habe,  die  eigentlich  in  Silber  erfolgen  sollten,  für  die  also  ein  Auf- 
geld nötig  war,  bestätigt  jetzt  dieser  neue  Text.  Denn  wenn  ausser 
der  Steuersumme  gezahlt  wird  in'.hexo(,(TO .)  gTa(  )  (6pa)((xag)  [  .  •  . 
(Gr.  H.),  so  ist  das  doch  wohl  in  £7iL5£xa(TOu)  az(x(zfipoc,)  auf- 
zulösen, und  damit  wird  das  für  den  Stater  zu  lO^/o  berechnete 
Aufgeld  gemeint  sein. 

Dass  die  Kaiser  ebenso  wie  die  Ptolemäer  den  Zahlungsmodus 
der  Steuern  bis  in's  Einzelne  geregelt  haben,  unterliegt  keinem 
Zweifel.  Man  denke  z.  B.  nur  an  die  hierauf  bezüglichen  Be- 
stimmungen im  palmyrenischen  Steuertarif  ^)  Hoffentlich  werden 
wir  durch  weiteres  Material  einen  Einblick  in  diese  Regelung  ge- 
winnen. 

Ich  sagte  oben,  dass  auch  in  der  Kaiserzeit  Aegypten  seine 
eigene  Münze  behalten  habe.  Nichts  desto  weniger  hat  natürlich  auch 
hier  römische  Reichsmünze  cursirt,  doch  wird  sie  sich  auf  die  rö- 
mischen Kreise  im  Wesentlichen  beschränkt  haben.  Einen  interessan- 
ten Beleg  dafür  bieten  die  Ostraka  aus  Pselkis,  die  einem  römischen 
Lager  entstammen.  In  denjenigen  Quittungen  aus  Pselkis,  die  nicht 
von  Natural-,  sondern  von  Geldlieferungen  handeln,  Nr.  1128,  1142 
und  1265,  wird  überall  nicht  nach  Drachmen,  sondern  nach  Denaren 
gerechnet.  In  1128  quittirt  ein  römischer  Soldat  über  den  Empfang 
von  6yjvapia  kizToc  xal  d^oXobq  el'xoat,  in  1265  ein  eben  solcher 
über  6yjvapia  huo  ößoXol  öxxw.  Hier  ist  also  neben  den  römischen 
Denaren,  die  bekanntlich  den  Tetradrachmen  gleichstehen,  die 
provinziale  Kupfermünze  in  Gebrauch. 

^)  Dessau,  Hermes  XIX  S.  519  f.  So  hatte  Germanicus  für  Syrien  be- 
stimmt, dass  die  Steuern  in  italischen  Assen  (npoc,  daaap'.ov  tTa[Xi.%öv])  erhoben 
und  nur  die  Beträge  unter  einem  Denar  (svxös  ÖTjvaptou)  in  der  provinzialen 
Scheidemünze  (xep|xa)  eingefordert  werden  sollten. 


I.  DIE  MÜNZEN. 


737 


Ausserdem  begegnet  die  DenarreclinuDg  in  unserer  Sammlung 
nur  noch  in  Nr.  1169  und  1170,  Abrechnungen  aus  dem  II./III.  Jahrh. 
n.  Chr.  (aus  Theben),  in  denen  Tagelöhne  für  Männer  und  Frauen 
aufgezählt  werden.  Eine  Erklärung  dafür,  weshalb  hier  römische 
Rechnung  ist,  wird  durch  die  Texte  nicht  an  die  Hand  gegeben. 
Ich  möchte  annehmen,  dass  der  Arbeitsgeber  ein  Römer  war,  der 
mit  römischem  Gelde  zu  wirtschaften  gewohnt  war.  Der  Denar  ist 
in  beiden  Texten  durch  die  bekannte  Sigle  ){<  bezeichnet.  Wie  in  Pselkis 
auf  die  Denare  Obolen  folgen,  so  folgen  auch  hier  weitere  Summen, 
doch  steht  davor  nicht  die  Sigle  für  d^oXoc,  ( — ),  sondern  merkwürdiger 
"Weise  die  Sigle  p,  die  uns  sonst  als  iSTpwjSoXov  bekannt  ist.  Wenn 
man  es  nicht  für  glaublich  hält,  dass  der  Römer  mit  P  dasselbe 
gemeint  habe,  was  in  Pselkis  die  Soldaten  als  ößoXot  bezeichneten,  d.  h. 
den  Kupferobol,  so  wird  man  mit  Mommsen  annehmen  müssen, 
dass  hier  wirklich  mit  4  Obolen  (=  ^  Denaren)  gerechnet  wird. 

Für  das  Nebeneinander  der  Denar-  und  Drachmenrechnung  in 
römischen  und  griechischen  Kreisen  ist  sehr  lehrreich  ein  noch  un- 
publicirter  Papyrus  der  Bibliotheque  Nationale  zu  Paris,  den  ich 
1887  mit  M.  Omont's  freundlicher  Erlaubnis  copirte.  Er  stammt 
aus  Achmim  (Panopolis)  in  Oberaegypten  und  ist  vom  5.  Jahre 
(des  Septimius  Severus)  datirt.  Hier  wird  ein  Strafgeld  für  das 
Nichterscheinen  vor  Gericht  auf  250  Denare  festgesetzt:  6^T:^^y]'^i\Lr^w 
Tfj^  [a]7r£c0"'a?  auxöv  ei^eveyxeTy  Siaxoa'.a  7r£v[n^]y.ovTa  Srjvap'.a. 
Nach  Obigem  ist  a  priori  anzunehmen,  dass  diese  Bestimmung  von 
einem  römischen  Beamten  getroffen  ist.  Und  in  der  That  spricht 
Vieles  dafür,  dass  dieser  Text  eine  directe  Fortsetzung  des  im 
Hermes  XXIH  S.  593  von  mir  publicirten  Textes  ist,  mit  anderen 
Worten,  dass  die  oben  angeführte  Entscheidung  von  Claudius  Diognetos, 
dem  procurator  Augusti,  getroffen  ist.  Es  ist  nun  interessant  zu  sehen, 
dass  in  der  darauf  folgenden  Bemerkung,  die  von  dem  Strategos  des 
Gaues  herzurühren  scheint,  statt  von  250  Denaren  vielmehr  von 
1000  Drachmen  die  Rede  ist.  Wir  sehen  also:  die  römischen  Be- 
amten rechneten  mit  Denaren,  aber  im  praktischen  Verkehr  mit  den 
Griechen  und  Aegyptern  wurden  diese  Denare  nach  dem  bekannten 
Satze  1  Denar  =  4  Drachmen  stillschweigend  in  die  landesübliche 
Drachmenrechnung  umgesetzt. 

Endlich  bietet  unsere  Sammlung  auch  einige  Beispiele  für  die 
durch  Constantin   geschaffene  Neuordnung  des  Münzwesens.  Vgl. 

WiLCKEN,  Ostraka.  4^7 


738 


X.  KAPITEL. 


Nr.  1224,  1225,  1606,  1607,  die  sämmtlich  aus  dem  V.— VII.  Jahrh. 
n.  Chr.  stammen.  Hier  wird  nach  vo{XLa|jiaTa  (=  Solidi)  und  zepaica 
(=  Siliquae)  gerechnet.  Die  Texte  bieten  für  die  Münzgeschichte 
nichts,  das  nicht  durch  andere  Urkunden  bekannt  wäre. 

II.  Die  Masse. 

A.  Trockenmasse. 

Als  das  übliche  Getreidemass  Aegyptens  erscheint  in  den 
Ostraka,  übereinstimmend  mit  den  Papyri,  während  der  ptolemäischen, 
römischen  und  byzantinischen  Zeit  die  Artabe.  Von  dem  Medimnos, 
den  Hultsch^),  gestützt  auf  Script,  metr.  I  258  §  5,  als  „das  Haupt- 
maass  des  Trocknen"  für  die  Ptolemäerzeit  constatirt,  habe  ich  bis- 
her urkundlich  keine  Spur  finden  können;  vielmehr  nennen  auch  die 
Papyri  und  Inschriften  immer  nur  die  Artabe  und  ihre  Teile.  Den 
Medimnos  setzt  der  metrologische  Autor  a.  a.  O.  auf  2  „alte  ptole- 
mäische"  Artaben  an.    Vgl.  auch  P.  Oxyr.  I  9  Verso  9. 

Vorausgeschickt  sei  ein  Wort  über  den  Namen  apTaßyj.  Soweit 
ich  die  metrologische  Literatur  überblicke,  scheint  man  allgemein 
die  Artabe  für  ein  altaegyptisches  Mass  zu  halten,  wenigstens 
spricht  man  überall  auch  von  „Artaben"  der  Pharaonenzeit.  Man 
stützt  sich  auf  die  Erklärung  des  Epiphanios  (Script,  metr.  I  272) : 
apxaßy]  he  Ix^Yj-ö-y]  äizb  zou  Tiap'  Aiyunzloiq  <^£)>pToß,  sowie  darauf, 
dass  sich  der  Name  im  Koptischen  als  epTCOB  und  efTOB  er- 
halten hat.'^)  Dagegen  ist  zu  sagen,  dass  das  koptische  Wort,  auf 
das  sich  Epiphanios  bezieht,  ein  unaegyptisches  Wort  ist^),  das  nichts 
als  eine  durch  das  Griechische  vermittelte  Transscription  eines  per- 
sischen Wortes  darstellt.    Aus  Herodot  I  192  wissen  wir,  dass  die 


1)  Griech.  u.  röm.  Metrologie.  2.  Aufl.  1882  S.  G24,  im  Folgenden  kurz 
als  „Metrologie"  citirt.  Ich  brauche  nicht  zu  sagen,  dass  auch  ich,  wie  so  Viele 
vor  mir,  durch  dieses  verdienstvolle  "Werk  in  das  schwierige  Gebiet  eingeführt 
worden  bin. 

Metrologie  S.  366  flf. 

3)  W.  A.  Schmidt  (d.  griech.  Papyrusurk.  1842  S.  221)  hat  epTOn  aus 
dem  Koptischen  als  „Kubikfuss"  erklärt.  Das  schwebt  ebenso  in  der  Luft  Avie 
seine  anderen  koptischen  Etymologien. 


n.  DIE  MASSE. 


739 


Artabe  ein  [lexpov  üepaixov  war.^)  Wir  sehen  ferner  aus  Polyän 
IV  3,  32,  dass  diese  medisehe  Artabe,  wie  er  sie  nennt,  in  -J,  ^,  ^, 
A  teilbar  ist.  Das  ist  aber  genau  dieselbe  Gliederung,  die  wir 
unten  für  die  ptolemäische  und  römische  Artabe  nachweisen  werden, 
während  die  alten  aegyptischen  Fruchtmasse  der  Pharaonenzeit  ent- 
weder dekadisch  oder  aber  dyadisch  in  |,  ^,  ^i^,  -^^y  ^te.  ge- 
teilt waren.  2)  Ich  möchte  daher  annehmen,  dass  die  Artabe,  d.  h. 
der  Name  dieses  Masses  und  seine  Gliederung,  erst  seit  der  per- 
sischen Occupation  in  Aegypten  heimisch  war^),  eine  Ansicht,  die 
ich  nachträglich  auch  von  Eugene  Revillout  (Revue  Egyptol.  II 
S.  197)  durch  andere  Ueberlegungen  bestätigt  finde.^) 

Was  die  Verwendung  der  Artabe  betrifil,  so  werden  in  unseren 
Ostraka  folgende  Naturalien  damit  gemessen:  Weizen  (wjpo^)  und 
Gerste  (xpL-ÖT^)  passim,  ferner  Bohnen  (x'ja{xoO,  vgl.  834,  1013,  Ge- 
müse QAyjxvo^i),  vgl.  858,  Sesam  (GrpoL\i.o^,  vgl.  763,  1520,  Saflor 
(xv^xo?),  vgl.  730,  1353,  Kroton  (xpoiwv,  die  Frucht  des  Kiki- 
baumes),  vgl.  727,  729,  737,  743,  1194.-^)  Für  die  Annahme  von 
Hultsch  (Metrologie  S.  624),  dass  man  mit  der  Artabe  sowohl 
Trockenes  als  Flüssiges  gemessen  habe,  bieten  weder  die  Ostraka 
einen  Beleg,  noch  die  sonstige  urkundliche  Tradition,  die  sie  gleich- 
falls  nur  als  Mass   für  Trockenes   kennt.    Wenn  Viereck  (Berl. 


^)  Weitere  Belege  bei  Sturz,  de  dialecto  Macedonica  1808.  S.  87. 

2)  Vgl.  Eisenlohr,  Mathem.  Handbuch  d.  alten  Aeg.  S.  11  f. 

^)  In  den  Hieroglyphen  bezeichnete  man  die  Artabe  in  der  Ptolemäerzeit 
mit  demselben  "Wort,  mit  dem  schon  im  Papyrus  Ehind  (II.  Jahrtausend  v.  Chr.) 
das  Getreidemass  benannt  war,  mit  hkt.  Vgl.  H.  Brugsch,  Die  Aegyptologie 
S.  378  f. 

■*)  Auch  der  alte  Sturz  a.  a.  O.  vertritt  die  richtige  Auffassung. 

^)  Neben  manchen  anderen  Producten  wurde  natürlich  auch  das  Salz  nach 
Artaben  vermessen.  Vgl.  Pap.  Leipz.  11  Kecto(sic)^  2:  &Xds  ~  a<P  S 
heisst:  „Für  Salz,  Artaben  1500  —  500  Drachmen".  Hier  kostet  also  die  Artabe 
Salz  i  Drachme  =  2  Obolen.  Dieser  Passus  ist  von  Wessely  (Ber.  der  Sachs. 
Ges.  Wiss.  1885,  S.  253  f.)  missverstanden  worden.  Er  liest  die  Stelle:  aXo; 
x'cp  und  bemerkt  dazu:  „Das  Salz  wird  hier  mit  dem  Kyphi  gemessen.  Als 
die  Römer  dem  ptolemäischen  System  der  Hohlmasse  ihren  Sextar  als  Mass  von 
2  Kotylen  hinzufügten,  wurde  auf  diesen  die  Benennung  Kyphi  (oder  Hin)  über- 
tragen". Das  geht  auf  die  verfehlten  Ausführungen  von  W.  A.  Schmidt  (die 
griech.  Papyrusurk.  1842  S.  257  ff.)  zurück.  Ein  Mass  Kyphi  ist  bisher  nicht 
erwiesen.  —  Vgl.  auch  Grenfell  (I)  29  (vom  J.  105  vor  Chr.)  Z.  fi:  aXdj 
dpxaßa;  II. 

47* 


740 


X.  KAPITEL. 


phil.  Woch.  1896  Nr.  52  Sp.  1652)  auf  Grund  von  Rev.  Pap.  39 

Oel  nach  Artaben  vermessen  sein  lässt,  so  ist  das  lediglich  ein  Irr- 
tum, der  auf  der  Verwechselung  der  Oele  mit  den  respectiven  Roh- 
producten  beruht.  Der  Text  spricht,  wie  auch  der  Herausgeber 
Grenfell  nicht  anders  angenommen  hat,  lediglich  von  der  Sesam- 
frucht, der  Krotonfrucht.  Dagegen  hat  im  Rev.  Pap.  55,  7  ff.  auch 
Grenfell  angenommen,  dass  die  Artabe  sich  auf  die  Oele  beziehe. 
Mit  Recht  sträubt  er  sich  gegen  diese  Annahme.  Es  liegt  aber  kein 
Irrtum  vor,  wie  er  meint,  vielmehr  ist  meines  Erachtehs  dieser  Stelle 
zu  entnehmen,  wieviel  Artaben  der  eiüzelnen  Fruchtsorten  dazu  ge- 
hörten, um  einen  Metretes  (39,39  Liter)  des  betreffenden  Oeles  her- 
zustellen. Danach  wurde  aus  5  Artaben  Kroton,  8  Artaben  Saflor, 
7  Artaben  Leinsamen,  12  Artaben  Kolokynth  je  1  Metretes  des 
betreffenden  Oeles  producirt.  Dass  diese  Deutung  ailch  sachlich 
möglich  ist,  bestätigte  mir  mein  verehrter  College,  Prof.  von  Rümcker, 
auf  Grund  von  Untersuchungen,  die  er  zu  diesem  Zwecke  in  der 
landwirtschaftlichen  Versuchsstation  hat  ausführen  lassen.  Also 
werden  auch  an  dieser  Stelle  des  Revenue -Papyrus  die  Früchte, 
nicht  die  Oele  nach  Artaben  gemessen. 

Wenige  Gebiete  werden  durch  die  neuerdings  zu  Tage  ge- 
kommenen PapjT-i  sowie  durch  unsere  Ostraka  so  bereichert,  wie 
gerade  dieser  Teil  der  Metrologie.  Vergegenwärtigen  wir  uns,  was 
bis  jetzt  über  die  Artabe  und  ihre  Teile  bekannt  war.  Wir  wussten, 
dass  die  Ptolemäer  die  bis  dahin  in  Aegypten  gebräuchliche  Artabe 
von  36,45  Litern  auf  den  Betrag  des  attischen  Metretes  von  39,39 
Litern  erhöht  haben,  und  nahmen  an,  dass  diese  Artabe,  die  von 
einem  metrologischen  Autor  4|  römischen  Modien  gleichgesetzt  wird, 
bis  auf  die  Kaiserzeit  das  übliche  Getreidemass  in  Aegypten  ge- 
wesen sei.  Es  war  ferner  bekannt,  dass  die  Römer  eine  neue  Re- 
duction  vorgenommen  haben,  indem  sie  eine  Artabe  =  3^  römischen 
Modien  =  29,18  Litern  einführten,  i)  Während  dies  wohl  ziemlich 
allgemein  angenommen  wurde,  gingen  die  Berechnungen  der  Unter- 
abteilung der  Artabe,  der  Choinix  ()(0CVl5),  weit  auseinander.  Manche 


1)  Vgl.  Script,  metrol.  I  S.  258,5  und  dazu  Hultsch,  Metrologie  S.  623  ff. 
Die  oben  auf  S.  412  behandelte  Notiz  des  Hieronymus  ad  Dan.  XI  5:  artabas, 
quae  mensura  tres  modios  et  tertiam  modii  partem  habet  scheint  bisher  über- 
sehen zu  sein. 


n.  DIE  MASSE. 


741 


setzten  sie  auf  -^-^  Artabe  fest,  so  Lumbroso  (Reeherches  S.  5), 
E.  Revillout  (Revue  Egyptol.  II  S.  169),  Brugseh  (Aeg}^tologie 
S.  381),  Andere  auf  so  Hultsch  (Metrologie  S.  105,  625).  Für 
alle  Einzelheiten  verweise  ich  auf  Hultsch's  Handbuch.  Die  neue 
Offenbarung,  die  uns  nun  durch  die  Urkunden  geworden  ist,  besteht 
in  der  Erkenntnis,  dass  sowohl  in  der  Ptolemäer-  wie  in  der  Kaiser- 
zeit nicht  nur  je  eine  Artabe  existirt  hat,  sondern  dass  mehrere,  an 
Umfang  von  einander  verschiedene,  neben  einander  in  Gebrauch  ge- 
wesen sind.  Für  die  Kaiserzeit  wies  ich  in  den  Gött.  GA.  1894 
S.  743 f.  drei  verschiedene  Artaben  nach,  die  neben  einander  an 
demselben  Orte  in  Geltung  waren,  und  Friedrich  Hultsch  errichtete 
auf  dieser  Basis  mit  sicherer  Hand  ein  metrologisches  System.^) 
Aber  auch  in  der  Ptolemäerzeit  war  es,  wie  wir  sehen  werden,  nicht 
anders;  auch  damals  gab  es  mehrere  Artaben  verschiedener  Grösse. 
„Artabe"  war  also  eine  allgemeine  Bezeichnung  für  ein 
Trockenmass,  das  an  der  Spitze  eines  Systemes  stand.  Die 
constante  Grösse  war  nicht,  wie  man  bisher  glaubte,  die 
Artabe,  sondern  die  Choinix.  Die  verschiedenen  Artaben  sind 
meines  Erachtens  nichts  als  verschiedene  Vielfache  von  so  und  so 
vielen  Choinikes.  Es  wird  also  nicht  darauf  ankommen  zu  zeigen, 
der  wievielste'  Bruchteil  der  Artabe  die  Choinix  ist,  sondern  um- 
gekehrt, wieviel  Choinikes  die  verschiedenen  Artaben  fassen.  So  hat 
sich  das  Problem  völlig  verschoben.  Es  soll  zunächst  unsere  Auf- 
gabe sein,  die  verschiedenen  Artabensysteme  aus  den  Urkunden  zu 
eruiren. 

Für  die  Ptolemäerzeit  lassen  sich  folgende  Artaben  nachweisen: 
1)  Eine  Artabe  von  40  Choinikes  liegt  den  Rechnungen 
in  Petr.  Pap.  (II)  XXV  (vom  J.  226  v.  Chr.)  zu  Grunde.  Aus  der 
Publication  von  Mahaffy  ist  dies  allerdings  nicht  ersichtlich,  da  er 
die  entscheidenden  Stellen  fast  sämmtlich  verlesen  hat.  ^^ach  meiner 
am  Original  vorgenommenen  Revision  des  Textes  ergeben  sich  fol- 
gende Gleichungen: 

XXVa  8f  für  8  Personen  je  H  Choinikes  Cy)  =  ^  Artabe 
2  Choinikes  (ci).  Da  8  X  1  i  =  12,  so  ist  |  Artabe  =  10  Choinikes 


1)  Vgl.  Fleckeis.  Jahrbb.  1895  Heft  2  S.  81  ff.:  „Drei  Hohlinasse  der 
römischen  Provinz  Aegypten."  Dazu  kommt  jetzt  von  demselben:  „Ein  Flüssig- 
keitsmass  der  Provinz  Hispania",  in  Ber.  Sachs.  Ges.  Wiss.  4.  Dec.  1897. 


742 


X.  KAPITEL. 


gerechnet.  Also  1  Artabe  =  40  Choinikes.  Dasselbe  Resultat  er- 
giebt  sich  aus  folgenden  Gleichungen: 

XXV a,  10  für  13  Personen  je  2  Choi.  (^)  =  |  Art.  6  Choi.  (Ly). 
XXVb,  9:9X3  Choi.      in  Z.  8)  =  |  Art.  7  Choi.  (L^). 
Ebenda  1 1  f :  9X8  Choi.  (^)  =  l  ^  Art.  2  Choi.  (C  a  L  d  y). 

Auch  in  den  Rechnungen  der  nächsten  Seite  liegt,  wenn  sie  richtig 
gelesen  werden,  dieselbe  Gleichung  vor. 

Von  den  angeführten  Stellen  ist  b,  12  deshalb  besonders  wichtig, 
weil  sie  uns  die  Gewissheit  giebt,  dass  die  Einheit,  auf  die  die  Choi- 
nikes reducirt  werden,  eben  die  Artabe  ist.  Denn  da  heisst  es 
ausdrücklich  C  a'-d^,  C  aber  ist  die  in  den  Petrie  Papyri  übliche 
Sigle  für  dpTaßvj.  Ich  hebe  dies  besonders  hervor,  da  ich  —  in 
letzter  Stunde  —  sehe,  dass  diese  Gruppe  zu  falschen  Deutungen 
geführt  hat.  Auch  Eugene  Revillout  hat  in  seinen  soeben  erschienenen 
„Melanges",  die  ich  zu  meinem  lebhaften  Bedauern  auch  für  dieses 
Kapitel  nicht  mehr  genügend  durcharbeiten  konnte,  auf  S.  312  durch 
Correctur  des  Mahaffy'schen  Textes  richtig  erkannt,  dass  in  diesem 
Papyrus  40  Choinikes  eine  Einheit  bilden.  Er  glaubt  aber,  dass  diese 
Einheit  Metretes  geheissen  habe,  da  er  in  b,  9  und  12  p,  =  [i£(Tp7jT'i^?) 
zu  sehen  meint.  An  ersterer  Stelle  las  ich  am  Original  apTWv  ^ ^• 
Das  \),  das  über  der  Zeile  nachgetragen  ist,  kann  nicht  anders  als 
TTi)  (.  .  .)  oder  U7r(.  .  .  .)  gelesen  werden.  Ich  meine,  dass  7i;u(pü)v) 
oder  ähnlich  zu  lesen  ist.  Dieses  u  hat  Revillout  für  ^  verlesen. 
In  12  aber  hat  er  den  Exponenten,  den  Mahaffy  irrig  %  gelesen 
hatte,  für  ^  gehalten.  Es  steht  vielmehr,  wie  gesagt,  C  =  apiaßig 
da.  Auch  die  Photographie  bestätigt  mir  nochmals  meine  Lesungen. 
Uebrigens  fand  ich  dieselbe  Artabensigle  in  demselben  Zusammen- 
hang auch  in  XXV e,  6,  wo  ich  las:  ^  cLd(2  X  löChoin.  =  30Ch. 
=  J-  +  i  Artabe),  Die  Einheit  der  40  Choinikes  heisst  also  nicht 
Metretes,  sondern  Artabe.  —  Ich  hebe  hervor,  dass  die  in  Frage 
stehenden  Weizenlieferungen  vom  olxoy6[iOQ  des  Arsinoitischen  Gaues 
geleistet  werden.  Die  Artabe  zu  40  Choinikes  ist  also  ein  Mass, 
das  von  königlichen  Beamten  für  Weizen  gebraucht  wurde.  Wenn 
ich  Revillout,  Melanges  S.  XXIX  recht  verstehe,  will  er  seinen 
„griechischen  Metretes"  von  40  Choinikes,  den  er  der  „aegyptischen 
Artabe"  von  36  Choinikes  entgegenstellt,  durch  die  griechischen  Colo- 
nien  im  Faijüm  erklären:  la  metrete  grecque  usitee  dans  les  colonies 


II.   DIE  MASSE. 


743 


grecques  du  Faijüm.  Wenn  dies  richtig  wäre,  würde  damit  nicht 
erklärt  sein,  dass  auch  die  Regierung  das  Mass  verwendet.  Doch 
fallt  diese  Hypothese  zugleich  mit  dem  Namen  Metretes. 

2)  Eine  Artabe  von  30  Choinikes  wird  gleichfalls  für  das 
ni.  Jahrh.  vor  Chr.  durch  Rev.  Pap.  39,2  und  4  bezeugt:  Tr^v  dp- 
Tdßy^v  TYjV  TpLaxGVTa)(Oivr/.ov.  Mit  diesem  Masse  werden  hier  die 
Früchte  gemessen,  die  zu  der  königlichen  Oelfabrikation  gebraucht 
werden,  d.  h.  Sesam,  Kroton,  Knekos,  KolokjTith  (Kürbis)  und  Lein- 
samen. Der  Zusammenhang  zeigt,  dass  mit  diesem  Masse  im  ganzen 
Lande  gemessen  werden  soll. 

3)  Eine  Artabe  von  29  Choinikes  bezeugt  ein  Papyrus  aus 
dem  oberaeg}^ptischen  Pathyris  vom  J.  132  vor  Chr.,  bei  Grenfell 
(I)  18,  20.  Es  heisst  da  von  einem  Darlehen  von  35  Artaben 
Weizen:  tö  5av£iov  toOto  dTüoooTwaav  —  [isTpwi  hi  xal  -acciAYj^av 
Tipö?  TO  y.O")^.  Die  Phrase  „mit  dem  Masse,  in  dem  sie  es  empfangen 
haben",  ist,  wie  wir  sehen  werden,  in  den  Darlehenscontracten  dieser 
Zeit  äusserst  häufig.  Hier  steht  sie  überflüssiger  Weise,  denn  mit 
TTpo?  TO  Spezielle  ausgedrückt.  Ich  meine,  damit  kann 
nichts  anderes  als  ,,7:pög  t6  £VV£axaL£'.7.oa:)(Oivixov"  (seil.  |JL£Tpov)  ge- 
meint sein.  Danach  ist  hier  im  privaten  Verkehr  eine  Artabe  von 
29  Choinikes  gebraucht  worden. 

4)  Eine  Artabe  von  26  Choinikes  wird  durch  unser  the- 
banisches  Ostrakon  706  (aus  ptolemäischer  Zeit)  bezeugt.  Ich  lese 
da  nach  nochmaliger  Revision  des  Textes :  +  £7rca  TpLTOV  /  +  ^'y 
^y.i)  Da  die  Summe  7^  Artaben  beträgt,  kann  das  nur  als  Ad- 
jectivum  zu  dem  hinter  +,  wie  üblich,  zu  ergänzenden  dpTapa? 
gefasst  werden  und  bedeuten:  „Artaben  zu  je  26  Choinikes".  Mit 
diesem  Masse  wird  hier  Weizen  vermessen,  den  ein  Steuererheber 
an  den  Thesauros  abliefert.  Das  Drittel  (y)  ist  hiernach  ein  Mass 
von  f  =  8f  Choinikes  (s.  unten). 

5)  Eine  Artabe  von  24  Choinikes  glaube  ich  endlich  aus 
dem  Pap.  Lond.  XVIII  (Kenyon  Cat.  S.  22  f.,  Serapeum  bei  Memphis, 
vom  J.  161  vor  Chr.)  eruiren  zu  können.  Die  bekannten  6:5u|JLa: 
erhalten  nämlich  nach  dieser  Rechnung  monatlich,  also  für  30  Tage, 


Die  Lessung  y  ,  die  ich  früher  zu  erkennen  meinte,  ist  sachlich  un- 
wahrscheinlich, denn  das  gäbe  eine  Artabe  von  20.^  Choinikes.  Auch  palaeo- 
graphisch  spricht  mir  die  Rundung  mehr  für  (  =  6. 


744 


X.  KAPITEL. 


8  Artaben  Spelt  (ölupoc).  Folglich  müssen  sie  für  die  besonders  ge- 
rechneten 5  Epagomenen  ^  davon ,  also  -1=1-^^  Artaben  erhalten, 
wie  auch  Kenyon  hervorhebt.  Nach  Z.  15  bekommen  sie  nun  für 
diese  5  Tage:  Artaben  ä  5'  )(o(cvixaö  ß,  also  1^  Artaben  und  2  Choi- 
nikes.  Dies  ist  aber  =  1-J  nur  unter  der  Voraussetzung,  dass  die 
2  Choinikes  =       sind,  denn  |  -|-      ==       =  -J.     Also  ist  hier 

1  Choinix  =  2V  gerechnet,  oder  1  Artabe  =  24  Choinikes.  Ich  hebe 
hervor,  dass  mit  diesem  Masse  die  Tempel  Verwaltung  den  Spelt- 
weizen vermisst. 

Wir  haben  somit  für  die  Ptolemäerzeit  aus  den  Urkunden 
fünf  verschiedene  Masseinheiten  zu  40,  30,  29,  26  und  24  Choi- 
nikes nachgewiesen,  die  alle  als  Artaben  bezeichnet  werden. 

Für  die  Kaiserzeit  kann  ich  nach  Choinikes  einstweilen  nur 
eine  Artabe  berechnen,  nämlich  die  zu  24  Choinikes.  In  unserem 
Ostrakon  Nr.  761  (aus  der  Zeit  des  Augustus,  Theben)  stehen  die 
Worte:  &Tzb  ~  y  dva  cf         ß'^  ex}-  -\-  Von  3  Aruren,  die  je 

6^  Artaben  1-J-  Choinikes  einbringen,  ist  der  Betrag  für  1-^  Aruren 
auf  9^  Artaben  berechnet.  Prüfen  wir:  1  Arure  =  6^  Art.  1^  Choi., 
also  -J  Arure  =        -^^t-  f  Choi.,  folglich  1 J  Aruren  =  9^  Art. 

2  Choi.  =  9^  Art.  2  Choi.  Da  dies  =  9^  Artaben  sein  soll,  muss 
auch  hier  die  Choinix  =  ^  Artabe  gerechnet  sein.    Denn  ^  -|- 

=  =  -J-  Also  liegt  hier  eine  Artabe  von  24  Choinikes  vor. 
Das  metrologische  Fragment  P.  Oxyr.  I  9  Verso  8  enthält  die 
Worte:  eyj.i  apxaßy]  |X£Tpa  c,  t6  hh  |Ji£Tpo<v>  xuv:x<(a>5  5,  &Gze 
tlvoLi  TYjV  dpTaßvjv  x^^VL^wv  Hier  ist  eine  Artabe  von  40  Choinikes 
bezeugt,  die  uns  sonst  nur  für  die  Ptolemäerzeit  bekannt  ist.  Der 
Papyrus  ist  im  III./IV.  Jahrhundert  nach  Chr.  geschrieben.  Trotz- 
dem könnte  er  die  Masse  der  Ptolemäerzeit  enthalten.  Aber  freilich 
passen  die  Angaben  über  die  Münzen  für  die  Kaiserzeit  (s.  oben), 


^)  Ich  lasse  hier  absichtlich  diejenigen  Artaben  bei  Seite,  die  lediglich 
nach  Angaben  metrologischer  Autoren  zu  berechnen  sind.  Ich  hob  schon  oben 
hervor,  dass  Manche  die  Choinix  als  Artabe  berechnet  haben.  Das  beruht 
auf  der  Angabe  metrologischer  Autoren,  dass  die  Artabe  =  4-^-  röm.  Modien  und 
der  Modius  =  8  Choinikes  ist.  Will  man  auch  die  letztere  Angabe  (vgl.  dazu 
Hultsch,  Metrol.  S.  104)  auf  die  ptolemäischen  Masse  beziehen,  so  hätten  wir 
danach  noch  eine  Artabe  von  36  Choinikes  einzuschieben.  Ausserdem  müssten 
wir  nach  Hultsch  S.  105  und  625  auch  noch  eine  Artabe  von  48  Choinikes  con- 
struiren,  da  er  die  Choinix  als  Jg-  Artabe  berechnet. 


n.  DIE  MASSE. 


745 


und  so  mag  wohl  auch  die  Artabe  von  40  Choinikes  damals  bekannt 
gewesen  sein.  Möglicherweise  rechneten  aber  nur  noch  die  Metro- 
logen mit  ihr. 

Abgesehen  hiervon  lassen  sich  noch  drei  verschiedene  Artaben 
für  die  Kaiserzeit  erweisen,  von  denen  wir  vorläufig  nicht  sagen 
können,  wie  viel  Choinikes  sie  gefasst  haben.  Das  sind  die  Masse, 
die  ich  in  Gött.  GA  1894  S.  743  f.  aus  dem  Pap.  Lond.  CXXV  (ed. 
Kenyon  S.  192  ff.),  der  dem  IV.  Jahrh.  nach  Chr.  angehört  und  aus 
der  Gegend  von  Theben -Hermonthis  stammt,  nachgewiesen  habe. 
Dieser  Text,  ein  Xoyo?  a:Tr/.6c,  unterscheidet:  1)  ein  -önrjaauptxöv 
[i£Tpov,  2)  ein  ^popr/.ov  [isTpov  und  3)  ein  anderes  unbenanntes 
Mass.  Xach  diesen  drei  Massen  werden  die  Weizenlieferungen  in 
Artaben  bemessen.  Es  muss  hervorgehoben  werden,  dass  sie  in 
einer  und  derselben  Urkunde  neben  einander  stehen,  also  nicht 
etwa  nur  lokale  Bedeutung  haben.  Das  thesaürische  Mass  muss 
dasjenige  sein,  mit  dem  die  Oorjaaupoc,  die  kaiserlichen  Staatsmaga- 
zine, wirtschafteten.  Das  ^opr/ov  |JL£Tpov  habe  ich  a.  a.  O.  als  „Steuer- 
mass"  bezeichnet.  Ich  möchte  es  jetzt  anders  fassen.  Der  ^opoc, 
für  den  in  Z.  37  mit  diesem  Masse  gemessen  wird,  ist  keine  Steuer, 
sondern  kann  nur  ein  Pachtzins  sein,  wie  denn  in  dieser  Zeit  dies 
die  gewöhnliche  Bedeutung  des  Wortes  ist  (vgl.  oben  S.  319  ff.). 
Es  ist  zudem  mehr  als  unwahrscheinlich,  dass  die  Steuern,  die  doch 
an  den  ■O-rjaa'jpo;  abgeführt  wurden,  mit  einem  anderen  Masse  als 
dem  thesaurischen  vermessen  wären.  Das  ^optxöv  (isipov  können 
wir  also  zunächst  nur  als  ein  Mass  fassen,  mit  dem  die  Pachtzinsen 
gemessen  zu  werden  pflegten.^)  Nennen  wir  es  einstweilen  das 
„Pächtermass".  Das  dritte  Mass  endlich,  das  ohne  besondere  Be- 
nennung auftritt,  erscheint  in  dieser  Urkunde,  was  mir  a.  a.  O.  noch 
entgangen  war^),  regelmässig  und  ausschliesslich  da,  wo  es  sich  um 
Lieferungen  an  Bäcker  (apxoxo-oi)  handelt.  Vgl.  Z.  1,  18,  19  (wo 
6\Loi(siQ  auf  apTOxoTTü)  in  18  hinweist),  25,  26,  27.  Nennen  wir  es 
also,  bis  weitere  Verwendungen  bekannt  werden,  einstweilen  das 
„Bäckermass".  Ich  habe  nun  a.  a.  O.  nachge^viesen,  dass 
das  Pächtermass  :  thesaurischem  Mass  =  9:7, 
das  Bäckermass  :  thesaurischem  Mass  =  25  :  24. 

Dass  sie  nicht  immer  in  diesem  besonderen  Masse,  sondern  gelegentlich 
auch  im  thesaurisclien  Masse  bezalilt  wurden,  zeigen  Z.  2  und  16. 

2)  Mein  Hinweis  auf  das  Srjp.öa'.ov  jjtdxpov  war  verkehrt.    Siehe  unten. 


746 


X.  KAPITEL. 


Versuchen  wir  jetzt  den  Wert  dieser  mannigfachen  Artaben  zu 
berechnen.  Friedrich  Ruitsch,  auf  dessen  Ausführungen  in  Fleck- 
eisen's  Jahrbb.  1895.  2.  S.  81  fF.  ich  im  Allgemeinen  verweise,  ist 
auf  Grund  der  eben  angeführten  Thatsachen  zu  folgenden  Ergebnissen 
gelangt.  Er  erkennt  —  ohne  Zweifel  mit  Recht  —  in  dem  thesau- 
rischen Masse  die  jüngere  Artabe  wieder,  von  der  der  Autor  des 
Fragmentes  nzpl  (JtsTpwv  sagt:  vuv  he  öiä  ty;v  Ta)[xaVxY]V  XP^^^^ 
dpTaßyj  )^py](JLaTC^£i  y  f.  Er  setzt  daher  die  thesaurische  Artabe  = 
3-J  römischen  Modii  =  53^  Sextaren  =  29,18  Liter.  Damit  ist  der 
feste  Punkt  gewonnen,  von  dem  bei  der  Berechnung  der  Artaben 
von  nun  an  auszugehen  sein  wird!  Nach  den  im  Londinensis  ge- 
gebenen Proportionen  ist  dann  die  Pächterartabe  =  68f  Sextaren  = 
37,52  Litern  und  die  Bäckerartabe  =  55  f  Sextaren  =  30,4  Litern. 
Wir  kennen  somit  3  Artaben  der  Kaiserzeit  nach  ihrem  thatsäch- 
lichen  Volumen,  daneben  eine  Artabe  nach  ihrem  Choinikengehalt 
(=  24  Choi.).  Ungewiss  blieb  jene  Artabe  von  40  Choinikes  in  dem 
metrologischen  Fragment  aus  Oxyrhynchos.  Ausserdem  kennen  wir, 
was  Hultsch  damals  noch  unbekannt  war,  5  verschiedene  Artaben 
der  Ptolemäerzeit  nach  ihrem  Choinikengehalt,  nämlich  zu  40,  30,  29, 
26  und  24  Choinikes.  Es  wird  die  Aufgabe  der  Metrologen  sein, 
nunmehr  zu  untersuchen,  wie  diese  römischen  Artaben  sich  zu  den 
ptolemäischen  verhalten.  Hultsch,  der  für  die  Pächter-  und  Bäcker- 
artabe bereits  Anknüpfungen  in  den  früheren  Systemen  gesucht  und 
gefunden  hat,  nahm  von  der  thesaurischen  Artabe  an,  dass  die  Römer 
sie  neu  geschaffen  hatten  (S.  91).  Da  wir  jetzt  eine  solche  Fülle  von 
ptolemäischen  Artaben  kennen,  liegt  die  Vermutung  nahe,  dass  eine 
von  ihnen  durch  die  Römer  zur  thesaurischen,  d.  h.  zur  officiellen 
Artabe  gestempelt  sei.  Das  Problem  ist  gelöst,  sobald  eruirt  ist, 
wie  gross  das  Volumen  der  aegyptischen  Choinix  gewesen  ist. 

Nur  sehr  ungern  gebe  ich  hier  die  Rolle  des  Materialsammlers 
auf  und  begebe  mich  auf  den  Boden  metrologischer  Speculationen, 
auf  dem  ich  mich  nicht  zu  Hause  fühle.  Eine  Vermutung  möchte 
ich  hl^r  aber  doch  nicht  unterdrücken.  Ist  sie  falsch,  so  möge  man 
sie  durch  die  richtige  Auffassung  ersetzen.  —  Durch  den  Autor  der 
Schrift  TCEpl  fiixpwv  ist  überliefert,  dass  die  ptolemäische  Artabe  auf 
4J  römische  Modii  =  39,39  Litern  normirt  war.  Ist  nun  eine  von 
den  fünf  oben  nachgewiesenen  Artaben  das  Mass  des  Autors?  Und 
welche    ist  es?    Auf  den   ersten   Blick  scheint  die   Artabe  von 


n.   DIE  MASSE. 


747 


30  Choinikes  die  meiste  Anwartschaft  darauf  zu  haben,  denn  ein  könig- 
liches Gesetz  bestimmt  sie  als  Mass  für  das  ganze  Land.  Ich  möchte 
aber  betonen,  dass  nach  dem  Gesetz,  wie  oben  bemerkt,  die  zur  Oel- 
fabrikation  bestimmten  Früchte  damit  gemessen  werden  solleu.  Dass 
Weizen  und  Gerste  damit  vermessen  seien,  ist  zur  Zeit  nicht  über- 
liefert. Ohne  Zweifel  aber  wird  die  officielle  Artabe,  die  der  Autor 
als  die  einzige  ansehen  konnte,  eine  solche  sein,  mit  der  die  wich- 
tigsten Körnerarten,  also  Weizen,  Gerste  etc.  vermessen  wurden.  Als 
Weizenmasse  sind  überliefert  die  zu  40,  29,  26  und  24.  Dass  für 
verschiedene  Producte  auch  verschiedene  Masse  üblich  waren,  werden 
wir  unten  auch  bei  den  Flüssigkeitsmassen  bestätigt  finden,  und 
ist  auch  sonst  bekannt.  Ich  möchte  nun  von  einer  Thatsache  aus- 
gehen, auf  die  mich  Friedrich  Hultsch  freundlichst  hingewiesen  hat, 
nämlich,  dass  „das  übliche  Handmass  für  Körnermessung  in  ver- 
schiedenen Systemen  nicht  allzuweit  von  einem  modernen  Liter  sich 
entfernt".  Suchen  wir  nach  diesem  Princip  die  Choinix  zu  be- 
stimmen, so  ist  klar,  dass  keine  Annahme  zu  einem  glatteren  Re- 
sultat führen  kann,  als  die,  dass  die  Artabe  von  40  Choinikes  die 
des  Autors  sei,  d.  h.  39,39  Liter  gefasst  habe.  Denn  hiernach  ist 
die  Choinix  fast  genau  gleich  einem  Liter,  nämlich  =  0,984  Liter. 
Ich  überlasse  die  Prüfung  dieses  Ansatzes  den  Metrologen  und  be- 
schränke mich  darauf,  diese  eine  Möglichkeit  in  ihre  Consequenzen 
zu  verfolgen.    Es  ergeben  sich  danach  folgende  Sätze: 

Die  Artabe  von  40  Choinikes  =  39,39  Litern. 
„       „        „    30       „       =  29,52  „ 
„       ,,       „    29       „       =  28,54  ,, 
„    26       „       =  25,58  „ 
^4  =  23  6*^ 

Fragen  wir  nun,  ob  die  thesaurische  Artabe  der  Römer,  die 
Hultsch  auf  29,18  Liter  berechnet  hat,  unter  diesen  ptolemäischen 
Massen  ihr  Vorbild  hat,  so  sieht  man,  dass  die  Artabe  von 
30  Choinikes,  im  Betrage  von  29,52  Liter  fast  genau  identisch  mit 
ihr  ist.  Es  liegt  die  Vermutung  daher  nahe,  dass  die  Römer  die 
alte  ptolemäische  Artabe  von  30  Choinikes,  von  der  der  Revenue- 
Papyrus  handelt,  zum  officiellen  Körnermass  gemacht  haben.  Doch 
ich  will  den  Metrologen  das  Feld  räumen.  Nur  auf  eine  Folgerung 
der  obigen  Annahme  will  ich  noch  hinweisen.  Nach  den  Ostraka 
von  Pselkis  empfingen  die  römischen  Soldaten  daselbst  monatlich 


748 


X.  KAPITEL. 


eine  Artabe  Weizen  zu  ihrem  Unterhalt.  Nimmt  man  an,  wie 
wahrscheinlich  ist,  dass  diese  Artabe  die  thesaurische  ist,  und  ferner, 
dass  diese  30  Choinikes  fasste,  so  hat  der  Soldat  hier  für  den  Tag 
1  Choinix  erhalten.  Eine  Choinix  aber  ist,  wie  viele  Autoren  be- 
zeugen, das  gewöhnliche  Mass  der  Tageskost  für  einen  Menschen 
gewesen,  weshalb  man  sie  geradezu  als  f^\^epOTpo^^Q  bezeichnet  hat.^) 
Kehren  wir  von  den  Speculationen  wieder  auf  den  festen  Boden 
der  Thatsachen  zurück  und  untersuchen  wir,  was  für  Teilmasse 
der  Artabe  sich  nachweisen  lassen.  In  den  Urkunden  begegnen 
zwei  verschiedene  Methoden  der  Bezeichnung  der  Teile:  entweder 
werden  die  Teile  als  Ganze  von  so  und  so  vielen  Choinikes  oder 
aber  als  Bruchteile  der  Artabe  ausgedrückt.  Die  erstere  Methode 
ist  in  allen  Fällen  die  sicherere,  da,  wie  ich  wenigstens  annehme, 
die  Bewertung  der  Choinix  constant  war,  während  die  Brüche  nur 
verständlich  sind,  wenn  man  weiss,  welche  der  zahlreichen  Artaben 
gemeint  ist.  Schon  seit  dem  III.  Jahrh.  vor  Chr.  erscheinen  beide 
Arten  der  Bezeichnung  neben  einander.  Nach  dem  bis  jetzt  vor- 
liegenden Material  scheint  mir  die  Angabe  der  Choinikenzahl  in  der 
Ptoleraäerzeit  häufiger  zu  begegnen  als  in  der  Kaiserzeit,  aber  auch 
hier  tritt  sie  hinter  der  Bruchbezeichnung  zurück.  So  begegnet  sie 
in  Petr.  Pap.  (II)  XXV  (III.  Jahrh.  vor  Chr.),  wo,  wie  wir  oben 
sahen,  die  Artabe  von  40  Choinikes  vorliegt.  Hier  werden  die 
Werte  von  10,  20  und  30  Choinikes  bezeichnet  als  ^,  -J  und  J  -}~ 
l  Artabe.  Was  unter  einem  Viertel  ist,  wird  in  Choinikes  aus- 
gedrückt: ^,  ^  (1|),  y,  ^  u.  s.  w.  bis  ^.  ^  kommt  zufällig  hier 
nicht  vor.  Gelegentlich  findet  aber  auch  keine  Reduction  auf  die 
Bruchteile   statt.    Vgl.  XXV g  8:  sogar:   X  (= 

40  Choinikes).  Das  erklärt  sich  wohl  dadurch,  dass  diese  Beträge 
die  Summirung  kleinerer  Choinikenbeträge  darstellen.  —  Nach  Choi- 
nikes wird  auch  in  Petr.  Pap.  (II)  XXXIX  d  gerechnet,  doch  lässt  sich 
hier  über  die  Methode  nichts  Genaueres  sagen.  —  In  den  „Acten- 
stücken  aus  der  kgl.  Bank"  Nr.  IV  wird  der  Ertrag  von  Feldern 
mit  folgenden  Artabensummen  angegeben:  S  =  ^^'t-  Choi.  |  ^; 
£^^^^=Art.  5|  Choi.  2|;  8cf  =  Art.  4|^.  Auch  hier  wie  oben 
findet  sich  eine  Mischung  der  beiden  Methoden.  Als  Unterabteilung 
der  Choinix  begegnen  hier  ^  und  ^,  andrerseits  -J.    Da  wir  nicht 


^)  Vgl.  die  Belege  bei  Hultsch,  Metrol.  S.  105  A.  3. 


n.  DIE  MASSE. 


749 


mit  Sicherheit  sagen  können,  welche  Artabe  gemeint  ist,  können  wir 
die  Brüche  nicht  berechnen.  —  Auch  im  Pap.  Lond.  XVIII  (ed. 
Kenyon  S.  22  f.),  gleichfalls  aus  dem  II,  Jahrh.  vor  Chr.,  wird  neben 
den  Brüchen  nach  Choinikes  gerechnet.  Hier  begegnet  o'  )cß  = 
Art.  ^  Choi.  2.  Vgl.  Z.  29.  In  unseren  Ostraka  aus  der  Ptolemäer- 
zeit  ist  nicht  ein  einziges  Mal  nach  Choinikes  gerechnet,  falls  nicht 
Nr.  1201  noch  in  diese  Zeit  fällt.  Da  steht:  —  Xß  y  x"'  ^'  ^' 
Art.  32-J  Choi.  1^.  Ausserdem  bietet  unsere  Sammlung  nur  noch 
ein  Beispiel,  Nr.  761  (aus  der  Zeit  des  Augustus),  wo  cf  = 
Art.  6^  Choi.  1^  begegnet.  Da  wir  oben  die  Artabe  dieses  Ostrakon 
auf  24  Choinikes  berechnet  haben,  so  ist  1-J-  Choinikes  =  ^ 
Artabe. 

Aus  den  angeführten  Stellen  gewinnen  wir  den  Eindruck,  dass 
die  Bezeichnung  nach  Choinikes  nur  subsidiär  ist,  nur  da  auftritt, 
wo  die  Bruchberechnung  unbequem  ist.  Wir  werden  in  dieser  Auf- 
fassung bestärkt,  wenn  wir  sehen,  dass  nur  ganz  bestimmte  Ailaben- 
brüche  üblich  waren.  Ich  habe  schon  im  Rheinischen  Jahrbuch 
(S.  238)  aus  griechischen  Urkunden  den  Nachweis  geführt,  dass  als 
Artabenbrüche  nur  \,  \  und  -J-  und  andrerseits  die  Reihe  -J,  \,  -jij, 
etc.  vorkommen.  Dies  Resultat  ist  auch  durch  das  gesammte  in- 
zwischen hinzugekommene  Material  bestätigt  worden.^)  Auch  in 
unseren  Ostraka  begegnet  nur  1)  \,  \,  \,  und  zwar  wird  auch  hier 
die  Reihe  niemals  mit  -^-^  etc.  weitergeführt;  2)  \,  \,  -^^  und 
In  den  Petrie  Papyri  des  III.  Jahrh.  vor  Chr.  treten  dieselben  Brüche 
auf,  nur  kommt  darin  zufällig  nicht  vor.  In  dem  mathematischen 
Handbuch  von  Achmim  begegnet  auch  Artabe  (in  Nr.  13).^) 
Da  diese  Bruchreihen  ganz  constant  sind,  wird  man  im  Allgemeinen 
die  Choinikenbezeichnung  immer  für  solche  Artabenteile  gewählt 
haben,  die  sich  durch  einen  dieser  Brüche  nicht  ausdrücken  Hessen. 

^)  P.  Viereck  (Hermes  XXX  S.  114)  hat  meine  Ausführungen  im  Rhei- 
nischen Jahrbuch  missverstanden,  wenn  er  mir  die  Ansicht  zuschreibt,  dass  die 
Artaben,  abgesehen  von  der  Drittelung  auch  in  \  \  \  ^  u.  s.  w.  zerfielen. 

Ich  führe  dort  vielmehr  ausdrücklich  diese  zweite  Reihe  nur  bis  ^  herab.  Und 
bis  jetzt  habe  ich  auch  noch  kein  Beispiel  einer  Weiterführung  dieser  Reihe 
kennen  gelernt. 

^)  Vgl.  Memoires  de  la  Mission  archeologique  fran9aise  au  Caire  IX : 
J.  Baillet.  Le  Papyrus  mathematique  d'Akhmim.  Paris  1892.  —  Vgl.  dazu  Fr. 
Hultsch,  Das  elfte  Problem  des  mathematischen  Papyrus  von  Akhmim,  in  „Ilistor. 
Untersuchungen,  Emst  Förstemann  zum  50  jährigen  Doctorjubiläum".  Leipz.  1894. 


750 


X.  KAPITEL, 


So  sahen  wir  oben  in  761  den  Bruch      umschrieben  durch  T   d.  h. 

a 

Choinix;  freilich  wurde  daneben  auch  mit  ausgedrückt,  wie- 
wohl man  den  Bruch  r.h  dafür  hätte  nehmen  können.  Natürlich 
handelt  es  sich  hier  überall  nicht  um  bindende  Regeln,  sondern  um 
den  Usus  der  Schreiber. 

AVarum  mögen  gerade  diese  Bruchreihen  auftreten?  Die  Teilung 
in  I,  ^,  -1-  ist  so  selbstverständlich,  dass  sie  keiner  Erklärung  bedarf. 
Aber  die  Drittelung  ist  um  so  auffallender,  als  sie  z.  B.  bei  der 
grossen  Artabe  von  40  Choinikes,  ebenso  bei  der  von  29  und  26 
recht  unbequem  durchzuführen  war.  Ich  glaube,  diese  Drittelung 
haben  die  Aegypter  zugleich  mit  der  dpxaßY]  von  den  Persern  be- 
kommen, denn  auch  diese  persische  zerfällt  in  -J,  -J-,  y^,  ^i^,  (s.  oben 
S.  739),  und  haben  sie  dann  consequent  bei  allen  Systemen  durch- 
geführt, deren  Spitze  sie  „Artabe"  nannten. 

Zur  Erklärung  der  Constanz  der  obigen  Reihen  möchte  ich  aber 
auf  einen  Punkt  hinweisen,  der  bisher  meines  Wissens  noch  nicht 
hervorgehoben  ist:  ich  meine,  den  oben  nachgewiesenen  Brüchen 
haben  concrete  Einzelmasse  entsprochen.  Natürlich  muss 
jedes  der  verschiedenen  Artabensysteme  seine  eigenen  concreten  Unter- 
masse gehabt  haben:  bei  der  Artabe  von  40  Choinikes  mass  das 
Viertelmass  10  Choinikes,  bei  dem  von  30  Choinikes  7^  u.  s.  w. 
Einige  dieser  Artabenteile  werden  nun  durch  die  Urkunden  aus- 
drücklich als  concrete  Masse  bezeugt.  So  begegnen,  wie  wir  unten 
zeigen  werden,  ein  TexapTOV,  ein  extov  und  ein  oy^oov  als  concrete 
Handmasse,  mit  denen  die  Vermessung  grösserer  Posten  vorge- 
nommen wird.  Daneben  werden  auch  concrete  Masse  überliefert, 
die  die  Choinix  und  einige  Vielfache  derselben  darstellten.  So 
sprechen  die  Urkunden  häufig  von  einem  (xsxpov  xexpaxocvLXOV  und 
IEa)(OLvr/COV  (s.  unten  S.  770  f.).  Das  waren  concrete  Handmasse  von  4 
und  6  Choinikes.  Rechuet  man  die  Choinix,  wie  ich  vorschlug,  zu 
0,984  Liter,  so  beträgt  das  x£Xpa)(OLVCxov  3,94  Liter,  das  e^a^otvLXov 
5,90  Liter.  Diese  beiden  erscheinen  in  den  Urkunden  als  die  ge- 
wöhnlichsten Handmasse  und  mögen  im  Verkehr  etwa  die  Rolle  ge- 
spielt haben  wie  auf  uuseren  Märkten  das  Fünflitermass.  Das  Vier- 
choinikenmass  kennt  auch  Hesychios^)  als  selbständiges  Mass,  das 

Hesychios:  Oicptv,  |asxpov  xt  xsxpaxotvtxov  Aiyuux'.ov.  Da  die  aegyp- 
tische  Form  das  v  nicht  hat,  wird  otcpiv  für  ot(^iov  stehen  und  die  graecisirte 
Form  darstellen. 


II.  DIE  :masse. 


751 


er  mit  dem  einheimischen  Namen  019:7  benennt  (=  hierogl.  ?pt),  und 
eben  dieses  Vierchoinikenmass  meint  das  metrologische  Fragment  von 
Oxyrhynchos,  wenn  es  die  Artabe  von  40  Choinikes  in  10  Teile 
teilt,  die  es  kurzweg  |Ji£Tpa  nennt.  Heinrich  Brugsch  hat  im  The- 
saurus inscriptionum  Aegypt.  V  S.  1052  ein  Beispiel  dafür  gebracht, 
dass  in  demotischen  Texten  die  Bestimmung  „nach  dem  Maass  mit 
Oiphi"  in  demselben  Sinne  hervorgehoben  wird  wie  [ilipw  T£Tpa- 
XOtvtXü)  in  den  griechischen  Urkunden.^)  Wenn  übrigens  Brugsch 
(Aegyptologie  S.  381)  und  Andere  das  Oiphi  auf  ^  Artabe  berechnen, 
so  führt  das  auf  die  Artabe  von  6  X  4  =  24  Choinikes.  2) 

Die  Ostraka  machen  uns  auch  noch  mit  einem  anderen  con- 
creten  Teilmass  der  Artabe  bekannt,  das  ist  das  ^axcov  und  xpi-v 
jjLaxcov.  In  Nr.  296—300  und  1460  (Syene,  Ende  des  II.  Jahrh. 
n.  Chr.)  werden  [AupoßaXavoi  nach  fJtax'.a  vermessen. 3)  Vgl.  296: 
(iaxcoi)  sVwXOV  5[ü)5£xaxov]  [xa'^  cf  :fj.  Heinrich  Brugsch,  dem  ich 
vor  Jahren  von  diesem  bis  dahin  nirgends  belegten  Masse  Mit- 
teilung machte,  identificirte  es  mit  dem  aegyptischen  Hohlmass 
rrit'^.  Vgl.  jetzt  seine  „Aegyptologie"  S.  381  (wo  {xaxiav  Druckfehler 
ist  fiir  [laxcov).  Vgl.  auch  Brugsch,  Thesaurus  V  S.  1501.  Maxiov 
ist  danach  eine  Transscription  dieses  aegyptischen  Wortes.  Nach 
E.  Revillout,  der  in  seinen  „Melanges"  neues  Material  für  dieses 
Mass  bringt,  wäre  das  aegyptische  rnt'^  wiederum  Transscription  des 
balylonischen  masihu  (S.  II).    Nach  Brugsch's  Ansatz,  den  zu  prüfen 

*)  Das  Berliner  Ostrakon  (P.  4756),  das  Brugsch  dort  nach  meiner  Lesung 
mitteilt,  lese  ich  jetzt  mit  Benutzung  einer  von  Herrn  Dr.  Krebs  mir  freund- 
lichst übersandten  Durchzeichnung  der  ersten  Zeile  folgendermassen : 
'A|jiaoycp'.$  £7ir(XoX(ou9-r^xa) 
Tcupoö  dpxotßag  xsaapa  rjiju.au  t£xpaxa(!.)- 

Soeben  hat  Krall,  CPR  II  gezeigt,  dass  der  von  Brugsch  im  Demotischen 
nachgewiesene  Ausdruck  sich  ähnlich  auch  im  Koptischen  bis  in  die  spätesten 
Zeiten  erhalten  hat.  So  wird  in  einer  Urkunde  des  VIII.  Jahrh.  „nach  dem 
kleinen  Oipemasse"  (TKOy  i  NO'ine)  gemessen  (S.  74),  in  einer  anderen  aus 
dem  VII.  Jahrh.  „nach  dem  grossen  Oipemasse"  (TXNOCT  NOmH)  (S.  137). 
Daneben  wird  auch  einfach  vom  „Oipemass"  gesprochen.  Wie  der  Unterschied 
des  grossen  und  des  kleinen  Oipe  zu  erklären  ist,  bleibt  noch  zu  untersuchen. 

^)  In  Eevillout's  „Melanges"  scheint  ein  reiches  Material  für  diese  Fragen 
vorzuliegen.    Doch  war  es  mir  noch  nicht  möglicli,  es  zu  verwerten. 

^)  Die  Lesung  ^op\io\i  in  1460  ist  unsicher.  Vgl.  Ruitsch,  Metro- 
logie S.  106. 


752 


X.  KAPITEL. 


ich  nicht  in  der  Lage  bin,  war  dieses  Mass  =  Artabe.  Es  bleibt 
zu  untersuchen,  auf  welche  der  Artaben  dieses  Verhältnis  anwendbar 
ist,  oder  ob  etwa  dies  Wort  allgemeine  Bezeichnung  für  das  5ü)- 
hi%axov  geworden  ist.  —  Durch  Nr.  1018  wird  uns  bezeugt,  dass 
das  Dreifache  dieses  [laitov  ein  concretes  Handmass  bildet,  mit  dem 
auch  Weizen  vermessen  wurde:  [M£(ji£TpYj(xaaL)  sie,  -ö-Jyjaaupov  |jl7]- 
Tp07r(6X£to?)  Tpi|JiaTLtp  [ASTpcp.^)  Dieses  Mation  wird  für  das  III.  Jahrh. 
vor  Chr.  durch  das  in  unsere  Sammlung  nicht  aufgenommene  Ostra- 
kon  Brit.  Mus.  16510  bezeugt,  wo  ich  (a.  1886)  in  Z.  4  las:  ]xca- 
[Loczioc  §.  Zumal  in  der  vorhergehenden  Zeile  von  Artaben  die  Bede 
ist,  wird  zu  trennen  sein:  ]xc?  [laita  6.  Auch  für  die  byzantinische 
Zeit  glaube  ich  das  Mass  nachweisen  zu  können.  In  einem  Pariser 
Papyrus  dieser  Zeit  las  Wessely  (Denkschr.  Wien.  Akad.  1889  S.  131) 
Z.  6:  T(D  aü)[xaTLacü)  (iSTpo)  und  bemerkte  dazu:  „vielleicht  ist  atü- 
jiaTtacov  mit  corpus,  Corporation  in  Zusammenhang  zu  bringen." 
Ich  schlage  vor  tw  aw  [xaxtaio)  iiexpo)  zu  lesen,  d.  h.  „mit  dem 
Dir  gehörigen  Mationmass".    S.  unten  S.  774. 

Wenn  ich  nicht  irre,  begegnet  dasselbe  Mass  in  etwas  anderer 
Form  auch  in  1218  (aus  römischer  Zeit):  xoxxou  \i(x.Z(xc,  8.  MaxYj 
oder  jjLaxa  scheint  die  genauere  Transscription  von  mH'^  zu  sein; 
(laxtov  ist  davon  eine  Diminutivbildung.  Diese  xoxxoc  werden  hier 
neben  anderen  Medicamenten  verlangt.  Das  Mass  scheint  danach 
auch  bei  den  Medicinern  in  Gebrauch  gewesen  zu  sein. 

Ehe  ich  die  Artabe  verlasse,  möchte  ich  auf  die  interessante 
Gleichung  hinAveisen,  die  sich  aus  dem  kürzlich  publicirten  mathe- 
matischen Papyrus  von  Achmim  (VII./VIII.  Jahrh.  n.  Chr.)  2)  ge- 
winnen lässt.  Zum  grossen  Schaden  der  Publication  hat  der  ver- 
dienstvolle Herausgeber  Baillet  durchgehends  die  Sigle  für  die  Artabe 
verkannt.  Das  Zeichen  a~:~,  das  er  als  „|jiova^,  runite"  fasst,  ist 
nichts  anderes  als  die  in  der  byzantinischen  Zeit  übliche  Form  der 
Artabensigle.^)  Damit  fallt  neues  Licht  auf  mehrere  der  dort  be- 
handelten Probleme.  Unter  anderem  ergiebt  sich  aus  Nr.  2,  4,  wo  ß'4' 
apxaßa^  zu  lesen  ist: 

Dies  ist  der  einzige  Fall  in  unseren  Ostraka,  dass  das  Handmass  an- 
gegeben wird.  Vgl.  oben  S.  116. 

2)  Siehe  oben  S.  749. 

3)  Vgl.  meine  Ausführungen  im  „Ehem.  Jahrbuch"  LXXXVI  S.  236/7. 
Dort  wies  ich  auch  schon  auf  die  byzantinische  Form  a— hin. 


II.  DIE  MASSE. 


753 


1  Kubikelle  =  31  ^  =  3f  Artabeo, 
oder:  1  Artabe  =  Kubikelle. 
Die  Gleichung  kann  nur  verwertet  werden,  wenn  man  weiss, 
welche  Artabe  gemeint  ist.  Es  ist  mehr  als  wahrscheinlich,  dass 
die  thesaurische  Artabe  vorliegt,  da  das  Exerapel  gerade  den  Zweck 
hat,  den  Inhalt  von  Thesauren  zu  berechnen.  Friedrich  Ruitsch, 
dem  ich  die  vorstehende  Gleichung  mitteilte,  hatte  die  Freundlich- 
keit, mir  eine  ausfuhrliche  metrologische  Verwertung  derselben  ein- 
zusenden. Ich  bin  ihm  zu  grossem  Dank  verpflichtet,  dass  er  mir 
erlaubt  hat,  dieselbe  hier  mitzuteilen, 


^)  Hultsch  schrieb  mir  am  25,  April  1895: 

„In  der  von  Ihnen  mitgeteilten  wichtigen  Gleichung  1  Kubikelle  =  Ar- 
taben  meinen  Sie  doch  wohl  „thesaurische  Artaben".  Ich  will  dies  jetzt  an- 
nehmen, um  nicht  auf's  Ungewisse  andere  immerhin  zeitraubende  Versuchs- 
rechnungen anzustellen.  —  Ist  die  Artabe,  welche  zu       Kubikelle  bestimmt 

wird,  die  thesaurische  =  53|  Sextare  =  29,18  Liter,  so  misst  die  dem  Betrage 

3  

von  3f  Artaben  entsprechende  Elle  j/98,482  Kubikdecimeter  =  4,618  Decimeter 
=  0,462  Meter.  Das  ist  die  Elle,  die  zur  römischen  sich  wie  25  :  24  verhält, 
die  früher  sogenannte  attische,  zugleich  die  Elle,  welche  dem  ptolemäischen  Fusse 
der  Provinz  Cyrenaica  zugehört.  Eine  solche  Elle  haben  also  die  Eömer  zu  der 
Zeit,  als  sie  die  (vea)  dpxaßr^  xaxä  xr^v  T(ü^ai"/.f,v  XP^^^'.v  fixirten,  als  übliches 
Längenmass  anerkannt.  Dieses  Längenmass  hat  aber  auch  zur  kleineren  alt- 
aegyptischen  Elle  (=  f  königl.  Elle,  Metrol.  S.  536)  in  einer  systematischen  Be- 
ziehung gestanden,  denn  3f  thesaurische  Artaben  =  91,19  Kubikdecimeter,  führen 

3  

auf  eine  zu  gründe  liegende  Elle  von  j/91,19  Kubikdecimeter  =  4,501  Deci- 
meter =  0,450  Meter.  Das  ist  genau  die  kleinere  aegyptische  Elle,  wie  ich  sie 
festgestellt  habe.  Damit  sind  zugleich  alle  meine  in  diesen  Ring  eingeschlossenen 
Evaluationen  als  richtig  bestätigt  und  die  abweichenden  von  Nissen  u,  A.  wider- 
legt.   Hiernach  verhält  sich  die  kleinere  aegyptische  Elle  zu  der  Elle,  die  zur 

3           3  .  3  

römischen  wie  25  :  24  steht,  wie  |/^  :  j/^  =  |/25  :  3  =  2,92402  :  3.  Das 
letztere  nach  modemer  Methode  ausgerechnete  Verhältnis  muss  nun  auf  eine 
Annäherung  in  möglichst  kleinen  ganzen  Zahlen  gebracht  werden.  Ich  setze 
also  2,92  402  :  3  =  0,97  467  :  1.  Dieses  Verhältnis  ist  so  gut  wie  genau  = 
974|  :  1000.  Dafür  setze  ich  das  minimal  abweichende  Verhältnis  975  :  1000 
=  39  :  40.  So  haben  also  die  Römer  das  Verhältnis  der  kleinen  aegyptischen 
Elle  zu  der  für  die  thesaurische  Artabe  massgebenden  gesetzt ,  wie  auch  die 
Nachrechnung  bestätigt:  0,450  m  X  40  =  18,000  m  18,000  m  :  39  =  0,4616, 
d.  i.  0,462  m,  wie  ich  für  die  Elle,  die  zur  römischen  sieh  wie  25:24  verhält,  er- 

3  X  308 

mittelt  habe  (vgl.  Metrol.  S.  69  f.  651;  es  sind  Millim.  =  462  Milli- 

2 

meter)." 

WiLCKEN,  Ostraka.  *8 


754 


X.  KAPITEL. 


Zum  Schluss  seien  noch  einige  Ausdrücke  besprochen,  die  zwar 
nicht  eigentliche  Masse  bezeichnen,  aber  doch  zu  quantitativen  Be- 
stimmungen verwendet  werden. 

In  den  Ostraka  von  Sedment  (s.  oben  Kap.  VIII)  finden  wir 
neben  den  Artaben  die  Rechnung  nach  Säcken  (aazzot)  und  Eseln 
(ovo:).  In  der  Regel  werden  auf  1  Esel,  resp.  auf  1  Sack  3  Artaben 
Weizen  gerechnet,^)  Nur  einmal  sind  etwas  mehr  (Nr.  1108),  ein 
ander  Mal  etwas  weniger  (1099)  als  3  Artaben  verladen  worden. 
Diese  Quantitätsverhältnisse  wird  man  natürlich  nicht  verallgemeinern 
dürfen;  sie  sind  zunächst  nur  für  den  vorliegenden  Fall  bezeugt. 
Vgl.  oben  S.  356  f. 

Wie  hier  von  Esellasten,  so  ist  in  anderen  Fällen  von  Wagen- 
lasten die  Rede,  und  zwar  handelt  es  sich  überall  um  Spreulieferungen 
(äyupoy).  Nur  in  1208  sind  die  Lieferungen  nicht  genauer  bezeichnet, 
doch  mag  auch  hier  Spreu  gemeint  sein.''^)  In  den  Texten  der 
Ptolemäerzeit  (vgl.  705,  707,  715,  738,  744  u.  s.  w.)  und  unter 
Augustus  (765)  heissen  diese  Wagenlasten  aybiyai^) ,  in  den  jün- 
geren Texten  y^M-o^-^)  Diese  Unterscheidung  tritt  so  regelmässig 
auf,  dass  man  an  einen  Zufall  kaum  glauben  kann.  Und  doch  sind 
diese  Worte  sonst  durchaus  nicht  auf  die  angegebenen  Zeiträume 
beschränkt.  So  wird  von  yöjioc  auch  im  Petr.  Pap.  (II)  XXXVII  2  c 
(III.  Jahrh.  vor  Chr.)  und  im  Rev.-Pap.  54,  9  gesprochen.  Andrer- 
seits rechnet  das  Wirtschaftsbuch  von  Hermupolis,  vom  J.  78/9  nach 
Chr.,  nach  dywYai.  Vgl.  Z.  501,  518  u.  s.  w.  Liegt  uns  vielleicht 
eine  Eigentümlichkeit  des  thebanischen  Sprachgebrauches  vor?  — 
Der  Zusammenhang  zeigt,  dass  mit  dytoya:  und  y6{JLO0  Fuhren  von 
ganz  bestimmtem  Umfang  gemeint  sind.  Daher  kommen  denn  auch 
Bruchteile  der  yofAOt  vor;  so  i  (914),  f  (906,  1476),  i  (1433,  1447), 


^)  Zu  dem  Rechnen  nach  Säcken  vgl.  auch  Hultsch,  Metrol.  S.  107. 
In  P.  Oxyr.  I  43  vom  J.  295  n.  Chr.  werden  Spreulieferungen  nach 
XizpoL'.  bemessen.    Auch  in  BGU  21  II  10  und  178,  12. 

^)  In  1011  ist  mir  das  a  in  oilyoiydc,  einstweilen  unsicher.  Auch  bleibt 
zu  untersuchen,  in  welche  Zeit  es  genauer  zu  setzen  ist.    Revision  nötig. 

röjjios  bezeichnet  sonst  meist  die  SchifFslast.  Im  weitesten  Sinne  be- 
gegnet es  im  Steuertarif  von  Palmyra  vom  J.  137  n.  Chr.,  der  den  ^^öixog  xap- 
p'.xög,  -xafiTiX'.xös  und  övtxög  unterscheidet.  Nach  dem  Inhalt  der  Lasten  werden 
ferner  yÖ|io'.  Tiup'-vtot,  oiv.xoi,  sXaivjpoi  und  dxupwv  unterschieden.  Vgl.  Dessau, 
Hermes  XIX  S.  486  ff. 


II.  DIE  MASSE. 


755 


i  (1014,  1458),  i  (866),  ja  sogar  (1453).  Ueber  den  thatsäch- 
lichen  Umfang  der  Lasten  geben  die  Ostraka  keine  Auskunft, 
Ich  will  nur  darauf  hinweisen,  dass  in  einem  thebanischen  Papyrus 
aus  dem  II./I.  Jahrh.  vor  Chr.  (Grenfell  I,  XXXIX  1)  225  Wagen 
(a[iaEa:)  zu  je  6  Artaben  Gerste  und  200  Wagen  zu  je  5  Artaben 
Weizen  genannt  werden.  In  unserer  Xr.  1168  wird  1  dYtoyi^  Spreu 
auf  400  Kupferdraehmen  (II.  Jahrh.  vor  Chr.)  berechnet.  In  dem 
unpublicirten  Berliner  Ostrakon  P.  206,  einer  Kechnung  aus  dem 
Il./ni.  Jahrh.,  findet  sich  der  Posten  bizikp)  v,\ifi<;  Y6(p,ü)v)  dcy6p(o\)) 
ß  ^q:f.    Danach  kostete  ein  yG\iO(;  hier  48  Drachmen. 

In  1209  und  1216  wird  verschiedenen  Personen,  darunter 
Zimmerleuten,  ihr  Tagelohn  in  usuyyj  zugemessen.  Was  sind  ^vjyy]? 
Schon  J.  G.  Droysen^)  hat  aus  dem  Pap.  Lond.  XIV  (ed.  Kenyon 
S.  22  f.)  eruirt,  dass  1  Artabe  =  „15  Paaren  (^e-JY?])"  gerechnet  wurde. 
Wessely^),  der  die  Droysen'sche  Arbeit  nicht  gekannt  zu  haben 
scheint,  sagt  weniger  glücklich,  ein  ^söyog  sei  „ein  Fünfzehntel  der 
Artabe".  Ebenso  referirte  auch  ich  im  Kheinischen  Jahrbuch  S.  264 
über  Droysen's  Ergebnis.  Es  ist  jedoch  nicht  richtig,  das  ^söyog 
für  ein  festes  Mass  zu  halten,  und  es  als  der  'iArtabe  zu  er- 
klären, verbietet  sich  schon  dadurch,  dass  nicht  zu  den  üblichen 
Bruchteilen  der  Artabe  gehört  (s.  oben).  Die  richtige,  ^delleicht 
auch  von  Droysen  gemeinte  Auffassung  hat  kürzlich  Friedrich  Kenyon 
(S.  23  seiner  Edition)  zum  Ausdruck  gebracht,  indem  er  X  ^c'jyy] 
übersetzt:  „30  pairs  of  loaves".  Folgende  Gründe  sprechen  dafür. 
Die  Vergleichung  von  Z.  7  und  12  des  Londoner  Textes  ergiebt 
allerdings  den  Satz  „30  Ceuyirj  =  2  Artaben".  Nun  lehrt  der  Pa- 
pyrus aber  weiter,  dass  die  Zwillinge  für  1  Monat,  also  30  Tage, 
8  Artaben  Spelt  erhalten,  also  für  den  Tag  =  -j^^  Artaben,  andrer- 
seits, dass  dies  dieselbe  Ration  ist,  als  wenn  sie  für  den  Tag  8  Brote 

In  Nr.  810  findet  sich  nach  meiner  Lesung  die  Gleichung  ^  Artabe  = 
3|  yöfioi.  Das  würde  1  Artabe  =  5  yöiio'.  ergeben.  An  welche  Artabe  man 
auch  denken  mag,  der  yö/aog,  die  Wagenlast,  muss  sehr  viel  grösser  gewesen  sein. 
Ich  vermute,  dass  dpiaßag  in  Z.  3  falsch  ist.  Entweder  habe  ich  (im  J.  1887) 
fälschlich  dpxdßag  statt  yö({ious)  xpsig  gelesen,  oder  der  Schreiber  hat  sich  in 
diesem  Sinne  verschrieben.  Meine  Recherchen  blieben  bis  jetzt  ohne  Erfolg. 
Revision  nötig. 

*)  Berlin.  Literarische  Zeitung  1840  Xr.  14  S.  270  (=  Kl.  Schrift. 
I  S.  41). 

3)  Berichte  d.  Sächs.  Ges.  Wiss.  1885  S.  250. 

48* 


756 


X.  KAPITEL. 


(äpzol)  erhalten.  Hier  werden  also  8  Brote  gleich  Artaben  ge- 
setzt, oder  1  Artabe  gleich  ^  —  30  Broten.  Folglich  sind  2  Artaben 
so  viel  wie  30  „Paar"  Brote,  oder  30  ^suyy].  Danach  ist  Z^uyoq  als 
ein  besonderes  Mass  im  Werte  von  Artabe  zu  streichen,  und 
es  folgt  aus  dem  Londinensis  weiter  nichts,  als  dass  von  den  Spelt- 
broten, wie  sie  damals  im  Serapeum  den  Zwillingsschwestern  ge- 
liefert wurden,  15  Paar  oder  30  Stück  aus  einer  Artabe  gemacht 
wurden.  Zufallig  kennen  wir  die  Artabe  dieses  Papyrus;  wir  haben 
sie  oben  auf  24  Choinikes  berechnet.  Also  wurde  für  jedes  dieser 
Brote  a  =  i  Choinix  Spelt  verwendet. 

Nachträglich  fand  ich  zu  dieser  Auffassung  von  ^eöyo^  eine 
vortreffliche  Bestätigung  in  einem  Ostrakon  der  Sammlung  Sayce, 
jetzt  Nr.  1597,  in  dem  es  heisst:  Abc,  xdlq  Texxoat  ^euyy]  apxwv 
SIxa  £V.  Ebenso  werden  wir  auch  in  1209  und  1216  ^eöyo?  als 
„Paar  Brote"  auffassen,  da  der  enge  Zusammenhang  zwischen  diesen 
drei  Ostraka  zweifellos  ist.  Nur  wie  gross  diese  Brote  gewesen  sind, 
wieviel  ^euyyj  aus  1  Artabe  gewonnen  wurden,  können  wir  hier  nicht 
sehen.  —  Im  Pap.  Grenf.  (II)  67,  14/5  begegnen:  4't*>[Atwv  ?£[u]yy] 
L£  (vom  J.  237  n.  Chr.). 

Das  Ergebnis  des  Londinensis  darf  selbstverständlich  nicht  ver- 
allgemeinert werden.  So  werden  im  Pap.  Leipz.  8  (II./III.  Jahrh. 
n.  Chr.,  aus  Memphis)  60  Paar  Brote  auf  1  Artabe  gerechnet.  Dies 
ist  dem  Herausgeber  Wessely  entgangen.  Nachdem  ganz  wie  in  den 
Ostraka  eine  Reihe  von  Personennamen  mit  Angabe  der  ^euyY]  ge- 
nannt ist,  folgt  die  Summirung:  yt  ^euy  d.  h.  „das  macht 
205  ^euyv]".  Die  beiden  folgenden  Zeilen  liest  Wessely: 
a7i"  Y  Y^/"°~  ^5  '^'^^  apxaß/ 
^£i)Y  f   Y^-  ^  '^S'^ 

In  Wirklichkeit  steht  Folgendes  da,  wie  ich  am  Original  sah^): 
ai  +  —  Y  T^ß       '^^^  dpTaß(Y]?) 
^£uy(ü)v)  5,  Y(^v£Tat)  £7t:(1  t6  auxo)  ~  f}^/ 

Das  heisst:  „205  ^euyy]  sind  dasselbe  wie  3-|  Artaben  Weizen, 
da  auf  1  Artabe  60  ^Euyv]  gehen.  Das  macht  in  Summa  8^  Ar- 
taben".   Die  Rechnung  stimmt:  60  ist  3^^^^^^  enthalten. 


^)  Auch  im  Pap.  Leipz.  32  Recto  findet  sich  eine  solche  Umrechnung, 
die  Wessely  gleichfalls  entgangen  ist.  Ich  lese  in  Z.  7:  Y(iv£xat)  ^£Uy(yj)  atj 
oci  +  [— .    Die  Zahl  fehlt  leider. 


n.  DIE  MASSE. 


757 


Das  Leipziger  Fragment  spricht  also  von  Broten,  von  denen  120  Stück 
oder  60  Paare  aus  einer  Artabe  Weizen  gemacht  wurden. 

Endlich  sei  noch  erwähnt,  dass  in  Nr.  35  Palmzweige  (cpoiv.xe^) 
in  Seapiat,  in  Bündeln,  geliefert  werden,  denn  so  wird  <^o]i\i^  Seal^ 
[X  ^  zu  deuten  sein.  Diese  Vermutung,  die  ich  schon  in  der  Revue 
Egyptol.  VI  S.  11  A.  2  ausgesprochen  hatte,  fand  ihre  Bestätigung 
durch  die  Petrie  Papyri,  in  denen  das  Heu  mehrfach  nach  Seajia:, 
Bündeln,  berechnet  wird.  Vgl.  Petr.  Pap.  (II)  XXV  c  und  g:  y^op- 
Tou  6ea[xa(;.^) 

B.  Flüssigkeitsmasse. 

Die  Daten  der  Ostraka  eignen  sich  zur  Basis  einer  systema- 
tischen Darstellung  der  Flüssigkeitsmasse  noch  weniger  als  zu  einer 
solchen  der  Trockenmasse.    Viele  Namen  von  Massen  tauchen  auf 

—  darunter  manche  bisher  ganz  unbekannte,  aber  meist  ver- 
einzelt und  ohne  erkennbaren  Zusammenhang.  Ich  beschränke  mich 
im  Wesentlichen  auf  die  Zusammenstellung  des  Materials. 

Auch  über  die  Flüssigkeitsmasse  hat  der  Revenue -Papyrus 
neue  Aufschlüsse  gebracht.  Das  Gesetz  des  Philadelphos  unter- 
scheidet zwei  verschiedene  [lexpr^Tat.  Es  setzt  den  Metretes,  mit 
dem  das  Oel  gemessen  werden  soll  —  nennen  wir  ihn  den  iXocir^poc, 

—  auf  12  Choes  fest.  Vgl.  40,11;  45,4;  53,20:  6  (JtexprjT^?  6  5ü)- 
5£xa)(0i)^.  Dagegen  wird  der  Metretes,  mit  dem  der  Wein  gemessen 
werden  soll  —  nennen  wir  ihn  den  olvrjpoq  —  auf  8  Choes  fest- 
gesetzt. Vgl.  31,6;  32,19:  6  [lexpyjTY]?  6  öxTayou?.  Aus  diesen  An- 
gaben scheint  mir  zu  folgen,  dass,  wie  beim  Trockenmass  die 
Choinix,  so  hier  der  Chus,  und  zwar  der  Ohus  zu  12  Kotylen^), 
die  constante  Grösse  von  bestimmtem  Inhalte  ist,  während  das  Wort 
[xeTpYjTTQ?,  ähnlich  wie  dpiaßr],  der  allgemeine  Name  für  ein  Flüssig- 
keitsmass  ist,  das  an  der  Spitze  eines  Systemes  steht.  Nach  Ana- 
logie der  Artaben  möchte  man  vermuten,  dass  es  ausser  diesen  beiden 
hier  bezeugten  jieipyjTaL  vielleicht  auch  noch  Masse  anderen  Chus- 
inhalts  gegeben  hat,  die  gleichfalls  den  Namen  [AETpr^ii^?  führten. 


^)  Ebenso  werden  im  Wirtschaftsbuch  von  Hermupohs  (Kcnyon  S.  181) 
xdXafioi  nach  HoiiOLi  berechnet.  Bei  Krall,  CPR  II  S.  20  begejrnet  die  Form 
8ea|i6g.    Vgl.  dazu  Eustath.  p.  818,32:  Seaiio;  x^P'co'j. 

2)  Das  ergiebt  sich  aus  40,  13  und  15:  xYjv  5s  xoxuXr^v  =. 


758 


X.  KAPITEL. 


Zunächst  ist  durch  den  Revenue-Papyrus  bezeugt,  dass  der  sXaiyjpo^ 
sich  zum  olvT^poc,  verhält  wie  3  zu  2,  da  jener  12,  dieser  8  Choes  fasst. 

Der  Oelmetretes  zu  12  Choes  war  uns  auch  sonst  schon  be- 
kannt. Mit  diesem  Masse  wurden  den  Zwillingsschwestern  des 
Serapeums  ihre  Oelrationen  zugemessen.  Vgl.  Pap.  Lond.  XVII, 
XXII  u.  sonst.  Dass  der  [ieTpTj-ci^s  in  XVII  zwölf  Choes  fasst,  ergiebt 
sich  aus  Z.  16.   Vgl.  Gött.  GA  1894  S.  720. 

Der  Weinmetretes  von  8  Choes  begegnet  nicht  häufig.  Ich 
kenne  nur  folgende  Fälle.  In  Petr.  Pap.  (II)  XXVII  1  und  XXX  e, 
zwei  Selbsteinschätzungsurkunden  aus  dem  III.  Jahrh.  v.  Chr.,  taxiren 
die  Eingeber  ihre  Weinproduction  und  danach  das  Sechstel  für  die 
a7i6[JLOLpa  gemäss  den  Vorschriften  des  Revenue-Papyrus  nach  [iSTpr^- 
TaL  Dass  dies  der  oY.zoi.yoiJc,  ist,  ist  nur  aus  dem  Revenue-Papyrus 
zu  ersehen.  Ferner  wird  Wein  nach  [AETpTQxa:  gemessen  in  einem 
von  Grenfell  in  Appendix  II  herausgegebenen  Papyrus  (gleichfalls 
aus  dem  III.  Jahrh.  vor  Chr.).  Dass  auch  hier  der  Metretes  zu 
8  Choes  gemeint  ist,  können  wir  gleichfalls  nur  dem  Revenue-Papyrus 
entnehmen.  In  dieser  Urkunde  erscheinen  folgende  Bruchteile  des 
Metretes:  \,  \  und  \  (|),  Letzterer  Bruch  ergiebt  sich 

durch  Rechnung  in  c2,  wo  |x6'  wohl  nur  Druckfehler  für  [xi^  ist. 
Nach  dem  Satze  1  Metretes  =  8  Choes  und  1  Chus  =  12  Kotylen 
repräsentiren  diese  Brüche  folgende  Werte: 


l  Metretes 

=  4  Choes. 

=  2  „ 

i 

=  2|  „  = 

2  Choes  8  Kotylen 

X. 

=  li  „  = 

1  Chus  4  „ 

=  8  „ 

[2V] 

=  4  „ 

=  2  „ 

=  1  „ 

Wie  stellen  sich  nun  unsere  Ostraka  zu  diesen  Thatsachen? 
Der  Oelmetretes  kommt  nicht  vor,  wohl  aber  das  Teilmass,  der 
Chus.  In  1502  (II.  Jahrh.  vor  Chr.)  heisst  es:"  IXatou  yjy, 
6  Choes  Oel.  Nach  dem  Satz  des  Revenue-Papyrus  werden  wir 
diese  6  Choes  =  \  ixeTpyjTi^?  ansetzen.  —  Nach  dem  Weinmetretes 
suchen  wdr  vergeblich  in  unseren  Ostraka,  wiewohl  nicht  wenige  der 
Urkunden  sich  mit  Weinlieferungen  beschäftigen.  Als  das  Haupt- 
mass   für  Wein  begegnet   vielmehr  hier  wie   auch   sonst  in  der 


II.  DIE  MASSE. 


759 


aegyptischen  Tradition  das  zepaptcov.  Vgl.  711,  wo  für  die  cazo- 
[lOLpa  nach  Keramien  gemessen  wird,  wiewohl  nach  dem  Revenue- 
Papyrus  hierfür  in  [xeTpyjxai  zu  messen  war,  ferner  Xr.  757,  1221, 
alle  aus  der  Ptolemäerzeit.  In  1305  ist  die  Lesung  nicht  sicher. 
In  1129  steht  statt  X£pa[XLOV  das  synonyme  6  ywlpafxog.  Wiewohl 
durch  den  Zusatz  Kotttitixo^,  d.  h.  aus  dem  koptischen  Gau  stammend 
(s.  oben  S.  17),  genauer  auf  die  Fabrikation  des  Kruges  selbst  hin- 
gewiesen wird,  lässt  der  Zusammenhang  doch  keinen  Zweifel  daran, 
dass  der  Krug  ein  bestimmtes  Mass  repräsentirt.  Natürlich  wird 
das  X£pa|Jicov  gemeint  sein,  und  es  scheint  danach,  dass  der  kopti- 
tische  Keramos  eine  besondere  Spielart  des  Keramion  gewesen  ist, 
d.  h.  eine  besondere  Masseinheit  gebildet  hat.  In  einer  unten  noch 
genauer  zu  besprechenden  Stelle  des  Revenue -Papyrus  setzt  der 
König  lokale  Verschiedenheiten  der  Flüssigkeitsmasse  voraus.  —  Auch 
das  Doppelte  des  Keramion,  das  StT^Xoxepafxcov,  oder  wie  bisher 
allein  überliefert  ist,  6  6i7rXo7w£pa[xO(;,  findet  sich  als  Weinmass  in 
Ostraka,  so  in  1166,  1479,  1483,  1485  (alle  aus  römischer  Zeit). 

Sehen  wir  uns  in  der  sonstigen  urkundlichen  Tradition  um,  so 
begegnet  auch  da  uns  überall  das  Keramion  als  das  übliche  Haupt- 
mass  für  Wein.  So  bezeichnet  das  Beeret  von  Rosette  (Z.  29/30) 
1  %£pa[i'.ov  Wein  als  das  Quantum,  das  die  Priester  bis  auf  Epi- 
phanes  als  Grundsteuer  für  Weinland  zu  zahlen  hatten  (vgl.  oben 
S.  151).  Nach  Keramien  wird  der  Wein  im  Pap.  Leid.  Q  (aus  Phila- 
delphos'  Zeit)  gemessen,  auch  hier  wie  in  unserer  Kr.  711  für  die 
d7i6[Jiotpa,  für  die  nach  dem  Revenue-Papyrus  in  (jLSTpTQxaL  gemessen 
werden  müsste!  Vgl.  ferner  Grenfell  (I)  39  Verso  2,  (II)  50  f,  2 
ferner  Petr.  Pap.  (II)  XV  2.  Hier  begegnet  als  Teilmass  des  Ke- 
ramion das  TSTapTOV.  Nach  Keramien  wird  der  Wein  ferner  in 
dem  AVirtschaftsbuch  aus  Hermupolis  vom  Jahre  78/9  nach  Chr. 
gemessen  (ed.  Kenyon  S.  1691?.).    Vgl.  Z.  19^)  und  483.  Auch 


^)  Kenyon's  Erklärung  von  Z.  19  scheint  mir  nicht  zutreffend.  Der  Text 
lautet:  duo  xi|ji'^(g)  5XXiü{y)  otvo(u)  %£(patii(üv)  t  kv.  [^e  ^xs.  Kenyon  erklärt 
die  Thatsache,  dass  für  10  Keramien  zu  5  Drachmen  nicht  50,  sondern  nur  25  Dr. 
notirt  werden,  durch  die  Annahme,  dass  die  Preisangabe  nach  dem  \xzzpr^-:r^z, 
rechne,  auf  den  nach  seiner  Ansicht  2  Keramien  gehen.  Dass  Letztores  falsch 
ist,  werden  wir  unten  darlegen.  Aber  auch  davon  abgesehen,  die  Preisangabe 
[^s  kann  sich  nur  auf  die  vorhergehenden  Keramien  beziehen.  Das  Kätsel  löst 
sich  dadurch,  dass  wir  es  eben  nur  mit  einer  Teilzahlung  zu  thun  haben,  worauf 


760 


X.  KAPITEL. 


Bier,  ^6x0?,  wird  damit  gemessen.  Vgl.  Z.  398.  In  das  III.  Jahrh. 
nach  Chr.  führt  BGU  14  II,  wo  neben  Wein  auch  Essig  nach  Ke- 
ramien  vermessen  wird.  Ebenso  Pap.  Leipz.  27  Verso,  wo  mit  den 
Worten  ol']voD  >t£p(a|xia)  aTiXa  das  „einfache"  Keramion  ausdrück- 
lich dem  hi7zXoxip(x\ioc,  entgegengestellt  ist.  Vgl.  auch  Pap.  Leipz.  34 
Verso  Z.  9  (s.  unten).  Dieses  Doppelmass  begegnet  im  Pap.  Berl. 
Bibl.  12  (III.  Jahrh.  n.  Chr.),  wo  ich  in  Z.  6  lese:  ol'v]ou  SctcXo- 
%£pa|jiov,  ebenso  in  Z.  7.  Bemerkenswert  ist,  dass  in  Z.  8  auch  ein 
Doppelkeramos  als  Oelmass  begegnet:  eX<xiou  5L7rXox£pa[xov.  Bis 
in  die  arabische  Zeit  lässt  sich  das  Keramion  und  das  Doppel- 
keramion  in  Aegypten  nachweisen.  Das  7t£pa{xcov  begegnet  bei 
Crum^)  S.  69,  der  bnzloxipOL\ioq  in  der  Abkürzung  hi^  ebendort 
S.  51  und  65.2)  Auch  in  BGU  692  wird  hnzl  in  hi7zX(oy.ipa\iO(;) 
aufzulösen  sein.  Für  die  Allgemeingültigkeit  des  Keramion  als  Wein- 
mass  spricht,  dass  nach  E.  Revillout  (Proceed.  Soc.  Bibl.  Arch.  XIV 
1892  S.  67  und  235)  der  demotische  Teil  der  Rosettana  und  ebenso 
unsere  Nr.  711  das  Wort  xepapitov  mit  irp  (kopt.  npn  „Wein")  wieder- 
geben. Danach  wäre  das  Keramion  das  „Weinmass"  xax'  l^oy^yjv.^) 
Wie  gross  ist  nun  dieses  Keramion  gewesen?  Die  Ansichten 
der  Neueren  darüber  sind  sehr  auseinander  gegangen.  Ruitsch 
(Metrologie  S.  624)  folgert  aus  der  angezogenen  Stelle  der  Rosettana, 
dass  das  Keramion  gleich  der  Artabe  sein  müsse.  AVenn  aber  1  Ke- 
ramion AVein  für  1  Arure  AVeinland  und  1  Artabe  Weizen  für 
1  Arure  Weizenland  als  Grundsteuer  gefordert  wird,  so  folgt  daraus 
keineswegs,  dass  1  Keramion  und  1  Artabe  den  gleichen  Inhalt  haben. 
—  Der  Versuch  AVessely's,  aus  dem  Pap.  Leipz.  34  Verso  (S.  275) 


das  d:iö  deutlich  hinweist.    Vgl.  Lond.  CXXXI*  Z.  36:  dTiö  zidiffC,)  otv[ou] 

^)  W.  E.  Crum,  Coptic  manuscripts  brought  from  the  Fayyum  by  Flinders 
Petrie.    Lond.  1893. 

Krall,  der  früher  in  einer  ähnlichen  Urkunde  statt  dessen  at'^  =  Aipi 
(Oipi)  gelesen  hatte  (Mitth.  PR.  Y  S.  45),  bestätigt  jetzt  auch  die  von  Crum 
und  mir  a.  a.  O.  vorgeschlagene  Lesung  Si^.  Vgl.  CPR  II  S.  177.  Wenn  auch 
daneben  in  koptischen  Texten  die  Schreibung  "tTlAH  oder  AIRAX  und  ähnlich 
vorkommt,  was  auf  SitiXyj  führt,  so  möchte  ich  doch  meinen,  dass  dies  nur 
ein  kürzerer  Ausdruck  für  d'.TiXoxspajjLOg  ist,  da  eben  das  -xspd(x'.ov  das  alte 
Hauptmass  für  Wein  ist. 

^)  Ich  bemerke  übrigens,  dass  Brugsch,  Aegyptologie  S.  381  aus  den 
Hieroglyphen  den  Namen  st'i  für  das  xspa/iiov  nachweist. 


II.  DIE  MASSE. 


761 


die  Gleichung  1  x£pa[A:ov  =  |  [xeTpYjTi^?  zu  gewinnen,  beruht  auf 
einem  Denk-  und  mehreren  Lesefehlern.  Der  Text  bietet  nach 
Wessely's  Lesung  Folgendes: 

(J)C,  VtAE  (D|X[.] 

Er  bemerkt  dazu,  „dass  die  Zahl  1693,  nach  welcher  (hc,  r]\s.io\j 
steht,  das  Doppelte  der  nach  [ji£(TprjTai)  folgenden  Zahl  84  sein 
kann;  wir  können  daher  etwa  die  Vermutung  aufstellen,  dass  ein 
%£pa|jitov  die  Hälfte  eines  [ieTpr^xi^^  war."  Das  wäre  richtig,  wenn 
nicht  die  zweite  Zeile  die  Hälfte  der  ersten  (y)  darstellen  sollte. 
Die  Richtigkeit  der  Lesung  vorausgesetzt,  würde  also  nur  daraus 
folgen  können,  dass  Keramion  und  Metretes  identisch  sind.  Meine 
Revision  des  Textes  am  Original  ergab  aber  folgende  Lesung: 
Y(LV£Ta:)  y.eX~  axi|Y 
(x[£]poG  y  xeX"  a){i[c 

Damit  scheidet  diese  Stelle  fär  unsere  Frage  überhaupt  aus. 
Leider  hat  Wessely's  Behauptung  vielen  Anklang  gefunden.  So  setzt 
auch  Kenyon  (Cat.  Greek  Pap.  S.  164  und  170  Anm.  zu  Z.  19) 
1  Keramion  =  |  Metretes,  ohne  weitere  Gründe  zu  bringen.  Ebenso 
Grenfell  (I)  S.  72  und  Mahaffy,  Empire  of  the  Ptolemies  S.  323. 

Neuerdings  hat  Heinrich  Brugsch  (Aegyptologie  S.  381)  aus 
demotischen  Heiratscontracten  die  Gleichung  1  X£pa{icov  =  -f  Artabe 
oder  Metretes  =  26,45  Liter  =  1  röm.  Amphora  aufgestellt.  Auf 
einem  anderen  Wege  bin  ich  zu  demselben  Resultat  wie  Brugsch 
gelangt.  Ich  frage,  wie  kommt  es,  dass  der  Revenue-Papyrus  das 
Keramion  gar  nicht  kennt,  sondern  Wein  mit  dem  Metretes  misst? 
Nach  Allem,  was  wir  sonst  wissen,  müssten  wir  das  Keramion  da 
erwarten,  wo  er  den  Metretes  zu  8  Choes  nennt.  Die  Lösung  dieser 
Schwierigkeit  finde  ich  in  der  Annahme,  dass  die  beiden 
Worte  nur  verschiedene  Bezeichnungen  für  ein  und 
dasselbe  Mass  sind,  mit  anderen  Worten,  dass  das 
Keramion  mit  dem  |jt,£TpY]Tyi?  dy.xa.'/^ouc,  identisch  ist. 
Sprachlich  wäre  es  leicht  begreiflich,  weshalb  das  Gesetz  das 
Wort  Metretes  bevorzugte.  T6  x£pa[ALOV  ist  das  Diminutivum 
von  6  Y.ip(x.\iOQ,  der  Thonkrug,  und  könnte  etwa  mit  „Thonkrügl" 
übersetzt  werden.  So  bezeichnet  er  das  Gefäss  selbst  im  Rev. 
Pap.  55,4.  Vgl.  auch  32,3.  Es  ist  offenbar  ein  volkstümlicher  Aus- 
druck, gegen  den  sich  die  Gesetzessprache  sträubt.    Darum  wird 


762 


X.  KAPITEL. 


auch  in  den  Selbsteinschätzungsurkunden  (s.  oben),  die  an  die  Re- 
gierungsorgane eingereicht  werden,  gemäss  der  Vorschrift  des  Revenue- 
Papyrus  der  Wein  nach  [xeTpyjTai,  nicht  nach  xzpa\xiO(.  gemessen, 
und  jene  Urkunde  in  Grenfell's  Appendix  II,  die  gleichfalls  nach 
[X£TpyjTa(  misst,  ist  offenbar,  wie  schon  der  Herausgeber  mit  Recht 
hervorhob,  von  einem  Beamten  wie  etwa  dem  Oikonomos  ab- 
gefasst.  Für  die  weite  Verbreitung  des  „volkstümlichen"  Ausdruckes 
X£pa[xtov  spricht  andrerseits,  dass  die  niederen  Steuerbeamten  dieses 
Wort  im  amtlichen  Verkehr  zu  gebrauchen  sich  nicht  scheuten 
(vgl.  711  und  Pap.  Leid.  Q).  Vor  Allem  ist  bemerkenswert,  dass 
die  würdigen  Prälaten  in  dem  feierlichen  Decret  von  Rosette  vom 
„Thonkrügl"  sprachen,  —  ein  AVort,  das  ihrem  Ohr  gewohnter  und 
lieblicher  geklungen  haben  mag  als  das  nüchterne,  amtliche  [JLexpY]- 

Ich  setze  hiernach  1  xspajJLiov  =  1  [iSTpYjTYji;  öy.zdy^ouq  = 
■|  [jL£TpYjXYj?  5a)5£za)(oug.  Bei  der  Berechnung  des  Inhalts  dieser 
Masse  kann  man  schwanken,  ob  man  den  grossen  Oelmetretes  von 
12  Choes  auf  39,39  Liter  festsetzen  soll,  d.  h.  auf  den  Betrag  der 
Artabe  resp.  des  attischen  Metretes,  oder  aber  auf  36,47  Liter,  den 
Betrag,  den  Ruitsch  (Metrologie  S.  634)  für  ein  speziell  als  |Ji£- 
zpy]xy]c,  iXoLLfipoc,  überliefertes  Mass  berechnet  hat.  Nimmt  man  mit 
Brugsch  das  Erstere  an,  wofür  mir  Manches  zu  sprechen  scheint, 
so  ergiebt  sich  für  das  Keramion  als  f  davon  der  Betrag  von 
26,45  Liter.  Das  ist  aber,  worauf  Brugsch  hingewiesen  hat,  bis  auf 
eine  Kleinigkeit  der  Inhalt  der  römischen  Amphora,  die  Hultsch 
(Metrologie  S.  125  f.)  auf  26,26  Liter  berechnet  hat.  Für  diese 
These  ist  es  vielleicht  nicht  ohne  Bedeutung,  dass  auch  die  römische 
Amphora  gelegentlich  als  X£pa|JLLOV  bezeichnet  wird.  Vgl.  Hultsch, 
Metrologie  S.  115. 

Ausser  diesem  Hauptmass  begegnet  in  den  Ostraka  noch  eine 
Reihe  von  Massen,  teils  bekannten,  teils  unbekannten,  die  ich  kurz 
hier  zusammenstellen  will. 

Zu  den  bekannten  gehört  der  ^Eaxr^?,  der  römische  Sextarius, 
den  die  Römer  im  Betrage  von  2  Kotylen  in  Aegypten  eingeführt 
haben,  und  nach  dem  die  metrologischen  Autoren  vielfach  den  Wert 
der  provinzialen   aegyptischen   Masse   bestimmt   haben,  i)  Dieser 


1)  Hultsch,  Metrol.  S.  625.    Vgl.  103. 


II.  DIE  MASSE. 


763 


^eoTY]?  erscheint  in  Nr.  1186  (aus  den  ersten  Jahrhunderten  n.  Chi\) 
als  Weinmass,  in  1603 — 1605  (aus  byzantinischer  Zeit)  als  Oel- 
mass.  In  1186  und  1603  wird  der  Bruchteil  ^,  in  1605  ^  er- 
wähnt. Während  das  Wort  in  1186  ganz  oder  zum  Teil  aus- 
geschrieben ist,  ist  es  in  1603 — 1605  daneben  mit  einer  Sigle  ge- 
schrieben, die  bisher  nicht  richtig  aufgefasst  worden  ist.  Diese  Sigle, 
etwa  y,  begegnet  auch  sonst  sehr  häufig  in  den  Oelrechnungen 
der  byzantinischen  und  arabischen  Zeit.  Vgl.  Wessely,  Denkschrift, 
d.  Wien.  Akad.  1889  S.  182  ff.  Vgl.  auch  Pap.  Lond.  CXIII  9  (e) 
(ed.  Kenyon,  S.  221).  Wessely  meint  a.  a.  O.,  die  Sigle  könne  ausser 
^iazTiQ  auch  einfach  [xlxpov  gelesen  werden,  und  Kenyon  ist  ihm 
gefolgt.  Bis  Belege  dafür  erbracht  sind,  möchte  ich  es  bezweifeln. 
Die  Sigle  ist  nämlich,  wie  ich  in  1603  — 1605  deutlich  erkannte, 
nichts  weiter  als  ein  ^,  durch  das  in  schräger  Richtung  der  Ab- 
kürzungsstrich geführt  ist.  Also  ist  es  sicher  immer  ^(iazr^^)  zu 
lesen.  Auch  das  durchstrichene  J  in  BGU  21  II  9  ist  weiter  nichts 
als  ^(iGVf]q).  Es  ist  bemerkenswert,  dass  hier  720  paxa:  aufgeführt 
werden,  also  ohne  Reduction  auf  eine  höhere  Einheit.  Vgl.  auch 
BGU  178,8  fl.,  und  Pap.  Grenf.  (II)  XCIX. 

Zu  den  bekannten  Massen  gehört  auch  das  xoup:,  das  in 
1126  und  1127  (aus  byzantinischer  Zeit)  begegnet.  Dieses  Wein- 
mass hat  sich  neuerdings  öfter  in  den  Urkunden  der  byzantinischen 
und  arabischen  Zeit  gefunden.  Vgl.  BGU  693,  694;  Wessely, 
Denkschr.  d.  Wien.  Akad.  1889  S.  239;  Kenyon,  Greek  Pap.  S.  217. 
Auch  in  koptischen  Urkunden  steht  es  hei  Crum,  Kr.  11,  46,  51,  54. 
Dieses  Mass  wird  dem  hebräischen  Kor  ("S3)  gleichgesetzt.  Unsere 
Ostraka  schreiben  das  Wort  abgekürzt  xoup/.  Neben  dieser  Ab- 
kürzung findet  sich  auf  Papyri  auch  die  Schreibung  Ttoupc.  Vgl.  bei 
Wessely  a.  a.  O.  Da  mir  kein  Fall  bekannt  ist,  in  dem  dieses 
xoupt  ein  Zeichen  der  Abbreviatur  erhielte,  so  möchte  ich  diese 
Schreibung  für  die  volle  halten  und  das  Mass  xoöpc  nennen,  wäh- 
rend Wessely  a.  a.  O.  xoupca  (wie  von  ywOupLOv)  liest.  Natürlich 
wäre  eine  solche  Graecisirung  leicht  denkbar. 

Dasselbe  Mass  liegt  wohl  auch  dem  TpL/  wpov  (BGU  248, 26) 
und  dem  hiyjiüpow  (BGU  531  II  5  und  8)  zu  Grunde.  Xwpov  dürfte 
nur  eine  andere  Wiedergabe  von  ^2  sein.  Vgl.  Epiphanios  de 
mens.  (ed.  Ruitsch  S.  260,  10):  ziXr^Tzzoii  tolvuv  6  xöpo;  Ix  xf^; 
'Eßpalx-^^    ScaXexTOu,         xaXelxai   yop.     Die   beiden  Berliner 


764 


X.  KAPITEL. 


Pap}Ti,  die  von  derselben  Hand  geschrieben  sind  (II.  Jahrh.  n.  Chr.), 
bezeugen  also  ein  Handmass  von  2  und  3  Chor,  und  zwar  als 
Weinmass. 

Von  den  bisher  unbekannten  Massen  stelle  ich  eines  an  die 
Spitze,  das  in  der  Schreibung  7wO^'  mich  lange  vexirt  hat  und  mir 
erst  in  letzter  Stunde  verständlich  geworden  ist.  Das  Mass  xo"^  er- 
scheint in  1166,  1187,  1483  und  1600  (alle  aus  römischer  Zeit). 
In  1166  wird  Wein  und  Essig  damit  gemessen,  in  1187  Wein, 
ebenso  in  1483.  Anfangs  glaubte  ich  in  xo^  die  -/:o(t6)X(y])  zu  er- 
kennen. Da  mir  dies  aus  palaeographischen  Gründen  zweifelhaft 
wurde,  glaubte  ich  es  x6X(Xa'9'Ov)  lesen  zu  sollen,  ein  syrisches 
Mass^),  dessen  Gebrauch  für  Aegypten  jüngst  nachgewiesen  war. 
In  koptischen  Urkunden  erschien  es  bei  Crum,  der  S.  81  die  Formen 
KOAAxei,  KoyAAoe,  und  die  Abkürzung  KOAAAe  notirt.^) 
Auch  in  einem  griechischen  Text  trat  es  zu  Tage,  in  BGU  377 
(VII.  Jahrh.  n.  Chr.),  wo  ich  c^^ouq)  x6XX(a)'8'(a)  lese.  Aber  es 
ist  mir  zweifelhaft  geworden,  ob  unsere  Ostraka  von  diesem  Masse 
sprechen,  da  in  den  Urkunden  der  früheren  römischen  Zeit  ein  anderes 
Mass  begegnet,  das  mit  xo^  beginnt,  nämlich  das  KoXo^wvtov,  von 
dem  wir  bisher  nichts  wussten.  In  1265  quittirt  ein  römischer  Soldat: 
dTiö  zi\ifiq  OLVOu  [Ko]).ocpü)Vtoi)  5Y]vap:a  x.  Früher  glaubte  ich,  dass 
es  sich  hier  um  kolophonischen  Wein  handle,  zumal  dieser  auch  in 
1166  erwähnt  zu  sein  schien.  Aber  ist  es  wahrscheinlich,  dass  ein 
Soldat  an  der  südaegyptischen  Grenze  ausländischen  kolophonischen 
Wein  geliefert  bekommt,  während  doch  Landweine  der  verschiedensten 
Sorten  in  Aegypten  producirt  wurden?  Ferner  würde  nach  dieser 
Deutung  jegliche  Massbestimmung  in  der  Quittung  fehlen.  Vgl. 
dagegen  z.  B.  1129.  Das  vermisste  Mass  möchte  ich  nun  eben 
in  KoXo(^wviou  sehen  —  das  Fehlen  des  ä  kann  nicht  dagegen 
sprechen  —  und  werde  hierin  dadurch  bestärkt,  dass  in  1166  hinter 
KoXocpwvLOU  eine  Zahl,  ä,  steht.  Nimmt  man  aber  hiernach  ein  Mass 
KoXo^wvLov  an,  so  wird  man  auch  das  xo^^  in  derselben  Nummer 


^)  Hultsch,  Metrol.  S.  587.  ^ 
■-)  In  der  guten  Schreibung  KOAAXeON  (abgekürzt  hy)  finde  ich  es 
bei  Krall,  CPR  II  S.  183),  der  es  allerdings  mit  dem  griechischen  xaAdO-iov 
(kleiner  Korb)  zusammenbringt,   was  mir  nicht  richtig  zu  sein   scheint  (vgl. 
Mitth.  PR.  V  S.  32). 


II.  DIE  MASSE. 


765 


1166  nicht  anders  als  KoX(o9(ov:ov)  auflösen  wollen.^)  Derselbe 
Schreiber  wechselt  auch  mit  der  Schreibung  Zitzao^  und  Sc7:Xox£pa!^.  — 
N'achträglich  fand  ich  eine  Bestätigung  des  Vorhergehenden  in  dem 
noch  unpublicirten  Berliner  Ostrakon  P.  183.  Die  folgenden  Worte 
lehren  zugleich  den  Umfang  des  Kolophonion:  ^ Ar^oXXiüvio^j  Aio- 
ylvou^  bLnX(py,ip(x.\LoC)  4*?  twv  l  KoXot^tov'wv  ^^Z  xaXavTov  ä 
^ß'u.  Daraus  folgt,  dass  das  Kolophonische  Mass  und  das  Kera- 
mion  identisch  waren. 

So  haben  wir  ein  neues  Mass,  t6  KoXocpwv.ov  (seil.  |i£Tpov), 
erhalten,  von  dem  bisher  in  der  Metrologie  nichts  bekannt  war.  Der 
Name  kann  nur  heissen:  Mass  von  Kolophon.  Wenn  hier  in 
Aegypten  ein  eigenes  Weinmass  unter  diesem  Namen  existirt  hat, 
so  lässt  dies  darauf  schliessen,  dass  zwischen  Kolophon  und  dem 
aegyptischen  Reiche  im  Besonderen  auf  dem  Gebiete  des  Weinhandels 
ein  lebhafter  Verkehr  bestanden  hat. 

Es  kann  dieser  Annahme  eines  kolophonischen  Masses  zur  Stütze 
dienen,  dass  ich  in  Ostraka  und  Papyri  auch  noch  andere  Wein- 
masse gefunden  habe,  die  nach  ausländischen  Städten  ihren  Namen 
führen.  In  demselben  Berliner  Ostrakon  P.  183,  das  mit  einer 
Weinrechnung  beginnt,  findet  sich  der  Posten:  poBia  so  und  so  viel. 
Auch  in  dem  gleichfalls  unpublicirten  Berliner  Ostrakon  P.  4838 
begegnet  po5  mehrfach  als  Massbestimmung,  hier  neben  xo^.  Aus 
P.  183  ergiebt  sich  der  Singular  |566cov.  Ich  weiss  dies  nicht  anders 
zu  deuten  als  t6  T65tov  [ilxpov,  das  Rhodische  Mass. 

Aehnlich  dürfte  auch  ein  anderes  Weinmass  zu  deuten  sein, 
das  bisher  nicht  verstanden  worden  ist,  das  zviS'.ov.  Danach  wird 
z.  B.  gemessen  in  BGU  21  II  12,  III  4,  in  34  passim  und  549. 
Ebenso  in  koptischen  Texten,  vgl.  Krall,  Führer  d.  d.  Ausstellg. 
P.  Rainer  S.  49  und  jetzt  CPR  II  S.  35,  132,  183  (wo  auch  die 
Schreibung  yviScov).  Ein  zviBiov  olvou  fand  ich  citirt  aus  den 
Apophthegm.  Sisoes  8.  Die  mir  bisher  bekannten  Beispiele  stammen 
alle  aus  jüngerer  Zeit.  Wessely,  Denkschr.  d.  Wien.  Akad.  1889 
S.  245  löst  xv^  in  xavi6'.a  auf  und  liest  auch  einmal  xaviSiv.  Ich 
glaube  an  die  letztere  Lesung  nicht  recht,   und  möchte  in  dem 


Darum  halte  ich  auch  die  Auflösung  in  y.oA(ößwv)  für  unwahrscheinlich. 
Ein  Weinmass  dieses  Namens  begegnet  in  Texten  der  byzantinischen  Zeit.  Vgl. 
z.  B.  Grenf.  (II)  90,  13. 


766 


X.  KAPITEL. 


xvlSiov,  nach  Analogie  der  beiden  vorhergehenden  Fälle,  ein  Kvc- 
hiov  (JL£Tpov,  ein  Knidisches  Mass  sehen. ^)  —  Ebenso  habe  ich 
in  den  Corrigenda  zu  Band  II  unserer  Berliner  Papyruspublication  in 
531,8  (II.  Jahrh.  n.  Chr.)  die  Lesung  Kwa  hergestellt,  Avonach  es 
auch  ein  Weinmass  von  Kos  in  Aegypten  gegeben  hat.  So  waren 
also  neben  den  einheimischen  Massen  auch  ein  Kolophonisches,  ein 
Khodisches,  ein  Knidisches  und  ein  Koisches  Weinmass  im  Gebrauch 
—  ein  Resultat,  das  weit  über  seine  metrologische  Bedeutung  hinaus 
von  Interesse  ist. 

Nr.  1600  giebt  uns  das  Verhältnis  des  Kolophonischen  Masses  zu 
einem  anderen  unbekannten  an.  Hier  werden  aufgezählt  150  +  119 
=  269  aSpo^,  ferner  350  +  103  +  9  =  462  KoXo^mioc.  Das  soll 
zusammen  1000  KoXo^tovta  ausmachen.  Da  an  1000  269  fehlen, 
müssen  die  269  a5po>t  so  viel  messen  wie  2  X  269  KoXo^wvLa.  Also 
ist  1  a5po>^  =  2  KoXo^wvLa.  Wie  aSpo'^  aufzulösen  ist,  bleibt  mir 
unklar. 

Noch  ein  anderes  AVeinmass,  das  bisher  unbekannt  war,  möchte 
ich  hier  erwähnen.  In  dem  unpublicirten  Ostrakon  Louvre  7757 
wird  nach  cützkx,  gerechnet.  Da  abwechselnd  daneben  nach  Kotylen 
gemessen  wird,  kann  aTitov  hier  unmöglich  die  „Birne"  bedeuten. 
Ich  fasse  es  vielmehr  als  "Aticov,  das  Apis -Mass.  Das  wird  ein 
Mass  sein,  das  im  Apistempel  gebraucht  wurde  (s.  unten). 

Endlich  will  ich  noch  darauf  hinweisen,  dass  bei  Grenfell  (I) 
63  (VI./VII.  Jahrh.  nach  Chr.,  aus  Apollinopolis  Maior)  Wein  nach 
a^yia  (=  ocyyeloc)  gemessen  wird.  Das  ist  eine  ähnlich  allgemeine 
Massbestimmung  wie  oc£pa[Jt:ov:  es  bedeutet  „das  Gefäss". 

Zum  Schluss  sei  noch  auf  ZOÖ90V  und  Xayuvo?  hingewiesen.  Kou^a 
werden  in  Nr.  43,  150  und  1483  genannt  (vgl.  oben  S.  277).  Unter 
diesen  „Kufen"  haben  wir  uns  wohl  grosse  Weinbehälter  oder  Wein- 
fässer vorzustellen.  Dass  auch  sie  aus  Thon  gefertigt  wurden,  dürfte  aus 
der  Bezeichnung  xo\)^oxepa[LO\jpy6c,  zu  schliessen  sein.  2)  Die  Kufen 
begegnen  auch  in  koptischen  Texten  bei  Crum,  Nr.  51  und  54,  der 

^)  Den  knidischen  Wein  rühmt  Strabo  XIV  p.  637.  Bei  Hesychios  fand 
ich:  S7ia|isxpaiov,  [xsTpov  zi  Tiapa  KvMoic,. 

2)  Vgl.  Wessely,  Eev.  Egypt.  III  S.  178.  Vgl.  BGU  368.  Der  Name 
für  die  Werkstatt  xouqjoxspajioupyrov  begegnete  mir  ai;f  einem  unpublicirten 
Papyrus  der  Bodleiana.  In  demselben  findet  sich  auch  das  Compositum  xatvo- 
XOU90V  wie  bei  Wessely. 


'  n.   DIE  MASSE. 


767 


nach  Du  Fresne  xoö^a  =  dcy(€io'^  citirt.  Der  Inhalt  der  Kufen, 
d.  h.  die  wirkliche  Füllung  derselben,  wird  in  unseren  Ostraka  zwei 
Mal  nach  XdcYuvo:,  Flaschen^),  augegeben.  Nach  Xr.  43  fassen 
die  exportirten  Kufen  zusammen  1500  Flaschen,  nach  Nr.  150 
2000  Flaschen.  Da  wir  die  Zahl  der  Kufen  nicht  kennen,  lernen 
wir  über  die  Grösse  der  Kufen  hieraus  nichts.  In  1483  dagegen 
wird  der  Inhalt  nach  OL7tXox£pa{xo:  bemessen,  so  wie  in  einem  un- 
edirten  Fragment  der  Bodleiana  nach  xoöpi.  Der  Xccy-jvo?,  die 
Flasche,  scheint  hiernach  auch  ein  bestimmtes  Mass  repräsentirt  zu 
haben,  da  die  Zollbeamten  den  Inhalt  der  Kufen  danach  bestimmen. 


Vergegenwärtigen  wir  uns  noch  einmal,  was  uns  die  Urkunden 
über  die  Hohlmasse  gelehrt  haben.  Es  ist  für  den  Historiker,  der 
sonst  die  Accuratesse  der  ptolemäischen  Verwaltungsmaschine  überall 
mit  Bewunderung  betrachtet,  eine  überraschende  Kunde,  dass  diese 
selben  Könige  dem  Lande  nicht  ein  einheitlich  geregeltes  Mass  ge- 
geben, sondern  eine  Menge  verschiedenster  Systeme  neben  einander 
geduldet  haben.  Vielleicht  werden  wir,  wenn  weitere  Quellen  uns 
zufliessen,  im  Stande  sein,  in  dieses  scheinbar  willkürliche  Chaos 
etwas  Ordnung  zu  bringen.  Manche  Masse  werden  vielleicht  nur 
lokale  Bedeutung  gehabt  haben.  Aber  ganz  wird  es  nicht  ver- 
schwinden. Lehren  doch  auch  die  Texte,  dass  diese  aus  der  Mannig- 
faltigkeit der  Masse  entspringende  Unsicherheit  auf  metrologischem 
Gebiet  von  der  Regierung  wie  von  der  Bevölkerung  als  solche 
empfunden  wiirde,  so  dass  allerlei  umständliche  Manipulationen  und 
Clausein  zur  Sicherung  des  Verkehrs  erdacht  wurden. 

Wie  die  Regierung  sich  selbst  bei  den  Lieferungen  sicherte,  die 
sie  zu  empfangen  hatte,  lehrt  ein  interessanter  Passus  im  Revenue- 
Papyrus.  Von  dem  yetüpYÖ^,  der  Wein  fabricirt  hat,  heisst  es  25,8 f.: 
fiSTpeiTü)  zölq  \Lizpoiq  zdlc  ev  Ixaaxü):  töv  totüwv  \)7zip[you(j']i[y'] 
Icr^Taajievoig  xal  ia:pp(X'^io\iho'.[(;']   [bizb  xoö  o]:7.ovÖ{j.gi)  xal  xoö 

1)  Nach  Krall,  Mitth.  PR.  V  S.  32  begegnet  Xdi^p^^og  in  koptischen  Rech- 
nungen in  der  Form  AX^^HN.  Vgl.  CPR  II  S.  183,  wo  dies  Wort  (in  der 
Form  AX^H)  im  Griechischen  durch  das  oben  besprochene  KvtS'.ov  ersetzt 
wird.  Sollten  Xayjvog  und  KvtSiov  denselben  Inhalt  haben,  dasselbe  Mass  dar- 
stellen? Uebrigens  wird  man  25 Oe IX  in  der  Verbindung  OyAA^^N  N^SoeiX 
nicht  als  Olive,  sondern  als  Olivenöl  zu  fassen  haben,  wie  Krall  auch  an  an- 
derer Stelle  (Mitth.  a.  a.  O.)  thut. 


768 


X.  KAPITEL. 


dvTtYpacpItoC?  %al  ix]  to[ö]  y£VO|ji£VOu  [lexpou  tyjv  a7i6[x[ocp]a[v 
öc]71o5c56t(0.  Von  den  geprüften  Massen  wird  ähnlich  auch  40,19 
gesprochen,  beim  Oel verkauf.  Das  Gesetz  bestimmt  also,  dass  die 
Masse,  ehe  die  Lieferung  an  den  Staat  damit  vermessen  wird,  im 
einzelnen  Falle  von  den  genannten  königlichen  Beamten  geprüft, 
d.  h.  nachgemessen  und  besiegelt,  d.  h.  geaicht  werden  sollen.^) 
Mit  dem  geaichten  Mass  soll  dann  die  Lieferung  vermessen  werden. 
Das  Gesetz  wird  hierbei  nicht  nur  an  ungenau  gearbeitete  Masse, 
sondern  auch  an  Masse  verschiedenen  Inhaltes  gedacht  haben. 
Während  wir  als  Trockenmasse  fünf  verschiedene  Artaben  für  die 
Ptolemäerzeit  nachweisen  konnten,  reichte  unser  Material  nicht  aus, 
uns  etwa  auch  verschiedene  Keramien  zu  zeigen,  wenn  man  nicht 
den  KoTZTizixbc,  y.ip<x.\ioc,  dahin  rechnen  will.  Aber  nach  Analogie 
der  Artaben  wäre  es  wohl  denkbar,  dass  es  auch  hier  Varietäten 
gegeben  hat.  Die  Thätigkeit  der  obigen  Aichungscommission  wird 
hauptsächlich  darin  bestanden  haben,  auszumessen,  wie  viele  Choes 
das  Mass  enthielt,  denn  dies  war  auf  alle  Fälle  die  constante  Grösse, 
und  nach  Choes  hatte  das  Gesetz  auch  die  Abgabe  der  a7i6[xotpa 
bemessen.  Ueber  die  Aichung  der  Artaben  liegt  uns  zur  Zeit  keine 
Nachricht  vor,  aber  man  wird  annehmen  dürfen,  dass  hier  dieselbe 
Vorsicht  geübt  wurde.  Freilich  waren  solche  Nachmessungen  und 
Aichungen  im  einzelnen  Falle,  wie  mir  scheint,  nur  dann  nötig,  wenn 
nicht  die  Masse  des  königlichen  Thesauros  selbst  benutzt  wurden, 
also  bei  allen  im  Privatbesitz  befindlichen  Massen.  Auch  in  dem 
obigen  Passus  des  Revenue-Papyrus  scheint  mir  die  letztere  Situation 
vorzuliegen:  der  yetopyG^  bereitet  den  Wein  auf  seinem  Grund  und 
Boden,  die  königlichen  Beamten  kommen  zur  Controle  zu  ihm  (vgl. 
7tapaY£V0(Ji£V0i)).  Also  werden  auch  die  Masse,  die  sie  dann  revidiren, 
zu  seiner  Plantage  gehören.  Die  thesaurischen  Masse  dagegen,  die 
von  vornherein  natürlich  geaicht  gewesen  sein  werden,  werden  kaum 
einer  regelmässigen  Controle  durch  den  Oikonomos  vor  jeder  einzelnen 
Messung  unterworfen  gewesen  sein.  Sie  standen  dafür  unter  Aufsicht 
einer  besonderen  Behörde,  die  im  Pap.  Paris.  66  II  6  unter  dem  Titel 
„npbq  zdlq  boy^ixolq  [lixpoic,  twv  'ö'Yjaaupwv"  begegnet  (III.  Jahrh. 

^)  So  werden  die  sacppayiap-sva  jjtsxpa  zu  fassen  sein.  Vgl.  den  äusserst 
interessanten  athenischen  Volksbeschluss  CIA  II  476,  wo  am  Schluss  vom  [lixpa^ 
xsxapayiJLSvw  xcp  xapay-t'^pi  laoXußStvtp  und  vom  ai^payiaTw  |j.£Tp(p  die  Kede  ist. 
Vgl.  dazu  Boeckh,  Staatsh.  d.  Ath.  11^  S.  332  und  Hultsch,  Metrol.  S.  100. 


n.  DIE  MASSE. 


769 


vor  Chr.).  An  dieser  Stelle  werden  fünf  Personen  in  diesem  Amte 
genannt.  Diese  Controlebehörde  für  „die  Hohlmasse  der  Thesauren" 
erinnert  uns  an  die  bekannten  athenischen  Metronomen,  deren  Thätig- 
keit  uns  namentlich  durch  die  attische  Inschrift  CIA  II  476  deutlich 
vor  Augen  tritt.  Vgl.  jetzt  auch  Aristot.  Pol.  Athen.  51,  2.  Aber 
die  Vergleichung  mit  den  Bestimmungen  dieses  Volksbeschlusses 
zeigt  uns  zugleich,  wieviel  einheitlicher  und  praktischer  diese  Dinge 
in  Athen  als  in  Aegypten  geordnet  waren. 

Wie  diese  unsicheren  Verhältnisse  auf  den  privaten  Verkehr 
zurückgewirkt  haben,  zeigen  uns  die  Darlehenscontracte.  Da  wird 
gern  hinzugefügt,  dass  das  ausgeliehene  Getreide  nach  demselben 
Masse  zurückgeliefert  werden  soll,  mit  dem  man  es  empfangen  hat: 
|X£Tpa)L  ü):  zal  TrapsiXyjcpev  heisst  die  gewöhnliche  Formel.  Vgl. 
Grenfell  (I)  X  14,  XVUI  18,  XXIII  13,  XXVIII  2,  XXXI  9; 
(D)  XXIX  18;9.  Vgl.  Grenfell,  Rev.  P.  S.  97^8.  Auch  in  Petr. 
Pap.  XLVin  9  (18.  J.  des  Epiphanes)  ist  zur  Sicherheit  auf  die 
Art  des  Masses  hingewiesen, 

In  der  Kaiserzeit  hat  diese  Unsicherheit  nicht  minder  fort- 
bestanden. In  den  Ostraka  freilich,  soweit  sie  Steuerquittungen 
sind,  findet  sich  nirgends  eine  genauere  Charakterisirung  der  be- 
nutzten Masse.  Wir  dürfen  daraus  wohl  den  Schluss  ziehen,  dass 
für  die  Steuern  die  Massfrage  auf  dem  Wege  des  Gesetzes  und  der 
Verordnungen  so  genau  geregelt  war,  dass  es  im  einzelnen  Falle 
überflüssig  erscheinen  konnte  hervorzuheben,  mit  welchem  Masse 
gemessen  war.  Sehr  wahrscheinlich  werden  die  Getreidelieferungen, 
die  die  Steuererheber  an  den  Thesaurus  ablieferten,  dort  nochmals 
mit  dem  thesaurischen  Masse  nachgemessen  worden  sein.  Wenn 
aber  auch  in  den  Ostraka  das  Mass  nicht  besonders  erwähnt  wird,  so 
nennen  es  doch  gelegentlich  die  ausführlichen  Papyrusquittuugen. 
Wenn   hier   nun   meist  der  Ausdruck  |X£Tp(p  5r^{ioa:(i)  Juaiö)-) 


^)  In  Z.  9f.  las  ich  am  Original:  (äpxocßa;)  £vaxo[a{ag/]  (Tr\  [iizptsi: 
[  ]  xal  oOO-ev  evxaXw. 

*)  In  den  Publicationen  steht  mehrfach  ^saxtp.  In  den  angeführten  Lon- 
doner Texten  habe  ich  jedenfalls  überall  ^uatö  gesehen.  Sprachlich  wäre  beides 
denkbar,  da  ^ioi  und  ^uü)  synonym  sind.  Mit  dem  [lixpov  ^uaxöv  kann  wohl 
nur  das  ^lass  gemeint  sein,  das  glatt  abgestrichen  ist  (d7i£,{>r()aävov,  rasum),  im 
Gegensatz  zu  dem  übervoll  gehäuften  Mass  (eK£|icaxov,  cumulatum).  Vgl.  Boeckh, 
Staatsh.  d.  Ath.  IP  S.  324.  In  dem  unpublicirten  Berliner  Papyrus  P.  8794 
WiLCKEN,  Ostraka.  '49 


770  X.  KAPITEL. 


begegnet,  d.  Ii.  „mit  dem  glatt  gestrichenen  öffentlichen  Mass",  so 
meine  ich  nach  Obigem,  dass  damit  kein  anderes  Mass  gemeint 
sein  kann,  als  das,  das  der  Londinensis  [xsTpov  -O-yjaaupcxov  nennt. 
Vgl.  BGU  67,  188,  579;  ebenso  in  den  noch  unpublicirten  Londoner 
Texten  CLXXX,  CCXVIl,  CCCXLVI,  CCCLI.  Bemerkenswert  ist 
im  Pap.  Lond.  CCVIIId,  der,  wie  es  scheint,  von  Lieferungen  an 
den  Thesauros  handelt:  \iizp(d  5r^|jLoaia)  \iExpriaei  xeXeua- 
^el\_(3'Q  .  Hier  wird  ausdrücklich  hervorgehoben,  dass  diese  Art 
der  Vermessung  von  der  Regierung  vorgeschrieben  ist. 

Während  die  Staatsregierung  sich  durch  solche  Regulative 
schützen  konnte,  gab  es  dergleichen  im  Privatverkehr  nicht.  Hier 
finden  wdr  die  grösste  Mannigfaltigkeit  von  Massen.  Darauf  weist 
im  Allgemeinen  ein  Privatbrief  hin,  in  dem  es  heisst  (BGU  48,  9) : 
olboc  -'{(kp  aoi)  t6  |JL£Tpov  [xeT^ov  toö  £[jloö.  Und  in  einem  anderen 
Privatbrief  heisst  es  (BGU  249,22):  [ypa^'Ja^  [xot,  7i[o]cü):  (xsTpo): 
eTze\i^aq  (seil.  t6  aiiapcov).  In  den  Darlehen scontracten,  Pacht- 
contracten  u.  s.  w.  finden  sich  daher  meist  sehr  genaue  Angaben  über 
das  Mass,  mit  dem  die  betreffenden  Lieferungen  gemessen  werden 
sollen.  Wer  ganz  sicher  gehen  wollte,  benutzte  auch  im  privaten 
Verkehr    die   thesaurischen   Masse.   Vgl.  CPR  (I)  41,  23:  (Jiexpw 

67][JLOaL(p  ,  wo  am  Schluss  vielleicht  ^uaTW  zu  ergänzen  ist. 

Hier  ist  allerdings  zu  bedenken,  dass  es  sich  um  Zahlung  eines 
Pachtzinses  nicht  an  eine  Privatperson,  sondern  an  die  Dorfgemeinde 
(t6  xolvov  t-^^  xa)|xy]^  Z.  26)  handelt.  Zweifellos  zwischen  Privaten 
ist  dagegen  der  Pachtcontract  Pap.  Grenf  (H)  57  (vom  J.  168 
nach  Chr.)  abgeschlossen,  nach  welchem  |jL£Tpa)  6y66a)  'ö'Vjaaupoö 
TTj?  xwfJLYji;  geliefert  werden  soll,  ebenso  CPR  (I)  31.  In  Letzterem 
soll  der  Pachtzins  geliefert  werden  (Z.  15):  (X£Tp[(jt)t]  5p6[[JLa)v]  X£- 
zplayjoiyixoy:  'O-yjaaopoö  TüpÖT£pov  Ilaauüvo^.  Aus  Wessely's  Ueber- 
setzung  geht  nicht  klar  hervor,  ob  er  Ilaacwvo?  von  |ji£Tpü)C  oder 
von  'O-yjaaupoö  abhängig  macht.  Ich  möchte  meinen,  das  Ersteres 
das  Richtige  ist.     Pasion  hiess  der  frühere  Besitzer  des  Masses, 


folgt  guaxtp:  axuxa  sti'.xslJT,  was  etwa  axi)TdX(y]g)  £7t!,-/.£t,([i£VYjg)  zu  lesen  ist. 
-xuxaX'/j  ist  nach  PoUux  4,  170  das  Abstreicheholz.  Danach  ist  auch  BGU  579 
herzustellen,  wo  £ii£iX'.|JL£VO'-s  wohl  verschrieben  ist. 

Diese  Lesung  gewann  ich  erst  nachträglich  nach  meiner  Abzeichnung. 
Die  Publication  von  Kenyon  ist  abzuwarten.  Eine  Bestätigung  bietet  jetzt 
P.  Oxyr.  I  89,  3. 


II.  DIE  :masse. 


771 


nicht  des  Thesauros.^)  Wir  werden  sogleich  sehen,  dass  man  nicht 
selten  den  Namen  des  Besitzers  des  Masses  zur  Sicherheit  mit  angab. 
Für  uns  ist  die  Hauptsache,  dass  dieser  Thesauros  ohne  Zweifel  ein 
kaiserliches  Staatsmagazin  ist  (so  auch  Wessely,  Mitth.  PR  II  S.  33). 
Bei  einem  privaten  Thesauros  wäre  gewiss  auch  der  Name  des  gegen- 
wärtigen Besitzers  genannt  worden.  Hier  liegt  also  ein  Fall  vor, 
in  dem  Privatleute  ein  thesaurisches  Mass  (im  Sinne  des  Londinensis) 
benutzen.  Was  ist  nun  aber  das  [XETpov  Spofiiov  T&Tpa)(OLV'.7.ov? 
Der  Ausdruck  findet  sich  auch  sonst  öfters  in  Privaturkunden,  so 
in  BGU  86,  16,  einem  Testament  (hier  5pö{iou),  in  290,  14,  einem 
Darlehenscontract,  wo  Spofxw  nicht  5p6[xq),  sondern  6pG|xco(v)  zu 
deuten  ist,  ferner  in  CPR  (I)  45,  21,  einem  Pachtcontract.  Unter  bpo\LO^ 
versteht  man  in  Aegypten  den  steingepflasterten,  vielfach  mit  Sphinx- 
reihen geschmückten  Platz  vor  dem  ersten  Pylonenpaar  der  Tempel. 
Vgl.  Strabo  XVII  p.  805.  Dass  diese  Dromoi  einen  Mittelpunkt 
des  geschäftlichen  Lebens  bildeten,  zeigten  schon  meine  „Actenstücke", 
die  erzählten,  dass  auf  dem  hp6\Loc,  xoö  [ley^aTOU  d-eou  'Apip,ü)V05 
die  thebanischen  königlichen  Behörden  die  in  den  Texten  beschrie- 
bene Versteigerung  vornahmen  (vgl.  S.  37).  Ich  lege  nun  Wert 
darauf,  dass  die  obigen  Urkunden  meist  vom  [JieTpov  0p6[Jiü)v  —  im 
Plural!  —  sprechen.  Das  ergiebt,  dass  nicht  die  Vermessung  not- 
wendig auf  dem  Dromos  vorgenommen  zu  werden  brauchte,  wie 
Wessely  anzunehmen  scheint,  sondern  dass  das  Mass  ein  „Dromos- 
mass"  sein  soll,  d.  h.  ein  solches,  wie  es  auf  den  Dromoi  üblich 
oder  vorgeschrieben  war.  Gewiss  standen  die  Masse,  die  bei  den 
Geschäften  auf  den  Dromoi  gebraucht  wurden,  unter  der  Controle 
der  zuständigen  Behörden  und  waren  geaicht.  Ein  solches  Dromos- 
mass  nun,  im  Betrage  von  4  Choinikes,  hatte  ein  gewisser  Pasion 
besessen.  Aus  seinem  Besitz  war  es  —  vielleicht  durch  Confiscation 
—  an  den  Staat  gefallen  und  so  in  den  Thesauros  gekommen.  So 
erklärt  sich  die  auffallende  Thatsache,  dass  sich  ein  Dromosmass  im 
Thesauros  befand. 


Sprachlich  scheint  mir  diese  Deutung  näher  liegend,  während  sachlich 
auch  die  andere  möglich  wäre,  da  auch  die  privaten  Speicher  Or^sa'jpoi  hiessen. 
Hätte  man  aber  im  letzteren  Falle  nicht  tou  zpoTspov  üaaicovos  g^^sagt?  Ich 
sehe  in  dem  Passus  vielmehr  eine  Kürzung  der  üblichen  Form:  {jiexpü)'.  —  vjvl 

49* 


772 


X.  KAPITEL. 


An  den  angeführten  Stellen  findet  sich  überall  der  Zusatz,  dass 
das  Dromosmass  4  Choiniken  messe.  Daraus  folgt  nur,  dass  in  dem 
Kleinverkehr  auf  den  Dromoi  das  kleine  handliche  Vier-Choiniken- 
Mass  besonders  beliebt  war.  Wir  verglichen  es  oben  unserem  Fünf- 
litermass.  Auch  darin  liegt  eine  Sicherheit,  dass  man  bestimmte, 
dass  mit  einem  kleinen  Handmass  von  so  und  so  viel  Choinikes 
oder  Choes  vermessen  werden  solle,  denn  dies  waren  feste  Grössen, 
während  Artabe  und  Metretes  schwankende  Begriffe  waren.  So  wird 
bald  mit  dem  Vier-Choinikenmass,  bald  mit  dem  Sechs -Choiniken- 
mass  gemessen  (s.  unten).  So  wird  in  Pap.  Grenf.  (II)  24,  13 
(vom  J.  105  V.  Chr.)  die  Rückzahlung  von  6  Keramien  Wein  mit 
dem  [iSTpwi  T£Tpa)(6ü)i  angeordnet. 

Wie  bei  dem  Thesauros  des  Pasion,  so  wird  auch  sonst  oft 
der  Besitzer  des  Masses  genannt,  mit  dem  man  die  Vermessung 
vorgenommen  zu  sehen  wünscht.  Nichts  zeigt  deutlicher  die  Un- 
sicherheit, die  durch  die  mannigfachen  Masse  in  den  geschäftlichen 
Verkehr  gekommen  war,  als  dass  man  sich  nicht  mehr  mit  der  An- 
gabe des  Umfanges  begnügte,  sondern  sich  erst  gesichert  fühlte, 
wenn  man  ein  ganz  bestimmtes  concretes  Mass  angab,  das  dem  oder 
jenem  gehörte.  Der  Begriff  der  Gattung  hat  damit  auf- 
gehört: nur  das  einzelne  individuelle  Mass  gilt.  So  soll  in 
BGU  227  (einem  Pachtcontract)  gemessen  werden  [lixpa)  kE.ocyomy.t^ 
£ppLY]V£ü)s  T-^^  ywWfjLyj^,  d.  h.  mit  dem  Sechs-Choiniken-Mass,  das  dem 
Dolmetscher  des  Dorfes  gehört.  In  P.  Oxyr.  I  101,  40  soll  der  Pacht- 
zins vermessen  werden  [lexpo)  xeTpaxoLVLXW  /^aXxoaT6{xa)  TiapaAr^piTr- 
T'.xw  Tfj^  [Ji£{jiLa^(i)xuia^,  also  mit  dem  Mass  der  Verpächterin. ^) 
Durch  7tapaXr;[Ji7iTtx6v  wird  es  als  ein  solches  charakterisirt,  wie 
es  die  TrapaX'^ixTrxai  benutzten.  In  BGU  39,  14  (einem  Pacht- 
contract): [lETptp  £ga)(ot[v]Lxou  liocpaiz&c,  6(?)  toö  TaߣC.  Mag  die 
Lesung  auch  z.  Th.  noch  nicht  einwandsfrei  sein,  so  viel  ist  sicher, 
dass  hier  die  Person  angegeben  wird,  in  deren  Besitz  sich  das  Mass 
befindet.  Leider  hat  die  unvollkommene  Lesung  des  ersten  Heraus- 
gebers jjL£Tp(p  £^a)(ot[v]Lxou  aapocTC  .  .  aaoToi)  Eugene  Revillout  dazu 

^)  Die  Herausgeber  fahren  fort  [yj]  twv  Tiap'  a'jx^?  iisxpo'jvxwv.  Damit 
wäre  das  individuelle  Mass  beseitigt,  auch  würde  das  Tiap'  auxf^g  unverständlich 
sein.  Ich  streiche  das  vj,  das  am  Ausgang  der  Zeile  ergänzt  ist,  dann  heisst  es : 
„die  Lieferung  soll  erfolgen  mit  dem  Mass  der  Yerpächterin ,  und  ihre  Unter- 
gebenen sollen  die  Vermessung  ausführen." 


n.  DIE  MASSE. 


773 


verleitet,  ein  Mass  von  „6  chenices  de  Serapis  ou  de  Serapeum"  an- 
zunehmen (Melanges  S.  1.  Vgl.  S.  85).  Wenn  auch  dieses  Tempel- 
oder Gottesmass  zugleich  mit  der  irrigen  Lesung  aufzugeben  ist,  so 
zeigen  doch  andere  Texte,  dass  in  der  That  die  in  den  Tempeln 
vorhandenen  Masse  auch  von  den  Privatpersonen  gebraucht  wurden. 
So  steht  in  einem  Wiener  Pachtcontract,  CPR  (I)  38,  18: 

[JL£-LpO)  ezTO) 

Der  Herausgeber  Wessely  übersetzt  das:  „gemessen  mit  dem 
jedesmaligen  Masse  des  Dorfes"  und  bemerkt  dazu:  „Z.  19  enthält 
die  Neubildung  extotIo?  von  eztote  sodaunig",  und  auf  S.  155  fügt 
er  zur  Erklärung  hinzu,  dies  Mass  habe  zur  Zeit  der  Ernte  in  all- 
gemeiner Verwendung  gestanden,  Wessely  scheint  also  anzunehmen, 
dass  es  zu  verschiedenen  Jahreszeiten  verschiedene  Masse  gegeben 
habe!  Ich  denke,  wir  verzichten  auf  die  griechische  Neubildung 
exzazioc,  ebenso  wie  auf  die  deutsche  Neubildung  „sodannig"  und 
lesen:  „[iixpcp  IxTq)  ■8-soö  t-^^  yM\i.r^q'',  d.  h.  mit  dem  Sechstel- 
Mass,  das  dem  Gott  des  Dorfes  gehört.  Aehnlich  heisst  es  im  Pap. 
Lond.  CCXVI  (=  Pal.  Soc.  II  Ser.  162)  15:  lihpa^i  TETapiw:  0-£ou 
SoxvoTiatou,  d.  h.  „mit  dem  Viertelmass,  das  dem  Gott  Sokno- 
paios  gehört".^)  Hunt  hat  in  seiner  vortrefflichen  Recension  des 
CPR  (Gött.  GA  1897  S.  464)  vermutet,  dass  d-eou  für  O-r^aa-jpou 
verschrieben  oder  verlesen  sei.  Nach  der  angeführten  Parallele  ist 
diese  Annahme  nicht  nötig.  Vgl.  auch  CPR  (I)  39,  19,  wo  das  Mass 
des  Athenatempels  von  Hermupolis  genannt  wird  (s.  unten),  und  in 
byzantinischer  Zeit  heisst  es  einmal  ganz  entsprechend  [isTpco  loO 
euayou^  jiovaaxr^pLOu  dßßa  'AysycO^  (Pap.  Grenf  II,  90,  13).  In 
einem  anderen  Pachtcontract  (CPR  I,  43)  wird  angemerkt,  dass 
der  Pachtzins  mit  dem  dem  Verpächter  gehörigen  Masse  gemessen 
werden  soll:  „[xlipw  aoG  xoO  '^zo'jyou.'''  Wieder  in  einem  anderen 
Pachtcontract  (CPR  I,  35,9)  heisst  es:  iSiOTLx-g  jiSTpT^ai.  Wessely 
übersetzt  irrig  „mit  eigenem  Masse",  indem  er  an  'Mcc  denkt.  'ISlw- 
Tizr^  kann  nur  von  lZ'.(h^:r^z  abgeleitet  werden  und  so  heisst  es  „mit 
privatem  Masse",  im  Gegensatz  zum  öffentlichen,  zum  OYj[A6aiov  jilxpov. 

Unter  den  byzantinischen  Kaisern  scheinen  sich  die  Verhältnisse 
nicht  geändert  zu  haben.    Ich  will  nur  auf  Grenfell  (I)  6-)  (aus 

Auch  das  Achtelmass   begegnet   in  ähnlichem  Zusammenhang.  Vgl. 
BGÜ  603,  20  und  39:  iiizpt^  oySow.    Ebenso  604,  17. 


774 


X.  KAPITEL. 


dem  VI./ VII.  Jahrh.)  hinweisen,  wo  eine  Lieferung  von  50  Artaben 
vermessen  werden  soll  {io5t(p  ^AizoXXiüvoq  (seil.  noXeoiq),  d.  h.  mit 
dem  modius  von  Apollinopolis  Maior,  der  Stadt,  in  der  der  Contract 
abgeschlossen  wird.  Freilich  könnte  hier  auch  an  den  Gott  gedacht 
werden.  In  einem  Pachtcontract  aus  Hermupolis  (J.  561)  sollen 
120  Artaben  vermessen  werden  'A'9'Y]vaLtp  |JL£Tpw,  worunter  man  im 
Hinblick  auf  CPR  (I)  39, 19  und  (II)  S.  132  wohl  nicht  „the  Äthenian 
measure",  sondern  das  Mass  des  Athenatempels  der  Stadt  verstehen 
muss.  Vgl.  Grenfell  (II)  57,  10.  Hierhin  gehört  auch  die  oben  S.  752 
citirte  Stelle:  tw  aw  [xaTcatw  [Aexpo),  und  in  Pap.Genev.  15,3  wird  eine 
Rückzahlung  [X£Tp(p  Sixacw  versprochen.  So  ist  auch  in  BGU  726,  3 
zu  lesen  oltü)  (f  oltoü)  {xexpw  hixoclw,  wo  Krebs  atTa)|ji£Tptp  las. 
Wie  es  unter  den  Byzantinern  war,  so  blieb  es  auch,  wie  es  scheint, 
unter  der  arabischen  Herrschaft.  In  Calcaschandi's  Geographie  und 
Verwaltung  von  Aegypten i)  fand  ich  folgende  Worte:  „In  Aegypten 
giebt  es  Cadah  von  verschiedener  Grösse  eben  so  wie  bei 
den  Ratl,  da  jede  Gegend  ihren  besonderen  Cadah  hat 
nach  Verhältnis  ihres  Irdabb." 

Flächenmasse. 

Während  die  Hohlmasse,  wie  wir  sahen,  im  Laufe  der  Jahr- 
hunderte mannigfache  Wandlungen  durchmachten,  blieb  das  Feld- 
mass  sich  immer  gleich.  Die  Arure,  die  schon  seit  den  ältesten 
Zeiten  das  Feldmass  Aegyptens  war 2),  blieb  es  auch  in  der  Ptolemäer- 


^)  Nach  der  Uebersetzung  von  F.  Wüsfcenfeld  in  ,,Abh.  Kgl.  Ges.  Wiss. 
Gött."  XXV  1879.  S.  147.  —  Vgl.  BGU  3G6,  14:  |i£xpq)  xwv  auxwv  SapaxYjvwv. 

Die  Worte  Herodot's  II  G:  xaüxYj^  wv  auo  o't  d^igxovxa  axotvoi  slo',. 
"Oooi  fisv  yap  yecDTistvai  stai  dvO-pwTücov,  öpyui'^at,  fxsiiexpi^xaat,  xtjv  X^pi^v,  oaot 
Se  ^oaov  yewTistvat  axaStotai,  di  öe  tioXXyjv  Ixouai,  TrapaactyyTrjat,,  di  8s  äq^^ovov 
XtYjV,  axotvotai  sind  von  Hultsch,  Metrol.  S.  358  in  einer  Weise  interpretirt,  der 
ich  nicht  beistimmen  kann.  Er  entnimmt  daraus,  dass  die  ärmsten  Feld- 
pächter in  Aegypten  ihr  Land  nach  Klaftern  vermessen,  die  minder  armen 
und  die  reichsten  nach  anderen  grösseren  Massen.  Nach  meiner  Ansicht  können 
mit  den  äv^pcDTioi,  unmöglich  die  Aegypter  gemeint  sein,  sondern  nur  die  Menschen 
überhaupt.  Herodot  will  in  dieser  Anmerkung  nur  erklären,  weshalb  er  hier 
die  Entfernung  in  axotvoi  angiebt.  Die  Aegypter  rechnen  nach  axo^vot,  sagt 
er,  weil  sie  so  unendlich  viel  Land  haben.  Andere  Völker,  die  weniger  Land 
haben,  haben  daher  auch  kleinere  Längenmasse,  so  rechnen  die  Perser  nach 
Parasangen,  die  Griechen  nach  Stadien  u.  s.  w.    Ich  sehe  hierin  also  nur  eine 


II.  DIE  MASSE. 


775 


zeit  wie  in  der  römischen  und  byzantinischen  Periode.  Diese  Arure 
ist  bekanntlich  ein  Quadrat,  deren  Seite  100  aegyptische  Ellen  be- 
trägt.^) Legt  man,  wie  mir  mit  Hultsch  a.  a.  O.  notwendig  er- 
scheint, die  grosse  königliche  Elle  von  0,525  m  zu  Grunde,  so  ist 
1  Arure  =  2756  Hm.  Wer  die  „kleine"  Elle  zu  Grunde  legt,  kommt 
auf  2025 Dm.  Der  Käme  apoupa  ist  natürlich  rein  griechisch  und 
bedeutet  „Ackerland".  Genau  so  nannten  auch  die  AegA^^ter  in 
ihrem  Idiom  dieses  Mass,  wie  erst  kürzlich  erkannt  und  durch  die 
Tafel  von  Damanhur,  die  Copie  der  Tafel  von  Rosette,  bestätigt 
worden  ist:  sHt  oder  sH-^h,  koptisch  ce'reico2,e,  d.  h.  „der  Saat- 
acker". 2)  Als  Sigle  für  die  Arure  begegnet  in  den  ptolemäischen 
Texten,  wie  schon  Peyron  erkannt  hat,  das  Zeichen  p^,  in  den  Texten 
der  römischen  und  byzantinischen  Zeit  aber  b-,  wie  ich  in  den 
„Acten stücken"  S.  50  Anm.  dargethan  habe.^)  Die  altertümlichen 
Formen,  vde  sie  uns  jetzt  in  den  Petrie  Papyri  vorliegen,  lassen  über 
die  Entstehung  der  Sigle  keinen  Zweifel:  es  ist  ein  a,  über  das  zur 
Distinction  von  a  ==  d(pTaßr])  ein  u  gesetzt  ist,  also  =  a(po)ü(pa). 
Die  römische  Form  Ir-,  so  verschieden  sie  aussieht,  entsteht,  wenn 
man  oben  beginnend  das  u  mit  dem  a  verbindet. 

In  welche  Unterabteilungen  wurde  nun  dieses  Feldmass  geteilt? 
Ich  habe  im  Rheinischen  Jahrbuch  S.  328  auf  Grund  des  mir  da- 
mals bekannten  Urkundenmaterials  nachgewiesen,  dass  die  Arure  in 
h  h  h  tV'  "B^'  tI»-  ^*  s.w.  teilbar  sei.  Erst  nachträglich  fand 
ich,  dass  dies  lediglich  aus  den  griechischen  Texten  gewonnene  Re- 
sultat durch  die  einheimische  Literatur,  sowohl  durch  die  hierogly- 
phischen wie  durch  die  demotischen  Urkunden,  auf's  genaueste  be- 
stätigt wird.     Die  alten  Aegypter  hatten  eigene  Wörter  für  die 

allgemeine  theoretische  Betrachtung  über  den  Einfluss  des  Landumfanges  auf  die 
Grösse  des  Längenmasses,  durch  die  er  eben  begründen  will,  dass  die  Aegypter 
ein  so  grosses  Mass  wie  den  oy^olyo;,  haben.  Durch  diese  Interpretation  schwinden 
alle  Schwierigkeiten,  die  man  in  dieser  Stelle  gefunden  hat.  Ausserdem  möchte 
ich  Hultsch  gegenüber  betonen,  dass  Herodot  hier  gar  nicht  von  Feldmassen, 
sondern  offenbar  nur  von  Längenmassen  handelt.  Er  begründet  ja  seine  Angabe 
über  die  Länge  der  aegyptischen  Küste.  Also  ist  Herodot  hier  auch  nicht  Zeuge 
für  ein  aeg}^ptisches  Feldmass  opyj'-a. 

Vgl.  Hultsch,  Metrolog.  S.  356  f. 

Vgl.  Brugsch,  Aegyptologie  S.  373.  Revillout,  Proc.  Soc.  Bib.  Arch. 
XIV  1892  S.  64  ff. 

3)  Vgl.  Rhein.  Jahrb.  S.  237  Anm.  3. 


776 


X.  KAPITEL. 


Bruchteile  der  Arure.  So  hiess  -J  Arure  sp  (?),  ^  hsp,  -J-  s^,  sw, 
rm^A')  Bemerkenswert  ist,  dass  alle  diese  Wörter  mit  der  spitzen 
Ecke  <  determinirt  werden,  die  hinter  Begriffe  wie  Acker,  Land 
u.  s.  w.  gesetzt  wird.  Sie  sind  also  nicht  etwa  allgemeine  Bezeich- 
nungen für  die  Brüche  -J,  ^  u.  s.  w.,  sondern  bezeichnen  ganz  speziell 
die  Bruchteile  der  Arure.  Der  einzelne  Bruchteil  aber  erscheint  da- 
durch als  selbständige  Grösse,  als  selbständiges  Mass. 

Unsere  Ostraka  bieten  in  voller  Uebereiu Stimmung  mit  diesem 
Ergebnis  folgende  Teilmasse:  |,  i  -J,  -Jj,  -^-J^, 

Vgl.  No.  356,  375,  396,  407,  1151,  1201,  1301,  1326,  1364, 
1382,  1383,  1385,  1389,  1398,  1421,  1543.  Von  besonderer 
AVichtigkeit  ist  Nr.  1201,  die  die  Brüche  ^|-g-,  -jjhi  iih-^  bietet. 
Noch  in  einer  seiner  letzten  Studien  meinte  Revillout,  man  sei  über 
-jj^  wohl  nicht  hinausgegangen,  da  doch  mit  -j^^  =  "^"^X^?  (s-  unten) 
eine  neue  Art  der  Teilung  beginne  (Proceed.  a.  a.  O.  S.  79).  Wir 
sehen  jetzt,  dass  diese  Annahme  nicht  richtig  ist,  dass  vielmehr  das 
Feldmass  Arure  rein  dyadisch  geteilt  war. 

Seit  meiner  Arbeit  im  Rheinischen  Jahrbuch  sind  einige 
ganz  wenige  Ausnahmen  der  obigen  Regel  bekannt  geworden.  Im 
Rev.  Pap.  60,  23  steht  der  Bruch  -J-  (vgl.  60,  20  :  f)  und  in  BGU 
203  begegnet  der  Bruch  -q^,  der  in  die  duodecimale  Reihe 
A'  g^liört.  Auf  diese  letztere  Ausnahme  wies  schon  Viereck 
im  Hermes  XXX  S.  114  hin  2)  und  folgerte  hieraus  sowie  aus  an- 
deren Betrachtungen,  dass  entgegen  meiner  Theorie  die  Arure  und 
die  Artabe  (s.  oben)  dieselben  Teilungen  gehabt  hätten,  dass  also 
dieselben  Bruchreihen  sich  bei  Beiden  fanden.  Trotz  der  obigen 
zwei  Ausnahmen,  die  sich  bisher  in  unserem  äusserst  umfangreichen 
Material  gefunden  haben,  möchte  ich  mich  dieser  Folgerung  nicht 
anschliessen.  Viereck  hat  a.  a.  O.  an  der  Hand  von  Quittungen 
über  die  Lieferung  von  Saatkorn  gezeigt,  dass  für  je  1  Arure  Landes 
1  Artabe  Saatkorn  geliefert  wurde.    Dass  dieser  Nachweis  nur  für 


1)  Tgl.  Brugsch,  Aegyptol.  S.  373  f.  Eevillout,  Proceed.  a.  a.  O.  S.  70  ff. 
Vgl.  auch  Brugsch's  Uebersetzung  der  Feldertexte  von  Edfu  im  Thesaurus  III 
S.  549  ff. 

^)  Was  er  sonst  als  Ausnahmen  von  meiner  Theorie  anführt,  die  Reihe 
^}  i      2V4V  (BGU  181)  und  iiiV^VÄ  (Pap.  Lond.  CIX,  B)  für  die 

Artabe,  ist  keine  Ausnahme,  sondern  vielmehr  eine  Bestätigung  derselben.  Gerade 
dies  hatte  ich  im  Rhein.  Jahrb.  behauptet.    Siehe  oben  S.  749. 


n.  DTE  :masse. 


777 


die  ßaa:Xty.yj  yf]  zutreffend  ist,  hat  inzwischen  BGU  512  gezeigt.^) 
Doch  gleichviel,  aus  dieser  Thatsache  glaubt  Viereck  folgern  zu 
sollen,  dass  Arure  und  Artabe  dieselben  Bruchreihen  aufweisen 
müssten,  damit  immer  für  einen  bestimmten  Bruchteil  einer  Arure 
der  gleiche  Bruchteil  der  Artabe  geliefert  werden  könne.  Dies  prak- 
tische Bedürfeis  ist  ohne  Zweifel  zuzugeben.  Aber  folgt  daraus, 
dass  die  beiden  Masse  nach  demselben  System  geteilt  waren?  Dann 
raüsste  ja  auch,  weil  ich  1  Elle  Stoff  für  1  Thaler  verkaufe,  Elle 
und  Thaler  nach  demselben  System  geteilt  sein!  Viereck  hat,  wie 
mir  scheint,  die  materielle  Frage  mit  der  formellen  vermengt.  Nur 
die  formelle  Seite  ist  es  aber,  die  uns  hier  angeht.  Wir  wollen 
eruiren,  ob  das  Feldmass  dyadisch  oder  dekadisch  oder  duodecimal 
oder  wie  sonst  geteilt  zu  werden  pflegte.  —  Ich  möchte  zunächst 
darauf  hinweisen,  dass  das  von  Viereck  hingestellte  Postulat,  dass 
jeder  Bruchteil  der  Arure  auch  durch  einen  Bruchteil  der  Artabe 
ausdrückbar  sei,  auch  unter  meiner  Annahme  eines  z.  T.  ver- 
schiedenen Systems  für  beide  Masse  durchaus  erfüllbar  ist.  Die 
Artabe  zerfiel,  wie  wir  sahen,  in  -J,  i-,  u.  s.  w.  und  in  |,  -J- 
(nicht  weiter).  lieber  die  Brüche  4,  i,  ^,  die  beiden  Massen  ge- 
mein sind,  können  wir  hinweggehen.  Aber  auch  lässt  sich 
durch  Artabenbrüche  ausdrücken,  denn  es  ist  tV  =  "t~  iV- 
Ebenso  ist  -gV  =  iV  +  ^V'  A  =  "sV  +  t^y  u.  s.  w.  Schwieriger  ist 
die  Aufgabe,  die  duodecimalen  Brüche  der  Artaben  durch  die  dya- 
dischen  Brüche  der  Arure  wiederzugeben.  Wie  die  Aegypter  sich 
diesem  mathematischen  Problem  gegenüber  beholfen  haben,  lehrt  die 
inzwischen  von  mir  herausgegebene  Urkunde  BGU  512.  Dieser 
Text  behandelt  denselben  Gegenstand  wie  die  von  Viereck  be- 
sprochenen Quittungen,  den  pi£p capto;  aTreppLaTWV  —  nur  in  der 
Form  eines  Berichtes  des  Dorfschreibers.  Hier  finden  sich  nun 
folgende  Gleichungen,  Z.  5:  [ßaa('.Xiy.f/;)  l—  aj^xc  *>!  tg  +  — 
atfXc^Y  und  Z.  16:  ßaaiX^x-^?)  ^f^;,  l-  y^ig^b  +  —  iß'.  Also: 
für  1526  i  i  ^  Aruren  werden  geliefert  1526  4  i  Artaben,  und  für 
^  i  tV  "S^  Aruren  werden  geliefert  3  ^  -jV  Artaben.  Offenbar  liegt 
hier  der  schon  von  Viereck  behandelte  Satz  von  1  Artabe  für  1  Arure, 
der,  wie  gesagt,  zunächst  nur  für  die  ßaatXtX'f]        belegt  ist,  zu 


Vgl.  Z.  G,  7  und  17,  wo  für  *'.Aa5< d?v^^o'j)  O'jj(ias)  und  7ipo;ö5o(u)  yf, 
Andere  Verhältnisse  zwischen  den  Aruren-  und  Artabensunimen  begegnen. 


778 


X.  KAPITEL. 


Grunde.  Folglich  rechnet  der  Dorfschreiber  :^  +  (^rure)  = 
y  (Artabe)  und      -\~      (Arure)  =      (Artabe).   Rechnet  man  nach, 

so  findet  man  eine  kleine  Differenz,  die  nicht  berücksichtigt  worden 

5i 

ist:  sind  nur  -f-^,  nicht  ^  (=      und      "i"  Ä  sind  nur 

51  .  ^" 

nicht  g|(=T-2)-    In  beiden  Fällen  bleibt  also  der  Arurenbruch 

um  eine  Kleinigkeit  hinter  dem  Artabenbruch  zurück.  Dass  trotz- 
dem aber  in  den  Augen  der  aegyptischen  Behörden  eine  Gleichung 
damit  geschaffen  war,  kann  keinem  Zweifel  unterliegen.  Wir  finden 
hier  nur  bestätigt,  was  wir  auch  sonst  schon  aus  der  nationalen 
Literatur  der  Aegypter,  wie  dem  Papyrus  Rhind,  wussten,  nämlich 
dass  sie  ganz  kleine  Bruchteile  unter  Umständen  unberücksichtigt 
gelassen  haben, 

Wir  lernen  also  aus  dem  Papyrus,  wie  die  Aegypter  unbeküm- 
mert um  mathematische  Accuratesse  die  duodecimalen  Brüche,  wie 
die  Artabe  sie  hatte,  mit  Hilfe  der  dyadischen  Brüche  der  Arure 
ausgedrückt  haben.    Wir  können  folgende  Tabelle  aufstellen: 


1 

4 

+ 

tV  gelten 

als 

1 

(belegt). 

1 

1 

1 

8 

ü" 

1 

1  6 

1 

■B"4  " 

>> 

1 

(belegt). 

1 

+ 

1 

>5 

1 

Y4- 

1 

114 

+ 

1 

Yh  6  " 

1 

4  8 

u.  s.  w. 

Doch  kehren  wir  zu  unserer  Hauptfrage  zurück.  Die  That- 
sache,  dass  man  auf  so  umständlichem  Wege,  dazu  noch  unter  Dul- 
dung einer  kleinen  Ungenauigkeit,  die  Bruchreihe  -g,  ^  u.  s.  w.  bei 
der  Arure  ausgedrückt  hat,  ist  der  sicherste  Beweis  dafür,  dass 
diese  Bruchreihe  der  Arurenrechnung  fremd  war!  Denn 
sonst  hätte  man  es  so  viel  bequemer  gehabt,  statt  dessen  einfach 
^  u.  s.  w.  zu  schreiben.  Nur  den  grössten  dieser  Brüche,  ^, 
hat  man,  wie  der  Revenue -Papyrus  zeigt,  gelegentlich  direct  als 
bezeichnet.    Den  Bruch  -g\  aber  (in  BGU  203)  bin  ich  einst- 


^)  Vgl.  Erman,  Aegypten  S.  487.  Von  der  kolossalen  Umständlichkeit 
und  Schwerfälligkeit  der  aegyptischen  Rechenkunst  geben  uns  der  Papyrus  Rhind 
(ed.  Eisenlohr j  und  der  mathematische  Papyrus  von  Achmim  (ed.  Baillet)  eine 
deutliche  Vorstellung.  Das  Auffallendste  ist,  dass  die  Aegypter,  die  von  den 
Griechen  als  die  Erfinder  der  „Geometrie"  gepriesen  wurden,  die  Berechnung 
der  Flächen  mittelst  der  Höhe  nicht  gekannt  haben,  wodurch  genaue  Ergebnisse 
in  vielen  Fällen  unmöglich  gemacht  wurden.  Vgl.  Eisenlohr,  Pap.  Rhind  S.  122. 


II.   DIE  MASSE. 


779 


weilen  geneigt  für  ein  Versehen  des  Schreibers  zu  halten.  Keuer- 
dings  hat  Viereck  einen  Text  publicirt,  der  ihm  Recht  zu  geben 
scheint.  Er  liest  in  BGU  626,  4:  Ir-  ßL  ^5,  d.  h.  Aruren  2\  ^\  4^. 
Hier  liegt  aber  nur  eine  falsche  Lesung  von  Viereck  vor.  Der 
Papyrus  bietet  vielmehr,  wie  ich  iii  den  Corrigenda  zum  II.  Bande 
mitteile:  Ir-  tj  cgXß,  d.  h.  Aruren  2\  ^iV-o-  Pap.  Grenf. 
(II)  42  ist  vor  den  Brüchen  2¥  tV  iiicht  Arure,  wie  Grenfell 
thut,  sondern  Artabe  zu  ergänzen.  Alles  in  Allem  müssen  wir  auf 
Grund  der  obigen  Ausfuhrungen  daran  festhalten,  dass  die  Arure 
rechnungsmässig  in  der  Regel  dyadisch,  d.  h.  in  |,  ^,  ^,  -^^  etc.  ge- 
teilt wurde.  Thatsächlich  musste  natürlich  auch  jeder  beliebige  andere 
Bruchteil  einer  Arure  ausgedrückt  werden  können,  denn  man  kann 
ein  Feld  ja  in  ganz  beliebige  Stücke  zerteilen,  aber  es  geschah 
eben  mit  Hilfe  jener  dyadischen  Reihe,  wobei  kleine  Ungenauigkeiten 
unvermeidlich  waren.  Ich  bin  überzeugt,  dass  man  den  siebenten 
Teil  einer  Arure  ungern  mit  ^  bezeichnet  haben  würde.  Man  schrieb 
dafür  vermutlich  ^  -gV  xi^'  wobei  ein  minimaler  Bruchteil  unberück- 
sichtigt blieb. 

Zum  Schluss  habe  ich  nur  zu  erwähnen,  dass  auch  das  Flächen- 
mass  7i7j)(U^  in  unsern  Ostraka  begegnet.    In  1301  steht:  aX(Xa;) 

90c(vcxwvo^)  dv(a)  ^  [  ]  tütj^  Trepta'^  r^r^     ßiX  5[  ]. 

Ganz  ähnliche  Verbindungen  finden  sich  in  dem  Pap.  Lond.  CXIX 
(ed.  Kenyon  S.  140  fi*.,  gleichfalls  aus  dem  H.  Jahrh.  n.  Chr.),  der 
überhaupt  zu  diesem  Ostrakon  die  treffendste  Parallele  bietet.  Der 
Ostrakontext  ist  offenbar  ein  Auszug,  ein  Citat  aus  einem  derartigen 
Schriftstück,  wie  der  Londinensis  ist.  Völlig  übereinstimmend  mit 
unserem  Text  heisst  es  z.  B.  Z.  133 :  aXko  TOjX  Tiepta'c  tiiqX  ß  y^, 
nachdem  vorher  auch  hier  von  einem  cpoLVCXWV  die  Rede  gewesen 
ist.  Die  anderen  Stellen  sind  von  Kenyon  zu  Z.  44  zusammengestellt. 
Unser  Ostrakon  trägt  jedoch  zur  Erklärung  dieser  merkwürdigen  Ver- 
bindungen, die  Kenyon  als  „obscure"  bezeichnet,  nichts  bei.  Nur  so 
viel  ist  klar,  wie  auch  Kenyon  hervorhob,  dass  Flächen  damit 
bezeichnet  werden.  Man  denkt  daher  an  jenen  nf^y^q  o'.xoTieS'.xö;, 
den  Amadeo  Peyron  als  ein  Rechteck  bestimmt  hat,  dessen  Lang- 
seite 100  Ellen  und  dessen  Schmalseite  1  Elle  beträgt,  i)  Nur  ist 
zu   bemerken,   dass   in   dem  Ostrakon   wie   im  Londinensis  nicht 


Vgl.  meine  Actenstücke  S.  32.   Revillout,  Procoed.  a.  a.  O.  S.  C5  f. 


780 


X.  KAPITEL. 


ocxoTieBa,  f^iXol  totto:  und  dgl.,  sondern  cpotvtzwvei;  gemessen  werden. 
Ich  denke,  dass  durch  TiBpia'^  die  Elle  als  Flächenmass  im  Gegen- 
satz zum  Längenmass  bezeichnet  werden  soll.  Man  könnte  etwa  an 
mpiGTockziy.oq  denken  —  „die  umschliessende  Elle".^) 


^)  Merkwürdig  ist  der  Ausdruck  Ttr^x^'-S  oxspsoö  S  cj^iXoD  xÖTtou  in  einem 
Contraet  vom  J.  114  v.  Chr.  bei  Grenfell  (II)  S.  52.  Mit  Eecht  weist  Grenfell 
auf  das  Flächenmass,  den  Tirjxpc,  olxoTCsS'.vtög  Peyron's  hin.  Das  Auffallende  ist 
nur,  dass  mit  dem  "Worte  axspeög  sonst  nicht  auf  die  zAveite,  sondern  auf  die 
dritte  Dimension  hingewiesen  wird.  Soll  damit  gesagt  sein,  dass  der  Grund  und 
Boden  auch  in  die  Tiefe  dem  Käufer  gehören  soll? 


XI.  KAPITEL. 


Die  Daten. 

Es  soll  hier  kurz  dargelegt  werden,  auf  welchem  Wege  die  im 
Textdruck  gegebenen  Umrechnungen  der  Daten  der  Ostraka  gewonnen 
sind,  und  welches  Mass  von  Sicherheit  diesen  Umrechnungen  zu- 
kommt. Durch  neue  Urkunden  ist  in  letzter  Zeit  manche  neue 
Frage  aufgeworfen  worden,  manche  Annahme,  die  früher  gesichert 
erschien,  ist  in  ihrer  Berechtigung  bestritten  worden,  so  dass  auf  dem 
chronologischen  Gebiet  zur  Zeit  eine  Unsicherheit  herrscht,  wie  seit 
Decennien  nicht.  Um  den  Rahmen  des  Ostrakoncommentars  nicht 
zu  sprengen,  soll  hier  nur  auf  diejenigen  Fragen  genauer  eingegangen 
werden,  die  durch  die  Daten  der  Ostraka  berührt  werden. 

1.  Die  Jahreszählung. 

A.  Ptolemäerzeit. 

Es  ist  bekannt,  dass  das  ptolemäische  Aegypten,  entsprechend 
der  Nationalitätenmischung  im  Nilthal,  einen  zwiefachen  Kalender, 
einen  makedonischen  und  einen  aegyptischen  gehabt  hat.  Ersterer 
war  von  den  Eroberern  aus  der  Heimat  mitgebracht,  letzterer  wurde 
auch  unter  der  neuen  Fremdherrschaft,  wie  seit  alten  Zeiten,  fort- 
geführt. Das  makedonische  Mondjahr  und  das  aegyptische  Sonnen- 
jahr liefen  zunächst  incongruent  neben  einander  her.  Seit  der  zweiten 
Hälfte  des  II.  Jahrhunderts  v.  Chr.  ist  dann  das  aegyptische  Jahr, 
wie  die  makedonisch-aegyptischen  Doppeldaten  zeigen,  in  der  Weise 
siegreich  aus  der  Concurrenz  hervorgegangen,  dass  die  makedonischen 
Monate  auf  Grund  der  Gleichung  1.  Thoth  =  1.  Dios,  1.  Phaophi  = 
1.  Apellaios  u.  s.  w.  nur  noch  pro  forma  neben  den  thatsächlich 


782 


XI.  KAPITEL. 


allein  gültigen  aegyptischen  Sonnenjahr-Monaten  genannt  wurden. 
So  sicher  dieses  Resultat  ist,  so  unklar  bleibt  auch  noch  nach 
den  neueren  Untersuchungen  das  Verhältnis,  in  dem  vor  diesem 
Ausgleich  der  makedonische  und  der  aegyptische  Kalender  zu  ein- 
ander gestanden  haben.  2)  Ehe  nicht  das  Schaltsystem  des  make- 
donischen Kalenders  erkannt  ist,  werden  wir  hierüber  nicht  zur 
Klarheit  gelangen  können.^)  Für  die  Erklärung  der  Ostrakondaten 
können  wir  von  diesen  Fragen  absehen,  da  sich  nicht  ein  einziges 
Datum  nach  makedonischem  Kalender  in  unserer  Sammlung  befindet. 
Auch  auf  den  mir  sonst  noch  bekannten  unpublicirten  Ostraka  besinne 
ich  mich  nicht,  einem  makedonischen  Monat  begegnet  zu  sein.  Es 
ist  dies  nicht  ohne  Interesse,  dass  also  nicht  nur  die  Steuerpächter 
in  ihren  den  Zahlern  ausgestellten  Quittungen,  sondern  auch  die 
Trapeziten,  die  doch  königliche  Beamte  waren,  im  Verkehr  mit  den 
Steuerpächtern  schon  im  III.  Jahrh.  v.  Chr.  sich  ausschliesslich  des 
aegj^tischen  Kalenders  bedient  haben.  Es  hängt  dies  offenbar  damit 
zusammen,  dass,  wie  wir  schon  oben  S.  519  vermuteten,  die  Steuer- 
verwaltung in  der  y^ihpoc  durchaus  mit  dem  einheimischen  Kalender 
rechnete,  dass  also  das  aegyptische  Jahr  das  officielle  Steuerjahr 
in  diesem  Gebiete  war.  Die  Doppeldaten  des  Revenue-Papyrus  und 
namentlich  die  oben  S.  519  besprochenen  Worte  a7i6  Atou  eox;  [TTiep- 
ßspexacou]  in  Rev.  Pap.  34,5  führen  uns  vor  Augen,  dass  das  in 
Alexandrien  damals  anders  war. 

Das  im  öffentlichen  und  privaten  Leben  gebrauchte  aeg}^tische 
Jahr,  mit  dem  auch  unsere  Ostraka  allein  rechnen,  umfasste  be- 
kanntlich 12  Monate  zu  30  Tagen  und  ausserdem  am  Ende  die 


^)  Diese  Thatsaehe,  die  sich  auch  Mahaffy,  mir  und  wohl  auch  Anderen 
ergeben  hatte  (vgl.  z.  B.  Wessely,  Mitt.  PR.  II  S.  30),  ist  kürzlich  zuerst  von 
Strack  klar  und  überzeugend  dargelegt  und  historisch  gewürdigt  worden. 
Vgl.  Rhein.  Mus.  LIII  S.  412  flf.  Vgl.  übrigens  auch  oben  S.  519.  Zu  Strack's 
Liste  der  Doppeldaten  wäre  noch  Rev.  Pap,  fr.  6c,  9  und  10  nachzutragen, 
wo  ich  lese:  {ir^vög  Aua[Tpoi)  und  jiYjvös  Mex^p.  Dass  diese  beiden  im  Doppel- 
datum gegenüberzustellen  sind,  zeigt  57,2  und  59,  2,  wo  die  Gleichung  Gorpiaios  = 
Mesore  derselben  Congruenz  entspricht.  —  Aus  einem  noch  unpublicirten  Berliner 
Papyrus  aus  dem  5.  Jahre  des  Philonietor  (=  177/6)  füge  ich  noch  hinzu: 
7.  Artemisios  =  7.  Hathyr. 

2)  Vgl.  Strack  a.  a.  O. 

^)  Nach  brieflichen  Mitteilungen  Mahafify's  dürfen  wir  befriedigenden 
Untersuchungen  darüber  von  ihm  und  Smyly  entgegensehen. 


DIE  DATEN. 


783 


5  Epagomenentage.  Es  war  also  ein  Jahr  von  365  Tagen,  das  um 
i  Tag  hinter  dem  wahren  Sonnenjahr  zurückblieb  und  daher,  da  es 
ohne  Schaltung  war,  alle  vier  Jahre  um  einen  ganzen  Tag  von  ihm 
differirte.  Dass  die  Aegypter  ausser  diesem  im  praktischen  Leben 
verwendeten  Wandeljahr  auch  das  Sonnenjahr  von  365  ^  Tagen  ge- 
kannt haben,  steht  fest  und  wird  im  Besonderen  für  die  Ptolemäerzeit 
durch  das  Decret  von  Kanopos  vom  Jahre  238  v.  Chr.  bestätigt, 
durch  welches  die  vereinigten  Priesterschaften  Aegyptens  dieses  feste 
Jahr  (durch  Hinzufiigung  eines  sechsten  Epagomenentages  in  jedem 
vierten  Jahre)  für  die  Praxis  einzuführen  versucht  haben. Wenn 
man  sich  über  das  Misslingen  dieses  Versuches  vielfach  sehr  wundert, 
so  darf  dabei  nicht  übersehen  werden,  dass  diese  Kalenderreform 
ja  nur  auf  einem  Priesterbeschluss,  nicht  etwa  auf  einem  königlichen 
Prostagma  basirte.^)  Die  Daten  des  Decrets  von  Rosette  zeigen, 
dass  sogar  die  Priester  selbst  sich  nicht  an  jenen  Beschluss  gebunden 
haben.  Auch  sonst  ist  die  praktische  Benutzung  eines  fixen  Jahres 
für  die  Ptolemäerzeit  nicht  erweislich^),  und  so  haben  wir  es  auch 
in  den  Ostraka  der  Ptolemäerzeit  ohne  jeden  Zweifel  ausschliesslich 
mit  dem  Wandeljahr  zu  thun.  Aus  diesem  Grunde  habe  ich  im 
Textdruck  davon  Abstand  genommen,  für  jede  einzelne  Quittung 
das  julianische  Datum  je  nach  dem  wechselnden  Neujahrstage  aus- 
zurechnen.^) 

Die  Aegypter  zählten  bekanntlich  nicht  nach  Acren,  sondern 
nach  Regierungsjahren  ihrer  Könige.  In  der  Ptolemäerzeit  rechnete 
man,  ebenso  wie  in  der  Kaiserzeit,  in  der  Weise,  dass  mit  dem  ersten 
Neujahr,  das  der  neue  Herrscher  auf  dem  Thron  erlebte,  sein  zweites 
Jahr  begann,  dass  also  das  letzte  angebrochene  Jahr  seines  Vorgängers 
als  sein  erstes  gezählt  wurde.  Für  die  Zeit  nach  der  Ausgleichung 
des  makedonischen  und  aegyptischen  Kalenders  in  der  zweiten  Hälfte 
des  II.  Jahrh.  v.  Chr.  kann  kein  Zweifel  bestehen,  welcher  Tag  das 


^)  Rieh.  Lepsius,  Das  bilingue  Dekret  von  Kanopos  1866.  Vgl.  nament- 
lich S.  14. 

^)  So  sprechen  die  Herausgeber  in  P.  Grenf.  (II)  S.  102  davon,  dass  die 
Ptolemäer  das  Volk  nicht  dazu  gebracht  hätten,  das  fixe  Jahr  anzunehmen. 

^)  Was  Strack  a.  a.  O.  über  die  Ansetzung  des  1.  Dios  auf  den  Sothistag 
(20.  Juli)  sagt,  hat  mich  nicht  überzeugt. 

*)  Für  die  Berechnung  verwende  man  Tabellen,  wie  sie  Kubitschek  bei 
Pauly -Wissowa  s.  v.  Aera  und  Unger  in  Iwan  Müller's  Handbuch  I*  S.  824  geben. 


784 


XI.  KAPITEL. 


hierfür  gültige  Neujahr  war,  da  ja  der  1.  Thoth  und  der  1.  Dios 
zusammenfielen,  es  also  nur  einen  Neujahrstag  gab.  Vorher  aber 
waren  zwei  Neujahrstage  gewesen,  und  wenn  es  wahrscheinlich  ist, 
dass  man  damals  in  Alexandrien  und  überall,  wo  man  alexandrinisch 
rechnete,  die  Königsjahre  von  Dios  zu  Dios  zählte  i),  so  ist  es  nicht 
minder  wahrscheinlich,  dass  man  in  der  X^P^  Anwendung  des 
aegyptischen  Jahres  die  Königsjahre  von  Thoth  zu  Thoth  gezählt 
hat.  So  ist  auch  in  unseren  Ostraka  bei  Berechnung  der  Königs- 
jahre ohne  Zweifel  der  1.  Thoth  als  Neujahr  anzusetzen. 

Während  in  ausführlicheren  Texten  der  Ptolemäerzeit  der  König 
mit  Namen  genannt  zu  werden  pflegt  und  durch  seinen  göttlichen 
Beinamen  oder  die  Nennung  seiner  Eltern  oder  auch  der  eponymen 
Priester  für  uns  genau  bestimmbar  wird,  findet  sich  in  unseren 
kurzen  Ostrakontexten  keine  dieser  Angaben.  Die  Trapeziten  wie 
die  Steuerpächter  datiren  einfach  „zxouq  x",  was  ja  auch  für  den 
Augenblick,  für  den  die  Quittung  bestimmt  war,  völlig  genügte. 
Um  diese  Daten  genauer  zu  bestimmen,  haben  wir  palaeographische 
und  historische  Hilfsmittel.  Palaeographisch  lassen  sich  die  Texte, 
die  dem  III.  Jahrh.  v.  Chr.  angehören,  mit  ziemlicher  Sicherheit  von 
denen  des  II/I.  Jahrh.  v.  Chr.  scheiden.  Sprachliche  Indicien  sowie 
die  Beobachtung  der  Quittungsformulare,  eventuell  auch  die  numis- 
matischen Angaben,  können  unter  Umständen  diese  allgemeine  Schei- 
dung mit  unterstützen  (vgl.  die  Bemerkungen  zu  Ostr.  305).  Inner- 
halb dieser  beiden  Gruppen  kann  eventuell  die  Höhe  der  Jahreszahl 
den  König,  der  gemeint  ist,  indiciren.  Im  III.  Jahrh.  v.  Chr.  haben 
Philadelphos  mit  39  und  Euergetes  I.  mit  26  Jahren  die  höchsten 
Regierungsjahre  erreicht.^)  Die  Ostraka  des  III.  Jahrhunderts,  die 
mehr  als  26  Jahre  nennen,  sind  daher  mit  Sicherheit  dem  Phila- 
delphos zuzuweisen.  Im  II.  Jahrhundert  erreichen  Philometor  mit 
36  und  Euergetes  II.  mit  54  Jahren  die  höchsten  Zahlen.  Die 
Ostraka  des  II.  Jahrhunderts,  die  mehr  als  36  Jahre  nennen, 
gehören  daher  mit  Sicherheit  der  Regierung  des  Euergetes  II.  an. 
Durch  ein  bedauerliches  Versehen  in  meinen  Aufzeichnungen  habe 
ich  im  Textdruck  schon  die  vom  27.  Jahre  an  dem  Euergetes  II. 

1)  Vgl.  strack  a.  a.  O.  S.  422  flf. 

^)  Zur  Chronologie  der  Ptolemäer  vgl.  jetzt  die  sorgfältigen  Untersuchungen 
von  Strack,  Dynastie  der  Ptolemäer,  denen  ich  in  den  meisten  Punkten  zustimme. 
Weniger  glücklich  ist  der  nichtchronologische  Teil  des  Buches. 


DIE  DATEN. 


785 


zugewiesen  (vgl.  334),  während  man  thatsächlich  auch  noch  bei 
denen  zwischen  27  und  36  Jahren  zwischen  den  beiden  Brüdern 
schwanken  kann.  Es  ist  übrigens  nur  eine  Differenz  von  11  Jahren, 
da  Philometor  von  181,  Euergetes  von  170  an  zählt.  Ausserdem 
lassen  sich  mit  Sicherheit  nur  noch  diejenigen  Ostraka  datiren,  die 
Doppeldaten  der  gemeinsamen  Regierung  der  Kleopatra  III.  und  des 
Alexander  (^^/V  bis  ^^/^g)  aufweisen  (vgl.  Ostr.  354,  757  —  759, 
1235).  Bei  allen  anderen  Ostraka  müssen  sachliche  Momente  ver- 
schiedener Art  dazukommen,  wenn  eine  Berechnung  auf  ein  bestimmtes 
Jahr  ausfahrbar  sein  soU.  Es  ist  zu  hoffen,  dass,  wenn  erst  mehr 
Ostraka  aus  der  Ptolemäerzeit  bekannt  sind,  eine  genauere  Datirung 
der  einzelnen  Stücke  möglich  sein  wird.^) 

Für  die  Chronologie  der  Ptolemäer  ist  wenig  Neues  aus  unserer 
Sammlung  zu  entnehmen.  Ich  möchte  nur  auf  349  und  1522  hin- 
weisen, die  uns  ermöglichen,  die  Alleinherrschaft  der  Kleopatra  II. 
für  Theben  noch  genauer  als  bisher  zu  bestimmen.  Bisher  waren 
fär  Theben  (Diospolis  Magna)  die  letzten  für  Euergetes  II.  aus  der 
kritischen  Zeit  nachweisbaren  Daten  der  19.  und  30.  Mesore  des 
Jahres  40  (=  Sept.  130).  Daraufhin  hatte  Strack  (Dyn.  Ptol.  S.  45) 
angenommen,  dass  das  41.  Jahr  identisch  sei  mit  jenem  2.  Jahr  der 
Kleopatra  Philometor  Soteira,  deren  richtige  Beziehung  auf  Kleo- 
patra II.  wir  Revillout  verdanken.-)  Jetzt  zeigen  die  genannten 
Ostraka,  dass  man  auch  noch  am  24.  Halhyr  (349)  und  27.  Tybi 
(1522)  des  41.  Jahres,  d.  h.  im  Februar  129  in  Diospolis  nach 
Euergetes  gezählt  hat.  Da  nun  andrerseits  aus  dem  2.  Jahre  der 
Kleopatra  thebanische  Daten  schon  aus  dem  Phaophi  vorliegen,  so 
kann  man  aus  dem  veränderten  Material  wohl  nur  den  Schluss 
ziehen,  dass  das  1.  Jahr  dieser  Kleopatra  dem  41.  Jahre  des  Euer- 
getes =  130/29,  und  das  2.  Jahr  seinem  42.  Jahre  =  129  8  gleich- 


^)  In  einzelnen  Fällen  könnte  man  schon  jetzt  weiter  gehen  als  wir  in  den 
„Zusätzen"  und  den  Indices  vorsichtshalber  gethan  haben.  So  ist  es  sehr  wahr- 
scheinlich, dass  das  2.  und  3.  Jahr  in  1496  und  1497  auf  Kleopatra  III.  und 
Soter  II.  zu  beziehen  sind  (116/5  und  115/4),  da  der  thebanische  Trapezit  hier 
Etpr,varos  heisst  wie  in  1532  vom  J.  120/19.  Vgl.  auch  P.  Wien  26.  P.  Paris. 
15  Zur  genaueren  Berechnung  derjenigen  Daten ,  deren  Zugehörigkeit  zu 
Philometor  oder  Euergetes  II  ich  noch  offen  gelassen  habe,  sind  die  demotischen 
Urkunden  heranzuziehen. 

*)  Vgl.  Revue  Egypt.  VI  S.  153.  VII  S.  30  f.  Melanges  S.  289  f.  320  ff. 
WiLCKEX,  Ostraka.  50 


786 


XI.  KAPITEL. 


zusetzen  ist.^)  Ich  besinne  mich  übrigens  nicht,  dass  irgendwo  das 
42.  Jahr  des  Euergetes  genannt  wäre.  Das  Gesagte  bezieht  sich 
nur  auf  Diospolis. 

Endlich  sei  noch  darauf  hingewiesen,  dass  in  756  der  18.  Payni 
des  54.  Jahres  des  Euergetes  genannt  wird,  wiewohl  nach  der  Bau- 
inschrift von  Edfu  der  König  schon  am  11.  Payni  gestorben  war.  Also 
Avar  sein  Tod  7  Tage  später  in  Hermonthis  noch  nicht  bekannt. 

B.  Kaiserzeit, 

Die  Gewohnheit,  die  Zeit  nach  den  Regierungsjahren  der  Könige 
zu  bestimmeu,  war  in  Aegypten  so  fest  eingewurzelt,  dass  sie  auch 
durch  die  römische  Herrschaft  nicht  tangirt  worden  ist.  Nach  wie 
vor  zählte  man  nach  Königsjahren  und  zwar  in  der  alten  Weise, 
dass  das  erste  Neujahr  (1.  Thoth)  des  neuen  Herrschers  als  Beginn 
seines  zweiten  Regierungsjahres  betrachtet  wurde.  Für  die  Kaiser- 
zeit liegen  uds  urkundliche  Zeugnisse  vor,  die  ausdrücklich  das 
letzte  Jahr  des  Vorgängers  als  das  erste  des  neuen  Herrschers  be- 
zeichnen. In  Ostr.  109  wird  das  Jahr  116/7  als  toö  xal 
'ABptavoö  bezeichnet,  also  als  das  „20.  Jahr  (des  Trajan),  welches 
auch  ist  das  1.  des  Hadrian".  Ebenso  wird  in  Ostr.  586  und  587, 
ferner  in  P.  Oxyr.  I  98,  13  das  Jahr  137/8  als  „das  22.  Jahr 
(des  Hadrian),  welches  auch  ist  das  1.  des  Antoninus",  bezeichnet 
(%ß^  TOÖ  zal  a^).2)  Hiernach  kaun  über  die  Zählmethode  im 
Princip  kein  Zweifel  bestehen.  Es  sei  nur  noch  hervorgehobeu,  da 
es  neuerdings  bestritten  worden  ist^),  dass  mit  dem  1.  Thoth  des 


^)  Das  letzte  Datum  der  Königin,  der  29.  Phaophi  des  2.  Jahres,  würde 
also  in  den  Dezember  129  fallen  —  nicht  128,  wie  Strack  unter  obiger  An- 
nahme auf  S.  45  Anm,  2  wohl  nur  versehentlich  sagt.  Damit  fällt  wohl  auch 
sein  Bedenken  gegen  das  obige  Resultat. 

^)  In  246,  aus  dem  2.  Jahre  des  Marcus  und  Verus,  liegt  in  den  Worten 
Ttß^  wohl  ein  Schreibfehler  vor.  Abgesehen  davon,  dass  die  Verbindung 
eine  andere  ist,  müsste,  wenn  eine  ähnliche  Gleichung  ausgesprochen  werden 
sollte,  das  24.,  nicht  das  22.  Jahr  des  Antoninus  Pius  genannt  werden.  Was 
der  Schreiber  beabsichtigt  hat,  lässt  sich  nicht  sicher  sagen. 

3)  Gardthausen,  Augustus  und  seine  Zeit  II  S.  244,  37:  „Das  erste 
Regierungsjahr  des  Augustus  hatte  kaum  wenige  Wochen;  mit  dem  ersten  Thoth 
begann  schon  sein  zweites  Königsjahr."  Sehr  auffällig  ist  übrigens,  dass  Gardt- 
hausen, der  Biograph  des  Augustus,  nicht  weiss,  dass  Kaiaap  im  Datum  nur 
einen  Kaiser  bezeichnen  kann,  nämlich  Augustus,  Vgl.  II  S.  456,  40.  Die 


DIE  DATEN. 


787 


Jahres  30  v.  Chr.  das  1.,  nicht  das  2.  Jahr  des  Octavian  begonnen 
hat.  Das  wird,  von  anderem  abgesehen,  jetzt  urkundlich  durch  die 
Inschrift  des  Gallus  bestätigt,  die  den  20.  Pharmuthi  des  1.  Jahres 
nennt.  1)  Man  wird  mit  Ideler  (Handb.  d.  Chronol.  I  S.  156  f.) 
annehmen  dürfen,  dass  Kleopatra  noch  den  1.  Thoth  erlebt  hat, 
und  darum  das  mit  ihm  beginnende  Jahr  ordnungsmässig  als  erstes 
des  Octavian  gezählt  worden  ist. 

Aeusserlich  unterscheidet  sich  die  Jahreszählung  der  Kaiserzeit 
von  der  der  Ptolemäerzeit  dadurch,  dass  es  jetzt  Sitte  wird,  auch 
in  kleineren  Documenten,  wie  unseren  Steuerquittungen,  den  Xamen 
des  Kaisers  der  Jahreszahl  hinzuzufügen.  Unter  Augustus  finden 
sich  noch  Daten,  die  durch  die  Foitlassung  des  Xamens  durchaus 
den  ptolemäischen  ähneln,  vgl.  716,  1317.  Später  wird  der  Name 
nur  selten  ausgelassen.  Erst  vom  Ende  des  II.  Jahrh.  n.  Chr.  an 
mehren  sich  wieder  die  Fälle,  wenn  ich  nicht  irre,  unter  dem  Einfluss 
der  viel  Platz  erfordernden  Titulaturen  der  Sammtherrschaften.^) 

Diese  Zählung  nach  Königsjahren  ist  die  herrschende  Methode 
der  Jahresbezeichnung  geblieben,  wiewohl  sogleich  im  Anfang  der 
Römerherrschaft  der  Senat  eine  Aerenrechnung  einzuführen  versucht 
hat.  Nach  Dio  51,  19,6  beschloss  der  Senat,  im  Jahre  30  v.Chr., 
dass  der  Tag  der  Eroberung  Alexandriens  (1.  Aug.  30)  ein  Festtag 
sein  und  den  Anfang  der  alexandrinischen  Jahreszählung  bilden 
solle. ^)  Spuren  dieser  so  ganz  unaegyptischen  Aerenrechnung  sind 
uns,  wie  ich  im  Hermes  XXX  S.  151  fi".  nachzuweisen  versucht  habe, 
in  gewissen  Papyrusurkunden  aus  der  Zeit  des  Augustus  erhalten, 


Polemik  an  dieser  Stelle  ist  völlig  missglückt,  Dass  man  veraltete  Lesungen 
aus  dem  CIGr.  abdruckt  und  hinzufügt  „nach  Lepsius,  Denkmäler",  ist  wohl 
nur  bei  sehr  flüchtiger  Arbeit  möglich.  Für  Ziebarth's  Ansatz,  der  Griech. 
Vereinswesen  S.  100  das  32.  Jahr  des  Augustus  zweifelnd  in  das  J.  5  n.  Chr. 
verlegt,  also  von  27  an  zählt,  fehlt  jede  Unterlage, 

^)  Im  hieroglyphischen  Teil.  Vgl.  Sitzungsber.  Akad.  Berlin  1896  XX 
S.  474  ff.    Vgl.  auch  Mommsen,  Staatsr.  II^  S.  804. 

-)  Zweideutig  ist  die  Datierung  xoö  xupiou  in  6C7.  Ich  habe  sie  im 
Textdruck  aus  sachlichen  Erwägungen  auf  Nero  bezogen.  Ist  dies  richtig,  so 
ist  doch  der  Hinweis  auf  die  Wirren  des  Jahres  68  nicht  zutreffend,  denn  die 
inzwischen  hinzugekommene  Nr.  1560  datirt  ebenso  und  gehört,  auf  Nero  be- 
zogen, in's  Jahr  67. 

^)  Tr^v  xs  fjiiipav  ev  -5  'AXsgav5p£'.a  daXcD,  äYa9-r//  T£  s-va;  xat  za. 
iTie'.xa  1x7]  apx"f;v  xi]g  a7iap'.9-|jii^a£a)€  aOxöv  vofii^ead-a:. 

50* 


788 


XI.  KAPITEL. 


die  nach  der  Kaiaocpoq  xpaTYjatc;  d-eou  uiou  datirt  sind.  Beispiele 
dieser  Zählung  liegen  bis  jetzt  aus  den  Aerenjahren  31,  36  (Hermes 
a.  a.  0.)i),  39  (Grenf.  II  40)  und  412)  vor.  Dass  bei  Zählungen 
nach  einer  xpaTYjat?  formell  jedenfalls  eine  Aerenrechnung  vorliegt, 
kann  wohl  nicht  bestritten  werden.  Wenn  ich  diese  xpdxYjat;;  auf 
die  Eroberung  Alexandrietis  am  1.  Aug.  30  beziehen  und  somit  in 
dieser  Aera  die  vom  römischen  Senat  angeordnete  erkennen  möchte 
(Hermes  a.  a.  O.),  so  ist  dabei  vorauszusetzen,  dass  ähnlich,  wie  in 
Syrien  die  aktische  Aera,  die  nach  der  vixY]  rechnet,  nicht  am 
Schlachttag,  dem  2.  September,  sondern  dem  bald  darauf  folgenden 
syrischen  Neujahr  vom  1.  October  begann^),  so  auch  in  Aegypten 
aus  denselben  nahe  liegenden  Gründen  die  alexandrinische  Eroberungs- 
aera  nicht  auf  den  1.  August,  sondern  auf  das  bald  darauf  folgende 
Neujahr  vom  29.  August  festgesetzt  worden  ist;  denn  dass  that- 
sächlich  die  Aerenjahre  und  die  Königsjahre  des  Augustus  zusammen- 
fielen, zeigt  BGU  174,  wo  der  29.  Mesore  des  36.  Jahres  der 
xpaxTgat^  und  der  29.  Mesore  des  36.  Jahres  des  Augustus  ohne 
allen  Zweifel  einen  und  denselben  Tag  bezeichnen  sollen  (Herraes 
a.  a.  0.).'^)  Aber  diese  von  aussen  octroyirte  Jahresrechnung  hat 
sich  in  dem  Lande  der  Königsjahre  nicht  halten  können.  Wenn 
wirklich,  wie  ich  glauben  möchte,  das  viel  besprochene  46.  Jahr 
(16/7)  auf  alexandrinischen  Münzen  nunmehr  als  Kratesis- Jahr  zu 

^)  Mit  Unrecht  sagt  Gardthausen,  Augustus  II  S.  457,  dass  ich  a.  a.  0. 
nur  ein  Beispiel  gegeben  habe,  da  ich  in  dem  zweiten  xpaxVjoews  „statt  des 
gewöhnlichen  \ty.rjC,  oder  dgl."  ergänzt  habe.  Wo  kommen  denn  in  Aegypten 
Datirungen  nach  der  viXY]  vor?  Die  Richtigkeit  meiner  Ergänzung  bestätigt 
jetzt  auch  der  neue  Text  bei  Grenfell-Hunt.  Aehnlich  steht  es  mit  seinen 
anderen  Einwendungen.  Zugestimmt  haben  mir  Grenfell-Hunt  a.  a.  O.  und 
Strack,  Rhein.  Mus.  LIII  S.  415  f. 

^)  In  einem  noch  unpublicirten  Papyrus,  den  ich  flüchtig  einsehen  durfte. 

^)  Vgl.  Mommsen,  Staatsr.  11^  S.  803.  Factisch  stellen  allerdings  diese 
aktischen  Jahre,  wie  Mommsen  hervorhebt,  die  Regierungsjahi-e  des  Augustus 
dar.  Aber  formell  Avird  man  auch  das  Zählen  nach  einer  vtXY]  doch  nur  als 
Aerenrechnung  bezeichnen  können. 

*)  Der  fremdländische,  römische  Charakter  dieser  Aerenrechnung  tritt 
auch  darin  zu  Tage,  dass  in  allen  vier  Beispielen,  die  z.  Z.  vorliegen,  Augustus 
als  divi  filius  bezeichnet  wird,  was  in  keiner  der  Datirungen  nach  Königs- 
jahren vorkommt.  Der  Zusatz  findet  sich  übrigens  auch  auf  alexandrinischen 
Münzen  des  Augustus,  die  Pick  (Zeitschr.  Num.  XIV  S.  300)  in  das  erste  Jahr 
des  Kaisers  verlegt. 


DIE  DATEN. 


789 


erklären  ist  (Hermes  a.  a.  O.)^),  so  wäre  dies  das  letzte  Beispiel 
ihrer  Anwendung,  das  wir  zur  Zeit  kennen.  Dass  damals  diese 
Aerenrechnung,  wie  auch  schon  unter  Augustus,  nicht  die  allein 
herrschende  war,  sondern  die  Königsjahre  des  Tiberius  schon  damals 
nebenherliefen,  zeigen  die  alexandrinischen  Münzen  mit  dem  Jahre 
3  des  Tiberius  und  Ostrakon  1546,  aus  demselben  3.  Jahre,  denn 
dieses  entspricht  dem  45.  Jahr  jener  anderen  Zählung.^) 

Wenn  auch,  abgesehen  von  dieser  ephemeren  Aerenrechnung, 
die  Methode  der  Jahresbezeichuung  in  der  Kaiserzeit  dieselbe  war 
wie  in  der  Ptolemäerzeit,  so  war  doch  das  Jahr  selbst,  das  diesen 
Zählungen  zu  Grunde  lag,  ein  anderes  geworden.  Bekanntlich  hat 
Augustus  —  wie  es  scheint,  im  Jahre  26/5  v.  Chr.^)  —  das 
Wandeljahr,  das  er  vorfand,  zu  einem  fixen  gemacht,  indem  er, 
ähnlich  wie  einst  die  Priester  im  Decret  von  Kanopos,  bestimmte, 
dass  alle  4  Jahre  ein  6.  Epagomenentag  eingeschaltet  werde.  Da- 
nach fallt  in  der  Kaiserzeit  der  Neujahrstag  (1.  Thoth)  im  gewöhn- 
lichen Jahr  auf  den  29.  August  jul.,  im  Schaltjahr  auf  den  30. 
Die  Schalttage  fallen  vor  Chr.  in  die  Jahre  22,  18,  14,  10,  6,  2, 
nach  Chr.  in  die  Jahre  3,  7,  11  u.  s.  w.  oder,  wie  die  praktische 
Regel  lautet,  in  die  Jahre,  die  durch  4  dividirt  den  Rest  3  er- 
geben.'*) Dieser  6.  Epagomenentag  wird  in  P.  Oxyr.  I  45,  17 
für  das  Jahr  95  n.  Chr.  bezeugt,  was  der  Regel  entspricht.  Ich 
möchte  besonders  hervorheben,  dass  für  dieses  neue  fixe  Jahr  und 


^)  Man  pflegt  nach  Krall's  Vorgang  (Wien.  Stud.  V  S.  317)  darin  vielmehr 
ein  Weiterzählen  der  Regierungsjahre  des  Augustus  durch  Tiberius  zu  sehen 
und  auf  die  ähnliehen  Zählungen  des  Commodus  und  Caracalla  zu  verweisen. 
Bei  diesen  liegen  die  Dinge  doch  aber  ganz  anders,  da  sie  schon  bei  Lebzeiten 
des  Vaters  mit  demselben  Jahr  wie  dieser  in  den  Datirungen  der  Urkunden 
genannt  waren,  auch  schon  vorher  als  Caesaren  Münzen  mit  den  Jahren  ihres 
Vaters  geprägt  hatten  (Pick  a.  a.  O.). 

Man  wird  notwendig  annehmen  müssen,  dass  mit  dem  29.  August  14 
das  2.  Jahr  des  Tiberius  begann,  wenn  auch  der  Tod  des  Augustus  (19.  Aug.) 
vielleicht  erst  nachher  in  Alexandrien  bekannt  wurde  (vgl.  unten).  Ich  möclite 
daher  Krall  und  Pick  nicht  beistimmen,  die  das  3.  Jahr  mit  dem  46.  Aerenjahr 
gleichsetzen  wollen. 

^)  Vgl.  Mommsen,  Rom.  Chronologie ^  S.  266.  Weitere  Literatur  bei 
Strack,  Rhein.  Mus.  LIII  S.  425.  Auch  Unger  bei  Iw.  Müller,  Handbuch  1* 
S.  777  rechnet  so. 

*)  Vgl.  Ideler,  Handb.  d.  math.  u.  techn.  Chronol.  I  8.  143. 


790 


XI.  KAPITEL. 


seine  Monate  neue  Bezeichnungen  nicht  geschaffen  worden  sind. 
Man  gebrauchte  nach  wie  vor  die  aegyptischen  Monatsnamen,  denen 
eventuell,  wie  schon  seit  dem  Ausgang  des  II.  Jahrh.  v.  Chr.,  der 
betreffende  makedonische  Monatsname  —  auf  der  Basis  der  Gleichung: 
1.  Dios  =  1.  Thoth  —  mit  demselben  Tagesdatum  vorgestellt  Avurde. 
Vgl.  z.  B.  BGU  350,  1:  [xr^vo?  'ATieXXaiou  f  Oawq?:  f.  Weitere 
Beispiele  in  den  Indices  der  Papj^ruspublicationen. 

Eine  schwierige  Frage,  die  neuerdings  in  den  Vordergrund  ge- 
treten ist,  ist  die,  in  welchem  Umfange  neben  diesem  fixen  Jahre 
das  alte  Wandeljahr  fortbestanden  hat.  Ich  möchte  das  Problem 
teilen  und  zunächst  fragen,  ob  Augustus  beabsichtigt  hat,  das  fixe 
Jahr  etwa  für  Alexandrien  und  die  officiellen  Kreise  neben  das 
aegyptische  Wandeljahr  zu  stellen,  oder  aber  das  letztere  für  das 
ganze  Land  durch  das  erste re  zu  ersetzen. 

Man  hat  die  Einführung  des  fixen  Jahres  mit  der  der  make- 
donischen Jahre  durch  die  Ptolemäer  in  dem  Sinne  in  Parallele 
gestellt,  dass  man  annimmt,  beiden  Vorgängen  liege  der  Gedanke 
zu  Grunde,  dass  die  herrschende  und  die  unterworfene  Bevölkerung 
sich  in  der  Jahresrechnung  scheiden  sollten,  Eine  gewisse  Analogie 
liegt  ja  ohne  Zweifel  vor,  aber  die  Verschiedenheiten  sind  vielleicht 
bedeutender  als  die  Uebereinstimmungen.  Das  makedonische  Jahr 
war  neben  das  aegyptische  als  ein  Novum  getreten,  das  durch  die 
abw^eichende  Benennung  der  Monate  bei  jeder  einzelnen  Anwendung 
klar  und  deutlich  erkennbar  war.  Nannte  man  den  makedonischen 
Monat,  so  w^ar  eo  ipso  auch  der  makedonische  Kalender  gemeint, 
und  ebenso  bei  Nennung  der  aegyptischen  Monate  der  aegyptische 
Kalender.  Augustus  aber  hat  für  die  Monate  seines  festen  Jahres, 
wie  oben  bemerkt,  keine  eigenen  Bezeichnungen,  die  sie  von  denen 
des  Wandeljahres  unterschieden  hätten,  eingeführt^),  vielmehr  hat 
er  die  Bezeichnungen  des  Wandeljahres  ohne  jede  Aende- 
rung  auf  sein  fixes  Jahr  übertragen.  Mir  scheint  daraus  mit 
grosser  Wahrscheinlichkeit  zu  folgen,  dass  Augustus  auch  nur  einen 
Kalender  für  das  ganze  Land  gewollt  hat.    Wenn  er  wirklich  für 

1)  Vgl.  Mommsen,  Eöm.  Chronol.^  S.  261. 

^)  Es  hätte  z.  B.  sehr  nahe  gelegen  zu  bestimmen,  dass  man  für  das  feste 
alexandrinische  Jahr  die  makedonischen  Monatsnamen,  für  das  aegyptische 
Wandeljahr  die  aegyj)tischen  verwenden  solle.  Damit  wäre  eine  klare  Doppel- 
rechnuug  geschaffen  worden. 


DIE  DATEN. 


791 


die  herrschende  und  die  unterworfene  Bevölkerung  geschiedene 
Kalender  beabsichtigt  hätte,  so  würde  er  jedenfalls  nichts  Verkehrteres 
haben  thun  können,  als  für  beide  Kalender  dieselben  Bezeichnungen 
gelten  zu  lassen,  wodurch  im  Einzelfall  völlig  unkenntlich  war, 
welcher  von  beiden  gemeint  war.  Augustus  würde  nicht  nur  die 
seit  Ausgang  des  II.  Jahrh.  v.  Chr.  glücklich  errungene  Einheit  des 
Kalenders  gestört  haben,  sondern  er  würde  auch  mit  seinem  Doppel- 
kalender verworrene  und  notwendigerweise  zweideutige  Zustände  ge- 
schaffen haben,  wie  sie  selbst  in  den  ersten  anderthalb  Jahrhunderten 
der  Ptolemäerherrschaft  nicht  bestanden  hatten.  Wem  es  schwer 
wird,  diesem  weisen  Organisator  dergleichen  zuzutrauen,  der  wird 
eher  annehmen  wollen,  dass  Augustus  beabsichtigt  hat,  an  die  Stelle 
des  Wandeljahres  im  ganzen  Lande  das  fixe  Jahr  zu  setzen,  was 
einen  grossen  Fortschritt  bedeutete. 

Eine  andere  Frage  ist,  inwieweit  ihm  die  Dui'chfährung  dieses 
Gedankens  gelungen  ist.  Die  Herausgeber  von  aegyptischen  Ur- 
kunden aus  der  Kaiserzeit  haben  bisher  auch  die  Daten  aus  der 
Xwpa,  gleichviel  ob  die  Urkunden  officielle  oder  nicht  officielle 
waren,  nach  dem  festen  Jahre  umgerechnet,  und  auch  ich  habe 
ebenso  wie  in  meinen  Papyruspublicationen ,  so  auch  im  Textdruck 
der  Ostraka  die  Daten  sämmtlich  in  dieser  Weise  berechnet.  Andrer- 
seits war  schon  von  Ideler  (Handb.  Chrouol.  I  S.  149  ff.)  namentlich 
auf  eine  Js'otiz  von  Censorinus  hin  behauptet  worden,  dass  das 
fixe  Jahr  erst  im  IV.  Jahrh.  durch  das  Christentum  allgemeine 
•  Geltung  in  Aegypten  gewonnen  habe.  ^)  Neuerdings  hat  nun 
Paul  von  Rohden  zunächst  für  drei  einzelne  Papyrusurkunden,  die 
mit  der  sonst  bekannten  Chronologie  der  Kaiser  in  Widerspruch  zu 
stehen  schienen,  die  Schwierigkeit  durch  die  Annahme  zu  lösen  ge- 
sucht, dass  diese  Urkunden  nicht  nach  dem  fixen,  sondern  nach  dem 
Wandeljahr  zu  datiren  seien.-)  Ihm  ist  von  Wilhelm  Kubitschek 
lebhaft  zugestimmt  worden'^),  und  auch  Grenfell  -  Hunt  haben  nach 
eingehender  Prüfung  der  Frage  ihre  Zustimmung  gegeben  und 
sind  geneigt,  durch  dieselbe  Annahme  das  chronologische  Problem 

^)  Ebenso  Unger  bei  Iw.  Müller,  Handb.  I-^  S.  7  78.  Vgl.  auch  Mommsen, 
Rom.  Chronol.2  S.  2G1. 

2)  Vgl.  Pauly  - Wissowa  s.  v.  Antonius  Sp.  2G22. 

^  Kundschau  über  ein  Quinqucnnium  d.  antiken  Numismatik  \^1890 — 1894), 
Wien  1896  S.  77. 


792 


XI.  KAPITEL. 


in  P.  Grenf.  (II)  60  zu  lösen,  Unter  diesen  Umständen  scheint 
es  mir  erforderlich,  die  Berechtigung  meiner  Datirung  der  Ostraka 
nach  dem  fixen  Jahre  eingehender  zu  prüfen. 

Ich  hebe  zunächst  diejenigen  Stellen  hervor,  an  denen  aus- 
drücklich die  Zählung  nach  dem  Wandeljahr  bezeugt  ist.  Die 
Testimonien  scheiden  sich  in  astrologische  und  nicht -astrologische. 

A.  Die  astrologischen  Zeugnisse. 

1.  Pap.  Lond.  CXXX  (Kenyon,  Cat.  S.  134)  37:  izouq  xpiiou 

wpac,  (hc,  hk  Ta)[jiaToi  ayouai  xaXavSaci;  ^AizpOdociq,  xax'  a.py^(xiou;, 
le  Ilaxcbv  V£0|JLr^vca  elc,  tyjv  SeuTspav  (=  1.  April  81  n.  Chr.).  Vgl. 
Gött.  GA.  1894  S.  733. 

2.  P.  Paris.  19,  7:  a"-  'Avxtovtvou  KaLaapo?  xoö  xupioi)  |xy]v6? 
'A§pca[vo]ö  y]  xaxa  iwv  "HXXi^vwVj  xaxa  hk  louc  ALyDTiTLOug  Tößc 
(=  4.  Dec.  137).2) 

3.  P.  Paris.  19  bis,  3  =  P.  Lond.  CX  (Kenyon  S.  131)  2: 
'AvTtovLvou  Kataapog  xoö  xupLou  [xyjvo^  'ASpiavoö  yj,  xaxa  xou$ 
apXato(u?)  Tößi  ^  (-=  4.  Dec.  137). 

4.  Ostr.  1602,  gleichfalls  ein  Horoskop,  aus  dem  II.  Jahrh,  n.  Chr. 
Hier  möchte  ich  die  Worte  Z.  9:  Tcapd  AlyuTZxloic,  auf  eine  genauere 
Bezeichnung  des  Wandeljahres  beziehen.    Vgl.  Z.  10. 

In  den  ersten  drei  Horoskopen,  in  denen  der  betrefiende  Tag 
nachträglich  berechnet  worden  ist^),  wird  das  Datum  zuerst  nach 
dem  festen  Jahr  des  Augustus,  dann  nach  dem  aegyptischen  Wandel- 
jahr bestimmt,  in  1  ausserdem  noch  nach  dem  römischen  Kalender. 
Der  letztere  Text  lehrt  uns  nebenbei,  w^as  meines  Wissens  bisher 
nicht  bekannt  ist,  dass  der  Tagesanfang  im  aegyptischen 
Kalender  ein  anderer  war  als  im  fixen  Jahr:  die  3.  Nacht- 


Vgl.  ausserdem  P,  Grenf.  (II)  S.  102  f. 

2)  Wessely,  Mitt.  PE.  II  S.  5  und  6  liest  hier  fälschlich  Tößt  ^.  Das 
würde  keine  richtige  Gleichung  ergeben.  Nach  dem  Original  ist  allerdings 
lädirt,  aber  es  ist  durch  die  Parallelstelle  sichergestellt.  Die  von  Wessely  an- 
geführten neuen  Fragmente  von  19^is  stehen  übrigens,  wie  das  Yerso  zeigt, 
nicht  an  der  richtigen  Stelle. 

^)  Vgl.  in  1.    In  2  und  3  hätte  bei  gleichzeitiger  Berechnung  das 

22.  Jahr  des  Hadrian  genannt  werden  müssen,  da  Antoninus  erst  am  10.  Juli  138 
die  Eegierung  antrat. 


DIE  DATEN. 


793 


stunde  fallt  in  den  Anfang  des  6.  Pharmuthi  des  festen  Jahres  (vgl. 
ETüL^waxouaTr]),  während  sie  im  aegyptischen  Kalender  in  den  Ueber- 
gang  vom  1.  zum  2.  Pachon  föllt.  Da  nun  der  2.  Pachon  dem 
6.  Pharmuthi  entspricht^),  der  Anfang  des  6.  Pharmuthi  also  noch 
mit  dem  Ende  des  1.  Pachon  zusammenfallt,  so  scheint  sich  mir 
zu  ergeben,  dass  der  Tag  des  augusteischen  Jahres  nach  römischer 
AVeise^)  um  Mitternacht,  der  Tag  des  aeg}^ tischen  Wandeljahres 
aber  —  wie  seit  alten  Zeiten  —  mit  Sonnenaufgang  begann.  So 
erscheint  die  Neuerung  des  Augustus  noch  durchgreifender  als  wir 
bisher  annahmen. 

Dass  die  Astronomen  nach  beiden  Kalendern  rechneten,  ist 
selbstverständlich  und  daher  für  unsere  Frage  indifferent.  Aber  die 
Art,  wie  sie  die  beiden  Kalender  bezeichnet  haben,  ist  nicht  ohne 
Interesse.  Das  fixe  Jahr  steht  überall  an  der  Spitze.  Einmal  (2) 
wird  es  als  das  der  „Hellenen"  bezeichnet^),  in  1  und  3  —  und 
das  ist  von  besonderer  Wichtigkeit  —  steht  es  ohne  jede  weitere 
Beschreibung.  Dagegen  werden  die  Daten  des  aegyptischen  Wandel- 
jahres jedesmal  ausdrücklich  als  solche  charakterisirt;  zweimal  wird 
„nach  den  Aegyptern",  zweimal  „nach  den  Alten"  (ap)(aIoi)  gerechnet. 
Bei  unbefangener  Prüfung  wird  man  zugeben,  dass  die  letztere  Be- 
zeichnung nicht  gerade  dafür  spricht,  dass  diese  Rechnung  etwa  damals 
bei  den  Zeitgenossen  in  der  X^P^         herrschende  gewesen  wäre. 

Wichtiger  für  unsere  Frage  ist  es  zu  sehen,  wie  man  in  nicht 
gelehrten  Kreisen  die  beiden  Kalender  behandelt  hat. 

B.  Die  nicht -astrologischen  Zeugnisse. 

1.  Eine  von  den  oben  genannten  Forschern  noch  nicht  heran- 
gezogene Inschrift  aus  Abydos*)  lautet:  TTiep  Tcßspiou  Kaiaapo^ 

^)  Nicht  der  1.  Phaophi,  wie  ich  in  GGA.  a.  a.  O.  sagte. 

^)  Vgl.  Censorinus,  de  die  nat.  23.  Daher  ist  auch  bei  dem  römischen 
Kalender  keine  Bemerkung  über  die  Tageszeit  hinzugefügt. 

^)  Damit  kann  das  Jahr  nach  Lage  der  Dinge  wohl  nur  als  unaegyptisches, 
fremdländisches  bezeichnet  werden,  das  ihnen  von  Alexandrien  verkündet  worden 
ist.  Wahrscheinlich  ist  der  Ausdruck  älter  als  das  augusteische  Jahr  und  be- 
zieht sich  ursprünglich  auf  den  makedonischen  Kalender  im  Gegensatz  zum 
aegyptischen, 

*)  Vgl.  Brugsch,  Aegypt.  Zeitschr.  187  2  S.  27  mit  Facsimile.  Mariette, 
Abydos  II  pl.  38.  Die  Schrift  ist,  entsprechend  der  Sprache,  äusserst  roh  und 
unsorgfaltig. 


794 


XI.  KAPITEL. 


(sie)  xal  T£%vov  £7T0tyja[£]v  TYjv  ocxoBo[XT^v.  L:^  TLߣpLoi)  Kataapog 
S£ßaaToü  Tußyjc  tyj^)  (=  13.  Januar  30  n.  Chr.).  Darunter  steht 
eine  demotische  Beischrift,  etwa  desselben  Inhalts,  die  nach  Brugsch's 
Uebersetzung  folgende  Datirung  trägt:  „Geschrieben  im  Jahre  17 
des  Tiberius  Caesar  des  (oben  genannten),  zur  Zeit  des  18.  Tybi 
des  Joniers,  welches  entspricht  dem  1.  Mechir  des  Aegypters." 

2.  In  P.  Grenf  (II)  59,  einem  Contract  vom  Jahre  189  n.  Chr. 
aus  Soknopaiu  Nesos  im  Faijüm,  bestimmt  die  Contrahentin  Taozuc, 
den  Termin  mit  den  Worten:  arco  Tößi  6£xaxY]  (sie)  AEyuTiTtwv  [xyjvo?. 

3.  In  CIGr.  4987  =Leps.  Denk.  VI  n.  369  datirt  ein  Byjaaptwv 
IlaiXT^ou^  [£p£U^  yopiou  in  Khartassi  in  Nubien  im  Jahre  213/4:  Lxß 
<I>ap{xoö'9't  zax'  dpxatou?,  ebenso  in  5020  =  Leps.  Denk.  VI.  n.  373 
ebendort  im  Jahre  227/8  ein  'Opafji;  WevTOudE^K;  ehpiouq  y6|xou: 

^appLOu-ö-L  x5  xax'  apyttac,  (sie). 

4.  In  P.  Grenf.  (II)  67,  einem  Contract  vom  Jahre  237  n.  Chr. 
aus  dem  Dorfe  Bacchias  im  Faijüm,  wird  der  Lieferungstermin  be- 
zeichnet mit:  anb  t-^?       <I>a(I)cp:  |JLY]v6g  [xaxja  OLgyoLlouc,, 

5.  In  einer  demotischen  Weihinschrift  aus  Philae  vom  2.  Jahr 
des  Marcus  und  Verus  lautet  das  Datum:  „Monat .  .  .  Tag  15,  welches 
macht  Mesir  [Tag  .  .  .]  des  Aegypters."  Vgl.  J.  J.  Hess,  Aeg. 
Zeitschr.  XXXV  1897  S.  144f. 

Weitere  Beispiele  sind  mir  zur  Zeit  nicht  bekannt. 

Die  angeführten  Testimonien  zeigen  zunächst,  dass  durch  die 
drei  ersten  Jahrhunderte  hindurch  das  alte  Wandeljahr  auch  ausser- 
halb der  astrologischen  Kreise  im  Volke  bekannt  geblieben  war. 
Dies  Factum  kann  uns  nicht  Wunder  nehmen,  wenn  wir  bedenken, 
wie  zäh  das  aegyptische  Volk  im  Festhalten  an  alten  Einrichtungen 
zu  allen  Zeiten  gewesen  ist.  In  2,  3  und  5  sind  die  Personen,  die 
das  Wandeljahr  verwenden,  Aegypter,  Der  Dorfschreiber  Apollonios 
in  1  gehört,  wie  sein  Name  und  andrerseits  die  demotische  Beischrift 
zeigt,  der  griechisch-aegyptischen  Mischbevölkerung  an.  Auffallender 
könnte  es  sein,  dass  der  AöpijXioq  'AaxX(Y]7rLa57j?)  ^iXaheXl^ou'] 
in  4,  der  Vereinsvorsteher  im  Dorfe  ist  (TQyouixEVO?  auvoSou),  im 
Verkehr  mit  einem  Aupi^Xcog  BIwv,  dem  7üpovo7](T%)  YU[x(vaacapXü)v)5 


^)  17]  ist  z.  T.  verstümmelt.  Der  demotische  Text  giebt  die  Sicherheit, 
dass  es  so  richtig  ist.    Vielleicht  ist  Tußet  zu  lesen. 


DIE  DATEN. 


795 


sich  gleichfalls  des  Wandeljahres  bedient,  denn  diese  Männer  würden 
wir  beide  ihrem  Namen  nach  für  Griechen  halten,  die  durch  die 
Constitutio  Antonina  zu  Römern  geworden  sind.  Man  wird  nach 
diesen  Proben  zugeben  müssen,  dass  die  Kenntnis  des  Wandeljahres 
auf  dem  flachen  Lande,  in  den  Dörfern,  in  griechischen  und  nament- 
lich in  aegyptischen  Kreisen  recht  verbreitet  gewesen  zu  sein  scheint. 

Andrerseits  ist  hervorzuheben,  dass  keines  der  angeführten 
Documente  als  officielles  Actenstück  bezeichnet  werden  kann;  1, 
3  und  5  sind  Weihinschriften,  2  und  4  sind  private  Contracte,  die 
zudem  vielleicht  nicht  einmal  von  dem  Notar  aufgesetzt  sind.  Es 
fehlt  uns  also  bisher  ein  Beispiel  für  eine  ausdrücklich  hervor- 
gehobene officielle  Verwendung  des  Wandeljahres. 

In  welcher  Weise  sind  nun  die  beiden  Kalender  hier,  wo  sie 
im  praktischen  Leben  neben  einander  erscheinen,  bezeichnet  worden? 
In  der  bilinguen  Weihinschrift  aus  Abydos  (1)  wird  in  der  demo- 
tischen Beischrift  das  fixe  Jahr  vorangestellt  und  als  Jahr  des  Joniers 
bezeichnet,  entsprechend  dem  xaTa  zobq  "EXXvjvai;  des  Pariser  astro- 
logischen Textes,  darauf  folgt  das  Wandeljahr  als  „das  Jahr  des 
Aegypters".  Hierbei  ist  ftir  unser  Problem  von  ausschlaggebender 
Wichtigkeit,  dass  in  der  voranstehenden  griechischen  Weih- 
inschrift nur  das  Datum  des  fixen  Jahres  und  zwar  ohne 
jede  erklärende  Bemerkung  gegeben  ist.  Und  das  thut  ein 
xa)[JLOYpa[JijJiaT£6?5  also  ein  Mann,  der  wie  nur  Einer  mit  dem  öffent- 
lichen und  privaten  Acten wesen  Bescheid  weiss!  Und  er  thut  es 
nicht  etwa  in  einem  officiellen  Document,  wo  die  Anwendung  des 
fixen  Jahres  wohl  von  allen  Seiten  als  natürlich  angenommen  wird, 
sondern  in  einer  privaten  Weihinschrift  I  Er  kennt  das  Datum  des 
Wandeljahres,  nennt  aber  im  griechischen  Text  nur  das  des  fixen 
Jahres!  Spricht  das  nicht  dafür,  dass  auch  sonst  die  Daten  in 
griechischen  Texten,  die  ohne  weitere  Charakterisirung  genannt  werden, 
auch  wenn  es  private  Urkunden  sind,  auf  das  fixe  Jahr  zu  be- 
ziehen sind? 

Nr.  2  und  3  zeigen  nur,  dass  die  Schreiber  auch  das  Wandeljahr 
gekannt  und  in  ihrem  Privatgebrauch  vielleicht  gern  benutzt  haben. 

Wichtiger  ist  wieder  4.  In  diesem  Contract  ist  der  Termin, 
der  13.  Phaophi,  wie  gesagt,  ausdrücklich  auf  das  Wandeljahr  be- 
zogen: [xaT]a  a.py^a.ioDq.  Am  Schluss  steht  das  ausführliche  Datum 
der  Urkunde:  Jahr  3  des  Maximinus  und  Maximus  'E7:lcp[  ].  Für 


796 


XI.  KAPITEL. 


unsere  Frage  ist  von  entscheidender  Bedeutung,  ob  etwa  auch  dies 
Datum,  das  ohne  weiteren  Zusatz  gegeben  ist,  auf  das  Wandeljahr 
zu  beziehen  ist.  Die  Umrechnung  der  beiden  Zeitangaben  in  den 
julianischen  Kalender  spricht  gegen  diese  Annahme.  Da  der 
1.  Thoth  des  betreffenden  Wandeljahres  auf  den  25.  Juni  236  fallt,  so 
entspricht  der  13.  Phaophi  nach  dem  Wandeljahr  dem  6.  August  236. 
Der  Epiph  würde  in  diesem  selben  Wandeljahr  in  den  April/Mai 
237  fallen,  im  festen  Jahr  in  den  Juni/Juli  237  (25.  Juni  —  24.  Juli). 
Da  die  Vermietung  der  Tänzerinnen,  um  die  es  sich  hier  handelt, 
als  bevorstehend  bezeichnet  wird  (ßouXopiat  exXaßsTv),  so  ist  klar, 
dass  mit  dem  13.  Phaophi  stillschweigend  der  des  4.  Jahres  gemeint 
ist,  also  der  6.  August  237.  Im  März/April  237,  wo  man  sich  noch 
im  3.  Wandeljahr  befand,  konnte  man  es  nun  unmöglich  unterlassen, 
bei  Bezeichnung  dieses  Tages  das  4.  Jahr  hervorzuheben.  Dagegen 
ist  diese  Unterlassung  ganz  verständlich  in  der  Zeit  vom  25.  Juni 
bis  24.  Juli,  da  man  sich  damals  seit  dem  25.  Juni  bereits  im 
4.  Wandeljahr  befand.  Zumal  es  auch  sachlich  wahrscheinlicher  ist, 
dass  man  eher  Ende  Juli  als  im  April/Mai  die  Vermietung  für  den 
6.  August  vereinbart,  so  unterliegt  es  wohl  keinem  Zweifel,  dass  mit 
dem  Epiph  der  Monat  des  festen  Jahres  gemeint  ist.  Somit  haben 
wir  ein  zweites  Beispiel  für  die  wichtige  Thatsache,  dass  Jemand, 
der  im  privaten  Leben  mit  dem  Wandeljahr  zu  rechnen  gewohnt 
■war,  doch,  wenn  er  einen  Monat  ohne  Charakteristicum  nannte,  den 
Monat  des  festen  Jahres  meinte.^)  Vgl.  auch  Nr.  5,  wo  das  Datum 
des  festen  Kalenders  ohne  weiteren  Zusatz  vorangestellt  ist. 

Mir  scheint  somit  die  genauere  Untersuchung  der  vorliegenden 
Doppeldaten  ergeben  zu  haben,  dass  wir  berechtigt  sind,  überall  da, 
wo  uns  ein  Monat  ohne  irgend  welche  nähere  Bezeichnung  entgegen- 
tritt, ihn  nach  dem  festen  Jahre  des  Augustus  zu  berechnen.  Wir 
kennen  bisher  kein  Beispiel  dafür,  dass  ein  Datum  des  Wandeljahres 
ohne  eine  nähere  Bezeichnung  (wie  xaT'  dp)(acou^  oder  ALyuTrxtwv 
oder  ähnlich)  gegeben  wäre,  dagegen  bezeugen  das  für  das  fixe  Jahr 
mehrere   unanfechtbare  Zeugnisse.  2)    Wir  wollen   die  Möglichkeit 

^)  Ich  vermute,  dass  auch  der  unter  2  aufgeführte  Contract  in  dem 
fehlenden  Schluss  nach  dem  festen  Jahr  datirt  gewesen  ist. 

^)  Grenfell  -  Hunt  (II  S.  103)  weisen  auf  die  Möglichkeit  hin,  dass  das 
Wandeljahr  so  allgemein  verbreitet  gewesen  wäre,  dass  man  gar  nicht  nötig  gehabt 
habe,  es  genauer  zu  charakterisiren.   Die  Art,  wie  das  Wandeljahr  in  den  obigen 


DIE  DATEN. 


797 


nicht  leugnen,  dass  vielleicht  einmal  in  einem  weltentlegenen  Neste 
ein  eingefleischter  Aegypter  in  privaten  Schreibereien  das  Datum  des 
Wandeljahres  auch  ohne  xax'  ap/^aiou?  oder  dergleichen  geschrieben 
habe,  und  so  mögen  wir  bei  solchen  rein  privaten  Scripturen  die  Um- 
rechnung in  das  fixe  Jahr  mit  einer  reservatio  mentalis  geben.  Aber 
dass  man  im  Uebrigen,  vor  Allem  bei  sämmtlichen  officiellen  Acten, 
auch  den  von  Privaten  an  Behörden  eingereichten  oder  vor  Behörden 
vereinbarten  Acten,  das  einfach  ohne  Zusatz  genannte  Datum  nach 
dem  festen  Jahr  zu  berechnen  hat,  kann  nach  Obigem  nicht  be- 
zweifelt werden. 

Dass  sich  aus  der  Vergleichung  der  Daten  der  Urkunden  mit 
den  Ereignissen  selbst  bis  jetzt,  so  weit  ich  sehe,  directe  Beweise 
für  oder  wider  dieses  Resultat  nicht  erbringen  lassen,  erklärt  sich 
daraus,  dass  die  Vorgänge  der  Weltgeschichte,  wie  wir  sogleich  sehen 
werden,  sehr  spät  in  der  yß^cc  bekannt  wurden,  und  dass  andrerseits 
im  1.  und  auch  noch  im  II.  Jahrh.  n.  Chr.  die  Differenz  des  festen 
und  des  Wandeljahres  eine  wenn  auch  beständig  wachsende^),  so 
doch  verhältnismässig  unbedeutende  war. 

Unsere  Urkunden  bieten  auch  einige  Fälle,  in  denen  der  aegypti- 
sche  Monat  dem  entsprechenden  römischen  gegenübergestellt  wird. 
Da  diese  Urkunden  meist  officiellen  Charakter  haben  und  aus  römi- 
schen Kreisen  stammen 2),  will  ich  kein  grosses  Gewicht  darauf  legen, 
dass  auch  hier  überall  der  ohne  jede  weitere  Bezeichnung  genannte 
aegyptische  Monat  sich  durch  die  Rechnung  als  Monat  des  fixen 
Jahres  erweist.  So  in  BGU  113,  8  (aus  der  Registratur  des  Prä- 
fecten),  140,  9  (in  dem  Kopfstück  zum  Brief  des  Trajan),  326  II  6 
(in  dem  Testament  des  Römers  C.  Longinus  Castor).^)  Wichtiger 
für  unsere  Frage  ist  schon  die  Thatsache,  dass  in  dem  Haushaltungs- 
Zeugnissen  1 — 4  (in  Privaturkunden!)  behandelt  wird,  spricht  entschieden  gegen 
diese  Annahme. 

')  Grenfell-Hunt  irren,  wenn  sie  a.  a.  O.  meinen,  dass  im  J.  139  n.  Chr. 
die  beiden  Kalender  an  demselben  Tage  angefangen  hätten.  Am  20.  Juli  139 
begann  vielmehr  eine  neue  Sothisperiode ,  d.  h.  das  Neujahr  des  Wandeljahres 
fiel  an  diesem  Tage  wieder  wie  vor  1461  Jahren  mit  dem  Sothisneujahr  zu- 
sammen. 

^)  Die  römischen  Soldaten  in  Pselkis  datiren  alle  mit  aegyptischen  Monats- 
namen. 

^)  Dass  in  der  Datirung  des  Edicts  des  Ti.  Julius  Alexander  das  feste 
Jahr  gemeint  ist,  hat  schon  Ideler  I  S.  145  durch  Berechnung  sicher  gestellt. 


798 


XI.  KAPITEL. 


buch  des  Jupiter -Capitolinus- Tempels  in  Arsinoe  (214/5),  wie  die 
Beziehungen  auf  den  römischen  Kalender  zeigen,  die  Daten,  die 
ohne  jeden  Zusatz  gegeben  sind,  auf  dem  fixen  Kalender  basiren.^) 
Man  wird  einwenden,  da  der  Gott  einen  römischen  Namen  trage, 
so  sei  es  begreiflich,  dass  auch  der  Festkalender  seines  Tempels 
nach  dem  festen  Jahre  rechne,  und  wird  vielleicht  doch  an  der  Vor- 
stellung festhalten  wollen,  als  ob  gerade  die  einheimischen  Fest- 
kalender es  gewesen  wären,  die  im  Volk  die  Kenntnis  des  alten 
Wandeljahres  lebendig  erhalten  hätten. 2)  Dem  gegenüber  möchte 
ich  darauf  hinweisen,  dass  der  grosse  Festkalender  aus  Esne,  der 
aus  der  Kaiserzeit  stammt,  nach  Brugsch's  Versicherung  auf  dem 
festen  Neujahrstag  vom  29.  August  aufgebaut  ist. 3)  Die  priester- 
lichen Kreise  sind  es  also  nicht  gewesen,  die  an  dem  alten  Wandeljahr 
festgehalten  haben.  Wahrscheinlich  haben  sie  es  mit  Freuden  begrüsst, 
als  Augustus  ihnen  das  schenkte,  was  ihre  Vorgänger  vor  200  Jahren 
vergeblich  durchzusetzen  sich  bemüht  hatten:  ein  unverrückbar  festes 
Jahr  als  Grundlage  für  den  Festkalender. 

Allen  diesen  Thatsachen  gegenüber  kann  ich  es  nicht  mit  Ideler 
(S.  151)  und  seinen  Nachfolgern  als  ein  Zeugnis  für  die  Vorherrschaft 
des  Wandeljahres  im  III.  Jahrh.  n.  Chr.  betrachten,  wenn  Censorinus, 
de  die  nat.  18  sagt:  nam  eorum  (Äegyptiorum)  annus  civilis  solos 
habet  dies  CCCLXV  sine  idlo  interkalari.  Censorinus  will  hier,  wie 
die  nächsten  Worte  zeigen,  die  Sothisperiode  von  1461  Jahren  er- 
erklären; dieser  liegt  aber  das  Wandeljahr  zu  Grunde,  und  das 
beschreibt  er  rein  theoretisch  mit  den  angeführten  Worten.  Ich 
kann  darin  kein  Zeugnis  für  den  Kalender  seiner  Zeit  erblicken. 
Sollte  er  es  etwa  so  gemeint  haben,  so  würden  die  obigen  Urkunden 
zur  Genüge  zeigen,  dass  er  schlecht  unterrichtet  war. 

Wie  steht  es  nun  mit  den  Papyrusdaten,  die  zu  der  Annahme 
geführt  haben,  dass  das  Wandeljahr,  nicht  das  fixe  Jahr  gemeint 
sei?  Ein  Wiener  Papyrus  ist  datirt  vom  11.  Thoth  des  2.  Jahres 
des  Pupienus  und  Balbinus  und  des  Caesar  Gordianus,  ein  anderer 
Wiener  Text  vom  24.  Thoth  des  2.  Jahres  des  Gordian  III.^)  Auf 

^)  Vgl.  z.  B.  BGU  36  2  I  4,  wo  die  Calendae  Januariae  am  6.  Tybi  ge- 
feiert werden. 

Ideler,  Handb.  I  S.  151.    Mommsen,  Körn.  Clironol."^  S.  259/60. 
^)  Vgl.  Brugsch,  Aegyptologie  S.  355. 
*)  Beide  von  Wessely  edirt  in  Mitt.  PR.  II  S.  23. 


DIE  DATEN. 


799 


das  feste  Jahr  bezogen,  würden  diese  Daten  auf  den  8.  und 
21.  September  238  fallen.  Von  der  Annahme  ausgehend,  dass  die 
Nachricht  vom  Regierungsantritt  des  Gordian  von  Rom  nach  Arsinoe 
10 — 25  Tage  gebraucht  habe,  dass  die  Thronbesteigung  also  frühestens 
am  15.  August  habe  stattfinden  können,  fand  P.  v.  Rohden  die 
Gesetzesunterschriften  Gordians,  die  ihn  schon  am  16.  Juli  als  Kaiser 
zeigen,  im  Widerspruch  gegen  diese  Papyri.^)  Um  ihn  zu  beseitigen, 
nahm  er  an,  dass  die  Daten  der  beiden  Papyri  auf  das  Wandeljahr 
zu  beziehen  seien,  also  dem  5.  und  18.  Juli  238  entsprächen. 

Man  sieht  wohl  auf  den  ersten  Blick,  dass  in  dieser  Rechnung 
ein  sehr  unsicherer  Factor  ist,  nämlich  die  Annahme,  dass  die  Nach- 
richt von  der  Thronbesteigung  Gordian's  auf  dem  Wege  von  Rom 
nach  Arsinoe  nicht  länger  als  25  Tage  habe  unterwegs  sein  können. 
Hierauf  kommt  aber  alles  an,  denn  wenn  es  möglich  wäre,  dass 
die  Nachricht  z.  B.  zwei  Monate  dazu  gebraucht  hätte,  so  würden 
alle  Testimonien  auf  das  beste  übereinstimmen.  P.  v.  Rhoden  beruft 
sich  fiir  die  10  Tage  auf  Wessely,  Mitt.  PR.  II  S.  22,  1 ;  der  sagt 
aber  nur,  dass  noch  10  Tage  nach  Commodus'  Tod  nach  Commodus 
datirt  sei,  woraus  nur  folgt,  dass  die  Nachricht  mehr  als  10  Tage 
brauchte.  Für  die  25  Tage  beruft  er  sich  auf  Sadee^),  der 
seinerseits  wieder  die  Angaben  bei  Friedländer,  Sitteng.  11^  S.  31 
zu  Grunde  legt.  Ich  beherrsche  die  einschlägischen  Fragen  nicht 
genügend,  um  etwa  leugnen  zu  wollen,  dass  eine  Nachricht  von 
Rom  nach  Arsinoe  in  25  Tagen  habe  gelangen  können  —  dass 
freilich  auch  die  Hälfte  dieser  Zeit  genügt  habe,  wie  Sadee  meint, 
kann  ich  nicht  glauben  — ,  aber  darauf  möchte  ich  doch  hinweisen, 
dass  die  Angaben  bei  Plinius  h.  n.  XIX  3,  die  Friedländer  a.  a.  O. 
vorführt,  doch  nur  Beispiele  für  Segelfahrten  bieten,  die  offenbar 
wegen  ihrer  ungewöhnlichen  Schnelligkeit  besonders  berühmt  geworden 
waren.  Sie  sind  daher  ein  untaugliches  Fundament  für  das  in  Frage 
stehende  Problem. 

Doch  lassen  wir  lieber  diese  notwendiger  Weise  unsicheren  Be- 
rechnungen bei  Seite,  die  bestenfalls  ja  auch  nur  augeben  können, 
in  wie  kurzer  Zeit  eine  Nachricht  nach  Arsinoe  gelangen  konnte, 
und  fragen  wir,  zumal  die  Umstände  uns  unbekannt  sind,  die  im 

^)  Pauly -Wissowa  s.  v.  Antonius  Sp.  2622. 

^)  De  imperatorum  Romanorum  III  p.  Chr.  n.  saec.  temporibus  constituendis. 
Diss.  Bonn  1891  S.  16. 


800 


XI.  KAPITEL. 


einzelnen  Falle  das  Vordringen  der  Nachrichten  verzögern  konnten, 
lieber  unsere  Ostraka  und  Papyri,  wie  schnell  thatsächlich  die  Kaiser- 
wechsel in  Aegypten  bekannt  geworden  sind.  Ich  stelle  im  Folgenden, 
abgesehen  von  der  speziellen  Streitfrage  um  das  Jahr  238,  diejenigen 
Daten  aus  den  Jahren  der  Kaiserwechsel  zusammen,  die  überhaupt 
für  die  Schnelligkeit  der  Verbreitung  von  Nachrichten  in  Aegypten 
von  Interesse  sind.  Es  bietet  sich  dadurch  zugleich  Gelegenheit, 
die  chronologisch  bemerkenswerten  Angaben  der  Ostraka  hervorzu- 
heben. Auf  Grund  der  obigen  Untersuchungen  halte  ich  mich  für 
berechtigt,  überall  die  Daten  der  Urkunden  nach  dem  festen  Kalender 
zu  berechnen,  um  so  mehr,  da  sie  fast  sämmtlich  officiellen  Docu- 
menten  entnommen  sind. 

Aus  den  Jahren  14,  37,  41  liegen  mir  keine  entscheidenden 
Daten  vor.  Ich  wüsste  nur  auf  Ostr.  769  hinzuweisen,  wonach  am 
22.  Juni  37  in  Theben  schon  nach  Gaius  datirt  wird  (Tiberius 
t  16.  März  37). 

In  Elephantine  war  noch  am  28.  Nov.  54  der  Tod  des 
Claudius  (f  13.  Oct.  54)  unbekannt,  also  46  Tage  später  (Ostr.  13). 

Nach  Nero  (f  9.  Juni  68)  wird  in  Theben  noch  am  16.  Juni  68 
(Ostr.  422)  und,  was  wichtiger  ist,  am  8.  Aug.  68  (Ostr.  1399), 
also  noch  58  Tage  nach  seinem  Tode  datirt.  In  Elephantine  ist 
sein  Tod  noch  am  19.  oder  20.  Juli  68  (Ostr.  19),  also  40—41  Tage 
später,  unbekannt.  Dagegen  wird  am  7.  Aug.  68  schon  nach  Galba 
datirt  (Ostr.  21).  Es  ist  also  das  auffallende  Factum  zu  constatiren, 
dass  dem  Schreiber  in  dem  entfernteren  Elephantine  der  Thron- 
wechsel mindestens  einen  Tag  früher  bekannt  geworden  ist  als  dem 
Schreiber  in  Theben.  —  Wenn  in  419,  7  und  8  der  26.  und 
27.  Sept.  67  bereits  als  in  das  1.  Jahr  fallend  bezeichnend  werden, 
so  zeigt  das,  dass  diese  Quittung  nachträglich  im  Jahre  68  geschrieben 
ist,  wie  ich  schon  im  Textdruck  angemerkt  habe. 

Der  Regierungsantritt  des  Galba  (9.  Juni  68)  war  in  Alexandrien 
schon  vor  dem  6.  Juli  68  bekannt,  denn  an  diesem  Tage  datirt 
nach  ihm  der  Präfect  sein  Edict  (CIGr.  4957).  Ich  bemerke, 
dass  die  vorgeschriebene  Publication  dieses  Edictes  in  der  Oase 
el-Chargeh  erst  am  28.  Sept.  68  erfolgte. 

Die  früheste  Erwähnung  des  Otho,  der  am  15.  Januar  69 
antrat,  findet  sich  in  424.  Da  ich  nicht  mit  Sicherheit  zu  ent- 
scheiden weiss,  wie  das  Datum  Mey(d(p')  Xi^  zu  deuten  ist  (s.  unten). 


DIE  DATEN. 


801 


muss  icli  es  hier  übergehen,  Otho's  Tod  (f  16.  April  69 j  ist  am 
28.  April  in  Theben  begreiflicher  Weise  noch  nicht  bekannt 
(Ostr.  426). 

Der  Tod  Vespasian's  (t  23.  Juni  79)  war  in  Theben  am 
21.  Juli  79  noch  unbekannt  (Ostr.  450).  Da  in  427  der  17.  Juni  69 
als  in  das  1.  Jahr  des  Vespasian  fallend  bezeichnet  wird,  so  muss 
auch  diese  Quittung  (wie  419)  nachträglich  geschrieben  sein.  Nach 
Domitian,  der  am  18.  Sept.  96  gestorben  war,  wird  in  Oxy- 
rhynchos  in  Mittelaegypten  noch  am  26.  December  96,  also  über 
3  Monate  oder  genauer  99  Tage  später,  datirt  (P.  Oxyr.  I  104, 
Testament). 

Für  Trajan  bemerke  ich,  dass  in  Ostr.  489  die  Lesung 
Tößt  ^  nach  erneuter  Prüfung  sich  als  unrichtig  erwiesen  hat. 
Vgl.  die  „Zusätze  und  Berichtigungen". 

Dass  nach  Hadrian  (f  10.  Juli  138)  in  Theben  noch  am 
15.  und  30.  Juli  datirt  wird  (Ostr.  585),  ist  selbstverständlich. 
In  Syene  war  sein  Tod  noch  am  7.  Aug.  138  unbekannt,  also 
28  Tage  später. 

Der  Regierungsantritt  des  Marcus  und  Verus  (7.  März  161) 
ist  am  27.  Mai  161  in  Theben  bereits  bekannt  (Ostr.  1331).i) 

Der  Tod  des  Verus  (Jan.?  169)  ist  am  1.  April  169  in 
Theben  noch  nicht  bekannt  (Ostr.  658).  Vgl.  auch  932.  Wichtiger 
ist,  dass  er  nach  BGÜ  434  in  einer  viel  nördlicheren  Stadt  — 
wenn  nicht  Arsinoe,  so  vielleicht  Memphis  —  noch  am  15.  April 
unbekannt  ist. 

In  dem  einzigen  Ostrakon,  das  den  Avidius  Cassius  nennt 
(939),  ist  leider  das  Tagesdatum  weggebrochen.  Bei  der  Kürze 
seiner  Herrschaft  würde  es  für  unsere  Frage  von  besonderem 
Interesse  gewesen  sein.  Die  Erwähnung  seines  ersten  Jahres  auf 
einem  thebanischen  Ostrakon  ist  übrigens  um  so  bemerkenswerter, 
als  alexandrinische  Münzen  von  ihm  nicht  bekannt  sind. 

Der  Tod  des  Marcus  (t  17.  März  180)  war  im  Dorfe 
Soknopaiu  Nesos  im  Faijura  nach  BGU  359  noch  am  6.  Mai  180, 
also  50  Tage  später,  unbekannt.  Dagegen  wird  am  23.  Juni  180 
in  Theben  schon  Commodus  allein  genannt  (Ostr.  946). 


Ich  lasse  245  als  unsicher  bei  Seite. 
WiLCKEN,  Ostraka. 


51 


802 


XI.  KAPITEL. 


Sehr  spät  hat  sich  die  Nachricht  vom  Tode  des  Commodus 
im  Faijüm  verbreitet.  In  BGU  515,  einer  an  den  Centurio  ge- 
richteten Klagschrift  aus  Arsinoe,  wird  noch  am  2.  Juni  193  nach 
Commodus  datirt,  wiewohl  dieser  bereits  am  31.  December  192  ge- 
storben war  —  also  über  5  Monate  früher  I^) 

Sehr  merkwürdig  ist,  dass  der  Schreiber  einer  anderen  Klag- 
schrift an  den  Strategen  aus  derselben  Stadt  Arsinoe  (BGU  46) 
bereits  am  19.  Mai,  also  14  Tage  vorher,  in  der  Lage  ist,  nach 
dem  Kaiser  Pertinax  zu  datiren.  Freilich,  sehr  bewandert  in  der 
Zeitgeschichte  ist  auch  dieser  Mann  nicht,  denn  Pertinax  war  damals 
schon  seit  dem  28.  März  tot.  2)  Dass  in  einer  und  derselben  Stadt 
so  verschieden  datirt  sein  sollte,  wäre  sehr  auft'ällig.  Ich  schlage 
folgende  Lösung  vor.  Die  beiden  Schreiber  nennen  sich  zwar 
ocTzb  zriQ  [ir^TpOTUoXsü)^,  aber  der  eine  hat  Besitzungen  im  Dorfe 
Karanis,  der  andere  im  Dorfe  Neilupolis.  Angenommen,  Jeder  hätte 
in  seinem  Dorfe  die  Eingabe  geschrieben,  so  würde  sich  ergeben, 
dass  man  in  Neilupolis  am  19.  Mai  schon  von  der  Regierung 
des  Pertinax  wusste,  in  Karanis  aber  am  2.  Juni  noch  nicht. 

Ich  füge  hinzu,  dass  in  einer  noch  unpublicirten  Steuerquittung 
aus  dem  Faijüm  (Berl.  Pap.  8459)  schon  am  1.  April  nach  Pertinax 
datirt  wird.  Leider  ist  nicht  ersichtlich,  aus  welchem  Teil  des 
Faijüm  dies  Stück  stammt. 

Von  Interesse  für  unsere  Frage  ist  auch  das  Schreiben  des 
Präfecten  Mantennius  Sabinus  an  die  Strategen  der  Heptanomis, 
in  dem  er  ihnen  abschriftlich  seinen  an  die  Alexandriner  betreffs 
der  Feier  des  Regierungsantritts^)  des  Pertinax  gerichteten  Erlass 
mitteilt,  „damit  sie  an  den  gleichen  Tagen  das  Fest  feiern  könnten" 
(BGU  646).  Dieses  Schreiben  ist  erst  am  6.  März  193  an  die 
Strategen  adressirt  worden,  wiewohl  Pertinax  schon  seit  dem 
1.  Januar  Kaiser  war,  und  der  Zusammenhang  zeigt,  dass  auch 
der  Befehl  an  die  Alexandriner  erst  damals  ergangen  war.  Bis 


Sollte  Jemand  Lust  haben,  dieses  Datum  auf  das  Wandeljahr  zu  be- 
ziehen, was  ich  nach  Obigem  freilich  für  durchaus  unerlaubt  halte,  so  würde 
der  Tag  auf  den  8.  April  fallen.  Also  eine  Differenz  von  mehr  als  einem 
Vierteljahr  würde  sich  auch  so  ergeben. 

Dies  ist  die  3.  Urkunde,  die  P.  v.  Kohden  nach  dem  Wandeljahr  be- 
rechnen möchte. 


DIE  DATEN. 


803 


dieses  Schreibeo  an  die  Strategen  gelangte,  und  bis  diese  dann  den 
Erlass,  durch  den  die  Bevölkerung  vielleicht  erst  von  dem  Thron- 
wechsel erfuhr,  publicirten,  darüber  mag  noch  viel  Wasser  den  Nil 
hinabgeflossen  sein. 

Nach  Pescennius  Niger,  dessen  Proclamation  wohl  bald 
nach  der  Ermordung  des  Pertinax  (28.  März),  also  etwa  Anfang 
April  stattfand,  wird  in  Theben  datirt  am  17.  Juni  193  (Ostr.  972), 
am  4.  Juli  (vgl.  Wessely,  Mitt.  PR.  II  S.  11  nach  Sayce)  und  am 
8.  Juli  (974).  An  demselben  17.  Juni  ist,  gleichfalls  nach  Pescennius 
datirt,  die  Klagschrift  BGU  454  auf  einem  Gehöft  bei  dem 
faijümischen  Dorfe  Herakleia  geschrieben  w^orden.  Während  diese 
Daten  alle  in  das  1.  Jahr  gehören,  bietet  P.  Grenf  (II)  60  ein 
Datum  aus  dem  2.  Jahre  des  Pescennius,  eine  Steuerquittung  aus 
Soknopaiu  Nesos  im  Faijüm  vom  5.  Dec.  193.  Da  Pescennius 
erst  Ende  193  gefallen  ist,  so  hat  dieses  Datum  nichts  Auffälliges 
an  sich.  Man  wird  hiernach  auch  in  Ostr.  976,  3  (Theben)  das 
2.  Jahr  auf  Pescennius,  nicht  auf  Severus  zu  beziehen  haben 
(8.  December  193).  lieber  die  Münzen  des  Pescennius  mit  Lß  vgl. 
V.  Sallet,  Dat.  d.  Alex.  Kaisermünzen  S.  43;  Zeitschr.  Num.  II  S.  249, 
280.  Dagegen  wird  wahrscheinlich  der  Monat  Phamenoth  (25.  Febr. 
bis  26.  März),  der  als  letztes  Wort  an  dem  unteren  abgebrochenen 
Rande  des  Papyrus  steht,  nicht  auf  dies  2.  Jahr  des  Pescennius 
zu  beziehen  sein,  da  wir  aus  BGU  326  II  12  wissen,  dass  wenigstens 
in  Arsinoe  bereits  am  21.  Februar  194  nach  Severus  datirt  wurde.  ^) 
Freilich  nach  dem,  was  wir  oben  über  die  Datirungen  nach 
Commodus  und  Pertinax  gesehen  haben,  wäre  es  nicht  ausgeschlossen, 
dass  man  im  Dorfe  Soknopaiu  Nesos  noch  nach  Pescennius  Niger 
rechnete,  während  man  in  Arsinoe  schon  nach  Severus  zählte. 
Auch  dass  man  nach  dem  25.  Februar  in  dem  Dorfe  noch  nichts 
von  der  Katastrophe  des  Pescennius  gewusst  hätte,  wäre  nach  den 
obigen  Proben  an  sich  nicht  unmöglich.  Aber  wahrscheinlich  be- 
ginnt, wie  auch  Grenfell-Hunt  für  möglich  halten,  mit  xal  Oa|i£v((bO') 

^)  Mommsen  (Sitzungsb.  Ber.  Akad.  1894  III  S.  59  A.  3)  ist  durch  ein 
Versehen  von  mir  im  Textdruck  von  Ostr.  975  (nicht  175)  irre  geleitet  worden, 
wenn  er  daraufhin  annimmt,  dass  schon  im  September  193  nach  Severus  ge- 
rechnet sei.  Der  dort  genannte  10.  Thoth  kann  nur  der  des  3.  Jahres  sein,  da 
man  erst  damals  mit  der  Ernte  des  2.  Jahres  zahlen  konnte.  Diu*  Ostrakon  ii>t 
also  am  7.  Sept.  194  geschrieben. 

51* 


804 


XI.  KAPITEL. 


eine  Nachtragsquittung,  und  dann  kann  in  dem  abgebrochenen  Teil 
der  Monat  nach  Severus  bezeichnet  gewesen  sein.  Jedenfalls  liegt 
gar  keine  Veranlassung  zu  der  Annahme  vor,  dass  die  Monate 
dieses  Textes,  wie  Grenfell-Hunt  unter  Hinweis  auf  das  Vorgehen 
von  P.  V.  Rohden  meinen,  very  likely  auf  den  annus  vagus  zu  be- 
ziehen seien.  Ich  muss  auf  Grund  der  obigen  Ausführungen  diese 
Deutung  auf  das  bestimmteste  bestreiten. 

Es  verdient  hervorgehoben  zu  werden,  dass  man  in  Alexandrien, 
wo  man  Münzen  mit  dem  2.  Jahr  des  Pescennius  geprägt  zu  haben 
scheint  (s.  oben),  dennoch  dasselbe  Jahr,  das  mit  dem  29.  Aug.  193 
begann,  nicht  etwa  als  1.,  sondern  als  2.  Jahr  des  Severus  ge- 
rechnet hat.  In  unseren  Urkunden  entspricht  jedenfalls  das  2,  Jahr 
des  Pescennius  Niger  dem  2.  Jahr  des  Severus,  und  das  wird  von 
Alexandrien  aus  so  angeordnet  worden  sein.  Es  liegt  darin 
gewissermassen  eine  nachträgliche  Selbstberichtigung,  eine  An- 
erkennung der  Thatsache,  dass  Severus  schon  vor  dem  29.  August 
Kaiser  im  römischen  Reich  gewesen  war. 

Severus'  Tod  (f  4.  Febr.  211)  ist  in  Arsinoe  im  Pharmuthi 
(27.  März  bis  25.  April),  also  mindestens  anderthalb  Monate 
danach,  noch  unbekannt  (P.  Grenf.  II  62),  dagegen  am  30.  Mai 
schon  bekannt  (BGU  711).  In  Oxyrhjnchos,  das  sich  auch 
oben  schon  durch  verspätete  Nachrichten  auszeichnete,  weiss  man 
am  27.  Oct.  211  —  also  über  8  Monate  S2:)äter!  —  noch  nichts 
von  seinem  Tode  (P.  Oxyr.  I  56).  Es  könnte  hier  freilich  die 
Vermutung  nahe  liegen,  dass  der  Schreiber  —  es  handelt  sich  um 
eine  private  Bittschrift  an  den  Exegeten  —  nur  aus  Gewohnheit 
noch  den  Namen  des  Severus  beibehalten  habe.  Merkwürdig  genug 
bliebe  es  jedoch,  falls  der  Tod  des  Kaisers  ihm  wirklich  be- 
kannt war. 


^)  Die  Thatsache,  dass  man  im  J.  193  in  Theben  nach  Pescennius  datirt 
hat,  ist  historisch  von  Interesse.  Revillout  und  Wiedemann  haben  auf  Grund 
von  Spartian.  vit.  Pescenn.  12,  4  f.  angenommen,  dass  damals  die  Thebais  sich 
unter  einem  aethiopisch  -  meroitischen  König  selbstständig  gemacht  habe.  Der 
Widerspruch,  den  schon  Lumbroso  (P  Egitto"^  S.  56  f.)  erhoben  hat,  wird  durch 
unsere  Ostraka  bekräftigt.  Wer  ist  aber  der  rex  Thebaeorum  des  Spartian? 
Sollte  das  nicht  nur  eine  schlechte  Uebersetzung  von  Oi^ßapxos  sein?  Dann 
hätte  der  Thebarch,  vielleicht  im  Namen  xwv  dcTio  xf^c,  fiYjxpoitöXscoj,  dem 
Pescennius  die  viel  besprochene  schwarze  Marmorstatue  geschenkt. 


DIE  DATEN. 


805 


Die  Ermordung  des  Geta  (Febr.  212)  ist  in  Silsilis  (Ober- 
aegypten) am  1.  Juli  212  bereits  bekannt.  Vgl.  Rev.  Etud.  Grec. 
IV  S.  47. 

Der  Tod  des  Caracalla  (t  8.  April  217)  war  am  2.  Juli  217, 
also  fast  ein  Vierteljahr  später,  in  Theben  noch  nicht  bekannt 
(Ostr.  991). 

Der  Tod  des  Severus  Alexander  ist  nach  der  von  Wessel v, 
Mitt.  PR.  II  S.  19  mitgeteilten  Urkunde,  deren  Provenienz  nicht 
angegeben  ist,  am  5.  April  235  noch  unbekannt.  Für  die  strittige 
Frage,  ob  Alexander  im  Februar  oder  im  März  gestorben  ist, 
kann  dies  Datum,  wie  aus  den  vorstehenden  Ausführungen  wohl 
klar  ist,  nach  keiner  Richtung  eine  Entscheidung  geben. 

Wir  kommen  endlich  zu  der  Chronologie  des  Jahres  238,  die 
den  Anstoss  für  diese  Untersuchungen  gegeben  hat.  Stellen  wir 
zunächst  die  Daten  zusammen,  die  für  die  Streitfrage  in  Betracht 
kommen.  Ein  noch  unpublicirtes  Ostrakon  der  Sammlung  Sayce 
(Oxford)  aus  Theben  trägt  nach  meiner  1895  genommenen  Copie 
folgendes  Datum:  töv  zupctov  f^(jiö)v  AÖTOXpaxopwv  Kaiaaptov 
Mapy.o'j  KXü)B:ou  IIoüTriYjvoö  MaajJLOu  xal  AezLfAou  KaOdou  KaXouivoi) 
BaXßeivou  Euiux^v  Euaeßwv  Seßaaxwv  'Emcp  (=  21.  JuH  238). 
Dies  Datum  war  bisher  für  unsere  Frage  noch  nicht  verwendet 
worden.  In  Mitt.  PR.  II  S.  23  (vgl.  31)  wird  ein  Wiener  Pap^Tus 
aus  dem  Faijüm  (Contract),  der  vielleicht  nicht  in  Arsinoe,  sondern 
im  Dorfe  Seveßii^  aufgesetzt  ist,  vom  11.  Thoth  des  2.  Jahres  des 
Pupienus  und  Balbinus  und  des  Caesar  Gordianus  datirt  (=  8.  Sept. 
238).  Ein  anderer  Wiener  Text  ebenda,  über  dessen  Provenienz 
nichts  angegeben  ist,  ist  vom  24.  Thoth  des  2.  Jahres  des  Gordian  III. 
datirt  (=  21.  Sept.  238).  Die  beiden  letzteren  Daten  hat  Paul 
von  Rohden  nach  dem  Wandeljahr  datirt,  weil  nach  den  Gesetzes- 
unterschriften Gordian  schon  am  16.  Juli  Kaiser  war,  und  er  an- 
nahm, dass  die  Nachricht  von  seiner  Thronbesteigung  in  spätestens 
25  Tagen  im  Faijüm  hätte  angelangt  sein  müssen. 

Die  vorstehenden  Untersuchungen  haben  wohl  mit  Sicherheit 
ergeben,  dass  von  einer  so  engen  zeitlichen  Begrenzung  nicht  die 
Rede  sein  kann.  Wenn  die  Nachricht  etwa  zwei  Monate  oder  auch 
noch  später  dorthin  gekommen  wäre,  so  würde  das  nach  den  obigen 
Beispielen  gar  nichts  Befremdliches  an  sich  haben.  Aus  den  vor- 
stehenden drei  Daten  folgt  daher  meines  Erachtens  nichts  weiter, 


806 


XI.  KAPITEL. 


als  dass  man  am  21.  Juli  238,  wo  thatsächlich  Gordian  schon 
Kaiser  war,  in  Theben  noch  nicht  einmal  von  seiner  Ernennung 
zum  Caesar  wusste,  dass  man  ferner  am  8.  September  im  Faijüra, 
im  Dorfe  Senebie,  wohl  die  letztere  Thatsache,  aber  nicht  die  erstere 
kannte,  und  endlich,  dass  in  der  Zeit  zwischen  dem  8.  und 
21.  September  die  Kunde  von  Gordian's  Thronbesteigung  (thatsächlich 
erfolgt  spätestens  am  16.  Juli)  nach  dem  Faijüm  gelangt  ist.  Aus 
diesen  drei  Thatsachen  aber  Rückschlüsse  auf  die  Chronologie  der 
Ereignisse  selbst  zu  ziehen,  halte  ich  für  sehr  prekär. 

So  haben  die  obigen  Untersuchungen,  wie  ich  hoffe,  gezeigt, 
dass  irgend  ein  Grund,  die  Daten  der  beiden  Wiener  Texte  nach 
dem  AVandeljahr  zu  berechnen,  nicht  vorliegt;  sie  nehmen  absolut 
keine  Sonderstellung  ein.  Das  Urteil,  das  wir  zugleich  über  den 
chronologischen  Wert  der  aegyptischen  Urkundendaten  gewonnen 
haben,  ist  ein  wenig  erfreuliches.  Wenn  die  Nachrichten  von  den 
Vorgängen  in  Rom  durchschnittlich  so  lange  Zeit  brauchten,  um  in 
die  aegyptische  X^P'^  vorzudringen,  dann  verlieren  die  Daten  gerade 
aus  den  interessanten  Jahren  der  Kaiserwechsel  bedeutend  an  Wert. 
Sie  zeigen  uns  nur,  wann  man  in  Aegypten  Kunde  von  den  Ver- 
änderungen erhalten  hat.  Will  man  von  da  aus  auf  die  Ereignisse 
selbst  kommen,  so  hat  man  die  Wahl  und  die  Qual,  eine  im  Princip 
nicht  genauer  zu  begrenzende  Zahl  von  Wochen  oder  Monaten 
zurückzurechnen.  Die  Chronologie  der  ausseraegyptischen  Ereignisse 
selbst  muss  daher,  wo  es  möglich  ist,  auf  anderen  Zeugnissen  auf- 
gebaut werden.  Ein  gut  datirter  Stein  aus  Rom  wird  für  die  Chrono- 
logie immer  wertvoller  sein  als  ein  paar  Dutzend  Urkundendaten 
aus  der  yüpOL.    Ihren  Wert  behalten  dagegen  die  alexandrinischen 


^)  Wenn  auch  Münzen  mit  ^a.  des  Gordian  nicht  bekannt  sind  (vgl. 
V.  Rohden  Sp.  2621),  so  könnte  darum  doch  der  Regierungsantritt  des  Gordian 
noch  vor  dem  29.  Aug.  in  Alexandrien  bekannt  gewesen  sein;  die  Zeit  mag  zu 
kurz  gewesen  sein,  wie  auch  v.  Rohden  annimmt,  um  noch  mit  der  Prägung 
zu  beginnen.  So  werden  die  ersten  alexandrinischen  Münzen  des  Gordian  nach 
dem  29.  Aug.  mit  geprägt  sein.  In  der  X^po'  aber,  wo  man  inzwischen  in 
Unkenntnis  der  Ereignisse  dem  Pupienus  und  Balbinus  und  Caesar  Gordianus 
bereits  ein  2.  Jahr  gegeben  hatte,  hat  man  dann  dasselbe  Jahr  in  „2.  Jahr  des 
Gordian"  umgenannt,  was  hier  allerdings  leichter  als  in  dem  oben  angeführten 
Falle  mit  Severus  geschehen  konnte,  da  doch  Gordian  schon  vorher  als  Caesar 
an  der  Datirung  teilgenommen  hatte. 


DIE  DATEN. 


807 


Daten,  die  in  einem  viel  engeren  Verhältnis  zu  den  Ereignissen 
stehen. 

Die  wenigen  Ostraka  aus  byzantinischer  Zeit,  die  nach  In- 
dictionen  rechnen  (vgl.  1127,  1224,  1225),  bieten  keine  Veranlassung, 
auf  die  verwickelten  Fragen,  die  sich  an  diese  Rechnung  anschliessen, 
einzugehen.  Die  vier  Punkte,  die  ich  im  Hermes  XXI  S.  285/6  — 
in  einem  sonst  vielfach  veralteten  Aufsatze  —  aufstellte,  halte  ich 
auch  heute  für  richtig.  Im  Uebrigen  verweise  ich  auf  die  klare 
Darlegung  des  Problems  bei  Franz  Rühl,  Chronologie  des  Mittel- 
alters und  der  Neuzeit,  1897  S.  179  f.  Vgl.  auch  die  Bemerkungen 
von  Grenfell-Hunt  in  P.  Grenf  (II)  S.  129,  136. 

Die  römische  Datirungsweise  nach  den  Consuln  findet  sich  nur 
einmal  in  einem  späteren  Text  (1309).  Die  Entzifferung  ist  mir 
noch  nicht  ganz  gelungen,  auch  scheint  das  Datum  nicht  fehlerlos 
zu  sein,  so  dass  mir  eine  Berechnung  nicht  möglich  ist. 

2.  Die  Monate. 
A.  Die  aegyptischeu  Monate. 

Die  Formen  der  aegyptischen  Monatsnamen,  die  bei  den  Klas- 
sikern vorliegen  und  daher  auch  in  den  modernen  Darstellungen 
benutzt  werden,  öwO"  Oaö^t  "AO-up  Xoi'ax  Tößc  Meylp  OafievwO- 
Oapiiou-ö-L  HoLyJbw  IlaüVL  'E71I9  Meaopr],  geben  bekanntlich  die  bohei- 
rische  oder  unteraegyptische  Aussprache  wieder,  wie  sie  in  Alexandrien 
gesprochen  wurde.  Durch  die  officielle  Verwendung  seitens  der  Re- 
gierung ist  diese  Aussprache  der  Monatsnamen  für  das  ganze  Land 
die  massgebende  geworden  und  ist  daher  auch  in  Oberaegypten  ver- 
breitet. Die  Monatsnamen  unserer  Ostraka,  die  ja  fast  sämmtlich 
aus  Oberaegypten  stammen,  sind  insofern  nicht  ohne  Interesse,  als 
sie  uns  gelegentlich  Formen  bieten,  die  von  den  officiellen  abweichen 
und  offenbar  als  Producte  des  betreffenden  aegyptischen  Lokaldialectes 
zu  betrachten  sind.  Dies  gilt  wenigstens  von  der  älteren  Ptolemäer- 
zeit;  später  herrschen  die  boheirischen  Formen,  die  dann  nur  noch 
orthographisch  variiren.  Im  Folgenden  seien  die  bemerkenswerteren 
Bildungen  hervorgehoben. 

1.  Thoth.  In  der  Ptolemäerzeit  ist  die  übliche  Form  BöuO' 
(307,   1230,  1235,  1314)  oder  Bwut  (1084,  1495),  die  dem 


808 


XI.  KAPITEL. 


boh einsehen  ecooyx  entspricht.  Daneben  begegnet  in  Theben  im 
III.  Jahrh.  v.  Chr.  0auT  (314,  315),  was  mit  dem  sahidischen 
oxyi"  übereinstimmt.  Die  jüngere  Form  ©w-S',  die  ausnahmsweise 
auch  schon  im  II.  Jahrh.  v.  Chr.  begegnet,  allerdings  in  Texten  mit 
vulgärer  Orthographie  (1085,  1090,  Koptos),  ist  neben  0wt  in  der 
Kaiserzeit  die  herrschende  Form.  Nur  selten  begegnet  noch  Owui, 
so  in  1050  aus  Domitian's  Zeit. 

2.  Oaw^L,  die  allgemein  übliche  Form.  Nur  in  343  aus  dem 
III.  Jahrh.  v.  Chr.  (Theben)  steht  Hadizi  und  in  855  (Theben,  138 
n.  Chr.)  Baü)9(c).  In  1101  (Sedment,  189  n.  Chr.)  begegnet  die 
verkürzte  Form  Oaw^. 

3.  "A-ö-up,  die  übliche  Form.  Einmal  findet  sich  "AO-aup,  was 
vielleicht  'A^aOp  zu  lesen  ist  (73,  Elephantine,  104  n.  Chr.).  In 
1090  steht  'A-Ö-pu. 

4.  Xotax  oder  XoL'a)(.  Die  erstere  Form,  die  boheirische 
(xoI/>^k),  scheint  in  Elephantine  die  üblichere  zu  sein  (114,  135, 
145),  doch  kommt  auch  hier  'Koia.y^  vor  (13)  oder  auch  Xua)(  (33). 
In  Theben  ist  Xoiax  häufiger  (322,  347,  369,  379,  1313  u.  oft). 
Vgl.  das  sahidische  xoi^^  k.  In  Dakkeh  begegnet  zweimal  Xuax 
(1134,  1144)  und  einmal  Xoiax  (1133). 

5.  Tößt,  die  übliche  Form.  Einmal  mit  noch  grösserer 
Schwächung  der  tonlosen  Silbe  Töße  (1137  Dakkeh,  215  n.  Chr.), 
vgl.  sahidisch  TCOBe.    In  1419  (Theben,  Trajan)  TußsL 

6.  Msyjp  oder  Mexetp.    Einmal  Msysp  (1122,  Sedment). 

7.  <I>a[JL£Vü)'8',  die  übliche  Form.  In  1412  Oa|Ji£V(I)T  (Theben, 
88  n.  Chr.). 

8.  Oapixoö^c,  die  übliche  Form.  In  1335  Oap[ioöTi  (Theben, 
III.  Jahrh.  V.  Chr.). 

9.  Ila^wv,  die  übliche  Form.  Aus  der  Zeit  des  Philadelphos 
liegt  die  altertümliche  Schreibung  Ila^wv^  vor  (Theben  315,  316), 
worin  der  Gottesname  Chons  noch  deutlich  zu  Tage  tritt.  Ebenso 
Petr.  P.  (II)  XIII  (1).  Vgl.  üaxwvo?  in  Petr.  Pap.  (II)  XII  (4). 
Merkwürdig  ist  Hocy^Stvec,  in  einem  ganz  alten  thebanischen  Ostrakon, 
wohl  aus  dem  Anfang  des  III.  Jahrh.  v.  Chr.  (1355).  Daneben  be- 
gegnet aber  auch  schon  damals  Ilaxtov  (1336).  Mit  Ha/wv?  ist 
das  sahidische  nxcyoNC  zu  vergleichen. 

10.  IlaüvL,  die  übliche  Form,  meist  ohne  Punkte  geschrieben, 
aber   stets   pa-yni  zu  sprechen.    Daneben  die  Schreibung  IlaoTvL 


DIE  DATEN. 


809 


(504,  650).  In  Sedment  begegnet  auch  üa'jvYj  (1105,  1107),  in 
Dakkeh  Hacvi  (1131). 

11.  'Etil 9  oder  'Et: et 9.  Die  Form  '£7:19:,  die  die  Modernen 
gewöhnlich  gebrauchen,  ist  ganz  ungewöhnlich,  begegnet  nur  einmal, 
in  1596.  Andere  Schreibungen  sind  'E'^elt;  (780,  781,  795 — 797, 
803  Theben)  oder  'E^Itz  (504),  auch  'Ecpstcp  (415  Theben),  'Etoltü 
(Louvre  8275),  'Etüiti  (198). 

12.  Meaopyj,  die  übliche  Form.  Im  III.  Jahrh.  v.  Chr.  be- 
gegnet MeaopsL  (1493,  1494  Theben).  Andere  Schreibungen  sind 
Msaopf^L  (5,  21  Elephantine,  430,  706,  1316  Theben),  MeawpT^ 
(412  Theben),  Mzaoöp'q  (1239). 

Die  5  Epagomenen  werden  entweder  selbstständig  genannt,  wie 
ETtaYopLsvwv  6  (874,  1265,  1227),  oder  als  Zusatztage  zum  Mesore 
bezeichnet,  ^vie  MsaopYj  e7ca(Yop,£V(i)v)  £  (136,  354). 

B.  Monate  mit  Ehrennamen. 

Die  makedonischen  Monatsnamen  begegnen  in  den  vorliegenden 
Ostraka  aus  der  Ptolemäerzeit  niemals.  In  384  (Gaius)  scheint  der 
ATo?  genannt  zu  sein,  aber  die  Lesung  der  Zeile  ist  unsicher. 

Dagegen  finden  sich  in  den  Ostraka  der  Kaiserzeit,  wie  auch 
in  manchen  der  publicirten  Papyri  Monatsoamen,  die  zu  Ehren  der 
Kaiser  oder  Mitglieder  des  kaiserlichen  Hauses  gebildet  worden  sind. 
Es  sind  zur  Zeit  folgende  bekannt: 

1.  Zeßaaxo?  =  Thoth.  Vgl.  Ostr.  362  (J.  19  n.  Chr.),  377 
(J.  35),  385  (J.  39),  386  (Gaius),  391  (J.  44),  396  (J.  48),  397 
(J.  48),  407  (J.  55),  1035  (J.  42),  1325  (J.  67),  1547  (J.  31). 
BGU  1,  21  (II.  Jahrh.),  196,  3  (Trajan),  612,  10  (J.  57),  644,  2 
(J.  69).  P.  Lond.  CXXXI  R.  5  u.  23  (Kenyon,  Cat.  Gr.  Pap. 
S.  170)  (J.  78).  P.  Grenf.  (II)  41,  29  (J.  46).  Die  richtige 
Gleichung  in  PER  I  48,  3:  {JLrjvo;  Se^aaxoO  00)0-  (Severus  und 
Caracalla).  Dagegen  steckt  in  P.  Oxyr.  I  99,  1:  AuSvatoi)  JiYJvög 
2[£]ßaaTo[0  ^  (J.  55)  ein  Fehler.  Es  muss  entweder  Aiou  oder 
NIoi)  2£ßaaToO  heissen  (s.  unten).  Nach  Z.  11  möchte  man  ersteres 
annehmen.  Andrerseits  findet  sich  eine  Verwechselung  von  I^E^aoroö 
und  Niou  S£ßaaTOö  auch  in  Mitt.  PR.  II  S.  16  unten:  [lYjVÖ^  SEßaoroO 

2.  NIo?  ::£ßaax6?  =  Hathyr.  Vgl.  Ostr.  9  (Tiberius),  392 
(J.  44),  1371  (Tiberius),  1374  (J.  40),  1389  (J.  58),  1398  (J.  67), 


810 


XI.  KAPITEL. 


1550  (J.  33).  BGU  1,  4  und  24  (II.  Jahrb.),  232,  1  (J.  108), 
339,  3  (J.  128),  415,  4  (Trajan),  636,  3  (J.  20).  P.  Grenf.  (II) 
42,  6  (J.  86).  R  Oxyr.  I  49, 13  und  15  (100).  P.  Lond.  CXXXI 
R.  350  (J.  78).    Flinders  Petrie,  Koptos  S.  26  (J.  68). 

3.  'Aoptavo?  =  Choiak.  Ostr.  561  (J.  154),  567  (J.  134), 
580  (J.  137),  596  (J.  139),  604  (J.  141)  und  oft.  Auch  in  den 
Papyri  sehr  häufig.  Vgl.  auch  CIGr.  4736  =  Leps.  Denk.  VI 
n.  66. 

4.  repfjiavcxsto?  =  Pachon.  Vgl.  Ostr.  401  (J.  52),  183,  1 
(J.  85),  445,  9  (J.  149),  527,  4  (J.  197),  538,  2  (J.  100).  P.  Lond. 
CLXXIX  (J.  127). 

5.  KaLoapeio?  =  Mesore.  Ostr.  456  (J.  82),  458  (J.  83), 
459  (J.  84),  771  (J.  66),  1387  (J.  50),  1392  (J.  59),  1407  (J.  79), 
1409  (J.  84).  BGU  234,  3  (J.  121),  472  I  4  II  13  (J.  139). 
PER  I  4,  2  (J.  53). 

6.  SwTTjpco?.  Vgl.  Ostr.  1378  (J.  43),  1381  (J.  44),  beide 
Male  in  der  Form  Sü)T^po(ö.  BGU  190,13  (Domitian).  P.  Grenf. 
(II)  43,  6  (J.  92).  Grenfell-Hunt  a.  a.  O.  setzen  den  Monat  im 
Index  dem  Payni  gleich.  Aus  dem  Text  folgt  das  nicht;  der 
würde  eher  die  Deutung  auf  'Etil^  nahe  legen.  Aber  vielleicht 
haben  sie  andere  Texte,  die  die  Frage  in  jenem  Sinne  entscheiden. 

7.  Nepwveto?.    Vgl.  BGU  713,  26  (J.  41/2). 

8.  Nepwveco?  Ssßaaxo?.  Vgl.  Ostr.  1393  (J.  59/60),  1555 
(J.  41/2).  P.  Lond.  CLXXXI  (J.  64).  Kenyon,  Cat.  Add.  S.  404, 
setzt  mit  einem  Fragezeichen  diesen  Monat  dem  Pharm uthi  gleich. 
Ich  kenne  seine  Gründe  nicht. 

9.  ©eoyevaco?.   Vgl.  BGU  713,3  (J.  41/2). 

10.  Apouaceu?.   Vgl.  PER  I  242  (J.  40/1). 

11.  Ao{xtTLav6(;.  Vgl.  den  unpublicirten  Berliner  Pap.  P.  8793 
(J.  89/90). 

12.  SeßaaTo?  Eöaeßeio?.   Vgl.  BGU  741  (J.  143/4). 
Diese  Monate  werden  entweder  allein  gekannt,  wie  regelmässig 

in  den  Ostraka,  oder  neben  dem  entsprechenden  makedonischen  oder 
aegyptischen  Namen.  Dass  sie  völlig  mit  diesen  zusammenfielen, 
zeigt  die  Thatsache,  dass  sie  immer  dasselbe  Tagesdatum  haben. 
Der  Tag  wird  entweder  nur  einmal  nach  dem  zweiten  Namen  ge- 
nannt, oder  bei  jedem  von  ihnen  besonders.  Vgl.  BGU  538,  2: 
(iY]v6?  repjjiavcxLOi)  tß  Ila^wv  tß.   Mit  merkwürdiger  Breitspurigkeit 


DIE  DATEN. 


811 


ist  P.  Lond.  CLXXIX  datirt:  da  wird  für  jedes  der  beiden  Parallel- 
daten das  Jahr  wiederholt,  als  ob  es  sich  um  zwei  verschiedene  Jahres- 
zählungen handele.^) 

Die  Beziehung  der  Ehrennamen  auf  die  Geehrten  bleibt  in 
manchen  Fällen  dunkel.  Klar  ist  sie  bei  SeßacTG?,  der,  zuerst  unter 
Tiberius  belegt,  natürlich  auf  Augustus  geht,  ferner  bei  'ASpiavo; 
(älteste  Erwähnung  bis  jetzt  im  Jahre  134) ,  und  bei  Ao[x:TLav6^. 
Sicher  ist  auch,  dass  der  Nlog  SsßaaTO^,  der  schon  unter  Tiberius 
begegnet,  sich  auf  diesen  Kaiser  bezieht.  Ich  erinnere  daran,  dass 
Tiberius  in  Denderah  inschriftlich  als  'Nioc,  Seßaaxö^  bezeichnet 
wird  (CIGr.  4716,4716b).  Die  Kamen  Nspwveco^  und  Nspcoveco; 
Seßaaxo^  sind  nicht,  wie  man  denken  könnte,  auf  Kero,  sondern 
auf  Claudius  zu  beziehen,  da  sie  beide  schon  im  Jahre  41/2  be- 
gegnen. Seßaaxo;  EuaißsLO^  wird  auf  Antoninus  Pius  gehen.  Un- 
sicher ist  die  Deutung  von  Kacaapeioc,  der  zuerst  50  n.  Chr.  nach- 
weisbar ist.  Dem  Kamen  nach  sollte  man  denken,  dass  er  sich  auf 
Octavian  beziehe.    Doch  ist  auch  Anderes  denkbar. 

Veranlassung  zu  der  Wahl  der  betreffenden  Monate  haben  gewiss 
hervorragende  Ereignisse  im  Leben  der  geehrten  Personen  gegeben. 
Doch  wird  man  über  Vermutungen  für  den  einzelnen  Fall  nicht 
leicht  hinauskommen. 

Ich  lasse  eine  Tabelle  folgen,  die  veranschaulichen  soll,  wie  sich 
in  der  Kaiserzeit  die  Monate  entsprochen  haben.  Die  Daten  sind 
für  das  gewöhnliche,  schaltlose  Jahr  berechnet. 


6(0^ 

ATo? 

Seßaato^ 

29.  Aug.  — 27.  Sept. 

'ATreXXaTo? 

28.  Sept.  — 27.  Oct. 

'A^6p 

AöSvaTo? 

NIo?  Seßaaiog 

28.  Oct.  — 26.  Nov. 

Xocax 

Utpizioc, 

'A5p:av6g 

27.  Nov.  — 26.  Dec. 

Töß: 

AuOTpO^ 

27.  Dec.  —  25.  Jan. 

Meylp 

26.  Jan.  —  24.  Febr. 

'ApT£|XCaLO? 

25.  Febr.  —  26.  März 

Nach  meiner  flüchtigen  Copie  lautet  das  Datum  folgendermassen : 
"Exoüg  IvSsxdTou  A'JToy.pocxopo;  Kaiaapo^  Tpa-.avou  'A^'p'.avoö  Ss^ß^a'oTcD 
fiYjvog  rsp|j.av'.x£to'j  5,  exo'js  Iv^cXoctoo  A'jToxpaxopo;  Kaioapoj  [TpatavoO 
*A5p'.avoöJ  2£[ßaajX0Ö  Ilaxwv  5.  Kenyon  scheint  nach  seiner  Bemerkung  im 
Cat.  of  Add.  die  beiden  Daten  nicht  zu  identificiren,  sondern  den  Germanicius  für 
den  Payni  zu  halten. 


812 


XI.  KAPITEL. 


Nepwvco?  Ssßaa- 

27.  März  — 25.  April 

x6?(?) 

26.  April  — 25.  Mai 

naüvL 

Sa)TT7pLog(?) 

26.  Mai  —  24.  Juni 

25.  Juni  — 24.  Juli 

Meaopyj 

Kacoapeto? 

25.  Juli  — 23.  Aug. 

AI  £7raY6(jL£- 

24.  Aug.  —  28.  Aug. 

3.  Die  Tage. 

Betreffs  der  Tagesbezeichnung  sei  hier  nur  auf  zwei  Fragen 
hingewiesen,  die  ich  nicht  mit  Sicherheit  zu  lösen  vermag. 

Die  eine  betriffl  die  als  aeßaaiat  bezeichneten  Tage.  Ich  kenne 
folgende  Beispiele: 

1.  Ostr.  363  (J.  20  n.  Chr.):  ITaxwCv)  aeßaaxYjt. 

2.  Ostr.  367  (J.  32):  Oa|JL£vwO'  aeßaaTfjC. 

3.  Ostr.  369  (J.  32):  Xo:ax  aeßaaT-^t. 

4.  Ostr.  384  (J.  39/40):  txy](v6ö  Alou(?)  .  .  .  aeßaai-^i. 

5.  Ostr.  385  (J.  39):  [xyjvo^  SsßaaToö  aeßaaTyjL. 

6.  Ostr.  1382  (J.  44):  |jiy](v6?)  S£ß(aax)oö  a£ß(aa)'C'^t. 

7.  P.  Oxyr.  I  46  (J.  100):  M£X£lp  §  a£ßaaT^c. 

8.  CIGr.  4715  =  Leps.  Denk.  VI  n.  29  (J.  1  n.  Chr.):  Otbu^ 
■9-  a£ßaaT'^L 

9.  Inschrift  bei  Jouguet,  Bull.  corr.  hell.  1896  S.  523  ff.  (J.  42 
n.  Chr.):  ^ocp\LO\)^i  rj  a£ßaaT'^L 

10.  CIGr.  III  5866  c  (J.  3  v.  Chr.):  ^ocp^ioud^^i)  ae^ocaz^. 
Es  sind  sehr  verschiedene  Mutmassungen  über  dieses  ae^xaz'^i 
aufgestellt.  Letronne  (Recueil  I  S.  84  f.),  der  nur  Nr.  8  kannte 
und  diese  noch  ohne  das  erklärte  Otou-O*  a£ßaaT'^t  als  den  23.  Sep- 
tember, den  Geburtstag  des  Augustus.  Dagegen  stellte  Boeckh  die 
Vermutung  auf,  dass  immer  der  1.  Tag  jedes  Monats  oe^aozy]  ge- 
heissen  habe.  Vgl.  CIGr.  III  S.  1260.  Diese  Ansicht  erfreut  sich 
grosser  Beliebtheit  und  ist  noch  kürzlich  als  feststehendes  Resultat 
bezeichnet  worden. i)  Die  obigen  Nummern  7,  8,  9  zeigen,  dass 
sie  unrichtig  ist.  Vor  kurzem  glaubte  Jouguet  auf  Grund  von  Nr.  9 

^)  ^S^-  Fränkel,  die  Inschriften  von  Pergamon  II  S.  265. 


DIE  DATEN. 


813 


das  Rätsel  durch  die  Annahme  lösen  zu  können,  dass  immer  der  achte 
jedes  Monats  aeßaaTi^  geheissen  habe.  Aber  auch  dies  wird  durch 
die  richtige  Lesung  von  Nr.  8,  die  ich  oben  nach  Lepsius  zum  ersten 
Mal  verwerte,  und  Nr.  7  widerlegt.  Was  folgt  nun  aus  dem  obigen 
Material?  Nr.  1,  2,  3,  4,  5,  6  und  10,  die  aeßaai-^  ohne  Datum  sagen, 
ergeben,  dass  es  in  den  betreffenden  Monaten  nur  einen  Tag  ge- 
geben hat,  der  aeßaaiY]  genannt  wurde.  Jedenfalls  würden  sich  die 
Schreiber  sonst  sehr  mangelhaft  ausgedrückt  haben.  Nr.  7,  8,  9 
zeigen  ferner,  dass  die  aeßaaTi^  auf  verschiedene  Tage  innerhalb  der 
verschiedenen  Monate  fallen  konnte.  Dass  besondere  Ereignisse  im 
Kaiserhause  zu  dieser  Bezeichnung  der  betreffenden  Tage  geführt 
haben,  ist  wahrscheinlich.  Mehr  wage  ich  einstweilen  nicht  zu  folgern. 
Vielleicht  wird  weiteres  Material  eine  genauere  Beantwortung 
ermöglichen. 

Es  sei  nur  noch  hinzugefügt,  dass  ItcI  'louXCiag)  [Seßaax'^?] 
in  BGU  252,  t^?  'louXta?  Seßaaifj?  in  PER  I  24,  2,  em  'lou^La^ 
l!ie^<x(3zfic,  ebenda  25,  1,  nicht  mit  Kj-ebs  und  Grenfell-Hunt  (Oxyr.  I 
S.  104)  als  Tagesbezeichnung  zu  fassen  ist,  weil  diese  Worte  vom 
Datum  durch  die  Angabe  des  Lokals  getrennt  sind.  Ich  glaube, 
'louXta  SeßaaiT^  war  der  Name  des  Marktplatzes  im  Dorfe  Euergetis, 
auf  dem  die  obigen  Contracte  geschlossen  worden  sind.  Vgl.  BGU 
326  II  10:  £V  z'q  SeßaaxYj  dyopa.  Vgl.  auch  das  häufige  Iv  dyuia 
in  den  Oxyrhynchos-PapjTri.  Zu  jener  Deutung  hatte  verführt 
CIGr.  4957,  3:  Oaö)9t  ä  TouXia  Seßaax'^.  Ich  will  nicht  bestreiten, 
dass  hier  vielleicht,  wie  man  allgemein  annimmt,  der  Tag  als  TouXia 
SeßaaiY]  (nach  der  Livia?)  bezeichnet  ist.  Aber  möglich  ist,  dass  auch 
hier  TouXca  SsßaaT"^  eine  —  schlecht  stilisirte  —  Lokalbezeichnung 
ist,  vielleicht  der  Name  des  Amtslokals  des  Strategen  der  Oase. 

Das  zweite  Problem,  auf  das  ich  kurz  hinweisen  will,  betrifft 
die  zahlreichen  Daten  unserer  Ostraka,  in  denen  die  Monate  mehr 
als  30  Tage  haben  oder  doch  zu  haben  scheinen.  Ich  meine  die 
Daten,  in  denen  Xoc,  Xß,  Xy,  u.  s.  w.  bis  XX  begegnet.  Wenn  man 
unsere  Sammlung  von  Nr.  370  an  durchblättert,  wird  man  beständig 
auf  solche  Daten  stossen.  Ich  stelle  zunächst  diejenigen  Thatsachen 
zusammen,  die  bei  der  Erklärung  dieser  merkwürdigen  Erscheinung, 
für  die  ich  keine  Parallele  weiss,  zu  berücksichtigen  siud. 

1.  Solche  Daten  lassen  sich  in  den  mir  bekannten  Ostraka 
nur  für  Theben  nachweisen,  nicht  für  Syene  oder  einen  anderen  Ort. 


814 


XI.  KAPITEL. 


2.  Sie  finden  sich  in  dem  mir  vorliegenden  Material  nur  in 
Ostraka  der  Kaiserzeit  (von  Augustus  an),  nicht  der  Ptolemäerzeit. 

3.  Sie  begegnen  am  häufigsten  in  den  Bankquittungen,  aber 
auch  in  den  Erheberquittungen.  Aus  den  Thesaurosquittungen  liegt 
in  unserer  Sammlung  kein  Beispiel  vor. 

4.  Die  Zahl  X  und  die  folgende  Zahl  stehen  vielfach  unter 
einem  gemeinsamen  Querstrich,  wie  Xs.  Häufig  erhält  aber  auch 
jede  Zahl  ihren  eigenen  Strich,  wie  XF,  und  das  muss  die  ursprüng- 
lichere Schreibung  sein. 

5.  Während  sonst  immer  X  voransteht,  ist  in  1613  geschrieben: 
MeaoCpY])  xO-  X. 

6.  In  1251  steht:  MeaopY]  Xä  sTcayoCfJLevwv)  e. 

Was  mag  mit  diesen  wunderbaren  Datirungen  gemeint  sein? 
Formell  läge  ja  die  Annahme  am  nächsten,  dass  es  sich  um  Schalt- 
monate handele,  und  dies  könnte  darin  seine  Stütze  finden,  dass  die 
zweiten  Zahlen  von  1 — 30  laufen.  Sachlich  sind  aber  solche  Schalt- 
monate für  die  Kaiserzeit  völlig  ausgeschlossen.^)  Aber  was  dann? 
Eine  Vermutung  wdll  ich  nicht  unterdrücken.  Bei  der  lokalen 
Beschränkung  dieser  Datirungen  auf  Theben  wird  man  a  priori  der 
Ansicht  zuneigen,  dass  nicht  sachliche  Besonderheiten  des  Steuer- 
wesens, sondern  nur  formale  Eigentümlichkeiten  des  Quittungswesens 
hier  vorliegen.  So  scheint  mir  der  Gedanke  an  Steuerzuschläge, 
auf  den  ich  von  hochgeschätzter  Seite  hingewiesen  wurde,  dadurch 
ausgeschlossen  zu  sein,  dass  solche  Steuerzuschläge,  die  hiernach  für 
die  Thebais  für's  I.  Jahrh.  n.  Chr.  fast  Jahr  für  Jahr  anzunehmen 
wären,  weder  für  Syene  noch  für  das  Faijüm  in  dieser  oder  einer 
anderen  Form  nachweisbar  sein  würden.  Nur  für  das  Faijüm  fand  ich 
ein  einziges  Mal  unter  den  zahlreichen  Steuerquittungen  dieselbe  Art 
der  Datirung,  nämlich  in  dem  noch  unpublicirten  Berliner  Papyrus 
P.  7299:  IlaöVL  %aX,  also  in  der  Anordnung  wie  im  Ostr.  1613. 

Ich  möchte  zur  Erklärung  auf  eine  Formel  hinweisen,  die  sich 
in  den  Papyrusquittungen  des  Faijüm  nicht  selten  findet.  Ich  habe 
in  BGU  273  die  Lesung  M£ao(pY])  y  de,  ocpid-difiGiy)  'Et^i^,  als 
Datum  einer  Bankquittung,  hergestellt.  Dieselbe  Wendung  fand 
ich  in  den  noch  unpublicirten  Berliner  Steuerquittungen,  die  ich 
jüngst  einsehen  durfte,  vielfach  wieder.    Vgl.  P.  7246:  naö(vO 

^)  Ich  will  nur  erwähnen,  dass  nach  453,  454  und  456  im  1.  Jahre  des 
Domitian  nicht  weniger  als  4  Schaltmonate  hätten  sein  müssen. 


DIE  DATEN. 


815 


a[p]c(^[AT^a£(i);)  naxw(v).  P.  7194  1:  Msaoprj  -ö-  aCp'.^fJtVjaeü)?) 
'E(7:l)^  uDd  II:  McaopY]  c  a(p'.^[i'i^a£(i)c)  'Erd'^.  P.  G905:  Oaw^: 
■ö-  aCpiO-fiT^aecDg)  Ow^.  _P.  7377:  Mc^clp  ~(  apiO-CfxVJaewc)  jir/^'ö^ 
Töß:.    P.  7390:   Toßi  ap:^([jir^a:v)  ^\[cp:avoö].    Vgl.  auch 

BGU  328  I  24.  Hier  wird  überaU  für  die  apiO'jjLr^ai?,  d.  h.  für 
das  Conto  des  vorhergehenden  Monates  gezahlt. Dieser  Hin- 
weis findet  sich  auch  in  Ostr.  647,  673,  1293  und  1440,  wenn 
auch  in  anderer  Anordnung.  Wir  müssen  uns  hier  daran  erinnern, 
dass  die  Bank  in  jedem  Monat  mit  dem  Steuererheber  über  den 
verflossenen  Monat  abrechnete,  so  dass  jeder  Monat  seine  eigene 
o^p^^'\i.r^a^q  hatte  (vgl.  oben  S.  619  An.  2).  Das  tritt  uns  auch  in  den 
Meldungen  der  Erheber  an  die  Strategen  entgegen,  in  denen  sie 
über  die  Eingänge  elq  api^|Jirjaiv  des  und  des  Monats  berichten.-) 

Sollte  nun  nicht  mit  unseren  merkwürdigen  Datirungen  aus 
Theben  dasselbe  gemeint  sein  wie  mit  jenen  faijümer  Datirungen 
elq  aptO-iJLYiacv?  Könnte  nicht  mit  dem  30.  des  Monats,  dem  Ultimo, 
auf  den  die  eingezahlten  Raten  zusammengezählt  werden,  kurz  auf 
die  ocpid-iir^G'.c,  hingewiesen  sein?  Man  könnte  schwanken,  ob  die 
erste  oder  die  zweite  Zahl  auf  den  genannten  Monat  zu  beziehen 
ist,  doch  wäre  diese  Frage  von  secundärer  Bedeutung.  Je  nachdem 
würde  z.  B.  Oawcp:  heissen  entweder:  „gezahlt  am  5.  ('AO-up)  für 
den  30.  Oaö'f =  'A-ö-up  l  elq  apiO-firiaiv  Oaw^c,  oder  aber  „am 
5.  Oaöcp:  für  den  30.  (0(0^)"  =  Oaw^:  i  de,  dp''^[iy]a:v  0co^. 
Wenn  man  bedenkt,  dass  mit  zwei  Ausnahmen  (Ostr.  1613  und 
P.  7299)  regelmässig  das  X  unmittelbar  dem  Monatsnamen  folgt,  so 
wird  man  die  erstere  Deutung  vorziehen.  Sachlich  würde  daraus 
folgen,  dass  es  den  quittirenden  Beamten  für  die  Bücher  wesentlicher 
war,  klar  hervorzuheben,  für  welchen  Monat  als  in  welchem  Monat 
die  Zahlung  erfolgte. 

Möchte  diese  Hypothese  weiter  geprüft  werden. 

^)  In  P.  7332  heisst  es:  MsxC^p)  ^  d(p'.)0-(|iVja£ü)s)  MsxCip).  Hier  ist 
zur  Sicherheit,  eigentlich  überflüssiger  "SVeise,  hinzugefügt,  dass  die  Zahlung  für 
den  laufenden  Monat  erfolge.    Ebenso  in  Ostr.  648. 

^)  Wenn  sich  jene  Datirungen  in  Erheberquittungen,  wenn  auch  seltener, 
finden,  so  würde  sich  daraus  ergeben,  dass  auch  die  Erheber  mit  den  Steuerzahlern 
monatliche  Abrechnungen  hielten.  Von  der  dp(0-{ir(O'.s  in  Bezug  auf  Steuer- 
zahler handelt  z.  B.  BGU  535  (vgl.  rj  auxi^).  Doch  dies  bedarf  weiterer  Unter- 
suchungen. 


XII.  KAPITEL. 


Palaeographische  Randbemerkungen. 

Ich  muss  es  mir  versagen,  hier  im  Ostrakoncommentar  meine 
Entzifferung  der  Urkunden  palaeographisch  im  Einzelnen  zu  be- 
gründen. Das  Hesse  sich  nur  Angesichts  der  Originale  oder  einer 
Reproduction  sämmtlicher  Texte  ausführen.  So  beschränke  ich  mich 
auf  einige  allgemeine  Bemerkungen. 

Es  braucht  nicht  gesagt  zu  werden,  dass  die  Schrift  der  Ostraka 
dieselbe  ist  wie  die  der  Papyri.  Gewisse  Unterschiede,  die  hervor- 
treten, erklären  sich  aus  äusseren  und  inneren  Gründen.  Einmal 
bedingt  die  Verschiedenheit  des  Beschreibstoffes  eine  verschiedene 
Entwickelung  des  Ductus.  Die  im  Verhältnis  zu  den  Papyri  meist 
rauhere  Oberfläche  der  Topfscherben  setzt  dem  vorwärts  eilenden 
Kalamos  vielfach  Widerstand  entgegen  und  erlaubt  daher  nicht 
immer  so  elegante  und  schön  gerundete  Formen  wie  der  Papyrus. 
Die  Uneleganz  wird  ferner  dadurch  gesteigert,  dass  die  Tinte  auf 
dem  porösen  Thon  leicht  ausläuft,  wodurch  breite,  ungeschickte  und 
schwer  zu  entwirrende  Linien  entstehen.  Man  vgl.  z.  B.  Tafel  IIa. 
Abgesehen  von  diesen  äusseren  Momenten  ist  zu  bedenken,  dass  die 
Ostraka,  jedenfalls  soweit  sie  Steuerquittungen  bieten,  in  allergrösster 
Eile  beschrieben  worden  sind.  Die  Trapeziten  sowohl  wie  die  Steuer- 
erheber werden  täglich  eine  grosse  Anzahl  solcher  Quittungen  aus- 
zustellen gehabt  haben,  und  gerade  die  beständige  Wiederholung 
desselben  Formulars  wird  sie  von  selbst  dazu  geführt  haben,  das 
ihnen  Selbstverständliche  flüchtig  hinzuwerfen,  ja  oft  nur  dürftig 
anzudeuten.!)    Man  braucht  nur  an  die  Quittungen  zu  denken,  die 

^)  Das  gilt  natürlich  auch  von  vielen  Papyri,  im  Besonderen  den  Steuer- 
quittungen auf  Papyrus,  die  auch  palaeographisch  den  Ostraka  am  nächsten  stehen. 


PALAEOGRAPHISCHE  RANDBEMERKUXGEX. 


817 


wir  heute  von  den  vom  Publicum  bedrängten  Postbeamten  am 
Schalter  erhalten.  Und  wie  würden  diese  erst  aussehen,  wenn  die 
Formulare  nicht  vorgedruckt  wären!  Aus  allen  diesen  Gründen  er- 
klärt es  sich,  dass  die  Ostraka  im  Durchschnitt  der  Entzifferung 
grössere  Schwierigkeiten  entgegensetzen  als  die  Papyri,  i)  Die  in  den 
Tafeln  abgebildeten  Ostraka  sind  alle  so  gut  erhalten  und  relativ 
sorgfaltig  geschrieben,  dass  sie  von  den  Schwierigkeiten,  die  bei  der 
Entzifferung  der  Ostraka  sonst  oft  zu  überwinden  sind,  nur  eine  un- 
vollkommene Vorstellung  geben. 

Für  die  Geschichte  der  griechischen  Cursive  bieten  die  Ostraka 
ein  ausserordentlich  wertvolles  Material.  Wer  die  im  II.  Buch  ab- 
gedruckten Texte  mit  den  Originalen  vergleicht  und  durcharbeitet, 
der  kennt  die  Cursive.  Für  die  Ent^vickelung  dieser  Schrift  ver- 
weise ich  auf  meine  palaeographischen  Ausführungen  in  den  „Oh- 
servationes  ad  histonam  Äegyjjti"  S.  33 ff.  und  namentlich  in  den 
„Tafeln  zur  älteren  griechischen  Palaeographie". 2)  Einige  Proben, 
die  zugleich  von  dem  Aeusseren  dieser  Scherben  ein  lebendiges  Bild 
geben,  findet  man  in  den  ausgezeichneten  chromolithographischen 
Tafeln,  die  im  Institut  meines  Herrn  Verlegers  hergestellt,  dem 
IL  Buche  beigefügt  sind.-^) 

Die  Bereicherung,  die  unsere  Kenntnis  der  griechischen  Cursive 
durch  die  Ostraka  gewinnt,  kommt  um  so  erwünschter,  als  die  hohe 
Bedeutung  dieser  Schrift,  die  uns  erst  seit  etwas  mehr  als  hundert 
Jahren  bekannt  ist,  neuerdings  immer  deutlicher  hervortritt.  Ein- 
mal hat  sich  herausgestellt,  dass  die  Minuskel  des  Mittelalters  nur 
eine  späte  Entwickelungsstufe  der  Cursive  darstellt,  oder  besser,  dass 
die  Cursive  in  der  Minuskel  zur  Buchschrift  erhoben  ist^),  und 
zweitens  haben   wir  gelernt,   dass  im  Altertum  gelegentlich  auch 

^)  So  findet  Wessely  im  Gegensatz  zu  den  Ostraka  die  späteren  Steuer- 
quittungen auf  Papyrus  und  Pergament  „viel  netter"  (Führer  d.  d.  Ausstellung 
PER  S.  10). 

■2)  Zu  der  weiteren  Literatur  vgl.  meine  „Griech.  Papyrusurkunden"  (1897) 
S.  57  A.  78. 

^)  Ausserdem  sind  namentlich  die  vortrefflichen  photographischen  Repro- 
ductionen  der  Palaeographical  Society  zu  vergleichen.  Vgl.  auch  ,,Taf.  z.  alt.  gr. 
Palaeogr."  IX  b  und  c. 

*)  Vgl.  meine  „Tafeln  zur  ält.  gr.  Pal."  S.  VI.    Dieser  zuerst  von  Gardt- 
hausen  erkannte  Zusammenhang  wird  jetzt  wohl  allgemein  anerkannt.   Vgl.  auch 
Wattenbach,  Anleitung  zur  gr.  Pal.    3.  Aufl.  1895  S.  49. 
WiLCKEN,  Ostraka. 


818 


XII.  KAPITEL. 


literarische  Texte  in  Cursivschrift  abgeschrieben  worden  sind.  Ich 
erinnere  nur  an  die  aristotelische  'A^Yjvaiwv  izoXizzioL.  Zwar  waren 
solche  Handschriften  nicht  für  den  Buchhandel,  sondern  für  den 
privaten  Gebrauch,  meist  den  des  Schreibers  selbst  bestimmt,  aber 
die  MögHchkeit  ist  nicht  ausgeschlossen,  dass  gelegentlich  auch 
solche  Cursivhandschriften  wieder,  direct  oder  indirect,  als  Vorlagen 
zu  Buchexemplaren  gedient  haben.  Der  Philologe,  der  die  Ver- 
schreibungen  der  mittelalterlichen  Codices  palaeographisch  in  ihrer 
Entstehung  zu  begreifen  sich  bemüht^  wird  daher  der  Kenntnis  der 
Cursive  heut  zu  Tage  nicht  mehr  ganz  entraten  können,  ganz 
abgesehen  davon,  dass  er  das  Wesen  der  Minuskel  nur  dann  ver- 
stehen kann,  wenn  er  ihre  Vorstufe,  eben  die  Cursive,  kennt. 

Zur  leichteren  Benutzung  des  II.  Buches  stelle  ich  hier  die- 
jenigen Siglen  zusammen,  die  häufiger  im  Textdruck  wiederkehren. 
Wenn  sie  auch  meist  schon  in  den  Anmerkungen  zum  Text  erklärt 
worden  sind,  wird  Manchem  eine  Zusammenstellung  doch  erwünscht 
sein.  Es  sind  dieselben  Siglen,  die  uns  auch  die  Lesung  der  Papyri 
anfangs  so  erschwert  haben. Ich  gebe  hier  wie  im  Textdruck  die 
Durchschnittsformen;  in  der  Praxis  sind  sie  natürlich  je  nach  dem 
Geschmack  der  Schreibenden  frei  behandelt  worden. 

A.  Müuzsiglen.2) 

Talent  =       (ptol.),  \  (röm.). 

Drachme  =  h  ,  ^  (ptol.),  S  ^>  S  (1*0111.). 

Obol  1  =  — . 


Chalkus  1  =  X- 

„  2  =  2:,  G,  C  (ptol),  |,  xß,  X  (i'öm.). 
.     3  =  XT. 


^)  Vgl.  z.  B.  die  Siglentafel,  die  wir  dem  I,  Bande  von  BGU  beigefügt  haben. 
Vgl.  Hermes  XXII  S.  G33f.  (die  Chalkussiglen  in  der  griech.  Cursive). 
Die  Mühe,  die  wir  Neueren  uns  um  die  Deutung  der  Obolensiglen  gegeben  haben, 
hätten  wir   uns  ersparen  können.    Nachträglich  sah  ich,  dass  sie  schon  von 
Montfaucon  (Pal.  graec.  S.  3  70)  richtig  gegeben  sind! 


PALAEOGRAPHISCHE  RANDBEMERKUXGEX. 


819 


Chalkus  4  =  C  (ptoL),  C,  c',  c,,  /  (röm.). 

„      6  =  C  2.  resp.  C  X  oder  ähnlich. 

»      7  =  C  yj. 
Denar  =  )K. 
Solidus  (v6[ji:a[xa)  =  v. 
Siliqua  (zepa-ccov)  =  / . 

B.  Sonstige  Siglen.i) 

"Apo'jpa  =  X,  ^- 
'ApTaßyj  =  ä,  — . 
Xotv:5  1  =  |,  X. 

„     2  =     u.  s.  w. 
SloTrjs  =  ?/. 
"Eto?  =  L  ^. 
IIupoö  --=  +, 
Kpc^fi?  =  x. 
'Ayopa  =  V  . 
'EttI  TO  abzo  =  e). 

A:a  =  Y . 

Unerklärt  ist  cp,  z.  B.  in  468. 


*)  Diese  Siglen  sind  meist  nichts  als  starke  Abbreviaturen.  Ein  eonven- 
tionelles  Zeichen  ist  nur  L  =  ixo^,  das  wohl  aus  dem  Demotischen  stammt.  Die 
Entstehung  der  anderen  lässt  sich  namentlich  an  den  alten  Formen  des  III.  Jalirh. 
V.  Chr.  noch  erkennen.  So  ist  die  Sigle  für  die  Arure  ursprünglich  ein  a  mit 
darübergesetzten  u  :  also  ä(po)u(pa).  Die  Artabensigle  ist  ursprünglich  ä,  also 
d(pxdß7]);  das  a  ist  allmählich  zum  Punkt  geworden.  Auch  die  Sigle  für 
nupou  ist  ursprünglich  nichts  anderes  als  ein  n,  durch  welches  das  »j  gezogen 
ist,  also  7iu(pou) ;  das  gewölbte  tz,  ist  allmählich  zum  geraden  Strich  ge- 

worden. Die  Sigle  für  5',d  ist  eine  starke  Verkürzung  der  Ligatur  von  öi,  mit 
darangefügtem  a,  sowie  die  für  'Ayopd  eine  Ligatur  von  ay^-  Die  Entstehuu-r 
der  anderen  ist  klar. 

^)  Dies  6p.ota)g  steht  häufig  hinter  Eigennamen,  um  die  Wiederholung  des 
Namens  im  Genetiv  anzudeuten.    Z.  B.  'Epjiias  "TT  =  'Ep|ita;  'Epjifo'j. 


N  a  c  Ii  t  r  ä  g  e. 


S.  5.  Ein  viertes  Ostrakon  aus  Athen  (mit 
dem  Namen  des  Themistokles)  wurde 
kürzlich  von  Zahn  herausgegeben  in 
Athen.  Mitt.  1897  XXII  S.  345  ff. 

12-.  Vgl.  S.  64 8^. 

IS^.  Vgl.  jetzt  die  Ausfuhrungen  von 
Grenfell  am  Schluss  von  P.  Grenf.  (II). 

21.  Auch  das  Ashmolean  Museum  hat 
vor  nicht  langer  Zeit  Ostraka  aus 
Elephantine  erworben.  —  Ueber  ein 
Ostrakon  derselben  Sammlung  aus 
El-Käb  vgl.  S.  710. 

22.  Ueber  Ostraka  aus  Oxyrhynchos  vgl. 
Grenfell  im  Archaeol.  Report  1896/7 
S.  9  (Egypt.  Explor.  Fund).  Es  sind 
aber  keine  Steuerquittungen  darunter. 

23.  Ueber  Ostraka  aus  Bacchias  (Faijüm) 
vgl.  Grenfell  im  Archaeol.  Report 
1895/6  S.  19.  —  Die  nach  Botti's 
Aussage  in  Alexandrien  gefundenen 
Ostraka,  die  ich  soeben  im  Museum 
von  Alexandrien  kennen  lernte,  sind 
keine  Steuerquittungeu. 

27.  Die  im  Commentar  besprochenen 
Ostraka  sind  im  „Register  der  be- 
handelten Stellen"  zusammengestellt. 

48.  Das  Ashmolean  Museum  in  Oxford 
besitzt  jetzt  eine  wertvolle  Ostrakon- 
sammlung,  die  ich  1897  mit  Erlaubnis 
des  liebenswürdigen  Keeper's,  Mr. 
Evans,  einsehen  durfte.  Auch  die 
drei  citirten  Ostraka  habe  ich  damals 
revidirt  (vgl.  Zusätze  zu  Buch  II). 


57.  Die  Ostrakonpublication  von  M.  H. 
Graillot  in  Melanges  d'areheol.  et 
d'histoire  XVI  3—4  (1896),  die 
Kenyon  im  Archaeol.  Report  1896/7 
citirt,  ist  mir  nicht  bekannt  geworden. 

()5^  In  dem  zweiten  Pariser  Text  hat 
der  Schreiber  hinter  Xoyzözf^i  (Z,  2) 
offenbar  die  Worte  S'.a  A^ovuasSwpo'j 
ausfallen  lassen. 

66 ^  Vgl.  auch  Pal.  Soc.  II  Ser.  142  (mit 
manchen  Versehen). 

{}\)\  Vgl.  dagegen  S.  648. 

74'^  1.  'EpfxfwvO-öO  für  6pfji(ü)vO-£t). 

78.  Meine  ursprüngliche  Deutung  ge- 
winnt jetzt  durch  P.  Oxyr.  I  95,  34 
an  Wahrscheinlichkeit:  y^v  säv  oup.ß'^ 
TiapaTisasiv  y)  aXXcog  tküq  Sia- 
cp9-ap[f^]vai. 

80  ff".  In  Ostr.  Ashm.  Mus.  480  ist  die 
Briefform  arg  gemisshandelt :  die  Er- 
heber  —  £a)(0[J.sv  —  oyoiii'xzo^)  des 
Zahlers. 

88  f.  Schema  1»  zeigt  Ostr.  Ashm.  Mus. 
540.  Es  bestätigt,  dass  wir  die  Person 
mit  Recht  für  den  Zahler  gehalten 
haben  :  TSTaxxai  Nscpspö^  Uexeixiw.oc, 
bnkp  llzzo\iivioc,  r.axpoc,  xtX.  (2  I.Jahr 
des  Augustus).  Subscription :  At,'  'Aja- 
cpstovog.  —  Tstaxta'.  begegnet  jetzt 
auch  noch  in  einer  Bankquittung  vom 
J.  55  n.  Chr.  Vgl.  P.  Oxyr.  I  99,  13. 

89.  Zu  d'.aypacps'.v  vgl.  auch  Büchsen- 
sehütz,  Besitz  und  Erwerb  S.  504^ 


NACHTRÄGE. 


821 


92.  Schema  5  auch  in  P.  Oxyr.  I  99. 
101.  In  Schema  3a  ist  durch  Versehen 
hinter  dem  Datum  |i=|j.£Tpy,y.=v  aus- 
gefallen. 

KMH.  TEXsJJsxa^)  ist  hier  zu  streichen. 

Vgl.  S.  2  77,  355  und  die  Zusätze  zu 

Buch  II.  Die  Artaben  sind  abhängig 

von  ssa^ojv. 
108.  Wieder  anders  ist  die  Briefform 

zerstört  in   Ostr.  Ashm.  Mus.  178: 

Erheber  —  laxv/c(aficv)  —  für  Abgabe 

—  övö([JLaxos)  des  Zahlers. 
113.  Ein  Unicum  ist  das  neu  erworbene 

Ostrakon     des     Berliner  Museums 

P.8608,  welches  beginnt:  a'jvatp£(ai;) 

STja(a'jpoi))  iJir/xpo^öJ.cw;)  y.xA.  (aus 

den  Memnonien). 
131  §  1.  Vgl.  jetzt  P.  Oxyr.  I  44. 
134  §  5.  Ueber  die  Ixxif]  dxpo5p'j(i)v 

quittirt  auch  Ostr.  Ashm.  Mus.  3467 

(II.  Jahrh.  v.  Chr.). 
141.  Vgl.  jetzt  auch  BGU  756. 
146  §  11.  Vgl.  Ostr.  Ashm.  Mus.  688  a. 
14<S  1.  Lond.  Pap.  CXIX  A  für  CIX  A. 
152  §  15.  P.  Oxyr.  I  66  handelte  nicht 

von  der  erection  of  a  statue  to  aprefect. 

Z.  18  1.  xt;v  ävSpöav. 
158.  Gegen  die  hier  nach  Mahaffy  vor- 
getragene Deutung  der  d7:dji0'.pa  vgl. 

jetzt  S.  615^ 
161  §  18.    In   dem   Berliner  Papyrus 

P.  7079  sah   ich  die  Worte:  iK'.y.z- 

((^aXtO'j)  ä7:öpü3v. 

172.  In  Ostr.  Ashm.  Mus.  490  (31.  Jahr 
des  Commodus)  wird  u-(£p)  X£X(o'Js) 
ur^(vd5)  <I>a{i,(£Vü)0-)  über  4  Drachmen 
quittirt. 

173.  P.  1500  =  BGU  753  (IV  5). 
174^'  1.  |jLOvo5£aii(tas). 

175^  Ein  aeg}'ptischer  Geometer,  ^'a*.'^;, 
in  dem  kürzlich  von  Mahaffy  edirten 
Text  (III.  Jahrh.  v.  Chr.)  aus  dem 
Ashmolean  Museum. 

182 ff.  vgl.  jetzt  P.  Oxyr.  I  44,95,  96,  99. 

1^.  Nach  P.  Oxyr.  I  99  betrug  das 
Eyx'JxX'.ov 


1^.  P.  6951^^'^^  =  BGU  748. 

187,4.  Statt  „Bauern"  besser  „Pächter". 

192  §  41.  Vgl.  auch  BGU  293.  Wessely, 
Ein  griech.  Heiratscontr.  S.  3 :  £V0'.- 
xiiüv  dTzoipopav. 

193  §  43.  'E-apO'jpio'J  ausgeschrieben 
auch  in  einem  Ostrakon  des  alexan- 
drinischen  Museums  aus  Hermonthis, 
das  ich  soeben  copirt  habe.  —  In 
P.  142  2  ist  jetzt  nach  Glättung  des 
Papyrus  iTtapo'jpiou  deutlich. 

193  §  44.  Vgl.  CPE  I  1,  16. 
201  ^  Vgl.  Kap.  VII. 
202 2.  Vgl.  jetzt  S.  6662. 
207.  Vgl.  jetzt  S.  525'. 

211.  Die  Steuerprofession  von  202  n,  Chr. 
—  BGU  139. 

212.  Vgl.  hierzu  S.  505\ 

216  §  51.  Vgl.  Töpffer,  Athen.  Mitt.  XVI 

S.  420. 
218  ^  Vgl.  hierzu  S.  695 \ 
219 ^  Vgl.  hiergegen  S.  588. 
226.  3.  Z.  von  unten  1.  Steuererhebers 

für  Steuerpächters. 
231.  Nr.  1052  ist  zu  streichen. 
236,4  1.  'Ayopd  ßo(ppa)  f.  ßo(ü)v).  Vgl. 

Kap.  IX. 

238.  dito. 

251.  Zu  Nr.  270  vgl.  die  Zusätze  zu 
Buch  II. 

252  oben.  Diese  Auffassung  bestätigt 
durch  Ostr.  Ashm.  Mus.  479,  wo  erst 
u-(£p)  XaoY(pa<ftag)  Xr,(|Ji|idxa)v)  p«- 
steht,  darauf  'J7i(^p)  }i£p'.a(jJiou)  yw- 
[[jL]axix(c5v)  Xr/fji|idxcDv)  a^,  ebenso 
bei  einer  dritten  Steuer. 

25^3  §  74.  Vgl.  BGU  337,  13:  Xo>£ta;; 
515,  7/8:  Xovfa;. 

2()3  §  78  1.  x^t^y-ivCV)-  ^"S^-  Kap.  X. 

2(v3^  Töpffer,  Athen.  Mitt.  XVI  S.  418 
ergänzt  vauaaou  f.  vauTir^yCou. 

280  §  95.  Das  Wort  rA£0vaa}iÖ5  f:ind 
ich  wieder  in  P.  Lond.  CXCII. 

284*.  Der  MaXxaio;  in  Syene  niai;  elit-r 
ein  Araber  sein. 


NACHTRÄGE. 


822 


28(P.  Vgl.  auch  Ostr.  Ashm.  Mus.  566: 
upoßocxtov  xaL  aiywv  sgrjxovxa  §uo 
(II.  Jahrh.  vor  Chr.) 

289  §  104.  So  auch  in  Ostr.  Ashm. 
Mus.  178:  sie,  TtpÖQ^-iBim)  uTCsp  ysvig- 

292  §  113.  Vgl.  xav  ü)vav  axoTias 
Saixcotag  in  der  Inschrift  von  Cos 
und  dazu  Töpffer  a.  a.  O.  S.  423. 

325.  Soeben  hat  Dr.  Botti,  der  verdienst- 
volle Leiter  des  alexandrinischen 
Mus^ms,  in  einem  Plan  de  la  vi/le 
d'Alexandrie  (1898)  überraschende 
Neuigkeiten  über  die  Topographie  des 
alten  Alexandriens  gebracht,  indem 
er  die  Lokalangaben  von  BGU  9  nicht 
auf  Arsinoe,  sondern  auf  Alexandrien 
bezogen  hat.  Bei  der  Wichtigkeit  der 
Sache  möchte  ich  eindringlich  vor 
dieser  verlockenden  These  warnen. 
Dass  in  diesem  Text  einige  Tempel- 
namen begegnen,  die  uns  auch  für 
Alexandrien  bekannt  sind,  beweist 
nichts.  Vgl.  meinen  in  BGU  9  citirten 
Aufsatz  in  der  Zeitschr.  Gesellsch.  f. 
Erdkunde.  Der  Papyrus  stammt,  wie 
auch  der  Text  auf  dem  Recto  zeigt, 
sicher  aus  dem  Faijüm.  Dass  dort 
u.  A.  ein  Brief  des  sTiixpoTiog  der 
alexandrinischen  Neapolis  an  die  Stra- 
tegen der  Heptanomis  abgeschrieben 
ist,  spricht  nicht  gegen  den  arsi- 
noitischen  Ursprung.  Die  Lokalangabe 
£V  X'^  Mup'.  (=  Motpst)  redet,  denke 
ich,  deutlich  genug.  Vgl.  auch  ^>psjJL£i, 
das  so  häufig  für  Arsinoe  bezeugt  wird. 

834  ^  Vgl.  jetzt  S.  646. 

335  oben.  Bestätigt  durch  Ostr.  Ashm. 
Mus.  479,5:  U7i(£p)  |iepta(|aoO) 
XC0[|i]axtx(c5v)  Xr/|ji|xdx{ov)  cl^  c,h  p, 

33().  Zu  P.  Paris.  63  vgl.  jetzt  Kap.  VII. 

338.  Auch  in  dem  Londoner  Text  wird 
XY)v  x£X(£ua'8-£raav),  nicht  xaX(o'j- 
ji£v>3v)  7i£vB'(y([JL£p'av)  zu  lesen  sein, 
wie  in  BGU  723  und  P.  7331. 


339''^.  „Archiv"  nicht  wörtlich  zu 
nehmen.  Vgl.  meinen  Vortrag  über 
die  ,,Griech.  Papyrusurkunden". 

344.  An  neuen  Abgaben  ist  mir  in- 
zwischen nur  x6  x'^g  atx")ga£ü)s  liXoc, 
in  P.  Oxyr.  I  56  begegnet. 

34G.  Zu  xaxaXox.ia[iÖ5  vgl.  P.  Oxyr.  I 
45—47. 

347.  Vgl.  hiergegen  S.  572^. 

351  §  142.  Streiche  BGU  94,21,  wo 
vielmehr  mit  Viereck  7iapa)(ü)]pYjX!.xöv 
zu  ergänzen  ist.  In  Ostr.  Ashm.  Mus. 
540  (21.  Jahr  des  Augustus)  wird 
quittirt  uTC£p  dpiO-arjXixou  xaxotxcov, 
und  zwar  dpoupc5(v)  it^.  Die  Aruren- 
zahl  ist  nur  hier  angegeben. 

352  §  143.  Vgl.  Mitteis,  Hermes  XXX 
S.  605  f. 

353  §  147.  Nach  P.  Oxyr.  I  44  ist  doch 
anzunehmen,  dass  die  Abgabe  ypacp£toü 
sich  auf  das  Bureau  bezieht. 

3(>0  §  152.    P.  6951  =  BGU  748. 
375.  Zu  §  170  vgl.  jetzt  P.  Oxyr.  I  40, 
51,  52. 

380.  Zu  den  in  der  2.  Zeile  citirten 
"Worten  vgl.  Kap.  X. 

381  §  181  1.  P.  Grenf.  (II)  LX  f.  LV. 

382  §  185.  Dass  die  X£aü)V£ia  nicht 
ausschliesslich  mit  Suchos  zusammen- 
hängt, zeigt  jetzt  BGU  719,  10:  A£ao- 
vtag  "IolSos  N£cp£pa'?jxog. 

383.  In  BGU  528  las  ich  am  Original 
deutlich  \x.o'iO^SQ\i.iOLC,,  nicht  |JL0V0§£a- 
fiTj^,  ebenso  in  P.  7  945. 

400  §  205.  Vgl.  hiergegen  S.  584. 

404.  Ein  noch  unedirter  Text  des 
Berliner  Museums,  den  ich  jüngst 
flüchtig  einsah,  Hess  mich  an  meiner 
Ergänzung  von  BGU  434  zweifeln. 

408.  Bei  den  Gewerbesteuern  ist  Xa/^avo- 
tcodXwv  (§  72)  vergessen. 

420  f.  Oxyrhynchos  heisst  auch  noch  im 
J.  129  x^g  OrißatSos  (P.  Oxyr.  I  95). 
Soll  man  daraus  folgern,  dass  doch 
erst  Hadrian  die  Teilung  vollzogen 
habe? 


XACHTRÄGE. 


823 


43(5.  Bei  der  Wiedergabe  und  Ver- 
wertung der  Deklaration  des  alexan- 
drinischenMuselims  (Serie  ptolemaique 
Xr.  1)  bin  ich  leider  durch  falsche 
Lesungen  Mahaffy's  vielfach  irregeleitet 
worden,  wie  ich  jetzt  am  Original  er- 
kannte. Mehreres  hatte  bereits  Dr.  Botti 
inzwischen  corrigirt.  In  Z.  5  ist  (mit 
Botti)  Tio'.jiYjv  zu  lesen  für  'HX'.jir/^, 
und  danach  stimmt  die  Zahl  15. 
Ausserdem  ist  zu  corrigiren:  1  Xoiax 
(corrig.)  5  für  ^>a(b'j)  §  (?).  3  £  für 
L  4  ii'.a9-c5!,  (Botti)  für  M'.cö-r/.. 
Mein  Vorschlag  p,!,aO-(  (oxcl)  'I/.a- 
L^ocpoc,  also  nicht  bestätigt,  \'ielmehr 
ist  zu  lesen:  jaiaO-W'.  Xä^apo;.  Darauf 
TaysaoßaaX  (Botti)  für  Taysa^aXa. 
4  XaxavßaaX  für  Xa[T]avßaXa  (meine 
Vermutung  vaxav  also  bestätigt).  — 
Das  alexandrinische  Museum  besitzt 
jetzt  noch  eine  andere  Deklaration  aus 
dem  III.  Jahrh.  vor  Chr.,  die  der 
obigen  durchaus  parallel  ist  (Faijümj. 
Auch  hier  wird  zunächst  das  Haus- 
personal aufgezählt:  der  Deklarant 
selbst  (ein  Opx'.s  '"^5  £~-YO'''^S)>  seine 
Mutter  und  zwei  Brüder  (von  12  und 
10  Jahren),  im  Ganzen  awCjiata)  5. 
Daran  schliesst  sich  die  Objectsdekla- 
ration  an:  'ATtoYpäcpoixa'.  [-:dv  br,d]p- 
Xovxot  fioi  xxX.  Dieser  Paralleltext 
ist  von  grosser  Wichtigkeit,  da  wir 
durch  ihn  erst  wissen,  dass  die  Ver- 
bindung von  Subjects-  und  Objects- 
deklaration  nicht  etwa  nur  eine 
Marotte  des  Asklepiades  gewesen  ist. 


45(5  f.  Vgl.  den  Nachtrag  zu  S.  436. 
Ausser  der  dort  angeführten  ge- 
mischten Eingabe  besitzt  das  alexan- 
drinische Museum  jetzt  noch  eine 
dritte  Deklaration,  die  nur  Objects- 
deklaration  ist,  gleichfalls  aus  dem 
III.  Jahrh.  v.  Chr.  Auf  beide  Stücke 
machte  mich  Dr.  Botti  freundlichst 
aufmerksam.  —  Die  oben  S.  456/7 
besprochene  Deklaration  ist  übrigens 
vollständig;  hinter  Z.  19  fehlen  nicht 
noch  2  —  3  Zeilen.  Statt  Terebinthen 
(S.  45  7;  1.  Erebinthen  (Kichererbsen), 
wie  auch  wohl  schon  Mahaffy  las, 
dessen  Publication  mir  z.  Z.  nicht  zu- 
gänglich ist.  Zu  den  Linsen  sind  nach 
meiner  Lesung  noch  Fisolen  (qjaar^Xou) 
hinzuzufügen.  Die  weiteren  Correc- 
turen  behalte  ich  mir  für  einen 
anderen  Platz  vor. 

658  oben.  In  einer  Inschrift  bei  Botti, 
Plan  de  la  ville  d'Alexandrie  1898 
S.  12  erscheint  ein  Ti.  Julius  Alexander 
als  t  sT.i  zfj^  s'jO-Tjvias  xoö  ß  Ypa|j.|ia- 
TOg  im  21.  Jahre  des  Antoninus  Pius. 
Danach  scheint  jeder  der  fünf  Stadt- 
bezirke Alexandriens  seinen  eigenen 
Eutheniarchen  gehabt  zu  haben. 

699.  In  der  alexandrinischen  Profession 
ist,  wie  schon  oben  zu  S.  436  bemerkt 
wurde,  yztiiz'foi  {jL'.a9-(5'.  zu  lesen.  Der 
Sinn  bleibt  derselbe.  Der  in  An- 
merkung 1  citirte  Satz  ist  zu  lesen: 
-pos  xa  sx^öp'.a  5t  öcpetXonsv  (Xixdv- 
5po'j  absichtlich  durchgestrichen)  xoO 
2xa;iiv5po'j  XAr^pou  xxX. 


I.  Sachliches  Register. 


adaeratio  291,  342. 
Aerenrechnung  787  flf. 
Afterpacht  547,  555. 
Agio  719  ff. 
Aichungen  7G8. 
Alexander  d.  Grosse 

Einteilung  Aegyptens  424. 
Alexandrien 

Demen  433^. 

als  Handelsstadt  665. 

alexandrinisehe  Jahreszählung  787. 

Rat  in  d.  Ptolemiierzeit  (?)  434. 

Rat  seit  Severus  430,  434,  623. 

Reichtum  415. 

Sklaverei  in  AI.  681. 

als  Steuerbezirk  433. 
Altarsteuer  352  ff. 
Aniasis 

führt  Deklarationen  ein  437. 
Ammontempel  146. 
Amphodarchien  432. 

in  Arsinoe  441. 
Annona  155  ff. 

Zusehlag  zur  Annona  288  ff. 
Antinoe  434,  624. 
Apomoira  134  ff.,  157  ff. 

eine  reine  Kirchensteuer  615^. 
Arabarch  -  Alabarch  350,  598 ^ 
Armensteuer  161. 
Artabe  738  ff. 

Verwendung  739. 

in  d.  Ptolemäerzeit  741  ff. 


in  d.  Kaiserzeit  744  ff. 

Teilmasse  d.  A.  748  ff'. 
Arure  7 74  ff. 
Arzt 

Aerztesteuer  375  ff. 

vom  Staate  angestellt  375  ff. 
Aschmunein  2  2. 
Augustus 

als  Kacaap  bezeichnet  786\ 

Census  442. 

führt  die  Badabgabe  ein  170. 
führt  das  fixe  Jahr  ein  789  ff. 
führt  die  Kopfsteuer  ein  245  ff. 
schafft  Steuergesetze  571. 
schlägt  nur  Kupfermünzen  in 
Aegypten  726. 
aurum  coronarium  299  ff. 

Badabgabe  165  ff. 

von  Augustus  eingeführt  170. 
Bademeister 

Abgabe  d.  B.  170. 
Bankiers 

private  400. 

öffentliche  632  ff. 
Bank,  Königliche 

in  der  Ptolemäerzeit  632  ff. 

in  der  Kaiserzeit  645  ff. 

Auszahlungen  638. 

Buchführung  640  ff. 

Controleur  640. 

Einzahlungen  639. 


I.  SACHLICHES  REGISTER. 


825 


Geschäftsgang  G47. 

nicht  verpachtet  G34  ft\ 
Bankquittungen 

Theben  63  ff.,  87  ff. 

Elephantine  119  ff. 
Barbiersteuer  227. 
Beamtenschaft 

Besoldung  669  ff. 
Berufsarten  688  ff. 

Beschwerderecht  der  Steuerzahler  568. 
Bier 

Biersteuer  369  ff. 

Bierbrauer  37  2. 
Billonmünzen  727  ff. 
Bonitätsklassen  209. 
Bruchrechnung 

Abrundungen  317,  7  78. 
Bürgen  547  ff.,  590. 
Byssosmonopol  267  ff. 
Byssossteuer  266  ff. 

Caesar 

Census  442. 

beschränkt  das  Pachtsystem  572. 
canon  378. 
Choes  757  ff.,  758. 
Choinix  740  ff.,  746,  749. 
Claudius 

prägt  Didrachmen  u.  Drachmen  in 
Billon  729  ff. 
Collecten  253  ff. 
Controle 

der  Deklarationen  470  ff. 

der  Praktoren  609. 

der  Steuerpächter  595  ff. 
Cursive  817. 

Dakkeh  20,  705  ff. 
Dammsteuer  333. 
Darius  I. 

Besteuerung  Aegyptens  202,  411,  665. 
Dattelnsteuer  310. 
decemprimi  626  ff. 
Decurionatsverfassung  430,  623  ff. 
Demetrius  von  Phaleron  513. 
Demos  431  ff. 


Denarrechnung  in  Aegypten  736  ff. 
Diocletian 

Aufhören  der  Ostraka  seit  D.  13. 

Gewerbesteuer  seit  D.  332. 

Neuordnung  Aegyptens  435. 
diploma  360. 
Direkte  Steuern  405  ff. 
Domanialpachten  525  ff. 
Domanialverwaltung  669. 
domini  insularum  443. 
Dorfälteste  513. 
Dörfer  429  ff. 
Dorfgemeinde  508  ff.,  602. 
Douceur  401  ff. 

Edfu  21. 

Eid  als  Controlemittel  471. 
Eileithyia  710. 
Einkommen  506  ff. 
Einkommensteuer 

keine  einheitliche  E.  251  ff. 
Einnahmen  aus  Aegypten  410  ff.,  420  ff. 
Einquartierung  275,  389  ff. 
Eklogisten 

in  der  Ptolemäerzeit  493  ff. 

in  der  Kaiserzeit  499  ff. 
Elephantine  20,  709. 
embola  365. 
Epistrategen  42  7. 
Erbschaftssteuer  345  ff. 
Erdarbeiten  261  ff. 
Erhebe  rqu  ittungen 

Theben  60  ff.,  80  ff.,  97  ff.,  103  ff. 

Elephantine  118ff.,  125,  126  ff. 

Koptos  127. 
Erment  21,  711. 
Eseltreibersteuer  272  ff. 
Eutheniarchen  658. 

Fährgeld  386  f. 

Fährmannsteuer  263,  280  ff.,  394. 

Färbersteuer  1 70  f. 

Faijum 

Mangel  an  Ostraka  12,  22  f. 
Fischcreisteuer  136  ff. 
Fiscus  641  ff. 


826 


I.  SACHLICHES  REGISTER. 


Flachsbau  268. 
Flickschneidersteuer  220  f. 
Frohnarbeiten  336  ff. 
Fünftagewerk  338  f. 

Gastgeschenke  3  8  9  f. 
Gaue  423. 
Gebäudesteuer  192. 
Gebelen  21,  710. 
Geburtsanzeigen  451  ff. 
Geburtslisten  437. 
Geflügelsteuer  279. 
Geldgeschäfte 

des  Königs  419  f.,  669. 

der  Priester  673  f. 

von  Privaten  6  7  8  f. 
Geldsteuern  405. 

Geldwirtschaft  201  f.,   205,  333,  665  ff. 
Geleitgeld  347  ff. 
Gemüsehändlersteuer  251,  382. 
Gemüsesteuer  250  f. 
Gendarmerie  402. 
Gewerbe  326  f.,  688  ff. 
Gewerbesteuer  321  ff. 

Höhe  322  f. 

Veranlagung  325. 

in  Palmyra  329  f. 
Goldschmiedsteuer  403. 
Grieehenstädte  433,  623  ff. 
Grundbücher  484  ff. 
Grundsteuer  193  ff.,  306  ff. 

in  Geld  od.  Naturalien  gezahlt  198 ff. 

für  Palmenland  313  ff. 

für  Rebenland  147  ff. 

Veranlagung  205  ff. 
Gurkenbeetsteuer  292. 

Hafen 

von  Memphis  359. 
Hafengeld  273. 
Hafenwache  27  3. 
Haushalt 

königlicher  u.  kaiserlicher  666  ff.,  696, 
700  ff. 

priesterlicher  673  f.,  696,  700  ff. 
privater  674  ff.,  683  f.,  698. 


Hausstellen  -  Besteuerung  3  9  0  f. 

Hautabgabe  354. 

Heer 

Besoldung  669  fl'.,  705  ff. 
Heptanomis  423  ff. 
Hermonthis  21,  711. 
Heu  383. 
homologi  254^ 
Hurensteuer  2 1 7  ff. 

Jagdschiffsteuer  229  f. 
Jagdspiesssteuer  228  f. 
Indirekte  Steuern  405  ff. 
Inspectiousreisen  341. 
Isis 

als  Dammgöttin  333. 
Juden 

bei  der  Flusswache  283  f. 
als  Steuerpächter  523  f.,  535. 

Kalender 

makedonischer  781  ff. 

aegyptischer  781  ff. 
Kalksteinostraka  7^. 
Kamelsteuer  378. 
Kanalabgabe  180. 
Karnak  21  f.,  25,  711  ff. 
Kassen 

in  der'Ptolemäerzeit  630  ff. 

in  der  Kaiserzeit  641  ff. 
Kataster  175  f.,  481  ff. 
Katoeken  241,  37  9  f. 
Kaufsteuer  216,  343. 
Keramion  759  ff. 
Kleiderhändlersteuer  377. 
Kleopatra  II.  785. 
Kleruchen  380. 
Kopfsteuer  230  ff. 

Altersgrenzen  242  f. 

von  Augustus  eingeführt  245  ff. 

Befreiung  von  der  K.  240. 

jüdische  K.  247  ^ 

lokale  Verschiedenheiten  der  Höhe 
232  ff. 

kopfsteuerartige  Abgaben  256  ff. 
Koptos  22. 


I.  SACHLICHES  REGISTER. 


827 


Krauzgeld  295  ff. 
Krokodilopolis  128  f.,  710. 
Kupfer 

ptolemäisches  K.  unter  Augustus  7  27. 
Kupferdrachmen 

ptolemäische  719,  723. 

kaiserliche  730  ff. 
Kupferwährung 

ptolemäische  7  2  2  ff. 

Land  Vermessung  173  ff. 
Leicheneinkleidungssteuer  304  ff. 
Liturgien  601  f. 

Magazine 

in  der  Ptolemäerzeit  649  ff". 

in  der  Kaiserzeit  655  ff. 

bauliehe  Anlage  650  ff. 

Verwaltung  652,  661  ff. 
Maler  373. 
Marktsteuer  131. 
Meridarchen  382  f.,  429. 
Metretes 

attischer  740. 

aegyptischer  757. 
Metropolen  429  ff. 

ßo'jXT^  in  den  M.  430  f.,  623. 

Steuererhebung   nach    202    n.  Chr. 
623  ff. 
Mieter 

im  Faijüm  von  den  Wirten  deklarirt 
447. 

deklariren  selbst  in  Memphis  449. 
Milet  als  {iy^TpdTioX'.j  433*. 
Minuskel  817. 
Modien 

römische  740. 
Monate 

aegyptische  807  ff. 

mit  Ehrennamen  809  ff. 

Vergleichende  Monatstabelle  8 1 1  ff. 
Münzen 

in  der  Ptolemäerzeit  718  ff. 

in  der  Kaiserzeit  725  ff. 
Myrobalanus  258. 


Nachrichten 

Schnelligkeit  der  Verbreitung  von  N. 
800  ff. 
Xatronsteuer  264  f. 
Naturalsteuern  405. 
Naturalwirtschaft  201  f.,  205,  333,  665 ff. 

Ptückkehr  zur  N.  67  9  f. 
Naubion  259  ff.,  33  7  f. 
Naukratis  433. 
Nero 

verbessert  das  Pachtsystem  573. 
Nomarch  358,  387  ff. 

Oberjägermeister  162. 
Oelmonopol  188. 
Oelverschleiss  189. 
Oikenwirtschaft  664  ff.,  674,  697. 
Opfertiersteuer  377,  384. 
Ostrakismos  4  ff. 
Ostrakou 

Farbe  13  ff. 

Fundorte  20  ff. 

mit  hieratischer  Schrift  8. 

mit    koptischer,     aramäischer  und 
arabischer  Schrift  10*. 

Publicationen  56  f. 

Eecto  u.  Verso  1 7  ff. 

Sammlungen  27  ff. 

als  Schriftträger  3  ff. 

Zerstörung  durch  Salzkristalle  54. 

Pachtangebot  526,  587  ff. 
Pachtcontract  531  f. 
Pachtgesellschaften  535  ff.,  59(>ff. 
Pachtzins  185  ff.,  319  f. 
Pächter  des  heiligen  Thores  von  Syene 

611  ff. 
pagi  435. 

praepositus  pagi  435. 

pngarchus  435. 
Palniengärten 

Kaiserliche  P.  311. 

P..  Steuer  313  ff. 
Palmenzweigo  312. 


828 


I.  SACHLICHES  REGISTER. 


Papyrus 

Recto  lind  Yerso  18^ 

Steuer  auf  P.  403. 
Patrimonium 

Kaiserliches  P.  392. 
Pfändungsrecht  531. 
Pferdesteuer  378. 
Phoinikon,  Castell  289  f.,  709. 
Phylen  431. 
Praesidium  285. 
Praktoren 

in  der  Ptoleraäerzeit  564  f. 

in  der  Kaiserzeit  601  fF. 

Abgabe  für  Salarirung  der  P.  394. 
Priester  als  Steuererheber  614  fF. 
Priesterabgabe  185. 
Priesterpensionen  672. 
Priesterprivilegien  241  f.,  337,  673. 
Priesterweihe  397  f. 
Privatkassen 

königliche  499,  631. 

kaiserliche  499,  642  f. 
procurator  usiacus  393. 
Provinzialcensus  449. 
Pselkis  20,  128,  705  fr. 
Ptolemaios  I 

gründet  Ptolemais  in  Oberaegypten 
433. 

sein  Schatz  411. 

schafi't  Steuergesetze  513. 
Ptolemaios  II 

verändert  die  dTiö.uo'.pa  158,  615'. 

seine  Einnahmen  412  f. 

sein  Schatz  416  ff. 
Ptolemaios  Auletes 

seine  Einnahmen  413  ff. 
Ptolemais  433  f. 

Ratenzahlungen  140,  281,  5G7,  619. 
Rauhstofffabrikanten  -  Steuer  2  24. 
Rebenland -Grundsteuer  147  ff. 
Rechnungslegung  der  Erheber 

in  der  Ptolemäerzeit  569  f. 

in  der  Kaiserzeit  622  f. 
Rechtsanwaltssteuer  302  ff. 


Regie  601  ff. 
Rindersteuer  352. 

Sackträger  29  2. 
Sakkara  2  3. 

Salbenhändlersteuer  385  f. 
Salzmonopol  142. 
Salzsteuer  141  ff. 
Schafsteuer  286. 
Schaugelder  373  f. 
Schiffe 

des  Antonianischen  Vermögens  391  f. 

Fischerschiffe  391. 

Flusswachtschiffe  282  ff. 

Jagdschiffe  2  29. 

Statthalterschiff  280. 
Schiffszimmersteuer  263. 
Schreibgebühren  287. 
Schrift  der  Ostraka  816  ff. 
Schuldgefängnis  285,  621. 
Schustersteuer  293  f. 
Schweinesteuer  310. 
Sedment-el-Gebel  22,  24,  707  f.,  7 15  ff. 
Selbsteinschätzung  458,  469. 
Severus 

giebt  Alexandrien  und  den  Metropolen 
Stadtrecht  430,  623. 
Siglen  818  f. 
Silber 

ptolemäisches  S.  unter  Augustus  727. 
Sitologen  653  ff.,  658  ff.,  707  f. 
Sklaven  33 7^  681  ff. 

Sklavensteuer  304. 

S.  in  den  Subjects- Deklarationen  447. 
Sklaverei  681  ff. 

im  Handwerk  und  in  der  Industrie 
687  ff. 

im  Hause  683  ff. 

in  der  Landwirtschaft  698. 
Sklavinnen  684  ff.,  695^ 
Sonnenjahr  783. 
Spreu 

Spreuabgaben  1 6  2  ff. 

Verwendung  der  Spreu  163. 
stationes 

der  Flusswachtschiffe  294  f. 


I.  SACHLICHES  REGISTER. 


829 


Statuenbeiträge  152  flf. 
Steuerbehörden  492  fi".,  498  ff. 
Steuerberechnung  492  ff. 
Steuerbezirke  422  ff. 
Steuerbücher  47  8  fi'. 
Steuereinsehätzungscommission  505. 
Steuererhebung  555  ff. 
in  der  Ptolemäerzeit 
Personal  555  ff. 
durch  Pächter  558  ff. 
durch  königliche  Beamte  561  ff. 
für  das  laufende  Jahr  213  ff",  5G6. 
Zwangsmittel  567  f. 
in  der  Kaiserzeit 
die  Systeme  572  ff. 
Personal  618. 
durch  Pächter  587  ff. 
durch  kaiserliche  Eegie  601  fi\ 
Zwangsmittel  620. 
im  III.  Jahrh.  n.  Chr.  623  ff. 
Steuererhebungs-Anweisungen  511,  619. 
Steuergesetze 

in  der  Ptolemäerzeit  513  ff. 
in  der  Kaiserzeit  570  ff. 
Steuerjahr  519  f. 
Steuemachlässe  212^. 
Steuerobjectsdeklarationen  456  ff', 
in  der  Ptolemäerzeit  456  fi\ 
in  der  Kaiserzeit  461. 
Auszüge  aus  den  S.  480. 

Steuerpacht 

in  der  Ptolemäerzeit  515  fi'. 

in  der  Kaiserzeit  587  ff. 

in  der  Kaiserzeit  zurückgedrängt  57  2  ff. 

Controle  595  ff. 

ein  freiwilliges  Geschäft  534  f.,  592  ff. 
Steuerpächter 
Contract  531. 

erhebt  auch  Geldsteuern  558  ff. 

Qualification  522. 

Tantiemen  532. 
Steuerquittungen 

Formulare  58  ff. 

auf  Papyrus  12^. 
Steuerrückstände  215,  344,  564  f.,  609  ff. 


Steuersubjectsdeklarationen  435  ff. 

in  der  Ptolemäerzeit  436  ff. 

in  der  Kaiserzeit  438  fi'. 

Auszüge  aus  den  S.  479. 

memphitische  S.  449. 
Steuertabelle  408  fi'. 
Strafgelder  289,  366  ff. 
Strassennamen  331  f. 
Strategie  435^. 
Suchos  360. 
Syene 

heiliges  Thor  von  S.  611. 

Tagesbezeicknungeu  812  f. 
Taricheutensteuer  396. 
Tarife  347. 

Taubenhaussteuer  2  79. 
Tempelabgaben    146  f.,     221  fi".,  223, 

253  ff.,  360. 
Teppichwirker  -  Steuer  17  7. 
Tetradrachmen 

kaiserliche  Billont.  7  29  ff. 
Theben  21  f.,  24  ff.,  711  ff. 

Stadtqiiartiere  von  Th.  712  Ö'. 
Thesauren  649  0". 

Thesaurosquittungen  Tliebeu  98  ff., 

109ff.,  125. 
Thorzölle  354  ff. 
Thyabäume  374. 
Todesanzeigen  454  f. 
Töpferindustrie  17. 
Töpferscheibe  16. 
Toparchie  307  ff.,  4  28  f. 
Trierarchie  400. 
Trödler  216,  381  f. 

Ueberschüsse  194. 
Uphion  711. 

Varia  708. 
Vereine  330  ff. 
Verkehrssteuer  182  ff. 
Venu  ietssteuer  1 9  2 . 
Vermögenssteuer 

keine  einheitliche  V.  252. 
Versiegelung  der  Opfertiere  395  f. 


830 


I.  SACHLICHES  REGISTER. 


Versteigerung  der  Steuern  52  7  ff. 
vicarii  606  ff.,  614. 
vicesima  hereditatium  363. 
vicesima  manumissionum  362. 
Yolkszähler  441,  617. 
Volkszählungen  487  ff. 

Wächtersteuer  320  f. 
Wagemeister  369. 
Wagensteuer  145  f. 
Walkersteuer  226  f. 
Wandeljahr  783  ff. 

von  Augustus  abgeschafft  789  ff. 

Fortbestehen  des  W.  neben  dem  fixen 
Jahre  790  ff. 
Warttürrae  292  f. 


Webersteuer  172  f. 
Wegegeld  349,  vgl.  395. 
Weideabgabe  191  f.,  265  f. 
Weinsteuer  270  f. 
Wohnungsmiete  365. 
Wüstenwächter  359,  395. 

Ziegelei 

kaiserliche  Z.  280. 
Zimmermeistersteuer  269. 
Zölle 

Ausfuhrzölle  276  ff. 
Binnenzölle  277. 
Einfuhrzölle  278  f. 
Einfuhrzölle  am  roten  Meere  398  ff. 
Zuschlag  193  f.,  288  f. 


II.  Grriecliisclies  Wörteryerzeichiiis. 


dßpoxstv  211. 

dvaßdXXs'.v  261. 

dyaO-d; 

dvaYpä--p£sO-a'-  441,  453. 

£71'    dyaO-tp  338. 

dvaypa^r^ 

dYysrov  766,  767. 

lEpal  d.  488. 

ayc'.v 

dvao'.Söva-.  602,  003. 

Tipds  ßtav  dysaa-a'.  592,  593^ 

d.  £:;  y.A^pov  123. 

oi.yopdZ,B\.'^  525. 

dvaXanßdvE'.v  543. 

ayopavojao^  131. 

dvdXwfia  733. 

5  Tiapd  ToO  d.  585. 

dva|i£-pr^a'.; 

ayopaota  132, 

TTpdg  dvajjL£":pr,a'.v  ay^c^io')  17(5 

ayopoiczri  687. 

dvaTTAYjpoDv  xd^  (üvd^  532  ff. 

'Ayjpp'.o;  538*. 

dvaTtöypacpoS  4:67'^. 

dytOYi^  102,  754. 

dvacpopd  569. 

dYwy.ov  273. 

dvaxwpr^o'.s 

dSiEYYOos  550*. 

ovxa  £V  dva^copr^as'.  44  8. 

d5poy.(.  .  .)  766. 

dvSptdg  152  ff. 

Atay.'.Ss'JS  433». 

dv£'j  559  ff. 

acÖ-piov  443*. 

dvi-Tiia  344. 

a-.^.  .  .)  132. 

dvvcüva  155. 

aiXYja'.;  638. 

dvxiYpa-^£US  493,  558,  639,  640. 

dy.pd5puov  134, 

dvxiYpacpov  drcox^;  86. 

dXaßäpxr^s  350, 

dvx'.Xiys'.v  473. 

dX'.S'j;  136  ff. 

dvx'.oi3|ißoXov  638. 

dX'.XT^  141  ff. 

'Avxwv'.avTj  oOaia  391. 

dA^ayVi 

dsiöxpso>5  589. 

XaXy.d;  o5  dXXayr^  7  20  ff. 

dTia'.xVjC'.iia  512,  619. 

dXo-twXTjs  142  3,  143*. 

dTiaixr^xai  609  ff. 

dXs  739^ 

OLTioLpyr^  345. 

djjia^a  145,  755. 

d7:dxo)p  218*. 

'A|jijicovEtov  146, 

dTicCpyaaxa'.  129,  261. 

d|x7r£Xü)v  147. 

dTzäxto,  i-ijyny  86,  109. 

d|ji-^o5apxia  432,  443. 

'Atz'.ov  766. 

832 


II.  GRIECHISCHES  WÖRTERVERZEICHNIS. 


ä.T^o-(pa.^y.l  456  0'.,  620"-^. 
d7iOYpa:p£a^a'.  456,  475. 
äTtodsixvuvat  456. 
aTioSsx-cYjs  atxo'j  661. 

äTioSöX'.a  649'''. 
a7ioxo|X!,57^  159^. 

äTtoXsXufxsvos  ^^aoYpacfia^  248, 

4483. 
d::oXoY',afxös  466^. 

d-ö|iO!.pa  134  ff.,  157,  724,  758,  759, 
768. 

ä::o7Lpd|j,a-a  547. 
dTtopo;  101. 
dTvOax^va'.  529. 
ä-oaxöX'.ov  347. 
d-paxo;  505. 

äpaßdpxr^s  350,  597,  598^ 
äpY'jp'.ov 

Tipö^  d.  719  ff. 
dptO-ixyjais  619-2,  815. 
dp'.O-fiYjX'.y.öv  351. 
apvss  467'. 
dpoupa  775  ff. 
dpxdßT]  738  ff. 
dpxoxÖTio;  745. 
dpxo;  756. 
dpxa?0'-  LTiTistg  161. 
dpxiX'jVYjYOS  162,  727. 
dpxovYjXdxr^G  272S  332. 
^tpXovxsg  509. 
dpy'jTiirjpsxrjS  670^. 
dpxwvr^s  538. 
dar^Ho;  448. 
äs/öXYjiia  387. 
äaxoXo'j|i,£vos  387. 
dxsXs'.a  212. 
aOXr^  443. 
dc^cupsiia  529. 
dxupoS-TjXY]  102. 
dx'Jpov  162  ff.,  7  54. 
dx'jpoTCpdxxwp  107. 
dtoiX'.a  261. 

ßdis  312^ 
ßaXavetov  165  ff. 


ßa?.av£'J5  166,  585. 
ßaXavsuxr/S  170. 
ßaX(v£axixöv)  166. 
ßaaiX£r  71,  492. 
ßaoa£'.a  631. 
ßaaiA'.xöv  102,  631,  649. 
ßaq;£'js  170. 
ߣßa'.(!)X7^S  553  ff. 
ߣßa',ü)X'.xdv  352. 
ß'.ßX'.oO-V/ty] 

Svjfioaia  ß.  430,  461,  483,  512. 

ß.  £Yxx-/ia£0)v  401,  483. 
ßißXi'ov 

grj|iöaia  ß.  481,  483. 
ß'.ßXio:p'jXax£$  461,  485. 
ßor^O-ös  171,  558,  618. 
ßo'jX£'Jxr^5  431. 
ßo'jXf^  430,  434. 

xpaxbxY]  ß.  625. 
ß'jpaa  352. 
ßupao5£'4;Yj?  294^ 
ß'jaa'.va  ö^öv.a  266. 

YEvy^.uaxo;  214,  251. 

Tipd^  Y^'''''^iM'*'^*  ''23. 
Y£Vü)v  dX!,£'jxtx(j5v  141. 

^(DYpa^-^^S"^  373. 
Y£p5'-axöv  17  2. 
Y£p5'.o;  172. 
Y£a)ji£xpYig  175. 
Y£tO{i£Xpta  148,  173. 
Y£(OpYÖs  ll-ö,  767,  768. 

ßaaiX'.xcg  Y- 

Zr^\i6o',oz  Y-  '^50,  646^  657-,  701. 
Y-  }Jiia9-cp  436. 

ßao'.X'.xY]  Y-  644^,  772. 

tri\iOQi'x  Y«  646"2. 

oOaiax-;]  Y-  G*^:"^,  646^. 

Ttpoaögou  Y-  657-^  771^ 

uTto  Tf^v  xai  Oupavdv  6851 
^(vx'j^oCkXoXö^oc,  224. 
Yva-^Eic;  227. 
Yvtöji'y]  508. 
Yva)|i(Dv  34 7"^. 
Yvwox£'j£vv  638'2. 


n.  GRIECHISCHES  WÖRTERVERZEICHNIS. 


833 


YÖfJios  117,  754. 
Ypafifiaxs'js  618. 

Yp.  oizoXoy{ioLC,)  660. 

Yp.  i7]z  TiöXstog  440. 
Ypa:^j£tov  353. 

6  t6  Ypacpsiov  50 2'-'. 
Ypa^T^  543,  556. 
Y'jpoi  209\ 

gaTc(':8'j-j:o;?)  177. 
Ssxavixöv  353. 
5£-/cä7LpoiToj  626. 
8£p|iaTr^pa  294^,  354, 
Sspiiax'.ywöv  354. 
tioiLYi  3l2,  757. 
beoiiöc,  178. 
5Yj|JLÖa'.a  178. 
Sr^ixöa'.og  334'^,  646. 

TO  STjiiöo'.ov  655. 
Sr^iaoaicüvYjs  575. 
8t,äYPÄ|JL}xa  514. 
aiaYpacpS'.v  80,  89,  91. 
StaYpa-^T^  91\  648. 

ÖTisp  8.  107^ 
S'.aipsa-.s  183. 
8iaxp{v(i)  609. 
8tay.pta'.s  609. 

6taXoY'.a|iög  494,  499,  622"^ 

upaxxop'.xög  8.  565. 
8'.aji'aO'(0-'.xöv  354. 
S'.a-'jX'.ov  354. 
8iaa£'.anö?  568. 
8'.aaxoXy^  638. 
8'.a4;£a(.  .  .)  404. 
S'.äcL'JYIJ-cc  404. 
6i5pa}(|jita  xoö  Zouxo'J  360. 
8i8paxii.ov  247. 

Öiotxr^ai;  149,  179,  315,  656. 

8.  7:poao8'.x(V))  657^. 

6  §7ii  xf^;  8.  492. 
8iO'.xr^xr^5  492,  498. 
8töp^03|ia  514. 
biTzXd  179. 
S'.7iXox£pa|j,05  759  ff. 

^lTlXo)[lOl.  0V03V  360. 
SioxsY^S  443. 

WiLCKEN,  Ostraka. 


ecxwpov  763. 

S'.wp'ji  ßaa-.X'.xr/  180. 

8.  $iXoJvo;  180. 
6ox'.|iaax'.xöv  361. 
8öpaxa  228. 
8pax|J.r/  735. 
Spö|io;  7  71. 
8ua7:£'.0-£rv  593. 
8(j)S£xaxciv  752. 
Scopsa  302. 

Iyyovov  686  ff. 

lyYp^ccr^zo'J)  od.  syypC^x't^O  254*. 
Byy^Tf  550. 
SYY'Ji^/'c*-  547  ff. 
IYY'J^'-  547  ff. 

xaO-.axava'.  iyyuou^  548. 
SYSs'.a  531. 
SYxaXsiv 

xoOO-sv  ao'.  SYxaXü)  62,  295. 
SYX'jxX'.ov  182,  736. 
iyXrinKßp  381. 
syXoyo;  733. 
lYpacpa  63. 
SYXS'.P^^s'.v  660. 
£txaa|aö;  258. 
£ixovi^£'.v  479*. 
stxov.axr^S  479*. 
etxoaxrj  £X£üO-£p',ü)v  362. 

£U  xwv  xX7jpOVO|Jl'.ÖV  3G3. 
£T; 

Ivo;  xal  £X  Tzavxwv  542. 

xa9-'  §v  555. 
£la8'.8öva'.  602. 
Elaxp'.x'.xdv  185. 
£iaiJi£}i£Xpr,X£v  101. 
Ixaxoaxai  364. 
sxXajißav£'.v  539*. 
lxXr^::xo3p  575. 
IxXr/l'.s  539*. 
£xXoYS'j;  556. 
ixXoYt.3xai  255. 
dxXoY'.oxr^piov  495. 
gxXoYiaxr^;  493,  499,  503^ 
£xx'.8-£va'.  514,  528. 

£xx.  £t;  Tcpao'.v  526. 

53 


834 


II.  GRIECHISCHES  WÖRTERVERZEICHNIS. 


S'/Tov  750. 
sy,'s6p'.ow  185. 

sx'sp.  ßaa'.X'.xöv  187. 
sXaßov  109. 
äXaiov  188  fF. 
sXaioupystov  101. 
iXsiiO-epog  487. 
'EXX-/jVOjjLS(acprxa!,  433. 
sXa'.jxsviov  274. 
s|ißa5'.xöv  190. 
sfißoXT^  364. 
sfijir^va  589. 
svspYÖc;  652. 

evXs'.i-tiia  TsXwvLXWv  344,  610'-^. 

£VVÖ,Ut,OV  191. 

£V0LX-/jais  468. 

Evo'.x'.oXöyog  365. 

svoix'.ov  192,  365. 

svo'.xos  243,  442. 

svöpjiiov  273. 

£voxog(?)  552. 

s^aytoy-i^  276  ff. 

s^aipcxog  685. 

s^äxTOJp  630^. 

£päiiY]voc;  291. 

s^ap'.O-fjisrv  475. 

essiXr^-^wg  100,  525^ 

sssxaaii;  474. 

^^mzfiQ  624,  657. 

IsYjXooxT^  366. 

l^dßoXog  732^. 

ego)  Opa  515\ 

STiaxoXouO-stv  76,  600,  640. 

sTTavaziTtpaaxsiv  526. 

STcapo'jptov  193. 

STiap^ta  435. 

STt'.ßdXXov  552. 

STi'.ßoXr)  193. 

£7i'.y£y£vv]|i£vo'.  453. 

ETi'.ydvrdJia  194,  531,  541. 

§7i',y£vv7;a'.s  451  ff. 

ETi'.yovT^  45 2 ^ 

£7i'.ypäcp£t.v  195. 

STi'.ypacpyj  99,  194. 

£7i'.§£xaxov  215,  302,  534,  549,  736. 

£7t'.5i5a)fii  449. 


ini^riixiov  216. 
STi'.^i^xyjais  216. 
£:it,xap7ita  216. 
£7itxapai'ou  216. 

ETi'.xsqpaXa'.ov  193,  216,  249,  449. 
ETiixpaTEta-a-ai  620. 
£7i'.xpiV£!.v  448,  473. 
£7H,Xoy£6£iv  566^. 
£7C'.Xöy£'ja'-g  562,  566. 
£71i[I£Xyjx7^S  ^^S'^,  493,  517. 

dx'Jpol)  661. 
suior^fios  722^. 
ETiiaxsdjaaO-at,  549. 
£7iiaxs4)ig  175,  213. 
BTiioxdxric,  227^. 
ETi'.axax'.xöv  366. 
£7itaxpdxYjyo5  427. 
BTZlxfibBlOC,  602. 
STUXTjpYjXT^S  599. 

£71.  •Ö-Tjaaupoö  Ispwv  615. 
£7t.  xaxaoTiopdg  340. 

£71.   VOfiWV    191  ^ 

£7i:ixijiov  366. 
inizpoKr]  644*. 
£7:cxp07ros  427*,  498. 

£71.  £71:1  x-^s  S'.oi^tT^aEwg  498. 

£71.  xoO  l§toi>  Xöyol)  499. 
£7it,x.wp£rv  589. 
£7cxd  vojioi  426. 
£7twvia  216. 
£pydxYjg  698. 
6pY]|xo<¥>uXaxi'a  359. 
eppwao  61. 

£pa£V!,xd  (a(t){i,axa)  685. 
Ixatpai  217. 
Ixatp'.xdv  217. 
s'jSoxeiv  473. 
sO'S-Tjvi'a  od.  £'j^£via. 

6  Itci  xvis  BD.  657. 

£Tcap)(OS  £'j^£vca5  658. 
E'jO-Yjv'.dpXYjS  658. 
£U7T:opos  1612,  508,  601,  602. 
£0ax>^fiov£g  505,  601. 
£0(o5ca  219. 
£:p£ixoaxöv  534,  549. 
£Cp7j|I£ptS  640. 


II.  GRIECHISCHES  WÖRTERVERZEICHNIS. 


835 


e-^o5os  558. 
eyo)  86. 
sojvoijvTO  537^. 

CsOyo;  219,  755. 

b-6  Ata  ry;v  "HX-.ov  G85-. 
^r,.uia  2  20. 
^r,|i'.o:rpaxT£rv  563. 
CW^a-.s  6203. 
^u^o^-doiov  369. 

DjTYjpct  369  ff. 
C'JTOZO'.ÖS  372. 

C'JtGTüoUYiS  371. 
^UTÖS  760. 
^0)ypa--f0?:  373. 

-/(YSlicbv  ä'JtroTspoJV  426. 
y,Yopaxws  538,  675^ 
f,ixB^ozpoziz  748. 
Till'.ÖA'.OV  220. 
YiTCYjXr^S  220. 
f<PY(aao)  261. 

0-£03p'.xov  373. 
e-/ißatg  424. 
eVjßapxos  804\ 
0-ViX(£'.a'.)  479. 

{J-yjaaopös  98,  221,  616,  631,  649,  655, 
745,  771^ 
ßaoiX'.xö;  650. 
^.  TsxpaYOJvos  651. 
i^psiifiaxa  191,  221. 
0-u:a  374. 

taxp'.xöv  375. 
iaxpoxaOaxTjg  377. 
iS'.öxxr^xog  316. 
IS'.os  XoYOS  631,  642. 

6  Tipög  X(p  i.  X.  499. 
'.spa  149,  179,  315,  656. 
Upaxsta  398. 
tspax'.xös  315. 
ispsiov  377. 
'Isps'i?  337'. 


ispoO  101,  221. 
•xavdc 

fisxa  xds  '.xavag  r^ixspag  526. 

•xavos  ag'.öxpsws  •^89- 
•{jiax'.07:o)Ar,5  304. 
l|iax'.07i(0A'.xöv  37  7. 
luzwviTj  378"*. 
iTicDxi^p'.a  460. 
la-.g  223. 
Isov  78. 

ic;dvo|ios  662,  721  ff.,  724. 
iaxÖG  266. 
•a-(Ovapxr,s  332. 
•xO-ur^pa  138. 
"7>jVxä  137. 

xaO-apös  462. 
xa^'.axava-.  530=*. 
xaivoxoO-^ov  766'*. 
Karnap  7863. 

Koc'.aapwv  (oouXo^)  499*,  G62. 
xaXa9-.ov  764-*. 
xaXa|ios  7  57^. 
xä^xr^Xo;  (TsXssiia)  378. 
xavwv  288,  378. 
xaaao::o'.Ö5  224. 
xaxaßaXXs'.v  89. 
xaxaßoXr^  89^ 
xaxaYpacpv^  484. 
xaxa Yco YS'J S  4  76''. 
xaxaYWY'-^''  379. 
xaxaxXr^pouxs^v  263. 
xaxaXox'.0|i.ög  346. 
xaxavxav  468. 
xaxaa-opoc  340. 
xaxaxwpib^-'^  589. 

xax£xwp-39-r;aav  475. 
xaxspyov  677. 
xa-=X£-v  600,  62»;. 
xax'  O'Xtav  oLno-f^x-^y.'.  444. 
xaxoixog  241,  263,  297,  379. 
xaxo'.xw  443. 
xaxto  X^^P* 
xspdfji'.ov  759  f. 

xdpafjio^;  Koitx'.f.xö;  17,  7  51»,  7 08. 
xspäx'.ov  738. 

53' 


836 


II.  GRIECHISCHES  WÖRTERVERZEICHNIS. 


xspßaa'.s  380. 
xspiia.  731,  736^ 
xsqjdXaiov  241^. 

SV  xscpaXatq)  6G2. 
y.'.apßaacc'.g  380. 
yvißcoTÖs  7,  19^. 
xX£iv£vt(.  .)  225. 

dvaSiSövat,  st;  xX.  G03. 

SV  xXiQpü)  603. 

xX.  xaxo'.x'-xös  461. 

TISIJLTISIV  si;  xX.  603*. 
xX7]poöXos  186  f.,  29 IS  380. 
xXwaxi^pt.a  225. 
xvacpstg  226. 
xvy^xo;  739. 
KvtSiov  765. 
xo'-vöv  69 7 ^ 
xotvwv  539. 
xo'.vwvsiv  542. 
xotxr^,  xoixo;  459. 
xöxxo;  7  52. 
xöXXa{)-ov  7  64. 
xöXXrjjia  478. 

G'.'  Ixspo'j  xoXXr/fiaxog  446,  447. 
xoXXoßo;  381. 
KoXo',pwv'ov  764 f. 
xoTwYj  xp'.xög  381. 
xopxöSstXo;  191^ 
Tiopiioc,  227. 
xopad;  228. 
xox'jXy]  764. 
xoupsüs  227. 
xoöpt  763. 

xoocpoxspajJLOOpYÖ;  766. 
xoi>cpoxspa|JioupYrov  7  66'^. 
xoucpov  766. 
xo'jcpoxsXsia  212. 
xpaxYjatg  788. 
xpdxiaxos  42  7,  498"^, 
xpaxou[isvov  462. 
xpiO-y)  739. 
xp'.O-oXoyfa  270. 
xpöxwv  739. 
xpuxoTicoXy;;  381. 


xuaiJ.05  739. 

dTzaixYjxYjg  XD(dfjiwv)  289. 
x'jvriYsx'-xd  Söpaxa  228. 
xuvY]yi52g  229. 
xupiaxat  cl;"^"?©-  64:5. 
Xöpiaxö;  Xöyoc,  645. 
xup'.og  442. 
xupoöv  526. 

X(Ü|JLYj 

Ol  dTiö  xf/S  xü)/xr(S  602. 
X(!)|iOYpa[i[iaxsu5  795. 
Kqjov  766. 

XdYUvo?:  766  f. 
XajJtßdvs'.v 

X.  §t£YYu>^|J-axa  549. 

X.  xsXy)  5432,  548. 
XaoYpacpia  230  ff. 
XaoYpdcfOg  441,  617. 
XaoYpacpou[isvog  238,  448. 
Xaupa  712. 
Xayav'.d  250. 
Xay^avta  250. 
Xdy^avov  739. 
XayavoTiwXr^s  251,  382. 
Xsixo'jpYta  660. 
Xsixo'jpY'.xöv  382. 
XsaoDvsta  382. 
X^fx|ia  251,  733. 
AtßuT]  598^ 
Xt|iYjV  Msjicpsto;  359. 
Xi|jivaaxsia  508. 
Xi(jLvaaxy^$  508'^. 
XivoupYOi  268. 
X'.vöücpos  323"^ 
Xivucpo'.  268,  3232. 
XoYSta  253. 
XoYS'JS'.v  255S  493. 
XoYSöXT^piov  557. 
XoYS'Jxf^;  494,  556. 
XoYtCsaa-a-.  255\  493. 
XoYtaxT^piov  430,  494. 

TO  x"^;  Sto'.xVjaswg  X.  503. 

0  ini  xoö  X.  502. 

xaxoixtxov  X.  503. 

TioXix'.xdv  X.  503. 


II.  GRIECHISCHES  WÖRTERVERZEICHNIS. 


837 


Xoyiozri(;  499^ 

X.  dpyjp'.-xös  203,  733. 

X.  Ysv'.xds  203,  678,  733. 

br^iioaioQ  X.  645. 

ö  eta  Xöywv  684. 

äni  Xöyo'j  323. 

ISios  X.  631,  642  f. 

0  Ko!.io%poc,  X.  645. 

X'jp'.ay.ög  X.  645. 

oOaiaxd^  X.  644. 

TioX'.T'.xdg  X.  646. 

X.  au'.xös  203,  676  f.,  733,  745. 
XoLfsioL  253. 
X-jusiv  568. 
Xw'.a  261. 

jia^fi'.xi^  443. 
|iaXYj  752. 
.uax'.ov  7  51. 
,a£|i£tpr(|j.a'.  100. 
{isp'.Sapxr,;  382,  429,  629^ 
lispi^  429. 

fisp'.afxös  256  f.,  736. 

fi.  aTCspfiäxcov  777. 
fisxäßaa'.g  442,  445. 
|x=xaßoXos  136. 
|i£xa8'.5öva'.  538^ 
Hsxaxs'p'.^ö^isvo;  636. 
}X£X£tXr^cpa  62^. 
fji£X£xe'.v  540. 
liixoxoz  83,  536  ff. 
lisxpYjiia  114,  670^ 
liexpirja'-s  Ipywv  261. 

fi.  t5'.oiX'.xi^  773. 
|ji£xprjXr^S  "^42,  757  f. 
jX£xpov  751. 

[1.  'AO-Yjvatov  774. 

fi.  8r^|Jiöaiov  769,  773. 

|i.  5pdiJ.03V  771. 

IX.  ^gaxotv'.xov  750,  7  72. 

[i.  £0-^paY!.a|i£vov  768^ 

la.  •ö-r^oauptxöv  745,  770. 

|i.  xsxpaxoiv'.xov  750,  751,  771,  772. 

[X.  iBxpiyooy  7  72. 

fi.  cpop'.xov  745. 


jir^viaia  641. 
{ir^xp'.XT^  443. 
}X'.aO-Ö5  556. 
|ji'.a9-(i)xr^g  611  f. 

oOa'.axöj  701. 
{iovo5£a{iia  xöpxoy  383,  582^ 
[iöoxog  384,  395. 
fioaxoacppaY'.axT/S  396. 
la'jpoßaXavo^  258,  751. 
fjL'jpoTtwXrjs  385. 

vaiiß'.ov  259  ff. 
vauXooöxo;  263. 
vaDXov  386. 
va'j-xr(YÖ$  263. 
ve-.Xößpoxos  2121. 
vixYj  788. 

V'.xp'.XY]  TiX'JVOU  264,  721. 
vo[xapx'/lS  424^. 
vo{iapxta  358,  432"2. 
vo|j.apx'."/.a  doxoXi^jiaxa  387. 
vofiTj  191^  286. 

£lS  xds  vofjids  265. 
vöji'.ajjia  726,  728,  729,  738. 
vojjiös  423. 
vo'jßd:;'.  652. 

pv'.a  389. 
liozr,z  762  f. 

dßoXös  737. 
oy5oov  750. 
55'.ov  390. 
dO-ov.Yjpd  266. 
o:xo5öjxog  269. 
otxovö|jioS  499,  517,  742. 

o'x.  dpYup'.xwv  653. 

oix.  ßaotX'.xög  493. 

olx.  xö5v  xaxi  Xauxpax'.v  4.J3\ 

OLX.  aixixöv  653. 
OiXÖ7i£5ov  390. 
oivoXoY£tv  269^ 
otvoXo Y^a  99,  269. 
olvo'j  X£Xo5  270. 
oi^'.v  750S  751. 
oXfiOi  460. 
6jioi(üs  819^ 


838 


II.  GRIECHISCHES  WÖRTERVERZEICHNIS. 


ciiöXoyoz  253  f. 
o.aoXoYÖ)  sy^st-v  8G. 
övYjXaTY]^  2  72. 
övo|jia  81^ 
övo$  754. 
öpYUia  774"^. 
öp^öüq;os?  173^ 
opxo;  ßao'.A'.y.ös  G02. 
6p|iO->po?.axia  273. 
öaxpay.c'j;  3. 
öoTpaxivSa  Tiat^s'.v  17. 
öa-paxov  3,  13^- 
öaxpsov  3. 
oOata  392,  643. 
o'joiccy.öc,  Xöyo;  643  f. 
0'4;WviGV  532,  670. 

T-Layo'.  435. 
riai5iay.7]  686. 

7t.  So'jXyj  447. 
r.ai;  337^  699. 
TiaXaiöv  488. 
TiauTi'.y.y,  443. 
Txapaypäcpe'.v  500. 
TcapaSs'.ao^  157. 
7iapa§t5övai  102. 
TiapdB-sacs  464^. 
TüapayaxaO-T^XY]  302,  617. 
TiapaXy^-xr;;  399,  584. 

IX.  otxoi)  661. 

7t.  auvayopaaxix^g  >cp'.^^S  661. 
TtapaXoysta  568. 
7tapa7ti7tx£'v  78.  Vgl.  820. 
Ttapaar^liov  467. 
7tapay(i)p£ra^at  463\ 
7tap£xö|Jit,aa5  107. 
TtapsXaßs  411. 
7tap£Xaßov  108. 
Ttapsysiv  107. 
Tcapouata  274 fF. 
Ttapwv  77,  640. 
Ttaxp'.y.r^  443. 
Ttaxpt;  523. 
7t£vd-r([i£pia  338. 
7t£vxa£x{a  451. 
TtEVxr^xooxr^  2  76,  2  78,  343. 


Tt£vxr^xoa(xa)vr^S?)  2  77. 

7t£7tXÜ)X£V   64  f. 

7t£ptatp£0-^vat  455. 
7i£pio'ja£a  247'. 
7T;£pt,ax£pcbv  2  79,  724. 
7t£X£'.va  279. 
Tifjuc,  776,  779. 

7t.  olxo-£§'.xö;  779. 

TZ.  7:£p'.axaAxixöc:  780. 
7tt7tpaax£'.v  525^. 
[7f.aaoxo]7toü|i£va  16. 
7t'.xxäx'.ov  350. 
7tX£OvaajiÖ5  280. 
7tXivO-oXx':a  163,  280. 

TtX&lOV 

TtX.  dtX'.sux'.xöv  391. 

TiX.  'EXXTjvtxöv  467. 

7tX,  7tp£xcbpiov  280. 
7tX'jvoc;  264. 
noX'jS£'JX£'.o;  433^. 
7top£'Jxyj5  280  Ii".,  724. 
7topO'ii£U5  394. 
Ttopv'.xöv  (x£Xo;i  218. 
7töpos  506  fi". 

7toxa|jiocpuXax£;  282  ff.,  294. 
7toxa[JLWv  cp'jXaxT^  283. 
7tpayiJLax£i)ö|jL£V05  303,  543' 

7t.  xYjv  (övigv  539. 
TcpaYiJLaxsuxTjS  575. 
7tpai7töa'.xos  7tayo'j  435. 
Ttpaxxopfa  609. 
Ttpaxxop'.xöv  394,  606. 
7tpaxxöp'.ov  285,  568,  621. 
7tpäxxo3p  564  f.,  601  ff.,  622 

7t.  vo|aapx(txü)v)  614. 
7tpaa'.5  531. 

up£aßux£poi  xwiir^s  513. 
TtpsatSt-ov  285. 
7tptaaO-ai  525^ 
7tpößaxa  286,  467'. 
TtpöypajijjLa  514. 
7tpo£axü)s  393. 
7tpoxr(P'jaa£'.v  526,  528^ 
7tpoa8£X£aO-ai  127. 
7:poa5'.aYpa:pö|i£va  287. 


II.  GRIECHISCHES  WÖRTERVERZEICHNIS. 


839 


TipoaepxsaO-at,  npöc,  xtp  aYopaofitp  52G, 

5921. 
7tpöa'9-£jJLa  288. 
TipoaxscpaXaia  268. 
TüpoofiSTpoufisva  289. 
npöooboc,  310,  390. 
upöaxayfia  514. 
Tipoaxoc'cyjs  t^oö  ^sou  253. 
upöax'.fxov  289,  724. 
Trpoa-^wvTjatg  476. 
Tcpoaxp'^icjap.svog  79. 
upo'jp'.ov  (für  cppoup'.ov)  289  f. 

Espa  71.  SovjVYjg  611. 
Tiupyog  652. 
Tiupös  739. 
TtwXetv  525^ 
uojXyjtt^S  516. 

TöS'.ov  765. 
poTiapög  731  f. 

oaxxa^  292^ 

aotxxos  754. 

aaxxocpöpo^  292. 

osßaax^  812. 

Ssßaaxös  728. 

asarjtiei'wfiat  83. 

oT^aajJiog  739. 

Ziyyjpiavd;  662. 

O'.x'jT^paxov  292. 

auoXÖYOS  98,  653  f.,  659  f. 

O'.xoTcapaX'^p.Tixai  601. 

oixoupisvoi  672. 

oxa^'^ov  459. 

oxoTieXos  292  f. 

oxuxsus  293,  724. 

anowbri  588. 

OTi'jpis  394,  459. 

oxa^HOÖxo;  243,  449. 

axoizim  TioxafjiocpuXaxiöcDv  294. 

oxsyvös  652. 

oxspsög  780^ 

oxecpavtxöv  302. 

oxscpavtxos  XP^'^OS  299. 

oxscpocvtov  295. 


axscpavog  295  IF. 
axscpavoöv  296^  298. 
axpaxTjYOS  "c^g  uöXsö)?:  624. 
auYxoXXr^a'.jjLOg  589. 
a'JYXopovxa  483. 
auYXWpctv  530. 
auxocpavxstv  568. 
aufxßoXa  xa|ii^Xü)v  394. 
O'jfJißoX'.xa  287  f. 
au|JLßoXov  553. 
au(JLßoXo-^'jXag  557. 
o'jjiTrpaxxopsustv  608. 
aovsY^aßsrv  546^,  551. 
auvsaxrjoav  537. 
ouvT^YOp-^-ov  302. 
auv'.axävai  606  flf. 

xaxa  a'jvo'|''.v  211,  505 ^ 
a'jvxa^t;  634,  672. 
ouvxifiaaO-a'.  505. 
a'jvxpYj|iaxi^£'.v  463. 
auaxaaig  606. 
ocfpccyic,  210. 
acppaYt.o|jiö?;  395. 
oxotvog  774'^. 
aw|iaxa  304,  436,  682^ 
aoj[jLaxt^£ov  465"^. 
aoj|jiax'.xöv  304. 
a(!)|iax'.aiJLÖg  465. 

Sü)at,xöa[X'.o^  6  xaL  'AX9-aV='i;  434-. 

xa|jiv£tov  642,  652,  655. 

ßaa-.Xtxöv  X.  649. 
xap'.xsoxr^g  396. 
-dp'.xo;  139-''. 
xap^xo'j  öaxpaxov  7. 
xaaaO-cpöpog  185. 
xdaasaO-a-.  Gif,,  455. 
xacpig  305. 

X£0-Up(O|l£VOV  652. 

x£X£ax'.xöv  397. 

T£X£a-^dpog  219.  Vgl.  aber  588. 
XcXwvYjs  590. 

X.  i)-r]aa'jpoD  i£po>v  615. 
X£Xü)v'.xö;  58 1\ 


840 


n.  GRIECHISCHES  WÖRTERVERZEICHNIS. 


xsxäpxY]  306. 

T.  dXiswv  137,  720,  724. 

T.  xü)v  £Lacpspo|asvü)v  cfopxccov  398, 

X.  xoö  xapt;(OU  396. 
xsxapxov  750,  759. 
x£xsX(£aai)  107. 
xsxsXsaxai  355. 
xsxpa'/aisixoaxT^  400. 
xsxpwßoXov  737. 
x'.iJLaaO-ai  458. 
X'.fiT^  723'-^. 

UTisp  xi\i9](;  271. 
xifiYjiia 

Tipög  xä  X'.fjLig|i,axa  206. 
xijiYjotg  469. 
xö|xos  478. 

T.  ouyy.oXXf,o'.\ioc,  589. 
xoTiapxta  307,  408. 
xo7iOYpa|a{jLax£t>s  485. 
ZOTIOC,  306  f.,  428. 
xpd7t£Ca  632. 

ßaaa-.xyj  xp.  632. 
xpa7i£^txvjs  400,  633. 
xpau^axoO'£pa7i£U£!,v  377. 
xpiY)papX'y]M.a  400. 
xpijJLdxLOV  751. 
xpixwpov  763. 
xpocpT^  139S  400. 
x'jX£ra  268. 
zu']>iyLri  401. 

'jixy)  310. 
uTidpxov  507. 
U7T;aaXoXouiJi£Vos  388. 
'J7C£paipovx£S  241. 
'j7i£pßdXX£t,v  527*. 
UTTSpßöX'.ov  530*. 
u:i£popt^£'.v  593*. 
uTCYjpdxT]^  557,  618. 
U7i'.axv£raO-at  526. 
•jTioSto'.xy^x'igs  493. 
UTiö-xauaig  ßaXav£io'j  163. 
OTioxEiaO-ai  348*,  596,  616  f. 
ÖTCöXoyos  536. 
U7iö{iVY]|ia  440,  451  f.,  526. 


U7l07lt7lX£(,V  348,  596. 
UTZÖCZOLOIQ  526^. 

UTidxaYiia 

£v  'jTioxdYp-axt  ouaav  447*. 
bnoxBlrig  402. 
öq;taxa|iai  219,  526. 

cpzvvrioiy.  255. 
q:svvvja'.g  253,  615. 
^iXdvO-pcoTiov  401. 
910x05  642. 
90tvtx(bv  313,  779. 
cpofvig  311,  757. 
cpop'.xöv  319. 
cpöpog  296,  319,  745. 

cp.  ßoöv  352. 

cp.  ß(ü|i(öv  352. 

cp.  I'titicov  378. 

9povxCg 

07t6  qjpovxtda  286. 
cppovxtoxi^S  442. 

9.  oixoXCoyta^)  661. 
cpuXax£g  321. 
cp'jXaxK^  568. 
cpüXaxixTjs  402. 
9uXax(,xtxöv  402, 
cp'jxd  403. 

Xaips'.v  84  f. 
XaXx£'js  688. 
XaXxtaia  403,  718*. 
XaXxtvT]  731,  735. 
XaXxös  725  f. 

Ttpög  x'^Xy.öy  719. 

X.  taövoixos  721  flf. 

X.  ou  dXXayii  720  ff. 
XapxYjpd  403. 
X£tptaxT^s  619,  637. 
XS-ipoYpoi'^ioL  opxoi)  ßaa'.X'.xoö  471. 
Xetpwvdgiov  321. 
X£aov(.  .  .)  403. 
Xi^voxpo^og  274*. 
XOtvig  740  f. 
Xopxo9")7xy]  443. 


II.  GRIECHISCHES  WÖRTERVERZEICHNIS. 


841 


Xpr^p-axt^stv  63  f. 
XpYjfiaT'.ajJiög  514,  589. 

oi  ini  xou  x«  ^^5. 
Xpi^cng  78.  Vgl.  648. 
Xpr^axigp'.a  443. 
Xpla^ia  190. 
XpuaaopS'jg  433^. 


Xyjaoy^(i':y.ri  403. 
Xü)[i.aTa  333  flF. 

'J^'.AOl  TÖTÜO'.  443. 

-i;'JY|iög  404. 

wvT^  531,  722^,  724. 


III.  Register  der  behandelten  Stellen. 


A.  Autoren. 


Seite 

A  e  1  i  a  n  u  s 

var.  bist.  III,  17  513. 

Ammianus  Marcellinus 

XXII,  16,  23    470. 

Andocides 

de  myster. 

133  ....     529,  535S  537. 

134  ....  5222,  526*,  561. 
Appianus 

prooem.  10  416. 

Sic.  1  419. 

Lib.  88    ...    .         ...  6522. 

95   .  649^. 

135    247. 

Syr.  50    247^ 

bell.  civ.  V,  4   206. 

Ps.  Aristeas 

p.  69,  16    266. 

Aristopbaiies 

Wespen  691    303. 

Ps.  Aristoteles  Oecon. 

II,  1  216. 

II,  1,  4    .     .     .     .      185,  249\  322. 

II,  2,  1,  4    249^ 

II,  2,  3    .     .     .        137»,  142^,  329. 

II,  2,  25      ....  248,  329,  391. 

II,  2,  29    195. 

II,  2,  38       .   6493. 


Seite 

Aristoteles 
polit. 

III  15,  1286  a,  12      .    .     .  376. 

VIII  (Y)  1302b  6'. 

respubl.  Ath. 

40    444. 

49,  4  '.  161. 

51,  2    769. 

A  r  r  i  a  n  u  s 
anabasis 

III,  5   424. 

III,  12,  2  161^ 

VII,  15,  4    296^ 

A  thenaeus 

II,  40f   269'. 

IV,  171a   687*. 

V,  201a   227. 

V,  203  b   298. 

XI,  464b  173,  697. 

XI,  493  f.  631^ 

Aurelius  Victor 

epit.  1  .  .  .  180-2,  204S  420. 
Babrius 

127  (ed.  Crusius)  6. 

Censorinus 

18    798. 

23      .  7932. 


m.  REGISTER  DER  BEHANDELTEX  STELLEN. 


Seite 

Cicero 
pro  Flacco 

19,  44      .    .    .           639^  647^ 
pro  Rabirio 

10,  28    492. 

in  Verrem 

III,  6,  14  ff.  .    .    .    .    .    .  515. 

III,  8,  20    532. 

III,  51,  120   518\ 

III,  78,  181    381. 

Y,  18,  45    522*. 

Clemens  Alexandrinus 

Strom.  VI,  36  p.  758  .  .  .  .  396. 
Codex  Justinian. 

I,  37,  1    .    .    .    .    .    .    .    .  621^ 

IV,  47,  2    244. 

IV,  61,  9    350. 

IV,  62    497^ 

VII,  41,  3    .     .     .    .    .    .     .  213. 

X,  23,  1    631*. 

XI,  4,  2    365. 

Codex  Theodosian. 

IV,  12,  9    350. 

VIII,  5,  48,  1    649 ^ 

XI,  24,  6    254. 

XII,  1,  97    629. 

XII,  6,  3    500-^. 

XII,  6,  15  u.  21    364. 

XII,  7,  2    369. 

XII,  13,  4    300. 

XIII,  2,  1   631*. 

XIV,  26,  1    270S  369. 

XV,  3,  5    335. 

Demosthenes 

de  Cherson. 

45    652. 

Philipp. 

IV,  16    652. 

c.  Timocr. 

39  (p.  712,  27)   550. 

96    657^. 

Digesta 

21,  2,  4   5543. 

26,  7,  32,  6    156. 

39,  4,  9,  1    594-^. 


843 


Seite 
Digesta 

39,  4,  10    497^ 

39,  4,  16,  7    380'. 

48,  6,  10    497^ 

48,  19,  9,  9    594-2. 

49,  14,  3,  6    594. 

50,  1,  17,  7    626*. 

50,  4,  1,  1    .   628^ 

50,  4,  18,  19    189^ 

50,  4,  18,  26    628^ 

50,  15,  3    242,  448. 

50,  15,  4  pr   209^ 

Dio  Ca ssius 

51,  18,  1  180^. 

51,  19,  6    787. 

53,  15  4973. 

57,  10,  5    498. 

62,  3    240^  247. 

63,  18    593^ 

66,  8,  5    241^ 

77,  9    362. 

Diodorus 

I,  35,  10    230. 

I,  36,  1    139=*. 

I,  36,  6    488 ff. 

I,  52    137,  3972. 

I,  53,  2    .   437. 

I,  74    700. 

I,  75    303. 

1,  77,  5   .     .     .    .     437,  456,  470-^. 

I,  82    375. 

I,  82,  2    175. 

I,  84,  8  419. 

XVII,  52,  6      ....     414,  487. 

XVIII,  14,  1  411. 

XIX,  85,  4   704V 

Diogenes  Laertius 

VII,  173/4  6. 

Dionysius  Halicarn. 

IV,  15    458. 

Etymologicum  Gudianuni 

p.  730   6. 

E  u  s  t  a  t  h  i  u  s 

p.  818,  32  757'. 

ad  Homer.  II.  XVIII  p.  1160  17*. 


844 


III.  REGISTER  DER  BEHANDELTEN  STELLEN. 


Seite 

Fragmenta  historic,  Graecor.  ed. 
Müller 

Aristagoras  II,  S.  98,  Nr.  5     .  433"^. 

Baton  IV,  S.  348    490^ 

Chaeremon  III,  S.  498,  fr.  4    .  396. 
Olympiodorus  IV,  S.  66,  §  37  709. 
Gaius 

I,  82    685*. 

Geograph!  Graec.  min.  ed. 
C.  Müller 

Agatharchides  §  22  .  .  .  .  425. 
Geoponica 

X  74  (ed.  Beckh)      ....  134i. 

Heliodorus 

Aethiopica  II,  12  .  .  .  .  74\ 
Herodotus 

I,  192    738. 

II,  6   7742. 

II,  37    644^ 

II,  38    395. 

II,  81    644^ 

II,  84    377. 

II,  108    345. 

II,  109    175. 

II,  149    137. 

II,  177    437,  456,  470. 

III,  89    665. 

III,  90     .......     .  424. 

III,  91     .     .     .     137,  202,  411,  665. 

Herondas 

VI,  64    568-2. 

Hesy  chius 

s.v.  STiafisxpaiov      .    .     .  .766^. 

s.  V.  oTcpiv   750. 

Hieronymus 

adDaniel.XI,  5  p.  1122  (Bened.)  412, 

740^ 

Hyginus 

p.  205  Lachm.  .  .  .  206,  209"^ 
Isocrates 

trapezit.  41  195. 

Joseph US 

c.  Apion. 

II,  5,  64    283. 


Seite 

J  0  s  e  p  h  u  s  antiquitates 

XII,  142      ....    240^  2413. 

XII,  155    2413. 

XII,  160  fr.   520  f. 

XII,  169    518,  521. 

XII,  175  413,  51 6^ 

XII,  176      ....  517,  5262'*, 
529,  531,  631^ 

XII,  177    548. 

XII,  184    535. 

XII,  186    521. 

XII,  261  u.  264     .     .     .     .  383^ 

XVIII,  158  .....     .  631*. 

XIX,  352    6682. 

bellum  ludaicum 

II,  309    593^ 

II,  385    238,  491. 

11,  386    204,  420. 

Justinianus 

ed.dedioec.Aeg.XIII    365, 387,  6282. 

novell.  XVII,  8    6282. 

Lexieon  rhet. 

Bekker  An.  p.  249,  18  .  .  .  190. 
Li  vius 

XXI,  63,  3/4    522*. 

XXXIII,  12,  3  79^ 

Notitia  dignitatum 

or.  XXXI,  49  709. 

Novum  testamentum 

Evang.  Lucae 

12,  24    6522. 

12,  58    622^ 

Orosius 

I,  8,  9  198. 

Periplus  mar.  Erythr. 

p.  19    348,  398. 

Philo 

adv.  Flacc.  16    498. 

Plinius 

naturalis  liistoria 

V,  49  (vgl.  61)   425. 

VI,  84    400,  584. 

XIII,  26    386. 

XIII,  102    374. 

XXXV,  150  171^ 


III.  REGISTER  DER  BEHANDELTEN  STELLEN. 


845 


Seite  Seite 

Plinius  Septuaginta 

ad  Traianum  Esth.  3,  9   90. 

6(22)                                     506.  Judd.  6,  11  341. 

112                                        2421.  ^^^^^  g  

Plutarchus  III  Makk.  2,  28,  30  ....  245  f. 

Akib.  5  .    .    .    .     522«,  526*,  529,  Strabo 

548,  566.  II  p.  78  u.  84  210*. 

Cato  min.  36                               593^  n      iqI   284^. 

de  Isid.  Osir.  31                            396.  XIV  p.  637    766^ 

Phoc.  17  85.  XVII  p.  787    .    .    .    .     175,  322, 

Pollux  425,  428,  432. 

I,  244                                           312.  XVII  p.  788    333. 

IV,  170                                       769-2.  p^gg  g9-2 

VI,  128                                       568-2.  XVII  p.  797    .     .    .     .    499*,  623, 

VIII,  103                                    195.  643,  657. 

VIII,  113                                     4921.  ^y^^  p  798    ..     .  399,  413,  427. 

IX,  32                                       568-2.  XVII  p.  805    771. 

IX,  III,  112  n\  XVII  p.  809    188. 

Polyaenus  XVII  p.  813    284. 

IV,  3,  32                                     739.  XVII  p.  81G  712. 

V,  2,  13   217.  XVII  p.  817    ...    .      211,  710. 

Polybius  XVII  p.  818  311. 

VI,  17,  4                             5481,  554.  XVII  p.  819    .     .     .     .      248,  571. 

XVIII,  36,  6                                   78.  XVII  p.  820    1533. 

XXV,  2,  11  195.  XVII  p.  840    498-2. 

Ptolemaeus  o 

Suetonius 

^^^'^'^^   Div.  Jul.  41      ......  442. 

IV,  5,  55                                       426.  . 

'    '  Augustus 

I^^ö'ßl                                     426.  ^3            ....  180-2,336. 

^'  '3  711.   4,2. 

Schol.  Aristoph.  Qaius  40     ....  217,  292,  329. 

Ritter  855                                     6*.  j^^ero  35    593i. 

Scriptores  bist.  Aug.  Suidas 

V.  Hadriani  6,5                          299.  s.  v.  g'.aypaiJLfia  217^. 

V.  Marci  9,  7—9                          452.  s.  v.  S'.aYpä'-i^avTo;    ....  89. 

V.  Pescennii  12,  4f.   ....  804^.  s.  v.  60-övr^   267. 

V.  Gallieni  6,  4                            269.  s.  v.  zX'Jvd;   264. 

V.  Saturnini  8,5  681.  s.  v.  axscpavtxöv    ....  29."»*. 

Script,  metrolog.  Synesius 

1  258,5                              738,7401.  epist.  61  (Hercher)     ....  177^ 

I  272                                          738.  Tacitus 

Septuaginta  annales 

Exod.  5,  7  163.  II,  59    655*. 

Deuter.  23,  17  219i.  IV,  6    573. 

Ruth  2,  17  341.  XIII,  50    573. 


846 


III.  REGISTER  DER  BEHANDELTEN  STELLEN. 


Seite 

T  a  c  i  t  u  s 
historiae 

I,  11    204. 

Theophilus 

paraphr.  Inst.  I,  5,  4  .    .    .    .  247 ^ 


Seite 

V  a  r  r  o 

de  re  rustica  I,  17  .  .  .  .  698. 
Xenophon 

Hellen.  I,  6,  4  79. 

Meraorab.  I,  5,  2    687*. 


B.  Papyri. 


A 

egyptische  Urkunden 

Acten  stücke  aus 

der  königlichen 

aus 

den  königlichen  Museen 

R  n  n  Ir    7  11 

Theben 

zu  Berlin  (BGU). 

Seite 

Seite 

I-IV     .    .    .  . 

485,  516,  525,  639. 

1  .  . 

....    231,  269,  353,  369, 

I,  1,  8    .     .     .  . 

  5263. 

597,  645,  6732. 

2  .... 

  526'. 

3  .  . 

  365. 

8  .... 

  526'2. 

4 

  676\ 

14  

  526*. 

17  

 5932. 

6 

  506f.,  509. 

25  .... 

.     .     .     .     .  527^ 

II,  2  .... 

  526^ 

8 

....    2512,  3C5^  387^  392, 

5  .... 

  526. 

498'^,  507,  597,  621,  625. 

  526^ 

9 

.     .     .     143S  171,  228,  325f., 

12  .... 

  526. 

381,  385. 

18  .... 

  526*. 

10 

 181^  373,  380, 

III/IV  .... 

207,  vgl.  525^ 

391,  404,  581^ 

11 

  486,  507,  509. 

•) 

  526^ 

12 

  175,  341. 

III,  14,  15  .     .  . 

  527^ 

14 

....  164,  364^  678,  700, 

IV  

.     .     .     .     .  748. 

733^  760. 

IV,  2,  5  .     .     .  . 

.     .     .     .     .  517^ 

16 

  385,  644*. 

17  

 179. 

17 

  455,  472. 

V-VII  ... 

.     .  670. 

18 

  505  f.,  508  f. 

V,  7  

  638^ 

20 

 212^,  657,  701. 

8  

  638"^. 

21 

....  256,  754^  763,  765. 

VI,  7/8  ...  . 

  638'. 

25 

  352,  373,  622. 

11  

  638. 

28 

  451,  454. 

VII  

  638. 

VII,  6    .     .  . 

  6382. 

33 

 6492. 

IX  

6332,  6383.  6713 

34  . 

  680. 

X 

 3712. 

XII  

  386. 

39 

  187,  772. 

III.  REGISTER  DER  BEHANDELTEN  STELLEN. 


847 


Seite 

41  .......  378,  390,  622. 

42  G23. 

46  .   802. 

47   365. 

48    770. 

50   •  l^^""^- 

51    466. 

52    466. 

53    439,  442  f.,  474. 

54    439,  445. 

55    439,  441,  454. 

57  ....      439,  441^  442^  445. 

58    439  f.,  4432. 

59    439. 

60    439. 

61    100,  380,  659. 

63  .   392,  614. 

64    380,  401,  662. 

66  G9\  79,  95. 

67   .    100,  659f. 

69   109. 

79   .  455. 

81  661. 

83  ■  .     .     .     390=*,  482. 

84  ....      203,  212^,  657,  7012. 

85  613^ 

86    771. 

87    4672. 

89    466. 

90    439,  441. 

91    506,  5082,  509. 

92    472,  476,  658. 

94    157,  481^  483. 

95  ....     439,  445ff.,  474,  684. 

96    362. 

97    439,  443,  446. 

99    95S  287,  335. 

101  6793. 

106    643. 

108    465ff.,  476,  625. 

109    438f.,  454. 

110  ..  451f. 

111  .  .     .  439,  448,  451  f. 

112  461ff. 

1  13    797. 


Seite 

115  .     .     439,  441*,  443,  446f.,  453f. 

116    439,  441^ 

117    439,  4411,  443,  454. 

118    439,  4411,  445,  454. 

119    439,  448. 

120    439,  448. 

121   645,  647,  649. 

122   .  439. 

123    439,  441*. 

124    439. 

125    439,  447. 

126    439,  441^. 

127    439. 

128    439,  4472,  683. 

129    439. 

130   .      439,  443. 

131    439,  442. 

132    439,  448^,  453f. 

133    286S  466. 

137    439,  441S  447. 

138    439,  441*. 

139  ...     .   204,  211,  458,  465ff., 

476,  482,  511. 

140    797. 

141    204,  208,  313,  465^. 

145  212',  598. 

146    699^ 

149    673*. 

150    365. 

152  813. 

153    4672. 

154    439 f.,  445  f. 

156    352,  364,  499*. 

159  5951. 

168    427*. 

173    365. 

174    788. 

175  512. 

176    337,  696^. 

178    7542,763. 

181    170,  392. 

182    439,  441,  447,  454. 

1S4    4  63. 

185    4  79. 

186    482. 


848 


III.  REGISTER  DER  BEHANDELTEN  STELLEN. 


Seite 

188    659. 

189    726. 

191    606. 

192    466. 

193    366,  368,  645,  687. 

194  ...     .     388,  506,  508f.,  601  f. 

195    500^  613^ 

198  212^  465. 

199  ...     .   352,  373  f.,  391,  401, 

597,  613,  623. 

212  391. 

213  361. 

214  69\  79,  614. 

216    390. 

217    482. 

218    659. 

219    378. 

220    141,  597f.,  732^ 

221    141,597f. 

223    666. 

224    439,  441. 

225    439,  441. 

226    500^ 

227    187,  313,  772. 

233    366. 

235    506,  508 f.,  602. 

236   .  351. 

240    363. 

243    461  ff. 

248    763. 

249    770. 

250    385,  396,  644\ 

253    365. 

254    455. 

259    512. 

264    338. 

266    466,  475,  625. 

273    814. 

277  ...    .      141,  353,  373,  380, 

393,  403f.,  644. 

282    368. 

289    365. 

290    771. 

292   352. 

297    678,  687. 


Seite 

298    439. 

299   .  512. 

300    606,  608. 

302    439,  446. 

308    384. 

315    368. 

316    684. 

324    439,  454. 

326  ...    .      362f.,  797,  803,  813. 

328    815. 

330    351. 

334    383,  613. 

336    156,  659. 

337  .    .     227,  25],  352f.,  366,  369, 

374,  382,  391,  396,  597f.,  616. 

339    679^. 

340    346,  572,  621. 

342    351,  648. 

345  .     .      266,  597  f.,  613\  614,  619. 

348   1572,  313. 

350    243,  366,  645,  790. 

352    466. 

353    466. 

354    466. 

355    466. 

356  ...    .     384,  395,  597f.,  612^ 

357    466. 

358    466,  475. 

359    335,  801. 

360    187. 

362  ..     .   153,  167,  625^  678,  729^ 

732ff.,  735,  798^ 

368    7662. 

372    595^ 

377    764. 

379    462S  463,  485. 

381    661. 

382    614. 

383    384. 

388    362,  467-2,  486. 

392    616,  623. 

399    660. 

404    368. 

408    187. 

409    320. 


III.  REGISTER  DER  BEHANDELTEN  STELLEN. 


849 


Seite 

410    439,  441. 

411  187. 

414  6G6. 

420  .     .    .   461  ff. 

421    466. 

425    661. 

426   482. 

427    467"2. 

430   439. 

431    383,  613. 

434    404,  449»,  801. 

447  ...     .     439,  443,  444^,  446, 

4472,  448,  474,  685f. 

454    803. 

457    512,  619f. 

459    4Glff.,  476. 

461  .   378. 

462    660. 

463    384,  597. 

466    503. 

467    684. 

471  ..     .     173,  366,  394,  401,  701^. 

474    648. 

475    252,  354. 

478    19lS  466^ 

479  .......    .  191S  466^ 

480    191»,  466\ 

484    426'2,  439,  444,  617^ 

485  .  .  .  .  141,  191S  252^  657^. 
490   1751. 

493    442,  448,  479,  684. 

494    479. 

495    479,  684. 

496  —  508    479. 

509    479,  660. 

510    479. 

513    338. 

515  ..    .  255S  615,  618,  620,  802. 

519  157. 

521    378. 

524    439,  446,  474. 

526    176^  187. 

528   383. 

529    156,  662. 

531    763,  766. 


WiLCKEN,  Ostraka. 


Seite 

533    479. 

534    156,  401,  662. 

535    815"^. 

536    461  ff.,  479. 

537    439,  441. 

538    187. 

542    368. 

552    309,  364,  626. 

553    309,  626. 

554    309,  626. 

555    309. 

556    309,  658. 

557    309. 

560  ..    .       254\  6442,  646-'^,  701^. 

562    241. 

563  ...    .       175,  196,  213,  482. 

564    482. 

565    482. 

566    482. 

572    174^ 

573    174^ 

574    174^ 

577    439,  445f.,  448. 

578    196,  657,  728^ 

579  .    .    379,  429,  627f.,  658,  769^ 

585    663. 

586    176^ 

589    701^. 

593    338^. 

598    512,  616^ 

599    393S  643f.,  701*. 

603    773^ 

604    773^ 

607    659,  671^. 

612  190^ 

617    173,  381,  687. 

618  341^. 

619    508^  600. 

620    645. 

621    658,  671^ 

624    701. 

629    466. 

639    616,  623. 

645   386. 

646    802. 

54 


850  III.  REGISTER  DER  BEHANDELTEN  STELLEN. 


Seite 

647    37G.      P.  2294 


648    701. 

649    472,  476,  658. 

650    392,  645. 

052  .     .     .    373,  390,  401,  403,  622. 

653    391,  622. 

654    378. 

655    354. 

659    432^,  512,  701^. 

666    196. 

667    481,  483. 

679    7122. 

681  712-^. 

692    760. 

693    763. 

694    763. 

697    671 3. 

699    678. 

706    439,  442. 

707    647,  672^ 

711  ...     .      582S  597,  614,  804. 

713    729. 

715    660^ 

729    624. 

730    472,  476,  658. 

734    451^. 

740    652. 

747    604,  609,  645. 

748   184,  597. 

753    173,  431-. 

Papyri  der  Berliner  Bibliothek. 

12    760. 

21  R   300,  642. 

21,  8    386. 

21,  10    400. 

23,  10    373. 

25,  9    365. 

Unpublieirte  Berliner  Papyri. 

P.  1364    323-2. 

P.  1394    169,  286,  403. 

P.  1422    159,  193,  196. 


Seite 
212^ 

P.  2308    351. 

P.  2311    351. 

P.  2476    382. 

P.  2695    89^ 

P.  2697    89^ 

P.  2701    345^ 

P.  6056    107^ 

P.  6905    815. 

P.  6951  I   388. 

II   360. 

P.  7097  .     .    243,  439,  449,  A'oB\  471. 

P.  7194   815. 

P.  7246    814. 

P.  7299    8l4f. 

P.  7332    815^ 

P.  7377    815. 

P.  7390    S15. 

P.  7459    429. 

P.  8459    802. 

P.  8794    769'. 

Inv.  VII,  1658    373. 


Charta  Borgiana      ....  683. 

I,  Iff.   339 If. 

III,  10   173^ 

26    227^. 

IV,  13   173^ 

VI,  20/21   17^. 

VIT,  13    33  7  ^ 

34    173^ 

IX,  5    227='. 


Genfer  Papyri. 

4    432=*. 

9  78*. 

10    320,  433^ 

13  187. 

15,  3    774. 

16    595^ 

17  619. 

18    439,  454. 


III.  REGISTER   DER  BEHANDELTEN  STELLEN. 


851 


Papyri  Grenfell. 


40 

....  788. 

I. 

41 

.     219,  288, 

587  flf.,  607,  622. 

.Seite 

43 

.     .    .     .  331. 

[)  

670^  " 

43,  6 

....  810. 

18,  20    .    .  . 

743, 

44 

659,  661,  671^ 

1461. 

45  . 

....  466. 

22,  11     .     .  . 

732^ 

46 

....  369. 

25  .... 

710. 

48 

....  37s. 

27     .     .  . 

710. 

49 

....  439. 

27  III  4 

72  2\ 

50 

354 ff.,  759. 

III  10 

183. 

52 

....  378. 

29  .... 

.     .  675, 

739^ 

53  . 

....  338. 

33,  18    .     .  . 

429^ 

54 

....  382. 

33,  52    .     .  . 

650. 

55 

381,  439,  441. 

39,  1  ... 

7  55. 

56 

149S  465,  477. 

39  V  2   .     .  . 

759. 

5473,  770,  774. 

43  .... 

686. 

58 

....  394. 

44     ...  . 

710. 

59 

687,  794ff. 

45,  46    .     .  . 

438, 

440,  450, 

701^ 

6(1 

173,  792,  803. 

47  .... 

698-2. 

62 

....  804. 

48  .... 

661. 

63 

....  660. 

49  .... 

467. 

64 

....  396'^ 

610^. 

65 

.     ,     193,  381. 

54,  10    .    .  . 

176^. 

66 

....  621. 

498^  766, 

7  73. 

67  . 

675, 

680,  756,  794 ff. 

72 

....  623. 

II. 

14  b  .     .     .  . 

389  f.. 

4932 

....  678. 

15  .... 

....  729. 

18  .... 

679. 

79,  1 

.     .  1731,  476^ 

19  .... 

6791. 

80-82 

....  382. 

21  .... 

679. 

90,  13 

22  .... 

23  .... 

4932,  633-, 

654. 

99  . 

....  763. 

24  .... 

429S 

675^ 

24,  13    .     .  . 

772. 

25  .... 

366. 

Leidener  Papyri. 

26  .... 

366. 

A 

.     .     .     .  632^ 

27  .... 

679. 

....  367. 

28  .... 

366, 

C  R  14 

....  722'. 

F 

302,  516',  520. 

33  .... 

366 

,  638,  652, 

,  670. 

G  3 

....  565'. 

....  19'. 

37  .... 

632^,  637, 

654. 

....  17.-.'. 

L  II  7 

.     .     .     .  639-. 

54* 


852  III.  REGISTER  DER   BEHANDELTEX  STELLEN. 


Seite 

O   367. 

O,  24  f.   722^ 

Q  .     .     .     .  61\  118,  1592,  361,  564, 

750,  762. 

E   632-^. 

Y  II  16  7. 


Leipziger  Papyri. 


411  . 

5  .  . 

6  R  . 
8  .  . 

11 

11  R 
11  V 
13  R 
27  R 
27  V 
29  R 
32  R  . 
34  V. 


...  74. 
354,  369,  377. 

.  .  .  187. 

.  .  .  756. 

.  .  .  688. 

.  .  .  739^ 

.  .  .  138^ 

.  .  .  334. 

.  .  .  170. 

.  .  .  760. 

.  .  .  304. 

.  .  .  756^ 

.  .  .  760. 


Londoner  Papyri. 

XIV   755. 

XVII   758. 

XVIII                                    743,  749. 

XXII   758. 

XXIII   669. 

XXIII,  110    495. 

XXVII                                   637,  640. 

XLIII   377. 

L                           433"^  457,  473,  481. 

XCIX                                      288,  379. 

CX   792. 

CXIII  6  b   170. 

9  e   763. 

CXIX    .    .  134,  148  ff.,  203,  208,  250, 

258,  315ff.,  656,  712. 

CXXV                                   680,  745. 

CXXX   792. 

CXXXI  R  .    .    .  146,  164,  170,  272S 

675,  677,  699,  732,  754,  757^  759. 

CXXXIX   187. 

CLXXVII  701»  703. 


Seite 

CLXXIX  811. 

CLXXX   659. 

CLXXXII   439. 

CXCV  A  159. 

CXCIX   506,  509. 

CCVI  35Gf. 

CCVIII  a   455. 

d   770. 

CCXVI  ,  651,  698,  773. 

CCXVII   100,  380,  659. 

CCXXXIV  621. 

CCLV    .    .    .    286,  373,  606 ff.,  613, 
G19\  647. 

CCLVI  ....     6572,  661  f.,  701-. 

CCLIX   438. 

CCLX   432^  438,  454. 

rCXCV      .    .    100,  310,  4293,  659 f., 

6713. 

CCXCVI   335. 

CCCVI  .     .     .111,  G05ff.,  645,  046^. 

CCCIX   466. 

CCCXIV   439,  487. 

CCCXVI     ....    79,  355\  356 ff. 

CCCXXI  c   338. 

CCCXXVU   466. 

CCCXXVIII   466. 

CCCXLVIb    .......  659. 

CCCXLVII      .    .  232,  374,  401,  597. 

CCCXLVIII  431^ 

CCCLI   659. 

CCCLXXX   263,  731. 

CCCLXXXIII   263. 

CCCCI  18',  598^ 

Pal.  Sog.  II,  164    392. 

II,  189  13'. 

Kenyon,CataLGr.Pap.S.94,96,99  .  7. 
Bilinguis     ...     65,  183,  362,  403. 

Papyri  Oxy rhy nchos. 

9  V   735,  738,  744. 

34  4791,  589^. 

36  ....      477,  571,  574^,  620. 

37    678,  6872. 

39,  6    426. 

43    661  f.,  7542. 


III.  REGISTER  DER  BEHANDELTEN  STELLEN.  853 


Seite 

Seite 

.    .     .     590,  593. 

5,  43  .... 

710. 

45,  17  . 

  789. 

679. 

48 

8,  9  

90. 

48-50  . 

  729. 

12  

701. 

17      .     .  184,  3191, 

591,  598 

,  618 

,  647. 

  6971. 

19,  7  .... 

792. 

54,  10  . 

.....  509-2. 

792. 

56      .  . 

  804. 

21,  52    .     .     .  . 

368. 

57      .  . 

.    .     .  502  f.,  656. 

21/28  .... 

368. 

58     .  . 

.     .    .    430,  625^ 

32  

267. 

60,  1 

  435^ 

42  

295. 

61      .  , 

  647. 

60*»^  

677. 

61,  15  . 

  4982. 

61  

568. 

62      ,  , 

  627. 

62  

518, 

599, 

636. 

63     ,  , 

  659. 

62      I,  1.  .     .  . 

520^ 

67,  5 

 4352. 

I,  2    .     .  . 

518'. 

71 

 671. 

I,  6    .    .  . 

514. 

72 

.    .    .     .      461  ff. 

I,  9    .    .  . 

536. 

73      .  . 

.     .     .    467,  6853. 

I,  9/10    ,  . 

567. 

74 

.    .     .     466,  471. 

I,  11  .    .  . 

531«, 

463S  468,  471. 

I,  13  ff.    .  . 

548. 

78  , 

.    .    .     466,  484. 

I,  15  .    .  . 

549. 

79 

.    .    .     455,  472. 

II,  2  ff.      .  . 

641. 

81      .  . 

476S  4 

76^  602,  605,  630. 

II,  4/5  . 

554^ 

82 

  603. 

II,  7  ff.     .  . 

553. 

S4 

  697^ 

II,  9    .    .  . 

549. 

  6971. 

II,  llff.    .  . 

533, 

552. 

86,  6 

  467. 

III,  3    .     .  . 

549, 

559. 

11 

 431. 

III,  6/10    .  . 

555. 

89,  3 

  770^. 

III,  11/16  ,  . 

529. 

91 

.     678,  687,  720=^. 

III,  11 

548. 

92 

  680. 

III,  14  f.    .  . 

527*. 

93 

  680. 

III,  15  .    .  . 

532-2. 

95 

.     .     .    434^  687. 

III,  17ff.    .  . 

547, 

555. 

96 

IV,  4    .    .  . 

.  369, 

570. 

IV,  9  ff.     .  . 

565. 

99     .  . 

.  647, 

712^,  729,  736,  809. 

IV,  11  .    .  . 

519*. 

100 

.     .     .     484,  624. 

IV,  13  .    .  . 

569. 

101,  40 

  772. 

IV,  15ff.    .  . 

723  f. 

104   .  , 

 801. 

IV,  18  .    .  . 

V,3    .    .  . 

532^. 

90. 
532. 

Pariser 

Papyri. 

V,  8  ff.     .  . 

533«. 

5,  3,  3  . 

 331. 

V,  12  .    .  . 

77',  89, 

561, 

640. 

5,  19,  1  , 

 177. 

V,  17  .    .  . 

379, 

394. 

854 


ni.  REGISTER  DER  BEHANDELTEN  STELLEN. 


Seite 

62  V,  19  .     .     .     .     181,  369,  516^ 

VI,  3    394. 

VI,  4  521. 

VI,  8flf.   529',  548. 

VI,  lOflf.   543. 

VI,  13    5381. 

VI,  14    542. 

VI,  21    567. 

VIII   5301. 

VIII,    9    640. 

VIII,  10  6411. 

VIII,  15  5342. 

63    196,  702. 

63  I  22    283. 

IV  3  f.   369. 

IV,  98    138. 

A%  171    420. 

163  fr.   702. 

178    701. 

66     ....      180,  259,  261,  337f. 

66  II  6    768. 

67    181,  264,  271,  369. 

67,  15    138. 

16  216. 

II,  11    400. 

II,  17    394. 

Pap.  bei  Revillout,  Melanges 

S.  300  flf.   .     .     .139,  517,  530, 
531*,  548*,  563,  641. 

S.  327    672-2. 

S.  333    670. 

Pap.  bei  Hirschfeld,   Sitzungsb.  Berl. 
Akad.,  1892 

S.  817    .    .     .  506,  508,  508^ 
Pap.  Hermes  XXIII  S.  593    .    .  737. 
Mathem.  Pap.  v.  Achmim.  Mem.  de  la 
Mission  archeol.  franc.  au  Caire  IX 
749,  752. 


Fliuders  Petrie  Pajiyri. 
I. 

XV   685. 

XVI,  2    90,  107. 

XXI,  14    433=^. 


Seite 

XXII,  2    261,  336. 

XXIII   2601,  261,  336. 

XXV,  2    76,  400. 

XXVIII,  2    396,  5461. 

II. 

II,  1    186,  194. 

IV,  2    6821. 

3    720-2. 

11  201. 

12  5251. 

VI,  5  1801. 

X,  1    389,  495,  502. 

XI   363,  458,  473. 

XII   353. 

XIII,  1  5251,  5391,  697. 

17    151,  500^  565. 

18b    ...    .  5251,  5273,  5592. 

XIV,  Ib  .  .  .  .  5251,  5321,  673. 
Ic  .  .  5251,  5321,  5401^  673_ 
Id     .     .     .     .    5251,  5321, 

2a  163. 

XV,  2    759. 

XVII,  1    565'2. 

XX   7081. 

XXII   565. 

XXV     .    .    .     672,  741f.,  748,  757. 

XXVI   632,  636,  673. 

XXVI,  3  -  6    634^ 

XXVII,  1  .    .    .     .     135,  1572,  460, 

471,  758. 

3    264,  721-2. 

XXVIII   709-2. 

XXIXa  151,  7212. 

b  7041. 

b/d  186. 

XXX  b   482. 

c   460. 

d   200. 

e   460,  758. 

XXXII,  1  .     .     .  224,  294,  354,  382i, 

642»,  649,  6761. 

XXXIII,  a      .     .    .      365,  667,  676. 

XXXVI  ....  1751,  261  f.,  336. 

XXXVII  2  c   754. 


m.  REGISTER   DER   BEHANDELTEN  STELLEN.  855 


Seite 

Seite 

XXXYIII  a 

 180^ 

14  .... 

527. 

XXXIX  b/c  . 

  304. 

14,  12    .     .  . 

.     .     .     .  538, 

542. 

d  20  , 

.     .     .     .      377,  748. 

15  f. 

536. 

e  . 

.  275,  296,  344f.,  352, 

15  .... 

522. 

375,  378,  382,  400,  402,  666. 

15,  1  ... 

542. 

f 

.     .     .     .      143,  402. 

2ff.  .    .  . 

549. 

i  .  . 

.     .      157^  319,  482. 

lOff.  .     .  . 

560. 

XLb 

 76. 

16  .... 

569  f. 

XLIII  a 

 150. 

16,  4  ... 

569. 

b 

157-,  159^  319,  403. 

17  .... 

569  f. 

XLIV  9 

  207. 

17,  Iff. 

569. 

XLYI 

158^,  520S  532"^  550, 

5  ... 

561^ 

552  ff.,  725. 

13      .     .  . 

552. 

XLVI  a 

 4712. 

14  ... 

53 1^ 

c 

.    90,  183,  632,  636-2. 

17  ... 

544. 

XLVIII 

.    .     .     .     653,  769. 

18  .... 

569  f. 

S.  7  .  , 

 76. 

18,  7  ... 

....  494, 

,  570. 

S.  22,  9 

  686. 

9ff.  .     .  . 

570. 

S.  23 

  685  f. 

14      .     .  . 

570^ 

S.  29  (app.  S.  3) 

.     .    .     402,  539, 

562. 

557,  559. 

19,3           .  . 

550. 

S.  33 

  459. 

6      .     .  . 

494. 

S.  3G,  , 

.    .    375,  402,  459,  473,  701. 

492,  494, 

657». 

S.  37  d 

  377. 

11  ... 

562. 

S.  43 

 103. 

20,  7ff  .     .  . 

555. 

12      .    .  . 

517. 

14      .     .  . 

287. 

Revenue-Papyrus. 

22,  5  ... 

562. 

6,  1  . 

  566^ 

24  .... 

492. 

7,  3 

  523. 

24,  11     .     .  . 

....  135, 

,  459. 

9,  2  . 

 5572. 

767. 

3 

 5492. 

10,  1 

  568. 

27,  5  ... 

471. 

10 

.    .    .    .  539,  558 ff. 

13  ... 

471. 

11 

  558  ff. 

18      .     .  . 

91-. 

11,  11  ff, 

  543. 

13 

  557. 

28,  9ff.  .     .  . 

562. 

15 

  550. 

16  f. 

  556  f. 

29  .... 

....  460, 

,  472. 

17 

  542. 

12,  1-4 

  543. 

14    .     .  . 

:.r,4'. 

13 

  556. 

16 

  557. 

159*. 

13,  Iff. 

  556. 

31      .     .     .  . 

424. 

3 

 91^ 

856  m.  REGISTER  DER  BEHANDELTEN  STELLEN. 


Seite 

Seite 

31,  14    .     .  . 

562. 

48 

,  10 

89^ 

18  f..     .  . 

G53. 

49; 

,  10 

460. 

32,  3      .     .  . 

 IG, 

761. 

50 

,  20 

.     .    .     .  460, 

,  696. 

19      .     .  . 

757. 

51 

673. 

33,  2  ... 

5623. 

52 

,  13 

.     .     .     .  399 

,  460. 

6      .    .  . 

562. 

53 

,  10- 

11  .  . 

514. 

34,  2  ... 

.     .     .     .  5481, 

560. 

20 

757. 

3      .     .  . 

534. 

54 

,  1 

528. 

5  ... 

.     .     .     .  5191, 

782. 

9 

754. 

8      .     .  . 

.     .     .     .  532^, 

570. 

12 

520^ 

20ff 

569. 

io 

£i  Q 
Odo. 

55 

^  4 

761. 

14 

531^,  533^, 

541. 

7  ff 

740. 

15 

538, 

552. 

16 

528. 

1 6 

541 

544. 

18 

.    .     .     .  557, 

620^. 

17 

531®  534^ 

542. 

19 

551. 

56, 

,  l'l 

.    .     .    .  548f. 

,  561. 

15 

534. 

36 

492, 

57 

518^ 

o  c  o 

472. 

57 

,  2 

782*. 

1  n 

/l  7  O 

4/5 

51 8  ff. 

1 1 

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8 

528. 

17 

450 

22 

76. 

19 

158 

615^. 

59 

,  2 

782^ 

158*,  492, 

568. 

4 

518. 

37,  6  ... 

514^ 

16 

528. 

10      .     .  . 

472. 

60 

433^ 

60, 

,  13- 

15 

719. 

12  ... 

502. 

23 

520. 

39  .... 

740. 

72 

,  3 

265^. 

73 

634. 

40,  6  ... 

368. 

74 

,  5 

635*. 

11  ... 

757. 

75 

,  1 

536S  632 

,  635. 

13  ... 

7572. 

76 

15  ... 

757"^. 

77, 

,  4 

91. 

19 

768. 

78; 

,  1 

6353. 

41,  13     .     .  . 

18^ 

85; 

,  1  u, 

.  7    .  . 

368. 

42,  11     .     .  . 

460. 

86; 

,  10 

471. 

17     .     .  . 

471. 

12 

912. 

43,  8      .     .  . 

368. 

87 

268. 

44  .... 

696. 

91. 

,  2 

268. 

44,  18flf.      .  . 

696. 

93, 

,  94, 

96 

268. 

45  .... 

696. 

103,  1 

2662. 

45,  4  ... 

757. 

104,  4 

47,  14     .     .  . 

189. 

fr.  6  . 

.    .    .  5191, 

782^ 

III.  REGISTER  DER  BEHANDELTEN  STELLEN. 


857 


Seite 


Pap.  Sakkakini  (Eevilloiit,  Rev. 
Egyptol.  III,  llSflf.)     .    .  139^ 
1443,  1632,  IGG,  676. 


Turiner  Papyri. 

I   731. 

1  4,  5    486. 

4,  15   792. 

4,  18   792. 

7,  10    345,  4G0,  470. 

IV,  25    366. 

26    722^ 

Y,  VI,  VII   563,  568. 

VIII,  12    696^ 

17    696^ 

24    675. 

35    366. 

36f.   722^ 

87    366. 

XIII   722^ 


Wiener  Papyri. 

Corpus  Papyrorum  Raineri 

I,  1,  11  

1,  16  

1,  21  

2,  9  

3,  16  

12  

24,  2  

25,  1  

31  

33  

34  

35,  9  

38,  18  

39  

39,  19    773, 

40  u.  41  

41,  23  

43  

45,  21  


729^ 


512, 


503. 

351. 

366. 

366. 

366. 

735. 

813. 

813. 

770. 

703. 
431*. 

773. 

773. 
212^ 

774. 
176^ 

770. 

773. 


Seite 

I,  48,  3    809. 

20G  I  12    243. 

233   4352. 

241    188. 

I  S.  110    503. 

S.  158  210V 

II  S.    17    .    .  510. 

S.  132    774. 

S.  183    764-^,  7671. 

Mitteilungen  aus  der  Sammlung  der 
Papyrus  Erzherzog  Rainer. 

II  S.  16    809. 

S.  19    805. 

S.  23    798,  805. 

S.  31    .    .     .      679^'%  680S  805. 

IV  S.  58    658. 

No.  1410  (-=  II  S.  21)  ....  455. 

1412  (=  II  S.  20)  .    .     .    .  455. 

2026  (=  IV  S.  58)  455,  658. 

Härtel,  über  die  griechischen  Papyri 
Erzherzog  Rainer  Wien  1886 

S.  64    463. 

S.  74    466. 

S.  75    660*. 

Anzeiger  der  Wiener  Akademie 
XXXI  1895  S.  7    455. 

AViener  Papyrus  31  (Wessely  Wien. 
Stud.  IV  1882;  ders.  Die  griech. 
Papyr.  d.  Kais.  Samml.  Wien  1885 
S.  22»   187,  701^ 

Papyrus  bei  Wessely  „Zythos  u.  Zythera** 
S.  43    384,  388,  603. 


Zoispapy  ri. 
I  13    517-,  565. 


19 
20 


534*. 
526». 


858 


III.  REGISTER  DER  BEHANDELTEN  STELLEN. 


Seite  Seite 

1  24                                               52G^  Papyrus  Petersburg  14"*  (Philologus  LIII 

29   91.  S.  89)   503. 

BS  .    .                                      720.  Papyrus  im  Museum  von  Alexandrien 

—       •     •        65,77,264,  265,  5161,  (Bulletin  de Corresp.  Hellen.  XVIII 

525,  546S  551f.,  557^  g.  145f.)  ....  436,  456,  457, 

650,  699. 


C.  Ostraka  (in  Band  II  nicht  publicirt). 


Berliner  Museum. 


8 

183 
206 
228 
1156 
1570 
1610 
P.  4149 
P.  4229 
P.  4412 
P.  4424 
P.  4497 
P.  4620 
P.  4756 
P.  4820 
P.  4838 
P.  7459 
P.  8597 
P.  8598 


.  351. 
.  765. 
.  163. 

220. 

152. 
.  112. 

219. 
.  11-2. 
.  288. 
.  158-. 

11'-. 

117. 
.  250. 
.  751^ 
.  680. 
.  7  65. 
.  629'. 
252.  314. 


P.  8622  .  ; 
Wiedemann  2 


12688 
12696 
12711 
12713 
16510 
25660 


178 
480 
562 


7292 
7757 
7867 


British  Museum. 


A  s  h  m  o  1  e  a  n  Museum. 


Lou  vre. 


225.  8531 


279. 
61. 


116. 
610. 
117. 
610. 
752. 
680. 


713. 
610"'^. 
710. 


276. 
766. 


229. 


D.  Holztafeln. 

Berlin  .  .  .  66^  398,  551^,  557*.  London  .  .  .  G6^,  398,  557^,  557^ 
Hess  ....    66-2,  127\  557\  557*.      Paris      .     .     .     65^  398,  557S  557^ 


E.  Inschriften. 


CIL. 


III,  431    498^ 

II,  1970    283.  3925    601. 

11,8.5929    136».  S.  13750    218. 


m.  REGISTER  DER  BEHANDELTEN  STELLEN. 


859 


Seit«- 

V,  7547    601. 

VI,  8588    601. 

VIII,  997    601. 

IX,  5144    170. 

X,  143    272V 

4862    499"^. 

6668    601. 

Orelli. 

516    426"^  427^. 

3881   427*. 

Bruns,  fontes  iur.  Rom. 
S.  257  (Sporteltarif  aus  Thamugadi  in 

Numidien)   680. 

S.266  (lex  metalliVipascensis)574'2,  591. 

CIA. 

II,  476    768\  769. 

IV,  1,      Nr.  569—571       ....  öV 

C I  Gr. 

1569    191. 

2830ff.   642*. 

2842   6451. 

2878    433^ 

3490    627. 

4680    153-. 

4697    672. 

4699    154,  509\ 

4701    428. 

4892    605\ 

4896    275,  671. 

4919  612. 

4956    501,  571  f.,  671. 

20    390. 

26    275. 

34    502. 

37    494V 

4957   7973. 

3  813. 

8  .     .  497-. 

10    592,  701. 

11    393V 


Seite 

4957  12    592. 

13    645. 

16    645. 

17    285,  621. 

18    645. 

21    499*,  645  f. 

23    462V 

26    5  71. 

29  f   645. 

31   186. 

32    701V 

34  f.   603S  604. 

35    622V 

36    499. 

39    499  V 

40    595V 

46    199,  500. 

47    425. 

49    451,  504. 

50    596V 

54    501V 

57    211,  505. 

59  416. 

60    176V 

4987    794ft". 

4989    434. 

4996    434. 

5000    434. 

5020   794 fl'. 

5032    434. 

5075   351,  399. 

5085    499V 

5895   658. 

5973    658. 

Dittenbergcr  Sylloge. 
312  182*,  263*,  378V 

Le  Bas. 

n.  323  tf.   52  7  V 

n.  404    589*. 

Stele  von  Assuau  ....  19»'.. 
Steuerinschrift  aus  Cos  l.?»"». 


219^  391,  397. 


860 


III.  REGISTER  DER  BEHANDELTEN  STELLEN. 


Seite 

Tarif  von  Koptos    .         347,  395^ 

572,  597. 

Tarif  von  Palmyra  .     .    136,  142^ 
191,  217,  329f.,  G203,  73G,  754*. 

Inschrift  von  Rosette. 

13   158. 

IG   397. 

17  2G9,  G73. 

28    199. 


Seite 

29  2G9,  673,  759. 

30    151,  759. 

Trilinguis  von  Pliilae  153^,  497^ 
Gotting.  Nachr.  1892,  S.  533  387. 
Hermathena  1895,  XXI,  S.  162  388. 
Hermes  IV  S.  187  ....  137^ 
XX  S.  447  .  .  674,  798. 
Athen.  Mittheilungen  X,  1885, 

S.  205    545,  589"2. 

Aeg.  Zeitschr.  1872,  S.  27  793ff. 


Im  gleichen  Verlage  ist  erschienen: 

TAFELN 

ZUE  AELTEREX 

GRIECHISCHEN  PAL^^IO  GRAPH  IE 

XACH  OPJGIXALEX  DES  BEELIXER  X.  MUSEUMS 
ZUM  AKADEMISCHEN  GEBRAUCH  UND  ZUM  SELBSTUNTERRICHT 

HEE AUSGEGEBEN  VON 

Dfr  ULEICH  AVILCKEN 

A.  O.  PROFESSOR  DER  ALTEX  GESCHICHTE  A.  D.  UXmiRSITAET  BRESLAU. 

XIY  Seiten  Text  und  20  Lichtdrucktafeln  in  Mappe. 
Preis  in  Mappe  10  Mark. 


Der  Herr  Herausgeber  stellt  in  diesem  Werke,  welches  dazu 
bestimmt  ist,  eine  Lücke  in  unserer  palaeographischen  Literatur  aus- 
zufüllen, die  Forderung,  dass  man  eingehend  die  Cursiye  studire, 
ehe  man  an  die  mittelalterliche  Minuskel  herangeht,  da  erstere  nichts 
weiter  als  ein  früheres  Entwicklungsstadium  der  letzteren  sei,  und 
hat  deshalb,  da  die  bisherigen  Publicationen  ein  systematisches 
Studium  der  Cursive  kaum  ermöglichten,  aus  der  reichen  Sammlung 
des  Berliner  Museums  Proben  aus  den  verschiedenen  Entwicklungs- 
stufen der  griechischen  Schrift  bis  zur  Minuskel  heran  auf  20  Licht- 
drucktafeln gegeben.  Tafel  I — VI  enthält  Uncialtexte  vom  I.  bis 
c.  VIII.  Jahrhundert,  Tafel  VII  bis  XX  Cursivtexte  vom  II.  Jalir- 
hundert  vor  Chr.  bis  zum  VIII/ IX.  Jahrhundert  nach  Chr.  Den 
Tafeln  ist  eine  Vorrede,  sowie  erläuternde  Bemerkungen  zu  den 
Tafeln  (auch  Leseproben)  vorausgeschickt. 


GIESECKE  (Je  DEVEIENT 

TYPOGRAPHISCHES  INSTITUT 
I.EIPZICt  —  BERLIX 

Beginn  des  Druckes  des  I.  Buches  September  1896 
Schluss  des  Druckes  April  1899 


<?S^