tut mtoUfficitt
PRINCETON, N. J. ^
Division
DJ 61
Section ,..W..6 6
V
,/
: ^ ■>0-:
GRIECHISCHE OSTRAKA
AUS AEGYPTEN UND XUBIEX
GRIECHISCHE OSTRAKA
ALS AEGYPTEN UND NLBIEN
EIN BEITRAG ZUR ANTIKEN WIRTSCHAFTSGESCHICHTE
VO.N
W ULRICH WILCKEN
OKD. PROF. DER ALTEN GESCHICHTE A. D. UNIVERSITÄT BRESLAU
ERSTES BUCH
LEIPZIG UND BEKLIN
VERLAG VON GIESECKE & DEVRIENT
1899
Digitized by the Internet Archive
in 2015
https://archive.org/details/griechischeostra01wilc
THEODOR MOMMSEN
GEWIDMET
VORWORT
Als ich vor fiinfzelin Jahren als junger Student, von
MoMMSEN auf die damals noch jungfräuliche Berliner Papyrus-
sammlung huige wiesen, mich als Autodidakt in die griechische
Palaeographie einzuarbeiten anfing, reizten mich neben den
Papyri ganz besonders die Reproductionen der Ostraka, die der
dritte Band des Corpus inscriptionum Graecarum bietet. Die
ersten kleinen Resultate meiner Entzifferungsversuche veröffent-
lichte ich noch in demselben Jahre 1883 in einem Aufsatz über
„Aeg}^tische Eigennamen in griechischen Texten" (Zeitschr.
Aeg. Spr. 1883 S. 159 ff.). Die aegyptische Abteilung der könig-
lichen Museen zu Berlin, die jetzt dank den unausgesetzten
erfolgreichen Bemühungen des Directors, Adolf Ermax, eine
der bedeutendsten Ostrakonsammlungen enthält, bot damals für
diese Studien nur ein geringes Material. Einen Einblick in die
grosse Wichtigkeit, die diese Urkundenklasse für die antike Wirt-
schaftsgeschichte hat, gewann ich daher erst, als ich in den
Jahren 1886 und 1887, dank der Liberalität der königlich
preussischen Akademie der Wissenschaften, in die glückliche Lage
kam, die Sammlungen von Paris, London, Oxford, Leiden,
Rom und Turin kennen zu lernen. Damals fasste ich den Ent-
schluss, so etwas wie ein Corpus ostracorum zu schaffen. In-
z\vischen mehrte sich das Material von Jahr zu Jahr, von Monat
VIIl
VORWORT.
ZU Monat. Viele Hunderte von Ostraka kamen allein in das
Berliner Museum und konnten hier von mir studirt werden,
während ich auf die neueren Erwerbungen der anderen Museen
zunächst verzichten musste. Einen vorläufigen Bericht über die
Ostrakonliteratur gab ich in der ,,Archaeologischen Gesellschaft"
im Mai 1889, nachdem ich vorher die Bonner Ostraka im
Rheinischen Jahrbuch (s. unten) besprochen hatte. Durch meine
Uebersiedelung nach Breslau, w-o der neue \Yirkungskreis in den
nächsten Jahren meine Arbeitskraft vollständig absorbirte, kamen
die Arbeiten in^s Stocken, und als ich mich endlich wieder
meinen wissenschaftlichen Untersuchungen zuwenden konnte,
waren inzwischen in Berlin und anderwärts epochemachende
Papyrussammlungen erworben worden, deren Bearbeitung mir
nicht nur verlockender, sondern auch zur Zeit notwendiger er-
scheinen musste. So ging der Druck der Ostrakontexte, der schon
1889 (!) begonnen hatte, in den folgenden Jahren nur ruckweise
vorwärts, mid erst im Sommer 1894 konnte ich mich der Aus-
arbeitung des Commentars zuw^enden.
Dass diese Genesis in der Publication selbst ihre Spuren
hinterlassen hat, ist selbstverständlich. Es gilt dies namentlich
vom II. Buch, Avo Anhang an Anhang gefügt ist. Wenn aber
auch im Aeusseren Unebenheiten genug dadurch entstanden sind,
so ist es doch meinen Untersuchungen sehr zu statten gekommen,
dass die fortwährende Erweiterung unserer Kenntnisse durch
wichtige neue Materialien — ich erinnere an die Flinders Petrie
Papyri, den Londoner „Catalogue", den Revenue -Papyrus, die
Publicationen von Grenfell und Hunt und unsere Berliner Edi-
tion — für die Ostraka noch verwertet werden konnte. Hier-
durch sowie durch das fortwährende Nachprüfen der früheren
Lesungen sind die „Zusätze und Berichtigungen", die am Schluss
des II. Buches gegeben sind, recht umfangreich geworden. Nament-
lich ist es von grossem Vorteil für mein Buch gewesen, dass ich
im Sommer 1895, wiederum unterstützt von der königlich
preussischen Akademie der Wissenschaften, Gelegenheit hatte,
die Lesungen, die ich neun Jahre zuvor in Leiden, London
VORWORT.
IX
und Oxford gewoDnen hatte, nochmals am Original zu prüfen,
ganz abgesehen davon, dass ich über 300 neue Ostraka von
dieser Eeise heimbrachte. Ich möchte daher Jeden, der die
griechischen Texte benutzen Avill, eindringlich auf die
„Zusätze und Berichtigungen" verweisen, bemerke aber
zugleich, dass die Verbesserungen der Texte im Commentar
bereits stillschweigend mit verarbeitet sind.
Was so zu Stande gekommen ist, ist von einem Corpus
ostracorum weit entfernt. Der Gedanke, auch nur eine annähernde
Vollständigkeit zu erstreben, musste immer mehr zurückgedrängt
werden, denn fortwährend kamen neue Massen von Ostraka zu
Tage und wanderten in die verschiedenen Sammlungen. Nur eben
die, die mir gerade zugänglich w^aren, und auch von ihnen wieder
nur diejenigen, zu deren Entzifferung hinreichende Müsse vor-
handen war, konnten in mein Buch aufgenommen werden. So
bietet es trotz der stattlichen Zahl von 1624 Nummern, von
denen 1355 hier überhaupt zum ersten Mal edirt worden sind,
doch immer nur eine Auswahl aus den augenblicklichen Beständen
der Museen und Privatsammlungen. Ja, nicht einmal die Berliner
Sammlung konnte vollständig mitgeteilt werden, da ich nach der
üebersiedelung nach Breslau nur gelegentlich meine älteren Copieen
zu collationiren in der Lage war. Einigermassen vollständig sind
vielleicht die älteren Bestände der Museen mitgeteilt worden,
aber auch dies gilt nicht von allen. Wenn meine Hoffnung sich
erfüllt, dass diese Publication mir Mitarbeiter erweckt und den
Anstoss dazu giebt, dass die vieler Orten vorhandenen Ostraka
nunmehr publicirt werden, so hätte ich wohl Lust, in späteren
Jahren weitere Bände von Texten diesem ersten folgen zu lassen.
Meine Sammlung beschränkt sich — abgesehen von einem
lateinischen Unicum (Nr. 1266) — auf die griechisch be-
schriebenen Ostraka und schliesst damit die Tausende von
Scherben aus, die mit der einheimischen, aegyptischen Cursive,
dem sogenannten Demotisch, beschrieben sind, wiewohl diese
inhaltlich durchaus zii ihnen gehören, ja oft die notwendige
Ergänzung dazu bieten. Zu dieser Beschränkung war ich genötigt,
X
da ich selbst nicht in der Lage bin, demotische Ostraka zu ent-
ziffern, von aegyptologischer Seite aber bei der abgesonderten
Stelhing, die die demotischen Studien leider immer noch ein-
nehmen, erst wenige Texte der Art bearbeitet worden sind. Die
vereinzelten Uebersetzungen demotischer Ostraka, die Heinrich
Brugsch und Eugene Revillout — z. T. recht abweichend —
geliefert haben, habe ich gelegentlich in der Einleitung berück-
sichtigt. Dass das grosse und schwer übersehbare AVerk von
Revillout, „Melanges^^, in dem er ausführlicher auf die demotische
Ostrakonliteratur eingeht, zu spät erschien, um so, wie ich es
gewünscht hätte, von mir durchgearbeitet zu werden, bedaure
ich im Interesse meines Buches. Die Aufgabe bleibt für die
Zukunft bestehen, die griechischen und die demotischen Ostraka
mit einander zu verarbeiten.
Der Commentar, den ich im I. Buch vorlege, hat viel
grössere Dimensionen angenommen, als ursprünglich geplant war.
Eine so abgeschlossene, in sich gleichmässige Urkundengruppe
wie diese Steuerquittungen kann auf allgemeineres Interesse nur
Anspruch erheben, wenn der lebendige Zusammenhang mit den
Bedürfnissen, aus denen sie hervorgegangen ist, nach allen Seiten
klar zu Tage tritt. So wurde ich von selbst dazu geführt, die
wichtigeren Fragen der Steuergeschiclite in weiterem Rahmen zu
behandeln und die ganze Kette von Vorgängen darzustellen,
von der (He auf den Ostraka vollzogene Quittirung der Steuer-
zahlungen nur ein einzelnes, an sich nicht bedeutendes Glied
bildet. Es schwebte mir als Ziel vor, die Steuern selbst und
das Steuersystem nach Möglichkeit zu erklären, die Methode,
nach der das Steuersoll des Einzelnen bestimmt wurde, nach-
zuweisen und endlich den langen Weg, auf dem der einzelne
Steuerbetrag aus der Lehmhütte des Fellachen schliesslich in
die königliche Kasse in Alexandrien, resp. den kaiserlichen Fiscus
in Rom gelangte, in seinen einzelnen Etappen aufzudecken.
Hierzu war eine möglichst vollständige Verwertung der Papyrus-
urkunden sowie der sonstigen Nachrichten notwendig, und so
bietet das I. Buch zugleich einen Commentar zu diesen Texten,
XI
soweit sie die Steuergeschichte berühren. A\'emi ich mir sagen
muss, dass ich oft weit hinter meinem Ziel zurückgeblieben bin,
so darf ich wohl auch darauf hinweisen, dass es Vorarbeiten
nur wenige gab und das Meiste von Grund aus neu aufzubauen
war. Möchte dieser erste Versuch, so viele Lücken und IiTtümer
er im Einzelnen auch enthalten mag, recht Viele anregen, die
hier aufgeworfenen Probleme anzugreifen und weiter zu fördern.
Manche Frage, deren Beantwortung ich offen lassen musste,
wird durch die in den Museen vorhandenen, aber noch nicht
edirten Papyrusschätze mit einem Schlage ihre Lösung finden.
Möchten die Hüter dieser Schätze sich hierdurch bewogen
fühlen, das ihnen anvertraute Gut recht bald uns Allen zugäng-
lich zu machen.
Ich habe noch die angenehme Pflicht, den zahlreichen Ge-
lehrten, die mich in meinen Ostrakonstudien durch Rat oder That
gefordert haben, meinen herzlichsten Dank auszusprechen. Was
ich ihnen im Einzelnen verdanke, habe ich an den betreffenden
Stellen angemerkt. Der Musen ms Verwaltungen und Ostrakon-
eigentümer, die mir ihre Sammlungen zur Verfügung gestellt
haben, ist unten im II. Kapitel mit aufrichtigem Dauke gedacht
worden. Meinem lieben Freunde Conrad Cichoeius danke ich
herzlich, dass er für die Correcturen der letzten Bogen ein-
gesprungen ist, so dass ich ruhigen Herzens die ersehnte Fahrt
nach dem Süden antreten kann. Die fleissigen Indices zum
IL Buch verdanke ich meinem Schüler, stud. Karl Mittelhaus,
der mich auch bei der Vollendung der Register des 1. Buches
bestens unterstützt hat.
Zu ganz besonderem Dank fühle ich mich meinem
hochverehrten Freunde und Verleger, Herrn Commerzienrat
Hermann Giesecke, Seniorchef der Firma Giesecke & Devrient
in Leipzig, veqjflichtet. Mit beispielloser Geduld und immer
gleicher Güte und Freundlichkeit hat er durch diese neun Jahre
hindurch alle Hindernisse, die sich dem baldigen Abschluss
des Werkes von meiner Seite entgegenstellten, hingenommen,
und ist dabei vor keinem Opfer zurückgeschreckt, um dieses
XII
VORWORT.
Werk, dessen Drucklegung ganz besondere Schwierigkeiten bot,
in vortrefflichster Weise herzustellen.
Mein tiefster Dank aber gebührt dem allverehrten Meister,
dem dies Buch gewidmet ist. Abgesehen von den letzten Bogen,
deren Druck beschleunigt Averden musste, hat er von beiden
Bänden die zweiten Correcturen mitgelesen. Ich brauche nicht
zu sagen, wie diese ständige Anteilnahme — ganz abgesehen
von den positiven Beiträgen, die ich noch einflechten konnte —
mich gefördert und über die Mühseligkeiten der Arbeit er-
hoben hat.
Breslau, im October 1<^98.
Ulrich Wilcken.
Inhalt.
Vorwort S. VII— XII.
Inhalt S. Xm— XVI.
I. Kapitel. Das Ostrakon als Schriftträger S. 3 — 19.
'Oaxpaxov 3. Ostrakismos in Athen 4. Ostraka vor Kleisthenes 5. Verbreitung
der Ostraka G. Ostraka in Aegyiiten 7. Verwendung durch die Behörden 10.
Sparsame Benutzung 12. Als Steuerquittungen selten nach Diokletian 13.
Keramologische Beobachtungen 13. Verschiedene Färbungen 15. Verpichung 16.
Die Vorläufer der Balälis 17. Eecto und Verso 18. Ostrakon - Archive 19.
n. Kapitel. Herkunft und Schicksale der Ostraka S. 20—57.
Dakkeh 20. Elephautine 20. Hermonthis 21. Edfu und Gebelen 21. Theben 22.
Koptos, Aschmunein, Sedment 22. Faijum, Sakkära 23. Erman über
Sedment 24. Maspero's Ausgrabungen in Kamak 25. Berliner Museum 27.
Louvre 38. Bibliotheque Nationale zu Paris 40. British Museum 40. Leidener
Museum 45. Rom 46. Turin, Florenz, Bonn, München 47. Ashmolean
Museum, Wien, Lemgo 48. Appleton, Bankes, ehester, Dodgson, Eisenlohr,
Finlay 49. Fröhner, Gau, Hess, Keene, Marcel, Flinders Petrie 50. Du
Rocher, Sayce 51. Walker, Wilcken 52. Besitzer unbekannt 53. Zer-
störung der Ostraka durch Salzkrystalle 54. Ostrakonliteratur 56.
m. Kapitel. Die Formulare der Quittungen S. 58 — 129.
Xeue Interpretation 58. Theben und Hermonthis. Geldzahlungen.
Ptolemäerzeit. Erheberquittungen 60. Bankquittungen 63. 7:£7:x(ü*/.£v 64.
Die Holztafeln 65, 66, 67. Demotische Subscriptionen 68. Die Bank-
quittungen dem Erheber ausgestellt 69. Weiterentwickelung der Formulare 69.
Der Erheber genannt, nicht der Zahler 72. Subscriptionen 75. Rand-
bemerkungen der Trapeziten 75. irz'xy.OAO'jd-ziy 76. Wiederholung von
Quittungen 78. Kaiserzeit. Erheberquittungen 80. Wegfall von xaips'.v 84.
Bankquittungen 87. Siaypaqjeiv 89. Die Bankquittungen dem Erheber aus-
gestellt 93. Naturallieferungen, Ptolemäerzeit. Erheberquittungen 97.
Thesaurosquittungen 98. ji£}i,£Tpr(}ia'. 100. Spreulieferungen 102. Kaiser-
zeit. Erheberquittungen 103. Thesaurosquittungen 109. Elephantiue und
Syene. Geldzahlungen. Ptolemäerzeit 118. Kaiserzeit 119. Erheber-
quittungen 119. Xaturallieferungen. Ptolemäerzeit 125. Kaiserzeit 126.
Koptos 127. Sedment, Pselkis, Krokodilopolis 128. Arbeits-
quittungen 129.
XIV INHALT.
rv. Kapitel. Die Abgaben S. 130—421.
Die Abgaben in den Ostraka (§ 1 — 138) 130 — 344. Die Abgaben in den
Papyri, Inschriften und Klassikern (§ 139—218) 344 — 404. Sehlusswort 405.
Directe und indirecte Abgaben 40G. Abgaben - Tabelle 408 — 410. Die Ge-
sammteinnahmen Aegyptens 411. Hieronymus über die Einnahmen des Phila-
delphos 412. Die Einnahmen des Auletes 413. Eeichtum der Alexandriner
415. Der Schatz des Philadelphos 416. Geldgeschäfte der Könige 419. Ein-
künfte in der Kaiserzeit 420.
V. Kapitel. Die Steuerveranlagung S. 422—512.
§ 1. Die Steuerbezirke 422—435. Die Gaue 423. Die Dreiteilung
Aegyptens ist römisch 423. Die Heptanomis zwischen GS und 130 n. Chr.
eingerichtet 427. Die Epistrategen 427. Die Gliederung des Gaues 428.
Toparchien 428. ixBpibsc, 429. Metropole und Dörfer 429. Einführung der
Decuriouatsordnung im Jahre 202 n. Chr. 430. Die Amphodarchien 432.
Die Griechenstädte 433.
i> 2. Die Steuersubjects-Deklarationen 435 — 455. In der Ptolemäer-
zeit 436. In der Kaiserzeit 438. Tabelle der erhaltenen Deklarationen 438/9.
Formular 440. Adresse 441. Description des Hauses 443. xax' ocxiav
dTtoypai^i^ 444. Aufzählung der Personen 445. Aegyptischer Provinzial-
census 449. Urkunde aus Memphis 449. Urkunden aus Augustus' Zeit 450.
Geburtsanzeigen 451. Im militärischen Interesse eingefordert 453. Todes-
anzeigen 454.
§ 3. Die Steucrobjects-Deklarationen 456 — 469. Ptolemäerzeit 456.
Kaiserzeit 461. Vergleichung mit den Subjects-Deklarationen 469.
§4. Controle der Deklarati onen 470 — 477. Notwendigkeit einer Coutrole
470. Der Eid 471. Die amtliche Nachforschung 472. Coutrole der Subjects-
deklarationen 474. Controle der Objectsdeklarationen 475.
§ 5. Die Steuerbücher 478 — 491. Grund- und Gebäudekataster 480.
Publicität der Steuerbücher 483. Ersatz für die Grundbücher 484. Volks-
zählungen 487. Diodor's Zeugnis 488.
^ G. Die Steuerberechnung 492 — 512. Die Steuerbehörden der Ptolemäer-
zeit 492. Der Eklogist 493. Die Steuerberechnung in der Ptolemäerzeit 495.
Die Steuerbehörden der Kaiserzeit 496. Der Eklogist 499. Competenz der
Ortsbehörden 503. Repartition der Steuern 504. Steuereinschätzungs-
commissioncn 505. Berechnung dos nopoc, 506. Zahlung der Steuern für
das laufende Jahr 510. Die dTtatxT^o'.fxa 511.
VI. Kapitel. Die Steuererhebung S. 513—663.
§ 1. Die Steuererhebung in der Ptolemäerzeit 513 — 570. A. Die
gesetzliche Grundlage 513 — 515. B. Die Steuerpacht 515 — 555.
Alle Steuern verpachtet 516. Keine Poleten 516. Verpachtung auf ein
Jahr 518. Verpachtungsreviere 520. Qualification der Pächter 522. Starke
Beteiligung der Juden 523. Analogie der Domanialpachten 525. Die
Verpachtung der Steuern 527. Pfändungsrecht der Pächter 531. Pacht-
contract 531. Emolumente der Pächter 532. Die Pacht ein gutes Geschäft
534. Pachtgesellschaften 535. Ihre Entstehung 537. Nur der äpxwvYjS
pactirt mit dem Staat 538. Aufgaben der Gesellschafter 539. Ihre Pvechte 541.
INHALT.
XV
Qualification 542. Schliessung der Gesellschaft 543. Associirte Pächter 544.
Afterpacht 547. Bürgeustellung obligatorisch 547. Gegenstand der Bürg-
schaft 549. Mehrere Bürgen für einen Pächter 550. Haftung der Bürgen 551.
Ihre Emolumente 552. Hypotheken 553. Die Bürgen der Bürgen 553.
C. Die Steuererhebung 555 — 569. Erhebungspersonal 555. Die Pächter
erheben auch die Geldsteuern 558. Erhebung durch Regierungsbeamte 562.
Die Tipdxxopsg 564. Uebernahm« der Geschäfte durch den Pächter 565.
i^rhebung für das laufende Jahr 566. Ratenzahlungen 567. Zwangs-
mittel 567. Beschwerderecht der Steuerzahler 568. D. Die Rechnungs-
legung 569 — 570.
§ 2. Die Steuererhebung in der Kaiserzeit 570 — 630. A. Die gesetz-
liche Grundlage 570 — 572. B. Die Erhebungssysteme 572 — 587.
Die Erhebung im Reich 572. Tabelle der verpachteten Steuern 575, der nicht
verpachteten Steuern 578. Pacht und Regie 582. Allmähliches Vordringen
der Regie 585. C. Die Steuerpacht 587 — 601. Das Pachtangebot 587.
Societates publicanorum 590. Eintreten des Erben für den Pächter 591.
Gelegentlicher Pächtermangel 592. Die kaiserliche Controle 595. Controle-
recht der ordentlichen Beamten 596. Die Controlebeamten 599. D. Die
kaiserliche Regie 601 — 617. Die Tipaxxopss 601. Vicarii 606. Con-
trolirung der Tipdxxopsg 609. Die ÄTiatxrjxat 609. Die |ita^wxal lepag uuXr^s
DoigvYjg 611. Die Tipsaßuxspo'. xü)|ir^5 613. Die Priester als Erheber 614.
E. Die Steuererhebung 617 — 622. Erhebungspersonal 618. Raten-
zahlung 619. Die öcTtaixT^aiixa 619. Zwangsmittel 620. Militärische Unter-
stützung 621. Das upaxxöpstov 621. F. Die Rechnungslegung 622 — 623.
G. Die Steuererhebung im IH. Jahrb. n. Chr. 623—630. Der
Stratege von Alexandrien 624. Beteiligung des Rates an der Steuer-
erhebung 625. Die decemprimi 626. Erhebung durch die Gemeinden 629.
§ 3. Die Kassen 630—649. A. Ptolemäerzeit 630—641. Die Reichs-
hauptkasse in Alexandrien 631. Die königliche Bank 632. Die Trapeziten
sind Beamte 634. Geschäftsführung der Banken 638. B. Kais er zeit
641—649. Der Fiscus 642. Der i'Stog Xöyos 643. Der oOa'.axös Xo^oc, 644.
Die kaiserliche Bank 645. Geschäftsführung der Banken 647.
§ 4. Die Magazine 649—663. A. Ptolemäerzeit 649—655. Die Thesauren
650. Verwaltung der Thesauren 652. Die Sitologen sind Thesaurosbeamte 653.
Geschäftsführung 654. B. Kaiserzeit 655 — 663. Die Thesauren 655. Aioi-
xr^ats und Ispd 656. Verwaltungspersonal 657. Die Geschäftsführung 661.
VII. Kapitel. "Wirtscilaftsgeschichtliehe Beobachtungen S. 664 — 704.
1. Geld- und Naturalwirtschaft 665 — 681. Bruch mit der Natural-
wirtschaft durch Darius 665. Haushalt der Ptolemäer und Kaiser 666. Aus-
gaben für Heer und Beamtenschaft 669. Haushalt der Tempel 673. Haus-
halt der Privaten 674. Rückkehr zur Naturalwirtschaft seit dem III. Jahrh.
n. Chr. 679.
2. Sklaverei und freie Arbeit 681 — 704. In Alexandrien 681. Im
Lande 681 flf. Seltene Erwähnung von Sklaven 682. Die Charta Borgiana 683.
Die Subjectsdeklarationen 683. Die Sklavinnen dominiren als Concubinen
685. . Die Sklaven im Handwerk und in der Industrie 687. Tabelle der
XVI
INHALT.
Berufsarten 688. Vorherrschen der freien Arbeiter 695. Die königlichen
Fabriken arbeiten mit Freien 696. Die Tempelindustrieen 696. Keine Oiken-
wirtsehaft 697. Die Sklaven in der Landwirtschaft 698. Die private Wirt-
schaft 698. Die königliche und priesterliche Wirtschaft 700. Der Zwang
zur Pachtübernahme nicht legal 701. Ergebnis 708.
VIII. Kapitel S. 705—708.
1. Die Ostraka aus Dakkeh-Pselkis 705—707.
2. Die Ostraka von Sedraent 707 — 708.
3. Varia 708.
IX. Kapitel. Die topographischen Angaben S. 709—717.
Phoinikon, Svene, Elephantine 709. Eileithyia, Krokodilopolis 710. Uphion,
Hermonthis, Theben 711. Die thebanischen Stadtquartiere 712. Sedment 715.
X. Kapitel. I. Die Münzen S. 718—738. A. Ptolemäerzeit 718. Silber-
und Kupfergeld im III. Jahrb. v. Chr. 719. Kupferwährung im II./I. Jahrh.
V. Chr. 722. x*^^^^^ ou dJ.Xay-jg 724. •x^ot.X'ÄOU taovöfiou 724. X'^^'^ou 725.
B. Kaiserzeit 725. Miinzwesen unter Augustus 726. Billonprägung, von
Tiberius eingeführt 727. Billontetradrachmen 729. Didrachmen und Drachmen
des Claudius 729. Kaiserliche Kupferdrachmen 730. Münzangaben der
Ostraka 730. Münzangaben der Papyri 732. Römische Denarrechnung in
Aegypten 736. Neuordnung des Münzwesens durch Konstantin 737. II. Die
Masse S. 738 — 780. A.Trockenmasse 738. Artabe 738. Artabe und
Choinix 740. |iax'.ov und Tptfiaxtov 751. oaxxot, övoi, dytoyai, y6p.o'. 754.
^söyog 755. §£a|iai 757. B. Flüssigkeitsmasse 757. Metretes und
Chus 757. xspdjiiov 759. ^saxTjs 762. xoOpi 763. xpix^pov und 5ixt»>P^v
763. KoXocpwv'.ov 764. Tö5iov, KvcSiov 765. d5pox(. . .), "Aixtov, xoLicpov,
XdY'JVOg 766. Unsicherheit auf metrologischem Gebiete 767. Staatliche
Prüfung der Masse (Aichung) 768. Die Masse im Privatverkehre 7 70.
C. Flächenmasse 774. Arure 774. u^X^S 779.
XI. Kapitel. Die Daten S. 781—815.
1. Die Jalireszählung 781. A. Ptolemäerzeit 781. Das aegA'ptische,
nicht das makedonische Jahr ist das offizielle Steuerjahr der x^PO' '^^2.
Das aegyptische Wandeljahr 782. Datirung nach den Regierungsjahren der
Könige 783. Die Datirungen der Ostraka 784. B. Kaiserzeit 786.
Datirung nach den Regierungsjahren der Kaiser 786. Aeronrechnung nach
der Kaiaapog xpdxvjais ulou 788. Neuordnung des Kalenders durch
Augustus 789. Fortbestehen des alten aegyptischen Wandeljahres 791. 2. Die
Monate 807. A. Die aegyptischen Monate 807. B. Monate mit
Ehrenname'n 809. 3. Die Tage 812. asßaaxac 812. Tagesdatirungen
ül)er 30 im ^lonat 813.
XII. Kapitel. Palaeographisehe Randbemerkungen S. 816—819.
Nachträge S. 820—823.
Register S. 824— 860. I. Sachliches Register S. 824—830. II. Grie-
chisches Wörterverzeichnis S. 831 — 841. III. Register der be-
handelten Stellen S. 842— 860. A. Autoren S. 842— 846. B.Papyri
S. 846—858. C. Ostraka (in Band II nicht publicirt) S. 858. D. Holz-
tafeln S. 858. E. Inschriften S. 858 — 860.
I. BUCH
COMMENTAR
^E/. uaQoi'^ yiyro')a/.outi'.
WiLCKEN, Ostraka.
1
1. KAPITEL.
Das Ostrakon als Schriftträger.
Mit dem Worte oaxpaxov bezeichneten die Griechen ursprünglich
die Schalen der Schaltiere, wie der Schildkröte, der Muscheln, Krebse
u. s. ^y., daher auch Schildpatt und Perlmutter. Das Wort öaxpeov,
die Auster, ist offenbar desselben Stammes. Im übertragenen Sinne
wurde oaTpaxov dann auch auf andere flachgewölbte, aber gleichfalls
harte Gegenstände, deren Aussenseite in ähnlicher Weise convex
sind, angewendet. So konnte das Wort passend auch auf die Scherben
rundlicher Gefösse bezogen werden, und da im gewöhnlichen Leben
das aus Thon gefertigte Gefass gegenüber den kostbareren Metall-
gefassen dominirte, so finden wir in der Literatur das AVort im
Besonderen gern auf die Scherben thönerner Gefässe angewendet,
wiewohl man gewiss auch z. B. das^ Bruchstück einer kupfernen
Kanne als Ostrakon hätte bezeichnen können. Schliesslich wurde
öaxpaxov ein allgemeiner Ausdruck fiir das Thongeschirr überhaupt,
und schon sehr früh kommen Ableitungen wie dazpoLxeuc (der
Töpfer) vor.i)
Während das vollständige Thongefäss seine Bedeutung als Auf-
bewahrungsmittel für flüssige und trockene Gegenstände hatte, die
Bemalungen aber oder die Aufschriften secundärer Natur waren,
spielten die Scherben allein dadurch eine Rolle, dass sie zur Aufnahme
von Schriftzügen tauglich waren, sei es dass diese mit einem spitzen
Gegenstand in den Thon eingeritzt oder aber vom Kalamos mit Tinte
aufgetragen wurden. Wohl wurden auch die unbeschriebenen und
Vgl. H. Blümner, Terminologie u. Technologie d. Gew. II S. 34.
1*
4
I. KAPITEL.
unbeinalten Scherben als Ostraka bezeichnet. Unsere Publication be-
schäftigt sich aber nur mit beschriebenen Scherben thönernerGefässe.
Doch damit sind die Grenzen unseres Themas noch nicht scharf genug
bezeichnet. Wir haben es nicht mit Scherben zu thun, die schon
als Teil des vollständigen Gefasses beschrieben waren, also Mitteilungen
über das Gefäss selbst, über Inhalt, Herkunft u. s. w. oder über die
Darstellung der Malerei enthielten, sondern lediglich mit Scherben,
deren Aufschriften mit dem Gefass als solchem nichts zu thun haben
und erst nach Zusammenbruch des Gefässes auf die Scherbe
als eine selbstständige Einheit gesetzt worden sind.^) Wiewohl
also unsere Ostraka Bruchstücke von Gefössen sind und als solche die
unregelmässigsten Contouren zeigen (vgl. die Tafeln), ist doch jedes
Einzelne als Träger der Schrift etwas Vollständiges, es sei denn,
dass nachträglich die beschriebene Scherbe durch weiteres Abbrechen
fragmentarisch geworden sei. Das Ostrakon in unserem Sinne ist
also, losgelöst von seiner ursprünglichen Existenz, lediglich als ein
Besch reibstoff zu betrachten, der sich von den anderen Schreib-
materialien wie Papyrus, Pergament, Holz, Wachstafeln, Leinwand,
Stein u. s. w. in seiner Zweckbestimmung nicht unterscheidet.
Dass man im Altertum in der hier angegebenen Weise die
Ostraka als BeschreibstofF verwendet hat, war von jeher bekannt.
Der athenische Ostrakismos ist das berühmteste, aber nicht das
einzige Beispiel eines derartigen Gebrauches im grossen Massstabe.
Die leider auch jetzt noch von Einigen'') vertretene Meinung, dass
diese athenischen Ostraka a4 hoc hergestellte thönerne Täfelchen
gewesen seien, ist jüngst mit Recht von Valeton^) zurückgewiesen
worden; vielmehr sind auch diese ganz wie die unsrigen nichts als
Gefassscherben gewesen. Jeder Zweifel wird durch die Originale,
^) Den von uns beliaiulelteu Aufschriften kommen wohl jene Kritzeleien
am nächsten, die die Töpfer gelegentlich auf die Gefässe gesetzt haben, in-
sofern sie keine Beziehung zu dem Gefäss haben. Allerdings sind sie auf die
noch unversehrten Gefässe gesclirieben. Vgl. O. Jahn, Bericht. Sächs. Ges. Wiss.
1854. S. 36 ff.
Vgl. Gilbert, Handbuch d. Griech. Staatsaltert. I, 2. Aufl. S. 346, der von
Thontäfelchen spricht. Ebenso Busolt, Griech. Gesch. II, 2. Aufl. (1895) S. 439,
der zwar Valeton citirt, aber seine Mahnung nicht berücksichtigt, sondern ruhig
weiter von Thoutäfelchen redet.
^) Mnemosyne, N. S. XYI 1888, S. 1 ff. Den Hinweis auf diese lehrreiche
Allhandlung verdanke ich Franz Studniczka.
DER ATHENISCHE OSTRAKISMOS.
5
die jüngst in Athen gefunden und von Benndorf, Studniczka und
Kavvadias herausgegeben sind,^ ) genommen. Alle drei Ostraka, auf
denen der Name des zu Verbannenden noch erhalten ist, sind nach
der Angabe der Herausgeber, die durch die Reproductionen illu-
strirt wird, unverkennbar Scherben von einstigen Gefässen. Nur das
von Benndorf herausgegebene Stück zeigt eine Eigentümlichkeit,
für die ich unter den uns vorliegenden aegyptischen Ostraka keine
Analogie finde: es ist „rund zugeschnitten", doch aber ohne Zweifel
ein „Gefössstück". Ich möchte darin nichts anderes als eine Docu-
mentirung des griechischen Formensinnes erkennen.
Wenn Kleisthenes anordnete, dass die schriftliche Abstimmung
über den zu Verbannenden auf solchen Gefässstücken zu erfolgen
habe, so setzt das m. E. als selbstverständlich voraus, dass schon vor
ihm und vor seiner Gesetzgebung die Verwendung der Ostraka als
Schreibmaterial in Athen ganz allgemein verbreitet war. Valeton
(S. 20) nimmt im Gegenteil an, dass es Kleisthenes' Erfindung sei,
die Ostraka in dieser Weise zu benutzen. Dafür liegt aber weder
ein Zeugnis vor, noch ist es sachlich wahrscheinlich. Das Novum,
das der Staatsmann Kleisthenes brachte, war ausschliesslich die
Bedrohung der politisch Gefahrlichen, nicht auch das Beschreiben
der Topfscherben. Das geht auch aus unserer Tradition hervor.
Keiner der alten Autoren, der über die Gesetzgebung des Kleisthenes
berichtet, spricht von der Anordnung, dass die Xamen auf Ostraka
zu schreiben seien, in der Art, dass man annehmen müsste, die
Benutzung der Scherben zum Schreiben sei etwas Xeues gewesen.
Kein Wort wird über die Beschaflfenheit der Ostraka oder über
die Art, wie man sie beschreibt, verloren. Die sämmtlichen
Testimonia über den athenischen Ostrakismos erwecken den Eindruck,
dass diesen Autoren, und ebenso natürlich den alten Quellen, auf
die sie zurückgehen, die Sitte, Ostraka als Schreibmaterial zu ver-
werten, als eine selbstverständliche und nicht erst durch einen Gesetz-
gebungsact geschaflfene erschienen ist. Ich glaube daher, wir werden
diese Sitte in Athen schon vor Kleisthenes, also gewiss schon für
das VI. Jahrhundert anzusetzen haben.
Aus welchen Gründen Kleisthenes die Verwendung gerade dieses
Schreibmateriales zu dem bestimmten Zweck angeordnet hat, darüber
^) Vgl. jetzt CIA IV 1, 3. S. 192 f. Nr. 569—571.
6
I. KAPITEL.
kann kein Zweifel sein. Wie schon oft hervorgehoben worden ist, war
es die völlige Kostenlosigkeit, verbunden mit der grossen Brauchbar-
keit, die hier, ayo auch die ärmeren Bürgersleute Mann für Mann ein
beschriebenes Stück abliefern sollten, diesem Material vor allen anderen
den Vorzug geben musste. Irgend welche Topfscherben befanden
sich wohl auch im primitivsten Haushalt, oder konnten nötigenfalls
vom nachbarlichen Müllhaufen entnommen werden. Dass die Scherben
zu Hause, und nicht erst auf dem Markt beschrieben wurden, mit
anderen Worten, dass sie vom Bürger selbst zu liefern waren, hat
Valeton a. a. O. gezeigt.
Aber nicht nur in Athen ist man auf die Idee gekommen, die
alten Topfscherben als BeschreibstofF zu verwerten. Wenn die Autoren ^ j
sagen, dass der Ostrakismos nicht nur in Athen, sondern auch in
Argos, Milet und Megara bestanden habe, so sprechen sie zwar
nur von der politischen Institution; zugleich setzt die Bemerkung
aber doch voraus, dass man auch dort, also auch in Kleinasien
und in der Peloponnes, auf Topfscherben zu schreiben gewohnt
war. Dass man es auch hier nicht nur bei den Abstimmungen und
auch gewiss nicht erst seit der Uebernahme des Kleisthenischen
Gedankens gethan hat, ist mir wahrscheinlich, und ich glaube nicht
zu viel zu behaupten, wenn ich sage, dass die Verwendung der
Topfscherbe als Schreibmaterial durch die ganze griechische Welt
schon seit früher Zeit die allerweiteste Verbreitung gehabt hat.
Wenn dies für die älteren Zeiten einstweilen natürlich Hypothese
bleiben muss, so liegen für die jüngere, im Besonderen für die
hellenistische Zeit, directe Zeugnisse auch in der Literatur dafür vor.
Bekannt ist die Anekdote vom Stoiker Kleanthes, der so arm war,
dass er sich nicht Papyrus kaufen konnte und daher auf Ostraka
oder Leder schrieb (Diog. Laert. VII 173/4). Eine ganz ähnliche
Geschichte wird vom Apollonios Dyskolos erzählt, worauf Egger zuerst
hingewiesen hat. Vgl. Vita des Herodian bei Sturz, Etymologicum
Gudianum Lips. 1818 p. 730 und daraus Lentz im Herodian I
p. VI.-) — Ausserdem fand ich das Ostrakon als BeschreibstofF
in einer Fabel des Babrius (127 ed. Crusius) erwähnt, wo es heisst:
1) Aristotel. Pölit. VIII (V) 1302 b. Scliol. Aristoph. Ritt. 855.
"-) Diese Citate verdanke ich Friedrich Marx. Nachträglich fand ich die
Sache auch von Egger erwähnt.
VERBREITUNG DER OSTRAKA.
xißwTOV TauTac awp&usLV, l'v' epaviaag IxaaTou xa«; Stxa^ ava7üpaaar|.
— Auf den ersten Bück scheint auch in den Zauberpapp'i die
Scherbe mehrfach als Beschreibstoff genannt zu werden. So bei
Kenyon (Catal. Gr. Pap.) S. 94, 300; 96, 374; 99, 467. Es handelt
sich hier aber überall um ein oaxpaxov oltzo ^•o^X(x,aar^q oder ähnlich.
Damit dürfte doch wohl eine Seemuschel gemeint sein.^) Dagegen
wird man in dem TapL^oo öaxpaxov (Pap. Leid. V II, 16) wohl
die Scherbe eines Pökelfasses zu sehen haben.-)
Belesenere werden wohl noch weitere Hinweisungen in der Lite-
ratur finden. Doch wozu sollen wir nach Körnern suchen, wo die
reichen Goldadern vor uns liegen? Unsere Sammlung von 1624
Ostraka, die, wie oben bemerkt, nur eine Auswahl der gegenwärtigen
Bestände der Museen und Privatsammlungen darstellt, ist geeignet,
uns eine Vorstellung davon zu geben, in wie weitem Umfange die
Ostraka in dieser späteren Zeit als Schreibmaterial benutzt worden
sind. Unsere Texte reichen vom III. Jahrhundert vor Chr. (von
der Zeit des Philadelphos ) bis in's VII. Jahrhundert nach Chr.,
erstrecken sich also über einen Zeitraum von etwa 1000 Jahren. Davon
sind in unserer Sammlung die ersten sechs Jahrhunderte (also bis
in's III. Jahrhundert n. Chr. hinein) am stärksten vertreten, während
sie für die späteren Jahrhunderte nur wenige Beispiele bietet. L^nsere
Texte stammen sämmtlich aus Aegypten, wo die Kunst mit Kalamos
und Tinte zu schreiben schon vom IV. oder III. Jahrtausend an
verbreitet war und seitdem nie abhanden gekommen ist. Wenn
die Aegypter sich auch in dem Papyrus, diesem bewunderungs-
würdigsten Kunstprodukt des Kilthals, ein Schreibmaterial par ex-
cellence geschafien hatten, so haben sie doch daneben gelegentlich
auch andere nicht verschmäht, wie Leder, Leinwand, Holz, Kalkstein-
fragmente.^) Zu diesen subsidiären Schreibmaterialien ist auch die
Wessely, Neue gr. Zauberpap. S. 11, sieht es für eine Scherbe, ein
„Ostrakon", an.
^) So noXiTTjS in Byzant. Zeitsehr. 1 (1892) S. 558. Dieterich, Pap. magica
Mus. Lugd. Bat. 1888 S. 789, will xap'-XoS als „Mumie" fassen.
^) Diese Kalksteinfragmente sind wohl meist durch die Sonnenglut vom
Kalksteinfelsen abgesplittert worden. Man pflegt auch diese als Ostraka zu be-
zeichnen , wiewohl der Ausdruck ungenau ist. Aber auch die Aeg}-pter selbst
haben gelegentlich beide Beschreibstoflfe mit demselben Namen benannt. Ich
verdanke dem Koptologen Mr. Crum in London die interessante Mitteilung, dass
8
I. KAPITEL.
thönerne Topfscherbe zu rechnen, die sich in dieser Verwendung,
wenn auch nur vereinzelt, schon für die früheren Zeiten nachweisen
lässt. "Wir sehen natürlich unserer Definition gemäss von denjenigen
Ostraka ab, deren Aufschriften sich auf das vollständige Gefass oder
seinen Inhalt beziehen. Dahin gehören z. B. die hieratisch beschrie-
benen Scherben, die Wiedemann in der Zeitschr. f. aeg. Sprache 1883
S. 33 f. publicirt hat.^) Sie sind nichts anderes als die Etiquetten,
die über den Inhalt der Weinkrüge Auskunft gaben. Ueber das
Vorkommen der Ostraka (in unserem Sinne) in den alten Zeiten
verdanke ich Adolf Erraan folgende Nachrichten: „Topfscherben als
Schreibmaterial sind im neuen Reich (II. Jahrtausend vor Chr.)
wohl etwas seltener als die Kalksteinscherben Die Londoner
Publication enthält deren nur zwei, und auch bei uns (in Berlin)
in den koptischen Texten das thönerne Ostrakon als Bx2?e bezeichnet wird,
dass daneben aber auch dasselbe Wort das Kalksteinfragment bezeichnen kann.
In der Sammlung, die Mr. Crum im vorigen Sommer in Bearbeitung hatte, fand
sich die erstere Anwendung des Wortes 4 Mal, die zweite 3 Mal. Auch in der
griechisch-koptischen Scala, die Krall in Mitth. Pap. Rain. IV S. 129 publicirt hat,
findet sich die Gleichung OCTpXKCON : riR^V^Se (hier nach Krall's Lesung
als Masculinum, während es bei Crum regelmässig und auch in einem meinem
Freunde Alfred Schiff gehörigen koptischen Ostrakon als Femininum begegnet).
Dagegen wurde in derselben Londoner Sammlung daneben das Kalksteinfragment
nicht weniger als 12 Mal mit dem griechischen Lehnwort TiXd^ bezeichnet (im Kopt.
masc). Ueber die Verwendung dieser TiXdxsg in der alten Zeit verdanke ich Adolf
Erman folgende freundliche Mitteilung: ,,Die Sitte, Unwichtigeres auf Kalkstein-
splitter zu schreiben, ist sehr alt. Das Londoner Stück Nr. 5641 (Inscript. in the
hierat. charact. pl. VIII) entstammt, der Schrift nach zu urteilen, dem Mittleren
Reich (NB. um 2000 v. Chr.) oder noch früherer Zeit (es scheint ein Brief zu sein).
Aus dem Neuen Reich sind derartige Kalksteinostraka in grosser Anzahl erhalten.
Mehr als ein viertel Hundert ist z. B. in der genannten Londoner Publikation
veröffentlicht. Es sind Abrechnungen, Listen, Protokolle u. ähnliches. Viele
entstammen auch Schulen und enthalten schlechte Abschriften aus der klassischen
Literatur. So steht z. B. der Anfang der Sinuhegeschichte auf einem grossen Kalk-
steinostrakon in Kairo, das in einem thebanischen Grabe der XX. Dynastie
gefunden Avurde, wälirend ein Londoner Stück den Schluss desselben Textes
trägt." — Wälirend die späteren Aegypter, die Kopten, gleichfalls sehr gern
auf diesen Kalksteinsplittern geschrieben liaben, kenne ich nur wenige griechische
Texte auf diesem Material. In unserer Sammlung sind sie nicht berücksichtigt.
^) Auch in Teil el-Amarna sind kürzlich beschriebene Scherben von Wein-,
Oel- imd Honigkrügen gefunden worden. Auch diese Aufschriften beziehen sich
auf den Inhalt des Gefasses. Vgl. Flinders Petrie, Teil el-Amarna, Lond. 1894.
S. 32 (Griffith). Vgl. auch ebend. Taf. XXII ff.
DAS OSTKAKOX IX AEGYPTEN.
9
erreichen sie nicht ganz die anderen. Es liegt dies wohl daran, dass
die Ostraka nicht genug Raum für die grosse hieratische Schrift boten.
Doch kommen auch hier literarische Texte vor, wie dies die von
Golenischeff und Maspero besprochenen Florentiner und Pariser Ostraka
zeigen, die zusammen zu gehören scheinen (Recueil de travaux III 3 ;
ib. 7 ). Für die Zeit nach dem neuen Reich ist unser Material ja
nur ein sehr geringes, doch zeigt es, dass die Sitte keine Unterbrechung
erfahren hat. So befindet sich im Lom^e ein Heiratscontract auf
einem Teller, aus der Zeit eines Psammetich^) (Papyrus demotiques
du Louvre, ed. Revillout, II fasc. pl. 8). Auf einem grossen Krug
der Berliner Sammlung stehen lange Listen oder Rechnungen in
der von der Hieratischen zur Demotischen überleitenden Schriftform
(Ausfuhrl. Verzeichnis d, aeg. Alterth. Berlin S. 195), und eine Scherbe
ebenda mit einem medizinischen Rezept scheint etwa in die saitische
Zeit zu gehören (ibid. S. 388)."
Ich gewinne aus dieser freundlichen Mitteilung Erman's den
Eindruck, dass doch auffallend wenige Ostraka aus vorgriechischer
Zeit bisher bekannt geworden sind. Ob das Zufall ist oder ob es
den damaligen Verhältnissen entspricht, muss einstweilen dahingestellt
bleiben. Aus den bisherigen Funden möchte man den Schluss ziehen,
dass die Verwendung der Topfscherbe als Beschreibstoff zwar schon
seit mindestens dem zweiten Jahrtausend in Aegypten bekannt gewesen
ist, aber in grösserem Umfange doch erst nach Einführung der
griechischen Herrschaft, also nach Alexander dem Grossen populär
geworden ist. Es Hesse sich wohl denken, dass diese Sitte bei den
Griechen, für die der importirte Papyrus etwas sehr kostbares war,
sehr allgemein gewesen wäre (s. oben), und dass sie sie dann auch
im Lande des Papyrus weiter verbreitet hätten, da schliesslich auch
hier das Ostrakon immer noch billiger war, nämlich garnichts
kostete. Wenn ich recht unterrichtet bin, stammen auch die demo-
tischen Ostraka sämmtlich aus der Zeit nach Alexander dem Grossen.
Die Griechen wären danach die Lehrmeister der Aegypter in der
sparsamen Ausnutzung der gegebenen Materialien gewesen. Jedenfalls
finden sich demotische Ostraka in der Ptolemäer- und Kaiserzeit
massenweise, und als der siegreiche Hellenismus zur Verdrängung
der einheimischen Schrift durch die griechische fährte, sind unzählige
^) Das kann natürlich mir eine private Abschrift sein. Vgl. S. 11/2 (Wilcken^.
10
I. KAPITEL.
Ostraka mit dieser sogeiiannteD „koptischen'' Schrift bedeckt worden.
Ja, auch die Araber haben noch zu diesem billigen Schreibmaterial
gegriffen. 1)
Dass die Kostenlosigkeit und die grosse Brauchbarkeit auch
hier die Gründe waren, die die Scherben zu einem so beliebten
Schreibmaterial machten, ist begreiflich genug. Die im Anhang I
mitgeteilten Varia, denen man noch zahlreiche Analoga hinzufügen
könnte, sollen illustriren, zu wie verschiedenen Zwecken die Scherben
beschrieben wurden. Da sind Briefe freundschaftlichen oder geschäft-
lichen Inhalts, da sind contractartige Abmachungen, da sind Dichter-
verse, die sich ein wissensdurstiger aber armer Teufel auf einer Topf-
scherbe notirt hat, da sind Zahlungsanweisungen, Notizen über
Einnahmen und Ausgaben und sonstige Aufzeichnungen verschiedenster
Art. Genaueres s. in Kap. VIII.
Von besonderer Wichtigkeit sind die Ostraka aber erst dadurch
geworden, dass auch staatliche Organe es nicht verschmäht haben, für
ihre Aufzeichnungen in bestimmten Fällen sich ihrer zu bedienen.
Unter den „Varia" gehören dahin die zahlreichen Listen von Eingängen
staatlicher Einkünfte, von denen wir nur einige wenige Proben vor-
gelegt haben. In erster Linie aber stehen hier die Quittungen, die
über den Empfang eingegangener Abgaben ausgestellt sind. Diese
erst geben durch ihre quantitative und m. E. auch qualitative
Ueberlegenheit der Ostrakouliteratur ihre hohe Bedeutung. Unsere
Sammlung enthält vorwiegend solche Quittungsurkunden, und dass
dies Originale und nicht etwa Brouillons oder Copieen sind, dafür
bürgt die Verschiedenartigkeit der Hände auf ein und derselben
Scherbe. Wir können, wenn ich nicht irre, die Verwendung der
Ostraka durch staatliche Organe noch genauer begrenzen. Es sind
^) Koptische Ostraka giebt es zu vielen Hunderten in den Europäischen
Museen. Das Berliner Kgl. Museum z. B. enthält eine glänzende Sammlung,
ebenso das British Museum. Mit der Edition der koptischen Ostraka aus Deir
el-Bahari ist Mr. Crum beschäftigt. — Auch ein aramäisch beschriebenes
Ostrakon (aus Elephantine) besitzt das Berliner Museum. Vgl. Ausführl. Ver-
zeichnis d. aeg. Altertümer (1894) S, 388. — Dass auch die Araber, als sie
sich in Aegypten niederliessen, das Ostrakon als Besch reibstofi" verwendeten, hat
Karabacek aus literarischen und urkundlichen Quellen nachgewiesen (Mitt. Pap.
Erz. Rain.V. S. 63). Ich konnte diese Beobachtung durch die Mitteilung bestätigen,
dass das Berliner Kgl, Museum mehrere arabisch beschriebene Ostraka besitzt.
Vgl. Berl. phil. Wochenschr. 1891, Nr. 52, S. 1649.
DAS OSTEAKOX IM AMTLICHEN GEBRAUCH.
11
nämlich nach dem bisher vorliegenden Material ausschliesslich die
Beamten der Königlichen Bank und des Thesauros sowie die Abgabeu-
erheber, die sich der Ostraka zu ihren Quittungen bedienen. Die
Letzteren, die Erheber, sind nicht eigentliche staatliche Beamte.
Soweit sie Pächter sind, sind sie Unternehmer, die vom Staat die Er-
hebung bestimmter Steuern gepachtet haben ; die Praktoren der Kaiser-
zeit aber sind Bürgersleute, die die Abgabenerhebung als Liturgie haben
übernehmen müssen. Ihnen allen ist gemeinsam, dass die Geschäfts-
führung ihre Privatkasse belastet. Hätten sie ihre Quittungen auf
Papyrus ausstellen wollen, so hätten sie damit grosse Geschäfts-
unkosten gehabt. Sie benutzten also die Ostraka, um diese Ge-
schäftsunkosten zu vermeiden. — Wenn Grenfell's Deutung des
Revenue-Papyrus 73 ff. sicher stünde, wonach die Trapeziten gleich-
falls Pächter sein sollen, so würden die Bankquittungen auf Ostraka
durch die vorhergehenden Bemerkungen zugleich erklärt sein, und
wir würden überhaupt kein Beispiel dafür haben, dass ein könig-
licher Beamter sich im amtlichen Verkehr des Ostrakons bedient
hätte. Ich werde aber unten in Kap. VI zu zeigen versuchen, dass
jene Pachtvorschriften sich nicht auf die königlichen Trapeziten
beziehen. Fassen wir also die Traj^eziten und Sitologen als könig-
liche Beamte auf, so ist zu constatiren, dass es diesen erlaubt war,
sich im Verkehr mit dem Publicum und den Steuererhebern der
Ostraka zu bedienen. Dagegen mussten sie im Verkehr mit den
vorgesetzten Behörden selbstverständlich auf Papyrus schreiben (Be-
lege in Kap. VI). Dass die Geschäftsbücher sämmtlicher Chargen
auf Papyrus zu führen waren, bedarf keiner Erwähnung.^) üeber-
haupt werden wir aus dem vorliegenden Material die Regel abstrahiren
können, dass im amtlichen Verkehr der Behörden unter einander
alleiu der Papyrus zulässig war, dass das Ostrakon dagegen nur
im Verkehr mit dem Publicum, Steuerpächtern u. dgl. geduldet wurde.
Auch diese Regel wird ihre Ausnahmen gehabt haben. Aber
ihre Beobachtung ist bei der Interpretirung mancher Schriftstücke
doch von Wert. Wenn z. B. ein Ostrakon-) einen, wie es scheint,
^) In dem Lond. Pap. CCCYI verpflichtet sich Satornilos, der die Ver-
tretung des Stotoetis als Tcpay.-rcop übernimmt, dass er liefern werde xä x^j xasscoj
ß['.]ßXi'a xat; £5 £9-0'j; ^rpo^-sau-a-.;, xoO ZaxopviXo'j x[o]p^<Y°'^''''^^S X^^p'ac.
-) Berliner Ostrakon P. 4424. Ich habe es nicht in die Sammlung auf-
genommen, da meine Copie zu unvollkommen ist. Der Text beginnt: 'Ispav.:.
12
I. KAPITEL.
amtlichen Brief an einen Strategen enthält, so möchte ich glauben,
dass wir nur ein Brouillon oder eine Copie vor uns haben. Ebenso
werden wir die in den Varia publicirten Listen von Personen mit
Angabe ihrer Lieferungen oder Zahlungen nach dem Gesagten nicht
für amtliche Documente halten, sondern für Entwürfe oder vor-
läufige private Aufzeichnungen, die zur Anfertigung der amtlichen
Papyrusbücher, wie z. B. der Londoner Papyrus CIX^ (Kenyon Catal.
Gr. Pap. S. 151 ff.) eines ist, verwendet werden sollten. Es sei
übrigens darauf hingewiesen, dass sich betreffs der Benutzung der
Ostraka zum Beschreiben vielleicht landschaftliche Unterschiede heraus-
stellen werden. So sind aus dem Faijüm private und namentlich
amtliche Quittungen auf Papyrus aus derselben Zeit bekannt ge-
worden, in der in Theben und Syene Ostraka dazu verwendet wurden,
aus den ersten drei Jahrhunderten unserer Zeitrechnung.-) Vgl.
hierzu unten S. 22 f.
Wir kommen somit zu dem Resultat, dass die Benutzung der
Ostraka als Schreibmaterial in den höheren Kreisen nicht für fashionable
galt, dagegen in den unbemittelteren Schichten im allerweitesten
Umfange gebräuchlich war. Selbst mit der Topfscherbe sind die
kleinen Leute sparsam umgegangen. Ich habe im IL Buch Fälle an-
gemerkt, in denen die ursprüngliche Schrift abgewaschen ist, um der
neuen Schrift, die wir vor uns sehen, Platz zu machen. Also Palimp-
seste auch auf Topfscherben! Wir haben ferner Beispiele in unserer
Sammlung, in denen auch die Rückseite beschrieben ist, sei es mit
gelegentlichen ^^^otizen, oder auch mit einer neuen Steuerquittung
(vgl. Nr. 1 und 295). Also opisthographe Ostraka! Wir haben
endlich zahlreiche Fälle, in denen die Quittungsschreiber aus Spar-
samkeit nicht nur einen, sondern mehrere Zahlungsnachträge auf
derselben Scherbe notiren. Vielleicht am merkwürdigsten ist, dass
oxpaxyjYoy. l'.o7zoX(izou) Ilaxoöii'.g Taova'jT'.oc; (?) und ist datirt Lv-s Ka-laapog
6(5ux xg. d. h. vom 23. Sept. 5 vor Chr. Auch P. 4149 ist an einen Stra-
tegen gerichtet: A'.5u|J.(p ozpioLxr^'foi) nspiO-Cr^ßag).
^) Es soll auf Ostraka koptische Briefe von Bischöfen geben. Auch das
müssen natürlich Copieen sein.
-) Vgl. die Papyrusquittungen von Sitologen in BGU 61, 67, 218, 336,
die Papyrusquittungen der Bank in BGU 62, 63, 65, 66, 99, 212—210, 219—222,
270, 273, 293, 342, 345, 346, 356, 359, die Privatquittungen auf Papyrus in
BGü 24, 32, 150.
ÖRTLICHE UND ZEITLICHE GRENZEN DER VERWENDUNG. 13
man auch alte, schon beschriebene Ostraka, die noch freien Raum
boten, zu einer neuen Quittung benutzte, ohne den alten Text abzu-
waschen (vgl. Nr. 630 und 881).
In grösserer Zahl liegen, wie oben bemerkt, Ostraka nur bis zum
III. Jahrh. n. Chr. vor. Sayce (Jewish Quarterly Review II S. 401)
kennt Stücke aus der Zeit des Aurelian und M. Claudius Tacitus —
wie es scheint, Steuerquittungen. Unsere Sammlung enthält wohl
noch einzelne Stücke aus späterer Zeit, so aus dem Jahre 298/99
n. Chr. (Nr. 1308), aus dem IV. (Nr. 1309) und VI/VII. Jahrhundert
n.Chr. (1126, 1127, 1224, 1225, 1603—1607). 'Davon scheint
eines, 1225, wirklich eine Steuerquittung zu sein. Dass das Ostrakon
auch in dieser späteren Zeit in den unteren Schichten ein beliebtes
Schreibmaterial blieb, ^) zeigen die vielen Hunderte von koptischen
Ostraka in unseren Äluseen. Andrerseits begegnen jedoch in der
byzantinischen Zeit grosse Massen von Quittungen auf Papyrus und
Pergament, sodass es den Anschein hat, als ob das Ostrakon von
diesen Materialien verdrängt worden ist. Wie das Aufhören der
Ostrakon quittun gen um die Wende des III. Jahrhunderts n. Chr. zu
erklären ist, ist schwer zu sagen. Nur vermutungsweise möchte ich
darauf hinweisen, dass dieser Wechsel zeitlich mit dem grossen
Umschwung zusammenfallt, den die Verwaltung der römischen Welt
und so auch Aegyptens durch die diocletianisch-constantinischen
Reformen erfuhr. Vielleicht ist auch dies eine der zahlreichen Neue-
rungen der neuen Zeit, dass es dem nunmehr mit der Steuererhebung
betrauten Beamtenpersonal (in der Regel) untersagt war, sich der
Ostraka zum Quittiren zu bedienen.
So viel über die Verbreitung der Ostraka als Schriftträger.
Wollten wir hier nun die Herstellung und Beschaffenheit dieses merk-
würdigen Schreibmateriales ausführlichst darlegen, so müssten wir
geradezu eine Geschichte der Keramik in diesen tausend Jahren, die
durch unsere Sammlung vertreten sind, schreiben. Ich muss dies
Anderen überlassen, die besser dazu qualificirt sind. Mein Augen-
merk war zu sehr auf die Entzifferung der schwierigen Texte
gerichtet, als dass ich auf die keramischen Eigentümlichkeiten
immer genügend hätte achten können. Aber auf die grosse Be-
^) VgL Pap. Lond. in Palaeogr. Soc. Ser. II 189 vom J. 350 n. Chr.: y.ai,
fik^dv x'.vsg. axpax'.wxa'. npög {XETÖt öaxpcxxwv.
14
I. KAPITEL.
deutung des hier vorliegenden Materiales für keramische Studien sei
um so mehr hingewiesen, als bisher meines Wissens Niemand diese
Seite beachtet hat. Diese Bedeutung finde ich vor allem darin,
dass die Schrift fast jeden Stückes bis auf den Tag genau datirt ist.
Damit ist zunächst allerdings nur ein terminus ante quem für die
Fabrication gegeben. Aber man wird doch in den meisten Fällen
mit ziemlicher Sicherheit sagen können, dass kein allzugrosses Spatium
zwischen dem Zeitpunkt der Fabrication und der Benutzung als
Schreibmaterial bestanden haben wird. Wir haben es ja fast überall
hier mit der gewöhnlichen Ware zu thun, die für den täglichen
Bedarf billig hergestellt, auch sofort in den Handel kommt und,
wenn sie einmal dem alltäglichen Gebrauch übergeben ist, — wie
die Hausfrauen bestätigen werden — nur ein kurzes Leben führt.
In den meisten Fällen wird die Scherbe von derselben Generation
gebrannt worden sein, von der sie mit Schrift bedeckt ist. In
einzelnen Fällen mögen eine oder zwei Generationen zuzugeben
sein. So ist uns durch die Datirung der Schrift doch auch appro-
ximativ die Zeit der Fabrication an die Hand gegeben. Wie
wichtig das ist, erhellt, wenn man folgende Worte Adolf Erman's
(Aegypten S. 606) dagegen hält: „Nichts ist in Aegypten so schwer
zu datiren als ein Thongeßiss, denn Scherben, die durch Jahrtausende
getrennt sind, haben hier einen fast gleichen Charakter. Die moderne
graue Ware von Keneh oder die rote von Siüt lässt sich z. B. fast
ganz gleich schon im neuen Reiche (II. Jahrtausend v. Chr.) nach-
weisen." Ohne diese letztere Beobachtung irgendwie einschränken
zu wollen, glaube ich doch auf Grund des reichen datirten Ostrakon-
materiales nachweisen zu können, dass in der Zwischenzeit gar manche
Wandlungen in der Fabrication statt gefunden haben, Wandlungen,
die sich z. Th. gerade in dem Wechsel der Farben offenbaren. Ich
habe schon im Jahre 1889 in der Berliner Archaeologischen Ge-
sellschaft^) darauf hingewiesen, dass für die verschiedenen Perioden
gewisse Thonfärbungen charakteristisch sind. Diese Beobachtung hat
sich mir durch das reiche Material, das inzwischen hinzugekommen
ist, nur bestätigt. Gewisse Mittelfarben sind natürlich zu allen Zeiten
vorgekommen, aber es giebt einige hervorstechende originelle Farben,
die ich für die einzelnen Perioden geradezu als Modefarben bezeichnen
^) Vgl. den Bericht in der AVoclienschr. f. Klass. Piniol. 1889, Nr. 25, S. 701.
KERAMOLOGISCHE BEOBACHTUNGEN.
15
möchte. Vergegenwärtigen wir uns, dass diese verschiedene Färbung
nicht nur durch die verschiedenartige Fabrication, durch das Brennen
oder auch durch künstliche Färbung, sondern, namentlich bei den
rohen Thongefässen, von denen die Ostraka ja meistens stammen, vor
allem durch die verschiedene Farbe der zur Verfügung stehenden
Thonerde verursacht wird, so thun wir gut, diese Untersuchungen
lokal zu führen. Da die Scherben von Svene -Elephantine bis
jetzt nur wenige Jahrhunderte repräsentiren , wollen wir die The-
banischen Ostraka, die durch tausend Jahre hin vertreten sind, zu
Grunde legen. Von diesen lässt sich folgendes feststellen:
1. Für die Ptolemäerzeit ist eine hellgelbe oder graugelbe Farbe
charakteristisch, wie sie bei den römischen und byzantinischen Stücken
nicht oder doch nur ganz vereinzelt vorkommt. Die Bruchränder
sowie die Rückseite erscheinen gleichfalls in derselben graugelben
Farbe oder aber in einer hellrosafarbenen Schattirung. Natürlich
finden sich in der Ptolemäerzeit daneben auch anders geförbte Scherben,
rote, braune und rotbraune. Aber die hat es dort zu allen Zeiten
gegeben, während die graugelben für die Ptolemäerzeit charakteristisch
sind. Freilich ist auch diese Regel nicht ohne Ausnahmen, Im
Sommer 189q sah ich in Leiden ein gelbes Ostrakon aus hadrianischer
Zeit, in London eines aus trajanischer. Dies waren aber die einzigen
Ausnahmen bei den vielen Hunderten von Ostraka, die mir damals
durch die Hand gingen. Ich bedaure, in den beigefügten Tafeln von
dieser gelben Art kein Beispiel gegeben zu haben. Das einzige ptole-
mäische Stück, Nr. 5, ist bräunlich gefärbt, und zwar gelblich-bräunlich.
2. Als charakteristisch für die römische Periode (die ersten
Jahrhunderte nach Chr.) könnte ich nur das Vorherrschen der roten
und braunen Farbe anführen. Ein so leuchtendes, sattes Rot, wie
es in Svene in dieser Zeit üblich war (vgl. die drei ersten Nummern
auf den Tafeln), ist mir für Theben nicht erinnerlich. In Theben
herrscht im Allgemeinen in dieser Zeit mehr der bräunliche Ton vor.
Vgl. Nr. 4 und 6 auf Tafel II und III.
3. Für die byzantinische Zeit, in der gleichfalls die verschiedensten
roten Färbungen begegnen, möchte ich als eigenartig hervorheben,
dass hier die Scherben manchmal auf der Oberfläche einen gewissen
Glanz zeigen, der entweder durch Politur oder durch leichte Glasur
hervorgerufen zu sein scheint. Diesen Glanz zeigen z. B. zwei in
meinem Privatbesitz befindliche Ostraka (ich verdanke sie Fröhner's
16
I. KAPITEL.
Güte), die nach der koptischen Minuskel zu schliessen vielleicht in's
VII/VIII. Jahrhundert n. Chr. zu setzen sind. Das eine Stück, das
wohl einer flachen Schüssel oder Schale entstammt, ist auf beiden
Seiten glänzend. Bezüglich der Farben dieser Periode möchte ich
hervorheben, dass mir mehrfach eine leuchtende hellrote Farbe als
charakteristisch aufgefallen ist.
Die oben hervorgehobenen Farbenunterschiede sind so charakte-
ristisch, dass ein geübtes Auge vielfach auf den ersten Blick nach
der Farbe die Periode bestimmen kann. Mein hochverehrter Freund
J. P. ^lahaff}', der mir im letzten Sommer gelegentlich zusah, als ich
im Queen's College die Ostraka von Sayce durcharbeitete, wird mir
bestätigen, dass ich die Ptolemäer- und Kaisertexte meist sogleich
nach der Farbe auseinander halten konnte, noch ehe ich die Schrift
geprüft hatte. Ich habe diese einstweilen noch ganz rohen Be-
obachtungen nicht zurückhalten wollen, in der Hofinung, dass ein
Kundigerer sich genauer damit befasse.
Im Uebrigen habe ich über das Aeussere der Ostraka nicht
viel hinzuzufügen. Ich hob schon hervor, dass sie meist Bruchstücke
roh gearbeiteter Gefasse sind, wie sie im einfachen Haushalt zu den
verschiedensten Zwecken gebraucht werden. Nur ganz selten finden
sich Spuren von aufgemalten oder eingeritzten sehr einfachen Orna-
menten. Doch verraten die Ostraka sämmtlich die Benutzung der
Töpferscheibe, die den Aegyptern ja schon seit dem alten Reich bekannt
war.i) Soweit die Gefasse zur Aufbewahrung von Flüssigkeiten be-
stimmt waren, sind sie vielfach auf der Innenseite verpicht worden, und
viele der hier publicirten Ostraka zeigen eine verpichte Innenseite.
Schon Toelken (Reise des Generals v. Minutoli S. 421) erinnerte an-
gesichts der Elephantiner Ostraka an Suet. Claud. 16, wonach Claudius
in einem Edict bestimmte, ut uheri vinearum provenht hene dolia
picarentur. Ebenso hatte auch schon Philadelphos verordnet, dass die
Gefasse, in denen der Wein für die d(.Tz6[ioip(x. abgeliefert wurde, gut
verpicht sein sollten. So möchte ich wenigstens Rev. Pap. 32, 3
ergänzen: "Eaiw he 6 7.£p[a][iO? Xcpa[iLa aieyva [7iLaaoxo]7io6[X£va
^) Für Solche, die je nach der Benutzung oder Nichtbenutzung der Töpfer-
scheibe Kulturperioden zu trennen lieben, sind aegyptische Bilder lehrreich, in
denen man neben der Verwendung der Töpferscheibe die Fabrication aus der
freien Hand dargestellt findet. Natürlich werden nur noch einfachere Gegen-
stände auf letzterem Wege hergestellt sein. Vgl. Erman, Aegypten, S. 606.
FABRICATION DER GEFÄSSE.
17
(statt [5iaaxo]7:o6(i£va Mahaffy). Auf dieser EigeDtümlichkeit mancher
Scherben beruht nach meiner Ansicht das bekannte Knabenspiel,
das man daipay.ivBa TüaLuSLV nannte.^) Man nahm dazu eine Scherbe,
deren concave Seite verpicht war (ou •9'axepov [asv TzsTüiaao)-
pivov f^v, TO iyzoQ STQXaSr), xb Se ixzbq dmaawTOV. Eusth. a.
a. O.). Krause (Pauly, Realencykl. u. Ostrakon) nimmt merkwürdiger-
weise an, dass die Kjiaben selbst die Innenseite mit Pech bestrichen
hätten. Vielmehr haben sie natürlich Scherben von verpichten
Krügen zu diesem Spiele benutzt.
Was die Herkunft der Gefasse betrifft, so wird wohl fast überall
in Aegypten eine lokale Töpferindustrie bestanden haben, denn der
aegyptische Boden ist ausserordentlich reich an Thonlagern. 2) So
hatte Theben sein Töpferviertel auf dem Westufer, die K£pa{Ji£ca, die
in der Hauptsache seinen Bedarf gedeckt haben werden. Doch hat es
daneben natürlich auch importirte Waren gegeben, und es scheint, dass
ähnlich wie heute Keneh, so im Altertum Koptos ein Hauptfabrikort
für Töpferei gewesen ist, von dem viel exportirt wurde. 3) Inter-
essant ist in dieser Hinsicht Kr. 1129, in der ein Soldat seinem
Optio quittirt, an Wein xepafiov KoTTXtxtxov £v(a) empfangen zu haben.
Der „Koptitische Krug" (d. h. der aus dem Koptitischen Gau) scheint
demnach in ganz Aegypten — das Ostrakon stammt aus Pselkis
im fernen Nubien! — eine bekannte Sorte gewesen zu sein, ähnlich
wie heute die Balälis, die gleichfalls nach dem Fabricationsort, dem
Dorfe Balläs genannt werden. Ja, man kann geradezu die Balälis
als die Nachfolger der x£pa|JLOL Kotitltixol bezeichnen, denn das Dorf
BaUäs liegt schräg gegenüber von Kuft, dem alten Koptos, und es
sind wohl noch dieselben Thonlager, die heute wie damals bearbeitet
wurden. Ueber die Massbestimmung, die zugleich in dem Ausdruck
enthalten ist, vgl. Kap. X.
Endlich noch ein Wort über die Anordnung der Schrift auf
den Ostraka. Wie ich es früher für den Papyrus gethan habe
^) Vgl, die ausführlichen Erzählungen bei Pollux, Onom. IX III, 112.
Eust. ad Horn. II. XVIII p. 1160 sq.
So werden z. B. für Ptolemais Hormu im Faijüm mehrere xspajjLSt^
bezeugt. Vgl. Chart. Borg. VI 20, 21.
^) Vgl. Lumbroso, Reeherehes S. 131. Dazu Athenä. XI 464^: eyco Se
eö olSa oxi f^Siaxa TioXXocy.'.g saxl xa xspdijisa exTcW^iaxa xal xa Tcap :^[itv
ex x^s KÖTtxou xaxayöiJLSva* }xsxa yocp aptO[jLax(ov au|icpupa6-siaY]5 zric, öuxaxai.
WiLCKEX, Ostraka. 2
18
I. KAPITEL.
(Hermes XXII S. 487 fF.), so lässt sich auch für das Ostrakon ein
Kecto und ein Verso unterscheiden. Natürlich ist es hier die convexe
Seite, die Aussenseite des Gefasses, die vornehmlich zum Schreiben
geeignet sein musste, denn nur auf ihre Glättung wurde besondere
Sorgfalt verwendet, war doch die Glätte ein Hauptvorzug eines schönen
Gefasses, während die Innenseite derartig zu bearbeiten keine Veran-
lassung, ja bei manchen Formen, z. B. den schmalhalsigen Gefässen,
auch nicht die Möglichkeit vorlag. Daher lässt sich als Regel auf-
stellen, dass zunächst die glatte Convexseite des Ostrakons beschrieben,
die concave aber, wenn überhaupt, nur subsidiär und nachträglich
benutzt wurde. So beginnt z. B. die Personenliste in Nr. 1194 auf
der convexen Seite und wird fortgeführt auf der concaven. So wird
in Nr. 728 die gezahlte Summe auf der Innenseite wiederholt —
eine nachträgliche Notiz. Aus diesem Grunde muss z. B. der Text
von Nr. 295 älter sein als der von Nr. 1, der auf der Innenseite
derselben Scherbe steht. Eine einzige Ausnahme scheint unsere
Sammlung zu enthalten: der Text von Nr. 38 steht auf der Innenseite!
Aber diese Ausnahme bestätigt vortrefflich die Regel, denn — die
Aussenseite konnte in diesem Falle nicht gut benutzt ^verden, da
sich daselbst ein Gefasshenkel befindet! Es ist also bei den Ostraka
genau dasselbe Verhältnis von Recto und Verso wie bei den Pa-
pyri,^) und ebenso wie dort sind es Eigentümlichkeiten der Fabri-
^) MahafFy hat jüngst bei der Herausgabe der Flinders Petrie Papyri
mehrere „Ausnahmen" von meiner Theorie constatirt, jedoch mit Unrecht. Die
Autopsie hat mir ergeben, dass jedes einzelne Stück der Flinders Petrie Pa-
pyri meine Theorie bestätigt, dass MahaiFy sich vielmehr durch die Richtung
der Schrift hat täuschen lassen. Ich habe schon im Hermes a. a. O. 490 Anm.
ausdrücklich hervorgehoben, dass es für die Frage nach Recto und Verso völlig
gleichgültig ist, welche Richtung die Schrift einnimmt. Daher sind auch die
folgenden Worte von J. Krall CPR II S. 8 geeignet, Verwirrung anzustiften:
„Man kann mit grosser Wahrscheinlichkeit bei einem auf beiden Seiten be-
schriebenen koptischen Papyrus jenen Text, der längs den Verticalfasern ge-
schrieben ist, als den älteren ansehen, denn wie die Beschreibung der Rechts-
urkunden zeigt, ist von unseren 220 Rechtsurkunden nur ein Sechstel auf den
Horizontalfasern beschrieben," Meine Schrift ist nicht genannt. Wenn dies eine
Widerlegung sein soll, so kann ich sie nicht für zutretFend halten. Hier liegt
offenbar nur das Factum vor, auf das ich gleichfalls schon in jener Anmerkung
hinwies, dass man in der byzantinischen Zeit besonders gern die Schrift parallel
den Klebungen, resp. der Höhe der Pagina, d. h. den Verticalfasern (der Rück-
seite) gesetzt hat. Für die Frage, welcher Text der ältere ist, d. h. für die
RECTO UND VERSO.
19
cation, die die strenge Scheidung zwischen der Beschreibseite xax'
izoyriy und der subsidiären Beschreibseite bedingen.
Die Aufbewahrung dieser unhandlichen „Papiere" wird eine sehr
mannigfaltige gewesen sein. Vielfach hat man die Ostraka gewiss,
ebenso wie die Papyrusrollen , in grossen Thonkrügen aufbewahrt.
Ein solches Archiv muss einem Weinkeller geglichen haben. In der
oben citirten Babriusstelle (127) wird ein xißtoxoc, ein Kasten oder
Schrank, als Depot für die Ostraka bezeichnet, und das wird wohl
nicht nur bei den Göttern Brauch gewesen sein.^)
Frage nach Eecto und Yerso ist dies aber ganz indifferent. Dafür sind lediglich
die aus der Fabrication des Papyrus von mir entnommenen Gesichtspunkte mass-
gebend. Auch in den einseitig beschriebenen Urkunden der Wiener Sammlung
wird die Schrift, mag sie auch parallel den Verticalfasern laufen, doch auf der
„Horizontalseite" stehen, d.h. auf der Seite, deren Fasern rechtwinklig
gegen die Selisklebungen laufen. Krall hat die Verwirrung dadurch
noch grösser gemacht, dass er bei der Beschreibung der Urkunden statt „längs
den Verticalfasern" gar „auf den Verticalfasern" sagt. Ich kenne bis jetzt
nur eine Ausnahme meiner Eegel, das ist der Pap. Lond. CCCCI. Dabei ist
aber zu bedenken , dass der Text ein Brouillon ist ! MahaffS 's Bemerkungen
hierzu zeigen gleichfalls, dass er den Kern meiner Theorie verkennt. — Der
antiken Auffassung würde es vielleicht am besten entsprechen, wenn wir statt
H orizontalseite Innenseite" und statt Verticalseite ,,Aussenseite" sagten. Vgl.
Rev. Pap. 41,13, wo auf Bemerkungen, die auf der Rückseite stehen, mit s^ü)
hingewiesen wird.
^) Das Wort X'.ßwxös begegnet in der Kanzleisprache sonst auch als Be-
zeichnung für den Geldkasten, in den das Geld (vom Zahler) hineingeworfen
wird. Vgl. TisTCTCoxsv sie, y.'.ßcoTÖv in Pap. Leid. I. 379 (so nach dem Original).
Weitere Beispiele bei Revillout, Rev. Egypt. II S. 114. Diese Formel, die bisher
sich nur für das III. Jahrh. vor Chr. (Philadelphos und Euergetes I) hat nach-
weisen lassen, ist gleichbedeutend mit dem jüngeren: ::£7tX(ü*X£v stzI xTjv Tpaiüs^av.
Diese Bedeutungsentwickelung von xißtoxög kann man mit der von arca ver-
gleichen, worauf mich Mommsen hinweist. Auch der „fiscus" (Korb) hat dieselbe
Entwickelung durchgemacht.
II. KAPITEL.
Herkunft und Schicksale der Ostraka.
Wir haben nunmehr nachzuweisen, wo und wie unsere Ostraka
gefunden sind, wo sie zur Zeit aufbewahrt w^erden, und was bis jetzt
über sie geschrieben worden ist.
Die wichtigsten Fundgruben für Ostraka sind bisher — von
Süden nach Norden — Dakkeh in Nubien, Elephantine, Gebelen,
Erment, Karnak und Umgegend, Kuft, Sedment und Sakkära.
Die nubischen Ostraka von Dakkeh, dem alten Pselkis in
der Dodekaschoinos, waren wohl die ersten, die in Europa bekannt
wurden. Der Architekt Gau fand 1819 „eine Unzahl" von be-
schriebenen Scherben daselbst. Mehrere davon zeichnete er ab, so
gut er konnte, warf sie dann aber, nicht ahnend, welch wertvolles
Geschenk ihm die Götter in den Schoss gelegt hatten, als „lästigen
Ballast" über Bord. Nur zwei Scherben behielt er zurück ; die schenkte
er Barthold Georg Niebuhr und regte ihn zugleich an, die Entzifferung
dieser neuen Urkunden zu versuchen. Vereinzelt scheinen auch
später noch in Dakkeh Ostraka gefunden zu sein (vgl. 1220).
Grössere Massen von Ostraka wurden dann in den zwanziger
Jahren unseres Jahrhunderts und in den folgenden Decennien
aus Elephantine bekannt, der herrlichen Palmeninsel gegenüber
As SU an (dem alten Syene), der alten Grenzstadt des eigentlichen
Aegyptens. In sämmtlichen Fundberichten, die mir erinnerlich sind,
ist immer nur Elephantine als Fundort genannt,^) während wir
^) So sagt Toelken, Reise d. Generals v. Minutoli S. 420 : „Beim Auf-
räumen alter Ruinen in der Insel Elephantine fand man einen grossen Vorrat
beschriebener Thonscherben." Vgl. Sayce, Jewish Quarterly Review II S. 400.
VON DAKKEH BIS KARNAK.
21
aus dem Inhalt schliessen müssten, dass nicht wenige davon aus
Syene stammten. Einstweilen kann ich nur constatiren, dass nach
den Berichten die Stücke auf der Nilinsel Elephantine, nicht in
Syene gefunden sind.
Diese Ostraka aus Dakkeh und Elephantine waren bis vor
Kurzem die einzigen, die wir kannten, und alle älteren Publicationen
beschäftigen sich nur mit ihnen, abgesehen von em paar Stücken
aus Erment, dem alten Hermonthis, die sich auch schon bei
Fröhner finden. Es scheint, dass die Fundquelle auf Elephantine
zur Zeit erschöpft oder wenigstens verstopft ist, denn in den letzten
Jahren sind nur noch ganz vereinzelt neue Ostraka von dort bekannt
geworden, und von diesen steht vielleicht nicht einmal fest, ob sie
auch neuerdings erst geftinden sind. Erman hat 1885/6 noch einige
wenige dort käuflich erworben. Sayce (a. a. O.) schrieb im Jahre 1890:
„For the last four or five years no more ostraca have been discovered
there." Andrerseits hat Jean Jacques Hess noch kürzlich Ostraka
aus Elephantine erworben. Auch das Berliner Museum hat soeben
(1896) mehrere Ostraka aus Elephantine erhalten. Hoffen wir. dass
bald neue grosse Funde dort gemacht werden. Das elephantinische
Material ist bisher sehr einseitig; Ptolemäertexte sind dort erst ganz
sporadisch gefunden.
"Weiter nordwärts sind in Edfu, dem alten Apollinopolis
Maior, von Maspero (nach einer fi-eundlichen Mitteilung desselben)
Ostraka gefunden worden. Gegen 50 Stück hat er von dort in's
Museum von Bulaq (heute Gizeh) gebracht. Von diesen befindet
sich keines in unserer Sammlung.
Fahren wir den Nil weiter abwärts gen Norden, so kommen
wir im oberaegyptischen Gebelen, nordwärts von Esne, ^\iederum
auf einen Ostrakonplatz. Sayce war wohl der Erste, der hier grie-
chische und demotische Ostraka fand (vgl. a. a. O. 401). Auch
einige der Hess'schen Ostraka stammen aus der Gegend von Gebel^n
(vgl. unten Kap. IX), und da diese kürzlich dort erworben sind,
so scheint sich glücklicherweise die Befürchtung Sayce's, dass durch
das Graben nach Sebah-Erde alle Ostraka dort zerstört seien, nicht
zu bestätigen. Dass auch in Erment (Hermonthis) Ostraka
gefunden sind, wurde schon oben erwähnt.
Die ergiebigste Fundquelle bildet zur Zeit das weite Ruinenfeld
des alten „hundertthorigen" Thebens, der Aiö? izoXic, -f] iieya^rj der
22
II, KAPITEL.
Griechen. Der unermüdliche Sayce, der schon so Vieles fand, war
wohl der Erste, der auch diese Quelle entdeckte. Im Winter 1881/2
stiess er, zusammen mit Alfred Wiedemann, nördlich von den Ruinen
von Karnak auf die ersten thebanischen Ostraka. Etwa zu glei-
cher Zeit wurden auch Maspero die ersten Stücke von dort in das
Museum von Bulaq gebracht (etwa 100). Im Jahre 1883 hat
Maspero dann planmässige Nacliforschungen nach Ostraka in Karnak
angestellt, als deren Ergebnis etwa 400 Urkunden (griechische, de-
motische und koptische) nach Bulaq in's Museum wanderten. Auf
diese interessanten Ausgrabungen komme ich nachher noch zurück.
Nach und nach sind nun gewaltige Massen von Ostraka an den
verschiedensten Stellen des grossen Ruinenfeldes, westlich und östlich
vom Nil, gefunden worden, und jetzt giebt es wohl kaum ein grösse-
res Museum, das nicht seine „Thebaner" hätte. In das Berliner
Kgl. Museum sind durch Erman's Bemühungen allein viele Hunderte
thebanischer Ostraka gelangt, deren grösster Teil in unserem Buche
zum ersten Mal publicirt vorliegt. Auch Budge hat kürzlich meh-
rere Hunderte von thebanischen Ostraka für das British Museum
erworben (s. Anhang III).
Weiter nördlich hat wiederum Sayce in Kuft, dem alten
Koptos, Ostraka gefunden — „at a little distance within the
eastern gate of the Roman wall" (a. a. O. S. 401).
Aus Mittelaegypten sind bisher meines Wissens erst wenige
Ostraka bekannt geworden. In Aschmunein, dem alten Hermu-
polis Magna, hat Maspero einige Ostraka gefunden, die in das
aegyptische Laudesmuseum übergeführt sind. Im Jahre 1886 ent-
deckte Adolf Erman einen neuen Platz in Sedment-el-Gebel,
einem Flecken am Eingang des Faijüm, am linken Ufer des Bahr-
el-Yusuf gelegen.
Im Faijüm selbst, das uns so verschwenderisch mit Papyri,
Pergamenten und Papieren versorgt hat, sind bisher, wie es scheint,
sehr wenige Ostraka gefunden worden. In Berlin wurden erst in
allerletzter Zeit einige Stücke als faijümisch erworben (vgl. Nr. 1303
und 1306). Doch ist Genaueres über den Fundort nicht bekannt.
Dass auch hier unter den Ruinen von Arsinoe sowie in dem
Schutt der zahllosen Dörfer dieses reichsten und bevölkertsten aller
Gaue viele Tausende von Ostraka begraben liegen, wäre a priori
höchst wahrscheinlich. Nach Karabacek müsste in der That das
YOX KAKNAK BIS SAKKARA.
23
Faijum eine Hauptfundstätte für Ostraka sein. Er sagt (Mitt. Pap.
Eain. V S. 63 = Führer durch d. Ausstellung PER S. 10): „Das
weite Trümmerfeld von Arsinoe- Faijum wird von den Arabern ge-
radezu als Schutt- und Scherbenland bezeichnet. Wo man hin-
tritt, greift man Scherben heraus, mitunter recht kostbare."
Der Zusammenhang zeigt, dass Karabacek von beschriebenen
Scherben spricht. Mit dieser Aussage steht einstweilen die That-
sache im AViderspruch, dass bis jetzt, nach Aussage der Reisenden,
sehr wenige Ostraka im Faijum gefunden sind.^) Oder sollten
jene Massen nach Wien gekommen sein? Man scheint dort die
drei griechischen Ostraka, die im „Führer" a. a. O. als Beispiele
für die Vorbemerkung Karabacek's angeführt werden, für faijümisch
zu halten. Das einzige Stück, das ich durch das beigegebene
Facsimile controlliren konnte (unsere Nr. 1623), stammt aber,
wie der Text deutlich besagt, aus den thebanischen Mem-
nonienl Hoffen wir, dass trotz allem auch das Faijum uns
noch reiche Ostrakon schätze bringt. Einstweilen liegt es allerdings
nahe, mit dem seltenen Vorkommen faijümer Osti*aka die auffallige
Thatsache in Verbindung zu bringen, auf die wii' schon oben S. 12
hinwiesen, dass im Faijum eine ganze Reihe von Quittungen privaten
und öffentlichen Charakters gefunden sind, die auf Papyrus ge-
schrieben sind — und zwar aus den ersten drei Jahrhunderten unserer
Zeitrechnung, wo z. B. in Theben und Elephantine für diese Zwecke
durchaus das Ostrakon praevalirte.
Endlich ist Sakkära, in der Xähe des alten Memphis, als
Fundstätte von Ostraka zu nennen. Wenigstens nach dem Bericht
des Berliner Kataloges sind Nr. 1126 und 1127 von Brugsch aus
Sakkära angekauft. Ob sie freilich auch wirklich dort gefunden
und nicht nur von dort im Handel vertrieben sind, muss dahin-
gestellt bleiben.
Für die Interpretation der Urkunden wäre es von nicht geringem
Interesse, Genaueres über die Art zu erfahren, wo und wie man
die Ostraka gefunden hat. Leider liegen mir darüber nur wenige
Zeugnisse vor, denn die meisten Ostraka sind käuflich von den
^) Erman hat bei seinem Aufenthalt im Faijum ein Ostrakon gesehen.
Steindorff, der im Frühling 1895 das Faijum bereiste, teilte nur mit, dass er
Ostraka dort nicht gesehen habe. Jüngst schrieb mir Erman, dass der Koptologe
Schmidt soeben ein koptisches Ostrakon im Faijiim gekauft habe.
24
Fellachen oder, was noch schlimmer ist, von den Antikenhandel
treibenden Arabern erworben worden. Diese aber sind bekanntlich
stummer als die Sphinx, wenn man sie nach dem genauen Fundort
fragt, oder aber — sie lügen, was ihnen gerade einfallt. Um so wertvoller
ist der Bericht, den ich der Güte Adolf Erman's über seinen Fund
der Ostraka von Sedment-el-Gebel verdanke. „Neben dem Dorf',
so schreibt er mir, „steht auf dem hohen Ufer des Bahr Jusuf das
Kloster des Mar Girgis" (die hübsche Skizze, die Erman von der
Lokalität entwarf, kann ich hier leider nicht wiedergeben). „Auf
dem schmalen Wege zwischen dem Uferrand und der Klostermauer
fanden sich die Ostraka. Schweinfurth und ich waren Anfang Januar
1886 mehrere Tage in diesem damals vom Antikenhandel noch
kaum berührten Dorf, und allmählich brachten die Leute allerlei
heran, was wir nach ihrer Meinung vielleicht kaufen konnten. Auch
die Mönche des Klosters waren dabei, und es war wohl einer von
ihnen, der das erste Ostrakon brachte. Als wir mehr davon haben
wollten, suchten sie vor unseren Augen an der bezeichneten Stelle,
und auch wir selbst suchten und fanden mit. Die Stücke
lagen flach in der Erde, oben am Ufer, natürlich in irgend welchem
alten Schutt. Während wir am Tage fort waren, suchten sie dann
wohl weiter. Soweit meine Erinnerung. An der Stelle geht noch
heute ein Weg zum Faijüm hinüber, und ich dachte, ob hier nicht
eine Zollstation gewesen sein könnte." Hier haben wir's also deutlich
mit den Ueberresten eines Bureaus zu thun, und wir werden in
Kap. VIII sehen, dass dieses Moment bei der Interpretation der
rätselhaften Texte eine gute Stütze bietet.
Ich bin in der angenehmen Lage, auch über eine der zahl-
reichen Fundstellen auf dem thebanischen Kuinenfelde Genaueres
berichten zu können. Ich verdanke diese .Kenntnis der grossen
Liebenswürdigkeit Maspero's, der auf meine Anfrage mir unterm
^) Ich finde in Makrizi's Geschichte der Kopten (übersetzt von Wüstenfeld,
Gött. 1845) im 7. Kapitel unter No. 32 folgende Erwähnung dieses Klosters:
„Das Kloster von Sedment seitwärts von el-Menhi (d. h. dem Josephskanal) auf
dem Damme zwischen el- Faijüm und el-Eif mit dem Namen des Abu Dschordsch
(= Girges = Georg) hat von dem, was es früher war, viel verloren, und ist nur
noch von wenigen bevölkert." Man findet den Ort z. B. in der Spezialkarte
des Faijüm und Umgegend, die dem Werk von R. H. Brown (The Fayüm and
lake Moeris, Lond. 1892) beigegeben ist.
MASPERO'S AUSGRABUNGEN IN KARNAK.
25
22. October 1888 einen ausführlichen Bericht über seine Ostrakon-
funde zugeschickt hat. Indem ich ihm meinen herzlichsten Dank dafür
auch an dieser Stelle wiederhole, lasse ich seine eigenen Worte folgen.
„En 1881 — 1882, en meme temps que Wiedemann achetait
les Ostraca que vous publiez (gemeint ist meine Publication der
Bonner Ostraka), l'agent du Musee ä Karnak Reis Diab Timsah
m'en apportait une centaine dont la moitie seulement grecs, le reste
demotiques et coptes, provenant de la partie de la ville antique
qui est situee au nord du portique des Bubastites et du mur de Seti I,
ä l'Ouest du petit temple de Phtah Thebain et des petits edifices
d'epoque saite, ainsi que du grand temple ä peu-pres detruit d'Amen-
hotpou III: ils sont aujourd'hui au Musee de Boulaq. L'annee
d'apres en 1883, je resolus de faire quelques fouilles dans cette
partie des ruines, et je mis une vingtaine d'ouvriers au travail. Apr^s
avoir decouvert 9ä et lä des ostraca isoles, ils mirent la main
sur un veritable depöt. Prevenu par le Reis Diab, j'accourus et
je vis une partie des ostraca sortir de Th^bes. Iis etaient accumules
au pied d'un mur en briques crues qui avait encore pres de trois
m^tres de haut et au moins 0^ 80 d'epaisseur. Iis posaient sur
une couche de terre battue qui etait evidemment le sol antique de
la maison: le bas du mur etait enduit de crepis blanc, et je me
souviens qu'apr^s l'avoir examine, je crus reconnaitre que la face
au pied de laquelle les ostraca etaient accumules etait une face
toumee ä l'exterieur. Les debris voisins me parurent appartenir
a des murs de Separation plutot qu'ä des murs d'habitations, et j'en
conclus que le depöt etait dans une petite cour bordee de murs sur
trois cötes et abutant ä une maison sur le quatri^me cote. Des
traces d'une porte etaient encore visibles sur Tun des murs: un jambage
etait assez bien conserve. Apres ce premier examen, j'etais revenu
m'asseoir sur le mur et je suivais les recherches des ouvriers qui
etaient assez infructueuses, quand le mur s'ecroula sous mon poids
et entraina sur moi une partie des decombres voisins. En me rele-
vant, je constatai qu'il y avait dans l'eboulis des fragments d'ostraca,
et je fis deblayer la partie attenante A — B (nach der von M. bei-
gegebenen Skizze ein Teil der Mauer). On y trouva encore une centaine
d'ostraca et ce fut tout. Des sondages operes dans les environs
ne produisirent plus rien. Plus tard, j'appris que les chercheurs de
^abakh avaient mis la main sur un nouveau depöt dans le voi-
6
II. KAPITEL.
sinage, et on m'affirma que les ostraca vendus aux voyageurs depuis
quelques annees provenaient tous du meme endroit, c'est-ä-dire de la
maison exploree par moi et des maisons voisines. Malheureusement
Targent m'a manque, lä comme partout, et je n'ai pu faire rien de
plus que ce que j'avais fait en 1883. Les Ostraca au nombre de
plus de quatre cents fragments, la plupart grecs et demotiques, quel-
ques uns coptes ont ete deposes par moi au musee de Boulaq . . .
La maison ou les maisons oü se trouvaient les ostraca devaient etre
des maisons de publicains ou de banquiers. ... La maison que j'ai
exploree etait situee au point A que vous reconnaitrez sur le plan 2
du „Karnak" de Mariette en tirant une ligne de la porte du porti-
que Nord des Bubastites et une autre par Taxe du temple T: la
maison etait a peu-pres au point de rencontre des deux lignes, h peu-
pres ä la hauteur des petits temples G (planche I). Bleu entendu
ceci n'est qu'une approximation, et je puis me tromper meme d'une
centaine de m^tres. Je crois bien pourtant que l'indication est ä
peu-pr^s exacte."
Die Erzählung ist so anschaulich, dass wir ihr nichts hinzuzu-
fügen haben. Wir wissen hiernach, dass es auf dem östlichen Ufer,
nordwärts von den Ruinen von Karnak — der Platz lässt sich nach
Maspero's Angaben auf dem Mariette'schen Karnakplan leicht be-
stimmen — mehrere Häuser gegeben hat, in denen Ostraka in grösse-
ren Massen beisammen gefunden worden sind. Andrerseits ist aber
sicher eine grosse Zahl von Ostraka auch auf dem westlichen Ufer
zu Tage gekommen, und nach den Berichten der Reisenden ist es
nicht unwahrscheinlich, dass man sie auch einzeln und weit verstreut
über dass grosse Trümmerfeld hin gefunden hat. Diese zweifache
Art der Funde entspricht dem, was wir aus den Texten selbst er-
schliessen können. Wir werden in Kap. III zu zeigen haben, dass
die Quittungen teils an die Steuererheber (von den Trapeziten resp.
Sitologen), teils an die Steuerzahler (von den Erhebern) gerichtet
w^orden sind. Die ersteren werden wahrscheinlich in den Bureaus
der Steuererheber ordnungsgemäss aufbewahrt worden sein, und ein
solches Bureau ist es vermutlich, das Maspero ausgegraben hat, w^ie
er selbst schon richtig sagt. Dagegen die Quittungen, die die Steuer-
zahler erhielten, desgleichen auch die zahlreichen Privatscripturen
(vgl. Varia) werden überall in der Stadt und den Dörfern, in den
Häusern und Hütten der Bewohner zu finden gewesen sein. Dasselbe
CONCORDANZ.
27
Verhältnis muss allerorten bestanden haben. Wenn man jetzt einmal
wieder ein solches Bureau ausgrübe, wäre es vor allem wünschenswert
zu constatiren, welche der von uns in Kap. III behandelten Kategorien
von Urkunden sich beisammen finden. Bei der Schwierigkeit der in
jenem Kapitel geführten Untersuchungen wäre ein solcher Fundbericht
von grösstem Werte.
Von einer merkwürdigen Verwendung der Ostraka weiss Sayce
(Jewish Quart. Rev. II, S. 401) zu berichten. Er fand, dass man
(in Karnak) in der römischen Zeit den Nilschlammziegeln, mit
denen die Häuser gebaut wurden, alte Ostraka, und zwar auch be-
schriebene, beigemischt hat, um die Ziegel dauerhafter zu machen.
Die Ostraka von Sayce stammen zum Teil aus solchen Mauer-
werken: „Others we extracted from the bricks with our own
hands."
Wir haben nunmehr nachzuweisen, wo die von uns publi-
cirten Ostraka conservirt werden. Um weitere Arbeiten auf diesem
Gebiet zu erleichtern, geben wir im Folgenden eine Concordanz
der betrefienden Museumsnummern, in aufsteigender Linie, mit
den Nummern, die die Stücke in unserer Sammlung erhalten
haben. Die Museumsnummern stehen zu diesem Zweck links, die
Buchnummern rechts. Es wird damit Jedem, der unsere Texte
nachzuarbeiten wünscht — und hofientlich wird es an solchen nicht
fehlen — das Auffinden des Originals erleichtert. Zugleich ist
hiemach leicht zu überblicken, welche der Museumsnummern wir
nicht in unsere Sammlung aufgenommen haben. Bei den Privat-
sammlungen, die keine Numerirung durchgeführt haben, zähle ich
die Ostraka in der Reihenfolge auf, in der sie in meinem Buch
erscheinen. Auf Ostraka, die im Commentar gelegentlich erwähnt
oder besprochen sind, ohne in extenso publicirt zu werden, kann
erst in den Addenda mit der Seitenzahl hingewiesen werden.
1. Königliches Museum zu Berlin.
Die Berliner Ostraka werden in der aegyptischen Abteilung der
Königlichen Museen (am Lustgarten) aufbewahrt, und sind zu-
sammen mit den Papyri in das sogenannte P. Inventar eingetragen.
28
II. KAPITEL.
Dieses P. Inventar ist bis 1889 von mir, seitdem von Herrn Dr. Krebs
geführt worden. Nur ganz wenige der Berliner Ostraka gehören zu
den alten Beständen der Kgl. Museen. Die weitaus grösste Masse
ist erst in den letzten Jahren (etwa seit 1880) hinzugekommen.
Besonders wertvoll war der Zuwachs, den die Sammlung infolge
der aegyptischen Reise des Directors der Abteilung, Adolf Erman,
(1885/86) erfuhr. Hervorzuheben ist auch die Erwerbung der
reichen Ostrakonsammlung von Alfred Wiedemann in Bonn. Diese
habe ich im Textdruck besonders hervorgehoben („früher Wiedemann,
jetzt Berlin . ."). Im Uebrigen muss ich betreffs der Zugehörigkeit
der Stücke zu den einzelnen Erwerbungen auf das P. Inventar ver-
weisen. In diesem Buche genauere Mitteilungen darüber zu machen,
schien mir überflüssig. — Meine Copieen der Berliner Texte stammen
meist aus der Zeit, da ich als Hilfsarbeiter in der aegyptischen Ab-
teilung der Kgl. Museen beschäftigt war (1885 — 1889). Doch habe
ich hinterher mehrfach Gelegenheit genommen, die alten Lesungen
zu revidiren — freilich lange nicht in genügendem Masse. Herrn
Generaldirector Geheimrat Schoene sowie Herrn Director Erman
sage ich auch an dieser Stelle für die freundliche Förderung,
die meine Studien seitens der Verwaltung jederzeit genossen haben,
meinen wärmsten Dank. Herrn Dr. Krebs habe ich für die unver-
änderliche Liebenswürdigkeit, mit der er meine zahlreichen Anfragen
geduldig beantwortet hat, im Besonderen auch für die nützlichen
Durchpausungen von fraglichen Stellen herzlichst zu danken. Es
folgt die Concordanz.
P. 1 = 301
P. 54 ^ 957
2 = 121
3 = 291
4 = 84
5 = 258
6 = 149
7 = 277
13 = 11
14 = 20
23 = 1269
51 = 935
52 = 965
53 = 772
55 = 941
56 = 490
57 = 1293
58 = 557
59 = 640
60 = 1298
61 = 1279
62 = 592
63 = 658
69 = 1204
76 = 711
100 = 653
BERLINER OSTRAKA.
29
R 101 = 952
106 = 395
107 = 892
108 = 839
109 = 1205
110 = 575 •
111 = 601
112 862
113 = 1290
114 = 563
117 = 602
122 = 593
123 = 856
126 = 583
129 = 860
132 = 608
136 = 996
137 = 570
141 + 144 = 854
142 4- 145 = 589
149 = 1261
155 = 1215
156 = 331
157 = 877
158 = 356
161 = 859
163 = 1165
166 = 489
169 = 1185
172 = 540
175 = 846
190 = 1089
191 = 710
194 = 900
199 = 696
203 = 973
204 = 1074
249 = 334
P. 283 = 332
285 = 317
288 = 660
290 1064
291 = 795
294 = 955
296 = 368
297 = 1206
299 = 1036
310 = 110
311 = 153
312 4- 365 = 77
313 = 33
314 = 237
315 = 4
316 = 154
317 = 28
318 = 167
320 = 41
321 = 1224
322 = 190
323 = 286
324 = 35
325 = 285
326 = 142
327 = 1127
328 = 1126
329 = 1265
330 = 265
331 = 107
332 = 225
334 = 160
340 = 137
341 = 211
343 = 294
345 = 1274
451 = 809
453 = 310
30
II. KAPITEL.
P. 455
1077
480
321
495
1048
504
345
505
323
506
—
1305
507
: :
724
508
319
509
=
707
510
713
513
=
701
515
894
516
-
443
518
==
768
519
<^38
520
=
549
521
=
921
523
708
756
655
757
832
758
=
904
794
1098
795
:
1109
796
1114
797
1105
798
1095
799
1106
800
1104
801
1110
802
1101
803
1097
804
1117
805
1103
806
1092
807
1107
808
IUI
810
1094
811
1096
P. 812
—
1091
813
—
1093
814
—
1125
815
—
1113
816
—
1116
■ 817
—
1124
818
—
1102
819
—
1108
820
—
1123
821
1100
S22
—
1122
823
1112
824
—
1099
825
—
1120
830
—
1115
845
—
1119
848
—
1121
850
—
1118
1113
—
1025
1117
—
469
1147
— ■
329
1148
—
966
1151
—
919
1153
—
305
1154
—
793
1160
—
911
1161
—
530
1165
— ■
670
1174
—
915
1179
—
949
1183
—
812
1195
—
918
1198
383
1199
1050
1200
902
1201
1033
1202
909
1203
606
BERLINER OSTRAKA.
31
P. 1206 = 399
1211 = 738
1289 = 384
1551 = 705
1552 = 1227
1553 = 1023
1554 1026
1555 = 716
1556 = 1230
1557 = 1171
1559 = 346
1560 = 328
1562 = 721
1564 = 311
1571 =421
1572 = 415
1573 = 417
1574 = 416
1575 = 1010
1577 = 1154
1578 = 604
1579 = 578
1580 798
1581 = 520
1582 = 587
1584 = 901
1585 = 1163
1586 = 576
1587 = 1043
1588 = 491
1589 = 671
1590 - 1066
1591 = 841
1592 = 807
1594 = 641
1596 = 513
1597 = 611
1599 = 1063
P. 1600 = 789
1601 = 1287
1602 = 844
1603 = 514
1604 = 774
1605 = 1041
1607 = 1176
1608 = 675
1609 = 677
1612 = 676
1613 = 685
1614 = 692
1615 = 370
1616 = 374
1617 = 446
1618 = 470
1619 = 440
1620 = 373
1621 = 375
1622 = 386
1623 = 432
1624 = 423
1625 = 447
1627 = 419
1630 = 480
1631 = 428
1632 = 439
1634 = 465
1635 = 434
1636 = 448
1637 = 449
1638 -I- 1640 = 1281
1641 = 435
1642 = 450
1644 = 442
1645 = 1285
1648 = 1001
1649 = 986
32
II. KAPITEL.
P. 1650 =
1294
1651 =
1297
1652 =
824
1653 =
991
1654 =
1004
1655 =
897
1656 =
441
1800 =
820
1806 =
851
1809 =
388
1814 =
503
3977 =
351
3978 =
748
3979 =
715
3980 =
352
3981 =
1009
3982 =
347
3983 =
1150
3987 =
1232
3990 =
1161
3994 =
1237
3996 =
338
3997 =
1256
3998 =
306
3999 =
320
4000 =
333
4001 =
744
4002 =
749
4003 =
723
4004 =
739
4006 =
1262
4008 =
733
4009 =
1235
4018 =
742
4019 =
706
4020 =
734
4021 =
: 1278
4023 =
764
P. 4024 =
1014
4025 =
972
4027 =
867
4030 =
808
4031 =
956
4033 =
945
4035 =
967
4038 =
1286
4040 -f- 4085 = 848
4041
888
4046
914
4055
852
4057
505
4058
959
4059
790
4060
1038
4062
829
4064
574
;7 + 4170 = ^
4068
977
4069
828
4070
936
4081
837
4086
1057
4094
985
4096
643
4097
537
4099
898
4100
515
4107
502
4114
976
4116
797
4121
542
4123
796
4124
933
4126
1019
4127
992
4130
508
BERLINER OSTRAKA.
33
P. 4133 = 780
P. 4265 = 693
4134 = 940
4267 = 690
4135 = 1002
4268 = 488
4136 = 917
4271 = 688
4137 = 785
4272 = 456
4138 = 1250
4275 = 743
4139 = 376
4277 = 1236
4140 = 506
4283 = 679
4141 = 1249
4294 = 324
4150 = 390
4295 = 753
4153 = 1248
4296 = 342
4155 = 562
4297 = 418
4156 = 927
4298 = 414
4158 = 684
4299 = 777
4159 462
4300 = 412
4163 = 17
4301 = 420
4166 = 289
4302 = 779
4168 = 296
4303 = 1188
4176 = 634
4304 = 402
4180 = 1003
4305 = 431
4189 = 683
4306 = 422
4190 = 458
4308 = 437
4192 = 691
4310 = 463
4193 = 1238
4311 =452
4196 = 459
4313 = 314
4197 =474
4315 = 732
4203 = 659
4317 = 413
4205 = 1169
4318 = 1030
4210 + 4286 = 682
4319 = 466
4216 = 823
4320 = 1283
4222 = 794
4322 = 444
4224 = 1159
4323 = 461
4225 = 1264
4324 = 472
4227 = 1187
4325 = 429
4245 = 509
4326 = 438
4251 = 477
4327 = 1044
4253 = 471
4331 = 1217
4263 = 454
4334 = 335
WiLCKEX, Ostraka,
3
n. KAPITEL.
P. 4335
719
4336
330
4337
=
1028
4339
751
4341
1201
4342
=
1231
4345
— -
336
4347
755
4348
382
4349
1258
4350
=
391
4351
=
648
4352
360
4353
=
620
4354
1039
4355
1040
4356
=
784
4357
1020
4358
=
526
4360
1174
4361
=
674
4363
=-
517
4364
=
1061
4365
529
4366
1300
4367
501
4371
=
1047
4372
=
1291
4373
=
1296
4374
=
974
4375
799
4376
821
4378
-
623
4379
385
4380
532
4382
1200
4383
1175
4385
559
P. 4386
1246
4389
S49
4392
1291
4394
1295
4397
316
4398
312
4399
325
4400
1021
4404
1304
4406
315
4410
727
4411
1229
4413
=
871
4414
857
4415
697
4416
875
4417
==
994
4418
=
649
4419
916
4420
1280
4422
1260
4423
1079
4426
699
4427
427
4428
1076
4429
939
4430
-
1013
4431
934
4432
=
485
4435
=
358
4436
554
4437
843
4439
535
4440
1018
4441
800
4445
997
4446
975
4447
1162
BERLINER OSTRAKA.
35
R 4448 = 680
4449 = 673
4450 = 831
4451 = 864
4452 = 1006
4453 = 815
4454 = 1155
4455 = 787
4456 = 853
4457 = 637
4458 = 364
4459 = 717
4460 = 519
4461 = 1202
4462 = 718
4464 = 381
4466 = 595
4467 = 750
4468 = 993
4470 = 349
4471 = 380
4472 = 971
4473 = 625
4474 = 770
4476 = 1029
4478 = 1024
4479 = 476
4480 = 564
4481 = 546
4482 = 582
4483 = 929
4484 = 689
4485 = 622
4486 = 473
4487 = 845
4488 = 528
4489 = 393
4490 = 730
P. 4491 = 339
4492 = 763
4494 = 1179
4495 = 1078
4496 = 408
4498 = 776
4499 = 1203
4501 = 855
4502 = 511
4503 = 362
4504 = 819
4505 = 827
4506 = 802
4508 = 1056
4509 = 1288
4511 = 398
4512 = 326
4513 = 550
4514 = 1058
4515 = 1308
4516 = 885
4517 = 636
4518 = 963
4519 = 617
4520 = 1053
4521 =614
4522 = 672
4524 = 645
4525 = 624
4526 = 524
4527 = 931
4528 = 544
4529 = 1000
4530 = 858
4531 = 561
4532 = 1059
4533 = 460
4534 = 618
3*
II. KAPITEL.
P. 4535
616
4536
1282
4537
1022
4538
=
585
4539
=
635
4540
=
430
4541
=
433
4542
1045
4543
626
4544
495
4545
=
884
4546
762
4547
547
4548
=
778
4549
=
1302
4550
590
4551
392
4552
607
4553
752
4554
1178
4555
951
4556
- -
818
4557
865
4558
586
4559
619
4560
479
4561
407
4562
=
594
4563
=
944
4564
1302
4565
=
937
4566
=
924
4567
1213
4568
754
4569
621
4570
1062
4571
566
4572
610
P. 4573
834
4574
654
4575
866
4576
=
632
4577
541
4578
445
4579
=
455
4580
984
4581
=
922
4582
525
4583
-
403
4584
552
4585
-
756
4586
1257
4587
729
4588
523
4589
=
543
4590
1046
4591
899
4592
615
4593
337
4594
786
4595
627
4596
-
1034
4597
=
553
4599
1289
4600
882
4601
=
989
4602
817
4626
■
1054
4669
=
1042
4670
=
567
4674
510
4675
1060
4681
962
4713
357
4732
694
4743 + 4748 = 903
BERLINER OSTRAKA.
37
P. 4757
1148
4758
1147
4759
=
982
4761
498
4766
964
4768
497
4770
-
666
4772
=
943
4777
=
869
4781
633
4783
928
4789
483
4800
631
4801
=
507
4802
599
4803
698
4804
400
4805
=
538
4806
720
4807
=
527
4808
367
4809
=
378
4810
835
4811
=
988
4816
=
1301
4818
—
642
4821
365
4824
1244
4825
1075
4850
850
4852
950
4853
397
4861
500
4862
638
4863
923
)6 = 630 und 8
5897
1247
5898
=
1242
5899
960
5900
788
6024
-
958
6047
1263
6048
425
6049
372
6051
868
6052
=
1245
6053
1240
6054
=
968
6055
953
7860
1268
7861
1272
7862
1276
7863
1271
7865
1267
7866
1309
7867
1275
7868
1270
7869
1307
7870
1273
7891
1306
7896
1303
Ausserdem briugen noch die Nummern 307, 475, 481 und 747
unserer Sammlung Berliner Texte. Doch ist es mir bisher noch
nicht gelungen, die betreffenden Nummern des P. Inventars zu eruiren.
38
n. KAPITEL.
2. Louvre.
Die Benutzung der Ostrakonsammlung des Louvre wurde mir
von Herrn Prof. Eugene Revillout, conservateur adjoint au Musee
du Louvre, in liebenswürdigster Weise freigestellt, wofür ich ihm
auch hier meinen herzlichsten Dank ausspreche. Meine Copieen
sind im Herbst 1886 und im Frühling 1887 gemacht. Leider
habe ich seitdem keine Gelegenheit gehabt, die Lesungen zu revi-
diren. Ohne Zweifel wird daher eine neue Revision von grossem
Nutzen sein.
Die Concordanz ist folgende:
Louvre 1 (N. 690) = 29 Louvre 7218 = 1219
2 801 7221 = 152
3 = 118 7242 + 7249 = 235
4 = 179
7252 = 814
5 = 297
7253 = 90
6 = 219
7255 = 260
7 = 196
7256 = 876
8 (N. 690) = 234
7260 = 522
8 = 231
7291 = 143
9=236
7302 = 189
10 (N. 690) = 239
7587/8 = 1196
12 = 251
7644 = 198
13(N.690) = 298
7645 = 271
15 (N. 686) = 293
7647 = 155
16 = 1198
7648 = 96
7176 = 1199
7745 = 783
7178 = 222
7747 = 874
7179 = 268
7749 = 804
7184= 165
7750 = 895
7185 = 292
7752 = 1193
7187 = 281
7753 = 518
7188 = 278
7754 = 411
7190 = 213
7761 =810
7196 = 806
7764 = 836
7204 = 290
7768 = 1052
7209 = 263
7774 = 663
7211 = 1158
7778 = 1259
LOUVRE.
39
Louvre 7791 = 1090
Louvre 8154 = 1208
7799 = 581
8155 = 912
7805 361
8165 = 556
7807 = 193
8166 = 1251
7894 = 712
8168 = 736
7945 = 825
8169 = 409
7947 = 1214
8171 =938
7951 = 651
8177 = 889
7953 = 533
8178 = 588
7955 = 759
8194 = 1243
7962 = 863
8197 = 1008
7963 = 579
8198 = 1015
7964 = 861
8199 = 363
7968 = 1192
8202 = 910
8031 = 1624
8213 = 907
8034 = 639
8214 = 603
8035 = 840
8258 = 661
8036 = 1207
8263 = 816
8037 = 598
8268 = §70
8038 = 1007
8304 = 695
8039 = 568
8305 = 998
8041 = 558
8508 = 1071
8042 = 981
8512 = 482
8043 = 492
8515 = 1180
8044 = 406
8534 = 571
8045 = 597
8535 = 883
8050 = 580
8537 =318
8100 = 322
8546 = 731
8109 = 308
8547 = 629
8135 = 887
8548 = 628
8136 = 913
8559 = 551
8138 + 8196 = 905
8569 = 531
8140 = 878
8574 = 847
8141 = 872
8575 = 979
8144 = 925
8578 = 548
8147 = 1160
8579 = 565
8152 = 662
8581 = 879
8153 = 687
8582 = 1070
40 II. KAPITEL.
Louvre 8585 = 377
Louvre 8674 = 560
8586 = 569
8676 = 947
8590 = 667
8678 = 652
8591 = 891
8681 = 1068
8592 = 830
8689 = 948
8594 = 539
8694 = 656
8613 = 487
8718 = 873
8615 = 880
8727 = 813
8616 = 572
8736 = 545
8631 = 644
8737 = 521
8651 = 1191
8741 = 1149
8652 = 1072
8745 = 1011
8654 = 678
8836 = 1167
8662 573
8847 = 726
Ausserdem bringen noch die Nummern 6, 7, 309, 426 und
609 unserer Sammlung Louvretexte, deren Inventarnummer anzu-
geben ich jedoch nicht in der Lage bin. Auf Nr. 7 las ich Nr. 692,
doch ist dies nicht eine Spezialnummer.
3. Bibliotheque Nationale zu Paris.
Mit gütiger Erlaubnis des Herrn Omont habe ich 1886/87
folgende Ostraka in der Bibliotheque Nationale copirt:
Supplement Grec 718 = 1173
„ 719 = 299
„ 720 = 240
„ 722 = 221
4. British Museum.
Die Ostraka des British Museum werden im Orlen tal Depart-
ment conservirt. Die älteren Bestände habe ich zum guten Teil im
Jahre 1886 abgeschrieben. Diese Lesungen konnte ich im Sommer
1895 nochmals revidiren, wobei noch manche neue Lesung ge-
wonnen wurde (vgl. Nachträge). Gleichzeitig habe ich einen kleinen
Teil der mehrere Hunderte zählenden Ostrakonsammlung, die der
Director der Abteilung, Herr Wallis -Budge, jüngst aus Aegypten
mitgebracht hat, noch in meine Sammlung aufnehmen können
(vgl. Nr. 1335 ff.). Sowohl Herrn Lepage-Renouf, der im Jahre
LOUVRE BRITISH MUSEUM.
41
1886, als auch Herrn Wallis-Budge, der 1895 mir mit der grössten
Liberalität die Londoner Ostrakonschätze zur Verfügung stellte,
sage ich raeinen aufrichtigen Dank. Auch dem principal librarian,
dem hochverehrten Ed. Maunde Thompson, der meine Studien im
British Museum stets auf's freundlichste gefordert hat, möchte ich
nicht verfehlen, hier meinen herzlichen Dank auszusprechen.
Brit. M. 5305 = 191 Brit. M. 5823 = 135
5790 = 304 5824 = 257
5791 = 104 5825 = 178
5791 n+ 14169 (5791p.) -128 5826 = 245
5792 = 51
5827 = 657
5793 = 161
5828 = 13
5794 = 166
5829 = 313
5795 = 113
5831 = 261
5796 = 163
5834 = 216
5799 = 246
5838 = 1337
5800 = 250
5845 = 14
5801 = 181
5846 = 1340
5802 = 188
12070 = 241
5803 = 176
12086 = 210
5804 = 175
12088 = 256
5807 = 200
12096 = 264
5808 = 199
12103 = 105
5809 = 169
12106 = 214
5810 = 272
12115 = 232
5811 = 201
12116 = 162
5812 = 205
12118 = 38
5813 = 227
12126 = 209
5814 = 238
12135 = 100
5815 = 92
12146 = 262
5816 = 217
12150 -f 12144 = 1
5817 = 218
12159 = 48
5818 = 208
12162 = 254
5819 = 195
12165 = 138
5820 = 180
12275 = 893
5821 = 252
12405 = 273
5^22 = 15
12423 = 478
42
IL KAPITEL.
Brit. M. 12424
493
Brit. M. 12674 = 1031
12430
=
1460
12675 = 340
12432
1475
12677 = 396
12441
31
12679 = 1393
12452
=
669
12680 = 833
12457
=
668
12681 = 728
12460
244
12682 = 665
12462
=
119
12691 = 1434
12467
=
467
12692 = 769
12472
1051
12693 = 1186
12476
243
12697 = 761
12477
=
451
12698 = 700
12485
=
19
12699 = 970
12611
371
12701 =584
12618
=
766
12703 = 826
12623
1234
12706 = 600
12625
1190
12707 = 767
12627
350
12712 = 646
12629
=
758
12715 = 926
12630
=
1422
12718 = 404
12632
920
12722 = 1353
12633
714
12731 =512
12634
343
12734 = 327
12635
612
13968 (5790 1) = 88
12636
765
13969 (5790 a) = 73
12639
=
405
13970 (5791 f) = 106
12640
1336
13971 (5790 g) = 86
12642
1449
13972 (5788 e) = 56
12647
969
13973 (5790 b) = 49
12648
355
13974 (5790 o) = 32
12650
387
13975 (5790 c) = 94
12657
516
13976 (5790w) = 97
12661
366
13977 (5791 1) = 87
12662
1221
13978 (5790 s) = 76
12664
359
13979 (5790 1) = 98
12665
890
13980 (5790 m) = 62
12669
980
13981 (5790 n) = 102
12673
760
13982 (5891 a) = 53
BRITISH MUSEUM.
43
13983(5791 b) = 81
13984 (5791 s) = 69
13985 (5791 e) = 85
13987 (5790 b) = 80
13988 (5790 f) = 103
13989 (5790 k) = 60
13990 (5788 e) = 74
13991 (5790 m) = 64
13992 (5790 r) = 66
13993 (5791 m) = 1157
13994 (5790 a) = 68
13995 (5790 n) = 72
13996 (5788 f) = 63
13997 (5790 f) = 194
13998 = 270
13999 (5790 t) = 207
14000 (5791 h) = 116
14001 (5790 1) == 130
14002 (5790 g) = 65
14003 (5790 c)= 136
14004 = 1220
14014 (5790 r)+ 14051 (5788c)
= 120
14016 (5791 i) = 39
14017 (5791 c) = 47
14018 (5790 h) = 37
14019 (5790 k) = 18
14020 (5791j) = 27
14021 (5790w)=:45
14022 (5819 i) = 279
14023 (5790 x) = 34
14024 (5789 e) = 44
14034 (5791 V) = 55
14041 (5791 d) = 25
14047 (5791 n) = 89
14048 (5791 g) = 115
14049 (5788 d) = 67
14052 (5790 s) = 108
14058 (5791 n) = 59
14059 (5788 a) = 36
14060 (5791 q) = 123
14063 = 220
^ 14068 (5789 d) = 274
14103 (5805 A) = 1487
14112(5790 p) = 122
14113(5790 i):
14114 (5790 d)
14115 (5790 o)
14116(5790 e) = 10
14117 (5790 d) = 75
14118 (5790 g) = 61
14119(5805 b) = 148
14120 (5790 e) = 127
14121 (5790 u) = 131
14122 (5791 k)
14123 (5790 i) --
14129 = 1152
14130 (5789 f)
14131 (5790 z) = 78
14137 (5790 p) = 109
14138 (5890 b) = 9
14145 = 253
14155(5819d;nachBirch5819c)
+ 14011 (5790 h) = 50
14162 (5791 1) = 132
14171 (5805 d) = 112
14172 (5805 e) = 202
14175 (5819 m) = 288
14183 = 204
14186 = 1218
14189 (5851 a nach Birch)
= 269
14201 = 22
14906 = 40
14907 = 124
14908 -h 15668 = 249
83
= 26
= 52
= 134
140
255
44
II. KAPITEL.
14910
186
16014
=
126
16456
464
16459
1454
16461
1252
16463
1195
16464
781
16467
1372
16468
555
16471
1049
16473
=
42
16474
436
16475
961
16482
1222
16486
771
16507
886
25523
1425
25527
1338
25528
1392
25529
=
1457
25530
1335
25535
=
1472
25544
1458
25545
1409
25546
1482
25550
1466
25590
=
1413
25593
1456
25594
1424
25596
1417
25597
1380
25599
1406
25603
- -
1437
25605
1397
25606
1345
25608
1464
25609
1359
25616
1455
25621
=
1421
25623
1352
25625
1465
25630
1408
25631
1368
25633
1423
25636
=
1468
25641
1348
25666
1385
25672
=
1428
25674
=
1420
25681
1418
25696
=
1436
25699
1398
25706
=
1427
25709
1366
25718
1485
25722
1446
25726
=
1469
25730
1474
25736
1488
25739
1350
25745
1384
25751
1481
25764
1383
25769
1371
25776
-
1416
25779
1484
25788
1414
25789
=
1459
25794
1403
25803
1355
25804
=
1410
25816
1431
25837
1483
25840
1349
25842
1377
25844
1391
BRITISH MUSEUM.
45
25863 =
1396
25957 = 1351
25864 =
1395
25959 = 1402
25868 =
1342
25962 = 1390
25873 =
1375
25963 = 1354
25875 =
1367
25965 = 1473
25879 =
1452
25966 = 1387
25883
1476
25969 = 1426
25887 =
1399
25983 = 1432
25893
1357
25989 = 1339
25899 =
1479
25997 = 1453
25900 =
1480
25998 = 1415
25901 =
1477
26006 = 1447
25906 =
1405
26008 = 1441
25910 =
1358
26049 = 1363
25914 =
1404
26059 = 1439
25915 =
1429
26066 = 1444
25917 =
1346
26078 = 1462
25927 =
1407
26081 = 1401
25936 =
1376
26082 = 1445
25939 =
1430
26084 = 1411
25944 =
1400
26085 = 1394
25952 =
1344
26093 = 1471
25956 =
1412
26115 = 1448
Nur eine Nummer konnte ich nicht identificiren, Nr. 70. Nach
Birch a. a. O. müsste sie im British Museum Nr. 5790 o sein, was
aber nicht der Fall ist.
5. Leidener Museum.
Die Leidener Ostraka werden im Nederlandsche Museum van
Oudheden conservirt. Auch diese Sammlung ist erst nach und nach
zu ihrem jetzigen Bestände angewachsen. Den Grundstock bildet
die Sammlung Anastasy, die im J. 1829 angekauft wurde. Ihr
gehören diejenigen Ostraka an, die nur mit Zahlen numerirt sind.
Die mit BA bezeichneten wurden im J. 1882 aus dem Nachlass des
Herrn Beeftingh in Rotterdam, der sie in Aegypten gesammelt hatte,
gekauft. Endlich die mit Ae. S. bezeichneten sind von J. H. Insinger
gesammelt und 1888 dem Leidener Museum geschenkt worden. Als
ich 1886 unter dem Directorat des unvergesslichen Conrad Leemans
II. KAPITEL.
dort arbeitete, habe ich die Ostraka nur wenig berücksichtigt, sodass
ich die Lesungen für dies Buch nachher aus den Leemans'schen
Facsimilia gewinnen musste. Erst 1895 habe ich sie nach den
Originalen revidirt (vgl. Nachträge). Gleichzeitig habe ich mehrere
der neuen Erwerbungen hinzugefugt. Dem Assistenten des Museums,
Herrn Dr. Boeser, der in Abwesenheit des verehrten Directors Herrn
Pleyte mir die Schätze seines Museums in freundlichster AVeise zur
Verfügung stellte, sei auch an dieser Stelle mein herzlichster Dank
ausgesprochen.
435 = 1 153
Ae. S
65 = 1326
448 = 1322
69 = 1315
453^=295
72 = 1311
453^=1
75 = 1324
455 == 23
jj
76 = 1312
456 = 2
j)
77 = 1316
457 = 184
jj
79 = 1328
459 = 275
5>
81 = 1332
461 = 5
84 = 1329
462 = 151
>J
85 = 1317
BA 200 = 3
J>
91 = 1313
Ae. S. 47 = 1319
5>
93 = 1325
„ 57 = 1330
94 = 1314
„ 58 = 1333
99 = 1321
„ 60 = 1327
»
124 = 1334
„ ()2 = 1331
126 = 1320
„ 64= 1323
132 = 1318
6. Rom.
Die Ostraka, die in der aegyptischen Abteilung der vatica-
nischen Sammlungen aufbewahrt werden, habe ich im Frühling 1887
mit freundlicher Erlaubnis des inzmschen verstorbenen Commen-
datore Visconti abgeschrieben. Folgende sind in dies Buch auf-
genommen:
Vat. 1 = 16 6 = 129
3 = 91 7 = 168
4 = 95 10 = 215
5 = 125
LEIDEN BONN.
47
7. Turin.
Im Museo Egizio e di antichitä Greco-Romane (im Palazzo deW
Äccademia delle Scienze) habe ich im Frühling 1887 mit freundlicher
Erlaubnis der Direction folgende Ostraka abgeschrieben:
Tur. 14 = 93 18 = 145
15=267 19 = 287
16 = 276 20 = 280
17 = 172
8. Florenz.
Aus der aegyptischen Abteilung des Archäologischen Museums
zu Florenz sind drei Ostraka, die ich im Frühling 1887 copirt
habe, in dies Buch aufgenommen: Flor. 5633 = 147, 56327 (oder
5632,7?) = 185 und ein damals Unnumerirtes = 775.
9. Bonn.
Die Ostrakonsammlung des „Vereins von Altertumsfreunden im
Rheinlande" zu Bonn umfasst 47 Nummern. Sie stammen aus der
Karnaker Sammlung Alfred Wiedemann's. Im Jahre 1888 hatte der
Vorsitzende, Herr Prof. Joseph Klein, die grosse Liebenswürdigkeit,
mir diese Ostraka zum Studium in das Berliner Museum zu schicken.
Ihm sowie Herrn Prof. Wiedemann sage ich auch hier nochmals
meinen ergebensten Dank. Der grösste Teil dieser Ostraka ist in
unser Buch aufgenommen, nachdem ich sie früher schon besonders
in dem Jahrbuch des Vereins (s. unten) publicirt hatte. Da die
Bonner Ostraka wenigstens damals keine Spezialnummern, sondern
nur eine allgemeine Inventarnummer, A. V. 1237, fährten, so kann
ich im Folgenden nur die Nummern nennen, die sie in unserem
Buche tragen: 353, 410, 468, 484, 494, 496, 499, 534, 536, 596,
681, 686, 702, 709, 722, 725, 735, 745, 746, 773, 782, 792,
882, 906, 946, 978, 983, 990, 1012, 1069, 1073, 1168, 1170,
1172, 1181, 1209, 1210, 1211, 1212, 1241.
10. München.
Das Münchener Antiquarium in der Neuen Pinakothek besitzt eine
Anzahl von griechischen Ostraka, die in Glaskästen ausgestellt sind.
48
II. KAPITEL.
Mit freundlicher Erlaubnis des inzwischen verstorbenen Directors,
Herrn Prof. Lauth, habe ich in der Sammlung gearbeitet und habe,
bei beschränkter Zeit, wenigstens einen Teil der Urkunden für unser
Buch druckfertig gemacht. Da ich meine Lesungen seit 1888 nicht
revidirt habe, dürfte jetzt Manches nachzutragen sein. Spezial-
nummern führten die Scherben damals nicht. Ich kann hier also
nur angeben, w^elche Nummern unseres Buches Münchener Ostraka
bringen. Es sind folgende: 12, 30, 46, 54, 58, 99, 141, 159, 171,
177, 187, 197, 212, 223, 224, 229, 248, 259, 284, 300, 1151, 1197.
11. Ashmolean Museum in Oxford.
Das Ashmolean Museum besitzt mehrere griechische Ostraka,
von denen 3 in unser Buch aufgenommen sind. Die Originale zu
prüfen habe ich leider nicht Gelegenheit genommen; meine Lesungen
basiren auf Sayce's Publication. Es sind folgende Nummern:
Ashmol. 1218 = III
1221 = 117
1222= 57
12. Wien.
Die Ostraka der Wiener Sammlungen habe ich nicht im Original
gesehen. Meine Lesungen beruhen nur auf Publicationen. Nur
Eines (1623) konnte ich auf Grund einer photographischen Re-
production lesen. Folgende Nummern unserer Sammlung enthalten
Wiener Texte: 247, 283, 999, 1623.
13. Lemgo (Lippe).
Dem Gymnasium zu Lemgo gehören 6 Ostraka, die ein früherer
Schüler der Anstalt, der Verlagsbuchhändler Langewort (in Berlin),
in Aegypten gekauft und dem Gymnasium geschenkt hat. Herrn
Director A. Jordan sage ich auch hier nochmals meinen herzlichsten
Dank für die grosse Liebenswürdigkeit, mit der er mir auf meine
Bitte die Originale nach Breslau zum Studium geschickt hat (1894).
Folgende vier Nummern enthalten Lemgoer Texte: 1277, 1292,
1299, 1310.
Abgesehen von diesen öffentlichen Sammlungen gelang es mir
auch manche Ostraka kennen zu lernen, die sich im Privatbesitz
befinden. Ich führe die Besitzer in alphabetischer Reihenfolge auf.
PRn'ATSA:M:MLUXGEN.
49
14. C. Appleton.
Dem verstorbenen C. Appleton gehörte unsere Nummer 150.
Wo sich das Original befindet, weiss ich nicht zu sagen. Meine
Publication basirt auf der Mitteilung Birch's.
15. Bankes.
W. Bankes, der glückliche Finder der Ilias Bankesiana und des
bilinguen Obelisken von Philae, hat am Anfang unseres Jahrhunderts
auch 7 Ostraka auf Elephantine geftinden. Als ich im Sommer 1886
sein herrliches Schloss in Kingston - Hall (Dorsetshire) zwecks
des Studiums jenes Obelisken besuchte, habe ich mich vergeblich
nach diesen Ostraka umgesehen. Auch der jetzige Besitzer, Herr
Ralph Bankes, wusste mir keine Auskunft über sie zu geben. So
blieb ich für meine Publication auf die Facsimilia angewiesen, die
Peter Paul Dobree in seinen „Miscellaneous notes on inscriptions"
(nach seinem Tode erschienen, Cambridge 1835) mitgeteilt hat. Die
Kenntnis dieses seltenen Buches verdanke ich Richard Schoene, ohne
dessen Hinweis ich diese Ostraka jedenfalls übersehen hätte. Folgende
Nummern unserer Sammlung bieten Bankes-Ostraka : 101, 133, 174,
183, 282, 303.
16. Grevllle ehester.
Nach Sayce's Angabe befindet sich unsere Nummer 1156 im
Besitz von Greville Chester. Meine Publication beruht auf der von
Sayce.
17. Aquila Dodgson.
Nach Birch's Mitteilung befindet sich unsere Nummer 71 im
Besitz von Aquila Dodgson. Meine Lesungen beruhen auf der Publi-
cation von Birch.
18. Eisenlohr.
Herr Prof. Eisenlohr in Heidelberg hatte vor mehreren Jahren
die grosse Freundlichkeit, mir einige ihm gehörige Ostraka nach
Berlin zum Studium zu schicken. Zwei davon habe ich in unsere
Sammlung aufgenommen, als Nr. 650 und 987.
19. Finlay.
Der Collection Finlay zu Athen gehört unsere Nummer 242
an. Das Original habe ich nicht gesehen.
WiLCKEX, Ostraka. 4r
50
II. KAPITEL.
20. Fröhner.
In der reichen Privatsammlung von Wilhelm Fröhner (Paris)
befinden sich mehrere Ostraka, von denen ich mit seiner freundlichen
Erlaubnis vier in meine Sammlung aufgenommen habe, als Nr. 21,
24, 79, 1177.
21. Gau.
Ueber die Schicksale der vom Architekten Gau 1819 gefundenen
Ostraka von Dakkeh habe ich oben S. 20 berichtet. In unserer
Sammlung gehören ihr Nr. 1128— 1146 und 1223 an. Meine
Lesungen sind nach Taf. VIII und IX des unten genannten Denk-
mälerwerkes von Gau gewonnen.
22. Hess.
Herrn Prof. Jean Jacques Hess in Freiburg i. d. Schweiz bin ich
zu grossem Dank verbunden, dass er mir seine kleine, aber ganz
ausgezeichnete Ostrakonsammlung, die er jüngst in Aegypten erworben
hat, zum Studium nach Breslau geschickt hat (1895). Die Hess'-
schen Ostraka gehören zu den interessantesten und best erhaltenen
Stücken unserer Sammlung. Ich habe 15 Nummern in unser Buch
aufgenommen (von Nr. 1608 — 1622).
23. Charles H. Keene.
Zwei im Besitz des Herrn Charles H. Keene befindliche Ostraka
habe ich unter Nr. 1228 und 1239 publicirt. Die Originale habe
ich nicht gesehen.
24. Collection Marcel.
Zwei Ostraka der Collection Marcel in Lausanne gebe ich unter
Nr. 139 und 302 nach den Abschriften Wilhelm Fröhner's, die dieser
mir freundlichst überliess.
25. Flinders Petrie.
Flinders Petrie, der mit glücklichem Spaten so manche alte
aegyptische Stadt aus dem Schutt wieder hervorgezaubert hat, hat neben
anderen vielen Schätzen auch eine grössere Ostrakonsammlung heim-
gebracht, die zur Zeit im Petrie-Museum im University-College zu London
conservirt wird. Auf meine Bitte hat Herr Petrie mir im Sommer
PRIVATSAIOILUNGEN.
51
1895 diese Sammlung auf das bereitwilligste zum Studium zur
Verfügung gestellt, wofür ihm mein wärmster Dank gebührt. Bei
beschränkter Zeit konnte ich nur einen kleinen Teil davon meinem
Buche einverleiben. Hoffentlich werden auch die anderen bald publi-
cirt werden. Da ich die von mir abgeschriebenen Ostraka auf Wunsch
des Herrn Petrie mit fortlaufenden Ummern versehen habe, so
gebe ich hier die Konkordanz dieser mit den Nummern, die sie in
meinem Buch erhalten haben:
Petrie 1 = 1381
Petrie 19 = 1360
2 = 1378
20 = 1440
3 = 1382
21 = 1369
4 = 1438
22 = 1347
5 = 1379
23 = 1486
6 = 1388
24 = 1461
7 = 1341
25 = 1435
8 = 1419
26 = 1442
9 = 1386
27 = 1389
10 = 1361
28 = 1365
11 = 1343
29 = 1370
12 = 1364
30 = 1433
13 = 1467
31 = 1463
14 = 1451
32 = 1356
15 = 1373
33 = 1443
16 = 1362
34 = 1450
17 = 1478
35 = 1470.
18 = 1374
26. Du Rocher.
Nr. 233 unserer Sammlung war, nach Lenormant's Angabe, im
Jahre 1851 im Besitz eines Herrn du Rocher. Hase hatte es damals
in seinem cours de paleographie seinen Schülern vorgelegt. Weiteres
ist mir über den Verbleib dieses Ostrakon nichts bekannt.
27. A. H. Sayce.
Die Privatsammlung von Sayce gehört zu den bedeutendsten
Ostrakonsammlungen überhaupt. Er ist wohl der Einzige, der schon
seit Jahren systematisch Nachforschungen nach Ostraka in Aeg}^ten
anstellt, und dies mit glänzendstem Erfolg. Ueber tausend Ostraka
4*
52
II. KAPITEL.
liegen im Queen's College zu Oxford in seiner Wohnung. Etwa
eben so viele aber befinden sich, so schreibt er mir, auf seiner Daha-
biye auf dem Nil. Von ganzem Herzen danke ich Mr. Sayce für die
unübertrefiliche Liberalität und Selbstlosigkeit, mit der er, sowohl
188G als auch wieder 1895, mir seine Oxforder Schätze zur Ver-
fügung gestellt hat. Hier erübrigt es nur noch, ziffernmässig fest-
zustellen, wieviel mein Buch ihm verdankt. Da die Ostraka von
Sayce bis jetzt keine Spezialnummern tragen, so kann ich hier nur
die Nummern unserer Sammlungen aufführen. Ich bemerke, dass
die Spezialnummern, die ich im Anhang III habe mit abdrucken
lassen, sich nur auf die Reihenfolge beziehen, in der ich meine Copieen
angefertigt habe. Da dies ohne allgemeines Interesse ist, so bleiben
sie hier unberücksichtigt. Folgende Nummern gehören der Sammlung
Sayce an: 266, 341, 344, 348, 354, 369, 379, 389, 394, 401,
424, 453, 457, 486, 577, 591, 605, 613, 647, 664, 703, 704,
740, 741, 757, 791, 803, 805, 896, 908, 930, 932, 942, 954,
995, 1005, 1016, 1032, 1035, 1037, 1065, 1067, 1080—1088,
1166, 1182—1184, 1189, 1216, 1225, 1233, 1253 — 1255,
1489—1607.
28. Walker.
Als ich 1886 im British Museum arbeitete, wurderi mir einige
Ostraka zur Begutachtung vorgelegt, die ein Mr. Walker sich aus
Aegypten mitgebracht hatte. Mit gütiger Erlaubnis des Besitzers
habe ich sie abgeschrieben und vier davon als Nr. 82, 158, 164, 203
in meine Sammlung aufgenommen.
29. Wilcken.
Ich selbst bin ohne mein Zuthun glücklicher Besitzer einer
hübschen kleinen Ostrakonsammlung geworden. Mein väterlicher
Freund Georg Ebers, der verstorbene Aegyptologe Heinrich Brugsch
und der um die Ostraka so hoch verdiente Wilhelm Fröhner waren
die gütigen Geber. In diesem Buche sind folgende Nummern meiner
Privatsammlung entnommen: 8, 43, 173, 226, 842, 1017, 1027,
1055, 1164, 1194, 1226, 1266. Ich bemerke, dass auch die 6 Ostraka
darunter sind, die in den beigefügten Tafeln in Facsimile reproducirt
worden sind. Ich war hierfür auf meine eigene Sammlung angewiesen,
da ich nicht fremde Stücke in das Leipziger Institut schicken konnte.
PRIVATSAMMLUNGE X
— ANORDNUNG DER TEXTE.
53
30. Besitzer unbekannt.
Ich stelle hier diejenigen Xuramern zusammen, die ich nur aus
PubKcationen kenne, ohne ihren Aufbewahrungsort angeben zu
können. Es sind Xr. 114, 144, 146, 156, 170, 206, 228. Zwei
davon, 146 und 228, sollen von Belzoni nach England gebracht
worden sein; doch ist mir Genaueres darüber nicht bekannt.
Endlich habe ich noch darauf hinzuweisen, dass mr es in 2 Fällen,
in Nr. 192 und 230, aus Gründen, die dort angeführt sind, wahr-
scheinlich mit Fälschungen Lenormant's zu thun haben. Nicht als
ob er versucht hätte, falsche Originale herzustellen; sondern erdichtete
Texte, so scheint es, hat er publicirt, die er angeblich auf Ostraka
gelesen haben will.
Die Anordnung der Texte im II. Buche ist nach folgenden
Gesichtspunkten getroffen worden. Die Texte sind zunächst nach den
Fundorten gesondert. Innerhalb der so entstehenden Rubriken sind
die Quittungen in der Weise geordnet, dass in chronologischer Folge
erst die über Geldzahlungen, dann die über Naturallieferungen,
endlich die über Zahlungen mit ungenanntem Zahlungsmittel auf-
geführt sind. In Anhang I sind darauf mehrere Texte zusammen-
gestellt, die nicht Quittungen enthalten, sondern nur die anderweitige
Verwendung der Scherben illustriren sollen. In Anhang II, der
wieder Quittungen bringt, ist dasselbe Anordnungsprincip durch-
geführt wie vorher in dem Hauptteil. Dagegen habe ich, z. T.
aus rein praktischen Gründen, geglaubt, in Anhang III, den
ich erst in der zwölften Stunde, nach meiner letzten englischen
Reise (1895), schaffen konnte, von diesem System absehen zu
sollen. Ich habe hier die Texte lediglich nach den Museen, in
denen sie conservirt werden, gesondert und gebe sie innerhalb dieser
Rubriken ohne Rücksicht auf ihren Inhalt in chronologischer Folge.
Die Unregelmässigkeit, die hierdurch sowie überhaupt durch die
Anhänge entstanden ist, möge man damit entschuldigen, dass mir
während der Arbeit fortwährend neues Material zugeflossen ist. Ich
hielt es für besser, diese kleine Unbequemlichkeit mit in Kauf zu
nehmen, als darum auf die neuen Quellen zu verzichten. Man
druckt eben nicht ungestraft sieben Jahre an einem Buche!
54
II. KAPITEL.
Zum Schluss möchte ich noch ein Wort über die äussere Con-
servirung der Ostraka sagen. Im Allgemeinen kann man es ja
nur mit Bewunderung hervorheben, wie vortrefflich diese Urkunden,
die doch durchschnittlich 1500 — 2000 Jahre alt sind, sich erhalten
haben. Die Schriftzüge sind meist von einer Klarheit und Frische,
die Tinte von einer Schwärze, dass man oft glauben könnte, der
Text sei erst heute geschrieben. Diese staunenswerte Conservirung
verdanken wir dem aegyptischen Sande, unter dem die Scherben
bis jetzt geruht haben. Leider ist zu constatiren, dass die Ostraka,
wenn sie dieser schützenden Hülle beraubt werden und in die Museen
gelangen, allmählich anfangen zu verfallen! Wenigstens gilt
das von denen, die in unser nordisches Klima kommen. Zum
Glück scheinen nicht alle in gleicher Weise der Gefahr ausgesetzt
zu sein. Ich habe beobachtet, dass die Ostraka aus Elephantine,
die zum grössten Teil schon seit dem Anfang des Jahrhunderts in
unseren Museen liegen, sich vortrefflich erhalten und keine Spur
eines Zerfalles zeigen. Dagegen sind leider die Karnaker Ostraka,
die doch erst seit Anfang der achtziger Jahre unsere Museen füllen,
fast sämmtlich als Todeskandidaten zu bezeichnen. ^ Der Grund für
diese Erscheinung kann wohl nur in der verschiedenen chemischen
Zusammensetzung des an den beiden Orten verwendeten Materials
gesucht werden. Es scheint, dass das thebanische Thonmaterial
ganz besonders salzhaltig ist, Avährend das von Elephantine relativ
salzfrei ist, denn Salzkrystalle sind es, die unsere Ostraka zer-
fressen. Aus dem Innern der Scherben schiessen allmählich schnee-
weisse Salzkrystalle zu Hunderten und Tausenden hervor und zer-
stören nach und nach die mit Schrift bedeckte Oberfläche. Ich
habe diesen Process in den verschiedensten Stadien leider nur zu
oft beobachten können, namentlich in Berlin und London. In beiden
Sammlungen ist es mir mehrfach vorgekommen, dass Ostraka, die
ich noch vor einigen Jahren als völlig unversehrte Urkunden habe
entziffern können, hoffnungslos zerstört mir wieder vor Augen ge-
kommen sind. So steht es, um ein Beispiel zu geben, mit unserer
Nr. 340, die ich 1886 im British Museum noch vollständig lesen
konnte, 1895 aber als völlig zerfressen bei Seite legen musste.
Solche Stücke sind meist bis zu einer Höhe von etwa Centimeter
oder mehr mit einem dichten Wald weisser Krystalle bedeckt. Hat
die Oberfläche der Scherbe in sich festen Zusammenhang, so zer-
I
i
CONSERVIEUNG DER OSTEAKA. 55
sprengen die von innen hervorschiessenden Krystalle sie und tragen
dann die einzelnen Fragmentchen mit samrat den Schriftzügen bis zu
verschiedener Höhe empor. Am markantesten trat mir ein solcher
Fall in unserer Nr. 714 entgegen, als ich sie 1895 in London wieder-
sah. Solche Stücke sind natürlich verloren, denn ohne Anstrengung
könnte man die Krystalle mit sammt den beschriebenen Thonfrag-
mentchen wie die Flocken einer Butterblume hinwegblasen. AVeniger
geßlhrlich sind die Scherben, deren Oberfläche porös genug ist, um die
Kr}^stalle hindurchschiessen zu lassen. Dann findet eine Zertrümmerung
der Oberfläche nicht statt, sie ist nur mit jenem weissen Wald bedeckt.
In solchen Fällen lässt sich wenigstens fiir den Augenblick dem
Uebel abhelfen. So habe ich 1895 im British Museum mit Er-
laubnis der Beamten in vielen Fällen die weisse Krystalldecke mit
einem weichen Pinsel oder auch einem feuchten Schwamm beseitigt,
worauf die Schrift wieder klar zu Tage lag. Aber freilich nützt
diese Manipulation auch nur für einige Zeit; die Krystalle kehren
doch wieder und setzen ihr Zerstörungswerk fort. — r Ich habe mich
im Vorstehenden nur darum meist auf die Londoner Sammlung be-
zogen, weil ich in ihr zuletzt Gelegenheit hatte, diese Dinge zu
untersuchen. Mit anderen Sammlungen wird es ganz ähnlich stehen.
Wie lässt sich diesem Uebel steuern? Auch die sorgfaltigste
Verpackung ist völlig nutzlos. Im British Museum, wo jede einzelne
Scherbe in einer besonderen verschlossenen Pappschachtel liegt, ist
die Zerstörung doch vorwärts geschritten. Es scheint, dass man in
Berlin jetzt ein wirksames Mittel gefunden hat. Der Chemiker der
königlichen Museen, Herr Dr. Rathgen, hat seit einiger Zeit ange-
fangen, die Berliner Ostraka in Wasser auszulaugen, und verspricht sich
hiervon den Erfolg, dass einer weiteren Zerstörung vorgebeugt wird.
Die bisherigen Versuche sollen sehr vertrauenerweckend sein. Ob
das Mittel auf die Dauer hilft, muss die Zeit lehren.
Einstweilen möge man aus dem oben dargelegten Thatbestande
die Consequenz ziehen, dass Jedermann, der Ostraka besitzt,
im Besonderen auch jedes Museum, so schnell wie irgend
möglich die Texte der Oeffentlichkeit übergebe, noch
ehe es zu spät ist. Bei besonders wichtigen Stücken aber sollte
man es nicht versäumen, wenn die Mittel irgend dazu da sind,
sie durch photographische Reproductionen für alle Zeiten festzuhalten,
denn schon in wenigen Jahren kann die Schrift völlig zerstört sein.
56
II. KAPITEL.
Wer ein Ostrakon entziffert, möge ferner ausser der Transcription
sich mit Bleistift eine Abzeichnung des Textes machen, oder er
möge, wie ich es gethan habe, wenigstens die schwierigeren Schriffc-
complexe, die irgend welchen Zweifeln betreffs der Lesung unterliegen
könnten, mit möglichster Accuratesse nachzeichnen. Es ist bei der
Schwierigkeit der Texte meist ja ganz unmöglich, gleich im ersten
Ansturm alle Rätsel zu lösen, und es bedarf meist einer immer wieder-
holten Prüfung. Solche Abzeichnungen, wenn sie gut gemacht sind,
können bis zu einem gewissen Grade das Original ersetzen und erhalten
einen bleibenden Wert, sobald das Original etwa den Krystallen er-
legen ist.
Ostrakonliteratur.
Publicationen und Spezialarbeiten.
F. C. Gau, Neu entdeckte Denkmäler von Nubien (gezeichnet und
vermessen 1819). Stuttg., Paris 1822. Darin: Inschriften in
Nubien und Aegypten. Ostraka auf Taf. VIII und IX. Com-
mentar dazu von B. G. Kiebuhr, S. 18 — 20.
E. H. ToELKEN, Reise des Generals von Minutoli zum Tempel des
Jupiter Ammon etc., Berlin 1824. Taf XXXII, 17 u. 18,
dazu Erklärungen von Buttmann auf S. 420 ff.
Thomas Young, Hieroglyphica , Lond. 1823. Taf LIII — LV.
Otfried Müller, Götting. Gelehrt. Anzeigen 1827, 1529 ff.
C. J. C. Reuvens, LettresäM.Letronne, Leide 1830. III. S. 56— 59.
Peter Paul Dobree, Miscellaneous notes on inscriptions, Cam-
bridge 1835.
Fran^ois Lenormant, Revue Archeologique VIII 1851, S. 464 ff.
Derselbe, Philologus XXV, S. 531.
Franz, Corp. inscript. Graec. III (Berlin 1853) n. 4863^—4891
und 5109, Nr. 1 — 37. In letztere Publication sind allerdings
aus Missverständnis auch koptische Ostraka (Nr. 20, 25, 26) und
ein demotisches (Nr. 27) geraten.
Egger, Memoires de l'Acad. des Inscript. XXI. Paris 1857. S. 377 ff.
Conrad Leemans, Aegyptische Monumenten van het Nederlandsche
Museum van Oudheden te Leiden. IL Abth., S. CCXXXII n. 435 f
Derselbe, in den Mededeelingen der konink. Akademie van
Wetenschappen, Afdeeling Letterkunde X 1866 und XI 1868.
OSTRAKONLITERATUR.
Hase, Notices et Extraits d. Mauuscrits de la Bibl. Imp. XVIII
tome 2, S. 427—433 (mitgeteilt von Brunet de Presle), Paris 1865.
Wilhelm Fröhner, Kevue Archeolog. N. S. XI, S. 422 ff. und XII,
S. 30 ff Paris 1865/66.
Derselbe, Catalogue de la Collection A. Raife (1867), S. 54.
DuMONT, HavSwpa XVIII, S. 418. Athen 1867. Vgl. Revue Ar-
cheolog. N. S. XIX (1869), S. 226.
GiACOMO LuMBROSO, Atti deir Acad. d. scienze di Torino IV (1869),
S. 704 und VII (1871), S. 215 ff
Alfred Wiedemann, Revue Egyptol. II (1882), S. 346 ff.
Derselbe, Proceedings of the Society of Bibl. Archeolog. VI (1884),
S. 207 ff
Samuel Birch, Proceed. of the Soc. of Bibl. Archeol. V (1883),
S. 84 ff, 124 ff und 158 ff.
Sayce, Proceed. of the Soc. of Bibl. Archeol. VII (1884), S. 11 ff.
VII (1885), S. 89, 195 ff
Derselbe, Journal of Hellenic Stud. I, S. 92.
Derselbe, bei Mahaffy, Flinders Petr. Pap. II, S. 43/44.
Palaeographical Society, II. Serie, I Xr. 1 ff.
.Karl Wessely, Wien. Stud. VII, S. 72 ff VIII, S. 118.
E. Revillout et Wilcken, Revue Eg}'ptol. IV (1885), S. 183 ff.,
VI (1891), S. 7ff
Keene-Mahaffy, Journal of Hellen. Stud. XIII (1892/93), S. 121.
Führer durch die Ausstellung Pap. Erzherz. Rainer (1894), S. 10.
Eugene Revillout, Melanges sur la metrologie, l'economie politique
et l'histoire de l'ancienne Egypte, Paris 1895.
Endlich habe ich selbst, abgesehen von der mit Revillout ge-
meinschaftlich herausgegebenen Publication, an folgenden
Stellen über Ostraka gehandelt:
Actenstücke aus der Kgl. Bank zu Theben, Abhandl. Pr. Akad. d.
Wiss. 1886, S. 59.
Hermes XXH (1887), S. 634.
Berlin. Philol. Wochenschr. 29. Sept. 1888, S. 1208.
Jahrbuch d. Vereins v. Altertumsfr. i. Rheinl. LXXXVI (1888),
S. 231 ff
Archäolog. Gesellschaft zu Berlin, Mai 1889. Vgl. Archäolog.
Anzeiger.-
III. KAPITEL.
Die Formulare der Quittungen.
Die wissenschaftliche Behandlung einer Sammlung von Quit-
tungen wird am besten mit einer Untersuchung der Formen, in
denen sie gehalten sind, beginnen. Wenn sich dabei herausstellt,
dass sich verschiedene feste Schemata oder Formulare, zu verschie-
denen Zeiten und zu verschiedenen Zwecken angewendet, consta-
tiren lassen, so ist diese Erkenntnis nicht nur für die Geschichte
des Urkundenwesens im Allgemeinen ein Gewinn, sondern sie wird
auch zur Interpretation der Einzelurkunde ein wichtiges Hilfsmittel,
ja die unerlässliche Vorbedingung sein. Ich habe daher schon in
meiner Vorarbeit im Rheinischen Jahrbuch, so gut es damals ging,
versucht, aus der Fülle der Erscheinungen feste Schemata zu ab-
strahiren. Soweit mir bekannt, haben diese Ausführungen inzwischen
keinen Widerspruch von anderer Seite erfahren, Ich selbst aber
bin seitdem zu teilweise abweichenden Resultaten gelangt. Die fort-
gesetzte Beschäftigung mit diesen Urkunden hat mich inzwischen zu
der besseren Erkenntnis geführt, dass diese Schemata nicht verschiedene
Formen sind, die gleichwertig nebeneinander existirten und be-
liebig gewählt werden konnten, sondern dass wenigstens z. T. den
1) Vgl. K. Wessely, Deukschr. Wien. Akad. 3 7 (1889) S. 200, 213/4,
der meine Resultate unverändert acceptirt und sie zur Erklärung der späteren
Quittungsformulare verwertet. Auch der historische Rückblick auf S. 2 23/4 ist
— trotz des fehlenden Quellennachweises — im Wesentlichen nur eine wörtliche
Wiedergabe meines Schema's im Rhein. Jahrb. S. 245 (unter 1, 2, 3). — Soweit
ich Revillout's Melanges durchgesehen habe, halten auch sie an meiner früheren
Auffassung fest.
DIE FORMULARE DER QUITTUNGEN.
59
verschiedenen Formen auch ein verschiedener Inhalt, ein verschiedener
Zweck eigentümlich ist. Der Fortschritt besteht vor allem in der
Erkenntnis, dass die Quittungen nicht alle, wie ich damals annahm
und bis jetzt allgemein angenommen wurde, an die Steuerzahler
addressirt sind, sondern z. T. von den Trapeziten und Sito-
logen an die Steuererheber gerichtet sind. Diese Urkunden
rücken damit in ein ganz neues Licht, und unsere Vorstellungen von
der Steuererhebung werden damit wesentlich verschoben, ja die letzten
Fragen nach dem Zweck dieser Quittungen müssen von Neuem beant-
wortet werden. In der folgenden Uebersicht über die Formulare werde
ich im einzelnen diese neue Ansicht zu begründen haben. Hier will
ich nur vorausschicken, dass abgesehen von Bedenken, die mii* schon
früher aufgetaucht waren und auf die ich nicht weiter zurückkommen
will, vor allem ein von Sayce mir freundlichst überlassenes Ostrakon
es war (jetzt Kr. 1255), das mich auf den richtigen Weg gebracht
hat. An der Stelle, an der wir früher den Steuerzahler suchten, steht
hier: Si|Ji(i)V 'la^apou IceiXr^!^ (b?, d. h. der Steuerpächter. Als
ich daraufhin diese ganze Gruppe durchmusterte, stellte sich heraus,
dass weder in den Quittungen der Trapeza noch in denen des
Thesauros irgend welche Indicien dagegen sprechen, diese Erkenntnis
wenigstens für denselben Ort, für Theben, zu verallgemeinern, ja
dass sogar Manches dafür spricht, wie z. B. die hohen Summen,
die oft in diesen Fällen begegnen, die Erwähnung der Com-
pagnons u. A. Damit war das Resultat gewonnen, dass in den
nach einem gewissen Schema abgefassten Quittungen der Trapeza
und des Thesauros — die übrigens auf die Ptolemäerzeit beschränkt
-sind — nicht den Steuerzahlern, sondern den Steuererhebern quittirt
wird. Eine zweite wichtige Neuerung besteht in der Erkenntnis,
dass die mit oisypadfcV (oder ähnlich) beginnenden Quittungen aus
Theben nicht vom Steuererheber wie in Sjene-Elephantine, sondern
von der Bank ausgestellt sind. Dies wurde mir erst bei meiner
jüngsten Anwesenheit im British Museum zur Gewissheit (dui'ch
Kr. 1387), und wird unten genauer zu begründen sein.
Ich brauche wohl nicht hervorzuheben, dass die im Folgenden
aufgestellten Formulare nicht etwa mit eiserner Notwendigkeit von
jedem quittirenden Beamten zu befolgen waren. Es sind Adelmehr
traditionelle Schemata, deren sich zu bedienen Usus war, von denen
aber auch nach dem Geschmack des Einzelnen nach dieser oder
60
III. KAPITEL.
jener Richtung hin — wenn auch nur in Kleinigkeiten — abge-
wichen werden konnte. Ich habe es in diesem Zusammenhange
nicht für nötig befunden, alle die kleinen Varietäten, die indivi-
duellen Launen ihr Dasein verdanken, mit zu notiren, sondern
habe nur die grossen durchgehenden Züge zu fassen versucht.
Ich behandle zunächst die in Theben gebräuchlichen Formulare,
weil hierfür das reichste Material vorliegt, und sich daher an dieses
die Erörterungen am besten anschliessen. Darauf gebe ich die von
Syene-Elephantine u. s. w. Die lokale Unterscheidung war nötig, weil,
wie die Vergleichung ergeben wird, die Formulare verschiedener Städte
gewisse lokale Unterschiede zeigen. Im grossen und ganzen freilich
treten die Uebereinstimmungen stärker hervor als die Differenzen.
In der folgenden Uebersicht bezeichne ich der Kürze wegen
als „Erheber" denjenigen, der die Abgaben eintreibt, gleichviel ob
er ein Pächter (teXwvyj?, [xca^wxrj^) oder ein mit der Eintreibung
der Steuern von der Regierung Beauftragter ist (Tipaxxwp). Den,
der zahlt, nenne ich kurz den „Zahler", mag er Geld oder Getreide
liefern. Die für die verschiedenen Formulare charakteristischen
griechischen AVörter sind beibehalten. Mag dies Gemisch von
griechischen und deutschen Worten geschmacklos erscheinen, so ist's
doch praktisch. Ich habe die sämmtlichen Belegstellen, die meine
Sammlung bietet, hinzugefügt, weil damit zugleich meine Auffassung
von dem Charakter jeder einzelnen Urkunde gegeben ist.
Theben und Ilermonthis.')
Quittungen über Geldzahlungen.
A. Ptolemiierzeit.
I. Quittungen, die der Erheber ausstellt.
1.
Datum (Jahr, Monat, Tag) — tisi — der Erheber — von
{naQci) dem Zahler — für Abgabe — Summe.
Für diese altertümliche, schlichte Art bietet unsere Sammlung
nur ein einziges Beispiel, Nr. 343, aus der Zeit des Philadelphos
^) Ich habe das benachbarte Hermonthis mit Theben zusammen behandelt,
weil ich keinen Unterschied in den Formularen der beiden Städte gefunden
THEBANISCHE EKHEBERQUITTUXGEN AUS PTOLEMÄERZEIT. 61
(a. 255/4). Ich glaubte dennoch eine eigene Rubrik daraus machen
zu sollen, zumal auch ein (sehr verwischtes) Ostrakon der Berliner
Sammlung, das ich mir früher als „Wiedemann 2" notirt, aber
wegen der Unvollständigkeit meiner Copie nicht in dies Buch auf-
genommen habe, dasselbe Schema zeigt: [^l'.y naO[v:] :y; lyti 6 S&cva
Tcapa Tou SsLVO^. Auch dieses gehört ins III. Jahrh, vor Chr. — Dass
in 343 npWToyevr^c wirklich der Erheber und nafi'jTYj? der Zahler
ist, lässt sich zwar nicht direct beweisen. Doch halte ich die andere
Möglichkeit, dass Ersterer der Trapezit und Letzterer etwa der
Erheber wäre, für äusserst unwahrscheinlich. Es wäre jedenfalls
ohne Beispiel, dass in dieser Weise ein Trapezit quittirte. Dagegen
heisst es im Pap. Leidens. Q aus Svene, der (aus dem J. 260/59) das-
selbe Schema hat, ausdrücklich: "E/sl Xcxavwp TrpaxTWp.^) Hier
ist der Quittungsaussteller also sicher der Erheber, freilich der
Quittungsempfänger nicht der Zahler, sondern ein Beamter.
2.
Der Erheber — dem Zahler — yaioeiv. "E/(x) {oder uL7iif(a oder
tha^ai) — für Abgabe — Summe. Datum. Vgl. 318, 320, 323,
328, 333, 338, 1028, 1029, 1229, 1231, 1233, 1278, 1314, 1316,
1344, 1361, 1490, 1495, 1510, 1523, 1530, 1535—1537, wohl
alle aus dem II. Jahrh. vor Chr.
Dies ist die übliche Form, in der die Erheber dem Zahler
quittiren. Sie ahmt offenbar den Briefstil nach. Es ist jedoch kein
vollständiger Brief, denn es fehlt am Schluss vor dem Datum eine
Grussformel wie ^ppwao.
Das Verbum Tdcaaea^-ac, das hier in demselben Sinne stehen
muss wie in den sogenannten „trapezitischen Registern", hat beim
Bekanntwerden dieser letzteren Urkunden am Anfang unseres Jahr-
habe. Vgl. jedoch Anm. 2 S. 74. Auch im griechischen Textdruck sind beide
zusammen behandelt worden. Vielleicht wäre eine Trennung besser gewesen.
^) Dieser Papyrus, der von Leemans nicht ganz fehlerlos publicirt worden
ist, lautet nach meiner am Original gewonnenen Lesung folgendermassen : ^y.^
Tößv '.d- Ixst, N'.xdvwp (nicht Nixaxiüp) 7zpdy.ziüp Tiapa 'Opasvoucpiog UoLyyoü^ioc,
8[o]%'.}iaoxoö xoö sv Huf^vYj'. und xou tzbtzküxözoc, auTÖ'. toö xspajjLtou xoö yivo-
jisvou zfi'. (nicht xw'.) ^'.XaSsXcpo)'. xoö xß xal xy ^ apYup'Ou \-i=bpa.y^\id!.<;) x,
ävsu 5ox'.[JLaax'.xoö (nicht dvs'jSox'.p-aax':' xai), xoöxo 8e ao'. ::apa5£;ovxa'.. Vgl.
hierzu meine Bemerkungen in Gött. Gel. Anz. 1895. S. 163, auch unten Kap. IV
§ 154. Es ist bemerkenswert, wie der Quittungsaussteller Nicanor am Schluss,
wo er einen Zusatz macht, aus der Construction fällt.
62
m. KAPITEL.
Hunderts zu den verschiedensten falschen Deutungen geführt, bis
J. G. Droysen im Gegensatz zu Buttmann, Peyron und Boeckh das
Richtige fand, indem er es im Hinblick auf Herodot III 13 medial
fasste und mit „entrichten" übersetzte (Rhein. Mus. 1829, S. 491 f.
= Klein. Schrift. I. S. 8).^) x\uch in unseren Urkunden werden wir
es als „entrichten, bezahlen" zu fassen haben. — Es ist zu betonen,
dass in diesen Quittungen der Ptolemäerzeit das Verbum ^)[eiv immer
im Praesens, nicht im Aorist verwendet wird. Ebenso a7i£)((i), das
sich 1314 und 1530 findet.
In den angeführten IN^ummern finden sich verschiedene Ab-
weichungen, die ich als unwesentlich betrachte. So steht das Datum
in 1231 an der Spitze, in 323 in der Mitte, und mehrfach fehlt es
ganz. Das Jahr ist ja gewöhnlich auch bei der Abgabe schon einmal
genannt worden. So fehlt in 1029 das )(aip£cv, worauf wir unten zurück-
kommen. Unwesentlich ist auch, dass in 1229 die Summe vor der Ab-
gabe genannt wird. Wichtiger ist, dass Nr. 1028, 1029, 1523, 1530,
1536 und 1537 den Zusatz enthalten: xoO^sv ao: h^y.ockCb „und ich
habe keine weiteren Forderungen an Dich." Diese Erklärung, die uns
schon aus der Sprache der Contracte bekannt ist, kann nichts weiter
besagen, als dass es sich nicht um eine vorläufige Ratenzahlung, sondern
um die Schlusszahlung der Gesammtschuld handelt. Bemerkenswert
ist auch, dass in 1231 und 1233 zum Schluss mitgeteilt wird, wer die
Quittung geschrieben hat. Im zweiten Falle lässt sich der quittirende
Erheber (ein Jude), der selbst nicht griechisch schreiben kann, durch
einen Anderen vertreten. 2) Wenn in diesen beiden Fällen der Name
des Schreibers mitgeteilt wird, so möchte ich das nicht als eine Sub-
^) Die Erklärung von Wessely (d. griech. Pap. der Kais. Samml. Wien
S. 20), xocoasoO-at. lieisse zahlen, „da jede Zahlung einregistrirt werde", die leider
auch in MahaflFy's Werk (Flind. Petr. Pap. I p. [48]) übergegangen ist, braucht
nicht widerlegt zu Averden. Es ist nur eine Wiederholung des Gedankens von
Peyron, den Droysen a. a. O. bereits zurückgewiesen hat.
•2) Oberhalb dieser Quittung 1233 steht von zweiter Hand geschrieben
ti£X£iXYi(^a) (so zu lesen statt Sayce's jjL-.av b'.n^, vgl. Nachträge). Diese Formel,
die nur an dieser einen Stelle in unserer Sammlung begegnet, ist uns sonst
durch die Notizen der Graphionbeamten auf den Contracteu in der Verbindung
[iSTStXTjCpa £cg avaypacpT^v bekannt genug. Da bedeutet es: „Ich habe den
Contract (zur Einregistrirung) angenommen oder entgegengenommen." Wenn
man dem entsprechend in unserem Ostrakon übersetzt, „ich hab's angenommen",
so entsteht die Frage, wer Subject ist. Simon, der Steuerpächter, kann es nicht
THEBANISCHE ERHEBERQÜITTUNGEX AUS PTOLEIMAEEZEIT. 63
scriptio im juristischen Sinne fassen, d. h. als eine Unterschrift, die
die Gültigkeit der Urkunde garantiren soll, wie wir sie bei anderen
Klassen von Quittungen und auch bei dieser selben Klasse in der
Kaiserzeit gelegentlich finden werden. Es steht hier in beiden Fällen
eypa'^cV 6 Bsiva, das ist eine einfache Mitteilung in 3. Person, wobei
der Ton offenbar auf dem ypa^etv liegt, während es in jenen anderen
„Subscriptionen" '0 celva lypa^a (1. Person) heisst, wodurch der be-
treffende Beamte die Garantie ftir die Urkunde übernimmt. Vgl. unten zu
Klasse III. Es ist also hervorzuheben, dass wir bis jetzt keine Quittungen
dieses Schemas mit Subscriptionen aus der Ptolemäerzeit haben.
Im einzelnen bieten die Formulare der angeftihrten Quittungen
manche Schwierigkeiten, auf die ich kurz hinweisen will. Bei 328
könnte man auf den Gedanken kommen, dass der Adressat Horos
vielleicht nicht der Steuerzahler, sondern ein Gehilfe der drei asso-
cürten Pächter sei, der für sie einkassirt hat und dafür nun Quittung
empföngt. Auch bei 1231 wäre diese Deutung ^^elleicht nicht aus-
geschlossen. Aber ich gestehe, dass ich einen zwingenden Grund
dafür nicht anzugeben wüsste. Nur die Allgemeinheit des Ausdrucks,
namentlich das aizo toö kazoc[ihcu TsXoug in 328, auch die Höhe
der Summe in beiden Fällen könnte dafür sprechen. Gehilfen haben
sie natürlich gehabt (vgl. Kap. VI). Aber dass sie diesen derartige
Quittungen ausgestellt hätten, daftir liegt sonst wenigstens kein
zweifelloses Zeugnis vor. — 318 ist nur des Schemas wegen hier-
hergestellt. Zum Inhalt vergl. unten Kap. IV, § 38. xluch 1535
steht inhaltlich für sich.
II. Quittungen, die die königliche Bank ausstellt.
1.
Datum {Jahr, Monat, Tag) — i'/Qj^^fiariGsi) — der Zahler (oder
der Erheberf) — für Abgabe — Summe.
Dieses Schema ist nur in einer Nummer, 1335, vertreten, die
aus dem III. Jahrh. vor Chr. stammt. Das Verbum )(prj[iaTt^£CV
sein, da er ja nicht schreiben kann. Der Schreiber AsJJ.oDs ist auch aus-
geschlossen, da die Bemerkung von anderer Hand geschrieben zu sein scheint. Wes-
halb die Empfänger, die Steuerzahler, diese Bemerkung gemacht haben sollten,
ist nicht recht einzusehen. Wohl aber wäre es denkbar, dass diese die Steuer-
quittung bei irgend einer Veranlassung einer Behörde als Document vorgelegt hätten,
und dass diese Behörde dann den Empfang in obiger Weise bescheinigt hätte.
64
III. KAPITEL.
fasse ich hier in der unseren Lexicis unbekannten Bedeutung von
„Geld auszahlen", die uns schon aus den „Actenstücken der königlichen
Bank zu Theben" geläufig ist (vgl. Nr. VI f.).^) Ob der 'ApiaxoieXYjc,
der die Zahlung leistet, der Zahler oder der Erheber ist, lässt
sich nicht ausmachen, da in den verwandten Schemata des III. Jahr-
hunderts (mit TCSTiTWxev statt £)(pY][JLaTta£v) Beides vorkommt. S. unten.
Die Analogie genügt aber wohl andrerseits, um die Annahme zu
rechtfertigen, dass der Aussteller der Quittung die Bank ist.
Datum {Jahr, Monat, Tag) — 7iintQaY.iv — für Abgabe — durch
{dia) den Erheber — der Zahler — Summe. Dazu event. demotische
Beischriften. Vgl. 312, 313, 314, 316, 1337, 1340, 1493, 1494.
Dasselbe, ohne nmtm^Aev. Vgl. 305, 306 — 311, 315, 1021,
1227, 1492.
Auch in dieser Klasse finden sich einige unbedeutendere Ab-
weichungen, wie in 315 (Umstellung), 1021 (Fehlen von Summe
und Tag) u. A.
Die Erklärung dieser Gruppe bietet ausserordentliche Schwierig-
keiten. Sie werden vor allem durch die Wortkargheit der Schreiber
verursacht, durch die sich überhaupt die Urkunden des III. Jahrh.
vor Chr. wesentlich von denen des II. Jahrh. vor Chr. unterscheiden.
Weder wohin das Geld gezahlt wird, verraten die Texte, noch wer
die Quittungen ausstellt, noch w^er die mit 5ca eingeführte Persön-
lichkeit ist. Zunächst ein Wort zur grammatischen Erklärung. Die
Construction in 2^ ist folgende: tcetttwxev — 6 Selva. Das Verbum
7iL7iT£cv bedeutet bekanntlich in der Sprache der Finanzwelt „fallen,
hingeworfen werden" (= xaxaßaXXea^ac, Pass.), seil, auf den Tisch des
Trapeziten [hzi ir\y xpaTie^av) oder dq tov XLßwTOV oder ähnlich, also
nach gewöhnlichem Sprachgebrauch „gezahlt werden". Vgl. A. Peyron,
Zoispap. S. 169. In diesem Sinne begegnet das Wort oft in den
Quittungen, und zwar ist es geradezu charakteristisch für die ältere
Ptolemäerzeit, für das III. und die erste Hälfte des II. Jahrh. vor. Chr.
^) In derselben Bedeutung begegnet das Wort in BGU 156,3 vom Jahre
201 nach Chr.
THEBANISCHE BAXKQUITTUNGEX AUS PTOLEMÄERZEIT.
65
Das Wort findet sich natürlich auch noch später, z. B. im Pap. Paris.
63, 4, 14 (zweite Hälfte des II. Jahrh. v. Chr.), aber in den
Quittungen wird es durch das oben besprochene mediale Taaasa^ac
allmählich verdrängt. So findet sich ttstütwxev in den Petr. Pap. (II)
S. [114] 28, [131] 15 (aus Philadelphos' Zeit), ferner auf der Holz-
tafel der Pariser Bibliotheque Nationale (Nr. 1893, Departement
des Medailles),^) gleichfalls aus der Zeit des Philadelphos, ferner in
der Londoner Bilinguis vom 13. Jahre des Philopator (Revillout,
Proc. Soc. Bibl. Arch. XIV S. 61), ferner im Berliner Papyrus
P. 3114 ( = Droysen a. O. Nr. 41),^) vom 23. Jahre des Epiphanes
(a. 182 v. Chr.), in den Zoispapyri vom 31. und 33. Jahre des
Philometor u. s. w. Weitere Beispiele für Philadelphos' und
Euergetes' I. Zeit bei Revillout, Rev. Egypt. II., S.114. Da TiLTixetv
passivischen Sinn hat, ist die correcte Construction die der Zoispapyri,
wo es heisst: IIlTrTwxsv — Tiapa ZwlSo^ — die Summe. Ebenso in
der Londoner Bilinguis : IlETUTCOzev — Tiapa Sozeuzoc,. Wenn daher
unsere Ostraka regelmässig schreiben: Tziizziüxey 6 Sstva, d. h.
der Zahler, so ist das ein auffälliges Anakoluth, das vielleicht
aus der Vorliebe für Knappheit und Kürze, die gerade dem
1) Vgl. Lenormant, Philologus 1867, S. 340. Eug. Revillout, Rev. Egyptol. II
S. 266 ff. und ebenda Nachtrag S. 51. Da diese sowie die verwandten Texte
in London und Berlin sich mit unserem Gegenstande formell vielfach berühren,
teile ich sie hier nach meinen 1886 und 1887 am Original gewonnenen
Lesungen mit. Ueber ihren Inhalt vgl. unten Kap. IV, Die Pariser
Tafel enthält zwei Texte, Der erste (A) lautet: (l)'-X Töß'. >c$ tisttxwxsv Semi
(2) XoYSUTT]!, 8'.a A'.ovuooSwpou (3) twv HzpdxoivoQ ÖTnrjpexwv (4) Tswg Jl(xxri\Lioc,
xal Z|itv'.5 dS£X(5)9Ös eißtoßoaxoi st^ XTjv -c'.ixYjv (6) xou l^iozctcpsLcu Y-od x-^s
upo9Yj(7)T£ias otal zou y]\iiaouc, XYjc, 8cop£(8)atag y^g, ric, [jlstsxs!. tö sTidvo)
lß!,o(9)Tacp£rov TO 7j|it,au, ä -^v AcDpicovog (10) xoö xoTiapxi^aavxog ötiö Sxpdx(D(ll)va
xöv IIspi Oi^ßag xÖTiov, a 7cpos(12)£ßdXovxo bC 'Ovojidpxou Trpdxxopog (13j
xwv ßaaiX'.Xüiv |- ißSoiii^xovxa. Der zweite Text (B), der von einer weniger
geübten Hand geschrieben ist, lautet: (1) Tößi x^ tistixcoxsv 6£(2)o)V'.
Xoysux^t xöv 2xpdxü)vos (3) uTiTjpexwv TboSc, ILc(.zo6\i',oc, xal (4) Z|itvto$ (sie)
dösXcpös Ißtoßoaxoc sie, (5) xYjv x'.|j,7]v xoü Ißioxa^stou xal (6) x-^g upocpyjxsias
xal xoö '^p,':a[o]ug (7) z9]c, y^g x^g btüpcäccc, (?), ric, {jlsxsxs'. (8) xö eudvü) Ißtoxa-
^siov TO 'fjp.tau, a (9) -^v AcuptcDvog xoö xoTiapxigaavxog (10) bnö Sxpdxcova xöv
Uspl Oi^ßag, a 7T:pog(ll)£ßdXeTO (sie) 8i' 'Ovo[idpxou updxTopo? (12) twv ßa-
o'.Xixwv h lßSo[ngxovxa . (13) 'Exst-pOYpdcpyjasv IIxoXeiJLaros (14) öswvo^ ouv-
TdgavTOg. Auf der Rückseite 6 Zeilen Demotisch,
^) Vgl. Droysen, Klein. Schrift, I, S. 36, und dazu meine Lesungen
ebenda S. 387.
WiLCKEN, Ostraka, 5
66
III. KAPITEL.
Urkundenwesen des III. Jahrhunderts, wie bemerkt, eigentümlich ist,
zu erklären sein wird. Dass tcetütwxev etwa activisch zu fassen sei,
halte ich für ausgeschlossen. Es ist vielmehr anzuerkennen, dass
wir hier eine sprachliche Geschmacklosigkeit vor uns haben, wie sie
ja der Actenstil nicht nur jener fernen Zeiten gelegentlich zu zeitigen
pflegt. Dieselbe Construction findet sich übrigens auch auf der
oben erwähnten Pariser Holztafel, die derselben Zeit angehört, wo es
heisst: ÜSTiXWxev — Tsw^ IlaxYjjjiLo^ xod Zpitvig aSeXcpo^ SLßioßoaxot.
In den unter 2^^ zusammengestellten Nummern ist 7t:£71TO)X£V zu er-
gänzen. Aehnlich fehlt es auch in den jener Pariser Holztafel ganz
ähnlichen Tafeln des British Museum und des Berliner Museum^).
Dass auch hier TüSTCXtoxsv im Eingang zu ergänzen ist, zeigt die
Vergleichung mit der sonst völlig übereinstimmend stilisirten Pariser
Holztafel. Auch die Subscriptionen der Berliner Tafel legen es
nahe (s. unten).
Doch wer ist nun der Empfanger des Geldes, der unsere
Quittungen ausgestellt hat? Man kann nur schwanken zwischen
dem Trapeziten, an den ja alle Geldsteuern zahlbar waren, und dem
Die Londoner Tafel (Brit. Mus. 5849) ist von Eug. Revillout in Rev.
Egyptol. II Nachtrag S. 54 und wiederum in Proceedings Soc. Eibl. Arch. XIV
S. 82 publicirt worden. Nach meiner Lesung des Originals lautet der Text
folgendermassen : Recto: (1) "-Xa 'Euslcp iyj (2) TaO-aÖTig [Zii]cv!.og (corrig.)
(3) xal TaXrßis ZjJLtvog (sie) (4) i:'.|j,rjv tß'.cxacpsCou xat (5) xrj? TipocpYjxsLag xat
xou (G) Yjiiiaous xric, dwpsa'Ja^ y^S, (7) -^g {isxsxst, x6 STtdvü) lßto-(8)xacp£rov
x6 >^jiiau, ä -^v (9) AcDpicovog xou xo7tapx7^aav-( 10)xo5 xöv Ilspt Ov^ßac; xöuov,
(11) ä upogsßaXovxo Tsw^ >cat (12) Z|ilvi$ S'/ 'Ovo|xäpxo'J 7ipäxxo-(13)pG5 xtöv
ßaa-Aixcov >tal 7:apsxt-(14)pYjaav Ta^aüxst, xat TaX[i]-(15)ߣ'. sie, oL^oLrSkriptüQiv
L (=8pax|iü)v) 21 (= 210) (16) |- (=6pax|Jias) IßSoiiVixovxa. Darauf 1 Zeile
Demotisch. Verso : 1) "-Xa 'ETieccp '.yj tietixcü- (2) %£v EuSTgiiü)'. (steht über durch-
strichenem ■9'S', was wohl 0£ü)vi werden sollte) Si' 'At^oXXwviou (3) h lß5o|jLrj-
xovxa. Von Kleinigkeiten abgesehen, ist hier namentlich die neue Lesung in 8
a -^v statt 8' ^v, in 13/4 7tap£X'-pv]aav = uapEXstpvjoav und in 15 Lot wichtig.
Letzteres bezeugt, dass die 7 0 Drachmen, über die hier quittirt wird, die letzte
Rate einer Gesammtsumme von 210 Drachmen sind. Vgl. Kap. IV.
2) Auf die Berliner Tafel (n. 8131), die gleichfalls aus dem 31. Jahre des
Philadelphos stammt, habe ich schon des öfteren hingewiesen, doch den Text
publicire ich hier zum ersten Mal. Er lautet:
•-Xa üaxcDvs '.£ ini xtjv ev
A'.ög TzöXei zy]i |i£YtxXvj'. xpdTts^av
bC EuSt^iiou
ßao'.XEt nxoX£|iatü)i Tbmc, IIa-
THEBANISCHE BANKQUITTUXGEN AUS PTOLEMÄERZEIT.
67
Erheber. An letzteren möchte ich deshalb nicht denken, weil ich
glaube, dass die mit 5:a eingeleitete Person eben der Erheber ist. Nach
Analogie vieler anderer Fälle könnte man zwar zunächst annehmen,
dass mit o:d die Person eingeführt werde, durch deren Vermittelung
die Zahlung an den Erheber erfolgt, also irgend ein Verwandter
oder Untergebener des Zahlers. Aber da an dieser Stelle mehrfach
derselbe I^^ame begegnet, z. B. StoaipaTO? in 305 — 310 u. s. w.,
wird man in ihm "vielmehr einen Beamten sehen müssen, der regel-
mässig mit der Zahlung zu thun hat. Und das kann hier wohl
nur der Erheber sein. Der Trapezit ist jedenfalls ausgeschlossen,
5 xwii'.os ////// y.al Z|jitvig dSsXccol
tß'.cßoaxol eig T7)v x'.[iYjv xou Iß'.oxacpsioü
y.al gtopsa-ag y^^, -^g jisxexs:
xö STidvü) iß'.oxacpstov xd f,\i\)<zu,
ä f|V A(op'.a)V'-og (sie) xoö xoTiapxyjOavxog
10 [o]7iö SxpdxcDva xöv IIspl Or^ßag xötcov,
a TTposßctXsxo (sie) S'.a 'Ovop.apxou 7ipaxxop(os)
h Sß8op,rjxovxa. xtov ßaaiXiy.öv
(2, Hand:) n£-x(i)y.£v 0£(!)v'. h Iß^otir^y.ovxa.
(3. Hand:) IIsTcxtoxsv 'ÄTioXXwviou
15 oly.ovöp,ou h IßSojiff/.ovxa.
Darauf 1 Zeile Demotiseh.
In diesem Text hat J. G. Droysen das Wort ioowö\ioii (seil, x^^^"^-^^) zu
finden geglaubt (Kl. Schrift. II S. 302). Offenbar hat ihn der Anfang von
Z. 15 getäuscht, wo vielmehr oly.ov6\iou steht. Uebrigens kommt der Ausdruck
XaXxoö laovö|AOU im III. Jahrh. v. Chr. noch nicht vor. Vgl. Grenfell, Ee-
venue Pap. Append. III.
Eine ähnliche Holztafel befindet sich im Besitz des Herrn Prof. J. J. Hess
in Freiburg in der Schweiz. Auch sie stammt der Schrift nach zu urteilen aus
der Glitte des III. Jahrh. vor Chr. Auch hier wird, falls meine Lesung der
schwierigen Zeile 6 richtig ist, über Summen (in natura) quittirt, die zur
Erlangung einer Priesterstelle gezahlt sind. Mit freundlicher Erlaubnis des Be-
sitzers publicire ich hier den Text:
naöv.
TüapaSsxsxa-.
MsXav. 'Ep|jLO!fiXou
xal Xairpst
5 Ilaxoöxog x'.jiYiv
tspaixtag (sie) (= TTupou) sTxo
xpsrs L x5
/ xyL^^
Auaavtag.
6 1. houTaiag.
5"
68
ni. KAPITEL.
denn die Bank zahlt hier ja nicht, sondern sie empfangt. Es
ist aber zu beachten, dass das Oed mit tiItitwxsv zu verbinden
ist. Also durch den Erheber ist die Zahlung erfolgt. Andrerseits
ist zweifellos, dass die Personen, die im Nominativ vor den
Summen genannt werden, wirklich die Steuerzahler sind, denn
es kommen auch Frauennamen darunter vor. Danach ist es mehr
als wahrscheinlich, dass der ungenannte Empfanger, der nach Ana-
logie der angeführten Urkunden sich im Dativ (tw Selvt, seil.
TOTiTWxev) hätte nennen können, kein anderer als der Trapezit ist,
und dass wir also auch hier, wie in den meisten angeführten Ur-
kunden ausgeschrieben ist, ein ItcI ty]v ev Aco^ TCoXet zfi [isyccXv]
xpaTie^av zu ergänzen haben.
Ganz ungenannt ist der Trapezit aber vielleicht doch nicht in allen
Fällen geblieben. Mehrere Urkunden haben demotische Beischriften.
Es ist meine Vermutung, dass diese Beischriflen von der Hand des
Trapeziten herrühren und uns seinen Namen nennen. So hat z. B.
Revillout für die demotische Beischrift von 305 folgende Ueber-
setzung geliefert, für die ich ihm natürlich die Verantwortung
überlassen muss (Rev. Egyptol. VI. S. 11.): „A ecrit Psemont fils
de Teos (?) sur 1 kati (2 drachmes de sei) en compte." Der Name
Weptixwv^Tjg TeGizoc, (?) findet sich in dem griechischen Teil nicht:
der Erheber heisst SwaTpaio^, die Zahler ÜLpeXtfi^ und Tolve'/^xziq.
Ich meine, ^'£{jL[xwV'&'r^; ist der Trapezit, der diese Subscription in
einheimischer Sprache darunterfügt und damit den Inhalt des Grie-
chischen kurz recapitulirt, etwa wie wir unter anderen Urkundeh-
gruppen die Subscription finden: '0 Setva sypa'^^a oder a£ar^jJi£''(jL){jiat
bpay^\idcq x. Ebenso gewinnen wir nach Revillout's Lesung für 309
einen Trapeziten 'A|x£vtoO'yj^, für 1227 einen neTsve/ouirj?, (hier ist
eine vollständige demotische Uebersetzung des Griechischen) u. s. w.
Die genannten Männer sind, ihrem Namen nach zu schliessen, alle
Aegypter und können offenbar nicht griechisch schreiben. Dazu
hatten sie wohl ihre griechischen Ypa(Ji[Ji,aT£l^.^) Für unser Formular
ist aber hervorzuheben, dass diese demotischen Subscriptionen nur
hin und wieder stehen, also nicht notwendig sind — ebensowenig
Es ist auffallend, dass man damals (III. Jalirh. v. Chr.), falls obige
Vermutung zutreffend ist, so viele Aegypter zur Trapeza zuliess. Im II. Jahrh.
V. Chr. finden wir fast regelmässig Männer mit griechischen Namen als Trape-
ziten (vgl. Lumbroso, Recherches S. 331). Vielleicht sah die Regierung anfangs
THEBANISCHE BANKQUITTUNGEN AUS PTOLEMÄERZEIT. 69
wie die griechischen Subscriptionen (s. unten). Ich halte es übrigens
nur für zufallig, dass wir noch keine Urkunde dieser Art mit
griechischer Subscription haben.
Wir sind also zu dem Resultat gekommen, dass in diesen Ur-
kunden die Bank über Zahlungen quittirt, die von den Zahlern
durch Vermittelung der Erheber eingegangen waren. Folgt daraus
nun, dass diese Quittungen den Zahlern ausgestellt wurden? Ich
denke, nein. Denn dagegen spricht, dass mehrfach auf einem
Ostrakon die Zahlungen von zwei Zahlern gebucht sind. Wer von
beiden bekäme dann das Ostrakon? Ich glaube darum annehmen zu
müssen, dass diese Quittungen von den Bankbeamten den Erhebern
ausgehändigt wurden. Dasselbe werden wir auch sonst überall anzu-
nehmen haben, wo die Bank von dem Zahler, nicht von dem Erheber
die Zahlung aussagt. Es wird sich als Endresultat ergeben, dass im
III. Jahrh. vor Chr. die Bank beide Arten von Quittungsformen
kennt, dass dann im II. I. Jahrh. v. Chr. die Xennung des Erhebers
in der Quittung, mit völliger Uebergehung der Zahler, herrschend
wird, dass dagegen von Augustus an die Bank mit Uebergehung
der Erhebernamen regelmässig nur die Zahler nennt. Alle diese
Quittungen aber werden, mag Zahler oder Erheber genannt sein,
regelmässig dem Erheber eingehändigt worden sein, der die betreffende
Zahlung aus der Hand des Zahlers an die Bank übermittelt hat.
So scheint es wenigstens für Theben zu gelten.^)
Datum {Jahr, Monat, Tag) — TTtTztcox^v — für Abgabe — der
Zahler — Summe. Vgl. 325, 336.
die Eingeborenen wegen des lebhaften Verkehrs der aegyptisehen Subalternbeamten
mit der Bank, die damals, unter Philadelphos, wohl noch selten Griechisch ver-
standen, nicht ungern in dieser Stellung. Jedenfalls werden sie Griechen neben
sich im Amte gehabt haben.
Im Faijüm z. B., wo überhaupt die Quittungsformulare in mehreren
Punkten von den thebanischen und auch elephantinischen abweichen, stellt die
Bank Quittungen aus, in denen sowohl der Erheber (mit biet oder im Dativ) als
auch der Zahler genannt wird. Diese Quittungen aber werden dem Zahler
ausgehändigt. Das zeigt der Zusatz, der zum Schluss gelegentlich zu dem
Namen des Zahlers gemacht ist: {irj xpi^o^lJ-svo^ sxspo) aujxßöXcp oder ähnlich.
"Vgl. BGU 66 und 214 und dazu unsere Ausführungen S. 79. Da hier der
Zahler (in 66 ein Aövyos, in 214 die Tipsaßuxspo'.) ermahnt wird, sich keine
andere Quittung ausstellen zu lassen, so muss auch der Zahler der Empfänger sein.
70
III. KAPITEL.
'3b-
Dasselbe, ohne nrnr^'Aer. Vgl. 1230, 1236, 1339, 1491.
Die Urkunden gehören sämratlich dem III. Jahrh. vor Chr. an.
Dieses Formular ist mit dem vorigen identisch, nur fehlt die mit
hiOL eingeleitete Erwähnung des Erhebers. Andrerseits findet sich
hier in 325 und 1491 die Subscrijotion der Trapeziten, die dort
fehlte. Die Subscription hat hier noch die denkbar einfachste Form:
nur der Name (im Nominativ) ist genannt. Sehr auffällig ist
der Vermerk am Schluss von 1230: AwpLWVL Ich glaube, wir
haben hierin den Namen des Erhebers, der die Zahlung des ^£|jip,£Tvc^
an die Bank^) befördert hat. Damit kann wohl nichts anderes
ausgedrückt sein, als dass diese Quittung für den Erheber Awptwv
bestimmt war, und ich finde darin eine Bestätigung der obigen
Auseinandersetzung, wonach auch diejenigen Baukquittungen, die den
Zahler nennen, doch dem Erheber ausgehändigt wurden.
Dass die in diesen Quittungen genannten Personen wirklich
die Zahler und nicht die Erheber sind, geht daraus hervor, dass
auch ein Frauenname begegnet: 330 No^epex d. h. „(die) Schöne".
'OaopYSI in 1236 ist übrigens offenbar nur ein Versehen für 'Oaopyyj?.
4.
Datum (Jahr, Monat, Tag) — für Abgabe — der Erheber —
Summe. Subscinption. Vgl. 1491. III. Jahrh. vor Chr.
Dies Schema ist formell mit 3^ identisch, nur wird der Erheber,
nicht der Zahler genannt. Die hier erwähnte Person OLXoywXyj?
Nixtovo? ist uns nämlich durch 1253, 1254 = 1489 und 1338 als
Steuererheber für die Mitte des III. Jahrhunderts vor Chr. bezeugt.
Nun könnte man ja vielleicht dem vorigen Schema zu Liebe annehmen,
dass Philokles in dem hier genannten Jahre (a. 15) nicht Steuerr
erheber gewesen sei, also als Steuerzahler figurire, ähnlich wie der-
selbe X£{XTCV£ö^ 'IvapöTO? im J. 178 n. Chr. als zeXthvriC, (1067),
im J. 154/5 n. Chr. als Zahler begegnet (1444). Gewiss wäre
dies nicht unmöglich, und dann wäre diese Nummer einfach dem
Im Text ist schon angedeutet, dass es sich hier vielleicht um eine
Naturallieferung handelt. Dann ist oben nur statt der Bank der Thesauros ein-
zusetzen. Bank und Thesauros haben aber analoge Formulare.
THEBANISCHE BAXKQUITTUNGEN AUS PTOLEMÄERZEIT. 71
vorigen Schema zuzuweisen. Aber ich möchte bis auf Weiteres das
Nächstliegende für wahrscheinlich halten und den Philokles auch
hier als Steuererheber betrachten. Auch mit Rücksicht auf das folgende
Schema nehme ich also an, dass auch schon im III. Jahrh. die Bank
auf den Namen des Erhebers die Quittung ausstellen konnte, wie
sie das im II. Jahrhundert fast regelmässig gethan hat.
Die Subscription ist hier schon etwas entwickelter. Zwei Trape-
ziten unterschreiben. Der Eine nennt, wie oben, nur seinen Namen,
der Andere aber fügt die empfangene Summe hinzu.
5.
Datum (Jahr, Monat, Tag) — = 7Tt7rt(t)/,ev im t\v Iv Ortsname tQa-
ns^av, icp Tjg der Trapezit, für Abgabe — der Erheber — Summe.
Subseription, Vgl. 329, 331, 1338 (Mitte des III. Jahrh. v. Chr.).
Diese Formel bildet die Verbindung zwischen der vorhergehenden
und der folgenden. Alles, was wir uns bei der vorigen ergänzen
mussten, ist hier ausgeschrieben. Dass die hier genannten Personen
die Erheber sind, dürfte namentlich durch das nächste Schema mehr
als wahrscheinlich werden. Man bedenke auch die grossen Summen.
Eine beachtenswerte Erweiterung des Schemas zeigen 331 und
1338, insofern vor der Nennung der Abgabe das Wort ßaatXel
eingeschoben ist, das man mit TreTüXWZsv zu verbinden hat. Der
Sinn ist klar. Ich finde diesen Zusatz auch sonst noch bei Urkunden
der älteren Zeit. Vgl. die oben publicirte Berliner Holztafel vom
Jahre 254 vor Chr., wo noch deutlicher steht: ßaaiXsi IlToXeiJiaia):.
Aehnlich heisst es in den Zoispapyri: Baa'.Xeöat. Auch in der
Londoner Bilinguis (s. oben) steht ßacjcXel.
Die Unterschrift des Trapeziten ist in diesen Nummern vom
Ypa(i[JLaT£U(; in Stellvertretung geleistet worden. Offenbar konnte
AioSoTog — alle drei Texte nennen ihn als Trapeziten — nicht
schreiben, und begnügte sich für seine Person mit den drei Kreuzen
am Schluss: X X X. In 331 und 1338 (beidg von demselben Jahre)
ist nur Name und Titel der Subscribenten genannt, in 329 auch
die Summe.
ßa.
Datum (Jahr, Monat, Tag) — rtrcvAzai in) rtji> iv Ortsname
tgotTze^av, icp j]g der Trapezit, für Abgabe — der Erheber — Stimme.
72
III. KAPITEL.
Subscription des Trapeziten. Vgl. 317, 319, 334, 335, 337, 339,
340—342, 344, 345, 347, [348], 351, 353, 1228, 1232, 1351,
1354, 1357, 1359, [1362], 1503, 1504, 1506—1508, 1515—1518,
1526, 1615 (II. Jahrh. vor Chr.).
Dasselbe, ohne den Zusatz: icp der Traj^ezit Vgl. 322, 324,
327, 330, 346, 349, 350, 354, 1234, 1235, 1315, 1345, 1346,
1496, 1497, 1499, 1522, 1532, 1534 (II. Jahrh. vor Chr.).
Es ist für die ganze Steuergeschichte von grösster Wichtigkeit,
dass diese Quittungen nicht, wie wir früher annahmen, dem Zahler,
sondern dem Erheber ausgestellt sind. Ich habe schon oben darauf
hingewiesen, dass Nr. 1255 mir den Anstoss zu diesem Umschwung
gegeben hat. Sie ist zwar nicht von der Bank, sondern vom The-
sauros ausgestellt, doch ist das Schema dem unsrigen so analog,
dass die Frage untersucht werden musste, ob nicht auch in
diesen Bankurkunden der Erheber der Quittungsempfänger sei. Auf
einzelne Fälle, in denen sich diese Frage mit Sicherheit beantworten
lässt, sei hier hingewiesen.
Nr. 1233, die mir gleichzeitig mit 1255 durch Sayce bekannt
wurde, nennt als Quittungsschreiber einen 2t[jia)V 'la^apou 6 e^ecXr^-
9ü)c xyjv TETapTTjV Twv aXtewv elq t6 y.yj^. Als Entrichter dieser
selben Fischereiabgabe an die Bank nennt nun aber für dasselbe
28. Jahr Nr. 337, die zu unserer Gruppe gehört, einen SL[ia)v. Es
ist wohl mehr als wahrscheinlich, dass beide Urkunden dieselbe
Person vorführen. Folglich ist für 337 erwiesen, dass die hier
genannte Persönlichkeit der Steuererheber, nicht der Steuerzahler
ist. St[xa)v liefert also an die Bank ab, was er vom Zahler
erhalten hat.
Ferner: In Nr. 1029 stellt im J. r>5 ein ''Qpoc, Auzou, zusammen
mit seinem Compagnon als ol npoc, zy]i TsiapTVjL xwv aXiecov, also
als Fischereiabgabenpachter bezeichnet, in Briefform dem Zahler
eine Quittung aus. In Nr. 1347 vom 17. J. und 346 vom 32. J.,
von denen die Letztere zu unserer Gruppe, die Erstere zur nächsten
(verwandten) gehört, wird einem ^Qpoc, Auxou über dieselbe Abgabe
von der Bank quittirt. Auch der ^Qpog in 326 vom 14. J. und
1348 vom 18. J. empfangt über die nämliche TeiapTY] ä)dio)V von
THEBANISCHE BANKQUITTUNGEN AUS PTOLEMÄERZEIT.
73
der Bank Quittung. Es unterliegt für mich keinem Zweifel, dass
in all diesen Fällen ein und dieselbe Persönlichkeit gemeint ist.
Wer die Nummern genauer mit einander vergleicht, wird mir bei-
stimmen. Somit ist durch 1029 erwiesen, dass auch die Bankquittungen
326, 346, 1347 und 1348 an den Steuerpächter, nicht an den
Zahler gerichtet sind. Es ist als ein besonderer Glücksfall zu be-
trachten, dass bei dem immerhin noch geringen Material die Ur-
kunden sich zweimal in dieser Weise gegenseitig interpretiren.
Man wird auch in den anderen Urkunden leicht Indicien finden,
die für diese Auffassung sprechen, so namentlich die vielfach ausser-
ordentlich hohen Summen, die die Quittungsempfönger zahlen, die
als Steuerbeiträge der einzelnen Unterthanen ganz unglaublich wären.
Doch ich will nicht allzu lange hierbei verweilen. Für mich ist
nach allem diesem ausgemacht, dass nicht nur 326, 337, 346, 1347
und 1348, sondern alle thebanischen Urkunden, die dasselbe Formular
aufweisen, Quittungen sind, die die Bank dem Erheber ausstellt
und dass diese Art zu quittiren im II. Jahrh. vor Chr. — denn
diesem gehören sie sämmtlich an — üblich gewesen ist.^) Dies
gilt wenigstens für Theben. Wir werden sehen, dass in dem be-
nachbarten Krokodilopolis die Bank auch im II. Jahrh. nach Art
des III. Jahrhunderts den Zahler in ihren Quittungen nennt. Unter
den thebanischen Quittungen scheint mir nur eine zu sein, die auf
den ersten Blick diese letztere Usance zu bezeugen scheint, ich
Es erklärt sich aus der Xatur des einzelnen Falles, dass die soge-
nannten ,,trapezi tischen Eegister" derselben Zeit auch in Theben nicht auf den
Namen des Erhebe rs, sondern auf den des Zahlers ausgestellt sind. Hier kommt
es ja gerade darauf an, nachzuweisen, dass dieselbe Person, die den Contract,
auf dem die Bemerkung notirt ist, geschlossen hat, auch die dadurch fallig
gewordene Verkehrssteuer gezahlt hat. Die Letztere muss schon darum auf
seinen Xamen ausgestellt werden, weil der Contract mitsammt der trapezitischen
Quittung für ihn unt^r Umständen dazu dienen soll, die Eechtmässigkeit der
betreffenden Erwerbung etc. docum entarisch zu belegen (vgl. Hermiasprocess,
Pap. Taur. I 5,18: cov xal xx xsXr^ xs-rax^a-. zIq xyjv xoö evxuxXiou wvr^v).
Eine eingehendere Besprechung dieser wichtigen Urkundenklasse behalte ich
mir für meine Xeuedition derselben in den „Ptolemäertexten" vor. Bisher
giebt es keine fehlerlose Publication derselben. Einstweilen verweise ich auf
J. G. Droysen, Kl. Schrift. I 1 ff, und dazu meine Notizen S. 386/7. Eine
Zusammenstellung vieler Text« findet man bei Wessely, Wien. Stud. III. S. 1 ff.,
der sich aber fast überall damit begnügt hat, die alten Lesungen mit den alten
Fehlern wieder abzudrucken.
74
III. KAPITEL.
meine 1315, wo der Name also lautet: Bepfxo'J Mex^peou^. Wohl
scheint es am nächstliegenden ^ep\!.G^ in 6£p[jioi)0'L? oder B£p[jLOud'apcov
aufzulösen, also einen Frauennamen zu bilden, und damit wäre
allerdings auch für Theben der Brauch des III. Jahrhunderts für
diese Zeit erwiesen. Aber ehe zwingende Gründe hierfür vorliegen,
ziehe ich es vor, eine männliche Ableitung von dem Göttinnennamen
0£p[xou^:(; zu supponiren, etwa 0£p{jioDO'La)v, das dem häufigen 'laLWV
analog wäre, oder auch 0£p|jLOU^co^ (vgl. "loioq), das vielleicht im
Leipz. Pap. 4 Recto vorliegt i), und wovon das Femininum Ospjjio'j^ca
bezeugt ist. Jedenfalls sind wir nicht genötigt, hier einen Frauen-
namen zu ergänzen. Somit können wir, wie mir scheint, constatiren,
dass in dem bis jetzt vorliegenden Material aus Theben kein Indicium
gegen die Annahme spricht, dass in den Bankquittungen des II. Jahr-
hunderts nicht der Zahler, sondern der Erheber genannt werde. 2)
Wir haben noch einige Einzelheiten zu besprechen. In der
Gruppe 6'' fehlt der Zusatz iq?' fiq (seil. zpo^iziZxi^) 6 Sslva. Diese
Angabe war allerdings entbehrlich , wenn der Trapezit eigen-
händig den Text unterzeichnete. Freilich fehlt in einigen Urkunden
dieser Gruppe auch die Subscription, so in 327, 354, 1235, 1346,
sodass hier überhaupt nicht gesagt ist, welcher Trapezit die Quittung
ausgestellt hat. Man möchte fast meinen, dass sie nicht correct
abgefasst seien. Aber hätten sich die Erheber damit zufi'ieden ge-
^) Hier könnte OspixouO-iq) freilich auch von dem Femininum 6£p[JLOU^'.ov
abgeleitet sein. Von einem Zollpächter, wie Wessely (Ber. Verh. Sächs. Gesell.
1885, S. 244) zu dieser Stelle meint, ist hier kaum die Rede, vielmehr von
irgend einer Person, an welche eine Zalüung gemacht ist. Vgl. Eta'.Stbpqj in
Z. 14. Auf Parthey, Aegypt. Personennamen S. 119 durfte sich Wessely für das
Masculinum 6£p|JioöO-'.g jedenfalls nicht beziehen. Parthey hat dafür nur einen
sehr wenig glaubwürdigen Zeugen, nämlich Heliodor, Aethiop. 2,12. Wenn
Heliodor allen fernstes einen Räuber mit Namen OepiiouO^ig auftreten lässt, so
ist das nur ein neuer Beweis dafür, dass er von aegyptischen Dingen nicht
viel versteht. Vgl. E. Rohde, Griech. Roman S. 455 f.
Dagegen wird mir in letzter Stunde für Hermonthis eine Ausnahme
bekannt. In einem soeben vom Berliner Museum erworbenen Ostrakon (P. 8622)
des II. Jahrhunderts quittirt die Bank von Hermontliis zwei Frauen. Vgl. Kap. IV
§ 93. Der Name der Ersten fängt mit Ta an, die zweite heisst Ssv^wxig. Ich
kann mich jedoch des Verdachtes nicht erwehren, dass der Schreiber hier aus
Versehen 'ep[JL(ü)vO-£!,) statt Kpo(xo5iXü)v tioXs'.) geschrieben hat. Die Erwähnung
des Gaues (IlaO-upcxou) vor dem Namen der Zahlerinnen erinnert jedenfalls merk-
würdig an die Quittungen aus Krokodilopolis. Vgl. 1617, 1618.
THEBANISCHE BANKQUITTUXGEN AUS PTOLEMÄERZEIT. 75
geben? So müssen doch wohl auch diese Quittungen als vollgültig
angesehen sein. Wir werden finden, dass auch in anderen Urkunden-
klassen, auch in der Kaiserzeit, dieselben Formulare bald mit, bald
ohne Subscription erscheinen. Vielleicht war die Echtheit der nicht
subscribirten dadurch garantirt, dass hier der Trapezit selbst den
ganzen Text geschrieben hatte, während die subscribirten Texte
wohl meist nur von ihren Schreibern geschrieben waren. Graphisch
wird sich die Frage schwer entscheiden lassen, denn der Kachweis,
dass ein solcher Text ohne Subscription nicht von der Hand eines
Trapeziten geschrieben sei, wird schwer zu führen sein.
Betrachten wir die Subscriptionen genauer. Ich beschränke
mich hier auf die Kümmern unserer Gruppe; in den anderen wird
man dieselben Beobachtungen machen können. Es finden sich folgende
verschiedene Arten (einige Citate mögen genügen):
1. Käme, Titel, (xpaTie^iTYjO. Vgl. 317, 341, 351, 1232.
2. Käme, Titel, Summe. Vgl. 319, 322, 324, 326, 337, 340,
344 etc.
3. Käme, Summe. Vgl. 1345.
4. Titel, Summe. Vgl. 1351, 1354, 1506.
5. Summe. Vgl. 354, 1499.
6. Käme, iTtr^ywoXou^Yjxa. Vgl. 1362.
Es ist bemerkenswert, dass die Summe, die in den fünf ersten
Subscriptionen erscheint, und die häufig nebenbei am Rande oder
auch vor dem Kamen (wie 1518) notirt ist, immer grösser als die
ist, über die quittirt wird. So wird z. B. in 319 über 1 Tal.
4809 Drachm. quittirt. Der Trapezit aber subscribirt: 'A|X[jl(j[)(vlo^)
Tpa(7i£^Lnr]c) a e/TT^o, d. h. 1 Tal. 5970 Dr. Aehnlich in den
anderen Fällen. Was soll das heissen? Man könnte sich verschiedene
Möglichkeiten denken. Dass der Trapezit sich mit dieser Summe
etwa notirt hätte, wieviel der betrefiende Erheber noch zu zahlen
hat, ist unwahrscheinlich, denn dann würde doch wohl auch einmal
eine Summe dastehen, die kleiner als die gezahlte ist. Es liegt
näher anzunehmen, dass die gezahlte Summe in dieser grösseren
enthalten ist. Sollte die letztere vielleicht besagen, wieviel der
Erheber überhaupt zu zahlen hat? Das wäre höchst interessant,
insofern wir dann für eine ganze Reihe von Abgaben sagen könnten,
zu welchem Preise sie an die Pächter (pro Monat?) verpachtet
waren. Doch gegen diese Auffassung spricht Manches, z. B. die
76
Vergleichung von Nr, 337 und 340. Das natürlicliste ist vielmehr
anzunehmen, dass der Trapezit mit dieser grösseren Zahl das be-
zeichnet, was der Erheber bisher überhaupt in summa gezahlt hat.
Dies allein scheint mir auch dem Wesen der Subscriptio zu entsprechen,
dass der Trapezit damit über geleistete Zahlungen quittirt. Diese
Annahme fand ich nachträglich in London durch Nr. 1359 bestätigt,
wo es am Rande ausdrücklich heisst: 'A7ü£)((a)), worauf die (grössere)
Summe folgt. Damit ist die Frage entschieden.^) — Aber auf
welchen Zeitraum soll sich diese Abrechnung beziehen? Soll es
heissen, so viel habe ich in diesem Jahr erhalten? oder in diesem
Monat? Nach dem im Kapitel VI Mitgeteilten wird man Letzteres
für wahrscheinlicher halten, denn monatlich rechneten die Trapeziten
mit den Erhebern ab, und dies ergiebt sich als richtig auch durch
Vergleichung von Nr. 339 und 340. Vgl. Kap. IV § 7. Andrer-
seits ist sicher, dass in 1499 die Randbemerkung sich auf das
Jahr bezieht.
Das Verbum iTcaxoXouO-cIv, das unter 6 erscheint, können wir
in der Kanzleisprache Aegyptens vom III. Jahr, vor Chr. an
durch mehrere Jahrhunderte verfolgen. Im III. Jahrh. vor Chr.
begegnet es noch in einer Bedeutung, die der ursprünglichen des
„Folgens" nahe kommt, nämlich als „befolgen". Vgl. Petr. Pap.
(I) XXV 2, 7, wo ich lese: STcaxoXou^'^aaL zolc, uapa aou Tiept
TOUTWV [axa-ö-ela:?]. Hier steht es synonym dem üblichen axoXouO'S'tv.
Dagegen findet es sich in einer unseren Stellen näherkommenden
Bedeutung in einem anderen Texte des III. Jahrhunderts, Petr.
Pap. (II), XLb, einem Briefe, in dem Dorotheos dem Theodoros
mitteilt, dass die Weinlese bevorstehe, und hiuzufügt: y.oiXihc, oöv
yivo[JL£VOU aoL '^'kz\)'/.0\jc,. Theodoros soll also einen Vertrauensmann
schicken, der dem Eingiessen des ihm zufallenden Mostes „folgt", d. h.
zur Controlle „persönlich zugegen" ist. Ebenso in Petr. Pap. (II)
S. [7], unteres Fragment Z. 5, wo ich lese: STraxoXou^eLTO) (statt
auvazoXo'j^ELTO)) Zk zic, Tiapdc aou if^i 6[x[. . Aehnlich auch im
Revenue -Papyrus 57,22: xwl oe yvaxepyaaafxevwc £7i[a>to]Xou'9'Y]aouaLV
OL TY^v wVY^v lyovxzq. In dieser Bedeutung des „persönlich zugegen-
sein's" möchte ich das Wort auch in unseren Texten nehmen. Einen
^) Anders fasst es Kevillout in den „Melanges" auf.
THEBANISCHE BANKQUITTUNGEN AUS PTOLEMÄERZEIT.
77
directen Beweis bieten die Zoispapyri, in denen XpuaLTUTiog, von dem
vorher gesagt ist nocpo^zoq XpuacuTioi), quittirt mit den Worten:
XpuaLTZTZoq £7iYj%oXo6^Y](xa). Vgl. Peyron, Zoispap. S. 190. Wessely,
Gr. Pap. Kais. Samml. Wien S. 17. Wir werden danach STivjxoXou'ö-yjxa
übersetzen können: Ich bin bei der Zahlung zugegen gewesen.
Natürlich konnte jeder Beamte, der eine Zahlung oder Lieferung
entgegennahm, sich in der Subscription der Formel sTiYjxoXou^yjxa
bedienen,^) und so werden wir weiter unten dem Worte noch öfter
begegnen. In den Ostraka finden sich Belege bis in's II. Jahrh.
n. Chr. Für die Ptolemäerzeit verweise ich noch auf Pap. Leid. F,
auch auf die Subscription des demotischen Ostrakon Louvre 7867
(Revue Egypt. IV S. 185) : .'AazXYj(7r:a5yj^) £7r7jxoXo6[-8'y]]xa.
Besonderheiten bieten auch die Subscriptionen von 341 und
1228. In 341 steht ausser der Subscription des Trapeziten von
2. Hand geschrieben: K<xXki(xc, Yp(a[jL|xaT£U^), und auf der Innen-
seite des Ostrakon steht KocXXiou yp(<x\i\iazEii)q) Tie^wv. Das hängt
damit zusammen, dass der Text von Salzlieferungen an die neQoi
handelt. Nr. 1228 ist dadurch bemerkenswert, dass nicht der
Antigenes, der im Text als der Trapezit genannt ist, unterzeichnet,
sondern erst ein 'A-O'Yjvcwv, dann ein ''HpaxXsLSr^g, Letzterer, indem
er die gezahlte Summe und auch das Datum wiederholt. 2) Aus
den Ausführungen in Kap. VI wird hervorgehen, dass diese beiden
die Collegen des Antigenes gewesen sind, die auch statt seiner
quittiren können. Aehnlich 1516.
Hier sei noch auf einen merkwürdigen Zusatz hingewiesen, den
einige Ostraka dieser und der nächsten Gruppe aufweisen. Ich
^) Im Pap. Par. 62, 5, 12 (xwv Se xaxaßoXwv aujJißoXa Xa|JLßav£X(joaav
Tiapa xoö xpaTis^txou, bnoypoLcpa.c, zxovzcc Tiapa xwv sTiaxoXouO-ouvxcDv) werden
die „Zahlungszeugen" (sTiaxoXou^oOvxeg) von den Trapeziten unterschieden. Dieser
Vorschrift entsprechen die Zoispapyri, in denen nicht der Trapezit, sondern der
sua%oXoU'8'a)v subscribirt. Andrerseits bietet unsere Sammlung genug Belege
dafür, dass auch der Trapezit selbst die Quittungen an die ZoUpächter unter-
schrieb. Vgl. übrigens Kap. VI.
Leider ist es mir bisher nicht möglich gewesen, nach dem Facsimile,
auf das ich angewiesen bin, das Verbum hinter 'HpaxXsiSyjg mit Sicherheit zu
lesen. Das x^ = xe(xaxxat), das ich im Text habe drucken lassen, ist ganz un-
sicher. Sprachlich ist es mir deshalb unwahrscheinlich, weil das Verbum an dieser
Stelle in 1. Person zu stehen pflegt. Ich würde ein STüYjxoXouO-Yjxa oder ähnliches
erwarten. Hoffentlich bringt das Original einmal Sicherheit.
78
m. KAPITEL.
meine die folgenden: 351 twl TipoTspov ypaC^lvxc) toö laou [jly]
X[pi^<3y]i]. iö^ö %al [XYj XP'h^'Q "^^[1] Tipoxspov [Ypa(9£VT0]. i^Pö twl
Se TipoTspov Yp(a:y£VTi) [|JiYj] x[p]'*^(^''^0- -^"^^^ "c^^ Tzpoypa-
((^evTc) TOÖ l'aou [iYj XP'^iC^'^O-^) Formell ist bemerkenswert, dass
in diesen Parenthesen, die in den Qiüttungskörper eingeschoben sind,
der Quittungsempfanger plötzlich in 2. Person angeredet wird (vgl.
1026), während die Quittung selbst in 3. Person von ihm spricht.
Der Zusatz besagt nun: „Die früher geschriebene Quittung über
dieselbe Zahlung sollst Du nicht gebrauchen." Pie obigen
Quittungen, die diesen Vermerk tragen, ersetzen also früher ge-
schriebene, denen eben durch den Vermerk die Rechtsgültigkeit ab-
gesprochen wird. Wodurch mag die Cassirung der früheren und
die Notwendigkeit, neue Quittungen auszustellen, begründet sein?
Die Antwort giebt, glaube ich, unsere Nr. 50 (aus Elephantine),
die offenbar gleichfalls eine Wiederholung darstellt, wie folgender
Zusatz zeigt (vgl. Corrigenda): Scd t6 7i(apa)7t£7iTa)(x£vaL) tyjv
TCpOT(£pav) d7ro)((Yjv). Was bedeutet dies 7iapa7iC7rT£cv ? Ich hatte
daran gedacht, aus dem „danebenfallen" ein „verlorengehen" abzu-
leiten, konnte freilich keinen Beleg dafür bringen. Den richtigen
Sinn hat erst Mommsen erschlossen, der mir vorschlug, aus dem
„danebenfallen" vielmehr ein „ungültig werden, etwa wegen eines
Formfehlers" abzuleiten. In der That lässt sich für 7:apaTc:7rT£LV
eine Bedeutung nachweisen, die zu dieser Auffassung führt. Neben
7iapa7iC7iT£LV zy]c, aXri^eioLC, u. ähnl. („von der Wahrheit abirren")
begegnet das Verbum auch absolut in der Bedeutung „verfehlen,
fehlen, irren". Vgl. Polyb. XVIII 36, 6: zölc, 5' oXoic, Tipdyixaacv
^) Sprachlich sind diese Verbindungen z. T. nicht ohne Härten. Ich
habe geschwankt, ob ich das in ypd\i\io!. auflösen sollte, wovon dann der
Genetiv xou toou abhängen würde. Doch würde man dann eher Tipoxsptp als
TipÖTspov erwarten. Immerhin ist die Möglichkeit offen zu lassen, dass folgender-
massen zu lesen ist: xtp upöxspov (seil, ypacpsvx!,) Ypä|X|iaxt. In 1526, wo npoyp
steht, müsste man annehmen, dass auch das Substantivum 7T:pÖYpa|j.[JLa ebenso
wie das Verbum die Bedeutung des „früher Geschriebenen" haben könnte.
FpdjiiJLa würde in derselben Bedeutung stehen wie im Pap. Geneve 9, Z. 18 f.:
[xuptjtov xal ßcßaiwv ovxwv [xwv inpoxspjcüv ypajjiiidxoov. — To taov begegnet
in den Papyri der Kaiserzeit in der Bedeutung ,,Copie, Exemplar". Doch liegt
es hier näher, an der ursprünglichen Bedeutung festzuhalten.
^) Gebraucht" wurden die Quittungen z. B. als Documente vor den
Behörden.
THEB ANISCHE BANKQUITTUNGEX AUS PTOLEMÄEEZEIT.
79
ayvoelv e^r^ zal Tiapa-fcsLV oLuzoy, el TrsTtcLaTa: („er irre, wenn er
glaube").^) Vgl. auch Xenophon, Hell. I 6, 4. Danach ist also
die Quittung Nr. 50 ausgestellt worden, „weil die frühere Quittung
sich geirrt hatte, Formfehler enthalten hatte". Derselbe Grund zur
Erneuerung wird auch fiir die obigen Thebanischen Ostraka mass-
gebend gewesen sein, in denen der Empfanger ermahnt wird, „die
frühere Quittung nicht zu gebrauchen".
Hierdurch finden auch einige Zusätze ihre Erklärung, die sich
in Faijümer Papyrusquittungen finden. Ich meine fiilgende Stellen:
BGU 66: xal \Lfi x9ria6:\LE'^oc, i[T£p](p auvß6>w((p). BGU 214: [iy]
^^poc^/Jpr^oo^\L^^^OQ (so ist statt 7:po/^pyjaa[i£vo? zu lesen) kzepo (sie)
auvßwXq) 5'.d TÖ ^aav-siv 7:apa7:£7;7tTa)7w£va'. (sie). Endlich las ich
im Brit. Pap. CCCXVI: (iyj Tipoi^xpi^i^^Ti ^'^^ptp a'j[iß6X((i)) B:a t6
i^aax£LV 7üapa7:(£7:T(i)7.£vaL). Hier ist nicht von einer früheren Nieder-
schrift der Quittung (au[xj3oXov) die Rede, sondern von einer „anderen",
die man nicht noch „ausserdem" (jzpoq) ^) verwenden solle. Hier
wird also nicht die Cassirung einer früheren Quittung ausgesprochen,
vielmehr die Rechtsgültigkeit der vorliegenden Quittung auf's schärfete
dadurch betont, dass eventuelle spätere Einwendungen wegen Fehler-
haftigkeit der Urkunde im voraus abgewiesen, beziehungsweise ver-
boten werden.
7 a.
Datum (Jahvj Monat, Tag) — thoL-Azai — für Abgabe — der-
Erhebet^ — Siimme. Subscription {des Trapeziteii). Vgl. 326, 332, 352,
355, 1277, 1347, 1348.
7b.
Dasselbe, ohne Datum. Vgl. 1257, 1531.
Diese Formel sieht wie eine Verkürzung der vorigen aus. Es
fehlt nur der Zusatz £7:1 tt^v Iv Ortsname Tpa7:£^av, i:^' f^c, C S£:va,
^) Livius XXXIII 12, 3 giebt dass Ganze wieder mit falli eum aiuiU
tota re.
Hier seheint mir dem r.^oq, in Tipo^xp^^^*'- diese ursprüngliche Be-
deutung anzuhaften. In anderen Fällen ist sie so abgeschwächt, das 7:p3;xp'^^^°^-
synonym mit xp'^^^at gebraucht wird. Vgl. Pap. Taur. I 4,15 : Y.ctX sAsysv |jL7j
'^P^SXP'i^i^'csGv slvat, Tal^ £7i'.:pspö|j.svai5 — au^Ypacpaig. Ebenda I 4,18: sav x'.^
STtsv^Yxr^t ouYTpacfTjv sTci ib 5'.y.aaxr,piov jirj £aTup'.ü)|j.£VYjv , [irj upogxp'^/^^a--
Uebrigens wird auch hier in beiden Fällen das Wort von der Verwendung von
Documenten als Belegen gebraucht.
80
m. KAPITEL.
der aber natürlich hinzuzudenken ist; denn auch diese Texte sind
offenbar von der Bank ausgestellt, wenn auch nirgends das Wort
xpaTis^a oder zp(XT,eZ^zr^;, vorkommt. Wenn man aber die historische
Entwickelung der Quittungsformulare in Betracht zieht, wird man
sich dafür entscheiden, hierin nicht eine Verkürzung, sondern vielmehr
die Vorstufe zu jener zu erblicken. Diese Urkunden gehören zwar
im Allgemeinen derselben Zeit an wie die vorige Gruppe, d. h. der
zweiten Hälfte der Ptolemäerzeit. Aber von einer ist es doch sehr
wahrscheinlich, dass sie in das III. Jahrh. gehört, Nr. 1277, die ich
aus rein palaeographischen Gründen in die Zeit des Philadelphos
versetzt habe. Der Text bietet übrigens auch sonst manche Ab-
sonderlichkeiten. Aus der Subscriptio Zthizupoc. 6 Tiapa MevavSpou
ist zu folgern, dass Menander damals Trapezit war, und Zopyros
sein Adjunctus. Ob das Ostrakon aus Theben stammt, ist ungewdss.
Vielleicht erklären sich die Absonderlichkeiten (xliaxiaL für diese
Zeit!) dadurch, dass das Stück aus einem Orte stammt, dessen
Formulare wir sonst nicht kennen.
8.
Datum (Jahr, Monat^ Tag) — biaytyQcifpev — für Abgabe —
der Erlieber — Summe. Subscription.
Dieses Formular, das nur ein einziges Mal in unserer Sammlung,
durch 1528, vertreten ist, ist mit dem Vorigen identisch, nur steht
ocaysypacpev statt xeiaxTaL lieber 6taYpa(^£cv vgl. unten S. 89 ff.
B. Eaiserzeit.
III. Quittungen, die der Erheber dem Zahler ausstellt.
1.
Der Erheber — dem Zahler — yaigeiv. " Eico (oder ähnlich) —
für Abgabe — Summe. Datum. Subscription (des Erhebers). Vgl.
390, 402, 491, 051, 1033, 1035, 1036, 1037, 1039, 1041, 1052,
1057, 1321, 1404, 1431, 1559.
2.
Dasselbe, ohne Siibscrii^tion. Vgl. 365, 376, 396, 410, 412—418,
420, 421, 504, 664, 1030, 1032, 1040, 1042, 1048—1051,
THEBANISCHE ERHEBERQUITTUNGEN AUS DER KAISERZEIT. 81
1053—1056, 1060, 1061, 1068—1070, 1075, 1368, 1370, 1386,
1394, 1395, 1412, 1416, 1419, 1487, 1552, 1569, 1574.
3.
Dasselbe, ohne laiQEiv, mit Subscription. Vgl. 498, 506 — 509,
511—519, 525, 531—533, 536, 539, 553, 555—558, 560—565,
569, 571, 572, 574—576, 579, 581, 583—588, 590-596, 598,
600 — 602, 605 — 607, 609, 613—620, 624—626, 630, 631,
634—643, 645, 649, 658, 1074, 1241, 1245—1250, 1286, 1287,
1291, 1292, 1329, 1330, 1331, 1420, 1422, 1426, 1428, 1429,
1432 — 1435, 1439, 1441, 1443, 1477, 1570, 1578—1585, 1587,
1588.
. * 4.
Dasselbe, ohne yaigeiv und ohne Subscription. Vgl. 464, 497,
499—503, 505, 520—524, 526—530, 535, 537, 538, 541—552,
554, 559, 566—568, 570, 573, 577, 578, 580, 582, 589, 599,
603, 604, [608], 610—612, 621—623, 627, 629, 632, 633, 644,
646, 650, 652, 660, 662, 671, 680, 1031, [1059], 1062—1067,
1071 — 1073, 1076—1079, 1242—1244, 1251, 1252, 1263, 1264,
1288—1290, 1298, 1332, 1363, 1372, 1421, 1423—1425, 1427,
1430, 1437, 1438, 1442, 1445, 1449, 1454, 1462, 1463, 1551,
1572, 1575-1577, 1586, 1591, 1613.
Wir haben bei dieser Uebersicht wie oben die Quittungen „mit
ungenanntem Zahlungsmittel" (1021 ff.) mit zu den Geldquittungen
gerechnet, ohne dadurch im Einzelnen über das Zahlungsmittel etwas
behaupten zu wollen.
Es liegt hier dasselbe Grundschema vor uns, das wir oben
unter I 2 für denselben Zweck für die Ptolemäerzeit nachgewiesen
haben. Es ist die briefartige Form, mit der Adresse: '0 SeTva xw
SeTvt yjxipei'^.'^) Einmal (1049) steht ausnahmsweise )^a:p£:v vor
^) In 680 (aus dem Ende des II. Jahrli. n. Chr.) steht övQ(|JLaTOg) oder
wohl besser övöfjiax'.) xoö Secvog statt des einfachem -w Sslv.. Es ist auffällig,
wie diese Sitte der Umsehreibung mit ovo|Jia sich vom Ende des II. Jahrh. n. Chr.
an verbreitet und in die verschiedensten Formulare eindringt. Ein früheres
Beispiel ist 670.
WiLCKEN,. Ostiaka. G
82
ni. KAPITEL.
dem Dativ. Diese Formel hat sich also im Wesentlichen unverändert
durch die griechische und römische Zeit hin erhalten, ja es ist die
einzige Quittungsformel, die ein so dauerhaftes Leben gehabt hat —
wohl aus dem Grunde, weil sie in dem im öffentlichen und privaten
Leben geltenden Briefstil ihren dauernden Rückhalt und ihr leben-
diges Vorbild hatte. Wenn daher das uns vorliegende Material nur
bis zum Ende des IL Jahrhunderts geht, sichere Beispiele aus dem
III. Jahrhundert aber fehlen, so möchte ich dies bis auf Weiteres
für einen Zufall halten. Vgl. unten S. 104.
Die obigen Quittungen aus der Kaiserzeit unterscheiden sich von
den entsprechenden der Ptolemäerzeit durch die Subscriptionen, die
in jenen fehlen. Doch das halte ich für ein zuföUiges Ergebnis
unserer Sammlung. Gewiss werden auch noch Ptolemäertexte dieser
Art zu Tage kommen, die Subscriptionen haben. Es scheint übrigens,
als wenn diese Sitte in der Kaiserzeit sich erst allmählich verbreitet
habe. Das erste Beispiel unserer Sammlung gehört zwar schon in die
Zeit des Tiberius (1033), doch sind die Beispiele im I. Jahrhundert
n. Chr. selten, mehren sich dagegen sehr stark im II. Jahrhundert.
Aber auch dieses Ergebnis mag durch den zufalligen Bestand unseres
Materials bedingt sein. Jedenfalls ist kein Grund abzusehen, wes-
halb nicht schon in der Ptolemäerzeit diese Urkunden gelegentlich
subscribirt worden sein sollten. Die Unterschriften, wie wir sie hier
finden, widersprechen nun durchaus dem eigentlichen Wesen eines
Briefes. Der Brief wird nach griechischer — und auch nach römischer —
Auffassung dadurch „unterzeichnet", dass man nicht etwa seinen Namen
wie hier, sondern eine Grussformel eigenhändig darunterschreibt. ^)
Abgesehen von einem Beispiel aus Koptos (Nr. 1083), wo wirklich
Ippwao steht, und der thebanischen Nr. 1502, fehlt diese Grussformel
in unseren Quittungen regelmässig. Doch ist die letztere jedenfalls,
die erstere wahrscheinlich eine Privatquittung. Untersuchen wir, ob
sich aus den vorhandenen Subscriptionen irgend ein innerer Grund da-
für finden lässt, weshalb man zu diesen im Briefstil unerhörten Namens-
unterschriften gegriffen hat. Ich unterscheide folgende Arten, wobei
ich mich wegen der Fülle des Materiales auf wenige Belege beschränke :
1) Name a£ayj[X£((jt)|jiaL Summe. Vgl. 579, 586, 587, 591.
2) Name Summe. Vgl. 600.
^) Vgl. Bruns, die Unterschriften in d. röm. Rechtsurkunden S. 68 flf.
THEBAXISCHE EKBEBEEQUITTUXGEN ALS DER KAISERZEIT. 83
3) Name aeoYjjieiwjjia:. Vgl. 513, 560, G51, 1012.
4) Name. Vgl. 390, 506, 533, 641, 1033, 1035.
5) Manchmal unterzeichnet statt des Erhebers sein Secretär.
Das geschieht mit der Formel: „Der Erheber durch (S:d) den
Secretär a£aYj|X£ta)|jiau" Vgl. 595, 605, 614, 620, 635, (5ia
Die Unterschrift in 1321 „£Ypa(4>£v) 6 6£cva bizlp aOioO ztX"
ist, wie oben auf S. 63 ausgeführt wurde, keine eigentliche Sub-
scription.
Zunächst ein Wort über arj[i£COöa^a:. Dieses Verbum begegnet,
wenn mich mein Gedächtnis nicht täuscht, in der Ptolemäerzeit in
diesem Zusammenhange noch nicht. Es gehört also zu dem „Modernen"
der Kaiserzeit. Wie andere Stellen zeigen werden, ist als Object
zu a£ar/[i£ca)[ia: die gezahlte Summe zu denken. Man hat dies
arjfiSioöaO'aL verschieden gefasst. Viereck (Hermes XXX S. 108) sieht
in einer Unterschrift a£arj(|Ji£Lü)[xa:) apxaßa; oxtw die Angabe dafür,
dass der Betreffende „die 8 Artaben in die Listen, die über die
Getreidevorräte geführt werden, eingetragen habe". Das halte ich
nicht für zutreffend. Das a£ar^{i£:ü)[xa: ist nicht auf eine ausserhalb
des Subscribirens liegende Thätigkeit, sondern auf das Subscribiren
selbst zu beziehen- Der Sinn ist also: „Ich habe hiermit über so
und soviel gezeichnet."
Dass sich hier niemals der Titel des Erhebers findet, mag sich
daraus erklären, dass bei der Briefform ja schon in der Adresse
der Titel des Unterzeichneten oder auch der damit identische seiner
Socii erwähnt zu werden pflegte. Die Summen, die hier genannt
werden, sind dieselben, über welche im voraufgehenden Text
quittirt wird.
Fragen wir nun, ob sich aus unseren Urkunden selbst ein Grund
für die Subscription finden lässt, so liegt es vielleicht nahe, auf die
Vielköpfigkeit der Associationen hinzuweisen, in deren Namen die
Quittung ausgestellt wurde. Wir werden in Kap. VI genauer darauf
einzugehen haben, wie diese Erheber meist eine Gesellschaft bildeten,
die ihre feste Firma hatte, bestehend aus dem Namen des Leiters
resp. der Leiter mit dem Zusatz xocl oi [lizoyoL. Diese „Firma" erscheint
in der Briefadresse, gleichviel ob Einer der dort mit Namen genannten
im speziellen Falle die Quittung ausgestellt hat oder nicht. Linter diesen
Verhältnissen musste es nahe liegen, hinzuzufiigen, wer von den Socii
6*
84
III. KAPITEL.
denn das Geld empfangen oder die Quittung ausgestellt habe, damit
im Falle von Streitigkeiten die Gesellschaft oder die Behörden sich an
diesen halten konnten. Die Grussformel, die eigentliche Subscription,
war für diesen Fall nichtssagend. Genügt hätte es, wenn in der Adresse
der spezielle Quittungsschreiber und nicht die ganze Firma sich ge-
nannt hätte, und das ist auch in einer Reihe von Fällen geschehen.
Zog man's aber vor, die Firma in die Adresse zu setzen, so musste
man leicht darauf kommen, dass der spezielle Quittungsaussteller
sich in einer besonderen Unterschrift mit Namen nenne, denn er
hatte dafür aufzukommen. Und so haben wir viele Beispiele, in
denen in der Subscription ein ganz anderer Name steht als in der
Adresse. Das ist dann der Socius, der die Quittung ausgestellt hat.
So nennt z. B. in Kr. 512 die Adresse den 'I[xo'j^yj^ xal \i{izoxoi),
die Subscription aber lautet: A( ) a(£arj (leccojjiaL). Und so in
zahlreichen Fällen. Oft unterzeichnen auch mehrere Socii, so z. B.
in 553, und zwar schreibt der Eine 'Afxsvw^yj^ a£(a7][i£L(D[jLa:), der
Andere nur Oaxp*^^, was deutlich zeigt, dass die blosse Namens-
nennung elliptisch aufzufassen ist. Die vollständige Form ist die
unter 1 gegebene. — War es auf diesem Wege einmal eingeführt worden,
in gewissen Fällen eine Subscription hinzuzufügen, so konnte es leicht
auch da angewendet werden, wo eine Nötigung nicht vorlag, also
z. B. wo nur der thatsächliche Erheber in der Adresse genannt war.
Da die Erheberassociationen schon in der Ptolemäerzeit bestandep, so
könnte man auch nach diesen Betrachtungen erwarten, dass sich einmal
subscribirte Texte unserer Klasse aus der Ptolemäerzeit finden.
Wir haben oben diejenigen Quittungen für sich gestellt, in denen
y^aipeiy in der Briefadresse ausgelassen ist. Wenn wir von dem uns
vorliegenden Material ausgehen, gewinnen wir den Eindruck, dass
die Sitte oder Unsitte, das yjxipzi'^ fortzulassen, sich nach und nach
weiter verbreitet hat. Aus der Ptolemäerzeit liegt nur ein Beispiel
vor (Nr. 1029). Auch im Anfang der Kaiserzeit fehlt yjxipziv nur
gelegentlich, vgl. Nr. 13G3 und 7()5, aus der Zeit des Augustus,
Nr. 1031, 1372, 1551, aus Tiberius' Zeit u. s. w. Aus dem IL Jahr-
hundert n. Chr. lassen sich die meisten Fälle nachweisen. Doch
ist die Möglichkeit offen zu lassen, dass nur die zufallige Zusammen-
setzung unseres Materiales an diesem statistischen Ergebniss Schuld ist.
Fragen wir nach dem Grunde des Fortlassens, so ist natür-
lich das Nächstliegende anzunehmen, dass die Bequemlichkeit des
THEBANISCHE ERHEBERQUITTUNGEN AUS DER KAISERZEIT. 85
Schreibers, das Streben nach Kürze dazu geführt hat. Gewiss spricht
dieses Moment mit, und es ist daran zu erinnern, dass der Schreiber
aus demselben Grunde ja auch das schliessende sppwao, ja in der
späteren Zeit manchmal £a)(OV fortgelassen hat, sodass schliesslich der
ursprüngliche Briefstil ganz verwildert ist. Das Fortlassen des Grusses
)(aLp£tv hat aber noch eine besondere ^Nuance, auf die ich schon im
Rheinischen Jahrbuch S. 251 hingewiesen habe. Plutarch erzählt
nämlich im Phokion c. 17, dass Alexander der Grosse nach seinem
Siege über Darius acfeiXe twv ETicaToXwv t6 yjxipziv Tzkr(^ Iv oaac^
£Ypa!^e <I>(i)xca)vc, toutov hk fxovov woTisp 'AvTiTiaxpov (xexa toö yoLiptiv
T^poqri^fOptuB (vgl. C. Müller, Script, bist. Alex. M. p. 115). Plutarch
beruft sich dafür ausser auf Duris auch auf eine primäre Quelle,
auf Chares von Mitylene, den SL^ayYeXeui; des grossen Königs. Aus
diesem Zeugnis scheint mir mit Sicherheit soviel hervorzugehen, dass
man es im Altertum, und nicht nur zur Zeit Alexanders des Grossen,
sondern auch noch zu der des Plutarch, als eine Unhöflichkeit em-
pfand, wenn das -/^xtpeiv in der Adresse fortgelassen wurde. Wenn
nun auch die aegyptischen Provinzialen, soweit sie überhaupt Griechisch
verstanden, kein allzu tiefes Sprachgefühl hatten, so musste doch
auch von ihnen die Versagung einer sonst allgemein üblichen Gruss-
formel gewiss als eine Unhöflichkeit empfunden werden, und wenn
die Steuererheber sich diese Versagung erlaubten, so thaten sie es
gewiss nicht nur deshalb, weil es bequem war, sondern weil sie
meinten, den simpeln Steuerzahlern gegenüber sich als Beamte des
Staates diese Bequemlichkeit erlauben zu dürfen. Nachdem das Aus-
lassen des y^xipziv einmal von Einigen riskirt war, hat es dann, wie
das so zu gehen pflegt, immer mehr Nachahmung gefunden.^)
Wenden wir uns von der Subscription und der Adresse zur
Quittung selbst, so fragen wir zunächst nach dem regierenden Verbum,
das den Empfang ausdrückt. In den briefartigen Quittungen der
^) Viereck's Einwendungen (Hermes XXX S. 110 Anm.) erseheinen mir
nicht stichhaltig. Er beruft sich darauf, dass auch „von Seiten der aegyptischen
Provinzialen" das x^tpstv fortgelassen wurde, bringt übrigens kein Beispiel dafür.
Ich bezweifle nicht, dass die Provinzialen, wenn sie ihren Knechten oder Unter-
gebenen etwas mitteilten, dass yoLipziv wohl fortliessen — wenn sie gerade Lust
dazu hatten. Gegen mich würden nur solche Fälle sprechen, in denen ein Pro-
vinziale oder sagen wir überhaupt irgend Jemand in einem Brief an eine
höherstehende Persönlichkeit das "/jxlpziy ausgelassen hätte. Solche Fälle
(und zwar nicht aus einem avTcypa^ovI) sind erst nachzuweisen. Uebrigons
III. KAPITEL.
Ptolemäerzeit (I 2) begegneten zwei Arten: 1) ly^dy oder aTil^^w,
regelmässig im Präsens. 2) TSTa^a:. In unseren Texten aus der
Kaiserzeit finden sich folgende Verben (wenige Citate mögen genügen) :
1) "Exo). Vgl. 364, 365, 491, 537 u. s. w.
2) "Eaxov. Vgl. 410, 497 u. s. w.
3) 'AttIxw. Vgl. 376, 390, 402, 555 u. s. w.
4) 'AtüIoxov. Vgl. 1370.
5) ^ATziGyri%oc. Vgl. 1454.
6) 'OjAoXoyö) IxsLV. Vgl. 396, 420.
Ueber den Gebrauch ist zu sagen, soweit man aus dem vor-
liegenden Material schliessen darf, dass im I. Jahrhundert n. Chr.
1X0) und aniyjb) die üblichsten Formen gewesen zu sein scheinen,
während eaxov nur ein einziges Mal für das J. 59 (410) bezeugt
wird, ebenso OLTziGyov für das J. 10 n. Chr. (wenn hier nicht ein
Lesefehler für oltiz^ vorliegt), dass dagegen im II. Jahrhundert
n. Chr. Ixü) und OLTÄyjb) zurücktreten, während von Nr. 497 an (a. 107)
der Aorist 1<t/q^ fast ganz allein auf dem Plan erscheint. Für
OjioXoyö) ex^^^j womit also der Quittung die Form einer 6|JioXoYta
gegeben wird, sind in unserer Sammlung nur die beiden angeführten
Beispiele vorhanden (aus dem J. 48 und 68). In mehreren Fällen
fehlt übrigens, wie schon bemerkt, überhaupt ein Verbum wie eoyoy.
Vgl. 528, 549, 551, 670, 1613. Das ist gewiss nur aus Flüchtig-
keit oder aus übergrosser Bequemlichkeit geschehen.
Von Interesse ist es, dass in einigen Fällen (513, 1058, 1289)
unsere Quittungen als ein dvTLypa^ov aTZcyriq bezeichnet werden.
Ob man daraus den Schluss ziehen darf, dass alle übrigen Quittungen
die einen derartigen Vermerk nicht tragen, Originalurkunden und
nicht Abschriften sind, bleibt a priori zweifelhaft. Für die Frage,
zu welchem Zweck solche avxcypa^a angefertigt wurden, ist von
spricht Plutarch garnicht von Briefen Alexanders „an Darias u. A.", wie nnin
aus Viereck's Worten schliessen könnte, sondern ganz allgemein von seinen
Briefen überhaupt. Also „der amtliche und geschäftliche Verkehr" kann nicht
mit Viereck in Gegensatz dazu gestellt werden , ist vielmehr durchaus mit ein-
geschlossen. Uebrigens ist es ja selbstverständlich, dass es in einer solchen Frage
der Höflichkeit keine festen Vorschriften, sondern nur eine Sitte giebt, der sich
das Individuum eventuell entziehen kann. Um so bemerkenswerter ist, mit welcher
Eegelmässigkeit in den Briefen aus Pselkis, die von Soldaten an den vorgesetzten
Optio gerichtet sind, sich das y^txipB'.w findet — und das im III. Jahrh. n. Chr. I
THEBAXISCHE ERHEBERQUITTUXGEX AUS DER KAISERZEIT. 87
Bedeutung, dass z. B. in 513 auch das ccnb(^oi.'j^ov , ganz wie eine
Originalurkunde, eine Subscription von zweiter Hand trägt. Also
auch diese Abschriften haben amtlichen Charakter I Natürlich wird
hier durch das a.vxiypa.cpo'^ die Originalquittung nicht cassirt, wie
in den oben S. 78/9 besprochenen Fällen. Das dLVV.^(pOL^O'^ ist eine
identische und durch die Subscription beglaubigte Abschrift.
Ganz eigenartig und von höchstem Interesse ist ein Zusatz, den
Nr. 662 trägt: (seil, die gezahlten 21^/2 Drachmen) 6:a-
Yp(a4'0|Jt£v) £7:1 tyjv 5r^([ioaiav) Tpa7:(£^av). Damit ist uns der
Geschäftsgang, durch den die Steuer aus der Hand des Zahlers durch
Vermittelung des Erhebers an die Bank gelangt, klar vor Augen
gefiihrt. Vgl. darüber Kap. VI.
IV. Quittungen, die die Bank ausstellt.
Bis vor Kurzem war es überhaupt unbekannt, dass in der
Kaiserzeit das Institut der königlichen Bank fortbestanden hat. Noch
im Rheinischen Jahrbuch glaubte ich daher das Gegenteil versichern
zu dürfen. Erst die neueren Erwerbungen des Berliner Museums
und anderer Sammlungen haben uns eines besseren belehrt (vgl.
Kap. VI), und durch die Ostraka, wie wir sie jetzt auffassen, finden
sie ihre Bestätigung. Nach mancherlei Mühen und Kämpfen bin ich
zu der Ueberzeugung gelangt, dass auch in der Kaiserzeit die Erheber
den Zahlern lediglich in der Briefform quittirten, wie sie es schon in
der Ptolemäerzeit gethan hatten (abgesehen von II), und dass daher
alle anders gearteten Quittungen der Bank zuzuschreiben
sind. Ich werde diese These bei den einzelnen Gruppen nachzu-
weisen haben.
Aehnlich wie in der Ptolemäerzeit die Bankquittungen im Laufe
der Jahrhunderte mancherlei Veränderungen aufweisen, so können
wir auch durch die drei ersten Jahrhunderte der Kaiserzeit, über
die unser Material sich erstreckt, eine fortwährende Entwickelung
des Formulars verfolgen. Im Anfang knüpfen sie an die letzte
Entwickelungsstufe der Ptolemäerzeit an; gleichzeitig aber ent^vickeln
sich schon neue Formen, die wieder von anderen abgelöst werden.
Den sämmtlichen thebanischen Bankquittungen der Kaiserzeit ist
aber Eines gemeinsam: sie nennen nicht den Erheber, wiewohl dieser
88
III. KAPITEL.
ganz wie in der Ptolemäerzeit der Ueberbringer des Geldes der
Steuerzahler war, sondern lediglich den Zahler, von dem der Erheber
das Geld gebracht hat. Sie befolgen also ein Princip, welches wir
schon für das III. Jahrhundert v. Chr. oben kennen gelernt haben.
Dass daraus auf eine Veränderung des praktischen Geschäftsganges
zu schliessen sei, glaube ich nicht; es ist nur von rein formaler Be-
deutung. Wie wir es schon für dass III. Jahrhundert v. Chr. wahr-
scheinlich zu machen suchten, so möchten wir auch für die Kaiser-
zeit annehmen, dass diese Bankquittungen, wiewohl sie den Zahler
(regelmässig in 3. Person) nennen, dennoch dem Erheber eingehändigt
Avurden, und eben nichts anderes sind als die Quittungen, die der
Erheber erhielt. Vgl. oben S. 69. Wir halten also, um es zusammen-
zufassen, durchgehends in den thebanischen Bankquittungen der
Kaiserzeit den Schreiber für den Trapeziten, die in der
Quittung genannte Person für den Zahler und den Em-
pfänger für den Erheber. Bei dieser Auffassung findet auch
eine Erscheinung ihre Erklärung, die sonst schwer zu erklären sein
dürfte: es kommt nämlich mehrfach vor, dass in ein und derselben
Quittung die Zahlung mehrerer Personen bescheinigt wird. Das sind
einfach verschiedene Zahler, die in das Revier desselben Steuer-
erhebers gehören. — Wir lassen nun die einzelnen Gruppen folgen.
la.
Thaxrai — ficr Abgabe — der Zahler — Summe. Datum.
Vgl. 1545, aus der Zeit des Augustus.
Ib.
Der Zahler — rt'raxtcu — für Abgabe — Summe. Datum. Sub-
scription des Trapeziten. Vgl. 356, 357, 358, 1364, 1540, alle aus
der früheren Zeit des Augustus.
Eine Anknüpfung an die Ptolemäerzeit sehe ich in der Ver-
wertung des Wortes zdaaead-ai, das sich in diesen Quittungen zum
letzten Mal findet, um dann durch ^LaypacpeLV völlig verdrängt zu
werden. Das Schema 1* schliesst sich eng an das ptolemäische
Schema II an. Dagegen ist in 1^ die Voranstellung des Namens
eine Neuerung. Ich will hier ein für alle Mal einschieben, dass,
was uns als neu unter Augustus entgegentritt, vielleicht schon
THEBANISCHE BAXKQUITTUNGEX AUS DER KAISERZEIT. 89
im I. Jahrhundert v. Chr. unter den Ptolemäern Brauch gewesen ist.
Wir müssen diese Möglichkeit jedenfalls offen lassen, da wir ptole-
mäische Texte des I. Jahrhunderts v. Chr. nicht besitzen, oder wenig-
stens nicht mit Sicherheit als solche erkennen können. — Dass wir
die hier entgegentretenden Xamen mit Recht auf den Zahler und
den Trapeziten beziehen, lässt sich im einzelnen nachweisen. In
1364 steht hinter dem Namen an der Spitze: xoüps'j^ (Barbier).
Damit ist gesichert, dass wir es hier nicht etwa mit dem Erheber,
sondern mit dem Zahler zu thun haben. Andrerseits nennt sich
der unterzeichnete Beamte selbst in 1364 und 1540 ausdrücklich
2.
Der Zahler — diayeyQCiCfr^xev — für Abgabe — Summe. Datum.
Vgl. 360, vom 22. J. des Augustus.
Dies Schema ist mit 1^ identisch, nur ist xaaasa^ai durch
S'.aypa^SLV ersetzt. Ueber dieses Wort, das von nun an durch die
drei ersten Jahrhunderte unserer Zeitrechnung das herrschende bleibt,
möchte ich hier einige Bemerkungen einschieben.
Schon Amadeo Peyron hat in seiner Abhandlung über SLaypa^i^
(Pap. Taur. IS. 144 ff.) auf die Klassikerworte hingewiesen, die für
unseren Terminus in Betracht kommen, nämlich auf die Worte Suidas' s.
6taYpa4'avTO^ : „Tive? |X£v avxl toö xaxaßaXö vto(; zal xaTaO-evxo^.
ev'.oi 5£ dvTL Toö 6:a zpociziCric, api^fjLi^aa^/io^ (hc, Xeyofxsv Iv z'q
aDvr^'8'£La", und auf S. 146 sagte er: Scaypa^ac non tantmn erat
pecuniam numerare ex mensa trapezitae, verum etiam pecuniam
numerare trapezitae, und verweist auf LXX, Esth. 3, 9 und
II Makk. 4, 9. Die letztere Bedeutung ist es, die wir in den Ostraka
für , SLaypa^eiv in Anspruch nehmen müssen. Es heisst, wie Suidas
sagt, nichts anderes als „zahlen, auszahlen", also ywaxaßaXXeLV, d. h.
„das Geld hinwerfen auf den Zahltisch". i) A'aypat^eLV hat also
KataßdX}^£iv in der Bedeutung „bezahlen" ist in der aegyptischen
Kanzleisprache seit dem III. Jahrh. v. Chr. nachweisbar. Vgl. Petr. Pap. (I)
[80] 6, (II) [38] 7,8. Auch im Revenue -Pap. 48,10 heisst es: ocaxaßaXXs-
TCöoav sul -CYjv ßaa-.X'.XYjv TpaTCS^av. Vgl. ibid. 52,15, 18 und 23; 74,2;
75,5. Für's II. Jahrh. vor Chr. vgl. TcaxaßoXi^ = Zahlung in Pap. Paris.
62, 5, 12. Grosse Verbreitung fand das Wort aber erst in der byzantinischen
Zeit, und das ist zum Verständnis der Suidasstelle von Interesse. KaxaßaXXetv
hat in dieser späten Zeit neben :iap£X£'.v (s. unten) das S'.aypaf^s'.v geradezu
90
III. KAPITEL.
ganz ähnliche Bedeutungswandlungen durchgemacht wie das ent-
sprechende lateinische Wort perscribere, wofür ich auf Mommsen's
Ausführungen im Hermes XII S. III verweise. Zumal mir von be-
freundeter Seite brieflich mancherlei Bedenken gegen diese Bedeutung
von 5:aypacp£LV geäussert wurden, halte ich es nicht für überflüssig,
einige Belege anzuführen. Zunächst die schon von Peyron angeführten
Stellen, Esth. 3, 9: xdyo) Scaypa'jio) elc, t6 yat^ocpuXaxLov tou ßaaiXstix;
apyupLoi) xaXavTa {xupia, und II Makk. 9: Tzpbc, he zouzok; UTztayyelzo
xal £T£pa (seil. laXavca) hiotypa^fxi. Die Bedeutung „zahlen" hat
Staypa^eLV ohne Zweifel in den Zoispapyri (I 18, 19, 21, 29, vgl. II)
aus dem II. Jahrhundert v. Chr. In dem grossen Erlass über die
Steuerverpachtung (Pap. Paris. 62), gleichfalls aus dem II. Jahrhundert
V. Chr., heisst es in Col. IV 21: xa he auva^-^-yjaofisva Bcaypa^T^aexa:
elc, TO ßaaiXtzov, d. h. „das wird baar ausgezahlt werden an die könig- •
liehe Bank". In einem Auszug aus einem Darlehen scontract aus dem
II. Jahrhundert v. Chr. (Pap. Paris. 8, 9) heisst es: I9' wl \loi hioc-
ypa'v|;oi)a'' (nicht Scaypa^ouoL) |jlol auxa Iv twl Oap[xoö^i [xy^vI y.tX,
d. h. „unter der Bedingung, dass sie es mir zurückzahlen im Monat
Pharmuthi". Von besonderer Wichtigkeit ist eine Stelle im Petr.
Pap. (II) XLVI c 13 aus dem J. 202/1 v. Chr., wo es heisst:
[6]cay£yp(a9£v) (nicht £l]?y£yp*) enl ty^v £V K(po%o6£tX(ji)v) TZQ(\eO
ßa(aLXLxrjV) Tp(a7r£(^av) , |(^' '^g EOpwva^. Vgl. hierzu Gött. Gel.
Anz. 1895 S. 162. Das ist genau dieselbe Verbindung wie in unseren
Ostraka! Noch weiter hinauf führt Petr. Pap. (I) XVI 2, aus dem
J. 231/0 V. Chr., wo die Bedeutung „zahlen" gleichfalls unzweifelhaft
ist. Als Synonymen steht hier daneben 7rap£)(£a'9'aL (s. unten). Auch
im Revenue-Papyrus (Philad elphos' Zeit) begegnet 5caypa(f)£:v in
verdrängt und findet sich daher am Eingang der Quittungen. So beginnt z. B.
die Berliner Quittung P. 2695: -\- KaxsßaXsv My]vas (V2 Solidus). Es steht
aber auch bei Naturallieferungen. Vgl. P. 2697 (publicirt in meinen Tafeln
z. ält. griech. Palaeogr. XX*): Kax£ßaXa(v) ol dnö KxYjaig (Artaben 8OV3).
K. Wessely hat dies Wort völlig missverstanden, wenn er in Mitteil. Pap.
Eain, III, S. 263 eine Quittung der Rainer- Sammlung, die mit den Worten
y.axeßXS Sajiiavs ap"^ -kotz^c, beginnt, folgendermassen übersetzt: „Zugemessen
wurde dem Bäcker Damianos." Davor hätte ihn schon das 0 über xou be-
wahren müssen, das den Dativ ausschliesst. Es heisst nach Obigem vielmehr:
Bezahlt hat der Bäcker Damianos (ly^ Keratien). In derselben Bedeutung be-
gegnet xaxaßaXXs'.v auch in den byzantinischen Papyri bei Kenyon, p. 200
201, 205.
THEBAXTSCHE BANKQUITTÜNGEN AUS DER KAISERZEIT.
91
dieser Bedeutuog. Vgl. col. 32, II, wo es von der Zahlung durch
die Bank steht (ganz wie bei Suidas an zweiter Stelle), ferner col.
34, 22; 77, 4, an letzterer Stelle, ^ne bei uns, von der Zahlung an
die Bank: Siaypa'^ETa) ok £?; t6 ji[aa]'.>.'.x6v. ^) Merkwürdig ist, dass,
wiewohl hiernach schon in der Ptolemäerzeit O'.aypac^SLV in der Kanzlei-
sprache die Bedeutung „zahlen" hat oder haben kann , es in den Steuer-
quittungen dieser Zeit doch durchaus hinter tzItzzeiv und TaaasaO'a:
zurücktritt. Nur ein einziges Beispiel (1528) ist uns bekannt (siehe
oben S. 80, Schema II 8). Erst jetzt, unter Augustus und Tiberius,
musste in den Steuerquittungen das alte Taaasa^ai, das einst, wie wir
sahen, das noch altertümlichere tz'.tzzeiw verdrängt hatte, allmählich
dem Siaypa^E'.v Platz machen. Xach Tiberius begegnet meines Wissens
das Wort Taaa&a^ai in diesem Zusammenhange nicht mehr, viel-
mehr ist das übliche Wort sowohl fiir die Zahlungen, die der Zahler
dem Erheber leistet, als fiir diejenigen, die der Erheber wieder an
die höheren Instanzen leistet, von nun an ausschliesslich Siay^a^cLV.
Noch ein Wort zu der merkwürdigen Perfectbildung ScaySYpa^r^xa.
In der Ptolemäerzeit noch sagte man, wie sich 's gehört: Scaysypa^cV.
Vgl. Zoispap. I 29: Siaysypa-^evai. So auch in 1528, wo Scaypsya^sv
für S'.ayeypa^cV verschrieben ist.-) In den Ostraka der Kaiserzeit
dagegen findet sich, wo überhaupt das Wort ausgeschrieben ist,
die Bildung: Siaysypacpr^xa. Vgl. Nr. 6, 7, 10, 12, 16, 1322.
Demnach ist überall diese Form von mir hergestellt.
3.
JiaysyQaqTpiev im rt^v iv Ortsname toaTielav — der Zahler — für
Abgabe — Summe. Datum. Subscription des Trapeziten. Vgl. 362,
1371, beide aus der Zeit des Tiberius.
Die Analogie mit der ptolemäischen Klasse II 6** (S. 72) liegt
auf der Hand.
Daneben begegnet S'.aypa'^e'.v im Eevenue - Papyrus auch in der
ursprünglichen Bedeutung des „aufechreibens". Vgl. col. 13,3; 43,7; 43,20.
Zu ö'.aypacpr^ in der Bedeutung „Zahlungsanweisung'' vgl. meine „Actenstücke
aus der königlichen Bank zu Theben" S. 30.
^) Eine solche Behandlung als verbum contractum ist mir für B'.aYp(xcpä'.v
in der Ptolemäerzeit nicht bekannt, wohl aber für andere Composita von Ypd(f£iv.
So steht im Revenue-Pap. (III. Jahrh. vor Chr.) 27,18: dvaY£[Ypa]cpr,x^va'..
Vgl. 33,15. Ebenso in 86,12: OLTio'^B'^gct.^r^i^tiaL'..
92
III. KAPITEL.
4.
/Jiays'/Qacpijxsp im ti]v rov deipo^ iQuite^uv — der Zahler — filr
Abgabe — Summe. Datum. Subscription des Trapeziten. Vgl. 359,
1318, 1365, 1366, 1376, 1541 — 1543, 1556, aus der Zeit des
Augustus, mit Ausnahme von 1376 und 1556, die aus dem Anfang
der Regierung des Claudius stammen.
Wir stehen hier vor einer neuen Formel, die sich bis jetzt lediglich
für die frühere Kaiserzeit nachweisen lässt. Wenigstens ist mir aus
der Ptolemäerzeit kein Beispiel dafür bekannt, dass die königliche
Bank als toö SeTvog ipaTce^a bezeichnet würde. Damals sagte
man yj xpaTie^a, £9' '^iq 6 Secva. Die hier gewählte Bezeichnung
ähnelt vielmehr der Art, w4e man Privatbanken benennt. Vgl. BGU I
Index s. v. TpdcTie^a. Die Möglichkeit, dass auch hier Privatbanken
gemeint wären, ist a priori zuzugeben, denn man konnte ja vermittelst
dieser den Steuerbetrag an die Behörden auszahlen lassen. Dann
würden die obigen Quittungen Privatquittungen sein. Aber es wäre
doch auffallend, wenn immer in denselben Jahren plötzlich eine
grössere Zahl von Steuerzahlern darauf verfallen wäre, sich der
Privatbanken zu bedienen. Man bedenke auch die Geringfügigkeit
der Summen. Demnach möchte ich in unseren Texten doch an die
königliche Bank denken und daher auch die Versuchung, in
1376 und 1556 xo^' xpa^ in zoX(Xußiaicxy]v) Tpa7i;(£^av) aufzulösen,
von der Hand weisen.
Dass die in diesen Quittungen genannten Personen wirklich die
Zahler, nicht etwa die Erheber sind, wird durch 1365 bestätigt, wo
der Stand der Person mit K(xazo(j:p6poc,) angegeben ist.
5.
JiayeyQaq^rjxev 8ia tijg rov dsivog tQanil^ijg — der Zahler — für
Abgabe — Summe. Datum. Vgl. 361, 1317, 1319, 1320. Weitere
Beispiele dieser Gruppe finden sich unter den neueren Erwerbungen
von Leiden. Ich notirte folgende Nummern als zu demselben Schema
gehörig: Leiden Ae. S. 74, 120, 122, 134, 138. Eine baldige Publi-
cation dieser wichtigen, aber schwierigen Stücke ist sehr zu wünschen.
Alle Texte dieser Gruppe stammen aus der Zeit des Augustus.
Die Verbindung ScaypacpsLV 5:d ty)? xpaTcl^Yj^ ist in diesem
Zusammenhange merkwürdig. Man könnte auch hier leicht auf die
Vermutung verfallen, dass die betreffenden Zahler nicht direct (1^
THEBANISCHE BA>'KQUITTUyGEX AUS DER KAISERZEIT. 93
oixou), sondern durch Yermittelung ihres Privatbankiers die Summe
gezahlt hätten. Doch aus den obigen Erwägungen möchte ich auch
hier die Deutung auf die königliche Bank vorziehen, und wenn es
heisst, der Zahler habe vermittelst der Bank gezahlt, so hat man
etwa ein ßaa'.X&T, wie es in den alten Ptolemäertexten steht, hinzu-
zudenken: an den Kaiser zahlt man, durch Vermittelung der könig-
lichen Bank.
ßa.
/JiaysyQaq}i]y.8v (später dif/QaWsv') — der Zahler — für Abgabe
— Summe. Datum. Suhscription des Trapeziten. Manchmal demotische
Beischriften. Vgl. 363, 366 — 375, 377, 387, 389, 391, 392,
394, 395, 398—401, 403-407, 409, 411, 424, 425, 436, 443,
446, 453, 454, 456—459, 462, 469, 470, 474—476, 481—490,
492, 494—496, 534, 540, 628, 647, 648, 653—656, 667, [673],
1238, 1240, 1280, 1284, 1323—1327, 1373—1375, 1377, 1380—
1385, 1387—1393, 1396—1398, 1400—1403, 1406-1409, 1414,
1440, 1444, 1448, 1547—1550, 1553—1555, 1557, 1558, 1561,
1562, 1566, 1623.
Dasselbe, ohne Subscription. Vgl. 388, 393, 408, 419, 422,
423, 427—435, 437—442, 444, 445, 447—450, 452, 455, 460,
461, 463, 465, 466, 472, 473, 480, 510, 1281—1283, 1285, 1378,
1379, 1418, 1560, 1563.
Während die vorhergehenden fünf Klassen, die teils Rudimente
aus der früheren Zeit, teils Neuerungen aufweisen, nur vorübergehend
in Gebrauch gewesen sind, ist diese sechste Klasse, die sich aus den
früheren losgelöst hat, zu weiter Verbreitung gelangt und hat jene
früheren Ansätze völlig absorbirt. Das vorliegende Formular ist das
-herrschende bis zur Mitte des II. Jahrhunderts und darüber hinaus
geblieben und geht dann mit gewissen Modificationen auch in's
III. Jahrhundert hinein.
Teils durch die Analogie der 0:£Ypa'J;cV- Quittungen in Syene,
teils durch unrichtige Lesungen bestimmt, haben wir bis vor kurzem
die vorliegenden Urkunden für Quittungen gehalten, die von den
Erhebern (TipazTOpe^) ausgestellt seien, und leider drückt sich diese
Auffassung auch in dem Textdruck der früheren Bogen aus (vgl.
jetzt die Nachträge am Schluss). Es ist jedoch unzweifelhaft, dass
94
m. KAPITEL.
sie vielmehr von den Trapeziten ausgestellt und subscribirt sind.
Beweis ist namentlich Nr. 1387, wo in grosser, deutlicher und jeden
Zweifel ausschliessender Schrift geschrieben steht: Baaaog Aexjxou
zp<XTz(izZ,lzri(;) a£a7]([X£Lü)[JiaL). Desgleichen ist beweisend Nr. 401, wo
nach meiner am Original jüngst vorgenommenen Revision zu lesen ist:
Baaao? Aix(\io\j) Tpa(7i£^t'CYj^) a£ar/([Ji£LO){jiaL). Ebenso in 399 und
in dem nicht publicirten Ostrakon zu Berlin P. 4433. Der Aus-
dehnung dieses Resultates auf alle entsprechenden Nummern steht
nichts im Wege, wie ich mich wenigstens für die Berliner Urkunden
bei einem flüchtigen Besuch im Sommer 1895 überzeugen konnte.
Vgl. die Corrigenda am Schluss von Buch II. Andrerseits findet
dieses Ergebnis seine innere Bestätigung durch die vorhergehenden
Schemata, im Besonderen durch Nr. 3. Unser Formular ist offenbar
durch Kürzung aus Nr. 3 entstanden, indem man das unnötige £7il
TYjv — Tpa7i£i^av fortliess. Man kann hier also eine ganz ähnliche
Entwickelung der Formulare beobachten wie in der Ptolemäerzeit.
Dass ferner die in den Quittungen genannten Personen wirklich
die Zahler sind, wird durch die Thatsache erhärtet, dass an dieser
Stelle mehrfach Frauennamen begegnen. Vgl. 473, 494, 654 u. s. w.
Bemerkenswert ist, dass in den älteren Quittungen das Perfectum
(5LaY£Ypa^y]X£v) üblich ist, während der Aorist (Silypa^'^v) erst
später weitere Verbreitung findet. In den uns vorliegenden Texten
begegnet der Aorist zuerst im J. 40 n. Chr. (1374). Wohl kommt
das Perfectum noch mehrfach im I. Jahrhundert vor, zum letzten
Mal in Nr. 486 vom J. 96 n. Chr. Doch für das II. Jahrhundert
habe ich keine Belege mehr für eine Verwendung des Perfectum in
diesen Bankquittungen gefunden. In den Texten des I. Jahrhunderts
ist es übrigens oft schwer, mit Sicherheit zu sagen, welche von beiden
Formen gemeint ist, da die Schreiber gerade dieses Eingangswort
sehr stark zu kürzen oder zusammenzuziehen lieben.
Die Subscriptionen der Trapeziten haben wie ein und denselben
Sinn, so im Grunde auch ein und dieselbe Form. Die äusseren
Unterschiede entstehen nur durch Ellipsen. In den angeführten
Texten lassen sich folgende Arten unterscheiden (wenige Citate
mögen genügen):
1. Name, Titel (TpaTi£c^tTY]^), a£ayj{Ji£LW{jiac. Vgl. 401, 1387.
Dies ist die vollständigste Form, die stillschweigend auch in den
anderen Fällen zu suppliren ist.
THEBANISCHE BANKQUITTUNGEN AUS DER KAISERZEIT. 95
2. Name, a£aY]|JL£tü)[iaL (ohne Titel). Vgl. 363, 403, 405.
3. Name, Titel (ohne aeaY^fiecwfxat). Vgl. 367 ff.
4. Name (ohne Titel und asar^pLsiWfxa:)- Vgl. 391, 394,
395, 409, 1388.
Auch £7üaxoXouO'£CV (s. oben S. 76 f.) wurde von den Bankbeamten
gebraucht. So steht unter einem demotischen Text (Brit. Mus. 12612)
aus dem 2. Jahre des Augustus, der nach Kevillouts Uebersetzung
von der Bank ausgestellt zu sein scheint, die griechische Subscription :
] . (1)^ 'IXapLWvo? £7:yjxoXouOTjXa (vgl. Revue Egypt. IV. S. 185).
Zu der Bezeichnung dvTiypa^ov OLTZQyjiq in 1558 vgl. oben
S. 80 f. Eine merkwürdige Absonderlichkeit zeigt Nr. 672. Es
heisst da: „A'.£Yp(a9Yj) fjfjiöv KXaDSiO'j ILepwociou zal ({X£T6x(i)v)
7rpax(T6pa)v) — für Abgabe — öv6([xaT0?) des Zahlers — Summe.
Datum." Hält man den Text für correct, so muss man daraus
folgern, dass hier der Erheber bescheinigt, auf den Namen des
Zahlers an die Bank gazahlt zu haben. Ich halte diese Deutung,
durch welche das Ostrakon ganz aus dem obigen Rahmen heraus-
fallen würde, für sehr unwahrscheinlich und möchte annehmen, dass
hier wie so häufig in vulgären Texten ujxwv für y^ijlwv zu lesen ist.
Dann bleibt die Quittung eine Bankquittung, was sie auch ihrem
ganzen Schema nach zu sein scheint, und es ist nur der für Theben
singuläre Fall zu constatiren, dass die Trapeziten angeben, durch
welchen Erheber ihnen die Summe gezahlt ist.^) Dass sie ihn in
2. Person anreden, bestätigt nur unsere Annahme, dass die Bank-
quittungen den Erhebern eingehändigt wurden (s. oben S. 88).
7.
/IifyQaxpsv — Datum {Monat, Tag, Jahr) — der Zahler {oder
bvofiatog des Zahlers) — für Abgabe — Summe. Subscription.
Vgl. 665, 1472, 1474, 1594, alle aus dem III. Jahrh. nach Chr.
Wir lassen dieses Schema dem vorigen sogleich folgen, weil
es eine zwar sachlich unwesentliche, formell aber doch charakte-
ristische Um Wandelung des Vorigen darstellt: das Datum ist von
der letzten Stelle an die zweite, hinter 5:£Ypa4'£V gerückt, und zwar
^) In den Faijümer Quittungen auf Papyrus, die nach meiner Vermutung
von der Bank ausgestellt sind, ist es ganz gewöhnlich, dass der Erheber mit
genannt wird. Das geschieht entweder in der Form: „Sieypacpsv — durch (8ta)
den Erheber — der Zahler" (vgl. BGU 99, 212, 214, 219 etc.) oder „biiypOL^zv
— dem Erheber — der Zahler'' (vgl. BGU 66, 213, 220, 221, 270 etc.).
96
III. KAPITEL.
steht regelmässig der Monat voran. Es ist merkwürdig, wie solche
sachlich ganz gleichgültigen Kleinigkeiten doch allgemeine Ver-
breitung finden. Die angeführten Beispiele stammen aus der Zeit
der Philippe und des Valerian und Gallien. Wir haben hier offenbar
die im III. Jahrhundert üblich gewordene Form der Bankquittungen
vor uns, die die vorige Form (6) verdrängt hat. Wir werden in
Nr. 10 eine Abkürzung unseres Formulars kennen lernen, das neben
ihm in Geltung war.
In 1474 steht statt des Namens des Zahlers im Nominativ
vielmehr 6v6(|xaTO^) mit dem Genetiv des Namens. Dabei ist das
Verbum nicht etwa in bieypoi'^ri verändert, wie man erwarten sollte,
sondern es lautet hier zufällig ausgeschrieben: 6i[£Ypa]rj;£V. Vgl.
unten S. 108 7zocpiG-/eQ öv6[xaT05.
8.
Der Zahler — für Abgabe — Summe. Datum. Vgl. 1369,
426, 451, 467, 471, 477, 478, 493, 666, 668, 669.
Ich halte dieses Schema für eine Verkürzung von Nr. 6, mit
dem es im Wesentlichen identisch ist, nur dass das regierende Verbum
(Scayeypacpr/Xev) als selbstverständlich fortgelassen ist. Von den
angeführten Nummern gehört 1369 in die Zeit des Augustus, auch
666 in den Anfang der Kaiserzeit, alle übrigen aber in die 2. Hälfte
des I. Jahrhunderts, in die Zeit von Otho bis Trajan. Diese scheinen,
zum Teil, von derselben Hand geschrieben zu sein und behandeln
dieselben Personen, wie ^Apvoupiq 'ATioXXtovLou, 'AttoXXw? "Apvou-
pioq u. s. w. Offenbar stammen diese alle aus demselben Bureau;
aus welchem Orte, ist nicht genauer bekannt.
9.
Für Abgabe tov x. hovg — Datum — der Zahler — Summe.
Subscription des Trapeziten. Vgl. 468, 479, 1413, 1564, 1565,
alle aus der Zeit des Domitian.
Diese Nummern bieten wieder eine andere Umstellung derselben
Elemente. Mit dem vorigen Schema ist ihnen gemeinsam das Fehlen
des regierenden Verbums. Eigentümlich ist ihnen die Voranstellung
der Abgabe. Ausser in 1564 findet sich in allen Nummern vor dem
Namen des Zahlers die Sigle Cp, die ich leider noch immer nicht ent-
rätseln konnte. Auch hier kommt man auf den Gedanken, dass die an-
geführten Nummern vielleicht aus einem und demselbenBureau stammen.
THEBANISCHE BANKQUITTUNGEN AUS DER KAISERZEIT. 97
10.
Datum {Monat, Tag, Jahr) — hrouaro^ des Zahlers — für
Abgabe — Summe. Subscription des Trapeziten. Vgl. 659, 661,
663, 674-679, 681—700, 1333, 1334, 1457, 1466, 1469, 1470,
1473, 1478, 1595.
Auch hier haben wir es offenbar mit einer elliptischen Form
zu thun. Wir irren wohl nicht, wenn wir dieses Schema als eine
Verkürzung von Nr. 7 betrachten, mit der sie die merkwürdige
Voranstellung des Monats gemein hat; nur fehlt hier das Verbum
Siaypa^&LV. Man vgl. 1473 und 1474! Dieses Formular, das
sich durch grosse Kürze auszeichnet, scheint die alte S'.£Ypac|>£V-
Form (Nr. 6) in der 2. Hälfte des II. Jahrhunderts verdrängt zu
haben. Es begegnet dann im III. Jahrhundert neben Kr. 7.
Wir waren nicht in der Lage, für die letzten Klassen, 7 — 10,
aus den einzelnen Texten den Beweis dafür zu erbringen, dass diese
Quittungen wirklich von der Bank ausgestellt sind. Doch das
liegt nur an unserem Material, indem in den Subscriptionen, wenn
solche überhaupt da sind — oft fehlen sie ganz — , keine Titel
genannt werden. Ich glaube aber, dass die Abhängigkeit dieser
Formulare von einander und die enge Verwandtschaft mit Klasse 6
ausser Zweifel stellt, dass wir uns mit der Erklärung derselben als
Bankquittungen im Rechte befinden.
Theben und HermontMs.
Quittungen über Naturallieferungen.
A. Ptolemäerzeit.
I. Quittungen, die der Erheber ausstellt.
Der Erheber — dem Zahler — laioHv. "E^is) — ^mme. Datum.
Vgl. 755, 1358.
Wie zu erwarten war, quittiren die Erheber und Pächter der
Naturallieferungen, ebenso wie die der Geldsteuera, ihren Zahlern
in der brie&rtigen Form. Aus der Ptolemäerzeit liegen zufallig
nur diese beiden Beispiele vor. Wir werden unten sehen, dass sie
auch in der Kaiserzeit an dieser Form festgehalten haben, und
zwar ausschliesslich.
WiLCKEN, Ostraka. 7
98
m. KAPITEL.
Ganz isolirt steht einstweilen der merkwürdige Brief 1525, in
dem ein Mann, den wir wohl für den Steuererheber halten dürfen,
dem Zahler schriftlich giebt, wieviel er ihm noch schuldet (ß):^lXeic,
[jlol). Wenn dieser Brief auch sachlich nicht hierher gehört, so ist
es doch formell nicht uninteressant, dass er eine Subscription trägt:
Aoctiiocy^oq £7iY]xoXoU'9'y](xa). Wir wiesen schon oben darauf hin,
dass wohl auch schon in der Ptolemäerzeit die briefartigen Quit-
tungen des Erhebers Subscriptionen getragen haben mögen, wenn
wir auch bis jetzt kein Beispiel dafür kennen.
II. Quittungen, die der Thesauros ausstellt.
1.
Datum (Jahr, Monat, Tag) — der Erheber (f) — für Abgabe
— Summe. Subscription. Vgl. 711, 1336.
Diese Quittungen gehören beide dem III. Jahrh. vor Chr.,
wohl der Zeit des Philadelphos, an. Wie die Analogie der nächsten
Schemata zeigt, haben wir hinter dem Datum ein [X£[i£TpYjX£V zu
ergänzen. Wir haben hier in diesen altertümlichen Urkunden
dasselbe Streben nach Kürze, das wir oben für die Bankquittungen
derselben Zeit hervorhoben. Auch dort liebte man es in dieser
Zeit, eventuell 7t£7rT(jL)Z£v fortzulassen, und wie die Bankquittungen
allmählich immer wortreicher und klarer werden, so werden wir
dasselbe auch für die Thesaurosquittungen constatiren können. Wir
finden also in den Quittungen der beiden Schatzverwaltungen dieselbe
Entwickelung.
Dass die in den beiden Quittungen genannten Personen die
Erheber seien, kann ich nicht strict beweisen. Doch legt die
Analogie der nächsten Schemata es nahe, ebenso die Vergleichung
mit der Bankquittung 1491, die den unsrigen durchaus entspricht.
Immerhin ist daran zu erinnern, dass im III. Jahrh. v. Chr. wenig-
stens in den Bankquittungen meist die Zahler genannt zu werden
pflegten.
Die unterzeichnenden Personen werden wir für Beamte des
Thesauros zu halten haben. AVir werden unten in Kap. VI genauer
darlegen, dass die Beamten der Staatsmagazine oder '8'yjaaupo:, die
dem Trapeziten an der Trapeza entsprechen, die acToXoyoi gewesen
sind. Der Apollonides (?), der 1336 unterzeichnet, wird daher der
THEBANISCHE THESAUROSQUITTUNGEN AUS PTOLEMÄERZEIT. 99
Sitologe, resp. ein Vertreter gewesen sein.^) Für das Geschäft, das
in 711 vorliegt, kommt freilich der Sitologe nicht in Betracht, denn
hier handelt es sich um Weinlieferungen für die a7c6|X0Lpa und
ocvoXoyta. Wahrscheinlich werden die grossen Staatsweinkellereien
auch zu dem Gesammtbereich des Thesauros gehört haben. Aber
wie die mit diesem Zweige betrauten Beamten geheissen haben, ist
nicht überliefert. Vielleicht darf man den subscribirenden ^Epptia^
im Anschluss an die erwähnte ocvoXoyLa als ohoXoyoc, bezeichnen,
was eine gute Analogie zum aizoXoyoc, wäre.
Datum (Jahr, Monat, Tag) — |X£[X£Tp7]X£V sie, Tov Iv Ortsname
•ö-Yjaaupov — für Abgabe — der Erheber — Summe. Subseription
des Sitologen. Mehrfach demotische Beischriften. Vgl. 709, 718,
721, 723—731, 734—736, 740, 745—748, 750, 752, 754, 1255,
1349, 1350, 1353, 1505, 1509, 1511, 1521, 1524, 1527, 1529.
Vgl. auch 741, 743.
2^-
Dasselbe ohne Subs&ription. Vgl. 702, 704, 742, 1341, 1533.
Vgl. auch 737.
Diese Thesaurosquittungen entsprechen im Wesentlichen den
Bankquittungen, welche begannen: tcottwxev oder xsTaxTat ItcI
T'/jV Iv Ortsname xpaTie^av. Sie gehören, soweit sie sich sicher
datiren lassen, alle dem II. Jahrhundert v. Chr. an.
Im Rheinischen Jahrbuch, 2) wo ich zuerst dieses Formular
hergestellt und erklärt habe, nahm ich irrig an, dass die in der
^) Nachträglich sehe ich, dass Revillout, der den Text in den M^langes
S. 129 nochmals bringt, Z. 4 liest: 'AuoXXü)(vios) atxoXöyog, während ich im
vorigen Jahre 'A710aXü)v[5(7]5) (?) zu sehen glaubte. Da auch ich im Druck die
3 letzten Zeichen durch die Punkte als unsicher bezeichnet habe, wäre es wohl
möglich, dass hier etwa AnoXX^ oi^ stünde. Ausgeschrieben, wie bei Eevillout,
ist das Wort jedenfalls nicht. Dagegen halte ich in Z. 3 mein n[s]pl 6i^(ßas)
gegenüber seinem (xÖTtou) aufrecht.
2) Rhein. Jahrb. S. 236 flf. und 256 flf. Dort ist auch auf die früheren
Arbeiten hingewiesen. Wessely, Denkschr. Wien. Akad. 1889. S. 214, hat die
ptolemäischen Beispiele falsch aufgefasst, wenn er eig tyjv STiiYpatfi^v in das
Schema hineinzieht. Damit ist vielmehr eine bestimmte Abgabe gemeint.
Vgl. Kap. IV § 46.
7*
100
III. KAPITEL.
Quittung genannte Person der Zahler sei. Vielmehr ist sie auch
hier, ganz wie in den entsprechenden trapezitischen Quittungen, der
Erheber. Beweisend ist, wie schon oben erwähnt, Nr. 1255, in der
sie mit ihrem Titel als 6 IgscXyjcpwg d. h. als der Pächter aus-
drücklich bezeichnet wird. Damit sind alle Zweifel gehoben, und
wir dürfen dies Ergebnis auch auf die anderen Urkunden desselben
Schemas ausdehnen.
Die Subscriptionen der Sitologen zeigen folgende verschiedene
Formen :
1. Name. Vgl. 709, 718, 721, 724 u. s. w.
2. Name, Titel (öixoXoyoq). Vgl. 734, 735 u. s. w. Diese
Nummern sind von grösster Wichtigkeit, da sie uns die Sicherheit
geben, dass die Quittungen dieser Gattung ebert von den Sitologen
ausgestellt sind.
3. Name (X£(|jL£Tpr^|jiaL), Summe (d. h. AViederholung der em-
pfangenen Artabensumme). Vgl. 709, 724, 725, 736 u. s. w. Im
griechischen Textdruck habe ich in den früheren Bogen noch die
Auflösung |X£([Ji£Tpr/X£v) vorgeschlagen. Ich möchte dies jetzt schon
wegen des Subjects wechseis, den man dann annehmen müsste, be-
anstanden. Auch glaube ich, dass es dem Wesen der Subscription
mehr entspricht, dass der Subscribent seine eigene Thätigkeit her-
vorhebt, nicht die des Zahlers. Vgl. £Ypa'];a, a£(Tyj[X£La)(xaL, etzti-
y.oXoud'^y.oc u. s. w. Ich schlage daher vor, wie oben, [Ji£([X£-
Tpy][xaL) zu lesen, was bedeutet: „Ich habe es mir vermessen."
Das ist geradezu soviel wie: „Ich habe es empfangen." So las ich im
Pap. Lond. CCXCV die Worte: 6[ioXo^((b (X£|i£Tpfja^aL xal aiztoyT^-
xivac. So quittirt ein Sitologe in BGU 61,14 mit den Worten:
Kaaxiop "Hpwvo? fA£[X£Tpyj[X£ xaxog 7ip6>c[£c]Tac, nachdem es vorher ge-
heissen hat [Ji£[X£Tpy){jL£'9'a, d. h. „wir haben empfangen". Vgl. Pap.
Lond. CCXVII, 16: Sapa7:a|x(X(ji)v aLToX(6yo^) (Ji£[JL£Tpyj|Ji(ac) TiCpo-
%£CTaL). Vgl. auch BGU 67,6: [X£[X£Tpy)[Ji£0'a £V d-r^aocupG), gleichfalls
von Sitologen gesagt. Weitere Belege BGU I Index u. [X£Tp£lv.
Auch bei diesen Quittungen kommt es ganz ähnlich wie bei
den Bankquittungen vor, dass der Beamte nebenbei eine Summe
notirt, die grösser ist als die in der Quittung genannte. So steht
z. B. auf dem Verso von 709 erst die quittirte Summe, 7-| Artaben,
darauf noch „102^^-2 Artaben". Letzeres muss die Gesammtsumme
sein, die der Sitologe bis dahin erhalten hat. Vgl. oben S. 75/6.
THEBANISCHE THESAUROSQUITTUXGEN AUS PTOLEMÄERZEIT. 101
Im einzelnen finden sich auch hier wieder allerlei Ab-
weichungen vom Schema, die meist ohne grosse Bedeutung sind. So
wird in 718 die Abgabe, in 1349 der Ortsname übergangen. So
steht in 1349 £i^[i£|JL£Tpr^X£v statt des Simplex.
Eine besondere Kubrik bilden Xr. 737, 741, 743, in denen
Lieferungen tlq t6 IXaLOupyeTov bescheinigt werden. Dies erklärt
sich daraus, dass es sich hier um die Vermessung der Krotonpflanze
handelt, die zur Oelfabrication an die königliche Oelfabrik abge-
liefert wird. Nach Nr. 727 und 729 wurde Kroton jedoch auch in
den Thesauros vermessen.
Noch einer Eigentümlichkeit müssen wir gedenken, die einige
Thesaurosquittungen, dieser und der nächsten Gruppe, aufweisen.
Bei Manchen steht nämlich oberhalb der ersten Zeile etwa in der
Mitte das Wort hpo\j mit einer darauf folgenden Zahl, meistens
einem Bruch. Vgl. 736 (Corrig.), 740, 746, 747, 1341, 1521, und
von der nächsten Klasse 710, 749, 1343. Es ist dies die Gruppe,
die von E. Revillout in seinen „Melanges", -v^^e ich soeben sehe,
als L£poö ai(TOD) gelesen wird. Zur Sache vgl. Kap. IV § 60.
3^
Datum (Jahr, Monat, Tag) — für Abgabe — der Erheber —
Summe. Subscription des Sitologen. Vgl. 321, 701, 703, 710, 720,
722, 732, 749, 753, 756, 1253, [1254=]1489, 1311, 1355, 1360,
1498, 1500, 1520.
3^-
Dasselbe, ohne Subscription. Vgl. 706, 708, 713, 717, 733,
1312, 1313, 1342, 1343, 1356, 1512.
Dies Formular unterscheidet sich vom Vorhergehenden im
Wesentlichen nur dadurch, dass der Zusatz £l^ tcv O-r^aaupöv fehlt,
der natürlich zu ergänzen ist. Aehnlich hatten wir oben eine
Rubrik unter den Bankquittungen, in der ItzI XYjV Tpa7i£^av fehlte
(II 7). In 1520, wo es sich um Sesamlieferungen handelt, wird
vielleicht de, lo IXaLOupyelov zu ergänzen sein. Auch hier werden
wir wie bei den Bankquittungen die Annahme, dass dieses kürzere,
schlichtere Formular die ältere Vorstufe zu dem vollständigeren ist,
bevorzugen, zumal wenn wir bedenken, dass zwei Nummern darunter
sind (1253 und 1489), die der Zeit des Philadelphos angehören. Die
übrigen stammen wohl meist aus dem II. Jahrhundert v. Chr.
102
Diese beiden alten Quittungen unterscheiden sich von den jüngeren
nur darin, dass sie £Ci;[jL£[X£'cpyjX£V sagen, was sich freilich sonst auch
bei jüngeren Texten findet (vgl. Nr. 1349).
Die Subscriptionen gleichen in allem Wesentlichen denen der
vorigen Klasse. Nur die Abart „Name, Titel, Summe" (Nr. 720)
kam dort zufällig nicht vor. Hier ist natürlich p,£[X£Tpyj{JLa: zu
ergänzen. Nr. 1360 ist subscribirt: A:' ^Fip\i~.
4a.
Datum (Jahr, Monat, Tag) — 7iapaO£5wx£V — für Abgabe —
der Erheber — oc/ßpou — Summe. Subscription. Vgl. 738, 744,
1352, 1501, 1513, 1514, 1519.
4..
Dasselbe, ohne Subscription. Vgl. 707, 715, 751.
4c.
Datum (Jahr, Monat, Tag) — [A£(|Ji£Tp'iQX£v) bIq t6 ßaatXtxov
der Erheber — a.'/ßpou — Summe. — Datum. Vgl. 705.
Wir haben diese Quittungen, die von den Spreulieferungen
handeln, aus sachlichen und formellen Gründen für sich gestellt.
Wohin die Fuhren von Spreu (dytoyai heissen sie hier in der Ptole-
mäerzeit regelmässig) geschafft wurden, geben unsere Texte leider
nicht an. In 705 heisst es: elc, zb ßaacXtxov. Das ist ein ganz
allgemeiner Begriff, unter den z. B. ausser dem Thesauros auch die
Bank fallt. Wahrscheinlich werden die Spreulieferungen zum Ressort
des Thesauros gehört haben, aber sie scheinen doch mindestens ein
gesondertes Departement gebildet zu haben. Ich besinne mich,
auf einem der Ostraka von Sayce den Ausdruck £[^ t'^jv
a.yupo^riY.ri^ gelesen zu haben, den auch die Iliasscholien kennen.
Das mag der Name für dies Departement gewesen sein, und die
Männer, die hier subscribiren , mögen die Beamten dieser o(.y(upo-
•9"rjxyj sein. Formell kommt Nr. 705 den Thesaurosquittungen am
nächsten. Sie steht bis jetzt allein, denn alle übrigen verwenden statt
ji£Tp£Tv regelmässig das Verbum Tzocpahihovoci, seil, ayjjpou ay^ya?.
Dass der Quittungsempfanger der Erheber ist, wird z. B. durch
744 -vyahrscheinlich, wo Aiovuaco^.. xal oi ]).kioyoi genannt werden,
also eine Genossenschaft. Ebenso in 1519.
THEBANISCHE QUITTUNGEN.
103
Zu 4* gehört auch das Ostrakon, das Sayce in Petr. Pap.
(II) S. 43 mitteilt. In Z. 2 wird 7:apa5£5(o(x£v) zlq zö xaO-CfjXov)
zu lesen sein, in Z. 4 dytoya^ statt [iwia. ^)
B. Eaiserzeit.
Auch von den Naturalquittungen der Kaiserzeit gilt, was wir
oben für die Geldquittungen dieser Periode ausführten, dass die
Steuererheber sich den Zahlern gegenüber lediglich der Briefform
bedienten, dass also alle anderen Varietäten, die uns entgegentreten,
auf Rechnung der Thesaurosbeamten, der Sitologen, die den Trape-
ziten in jenem anderen Departement entsprechen, zu setzen sind.
Nach diesem Grundprincip sondern wir das vorliegende Material
in der folgenden Weise.
III. Quittungen, die der Erheber dem Zahler ausstellt.
1.
Der Erheber — dem Zahler — yaigsiv. "Eyco {oder ähnlich) — fitr
Abgabe — Summe (oder „die Abgabe", ohne Sumine). Datum. Sub-
seription des Erhebers. Vgl. 782, 784, 812, 865, 866, 927, 1012.
2.
Dasselbe, ohne Subseription. Vgl. 775, 780, 781, 784—787,
789, 795, 797, 798, 801, 806, 807, 810, 819, 844—846, 853,
854, [875], 914, 936, 961, 973, 1009, 1010, 1015, 1020, 1415,
1417.
3.
Dasselbe, ohne laiQsiv^ mit Subseription. Vgl. 818, 835, 839,
857, 863, 871, 906, 916, 1013.
4.
Dasselbe, ohne yaiQsiv, ohne Subscndption. Vgl. 763, 765, 796,
815, 834, 841—843, 849, 856, 862, 864, 877, 882, 885, 919,
924, 928, 932, 955, 1446, 1452.
^) Danach würde der Text lauten : "Etou^ xy <J>apii&öO-'- X ::apaS^8o)(y.£v)
elgxö [x]a6'('?3xov) xou auxoO Ixous nsTsaGox-Co^S '/r^^'^^^^'^'^'^i (oder Xr,voßoay.oö?)
dxü(pou) <^dY(öYas^ xp'.dxovxa / X. Die Subscriptionen hat Sayce nicht voll-
ständig mitgeteilt.
104
III. KAPITEL.
Auch unter diesen Urkunden befindet sich, wie wir es oben
auch für die entsprechenden Quittungen der Gelderheber constatiren
mussten, kein Beispiel, das mit Sicherheit in's III. Jahrhundert
n. Chr. gesetzt werden müsste. Sie reichen vielmehr wie jene nur
bis zum Ende des zweiten Jahrhunderts. Es liegt sehr nahe, diesen
thatsächlichen Befund mit dem Ergebnis von Wessely's Unter-
suchungen der Quittungen der byzantinisch -arabischen Zeit in Ver-
bindung zu bringen, wonach unser briefartiges Formular in jener
späten Zeit nicht mehr vorkommen soll (Denkschr. d. Wien. Akad.
XXXVII 1889. S. 224). Man könnte hiernach leicht zu der An-
nahme kommen, dass um 200 n. Chr. die Erheber aufgehört hätten,
in Briefform den Zahlern zu quittiren, oder allgemeiner, dass über-
haupt damals diese Form abgekommen sei. Doch dieser Schluss
wäre gewiss übereilt; man braucht nur auf die Quittungen aus
Pselkis hinzuweisen, die dem III. Jahrhundert nach Chr. entstammen
und doch in Brieflbrm verfasst sind. Dass ^vir in Theben kein
Beispiel für das III. Jahrhundert haben, kann sehr leicht ein Zufall
sein, zumal wir aus diesem überhaupt nur noch vereinzelte Ostraka
besitzen. Wenn sich ferner unter den von Wessely a. a. O. publi-
cirten Quittungen der späteren Zeit wirklich keine briefartigen
Quittungen fanden, so könnte auch dies sehr leicht ein Zufall sein.
Sehr gewagt ist es daher, wenn Wessely a. a. O. dem Abdruck
meines Schemas aus dem Rheinischen Jahrbuch S. 245 (s. oben S. 5^
Anm.) die Worte hinzufügt: „Da jedoch die Epistola ganz in das
Wesen der Contracte überging, fiel diese Form für die Quittungen ausser
Betracht." Selbst wenn man annehmen wollte, dass aus dem vorliegen-
den Material notwendig folge, dass die briefartigen Quittungen auf-
gehört hätten, so möchte ich doch die von Wessely vorgeschlagene
Motivirung dieses Vorganges nicht für zutreffend halten. Denn wenn
die Briefform in die Contracte eindringt, warum soll dies die Quittungs-
aussteller veranlassen, ihrerseits auf diese seit Jahrhunderten übliche
Form zu verzichten? Vor dieser Gedankenverbindung musste auch
schon die Beobachtung schützen, dass nach dem von Wessely vor-
gelegten Material die Briefform im geschäftlichen Verkehr auch noch
der späteren Zeit eine sehr weite Verbreitung gehabt hat. Sind doch
die meisten Zahlungsanweisungen in Briefform verfasst. Denn wenn
die auf S. 238 ff. von ihm publicirten Amveisungen das Schema
haben „"0 Selva tw Selvc. Ilapaa^ou" y.tX. oder „TtJ) Selvc 6 oelva.
THEBANISCHE ERHEBERQUITTUNGEN AUS DER KAISERZEIT. 105
napaa)(OD" xtX, so ist das nichts anderes als die Briefform. Man
wird sich an dem Fehlen von y^aipsiv nach den obigen AusfiihruDgen
nicht stossen, und dass in gewissen Fällen der Dativ gern voran-
gestellt wurde, habe ich früher nachgewiesen. Aber wenn ich
nicht irre, befindet sich sogar eine Quittung in Briefform in
Wessely's Publication selbst. Die Richtigkeit seiner Lesung voraus-
gesetzt, möchte ich die unterste Nummer auf S. 232 folgendermassen
auffassen :
[■f Suv -ö-ew. Mrjv]a^ 6(cd) Hiaoiou XoyoypCa^O'j) 6[iTv xölc,
apo'jp((I)v) T(i)v ayLcov £-/txXrj[a:a^ . . .
Ixxyj^ dpT(aßa5) jicf (xö(vaö.
Sollte hier eine Ungenauigkeit in der Publication vorliegen
und hinter ri\L(ötq) in Z. 2 noch etwas zu ergänzen sein, so würde
man nach dem in den Prolegomena S. 17 von Wessely mitgeteilten
Text^) einen Namen daselbst ergänzen und lesen: KaTaߣß>vr;x(£v)
[6 Seiva]. Dieser Name würde wohl den Vertreter des Adressaten
bezeichnen. Wie dem auch sei, jedenfalls haben wir eine Quittung
vor uns, und zwar in der von Wessely vermissten Briefform.
Danach möchte ich die Erwartung aussprechen, dass wenn weiteres
Material vorliegt, sich auch weitere Belege für das Fortbestehen
dieses Quittungsformulars finden werden. Einstweilen verweise ich
auf die in den „Tafeln z. ält. griech. Palaeogr." XTX b von mir
publicirte Quittung aus byzantinischer Zeit, die gleichfalls in Brief-
form verfasst ist.
Wir haben hier bei der Getreideverwaltung genau dasselbe
Formular und dieselben vier Abarten wie oben bei der Geldver-
waltung (III). Ich brauche daher auf die Bedeutung des Formulars
nicht zurückzukommen. Auch über )(aipccv ist dort das Nötige
gesagt. An Subscriptionen finden wir hier folgende Arten:
1. Name, a£ar^[X£ca)[iac. Vgl. 782, 812.
2. Name. Vgl. 863, 866.
3. SEOTjpiEiwfxac. Vgl. 927.
4. Name, Titel, £7nrjxoXouOTr]xa. Vgl. 857.
^) Zu dem stark veränderten Wiederabdruck dieses Textes a. a. O. S. 232/3
sind meine Ausführungen in Zeitschr. Aeg. Spr. 1883 S. 162/3 zu vergleichen.
106
III. KAPITEL.
Zu iTzccxoXoöd-eiv vgl. oben S. 76 f. Hier ist von Interesse,
dass, während die iTrcTyjpr^xal -O-yjaaupoö in der Adresse genannt
werden, der tsXwvyjg (ß"f}a(X.upo\)) subscribirt. Dasselbe Verhältnis
liegt z. B. auch in 863 vor, wo der TeXwvyj? 'Epteu? (vgl. 862)
freilich nur seinen Namen nennt. Im Allgemeinen ist zu sagen,
dass die Subscriptionen hier später auftreten als bei den Geld-
quittungen, was gewiss Zufall ist. Das erste Beispiel bietet wohl
Nr. 782 vom Jahre 90.
Der Empfang wird hier auf mannigfaltigere Weise bestätigt
als bei den Geldquittungen, was sich durch die Verschiedenartigkeit
der in Empfang genommenen Objecte erklärt. Es finden sich hier
folgende Ausdrucksweisen :
1. "Exo). Vgl. 785.
2. "Eaxov. Vgl. 780.
3. "Eaxr|x(a). Vgl. 936, 1452.
4. '0{xoX(oYö)) eyeiv xtX. Vgl. 1010.
5. 'Ati^x^. Vgl. 775, 784, 786, 787.
6. 'ATieaxov. Vgl. 781, 782, 795.
7. M£(ji£(Tpr/7wag) oder (jL£[Ji£(TpYj[jiaL)? Vgl. 1009.
8. T£T£X(£xaö. Vgl. 801, 806.
9. nap£%6(xiaas. Vgl. 906, 961, 1015.
10. nap£ax£?. Vgl. 1012, 1013.
11. nap£Xaßa|x£v. Vgl. 914.
12. "EXaßov. Vgl. 927.
Ob auch hier wie bei den Geldquittungen dieser Form das
Praesens £xw und dcTziy^io altertümlicher ist als der Aorist und
das Perfect, lässt sich nicht so klar wie dort entscheiden, da wir
für das I. Jahrh. n. Chr. ein geringeres Material haben. — Ganz
eigenartig ist 1010: '0|jioX(oy . .) £x^v TYjV au^£VTCX7jv aTzoyj]^
dxup[ou] y6\io\j hbq ou ebioxocc, ztX. Der Schluss des Textes ist
leider nicht erhalten. Wie ist 6|jlo^ aufzulösen? Das nächstliegende
6[LoXoyou\i.zv, das ich a. a. O. vorgeschlagen habe, giebt keinen be-
friedigenden Sinn. Denn nicht die a.'/updpioi empfangen die authen-
tische Quittung über die von Adressaten gelieferte (IStoxai;!) Spreu,
sondern der Spreu lieferant. Aber auch gegen oiioXo'^elq, wodurch
der richtige Sinn herauskommen würde, habe ich grosse Bedenken,
denn es ist meines Wissens ohne Beispiel, dass der Quittungs-
schreiber die öiLoXoyioL des Adressaten aussagt. Ich glaube, wir
THEBANISCHE ERHEBEEQUITTUNGEX AUS DER KAISERZEIT. 107
haben 6fjioX(oYoö|i£v) lytv^ <(y.0Lza,y xf^v auO-evTix-^jv anoy^riv zu emen-
diren: „Wir haben gemäss dieser authentischen Quittung erhalten" etc.
Der Genetiv y6|iou Ivo? findet vielleicht in dem verloren gegangenen
Schluss seine Erklärung. — M£[Ji£(TpY;7.a?) resp. {i£jJL£(Tpr^[iaL) — beides
hätte gleich guten Sinn — steht in einem Text der augusteischen
Zeit. — T£T£X£xa5 wird an beiden Stellen von demselben Zollpächter
"l£pa^ gebraucht. Für die Wahl dieses AVortes ist vielleicht mass-
gebend gewesen, dass es sich in beiden Fällen um Zoll (Ausfuhrzoll)
handelt. Wiewohl bekanntlich teXeIv auch allgemein „Geld ent-
richten" heissen kann, scheint es doch besonders gern von Zollzahlungen
gebraucht zu werden. So sah ich im British Museum einige mit
T£T£X(£X£VJ beginnende Quittungen, die vom Thorzoll handeln. Vgl.
Kap. IV § 151. — Die drei Ostraka, in denen 7rap£x6(jL:aa? steht,
handeln von Lieferungen von Spreu und Gerste für militärische Zwecke.
Das Verbum betont den Transport. Es sind Quittungen, die vom
a)(Up07ipay.T(i)p resp. dem TupaxTtop aiTtzf^g ausgestellt sind. Ebenso
die unter 10 und 11. Dagegen ist die unter 12 von der Militär-
verwaltung ausgestellt. In letzterer ist ungewiss, ob der Adressat
der Zahler oder der Erheber ist.
Bemerkenswert ist, dass das Wort 7Zocpiy(ziy schon am Ende des
II. Jahrhunderts als technischer Ausdruck in den Quittungen
vorkommt (s. 10). Die Kanzleisprache kannte das Wort zwar schon
seit alter Zeit in der Bedeutung „entrichten, zahlen, liefern". Vgl.
Petr. Pap. (I), XVI 2 (vom J. 231/0 vor Chr.), wo es sich um
die Bückzahlung einer Geldsumme handelt, Z. 13: lav bk [irj hia-
Ypa^w [y-OLi] |xrj Tiapao^wixa:. Auch in Z. 8 ist wohl r^ocpe]qza%-(x.i
statt Ta]^£aO'aL zu ergänzen. Auch im Revenue -Papyrus begegnet
das Wort häufig, sowohl im Activ wie im Medium, wie es scheint
ohne Unterschied. Aber in den Quittungen der früheren Zeit ist es
uns bis jetzt nicht entgegengetreten. Dagegen hat dies Wort später
in der byzantinischen und arabischen Zeit auch in den Quittungen
die weiteste Verbreitung gefunden, und ist geradezu die häufigste
Bezeichnung für „zahlen, liefern", sowohl in Natur alquittungen, wozu
wir hier die Anfange kennen lernen, als auch in Geldquittungen
geworden, sodass es [X£Tp£Tv und ScaypacpE'.v verdrängt hat.^)
Vgl. zahlreiche Beispiele in den Pariser Quittungen bei "Wessely,
Denkschr. Wien. Akad. 1889, ebenso in den noch unpublicirten Texten zu
Berlin, auch bei Kenyon, Catal. Gr. Pap. S. 221. Wessely (S. 223/4) scheint
108
III. KAPITEL.
Ob 763 mit Recht in diese Rubrik gesetzt ist, kann zweifelhaft
erscheinen. Doch sieht TeßYjt wie ein Dativ aus. Es würde anzu-
nehmen sein, dass eyii) oder ein Aequivalent ausgelassen ist.
IlfiQtXaßov — für Abgabe — TiaQcc Zahler oder Erheberf —
Summe. Datum. [Subscription]. Vgl. 901, 1259.
liaQtGXdi; — hvbfjiazog des Zahlers — für Abgabe — Summe.
Datum. Subscri2Mon. Vgl. 1479.
Ich stelle diese sehr merkwürdigen Formulare hierhin, w^eil sie
durch die eben besprochenen Urkunden am besten erklärt werden.
Im Hinblick auf die Quittungen, die (nach der Adresse) mit
TiapsXaßov und Tzocpiayßc, begannen, ist es mir sehr wahrscheinlich,
dass wir die vorliegenden Formulare als hybride Weiterbildungen
des Briefstils zu betrachten haben. Die Adresse fehlt vollständig!
Dafür ist der Name des Adressaten in den Urkundenkörper selbst
hineingekommen. In 5" steht er hinter Tiapa, in ist das Subject
zu TZ(x.pi(T/eq in sehr ungeschickter Weise mit övöfAaxo? eingeführt.
Der Name des Schreibers aber ist aus der Adresse in die Subscription
gewandert, während er in der eigentlichen Quittung garnicht erscheint.
Einen ähnlichen Fall werden wir unten in Nr. 28 für Elephantine
kennen lernen.
Ich möchte in 5^ die Vorstufe zu einem Quittungsformular
sehen, das in der byzantinischen Zeit zu den gebräuchlichsten gehört:
"E^w (oder eay^ov oder eos^afirjV oder iTrXyjpw^y^v oder ähnlich)
lyo) 6 helvoc izoLpoc aoO to'j Selvo? xxX. Vgl. zahlreiche Beispiele
bei Wessely, Denkschr. d. Wien. Akad. XXXVII (1889) S. 202 ff.
Dieses Formular hat den Vorzug, dass der Quittungsschreiber seinen
Namen in der Quittung selbst neunt.
zu glauben, dass die Verbindung uapsaxsv bizip S'.aypacfJ^s, die häufig in diesen
byzantinischen Quittungen begegnet, für das ältere 5'.!sYP*'^£v steht. Vielmehr
ist Tiapsaxsv allein Aequivalent. Mit uTrsp S'.aYpacpf/g ist eine spezielle Abgabe
bezeichnet. Daher giebt es auch genug Fälle, in denen statt dessen eine andere
Veranlassung genannt wird, so in P. 6056 (vgl. meine „Tafeln zur ält. griech,
Palaeogr.'* XX Tiap'^axCev) — duö jiEpo(ug) dvo'.x(tou), oder in P. 2663: U7i(£p)
evo'.xi[ou]5 und in zahlreichen anderen Fällen, auch in den Pariser Texten bei
Wessely S. 226 oben, 234 unten u. s. \v.
THEBAXISCHE ERHEBERQUITTUNGEX AUS DER KAlsERZEIT. 100
Zumal in 901 und 1259 die Subscriptionen nicht erhalten
sind, bleibt es zweifelhaft, von was ftir Personen sie» geschrieben
sind. Das Nächstliegende wäre anzunehmen, dass es Quittungen
der Spreuerheber — denn um ayjjpov handelt es sich — an den
Zahler seien. Vgl. 914, 1012, 1013. Es bleibt aber auch die
Möglichkeit, dass sie von der betreffenden Militärbehörde ausgestellt
sind, ebenso wie Nr. 927 (IXaßov).
Noch ein Wort zu der Verwendung von Xaßclv und TuapaXa^clv.
"EAaßov sagt in 927 ein römischer Chiliarch. Ebenso sagen regel-
mässig die Soldaten in Pselkis sAaßov (vgl. 1128 ff. und 1265).
Das synonyme TzapIXaßov gebraucht in 914 wiederum ein Römer.
Sonst kommen diese Verben in unseren Ostraka, wenn ich recht
gesehen habe, nicht vor. Ist dies Zufall oder darf man es damit
in Verbindung bringen, dass in der römischen Quittung der Kaiser-
zeit das accepi (=£Xaßov) die übliche Formel wurde, während die
habere-Quittungen (= lyw, dTU£)^(i)) der früheren Zeit angehörten?
Vgl. Henry Erman, Zur Geschichte der römischen Quittungen und
Solutionsacte (1883) S. 1 ff. Dass gelegentlich auch einmal ein
Römer der Kaiserzeit ÄTzlyo) sagt (vgl. 1011), würde noch nicht
gegen die zweite Annahme sprechen. Andrerseits wollen wir aber
doch auf BGU 69 hinweisen, einen Darlehnscontract vom Jahre 120
n. Chr., in dem der römische Soldat Valerius Loiigus erst ofJtoXoyö)
l)(£'.v und nachher in der Subscription IXaj3ov xaO-d); zpoxcTa: sagt.
Man würde also doch wohl zu weit gehen, wenn man in der obigen
Thatsache mehr als einen Zufall sehen wollte. Immerhin hielt ich
es für meine Pflicht, auf den Thatbestand hinzuweisen. Vielleicht
kann durch neues Material die Frage doch noch von Bedeutung
werden.
IV. Quittungen, die der Thesauros ausstellt.
Wie schon oben bemerkt, halten wir die sämmtlichen folgenden
Quittungen ftir solche, die von den Thesaurosbeamten geschrieben
sind. Viel Mühe hat es gekostet, ehe ich zu dieser Ansicht durch-
gedrungen bin. Ja, jNIanches schien direct dafür zu sprechen, dass
einzelne der folgenden Rubriken, z.B. die mit |i£Tpr^[JLa beginnenden, von
den Erhebern ausgestellt seien. So fiel mir auf, dass in 790, einer
mit p,£TpY][ia anfangenden Quittung aus d. J. 101 n. Chr., ein
'Attiwv unterzeichnet, dass ein 'A7üLa)(v) aber durch 786 ftir das
110
m. KAPITEL.
Jahr 95 und durch 789 für das Jahr 98 als tsXwvy]? bezeugt wird.
Gegen den • Gedanken, in dem Subscribenten und dem tsXwvyj?
dieselbe Persönlichkeit zu sehen, ist zunächst darauf hinzuweisen,
dass in der Unterschrift die Lesung Aizi^, wie im Text auch an-
gedeutet ist, nicht völlig sicher steht. Vielleicht ist die Lesung
'A{xw= 'A[JL(i)VLO(; nicht ausgeschlossen. Aber selbst die Richtigkeit
der Lesung vorausgesetzt, würde mich bei der grossen Häufigkeit
des Namens Apion dieser Thatbestand nicht mehr bewegen können,
an meiner Ansicht irre zu werden, dass die Erheber nur in Brief-
form quittiren, und dass auch die mit [A£Tpyj|xa beginnenden Quit-
tungen, die doch offenbar nur eine Verkürzung derer mit dem Anfang
(isptSTpyjxev sind, von den Sitologen ausgefertigt sind. Ich ziehe
also vor, zwei verschiedene Apion anzunehmen, einen Sitologen und
einen Steuerpächter. Ebenso zweifle ich auch nicht, dass der Horos,
der in 871 als Steuerpächter für das Jahr 143 n. Chr. genannt
wird, eine andere Persönlichkeit ist als der Horos, der wenige
Monate später die Nr. 874 ([Ji£[X£Tpr^TaL -/.zX) unterzeichnet. Letzterer
muss vielmehr Sitologe sein. Schon allein unser Index kann
darüber belehren, dass Horos einer der landläufigsten Namen ist.
Den positiven Nachweis dafür, dass die mit |JL£[Ji£Tpy]yw£v beginnenden
Quittungen, wie in der Ptolemäerzeit (s. oben S. 98 f), so auch in
der Kaiserzeit lediglich von den Thesaurosbeamten geschrieben sind,
werden wir unten zu bringen haben. Daraus ergiebt sich aber auch,
dass alle daraus abgeleiteten Formulare gleichfalls von den Sitologen
ausgestellt sind. Hierbei ist ein grosser Unterschied gegenüber der
Ptolemäerzeit zu constatiren: Die in der Quittung genannte
Person ist nicht mehr der Erheber, sondern der Zahler.
Das wird durch die zahlreichen Frauennamen, die uns an dieser
Stelle begegnen, über alle Zweifel erhoben. Dies Resultat entspricht
genau dem, was wir oben S. 87 f für die Bankquittungen der Kaiserzeit
constatirten , und wir sehen die Formulare der beiden Schatzver-
waltungen in völlig parallelen Linien verlaufen. Auch hier werden
wir wie dort annehmen, dass diese Urkunden, wenn sie auch
den Namen des Zahlers nennen, dennoch dazu bestimmt waren, den
Erhebern eingehändigt zu werden und ihnen als Quittung zu dienen.
Auch hier spricht wieder dafür, dass oft in einer und derselben
Quittung über die Lieferungen mehrerer Zahler quittirt wird. Vgl.
z. B. Nr. 778, 779 u. s. w. Wenn derartige Quittungen, die den
THEBANISCHE THESAUEOSQLTTTCNGEN AUS DER KAISEEZEIT. III
Namen des betreffenden Erhebers garnicbt erwähnen, dennoch ge-
nügten, ihm dem Thesauros gegenüber völlige Sicherheit zu geben,
so setzt dies voraus, dass jeder Erheber verpflichtet war, bei einer
Reihe bestimmter Persönlichkeiten, die in den Listen als in sein
Revier gehörig eingetragen waren, die Abgaben zu erheben. "Weiteres
in Kap. VI.
Datum (Jahr, Monat, Tag) — ^sfittQr^xsp — der Zahler — für
Abgabe — Summe. Datum. Vgl. 764, auch 1544.
Datum (Jahr, Monat, Tag) — fittQr^(jj,a) ■d-rjaavQov — der Zah-
ler — Summe. Vgl. 1596.
Wir haben diese Rubriken zusammengestellt, weil sie die einzigen
sind, in denen nach alter ptolemäischer Sitte das Datum, und
zwar mit Voranstellung des Jahres, an der Spitze steht (in 764
fehlt Monat und Tag). Nr. 764 und 1544 stammen aus der Zeit des
Augustus, die ja auch für das Urkundenwesen, wie wir sahen, so
recht eine Zeit des Ueberganges war. Während in diesen beiden
Nummern, der Sitte der Kaiserzeit gemäss, der Kaisername im Datum
genannt wird ("Etous xß Kaiaapo?), heisst es in 1596 noch nach
ptolemäischer Weise: ^f] 'ETreC^t ih. Dies ist für die Kaiserzeit ein
Unicum in unserer Sammlung. Die Zeit ist leider nicht genau zu
bestimmen. Der Schrift nach habe ich das Ostrakon in das I. oder
auch II. Jahrhundert n. Chr. gesetzt. Die Verwendung von p,£Tpyj[jia
statt einer Verbalform spricht vielleicht mehr für den Ausgang als
den Anfang des I. oder aber für das II. Jahrhundert (s. unten).
Wir haben 1544 neben 764 gestellt, wiewohl gewisse Ab-
weichungen im Schema auf der Hand liegen. Diese Nr. 1544 hat
eine interessante Subscription : „Name i7rr{/.oXo\)^{/.c(. Summe." Die
Summe, die auf e7raxoXoi)0'£:v folgt, ist natürlich dieselbe, über die
quittirt wird. Einen speziellen Beweis dafür, dass diese und die
beiden anderen Nummern von den Sitologen des Thesauros ausge-
stellt sind, habe ich nicht. Aber die Analogie der gesammten
unter IV hier vereinigten Urkunden spricht dafür.
112
III. KAPITEL.
2.
Name — Titel (acToXoyo?) — Summe. Datum. Vgl. 766.
Dieser griechische Text (aus der Zeit des Augustus) ist nichts
anderes als die Subscription zu dem ihm vorangehenden demotischen
Text. Die eigentliche Quittung ist also demotisch geschrieben. Vgl.
ein ähnliches Beispiel aus der Bankverwaltung, gleichfalls aus der Zeit
des Augustus, oben S. 95. Unserer Kr. 766 ist das Berliner Ostrakon
P. 1570, das nur durch ein Versehen nicht in unsere Sammlung
aufgenommen ist, völlig analog. Den demotischen Text übersetzte
zuerst Revillout in der Revue Egypt. VI S. 10, darauf mit starken
Abweichungen Heinrich Brugsch im Thesaur. Inscr. Aegypt. V S. 1047.
Den griechischen Text, den ich in der Revue Egypt. a. a. O. mitteilte,
lese ich jetzt nach erneuter Revision, die mir durch eine Abzeichnung
von Krebs ermöglicht wurde, folgendermassen :
'AtcoXXwvcoi; Euap£aTo[u GiioX{o^o<ff\
£7iYjz(o)A(o6^yjxa) Talg -l- ^ (5y5[oy)xovTa]
5uo IzTov / -l- ~ Twß [c]
^1%' Ka^a(apog) . [
5 y.OLl X5 Zal X[ a. 12^1. t. Chr.
Wir werden hiernach auch in Nr. 766 uns ein iTzyjxoXou^yjxa
hinzuzudenken haben.
Der Zahler — für Abgabe — Summe. Deinotische Beischrifl.
Vgl. 760—762. Vgl. auch 716.
3b.
Der Zahler — £/V &riGavQüv — yEvijfiatog tov x. hovg — Summe.
Datum. Vgl. 1367.
Diesen Urkunden (aus der Zeit des Augustus) ist gemeinsam,
dass in ihnen ein Verbum wie (Ji£|X£TprjX£V fehlt. Im Uebrigen
liegen die Unterschiede auf der Hand. Dass die an der Spitze ge-
nannte Person der Zahler ist, lässt sich nachweisen: In 760 und
761 wird AuaL{JLa)(og 'AttoXXwviou genannt, derselbe, der in 359,
765, 767, auch in dem demotischen Text der eben besprochenen 766,
immer in der Rolle des Steuerzahlers erscheint.
THEBANISCHE THESAUROSQUITTUXGEN AUS DER KAISERZEIT. 113
Ich neige jetzt aus palaeographischen und sachlichen Gründen
der Ansicht zu, Nr. 716, die ich unter die Ptolemäerurkunden ge-
stellt habe, vielmehr in die Zeit des Augustus zu setzen. Das
Schema ist ' recht verworren. Man kann es vielleicht am besten mit
760 und 761 vergleichen.
4 a.
MsfisTQri'AEv — der Zahler — eig &tj(JavQCv — yevrjfxarog rov x. hovg
— Summe. Datum. Subscription des Sitologen. Vgl. 767, 768, 774,
779, 1546.
4b.
MeiA,8tQ]]y.£v — sig &rj(javoov — '/svrifiatog rov x. ezovg — der
Zahler — Summe. Datum. Subscription des Sitologen. Vgl. 771 — 773,
791.
4c.
MefisrQ7]Tai — eig ■&riGavQüv (oder ■d-tjoavoov oder &i]GavQ^) —
'/8vrif4.arog rov x. arovg — für Abgabe — bvb^arog des Zahlers —
Summe. Datum. Subscription. Vgl. 770, 778, 783, 794, 800, 814,
816, 855, 859, 874, 891, 966, 1328.
4d.
MsrQTjiÄU — 8ig ß-r^GavQov — ysvf^f^arog rov x. kovg — Datum —
hvbfiatog des Zahlers — für Abgabe — Summe. Subscription. Vgl.
788, 790, 805, 809, 820, 821, 825—832, 836—838, 840, 852,
858, 860, 868, 870, 883, 899, 1017.
4e.
MstQTjfia ■&t]GavQov — ysvrjfiarog rov x. arovg — Datum — bvofiarog
des Zahlers — für Abgabe — Summe. Subscription. Vgl. 792, 793,
799, 802—804, 813, 817, 822—824, 833, 847, 848, 850, 851,
861, 867, 869, 872, 873, 876, 878-881, 884, 886-890, 892—
897, 900, 902-904, 907—913, 915, 917, 918, 920—923, 925,
926, 929 — 931, 933—935, 938 — 942, 944 — 950, 952 — 954,
956—960, 962—965, 967—972, 974—1008, 1016, 1019, 1260,
1294—1297, 1450, 1451, 1455, 1456, 1459, 1465, 1468, 1471,
1568, 1571, 1589, 1590, 1592, 1593, 1614.
WiLCKEX, Ostraka. 8
114
III. KAPITEL.
Wir haben diese fünf Rubriken unter einer X.ummer vorgeführt,
um schon äusserlich anzudeuten, dass sie auf das Engste mit ein-
ander verwandt sind und offenbar nichts Anderes als Variationen
ein und desselben Grundschema's darstellen. Es sind rein formale Um-
wandlungen der alten ptolemäischen Formel der Thesaurosquittungen.
Wir haben sie in der Reihenfolge aufgeführt, in der sie uns zeit-
lich entgegentreten, und in der sie sich auch entwickelt haben
mögen. 4^ reicht noch in Augustus' Zeit hinein, 4^ und 4^ setzen
unter Nero ein. 4*^, das nur eine unwesentliche Abweichung von
4^ zeigt, tritt unter Nerva auf, und 4^, das dann im II. Jahrhundert
die vorherrschende Form bleibt, unter Trajan. Doch ich will nicht
unerwähnt lassen, dass das von |ji£Tp£lv abgeleitete Eingangswort
vielfach so verkürzt und zusammengezogen ist, dass es sehr schwer
ist zu sagen, welche Form gemeint ist, ob man z. B. [X£[ji£Tpr|Ta:
oder [X£Tpr|[Jia auflösen soll. In der Sache kam ja auch nichts darauf
an. Der Entwickelungsgang scheint der zu sein, dass die activische
Construction (|Ji£[Jt£TpYjx£V 6 8£Tva) durch die passivische (|ji£[X£TpYjTat
6y6\i(XZoq TGÖ 5£Tvo^) verdrängt wird, und statt letzterer dann das
elliptische jJi£TpYj|ia eingeführt wird. Dass ich im Rheinischen Jahr-
buch 256 f. mit der Aufstellung dieser Nominalform recht hatte,
fand ich kürzlich durch Nr. i471 bestätigt, wo das ganze Wort
[i£Tpr^(xa ausgeschrieben ist.
Dass diese Urkunden von den Thesaurosbeamten ausgestellt
sind, wird für 4'^ und 4^ durch die Subscriptionen erwiesen, in denen
sich der Sitologos ausdrücklich nennt; vgl. 767 und 772. Danach
unterliegt es wohl keinem Zweifel, dass auch die anderen Klassen,
die ja nur formale Umwandelungen jener sind, gleichfalls von Sito-
logen geschrieben sind. Die für 4^ scheinbar entgegenstehenden
Bedenken haben wir schon oben S. 109 f. zurückgewiesen. Wir können
aber auch einen directen Beweis für diese [A£Tpyj[JLa-Klasse beibringen.
In 983 hatte ich bereits im Rheinischen Jahrbuch S. 260 die Sub-
scription folgendermassen gelesen: 'A[Jia)(v:o?) aiizoXoyoq) + ß. Später
glaubte ich statt ai~ vielmehr ayj^ lesen zu sollen, d. h. a(£a)yj-
(pi£{(i)[jiai) (vgl. Buch II). Letzteres ist mir nachträglich an der
Hand der Abzeichnung, die ich mir früher gemacht habe, wieder
zweifelhaft geworden, und ich glaube, dass ich mit a'~ doch das
Richtige getroffen hatte. Damit hätten wir einen directen Beweis
auch für diese Klasse.
THEBANISCHE THESAUROSQUITTUNGEN AUS DER KAISERZEIT. 115
Dass die in der Quittung genannte Person der Zahler ist, unter-
liegt keinem Zweifel, da in sehr vielen Fällen Frauennamen begegnen.
Vgl. z.B. 817, 821, 832, 838, 852, 858, 867, 902, 921, 923,
926 u. s. w.
Wir haben zu dem Schema noch hinzuzufügen, dass der Zusatz
„für Abgabe" sich nicht in allen Urkunden findet, und zwar scheint
aus dem vorliegenden Material hervorzugehen, dass er überhaupt
nicht von vornherein dazugehört. Er begegnet zuerst in 820, in
der Form Xapaxo?, wofür man häufiger sagt bizkp Xapa7wO?. Fast
regelmässig steht hier hinter uTTsp ein Lokalname, der das E,e^'ier be-
zeichnet, für welches die Naturalabgabe erhoben wurde. Vgl. Kap. IV.
Singulär ist, dass in 918 der Name des Zahlers am Anfang
vor [X£Tp7j|JLa wiederholt ist.
In za^reichen Fällen ist, wie auch bei den Geldzahlungen, die
Abgabe nicht durch den Zahlungspflichtigen, sondern durch irgend
einen Vertrauensmann oder Untergebenen abgeliefert. In diesen
Fällen ist hier wie dort der Ueberbringer mit 6ca hinzugefügt. Hier
bei den Naturallieferungen ist der Fall sehr häufig, dass die Ab-
lieferung durch die yetopyGL, die Pächter, die das Grundstück des
Zahlungspflichtigen bebauen, erfolgt. Diese werden mit der Formel
Std Yetopyoö eingeführt. Vgl. z. B. 869, 935, 939, 945, 953 u. s. w.
Selten wird der Zahler statt mit övöixaTO? mit aTzö eingeführt.
Vgl. z. B. 930.
Auch bei dieser Klasse ist die Subscription üblich, aber nicht
notwendig. Jedoch ist zu bemerken, dass sie hier nur sehr selten fehlt.
Unter den zahlreichen Beispielen von 4^ entbehren z. B. nur 793,
817 und 1002 der Subscription. Wir unterscheiden folgende Formen:
1) "EypaC^ia) Name, Titel (aizoXoyoq). Vgl. 767, 772.
2) Name, Titel (aiToXoyo?), Summe. Vgl. 983 (s. oben).
3) Name, Titel (ßoYj^o?), a£a7jpi£cw[JLa:. Vgl. 867, 868.
4) Name, a£arj(jL£iü)[xai Summe. Vgl. 874, 886, 1450.
5) Name durch (Sid) Name, a£ar^[i£Cü)|xai Summe. Vgl. 1451.
6) Name, a£ayj|X£''ü)[iaL. Vgl. 870 und passim.
7) Name, 6umme. Vgl. 881.
8) Name. Vgl. 870.
Hiervon ist die erste Form die altertümlichste. Zu der Auf-
lösung £Ypa(];a (nicht £ypa4^£V, wie im Text gedruckt ist) vgl. oben
S. 63. Die anderen Formen bieten uns nichts Neues.
8*
116
III. KAPITEL.
Auch diese Thesaurosquittungen werden gelegentlich als oi.-KoyoLi
bezeichnet. Vgl. 771: avT^Ypa(90v) d7rox(7j^).
Zum Schluss sei erwähnt, dass 1018 wohl in keine dieser
Klassen hineingehört, wohl überhaupt keine Quittung ist. Es ist
vielleicht nur ein Vermerk über verschiedene Eingänge an Getreide.
Ich lasse daher auch dahingestellt, wie Z. 1 zu ergänzen ist. Dieser
Besonderheit des Textes verdanken wir wohl auch die Hinzufügung,
dass das Getreide Tpc|jiaTLq) (xexpo) (vgl. Kap. X) gemessen sei. Eine
derartige Bemerkung findet sich nirgends in den Quittungen unserer
Sammlung.
5. ^
Für Abgabe rov x. kovg — ovouatog des Zahlers — Summe.
Dies Formular, das in unserer Sammlung nur in der einzigen
Nummer 1405 (aus Vespasian's Zeit) repräsentirt ist, entspricht ge-
nau den Geldquittungen, die wir oben S. 96 als IV 9 behandelt
haben. Hier wie dort ist die Abgabe an die Spitze gestellt, und
fehlt das regierende Verbum (hier [jL£[jL4TpYj7w£v). Ich finde in meinen
Papieren noch ein Ostrakon, das dasselbe Schema zeigt. Ich habe
es in mein Buch nicht aufgenommen, weil meine Lesungen mich
früher zu wenig befriedigten. Nachdem ich etwas weiter gekommen
bin, sei es hier nachträglich mitgeteilt. Es ist das Ostrakon British
Mus. 12688 und lautet:
no( ) 5L N£pü)v[oG
IlafAtov^ou 'ApDa)^[o'j . . .
a — L£pa(T:7.ö)v ?) yj, 5Lo(LX'i^a£ü)?) yj, i£(paT:7.ö)v) ih, aX(Xa) . [. . .
. ~ f£(paTr/Cü)v) YGLj3, bio(i%r]OE()}q) aj3^, lz(p(xxix&v)^ ..[...
5 / 6:o(i7wyia£ü)?) 7v^Lß, h(pcx,Tiy.(bv) x5cl.
6.
Datum (Monat, Tag, Jahr) — fiir Abgabe — avofiatog des
Zahlers — Summe. SubscrijMon {des Sitologeii).
Auch dieses Schema begegnet in unserer Sammlung zufällig
nur ein Mal, in 1467 aus dem Ende des II. oder Anfang des III.
Jahrhunderts. Sowohl das vorhergehende wie dieses Schema führen
die interessante Thatsache, auf die ich schon öfter hinwies, deutlich
vor Augen, dass die Thesaurosquittungen dieselben Abarten und
THEBANISCHE THESAUROSQUITTUXGEX AUS DER KAISERZEIT. 117
Varietäten zeigen, wie die Bankquittungen, und dass diese Entwicke-
lung in beiden Schatzverwaltungen zeitlich gleichen Schritt gehalten
hat. Das vorliegende Formular ist identisch mit IV 10 der Bank-
quittungen (S. 97). Wie dort fehlt das Verbum, und wie dort steht
der Monat voran! Auch für dieses Schema kann ich aus meinen
Papieren noch weitere Beispiele hinzufügen: das Berliner Ostrakon
P. 4497 und das Londoner Ostrakon, Brit. Mus. 12711, zeigen
genau dasselbe Formular wie 1467. — Von einer Vermischung
dieses Schemas mit dem Hauptformular (4), wie wir es bei den
Geldquittungen für das III. Jahrhundert n. Chr. in IV 7 kennen
lernten, liegt hier bis jetzt kein Beispiel vor.
Zum Schluss behandeln wir einige Quittungen, die wir in keine
der vorhergehenden Rubriken einrangiren können.
a.
IlaQS/iOfiiGs — der Zahler oder Erheherf — ayvQOv — Summe.
Datum. Suhscription. Vgl. 1436.
b.
IIuQS'Aouio&r^ — für Abgabe — bvouatog des Zahlers oder Er-
hebersf — aivgov — Summe. Subsciiption. Vgl. 905, 937, 943,
951, 1014, 1447, 1453, 1458, 1461, 1464, 1475, 1476, alle
aus der zweiten Hälfte des II. Jahrhunderts n. Chr.
Diese Quittungen, die alle von Spreulieferungen handeln, haben
gemeinsam die Verwendung von 7iapa%o[i(^£LV statt |JL£Tp£lv, da sie
die Spreu nach Fuhren oder Lasten berechnen. Diese Fuhren
heissen, wie in der Ptolemäerzeit dYwyai, so hier regelmässig y6|jlo'.
(die Lesung cc[yißy(x.c, in 1011 ist ganz unsicher).
Von wem sind diese Quittungen ausgestellt? Wenn wir auch
annehmen, dass die Erheber den Zahlern lediglich in Briefform
quittirt haben, so bleiben hier doch zwei Möglichkeiten: die Urkunden
können von dem Thesauros resp. der a^^upo^r^XY] ausgestellt sein
oder aber von der Militärverwaltung (vgl. oben S. 109). In einem
einzigen Falle glaube ich die Frage entscheiden zu können: in 905
quittirt ein Antoninus dem IlavaiieO^ ALO^xoupLSou xal |jl£TO)(OL. Hier
kann der Quittungsempfänger, da ihm zusammen mit [iiToy^GL quittirt
118
m. KAPITEL.
wird, wohl nur der Steuererheber, also der d)(up07rpaxTü)p, nicht der
Zahler sein. Dies wird also keine Thesaurosquittung sein, denn diese
nennen, wie wir sahen, den Zahler. Danach möchte ich den Antoninus
für einen römischen Militär halten, der wie der Chiliarch in 927 über
eine Spreulieferung quittirt. Ich lasse es einstweilen dahingestellt,
wie weit man dieses Resultat auf die analogen Fälle ausdehnen darf.
Auch in 1436 und 1447 quittiren Römer (Vitrasius und Nepotianus),
in den anderen aber Männer mit griechischen und aegyptischen Namen.
Letztere könnten freilich trotzdem Soldaten sein. Vgl. Kap. VIII.
Sollten sie alle von der Militärbehörde geschrieben sein, so würde
sich ergeben, dass die Spreulieferungen, die in der Ptolemäerzeit an
den Thesauros (zlq t6 ßaai}^:x6v) gingen, in der Kaiserzeit direct an
die Truppenteile von den Erhebern abgeführt und hier quittirt wurden.
Zur Sache vgl. Kap. IV § 21.
Elephantine und Syene.
Quittungen über Geldzahlungen.
A. Ptolemäerzeit.
I. Quittungen, die der Erheber ausstellt.
Derartige Quittungen sind in unserer Sammlung nicht vorhanden.
Ich zweifle aber nicht, dass sie ebenso wie in Theben in Briefform
abgefasst waren, zumal wir für die Kaiserzeit diese Form auch für
Elephantine-Syene nachweisen können. Auch das oben für Theben
(III. Jahrh. vor Chr.) unter I 1 nachgewiesene Formular ist hier
bekannt gewesen, wie Pap. Leid. Q (aus der Zeit des Philadelphos)
zeigt: ''E)(£i Nczavwp TipaxTWp napoc 'Opaevou^co? xxX. Vgl.
oben S. 61.
IL Quittungen, die die Bank ausstellt.
Datum (Jahr, Monat), — tha-Atai im trjv iv Ortsname iQane^av,
i(p 7jg der TrapezU, — für Abgabe — der Erheber (f) — Summe.
Subsci'iption des Ih^apeziten.
Dieses Formular, das in unserer Sammlung nur durch Nr. 1
vertreten ist, entspricht genau dem thebanischen Formular II 6^
(S. 71 f). Dass die in der Quittung genannte Person der Erheber
GELDQUITTUNGEN AUS ELEPHANTINE.
119
ist, haben wir nur aus der Analogie dieser thebanischen Quittungen
geschlossen, doch wird es durch die hohe Summe (500 Drachmen)
so gut wie bestätigt. Die Möglichkeit ist freilich offen zu lassen,
dass in Syene damals (II. Jahrhundert v. Chr.) die Bank den Zahler
nannte. — Auch hier findet sich, wie häufig in den thebanischen
Quittungen, am Rande von der Hand des Trapeziten eine Summe
notirt, die grösser ist als die quittirte. Vgl. dazu oben S. 75 f. Wir
irren wohl nicht in der Annahme, dass auch hier in Syene ver-
schiedene Entwickelungsstufen dieses Schemas einander gefolgt sind.
Einstweilen haben wir kein weiteres Material als diese einzige Nummer.
B. Kaiserzeit.
III. Quittungen, die der Erheber ausstellt.
1.
Der Erheber — dem Zahler — laigm. "Ef(a (oder ähnlich^
— für Abgabe — Summe. Datum. Subscription. Vgl. 35, 43, 83,
150, 235, 262, 302—304, 1276.
Dies ist dasselbe briefartige Formular, das oben für Theben
ausführlicher besprochen ist. Dass der Adressat der Zahler ist,
wird dadurch bestätigt, dass in 83 eine Frau genannt wird. Die
Subscription steht nur einmal, in 304, nach dem Schema: Name
aTC£)(W. In 35 ist statt dessen eine demotische Subscription bei-
gefügt. Es darf vielleicht als Bestätigung unserer obigen Aus-
führungen über y^xipeiy angeführt werden, dass die einzige Quittung,
in der hier die Grussformel fehlt (Nr. 235), an einen Sklaven ge-
richtet ist (vgl. oben S. 85 f.). — Als Verbum steht hier meistens
a7i£)(ü), auch £)(ü), im Praesens. Nur einmal (235) findet sich der
Aorist (im J. 158). Vgl. oben S. 86.
2.
'Eym — TTaQct Zahler — für Abgabe — Summe. Subscription.
Datum. Vgl. 28 (vom J. 76 n. Chr.)
Wir wiesen schon oben S. 108 darauf hin, dass diese
Nummer mit 901 und 1259 verglichen werden kann. Auch hier
steht der Name des Schreibers nicht in der Quittung, sondern in
der Subscription. Auch diese Nr. 28 nimmt sich wie eine Ver-
kürzung der Briefform aus.
120
III. KAPITEL.
3^
Jiaye'/Qacfrjxev (später dis'/Qccwev) — der Zahler — fi'ir Abgabe
— Datum. Summe. SubscrijMon des Erliebers. Vgl. 3, 5, 7, 8,
12, 18, 20, 23-27, 29—31, 33, 34, 36—42, 44, 46, 47, 49-
53, 55—57, 59, 60, 62, 64, 65, 67, 69—82, 85, 86, 100, 102.
104, 107.
r
Dasselbe, ohne Subscription. Vgl. 4, 6, 10, 16, 19, 21, 66,
68, 280, 1322.
4a-
Der Erheber. JiayeyQacptjKev (später hiyqaxpev) — der Zahler —
ßiir Abgabe — Summe. Datum. Subscription des Erhebers. Vgl. 84,
87, 88, 90, 92, 93, 103, 108, 112, 120, 122, 136, 139, 144,
148, 164, 172—174, 179, 180, 186, 212—216, 222, 229, 241,
242, [248], 265, 266, 271, 272, 281, 293, 1274.
4b.
Dasselbe, ohne SubscrijMon. Vgl. 13 — 15, 17, 22, 48, 89, 91,
95—99, 101, 105, 106, 109—111, 113—119, 121, 123—135,
137, 140—143, 145—147, 149, 151—163, 165—171, 175—
178, 181—185, 187—191, 193—211, 217—221, 223—228,
231—234, 236—239, 243—247, 249—261, 263, 264, 267, 268,
273, 274, 276—278, 283, 285, 286, 288—292, 1268, 1270-
1273, 1573, 1609, 1610.
Wir stehen hier an dem schwierigsten Punkte unserer Unter-
suchung. Betrachten wir die beiden vorliegenden Schemata, 3
und 4, lediglich nach der formalen Seite, so bieten sie allerdings
keinerlei Schwierigkeit: Grupjoe 3 ist völlig identisch mit der oben
für Theben nachgewiesenen Gruppe IV 6, und 4 unterscheidet sich
davon nur dadurch, dass am Kopfstück der Beamte im Praescript
genannt ist. Aber sachlich besteht ein gewaltiger Unterschied
zwischen der thebanischen und unserer Gruppe: jene ist von Trape-
ziten, diese von Erhebern subscribirt; mit anderen Worten, jenes
sind Bankquittungen, dieses Erheberquittungen. Die Ueber-
einstimmung ist also lediglich eine formale. An der Richtigkeit dieser
Thatsache wird kaum gezweifelt werden können. Denn wie wir für
GELDQUITTUNGEN AUS
ELEPHANTINE.
121
Theben den Titel ipOLizißZizriq) in den Subscriptionen sicher nach-
weisen konnten , so begegnet hier eben so sicher an derselben Stelle der
Titel np<xxz(j)p oder ein verwandter. Diese Thatsache führt aber
zu den grössten Schwierigkeiten, die ich namentlich in zwei Punkten
finde. Einerseits fragen wir uns vergeblich, in welcher Weise denn
die Bank den Erhebern quittu't hat, wenn diese SLsypa^'sv-Formulare
nicht von ihr verwendet wurden. Abgesehen von Nr. 2 (s. unten IV),
die noch in die augusteische Uebergangszeit gehört, haben wir mm
kein Beispiel einer Bankquittung für Svene-Elephantine. Andrerseits
verwundern wir uns, dass die Erheber, die den Zahlern doch schon
in der Briefibrm quittirten (s. oben III 1), daneben noch zu dem-
selben Zweck sich dieser Z'.iypoc'liZ'/ -Formel bedient haben sollen.
Auf der einen Seite fehlt uns etwas, auf der anderen haben wir
etwas zu viel. Unter diesen Umständen liegt es sehr nahe, den
Versuch zu machen, ob man diese SL£Ypa'|»£V-Quittungen nicht doch
in eine Beziehung zu der Bank bringen könnte. Aber ich bekenne,
zu einem mich befi'iedigenden Ergebnis nicht gelangt zu sein.
Man könnte z. B. auf eine Reihe von Fällen hinweisen, in
denen in der Subscription der Titel TUpaxTWp nicht steht, sondern
nur ein Xame ohne Titel, und könnte meinen, dies seien Bank-
quittungen, die formell den 5i£Ypa'|»£V-Urkunden der 7rpaxT0p£^ gleich
wären. Ich meine Subscriptionen wie in ]N'r. 3: 'A7:oA(Atov:o^)
i^^r^xo(Xou^'r^y.oC). Vergleicht man diese Xummern mit den theba-
nischen, so liegt ja allerdings der Gedanke, dass der Subscribent
wie dort Trapezit sei, äusserst nahe, aber ich halte es doch für
unmethodisch und unerlaubt, hier wo der Titel fehlt, einen anderen
einzusetzen als den, der in den Subscriptionen mit Titeln genannt
wird. Wir werden vielmehr, bis wir etwa durch neues Material
widerlegt werden, auch diese Subscriptionen den Erhebern zu-
schreiben müssen. Somit können wir in der That für Svene -Ele-
phantine keine kaiserlichen Bankquittungen (ausser Kr. 2) nach-
weisen. Dies wäre noch nicht das Bedenklichste, denn man könnte
ja annehmen, dass uns zufallig keine überliefert sind, oder auch,
dass es in Elephantine Sitte wurde, dass die Bank den Erhebern
auf Pap}T:us quittirte, wie es im Faijüm der Fall gewesen zu sein
scheint (vgl. BGU 62, 63, 65, 215, 273 und dazu oben S. 22 f.).
Die Hauptschwierigkeit, die wir nicht beseitigen können, besteht viel-
mehr darin, dass die Erheber in Elephantine sich genau desselben
122
III. KAPITEL.
Formulars bedienten , das in Theben die Trapeziten gebrauchten, und
das, wie uns schien, durch mancherlei Umwandelungen
aus der alten ptolemäischen Bankquittung sich entwickelt
hatte. Welchen Zweck sollen zudem diese neben den briefartigen
Quittungen ausgestellten Bescheinigungen gehabt haben? Vorüber-
gehend kam ich auf den Gedanken, dass sie vielleicht die Belege
seien, die die Erheber in ihrem Bureau deponirten, um danach ihre
monatlichen Berichte an die Bank zusammenzustellen. Doch ist dies
gewiss abzuweisen, denn Quittungen, die einem Anderen über-
wiesen wurden, sind diese Urkunden sicherlich. Das geht u. A. auch
aus Nr. 50 hervor, wo sich am Schluss die ganz singuläre Bemerkung
findet: bioc xö T:(apa)7i£7rT(jL)(x£vai) TYjV 7tpoT(£pav) d7roy^(yjy). Wir
haben darüber schon oben S. 78 gehandelt. Hier ist für uns von
Wichtigkeit, dass die Urkunde selbst damit indirect als eine aizoyj]
bezeichnet wird, also als eine Quittung, die dazu bestimmt ist, einem
Anderen Sicherheit zu geben. So komme ich doch wieder zu dem
nächstliegenden Schluss, dass diese Quittungen vom Erheber dem
Zahler ausgestellt wurden, dass also in Elephantine- Svene die Er-
heber bald in Briefform, bald in der hier behandelten Form quit-
tirten. Wir werden unten auf S. 126 auf ein Kriterium stossen,
das diese Meinung zu stützen geeignet ist.
Ich kehre nunmehr zu der formellen Seite der Gruppen 3 und 4
zurück. Ueber 3 ist nicht viel zu sagen, da sie, wie bemerkt, mit
dem thebanischen Schema IV 6 völlig übereinstimmt. Neu ist,
dass Nachträge gelegentlich mit der Formel ofJiOLW? £)(W aXXa? xzX
eingeführt werden, so in 53 und 60. Dieser Wechsel von hii^poc'\)ev
und eyjüy ist sehr bemerkenswert und bestätigt den Quittungscharakter
unserer Urkunden. Aehnlich wird gelegentlich bei Zahlung einer
letzten Rate hinzugefügt: auv odq EGyoy TZpoxepo^ (oder ähnlich),
vgl. 74, 75, 76. — Auf gewisse Umstellungen innerhalb des
Schemas brauchen wir nicht einzugehen.
Ganz originell, und bisher mir nur für Syene- Elephantine be-
kannt, ist die Gruppe 4, deren Charakteristicum das Praescript ist.
Im Uebrigen stimmt sie durchaus mit der Grupj^e 3 überein. Der
quittirende Beamte ist damit aus der Subscription an die Spitze
der Urkunde getreten, und längere Zeit scheint die Praescriptio die
Subscriptio überflüssig gemacht zu haben. Während jene von
Claudius' Zeit an häufig begegnet, erscheint die Subscriptio in dieser
GELDQUITTUNGEN AUS ELEPHANTINE.
123
Gruppe erst unter Trajan. AVie die obige Tabelle zeigt, ist es aber
auch fernerhin gebräuchlicher gewesen, keine Subscription hinzuzufügen.
AVir können folgende Formen von Praescriptionen unterscheiden
(wenige Citate mögen genügen) :
1. Name. Vgl. 13, 14, 15, 17 etc.
2. Käme hioc Name. Vgl. 48.
3. Name Sta Name, Titel. Vgl. 129.
4. Name, Titel. Vgl. 84.
5. Name, Titel 8ca Name. Vgl. 97.
6. Name, Titel 5ta Name, Titel. Vgl. 95, 106.
7. Name, Titel £|jloö Name, Titel. Vgl. 291.
8. Name, Titel, £7raxoXou^o6vT(i)V . . ., Sca Name. Vgl. 194.
9. Name, Titel auv Name. Vgl. 205.
10. Ata Name. Vgl. 109.
Man sieht, die Praescriptio ist grundsätzlich verschieden von
der Subscriptio, insofern sie niemals eine Zahlungsbestätigung enthält,
sondern lediglich bestimmt ist, die Namen der beteiligten Beamten
(jzpdy.xops.c, oder {ica^wxai' oder iizizTiprizcci etc.) anzugeben. Meist
ist in der Praescriptio nicht nur der spezielle Beamte genannt, der im
einzelnen Falle die Zahlung entgegengenommen hat, sondern die
ganze Firma, die ganze Gesellschaft der associirten Beamten oder
Pächter tritt uns hier am Kopfstück entgegen, sei es dass die ein-
zelnen Namen aufgeführt werden, oder nur Einer oder Zwei genannt
und die Uebrigen mit xal oi auv auxw oder ähnlich angefügt werden.
Einzelne Ostraka gehen in der Angabe der Associationen so weit,
dass sie sogar über gewisse Verschiebungen innerhalb der Gesell-
schaft Mitteilung machen, so Nr. 271 (ava5o'8'£VX£5 elq xXfipov
. . .). Vgl. 272, 285. Vgl. hierzu Kap. VI. Das ist ein zweiter
wesentlicher Unterschied von der Subscription, da in dieser immer
nur der Einzelne genannt wird, oder aber wenn Mehrere, so doch
Jeder für sich. Welchen Zweck man bei der Einführung des
Praescripts verfolgt hat, ist schwer zu sagen. Formell erinnert es an
die Kopfstücke der amtlichen Erlasse, die gleichfalls nur den Namen
des betreffenden Beamten im Nominativ enthalten. Vgl.BGU 7 und 18.
Die Subscriptionen sind hier in Syene-Elephantine — nach
dem uns vorliegenden Material — mannigfaltiger als in Theben.
Wir können folgende Gruppen unterscheiden:
124
III. KAPITEL.
1. a) Name sTirjZoXoü^r^xa. Vgl. 3.
b) Name sTryjxoXouO'rjxa Summe. Vgl. 5, 7, 8.
2. a) Name d[7i£axov] Summe. Vgl. 100.
b) Name auvaTiea^ov. Vgl. 266, 271, 272.
3. a) Name sypa'^a. Vgl. 12, 23—27, 29.
b) Name £Ypa4'a. Datum. Vgl. 18.
c) Name, Titel (Tüpazxwp, auch Ypa[J.{xax£u^) eypa^a.
Vgl. 37, 38.
d) Name, Titel, eypa^a Datum. Vgl. 41, 46.
e) Name, Titel, sypa^a 5 cd Name. Datum. Vgl. 78.
4. a) Name acaYjptetWfjiat. Vgl. 102.
b) Name, Titel, a£aYj[Ji£Lü)|JLat Summe. Vgl. 84.
c) Name, a£(ay][ji£C(i)}JLaO öv6(x(aT0^) . . . Summe. Vgl. 265.
5. a) Aid Name. Vgl. 56, 60.
b) Aid Name, Titel. Vgl. 85 (£T::T7]pyjTYj;).
c) Acd Name, Summe. Vgl. 20.
d) Atd Name, Datum. Vgl. 104.
Auf einzelne Absonderlichkeiten, wie z. B. die Voranstellung
des Namens in 46, verlohnt es sich nicht genauer einzugehen.
Der Zahler — für Abgabe — Summe. Subscription des Erhebers.
Vgl. 32, 45, 54, 61, 63.
Der Erheber. Der Zahler — für Abgabe — Summe. Datum.
Vgl. 94.
Diese Formulare unterscheiden sich von den vorhergehenden
Schemata 3 und 4 nur dadurch, dass oi£Ypa^£V ausgelassen ist.
6.
Datum {Jahr, Monat, Tag) — 8dyQa\ptv — der Zahler —
für Abgabe — Summe. Subscrijytion. Vgl. 269, 270, 275. Das
Formular unterscheidet sich von dem Hauptschema 3 nur durch die
Voranstellung des Datums.
ELEPHANTINISCHE FORMULARE.
125
IV. Quittungen, die die Bank ausstellt.
Datum (Jahr, Monat, Tag) — xkavaai im r?;v iv Ortsname
tQOLTiE^av, ecp 7]g der Trapezit, — für Abgabe — der Zahler —
Summe. Subscription des Trapeziten. ' Vgl. 2.
Wie oben bemerkt, ist dies bis jetzt das einzige sichere Beispiel
einer Bankquittung aus der Kaiserzeit für Syene. Dies Ostrakon,
aus dem Jahre 13 n. Chr., zeigt, dass wie in Theben auch hier
die alte ptolemäische Form sich bis in die Zeit des Augustus er-
halten hat.
Elephantine und Syene.
Quittungen über Naturallieferungen.
A. Ptoleinäerzeit.
I. Quittungen, die der Erheber ausstellt,
sind bis jetzt nicht bekannt. Sie waren jedenfalls in Briefform ab-
gefasst.
IL Quittungen, die der Thesauros ausstellt.
Datum {Jahr, Monat) — eigfiSfiEtQri'ÄEv sig rhv Iv Ortsname
■&t](javQüv — fiir Abgabe — der Erheber (f) — Summe. Subscription
des Sitologen. Vgl. 295. Vgl. auch 1608.
Dieses Formular entspricht genau dem thebanischen Formular II
2* (S. 99). Dass die in der Quittung genannte Person der Erheber
sei, schliessen wir nur aus der Analogie der thebanischen Quittungen.
Die Möglichkeit, dass man in Syene den Zahler genannt habe, ist
einstweilen offen zu lassen. — Nr. 1608 gehört in diese Gruppe
hinein, nur erfolgt die Lieferung (Kroton) statt an den Thesauros
an das IXaioupylov. Aehnliche Fälle wurden oben auch für Theben
namhaft gemacht.
In allen drei Quittungen, die wir aus der Ptolemäerzeit haben,
Nr. 1, 295 und 1608, wird im Eingang nur Jahr und Monat genannt,
nicht der Tag. Es ist sehr fi-aglicb, ob das mehr als Zufall ist.
126
III. KAPITEL.
B. Kaiserzeit.
III. Quittungen, die der Erheber ausstellt.
Der Erheber. 'E^ttQjjGev — o deiva — für Abgabe — ovofiatog
des Zahlers — Summe. Datum. Subscription. Vgl. 296 — 301, 1460.
Dieses Formular, das wir bisher lediglich für Syene-Elephan-
tine nachweisen können, ist ein vollständiges Pendant zu den oben
unter III 4 behandelten Geldquittungen der Erheber. Charakte-
ristisch ist für beide Gruppen die Praescription. Wir verweisen auf
unsere obigen Ausführungen. Eine Subscription steht nur in 301.
Es unterzeichnet hier der TupazTwp oLTtzf]; SoYjVYj?.
Kur in 301 wird der Zahler direct mit £|JL£Tpr^a£V verbunden.
In den anderen Fällen steht, wie oben bemerkt: 6 Sslva — övo-
^OLZOC, des Zahlers. Das kann wohl nur heissen, dass die erstge-
nannte Person (in 296, 299 und 1460 eine Frau!) die Lieferung
im Namen der zweiten Person, des Zahlungspflichtigen, gebracht
resp. übergeben und vermessen hat.
Sehr bemerkenswert ist eine sprachliche Ungenauigkeit, die sich
in 298, 299 und 300 findet. Es heisst da: £[ji£Tpyja£V 6 B£lva
— TO £7iißaXXov aoL (JiEpo^, wo statt ao: vielmehr auico stehen
müsste. Dieser Lapsus des Schreibers — es ist immer derselbe,
M. Annius Nemonianus, der es allerdings zu verschiedenen Zeiten,
a. 173 und 176, geschrieben hat — ist für die Frage nach der Be-
deutung und dem Zweck dieser Quittungen nicht unwichtig, und wii'
werden um so grösseres Gewicht darauf legen, wenn wir bedenken, dass
dies Formular formell identisch ist mit den unter III 3 und 4 be-
handelten Geldquittungen, deren Deutung besonderen Schwierigkeiten
unterlag. Ich meine, wenn dem Schreiber aus Versehen ein aoi
statt airrn in die Feder kommt, so setzt das voraus, dass der be-
treffende Mann ihm gegenübersteht und er für ihn die Quittung
schreibt. Damit dürfte es so gut wie gesichert sein, dass unsere
Urkunden doch nichts anders sein können als Quittungen, die der
Erheber dem Zahler ausstellt, und bei der völligen Analogie mit
III 3 und 4 dürfen wir weiter folgern, dass auch die SiEypa^EV-
Quittungen von Elephantine (mit oder ohne Praescript) denselben
Sinn haben. Dies vorausgesetzt, ist zu constatiren, dass die
Erheber in Elephantine ausser in Briefform auch in dieser ob-
jectiv stilisirten Form den Zahlern quittirt haben, dass wir aber
QUITTUNGSFORMULARE IN ELEPHANTINE UND KOPTOS. 127
Beispiele von Bankquittungen aus Elephantine für die Kaiserzeit
(abgesehen von Nr. 2) einstweilen nicht nachweisen können. Wir
sehen hieraus, wie verschieden das Quittungswesen sich in verschiede-
nen Städten entwickelt hat. Dieselbe Beobachtung ist auch schon
früher für andere Gebiete des ürkundenwesens gemacht worden,
und man hat wohl zwischen unteraegyptischen und oberaegyptischen
Formularen geschieden. Nachdem diese Untersuchungen gezeigt
haben, dass auch innerhalb Oberägyptens Städte wie Theben,
Krokodilopolis (s. unten), Syene ihre Eigentümlichkeiten im Ur-
kundenwesen aufweisen, wird es vielleicht richtiger sein, nicht zu
verallgemeinern, und statt von unteraegyptischen und oberaegyp-
tischen Formularen vielmehr v^on memphitischen, arsinoitischen, theba-
nischen etc. zu sprechen.
IV. Quittungen, die der Thesauros ausstellt,
sind in unserer Sammlung nicht vorhanden.
Koptos,
Die als Nr. 1080 — 1090 publicirten Urkunden aus Koptos
(vgl. auch 1616) sind Quittungen, die der Erheber dem Zahler
ausstellt. Das Formular ist die bekannte Briefform, über die oben
zur Genüge gehandelt worden ist. Irgend welche Abweichungen
von den entsprechenden Urkunden aus Theben und Syene sind hier
nicht zu finden, wenn man nicht auf TUpo^Sl^ofiaL in 1089 (fiir
£X(o) hinweisen will. Wie schon oben S. 82 bemerkt wurde, steht
am Schluss von 1083 das seltene ippiaao; doch ist es recht wahr-
scheinlich, dass diese Nummer eine Privatquittung ist. Vgl. das
Fehlen des Titels hinter 'Ep[i6oa)poc wie in Nr. 1080, die jedenfalls
privaten Charakter hat (vgl. y'^/* [lou). Auch 1502, wo gleichfalls
Ippwao steht, ist eine Privatquittung. Nr. 1234, eine Bankquittung
aus Koptos vom Jahre 120/19 vor Chr., zeigt keine Abweichungen
von dem thebanischen Schema II 6^-
npog5£X£aO-a'. (= annehmen, empfangen) ist mir sonst in diesen Quit-
tungen nicht begegnet. Das synonyme TZOipoLHy^ea^a.: findet sieh auf der
Hess'schen Holztafel (s. oben S. 67 Anm.).
128
III. KAPITEL.
Sedment
Die Erklärung der schwierigen Formulare von Sedment hängt
zu sehr mit der sachlichen Interpretation zusammen, als dass ihre
rein formale Behandlung hier zweckentsprechend wäre. Wir werden
unten in Kap. VIII die Urkunden von Sedment einer besonderen
Untersuchung unterziehen.
Pselkis.
Die Mehrzahl der Urkunden von Pselkis sind Quittungen, in
denen römische Soldaten dem Optio den Empfang der ihnen zu-
stehenden Naturallieferungen bestätigen. Es gehören hierhin Nr. 1128
—1134, 1136, 1137, 1139—1144. Zur sachlichen Erklärung vgl.
unten Kap. VIII. Hier sei nur darauf hingewiesen, dass diese
Quittungen alle in der üblichen Briefform ausgestellt sind. Ueber
IXaßov, das hier regelmässig als Formel der Empfangsbescheinigung
begegnet, vgl. oben S. 109.
Die Grussformel yaipeiv fehlt in diesen Quittungen niemals,
was gewiss kein Zufall ist, da sie an den Optio adressirt sind
(s. oben S. 85 f.). Bemerkenswert sind einige Subscriptionen. So wird
die Soldatenquittung 1131 von einem Centurio unterzeichnet, zu
dessen Centurie wohl der Quittuugsschreiber gehörte.
Nr. 1135 ist eine Anweisung, durch die die 7rapa).yj[X7tTa'. aiiou
vom Optio zu einer Getreidelieferung aufgefordert werden. Was
die TüpaxTOps^ in Nr. 1138 an die Frau Aioaxopouc, zu schreiben
hatten, ist nicht mehr zu ermitteln.
Krokodilopolis.
Aus dem oberaegyptischen Krokodilopolis liegen uns 3 Bank-
quittungen aus dem II. Jahrh. v. Chr. vor: 1617, 1618, 1620.
Sie sind alle drei nach folgendem Schema abgefasst:
Datum (Jahr, Monat, Tag) — tt'ra'Atai im rr^v Iv Kqo'aoöiIcov
tiüXh TooLTie^av, iq) ijg der Trapezit, — für Abgabe — der Zahler
— Summe. Subscription des Trapeziten.
Auf den ersten Blick scheint dies Formular mit dem für Theben
und Syene nachgewiesenen völlig identisch zu sein. Aber ein
Unterschied besteht: während dort der Urheber genannt wird, steht
hier der Name des Zahlers! Dies geht unzweifelhaft daraus hervor.
QUITTUXGSFORMULARE.
129
dass in 1617 und 1618 Frauennamen begegnen. Es sind die Töchter
des Dryton, die uns aus Grenfell's Papyri (Gr. Pap. I) bekannt
sind. Leider ist mein Material für Krokodilopolis zu klein, um
weitere Schlüsse über das Quittungswesen in diesem Orte ziehen
zu können. Dass auch der Jlavsßxaövi? in 1620 der Steuerzahler
ist, wollen wir einstweilen nach Analogie annehmen. Wir können
nur constatiren, dass die Bank in Krokodilopolis im II. Jahrhundert
V. Chr. die Methode befolgt, die wir oben für Theben für's
III. Jahrh. v. Chr. und wiederum für die Kaiserzeit nachgewiesen
haben. Vgl. auch unsere Ausführungen auf S. 74, Anm. 2.
Manches spricht dafür, dass auch Xr. 1619, 1621 und 1622
(^^aturalquittungen) aus Kj-okodilopolis stammen. Sie zeigen fol-
gendes Formular:
Datum (Jahr, Monat, Tag) — fieutroti-Aev — für Abgabe — der
Zahler i^^) - — Summe. Subscription (des Sitologen).
Unter der Voraussetzung, dass auch in Krokodilopolis die
Bank- und die Thesaurosquittungen sich gleichmässig entwickelt
haben, nehmen wir bis auf Weiteres an, dass die in der Quittung
genannte Person entsprechend den oben behandelten Xummern auch
hier der Zahler sei. Eine Bestätigung bleibt abzuwarten.
Es sei noch hervorgehoben, dass auch in 1026 der Zahler,
nicht der Erheber genannt zu werden scheint. Denn dass MGa)(''a)v
der Besitzer der 500 leider so schwer verständlichen Steuerobjecte
ist, dürfte doch das Wahrscheinlichste sein. Leider ist nicht genauer
bekannt, aus welchem Ort das Ostrakon stammt.
Arbeitsquittungen.
Zum Schluss möchte ich auf diejenigen Quittungen hinweisen,
in denen es sich nicht um Zahlungen in Geld oder Getreide, sondern
um Arbeitsleistungen handelt. Ueber die sachliche Bedeutung
dieser Quittungen vgl. unten Kap. IV. Hier sei nur hervorgehoben,
dass die Beamten meist in der briefartigen Form quittiren. So in
1043 — 1047 (vgl. Corrigenda), 1058, 1399, 1410, 1411, 1567.
Altertümlicher scheint die Form zu sein, die in 1023 (III. Jahrh.
V. Chr.) vorliegt: .y^ATZzip-^OLGZXi — der Arbeiter — so und so viele
Naubia. Subscription: Name des Beamten." Aehnlich 1025 (gleich-
falls aus dem III. Jahrh. v. Chr.).
WiLCKEN, Ostraki
9
IV. KAPITEL.
Die Abgaben.
In diesem Kapitel haben wir die Abgaben im weitesten Sinne,
d. h. die Gebühren und Steuern, auch die privaten Abgaben, die in
unseren Ostraka begegnen, zusammengestellt und haben versucht,
unter Heranziehung auch anderen Materiales^ die Katur der ein-
zelnen Abgaben zu erklären. Leider mussten wir oft mit einem
„non liquet" schliessen, doch einige wichtigere Grundzüge Hessen
sich auch jetzt schon erkennen. Ohne Zweifel wird durch die
fortgesetzten Papyruspublicationen , hoffentlich auch durch weitere
Ostrakaeditionen, unsere Kenntnis von den Steuern sich noch immer
mehr vertiefen, sodass dieser erste Versuch, der hier gewagt ist,
in vielem bald überholt sein wird. Möchte für diese weiteren
Forschungen die hier gebotene Zusammenstellung sich als eine nütz-
liche Vorarbeit bewähren! Dann hat sie ihren Zweck erfüllt.
Wir geben die einzelnen Abgaben, mit den griechischen Bezeich-
nungen der Texte, in alphabetischer Folge. Bei zusammengesetzten
Ausdrücken entscheidet der Anfangsbuchstabe des Steuerobjectes.
Also Wörter wie liXoq, ^opoc, slooc, sind nicht berücksichtigt, wenn
sie in Verbindung mit dem Steuerobject auftreten. Dass wir auch
die TL[xa'', wiewohl sie keine Abgaben sind, eingereiht haben, möge
man damit entschuldigen, dass ihre Besprechung auch für die ent-
sprechenden Abgabenverhältnisse nicht ohne Nutzen ist. Ausschliessen
mussten wir diejenigen Ostraka, in denen die Bezeichnung der
Abgabe entweder im Text verstümmelt und daher unlesbar ist, oder
aber, wiewohl gut erhalten, bisher noch nicht von uns entziffert
werden konnte. Es sind folgende Nummern: 185, 227, 239, 265,
§ 1. DIE AGOßAXOMIE- STEUER.
131
278, 294, 301, 358, 361, 362, 365, 431, 437, 491, 499, 500,
507, 510, 535, 557, 558, 583, 610, 638, 678, 689, 695, 703,
739, 760, 761, 788, 999, 1079, 1277, 1317—1319, 1338, 1405,
1444, 1473, 1503, 1568, 1578, 1584, 1586, 1588, 1594.
Am Schluss findet sich eine Zusammenstellung weiterer für
Aegypten nachweisbarer Steuern, sowie ein Versuch, etwas Ordnung
in das Chaos zu bringen.
§ 1. TsAO(; dYopavGjjL(Lac).
•Für Theben belegt durch Nr. 1053, 1330, 1331, 1333, 1419.
In 1330 findet sich die vollständigste Schreibung: ayopavoiA,
in 1419 OLyopV-, in 1053 und 1333 nur aY°, in 1331 eine Abbre-
viatur von Letzterem. Man könnte auch an die Auflösung ayopa-
V0|JiLx6v oder dyopavofiwv denken.
Die ursprüngliche Aufgabe der ayopavojiGt war bekanntlich,
den Marktverkehr zu regeln und zu leiten, also die Marktpolizei
zu üben. Daraus hat sich weiter ihre Befugnis entwickelt, Contracte
über Eigentumsveränderungen etc. aufzustellen, Diese zwiefache
Competenz tritt uns auch hier bei der Agoranomieabgabe entgegen.
Wir müssen hier wie immer von dem Namen der Steuer aus-
gehen. TiXoq aYOpavo(XLa^ wird eine Abgabe bezeichnen, die für
die Agoranomie, für den Unterhalt und die Salarirung der Agora-
nomen erhoben wurde. Wir werden unten ähnliche Abgaben für
die Praktoren, die Sitologen u. s. w. kennen lernen. Die Agoranomie-
Steuer wurde jedenfalls von denjenigen erhoben, für die die Agora-
nomen thätig waren, d. h. die Händler, die auf dem Markt ihre
Waren feil boten. In 1330 und 1331 ist der Steuerzahler ein
Fischhändler (vgl. § 6). In 1419 wird die Abgabe genauer als
[xeXo?] dYOpavo(i({a5) wviwv bezeichnet, also bot der Zahler jeden-
falls Marktwaren (wvia) feil. Natürlich hatten alle diese Händler
ausserdem ihre Gewerbesteuer zu zahlen (§ 6 und § 135). Wenn
nach 1419 die Abgabe pro Monat berechnet wurde, so müssen
Händler in Frage stehen, die regelmässig den Markt besuchten,
dort wohl ihren festen Stand hatten. Die Existenz einer solchen
Marktsteuer legt die Frage nahe, ob es überhaupt erlaubt war,
ohne Aufsicht der Agoranomen Marktwaren zu vertreiben.
Mitteis, Eeichsrecht u. Volksr. S. 52. "Wessely, Mittli. Pß V. S. 83.
9*
132
IV. KAPITEL.
Entsprechend dem notariellen Charakter der Agoranomen wird
in 1053 ein ziXoc, {JLcaO'Waewc: — es handelt sich um die Pacht
eines Grundstückes — unter den allgemeinen Begriff des ziXoc,
aYopavo[Jn'a^ subsumirt. Dafür, dass der Pachtcontract vor dem
Agoranomos geschlossen ist, wird das ziXoc, an den TeXwvy]^ OL^fOpT,-
vo[XLZO'j gezahlt. Wir würden eine solche Abgabe eher für eine Yer-
kehrssteuer halten. Der Name zeigt aber, dass auch dies als eine
Abgabe für den Agoranomos aufgefasst wurde.
§ 2. TTisp )( dyopaata^.
Nur in 1225, aus byzantinischer Zeit.
Was diese Abgabe, die als ein ziXoc, bezeichnet wird, bedeutet,
wage ich nicht zu bestimmen, ehe nicht für ^ eine evidente Auf-
lösung gefunden ist. Der IMöglichkeiten giebt es mehrere.
§ 3. Z7 8o&s[vTa] dYw( ).
Für Theben belegt durch 1349 (II. Jahrh. v. Chr.).
Weder für diese Wendung noch für den Gesammtinhalt der
Quittung wüsste ich einstweilen eine Erklärung vorzuschlagen. Ich
will nur hervorheben, dass wir hier einen der wenigen Fälle vor
uns zu haben scheinen, in denen in natura gezahlt wird, ohne dass
von Grundsteuer die Rede ist. Vielleicht handelt es sich hier aber
garnicht um eine Abgabe, sondern um eine geschäftliche Lieferung.
Sollte in Z. 4 voL'OY.\(r^poq) statt vo? zu lesen sein, was mir frei-
lich palaeographisch bedenklich erscheint, so würde es nahe liegen,
ayw etwa in aYa)(Y:pia) aufzulösen. Dann würde der Schiffsherr
auf Rechnung der ihm überwiesenen Fracht die 10 Artaben Weizen
abliefern. Doch hier ist einstweilen alles unsicher.
§4. AiM?).
Für Theben belegt durch 408, 419, 422, 423, 429, 431, 434,
437, 438, 444, 448, 452, 461, 465, 466, 472, 480, 1281, 1282,
1379, 1613, alle aus der Kaiserzeit.
Während das Wort ol':^ in den meisten Fällen wegen der
Flüchtigkeit der Schrift nur schwierig zu erkennen ist, steht es in
§ 1-4.
133
1379 klar und deutlich geschrieben, sodass jeder Zweifel ausge-
schlossen ist.i)
Was es bedeutet, weiss ich nicht. A^on griechischen "Wörtern,
die mit ac^- beginnen, käme höchstens aixca in der Bedeutung „In-
jurie" in Betracht. Dann würden diese Zahlungen Biissgelder für
die Zufügung von Injurien sein. Doch diese Deutung scheint
dadurch ausgeschlossen, dass die hier vorliegenden Zahlungen Jahr
für Jahr wie eine ordnungsmässige Abgabe erhoben werden.
Für die Charakterisirung der Abgabe ist Folgendes hervor-
zuheben :
1. Die Ostraka, auf denen oL'y- begegnet, stammen sämmtlich
aus ein und derselben Ortschaft, Xoto; xal Acd). Xur in 1379
ist nach damaliger Sitte (im J. 43) kein Lokal genannt, und in
423 steht A^eo, in 1610 McfivovsLWV.
2. Die Ostraka mit a:^- sind, wenigstens in der vorliegenden
Sammlung, auch zeitlich eng begrenzt. Sie stammen aus der Zeit
von 43—109 nach Chr.
3. Da auch hier vielfach Ratenzahlungen vorliegen, ist es
schwer, über die Höhe und Bemessung der Abgabe etwas zu sagen.
Bemerkenswert ist, dass KajJLfjii? Ka|JLr^T:oc sowohl für 79/80 als für
83/4 und 85/6 immer dieselbe Summe, je 2 Drachmen 14 Obolen
und 2 Chalkus zahlt (vgl. 1281, 461, 465). Dagegen tritt bei
anderen Persönlichkeiten in den verschiedenen Jahren ein bedeu-
tendes Schwanken des Satzes hervor. Man vergl. z. B. für den
Vater des oben genannten Kametis, Kapi^T'.c nsTEapTzprjo'JC, die
^s^ummern 419, 422, 429, 431, 434, 438, 448. Andrerseits zahlt
WevaevTL^ofjS im J. 79; 80 ebenso wie der jüngere Ka|jiYjTi? die oben
genannte Summe. Dagegen zahlt er im Jahre 85 6 3 Drachmen
44 Obolen, während jener 2 Drachmen 14 Oboben 2 Chalkus zahlt.
Es ist mir nicht gelungen, aus diesen Thatbeständen einen Schluss
auf den bei dieser Steuer zu Grunde liegenden Modus der Auflage
zu ziehen.
^) Vorübergehend habe ich an eine ganz andere Lösung gedacht : a'.*''- = ai
y.(a'9-f^7tG'jaa'.) oder ähnlich. Palaeographiseh wäre es möglich. Das fiel mir bei
137 9 ein, wo für das xa)|iaT'.y.öv 1 Dr. 2| Ob. gezahlt werden, darauf: ai^
6 Dr. 4 Ob., eine Summe, die gerade für xwtiftx'.xöv das Uebliche ist. Danach
würde al 7C(aO"r/%oi)aa!,) die Normalhöhe angeben nach einer voraufgeheuden
Rate. Aber andere Stellen sprechen dagegen.
134
IV. KAPITEL.
§ 5. 'AxpoBpucav.
Für Syene belegt durch Nr. 1 und 2 (vgl. Corrigenda), für Theben
durch 1278, 1316, 1344, 1346, 1491.
'Axp65pi)ov oder, wie es hier mehrfach geschrieben ist, axpo-
Tpuov bezeichnet sowohl den Fruchtbaum (vgl. Geoponic. X. 66,2),
als auch die Baumfrucht, und zwar werden speziell die Früchte
mit holziger Schale darunter verstanden.^)
Betrachten wir zunächst die thebanischen Ostraka. In diesen
wird die Steuer regelmässig als eine exiv] bezeichnet, d. h. als ein
Sechstel vom jährlichen Ertrage. In 1278, 1316 und 1344 wird
sie ausserdem als ein ziXoc, tottod bezeichnet, womit besonders darauf
hingewiesen ist, dass sie nach den Toparchien auferlegt und erhoben
wird (vgl. unten § 124). Wiewohl wir diesen selben Hinweis ge-
rade bei der Grundsteuer häufig finden werden (a. a. O.), ist in unseren
Fällen hier an eine Grundsteuer dennoch nicht zu denken. Wir
werden unten den Nachweis führen, dass die Grundsteuer in
Aegypten in Form einer festen Taxe pro Arure aufgelegt w^urde (vgl.
unten § 46), Avährend wir es hier mit einer Ertragsquote zu thun
haben. Für das Obstland wird jene Grundsteuerberechnung durch
den Londoner Papyrus CXIX Z. 53 (axpoSpuwv ava ^ x) und
CXIX A Z. 5. (TiapaSsiatüv xal axpoSpuwv ava ^X) ausdrücklich
bezeugt, wonach die Arure Obstland bald mit 20, bald mit
30 Drachmen besteuert wurde. Man könnte einwenden, dass dieses
Zeugnis aus dem II. Jahrh. n. Chr. stammt, während unsere Texte
hier dem III. und II. Jahrh. vor Chr. angehören. Es ist aber mehr
als unwahrscheinlich, dass in der Ptolemäerzeit für das Obstland
ein anderes Berechnungssystem bestanden haben sollte als für die
anderen Bodenarten.
Ich glaube daher, dass wir es hier vielmehr mit nichts anderem
zu thun haben als einer speziellen Abart jener a7r6|xocpa, über
deren Neuordnung durch Philadelphos Grenfell's Revenue -Papyrus
uns soeben neues Licht gebracht hat (vgl. § 17). In diesem Gesetze
des Philadelphos heisst es Col. 24,11 ff:
^) Geoponica X 74 (ed. Beckh): 1 'O-wpa XsYsia'. -q x?-ctü5Yj xov y.apTiöv
ly^o'j:jOL, olov Swpaxivd, \i.%XoL, txTiTiigia, Sa^iaa-xr^vcc, y.al oja |jLYj sx£'. s^wO-dv i-,
SuAcoSäg. 2 'AxpöSpua §£ y-aXsixa'. oaa e^coO-sv xsXuqJcs sx^i? o-^v po-.d, Ti'.a-
-dx'.a, xdaxava, xai oaa ^uXwdY) xdv "/tapTiöv s^wO^sv sxs'..
§ 5. DIE OBSTABGABE.
135
Twv bk TrapaSei'atov l^uvTiixT^aewi; zfilg ]
[. . . .][JL£Vyj^ IZpOQ OLpyöpLO'^ TYjV Ezir^v t[ ]
[. . .] aiv.
Also von dem Ertrage der Garten erzeugnisse soll ein Sechstel
an die Göttin Arsinoe Philadelphos jährlich gezahlt werden, und
zwar In Silber. Können nun aber die axpoSpua unter den von
dem Gesetz genannten ysvigfxaTa (vgl. Col. 36, 18) der TrapaSsLaoc
mit verstanden werden? Ich glaube, das wird durch einen Flinders
Petrie PapjTus (III. Jahrh. vor Chr.) mehr als wahrscheinlich. Im
Petr. Pap. (II) XXVII 1 ist eine au'ni\ir^a'.c, erhalten, wie sie in
jenem Gesetzesparagraphen gefordert wird. Darin berechnet der
Steuerpflichtige erstens die exty] von seinem dpiTieXwv, und zwar
in natura, zweitens die sywXYj twv axpo5p'JO)v Vwal axei^avwv, und
zwar in Geld. *Es unterliegt keinem Zweifel, dass diese auvTL|JiyjaL^
für jene a7r6(X0Lpa gemacht ist. Danach entsprechen aber hier die
axpobpuoc und axe^avo: den Y£vrj[xaTa der TiapaSe'.ao: im Eevenue-
Papyrus. Damit erledigen sich, wie mir scheint, die Einwendungen
von Mahaffy, Rev. Pap. p. XXXIII. Uebrigens vgl. unten S. 157 A. 2.
Sonach sind wir berechtigt, auch in unseren Ostraka die exry] von
den axpoSpua als einen Teil jener von Philadelphos neu geordneten
a7i6|XOLpa zu betrachten.
Die beiden Ostraka aus Svene (eines aus Ptolemäerzeit, das
andere aus Augustus' Zeit) weichen darin von den thebanischen
Urkunden ab, dass sie die Abgabe nicht als exty] bezeichnen. In
Nr. 1 scheint gleichfalls auf die Toparchie hingewiesen zu sein wie
in Theben, vielleicht auch in 2. Ich wage nicht zu entscheiden,
ob wir es auch hier mit der sxtyj, also der a.7i6\ioipoc zu thun
haben, oder ob es sich hier um die Grundsteuer für das Obstland
handelt. In letzterem Falle würde axpoopua hier in dem Sinne
von „Fruchtbaum" (seil, y*^) stehen. Dass diese Grundsteuer in
Geld gezahlt würde, wäre den Angaben jener Londoner Papyri
entsprechend.
In 1491, das aus dem III. Jahrh. vor Chr. stammt (Avohl Euergetes I.),
wird der Vorschrift des Philadelphischen Gesetzes entsprechend in Silber gezahlt.
Bei den Kupferzahlungen des II. Jahrhunderts finden sich in den vorliegenden
Fällen keine besonderen Charakterisirungen des Kupfers. Vgl. Kap. X.
136
lY. KAPITEL.
§ 6. Tskoq |xsTaß6X((ov) dXiswv.
Für Theben belegt durch Nr. 647 und 1449 (IL Jahrh. n. Chr.).
Wie der Textdruck zeigt, habe ich lange geschwankt, wie die
Worte [jLETaß oder [xsTaßo^ und aXc^ oder aXiewv zu verbinden sind.
Entgegen meinen früheren Vorschlägen glaube ich jetzt das Richtige
zu treffen, indem ich [ieza^oXoc, als Adjectivum fasse, das die Art
des cc)dt{)C, genauer definirt. Wohl steht es gewöhnlich substantivisch,
gleichbedeutend mit [lezoL^oXeijc, (Kleinhändler). Vgl. Rev.-Pap. 47,12;
48,3 und 7. Ebenso in LXX und sonst^), auch in Nr. 1331,4. Aber
auch die adjectivische Verwendung, die durch das folgende aXtecov
hier nahegelegt wird, ist sprachlich möglich. Ich finde es so in dem
Palmvrenischen Steuertarif (ed. Dessau, Hermes XIX S. 516), wo es
heisst: 6\ioii})c, L{j.aTL07iü)Xat (iETaßoXoc tiwXoövte^ ev x-g ttoXsc.^) Das
zeXoc, |Ji£Taß6Xa)v aXcswv ist hiernach die Gewerbesteuer, die von
den Fischern erhoben wird, die ihre Ware verkaufen. Wir w^erden
im nächsten Paragraphen sehen, dass die Fischer dafür, dass sie
fischen durften, eine andere hohe Abgabe zu zahlen hatten. Unsere
Abgabe hier zahlen sie lediglich für den Kleinhandel mit Fischen,
für die |X£Taj3oXy].^) Dass dieser Handel auf dem Markt stattfand,
sahen wir oben in § 1.
Ueber die Höhe der Steuer lässt sich aus den vorliegenden
Urkunden nichts Sicheres gewinnen. Bemerkenswert ist, dass in
647 eine Gesellschaft von Fischern die hohe Summe von 72 Drachmen
für einen Monat zahlt. Wie alle Gewerbesteuern wurde auch diese
pro Monat berechnet.
In 1449 wird die Abgabe von einem iTiLTYjpYjTY]? ziXouq |JL£Ta-
ßoXwv aXt£(i)V erhoben.
^) In einer Inschrift aus Cos (Rev. Etud. Gree. IV S. 359 ff. 372) begegnen
xot iiexaßoXol xoi ev Totg ix^öoiv.
■'^) Mein früherer Vorschlag, aXiecDv für Verschreibiing von (xXi£t,wv zu halten,
hat nur das Bedenkliche, dass dann yj ocX'.sia den coucreten Sinn von „Fischer-
•\varen" haben müsste. — Die nächstliegende Lösung, jjLSxaßoXyjg aXiecov zu lesen,
ist mir darum unwahrscheinlich, weil in den Gewerbesteuerquittungen immer
die Personen hinter uTisp genannt werden. Vgl. § 135.
^) Eine Inschrift aus Karthago nova (CIL II S. 5929) nennt 2nscafo7'es
et propolae, also Fischer und Höker, als Dedicanten. Vermutlich sind auch
diese propolae entsprechend unseren [jLSxäßoXoi cCaibVc, als Fischhändler auf-
zufassen, woraus sich am leichtesten erklären würde, dass sie mit den piscatores
zusammen einen Verein bilden. Vgl. Liebenam, Röm. Vereinswes. S. 87.
§6 7. ABGABEN DER FISCHHÄNDLER UND FISCHER. 137
§ 7. 'H TsiapTY] aXtswv.
Für Theben belegt durch Nr. 326, 331, 337, 339, 340, 346,
349, 1029, 1233, 1347, 1348, 1522. Vgl. 343.
Die von den Fischern erhoben^ Abgabe, die in 1029 und
1233 zi'koq heisst (vgl. auch 1233), wird regelmässig als zezdpzri
bezeichnet, meist als TSTapTYj äXl£ü)V, einmal auch TSxapXYj lyß-uixGiV
aXtetov (331). Mit letzterem Ausdruck ist 343 zu vergleichen
(aus dem Jahre 255/4 vor Chr.), wo nur lyß'Uix&y gesagt ist, ohne
Hinzufügung der Quote. Da Kr. 331 der Mitte des III. Jahrh.
V. Chr. angehört, so sehen wir, dass im III. w^ie im II. Jahrh. vor
Chr. die Fischer ein Viertel ihres jährlichen Ertrages an den König
abliefern mussten (vgl. 331: ßaaiXsT).
Leider geben uns die Texte keine volle Klarheit darüber, wie
diese Abgabe aufzufassen ist. Nur das Eine steht ausser Zweifel,
dass die Zahlungen sämmtlich an den König, resp. die königliche
Bank fliessen. Die Auffassung der Abgabe wird davon abhängen,
ob man den König oder aber die Fischer als die Eigentümer des
im einzelnen Falle ausgeübten Fischereirechtes betrachtet. Dass der
König auf dem Nil und den Seen ausgedehnte Fischereirechte be-
sass^), ist selbstverständlich und wird auch ausdrücklich überliefert.
Bekannt ist Herodot's Erzählung (II 149, III 91) von dem reichen
Ertrage, den die Fischerei im Moerissee für den König — damals
den Perserkönig — abwarft), und Diodor I 52 illustrirt diese An-
gabe durch die Mitteilung, dass für die Einpökelung der kolossalen
Fischmassen aus dem Moerissee kaum Arbeitskräfte genug zu finden
waren. Wenn man diese Angabe verallgemeinert und annimmt,
dass der König auf Fluss und Seen allein das Fischereirecht ge-
habt habe, mit anderen Worten, dass die Fischerei ein königliches
Monopol gewesen sei, so fragt es sich, wie dieses Monopol gehand-
habt worden ist. Sind etwa die einzelnen Fischereien verpachtet
gewesen, so sind unsere öOdelc, Pächter des Königs, und die izzocpzy]
ist nichts anderes als die Pachtsumme. ^) Diese Auffassung scheint
^) Für die alten Zeiten vgl. Erman, Aegypten und aeg. Leben S. 125.
^) Täglich 1 Talent; während des Ueberschwemmungshalbjahres aber nur
20 Minen pro Tag.
^) Auch heute noch bringt die Verpachtung der Fischerei in Aegypten
der Krone grosse Summen ein. Allein der Menzale-Sec bringt heute jährlich
138
IV. KAPITEL.
mir dadurch ausgeschlossen, dass die TSTapXY] als xiloq bezeichnet
wird. Dieser Ausdruck würde — unter der Annahme des Monopols —
eher zu der Annahme führen, dass der König von den in seinen
Diensten stehenden Fischern eine Abgabe von ^ des jährlichen
Ertrages verlangt habe. Doch auch dies scheint mir nicht zutreffend.
Sollte der König, wenn ihm als alleinigem Herrn der gesammte
Ertrag zustand, sich mit einem Viertel begnügt haben? So neige
ich vielmehr der Ansicht zu, dass die Fischerei in Aegypten nicht
ausschliesslich königliches Monopol gewesen ist, dass vielmehr auch
Private und Priesterschaften, vielleicht auch Gemeinden Fischerei-
rechte besessen haben. ^) Sehen wir in den Fischern unserer Ostraka
Leute, die solche Fischereirechte etwa in derselben AYeise besassen
wie Andere Aecker und Weingärten ihr Eigen nannten, so ist die
ztzoLpxf] einfach die Ertragssteuer, die ihrer Bedeutung nach mit
der Grundsteuer, die Jene zu zahlen hatten, auf einer Stufe steht.
Die Normirung auf ^ des Ertrages scheint mir bei dieser Erklärung
verständlich.
Die Fischereiabgabe begegnet auch sonst in den Urkunden.
Im Pap. Paris. 63, 4, 98 tritt sie unter dem Namen lyß^uripa. (seil,
wvi^) auf. "Wahrscheinlich ist auch mit der Tezdpzy] im Pap. Paris.
67,15 nichts anderes gemeint. In dieser Abrechnung über die
gegen 1,248,000 Mark. Vgl. v. Fireks „Aegypt. 1894" S. 117. Vgl. auch
Wiedemann, Herodot's II. Buch S. 537. — Aus dem Altertum liegen auch sonst
Nachrichten vor, dass das Fischereirecht den Staaten oder Gemeinden gehörte und
von ihnen verpachtet wurde. Für Byzanz vgl. Pseudo-Aristot, Oeconom. II 2, 3
{iriZ O-aXocTTYjs xfjV äJv'.siav), wo der Text leider verdorben ist. Vgl. Boeckh,
Staatshaushalt d. Athen. I^ S. 372. Interessant ist eine ephesische Inschrift, die
E. Curtius im Hermes IV S. 187 herausgab, in der ol eni zö xeXwviov xf^g
i/Jhvi/.ri^ :ipaY[JLaTSDÖ[i£vo!, begegnen. Curtius meint, dass an diese xsAwvat
die zuständige Tempclbehörde den ergiebigen Fischfang verpachtet habe (S. 189).
Vielmehr war der Fischfang an Fischer verpachtet. Die xsXwva'. können nur
die Steuerpächter sein, die die Erhebung der jenen auferlegten Fisch ereiabgabe
iy/ß-'y.'/.r^) gepachtet hatten. Weitere Belege bei Zangemeister, Corresp. d. AYest-
deutsch. Zeitschr. 8, 1889, S. 7 f., worauf mich Mommsen freundlichst hinweist.
Im Pap. Leipz. 11 Verso 12 f. (ed. Wessely S. 252) findet sich folgender
Passus :
'AtioXXws 'Ax'AXscos aX'.süs a{[iv7]s
TaiJLW'. (??) SoöX(os) 'Avxio^£vo(ug) SigaaxaX(ou) cvj.
Dieser Apollos (nicht Apollon, AVess.) scheint auf dem genannten See ein
Fischereirecht besessen zu haben. Vgl. Wessely a. a. 0.
§ 7. DIE FISCHEREIABGABE,
139
einzelnen Steuern ist die ZEZxpVf] nach meiner Lesung mit 20 Talenten
5980 Drachmen aufgeführt.^) Leider wissen wir nicht, auf welchen
Ort resp. auf welchen Steuerdistrikt sich die Angaben dieses Papyrus
beziehen. Um so erfreulicher ist es, dass wir durch einen soeben von
Eugene Revillout edirten neuen Parisei* Papyrus-) erfahren, wie hoch
die Erhebung der Fischereiabgabe gerade in Theben, woher ja auch
unsere Ostraka stammen, um's Jahr 130 vor Chr. verpachtet wurde.
Diese äusserst wichtige Urkunde ergiebt, dass damals im Peri-
thebischen Gau die Erhebung der Fischereiabgabe (sie heisst hier
nur TÖv aXiltov, seil, wvi^, Z. 9) normaler Weise mit 25 Talenten
pro Jahr vergeben wurde, was voraussetzt, dass man den jährlichen
Ertrag der dieser Abgabe unterworfenen Fischerei des genannten Gaues
auf rund 100 Talente abschätzte.^) In dem in dem Pariser Papyrus
erhaltenen Erlass des Königlichen Schreibers Heliodoros erhält der
o:7.GVG[XG? ToO IIcpl Sr^'pOLC, einen Verweis dafür, dass er die Pacht zu
niedrig (für 22 Talente) vergeben habe, anstatt, da es sich in diesem
Falle um ein Uebergebot handelte, das vorgeschriebene eTTiöly.axov,
d. h. 10 Procent Zuschlag, also im Ganzen 274 Talente zu verlangen.
Er wird daher unter Hinweis darauf, dass er mit seinem eigenen
Vermögen einzustehen habe, energisch zur Remedur aufgefordert.^)
^) Lumbroso, Eecherches S. 306, dachte an die Tsxapxir], die am roten
Meer als Einfuhrzoll erhoben wurde (vgl. § 205). Doch liegt es jetzt näher, an
die xsxdpxYj (iX'.scov zu denken. Auch die Steuern zpo<^f,<^ und wohl auch 5paX[i^^,
die in dieser Pariser Liste aufgeführt werden, scheinen nicht mit ihrem vollen
Namen genannt zu sein. Dass in Z. 9 des Pariser Textes wv e[ia]'.v statt (ov£'.[a)]v
zu lesen ist, erwähnte ich schon an anderer Stelle.
•2) Eevue Eg>-ptol. VII S. 39 f. Melanges S, 300 flf.
^) Der kolossale Fischreichtum des Nil ist bekannt genug. Vgl. Diod. I 36, 1 :
XüDp'-s 5s Töv £ip-/i|jLsv(i)v d-r,pi(Dv 5 Nsi?.©; Ixs'- Tiavxota yevr^ '.x^-utov '/.cd xaxa
TO Tikfj^o^ 57t'.axa. Nach Klunzinger giebt es heute nicht weniger als 70 — 80 Arten
von Fischen im Nil. v. Fircks a. a. O. spricht sogar von 100 Arten. Wirt-
schaftlich spielte der Fisch eine ausserordentlich wichtige Eolle, da er namentlich
in gedörrtem oder geiDÖkeltem Zustande statt des Fleisches das Hauptnahrungs-
mittel des Volkes bildete (vgl. Diod. a. a. O.). In einem Wirtschaftsbuch aus dem
III. Jahrh. v. Chr., dem sogenannten Papyrus Sakkakini, den Revillout zuerst
entziffert hat (Rev. Egypt. III. 118 ff.), erscheint unter den zum Haushalt nötigen
Ausgaben neben Brot und Gemüse fast jeden Tag xap'-Xo^, worunter man gewiss
Pökelfische zu verstehen hat. Nur einmal (S. 125) erscheint daneben Fleisch i xpsaj).
■*) Der Text, wie ihn Revillout vorgelegt hat, ist im Grossen und Ganzen
verständlich. Nur in der mittleren Partie fühlt man sich versucht, z. T. ab-
140
IV. KAPITEL.
Aus unseren Ostraka ist über die Höhe der gesammten Jahres-
pacht nichts zu erschliessen , da wir es hier lediglich mit ganz un-
regelmässigen Ratenzahlungen zu thun haben. Dennoch ist die Betrach-
tung der einzelnen Summen in diesem Falle nicht ganz unnütz. Abge-
sehen von 1029 und 1233 sind die uns hier beschäftigenden Urkunden
sämmtlich Quittungen, die die Bank den Steuerpächtern ausstellt
(vgl. Kap. III). Es ist nun ein glücklicher Zufall, dass wir in zwei
Fällen mehr als eine Quittung aus ein und demselben Jahre be-
sitzen. Nach 339 zahlte der Steuerpächter Simon — es ist derselbe,
der sich in 1233 (vom Jahre vorher) 2t^03v 'la^apou 6 s^etXyjcpto^
TYjv TSTapTT^v TWV aXilwv de, TO XTj L nennt — am 4. Hathyr des
29. Jahres (142/1 vor Chr.) 2140 Drachmen für die besagte Abgabe
an die königliche Bank. Der Bankier Ptolemaios notirt bei dieser
Gelegenheit am Rande „2460 Drachmen", was nach unserer im
III. Kapitel S. 76 gegebenen Deutung besagen will, dass er bis
dahin im Ganzen 2460 Drachmen erhalten habe. Für die Beant-
wortung der Frage, ob sich diese Notiz auf das ganze Jahr oder
aber auf den betreffenden Monat bezieht, verwiesen wir a. a. O.
gerade auf die vorliegende Untersuchung. Die Frage wird nämlich
durch Nr. 340 entschieden. Danach zahlte derselbe Simon drei
Monate später (am 29. Mechir) für dieselbe Abgabe an dieselbe
königliche Bank 580 Drachmen. Wenn nun die Randbemerkungen
der Trapeziteu sich auf das ganze Jahr erstreckten, so müssten wir
erwarten, dass hier notwendig jene 2460 Drachmen hinzuaddirt
wären. Das geschieht aber nicht, vielmehr steht am Rande: „670".
Damit haben wir das Resultat gewonnen, dass die Randbemerkungen
des Trapeziten lediglich das zusammenfassen, was in dem betreffenden
Monat gezahlt ist. Wir gewinnen andrerseits einen tieferen Ein-
blick in die Steuererhebung, indem wär sehen, Mas auch durch
andere Urkunden bestätigt wird, dass die Steuerpächter allmonatlich,
oft in Raten, an die Bank ablieferten, was sie im Monat von den
Steuerzahlern eingetrieben hatten. Die Ostraka zeigen uns zugleich,
was an sich selbstverständlich ist, dass diese monatlichen Zahlungen
der Steuerpächter von sehr verschiedener Höhe waren. Das haben
wir uns bei jeder einzelnen derartigen Quittung vor Augen zu halten.
weichende Ergänzungen zu proponiren. Doch Hesse sich das nur am Original
mit Sicherheit machen. In Z. 18 ist wohl jedenfalls statt des grammatisch un-
möglichen y.al [ach] Ssovxog zu schreiben: Kai [au] Ssovxog.
§ 7. DIE FISCHEREIABGABE.
141
— Zu demselben Resultat führt auch die Vergleichuug von 349
und 1522, die über die Ratenzahlungen desselben Steuerpächters,
Biyjpxa;, für dasselbe Jahr (J. 41 des Euergetes II.) quittiren. Ich
verweise auf die Texte.
Abweichend von den anderen Ostraka sind 1029 und 1233
Quittungen, die die Steuerpächter — es sind dieselben Personen,
2i{Xü)V und ^Qpoq, die wir dort als Quittungsempfänger kennen
lernten — den Steuerzahlern ausstellten. In 1233 wird einem
Fischer quittirt, der mit seinen Söhnen das Geschäft betrieb (vgl.
Corrigenda).
Wenn auch die vorliegenden Ostraka sämmtlich der Ptole-
mäerzeit angehören, hat doch die Fischereiabgabe auch in der
Kaiserzeit fortbestanden. BGU 220 und 221 bezeugen eine Abgabe
von den älitlc, für die Zeit um 200 n. Chr. In 220,13 hatte ich
statt 9[6p(ou)] aXi£(i)v vielmehr ß' aXiewv, d. h. 6I{Jiocpov dXilwv vor-
geschlagen. Danach wäre die Abgabe von den Kaisern enorm
in die Höhe geschraubt, insofern die Fischer statt des Viertels
nun gar zwei Drittel ihres Ertrages dem Kaiser zu zahlen hatten.
Doch nach nochmaliger Prüfung des Originals (1896) ist mir mein
ß' ebenso fraglich geworden wie das cp[6p(ou)] der editio princeps. Ich
glaube hl/ zu erkennen, worauf vielleicht noch ein verstümmelter Buch-
stabe vor aXt£(ov folgt. Wiewohl die Stelle einstw^eilen noch dunkel
ist, ist doch soviel sicher, dass es sich um eine Fischerabgabe handelt.
Auch in BGU 485 aus dem II. Jahrh. n. Chr. wird die Abgabe
genannt und zwar mit der alten Bezeichnung: L)(^uy]pa. lieber die
Höhe ist leider auch an dieser Stelle nichts zu ersehen. Wohl aber
besagt der Text, dass die Erhebung der Abgabe, wie in den alten
Zeiten, verpachtet war. Vgl. Z. 6: a)V elaiv cd oöaat ölizo T£Xö)[v]
Tiapa [X'.a'ö'WTa'!^ ovxwv. Darauf folgt die Liste, an der Spitze:
iX^ur/pa^. Was die Abgabe ysvwv aXieuTCXÖv (BGU 277 I 1, aus
dem II. Jahrh. n. Chr.) bedeutet, lasse ich einstweilen dahingestellt.
§ 8. ''H akiyd].
Für Theben belegt durch Nr. 305—316, 1227, 1337, 1340,
1492—1494, 1624.
^AXixyj ist von aXc,, Salz, abzuleiten und bedeutet eine Abgabe
für Salz. Leider sind unsere Texte, die sämmtlich der Mitte des
142
IV. KAPITEL.
III. Jahrhunderts vor Chr., meisteos mit Sicherheit der Zeit des
Philadelphos angehören, so wortkarg, dass es schwer ist, über den
Sinn dieser Abgabe in's Klare zu kommen. Sie sagen nichts weiter
als Folgendes: „An dem und dem Tage hat X. für die ocXiy.y] durch
die Vermittelung von Y. so und so viel gezahlt.'* Nach dem. was
wir in Kap. III (S. 64 f.) ausgeführt haben, ist als sicher anzunehmen,
dass die königliche Bank, also der König der Empfänger des Geldes
war, dass ferner unter dem Y. der Abgabenpäehter zu verstehen ist,
der die Erhebung der a^axyj gepachtet hatte. Fraglich bleibt, wer
der Zahler ist, und vor allem, wofür denn die ä^czy] gezahlt wird.
Wir werden von der Annahme auszugehen haben, dass wie alle
anderen Bergwerke^), so auch die Salinen Eigentum des Königs
waren 2) und die Salzgewinnung dem Könige allein zustand. Das-
selbe wird auch von dem Seesalz gelten. Wir haben es also mit
einem königlichen Monopol zu thun.^) Es fragt sich nur, in welcher
Weise dasselbe gehandhabt wurde. Leider geben unsere knappen
Texte keine sichere Antwort auf diese Frage, und ich muss mich
darauf beschränken, unter den Möglichkeiten die wahrscheinlichste
hervorzuheben.
Man könnte denken, dass die Zahler die Zwischenhändler seien,
die das Salz vom König kaufen, um es weiter im Kleinhandel zu
verschleissen. Solche zaTiYjXo: oder laexaßoXoL oder 7:aX'.V7ipaTOövx£?.
wie der Revenue -Papyrus sie uns für das Oelmonopol vor Augen
geführt hat, werden wir auf alle Fälle als Bindeglied zwischen der
^) Vgl. Varges, de stat. Aeg. S. 65.
^) In Nr. 1227 steht d^wY] Ispwv. Ist dieses Ispwv als Gegensatz zu
t'.oiy.rjOBtüc, aufzufassen, womit nur gesagt wäre, dass der Betrag an das Tempel-
ressort abgeführt werden solle? Oder setzt dies voraus, dass es auch Salinen im
Tempelbesitz giebt?
^) Auch heute spielt das Salzmonopol im aegyptischen Staatshaushalt eine
grosse Rolle. Im Jahre 1893 ergab der Verkauf von Salz und Natron über
3| Millionen Mark, Avas nach Abzug der Verwaltungs- und Erhebungskosten
einen Einnahmeüberschuss von über 2-i Millionen Mark ausmacht. Vgl.
V. Fircks, Aegypten 1894, S. 164/5. — Im Altertum ist das Salzmonopol ausser
für Rom (s. oben) für Byzanz überliefert. Vgl. Ps. Aristot. Oec. II 2, 3, wo
man wohl xy]v xwv &Xwv &?v07iü)Xtav zu schreiben hat. Die Form dAOTicbXY]!;
ist jetzt auch urkundlich bezeugt. Vgl. nächste Anmerkung. Auch in dem
Steuertarif von Palmyra (Dessau, Hermes XIX S. 518 flf.) ist vom vectigal salis
die Rede. Leider ist der aramäische Text unvollständig, der griechische ganz
verloren. Dessau sieht darin „eine auf dem Kleinverkauf lastende Abgabe".
§ 8. DIE SALZSTEUER.
143
königlichen Salinenverwaltung und den Consumenten anzunehmen
haben. ^) Dass sich unter den Zahlern auch Frauen befinden, könnte
gegen diese Deutung wohl nicht in's Feld geführt w^erden, denn ich
könnte mir denken, dass auch Frauen zu diesem Salzhandel zugelassen
wären. Aber wenn wir sehen, dass in einer unseren Ostraka gleich-
zeitigen Urkunde, Petr. Pap, (II) XXXIX £, ein stolzer Makedonier,
'OX6[X7Ti)(0? 'AYsXaou, gleichfalls diese äXixy] zahlt, so ist es doch
höchst unwahrscheinlich, dass dieser ein solcher Salzhändler gewesen
sei. Eher könnte man ihn für einen Salinenpächter halten. Dann würde
die aXczTQ dem vectigal salinarum der Römer entsprechen, das mit
Mommsen (R. Staatsr. 11'^ 430 A. 7) als die Abgabe zu betrachten
ist, die die Salinenpächter an den Staat zahlten. Doch gegen diese
Annahme spricht die Kleinheit der von Olympichos gezahlten Summe :
er zahlt pro Jahr im Durchschnitt 3 Drachmen. 2) Auch können
wir uns die Frauen selbstverständlich nicht als Salinenpächter denken.
Sie stehen aber durchaus auf einer Stufe mit dem Olympichos.
So wird man eine dritte Möglichkeit in's Auge fassen müssen,
nämlich dass die Zahler die Consumenten sind, die das Salz für
ihren Hausstand verbrauchen. Die Personenfrage macht dann jedenfalls
keinerlei Schwierigkeiten, da Salz in jedem Hausstand gebraucht
wird. Man hätte dann etwa anzunehmen, dass die Consumenten
den Kaufpreis (Tt[i')^) für das Salz an jene Zwischenhändler zahlten,
ausserdem aber an die zuständigen Abgabenpächter die aAiXT], die
Salzabgabe, d. h. den für das Jahr fixirten Zuschlag zum Kaufpreis,
durch den eben der König sein Monopol fructificirte. Dass diese
CLkivA] für das Jahr berechnet wurde, ergiebt sich u. a. aus Nr. 312,
wo ausdrücklich zlq töv IviauTOV gesagt ist. Auch der von Olympichos
handelnde Text setzt dies voraus. Unter dieser Annahme würde
also die Salzsteuer nicht indirect von den Zwischenhändlern, sondern
direct von den Consumenten erhoben sein. Mir scheint diese An-
nahme unseren Texten^) am ehesten zu entsprechen. Fraglich bleibt
"AAOTiwXvj^ ist die spezielle Bezeichnung. In Arsinoe gab es eine Salz-
ladenstrasse. Vgl. BGU 9 I 14, IV 17: sv loZc, aXwTtwXioig.
Ich sah 1895 in London noch weitere, unpublicirte Fragmente dieser
Urkunde XXXIX. Auf einem las ich den Posten aX-.y.f^g L [b^ Drachmen),
auf einem anderen aAixvjs ^ S (12^ Drachmen). Vgl. auch Mahaffy, Petr. Pap. (II)
S. 36/7.
3) Vgl. auch Petr. P. (II) IV, 11, 3.
144
IV. KAPITEL.
nur, wie man den jährlichen Salz verbrauch ermittelt hat. Dass
durch die Zwischenhändler der factische Consum des Einzelnen
gemeldet wäre, ist wohl undenkbar. Sollte etwa je nach der Kopf-
zahl der Familie eine Pauschsumme pro Jahr berechnet worden
sein, so würde das, wie Ludwig Elster mir bemerkt, an die Salz-
conscription des XVIII. Jahrhunderts erinnern, insofern auch hier
nicht der factische, sondern ein vom Staat berechneter Consum zu
Grunde gelegt wurde. ^)
Nach Mommsen's Ausspruch (a. a. O.) hat für den römischen Staat
der Hauptzweck der Monopolisirung des Salzhandels darin bestanden,
„der Bürgerschaft reichliches und billiges Salz zu verschaffen". Ob
dieser Gesichtspunkt auch für die Ptolemäer massgebend gewesen ist?
§ 9. Ti^ii] äX6g.
Nach Nr. 341 (vom J. 140 vor Chr., Theben) hat ein gewisser
Chares für Salz, welches für die Fusstruppen bestimmt war, 3 Ta-
lente 3700 Drachmen gezahlt. Der Wortlaut ist: dnö Ti[x% ocXoq
Xapyj? Toij2) ToT; Tze'C^oTq- (seil. 5:5o[X£VOU). Es handelt sich hier also
nicht um eine Abgabe, sondern um die Entrichtung eines Kaufpreises
(Ti\iri).^) Der Zahler Xapvjg muss irgend eine Charge bei dem in
Frage stehenden Infanterieregiment, das offenbar in Theben stationirt
war, eingenommen haben. Der Verkäufer und Empfanger des
Geldes ist die Bank, also der König. Dass der König Salz verkaufte,
bekräftigt unsere Annahme im vorhergehenden Paragraphen, dass
das Salz monopolisirt war. Hier ist aber nicht von aXcx*^, sondern
nur von einer T'.[xy] ccXoc, die Rede. Ich glaube, man wird annehmen
dürfen, dass das Heer gegenüber dem Salzmonopol eine eximirte
Stellung eingenommen hat. Den activen Mannschaften wurde offenbar
das Salz, dessen sie zu ihrer Speise bedurften, von der Militärver-
waltung frei geliefert. Dass aber die Militärverwaltung bloss den
eigentlichen Kaufpreis, nicht auch den Zuschlag zahlte, den der
M Vgl. Handwörterb. d. Staatswiss. V S. 490.
Anfangs las ich XP'^i'^'^^^ statt x^P'^l'^'^^^- Meine Abzeichnung spricht
für Letzteres. Auch würde sonst das Subject zu xsxa'xxai fehlen.
^) Im Papyrus Sakkakiui, einem Wirtschaftsbuch aus dem III. Jahrh.
vor Chr., findet sich unter dem 1. Mesore und dann erst wieder unter dem
10. Mesore der Posten: dAs; 2_, d. h, „Salz i Obol" «NB. Silberwährung!).
Dies ist der Kaufpreis.
§ 9. SALZKAUF.
§10. DIE WAGEXSTEUER.
145
König von seinen übrigen Unterthanen forderte, wäre begreiflich.
Denn die Militärkasse war ja nur ein Teil der gesammten könig-
lichen Kasse, und schliesslich hätte der König nur sich selbst
in diesem Falle besteuert. Es ist aber auch für das im vorigen
Paragraphen untersuchte Problem insofern von Wert, als es uns
zeigt, dass die äX^xV) etwas anderes ist als der blosse Kaufpreis. —
Die Militärverwaltung scheint aber auch insofern eine gesonderte
Stellung gehabt zu haben, als sie offenbar nicht von den Zwischen-
händlern, sondern vielleicht direct von den königlichen Salinen
kaufte. Jedenfalls bezahlt sie den Kaufpreis an die Bank.
Die in dem Ostrakon für Salz gezahlte Summe erscheint enorm
hoch. Aber es ist zu bedenken: 1) es handelt sich nur um Kupfer-
geld, 2) die Zahlung mag für das ganze Jahr gelten, 3) wir wissen
nicht, wie gross der in Frage stehende Truppenteil gewesen ist.
§ 10. TiXo<; d[iagwv.
Für Theben belegt durch Xr. 392, 395, 1054, 1057, 1261,
alle aus der Kaiserzeit.
Ob man das afia^' in Ä[iaEwv oder in Ä|ia§:xoO auflösen wül,
macht sachlich keinen Unterschied. Soviel scheint sicher, dass durch
diese Steuer die Besitzer von a|JiaEa'., d. h. von Lastwagen, getroffen
wurden. In einigen Fällen wird sie ausdrücklich als xiXoq ^iia^i^^
aou bezeichnet, wo mit aou also der Besitzer angeredet ist. Dieser
Ausdruck zeigt zugleich, dass der Wagen selbst das Steuerobject
darstellt. Das Nächstliegende ist daher, in dieser Wagensteuer eine
Vermögenssteuer zu erblicken. Vermutlich wurde auch der Besitz-
stand an Wagen jährlich deklarirt (Kap. V), und wurde danach
die Steuer pro Jahr resp. pro Monat ^) wohl nach der Zahl, aber
auch mit Rücksicht auf ihre Qualität, berechnet.
Diese Deutung würde mir ganz zweifellos sein, wenn nicht,
abgesehen von 1057, überall zugleich das tIao^ (5vrjX(aa:a;) erhoben
würde (vgl. § 88). Damit kann eine Vermögenssteuer nicht gemeint
sein. Die Abgabe von den im Besitz befindlichen Eseln könnte
nur ziXoz ovwv o. ä. heissen. Die ovr^X(aacaj weist ^delmehr auf
^) Die Yergleichung von 392 mit 395 legt die Vermutung nahe, dass die
Firma Ka^if^x'.!; IlaxpcitTO'j xal jiSTOXO'- für Wagensteuer und für dvYjXaaia zu-
sammen pro Monat 75 Dr. zu zahlen hatte.
WiLCKEK, Ostraka. 10
146
IV. KAPITEL.
die gewerbsmässige Verwendung der Esel hin, und so wird der
Gedanke nahe gelegt, ob nicht auch mit der Wagensteuer eine
Abgabe gemeint sei, die für die Verwertung der Wagen erhoben
wurde. Man würde da zunächst an Vermietung denken. Die
Vermietung der Lastwagen spielt in Nr. 1180 eine Rolle. Da
heisst es: [xia-ö'oü a[jiaEwv cf ^iß (so 2 Mal) und [jLLa^oö a[xacY]c
^ a p. Also die ]Miete für einen Lastwagen beträgt hier pro Tag
2 resp. 1^ Drachmen. Der Unterschied in der Höhe mag auf der
verschiedenen Dauer der Benutzung beruhen. Auch in dem grossen
Wirtschaftsbuch aus Hermupolis aus der Zeit des Vespasiau (Pap.
Lond. CXXXI Recto) spielt das Mieten von ä\io^^o^', eine Rolle.
Vgl. Z. 500/1, 517, 565 f., 579 f., auch Z. 30 (wo 2 Mistwagen,
xoTZpriyol, gemietet werden). Gegen diese Auffassung ist jedoch
wieder einzuwenden, dass der Ausdruck uTiep t-^^^ apia^Yj^ aou eben
für eine Vermögenssteuer, nicht aber für eine Gewerbesteuer spricht.
Halten wir also an der obigen Deutung von Vermögenssteuer fest,
so bleibt die Schwierigkeit bestehen, dass zwei verschiedenartige
Steuern mit einer gewissen Regelmässigkeit mit einander copulirt
erscheinen. Dass ein und dieselben TsXwva: beide zusammen ge-
pachtet haben (vgl. 1054), ist zwar ohne Bedeutung. Aber nach
;)92 und 395 scheint es, als wenn für beide Posten zusammen eine
Summe berechnet worden sei (s. 145 Anm. 1). Vielleicht bringen
neue Texte Licht.
§ 11. Eig TO 'A|JL|Jl(03Vc10V).
Vgl. 321, 702, 1341, 1498, 1527, alle aus Theben, aus
dem Ende des II. Jahrhunderts v. Chr. Vgl. auch 1505.
Während in den beiden letzten Kummern kurz ei^ xo 'A[X[X(i)V£:ov
gesagt ist, findet sich in den drei anderen, die sämmtlich von den-
selben Steuerpächtern, der Firma IIpolTO?. Kovwv und Compagnie
ausgestellt sind, der Zusatz: iepötc, vrpou IIoavepiGuvsü)^. In 321
ist der lehrreiche Zusatz gemacht: twv tepewv 'A[1ü)voc, d. h. für
die Priester des Ammon.^) In 1505 steht nur noavsfJioOv. Es ist
^) Dieser Zusatz zeigt, dass die Abgabe wirklich als Tempelabgabe für
den Ammonterapel aufzufassen ist. Daher ist die andere Möglichkeit, in 'Aijl^w-
vsrov nur eine Lokalangabe zu sehen, abzulehnen. Aus Grenfell (Gr. Pap. I)
XXI 15 geht nämlich hervor, dass mit zb 'AjJL[ia)v£tov ein Stadtteil Thebens
bezeichnet wurde : Tä ds Xo(t7ia) olxoTZsSa [y.at cj^iJXoi tötxo'. (sie) £v A'.ög 7ic(ÄS'.)
11. FÜR DAS A3IM0XI0N.
147
also wohl nur eine Eigentümlichkeit dieser Schreiber, dass sie sich
einer solchen Ausführlichkeit befleissigen, und wir werden berechtigt
sein, auch in den beiden anderen Fällen den Zusatz hinzuzudenken.
Also für die Priester des Ammontempels auf der heiligen Nilinsel
Poanemunis (vgl. Kap. IX) ist das Getreide — es handelt sich
überall um Weizenlieferungen — bestimmt. Nichts desto weniger
wird es nach 702, 1505 und 1527 elz tcv ev A:g; 7:6 ab: 'zf^: \it^(0!,Xri',
•önrjaaupov abgeführt, also in den grossen Staatsspeicher in Theben!
Dieser scheinbare Widerspruch löst sich durch die Annahme, dass
der Zusatz e:; to 'A|i[jLa)V£lov xta. nur besagt, dass das Getreide,
das zunächst in den allgemeinen Thesauros gebracht wird, dazu be-
stimmt war, später dem besagten Ammontempel überwiesen zu werden.
Es liegt also im Grunde nichts anderes vor, als wenn sonst das
Getreide in den -ö-y^aaupGc ispwv überführt wird, nur ist in unserem
Falle die spezielle Bestimmung genauer ausgedrückt. Dass es sich
um Grundsteuer handelt, ist wohl nicht zweifelhaft. — In 1341
findet sich oberhalb des Textes die Randbemerkung lepoO L (4.).
Vgl. dazu § 60.
§ 12. T-sp djjLTZcAwvwv und uizlp yswixsTpiag Ä[X7ü£Aa)va)v.
Ersteres für Theben belegt durch Xr. 375, 397, 404, 1543,
letzteres gleichfalls für Theben durch 407 und 580, alle aus der
Kaiserzeit. Vgl. auch 1301.
Es kann sachlich und sprachlich wohl kaum ein Zweifel darüber
bestehen, dass die als \)T:zp a[X7:cAü)Vü)v . d. h. „für Weingärten"
bezeichnete Steuer die Grundsteuer ist, die vom Weinlande erhoben
wurde. Diese Auffassung findet darin ihre Stütze, dass in den
meisten der angefiihrten Ostraka der besteuerte Flächenumfang an-
gegeben ist. Es geschieht das in folgender Weise:
In 1543 (a. 9/8 v. Chr.) wird gezahlt für 4 -3^^ Arure [x Drachmen].
In 375 (a. 33/4 n. Chr.) „ „ „ 11 Dr. 1^ Ob.
In 397 (a. 47/8 „ ) „ „ „ | „ 20 Dr.
In 404 (a. 52/3 „ ) „ „ „ i „ 10 Dr.
f^'. iiSYa(/>r/.) £v tö'. 'A}jl"1(!)(v£'(!)'.) [y.jal sv to:; Kspajisio-.; sxstw 'EsO-XaSa?.
Solche Hausstellen können nicht „im Ammontemper', sondern nur im Quartier
des Ammontempels liegen. Von diesem Quartier wird wohl auch in einer the-
bauischen Inschrift gesprochen, die einen cfuÄaxixr,^ ict.od 'A{i|iü)V.£toi) nennt.
Vgl. Merriam, Amer. Journ. of archaeol. 188C, S. 149.
10*
148
IV. KAPITEL.
Aus dieser Uebersicht ergiebt sich, dass für die Arure Weinland
eine bestimmte fixe Geldsumme als Grundsteuer erhoben wurde.
Man denkt unwillkürlich an das Wort £7iapo6p:ov, das wir unten
§ 43 nachweisen werden. Die Uebersicht ergiebt zugleich, dass
in 375, 397, 404 für 1 Arure 40 Drachmen gezahlt wurden.
Dieselbe Abgabe von 40 Drachmen für die Arure Weinland liegt
aber auch in 407 vor, wo 67i(£p) Y£ü)|jL(£Tpta?) a[XTc(£Xü)Vü)v)
quittirt wird; hier werden für ^ Arure 12^ Drachmen gezahlt.
In 580, wo gleichfalls 67t£p yeoy[iezpla^ a[Ji7r£Xa)vwv gezahlt wird,
ist leider das Flächenmaass nicht angegeben. Sollen wir nun an-
nehmen, dass von den Weinlandbesitzern sowohl bizep a|JLTC£Xü)Vü)v
als auch Ö7i£p yt(ü\LeTpiocq a|JiT:£Xa)va)v je 40 Drachmen pro Arure
gezahlt wurden? Ich denke, man wird nicht fehlgehen, wenn
man darin vielmehr zwei verschiedene Ausdrücke für eine und
dieselbe Sache, nämlich für die Grundsteuer, erkennt. Wir werden
unten § 27 zu untersuchen haben, wie der Ausdruck (jizep y£ü)jJi£Tpca(;
d{Ji7i£Xa)Vü)v statt des einfachen bnkp a|Ji7i£Xa)va)V sprachlich zu er-
klären ist. Hier kommt es nur darauf an festzustellen, dass
alle Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass mit beiden Wendungen
dasselbe gemeint ist. Auch in Nr. 1301, die w^ohl ein Auszug
aus dem Kataster ist, werden nach der Ueberschrift r£ü)((X£Tp:a)
'AyopöCv) (d. h. Landesvermessung des Ortes 'Ayopat) Wein-
gärten genannt, die dvd ^ [jl, d. h. pro Arure mit 40 Drachmen be-
steuert waren.
Die Ostraka zeigen uns also eine Grundsteuer für Weinland
im Betrage von 40 Drachmen pro Arure. Es würde sehr nahe liegen,
dieses Ergebnis zu verallgemeinern und zu sagen, dass die Grund-
steuer für Weinland im kaiserlichen Aegypten regelmässig 40 Drach-
men betragen habe. Der Londoner Papyrus CIX A belehrt uns aber
eines besseren. Dieser Papyrus eine der wichtigsten Urkunden
für die Grundsteuerfrage — er stammt gleichfalls aus Theben und
ist in der Mitte des II. Jahrhunderts n. Chr. geschrieben — zeigt
uns, dass die Weingärten zur Grundsteuer in sehr verschiedener Höhe
veranlagt werden konnten. Der Satz von 40 Drachmen pro Arure
ist zwar auch in dieser Urkunde der häufigste. Vgl. Z. 13, 33, 40, 46,
F. Kenyon, Catal. of tbe Greek Pap. in the Brit. Mus. 1893, S. 142 ff.
Vgl. dazu meine Bemerkungen in Gött. Gel. Anz. 1894, Nr. 9, S. 733 ff. Das
"NVeinland (d[jL7i£Aü)v) steht überall, wo Kenyon axa) las.
§12. GRL-TS'DSTEUER FÜR REBEXLAXD.
149
60, 74, 75, 98, 104, 117, 131. Daneben findet sich aber gleich-
zeitig auch der Satz von 20 Drachmen pro Arure (Z. 33, oben),
von 75 Drachmen (Z. 105), von 150 Drachmen (Z. 33, 104, 117)
und gar von 350 Drachmen (Z. 48, 135, 139). Es scheint also
ein reiner Zufall zu sein, dass die paar Ostraka, die von dieser
Steuer handeln, soweit sie controllirbar sind, sämmtlich den Satz
von 40 Drachmen aufweisen, und wir müssen die Möglichkeit offen
lassen, dass in 580 und 1543, die sich nicht genauer berechnen
lassen, vielleicht andere Sätze zu Grunde liegen. Diese grosse Ver-
schiedenheit in der Besteuerung des Rebenlandes — die Steuer
schwankt also zwischen 20 und 350 Drachmen pro Arure — wird
kaum anders als durch die verschiedene Qualität des Bodens und
der Reben sowie durch die verschiedene Lage der Gärten^) erklärt
werden können.
Der Londoner Papyrus lässt uns noch tiefer in die Behandlung
der Weinland -Grundsteuer hineinblicken. Mir ist aufgefallen, dass
diejenigen Summen, die nach dem Satze von 20 oder 40 Drachmen
pro Arure erhoben werden, regelmässig für die E:oL7.yja:? in Anrechnung
gebracht werden, dagegen diejenigen, denen der Satz von 75, 150
oder 350 Drachmen zu Grunde liegt, ebenso regelmässig für die lepa.
Älit S'.OLxrjai^ und hpi werden die zwei grossen Ressorts der aegyp-
tischen Provinzialkasse bezeichnet, die den gesammten Rechnungen
des Londoner Pap}Tus zu Grunde liegen und auch in unseren Ostraka
an den verschiedensten Stellen hervortreten (vgl. Kap. VI). Wir
können sie etwa als Staats- und Tempelressort unterscheiden. Bei
dem bedeutenden Umfang der Londoner Urkunde wird man in der
oben mitgeteilten Thatsache kaum einen Zufall erblicken dürfen,
sondern wird annehmen müssen, dass aus den höher besteuerten
Weinländereien die Grund steuererträge nicht der S:oi7.yjaLC, sondern
den C£pa zuflössen. Eine innere Begründung dafür zu finden, dürfte
schwierig sein. Aber die Thatsache scheint mir fest zu stehen, dass
die Grundsteuern aus den besten und ertragsfahigsten Weingärten
der thebanischen Landschaft dem Tempelressort zugewiesen wurden.
Wir werden somit nach dem Londoner Papyrus annehmen, dass die
Beträge unserer Ostraka, denen der niedrige Satz von 40 Dmchmen
Dass im Falle mangelhafter Ueberschwemmung Steuererleichtenmg ge-
währt wurde, zeigt Grenf. (II) LVI. Vgl. Kap. Y.
150
IV. KAPITEL.
ZU Grunde liegt, für die SiOLXYjat^, nicht für die cepa bestimmt waren.
Und ich glaube unsere Texte bestätigen diese Vermutung. Wir
werden unten (§ 131) sehen, dass die Ostraka zwischen den (fotVLXwve;
und den cpoLVcy.wvei; hpccxiy.oi unterscheiden. Unter letzteren ver-
stehe ich diejenigen Palmgärten, deren Grundsteuer an das Tempel-
ressort abgeführt wird. Da nun in unseren Texten hier lediglich
von (^[xTieXwve^ , nicht aber von a[jL7ü£X(I)V£? lepaTizoc die Rede ist,
so sehe ich hierin eine Bestätigung dafür, dass die hier gezahlten
Beträge für die StOLxyjai? bestimmt waren.
Wir haben noch einer anderen Beziehung zwischen dem Londoner
Papyrus und unseren Ostraka zu gedenken. Wir werden unten
unter ol'vou liXoc, (§ 86) die Thatsache zu besprechen haben, dass
die Weinlandbesitzer ausser der Grundsteuer noch eine „Weinsteuer"
zahlten. In den uns beschäftigenden Ostraka begegnet ein ent-
sprechender Zusatz zweimal, in 397 und 404. In beiden Fällen
beträgt die Grundsteuer 40 Drachmen pro Arure. Auch in dem
Londoner Papyrus wird diese Weinsteuer erwähnt, aber, wie wir
unten nachweisen werden, regelmässig nur bei denjenigen Grund-
stücken, für die der niedrige Satz von 40 Drachmen Grundsteuer
gilt, nicht bei denjenigen, die 75, 150 und 350 Drachmen bringen,
mit anderen Worten, nur bei denjenigen, die für die Dioikese be-
steuert werden. Es stimmt also mit den Angaben des Papyrus
überein, wenn in 397 und 404 die Weinsteuer erwähnt wird. Wenn
sie in 375 und 407 nicht genannt wird, so ist zu bedenken, dass
man sie ja nicht notwendiger Weise zu gleicher Zeit mit der Grund-
steuer zu zahlen brauchte.
Aus dem Gesagten geht hervor, dass die Grundsteuer vom
Weinland in der Kaiserzeit zu denjenigen Steuern gehörte, die, um
mich des alten ptolemäischen Ausdruckes zu bedienen, nicht TZpbc,
yevi^fJiaTa, sondern jzpbc, apyupLO"^ erhoben, d. h. nicht in natura,
sondern in Geld bezahlt wurden. Werfen wir kurz noch einen Blick
auf die Ptolemäerzeit. Für das III. Jahrhundert haben wir die
Flinders Petrie Papyri zu befi-agen. Bei Mahaffy (II) XLIIIa (bis
Z. 26 incl.) haben wur laut Ueberschrift eine Abrechnung über Ein-
gänge für den ^opoc, dt|Ji7r£X(üVü)V. Damit ist wohl die Grundsteuer
gemeint, die vom Weinlande erhoben wurde. ^) Für uns ist hier
^) Die aufgeführten Personen sind die AVeinlandbesitzer; es begegnen auch
Frauen darunter (vgl. 0£Ocp(Xa in Z. 22 und wohl auch 0aoug in Z. 26). An
§12. GRUNDSTEUER FÜR REBENLAND.
151
nur von Interesse, dass diese Steuer in Geld gezahlt wurde, wie die
nebenstehenden Summen zeigen. Leider lässt sich die Höhe der
Abgabe nicht berechnen. Von Z. 27 an ist der Text, wie ich am
Original erkannte, von dem vorhergehenden zu trennen. Gleichwohl
handelt auch dieser Abschnitt (Z. 27 — 44) neben anderem (azpoSp'jwv)
von der Weinland- Grundsteuer. Auch hier wird sie in Geld be-
zahlt, wie sich aus der Art erkennen lässt, in der hier die Wein-
steuer (oLVOU lou auToO afiTieXwvo;) erwähnt wird. Vgl. unten § 86.
Ferner finden wir die Grundsteuer, und zwar wiederum als Geldsteuer,
im Petr. Pap. (II) XXIXa. Endlich findet sie sich auch in der Bitt-
schrift des K/i(i)v Aiozi\LO\) (Petr. P. II. XIII 17), wo er sagt: Tiapa-
Y£Ypa{i(xa: twl Tipaziop: w; g[9c:aü)v] r^pbc, xa d|JL7ü£Ar/a toö X' — hq,
d. h. „ich bin vom Praktor mit 90 Drachmen im Rückstand für die
ßc\iizBXi%7, des 30. Jahres notirt worden." Nach dem Obigen werden
wir in diesen ajJL7t£Ar/.a nicht mit MahafiH^ „the vine-tax", sondern
vielmehr die Grundsteuer von den ajiiieXwvec sehen. Der Gegensatz
in der Besteuerung des Weinlandes in Geld gegenüber der des
Weizenlandes in natura tritt hier scharf hervor, indem der Schreiber
fortföhrt: xal toö aXL Tiupwv x5 y (seil, apxaßag). Wir kommen
somit zu dem Endergebnis, dass vom III. Jahrhundert v. Chr. an
die Grundsteuer für Weinland regelmässig in Geld, nicht in natura
erhoben wurde. Nur eine Ausnahme wüsste ich anzuführen, aber
eine solche, die die Regel bestätigt. Nach dem Dekret von Rosette
Z. 30 f. befreite Ptolemäus V. Epiphanes im 8. Jahre seiner Regierung
die Tempel Aegyptens von tt^^ a[7:oT£xaY][X£vr^? dpxaßyj^ zy]i xpoupoLi
x^? iepotc, yy]; xal xfjC dp,7i£A''xi5o; 6{JL0i[a)(;] x6 y,epi\iiow zr]i ocpoupoci.
Die Tempel zahlten also bis zu diesem Jahre 1 Keramion Wein pro
Arure. Schon Lumbroso (Recherches S. 293) wies darauf hin, dass
diese Sätze sehr gering und wohl nur durch die privilegirte Stellung
Pachtzins ist hier k^um zu denken, da auch ein IxaxovTapoupo^ unter den Zahlern
erscheint. Freilich ganz ausgeschlossen ist es nicht. Der Zusammenhang ergiebt,
dass es hier natürlich königliche Pächter sein müssten. Aber auch dann würde
der Text für unsere Frage von Interesse sein, da der Pachtzins gewöhnlich mit
demselben Zahlungsmittel beglichen wird wie die Grundsteuer.
^) Weil ich sagte, dass dieser Text zu derselben Urkunde wie die folgende
Seite gehöre, meinte Grenfell, dass auch dieser von der IxxYj xal ScXOctt^ handeln
müsse. Das ist aber nicht nötig und auch nicht richtig, wie die Erwähnung
des olvou xiXog zeigt.
152
IV. KAPITEL.
der Tempel zu verstehen seien. Wir lernen jetzt, dass die Tempel
nicht nur hinsichtlich der Höhe der Veranlagung, sondern auch der
Art der Contribution bevorzugt waren. Denn offenbar war es be-
quemer und vorteilhafter, den selbstproducirten Wein als baares
Geld zu liefern.
§ 13. TTisp jispLa(xou dva^
Für Syene-Elephantine belegt durch 101, 135, für Theben durch
556, 564,^579, 585, 601, 602, 606, 612, 614, 620, 627, 630,
631, 635, 642, 651, 1290, 1437, 1583, alle aus der ersten
Hälfte des II. Jahrhunderts n. Chr.
Die Lesung ava>'- steht fest. Nur in 556 und 564 könnte man
zwischen ava und avy schwanken, doch ist ersteres wohl das Richtige.
Was mit ava"*^ gemeint ist, weiss ich nicht. Mit Vermutungen
will ich mich nicht aufhalten. In dem hier nicht aufgenommenen
Berliner Ostrakon P. 1156 steht 67T:(£p) ava"/- )(0 Xa(paxo^). Auch
dies hilft nicht weiter. Hoffentlich bringt einmal ein neues Ostrakon
die evidente Auflösung. In 1290 steht unkp [X£pca|JL(oö) ava>^ qa
(=91?), was mir völlig rätselhaft ist. — Nach den Ausführungen
in § 75 können wir nur vermuten, dass auch der [xsptafio? (^va^
kopfsteuerartig auf die Steuerzahler verteilt war. Hierzu würde
stimmen, dass nach 631 drei Personen — ein Vater und zwei Söhne —
die gleiche Summe von je 3 Obolen zahlen. Nach 630 zahlt auch
noch eine vierte Person dieselbe Summe für dasselbe Jahr.
§ 14. Mspia[x6<; av^.
Für Theben belegt durch Nr. 559, 603, 604 (II. Jahrhundert
n. Chr.).
Ich weiss für av^ einstweilen keine Auflösung vorzuschlagen.
Man beachte, dass in ()03 „für so und so viele Aruren" quittirt wird.
§ 15. TTisp dv8piavx(i)v.
Für Theben belegt durch 1430, für Syene-Elephantine durch
71 — 73, 94, 100, 105, 151, 152, 154 — 156, 171, 178—180,
182, 183, 201, 249, 254, 261, 1272.
Es handelt sich hier um eine Abgabe, deren Ertrag zur Her-
stellung und Ausbesserung von Statuen oder auch Büsten (7rpoTO[iac)
§ 12 — 15.
153
verwendet werden soll. In einzelnen Fällen wird die darzustellende
Persönlichkeit genannt, und zwar ist es einmal Trajan, ein ander
Mal Hadrian, und ein drittes Mal ol y.upLOi Kaiaape^, d. h. Marcus
und Verus. Wir dürfen sicherlich annehmen, dass es auch in den
anderen Fällen sich um Kaiserstatuen handelt, und es liegt viel-
leicht am nächsten, sich diese Statuen in Tempeln aufgestellt zu
denken. Wurden doch die Kaiser als ^Nachfolger der Ptolemäer in
allen Städten Aegyptens als auvvao: -ö-eo: verehrt. Unsere Kaiserstatuen
wären danach also zugleich Götterstatuen. Speziell für den Tempel
des Jupiter Capitolinus in Arsinoe habe ich früher den Nachweis
geführt, dass er mit Kaiserstatuen angefüllt war. Ich erinnere an
die interessante Darstellung, die die arsino'itischen Tempelrechnungen
von der Aufstellung einer neuen Kolossalstatue des Caracalla (im
J. 215) gaben. 1) Natürlich soll damit nicht gesagt sein, dass man
nicht auch ausserhalb der Tempel Kaiserstatuen in Aegypten er-
richtet hätte. 2)
Wenn unsere Ostraka nur für die Zeit von Trajan bis Marcus
die Errichtung von Kaiserstatuen bezeugen, so ist das nur ein Zufall.
Augustus scheint es sogar recht eilig gehabt zu haben, seine Statuen
durch ganz Aegypten zu verbreiten. Denn schon im Jahre 24 3
V. Chr. fanden die einbrechenden Aethiopen in Philae, Syene und
Elephantine mehrere Augustusstatuen vor, die sie dann mit sich
fortführten."'^)
In den Ostraka werden nun folgende Sammlungen für Statuen
unterschieden :
1) Im J. 104 n. Chr. wurde für eine Statue (bTzkp avSp'.avTO?)
gesammelt, vermutlich des Trajan (71 — 73).
2) Im J. 114/5 desgleichen für eine Statue des Trajan (04,
100, 105). Hier sind die Texte ergiebiger: bizip Tifi"^? y.al Sa-a-
^) Hermes XX S. 430 ff. und XXIII S. 629 f. Der Text ist jetzt mit
wenigen Aendermigen von mir neu edirt in BGU 362.
Vgl. z. B, CIGr. III 4680 und dazu meine Ausfuhrungen im Hermes
XXVn S. 294 A. 1.
3) Strabo XVII p. 820. Vgl. dazu Philolog. LIII S. 90 A. Bekanntlieh
wurde es für den ersten Statthalter Aegyjjtens, G. Cornelius Gallus, verhängnis-
voll, dass er dem Kaiser hierin Concurrenz machte (Dio Cassius LIII 23,5).
Vgl. zu dieser Frage meinen Aufsatz über die ,,Trilinguis von Philae" in der
Zeitschr. f. aegypt. Sprache 1897, Heft I.
154
IV. KAPITEL.
VYjjJiaTo; avopiavTO^ Tpaiavoö. Die TL|JiYi wird den an den Künstler
zu zahlenden Preis, das 6a7ravr/{Jia wohl die Unkosten für Transport
und Aufrichtung bedeuten.
3) In den Jahren 128/30 werden Ratenzahlungen für eine
Statue, wohl des Hadrian, eingezogen. Die Texte sagen: bizip
[jtepLapioö £7rtx£cpaXLou avSpLavxo? (151, 152, 1272).
4) In den Jahren 131/2 wdrd für die jS^euvergoldung einer
Statue — avSpidtVTO^ avax£)((pua(i)|JL£VOu) — einkassirt. Hier ist viel-
leicht eher an die Statue eines früheren Kaisers zu denken (151 — 156).
5) Desgleichen zahlt man im J. 138/40 für eine Xeuvergoldung
(171, 182, 183).
6) Im J. 141 wird für eine Statue und eine Büste gesammelt,
wohl des Antoninus Pius (178 — 180).
7) Im J. 143/4 wiederum für eine Neuvergoldung (201).
8) Endlich zahlt man im J. 161/2 für 2 Statuen und 2 Büsten,
nämlich des Marcus und Verus (249, 254, 261), und später noch-
mals für eine Vergoldung (261).
Dies alles in Svene -Elephantine. In Theben wird nur eine
Statue des Hadrian erwähnt, für die im 2. Jahre des Antoninus
Pius gesammelt wird (1430).
Bei der Ausführlichkeit der Texte bleiben wir glücklicherweise
über die Xatur dieser Statuensteuer nicht im Unklaren. 'E7rLX£^aXL0V
heisst sie an mehreren Stellen. Daraus folgt, dass sie nach Art
einer Kopfsteuer umgelegt und erhoben wurde, also pro Kopf in
gleicher Höhe. Auch die Bezeichnungen einzelner Summen als
\Lepia\ioi spricht nach § 75 für diese Auffassung. Die in den Ostraka
genannten Summen bestätigen dies. So werden für die Statue unter
1) in allen 3 Fällen je 3 Obolen gezahlt, für die unter 2) des-
gleichen in 3 Fällen je 2 Drachmen und 4 Obolen, für die unter
6) je 4 Drachmen, für die unter 8) je 10. Der letztere Posten
zeigt, dass eine Doppelherrschaft für den Unterthan auch doppelte
Unkosten verursachen kann.
Wer die Statuen errichten hiess, ist unseren Texten nicht zu
entnehmen. Wie Mommsen mit Recht bemerkt, ist Decretirung
durch die Lokalbeamten das Wahrscheinlichste. Trotzdem ist Be-
schlussfassung durch die Communen für Aegypten nicht völlig aus-
geschlossen. Vgl. CIGr. III 4699, 12: z^oqB zdlc, ocizb xwfxyj?
Boi)a£Lp£ü)? ToO Ay]To[7roX£c]TGD -apoLXoOaL xal? wjpoi\Ll(ji xal toT^
§15. STATUEXSTEUER.
§16. ANNONA.
155
£V a'JT[fJ 7.aTaYc:vo[Ji£Vo:; TG7:oYpa[i{JiaT£0a: xal zcapLGYpajjtjjLaTeOac
(J;rj[9:a]aaa'9'aL 7wal [avJa-ö-cTvai axrjAYjv 7wtX. Hier beschliessen
die Gemeindeangehörigen zusammen mit den Lokalbeamten eine
Ehrung.
§ 16. .T7:sp dvvwvT]^.
Für Elephantine belegt durch 273, für Theben durch 674,
679, 682, 698, 1016, 1019, 1479, alle aus dem Ende des IL
oder Anfang des III. Jahrh. n. Chr. Vgl. auch 1264.
Unter der annona versteht man Naturallieferungen , die als
Zuschlag zu der Grundsteuer erhoben wurden. 1 ) In der Bezeichnung
annona liegt der besondere Hinweis auf die Bestimmung dieser
Naturallieferungen zur Verj)flegung. In Aeg}^ten kommen zweierlei
Arten von annonae in Betracht, die für die Verpflegung von Rom
(annona urbis oder civica) und Alexandrien, sowie die für die Ver-
pflegung der in Aegypten selbst stationirten Truppen und Beamten
(annona militaris).-)
Auf die Bedeutung des aegyptischen Getreides für die Ver-
sorgung der Stadt Rom ist später hinzuweisen, wo wir von
der Grundsteuer sj^rechen. AYenn ich auch keine directen Be-
weise dafür habe, möchte ich doch meinen, dass für die Bedürf-
nisse der annona urbis im Princip die Grundsteuer bestimmt war,
und auch in der Regel für sie ausreichend war, dass dagegen für
die annona militaris, die im Lande selbst ihre Verwendung fand,
eben die uns hier beschäftigende Steuer, die annona im engeren
Sinne, ausei-sehen war. Wenn unter der Letzteren die stadtrömische
zu verstehen wäre, würde sie vielleicht in unserer Sammlung eine
grössere Rolle spielen.
Für diese annona, die zweimal als :£pa avvwvY], d. h. als
kaiserliche bezeichnet wird (682, 1019), werden die verschiedensten
Naturalien eingefordert, entsprechend den mannigfachen Bedürfhissen
der aegyptischen Beamtenschaft und der Garnisonen. In den obigen
Texten werden Weizen, Gerste, Wein und Heu genannt. Vielleicht
wird man auch Nr. 961 und 1013 hierher ziehen dürfen, in denen
^) Marquardt, R. Staatsv. II^ S. 232 f. Vgl. O. Seeck, Zeitschr. f. Soc. u.
Wirtschaftsg. IV, S. 329 f.
Marquardt a. a, O.
156
IV. KAPITEL.
Gerste und Bohnen für die Itztzeic, elXric, 'HpaxXiavyj? geliefert wird,
wiewohl das Wort annona hier nicht begegnet. Doch nicht immer
wurde die Steuer in natura eingefordert. Meist liegt eine Um-
wandlung der Naturalien in Geldsätze, also eine annona adaerata
vori), so in 679, 698 (für Gerste), 682 (für Heu), 273, 674.
Correct wird eine solche adaeratio angedeutet mit der Wendung
biikp TC(X'^; (y^opzou oder xpL-ö"^? oder ähnlich), d. h. „für den Preis"
(von Heu oder Gerste). Bemerkenswert ist, dass auch Geldzahlungen
vorkommen, die nicht als Ersatz für Naturalien bezeichnet sind. So
in 273 (uTcep dvvwvrji;, vgl. Corrigenda). Vgl. 674. Die beiden
letzten Fälle würden jedenfalls am leichtesten ihre Erklärung finden
durch die Annahme, dass die Zahler nicht Grundbesitzer sind, und
darum eben direct in Geld (ohne adaeratio) zahlen. Daraus könnte
man folgern, dass alle steuerpflichtigen Unterthanen zur annona
herangezogen wurden, nicht nur die zur Grundsteuer beitragenden
Grundbesitzer. Doch diese Erklärung wird, worauf Mommsen mich
hinweist, durch die Thatsache zurückgewiesen, dass die annona immer
eine Bodenleistung ist, selbst wenn sie adaerirt wird. Es bleibt
also nur übrig anzunehmen, dass in den beiden obigen Fällen eine
unvollständige Bezeichnung vorliegt.
Eines ist noch zu bemerken: die annona wurde nicht nach den-
selben Principien wie die Grundsteuer aufgelegt. Beweis: die Wein-
bergbesitzer zahlen die Grundsteuer in Geld (s. oben § 12), dagegen
die annona in natura. Vgl. 1479: Tiapeaxe? — UTrep X6yo(u)
avva)(vY]?) olvou Bi7i(Xo7.£pa|Jiov) a. Sollte in 1264 wirklich zIq
avvü)v(av) zu lesen sein (s. unten S. 159), so würde daraus nur folgen,
dass auch hier eventuell adaeratio eintreten konnte.
Die annona begegnet auch in den Papyri dieser Zeit. Vgl.
BGU 336 (a. 216 n. Chr.), wo Weizen und Gerste in natura für
die annona geliefert werden. Ebenso in BGU 529, 534, aus dem-
selben Jahre. Diese Papyri sowie unsere Ostraka sind meines
Wissens zur Zeit die ältesten Belege für das Vorkommen von
annona im obigen Sinne. In der Literatur begegnet das Wort wohl
zum ersten Mal in der Mitte des III. Jahrh. v. Chr. bei ^lodestinus
(Dig. XXVI 7, 32, § 6), worauf Seeck a. a. O. hingewiesen hat.
Eine desto grössere Rolle spielt das Wort seit Diocletian. Doch
1) Marquardt a. a. 0. S. 233.
§16. AXS'ONA.
§17. APOMOIRA.
157
beruht dieser Unterschied wohl nur darauf, dass für das Steuerwesen
der vorhergehenden Zeit eine so viel dürftigere Tradition vorliegt.
Für das Vorkommen in der Papyrusliteratur der jüngeren Zeit ver-
weise ich auf BGU 94,17 (aus diocletianischer Zeit): 5yj[Aca'.a
TzavTOla GIZIY.X TS y.al dpyupixa y.al avv(I)[vav]; BGU 519 (Pacht-
contract des IV. Jahrhunderts): twv 5r][xoa:tov xal olvvovov (sie)
xal 7iavTGt'a)v l-ißoAWV. In beiden Fällen tritt der Charakter der
annona als Zuschlag zu den ordentlichen Steuern (5irj[x6aca) deutlich
zu Tage. Vgl. auch Grenf. (II) XCV (aus bvzant. Zeit) : de, Aoyov
dvvwvwv TÖv Yevvaioxdiwv Szu^wv TouaTtviavöv , wo die Be-
stimmung für die militärische Verpflegung hervortritt.
§ 17. Ttüsp d7zo\io(p(xc,.
Für Theben und Hermonthis belegt durch 322, 332, 352,
354, 355, 711, 1234, 1235, 1315, 1345, 1518, 1526.
Ueber das Wesen der d7:6{iOLpa sind wir erst neuerdings durch
Grenfell's Revenue -PapjTUS aufgeklärt worden. Nach der vortreff-
lichen Behandlung dieser Abgabe durch den Herausgeber i) kann
ich mich darauf beschränken, nur die wichtigsten Punkte hier
zur Orientirung hervorzuheben.
Die a.7:6\LO'.px war ursprünglich eine Abgabe, die die Eigen-
tümer von Rebenland (dfXTüsXwve?) und Nutzgärten (TüapdSsLao:)^)
Vgl. namentlich S. 94 ff., 119 f. Vgl. auch Mahafiy in der Einleitung
zum Key. Pap. p. XXVII sq. Sein Vorschlag p. LIV, in der Inschrift von
Telmessos [olvlr^pag statt [a'.xjyjpag d7to[ioipa; zu lesen, wird fünf Zeilen darauf
durch die Inschrift selbst widerlegt.
Grenfell hat, wie mir scheint, überzeugend nachgewiesen (S. 94 f.),
dass in den ::apä5c'.ao'- auch Palmen und Obstbäume der verschiedensten Art stehen
konnten, während Mahaffy annimmt, dass die TrapaSs'.aot des Eev. Pap. nur Wein
producirten. Durchschlagend ist Grenfell's Bemerkung: Why should the govem-
ment insist on money-payment of the tax on wine produced in naoäöaiaoi, hut
not on wine produced from uixntXöivigf Beweisend ist im Besonderen Petr, Pap.
(II) XLIII b, wozu, wie ich am Original gesehen habe, auch XLIII a
Z. 27 ff. gehört. Hier wird unter der Ueberschrift IxTYjj xal gsxäxYjs, womit die
dTCÖjiO'.pa gemeint ist (s. unten), nicht nur für ä{JL::£Xwv£S , sondern auch für
cpo'.vixwveg und für dxpoSpua gezahlt. Die Inhaber der beiden letzteren besitzen
eben TiapaSs'.ao'., die vorwiegend oder ausschliesslich Palmen, resp. Obstbäume
enthalten. Wenn dagegen in XXXIX i die uapäSs'.aoi neben cpo'.vixwvc^ er-
scheinen, so sind mit ersteren Gärten gemeint, die verschiedenartige Kulturen
zeigen. Vgl. auch XXVII 1, wo für die dnöiioipa (für die Ixtyj) erst der Ertrag
158
IV. KAPITEL.
in der Höhe von einem Sechstel des jährlichen Ertrages an die
Tempel Aegyptens zu zahlen hatten. Ptolemaios II. Philadelphos
hat diese Einnahme den alten Göttern Aegyptens entzogen, indem
er bestimmte, dass vom 22. Jahre seiner Regierung an ( = 264 3
vor Chr.) diese o(.7:6\iO'.pcc der jüngsten Göttin im aegyptischen Pan-
theon, der schon früher zur Göttin erhobenen königlichen Schwester
und Gemahlin, Arsinoe Philadelphos^), entrichtet werden solle. Formell
blieb auch jetzt diese sxxyj eine Tempelabgabe, da sie für den
Kultus {zlq ir^v 'O'uaiav y.al ty^v GTiovSyjv Rev. Pap. 36, 19) der
neuen Göttin bestimmt war, und mit Recht hat Grenfell
(S. 120 f.) darauf hingewiesen, dass auch in der Rosettana (Z. 13
bis 15) diese Fiction darin zum Ausdruck kommt, dass eben diese
aTiopLOipa neben den Tipo^ooo: twv tepwv und den auvia^si^ auf-
gezählt wird.^) Thatsächlich aber war mit dieser Neuordnung für
die königliche Kasse eine bedeutende neue Einnahmequelle erschlossen
(vgl. Maha% a. a. O.). Denn dass wirklich der Gesammtbetrag
der £7.TY] für den Kultus der Philadelphos und der später zu ihr
hinzugetretenen -Ö'EgI OcXoTiaTOpe^ draufgegangen sei, ist mehr als
unwahrscheinlich. Es verdient hervorgehoben zu werden, dass nicht
etwa die Priesterechaften der OiXaSeXcfOC, sondern die königlichen
Behörden nunmehr die Einziehung und Verwaltung der extyj über-
nahmen, während dies bis dahin in Händen der Tempel Verwaltung
gewesen war.*) Unsere Ostraka zeigen, dass die von den Pächtern
der d{j.7:£X(jov£{;, danu der cxxpöSpua und ax^cpavo: eingeschätzt wird. Da auch von
den Letzteren die Ixxrj berechnet wird, ist damit über allen Zweifel erhoben,
dass auch sie unter die d7iö[jL0'.pa fielen (s. oben § 5). Vgl. übrigens BGU 50,6,
wo von sXaiöövog TtapaStaoü die Eede ist, und 348: cpoiv.y.aig lobc^ sv tw 7:apa5iaq).
^) lieber die Göttin ^'.XdSsXcpog Tgl. meine Bemerkungen bei Paulv-Wissowa
unter „Arsinoe" und Gött. G. A. 1895, S. 163.
2) In dem Berliner Ostrakon 4412 (Ptolemäerzeit), das ich nur flüchtig
copirt und deshalb nicht in meine Sammlung aufgenommen habe, wird rielleicht
die Göttin ausdrücklich genannt. In Z. 3 las ich d7iö[jLOopav[, in Z, 4 'Apa'.vör^c.
In der Lücke danach könnte [$iXa5sXcpou] ergänzt werden.
^) Mit Grenfell sind in dem Passus y.ac xd^ y.aO-r^y.O'jaag dTioiJLO'pag loZc.
unter den Göttern Arsinoe Philadelphos und die O-sot ^'.AOTidxopsg zu
verstehen. Dass Letztere angegliedert wurden, zeigt Petr. Pap. (II) XLVI.
*) Wäre die ly.TYj schon früher etwa vom Staat erhoben und nur an die
Tempel abgeführt worden, so hätte Philadelphos bei der Eeform nicht nötig
gehabt, über den Umfang der Steuerobjecte u. s. w. eine Enquete zu veranstalten.
Vgl. Rev. Pap. 36 und 37.
§17. DIE APOMOIRA.
159
erhobenen Beträge an die königliche Bank, resp. an die königlichen
Magazine abgeführt wurden.
Zur Geschichte der a-dpLOipa wollen wir nur noch hinzufügen,
dass sie auch in der Kaiserzeit fortbestanden hat. Natürlich kann
sie nicht mehr auf den Xamen der Philadelphos erhoben worden
sein, und wir wissen nicht, welche neue Bestimmung Augustus ihr
gegeben hat. Consequent wäre es gewesen, wenn er sie an den
Etat des neuen Kaiserkultus überwiesen hätte. Früher glaubte ich
das Wort aTCGfiotpa in ]N^r. 1264 (aus dem Jahre 183 n. Chr.) zu
erkennen. Doch ist mir diese Lesung bei erneuter Revision des
Originals (1896; sehr zweifelhaft geworden. Die Lesung e!; avva)v(av)
ist mir wahrscheinlicher. Dagegen las ich mit Sicherheit in dem
Londoner Papyrus CXCV A (aus dem I. Jahrhundert n, Chr.), dessen
Durchsicht mir ^Ir. Kenvon freundlichst gestattete, die Worte: xal
zlq d7tG[iOL(pav) a[iT:£A((i)VGg) V'9'ddv(a) [^i] ^ d.h.: „und
für die a.r.6[ioipy. für 59^ Aruren Weinland [zu je 10 Drachmen]
592 Drachmen und 3 Obolen."^) Ferner las ich in dem Berliner
Papyrus P. 1422, 15 (II. Jahrh. n. Chr.): xal wv (seil. TzapaSciawv)
d7i6pLOip(av) |xfj dYsa-ö-a:.
Wie der Revenue -Papyrus lehrt, war schon vor der Reform
des Philadelphos diese Abgabe in der Weise auferlegt, dass die
Rebenlandbesitzer die sxTYj in natura, also in Wein abzuliefern
hatten, während die Gartenbesitzer in baarem Gelde (Silber) zahlten.
Die Verschiedenartigkeit der Zahlungsmittel erklärt sich einfach daraus,
dass der Wein durch's Lagern bekanntlich nicht schlechter wird,
während die Gartenfrüchte dazu nicht tauglich sind. Trotzdem ist
in einzelnen Fällen auch statt der W^einlieferung eine Geldzahlung
eingetreten. 2 j Diese Bestimmung blieb auch nach der Reform
^) Die Lesung u (90) verdanke ich einer freundliehen Mitteilung
Kenyon's. Derselbe versicherte mir, dass die 59A als Arureu, nicht etwa als
Keramien aufzufassen sind.
2) So im Pap. Leid. Q und Petr. Pap. (II) XLIII b. Grenfeil glaubt,
aus ßev. Pap. 30,20 flf. sehliessen zu sollen, dass die Geldzahlung regelmässig
zu erfolgen hatte, wenn die Weinbauer nicht rechtzeitig den Wein ablieferten.
Hätte er mit dieser Ausfüllung der grossen Lücke Recht, so hätte es factisch
im Belieben des Einzelnen gestanden, ob er in natura oder in Geld zahlen
wollte. Dagegen spricht aber die Fassung von ßev. Pap. 24 f. ganz entschieden.
Zum mindesten müsste man annehmen, dass die in col. 31 festgesetzten Wein-
preise exorbitant hohe gewesen seien, das trifft jedoch nicht zu. Aber wie ist es
160
IV. KAPITEL.
bestehen, nur gewährte Philadeli^hos — wie es scheint, nicht von
Anfang an — einzehien Klassen, wie den Militärcolonisten , eine
Steuererleichterung, indem er sie statt der exty] eine bey.a.xf} zahlen
Hess. Dies galt jedoch nur für die Rebenlandbesitzer^ nicht für die
Gartenbesitzer. Danach wurde die Abgabe, wie Grenfell sah, auch
gelegentlich als ixvq zal Ssy.a-cyj bezeichnet.^) In den obigen
Ostraka lässt es sich nur zwei Mal mit Sicherheit erkennen, ob es
sich um Besteuerung von a[nzeXibvec, oder von TiapaSecaoi handelt.
In 711 (Mitte des III. Jahrh. v. Chr.) werden für dTc6{xo:pa und
olvoXo^fioc zusammen 10 Keramien geliefert. Hier ist kein Zweifel^
dass es sich um Weinländereien handelt. Die Erhebung in natura
entspricht den Bestimmungen des Revenue -Papyrus. Ueber die
OLVoXoyLa vgl. unten § 85. Dagegen ist nach den oben citirten
AVorten des Londoner Textes in der Kaiserzeit ein Systemwechsel
eingetreten. An die Stelle der Ertragsquote ist die feste Taxe pro
Arure getreten, und die Zahlung erfolgt nicht in natura, sondern in
Geld. Dass die Kaiser, die nicht in Alexandrien wie die Ptolemäer
residirten, mehr AVert auf das baare Geld als auf den Wein legten,
ist begreiflich genug, und man würde es verstehen, wenn Augustus
die Steuer in diesem Sinne reformirt hätte. Doch wir werden gut
thun, ehe wir weitere Schlüsse ziehen, Kenyon's Publication des
Textes abzuwarten.
In den anderen Ostraka, die sämmtlich dem II. Jahrh. v. Chr.
angehören, ist nicht ersichtlich, ob es sich um Wein- oder Gartenland
handelt. Grenfell, dem ich schon 1895 mein Material vorlegte,
denn überhaupt möglich , in dieser Weise den Weinpreis festzusetzen, da doch
Sorten des allerverschiedensten Wertes gebaut wurden? Das scheint mir un-
denkbar. Ich glaube, die Lücke muss ganz anders ausgefüllt werden. Die
Ueberschrift des Kapitels lautet „6i.7Zoy.o\ii^B'.'^ xrjv d7tö|j,0'.pav". Es wird nun
geheissen haben, dass die Weinbauer in bestimmten Terminen den Wein an die
königlichen Kellereien (dTioSöX'.a) frei abführen (dTioxoaiCiE'.v) mussten. Wer den
Wein aber nicht ablieferte, der, so möchte ich vermuten, musste für die nunmehr
vom Staat (genauer von den ol xy]v (ovvjv sxovteg) zu übernehmende Abführung
pro Metretes Wein 6 resp. 5 Di'achmeii zahlen. Damit wäre dann die Ent-
schädigung für die Transportunkosten normirt. Ich lese hiernach in Z. 2 f. :
[d7tox'.]vsxü) xo[t5 xY]v wvrjv] sxouj'. zr^c, svocpsiXoujj-svvjg auxotg du[oxo[X'.§'^g
X7]v] x'-iJLYjv xxX. Grenfell ergänzte d7t[o[xoi()ag. Ich verweise auf 48,4 : Ttapaxo-
p,t,^sTü)aav, vgl. ebend. 11 : x6 bs dvj^XwiJLa xö sie, xvjv [7ia]pa-/top,'.SrjV. Ebenso werden
hier die Unkosten für die dTüoxojx'.Sig bestimmt, da es sich um d7ioxo(x{^S!.v handelt.
') Vgl. Petr. Pap. (II) XLIII b.
§ 17 — 19.
161
nahm, wie auch ich es damals that, an, dass es sich überall um
Weinland handele, und da die Zahlung in Geld erfolgt, schloss
er weiter daraus, dass im II. Jahrh. vor Chr. statt der Wein-
lieferungen die Geldsätze eingeführt seien. „I conjecture that pay-
ment in kind was not allowed after Epiphanes' reign" (Rev. Pap.
S. 121). Die Möglichkeit kann zugegeben werden, zumal wir oben
sahen, dass gelegentlich auch schon im III. Jahrh. die adaeratio
eingetreten war, wenn auch nicht in dem von Grenfell angenommenen
Umfange. Doch ist dagegen zu betonen, dass in den obigen Ostraka
sich absolut keine Andeutung dafür findet, dass es sich um Wein-
land handele. Die Texte lassen vielmehr ebenso gut den Gedanken
an die Tzocpdheiooi zu. Dass in unseren Ostraka gelegentlich die
SZTY] ay.po6puü)V als spezielle Abgabe begegnet, spricht nicht da-
gegen, Ich bin daher der Ansicht, dass wir, solange nicht
Beweise für eine Aenderung der Bestimmungen des Philadelphos
nach Epiphanes vorliegen, anzunehmen haben, dass die obigen
Ostraka aus dem II. Jahrh. vor Chr. Belege für die von Philadelphos
vorgeschriebenen Geldzahlungen für noLpaheiaoi bieten.
§ 18. MspLOjjLog d7i;6pö)(v).
Für Theben belegt durch Nr. 613 (143 n. Chr.).
Wenn hier uizep |X£pLa[Jioö d7t6p(t)(v) quittirt wird, so kann
damit wohl nur auf eine Besteuerung zum Besten der änopoi, der
Unbemittelten, der Armen, hingewiesen sein. Zahlten etwa die
sÖTTOpoc^) für die cHizopoi? Ich denke an die Unterstützungen, die
z. B. in Athen die Armen und Invaliden aus der Staatskasse er-
hielten. Vgl. Aristot. 'A-ö-T]. TToX. 49, 4. Doch vielleicht hat Mommsen
Recht, wenn er zu meiner Deutung bemerkt: „Scheint mir zu schön,
um wahr zu sein."
§ 19. 'Ap)(aLa)v ltitiswv.
In 323 wird folgendermassen quittirt: £)^ü) Tiapd aoO L-Ö- Ilay^wv
ä dp)(aL(i)v^) ETiTietov Dr. 180. Das ä wird mit Ilay^wv zu verbinden
Man wird von der Ixxyj dxpoSpOwv reden, sobald der Steuerpflichtige
ausschliesslich Obstbäume in seiner TcapaSscaog hat.
^) Die s'jTiopo'., die Wohlhabenderen, als besondere Klasse der Bevölkerung
in BGU 18, 13. 91, 7. 194, 22. 235, 12.
^) Vgl. Arrian. Anab, III 12,2: ol dpxato'. xaXouiisvo'. ^svc (im Heere
Alexanders). Vgl. Krause, Hermes XXV S. 77.
WiLCKEN, Ostraka. 11
1G2
IV, KAPITEL.
sein („am ersten Pachon"), nicht mit dem Folgenden. Denn wenn
es heissen sollte, dass die Zahlung für den Monat Pachon erfolgt
sei, so hätte man wohl tou Ilay^wv [JtrjVÖg Toü '9-^ oder ähnlich
gesagt. 'Apyaiwv [titüewv wird also für ÖTiep apy^acwv ittt^Iwv
stehen. Es handelt sich danach um eine Geldzahlung für den
Truppenteil der äpy^odoi lizTzelq. Ueber die Xatur dieser Zahlung
wage ich keine Vermutung.
§ 20. Eig Xoycv dp)(ixDvrjYa)v.
Nach Nr. 1545 sind unter diesem Titel 400 Kupferdrachmen
für das Jahr 9/10 nach Chr. gezahlt worden. Wir haben unten
in § 117 über das aiscpavLOV zu sprechen, die Gratification, die ein
dpXLXUVY^yo^ im Jahre 121; 0 vor Chr. erhalten hat. Diese ptole-
mäischen Oberjägermeister sind, wde unser Text lehrt, auch in der
Kaiserzeit im Amt geblieben, und auch jene von der Bevölkerung
pflichtmässig aufzubringenden Gratificationen scheinen geblieben zu
sein. Denn was hier als „für die Rechnung der Oberjägermeister"
erhoben bezeichnet "wird, dürfte seinem Wesen nach von jenem
aTe:^dvLGV nicht verschieden sein. Mommsen möchte eher an ein Jagd-
geld denken, das etwa als Aequivalent der Jagddienste gezahlt wäre.
Es ist übrigens sehr zweifelhaft, ob wir uns unter diesen dpyt-
xuvYjyot ein Hofamt vorzustellen haben. Denkt man an die Jagd-
schifie (§ 70) und Jagdspiesse (§ 69), für die von den Thebanern
Beiträge erhoben wwden, so liegt es nahe, in dem apyt^tuvr^yo?
lediglich einen thebanischen Lokalbeamten zu sehen, der u. a. jene
Nilpferdjagden zu leiten hatte.
§ 21. 'A)(Dpixd tsXy].
Für Theben belegt durch Nr. 705, 707, 715, 738, 744,
751, 765, 776, 810, 854, 865, 866, 901, 905, 906, 914, 927,
936, 937, 943, 951, 1010—1012, 1014, 1015, 1258, 1259, 1352,
1431, 1433, 1436, 1447, 1453, 1458, 1461, 1464, 1475, 1476,
1501, 1513, 1514, 1519.
In diesem Paragraphen sind alle diejenigen Ostraka zusammen-
gefasst, in denen es sich um Spreulieferungen handelt. Leider ist
aus den Texten nicht zu ersehen, nach welchem Princip diese Ab-
gabe der Bevölkerung auferlegt war. Natürlich konnte sie nur von
den Grundbesitzern, auf deren Tennen Spreu ausgeworfelt w:urde,
§20. FÜR DIE OBKRJÄGERMEISTER.
§21. SPREULIEFERUNGEN. 163
erhoben werden. Eingezogen wurde die Abgabe von den d}('jpo-
TcpaxTOpeg, die auch dTraLir^Ta: oder 7üapaXf|[X7:Tac dy^upoi), auch
QLjppoipioi hiessen.
Ohne auf die mannigfache Verwendbarkeit der Spreu (tö
d5(upov) genauer einzugehen, wollen wir hier nur zusammen-
stellen, was die Urkunden darüber lehren. Xach Petr. Pap. (II)
XIV 2a wurde die Spreu, was auch sonst bekannt ist,^) als Zusatz
zum Kilschlamm bei der Ziegelfabrikation verwendet. Vgl. Z. 13:
xd diyjjpoc izpbc, tyjv T^Xtv^oXy.iav (so las ich am Original statt
TiXcv^ov za: av). Vgl. hiermit LXX Exod. 5,7: hihovoci ayppoL
TW Xaw e:^ xyjv TrXiv-ö-oupYtav. Danach schlage ich vor, in 1431,
1433, 1582 (vgl. 1475) de, 7U>.(ivO'oXxtav) zu lesen. — Wichtiger
ist die Rolle, die die Spreu in dem holzarmen Aegypten als Feuerungs-
material gespielt hat. 2) Das lehren unsere Ostraka, in denen wir
die Spreu in den meisten Fällen auch da, wo es nicht ausdrücklich
hervorgehoben ist, eben als Heizungsmaterial zu betrachten haben
werden. Es scheint, dass die Spreulieferungen meist, wenn nicht
ausschliesslich, an die Militärbäder abgeführt wurden. Die Ostraka
unterscheiden folgende Fälle:
1) El? OTioxauatv ßaXavetou. Vgl. 901, 905, 927, 936, 1259,
1447. Hier wird die Spreu zum Heizen der Bäder abgeliefert.
In 901 und 1259 wird das Bad als das des Militärlagers von Ou^lov
bezeichnet, in 905 als das der oizzlpoL. In 927 quittirt ein Chiliarch
der cohors II Thracum über den Empfang von OLyppoy 5yj|Ji6acoy.
Auch in 1168, die als Xg(yo?) äyupG'j bezeichnet wird, heisst es:
eIq zocq xa[X£ivous ayi))(yod) dv(d) u a 6'tö. Also eine
dYiOYY] hat damals den Wert von 400 Kupferdrachmen, ach- einem
unpublicirten Berliner Ostrakon (P. 206) kostete im II/III. Jahrh.
n. Chr. ein yojxog cc/upou 48 Dr.: xal U7i(£p) v.\yr^c, Y6((jia)v)
dxup(ou) p SMS.
^) Woenig, d. Pflanzen im alten Aegypten S. 158 f. Vgl. auch Marquardt,
Privatalt. S. 637 (Mommsen).
^) In einem "Wirtschaftsbuch aus dem III. Jahrh. v.' Chr. (Pap. Sakkakini,
Rev. Egypt. III) wird zu jedem Tage notirt: ^uXa i Obol. Ich lasse dahin-
gestellt, ob dies zum Heizen verwendet worden ist. — Heutzutage wird vielfach
der Mist der grösseren Haustiere als Brennmaterial verwendet. ,,Die Mädchen
kneten den Mist zu Kugeln, welche gegen die Aussenwände des Wohnhauses
geworfen und dadurch abgeplattet werden. Die Mistscheiben (gille) bleiben
an den Wänden haften und erhärten dort", v. Fircks, Aeg>'pt. 1894, I. S. 207,
11*
164
IV. KAPITEL.
2) Elc, TTjV 7:ap£{xßoXfjV. Vgl. 1461. Vergleicht man hiermit
901 und 1259, so liegt die Vermutung nahe, dass auch diese Spreu
zur Feuerung des Bades abgeliefert wurde. Dieselbe Vermutung
liegt auch bei den nächsten Gruppen nahe.
3) Elc, aTp(aTr^Yr/ta5) xpeia^ eiAYj? 'HpaxXecavf^c. Vgl. 1012.
4) Elc, TYiv aT^sIpav. Vgl. 937, 943, 1015, 1453. Dasselbe
begegnet auch in der Form: de, ty^v ytopiYjv. Vgl. 1014, 1476.
In 1014 wird mit y.(x\)a[iO\j auf den Zweck der Verbrennung hin-
gewiesen. In 1015 heisst es: elq arusTpav ß 0paz(ö)v).
5) El? slXyjv. Vgl. 906, 1464. In 906 heisst es genauer:
elc, TY]v £v KoTiTW eUt^v.
6) Elq 'Q^LT°. Vgl. 1458. Welche Auflösung auch zu wählen
sei, jedenfalls dürfte der Name des thebanischen Stadtteils ~Q:pi
darin stecken.
7) Elq nop9upLT(. .). Vgl. 951. Ueber das Porphyr -Gebirge
siehe Kap. IX. Vielleicht handelt es sich hier um eine Lieferung
für die dort stationirten Truppen.
8) In 776, 1011 und 1258 quittiren Soldaten über den
Empfang von ciyupov.
9) Elq TO 7.a^^7.ov axup(cz6v), seil. xsXo?. Vgl. 738, 744,
1352, 1501, 1519. Das Wort ziXoc, ist nur in 1352 geschrieben.
Diese Ostraka, die sämmtlich dem II. Jahrh. vor Chr. augehören,
während alle in 1 — 8 genannten aus der Kaiserzeit stammen, be-
gnügen sich damit, die Spreulieferungen als eine pflichtmässig zu
liefernde Abgabe zu bezeichnen, ohne die spezielle Zweckbestimmung
anzudeuten. Beides fehlt in Nr. 705, 707, 715, 751, 765, 810,
854, 865 (t6 dyupov oou ifiQ afic, Yjmpou), 866, 914, 1436, 1513,
1514, von denen nur 1436 der Kaiserzeit, die anderen der Ptole-
mäerzeit angehören.
Es sei nur noch hinzugefügt, dass die Benutzung der Spreu
zur Feuerung für Aegypten auch durch das Wirtschaftsbuch von
Hermupolis (Pap. Lond. CXXXI Recto) bezeugt wird. Vgl. Z. 388:
[xia-ö-oö spYaTO'j xojSaXeucvTO? öiyupo{v) aTzb zfiq eTiauXso)? elc, oI'/.qv
ek ßaX(av£Tov). Aehnlich Z. 433, 509, 613. Vgl. auch BGU
14 III 17: dx^upYjyoövTe? äizb a^vWVLac enoivSou elc 67t6xaua:v
xa[i£Lvou Xouxpwv ovo: cß.^)
^) Belege aus den Papyrus Erzh. Eainer bei Wessely, Denkschr. Wien.
Akad. 42, 1893, S. 9, Anm. 2.
§22. DIE BADSTEUER.
165
§ 22. 'Xizsp ßaXavcLwv.
Für Theben belegt durch Kr. 366—368, 370, 373, 374, 376
bis 378, 384, 386, 387, 389—391, 398, 401, 403, 405, 406,
409, 411, 424, 425, 429, 436, 443, 453, 456, 462, 463,
469, 470, 474, 481, 483, 486, 488, 492, 501, 516, 518—520,
525, 526, 532, 534, 536, 538, 539, 542—544, 546, 548, 555,
565—567, 569, 570, 573, 582—584, 586, 591, 598, 617, 619,
623, 626, 634, 636, 641, 645, 651, 665—667, 780—782, 784,
786, 789, 795—798, 807—812, 815, 818, 819, 835, 842—846,
849, 853, 857, 862, 863, 871, 875, 877, 882, 885, 916, 919,
924, 928, 932, 955, 1020, 1032, 1033, 1035—1037, 1061, 1243,
1251, 1252, 1287, 1289, 1321, 1368, 1370, 1373—1375, 1378,
1380, 1392, 1393, 1400, 1402—1404, 1409, 1414, 1415, 1417,
1425, 1426, 1428, 1429, 1452, 1549, 1552, 1562, 1566. Aus
Elephantine-Syene liegt bis jetzt kein Beispiel vor.
Der Xame des besteuerten Objectes ist in den vorliegenden
Texten niemals vollständig ausgeschrieben. Meistens ist nur ßa>- oder
ßa geschrieben, seltener ßaXa oder ßaX*. Am weitesten gehen die
Schreibungen ßa/av^ (411) und ßa:iav^ (666, 1321, 1378). Letztere
geben den Schlüssel für das Verständnis: es kann sich nur um ßaXa-
vela, um Bäder, handeln, wofür ßaXav^a eine vulgäre Schreibung
ist.^) Die Abgabe selbst wird nun verschieden bezeichnet. Man zahlt
entweder (^opov ßaX(av£''oi)), so in 1368, aus der Zeit des Augustus^),
oder TO zkXoc, ßaXavr^(ou) (1321), oder t6 ibagc, toO ßaX(av£LOD) (1370),
oder uTiep ßaAav'f^(ou), oder endlich xö ßaX«, ßa, ßa. Im letzteren
Falle muss eine adjectivische Ableitung von ßaXaveTov gebildet
werden. Schon im Rheinischen Jahrbuch S. 250 habe ich die Auf-
lösung TO ßaXavixov vorgeschlagen. Wenn ich auch zur Zeit keinen
Beleg für diese Form beibringen kann, so ist es mir doch nicht
unwahrscheinlich, dass sie hier einzusetzen ist. Das lateinische
;Man könnte sonst nur noch an eine Ableitung von ßdXavog, Eichel,
denken. Eine Steuer ßaXavr/pöv) oder ßaXavr,(pa) Hesse sich wohl denken.
Aber ßaXav® und namentlich ßaXv^ (583) sprechen für ßaXavsrov.
^) $öpo5 wird hier kaum als Pachtzins zu fassen sein, denn in 1370
(gleichfalls aus Augustus' Zeit, vielleicht von demselben ßaXavsu; 'AtcoX^ ge-
schrieben) steht an der entsprechenden Stelle zö ■ziX{oi;) xou ßa?v(av£{o'j). Freilich
wäre ja trotzdem möglich, dass er in 1368 den Pachtzins für ein verpachtetes
Bad erhöbe.
166
IV. KAPITEL.
halneaticum kommt einmal vor, in 583, wo ßaXve geschrieben ist,
was wohl nicht anders als ßaXv£(aTLx6v) aufgelöst werden kann.
In vielen Fällen kann man schwanken, ob man ßaX(av£COu) oder
ßaX(av:x6v) auflösen soll, so nach uTiep. Ich habe im Textdruck
meist das letztere gethan, doch kommt nicht \del darauf an.
Was bedeutet nun diese Abgabe für die „Bäder"? Unter hal-
neaticum versteht man sonst das Badegeld, das man für die (ein-
malige) Benutzung eines öflPentlichen Bades zu zahlen hatte. Das
ist z. B. im Papyrus Sakkakini gemeint mit der Bemerkung: „ßaXavsI
so und so viel" (Revillout, Rev. Egj^t. III S. 121). Diese Be-
deutung ist hier aber schon durch die Varianten mit zkXoc, ausge-
schlossen. "Wir haben es vielmehr mit einer Abgabe zu thun, die
immer für ein ganzes Jahr zu zahlen war. Vgl. tö ßaX(avi%6v)
ToO X. ETOUC. Daher wird sie auch meist durch die üblichen Steuer-
behörden einkassirt, so durch den TUpaxTWp ßaXfavLZoO) (390, 1037)
oder TipaxTWp apyupiv.fj? (passim), und daher geht auch das Geld meist
an die königliche Bank (vgl. 366 ff). Ein Tipa/wTCop ßaXavetou ^ikoL-^piZoz
begegnet in den arsinoitischen Tempelrechnungen (BGU 362 pag. 1,24).
Nur in 1368 und 1370, die beide aus der Zeit des Augustus stammen,
und in 1263, aus der Zeit des Tiberius, trägt der Erheber einen Spe-
zialtitel, der mit ßa?- beginnt. i) Wir werden daher in dem ßaXavLVwOV
eine Steuer zu sehen haben, und die schwierige Frage ist nur die,
wer zu dieser Steuer verpflichtet war. Wurde sie von allen Orts-
angehörigen gezahlt? Dafür könnte sprechen, dass sie gelegentlich
als Abgabe des und des Ortes bezeichnet wird. Vgl. 862: tg
ßaX(avLx6v) 'Q^tigoi). Dann könnte man vielleicht annehmen, dass
die Steuer erhoben wurde, um dem Staate ein Aequivalent zu
bieten für die Unkosten, die die Instandhaltung öffentlicher Bäder
verursachte. Man konnte eine solche Abgabe mit demselben Recht
ein ßaAavLZOV nennen, wie man mit y^a)[JiaTCz6v diejenige Steuer
Man möchte ein Wort bilden, das den Erheber des ßaAav'.xöv bezeichnete
— etwa ßaX(av£'.07ipdxTa)p) , nach Analogie von dxopoTipay.xwp. Doch das
Nächstliegende bleibt, wie im Text vorgeschlagen ist, ßaX(avsui;) zu lesen. Mau
könnte danach annehmen, dass, als Augustus die Steuer einführte (s. unten), er
die Erhebung der Jahresgelder (hier Cföpog und liXoc, genannt) zunächst noch dem
Bademeister, dem ßaXavsüs, überliess, der ja auch vorher die einzelnen Badegelder
(balneatica) eingezogen hatte. Später wurde dann auch diese Erhebung den
ordentlichen Steuererhebern, den Tipdy.xopsg, überwiesen.
§22. DIE BADSTEUER.
167
bezeichnete, die die Unkosten, die durch die Instandhaltung der
Dämme verursacht wurden, decken helfen sollte. Ob dann für
die Benutzung des Bades im einzelnen Falle ein Eintrittsgeld zu
bezahlen war, lasse ich dahingestellt. Andrerseits bleibt die Möglich-
keit, dass die Abgabe nur von denen erhoben wurde, die das Bad
benutzten. Dann wäre das ßaXavr/-6v im Grunde doch nichts anderes
als das balneaticum, das Badegeld, das in Form einer Steuer in
einer Pauschalsumme pro Jahr erhoben wurde. Ich sehe in unseren
Texten bis jetzt leider keine Handhabe, um diese Frage mit Sicher-
heit zu entscheiden. Ehe wir sie weiter untersuchen, sei auf einen
singulären Ausdruck in 617 hingewiesen. Da wird quittirt uTiep
p,£pia([Jioö) ßaA(av£ia)y) 5uo. Dass das nicht bedeuten kann „für
zweimalige Benutzung des Bades", ist klar. Es bleibt wohl nur
übrig, anzunehmen, dass es in dem betreffenden Orte zwei Bade-
anstalten gab, für die die jährliche Abgabe zu erheben war. Es
ist dies der einzige Fall, in dem die Zahl der Bäder angegeben
ist. Diese Stelle könnte die Deutung nahelegen, dass unser ßa-
XaviVwOV nichts anderes wäre, als das Pachtgeld, das die [xia^wxal
ßaXavEiOD aus den Eintrittsgeldern aufzubringen und an den Eigen-
tümer abzuliefern hatten. In diesem Falle hier hätte der Zahler
zwei Bäder gepachtet. Wiewohl sprachlich gegen diese Erklärung
nichts einzuwenden ist — t6 ßaXavLXOV xoO x. stgd^ würde gut
dazu passen — , ist sie aus sachlichen Gründen zurückzuweisen.
Vor allem sind die Summen, die hier gezahlt werden, xiel zu
klein, als dass wir an die Ablieferung des Pachtgeldes denken
könnten (s. unten). Auch müsste ja danach eine Unmasse von
Bädern für Theben angenommen werden.
Zumal die Ostraka trotz ihrer grossen Zahl über die Js^atur
des ßaXavixov so wenig lehren, sei hier kurz auf die Angaben
der arsino'itischen Tempelrechnungen verwiesen (vgl. Hermes XX
430 ff. und BGU 362). Da sind zweierlei Abgaben für das
ßaAavelov des faijümischen Dorfes OtAayp:? zu unterscheiden :
1) die a7:o^opa ßaXav&LO'j xa)[xr^^ OLAaypioo;. Diese ist ver-
pachtet an einen [AiaO-coTi^; (p. IX 2). 2) das TsXeapLa, das der
Tempel des Jupiter Capitolinus zu Arsinoe für dasselbe ßaAavsIov
zahlt. Vgl. p. VI 21, X 24. Dieses wird von einem 7:pay.T(0p
erhoben. Vgl. p. I 24. Wie kommt der Jupitertempel in Arsinoe
dazu, die letztere Abgabe zu bezahlen? Ich habe im Hermes XX
168
IV. KAPITEL.
S. 450 angenommen, dass die Dörfer TptxtofJiLa, Iluppeca u. s. w.,
für die er gleichfalls 'zeXiG\L<XToc oder SyjiJLoaca TeXeafxaxa zahlt,
Eigentum des Tempels gewesen seien. Ich möchte diese Ansicht
heute dahin modificiren, dass der Tempel in den betreffenden Dörfern
Grund und Boden oder Fabriken oder andere Steuerobjecte besessen
habe, für die er die Steuern zu zahlen hatte. Denn dass die ge-
sammten Dörfer ihm gehört hätten, wird durch den Text nicht
indicirt, und wird durch die niedrigen Summen, die er zahlt, jedenfalls
nicht wahrscheinlich. Im Dorfe ^iXocypiq gehörte ihm jedenfalls
nur die Badeanstalt. Denn dass er etwa als Grundbesitzer in diesem
Dorfe auch zu dem ßaXavixov habe beitragen müssen, und dass
mit anderen Worten dies ziXeo\i.o(. unserer Abgabe gleichzusetzen
sei, wird u. A. dadurch ausgeschlossen, dass von einem Grundbesitz
in OcXaypt? nie gesprochen wird. Wir gehen daher wohl nicht
fehl in der Annahme, dass das TeXeapia die Steuer ist, die der
Tempel als Eigentümer der Badeanstalt zu zahlen hat, dass die
von ihm verpachtete ano^opd dagegen eine Abgabe ist, die er von
den Bewohnern von OtXaypc^ erhob, ebenso Avie der Kaiser, nach
unserer obigen Deutung, ein ßaXavcxov in den Thebanischen Dörfern
einforderte. Wir setzen also die aTio^opa unserem ßaXavcxov gleich.
Leider giebt auch dieser Papyrus keine Antwort auf die Haupt-
frage, ob nur diejenigen zur Zahlung verpflichtet waren, die das
Bad benutzten, oder ob alle Bewohner des Dorfes herangezogen
wurden.
Wir haben noch nachzutragen, dass das ßaXavLXov nicht in
allen Nummern von den kaiserlichen Steuereinnehmern, den Tipax-
Tope? ßaXavLXOö oder häufiger apyiipizY]? (einmal 1061 aTzaizrizri<;
(X£pLa[Jioö ßaXavcxoö) erhoben wird, sondern in einer grossen Zahl
von Fällen vielmehr von den TsXwvai oder eTTLTrjpyjTal -ÖTjaaupoij
LEpwv (vgl. 780 ff.). Hier handelt es sich also, wie es scheint, um
Badeanstalten, die nicht von der kaiserlichen Regierung, sondern
ganz wie in dem Berliner Papyrus, von den Tempeln unterhalten
wurden. Das ßaXavizov, das hier von TsXwvac erhoben wird, gleicht
also jener aTio^opa, die in dem Papyrus der in Diensten des Tempels
stehende \iiGd'(£>zy]q einzog. Die xeXwva: d-yjaaupoö fspöv unterlassen
es leider fast regelmässig, die Summe zu nennen. Nur an zwei Stellen
wird sie genannt (1251, 1252) und da werden nicht, wie man
nach dem Titel der Männer schliessen sollte, Artaben, sondern
§22. DIE BADSTEUER.
169
Drachmen genannt. Auf diese schwierige Frage werden wir in
Kap. VI einzugehen haben.
Versuchen wir endlich, ob unsere Texte uns über die Höhe,
in der diese Steuer dem Einzelnen auferlegt wurde, Auskunft geben.
Die Untersuchung wird wiederum dadurch erschwert, dass wir meist
nicht mit Sicherheit sagen können, ob Raten oder Jahresbeiträge
vorliegen. Auffällig ist, dass gewisse Summen, wie 1 Drachme
l^/j, Obolen, ferner Obolen oder auch 2 Drachmen so sehr
häufig, auch bei verschiedenen Personen, wiederkehren. Viel-
leicht gelingt es einem Anderen, das Princip, nach dem die
Höhe berechnet war, aus den erhaltenen Zahlen zu eruiren. Ich
möchte die Frage noch offen lassen, bemerke aber, dass es nicht
unmöglich ist, dass auch diese Abgabe, ähnlich wie die Xaoypa^ta,
innerhalb der Ortschaften in gleicher Höhe erhoben wurde — aber
vielleicht zu verschiedenen Zeiten in verschiedener Höhe. So zahlt
z. B. KajifjTL^ ILezeocpTZpiG'jQ in Noto; xal iVjh sowohl im J. 69/70
als 84/5 je 4 Drachmen (429, 463), während 'Aßö? Tipeaß'jxepo^
ILtTOGipioq an die Steuerbeamten von Charax sowohl 134,5 als
auch 137/8 und 139/40 je 2 Drachmen 1/2 Obolen 2 Chalkus zahlt
(570, 583, 598). Diese letztere Summe zahlt aber auch, gleichfalls
für Charax, 'Etüwvu/^o; Koc[ir^zioq im J. 132^3 (555). Das sieht
doch aus, als sei das damals der Satz für Charax gewesen. In
der früheren Zeit scheint man in Charax weniger gezahlt zu haben;
da sind die häufigsten Sätze 4V2 Obolen oder 1 Drachme 1^/2 Obolen
oder auch 1 Drachme 4 Obolen. Andrerseits ist bemerkenswert, dass
der höchste Satz, der sich bis zum II. Jahrhundert findet, 6 Drachmen
4 Obolen vom J. 108/9 auf die Ortschaft Apa(. . .) beschränkt ist,
von der uns keine anderen Sätze vorliegen. Die hohe Summe von
8 Drachmen, die sich in 665 findet, mag sich durch das Datum —
244/5 — erklären. Sollte sich diese Auffassung bestätigen, so hätten
wir anzunehmen, dass das ßaXavtxov nach Analogie des Kopfgeldes
aufgelegt war. Wie weit sich diese Analogie erstreckte, lässt sich
noch nicht sagen. — Völlig rätselhaft bleibt mir einstweilen die zpizf]
ßaXaveiou, die in dem noch unpublicirten Berliner Papyrus P. 1394
(Zeit des Antoninus Pius) begegnet. Zwölf Drachmen werden dafür
gezahlt. Ebenda wird gebucht: 7rp[o565(a)v) ßa]Xav£COD + pq dx5.
Endlich haben wir noch darauf hinzuweisen, dass die Belege
für diese Steuer sämmtlich der Kaiserzeit angehören, von Augustus
170
IV. KAPITEL.
bis ZU den Philippi. Für die Ptolemäerzeit hat sich bisher kein
Beispiel gefunden. BaXaveTa hat es selbstverständlich auch schon
in der Ptolemäerzeit gegeben (vgl. z. B. Mahaffv% Flind. Petr. Pap. II
S. 32). Aber wir wissen nichts von einer ähnlichen Abgabe, die
darauf lastete. Man mag damals einfach ein Badegeld im einzelnen
Falle gezahlt haben. Vgl. oben das Citat aus dem Papyrus Sakkakini.
Es hat danach den Anschein, dass erst Augustus diese Steuer
eingeführt hat. Auf römischem Gebiet möchte ich an das
jmblicum Interamnitum vectigal babiearum (CIL IX 5144) erinnern.
Vgl. dazu Marquardt, Privatl. d. Römer I^, S. 273.
In der römischen Zeit scheint die Verbreitung der Bäder in
Aegypten eine sehr grosse gewesen zu sein. Nicht nur in den Städten,
auch in den Dörfern waren Badeanstalten zu finden. Vgl. ausser
den schon oben berührten Beispielen BGU 181, 12: ev xm iv '/a)|xy]
Ba.xyiochoc, ßaXaveiWL Ueber Militärbäder vgl. oben S. 163 f Für
den memphitischen Gau vgl. Pap. Leipz. 27 Recto 5: ßaXav[, wo
Wessely ßaXXe liest. Auch auf dem Gutshof bei Hermupolis, der
uns durch Pap. Lond. CXXXI Recto (vom J. 78/9 nach Chr.) so
nahe gerückt ist, spielt tö ßaXavelov eine Rolle. Vgl. Z. 24, 306,
335 u. s. w. Für die byzantinische Zeit vgl. Pap. Lond. CXIII 6^
(vom J. 633 n. Chr.), ^\o ein Tzepiyuiric, hriiio{aio\j) ßaXaviou aus
Arsinoe begegnet. Derselbe in einer Urkunde bei Wessely, Denkschr.
Wien. Akad. 1880, S. 239. Die öffentlichen Bäder von Alexandrien
nennt noch das XIII. Edict Justinians (c. 14). Diese Bäder sind
ein Kennzeichen der hellenistischen Kultur!
§ 23. TTisp )((sLpü)va5L0D) ßaXav£i)T(ö3v).
Für Theben durch Nr. 527 (vom J. 120/1 n. Chr.) belegt. Der
ßaXav£UT% (gewöhnlicher ßaXavsu?) ist der Bademeister. Das
)(£Lpü)va^cov ßaXaveuTWV ist also die Gewerbesteuer, die er für die Aus-
übung seines Geschäftes zu zahlen hat. Ueber die Höhe der Steuer lässt
sich aus diesem einzelnen Falle nichts erschliessen. Zur Gewerbesteuer
im Allgemeinen vgl. unten § 135. Es ist dies in unserer Sammlung
das einzige Beispiel einer Verwendung des Wortes )^£Lpü)vaEcov in Theben.
§ 24. TskoQ ßacpscov.
Für Theben belegt durch 700 (184/5 nach Chr.), 1068 (179
n. Chr.) und 1516 (141/0 vor Chr.).
§ 22 — 25.
171
Diese von den „Färbern" ^) erhobene Steuer (in der Kaiserzeit
als zkXoq bezeichnet) ist als Gewerbesteuer zu betrachten. lieber
die Höhe der Abgabe lässt sich aus diesen drei Quittungen nichts
Sicheres gewinnen. In der ptolemäischen Quittung 1516 ist nur
gesagt, wieviel der Steuerpächter in dem betreffenden Monat an die
Bank gezahlt hat. Aus 1068 geht hervor, dass auch die Färber-
steuer, wie die anderen Gewerbesteuern, monatlich berechnet war.
Vgl: "Eoxov — TO za^(Yj7.Gv) t£A(o?) tir/^6(?) 0(0^. So stehen
diese Ostraka mit unserer Haupturkunde über Gewerbesteuer, BGU 9,
im Einklang, die uns zugleich belehrt, dass damals, Ende des
III. Jahrh. nach Chr., die Gewerbesteuer der Färber pro ^lonat
24 Drachmen beti-agen hat (vgl. Col. II 7 ff.). Ob dieselbe Summe
auch schon Ende des II. Jahrh. n. Chr. (Nr. 700 und 1068) normirt
war, lasse ich dahingestellt. Immerhin werden die 8 Drachmen
4 Obolen in Nr. 700 sehr wahrscheinlich nur eine Rate darstellen.
Zur Gewerbesteuer im Allgemeinen vgl. unten § 135.
§ 25. To zou ßoYjO-oD ibIoz.
Für Koptos belegt durch Nr. 1084 und 1089.
ist eine ganz allgemeine Bezeichnung fiir denjenigen,
der einem Anderen helfend zur Seite steht. Dass in dem obigen
Ausdruck der ßor^'ö'O? das Steuerobject, nicht das Steuersubject ist,
ist sicher. Unklar ist dagegen, auf wen der ßorj^d; zu beziehen
ist. Man hat zwei Möglichkeiten. Entweder bezieht man ihn auf
die xaaaoTio'.o:, denen hier die Zahlung ihrer Gewerbesteuer quittirt
wird: dann würde die Abgabe dafiir erhoben sein, dass sich der
betreffende xaaaoTiOLog einen ßoyj^oc, sagen wir einen Geschäfts-
führer oder dgl. hielt. Oder aber man bezieht ihn auf den quit-
tirenden Beamten, den Pächter dieser Gewerbesteuer: dann würde
die Abgabe für die Mühewaltungen dieses Secretärs des Steuer-
pächters resp. als Beitrag zu seiner Salarirung erhoben werden.
Letzteres ist mir wahrscheinlicher. Jedenfalls sind uns solche ßor^^oi
als Secretäre der Steuererheber gerade durch die Ostraka bekannt
genug. Vgl. Kap. VI.
Ueber die Färberei im Altertum vgl. H. Blümner, Technologie I S. 215,
im Besonderen 220, wo über die aegyptische Färberei auf Grund von Plinius XXXV
150 gehandelt wird.
172
lY. KAPITEL.
§ 26. Teloq ysp^Lwv.
Für Theben belegt durch: 476, 574, 650, 660, 664, 680, 1040,
1059, 1060, 1063, 1064, 1067, 1073, 1077, 1332, 1416, 1551.
TiphiOQ ist eine in Aegypten häufige, sonst seltene Bezeich-
nung für den Weber. ^) Das ziXoq yspS^wv ist also die Gewerbe-
steuer, die die "Weber für die Ausübung ihres Gewerbes zu zahlen
hatten. lieber die Gewerbesteuer im Allgemeinen vgl. § 135. Die
Steuer wurde erhoben durch icXövac Y£p5(caxoö)2), die auch einmal
xeXwvat xeXoug yepbm^ heissen (1067), oder durch sTiCTYjpYjTal
Y£pB(taxoö) (664).
Die Höhe dieser Gewerbesteuer zu berechnen wird dadurch
erschwert oder unmöglich gemacht, dass die thebanischen Schreiber
nicht wie die elephantinischen die Schlusszahlungen als solche be-
zeichnen. Wir sind daher immer in Zweifel, ob wir es mit Voll-
zahlungen oder Ratenzahlungen zu thun haben. In einigen Fällen
sollte man nach dem Wortlaut annehmen, dass es sich um Ersteres
handelt. Vgl. 650: £)(0(ji£V — bnkp zilXouq] na)((bv [HajoTv: —
Drachmen 4. Vgl. auch 1332: £ax(o[i£v) — t6 T£X(o?) 67r(£p)
p,Y](v(I)v) Ow-ö- Oaw'fL 'A^up — 6 Drachmen. Vgl. endlich 660:
£ax(o{A£v) — U7r(£p) apL'9'([iYja£a)g) Oa|X£va)^ xal Oapiiou-ö". t6
T£X(o?) — Drachmen 7 Obolen 1. Hiernach möchte man in den
beiden ersten Fällen je 2 Drachmen, im dritten je 3 Drachmen
3^/2 Obolen als Normalsumme pro Monat annehmen. Das Divergiren
der Zahlen würde zu der Annahme fuhren, dass in verschiedenen
Jahren die Summen verschieden hoch berechnet waren. Aber
wahrscheinlicher ist mir, dass nur die Ausdrucksweise des Schreibers
incorrect ist, und dass diese Summen doch nur als Raten aufzufassen
sind. Nach 664 werden für einen Monat allein 8 Drachmen von
einer Person gezahlt, und in 1551 wird eine Zahlung von 4 Drachmen
für einen Monat ganz unzweifelhaft als Rate bezeichnet (dTio tou
ziXouq TOU Tößt). Dazu kommt noch eine Nachtragszahlung von
2 Drachmen, sodass hier mindestens 6 Drachmen den Monatsbetrag
ausmachen.
1) Vgl. H. Blümner, Technologie I S. 151.
So wird aufzulösen sein, nicht yspScwv, wie ich im Textdruck meist
gethan habe. Die Form yspS'.axöv entnehme ich dem Berliner Papyrus P. 1500.
§ 26. DIE WEBERSTEUER. — § 27. FÜR DIE LAXD VERMESSUNG. 173
Die Webersteuer begegnet ausserdem im Berliner Papyrus
P. 1500 aus dem Faijüm (III. Jahrh. n. Chr.), und zwar unter dem
Namen ycp5:ax6v. Sie wird hier sowohl für die [ir^zp67:oX^c, (Arsinoe)
wie für den vo[i6? (Herakleidesbezirk etc.) bezeugt. Die Weber
waren also über den ganzen Gau verbreitet. Auch in BGU 471, 1
(II. Jahrh. n. Chr. Faijüm) ist mit den Worten -apa yspoLWV auf
sie hingewiesen. In BGU 617 zahlen eine Weberin und in Pap.
Grenf. (II) LX ein Weber ihr y^SLpwvaEiov. Doch ist nicht klar
zu erkennen, ob die gezahlten Summen sich nur auf diese Gewerbe-
steuer, oder auch auf die daneben genannte xotty] 'Zp'.yoq beziehen.
Vgl. unten § 181. Der Ertrag dieser Webersteuer muss bei der
grossen Blüte und Bedeutung der Weberindustrie in Aegypten kein
geringer gewesen sein.^)
§ 27. Ttzsp Y£ü)|xsTpia^.
Für Theben belegt durch Kr. 513, 576, 587, 593—595, 599,
677, 685, 688, 699, 1292, 1406, 1423, 1427, 1434, 1435, 1448,
1470, 1561, 1572, 1579, 1581.
Während die meisten Texte sich Abkürzungen erlauben, bieten
599 und 1435 das Wort Y£0[i£Tp''a; (sie) ausgeschrieben. Auch
in dem nicht publicirten Berliner Ostrakon P. 4362 findet sich
bizep yetofie-cpia?.
Es besteht wohl kein Zweifel, dass bizep Y£(i)|jL£Tp''a^ der all-
gemeinere Ausdruck für eine Abgabe ist, von der die bizkp yed)-
(lETpia? dfiTieXwvwv imd (poivixwytDV (vgl. § 12 und § 131) nur
Spezialisirungen darstellen. Es kann sich überall nur um dieselbe
Steuer handeln. Wir haben nun schon oben darauf hingewiesen,
dass die Abgabe bizhp ye^jiSTpia? d|X7t£}.a)Vü)v in mehreren Fällen
nachweisbar in derselben Höhe erhoben wird wie die (jizep dfiTueXwvwv,
d. h. wie die Grundsteuer für Rebenland, und bemerkten schon oben.
Büchsenschütz, die Hauptstätten d. Gewerbfleiss. S. 62/3. Für die
alten Zeiten vgl. Erman, Aegypten S. 594 ff. Wiedemann, Herodot II S. 147 ff.
— Ein YspS'.os unter den Tcpsaßuxspo'. des Dorfes Muchis im Faijüm BGU
6, 13. Mehrere fipb'.O'. auch in Ptolemais Hormos im Faijüm, nach der Charta
Borgiana, vgl. III 10, IV 13, VII 34, wo überall yspS'.s statt Xspg-.s zu
lesen ist. Sollte das rätselhafte 'Opö-oücpo'J im Pap. Grenf. (II) LXXIX 1, 3
vielleicht dpO-oO^ou zu lesen sein (vgl. X'.vöücpos) und eine Weberspezialität
bezeichnen ?
174
IV. KAPITEL.
dass hier wahrscheinlich nur zwei verschiedene Ausdrücke für ein
und dieselbe Sache vorliegen. Auch ein Blick auf Nr. 1301 be-
stätigt diese Annahme.^) Wir werden danach auch in den hier
vorliegenden Urkunden Quittungen über Grundsteuer sehen, und
es fragt sich nur, wie es denn möglich ist, dass Zahlungen für die
Grundsteuer als ÖTcep yewjieTpLai; geleistete bezeichnet werden können.
Wir werden unten § 46 ausführlicher darlegen, wie die Um-
legung der Grundsteuer auf der Katastrirung des Bodens beruhte.
Diese Katastrirung aber basirte auf der ye^ptexpLa, der Thätigkeit der
Y£ü){Ji£Tpa:, der Feldmesser. Sowohl Klassikertexte als auch Urkunden
lassen uns keinen Zweifel darüber, dass diese Kataster in Aegypten
schon seit den ältesten Zeiten geführt worden sind, dass aber auch
durch die alljährlichen Nilüberschwemmungen, die vielfach die alten
Grenzen der Grundstücke veränderten und andrerseits alljährlich
^) Die Abgabe uTüsp YS(0}i£xptai; ist mir sonst nur noch in BGU 572 — 574
begegnet, einer Liste aus dem Anfang des III. Jahrhunderts nach Chr., in der
in alphabetischer Folge Grundbesitzer mit ihren in Geld zahlbaren Steuern auf-
gezählt sind. Nach Angabe des Umfanges der Grundstücke (es begegnen
sXaiwvec, diizsXwvsg ^md uapaSs'.aot) wird der Steuerbetrag genannt, und zwar
begegnen folgende verschiedene Arten: 1. £lS(ü)v). 2. yscodiexpias). 3. =
^lByzr^xGGxr^Q. 4. — oySör^^. So viel ist wohl a priori sicher, dass einer
dieser Posten die Grundsteuer bezeichnen muss. Die beiden letzten scheiden
aus, da die Grundsteuer nicht als Ertragsquote erhoben wird. Man kann nur
schwanken zwischen s'.Swv und Y£(i)[j.£Xptas. Gegen die Fassung von slSog als
Grundsteuer spricht aber Folgendes:
a. In Contracten wird mehrfach von dem verkauften Grundstück aus-
gesagt, dass es y.a^apov ä7:6 gr^jioaiwv y.ai Ttavxdg stgoug sei. Vgl. BGU 197, 14;
227, 19; 237,13. Hier sind mit den gr;]j.öa'.a offenbar die Hauptsteuern (Grund-
steuer und Annona) gemeint, mit Tiavxcg (!) sigou^ aber sonstige Abgaben oder
Gebühren. Vgl. auch BGU 334, 2: uTiep }iOvo5£a|Ji(rjc;) xöpxcov Vwal (3cXX(üv ixwv
(= £'.§ü)v). Vgl. auch 236, 9, wo Tiavxdg £i§oi)S hinter dem dp'.0-[JLY]X'//öv ge-
nannt wird.
b. Die im obigen Text für die £i5y] gezahlten Summen sind für die Grund-
steuer entschieden zu klein. So werden in 574, 5 für mehr als 1\ Aruren nur
ca. 29 Drachmen gezahlt, also pro Arure noch nicht 4 Drachmen. Das ist als
Grundsteuer ganz undenkbar. Vgl. auch 573, 3. Dagegen passt der für die
Y£(OiJL£xpia sich ergebende Betrag durchaus zu den für die Grundsteuer bekannten
Sätzen. So werden in 572, 7 ungefähr 36 Drachmen, und ebenda 10 ungefähr
45 Drachmen pro Arure gezahlt.
Ich komme somit zu dem Kesultat, dass auch dieser Papyrus dafür spricht,
dass wir in der Abgabe U7i£p Y£(ü|X£xpta$ die Grundsteuer zu sehen haben.
§27. FÜR DIE LANDVERMESSUNG.
175
die Ertragsföhigkeit des Bodens in verschiedener "Weise bestimmten,
alljährliche Revisionen des Katasters notwendig waren. Herodot
II 109 erzählt, Sesostris habe Jedem einen gleich grossen y,Ar^poc,
zugeteilt und danach eine är.G'^opr} alljährlich von ihm eingefordert.
El hi Tivoc xoö y.Xr^po\j 6 TioTafxog zi TüapsXoiTO, D.^wv av 'izpbc,
aÖTOv iar]\Loci'^e t6 yeYevr^filvov. '0 6s (seil. Ssawaxp:?) eT.e\ine
zobc, £7::GX£d)0|JL£Voi)^ *xal avafjLSTpyjao vxa^ oato eXdcaatov 6
"/ßpoc, ytfowe, öxw? tgö Xolttou xa-ca Aoyov irjc z^zo^^(\ibrr^c, a-o^^op*^?
teXIol. Vgl. Diod. I 82, 2. Diese bewunderungswürdige Genauigkeit
in der Evidenzhaltung des Katasters, die die gerechte Erhebung der
Grundsteuer zum Zweck hatte, ist ebenso auch in der Ptolemäerzeit
und auch in der Kaiserzeit weiter durchgeführt worden. Schon
aus Strabo's Worten (XVII p. 787), „avaYXYj 6rj dva[i£Tp£iaO-aL TidcXiv
7.al TiaXcv" war es zu entnehmen. Die Papyrusurkunden führen
uns jetzt noch tiefer in das Detail hinein. In BGU 12 habe ich
einen Text publicirt, der den Bericht einer Inspectionscommission
enthält, die vom 14. Juli bis 14. Oktober 181 n. Chr. (also während
der Ueberschwemmung !) den Themistes- Bezirk des Ai'sino'itischen
Gaues bereiste, um die Dämme und sonstigen Schutzvorrichtungen
zu inspiciren (vgl. Z. 16).^) Ihre Thätigkeit wird als eTzia'AB^iq
bezeichnet. Im Gefolge der zuständigen Gaubeamten befand sich
auch ein Geometer, von dem es Z. 27 heisst: [y]£Cl)[jl£tpo'jvto^ */al
^uXopLETpOÖVTO^ 0£O$a)p[o'J TOu] ljldVf]piyyj ^TTÖ V0[J10Ö ^Hpa[7.]X£C-
7i(o}vCTOi)) Y£ü)[X£TpO'j. Wenn es sich an dieser Stelle auch um die
Ausmessung der Dämme etc. zu handeln scheint, zeigen doch wieder
andere Texte, dass gelegentlich dieser oder ähnlicher £7tLa7.£'|»£:?
die eventuellen Veränderungen im Grundbesitz vermessen und in die
Kataster ein gefugt wurden. So heisst es in BGU 563 I 11: et stzig-
y.(i^Ei3)q) cf^ [a]7:6 a'.xiy.wv (fO'.(v'.7wa)VO?) '^G(pi\io\j) V yj. Also so
Das Bruchstück einer ähnlichen Urkunde habe ich in BGU 490 pu-
blicirt. Geometer begegnen auch in den Flinders Petri Papyri (III. Jahrh. vor
Chr.). Vgl. Petr. Pap. (II) I, 1 ('AÖ-Yjvo5ü)?ou ^BO)\i.expou). In (II) XXXVI
werden mit Hilfe eines Geometers die fertiggestellten Damm arbeiten vermessen,
ganz wie in dem oben citirten Berliner Papyrus (über 400 Jahre später). Als
Geometer erscheint auch hier ein Mann mit griechischem Xameu ('App,ö5'.og),
doch ist sein Stellvertreter ein Aegypter i.UT.^oü'/.',oc,). Ein Grieche ist auch der
■"AaxXYjTi'.aSrjg 5 7ipoy.£X£'.?'.a|j.£vcs :ip6s yBOiiiZzpioi.: im Pap. Leid. L (II. Jahrh.
vor Chr.).
176
IV. KAPITEL.
und so viele Aruren waren es auf Grund der eniG7.e^ic, des Gten
Jahres. Noch genauer ist die Angabe ebenda in II 17: xai 1^
emax^i^eidq) Tzpoq ysoixCexpiav) '8'£o[u] Tpa[L]a[voö. Vgl. 18:
iE, imG'a(i^zis)q) Tcßepbu TiXeio) £7i[t]Yp(acp£VTa). In den hier
hervorgehobenen Jahren war zum letzten Male eine Veränderung in
den Grenzverhältnissen der betreflfenden Grundstücke eingetreten und
notirt worden. 1)
Trotz der nahen Beziehungen zwischen der Landvermessung
und der Grundsteuer, wie sie aus den angeführten Daten hervor-
gehen, ist und bleibt es sehr auffallig, dass in unseren Quittungen
UTiep y£a)[JL£Tpta^ heissen soll: „für die (durch die Landverraessung
festgestellte) Grundsteuer". Dennoch scheint mir aus den oben
angeführten Gründen diese Deutung gefordert zu werden. Wir werden
unten in § 71 einen ganz ähnlichen Bedeutungsübergang in der
Formel uizkp laoypOLcplac, kennen lernen. Dies übersetzt man all-
gemein, und mit Recht, „für die Kopfsteuer", und doch bedeudet
Xaoypa^La nichts anderes als die „Volkszählung". Die Volkszählung
leistet aber für die Ermittelung der Kopfsteuer dasselbe, was die
Landvermessung für die Ermittelung der Grundsteuer. Es steht
also in beiden Fällen das Mittel für den Zweck.
Was für Bodenarten in den vorliegenden Urkunden gemeint
sind, in denen weder a\nzeX(b'^eq noch ^oi'^ixGyveq erwähnt werden,
lässt sich nicht bestimmen. Da die Steuer regelmässig in Geld
bezahlt wird, können wir nach unseren sonstigen Resultaten nur
sagen, dass es sich wahrscheinlich um Reben- oder Palmenland,
^) Auf die Revision der Flurbücher bezieht sich offenbar der Ausdruck
Tipög dvajjLExpyjaiv in zwei Wiener Pachtcontracten vom Jahre 301 und 305 n. Chr.
Vgl. CPR XL und XLI. Man wird ihn in beiden Fällen auf die vorhergehende
Angabe des Flächeninhaltes der Grundstücke beziehen müssen. In XL ist wohl
nur durch Versehen des Schreibers eine andere Bemerkung dazwischengetreten.
Fraglich ist nur, ob damit auf die letzte dvajisxpYjaig hingewiesen wird, oder
auf die bevorstehende. Im ersteren Falle hätte man wohl eher xaxd statt npöc,
gesagt. Es soll also wohl heissen: So und so viele Aruren, vorbehaltlich der
eventuell bei der diesjährigen Wiedervermessung eintretenden Grenzverschiebungen.
Doch ist die andere Deutung wohl nicht ganz ausgeschlossen. Wessely's Erklärung
ist auf alle Fälle abzuweisen. Auch im Pap. Grenf. (I) LIV 10 steht unmittelbar
hinter dem Flächeninhalt des Grundstückes der Zusatz upog ava|i£Tp7jatv axot-vtou,
wo noch besonders auf die Benutzung der Messschnur hingewiesen Avird. Vgl.
BGU 526, 13 und namentlich 586, 9. Vgl. auch CIGr. III 4957 Z. 60/61.
§ 27 — 29.
177
Obst- oder Gartenland handelt. Ueber die Höhe der Taxe lässt
sich ebensowenig etwas ermitteln.^) Ob das oi in 1561, 2 zu ocvou
zu ergänzen ist, ist sehr zweifelhaft.
TsXoc, yvacpaXXoXoywv.
Siehe unten § 63 unter ziXoq xaaaoTUOtöv.
§ 28. Tusp SaTü(t,S6^wv?).
Am Schluss von Nr. 1395 (Theben, vom J. 66/7 n. Chr.) stehen
die Worte unep 6a7i( ). Zuerst glaubte ich, 6a7r(avYi[xaTO?)
auflösen zu sollen. Doch folgende Betrachtungen führen zu einem
anderen Resultat. Der Form nach sieht die Urkunde ganz so aus, als
wenn sie eine Gewerbesteuerquittung enthalte. Vgl. t6 leXoc, Bw'O' ^aw^i.
Da die vorhergehende Nr. 1394, die von denselben Personen handelt,
im Wesentlichen denselben Text, mit Ausnahme von u) 6a) enthält,
so scheint dieser Zusatz entbehrlich zu sein. Hierzu würde die
Annahme passen, dass damit das spezielle Gewerbe bezeichnet wäre.
Unter dieser Voraussetzung wüsste ich keine andere Erklärung
vorzuschlagen als 5a7i;(LS6cp(i)v) im Sinne von „Teppichweber".
Zwar ist dieses Wort durch unsere Nr. 1213 sowie durch Pap.
Paris. 5, col. 19,1 gerade für Theben in der Form KX-izibu^poc, belegt.
Aber auch wenn wir nicht bei Schriftstellern 2) die Nebenform h(XTZic,
neben zdizic, hätten, würde ich ein derartiges Schwanken in den
Dentalen unserm aegyptischen Schreiber ^'*£(X{Jia)V^r^(; durchaus zu-
trauen. — Ist dies richtig, so ist auch 1394 als Quittung für die
„Teppichwebersteuer" aufzufassen.
§ 29. Asa[jLoö.
Für Syene — Elephantine belegt durch Nr. 104, 106, 114 —
119, 121, 123, 125, 128—130, 140, 141, 144, 148, 151, 152,
154—156, 158, 165, 201, alle aus dem II. Jahrh. nach Chr.
^) Das Yj^iot) in 1572 kann wohl nur bedeuten, dass die Hälfte der ganzen
falligen Steuersumme bezahlt wird (vgl. xö S in 275), oder aber dass eine halbe
Arure das Steuerobject ist. In 576 und 1427 (beide aus demselben Jahre) steht
e/ {Jiepoui; = ti£[jl71tou jj-epous, wohl nur bedeuten kann, dass hier 4 der
Gesammtsumme gezahlt wird. Mit der yswiJLSTpia speziell hat der Zusatz nichts
zu thun, wie er denn auch bei der Dammsteuer vorkommt.
^) Vgl. z. B. Synes. Epist. 61 (ed. Hercher) : Mnita, lasyaXr^v -cwv Alyu::-
WiLCKEN, Ostraka. 12
178
IV. KAPITEL.
Die Erklärung des Wortes Ssafxo^ hat schon den fi-üheren
Bearbeitern der Ostraka grosse Schwierigkeiten bereitet. Fröhner^)
wies zweifelnd auf hoLa\i6q hin und übersetzte es danach mit „dime".
Mit grösserer Entschiedenheit trat Conrad Leemans-) dafür ein,
dass hzG[i6c, nur eine dialektische Variante für 6aa{JLGg sei. Ich
kann mich dieser Annahme nicht anschliessen, weiss aber leider
keine sichere Lösung des Kätsels zu geben. Ich beschränke mich
darauf, einige Thatsachen hervorzuheben, die für die sachliche
Erklärung zu berücksichtigen sind.
1) Asa[xoO steht immer nur unmittelbar nach der Erwähnung
der Xaoypa'^i'a. Wenn diese in mehreren Raten gezahlt wird, so
folgt 6£a|xoO der Schlussrate. Vgl. 123, 140.
2. AsafJLOö tritt mit demselben Augenblick in unseren Ostraka
auf, wo zum ersten Mal die XaGypa^ia von 17 Drachmen auf III
erhöht begegnet.
3. Für den Seapio; wird stets ^ Obolos gezahlt.
4. Die Summen für loco^p(x,^i(x. und Seafiog werden, wie etwas
Zusammengehöriges, regelmässig zusammeuaddirt (zu 17 Dr. 1 Ob.).
5. In Xr. 160 steht zum ersten Male 17 Drachmen 1 Obol für
die XaoypacpLa, ohne dass der 6£a|x6g erwähnt w^rd. Darauf in
167, 182 u. s. w\ Dagegen findet sich wieder die Trennung in
XaoYpacpi'a und OcajJto^ (zu 17 Drachmen J Obol und l Obol) in 165
und 201.
Hieraus ergiebt sich: Der oeg^ioc, hängt mit der X<xo^po(.'^ioc
eng zusammen, ja der für den 6£a|jiG^ gezahlte halbe Obol wird
geradezu als für die Xaoypa^ia gezahlt aufgefasst.
So viel wüsste ich zur Zeit über die sachliche Bedeutung zu
sagen. Wie aber das Wort boG[i6(; hiernach zu erklären ist, ist
mir völlig unklar. Auf Vermutungen will ich verzichten.
§ 30. Ta SYjiJLoata.
Für Theben belegt durch Nr. 767, 898.
Ta br^\i6(5'.7, (seil. TeXsaiiaxa) ist eine sehr gebräuchliche all-
gemeine Bezeichnung für die öffentlichen Abgaben und Lasten.
1) Rev. Archeol. XI S. 42 7 A. 30.
In einer besonderen Abhandlung über „Bewijzen van betaalde belasting
op potsclierven" in „Mededeelingen der koninklijke Akademie van "Wetenschappen,
Letterkunde Deel XI" Amsterdam 1868.
§ 29 — 32.
179
Vgl. BGU 18, 13. 39, 16. 87, 20. 94, 17. 103, 9. 153, 24. 197, 14.
227,19. 234,19. 339,21. 350,9. 468,21. In 767, wo 5yj{jl:ü)v
offenbar für 6rj{J,oaitov verschrieben ist, bedeutet es im Spezielleren
die Grundsteuer. In 898, wo es in einer dem Pacbter ausgestellten
Privatquittung neben t6 £XCp6p:ov steht, wird es allgemein auf die
finanziellen Verpflichtungen hinweisen, die laut Contract der Pächter
übernommen hat. Auch hier kann die Grundsteuer darunter ver-
standen werden. lieber die 5rj[xca:a in Xr. 413 ö*. vgl. unten § 74.
§ 31. TTüsp SioLxf^acco^.
Wir erwähnen diesen in den Ostraka mehrfach begegnenden
Ausdruck hier nur, weil man leicht auf den Gedan*ken kommen
könnte, dass damit eine bestimmte Steuer gemeint sei. Das ist
aber nicht der Fall. Vielmehr bezeichnet er nur das Ressort, in
welches die betreffende Steuer abgeführt wird. ]\Iit der 6L0L7.7jc:^ ist
die weltliche, im Besonderen, wie es scheint, die Gemeindeverwaltung
gemeint, während mit dem Parallelausdruck bizsp iepC(.zr/.o\) oder
LEpöv auf die Tempelverwaltung hingewiesen wird. Vgl. Kap. VI.
§ 32. T^sp SltiXwv.
Für Syene— Elephantine belegt durch Nr. 85, 163, 164, 169,
für Theben durch 578, 600, 605, 610, 613, 622, 625, 633, 637,
1291, 1429, 1477, alle aus dem II. Jahrh. n. Chr.
Nur in 163 und 164 steht bTzkp {X£pia|JLoO ScttXwv, sonst
immer ' einfach uTiep SltüXöv (voll ausgeschrieben in 605, 613, 1291,
1477). Ich habe zur Zeit keine Vorstellung davon, was wir uns
unter den bnzXöt zu denken haben. Ich erinnere nur daran, dass
in den „Actenstücken zur kgl. Bank in Theben" IV 17 xa y.o^^T^-
(zovTa) 5i7rX(a) begegnen. Da die Abgabe in 163 und 164 als
\Lepi0\i6c, bezeichnet ist, so wird sie, die Richtigkeit unserer Aus-
fährungen in § 75 vorausgesetzt, kopfsteuerartig verteilt gewesen sein.
Dafür könnte man anführen, dass Nr. 633, 637, 1291, die alle für
dasselbe Jahr quittiren, dieselbe Summe (1 Drachme) nennen.
Andrerseits müsste in 164, verglichen mit 163, eine Ratenzahlung
angenommen werden.
12*
180
IV. KAPITEL.
§ 33. TTisp SiwpDyog.
Für Elephantine belegt durch Nr. 259, für Theben durch 577,
628, 673, 1440, alle aus der Kaiserzeit.
In 259 ist von der Lesung c|;[öp]ou Oiopu^o^ nur das zweite
Wort sicher, das erste dagegen sehr unsicher. In 577 ziehen oltzoli-
xr^xal |Ji£pLa[iOö Siwp'jyoc ßaaLALzfj^ die Steuer ein. Dieser „Königs-
kanal" begegnet auch in 1440, wo daneben der „Frauenkanal" genannt
wird. In 628 wird UTiep ocwpuyCog) quittirt, sowie in 673 uTUsp
6l(i)(puyog) O''Xü)V0(?). Es ist schon im Text angemerkt worden,
dass dieser letztgenannte Philonkanal, der hier für die Kaiserzeit
bezeugt wird, auch im Pap. Paris. 66 begegnet, der, gleichfalls aus
Theben, dem III. Jahrh. vor Chr. angehört.
Zu dieser „Kanalsteuer" ist wenig zu bemerken. Für die
Wichtigkeit der Kanäle Aegyptens, dieser w^ahren Lebensadern des
Landes, Belege bringen zu wollen, hiesse Eulen nach Athen tragen.
Augustus konnte das römische Kegiment gar nicht besser einführen,
als indem er das unter den letzten Ptolemäern verkommene Kanal-
netz restaurirte und erweiterte.^) Die Kanalverwaltung bildete
einen der wichtigsten Verwaltungszweige, und der Kanaletat wird im
Gesammtetat eine hervorragende Rolle gespielt haben. Zur Deckung
dieses Etats ist eben die „Kanalsteuer" bestimmt. Denn etwa an
eine Kanalgebühr ^ die für einmalige oder mehrmalige Benutzung
der Kanäle gezahlt würde, zu denken, wird dadurch ausgeschlossen,
dass die Abgabe für das ganze Jahr aufgelegt (628) und Monat
für Monat bezahlt wurde (673, 1440).
In welcher Weise diese Abgabe umgelegt wurde, nach welchem
Princip der Anteil des Einzelnen bemessen wurde, ist leider aus den
vorliegenden Fällen nicht mit Sicherheit zu ersehen. In 259 werden
von mehreren Personen zusammen 512 Drachmen gezahlt, doch ist
hier leider, wie oben bemerkt, der Zusammenhang nicht klar. In 577
zahlt eine Person 2 Drachmen 5 Obolen 2 Chalkus — offenbar eine
Rate, in 62S ein Anderer für das Jahr 145/6 22 Drachmen
^) Der Papyrus scheint ZAvei Philonkanäle zu unterscheiden, erstens (1. 41 f.)
TYjv xaXouijLSvrjV ^öXwvo^, Yjg axöjjLa y.stxav sv xcöi IlaO-upixr/., und zweitens
(1. 46) xyjv ^iXiüvoc, XYjv sv x'^v tzöasi. Im Petr. Pap. (II) 6, 5 begegnet ein
Kleonkanal. Der ist offenbar nach seinem Erbauer, dem in diesen Texten mehr-
fach genannten Baumeister Kleon genannt.
2) Suet. Aug. 18. Dio Gass. LI 18,1. Aur. Yict. Epit. 1.
§33. DIE KANALSTEUER. —
§ 34.
181
3 Obolen; für dasselbe Jahr 145/6 werden in 1440 für den Königs-
und den Frauenkanal pro Monat ''ASpLaVG^ 2 Drachmen 4 Obolen
gezahlt (dq aptO-ptirjaiv {JLYjvö; 'ASpLavoö). Diese monatliche Be-
rechnung liegt auch in 673 vor.
Daraus, dass die einzelnen in Betracht kommenden Kanäle
meist mit Namen genannt werden^), scheint mir zu folgen, dass nicht
alle Unterthanen zu einer allgemeinen „Kanalabgabe" herangezogen
wurden, sondern immer nur für den einzelnen Kanal die anwohnende
Bevölkerung, für die die Instandhaltung des betreffenden Kanales
eine Lebensfrage war. Ich lasse dahingestellt, ob daraus folgt, dass
die Bewohner in verschiedener Weise herangezogen wurden. Das
Material reicht einstweilen zur Beantwortung dieser Frage nicht aus.
Wir werden unten bei der Dammsteuer (§ 136) nochmals darauf
zurückkommen. — Die vorliegenden Urkunden stammen aus der
Kaiserzeit. Es ist aber wohl kein Zweifel, dass auch die Ptolemäer
diese Abgabe erhoben haben. Ihren Fortbestand in der byzantini-
schen Zeit bezeugt eine Quittung bei Wessely, Denkschr. Wien.
Akad. 1889, S. 247, wo gezahlt wird b-ikp) McY^Xr^c ALa)p(D)Y(o)?.
Ausser dieser in Geld zu zahlenden Abgabe hören ^vir von
einer Verpflichtung der Bevölkerung, ihre Arbeitskraft der Kegierung
zur Instandhaltung der Kanäle zur Verfugung zu stellen. Da diese
Kanalarbeiten mit den Dammarbeiten eno; zusammeno-ehören , so
werden wir unten in § 136 beides gemeinsam behandeln.
§34. TTisp Spax(ix^S).
Für Theben belegt durch Nr. 408.
Xach diesem Ostrakon zahlen ein Vater und sein Sohn ÖTiep
ZpOL-/^(\Lfiq) Mcpivo(v£iü)v) für das Jahr 57^8 n. Chr. zusammen
2 Drachmen. Es wird also jeder 1 Drachme gezahlt haben, und das
wird eben die Drachme sein, nach der die Abgabe ihre Bezeichnung
hat. Zur Erklärung dieser Abgabe habe ich zur Zeit nichts bei-
zutragen. Ich verweise nur darauf, dass auch im Pap. Paris. 67, 13
(II. Jahrh. vor Chr.) neben verschiedenen anderen Steuern wie viipi-
xfjg etc. auch tpoc/j^fi^ geschrieben steht. Und in Pap. Par. 62 V 19
wird unter den Zuschlägen bei Zahlung der Biersteuer auch Er-
wähnung gethan ifiq, uTOZE'.pLevy]? elq xr^v £7ü:a7.£uy]V 6pa)(|jLYj? a (fxta?).
^) Vgl. BGU 10, 17: A'.wpuxos Bo'jß(do-O'j). Auch hier ist die Steuer als
die für einen bestimmten Kanal bezeichnet.
182
IV. KAPITEL.
§ 35. EI8o$ oder ziXcq syxüxXigv.
Für Theben belegt durch 1051, 1066, 1378, 1454, 1599.
Vgl. auch 473.
So unsicher auch die Erklärung des Wortes i'^'/.6yJdoq ist
(s. unten), so kann doch über das Wesen dieser Steuer kein Zweifel
bestehen. Es ist eine Verkehrssteuer, die die Veränderungen im
Besitzstand der Bevölkerung belastet. Vor allem wurde der Kauf
(d)V"i^) von Mobilien und Immobilien von dieser Abgabe betroffen.
Die TrevTTQXoaTY] wvlwv, die wir unten in § 138 besprechen werden,
ist daher ihrem Sinne nach nur eine spezielle Abart des allgemeinen
Begriffes des ziXoq syxuxX'.ov. Immerhin möchte ich die Frage
offen lassen, ob thatsächlich nicht ein prinzipieller Unterschied zwischen
beiden bestanden hat. Das lyx'JxX'.ov ist uns, abgesehen von den
obigen Ostraka, sonst vielfach durch die Beischriften der griechischen
und demotischen Contracte überliefert, in denen eben über die Zahlung
dieser Abgabe von der königlichen Bank quittirt wird (die fälschlich
so genannten „trapezitischen Register"), und zwar wird sie — bisher
liegen derartige Beweise nur aus der Ptolemäerzeit vor — in der
Höhe von oder ^ des Wertes erhoben (s. unten). Die Ver-
mutung liegt daher nahe, dass dieses eyxuzXcov nur von solchen
Käufen erhoben wurde, die einer contractlichen Fixirung bedurften,
wonach sie etwa unserer heutigen Stempelsteuer entsprechen würde,
dass dagegen die TCsvTYjzoaxyj wvlwv eintrat, wo ein solcher Contract
nicht nötig war, wie z. B. in dem gewöhnlichen Marktverkehr. In
den erhaltenen Coutracten handelt es sich meist um den Kauf von
Häusern oder Bauplätzen, auch von bestimmten Rechten.^) Die
Sklavenkäufe, die in 1066 und 1454 zum ersten Mal in Verbindung
mit dem eyy.6yJdGV auftreten -), würden die Vermutung, dass es sich
beim eyxuywXLov um contractlich stijoulirte Käufe handelt, nur be-
stätigen. Sollte eine genauere Untersuchung dieser Verhältnisse, die
sehr nötig ist, zu dem Resultat führen, dass ein solcher Unter-
schied zwischen dem eyy.{}y.Xioy und der Tzvnr^y.OG'zri wviwv nicht
bestand, so müsste man nach dem bisher vorliegenden Material an-
1) Vgl. das Beispiel bei Droysen, Kl. Sehr. I, S. 6.
-) Auch in Kyzikos war das Kaufen von Sklaven (dv§pa7io§ü)v:rJ mit
einer Steuer belegt. Ygl. Dittenberger, Syll. n. 312.
§ 35. DAS EXKYKLIOX. 183
nehmen, dass die Kaufsteuer, die zur Ptolemäerzeit oder be-
tragen hatte, von den Kaisern — oder einem der letzten Ptolemäer —
auf -5^0^ herabgesetzt worden sei. Einstweilen ist mir diese Annahme
sehr unwahrscheinlich.
Das lyxu7.X:ov umfasst jedoch nicht ausschliesslich nur die Kauf-
steuer (tsXo; wvf^?). Wir haben ein Beispiel dafür, dass auch die
Abgabe für eine contractlich stipulirte Teilung (oiaLpcaic) unter das
lyy.'jxXiov fiel^), und auch dieses tsao? Siaipiacw; beträgt ebenso wie
damals die Kaufsteuer yV- Ferner wird in der von Re^Tllout'-) be-
handelten Londoner Bilinguis auch für Swpea an das teXwviov^) toO
£Y%i)7Jio'j gezahlt. Auch die rätselhafte y^aAX'.aia fliesst eben dorthin
(vgl. § 155 u. 214). Freilich handelt es sich hier wohl nur um
Zuschlagszahlungen. Ich vermute, dass auch die nach Grenfell (I)
XXVn col. 3,10 für eine Tiapa/ wpr^aic an die Bank gezahlte Ab-
gabe zu den lyz'jxXia gehört. Wir können hiemach diese Steuer,
die den Wechsel des Eigentums trifft, zu den Verkehi-ssteuern zählen.
Zur Geschichte dieser Steuer verweise ich auf ReWllout, Proceed.
Soc. Bib. Arch. XIV, S. 120 £ Hier seien nur die Hauptpimkte
hervorgehoben. — Schon Psammetich I. hat die Steuer eingeführt,
und zwar als SexaiTy (iV)- Ptolemäer haben sie übernommen
und zunächst in dieser Höhe belassen, bis Ptolemaios Y Epiphanes
sie auf herabsetzte. Wenn Revillout aber meint, dass Epiphanes
diese Reduction in seinem 9. Jahre (vgl. Rosettana!) vorgenommen
habe, so wird diese Annahme durch den inzwischen hinzugekommenen
Petr. Pap. (II) XL VI c als irrig erwiesen. Dieser Text zeigt viel-
mehr, dass die Steuer bereits im vierten Jahre des Epiphanes
1) Vgl. Wien. Pap. 26 bei Wessely, Wien. Stucl. III, S. 5 f.
•2) Vgl. Proceed. Soc. Eibl. Arch. XIV, 1892, S. 61.
2) Es ist m.W. das einzige Mal, dass hier auf dem Contraet die Zahlung
an das isXwv.ov 'ou sYXuy.Xio'j notirt wird. Sachlich kommt dieser Stelle die
Subscription des ^'.'Z%^<s^zr^c, im Pap. Paris. 17 am nächsten. Sonst wird ge-
wöhnlich ein weiteres Stadium des Geschäftsganges gebucht, nämlich die gemäss
der vom dvx'.ypacf su^ gegengezeichneten Abrechnung (S'.aypacpr/) des 'sJ.wvr^c
an die Bank (xpotTze^a) vollzogene Zahlung. Wiewohl in diesen Bankquittungen
dem Wortlaut nach der Contrahent es ist, der die Steuer an die Bank zahlt,
thut es in Wirklichkeit der Steuerpächter, nachdem er vorher von dem Cou-
trahenten das Geld in seinem TcXwv.ov empftuigen hat. Das Merkwürdigste ist,
dass hier nicht nur der Käufer, sondern auch der Verkäufer für das Iyv-'JXA'.ov
zahlt. Es ist m. W. das einzige Beispiel.
184
IV. KAPITEL.
betrug.^) Wann die Reduction vorgenommen ist, lasse ich dahin-
gestellt. In dieser Höhe von -^^j ist die Steuer dann geblieben, bis
Euergetes II. sie wieder auf erhöhte. In der griechischen Tra-
dition begegnet diese SexaiY] m. W. zum ersten Mal wieder im
44. Jahre des Euergetes II (=127/6 vor Chr.).^)
Für die Kaiserzeit wird der Fortbestand der Steuer ausser
durch obige Ostraka auch durch einige Papyri bezeugt. Vgl. Pap.
Paris. 17,21: 'Ep(jLOY£vyj(; KaixcXtou [XLa^töTTji; £l6oi)^ eyy.uy.liou xal
67iOX£:|Ji£va)v ßaaiXix^ Ypa[Ji{JiaT£La x-zX. Er quittirt über den Em-
pfang von TO Y£Cv6{X£Vov ziXoc, zfiq 7upox£i[X£VYj? fhyfiq. Die wvy]
ist in dem vorhergehenden Kaufcontract spezialisirt. Vgl. ferner
Pap. Berl. Bibl. 21,9: £Vzu7vX£l(oi)) <^zy.; Pap. Leipz. 5 Rect. 5: Ivxux-
Xdou 5L(a) |JiiaO'[ü)Tü)v. Im Berliner Papyrus P. 6957 Col. I. (vom
J. 48 nach Chr.) wird das £VXuxXiov für einen Kauf von Haus und
Hof in der Stadt Ai'sinoe gezahlt. Doch über die Höhe der Abgabe
ist leider allen diesen Texten der Kaiserzeit nichts zu entnehmen
(s. oben).
AVas bedeutet hier nun das Wort EyxuxXcog? Seit Boeckh ist
es üblich, es mit „gewöhnlich" zu übersetzen und diese „gewöhnliche"
Steuer sich im Gegensatz zu „ausserordentlichen, besonders aufer-
legten" Zehnten oder Zwanzigsten zu denken.^) Allerdings wird
EyxuxXco^ u. a. auch in der Bedeutung „gewöhnlich" überliefert.
Ich kann mir aber nicht denken, dass man diese Verkehrssteuer,
die doch um nichts gewöhnlicher war als die Kopfsteuer, die Grund-
steuer etc., speziell als die „gewöhnliche" bezeichnet haben sollte. Ich
^) Mahafiy liest liier in Z. 14: tote P^fft^ = '^'^^ zo . . f] SLjiOg? xy;'.
-vy'j .^X /_ -^y-,^ sy-xuxX'.coi s'.y.oaxr/.?) xxe p. Am Original las ich folgendermassen :
xö TS ~ L (ist oben übergeschrieben) (^ic; — c xal x6 yivöjJLSvov xy]'. £yy.uy.X(t(i)'.)
X"X£ p. Die kühne Vermutung von Mahaffy (Empire S. 314) „the imposing of
this tax map have been one of the causes of Epiphanes' murder^'^ hat nichts für sich.
■^) Im Pap. Turin, n. 236, wo ich am Original las: £[15] xyjv L Für
3000 Dr. werden 300 Dr. Steuer gezahlt. Lumbroso's Edition in Atti della
E. Acad. d. Tor. 1868/9, S. 691 ff. bedarf mancher Correcturen.
3) Vgl. Droysen, Kl. Schriften I, S. 17. Anders Eevillout, der a. a. O.
S. 61 xeXwv'vOv xoü EYXOxXtoi) übersetzt mit: „xeXwviov de cette periode de
location de l'impöt". Aehnlich Lumbroso, Rech. S. 322: „Le terme d'encycliou,
avec lequel on designait le droit du dixieme, du vingtieme, donne en ferme,
en exprime bien l'annualite, la periodicite." Mit demselben Recht hätte jede
Steuer, die auf ein Jahr verpachtet wird, £vy.'j-xX'.o; genannt werden können.
§ 35 — 37.
185
möchte von der Grundbedeutung des Wortes ausgehen und iyx'j-
xXtoc als das sich im Kreise bewegende fassen. Sollte man nicht
unter xa lyxuy.X'.a die Verkehrsobjecte oder besser die sie repraesen-
tirenden und im Umlauf befindlichen Werte als „die im Kreise
sich bewegenden" gemeint haben? Tikoc, iyxuxXiov würde dann im
Sinne von liXoq twv eyxuxXlwv stehen und nichts anderes als die
„Verkehrssteuer" bedeuten. Der Umlauf der Werte ist es ja gerade,
der durch diese Steuer getrolBfen wird. ^
§ 36. To cigxptuzöv.
Für Syene-Elephantine belegt durch Nr. 136, [137].
Das EC^xpiT'.zov wird eine Abgabe sein, die für das dqy.pivead'Of.i,
für das Hineingewähltwerden , gezahlt wird. Den Schlüssel zu
dieser merkwürdigen Abgabe giebt wohl die Thatsache, dass die
Zahler in beiden Fällen ein priesterliches Amt bekleiden. Das elc,-
xpCTCXov scheint danach eine Gebühr zu sein, die der König (der
Erheber ist ein TrpaxTWp) von demjenigen erhob, der in die
Reihe der 'zocoad'^opoi 'A[Ji[iö)VO? (?) hineingewählt wurde. Es ist
a priori nicht unwahrscheinlich, dass auch von anderen Priestern
ein solches ei^y.pLTLxdv eingefordert wurde. Es wäre zu untersuchen,
bei welchen Priesteilümern ein zlcxpivtad'oc.i überhaupt statt fand.
— Es ist hervorzuheben, dass in beiden Fällen — von verschiedenen
Personen — dieselbe Summe, 8 Drachmen 3 Obolen, gezahlt wird.
§ 37. 'EvwCpopiov.
Für Theben belegt durch Nr. 898, 1024, 1027, 1237, 1262.
Ps. Aristoteles Oecon. II 1,4 bezeichnet als die wichtigste Einnahme
der satrapischen Oekonomie die aTzb Tf^g yf^g, a'JTT] hi laxLV, f^v di
Ix^opcov di 5s BexaTYjv Ttpo^aYOpeuouacv. Wiewohl hier unzweifel-
haft mit dem Wort Ix'^öpiov die Grundsteuer bezeichnet wird, ist
mir doch kein einwandsfreies Zeugnis dafür bekannt, dass diese
Bedeutung auch in den Urkunden der Papyri und Ostraka begegne.
Vielmehr bezeichnet es hier regelmässig, so weit ich das Material
überblicke, den Pachtzins, den der Grundeigentümer (xXyjpoOy^cc
oder Y£oö)(0(;) von dem Pachtbauern (ye^pycO erhält. Da die
Frage im Zusammenhang noch nicht behandelt ist, mögen einige
Beispiele hierher gestellt sein.
186
lY. KAPITEL,
1. Petr. Pap. (II) II, 1 (Zeit des Phüadelphos). Mehrere
Pächter führen Klage gegen den e7.oczovza.po\jpoc, Lysander, von
dem sie den y.Xfipoq gepachtet haben (|JiiaO'waa[Ji£va)v f^pLWv). Die
Pachturkunde hatte den Zeitpunkt für die Zahlung der iy,<:p6pioc
bestimmt. (Z. 10.) ^
2. Petr. Pap. (II) XXIX b, c, d (III. Jahrh. vor Chr.). Die
drei Urkunden handeln von y.Xfipoi, die ihren Eigentümern (xXr^-
pouy^oC) abgenommen und elq zb ßaaL^wtxov zurückgezogen sind.
Diese xlfjpouy^oi hatten vorher ihre xXf^pOL an yewpyoL verpachtet
(vgl. b, 6: auYT^TP^9'^^- 'AXxExav npbc, "HXtoSwpov töv yewpyov
TOö 7.Xyjpoi) Mah.) und dabei im Contract die Höhe des excpopiov
festgesetzt (vgl. b: sx^optou tccxtou). Nach meinen am Original
gewonnenen Lesungen beträgt das Ix^opcov in b 1 Artabe (nicht
31, Mah.), in c pro Arure 3 Artaben (nicht 93, Mah.), in d gleich-
falls pro Arure 3 Artaben (nicht 93, Mah.). Diese ex^öpia sollen
nun nach der Einziehung der xXyjpOL an die königliche Kasse ge-
zahlt werden. 2)
3. Für die Kaiserzeit ist vor allem eine Stelle im Edict des
Ti. Julius Alexander von Bedeutung. CIGr. III 4957 Z. 31:
"ASixov yap iazi Tobc, wvyjaafjievou^ xTigpiaTa xal TC(JLag auxwv öctio-
hovTocc, (hc, briiiooiouc, yeo^pyobq Ixcpopta dTcacxeia^ac twv lSicdv
sSaiywv. Hiermit ist ausdrücklich hervorgehoben, dass die Grund-
^) Die Pächter haben nach dem Contract 500 Artaben Weizen zu zahlen.
Um diese enorme Summe zu begreifen, wird man anzunehmen haben, dass Ly-
sander ihnen seine sämmtlichen 100 Aruren in Pacht gegeben hat. Das würde
für die Arure ein sy.cpcp'.ov von 5 Artaben ergeben — eine Summe, die zu den
oben angeführten Beispielen gut passen würde. Zu diesen Verpachtungen der
y.Xffpoi vgl. Petr. Pap. (II) XXXVIII a, wo zwei Leute von einem xpiaxovxd-
poupo? f seines x?.r^po5, also 20 Aruren gepachtet haben. In Petr. Pap. (II)
XXIX d verpachtet Lysanias seine 25 Aruren an einen Bauer; Z. 8 ist zu lesen:
au]YY£YpdcpO-ai Auaaviav Tipd^ • [ • • • tc^v YscDpydv] tou -xAigpou /\ y.s.
^) Anders fasst der Herausgeber MahaflFv die Texte auf. Ich construire
folgendermassen (z. B. b) : „An Acholpis (Name des Beamten, der den Befehl
erhält). Betreffs des yiXfjpoc, des Alketas, der zur Domäne eingezogen worden
ist (lies : ToO 'Aaxstou . . . y.'kripou xou dv£tXr^[X|j.£voo) hat uns der Urkunden-
bewahrer Apollonios einen Contract vorgelegt, den, wie er sagte, Alketas mit
Heliodoros, dem Pachtbauer des '/.Xv^pot;, unter Festsetzung von 1 Artabe Pacht-
zins geschlossen hat, und sie haben den üblichen Eid geschworen, dass die Pacht
auf so viel von ihnen festgesetzt sei. Dieser Pachtzins soll nun in die könig-
lichen Magazine vermessen werden.''
§37. DER PACHTZINS.
187
eigentümer nicht zu den iy.(^6pi(X herangezogen werden dürfen^ sondern
nur Leute, wie beispielshalber die hr,\i6aioi yetjopyGi, die nicht 'ihiOL
sSacpy] bebauen. Die Grundeigentümer zahlten vielmehr Grundsteuer.
Folglich sind Grundsteuer und ly.cpopia zwei verschiedene Dinge.
Letzteres bezeichnet eben den Pachtzins, den der Pachtbauer zahlt,
gleichviel ob er von einem Privaten oder vom König das Land in
Bebauung genommen hat.
4. Der Wiener Papyrus 31^) (Zeit des Augustus) spricht von
y£ü)pYOU? ö^e''XovTa? Ixt^opia ßaacX(txa). Das sind Bauern, die
die Bebauung königlicher Domäne übernommen haben. Ihre £x-
9ÖpLa werden daher correct als ßaa'.Xixa bezeichnet.
5. Pap. Leipz. 6 Recto spricht in Z. 1 von iy,'^{6p:ov), in Z. 2
von [JLLa'8'(ü)aL^).
6. BGU 39 und 227 (vom J. 186 n. Chr. und 151 n. Chr.)
sind Pachtcontracte, in denen die vom Pächter zu zahlenden ey.fxopia
festgesetzt werden. In 39 werden für 5 Aruren 22 J Artaben, also
pro Arure 4^ Artaben, in 227 für 1 Arure 6 Artaben gefordert. —
In BGU 360 werden die Yewpyo:, die Pachtbauern, aufgefordert,
das Ix^opiov an die neuen Eigentümer, die das Grundstück gekauft
haben, zu zahlen. — In BGU 526 (Pachtcoutract vom J. 86/7)
verpflichten sich die Pächter, im Voraus ty]V töv Ixcpopiwv TLjiyjv
zu zahlen. — In BGL^ 538 (vom J. 100 n. Chr.) werden gleich-
falls die excpopia für den Pächter festgesetzt.
7. BGU 408, 411, Pap. Genev. 13 sind Quittungen, die der
Grundeigentümer (ysou^wv) seinem Pachtbauer (yetopYC?) für Zahlung
der ezcpopta ausstellt. Ebenso Pap. Lond. CXXXIX vom J. 48
n. Chr., ausgestellt vom Kleruchen seinen yetopyc'. Diese leiten zu
unseren Ostraka über. 2)
Wir dürfen es hiernach wohl als ein gesichertes Resultat be-
trachten, dass das ey.^i6piov den Grundzins des Pächters bezeichnet.
Unsere Nr. 1027 und 1262 schliessen sich diesem Ergebnis ohne
Weiteres an, da hier ausdrücklich gesagt ist, dass der Zahler des
ex^opiov der Pächter des Feldes ist, ebenso Kr. 898 (vgl. f^^ eyewp-
YYjaa? \LOL yfiq). In letzterer Nummer werden t6 ex^opiov und xd
^) Wessely, Wien. Stud. IV. 1882. Derselbe, d. griech. Pap. d. Kais,
Samml. Wien 1885. S. 22.
^) ^gl- jetzt auch die Wiener Pachtverträge im CPR I, die unsere obigen
Ausführungen bestätigen.
188
IV. KAPITEL.
67][x6aia, die öffentlichen Lasten, unterschieden. Wir werden aber
auch berechtigt sein, in 1024 und 1237 die Zahler für Pächter zu
halten. So entsprechen sie ganz den oben unter Nr. 7 angeführten
Quittungen. 1) Da in den obigen Ostraka die Verpächter überall
Privatpersonen sind, so haben wir es hier nicht mit einer öffentlichen
Abgabe zu thun.
Dass ausser dem Wort ex^opLOV auch tpopo? in dieser Be-
deutung begegnet, haben wir unten in §§ 133 ausgeführt. Es ist daher
wohl nur ein Pleonasmus, wenn der Pachtcontract CPR CCXL 2, 6
von Izcpopi'oi) xal cpopoi) a7iOTa[zTOD] spricht.
§ 38. 'EXaVxa.
Wir stellen in diesem Paragraphen diejenigen Ostraka zusammmen,
die sich auf das Oel beziehen. Im Allgemeinen verweisen wir auf
Grenfell's Revenue-Papyrus, der uns gelehrt hat, dass Oelfabrication
und Oelhandel vom König monopolisirt waren.-) In den Ostraka
geschieht des Oeles in verschiedenen Verbindungen Erwähnung.
Wer Pflanzen baute, die zur königlichen Oelfabrication ver-
wendet werden, musste natürlich, wie jeder andere Grundbesitzer,
eine Grundsteuer zahlen. Diese wird durch unsere Ostraka mehr-
fach bezeugt, und zwar für Krotonpflanzer durch 727, 729, 737,
741, 743, 1608, für Sesampflanzer durch 763, 1520, für Knekos-
pflanzer durch 730, 1353. Diese Pflanzen treten auch im Revenue-
Papyrus als die für die Oelfabrication wichtigsten hervor. 2) Wie
MahaflPs^^) vermutet, mag die Olive, die Strabo (XVII S. 809) im
Faijüm und in den alexandrinischen Gärten — aber sonst nirgends
in Aegypten — kennt, erst durch die griechischen Colonisten
eingeführt sein.^) Diese Kroton-, Sesam- und Knekoslieferungen
^) Der Schreiber von 1022 meint jedenfalls auch in erster Linie das
STC^öp'.cv, wenn er sagt: sx«) ta aTa^svxa S'.a x-^g ix'.aO-waewg o5 s\iio^oiod ooi
xXt^PO'J. Vgl. auch 758 und 759. Letztere Nummer wird mir erst verständlich,
wenn ich annehme, dass ao: in Z. 3 verschrieben ist für |iO'..
^) Eine königliche Oelfabrik hatte ich schon in den ,,Actenstücken der
Kgl. Bank zu Theben" S. 59/60 nachgewiesen.
3) Vgl. die Mitteilungen von E. P. Wright bei Grenfell, Eev. Pap. S. 124/5.
Eev. Pap. S. XXXV f.
^) Oder sollte der König etwa nur die Fabrication von Sesamöl, Krotonöl etc.,
nicht aber die von Olivenöl monopolisirt haben? Vielleicht sind beide Ver-
§ 37 — 38.
189
werden nun teils in den dr^GOCUpoq, wo sie dann zunächst lagerten,
oder aber direct in die königlichen Oelfabriken (ekocioupyloL) abge-
führt (so in 737, 741, 743, 1608). Dass diese Lieferungen nichts
anderes als die Grundsteuer darstellen, besagen die Texte aus-
drücklich. Tgl. 737: sie ty;v £7::Yp( a;^ r^v), 743: uTzkp z6t:ou. Vgl.
§ 46 und § 124. Selbstverständlich wurde diese Grundsteuer in na-
tura abgeliefert und nicht durch Geld abgelöst, da man eben zur
Fabrication die Naturalien brauchte, ein Anderer als der König
sie aber nicht verwenden durfte. Vgl. Rev. Pap. 39,19 f. Dass
diese Grundsteuer nach demselben Princip wie die anderen erhoben
wurde, zeigt Xr. 763, wonach für jede Arure 3 Artaben Sesam zu
liefern waren.
Weniger klar sind diejenigen Ostraka, in denen über die tl[iy)
iXalou quittirt wird. Vgl. 318, 659, 1502, 1595. Hier handelt
es sich offenbar überall um Erlegung des Kaufpreises für Oel.
Nach dem Revenue-PapjTUS können im Allgemeinen nur zwei Gruppen
von Käufern in Betracht kommen, einmal die xaTT/jXo: etc., die den
königlichen Beamten das Oel zum weiteren Betrieb abkauften^), und
dann das Publicum, das von diesen Zwischenhändlern sein Oel
bezog. In den obigen Ostraka ist es nicht immer klar, welches
Verhältnis vorliegt. In 318 wird einem ^oycDTi^c, einem Beamten,
der auch im Pev. Papyrus eine Rolle spielt, die Zahlung von 3000
Kupferdrachmen elq T:[iYjV eXaiou quittirt. Leider ist die Mitte des
Textes noch nicht genügend entziffert. Auch 659 und 1502 lassen
manche Frage offen. In 1502 ( wohl Privatquittung) ist wenigstens
Eines klar, dass der Zahler das Oel empfangen hat (oö ^X^^?)-
In 1595 findet sich der Zusatz: töv IvTaö^a aTpaxeufJiaTWV (vom
J. 258 n. Chr.). Der Zahler wird hier ein Militärbeamter sein,
der -für die am Ort stationirten Truppen das Oel kauft. Da diese
Quittung ihrem Schema nach für eine Bankquittung zu halten ist
mutungen dahin zu combiniren, dass der König von der Monopolisirung des
Olivenöls Abstand nahm, um zur Einführung der Olivenkultur in Aegypten zu
ermuntern.
Ich glaube, dass dieser Zwischenhandel nicht freiwillig war, sondern
als Xc'.TO'jpY^a betrachtet wurde. Sonst hätte es ja leicht kommen können, dass
einmal keine Kaufleute da waren, die geneigt waren, dem König das Oel abzu-
kaufen. Es heisst auch Eev. Pap. 47,14, tzöoo"/ Sit — twXsiv. So haben wir
hier wohl die Verhältnisse vor uns, die in Dig. 50, 4, 18, 19 berührt werden:
elaeemporia ..... apud Älexandrinos patrimonii munxis existimatur.
190
lY. KAPITEL.
(ebenso wie 659), so folgt daraus, dass dieser Militärbeamte
nicht von den Zwischenhändlern kauft, sondern direct von der
königlichen Verwaltung. Dasselbe ergab sich in 341, wo Salz für
die Truppen gekauft wird (vgl. S. 145).
Ganz unbestimmt drücken sich Kr. 687, wo uTzep £XaLo(u), und
1230 aus, wo für l/alzcbv quittirt wird. Eigenartig ist Nr. 333,
wo eine Zahlung eIc, t6 iX(xio(upyXo^) fiir Xpia[J.[a(Ta)v)] [toö <I>ap-
l^joO-ö-L erwähnt wird.
Endlich sei erwähnt, dass in 1157 xeXwva: iXoäpäc, begegnen.
Doch hat der Inhalt der Urkunde mit diesem ihrem Amt nichts
zu schaffen. Auch auf 1603 — 1605 sei hingewiesen, in denen ein
tioixT^xr^q die lAaioopyla anweist, gewissen Personen so und so viel
Oel zu verabfolgen. Hieran ist interessant, dass noch in byzan-
tinischer Zeit eine staatliche Controlle über die Oelfabriken ausge-
übt wurde. 1) — In 1236 werden für Krotonöl 4 Obolen gezahlt.
§ 39. To i[xßaBLx6v.
Für Theben belegt durch 1024, 1237, 1262, 1358, für Koptos
durch 1080, alle aus der Ptolemäerzeit.
In 1024, 1237 und 1262 wird das I{jißa6:x6v neben dem
£X^6p:ov genannt. Daraus ergiebt sich (vgl. § 37), dass auch das
IjjLpaBizov eine Abgabe ist, die von den Pächtern an die Grund-
eigentümer gezahlt wurde. Zu dieser Annahme passt, dass es in
1080 heisst: t6 £V,3aOLz6y zy]Q y*^? [xod. Auch 1358 setzt dieser
Annahme kein Hindernis entgegen.
Aber was bedeutet £[ißaBix6v? Ableitungen von t6 £(xßaS6v
oder 6 IjxßaSo?, an die ich zuerst dachte, befriedigen in keiner
Weise. Die richtige Deutung gab Mommsen, der es als „eine Ab-
gabe des Pächters für den Eintritt in das Grundstück" auffasst.
Wir werden t6 £[Jißa5:x6y danach von y] £pißa5ca ableiten, das im
Lexicon rhet. Bekk. An. p. 249, 18 folgendermassen erklärt wird:
'E|jißaT£öaai zal £[xßaT£:a l'axiv r} vuvl Xeyo\iivri Sia toö h Ifjißaoia,
TO Tov oav£:aTYjV £[jißaT£öaaL zal zlceXd-ziv elc, tä XTi^fiaTa toö
uTZOXpeo'j £V£)(upLauOVTa t6 5av£'.ov. Zu dem Wechsel von b und t
^) Dagegen -werden in BGU 612 Oelfabriken erwähnt, die ohne Zweifel im
Privatbesitz sind (a. 56/7). Vielleicht erklärt es sich nach dem auf S. 188
Anm. 5 gesagten dadurch, dass hier Olivenöl producirt sein mag.
§ 38 — 40.
191
vgl. übrigens Nr. 1358, wo l|jißaTL[z]oö geschrieben ist. Andrer-
seits vgl. BGU 101, 16: evßaSeuetv. Diese Abgabe, durch welche
der Pächter für die Dauer der Pachtzeit sich in den Besitz des
Grundstückes setzt, wurde je nach den Bestimmungen des Contractes
in Geld oder in natura gezahlt. In 1237 (Gemüseland) wird Geld,
in 1358 Weizen geliefert.
Falls meine Ergänzung in 358 ziX{oQ) l[Ji(ßaB:7w6v) richtig ist,
so müsste der Zahler ein Pächter von königlicher Domäne sein, da
die Zahlung an die königliche Bank erfolgt. Doch ist die Ergänzung
nicht sicher.
M£pia|xö^ svXsi[i[xaTO(; tsXcovlxoö.
Vgl. unten § 138.
§ 40. To svv6[iLov.
Für Syene-Elephantine belegt durch 44, für Theben durch
325, 1510, 1540, für Hermonthis durch 319, 324, für Krokodüo-
polis durch 1620.
Das IvvofJLiov^) ist schon von Boeckh (CIGr. I 1569) als vecti-
gal pecuarium, als Weidegeld erklärt worden. In derselben Be-
deutung, also der römischen scriptura entsprechend, kehrt es in dem
Palmyrenischen Steuertarif wieder (vgl. Dessau, Hermes XIX S. 523).
Hier ist namentlich die Wendung [tJwv he ird vo|JLyjV {lETayo-
[X£va)V . . -ö-pefJiiiaTWV ö^siXsa^at . . von Interesse, weil hiermit aus-
drücklich darauf hingewiesen wird, dass eben die Benutzung der
Weide — natürlich der Gemeindeweide — durch das Vieh das
Steuer object bildet.
Dem entsprechend heisst es in unserer Nr. 319: Iwoptcov
ZTyj(vü)v) — „Weidegeld für das Vieh". Von besonderer Bedeutung
aber ist 1540 (vom J. 14/3 vor Chr.), wo angegeben wird, dass das
^) Das Weidegeld begegnet ausserdem in BGU 485. Erwähnt wird es bei
Mabafiy, Petr. Pap. (II) S. [132]. Auch BGU 478—480 berühren diese Ver-
hältnisse. Es sind Meldungen der STCixYjpYjxal vojxwv (so, nicht vöjicov) ^iXtö-
TsplSog, d. h. der Aufseher der Weiden des Dorfes Philoteris an die ß'.ßXiocpu-
X'xy.s.c, Sr^[ioai'(i)v Xöycov. Sie melden, wie es scheint, dass in der und der Zeit
nichts eingekommen sei in ihrem Aufsichtsdistrict (sTi'.xi^pYja'.i;), „weil es kein
Vieh in dena Dorf gebe". Das zweimalige d-epiiaxa muss ein Provinzialismus
des Schreibers für %-p£\i\i(x.zc(. sein. Vgl. das häufige xopxöSs'.Xog für xpoxöSs'.Xos-
192
IV. KAPITEL.
svvojJitov für 42 Schafe (Tipoßaia) gezahlt wird. Daraus dürfte
folgen, dass die Höhe des £Vv6|jllov nach der Zahl der auf die
Weide getriebenen Tiere berechnet wurde. Es braucht nur noch
hinzugefügt zu werden, dass es sich in den vorliegenden Fällen
überall um königliche Weideplätze handelt, denn die Zahlungen
erfolgen an die königliche Bank. Die Erhebung dieses Weidegeldes
war an Pächter vergeben. Sicherlich gab es auch andere Weiden,
die im Besitz von Gemeinden oder von Privaten waren. Wir
werden also das obige £Vv6[xiov zu den privatwirtschaftlichen Ein-
nahmen des Königs zu rechnen haben.
§ 41. To svoLxiov.
Für Elephantine belegt durch 292, für Theben durch 644,
654, 661, 671, 1420, 1469, 1580, alle aus der Kaiserzeit.
'EvoLVwCOV bezeichnet das Mietsgeld, das der Mieter (evorAoq)
seinem Mietsherrn, dem Hausbesitzer, zahlt. Die AYendung uTisp
evoLXioi) liesse hiernach die Deutung zu, das in den obigen Quit-
tungen die Zahlung des Mietsgeldes bezeugt würde. Doch dann
müsste, da es von den staatlichen Organen eingetrieben wird, überall
der Staat der Hausbesitzer sein, was sehr unwahrscheinlich ist.
Gehen wir von Nr. 292 aus. Da heisst es: bizlp evoiy.iou
0 17.10) V Y- Hier kann unmöglich das Mietsgeld gemeint sein, das
der Betreffende für seine Wohnung zahlt, denn durch drei Häuser
hindurch wird niemand zur Miete wohnen.^) Vielmehr kann nur
das Mietsgeld gemeint sein, das er aus den drei ihm gehörigen
Häusern bezieht. Und so werden wir auch in den übrigen Fällen
unep evoLXCOi) deuten: für die Miete, die der Betreffende als Haus-
besitzer einnimmt. Wir haben es also mit einer Vermietssteuer zu
thun, die auf den Hauseigentümern lastet. Oder mit anderen
Worten: es ist eine Gebäudesteuer, die nach dem Ertrag der Miete
erhoben wird. In welcher Weise die Steuer umgelegt wurde, lässt
sich aus unseren Texten leider nicht erkennen. Ich will nur er-
wähnen, dass derselbe XaTaßoög Havaiiea)? im J. 119 und im
Jahre 121 (vgl. 671 und 1420^ je 8^ Drachmen zahlt. Daraus
folgt nur, dass sein Hausbesitz sich in dieser Zeit nicht verändert hat.
^) lieber die Verteilung der Familien in den Häusern geben interessante
Aufschlüsse die kürzlich von mir edirten Urkunden BGU 493 — 510. Auch
die zahlreichen y.ax' ccy.iav dTioypacfai bieten viel Material.
§ 40 — 44.
193
§ 42. TTisp s7t:(. . . .).
Für Theben belegt durch No. 533 und 676.
In beiden Urkunden steht U7i(£p) d. h. £7r(. . . .), xal aXXwv.
Der Möglichkeiten, zu ergänzen, sind so viele, dass ich auf einen
Vorschlag verzichten muss.
§ 43. 'E7iapo6piov.
Für Theben belegt durch 332, 352, 1532, für Hermonthis
durch 350, für Koptos durch 1234, alle aus dem II. Jahrh. vor Chr.
Das Wort iizocpoupiov, das sich voll ausgeschrieben in 350
findet, ist unseren Lexicis bisher unbekannt. Die Bedeutung^) kann
nicht zweifelhaft sein: wie sTiixscpaXtov die Steuer bezeichnet, die
auf dem Kopfe lastet, so muss inapoupiov die sein, die auf der
Arure lastet. Wir haben also ein Wort vor uns, das so recht
geeignet ist, das, was wir Grundsteuer nennen, zu bezeichnen. Es
ist gewiss nur ein Zufall, dass das iTuapoupLov in den obigen Fällen
immer mit Geld bezahlt wird, also in Anwendung auf Wein-,
Palmen-, Obst- und Olivenland steht. Ich wüsste nicht, weshalb
man nicht auch die in natura gezahlte Grundsteuer für Weizen-
und Gerstenland sTcapoupiov hätte nennen sollen. Zur Grundsteuer
im Allgemeinen vergl. § 46.
Das Wort begegnet mir auch in einem Berliner Papyrus
(P. 1422) aus der Zeit des Kaisers Marcus (i[n](x,po\jpio\j 7])(^7]-
[a]av). Hier wird es in Beziehung auf izocpdheiaoq, auf Gartenland,
gesagt. Bei Grenfell (II) LXV (aus dem II./ III. Jahrh. n. Chr.)
steht ivapoupiov als Bezeichnung für eine Abgabe. Ich vermute,
dass ETiapoupiov zu lesen ist.
§ 44. ICnkp smßoX(Y]g).
In 1472 (Theben) bezahlt ein gewisser Panameus uTcep eizi-
ßoX('^?) \ (= xaXavTWv) ß toö a(i)TOö) ß L (= 254/5) 4 Drachmen.
'ETTtßoXi^ bezeichnet eine Abgabe, die als Zuschlag auferlegt wird.-)
^) 6 STiocpoupog ist als Gärtner oder „Landmann" überliefert. Wie hier
dv^^p , so ist bei STiapoupiov etwa TeXsaixa zu ergänzen. Daraus erklärt sich
die Verschiedenheit der Bedeutung.
2) In dieser Bedeutung als Zuschlag spielt die stzi^oXyi im Justinianischen
Recht eine Rolle. Vgl. Zachariae v. Liugenthal, Gesch. d. Griech. Röni.
Rechts ^ S. 228 f.
WiLCKEN, Ostraka. 13
194
IV. KAPITEL.
Vgl. BGU 519, 15 (IV. Jahrh. nach Chr.): twv 6r][xoatü)v xal dvvovov
xal TuavTOLtov STTißoXwv. Panameus zahlt also die 4 Drachmen
„für den Zweitalent-Zuschlag des Jahres 254/5". Die Art, wie das Jahr
angefügt ist, macht es wahrscheinlich, dass es sich nicht um eine
ausserordentliche, einmalige oder gar nur den Panameus betreffende
Abgabe handelt, sondern um eine allgemein und jährlich erhobene.^)
Im Uebrigen ist mir die Bedeutung dieses Zuschlages völlig dunkel.
Die geringe Summe von 2 Talenten legt den Gedanken nahe, dass
die Erhebung der Abgabe auf einen bestimmten Kreis, sagen wir
auf die Ortschaft, zu der Panameus gehört, beschränkt war. Voraus-
gesetzt, dass wir es hier mit einer Vollzahlung zu thun haben, und
dass jene 2 Talente, wie wahrscheinlich, kopfsteuerartig distribuirt
waren, so würden die 2 Talente oder 12000 Drachmen auf eine
Bevölkerung von 3000 Steuerpflichtigen für diese Ortschaft führen.
Doch die Praemissen sind ganz unsicher.
§ 45. To sTOy£VY][ia.
In 1027 wird das iTtLylvTjjAa neben dem iy.'^opioy als eine
Abgabe erwähnt, die der Pächter eines Grundstückes dem Grund-
eigentümer zu liefern hat. Das AVort, das auch sonst, z. B. im
Revenue -Papyrus häufig gebraucht wird, begegnet in einem ähn-
lichen Zusammenhang wie hier auch in Petr. Pap. (II) II, I, wo in
Z. 19 iTOysvyjiiaat (so auch Revillout, Melanges S. 272) statt Im
Y£VYj[xaat (Mah.) zu lesen ist. Nur ist der Unterschied, dass die
iTCcysvT^fiaTa dort dem Pächter zukommen. Es wäre denkbar, dass laut
Pachtcontract die £7iLy£VT^(xaTa, d. h. der Ueberschuss, der über die
zu erwartende Ernte (yevyjjJiaTa) hinaus erzielt wird, an Pächter
und Verpächter geteilt würde. Doch können die Contracte darüber
sehr verschiedene Bestimmungen getroffen haben.
§ 46. 'H smypacpT^.
Für Syene belegt durch 295, für Theben durch 703, 709,
712, 722, 733, 735—737, 1253, 1489 (=1254), 1355, 1356,
1619, 1621, 1622, alle aus der Ptolemäerzeit.
^) Darum scheint mir die andere Bedeutung von STi'.ßoXig als Geldstrafe"
hier nicht am Platz.
§ 44 — 46.
195
Die angeführten Quittungen beziehen sich sämmtlich auf Na-
turallieferungen. In 712 werden Linsen vermessen, in 737 Kroton,
in 1489 Gerste, in allen übrigen "Weizen. Die Steuer wird regel-
mässig mit der Wendung [ji£[i£TpyjX£V elc, XYjV iTiiYpa'^yjV toö x.
Ito'J^ eingeführt. Der Ort der Ablieferung wird meist ausserdem
mit bIq tov -ÖTjaaupov oder einmal elc. t6 IXaLOupylov bezeichnet
'H iiziypoc'^ri ist also der Name der Steuer, für welche die Natu-
ralien geliefert werden. In einigen Fällen ist hinzugefügt, dass
diese Steuer für einen bestimmten totto? gilt. Das geschieht ent-
weder mit der "Wendung uTiep toö xgtzou, wie z. B. in 735, oder
aber der Topos ist im Genetiv direct von erzi^fpoc'^r] abhängig ge-
macht, so in 1253, 1619, 1620, 1622. Wir werden unten in § 124
nachweisen, dass hier in allen Fällen unter xotzoc, die Toparchie zu
verstehen ist, der Steuerdistrikt. Dieser besondere Hinweis auf die
Toparchie ist aber an und für sich entbehrlich, und wir werden
ihn auch dort suppliren dürfen, wo die iTriypa^ig ohne xotzoc, ge-
nannt wird. Wir haben es also in allen Fällen mit Natural-
lieferungen zu thun, die der Steuerzahler als Angehöriger einer
bestimmten Toparchie zu leisten schuldig ist.
Was bedeutet nun iTCtypa^i^? Von den mannigfachen Be-
deutungen von ETü'.ypacpsLV kann hier nur eine in Betracht kommen:
imypOL^ziv zm t: = Jemandem etwas auferlegen. In der Gerichts-
sprache bezeichnet es das Auflegen von Strafsummen und dergleichen,
und so spricht auch unser Ostrakon 1615 von der £7:LYp(a^o[i£VYj)
t^Y^liia. Im Besonderen aber, und das trifft für unseren Fall zu,
bezeichnet es das Auferlegen von Steuern, Abgaben und Lasten.
So sagt Ps. Aristoteles, Oecon. II 2,29: Mljivwv — Setj-ö-eI? y^pr^-
{xaxwv £7r£Ypat|i£ toI? TrXoua'.wxaxoL^ aüxwv izlfid-oc, zi apyupi'ou.
So sagt Polybios XXV 2, 11 (ed. Hultsch): 'E7:£Ypa'^Y] §£ xal M:-
•O-piSanr] — TpcazovTa xaXavTa. Die Beamten, die in Athen bestimmte
Abgaben zu berechnen und aufzulegen hatten, hiessen IrciypacpElc,
was Pollux VIII 103 so erklärt: o'jto: xd 6:p£cX6|X£va £^' Ixaaxou
Ixdaxw £7:£Ypa^ov — iTiEypa^ov he xal xd x:|jLYj{iaxa Ixdaxoc? xaxd
d^tav. Von diesem ETTtypa^ELV ist iTciypa^i^ als „das Auferlegte,
die auferlegte Abgabe" abzuleiten. In dieser Bedeutung kommt
ETitYpa^TQ bei den attischen Rednern vor.^) Es ist aber auch,
^) Vgl. Isocrates, trapezit. § 41 : slgcfopöc; Y,{irv ■zpoc,TOLX.^BlQrtC, xal äxspwv
13*
196
IV. KAPITEL.
abgesehen von unseren Texten, in der ptolemäischen Kanzleisprache
nachweisbar. In dem Pariser Papyrus 63, der von der Liturgie
der Bestellung der königlichen Domäne handelt (II. Jahrh. vor Chr.),
heisst es z. B. Col. III. 70: xal [xi^x' ivioic, 7waTaB££aT£pav toö pte-
Tpiou TYjV iTiiypacpYjv yevYi^yjvai, wo mit der eni^fpoL'^r] eben die
Auflage dieses munus gemeint ist. Vgl. Z. 152 f: t/, aupi^^wvoi)
xpaTSlv. In derselben Bedeutung steht das Verbum ebend. Col. VII 7 :
zal Tal^ a7roa7w£uaT^ auxwv iTrcysypa^-ö-at y^v, d. h. die Bebauung
des Landes ist ihnen auferlegt. Ebenso Z. 91, wo zu lesen ist: wc toO
6:d TOÖ 7rpo;TaY|jiaTo; a)pLCJ[jL£vou yw£[9]aXaL0u Tiaat — £7:LY£Ypa|JL-
[Ji£VOU (so auch Eevillout, Melanges S. 255 für £VY£Ypa{JLpL£voi>).
Endlich heisst es von den Beamten, die die Auflage besorgen, Z. 133:
xav %aTaXa[ißayr^[T]£ xivag twv Tipö^ xaT? 7rpaY|JLaT£iat? — £Tül-
Ypacp£L[v] {JLYj ouva[Ji£vou^, wo Revillout's Aenderung (Melanges S. 256)
£TCLYpaq?£c[aO'aL] sprachlich und sachlich gleich unmöglich ist. Von
£TCLYPOi?öCL redet nach meiner Lesung auch die Stele von Assuän
Z 62: [a]pYupL7.d^ iTiLYP^^^d^, d. h. „in Geld zu zahlende Abgaben*'
( Mahaffy, Hermathena IX S. 288 liest £TULYpd[4']aa['ö'aL). — In der
Kaiserzeit begegnet mir das Wort in BGU 563 I, 8: 1^
ax(£cj>£a)^) yS Tcj3£piou rXdiit £7r[t]Yp(a9£VTa), wo es von der Auf-
lage der Grundsteuer gesagt wird. Denselben Sinn hat das Nomen
im Berliner Papyrus P. 1422 Z. 9 : wv aTio iiii'^pioL^f^'^ zxX.
Dagegen bleibt mir die spezielle Bedeutung unklar in der folgenden
Formel, die sich mehrfach am Schluss von )(£ip6Ypa^a findet: To
tz )(£'.p6Ypacpov ToöTO Siaaov yP^9^'^ xa-S'apov dTiö ItücyP^^'^^ 'z-^-
dXccpa^o? (= dX£r^aTO(;) zupcov Eaxto xtX. So im Pap. Lond. in
Pal. Soc. S. II PI. 149. Vgl. BGU 578 und 666. Hier mag die
iTi'.ypO(.:pri sowie die Oelabgabe zu den Gebühren oder Sportein ge-
hören, die eventuell für solche Contracte erhoben wurden.
Aus diesen Beispielen dürfte zur Genüge hervorgehen, dass
fi ETZiypa^pri ein ganz allgemeiner Ausdruck für das dem Bürger
vom Staat Auferlegte ist. Ich habe keinen Beleg dafür finden
können, dass mit diesem Worte speziell diejenigen Abgaben bezeichnet
wären, die als ausserordentliche zu den ordentlichen hinzugefugt
wurden. Eugene Revillout hat, wie ich noch in der zwölften Stunde
sehe, in den „Melanges", in denen er ein reiches Material zur Itil-
Ypa^TQ vorgelegt hat, auf dessen Verwertung ich zur Zeit leider
§46. DIE GRU>T)STEUER.
197
verzichten muss, diese letztere Deutung aufgestellt und sieht, gestützt
auf seine demotischen Aequivalente , in der STiiypa^^ig „un impöt
mpplementaire" In dem griechischen Worte liegt das jedenfalls nicht.
Das, was Revillout vorschwebt, würde griechisch etwa zpoccTriYpa'^i^
heissen (vgl. Trpo^Bcaypac^civ, 7:poc[i£Tp£Tv). Ich halte daher die
STriYpa^T^ unserer Texte nicht für eine Zusatzsteuer, sondern für
eine ordentliche und Hauptsteuer, die ganz allgemein als „die
Auflage" bezeichnet wird.-)
Ueber die spezielle Natur der Abgabe ist damit leider nichts
erschlossen. Ich glaube, die richtige Deutung gewinnen wir lediglich
durch einen Ueberblick über die'gesammten Quittungen über Xatural-
lieferungen der Ptolemäerzeit. Abgesehen von den wenigen Nummern,
die sich mit speziell genannten anderen Abgaben befassen (s. unten),
wird eine das Wesen der Naturallieferungen charakterisirende An-
gabe nirgends gemacht. Entweder wird das Getreide sl; ty)V ztzi-
^poL'-^ilv vermessen, oder U7t£p totüod, oder es steht beides beisammen,
oder aber es heisst statt dessen einfach e:^ t6 x . exo^. Wenn ich
auch keinen stricten Beweis dafür erbringen kann, so halte ich es
doch für sicher, dass es sich in allen diesen Fällen um die Zahlung
der Grundsteuer handelt. Wo sollen die Grundsteuerquittungen,
die doch ohne Zweifel mit die wichtigste Rolle gespielt haben werden,
sonst stecken? Bei welcher anderen Naturallieferung hätte man die
Erwähnung der Steuer für überflüssig halten können als bei der
Grundsteuer? Ich gebe zu, dass der Wortlaut der Einzelurkunde
zu dieser Auffassung nicht zwingt. Aber, ich möchte sagen, der
Gesammtbefund unserer Urkunden rechtfertigt, ja fordert diese An-
nahme. Es kommt hinzu, dass ganz ähnlich, mit geringen Aus-
nahmen, auch die sämmtlichen Naturalquittungen der Kaiserzeit
^) Revillout liest das betreflfende Wort houo hoti und erklärt es als „le
surplus de Fimpot". Er beruft sich S. 183 für dieselbe Bedeutung des griechischen
iTriypacpi^ auf Lysias. Leider ist es mir nicht gelungen, das "Wort bei Lysias
zu finden. Uebrigens bemerke ich, dass das Wort gerade wegen seiner völligen
Allgemeinheit natürlich auch auf Steuern angewendet werden konnte, die ihrem
Wesen nach als Zusatzsteuem zu betrachten sind. Aber das Wort selbst drückt
diese Nuance jedenfalls nicht aus.
In unseren Texten haben wir nur Belege für die Ptolemäerzeit. Aber
Revillout bringt in den ,,Melanges" S. 186 ein Beispiel für das Vorkommen
dieser Steuer im 20. Jahre des Augustus, allerdings in einem demotischen Texte
(als houo hoti).
198
IV. KAPITEL.
einer speziellen Erwähnung der Steuer entbehren und sich meist
darauf beschränken, die Toparchie oder den speziellen Ort zu nennen.
Wir werden unten sehen, dass es auch hier sich überall um Grund-
steuer handelt.
Der alphabetischen Anordnung des Stoffes gemäss, haben wir
die einzelnen Varietäten der Grundsteuer an verschiedenen Stellen
besprechen müssen. Vgl. § 12 unkp djJtTtsXtovtov, § 27 bnep ysw-
(xeTpca^, § 43 iTiapoup'.ov, § 124 bnkp zor^ou, § 131 bnkp ^olvcxwvwv.
Hier unter der allgemeinsten Bezeichnung der Steuer als iTriypa^'^
wollen wir versuchen zusammenzustellen, was sich aus dem neuen
Material Neues für die Grundsteuer in Aegypten ergiebt.
Ich möchte kurz vorausschicken, was wir bisher darüber
wussten. Von dem allgemein verbreiteten Glauben, dass man
in Aegypten, bis in die späte Kaiserzeit hinein, ein Fünftel der
Ernte habe zahlen müssen, hat uns Giacomo Lumbroso glücklich
befreit. Sein Nachweis (Recherches S. 94), dass Orosius I 8, 9 diese
Nachricht mitsammt dem „usque ad nunc" aus der Genesis 47, 24 ff.
abgeschrieben hat, ist eines seiner glänzendsten und sichersten Re-
sultate, das aber leider nicht überall beachtet worden ist.^) Zugleich
hat Lumbroso mit Recht darauf hingewiesen, dass es sich in der
Genesis nicht um Grundsteuer, sondern um Pachtzins handelt. Damit
fallt dieses Zeugnis für unsere Frage völlig fort. Lumbroso hat
dann auf S. 293 die Vermutung ausgesprochen, dass die Grundsteuer
(abgesehen von der der Tempel) vielleicht ein Zehntel der Ernte
betragen habe. Neuerdings hat Mommsen (R. G. V S. 573/4 A. 1)
sich folgendermassen zu der Frage geäussert: „Ziffern besitzen wir
weder für die Domanial- noch für die Grundsteuerquote. — Die
Domanialrente kann nicht unter der Hälfte betragen haben, auch
für die Grundsteuer möchte der Zehnte (Lumbroso a. a. O.) kaum
genügen."
Wenden wir uns zunächst zu der Frage, welche Zahlungsmittel
der Staat bei der Grundsteuer angenommen hat. Auf Grund der
Ostraka und Papyri können wir zum ersten Male die wirtschafts-
geschichtlich so interessante Frage nach dem hierbei hervortretenden
V So findet sich die alte Auffassung noch in der 2. Auflage von Marquardt's
Staatsverw. II (1884) S. 234. Auch O. Seeck, Zeitschr. f. Soc. u. Wirtsch. IT
1895 S. 338 ö"., scheint Lumbroso's Eesultat nicht zu kennen. Er operirt durch-
gehends mit dem Fünften".
§46. DIE GRUNDSTEUER. ARTEN DER ZAHLUNGSMITTEL, 199
Verhältnis der Naturalwirtschaft zur Geldwirtschaft schärfer an-
fassen. Es war bereits bekannt, dass man in Aegypten die Steuern,
im Besonderen die Grundsteuern, teils in natura, teils in Geld
zahlte. Das bezeugte die Rosettana Z. 28 ff., wo es von Ptole-
maios V Epiphanes heisst: dc^Tjxev y.OLi xa £[v] zolc, Izpolc, ocpsi-
X6[i£va £1? TO ßaad:x6v — ovxa de, aiTOUT£zal apyupLou tiX-^O-o?
oux öXtyov. Dafür sprach auch Z. 11 f. derselben Inschrift, wo es
vom König heisst: avaT£^£CX£V de, xd i£pd apy^pizd^ T£
atTizd^ TZ poc^ohoxic,. Mit diesen npoc^oZoi sind aber, wie uns z. B. die
Stele von Pithom lehrt, bestimmte „königliche" Einnahmen gemeint,
die er den Tempeln überwies. So hat nach dieser Stele Ptolemaios II
Philadelphos im 21. Jahre seiner Regierung (265/4) den Tempeln
Aegyptens die Erträge der Häusersteuer und diverser anderer Steuern
des Jahres überwiesen (vgl. Zeitschr. f. Aeg. Spr. XXXII, S. 14).
Für die Kaiserzeit hatten wir ein entsprechendes Zeugnis in dem Edict
des Ti. Julius Alexander Z. 46/7, wo sich die Y£a)pY0öVT£5 über neue
TEXIafiaxa aixLxd xal d(.p^\}piv.6(. beklagen. Diese Thatsachen
waren bekannt (vgl. Marquardt, Staatsverw. II-, S. 193 A. 3). Aber
in welchem Verhältnis die Natural- und die Geldleistungen zu einander
gestanden, nach welchem Gesichtspunkt die eine oder die andere
gefordert wurde, war uns unbekannt, und man hat sich wohl ver-
schiedene Gedanken darüber gemacht (vgl. z. B. Varges, de statu
Aeg. S. 56). Es scheint mir eines der wichtigsten Ergebnisse unserer
Ostraka und Papyri zu sein, dass wir jetzt in der Lage sind, diese
Frage mit grösserer Sicherheit zu beantworten. Die Urkunden
lehren uns nämlich, dass die Frage, ob in natura oder in Geld zu
zahlen sei, nicht etwa im Belieben des Steuerzahlers stand, auch
nicht im einzelnen Falle durch die besonderen wirtschaftlichen Verhält-
nisse bestimmt wurde, sondern durch gehends und regelmässig
von der Kulturart des besteuerten Bodens abhing. Das
Resultat, das wir im Einzelnen begründen wollen, lässt sich etwa
folgendermassen formuliren :
I. Für Grundstücke, die "Weizen, Gerste, Kroton,
Sesam, Knekos tragen, wird in natura gesteuert.
IL Für Grundstücke, die Wein, Palmen, Oliven,
oder Obst tragen, wird Geld gezahlt. Gemüseland wird
bald in natura, bald in Geld besteuert.
200
lY. KAPITEL.
III. Für alle anderen Steuern als die Grundsteuer
(zu der in der Kaiserzeit die annona hinzutritt) wird in
der Regel Geld gezahlt.
Vergleicht man die beiden Klassen von Bodenarten, die wir
unter I und II aufgestellt haben, hinsichtlich ihrer landwirtschaft-
lichen Bedeutung mit einander, so liegt auf der Hand, dass der bei
weitem grösste Teil der Grundsteuern in natura geliefert wurde.
Ob das aber auch der grösste Teil der gesammten in Aegypten er-
hobenen Steuern war, wage ich nicht zu berechnen. Wenn ich
auch keine ziffernmässigen Nachweise aus dem Altertum bringen
kann, so ist doch darüber kein Zweifel, dass auch schon damals
wie jetzt der Weizenboden das grösste Kulturareal des Nilthals ein-
genommen hat. Ja, der Weizen muss damals noch eine viel weitere
Verbreitung gehabt haben, da er heute durch neueingeführte Pflanzen
wie Mais, Reis, Baumwolle, Tabak stellenweise zurückgedrängt ist.
Noch heute aber nimmt das Weizenland in Oberaegypten 50 ^/q,
im Delta (wegen des Mais) nur 30 ^/o des Gesammtareais ein. Auch
die Gerste findet sich in der in natura besteuerten Klasse. Sie war
zwar lange nicht so verbreitet wie der Weizen, bedeckte aber
gleichfalls beträchtliche Strecken. Heute beträgt der Gerstenboden in
Oberaeg^^pten 10%, im Delta 14 ^/o des Kulturlandes.^) Doch
auf diese unsicheren Vergleichungen mit dem Modernen brauchen
wir uns nicht zu beschränken. Die Ostraka selbst, und die Papyri
dazu, zeigen uns, wenn wir sie ins Gesammt überblicken, dass der
Weizen bei Weitem die erste Rolle gespielt hat. Ein klassisches
Zeugnis für die landwirtschaftlichen Verhältnisse im Faijüm (aus
dem J. 235/4 vor Chr.) könnten wir in einem der Flinders Petrie
Papyri besitzen, wenn er nur vollständiger erhalten wäre (vgl. Ma-
haffy II, XXX d). Es ist eine vom Nomarchen des arsinoitischen
Gaues eingesandte Üebersicht über das bis zum 30. Hathyr besäte
Land, ausgearbeitet nach den Einzelberichten der Toparchen oder
Topogrammateis. Da heisst es nach meiner Lesung: 'Ev twl
'ApGLVOtTYjL' Tiupwc jjB'xLsL, cpaxwc ü)7^L t'cf Xß. Darauf folgen
zuapiWL, y,pi^fi'., [6Xup]?a:, bei denen leider die Ziffern weggebrochen
sind. Auch die weiteren Posten sind verloren. Immerhin ist es
1) Bädeker, Unteraegypten 2. Aufl. 1885. S. 86. Vgl. auch die Tabelle
bei V. Fircks, Aegypten 1894, I S. 206.
§ 46. DIE GRUNDSTEUER. GELD- UN'D NATURALWIRTSCHAFT. 201
interessant hier die Summe von 134315| Aruren Weizenland neben
SSOItVA -Ä^ruren Linsenland zu finden. Eechnen wir die Arure
zu 2756 Cm (vgl. Kap. X), so beträgt das besäte Weizenland über
370 Dkm und das Linsenland über 2-J Dkm. Wie gross das anbau-
fähige Land im Faijüm damals gewesen ist, wissen wir leider nicht.
Mit der heutigen Summe (1277 Dkm, vgh v. Fircks, Aegypten 1894,
II 8) ist natürlich nichts anzufangen, da gerade im Faijüm die Boden-
verhältnisse sich völlig geändert haben.
Sucht man nach dem Princip, nach dem bei den unter II auf-
geführten Bodenarten die Naturallieferung in eine Geldzahlung um-
gewandelt ist (denn das ist jedenfalls der Gang der historischen
Entwickelung), so kann man vielleicht darauf hinweisen, dass unter
II solche Naturalien vereinigt sind, die vom Staat nicht in natura
verbraucht wurden, z. T. sich auch schlecht speichern Hessen.
Weizen und Gerste dagegen verbrauchte man u. A. zur Verpflegung
des Heeres^) in natura, und in der Kaiserzeit brauchte es der Herr
Aegyptens ausserdem, um den hungrigen Pöbel von Rom zu be-
friedigen. Was nicht verbraucht wurde, wurde thesaurirt, für die
mageren Jahre. Sesam, Kroton und Knekos verbrauchten die Ptole-
mäer gleichfalls in natura, denn sie hatten, wie uns Grenfell's
Revenue-Papyrus lehrt, die Oelgewinnung aus diesen Pflanzen mono-
polisirt. Nach diesem Princip könnte man freilich auch Wein-
lieferungen in natura erwarten. Doch was der Hof an einheimischem
Gewächs überhaupt brauchte, das mögen die königlichen Domänen
reichlich gebracht haben. Das Schwanken gegenüber dem Gemüse-
land ist begreiflich genug. Man wird Gemüse nur so weit in
natura erhoben haben, als man es zur Verproviantirung gebrauchte
(vgl. 712, 858; vgl. auch 1013).
Wir sehen hieraus, dass die Naturalwirtschaft in Aegypten, soweit
sie bei der Besteuerung hervortritt, schon in der Ptolemäerzeit von der
Geldwirtschaft weiter zurückgedrängt war, als wir bisher wohl ge-
glaubt hatten. Die Naturalleistungen hafteten in der Regel überhaupt
^) Vgl. meine „Aetenstücke aus der kgl. Bank" S. 94 f. Die dort ange-
führten Texte zeigen, dass auch bei der Heeresverpflegung allmählich die Geld-
wirtschaft die Naturalwirtschaft zurückdrängte. Von den drei Artaben Weizen,
die nach einem Londoner Papyrus der Soldat ursprünglich (neben dem Gelde)
bekommen sollte, wurde im II. Jahrh. vor Chr. nur noch eine in natura geliefert!
Vgl. übrigens unsere Ostraka aus Pselkis.
202
IV. KAPITEL.
nur noch an der Grundsteuer, und auch hier hielten sie sich
nur bei bestimmten Bodenklassen. Es ist dies um so bemerkens-
werter, als Aegypten ja früher ausschliesslich die Naturalwirtschaft
gekannt hatte. ^) Freilich hatten schon die Perser Geld von Reichs-
wegen in Aegypten cursiren lassen und hatten bereits, wie uns
Herodot III 91 lehrt, die Steuern teils in Geld, teils in Naturalien
eingefordert. Ja, wenn wir Herodot's AVorte auf die AVagschale
legen, so scheint es, als wenn schon sie das Princip gehabt hätten,
nur so viel in natura einzutreiben, als im Lande zu Zwecken der
Verwaltung verbraucht wurde. Denn zu der Erwähnung des iizi-
{jL£Tp£0|X£VOu (jizou fügt er hinzu: aizou yocp SuozaiSexa (JiupLaSa^
üspaswv T£ Tolai Iv tw Asuxw xely^ei tw Iv Msix^l xaToixYj-
[livoiGi xaTa(X£Tp£Oua'. xal xolai toutwv iTctxoupoLac. Also diese
120000 Artaben-) Getreide wurden lediglich zur Verpflegung der
in Aegypten stationirten persischen Garnisonen verwendet. Alle
übrigen Abgaben wurden in Geld gezahlt.^) Diesen Zustand fanden
die Ptolemäer schon vor,^) und es ist im Wesentlichen derselbe,
der uns aus unseren Ostraka und Papyri entgegentritt. Leider reichen
unsere Steuerquittungen nur bis in die Mitte des III. Jahrhunderts
nach Chr.; auch für die ersten Decennien dieses Jahrhunderts sind
sie nur sehr spärlich. Daher können sie uns keine Belege für die
bekannte Thatsache-^) geben, dass vom Anfang des III. Jahrhunderts
an die Naturalwirtschaft wieder zu wachsen beginnt und die Geld-
wirtschaft immer stärker zurückdrängt. Auf die Gründe dieser
Erscheinung einzugehen, ist hier nicht der Ort; wdr wollen nur
darauf hinweisen, dass auch für Aegypten diese Thatsache durch
die Papyrusliteratur bestätigt wird. Vgl. unten Kap. VII.
^) Vgl. z. B. Ed. Mever, Die Avirtschaftliche Entwickelung d. Altertums
S. 64 f.
^) Stein spricht in seinem Commentar irrtümlich von Medimnen. Die
Perser haben den Aegyptern die Artabe gebracht. Vgl. Kap. X.
^) Nach Herodot's "Worten ist anzunehmen, dass dieses Getreide nicht von
Aegypten allein, sondern auch von Kyrene und Barka geliefert wurde. Auch
die 700 Talente beziehen sich mit auf diese Nachbarländer, nicht auf Aegypten
allein, wie Mommsen E.G.V S. 560 anzunehmen scheint.
Ueber Hieronymus' Angabe, dass sich unter Pliiladelphos die jährlichen
Abgaben auf 14800 Talente und 1^ Millionen Artaben Getreide belaufen haben,
vgl. den Schluss dieses Kapitels.
^) Ed. Meyer, "die wirtsch. Entw. S. 63.
§46. DIE GRUNDSTEUEE.
203
Wir sind noch den Beweis für unsere obige Einteilung des
Bodens in die zwei Klassen schuldig geblieben. Wollten wir uns
nur auf die Ostraka beschränken, so könnten wir uns kurz fassen
und einfach auf die Texte verweisen, in denen eben zu lesen ist,
dass Weizen, Gerste etc. in natura geliefert werden, dass dagegen
für die Grundstücke der II. Klasse, soweit sie in den Ostraka vor-
kommen, in Geld gesteuert wird. Doch das Zufällige, das einer
solchen Urkundensammlung immer anhaftet und sich der Verall-
gemeinerung hindernd in den Weg stellt, möchte ich durch den
Hinweis auf den Londoner Papyrus CXIX (bei Kenyon S. 140 ff)
beseitigen.^) Dieser Papyrus, eine der wichtigsten, bisher aber noch
nicht ausgenutzten Quellen für die Grundsteuern Aegyptens, ist
nicht nur durch seine positiven Angaben von grösstem Werte, sondern
auch dadurch, dass er ge^^sse Dinge mit Stillschweigen übergeht.
Es ist ein Rechnungsbuch, in dem über die staatlichen Einnahmen
aus dem Privatgrundbesitz in Theben (II. Jahrh. n. Chr.) in der
Weise Rechnung gelegt wird, dass die einzelnen Steuerzahler nach
den Stadtquartieren in alphabetischer Reihenfolge aufgeführt werden,
und bei jedem Einzelnen notirt wird, wie viel er in dem betreffenden
Monat an Grundsteuer gezahlt hat. Vor allem muss hervorgehoben
werden, dass es sich hier lediglich um Geldzahlungen handelt. Es
ist also ein Xoycc, dpY'jpcywO^, wie die Pap}Ti derartige Bücher nennen,
dem ganz gewiss ein Xoyoc, aiTixoq oder yevr/co? (vgl. BGU 14 II 3)
zur Seite gestanden hat. Der letztere ist uns aber nicht erhalten.
In diesem Xoyoc, dpyup'.zo^ handelt es sich nun ausschliesslich um
folgende Boden- resp. Fruchtarten: 1) dfXTreXwvsc, 2) i^ocvcxwvec,
3) 'koLyjxY^.cd^ 4) dxp66pua, 5) TüapdSecaoi, 6) [xupoßdXavo:. Dagegen
findet sich niemals Weizen- oder Gerstenboden oder einer der anderen
unserer Klasse I. Bei der gewaltigen Ausdehnung des Papyrus ist
dies ganz gewiss kein Zufall, vielmehr können wir mit Sicherheit
annehmen, dass über die Einnahmen aus diesen Ai'ten in einem be-
sonderen Xoyo^ aiTCXO? Buch geführt worden ist, mit anderen Worten,
dass sie in natura besteuert wurden. Auch unsere Berliner Pap^Ti
bieten weitere Bestätigungen. BGU 84 (a. 242/3 n. Chr.) handelt
von der aTiaiTr^ai? aixiywWV ^opwv. Wiewohl es sich hier um die
Abgaben der 6y][i6atoi ystopyGC handelt, ist es doch von Interesse
Vgl. dazu meine Bemerkungen in den Gött. Gel. Anz. 1894, S. 733 Q\
204
IV. KAPITEL.
ZU sehen, dass hier in natura Weizen, Gerste und Linsen geliefert
werden — also Arten der Klasse L Dagegen handelt BGU 141
(vom J. 242; 3 n. Chr.) von den T£X£a[xaTa apyupiza. Hier begegnen
IXxLWvsg, (^oivr/.wvsg, TtapaSsLaot, &[i.7zsXG)yzc, — also lauter Arten
der Klasse II. Die IXacwvSi; fehlen übrigens in den thebanischen
Rechnungen, weil in der Thebais keine Oliven wuchsen. Vgl. auch
BGU 572 — 574 und dazu oben S. 174 Anm. In BGU 139 (vom
J. 202) wird Weizenland in natura besteuert, und so mögen sich
noch viele Bestätigungen finden lassen.
Es scheint mir hiernach ein sicheres Resultat zu sein, dass in
der oben angegebenen Weise die Wahl des Zahlungsmittels je nach
der Bodenart ein für alle Male bestimmt war. Dass im Einzelnen
unter ganz besonderen Verhältnissen auch einmal Ausnahmen davon
vorgekommen sein mögen, ist sehr wahrscheinlich. Man hat gemeint,
dass die Kaiser, weil sie mit dem aegyptischen Getreide die Stadt
Rom vier Monate hindurch verpflegen konnten (Joseph, b. i. II 386),
wohl weniger in Geld erhoben hätten als die Ptolemäer, also die
adaeratio, wie sie unter den Ptolemäern bestanden hatte, teilweise
aufgehoben hätten.^) Wir sehen jetzt, dass dem nicht so ist, dass
vielmehr die Kaiser an dem ptolemäischen System nichts geändert
haben. Da wirklich mehr Getreide in der Kaiserzeit als in der
Ptolemäerzeit erhoben worden ist (vgl. den Schluss dieses Kapitels),
so müssen wir nach anderen Erklärungen dafür suchen. Da wäre
vor allem auf die annona hinzuweisen (vgl. oben S. 155). Auch
würde die Annahme einer Erhöhung der Taxe für die einzelne
Arure (s. unten) nicht fern liegen. Im Uebrigen hat Mommsen
auf die Möglichkeit hingewiesen, dass ein Teil des nach Rom
gesandten Getreides „aus den eigentlichen Domänen geflossen, ein
anderer vielleicht gegen Entschädigung geliefert worden sei." 2) Wie
dem auch sei, an dem ptolemäischen Princip, dass die Natural-
Vgl. Marquardt, E. Staatsver. 11^, S. 234. — Aurel. Victor (Epit. 1)
sieht den letzten Grund für den Eifer, den Octavian für die wirtschaftliche
Hebung Aegyptens entwickelte, nicht mit Unrecht in seiner Fürsorge für die
„annona urbis" (Vgl. Tac. hist. I 11: annonae fecundam) und berichtet, dass zu
Octavian's Zeit jährlich 20 Millionen (modii) Getreide von Aegypten nach Rom
geliefert wurden. Vgl. auch Plin. Panegyr. 30 ff.
2) Vgl. Mommsen, E. G. V S. 560.
§46. DIE GRUNDSTEUER. BEDEUTUNG DER BODENART. 205
abgäbe auf ganz bestimmte Bodenarten beschränkt war, ist nicht
gerüttelt worden.
Wir haben noch ein Wort zu unserer Behauptung unter
III hinzuzufügen, dass alle anderen Steuern ausser der Grundsteuer
und der Annona in der Kegel in Geld gezahlt seien. Ueber die
Ausnahmen, die unsere Sammlung bietet, sprechen wir an ihrem
Orte. Es sind ganz wenige Fälle zu notiren. So wurde in der
Ptolemäerzeit für den axe^avo? xwv xaxotxwv Weizen geliefert.
Dieser axe^avog ist aber eine halb freiwillige Spende, und wenn
die Katoeken sie in natura lieferten, so besagt das vielleicht nur,
dass ihnen diese Art der Zahlung bequemer war (vgl. unten § 118).
Auch bei den in § 139, 170, 184, 212 behandelten Abgaben könnte
die Berechnung in natura damit zusammenhängen, dass sie von
griechisch -makedonischen Kleruchen erhoben werden. Sonst wüsste
ich für die Ptolemäerzeit als Ausnahme nur noch auf 1529 hin-
zuweisen, wo de, TO L(l in Getreide gezahlt wird — eine Abgabe,
die mir leider völlig unverständlich ist. Auch aus der Kaiser-
zeit liegen nur wenige Fälle vor, vgl. 296 — 301, 918 und 993,
1546. Halten wir aber diesen einzelnen Fällen, in denen meist
unbedeutendere Abgaben und Gebühren erscheinen, die Thatsache
gegenüber, dass alle wichtigen und grossen Steuern, die ausser
der Grundsteuer und der Annona Aegypten belasteten, wie die
Kopfsteuer, die Gewerbesteuer, die Badsteuer, die Dammsteuer
u. s. w., alle regelmässig ohne Ausnahme in Geld gezahlt wurden,
so sind wir wohl zu der obigen Auffassung berechtigt. Auf die
Bedeutung dieses Ergebnisses für die Frage nach dem Verhältnis
der Naturalwirtschaft zur Geldwirtschaft werden wir in Kapitel VII
eingehen.
Wir kommen nunmehr zu der zweiten wichtigen Frage, nach
welchem Modus diese in Naturalien resp. in Geld zahlbare Grund-
steuer umgelegt worden ist. Wie ich schon oben bemerkte, hat
man bisher immer angenommen, dass in Aegypten eine bestimmte
Ertragsquote geliefert worden sei, und nur über die Höhe derselben
gingen die Ansichten auseinander. Wir lernen jetzt, dass bei der
Grundsteuer dieser Modus überhaupt nicht in Anwendung kam,
dass vielmehr, sei es in Geld oder in natura, ein fixer
Satz, der nach der Ertragsfähigkeit des besteuerten Bodens
abzuschätzen war, pro Arure festgesetzt wurde. Das einzelne
206
IV. KAPITEL.
Grundstück zahlte also nicht ^ oder oder irgend einen anderen
Bruchteil des Ernteertrages, sondern pro Arure eine bestimmte Anzahl
Artaben der betreffenden Fruchtart, resp. einen entsprechenden fixen
Geldsatz. Die Verschiedenheit dieser beiden Systeme ist kurz und klar
von Appian in einer Rede behandelt worden, die er dem M. Antonius
bei seiner Ansprache an die kleinasiatischen Hellenen in Ephesos in
den Mund legt (b. c. V 4). Er sagt: 'EtisI he ISsyjasv (seil. 96p ü)v),
ou Tzpbq xd TL{Jiyj{xaTa u[iTv iT:zd"fiY.<x\izv, av Tiiitic, d7wtv5i)Vov :p6poy
Iva xod TÖv £vavTLü)v %ocvü)Vü)[ji£V 6|jlTv. Danach hebt Antonius
es als eine besondere Milde und Gerechtigkeit der römischen Re-
gierung hervor, dass man in Asien Ertragsquoten eingefordert habe,
da sie bei diesem System an allen Schwankungen, auch an einem
unglücklichen Ausfall der Ernte teilnehme. Als Gegenstück dazu
bezeichnet er die Steuerumlage Tzpbq xd T'^iXT^ptaxa, bei der die Re-
gierung sich auf alle Fälle schadlos halte. Mit dem letzten Modus
kann nur der hier in unseren Urkunden befolgte gemeint sein. Die
Festsetzung der Artaben zahl oder des Geldsatzes für die Arure beruht
eben auf der Schätzung (zi\iri[ia) der Ertragsfahigkeit. Ob die Be-
urteilung der beiden Systeme bei Appian zutreffend ist, kann Zweifeln
unterliegen. Man darf nicht vergessen, in welcher Situation der
Staatsmann Antonius diese Darstellung gegeben hat. Als Regierungs-
vertreter vergisst er hinzuzufügen, dass bei dem Quotensystem der
Staat auch an den günstigen Ernten seinen entsprechenden Anteil
hat, und dass andrerseits bei dem Taxationssystem im Falle beson-
derer Missernten Steuernachlässe bewilligt wurden. In Aegypten
wenigstens ist dies der Fall gewesen, wie wir unten zeigen werden.
— Noch eine andere Klassikernachricht möchte ich hierher setzen,
damit sie im Zusammenhange mit unseren Ergebnissen betrachtet
werde. Ich meine die folgende Auseinandersetzung bei dem Gro-
matiker Hygin (ed. Lachmann p. 205): „Agri lautem] vectigales
multas habent constitutiones. In quihusdam provinciis frudus parteni
praestant certam, alii quintas, alii septimas, alii pecuniam, et hoc per
soll aestimationem. Ceria [enwi] pretia agris constituta sunt, ut in
Pannonia arvi primi, arvi secundi, prati, silvae glandiferae, silvae
vulgaris, pascuae. His omnihus agris vectigal est ad modum uber-
tatis per dngula iugera constitutum". Hygin unterscheidet hier klar
das Quoten- und das Taxationssystem. Doch kennt er nur die
§46. DIE GRUNDSTEUER. TAXATIONSSYSTEM.
207
Taxation in Geld. In Aeg}^ten haben wir daneben bei bestimmten
Bodenarten auch die Taxation in natura. Wenn Seeck (Zeitschr.
f. Soc. u. Wirtsch. IV S. 341) meint, dass Hvgin mit diesen Worten
„den aegj^tischen Fruchtfünften" bezeuge, so ist das ein Irrtum,
der durch die Worte selbst widerlegt wird. Vgl. auch oben S. 198 Anm.
Zunächst gilt es, die Existenz dieses Systems nachzuweisen.
Es sei vorausgeschickt, dass das Quotensvstem in Aegypten durchaus
nicht unbekannt war, nur wurde es nicht bei der Grundsteuer an-
gewendet. Wir finden es z. B. bei der 6cT:6\LOip(X, die eine Tempel-
abgabe war, und manchen anderen Abgaben. Dass es gerade bei
der Grundsteuer anders war, hätte man vielleicht schon aus der
Rosettana schliessen können, wo ausdrücklich gesagt wird, dass die
Grundsteuer der aegyptischen Tempel eine Artabe Getreide für die
Arure und ein Keramion Wein für die Arure betragen habe (Z. 30,1).
Freilich unterliegt das Tempelland vielfach besonderen Massregeln. Da-
gegen bieten die „Actenstücke aus der königlichen Bank zu Theben"
Xr. III u. IV Beispiele dafür, dass auch bei profanen Grundstücken
die Ertragsfahigkeit des Bodens durch Angabe der der Arure auf-
erlegten Taxe bestimmt wurde. Da erscheinen Aruren, die zu je
7 Artaben -J Choinikes besteuert waren, neben anderen Aruren, für
die je 5^ Artaben 2^ Choinikes oder aber 4^ Artaben eingefordert
wurden. Dasselbe System liegt vor in Petr. Pap. (II) XLIV 9,
wo es von einem Kürbisgarten (tö aixuyjpaiov) heisst: apoupav
£xaaT[rjv] 6pa)([JLö)v T£aaapa*/Co[vTa. Dass es sich um die Grund-
steuer handelt, wird durch den Zusammenhang wahrscheinlich. Für
dieses System spricht ferner auch der Ausdruck iTtapoupiov, den wir
S. 193 als eine Bezeichnung der Grundsteuer nachgewiesen haben.
Mehr Beispiele bieten uns die Texte der Kaiserzeit. In Nr. 760
unserer Sammlung (aus dem J. 11/10 vor Chi*.) werden Aruren zu
4| Artaben, zu 1 Artabe und zu 2|yV Artaben Weizen unterschieden.
In 761 (aus demselben Jahre) werden Aruren zu 6^ Artaben
1^ Choinikes erwähnt. In Nr. 763 steht zu lesen: izaaTYj? apo6p7](?)
ayjaa{Ji,o(u) (apiaßa?) y. Auch hier dieselbe Veranlagungsmethode.
In einer Steuerprofession aus dem J. 202 n. Chr. deklarirt ein Grund-
besitzer dipoöpoLC, 5uo xeXouaa^ dvd Tiupoö [xiav fJpiLau (Hermes XXVIII
S. 236). Hier ist klar und deutlich ausgesprochen, dass die Grund-
steuer für die Arure 1^ Artaben Weizen beträgt. Der Versuch Seeck's
(a. a. O. S. 338), diese Angabe mit dem „Fünften" zu combiniren.
208
IV. KAPITEI>.
fällt mit seiner falschen Praemisse. S. oben S. 198 Anm. Wir haben
ferner in § 12 und 131 nachgewiesen, dass die djxTisXwve? und
(poLyiVMveq gleichfalls pro Arure mit einer festen Taxe belegt waren.
Dasselbe ergiebt sich aus dem schon öfter citirten Londoner
Papyrus CXIX, und zwar lernen wir hier kennen: Palmenland
zu 20, 40, 75, 180 Drachmen pro Arure; Weinland zu 20, 40,
75, 150, 350 Drachmen pro Arure; Gemüseland Q^cc/jxvioC) zu
20 und zu 75 Drachmen, Obstland (axpo^) zu 20 Drachmen,
Garten- und Obstland zu 30 Drachmen (vgl. CXIX. A 5) und
Myrobalanosland zu 30 Drachmen. Auch aus BGU 141 würde sich
eine feste Taxe pro Arure berechnen lassen, wenn der Text besser
erhalten wäre. Doch auch schon so erscheint es nach I 10/1 und
II 14 als wahrscheinlich, dass hier für die in Frage kommenden
i^OLVLZWve?, afiTieXwvei;, IXa'.wveg und TiapaSecaoL die Taxe von
1 0 Drachmen für die Arure bestanden habe (Mitte des III. Jahrhs. n. Chr.).
Die Art des Umlagesystems kann nach all diesen Beispielen
nicht mehr zweifelhaft sein. Es fragt sich nur, wie war es möglich,
es durchzuführen, und mit welchen Manipulationen gelang es, für
jedes einzelne Grundstück die Taxe zu bestimmen. Die Grund-
lage dieser Steuerumlegung bildete, ganz wie bei uns heute, die
genaue Katastrirung des gesammten Kulturbodens, worauf wir in
Kaj:). V genauer eingehen werden. Die Masseinheit war die Arure,
als deren Vielfaches oder als deren Bruchteil sich jeder steuerbare
Boden darstellen Hess. Wir sehen nun, dass auch bei einer und
derselben Kulturgattung sehr verschiedene Taxen möglich waren.
Bei dem Rebenland finden wdr die grössten Extreme: da schwanken
die Steuersätze zwischen 20 und 350 Drachmen, bei den Palmen -
gärten zwischen 20 und 180, und dabei haben diese Taxen gleich-
zeitig nebeneinander bestanden, wie der Londoner Paj)yrus zeigt.
Auch für den Weizenboden haben wir oben recht verschiedene
Sätze nachgewiesen, freilich sind die Unterschiede hier lange nicht
so gross. Da die Grundsteuer eine Ertragssteuer ist, werden wir
anzunehmen haben, dass die Ertragsfaliigkeit des Bodens den
Massstab für die verschiedene Bemessung der Taxen abgegeben hat.
Diese Ertragsfahigkeit wiederum ward w^esentlich davon abhängen,
in welchem Masse die Grundstücke an den Segnungen der Nilüber-
schwemmungen teilzunehmen durch ihre örtliche Lage in den Stand
gesetzt waren. Das ist damals wie heute die brennende Frage in
§46. DIE GRUNDSTEUER. TAXATION.
209
Aegypten, ob und wie weit künstliche Bewässerung notwendig ist.
Der Unterschied der Rai-Felder, d. h. der von der Ueberschwemmung
in hinreichender Weise betroffenen, und der höher gelegenen, mehr oder
weniger auf die künstliche Bewässerung angewiesenen Scharäki-Felder
hat damals so wie heute bestanden (vgl. v. Fircks, Aegypten 1894,
I S. 209 ff)- Schon nach diesem Gesichtspunkt lassen sich sehr
verschiedene Taxirungen der Grundrente und damit der Grundsteuer
denken, da die künstliche Bewässerung zu den bedeutendsten Pro-
ductionsunkosten gehörte, die bei der Berechnung der Taxe vom
Bruttoertrag abzuziehen war. Wenn man nun auch ausser der
Bewässerungsfrage die Verschiedenheiten in der absoluten Frucht-
barkeit des Bodens sowie in der Qualität der Fruchtsorten in Be-
tracht zieht, so wird es dennoch fraglich bleiben, ob hierdurch
allein die kolossalen Verschiedenheiten der Taxen, wie sie uns
namentlich bei dem Palmen- und Rebenland entgegentreten (zwischen
20 und 350 Drachmen), erklärt werden können. Ich weise auf
diese Schwierigkeit hin, ohne eine sichere Lösung bieten zu können.
Rein hypothetisch möchte ich die Vermutung wagen, dass vielleicht
auch die Intensität der Bewirtschaftung in der Weise in Frage
kam, dass z. B. die Zahl der Palmenbäume ^) und dem entsprechend
die Ausnutzung des Bodens für den Rebenbau für die Steuer-
abschätzung mit in Rechnung gezogen wurde.
Daran schliesst sich eine andere schwierige Frage an, nämlich
ob für jedes einzelne Steuerobject, für jedes einzelne Grund-
stück die Taxe besonders berechnet wurde, oder aber ob man hier
wie auch sonst im Altertum 2) und wiederum heute bei uns feste
Bonitätsklassen gehabt hat, denen die Einzelgrundstücke nach
ungefährer Abschätzung zugewiesen wurden. Sehen wir, dass in
dem Londoner Papyrus und unseren Ostraka eine grosse Zahl
von Grundstücken, namentlich d|i7isXa)V£5 cpOLv:xü)V£^, mit
derselben Summe besteuert werden, so liegt es allerdings nahe
^) Nach der forma censualis bei Ulpian Dig. L 15, 4 pr. musste in den
Professionen die Zahl der Weinstöcke und der Oelbäume angegeben werden.
Auch in den Distributionslisten von Thera und Astypalaea wird die Zahl der
Oelbäume nach den yupot (den Gruben) angegeben. Vgl. Mommsen, Hermes
III S. 436 ff.
^) Vgl. Hygina. O. : arvi primi, arvi secundi. Weiteres bei Marquardt,
Staatsv. II« S. 227 f.
WiLCKEN, Ostraka. 14
210
lY. KAPITEL.
anzunehmen, dass hier feste Bonitätsklassen zu Grunde liegen. Denn
dass bei so vielen Grundstücken die Bodenrenten factisch bis
auf den Obolos übereingestimmt hätten, ist doch sehr unwahr-
scheinlich, und es liegt näher anzunehmen, dass die Grund-
stücke von annähernd gleicher Ertragsfähigkeit derselben Steuer-
klasse zugewiesen wurden. Betrachten wir aber andrerseits die
Steuersätze, die wir oben für den Weizenboden nachgewiesen haben,
so machen diese allerdings z. T. den Eindruck, dass sie durch
Abschätzung des einzelnen Grundstückes gewonnen seien. Ich meine
Taxen wie die zu 7 Artaben | -J Choinikes oder zu 6^ Artaben 1^ Choi-
nikes. Sollten dies wirklich Normaltaxen für ganze Bonitätsklassen
sein? Sehen sie nicht vielmehr aus wie Taxen, die für einen ganz
bestimmten concreten Fall ausgerechnet sind? Vielleicht ist es nicht
unwichtig, darauf hinzuweisen, dass wir in mehreren Fällen, in denen
es sich um Weizenboden handelt, nachweisen können, dass immer gleich-
hoch besteuerte Stücke in einem und demselben Rayon (o^pa'xi<0^)
gelegen haben. So in den „Actenstücken" a. a. O. zweimal und
in der Steuerprofession vom J. 202 n. Chr. Das hat zwar nichts
Verwunderliches, insofern, wie gesagt, die örtliche Lage das Ausschlag-
gebende für die Ertragsfahigkeit ist. Vielleicht darf man aber daraus den
Schluss ziehen, dass die Rayons auch eine steuertechnische Bedeutung
gehabt haben, in dem Sinne, dass sie immer gleich hoch besteuerte
Grundstücke zusammenfassten. Doch das bedarf weiterer Unter-
suchungen. Jedenfalls hat es nach dem Gesagten den Anschein,
als wenn es für den Getreideboden feste Bonitätsklassen in Aegypten
nicht gegeben hat. Nach der letzten Vermutung wäre es aber wohl
möglich, dass das Kulturland in verschieden besteuerte Rayons zer-
fallen wäre, denen die Einzeläcker angehörten. Andrerseits fanden wir,
dass bei dem Palmen- und Rebenland die Annahme von Bonitäts-
klassen viel für sich hatte. Sollte vielleicht ein verschiedenes
Wessely hat zuerst auf das Wort acppayc^ hingewiesen (Mitth. PR III
S. 270), hat aber den Sinn nicht richtig erkannt. In CPR I S. 158 deutet
er es als „Siegel, gesiegelte Urkunde, Urkundung" und übersetzt sv Suoi
acppayia'. mit ,,in 2 beurkundeten Losen". "Was man sich darunter vor-
stellen soll, weiss ich nicht. Ich habe schon im Hermes XXYII S. 237 A. 2
darauf hingewiesen, dass Eratosthenes die Rayons seiner Erdkarte als acppayiSes
bezeichnet hat. Vgl. Strabo II p. 78 und 84. Als Rayons der Flurkarte
haben wir die acppaytSsg auch in unseren Urkunden aufzufassen.
§46. DIE GRUNDSTEUER. BONITÄTSKL ASSEN?
211
Verfahren eingeschlagen worden sein, je nachdem die Taxe in natura
oder in Geld zu berechnen war? Doch das sind Probleme, die
weiterer Untersuchung bedürfen.
Wir haben ferner noch die Frage aufzuwerfen, ob die Taxen
bewegliche oder unbewegliche waren, d. h. ob sie für jedes Jahr
ne\i berechnet wurden oder ein für alle Mal auf dem Grundstück
lasteten. Aus den vielbesprochenen Worten Strabo's (XVII p. 817)
könnte man folgern wollen, dass je nach dem Ausfall der Ueber-
schwemmung in jedem Jahre die Taxe neu aufgelegt worden sei.
Gegen diese Annahme scheint mir aber die Steuerprofession vom
J. 202 n. Chr. zu sprechen, in der die Grundbesitzerin Valeria
Paulina von den ihr gehörigen 2 Aruren Weizenboden aussagt
„TsXouaa^ ava TiupoO fiiav fJ|iLC7u a(D|xaTL^o[Ji£va(; eIc, OöaXspLav
nauXivo'J (sie) Yj^pox^i'/.'J^a?" (vgl. Hermes XXVIII. 236). Denn
wenn die Taxe eine jährlich wechselnde wäre, so würde die Grund-
besitzerin nicht in der Lage sein, selbst die Höhe der Taxe in der
betreffenden Steuerprofession namhaft zu machen. So scheint diese
Urkunde dafür zu sprechen, dass die einmal für ein Grundstück
berechnete Taxe eine unbewegliche war. Dieselbe Urkunde giebt
uns zugleich einen Fingerzeig für die richtige Auffassung der
Strabonischen Worte. Die Deklarantin erklärt der Steuerbehörde
ausdrücklich, dass ihr so und so hoch taxirtes Grundstück in diesem
Jahre nicht von der Ueberschwemmung erreicht, nicht bewässert
worden sei (rßpoyriY.'j'KX.q). Ich habe schon im Hermes a. a. O. daraus
gefolgert, dass sie die Angabe gemacht habe, weil sie hiernach auf
Steuerermässigung oder Steuernachlass zu rechnen Anspruch hatte.
Dasselbe ergiebt sich aus den gleichfalls a. a. O. von mir schon
hervorgehobenen Worten des Edicts des Ti. Julius Alexander (CIGr.
III 4957 Z. 57): Trpo^'jpLW? Ystopyelv tou? avO-pwTtOu? [eiSoxa]?
Sxt TTpö? TO ^(.lr^^'kc, zy]:; o5ar;5 avaßaaeo)? */.al zy](; ßeßpMYCfievrj;
Y%, aXX']o?> Tzpbc, cTJXOcpavTLav tü)v xaxa auvo^J^iv ';:apaYpa(^o[|jii]vü)v
aTiatxr^ai^ laxai. Der Praefect wendet sich hier mit scharfen
Worten gegen den Missbrauch Derjenigen, die nicht nach Maass-
gabe des wirklichen Ueberschwemmungsresultates , sondern xaxa
auvo4':v, d. h. npö; ouvxpiaiv ap)(aL[£a]x£pü)v x'.vwv avaßaaewv, die
Steuern und zwar die Grundsteuern (vgl. yetüp^eiw, yfi^) ein-
trieben. Ich möchte in diesem Zusammenhange den Ton darauf
14*
212
IV. KAPITEL.
legen, dass der Präfect hier lediglich von der Steuer eintreibung
{a^Z0L^zT^al<;) spricht. Nur diese hängt nach seinen Worten von dem Aus-
fall der Ueberschwemmung ab, nicht aber die Steuerveranlagung.
Das Ergebnis, das sich hieraus in völliger Uebereinstimmung mit
der Berliner Steuerprofession ergiebt, möchte ich etwa folgender-
massen formuliren: die durch die Steuerumlage einmal fest-
gelegte Taxe ist eine unbewegliche. Aber die Erhebung
ist beweglich, und zwar nach unten hin, insofern bei mangelhafter
Ueberschwemmung xou^oziXeKX. oder dieXeca zu gewähren ist.^)
Jetzt erst verstehen wir Strabo's allgemein gehaltene Worte: höhere
Einnahmen brachten die guten Ueberschwemmungen in der That,
aber nicht dadurch, dass etwa höhere Taxen berechnet wären.
Für Steuernachlässe, die bei der Steuereintreibung bewilligt werden,
lassen sich in unseren Urkunden noch weitere Belege nachweisen. So wird in
BGU 84, die von der dTcaiXYjatg o'.xlxcüv cpöpwv handelt, zuerst die Gesammt-
summe der in Betracht kommenden Aruren genannt, worauf die unbewässerten
Ä.ruren (äßpoxot) davon abgezogen werden. Hier tritt also für die vom Nil
nicht erreichten Felder völlige dxeXs'.a ein. In BGU 198, einer Steuerprofession
vom J. 162/3 n. Chr., macht der Grundbesitzer gleichfalls den Zusatz, dass
seine Felder v[u]v ev dßpöxq) seien. Auch sonst begegnet mehrfach die Charak-
terisirung des Landes als ßpöxog, oder einmal vsiXößpoxo? (vgl. Hermes XXVIII
S. 238), andrerseits als dßpoxog. Vgl. Petr. Pap. (II) XXX b; Pap. Berl. Bibl. 50
(III. S. p. Chr). In diesem Zusammenhange findet vielleicht auch die merkwürdige
Urkunde BGU 145 ihre Erklärung. Es ist ein Bericht des Dorfschreibers von
Soknopaiu Nesos an den Strategen seines Bezirkes, enthaltend das xax' ävSpa
Twv sXdaoü) cpavevxtüv 7ipa^t|jL0U biz' ä[iou uapd xd |isxa§oO-dvxa bnö xou T['^]g
lisptSog ßaaiX('.xoö) yp(a|Ji[JLaxea)g) xou £veax(5x[o]$ %aS (a. 212/3). Es handelt sich
um ein minus von 8 Artaben Gerste, deren Spezialisirung auf die einzelnen
Personen folgt. Es ist wahrscheinlich, dass auch hier ein Steuernachlass, der
durch mangelhafte Bewässerung der betrefienden Grundstücke eingetreten sein
mag, gemeint ist. Es bliebe freilich auch die Möglichkeit, dass der Dorfschreiber
in diesem Falle einen fehlerhaften Anschlag des königlichen Schreibers corrigiren
will. Aber Ersteres hat mehr für sich. Vgl. auch das in der Rechnung ab-
gezogene sSacp'.xöv sXdaawiJia in BGU 20,8. Das eXdoowiaa kommt gleichfalls
in Abrechnung in dem Berliner Papyrus P. 2294. — Aehnlich wie bei der
Grundsteuer trat auch beim Pachtzins eine Ermässigung ein, wenn die Ueber-
schwemmung mangelhaft war. So heisst es in einem Wiener Pachtcontract' aus
Hermupolis vom J. 266 n.Chr. (CPR XXXIX 22): 'Edv Se, ö ysivoixo,
dßpoxos yi'jrtxa.i dnö xo[ö] iE,fiQ lxou[g], eudvaY'xes eTravxXi^oü) xaL xsXeao)
[xwv 7ipo]x£ipL£Vü)v 96pü)v xö "JjfJLtou. Die künstliche Bewässerung macht eben
so viel Unkosten, dass der Pächter billiger Weise nur die Hälfte des Pachtzinses
erlegen kann.
§46. UNBEWEGLICHE TAXE, BEWEGLICHE ERHEBLTfG. 213
sondern dadurch, dass im besten Falle die Kormaltaxen in voller
Höhe effektiv erhoben wurden. Wir dürfen wohl annehmen, dass
bei der Berechnung der Kormaltaxe sehr gute Ernten voraus-
gesetzt waren.
Im weiteren Verfolg dieser Fragen ^ird man auch darauf zu
achten haben, ob sich vielleicht Indicien dafür finden, dass Grund-
stücke, deren Rente — von der einzelnen Ueberschwemmung un-
abhängig — etwa durch intensivere Bewirtschaftung andauernd
gestiegen war, auch dem entsprechend zu einer höheren Grundsteuer
herangezogen wurden. Wenn z. B. in einem Olivengarten durch den
Fleiss und die Unkosten des Besitzers der Bestand an Oelbäumen
sich allmählich verdoppelte, sollte dieser Garten nicht entsprechend
höher besteuert worden sein? Hiernach würde die Annahme der
Unbeweglichkeit der Taxe einzuschränken sein. Doch das bedarf
weiterer Untersuchungen.!) Andrerseits ist es sehr wahrschein-
lich, dass, wenn in Folge der Ueberschwemmungen neues Kulturland
angeschwemmt war, wie das häufig vorkam (damit rechnete z. B.
ein Erlass des Theodosius und Valentinian vom J. 440, Cod.
lust. VII 41, 3), dem entsprechend auch Erhöhung, nicht der Taxe,
wohl aber der Totalsumme eintrat. Darauf gehen wohl die Worte
in BGU 563,8: I? l7r'.ax(£di£ü)?) Ti^epco'j tiXeiw £7:[i]Yp(a(y£VTa).
Endlich noch ein Wort über den Zahlungstermin. Wir werden
im V. Kapitel zu zeigen haben, dass die jüngst aufgestellte Be-
hauptung, dass „die Steuern in Aegypten nachträglich für das ab-
gelaufene Jahr gezahlt" wurden (Krall, CPR II S. 17), nicht zutreffend
ist. Hier sei schon jetzt hervorgehoben, dass der Gesammtbefund
unserer Ostrakasammlung zeigt, dass die in Katuralien zahlbare
Grundsteuer in der Regel von der Ernte des laufenden Jahres
für das laufende Jahr gezahlt wurde, dass aber auch bei dieser
Steuer wie bei anderen die Regierung spätere Kachtragszahlungen
erlaubte. Da die Ernte in der Thebais im Februar stattfindet, so
konnten natürlich die Zahlungen nur in den letzten Monaten des
^) Nach dem obigen Erlass des Theodosius und Valentinian trugen diese
Kaiser Bedenken, wenn Sumpf- und Weideland durch den Fleiss und die Un-
kosten des Besitzers zu Fruehtland umgeschaffen waren, dieses dem entsprechend
zu belasten, ne doleant diligentes operam siiam agri dedisse culturae nec dili-
gentiam suamsihi damnosam intellegant (Cod. lust. VII 41, 3, 1). — Vgl. zu der
Frage Max Weber, Rom. Agrargesch. S. 164 ff.
214
IV. KAPITEL.
aegyptischeu Jahres erfolgen. Diese erscheinen denn auch in der
Regel in den Datirungen der Grundsteuerquittungen. In den zahl-
reichen Urkunden dieser Art aus der Ptolemäerzeit habe ich nur
folgende wenige Fälle von Nachzahlungen, die im nächsten Jahre
erfolgten, gefunden: Nr. 712, 719, 723, 1313, 1350, 1356, 1498,
1533. Hier ist überall ausdrücklich gesagt, dass im Jahre x für
das Jahr x — 1 gezahlt worden ist. In allen anderen Fällen ist
für das laufende Jahr gezahlt.
Die Grundsteuerquittungen der Kaiserzeit unterscheiden sich
von denen der Ptolemäerzeit dadurch, dass sie ausdrücklich hinzu-
fugen, von welcher Ernte die Zahlung erfolgt. Das geschieht mit
der Formel: '^e'^ri[iO(.TOC, toö x. siou?. Diese begegnet in unserer
Sammlung zum ersten Mal im Jahre 1/2 n. Chr. (767), und da sie
in den ptolemäischen Urkunden niemals vorkommt, dürfte dieser
Zusatz als eine Neuerung der römischen Verwaltung zu betrachten
sein. Nun wird zwar in anderen Urkunden, z. B. in den Rechnungen
der Sitologen (vgl. BGU 61, 64, 67, 188 u. s. w.), die Ernte, von
der gezahlt wird, mit den Worten a.7zb Y£vrj|JiaTog xoO x. exoD? ein-
geführt. Dass aber der blosse Genetiv in unseren Fällen nichts
anderes meint, geht aus Nr. 995 hervor, wo ausnahmsweise steht:
Y(£v)Yj([JiaTO?) TOÖ ih (Itodö Ö7i(^p) Y(£v)T^(|xaxo?) ty (ß'^^^O)^
was nur heissen kann: von der Ernte des 14. Jahres für die
Ernte des 13. Jahres. Zu dieser Nachtragszahlung vgl. unten.
Nebenbei bemerke ich, dass diese wichtige Stelle uns zugleich
den Beweis dafür liefert, dass, wie oben bemerkt, die Grund-
steuer als eine Ertragssteuer aufgefasst wurde. Sie wird „für die
Ernte" gezahlt.
Ueberblicken wir nun unsere Grundsteuerquittungen der Kaiser-
zeit, so sehen wir, dass in der überwältigenden Mehrzahl der Fälle
das Getreide in den letzten Monaten desselben Jahres geliefert würd,
von dessen Ernte gezahlt wird. Nirgends ist eine Hindeutung darauf,
dass diese Zahlungen etwa nachträglich für das verflossene Jahr
erfolgten. Es ist kein Zweifel, dass wir es in all diesen Fällen
mit Zahlungen für das laufende Jahr zu thun haben. In dem
fixen Kalender der Kaiserzeit sind es die Monate Pachon, Payni,
Epiph, Mesore, von Ende April bis Ende August, die am meisten
in diesen Quittungen begegnen. Wie die Ptolemäer erlaubten aber
auch die Kaiser eventuell Nachzahlungen im nächsten Jahre.
§ 46. ZAHLUNG FÜR DAS LAUFENDE JAHR.
215
Folgende wenige Beispiele^) habe ich in unserer Sammlung gefunden
(vgl. Corrigenda): Nachzahlungen im Thoth = Aug., September des
nächsten Jahres (817, 833, 840, 861, 896, 938, 975, 984, 1450,
1592), im Phaophi = Sept./October (831, 855, 1367), im Hathyr
= Oct./ November (949, 950), im Choiak = Nov./December (1006,
1590), im Tybi = Dec./ Januar (999), im Phamenoth = Febr./ März
(925) und im Pharmuthi = März / April (1568). In allen diesen
Quittungen wird mit der Ernte des verflossenen (aegyptischen) Jahres
gezahlt, auch in den beiden letzten Fällen, in denen man vielleicht
schon die Verwendung der neuen Ernte hätte vermuten können.
Darum wird auch in 872 und 1003 eine Nachtragszahlung gemeint
sein, wiewohl der Phamenoth hier nicht ausdrücklich als Monat des
nächsten Jahres bezeichnet ist. S. unten Anmerkung. — Unsere
Sammlung bietet aber auch Beispiele von noch späterer Nachzahlung.
Vgl. Nr. 995. Hier wird von der Ernte des 14. Jahres für die Ernte
des 13. Jahres am 23. Thoth, natürlich des 15. Jahres gezahlt. Mit
anderen Worten, am 10. September 235 wird von der Ernte des
Jahres 234/5, die also im Februar 235 eingefahren ist, für das
Rechnungsjahr 233/4 gezahlt. Hier fallt also der Zahlungstag in
das übernächste Jahr. Während hier mit der neuen Ernte des
nächsten Jahres gezahlt wurde, wird in 976, wo sich eine ähnlich
späte Nachtragszahlung findet, noch die alte Ernte des normalen
Zahlungsjahres verwendet: am 8. December 193 wird die Grund-
steuer mit der Ernte des Jahres 191/2 (also vom Februar 192)
beglichen. Wir werden unten in § 109 sehen, dass einige Urkunden
vielleicht die Deutung zulassen, dass im Falle späterer Nachzahlung
auch Geld statt der Naturalien in Zahlung genommen wurde.
§ 47. To sTOSsxaxov.
In 232 (Elephantine) wird u. A. gezahlt für emi (Z. 8). Ist
die Lesung richtig, so wird man es in eTrtSexaxov auflösen müssen, wie-
wohl dies eigentlich eizd hätte geschrieben werden sollen. Doch ist mir
die Lesung sehr unsicher. Vielleicht ist £voi(x:ou) zu lesen. Lieber das
neben dem auvYjyoptxov auftretende iizihixoczow vgL unten § 119.
Nicht in allen Fällen ist beim Monat ausdrücklich hinzugefügt, dass
er dem nächsten Jahre angehört. Aber wenn z. B. im Thoth mit der Ernte des
X. Jahres gezahlt wird, so kann natürlich frühestens der Thoth des Jahres
X -j- 1 gemeint sein.
216
TV. KAPITEL.
§ 48. '£711^19 TiavTOTTwXwv.
Für Theben belegt durch Nr. 347, 348 (II. Jahrh. v. Chr.).
Die Erklärung dieser Steuer hängt wesentlich davon ab, wie
man sTct^^ ergänzen will. Entweder wird man an imZ^yiTfiaiq, oder
aber an £7ii^yj[jLL0V, Synonymon von ^7][jLia,^) denken. Aber was
soll das Aufspüren resp. das Strafgeld der „Trödler" (TiavTOTiwXa:)
bedeuten? — Da beide Urkunden Bankquittungen sind, die dem
Steuererheber ausgestellt sind, so ist für die Höhe der Abgabe
nichts daraus zu folgern.
§ 49. TTisp ).
Für Theben belegt durch Nr. 681, 686, 696.
Es bleibt einstweilen ganz unsicher, wie £7:1^ aufzulösen ist.
Im Text habe ich I7rtx(ap7itag) vorgeschlagen. Ich dachte dabei
an die von Ps. Aristot. Oecon. II 1 erwähnte Abgabe: 'f] öltzö tü)V
ßoaywYj[JLaTü)v, eTzixocprdof. xe xal Sexaxyj xaXoufxevy]. Aber ebenso
gut könnte man auch an l7rcx(£(paXatov) oder auch an das Itcl-
>c(apacov) des nächsten Paragraphen denken.
§ 50. TTisp smxapacou.
Für Syene — Elephantine belegt durch Nr. 64 und 67.
Bei der Revision der Londoner Texte habe ich mich im
Sommer 1895 nochmals von der Richtigkeit der Lesung sTiLxapaLOU
überzeugt. In welchem Sinne das Wort hier aufzufassen ist, bleibt
mir völlig dunkel. Zu 67 vgl. Corrigenda.
§ 51. TTlSp STltOVLWV.
Für Theben belegt durch Nr. 1506.
Ta eTitovta ist eine aus den Grammatikern bekannte allgemeine
Bezeichnung für die „Kaufsteuer". Vgl. Boeckh, Staatsh. Ath. I^
S. 395. Gilbert, Handb. d. gr. Staatsa. II S. 369. In unseren
Urkunden begegnet sie sonst noch im Pap. Paris. 67, 16, wo
Lumbroso (Recherches S. 307) mit Recht Ittwvlwv statt in wvcwv
liest. Für die Kaufsteuer verweise ich auf § 35 und 138.
'ETi'.^T^ii'.ov findet sich z. B. im Rev. Pap. 7,6.
§ 48 — 52.
217
§ 52. "ETaipixov.
Für Syene — Elephantine belegt durch Nr. 83. Vgl. auch die
thebanischen Nr. 504 und 1030.
Wie das i|xaTL07iü)XLz6v die vqn den i\ioczi07zGiA(Xi erhobene
Gewerbesteuer ist, so ist das IxaLpixöv die Steuer, die von den
IxaTpat,^) den Prostituirten , erhoben wird. Diese Bezeichnung ist
mir neu, die Sache selbst ist bekannt genug. Für Athen vgl.
Boeckh, Staatshaush. S. 404. In Syrakus bestand diese Huren-
steuer unter Dionys (Polyaen V 2,13), in Palmyra unter Hadrian
(Dessau, Hermes XIX S. 516 f.). In Rom wurde sie von Kaiser
Gaius eingeführt, und zwar in der Weise, dass der Normalertrag
von der einmaligen Ausübung des Gewerbes als Abgabe zu ent-
richten war. Vgl. Sueton, Gai. 40: ex capturis prostitiifarum
quantum quaeque uno concubitu mereret.^) Dieselbe Berechnungs-
methode hat Dessau a. a. O. für Palmyra nachgewiesen. 3) Fraglich
erschien ihm nur, „in welchen Intervallen die Steuer gezahlt
wurde". Ich denke, auch dieser Gewerbesteuer wird die monat-
liche Berechnung zu Grunde liegen, sodass also die Dirnen Roms
^) Ueber die Hetaeren in Aegypten vgl. jetzt Hogarth in ,,Koi5tos" by
Flinders Petrie (1896) S. 31.
^) Vgl. auch Justin, Mart. apol. l,c. 27. Lamprid. vit. Alexand. Severi 24.
Gothofredus zum Cod. Theod. XIII 1,1. Weiteres bei Mommsen, CIL III S. 13750.
^) In der aramäischen Version des Steuertarifes, die hier allein vollständig
erhalten ist, heisst es nach Vogue's Uebersetzung : „Item exiget puhlicanus a
mulier e: ah ea quae capit denarium aut plus, denarium unum a mulier e; et ah
ea, quae cajnt asses octo, exiget asses octo; et ah ea quae capit asses sex, exiget
asses sex." Danach scheint es drei Klassen von Hetaeren dort gegeben zu haben,
die sich durch die verschiedene Höhe des Normalpreises, den sie forderten,
unterschieden. Die Eegelmässigkeit der Abstufung führt notwendig zu der
Annahme, dass die Behörden bestimmten, welchen Preis die Einzelne zu fordern
habe, resp. zu welcher Klasse sie gehöre. Ich meine, die Art, wie in Rom
der Berechnung der Gewerbesteuer der einzelne concubitus zu Grunde gelegt wird,
führt zu demselben Resultat. Für Athen wird es uns ausdrücklich überliefert,
dass die Agoranomen den Preis, den jede Dirne nehmen durfte, bestimmten.
Vgl. Suidas s. v. b:dypa.\i\iOi.- b'dypoccpoy yoLp ol ayopavoiiot oaov I5st XaiJLßdvsiv
Ixaipav Ixdoxr^v. Meier (att. Process, ed. Lips. I S. 103 f.) und Boeckh a. a. O.
haben daher mit Unrecht dies Zeugnis dahin verändert, dass die Agoranomen
nur die Höhe der Steuer bestimmten. Die palmyrenischen Klassen sprechen
dagegen. Aa^ßäveiv in das Gegenteil y.axaßtxXXsiv zu ändern (s. Meier), heisst
aus schwarz weiss machen.
218
IV. KAPITEL.
und Palmyras zwölf Mal im Jahr die betreffende Summe zu zahlen
hatten. Aus !N'r. 83 folgt nichts über die Höhe der Steuer.
Mommsen's Güte verdanke ich die Kenntnis der demnächst
im CIL III S. 13750 erscheinenden Inschrift vom Taurischen Cher-
sonnes aus Commodus' Zeit, in der unsere Steuer als xo ziloq t6
7t opvcxöv oder capitulum lenocini (also wohl von den Bordell Wirten
für ihre Dirnen gezahlt) begegnet. Trotz unserer Ausführungen
auf S. 217 Anm. 3 dürfte es aus sprachlichen Gründen kaum mög-
lich sein, capitulum als Kopfsteuer zu fassen. Ich verweise auf
den Commentar von Mommsen a. a. O.
Vielleicht sind auch die thebanischen Quittungen 504 und
1030 auf dieses eiaipocov zu beziehen. In beiden Fällen wird
einer Frau (oder Mädchen) eine Zahlung für bestimmte Monate
quittirt, ohne dass die Natur der Steuer angedeutet würde. Die
Form dieser Quittungen erinnert an die der Gewerbesteuerquittungen,
insofern die betreffenden Monate hervorgehoben werden. Doch
vielleicht thue ich den Damen Unrecht mit meinem Verdacht.^)
Nr. 1030, aus der Zeit des Tiberius, würde ein Beispiel sein, das
älter ist als Kaiser Gaius. Auch ohne dies liegt die Vermutung
nahe, dass Gaius diese Steuer aus Aegypten entlehnt hat.
^) Ich Aveiss nicht, ob für diesen Verdacht vielleicht die Thatsache spricht,
dass in beiden Fällen die Frauennnamen ohne Hinzufügung des Vater- und
Mutternamens genannt werden. In Nr. 83, in der die Steuerzahlerin ja sicher
eine lxa{pa ist, wird nur der Muttername hinzugefügt. Das kommt, ohne Hin-
zufügung von dTiaxcop, sehr selten vor, vgl. 654, 791, 954. War es etwa den
öffentlichen Dirnen versagt, sich auch nach dem Vater zu be-
nennen? Die Frage müsste in grösserem Umfange untersucht werden, als es
mir zur Zeit möglich ist. Hier will ich nur noch darauf hinweisen, dass auch
die Thinabdellah in 1157, die oflfenbar eine öffentliche Dirne ist, ohne Vater
und Mutter genannt wird. Natürlich folgt daraus nicht, dass alle Frauen, die
von den Beamten ohne Vater genannt werden, als Dirnen zu betrachten sind.
Im Uebrigen will ich doch besonders hervorheben, dass in den oben behandelten
Xr. 504 und 1030 das Fehlen einer Angabe über die Natur der Steuer, zu-
sammengehalten mit der Adresse an eine Frau, nicht als Beweis für das
Ixa'.p'.y.öv betrachtet werden kann. Man vergleiche z. B. Nr. 1049, in der
gleichfalls die Steuer nicht genannt wird. Trotzdem handelt es sich hier, wie
wir unten in § 57 nachweisen, um die Flickschneidersteuer. Vgl. auch 1048
und 1050. Auch in 1041 handelt es sich, wenn obige Vermutung betreffs der
Nomenclatur der Dirnen zutrifft, um eine andere Steuer. Denn die 2£vxw(vacg)
führt den Vatersnamen.
§52. DIE HURENSTEUER.
219
Soeben ist von Grenfell und Hunt eine Urkunde edirt, die sich
auch mit dieser Steuer befasst. Vgl. Grenf. (II) XLI vom J. 46 n. Chr.
Der Text bietet noch manche Schwierigkeiten. Jedenfalls ist es
ein Steuerpacht - Angebot (Z. 9 dürfte u^caiaiiaL statt l^iaiafiat
zu lesen sein), und der Ausdruck oi £Ta(i)pca{xaTa (icaO'(o'j[i£voO
in Z. 26, den die Herausgeber richtig auf eine Hetaerensteuer bezogen
haben, zeigt uns, um welche Steuer es sich handelt. i) Der Text
lehrt uns, dass es Hetaeren nicht nur in den grossen Städten, sondern
auch in den Dörfern gab, denn die Pacht bezieht sich auf das am
Wüstenrande gelegene Dimeh, die alte SoxvoTiatoi) N'^ao^. Das Pacht-
angebot für das Jahr beträgt für das genannte Dorf 288 Drachmen,
zu denen noch allerlei Sportein hinzukommen.
§ 53. TTisp £'ja)( ).
Für Theben belegt durch Kr. 1457.
Vorausgesetzt, dass wirklich eu"^ und nicht eu^ zu lesen ist,
würde ich die Auflösung in eutoC^LÖv) vorschlagen, im Sinne von
„Räucherwerk" (vgl. Diod. I 84). Dieselbe Abgabe begegnet in dem
Berliner Ostr. P. 1610, das ich nicht in die Sammluug aufgenommen
habe. Doch auch hier ist die Lesung des dritten Buchstabens nach
meiner Copie nicht ganz sicher.
§ 54. TeXoq I^suYcE)v.
In 1028 wird quittirt über den Empfang von tö xoid-fixo"^ liXoc,
^euywv Tievcaxoata (1. TievTazoaLWv). Ob ^eöyo? hier, wie häufig,
ein Paar von Zugtieren resp. ein zweispänniges Fuhrwerk 2) bedeutet,
wird durch die hohe Zahl der ^tu^f] zweifelhaft. ZsOyo? kann
aber auch allgemein ein Paar bedeuten (vgl. Kap. X). Der Text
^) In dem Paclitangebot selbst wird, wie mir scheint, mit dem Worte
TsXeat.cpöpou auf die Hetaeren hingewiesen. In der Bedeutung von Hure findet
sich das Wort xeXeocpöpog in LXX Deuteron. 23, 17: ouy. laxai TsXsaq^öpog
^) Die Abgabe von den ^Buyfi begegnet auch in der Inschrift von Cos
bei Reinach, Rev. d. Etud. grecqu. IV 1891 S. 359 (Z. 7). Reinach deutet sie
hier als Abgabe von den voitures, da die Pferde und Ochsen schon vorher unter
den TEXpcx7io5a als Steuerobjecte aufgeführt sind.
220
IV. KAPITEL.
bietet keinen Anhalt, die Art genauer zu bestimmen. Wenn Zug-
tiere oder Fuhrwerke gemeint sein sollten, so würde diese Abgabe
wie das TsXeajJia xajii^Xwv u. a. zu den Vermögenssteuern zu
zählen sein.
§ 55. ZY][ita.
In 1615 (Hermonthis) wird sie, tyjv £7rLYp(a(f)0[JL£VY]v) ^y](xiav
gezahlt, also für ein auferlegtes Strafgeld. Auferlegt ist es von
A:ov6a:o?, dem hioixTizriq. Der Zahler ist ein Xü)[X0Ypa[i[xaT£u?.
Ehe nicht der Schluss von Z. 4 entziffert ist, wage ich keine Er-
klärung des Textes.
§ 56. 'H^xioXlov.
In 1546 (Theben) liefern zwei Brüder unter anderem zwei Ar-
taben Weizen für 'i^(jLLoX(tou). Dieses Wort bezeichnet das Ganze und
die Hälfte dazu. Worauf das YjixLoXiov hier zu beziehen ist, bleibt
dunkel.
TTlSp fpZsipOU |JLY]Tp07r6Xs(0^.
Vgh § 21 (Nr. 1431, 1433, 1475, 1582).
§ 57. TsAO$ f^Txr^Twv.
Für Theben belegt durch Nr. 464, 1039, 1049, 1069—1072, 1282
(alle aus der Kaiserzeit). Dazu kommt Berl. Ostr. P. 228 (a. 40
des Augustus).
Das Wort T^TryjTYj^ bezeichnet den Flicker, den Flickschneider.
Das ziXoq YjTiYjTWV ist also die Gewerbesteuer, die diese Arbeiter
für die Ausübung ihres Gewerbes zu zahlen hatten. Ueber die
Gewerbesteuer im Allgemeinen vgl. § 135. Wie die anderen Gewerbe-
steuern war auch diese pro Monat berechnet und wurde ordnungs-
gemäss auch monatlich bezahlt. Die Erhebung geschah durch TsXwva:
(vgl. 464) oder iTtcxYjpYjTal liXoix;. Die angeführten Nummern sind
ausser 1282 und P. 228 (Bankquittungen) lauter Erheberquittungen,
in denen die gezahlte Summe nicht genannt wird. Nur in 464 geben
die Steuerpächter an, dass noch 2 Drachmen an der vollständigen
§ 54—60.
221
Jahreszahlung 1) fehlen: X^oOnai bpayj^od 8'jo /hß elq TiXigpwaiv.
In den Bankquittungen 1282 und P. 228 werden verschiedene Raten
angegeben. Doch lässt sich über die Höhe der Steuer nichts Be-
stimmtes daraus entnehmen.
In 1049 wird die Steuer überhaupt nicht mit Namen genannt.
Nur die Vergleichung mit 464 macht es mehr als wahrscheinlich,
dass es sich auch hier um die Flicksteuer handelt.
§ 58. T7:£p %^p{a^po\)).
Für Theben belegt durch Kr. 503, 918, 993.
In 918 und 993 steht unep '&rja(a'jpoö) an der Stelle, an der
eigentlich die Angabe des Ortes zu erwarten wäre, wie Xapaxo^
oder ähnlich. Jedenfalls handelt es sich in beiden Fällen um Grund-
steuer. In 503 wird über eine Geldzahlung br^ep -ö-Yjaa'jpoö iepöyy
quittirt. Da der %^acc\jp6c, in der Regel nur Naturalien annimmt,
liegt wohl eine adaeratio vor.
§ 59. ICnkp Tt([ifj^) -ö-psiJLiJiaTwv.
In Nr. 653 zahlt ein Petemenophis ÖTisp v.([Lfiq) •9'p£[i{xaTü)v
aL 40 Drachmen. Das lässt zweierlei Deutungen zu: entweder, er
zahlt den Preis för Vieh, das er bekommen hat, dann müss.te er es
vom Staat erhalten haben, denn an den zahlt er. Oder aber, er
zahlt den Geldwert für das Vieh, das er eigentlich in natura hätte
liefern sollen (adaeratio). Letztere Annahme ist wegen des TUpwxou
Ixoi)^ vorzuziehen. Für welche Abgabe das Vieh, resp. das Geld-
aequivalent, zu liefern war, ist aus dem Text nicht zu ersehen,
§ 60. Ispoö (Tcupou) und ispa$ (xpL-ö-^^).
Für Theben belegt durch Nr. 710, 736, 740, 746, 747, 749,
1341, 1343, 1521, alle aus dem II. Jahrh. vor Chr.
Die angeführten Thesaurosquittungen über Grundsteuer tragen
am oberen Rande der Scherbe, über der ersten Urkundenzeile, eine
Randbemerkung, deren Entzifferung mich lange gefoltert hat. Bei
der Herausgabe der Bonner Ostraka^), wo sie mir nur einmal
Sie sagen: d7texo|J-ev — §ü)$ Msoopyj X. Die 5 Epagomenentage sind
unberücksichtigt geblieben. Vgl. 1084: ex« xö (x)dXos duo Bcöux IcDg Meaoprj X.
Jahrb. d. Ver. v. Alterthsfr. i. Rheinl. LXXXVI S. 243.
222
IV. KAPITEL.
begegnete, glaubte ich eine Zahl darin zu erkennen (is'-c' = 15^
Als mir dann weitere Beispiele in der Berliner Sammlung entgegen-
traten, die immer mit it begannen, wurde ich schwankend. Die
Lösung des Rätsels ergab sich mir aber erst im Sommer 1895,
als ich in einem Ostrakon der Sammlung des Herrn Flinders Petrie
(Nr. 1521) an der betreffenden Stelle klar und deutlich die Worte
L£poO d fand. Nun waren mit einem Schlage auch die anderen Fälle
verständlich. Es zeigte sich, dass die Schreiber meist der Kürze zu
Liebe nur le^ oder itocc, geschrieben hatten, worauf dann ein Bruch
folgte. Es ergab sich weiter, dass ce^ steht, wenn es sich um Lieferung
von Ti\jp6q handelt, während izocq, wenn von xpid-'f] die Rede ist. In
meiner Bleistiftcopie von 740 aber fand ich nachträglich, dass das
bisher unerklärte Zeichen zwischen ceag und q ein war, das nun in
Uebereinstimmung mit der Urkunde als y.(pL^fjg) zu lesen ist. Dem-
nach ist sicher, dass wir überall LSpoö, seil. TTJpoO, oder [epa?, seil.
xpL-O"^^, zu lesen haben. Dies halte ich auch gegenüber der in-
zwischen von Eugene Revillout in den Melanges vorgeschlagenen
Lösung aufrecht, der in seinen Louvre-Ostraka überall lepoö ai(TOi))
lesen will (und zwar ohne Bruch).
Auf das Wort tepou oder lepa? folgt in den mir vorliegenden
Texten überall ein Bruch, der natürlich als Bruchteil der Artabe
aufzufassen ist. Mir ist aufgefallen, dass dieser Bruch in allen Fällen
zu der in der Urkunde quittirten Summe in demselben oder wenig-
stens annähernd demselben Verhältnis steht. Man vergleiche:
Nr. 736^) Quittung über 14-^-^12 Art. Weizen: ispoö jArt.
746
55 \0\ „ „
55 ^ 55
1343
5J
55 15 „ „
55 55
749
>>
5) 20 „ „
5> "4 55
747
55
„ 20-J-J „ Gerste:
^£pa? i „
740
5»
„ 12i + 10H+5 = 28iG.
5? "4 55
1521
5)
„ 22 Art. Weizen :
cepoö jArt.
1341
55
55 50 ,>
55 "1 55
710
55
„ 70« (100) „
5) ii 5)
^) Aus Eevillout, Melanges S. 128 ersehe ich, dass ich in meiner vor zehn
Jahren gemachten Copie dieses Ostrakons die Randbemerkung übersehen habe.
Revillout liest sie: 'Ispcö g'.'(xou). Das ist gewiss verlesen für 'Ispoö ^' Der
Bruch ^ wird durch die Analogie der anderen Texte verlangt. — Weitere Bei-
spiele für das angebliche tspou ai(xcu) giebt er auf S. 275.
60. TEMPELKORX.
223
Hieraus scheint mir zu folgen, dass der hpbq Tiupo? (resp. die
tepa xpiO")^) im Durchschnitt, nach oben oder unten abgerundet^),
I^Iq der gezahlten Grundsteuer beträgt. Aus dem Ausdruck tepö?
dürfen wir weiter folgern, dass dieses eine Procent für die Tempel-
verwaltung abgeführt wurde. Wir haben es danach mit einer Tempel-
abgabe zu thun, die aber nicht als solche vom Steuerzahler eingefordert,
sondern von der eingegangenen Grundsteuer erst von den Thesauros-
beamten abgezweigt zu sein scheint. 2)
Sollen wir nun glauben, dass nur in den einzelnen Fällen, in
denen sich jene Randbemerkung vorfindet, dieses eine Procent für
die Tempel Verwaltung reservirt worden sei? Die obigen neun Quit-
tungen sind durchaus den anderen Grundsteuerquittungen conform,
sodass sich gar kein Grund finden Hesse, weshalb gerade hier und
nicht auch in den anderen Fällen das Procent berechnet worden sei.
Ich meine daher, dass von jeder Grundsteuerlieferung, die von dem
Steuerpächter an den Thesauros abgeführt wurde, 1 ^/^ für die Götter
separirt worden ist, dass aber nur gelegentlich diese Manipulation
von den Thesaurosbeamten in jener — wohl meist nachträglich
geschriebenen — Randbemerkung auf der Quittung, die sie dem
Pächter gaben, notirt worden ist.
Auffallig ist, dass auch in 1341, wo die gesammte Lieferung
(50 Artaben) für den Ammonstempel auf der Insel Poanemunis
bestimmt ist, trotzdem 1 ^/^ (-J Artabe) abgezweigt wird. Man wird
annehmen müssen, dass dieser iepOQ Tiupö? eben für einen anderen
Tempel, wohl den Haupttempel des Ortes, bestimmt war.
^ § 61. [Trclp] "lotSos.
In 1361 (Theben) wird über eine Zahlung von 300 Drachmen
„für die Isis" quittirt. Also eine Tempelabgabe.
Vgl. § 7 (Nr. 343).
Die Rechnung in 710 ist nicht ganz durchsichtig. In der Subscription
wird erst 70 wiederholt, dann aber geschrieben: /p = das macht 100. Für
100 würden wir nach Obigem Ispoö a erwarten, für 70 aber etwa tepou I-q.
Vielleicht steckt ein Fehler in meinen Lesungen von Z. 6.
^) Das etwa l^/o ausserdem als Zusclüag gefordert wäre, wird dadurch
unwahrscheinlich, dass dann auch in allen Fällen über diesen Zuschlag hätte
Quittung ausgestellt werden müssen.
224
IV. KAPITEL.
§ 62. Eig XY)v xa twv yJJl.
Für Theben belegt durch Nr. 1496 und 1534.
In 1496 ist mir die Lesung xä wahrscheinlich, in 1534 dagegen
zweifelhaft. An letzterer Stelle fehlt jedenfalls der Abkürzungsstrich
über den Buchstaben. KX^ kann entweder in xXY]pou)(ü)V, resp.
xXVjpwv, oder in yvXr^pov6[Aü)v aufgelöst werden. Hier ist alles unsicher.
§ 63. Tekoc, xaaaoTioiwv xal yvacpaXXoXoYwv.
Für Koptos belegt durch Nr. 1081, 1082, 1084—1090, 1616,
alle aus dem II. Jahrh. vor Chr.
Das Wort xaaaoTiotog, auch xaconoioc, geschrieben (vgl. 1085,
1087), begegnet in letzterer Form auch in Petr. Pap. (II) XXXII
(1) Z. 10, einem Text aus dem Ende des III. Jahrh. vor Chr.
Mahaffy leitet es von vAc, ab, das Hesjchios mit 61p [xcc erklärt. Ich
möchte es lieber mit xaaaov in Verbindung bringen, das derselbe
Hesychios als l\i.duoy TZfxyb xal Tpa)(u TiepLßoXacov erklärt, also als
ein dickes und rauhes Obergewand. Dies Kleidungsstück wird seinen
Namen eben von dem dicken, rauhen Stoff haben, aus dem es ge-
fertigt wird. Die xaaaoTioiOL sind danach die Fabrikanten solcher
Rauhstoffe. ^)
Der Name der zweiten Handwerkerkategorie (in 1081, 1082,
1086) erscheint in verschiedenen Verschreibungen als YVa^aXXoyot
(1082, 1086) oder yvacpoUoXoyoc (1081). Wie weit hier etwa
Verlesungen des editor princeps vorliegen, kann ich nicht sagen,
da ich die Originale nicht gesehen habe. Jedenfalls wird überall
yva^aXXoXoyot herzustellen sein, was von yvaqjaXXov abzuleiten ist.
Letzteres erklärt Blümner (Technologie I S. 206, vgl. 168) als die
Möglich, dass die y.a.aooTZOioi aus den von ihnen hergestellten Stoffen
auch Kleider verfertigt haben. Aber die Nebeneinanderstellung mit den yva^aX-
XoXöyo'. sowie der in der nächsten Anmerkung angeführte Text legen es nahe,
dass wir in erster Linie in ihnen die Stoflffabrikanten zu sehen haben. Es ist
übrigens für die Entwickelung der Gewerbe in Aegypten lehrreich zu sehen,
dass die Fabrikation von Rauhstoffen als ein selbstständiges Gewerbe betrachtet
wurde. — Unsere Museen haben sich in den letzten Jahren mit zahlreichen
Kleiderüberresten aus den aegyptischen Gräbern gefüllt. Sollten die von
G. Schweinfurt (Zeitschr. Ges. Erdk. Berl. 1887 S. 19) erwähnten Eubberstoffe
vielleicht zu unseren xäoaa gehören? Vgl. auch A. Riegl, d. aeg. Textilfunde
im Oestr. Mus. Wien 1889.
§ 62 — 65.
225
Wollflocken, die beim Kratzen und Scheren der Tücher entstehen.
Da hier die ^^^OL^iOL/XQko-^oi neben den -/caaaoTioiOL erscheinen, werden
wir beide Thätigkeiten mit einander in Verbindung zu setzen und
in den yva^aXXoXoYo: wohl diejenigen Leute zu sehen haben, die
die Wollenflocken, ^) die bei der Fabrikation der Rauhstofle entstanden,
zusammenlasen (Xeyecv), wobei natürlich anzunehmen ist, dass ihre
Handlangerdienste sich nicht auf dies Xeyeiv allein beschränkt haben
werden.
Die Gewerbesteuer, die diese beiden Klassen von Handwerkern
zu zahlen hatten, war in Koptos, woher unsere Ostraka stammen,
an Pächter vergeben, an die s^eiAYj^OTe? ty;v wvrjv. Ueber die Höhe
der Steuer lässt sich nichts ermitteln, da, wie meist in den Gewerbe-
steuerquittungen, nur angegeben ist, fiir welchen Monat gezahlt worden
ist, nicht aber wie viel. In 1088, wo die Summe einmal genannt
ist (einstweilen unsicher, ob 6 oder 200 Drachmen), ist die Angabe
der Monate nicht erhalten.
§ 64. KXsivsv^.
In 185 und 187 quittirt ein tsXwvyj? zXeLvevc. resp. £T§o(u?)
xXeivsVc. Die Bedeutung des letzten Wortes ist mir völlig rätselhaft.
In dem kürzlich vom Berliner Museum erworbenen Ostrakon P. 8598
quittirt derselbe Pächter demselben Steuerzahler für dasselbe Jahr
den Empfang dieser rätselhaften Abgabe. In 185 wird für den
Hathyr, in P. 8598 für den Pharmuthi und in 187 fär den Pachon
des 5. Jahres des Antoninus Pius quittirt. Aus den beiden letzten
folgt, dass die Steuer für den betreffenden Mann pro Monat 1 Dr.
1 Ob., also für das Jahr 14 Drachmen betrug.
§ 65. TsXog xXwGTYjpLWV (??).
In 1525 (a. 124/3 vor Chr.) schreibt Apollonides, wie es scheint
ein Steuerpächter, an einen gewissen Didymos: Du schuldest mir
^) Dass die in Frage stehenden -xdaaa aus Schafwolle gearbeitet wurden,
geht aus dem oben angeführten Text bei Mahaffy hervor. Ein GerbermeLster
spricht hier von der Bearbeitung der Xü)'.8'.a (der Schaffelle), & xLXXovxsg [....]
"CO. [jj.ev epQS'.a (so möchte ich ergänzen statt Grenfells Xü)i5'.a) xoi^ xaaonotorg,
TO 8^ i'i aO[xc5v 5ep]|jLa-:a 7iapa5i8ojjL£v sig xb ßao!,A['.xöv] xxX. Die Schaffelle
werden also vom Gerber gerupft, und die Wolle wird unseren RauhstoftTabri-
kanten übergeben.
WiLCKEN, Ostraka. 15
226
IV. KAPITEL.
fül' das xeXog des Monats Phaophi 115 zXwaxigpscCa). Das letztere
Wort ist mehrfach corrigirt, ist überdies ohne Abkürzungsstrich
geschrieben , ebenso t£(= ziloq ?) , das ausserdem über der Linie
nachgetragen ist. Ganz ungewöhnlich ist ferner, dass der Pächter
dem Zahler iiotirt, wieviel dieser ihm noch schuldet. Das alles
sind Schwierigkeiten, die bei der Erklärung des Textes zur Vorsicht
mahnen. Wenn die obige Deutung richtig sein sollte, so würden
wir ein liXoc, vor uns haben, das in natura, in xXwaxi^pLa, d. h. in
gesponnenen Fäden, zahlbar war. Doch hier ist alles unsicher.
§ 66. 'H zvacf i7.f|.
Die xvacpei? (oft auch yvacpeig genannt) sind die Tuchwalker,
die im Altertum dadurch eine besondere Rolle spielten, dass sie
nicht nur die neuen Fabrikate walkten etc., sondern auch die Reini-
gung von getragenen Kleidungsstücken und anderen gebrauchten Woll-
stoffen besorgten (vgl. Büchsenschütz, die Hauptstätt. d. Gewerbfleiss.
S. 89). Die zva^i/cV] ist also die von den Tuchwalkern erhobene
Gewerbesteuer. Das einzige Ostrakon, das uns diese Steuer bezeugt
(1487), giebt glücklicherweise über die Höhe derselben Auskunft.
Es heisst da: [exw] — tyjv xvacp:x[y]v toö (jlyjIvo; ''AO-up ^ ß.
Also betrug die Gewerbesteuer der Tuchwalker 2 Drachmen pro
Monat. Die Annahme, dass diese 2 Drachmen hier nur eine Raten-
zahlung bezeichneten, ist unwahrscheinlich.
Bemerkenswert ist, dass die Quittung von einem activen römischen
Soldaten, dem Aurelius Heronianus, aus der Centurie des Hierax,
ausgestellt ist. Dieser sagt: T.(x,pdL aoO elc, Xcyo[v ] ty]V
xva:pixy]v xtX. Wahrscheinlich wird man den Soldaten hier als
den Erheber der Steuer zu fassen haben, denn die Annahme, dass
es sich um eine Privatquittung handele, führt zu unlösbaren Wider-
sprüchen. Hinter Xoyov könnte wohl der Adressat selbst (aou) oder
der Name eines ihm nahestehenden gestanden haben. Vgl. Isr. 1083:
l^ü) Tiapa aoö elq tov "Opou toö <uioö aou> Xcyov, d. h. auf
Rechnung deines Sohnes. Doch ist es mir wahrscheinlicher, dass
hinter Xoyov der Xame des Steuerpächters gestanden, für den der
Soldat hier eintritt. Auf die Verwendung des Militärs bei Ein-
treibung der Steuern werden wir in Kap. VI zurückkommen.
§ 65 — 68.
227
Diese Walkersteuer wird aucli in BGü 337, 23 für das Dorf
SoxvoTiatou Xf^ao? bezeugt.^) Die Priesterschaft erklärt, so und so
viel für die Walker (yvacpsT^) des Dorfes an die Verwaltung des
Epistrategen gezahlt zu haben. Nach einem anderen Text, dessen
PubKcation mir nicht zusteht, ist es wahrscheinlich, dass die Erhebung
dieser so wie der anderen dort aufgeführten Steuern der Priester-
schaft des Soknopaios übertragen war.
§ 67. Tiloc, xop|xwv.
In 1055 wird über den Empfang von t6 ycvojjievov xiXoq %op(xö)V
Tpiwv quittirt. Kop\i6c, bedeutet Klotz, Stamm, Stück vom Stamm.
Im Festzug des Philadelphos erschienen Aethiopen, die 2000 eßevou
xop|XOU€ brachten (Athenae. Y 201 a). Was für ein ziXoq im Ostrakon
vorliegt, lässt sich nicht bestimmen.
§ 68. TTiep xoupswv.
Für Theben belegt durch Nr. 380—382, 1377, 1555 (I. Jahrh.
n. Chr.).
Diese Urkunden, die uns wohl zum ersten Mal über die Gewerbe-
steuer der Barbiere (xoupel^) Aufschluss geben, 2) sind sämmtlich Bank-
quittungen. Darum nennen sie uns auch die gezahlten Summen,
was die Erheberquittungen ^delfach verschweigen. Ferner ist es ein
glücklicher Zufall, dass sie sämmtlich für eine und dieselbe Person
ausgestellt sind, für Hzohq, den Sohn des ^'evsvoö^c?, der zur Zeit
der Kaiser Gaius und Claudius in Theben das Barbiergeschäft betrieb.^)
Nach Nr. 380 zahlte er im Mechir 38 n. Chr. für das Jahr 37/8
3 Drachmen 4 Obolen; nach 381 im Mesore 39 für 38/9 2 Drachmen
1 Obol; nach 382 im Mechir 40 für 39/40 3 Drachmen 4 Obolen.
Hiernach könnte man geneigt sein, die Summe von 3 Drachmen
4 Obolen als Normalsumme zu nehmen; doch bleibt es hiernach noch
unentschieden, ob sie für das Jahr oder für den Monat Geltung hat.
Für die Beziehung auf das Jahr scheint der Text zu sprechen, wenn
^) Für die byzantinische Zeit vgl. Wessely, Denkschr. Wien. Akad. Wiss. 1889
S. 232. Damals stand ein eTiiaxaTr^g als Zunftmeister an der Spitze der Walker
(ebenso der anderen Gewerbe), Vgl. auch ebend. S. 217.
Mommsen erinnert mich an das tonstrininn der lex metalli Vipascensis.
Bruns, fönt.« S. 268.
^) Nach der Charta Borgiana befanden sich in dem faijümischen Dorfe
PtolMnais Hormos im J. 191 n. Chr. mindestens 2 Barbiere. Vgl. III 26, IX 5.
15*
• 228
IV. KAPITEL.
er sagt: bizkp xoupetov ß ^ (= bzuzepou ezoöq) oder ähnlich. Um so
lehrreicher ist es, dass die beiden folgenden Nummern uns zeigen, dass
trotzdem die Zahlung nur auf den betreffenden Monat zu beziehen
ist. Nach 1377 zahlt nämlich derselbe HzoXic, für 41/2 3 Drachmen
3 Obolen, und zwar nachträglich im ersten Monat des folgenden
Jahres, also Aug. Sept. 42. Nach 1555 hat er aber bereits vorher
im März (?) 42 gleichfalls für das Jahr 41/2 3 Drachmen 4 Obolen
gezahlt. Daraus ergiebt sich mit grosser Wahrscheinlichkeit, dass
die Summe nicht auf das Jahr, sondern auf den Monat zu beziehen
ist.^) Die Vergleichung der Texte lehrt zugleich, dass sehr wahr-
scheinlich die Gewerbesteuer der Barbiere damals und an jenem Ort
3 Drachmen 4 Obolen für den Monat, also 44 Drachmen für's Jahr,
betragen hat. Im Allgemeinen vgl. unten § 135.
Sehr wahrscheinlich handelt auch BGU 9 IV 15 — 19 von der
Barbiersteuer. Die Ueberschrift Kopaaie^ muss nach dem Zu-
sammenhang ein Gewerbe bezeichnen. Ich fasse xopaotc, als Hypo-
koristikon von xopawTYjp (Pollux 2, 32) oder xopatDTYj^ (Athenae. XII
p. 520 e), die wieder Synomyma von zoupeu? sind. Dass sich nach
dieser Annahme auch eine Frau (mit dem klassischen Namen
Euterpe) unter den Barbieren von Arsinoe befindet, ist bemerkens-
wert, kann aber die obige Deutung nicht erschüttern. Die gezahlten
Summen sind in dem Papyrus weggebrochen.
§ 69. KuvY](Y£Xixa)v) Bopa(Ta)v).
Für Theben belegt durch Nr. 579, 1247, 1248, aus der Zeit
Hadrians.
In 579 wird quittirt 67i(£p) [Ji£pLa([ioö) xuv^I 5op^, in 1247
für xuvT^ hopf^. In 1248 ist nur zuv"^ hopll erhalten. Der Haken
über Sop in 579 steht gewöhnlich für a. Hält man 8opa und hop^
zusammen, so ist wohl nicht zweifelhaft, dass in beiden Fällen Sopdcxwv
zu lesen ist. Kuv^^ löse ich demgemäss adjektivisch in >cuvY](Y£TtX(jL)v)
auf. Damit sind also Spiesse zum Jagen, Jagdspiesse bezeichnet.
^) Noch vorsichtiger ist, einfach zu constatiren, dass Ptolis für das Jahr
41/2 3,3 -f- 3,4, d. h. 7 Drachmen 1 Obol gezahlt hat, und die Frage offen
zu lassen, ob dies eine Rate ist. Aber die Thatsache, dass die monatsweise Be-
rechnung der Gewerbesteuern in den thebanischen Erheberquittungen uns vielfach
entgegentritt, sowie die häufige Wiederkehr des Satzes von 3 Drachmen 4 Obolen
machen es sehr wahrscheinlich, dass dieser Satz eben die Monatssteuer ist.
§ 68 — 70.
229
Die Abgabe, die die thebanischen Bewohner für diese Jagdspiesse
zu zahlen haben, wird in 579 als [itpia\L6q bezeichnet. Das besagt
nach § 75, dass diese Abgabe kopfsteuerartig in gleichen Katen
verteilt war. Nähere Aufschlüsse über diese merkwürdige Abgabe
erhalten wir durch den nächsten Paragraphen.
§ 70. KuvY]YtB((ov).
Für Theben belegt durch Nr. 468, 479, 1408, 1564, 1565,
alle aus der Zeit des Domitian.
Die Erklärung dieser Texte bietet grosse Schwierigkeiten. In
479 ist das Steuerobjekt x'jvt«> geschrieben. Das Nächstliegende
war, dies in y.i)Vü)(v) aufzulösen und so eine „Hundesteuer" zu con-
struiren. Das ist denn auch in dem „Ausfiihrlichen Verzeichnis
der Aegyptischen Altertümer" S. 388^) geschehen. Auch ich habe
früher an diese Lösung gedacht. Die anderen Texte, die diesem
ganz analog sind, erfordern jedoch eiue andere Lösung. In 468,
1408 und 1565 steht xuvi^ geschrieben, in 1664 xuvYjyiS. Hält
man diese drei Schreibungen neben einander, so ist es wohl nicht
zweifelhaft, dass überall xu^/yjyiBcov zu lesen ist. In dem un-
publicirten Ostrakon Louvre 8531 glaube ich jetzt in meiner Copie
y.uvriyihoc, zu erkennen. 2) Aber was soll das heissen? Die Bedeutung
„Jägerin" ist ausgeschlossen. Durch die Analogie der TwCTajxo^uXaxLSs;,
die in 1408 und dem Louvreostrakon daneben genannt werden, bin
ich auf die Vermutung gekommen, auch hinter xuvYJYtS ein vaö^ zu
suppliren imd darin ein „Jagdschiff" zu erkennen.
Wenn die Unterthanen Beiträge für diese Jagdschiffe ebensogut
wie für die Flusswachtschiffe zu zahlen haben, so werden auch diese
Jagdschiffe im öffentlichen Dienst stehen, mit anderen TVorten, es wird
^) Herausgegeben von der Generalyerwaltung der kgl. Museen zu Berlin, 1894.
Ich lese den Text folgendermassen :
K<(uv)-r,<(Y^-59S >t3cl ii£p'.oji(i)[v]
uoTap,ocpu?.(axi5ü)v) xou ß(?)'- Aop.'.X'.-
avoO xoö xup'GU |JLr](vös) (?) Ilaxwv
^ nixwc IIex£4>a'.xo(g)
5 x(al) [i(exo)x(oi)
1 meine Copie hatte am Anfang Kajir,x'. . . — 2 die Jahreszahl ist corrigirt.
Lesung unsicher. — 4 vor xl^ ist ausgestrichen X* = Xa(paxog). . — 5 ist am
Original zu vervollständigen. Am Schluss scheint dieselbe Subscription zu stehen
wie in 468.
230
IV. KAPITEL.
sich um eine Jagd handelü, die von der Regierung betrieben wird,
und zwar zum Besten der Bevölkerung — denn darin muss der
Rechtstitel für die Erhebung der Abgabe liegen, Halten wir damit
zusammen, dass nach dem vorhergehenden Paragraphen dieselbe Be-
völkerung auch für die Jagdspiesse" Beiträge zu zahlen hatte, so
kommen wir der Frage, was denn das für eine Jagd gewesen sein
mag, schon näher. Ich vermute, dass es sich um die Jagd auf
das gefährliche Nilpferd — vielleicht auch- auf das Krokodil —
handelt. Alte aegyj) tische Bilder, die uns diese Jagd veranschau-
lichen, zeigen, dass sie vom Schiff aus betrieben wurde, und dass
die Hauptwaöe die lange Harpune war. Man vergleiche die
interessante Darstellung aus einem thebanischen -) Grabe des mittleren
Reiches bei Wilkinson „Manners and customs of the ancient Egyp-
tians" 2. Aufl. (Birch) H S. 128.^) Im Wesentlichen übereinstimmend
hiermit beschreibt Diodor I 35, 10 die Jagd folgendermassen :
j/AXiaxsTa: v.od toutc (seil, das Nilpferd) 7ioXu)^ecpi'a twv
xuTTTOVTtov zoZq aihy]polc, £(jl[3oXloc?. "Ottou yap av cpavg, auva-
youacv in auxo TiXoTa u. s.w. Jene aiByjpa IfJißöXia sind mit unseren
zuvr^yeiixd Sopaxa, und jene uXoloc mit unseren x'JvyjyiSei; zu iden-
tificiren. Aber während hier und in den thebanischen Gräbern die
Jäger Privatleute sind, wird die Jagd, auf die unsere Ostraka
hinweisen, nach obiger Deutung von der Regierung ausgeübt: dafür,
dass sie den Nil nach Möglichkeit von diesen gefahrlichen Tieren
säubert, lässt sie sich von der anwohnenden Bevölkerung Beiträge
für die Jagdschiffe und gar für die Harpunen zahlen. Dass auch
die Beiträge für den Oberjagdmeister vielleicht in diesen Kreis
hineingehören, erwähnten wir schon oben (§ 20).
§ 71. TTISp XoLO^pOL^loLQ.
Für Syene-Elephantine belegt durch 3—8, 10—12, 18, 20,
21, 24—26, 29—31, 33, 34, 36—39, 41, 46, 47, 49, 51—65,
68—76, 79, 81, 82, 85, 86, 102—104, 106, 113—119, 121, 123,
^) Die an sich zulässige Deutung auf eine Besteuerung des Privatsportes
wird mir durch die Analogie der TioxajJiocpuXaxiSes unwahrscheinlich.
^) Nach Wilkinson's Angabe finden sich gerade in thebanischen Gräbern
mehrfach solche Jagddarstellungen.
^) Vgl. auch Erman, Aegypten u. aeg. Leb. S. 328. Dies beliebte Sujet
ist auch in dem Mosaik von Palaestrina dargestellt. Vgl. Maspero - Steindorff,
Aeg. Kunstgeschichte 1889 S. 180.
§71. DIE KOPFSTEUER.
231
125, 128—130, 140, 141, 144, 148, 151, 152, 154—156, 158,
160, 165, 167, 168, 176, 182, 183, 188—191, 201, 211, 223,
226, 229, 234, 236, 237, 245, 251, 252, 260, 264, 269, 270,
280, 290, 1269, 1271, 1272, 1322, alle aus der Kaiserzeit.
Für Theben belegt durch 357, 363, 366, 367, 370, 372—374,
383, 384, 387—389, 393, 398, 399, 401, 403, 411, 419, 422,
424, 425, 429, 431, 432, 434, 436—438, 444, 446, 448, 450,
452—454, 457, 460—463, 465, 466, 469, 471, 472, 474,- 475,
477, 480—482, 486, 487, 490, 492, 493, 508, 516, 525, 530,
536, 543, 548, 563, 567, 569, 575, 582, 584, 609, 619, 626,
634, 639, 641, 645, 656, 668, 669, 1052, 1238, 1239, 1242,
1246, 1279, 1283—1285, 1324, 1365, 1366, 1378, 1380, 1384,
1390, 1401, 1402, 1414, 1425, 1441, 1541, 1542, 1549, 1562,
1613, alle aus der Kaiserzeit.
Wilhelm Fröhner hat in seinem bahnbrechenden Aufsatz über
die Ostraka zuerst erkannt, dass mit der Abgabe bizkp Xacypa^ia^
eine Kopfsteuer gemeint ist. Auf Grund des ihm vorliegenden
Materials, das damals noch unbedeutend war, z. T. auch durch
irrige Lesungen verführt, hat er geglaubt nachweisen zu können,
dass die Höhe dieses Kopfgeldes in jedem Jahre nach dem
jedesmaligen Ausfall der Ernte bestimmt sei und daher gewissen
Schwankungen unterlegen habe. Mit ihm haben wir Alle bisher
angenommen, dass die von ihm berechnete Höhe des Kopfgeldes
für ganz Aegypten massgebend gewesen sei. Durch das grosse jetzt
vorliegende Material werden wir die letzten Punkte seiner Deduction
nicht bestätigt finden. Dagegen hat seine Grundaulfassung von dieser
Steuer als einer Kopfsteuer durch das neue Material nur neue Stützen
erhalten. Zumal, wie wir sehen werden, die Bezeichnung der
Kopfsteuer als Xacypa^ia nicht leicht zu erklären ist, möchte ich
gleich hier an der Spitze dieser Untersuchung darauf hinweisen,
dass unabhängig von dem Ostrakonmaterial auch die Papyi'i einen
stricten Beweis dafür erbringen, dass die Xaoypa^La eine Kopfsteuer
ist. In BGU 1, einer Tempelrechnung aus dem Faijüm (vgl. jetzt
BGU 337), etwa um 200 n. Chr. geschrieben, heisst es, nachdem
die Einnahmen des Jahres mit den Worten loiTZod XT^(X[iaTO? SX^^S~|
gebucht sind, folgendermassen (Z. 15): Ap] -/al 5[:a]Ypacf öjieva:
de, Tov x'jp'.axov Xoyov urcsp £7icx£^aALo[u] löv uTiepaLpovitov [eplcov.
Diese etwas dunklen Worte erhalten helles Licht durch den Londoner
232
IV. KAPITEL.
Papyrus CCCXLYII (aus dem J. 201 n. Chr.), in welchem es nach
dem von der Palaeographical Society (Ser. II Taf. 185) publicirten
Facsimile folgendermassen heisst (Z. 5 f.): Aii'^ipof.^oi.y) Tsaevoö^tg
Ilaxuaew^ xod SxoTofjTt^ 'Owtocppew^ xal g: Xoitc(oI) hpelc, Xao-
^p{(x.^lo(.q) [t]ü)v uTiepaipouvTtov (sie) t6v apL^|ji6(v) xwv lepim -0-^
(— 200/1) [T£]TpaxoaLa; £ß5o|JLigxovTa eizzoc — / ^uo^ — . Es
unterliegt für mich keinem Zweifel, dass an beiden Stellen ein und
derselbe Vorgang gemeint ist, nämlich das Zahlen einer Abgabe für
die „überzähligen" (s. unten) Priester an die kaiserliche Kasse. Diese
Abgabe heisst nun im Berolinensis sTCtxecpaXto v, im Lon-
dinensis Xaoypa^La! Das erstere Wort bezeichnet aber das,
was wir eine Kopfsteuer im eigentlichen Sinne nennen, d. h. eine
Abgabe, die Kopf für Kopf in gleicher Höhe erhoben wird (vgl.
Mommsen bei Hirschfeld, RVG 14 A. 2). Damit ist die Bedeutung
des Wortes Xaoypacpca, sofern es eine Steuer bezeichnet, gesichert.
In demselben Jahre, in dem Fröhner aus den Ostraka von
Elephantine eine Kopfsteuer von durchschnittlich etwa 17 Drachmen
pro Kopf nachwies, veröffentlichte Rodbertus seine Studien „zur Ge-
schichte der römischen Tributsteuern seit Augustus", in denen er u. a.
den Versuch machte, durch Combination verschiedener Schriftsteller-
nachrichten die Höhe des Kopfgeldes bei den Aegyptern zu berechnen.^)
Doch das Material war einerseits zu dürftig, andrerseits wurde es
z. T. missverständlich von ihm aufgefasst, und da er auch sonst
von falschen Prämissen ausging, so konnte es nicht anders sein,
als dass sein Resultat, die Aegypter hätten pro Kopf IJ Drachmen
gezahlt, ein völlig verfehltes war. Wir wollen nun an der Hand
des grossen neuen Materials versuchen, die wirkliche Höhe der Kopf-
steuer für Aegypten zu berechnen.
Wir beginnen mit den Ostraka aus Syene- Elephantine.
Während wir sonst bei den Ostraka in der üblen Lage sind, nicht
wissen zu können, ob die quittirte Summe die Gesammthöhe der
jährlichen Abgabe oder aber eine Rate bezeichnet, geben uns die
Schreiber von Syene und Elei^hantine gerade bei der XaoypacpLa die
Möglichkeit, diese Kardinalfrage mit Sicherheit zu beantworten, indem
sie die Schlussrate häufig ausdrücklich als solche bezeichnen. Das
^) Hildebrand's Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik IV 1865,
S. 373 f.
§71. HÖHE DER KOPFSTEUER.
233
geschieht dadurch, dass sie die vorläufigen Raten gern mit £7:1 ^oyou
einführen, die Schlussraten aber mit Wendungen wie xal zäq XotTra^
TOö auTOÖ zzouq Spayjia; oder ähnlich eben als Restzahlungen
charakterisiren. Wir stehen hier also auf ganz festem Boden.
Folgende Resultate ergeben sich demnach aus den Ostraka:
1. Von Augustus an, oder sagen wir vorsichtiger, da für Augustus'
Zeit hier zufallig keine Belege sind, von Tiberius an bis mindes-
tens zum J. 92^3 (spätestens 95/6) betrug das Kopfgeld in
Syene-Elephantine 16 Drachmen. Man vergleiche die Nummern
3 — 39 der obigen Tabelle, dazu 1322. Wohl wird hier meistens die
Summe nur mit 16 Drachmen angegeben, ohne uns eine Gewissheit zu
verschaffen, dass dies wu'klich die jährliche Höhe sei. Nr. 25 nimmt
uns aber allen Zweifel (von J. 73/4), in der erst £Tt:1 Xoyou 8 Drachmen
quittirt werden, und darauf die zweite Rate von ^deder 8 Drachmen
bezeichnet wu-d als .,Td; ap^upicj Spayjia^ oxtcl)". Durch den
Artikel wird die Summe als der noch ausstehende Rest bezeichnet.
Sehen wir nun, dass in den anderen Fällen auch meist 16 Drachmen
bezahlt werden, auf einmal oder in Raten wie 15-|-1 (33) oder
12 -|- 4 (39) oder in den beliebten Halbraten (3 und 4), so unterliegt
es keinem Zweifel, dass 16 Drachmen damals die Jahressumme war.
2. Von mindestens 96/7 (frühestens 93/4) bis mindes-
tens 112/3 (spätestens 113/4) betrug das Kopfgeld in Syene-
Elepantine 17 Drachmen.
Man vergleiche die Nummern 46 — 86 der obigen Tabelle, dazu
1269- Dass in diesem Zeitraum die Jahreshöhe wirklich 17 Drachmen
betrug, erhellt aus folgenden Fällen. In 53 wird von den Raten
4- |-4-|-7-[-2 die letzte 2 bezeichnet als xd? XoiTca?. Ebenso wird
in 81, wo 8-j-8-|-l gezahlt werden, die letzte Drachme als xf^v
XoiTiTjV bezeichnet. Vgl. auch 56 mit 57. Im Uebrigen findet sich
niemals eine höhere Summe als 17, sondern meistens 17 selbst oder
Raten wie 8 + 9, 8 + 8+1, 8 + 4+5, 12 + 5.
3. Von mindestens 114/5 (frühestens 113/4) bis mindes-
tens 170/1 betrug das Kopfgeld in Svene-Elephantine
17 Drachmen und 1 Obol, resp. 17 Dr. ^ Obol + Seajxoö
i Obol. Vgl. 102—264 der obigen Tabelle, dazu 1271, 1272. Wenn
wir hier auch zufallig keinen directen Beweis wie oben haben, so
unterliegt es doch angesichts der überwiegenden Mehrzahl der Fälle,
in denen gerade diese Summe genannt wird, und der Thatsache,
234
IV. KAPITEL.
dass wohl kleinere, aber niemals grössere Summen erscheinen, keinem
Zweifel, dass diese Summe eben der . Jahresbetrag gewesen ist. Wir
haben diese Periode nur deshalb mit dem Jahre 170/1 begrenzt, w^eil
in unserer Sammlung kein späteres Beispiel dieser oder einer höheren
Summe vorliegt. lieber 198/9 (Nr. 280) gehen hier zufällig unsere
Ostraka nicht hinaus.
Für alle drei Perioden gilt, dass innerhalb derselben alle Kopf-
steuerpflichtigen von Syene - Elephantine dieselbe Summe zahlten.
Man braucht nur die citirten Nummern zu vergleichen, um dies
bestätigt zu finden. "Wir sind somit in der glücklichen Lage, für
die Gemeinden Syene -Elephantine durch die beiden ersten Jahr-
hunderte unserer Zeitrechnung hindurch die Höhe der Kopfsteuer
mit Sicherheit constatiren zu können.
Nach allem, was wir uns bisher von der Kopfsteuer vorstellten,
würde man versucht sein, dieses Resultat auf ganz Aegypten auszu-
dehnen. Es ist eine der überraschendsten Lehren, die wir den
Ostraka entnehmen dürfen, dass, was für Syene-Elephantine gilt, nicht
auch für ganz Aegypten gilt, sondern dass für eine jede Gemeinde
die Höhe der Kopfsteuer besonders und in verschiedener
Höhe bestimmt war. Zu diesem Resultat kommen wir, wenn
wir die thebanischen Quittungen mit denen aus Syene-Elephan-
tine vergleichen. Die Angaben jener lassen sich in keiner Weise
mit diesen vereinigen. Ja, wur werden zu unserer Ueberraschung
sehen, dass sogar die verschiedenen kleinen Ortschaften,
die in der Kaiserzeit auf dem Boden des alten Theben
lagen, Kopfsteuern von verschiedener Höhe hatten. Anfangs
glaubte ich, aus dem Wirrwarr der widersprechendsten Summen,
die die thebanischen Quittungen zeigen, überhaupt keine festen Sätze
abstrahiren zu können. Zur Klarheit kam ich erst, als ich durch
die Abweichung von den elephantinischen Summen auf das lokale
Moment aufmerksam gemacht, die Summen nach den einzelnen Ort-
schaften gruppirte. Da ergab sich das Resultat, dass auch hier
für die einzelnen Gemeinden feste, für alle Bewohner gleiche Kopf-
steuersumraen anzunehmen sind, dass aber die Höhe in den ver-
schiedenen Gemeinden eine verschiedene ist oder doch sein kann.
Die Untersuchung wird bei den thebanischen Quittungen dadurch
sehr erschwert, dass die Schreiber hier niemals eine Schluss-
zahlung als solche charakterisiren , sodass wir zunächst nie wissen
§71. HÖHE DER KOPFSTEUER.
235
können, ob die quittirte Summe eine Rate oder den ganzen Jahres-
betrag darstellt. Wir können hier nicht anders operiren, als dass wir
diejenige höchste Summe, die sich für einen Ort bei verschiedenen
Individuen besonders häufig nachweisen lässt, als den Jahresbetrag
annehmen. Wir müssen uns allerdings dabei sagen, dass dieser Schluss
zwar äusserst wahrscheinlich ist, ein stricter Beweis aber nicht erbracht
werden kann. — Die Untersuchung wird ferner dadurch erschwert,
dass es in den ersten Decennien der Kaiserzeit nicht Sitte war, die
spezielle Ortschaft namhaft zu machen. Erst vom Jahre 42/3 n. Chr.
an findet sich die Erwähnung des Lokals hin und wieder, regelmässig
begegnet sie erst von 61/2 an (Nr. 411). Lassen wir die Ostraka
ohne Ortsnamen als für unsere Frage nicht beweiskräftig bei Seite,
so lassen sich aus der übrigen Masse folgende Gruppen herausschälen:
1. Die Quittungen des Ortes Xapa^ nennen fast regelmässig die
Summe von 10 Drachmen. Vgl. 411, 424, 436, 453, 462, 469,
474, 475, 481, 482, 486, 487, 492. Nur ein einziges Mal (457)
findet sich eine Teilzahlung von 7-J -[- 2^ Drachmen. Zumal auch
hier die Summe 10 ist, möchte ich es für mehr als wahrscheinlich
halten, dass die Kopfsteuer in Charax eben 10 Drachmen jährlich
betragen hat. Vom Jahre 113 '4 an haben wir für Charax nur
Erheberquittungen, in denen es Sitte ist, die Xaoypa^ta mit dem
ßaXavcxov ohne Spezificirung zusammenzuaddiren, sodass wir nicht
ohne Weiteres das Einzelne erkennen können. Es scheint aber,
dass damals auch eine materielle Veränderung eingetreten ist, denn
die Summe der beiden Abgaben, die bis dahin 11 Drachmen 1^ Obolen
ergab, wovon 10 Drachmen auf die Xaoypa^ca, 1 Drachme 1^ Obolen
auf das ßaXavcxov fielen, beträgt von jetzt an regelmässig 12 Drachmen,
also 4^ Obolen mehr (vgl. Nr. 5085".).^) Es ist für uns zunächst
nicht auszumachen, ob diese 4^ Obolen auf die Xaoypa^La oder auf
das ßaXav'.xov oder auf beide zu verteilen sind. Jedenfalls müssen
wir es bis auf Weiteres als möglich bezeichnen, dass im J. 113/4
in Charax eine Erhöhung der Kopfsteuer um einige Obolen statt-
gefunden hat. Hierbei erinnern wir uns, dass auch in Syene-
Elephantine im J. 113/4 oder 114/5 eine Erhöhung des Kopfgeldes
um 1^ OboL nachweisbar war. Es könnte nahe liegen, diese beiden
Es ist offenbar ein Versehen, wenn in Nr. 1242 für die Xacypacpia
allein 12 Drachmen gebucht werden. Da ist die Erwähnung des ßaXav.xöv
ausgelassen.
236
IV. KAPITEL.
Erscheinungen mit einander in Verbindung zu bringen. Doch sei
darauf hingewiesen, dass Anfangs der 90er Jahre in Charax nicht
wie in Syene-Elephantine eine Erhöhung statt gefunden hat. Eine
Erhöhung in dem einen Ort hat also nicht notwendig eine Erhöhung
in den anderen Orten zur Folge.
2. Für die Ortschaft Memnonia sind uns überhaupt nur vier
Quittungen über Kopfgeld überliefert. In 1378 (a. 42/3) wird über
16 Drachmen quittirt, in 366 (a. 51/2) über 8 Drachmen, in 1623
(a. 63) über mindestens 44-4 + 4 und in 1613 (a. 108/9) über
4-|-8-j-4. Wir können hiernach nur sagen, dass das Kopfgeld
in den Memnonia in dieser Zeit mindestens 16 Drachmen, vielleicht
gerade 16 Drachmen betragen hat.
3. Aus Ophi liegen uns für die ältere Zeit nur zwei Quittungen
vor: in 446 (a. 77/8) wird über 10 Drachmen, in 454 (a. 81/2) über
7^ -|- 2-J (= 10) Drachmen quittirt. Wollen wir hiernach für diese
Zeit die Kopfsteuer von Ophi auf 10 Drachmen jährlich ansetzen,
so müssen wir für die spätere Zeit, von mindestens 133/4 an, eine
Erhöhung von 4 Obolen annehmen. Diese Summe wird nämlich für
Ophi bezeugt durch 563 (a. 133/4), 575 (a. 135/6), 609 (a. 141/2).
Es würde also auch für Ophi wie für Syene, Elephantine und Charax
eine Erhöhung des Kopfgeldes am Anfang des II. Jahrhunderts
anzunehmen sein.
4. Aus dem Orte 'Ayopa ßo(a)v) liegt eine Quittung aus dem
J. 68/9 vor, die 10 Drachmen nennt. In 1425 dagegen, aus dem J. 130/1
werden für Xaoypa^La und j3aXavcx6v zusammen 12 Drachmen gezahlt.
Es scheint hier also dasselbe Verhältnis wie in Charax vorzuliegen
(s. oben).
5. Für dieKepajieia werden in den beiden Nummern, die uns
aus diesem Ort erhalten sind, je 5 Drachmen 2 Obolen genannt
(vgl. 639 vom J, 148/9 und das nicht publicirte Ostrakon Brit.
Mus. 12696 vom J. 128/9). Es liegt nahe, daran zu erinnern,
dass in Ophi zur selben Zeit 10 Drachmen 4 Obolen, also das Doppelte
gefordert wurde, und daraus den Schluss zu ziehen, dass wir in jenen
Quittungen aus Kerameia Halbratenzahlungen vor uns haben. Doch
muss weiteres Material abgew^artet werden.
6. Für die Ortschaft Noto^ xalAi^» liegt uns eine ansehnliche
Zahl von Quittungen vor, in denen meist über viele kleine Raten
quittirt wird. Wiewohl auch hier nirgends die Schlussraten als
§71. DIE KOPFSTEUER IN THEBEN.
237
solche charakterisirt werden, glaube ich doch mit Sicherheit annehmen
zu dürfen , dass die Kopfsteuer dieses Ortes 24 Drachmen betragen
hat. Denn dies ist die höchste Summe, auf die in vielen Fällen
die einzelnen Raten sich addiren lassen. Die Untersuchung wird
dadurch erschwert, dass diese Quittuhgen von Noxo^ xal Alf\i in
sofern vielfach ungenau abgefasst sind, als die Schreiber, die die
Raten in ein und derselben Urkunde häuften, es gelegentlich ver-
säumten, das Eintreten einer neuen Abgabe besonders hervorzuheben.
Um hier nicht zu sehr in's Detail zu gehen, will ich nur erwähnen,
dass nach Vergleichung der Texte die am Schluss vielfach für
einen der ersten Monate des neuen Jahres genannten Raten ohne
Zweifel sich auf das )(ü)(xaTCx6v beziehen, auch wenn dies nicht
besonders gesagt ist. Man vergleiche z. B. Nr. 429, wo das )(<»>
correct genannt ist, mit 434, wo ohne Zweifel hinter ©w-ö" x-ö- ein
zu ergänzen ist, ebenso 438, wo es hinter ^aw^c 5 ergänzt
werden muss u. s. w. Mit Berücksichtigung dieser Besonderheiten
ergiebt sich für die Kopfsteuer durch Addirung der Raten die
Summe von 24 Drachmen in folgenden Fällen: 419, 431, 434, 438,
444 (12 + 8 + 3 Dr. + 2 + 4 Ob.), 448, 450, 452, 461,465,472.
Diese Beispiele erstrecken sich vom J. 66/7 bis 86/7. In zahlreichen
anderen Fällen sind kleinere Summen genannt, die als Raten auf-
zufassen sind.
Dies Resultat, dass man in NoTOU xal Ai^ pro Kopf und pro
Jahr 24 Drachmen zahlte, ist in einer Hinsicht von grösster Wichtig-
keit. Von den oben unter 1 — 5 nachgewiesenen Summen könnte
man, da sie sämmtlich kleiner sind als die gleichzeitigen Summen
in Syene-Elephantine, behaupten, sie seien nur als Raten aufzufassen,
und man habe in Theben eben so viel gezahlt wie am Katarakt.
Diese Einwendung wird gegenüber der Ortschaft Noxo? xal AccJ»
hinföllig, denn von ihr ist es über allen Zweifel erhaben, dass
sie eine höhere Kopfsteuer als Syene zahlen musste. Damit ist auf
alle Fälle unsere alte vorgefasste Meinung von der Gleichheit der
Kopfsteuer innerhalb des ganzen Landes widerlegt.
7. Endlich habe ich auf Nr. 477, 493, 668, 669 hinzuweisen.
Diese Nummern gehören dem Schema nach eng zusammen, und wir
haben schon im Kap. III (S. 96) daraufhingewiesen, dass die Besonder-
heiten des Schemas darauf schliessen lassen, dass sie alle einem
und demselben Lokal angehören. Wenn wir nun sehen, dass die
238
IV. KAPITEL.
Xaoypa^La in diesen formell so gleichartigen Urkunden regelmässig
8 Drachmen beträgt, so dürfen wir es wohl als wahrscheinlich hin-
stellen, dass in diesem uns zunächst noch unbekannten Orte die
Kopfsteuer pro Jahr wirklich auf 8 Drachmen normirt gewesen ist.
8. Es erübrigt noch, ein Wort über diejenigen Quittungen zu
sagen, in denen der Ort nicht genannt ist. Das sind namentlich, mit
wenigen Ausnahmen, die Nummern 357 — 403, von der Zeit des
Augustus bis in die Zeit des Claudius. Irgend etwas Sicheres über
die Zugehörigkeit dieser Quittungen lässt sich nicht ausmachen;
man könnte höchstens sagen, dass die grosse Mehrzahl dieser Urkunden,
in denen 10 Drachmen genannt werden, wohl nach Charax oder Ophi
gehören, denn nach Analogie von Syene-Elephantine dürfen wir an-
nehmen, dass auch hier in den thebanischen Ortschaften die Kopf-
steuer nicht allzugrossen Schwankungen unterlegen haben wird. Doch
können wir hier einstweilen zu festen Ergebnissen nicht kommen.
Stellen wir unsere Resultate zusammen, so ergeben sich für die
Kopfsteuer folgende Sätze pro Jahr und pro Kopf:
Syene-Elephantine . . 16 Dr., dann 17 Dr., dann 17 Dr. 1 Ob.
Charax 10 Dr. Von 113/4 an etwas mehr.
Ophi 10 Dr. Später 10 Dr. 4 Ob.
'Ayopd ßo(a)v) .... 10 Dr.
KepaixeTa 10 Dr. 4 Ob.
Memnonia 16 Dr.
NoTos zal A''^ ... 24 Dr.
In einem noch nicht publicirten Papyrus, der wohl aus dem
Faijüm stammte, las ich die Worte XaoYp(a^ou{i£VoO dva^[i. Danach
betrug an dem betreffenden Orte die Kopfsteuer 40 Drachmen pro Kopf
So klar die Thatsache der verschiedenen Besteuerung der
Communen vor uns liegt, so unklar bleibt mir der Ursprung dieser
Verschiedenartigkeit. ^) Betrachten wir nun gegenüber diesen neuen
Thatsachen die einzige Klassikerstelle, aus der wir bis auf Fröhner's
Arbeit die Kopfsteuer für Aegypten erschlossen hatten. Es ist Joseph,
b. i. II §385: (y) AXyunzoq) iztvzyiv^ovzoL npoc, zodq kTzzaxoaiaic, ey^omcx,
[AupcdSa? dv'ö'pwTiwv St^a twv 'AXs^dvSpetav xaiocxouvTcov, (hq eveaicv
Mommsen vermutet, dass die ursprünglich für alle Communen gleiche
Summe je nach dem Wohl verhalten der einzelnen Ortschaften allmählich modi-
ficirt worden sei.
§71. JOSEPHUS' ZEUGNIS ÜBER DIE KOPFSTEUER. 239
£x zfic, Vwa^' kvAavT^y x£-^aXf;V ei^^opa; T£X{JL7^paa^ai. Josephus
stützt also seine Angabe über die Bevölkerungszahl durch den
Hinweis auf die Kopfsteuer. Wenn letztere ihm geradezu als
Beweis gilt, so geht er offenbar von der Annahme aus, dass diese
Steuer von Allen in gleicher Höhe erhoben wurde, denn nur dann
kann durch einfache Division die Bevölkerungszahl sich ergeben.
Aus dieser Josephusstelle hat man bisher geschlossen, dass die Kopf-
steuer in Aegypten auf alle Unterthanen in gleicher Höhe verteilt
gewesen sei. Unsere Ostraka lehren jetzt, dass diese Annahme falsch
ist. Was ergiebt sich daraus für Josephus? Beloch hat in seiner
„Bevölkerung der griechisch-römischen Welt" (S. 258) mit Recht
hervorgehoben, dass Josephus in seiner Quelle wohl nur den Ertrag
der Kopfsteuer angegeben fand, nicht aber eine directe Angabe
über die Zahl der Bevölkerung. Er fährt fort: „Und bei der
notorischen Unzuverlässigkeit des Josephus in statistischen Dingen
muss es sehr zweifelhaft erscheinen, ob er die Berechnung der Volks-
zahl nach dem Steuerertrage nach richtiger Methode ausgeführt hat.
Diese Angabe ist also nur mit grosser Vorsicht zu benutzen."
Die Skepsis Belochs hat sich hier glänzend bewährt. Wir können
auf Grund der obigen Resultate jetzt mit Sicherheit behaupten:
Josephus hat eine falsche Methode bei der Berechnung befolgt, da
durch eine einfache Division die Kopfzahl nicht gefunden werden
konnte. Der unten gegebene Xachweis, dass nicht nur die Personen
unter 14 (resp. 12) und über 65 Jahren, sondern auch gewisse Klassen,
die nicht zu den 'AXe^avSpcI^ gehörten, von dieser Kopfsteuer frei
waren, zeigt gleichfalls die Unzulänglichkeit dieser Methode. Folglich
hat die von ihm berechnete Summe von 1^ Millionen Einwohnern
(ausser den Alexandrinern) absolut keinen Anspruch auf Glaub-
würdigkeit. Sein Zeugnis über die Bevölkerungszahl ist für uns
also völlig wertlos. Vgl. unten Kap. V.
Dass innerhalb der einzelnen Communen alle Steuerpflichtigen
dieselbe Summe zahlten, geht, wie schon bemerkt, aus unseren Ostraka
hervor. Doch geben sie uns keinen Aufschluss darüber, wer
denn steuerpflichtig war, resp. wer frei von dieser Abgabe war.
Glücklicherweise haben wir von anderer Seite Nachrichten oder
wenigstens Andeutungen darüber. Wir werden für Aegj^ten wie fiir
die anderen Länder des Altertums anzunehmen haben, dass von dieser
Kopfsteuer, die nach griechisch-römischer Auffassung als etwas
240
IV. KAPITEL.
Schimpfliches galt, nur die unterworfene Bevölkerung des Landes
betroffen war. Wurde doch durch die Kopfsteuer nach der Auffassung
des Altertums die Person, der Kopf als Steuerobject herangezogen, wie
durch die Grundsteuer der Grund und Boden, und wie man durch
Zahlung der Grundsteuer sich die Erlaubnis erwarb, Grund und Boden
zu haben, so erkaufte man sich durch die Kopfsteuer das Recht, seinen
Kopf zu tragen, der eigentlich dem König gehörte.^) Danach kämen
hier also die eingeborenen Aegypter in Betracht, und ausser ihnen
dürfen wir wohl eine gewisse Schicht von nicht privilegirten, nicht mit
dem alexandrinischen Bürgerrecht beschenkten Griechen hinzufügen,
die in der X^P^ lebend, z. T. auch durch verwandtschaftliche Ver-
bindungen, sich mit den Aegyptern allmählich verschmolzen hatten.
Zu dieser Annahme passt es, dass fast ausnahmslos die Zahler der
Kopfsteuer in unseren Ostraka ächt aegyptische Namen tragen. Ich
habe nur in Theben zwei Ausnahmen gefunden: in 399 zahlt ein
'Avt^^lXo? 'Avtl^cXou und in 634 ein 0£(i)v Baaaou. Doch bei dem
völligen Ineinandergehen der aegyptischen und griechischen, eventuell
auch römischen Eigennamen in der Kaiserzeit bieten uns diese
Namen allein keine Gewähr dafür, dass wir es wirklich hier mit
reinen Griechen zu thun hätten. Sollte es aber der Fall sein, so
würden sie eben zu jener niederen griechisch-aegyptischen Bevölkerung
gehören. Diese allgemeinen Betrachtungen fand ich nachträglich
durch ein Ostrakon des Herrn Flinders Petrie (Nr. 1438) bestätigt,
nach dem der Grossvater jenes Theon einen aegyptischen Namen
trug (WevoaTp:^). Hier haben wir ein interessantes Beispiel für
die Mischung der Namen: der Grossvater führt einen aegyptischen
Namen, der Vater einen römischen (Bassus), der Zahler selbst einen
griechischen (Theon).
Wir werden uns hiernach folgende Klassen als ausgeschlossen
und befreit von dieser Steuer zu denken haben:
1. Die in Aegypten lebenden Römer.
2. Die Alexandriner und alle Griechen und Aegypter, die
alexandrinisches Bürgerrecht hatten. Das ergiebt sich aus der ge-
sammten Stellung der Alexandriner, und wird ausserdem in der oben
^) Diese Vorstellung kommt zum Ausdruck z. B. bei Josephus ant. XII § 142 :
(üv bnkp zftZ xscpaX-^g xsXouatv. Vgl. auch Dio Gass. LXII 3: y.£cpa?.a$ uuoxsXsii;
uspicpeps'.v.
§71. BEFREIUNG VON DER KOPFSTEUER.
241
behandelten Josephusstelle sowie im III. Makkab. 2, 30 (s. unten)
vorausgesetzt. ^)
3. Ich habe schon in Hermes XXVIII 248 f. darauf hingewiesen,
dass es ausserdem wohl auch noch andere privilegirte Klassen gegeben
habe, so z. B. die zaiotxoi. Für letztere kann angeführt werden,
dass in den dTioypa^at der xaxotxot der Zusatz Xaoypacpouixevos,
d. h. kopfsteuerpflichtig, regelmässig fehlt. In BGU 562, 15 tf.
scheint der Fall vorzuliegen, dass ein uibc, y.OLXoiy.ou irrtümlich zur
Kopfsteuer herangezogen war (elc, Xaoypa^tav av£LX7j[jL[X£VoO- Es
fand darauf nach Meldung des Königlichen Schreibers eine i^izaaiQ
statt, wobei Beweismaterialien (änotei^eiq) für sein Katökentum von
ihm vorgelegt wurden. Daraufhin entschied dann die Behörde, aw^^etv
xa TZpöq zobq xaTOtx(ou5) Stxata. Unter diesen Gerechtsamen der
Katöken wird man nach dem Zusammenhang im Besonderen an
die Befreiung von der Kopfsteuer zu denken haben. 2)
4. Eine wichtige Frage, auf die ich a. a. O. noch nicht ein-
ging, ist die, ob die aegyptischen Priesterschaften zu dieser Abgabe
herangezogen wurden.^) Darüber geben uns jetzt die beiden Texte
in Berlin und London Aufschluss, auf die ich im Eingang dieses
Paragraphen hingewiesen habe. Danach zahlten die Priesterschaflen
eines aegyptischen Tempels ÖTiep Xaoypacpca^ resp. iTitxe^aXtoi)
für diejenigen Priester, „welche die Zahl der Priester überschritten"
(ÖTtepaipoviei^). Es war also einem jeden Tempel nur eine be-
stimmte Anzahl von Priestern zu halten erlaubt. Diese, ich
^) Es war ein schwerer Eingriff in die alexandrinischen Privilegien, als
Vespasian im J. 70 im Zorn über die spottlustigen Alexandriner den Befehl
gab, es solle ihnen eine Kopfsteuer auferlegt werden. Vgl. Dio Gass. LXVI 8, 5 :
xeXeuaa'. p,ev %al xoug ößoXoug %ax' ävSpa slgTTpaxO-f/vai. Der Befehl wurde
übrigens dank dem Dazwischentreten des Titus nicht ausgeführt. Es handelt
sich hier um eine für Alexandrien ganz neue Steuer. Dem vorhergehenden
§5 ößoXoi)? Tcpo^a'.xstg wird ein Sprichwort zu Grunde liegen.
2) Vgl. jetzt den Aufsatz von P. Meyer (Philolog. LVI N. F. X 2. S. 193 ff.),
der mir erst während der Correctur zuging.
Nach Joseph, ant. XII § 142 waren in Jerusalem zur Zeit Antiochos'
des Grossen die y^P^'^'^ia xcd ci Ispstg xal ol yp(x.\L\icf.xelQ xoö lepoö xal ol
tepoc|;dXxat, kopfsteuerpflichtig und wurden erst durch ihn davon befreit. —
Marquardt PtStV 11^ S. 198, Anm. 1 irrt, wenn er auch in den Worten des
Josephus ant. XII 155 „xal ouvaO-poi^ovxsg x6 npcc,xs.zce.y\ii^o^ xecpccXaiov xotg
ßao'.XeOaiv exsA-ouv" einen Beleg für die Kopfsteuer bei den Juden findet.
KecpdXatov heisst Capital, Summe. Die Kopfsteuer aber heisst sii'.y.scpdXa'.ov.
WiLCKEN, Ostraka. 16
242
IV. KAPITEL.
möchte sagen, etatsmässigen Priester waren nach den citirten
Texten offenbar frei von der Kopfsteuer. Dagegen mussten die
„überzähligen" Priester, die vielleicht durch besondere kaiserliche
Gnade zu halten den Tempeln erlaubt werden musste, wie jeder
gewöhnliche Unterthan das Kopfgeld zahlen, und wir dürfen
wohl weiter annehmen, dass sie auch sonst an den finanziellen
Privilegien der ordentlichen Priester keinen Anteil hatten. AVir
gewinnen so einen ganz neuen Einblick in die Behandlung der
Priesterschaften seitens der Regierung. Durch die gesetzmässige
Begrenzung der Priesterstellen sollte offenbar dem allzu grossen An-
drang zu den durch ihre Privilegien äusserst verlockenden Posten
ein Riegel vorgeschoben werden. Mit anderen Worten, die Staats-
kasse sollte durch allzu grosse Ausdehnung der axeXeLa nicht zu
sehr geschädigt werden. In unseren Ostraka wird diese Frage nur
einmal gestreift: in 1365 zahlt ein K(x,öZo(<:p6po<;) Kopfsteuer. Da
die Pastophoren zu den niederen Priesterklassen gehörten, so wird
man daraus schliessen müssen, dass diese nicht von der Kopfsteuer
befreit waren. Das ist mir wahrscheinlicher als in diesem Falle
anzunehmen, dass der Zahler zu den „Ueberzähligen" gehört habe.
Auch für die Frage, welche Altersstufen dieser Steuer unter-
worfen waren, müssen wir uns von den Ostraka zu den sonstigen
Quellen wenden. Ich kann zur Zeit nichts anderes darüber bei-
bringen als was ich schon im Hermes XXVIII S. 248 aufgestellt
habe, dass nämlich wahrscheinlich in Aegypten dieselben Bestim-
mungen gegolten haben, die uns für Syrien durch Ulpian (Dig. 50, 15,3)
überliefert sind.-) Danach wären auch in Aegypten die Männer
vom 14., die Frauen vom 12. Jahre an, beide bis zum 65. Jahre
kopfsteuerpflichtig gewesen. Es lässt sich hierfür bis jetzt nur an-
führen, dass das ziemlich umfangreiche Material an Censuseingaben
(xax' olySav aTiGypacpac) dieser Annahme in keinem Punkte wider-
spricht. Ja, Einzelnes kann als besonders übereinstimmend damit
^) Einen ähnlichen Unterschied zwischen ordentlichen und überzähligen"
Mitgliedern finden wir bei den Katsherren griechischer Gemeinden. Ich erinnere
an Plinius ep, ad Trai. CXII: ii quos indulgentia tua quibusdam civitatihus
super legitimum numerum adicere 2)erniisü et singula milia denariorum
et hina inlulerunt. Hier zahlen die Ueberzähligen ein Eintrittsgeld (pro introitu).
2) Viereck, Philolog. LH (N. F. VI) S. 244 f. (vgl. Anm. 27) hat diese
Vermutung acceptirt. Marquardt StV 11=^ 200 denkt irrig an eine Gewerbesteuer.
§71. DIE KOPFSTEUER.
243
hervorgehoben werden, so jener 76jährige Hausbesitzer, der in BGU
95,13 sich ausdrücklieh als a,TzoXBAu\ihoc, zf^c, lixo^fpoc^iocq bezeichnet.
Im Uebrigen verweise ich auf Hermes a. a. O.
Betreffs der Zahlung dieser Steuer erfahren wir eine merk-
würdige Einzelheit aus dem Berliner I*ap}Tus P. 7097. In dieser
Eingabe eines Ivo'.xo^ zu der xax' oiVwiav OLTZoypOL^pr^ des Jahres
173/4 n. Chr. heisst es Z. 15: Ilapwv he 6 7zpoye^(p{(x\L\Liyoz)
aTa'9'(pLoöyoG?) ['I]aLO(i)p[og] IvYuaTa: f^{Ji[ac] tü3[v] eTrr/vS'^aXcwv.
Der Hauseigentümer bürgt also dafür, dass seine Mieter ihre Kopf-
steuern zahlen. Ich möchte auch hier wie oben in dem iTTtxe^aXtov
unsere Abgabe bizep Xoioyp(x,zio:q erkennen. Auf die grosse Wichtig-
keit dieses Passus für die Bedeutung der xax' oixiav azoypa^at
werde ich in Kapitel V einzugehen haben. Auch eine dunkle Stelle
in BGU 350, 9 erhält hierdurch Licht. Der Verkäufer eines Hauses
garantirt wie üblich dem Käufer ßsjjaLwa:? octzo T£ Sr^ixoai'wv xal
£'.5iOTLXü)V 7:avTü)V, erklärt darauf aber die 5r^[iGaLa genauer mit
ÖC7CÖ [A£V Xaoypa^LWV Tiaawv a-ö twv [Lücke von ca. 30 Buch-
staben £]o? (=£(!)(;) £T£pou :xov'.a[xoö xax' oixtav aTioYpa^f^?. Vgl.
CPR 206 I 12: octzo XaoYpa^iag xöv £v auxolq ^avr^aofiEVwv öltzo-
[y'\e'XpoL^^ai Ji£XP^ 'i'zepocc, dTroypa^fj? £LXOVtapioö. Der Verkäufer
übernimmt also noch bis zum nächsten Census die Bürgschaft für
die Kopfsteuerzahlung der im letzten Census aus diesem Hause Ein-
geschriebenen. Letztere sind nicht nur der Verkäufer und seine
Familie, sondern auch die IvoLXOi. Die Kopfsteuer Jenes kann den
neuen Eigentümer des Hauses natürlich nicht tangiren, wohl aber,
nach Obigem, die der Ivoixoi. Anders P. Meyer a. a. O. S. 199.
Nachdem w die sachliche Bedeutung der Kopfsteuer zu fassen
versucht haben, müssen wir noch ein Wort zu ihrer Bezeichnung
als XaoYpatpia sagen. Dass „Kopfsteuer" nicht die ursprüngliche
Bedeutung dieses Wortes ist, liegt auf der Hand. Aaoypa^ia
kann nichts anderes bedeuten als die Aufzeichnung des Xao?, des
Volkes. Dass solche Volkszählungen stattfanden, war von jeher
bekannt. Dass sie in der Kaiserzeit in 14jährigen Perioden erneuert
wurden, ward gleichzeitig von Kenyon, Viereck und mir nachgewiesen.
Wir werden in Kap. V auf die zu diesem Zweck alle 14 Jahre her-
gestellten xax' OLXiav dTicypacpai genauer einzugehen haben. Diese
periodische Volkszählung wurde offenbar als Xaoypa^ia bezeichnet, denn
wir sehen, dass diejenigen Beamten, die speziell mit der Entgegennahme
244
IV. KAPITEL.
und Weiterbeförderung der Einzeleingaben betraut waren, Xacypa^oc,
d. h. „Volkszähler" genannt wurden (vgl. Hermes XXVIII S. 247).
Es liegt nun auf der Hand, dass die Xaoypa^ia der Ostraka von
dieser Art von Xaoypaqjca verschieden ist. In den Ostraka kann
nur von einer bestimmten Steuerart die Rede sein, wie schon der
Wechsel mit STCixecpaXtov über allen Zweifel erhebt. Wie erklärt sich
nun der Ausdruck? Ich habe im Hermes a. a. O. S. 251 die Ver-
mutung ausgesprochen, vielleicht habe die Regierung den Ertrag dieser
Kopfsteuer dafür verwendet, um die gewiss nicht unerheblichen
Unkosten, die die periodischen Volkszählungen verursachten, zu
decken, und daher habe man diese Kopfsteuer uTzkp XtXQ^poc^flocq,
wie unsere Quittungen sagen, gezahlt. Nach dieser Erklärung würde
die Laographie- Abgabe einrücken in die Reihe der zahlreichen
Steuern, die zur Befriedigung eines bestimmten Zweckes erhoben
wurden, wie die ÖTuep Sicopuytov, )(0)[JiaTa)v u. s. w. Ich halte diese
Erklärung nicht mehr für richtig, denn unter dieser Voraussetzung
wäre notwendig zu erwarten, dass die Xaoypacpta, für die man zahlt,
nicht als die des laufenden Jahres bezeichnet würde, wie es that-
sächlich geschieht, sondern als die des nächsten (resp. des letzten)
Periodenjahres. Wir werden vielmehr den Zusammenhang zwischen
der Kopfsteuer-Laographie und der Volkszählungs-Laographie doch
eher in der inneren Verkettung suchen müssen, die thatsächlich
zwischen diesen beiden Begriffen besteht, in sofern die Volks-
zählung gerade den Zweck hat, wenn auch nicht ausschliesslich, die
Auflage der Kopfsteuer zu ermöglichen (vgl. Kap. V). Ich finde
nun auf dem entsprechenden römischen Gebiet eine ganz ähnliche
sprachliche Metathese: das Wort census wird auch für die auf
einem Vermögensstück ruhende Steuer angewendet, die durch den
census ermittelt ist. In dieser Bedeutung findet sich das Wort
Cod. Just. IV 47,2: nec Heere euidam rem sine cemu comparare vel
vendere. Hier steht, wie auch die Juristen erklären, census für die
durch den census ermittelte Steuer. Denselben Bedeutungsübergang
haben wir nun auch im Griechischen, wenn mit Xaoypa^La diejenige
Steuer bezeichnet wird, die durch den aegyptischen Census (=Xao-
ypa^ca) vornehmlich ermittelt wird, eben die Kopfsteuer. Für die
anderen Steuern wurden, wie wir in Kap. V sehen werden, alljährlich
noch spezielle aTUoypa^ai eingereicht. Für die Kopfsteuer aber ge-
nügte die alle 14 Jahre wiederholte Xaoypa^ca. Dieser selbe
§71. BEDEUTUNG TON Aoc.oypOL<:fla..
245
BedeutuDgsübergang liegt auch bei Hesychius und Suidas vor, wenn
sie das Wort x-^vaD^ oder XLvao? u. a. als eTi'.xecpaXatov erklären.
Ich verweise auch auf die obige Deutung von UTzkp Y£ü){i£Tpiag
(S. 176). Ich glaube daher, dass mau die Kopfsteuer die „Volks-
zählungssteuer" genannt hat, weil die Volkszählung in der Hauptsache
die Kopfsteuer feststellen sollte.
Wir haben endlich die wichtige Thatsache zu besprechen,
dass die sämmtlichen Beispiele, die unsere zahlreichen Ostraka für
die Laographie bieten, der römischen Kaiserzeit angehören, und
dass sich bis jetzt nicht ein einziges Beispiel aus der Ptolemäerzeit
gefunden hat. Die älteste Erwähnung geschieht in Nr. 357 aus
dem J. 18/7 vor Chr. Auch in den mehrere Hundert Nummern
betragenden Ostraka, die ich zwar gesehen und gelesen, aber nicht
in dieses Buch aufgenommen habe, ist mir nirgends eine Erwähnung
der XaoYpa^ia aus der Ptolemäerzeit begegnet. Ebenso ist mir auch
in den Papyri die Xaoypa^La bisher nur in Texten der römischen
Zeit begegnet. Haben wir hieraus den Schluss zu ziehen,
dass diese Kopfsteuer erst von Augustus in Aegypten ein-
geführt sei? Noch im Hermes XXVIII S. 248 wies ich darauf
hin, dass Lumbroso (Recherches S. 297) gezeigt habe, dass diese
XaoYpa^ia als Kopfsteuer auch schon in der Ptolemäerzeit bestanden
habe. Die von Lumbroso herangezogenen Belege waren einige
Stellen aus dem III. Makkabäerbuch (2, 28, 30. 3, 21. 4, 14.
6, 38. 7, 22). Da diese Stellen die einzige Erwähnung der Xao-
Ypa^ia in vorrömischer Zeit in unserer gesammten handschriftlichen
und urkundlichen Tradition darstellen, so haben frühere Gelehrte,
ehe Lumbroso diese Belege brachte, nur vermutungsweise es aus-
gesprochen, dass wohl auch die Ptolemäerzeit eine Kopfsteuer
gekannt habe. Vgl. Droysen, Kl. Schrift. H S. 395. Franz CIGr.
HI S. 297 Die Frage scheint nun zunächst durch das Makkabäer-
buch entschieden zu sein; namentlich kommt die erste Stelle in
Betracht, wo von Ptolemaios Philopator gesagt wird, er habe
in seinem Grimme gegen die Juden befohlen „T:avTa^ zouq 'louSaioui;
tic, XaoYpa^tav xal oixeiLZYjv Sta^eaiv ay^^fjva:". Dass X!xo^(poi,:pi<x
hier nicht etwa die Volkszählung, sondern die in klingendem Gelde
zu zahlende Kopfsteuer bezeichnet, geht aus dem Zusammenhang
unzweifelhaft hervor (vgl. namentlich v. 32). Philopator fügt weiter
hinzu (v. 30), diejenigen Juden, die ihren Gott verliessen, sollten
246
TV. KAPITEL.
IgotzoXIzoli 'AXs^avBpeöacv sein. Letzteres steht hier geradezu im
Gegensatz zum ^.aoypacpeTaö-ai, und es ist kein Zweifel, dass der
Autor dieser Erzählung dieselben Verhältnisse vor Augen gehabt
hat, die wir oben aus Ostraka und Papyri für die Kaiserzeit nach-
gewiesen haben. Bisher hat man, sow^eit ich sehe, keinen Anstand
genommen, mit Lumbroso in dieser Erzählung einen stricten Beweis
dafür zu sehen, dass dieselben Verhältnisse schon in der Ptolemäer-
zeit bestanden haben. Aber hat man ein Recht dazu? Es ist von
den Bibelkritikern längst erkannt w^orden, dass dieses sogenannte
III. Makkabäerbuch nichts anderes ist als eine jüdische Tendenzschrift,
die mit der historischen Wahrheit frei schaltend, bestimmt war,
in einer gegebenen politischen Situation ihre Wirkung auszuüben.
Männer wie Ewald, Hausrat und Reuss setzen die Abfassung der
Schrift in die Zeit der alexandrinischen Judenverfolgungen unter
Kaiser Gaius.^) Schürer (Gesch. d. jüd. Volk. II S. 745) bezeichnet
vorsichtiger das I. Jahrhundert vor Chr. und das I. nach Chr. als
die Periode, innerhalb deren das Buch geschrieben sein müsse.
Wir sehen somit, dass irgend ein Zwang, dieses Buch in die
Ptolemäerzeit zu verlegen, nicht besteht. Denken wir es uns aber
im I. Jahrh. nach Chr. entstanden, so entbehrt die Erwähnung der
Xaoypa^La, wenn auch der Autor sie in die Zeit des Philopa tor
verlegt, jeder Beweiskraft für die Ptolemäerzeit. Denn man braucht
dieses traurige Machwerk nur durchzulesen, um zu sehen, dass
Anachronismen von diesem xA.utor nicht empfunden wurden. Ich
komme somit zu dem Resultat, dass das III. Makkabäerbuch keinen
Beweis dafür liefert, dass es in der Ptolemäerzeit eine Xaoypa^La
gegeben habe. Ja, vielleicht sind wir nicht im Unrecht, wenn wir
den Spiess umdrehen und sagen: Weil das III. Makkabäerbuch
die Xaoypacpia als Kopfsteuer kennt, kann es erst in der
Kaiserzeit geschrieben sein. Mit völliger Sicherheit möchte
ich dies freilich heute noch nicht behaupten, da die Möglichkeit,
dass neue Ostraka oder andere Urkunden doch noch einmal die
Xaoypa^ca für die Ptolemäerzeit bezeugen, offen zu lassen ist. Aber
so viel dürfen -wir schon heute sagen, dass nach dem jetzt vorliegenden
Material — zumal w^enn wir bedenken, dass von Augustus an die
So auch Hugo Willrich , Juden und Griechen vor der makkabäischen
Erhebung. 1895 S. 143.
§71. EINFÜHRUNG DER KOPFSTEUER.
247
Belege fast Jahr für Jahr vorliegen — die Präsumption dafür
spricht, dass wir es bei der Xaoypacfta mit einer neuen, erst von
Augustus eingeführten Steuer zu thun haben. Immerhin können
wir einstweilen nichts weiter thun, als beide Möglichkeiten in ihren
Consequenzen zu verfolgen. "Wenn Augustus das tributum capitis
in Aegypten eingeführt hat, so hat er damit nur dasselbe gethan,
was die Römer nach der Eroberung Karthagos in der neuen Provinz
Africa einführten. Vgl. Appian Libyc. 135: lolc, he XoiTZOlc, :p6poy
wp:aav iizl t"5 xal iizl zolc, aa){jiaa:v avSpl xal yuvaLxl
6[iot(i)^. Ebenso in Britannien. Vgl. Dio Gass. LXII 3, wo die
muthige Britin Buduica sagt: o'j — xal twv atojiaxwv a'JTÖv
6aa[xcv Infjaiov :pipo\Lvr, vgl. ebenda: xe^aXa; ÖTCOXsXel? T^epL^EpSLV.^)
Was Appian Svr. 50 von der Kopfsteuer bei den Juden sagt, ist nicht
eindeutig, und hat daher zu verschiedenen Interpretationen geführt. Die Worte
lauten: Kai S'.a xocux' eaT-.v 'louSatc.^ aTiaa'.v 6 cöpo^ xwv awiiä-ctov ßapOxspog
TfjS äXÄYjg Trspiouoiag. Leider hat die Musgrev-Bekker'sche Schlimmbesserung
Tüep'.O'.xias für uspiouaias viel Unglück angerichtet, wie denn die Ausführungen
von Eodbertus a. a. O. S. 367 f. auf dieser Lesung basiren und mit ihr fallen.
Aehnlich auch Marquardt, EStV 11^ S. 202, Vgl. dagegen Mendelssohn in
seiner Ausgabe. Das AVort Tisp'.O'jaia = Vermögen findet sich in ganz ähnlichem
Zusammenhang z. B. bei Theophil. Paraphr. Inst. 1 , 5 , 4 : aavcg fi'^O'. X^P'^'^QS»
£v9-a TcDjiaroi dTZSYpacpovxo xa^ oixeCa^ Tisp'.ouaiai;. Soviel seheint mir sicher,
dass Appian die Höhe und Schwere des jüdischen Kopfgeldes (cpopog aiD|JLax(Ov)
aus dem hartnäckigen und wiederholten Widerstand erklären will, den sie den
Eömem geleistet haben, erst dem Pompeius, dann Vespasian, dann Hadrian.
Der Ton liegt also auf dem S'.a xaöx'. Damit ist die Auffassung ausgedrückt, dass
die Kopfsteuer gewissermassen als Strafe für den heftigen Widerstand auferlegt,
resp. erhöht worden ist. Durch die Hinzufügung des Aufstandes des Vespasian
und Hadrian scheint mir angedeutet zu sein, dass die Kopfsteuer der Juden
allmählich derartig angewachsen ist, dass sie zu Appian's Zeiten die Abgaben
von ihrem sonstigen Vermögen (:r£p'.oua:a) überstieg. Aus dem Gesagten geht
zugleich hervor, dass das 5i5pax|J.ov, das die Juden erst dem Jehova, dann
seit dem Jahre 70 dem Jupiter Capitolinus zahlen mussten, mit dieser Kopfsteuer
nichts zu thun hatte, denn dieser Appianische zöpog xwv aü)[Jiaxü)v ist, wie der
Zusammenhang lehrt, bereits von Pompeius eingeführt worden. Dass Pompeius die
Besteuerung des Landes regelte, zeigt Joseph, ant. XIV § 74; b. i. I § 154. Das
SidpaXliOv ist vielmehr eine Tempelabgabe, die wie so manche aegyptische nur kopf-
steuerartig aufgelegt worden ist. Daher kann ich auch Mommsen nicht beistimmen,
wenn er dieses jüdische Didrachmon als Parallele zu unserer aegyptischen Kopf-
steuer hinstellt (bei Hirschfeld EVG S. 14, Anm. 2). Das Analoge ist vielmehr
der Appianische cföpog xöv ocDjJLaxwv. — Wenn Appian fortfährt „sax'. ti xal
Zupo'.s y.al EiXi^iv sxr^o'.og, IxaxooxT^ xou X'.|j.f<p.axos Ixaoxü)", so braucht man
248
IV. KAPITEL.
Angenommen, dass Augustus diese Kopfsteuer in Aegypten neu
eingeführt habe, so erklärt sich ferner damit vielleicht die Nachricht,
dass sogleich der erste Präfect Aegyptens, Cornelius Gallus, einen
Aufstand in der Thebais niederzuwerfen hatte, der hia, lobq cpopoug
entstanden war (so Strabo XVII p. 819). Dass dieser grössere
Steuerdruck des neuen Regiments lediglich durch schärfere Erhebung
der schon bestehenden Steuern ausgeübt sei, ist wenig wahrschein-
lich, denn wenn die letzten Ptolemäer auch sonst nicht viel vom
Regieren verstanden, so konnten sie es doch im Schröpfen mit
Jedem aufnehmen. Die Worte Strabo's legen also die Annahme
nahe, dass Augustus neue Steuern in Aegypten eingeführt habe.
Ueberblicken wir die gesammten in diesem Kapitel aufgeführten
Steuern, Zölle und Abgaben der verschiedensten Art, so wüsste ich
keine zu nennen, die von Augustus eingeführt, zugleich in dem
Maasse wie die Kopfsteuer geeignet gewesen w^äre, den Zorn der
sonst viel ertragenden Aegypter zu entfachen.
Auf der anderen Seite ist darauf hinzuweisen, dass die Vor-
bedingungen der Erhebung einer Kopfsteuer, nämlich die Couscription
der Volksmassen, in der Ptolemäerzeit vorhanden waren. Dass man
auch damals schon Personenlisten über die gesammte Bevölkerung
geführt hat, werden wir in Kap. V nachweisen. Danach wird es
uns schwer, die Annahme zurückzudrängen, dass auf Grund dieser
Personenlisten auch eine Personensteuer erhoben sei. Doch fehlt
es uns bisher an jedem Zeugnis dafür. Die Angabe des Ps. Aristoteles
(Oecon. II 2, 25), dass Chabrias dem Könige Taos (XXX Dynastie,
IV. Jahrh. v. Chr.), als er Geld für die Kriegsfuhrung brauchte,
geraten habe, eine Kopfsteuer einzuführen aizb toö awfxaxo?, spricht
eher dagegen als dafür. Denn einmal tritt diese Kopfsteuer als
eine ausserordentliche, lediglich zu Kriegszwecken erhobene Abgabe
auf, die also auch sachlich von unserer Xaoypacpca verschieden ist.
ihm nicht zuzumuten, dass er eine einprocentige Vermögenssteuer für eine
Kopfsteuer gehalten habe. Nichts zwingt, hinter sxVja'.og ein cföpog xwv aa)|xäx(öv
hinzuzudenken (vgl. Marquardt a. a. O.). Vielmehr ist lediglich cpöpoQ zu ergänzen.
Der Gedankengang ist folgender: ,,Die Cilicier und Syrier haben sich ohne
Widerstand (ä|jLaxc!) den Römern unterworfen. Darum ist auch diese (leichte) ein-
procentige Vermögenssteuer über sie verhängt worden. Die Juden allein haben
sich widersetzt, und zwar wiederholentlich ; darum ist ihnen die schwer drückende
Kopfsteuer auferlegt."
§71. ALTER DER AEGYPTISCHEN KOPFSTEUER.
249
Ferner ergiebt die Stelle gerade mit Sicherheit, dass die persische
Regierung vor König Taos keine Kopfsteuer in Aeg}^pten erhoben
hatte, denn sonst hätte er es nicht nötig gehabt, sich diesen Rat
vom klugen Athener geben zu lassen. Diese Angabe macht es also
eher wahrscheinlich, dass Ptolemaios, als er in's Land kam, keine
Kopfsteuer dort vorfand.^) Immerhin bleibt ja die Möglichkeit, dass
er oder einer seiner Nachfolger sie in Aegypten eingeführt hätte.-)
Das bleibt bestehen, obwohl derselbe Ps. Aristot, II 1 , 4 das eu'.xscpd-
Xa-.ov zu den Emkünften der Satrapenwirtschaft zählt: §xxYj 5s (seil. upogoSog)
■fi duö xöv aXXiov, £z:x£(^dXaiöv xe xai x^'-P^väsiov TCpogaYopeuojisvrj. Es ist
eine falsche Interpretation, wenn Marquardt RStV II* S. 202 hieraus folgert,
dass das x^',p(3ivdc,',o^ auch STt'.xscpaXa'.ov genannt worden sei. Vielmehr werden
Kopfsteuer und Gewerbesteuer deutlich als zwei verschiedene Einnahmen neben-
einander gestellt. Für das Ptolemäerreich ist dieses Zeugnis für keinen Fall
massgebend, zumal der Verfasser diesen Ptolemäerstaat nicht gekannt zu haben
scheint. Aber auch ob für das Perserreich eine Kopfsteuer aus dieser Stelle ab-
geleitet werden kann, ist zweifelhaft. Denn an der einzigen'Stelle, an der derselbe
Verfasser das Kopfgeld für das Perserreich erwähnt (II 2, 1, 4), erscheint es nicht
als ordentliche von Reichswegen erhobene Steuer, sondern als eine ausserordentliche
Abgabe, die lediglich durch die Willkür des Satrapen in einem einzelnen Falle
aufgelegt wird. Man könnte geradezu aus dieser Stelle den Schluss ziehen, zu
dem wir auch oben auf Grund der anderen Stelle kamen, dass im Perserreich
keine Kopfsteuer erhoben wurde. Wenn Ps. Aristot. II 1,4 in der Liste der
satrapischen Einnahmen, bei denen er natürlich das Perserreich vor Augen
gehabt hat, dennoch das £7:'.y.£c:äAa'.ov aufführt, so hat er wohl damit nicht
mehr sagen wollen, als dass unter Umständen auch ein solches Kopfgeld er-
hoben werden konnte, wie z. B. von jenem Kondalos.
^) Ich möchte hier ausdrücklich hervorheben, dass die hieroglyphische
Pithomstele, aus der Zeit des Ptolemaios II. Philadelphos, nicht als Beweis für
eine ptolemäische Kopfsteuer angeführt werden darf. Xach der von Brugsch
und Erman in der Zeitschr. f. Aeg. Sprache XXXII jüngst gegebenen Ueber-
setzung heisst es zwar (Abschnitt R): „Verzeichnis dessen, was seine Majestät
— gab: was man von den Häusern dieser Stadt einzieht und was man von
den Menschen einzieht als jährliche Steuer, Silber 950." Aehnlich in Ab-
schnitt S. Man könnte hierin leicht den Gegensatz einer Häusersteuer und
einer Personen- oder Kopfsteuer erblicken wollen. Aber der hieroglyphische Text,
in dem die Häuser und die Menschen durch verschiedene Präpositionen mit dem
Verbum des Einziehens verbunden sind, legte mir den Gedanken nahe, dass
die Häuser als Steuerobject, die Menschen aber als Steuersubject zu verstehen
sind. Adolf Erman, dem ich diese Frage vorlegte, hatte die grosse Freund-
lichkeit, sie in folgender Weise zu beantworten: „Es steht wörtlich in Z. 26:
Eingezogenes der Häuser dieser Stadt und Eingezogenes von den Menschen als
jährliche Abgabe — Silber 950. — — Ich denke mir, dass hier unterschieden
250
IV. KAPITEL.
§ 72. Tiloq Xa)((avix6v).
In Nr. 787 (Theben, a. 95/6) quittiren die T£X(a)vaO Xax(avtxoö)
oder Xa)((avY]pa5)^) einem gewissen UexuGic, den Empfang des
T£X(o^) zfiQ Xa)(avLa?. Man kann hier schwanken, ob man locyjxViaq
(= Gemüsebau) oder Xocy^ocviäc, (= Gemüsegarten) lesen soll. Noch
dunkler sind die folgenden Worte, zumal sie durch fehlerhafte
Sprache entstellt sind. Nur soviel scheint mir sicher, dass Pekysis
den Gemüsegarten, der auf einer Insel zu liegen scheint, in Pacht
hat, und zwar von einem gewissen ^AxGiq.^) Dass der Pächter
und nicht der Eigentümer das ziloc, an den Staat zahlt, wird in
dem Pachtcontract festgesetzt worden sein.
Dieses ziXoq lässt sich aus dem Text nicht genauer be-
stimmen. Der Pap. Lond. CXIX lehrt uns, dass die Grundsteuer
von Gemüseland in derselben Weise berechnet wurde wie von
Wein- und Palmenland, d. h. nicht als Fruchtquote, sondern als
feste Geldtaxe für die Arure. In Z. 70 des genannten Papyrus heisst
es: Xoc/J^aviäq) av(d) ^ x. In unserem Ostrakon ist nicht angegeben,
ob es sich um Geld- oder Naturallieferungen handelt.^) Nach dem
Londinensis ist anzunehmen, dass eine Geldzahlung gemeint ist.
Auch das l[JLj3a5cx6v und Ixcpopcov von einem Xa[)(avYjpö? (seil. xXfi-
po^)] in 1237 werden mit Geld gezahlt.
Im Pap. Berl. Biblioth. 50 steht neben der Erwähnung anderer
Fruchtarten, wie Gerste, Linsen etc.: Xa)((avta?) ^ — a — y. Also
von 1 Arure Gemüseland 3 Artaben. Hier bleibt mir völlig unklar,
worauf sich diese Eechnung bezieht.
Endlich sei erwähnt, dass das noch unedirte Berliner Ostrakon
P. 4620 nach meiner bisherigen Copie folgendermassen beginnt:
Töß(L) y.d' ävh(ptq) ß 7rapax£x(o(XLxaacv) el<; t6 Xa)((avcyw6v) (scil.TeXog)
sind: 1) eine Häusersteuer, 2) diverse Steuern, die man von den Menschen
einzieht. — — Ihr Unterschied zAvischen Steuersubject und -object mag wohl
das Richtige treffen." Hiernach wird man die Pithomstele nicht als Zeugnis
für eine ptolemäische Kopfsteuer anführen können.
^) Diese Auflösungen sind besser als Xax(avta(;) , wie ich im Textdruck
vorschlug.
^) Diese Erklärung ziehe ich der im Textdruck zw Z. 5 gegebenen vor.
Wie TCpOQxaX, zu deuten ist, lasse ich dahingestellt.
^) Es wäre daher besser unter die Quittungen mit ungenanntem Zahlungs-
mittel" gestellt worden.
§72. DIE GEMÜSESTEUER.
251
£x(aaTo?) a = * Y r • -^^^ Anwendung des AVortes Trapazofit^siv,
das sonst immer in Beziehung auf Xaturallieferungen gebraucht wird,
deutet wohl darauf hin, dass die Geldzahlung hier eine Natural-
lieferung vertritt.
Dass die Gemüsehändler eine Gewerbesteuer zahlten, ist a priori
anzunehmen und wird durch BGXJ 337, 22 bezeugt (Xa^^avoTiwXwv).
Diese wird natürlich in Geld gezahlt.
§ 73. TTCsp XY]|jL[iaT(ov.
A-^lilia bezeichnet das Einkommen, die Einkünfte, im Gegen-
satz zu avaX(0|xa. den Ausgaben.^) In Kr. 270 (Syene-Elephantine)
wird zwei Männern quittirt: bizep [X£pLa[x[ü)v] Xig{ipLa(T(Ov) ce^
(174/5) £x(aaTO^) — . Auf den ersten Blick könnte es so
scheinen, als hätten wir eine reguläre Einkommensteuer vor uns,
wenn wir uns nämlich Xy][x{i.aT(i)V abhängig denken von [X£p'.a{xa)V.
Sachlich erscheint mir das aber dadurch ausgeschlossen, dass beide
Männer genau dieselbe Summe zahlen. Bei einer Einkommensteuer
würde dies voraussetzen, dass sie auch genau dasselbe Einkommen
gehabt hätten. Selbst wenn man diese Unwahrscheinlichkeit für
den einzelnen Fall zugeben wollte, würde doch das Wort [i£pca[i6?
dagegen sprechen, denn dieses bezeichnet, wie wir in § 75 wahr-
scheinlich zu machen suchen werden, solche Steuern, die auf Alle
in gleicher Höhe kopfsteuerartig verteilt waren. Da dies für die
Einkommensteuer ausgeschlossen ist, so bleibt nur übrig, X>j[ip,aTü)v
von [X£p'.a{ji(i)V zu trennen, es in dem Sinne von ocizb ).rj(j,[xaT(ji)V zu
nehmen und darin lediglich einen Hinweis darauf zu sehen, dass
die ungenannte Steuer — denn [X£pca|i6s deutet nur den Charakter
an — von den Einkünften des betreffenden Jahres bezahlt werden
sollte, resp. worden ist.'-) Wie ich mir 1895 am Original notirt
habe, wäre es sogar möglich, in der Lücke hinter ^£pca[i[a)V noch
ein T.Tzb'] zu ergänzen. Ich sehe in dieser Bemerkung XyjfjifiaTWV
ToO X £TOu; ein Analogon zu dem in den Naturalquittungen fast
regelmässigen Zusatz Y£vV5{iaT0? tou x. etou;, wofür auch äizb
^) Vgl. BGU 1, 14; 14 II 2; 21 II 1; 34 I 1.
Ebenso ist auch in BGU 8 II das mehrmalige Xr,\i\idiz(üv oder 8^
von dem vorhergehenden cpdpof zu trennen.
252
IV. KAPITEL.
Y£vyj|JiaTO(; stehen kann.^) Man begreift, dass in den Natural-
quittungen der Zusatz so regelmässig gemacht wird, da das Ge-
treide oder der Wein etc. verschiedener Jahre verschiedenen Wert
haben kann. Darum begegnet der Zusatz sogar dann, wenn die
Naturalien nicht in natura geliefert, sondern durch Geld abgelöst
werden. Vgl. § 87 und 109. Andrerseits ist es begreiflich, dass
bei reinen Geldzahlungen der Zusatz XYj[i[jLax(i)V toö x ezouq so un-
gemein selten begegnet, denn ob das Geld aus dem Einkommen
dieses oder jenes Jahres genommen wird, war für den Staat gleich-
gültig. Ich finde den Zusatz nur noch einmal, in 290, wo quittirt
wird bizhp Xaoyp(cx.^i(xq) X7](|Ji|JLaT(jL)v) ceL. Auch hier kann nur
gemeint sein, dass das Geld für diese Kopfsteuer von dem Ein-
kommen des 15. Jahres zu entnehmen war, resp. entnommen worden
ist. Mit anderen Worten, es ist garnichts anderes als wenn einfach
dastünde: XaoypacpLa? le^, „ftir die Kopfsteuer des 15. Jahres",
denn das ist eben die Kopfsteuer, die von dem Einkommen des
15. Jahres bestritten werden soll. Nach dieser Auffassung ist
also XyjfifJiaTWV eigentlich überflüssig, und daraus erklärt sich, dass
es so selten gesagt wird.
Es sei hier besonders hervorgehoben, dass es eine einheitliche
Einkommensteuer im modernen Sinne ebenso wenig gegeben hat wie
eine einheitliche Vermögenssteuer. Wie die einzelnen Vermögen s-
objecte einzelnen Steuern unterworfen wurden, so sind auch die
einzelnen Einkommensquellen besteuert worden, wofür dieses Kapitel
mehrere Beweise bringt.^) An die Besteuerung solcher Einkommens-
quellen wird man wohl auch in BGU 475 (II. Jahrh. n. Chr.) zu
denken haben, wo es im Hinblick auf Steuereingänge an das
tepWTaTOV Ta|JL£Tov heisst: 1^ tbv dgenpocyß^aocy uizkp Xri\i\i(X.zm toö
auTOö d. h. „von dieser Summe wurden eingetrieben für die
Einkünfte desselben 7. Jahres" so und so viel. Wenn in dem
kürzlich vom Berliner Museum erworbenen Ostrakon P. 8597 UTz(kp)
Y£ü)[i(£Tpta?) 90LV£ix(a)V0s) 'Apaßta? U7i(£p) Xy]jJi([JLaTü)v) a ^ quittirt
^) Vgl. BGU 61 I 8: dnö Yev7^|J.aT0(s) xoö auxoö STOUg. Aehnlich
BGU 64, 5; 67, 8 u. sonst.
2) Ich bemerke, dass die zweimalige Erwähnung der Xi^iifiaxa in BGU 485
mit einer Besteuerung derselben nichts zu thun hat. Hier sind es die Einkünfte,
die der Staat oder die Gemeinde aus den dort spezialisirten Steuern und Ab-
gaben bezieht.
§ 73 — 74.
253
wird, so soll damit wohl nur gesagt sein, dass diese Abgabe für
den Ertrag des betreffenden Palmenlandes im ersten Jahre erhoben
wird. Vgl. dazu § 131.
§ 74. Et? TYjV ^oyscav.
Für Theben belegt durch Nr. 360, 402, 412—418, 420, alle
aus der Kaiserzeit.
Kr. 360, aus dem J. 8 vor Chr., die nur teilweise erhalten
ist, steht für sich. Dagegen sind die anderen Nummern, die
vom J. 52/3 bis 67/8 n. Chr. sich erstrecken, zusammen zu be-
trachten, denn sie sind sämmtlich an dieselbe Person, einen gewissen
Jli^O'jyj.c, Ilo'Z^r^a^(J)c,^), gerichtet und sind auch sämmtlich, abgesehen
von 402, von derselben Person ausgestellt, von einem gewissen
Wevap,c5vc? IlexuaiO!;. Wir müssen diese Persönlichkeiten etwas ge-
nauer betrachten, da dies für die Auffassung der Abgabe entscheidend
ist. Der Quittupgsaussteller ^*£vap,oövi^ bezeichnet sich bald als
TtpoaxaTYji; Toö O-eoö (412, 414, 418), bald als (fsw^a:? oder
^evv^ai^) (413, [415], 416, 417), bald als cpsvvYja:^ xal ^zpoaT(x,zr^c
ToO -ö-eou (420). Ich habe schon im Text unter Nr. 413 mit
Revülout's Hilfe das merkwürdige Wort (pevvfja:^ als griechische
Transcription der aegyptischen Gruppe p hn n ese, d. i. „der
Priester der Isis" erklärt. Mit dem Titel „Vorsteher des Gottes"
muss etwas anderes gemeint sein, da in 420 beide Titel neben
einander erscheinen, durch xal verbunden. 3) ^'"evajAOUVtg wird also
Priester an einem Tempel gewesen sein, in welchem Isis und
daneben ein männlicher Gott gemeinsam — wahrscheinlich noch
mit Anderen zusammen — verehrt wurden. Vor dem Namen des
Adressaten steht mehrmals 0[io^ oder o(ioXoya), das ich schon im
Textdruck als 6|ioX6Y(p*) erklärt habe. Es ist dies die bei weitem
Nur in 412 erscheint er mit seinem vollen Namen: Il£xeapvou(^pt5
IlEXSi^a'.og og xal Il'.ßoöX'.S. Er trug also einen Doppelnamen.
^) cpEvvfjO'. ist die nicht gräcisirte Form.
^) Bei dem schlechten Griechisch, das dieser aegyptische Priester schreibt,
hätte man sonst denken können, dass toö S-eoO für d-eoö oder X7]q O-eag
gesagt wäre. — Beachte übrigens die Dialectform Xoiyzidv (= lojeian) in 412
und 415.
■*) Nach 420, wo die Quittung beginnt: 6\loXoy&'. eX^^'^j könnte man auf
die Idee kommen, das Verbum 6|jloXoyc5 darin zu sehen, statt SjioXcYw. Man
müsste dann annehmen, dass das Verbum an eine ganz falsche Stelle gekommen
254
IV. KAPITEL.
älteste Erwähnung jener 6[JL6Xoyoc genannten Klasse von ländlichen
Arbeitern, die uns bisher nur durch Cod. Theod. XI 24, 6 vom
J. 415 n. Chr. bekannt war.^) Unser ntßaij)(cg, der also ein solcher
wäre. Das halte ich aber, trotz des schlechten Griechisch, für unmöglich.
Auch paläographisch wäre es höchst unwahrscheinlich, dass das verbum finitum
mit 0[ioX abgekürzt wäre, zumal hier sonst kaum Abkürzungen vorkommen.
Bei einem Titel hat es dagegen nichts Aufialliges.
^) In diesem speziell auf Aegypten bezüglichen Erlass des Honorius und
Theodosius heisst es in § 3 : sane, qui vicis, quibus adscripti sunt, derelictis,
et qui homologi more gentilicio nuncupantur, ad alios seu vicos seu dominos
transierunt etc. Ebenda pr. werden sie als homologi coloni bezeichnet. Die
angeführten Worte lassen darüber keinen Zweifel, dass man im V. Jahrhundert
die an die Scholle gefesselten adscripticii darunter verstanden hat. Könnte man
feststellen, was man im Anfang der Kaiserzeit, aus dem unsere Ostraka stammen,
mit 5[jLÖXoYog bezeichnet hat, so würde das für die Geschichte des Colonats ein
wichtiger Beitrag sein. Die Ostraka geben keine Auskunft über die Bedeutung;
so müssen wir uns an die Etymologie halten. Zachariae von Langenthal (Gesch.
d. Griech.-Röm. Eechts, 3. Aufl. S. 227) meint: ,, Homologi* heissen sie, weil sie
in den Professionen (6[xoXoYtat) beim Census angegeben Averden mussten." Aber
öp-OAcyta heisst nicht Profession, sondern Vertrag. Profession ist dTCGypacp"»^.
Das Eichtige hat schon Gothofredus .im Commentar zu der Codexstelle: öfjtoXoyoi
conditionales, dediticii, qui videl. sese dedentes ex p actione quadam hanc
in conditionem venerant et recepti fuerant. 'OiiöXoyoL sind also Leute, deren
Stellung auf einer S^oXoyia, einem Vertrage, basirt. Das ist wenigstens die
ursprüngliche Bedeutung. Dass nun unter diesen SiaöXoyo'. auch schon in der
frühen Kaiserzeit ebenso wie im V. Jahrhundert ländliche Arbeiter verstanden
wurden, zeigt BGU 560 (II. Jahrh. n. Chr.):
20 . . . ] . ystopyouvxeg 6[jLÖXoyoi ävS(p£5) p!J.S
21 . . ] Y£a)pY[oD]vx[£]5 ÖYjjjLOoiav xaL oOa'.axr/v yf^v äv8(p£s)
22 ... ]v8p(. . .) a £Y.Yp{a7ixo'.?) ly evaivYis a
23 . . . ] . Xsv XTjv y.Wjxr^v ßaa'.X-.x-^g y'^? dy]aoaiti)(v)
24 [Y£ü)pYwv ....
Dies steht unmittelbar hinter einer grossen Personenliste (mit Altersangabe).
Ich vermute, dass die Zahl in Z. 20 die Gesaramtsumme der vorher aufgeführten
Personen giebt, während die nächsten Zeilen die Spezificirung enthalten. So
die übliche Formel: '(ivowzcx.i .... wv eloiv . . . Danach sind im Ganzen 144
. . . YEWYpoövTE^; 6\iöXoyo'. aufgeführt worden (bis zum Alter von 15 Jahren
herab). Von diesen 144 haben 115 Gemeindeland (Syj|JLoatav) und kaiserliches
Privatland (ouaiaxi^v) bestellt. Die nächsten Posten sind unklar, teils ver-
stümmelt, teils unsicher gelesen. Die 14 Fehlenden sind in einer der grossen
Lücken im Anfang der Zeilen zu ergänzen. In BYYp{oi.Ti':o'.) oder s^XPi'^^^'-)
könnte man versucht sein, ein Aequivalent für adscripticii zu sehen. Jedenfalls
scheint 6|jlöXoyos ^^^^ noch ein weiter Begriff zu sein, der verschiedene Arten
von ländlichen Arbeitern umfasst. Allen gemeinsam wird nur sein, dass sie auf
§74. COLLECTEX. DIE 5}xöXoYO'..
255
6\}.GXoyoq ist, hat nach den obigen Quittungen mehrfach Beiträge
für die Xoyeia geliefert. Das Wort Xoyeta, desselben Stammes wie
XoYE'JSLV = „einsammeln", ist schon aus der Ptolemäerzeit als
Bezeichnung für „Sammlung, Collecte" bekannt.^) In den obigen
Ostraka begegnen wir zum ersten Mal einer Collecte, die für Götter
erhoben wird. Pibuchis zahlt sowohl für die Collecte der Isis
(413, 415) als auch für die des ungenannten d-eoq (412, 414).
Beide Collecten stehen selbststandig nebeneinander, denn im J. 63
zahlt Pibuchis fiir beide, für Isis 4 Dr. 1 Ob., für „den Gott"
4 Dr. 2 Ob. (413, 414). Nicht immer (vgl. 412), aber meist
findet sich der Zusatz uTiep töv hr^\L0O^^s)v.'-) Dieselbe Wendung
steht in 417 und 418 und zwar allein. Ausserdem steht in 416
und 420 bnkp twv SrjpioaLWV xf;; (^evvYjaiag. Der Ausdruck xa
Sr^pLoaia ist als eine allgemeine Bezeichnung für die öfientlichen
Leistungen oder Abgaben bekannt (vgl. § 30). Das Wort ^ewr^aia
muss nach den obigen Bemerkungen das „Priestertum der Isis"
bezeichnen. Die Zahlungen werden also damit als Beitrag zu den
öffentlichen Leistungen der Isispriester bezeichnet. Mir scheint,
dass der Kern der Sache hier besser ausgedrückt ist als oben:
nicht für die Isis, sondern für die Isispriester wird die Collecte
erhoben. Es muss hervorgehoben werden, dass diese Abgabe von
den Priestern selbst eingezogen wird.
Ein Unicum bildet 402: bTzkp ^oyia^ £v:p'.Xac. Im Textdruck
Hess ich das Schlusswort noch unerklärt. Ich möchte meinen, dass
Grund einer t\ioXo^:<x (wohl eines Pachtvertrages?) arbeiten. "Wenn man die
Bedingungen dieser Verträge kennte, Hesse sich das Verhältnis dieser t\iÖAO^o'.
des II. Jahrhunderts zu denen des V. genauer fixiren. Hier müssen wir uns
auf diese Andeutungen beschränken.
Vgl. die Zusammenstellung von Beweisstellen in dem dankenswerten
Buche von Deissmann Bibelstudien" Marb. 1895, S. 139 ff., der mit Recht
die Xo^fLa. im I. Korintherbriefe 16 damit erklärt. Das Wort XoyloL habe
ich auch in BGU 515 7/8 vom J. 193 n. Chr. hergestellt. Hier erscheint die
Xoyia als Zuschlag (eTiißATjO-evTa) zu den a'.X'.xa tri\i.6y.o(. , gleichfalls in Getreide
zahlbar. — Irrtümlich hält Rudorff (Rhein. Mus. 1828, S. 137) ^oysusiv für
synonym mit Xo^-^soO-a-. (= Steuern repartiren). Für ihn sind die sxXoY'-^xat
daher auch Steuererheber. Vgl. dagegen unten Kap. VI.
Der aegyptische Priester kämpft mit den griechischen Präpositionen wie
ein Tertianer — heut zu Tage muss man wohl sagen, wie ein Primaner. Er
schreibt bald Tiepi bald ÖTispl und meint offenbar br.ip.
256
IV. KAPITEL,
ev^iXa? für zlq OiXa? steht und damit gesagt ist, dass diese Collecte
für Philae, vermutlich für den berühmten Isistempel von Philae
bestimmt war.
§ 75. Tjtsp |i£pia[jLoö oder (X£pta[jLa)v.
Für Syene-Elephantine belegt durch Nr. 95—99, [170], 173,
174, 178—180, 186, 196—198, 200, 202—205, 208, 209,
212—222, 224, 225, 228, 235, 241, 242, 246—248, 253, 256,
258, 270 (vgl. § 73), 283(?), 289, für Theben durch 545, 549—552,
561, 615, 637, 652, 655, 1443.
Es gilt zunächst den Begriff der in den Ostraka
vielfach in Verbindung mit den verschiedensten Abgaben begegnet,
in den obigen Xummern aber ohne jede Zusatzbestimmung auftritt,
möglichst scharf zu fassen. Die Belege stammen sämmtlich aus
der Kaiserzeit. Aus der Ptolemäerzeit ist mir das Wort nicht
erinnerlich.
Fröhner^) hat die (X£pLa[J-OL als Zahlungen ä comptes, als
payements partiels, als Ratenzahlungen erklärt. Ich möchte eine
andere Auffassung proponiren. Ich leite das Wort von [xspc^eiv in der
Bedeutung „verteilen, zuteilen, repartiren" ab und nehme [iepia\LGq
in dem Sinne von t6 {JL£{X£pLa{Ji£VOV als „das Zugeteilte", als den
Teil, der durch die Repartition der Gesammtsteuer auf den Einzelnen
entfällt. Ich verweise auf BGU 21, Col. I, vom J. 340 n. Chr.,
wo die Dorfbeamten dem Praepositus pagi unter dem Eide ver-
sichern „|X£[i£pca^a: xal a7r('irj)T'^a'8'at eid ifi<; r]\izzipcx.q xa)|xy]? dq
Tobq I^Yj^ h(yeypoc\i\iho\jq oLvhpocc, lohq l^fj^ £YY£Ypa|x[jL£Voi)?
[X£p'.a[xou(; £9' IxaaTOü [X7]v6^". Die [ji£p:a[JiOL sind hier also von
der zuständigen Behörde an die unten genannten Männer verteilt
und dem entsprechend erhoben worden. Wie man auch über
das Wesen der hier vorliegenden Abgabe urteilen will, so viel ist
sicher, dass sie (in jedem Monat) kopfsteuerartig in gleichen Raten
auf die einzelnen Personen repartirt wurde. Vgl. Col. II 4: „für
Monat Payni 100 Männer zu 15 Talenten, macht 1500 Talente". 2)
1) Rev. archlolog. XII, S. 41.
2) Merkwürdig ist die Angabe der vorhergehenden Zeile ävSpsg pxe^,
d. h. 125^ Männer. Das kann nur bedeuten, dass der eine Mann die Steuer
nur in halber Höhe zu zahlen hatte. Es liessen sich verschiedene Gründe
§ 75. Mspia^iO':.
257
Hiernach scheint mir klar zu sein, dass das Wort [ASpcafiOi; nicht die
Teilzahlung, die Ratenzahlung bezeichnet, die der Einzelne als Teil
der gesammten ihm zufallenden Abgabe leistete, denn die Höhe
dieser Raten wird nicht von den Behörden, sondern je nach den
Verhältnissen von dem Zahler selbst bestimmt. Vielmehr wird
durch dieses Wort der auf den Einzelnen entfallende Steuerbetrag
als ein Teil der gesammten von der betreffenden Gemeinde auf-
zubringenden Steuersumme charakterisirt.
lieber den Inhalt der Steuer ist durch das Wort nichts aus-
gesagt. So finden wir es denn in den verschiedensten Verbindungen
wie fiepcafiö^ ava^" (§ 13), [a. av^ (§ 14), ji. avSpiaviwv (§ 15),
\L. d7:6pü)(v) (§ 18), (X. ßaX(avcxoö) (§ 22), ji. S'.tiXwv (§ 32),
\L. 5lü)p6y((dv) (§ 33), [1. y.uy^ (§ 69), ji. TroTajio'^uXaxiSwv (§ 99),
\i. oLxo5(o|JLLaO axo-CeXwv) (§ 113), ji. gzottCeXcdv) (§ 113),
[i. Gzoczimoq (§ 116), {1. ziX(o\jq) (§ 122), [i. teaou? wvlwv (§ 138).
Vielleicht sind mir noch einige Verbindungen entgangen.
Wiewohl durch das Wort jJiepL^SLV oder [Lep:a\L6q an sich in
keiner Weise eine Teilung in gleiche Teile indicirt ist, scheint es
mir doch, als wenn man von p,£pLa[iO'' doch nur bei solchen Abgaben
sprach, welche kopfsteuerartig in gleichen Teilen auf die Be-
völkerung repartirt waren. Dass in dem obigen Papyrus der Fall
so liegt, hob ich schon hervor. Aber auch bei den oben angeführten
Verbindungen der Ostraka haben wir, soweit das Material über-
haupt eine Berechnung zuliess, den kopfsteuerartigen Charakter
aus den erhaltenen Summen erweisen können, so bei [lepiajxog
dv5pcavTü)v, ßaXavtxoO, 7:oTa{jLOi^i)XaxLS(i)v, axoTreXwv, axaxcwvo?,
xeXoüg (i)Vtü)V. Auch in den obigen Ostraka, in denen [i£pta|JL6^
ohne Hinzufügung der betreffenden Steuer gebraucht ist, scheint
dieses Verhältnis vorzuliegen. So wii'd für 114/5 n. Chr. in 2 Fällen
je 2 Dr. 1 Ob. gezahlt (96, 97), für 140/1 in 2 FäUen je 2i Ob.
dafür denken. — Inzwischen ist mir die eingehende Behandlung dieser Urkunde
durch Seeck in der Zeitschr. f. Social- und Wirtschaftsgesch. IV S. 295 flf. be-
kannt geworden. Den kopfsteuerartigen Charakter der Abgabe hebt auch er
hervor. Im üebrigen bleibt mir auch jetzt in diesem schwierigen Document
noch vieles dunkel. Dass der halbe Mann damit zu erklären sei, dass auch
Frauen (2=1 Mann gerechnet) unter den av5p=? seien, glaube ich nicht.
Listen wie unsere Nr. 1169 und 1170 sprechen dagegen. "AvSps^ heisst Männer,
nicht „Köpfe". Letzteres hätte man etwa mit otoiiaTa ausgedrückt.
WiLCKEN, Ostraka. 17
258
lY. KAPITEL.
(178, 179), für 144/5 in 3 Fällen je 3 Dr. l Ob. (200, 202; in
letzter Nummer heist es bei der zweiten Zahlung ausdrücklich: xa^
taaö, für 146/7 in 5 Fällen je 4 Dr. (208, 209, 212, 213,
215) u. s. w. In 242 wird zwei Männern quittirt: exaaxou ayhpoq
^ ac^. Ebenso in 253. Die Ausnahmen, die sich dieser Auffassung
entgegenzustellen scheinen, lassen sich durch die Annahme von
Ratenzahlungen beseitigen.^) Ich halte es nach dem Gesagten für
mehr als wahrscheinlich, dass als [lepcafiOL diejenigen Abgaben
charakterisirt wurden, die zu gleichen Teilen auf die Köpfe der
Bevölkerung repartirt waren. Es sind das meist — nicht immer —
solche Abgaben, die wir am Ende dieses Kapitels als Zwangsbeiträge
zu gemeinnützigen Zwecken charakterisirt haben.
§ 76. TTisp y SLxaajjLoö jjiDpoß(aXav(ov).
Für Syene belegt durch Nr. 1460.
Ich wage keine Erklärung für das Wort £ixaa|x6^, dessen be-
kannte Bedeutungen hier nicht am Platze zu sein scheinen. Im
Uebrigen entspricht diese Quittung in jeder Hinsicht den im fol-
genden Paragraphen behandelten.
§ 77. TTisp TpLTwv vo[x [iDpo|3(aXdv(ov).
Für Syene belegt durch Nr. 296—300.
Mit (JiupoßaXavo? wird ein Nutzbaum bezeichnet, dessen Früchte
zur Herstellung von Oelen und Salben verwendet wurden. Aus
den mir zugänglichen Hilfsmitteln war es mir nicht möglich, den
Baum botanisch zu bestimmen. 2)
In den obigen Texten handelt es sich um eine Abgabe, die
in natura, in Früchten, von den Besitzern solcher Bäume gezahlt
wurde. Ich schicke voraus, dass der Pap. Lond. CXIX (Theben,
II. Jahrh. n. Chr.) zeigt, dass die Grundsteuer von |iupoßaXavo?-Land
ebenso wie von AVein- und Palmenland in Geld, und zwar nach
Meistens sind die abweichenden Zahlen kleiner. Wenn in 205 5 Dr.
^ Ob. 3 Ch. gezahlt werden, während in 203 und 204 für dasselbe Jahr nur
je 4 Dr., so folgt daraus nur, dass die 4 Dr. trotz der Uebereinstimmung
Raten sind,
2) Ist etwa die Balanites aegyptiaea bei Woenig, die Pflanzen im alt. Aeg.
S. 319, damit gemeint?
§ 75 — 78.
259
einem festen Satz für die Arure berechnet wurde. Vgl. Z. 80: [iopo^
dv(d) ^ X. In diesem Falle betrug also die Grundsteuer 30 Dr. für
die Arure. Daraus geht soviel mit Sicherheit herv'or, dass die obigen
Ostraka nicht von der Grundsteuer handeln.
Im Einzelnen bleibt alles dunkel. In 297 steht: b7z(kp) y
voji [AUpo^. Das Y wird nach 296 (uTcep TpiTa)[v]) als ^ zu fassen
sein. Aber was soll voji? Die Ableitungen von vo[xr^, vo(Ji6c,
y6\Loq befriedigen mich nicht. Ist vielleicht yo|JL(ap)^:xü)v) zu lesen?
Eine andere Schwierigkeit liegt darin, dass in 297 trotz des vor-
hergehenden Y doch TO Ixt[ov] geliefert wird. Au eine Raten-
zahlung ist kaum zu denken; dann würde ey.xov, ohne Artikel,
gesagt sein. — Wenn es in 299 heisst a7:(6) (laiCioi)) ay tö
ETitßaXXov GOi [Aepo?, so kann das nur bedeuten, dass der betreffende
Zahler eine Ernte (yevr^iia) von 14 Matien (s. Kap, X) gehabt hat,
und davon den betreffenden Procentsatz abliefert. Vgl. 297: d7i(c)
}iaT(i(i)v) s "^^ e7wT[ov]. Das würde voraussetzen, dass die Eigen-
tümer den Ertrag ihrer Ernte deklariren — ^'ielleicht schon im
Voraus auf Grund einer auvTifJLYjai? , wie das bei der d7:6{iCLpa
vorgeschrieben war und durch Petr. Pap. (II) XXVII, 1 veranschau-
licht wird. Bei obigen Ostraka an die d7r6|io:pa selbst zu denken,
wird dadurch ausgeschlossen, dass in diesem Falle in Geld zu zahlen
wäre. Vgl. § 5.
§ 78. TTisp vau^(ioD).
Für Theben belegt durch Nr. 1396.
Das Wort va'jß'.ov ist trotz mannigfacher Bemühungen noch
immer eine crux interpretum. Wohl zuerst begegnete es im
Pap. Paris. 66. Der Herausgeber Brunet de Presle, der zwischen
der Lesung va'jßia und vauSia schwankte, vermutete, qu'il exprime
une fraction du talent. Mahaff}^ der das Wort in den Petrie Papyri
wiederfand, vermutete darin a Macedonian ivord, meaning sum total
01' in gross. Er ging hierbei von der irrigen Annahme aus, dass
die darauf folgende Summe eine Geldsumme sei, während sie die
Zahl der Naubien bezeichnet.
Unsere Ostraka bieten nun zunächst zur Erklärung des Wortes
ein Factum, das auf alle Fälle von Interesse ist, wenn es auch das
Rätsel nicht löst. In 1025 heisst es : dTceipYaaxai e:g xö 5:dxo[i{JLa
17*
260
IV. KAPITEL.
va(ußca) X. Als ich vor Jahren diesen Text mit E. Revillout in
der Revue Egyptologique VI S. 1 1 herausgab, hatte ich statt irrig
Y^' gelesen und konnte daher nicht merken, dass der demotische
Text ein fast gleichlautendes Wort für vaußtov bietet. Nach Revil-
lout's Lesung heisst es nämlich in der demotischen Beischrift: a
ecrit . . . sur 30 neht\ Auf alle Fälle entsprechen diese 30 neht —
oder genauer nht^ denn die Schrift giebt den Vokal nicht an — den
30 vaußca des griechischen Textes. Mein erster Gedanke war, dass
vaußLOV die Transscription des aegyptischen Wortes nht sei (das finale t
schwindet früh). Da die Hieroglyphe nh einen geflochtenen Korb
darstellt (\^^), vermutete ich, auch im Hinblick auf das koptische
NOyBT „flechten", dass nht = vaußtov einen Korb bezeichne, und
da die Naubien regelmässig im Zusammenhang mit Erdarbeiten stehen,
vermutete ich weiter, dass sie die Körbe seien, in denen die Erde
abgetragen wird, und dass nach der Anzahl der Körbe die Arbeit
berechnet sei. Gegen diese Hypothese wies Mahafly (Petr. Pap. II
S. 40) mit Recht auf die Thatsache hin, dass mehrfach Brüche, auch
kleinere Brüche von vaußca begegnen. i) Andrerseits wurde mir
von aegyptologischer Seite mitgeteilt, dass die Form vaußtov so
wenig aegyptisch aussehe, dass eher das demotische nht als Trans-
scription des Fremdwortes vaußcov aufzufassen sei.
Bei dieser Sachlage wird es besser sein, auf die Etymologie
einstweilen zu verzichten 2) und eine Sacherklärung zu versuchen. Ich
stelle im Folgenden die Punkte zusammen, die für die Auffassung
von vaußtov von Bedeutung sind. Vor allem ist hervorzuheben, dass
die Naubien regelmässig in Beziehung zu Erdarbeiten (epya) stehen.
Betrachten wir, zu welchen Verben vaußtov in ein Objects Verhältnis tritt:
^) So kleine Brüche, wie Mahaffy in Pap. (I) XXIII las, kommen dort aller-
dings nicht vor. In Z. 14, wo er liest und erklärt, vaußia AwXSaoc (4834 . .
perhaps ö8 = steht in Wirklichkeit vaußia ccwXSCA» 1834 (also |)
Naubien. Derselbe Bruch begegnet in Z. 21, wo ich lese iti^d^ — b^%Q ^ i
(statt ucp). In Z. 4 las ich zum Schluss den Bruch ri = ^. Z. 16 dü8 y=1404-|
(statt §U7C5 h = 4:484|). In Z. 8 ist ein zweistelliger Bruch, wie t'ß', zu ergänzen.
Die auf der folgenden Seite mitgeteilten Fragmente habe ich nicht am Original
vergleichen können. Doch bezweifle ich, dass dort der Bruch -^^ vorkommt.
Eigenartig ist Wessely's Versuch, das Wort aus dem Griechischen ab-
zuleiten. CPR I S. 8 vermutet er, „dass vaußiov die vulgäre Form des home-
rischen Wortes Vi^i'ov, attisch vdiov, von vaug gebildet ist, Holz zu Wasserbauten
und die Holzsteuer dazu" !
§78. DAS NAUBION.
261
1. dTiepYaJ^eaO'at. Vgl. 1023: 'ATreipYaaTai . . . IlaTaTifj? . . .
vaußia X. „Patapes hat fertig gearbeitet so und so viele Naubien".
Aehnlich in 1025. Vgl. auch 1222: vaußiwv p.Yj aTiepYaa^evTWV,
auch Petrie Pap. I S. [66] unten.
2. IpyaCeaO'a:. Vgl. 1043 — 1047: „Du hast gearbeitet —
y;PY = Y]PY(aao) für £ipY(aao) — an dem 7r£pt)(ü)[ia KXouffto^
1 Naubion".
3. dvaßaXXetv. Vgl. 1399: „Ihr habt aufgeworfen — dveßd-
Xexe — fär den neuen Damm 15 Naubien". Aehnlich 1410:
'AvaßeßXCYjxa?) t6 STT'.ßa^Xov aoi vaußcov. Vgl. 1411. In 1567
heisst es: 'Avaß(eßXY]xaTe) slq )(G>(|JLa) 'A^r;v(a:a)v) v(außcov) yj'pLcau.
Vgl. 1058.
Nur einmal begegnete mir der Ausdruck dvaX''ax£iv vauß:ov.
Vgl. Pap. Paris. 66 IV Z. 68 f: xal tlc, tyjv aTpaTTjY'-XYjv oTxr^aiv
dvrPvWxa: vaußia da. „Für die Wohnung — wohl für die Wälle
zum Schutz der Wohnung? — des Strategen sind 1200 Naubien
aufgewendet worden". Darin liegt wohl nur ein Hinweis auf *die
Arbeitskraft, die dazu verwendet worden ist. In 1034 ist die Lesung
iTZoiri(axio) unsicher.
Andrerseits lehren uns die Petrie Papyri (I) XXII 2 und XXIII,
wie ich schon in den Gött. Gel. Anz. 1895 S. 148/9 dargelegt habe,
dass der Lohn für die Arbeiter an den Dämmen und Kanälen nach
der Zahl der Naubien, und zwar unter Zugrundelegung des Satzes
von 1 Tetradrachme für 60 Kaubia, berechnet wurde, üm diese
Berechnung auszuführen, fand, wie der Papyrus sagt, eine [ilxpyjai^
epYWv statt. Wie die hiernach aufgestellten Listen aussahen, zeigt
der Papyrus XXIII, der die unmittelbare Fortsetzung von XXII 2
bildet. Da wird zunächst der betreffende Damm nach seiner Lage
und Richtung gekennzeichnet, darauf die Zahl der vaußca angegeben
(ohne Verbum), endlich der Lohn berechnet nach der Formel dq 5
Twv SH (s. oben).
Diese selbe Formel begegnet nun auch gleichzeitig bei der
Berechnung des Lohnes für die dwcXia oder Xma. Vgl. Petrie
Pap. (II) IV 11 und XXXVI 2. Auch diese Wörter sind bisher
völlig unerklärt. Der Papyrus XXXVI 1 zeigt uns andrerseits, in
welcher Weise die IpYWv stattfand. Nach meiner am Ori-
ginal vorgenommenen Revision des Textes lautet die Ueberschrift:
262
lY. KAPITEL.
XtOia Ix TWV (X£TpY]'9'£VT[ü)]y
aSog Tzpbq voToy Ty]g KXswvoi;
[j3a]aLXLx[o]ö Yp(a[jL[j.aT£a)c) xal . uataouxio?
ToO :rap' ^Ap\iohioi> Y£a)[JL£Tpou.
Also der königliche Schreiber und ein Geometer, resp. ihre
Unterbeamten, vermessen die Erdarbeiten zusammen mit dem
'IjiouO-yj^, und auf Grund der Vermessung wird die Zahl der fertig-
gestellten Xtü'.a constatirt. Das Vermessungsresultat wird in fol-
gender Weise gebucht (Z. 13 f.): a^ocvia £ TiXaxo^ y ßaO-o^ a /
awL^La tXO-. Vgl. Z. 31 : ayoivloL it TzkoLZoq y ßa^o$ a t^wiXca w^^K
Ich überlasse es den Mathematikern, hiernach den Umfang der
awtXta zu berechnen. So viel aber dürfte hiernach sicher sein, dass,
wie auch Mahaffy bereits bemerkt hat, sie als Mass aufzufassen sind,
und da drei Dimensionen angegeben werden, Länge, Breite und Tiefe,
so handelt es sich um ein Kaummass, mit dem die aufgetragenen
oder abgetragenen Erdmassen gemessen wurden. Da wir nun sehen,
dass für 1 vaußcov derselbe Lohnsatz besteht wie für 1 awcXiov, so
dürfen wir wohl annehmen, dass mit diesen beiden Wörtern ein und
dieselbe Sache bezeichnet ist, vielleicht von verschiedenen Gesichts-
punkten aus aufgefasst, und da auch die oben nachgewiesenen Ver-
bindungen mit a7r£pYa^£a'9'aL und dvaßaXX£cv sich dieser Deutung
fügen, ist es mir das wahrscheinlichste, dass auch das vaußcov ein
Kaummass ist, mit dem die Erdarbeiten gemessen werden.^)
Was bedeutet es hiernach, wenn ein Steuerzahler wie in 1396
'jTwIp vaoßi'ou Geld zahlt? In BGU 572, CPR I 16, CCXL 30
schliesst der Zusammenhang es aus, vaußcov als Mass zu fassen.
Vielmehr ist hier ohne Zweifel eine Abgabe oder eine X£LTOijpyta
gemeint, und zwar eine solche, die auf dem Boden lastet. Ich
vermute, dass wir hier einen ganz ähnlichen Bedeutungswechsel vor
uns haben, wie oben bei y£ü)[JL£Tpca und Xaoypa^ca: vaußcov wird
^) Die Aegyptologen mögen prüfen, ob nicht ein Zusammenhang zwischen
diesem vauß'.ov und dem koptischen NXyBGN möglich ist, das in Psalm XVI 5,
XVII 37, CXVIII, 133 den 8iaßri|iaxa der LXX entspricht.
§ 78 — 80.
263
auch die Abgabe oder Liturgie bezeichnen, die durch das Raum-
mass vauß'.ov ermittelt und bestimmt wird. Hier kann es sich nur
um die Verpflichtung handeln, bei öffentlichen Erdarbeiten (für
Deiche, Kanäle etc.) Frohndienste zu leisten (vgl. unten § 136).
Wo nun ÖTiep vaußcou Geld gezahlt wird, da wird der Fall vor-
liegen, dass der Steuerzahler sich durch das Geld von der Frohn-
arbeit loskauft — also eine Art adaeratio. In BGU 662 wird
üTiep vaußioi) xaxocxwv gezahlt. Auch im Pap. Lond. CCCLXXX
(III. Jahrh. n. Chr.), wo Jemand vaußicu )(aXx:v(ou?) = zahlt, handelt
es sich, wie das vorhergehende apLO'|i'ir]T(txoö) xaT(OLZ(Ov) zeigt, um
einen xaTGixo?. Dass die Katoeken nicht persönlich die Frohn-
dienste leisteten, passt zu dem, was wir sonst von ihrer Stellung
wissen. Im Pap. Lond. CCCLXXXIII (II, III. Jahrh.) wird das
vauß:ov zu den „Einnahmen der Dörfer" gezählt: Xy^iipLaTiöv xa)|Jiö)v
vaußtoi) ISacföv xaTaxXr^poi))(rj^£VTü)v 'Avx:vo£ua[:] xta.
§ 79. ICizep vauXoBoxwv.
Das Wort vauXoSoxo?, das unsere Lexica nicht kennen, muss
den bezeichnen, der vaöXov, Fährgeld, empfangt. Vielleicht ist
damit dasselbe gemeint wie mit 7iop^|i£u? und TTOpeuxr^^. In 1477
wird zugleich für die ^uXaxi^, für SittXwv und für va'jXoSoxwv
gezahlt (4 Dr.). Ueber die Höhe der einzelnen Steuer lässt sich
daher nichts ausmachen.
§ 80. TiXoq vaDTnrjywv.
Für Theben belegt durch Nr. 672 (II/III Jahrh. n. Chr.).
XauTTirjYÖ^ bezeichnet den Schiffszimmermann. Das zekoc,
yc^'J7zr^^((bv ist also die Gewerbesteuer, die diese Arbeiter zu zahlen
hatten.^) Ueber die Grewerbesteuer im Allgemeinen vgl. § 135. Das
eigenartige Formular der vorliegenden Urkunde haben wir oben
S. 95 erklärt. Wir haben es danach mit einer Bankquittung zu
thun. Ueber die Höhe der Steuer lässt sich aus diesem einen Zeugnis
nichts gewinnen.
^) Anders die Abgabe vau[TOr,Yi]o[u] in Kyzikos bei Dittenberger, Syll. 312.
Das muss ein Beitrag für die Schiffswerften sein.
264
IV. KAPITEL.
§ 81. 'H vtTpixYj tcXdvod.
Für Theben belegt durch 329 (III Jahrh. v. Chr.) und 1497
(II Jahrh. V. Chr.).
Eine Abgabe mit Namen vizpi%ri war uns bisher durch mehrere
Zeugnisse bekannt. Vgl. 1) Petr. Pap. (II) XXVII 3, eine Ab-
rechnung über Eingänge aus verschiedenen Dörfern des Faijüm
für die VLTpLXi^, aus dem III. Jahrh. v. Chr. 2) die Zoispapyri,
aus dem J. 151/0 und 149/8 v. Chr. aus Memphis^), in denen
die £YXYj4'tS 'iy]c, yizpiy.fic, eine Rolle spielt. 3) Pap. Paris. 67, 14,
Verzeichnis verschiedener Steuern aus dem II. Jahrh. v. Chr., darunter
auch der VLXpLXi^^).
"Während die Früheren sich meist damit begnügten, von einer
„Natronsteuer" zu sprechen, hat Mahaffy a. a. O. zuerst eine genauere
Erklärung gewagt, indem er sie als an imjoost on postash or soaj)
bezeichnete. Dass er das Richtige damit getroffen, zeigen unsere
Ostraka, in denen sich zum ersten Male der Zusatz tiXuvou findet.
Die gewöhnliche Bedeutung von 6 TzXmoc, = Wasch trog, AVaschgrube
ist hier nicht am Platze. Uns hilft Suidas, der sagt: ttXuvö^
öJuTOVtog TO ayyelov auxö, Tiapo^uTOVü)? Bs t6 7rXi)v6[X£Vov. Ich
lese daher ttXuvou, nicht tcXuvoö, und fasse es als „das Gewaschene,
die Wäsche". Es handelt sich also um eine Steuer, die auf dem
für die Wäsche gebrauchten Natron lag, also Waschnatron. Dass
im Altertum das Natron als Reinigungsmittel verwendet wurde
und daher namentlich bei Walkern und Färbern eine grosse Rolle
spielte, ist mehrfach bezeugt. Vgl. H. Blümner, Technologie etc. I
S. 162. Wenn es daneben natürlich auch zu anderen Zwecken
brauchbar war — so zum Einpöckeln von Fleisch (Plin. h. n.
XXXI III) und daher auch zur Mumisirung von Leichen (Herodot
II 86), — so mag doch die Verwendung als Seife die grösste Be-
deutung gehabt haben. Das Natron, das schon in den altaegyptischen
Texten als hsmn eine Rolle spielt, fand und findet sich noch heute an
^) Die Zoispapyri sind aus dem 31. und 33. Jahre datirt. Will man diese
Zahlen auf Euergetes II beziehen, so würde das 140/39 und 138/7 ergeben, nicht
138 und 13G, wie Wessely (Gr. Pap. Kais. Samml. Wiens S. 14) sagt. Doch
Mehreres spricht dafür, dass die Daten auf Philometor gehen.
^) Ich erinnere hier wiederum daran, dass die Ueberschrift nicht tt)V£[t(i)]v,
sondern wv £[to]'.v, zu lesen i^t.
§81. DIE NATRONSTEUER.
265
verschiedeDen Stellen Aegyptens, im Besonderen in dem südwestlich
vom Delta gelegenen Xatrongau NiTpcwirj^ mit seinen Natronseen
(vgl. Strabo XVII p. 803), wo der Name noch heute am Wädi Natrün
haftet. Vgl. Baedeker, Oberaegypten ^ S. 383. Wie heute die
Gewinnung des Natron auf Kosten der Regierung dort betrieben
wird, so mag sie auch im Altertum ähnlich wie die Salzgewinnung
monopolisirt gewesen sein.^) Die Einkünfte, die der König aus der
vtTpixi^ bezog, waren nicht unbedeutende. Vgl. Pap. Paris. 67.
Wie hoch die Natronsteuer im Memphitischen Gau im J. 153/2
verpachtet war, lässt sich aus den Zoispapyri nicht ersehen. Denn
die 11 Talente 4000 Drachmen (I 18) sind nicht die Gesammt-
summe, deren Erhebung Dorion gepachtet hat (so Wessely S. 16),
sondern, wie schon Peyron"^) richtig erkannt hat, nur derjenige
Teil der Gesammtsumme, fiir den Thanubis die Bürgschaft über-
nommen hatte (verbinde Kpbc, ■/^ocXy.ou ob aXXayyj Tvta 5' mit
h'.a TO SeSoa-ö-at Iv SceYyui^^aT: , nicht mit auveyXaßovxo?). Aus
den Ratenzahlungen unserer Ostraka lässt sich nichts über die
Höhe der Pacht folgern.
§ 82. Ek TaG vojids.
Für Theben belegt durch No. 338, 1257, 1531 (II. Jahrh. v.Chr.).
Vgl. auch 244.
*H vojJLT^ wird in diesem Zusammenhang den Weideplatz, die
Weide bezeichnen. Eine Zahlung elc, zocq vo|Jia;; ist also eine Ab-
gabe für die Benutzung der Weideplätze, und ist identisch mit dem
ivvojJiLOV (vgl. § 40).^) In 1257 hat der erste Schreiber a.xzXd(XQ
geschrieben, der zweite (Ptolemaios) hat dann elc, xa? vo[ia? darüber
geschrieben. Ich meine, dass damit das erste Wort völlig beseitigt
^) üeber die Ausnutzung des Natrons durch die arabische Regierung vgl.
Calcaschandi, übersetzt von Wüstenfeld S. 161. Die Monopolisirung wurde hier
von dem Stellvertreter des Ahmed ben Tülün eingeführt.
^) Ebenso auch Lumbroso , Eecherches S. 304. Dagegen scheint er auf
S. 323 zu meinen, dass die 11 Tal. 4000 Drachmen zwar ein Teil der Gesammt-
pachtsumme, aber doch die ganze Summe sei, für die Dorion sich verpflichtet
habe, während seine |jl£xoxo'. andere Summen übernommen hätten. Für diese
Deutung bietet der Text keinen Anhalt.
^) Ich hätte oben noch darauf hinweisen sollen, dass auch der Rev.-Pap.
Col. 7 2/3 von dem ewöiiiov handelt.
266
lY. KAPITEL.
sein soll. Wenigstens wüsste ich keine Verbindung zwischen den
beiden Begriffen herzustellen. Dasselbe Ostrakon 1257 legt den
Gedanken nahe, dass diese Abgabe je nach der Anzahl der Stücke
Vieh, die man auf die Weide trieb, berechnet wurde. Denn das
7rp° § wird kaum anders denn als 7ipo(ßaTO)v) S aufzulösen sein.
Dasselbe Resultat ergab sich oben für das Ivv6[jliov. Vielleicht ist
auch Nr. 244 anzureihen, falls man in Z. 4 [ij7z(kp) vo|ji,]a)v ergänzt.
Vgl. unten § 102.
Als ^opoc, vopiwv begegnet die Abgabe auch in BGU 199
Verso 10 und 345, 11.
§ 83. 'OO-ovLT^pa.
Für Theben belegt durch 1499 (II. Jahrh. vor Chr.).
'O^ovcyjpa, ein Wort, das unsere Lexica nicht kennen, be-
zeichnet die Abgabe, die auf den ö^ovLa lastet. Aehnliche Bildungen
sind l'/d"jrip(x, sXacpa, t^uTv^pa u. s. w.
Die alten Glossatoren erklären cO-ovTj oder 6^6viov als ein
„feines, zartes Gewebe" (z. B. Suidas: XeTixa u^aajjLaTa). Wenn
auch unter dem 6^6viov TvScxov des Periplus maris erythr.
Baumwollenstoffe zu verstehen sind, so haben wir doch in dem
d^GVCOV Aegyptens ohne Zweifel vor allem an feine Linnen- oder
Byssosstoffe zu denken^), auch wenn der Zusatz ßuaaivov^) nicht
gemacht ist. Mit d^oviov kann sowohl ein verarbeitetes Stück
bezeichnet werden^), als auch der unverarbeitete Rohstoff. In
letzterer Bedeutung liegt es ohne Zweifel vor bei Ps. Aristeas (ed.
M. Schmidt p. 69, 16), wo unter den Geschenken an den Ober-
priester Eleazar auch genannt werden: jSuaatvwv dO-ovLWV ioxGbq^)
äxaTOV, denn hier ist der iazoc,, d. h. das Stück, das 1 Webstuhl
^) Vgl. Marquardt, Privatleb. d. Rom. II^ S. 489. Vgl. 481.
■-) Dieser Zusatz begegnet im Decret von Rosette Z. 17 u. 29. Ferner
bei Ps. Aristeas ed. Schmidt (Merx' Archiv f. Wiss. Erforsch. AT) p. 69, 16 =
Joseph, ant. XII 117. Auch in BGU 1, 3: oO-ov^wv ßuaaivwv. Nach dem Rev.
Pap. 103, 1 flf. scheint es allerdings, als -wenn auch die axu:i7i£öva und sp'.xa
in die Verwaltung der öO-ov.Tjpa hineingezogen waren.
^) Vgl. z. B. Pap. Paris. 53, 8: ö^öviov £Yxo!,{iigxp'.(o)v. Lumbroso,
Recherches S. 14, fasst sie aber zu einseitig als les vUements, non les etoffes.
Siehe oben.
*) So ist mit Lumbroso, Recherches S. 109, 7, auf Grund von Joseph,
ant. XII 117 statt scg lobc, zu emendiren.
§ 82 — 83.
267
liefert („die Webe"), das Mass, nach dem die Stoffinasse gemessen
ist. Letronne (Recueil des Inscr. I S. 283) hat die Behauptung
aufgestellt, dass ces 6^6 via etaient des pieces d'etoffe d'une grandeur
connue, aidrement on aurait dU quelle etait leiir dimension. Lum-
broso (Recherches S. 109 „d'une dimension connue'') hat sich ihm
angeschlossen, doch mit Unrecht. Denn Letronne's Einwand wird
durch den Pap. Paris. 32 widerlegt, wo ausdrücklich um An-
gabe der Masse der 5^GVia gebeten wird.^) So werden sich auch
die sehr verschiedenen Preise, die im Pap. Paris. 52 f. von öd-ovta
notirt werden (vgl. Lumbroso, Rech. S. 14), nicht so sehr durch
die verschiedene Qualität, als durch den verschiedenen Umfang der
Stücke erklären.
'Nach unserer Urkunde wird die auf den SO-ovia lastende Steuer
in Geld gezahlt. Am 16. Tybi hat der Steuerpächter Apollonios
6 Talente abgeliefert, am 2. Pharmuthi weitere 6 Talente und am
26. desselben Monats wiederum 5 Talente, in summa 1 7 Talente. Wenn
der Trapezit die Randbemerkung hinzufügt „Tal. 17 Drach. 2080",
so kann das in diesem Zusammenhang nur die Summirung dessen
sein, was er im Lauf des ganzen Jahres von Apollonios erhalten
hat. Das ist eine Ausnahme von jener Regel, die wir auf S. 76
erörtert haben. Die 2080 Drachmen muss Apollonios vor dem
16. Tybi gezahlt haben. Es ist sehr auffallig, dass hier offenbar
keine monatliche Abrechnung mit der Bank stattgefunden hat. Auch
der Berliner Papyrus P. 1364, der den Fortbestand der Abgabe
für das II. Jahrh. n. Chr. bezeugt, lässt auf Bezahlung der Steuer
in Geld schliessen.
Wofür wurde nun diese Steuer gezahlt ? Wer war der Zahler ?
Wenn ich auch eine definitive Antwort nicht zu geben vermag, so
glaube ich doch die Frage durch den Hinweis auf den Revenue-
Papyrus fordern zu können. Dieser handelt von Col. 87 — 107 von
der öO-ovLT^pa. Diese Columnen sind allerdings derartig zerfetzt,
dass es unmöglich ist, eine sichere Deutung zu geben. Grenfell
hat sich daher auch darauf beschränkt, auf die beiden unten zu
behandelnden Gtate aus der Rosettana hinzuweisen. Ich möchte
die Vermutung wagen, dass die Othonionfabrikation ebenso
^) Vgl. Z. 11 f.: iTz:XeX%a^cc'. xöc pte-cpa xwv dO-oviwv und 22: 'A7üöaT£'.X[öv]
[10'. xa {jiexpa xwv öO-ovCcov, Sicwg ouvxöjküs dcTcoaxaX^
268
IV. KAPITEL.
wie die Oelfabrikation (Rev. Pap. 38 — 72) vom König mono-
polisirt war. Folgende Momente sprechen dafür.
1. Wie der Anbau der Oelpflanzen von der Regierung auf
das genaueste controllirt wird (41 f.), so hier der des Flachses, des
Xtvo?. Mir scheint wenigstens, dass die Bestimmungen in Col. 87
(das rechte Fragment gehört nicht dahin) sich mit dem Flachsbau
beschäftigen und den Verordnungen in 41 parallel stehen. Vgl. 87, 6
dpoupa? ywaT[£a7rap[X£va5 (?); 8 lav hk 6 v[ojjiapx''^^ ^'^^ V-^ii
6£t;y]:[zTX, aTioxcJvsTO) dq t6 [ßaaiXcxov. Vgl. damit 41, 3 ff.
2. Mehrere Bestimmungen betreffen den Verkauf. Vgl. 87, 14;
88,8; 91,2: [xy] (?) TiwjXstTüJaav elc, tyjv x^[pav. Vgl. damit
39, 19; 40, 8.
3. Col. 93 scheint von dem Verbot der Einfuhr nach Alexandrien
und anderen Plätzen hin zu handeln und wäre etwa mit 52 zu
vergleichen. Z. 6/7 ist etwa folgenderraassen aufzufassen: „Wenn
Einer dawider handelt, so wird der König über ihn entscheiden
(ebenso 49, 19); axeplaj^o) 5s ^[öv (5^ovtü)]v xal :ipoc£'.?7t[paa-
aea^ü) %zl. Vgl. 52, 10: 'Eav xtve? dvaywaiv, toö t£ eXacou
axspeaO-toaav xal Trpo^eigTipaaaeaO'waav xtX.
4. Für ein Monopol spricht auch 96, 1 : "Oao[u] 5' ay xpaiav
£XOt)[[A£V XtvoL) oder öO-ovlou, verglichen mit 53,27: "Oa[ou] 6'dv
y^pday £xtD|i£v IXaiou xtX.
5. Desgleichen die Festsetzung der Preise. Vgl. 94,2 und 5:
TÖv lOTOV I- 7w£, 1 Webe zu 25 Drachmen. In 98 werden für ver-
schiedene aus ö^dviov gefertigte Kleider (yizibytc, und andere) die
Preise festgesetzt. Neben den Kleidern begegnen auch Polster
(rjXsta) und Kopfkissen (7rpo^£^dXaLa) , offenbar auch aus feinen
Linnen hergestellt.
Ich vermute hiernach, dass der Flachsbau in Aegypten unter
königlicher Controlle stand, ebenso wie der Oelpflanzenbau , dass
die Fabrikation von Linnen und ebenso auch die weitere Ver-
arbeitung derselben ausschliesslich in königlichen Werkstätten statt-
fand, und dass der Verkauf an die Consumenten in ähnlicher Weise
wie beim Oelmonopol geregelt war. Vgl. Deutsch. Litteratz. 1897.
Nr. 26 Sp. 1020. Danach spielten die XivoupYOi und Xcvu^oc dieselbe
Rolle wie dort die eXoLio'Jpyoi, und die XivoTZWAa: werden sich wie
jene vAizr^Xoi gestanden haben, von denen Rev. Pap. 47, 10 ff. handelt.
§83. DIE OTHONIONFABRIKATION TSl MONOPOL.
269
Diese Annahme einer Monopolisirung lässt uns nun auch noch
tiefer in die schon oft behandelten Worte der Eosettana Z, 17 ein-
dringen: „Töv t' siq TO ßaatXtxöv auvTeXoujievwv iv zoXc, hpdlq
ßuaacvwv öO-ovlwv aTieXuaev (seil. Ptolemaios V Epiphanes) xa 6uo
ixepy)." Die Tempel nahmen offenbar auch diesem Monopol gegen-
über eine privilegirte Stellung ein. Wie ihnen erlaubt war, Oel
für ihren eignen Bedarf zu produciren (Rev. Pap. 50, 20 — 52, 3),
so durften sie offenbar auch 6^6 v:a für ihre eigenen Zwecke in ihren
Tempelfabriken herstellen, mussten dafiir aber ein bestimmtes Quantum
in natura, oder falls sie so viel nicht herstellen konnten, den Preis
dafiir (Rosettana Z. 29) an den König abliefern. BGU 1, 3 aus
dem Ende des II. Jahrh. n. Chr. zeigt uns, dass in dem Tempel in
Soknopaiu Nesos die Othonionfabrikation damals darniederlag. Denn
der Tempel musste sogar die für die Bekleidung der Götterstatuen
nötigen Stoffe käuflich erstehen: elc, T£i|xy]V oO-oviwv ßuaaivwv aro-
XLa}JLÖ)(v) Tpiwv TWV O-eöJv ... ^p.
In neuem Lichte erscheinen nun die Worte bei Treb. Poll. vit.
Gallien. 6, 4: nam cum ei nuntiatum esset, Aegyptum deseivisse, dixisse
feriur: „quid, sine Uno Aegyptio esse non possumusf"
§ 84. TTisp oixoS(6[jL(ov?).
Für Theben belegt durch Nr. 385 (a. 39 n. Chr.).
Man könnte schwanken, ob oixo^ in oixo5(o[iLa?) oder
oixo6(6|JL(öv) aufeulösen sei. Bedenkt man, dass hinter bizep o'.xo^
unmittelbar folgt, wodurch die Steuer nicht als eine einmalig
erhobene, sondern als regelmässige alljährlich wiederkehrende
charakterisirt wird, so ergiebt sich die Lesung otxo5(6|JL(i)v) als die
richtige, und wenn man damit Verbindungen wie UTiep xoupewv yi-
(vgl. 381) vergleicht, so ergiebt sich weiter, dass wir es mit der
Gewerbesteuer zu thun haben, die die Baumeister oder Zimmer-
meister (otxo§6(XOi) zu zahlen hatten.
§ 85. TTisp ol'^oXoyioLq.
In 711, einer Urkunde aus dem III. Jahrh. v. Chr., wird über
eine Lieferung von 10 Keramien Wein fär ocTzo\Loipa<; xal oEvoXoyta^
quittirt. Das Wort oivoXoyca, das unsere Lexica nicht kennen,
kann hier nichts anderes als das „Eintreiben von Wein (lieferungen)" i)
^) Auf das Verbura otvoXoystv im Sinne von „Wein eintreiben" scheint
mir bei Athenaeus II 40 f. eine latente Anspielung vorzuliegen. Athenaeus sagt
270
TV. KAPITEL.
bedeuten. Es hat seine Analogieen in accoXoyia, apyupoXoyia,
BaaixoXoyLa, yopzokoY^OL^ zpLO-oXoyta^) u. s. w. Da für die ohoXo^loL
hier zusammen mit der a:i6[jLo:pa gezahlt und quittirt wird, so
werden wir darin keine selbständige Steuer zu sehen haben, sondern
wohl nur eine Gebühr für die otvoXoyoc, die den Wein der aTTOptoipa
einforderten.
§ 86. OlvOU T£AO^.
Für Theben belegt durch No. 327, 397, 404.
Aus 327, einer Bankquittung der Ptolemäerzeit, ist für das
Wesen der Steuer nichts zu lernen. Dagegen ergiebt sich aus 397
und 404 (I. Jahrh. n. Chr.), dass diese „Weinsteuer" von denjenigen
erhoben wird, die Weinland (a|X7i£XwV£?) besitzen, also Wein pro-
duciren. In beiden Fällen wird den Zahlern zugleich über die
Weinberg -Grundsteuer quittirt, und aus dieser Veranlassung ist
angegeben, wieviel Aruren Rebenland der Betreffende besitzt. Damit
ist die alte Auffassung von Franz^), dass mit ol'vou ikXoc, der
Ausfuhr- und Einfuhrzoll für Weine gemeint sei, als irrtümlich
erwiesen. Vielmehr wird man diese Abgabe, die von den Weinberg-
besitzern ausser der Grundsteuer — auch ausser der a7r6|JiOLpa
(vgl. § 17) — erhoben wird, als Ertragssteuer zu fassen haben.
Vielleicht könnte man sie auch als Verbrauchssteuer fassen, die
indirect von den Producenten erhoben wurde, um auf die Consu-
raenten überwälzt zu werden.
Es ist bemerkenswert, dass in den beiden vorliegenden Fällen
die Höhe der Weinsteuer nicht in demselben Verhältnis zum Um-
fang des Weingartens steht. Während der Grundsteuer in beiden
Fällen derselbe Satz von 40 Dr. für die Arure zu Grunde liegt, zahlt
in 397 der Besitzer von l Arure 5 Dr. 2 Ob. Weinsteuer, in 404
aber der Besitzer von \ Arure nicht etwa die Hälfte hiervon,
da: Toaaöxa olvoXoyf^aix^xoc, f/xot mpi olvwv sitiövxoij. Er hält es für nötig,
das Wort ob/oXo^zXv in der Bedeutung „über Weine si5reehen" zu paraphrasiren.
Also kannte er die andere Bedeutung und setzte ihre Bekanntschaft bei den
Lesern voraus,
^) Auf dies Wort y.p-.O-oXoYta, das unsere Lexica gleichfalls nicht kennen,
stiess ich im Cod. Theod. 14, 26, 1 (vom J. 412 n. Chr.), in der Schreibung
,,crithologia".
2) Franz im CIGr. III S. 297 b. Vgl. Lumbroso, Eecherches S. 307.
§86. DIE WEINSTEUER.
271
sondern 1 Dr. 1 Ob. Xun ist die Möglichkeit zuzugeben, dass wir
es mit Ratenzahlungen zu thun haben, und diese Möglichkeit
scheint durch den Pap. Lond. CXIX nähergerückt. In dieser
gleichfalls thebanischen Urkunde (II. Jahrh. n. Chr.) besteht ein
fester Satz für die Weinsteuer, nämlich 8 Dr. für die Arure.^)
Man vergleiche:
Danach dürfte es nicht unwahrscheinlich sein, zumal hier und
dort sonst dasselbe System ist, dass in obigen Ostraka, oder
wenigstens in 404, nur Ratenzahlungen vorliegen. Immerhin müssen
wir auch die andere Möglichkeit offen lassen, dass doch die beiden
Ostraka Vollzahlungen bieten. Dann würde die verschiedene Höhe
der Steuer sich vielleicht durch die verschiedene Qualität der Trauben
erklären. An eine Verschiedenheit der Qualität des Bodens zu
denken scheint dadurch ausgeschlossen, dass in beiden Fällen der
Boden gleich hoch besteuert ist.
Das otvoi) iBAoc, begegnet uns sonst noch im Pap. Paris. 67, 12
(II. Jahrh. v. Chr.), wo zu lesen ist: oivou xilou;, "^x^y e, d. h. für
Weinsteuer 13 Tal. 5000 Dr. 2). Für die Kaiserzeit bezeugen sie
femer der Pap. Leipz. 5 Recto Z. 6 und der oben erwähnte Pap.
Lond. CXIX passim.
§ 87. T7:sp ZL\ifiq olvou.
Für Theben belegt durch Nr. 662, 691, 697, 1264, 1574,
1575, 1576, alle aus der Kaiserzeit. Vgl. 502.
Mit dem Ausdruck \)Tzep TL|JLf]c werden in unseren Urkunden
zwei ganz verschiedene Arten von Zahlungen charakterisiil :
1) Zahlungen für den Preis eines Naturalobjectes, das eigentlich in
^) In 397, wo 5 Dr. 2 Ob. für | Arure gezahlt werden, liegt also ein
höherer Satz vor.
''^) Dass die Ueberschrift nicht ()i)vei[(D]v heisst, sondern (5v e['.a]'.v, erwähnte
ich schon öfter.
In Z. 46 wer
„ V 65,7
„ „ 98 ,
„ „ 106 ,
'den gezahlt 1 Dr. für ^ Arure
272
IV. KAPITEL.
natura zu liefern war. Dies ist die übliche Bezeichnung der
adaeratio. 2) Zahlungen für den Preis einer Sache, die man
erhalten oder gekauft hat. Vgl. unten § 109. In den obigen
Ostraka scheint mir der erste Fall vorzuliegen. Es handelt sich
danach um Geldzahlungen, die an die Stelle von Weinlieferungen
treten. Nur in 1264 ist ausgesprochen, für welche Abgabe diese
Leistung stattfindet: tlc, dvvü)v(av). Vgl. S. 156. In den anderen
Texten ist die Steuer nicht genannt, und wir haben kein Mittel,
sie zu bestimmen. Es ist mir nicht unwahrscheinlich, dass es sich
auch hier überall um annona adaerata handelt.
In 502 ist Ö7r(£p) zi(iifiQ) ol'vou durch das darübergeschriebene
67c(£p) zi(\ifiq) 90i(vcxa)v) annullirt.
§ 88. Tekoq ovYjXaxwv.
Für Theben bezeugt durch No. 392, 395, 684, 1054.
Die nahe Verbindung, in der diese Steuer mit der Wagen-
steuer (s. oben § 10) auftritt, könnte es nahe legen hier nicht
an die eigentliche Bedeutung von övvjXaTYjg^), d. h. Eseltreiber,
zu denken, sondern an eine Lieferung der Eselbespannung für
die Wagen. Es ist mir aber nicht bekannt, dass man in
Aegypten die Esel als Zugtier benutzt habe, vielmehr zeigen die
bildlichen Darstellungen den Esel immer nur als Lasttier. Ebenso
die Urkunden. Das übliche Zugtier für Lastwagen ist vielmehr
der Ochse (vgl. Erman, Aegypten S. 650). Man wird daher
doch wohl diese Eseltreibers teuer von jener Wagensteuer trennen
müssen. In 684, wo nur U7i(£p) xeXCoug) 6vy]X(aTa)v) quittirt wird,
wird man darin wohl nichts anderes als die Gewerbesteuer der
Eseltreiber zu sehen haben. Schwierigkeiten machen 392 und 395, wo
ein und dieselben Personen bizhp 6vy]A(axa)v) und bn^ip) a|Jia5((ji)v)
zahlen. Dass diese Fuhrwerksbesitzer (es tritt hier eine Association
von solchen auf) selbst als Treiber hinter den Eseln herliefen, ist
^) Im Pap. Lond. CXXXI , 321 (ed. Kenyon S. 179) begegnet ein
dpxovYjXCäTTj^). Diese Bezeichnung lässt auf eine gewisse Gliederung, auf eine
Organisation der övYjXocxa-. sehliessen. Vermutlich schlössen sich auch die
Eseltreiber wie wohl die meisten Gewerbetreibenden zu einem Verein oder
einer Gilde zusammen. Ein collegium mul{ionum) et asinar{iorum) begegnet
in CIL X 143 (aus Potentia). Vgl. unten § 135.
§ 87 — 89.
273
wenig wahrscheinlich. Es liegt näher anzunehmen, dass sie Esel
zum Vermieten besassen und eben für dieses Vermietungsgeschäffc
die Steuer zahlten. Oder hielten sie sich Eseltreiber und zahlten
dafür die Steuer?
§ 89. 'Op^ocpbXaxia.
Für Syene belegt durch Nr. 262, 263, 274, 277, 302—304, 1276,
alle aus der Kaiserzeit.
Diese Texte belehren uns, dass es in Syene eine „Hafenwache"
gab, die von einem aa}(oXo6[Ji£Vog xf/V opjJLO^uXaxcav oder (xca-ö-WTyj^
elhouc, 6p\i.o^\jX(xyJ,OLq verwaltet wurde. Zur Zeit des Trajan (von
107 — 115 nachweisbar) war sie in der Hand eines 'Avtwvlo^
MaX)(^al05 , offenbar eines Juden mit römischem Bürgerrecht. Von
dieser Hafenwache wurde ein lv6p|JLL0V erhoben, d. h. ein Hafenzoll,
der nach der Zahl (und gewiss auch Bedeutung) der Befrachtungen,
die man im Hafen von Syene vornahm, bemessen wurde. Denn das
wird das £v6p[i:ov dywYtwv bedeuten. Gestützt auf 262, wo die Zahl
der aytoYtiov angegeben ist (dywytwv y), möchte ich in dycoycov die
„Schiffslast", die „Fracht" sehen, (ähnlich bei Xenoph., C}t:. 6, 1, 54).
Bei dywyta TZOieZad-a,'. würde man zunächst an „Frachten machen",
d. h. an das Befrachten von Schiffen denken, und danach würde
es sich nicht um den Import, sondern nur um den Export handeln.
Doch mag dytoyta Tiocela-ö-ac ein allgemeiner Ausdruck sein, der auch
das „Frachten ausladen" ebenso gut wie das „einladen" bezeichnet.
Bei der commerziellen Bedeutung Syene's als Verbindungsplatz zwi-
schen Aegypten und Nubien würde man wenigstens erwarten, dass
Import und Export in gleicher Weise in Betracht kämen. Ich
sehe hiernach in dem £v6p|XL0V eine Gebühr für die Benutzung der
Hafenanlagen, berechnet nach der Zahl der Frachtgeschäfte.
Nur in einem Falle ist uns die Summe erhalten: in 262 werden
fiir 3 Frachten im Monat Thoth 2 Drachmen und 1 Obol gezahlt.
Da die Zahl der Frachten zu der Summe in keinem einfachen
Bruchverhältnis steht, so bestätigt dies die Auffassung, dass Umfang
und Qualität der Frachten auf die jedesmalige Höhe der Steuer
von Einfluss waren.
Eine abweichende Erklärung hat Fröhner, der nur auf Nr. 304
angewiesen war, vorgeschlagen (Rev. Arch. XII S. 43 ff.). Er sieht
in dem evopfJiLOV ein Stationsgeld, das man für jeden Tag, den man
WiLCKEN, Ostraka. 18
274
IV. KAPITEL.
im Hafen lag, zu zahlen hatte. Diese Auffassung, die auch in die
2. Auflage von Marquardt's Rom. Staatsverwaltung (II. S. 247, 7
und 275) übergegangen ist, wird jetzt durch Nr. 262 widerlegt, in
der ausdrücklich gesagt wird, dass man den Zoll für die 3 dywyca
zahle. Auch scheint mir die Deutung, die Fröhner dem ocythyia,
TiOLela'ö'at giebt, nicht haltbar. Er übersetzt: pour les marchandises
importees que tu y as laissees. Auch bezeichnet der in der Urkunde
genannte Zeitraum nicht le nomhre des jours passes en rade, sondern
nur die Zeit, innerhalb deren die einzelnen Frachtgeschäfte ge-
macht sind.
Man hat unsere 6p[xo^i)Xaxia auch mit der für Leuke-Kome
überlieferten TeiapTY] xwv ec^^epofxsvtov cpopTiwv in Parallele gesetzt
und hat in unseren Urkunden die Erwähnung eines Einfuhrzolles
für die aethiopischen Waren finden wollen. Vgl. Lumbroso, Recherches
S. 312. Aus Obigem geht hervor, dass unser lv6p|x:ov von den
Einfuhr- und Ausfuhrzöllen ebenso zu trennen ist, wie der für Athen
überlieferte Hafenzoll (eXXipievtov genannt) von den dortigen Ein-
fuhr- und Ausfuhrzöllen. Vgl. Boeckh, Staatsh. I^ S. 388 ff.
Die Zahler in den vorliegenden Quittungen sind nicht durch-
reisende Handelsleute, sondern solche, die in Syene - Elephantine
oder nächster Umgegend ansässig waren. Das geht meines Erachtens
aus Wendungen hervor wie: wv eTioci^aou xa ocizb Xotax X ew?
OapfioOO-t X (Dezember bis April). Die Anwesenheit der Leute wird
vorausgesetzt, und sie haben so zu sagen ihr stehendes Conto im
Hafenamt. 1) Daher kann auch monatlich mit ihnen abgerechnet
werden. Doch wird das £v6p[x:ov auch von ephemeren Besuchern
des Hafens erhoben worden sein.
§ 90. Tiapouacav.
Die Anwesenheit, der Besuch (Ttapouai'a) von Beamten oder
Truppen, auch vom Staatsoberhaupt, legte der Bevölkerung grosse
^) Dass in 304 ein xiQvoxpÖTiog, d. h. ein Gänsezüchter (für yrivozpöcpoQ),
den Hafenzoll bezahlt, seheint mir nicht anstÖssig. Er wird die Gänsezüchterei
im Grossen betrieben und Exportgeschäfte von Syene aus gemacht haben. Fröh-
ner's Erklärung S. 44 ist jedenfalls zurückzuweisen: er sieht darin einen muni-
cipalen Ehrentitel; der Inhaber soll die heiligen Gänse von Syene gefüttert haben.
Doch von solchen heiligen Gänsen in Syene ist nichts bekannt, auch sehe ich
sonst nichts, was diese Hypothese einigermassen plausibel machen könnte.
§89. DER HAFENZOLL. —
275
finanzielle Opfer auf. Bekannt ist die Bittschrift der Isispriester
von Philae (Ende des II. Jahrh. vor Chr.), in der sie sich beklagen,
dass ol 7tap£7üi5r^[ioövT£? elc Ta; OiAa^ aTpaTY^yol xal eTicaTaTa'. xal
•ÖTjßapxa: xal ßaaiAixol yp^P'-M-^'^s-* e^iiaTaTa: cp'jAayw'.TWv xal
gI aXy.o: 7wpa[Y][iaT'.xol Ttavis? xal ai axoAO'j^oOaai C'jva[jL£L; xal
1^ Xoiid] ÖTnjpeaca avaYxa^oua: T^|JLa^ Tuapouaiacauxol^Tioiela^a:
oux exovxa^.i) Beiträgen für die -apouaia spricht ferner
Petr. Pap. (II) XXXIX e 18 (III. Jahrh. vor Chr.). Kachdem dort
• die Kranzspende, der ail'^avo? (vgl. § 118), für das erste Jahr des
Königs aufgeführt ist, heisst es weiter nach Mahafl^s Lesung:
aXXouriapo'jaLaa? iß (seil. Artaben). Ich habe bereits in den Gött.
Gel. Anz. 1895 S. 160 vorgeschlagen, statt des mir unverständlichen
aXXou7iapoua:a^ vielmehr aXXou (seil, a-ue^avou) Ttapouaia^ zu lesen
und es zu deuten: ferner „für einen anderen Kranz, der anlässlich
der Anwesenheit des Königs geschenkt wurde". Ich halte auch
jetzt diese Interpretation aufrecht, wiewohl soeben der Versuch ge-
macht ist, jenes Compositum zu retten. Stau. Witkowski schreibt in
seinem „Prodromus grammaticae papyrorum graecarum aetatis Lagi-
darum" (Krakau 1897) S. 56: „in iuxtaposita quae dicitur voce f/
dX}.ou7:apo'jaLa ocurrit idem genetivus loci oXaou, quem hahennis in
pap. Taur. 1 1, 26 xaTayvövTe? ItcI töv (wohl verdruckt für tö:)
diXXo'j TTjV y.%irj'.yl%i lyziv [A£." Ein Beispiel für ein Compositum
mit diesem localen aAAou wird nicht gebracht. Aber selbst ange-
nommen, die Composition wäre möglich, was soll hier, wo lediglich
der Xame einer Steuer oder eines Steuer object€s stehen kann, „der
Aufenthalt an einem anderen Ort"? Gerade dieser Versuch, Mahafl^^'s
Lesung, die er selbst mit einem Fragezeichen versehen hatte, zu
halten, zeigt, dass sie unhaltbar ist. Pap. Grenf. (II) XIV b
(III. Jahrh. v. Chr.) handelt von den Lieferungen für die Tiapo'jaia
eines C'.o'.vjr^zr^;, (vgl. unten § 192 und 193). In der Kaiserzeit
wurde, um den Missbrauchen zu steuern, vom Präfecten Maximus
(Manius Maximus aus Augustus' Zeit?) durch Edict genau geregelt,
was imd wie viel für die durchziehenden Truppen zu leisten war.
Dies erheUt aus dem Edict des Cn. Vergilius Capito-) Z. 26:
Ö7:ox£''|i£vov [5]e pirj5£va [lyjSev 7üpaTT£:v l^w twv uzo Ma^ifiou
1) CIGr III 4896.
2) CIGr III 495G.
18*
276
IV. KAPITEL.
aTa-ö-evTWV. Dasselbe Edict lehrt aber, dass trotz dieser Verfügung
bald wieder Ueberschreitungen vorgekommen waren. Gegen diese
wendet sich eben das Edict des Capito vom Jahre 49 nach Chr.
Von einem Besuch, den der Statthalter Aegyptens Avillius
Flaccus, derselbe, dessen Zerrbild uns der Jude Philo hinterlassen
hat, im J. 33 n. Chr. in Theben abstattete, berichtet unser Ostrakon
1372. Die richtige Deutung dieser Urkunde verdanke ich Mommsen.
Der Text, wie ich ihn im II. Buch S. 366 auf Grund meiner
Revision vom Jahre 1895 gedruckt habe, führt zu unlösbaren
Schwierigkeiten. Mommsen beseitigte sie, indem er vorschlug, eXaße?
in £Xaߣ(v) zu ändern. Die Richtigkeit dieser Conjectur ergab mir
meine Copie vom Jahre 1886, und hier gebe ich der älteren Copie
um so eher den Vorzug, als das Ostrakon seit 1886 durch die
Salzkrvstalle sehr stark gelitten hat. Damals hatte ich sXaßee
OCTlO
gelesen, nicht eXaßs? . Was Mommsen verlangte, hat also der
Schreiber selbst gethan, indem er eXaße? nachträglich zu eXaßev
verändert hat (vgl. Corrigenda). Kun ist alles klar: „ich habe von
Dir so und so viel Drachmen erhalten für den Preis einer Artabe
Weizen für den Thesauros, den der Statthalter Flaccus für seinen
Besuch empfangen hat."
Von einer rcapouaia t-^^ ßaaiXiaarj^ handelt die Rechnung
Nr. 1481, aus dem IL Jahrh. vor Chr.
§ 91. IIsvTYjxoaTT^ (l^aywy^i;).
Für Syene belegt durch Nr. 43, 150, für Hermonthis durch
801, 806, alle aus der Kaiserzeit. Vgl. Ostr. Louvre 7292. i)
Dass an den Grenzen Aegyptens Einfuhr- und Ausfuhrzölle er-
hoben wurden, ist bekannt genügt) und ist auch selbstverständlich.
^) Durch ein Versehen ist diese Nummer nicht in meine Sammlung auf-
genommen. Sie lautet nach meiner Copie von 1886/7:
[ ? ] tay [ifiyoc, 'ASptavou ^
[ ] V uTcep e^aY(a)Y'^$) nupou dpxaßcSv
[lxa]xöv Ttsvxr^xovxa övö|jL(axo$)
[2apa]7Ct'tövog Uax///////
5 [xal] cpaTCou /////////a
In 2 kann auch e^aY((DT'^oö) gelesen werden. Das Ostrakon stammt wohl
aus dem Ende des II. Jahrhunderts n. Chr.
2) Vgl. Lumbroso, Eech. S. 312. Marquardt, EStV IP S. 274 ff.
§ 90 — 91.
277
Wir wissen ferner aus Agatharchides (in Phot. Bibl. p. 447^ ed.
Bekker) und Strabo XVII p. 813, dass im mittelaegyptischen Her-
mupolis Durchfuhrzölle von denjenigen Waren erhoben wurden, die
aus der Thebais stromabwärts gingen. In unseren Ostraka handelt
es sich, wofern ich sie recht verstehe, weder um jene Grenzzölle
noch um diese Binnendurchgangszölle, vielmehr um Ausfuhrzölle,
die in den (inländischen) Häfen Aegyptens von denjenigen zu zahlen
waren, die nach auswärts, d. h. wohl über die Grenzen der Stadt
hinaus, Waren exportirten. Betrachten wir die einzelnen Fälle.
In Syene wird der Zoll erhoben von den TsXwvai TievTiQxoaT'^?
oder 7c£mjxoa(Ta)va'.) X'.([ji£VGc) SoYjvY^c. Die Lesung X'^> hatte Birch
(zu is^r. 150, die ich nicht im Original gesehen habe) als „obscure"
bezeichnet, doch wird sie durch die Schriftspuren in Nr. 43 gestützt.
Die Zöllner bezeichnen sich also als Pächter der 7z^yzr^y.o:szr^ des
Hafens von Syene. ^) Sie quittiren den Empfang des tIXo? wv
IJVjYaye? ywOU'^wv Xayuvwv x. Es handelt sich in beiden Fällen um
die Besteuerung des Exportes von Kufen-), deren Inhalt nach der
Zahl der Flaschen (Xayuvoi), die sie enthalten, bestimmt ist. Der
Stoff ist nicht genannt, doch handelt es sich vermutlich um Wein.
Der Zoll beträgt vom Wert der exportirten Waaren. Der Zoll-
betrag ist nicht angegeben. Vermutlich ist er in Geld, nicht in
natura gezahlt.
In den anderen Fällen handelt es sich um Ausfuhr von Weizen
und Linsen aus Hermonthis. Die Zöllner nennen sich in 801
und 806 TsXwva: v (i==T.^yzr^y,0(Jzf^q) 'Ep[Jiü)vO'(:TO'j).S) In 801 hat
ein römischer Veteran dafür, dass er 150 Artaben Weizen und
8 Artaben Linsen exportirt (l^aywv, vgl. Corrigenda), ^ vom
Wert der Ausfuhr zu entrichten. Dass er es in Geld, nicht in
natura zahlt, macht die Anwendung des Wortes TeXecv sehr wahr-
scheinlich.
Da in Hermonthis ebenso wie in Syene der Zoll beträgt,
ist anzunehmen, dass in allen Häfen derselbe Satz bestanden hat.^)
Das §vöpp.'.ov von Syene hat hiermit nichts zu thun. Vgl. § 89.
2) Vgl. Kap. X.
^) Ich löse hier 'EpfitövO-Ctxou) und nicht *Epjiü)vd-(eü)s) auf nach Analogie
von Nr. 1569.
*) lieber die Tisvxr^xooxr, als Einfuhr- und Ausfuhrzoll im attischen Reiche
vgl. Boeckh, Staatshaush. S. 382 f.
278
IV. KAPITEL.
Hätten wir nur die Beispiele aus Syene, so würde man viel-
leicht die 7i£VTY]xoaTi^ für den aegyp tischen Grenzzoll halten. Doch
die hermonthitischen Texte belehren uns eines besseren. Auch
weiss ich nicht, ob überhaupt damals in Svene ein Grenzzoll gegen
Nubien erhoben werden konnte, da doch auch der südlich angrenzende
Dodekaschoinos römisches Gebiet war. Bei unserer Auffassung bleibt
nur noch fraglich, wo die Zollgrenze anzusetzen ist. Auch wenn
wir in 801 und 806 nach 1569 'Ep{jLa)v^(LTOi)) und nicht 'Epfjiwy-
'9'(£a)?) auflösen, folgt daraus keineswegs, dass etwa die Gaugrenze
die Zollgrenze gewesen, denn es besagt nur, dass diese Pächter die
Abgabe des ganzen Gaues gepachtet hatten. Die Bezeichnung der
Pächter von Syene als xeXwvai tö. Xi(\iivo(;) HotiVTiC, spricht viel-
mehr dafür, dass die Stadtgrenze oder noch genauer die Hafen grenze
die Zollgrenze war, für deren Ueberschreitung der Zoll zu entrichten
war. Diese Annahme findet ihre Bestätigung durch die in § 151
behandelten Urkunden, die uns zeigen werden, dass auch für die
auf dem Landwege exportirten Waren beim Verlassen der einzelnen
Stadt oder des einzelnen Dorfes ein Zoll, ein Thorgeld, zu entrichten
war. Ich halte es hiernach für wahrscheinlich, dass auch in solchen
Fällen, wo innerhalb des Gaues von einer Ortschaft zur anderen
exportirt wurde, dieser Ausfuhrzoll erhoben wurde. Dass es einen
ganz entsprechenden Einfuhrzoll gegeben hat, zeigt der nächste
Paragraph.
§ 92. nevxrjXoan^ (si^aywy^^) .
Für Theben belegt durch Nr. 1569, vom J. 119 n. Chr.
Die Zöllner, die sich TsXwvac v (=7i£VTY]>toaT'^^) Ilepl ©(i^ßa?)
nennen, quittiren über den Empfang des ziXoc, i^aytoy'^G T£L(|xyjv)
~Y £. Wenn die Lesung x^' richtig ist, würde das bedeuten, dass
die Zollzahler Waren im Werte von 3 Tal. 5000 Dr. eingeführt
haben und dafür nun (das wäre 460 Dr.) zu zahlen haben.
Es ist wohl kein Zweifel, dass dieser zweiprocentige Einfuhrzoll in
jeder Hinsicht das Pendant zu dem im vorigen Paragraphen be-
handelten Ausfuhrzoll ist. Das dort Gesagte gilt auch hier.
Combinirt man diese neuen Daten mit den oben angeführten
schon bekannten Nachrichten, so ergiebt sich, dass der Warenverkehr
innerhalb Aegyptens ausserordentlich mit Zöllen belastet war. Wenn
man z. B. von Theben aus Waren nach Arsinoe importiren wollte,
§ 91 — 94.
279
so zahlte man zunächst in Theben einen lokalen Ausfuhrzoll von 2%,
darauf bei der Hermopolitischen Zollstation, die man zu passiren
hatte, einen Durchgangszoll, dessen Höhe nicht bekannt ist, end-
lich in Arsinoe einen lokalen Einfuhrzoll von wiederum 2^/q. Brachte
man aber gar Waren aus Indien nach Arsinoe, so hatte man
ausser dem Hermopolitischen Durchgangszoll und dem Arsinoitischen
Einfuhrzoll vorher in dem Hafen am Roten INIeer, in dem man
gelandet war, eine TSTapTY], also 25^/o vom Wert der Waren zu
zahlen (vgl. § 205).
IIsVTYjXOaTYj WVLWV.
Vgl. unten § 138.
§ 93. Tp'lzfj TisptoTspwvwv.
Für Theben belegt durch Nr. 1228 (ptol. Zeit). Vgl. 1362.
Uepiazepoiy bedeutet „Taubenschlag, Taubenhaus". Wenn
Pap. Grenf. (I) XXI 11 einen (pL^ov tgtzov eIc, [7ü]£p:a'C£pö)va
aTToSeSeLyiievov nennt, so lässt das wohl darauf schliessen, dass
solche Taubenhäuser eventuell einen grösseren Raum einnehmen
konnten. Die xpiTY] Tiep'.aieptüvwv ist also eine Abgabe, die in
einem Drittel vom Ertrage solcher Taubenhäuser besteht.
Der Text von 1228 bietet eine Schwierigkeit. Wollte man toö
nXaiwvo? von toö IIivupio? abhängen lassen, so würde der Gross-
vater des Alexandres genannt sein, was mehr als unwahrscheinlich
ist, auch würde der Genetiv Trep'.axepwvo^ nach dem vorhergehenden
f Trepiaxepwvwv unverständlich sein. Wir werden daher toö IlAaTWvo?
7i£pLaT£pü)V0^ zu Verbinden haben und müssen darin die spezielle
Veranlassung der Zahlung erblicken, mit anderen Worten, Piaton
muss der Steuerzahler sein. Also zahlen die Pächter dieser Steuer,
denen hier quittirt wird, die 800 Kupferdrachmen speziell für das
Taubenhaus des Piaton. In einem soeben in Berlin erworbenen
Ostrakon, P. 8622, zahlen zwei Frauen für dieselbe Abgabe
1475 Kupferdrachmen.
§ 94. TsXog TWV TTSTStVWV.
Für Theben belegt durch Nr. 1523 (II. Jahrh. vor Chr.).
Diese Geflügelsteuer ist eine Vermögenssteuer, die auf den
Besitzern von Geflügel lastet. Meine Vermutung, dass in 1026, 3
TTSTYjvwv zu lesen sei, hat sich am Original nicht bestätigt.
280
IV. KAPITEL.
§ 95. Trcsp TcXsovaa[ioö.
In 777 (a. 86 n. Chr.) quittirt der Verwalter eines Grund-
besitzers einem gewissen WevixwvOtj^, 1^ Artaben Weizen Sltzo Xoyou
TrXeovaapioö erhalten zu haben. Wir haben hier keine öffentliche,
sondern eine private Leistung vor uns, denn der Zusammenhang legt
den Gedanken nahe, dass ^evfxwv^yj? der Pächter des Grund-
besitzers ist (vgl. z. B. 898). nX£0vaa|x6? mag den Ueberschuss
bezeichnen, der über den im Pachtcontract vorausgesehenen Ernte-
ertrag erzielt ist. Vgl. Rev. Pap. 57, 13. So mag diese Zahlung
einen Zuschlag zum ex^opiov bedeuten.
§ 96. TTisp 7iXiV'ö'(. . .).
Für Theben belegt durch Nr. 512, 572, 592, 1421, alle aus
dem II. Jahrh. n. Chr.
Die Abgabe UTiep ttXlv^ wird von den d(.7i(x,Lxy]Z(X,i [Jiepcajioö
TcXiv^ erhoben. In 1421 scheint die Abgabe pro Arure berechnet
zu sein. Vgl. t*^? Ir- so und so viel. Wie diese Abgabe auf-
zufassen ist, bleibt völlig unklar. Ich will nur daran erinnern,
dass wir oben S. 163 Spreulieferungen de, 7iX(cv^oXxtav) kennen
lernten. Es gab also kaiserliche Ziegeleien. Vielleicht handelt es
sich auch hier um Leistungen für diese Ziegeleien. Die Abgabe
wird regelmässig in Kupfer gezahlt.
§ 97. TjlSp TlXoiOU TipSTWpLOl).
In Nr. 293 (Ende des II. Jahrh. n. Chr.) wird neben den
7ioxa[Jio9uXaxc6£^ und der aiaTLWV das tiXolov npezihpiov als Steuer-
object genannt. Damit kann, wie schon Fröhner^) gesagt hat, wohl
nur ein Schiff im Dienst des Statthalters gemeint sein. Für die
Instandhaltung dieses Schiffes wurden diese Zwangsbeiträge erhoben.
§ 98. Ticsp TlOpSDXCOV.
Für Theben belegt durch 335, 345, 1351, 1354, 1357, 1504,
1507, 1508, 1517, alle aus dem IL Jahrh. vor Chr.
Der Genetiv nopeuzGiV, dessen Lesung zu finden mir nur mit
vieler Mühe schliesslich gelungen ist (vgl. Corrigenda), wird von
Rev. Archeol. XII S. 42/3.
§ 95 — 98.
281
einem Nominativ Tzopeuxr^g abzuleiten sein. Das ist wieder eine der
zahlreichen Vocabeln, die unsere Lexica nicht kennen. Da wir hier
sehr wahrscheinlich die Bezeichnung eines Standes oder Gewerbes
zu erwarten haben, so leite ich das Wort von dem Aktivum zzopvjz'.v
in der Bedeutung „überfahren, übersetzen" ab. "^0 Tuopeuxr^; ist da-
mit Synonymen von 6 Tcopeuc, was Hesychios als TTOp-O-fieu^ erklärt.
Wir haben es also mit der Gewerbesteuer der „Uebersetzenden", d. h.
der Fährleute zu thun. Vgl. § 197.
Da die angeführten Urkunden sämmtlich Bankquittungen sind,
die an den Steuererheber ausgestellt sind, so ist über die Höhe der
Gewerbesteuer für den einzelnen Fährman nichts zu gewinnen. Doch
sind die angeführten Summen für die Beurteilung der Bedeutung
dieser Steuer nicht ohne Interesse. Es ist ein glücklicher Zufall,
dass wir nicht weniger als fünf Quittungen aus einem und demselben
Jahre haben. Der Jude Sambathaios, der die Erhebung dieser Steuer
für das Jahr 144/3 vor Chr. gepachtet hat, hat in diesem Jahre
folgende Summen erhoben und an die Bank gezahlt:
1. 10 Tybi Dr. 867, (im Ganzen) Dr. 1000 (Nr. 1351).
2. 25 Tybi Dr. 867, [ ] (Nr. 1504).
3. 17 Phamenoth Dr. 867, [ ] (Nr. 335).
4. 10 Payni Tal. 1 Dr. 4434, (im Ganzen) Tal. 2 (Nr. 1507).
5. 19 Epiph Dr. 890, (im Ganzen) Dr. 1040 (Nr. 1508).
Diese Tabelle ist nach mehreren Seiten hin von Interesse.
Zunächst sehen wir hier einmal deutlich, dass die in den Quittungen
genannten Summen auch dann als Ratenzahlung gefasst werden
können resp. müssen, wenn auch der Wortlaut der Urkunde es in
keiner Weise indicirt. Es heisst überall nur UTiep .iiopeuTWV to'j x.
i-zouq. Dies gilt im Allgemeinen von den Bankquittungen, die an
die Erheber ausgestellt sind. Die Erheber zahlen natürlich immer
in Raten und haben monatliche Abrechnung mit der Bank. Die
Tabelle ist zugleich ein Beweis dafür, dass unsere oben S. 76 gegebene
Erklärung der Marginalsummen die richtige ist: sie sind nichts
anderes als die Gesammtsummen dessen, was der Trapezit im Laufe
des Monats bis zu dem in der Urkunde genannten Datum von dem
betreffenden Steuererheber erhalten hat. Dass die Summirung nicht
auf das Jahr geht, SQndern auf den Monat, ergiebt deutlich die
Vergleichung von Nr. 1508 mit 1507. Die Marginalsumme ist
282
IV. KAPITEL.
hier im Epiph kleiner als im vorhergehenden Monat Payni. Ich
weise aber darauf hin, dass wir in § 83 eine Ausnahme hiervon
constatirt haben.
Trotz des verhältnismässig grossen Materials lässt sich nicht
berechnen , zu welchem Preise die Steuer pro Jahr verpachtet
war. Wir müssen bedenken, dass, wie der Steuerzahler in freien
Raten zahlte, so in Folge dessen auch der Steuerpächter die fallige
Summe in entsprechenden Raten an die Bank weiter zahlte. Wenn also
Sambathai OS bereits am 10. Payni (also im Laufe der ersten zehn
Tage des Payni) laut Marginalbemerkung zwei Talente abgeliefert hat,
so folgt daraus nicht, dass etwa monatlich mindestens zwei Talente
abzuliefern waren, mit anderen Worten, dass die Steuer für mindes-
tens 24 Talente pro Jahr vergeben war, sondern die Normalhöhe
des Monatsbetrages kann eine kleinere gewesen sein, ebensogut wie
eine grössere. Der Steuerpächter kann in diesem Monat factisch
mehr als die Normalsumme gezahlt haben, ebensogut, wie er in
anderen Monaten weniger zahlt. Da er am 29. Hathyr z. B. laut
Marginalbemerkung erst 1000 Drachmen gezahlt hat, wird er in
diesem Monat sehr w^ahrscheinlich weit unter der Normalhöhe ge-
blieben sein, wenn er auch noch am 30. Nachträge geliefert
haben sollte.
Merkwürdig ist, dass Sambathaios vier Mal eine Rate von
867 Drachmen zahlt (335, 1351, 1354, 1504), davon zwei in
einem und demselben Monat.
§ 99. Trüsp 7ioTa[xocpi)XaxLSa)v.
Für Syene-^llephantine belegt durch Nr. 48, 87, 89—92, 104,
108, 112, 120, 122, 124, 127, 131, 132, 134, 139, 142, 143,
145 — 147, 162, 169, 287, 293, 1274, 1573, für Theben durch
Nr. 439, 440, 507, 1241, 1408, 1413, alle aus dem I/II. Jahrh.
nach Chr.
Die Texte bieten meist Tioiafiocpu?^ oder eine andere Abkürzung,
die uns über die Wortform im Unklaren lässt. Ausgeschrieben finden
sich folgende Formen: [7roTa|Jio]9uXazi[So]5 in 48, was in 104 zu
7iOTa[io^uX(a)xL5oi) verschrieben ist. Der Plural findet sich in 293:
7tOTa{jiocpuXaxi6(i)V5 und merkwürdig verschrieben in 134: 7ioTa[xov-
^uXaXLOeg (für 7roTa[JL(ji)V ^.?). In Theben findet sich statt dessen
§98. FÄHRMANNSTEÜER.
— § 99. DIE FLUSSWACHE. 283
einmal 7roTa[iö)V (puXa7.'^(?), in 440. Für letzteres sagt eine latei-
nische Inschrift (Henzen 6928 = CIL II 1970) potamophylaeia. Die
Bedeutung ist klar. 'H TroTafio^uXaxi^, ein Wort, das unsere
Lexica nicht kennen, bedeutet „Flusswachtschiff' (seil, vaöc), und
potamophylaeia die Flusswache. Bemerkenswert ist der Plural TtOxapLwv
in dem thebanischen Ostrakon. Danach wurde nicht nur auf
dem Nil, sondern auch auf seinen Armen und Kanälen AYache
gehalten.
Die Einrichtung dieser Flusswache ist bekannt genug. Ich
verweise im Allgemeinen auf die Ausfuhrungen von Lumbroso
(V Egitto 2. Aufl. S. 29 f.). Für die Ptolemäerzeit sind die Wacht-
schiffe auf dem Nil durch Pap. Paris. 63 I 22 bezeugt: „tü)v iiCi
Töv cpi>Xaxt5ü)v [TeT]aY|i£V(i)V vauxXy]po[iax^tJt(i)v" (II. Jahrh. vor Chr.).
Der Text ergiebt zugleich, dass diese Schiffsbemannungen sich teils
in Alexandrien (vgl. Z. 20: oi Tiapsi^sSpsuovTe? £V 'AXe^avSpsLa'.),
teils in den Gauen befanden. Vgl. Z. 24: „to'j[5] Tüap' a'jxöv olt.g-
XeX£t[i|ievou5 (so las ich am Original statt -oXefjLLr^jxevou^) £7tl twv
TOTcWv", wo unter den totto: die Toparchien der Gaue zu verstehen
sind. Für die Kaiserzeit bezeugen unsere Ostraka dieselbe Einrichtung,
und zwar von Vespasian bis Antoninus Pius. Die eben erwähnte latei-
nische Inschrift ^) fallt in die Zeit Hadrians (vgl. Hirschfeld R. V.
S. 127). Auch Josephus bestätigt diese Einrichtung, indem er erzählt,
dass, wie die Ptolemäer, so auch die Kaiser den alexandrinischen
Juden die Flusswache {fluminis custodiam) ^) anvertraut hätten. Es
bleibt mir fi-eilich zweifelhaft, ob unter dieser den Juden anvertrauten
custodia die militärische Leitung und Bemannung der Wachtschiffe
zu verstehen ist. Man denkt unwillkürlich an die kurz vorher
(§ 44) von demselben Josephus (vgl. Aristeas) aufgestellte Be-
hauptung, dass Ptolemaios I. die Castelle Aegyptens den Juden
zur Bewachung anvertraut habe! Die Flusswache war aber, wie
Lumbroso richtig hervorhebt, nicht nur da, um die Ordnung auf-
recht zu erhalten und den Handel und Wandel auf den Wasserwegen
CIL II 1970: Z. ValeHo L. f. Quir. Procido .... praef. classis
Alexandrin. et potamophylaciae.
*) Joseph, c. Apion. II 5 §64: Maximam vero eis {Judaeis in Alexandria
commorantihus) fidem olim a regibxLS datam conservaverunt (imperatores), id est
fluminis custodiam totiusque custodiae ncquaquam his rebus indignos esse indi-
cantes. Was soll totiusque custodiae f
284
IV. KAPITEL.
ZU beschützen, 1) sondern auch um die ordnungsgemässe Eintreibung
der auf den Wasserstrassen fälligen Zölle und Abgaben zu control-
liren, resp. durchzuführen. Hierzu wird man Juden verwendet
haben, die ja schon in der Ptolemäerzeit eine besondere Veranlagung
zu solchen Geldgeschäften documentirten.^) Ob freilich sie allein
zugelassen wurden, wie Josephus glauben machen will, lasse ich
dahingestellt, — Ich denke mir, dass bei den Standquartieren der
Fluss wache sich Zollbuden befanden, in denen diese Geschäfte ab-
gewickelt wurden. Vgl. Strabo XVII p. 813: „'E^'^^ 5' eaxlv 'Ep{jLO-
TToXcTtXT] (^ulax-fj, teXwvlov u twv £X t*^^ ©YjßatSo; xaxacpepo-
pievwv. Auf die äussere Anlage dieser Stationen wirft die Bezeichnung
a)(£§ca Licht, die abwechselnd neben (puXaxi^ begegnet.^) Es sei
hier auch darauf hingewiesen, dass in unseren Quittungen über
TTOTaixo^uXaxLÖe^ manchmal daneben auch die aiaxLWV derselben
erwähnt wird. Vgl. § 116.
Unsere Ostraka lehren uns nun, dass für die Instandhaltung
dieser Flusswache eine Abgabe von den Unterthanen erhoben wurde,
denn so werden wir mit Fröhner (Rev. Archeol. XII S. 42) diese
Quittungen zu deuten haben. Meistens wird quittirt UTiep [i£pia{Jioö
Tiozociio^uXa.y.ihoc,, womit über die Bedeutung der Zahlung nichts
ausgesagt ist. Einmal heisst es UTiep ö'j'wvtou 7roTa[xocpuXa>ci6o?
(104), und in vier Quittungen, die alle aus dem J. 113/4 stammen,
heisst es uTiep [xia^oö Tzoz(x\LO^u'Xaxihoc, (89 — 92). Die letzteren Aus-
drücke weisen darauf hin, dass die Abgabe auch für die Verpflegung und
Besoldung der Mannschaften auf den Wachtschiffen verwendet wurde.
Vergleicht man die gezahlten Summen, so fallt auf, dass die
Beträge für ein und dasselbe Jahr meist gleich hoch sind. So zahlen
^) Ueber die Bewachung des alexandrinischen Hafens giebt Strabo II p.
101 interessante Auskünfte: dXX' oüS' £^6v rjv avsu 7cpoaxdy|jiaTOg 'AXs^av-
5psi«s dvdysa^at, xat xaöxa vevoocpta[jL£V(p ßaaiXt,-xd xp^^M-axa (seil. Eudoxos).
Oubi ys Xad-stv sxTiXeuoavxa svsSsxsxo, xooccux-q cppoup^ >t£xX£io|JL£vou xou Xi\iivog
xal xwv dXXü)v £^öSü)v, 6ay)v xal vuv Ixt 5caiJi£vouaav £yv(i)ji£v '^|i.£ls £7:t,5Y)|ioövx£g
x'^ 'AX£^av8p£tqc uoXüv xpovov, xac'xot xd vuv uoXu dv£rxa', Tü),aaiü)v £Xövxü)v
al ßao'.X'.xal tk cppoupal noXu -^aav Tt'.xpöxEpau Man durfte also aus Alexandrien
nicht ohne spezielles Trpösxayjia, nicht ohne Pass in See stechen.
^) Zahlreiche Juden unter den thebanischen Steuerpächtern des II. Jahrh.
vor Chr., vgl. Kap. VI. Ein Jude auch an der Spitze der opiio^uXaxia in
Svene. Vgl. § 89.
2) Vgl. Agatharchid. bei Phot. p. 447 b ed. Bekker. Dazu Henzen 6928.
§ 99 — 101.
285
für 75; 6 zwei Leute je 4 Obolen (439, 440), für 124/5 zwei Leute
je 10 Obolen (131, 132), fiir 128/9 zwei Leute je 1 Drachme 4 Obolen
(145, 146). In 1573 (fiir dasselbe Jahr) ist die Summe nicht
erkennbar, doch Vater und Sohn zahlen dasselbe (exaaTO^ . .). Für
113/4 zahlen zwei Leute je 6 Drachmen 5 Obolen (89, 91), einer
nur 5 Drachmen 3 Obolen. Letzeres kann Kate sein. Auch in dem
soeben in Berlin erworbenen Ostrakon P. 8620 zahlen zwei Leute
für das Jahr 119/20 je 1 Drachme 5 Obolen. Daraus scheint
sich zu ergeben, dass der Betrag alljährlich festgesetzt wurde, und
zwar pro Kopf in gleicher Höhe. Dass auch für diesen kopfsteuer-
artig aufgelegten Zwangsbeitrag die Bezeichnung [i£p'.a|Ji6c so häufig
wiederkehrt, stützt unsere Ausführungen in § 75.
§ 100. Mspia^G^ TipaxTopioD.
Das TüpaxTOpiov ist das Bureau der TipaxTOpe^, der Steuer-
erheber. Aus dem Edict des Tib. Julius Alexander wissen wir, dass
im Praktorion diejenigen gefangen gehalten wurden, die der kaiser-
lichen Kasse verschuldet waren. Vgl. CIGr. III 4957, Z. 17 f:
[AT/S' oXuyq xaxay.XsLeaO'ai XLva? D^eud-ipoxjq . . . elc, to TTpaxxope'.ov
l^ü) Töv dcfSiXovTtov tlc, TÖv xuptaxöv Xoyov. Es war also zugleich
ein Greföngnis für die Steuerschuldner. Um so bitterer mag es die
Bevölkerung empfunden haben, dass sie zur Herrichtung oder In-
standhaltung dieser Schuldgeföngnisse aus ihrer Tasche beizutragen
gezwungen wurde. In Nr. 517 (Theben, a. 118) werden für diesen
Zweck 3-| Obolen von den d7:a:T(yjTal) (i£p:a|i(oO) TipaxTWpcou (sie)
erhoben. Auch dieser Zwangsbeiti*ag wird kopfsteuerartig aufgelegt
sein (vgl. [i£p'.a[i6?).
§ 101. Mspia|jLÖ^ TipsaLBLOu.
In 621 (Theben, a. 145 n. Chr.) quittiren die dTtacTTjTal [xepta-
|ioö 7Zptoihi(p\)). Ich lasse dahingestellt, ob man praesidium hier
im Sinne von Besatzung oder von Lager, Schanze oder dgl. fassen
soll. Jedenfalls scheint hier eine Abgabe vorzuliegen, die mit der
militärischen Besatzung des Ortes in irgend welcher Beziehung steht.
Auch sie wird kopfsteuerartig aufgelegt sein.
286
IV. KAPITEL.
§ 102. Tjisp 7rpo|3aTcov.
In 1369 (Theben, vom J. 10 n. Chr.) wird für den Monat
Choiak eine Abgabe für 15 Schafe gezahlt. Der Betrag ist nicht
angegeben. Diese Steuer, die von den Schafbesitzern erhoben wird,
ist als Vermögenssteuer aufzufassen. Um die Besteuerung der Schafe
zu ermöglichen, mussten die Herdenbesitzer alljährlich eine aTioypa^T^
einreichen (vgl. Kap. Y). Speziell über den Besitz an Schafen handeln
BGU 133 und ein Wiener Papyrus bei Härtel, Griech. Pap. Erzh.
Rain. S. 74.^) In den Faijümer Papyri begegnet die Schafsteuer
unter dem Namen ^opo? Tipoßaxwv mehrfach. Vgl. BGU 41, 12;
63, 6; 199, 16; 292, 3. Es sei hervorgehoben, dass die Erhebung
dieser Schafsteuer (ebenso wohl der verwandten Viehsteuern) in
besonderer Weise der Oberaufsicht des Strategen überwiesen gewesen
zu sein scheint. In dem noch unpublicirten Berliner Papyrus
P. 1394 findet sich bei cpopou TTpoßaxwv — und nur hier — der
Zusatz U7i6 9pov[Tt5a aTpaTYjY®^]«") Bemerkenswert ist auch, dass
nach dem Pap. Lond. CCLV der Ertrag des ^opoc, Trpoßaxwv nicht
wie der der Biersteuer (^uxyjpa) an die §r^[xoaLa xpaTis^a, sondern
elq XYjV £7tl xouxo:^ xpd7r£^a(v) abgeführt wird, also an ein spe-
zielles Ressort.
Auch in 244 (Syene) handelt es sich um Besteuerung von
Schafen. Hier ist vor TCpoßaxtov freilich eine Lücke, die noch ihrer
Füllung harrt. Vielleicht Hesse sich hier [67i(£p) vo[x]ü)V ergänzen.
Dann würde es sich vielmehr um Weidegeld handeln. Vgl. § 40
und 82.
^) In dem Berliner Text erklärt der Declarant, dass von 104 upößaxa,
6 aiyes und 10 äpvss des vorigen Jahres 14 Tipößaxa zu Grunde gegangen seien,
sodass er nur noch 100 anzeige. Die Rechnung ist sehr einfach, wenn man,
wie Mommsen vorgeschlagen hatte, die 10 Lämmer des vorigen Jahres still-
schweigend als Schafe dieses Jahres mitzählt. Die 6 Ziegen wird er in einem
besonderen uns verloren gegangenen Satze — die Urkunde ist unvollständig —
angezeigt haben. Es ist mir nicht klar geworden, wie Härtel a. a. O. zu
115 Stück kommt, die übrig geblieben seien. Vielleicht liegt hier ein Druck-
fehler vor. Ilpößaxov aber, wie er will, als „Kleinvieh" zu nehmen, verbietet
sich dadurch, dass derselbe Text die cdyBC, von den Trpößaxa unterscheidet.
2) Ergänzt nach P. 1397.
§102. DIE SCHAFSTEUER.
§ 103. ZUSCHLÄGE.
287
§ 103. Ta rwpocBiavpa-^oiJLcva.
Es wd kaum nötig sein, alle die Xummern zu citiren, in
denen ftir xd 7rpoc5:aYpacp6{Ji£va gezahlt wird, üeber das Auftreten
dieser Zahlungen in unseren Ostraka habe ich Folgendes beobachtet:
1) Sie fehlen regelmässig in den (briefartigen) Quittungen, die
die Erheber den Zahlern ausstellen, und kommen nur in den Bank-
quittungen vor.
2) Sie fehlen (bisher) regelmässig in den Texten der Ptolemäer-
zeit und begegnen nur in denen der Kaiserzeit. Am Ende des II.
und im III. Jahrh. nach Chr. werden sie nicht erwähnt.
3) Sie fehlen in Syene-Elephantine und begegnen in Theben,
aber nicht regelmässig. Fast immer werden sie in den Quittungen
aus XdpaJ, ^Q^i und 'Ay^ß erwähnt, dagegen fehlen sie mit einer
Ausnahme (489) in denen aus Xcxo; xal Ai'h,
Ich füge hinzu, dass sie auch in den Quittungen aus dem Faijüm
vorkommen, und zwar in Urkunden, die nach meiner Auffassung
wiederum Bankquittungen sind. Vgl. BGU 99, 219, 337, 342.
Vgl. auch Pap. Grenf (II) XLI, 10; XL VIII; LH. Auch fiir
Panopolis sind sie bezeugt. Vgl. Hermes XXIII S. 593.
So viel über das Vorkommen der TTpo^Scaypa^ofxeva. Was
haben wir uns nun darunter vorzustellen? A'.aYpd^siv heisst „zahlen".
Also ist xd 7:po;5:aYpa^6[JL£va das, was zu etwas anderem hinzu-
gezahlt wird. Vgl. auch Pap. Paris. 62 V 5. In der That begegnet
xd Tipo^S niemals selbstständig, sondern immer im Anschluss an eine
vorhergehende Zahlung (vgl. xd xo'jxwv Trpo^S'.aypa^ofieva). Ich habe
schon im Rhein. Jahrb. LXXXVI S. 249 die Deutung vorgeschlagen,
dass man an Schreibgebühren oder Aehnliches zu denken habe. Diese
Auffassung wird jetzt durch die Faijümer Urkunden bestätigt. In
BGU 99 steht: xal xd 7(:p[o;]6('.aYpacp6|JL£va) au[ißGX(ou) oder aupi-
ßoX(cxd), „das, was hinzugezahlt wird für die Quittung", i) wo mit dem
g6|ji,,3oXov eben die vorliegende Quittung gemeint ist. Ich verweise auf
Eevenue-Pap. 20, 14 ff: [" Oaa ajuyYpd^ovxai ol oly.ow6\LOi xxX . . .,
[XY] Ttpaaala^waav oi 7ipaY|-ta[x£i)ö[i£vo'.] Iz xwv auyypa^wv [irfik
xwv oufißoXwv [Ji[r^5£v]. Es wird hier den Oekonomen und anderen
^) Zu aüjißoXov als Quittung vgl. Actenstücke aus der kgl. Bank v. Theben
V, VI, VII.
288
IV. KAPITEL.
königlichen Beamten ausdrücklich verboten, für die Contracte und
Quittungen, die sie in den näher bezeichneten, aber durch eine
Lücke uns unverständlichen Angelegenheiten ausstellen, eine Gebühr
zu erheben. Wenn Philadelphos es für diesen speziellen Fall ver-
bietet, muss es sonst üblich gewesen sein. Wir würden aber xoc
7rpo?5taYpacp6[Ji£va zu eng fassen, wenn wir es nur auf die Quittungs-
gebühren beschränken w^ollten. Es muss ein weiterer Begriff gewesen
sein, der auch andere Bureaugebühren in sich schloss. Denn in
Pap. Grenf. (II) XLI, 10 werden xa 7rpo^5iaYpa(^6[X£va und xa aujjißo-
Xr/wdc neben einander genannt. Der Text lehrt zugleich, dass der
Steuerpächter schon in seinem Pachtangebot der Regierung eine
bestimmte Summe für diese beiden Posten in Aussicht stellte. Auf-
fallig bleibt nur, dass wir keine Quittungen haben, in denen der
Pächter den Empfang dieser Tupo^Scaypacpofxeva vom Steuerzahler
bezeugt. Und doch hat er das Geld von der Bevölkerung erhoben,
wie ja auch die Bankquittungen besagen. Weshalb uns diese Gebühr
nur in den oben gezeichneten Grenzen, und nicht überall begegnet,
weiss ich nicht zu erklären.
§ 104. np6q^e\i(x).
Für Theben belegt durch Nr. 834, 839, 841, 973. Vgl. P. 4229.
npo^O-Ceixa) bedeutet „Zugabe, Zusatz". In allen Fällen handelt
es sich um Naturallieferungen , teils von Weizen teils von Bohnen
(834, 973). Nur in P. 4229 ist adaeratio eingetreten. i) Man fragt,
zu welcher anderen Abgabe wird dieses Tipo^-ö-epia hinzugefügt? Die
Antwort dürfen wir wohl dem Pap.Lond. XCIX (ed. Kenyon S. 158 ff.)
entnehmen. In dieser Urkunde aus dem IV. Jahrh. nach Chr., die
Abrechnungen über eingegangene Getreidelieferungen enthält, werden
durchgehends die Lieferungen für den xavwv und für das Tzp6^^t\i(x.
unterschieden. Der Canon ist nach dem Sprachgebrauch dieser Zeit
die ständige, jährliche Naturalabgabe (vgl. § 175), das 7zp6qd'E[i0c
also ein Zuschlag zu dieser. So werden wir das 7rp6i;'9'£|Jia unserer
Texte (II. Jahrh. n. Chr.) für den Zuschlag der damals üblichen
Naturalabgaben, also vor allem für Grundsteuern und annona, zu
^) In dieser Quittung, die nicht in unsere Sammlung aufgenommen ist,
wird gezahlt sl^ 'Kpö(c,)^{B\iOL) z'-(\iy]c,) Spayj {lag) öxto / ^yj. Hier wird
nicht Weizen geliefert, sondern der Preis für ^ Artabe Weizen mit 8 Dr. bezahlt.
§ 103 — 107.
289
betrachten haben. Daher heisst es auch in 839, Tvie sonst bei den
Grundsteuerquittungen, bnep Y^VT^CfiaTOs) toO Sslvot; izouq. — Die
Erheber, die das Getreide einfordern, nennen sich TrpaxTOpe? acTix"^^,
einmal (973) ^^no^lzr^zi]q 7.'j(a(jLa)v).
Mommsen erinnert mit Recht an die römische superindidio.
§ 105. Ta 7üpo^{i£Tpou[i£va.
Dieser Ausdruck besagt auf dem Gebiet der Getreidelieferungen
gewiss dasselbe, was xa Tüpo^^iaypa^ofieva auf dem der Geldzahlungen
(vgl. § 103). Er kommt aber sehr viel seltener vor, vgl. 716, 1405
(beide aus der Kaiserzeit). Aehnliche Zuschläge bei Marquardt,
RStV. 112 a 190 Anm. 4.
§ 106. Tt^sp 7rpogüi([JLou).
Für Hermonthis und Theben belegt durch Nr. 342, 351,
1232, 1515, alle aus dem II. Jahrhundert v. Chr.
Eine andere Auflösung für Tipo^Ti'^ls 7üp6?TL{Jiov dürfte kaum
zu jßnden sein. Das Wort bezeichnet gewöhnlich das Straf- oder
Bussgeld. Da es sich hier in allen vier Fällen um Zahlungen
an die königliche Bank handelt, werden es Strafgelder sein, die
an den König fielen. Daneben wird die Zahlung von xd xaOn^-
xovxa zkXf] bezeugt, ohne dass die Höhe derselben angegeben würde.
Bisher war es mir nicht möglich, in 1232 die Gruppe hinter
TTpo^x'^u lesen. Ich erkannte nur Tipo^x'T'. . ^ y*^?* Buss-
geldem vgl. unten § 164.
Ttisp 7i;poTO[Xü)v.
Vgl. § 15.
§ 107. Trcsp TTpoupLou.
In 271 (aus Elephantine) wird quittirt ÖTtep TUpoupcou (sie)
Tzzpl OoLVi'^ xaXo[u]pL£vov (sie) Sav6avrirjy. Die Lesung Trpoup'.ou
ist sicher. Fröhner (Rev. Arch. XII S. 33) hat vorgeschlagen, es zu
TCp(atx)oi)ptou zu vervollständigen, und übersetzt: „pour le navire
pretorien stationnant en Phenicie (et) appele Sendantexi" ^). Ich halte
eine derartige Vervollständigung des Wortes aus palaeographischen
1) Wessely (Denkschr. Wien. Akad. 1889, S. 184), der Fröhner folgt,
druckt Tcpa'.xoDpiou ohne Klammern ab, als wenn es so überliefert wäre.
WiLCKEN, Ostraka, 19
290
IV. KAPITEL.
Gründen principiell für unrichtig. Es ist zwar behauptet worden, dass
auch in dieser Weise abgekürzt w^orden sei, doch sind überzeugende
Beispiele noch nicht erbracht worden. Man müsste es höchstens
als ein Versehen des Schreibers auffassen. Aber auch das ou
spricht dagegen, da o), schlimmsten Falls o, zu erwarten wäre.
Vgl. Tikoiou 7rp£iü)p(oi) in 293. Ein Wort izpoupiov giebt es nun
allerdings nicht. Ich spreche die Vermutung aus, dass TipoupLOU
für (fpoupLOU steht. Solche Vertauschung der Tenuis mit der Aspirata
kommt in vulgärer Dialectorthographie vor^). Dann würde die
Abgabe erhoben für ein Castell mit Namen Sandanten (?). Freilich
wäre es nun sehr merkwürdig, w^enn ein Bürger von Elephantine
im Jahre 179 n. Chr. für ein phönicisches Castell zahlen sollte. Ist
denn aber die Auflösung OoLVLx(Yjv) notwendig? Ich habe in den
Corrigenda vielmehr die Lesung OoLVtx(a)va) vorgeschlagen, und
denke dabei an einen Ort im unteren Nubien, dem Nachbargebiet
Elephantines (vgl. Kap. IX). Dann hätte man in Elephantine bei-
gesteuert zu der Befestigung des Castells bei Phoinikon. Dies würde
ganz verständlich sein.
§ 108. TTisp 7xpox( ....)•
Vgl. 648, 1577.
In 648 werden 20 Drachmen UTtep Tipo^ toö (auxoö) %^ für
den Monat Payni gezahlt, in 1577 3 Dr. 3 Ob. unkp [xspcafiou npo^.
In beiden Fällen muss Tzpo^ eine Abgabe bezeichnen. Ich weiss
keinen befriedigenden Vorschlag zur Erklärung zu machen. An den
Ortsnamen IIpo^ (vgl. Kap. IX) kann hier nicht gedacht werden.
§ 109. TTISp TljJlYj^ TlUpOU.
Für Theben belegt durch 359, 663, 694, 1325, 1371, 1388,
1391, 1558, 1587. Vgl. 1535.
Es sind Quittungen über Geldzahlungen, die unep TifJi^? Tiupoö
erfolgen, also Naturallieferungen vertreten sollen. Mit den an-
geführten Worten ist über die Art der Steuer, für welche die
Vgl. Pap. Leipz. 4 K. 15 Tiaar^Xitov für aaY]Xt(i)v. Pap. Grenf. (I) XLV
$ave(i'.iü)5 neben HaveiietT^oug in XLVI, wo dieselbe Person gemeint ist.
BGU 71, 19 ff. xt-poTP^^O'^ t8ö>tpa7iov, uTtoypduovxog für X£-pöypacpov, cS'-öypacpov,
uüoypdcpovxog. Vgl. andrerseits BGU 458, 7 ^fj^ocpr^Tcg für Tcpocpr^xYjg.
§ 107 — 110.
291
Zahlung geschieht, nichts ausgesagt. Wir haben jedenfalls an solche
Steuern zu denken, die eigentlich in natura zu zahlen waren,
d. h. namentlich an die Grundsteuer und die annona. In § 104
haben wir ein Beispiel solcher adaeratio auch für das 7:pG;'9'£[ia
gegeben (P. 4229). Dass die Steuer in den obigen Urkunden nicht
genannt wird, haben sie gemein mit den meisten Quittungen über
Katurallieferungen, in denen gleichfalls gewöhnlich nur der Ort,
fiir den die Zahlung erfolgt (OTisp Xapaxo^ oder ähnlich), genannt
wird (vgl. § 124). Wie dort wird auch in den obigen Texten
gelegentlich das Emtejahr angegeben, aus dem der Weizen zu ent-
nehmen war. Wie dort ^ird auch hier gelegentlich das Ressort
genannt, für welches die Lieferung erfolgt. Vgl. Bioixr^aswc in 359,
1325. Kach alledem ist wahrscheinlich, dass wir es mit einer
adaeratio der Gmudsteuer resp. der annona zu thun haben. Während
bei letzterer die adaeratio sehr häufig eintrat (vgl. § 16 und § 87),
scheint sie bei der Grundsteuer nur in Frage zu kommen, wenn
es sich . um Nachtragszahlungen handelt. Wenigstens in den vor-
liegenden Fällen sind die Zahlungen, soweit wir diesen Punkt über-
haupt controlliren können, immer Xachtragszahlungen. Vgl. 359,
1371, 1388, 1558, 1587, wo überall fiir die Ernte des verflossenen
Jahres gezahlt wird. Eine sehr verspätete Zahlung liegt in 1325
vor: da wird fiir das 11. Jahr im 14. Jahr gezahlt. Vgl. S. 215.
In 1535 scheint mir eine adaeratio des Pachtzinses (izcpopiov)
vorzuliegcD, denn es heisst: SeSwxa^ ÖTcsp ob Yeiopyels xXrjpou.
Der Grundeigentümer, der xAYjpoO/^oc, lässt seinen Pächter ('AXeEav-
5po;) einen Teil (d7:6) des ihm schuldigen Pachtzinses in Geld an
seine Commilitonen (ouvaTpaTiöiai)^) de, xö 7ü£[pLa?]x£X(xa(?) zahlen.
§ 110. Ty;^ TTpwxYj^ sga[jLyjvo'j.
In 336 (Theben, vom J. 259;8 v. Chr.) wird die Zahlung
lediglich durch die Worte xf^^ Twpwxr^c lxEa{JL£VOi) begründet.
Ebenso heisst es in 1339 (aus demselben Jahre) Tf^^ 5£ux£pa;, wozu
man gewiss ein l^ajir^vou zu ergänzen hat. In beiden Fällen ist
Ein neuer Beweis dafür, dass wir in den x^r^pcuxc. der Petrie Papyri
nicht mit Mahafiy pensionirte Veteranen, sondern active Soldaten zu sehen
haben. Vgl. Gött. Gel. Anz. 1895, S. 132. Bestätigt wurde meine Ansicht
auch von Grenfell, Rev. Pap. S. 93.
19*
292
IV. KAPITEL.
lediglich der Zeitraum angegeben, für den die Zahlung gilt. Um
welche Abgaben es sich handelt, ist nicht gesagt. Ich möchte
vermuten, dass es sich um die aXotig handelt. Vgl. § 8.
§ III. Saxxo(cp6pa)v?).
Für Theben belegt durch Nr. 1563.
Gleichviel, ob man im Text IIlxw^ nToXXL5(og) %al |i(£TOXoO
G0(.y.xo(<:p6poC) oder ao(.Y.%o(<^oplocq) oder aaxzoC^optov) ergänzen will,
jedenfalls handelt es sich um eine Gewerbesteuer, die die betreffenden
Arbeiter — nach meinem Vorschlag Sackträger — zu zahlen haben.
Die Sackträger^) sind für Aegypten als eigenes, selbständiges Gewerbe
mehrfach bezeugt. Vgl. BGU 141 II 8: NeiXaixjxwv caxxo(^(6po?);
ebend. 286, 4 f.: AupyjXcq) XIsyjoötl — aaxxo^opo). Vgl. auch Pap.
Lond. ed. Kenyon S. 34, Z. 34: Stoto-^tc^ aay.y.o^opoq (II. Jahr-
hundert V. Chr.). Man könnte freilich auch an eine andere Bildung
wie aaxxoTTOio^ denken. Auch diese Sackfabrikanten bildeten ein
eigenes Gewerbe. Vgl. Wessely, Denkschr. Ak. Wien 1889, S. 216:
a\i^6zBpoi aaxxoTTOLoL
In Rom wurde die Besteuerung der geruli durch Kaiser
Gaius eingeführt. Sie mussten -J- des täglichen Verdienstes abliefern.
Vgl. Sueton Gai. 40.
§ 112. TsXc^ axi)(Y])paToo.
To aixu-^paiov bedeutet das „Gurken- oder Melonenbeet". In
Nr. 1075 wird ein zkXoc, erwähnt, das von solchen Beeten erhoben
wird. Bei der Lückenhaftigkeit des Textes sind keine Schlüsse über
die Art dieser Steuer zu ziehen. Vgl. Petr. Pap. (II) XLIV.
§ 113. Tusp axoTisXcov.
Für Syene-Elephantine belegt durch Nr. 249, 286, für Theben
durch 495, 497, 505, 506, 509, 511, 514, 515, 520—524, 529,
541, 545, 547, 551, 566, 571, 585, 610, 616, 618, 625, 629,
632, 640, 1286, 1287, 1422, 1424, 1429, 1570.
^) Das von aaxxocpöpog gebildete Hypokoristikon aaxxag ist dadurch
namentlich bekannt geworden, dass der Neuplatoniker Ammonios, weil er sich
seinen Lebensunterhalt ursprünglich als Sackträger verdiente, Ammonios Sakkas
genannt wurde.
§ 110 — 114.
293
In 497 findet sich die Verbindung 67r(ep) axo7:(£Xou) 9uX(axü)v).
Dies fuhrt uns auf die richtige Deutung des Wortes axoTieXo?.
Wir werden es in seinem ursprünglichen Sinne als „Warte" (vgl.
axoTTsTv) aufzufassen haben, und zwar als die Warte, von der die
Wächter (^'jXaxe;) über das Flachland hin Ausschau hielten. Wir
werden unten in § 134 zeigen, dass die Bevölkerung für die
Besoldung dieser (^uXaxe^ besteuert wurde. Die vorliegenden Texte
zeigen, dass sie ebenso auch für die Instandhaltung der „Warten"
ihren Zwangsbeitrag zu zahlen hatten. In 240 heisst es: bn(ep)
ji6pia[i(oö) oixo5(o|iLa?) ax(o)7t(eXoi)). Da handelt es sich offenbar
um Neubau oder Ausbesserung einer solchen Warte.
Wiewohl diese Abgabe in den Quittungen meist mit einer
anderen zusammengezogen ist, sodass man die auf den axoTceXog
entfallende Summe nicht mit Sicherheit erweisen kann, genügt doch
das Material, um zu zeigen, dass auch diese Abgabe kopfsteuerartig
auf alle Bewohner in gleicher Höhe repartirt war, dass aber die
Höhe in den verschiedenen Jahren, wohl entsprechend den wechselnden
Bedürfiiissen, eine verschiedene sein konnte. So zahlen 2 verschiedene
Personen für das Jahr 112/3 dieselbe Summe von 4 Dr. 4 Ob.
(505, 506), 3 verschiedene Personen die gleiche Summe für 119/20,
nändich 3 Dr. 4J Ob. (521, 522, 1287), 3 Personen dieselbe Summe
von 3 Dr. 2 Ob. für 120/1 (523, 524, 1570), 2 Personen dieselbe
Summe von 3 Dr. 4^ Ob. für 131,2 (547, 551). In allen diesen
Fällen ist noch eine andere Abgabe mit eingeschlossen in die
Summe (meist xal aXXwv). Auch hier bewährt sich unsere Auf-
fassung voD ^ep'.apiG?.
§ 114, TiXoc, ax'JTswv.
Für Theben belegt durch Nr. 334 und 1359, beide aus dem
n. Jahrh. V. Chr.
In beiden Fällen handelt es sich um die Gewerbesteuer der
axuxel^. Mit diesem Wort bezeichneten die Griechen den Leder-
arbeiter im Allgemeinen, häufiger noch den Schuster im Besonderen^).
Diese Weite des Ausdrucks erklärt sich wohl dadurch, dass die
Schuster nicht ausschliesslich bei ihren Leisten blieben, sondern
^) Vgl. Blümner, Technologie I, S. 268.
294
lY. KAPITEL.
vielfach daneben auch andere Lederarbeiten, im Besonderen auch
die Gerberei mit betrieben i). Welche spezielle Nuancen hier vor-
liegen, lässt sich nach dem Wortlaut nicht ausmachen. Zur
Gewerbesteuer im Allgemeinen vgl. § 135.
§ 115. a\
In IN'r. 760, 761, 1539, 1546 begegnet die Gruppe a^, wie
es scheint, als Bezeichnung einer Abgabe. In allen Fällen handelt
es sich um Xaturallieferungen. Hängt es mit aizoXoyix zusammen?
Das würde parallel stehen der Abgabe UTzep OLVoXoyta^ in 711 und
würde als eine Abgabe fiir die Mühewaltung der gviqXo^ol auf-
zufassen sein.
§ 116. T-Ep GTaTiwvo^ :i;oxa(xocpi)XaxtSwv.
Für Syene-Elephantine belegt durch Nr. 145—147, 273, 278,
287, 293.
Nur in 278 findet sich der Zusatz 7roTa[JLG9'jXaxt5(a)v), wozu
ausserdem noch xod aXXwv Ipywv tritt. Aber auch in den anderen
Nummern (ausser in 273) Averden die Wachtschiffe unmittelbar
vor oder hinter der statio-) genannt. Wenn auch der Ausdruck
Büchsenschütz, Die Hauptstätten des Gewerbefleisses 1869, S. 91, Anm. 7,
führt aus den Scholien zu Platon's Apologie d. Sokr. S. IS'' ein Beispiel dafür
an, dass ein und derselbe Mann erst als nXoüa'.og — sx ßupaoSccJjt.x'^g, und dann
als axutsus bezeichnet wird. Ich finde denselben Fall bei MahaflFy, Flind. Petr.
Pap. (II) XXXII (1), aus dem Ende des III, Jahrh. v. Chr. Die Eingabe, die von
einem ßupooSscjjYjg , d. h. einem Gerber, geschrieben ist, trägt auf der Rückseite
einen amtlichen Vermerk, den ich, z.T. abweichend von Mahaffy, folgender-
massen lese: Xa Tcpog x6v axu-sa
ävaxaXsaaoO-ai, tov r^pöc,
■c^- Ssp{iatr^pa[i].
Der i'7Z'.\i.sXr^xr^c, Dorotheos, an den die Klagschrift gerichtet ist, entscheidet
damit, dass der Beamte der 5sp[iaTr^pä, d. h. der Fellabgabe, die Angelegen-
heit mit dem oxuxeui; an sich ziehen und untersuchen soll. Hier wird also
der ß'jpaoSs'-lr^g, wie auch Mahaffy hervorhebt, als axoTSug bezeichnet. Ueber
die Sspiiaxr^pa vgl. § 149.
2) Zu dem Gebrauch von axaxtwv vgl. BGU 326 II 10: ev x% oiOLzimi
zf,c, scxoax^s 'c^^'^ xXirjpovo|jL'.c5v xal eXsu^-spiuiv (a. 194 n. Chr.). Auch die
Stationen der Wachtschiffe waren, wie Avir oben § 99 sahen, zugleich Zoll-
stationen.
§ 114 — 118.
295
aX}.ü)V Ipytüv mehi-deutig ist, so zeigt er doch, dass hier unter der
statioy denn zu dieser steht er parallel, die baulichen Anlagen der
Station zu verstehen sind. ^lit anderen Worten, für die Instand-
haltung der Stationsanlagen -wird der Zwangsbeitrag erhoben.
Diese Abgabe scheint ebenso wie die für 7:oTa(iGcpuXax:Se$
selbst aufgelegt zu sein, d. h. kopfsteuerai*tig für Alle gleich, aber
in jährlich wechselnder Höhe. Vgl. 145 — 147.
§ 117. Sxscav'.ov.
Sxe^aviov ist das Diminutivum von axe^avo^. Was der
„Kjranz" für den König ist (vgl. den nächsten Paragraphen), das
ist das „Kränzchen" für den gewöhnlichen Sterblichen. Beides
bezeichnet ein Geschenk, eine Dotation. Im Pap. Paris. 42 erhält
ein Mann, der Verbrecher angezeigt hat, zur Belohnung ein Praesent,
ein axe^aviGV von 3 Talenten (vgl. Lumbroso, Rech. S. 285). In
unserem Ostrakon 1530 quittirt ein gewisser X£/^'9"^apoOc, dass er
als Oberjäger sein aie^aviov vom Adressaten erhalten habe und
keine weiteren Ansprüche an ihn habe. Er sagt correct x6 yivo-
jievov \LOi — aiecpavLOV, nicht tö y.aO"^xov oder ähnlich. Freilich,
in dem Zusatz xou-ö-ev aoi syy.aXü) liegt doch, dass diese Gratification
nicht so ganz freiwillig erfolgt ist. Wahrscheinlich handelte es sich
um eine alte eingebürgerte Gewohnheit, dem Oberjäger ein gewisses
Praesent zukommen zu lassen.
§ 118. ST£'j:avo5.
Für Theben belegt durch Nr. 320, 330, 353, 675, 683, 690,
701, 1298, 1311, 1334, 1360, 1376, 1512, 1528, 1556.
Der aie^avos ist eine in der hellenistischen Welt seit Alexander
dem Grossen weit verbreitete Institution. Man versteht darunter
Geschenke, die den Machthabern in Gestalt goldener Kränze —
oder auch nur unter dem Xamen derselben — von der Bevölkerung
bei bestimmten Veranlassungen gespendet wurden^). Lumbroso, der
^) Auch „Geschenke" an auswärtige Mächte wurden so bezeichnet. Vgl.
Suidas s. v. a-scpav.xöv : TsXsaua t.ol^ol To5io'.; o'ncüc, sxaXsiTO, sTisiSr, auxövo}jio'.
^aav Ol TöS'.oi, ßpaX'J 5s {J-spo^ Twiia-O'-s irti T'.fif^ Tzi^^r.o^xsc, ixr,aicy,
oO cpöpov fjY£|iöa'. jiäAAov yj axscf avov cpiXo'.g SiSövxss. Toöxo xal 'EXXrjVoyaXdxa'.c
xotg 'Ayxupavoi? szixwpia^e'. x6 Xöy'-ov oxscpavixdv yoLp X^youai Tiav x6 iv
Xocp'.xog Xöyq) 5'.5ö[JLevov.
296
IV. KAPITEL.
in seinen Recherches S. 315 Belege für Alexander wie für die
Seleukiden^) zusammengestellt hat, konnte damals noch kein Zeugnis
dafür vorbringen, dass auch im Ptolemäerreich diese Sitte bestand.
Inzwischen haben die Petrie Papyri diese Lücke gefüllt. Neben
verschiedenen anderen Abgaben begegnet im Petr. Pap. (II) XXXIX e
eine Naturalleistung für ol^ axe^avou, was Mahaffy zutreffend als
a national present to the king on his accession erklärt. Die
nächste Zeile, die Mahaffy „aXXouTrapouaLa??" las, haben wir oben
S. 275 in aXXou TZOLpoualxc, getrennt und dahin gedeutet, dass hiermit
ein zweiter Kranz gemeint sei, der aus Veranlassung eines Besuches
des Königs im Faijüm ihm gestiftet war. Schon diese beiden
Fälle zeigen, dass die Widmung eines „Kranzes" immer einer be-
sonderen Veranlassung bedurfte; im ersteren Falle liegt sie in dem
TipöTOV exos, im zweiten in der Trapouata. Weiteres Material 2)
bieten nun unsere Ostraka.
Aus der Ptolemäerzeit stammen Nr. 320, 330, 353, 701, 1311,
1360, 1512, 1528. In 320 begegnen wu- einer interessanten Charakte-
risirung solcher Stiftungen. Die Männer, an die die Zahlung erfolgt,
heissen hier ol Tuapa IlaTpwvog toö npbc, t'Q ouvTa^ec. Das Wort
ouYZoc^ic, wurde bekanntlich, wie auch die Geschichte des zweiten
attischen Seebundes lehrt, als ein milderer Ausdruck anstatt des ge-
hässigen ^Gpoq betrachtet und bezeichnete nicht mehr als einen „Bei-
trag". Rechtlich sind denn auch diese „Kränze" als freiwillige Gaben
aufzufassen. Doch liegt es in der Natur der Dinge, dass thatsäch-
lich derartige „fi^eiwillige Gaben", von denen man sich anstands-
halber nicht ausschliessen kann, sich allmählich zu Zwangsleistungen
umwandeln, und dass die Machthaber, die ursprünglich die Gaben
nur anzunehmen haben, schliesslich sie wie ein gutes Recht fordern^).
Die von ihm angeführten Stellen sprechen allerdings z. T. nur von der
Beschenkung der Freunde mit goldenen Kränzen durch Alexander, Wichtiger
ist z, B. Arrian. Anab. VII 15, 4, wo erzählt wird, dass die Libyer kommen und
den Alexander mit einem solchen Kranz beschenken (oxecpavouvctüv). — Für die
Seleukiden ist ausser Makk. I 10, 29 — 31; 11, 34. 35; 13, 37.39 auch Joseph,
b. i. XII § 142 zu berücksichtigen.
2) Vgl. auch Pap. Grenf. (I) XLI, aus dem II. Jahrh. vor Chr. : 'iTtapSst.
001 etg oii^ixvov xot^^oö xäXavxa biy.cc udvxs.
Im letzteren Sinne erscheinen die axscpavo'. in den Makkabäerbüchern
und bei Josephus,
§118. DIE KRANZSPENDE.
297
Unsere Ostraka lehren uns nun, zunächst für die Ptolemäer-
zeit, dass diese „Beiträge" sich wesentlich von den Staatssteuern
dadurch unterschieden, dass ihre Erhebung nicht an TsXövai ver-
pachtet war. Die Bank- und Thesaurosquittungen geben uns freilich
auf diese Frage keine Antwort, da sie den Stand des Zahlers nicht
nennen; aber aus 320, der einzigen Erheberquittung (in Briefform)
geht hervor, dass die Erhebung in diesem Falle jenem Manne anverti-aut
war, der den schlichten Titel eines .,6 -po; cTJVTa^si'- führte. Ich ver-
mute, dass die Competenz eines solchen Commissionärs sich auf den Gau
erstreckte (vgl. 353: axe^avoi) y.aTOixwv Ilepl 6y;ßa?), vielleicht aber
auch nur auf eine Ortschaft innerhalb desselben. Da es nicht rätlich war,
dass dieser Vertrauensmann die oft recht bedeutenden Summen bei sich
bewahrte, und er auch das Getreide vielleicht nicht gut speichern konnte,
so lieferte er, vermutlich allmonatlich i), die an ihn eingegangenen Bei-
träge an die königlichen Institute der Bank resp. des Thesauros ab.
Die Beiträge konnten nämlich sowohl in Geld (320, 330, 353,
1528) als auch in Getreide, und zwar in Weizen (701, 1311, 1360,
1512), bestehen. Namentlich angesichts dieser Xaturallieferungen —
vgl. auch die oben angeführten Petrie Papyri — ist es mir sehr
zweifelhaft, ob die Stiftung wirklich immer schliesslich in Gestalt
eines goldenen Kranzes dem* König überreicht wurde. Es wäre
sehr denkbar, dass man schliesslich nur den alten Xamen dafür
beibehielt und sich darauf beschränkte, dem Könige zu melden, dass
das getreue Volk in seine Bank so und so viele Talente oder in
seine Magazine so und so viele Artaben Getreide abgeliefert habe.
Es ist bemerkenswert, dass die oben angeführten Ostraka aus
der Ptolemäerzeit sämmtlich, mit zwei Ausnahmen, die xaxoixo:
(einmal xaioixoi Ilepl Bi^ßa;) als die Geber nennen. In 1528
werden die xXyjpcöxo: statt dessen genannt. In 320 dagegen ist
der Stand des Gebers überhaupt nicht augegeben, was sich daraus
erklärt, dass hier der Zahler angeredet wird. So bleibt die Mög-
lichkeit, dass dieser 'HpaxXeL^r;^ 'Atio^J.wvio'J nicht zu jener Be-
völkerungsklasse gehört, offen. Andrerseits macht der rein griechische
Name, auch die Höhe des Beitrages 2) es nicht unwahrscheinlich,
^) Vgl. Nr. 1360: et; tov toD |ir](vo;) a'S'^Cavov).
Der Adressat Apion zahlt „für" 'HpaxXc-Sr,; 'AroXXwvtou 4400 Drach-
men. Ich sehe keine andere Möglichkeit, als dass diese Summe von Herakleides
aufgebracht ist. Allerdings ist zu bedenken, dass es nur Kupferdrachmen sind.
298
lY. KAPITEL.
dass auch er ein xaioizog oder xXripouy^oc, war. Auch jene Männer,
die in dem Petrie Papyrus für den azi^avoq zahlen, sind offenbar
xXyjpoöxoi. Wenn wir sehen, dass gerade diese privilegirten Klassen
in der Ptolemäerzeit dem Könige Kränze stiften, so liegt die Ver-
mutung nahe, dass diese halb freiwilligen, halb gezwungenen Beiträge
gewissermassen ein Aequivalent dafür darstellten, dass sie von
manchen Lasten befreit waren. So mögen sie sie vielleicht weniger
aus reiner Loyalität als aus dem Wunsche, den König in guter
Laune zu erhalten, dargebracht haben, oder auch, um mit den
Worten Gratian's zu reden, weniger amore projjrio als indulgentiarmn
laetitia commoti (s. unten).
Ueber die Höhe der Beiträge, über die Art der Verteilung
geben unsere Texte keine Auskunft. Die Höhe wird natürlich bei
den verschiedenen Kränzen eine verschiedene gewesen sein. Ebenso
wenig vermag ich mit Sicherheit zu erweisen, bei welchen Ver-
anlassungen die axIcpavoL dargebracht worden sind.
Welche grosse Rolle die goldenen Kränze im ptolemäischen
Aegypten gespielt haben, zeigt die berühmte Darstellung des phila-
delphischen Festzuges bei Kallixenos (Athenae. V 196a — 203b).
Uns interessiren hier namentlich die Worte 203 b: xal xaux' YjptO--
\i'qd"fi TidcvTa zdlc, ocxovofxo'.g hidc tyjv twv axe^avouvTWV Trpo-ö-ufxtav
Ttpo Toö Tai; ^'icct; TzocpeXd'elv. Die kolossale Summe, um die es
sich hier handelt, 2239 Talente 50 Minen (und zwar in Silber,
vgl. Schluss dieses Kapitels und Kap. X), ist also an die ßaaiXixol
oiXGv6[xot, denn an diese wird hier zu denken sein, ausgezahlt worden,
und dies wegen der Bereitwilligkeit der aie^avouvTe^ schon vor dem
Feste (anders Droysen, Kl. Schrift. H S. 293). Mit Recht hat Rühl
(Jahn's Jahrbb. 49. 1879 S. 627) gegenüber Droysen (Hellenism. HI
1. S. 53) hervorgehoben, dass es sich hier um ein nationales Ehren-
geschenk handelt. Mit 7CpoO'i)|Jiia ist auf den freiwilligen Charakter
der Gabe hingewiesen. Es ist bemerkenswert, dass man auch von
axe^avouv spricht, wenn es sich um Stiftung von Statuen handelt.
Endlich sei darauf hingewiesen, dass nach einer freundlichen
Mitteilung Adolf Erman's auch in der hieroglyphischen Pithomstele
(gleichfalls aus der Zeit des Philadelphos) der aie^avo? genannt wird.
Erman übersetzt jetzt den Abschnitt Q der besagten Inschrift folgender-
massen: „Verzeichnis alles dessen, was seine Majestät that als
Wohlthat in den Tempeln Aegyptens, als jährliche Steuer und
§118. DIE KRA>'ZSPENDE.
299
Ooldkranz, der seiner Majestät gegeben wurde: Silber 10,050000".^)
Hier ist einmal von Interesse, dass der goldene Kranz ausdrücklicli
von den alljährlich einlaufenden Steuern unterschieden wird, und
femer, dass er als Geldsumme (nach Silberpfimden gerechnet) be-
handelt wird. In Lepsius' Denkmälern kann man Ueberreichangen
goldener Kränze dargestellt sehen. So bringt in IV 26 Ptolemaios VI.
Philometor der Isis von Philae einen Kranz dar, und dabei stehen die
Worte: „Er bringt einen Kranz (oder Diadem) von Gold seiner
Mutter".
Aus der Kaiserzeit stammen Nr. 675, 683, 690, 1298, 1334,
1376, 1556. Während der aie^avo? in den ptolemäischen Urkunden
zufällig nur einmal als y^p'jaoOc bezeichnet wurde (320), ist die Gabe
hier regelmässig mit axe^/ XP'^^' bezeichnet, was in axs^avcxo^ XP^^^'S
aufzulösen sein wird. Das ist ein genaues Aequivalent für den
römischen Ausdruck awum coronarium. Schon den Kömern der
Republik war diese, wie Mommsen betont, rein griechische Kranz-
spende bekannt geworden, und zwar zunächst in Form von Ge-
schenken, die speziell den siegreichen Feldherren zur Verherr-
lichung ihres Triumphes von den Besiegten oder auch von den
Provinzialen dargebracht wurden. 2) Auch noch in dem Falle des
L. Antonius, ja auch noch bei Augustus und Claudius steht das
aurum coronarium mit dem Triumph in Verbindung.^) Allmählich
aber wurde es, ganz wie unser ptolemäischer axE^avo^, zu einer
Gratification, die die Bevölkerung nicht nur bei Triumphen, sondern
aus den verschiedensten Anlässen dem Kaiser darbrachte. In unserer
Tradition finde ich dafür den ersten Beleg für Kaiser Hadrian, von
dem es in Spartian's vita c. 6, 5 heisst: aumim coronaHum Italiae
remisit, in provinciis minuit. Da dies unmittelbar nach Uebernahme
der Regierung geschah, so sollte dieses aurum coronarium ihm
offenbar anlässlich seines Regierungsantrittes überreicht werden. Die
Vgl. die Publication von Brugsch-Erman in Zeitschr. f. Aeg. Spr. XXXII
1895 S. 13. Vielleicht triflPt man den Sinn noch genauer, wenn man übersetzt
„von der jährlichen Steuer und dem Goldkranz", denn es kann sich doch wohl
nur um eine einmalige Schenkung handeln.
^) Ueber das aurum coronarium vgl. Gothofredus zum Cod. Theod. XII 13.
Marquardt, Staats v. II^ S. 295 f.
^) L. Antonius: Dio Gass. XLVIII 4, 6. Augustus: Mon. Ancyran. ed.
.Mommsen^ S. 89, Claudius: Plin. h. n. XXXIII 54.
300
IV. KAPITEL.
Verbindung mit der früheren Auffassung bietet hier und in ähn-
lichen Fällen, wie Mommsen bemerkt, die den Triumphen correlate
imperatorische Acclamation. Die angeführten Worte machen es
sehr wahrscheinlich, dass auch schon früher diese Consequenz ge-
zogen war. Denn die Sammlung der Beiträge wird nicht so schnell
von statten gegangen sein, dass man das remittere und minuere auf
eingegangene Gelder zu beziehen hätte. Hadrian erwartete vielmehr
nach den Präcedenzfallen der Vergangenheit, dass man ihm ein aurum
coronarium stiften werde. ^) Für eine noch weitere Ausdehnung dieser
Sitte spricht, dass dem Antoninus Pius anlässlich seiner Adoption ein
aurum coronarium von den Italikern und Provinzialen angeboten
wurde (vit. Ant. Pi. c. 4, 10). Andere Beispiele dieser späteren Ent-
wickelung bei Marquardt a. a. O. Hier sei nur noch hervorgehoben,
dass als allgemeine Motive für die Stiftung eines aurum coronarium in
einer Constitution des Gratianus, Valentinianus und Theodosius vom
J. 379 ^) amor proprius, indulgentiarum laetitia und res prospere
gestae namhaft gemacht werden, Motive, die ebenso auch von der
ptolemäischen Regierung als massgebend für die Darbringung der
axl^pavoc aufgefasst sein werden. Dass auch in der Kaiserzeit der
freiwillige Charakter dieser Gaben allmählich schwand, braucht kaum
gesagt zu werden. Kaiser Julian musste im J. 362 ausdrücklich
einschärfen: aurum coronarium munus est voluntatis.^)
In Aegypten hat die alte ptolemäische Institution selbstverständ-
lich auch nach der Occupation durch Octavian in der alten Weise
fortbestanden. Einen directen Beleg für die Continuität ^dieser
aT£!^avoc finde ich in einem bisher noch nicht richtig verwerteten
Passus eines Papyrus der Berliner Bibliothek.^) In Nr. 21 Recto
Z. 7 f. lese und ergänze ich folgen dermassen :
2T£(pavou Toö lv7rp[oa]'9'£v ßa[aLXtxoö, vuvl bk dq']
TÖv ^Laxov av[aXa](xß(avo[X£Vou)
Dieser Text, in dem dann noch weitere Einkünfte aufgezählt
werden, ist im III. Jahrh. n. Chr. geschrieben. AVenn man noch
damals mit ev7rpoa^£V und vuvl den Gegensatz des königlichen und
^) Schiller, Gesch. d. Rom. Kaiserz. I 2 S. 621 nennt die Gabe mit Recht eine
„herkömmliche". Doch ihre Charakterisirung als Thronsteuer" ist nicht zutreffend.
5) Cod. Theod. XII 13, 4.
3) Cod. Theod. XII 13, 1.
^) Edirt von G. Parthey in „Nuove Memorie d. Istituto Arch." II S. 440 ff".
§118. DIE KRANZSPENDE.
301
des kaiserlichen Regiments hervorzuheben für gut findet, so zeigt
das nur, dass man eine alte Formel benutzte, die in den ersten
Zeiten der römischen Occupation geprägt sein mag und seitdem
in den aT£(^avo^- Acten fortgeführt wurde. So klar wie hier ist es
übrigens sonst wohl selten ausgesprochen, dass an die Stelle der
alten Königskasse der fiscus Caesaris trat. Uns interessirt hier vor
allem, dass die Continuität der Kranzspenden durch jene TVorte auf
das schärfste hervorgehoben wird, dass also auch unter den ersten
Kaisern in Aegypten der alte orl^avo? fortbestanden hat. Die
urkundlichen Zeugnisse für den kaiserlichen axet^avog stammen
zufallig alle erst aus dem Ende des zweiten und dem Anfang des
dritten Jahrhunderts nach Chr.
Betrachten wir nun die Ostraka, so fallt uns auf, dass wir
für die Kaiserzeit kein Beispiel einer Xaturalleistung für den
axe^avo? haben. Ob das Zufall ist oder nicht, muss dahingestellt
bleiben. Nur in wenigen Fällen lässt sich der Anlass zu der
Stiftung des axecpavo? erraten. In 1376 und 1556 werden uTzkp
axe^avo'j Kaiaapo? je 2 Drachmen 3 Obolen gezahlt. Die eine
Quittung ist am 9. Juni 42 n. Chr., die andere am 4. September
desselben Jahres geschrieben. Mit dem KaTaap, für den der Kjranz
bestimmt ist, kann hier nur Claudius gemeint sein,^) dessen voller
Isame in der Datirung erscheint. Wiewohl Claudius, als diese Quit-
tung geschrieben wurde, schon 1^ Jahre auf dem Thron sass, wird
der oxecpavo? dieser Ostraka ihm doch aus Anlass seines Regierungs-
antrittes bestimmt gewesen sein. Denn dass die Einsammlung der
Beiträge eine längere Zeit erforderte, ja mehr Zeit als die der regel-
mässigen Staatssteuem , wäre sehr begreiflich. Doch vielleicht ist
mit Mommsen an imperator III, das in diesem Jahre beginnt, zu
denken. Da in den beiden Fällen verschiedene Männer dieselbe
Summe zahlen (2 Drachmen 3 Obolen), so ist es sehr wahrscheinlich,
dass dieser ore^avo? kopfeteuerartig in gleicher Höhe repartirt war.
Ich lasse dahingestellt, wie weit man dies verallgemeinern darf.
Die angeführten Ostraka sind sämmtlich Bankquittungen, 2)
bis auf Nr. 1298, die von den Erhebern ausgestellt ist. Wir sahen,
Wäre Augustus gemeint, hätte das vorgesetzte 0-soö nicht fehlen dürfen.
Vgl. Kap. XL
2) In 1376 und 1556 wird die Bank als T£v(iiü)v6-ou) KoX(XcuO-ou)
xpdTie^a bezeichnet. Unsere obigen Betrachtungen über Mersis und Comp.
302
IV. KAPITEL.
dass in der Ptolemäerzeit oi npbq zy]'. auvia^si die Beiträge ein-
kassirten. In 1298 (vom J. 171 n. Chr.) nennen sich die Erheber,
nach meiner jetzigen Lesung (vgl. Corrigenda): Mepai? %al (x(£TOXoO
£711 Twv Tiapa^. Ich weiss für rzapa^' keinen anderen Ergänzungs-
vorschlag als 7tapa7w(aTa^/]Xü)y), im Sinne von Depositum. Dass
die Beiträge zum axecpavog als Deposita bezeichnet würden, ist nicht
gerade unmöglich, aber denkbar wäre auch, dass Mersis und Comp,
eine Depositenbank gehabt hätten, und dass man daher sie, die als
vertrauenswürdige Männer in der Stadt bekannt waren, mit der
Eintreibung der Beiträge betraut hätte. In diesem einzelnen Falle
wäre, ähnlich wie in jenem Beispiele aus der Ptolemäerzeit, die
Eintreibung des aie^avo; an Privatleute übertragen. Die griechischen
Papyri zeigen uns aber, dass wir diesen einzelnen Fall nicht
verallgemeinern, jedenfalls nicht auf die späteren Zeiten über-
tragen dürfen. In BGU 62 wird der Beitrag von den TipaxTOpe«;
ax£(^av:xou xwjjiY]? IlzoXz\i<xtboc, Nsa^ erhoben (a. 199 n. Chr.).
Ebenso heisst es in den arsinoitischen Tempelrechnungen (BGU
362 I 23): 7ipax(T0pL) aT£cp[avLX(r)v], (a. 213/4 n. Chr.). Hier wird
also auch das axE^avixov von den gewöhnlichen Steuererhebern
eingefordert. Ebenso in BGU 452, 458, 518, die zugleich zeigen,
dass unter Elagabal das Kranzgeld, seinem eigentlichen Charakter
entgegen, Jahr für Jahr, ja Monat für Monat erhoben wurde. Das
entspricht ganz der allmählichen Entwickelung dieser ursprünglich
freiwilligen „Gabe" zu einer unfreiwilligen „Abgabe".
§ 119. SDvr^yopiy.öv xal s-iBs/waTov.
Als ich im Sommer 1895 in Leiden den Papyrus F nochmals
collationirte, gelang es mir, in Z. 3 statt der bisherigen, oft be-
sprochenen Lesung [wJvYjxpcxov die Lesung auvYjyopcxov festzustellen,
sodass der Anfang des Textes nunmehr lautet:
'AXISavSpo? xal oi [jl£io-
yoi oi 7ipaY|jia[T]£u6[JL£VOL
TO a['j]vY3Y0pLxöv xap tö]
imtixazov.
könnten den Gedanken nahe legen, hierin eine Privatbank zu erkennen und zu
lesen: Yj ^*Ev(|iü)v^ou) y.oX(Auß'.c:T'.XYj) -cpccTie^a. Die Möglichkeit ist zuzugeben.
Vgl. jedoch oben S. 92.
§ 118 — 119.
303-
Meine Üeberraschung war nicht gering, als ich gleich darauf
in Oxford unter den Ostraka von Sayce eines fand (1537), welches
beginnt: 'HpaxXeixo? 6 TüpayfxaTeuöfievo? t[ö] auvr^yoptxov y.al
l7Ct(5£XaTOV).
To (TJvr^Yop'.y.ov ist das Geld, das der ouYTi^opoc, der juristische
Verteidiger, für seine Verteidigung erhält. Vgl. Aristoph. Vesp. 691.
Das einzige Merkwürdige an den vorliegenden Texten ist, da$s dieses
au vr^yopiywOV hier nicht etwa an die Eechtsanwälte direct gezahlt
wird, sondern dass die Erhebung dieses Geldes vom Staat an Pächter
vergeben ist. Ueber 7:paY|iaTcUC[i£V0C im Sinne von Pächter vgl.
Kap. VI. Das legt den Gedanken nahe, dass der Staat die Rechts-
anwälte anstellte und besoldete, wie er auch die Aerzte salarirte
(vgl. § 170). Wie er als Beihilfe zu der Besoldung der Aerzte
ein LaxpiXGV erhob, so hier ein auWiyopiy.GW für die der Anwälte.
Doch ein Unterschied ist zu beachten: zu dem laxpcxov wurden,
wie es scheint. Alle, ob krank oder gesund herangezogen, zum
auvYJYopixov aber wahrscheinlich nur diejenigen, die im einzelnen
Falle eines Anwaltes bedurften. Dafür spricht wenigstens Leidensis F,
wo die Zahlung des au^/Y]Yop:xGV ganz deutlich mit einem bestimmten
juristischen Falle in Verbindung steht. Daher werden wir das
a\JYfiyopiy.6'^ nicht zu jenen auf Alle gleichmässig verteilten Zwangs-
beiträgen zählen, sondern werden es für eine Gebühr halten, die
nur im Falle der Inanspruchnahme des staatlichen Instituts der
(juvri^opoi erhoben wurde. Sind diese Folgerungen richtig, so fallt
auf die Stellung der Anwälte im ptolemäischen Aegypten ein ganz
neues Licht. Es bleibt zu untersuchen, ob damals vielleicht ein
Zwang bestanden hat, sich vor Gericht durch einen Rechtsanwalt
vertreten zu lassen. Ich kann diese Frage zur Zeit nicht verfolgen.^)
Der Gedanke, in dem a'j vrjYOpixov etwa eine auf dem Advocaten-
gewerbe ruhende Steuer zu sehen, wird durch den Leidener Papyrus
abgewiesen, in welchem aegyptische Choachyten die Zahler sind.
Wie das iTüiSexaTOV zu fassen ist, ist schwer zu sagen. Das
Wort bezeichnet ein Ganzes und ein Zehntel dazu, aber auch ein
^) Vgl. Mitteis, ßeichsrecht und Yolksrecht S. 48. Zu seinen Ausführungen
auf S. 47 bemerke ich, dass der Gerichtshof der Dreissig (Diod. I 75), vor dem
kein Anwalt auftreten darf, nicht in die Ptolemäerzeit, sondern in die alte
Pharaonenzeit gehört. Vgl. meine Observationes ad bist. Aeg. p. 10.
304
IV. KAPITEL.
Zehntel, dass zu etwas Anderem hinzugethan wird (vgl. Ps. Aristot.
Oec. II 2, 3). Im Leidensis heisst es von ihm in Z. 17 f.:
5s
xpLa[£(i)? au ? ?]TYj? OU-ö-EV
6|jLT[y £YxaXoö]|ji£v.
Diese Worte zeigen so viel mit Sicherheit, dass auch das
£7rt6£xaTov zu den Unkosten des Gerichtsverfahrens gehört.
§ 120. HwjjLaTixöv.
In 1052 wird [uTrClp)] owjjtaxczöv toö 5 L (=100/1) quittirt.
Die Erheber nennen sich, w^enn unsere Ergänzung in den Corrigenda
richtig ist, [ol ß] XaoYpa(cpo:), sind also „Volkszähler". !Sö)[JLa
bezeichnet die Person; awfxaTLxov wäre also eine Personen Steuer.
Sollten die Volkszähler, die die awfAaxa festzustellen hatten, dafür
eine Gebühr unter dem Namen awjJtaxLXOV erhoben haben? Wenn
nicht die Xaoypa^OL daständen, würde das nächstliegende sein,
awpiaTLXOV als Sklavensteuer zu fassen, d. h. als Steuer, die von
den Herren für den Besitz der Sklaven zu zahlen w^ar (Vermögens-
steuer). Von dieser Besteuerung der Sklaven (aa)|xaTa) handelt
Petr. Pap. (II) XXXIX b und c (III. Jahrh. vor Chr.). Für die
Kaiserzeit vgl. Pap. Leipz. 25, wo für zwei verschiedene Sklaven
(SouXoc) dieselbe Summe (22 Dr. 2-| Obolen) gezahlt werden. Ebenda
29 Recto ist überall, wo Wessely SouXrjg liest, vielmehr 5i(a) zy](;
zu lesen. Auch in Z. 9 ist statt tou So'jX vielmehr xou a(Oxoö)
5:(a) zu lesen. Dieses Stück handelt also nicht von Sklaven.
§ 121. Tsloq xacpwv.
Für Theben belegt durch 658, 1062, 1065, 1462, 1585, 1591,
alle aus dem II. Jahrh. nach Chr.
Die Erklärung dieser Urkunden bietet ganz besondere Schwierig-
keiten. Die Beamten, die die Steuer erheben, heissen iTULXYjpyjxal
xiXouc, t|Jiaxco7r(i)Xß)V oder zzX&vo(,i ifJtaxLOTTwXwv.^) Danach müsste
In 1062 steht X£X(ü)va!,) tjjLax'.OTiwXcüv. Nach correctem Sprachgebrauch
könnte von xeXcüVTjs nur der Name der Steuer, nicht die Bezeichnung der Be-
steuerten abhängen. Diese Nachlässigkeit ist charakteristisch für den Jargon
unserer Ostraka.
§ 119 — 121.
305
man annehmen, dass es sich um die von den „Kleiderhändlern"
erhobene Gewerbesteuer handelte. Ganz entgegen den sonstigen Ge-
werbesteuerquittungen wird hier aber nicht eine regelmässige, für
den Monat berechnete Abgabe für die Ausübung des Betriebes erhoben,
sondern es wird eine einzelne Spezialleistung der Kleiderhändler
besteuert. Die Zahlungen erfolgen nämlich „für die Steuer einer
oder mehrerer xacpai" (bizep tIXo'j; xa^*^^ oder uT.kp zo(.'^y]q), und
zwar werden für eine zoczy] 2 Drachmen erhoben. Ich habe in der
Deutschen Literaturzeitung 1889, Nr. 37, S. 1353/4 die Erklärung
vorgeschlagen, dass den Kleiderhändlern die Einkleidung der Leichen
zwecks der Bestattung übertragen war, und dass von diesem Verdienst
der Staat für jede costümirte Leiche eine bestimmte Taxe erhoben
habe.i) Ich weiss auch heute noch nichts Besseres vorzuschlagen.
Dass abgesehen von der Gewerbesteuer ein Teil des Gesammt-
betriebes auch noch einer Spezialsteuer unterliegt, bleibt freilich
sehr auffallig.
Besondere Schwierigkeiten macht Nr. 1463. Da wird einer
Frau Tep\iäiiic, (Femininum von Ilspiiaji'.c) quittirt bizep Z(X(^fi<;
I1bzb1{. . . .) dv5p6? ^ß, also über eine Zahlung der Steuer für
das Begräbnis oder die Bestattung ihres Mannes (denn das muss
ayr^p hier bedeuten) Petel( ....). Man könnte hiernach auf den
Gedanken kommen, dass die Steuer nicht von den Kleiderhändlern,
sondern von den Leidtragenden erhoben wäre, dass also Jeder,
der eine Leiche costümiren Hess, dem Staate ein Didrachmon zu zahlen
gehabt hätte. Doch das führt zu neuen Schwierigkeiten. ^Yarum
sollte denn eine solche „Begräbnissteuer" regelmässig von denjenigen
Steuererhebern eingezogen werden, die das ^[laxLOTtwXixov erheben?
Nach Nr. 1462 müsste unter dieser Annahme IlaTaeßa'.^ drei Todes-
falle auf einmal in seiner Familie gehabt haben. Das ist zwar
^) Wenn man diese Ei-kläruug zulässt, so ist damit erwiesen, w/e ich schon
a. a. O. hervorhob, dass es schon im II, Jahrh. n. Chr., dem unsere Urkunden
angehören, vorgekommen ist, dass die Leichen nicht nach altaegyptischer Sitte
in Binden eingewickelt, sondern in Kleider gehüllt wurden. Dies Ergebnis
ist für die Datirung der zahlreichen Kleiderreste, die neuerdings aus den
aegyptischen Gräbern hervorgekommen sind, von grossem Interesse. Vgl, zu
diesen Ueberresten Alois Riegl, die aegyptischen Textilfunde i^ K. K. Oester-
reich. Museum, Wien 1889 und dazu meine Anzeige in der Deutsch. Literaturz.
a, a. O.
WiLCKEN, Ostraka. 20
306
IV. KAPITEL.
nicht unmöglich, spricht aber doch eher gegen als für diese An-
nahme. So ist vielleicht vorzuziehen, doch auch in der TepjxajJicg eine
Kleiderhändlerin zu sehen, die vielleicht nach dem eben erfolgten
Tod ihres Mannes das Geschäft übernommen hat und nun für die
Einkleidung seiner Leiche, die sie natürlich von ihrem Geschäft aus
übernimmt , besteuert wird. Doch gebe ich zu, dass die Deutung
auf die Leidtragenden nicht ausgeschlossen ist. Non liquet.
§ 122. mog.
In Nr. 328, 504, 1030, 1048, 1050, 1078, 1314, 1335,
1386, 1394, 1412, 1490 wird über den Empfang eines zkXoc, (meist
für den und den Monat) quittirt, aber nicht gesagt was für eiu
zkXoc, es ist. In den meisten Fällen würde ich zuerst an eine
Gewerbesteuer denken. In 1394 ist sie sicher anzunehmen, falls
meine Ergänzung in 1395 67:(£p) hoLTiißu^tav) richtig ist (vgl. § 28).
In 328 steht: «tuo toö laTa|Ji£vou TeXo'j;.
Ebenso w^enig weiss ich zu sagen, w^as mit dem xsXou^
gemeint ist, über den in 554, 624, 670 und 1586 quittirt wird.
Nach dem Titel der Erheber möchte man vielleicht an das tIXo^
wviwv denken. Aber das ist ganz ungewiss.
§ 123. TsXoS TYj^ TSTapTY]^.
In 1363 quittirt der Unterbeamte des Agoranomos einer Frau
Thermuthis den Empfang dieses ziXoc,. Die Summe stellt den
Betrag für die Zeit vom Tybi bis zum Pharmuthi, also für 4 Monate,
dar. Die Abgabe ist enorm hoch — 25 ^/q. Wofür sie gezahlt
wird, ist nicht gesagt. Da sie vom Agoranomos erhoben wird, ist
sie vielleicht ein Marktgefäll.
§ 124. TTISp TOTIOD.
Für Syene belegt durch 295, für Theben durch 723 — 725,
734—736, 740, 742, 743, 745—750, 754, 1253, 1312, 1336,
1342, 1350, 1521, 1524, alle aus der Ptolemäerzeit.
Mit uTCsp TOTCOU oder UTiep toO totüoi) ist nicht die Steuer selbst
bezeichnet, sondern nur der Distrikt, für welchen sie erhoben und auf
welchen sie distribuirt ist. Während in den meisten Fällen die
§ 121 — 124.
307
Steuer selbst ungenannt bleibt, zeigen uns Nr. 295, 735, 736 und
1253, wie wir den elliptischen Ausdruck zu fassen haben. Da
findet sich die Wendung elq zr^y ETT'.Ypa^Yjv toö x. Itou? uTtep
TÖ7I0U oder, wie es in 1253 noch deutlicher heisst: elc Trjv iizi-
ypa^^Tjy toO IIcpl ÖVjßac tczo-j. Wir werden nicht fehlen gehen,
wenn wir hiernach in allen Fällen, in denen ÖTiep tg-ou quittirt
wird, ein elq TTjV irj^^^OLzr^^J hinzudenken. Unter iTzr^poc^pr] aber
ist, wie wii' oben S. 194 ff. gezeigt haben, die Grundsteuer zu ver-
stehen. In den oben angeführten Fällen wird regelmässig in Weizen,
Gerste oder Kroton gezahlt.
Was bedeutet nun der, wie wir a. a. O. sahen, entbehrliche Zusatz
ÖTcep TOTTOD? Glücklicherweise lässt uns die älteste unter den ange-
führten Xummern, 1253 (aus der Zeit des Philadelphos) , keinen
Zweifel darüber, dass tot-o; hier nicht eine allgemeine Bezeichnung
für den „Ort" ist, an dem der Zahlende sich befindet, sondern dass
zoTzoc, hier wie häufig, im technischen Sinne als Aequivalent für
TOTZOLpyloL ZU fasscu ist. Vgl. auch 1336, gleichfalls aus der Zeit
des Philadelphos, wo •J7:£p toO Ilcpl 0r^(ßa;) seil, tcttou, gesagt
ist. Ueber die Toparchien vgl. Kap. Y. Ich habe schon in den
„Actenstücken aus der kgl. Bank v. Theben" S. 33, A.2 nachgewiesen,
dass zur Zeit des Philadelphos die Landschaft IIspl ©r^ßa^ noch
nicht, wie im IL Jahrh. y. Chr., ein vo|jl6c, sondern noch ein loizoc,
war. Vgl. auch auf den oben S. 65 ff. mitgeteilten Holztafeln: Ato-
pLWVO^ ToO 'zoTzccpyr^Goc'^zoc, TÖv IIspl 0r^ßa$ tottov. Somit sind wir
berechtigt, unter dem tottg? unserer Ostraka die TOTiap/Ja zu ver-
stehen.
Nr. 1253 ist aber auch in anderer Hinsicht lehrreich. Es
heisst da bIc, ty^v ETriYpa^r^v toö Oepl 6y;ßa? zotzou, während die
anderen alle die lose Verbindung mit br.kp xoTtOU wählen. Damit
Ist die Sicherheit gegeben, dass die e-iypa^y] oder Grundsteuer be-
zeichnet wurde als die Steuer des und des xoTiog. Mit anderen
Worten, unsere Ostraka lehren uns, dass die Grundsteuer in Aegypten
nach den Toparchien des Landes distribuirt war.
Wir wollen auch auf diejenigen ptolemäischen Ostraka hin-
weisen, die mit den hier behandelten im Wesentlichen identisch sind,
nur dass uTzep totüO'j und £?; xr^v irjj^pcL^r^''^ fehlen, also Nummern
wie 708, 710, 713, 717, 718, 730, 732, 741, 756, 1255, 1343,
1367, 1509, 1533. In diesen ist nur über die Lieferung von Getreide
20*
308
IV. KAPITEL.
quittirt, ohne dass gesagt wäre, zu weichem Zweck es erhoben sei.
Ich glaube, dass wir es hier lediglich mit einem elliptischen For-
mular zu thun haben, und dass auch diese Quittungen die Grund-
steuer betreffen. Dasselbe glaube ich auch von denjenigen Kummern
behaupten zu müssen, die sonst mit den eben genannten überein-
stimmen, nur dass sie den speziellen Ortsnamen nennen, für den
die Steuer erhoben wird. Vgl. 706, 727, 729, 731, 753, 1505.
Wenn z. B. in 706 vi^aoi) I[zoX(e\i(X.iboq) steht, so ist damit, meine
ich, der Distrikt bezeichnet, für welchen die (ungenannte) Grund-
steuer erhoben wurde. Statt des ganzen zonoq ist hier der einzelne
Ort hervorgehoben.
Wir sind damit zu dem Kesultat gekommen, dass fast alle
Quittungen über Naturallieferungen aus der Ptolemäerzeit die Grund-
steuer betreffen, soweit sie nicht ausdrücklich andere Abgaben nennen,
wie den aT£cpavO(; twv xaxotxwv (§ 118) und anderes. Auszuschliessen
sind natürlich auch die Quittungen über Spreulieferungen, die für
sich zu betrachten sind (§ 21).
Nicht anders liegt es, wie mir scheint, in der Kaiserzeit. Aus-
drücklich genannt wird die Grundsteuer nur ein einziges Mal, in
767 mit ÖTuep 67j|JLi'a)(v). Vgl. § 30. Aber gemeint ist die Grund-
steuer auch hier in allen Thesaurosquittungen, soweit sie nicht
ausdrücklich eine andere Steuer nennen. Die Toparchie ist auch
in der Kaiserzeit der Steuerbezirk, der der Auflage und Erhebung
der Grundsteuer zu Grunde liegt. So finden wir auch die Toparchie
gelegentlich erwähnt, und zwar in der Weise, dass gesagt ist, in
das Magazin dieser oder jener Toparchie sei das Getreide abgeliefert:
ji£[X£TpY]X£V elc, -ö-T^aaupov avcö oder xaiü) zoTz^ocpy^ioLq) oder ähnlich.
Vgl. 761, 778, 783, 799, 800, 805, 1009, 1328, 1596. In
1009 (aus der Zeit des Augustus) heisst es ähnlich wie in den
ptolemäischen Texten: |jL£{Ji£TpY]xa? (3tv(0 'Zon(apy(i(x,q). Während
dort die Form zoTzoq, vielfach ausgeschrieben, überliefert war, finden
wir für die Kaiserzeit in 1596 die Form T07rap)((ca) bezeugt. Was
ich in den Observationes ad hist. Aeg. prov. Rom. p. 26 f. über
die Gleichwertigkeit der beiden Ausdrücke gesagt habe, findet durch
das hier vorgelegte Material eine neue Stütze.
Doch die Fälle, in denen in der Kaiserzeit die Toparchie an-
gegeben wird, sind im Ganzen selten. Weit häufiger ist es, dass,
ganz wie wir es oben für die Ptolemäerzeit kennen lernten, keinerlei
§124. DIE TOPARCHIE ALS STEUERDISTRIKT.
309
nähere Angabe über die Art der Steuer gemacht wird. Vgl. 762,
768, 771 — 773, 779, 790, 792—794 u. s. w. Dies ist bis auf
Hadrian die vorherrschende Form. Von da an wird es Sitte,
zwar nicht die Toparchie, wohl aber das Dorf zu nennen, für
welches die Grundsteuer erhoben wurde — vde wir es gleichfalls
für die Ptolemäerzeit in einigen Fällen oben kennen lernten. In
unserer Sammlung begegnet ein derartiger Zusatz zuerst im Jahre
125 n. Chr. (Nr. 820). Von da an wird es immer häufiger, ja
schliesslich zur Regel. Wir meinen Zusätze wie bizip Xapaxog
(oder auch bloss Xapaxog), \)Tzkp Noxou xal Aißo?, bizep Kepaiieiwv,
ÖTiep Nt^gwv u. s. w. Kurz die meisten Oertlichkeiten , die wir auf
dem alten thebanischen Boden nachgewiesen haben, begegnen hier
als die Bezirke, für die die Grundsteuer erhoben ist. Es steht hier
der Einzelort an Stelle der gesammten Toparchie. Auf eine Aende-
rung in der Steuerpraxis möchte ich daraus für die Kaiserzeit
ebensowenig Avie aus denselben Verhältnissen füi* die Ptolemäerzeit
schliessen. Dass die Toparchie auch in der Kaiserzeit die Grund-
lage der Steuerverteilung blieb, lehrt eine Gruppe von Berliner
Papyri, auf die ich schon in den Observationes p. 24 f. kurz hin-
gewiesen habe (BGU 552 — 557). Es sind Berichte der SexaTüpwiot
über die eingegangenen Weizenlieferungen, aus dem Herakleopoli-
tischen Gau^), aus dem 10. Jahre des Kaisers Gallienus. Da sind
die Eingänge nach den Dörfern zusammengestellt, die Dörfer aber
sind nach den Toparchien, in denen sie liegen, gruppirt. Zum
Schluss einer jeden Toparchie- Abrechnung heisst es dann: Y''(v£Tac)
T07i(ap)(ia?) + — X, d. h. „das macht für die Toparchie so und
so viele Artaben Weizen". Wir können somit die Toparchie als
Steuerdistrikt von den Zeiten des Philadelphos bis auf Kaiser
Gallien, also durch sechs Jahrhunderte verfolgen. Mit dieser Be-
deutung der Toparchie hängt es zusammen, dass in einem noch
unpublicirten Londoner Papyrus aus dem 2. Jahre des Hadrian,
den ich durch Kenyon's Güte einsehen durfte, die Thesauros-
beamten geradezu als die Sitologen der und der Toparchie be-
zeichnet werden. Es heisst da: üio^XiS: xal [lezoyoic, atxoXö-
yioiq) T07iap)^(ca5) ALOVi)aia6o[? •^']t'rfi\i((x.xoq) ßL. Vgl. Kenyon,
Dass sie nicht zum arsinoitischen Gau gehören, bemerkte ich schon
Hermes XXVII S. 299 A. 6.
310
IV. KAPITEL.
Catalogue of additions to the department of Mss. 1888 — 1894
S. 426 Pap. CCXCV.
lieber die Grundsteuer, die nach diesen Toparchien distribuirt
und erhoben wurde, ist oben in § 46 gehandelt worden.
125. Tpocpwv GcX(cpdx(ov?).
In 265, 4 (Elephantine) scheint mir nach nochmaliger Revision
des Originals folgendes zu stehen: zal ipo^ov (für xpo^wv) heX-
(cpaxwv) xal aXXfwv) ayeXwv. Die Lesung bedarf noch weiterer
Nachprüfung. Wie diese Abgabe aufzufassen ist, lasse ich dahingestellt.
§ 126. 'nxf;.
In 1031 (aus dem Jahre 31 n. Chr.) quittirt der tsXwvy]^
biy,YiQ einer Frau SevapLSu?, dass er das zeaoc, 6£A9azt(6jo^ |jLca?
von ihr empfangen habe. Die Abgabe wird als ulV.y), d. h. als
„Schweinesteuer" bezeichnet, und wird im gegebenen Fall „für
1 Ferkel" erhoben. Diese Schweinesteuer ist zu den Vermögens-
steuern zu zählen.
§ 127. T7:sp 7ipog6B(ov cpocv''7w(a)v).
Für Svene durch Nr. 276 (vom J. 186/7 n. Chr.) belegt.
Es kommt sachlich auf dasselbe hinaus, ob man ^olvlx((i)v)
oder 90tvix(tovtov) auflöst. Unter dieser izpoqoboq kann wohl nur
die Einnahme verstanden werden, die dem Besitzer der (^OLVCzeg
oder ^ocvLXWve? aus dem Verkauf der Früchte (Datteln) und aus
der sonstigen vielseitigen Nutzbarmachung dör Palmen erwächst.
Eine Abgabe, die uTwSp Tzpoqobtßw 90ivr/c(a)v) erhoben wird, trifft
also dieses Einkommen und ist zu den Einkommensteuern zu zählen.
Genaueres lässt sich über diese Abgabe nicht ermitteln, da der
Schluss der Urkunde nicht vollständig erhalten ist. Nur so viel
sieht man, dass sie in Geld gezahlt wird (vgl. Siaypa^ecv).
§ 128. Tjcsp xi\ific, hri\iooCo\) cpotvixog und unhp zl\^f^(; cpoivixo^.
Ersteres für Svene — Elephantine belegt durch 84, 93, 111,
126, 159, 161, 172, 227, 232, 243, 254, 255, 257, 266, 281,
285, 288, 1268, 1273, 1609, Letzteres für Theben durch 502,
692, 693, 697, 1466, alle aus dem II. und III. Jahrhundert nach Chr.
§ 124 — 128.
311
In Elephantine quittirt man uT,ep zl\^f^(; 5r^|ioaiou c^oLvixog.
Das "Wort (pGivtxo; findet sich in 266 voll ausgeschrieben, eben
so ^ri\LO(5io'j in 84, III, 161, 243. Dass damit auf kaiserliche
Palmengärten hingewiesen wird, scheint mir daraus hervorzugehen,
dass die v.\Lr^^ von den kaiserlichen Praktoren erhoben wird, den-
selben, die auch die kaiserlichen Steuern eintreiben. T'.[ii^ bezeichnet
hier den Kaufpreis, denn der Gedanke an eine Adaeratio wird durch
5rj[ioaioi) ausgeschlossen. Es handelt sich hier also nicht um Abgaben
irgend welcher Art, sondern lediglich imi den Kaufpreis von Ob-
jecten, die aus der kaiserlichen Domäne gekauft sind. Was ist nun
dieses Kaufobject? Das Nächstliegende scheint zu sein, cpciv:? als
„Palmenbaum" zu fassen. Sieht man aber, dass in der Regel hinzu-
gefügt wird „Y£vr^[iaT05 toO x. I-q'jc", so wird man vielmehr auf
das hingewiesen, was die Bäume in dem betreffenden Jahre getragen
haben, also die Früchte, die Datteln. Sprachlich ist diese Deutung
durchaus erlaubt, denn Hesychios sagt unter (foiv.q: xö SIvSpov . . .
xal 6 xapTtd^. Ich glaube daher annehmen zu dürfen, dass in
den vorliegenden Texten denjenigen Leuten quittirt wird, die aus
der kaiserlichen Domäne Datteln gekauft haben. Ueber die Höhe
des Preises lässt sich nichts eruiren. Die quittirten Summen sind
von sehr verschiedener Höhe, was zu unserer Auffassung passt.
Vielleicht ist es kein Zufall, dass die meisten Quittungen aus dem
October und November stammen. Die Dattelernte findet in Aegypten
im August und September statt. In diesen Fällen handelt es sich
also um den Ankauf von frischen Datteln aus der neuen Ernte.
Dem widerspricht nicht, dass die Früchte regelmässig als zu dem
Y£VT^[Aa des verflossenen Jahres gehörig bezeichnet werden. Auch
die Früchte, deren Ernte in den Anfang des aegyptischen Jahres
hineinfallt, sind doch gewachsen und geworden in dem vorher-
gehenden Jahre. Sie sind das ylvr^pia des Jahres, das kalendarisch
mit dem 28. August abschliesst.
Bei den thebanischen Quittungen, in denen die ^oivixe? nicht
als 5r^[iGaLCL bezeichnet werden, kann man schwanken, ob Tijiyj
als Kaufpreis zu fassen ist. Die Möglichkeit, dass es sich auch
hier um den Verkauf kaiserlicher Datteln handelt, ist nicht aus-
geschlossen, und man könnte auf die durch Strabo XVII p. 818
bezeugten kaiserlichen Palmengärten der Thebais hinweisen. Andrer-
seits besteht aber auch die Möglichkeit, dass mit der Formel UTzhp
312
lY. KAPITEL.
zi\ifiq auf eine Adaeratio hingewiesen wird (vgl. § 87). Dann würde
in diesen Fällen Geld gezahlt werden, während eigentlich Datteln
als Abgabe zu entrichten waren. Wie in § 87 würde man auch
hier zunächst an die Annona denken. Diese zweite Deutung ist
mir wahrscheinlicher, doch muss ich die Frage offen lassen.
§ 129. [TTisp .... Cpo]lVLX((Ov) S£a[JL(63v)
Vgl. Nr. 35 aus Syene vom J. 89 n. Chr.
Schon in der Revue Egyptologique VI S. 11 erklärte ich
SeaP- als Seafxat im Sinne von „Bündel". Ich halte an dieser Er-
klärung fest, zumal uns inzwischen auch in den Flinders Petrie Papyri
die tiaiir] als Mass (für Heu) entgegengetreten ist (vgl. Kap. X).
In diesem Zusammenhange kann (poiv.E, nicht die Palme, auch nicht
die Palmfrucht, sondern nur den Palmzweig bedeuten. Dass das
Wort diese Bedeutung haben kann, bezeugt Pollux I 244: xaXsTiac
bk xal 6 xldhoc, aoxoö 6|jLti)v6|jLa)5 cpoivL^.^) Wie die vorliegende
Zahlung aufzufassen ist, bleibt mir dunkel. Verbindet man (poLVLXwv
direct mit uTzkp, so würden die 47 Bündel Palmzweige (im Besitz
der Zahler) das Steuerobject darstellen. Man könnte aber auch
67i(£p) Tc([JL7j;) cpOLVi'zwv ergänzen, und da die Zahlung von Steuer-
pächtern erhoben wird, würde man hier wohl eher an eine Adaeratio,
als an den Kaufpreis denken (vgl. den vorigen Paragraphen).
§ 130. ^6poc> — cpoivtxcov.
Wenn unsere Ergänzung von 1536 (II. Jahrh. vor Chr.) richtig
ist, wird dort über den cpopoc, twv [Ji[£[xtaO'(a)(X£V(i)v) aoc] (focvcxtov
quittirt. ^opoc steht dann in dem Sinne von ez^optov für den Pachtzins
(vgl. § 133), denn die Quittung macht durchaus den Eindruck einer
Privaturkunde. Dies wäre wohl das älteste Beispiel dieses Sprach-
gebrauches.
Vielleicht liegt dieselbe Abgabe in 1446 vor, wo anö 96p(oü)
1 Artabe Datteln gezahlt wird (vgl. Corrig.). Doch ist die Lesung
cp6p(ou) hier nicht sicher. Die Quittung ist ausgestellt von ir^i-
TyjpYj(TaL) ZTYj((xa'C(i)v), etwa Güterinspectoren. Man könnte sich
Ueber mannigfache Verwendungen der Palmenzweige vgl. Wönig, die
Pflanzen i. alt. Aeg. S. 313. Als ßaij spielen sie auch im Haushalt des
Jupiter Capitolinus in Arsinoe eine Rolle. Vgl. Hermes XX. S. 458.
§ 128 — 131.
313
hier als den Grundeigentümer wohl den Kaiser, aber auch einen
reichen Privatmann denken. Dass in dem einen Falle mit Geld,
in dem anderen in natura gezahlt wird, wird in den betreffenden
Pachtcontracten so festgesetzt sein.
§ 131. Tzep e:c:v'//.(ji)va)v und \)~hp y£ü)|jLSTpLag cpoivtxwvwv.^)
Ersteres für Theben belegt durch Nr. 356, 369, 379, 396,
397, 400, 407, 494, 540, 649, 1323, 1326, 1327, 1364, 1382,
1383, 1385, 1389, 1398, 1548, 1554, Letzteres für Syene-Ele-
phantine durch Xr. 13—15, 17, 22, 88, 157, 184, 210, 238, 267,
268, 275, 284, 1610, alle aus der Kaiserzeit.
Dass mit dem Ausdruck bnep cpoiVLXWVWV die Grundsteuer
bezeichnet wird, die auf dem Palmenboden 2) lastet, kann sachlich
und sprachlich kaum in Zweifel gezogen werden. Dass aber auch
mit dem Ausdruck uizzp yscofiSTpia^ cfo'.vixwvwv nichts anderes ge-
meint ist, haben wir oben in § 27 nachzuweisen und zu erklären
versucht. In dem vorliegenden ]Material ist die erstere Formel in
^) Der Singular cfO'.v.xwvos ist ausgeschrieben in 184. Dagegen steht in
275 Tc5v a('JT(5v) ^cl(v'.%ü)V(üv). Unter einem cpo'.v.xwv ist ein Grundstück zu ver-
stehen, das ganz oder wenigstens vorwiegend mit Palmen bestanden ist. Nur
von solchen handeln die hier vorgelegten Quittungen. Dagegen kommen hier
solche Gnmdstücke nicht in Betracht, in denen vereinzelt Palmen stehen, wie
das namentlich in den uapaSs'.aoi vorkommt. So heisst es in BGÜ 348
(vom J. 156): KaXwg TtO'.y^a'.g xo'jg cfoivixaj xcjg sv tw'. (1. x'^'.) uapaSiaw. izoATfJOLq,
(1. TWüXr^aas.) In einem anderen Falle finden wir Palmen auf einem Weizenacker
erwähnt (BGU 227). Wohl Avird hier das sxcpöp'.ov, wie billig, nach Artaben
Weizen festgesetzt, doch auch von den vereinzelten Palmen scheint eine Abgabe
festgesetzt zu sein. Denn das ist wohl der Sinn der beiden noch nicht sicher her-
gestellten Worte über Z. 16. So wird bei gemischten Anpflanzungen die Be-
zeichnung immer a potiori genommen. Im Faijüm, wo auch die Olive gedieh,
finden wir nach BGU 141 Grundstücke, in denen Olive und Palme neben-
einander und, wie es scheint, in etwa gleichem Verhältnis wuchsen. Ein solches
Grundstück heisst eXa-.wv xai cpoivixwv und wird mit einer einheitlichen Grund-
steuer belastet (vgl. I Z. 10, 12, wo auch eXaitovog vor xai (^lO'.v'.X'ivo? zu
ergänzen sein wird, und II. Z, 9). — Eine interessante Illustration zu solchen
gemischten Anpflanzungen bietet ein aus Theben stammender Grundriss eines
altaegyptischen Gartens, aus der Zeit der XVIII. Dynastie. Vgl. Erman,
Aegypten u. aeg. Leben S. 2 74.
*) Für die aegyptischen Palmen verweise ich auf Wönig, Die Pflanzen im
alten Aegypten, 8. 304 flF.
314
IV. KAPITEL.
Theben üblich, während für Syene — Elephantine bis jetzt nur die
andere bezeugt ist. Die Identität ist hier nicht so evident wie bei
den a[X7r£Xü)V£(; , weil wir nicht in der Lage sind, wie dort den-
selben Steuersatz für Beide nachzuweisen (S. 147 f.). Das kommt
daher, dass in den elephantinischen Texten niemals der Flächen-
inhalt angegeben ist. Aber was für die dc\i7zeX(bvzc, gilt, muss auch
für die ^o'.VLXWve? gelten. Man könnte auf 1301 hinweisen, wo
unter der Ueberschrift Teo{\iezpiocQ} nicht nur für a[X7i£Xö)V£?, sondern
auch für ^oivtxwve^ Grundsteuer berechnet wird. Auch in 407
liegt es sehr nahe, vor ^oCiVLXWvwv) aus der vorhergehenden Zeile
ein Y£CL)|JL£Tpcag zu suppliren (vgl. 6[xoiü)(;).
Die Grundsteuer für Palmenland wird regelmässig nicht in
natura, sondern in Geld gezahlt. Aus den Elephan tiner Ostraka
lässt sich über die Höhe der Steuer nichts feststellen, da sie, wie
gesagt, sich darauf beschränken, nur die Geldsumme zu nennen.
Es begegnen die verschiedensten Summen, entsprechend dem ver-
schiedenen Umfang der besteuerten Ländereien. Dass die zahlenden
Personen die Eigentümer der Grundstücke sind, kann nicht bezweifelt
werden; auch Frauen begegnen darunter (vgl. 210). Meistens ist
zu der Steuer nur die Jahreszahl hinzugefügt, wobei zu bemerken
ist, dass (ausser in 157) immer das verflossene Jahr genannt wird.
In einigen Fällen steht statt der einfachen Jahreszahl yevri[LO(.zoc,
Tou X. ezouc, (vgl. 88, 184, 267, 268, 275), einmal Xyi([x(JLaT03v)
Toö X. zzouc, (1610). Dass die Grundsteuer für Palmenland für das
verflossene Jahr gezahlt zu werden pflegte und nicht wie beim Körner-
boden für das laufende Jahr (vgl. S. 21 3 f), hängt mit dem Termin
der aegyptischen Dattelernte zusammen. Diese fällt in den August
und September, also gerade in die Wende des aegyptischen Jahres.
Ich hob schon oben S. 311 hervor, dass die Datteln, die in den ersten
Tagen oder AYochen des neuen Jahres geerntet wurden, mit Recht
als Y^vyjfJia, als Wachstum des verflossenen Jahres bezeichnet werden
konnten. Da es sich hier nirgends um Naturallieferungen handelt,
so kann mit yevri\i(x,zoc, toö x. stouc, nicht die Ernte gemeint sein,
von welcher die Zahlung erfolgt (vgl. S. 214), sondern für welche
gezahlt wird. Die Richtigkeit dieser Aufl?assung wird durch ein
soeben in Berlin erworbenes Ostrakon, P. 8597, erwiesen, in welchem
quittirt wird: bn(ep) -(eißii^expiac,) 90LV£Lx(a)Vü)v) 'Apaßca? \)Tz(kp)
XYj(JL((xaT(i)v) a^. Es ist von denselben Pächtern ausgestellt, die in
§131. GRUNDSTEUER VOM PALMENLAND.
315
1610 einfach Ar^([i[iaTa)v) sagen. Es zeigt sich hierin wiederum,
dass die Grundsteuer als Ertragssteuer aufgefasst wurde (vgl. S. 214).
Eine Besonderheit findet sich in 275: da wird t6 5', d. h. t6 zizocp-
TGV gezahlt. Ich erwähne es nur, um davor zu warnen, etwa eine
Angabe über die Höhe der Steuer darin zu sehen. Es kann in dem
Zusammenhang nichts anderes bedeuten, als dass der Zahler eine Rate
im Betrage von einem Viertel der auf ihn fallenden Gesammtsumme
entrichtet hat.
Weiter kommen wir mit den thebanischen Urkunden. Wie
bei den dfiTieXwve? werden wir auch hier den grossen Londoner
Papyrus CXIX zur Ergänzung heranziehen (vgl. oben S. 148).
Aus diesem Papyrus lernen wir, dass in Theben (II, Jahrh. n. Chr.)
die Palmenländereien, soweit sie in Privatbesitz waren, in sehr ver-
schiedener Höhe zur Grundsteuer herangezogen wurden. Es lassen
sich folgende Sätze erkennen: 1. 20 Drachmen für die Arure (Z. 8,
11, 18, 27, 41, 50, 51, 56, 59, 61, 74, 76, 77, 78, 79, 102,
108, 109, 114, 115, 124, 126, 132, 148). 2. 40 Dr. (Z. 57,
60, 73). 3. 75 Dr. (Z. 119) und 4. 180 Dr. (Z. 101). Auch
hier wird die Verschiedenheit des Steuersatzes namentlich in der
verschiedenen Qualität des Bodens ihren Grund haben. Bei den
aiiTreXwve? sahen wir, dass die höher besteuerten Grundstücke an
die L£pa, die niedriger besteuerten an die h^o^y.r^ölq zahlten. Das
trifft auf die Palmenländereien nicht in demselben Masse zu. Wohl
gehen die Summen, die nach dem Satz von 20 und 40 Drachmen
für die Arure gezahlt werden, auch hier regelmässig an die b^o^y,r^GLQ,
während der zu 75 Dra'chmen Besteuerte an die lepx zahlt. Aber
der höchste Satz, der zu 180 Drachmen, geht nicht an die cspa,
sondern an die 6iGL7wr^a'.?.
Auch in den Ostraka können wir Zahlungen an das Staats-
ressort und solche an das Tempelressort unterscheiden. In mehreren
Fällen werden nämlich die cpotv:%ö)V£(; als lep(x.v,y.oi bezeichnet (369,
379, 397, 494, 1323, 1548). Nach dem Wortlaut sollte man meinen,
es seien Palmengärten, die den Tempeln gehörten. Diese Deutung
ist hier aber völlig ausgeschlossen. Es kann kein Zweifel bestehen,
dass es sich hier überall um Privatbesitz handelt. Die Steuerzahler,
unter denen sich auch Frauen befinden, sind die Eigentümer der
betreffenden Ländereien. Ich sehe in dem Zusatz ispaiixoc lediglich
einen Hinweis darauf, dass die Grundsteuer an die lepa, nicht an
316
IV. KAPITEL.
die hioixfi^ic, geht. Andrerseits halte ich dafür, dass diejenigen
cpoiviy.Giveq, die nicht jenen Zusatz haben, an die SLOiXYjaii; steuern.
Dass in dieser Weise die Steuererträge auf die beiden Ressorts re-
partirt wurden, dafür bürgt der Londoner Papyrus, der geradezu
auf diesem Grundsatz basirt. Dass es sich in ihm aber um Privat-
eigentum handelt, unterliegt keinem Zweifel ; werden die Grundstücke
doch mehrfach ausdrücklich als tSLOZxyjTOi bezeichnet.
Ehe wir versuchen, aus den überlieferten Summen die Höhe
des Steuersatzes zu berechnen, sei ein Wort über die Ratenzahlungen
vorangeschickt. Ich habe schon in den Göttinger Gel. Anz. 1894
S. 734 darauf hingewiesen, dass in dem Londoner Papyrus die ein-
zelne Rate nicht als Bruchteil der zu zahlenden Gesammtsumme aufge-
fasst wird, sondern als Vollzahlung für den betreffenden Bruchteil
des Grundstückes. Vgl. z. B.Z. 79: Wevptwv-ö'Yji; 'ÄTiaO-ou ^oi(yi7.(byo<;)
L5ioz(TrjTou) dv(a) ^>t %ß (seil, xoö SeTvog |jlyjv6^) octzö drf tÖ'>|
dXß h^o^^K(r^G^^)yq) ^ efo^X- -^^^ besagt: Psenmonthes besitzt im
Ganzen ^ ^ Aruren Palmenland (die Arure zu 20 Drachmen Grund-
steuer). Er zahlt aber zur Zeit (am 22. des betreffenden Monats)
nur für | davon, d. h. nur für ^ Arure. Das macht 5 Drachmen
3| Obolen 2 Chalkus. Dieselbe Art der Ratenberechnung liegt nun
auch in unseren Ostraka vor, nur dass hier nicht ausdrücklich an-
gegeben ist, ob die gezahlte Summe eine Rate oder der volle Betrag
ist. Wir dürfen daher, auch unter der Annahme von Raten, doch
immer die Geldsumme als den vollen Betrag für das angegebene
Stück Land betrachten und sind daher in der Lage, den Steuersatz
für die Arure zu berechnen. Ich stelle zunächst diejenigen Num-
mern zusammen, in denen der Betrag nach obiger Deutung an
die hioiy.rioic, geht.
In Nr.
356 (19/8 V. Chr.) w
ird gezahlt für i i ih Arure — 8 Dr. 3 Obol.
1364(16/5 „ ) „
. . i-h
„ -5 „
3 „
1554 (37/8 n.Chr.) „
„ — 6 „
3i „
1382(43/4 „ ) „
„ -1 „
5 „
1383 (43/4 „ ) „
" i iV
„ —3 „
4i „
1385(44/5 „ ) „
" " 4 S
„ — 7 „
3 „
396(47/8 „ ) „
„ -1 „
5 „
407 (54/5 „ ) „
„ — 1 „
5i „
[P.4434(54/5j„ ) „
» » iV
„ -1 „
§131. GRUNDSTEUER VOM PAL3IENLAND.
317
In Nr.
1389 (57/8 n. Chr.) wird gezahlt für "s^^
1398 (66/7
1326 (67/8
1327 (77/8
540 (128/9
649 (156, 7
^ Arure — 2Dr.lObol.
-5 „ 4 „
^ j> 3 ,,
— 5 „
— 2 „
— 4
Der unschätzbare Londoner Papyrus lehrt uns die interessante
Thatsache, dass bei der Berechnung der Grundsteuer für die kleineren
Aruren- Bruchteile Abrundungen, bald nach oben, bald nach unten
vorkamen. Ich habe zur Probe einige Fälle auf S. 145 der Kenyon'-
schen Edition nachgerechnet und fand daselbst mehrere Beispiele
für solche Abrundungen. So müssten in Z. 50 für Arure bei
dem Satz von 20 Drachmen nicht 2 Obolen, sondern 1 Obol und
7 Chalkus gezahlt werden. Es hat also eine Abrundung der Summe
nach oben um 1 Chalkus stattgefunden. Das findet sich genau so
in Z. 54 wieder, und ebenso auch in Z. 59, wo für -J- ^ Arure
(zu 20 Dr.) 2 Dr. 5 Obolen gezahlt werden. Exact wäre gewesen:
2 Dr. 4 Ob. 7 Chalkus. Dass wir es hier wirklich mit kleinen
Ungenauigkeiten zu thun haben, nicht etwa mit verschiedenen Steuer-
sätzen, wird dadurch über allen Zweifel erhoben, dass ja im Londoner
Papyrus ausdrücklich der Steuersatz in jedem Falle erwähnt wird:
dtvdc Spayjxa? x. Dies ist uns um so wertvoller, als in den Ostraka
der Steuersatz nicht genannt wird, sondern von uns erst aus dem
Verhältnis der gezahlten Summe zu der Flächengrösse berechnet
werden soll. Wir werden daher auf Grund des Londoner Papyrus
von vornherein erwarten dürfen, dass auch hier kleine Ungenauig-
keiten begegnen. Die obige Tabelle scheint mir nun zu ergeben,
dass in sämmtlichen Fällen, die controllirbar sind (also ausser den
3 letzten), der Satz von 20 Drachmen für die Arure vorliegt. Und
zwar ist die Rechnung exact in 1326, 1383, 1385 und in P. 4434.
Es ist gewiss kein Zufall, dass in diesen Fällen ein kleinerer Aruren-
Bruchteil als -^^ nicht begegnet, und wir können sagen: die Genauig-
keit in der Ausrechnung der Steuersumme geht nur bis Arure.
In allen anderen Fällen, wo ^ und ^ auftreten, haben wir es
mit Abrundungen zu thun. Zur Erleichterung der Nachprüfung
schreibe ich hier den Normaltarif hin:
318
lY. KAPITEL.
20 Drachmen.
5
2 „3 Obolen.
1 „ 1 „ 4 Chalkus.
3 „ 6
1 „ 7 „
Hieraus ergiebt sich, dass auch in den anderen in der Tabelle
aufgeführten Fällen der Satz von 20 Drachmen für die Arure zu
Grunde liegt, dass hier aber Abrundungen, bald nach oben (356, 407,
1398), bald nach unten (396, 1364, 1382, 1389, 1554) vorliegen.
Die Differenz zwischen der normalen und der effektiven Summe
beträgt 1, 2, auch 3 Chalkus. Nur einmal (1364) begegnet ein
Nachlass von 6 Chalkus. Ich wünschte, dass das Original nochmals
daraufhin verglichen würde, ob wirklich ^ef dasteht, wie ich ge-
lesen habe, und ob nicht vielmehr ^Sp zu lesen ist. Dann würde
auch hier nur eine Abrundung um 2 Chalkus (und zwar nach
oben) vorliegen.
Bei denjenigen Summen, die für ^poivixG^vec, Up!XZiY,oi gezahlt
werden, sind wir nicht in der Lage, in ähnlicher Weise den
Steuersatz zu berechnen, da hier, wohl nur zufalliger Weise, die
Angabe des Flächenmasses fehlt (369, 379, 400, 494, 1323,
1548). Nur in 397 ist es angegeben. Hier werden für -/g Arure
4 1 Obolen gezahlt. Nach dem Satze von 20 Dr. für die Arure
müssten aber 3 Obolen und 6 Chalkus gezahlt werden, und es
wäre sehr merkwürdig, wenn man dies ohne Not nicht etwa auf
4 Obolen, sondern sogar auf 4 Obolen und 4 Chalkus erhöht
hätte. Ich lasse es dahingestellt, ob daher hier vielleicht ein an-
derer Steuersatz anzunehmen ist. Die gezahlte Summe würde correct
sein bei der Annahme eines Steuersatzes von 24 Dr. für die Arure.
Es ist nicht uninteressant, einige Steuerzahler zu betrachten,
die zu w^iederholten Malen begegnen. So zahlt ''Ep[Jica^ ZwlXou
(nach 1382) im J. 43/4 für i\ -^-^ Aruren, und im J. 54/5 (nach
P. 4434) für yV- ^^^^ möchte daraus nicht den Schluss ziehen,
dass sein Grundbesitz sich etwa in der Zwischenzeit um -31^ ver-
mindert hätte, wiewohl die Möglichkeit natürlich besteht. Nach
dem, was wir oben über die Ratenzahlungen sagten, ist es vielmehr
näherliegend anzunehmen, dass in der zweiten Quittung nur eine
1 Arure
16
64
§ 131 — 133.
319
Ratenzahlung, die den Steuerbetrag von ^ig- deckte, vorliegt. Ja,
auch die j\ brauchten nur einen Bruchteil des Ganzen aus-
zumachen. So erklärt es sich auch, wenn Ilcxsjisvö^'.^ IIa[JLa)V^oi)
als Grundsteuer für sein Palmenland im J. 31,2 3 Dr. 4} Ob. zahlt
(1548), im J. 36,7 44 Obolen (379) und im J. 49/50 8 Dr. 4 Ob.
(1323). Die beiden ersten Zahlungen sind sicher Ratenzahlungen,
vielleicht auch die letzte. Es ist übrigens bemerkenswert, dass diese
Palmenländereien des Petemenophis in allen drei Fällen, durch
18 Jahre hindurch, immer zu den lepoczrAol ^oivixövs? gehören.
Wir haben somit den isachweis geführt, dass in der Kaiserzeit
(I/II. Jahrh. n. Chr.) die Palmen gärten sowohl in Svene -Elephantine
wie in Theben, genau so wie die Weingärten, nicht in natura, sondern
in Geld besteuert wurden, und dass diese Geldsteuer als ein fixer
Satz für die Arure, in verschiedener Höhe, je nach der Qualität des
Bodens, aufgelegt war. Dass sich in unserer Sammlung keine
Quittung über diese Steuer aus der Ptolemäerzeit findet, kann nur
ein Zufall sein. Auch die Pap}Ti bieten so gut wie nichts. Die
(poivr/.wvcC in Petr. Pap. (II) XLIIIb glaube ich hier ausscheiden
zu müssen, weil es nach der Ueberschrift sich um die exnr; zal
Ssxaryj, d. h. die Apomoira handelt (s. oben S. 157 A. 2). Vielleicht
wird man XXXIX i auf die Grundsteuer beziehen dürfen. Doch ist
der Beweis nicht zu führen.
§ 132. Oopixfov).
In 1546 scheint das Wort ^opi7.(GÖ) eine Abgabenart zu be-
zeichnen, wie die Gegenüberstellung mit § nahelegt. Es mag wohl
von ^opog abzuleiten sein. Doch wage ich keine genauere Erklärung.
§ 133. <l>Gpo;.
Für Elephantine^) belegt durch Xr. 657. Vgl. 1167, 1177.
Der ^opoq in 657 wird von einem Manne gezahlt, der
das betreffende Grundstück in Pacht hat (f^^ ^X^'* (iiaO-waL).
Mit Unrecht habe ich die Nummer in die thebanischen Ostraka ein-
gereiht. Die Eigennamen illaxotiX'^i!^-?? na7zpc|iiO-ir]5, nsx£Xvo5|iig) weisen deutlich
nach Elephantine, Sollte der unterzeichnende Toy^'XXoc; Ni'Ypou vielleicht
identisch sein mit dem gleichnamigen Agoranomos Elephantines, der durch den
Pap. Paris. 17 für das Jahr 153 n. Chr. bezeugt ist? Dann würde die vorliegende
Quittung in der Agoranomie ausgestellt sein. In diesem Falle wäre allerdings
anzunehmen, dass wir nur eine Copie vor uns haben, nicht das Original (vgl. S. 12).
320
IV. KAPITEL.
Wir werden daher in dem ^opo^ den Pachtzins sehen, den der
Pächter dem Grundeigentümer zahlt. Dieser Pächter erhält Quittung
von drei Männern, die sich als iTtLTrjpY^Tal yfi<; T[xouaav£ü)^ bezeichnen,
vermutlich die Verwalter des Grundeigentümers, und zwar legt
ihr Titel die Vermutuog nahe, dass es sich um kaiserliches Do-
maniallaud handelt, das eben an den Zahler in Pacht gegeben ist.
Wie wir in § 37 gezeigt haben, ist nun zwar die übliche Bezeich-
nung für den Pachtzins ex^opiov. Aber auch ^opoc, kommt daneben
in dieser Bedeutung vor. In BGU 409 (a. 313 n. Chr.) wird einem
Pächter der Empfang des ^opoc, quittirt. Dabei wird die Urkunde
bezeichnet als [Jita^aTioxVj. Oopog an der Stelle, wo wir nach
Obigem iy.^6piOV erwarten würden, begegnet ferner: BGU 303,16
(a. 586 n.Chr. uTiep toxaxTOU ^opou); 307/8 (byz. Zeit); 349,8
(a. 313 n. Chr.); 364,12 (a. 553 n. Chr. unkp aTioTaxTOi) (popou);
396, 7 und 13 (byz. arab. Zeit); Pap. Genev. 10 (a. 323, wo
in Z. 13 l^^opoi)'] zu ergänzen sein wird); Pap. Grenf. (I) LIV, 12
(a. 378), LVI 11. Die Beispiele stammen sämmtlich aus der jüngeren
Zeit. Vergleiche jedoch das Beispiel in § 130 aus dem II. Jahrh. v. Chr.
Auch im Pap. Lond. CCXVI vom J. 94 n. Chr. steht ^opoq für
Pachtzins. Ebenso scheint in BGU 487 (IL Jahrh. n. Chr.) (^opoq
in Verbindung mit der (jLLaO-waL^ vorzukommen, und vermutlich
sind die ^opoi in unserer Nr. 1167 ebenso zu deuten: Abydenos wird
der Grundeigentümer sein, und die anderen Männer, die ihm Weizen
liefern, werden seine Pächter sein. Vgl. Nr. 1177. Weitere Bei-
spiele für ^opog als Pachtzins bringt jetzt CPR I (vgl. S. 153).
Andrerseits kann aber ^6po<; auch in dieser Urkundensprache eine
staatliche Steuer bezeichnen. Vgl. z. B. ^opoc, ßoöv in § 144 u. a.
§ 134. Tvisp cpuX(axYj(;) oder cpuX(axü)v) und UTzep G^tßyiou
cpuX(axa)v).
a) Ersteres für Theben belegt durch Nr. 451, 460, 463, 467,
472, 478, 480, 529, 581, 616, 1283, 1285, 1429, 1477.
b) Letzteres für Theben belegt durch Nr. 422, 427, 428, 430,
433, 435, 437, 441, 442, 445, 447, 449, 455, 461, 465, 1281, 1284.
Die Vergleichung der Texte lehrt, dass mit den beiden ver-
schiedenen Ausdrücken ein und dieselbe Abgabe bezeichnet wird.
Drei Quittungen stammen aus Xapa^ (581, 616, 1477), drei aus
§ 133 — 135.
321
einem anderen nicht genannten Orte (451, 467, 478), alle anderen
aus NoTo? */al Ac^».
Es scheint, dass diese Abgabe, die für die „Besoldung der
Wächter" erhoben wurde, in jedem Jahre neu aufgelegt wurde, und
zwar für alle Steuerpflichtigen immer in derselben Höhe, also kopf-
steuerartig. Das ergiebt sich aus den Fällen, in denen wir mehrere
Quittungen für ein Jahr haben. Für 75/6 zahlt sowohl Kapf^Ti^
(441) als WevaevTL^oy]? (442) je 1 Dr. Ii Ob. Für 79^80 zahlt
sowohl 'AnoXlthq (451) als Ka|i^XL? (1281) je 1 Dr. Für 83/4
zahlt sowohl KapL-^xt^ (461) als ^''evaevTtO'of^? (460) je 1 Dr.
Ebenso stellt es sich für 84/5 (vgl. 463 und P. 1787) und 86/7
(vgl. 472 und 1284) heraus. Diese Regelmässigkeit scheint mir dafür
zu sprechen, dass wir es hier nicht mit Raten zu thun haben.
Andrerseits sehen wir, dass ein und dieselbe Person in ver-
schiedenen Jahren in verschiedener Höhe bezahlt. So zahlt Ka[ji'^Tt(;
nezeoipnpriouq für 67/8 (422) 1 Dr. 4 Ob., für 69;70, 70/1 und
72/3 (428, 430, 433) je 2 Dr., fiir 75/6 (441) 1 Dr. 1^ Ob., für
77/8 (447) 1 Dr.
An was für ^uXaxeg hier im Speziellen zu denken ist, ist schwer
zu sagen. Denn es gab cp()Xa.7.E<; der verschiedensten Art. Eine
Zusammenstellung des Materiales findet man bei O. Hirschfeld, Die
aeg. Polizei in der Kaiserzeit nach Papyrusurkunden (Sitzungsb.
Berk Akad. 1892. 28. Juli). Doch wenn hier von (pöX(xy.eq schlankweg
geredet wird, so ist es mir am wahrscheinlichsten, dass damit die
Dorfjpolizei der betreffenden Ortschaften gemeint ist, die, wie ich
bei Hirschfeld a. a. O. S. 2 bemerkt habe, zu den hr^iiOGioi der
Dörfer gehören. Für das Kostgeld dieser „Wächter" hatten also
die Gemeindeangehörigen alljährlich einen Zwangsbeitrag in der oben
bezeichneten Art beizusteuern. Ueber das ^'jXaxixixov vgl. § 212.
§ 135. XsLpwva^iov.
Für Syene-Elephantine belegt durch Nr. 16, 19, 23, 27, 28,
32, 40, 45, 50, 66, 67, 77, 78, 80, 107, 109, 110, 133, 153,
166—168, 175, 181, 193—195, 199, 206, 207, 250, 291, alle
aus dem I. und II. Jahrh. n. Chr. Für Theben vgl. Nr. 527.
Xecptova^cov ist die Steuer, die die )(£'.pwvaxT£?, die Hand-
werker, für die Ausübung ihres Gewerbes zu zahlen haben, also die
WiLCKEN, Ostraka. 21
322
lY. KAPITEL.
„Gewerbesteuer". In der Literatur begegnet der Ausdruck nur bei
Ps. Aristot. Oeconom. II 1,4, wo neben der Kopfsteuer, dem Itülxe-
^aXtov, das )(£Lp(i)va^tov unter den izpoqohoi der Satrapenwirtschaft
aufgezählt wird.
Untersuchen wir, ob sich aus dem vorliegenden Material ein
Einblick in das System gewinnen lässt. nach welchem die Gewerbe-
treibenden zur Steuer herangezogen wurden. Wir werden unten
sehen, dass man, w^ie heute, auch im Altertum verschiedene Arten,
diese Steuer aufzulegen, gekannt hat. Für das ptolemäische und
römische Aegypten liegt uns in der Literatur kein Zeugnis vor. Aus den
kurzen aber inhaltschweren Worten Strabo's (XVII. p. 787) .,tou^
5' öaa Iv s^pyj'V'O yf^y te y.al xiyyoLC, Ip YaLjojjilvouc, dcp' wvTcsp xal
al TZpoqohoi auvT^yovTO tw ßaaiXst'*, durch die die Gew^erbesteuer
für die Ptolemäerzeit bezeugt ward, hatte bereits Lumbroso (Re-
cherches S. 297) mit Recht geschlossen, dass w^ohl alle die ver-
schiedenen Gewerbe, die er auf S. 104 f zusammenstellt, einer Ab-
gabe unterworfen gewesen seien. Doch über die Art dieser Gewerbe-
steuer geben Strabo's Worte keinen Aufschluss. Diese Lücke füllen
nun die Ostraka und Papyri.
Betrachten wir zunächst die Ostraka. In den obigen Nummern
wird nur zwei Mal das Gewerbe des Zahlenden ausdrücklich
genannt, in IN'o. 23 und 45.^) In 23 zahlt ein gewisser Phenopis
für das Jahr 71/2 am 30. Mesore 72 Ö7r(£p) )(i(pü)vacLOu) Xiv()^ii>(y)
'EX£9(avTLvr^$) 12 Drachmen. Hier könnte man noch schwanken,
ob die 12 Drachmen Vollzahlung oder Rate sind. Die Zweifel
w^erden durch Xr. 27 gehoben, wonach derselbe Phenopis für die
Gewerbesteuer des Jahres 75/6 am 30. Mesore 76 zahlt xa^ X(onzdcq)
dpYu(pLOu) 5pa(x[JLd?) (hyy.uio / \ tjS, d. h. „er zahlt die noch
restirenden 8 Drachmen, das macht in Summa 12 Drachmen". Damit
scheint mir erwiesen, dass der Leinweber Phenopis 12 Drachmen
zu zahlen hatte, und offenbar für's Jahr. 2) Dabei ist die Frage
^) Das von Marquardt (RStV 11^ S. 199 A. 5) aus Fröhner citirte X£'.pü)vtx^iov
— xa7CYjXei(ou) ist aufzugeben. Es ist statt dessen zu lesen: XaoCypacpiag) — xaxöc
p-dpog. Vgl. Nr, 104. Natürlich zahlten auch die vtaTiYjXo'. eine Gewerbesteuer.
Xaeh träglich waren mir allerlei Bedenken gekommen, ob die Zahlungen
nicht auf den Monat statt auf das Jahr zu beziehen seien. Es würde mich zu
weit führen, wollte ich die sehr verwickelten und verschlungenen Wege, auf
denen sich meine Bedenken und dann meine Gegengründe, die mich an der
§135. DIE GEWERBESTEUER IN ELEPHANTLNE.
323
noch unentschieden, ob diese Summe als Quote des jährlichen Ge-
wiunstes oder aber als Fixum, das auf das Gewerbe als solches gelegt
war, aufzufassen ist. In ersterem Falle wäre anzunehmen, dass
Phenopis im J. 75/6 genau so viel verdient hätte wie im J. 71/2.
In Xr. 45 zahlt ein Xlvgt^wXyj^ Pete}Tis fiir das )(£ipo)vac:ov
des Jahres 96/7 erst stzI XGyo'j, also als Rate, 4 Drachmen, darauf
TÄ? XuTid? ToO aL ^ öxTO). Dies ergiebt mit Sicherheit, dass auch
der Xivo7:toAr^5 Peteyris 12 Drachmen für das Jahr zu zahlen hatte,
iso. 50 zeigt, dass derselbe Peteyris fiir 98 wiederum 12 Dr. zahlt.
In Kr. 66 wird ihm für 101/2 die Ratenzahlung (eTzl Xcyoij) von
4 Dr. quittirt, während 67 die General quittung^) für dasselbe
Jahr 101/2 ist, wonach er auch für dieses Jahr 12 Drachmen gezahlt
hat. Auch dieser Peteyris zahlt also in drei verschiedenen Jahren
immer dieselbe Summe. So werden wir schon hiernach der Meinung
zuneigen, dass die Gewerbesteuer nicht als Quote des Jahresgewinnes
berechnet war. — Alvottwat^^ ist der Leinenhändler, während Xivucpo^-)
der Leinweber ist. Das sind zwei verschiedene Gewerbe, die somit
gleich hoch besteuert waren.
Weitere Gewerbe werden in den obigen Ostraka nicht genannt.
Wohl aber zeigen sie uns, dass andere, ungenannte Gewerbe, in
anderer Höhe besteuert waren. In Kr. 16 zahlt eine Frau Thaesis
für 60/1 \)T.zp y£'.povac:o(u) [iy](viaLou) (?) 0ü)T Oaö'^i 'AO-up
alten Ansicht festhalten Hessen, bewegten, hier in extenso vorführen. Nur Eines
will ich hervorheben. Wenn der Schreiber (z. B. von Xr, 45) sagt ,,6 a'jxög za.c,
XotTiag xoö aL (=Kpd)xoü Ixcug)" xxX, ist es da wahrscheinlich, dass man an
eine Eestzahlung für einen bestimmten Monat zu denken habe, während doch
kein Monat in dem Ostrakon erwähnt wird? Aehnlich liegt es in 7 7 und sonst.
Sollten die Summen auf den Monat zu beziehen sein, so könnte man wohl er-
warten, dass bei den Restzahlungen einmal auch grössere als die Normalsummen
vorkämen, dass also einmal für zwei Monate nachgezahlt würde. Wer sich die
Mühe giebt, die Frage nachzuprüfen, wird, denke ich, auch zu meinem Resultat
kommen.
^) Es ist offenbar nur eine nachlässige Kürze, wenn der Schreiber hier
einfach die Gesammtsumme nennt, anstatt die Restzahlung hervorzuheben und
dann die Summe zu ziehen.
^) Die hier gebräuchliche Form Xivutyos (nicht X'.vöü^og) ist in's Lateinische
als linyphus übergegangen. Vgl. Blümner, Technologie I. S. 184. Uebrigens
begegnet in Papyri auch die Form X'.vööcpo?, z. B. im Berliner Papyrus P. 1364.
Ueber die aegyptischen Leinweber vgl. Büchsenschütz, die Hauptstätten d. Ge-
werbfleiss. S. 62. Vgl. auch oben S. 268.
21*
324
lY. KAPITEL.
|XYj(v(i)v) Y 4 Drachmen. Angenommen, dass dies Ostrakon wirk-
lich aus Elephantine stammt/) ist es das einzige Beispiel für
diesen Ort, in dem eine monatliche Berechnung der Gewerbe-
steuer zu Tage tritt, so wie es in Theben üblich war (s. unten).
Sonst tritt uns hier immer die Jahressumme entgegen. Ob die
Ergänzung l^r^(y^c^lO'J') , wonach die Gewerbesteuer geradezu als
Monatssteuer bezeichnet würde, richtig ist, lasse ich dahingestellt.-)
Jedenfalls hatte Thaesis, wenn sie für die di-ei ersten Monate des
Jahres 4 Dr. zahlt, für's ganze Jahr 16 Dr. zu zahlen. Ihr Gewerbe
wird also anders als das der Leinweber und Leinenhändler besteuert.
In- derselben Höhe wie die Letzteren wird dagegen ein gewisser
Harpaesis, Sohn des Phanophis, besteuert. Der zahlt für's Jahr 103/4
nach Nr. 77 erst 8 Dr., und dann „die übrigen 4 Dr." also 12 Dr.
im Jahr. Das bestätigt Nr. 80 für 107/8, Nr. 109 für 116/7 (hier
wird die zweite Rate von 4 Dr. ungenau mit ^XXaq, statt mit xdg
Xonzoiq bezeichnet) und Nr. 110 für 117/8. Welches Gewerbe
er trieb, bleibt unbekannt.
Mehrere Personen zahlen ferner 20 Dr. 2 Ob. für's Jahr. Es
giebt hier zwar bis jetzt zufallig keinen Fall, in dem es sich, etwa
durch Bezeichnung der Xonzoi, nachrechnen Hesse, dass dies
wirklich der volle Jahresbetrag und nicht eine Rate sei. Die
Summe begegnet aber so ausserordentlich häufig, dass sich w^ohl
nicht daran zweifeln lässt, dass dies wirklich der jährliche Betrag ist.
Folgende Personen zahlen 20 Dr. 2 Ob. als Gewerbesteuer: 1. Na-
^epaäciq (Nr. 32). 2. W(xyayGiQ (40). 3. KaXaalpL? (133).
4. nexexvoOßt? (153). 5. Tlzxopl\ifid'iq (166). 6. Uoczoip^iq (167,
175, 181, 195, 199, 206, 250). 7. ZfxevTtö^ (168). 8. 0oto-
[xoö^ (193, hier ist y^SLpwva^iov ergänzt). 9. Kaac^ (194). 10. Ein
Nachträglich kommen mir Bedenken, ob dies Ostrakon nicht vielleicht
aus Theben stamme. Die Quittung steht formell den thebanischen viel näher
als denen aus Elephantine. Auch könnte der Name des Mannes dieser
Frau, 'Fsv[i(j3vO-Y]i; , dafür angeführt werden. Month ist ein thebanischer Gott,
und die Zusammensetzungen mit seinem Namen sind dort ungemein häufig.
Aus Elephantine wüsste ich sonst keine anzuführen. Aber beweisend ist der-
gleichen natürlich nicht.
^) Nach Analogie von Nr. 527 könnte man vermuten, dass in dem [i"^
vielmehr die Bezeichnung des Gewerbes stecke. Man könnte an |iy)Xovö|ios oder
jiYjXoxpöcpc^ denken. Dass eine ,, Schafhirtin" aber höher besteuert wäre als ein
Leinweber, ist wenig wahrscheinlich.
§135. DIE GEWEEBESTEÜER IX ELEPHANTINE.
325
anderer Tl^zop'^\lf^^".c, (207). r>as sind 10 vei-schiedene Personen,
die dieselbe Gewerbesteuer zahlen, vielleicht auch dasselbe Ge-
werbe treiben.
Endlich sei auf Xr. 19 hingewiesen, wo über 20 Dr., und auf
291, wo über 8 Dr. 2 Ob. quittirt wird. In beiden Fällen ist
unklar, ob eine Rate vorliegt.
Aus dem Angeführten ergiebt sich mit grosser Wahrscheinlichkeit,
dass in Elephantine-Syene die verschiedenen Gewerbe in verschiedener
Höhe besteuert wurden, in der Weise, dass jedes einzelne Ge-
werbe mit einem bestimmten, für Jeden, der das Gewerbe
trieb, gleichen Fixum behaftet war. Der Gedanke an eine
Berechnung der Gewerbesteuer als Gewinnstquote wird m, E. schon
durch die Tabelle jener Personen, die sämmtlich 20 Dr. 2 Ob. zahlen,
ausgeschlossen. Im Einzelnen haben wir für Elephantine-Syene
folgende Jahresfixa gewonnen: die Leinweber zahlten 12 Dr., eben-
soviel die Leinenhändler, desgleichen ein ungenanntes Gewerbe; ein
anderes ungenanntes Gewerbe, von einer Frau ausgeübt, war mit
16 Dr. belastet, ein anderes mit 20 Dr. 2 Ob.
Diese Auffassung findet durch einen Papyrus der Berliner
Sammlung (BGÜ 9) ihre volle Bestätigung. Ich habe schon im
„Rheinischen Jahrbuch" S. 254 kurz darauf hingewiesen. Diese
Urkunde steht auf der Rückseite eines Textes aus dem J. 248 n. Chr.,
ist also jünger; wieviel jünger, ist schwer zu sagen. Ich denke, wir
können sie etwa rund um 300 ansetzen, wobei es auf ein paar Decen-
nien mehr oder weniger nicht ankommt. Diese L^kunde enthält nun
Listen von Gewerbetreibenden aus Arsinoe, der Hauptstadt des Faijüm.
Den Namen ist die Wohnung („in der und der Strasse") und eine (offen-
bar von ihnen gezahlte) Geldsumme hinzugefügt. Sie sind nach ihren
Gewerben geordnet, und die Angehörigen ein und desselben Gewerbes
zahlen dieselbe Summe. Die einzige Ausnahme I 13 wird als
Ratenzahlung zu fassen sein. Ich habe schon a. a. O. die Erklärung
aufgestellt, dass diese Summen als Gewerbesteuerzahlungen aufzufassen
sind. Danach zahlten die y.puxwT^öXai = ypuxoTiwXa'. , die Trödler,
12 Drachmen, die [lupwTiöXa: = (i'jpWTrwXai , die Salbenhändler,
60 Dr., die ßa^eT?, die Färber, 24 Dr., andere Gewerbe, deren
Ueberschrift verloren ist, 8 Dr. und 8 Dr. und 16 Dr. Bei den
xopaaxe?, den Barbieren (vgl. S. 228), sind keine Summen erhalten.
Zum Glück lässt sich noch mit Sicherheit feststellen, für welchen
326
IV. KAPITEL.
Zeitraum diese Summen fallig waren. In II 11 zahlt ein Färber
das Doppelte von dem, was die Anderen zahlen, und da heisst es:
bizep [xrjvwv ß. Folglich waren jene Summen monatlich zu zahlen.
Danach können wir für Arsinoe für die Zeit um 300 n. Chr. folgende
Tabelle aufstellen :
Zwei ungenannte Gewerbe zahlten pro Jahr je 12 X 8 = 96 Dr.
Die Trödler „ „ „ „ 12X12= 144 Dr.
Ein ungenanntes Gewerbe „ „ „ „ 12 X 16 == 192 Dr.
Die Färber „ „ „ „ 12 X 24 = 288 Dr.
Die Salbenhändler „ „ „ „ 12 X 60 = 720 Dr.
Vergleicht man diese Zahlen mit denen aus Elephantine, so
fällt ihre gewaltige Höhe auf. Wir werden die Erklärung hierfür
in dem rapiden Sinken des Geldwertes am Ausgang des III. Jahr-
hunderts, in der bekannten Verschlechterung der Münze dieser und der
folgenden Zeit zu suchen haben, und sehen uns somit ausser Stande,
über das positive Verhältnis dieser Gewerbesteuersummen zu jenen
etwas zu eruiren. Indessen wird man nicht fehl gehen, wenn man
annimmt, dass das relative Verhältnis, dass in diesem Papyrus unter
den verschiedenen Gewerben hinsichtlich ihrer Besteuerung besteht,
in den früheren Zeiten, denen die Ostraka angehören, im Grossen
und Ganzen dasselbe gewesen sein Avird, dass also die Gewerbesteuer
der Trödler, der Färber, der Salbenhändler sich auch früher wie
1:2:5 verhalten haben wird. Als Hauptergebnis dieses Textes
möchte ich aber die Bestätigung betrachten, die sie unserem obigen aus
den Ostraka geschöpften Resultat gewährt, dass alle Angehörigen
desselben Gewerbes dieselbe Steuer zu zahlen hatten.
Betrachten wir nunmehr die Gewerbesteuerquittungen aus Theben.
Der Ausdruck y^eipwva^tov begegnet hier nur einmal (Nr. 527).
Vgl. oben § 23. Im Uebrigen ist es hier Sitte, das Gewerbe selbst
in der Quittung zu nennen, meist in der Form bizhp ßa^iwv
oder ähnlich. Wir haben die einzelnen Fälle in diesem Kapitel
an ihrem Orte behandelt, und haben folgende verschiedene Ge-
werbe als der Gewerbesteuer unterworfen nachgewiesen: 1. die
Fischhändler (§ 6). 2. die Bademeister (§ 23). 3. die Färber
^) Vgl. Wessely, XXII Jahresbericht d. K. K. Staatsgymnas. III, Bezirk
Wien 1890/1. S. 14. Nach BGU 13 kostete übrigens im J. 289 n. Chr. ein
Kamel nicht 6 Tal. 3000 Dr., Avie Wessely a. a. O. S. 2 liest, sondern sogar
16 Tal. 3000 Dr.
§135. DIE GEWERBESTEUER ENI FAIJUM UND IX DER THEBAIS. 327
(§ 24). 4. die Weber (§ 26). 5. die Teppichweber 28). 6. die
öffentlichen Dirnen (§ 52). 7. die Flickschneider (§ 57). 8. die
Rauhstofffabrikanten (§ 63). 9. die Walker (§ 66). 10. die Barbiere
(§ 68). 11. die Fährleute (§ 79, vgl. 98, 197). 12. die Schiffs-
zimmerer (§ 80). 13. die Zimmerleute (§ 84). 14. die Eseltreiber
(§88). 15. die Sack[träger] (§ III). 16. die Schuster (§ 114).
So umfangreich auch bereits das Material ist, so würde es uns
doch, wenn wir auf diese thebanischen Quittungen angewiesen
wären, über die wichtigsten Punkte im Unklaren lassen. Auf
die Frage, nach welchem Princip diese Gewerbesteuer berechnet
und aufgelegt war, geben sie uns keine Antwort. Aus ihm allein
könnten wir nicht entscheiden, ob die Gewerbesteuer wie sonst
vielfach im Altertum als Gewinnstquote berechnet wurde, also für
jeden einzelnen Gewerbetreibenden individuell bemessen war, oder
aber ob jene andere Methode, die wir oben für Svene- Elephantine
und Arsinoe nachgewiesen haben, bestanden hat, wonach alle An-
gehörigen desselben Gewerbes in gleicher Höhe steuerten. Andrerseits
ist hervorzuheben, dass in dem bis jetzt vorliegenden Material kein
Moment zu finden ist, das dagegen spräche, diese zweite Methode
auch für Theben zu supponiren, und da a priori eine gleichmässige
Behandlung innerhalb Aegyptens wahrscheinlich ist, so werden wir
wohl mit Recht auch für Theben annehmen, dass alle Angehörigen
desselben Gewerbes dieselbe Steuer zu zahlen hatten.^)
Bessere Auskunft geben die thebanischen Ostraka für eine
andere Frage. Wir haben oben gesehen, dass nach dem Faijümer
Papyrus die Gewerbesteuern für den ]Monat berechnet waren und
ordnungsgemäss auch monatlich zahlbar waren. Während dies in
den Elephantiner Quittungen sich nur ein einziges Mal fand, liegt
für Theben eine grosse Reihe von Belegen dafür vor, dass es hier
ebenso gehalten wurde. Man braucht nur die Erheberquittungen
durchzusehen, um zu finden, dass fast überall gesagt ist: Du hast
für den und den Monat die fallige Steuer (t6 xa^f^xov ziXoq) gezahlt
^) Das gilt auch von den Dirnen, wenn wir annehmen, dass sie ähnlich
wie in Palmyra zur Steuer herangezogen wurden. Gab es auch in Aegypten
verschiedene Klassen mit amtlich vorgeschriebenem Tarif, so zahlten eben alle
Dirnen, die zur selben Klasse gehörten, dieselbe Steuer. Immerhin ist dies
der einzige Fall, wo nach der Höhe des Einkommens Unterschiede
gemacht werden.
328
lY. KAPITEL.
In den meisten Fällen bleibt es ungewiss, wie hoch ein jedes
einzelne Gewerbe besteuert war. Nur bei der Walkersteuer ist es
wahrscheinlich, dass sie 12 X 2 = 24 Dr. im Jahr, ebenso bei der
Barbiersteuer, dass sie 44 Dr. betrug (vgl. § 6G und 68). Diese
Unsicherheit beruht auf folgenden Gründen. Soweit unsere Urkunden
Erheberquittungen sind, beschränken sie sich meist darauf anzugeben,
dass der Adressat - — es sind immer briefartige Quittungen —
für den und den Monat die fällige Steuer gezahlt hat, ohne dass
sie die Summe nennten. Nur selten findet sie sich einmal hinzu-
gefügt. Das mochte überflüssig erscheinen, weil ja das Gewerbe
in der Quittung genannt wurde, die Fixa der einzelnen Gewerbe
aber in den Steuerbureaus bekannt genug waren. Wenn alle
Schneider x Drachmen zu zahlen hatten, so genügte es, wenn in
der Quittung gesagt wurde, dass die Zahlung für die Schneidersteuer
erfolge. — Bei den Bankquittungen müssen wir die Königs- und
die Kaiserzeit scheiden. Unter den Ptolemäern sind sie regelmässig
auf den Namen des Erhebers ausgestellt, nennen nur die Summen, die
diese an die Bank abliefern, ohne die Beiträge der einzelnen Steuer-
zahler zu spezificiren. Diese bieten also ebensowenig eine Antwort
auf unsere Frage. Sie können uns höchstens eine ungefähre Vor-
stellung davon geben, was für Summen durch die Erhebung der
betreffenden Steuer eingingen. Anders sind die Bankquittungen
der Kaiserzeit. Sie geben »uns ziffernmässig an, wieviel der einzelne
Steuerzahler im gegebenen Fall (durch Vermittelung des Erhebers
an die Bank) gezahlt hat. Jedoch ist es meist ganz, unsicher, ob
die genannte Summe den Gesammtbetrag des Jahres oder den eines
Monats oder aber eine Rate des Jahres- resp. Monatsbetrages dar-
stellt. Diese Schwierigkeit wird sich allerdings einmal beseitigen
lassen, wenn unser Material erst grösser ist. Wenn erst mehrere
Quittungen aus benachbarten Jahren, an dieselbe Person ausgestellt,
vorliegen, dann wird sich, so wie wir es schon in § 68 bei den
zoupel? thun konnten, zunächst im einzelnen Fall eine Entscheidung
treffen lassen, und sind erst mehrere Fälle entschieden, dann wird
man auch das Resultat verallgemeinern können, denn dass auch
in diesem Punkt ein fester Usus für die Quittungsschreiber bestanden
hat, ist sehr wahrscheinlich.
Somit bleibt einstweilen, wenn wir auf die Ostraka und Papyri
zurückblicken, als Hauptresultat die Erkenntnis, dass diejenigen,
§135. DIE GEWERBESTEUER IX DER THEBAIS.
329
die dasselbe Gewerbe ausübten, eine Gewerbesteuer in gleicher Höhe
zu zahlen hatten. Ich habe noch hinzuzufügen, dass unsere Ur-
kunden keinen Anhalt dafür bieten, dass in der von den Ostraka
beleuchteten Periode — II. Jahrh. vor Chr. bis II. Jahrh. nach Chr.
— eine Aenderung in diesem Princip eingetreten sei. Dass die
einzelnen Fixa je nach der wirtschaftlichen Lage geändert werden
konnten, ist a priori wahrscheinlich, und wird durch jenen Faijümer
Papyrus aus der Zeit um 300 n. Chr. so gut wie sicher.
Dieser Einblick in die Gewerbesteuern ist um so wertvoller,
als wir bisher nur vereinzelte Notizen über diese wichtige Frage
besassen. Aber selbst diese wenigen genügen, um uns davor zu
warnen, das Resultat, das wir hier an der Hand der aegyptischen
Urkunden gewonnen haben, etwa ohne Weiteres verallgemeinern zu
wollen. Für Aegypten selbst ist durch Ps. Aristot. Oeconom. II
2,25 überliefert, dass der aegyptische König Taos auf den Rat
des Atheners Chabrias octzo twv ttXolwv t£ zal Ipyaaxr^pLWv xal
zeXeöaa: aTwOxeXsTv. Danach musste jeder Gewerbetreibende
seines Gewinnstes dem Könige zahlen. Diese Bestimmung ist
natürlich ephemer gewesen, wie die Regierung des Taos selbst.
Aehnlich haben die Byzantier, als sie in Geldverlegenheit waren,
von den Wunderthätern (O-aufjiaxoTiotoi), Wahrsagern (fiavxet?),
Quacksalbern (cpapiiaxoTZwXaL) und anderen ähnlichen Leuten eine
Gewerbesteuer im Betrage von ^ des Gewinnstes erhoben (Ps. Aristot.
Oeconom. II, 2, 3: x6 xpixov he \Lipoq xoö spya^ofxevou aTzoxeXelv
Ixa^av). Ebenso hat Kaiser Gaius die Lastträger (geruli) in
der Weise besteuert, dass sie J ihrer täglichen Einnahme dem Staate
zu entrichten hatten (Sueton. Gai. 40). In allen diesen Fällen
wird also anders als im ptolemäischen und kaiserlichen
Aegypten eine bestimmte Quote vom Gewinnst als Ge-
werbesteuer abgeführt.
Andrerseits finde ich den aegyptischen Modus wieder in Pal-
myra, zur Zeit Hadrians. In dem Steuertarif der Stadt (ed. Dessau,
Hermes XIX. S. 501, vgl. 516) heisst es: fO auxög 5yj{x]oa:a)VYj?
7Tp[a?]£c lpYaaxYjpL(x)v[ ] 7iavxoTC(i)X[£q(i)v oxuxlxwv
Die Ansichten gehen darüber auseinander, ob dies aJs eine Gewerbesteuer
(so Marquardt, RStV 11=^ S. 199; oder aber als eine Einkommensteuer (so Boeckh,
Staatshaush. S. 696) zu fassen ist. Ersteres erscheint mir zutreffender.
330
IV. KAPITEL.
[ ] £x guvti^eIccc, Ixaaxou {jlyjvo? xod epYaaxrjpi'ou
exaaTOU 5r;vapLov ä. Wenn ich den Text recht verstehe, hat
man hinter epy(x.azripi(j)v die Bezeichnung noch eines Gewerbes
(in adjectivischer Form) zu ergänzen. Von diesem, sowie von
den Trödlern und Schustern, wird sonach für den Monat und für
die Werkstatt 1 Denar erhoben. Hier sind also drei verschiedene Ge-
werbe zusammengestellt, die gleich hoch besteuert sind. Das Wichtigste
ist, dass auch hier wie in Aegypten innerhalb eines jeden Gewerbes
jedes Mitglied gleich viel zu zahlen hat, und zwar eine fixe Summe,
die unabhängig vom Jahresertrag tarifmässig für den Monat festgelegt
ist. Aehnlich stelle ich es mir für Aegypten vor. Der palmyrenische
Text lehrt uns aber auch etwas Neues. Er hebt hervor, dass die
Steuer für jede Werkstatt (epyaaTTgpLOv) zu zahlen ist.^) Darin liegt,
wenn ich recht sehe, dass nur selbstständige Handwerker, die eine
eigene Werkstatt besitzen, zu dieser Steuer herangezogen werden,
nicht etwa auch die Lehrlinge und Handlanger, die in der Werkstatt
mit arbeiten, auch nicht — und daran ist in diesem palmyrenischen
Tarif v/ohl noch eher zu denken — die durchziehenden Kara-
wanenhändler, sondern die Ständigen und Ansässigen. Unsere
Ostraka geben auf diese Frage keine Antwort. Ich möchte aber
annehmen, dass auch die in ihnen genannten Handwerker als selbst-
ständige Arbeiter und, soweit die Natur des Gewerbes es verlangt,
Inhaber von Werkstätten zu betrachten sind.
Endlich sei die Frage untersucht, ob die Regierung bei der
Auflage oder Erhebung der Gewerbesteuern irgend welche Rück-
sicht auf die Vereinigungen der Gewerbetreibenden genommen, resp.
dieselben sich dienstbar gemacht hat. Zunächst ein Wort zu den
Vereinen selbst Liebenam hat in seinem Buch „Zur Geschichte und
Organisation des römischen Vereinswesens" (1890) gezeigt, wie das
Zusammenschliessen der Gewerksgenossen zu Vereinen oder Gilden aller
Orten im römischen Reich — wenn auch in verschiedenem Grade —
verbreitet gewesen ist. 2) Speziell für Aegypten bringt er freilich
(S. 158) nur zwei Beispiele, die mercatores und die navicularii von
Alexandi'ien. Hierzu lässt sich noch Manches hinzufügen. In einer
^) Auch nach der oben angefvüirten Erzählung von den Steuerreformen
des Königs Taos (Ps. Aristot. Oecon. II. 2,25) werden die spYaaxi^pta besteuert.
2) Die Arbeit von E. Ziebarth über die griechischen Vereine konnte ich
hierfür noch nicht benutzen.
§ 135. DIE GEWERBESTEUER. DIE HAXD WERKERVEREINE. 331
bei Lumbroso, Recherches S. 134, wiedergegebenen Inschrift aus
dem Faijüm (vom Jahre 3 nach Chr.) ehrt t6 7zXf^^•GC xwv dcizb
TOö 'ApatvoELTOU xa^apoupywv xal TiXaxouvTOTioiwv den TzpooTanr)^
des laufenden Jahres mit einer steinernen Bildsäule. Da tritt uns
deutlich die Organisation der Gilde entgegen, die hier als tiXt^O-o;
bezeichnet wird.^) Für die Ptolemäerzeit glaube ich Spuren
des Vereinswesens in dem Pap. Paris. 5 zu finden, einem
thebanischen Contract aus dem Ende des II. Jahrh. vor Chr. Es
handelt sich hier im Wesentlichen um das Recht der Choachyten an
den Toten. In dem -/ax' avSpa twv awjiaiwv finden sich nun fol-
gende Bemerkungen (nach meinen Lesungen):
axuT£(ov TOÖ na^i)pLT[ou]. Col. 3,3.
TocpiyjcUzGiW (corrigirt aus a7wUT£ü)v) twv Ix toö Ko7:(t:tou). Col. 3, 9.
Tapt)(£UTü)V Ko7c(titö)v). Col. 18. 1. 29,5.
Hiernach scheinen „die Schuster des Pathyritischen Gaues"
und ebenso „die Leichenbalsamirer des Koptitischen Gaues" in der
thebanischen Nekropole ihren besonderen Begräbnisplatz gehabt zu
haben. Ist diese AuflTassung richtig, so lässt das auf eine gilden-
artige Geschlossenheit der beiden Gewerke schliessen. Eines ver-
dient noch hervorgehoben zu werden: weder die Kuchenbäcker im
Faijüm noch diese Schuster und Balsamirer in der Thebais werden
als Vereine einer Stadt oder eines Dorfes bezeichnet, vielmehr
als Vereine des Gaues. Vgl. namentlich die Worte der Inschrift:
TO TiXfjO-Os Twv aTtö TOÖ 'ApaLVOELTOU xtX. Daraus ergiebt sich,
dass die Gilde als solche den ganzen Gau umfasste, nicht
eine einzelne Ortschaft. Das schliesst nicht aus, dass die Ge-
werke auch innerhalb der einzelnen Gemeinden ihre Organisation
hatten. So begegnet im Pap. Grenf (II) XLIII 9 vom J. 92 n. Chr.
ein T^youpLEVo^ -"(Eplmy zfic, auTTj? y.bi\lr^q, d. h. von Soknopaiu Nesos.
Einen kleinen Beitrag zur Organisation der Gewerke bieten
auch die Strassennamen. Wenn es z. B. in Arsinoe eine Salz-
händlerstrasse, eine Leinen weberstrasse, eine Fischerstrasse, eine
Pöklerstrasse, eine Linsen händlerstrasse u. s. w. gab,'-) so folgt
daraus doch wohl, dass auch hier wie anderwärts ursprünglich die
^) Vgl. hierzu auch Lumbroso, Recherches S. 106.
^) Vgl. meine Zusammenstellungen in der Zeitschr. Gesellsch. Erdk. Berlin
1887. 1. S. 28.
332
IV. KAPITEL.
Innungen bei einander wohnten und dadurch eben den Strassen
ihren Namen gaben. Diese ursprüngliche Sitte des Zusammen wohnens
hat sich auch in Aegypten mit der Zeit gelockert. So sehen wir
in der oben besprochenen Papyrusurkunde aus der Zeit um 300
n. Chr. die Mitglieder ein und desselben Gewerkes in ganz ver-
schiedenen Strassen wohnen. Aber die alten Strassennamen sind
natürlich bestehen geblieben, ebenso wie in unsern modernen Städten.
Auf die innere Gliederung der Vereine werfen Bezeichnungen
wie lazißydpyriQ und OLpy^oyriXdzriq ein Streiflicht. Ersteres, das in
unseren Ostraka, in Nr. 1154 — 1156 begegnet, bezeichnet den Vor-
steher der Weberwerkstatt. Der ap)(Ovr^XaTr^c, der, wie oben S. 272
bemerkt, in dem grossen Wirtschaftsbuch von Hermupolis begegnet,
wird der Vorsteher des Eseltreiber -Vereins sein.
Die oben angeführten Beispiele, die durchaus nicht den An-
spruch auf Vollständigkeit machen wollen, legen den Gedanken
nahe, dass auch in Aegypten die gewerblichen Vereine oder Gilden
eine nicht unbedeutende Rolle gespielt haben, ja dass wohl in allen
Gauen solche Organisationen bestanden haben. Es ist jedoch her-
vorzuheben, dass in unseren Gewerbesteuerquittungen aus dem
II. Jahrh. vor Chr. bis zum II. Jahrh. nach Chr. immer der einzelne
Gewerbetreibende es ist, von dem durch die betreffenden staat-
lichen Behörden die Gewerbesteuer erhoben wird. Das hat sich später
bei der grossen Reorganisation des gesammten staatlichen Lebens
durch Diokletian geändert. Wie überhaupt die Tendenz dahin ging,
diese Handwerkervereine ebenso wie die sonstigen Genossenschaften
allmählich immer mehr in den Dienst des Staates zu stellen und sie
als Werkzeuge der Verwaltung zu benutzen i), so ist in der nach-
diokletianischen Zeit die Repartirung und Eintreibung der Gewerbe-
steuer (des chrysargyrum) der Gilde als solcher übertragen worden.
Die Genossenschaft hatte nunmehr für die Ablieferung der auf-
erlegten Pauschsumme einzustehen. 2) Doch für diese Zeit versagen
unsere Ostraka völlig. Hier setzen die byzantinischen Papyri ein.^)
^) Vgl. Liebenam , Zur Geschichte und Organisat. d. Rom. Vereinswesens
1890. S. 50.
^) Vgl. hierzu: Marquardt, EStV 11"^ S. 237. E. Kuhu, Städtische und
Bürgerliche Verfassung d, Rom. Reichs I 18G4. S. 281. Liebenam a. a. O. S. 53/4.
^) Vgl. hierzu einstweilen Wessely, Denkschr. Akad. Wien 1889. S. 216 f.
auch 232.
§ 135 — 136.
333
Zum Schluss möchte ich hervorheben, dass in den vier Jahr-
hunderten, über die sich unsere Gewerbesteuerquittungen erstrecken,
immer nur Geld, niemals Naturalien für diese Steuer geliefert
werden. Das entspricht ganz dem, was wir sonst über das Verhältnis
der Geldwirtschaft zur Naturalwirtschaft wissen. Die Letztere bricht
erst wieder mit dem III. Jahrh. n. Chr. herein. Das hat Büchel-
ebenso verkannt wie er die Bedeutung des selbstständigen Hand-
werks im Altertum verkannt hat. Vgl. Kap. VII.
§ 136. TtiIp )((0[iaT(i)v.
Für Theben belegt durch Nr. 371, 377, 378, 386, 391, 394,
405, 406, 408, 409, 419, 422, 423, 426, 429, 431, [434, 437,
438], 443, [444, 448], 452, 456, 458, 459, [461], 465, 466,
470, 480, 483—485, 488, 489, 496, 498, 518, 519, 526, 528,
531, 532, 534, 537—539, 542, 544, 546, 565, 573, 585, 586,
591, 623, 636, 667, 1021, 1058, 1243, 1245, 1247, 1280, 1281,
1283, 1288, 1289, 1373—1375, 1378, 1379, 1381, 1387, 1392,
1393, 1397, 1400, 1403, 1407, 1409, 1428, 1429, 1547, 1550,
1553, 1560, 1566, 1570, 1613.
Nur 1021 ist aus der Ptolemäerzeit, alle anderen Nummern
aus der Kaiserzeit (I. — II. Jahrb.).
Die )(a)(Jia'ca, die Dämme oder Deiche, spielen im Leben
Aegyptens dieselbe Rolle, wie die Kanäle, über die wir oben § 33
gesprochen haben. Durch Dämme und Kanäle wird die elementare
Gewalt der Nilüberschwemmung zum Segen des Landes regulirt.^)
Darum waren sie auch der besonderen Fürsorge der Götter unter-
stellt. Eine von Miller in der Rev. Archeol. Sept. 1883 heraus-
gegebene Inschrift aus Koptos vom 8. Jahre des Kaisers Trajan
(No. 2) feiert Isis als die grosse „Dammgöttin": "IglSc tiQ
■ö-ea [AsytaTY]. Um die Deiche in Stand zu halten oder nötigen-
falls neue aufzuführen, braucht der Staat einmal Geld und zweitens
Arbeitskräfte. Beides mussten die Bewohner Aegyptens liefern, und
nicht mit Unrecht, da ihre Existenz von den Deichen abhing.
^) Für diese Thatsache, die noch heute wie vor Tausenden von Jahren ihre
Bedeutung hat, Belege bringen zu wollen, wäre überflüssig. Wir wollen hier
nur auf Strabo XVII p. 788 verweisen, der mit der ihm eigenen Klarheit die
Bedeutung der StwpuYsg und Ttapaxwii.aia für die Ueberschwemmung darlegt.
334
lY. KAPITEL.
Ich lasse im Folgenden die Frage offen, ob man in der uns hier
interessirenden Periode ähnlich wie später in der arabischen Zeit
zwischen „Regierungs- Deichen" und „städtischen Deichen" unter-
schieden hat.i) Der Ausdruck y^WjjLa Sr^iioaoov, der sich z. B. im
Pap. Leipz. 13 R. zweimal findet, lässt allerdings auf verschiedene
Arten von Dämmen schliessen.^) Die oben angeführten Urkunden
sind sämmtlich Quittungen, in denen Geldzahlungen bizep )^ü)[JLaTiywOö
oder UTzep )(a)|xaTü)v bezeugt werden. Das Material ist so gross,
dass es einen Einblick in die Art der Steuerauflage gewährt. Ver-
gleicht mau die in den Urkunden quittirten Zahlungen, so wird man
sehr verschiedene Summen finden. Doch eine kehrt mit auffallender
Häufigkeit wieder, sodass man geneigt ist, in dieser Wiederkehr
mehr als einen Zufall zu sehen. Das ist die Summe von 6 Drachmen
4 Obolen. Sie begegnet oben, wenn ich recht gesehen habe, nicht
weniger als 31 Mal. In 1378 ergiebt sie sich durch Summirung
der beiden Raten von 3 Drachmen 4^ Obolen und 2 Drachmen
ö| Obolen, in 443 durch Halbirung der 13 Drachmen 2 Obolen
an die zwei genannten Personen. Die sonstigen Summen sind, wenn
man die Texte richtig interpretirt,^) immer kleiner als 6 Drachmen
4 Obolen. In den Erheberquittungen herrscht die Unsitte, die ver-
schiedenen bezahlten' Steuern nicht zu spezialisiren. So wird unser
)((0[iaTLx6v in den Erheberquittungen (meist aus dem II. Jahrb., nur
in 534 liegt eine Bankquittung aus dieser Zeit vor) gewöhnlich mit
dem ßaXavLXOV zusammenaddirt, sodass man nicht mit Sicherheit
den Betrag der einzelnen Steuer Consta tiren kann. Ich möchte nach
dem Gesagten die Vermutung aufstellen, dass im I. Jahrh. n. Chr.
^) Vgl. Caleaschandi, übersetzt von Wüstenfeld, Abh. Gesell. Gött. XXV
1879 S. 150.
Der Begriff Sr^ioaios ist in unseren Urkunden nicht leicht zu fassen.
Wenn ich recht sehe, wird er nicht auf das kaiserliche, sondern auf das commu-
nale Gebiet angewendet. Das müsste noch genauer untersucht werden.
^) Die Quittungen aus Nöxog xaL Ai<\> zeigen manche Ungenauigkeiten.
So liegt in 419 gewiss ein Versehen vor. Das a^- wird sich sicherlich erst auf
die zweite Zahlung vom 29. Thoth beziehen, und die 4 Drachmen vom 28. Thoth
werden für 66/7 gezahlt sein. Vgl. 422. Wir haben schon im Text aus der Jahres-
bezeichnung al- gefolgert, dass diese Quittung 419 eine erst später geschriebene
Gesammtquittung ist. Dadurch mag sich das Versehen erklären. — Ebenso beziehe
ich in 466 die 4 Drachmen vom 5. Phaophi auf's Jahr 85/6, die 6 Drachmen
4 Obolen dagegen aufs neue Jahr 86/7.
§136. DIE DAMMSTEUER.
335
und in der ersten Hälfte des II. — denn über diese Zeit erstrecken
sich unsere Urkunden — die Dammsteuer 6 Drachmen 4 Obolen
für den Kopf des Steuerpflichtigen, und zwar jährlich, betragen
habe. Ich finde eine Stütze für diese Annahme in BGU 99, wo
gleichfalls 6 Drachmen 4 Obolen für die -/^(j^ilolioc für's Jahr 166
n. Chr. quittirt werden, und dies im Faijüm. Ebenso werden im Pap.
Lond. CCXCVI nir dieselbe Steuer 6 Drachmen 4 Obolen erhoben.^)
Der Satz von 6 Drachmen 4 Obolen gilt ebenso in Xapa^ wie in
M£{xv6via, 'Q^'.'^ov, und auch im Faijüm. Wenn nach BGU 359
für's Jahr 178/9 7 Drachmen 4 Obolen 2 Chalkus für dieselbe Ab-
gabe gezahlt werden, so lasse ich dahingestellt, ob hier inzwischen
eine Erhöhung eingetreten ist, oder ob, irrtümlich oder stillschweigend,
der Betrag einer anderen Abgabe dazugezählt ist.
Die kopfsteuerartige Auflage der Dammsteuer zeigt, dass keine
Rücksicht darauf genommen wurde, ob die Steuerpflichtigen etwa als
Grundbesitzer noch ein besonderes Interesse an der Instandhaltung
der Dämme hatten oder nicht. Eine solche Klarheit konnten wir
oben bei der Kanalsteuer (§ 33) nicht gewinnen. Insofern scheint aber
jedenfalls ein Unterschied zwischen den beiden Abgaben zu bestehen,
als jene Kanalsteuer immer für einen besonderen Kanal erhoben
wurde, während hier allgemein für die Dämme gezahlt wird. Auch
schien jeue Steuer für den Monat berechnet zu sein, was hier nicht
der Fall ist. Eine Constitution des Honorius und Theodosius vom
J. 412 legt die Vermutung nahe, dass in späterer Zeit die Damm-
steuer in anderer Weise repartirt wurde. Es steht im Cod. Theod.
15, 3,5 geschrieben: „per Bithyniam ceterasque provincias possessores
et reparationi publici aggeris et ceteris eiusmodi muneribus pro iugorum
numero vel capitwn, quae possidere noscuntur, adstringi cogantur"
Möglich, dass damals die possessores auch zur Wiederherstellung oder
Instandhaltung öffentlicher Dämme nach Massgabe ihres Grund-
besitzes herangezogen wurden. 2)
^) Vgl. Kenyon, Catalogue of addit. to the departm, of Mss. 1888 f. Nach
meiner Lesung (Sommer 1895) stammt der Text übrigens nicht aus dem 4.,
sondern aus dem 24. J. des Antoninus Pius (= 160/1). Gleichfalls Faijüm.
^) So war es jedenfalls zur Zeit der arabischen Herrschaft. Calcaschandi
erzählt in seiner Geographie und Verwaltung von Aegypten (deutsch von ^Vüsten-
feld, Abh. Kgl. Gesell. Gött. XXV 1879. S. 150/1) folgendermassen : „Die
städtischen Deiche. Dies sind solche, für welche einzelne Städte für sich zu
336
lY. KAPITEL.
AVenn uns nun in den Urkunden ausser dieser Geldsteuer
UTiep xwfJLCCTWV auch noch die Verpflichtung der Unterthanen zu
persönlichen Frohndiensten an den Dämmen und Kanälen entgegen-
tritt, so entsteht die Frage, ob beide Lasten nebeneinander bestanden
haben, oder ob jene Geldsteuer vielleicht als Ablösung von den
Frohnarbeiten zu betrachten ist. Vergegenwärtigen wir uns zunächst,
was die Urkunden über diese Frohndienste lehren.
Wo die Urkunden von Arbeiten an Dämmen und Kanälen
sprechen, ist vor allem zu untersuchen, ob es sich um Lohn-
arbeiten handelt, für die der Staat die Arbeiter besoldet, oder aber
um pflichtmässige Leistungen oder Frohnarbeiten der Bevölkerung,
die als XeixoupycaL oder munera zu betrachten wären, wie jene
Landarbeiten, von denen der Pap. Paris. 63 handelt. Ausserdem
hatte der Staat noch eine dritte Möglichkeit, um die notwendig
erscheinenden Erdarbeiten ausführen zu lassen : er konnte das
Militär dazu requiriren. Sueton (vit. Aug. 18) erzählt uns, dass der
junge Octavian nach der Eroberung Aegyptens im Jahre 30 die
Kanäle des Landes, die durch die Misswirtschaft der letzten Ptolemäer
verkommen waren, wiederhergestellt habe, und zwar militari opere.^)
Uns interessiren hier nur die ersten beiden Arten. Dass die
Regierung, soweit die gesetzmässig verfügbaren Kräfte nicht aus-
reichten, mit Lohnarbeitern Damm- und Kanalarbeiten hat ausführen
lassen, ist selbstverständlich und bedarf eigentlich keines Beleges.
Für die Zeit des Ptoleraaios II. Philadelphos können wir noch aus
Petrie Papyri (I) XXII 2, XXIII, (n) XXXVI die Höhe des
Lohnes berechnen. Ich habe in den Gött. Gel. Anz. 1895 S. 149 den
Nachweis geführt, dass die Formel de, E, twv dahin zu verstehen
ist, dass für die Fertigstellung von 60 Xaubia (oder Aoilia), sei es
bei Kanälen oder Dämmen, 4 Silberdrachmen bezahlt wurden. Nach
diesem Tarif wurde im einzelnen Falle das geleistete Arbeitsquantum
bezahlt. Vgl. oben S. 261.
sorgen haben, mit deren Instandhaltung die Stadteommandanten mit ihren
Triippencorps und anderen Personen beauftragt sind, und wozu die Kosten aus
dem städtischen Vermögen bestritten werden, nachdem die Eigentümer nach
Verhältnis ihres Grundbesitzes ihre Beiträge abgeliefert haben.
Diese Beiträge werden für jedes Jahr besonders festgestellt."
^) Nach Calcaschandi (vgl. die vorige Anmerkung) hatte in arabischer Zeit
der Stadtcommandant mit seinen Truppencorps für die städtischen Dämme zu sorgen.
§136. DAMM- UND KANAL ARBEITEN.
337
Während wir es hier sicher mit Lohnarbeiten zu thun haben —
ILöiaiq xal ol [liio'/^oi und die anderen dort genannten Personen
scheinen die Unternehmer zu sein — ist der Charakter der Arbeit
in unseren Ostraka Nr. 1023, 1025, 1043 — 1047, auch in der Gruppe
1058, 1399, 1410, 1411, 1567 zunächst unklar. Es sind Quittungen,
in denen bezeugt wird, dass NN so und so viele Naubia fertig ge-
arbeitet hat (dTrepya^saO'at, j Ipyav^ea^ac, resp. avaßaXXsiv). Zu
welchem Zweck sind diese Quittungen ausgestellt? Man könnte sich
denken, dass es Bescheinigungen wären, auf die hin die betreffenden
Arbeiter sich von der Kassen Verwaltung ihren Lohn auszahlen lassen
sollten. Aber die andere Deutung scheint mir doch die richtigere zu
sein, dass es vielmehr Bescheinigungen von Leistungen sind, die,
ohne Gegenleistung seitens des Staates, pflichtmässig ausgeführt sind.
Ich möchte im Besonderen auf 1410 und 1411 hinweisen, wo es
heisst: avaßeßXyjzag t6 STicßaXXov aoi vaußtov. Danach hat der
Adressat den ihm zukommenden, auf ihn entfallenden Teil der
Gesammtarbeit erledigt. Wenn es ferner in 1023 heisst: „dTieLpyaa-
Tac — elc, TO la.^ HoczocTzfiq vaußca x", so spricht hier die Zeit-
bestimmung „für das 11. Jahr" m. E. gleichfalls dafür, dass es sich
um eine Liturgie handelt. Man bedenke auch, dass in keiner
dieser Quittungen irgendwie auf Geldaequivalente hingewiesen wird.
So ist es allerdings sehr wahrscheinlich, dass die Erdarbeiten,
die in diesen Quittungen bescheinigt werden, XeLTOUpyta: oder
munera sind.
Von dieser Verpflichtung, dem Staate unentgeltlich, in bestimm-
ten Grenzen, bei den Dammarbeiten zu helfen, scheint mir der Ber-
liner Papyrus BGU 176 zu handeln. Wenn ich dies kleine Frag-
ment recht verstehe, beklagt sich eine Priesterschaft darüber, dass,
entgegen den Bestimmungen der Präfecten (?), die Tztxihec, aus den
Tempeln fortgezogen würden zu den Dammarbeiten (dTTOQTiaaO'a'.
xobq TzaXbaq aizb twv tepwv [Tipo^ TYjV dTrepyaaLav xöv] )(ü)[jidTü)v),
denn sie seien durch Privileg befreit hiervon (67i£]^Yjp£^yj(X£V xf]^
ö(,TZBp^aa[i(x,q)^) Auch der Pap. Paris. 66 (III. Jahrh. vor Chr.)
^) Unter den Tcatös^ sind hier wohl Sklaven zu verstehen. Dem gegenüber
hebe ich hervor, dass in der Charta Borgiana (s. unten) unter den Erdarbeitern
begegnet: Ilpwxa^ Soö?.os Kpovlmoc, lepewg. Freilich ist dieser nicht Eigentum
des Tempels, sondern speziell des Priesters Kpoviwv. Doch vielleicht ist die
Stelle ganz irrelevant für diese Frage. In VIT 13 lose ich nämlich 'Ispsüc:
WiLCKEN, Ostraka. 22
338
lY. KAPITEL.
scheint mir von solchen Frohnarbeiten zu handeln. In Col. I. 13
begegnet der Ausdruck X]eiTO\jp^(ioci. In den darauf folgenden Listen
werden pro Kopf 30 Naubia gerechnet, von einer Gegenleistung aber
ist nicht die Rede. Ob die y ü)[JiaTr/td epycc in BGU 513 gleichfalls
als Frohnarbeiten, oder aber als Lohnarbeiten aufzufassen sind,
lasse ich dahingestellt.
Während in den obigen Ostraka die Liturgie nach Naubien
bemessen wird, d. h. der Umfang des zu leistenden Arbeitsquantums
festgestellt ist, zeigen uns mehrere Papyrusquittungen aus dem Faijüm,
dass die dortigen Quittungen die Arbeitszeit zu Grunde legen. Fr.Kenyon
hat in dem Catalogue of additions to the department of Mss. 1888
bis 1894 (British Museum) zuerst solche Quittungen erwähnt und
richtig gedeutet. Vgl. Nr. CCCXVI, CCCXXI, CCCXXV. Dazu
kommen BGU 264 und 593. Soeben haben Grenfell und Hunt
neue derartige Texte edirt. Vgl. Grenf. (II) LIII. In diesen
Quittungen wird bezeugt, dass NN von dem bis zu dem Tage (es
sind immer fünf Tage!) bizep )(ü)([JLdTWv) gearbeitet habe (Ipyd^ea'ö'aL).
In CCCXXI c, das ich nebst den anderen Londoner Texten im
Sommer 1895 mit Kenyon's freundlicher Erlaubnis kennen lernte,
wird dieser Zeitraum ausdrücklich als TYjV xaX(ou|JL£vr;v) 7r£V^(yj|i£piav)
bezeichnet. Aehnlich in den anderen. i) Kenyon spricht daher mit
Recht von the statutary five days. Danach bestand also die Ver-
pflichtung, fünf Tage lang in jedem Jahre an den öffentlichen
Dammarbeiten teilzunehmen. Eigenartig ist der Zusatz „Iti' dya^w
2j07wV07caiou", der sich in mehreren Quittungen aus dem Dorf
SoxvoTüaiou X-^ao^ findet. 2) Wenn die Dammarbeiten „zum Besten
des Soknopaios" ausgeführt werden, so handelt es sich hier wohl
um Liturgieen oder Frohndienste, die nicht die Regierung, sondern
die Tempelverwaltung, die Priesterschaft des Soknopaios, des Haupt-
gottes des Dorfes, aufzulegen berechtigt war. Daneben giebt es
Kpovcwvo?, wo 'Isps'jc ohne Zweifel Eigename ist. Also kann auch dort gelesen
werden: Kpoviwvog 'Ispswg.
^) In BGU 593, 4 fand ich die TisvO-r^ijLspta in der Schreibung ey] wieder.
Ebenso in Pap. Lond. CCCXXI a. Ich vermute, dass diese Schreibung auch in
den Grenfell'schen Texten vorkommt, z. B. in b und c statt £vx( ). Doch habe
ich keine Facsimilia.
2) Auch in den Grenfell'schen Texten ist sti' aYa'9-(w) zu lesen statt
'EuayaO-C ), womit ich nichts anzufangen weiss. Vgl. b und c.
§136. DAS FÜNFTAGEWERK.
339
andere Beispiele, die uns zeigen, dass auch die kaiserliche Regierung
die Bewohner Aegyptens in gleicher "Weise zu fünftägigen Frohn-
arbeiten herangezogen hat. 'Vgl. z. B. bei Grenf. d und g. Es ist
bisher noch nicht bemerkt worden, dass diese selbe 7:£V'9'yj{X£p''a, wenn
auch nicht dem Namen nach, so doch thatsächlich in jener berühmten
Charta Borgiana vorliegt, die vor mehr als hundert Jahren als erstes
Beispiel einer cursiven griechischen Urkunde bekannt wurde. ^) Der
treffliche Herausgeber, Xicolaus Schow, hat richtig erkannt, dass diese
Urkunde Listen von Personen enthält, die an gewissen Erdarbeiten
im Gebiet von Ptolemais Hormos im Faijüm thätig gewesen sind. 2)
Dass die Urkunde aus dem Jahre 191 stammt, habe ich früher
nachgewiesen.^) Schow Hess aber die Frage noch offen (p. XXX sq.),
utrum sponte an mercede aut lege quadam ohstridi haecce opera per-
fecerint Ich glaube diese Frage jetzt beantworten zu können.
Die folgenden Lesungen, die von der editio princeps z. Th. abweichen,
habe ich mit Hilfe einer dem Berliner königlichen Museum ge-
hörigen, leider in sehr kleinem Massstabe angefertigten Photographie
gewonnen. Eine nochmalige Edition dieser historischen Urkunde
würde nicht ohne Interesse sein. Wir haben uns hier an die Ueber-
schriften der Listen zu halten. Die erste lautet:
I 1 ff, Kax' avSpa twv dTiepYaaajisvwv
ilc, xa )(ü)|jLaTLxd Ipya T£7:Xuv£ü)(?) (?)
■ Xa^ M£)(£lp l ziitc, ih nToX£|Jiat6(o;) ''Op(JL(o'j)
dv5(pü)v) pTia, 0)7 TO xaT' dv5(pa).
^) Charta papyracea graece scripta Älusei Borgiani Velitris, edita a Nicoiao
Schow. Rom 1788.
^) Ich habe vor Jahren in meiner Dissertation (Observationes ad bist,
Aeg. p. 5 A. 1) die Vermutung ausgesprochen, dass auch die Charta Borgiana
wie die neuen Faijümfunde aus dem Archiv der Hauptstadt Arsinoe stamme.
Nachdem die letzten Jahre uns mit den Archiven der Dörfer bekannt gemacht
haben — ich erinnere nur an Kapavi^ und 2oxvo7:atoi) N-^aog, — liegt kein
Grund mehr vor, speziell Arsinoe für den Fundort der Charta Borgiana zu halten.
Vielmehr ist es wahrscheinlicher, dass sie auf dem Boden der alten IlxoXejiatg
"OpjJLOg gefunden ist. Daran ist aber jedenfalls festzuhalten, dass sie nicht aus
Gizeh stammt, wie die Araber behaupteten.
3) Zeitschr. Aeg. Sprach. 1883. S. 163 A. 1. Vgl. Observat. ad bist. Aeg.
p. 52. Trotzdem halten Härtel (Griech. Pap. Erz. Rain. 1886 S. 11) und Watten-
bach (Anleitung z. griech. Palaeogr. 3. Aufl. 1895 S. 44) daran fest, dass sie
aus dem III. Jahrb. n. Chr. stamme.
22*
340
lY. KAPITEL.
Diese 181 Männer, deren Namen im Folgenden genannt werden,
haben also vom 10. — 14. Mechir, d. h. fünf Tage lang an den ge-
nannten Dammarbeiten gearbeitet.
Die nächste Ueberschrift lautet:
VII 2 f. '0|JLo[w? aTio lä £0)^ ü
Die 69 Männer, die an dem Kanal Phogemis gearbeitet haben,
sind wiederum 5 Tage, vom 11. — 15. (seil. Mechir) thätig gewesen.
IX 8f Oajxevo)^ P sw? hithpuyioqY)
XII 16 f. OapiJLOÖ^L £ £Ü)? ^
avo(p£(;) Xe.
Für die Lesung der Fragmente stand mir keine Photographie
zur Seite. Doch erkennt man auch hier in fr. IV: T]*/] £0)? xp
avSCpeö 5.
Aus dieser Uebersicht ergiebt sich, dass die sämmtlichen Männer,
die in der Charta Borgiana aufgeführt werden, sei es an den Dämmen
oder an den Kanälen immer fünf Tage gearbeitet haben. Auch
hier finden wir also jene 7t£V^rj[JL£pLa, die die Papyrusquittungen
erwähnen, und es ist wohl kein Zweifel, dass wir es auch hier mit
einer XEtTOupyta zu thun haben. Die Frage ist nur noch, ob auch
diese im Interesse eines Tempels resp. eines Gottes zu leisten war.
Ausschlaggebend sind für uns die Subscriptionen der Listen, im
Besonderen IX 7 und XII 15. Schow las hier:
AüxaTTOpo^j iq laih. xaxaa . . .
und übersetzte dies: Diicattore, sacerclote Isidis, operum redore.
Das würde allerdings wieder auf die Tempelverwaltung hinweisen.
In Wirklichkeit glaube ich aber auf der Photographie Folgendes
zu erkennen:
hl Kaaxopo^ zm"^ x(x.zo(.c5^,
und das würde heissen: 8c(a) Kaaxopo? £7rLT(yjpy]T0u) xaTaa7r(opa?).
Danach sind die Listen von einem iizizr^prizfic, xazocGTiopotQ, also dem
Aufseher über das Aussäen, dem Saatinspector, geführt worden, und
^) Das Wort d'.wpuyog scheint nachträglich hinzugefügt zu sein. Daher
auch nicht Stcbpuxog, wie vorher.
§136. DIE CHARTA BORGIAXA.
341
dieser bisher unbekannte Titel bezeichnet gewiss eine staatliche Be-
hörde. Wenn ich nicht irre, ist von einem solchen ^7Zlzr^pr^vr^c, auch
die interessante Urkunde BGU 12 verfasst, ein amtlicher Bericht
über eine Inspectionsreise durch das Faijüm, in dem es sich besonders
um die Erdarbeiten (epy^) Dämmen [und Kanälen] handelt,
Diese Saatinspectoren hatten also die Aufgabe, für die rechtzeitige
Herstellung resp. Instandhaltung der die Xilüberschwemmung regu-
lirenden und daher die Saat beschützenden Dämme und Kanäle zu
sorgen. Sie sind es auch, die die Bevölkerung zu dieser Liturgie
der 7:cv07j[i£pia heranziehen und die nötigen Listen aufstellen.-)
Ohne auf interessante Fragen, die sich hieran anknüpfen, weiter
eingehen zu können, will ich hier nur noch hervorheben, dass nach
den Listen der Charta Borgiana alle L'nterthanen ohne Unterschied
(natürlich ausser den Alexandrinern und sonstigen Privilegirten) in
den verschiedensten Berufsständen herangezogen wurden. Da finden
wir unter den Arbeitern Eseltreiber, Gemüsehändler, Weber (Y£p5'.o?),
Rinderhirten, Verwalter (Scaxtüv), Maschinisten, Töpfer, Drescher
(das wird |5aß5:aTyi? bedeuten, vgl. LXX Judd. 6, 11, Ruth 2, 17),
Walker, Maler (? ypa^su?), auch zahlreiche Sklaven (ooöXol), deren
Herren genannt sind. Auch die Barbiere müssen das Messer bei
Seite legen und zu Hacke und Spaten greifen.
Kehren wir noch einmal zu unseren Ostraka zurück', so müssen
wir constatiren, dass während in den Faijümer Quittungen die Arbeit
einer bestimmten Zeit (fiinf Tage) bezeugt wird, in unseren Ostraka
*) Ich möchte jetzt in Z. 14/5 ergänzen: ne":p(Dv{q) xw Ti[po i\Lcu] [ysvoiJ.]-
dvq) e7i'.[TYjprj]x^ (statt B^z•.[\^£Ar^Txr,). Danach ist der Verfasser des Berichtes
selbst ein szi-r^pr^Tr^;. Er macht die Inspectionsi-eise zusammen mit einem Stra-
tegen u. A. dxoXo'j9-:ü)g TOig] stzl^o^zVc:] uzö xwv ixizzou xötiou xaxa-
o[icopeü?] övTtov xal xo>p.aTe7:i|i£Xr,xtov — ^oyo-?. Auch nachher ist in Z. 19
wieder von den xaxaaTTopsis die Rede. So tritt uns auch in diesem Papyrus
ein Zusammenhang zwischen der Deichverwaltung und der xaxaoTiopd entgegen.
Es ist mir danach in der That sehr wahrscheinlich, dass auch der Verfasser des
Papyrus den Titel STr'.xr^pr^xTjg xaxaa7:opa; führte.
Auch BGU 618 vom Jahre 213/4 n. Chr. enthält eine Liste von Per-
sonen, die zu den Dammarbeiten herangezogen werden sollen: xax' äv5pa xwv
6[<p]i,X6vx(Dv SYpäaaaO-a'. xa xw|Jiax'.xä £p[y]a xou Ivsoxwxog xßk Die 4 auf-
geführten Personen werden als inöX^oyo'.) XaoYp(aT^^P-£''0-) bezeichnet. Vgl.
zu diesen oben S. 254. Die vorliegende Liste ist von einem Dorfschreiber ein-
gereicht. Diese Lokalbehörden mussten natürlich jene iTCixr^pr^xai unterstützen.
342
IV. KAPITEL.
vielmehr über das Arbeitspeosura , nach Naubien berechnet, quittirt
wird. Ich muss es dahingestellt sein lassen, ob wir es hier nur
mit formalen, oder auch mit sachlichen Verschiedenheiten zu thun
haben. Die Frage aber, die ich oben betrefls der Geldzahlungen
UTcep )(a)[Jiaxti)V aufwarf, wage ich auch jetzt nach diesem Ueberblick
über die Frohnarbeiten nicht mit Sicherheit zu beantworten. Mög-
lich, dass jene Geldzahlungen als Ablösung von den Frohnarbeiten,
also gewissermassen als adaerationes aufzufassen sind (vgl. oben
S. 263). In diesem Falle wäre W'ohl anzunehmen, dass die 6 Drachmen
4 Obolen in jener Periode genügten, um dafür einen Lohnarbeiter
als Stellvertreter anzustellen. Vorausgesetzt, dass auch in Theben
fünf Tage hindurch zu arbeiten war, so würde das einen Tageslohn
von 1 Drachme 2 Obolen für den Erdarbeiter ergeben, was zu den
Lohnsätzen des Wirtschaftsbuches von Hermupolis vom Jahre 78/9
n. Chr. nicht schlecht passen würde. Andrerseits ist aber die
Möglichkeit offen zu lassen, dass die Unterthanen ausser den Frohn-
arbeiten auch noch jene kopfsteuerartig aufgelegte „Dammsteuer" zu
zahlen hatten.
§ 137. Eis ^^v zf^^ <hvy]q X6yov.
In 1495 (aus dem II. Jahrh. vor Chr.) wird einem Manne quittirt,
dass er de, tov zfiq wvYj? Xoyov ocnb Bwux ew? 'A-ö-up )(a(Xxoö)
gezahlt habe. Die (hvy] wird hier wie so häufig die Steuerpacht
bedeuten, und jener Passus wird nur besagen, dass der Adressat auf
Rechnung der von den Schreibern gepachteten Abgabe 1500 Kupfer-
drachmen gezahlt habe.
§ 138. TTisp d)VLWv.
Die tbvioc (Kauf\varen) begegnen in unseren Texten in sehr
verschiedenen Verbindungen , die wir hier nach einander besprechen
wollen, ohne damit zu sagen, dass in allen eine und dieselbe Abgabe
gemeint sei.
^) Jedenfalls sind die Löhne hier nicht höher, und darauf kommt es an.
Vgl. z. B. Z. 45 : xw9opo(öai,) sie, auxö spY(ocxat,g) Yj xU[i7]t;) f §ü)g [leaYjp-ßpiaCs).
Diese Arbeiter bekommen bis zum Mittag jeder 3 Obolen. Danach würde der
volle Tageslohn für derartige Arbeiten 1 Drachme betragen.
§ 136 — 138.
343
a. nevxYjy.oaTTj wvlwv.
Für Theben belegt durch 1056, 1076.
Der Steuererheber in 1056 nennt sich T£X(a)vrj^) v (=7:£v-
TT/XoaTf^c) (i)v:((i)v) 67:oT£X(ö)v) Tcö IIcpl Sr^^o^q. Danach habe ich
1076 ergänzt. Die Abgabe wird also als „-^\ von den steuerbaren
Kaufwaren des Perithebischen Gaues" bezeichnet. Die Texte lassen
keinen Zweifel darüber, dass diese Abgabe von demjenigen zu zahlen
war, der eine solche „steuerbare" Ware käuflich erworben hatte. So
heisst es in 1056: .... 8 YjYGpaz(a)5 Tiapd Wevfiwv^O'j. Aehnlich
in 1076, wo es sich um einen Holzankauf handelt. Wir haben
hier also deutlich eine „Kaufsteuer" vor uns, die zu den Yerkehrs-
steuem zu zählen ist. Der Kauf als solcher wird besteuert. Xicht
auf allen Waren scheint eine solche Abgabe zu lasten. Denn in
1056 werden im Titel ausdrücklich die wv.a utigtcAY] hervorgehoben.
Ich lasse dahingestellt, ob und in wie weit diese TuevTr^y.oang
sich mit jenem in § 1 behandelten zeXoc, dyopavcixi'a^ berührt. Der
Ausdruck TeXCövai) dYOp(avo)ji(ta(;) wvlwv in 1419 bildet die Brücke.
Ueber das Verhältnis dieser 7:£VT7]xoaTT] zu dem lyx'jxX'.ov vgl. oben
S. 182 f
Ich habe diese Tcevryjxoaxi^ vorangestellt, weil über ihre Be-
deutung dank der Ausführlichkeit der Texte kein Zweifel sein kann.
Ich wende mich nun zu den anderen Urkunden über wv:a. die
weniger klar sind.
b. 'jTiep (bvitov. Vgl. 562.
c. U7:£p [jL£p:a{jLoO wv'odv. Vgl. 560, 1445. P. 4469.
d. (dTzai'ajTal) |i£p'.a|Jio'j ziXo'jc, wvi'tov. Vgl. 553, 588, 589,
597, 607, 608, 611, 1439.
Die Urkunden unterscheiden sich von den unter a behandelten
vor allem darin, dass hier nicht auf einen bestimmten einzelnen
Kaufact Bezug genommen wird, sondern vielmehr eine Abgabe für
das ganze Jahr erhoben wird. So heisst es in 562: UTiEp wvi'wv
iQ^ und ähnlich in den anderen. Danach möchte man annehmen,
dass diese Abgabe solche Personen betrifft, die das ganze Jahr hin-
durch mit wvux zu schaffen haben, also Händler, Kaufleute. Ist
vielleicht an ein Standgeld für ihren Platz auf dem Markt zu
denken? Der Ausdruck [i£p'.a[i6? legt nach § 75 den Gedanken
nahe, dass diese Abgabe kopfsteuerartig auf die Betreffenden ver-
teilt war. In der That finden sich dieselben Summen für
344
IV. KAPITEL.
verschiedene Personen in 560 und 562 für 132/3 und in 588 und
589 für 137/8 belegt.
Ganz unklar sind mir die folgenden Verbindungen:
e. (dTiaiTTjTal) [ji£pLa{Jioö wvtwv lvX£L[x[jLaTO^ teXcovlxoö. Vgl. 558.
f. UTiep |Ji£pca[xoü ivXd\L\io(.Toq tsXwvcxoö (oder ebenso im Titel
der aTiaiTYjTal). Vgl. 568, 590, 596, 643, 646, 1249, 1250,
1438, 1442.
g. (dTraLxr^Tal) (ji£pia(jLOö TCEVTTjxCoax'^?). Vgl. 1329.
In e tritt zu dem Vorigen der Ausdruck £vX£CjJi[iaT05 teXwvixoö
hinzu. Ich weiss diesen nicht anders als mit „Zollrückstand" zu
übersetzen. Aber was soll das in diesem Zusammenhang? Wenn
wir nicht 558 (e) hätten, würden wir garnicht merken, dass die
unter f genannten Urkunden sich auch auf die wvia beziehen. Die
TTEVTYjxoaTyj in 1329 (g) stelle ich deshalb hierher, weil dieselbe
Erheberfirma, die sich hier als 'AaxXa? xal [iizoyoi aTztxizirizod)
Ti£(v)Ty]x(oaT'^0 yS iiennt, in 596 für dasselbe Jahr als 'AaxXa?
xal {jL£TO)(oc d7ratT(y]Tal) |JL£pca[Xo(ö) ivliiiazo^q) T£XtovLx(oö) auftritt.
Ehe ich zur Klassificirung der aus den Ostraka gewonnenen
Abgaben übergehe, möchte ich kurz zusammenstellen, was mir in
der sonstigen Tradition, in Klassikern, Inschriften und Papyri an
Steuern, die in Aegypten erhoben sind, begegnet ist. Ich fürchte,
dass trotz eifrigen Bemühens mir noch manche Notiz entgangen sein
wird, da das Material kaum zu überblicken ist. Ich beschränke
mich im Folgenden auf eine kurze Mitteilung des Nötigsten.
Abgaben, die im Vorhergehenden zur Erklärung herangezogen sind,
werden der Uebersicht wegen hier noch einmal innerhalb der alpha-
betischen Folge angeführt. Zur Vereinfachung der Citate fahre ich
mit der Zählung der Paragraphen fort.
§ 139. 'AvinnioLq.
Vgl. Petr. Pap. (II) XXXIX e (III. Jahrh. vor Chr.).
Der Herausgeber Mahaflfy bezeichnet es mit Recht als very
hold, diese Abgabe dahin zu deuten, dass sie gezahlt sei for
§ 138 — 140.
345
having no horse. Diese Deutung wird sogar geradezu ausge-
schlossen dadurch, dass in einem Falle ein und derselbe Mann
für die aviTiTita und für den (popoc, imzm, die Pferdesteuer, zahlt
(vgl. fr. 5, 2 und 6, 4). Dieser ist also Besitzer von Pferden
(vgl. § 173). Da man mit der Bedeutung (Xv:7:7io?= „unberitten,
ohne Pferd" nicht weiter kommt, liegt es nahe, die av:7:7;'!a nicht
auf den Steuerzahler, sondern auf den Boden zu beziehen, wie es
Herodot II 108 thut: „AlyuTcTO^ loöaa r^zbiocc, Tiaaa aviTCTio? xal
dvajia^euTo? yeYOve". Man könnte dviTZTita hiernach etwa als „Unweg-
samkeit, Unbrauchbarkeit (des Terrains für Cavallerie)" fassen, und
wenn hierfür eine Steuer erhoben wird, so könnte man denken, dass sie
dafür gezahlt würde, dass die Regierung diese dvLTiTii'a beseitigt oder
mildert. Freilich würde man bei dieser Sachlage erwarten, dass
die positive Leistung der Regierung, nicht diese negative Eigen-
tümlichkeit des Terrains bei Bezeichnung der Steuer hevorgehoben
würde. Vielleicht klärt uns w^eiteres Material einmal darüber auf.
Die Steuer wird in Getreide gezahlt. Die Zahler der vor-
liegenden Urkunde sind hellenische Militärcolonisten des Faijüm.
§ 140. a-OLpyji.
Das mehrdeutige Wort dTrap^V) begegnet im Pap. Tur. I 7,
10 (II. Jahrh. vor Chr.) im speziellen Sinne von „Erbschaftssteuer",
wie schon A. Peyron (S. 164f) richtig erkannt hat. 2) Vgl. auch
Lumbroso, Recherches S. 307 f, der wohl nicht mit Unrecht vermutet,
dass diese ptolemäische Erbschaftssteuer auf die Einführung der
römischen durch Augustus nicht ohne Einfluss gewesen sei. Zur
letzteren vgl. unten § 157.
Der Ausdruck 6LuOLpyi\ giebt die Vorstellung an die Hand, dass
von der Erbschaft ein Teil für den König vorweggenommen wurde.
Die alte Bedeutung der Ehrenspende für die Gottheit hat sich bis in
die christliche Welt erhalten. Vgl. Berliner Papyrus P. 2701: u(7i^p) a!7t]apx(>)g)
xfj(g) aOx(f^g) (5:Y£(as) ex[xXr<a(as, wo es sich um Weinlieferungen handelt. —
Für die frühere Zeit vgl. auch BGU 30.
^) Die Stelle lautet: Tov aOxöv 5i xpöiiov xal xaxa xou^ TtoX'.xixoOg vönou;
xal xa clYjCflaiiaxa xäg auxa^ i-n'Zzilt'.Q 7io'.rjOd[jievov xal xaga|Aevov xy;v d7iapxr,v
xXr,povoiJiiav d-oypa'laoO-ai Yj dTioxcveiv aOxdv 5pax|J.äs |Jiup£aj xal dg dv Tiot-
r<aY)xa'. olxovo'i''as dxupou^ eivai xal {jir, l^eiva*. £7:1 xd xwv xexeÄEuxTjXÖxcüv
iTC'.Tcopeüeod-a'..
346
lY. KAPITEL.
Wie gross dieser Teil gewesen ist, erfahren wir nicht. Der
Turiner Text lehrt aber, dass dieser ptolemäischen Erbschaftssteuer
auch die Söhne bei Antritt eines väterlichen Erbteils unterworfen
waren, während von der römischen vicesima bekanntlich die Tiavu
a\jyyey€lq befreit waren. Ausserdem lernen wir, dass für die Erben
die Verpflichtung bestand, die Erbschaft zu deklariren (vgl. Kap.V),
widrigenfalls sie eine hohe Strafsumme zu zahlen hatten und das
Erbe nicht antreten durften,
Neue Funde werden uns hoffentlich darüber Aufschluss geben,
ob alle Bevölkerungsklassen in derselben Weise dieser Erbschafts-
steuer unterworfen waren. Der Hermias, der im Turiner Papyrus
mit ihr in Verbindung gebracht wird, ist ein Grieche. Es ist an-
zunehmen, dass, als unter Augustus die in Aegypten lebenden Römer
der römischen Erbschaftssteuer unterworfen wurden, die Provincialen
nach wie vor zur dcnocpyri herangezogen wurden. Der Papyrus
BGU 340 (vom J. 148/9 n. Chr.), der leider wegen seiner entsetzlichen
Orthographie schwer verständlich ist, spricht von Abgaben, die von
den TsXwvat „für die Erbschaft" (uTzep xXr^povoiiifxq) eingezogen
werden. Die Zahlerin, die ToYjSou^ ^^?9[- • heisst, ist jedenfalls
keine Römerin, wenn sie auch von einem Römer, Julius Chaeremo-
nianus, erbt; also ist hier nicht von der römischen vicesima, sondern
von der provincialen Erbschaftssteuer die Rede. Wenn hier, wie
ich glauben möchte, die Steuer selbst mit den Worten bizep xeXwv
xaTaXo)([£L]a[i<(ü))>v bezeichnet wird, 2) wobei y.(xz(xXoy^LG[s.6q die Ein-
tragung des Namens in die Bücher etc. bedeuten mag, so würde
sich ftir diese aegyptische Erbschaftssteuer die Auffassung ergeben,
dass sie eben für diese Uebertragung der Bücher und die damit
verbundenen Mühen und Unkosten erhoben wurde. Damit würde
sie den Charakter einer Gebühr erhalten, die ihr auch die modernen
Systematiker zuweisen. Doch ich gebe diese Vermutungen nur mit
Vorbehalt, da BGU 340, wie gesagt, eine unsichere Grundlage bietet.
Ob die 10 000 Drachmen, die der Papyrus als Strafsumme nennt, die
für den speziellen Fall berechnete Summe oder eine allgemeingültige fixe Summe
darstellt, oder ob endlich mit den Spax|JLal |JLUpia'. ganz allgemein eine sehr hohe
Summe bezeichnet sein soll, lässt sich nicht mit Sicherheit ausmachen. Vgl.
Lumbroso S. 309 f.
^) Der Papyrus hat "xaTaXox[£t'](3tiov , wofür der Herausgeber Krebs xaxa-
XoytotAÖv zu lesen vorschlägt — mit Unrecht, wie mir scheint. Ebenso Z. 10.
§ 140. ERBSCHAFTSSTEUER. § 141. GELEITGELD. 347
§ 141. To dTToaToXtov.
Von dieser Abgabe handelt der merkwürdige Tarif von Koptos,
der soeben von D. G. Hogarth herausgegeben worden ist.^) Ich
verweise im Allgemeinen auf seinen scharfsinnigen Commentar. Der
Stein von Koptos, dessen Inschrift auf Befehl des L. Antistius
Asiaticus, des praefectus Berenices im J. 90 n. Chr. eingemeisselt
worden ist, wurde gefunden halfway hetween Coptos and the desei-t
at the reinains of a guard-house (?) on the road across the piain.
Wahrscheinlich war hier die Grenze des Stadtgebietes. Die In-
schrift giebt einen Auszug aus dem Tarif (yvwjJKöv),-) der die
Erhebung des a7:o(rc6X:ov regelte. Im Grossen und Ganzen scheint
mir Hogarth das Richtige getroffen zu haben, wenn er hierin eine
Abgabe sieht, die für die Benutzung der von Koptos nach Berenike
am Roten Meer führenden Wüstenstrasse und für das Geleit, das die
Regierung den Reisenden dort gewährte, gezahlt wurde. Ich komme
zu demselben Resultat, indem ich von einer noch genaueren Ety-
mologie des uns sonst unbekannten Wortes ausgehe. Hogarth sagt
S. 30: its etymology siiggests that it hos reference to an a7i6GZü).o<s\
something despatsched und bald darauf aTioatbhov must mean something
like a posting Service. So richtig die von ihm herangezogenen
^) Vgl. Flinders Petrie, Koptos, 1896. S. 27 flf. Die Publieation von
Jouquet im Bullet, d. Corr. hell. 1896 habe ich noch nicht gesehen. Der Text
lautet nach Hogarth: (1) 'E5 ETTi-ay^s (2) "Oaa Sei xo'jg
fi'.a9-(i)(3)xas xou ev KÖTixtDi 57to7t=i7iTov-(4)TOg x^». dpaßapx^cf aTcoaxoXiou Tipaa-
(5)ae'.v "xaxa x(6)v y'^^l^^v^c irfiz 1% (6) axT^Xr/. evxsxapaxxa-. 5'.a Aouv.'O'j (7)
'Avx'.oxto'j ""Aa'.ax'.y.oO irApym (8)''Opo'j; Bspcvsixr,;- (9) KußspvVjxou spuO-pa-xoö
8pa-(10)xnas dxxw',- npiop^wj 5paX[iä; Ssxa' (12) [. . .]axou 5pax|ia; Sexa-
(13) [Naj'jxou ^paXfii; Tievxs- (14) [OejpaTwS'JxoD vauTOjYoö öpaxjJL«? (15) Trevxs*
Xs'.poxdxvou ?pax|JLa5 (16) öxxcbi* FuvaLXwv Ttpog lxa!,pto-(17)fidv 5paX[iäs
£xax6v öxxü)- (18) rova'.xöv slsuXso'jatT.v 5pa-(19)X{iag eixoa'.- Fuvaixwv
axpaxi-(20)ü)xü)v ?pax|ii; sIxot.- (21) Il'.xxaxio'j xa^T/Äwv ößoXdv Iva- (22)
2cf pay-aiioO Tiixxaxiou ößoXo'j; Wo* (23) Ilopsiag EiepxoiaEvr,^ Ixaoxou (24)
7tixxax{o'j xou dv8pös dvaßaivov-(25)xog 8paxpiT]v fJiiav, yuva'.xwv (26) Tcaaöv
dvdt 8pax|xds xeaaapa;' (27) 'Ovou ößoXooj Öuo* 'A|idgr^; sxo0-(28)or<g xsxpd-
yiovov JpaXfJtd^ x^aaaps;* (29) 'Ioxo'j 5pax|id; eIxot.* Kspaxo; dpa-(30)x|iis
XEoaapEg' Tacp^s dvacp£pO|Jii-(31)vrj$ xal xaxa^fEpo}i£vrj; 5paX}iY,v {xj^ij-i 32)av
XExpcbßoXov. ("Exou?) 0- k'izov.p'ixo^o;, (33) Kataapo^ [Aofji'.x'.avoD] ÜEßaoxoi
[rep|jiav('.xou)l (34) naxü)(v) ts (= 10 Mai 90 n. Chr.).
*) rvü)|Jiü)v in der Bedeutung „Tarif" belegt durch Lexic. rhet. p. 233, 28.
348
ly. KAPITEL.
sachlichen VorstelluDgen sind, möchte ich doch betonen, dass das Sub-
stantivum tö anoaioXiov der Käme der Abgabe, nicht der Abgaben-
quelle ist. Vgl. Z. 2: Tou; [xia^wxd^ xoö Iv Kotütw utlOtotitovto?^)
TY) dpaßapyja dTioaToXiou, womit die Abgabenpächter gemeint sind.
To dTzoaxoX'.ov ist also die Abgabe für die d^oaToXy), so wie t6 yzi-
p(iiV(x^ioy die für die )(£tpa)vaELa, tö xaTaytoyLOV die für die zaTaywYT^,
das sx^opLOV die für die ix^opa. u. s. w. Es fragt sich nur, wessen
„Entsendung" besteuert wii'd. Die in dem Tarif genannten Personen,
wie der Steuermann, der Schiffer u. s. w., können nicht gemeint
sein, denn sie werden nicht entsendet, sondern ziehen freiwillig diese
Strasse. Ich glaube, OL7:o^ToXri muss ein technisches Wort für die
„Entsendung" der auch von Hogarth angenommenen Eskorte gewesen
sein, unter deren Schutz die Reisenden die gefährliche Wüstenstrasse
zurücklegten. In diesem Sinne finde ich das Verbum im Peripl.
mar. Erythr. p. 19, wo es in Bezug auf AeuxY] ywWjjtyj am Roten
Meer heisst: 6:6 %al sie, auxYjv xal izoLpOLXr^-zr^c, ty]? itzoLpzr^c, xwv
£:^!^£po|Ji£Vü)V (^opxLWv xal 71 apa!f uXaywYj^ X^P^^ £xaT0VTdp)(y]5
[JL£Td axpaTEUixaio^ öLTZGöxiXXtzai. Wir haben uns den Her-
gang danach etwa folgendermassen vorzustellen: die Regierung rüstete
von Zeit zu Zeit — wohl kaum in festen Intervallen, sondern so oft
Bedürfnis vorlag — militärische Eskorten aus. Wer unter ihrem
Schutze von Koptos nach Berenike oder in umgekehrter Richtung
zog, hatte für diese ccTZOGZoXr] ein „Geleitgeld", wie man es nennen
könnte, in der von dem Tarif vorgeschriebenen Höhe zu zahlen.
Man wird dies Geleitgeld zu den Gebühren zählen, da es als Gegen-
leistung für eine Mühewaltung der Regierung erhoben wurde. Andrer-
seits ist nicht zu verkennen, dass diese Gebühr dadurch einen zollartigen
Charakter gewinnt, dass sie je nach dem Stande des Abgabenpflichtigen
in verschiedener Höhe fixirt wird, und das ist vielleicht das Merk-
würdigste an der Inschrift. Während eine Hetäre 108 Drachmen
zu zahlen hat, braucht ein Schiffer nur 5 Drachmen zu zahlen.
Die Auswahl der hier genannten Stände ist in ihrer Beschränkung
sehr auffallend. Was zahlten z. B. die zahlreichen Handelsleute,
Der Ausdruck besagt, dass diese Steuer dem Arabarehen unterstand.
TTioTiiTixsiv steht hier synonym dem häufigeren unoxstoO-ai. Vgl. Pap. Paris.
17, 12: |i'.a8-ü)x>]g eiSoug sy^ux^tou y.al 'j;:oxs!,|j.svü)v ßaatJax-fy ypafxjaaxstcx. Vgl.
auch BGU 337, 9: •!)7Xo%s!,|a[Evoi) %]ü)fjLOYpa|i|aax(£La), Z. 18: uTioxeiiasvou sTitaxpa-
XY3[Yiqc].
§141. DAS APOSTOLION. 349
die ihre Waren diesen Weg führten? Das d-oaToXiov kann un-
möglich auf die wenigen hier genannten Klassen beschränkt gewesen
• sein. Nur Schiffspersonal und Weiber werden aufgeführt. Ich möchte
daher vermuten, dass der yvtOfKOV (Z. 5) sehr viel reichere Bestim-
mungen gehabt hat, dass also die Inschrift von Koptos nur einen
aus uns unbekannten Verhältnissen gebotenen Ausschnitt aus dem-
selben darstellt.
Der vorliegende Auszug giebt speziell an, was man in Koptos,
nicht was man event. in Berenike zu zahlen hatte (vgl. Z. 3: Tou
EV KoTZTW-aTToaToXLOi)). Hogarth hat scharfsinnig erkannt, dass
die Sätze bis Z. 20 bei der Ankunft in Koptos, die späteren vor
der Abreise von Koptos ebendort zu entrichten waren. Ich meine,
dieselben Gebühren werden, vermutlich in derselben Höhe, auch in
Berenike zu zahlen gewesen sein, wo wohl gleichfalls ein entsprechen-
der Tarif publicirt gewesen sein mag. Mit anderen Worten, wer
von Koptos nach Berenike zog, hatte vorher in Koptos nach unserem
Tarif gemäss Z. 21 ff. zu zahlen, und nach seiner Ankunft in Bere-
nike gemäss demjenigen Teile des dortigen Tarifs, der unseren ersten
20 Zeilen entspricht, und so vice versa. Schon hieraus ergiebt sich,
dass die beiden Teile des Tarife verschiedener Natur sind. Nur in
dem ersten Teil (bis Z. 20) möchte ich die Sätze des dTToaioXiov im
eigentlichen Sinne des Wortes, des Geleitgeldes, erkennen. Dagegen
sehe ich in der Abgabe, die in dem zweiten Teil spezialisirt wird,
vielmehr ein Wegegeld, eine Gebühr, die für die Benutzung der
von der Regierung in Ordnung gehaltenen und mit Cisternen ver-
sehenen Wüstenstrasse erhoben wurde. Die Sätze, die hier für ein
Kamel, einen Esel, einen Wagen festgesetzt werden, können unmöglich
etwa als Aequivalente für die Benutzung dieser Transportmittel be-
trachtet werden. 1) Dafür sind sie viel zu gering. Dass man z. B.
für die Benutzung eines Wagens von Koptos bis Berenike nur
4 Drachmen gezahlt habe, ist ganz undenkbar. Wir kennen ja den
Geldwert dieser Zeit aus dem Wirtschaftsbuch von Hermupolis recht
gut. Wir können daher in den 4 Drachmen nur das Wegegeld
sehen, das für den Wagen auf dieser Strecke zu zahlen war. Schwanken
Ich bekenne, aus Hogarth's Ausführungen auf S. 32 nicht klar ver-
standen zu haben, welcher Meinung er in diesem Punkte ist. Er spricht u. a.
von einem semi-official transport Service. Ich weiss nicht, ob er damit die oben
von mir zurückgewiesene Meinung vertritt.
350
IV. KAPITEL.
kann man nur, wer in den einzelnen Fällen der Zahlungspflichtige
ist. Mir ist am ^Yahrscheinlichsten die Annahme, dass die Besitzer
der Kamele, Esel, Wagen dieses Wegegeld zu zahlen hatten. So
verstehe ich wenigstens am besten die verwickelte Bestimmung über
die Kamele. Danach würde also der Kamelbesitzer zunächst für
die Benutzung der Strasse für jedes Kamel ein Billet (TiCTiazLOv) für
1 Obol gelöst haben (vgl. unten § 200), ferner für die Abstempelung
dieses Billetes noch 2 Obolen, und wenn er die Plätze auf seinem
Kamel an Reisende vermietete, weiter noch für jeden männlichen
Passagier 1 Drachme, für jeden weiblichen 4 Drachmen. Bei der
letzteren Zahlung könnte man freilich vielleicht noch lieber annehmen
wollen, dass die Passagiere, die den Platz gemietet hatten, selbst sie
als Wegegeld gezahlt hätten. Bei der knappen Ausdrucksweise des
Tarifes bleibt hier eben manches unklar. Doch soviel scheint mir
sicher, dass dieser zweite Teil überhaupt von einem Wegegeld handelt.
Wenn unsere Inschrift auch diese Abgabe dem ocTZOGZo'kiov subsumirt,
so ist das allerdings nicht ganz correct, aber Geleitgeld und Wegegeld
haben zu allen Zeiten eng zusammengehört. Daher ist es auch
begreiflich, dass ein und derselbe Pächter beide übernimmt.
Nebenbei sei hervorgehoben, dass diese Inschrift die alte Streit-
frage nach dem Verhältnis des Arabarchen zum Alabarchen endlich
definitiv entscheidet. Nachdem wir hier den Arabarchen als einen
Steuerbeamten kennen lernen, dem u. a. die Erhebung unseres Wege-
und Geleitgeldes unterstellt war, kann es wohl nicht mehr zweifel-
haft sein, dass er mit dem gerade als Finanzbeamten uns bezeugten
Alabarchen identisch ist. 2) Schürer's Ansicht hat sich also als die
richtige erwiesen. Nur dürfen wir den Arabarchen nicht mit ihm
als „Zollpächter", sondern als Beamten betrachten. Unter den vor-
liegenden Zeugnissen berührt sich mit unserem Tarif wohl am
nächsten die Constitution des Gratian, Valentinian und Theodosius
(Cod. Theod. 4, 12, 9, vgl. Cod. lust. 4, 61, 9), die im Hinblick auf
das vedigal alabarchiae resp. arabarchiae von der trcmsdiidio animalium
^) Auch die Bestimmungen über den Mastbaum, die Segelstangen (xepag)
und die Mumien lassen sich damit vereinigen.
^) Vgl. zu der Frage Schürer, Gesch. d. jüd. Volkes II S. 540. Während
des Druckes ging mir ein Aufsatz ,, Inschrift aus Coptos in Aegypten und
Juvenal", unterzeichnet von M., in der Beilage z. Allg. Zeitg. vom 7. Mai 189 7
zu, in dem dieselbe Consequenz wie oben gezogen wird.
§ 141 — 142.
351
spricht, quae sine praebitione solita minime pennittenda est. In dieser
praehitio solita kann man unser dTüoaTÖXcov wiedererkennen. Für
die Identität der beiden Titel möchte ich auch Folgendes hervor-
heben: in CIGr. m 5075 (vgl. Lepsius, Denkm. VI n. 392, 393)
tritt [dpaßapjyo'j ulo; resp. 'jlbz — OLpOi'^^OL^yyj zu Personennamen
hinzu. In dem unpublicirten Berliner Ostrakon P. 8 las ich die
Worte : dAaßdpy oi) uloö. Da eine derartige Erwähnung des Standes
des Vaters sonst sehr selten ist, so ist wohl kein Zweifel, dass in
beiden Fällen derselbe Rang bezeichnet worden ist.
§ 142. Tg dpL^[ir^Tix6v.
Vgl. BGU 94, 21; 236, 9; 330, 7; Pap. Lond. CCCLXXX;
CPR II, 16 und die noch unpublicirten Berliner Papyri P. 2308
und P. 2311, alle aus römischer Zeit.
To dp'.O-iiyjTLXov wird man von 6 OLpi^\i.r{rr^q („der Zähler")
abzuleiten haben, wie etwa t6 ^uAax'.TLy.cv von 6 cfu^axiTTjc. Man
könnte dabei an die amtlichen Zähler denken, die die ziffermässigen
Angaben der dTTcypa^a'' nachzuzählen hatten, wie z. B. die Zahlen
des Viehbestandes u. s. w. (vgl. Kapitel V). Freilich ist hier meist
von lEap'.-ö-iJLelv die Rede. Die Steuerzahler der obigen Urkunden
lassen sich z. T. als Grundbesitzer erkennen, im Londinensis und in
P. 2311 speziell als xdxoLXOi (dp'.^{iy;T'.7.oO xaxoLxwv). Nach BGU
236 gehört das 0Lp'.%'\ir{i'.'A6v zu den Abgaben, die auf dem Grund
und Boden lasten. Der in Frage stehende vXfi^oc, wird ausdrücklich
als frei von dpiO-pLTjTLXOÖ zal 7:avTÖ? elSou? bezeichnet. Aehnlich
im CPR. Falls die obige Ableitung des Wortes zutreffend ist, würden
wir eine Abgabe darunter zu verstehen haben, die dafür erhoben
wurde, dass die Regierung solche Zähler zur Controlle bestellte.^)
In BGU 342 habe ich dpcO-([Ar]xtxoö) xo:(vo'j) aufzulösen vor-
geschlagen. Man könnte vielleicht eher an dpLO'([ir^ToO) xo'.(voO)
oder dpiO-C^r^Töv) xoi(vü)v) denken. Das wäre eine Abgabe „für
die Gemeinde-Zähler*', und man könnte annehmen, dass diese Zähler
von der Gemeinde Karanis angestellt wären. Doch Sicherheit ist
hier nicht zu erlangen.
Wessely, CPR I S. 6 übersetzt es mit „Evidenzhaltungssteuer".
352
ly. KAPITEL.
§ 143. To jSsßatwTLxov.
Vgl. BGU 156, 9, vom J. 201 n. Chr.
Ein Soldat, der von der kaiserlichen Domaine einen Acker
gekauft hat, lässt durch seinen Bankier dem kaiserlichen Oikonomen
ausser dem Kaufpreise (xLfAig) und einem Zuschlag von 4^/^ noch
TO ßeßaiwTCxov auszahlen, Die ßeßacwacc ist Sache des Verkäufers,
hier also des Kaisers. Wenn der Käufer ihm ein ße^aiwii'/wOV zahlt,
so ist das wohl als Gegenleistung dafür zu fassen, dass der Kaiser ihm
gegenüber eben die ßeßaLwa:^ übernommen hat. Mir ist sonst kein
Beispiel für eine solche Abgabe bekannt, und es bleibt zu unter-
suchen, ob sie auch beim Kauf zwischen Privaten in Frage kam.
§ 144. ^opoq ßowv.
Vgl. BGU 25, 8, vom J. 200 n. Chr.
Die Rindersteuer wurde jedenfalls von denen gezahlt, die Rinder
besassen und daher Rinder deklarirten. Sie gehört danach zu den
Vermögen SS teuern .
§ 145. BopaviG.
Vgl. Petr. Pap. (II) XXXIX e und S. 36/7 (III. Jahrh. v. Chr.).
ßupaa bedeutet „das Fell". Wie diese Fellsteuer, die in
den vorliegenden Fällen von hellenischen Militärcolonisten erhoben
wird, genauer zu erklären ist, weiss ich nicht. Auf Vermutungen
will ich nicht eingehen.
§ 146. ^GpGC, ßa)[ia)v.
Vgl. BGU 199, 13; 292, 1; 337, 3 (alle aus der Kaiserzeit).
Diese „Altarsteuer" wird in den vorliegenden Fällen immer von
Priestern gezahlt. In 337 wird spezialisirt UTrep ßwfxwv Suo, worauf
die Götter, denen die Altäre geweiht w^aren, genannt werden. Hier-
nach unterlagen also die einzelnen Altäre einer Steuer, die von den
^) Aus gewissen Gründen schwankte ieh^ ob es sich nicht nur um eine
Pacht handele. Aber es scheint hier doch ein Kauf vorzuliegen, und zwar ein
Kauf auf dem Wege der Auction (vgl. Z. 4: exuptü^Yjv). — Statt der irreleitenden
Lesung der Editio princeps am Schluss von Z. 5 ist nach Hunt zu lesen : dpou[pwv
§ 143 — 148.
353
betreffenden Priesterschaften an den Staat zu entrichten war. Ueber
die Bedeutung und Begründung dieser Steuer lassen sich nur Ver-
mutungen aufstellen. Wurde damit vielleicht indirect der Empfang
der Opfergaben besteuert, die an diesen Altären niedergelegt wurden
und der Priesterschatt zu Gute kamen? 'Man könnte auch an die
merkwürdige Urkunde Petr. Pap. (II) XII erinnern, aus der hervor-
geht, dass die Anwesenheit von Altären vor Einquartierungen beschützte.
Vgl. Z. 12: ß(i)[JLOi); 7:pGC(i)'.XG5G{JLV/aa'.v. ToOto tk r,er,o'.r^y,7.GV^
T.pbq zb |iYj ETTcaTa^lJie'jcaO'ac.
§ 147. TpacpsioD.
Vgl. BGU 277 II 11 (aus römischer Zeit): [z]al wv ol ^6(po:)
Iv ouo'.axw Xgyw avaXa[ißavovTa'/ vpa-^siGU xal yoLpir^poLq Xsiagü
7t6X(£ü)^) y.al SGXVOTTaiG'j Xi^aoi). Was bedeutet hier das vpa^slov?
Man denkt zunächst an die bekannten Bureaus dieses Namens,
bei denen z. B. die Contracte einregistrirt wurden (vgl. Mitteis, Reichsr.
u. Volksr. S. 52 f.). Aber die Nachbarschaft von y^ocprfipa. (s. unten
§ 215) legt es nahe, ypa^slGV hier in dem auch sonst bezeugten Sinne
von „Schreibmaterial" zu fassen, wobei man wohl besonders an
Kalamoi und Tinte zu denken hätte. Danach könnte man in
dieser Abgabe einen Zwangsbeitrag sehen, der für die von den Be-
hörden im Dienste aufzuwendenden Schreibmaterialien erhoben wurde.
Doch Hessen sich auch andere Deutungen denken.
§ 148. To Ssxavixov.
Vgl. BGU 1, 1 (aus röm. Zeit): Seywavcxoö 6|io:(i); twv aoxwv
TiXoLtov ^ E. Diese Worte weisen zurück auf die unmittelbar vorher-
gehende Zeile (BGU 337,26): ]7:p07.&:{i£Vü)v aX'.euTLy.wv 7iX[g:ü)v ^]
X£- . Gezahlt wird die Abgabe von der Priesterschaft des Soknopaios.
Das Wort Sexavo?, das dem lateinischen decurio entspricht, hat die
mannigfachsten Bedeutungen.^) Welche derselben hier in Beziehung
zu den „Fischerböten" heranzuziehen ist, weiss ich nicht zu sagen.
Jedenfalls ist dies SexavLXGV von dem oexavo? abzuleiten, von dem
Vgl. verschiedene Bedeutungen in Cod. Just. I 2, 4 und 9; XI 18, 1;
XII 26 tit (=Cod. Theod.VI 33); vgl. auch I 5, 3. — Ein ^sxavG? z. B. in
CIGr. III 47 IG d^*5.
WiLCKEN, Ostraka. 23
354
IT. KAPITEL.
in einem Pariser Text der byzantinischen Zeit die Rede ist: Tiapa-
ax(oD) BeoSwpo) Sexavw bnep [tiXoicov aTU£pxo[X£]v(i)v Iv 'A^^e^av-
6p(£La) 6(7r£p) dvaX(a)[JLaToc) x(ßpdxicc) i<; \i(6vcc). Vgl. AVessely,
Denk'sch. Akad. Wien 1889 S. 241.
§ 149. 'H Zsp\iOLTrip(x.
Die „Hautabgabe" (5£p[JiaTyjpa) wird für das III. Jahrh. vor Chr.
bezeugt durch Petr. Pap. (II) XXXII (1), auf dessen Yerso, wie
schon oben auf S.294 Anm. 1 bemerkt, folgende Worte stehen : Td TZpbc,
Tov azuTsa dvaxa^Eaaa^ac tov Tzpbc, T'^t hep\i(x.zr}pöi[C\. Aus dem
Streitfall, über den auf dem Recto der Gerber (ax'JX£6^) berichtet,
kann ich keine klare Vorstellung von dieser Abgabe gewinnen.
Für das III. Jahrh. nach Chr. wird dieselbe Abgabe durch Pap.
Leipz. 5, 8 bezeugt, wo hep\iaTr]pötq, nicht 6£p|jLaTY]x (Wessely) zu
lesen ist. Hier wird die Steuer in Geld bezahlt, denn in Z. 4 heisst
es nach meiner Ergänzung: "Eaxiv xd SiaypCacp^vxa) £tcI TY]y[57][JLoacav?
Tpd7i£^av. In BGU 655, gleichfalls aus dem III. Jahrh. n. Chr.,
begegnen 7rpdywTop£5 5£p|xdTü)(v) ^copouvitov <£>:? xaTaax£UY]v bizlm
Twv dvtxfjTWV aTpaT07:£5(i)V. Hier handelt es sich also speziell um
Häute, die zur Waffenf abrikation für's römische Heer verwendet wurden.
Ueber das Wesen dieser Hautabgabe lassen sich nur Ver-
mutungen aufstellen. Dem athenischen 5£p[jLaitxöv, dem Hautgeld,
das der Staat von den grossen Opfern und Speisungen bezog
(Boeckh, Staatsh. I^ S. 405), scheint es nur dem Namen nach
zu ähneln.
§ 150. To BLa|jLia^(i)TL7w6v.
Vgl. BGU 475 (aus röm. Zeit). Es ist dies eine allgemeine
Bezeichnung für die durch Verpachtung von kaiserlichen Ländereien
(vgl. TO c£pa)TaTOV Ta[A£COv) eingegangenen Pachtgelder. AVir haben
es hier also mit einer privatwirtschaftlichen Einnahme der kaiserlichen
Kasse zu thun.
§ 151. To aaruüXiov.
Soeben haben Grenfell und Hunt 14 Quittungen (H/HI Jahrh.
n. Chr.) publicirt, die sich mit Thorzöllen befassen. Vgl. Grenf (II) L.
Schon im Sommer 1895 hatte ich Dank dem freundlichen Entgegen-
kommen von Friedrich Kenyon Gelegenheit, im British Museum
§ 148 — 151.
355
4 derartige Texte kennen zu lernen, die nach genau demselben Formular
abgefasst sind wie diese 14 neuen Quittungen. Die Anfangs worte
der Londoner Texte ^) xexe^ StaTCu?- hatte ich in T£T£X(£y.£) hiOLTZuX-
(tou) aufgelöst: „Bezahlt hat für den Thorzoll" 2) u. s. w., und hierauf
bezog ich mich oben S. 107. Jetzt zeigen die neuen Texte, dass
diese Auflösung nicht richtig war. In Lf steht ausgeschrieben:
TeziltazoLi hioc 7z6Xr^q. Sachlich ist damit nichts geändert, und ich
habe daher in der Ueberschrift an der allgemeinen Bezeichnung hi<x-
TiuXiov festgehalten, da, wie mir scheint, die sämmtlichen Abgaben,
die hier begegnen, wenigstens formell unter den Begriff des Thor-
zolles zu subsummiren sind.
Das Formular xeziXeGTOc: — 6 6£Tva ist so auffällig, dass
niemand das Recht gehabt hätte, diese Auflösung zu wählen. Ent-
weder muss man das Verbum medial fassen, wie es die Herausgeber
zu thun scheinen, wenn sie übersetzen: he has paicl the tax. Hier-
gegen ist nur zu erinnern, dass bisher wenigstens ein derartiger
Gebrauch des Mediums im Sinne von „zahlen" absolut unbelegt ist.
Oder aber man fasst es passivisch auf. Dann haben wir ein
Anakoluth vor uns, das in dem oben S. 65 besprochenen 7I£7:tü)X£V
6 5clva seine Analogie haben würde. Wie man sich auch ent-
scheidet, über die sachliche Bedeutung kann kein Zweifel sein.
Um zunächst eine Vorstellung von diesen merkwürdigen Quit-
tungen zu geben, stelle ich Lk als Beispiel hierher:
T£T£X(£aTa:) 5cd 7iuX(yj?) 2oxv(o7raLoi)) Nigaou
Xc(|l£VOg) M£|JL9£(Ji)? 'A|Jl(XÖ)Vig £CaY(ü)V)
£7:1 y.(x\lr^X((^) ivl 7iu)X((p) Ivl dpoßou Äp-
Tdtßas 5£xa Z ("Etou;) ß// OapfioOCO-O Ix-
5 xacSExaTTj.
Die am Thor gezahlte Summe wird weder hier noch in den
anderen Quittungen genannt. Auch in den oben in § 91 und 92
besprochenen ähnlichen Quittungen fehlt diese Angabe beständig.
Vielmehr wird hier wie dort nur spezialisirt, was der Zahler exportirt
oder importirt. Die einzige Schwierigkeit, die diese Texte bieten,
Nur CCCXVIc fängt anders an. Nach meiner flüchtigen Copie habe
ich damals uapaea gelesen, was wohl für irapda(X£v) stehen würde. Der Text
hat auch noch sonst orthographische Fehler.
*) Ueber das SiautiX-ov in Athen vgl. Boeckb, Staatshaush. d. Ath. V S. 394.
23*
356
IV. KAPITEL.
liegt in den Bemerkungen, die unmittelbar hinter dem Ortsnamen
sich finden. Es sind die folgenden: vo[JiapX Apa^ p >tal v vov- Apatvo,
p xal V, £pY][xo9i)Xaxca^ und Xi\ihoq Miii^eo)^. Um eine Prüfung
meiner Auffassung zu erleichtern, gebe ich im Folgenden eine Ueber-
sicht über den Inhalt der 18 Texte, die mir jetzt zur Verfügung
stehen. Mehr als 40 ähnliche Quittungen, die Hogarth und Grenfell
in Bacchias fanden, sind noch nicht publicirt.
I. Beim Thor von Soknopaiu Nesos hat Zoll gezahlt:
a) für vo[xap)((c(I)y) 'Apa:vo(cTOu)^) — X, importirend 1 weibliches
Kamel (La).
b) für p xal v vo{JLap)((cö)v) 'Apaiv. — X, exportirend (zur Oase)
auf 2 Kamelen 20 Art. Weizen (Lb).
c) für p y.od v — X, exportirend Weizen auf 3 Kamelen und 2
jungen Kamelen (Lfl).
„ „ „ — X, importirend 6 Keramien Wein (Lf2).
„ „ „ — X, exportirend auf 1 Kamel 4^ [jteTpYjxalOel (Lg).
„ „ „ — X, exportirend auf 2 Eseln 6 Artab. Hülsen-
früchte (Lh).
„ „ „ — X, exportirend auf 2 Eseln 6 Artab. Kichererbsen
(Lond. CCVId).
d) für IpyjixocpuXaxca — X, exportirend (was?) 2) auf 4 Kamelen (Li).
„ „ „ — X, exportirend 5 Kamele mit Palmenzweigen
und 1 Esel mit Geräten (Lm).
„ „ „ — X, importirend 20 Keramien Wein zu je
8 Dr. 4 Ob. 3) (Lond. CCCXVIb).
^) Die Herausgeber lösen vo|jiapx(tag) auf. Ich schlage den Plural vor,
da es mehrere Nomarchien innerhalb des Arsinoitischen Gaues gab. Im einzelnen
Falle kommt ja allerdings nur die eine Nomarchie in Betracht, zu der die
betreffende Ortschaft gehört. Aber der Zusatz von 'Apa'.(votxou) zeigt, dass hier
das allgemeine Ressort angegeben werden soll.
'■^) Wegen des eizi möchte ich annehmen, dass der Schreiber die Angabe
der Fracht nur vergessen hat, nicht (Avie Grenfell), dass überhaupt keine Fracht
hier gewesen sei.
^) Meine Copie bietet: ic,dyü)(v) z% TisvTsyvaLSsxdxyj oivo(u) y.Bpd\i{ioi.) eiY.oo:
TtliYjTa ^Tgp. Falls die unsichere Lesung XL|jLYjT!X richtig ist, Aväre damit die
Taxirung des Weines bezeichnet. Unmöglich können 20 Keramien Wein, und
sollte es der schlimmste Grüneberger sein, zusammen 8 Dr. 4 Ob. kosten. Da-
gegen ist dies für 1 y.Bpd\iioy ein annehmbarer Preis. Der Schreiber hat also aus
Flüchtigkeit oder Bequemlichkeit dvä vor der Summe ausgelassen. — Schwer
§151. DIE THORGELDER.
357
für IpYJiJLO^uAaxLa — X, exportirend 1 Esel mit Geräten
(Lond. CCCXVIc).
e) für d. XtjiTjV Meptt^swc — X, exportirend auf 1 Kamel und 1
jungen Kamel 10 Art. Weizen (Ld).
„ „ „ — X, exportirend auf 2 Eseln 2 Metr. Oel,
und auf 1 Esel 1 Art. Weizen 1 Metr. Oel (L e).
„ „ „ — X, exportirend auf 1 Kamel und 1
jungen Kamel 10 Art. Kichererbsen (Lk).
IL Beim Thor von Philadelphia hat Zoll gezahlt:
für Ipr^pio^uXaxLa — X, exportirend frische Palmenzweige auf 1 Esel
und Weizen auf 1 Esel (Lc).
für d. XifJirjv Mepi^cü)^ — X, exportirend auf 1 Esel 4. Art. Hülsen-
früchte (LI).
in. Beim Thor von [. .]anis^) hat Zoll gezahlt:
für d. Xifiy^v M£[xcf — X, exportirend auf 3 Kam. und I jung.
Kam. 21 Art. Weiz. (Lond. CCVIc).
Ich möchte zunächst daraufhinweisen, dass überall sich IcaycDv
resp. E^i^aywv findet. Also wird das Mass der Ausfuhr und Einfuhr
überall bei Bemessung der verschiedenen hier begegnenden Steuern
in Betracht gekommen sein.
Fangen wir mit p xal v an. Die Herausgeber ziehen beides
zusammen und erklären: lij^ ~\~ oo ~ ^ P^^ cent. on the jyroduce
transported. Nachdem wir oben in § 91 und 92 aus den Ostraka
gelernt haben, dass in Syene sowohl wie in Hermonthis der Einfuhr-
und Ausfuhrzoll regelmässig betrug, werden wir geneigt sein, auch
in dem vorliegenden Passus nur die TtevnrjxoaTig auf die transportirten
Waren zu beziehen, für die IxaTOorrj aber eine andere Bestimmung
zu suchen. Ich vermute, dass dieser einprocentige Zoll für die zum
verständlich in seiner Kürze ist auch der» Zusatz TLSVTexa'.Jsxax-Q. Kenyon
nennt im Catalogue of additions S. 430 unsere Urkunde ein receipt for winetax
{upparently described as Dies ist jedenfalls nicht zutreffend. Aber schwer
ist das Richtige zu sagen. Sollte es vielleicht heissen: der so und so viel
Wein einführt für „den 15." (seil, des laufenden Monates, an dessen 9. Tage
die Quittung ausgestellt ist)? Vielleicht war am 15. ein berühmtes Fest im Ort.
Doch über Vermutungen komme ich nicht hinaus.
Meine flüchtige Copie hat [..J.dveto;. Also ist Kapav{; (gen. iio^)
ausgeschlossen.
358
lY. KAPITEL.
Transport benutzten Tiere zu zahlen war, also I^Iq vom Wert des
Kamels oder des Esels. Wenn der Thorzoll überhaupt die aus-
geführten und eingeführten Wertobjecte treffen sollte, so war es ja nur
consequent, schliesslich auch die Transporttiere selbst zu verzollen,
denn auch sie repräsentiren ebenso wie die Waren einen Wert,
der je nach Belieben des Besitzers jeden Augenblick durch Verkauf
in Geld umgesetzt werden kann. Unter dieser Annahme erklärt
sich auch, weshalb überall so genau angegeben ist, auf was für
Tieren die Waren befördert worden sind. Dass in Lf2 und in
Lond. CCCXVI b kein Tier genannt wird, ist wohl nur der
Flüchtigkeit des Schreibers zuzumessen. Dass wirklich die Tiere
für sich, abgesehen von ihrer Fracht, verzollt wurden, zeigt, wie mir
scheint, La: si^aywv xa[xyjXov -ö-yjXecav leu7.r]V SeuxepoßoXov 7.zyoL-
pay|JL£VY]V 'Apaß^xol? )(apaY|jiaaL Dieses Kamel ist ohne Fracht
angekommen; es trat daher dem Thorschreiber noch deutlicher als
ZoUobject entgegen, und darum mag er das ausführliche Signalement
beigefügt haben. Kach meiner Ansicht hätte er hinter der Orts-
angabe den Zollsatz selbst mit p angeben können, doch hat er ihn
als selbstverständlich fortgelassen.
Neben diesen p xal v steht einmal der Zusatz vo[xap)((Lö)v)
'Apatvo(cTOu). AVie auch die Herausgeber richtig andeuten, besagt
dieser wohl nichts weiter, als dass diese Zölle den Arsinoitischen
Nomarchien unterstanden und an sie (zunächst) abgeführt wurden.
Diese exaToaTyj und diese TrevcYjxoaTYj waren also, um den Ausdruck
des Tarifs von Koptos zu gebrauchen, ÖTTOTiiTiTouaaL loCic, vo|xap)(cat?
'Apaivotxou. Sowie dort die [xca^toxat ihre Einnahmen an den Ara-
barchen abzuliefern hatten und unter seiner Aufsicht standen, so hier
diese Thorzöllner unter der der betreffenden Nomarchen. Ich halte es
nur für eine Bequemlichkeit der Schreiber, dass nur einmal (Lb)
dieser Zusatz gemacht ist. Ich denke, wir haben ihn uns überall
hinter p xal v hinzuzudenken, ebenso wie andrerseits in La ein p
vor dem votJ- Apa- zu ergänzen war.
Die Herausgeber seheinen anzunehmen, dass nur die unbeladenen Kamele
als solche besteuert Avurden. Das ist mir unwahrscheinlich, schon weil man
diese Steuer so leicht hätte umgehen können, indem man irgend einen gering-
wertigen aber zollbaren Gegenstand aufpackte. Der Hinweis auf die au|JißoXa
vcap-T^Xcov ist nicht zutreffend. Diese Abgabe wird für die spYjjiocpuXaxia gezahlt.
Siehe unten § 200.
§151. DIE THOEGELDER.
359
Anders steht es nun mit den Zusätzen epr^jjLO^uXayia^ und
Xipievo^ M£|i(^£toc. Diese Abgaben werden zwar auch am Thore
des Dorfes erhoben und können daher formell auch als Thorgelder
(5:a7ü6X:a) betrachtet werden. Sachlich sind sie aber von den eben
besprochenen Zöllen völlig zu trennen. Die Abgabe für die epr^pio-
«puXaxta wird offenbar dafür gezahlt, dass der die Wüstenstrassei)
Dahinziehende den Schutz der Wüstenwächter (epr,\Lo^6Xo(.y.ec,) ge-
niesst, und wir können hierin ein Pendant zu jenem „Geleitgelde"
des Tarifs von Koptos sehen (vgl. § 141 und § 200). Da auch in
diesen Quittungen über lpr^[iO(^uXaxta ganz so wie in den Zoll-
quittungen genau angegeben wird, welche Waren und welche Trans-
porttiere die Dorfgrenze passiren, so werden diese Ermittelungen für
die Bemessung dieser Abgabe massgebend gewesen sein. Einmal
wird hier sogar der Taxwert der Waren ausdrücklich hervorgehoben
(Lond. CCCXVIb). Ob hier ausserdem noch Unterschiede in der
Berechnung je nach dem Stande der Keisenden gemacht wurden,
wie in Koptos, können wir aus den vorliegenden Urkunden nicht
entnehmen. Die Zahler sind hier wohl sämmtlich Handelsleute.
Ich bin also der Ansicht, dass diese Abgabe für die £pY;[Jio^'jXa7.:a
von denselben Personen erhoben wurde, die ausserdem den Import-
oder Exportzoll zu zahlen hatten.
Ebenso betrachte ich als eine besondere noch ausserdem zu
zahlende Abgabe die „für den Hafen von Memphis", und hierfür kann
ich mich auf Grenfell's Nachricht aus den unpublicirten Bacchias-
papyri stützen, der sagt, dass these show that it was a tax addi-
tional to the tax of 3 per cent. (s. oben), levied at the same time and
upon the same loads, and — what is very remarkable — that it was
paid by persons entering the Fayonm as well as hy those leaving it.
Diese Abgabe ist hiernach also genau so aufzufassen wie die für
die IprjpLO^'jXaxia. Sie wurde von denjenigen erhoben, die von den
obengenannten Dörfern durch die Wüste nach Memphis zogen, oder
den umgekehrten Weg machten. Wer dagegen wie z. B. in Lb
Die hier genannten Dörfer lagen, wie die topographischen Untersuchungen
von Hogarth und Grenfell uns gezeigt haben, am Nordost- und Ostrande des
Faijüm und grenzten an die Wüste. .Soknopaiu Xesos ist Dimeh, nördlich vom
Birket el-Kurün. Bacchias fanden die genannten Gelehrten in Küni el Katl
wieder. Vgl. Egypt Exploration Fund. Archaeological Report 1895/6 S. 14 ff.
und dazu die erste Karte. Zur Lage von Philadelphia vgl. Grenfell zu L.
360
IV. KAPITEL.
in die Oase zog, war selbstverständlich von dieser Abgabe frei.
Dass man „für den Hafen von Memphis" bereits beim Verlassen
des faijümischen Dorfes am Thore zahlte und andrerseits wieder
beim Eintreffen ebendort, ist merkwürdig genug. Vielleicht werden
neue Texte uns einmal diese Massregel verstehen lehren.
Zum Schluss möchte ich meine Auffassung durch ein Beispiel
illustriren. Wer von Soknopaiu Nesos, d. h. von Dimeh, aus durch
die Wüste auf Kamelen Weizen nach Memphis transportirte, musste
vorher am Thor des Dorfes folgende Zölle entrichten:
1. vom Wert des Getreides. 2. i^-y vom Wert der Kamele.
3. Eine Summe für die „Wüstenwache", unter deren Schutz er sich
begab. 4. Eine Summe für den Hafen von Memphis.
§ 152. BL^pa)(|jLca toö 2ou)(od.
Xach dem unpublicirten Berliner Papyrus P. 6951 II (vom J. 48
n. Chr.) muss ein Mann, der Haus und Hof in einer Strasse der
Metropole Arsinoe gekauft hat, dafür ty]V 6c5pay^{JLia(v) toü Souy^ou
'9'£0ö |jL£YaXo(u) [X£YaXo(u) zahlen. Zufällig ist daneben die Quittung
erhalten, nach der er ausserdem für denselben Kauf das lyxoxXtov
entrichtet hat (s. oben § 35). Hieraus wird man folgern dürfen,
dass für jeden Häuserkauf, der innerhalb der Stadt Arsinoe perfect
wurde, 2 Drachmen an die Tempelkasse des alten „Herrn" der Stadt,
des Stadtgottes Suchos, abzuführen waren. i) Vielleicht bezogen auch
die anderen Stadtgötter Aegyptens eine entsprechende Eevenue. Ob
eine solche Tempelabgabe auch bei anderen Transactionen der Bürger-
schaft erhoben wurde als gerade beim Häuserkauf, müssen wir dahin-
gestellt sein lassen.
§ 153. AiTrXa)|JLa ovwv.
Das Wort 6L7iXw{xa, das im Allgemeinen die Urkunde bezeichnet,
ist im Besonderen als technischer Ausdruck für den Erlaubnisschein,
der zu der Benutzung der kaiserlichen Post berechtigte, bekannt.
Solche diplomata wurden von den Kaisern oder den Statthaltern im
^) Denkbar wäre es ja, dass Suchos eben gerade in der hier genannten
Strasse $p£|JLSi und event. einigen anderen dieses Recht gehabt hätte. Doch die
obige Beziehung auf die ganze Stadt ist mir wahrscheinlicher.
§ 151 — 154.
361
Namen der Kaiser ausgestellt.^) Was soll man sich nun unter einem
8L7rXü)|ia ovtov vorstellen? Diese Verbindung begegnet in BGU 213
(vom J. 112,3 n. Chr.) in dem Titel des Steuerpächters: [i'.aO-WTYj^
0L7:Xa)[iaT0C ovwv Kapaviooc. Dem Zahler aber quittirt die Bank bizep
OL7iA(0[xaxog LZ (Ito'j;) ür.kp ov(g'j) Iv(gc). Die Abgabe ist also als
eine regelmässige für das Jahr und zwar nach der Zahl der Esel be-
rechnet. Ich möchte hiernach folgende Erkläruog proponiren: die
Eigentümer von Eseln mussten sich von der kaiserlichen Regierung
Erlaubnisscheine (0L7uXt0{JiaTa) ausstellen lassen, um ihre Esel auch auf
den öffentlichen Wegen, die der kaiserlichen Aufsicht unterstanden,
treiben zu dürfen. Für ein solches Diploma zahlte man nach unserem
Text für den Esel 8 Drachmen, wobei es unklar bleibt, ob dieser Satz
für das Jahr oder nur für den ]Monat galt. Hiernach würde unsere
Abgabe den Charakter eines „Wegegeldes" gehabt haben, und sie
würde in dem T.',zzoL'/,ioy xa[i'ifiXa)V des Tarifs von Koptos (s. § 141)
und in den aij|x|3c>Xa 7va[iy)Xtöv (s. unten § 200) sprachlich und sach-
lich ihre Parallelen finden, nur mit dem Unterschiede, dass die
letztgenannten Abgaben für einmalige Benutzung erhoben wurden.
Freilich ist diese Deutung zunächst nichts als eine Vermutung.-)
§ 154. Tb 5oxi[xaaTLx6v.
Im Pap. Leid Q, 12 (vom J. 260/259 vor Chr.) lese ich nach
dem Original aveu 8oxL|jiaaT:xGö (statt dv£Uoox'.[jLaaT{' zal). Vgl. oben
S. 61 Anm. 1. Das CQ%i[L0(.av.y.6y muss eine Abgabe bezeichnen,
die für den SoxciAaaTigs erhoben wird. Der in diesem Papyrus
genannte Beamte dieses Namens hatte, wie Lumbroso (Recherches
S. 294) richtig bemerkt, vermutlich die Aufgabe, die unter Umständen
(hier wegen der starken Verspätung) erforderliche Umrechnung der
gesetzmässig in natura zu liefernden We\n-&Tz6\ioipOL in Geld vorzu-
nehmen, resp. zu prüfen. Ich lasse dahingestellt, ob der in Frage
Vgl. Edict. d. Vergil. Capito, CIGr III 4956 Z. 25: i\L6(. eiuXtbiiaxa.
Plinius Ep. X 45, 64, 120, 121 (121: diplomatibits, quae officio tuo dedi). Im
Uebrigen vgl. Marquardt, Staatsv. 11-^ S. 561. Hirschfeld RVG S. 98 ff.
^) Nach Analogie der 5'.7:Xü)|Jiaxa, die zur Benutzung der Posteinrichtungen
berechtigten, könnte man auf die Vermutung kommen, dass unser Diploma etwa
zur Benutzung von Eseln, die die Regierung hielt, berechtigt habe. Doch ist
mir das wenig wahrscheinlich. Auch würde dann das SiTiXcojia wohl kaum wie
eine feste Jahresabgabe berechnet sein.
362
IV. KAPITEL.
stehende Beamte lediglich für die Umrechnung der a.n6\L0ip(x. oder
überhaupt für die Prüfung der adaerationes angestellt war. Der
vorliegende Fall zeigt, dass er ausserdem sich auch bei der Ein-
treibung der Steuer selbst bethätigte.
Für den Unterhalt und die Besoldung dieses aderateur (Lumb.)
erhebt nun die Regierung neben der d7c6{jLocpa noch eine besondere Ab-
gabe unter dem Namen t6 5oxc[JiaaTLx6v. Diese wird sicherlich nur von
denen zu zahlen gewesen sein, die eben die d7i6{JLOipa nicht in natura,
sondern in Geld zahlten. Dieser Zuschlag zu der Hauptsteuer wird
in dem vorliegenden Falle garnicht erst an die Kasse des Tipdxxwp
abgeführt, sondern soll direct an den SoxtiiaaTT^«; abgeliefert werden.
Denn das bedeutet wohl der merkwürdige Schlusssatz, mit dem der
Quittungsschreiber aus der Construction fallt: touto hk aoi TrapaSe^oviac.
§ 155. Acopsag.
In der Londoner Bilinguis vom 13. Jahre des Philopator (Proceed.
Soc. Bibl. Arch. XIV S. 61) zahlen Käufer und Verkäufer eines Grund-
stückes ausser der üblichen Verkehrssteuer (lyxuxXtov) für die Swped
1 Triobolon, also jeder 1^ Obol. Ich möchte in diesem „Geschenk"
eine Gebühr für die Mühewaltung des im Texte erwähnten tsXwvwv
sehen. Der Ausdruck erinnert an das cpiXdvO'pWTiov (§ 211). Ganz
anders deutet es der Herausgeber Revillout (S. 125).
§ 156. 'H s^xoaiYj eksu^-epim.
Vgl. BGU 96, 8; 326 II 10; 388 I 7 und 20, alle aus rö-
mischer Zeit.
Dies ist die viceswia (vgl. 388 I 7 ouLXYjaLpia) manumissionum
oder libertatis, die in Rom seit 357 v. Chr. als eine fünfprocentige
Abgabe vom Wert der freigelassenen Sklaven bestand. i) Diese Steuer
gehört zu denjenigen, die nur den römischen Bürgern auferlegt w^aren.
In Aegypten wurden also nur die dort wohnenden cives Romani von
dieser Steuer betroffen. Ob es eine entsprechende Abgabe auch —
etwa schon seit der Ptolemäerzeit — für die griechisch-aegyptische
Bevölkerung gab, wissen wir nicht. Nach Dio's Darstellung (LXX VII, 9)
soll bekanntlich gerade die Beschränkung dieser und der Erbschaftssteuer
^) Vgl. Hirschfeld, RVG S. 68 ff. Marquardt RStV II^ S. 281.
§ 154 — 158.
363
auf die römischeD Bürger für Caracalla mit ein Anlass gewesen sein,
die Civität auf die Provineialen auszudehnen (im J. 212).^) Der Er-
folg dieser Massregel war jedenfalls der, dass nach dem J. 212 alle
Provineialen Aegyptens, soweit sie römische Bürger wurden, 2) auch
dieser Steuer unterworfen wurden. Ein Beispiel dafür bietet BGU 96,
die wohl nicht allzu lange nach der Constitutio Antonina geschrieben
sein mag. Der Freilasser Maron (Z. 9 ff.) ist offenbar einer von den
neu geschaffenen römischen Bürgern. Am Anfang der Urkunde,
der nur verstümmelt vorliegt, ist er gewiss vollständig, A'jpVjX'.og
Mapwv, genannt worden.^) — Nach BGU 326 II 10 befand sich in
der Metropole Arsinoe auf dem Forum Augustum (Le^ccazr^ ayopa)
eine statio ty]^ eLzcaT-^g töv xXrjpovofiiwy xal IXeu^sp'.wv. Die
so eng verwandten Steuern, vicesima manumissionwn und vicesima
herediiatium werden hier also zusammen verwaltet.
§ 157. 'H sixoaTYj twv xXrjpovojJtiwv.
Vgl. BGU 240, 10; 326 II 11.
Auch diese vicesima herediiatium lastete nur auf den römischen
Bürgern. Ueber ihre Einführung durch Augustus (im J. 6 n. Chr.)
vgl. oben § 140, wo die in Aegypten auf den Provineialen lastende
Erbschaftssteuer (d7cap)(rj) besprochen ist.
§ 158. BbAOGxr].
In Petr. Pap. (II) XI (2) (III. Jahrh. vor Chr.) schreibt ein
gewisser Polykrates seinem Vater: a.7zo^(h{poL[i\LOLi 5s etzI teXwvlov
TÖ O^XOTteBoV 9£pG[l£V[0]v V-t^C, Iva Ix TOaO'JTOU 9£pÜ)|l£V TYJV Etxoa-
T1QV. „Ich habe beim Zollamt die Hausstelle mit einem Ertrage von
17 1 Drachmen (Silber) deklarirt, damit wir von dieser Summe den
Zwanzigsten zahlen". Der Brief setzt alles als bekannt voraus,
was uns eine klare Vorstellung von dem Wesen dieser Abgabe er-
möglichen würde. Das nächstliegende ist anzunehmen, dass eine
fünfprocentige Abgabe von dem Ertrage der Hausstellen (o:xÖ7C£6a)
*) Seine gleichzeitige Erhöhung der Freilassungssteuer auf -^^ des Wertes
wurde schon von Macrinus wieder beseitigt (Dio LXXVIII, 12).
2) Vgl. Herraes XXVII S. 294 f.
^) Vgl. die Namen der Subscribenten. Es geschieht sehr häufig, da*s
man im weiteren Verlauf der Urkunden den Gentilnaraen fortlässt.
364
IV. KAPITEL.
gemeint ist, wobei man wohl an einen Ertrag durch Vermietung
oder Verpachtung zu denken hat. Diese Abgabe würde der von
den TzpoQoboi olzotiISwv gleichzusetzen sein, die für die römische
Zeit belegt ist (§ 194).
§ 159. 'ExaioaTau
Kach BGÜ 156, 8 (vom J. 201 n. Chr.) zahlt ein römischer
Soldat, der von der königlichen Domäne einen Acker gekauft hat
(vgl. § 143), ausser der tc{xyj einen Zuschlag von 4^/o : bnep Ixaxoaxwv
Tsaaapwv. Wie diese Zahlung motivirt ist, weiss ich nicht zu sagen.
Es mag wohl irgend eine Gebühr damit erledigt werden. An das
eyy.uxXcov ist hier nicht zu denken. Der Text nennt nur diejenigen
Zahlungen, die der Soldat an den Domänenverwalter, den Oikonomos,
direct abzuführen hat. Das eyxuxXtov geht' vielmehr durch den
IxiaO-wiTj? sl'Sou^ lyzuxXLOU an die Bank; seine Erwähnung ist hier
also nicht zu erwarten. — Ebenso wenig ist über den einjorocentigen
Zuschlag (IzaToaiTj) Sicheres bekannt, der in den Zoispapyri begegnet.
Meine Vermutungen in „Actenstücken der Königlichen Bank" S.40 sind
ebenso unsicher wie die neuerdings von Eug. Revillout vorgetragenen
(Proceed. Soc. Bibl. Arch. XIV S. 122 fr.). — Ganz andersartig ist
jedenfalls der einprocentige Zuschlag, der nach BGU 552 A I 9/10
zu den Katurallieferungen hinzukommt. Das mag ein epimetrum
für die Erheber sein, wie es im Cod. Theod. XII 6, 15 und 21 vor-
geschrieben wird.
§ 160. §jjißoXf^.
In BGU 15 II 3 (vom J. 197 n. Chr.) werden die Strategen
der Heptanomis ermahnt, künftig besser für die liißoX'i^ zu sorgen.
Der Brief beginnt mit den Worten: xyjv IvßoXvjv zal a^oSpa 69'
T^IJiwv (lies: upiwv) dfjieXoufJievYjV opö. Da im Folgenden von den
Durchstechereien die Rede ist, die die Strategen mit den Eseltreibern
(6vr/Xaxac) begangen haben sollen, und die zu unregelmässigen Ab-
lieferungen des Getreides geführt haben, so könnte man allerdings
daran denken, i\ipoXri hier in seiner eigentlichen Bedeutung als ,, Auf-
laden" zu nehmen.!) Aber sollte dann in jenen Eingangsworten die
^) Vgl. BGU 14 III 20: sjißoXsuovcss y.ot.1 ovr^Xaxouvxss xotg TZpoysypaii-
§ 158 — 161.
365
Art der liißoXy] nicht etwas genauer charakterisirt worden sein?
Auch fragt es sich, ob man für schlechtes Aufladen die Strategen
verantwortlich machen konnte. Ich habe daher im Philologus LIII
(N. F. VII) S. 93, 7 vorgeschlagen, in £[ißoXr^ vielmehr den tech-
nischen Ausdruck wiederzuerkennen, der aus der späteren Zeit als
Bezeichnung der für Constantinopel verladenen Naturallieferungen,
des sogenannten canon fmiiientarius , bekannt ist. Als Abgabe, die
für den Kaiser bestimmt ist, heisst sie nach byzantinischem Sprach-
gebrauch die felix embola (vgl. Cod. Just. XI 4, 2 vom J. 439)
oder in den griechischen Texten fj IfJtJjoXrj e\)VJ-/r^i^ oder -f} aiata
(z. B. Xin Edict Justin, de dioecesi Aeg. passim). Vgl. hierzu
V. Härtel, Wien. Stud. V S. 20 f. Wenn in unserem Papyrus efijjoXr^
wirklich so zu fassen ist, so ist dies die bei Weitem älteste Ver-
wendung des Wortes in dieser Bedeutung, die wir kennen. Xatürlich
kann im J. 197 nur die Naturalabgabe für Rom — und wohl auch
für Alexandrien — damit gemeint sein.
Auch in BGU 8 III 4 (vom J. 248 n. Chr.) begegnet das Wort
offenbar in derselben Bedeutung.
§ 161. To svoixiov.
Wir haben oben in § 41 IvoJxiov als Mietssteuer oder Haussteuer
kennen gelernt. Hier wollen wir nur einige Beispiele für die ge-
wöhnliche Bedeutung des Wortes als „Mietsgeld, Wohnungsmiete"
anführen. Vgl. Petr. Pap. (II) XXXIHa 5 (III. Jahrh. vor Chr.);
Pap. Berk Bibl. 25, 9; BGU 32, 3; 47, 1; 150, 2; 173, 1 ; 253, 15;
289, 2. Wessely, Denksch. Ak.Wien 1889 S. 235 f. Ueberall han-
delt es sich nur um die rein private Leistung des Mieters gegenüber
dem Vermieter. Die Texte zeigen, dass die monatliche Berechnung
der Miete das liebliche war.^) In dem Mietscontract BGU 289
wird die Miete für den Monat festgesetzt.
In der byzantinischen Zeit halten sich vornehme und reiche
Herren, wie der dux Theodoraems (BGU 3) oder „die heilige Grosse
Kirche" (vgl. BGU 47 und 173) eigene Mietserheber: i^oiY.ioXo'^o'..
') In dem Text der Berliner Bibliothek lese ich: x6 §voix'.ov y.a<xa).
|j,75va 5'.?dx(D. — Die Berechnung für den Monat schliesst natürlich nicht aus, dass
die Zahlung event. für ein halbes oder ganzes Jahr erfolgte. Vgl. Beispiele bei
Wessely, a. a. O.
366
ly. KAPITEL.
§ 162. 'H £^7]xoaTi^.
Von dieser eEyjxoaxyj, die in den Zoispapyri begegnet, gilt das
oben § 159 über die IxaiooTr; gesagte. Auch das Wesen dieser
Abgabe ist noch nicht befriedigend erklärt.
§ 163. To sTOQTauxov.
Vgl. BGU 337,2 und 471,6 (aus römischer Zeit).
To i^ZlG10^zl%6v wird eine Abgabe für den eTTcamTY]^ sein.
Es giebt Beamte dieses Namens in verschiedenen Ressorts. Da in
beiden Fällen die Steuer von Priesterschaften erhoben wird, so mag
es sich hier um den ETriaiaxT/^ toO [epoö oder twv hpG)V handeln.
Die Abgabe würde also für den Unterhalt dieses iTiLaxa-CY]^ von
den betreffenden Priesterschaften gezahlt sein.
§ 164. To imufiov.
Vgl. Pap. Tur. IV 25; VIII 35,87. Grenf. (II) XXV 21;
XXVI 20; XXVIII 19; XXX 23; XXXIII 12. Vgl. Grenf. (I)
XXVII col. 111,4 (aus Ptolemäerzeit) ; ferner BGU 193,26; 233,17;
350,16; CPR I 1,21; 2,9; 3,16 etc. (aus der Kaiserzeit).
Dieses „Bussgeld" wird für Uebertretung contractlicher Ab-
machungen erhoben. Betrachten wir zunächst die Ptolemäertexte. Der
achte Turiner Papyrus lässt keinen Zweifel darüber, dass der Ueber-
treter diese Summe an den geschädigten Contrahenten zu zahlen
hatte. Vgl. Z. 34: TzpO(;aT:oz[eX]oa.i töv 7iapaai)[vYjpa90uvTa t[ü):]
£{X|JL£V0VXL xa^' 8 av [iipoq 7] elboc, Tcapaauvypa^i^ai^L eTzizi[ioy
xxX. Aehnlich heisst es im Pap. Tur. IV 23: 7rpo?a7roT£:aaT03
zolc, TTSpl Tov 5^£vy^wva^v xzA. Damit sind auch die anderen Ur-
kunden erklärt, in denen eine derartige Angabe fehlt.
In den vorliegenden Fallen wird für das £7tLTt{X0V immer eine
bestimmte runde Summe fixirt: 5 Talente (Grenf. II. 26, 30, 33)
oder 10 Talente (Grenf. 25, 28, auch I 27, wo das Wort £7:ltl[jiov
fehlt) oder 20 Talente (Tur. 4) oder 30 Talente (Tur. 8). Weshalb
im einzelnen Falle gerade die betreffende Summe gewählt ist, lässt
sich aus den Texten nicht ersehen. Man könnte meinen, dass
die Höhe der Summe im Verhältnis zu dem Werte des im Contract
behandelten Objectes gestanden habe. Vielleicht ist richtiger zu
§ 162 — 164.
367
sageo, dass die Contrahenten je nach dem Wert, den sie auf die
EinhaltuDg des Contractes legten, eine beliebig hohe Summe —
etwa in gewissen Grenzen — auszumachen die Freiheit hatten.
Nach dem Gesagten gehört dieses |7:i'ti[iov nicht zu den öffent-
lichen, sondern zu den privaten Abgaben, doch wird sie von den
Agoranomen fixirt und der Staat wacht über die Einhaltung dieser
Bestimmungen. Der Ordnung gemäss soll der üebertreter izoLpa.-
ypf^[L(x.. d. h. sofort, ohne dass staatliche Behörden einzugreifen hätten,
das Bussgeld zahlen. Falls er sich aber weigert, so kann der
Geschädigte von den Behörden die zwangsweise Einziehung verlangen.
Vgl. Pap. Tur. 8 Schluss.
Neben diesem £7::tl[jiov wird regelmässig — wir stehen noch
bei der Ptolemäerzeit — ein anderes Bussgeld fixirt, das nicht an
den geschädigten Contrahenten, sondern an den König zu zahlen
ist. Während den damaligen Münzverhältnissen entsprechend
(IL Jahrh. v. Chr.) das £7rtTi{xov natürlich in Kupfer gezahlt wurde,
wird dieses Strafgeld an den König merkwürdigerweise regelmässig
in Silber gezahlt (vgl. Kap. X). Mit einer Ausnahme liegt in den
obigen Beispielen überall dasselbe Verhältnis zwischen den beiden
Bussgeldern vor: neben 5 Kupfertalenten begegnen 100 Silberdrachmen
(Grenf II 26, 30, 33), neben 10 Kupfertalenten 200 Silberdrachmen
(Grenf. I 27, II 25, 28), neben 20 Kupfertalenten 400 Silberdrachmen
(Tur. 4). Nach dem damaligen Verhältnis der Kupferdrachme
zur Silberdrachme (1:120) würde sich hiernach das £7::x:jiov für
den Contrahenten zu dem für den König wie 5 : 2 verhalten. Doch
scheint der 8. Turiner Papyrus vor einer Verallgemeinerung zu warnen,
in welchem neben 30 Talenten für den Contrahenten nicht 600, sondern
nur 300 Drachmen für den König erscheinen. Oder liegt hier nur
ein Schreibfehler vor? Da so viele Texte ein und dasselbe Verhältnis
zeigen, möchte man fast annehmen, dass das Bussgeld für den König
als ein fester Procentsatz von dem für den Contrahenten vor-
geschrieben war.
Ich habe noch hinzuzufügen, dass in Pap. Leid. C und O das
Bussgeld für den König erscheint, ohne dass das iTitXLjiov für die
Contrahenten daneben normirt würde. In C wird vielmehr event.
die Rückzahlung der v.\Lri und zwar ai)v 'f^[iloX^7. vorgesehen, in
O neben anderem auch der Schaden (t6 ^Xaßo;). Als Grund für die
Zahlung an den König wird hier auf das TzapaauyYpa^e^v hingewiesen.
368
TV. KAPITEL.
Bussgelder, die nicht für Contractbrueh durch Contract bestimmt,
soudern für Gesetzesübertretung durch Gesetz vorgeschrieben sind,
begegnen im Revenue -Papyrus. Vgl. z. B. 43, 8; 85, 1 und 7.
Wenn eine solche Uebertretung die Beschädigung einer Person her-
beiführt, so "wird auch hier ausser dem vom Gesetz vorgeschriebenen
festen Satz für den König noch ein Bussgeld zur Entschädigung
jener Person gefordert. Vgl. z. B. 40, 6 : ei |jiy], aTTOTiveiü) elq t6
ßaaiAizöv \- a xod 6xi av i^ wvy] Slcc xauia xaxaßXaß'J 7:£v[T]a7üXoöv.
Auch in der Kaiserzeit begegnet das eT:lzi\iOV mehrfach in den
Contracten in ganz ähnlichem Zusammenhange, wie in den obigen
ptolemäischen Contracten, bis in die späte byzantinische Zeit hinein.
Die Papyruspublicationen bieten viele Beispiele dafür. Die oben
angeführten mögen hier zur Vergleichung genügen. Manchmal findet
sich statt dessen der synonyme Ausdruck 7:p6^TC[JLOV. Vgl. z. B. BGU
282, 315, 404, 542; Pap. Paris 21,52; 21 bis 28. Vgl. oben § 106.
In einigen Kaufcontracten wird für den Fall, dass die vom Verkäufer
zu übernehmende ßeßaLwac? nicht genügend geleistet, oder sonstige
Verpflichtungen des Contractes nicht eingehalten werden, das Bussgeld
in einer den ptolemäischen Texten völlig analogen Weise fixirt. So wird
z. B. in BGU 193 ausser der Rückzahlung der TC[JLYj [le^ ii\LioXiocc,
und der Unkosten (z. B. der gezahlten tIXy], P. 7932) in doppeltem
Betrage (avyjXtopLeva birJ.öt) ein zweifaches |71ltl[ji,ov festgesetzt:
1) ein irJ.Z'.\iov im Betrage von 700 Dr. 2) elq zb 5r^[JL6a:ov Ta^
laa^, d. h. für die Staatskasse derselbe Posten von 700 Dr. Dieselbe
Formel findet sich auch in 350 und in CPR a. a. O. Diese Zwei-
teilung entspricht ganz dem, was wir oben aus den ptolemäischen
Urkunden gewonnen haben, nur steht dort der ßaadeug, wo hier
TO 5y][AGacov steht.
Die vorliegenden römischen Urkunden bestätigen die Vermutung,
dass es im freien Ermessen der Contrahenten stand, die Höhe dieser
Strafgelder auszumachen. In 193 wird das iTziv.noy in der Höhe
des Kaufpreises selbst angesetzt, in 350 dagegen in der halben
Höhe desselben. Andrerseits wird, während in der Ptolemäerzeit
das £7üLTL[Jiov für den Contrahenten fast immer um | höher war als das
für den König, hier in der Kaiserzeit beides in gleicher Höhe bemessen.
Zur Beantwortung der Frage, in welchen Fällen überhaupt
solche £7rLTi[Jia festgesetzt werden, bedarf es einer zusammenfassenden
Behandlung der Urkunden, auf die ich zur Zeit verzichten muss.
§ 164 — 166.
369
'Ep-/j[iocpüXa7ias. Vgl. § 151 und 200.
§ 165. ZDYoaTaaioi).
Vgl. BGU 337,20 (Ende des II. Jahrh. n. Chr.).
Die Priester zahlen hier neben anderen Abgaben, die sie ein-
zuziehen und an den l-caTpaTYjYO^ abzuliefern haben, auch i^uyo-
aiocaloD xa)[XYj^ Soxvc-aiou Nrjaou. Dem v^uYoaraxyjc^), dem „Wage-
meister", lag nicht nur die aestimatio frumenti (Cod. Theod.
14, 26,1), sondern auch die Prüfung der in Curs befindlichen
Münzsorten ob. Letzteres wird wenigstens für die spätere Zeit durch
einen Erlass des Kaisers Julian vom J. 363 bezeugt. Vgl. Cod.
Theod. 12, 7,2: Ideoque placet, quem sermo Graecus appellat per
singulas eivitates constitui zygostaten, qui pro sua fide atque industria
neqiie fallat neque faUatur, nt ad eins' arbitrium atque ad eins
fidem, si qua inter vendentem einjytoremque in solidis exorta fuent
contentio, dirimatur. Die Parallele, in der im Papyrus ^DyGaTaatou
mit Tap^xoTTwXwv, ßa^swv, Xa^avoTtto^öv, yvaf^etov steht, könnte
den Gedanken nahe legen, dass im II. Jahrh. n. Chr. die Zvgostasie
noch nicht ein Amt, sondern ein Gewerbe gewesen, und die vor-
liegende Abgabe als Gewerbesteuer aufzufassen sei. Doch gebe ich
zu, dass die Parallele nicht zwingend ist. Es ist die Möglichkeit
offen zu lassen, dass es sich um Spesen für den ^uyoaiaTTj^ handelt,
wie sie im 11. Edict Justinians behandelt werden (a. 559).
Wer annimmt, dass die im Papyrus a. a. O. genannten Ge-
werbe für den Tempel arbeiteten, müsste annehmen, dass auch die
Zygostasie im Besitz des Tempels gewesen wäre, was an und für
sich sehr gut denkbar sein würde.
§ 166. ^^jzripd.
Vgl. Pap. Paris. 62 IV 4, V 19; 63 IV 3 f; 67 II 10 (aus
Ptolemäerzeit). BGU 1,2; Pap. Leipz. 5,9; Kenyon, Catal. of addit.
S. 417 (aus römischer Zeit). — Vgl. auch Grenf. (II) XXXIX.
Dass die Aegypter schon seit den ältesten Zeiten (vgl. die Fyra-
midentexte) ein Gerstenbier {hkt) zu brauen und zu trinken verstanden.
*) Das Wort J^UYoaxaata begegnet bei Grenf. (II) XLVI a 8/9.
WiLCKEN, Ostraka. 24
370
IV. KAPITEL.
lehren die einheimischen Texte. Die obigen Urkunden zeigen uns,
dass dieses im Volk weit verbreitete Genussmittel, l^öd-oq oder (^uto?
genannt,^) von den Ptolemäern wie von den Kaisern einer Steuer
unterworfen wurde (uuir^pa, seil. (hvrf). Lumbroso (Recherches S. 305)
lässt die Frage offen, ob diese Steuer die produdion oder die
consommation treffe. Ich glaube, so viel lässt sich aus den obigen
Texten erweisen, dass die Steuer, was ja auch a priori wahrscheinlich
ist, jedenfalls nicht von den Consumenten, sondern von den Produ-
centen erhoben wurde. Freilich ist dabei anzunehmen, dass die
Letzteren den grössten Teil der Steuer auf den Consumenten
als den Steuerträger überwälzten, dass wir also eine indirecte
Verbrauchssteuer im modernen Sinne vor uns haben. Dass die
^UT'iTjpa wirklich von den Bierbrauern erhoben wurde, scheint mir
aus Pap. Paris. 63 IV 3 zu folgen. „Wer ist so thöricht", sagt der
Schreiber, „dass er nicht einsähe, dass auch zobq UTZoze.Ae1c, t'^ T£
y.(xz(xpi%'\ieiad'<xi au[ij3£ßy]X£ Der Sinn ist, diese bizozekeXq gehören
nicht zu den d5i)VaToOvT£c, im Sinne des Decretes, sondern zu den
Wohlhabenderen, die herangezogen werden sollen. 3) Nun ist wohl
so viel klar, dass der bizQze'kyjq zfi lyß'urip^ nicht etwa der ist, der
Fische consumirt, denn das thaten alle Aegypter, sondern der,
der Fische fängt (vgl. oben § 7). Also kann auch der bizozeXric, x'g
^uxr^pa, d. h. der für die Biersteuer zu zahlen Verpflichtete, nicht
der Consument sein, sondern nur der Producent. Die Stelle lehrt
also, dass dieser ^uxyjpd die Bierbrauer unterworfen waren.
Die anderen Belegstellen sind von geringerer Bedeutung. Aus
Pap. Par. 62. V 19 erfahren wir, dass die Biersteuer damals
(II. Jahrh. v. Chr.) r,pbc, )(aXx6v b6vo[Jiov verpachtet war, d. h. in
Kupfer ohne Agio zu zahlen war (vgl. Kap. X). — In demselben
Papyrus IV 4 steht die merkwürdige Bestimmung, dass die Pächter
^) Vgl. Wiedemann, Herodot II, S. 327. Varges, de statu Aeg. prov.
Rom. S. 72.
^) Vgl. Wessely, Zythos und Zythera (XIII. Jahresb. K. K. Staatsgym. in
Hernais 1887).
^) Das Gegenteil folgert Lumbroso, E,echerches S. 92 (danach Wessely
a. a. O. S. 42), — nicht mit Eecht, Avie mir scheint. Die Aufzählung der
döuvaxouvTSg beginnt mit dem nächsten Satz; [K]at xoug ■KXeioxoug Ss xwv —
Xacöv. Vgl. Z. 131 f: xwv ii[svj xaiXa'.itwpwv Xaöv xxX.
§166. DIE BIERSTEUER.
371
der ^'JTy;pa — und zwar nur dieser Steuer — für ihre cc^OLr^o^od.
den Monat im Winterhalbjahr zu 35 Tagen, im Sommerhalbjahr zu
25 Tagen rechnen sollten. Lumbroso (Recherches S. 306) meint,
das hänge damit zusammen, dass der Consum im Sommer ein
grösserer sei.^) Ich kann an diese Erklärung nicht glauben, weiss
aber keine andere vorzuschlagen. — Die Schlussfolgerungen, die
Wesselv a. a. O. S. 41 aus Pap. Paris. 67 II 10 gezogen hat, fallen
mit der falschen Ergänzung Brunet de Presle's von Z. 9, die er
übernommen hat. "Wessely liest (i)V£L[a)v]. verbindet es mit dem
^DTTjpa^ der nächsten Zeile und übersetzt: Steuern bei Verkäufen
von Bier und spricht daher S. 42 von der Steuer der Bierver-
käufer. IN'atürlich hat es eine solche gegeben, die wird aber xb
J^UTOTTwXixov geheissen haben. 2) In dem Parisinus ist vielmehr a)v
£[ia]:v statt (!)V£i[(i)v] zu lesen, wie ich schon öfter hervorhob, womit
einfach die Spezialisirung der vorhergehenden Gesammtsummen ein-
geleitet ist. Der Papyrus lehrt also nichts weiter, als dass in der
betreffenden Ortschaft für den betreffenden Zeitraum 45 Talente
5100 Dr. (sie) ftir die ^'Jir^pa gebucht werden. In welchem Sinne
diese Buchung geschieht, ist nicht ganz klar.^) — Wenn die Sokno-
paiospriester unter ihren Ausgaben uTtsp ^uir^pa? Soxvo7:atoi) NiQaoi)
220 Drachmen notiren (BGU 1,2), so können wir schwanken, ob
die Priester als Bierbrauer diese Abgabe zahlen, was möglich
wäre — sie würden dann wohl die ältesten nachweisbaren Vorläufer
der mittelalterlichen Klosterbrauereien sein — oder aber, ob auch
hier, wie mehrfach (vgl. BGU 337), die Priester nur von der Abführung
einer Steuer sprechen, die sie vorher in dem ihrem Gotte gehörigen
Dorfe eingezogen haben. Für letztere Auffassung könnte der Zusatz
2oxvo7:aLOU NVjaou sprechen. — Aus dem Leipziger Fragment ist
nichts Besonderes zu entnehmen.^)
Danach wiederholt bei Wessely, a. a. O. S. 43.
Der Bierverkäufer hiess ^UTOTrwXr^g. Eine Bierverkäuferin (^UTÖTMoXif)
in BGU 38,18.
^) Ich las den Anfang der Columne am Original folgend e rm assen :
'EXäoaw r; ;/////// a /////// r<v -ccö iß L.
5'.a Tag 7ipo5e5TjXü)[JL[dva{ a]h{ag [§]xTcg xwv jAr^Tzo) 8'.ü)ixr^|i^vo)v xaO-ö-'.
Y[epYa7ix]a:.
*) "Wessely's Betrachtungen S. 41/2 schweben völlig in der Luft. Er
ergänzt in der Lücke ohne jeden Grund TtoXstoj und versichert daraufhin (S. 42\
24*
372
ly. KAPITEL.
Dagegen fällt ein ganz neues Licht auf die schwebenden Fragen
durch einen soeben von Grenfell und Hunt publicirten Papyrus des
British Museum, aus dem I. Jahrh. v. Chr. Vgl. Grenf. (II) XXXIX.
Es sind 12 mehr oder weniger verstümmelte, aber einander ganz
analoge und daher sich gegenseitig ergänzende Steuerquittungen,
von denen die Herausgeber nur die erste in vollständigem Text
mitgeteilt haben. Sie lautet:
Wa[ji[JLyjTLXO(; Ilaacwv (1. IlaaicovO
xal ^svO-so)? (1. Ssv^sT) t^uzoizoiolq
Xa:p£LV. 'ATc(£))(a) tov
[9]6pov [toö <I>a(I)]cp[L yQocXxou
[TaXa]v[Ta Tievie e.
["Eto'j? ß <I>aü)cpL] T;.
Hiernach haben zwei Bierbrauer, die offenbar associirt sind
und eine Firma repräsentiren, für den Monat Phaophi, und ebenso
nach den anderen Quittungen für jeden anderen Monat des Jahres,
5 Kupfertalente als (^opoQ gezahlt. Das macht im Jahre 60 Kupfer-
talente. Wie ist nun dieser <^6poc, aufzufassen? Ist er die Gewerbe-
steuer, die die ^uzoTZOiol für die Ausübung ihres Gewerbes zu zahlen
hatten? Bei der enormen Höhe dieser Steuer scheint mir das nach
dem in § 135 Gesagten kaum möglich. Jedenfalls würde, da
innerhalb des Gewerbes die Summen gleich hoch waren, die
Existenz kleinerer Bierbrauereien damit völlig ausgeschlossen sein,
und wir würden nur mit Grossbetrieben zu rechnen haben. Auch
will mir der Ausdruck ^opoq schlecht zu dieser Deutung passen,
da sonst von teXoc, in den Gew^erbesteuerquittungen die Rede ist.
Vgl. § 135. Somit bliebe die andere Möglichkeit, in diesem ^opoc,
eine Ertragssteuer zu sehen, die wohl gemäss der Deklaration im
speziellen Falle nach einem uns nicht bekannten Satze für den Monat
berechnet wäre. Eine Brauerei, die im Jahre 60 Talente allein
an Ertragssteuer zahlt, muss, wenn uns auch Vergleichungspunkte
fehlen, ganz kolossale Geschäfte gemacht haben. Warum sollen
wir durch die vorliegenden Quittungen in der Firma „Pasion und
dass die Steuer namentlich in der Stadt vorgekommen sei. Es ist vielmehr zu
lesen und zu ergänzen: "Eoxiv xa §oaYp(acp£VTa) inl xyjv [Sr;|jLOaiav? xpccTis^av xxX.
Auch die Lesung S'.a ^r^x[?YjX(i)v hinter ^uxYjpag halte ich für falsch.
§ 166 — 168.
373
Sentheus" nicht zufällig einen faijümischen Sedlmayr des I. Jahrh,
V. Chr. kennen lernen?
Ist nun dieser cpopog der ZpzoTZOioi identisch mit unserer ^uxyjpa?
Die Herausgeber nehmen es an, wenn sie vom Psammetichos sagen
probably the fcmner of the ^vrtjQo. or beer-tax. Nachdem wir oben
gesehen haben, dass auch die ^uxr/pa von den ^uxOTüOLOt aufzubringen
war, werden wir uns dieser Entscheidung nur anschliessen können.
Es sei nur noch hinzugefügt, dass die OTYjpa in der Kaiserzeit
nicht mehr verpachtet wurde. Der noch unpublicirte Pap. Lond.
CCLV Tvgl. Kenyon, Cat. of addit. S. 417) zeigt, dass diese Abgabe
im Dorfe Karanis von den TrpsaßiJTepOL des Dorfes eingezogen wurde.
§ 167. ^ipoc, ysvwv CcoYpacp'.xwv.
Vgl. BGü 10,11; 25,16; 199 Verso 4; 277 I 13; 652,12,
aus der Kaiserzeit.
Die yiYTj Ctoypacpixa sind den y^vr^ aXieuTixa in BGU 277, 1
correlat. Mit Mommsen werden wir jene als Malerwaren, sowie
diese als Fischerwaren aufzufassen haben. Der Sinn der Abgabe
bleibt mir noch dunkel. — Die Urkunden stammen aus Dörfern
des Faijüm und bezeugen somit die Existenz von Malern (^(oypatpot)
in diesen Dörfern. Unwillkürlich denken wir dabei an die be-
kannten „hellenistischen Porträts", die meist solchen Dorfmalern ihr
Dasein verdanken.
§ 168. To *£wpix6v.
Im Pap. Berl. Eibl. 23,10 (Anfang des III. Jahrh. n. Chr.)
findet sich der Posten: y [ilpoD? ^ [. .]. Die Auflösung von
•ö-eüJ scheint mir ein Berliner Papyrus (III. Jahrh. n. Chr.) an die
Hand zu geben, den ich früher, mit der vorläufigen Signatur Inv.
VII 1658, flüchtig copirt habe. Ich las daselbst nach der ver-
stümmelten Adresse an die Trapeziten: A'.lypa'-J^a ^7:1 TfjV hr^\Loa[^ay']
TpscTie^av de, dtpiO-iiyjaiv |Ji[r^vö;] OwO- toO IveaxöTO? UTzkp
Xoyou TptTwv ^£(i)pixü)v [.]. a (?) y^[i£pö)v Sexa twv öltzö x §ü)^
X Toö a'JT(oO) [ßS]' ^PY'^P''^^ ^ P • • ^^^^^ werden hiernach auch
Vgl. hierzu meine Bemerkungen im Archaeol. Anzeig. 1889. S. 4.
374
IV. KAPITEL.
in dem ersten Papyrus zpiiou [Jtlpou^ '8'£w(pr/w(i)v) lesen. Das -ö-sw-
pizov als Abgabe kann wohl nur ein Beitrag zur O-stopLa, zum
Schauspiel, zum Festspiel sein. Zumal im ersten Papyrus vorher
von Tempelabgaben die Rede ist — vgl. Z. 8 apyjispiidc, ^ xq und
Z. 9 LSpwv aT£:p(av . .) y^p^i^ • •) — werden wir hier wohl an religiöse
Feste zu denken haben. Dieses 'ö'SWpczov, zu dem die Bevölkerung
herangezogen wurde, ist also völlig verschieden von dem athenischen
'9'£ü)pix6v, jener Spende, die das Volk seit Perikles erhielt.
Nicht ganz zweifellos ist, wie das y \^^poq aufzufassen ist. Der
zweite Text könnte es nahelegen, das Drittel damit in Verbindung
zu bringen, dass die Zahlung hier für ein Drittel des Monats
(10 Tage) erfolgt. Ich denke aber, wir haben es hier eher zufallig
mit einem zehntägigen Fest zu thun (Sia?). Wenn die Abgabe also
als „das Drittel von den Theorika" bezeichnet wird, so wird eben
nur ^ von den Schaugeldern von der Bevölkerung durch diese
Steuer aufgebracht sein. Möglich, dass die anderen zwei Drittel
von den respectiven Tempelkassen zu übernehmen waren.
§ 169. Tiloq ^olwv.
Diese Lesung habe ich, gestützt auf Pap. Lond. CCCXLVII
(Pal. Soc. II PI. 185), in BGU 199 Verso 1 und danach in 337,11
statt des tsXoc ^uglwv der editio princeps hergestellt. Mit der Be-
deutung von 1^ -ö-uca als „Mörser" wird hier nichts anzufangen sein.
Vielmehr wird man an den -ö-uca oder -ö-ua genannten, im ganzen
Altertum hoch geschätzten und hoch bewerteten afrikanischen Baum
zu denken haben, der nach Plinius h. n. XIII 16, 102 in der
Ammonsoase und dem Hinterlande der Cyrenaica besonders schön
gedieh. Wir werden also ziXoc, d-uiibv als eine Abgabe für Thya-
bäume oder Thyahölzer aufzufassen haben. In 337 und im Lon-
doner Text sind die Priester von Soknopaiu Nesos die Zahler. Das
in 337 darauf folgende eXocio\)p^i[ ] weiss ich nicht zu
ergänzen, und so bleibt mir die Bedeutung der Abgabe unklar.
Das Nächstliegende wäre, an einen Einfuhrzoll i) zu denken, der auf
diesen in Aegypten offenbar nicht heimischen Baum gelegt wäre.
Dass man gerade in Soknopaiu Nesos solchen Einfuhrzoll zahlte,
^) Lumbroso, Recherches S. 312, wies schon darauf hin, dass die Ptolemäer
wahrscheinlich einen hohen Ausfuhrzoll auf das Thyaholz gelegt haben.
§ 168 — 170.
375
würde zu seiner Lage gut passen. Dieses Dorf (Dimeh) lag am Rande
der Wüste und stand mit der Heimat des Thyabaumes im Kara-
wanenverkehr (vgl. oben § 151). Andrerseits ist zu bedenken, dass
diese Abgabe uns als eine ordentliche, für das ganze Jahr erhobene
entgegentritt. Denn im Londinensis heisst es: TiXouq -ö-uiöv
(= 200/1 n. Chr.).
§ 170. To laxpixöv.
Vgl. Petr. Pap. (II) S. 36 und XXXIX e (III. Jahrh. v. Chr.).
Die „Aerztesteuer", die uns in Aegypten hier zum ersten Mal^)
begegnet, wird in den vorliegenden Fällen in Getreide erhoben und
beträgt für die Person und für's Jahr 2 Artaben Weizen. Doch
ist zu bedenken, dass die Steuerzahler in den obigen Urkunden
alle derselben Gesellschaftsklasse angehören: es sind griechische
Militärcolonisten. Man kann also Bedenken tragen, jene Summe
als die regelmässig für den Kopf erhobene zu betrachten, und wird
die Möglichkeit offen lassen, dass die verschiedenen Klassen in ver-
schiedener Höhe herangezogen wurden.
Die Erklärung für diese merkwürdige Steuer finde ich bei
Diod. I 82: Kaxa Bs zaq axpocxziac, xal locq ItwI ty)? X^P^? £x5y]-
O-cpaT^suGViat TiavTsg ou8£va [iiaO-öv IhiT, 5c56vt£^* cl yap laxpol
xa^ (Jiev Tpo^a? Iz toö xotvoO Xaji-ßavoua'.. Diese Worte finden
ihrerseits wieder die schönste Ergänzung durch die obigen Urkunden.
Die Aerzte empfingen ihren Lebensunterhalt von der Gemeinde,
sagt Diodor; aber die Gemeinde, so können wir jetzt fortfahren,
erhob zu diesem Zweck eine jährlich normirte Aerztesteuer von den
Gemeindemitgliedem. Das Diodorische Tpo^a^ stimmt gut zu der
Naturalabgabe unserer Texte. Es scheint übrigens, als ob auch
Diodor von dieser Aerztesteuer gewusst habe, denn darauf deuten
wohl seine Beschränkungen der kostenlosen Behandlung auf xaxd
Ta? axpaieia^ xal zoo; ird xfiC, X^P^? ^x5yj{Jicac. War man als
Soldat oder auch als Privatmann innerhalb Aegyptens auf der Reise,
Bezeugt ist sie, gleichfalls als iaxp'.xöv, für Delphi (Rev. Archeol. 1880
XXXIX S. 241 f.) und Teos (Athen. Milteil. XVI 1891 S. 292). Th. Reinach
hat in der Inschrift von Cos (Rev. Etud. Grecq. IV S. 371) die Abgabe xoö Xaxp'.xoö
vermutungsweise in toö taxptxoö zu verändern vorgeschlagen. Da der Stein nach
der Publication ein deutliches A zeigt, wird man an Xaxp'.xou festzuhalten haben.
376
IV. KAPITEL.
und wurde man in einem fremden Orte krank, so wurde man von
den dortigen Aerzten kostenfrei behandelt, da diese schon von ihrer
Gemeinde unterhalten wurden. Damit ist stillschweigend angedeutet,
dass man in seiner eigenen Gemeinde doch Itlcc etwas geben müsse
— nämlich das laxpr/.ov. Andrerseits folgt aus Diodor's Worten,
dass die Aerzte weder von den Gemeindegenossen, noch von den
durchreisenden Patienten (im Besonderen auch vom Militär) im
einzelnen Falle eine Honorirung erhielten.
Da die aegyptischen Aerzte hiernach vom Staate ihren Lebens-
unterhalt bezogen, so müssen wir sie als staatliche Organe auffassen.
Daraus erklärt sich vielleicht auch, dass sie so streng an die Be-
obachtung der vorgeschriebenen Medicinal -Verordnungen gebunden
waren. Vgl. ausser Diodor a.a.O. ^) auch Aristot. Politik III 15, 1286a,12:
xat TCü)? £V AcyuTCTO) |JL£Ta TY]V Tpir/piepov xlveTv e^eaxi zolq loLzpoiq,
eav Se Tipoxepov, inl tw aöxoO xlvSuvo). — In der Kaiserzeit wird
sich kaum etwas in diesen Verhältnissen geändert haben. Ein soeben
von mir herausgegebener Text aus dem J. 130 n. Chr. (BGU 647)
zeigt uns, wie in einem einzelnen Falle ein Arzt zur Ausübung seines
Berufes wie ein Beamter zu einer Amtshandlung aufgefordert wird.
Einem gcAvissen G. Minucius Valerianus, £)((0V tö locxpzXov Iv %(h\iri
KapavtSi, war von dem bizripixrjq (wohl des Strategen) anbefohlen
worden (TraprjVyeXyj), er solle den Zustand eines gewissen Mystharion
— der eine Schlägerei gehabt zu haben scheint — untersuchen.
Der Arzt giebt nun in der uns vorliegenden Urkunde, unter dem
Schwur bei der Tuy^r/ des Kaisers, zu Protokoll, dass er daraufhin
am fünften Tage nach der Schlägerei die Wunde, oberhalb der
linken Schläfe, untersucht — es fanden sich kleine Steinchen darin —
und behandelt habe. Selbstverständlich wird man diesen Fall nicht
dahin verallgemeinern dürfen, dass etwa in jedem Einzelfalle die
staatlichen Behörden den Arzt zur Ausübung seines Berufes aufzu-
fordern hatten. Da wären wohl die meisten gestorben, ehe die
ärztliche Hilfe gekommen wäre. Vielmehr wird die Aufforderung
in dem vorliegenden Fall wahrscheinlich damit zusammenhängen,
dass die Schlägerei wohl ein gerichtliches Nachspiel hatte und daher
ein ärztliches Gutachten eingeholt w^erden musste. Immerhin lernen
^) Tag Ss O-spaTisiag Tipocayoua'. xaxa vöijlov By^poccpov, bnö tioXXwv xal
6£5ogaa|x£V(i)v iaxpwv öcpxaicDv ouYyBYp(x\i\iivov.
§ 170—172.
377
wir daraus, dass in solchen Fällen der Arzt ohne weiteres den An-
ordnungen der Behörde zu folgen hatte.
Der Staat, der die Salarirung der Aerzte übernommen hatte,
wird auch darüber gewacht haben, dass die Spezialisirung der Fächer,
wie sie seit alters bestand, eingehalten wurde. Ohne staatlichen Zwang
wäre kaum zu verstehen, dass es in Aegypten in der Praxis that-
sächlich nur Spezialisten gab. Bekannt sind die Worte Herodot's
(II 84): bh ixzp'.y.y] y.7.zoc ziZe acf. oeoaaia'/ [i.'.r^q vouaou exaaToc
Ir^xpoq eoTc xal ou ttXeovcov. Ilavxa S' ir^xpöv saii TzXioc' ol (xev
yap ö^-ö-aXiJLtüv lr^xpol y.aTeaxaa:, oi tk ze^aXfj^, oi 6s oSovtwv,
Ol hk Twv y.aia */ir^5'jv, ol he töv d^avswv vouawv. Auch jener
Berliner Papyrus bietet einen neuen Beleg dafür. Denn wenn der
Arzt seine Behandlung mit dem merkwürdigen Compositum Tpau|ia-
<TO^£>pa7:£6£LV ausdrückt, so thut er es gewiss, weil er den Titel
eines Tpaü[iaTO'8'£pa7w£'Jxyi^, eines „Wundarztes", geführt hat. Vgl.
auch den laxpoxa'jaryj^, „den Spezialisten für Brennen", den ich im
Pap. Lond. XLIII nachgewiesen habe (vgl. Gött. G. A. 1894. S. 725).
§ 171. rizkp ISpcLOU.
In einem kleinen Fragment des Petrie Papyri aus dem III. Jahrh.
y. Chr. (Mahaffy, II S. 37 d) wird neben mehreren Steuereingängen
auch folgender Posten notirt: L£p£io'j y.^, d. h. „für ein Opfertier
(izpBiov) 20 Dr. 3. Obolen", Der Zusammenhang zeigt, dass auch
dies als ein Steuereingang zu betrachten ist. Die Yergleichung mit
§ 188 und 201 lehrt uns, dass diese Opfertiersteuer yon den Priestern
zu zahlen war, die das Opfer vollzogen.
Im Petr. Pap. XXXEXd, 20 ff. findet sich zweimal der Posten
i£p£Lü)L X ^- ^- »fiii' eiii Opfertier 4 Choiniken (Gerste)". Hier
wird es sich kaum um eine Steuer handeln (vgl. Dativ).
§ 172. To ijiaxioTiwXtxov.
Im Pap, Leipz. 5,7 wird neben anderen Steuern, die in Memphis
(III. Jahrh. n. Chr.) eingingen, auch das ?|iaTC07iü)Xtx(dv) erwähnt.
Vgl. oben § 121. Mit dieser „Kleiderhändlersteuer" ist die Gewerbe-
steuer bezeichnet, die die L|iaxL07:(I)XaL für die Ausübung ihres Ge-
werbes zu zahlen hatten. Vgl. § 135.
378
IV. KAPITEL.
§ 173. ^OpOC, LTITTCDV.
Im Petr. Pap. (II) XXXIXe (5) 2 wird von einem Militär-
colonisten des Faijüm (III. Jahrh. v. Chr.) ein ^opo^ Itctüwv erhoben,
und zwar in Geld. Diese „Pferdesteuer" kann wohl nur denjenigen
auferlegt gewesen sein, die Pferde besassen^), wie der <:p6poc, npo-
ßdcTWV die Besitzer von Kleinvieh traf. Wir haben also eine Ver-
mögenssteuer vor uns. 2)
§ 174. TelzG\L(x xaiJLr^Xwv.
Für mehrere Faijümdörfer belegt durch BGU 41,10; 219,5;
461,4; 521,5; 654,6; Grenf (II) XLVIII, LH 7, alle aus dem
II/III. Jahrh. n. Chr.
Diese Steuer — einmal als ziXoq bezeichnet (Grenf. XLVIII)
— wurde von denjenigen erhoben, die Kamele besassen. Es ist
also eine Vermögenssteuer wie die vorhergehende Abgabe. Wir
konnten schon bei der Schafsteuer (§ 102) nachweisen, dass für das
Stück ein bestimmter Satz auferlegt war. Dass auch die „Kamel-
steuer" in derselben Weise aufgelegt wurde, zeigt jetzt Pap. Grenf. (II)
LH, wo es heisst: xeXeaixaTo^ l xa(jLYjX(o)v) — ^ el'xoa:. Die Heraus-
geber haben mit Recht daraus geschlossen, dass für jedes Kamel
2 Drachmen zu zahlen war. Die Vergleichung mit XLVIII spricht
vielleicht dafür, dass dieser Satz für den Monat galt.
§ 175. '0 xavwv.
Das Wort zavwv (canon) ist für die nachdiocletianische Zeit
namentlich aus den juristischen Quellen als eine allgemeine Bezeich-
nung für die ordentlichen Abgaben bekannt genug. Hier sei nur
hervorgehoben, dass das Wort in dieser Bedeutung auch in den aegyp-
tischen Urkunden dieser späten Zeit vielfach begegnet. Vgl. z. B. Pap.
1) In dem Testament Petr. Pap. (I) XI 10 (III. Jahrh. v. Chr.) vermacht
ein Militärcolonist seinem Sohne sein Pferd.
Diese Pferdesteuer, Rindersteuer u. s. w. entspricht der auf Cos er-
hobenen Abgabe von den xsxpauöSwv. Th. Reinach (Rev. Etud. Grec. IV. S. 368)
sieht mit Unrecht darin eine Abgabe sur la vente des quadrtqyldes] vielmehr
wird auch dies eine Vermögenssteuer sein. Auch die Abgabe für die imzoivLf],
die für Kyzikos belegt ist (Dittenberger Nr. 312), hat nichts hiermit zu thun.
Diese Steuer traf vielmehr die Käufer von Pferden.
§ 173 — 177.
379
Lond. XCIX (Kenvon S. 158 ff), wo der xavwv als ordentliche
Abgabe regelmässig von dem Zuschlag, dem 7:pc;'9'(£[ia) (vgl. § 104)
unterschieden wird. Vgl. auch Grenf. (II) LXXX, 14; LXXXI, 14;
XCV, 2; Pap. Lond. CCXXXIV (Pal. Soc. IL PI. 188), aus der
Mitte des 4. Jahrhunderts n. Chr.: zlq xf^v dTiaixr^aiv twv 5£a7:o-u'.xü)V
xav6vü)V. Kamentlich in den Steuerquittungen der byzantinischen
Zeit begegnet das Wort ungemein häufig, meist in der Verbindung:
„für den ersten resp. zweiten oder dritten Kanon der so und so vielten
Indiction". Vgl. meine „Tafeln z. ält. griech. Pal." XXc 2, wo xoö
f (TpLTOi)) xav(6v05) zu lesen ist^), nicht toO äy(iG\j) y.<xy(^6'^oc,)j
wie ich zuerst vorschlug. Zahlreiche Beispiele ferner bei Wessely,
Denkschr. Ak. Wien 1889, S. 218 ff.
§ 176. To ywaTaywY^ov.
Im Pap. Par. 62 V 17, aus dem IL Jahrh. v. Chr. (vgl. Grenf.
Kev. Pap. S. 179) wird für die Zahlungen izpbc, apyupcov (vgl.
Kap. X) und für die ^unr^pa unter anderem eine Zuschlags-
zahlung unter dem IN'amen xaTaycoy^ov gefordert, im Betrage von
3 Obolen, beziehungsweise 2 Drachmen für die Mine. Das xaTaytoyiov
muss für die xaiaY^yY] gezahlt sein, d. h. hier für den Transport
(stromabwärts) der eingegangenen Kupfermassen, wie Revillout
richtig sagt pour les frais de traiisport du cuivre, metal assez hurd
(Proceed. Soc. Bibl. Arch. XIV S. 127). Es fragt sich nur,
wohin die zaTaytOYi^ führte? Ist an die Abführung der in den
Gaukassen eingegangenen Gelder an die Regierungs- Hauptkasse in
Alexandrien zu denken? Der Ausdruck xaTaytoycov spricht für
diese Auffassung, denn wenn es sich nur um den Transport aus
den Dorfkassen in die Metropolkasse handelte, so würde in vielen
Fällen ein dvaywytov zu erwarten sein.
TiXoc, xaxaXox^cjjiwv. Vgl. § 140.
§ 177. TTisp y.aToixwv.
In BGU 579 (vom J. 263 n. Chr.) quittiren die SexaTiptoxo:
über den Empfang von 20 Artaben Weizen, die ö^ep xaioixwv
'/.(h\^r^c, ^'evupswg eingegangen sind. Vielleicht war eine genauere
^) So auch Wessely, XXII. Jahrb. K. K. Staatsgj m. III. Bez. Wien 1801. S. 16.
380
lY. KAPITEL.
Charakterisirung der Abgabe in den voraufgehenden verstümmelten
Worten [ ]. inBixi\iiyoic, (= ini7.ei\iivoiq) gegeben. Jeden-
falls kann nicht eine Abgabe gemeint sein, die etwa zum Besten der
xoLZOixoi von Anderen gezahlt war, sondern nur eine solche, die
von den xaiocxoL selbst aufzubringen war. Eine andere Urkunde
legt den Gedanken nahe, dass wir es hier einfach mit der Grund-
steuer der Katoeken zu thun haben, die nur besonders gebucht
wurde wegen der besonderen Stellung der Katoeken (s. oben S. 241).
In BGU 64 quittiren nämlich die Sitologen über den Eingang von
87 J Artaben Weizen. Darauf folgt die Spezialisirung der Summe:
von den 6r;((x6Tat), wenn meine Ergänzung der Stelle richtig ist,
sind 68 Artaben eingegangen, von den %a,xoiy.oi 19^ ; macht in
Summa 87 1. Mag man das Syj in hy]\i6aioi oder SyjjJioTat auflösen,
jedenfalls scheint damit der andere Bestandteil der Bevölkerung
bezeichnet zu sein, der den privilegirten nazoixoi gegenüberstand.
Hier handelt es sich nun offenbar um die Grundsteuer, und so
könnte man sie auch in dem obigen Text wiederfinden. Leider
verhindert die Lücke die Sicherheit der Auffassung.
§ 178. KtapßaaaLg.
In BGU 10,3 wird parallel anderen Steuerobjecten Kcapßaaat^
genannt, -ebenso in BGU 277 I 7 Kepßagt?. Ich glaube, dass an
beiden Stellen dieselbe Sache gemeint ist. Das Schwanken in der
Orthographie legt den Gedanken nahe, dass wir es mit einem fremden,
in Aegypten nicht heimischen Worte zu thun haben. Ist es etwa mit
xapTiaaOi;, carbasus ^) zusammen zu bringen ?
§ 179. TTisp xX7]po6)(wv.
Im Pap. Lond. CCXVII (vom J. 213 n. Chr.) quittiren die
Sitologen über Getreidelieferungen uTzkp xXY]po6)(a)v. Diese Abgabe
wird analog der oben in § 177 besprochenen unep xaxoLXWV als
Grundsteuer der Kleruchen zu deuten sein. Danach möchte ich in
BGU 61,9 auch xXyjpou)(ü)v lesen, statt des xXY]poi))(ü)v der editio
princeps.
^) Big. 39, 4, 16, 7 werden vela tincta carbasea unter den species perti-
nentes ad vectigal aufgeführt.
§ 177 — 182.
381
§ 180. KoU'j^G'j.
Bei Grenf. (II) LXV (n,III. Jahrh. n. Chr.) wird ausser für
die Hauptabgabe auch für die 7:poc5:aYpa9Ö|Xcva (§ 103) und endlich
für den y.oAXußo^ gezahlt.^) Grenfell bemerkt hierzu: It also occurs
frequently in the Bacchias papyri, always afler the 7ig()g8iayQaq,6fieva,
and as a trifling charge, made prohahly ivhen the tax-payer did not
offer the exad amoiuit of his tax, biit required change. With the ratio
betiveen silver and copper it has nothing to do. Ich erinnere noch daran,
dass eine Abgabe für das Wechseln, für den collybus, auch unter
den Sportein begegnet, die zu Cicero's Empörung Verres sich bei
der Steuererhebung berechnen Hess. Vgl. Cicero, Verr. EQ. 78, 181.
§ 181. KoTzff, Tpt)(6$.
In BGU 617 (vom J. 215 n. Chr.) wird gezahlt den pLLa^((i)TaTO
yw07r(fj?) 'ipiyoc, xal y^tipoyoL^ioö, ebenso in Pap. Grenf. (II) LV (vom
J. 193/4 n. Chr.) den iyXri(TZZGpGC) — denn so dürfte statt ly Xtj-
([i[iaT(i)v) aufzulösen sein^) — ^po (?) zoTüfj? "^p^X^? ''^^^ yzipis)-
(va^LO'j). Im ersteren Falle zahlt eine Weberin (yepScaiva), im
zweiten ein Weber (yipoioq). Ich weiss weder eine überzeugende
Auflösung von [i^^ Tip^^) noch eine Deutung von xotiy] ipiyoq
vorzuschlagen. Wahrscheinlich haben wir einen terminus technicus
aus dem Webereigewerbe vor uns. Zu der Gewerbesteuer vgl. § 26
und 135.
§ 182. KpuTOTiwXwv.
In BGU 9 I 12 (Ende des III. Jahrh. n. Chr.) wird neben
anderen Gewerbesteuern auch die für die xpuxwTTöXac, d. h. die
Wahrscheinlich ist xoX(Xußou) auch in BGU 9 IV 2 und 3 herzustellen,
Avie Grenfell a. a. O. vermutet. — Zahlungen für xöXXußog begegnen auch in
den Berliner Papyri P. 24G5 und 246G (Kaiserzeit).
Man erwartet hinter den Eigennamen den Titel. 'Ey^r/UKop — vgl.
das ptolemäische e^e'J.r^cpfög — bedeutet den Pächter, ist also dem {jL'.aO-WTJ^C des
Paralleltextes synonym.
^) Sollte vielleicht upo($ö5ü)v) xon-^g "^P'-X^S gemeint sein? in [Jiifjxpo-
TCÖXeoDS aufzulösen, wird dadurch ausgeschlossen, dass der Zahler aus einem
Dorfe stammt. Aber vielleicht |jiY](viai(Ov) ? Die Genannten wären dann Pächter
(der Abgabe von) den monatlichen Einkünften aus der xonY) xpixöj; und ausserdem
der Gewerbesteuer.
382
IV. KAPITEL.
ypUTOTTwXat^), für die „Trödler" aufgeführt. Damals zahlte jeder
Trödler, wie es scheint, 12 Drachmen für den Monat an Gewerbe-
steuer. Vgl. § 135.
§ 183. Aa)(avo7ia)Xa)v.
Auch die Gemüsehändler haben ihre Gewerbesteuer zu zahlen.
Vgl. BGU 337,22 (II. Jahrh. n. Chr.).
§ 184. AeizoupyiKO'^.
Im Petr. Pap. (II) XXXIX e (III. Jahrh. vor Chr.) begegnet
mehrfach neben anderen Abgaben das XeiTOupyizov, das regelmässig
in Getreide gezahlt wird. Der Name besagt, dass diese Abgabe
nichts anderes als eine Ablösung von den XecTOupycat war, und
wenn wir sehen, dass die Steuerzahler der vorliegenden Urkunde
sämmtlich griechisch-makedonische Militärcolonisten sind, so begreifen
wir, dass sie nicht persönlich zu den Frohnarbeiten herangezogen
wurden, sondern statt dessen ein XsLTOupytxov zu zahlen hatten.
Dass eine solche Substituirung zulässig war und auch sonst nach-
weisbar ist, haben wir oben S. 263 gesehen. Interessantes Material
für diese Frage bieten auch die soeben von Grenfell und Hunt
herausgegebenen Texte Grenf. (II) LXXX — LXXXII.
§ 185. T:isp Xsawvsia^.
Dieser Posten findet sich unter den Ausgaben der Soknopaiu-
Priester in BGU 337,13 (II. Jahrh. n. Chr.) Auch in dem noch
unpublicirten Berliner Papyrus P. 2476 kehrt der Ausdruck wieder.
Was Xeawveia bedeutet, weiss ich nicht zu sagen. Es dürfte aegyp-
tischen Ursprungs sein. Beide Belegstellen scheinen dafür zu sprechen,
dass die Xeatovsia irgendwie mit dem Kult des krokodilköpfigen
Gaugottes Suchos zusammenhängt.
§ 186. Tjisp |jLsp[i§]apx(...).
Vgl. Pap. Grenf. (II) LIV (vom J. 150 n. Chr.).
Der Titel [lepiSapyr^^ bezeichnet den Vorsteher einer [izpiq.
Da der vorliegende Text aus dem Faijüm stammt, so ist der Titel
1) Vgl. Petr. Pap. (II) XXXII (1) 27: axeuwv ypüzYiy.
§ 182 — 187.
383
mit deu bekannten drei des Gaues in Verbindung zu bringen.
Wie Grenfell mitteilt, begegnet der Titel, der uns bisher für
Aegypten nicht belegt war, auch in einem noch unpublicirten Petrie
Papyrus des III. Jahrh. vor Chr.^) Der obige Text lehrt uns, dass
dieses Amt auch in die Kaiserzeit hinübergegangen ist.
Kach der obigen Quittung zahlt nun ein gewisser IlapGO;
20 Drachmen ur.hp pt£p[^5]apy (. . .) r.po^ t[o]ö a'JTOö (liouq). Grenfell
löst das auf: u^ep [A^?['5]apx('.y.'^?) 7:po(?6)B(c'j). Ich gestehe,
dass ich mir hierbei nicht recht etwas denken kann. Sein Hinweis
auf die tax for the vofiaQyJia) l4gaivo'{rov ist nach unseren Aus-
führungen in § 191 hinföllig. Auch ich möchte meinen, dass es
sich hier um eine Abgabe für den Meridarchen, für seinen Unter-
halt etc. handelt, wie wir ja auch Abgaben für andere Chargen
kennen gelernt haben. Aber das wird nicht ausgedrückt mit bizkp
7:po?65ü)v Toö Secvo^. Nach Analogie anderer Fälle würde ich diesen
Gedanken eher mit UTzlp [lepitipyou oder [i£p:5apyja^ oder aber
\iepihapyv/.ou ausgedrückt erwarten. Das 7:po^ aber möchte ich
lieber auf die r^pocoZoi des Steuerzahlers beziehen und daher lesen:
TtpogoStöv ToO auTOU £T0'J? »von seinen Einkünften desselben Jahres",
ein Zusatz, der z. B. in dem stereotypen yz^/fi\L(xzoq xoO x. Ito'j;
der Grundsteuerquittungen seine Parallele hat.
§ 187. TTisp |jLGvo5sa[jLr^g )(6pT(Dv.
In BGU 334,2 wird quittirt uTvSp |xovo6£a[i(. .) )(6pTü)v xal
aXXcDV ixö)v(=£i5ö3v), in BGU 528 U7:£p (lovoSlajiy;^ xop^ztaw)
xal aXXü)v £i[5(i)v]. Aehnlich in BGU 431. Diese Abgabe wird
nicht eher verständlich sein, als bis das bisher unbekannte AVort
|iovo5£a|JLyj seine Erklärung gefunden hat. ^lan denkt unwillkürlich
an die 5£a[iai yopxwv, die Heubündel (Kap. X) und an die
Ich wies schon in den Observ, ad hist. Aeg. p. 12, wo ich die 3 iisptSs;
des Faijüm zum ersten Mal feststellte, darauf hin, dass der Titel jisp'.Sdpxr^;
bei Joseph. Ant. XII § 261 und 264 für Samarien bezeugt ist (für das Jahr
167 V. Chr.) Nachdem meine a. a. O. aufgestellte Vermutung, dass diese Ein-
teilung des Gaues in jxspiSeg bis in die Ptolemäerzeit zurückgehe, durch die
Petrie Papyri bestätigt worden ist, liegt die Annahme nahe, dass die Ptolemäer,
die ja im III. Jahrh. v. Chr. über Palästina herrschten, die jispiSsj und jiSp'.-
Sapxai dort nach aegA'ptischem Muster eingeführt haben, wohl zugleich mit
den xoTiapxiai.
384 lY. KAPITEL.
Bestimmungen der Pachtcontracte betreffs der bioic, toö y^opzou
(vgl. BGU 308, 9). Aber was soll mit dem angedeutet sein?
Was ist der Gegensatz dazu? In einem Pap. Erz. Rainer, von dem
Wesselyi) Stückchen mitteilt, steht neben einander: u'jxYjpa^
zal [xovoSsGjJiwv Tcal aXXtov scSwv. Er übersetzt unser AYort mit:
„Garbensteuer". Dabei vermisse ich die Berücksichtigung von piovoc.
Ich enthalte mich einstweilen der Vermutunwn.
§ 188. Tek'zq jjLoay^cov -ö-doijlsvwv.
Vgl. BGU 383 und 463.
Wir lernten in § 171 für das III. Jahrh. v. Chr. eine Steuer
„für das Opfertier" (iepziovi) kennen. Die vorliegenden Urkunden
zeigen, dass diese Steuer auch in der Kaiserzeit erhoben worden ist.
Diese \i6(T/^oi, die hier in Soknopaiu Xesos geopfert werden, können
Kälber sein, können aber auch junge ausgewachsene Ochsen sein,
wie z. B. der Apis von Herodot III 28 als [iday^oc, bezeichnet wird.
Andrerseits scheidet derselbe II 41 Tou? ßou^ und zobc, \i6ay^ouc,.
Diese Steuer wird durch den Pächter (TrpayiJtaTeuxyj^), der unter dem
Nomarchen steht, an die Bank abgeliefert. Wenigstens spricht die
Form der Quittung 463 dafür, dass wir eine Bankquittung vor
uns haben. Es ist jedenfalls eine Abgabe, die in die kaiserliche
Kasse fliesst.
Wer ist nun der Steuerzahler? Die Knappheit der Quittungen
erschwert die Beantwortung dieser wichtigen Frage. In 383 wird
die Abgabe von einem Stomc gezahlt, in 463 von Ilaxöac^ Ilaxu-
aew? TOÖ 'Epiltü?, in 356, die gleichfalls auf ein Rinderopfer Bezug
nimmt, (s. § 201) eine verwandte Abgabe von einem AbprikiOQ
AcSupio^ 'AXe^avSpsu?. Da keinerlei Titel daneben stehen, scheinen
diese Männer auf den ersten Blick beliebige Privatpersonen zu sein.
Dennoch glaube ich es wahrscheinlich machen zu können, dass wir
vielmehr die Priester in ihnen zu sehen haben, die das betreffende
Opfer ausgeführt haben. Zunächst ist sprachlich das utzo vor dem
Namen der Steuerzahler auffallig (383 und 356), das sich sonst
m. W. niemals in solchen Bankquittungen findet. Ich glaube daher,
dass ÖTTO in beiden Fällen nicht von SLsypCa^Y]), sondern von -ö-uofisvwv
M Wessely, Zythos und Zythera S. 43.
§ 187 — 189.
385
abhängig zu denken ist. Vgl. 383: p,Ga}(wv ^uo[i£va)v ev ispö Sgxvo-
tzolIou Xr^aou utto Swxa? (sie). Zu dieser Auffassung passt, dass es
sich immer um ein bestimmtes einmaliges Opfer handelt. Vgl. 463:
•8"J0{X£(va)v) T-J aCuxf/) r^\iip7.. Es sind also nicht etwa Beiträge, die
für das Jahr fixirt sind. Wenn in 463 der Pakvsis wie üblich im
Nominativ eingeführt wird, so zeigt das nur, dass der Opferer zu-
gleich der Steuerzahler ist.
Diese Ergebnisse finden darin ihre Bestätigung, dass der in
463 genannt« Pakysis sich mit grosser Wahrscheinlichkeit als Priester
nachweisen lässt. Ich halte ihn für identisch mit dem üaxOaL;
naz'jastog TGö 'EpcEW^ |jLYiTp[6c] [. . .]'c[o]c aus der Mitte der
dreissiger Jahre des II. Jahrh. n. Chr., der die Trpoc'^wvr^ai: BGU
250 an den Strategen gerichtet hat. Ein Titel fehlt freilich auch
hier; aber schon die Anfangs worte 7;p6; t6 ixeTaScO-Cev) e:; icizocaiv
xxX zeigen, dass der Mann in amtlicher Stellung war: der Strateg
hat ihm den vorliegenden Fall „zur Prüfung" überwiesen. Ganz
ähnlich beginnt die Tipo^^covr^a'.; BGU 16 (vom J. 159 60), die
von den fünf TupeaJ^DTSpwv ispswv TT^VTa-^uXia^ ^soO SoxvcTiaiou
an den Strategen gerichtet wird. Es ist mir sehr wahrscheinlich,
dass der IlaxOa'.; Ilay.'jaEü);, der unter den fünf Presb}i;ern auf-
geführt wird, wieder unser Pakysis ist. Jedenfalls beweist BGU 16,
dass auch BGU 250 von einem Priester abgefasst ist.
Dies Resultat werden wir gewiss verallgemeinern dürfen und
werden daher in Ewia? und AOpi^Xio? Ai§'J|jlo? (356) gleichfalls
Priester erkennen. Wir kommen somit zu dem Ergebnis: die Priester,
die Rinderopfer vollziehen, bezahlen dafür ein teao?, eine Steuer,
an den Staat — und zwar für jedes einzelne Opfer. Die Höhe
der Summe lässt sich auch aus 463 nicht ersehen, da nicht
feststeht, ob hier [iGa)r(ou) oder |i6a)^(wv) aufzulösen ist. Die Steuer
vdrd damit begründet sein, dass die Priester ja von jedem Opfertier,
das sie schlachteten, ihre Emolumente bezogen, und diese eben
werden damit besteuert.
§ 189. M'jpoTiwXwv.
In BGU 9 I 17 wird die Steuer der p-upo-WAai, der Salben-
händler, aufgeführt. Dass damit die Gewerbesteuer gemeint ist,
haben wir schon oben in § 135 besprochen. Sie betrug damals
(um 300 n. Chr.) für den Monat 60 Drachmen, also fiir's Jahr 720 Dr.
WiLCKEN, Ostraka. 25
386
IV. KAPITEL.
für den einzelnen Händler. Unter den in dieser Urkunde auf-
geführten Gewerben ist das der Salbenhändler bei Weitem am
höchsten besteuert. Ueber die grosse Bedeutung der Salben Industrie
in Aegypten vgl. Plinius h. n. XIII. 6, 26: terrariim omnium Äegyptus
accommoclatissima iinguentis. ^)
Auch im Pap. Berl. Eibl. 21,8 begegnet dieselbe Steuer.
§ 190. NaöXov Tzkoiovi.
Nach der Steuerquittung BGU 645^ (vom J. 157 n. Chr.) wird
für das vaOXov tzXoIod, „das Fährgeld für das Fahrzeug", an den
TtpaxTtop dpyupLxwv Kocpayihoc, gezahlt. Daraus folgt, dass es sich
nicht um ein im Privatbesitz befindliches, sondern um ein staatliches
Boot handelt. Ich finde durch diese Quittung bestätigt, was ich
früher gelegentlich des XII. Actenstückes der königlichen Bank
von Theben (aus dem II. Jahrh. v. Chr.) ausgeführt habe. 2) Es
ergab sich mir aus dieser Urkunde, dass die Regierung tzXoXoc zum
Transport von Personen und Frachten bereit hielt, für deren Be-
nutzung ein vaöXov erhoben wurde, das natürlich namentlich zur
Zeit der Ueberschwemmung in beträchtlicher Höhe einging. 3) Die
Erhebung dieses Fährgeldes, das wir als Gebühr charakterisiren
werden, war damals entsprechend der ptolemäischen Regel verpachtet
(Z. 6: TSAwvT^aovTa Taöxa dcnohi(x.ypa.t\)[eiy zb auva)(]^a6[JL£vov
vaöXov i[7zi TYjJy ßaaiXtXYjv TpccTie^av). In der obigen Quittung
aus der Kaiserzeit begegnet an Stelle des TsXtovYjg der TipazTtop.
Dass der König, resp. der Kaiser in dieser Weise für den Transport
sorgten, versteht man gerade für Aegypten*) gut, wenn man bedenkt,
dass zur Zeit der Ueberschwemmung die Ortschaften wie Inseln
1) Vgl. Büchseuschütz, Hauptstätt. d. Gewerbfleis. 1869. S. 95 ff. Vgl. auch
Petr. Pap. (II) XXXIV b und den Revenue - Papyrus.
2) Abhandl. Akad. Berl. 1886. S. 21 und 65 f.
^) Meine damalige Annahme, dass die Boote nur für die Ueberschwem-
mungszeit gestellt wären, ging zu weit. Der Beamte beklagt sieh nur darüber,
dass nach der Ueberschwemmung weniger eingeht, da die AVege nun schon wieder
für die x-ur/VV] gangbar werden.
^) Aehnliche Vorrichtungen haben natürlich auch sonst im römischen Reiche
bestanden, und so ist unsere Gebühr unter demselben Namen naulum in das
merovingische Steuersystem übergegangen. Vgl. F. Dahn, Könige d. German.
VII 3. S. 126.
§ 189 — 191.
387
aus dem Meere hervorragten, zu anderen Zeiten aber der Verkehr
durch die unzähligen Kanäle behindert wurde. So wurde durch
die Regierungsfahren Verkehrsstockungen vorgebeugt und zugleich
für die königliche Kasse eine ergiebige Einnahmequelle eröffnet.
Ganz andersartig ist das vxöXov, über das das XIII. Edict
Justinians handelt (ed. Zachar. v. Lingenthal I § 7, IV § 2). Darunter
verstehe ich das durch eine Steuer erhobene Frachtgeld für den
Transport des aegyptischen Getreides von Alexandrien nach Con-
stantinopel. Nach I § 7 wird immer 1 Solidus für 100 Artaben
erhoben.
§ 191. Oopo^ vo{jLapyLXü)v 'ApatvoiTiywCav da)^o}.(Y]pLaTü)v).^)
Vgl. BGU 8 II 17 und 23 (vom J. 248 n. Chr.).
P. Viereck, der diesen Text — - unabhängig von meiner gleich-
zeitigen Publication in BGU — im Hermes XXVII herausgegeben
und erklärt hat,-) bemerkt auf S. 522 über diese Steuer Folgendes:
„'Aa/oXi^fjLaTa 'ApacvoViixa sind Geschäfte oder Gewerbe innerhalb
des Arsinoitischen Gaues; durch das Adjectivum vofiapy^ixo^ kann
nur bezeichnet sein, dass diese Geschäfte speziell die Xomarchen
angehen, denen es zukam, diese bestimmte Kategorie von Abgaben
zu erheben. So hätten wir denn unter dem 9. v. A. a. die von
den Xomarchen des Arsinoitischen Gaues erhobene Gewerbesteuer
zu verstehen." Ich kann mich dieser Deutung weder im Ganzen
noch im Einzelnen anschliessen. Die Bedeutung von aa)(OATg[JLaTa
als Gewerbe wird, glaube ich, nicht belegt werden können. Vielmehr
scheinen mir die aayoXo'j{J.£VO'., die „Beschäftigten", immer amtlichen
oder doch halbamtlichen Charakter zu haben. So verstehe ich in
einer Inschrift aus Dimeh^) unter xöv 5ca xfj^ dayoXoufievwv
UTi' a'JTG'j^ officielle Organe, die unter den vorhergenannten Beamten
thätig waren. Wenn der Herausgeber Krebs (S. 535) vermutet,
dass „darunter vielleicht die Kaufmannschaft des Bezirkes zu ver-
stehen sei", so giebt er Viereck's Auffassung, auf den er sich auch
^) Die Auflösung doXQ?''yi(jJiax(Ov) stützt sich auf Z. 12, wo bn]äp 'Apot,-
voiT'.Xüiv daXoXr,}iaTa)v ausgeschrieben steht. Doch wäre trotzdem auch das gleich-
bedeutende doxoA/^^ou|i£V03v) möglich.
Vgl. dazu meine Bemerkungen im Philol. LUX (N. F. VII) S. 93 Anm. 6.
Vgl. auch meine Correcturen in BGU I Index. S. 359.
Krebs, Gött. Nachr. 1892. S. 533.
25*
388
IV. KAPITEL.
beruft, nur eine besondere Nuance. Mir ist es mehr als unwahr-
scheinlich, dass man die Kaufmannschaft eines Bezirkes kurzweg
die „unter dem Oikonomos und seinem ypa[JL[xaT£ug Beschäftigten"
nennen könnte. Dass es sich wirklich um Untergebene dieser Be-
amten handelt, besagt noch deutlicher eine ganz analoge Inschrift
aus Dimeh,!) die an der betreffenden Stelle von xwv 67raa)(oXoi)-
[Jievwv £V z^i olxoyo\iicc Sca zf^q [lEpihoc, spricht. Wir können die
Bedeutung aber noch schärfer fassen mit Hilfe des folgenden Passus
des Berliner Papyrus P. 6951 I 3: löi uttö Ttßepcov KXau5[to]v
^tXo^evov vo|Jiap)((Yjv)^) day^oXoü(x(£vtOL) tö IvxuxXlov t(oö) 'Apat-
(votxoi)) TtßspLWL KXauSiWL Eupu^piWL. Dieser Eurythmos verwaltet
das IvVwUxXlov unter der Oberleitung des Nomarchen. Ich verweise
auch auf den aus unseren Ostraka bekannten 'Avxwvio^ MaX)(aTO(;
6 da)(^oXo6jjL£vo^ ty^v öpiJio^uXaxLav lliO-tpr^c, (vgl. Nr. 302 — 304).
In diesen beiden Fällen haben wir den „Beschäftigten" für den
Pächter der betreffenden Steuer zu halten. Allerdings ist hervor-
zuheben, dass das "Wort an sich keinen speziellen Hinweis auf das
Pachtverhältnis enthält. Unter dem Nomarchen standen nicht nur
die Pächter, sondern auch die Praktoren. Beide werden unter den
da)(oXo6[i£VOC zu verstehen sein. Für die Praktoren verweise ich auf
den Wiener Papyrus, dessen Anfang Wessely in „Zythos und Zythera"
S. 43 mitgeteilt hat. Ich deute ihn folgendermassen :^) "EpiioyEVirj
vo[jidp7^rj 'Apa:vo£LTO'j [7iap]d ^KyiXXöL x(i)|jiOYp(a[i{iax£(i)5) Ta . . . ^.
Eig TipaxxopLav vo(Jiap)(Lotö)v da)(oXyj[jidxa)v ^uxyjpä? xal |jLOVo5£a[JLü)V
dXXtov £l5ö)v 5£i8o[i£va)v (oder 6l5(i){xl?) xxX. Wiewohl es bedenklich
ist, eine Urkunde, deren erste Worte nur mitgeteilt sind, abweichend
vom Herausgeber, der den ganzen Text kennt, zu interpretiren, möchte
ich doch, gestützt auf BGU 194 vermuten, dass in dieser Urkunde
der Dorfschreiber dem Nomarchen Vorschläge betreffs neuer Besetzung
der Praktorenstellen macht. Wie es dort heisst de, TZpay.zopl(x,'^
1) Mahaffy, Hermathena 1895. XXI, S. 162.
^) Man könnte hier auch daran denken wollen, vo|j,apX(t>c^) aaXoXou|Ji(£vq))
herzustellen. Doch wegen des von doXo?^oUfx£V(p abhängenden Objects halte ich
die obige Auflösung fiir die gegebene.
^) Wessely liest nach y.wiioyps: xa npoc, s'.gTipaxxopiav. Doch hinter
y.(ülioyp% wird sicherlich der Dorfname gestanden haben. ~pog rauss verlesen sein.
Vielleicht Tävscog? Die Eingabe beginnt erst mit bIq npoLV-iopioL'^, wie ich trennen
möchte. Vgl. BGU 194.
§ 191 — 192.
389
apyuptxwv, so hier elq TrpaxTcptav vo|xap7^tztbv ccayoXy]\La.zm tjjvf]pöt<;
xxX. Ich sehe somit in den vojiapxiXÄ dayoXY]{Jia':a eine allgemeine
Bezeichnung für die dem Nomarchen unterstehende (Steuer)verwaltung.i)
Wenden wir uns endlich wieder zu unserem cpcpoc vopLap/'.xwv
'Apaivol'Tixwv aa)(oXr^[iaTü)V. Nach dem Obigen werden wir darin
eiue allgemeine Bezeichnung für die Steuern sehen, die der Nomar-
chischen Verwaltung unterstellt waren.
§ 192. Tä gsvia.
Die pv:a sind die Gastgeschenke, die die Bevölkerung den
durchziehenden Beamten und Truppen darzureichen verjoflichtet war.
Ueber die Grösse dieser Last haben wir schon oben in § 90 ge-
legentlich der Tiapouaia gesprochen. Ein anschauliches Bild von der
Art dieser pvia giebt uns jetzt Pap. Grenf. (II) XIV b (III. Jahrh.
V. Chr.), wo genau aufgezählt wird, was dem durchreisenden Sioixrjn^^
sowohl für seine Ttapouaca wie für die oh'.cc (§ 193) bereitgestellt
ist. Auf der Rückseite des Briefes wird sein Inhalt mit den AYorten
^£VC(i)v Twv f^To:[iaa{Ji£va)V zusammengefasst. Der Ausdruck umfasst
also beides.
Von besonderem Interesse ist der Petr. Pap. (II.) X (1), gleich-
falls aus dem III. Jahrh. v. Chr., der uns lehrt, dass nicht nur die
Bevölkerung, sondern auch der König selbst sich an der Verpflegung
seiner reisenden Beamten mit Eevia beteiligte. Er zeigt aber auch
zugleich, dass diese Beamten gelegentlich sogar vor den Interessen
der königlichen Kasse mit ihren Ansprüchen nicht Halt machten.
Vier königliche Gänsehüter (ßaatXcxol yr^yo^OGy.oi) führen hier
Klage beim Oikonomos gegen einen anderen Oikonoraos, der ge-
legentlich seines Besuches von ihnen 12 Gänse verlangt habe: 6:66 vat
elc, xa ^Evcay-^va? iß. Sie weisen nach, dass diese Forderung den
auf sie entfallenden Anteil an der Gesammtsumme der von dem
Gau zu stellenden Gänse weit überschreite, und verlangen Unter-
suchung durch die Rechnungskammer (XoYtOTi^piov). Da die Gänse-
hüter sich als „königliche" bezeichnen, so müssen die von ihnen
gehüteten Herden Eigentum des Königs gewesen sein. Also steuert
auch der König zu den ^ivia für die reisenden Beamten bei. Mir
^) Wessely trifft in der Hauptsache, das Riclitifze, wenn er übersetzt : „Ein-
treibung der in den amtlichen "Wirkungskreis fallenden Biersteuer" etc.
390
lY. KAPITEL.
scheint wenigstens diese Auffassung nach dem Wortlaut geboten.^)
MahafFy fasst es anders auf. Es bleibt hiernach ungewiss, ob die
in dem anderen Grenfell- Papyrus „bereitgestellten Gastgeschenke"
nicht vielleicht auch von der königlichen Verwaltung geliefert sind.
Nach dem Wortlaut können sie freilich ebensogut durch Er-
hebungen von der Bevölkerung eingezogen sein.
Dass die ^ivioc in der Kaiserzeit fortbestanden, lehrt das Edict
des Vergilius Capito (CIGr. III. 4956). Die Majuskeln in Z. 20
EENIACATTQN möchte ich nicht mit Franz in ^svta^ aöxöv,
sondern in pvia [l]auTö)V auflösen. Danach wird Klage geführt
gegen die Beamten: apica^ovTWv ocheG)c, twv Inl zodc, yjpEiOLic, ^c,
u7iox£C[JL£va BaTiava? xal pvia eauxwv xtX.
§ 193. fO]Bca.
Im Pap. Grenf. (II) XIV b, 4 (III. Jahrh. v. Chr.) ergänzen
die Herausgeber [ö]OLa. Bei der Genauigkeit dieser Publication
nehme ich an, dass wirklich nur für einen Buchstaben in der Lücke
Platz ist. Sonst würde es näher liegen, das übliche [l^oJScov
herzustellen. Doch kann auch wohl das mir sonst unbekannte
o5cov dasselbe bedeuten. Diese oSca machen, wie wir im vorher-
gehenden Paragraphen gesehen haben, einen Teil der ^kvioL aus: es
sind die Lebensmittel, die den durchreisenden Beamten bei ihrer
Abfahrt mit auf den Weg gegeben wurden. 2) Der Dioiketes, von
dem der vorliegende Papyrus handelt, bekommt folgende Kleinigkeiten
mit auf den Weg: 50 Gänse, 200 Vögel (opyi-O-e?), 100 junge Tauben
(TcspcaTpcSsl? für nzpioz^pihv.'^.
§ 194. IIpo^oSwv 0LX07i;(sSa)v).
Vgl. BGU 41,11; 216; 652,14, alle aus der Kaiserzeit.
To OLxoTieSov wird als die „Hausstelle" erklärt, auf der ein
Haus steht oder stehen kann.^) Die icpo^oBoi ocxottISwv sind also
^) Auch der Schlusssatz spricht dafür: Iva 5uvü)ji£'9-a xöc Sixaia Tioistv tü)i
ßaoiXer. Wenn sie den Beamten zu viel Gänse liefern müssen, so beeinträchtigen
sie damit die Rechte des Königs.
^) Vgl. CIGr, 2058 (aus Olbia) Z. 9: TtapayevoiJisvou Sattacpäpvou xoö
ßaaiXsw^ — xal dTcaiToövxos xa Scopa x^g uapöSoi).
BGU 83,5 und G zeigen, dass man oixöusSov und otx(a scharf unter-
schied. Dass ausser den olxÖTisSa auch die olxiat besteuert wurden, ist selbst-
verständlich. Eine Form dieser Besteuerung lernten wir in § 41 in dem evotxtov
§ 192 — 196.
391
die Einkünfte, die der Besitzer solcher Hausstellen bezieht. Dafür
wird eine „Hausstellen-Einkommensteuer" von ihm erhoben. Ich
lasse dahingestellt, ob man in den Fällen, wo kein Haus daraufstand,
diese Steuer vielleicht den Grundsteuern zuzuzählen hat. BGU 216
lehrt, das diese Steuer, wie natürlich, für das Jahr berechnet war:
7rpo(^6)5(ü)V) o?%07r(£6a)v) tcr (ezouq), Sie wird in Geld entrichtet.
In § 158 sahen wir, dass in der Ptolemäerzeit diese Steuer vermutlich
-2^^ der betreffenden izpoqohoi betragen hat. Ob dieser Satz noch
in der Kaiserzeit bestanden hat, können wir den obigen Urkunden
nicht entnehmen.
Eine Besteuerung der olxomboc ist auch für Cos bezeugt. Vgl.
Kev. Etud. Grecq. IV S. 368. Wir werden auch dies als eine Be-
steuerung der Tzpoqohoi otxoTteSwv aufzufassen haben. Th. Reinach
fasst auch diese Steuer mit Unrecht als eine Verkaufssteuer auf.
Der Text bietet dazu keinen Anhalt.
§ 195. nXoLwv aXtsuuxwv.
Vgl. BGU 10,14; 337,26.
Die TzkoioL aXteuTixa — oder aXteuxtxa TiXoTa, wie es an der
zweiten Stelle heisst — sind die Schiffe der Fischer, die Fischer-
böte, von denen aus der Fischfang getrieben wird. Die Steuer,
die auf diesen lastete, traf die Eigentümer der Böte. Wir haben
also eine Vermögenssteuer vor uns.
Nach Ps. Aristot. Oecon. II 2, 25 hat schon König Taos in der
Perserzeit vorübergehend eine Besteuerung der tzXöIcx. eingefülu't.
§ 196. ^opoq Tzkoibiv 'AvTwviav^^ ougIccq.
Vgl. BGU 199 Vers. 9; 212; 653, 11, aus der Kaiserzeit. In
199 und 563 steht 'Avxwvcavyj^ ouaia^ voran. In 653 ist 'Avtco-
(vcvtav^?) Druckfehler.
kennen. Nach Pseud. Arist. Oec. II 2, 25 hat der König Taos in Aegypten eine
Hanssteuer eingeführt: &n' oix^ag H IxdaxYjg xsXeöaat aTtavxag eigsv^y'**«
xcc^avxa ö Set.
^) In 652 steht Ttpo^o^ ot Xy] ... Vielleicht ist statt ot(xoU£8tX(öv)
XTgfixjjiäKöv) aufzulösen ouxoTcdScüv) XYj(p,|idxü)v) seil. xo5 x. Ixouf, d. h. gezahlt
von dem Einkommen des und des Jahres.
392
lY. KAPITEL.
Wie diese Urkunden bezeugen, wird die Abgabe von den
kaiserlichen Tzpdxiopzc, erhoben, fliegst also in die kaiserliche Kasse.
Wenn trotzdem die best;euerten izldla als zu einer 'AvTWVcavY] ouata,
d. h. ,,zu dem Vermögen des Antonius" gehörig bezeichnet werden,
so bedarf dies einer Erklärung.
Solche ouacai, die oflenbar einen Teil der allgemeinen kaiserlichen
ouaia ausmachen, begegnen uns mehrfach in den Urkunden. In
BGU 181, 4 (vom J. 57 n. Chr.) erscheint ein [iia^wx-^^ tlvwv
zlfiq] NIpwvo? KXauOLOu Kaiaapog SsßaaToö r£p[jiavLxoö Auxozpa-
lopOQ Maizr^vaiTLav^^ ouglä^. Da hier der Kaiser ausdrücklich als
Eigentümer genannt wird, ist kein Zweifel, dass diese einst dem
Maecenas — wahrscheinlich dem berühmten Freunde des Augustus^)
— gehörige ouaca in die kaiserliche ouata übergegangen ist. In
BGU 650, 1 heisst es: Twl 7rpO£[aT](jL)T[L 1]*^^ Iv xtp 'A[p]a'.voLT'ij]
[Nepcovoc] KXau5{ou Kociaocpoc, SsßaaTOö Fepixavcxoö Auzoxpdiopoc,
IleTpwvLavYjg ouaia^. Hiernach ist das Vermögen eines Petronius in
das Vermögen des Kaisers übergegangen. Ebenso heisst es in der
Inschrift eines jüngst vom Berliner Museum erworbenen Bronce-
schildes (P. 10592)): 'AypCTiTrtvcavfj^ xod TouicXXLavfj^ ouaca? toö
zupLOu Abxoy.pixopoqJ) Auch hier ist ausdrücklich hervorgehoben,
dass die o6a''a der Agrippiua — wohl einer der berühmten des
Kaiserhauses — und des Rutilius in den Besitz des Kaisers über-
gegangen ist. In anderen Fällen wird auf den früheren Besitzer
der ouai'a hingewiesen mit der Formel: izpozepov [ikv toö SeTvo^,
v'jvl TOÖ ispwTaTOL) Ta[jiL£Loi). Vgl. BGU 475 R 1/2; Pap. Lond.
in Pal. Soc. II 164: TipovoyjTY]? ou^laQ d (= TipoTSpov) 'Avoußä
Y£VO|X£VOu 67ro[xvr^[JiaTOYp(a90i)), vuv£l be toö kpinzdzou Ta[jit£:oi>.
Oder auch kurz mit 7ip6T£pov toö 5£lvo^. Vgl. BGU 8 II 18 und
24: oua([a^) a (= 7rp6T£pov) 'Arcttovo? (s. meine Bemerkung in den
Corrigenda) ; 63,6 : oi)a(Lag) a (= Tcp6T£pov) 0£(ov£LVOu. In einem
Papyrus, dessen Publication mir nicht zusteht, fand ich eine Er-
wähnung TYj? 7ip6T£pov Napywtaaou ouaia^ (eine Oelfabrik, IXaLOUpyTov,
^) Wenn auch das obige Vermögen etwa dem Augustns zugefallen war,
so nennt doch die Urkunde vom Jahre 57 n. Chr. durchaus correct den regie-
renden Kaiser (Xero) als den Eigentümer. Vgl. Hirschfeld, RVS. S. 26.
'■^) Der Text ist von der Direction publicirt in Zeitschr. Aeg. Spr. 1890. S. 59.
Ich erkläre sie nach einer analogen Inschrift in den „Papers of the American
School of class. stud. at Athens III. 1888. S. 5.
§196. DAS KAISERLICHE PATRIMONIUM.
393
gehört dazu), wo wahrscheinlich der berühmte Günstling des Claudius
gemeint ist.
Die letztere Ausdrucks weise bildet die Brücke zu unserer 'Avxw-
viavT] o'jaia, die, wie oben bemerkt, auch kaiserlich sein muss, wenn es
auch nicht ausdrücklich gesagt ist. Ich denke, es ist so viel wie cjaia
Tcpöxepov 'AvTWVLOU, seil, vjvl xoö tepwTaxoi) Ta(jLi£LOu. Es ist ver-
lockend, hier an den Triumvir Antonius zu denken, dessen reiche
Besitztümer in Aegypten ja gewiss dem Kaiser zugefallen waren.
Vgl. auch die ouaia 'Av^iav^ in BGü 199 Vers. 10 und 277 I 17.
In allen Fällen handelt es sich, so viel scheint klar, um Vermögen,
die durch Confiscation oder Schenkung oder Testameut oder Kauf
oder sonst wie aus dem Besitz Anderer in das kaiserliche Patrimonium
übergegangen waren. Die angeführten Stellen bestätigen, dass
diese Einzelbestandteile der gesammten kaiserlichen o'jai'a auch nach
ihrer Einverleibung dauernd gesondert unter dem alten Titel und
unter besonderen Chefs, den TupoeaxwTcC der betreffenden ouaia,
verwaltet wurden. Bisher lagen uns über die kaiserliche cuaia
in Aegyi^ten keine detaillirteren Nachrichten vor. Bei Hirschfeld,
der in RVG S. 24 A. 3 eine Zusammenstellung von Zeugnissen
über die kaiserlichen Patrimonialgüter giebt, findet sich kein Beispiel
aus Aegypten. Jetzt gewinnen wir auch eine klarere Vorstellung
von der Bestimmung und Thätigkeit des procurator usiacus
(^inizpozoq twv o'jaiaxwv). Seine Hauptaufgabe, nach der er auch
seinen Titel führt, wird die gewesen sein, die aeg}^ptischen Patri-
monialgüter des Kaisers zu verwalten. Jene izpozazGiZcC, werden
unter seiner Aufsicht gestanden haben. Andrerseits begreifen wir
jetzt noch besser, dass er dem Idiologos unterstellt war (vgl. Hirsch-
feld, RVG S. 43, A. 5; Wilcken, Hermes XXIII S. 606).
Wie nun der <^6pGC, ttXolwv mit dieser 'AvitoviaVY] ouaia zu
verbinden ist, darüber lassen sich die verschiedensten Vermutungen
aufstellen. Ich möchte folgende Hypothese wagen: (föpo^ mag hier
wie häufig (vgl. § 133) den Sinn von Pachtgeld haben. Dass diese
O'jaiai gerade durch Verpachtung vielfach nutzbar gemacht wurden,
zeigen die angeführten Beispiele, in denen mehrmals (iiaO-wiat xivtDv
ifi^ . . . oöaia^^) begegnen. So mögen zu dem Antonianischen
Das sind also Inhaber von jiiaö-toosis ouaiaxai, von denen das Edict
des Alexamler handelt (CIGr. 4957 Z. 11). Sie sind wohl identisch mit den
oOotaxol iJiiad-(i)xa'. in BGU .599.
394
IV. KAPITEL.
Vermögen auch Schiffe gehört haben, die der Kaiser verpachtete, und
für die er daher von den Pächtern einen jährlichen ^6po<; durch
seine ordentlichen Steuererheber einkassiren liess. Zu der oöata
'Av^LavYj gehören nach BGU 199 Vers. 10 Weideplätze, die gleich-
falls einen ^opog einbringen.
§ 197. HopO-ixstov.
Im Pap. Par. 67 II 17 (II. Jahrh. v. Chr.) las ich am Original
[7r]op'9'[i[£]a)V statt des 0)v der editio princeps. Der Zu-
sammenhang zeigt, dass eine Steuer damit gemeint ist. Es kann
nur die Gewerbesteuer sein, die die Fährleute (7rop'9'|Ji£l^) für die
Ausübung ihres Gewerbes zu zahlen hatten. Vgl. § 98 und 135.
§ 198. To TipaxTopixov.
In BGU 471, 13 und 17 (II. Jahrh. n. Chr.) wird parallel
anderen Steuern auch ein TipaxTOpixov erwähnt. Damit wird eine
Abgabe gemeint sein, die für die Praktoren, für ihre Salarirung
erhoben wurde. Die Praktorie war eine Liturgie. Unsere Steuer
zeigt, dass sie doch nicht ganz ohne Entgelt von den Bürgern über-
nommen wurde. Vgl. Kap. VI.
§ 199. E^g TijJLYjv GTzupihm.
Im Pap. Par. 62 V 1 7 und VI 3 (II. Jahrh. v. Chr.) wird eine
Zuschlagszahlung zu der eigentlichen Steuerzahlung für die Tt|Jt7]
OTiuptSwv vorgeschrieben. Diese wird zu den dvaXwfxaxa der Steuer-
erhebung gerechnet. Es kann sich wohl nur um die Körbe handeln,
in denen das Geld in die Regierungshauptkasse nach Alexandrien
transportirt wurde. Vgl. § 176. Für die Anschaffung dieser Körbe
wurde jener Zuschlag erhoben.
§ 200. ^TTisp aD[xß6Xa)v xaiJL-i^Xwv.
Im Pap. Grenf. (II) LVIII (vom J. 175 n. Chr.) quittirt der
[TcpaY][xax£UT7]^ ipri\iO<^\jXocxi(xq IIpoatoTicTou xal ['ApaLVOLTOi)?]^)
^) Abweichend von den Herausgebern vermute ich, dass in der Lücke
nicht der Name einer Persönlichkeit, — die könnte nicht ohne Titel sein —
sondern vielmehr der Name eines Gaues gestanden hat. Es müsste ein Gau sein.
§ 196 — 201.
395
durch seinen Secretär Julianus über den Empfang von 24 Drachmen
UTiep aujjißöXwv xaiiyjAwv. Nach einem ganz analogen Papyrus,
den ich vor Jahren im Privatbesitz sah, ist zu vermuten, dass hinter
xa[iT^Xa)V die Zahl der Kamele genannt war.^) Also für die g6\l^oXoc,
die tickets, wie die Herausgeber richtig erklären, von so und so
vielen Kamelen werden 24 Drachmen gezahlt. Vorausgesetzt, dass
meine Ergänzung 'ApaLVOiTOU richtig ist, handelt es sich um die
Benutzung der Karawanenstrasse, die aus dem Prosopitischen Gau
durch die Wüste zum Faijüm führte. AVer seine Kamele diesen
Weg treiben woUte, musste für jedes ein Billet lösen. Dies Geld
wurde von den „Pächtern der Wüstenwacht''' ^) erhoben, offenbar
w^eil man durch dieses a6[j,ßoAov sich den Schutz der epri\io:^'jXo!.y.eq,
der Wüstenwächter, erkaufte. Mit Kecht erinnern die Herausgeber
an das izizzivj.ow 7.a|jn^}vü)V, das bei Benutzung des Wüstenweges von
Koptos nach Berenike zu lösen war. Vgl. oben § 141, auch § 151.
§ 201. 'Tnkp a^p (ayLa|Jioi)) [i6a)(a)v '9-D0[xsva)v.
In BGU 356, einer Bankquittung vom J. 213 n. Chr., wird
quittirt für den a^p(o(.'^iG\ibc)^') [ioayou Ivo? d-uoiiivou Iv x'g xwfxiQ
UTwO Aupr^Xbu Aicu|iou 'A^ve^avSplw?. Ich habe schon in § 188
den Nachweis zu führen gesucht, dass dieser Didymos der Opfer-
priester war. Ebenda lernten wir eine „Opfertier Steuer" kennen, die
der im einzelnen Falle opfernde Priester zu zahlen hatte (vgl. § 171).
Die vorliegende Quittung lehrt nun, dass dieselben Priester ausserdem
noch für die Versiegelung des betreffenden Opfertieres eine andere
Steuer zu zahlen hatten. Was es mit dieser Versiegelung auf sich
hat, erzählt uns Herodot II 38: Toi)? he ßoö? tou? epaevac xoö
'ETüacfou elva: vo[jiiLODai, v,od touto'j scvsxa 8oxc|iauOi)aL auTOÖ?
ü)5£* Tpi)^a f^v y.al jicav iSr^xai iTisoöaav [leXaivav, ou xaO-apov elvai
der durch die "Wüste mit dem Prosopites verbunden war. Da der Papyrus im
Faijüm gefunden ist, liegt es am nächsten, an den 'Apaivotxrjg zu denken.
Der Raum würde passen. Ich lese daher Z. 2 : ['Apa'.votxou 5i.]a 'louXtavoö.
Es heisst da: uTisp a'jjißöXcov y.al 7iapo5(ou xaiii^Xwv Tp'.wv 8pax(|ia;) 24.
Wiewohl hier auch noch von dem zapöSiov die Rede ist, könnte doch auch in
unserem Text vielleicht ['p'-wv dpY(upioo) bpoLyJixicg) zu ergänzen sein.
^) In jenem Paralleltext las ich jji'.aO-tüxrjg ipYjiiocpuXayj iag).
^) Mir scheint ocppCaytofioO) jetzt besser als acppCayiSo?). Vgl. Tarif von
Koptos Z. 22. Nicht unmöglich wäre auch die Auflösung 09p(aY'.aT0Ö) resp.
acppCaytoxwv).
396
IV. KAPITEL.
l^£Lp6aa^, £1 za-ö-apY] twv 7T:pox£t|jt£VO)V or^fjiyjLtov — xaxopa §£ xal xd?
zplyjxq zy]q oupfi^ £c xaid q^uaiv ey^ti 7i£cpuxuia^. ''Hv §£ toutwv
TwdvTwv f/ za^apog, aYi[jiaLV£Ta: ßußXo) TC£pl xd xipecx. eDdo-
awv XÄL £7C£:Ta yfjv ayjiJiavTpLSa £7TC7tXdaa? ini^ocXlei lov
5axTu).tov xal outo) dTtdyouac. 'Aa7^{JLavT0 v hh -O-uaavTC -ö-d-
vaxoi; fi ^ri\iiri £7riX££TaL. Aus Kastor (bei Plut. de Isid. Osir.
31) wissen wir sogar noch, welche Hieroglyphe das Siegel enthielt.^)
Plutarch a. a. O. nennt die priesterliche Behörde, die die Prüfung
und Versiegelung der Opfertiere vorzunehmen hatte, a^payiaiai,
während Chaeremon (FHG III fr. 4 S. 498) sie spezieller \ioaj^o-
a^payiaTa: nennt. Nach Clemens Alexandrinus (Strom. VI 36
p. 758) enthielten die ßtßXta [xoay^oa^payta-cxd die Vorschriften
für diese Behörde. Diese Klassikernotizen werden aufs Beste durch
BGU 250 bestätigt.-) Unsere obige Quittung aber ergänzt sie dahin,
dass der Opferpriester für diese Versiegelung jedes einzelnen Opfer-
tieres eine besondere Abgabe an die kaiserliche Kasse zu zahlen hatte.
§ 202. Tapr/s'jTwv.
Das Wort Tap:x£'JTYj? bezeichnet den, der das Gewerbe des
Einpökeins betreibt. In Aegypten hiessen so bekanntlich die Leichen-
balsamirer, doch konnten auch die Fischpökler u. s. w. damit be-
zeichnet werden. In welchem Sinne das Wort in BGU 337,21
steht, lasse ich dahingestellt. Jedenfalls ist damit die betreffende
Gewerbesteuer gemeint. Vgl. § 135.
§ 203. 'H TSXdpTY] TGÖ TOLpiy^OU.
Zum Petr. Pap. (I) 28 (2) habe ich bereits in Gött. GA 1895
S. 144 von Mahaffy und mir einige Correcturen mitgeteilt. Nach
Vgl. Parthey im Commentar seiner Ausgabe der Schrift. Vgl. auch
Wiedemann, Herodot II. Buch, S. 182.
Der Priester erklärt, dass die jioaXo^cppaT'-'^'^^^ durch Untersuchung
des Opfertieres festgestellt hätten &c, sax'.v xoL^ctpoc, xaxa x6 eO-o^, xac sacppoL-
Yia^ai, ö[7te]p ou |j.y) £y5£5öaO'(aO [loi Ypaia/iaxa. Für gewöhnlich erhielt
also der Opferpriester eine schriftliche Bescheinigung darüber, dass das Opfer-
tier ,,rein" sei. Der Anfang einer solchen Bescheinigung ist wohl das Fragment
bei Grenf. (II) LXIV: 2oxvovwv£ü3g Ispoixoaxoa'^pay.axYis STisO-swpr^aa |i[ö]ax[o]v
0-uö|ji£vov £v 2o[xvo7i]aLO'j Xf^aov (sie) uuo [ &c, iajTiv x[a^apög].
§ 201 — 204.
397
nochmaliger Prüfung der Photographie glaube ich jetzt von Z. 8 an
folgendermassen lesen zu sollen i^)
8. "Eyyuo; eIq £XT£:aLV Atovuaioi) xoü iqlzi']lri'^6-
9. TO? TYjv Tsxapxev (oder isxapTE'.v) loö Tapt/^ou xf^c y.w-
10. >Y]g £1? TO tßL (J. 236 V. Chr.) u. s. w.
Gleichviel, ob in 9 TSTapTSV oder TSTapTS'.v zu lesen ist,
jedenfalls hat der Schreiber es für T£TapTr]v verschrieben. Dionysios,
für den die Bürgschaft gestellt wird, ist also der Pächter der
TSTapTTj TOÖ Tapl^OD.
Das Wort zoLOiy^oc, ist eben so mehrdeutig, wie der TOcpr/tuVTiC,
im vorigen Paragraphen. Es bezeichnet alles Gepökelte, wie Pökel-
fleisch, Pökelfisch, aber auch die Mumie. In dieser amtlichen
Titulatur möchte ich allerdings die erstere Bedeutimg hier vorziehen,
und möchte es allgemein als „Pökelware" fassen. Die zezipzY^
würde dann vielleicht als Abgabe von 25 ^/o von dem Ertrage (?)
dieser Pökel wäre zu deuten sein. 2)
Auch in der Inschrift von Cos erscheint die Abgabe vom
Taptxo?. Vgl. Rev. Etud. Grecq. IV S. 371.
§ 204. To TcXsar.xov.
Das Decret von Rosette erwähnt in Z. 16 unter den Wohlthaten
des Königs Epiphanes: Tipo^exacev xal Tispl twv ispewv, ötiw;
|XY]^£v TiXelov S'.Swaiv zlq tö TsXeaTcxöv ob ivxoaovzo sw? toO
TTpwTOU £TOU? iizl TOÖ TTaTpö? auToö. Die Priester sollen also nicht
mehr für das T£X£aTLx6v zahlen, als sie unter seinem Vater, bis zu
seinem (des Epiphanes) erstem Jahr gezahlt haben. Dass diese
Worte auf eine Erhöhung der Abgabe bei Beginn der Regierung
des Epiphanes schliessen lassen, hat Mahaffy, Empire S. 319, richtig
bemerkt. Ueber die Bedeutung dieses T£X£aT:x6v sind die mannig-
fachsten Hypothesen aufgestellt worden. Vgl. Lumbroso, Recherches
S. 299 ff. Der demotische Text der Rosettana lässt keinen Zweifel
darüber, dass die Abgabe gezahlt wurde, „um Priester zu werden".
Vgl. Revillout, Chrestomath. demot. S. 17. Es ist danach das Wort
TeXfiaTLXÖv von T£X£lv in dem Sinne von „weihen, pass. geweiht werden"
Anders liest Revillout, M^langes S. 351.
*) Für den enormen Umfang der Pökeleien im Faijüm vgl. Diodor I 52.
39<S
IV. KAPITEL.
abzuleiten. Mit Recht hat schon Lumbroso a. a. O. darauf hinge-
wiesen, dass diese Steuer dadurch motivirt war, dass die Priester-
stellen den Inhabern mancherlei Privilegien und Vorteile brachten.
Irrtümlich habe ich im Hermes XXIII S. 595 An. 1 diese
Steuer damit in Verbindung gebracht, dass der König die Priester-
stellen meistbietend versteigerte. Ich bin jetzt vielmehr der Ansicht,
dass die Einnahmen aus dem TeXsaxcxov und die aus den Versteige-
rungen neben einander herliefen. — Dass der Kaiser thatsächlich die
Priesterstellen verauctionirte , habe ich a. a. O. zu zeigen versucht.
Für die Ptolemäerzeit bestätigen es z. B. die Holztafeln, die ich
oben auf S. 65 An. 1, 66 An. 1 und 2 mitgeteilt habe. In der
Berliner, Pariser und Londoner Holztafel sind es Ibiobosken, die
elc, TTjV TC|JiY]v Tou cßtOTacp£toi) xal T-^^ TTpo^Yjxeca^ xtX an den
König zahlen. Also diese Prophetie hat ihren Preis, sie wird ver-
kauft, d. h. da es natürlich auf Zeit ist, verpachtet. Auch in der Holz-
tafel von Hess a. a. O. wird über eine tl[jlyj iepamac, (=lepaxeia.c,),
d. h. einer Priesterstelle, quittirt. Hier wird der Preis in natura
beglichen (mit 23^ ^ ^\ Artaben Weizen). Da alle diese ti\iolI in
die königliche Bank fliessen, so ist kein Zweifel, dass der König
der Versteigerer ist.
Von diesen Einnahmen sind, wie gesagt, diejenigen sicherlich
zu trennen, die aus den „Weihegeldern" der Priester flössen.
§ 205. 'H TSTCCpTY] TWV S^^Cf SpO[JL£Va)V CpOpTlWV.
Im Periplus mar. Eryth. S. 19 heisst es von dem Hafen
AeuxY] xwfJLYj am Roten Meer: iyßi Se £[XTCoptoi) Tcva xal auTY] Ta^cv
Tolc, ScTzb zfic, 'Apaßta^ l^apT:^o|JL£voc^ elq aOrr^v TzXoioic, ou (jLeyaXoL?.
Aiö xal zlc, aÖTYjv xal TcapaXVjTiTYj? zfiq TSTapTr^; twv £c^9£pO|JL£va)V
(^opxcwv xal IxaiovTapxY]? ^£Ta aTpaT£U{xaTo^ aTzooxiXXemi. Hier-
nach wurde im Hafenorte Leuke Kome ein Viertel, also 25 ^/q, vom
Wert der importirten Waren als Zoll erhoben. Otto Hirschfeld (RVG
S. 20 A 2) hat den Vorschlag gemacht, T£TTapaxoaT'^(g statt T£TapTYj^
zu lesen. Ich möchte mich dem nicht anschliessen, ehe nicht zwingende
Gründe dafür vorgebracht sind. Dass der Binnenzoll in Aegypten
nur betrug, kommt hier nicht in Betracht. Denn dass man
an der Grenze bedeutend höhere Zölle erhob, ist begreiflich genug.
Der arabische und indische Handel führte damals über Aegypten
§ 205. DER EINFUHRZOLL AM ROTEX MEER.
399
zu den europäischen Häfen. ^) Da man Concurrenz nicht zu be-
fürchten brauchte, konnte man einen so hohen Zoll wohl riskiren.
Ich möchte jetzt um so mehr an dem überlieferten Text fest-
halten, als wir im Rev. Pap. 52, 13 ff. ein neues Beispiel für einen
Grenzzoll von 25 ^/q kennen gelernt haben. Wer ausländisches
Oel einfuhrt, gleichviel ob über Alexandrien oder Pelusion, soll
12 Drachmen für den Metretes zahlen. Das ist aber, wie Grenfell
S. 149 richtig bemerkt, ^ des Preises. Immerhin besteht ein Unter-
schied. Die Zölle am Roten Meer sind reine Finanzzölle, dagegen
dieser Oelzoll, der das monopolisirte Oel schützen soll, hat den
Charakter eines Schutzzolles — wenigstens nach unseren Begriffen.
Auch Hogarth's Vermutung^) möchte ich nicht beistimmen, der
die Höhe des Zolles durch die Annahme zu erklären sucht, dass
die Römer zu Gunsten der Route Koptos - Berenike die Reisenden
von der Benutzung der südlicheren Route Leuke Kome-Syene hätten
abbringen wollen. Dagegen spricht schon die durch denselben
Text bezeugte Entsendung der Truppen, die doch ohne Zweifel
eine Fürsorge der römischen Regierung für diesen Hafen be-
zeugt. Ich möchte vielmehr aus der Art, wie die Steuer von dem
Autor erwähnt wird (mit dem directen Artikel!) die Vermutung
wagen, dass auch in den anderen Häfen, so auch in Berenike, der-
selbe Zoll von 25 ^/o erhoben wurde. Wenn Hogarth übrigens
sagt, dass in Leuke Kome vom Import wie vom Export 25 er-
hoben wurden, so ist das ein Irrtum. Der Text spricht nur vom
Import, und die Worte Strabo's XVII p. 798 dürfen damit nicht
vermengt werden. Natürlich ist dort auch ein Ausfuhrzoll erhoben
worden, aber über seine Höhe ist m. W. zur Zeit nichts bekannt.
Der TrapaXrjTiTT]^, der nach dem Periplus zur Erhebung des
Zolles nach Leuke Kome geschickt wird, ist offenbar kein Pächter,
sondern ein mit der Erhebung betrauter Beamter. Nach CIGr.
III 5075 (Anfang der Kaiserzeit) hat der dort genannte Strateg
von Ombos und Elephantine zugleich den Titel eines TiapaXi^fATtTrj?
[t"^^ 'fifju-ö-pa? d-ocXoLGor^q. Das kann wohl nur bedeuten, dass die
TrapaXfjpLTiTat in den einzelnen Küstenorten ihm unterstellt waren.
V) Vgl. Marquardt, RStV II"^ S. 275.
^) Vgl. Flinders Petrie, Koptos, 1896. S. 32. — Ueber Lumbroso's Ver-
mutung in der Recherches S. 306 vgl. oben S. 139.
400
IV. KAPITEL.
Unter Claudius ist ein Systemwechsel eingetreten, insofern die Zölle
des Roten Meeres damals verpachtet worden sind. Vgl. Plin. h. n.
VI 84: Ä7ini Plocami, qui maris Ruhri vectigal a fisco redemerat.
§ 206. 'H TSTpaxaLSLxoaT-^.
Im Petr. Pap. (I) XXV (2) begegnet zweimal der Ausdruck
OLTzb Tfic, (Z. 2 und 4). Bei der Unvollständigkeit
des Textes ist es nicht sicher, ob es sich hier überhaupt um eine Ab-
gabe handelt. Doch ist es nicht unwahrscheinlich, wie denn auch Ma-
haify es annimmt. Da von Getreidelieferungen die Rede ist (vgl. Z. 3.
•ö-Yjaaupotg, Z. 6 coc'/.y.oijq), so könnte der auffallende Bruch 2h sich
vielleicht dadurch erklären, dass er als Bruchteil der Artabe auf-
zufassen ist, denn gehört zu den üblichen Teilmassen der Artabe
(vgl. Kap. X). Ueber die Bedeutung der eventuellen Steuer verlohnt
es sich nicht, Vermutungen aufzustellen.
§ 207. TpaTO^LTwv.
Im Pap. Berk Bibl. 21,10 (III. Jahrh. n. Chr.) begegnet neben
anderen Steuern auch eine Abgabe TpaTceCetxwv. Jedenfalls ist
nicht an königliche, sondern an Privatbanquiers zu denken. Doch
über den Charakter der Steuer giebt die Urkunde keinen Aufschluss.
Zu den Trapeziten vgl. Kap. VI.
§ 208. To TpL7]papx7]|jLa.
Im Petr. Pap. XXXIX e (III. Jahrh. v. Chr.) begegnet neben
anderen Steuern auch das zpifipapyrnioc. Die Zahler sind Militär-
colonisten, ein Athener Pythagoras und ein Makedonier Adymos.
Ersterer zahlt 5 Drachmen für das Jahr. Hier wurde also nicht etwa
nach athenischer Weise dem Einzelnen die Ausrüstung einer Triere
als Liturgie überwiesen, sondern die Unkosten der Kriegsflotte
wurden durch eine besondere Steuer erhoben. Denn das scheint
mir der Sinn dieser Abgabe zu sein. Wie diese berechnet war, ob
sie nur auf einzelnen Klassen oder auf der gesammten Bevölkerung
gelastet hat, lässt sich aus den vorliegenden Texten nicht ersehen.
§ 209. Tpocpyje.
Der Pap. Par. 67 II 11 (II. Jahrh. v. Chr.) erwähnt neben anderen
Steuern auch die für die xpo^Y] gezahlte. Die von Lumbroso,
§ 205 — 211.
401
Recherches S. 306, zur Erklärung aufgestellte Hypothese hat für
mich wenig Wahrscheinlichkeit.^) Doch weiss ich keine sichere
Deutung zu geben, da der Text uns eben nur das eine Wort über-
liefert. Die Frage ist, für wessen Ernährung die Abgabe zu
zahlen ist? Sollte hier an die Ernährung Unbemittelter zu denken
sein? Etwa an Alimentationen, wie sie später die Kaiser eingeführt
haben? 2) Oder ist es eine Abgabe, die der Einzelne für seine
eigene Nahrung zu zahlen hatte? Kaum denkbar.
§ 210. TyhiY.f^^.
In BGU 471,15 (II. Jahrh. n. Chr.) wird neben anderen Steuern
auch über Zahlungen für die zu'])'.y.ri gebucht. Der Herausgeber
liess die Möglichkeit offen, yu^ixfiC, zu lesen. Nachdem ich das
Original gesehen, glaube ich doch an der Lesung vj']>iy.fi^ festhalten
zu müssen. Eine Erklärung dafür habe ich nicht.
§ 211. TTisp cpiXav^pwTüO'j.
Vgl. BGU 64,8 f.; 199 Vers. 7; 534, 12 f.; 652,15, Pap. Lond.
CCCXLVII (Pal. Soc. II PI. 185), alle aus der Kaiserzeit.
In 64 und 534 wird unter diesem Titel Getreide geliefert, und
zwar wird die Lieferung als Zuschlag zu der vorher erwähnten
Grundsteuer resp. Annona bezeichnet: xal TauTai; 7:pogavaX(r^^^£LaaO
bizkp (piXavO-pcoTTOi) y.al aXXwv. Dagegen wird in 199 und 652
sowie im Londinensis nicht Getreide, sondern Geld für diesen Posten
gezahlt.
T6 cpiXavO-pwiiov ist uns sonst aus der Papyrusliteratur in
dem Sinne von „Gnadenact, Gnadenerlass" (seil, des Königs) bekannt.
Vgl. A. Peyron, Tur. Pap. (I) S. 167. Mommsen erinnert mich
an Mon. Ancyr. (Gr.) 9, 10. Die obigen Stellen verlangen aber
einen anderen Sinn» Ich möchte von seiner ursprünglichen Be-
deutung als „Freundlichkeit, Erkenntlichkeit" ausgehen, und dieses
in dem übertragenen Sinne fassen wie etwa das entsprechende
französische douceur. In 199 und 652 und dem Londinensis^)
*) Völlig Verkehrtes bringt Wessely, Zythos etc. S. 41: „bei Verkäufen —
von Nahrungsmitteln". Vgl. oben S. 371.
^) Sprachlich werde ich daran erinnert durch Dio Cassius G8, 5,4 (Traian):
xatg TiöXsa-. xaig ev 'lTaX{jf nnog Trjv röiv nuiöoiv Tooffrjv TCoXXa y^oi.pioot.z^a.',.
^) Auch hier lese ich: cf tXavO'pü)7t(ou) >ta)(ji[o]Yp(a|i|Jiai£i).
WiLCKEN, Ostraka. 26
402
IV. KAPITEL.
wird dieses „Douceur" als für den -/ca)[JiOYpa|i(xaT£6? bestimmt be-
zeichnet. — Da diese ^iXavO-ptOT^a von den Sitologen resp. den
Praktoren einkassirt werden, so werden diese Liebesgaben den Steuer-
zahlern zwangsweise auferlegt sein, wie eine ordentliche Abgabe.
§ 212. To cpuXaxLTizov.
Diese Steuer begegnet mehrfach in den Petrie Papyri aus dem
III. Jahrh. V. Chr. Vgl. Mahaffy (II) S. 29 (dazu Appendix zu
den Petr. Pap. S. 3), S. 36/7, ferner XXXIX e und f. Manchmal
steht (puXaxcxixov allein, mehrfach aber finden sich spezialisirende
Zusätze wie Xeiocq TTpoßaxwv (S. 36) oder Xzloic, (S. 37), yf^q (ebenda)
oder yfiq ä\i.(jzzXiuhoq) (ebenda), )(y]Vü)V (ebenda). Im Appendix
a. a. O. steht das mir unverständliche 9i)(XaxiTr/c6v) £'8".V(i)v xoCi
p£(. . .). Diese Steuern werden bald in Geld bald in Getreide
gezahlt. Ja, eine und dieselbe Person zahlt gleichzeitig sowohl
Geld wie Getreide dafür (S. 36).
Das Wort (^uXaxiTczov kann nur von ^uXaxLxr^^ abgeleitet
werden , nicht etwa von cpuXa^. Die ^uXazTxa: aber sind uns als
die Gendarmerie, die Lokalpolizei Aegyptens bekannt. Vgl. Lum-
broso, Recherches S. 249 f^) Der Herausgeber Mahaffy nennt
unsere Steuer daher mit Recht eine police-tax. Es ist offenbar
eine Abgabe, die für die Verpflegung und Salarirung des Gen-
darmeriecorps, durch welches der Staat das Eigentum der Unter-
thanen schützte, erhoben wurde. Die obigen Zusätze wie Xziac,
TTpoßdcTWV u. s. w. deuten an, auf Grund welches Besitztums der
Einzelne zu dieser Steuer herangezogen wurde. Denn so viel ist
wohl wahrscheinlich, dass nicht alle Unterthanen hiermit belastet
wurden, sondern nur diejenigen, die Güter besassen, die des Schutzes
bedurften und genossen. Dafür spricht auch jener Papyrus, den
Mahaffy im Appendix a. a. O. vollständiger als auf S. 29 publicirt
hat. Mit den Worten zobc, bizozzleZc, tou 9uXa7w[cT:]xoö werden
hier diejenigen Personen hervorgehoben, die dieser Steuer unterlagen.
Sie bilden also einen bestimmt umgrenzten Kreis.
^) Seine Ausführungen werden durch die neuen Texte durchaus bestätigt.
Vgl. z.B. Petr. Pap. (II) XXXII. 2b, avo ein Ptinderhirt, der seine Heerden
in die Krotonpflanzungen getrieben hatte, den Phylakiten dafür übergeben
werden sollte.
§ 211 — 217.
403
§ 213. TsAsaiJLa cp'jTwv.
In dem Berliner Pap}Tus P. 1394, einer Abrechnung über
Steuereingänge, beginnt eine Kubrik mit den AYorten T£A£a|JLa'Cü)v
(puTwv ovTtov £V G',z'.y,\_. . Es ist also eine Abgabe von Pflanzen.
Sie wird in Geld gezahlt. Ueber den Charakter der Steuer weiss
ich nichts zu sagen.
§ 214. XaAxiaca.
In der Londoner Bilinguis aus der Zeit des Philopator, die
Kevillout in den Proceed. Soc. Bibl. Ai'ch. XIV S. 61 publicirt hat,
heisst es in Z. 10 y^aAXiaiav Tsaaapa^ ößoXov, nicht y^aXx(oö)
a(XXaY'^^) zioaocpxq 6'^oXo6q, wie der Herausgeber las. Die richtige
Lesung ist bereits in Palaeogr. Societ. II 143 und bei Grenfell,
Rev. Pap. S. 201 zu finden. Also für die yaXxLata werden 4 Drach-
men 1 Obol an das TcAwviov gezahlt. Was die Abgabe bedeutet,
weiss ich nicht. Eine Vermutung bei Grenfell a. a. O.
§ 215. 'H yjxpxripd.
In BGU 277 II 11 (II. Jahrh. n. Chr.) werden als Abgaben
angeführt: ypacpscoi) xal yapxYjpäc. Mit dem letzteren Wort muss
eine Steuer bezeichnet sein, die auf dem yapTYjg, dem Papyrus,
lastete. Man könnte sich eine Papyrussteuer in verschiedener Weise
vorstellen. Die Verbindung mit ypa^eiO'J legt, wie ich schon im
§147 angedeutet habe, die Vermutung nahe, dass hier eine Abgabe
für das Schreibmaterial und „Papier" gemeint ist, das die Behörden
im Interesse des Publicums verbrauchten. Freilich, auch dies ist
nur eine Hypothese.
§ 216. OopoG /saovT
Eine Abgabe dieses Namens begegnet in BGU 652, 11. Ich
weiss damit nichts anzufangen.
§ 217. 'H /pDao/o'ixT^.
Im Petr. Pap. (II) XLIHb (III. Jahrh. v. Chr.) wird diese
„Goldschmiedesteuer" erwähnt, die gewiss als Gewerbesteuer auf-
zufassen ist. An dem Text ist noch interessant, dass es danach
auch in den Dörfern des Faijüm Goldschmiede gab, so in dem Dorfe
Pelusion und 'AXe^avopou Nfjao^.
26*
404
IV. KAPITEL.
Dieselbe Steuer scheint mir in BGU 434 (vom J. 169 n. Chr.)
vorzuliegen. Abweichend vom Herausgeber möchte ich daselbst
folgendermassen ergänzen: SLaysypCacpr^ywev) 'A9[poScaL(i)?] 7rpax(TOpO
dpY(upLXü)v) TpLTOD afji^oSo'j^) Eu5a''jjL[a)v y£v6([JLevo;).^] X(xoyp(d<^oq)
)(puaoxoa)(v) xtX. Also Eudaemon, der früher das Amt eines
"kaoypoi^oc, bekleidet hatte, im Uebrigen aber seines Zeichens ein
Goldschmied war, bezahlt hier für die Gewerbesteuer der Gold-
schmiede so und so viel.
§ 218. Wi)y|j.oi) xal aa(]js'A(. . .).
In BGU 10,8 steht, parallel anderen Abgaben, (j;uY|J-oö xal
5:a(];£iX(. . . . ?) l- (= dpoupwv) vS. In BGU 277 II 5 ist zu
lesen: ^KX^u^iioLzm xod SiacJjeiXwv Tzpbc, IXaiwC. . .) l-- v5. Mir
ist nur eines klar, dass an beiden Stellen dieselbe Abgabe gemeint
ist. Ihre Bedeutung ist mir dunkel. Für t^\)^(\i6c, und 6ca^uy|jLa
wird man vielleicht an hia^ijy^Biv im Sinne von „austrocknen" anzu-
knüpfen haben, denn offenbar handelt es sich um irgendwelche
Behandlung der 54 Aruren.^) Analog möchte man in oia^eiXcov
eine Bezeichnung für das „ausroden" suchen. Doch sehe ich noch
nicht, wie die Form Sia^'S'.Xwv grammatisch erklärt werden soll.
Man möchte eher biO(.^eiXo)\ia,zis)V vermuten, analog den Sia'^uyiJ-dTWV.
^) Vielleicht stammt der Text aus Memphis, denn dort numerirte man die
Strassen. Freilieh mag es auch noch anderweitig Sitte gewesen sein. Aber in
Arsinoe z. B. war es nicht Brauch. — Hinter E'j5a{|i[(i)v ist in der Lücke
Platz für noch etwa 4 — 5 Buchstaben. Danach ergänze ich vermutungsweise ysv^.
^) Der c{;uyjj.ög im Petr. Pap. (II) XXXII wird von Mahaflfy wohl mit
Recht als drying erklärt. Vgl. auch die Inschrift bei Mahaflfy, Bull. Corr. Hell.
1894. XVIII. S. 147, wo cpuyjjioD als Grenzbestimmung steht.
SCHLUSSWORT.
Wir stehen am Ende.
Man wird nun von mir erwarten, dass ich nach der alphabe-
tischen Aufzählung des Materiales auch eine sachliche Gruppirung
der Steuern gebe. Ich will mich dieser Aufgabe nicht entziehen,
wiewohl ich mir der grossen Schwierigkeiten wohl bewusst bin. Das
Nächstliegende würde sein, die Steuern nach Art der Alten einzu-
teilen, d. h. Teilungsprincipien zu Grunde zu legen, die dem antiken
Gesichtskreise angehören. Ich habe aber vergeblich nach solchen
Principien gesucht, die unserem Material gegenüber mit Erfolg, d. h.
so, dass sie Aufklärung schaffen, Anwendung finden könnten. Eine
Einteilung etwa in Steuern für römische Bürger und IN'ichtbürger wäre,
zwar logisch, nützte aber hier nicht viel, denn wir würden nur die Erb-
schafts- und Freilassungssteuer auf die eine Seite und die gesammten
anderen Steuern auf die andere Seite zu stellen haben. Von grösserem
Interesse ist schon die Einteilung in Xatural- und Geldsteuern. Hier-
über haben wir bereits oben S. 199 ff. das Nötigste gesagt. Aus Mangel
an einem wirkungsvollen antiken Einteilungsprincip hat man denn
auch neuerdings gewöhnlich moderne Begriffe in die aegyptische
Steuergeschichte eingefülirt. Alle Behandlungen der aegj^ptischen
Steuern, die mir zur Hand sind, begnügen sich mit der Scheidung
in directe und iudirecte Abgaben. Vgl. Varges, Franz, Lumbroso.
Dieser moderne Begriff der directen und indirecten Steuern unterliegt
jedoch sehr verschiedenen Deutungen. Gewöhnlich fasst man in der
Praxis unter den directen Abgaben die Ertrags- und Einkommen-
steuern, unter den indirecten alle anderen zusammen, und in diesem
oder ähnlichem Sinne haben auch die genannten Gelehrten jene Termi-
nologie angewendet. So rechnet Xumbroso zu den directen Steuern
406
IV. KAPITEL.
die Grund-, Gebäude-, Personen- und Gewerbesteuer sowie die Pro-
vinzialabgaben, zu den indirecten die Kauf-, Bier-, Fischerei-, Wein-,
Natron steuern etc. sowie die Zölle und Strafgelder. An dieser Ein-
teilung ist nur auszusetzen, dass diese Fassung des Begriffes „direct"
und „indirect" willkürlich und unklar ist. Auch würde es schwer sein,
alle uns jetzt bekannten Abgaben in dieses Schema hineinzuzwingen.
Wenn ich im folgenden in der Lage bin, eine Einteilung der obigen
Steuern auf Grund der Anschauungen der modernen Finanzwissen-
schaft zu geben, so verdanke ich das meinem Collegen Ludwig
Elster, der mir manche Stunde geopfert hat, um die einzelnen
Steuern mit mir durchzugehen und in das von ihm mir proponirte
Schema einzuordnen. Manche der Abgaben ist mir erst im Gedanken-
austausch mit ihm klar geworden, sodass ich auch im Vorhergehenden
ihm manches verdanke, ohne es doch im Einzelnen angeben zu
können. Für die folgende Gruppirung aber bin ich ihm zu ganz
besonderem Dank verpflichtet. Dass sich natürlich auch andere
Systeme aufstellen Hessen, kann unserer Uebersicht keinen Abbruch
thun, denn es kommt nicht darauf an, eine alleinseligmachende
Einteilung zu finden, sondern eine solche aufzustellen, die sich logisch
begreifen lässt und zugleich geeignet ist, die Fülle des Materials
übersichtlich zu ordnen.
Zur Erklärung der folgenden Tabelle schicke ich einige Be-
merkungen voran. Wir scheiden zunächst nach dem Subject, für
welches in letzter Instanz die Abgaben entrichtet werden, in könig-
liche Abgaben, Tempelabgaben und Privatabgaben. Unter den könig-
lichen Abgaben unterscheiden wir die zu den öffentlichrechtlichen
Einnahmen und die zu den privatwirtschaftlichen Einnahmen gehö-
rigen. Zu den letzteren rechnen wir diejenigen Abgaben, die der
König aus seinen landwirtschaftlichen und industriellen Besitzungen
(Domänen, Fabriken u. s. w.) erhebt. Die öffentlichrechtlichen
Abgaben zerfallen wieder in Gebühren und Steuern im engeren Sinne.
Unter Gebühren führen wir in Uebereinstimmung mit der allgemein
recipirten Terminologie diejenigen Abgaben auf, die als Entgeld für
die Inanspruchnahme einer Leistung der königlichen Regierung ein-
gefordert werden, die also nicht, wie die Steuern von Allen alljährlich
zu zahlen sind, sondern nur von denjenigen, die die betrefl?ende
Einrichtung in Anspruch nehmen. Die Steuern scheiden wir ferner
in directe und indirecte, doch nicht in der oben besprochenen vulgären
SCHLUSSWORT.
407
Bedeutung, vielmehr fassen wir in Uebereinstimmung mit der
heutigen wissenschaftlichen Terminologie unter den directen Steuern
die unmittelbar erhobenen und unter den indirecten die mittel-
bar erhobenen zusammen. Die directen sind also diejenigen, die
vom Steuerträger direct erhoben werden, während die indirecten von
Mittelspersonen gezahlt werden, denen es überlassen bleibt, die Steuer-
summe auf die Steuerträger zu überwälzen. Bei den directen sind
die Steuerzahler und Steuerträger identisch, während sie bei den
indirecten verschiedene Persönlichkeiten sind. Zu den directen Steuern
in diesem Sinne gehören die Vermögenssteuern, die Ertragssteuern,
die wieder die ,Grund-, Gebäude- und Gewerbesteuer umfassen, ferner
die Einkommen-, Verkehrs-, Verbrauchs- und Aufwandsteuern. Am
schwierigsten waren diejenigen — sehr zahlreichen — Steuern unter-
zubringen, die nach Angabe unserer Texte für die Befi-iedigung
bestimmt genannter Zwecke erhoben wurden, wie die Bad-, Damm-
und Kanalsteuer u. s. w. Wir haben sie als Zwangsbeiträge zu
bestimmten Zwecken bezeichnet und haben sie, da sie sämmtlich
direct erhoben werden, als besondere Rubrik zu den Einkommen-
steuern gestellt. Die indirecten Steuern haben wir in die an den
Grenzen und die im Inneren erhobenen Verbrauchssteuern getrennt.
Was nun die Einordnung der einzelnen Steuern in dieses Schema
anlangt, so sind wir uns wohl bewusst, dass sie nur teilweise als
eine gesicherte betrachtet werden kann. Auszuscliliessen waren
natürlich alle diejenigen Abgaben, deren Sinn uns überhaupt nicht
klar geworden war. Aber auch bei den anderen war es bei der
Mangelhaftigkeit der Nachrichten oft sehr schwer, manchmal un-
möglich, ihnen einen bestimmten Platz anzuweisen. Die Abgaben
folgender Paragraphen sind nicht in die Tabelle eingefügt worden:
§ 2, 3, 4, 7, 9, 13, 14, 21, 29, 31, 32, 34, 3G, 42, 47, 48, 49,
50, 53, 55, 56, 59, 62, 64, 65, 67, 73, 75, 76, 77, 95, 96, 108,
110, 121, 122, 123, 125, 12>i, 129, 132, 137, 139, 145, 146,
148, 149, 160, 165, 167, 171, 178, isi, 1S5, 187, 188, 191,
203, 204, 206, 209, 210, 213, 216.
408
IV. KAPITEL.
Tabelle.
A. Königliche Abgaben.
I. Oeflfentlichreclitliche Einnalimen.
1. Gebühren. § 1 ziXoq d^yopO(.vo\L(iixq) (?). § 89 öpfxo^uXaxta.
§ 103 7rpo?5iaYpaq?6[Ji£vov. § 105 Tcpos|Ji£Tpo6|ji£Vov. § 106 np6^-
U{Jiov. §119 a'JVYjYopczöv. §140 dTrap^v] (als Erbschaftssteuer).
§ 141 ocTzoGxoXiov. § 143 ߣßat(DTLx6v(?). § 153 StTiXwfJia
övü)v. § 155 btsipzotq. § 157 xXYjpovo|x:ö)v. § 159 exaioang.
§ 162 e^yjxoaxT^. § 164 irdxiiLov. § 180 xoXXußou(?). § 190
vaOXov TtXocou. § 200 aujjißoXwv zafjfi^Xwv. § 201 a^paytapLou
[looyo'j. § 204 TeXeaxizovC?). § 214 yjxkY.ioi.io!..
2. Steuern.
A. Directe Steuern.
a. Vermögens steuern. § 54 ^euywv. § 94 Trexe'.vwv.
§ 102 TTpoßdtiwv. § 120 aa)[xaTL7w6v (als Sclavensteuer).
§ 126 'iSivA], § 144 ^opoc, ßowv. § 173 «popo? Ittttiov.
§ 174 TsXeaiJia xa[X'i^X(i)v. § 195 ttXolwv aXceuicxwv.
b. Ertragssteuern.
a) Grundsteuer. § 12 dfjiTieXwvwv. § 16 annona. § 27
yeoipieTpca?. § 30 xd SyjfjLoaca. § 38 Für Oelfrucht-
boden. § 43 STiapoup'.ov. § 46 sTccYpacpy). § 58 UTrep
O-r^aaupoö. § 72 Für Gemüseland. § 87 zi\if\c, oivou.
§ 104 7cp6;^£(JLa(?). § 109 Ttfxfj? Tuupoö. § 112 aixu-
YjpdxWV. § 124 U7l£p TOTTOU. § 131 CpOLVCXtOVWV. § 175
ö xavwv. § 177 xaToixwv. § 179 xXyjpou/^wv.
ß) Gebäudesteuer. § 41 Ivoixiov. § 93 xpcxY] 7r£pLa-
T£pa)va)v(?).
y) Gewerbesteuern. § 6 [jL£Taß6Xa)v dXcIwv. § 10 dpia-
^a)v(?) § 23 x(£^ptJ^'''^S^ov?) ßaXav£i)T(ü)v). § 24 ßacpiwv.
§ 26 y£p8:a)v. § 28 5a7r(L569(i)v?). § 52 Ixacpcxöv.
§ 57 YjTTYjTcov. § 63 xaaaoTüOLwv und yvacpaXXoXoywv.
§ 66 xva^LXT^. § 68 xoupEwv. § 79 vauXoSoxwv.
§ 80 vauTür^ywv. § 84 oixooojJLWV. § 88 ovvjXaTwv.
§ 98 TTopEUTwv. § III aaxxo^öpwv. § 114 axu-cewv.
STEUERTABELLE.
409
§ 135 yeipm&o'/. § 172 ^liaTtoTcwXLxov. § 182 xpu-
tottodXöv. § 183 Xa)^avoTüü)Xö)v. § 189 [iupoTzwXöv.
§ 197 7:op^{X£ü)v. § 202 zapix^wzGiw. § 207 Tpa7:£;:Tö)v.
§ 217 yp'JGoy^oXy.ri.
c. Einkommensteuern.
a) § 71 XaoYpacfia. . § 127 Trpo^oSwv cpotvtx((i)v). § 158
eixoar)^. § 194 TrpogoSwv o'.xoTteSwv.
ß) Zwangsbeiträge für bestimmte Zwecke. § 15
avop:avT(i)v. § 18 dcTiopwv. § 19 ap}(aL(j)v itutüewv.
§ 20 apxLxuvr/Yöv. § 22 ßaAav:x6v. § 25 ßorjO-oO.
§ 33 ^'.(jip'jyoq. § 44 eTiißoXi^. § 69 xuvr^Y^'^-*''-^''' ^O"
pa-uwv. § 70 x'jvYjYiSwv. § 78 vaußiou. § 85 o?yo-
XoY^'ac. § 90 Tcapo'jaia^. § 97 tzaoIou TüpeicDpiou. § 99
TCOTafiocpuXaxiSwv. § 100 Trpaxxoptoi». § 101 Tzpeo'Ziou.
§ 107 -po'jpLoi). § 113 axo7:£Awv. § 115 QizoXoyioLq(?).
§ 116 aiaxitovoG TUOTapiGC'jXaxiSwv. § 117 axecfayLOu
(halbfrei^villig). § 118 aT£:f dtvou (halbfreiwillig). § 134
d^J^tövtov (fi)Xaxü)v. § 136 /(OfidcTtov. § 142 ap'.^|jLYjTi-
xGv(?). § 147 ^(p7.'^do'j. § 154 5cx'.[iaaTLx6v. § 163
l7i:aTaTix6v(?). § 168 O'cwp'.xov. § 170 laip'.xöv.
§ 176 xaxaYWY^Gv. § 184 XeiTouYpixov. § 186 [Ltpi-
ZoLpyo'j. § 192 ^£VLa. § 193 SSia. § 198 TipaxTopcxov.
§ 199 T'.|Ji'^; a7iDpi5ü)v. § 208 Tp'.yjpap/Yj|jia. § 211 cpiXav-
^piüTiGV. § 212 9'jXaxiTixGV. § 215 yoLpir^pi.. § 218 '^uyI^^'^-
d. Verkehrssteuern. § 1 liXoq ixiaO-waEW^. § 35 b^Y.dyXiO'^^.
§ 51 £71(1) v:a. § 138 wvcwv.
e. Verbrauchssteuern.
a) Von Genuss- und Verbrauchsgegenständen.
§ 8 a^Lxi^. § 81 viTpixYj.
ß) Von Luxusgegenständen. §156 £X£'jO'£p'.(I)V.
B. Indirecte Steuern.
a. An den Grenzen erhobene Verbrauchssteuern. §91
l^aYcoY*^?. § 92 £??aYü)Yfj;. § 151 StajcuXiov. § 169 ^'j:(I)v(?).
§ 205 T£Tap'C7j TÖ)V £?$'^£pop,£VÜ)V.
b. Im Innern erhobene Verbrauchssteuern. § 38 iXaVxV;.
§ 83 60'OvtTjpa(?). § 86 oTvo'j teXo?. § 166 ^uirjpa.
410
IV. KAPITEL.
II, Privatwirtschaftliche Einnahmen.
§ 37 sxcpopLov. § 39 £|jLßa5:z6v. § 40 IvvofJiLov. § 82 vofxwv.
§ 133 :p6poq. § 150 ScaiicaO-WTLTtov. § 196 ^opoc, ttXoccov 'Avito-
B. Tempelabgaben.
§ 5 axpoopuwv. § 11 El? t6 'A(x|jL(töV£Tov). § 17 a7r6|jiOLpa.
§ 60 Lepoö TT'jpoO. § 61 "laiSo?. § 74 loysia. § 152 6:opax[j.ta
C. Privatabgaben.
§ 37 Ix^opiov. § 39 IpißaScxov. § 45 sTiiyevr^iJta. § 130 ^opo?
cpoLvtxwv. § 133 <^6poc,. § 161 Ivocxlov.
Ein unendlich fein gegliedertes Steuersystem liegt in dieser
Tabelle vor uns. Man fragt sich unwillkürlich, ob es denn im da-
maligen Aegypten überhaupt ein steuerfähiges Object gegeben habe,
das unbesteuert geblieben wäre. Dass in einem solchen System
eine starke Belästigung der Steuerzahler lag, ist selbstverständlich.
Ob man aber auch von einer übermässigen Belastung reden darf,
dies zu beantworten, reicht das oben vorgelegte Material nicht aus.
Auch das finanzielle Ergebnis dieses Systems für die Regierung
lässt sich nach den obigen Urkunden nicht abschätzen. Gern
würde man erfahren, wie viel wenigstens einige der HaujDtsteuern
aus dem gesammten Aegypten der Regierung eingebracht haben.
Soweit ich sehe, kann aber auch nicht von einer einzigen der
oben besprochenen Steuern berechnet werden, wie viel sie im
Jahre der Regierung abgeworfen hat. üeberall findet sich min-
destens ein unberechenbarer Factor. Es ist schon viel, wenn wir
erfahren, wie viel eine Steuer für den einzelnen Gau eingebracht
hat. So betrug der jährliche Ertrag der Fischerei Steuer im Peri-
thebischen Gau gegen Ende des II. Jahrhunderts v. Chr. im Durch-
schnitt 25 Kupfertalente (vgl. oben S. 139). Von dieser Summe aus
etwa weiter zu berechnen, wie viel diese Steuer aus dem gesammten
Aegypten eingebracht hat, dazu fehlen uns wieder die notwendigsten
Voraussetzungen. Unter diesen Verhältnissen beschränke ich mich
darauf, die aus den Klassikern uns bekannten Angaben über die
DIE EI>'yAHMEX AUS AEGYPTEN.
41]
Gesammteinnahmen Aegyptens unter den Ptolemäern und Römern
zusammenzustellen und nochmals zu prüfen.^)
1) Kur im Vorübergehen will ich darauf hiuNveisen, was uns
Herodot III 91 über die Steuern Aegyptens zur Perserzeit berichtet.
Aegypten bildete damals nach den ^Bestimmungen des Darius I zu-
sammen mit Libyen, Kyrene und Barka einen Steuerbezirk (vo[Jl6;).
Dieser gesammte Bezirk hatte im Jahre 700 (babylonische) Talente
Silber und 120000 Artaben Getreide aufzubringen, die letzteren für
die Verproviantirung der in Aegypten stationirten persischen Truppen.
Ausserdem warf die Fischerei auf dem Moerissee noch 240 Talente
ab. Wie viel von den zuerst genannten Summen speciell auf
Aegypten kamen, lässt sich nicht berechnen.
2) Von Ptolemaios I berichtet Diod. XVIII 14, 1: Kaia U
TYjV 'Aatav twv jji£[ji£p'.a|i£vtov xa? aaTpaTzeia; IlzoXe\LOLloc. jiev dxcv-
S'jvü)? TrapeXaße tt^v Aiyi)7:tov xal zoiz [jl£V h(y(Si^[oic, cf.Aav^pw-wc
7rpoc£^£p£TO , TiapaXaßwv 0£ 6xTa7.'.cyjA'.a liXocnoL (iia^o^opcj;
f^O-poL^e ^tX. Sowohl Lumbroso (S. 318) wie auch Rühl (S. 621)
folgern hieraus, dass Ptolemaios 8000 Talente Revenuen gehabt habe.
Der Text spricht aber garnicht von Einkünften. Der König „über-
nahm" vielmehr einen Schatz von 8000 Talenten, eben so wie er
Aegypten „übernahm" (vgl. 7iap£Aaj3£ — TrapaXaßwv). Diese richtige
Deutung hat auch schon J.G. Droysen in seinem Aufsatz über das Finanz-
wesen der Ptolemäer gegeben (Sitzungsb. S. 212). Die 8000 Talente
fand also Ptolemaios vor, als er im J. 323 seine Satrapie antrat.
Dass Ptolemaios hier überhaupt einen Schatz vorfand, scheint mir
sehr bemerkenswert. In der Perserzeit werden die Geldabgaben
gewiss zum grössten Teil, wenn nicht ganz, an den Hof abgeführt
worden sein. Auch Alexander wird wahrscheinlich die Einsendung
der Geldsteuern als Norm vorgeschrieben haben. Die 8000 Talente
mögen daher ganz oder zum Teil durch die unerhörten Schröpfungen des
berüchtigten Kleomenes von Naukratis zusammengebracht worden sein.
Ueber dieses Thema haben gehandelt: Boeckh, Staatsh. I' S. 13.
Varges, de statu Aeg. S. 55. Franz, CIGr. III S. 300. Lumbroso, Re-
cherches S. 318. Droysen, Hellenisra, III 1 S. 52. Derselbe, „Zum Finanz-
wesen der Ptolemäer" in Sitzungsber. Kgl. Akad. Berl. 1882 S. 207 fl Kl.
Schrift. II S. 275 ff. Endlich F. Rühl, „Der Sehatz des Ptolemaios II Phila-
delphos" in Jahn's Jahrbb. f. Phil. u. Paed. 119. 1879 S. G21 ff., wo aueh auf
die ältere Literatur hingewiesen wird.
412
lY. KAPITEL.
3) Von Ptolemaios II Philadelphos bezeugt Hieronymus ad
Daniel. XI 5 p. 1122 (Bened.): auri quoque et argenti grande pondus,
ita iit de Aegypto per singidos annos quattuordecim milia et octoginta
talenta argenti acceperit, et fnimenti artabas, quae mensura tres modios
et tertiam modii 2)cirtem habet, quinquies et decies centena milia. Danach
hatte Philadelphos speziell aus Aegypten eine jährliche Einnahme
von 14800 Silbertalenten und 1 J Millionen Artaben. Die Berechnung
der Artabe auf 3^ römische Modii ist sehr auffällig, denn in diesem
Umfange ist die Artabe als Normalmass erst für die Kaiserzeit bezeugt,
während die normale ptolemäische Artabe von den ^letrologen auf
4J römische Modii bestimmt wird. Nun gab es zwar, wie wir in
Kapitel X zeigen werden, in der Ptolemäerzeit verschiedenartige
Artaben neben einander, sodass es an sich denkbar wäre, dass diese
Berechnung eben auf eine der anderen Artaben gestellt wäre. Das
müsste die Artabe zu 30 Choinikes sein, mit der nach dem Revenue-
Papyrus die Oelpflanzeu gemessen wurden. Doch das ist nach dem
in Kapitel X Ausgeführten mehr als unwahrscheinlich. Ebenso
unwahrscheinlich ist es mir, dass etwa Hieronymus oder seine Quelle
die Artabensumme, die sie nach altem ptolemäischen Mass (zu
4^ Modii) in ihrer Quelle vorfanden, nach dem Satze ihrer eigenen
Zeit umgerechnet haben sollten. Dann würden die Einnahmen des
Ptolemaios sich auf nur 1 110000 Artaben (zu 4-J Modii) belaufen.
Ich glaube vielmehr, dass sie die Summe 1500000 in ihrer Quelle
vorgefunden haben, und dass sie sie nur missverständlich auf die
Normalartabe ihrer Zeit (zu 3-J^ Modii) bezogen haben. Wir werden
danach an der Summe von 1-J Millionen Artaben für die Zeit des
Philadelphos festhalten, werden sie aber nicht mit Hieronymus auf
5 Millionen, sondern auf 6| Millionen Modii berechnen.
Bei den Angaben des Hieronymus, die allgemein, und wohl
mit Recht, als gut beglaubigt angenommen werden, ist nicht zu
vergessen, dass sie sich nur auf die jährlichen Einkünfte aus Aegypten
beziehen. Will man die Gesammtsumme der Einkünfte des Königs
berechnen, so sind die Einnahmen aus den übrigen Teilen seines
weiten Reiches hinzuzuzählen. Wie gross diese gewesen sind, das
zu bestimmen, fehlt uns jedes Hilfsmittel. Bedenkt man die ge-
waltige Ausdehnung des Reiches gerade unter diesem Ptolemäer,
so wird man annehmen müssen, dass auch die Revenuen aus diesen
Ländern sehr beträchtliche gewesen sind. Boeckh hat einmal
DIE EINNAHMEN' DES
PHILADELPHOS.
413
vermutuDgs weise die jährlichen Einnahmen des Philadelphos aus den
Nebenländern auf ca. 4170 Silbertalente angenommen (Staatsh.
S. 13). Rühl, der unter Boeckh's Voraussetzungen auf c. 4257 Silber-
talente kommt, hält diese Ansätze für sehr hoch (S. 624). Auch
ich verwerfe mit Rühl den Versuch Boeckh's, aus der Appianstelle
die Revenuen der Nebenländer zu berechnen (vgl. unten). Dass
aber die angegebenen Summen für diese Einkünfte sehr hoch seien,
ist wohl schwierig zu beweisen, und wenn ich behaupten wollte, dass
dieser Satz viel zu niedrig ist, wird man mich schwer widerlegen
können. Mir scheint allerdings die "Weltmachtstellung des Philadelphos
■weit unterschätzt, wenn man annimmt, dass die Nebenländer nicht mehr
als etwas über 4000 Silbertalente, also noch nicht den dritten Teil der
aegyptischen Revenuen eingebracht hätten. Wir haben eine Xotiz
über die Einkünfte aus Koelesyrien, Phoenikien, Judaea und Samaria,
doch bezieht sie sich auf eine etwas spätere Zeit, und hat vor allem
eine so bedenkliche Umgebung, dass ich kein Gewicht darauf legen
will. Ich meine die Angabe der berüchtigten apokryphen Josephus-
legende (bei Joseph, ant. XII § 175), wonach zur Zeit des Ptolemäers,
unter dem Josephus die Legende spielen lässt, jährlich 8000 Talente
aus den gedachten Ländern eingekommen wären, die dann der
edle Tobiade sogar auf 16000 steigert. Damit können nur Silber-
talente gemeint sein, denn nach dem jetzt feststehenden Verhältnis
des Silbers zum Kupfer wie 1 20 : 1 (vgl. Kapitel X) würden
8000 Kupfertalente nur 66-| Silbertalente ergeben, eine Summe, die
wohl a priori durch ihre Kleinheit ausgeschlossen ist.^) Dass diese
Zahl, 8000 (Silber-)Talente, trotz der verdächtigen Umgebung richtig
sein könnte, ist nicht ausgeschlossen. Ich verzichte jedoch darauf,
sie zu benutzen.
4) Endlich haben wir für die jährlichen Einnahmen des Königs
Auletes zwei von einander unabhängige Berichte. Nach Strabo XVII
p. 798 hat Cicero — wohl in der Rede de rege Älexandnno — gesagt,
dass Aegypten dem Ptolemaios Auletes jährlich 12500 Talente ein-
gebracht habe: tt^; Aivu-tou Bs xa? 7tpo;65o'j;, a; ev v.y. Xöyw
Es ist wohl nur ein Versehen, wenn Droysen (Sitzungsb. S. 217) sagt,
dass nach Aristcas' Schrift über die LXX 8000 Talente Kupfer gezahlt seien.
Die Geschichte steht überhaupt nicht bei Aristeas, sondern nur bei Josephus
a. a. O. Das Metall aber wird dort nicht angegeben.
414
IV. KAPITEL.
-/OGLWV. Dass auch hier nur Silbertalente gemeint sein können, ist
nie bezweifelt worden. Diese Zahl, 12500 Talente, der hieronymia-
nischen Summe von 14800 Talenten entgegengehalten, veranschau-
licht uns den Niedergang der materiellen Blüte des Landes unter
den letzten Ptolemäern. Rühl (S. 622) hält in Anbetracht eben
dieses Verfalls die Summe Cicero's für „sehr hoch" und meint, dass
sie wohl thatsächlich übertrieben sei. Mir fehlt jede positive Unter-
lage, um diese Summe für zu hoch oder zu niedrig zu erklären.
Eine Differenz von jährlich 2300 Silbertalenten gegenüber den vor
200 Jahren eingegangen Revenuen, d. h. ein Rückgang um mehr
als ein Siebentel, ist auf alle Fälle recht beträchtlich, und ich möchte
nicht a priori behaupten, dass der Rückgang ein noch grösserer
gewesen sein müsse. Vielmehr möchte ich meinen, dass diese Zahlen
für uns die Grundlage für unsere Vorstellung von dem Grade des
Verfalles bilden müssen. Rühl scheint auch nur von einer Ueber-
treibung Cicero's zu sprechen, weil er bei Diodor für dieselbe Zeit
eine um die Hälfte geringere Summe bezeugt findet. „Denn", fährt
er fort, „Diodor XVII 52, 6 giebt für seine Zeit nach den Angaben
der zocq avaypacpa^ ey^ovTZC, den Betrag twv Tzpoqohm twv xai'
AI'yutitov auf TzXdix) twv £^axc5)(dta)v xaXavxwv an". Und damit
kommen wir zu dem zweiten Zeugnis über die Zeit des Auletes.
Ebenso wie Rühl haben bisher alle anderen Forscher angenommen,
dass Diodor a. a. O. aussage, dass die jährlichen Einnahmen des
Königs aus Aegypten sich auf 6000 Talente beliefen. Man hat die
verschiedensten Versuche gemacht, um den Widerspruch mit Cicero
auszugleichen. Mannert (Tom. X part. I p. 311) nahm an, dass
Diodor sich geirrt oder aber nur den Reingewinn der Einkünfte
nach Abzug der Ausgaben gemeint habe. Varges (de statu Aeg.
S. 55), Boeckh (Staatsh. I^ S. 13) und v. Gutschmid (bei Sharpe 11^
S. 27 f.) halten beide Summen für identisch, indem sie annehmen,
dass Cicero und Diodor nach verschiedenem Münzfuss gerechnet
hätten. Anders wieder Rühl a. a. O., der Diodor den Vorzug giebt
und Cicero's Angabe für übertrieben hält. Eine Uebertreibung um
das Doppelte wäre allerdings sehr stark. Auch Mommsen (RG. V
S. 560) bezeichnet „reichlich 6000" als das Jahreseinkommen. Lum-
broso (Recherches S. 318) stellt beide Angaben unvermittelt neben
einander, Droysen endlich (Sitzungsb. a. a. O. S. 212) übergeht die
DIE EINNAHMEN DES AULETES.
415
Zahl des Diodor mit Stillschweigen. Der Einzige, der die 6000 Talente
Diodor's nicht für die Gesammteinnahme des Königs aus Aegj'pten
hielt, war Sharpe a. a. O,, dessen Vorschlag, die Hafengelder Alexan-
driens darunter zu verstehen, allerdings völlig willkürlich war. Und
doch steckt ein Körnchen Wahrheit in seiner Auffassung.
Nach meiner Ansicht spricht Diodor a. a. O. überhaupt nicht von
den Gesammteinnahmen aus Aegypten. Liest man die angezogenen
Worte im Zusammenhange des ganzen Kapitels, so sieht man, dass
Diodor etwas total anderes hat sagen wollen. Im Anschluss an die
Gründung von Alexandrien spricht er von der späteren glänzenden
Entwickelung der Stadt, die geradezu die erste unter den Städten der
Welt genannt werde, xal yap xaXXec xal \Lo^(i%'Zi zal 7:po?öSü)V
TZA-qd-ti xal Twv T.pbq zp\j'^i]V avYjxovTWV tzoXu Sia^epec twv aXXwv.
Zum Beweise spricht er von der grossen Einwohnerzahl, die sich
nach den dLV0C(poL'^OL[ auf mehr als 300000 Freie belaufe. Darauf
folgen die Worte: Ix tz Töv Tipo^oSwv xwv xai' ATy'J7:tov Xa[ij3av£iv
Tov ßaa'.}ia ttaslo) twv i^,0LV.ic,yi}J,(ii'^ zalcky-zidv. Auch dies hängt
ab von i'^aaav ol zxq dvaypa^a; eyovTSC. Ich frage, was soll in
diesem Zusammenhang eine Mitteilung darüber, wie viel Revenuen
der König aus Aegypten bezogen habe? Das hat mit dem Thema
Diodor's, der Grösse Alexandriens, absolut nichts zu thun. Was soll
hier eine Mitteilung über die finanzielle Bedeutung der xwpa, wo wir
lediglich Aufklärung über Alexandriens Reichtum, über das Tzpoqo-
6ü)V TzXfid'OC, der Stadt erwarten? Nach meiner Ansicht können
daher mit den izpo^ooo'., aus denen (vgl. ex) der König 6000 Ta-
lente bezieht, nur die der unmittelbar vorher genannten 300 000 Freien
von Alexandrien gemeint sein. Ich fasse den Satz also folgender-
massen: die Stadt hat 300000 freie Einwohner, und von deren Ein-
künften aus Aegypten empfangt der König jährlich 6000 Talente
(Steuern). Diese Deutung, die der Zusammenhang gebieterisch fordert,
steht mit den überlieferten Worten durchaus im Einklang. Wir
brauchen uns nur hinter Tipo^dSwv das (selbstverständliche) aOiöv
oder cc'JXfiQ hinzu zu denken. Was wir hiernach aus Diodor lernen,
ist ebenso überraschend wie wichtig. Die Alexandriner, so müssen
wir annehmen, hatten in der X^P^ yiele Besitzungen an Land-
gütern, Fabriken, agrarischen und industriellen Unternehmungen der
verschiedensten Art, dass der König allein aus der Besteuerung ihrer
hieraus fliessenden Einkünfte jährlich 6000 Talente einnahm. Da
416
IV. KAPITEL.
derselbe König nach Cicero im Ganzen 12500 Talente aus Aegypten
herauswirtschaftete, so sehen wir, class etwa die Hälfte aller besteuer-
ten Werte in Aegypten in den Händen der alexandrinischen Kapita-
listen war. Die andere Hälfte wurde von den Provinzialen der xwpa
aufgebracht. Natürlich ist das nur ein Beispiel, das Diodor anführt,
um das vorher betonte 7:pog6Sa)v nXfid-oq der Stadt zu illustriren.
Er wird dies Beispiel geAvählt haben, weil die von ihm angegangenen
alexandrinischen Behörden — offenbar die Steuerbehörden — ihm
gerade über diesen Posten leicht Auskunft geben konnten; denn das
wird in dem Hauptsteueramt zu Alexandrien genau gebucht ge-
wesen sein, wie viel von den Gesammteinnahmen des Königs aus
Aegypten auf die alexandrinische Bürgerschaft fiel. Ob man dort
über die sonstigen Einnahmen der Alexandriner in derselben Weise
orientirt war, kann zweifelhaft erscheinen, zumal diese nur z. T. be-
steuert wurden. Wir sind ja über die Steuerpflicht der Alexandriner
nur ungenügend unterrichtet, aber das ist wohl sicher anzunehmen,
dass z. B. ihre Besitzungen innerhalb der Stadt steuerfrei waren.
So sagt das Edict des Tiberius Julius Alexander (CIGr 4957 Z. 59 f.),
dass in die S(,py^ai(x yf^ der Stadt wie des Menelaites eine Messschnur
nie gekommen sei, d. h. eine Grundsteuer wurde dort nicht erhoben.
So hat sich Diodor darauf beschränkt, auf Grund der amtlichen Auf-
zeichnungen mitzuteilen, wie viel der König aus ihren besteuerten
Besitzungen in Aegypten einzog. Und das Beispiel ist gut gewählt,
denn es führt uns die finanzielle Bedeutung der Hauptstadt gegen-
über dem flachen Lande deutlich vor Augen.
Hiermit sind die Nachrichten der Klassiker über die Einkünfte
der Ptolemäer erschöpft. Es bleibt noch übrig, den Bericht des
Appian (Proöm. 10) über den Bestand des Schatzes des Philadelphos
zu besprechen: ypyj{xaTa)v 6' Iv zolc, O-Yjaaupoi? xsaaape^ xal k^oo\iri-
xovzT. |jLUpLao£^ TaXavTWV AiyDTiTttov, ic, yccp Syj Tcaoöxo Tiapaaxeu'^;
T£ xal Gzpaziäc, Ix twv ßaaiXixwv avaypai^wv ^acvexai Trpoayaywv T£
xal zaTaXiTiwv 6 oeO-cepo? AiyuTiToi) ßaacXeO^ [jl£t' 'AXecavopov.
Diese Angabe hat die verschiedensten Commentare hervorgerufen.
Die kolossale Höhe der Summe hat manche Gelehrte zu der An-
nahme gebracht, dass es sich nicht um Silber-, sondern um Kupfer-
talente handele. Als Vermutung wurde es zuerst von Niebuhr (Kl.
Sehr. I S. 278f) geäussert. Auch Letronue (Recompense promise
1833 S. 20, vgl. Notic. et Extr. XVHI 2. S. 191) empfahl diese
DER SCHATZ DES PHILADELPHOS.
417
Annahme und, da er das Verhältnis des Kupfers zum Silber wie
1:60 schätzte, kam er auf einen Schatz von 12333^ Silbtrtalenten.
Auch Franz (CIGr III S. 300) schloss sich dieser Hypothese an,
und neuerdings ist sie wieder von Eühl in der oben citirten Ab-
handlung verteidigt worden. Ich halte diese Vermutung nach
dem, was wir seit kurzem über die Münzverhältnisse zur Zeit
des Philadelphos wissen, für völlig ausgeschlossen. Das Material,
auf das ich mich stütze, — es sind namentlich Grenfell's Revenue-
Papyrus und Mahaffy's Petrie Papyri — waren den genannten Ge-
lehrten noch nicht bekannt, und ich zweifle, ob sie noch heute ihre
Ansicht aufrecht erhalten würden. Xach dem, was ich unten in
Kapitel X über die Geschichte des Münzwesens unter den Ptolemäern
kurz zusammengestellt habe, kann es wohl keinem Zweifel unterliegen,
dass die Regierung zur Zeit des Philadelphos lediglich mit Silbertalenten
gerechnet hat. Man nimmt aber mit Recht an, dass das statistische
Material bei Appian wie bei Hieronymus auf eine alte gute Quelle
zurückzuführen ist, die gewiss aus gleichzeitigen Aufzeichnungen
geschöpft hat. Mit Recht hat daher auch MahaflH- (Ptolemies S. 130
Anm.) auf Grund der neuen Urkunden angenommen, dass Appian
nur Silbertalente meinen kann. Gegen die obige Annahme spricht
aber auch noch ein zweites Moment. Wir wissen heute, dass
das Verhältnis von Kupfer zu Silber nicht wie l:ßO, sondern wie
1 : 120 war (vgl. Kapitel X). Danach würden 740000 Kupfertalente
nur 6166-| Silbertalente sein. Das wäre also noch nicht einmal die
Hälfte einer Jahreseinnahme aus Aegypten, also nur ein kleiner
Bruchteil der gesammten Jahreseinnahmel Wer will das
glauben?
Einen anderen Ausweg hat Boeckh (Staatsh. I^ S. 13) vor-
geschlagen. Ausgehend von der Annahme, dass Philadelphos un-
möglich einen Schatz von 740000 Silbertalenten hinterlassen haben
könne, vermutet er, Appian habe irrtümlich den Gesammtbetrag der
Einkünfte seiner 38 jährigen Regierung mit dem hinterlassenen Schatz
verwechselt. Er multiplicirt daher die 14800 Talente des Hierony-
mus mit 38, berechnet die H Millionen Artaben desselben auf
500 Talente und kommt so, indem er auch diese mit 38 multiplicirt,
auf 581 400 Talente als die Gesammteinnahmen aus Aegypten während
der 38 jährigen Regierung. Die Differenz gegen 740000 betrachtet
er als Gesammtsumme der Einnahmen aus den Nebenländern, wonach
WiLCKEN, Ostraka. 27
418
IV. KAPITEL.
diese im Jahr, wie oben bemerkt, etwa 4170 Talente gezahlt hätten.
Ich halte diese Berechnung für durchaus verfehlt, vor allem weil
ich meine, dass man einem in der Praxis so bewanderten Mann wie
Appian einen derartigen kolossalen Fehler nicht zutrauen darf
Niemand hat zutreffender die Unhaltbarkeit dieser Boeckh'schen
Berechnung charakterisirt als derjenige, der neuerdings den Grund-
gedanken Boeckh's neu variirt hat. J. G, Droysen (Sitzungsb. S. 213)
sagt zu dieser Berechnung: „Für die Einnahmen aus den Nebenländern
hatte er keine andere Grundlage, als dass ihm gerade 38X4170
Talente fehlten, um die gegebene Summe voll zu machen". Was
Droysen an die Stelle jener Hypothese gesetzt hat^), scheint mir
freilich ebenso in der Luft zu schweben. Mit Recht hebt er zwar
hervor, dass Appian uud Hieronymus in ihren statistischen Angaben
wohl auf dieselbe Urquelle zurückgehen. Wenn er aber darum meint,
dass es kein Zufall sein könne, dass 740000 gerade das 50 fache
von 14800 sei, die erstere Zahl sei also eine gemachte, durch Multij^li-
cation der hieronymianischen Zahl mit 50 entstanden, so kann ich
ihm nicht folgen. AVie unw^ahrscheinlich diese Hypothese ist, zeigt
schon der Umstand, dass Droysen annehmen muss, dass man bei
der Berechnung auf die Jahre des Vaters, des Ptolemaios I, zurück-
gegriffen habe. Trotzdem findet er auch so nicht einmal eine glatte
50 jährige Periode und er sieht sich daher zu der Annahme genötigt,
dass auch die Zahl der Jahre — etwa von Ipsos bis zum Tode
des Philadelphos (301 — 247) — auf 50 abgerundet sei! Vor Allem
hat Droysen Eines übersehen: Hieronymus giebt ja nur die Einnahmen
aus Aegypten an, nicht auch die aus den Nebenländern. Man müsste
also nunmehr dem Appian sogar zutrauen, dass er jenem ersten
Hauptfehler, der Verkennung des Problems, auch noch diesen zweiten
ganz unglaublichen Fehler einer Verwechselung der aegyptischen
Einnahmen mit denen aus dem gesammten Reich hinzugefügt habe.
Ich halte es somit trotz Droysen für einen reinen Zufall, dass
50X14800 = 740000 ist, zumal er die 50 uns nicht glaubwürdig
erklären kann. Endlich beweist die Gemeinsamkeit der Quelle für
Hieronymus und Appian durchaus nicht, dass ihre Zahlen dasselbe
bedeuten müssen. Warum soll denn diese gemeinsame Quelle nicht
^) Im „Hellenismus" nahm Droysen noch an, dass Philadelphos 740 000
Silbertalente hinterlassen habe.
DER SCHATZ DES PHILADELPHOS.
419
erst die jährliehen Einkünfte und dann den hinterlassenen Schatz
aufgeführt haben?
Wie werden wir uns nun Appian gegenüber stellen? Kupfer-
talente kann er nicht gemeint haben. Durch künstliche Berechnung
ist die Zahl gleichfalls nicht zu erklären. Die Frage ist demnach
nur die, ob wir triftige Gründe haben, daran zu zweifeln, dass
Philadelphos 740000 Silbertalente aufgespeichert und hinterlassen
haben könnte. Nach meiner Ansicht sind wir nicht in der Lage, diese
Frage zuversichtlich mit einem einfachen Ja oder Nein zu beantworten.
Es sind uns zu viele Factoren in der Rechnung unbekannt. Wir
wissen garnicht, welchen Schatz ihm sein Vater bereits hinterlassen
hatte. Wir wissen auch nicht, welche Hilfsquellen ihm zur Ver-
fügung standen. Wohl kennen wir aus Hieronymus jene 14800
Silbertalente als die jährlichen Einnahmen aus Aegypten , aber wie
gross die aus den Nebenländern gewesen sind, ist uns völlig unbekannt.
Noch unberechenbarer ist für uns ein Erwerbsfactor in den
königlichen Einnahmen, der bisher in diesem Zusammenhang völlig
übersehen worden ist. Man nimmt allgemein an, dass der Schatz des
Philadelphos ein totes Kapital gewesen sei. „In welchem Zustande",
fragt Rühl S. 623, „müsste sich wohl eine Volkswirtschaft befinden,
der man in verhältnismässig wenigen Jahren ein solches Kapital
entzogen hätte, um es müssig liegen zu lassen?" Und er vergleicht
dann weiter den Schatz des Philadelphos mit dem des Juliusturmes
zu Spandau. Ich halte diese Vorstellung für durchaus irrig. Mag
der Schatz gross oder klein gewesen sein, totes Kapital war er nicht,
vielmehr hat der König ganz sicherlich Geldgeschäfte mit ihm ge-
macht. Ja, diese Geldgeschäfte werden im Laufe seiner
langjährigen Regierung sehr dazu beigetragen haben, den
Schatz zu mehren und auf die Höhe zu bringen. Schon
Lumbroso (Recherches S. 316) hat hervorgehoben, dass die Könige
durch Ausleihegeschäfte ihre Revenuen zu erhöhen bemüht gewesen
seien. Er verweist auf Diod. I 84, 8, wonach Ptolemaios I den
Priestern von Memphis zur Bestattung des Apisstieres 50 Silbertalente
vorschoss. Dass er Zinsen dafür bekam, ist selbstverständlich. Er ver-
weist ferner auf Appian SixeX. 1, wonach die Karthager den Philadelphos
um ein Darlehen von 2000 Talenten (natürlich Silber) baten. Aus
politischen Gründen musste der König auf dies Geschäft verzichten,
was ihm sauer genug geworden sein mag. An der dritten Stelle,
27 *
420
lY. KAPITEL.
auf die Lumbroso verweist (Pap. Paris. 63 VI 171), scheint mir eher
von dem Vorschuss von Aussaat als von Kapitalien die Rede zu sein.
So spärlich auch diese Notizen sind, lassen sie uns doch, zusammen-
gehalten mit dem, was wir sonst über die Darlehengeschäfte der alten
Staaten wissen (vgl. Lumbroso a. a. 0.), keinen Zweifel darüber, dass
die Ptolemäer im Inlande wie im Auslande Geldgeschäfte durch
Ausleihung von Kapitalien auf Zinsen gemacht haben. Die Geschäfte
mit dem Auslande wird die Hauptbank in Alexandiden vollzogen
haben. Im Inlande werden es die durch das ganze Nilthal ver-
streuten Banken gethan haben, und wir werden unten in Kapitel VI
sehen, dass gerade die Ausleihegeschäfte der vom König verpachteten
Banken eine wichtige Rolle in den vom König monppolisirten Bank-
geschäften gespielt haben. Hiernach dürfen wir annehmen, dass
der Schatz des Philadelphos, wie gross oder klein er auch gewesen
sein mag, abgesehen von den Ueberschüssen der regelmässigen jähr-
lichen Einkünfte, auch durch Verzinsung eines Teiles von Jahr zu
Jahr angewachsen ist.
Angesichts dieser zahlreichen ganz unberechenbaren Factoren
enthalte ich mich einer Entscheidung über den Wert der Appianischen
Nachricht. Dass es absolut unmöglich gewesen sei, dass Phila-
delphos im Laufe seiner Regierung einen Schatz von 740000 Silber-
talenten aufgehäuft habe, wage ich nicht zu behaupten. Will man
diese Möglichkeit leugnen, so bleibt nichts übrig als anzunehmen,
dass die Zahl des Appian falsch ist, gleichviel, ob er eine irrige Zahl
in seiner Quelle vorfand, oder ob seine richtige Zahl durch die Ab-
schreiber verdorben worden ist. Hoffen wir, dass neues Material
uns die nötigen Unterlagen giebt, um die Frage definitiv beantworten
zu können.
Aus der Kaiserzeit liegen uns meines Wissens keine Nachrichten
über die Einkünfte aus Aegypten vor. Nur über die Getreideausfuhr
giebt es einige Notizen. Nach Josephus bell. i. II § 386 wurde Rom
vier Monate hindurch mit aegyptischem Getreide verpflegt^), und
nach Aurel. Victor Epit. 1 schickte Aegypten unter Augustus all-
jährlich 20 Millionen (Modii) nach dorthin. Rechnen wir wie oben
^) Beloch, Zur Bevölkerungsgeschichte des Altertums (Hildebrand's Jahr-
bücher III F. XIII (LXVIII) S. 331/2 bezieht diese Angabe im Hinblick auf
§ 383, wie mir scheint mit Recht, nur auf die Getreidespenden.
GETREIDEAUSFUHR IX DER KAISERZEIT.
421
S. 412 die 1-J Millionen Artalpen des Hieronymus zu 4^ Modii, so
stehen diesen 20 Millionen Modii aus der Zeit des Augustus nur
6f Millionen Modii aus der Zeit des Philadelphos gegenüber, und
dabei bezeichnet die letztere Summe die gesammten Naturalsteuern
Aegyptens, während die erstere nur die Ausfuhr nach Rom bedeutet.
Ueber die Gründe dieses enormen Anwachsens haben wir oben
S. 204 einige Vermutungen vorgetragen. Noch höher war später
die Zufuhr, die nach Constantinopel zu liefern war. Nach Justi-
nian's 13 Edict c. 8 gingen unter Justinian jährlich 8 Millionen Ar-
taben = 26| Millionen römischer Modii nach Constantinopel.
V. KAPITEL.
Die Steuerveranlagung.
§1.
Die Steuerbezirke.
Nachdem wir im vorhergehenden Kapitel die einzelnen Steuern
betrachtet haben, soll in diesem und dem folgenden Kapitel der
Versuch gemacht werden, von den Aufgaben der aegyptischen Steuer-
verwaltung in griechisch-römischer Zeit und von den zur Lösung
dieser Aufgaben angewendeten Methoden ein möglichst anschauliches
Bild zu entwerfen. In Kapitel V soll die Steuerveranlagung, in
Kapitel VI die Steuererhebung zur Darstellung kommen. Betrachten
wir zunächst in diesem ersten Paragraphen einleitungsweise die
örtlichen Steuerbezirke. ^)
^) An zusammenfassenden Arbeiten über die Geschichte Aegyptens in
dieser Zeit sind folgende zu nennen:
a) Ptolemäerzeit : J. G. Dropsen, De Lagidarum regno Ptolemaeo VI Philo-
metore rege, Berlin 1831 = Klein. Schrift. II S. 351 flf. Derselbe im „Hellenismus"
passim. Franz, CIGr. III S. 281 flf. Letronne, Eecueil des inscriptions grecq.
et lat. de l'Egypte I II, Paris 1842. R. Lejysius, Ueber einige Ergebnisse d. aeg.
Denkmäler für die Kenntnis der Ptolemäergeschichte, in Abh. Akad. Berlin 1852
S. 455 £F. S. Sharpe, Geschichte Egyptens, deutsch v. Jolowicz, 2. Aufl. (mit
Anmerkungen von A. v. Gutschmidj, Leipz. 1862. G. Lumhroso, Recherches sur
l'^conomie politique de l'Egypte sous les Lagides, Turin 1870. Derselbe, L'Egitto
dei Greci e dei Romani, 2. Aufl., Rom 1895. Robiou, Memoire sur l'economie
politique etc. de l'Egypte au temps des Lagides, Paris 1875. Eug. Revillout,
Revue Egyptologique I — VII passim. Derselbe, Melanges sur la metrologie,
l'economie politique et l'histoire de l'ancienne Egypte, Paris 1895. Ed. Meyer,
Geschichte d. alten Aegyptens (in Oncken's Sammlung, I), Berl. 1887 S. 397 fi".
A. Holm, Griechische Geschichte IV Band, Berl. 1894. Mahaffy, The Empire of
the Ptolemies, Lond. 1895. M, L. Strack, Die Dynastie der Ptolemäer, Berlin 1897.
§ 1. DIE STEUERBEZIRKE.
423
Aegypten war schon seit den ältesten Zeiten in eine grössere Zahl
von Steuerbezirken, den sogenannten Gauen (vo[xoO, geteilt, oder richtiger
gesagt, man verwendete die Gaue, die vielleicht einst, ehe der
„Einiger der Länder" kam, selbständige politische Einheiten gebildet
hatten^), schon früh für die Zwexike der Steuerverwaltung. Dass
Umfang und Zahl der Gaue im Laufe der Jahrhunderte sehr
geschwankt haben, indem bald mehrere Gaue zu einem zusammen-
gelegt, bald ein Gau in zwei zerschlagen wurde, sei hier nur nebenbei
hervorgehoben. Hinsichtlich der Bedeutung der Gaue als Verwaltungs-
einheiten hat sich in der makedonischen und römischen Zeit nichts
verändert. Sie entsprachen auch damals genau dem, was wir heute
Steuerbezirke nennen, und bildeten die Grundlage für die gesammte
Steuerverwaltung.
Gleichfalls schon seit alten Zeiten waren die Gaue des Nordens
und die des Südens wiederum zu grösseren Steuergebieten zusammen-
geschlossen. Diese alte Scheidung in Ober- und Unteraegypten ist,
wie ich glaube, auch während der Ptolemäerzeit die allein massgebende
gewesen und ist auch noch in die Kaiserzeit mit hinübergegangen.
Es ist ein alter, allgemein verbreiteter Aberglaube, dass schon die
Ptolemäerzeit die Dreiteilung — in Delta, Heptanomis und Thebais —
kenne. Ich habe mich schon in einer meiner Doctorthesen dagegen
gewendet: Heptanomis Äugusti aetate nondum instituta erat. Kürzlich
ist auch Simaika mit guten Gründen dafür eingetreten, dass die
Heptanomis erst im Laufe der Kaiserzeit abgezweigt worden ist. 2)
b) Kaiserzeit: C. E. Varges, De statu Aegypti prov. Eomanae I et II p. Chr.
n. saeculis, Gött. 1842. Franz a. a. O. S. 308 flf. Sharpe a. a. O. Emil Kuhn,
Die städt. u. bürgerl. Verfassung d. Rom. Reiches bis auf Justinian II, Leipz. 1865.
J.Marquardt, Rom. Staatsverwaltung I-^, Leipz. 1881 S. 438 fi\ Wilcken, Obser-
vationes ad bist. Aegypti prov. Rom. Diss. Berl. 1885. Mommsen, Rom. Ge-
schichte V, 1885 S. 553 flf. Abdallah Simaika, Essai sur la province Rom. d'Egypte,
Paris 1892.
Zahlreiche Einzelarbeiten werden ausserdem aufgeführt in dem Anhang zu
Lumbroso's l'Egitto^ S. 243 (progressi della Egittologia greco-romana dal 1868
al 1895) und in den Anmerkungen meines Vortrages ,,Die griech. Papyrus-
urkunden", Berlin 1897 (Reimer).
^) Ed. Meyer, Gesch. d. Altertums I S. 53.
^) Sonst hat nur noch Lumbroso (Rech. S. 237) richtig hervorgehoben,
dass die Dreiteilung römisch sei. Aber er meint irrig, dass Strabo schon die
Heptanomis bezeuge.
424
V. KAPITEL.
Inzwischen sind die Flinders Petrie Papyri und der Revenue-Papyrus
erschienen, die uns einen neuen Einblick in die Verwaltung des
ptolemäischen Aegyptens gewährt haben. Auch sie haben mich in
meiner früheren Ansicht nur bestärkt.
Schon in den Anordnungen Alexanders des Grossen, wie sie
uns von Arrian (Anab. III 5) sachkundig mitgeteilt werden, spricht
nichts für eine Dreiteilung. Vielmehr liegt offenbar eine Zweiteilung
vor, wenn Alexander den Doloaspis und Petisis als Verwalter des
Landes zurückliess.^) Dass Letzterer nachher zurücktrat, ändert
nichts an der Thatsache, dass Alexander die alte Teilung in Ober-
und Unteraegypten aufrecht hielt.
Aus dem Revenue-Papyrus habe ich den Eindruck gewonnen,
dass auch im III. Jahrh. v. Chr. hierin keine Aenderung eingetreten
ist. Diese Urkunde enthält zwei Gaulisten, in col. 31, wo gewisse
Bussen für die einzelnen Gaue festgesetzt werden, und in col. 60 — 72,
wo die Saatverhältnisse der einzelnen Gaue geregelt werden. Beiden
Listen ist — trotz sonstiger Abweichungen-) — gemeinsam, dass
sie zum Schluss die sämmtlichen südlichen Gaue als Srßcctq zusammen-
fassen, die nördlichen dagegen, vom Hermopolitischen an, einzeln
aufführen. Dass die südlichen nicht gleichfalls spezialisirt werden,
liegt nach meiner Ansicht einfach daran, dass das vorliegende
Exemplar der königlichen Verordnung für Unteraegypten (Faijüra)
ausgestellt war. In dem Exemplar für Oberaegypten werden wenig-
stens die Bestimmungen über die Saatverhältnisse ^) für die einzelnen
^) A'jo [X£v voiidpxccc, AlyuTcxou xaTsaxYjosv xxX. Dieser „Nomarcli" ist nicht
mit den in Aegypten sonst üblichen Xomarchen, den Vorstehern der einzelnen
Gaue, zu verwechseln. Der vo[iö^, der dem Arrianischen Titel zu Grunde liegt,
ist das gesammte Aegypten in seiner Eigenschaft als Steuerbezirk des persischen
Reiches, resp. des Alexanderreiches. Vgl. Herodot III 90flf., vro die 20 Satrapien
des Darius als Steuerbezirke yo\ioi genannt werden.
^) Dass die Gaue in verschiedener Reihenfolge aufgezählt werden, finde ich
nicht so seltsam, da sie doch in col. 31 mit Rücksicht auf die Höhe der Bussen
zusammengestellt sind. Aber dass in col. 60 tf. z. T. andere Namen erscheinen,
ist allerdings auffällig. Das wird sich mit Grenfell dadurch erklären, dass die
zweite Liste aus viel älteren Documenten herübergenommen ist. Vgl. auch
Deutsche Literaturz, 1897, No. 26, Sp. 1017. — Dass Strabo in seiner Periegese
nicht die Namen der thebanischen Gaue nennt, sondern nur die Metropolen auf-
führt, halte ich für Zufall. Mahaffy übersieht, dass Strabo p. 787 sagt: Ssxa
Ii£v (seil, vojious) Yj Gr^ßatg.
^) Die Bussen stimmten dort überein.
§ 1. DIE STEUERBEZIRKE.
425
Gaue gewiss spezialisirt gewesen sein. Aber dass überhaupt die
Thebais, und zwar als das Land südlich vom Hermopolitischen Gau,
in dieser Weise von den X ordgauen geschieden wird, ohne dass unter
diesen wiederum, etwa bei Memphis, ein Einschnitt gemacht wäre,
zeigt meines Erachtens deutlich, dass die Regierung damals nur zwei
Verwaltungsbezirke kannte: Ober- und Unteraegypten.
Auch für das IL Jahrh. v. Chr. liegt kein Zeugnis für die Drei-
teilung vor. Agatharchides bezeugt uns die Zollgrenze zwischen
dem Hermopolitischen Gau und der Thebais (Geogr. Gr. min. ed.
C. Mueller § 22).
Auch die Gauliste des Strabo^), der in den Anfangen der neuen
römischen HeiTschaft Aegypten bereiste, spricht nicht für die Drei-
teilung. Zwar sagt er p. 787 C: if) X^P^ '^'■^ M-^v TipcoiTjv S'.atpeaiv
5' [xsTacj. Aber Strabo hat hier, wie auch Simaika S. 35 richtig
gesehen hat, lediglich eine geographische Einteilung im Auge.
Unter AeXxa versteht er hier — übrigens dem Artemidoros folgend-) —
das Land zwischen dem Kanobischen und dem Pelusischen Nilarm.
Da die Thebais eine gegebene Grösse war, musste er so zur Aufstellung
eines Zwischenlandes (t^ p,£Tag6) kommen. Eine politische oder
administrative Bedeutung hat aber diese aus rein geographischen
Gesichtspunkten gewonnene Einteilung absolut nicht. Somit kann
Strabo nicht als Zeuge für die administrative Dreiteilung des Landes
angeführt werden.
Auch nach Plinius' Bericht hat sich, wie Simaika mit Recht
hervorhebt, noch nichts geändert. Er zählt die Gaue der Thebais auf,
als deren nördlichsten er den Lycopolites nennt (h. n. V 49, vgl. 61),
kennt also dieselbe Grenze wie die vorhergenannten Autoren. Die
nördlicheren Gaue werden lediglich nach ihrer geographischen Lage
vorgeführt, ohne irgend eine administrative Scheidung oder Gruppirung.
— Dieselbe Anschauung liegt auch noch im Edict des Ti. Julius
Alexander vor in den "Worten (CI Gr. III 4957, 47 f.): oOx £7:1 xf^v
0y]ßaica ja6v[ov, oujBe £7il zouq Tzoppw vo|ioij? t"^? zccko yuipoLC.
^) Die Aufzählung der Gaue nach Strabo bei Mahaffy (Rev. Pap. p. L f.)
ist voller Missverständnisse. Völlig correet gab sie G. Parthey, ,,Zur Erdkunde
des alten Aegyptens" in Abb. Akad. Berl. 1857 S. 513.
-) Vgl. p. 804 : Iva 5s xcov 5dxa xwv ev xö AiXxa Ö'.ap'.ö-iJicixa'. (Artemidoros)
xal xouxov (seil, xöv ]SeO-p(üixi'5v).
426
Y. KAPITEL.
aXXa xal xa 7ipoaoT[£]:a r^? TroXeo);. Hier werden die an die
Thebais angrenzenden Gaue (zobc, Tccppw v.) zur xcctü) X^P^5
ünteraegypten, gerechnet.
Wenn der T^yeixcov djJt^OTSpwv in P. Oxyr. I 39, 6 mit Grenfell-
Hunt als Statthalter von Ober- und Unteraegypten zu fassen wäre,
so würde dieser Text aus dem J. 52 n. Chr. eine neue Stütze unserer
obigen Darlegungen sein. Aber es ist mir im Hinblick auf den
Titel ^:)?'ae/ec/iis Alexandreae et Aegypti, den Gaius Cornelius Gallus
in der Inschrift von Philae führt, fraglich, ob nicht auch mit dem
ajJKpoTEptov vielmehr auf Alexandrien und Aegypten hingewiesen
wird, zumal die Urkunde in Alexandrien selbst aufgesetzt ist.
So ist der erste Autor, der die Abtrennung der Heptanomis
kennt, Claudius Ptolemaeus (Mitte des II. Jahrh. n. Chr.). Für ihn
ist die xaio) y^wpa nur noch das Delta (Arabia und Libya mit
eingeschlossen). Die Gaue südwärts, vom Memphites an bis zur
alten Zollgrenze, den Hermopolitischen c^uXa/wac, fasst er als die
'Etitä vo|JLol 'ETtTavo|JLC? zusammen (IV 5, 55). Auch die 66o
'Oaalxa: rechnet er dazu (IV 5, 61).^) Wann ist diese Neuerung
eingeführt? Nach den überzeugenden Ausführungen von Schwarz
(Rhein. Mus. 1896. 51. S. 637) hat Hadrian, als er im J. 130 Antinoe
gründete und den Antinoitischen Gau absonderte, den mittelaegyptischen
Provinzen die Bezeichnung '"ETiid vofxol xal 'ApatvotTY]? gegeben,
indem er dem abseits liegenden Faijüm in der Titulatur eine Sonder-
stellung gab.-) Dies setzt notwendig voraus, dass er die Heptanomis
^) An die grosse Oase el-Chargeh'darf dabei nicht gedacht werden, wie
Kuhn II S. 482 thut, denn die gehörte sicher zur Thebais, vielmehr an die
beiden nördlicheren el-Beharie und Faräfra. Die gehören auch heute zur Ver-
waltung des Faijüm, während Dächel und el-Chargeh zu Sifit zählen. Vgl.
V. Fircks II S. 7.
^) Daher muss auch Orelli 51 G jünger als 130 n. Chr. sein (anders Simaika
S. 39). Von den anderen Texten, die jenen Titel bringen, ist es bezeugt: CIL III
6575 (aus Commodus' Zeit); BGU 8 II 26 (J. 248 n. Chr.); 15 II 1 (J. 197?);
646 (J. 193). — Wenn es in BGU 15 II 1 heisst „'E7CX(x vojiöv xal 'Apotvot-
TOü XtüptS Auocascog", so bedeutet das nicht mit P. Meyer (Philol. LVI S. 211
A. 26) ,,eine nach der hadrianischen Neuordnung nochmals eingetretene Aenderung
der Bezeichnung", sondern es will nur besagen, dass der vorliegende Erlass nicht
auch für die Oase gültig ist. Ebenso ist aufzufassen BGU 484 (J. 201/2):
emaxp(aTy]Yia$) ^ vo|xü)v xai 'Apai(votTOu) Xtöp[^S] 'H[pa]xXeoTCoX(iTOu) , denn
die nächsten Worte zeigen, dass der Präfect an die Beamten des Herakleo-
politischen Gaues ein besonderes Schreiben gerichtet hat.
§ 1. DIE STEUERBEZIEKE.
427
als festen Begriff bereits vorfand, denn sonst hätte er gewiss eine
'Oxxavofi:; geschaffen. Wir kommen also zu dem Resultat, dass die
Abtrennung der Heptanomis zwischen dem Jahre des Edicts des Jul.
Alexander, d. h. 68 n. Chr., und 130 n. Chr. vollzogen worden ist.
Die Selbstständigkeit dieser grossen Verwaltungsgebiete docu-
mentirt sich darin, dass besondere Oberbeamte an ihre Spitze gestellt
waren, die Epistrategen, die über den Strategen der Einzelgaue standen.
Ob das schon von Anfang an geschehen, ist jedoch zweifelhaft. In
den zahlreichen Urkunden des III. Jahrh. v.Chr. hat sich bisher
kein Epistrateg gefunden. Das kann freilich Zufall sein.^) Für
das II. Jahrh. v. Chr. ist der Epistrateg der Thebais bezeugt. Ob
es aber neben ihm auch einen Epistrategen von Unteraegypten gab,
wissen wir nicht. Kotwendig folgt nicht der Eine aus dem Anderen,
denn die grössere Entfernung der Thebais von der Hauptstadt und
ihre militärische Bedeutung (nach Süden hin) würde auch besondere
Massregeln begreiflich machen.-) Für Augustus' Zeit scheint Strabo
p. 798 zwei Epistrategen, für Ober- und Unteraegypten, zu bezeugen,
wenn er sagt, die Römer schickten in die xcopa ..iTTiaTpaTyjYO'JC
Tiva?". Aber die Stelle ist, wie schon oft bemerkt, nicht unbe-
denklich.^) Während die griechischen Zeugnisse der Kaiserzeit
die alten griechischen Titel auch für diesen römischen Beamten
beibehalten, zeigen die lateinischen, dass die Kaiser dies Amt mit
der Procuratur verknüpften.^) Dem entsprechend charakterisiren ihn
auch die griechischen Texte als xpaTiaxoc, d. h. als vir egregius.
Urkundlich sind für's I. Jahrh. n. Chr. Epistrategen der Thebais
mehrfach bezeugt, aber meines Wissens keiner für Unteraegvpten.
Auch dies kann Zufall sein. Dagegen liegen mehrere Belege dafür
vor, dass die Heptanomis seit ihrer Begründung einen besonderen
*) Vgl. Grenfell, Rev. Pap. S. 117. Hier wäre er allerdings zu erwarten.
^) Sowohl in den ganz alten wie auch wiederum in modernen Zeiten hat
die Thebais vielfach besondere Massregeln erfordert.
') Mommsen, Hermes XXVII S. 525, vermisst dahinter ein xai o'paxTjYO'j;.
Ausserdem kann man vom Epistrategen nicht gut sagen jjTipaY/xaxcDv oO {jLSYaXtüv
iTitoxaTsiv f(^'.ü)ndvov. Letronne wollte uTioaTpaTr^You; lesen.
*) Vgl. z. B. Orelli 516: proc. Aug. epistrategiae Septem nomorum et
Ärsinoitae, daneben auch kurz epistrategus, vgl. Orelli 3881. Die Identität beider
ergiebt sich z.B. aus BGÜ1G8, wo der eTZiaxpatr^Y^? in Z. 3 als ZT.Lzpor.Oi
bezeichnet wird.
428 Y. KAPITEL.
Epistrategen gehabt hat^), und daraus folgt wohl notwendig, dass
auch das davon abgetrennte Delta seinen eigenen Epistrategen erhielt.
Trotz Simaika (S. 189 f.) halte ich mit den Früheren daran fest, dass
der AouzxT^LO? 'OcpeXAiavog in CIGr. III 4701 (vom J. 165/6 n. Chr.)
Epistrateg des Delta ist, denn der Letopolitische Gau, in dem dies
Denkmal gesetzt ist, gehört zum Delta.
"Wie die Verwaltungspraxis auf der einen Seite zur Zusammen-
fassung mehrerer Gaue zu grösseren Steuergebieten drängte, so erheischte
sie andrerseits eine grössere Zergliederung der einzelnen Gaue und
Bildung noch kleinerer Steuerbezirke. So wiederholt sich dasselbe
Bild, das das gesammte Land im Grossen uns bietet, innerhalb des
Gaues noch einmal en miniature. Der Gau zerfallt in Unterbezirke,
die sogenannten Toparchien (oder totiol), je nach der Grösse des
Gaues in verschiedener Zahl. Welche wichtige Rolle die Toparchie
als Steuerbezirk spielte, darauf ist schon oben S. 306 ff. hingewiesen
worden (vgl. auch 309). Jede Toparchie aber zerfiel wieder in einen
südlichen und einen nördlichen Bezirk : cd avco und cd zaTW zoizoLpyioLi.
Ich wies schon in den Observationes ad hist. Aeg. p. 25 darauf hin, dass
die Hieroglyphe für „Gau", die bereits in der Unainschrift (ca. 2500
V. Chr.) begegnet, uns ein deutliches Bild eben dieser Einteilung
giebt: fflBffi. Hier ist der Gau in der Mitte durch eine Linie,
wohl den Hauptkanal, in zwei Hälften geteilt (avo) und xdtxü)).
Rechtwinkelig wird diese Linie von anderen geschnitten, die die
Toparchien von einander trennen. Wir sehen deutlich in dem Bilde
die sich gegenüberliegenden nördlichen und südlichen Hälften der
Toparchien vor uns. Mit der Gaueinteilung, wie sie sich uns aus
den griechischen Papyri ergeben hat-), stimmt dieses schematische
Bild in seinem Grundgedanken durchaus überein.
Nach Strabo p. 787 wären nur „die meisten" Gaue in solche
Toparchien zerlegt worden. Die Geschichte des Perithebi sehen Gaues,
wie ich sie in den „Actenstücken aus der kgl. Bank" S. 33 A. 2 dargelegt
habe, giebt uns einen Wink für die richtige Auffassung dieser Nach-
richt: Strabo wird diejenigen ausgeschlossen haben, die, wie der IIspl
0yjßa?, selbst aus einer Toparchie hervorgegangen waren. Zwar
wurden auch diese Gaue durch eine Mittellinie in einen nördlichen
^) Vgl. ausser den alten Citaten bei Kuhn II S. 482, Marquardt I"^ S. 445 etc.
die neuen Belege in den Indices zu BGU.
2) Vgl. Observationes ad hist. Aeg. p. 2 Off.
§ 1. DIE STEUERBEZIRKE.
429
und einen südlichen Distrikt geteilt, aber diese führten keine besonderen,
von dem Gaunamen abweichenden Kamen, da hier ja Toparchie und
Gau zusammenfiel. Man nannte sie einfach: r^ avo) resp. i] xa-to
zoTzapyJ.oL. ^)
Am genauesten kennen wir die Toparchieeinteilung des Hera-
kleopolitischen Gaues.-) Eine Besonderheit zeigt der Arsinoitische
Gau, wohl der umfangreichste von allen, der zwar auch, wie wir
jetzt wissen^), aus Toparchien bestand, ausserdem aber in drei
geteilt war — die "Hpa/.Xeioo'j, 0£|Ji''aTOi) und noXsfiwvo^ [xspic.*)
Meine Vermutung, dass diese drei Bezirke, die ich zunächst nur für
die Kaiserzeit nachweisen konnte (Observationes p. 12), auch schon
in der Ptolemäerzeit bestanden, fand durch Inschriften und Papyri
inzwischen ihre Bestätigung. 5) In der Kaiserzeit war die oberste
Leitung des Polemon- und Themistesbezirkes in einer Hand vereinigt,
so dass der Arsinoitische Gau zwei Strategen hatte. Dagegen hatte
jede der drei [icplteq ihren eigenen „königlichen Schi-eiber". Ausser-
dem gab es spezielle „Merls -Vorsteher" oder [iBpiodpyoc.. Zu den
schon oben S. 382 f. angeführten Zeugnissen kommt jetzt P. 7459
hinzu, wo ein [x£p:o(apy^yj^) ''Hpa7.X(£i6ou) \Lzpiooz, erwähnt wird
(III. Jahrh. n. Chr.).
In diesen Toparchien, den Landbezirken des Gaues, lagen nun ein-
mal die Metropole, die meist uralte Hauptstadt des Gaues, die sich an
das Gauheiligtum anschloss, und dann die zahlreichen Dörfer (x(I)|Jiat).
Das geschieht auch bei anderen kleineren Gauen. Vgl. Pap. Grenf. (II)
24, 3: T^s 5va) X07r(apx-as) "^oö Ilad-upixou. Pap. Grenf. (I) 33, 18: ev xdxo
xoTZOLpX'-'^ AaTC7:o(Xf:ou).
2) Die Urkunden, auf die ich mich in den Observationes p. 24 f. stützte,
sind jetzt als BGU 552 — 557 publicirt. Dass sie nicht aus dem Arsinoitischen,
sondern dem Herakleopolitischen Gau stammen, habe ich im Hermes XXVII
S. 299 A. 6 bemerkt.
^) Vgl. BGU 579, 4: bB[y,]'XT.p(üzoi ß'xal f xouapX'.wv 'HpaxX£i[5o'J |i£p''8o;.
Ebenso in P. 8794. Vgl. auch Pap. Lond. CCXCV, 1: To:iapx(ta€) A'.ov'ja'.a5o[;\
Im Hermes XXVII a. O. kannte ich diese Texte noch nicht.
Irrig ist es, wenn Grenfell (Gr. Pap. II S. 107) meint, dass die [izpitzg
des Faijüm den Toparchien der anderen Gaue entsprächen. Vielmehr bestehen die
jiSplSss aus Toparchien. Vgl. die vorige Anmerkung. — Der Mann, nach dem
die zweite benannt war, heisst 0£|iiaxr,g, nicht Themistos oder Themistios,
Avie man vielfach zu lesen bekommt.
5) Vgl. Krebs, Nachr. Gött. Ges. 1892, Nr. 15, S. 535. In den Flinders
Petrie Papyri begegnen die [JLepiJsg passim.
430
Y. KAPITEL.
Diese Metropolen, die, ohne Autonomie, staatsrechtlich bekanntlich
nicht TzoXeLq, sondern zö)[jiat waren, bildeten den Centraipunkt für
die gesammte Steuerverwaltung des Gaues. Hier war der Sitz der
obersten Steuerbehörde, des Strategen und des königlichen Schreibers,
hier war das Gau-Archiv, die 57j[jioaia ßLßXLoO-yixyj, die, wie wir sehen
werden, u. A. auch die Steuerbücher und Kataster des gesammten
Gaues vereinigte, hier war die Hauptrechnungskammer des Gaues,
das Xo^{iGzripiov, in dem, wie wir gleichfalls unten zeigen werden, die
Steuerveranlagung sowie die Steuerabrechnung vorgenommen wurde.
Dieser Metropole unterstanden die Dörfer, die wiederum ihre eigene,
weitverzweigte Beamtenschaft hatten, von der speziell für die Steuer-
verwaltung die xa){Jtap/a:, die ywWfioypaiJijJia'cel^ und die TrpeajBuxspot
in erster Linie in Betracht kommen.
An diesen Grundzügen, wie sie hier nur mit wenigen Strichen
skizzirt werden können i), scheint sich nicht allzuviel geändert zu
haben, als die Metropolen mit der Decurionatsverfassung beglückt
wurden. Dass dies nicht nach der Constitutio Antonina vom J. 212
erfolgte, wie Marquardt (St.V. I- S. 212) annahm, auch nicht nach
der Zeit der Philippi (Kuhn II S. 240) oder gar erst „durch die
allgemeinen Vorschriften des Theodosischen Codex", wie Rudorff
meinte 2), sondern bereits in den ersten Jahren des III. Jahrh. n. Chr.,
haben uns die Papyri gelehrt. Direct bezeugt ist die Decurionen-
ordnung zwar erst für einzelne Metropolen^), aber dass die Ver-
leihung eine generelle war, wie ich es im Hermes XXVII S. 295/6
vermutungsweise aussprach, ist soeben durch P. Oxyr. I 58, 13 sehr
wahrscheinlich gemacht worden. In diesem Schreiben an die Strategen
der Heptanomis (vom J. 288) wird von xlvSuvo) IxaaxYj^ ^ouXfic,
gesprochen. Der Schreiber setzt also in jeder Metropole der 7 resp.
8 Gaue eine ßouXyj voraus. Meine Vermutung, dass dies gleichzeitig
mit der Schaffung der alexandrinischen ßouXyj, also 202 n. Chr.,
^) Eine neue Darstellung der gesammten Gauyerwaltung wäre dringend
erwünscht. Was ich in den Ohservationes gegeben habe, ist durch die grossen
Papyruspublicationen der letzten Jahre weit überholt, wenn auch in allen wesent-
lichen Punkten bestätigt.
2) Rhein. Mus. 1828 S. 145.
2) Für Arsinoe (Ohservationes p. 14), Herakleopolis (Härtel, Griech. Pap.
S. 66), Hermupolis (Wessely, Mitt. Pap. Rain. IV S. 57), Oxyrhynchos (P. Oxyr. I
passim), Memphis (Pap. Berl. Eibl. 18 Verso 1).
§ 1. DIE STEUERBEZIRKE.
431
geschehen sei, ist durch das inzwischen hinzugekommene Material
nicht entkräftet worden. Es ist bezeichnend für die Stellung der
Aegypter im römischen Reiche, dass erst damals, als das Deciirionat
nichts mehr galt und in den anderen Provinzen eher gemieden als
erstrebt wurde, dies Danaergeschenk ihnen zu teil ward. Für die
Steuerverwaltung trat jetzt insofern eine Aenderung ein, als manche
Aufgaben, die bis dahin den königlichen Beamten obgelegen hatten,
nunmehr, wie unten darzuthun sein wird, auf den neuen Rat abgewälzt
werden konnten. Es ist mir sehr wahrscheinlich, dass diese Aus-
nutzung der Decurionen ein Hauptmotiv des Severus für ihre
Schaffung gewesen ist. Im Uebrigen blieben die Metropolen nach
wie vor der Sitz der königlichen Beamten, das Centrum der gesammten
Gauverwaltung. Ob und in wie weit durch die Verleihung der ßo'jXi^
die Competenz der königlichen Beamten gegenüber der Metropole
beschränkt worden ist, bedarf noch weiterer Untersuchungen.-) Die
Bewohner der Metropolen werden sich nach der Verleihung recht-
lich kaum anders gestanden haben als vorher, und wenn wirklich,
wie es nach P. Oxyr. I 86, 11 jetzt den Anschein hat^), eine
Gliederung des Volkes nach Phylen gleichzeitig mit dem Rat ein-
geführt ist, so kann darum doch an eine Beteiligung des „5y5[jlo^"
Wessely bringt zwar in CPR 34 einen Faijümer Papyrus, der einen
ßo'jX£üTr,g nennt und dabei aus dem II. Jahrh. n. Chr. stammen soll. Aber
diese Datirung "Wessely's, die auf einer vagen palaeographisehen Schätzung be-
ruht, ist ganz gewiss verkehrt. Der Umstand, dass die beiden Contrahenten, im
Besonderen auch der Dörfler Ammonäs, als AOpr^Xiot bezeichnet werden, spricht
dafür, dass der Text jünger als 212 ist (vgl. Hermes XXVII S. 294 flf.). —
Dem von mir vermuteten Datum der Einsetzung der ßo'jXVj (202) kommt zur
Zeit wohl am nächsten Pap. Lond. CCCXLVIII, der aus dem J. 205/6 stammt
und einen ßouXsuxT^s von Arsinoe nennt (Kenyon, Cat. of add. S. 436).
2) Ich habe in den Observationes p. 15 angenommen, dass Arsinoe, die
Stadt, nach 202 nicht mehr zum vofjiög gezählt sei. Ich folgerte das aus einer
Abrechnung aus der Mitte des III. Jahrhunderts, in der nach der Rubrik
jir^xpoTiöXcCüg die Rubrik vo|iOÖ djictw^ folgt (jetzt BGU 753). Diese Teilung
kann jedoch in den vorliegenden Fällen lediglich aus rechnerischen Gründen
der Buchführung durchgeführt sein. Man konnte, schliesslich auch vor 202 die
Steuereingänge aus der Metropole und die aus den Dörfern für sich gruppiren.
") Tf,<; vuvl X'.xc\}p^o'jor^c, cpuAf^g. An Priesterphylen kann hier nicht
gedacht werden. Es handelt sich um einen vauxr,^, den die tzö/.'.q für ein
8y,}iöa'.ov tiXoCov zu stellen hatte. Aber ehe nicht ein zweiter Beleg hinzukommt,
bleibt die Annahme einer Phylenordnung unsicher.
432
Y. KAPITEL.
an der Leitung der communalen Angelegenheiten nicht gedacht werden.
Man wird diese Phyleo vor Allem benutzt haben, wie auch der
angeführte Text es an die Hand giebt, um nach dieser Gruppirung
der Bevölkeruug die Liturgien aufzulegen. So war es eine ganz
eigenartige Zwitterbildung, zu der sich Severus entschlossen hat.^)
Aber wir stehen noch nicht am Ende der Steuerbezirkseioteilungen.
Wenn Strabo p. 787 von den Gauen sagt „scg yap zoTzocpyiac, oi
TzXelazoL Sr^pyjvTO xal auzai 5' de, äXk7.Q TO[jia^* iXar/iGxoLi 6' al
dipo\)p(x.i so giebt er uns freilich mit den Aruren keine weiteren
Steuerbezirke an, denn die Arure ist einfach das Flächenmass, nach
dem in Aegypten der Boden vermessen wird (vgl. Kap. X). Sie ist
für die Grundsteuer die Steuereinheit. Auch von weiteren Einteilungen
der Toparchien wüsste ich, abgesehen von den beiden Hälften avo)
und xaTü), aus den Urkunden nichts zu meldeu, man müsste denn
die verschiedenen Dorfmarkeu, die die Toj^archie ausmachen, als
solche auffassen. 2) Dagegen lehren uns die Urkunden, dass die
Metropole, und wahrscheinlich auch jede einzelne Kome, wiederum in
Untersteuerbezirke zerfiel, die sogenannten djji^ooap/Jac.^) To
ä\icpoboy ist die in Aegypten übliche Bezeichnung für die Strasse.
Eine Amphodarchie wird also mehrere, vermutlich lokal zusammen-
gehörige Strassen umfasst haben, die als Verwaltungseinheit einem
d|i(^o5ap)(Yjg unterstellt waren. Wir können ihn etwa den „Quartier-
vorsteher" nennen. Wir werden unten sehen, dass nach diesen Quar-
tieren die Bewohner eingeschrieben und zur Steuer herangezogen wurden.
So war das weite Land Aegypten in eine Unmasse kleinster Steuer-
bezirke zergliedert. Sie bildeten die Vorbedingung, um jeden Steuer-
pflichtigen fassen zu können. Ein engmaschiges Netz war über
1) Vgl. Hermes XX S. 446.
^) Wie sich die durch die Petrie Papyri erwiesenen vo|j.apxca'. des Faijvim
zu den [izpibec, und TOTiap^iai vei'halten, bleibt noch zu untersuchen. Vgl. einst-
weilen Grenfell, Rev. Pap. S. 133.
^) Vgl. Härtel, Griech. Pap. S. 73. Weitere Aufschlüsse wird wohl Pap.
Lond. CCLX bringen, in welchem Personenlisten mitgeteilt werden, die der
d|JLcpo§ocpXYjg zusammengestellt hat. Vgl. einstweilen Kenvon, Cat. of Add. S. 419.
Wichtig ist auch Pap. Genev. 4. Auch ein noch uupublicirter Papyrus, den ich
flüchtig sah, enthielt einen sehr ausführlichen Xöyog ')(Bip(})voLE,io'J, der von einem
a[jLcpo5dpXYjS aufgestellt war. — In BGU G59 II 1 möchte ich a}iq?oSa[px(>iaavT05)
Xü)]iiOYp(a(jiiJiaT£ü)g) statt d[xcpo5d[px(ou) %(ü]ixoyp(oLix\mzi(}ic,) lesen. Denn er
dürfte kaum beide Aemter gleichzeitig verwaltet haben.
§ 1. DIE STEUERBEZIRKE.
433
Aegypten ausgespannt, durch das so leicht Niemand hindurch-
schlüpfen konnte.
Von dieser Gauverwaltung, die wir bisher in's Auge gefasst
haben, waren nun völlig eximirt die wenigen Griechenstädte, die,
wie in allen anderen Zweigen der Verwaltung, so auch im Steuerwesen,
als Hauptcentren der Eroberer gegenüber dem flachen Lande der
Unterworfenen eine ganz singuläre Rolle spielten. Das sind für die
Ptolemäerzeit Alexandrien und das von Ptolemaios I. in Obemeg^i^ten
begründete Ptolemais (el-MenshieK). Dazu kommt noch die älteste
griechische Ansiedelung in Aegypten, Naukratis im Delta, über deren
Verfassung sich freilich noi* Vermutungen aufstellen lassen, Auch
von einem griechischen Quartier der 'EXXyjVO{i£[icpTTai in Memphis
haben wir nur dunkle Kunde. 2) Als Enclaven des herrschenden
Volkes bildeten jene Griechenstädte notwendig besondere Steuerbezirke
fiii- sich. Wer in eine der Phylen und Demen von Alexandrien oder
Ptolemais eingeschrieben war^), genoss damit die Privilegien, die
auf dem Gebiet der Steuern und Liturgien den Griechen von dem
Der für die Zeit des Ptolemaios IV jüngst erwiesene 0',xov6{jios xöv y.axa
Na'jxpa'iv (Americ. Jonm. of arch. 1886, S. 151) zeigt wohl, dass Xaukratis im
Finanzwesen einen eigenen Bezirk bildete, aber ob dieser Oikonomos ein städtischer
oder ein königlicher Beamter war, lässt sich nicht mit Sicherheit entscheiden. —
Im Eev. Pap. 60 heisst es: ev -w'. Satxr/. o'jv Xauxpäxs'.. Hier ist die Stadt
deutlich vom Gau eximirt. — Ueber die Münzen von Naukratis zur Zeit Alexanders
des Grossen vgl. Head, Numismat. Clironicle VI 3. Ser. S. 11 und Denselben bei
Petrie, Naucratis I S. 66 f. — Alles in Allem glaube ich nicht, dass Mahaflfy
Recht hat, wenn er sagt, Naukratis sei in der Ptolemäerzeit „a mere Egyptian
town'^ gewesen. — Ueber Sitten in Naukratis spricht Hermeias f FHG II S. 80). —
Im Pap. Genev. 10, 9 vom J. 323 n. Chr. begegnet ein Ysyc^isvog ßouXsuTT;;
1f^c, Nauxpaxfxwv rAXtiac,. — An Naukratis und das M'.XrjaicDv izlyoz ist zu
denken, wenn Milet sich noch im J. 195 n. Chr. als {JLTjXpÖTtoXi; „TtoXXwv xal
jasyaXwv tcöXswv ev xe xqi Uövxq) xai z% Aly^T^xq)" rühmt (CIGr. 2878).
Diese Hellenomemphiten für's III. Jahrh. vor Chr. bezeugt durch Pap.
Lond. L (Kenyon, Cat. Gr. P. S. 49). In Gött. GA. 1894, No. 9, S. 725 wies ich
darauf hin, dass hierdurch eine Nachricht des Aristagoras von Milet (FHG II
S. 98 Nr. 5) bestätigt wird. Vielleicht hängt es mit der Stellung des Deklaranten
als Hellenomemphit zusammen, dass er seine Eingabe nicht etwa an den oxpa-
XTiYÖg oder den ßaaiX'.xog Ypa|x|j,ax£'ji; des memphitischen Gaues richtet, sondern
an einen i^^•,^zkr^zr^c,. Wenn wir nur wüssten, was das für ein i^Z',^^Kr^'lr^z war!
Ist der unter dem Oikonomos stehende Finanzbeamte gemeint?
Vgl. Lumbroso, l'Egitto"^ S. 74. Demotica in den Petrie Papyri constatirte
ich in Gött. GA 1895, No.2, S. 136, 138, 141 f. Jetzt hat Jouguet neue Demotica für
WiLCKEX, Ostraka. 28
434
V. KAPITEL.
Aegyj)ter schieden. Betreffs der Steuerprivilegien macht es keinen
Unterschied, ob damals Alexandrien und Ptolemais nach Art der
sonstigen Griechenstädte einen städtischen Rat gehabt haben oder
nicht, wohl aber ist diese Frage für die Steuerverwaltung von Wichtig-
keit. Bekanntlich gehen die Ansichten darüber bisher sehr aus-
einander.^) Jetzt ist die Frage — wenigstens für Ptolemais —
durch einen glücklichen Fund endgültig entschieden. Pierre Jouguet
hat soeben im Bull. corr. hell. XXI 1897 S. 184 ff. mehrere neu-
gefundene Inschriften aus Ptolemais publicirt, die uns endlich die
Sicherheit geben, dass diese Stadt schon im III. Jahrh. v. Chr. eine
jSouXy] gehabt hat. Ich verweise auf den sachkundigen Commentar
von Jouguet. Gewiss lässt sich aus dieser Thatsache kein bindender
Schluss auf die Verfassung Alexandriens ziehen. Est ist möglich,
dass Alexandrien anders organisirt war, aber die Wahrscheinlichkeit
dafür, dass auch Alexandrien damals einen Rat hatte, dürfte durch
den neuen Fund eher gewachsen sein.
Für die Kaiserzeit steht fest, dass Alexandrien von Augustus
an keine ßouXyj gehabt hat, bis ihm Severus im J. 202 — wie auch
den Metropolen der Gaue — einen Rat verliehen hat. Die Phylen-
und Demenordnung der Alexandriner hat auch in dieser Zeit von
Augustus bis Severus fortbestanden. 2) Ueber die Verfassung von
Ptolemais in dieser Periode haben wir keine Kunde. Dass es im
III. Jahrh. n. Chr. Buleuten gehabt hat (CIGr. III 5000, 5032,
vgl. 4989, 4996), ist nach dem oben Gesagten selbstverständlich.
Schon vorher aber hatte Hadrian im J. 130 in Antinoe eine rein
griechische Stadt mit Rat, Prytanen, Phylen und Demen geschaffen.
In welcher Weise die Steuerverwaltung in diesen Griechenstädten aus-
geübt wurde, wird unten besprochen werden. Hier sollte nur auf die
Sonderstellung dieser Gemeinden als Steuerbezirke hingewiesen werden.
Ptolemais publicirt. Vgl. Bull. corr. hell. XXI S. 184 flf. Ich habe zu seiner
Sammlung noch Folgendes nachzutragen: IloXuSsuxsiog (Strack, Dyn. Ptol. Nr. 4).
Kaaxöpstos (Petr. Pap. unpublicirt). AtaxtSsug (Petr. Pap. I, XXI 14). Vielleicht
auch Xpuoaopsus (Strack, Nr. 95, von dem Kultnamen Xpuaaopos abgeleitet).
Vgl. jedoch CIGr. II S. 473. Le Bas n. 399.
^) Vgl. Observationes S. 17 flf. Mommsen E.G.V S. 557. Lumbroso, l'Egitto^
S. 73 flf. Mahafiy, Emp. Ptol. S. 76.
Wofern wir mit Recht das Demoticon 2ü)a'.xöa|JLiog b xal 'AXB-aisu^
Alexandrien und nicht Antinoe zugewiesien haben. Vgl. die Indices zu B G U.
Vgl. auch P. Oxyr. I 95, 15 (vom J, 129).
§ 2. DIE STEUERSUBJECTS- DEKLARATIONEN.
435
Eine genauere Darlegung der durch Diocletian inaugurirten und
von Constantin weitergeführten Js'euordnung Aeg}^tens würde die
Grenzen unseres Ostrakoncommentars überschreiten, da von dieser
Zeit an, wie wir oben S. 13 sahen, Steuerquittungen nur noch ganz
ausnahmsweise auf Ostraka geschrieben wurden. Es sei nur zur
Abrundung der obigen Skizze darauf hingewiesen, dass, wie die
anderen Provinzen des Reiches, so auch Aegypten in mehrere kleinere
Provinzen (inocpyJocC) zerschlagen wurde, deren Zahl im Laufe der
Zeit gewechselt hat.^) Die vo[xol aber, die bis in die arabische
Zeit hinein sich erhalten haben, wurden gleichfalls in kleinere Unter-
abteilungen, die pagi oder Tuayoi geteilt, die unter dem praepositus
pagi (TTpaiTTOGLTo; Tcayo'j) oder pagarchus (7zi^(7.p'/oq) standen.-)
Mit der neuen Gliederung des Landes geht die Umgestaltung der
Beamtenhierarchie Hand in Hand.^)
§ 2.
Die Steuersubjects- Deklarationen.
Wir unterscheiden in der Steuergeschichte der modernen Staaten
drei verschiedene Methoden zur Feststellung der Steuersubjecte und
Steuerobjecte: die amtliche Nachforschung, die Verpflichtung dritter
Personen, gewisse Steuerpflichtige bei der Steuerbehörde behufs Steuer-
veranlagung anzumelden, und die Verpflichtung der Steuersubjecte selbst,
sich oder ihre Habe anzumelden.^) Aus den Urkunden, die in letzter
Zeit aus dem Schutt der aegyptischen Städte und Dörfer an's Tages-
licht gekommen sind, lässt sich erweisen, dass dieselben drei Methoden
auch in der griechisch-römischen Periode Aegyptens zur Anwendung
gekommen sind. Wir sehen zunächst von der amtlichen Nach-
forschung ab und stellen in diesem Paragraphen zusammen, was wir
^) Vgl. Marquardt, St.V. I'^ S. 456.
^) Vgl. Herraes XXVII S. 299 f. Noch höher hinauf führt PER I 233
vom J. 314. Vgl. jetzt auch P. Oxyr. I 67, 5.
^) Auch für diese Fragen liegt jetzt ein reiches neues Material vor, das
dringend nach Bearbeitung verlangt. — Der letzte Stratege als Gaubeamter, der
uns zur Zeit bekannt ist, ist der in P. Oxyr. I 60, 1 (vom J. 323) genannte.
Vgl. Hermes XXVII S. 297 f.
*) Vgl. Adolf Wagner, Finanzwissenschaft II* 1890 S. 717 flf.
28*
436
V. KAPITEL.
Über die Steuersubjects- Deklarationen, im nächsten, was wir über
die Steuerobjects- Deklarationen erfahren.
Unter den Urkunden aus der Ptolemäerzeit hat sich bisher nur
eine einzige gefunden, die uns hierüber Auskunft giebt. Dies un-
schätzbare Document verdanken wir dem Spürsinn Mahaffy's, der es
im Museum zu Alexandrien jüngst aus einem pectoml d'une momie
herausgelöst hat. Vgl. Bull. corr. hell. XVIII (1894) S. 145 ff.
Revision am Original vorbehalten, möchte ich etwa folgender-
massen lesen
("Etou^) ^ Oawcp 6 (?). 'AaxXvjTrLaSyj?. Tuvt] Ila-cpocptXa.
Tlö^ 'A7uoX}.ocpdv7j^ (sxwv) c£, 'ATToXXoSwpo^ tb? (sTwv) ty,
'ApT£[JLL5o)pO? d)^ (STWV) t, J\.Zo'kt\i.dXoC, (1)^ (£XÖ)V)[.]. Tpo^ö?
Koa|xta. rewpyol [xca^(a)Tol) yj 'Ixa^apo?, TaysaßaXa,
5 'leaß, KpaTEpo^, StTaXxe^, Na[T]avßaXa, 'HXt|JL^v,
noTa|jLwv. BouxoXo? ^Qpo? / ad)(jjiaTa} ts.
Die Urkunde ist mit Mahaffy wahrscheinlich in das 7. Jahr
des Euergetes I, also 240/39 v. Chr. zu setzen. In knapper, ich
möchte sagen archaischer Kürze, wie sie dem Actenstil des III. Jahr-
hunderts im Gegensatz zu den späteren Jahrhunderten eigentümlich
ist (vgl. Kap. III), zählt hier der Hausvorstand Asklepiades seine
Familie und sein Hausgesinde auf: ausser der Frau und den vier
Kindern, deren Alter angegeben wird, eine Amme, acht Feldarbeiter,
die sich ihm contractlich verdungen haben und wohl bei ihm wohnen
(meist Semiten), und ein Rinderhirt. „Das macht 15 Personen".
Bei dieser Zählung wäre Asklepiades selbst nicht mitgezählt. Wahr-
scheinlicher ist mir, dass :c=16 statt zu lesen ist.
Das ist eine Deklaration des Personenbestandes eines Haus-
haltes. Die Objectsdeklaration, die sich auf demselben Blatte un-
mittelbar daran anschliesst, wird uns erst im nächsten Paragraphen
beschäftigen. 2) Es ist sehr zu bedauern, dass wir nicht wenigstens
noch eine zweite Subjectsdeklaration aus ptolemäischer Zeit besitzen.
Manches bleibt daher dunkel. So können wir die Frage, ob damals
— wie in der Kaiserzeit (s. unten) — die Hauseigentümer oder
0 Vgl. Gött. G. A. 1895 No. 2 S. 146 A. 1.
^) Mahafiy S. 146 scheint mir den Charakter der Gesammturkunde nicht
richtig zu bestimmen, Avenn er sie als ,,une d^claration de propritte^^ erklärt.
Es ist vielmehr eine Zusammenfassung von Subjects- und Objectsdeklaration
auf einem Blatte.
§ 2. DIE STEUERSUBJECTS- DEKLARATIONEN.
437
aber die Haushaltungsvorstände zu deklariren hatten, nicht beant-
worten. Im vorliegenden Falle gehören die Personen offenbar alle
zum eignen Hausstand, aber es kann Zufall sein, dass Asklepiades
keine eyoixoi aufzuzählen hatte.
Das Deklarationssystem ist nicht erst von den Ptolemäern in
Aegypten eingeführt worden, sondern war auch schon den Pharaonen
bekannt, vielleicht ist es aber weiter von jenen entwickelt worden.
Herodot H 177 erzählt, dass Amasis angeordnet habe aTToSscxvuvai
exeoc, exaaiou tw vo|Jiapyy] Tiavia xcva AiyuTTTiwv 6^£v ß^cöxaL
Danach Diodor I 77, 5: aTToypacpea^aL izpbq xobq oLpyoviOLq^ ÖLizb
Tivwv sxaaxo? 7i;opL(^£Tat tov ßtov. Hier ist lediglich von Objects-
deklarationen die Rede. Aber gewiss ist, dass jeder Mann, der sein
Einkommen angab, auch seinen Namen dabei nennen musste, und
ich zweifle nicht, dass schon damals Steuerzahlerlisten auf Grund
dieser Deklarationen geführt worden sind. Darum bleibt es aber
doch eine Neuerung — wenigstens dieser Nachricht gegenüber — ,
dass in der obigen Urkunde der Deklarant zugleich den Bestand
seiner Familie und seines Gesindes angiebt. Wenn jeder Hausvor-
stand wie unser Asklepiades berichtete, so hatte damit die Regierung
die sämmtlichen Namen der Bevölkerung in der Hand.
In unserer Urkunde spricht nichts dafür, dass derartige Sub-
jectsdeklarationen in grösseren, mehrjährigen Perioden eingereicht
werden mussten, vielmehr steht nichts der Annahme entgegen, dass
in jedem Jahre wie die Objecte (s. § 3), so auch die Subjecte
deklarirt werden mussten. Irgend welche Conscriptionsperioden lassen
sich für die Ptolemäerzeit bisher nicht nachweisen.
Weitere Zeugnisse über Steuersubjectsermittelungen sind mir
für die Ptolemäerzeit nicht bekannt. Dass die aus Makk. III ge-
schöpften Angaben über Xaoypacpcat und dTTcypa^aL bei Lumbroso,
Rech. S. 297 für diese Periode keine Gültigkeit haben, ist oben S. 245 f.
gezeigt worden. Verzeichnisse von Geburten und Todesfallen, die
Beloch, Bevölkerung S. 255, annimmt, sind mir für die Ptolemäerzeit
und die noch älteren Zeiten nicht bekannt. Ich glaube gern, dass
man sie geführt hat, aber ein Zeugnis liegt m. W. nicht vor. Man
könnte für die Pharaonenzeit vielleicht auf Diod. I 53, 2 verweisen:
FevvYjO'evTo? yap tou Seaowato^ iTiotyjaev 6 Traxr^p aOiou (leYaXo-
TTpeTC? Ti xal ßaacXixov * tou; yap xaia T'^^v auxy^v VjiJLepay Y£vvirj-
TialSa; i% öXyj? t"^; AJyuTrToi) auvayaywv xxX. Notwendig
438
y. KAPITEL.
wird jedoch auch hierdurch nicht die Annahme von Geburtslisten.
Ein Edict des Königs hätte auch ohne sie für den einzelnen Fall
die Geburten des bestimmten Tages eruiren können, zumal den sich
Meldenden eine glänzende Aussicht eröffnet wurde. ^)
Ein reicheres Material über Subjectsdeklarationen besitzen wir
für die Kaiserzeit. Was ich im Hermes XXVIII S. 240 ff. und
Philologus LH S. 564 über diese gesagt habe, ist durch die inzwischen
hinzugekommenen Texte in allen wesentlichen Punkten bestätigt
worden. Was dort bereits erledigt ist, kann hier in Kürze vor-
geführt werden; ausführlicher werden einige neue Beobachtungen zu
begründen sein. 2)
Die Papyri haben ergeben, dass im kaiserlichen Aegypten alle
vierzehn Jahre neue Subjectsdeklarationen eingereicht worden sind.
Ich gebe zunächst eine tabellarische XTebersicht über die mir zur
Zeit bekannten Eingaben dieser Art. Die fett gedruckten Zahlen
bezeichnen Urkunden, die selbst solche Deklarationen sind; die
Zahlen in gewöhnlichem Druck dagegen beziehen sich auf Texte,
in denen der betreffende Census nur erwähnt wird. Von Pap.
Grenf (I) 45 und 46 ist in dieser Liste abgesehen, da sie nachher
einer besonderen Prüfung unterworfen werden sollen.
Tabelle.
8. Jahr des Nero = 61/2. Pap. Lond. CCLX (2), 5 (vgl. Kenyon,
Cat. Add. S. 419).
8. Jahr des Vespasian = 75/6. BGU 109, 19. Pap. Lond. CCLIX
(vgl. Kenyon a. O.).
9. Jahr des Domitian = 89/90. BGU 109, 11 und 13. Pap. Lond.
CCLIX (a. O.).
^) E. Engel, Die Volkszählungen (Zeitscbr. d. Kgl. pr. statist. Bureaus II)
1862 S. 27 findet diese Nachricht Herodot's „in sofern beschämend für unsere
Zeit, als der Sesostris des 19. Jahrhunderts bei der Geburt des Königs vom Eom
im J. 1811 wohl einen ähnlichen Befehl erliess, sein Minister des Innern ihm
aber nur von 50 Departements die Anzahl der Geborenen, jedoch nicht nach
Geschlecht geordnet, anzugeben vermochte". Sein weiterer Schluss, dass jene
Erzählung die Führung von Civilstandsregistern voraussetze, ist nicht zwingend,
wenn diese Vorstellung an sich auch nicht unwahrscheinlich ist. Ebenso entscheidet
sich W. Levison, Die Beurkundung des Civilstandes im Altertum. Diss. Bonn 1898.
2) Vgl. auch Kenyon, Classical Review VII 1893 S. 110. Viereck,
Philol. LH S. 219 ff.
§ 2. DIE STEÜERSUBJECTS- DEKLARATIONEN.
439
7. Jahr des Trajan = 103/4. BGU 109, 1 1 und 14. Pap. Grenf. (II)
49, 7 und 12.
2. Jahr des Hadrian = 117/8. BGÜ 109, 15; 182, 21;2; 706 (?).
Pap. Grenf. (II) 49, 7 und 10. [Pap. Lond. CCCXXIY (Kenvon,
Cat. Add. S. 431)].
16. Jahr des Hadrian = 131/2. BGU 53; III, 13; 137, 5 und 8
und 11; 132; 182, 16 ff. Pap. Grenf. (H) 49, 8und lOund 11.
9. Jahr des Antoninus Pius = 145/6. BGU 55 II, 5; 95; 137;
154, 11; 324, 14. Pap. Lond. CCCXXIV (Kenyon a. O.
S. 431).
23. Jahr des Antoninus Pius = 159/60. BGU 54; 55 II bis Z. 10;
55 II, 16 und 18; 57; 58; 90; 123,10; 154; 224; 225;
324, 14; 410; 524; 537. Pap. Grenf. (II) 55. Pap.Lond.
CLXXXII (b) (Kenyon a. O. S. 404).
14. Jahr des Marcus = 173/4. BGU [26=] 447; 55 U U ff.; 59;
115 I, 23; 115 II, 16; 116 I, 11; 116 II, 22; 118 II, 8;
118 HI, 5; 119; 120, 3; 123; 126, 10; 127; 128 11,8;
138, 6 und 13; 298; 302. Pap. Berl. P.7097. Pap. Geney.
18, 14 und 17.
28. Jahr des Commodus = 187/8. BGU 60; 115 I, II; 116 I, II;
U7; 1181, n, ni; 120; 124; 126; 128; 129; 138; 430.
10. Jahr des Severus == 201/2. BGU 97; 484,2; 577.
Nicht genau datirbar sind die Eingaben BGU 122, 125,
130-132, 182, 1-15.
Hiernach liegen uns bis jetzt Deklarationen im Wortlaut nur
fiir die Zeit von Hadrian bis Severus vor. Sie stammen sämmtlich
aus dem Faijüm, bis auf P. 7097, die nach Memphis gehört. Kach
Andeutungen von Wessely^) giebt es ferner in Wien, wie es scheint,
auch Deklarationen aus den beiden nächsten Censusjahren, von 215/6
und 229/30. Diese Urkunden sind heute jedoch noch eben so wenig
zugänglich 2) wie der Wiener Papyrus, durch welchen nach Wessely^s
Ansicht (a. a. O.) eine „sorgfaltige Volkszählung" für das Jahr 242
n. Chr. bezeugt wird. Da dies nach dem 14jährigen Turnus viel-
mehr für das Jahr 243/4 zu erwarten wäre, so muss inzwischen
*) Bericht. Sächs. Ges. Wiss. 1885 S. 270.
^) Gerade diese würden für manche Fragen von besonderem Interesse sein,
da sie nach der Erteilung der Decurionatsordnung an Arsinoe (s. oben S. 430)
und nach der Constitutio Antonina (212) abgefasst sind.
440
V. KAPITEL.
dieser Turnus aufgegeben sein, oder aber — was mir wahrschein-
licher ist — es liegt nur eine missverständliche Auffassung von
Wessely vor.
Da es fest vorgeschriebene Formulare für ganz Aegypten nicht
gegeben hat, so zeigen die obigen Eingaben mancherlei lokale Ver-
schiedenheiten im Schema, Die Deklarationen aus der Metropole,
die unter sich im Wesentlichen übereinstimmen, weichen formell
von denen aus den Dörfern in einzelnen Punkten ab. Auch die
dörfischen haben nicht alle dasselbe Formular, ja in einem und
demselben Dorf begegnen — und nicht nur zu verschiedenen Zeiten
(vgl. BGU 58 mit 154) — Abweichungen formeller Art. Doch
diese formalen Unterschiede innerhalb des Faijüm sind im Ganzen
belanglos. Viel w^esentlicher sind die Eigenheiten, die die einzige
memphitische Urkunde zeigt. Auf diese soll daher besonders nach
der Besprechung der Faijümer Texte zurückgekommen werden.
Abgesehen von den lokalen Verschiedenheiten haben wir auch
mit zeitlichen zu rechnen. Wenn in obigen Deklarationen der
Metropole sich keine wesentlichen Unterschiede zeigen, so ist nicht
zu vergessen, dass sie sich nur über siebenzig Jahre — von 117/8
bis 187/8 — erstrecken. A priori ist die Möglichkeit zuzugeben, dass
die Formulare im I. Jahrh. n. Chr. vielleicht einige Abweichungen
gezeigt haben. Auf diesen Gesichtspunkt werden wir unten bei
Besprechung von Pap. Grenf. (I) 45 und 46 zurückkommen.
Die Hauptrubriken der Subjectsdeklarationen sind folgende:
1. die Adresse.
2. Angabe des Besitzes an Haus und Zubehör.
3. Erklärung, dass der Deklarant die Hausbewohner hiermit
in die xax' oixcav aTroypa^Y] des verflossenen Jahres einschreibe.
4. Aufzählung der Hausbewohner.
5. Schlussformel (biö £7ic5t5ü)(JLc), eventuell mit nachfolgender
Unterschrift des Deklaranten.
ad 1. Die Eingabe hat stets die Form des 67i6|xvYj|JLa (tw SeTvc
Tzocpdc TOö Selvo^). Vgl. Hermes XXII S. 5. Die am Schluss des
UTi6[Xvr/[JLa zu erwartende Grussformel fehlt regelmässig.
Die Metropoliten richten ihre Eingaben an den Strategen des
Gaues, den königlichen Schreiber und die beiden Stadtschreiber
(Ypa|X[JiaT£C^ TYj^ (xyjxpOTioXeü);). Manche der Eingaben nennen in
der Adresse nur den Strategen, andere nur den königlichen Schreiber,
§ 2. DIE STEUERSÜBJECTS- DEKLARATIONEN.
441
wieder andere alle drei gleichzeitig (BGU 55, 12; 182). Kennung
der Stadtschreiber allein liegt bis jetzt nicht vor. Kach Analogie
der dörfischen Eingaben möchte ich jetzt annehmen, dass jeder De-
klarant an jede dieser Instanzen je zwei Exemplare einzureichen
hatte, wobei es ihm überlassen war, ob er in der Adresse alle drei
oder nur den, für den speziell das Exemplar bestimmt war, nennen
wollte.
Die Dörfler hatten ausser an den Strategen und den königlichen
Schreiber, die ja für den ganzen Gau zuständig waren, an den Dorf-
schreiber und an die Volkszähler (Xaoypacpoi) ihres Dorfes einzu-
reichen. Ob die letztere Behörde nur zufallig in den Eingaben der
Metropoliten nicht genannt wird, lasse ich dahingestellt. Wegen
BGU 55, 12 und 182 ist es wahrscheinlicher, dass dieser Beamte
für die Metropole nicht in Betracht kam. Die Dörfler hatten also
jedenfalls an vier Instanzen zu schreiben. Auch ihnen war es über-
lassen, ob sie in der Adresse alle vier hintereinander oder nur den
betrefienden Einzelnen nennen wollten. Die obigen Urkunden lehren
uns ferner, dass jede einzelne der vier Eingaben zweimal auszufertigen
war. So besitzen wir von einem Manne ^Aipfiq SaxaßoöTO^ folgende
gleichlautende Eingaben, die er sämmtlich am 28. Juli 161 n. Chr.
geschrieben hat: zwei an den Strategen (BGU 224 und 410); eine
an den königlichen Schreiber (Pap. Grenf. II 55); zwei an den Dorf-
schreiber (BGU 90 und 537); eine an die Volkszähler (BGU 225).
Danach ist wohl nicht zweifelhaft, dass er im Ganzen — mindestens —
acht Exemplare derselben Deklaration anzufertigen hatte.
Der Deklarant giebt in der Adresse ausser seinem vollständigen
Namen (mit Vater, Grossv&ter und Mutter) seine Ortsangehörigkeit
an, vielfach auch die Strasse, in welche er „eingeschrieben" ist (ava-
Ypa^ojAEVOi) £Tcl Toö X. a[Ji^65ou oder ähnlich). Die letztere Be-
merkung fehlt, wenn ich recht gesehen habe, bei den Dörflern an
dieser Stelle überall. Da die hier in der Adresse genannte Strasse
vielfach eine andere ist, als diejenige, in der das nachher genannte
Haus liegt, so habe ich daraus gefolgert (Hermes a. O. S. 241), dass
mit der ersteren die Amphodarchie bezeichnet ist, zu welcher
die zweite gehört.^) — Ist seit dem letzten Census (vor 14 Jahren)
Danach gehören zu dem nach der Gymnasionstrasse benannten Revier
folgende Strassen: 'ßpicovog 'lepaxeiou (BGU 123), Bid-uvwv 'loiwvos (116 1),
*A7CoXXü)v{ou IlapefißoXfjg (116 II). Zum Tameionrevier gehören Btd-uvöv 'AXXtüv
442
Y. KAPITEL.
Wohnungswechsel eingetreten ([iexaßaa'.i;), so wird gelegentlich schon
an dieser Stelle daraufhingewiesen, dass man vor 14 Jahren in einem
anderen Revier eingeschrieben war.
Unter den Deklaranten begegnen uns Personen der verschiedensten
Nationalitäten — Römer, Griechen, Aegypten Männer in privi-
legirten Stellungen heben die Sonderstellung manchmal schon an
dieser Stelle hervor, so Katoeken und Priester (vgl. BGU 706).
Deklarirende Frauen, die nicht Römerinnen sind, treten mit ihrem
Tutor auf ([xsxa zupiou). Vgl. dagegen die Römerin in BGU 131:
Gelegentlich sind Frauen, auch solche mit römischen Namen, durch
ihren (ppovTiaxYj^ vertreten (vgl. BGU 53). Das geschah z. B.,
wenn die Frau zur Zeit der Deklaration ortsabwesend war. Vgl.
BGU 493, 15: oixc(a$) . . KXauBiag[. . .] ocnouaric, 1$ bTzo\i(yriiL(x,zoq)
'AtüoXXw(vcou) . . . 9povTca(Toö).
Die Deklaranten der Faijümer Texte sind sämmtlich Haus-
eigentümer.^) Die Mieter (evoixoi) deklariren nicht für sich selbst,
sondern werden von ihren Wirten angezeigt. Die obigen Urkunden
sind daher, soweit sie die Namen des Hauseigentümers und seiner
Familie enthalten, Selbsteingaben, soweit sie die Mieter nennen, Ein-
gaben dritter Personen, die zur Anzeige dieser verj^flichtet sind
(vgl. oben S. 435). Diese Methode, die Bevölkerung mit Hilfe der
Hauseigentümer festzustellen, erinnert an die vom Dictator Caesar
in Rom befolgte Censirung: recensum populi nec more nec loco solito,
sed vicatwi per dominos insidarum egit (Suet. div. Jul. 41), und ähnlich
wird auch der kürzere Bericht über Augustus zu fassen sein: j)02mli
recensum vicatim egit (Suet. Aug. 40). Die vici dürften etwa unseren
TÖTitov (115 I), MoT^pstos tcXtiOcov x^c; uuJ.Tjf (115 II 6). Bei letzterem ist das
TcXyjaiov x. u. zum Strassennamen zu ziehen, oder in BGU 57 ist [Mo]r/p£ü)g
fälschlich ergänzt. Zum Bezirk Aiovuaiou Tötccdv gehört öpaxwv (138). Weitere
Amphodarchien sind Xrjvoßoaxwv HpcoTtov (137), Aivucpsicov (137) — der Zusammen-
hang zeigt deutlich, dass in 137, 7 Atvutfsicov ein Schreibfehler ist, — 'EXXtjvi'ou
(55), 'AuoXXiDvdou 'Ispaxiou (55), [Mo?]7^p£Cüs (57), [M]£pc5(v) ez[.]\ii~' (116 I),
^pBiiBi (117), 'AnoXXcDviou 'Ispaxiou Boußaaxsiou (118), 'Ispa; IIuXYjg (126).
Dies alles gehört nach Arsinoe.
') Ob der Deklarant in demselben Haus, oder überhaupt in demselben
Orte wohnt, ist gleichgültig. Er muss auf alle Fälle die Deklaration machen.
So berichten in BGU 57 zwei Schwestern, die in der Metropole wohnen, über
ein — zur Zeit unbewohntes — Haus im Dorfe Neilupolis.
§ 2. DIE STEUERSUBJECTS- DEKLARATIONEN.
443
Revieren (i[X(^o5ap)(ia'.), die domini insularum wohl jedenfalls unseren
Hauseigentümern entsprechen.
ad 2. Der Hinweis auf das Haus, für welches die Eingabe
gemacht wird, fehlt nirgends. Bald geschieht es in einem besonderen
Satze (JjrApyzi [jlol oIvIol y.al a'jXrj oder ähnlich), bald ist es mit
der nächsten Angabe verknüpft (öcTroypaf^opiac — üc, tyjv OTrapy^ouaav
\L0'. olvloLv). In letzterem Falle (in manchen Dörfern) pflegt dann
nachträglich (an vierter Stelle) mit uizoLpy Bi Se noch eine Spezialisirung
zu folgen. 2) Ferner wird gesagt, in welcher Strasse das Haus
liegt. — Auch Bemerkungen über die Art des Erwerbs finden sich
gelegentlich, so z. B. von wem es geerbt ist (TraTTTi'.xyj , [jLa{i[X'.7.y].
TiaTpr/y], |XYjTp:7vyj). Seltener wird hinzugefügt, ob das Haus alt
oder neu ist (y.(x,iwr^: BGU 115 H 7), oder wieviel Stockwerke es
hat (SiaTeyoi;: BGU 130). Auch über die unbeweglichen Pertinenzen
wird manchmal mit auffallender Ausführlichkeit berichtet. So wird
in BGU 117,5 ausser den Gebäuden ein 65pTov genannt, in 97 eine
yppzod"f]yir] xal exspa y^priazripioc, in 447 mehrmals d»tXol totüoi und
y^pyjanQp'.a. Trotzdem ist daran festzuhalten, dass wir Subjects- und
nicht Objectserklärungen vor uns haben. 2) Die Annahme, dass etwa
in diesen Periodenjahren anstatt der besonderen Hausdeklarationen
(s. unten) dieser Hinweis in den Subjectsdeklarationen genügt hätte,
möchte ich ablehnen. Eine solche Unterbrechung der jährlich zu
liefernden Hausdeklarationen ist mir sehr unwahrscheinlich. Viel-
mehr möchte ich annehmen, dass in den obigen Fällen der Schreiber
redseliger gewesen ist, als für den vorliegenden Zweck erforderlich
war. Vielleicht ist ihm unwillkürlich die Beschreibung seiner Liegen-
schaften in die Feder gekommen, wie er sie alljährlich für die
Objectsdeklarationen aufzusetzen hatte. Im Uebrigen sind die Letzteren
in mancher Hinsicht denn doch noch ausführlicher (s. unten).
Wenn der Schreiber in dem bezeichneten Hause selbst wohnt,
pflegt er hinzuzufügen: Iv ri xaioixo) oder ähnlich.
^) Mir ist aufgefallen, dass der Zusatz xal cd^pLoy sich — bis jetzt —
nur in Eingaben aus der Metropole findet.
Gelegentlich werden hier auch Besitzungen von Familienmitgliedern
angegeben. Vgl. BGU 58, 25: [uT^ipyj', x^] {xr^xpi |iou xxX. Vgl. 57 Schluss, 97.
^) Auch BGU 53, das Viereck a. O. S. 231 als Beispiel einer Objects-
deklaration vorführte, ist nichts als eine mangelhaft stilisirte Subjectsdeklaration.
Vgl. Philol. LH S. 566.
444 Y. KAPITEL.
t
ad 3. Die übliche Inscriptionsformel lautet: aTioypa^oiJiat l(xai)T6v
xal zobc, e\iobc, — resp. zobc, ivoixoDQ, oder Beides — de, ttjv toö
SteXyjXu'ö'OTO? x. Itou? xax' orAav dTtcypa^i^v. Hierdurch unter-
scheiden sich diese Censusein gaben auf das deutlichste von den all-
jährlich einzureichenden Objectsdeklarationen. Erstere werden stets
für das verflossene Jahr ausgestellt, während Letztere immer für
das laufende Jahr gelten. Vgl. meine Bemerkungen im Philologus
a. a. O. Der Ausdruck xax' oiXLav aTwOypa^yj — der gleichfalls
ein ausschliessliches Charakteristicum dieser Subjectsdeklarationen ist —
bezeichnet eine „(Einwohner-) Deklaration Haus für Haus". In dem
obigen Zusammenhange ist damit wohl die auf Grund der Einzel-
eingaben von der Regierung herzustellende Gesammtliste gemeint.^)
In dieser Bedeutung steht es auch in BGU 484, 2 (jzpbc, eTitxpiaLV
xai' OLXiav OLTZoypa^pfi^), wo nicht die Einzeleingabe, sondern das
Schlussresultat, die Gesammtliste gemeint ist. Dennoch möchte ich
glauben, dass man auch die Einzeleingabe dieser Art als xai' oixcav
OLTZO^pOL^i] bezeichnet hat. Für uns wird sich jedenfalls diese Ter-
minologie praktisch empfehlen,
Dass diese Censusein gaben immer erst in dem Jahr nach dem
Periodenjahr, für welches die Zahlung gilt, gemacht worden, wird
so zu erklären sein (vgl. Hermes a. O. S. 243), dass der letzte Tag
des Periodenjahres als temiinus j^ost quem für die Abfassung fest-
gesetzt war — wohl damit alle in diesem Jahre Geborenen in das
Verzeichnis hineinkämen. AVenn die Faijümer Eingaben meist erst
aus den letzten Tagen des folgenden Jahres stammen, so zeigt das
nichts weiter, als dass man auch damals schon eingeforderte Dekla-
rationen aus Trägheit gern auf den letzten Termin hinausschob, wie
schon Aristoteles, 'AO-. ttoX. 40 sagt: dvaßaXXojJievwv hk lYjV OLyoc-^pOL^riv
zlc, Tag iay^dxoL(; T^fispag, OTiep eiwi^aaLV Tioielv äizocvzeq.^)
^) Die Beziehung auf die Gesammtliste richtig bei Viereck a. O. S. 232
A. 18. und 240. Nur irrt er, wenn er sich unter dieser xax' oi%{av 6iTzoyp<x,<:pri
„das auf dem Archiv befindliche Grundbuch" vorstellt, „in welchem die Häuser
und Bauplätze des Dorfes oder der Stadt verzeichnet standen". Zur Anfertigung
dieses dienten vielmehr die (Haus-) Objectsdeklarationen (s. unten). Die obigen
Eingaben führen zu Personallisten, in denen Haus für Haus die Bewohner ver-
zeichnet sind.
2) In BGU 447, 28 wird sogar erst im Anfang des übernächsten Jahres
deklarirt. — Der Memphitische Papyrus macht auch hierin eine Ausnahme,
vielleicht zufallig: er ist schon am 4. Phaophi des folgenden Jahres geschrieben.
§ 2. DIE STEUEKSUBJECTS- DEKLARATIONEN.
445
Vielfach wird an dieser Stelle darauf hingewiesen, in welches
Revier der Deklarant sich in der letzten Apographe (vor 14 Jahren)
eingeschrieben hat: inl Toö auTOö aptcpoSou, £9' ou xal T-g toö x.
ezoöq xax' oixiav aTTcypacp-g d7ü£Ypa'|»a[iy]v, oder es wird auf den
inzwischen erfolgten Umzug ({lEiaJ^aa:;) hingewiesen, mit Angabe
des früheren Reviers. In den vorliegenden Dorfacten finden sich
bisher keine solche Notizen, auch in der Metropole sind sie nicht
obligatorisch. Diese Beziehungen auf den letzten Census waren es,
die uns zuerst den periodenhaften Charakter dieser Eingaben offen-
barten (vgl. Sitzungsber. Ak. a. O. S. 906). Dass die Periode vierzehn
volle Jahre umfasste, wurde von Kenyon, Viereck und mir a. a. O.
gleichzeitig erwiesen.
ad 4. Den eigentlichen Kern der Eingabe bildet die Aufzählung
aller in den vorher genannten Baulichkeiten wohnenden Personen.
Man unterscheidet die Angehörigen (to'j^ £{jlouc)^) und die Mieter
(£vo:y.o0- Ist das Haus zur Zeit unbewohnt, so pflegt man den
Zusatz zu machen: Iv w cbtdq a.T:G^(p(k^BZ(x.i (vgl. 57, 118 II), doch
ist er nicht notwendig (vgl. Philol. LH S. 566). Dass auch un-
bewohnte Häuser angemeldet werden, spricht nicht gegen den Charakter
der Eingaben als Subjectsdeklarationen. Für die Censusbehörden
war auch die Erklärung, dass die und die Häuser unbewohnt seien,
von "Wert.
Wir sahen oben, dass das Eigentumsrecht an dem Hause über
die Frage, wer die Deklaration zu machen habe, entscheidet. Daran
hat man zu denken, wenn z. B. einerseits eine 74jährige Mutter
ihren 56jährigen Sohn (BGU 577), andrerseits eine 16jährige
Tochter ihre Eltern mit anzeigt (BGU 154). Soweit ging man
jedoch nicht, dass etwa eine hausbesitzende Frau ihren Mann anzeigte.
In diesem FaU macht vielmehr der Mann die Deklaration (BGU 54, 95).
Sind zwei Personen zusammen Eigentümer zu gleichen Teilen, so
reichen sie auch gemeinsam die Deklaration ein (vgl. 118 II: buipyj,:
fjfilv xoivwg £§ Taou und xac la|i£v). Doch genügte es in solchen
Fällen auch wohl, dass einer die Eingabe machte. 2)
^) Dass die £»j.ol in dem Hause wohnen, wird nicht ausdrücklich gesagt,
ist aber selbstverständlich. Dass der Hauseigentümer etwa die siimmtlichen Ver-
wandten, gleichviel wo sie wohnten, aufgezählt hätte, ist undenkbar.
Vgl. BGU 57, von zwei Schwestern eingereicht, wiewohl sie das Haus
zusammen mit zwei Brüdern besassen. Freilich steht hier nicht laou.
446
V. KAPITEL.
Die Aufzählung der Familie beginnt mit xat el\).i oder zl\d Se,
die der Mieter mit otai ecatv oder elal hi. In den vorliegen Ur-
kunden begegnen folgende Familienglieder: die Frau des Deklaranten,
ihre gemeinsamen Söhne und Töchter (die Söhne immer voran),
die Frauen dieser Söhne und deren Kinder, sowie auch die Kinder
der eigenen Töchter, ferner Brüder und deren Söhne und Töchter,
sowie die Frauen und Kinder dieser Söhne. Auch Vater und Mutter
(vgl. BGU 154, 302, 447, 524), Bruder der Mutter (302, 17), sowie
Vaterbruders -Sohn (524, 20) werden genannt.
Eigenartig ist die Behandlung der verheirateten Töchter und
ihrer Männer. In 115 II sagt der Deklarant, dass seine Tochter
mit ihren Kindern von ihrem Manne angezeigt werde. Das ist
begreiflich, denn die Tochter wohnt offenbar bei ihrem Manne.
Allerdings ist dieser Hinweis im Munde des Vaters überflüssig; er
macht ihn wohl, weil er in der letzten Apographe vor 14 Jahren
sie noch als Unverheiratete in seinem Hause aufgeführt hatte.
Anders BGU 95. Da zeigt der Deklarant seine Tochter in der
üblichen Weise an und fährt dann fort: xod xa 1^ auxriq T[£xva]
'8-[rjX]uxa xpLa, änep a7i£ypa(|;aT0 6 Traxyjp [. . . .]g n[£]'8'£(i)5 hioc
kxipou y.oXkriiioc'zloq]. Also der Schwiegersohn hat seine Kinder
auf einem anderen Blatte angezeigt.^) Nach unserer Auffassung der
Urkunden folgt daraus, dass diese verheiratete Tochter bei den Eltern
wohnt, ihre Kinder aber im Hause ihres Mannes. Der Gedanke
an eine Scheidung, der nahe liegt, wird durch BGU 97 und 577
abgewiesen. In der ersteren Urkunde meldet eine Frau ihre Tochter
und deren Töchterchen an, nicht aber den Schwiegersohn. Und doch
lebt dieser nicht etwa in Feindschaft mit seiner Frau, auch ist er
nicht tot, denn er vertritt, wie derselbe Text besagt, seine Schwieger-
mutter als y.up'.o?. Zufällig besitzen wir die Urkunde, in der eben
dieser Schwiegersohn für denselben Census (201/2) angezeigt wird:
in 577 meldet ihn zusammen mit seinem Töchterchen aus erster
Ehe seine Grossmutter an. Hier wohnt also die Ehefrau mit ihrem
Kinde bei der Mutter, der Ehemann bei seiner Grossmutter, resp.
seinem Vater, den diese gleichfalls anzeigt.
^) In den citirten Worten liegt in sofern eine Ungenauigkeit vor, als xal
IOC tsxva von d7i:oypdcpo(j,at abhängt, während er sie doch thatsächlich gamicht
anmeldet, sondern nur auf sie hinweist (vgl. das Fehlen der Namen und Alters-
angabe.).
§ 2. DIE STEUERSUBJECTS-DEKLARATIONEX.
447
Ich trage Bedenken, aus diesen EinzelföUen verallgemeinernde
Schlüsse zu ziehen. Dass die Frau nicht etwa bei Lebzeiten der
Eltern in das Elternhaus gehörte, dagegen spricht das erste Beispiel
(115 II). So können wir nur sagen, dass gelegentlich die Begründung
eines neuen Hausstandes — wohl aus Sparsamkeitsrücksichten —
dadurch umgangen wurde, dass Mann und Frau, auch nach der
Eheschliessung, bei ihren respectiven Eltern wohnen blieben.^)
Zu den epioL gehören auch die Sklaven. Da diese als Sache
zum Vermögen gehören, müssen sie ausserdem alljähi'lich in Objects-
deklarationen angezeigt worden sein. In unseren Urkunden aber
werden sie als Personen, als Teile der Bevölkerung aufgezählt.
Gelegentlich kommt dem Herrn wohl jenes andere Verhältnis in den
Sinn und er schreibt: ÖTuap^si t-Q [^uyaTpl] TcacScoxY] So'jXyj
(95, 19). Sonst aber werden die Sklaven meist ganz wie die Ver-
wandten (nach diesen und vor den Mietern) aufgezählt: aTTcypa^opLa:
xal Tov SoöXov [Lou oder ähnlich (BGU 137,10. 115 II 13).^)
Bemerkenswert ist BGU 115 II. Der Herr des zu deklarirenden
Sklaven giebt an, dass er ihn zu einem Drittel von X., zu zwei
Drittel von Y. gekauft habe. Da so der Sklave zu zwei Häusern
gehört hatte — wahrscheinlich hat er bald hier bald dort gearbeitet — ,
so war er bei der letzten Apographe von beiden Herren deklarirt
worden, von dem einen für das Tameionrevier, von dem anderen
für das Gymnasionre^^er.
Die IvoLXO'. werden in den Faijümer Urkunden, wie gesagt,
regelmässig von ihren Wirten angezeigt. Wohnt der Wirt selbst
in einem anderen Hause als dem vermieteten, so sagt er manchmal
ausdrücklich, dass er sich selbst auf einem anderen Bogen anmelde:
a.Tzo^eyp{(x.\i\iho\j) 5l' liepou [y.oXXr^[iaT]o5 (125, 3; vgl. 182, 4).
^) "Was Viereck a. O. S. 235 6 aus BGU 55 über das Getrenntleben der
Ehegatten schliesst, beruht auf einer irrigen Interpretation von Z. 5. Mit sxi sv
u7ioxdYp,ax'. o'jaav ist nur gesagt, dass sie damals vor 14 Jahren, da sie noch
Sklavin war, mit ihrer Herrin in das Helleniourevier eingeschrieben gewesen
sei. Dass sie bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt bei jener Herrin in Dienst
stand, ist nirgends gesagt. Damit fallen alle Folgerungen.
2) In 447,23 zeigt der Accusativ der Sklavennamen, dass sie nicht mit
dem vorhergehenden 'jTiäpxs-, sondern mit dem wieder aufzunehmenden inoypdi^o-
\ia.'. zu verbinden sind. Die Kinder der Sklavin Korcpia (so ist zu ergänzen)
werden von dem Deklaranten selbst gezeugt sein. — Bezeichnung als So'jXixdc
cwixa-ca in BGU 128 19 und 447 23.
448
Y. KAPITEL.
Eine Eingabe, in der nur Mieter genannt sind, wird in 119,4 als
eine xax' oixtav dTTcypa^Y] £Voix(a)v) bezeichnet.
Angemeldet wurde nicht die thatsächlich ortsanwesende Be-
völkerung, sondern die Wohnbevölkerung, die gewöhnlich im Orte lebte,
mit Zurechnung der vorübergehend Abwesenden und Abrechnung der
vorübergehend Anwesenden. So wird in 447, 6 ein Mann angezeigt,
der zur Zeit auf der Wanderschaft war (ovxa £V ava)(a)pyiaO. Vgl.
auch 493, 15 (oben S. 442). Dass die vorübergehend Anwesenden
abgerechnet wurden, lässt sich freilich nicht im einzelnen nach-
weisen, ist aber die natürliche Kehrseite jener Anrechnung der Ab-
wesenden. Jedenfalls haben sich bis jetzt keine Tcap£7it5r^[JioöVT£g
in den Apographai gezeigt.
Von sämmtlichen Personen werden Käme, Alter und äussere
Merkmale angegeben. In letzterer Hinsicht steht meist nur acji^pto?,
d. h. „ohne besondere Merkmale". Vgl. jedoch 577, 10: oOX(rj)
oa7.T(uAa)) 7ip(j[)(T(i)) '/jLpö((;) Sc^ta^. Das angegebene Alter gilt für
das Datum der Eingabe, nicht für das „verflossene" Jahr, für das
sie gemacht wird (Hermes a. O. S. 243). Vgl. 120, 10: y£v[6[X£-
vov x]ö) lv£aTü)[Tt (£T£l)]. Vgl. Dig. 50, 15, 3: aetas autem spedatur
censendi tempore.^) Die angefangenen Jahre werden für voll gezählt.
Vgl. BGÜ III, 18, wo ein Knabe, der im 1. Jahr des Antoninus
geboren ist, im 2. Jahr bereits als etojv 56o genannt wird. 2)
Ausserdem wird eventuell das Gewerbe und das Verhältnis zur
Kopfsteuer, sowie zu den militärischen Pflichten hervorgehoben. Die
Nennung des Gewerbes dient zur Unterlage für die Berechnung der
Gewerbesteuer, sowie der Zusatz XaoYpacpo6[Ji£Vog zur Heranziehung
zur Kopfsteuer. 3) 'E7üiX£y.pc|i£Vog aber besagt, dass der Betreffende
die militärische Epikrisis bereits durchgemacht und in die Epikrisis-
listen eingetragen ist.^) So sind es gerade diese Zusätze, die uns
die mannigfaltige Verwendbarkeit dieser Subjectsdeklarationen vor
Augen führen. Sie dienen den bürgerlichen, im Besonderen den
^) So erkläre ich auch BGU 132 II 5: y£vvrjO-(£lg) (eT;£0> i-
Jahr nach dem Periodenjahr.
Eine genauere Angabe finde ich nur bei einem zweimonatlichen Kinde
(447, 27 : |j,yjvü)v Siio).
^) Der Gegensatz ist: dixoX£AU|aevog x^g Xaoypacpias. Vgl. Hermes XXVIII
S. 249. Dort auch über die Frage, wann AaoYpacpo'jfisvos gesetzt ist.
*) Vgl. Hermes a. O. S. 249 f. P. Meyer, Philol. LVI S. 212.
§ 2. DIE STEUERSUBJECTS- DEKLARATIONEN.
449
Steuerbehörden ebenso wie den militärischen Behörden als Unterlage
für die Heranziehung der Bevölkerung zu den Staatsleistungen. In
diesen alle 14 Jahre wiederholten Aufzeichnungen der gesamraten
Bevölkerung, die nach andrer Seite durch die alljährlichen Objects-
deklarationen ihre Ergänzung finden, haben wir somit den aegyp-
tischen Provinzialcensus vor uns (Hermes XXVHI S.248). Xach
Mommsens Ausführungen im Staatsrecht H^ S. 417 sind wir nicht
berechtigt, aus unserer Kenntnis dieses aegyptischen Census auf die ent-
sprechenden Organisationen in den anderen Reichsteilen Rückschlüsse
zu machen, zumal Aegypten streng genommen nicht Provinz war.
ad 5. Zur Schlussformel 5'.6 £7i::B''5(i)pL: habe ich nur zu
bemerken, dass, falls die Eingabe von fremder Hand geschrieben
ist, der Deklarant mit eigener Hand subscribirt, wobei er sich des
Perfectums iTiiSeowxa bedient.
Von diesen faijümischen Urkunden unterscheidet sich die einzige
memphitische, die wir bisher kennen (P. 7097), vor Allem dadurch,
dass hier der Mieter (evoixo^) für sich und die Seinen selbst deklarirt:
aTrcypCa^ofiai) l(iai)x(6v) ze "xal zobq e\iobq, £VOi%(ouc), elc, f^v oIvm
£V M£|JL9£L £[7il To]ö a'JToG ß dji^oSCo'j) ^) [oiz]Lav 'la'.ocopo'j
'Avoußitüvo; y.-uX. Das heisst nicht „ich melde mich und meine
Mieter an", sondern „mich und die Meinen, die wir Mieter sind",
denn das Haus, in dem er wohnt, wird ja als Eigentum eines
Anderen bezeichnet. — Nicht minder interessant ist der originelle
Schlusssatz. Nachdem der Deklarant sich und zwei Töchter auf-
gezählt hat, fahrt er fort: Ilapwv he 6 7Zpo^(eyp(<x\i\ihoq) aTa^([xoö)(0$)
['I]a{5ü)p[oc] IvY'Jaxat r^[i[ä^] tü)[v] iTZiy.z^poclmy. Vgl. oben S. 243.
Der Mieter schreibt also in Gegenwart seines Wirtes, und der Wirt
übernimmt die Bürgschaft für die Zahlung der Kopfsteuern seiner
Mieter. Damit wird meine schon in den Sitzungsberichten a. O.
S. 902 und noch, schärfer im Hermes XXVIH S. 248 aufgestellte
Ansicht, dass unsere Eingaben auch für die Veranlagung der Kopf-
steuern dienten, unwiderleglich bestätigt. Diese Subjectsdeklarationen
sind eben fiir die Kopfsteuer gleichzeitig die Objectsdeklarationen.^)
Völlig verschieden von den bisher behandelten Subjectsdekla-
rationen, die wie gesagt sämmtlich aus dem H. Jahrh. n. Chr. stammen,
In Memphis waren also die Strassen nicht benannt, sondern numerirt.
Vgl. BGU 434.
Die Einwendungen von Viereck, Philol. a. O. S. 240, sind nicht stichhaltig.
WiLCKEN, Ostraka. 29
450
V. KAPITEL.
sind zwei Eingaben aus dem 11. und 12. Jahr des Augustus (=20/19
und 19/8 vor Chr.), die Grenfell jüngst edirt hat als (I) 45 und 46.
Der erstere Text sei hierher gestellt: 'A7roXX(i)(vi(p) Xü)[JiOYpa(|x[JLaTeL)
0£a5£X(cpca^) Tiapa IIv£9£pü)(T0?) xoö <I>av£[jL:£ü)5 6Y](JioaLou y£ü)(pyou)
(£Tü)v) ?Y [i£Xavxp'i^iG aTpoYYuXu7ip6ao3(7ro?) ouXy] OTcO-aXpLö he^ith.
'A:roYpa90{xac £[JiaT6v £Eg xö icc (£xoc) KaLaaCpoö '9'£Xü)v auvxa^Lv (?),
§£ x-^ [. .]£aYp£tJL9i'^ 7waxaYtvo|Jiai. Acö iTiiStSwjJLt x6 U7r6[xvy]([xa),
Ö7i(D? xaxaxwp^<3^"ij. ("Exod^) ca Kataa(poö M£)((lp) y- (2. Hand:)
'E7ri5£5oxai (Ixoui;) :a Kacaa(pog) na)(_ü)(v) p. Der zweite Text,
von demselben nv£9£pü)?, ist knapper, stimmt aber in der Haupt-
sache überein.
Die Unterschiede gegenüber den früher behandelten Urkunden
liegen auf der Hand. Der Staatspächter Pnepheros nennt zwar auch
seinen Xamen, sein Alter, seine Wohnung und giebt sein Signalement.
Aber die Eingaben sind nicht für das verflossene, sondern für das
laufende Jahr gemacht, nicht in 14jährigen Perioden, sondern in zwei
Jahren hinter einander, also als alljährliche gemacht. Das ist so
völlig anders, dass ich anfangs meinte, diese Eingaben hätten mit den
xax' olvloLV dTTOYpa^ac überhaupt nichts zu thun — vielleicht könnte
der Schlüssel in dem rätselhaften 'Ö'eXwv auvxa^LV liegen — und
Grenfell meinte, speziell die 57][x6acot y^^PT^^ hätten vielleicht die
Verpflichtung gehabt, sich in dieser Weise zu melden. Vergleichen
wir sie aber mit der Urkunde aus dem III. Jahrh. vor Chr., so
nähert sie sich ihr durch den Mangel an Periodicität und die Gültig-
keit für das laufende Jahr. Auch fehlt hier wie dort der Terminus
xax' OLXLav aTiOYpa^T^. Andrerseits nähert sie sich, im Gegensatz
zu jener, den Eingaben aus dem II. Jahrh. n. Chr. durch die Angabe
der Wohnung und die Schlussformel hib etclSiSwjac, auch das Signale-
ment. Wiewohl eine sichere Lösung hier nur durch neues Material
gebracht werden kann, möchte ich doch auf die Möglichkeit hin-
weisen, dass diese Eingaben aus augusteischer Zeit vielleicht das
Bindeglied zwischen der ptolemäischen Urkunde und denen des
II. Jahrh. n. Chr. darstellen. Aus dieser Prämisse würde folgen, dass
im Jahre 18 vor Chr. die 14jährige Censusperiode noch nicht ein-
geführt war, was an sich ganz gut möglich wäre.^)
^) Bis jetzt ist das früheste Periodenjalir , das bezeugt ist, das 8. J. des
Nero = 61/2 n. Chr. Die Neuerung müsste dann also eingeführt sein im 21. J.
§ 2. DIE STEUERSÜBJECTS -DEKLARATIONEN.
451
Zum Schluss sei darauf hingewiesen, dass wir in der TrsviasTia
im Edict des Julius Alexander Z. 49 nunmehr eine fünfjährige
Schätzungsperiode nicht mehr erkennen dürfen, da zur Zeit des
Edicts die 14jährige Periode bereits bestand. Auf eine fünf-
jährige Periode der Katasterrevision, wie Gardthausen, Augustus I
S. 921 annimmt, kann es um so w^eniger bezogen werden, als an
jener Stelle vom Kataster garnicht gesprochen wird.-) Wenn man
hier überhaupt eine Periode annehmen will, so könnte höchstens
eine Steuerumlageperiode gemeint sein , sodass alle fünf Jahre eine
Revision der Besteuerung stattgefunden hätte. ^) Ich möchte aber
doch darauf hinweisen, dass eine Notwendigkeit, eine Periode anzu-
nehmen, überhaupt nicht vorliegt. Der Präfect konnte auch aus
anderen Gründen die Revision der letzten fünf Jahre anordnen.*)
Ausser den bisher behandelten Apographai giebt es nun auch
noch andersartige Eingaben, die zur Feststellung der Bevölkerung
dienten, das sind die Geburtsanzeigen und die Todesanzeigen.
Von ersteren sind bis jetzt drei gefunden: BGU 28, 110,
III, die erste aus dem J. 183/4, die beiden anderen aus dem
J. 138/9 n. Chr. No. III bezeichnet sich selbst als 67i6[ivyj|ia xf^?
STrtyevvigaew?. Das Schema ist in allen das gleiche: die Eltern
des Augustus = 10/9 v. Chr., oder in seinem 35. J. = 5/6 n. Chr. oder im 7. J.
des Tiberius = 19/20 oder im 21. J. desselben = 33/4 oder im 8. J. des Clau-
dius = 47/8 oder endlich im J. 61/2 selbst.
^) Als Schatzungsperiode, verbunden mit Katasterrevisionen, deutete es
Rudorff, Rh. Mus. 1828 S. 187. Ihm schliesst sich Marquardt, St. V. 11^ S. 244
an. — Die letzte Schätzung war nach Obigen im J. 61 vorgenommen, das Edict
stammt aus dem J. 68. *
^) Die Kataster wurden, wie wir unten sehen werden, wahrscheinlich
alljährlich revidirt. Gardthausen's Worte sind auch nur ein ungeschickter Auszug
aus den oben citirten Worten von Rudorflf, die er in der Anmerkung z. T. an-
führt. Rudorff selbst legt das Hauptgewicht vielmehr auf die Schätzung.
^) Da die Steuern für jedes Jahr festgesetzt werden, könnte höchstens
an eine fünfjährige Revision gedacht werden, nicht an eine „Fixirung der Steuer-
quoten" auf 5 Jahre, wie Wessely, Mitt. ER S. 99 annimmt. Die Urkunde, in
der er dies Quinquennium wiederfindet, ist anders zu deuten. Es handelt sich
wohl um Verpachtung auf so und so viele Jahre. In einer ähnlichen Urkunde
BGU 734 ist die Pachtzeit um ein Jahr geringer.
*) Es wäre z. B. möglich, dass das letzte hierauf bezügliche Edict gerade
vor fünf Jahren erlassen war. Mommsen schreibt mir zu Obigem: „Das ist
wohl richtig; das lustrum lag ja so nahe".
29*
452
V. KAPITEL.
erklären (dTtcypaf^ofAS^a), dass ihr Sohn, der in dem und dem Jahre
— der Tag wird nicht angegeben! — geboren sei, jetzt im laufenden
Jahre so und so viele Jahre zähle. Die angezeigten Kinder sind
bereits 2, 4 und 7 Jahre alt. Also bestand nicht ein Zwang, die
Kinder unmittelbar nach der Geburt anzuzeigen. Vielmehr nehme
ich an, dass die Regierung von Zeit zu Zeit den Befehl erliess, dass
alle Kinder, die seit der letzten Anzeige hinzugeboren seien (vgl.
das ETzi in eTT'.yevvr^aL^ mit ihrem Geburtsjahr und ihrem augen-
blicklichen Alter angezeigt würden. Da BGU 110 und III aus
demselben Jahre stammen, wird der Befehl ein genereller gewesen
sein, zum mindesten für den ganzen Ort oder den Gau.
Es liegt auf der Hand, dass diese aegyptische Einrichtung mit
jenen Geburtsbeurkundungen, wie sie Kaiser Marcus nach Capit. vit.
Marc. 9, 7 — 9 zuerst eingeführt hat, nichts zu schaffen hat. Jene
sollten innerhalb von 30 Tagen nach der Geburt geliefert werden,
und zwar handelt es sich nur um cives, um römische Bürger. 2) In
den obigen Urkunden werden aegyptische Kinder angemeldet, und
zwar 2 resp. 4 oder 7 Jahre nach ihrer Geburt. Wilhelm Levison,
der jüngst versucht hat, durch eine ungemein fleissige, aber meines
Erachtens doch nicht völlig beweiskräftige Statistik die Nachwirkung
jenes Kaisererlasses in den Altersangaben der Steine nachzuweisen 3),
hat mit Recht auf diesen fundamentalen Unterschied hingewiesen und
hat zugleich die Meinung aufgestellt (S. 70/1), dass diese aegyptischen
Geburtsanzeigen zur Ergänzung unserer alle 14 Jahre stattfindenden
xax' oiVwiav dTioYpacpac dienen sollten. Das ist gewiss richtig, heisst
es doch in III ausdrücklich: d7iOYpacp6|JL£^a tou? Y£Vvr/^(£VTa^)
ifi^jLetv |X£xd TYjV Toö Lcf (sTOuq) %'eou "A-ö-ptavou xax' otztav äizo-
Ypai^YjV £^ dXXyjX(o)v) ucou?. AYenn er aber sagt, „ob die Anmeldung
im ersten Lebensjahr erfolgte oder später, war unwesentlich, wenn
sie nur so früh erstattet wurde, dass der Fiscus zu seinem Recht
^) Aehnlich heissen in den Viehdeklarationen die Fohlen, die seit dem
letzten Jahr „Hinzugeborenen" (sTiiYsvTjO-sis, smyovrj). Siehe unten.
^) Capitolinus 1. c. : inter haec liberales causas ita munivit, ut primus iuberet
apud praefectos aerarii Saturni unumquemque civium natos liberos proßteri intra
tricensimiim diem nomine imposito. Per pi'ovincias tabulariorum publicortim
usum instituit, apud guos idem de originibus fieret, quod Romae apud prae-
fectos aerarii . . .
^) „Die Beurkundung des Civilstandes im Altertum. Ein Beitrag zur
Geschichte der Bevölkerungsstatistik." Bonn. Diss. 1898.
§ 2. DIE STEUERSUBJECTS-DEKLARATIONEy.
453
kam", und wenn er weiter sagt, die aegyptischen Geburtsanzeigen
stünden im Dienste der Steuerverwaltung, so ist das nicht ganz
zutreffend. Der Fiscus war auf alle Fälle durch die xa*:' oixcav
aTToypac^a'' gesichert. Darum war ja gerade, wie ich im Hermes a. O.
S. 250 vermutet habe, die Censusperiode 14jährig gemacht, weil so
die Vierzehnjährigen, für die die Kopfsteuerpflicht begann, auf alle
Fälle im nächsten Census genannt wurden. Hätte die Kopfsteuer-
pflicht etwa mit sieben Jahren angefangen, so würde man wahr-
scheinlich siebenjährige Censusperioden geschaffen haben. Auch
glaube ich nicht, wie Levison anzunehmen scheint, dass es den
Eltern überlassen war, wann sie die Geburten anzeigen wollten.
Dann hätte es gewiss Niemand gethan, denn der Pap}Tus kostet
Geld, und Kefmachen ist besser als Eingaben aufsetzen. Ich nehme
daher, wie oben, besondere Befehle der Regierung an.
Doch davon abgesehen, scheint mir, dass diese Geburtsanzeigen
weniger im Interesse des Fiscus, als der Militärverwaltung eingefordert
wurden. Mir ist aufgefallen, dass nur die Knaben, nicht auch die
Mädchen durch solche 67:o[xvyi|JiaTa ETZiYcVv/jacWC augezeigt wurden.
Wir müssen da, um auf breiterem Boden zu stehen, zu jenen 3 Ori-
ginalen noch gewisse Bemerkungen in den xax' oIvIolv dTtOYpa^a:
hinzunehmen. Ich habe schon im Hermes XXVIII S. 245 darauf
hingewiesen, dass bei Kindern unter 14 Jahren, aber nicht mehr bei
denen von 14 Jahren an, sich der Zusatz findet: [if^ avaYcYp3C[i{Ji£V0^
£7 iTZi'^Z'^vrrwib^O',^^ d. h. „nicht aufgezeichnet unter den Hinzu-
geborenen". Dass damit auf unsere OTiGfJtvi^fiaTa iTJ^(vrrr^rst{üc, hin-
gewiesen wird, ist klar. In mindestens zwei Fällen steht statt dessen
die positive Mitteilung: avaYSYP^f^'-l^^'^^? Itucy^Y^^'^H'^'^^'?- ^S^-
BGU 132 II 2, wo meine Correctur des Textes unnötig und daher
falsch war, und 115 I 9, wo der Gegensatz der folgenden Kinder,
die nicht angemeldet sind, dafür spricht, dass Z. 9 Anfang kein \yf]
zu ergänzen ist. Hier ist also vorher eine Geburtsanzeige erfolgt.
In allen diesen Fällen sind es nun ausschliesslich Knaben, zu
denen dieser positive und negative Zusatz gemacht wird. In den
Dorfeingaben habe ich ihn nirgends gefunden, weder bei Knaben
noch bei Mädchen i), wiewohl auch in den Dörfern Geburtsanzeigen
Auch in Memphis war es wohl nicht Sitte, beim Censiiü auf die
Geburtsanzeigen hinzuweisen. Vgl. P. 7097.
454
Y. KAPITEL.
erstattet wurden (vgl. BGU 28). In den städtischen Eingaben aus
Arsinoe dagegen findet sich jener Hinweis auf die ÖTCoiivi^iJiaTa iizi-
yevvyjasto^ bei den Knaben unter 14 Jahren regelmässig (vgl. 55,
8; 55, 20; 115 I 9 ff.; 182, 14; 132 II 2), dagegen bei den Mädchen
dieses Alters niemals (vgl. 55,21; 115117; 117,20; 118 II 13).
Dass hier nicht ein Zufall spielt, zeigt folgendes. In 115117 steht
-ö-DYailpa Supav (sto'j^) a, während in derselben Urkunde bei sämmt-
lichen Knaben sich jener Zusatz findet. Noch deutlicher aber redet
55, 20. Da steht bei dem ältesten Knaben (11 jährig) [xv] cc>oir(Z-
Ypa{jL[jL£vo^ Iv l7rLY£Y£vy][i£Vo:(;; bei seinen Brüdern (10 und 9 jährig)
wird diese Bemerkung durch ein 6{iolw^ aufgenommen. Darauf folgt
ywal '9'UY(aT£pa) 'laiowpav (£xa)v) tq. Hier fehlt ojJioLwg, also der
Hinweis auf die Geburtsanzeige I Ausschliesslich um Söhne handelt
es sich, soweit ich bei flüchtiger Durchsicht des Originals sehen konnte,
in dem noch unpublicirten Pap. Lond. CCLX (2), der einen ölt^o-
XoyLajJLOi; a^YjXcxwv u[lö)]v und unter Anderem ein Verzeichnis der
ar; |jiaV'9'£VT(i)v iT.i^(V(tvfp%'OLi giebt (J. 4 des Vespasian). Namentlich
auf Grund der vorher angeführten Thatsachen zweifele ich nicht,
dass in der Geburtsanzeige B G IT 28 in dem auf alle Fälle fehler-
haften Passus d7roYpa96{Ji£'8'a yeyovozoc — 0'i)Ya[T£p]a — -{tyrid-hzoL —
y.a.1 Gvia das Masculinum der Participien zu Rechte best^t, und
•0"JYaT£pa verschrieben ist für uiov. Der verstümmelte Eigenname
. . öTiToq trägt nichts zur Lösung bei.
Wenn weiteres Material dieses Resultat bestätigen sollte, dass
nur die Knaben, nicht auch die Mädchen durch besondere Geburts-
anzeigen obiger Art Anzumelden waren, so wird man wohl der Ansicht
zuneigen, dass weniger die Steuerbehörden, für die das Geschlecht
der nicht steuerpflichtigen Kinder gleichgültig war, als die Militär-
behörden^) ein Interesse an diesen Ö7tO{Jtvyj{iaia gehabt haben. Denn
die Epikrisiseingaben zeigen uns, dass die Militärbehörden sich auch
schon mit Knaben unter 14 Jahren beschäftigten, so in BGU 324 mit
einem 11jährigen, in 109 und Pap. Genev. 18 mit einem 13 jährigen.
Engeren Zusammenhang mit der Steuerverwaltung haben
dagegen die Todesanzeigen. Davon sind bis jetzt neun gefunden
^) Dass die Eingaben an die üblichen Gaubeamten gerichtet waren, spricht
nicht dagegen. Diese Gaubeamten führten eben die gesammten Personalacten,
gleichviel ob die Einzelangabe für ihr spezielles oder für ein anderes Eessort
von Wichtigkeit war.
§ 2. DIE STEUERSUBJECTS- DEKLAR ATIONEX.
455
(IL und m. Jahrh. n. Chr.): BGU 17, 79, 254. P. Ox^t. I 79.
PER n. 1410, 1412, 2026, Anzeiger d. Wien. Akad. XXXI 1895
S. 7.^) Noch unpublicirt ist Pap. Lond. CCVIII a (Kenyon, Cat.
of. Add. S. 409). Für diese Todesanzeigen kann ich auf Levison's
Ausführungen verweisen. Die Anverwandten melden den Tod des
Gestorbenen dem königlichen Schreiber oder den Stadtschreibern
resp. dem Dorfschreiber und bitten ihn, den Verstorbenen in die
Sterbeliste zu setzen (a^iö TaaaeaO-ai a'jxov £V tq twv zexzAe'jTrf/,6zm
xaEec) oder, wie es im III. Jahrh. heisst, seinen Namen zu löschen
(a^tö) a£ 7i£pcaLp£'9"^vat toöto tö ovojAa). Da das eigene Interesse
der Verwandten im Hinblick auf die Besteuerung möglichst baldige
Anzeige erheischte, so sind die vorliegenden Urkunden sämmtlich
noch in demselben Jahre, meist noch in demselben Monat eingereicht.
Dass auch der Tod der Frauen angezeigt wurde, ist selbstverständlich.
Diese Todesanzeigen dienten den Behörden zur E^adenzhaltung der
Bevölkerungslisten, waren aber von besonders actuellem Interesse für
die Steuerbehörden. Levison bezweifelt, ob eigentliche Sterbelisten
auf Grund der eingereichten Einzelurkunden angefertigt wurden
(S. 79 f.). Mir scheint PER n. 1410 diese Frage zu entscheiden:
in der Adresse fehlt der Name des Adressaten, also haben wir eine
Abschrift vor uns (vgl. Hermes XXII S. 5). Unmittelbar darüber
steht die Paginazahl „92". Folglich ist dies Stück ein Blatt aus
den amtlicherseits zusammengestellten Sterbelisten. Ebenso scheint
es mit P. Oxyr. I 79 zu stehen, über dem sich die Zahl „80"
befindet.
Unsere Uebersicht hat ergeben, dass hinsichtlich der Subjects-
deklarationen zwischen der Praxis der ptolemäischen und der kaiser-
lichen Regierung nicht unwichtige Unterschiede bestanden. Zwar
war das Material für die Ptolemäerzeit so gering, dass ein Erfassen
der damaligen Einrichtungen im Einzelnen nicht möglich war. Aber
Eines hat sich doch mit Wahrscheinlichkeit ergeben, nämlich dass
die alle 14 Jahre sich wiederholenden y.ax' cixiav dTZOYpa^ai mit
ihren oben hervorgehobenen Eigentümlichkeiten erst in der Kaiser-
zeit — genauer wohl zwischen 18 v. Chr. und 61 n. Chr. — an die
Stelle der alten jährlichen Deklarationen getreten sind.
Die Wiener Texte nach Wessely's Lesungen mitgeteilt bei Levison,
a. O. S. 75 ff.
456
y. KAPITEL.
§ 3.
Die Steuerobjects-Deklarationen.
^yir haben oben in Kapitel IV gesehen, dass man in Aegypten
von dem modernen Ideal der „einen" Steuer so weit entfernt war,
dass man nicht einmal einheitliche Bezeichnungen für die Haupt-
steuerarten hatte, sondern nur die Besteuerung der einzelnen Steuer-
objectsgruppen kannte. Man hatte z. B. nicht eine einheitliche Ver-
mögenssteuer, sondern nur eine Besteuerung der Einzelobjecte, die
das Vermögen ausmachten. Es herrschten dort also Zustände, ähnlich
denen, die in den älteren sechs bayerischen Gebietsteilen noch um
das J. 1800 bestanden, wo man unter 607 Benennungen zahllose
directe Steuern erhob, darunter allein 144 verschiedene Grund-
steuern."') Ebenso erklärt sich die grosse Mannigfaltigkeit unserer
Steuertabelle auf S. 408 ff.
Diesem Zustande entspricht nun die starke Spezialisirung der
Steuerprofessionen oder, wie wir sie im Gegensatz zu den Subjects-
deklarationen nennen wollen, der Objectsdeklarationen. Für jede
Gruppe von Steuerobjecten, die einer gemeinsamen Besteuerung unter-
lag, musste eine besondere Deklaration ausgestellt werden.
Dass das System der Selbstanzeige, das bekanntlich im Alter-
tum überhaupt weit verbreitet war, in Aegypten sich schon seit den
Zeiten des Amasis nachweisen lässt, wurde schon oben S. 437 bemerkt.
Der Ausdruck Herodot's (II 177) dTioSecxvuvaL exeo^ exaaxou
TW vo[Jiap)^-(] — GÖ-ev ßiouiac würde den Gedanken an eine münd-
liche Erklärung vor dem Nomarchen zulassen. Diodor (I 77, 5) hat
aber gewiss das Richtige getroffen, wenn er dafür den terminus
technicus für die schriftliche Fassion, dTicypa^ea-ö-ac, einsetzt. Es
soll in diesem Paragraphen meine Aufgabe sein, zusammenzustellen,
was wir an solchen dTToypa'fat besitzen.
A. Ptolemäerzeit.
1. In dem auf S, 436 erwähnten Papyrus des Alexandrinischen
Museums aus dem J. 240/39 vor Chr. folgt auf die Subjects-
deklaration die Angabe der Getreide- und Fruchtvorräte: a7Zoypd^o[i.<x'.
^) Vgl. Handwörterbuch der Staatswiss. VI^ S. 94.
§ 3. DIE STEUEROBJECTS-DEKLAEATIO>'Ey.
457
t6v budpy^o'na, jiGC gItov xtX. Es wird genau nach Artaben ange-
führt, wie viel der Deklarant von den verschiedenen Fruchtarten
— Weizen, Gerste, Spelt, Bohnen, Terebinthen, Linsen u. s. w. —
besitzt. Es versteht sich von selbst, dass eine solche Deklaration
von Naturalien nicht für eine mehrjährige Periode, sondern nur für
das laufende Jahr von Wert sein kann. Da der Schluss der Urkunde
fehlt (etwa 2 — 3 Zeilen), so bleiben manche Fragen offen. Weshalb
gerade diese Erklärung auf einem Blatte mit der Subjectsdeklaration
steht, lässt sich nicht sagen. Sicher ist, dass dieser Deklarant auch
noch eine ganze Reihe anderer Fassionen einzureichen hatte, denn
wer solche Getreidevorräte besitzt, der hat auch Haus und Hof,
Scheunen, Aecker, Ackergerät u. s. w. Auf sein Vieh weist er in
Z. 8f nebenbei hin. Wahrscheinlich wird auch dies in einer be-
sonderen Eingabe deklarirt gewesen sein.
2. Pap. Lond. L. Vgl. Hermes XXVHI S. 231. Kenyon, Cat.
Gr. Pap. S. 49 (vgl. Gött. G. A. 1894 S. 725). Eine Deklaration
über Haus und Hof aus dem IH. Jahrh. vor Chr.^), auf Grund
eines königlichen TzpGC'aYjJLa eingereicht an den e^.llL^Ar^vr^z (s. oben
S. 433 A. 2). Der Deklarant giebt die Masse des Hauses und Hofes
(oixi'a und a'jXrj) nach Ellen an (Turjyei^), orientirt sie genau nach
den vier Himmelsrichtungen durch Xennung der Nachbarn und
äussert sich über die Zweckbestimmung des Hauses. Es werden
zwei Gebäude angezeigt: in dem einen ist eine Bäckerei (ev aiTO-
Tio'.oöa'.v, vgl. aiTOTioelov {xod Z. 12); das andere, dessen Bestimmung
nicht besonders angegeben wird, ist wohl das Wohnhaus. Diese
Unterscheidung war notwendig, weil die Besteuerung jedenfalls eine
verschiedene war, je nachdem es sich um ein Wohnhaus oder ein
Gebäude zu gewerblichen Zwecken handelte. Das oben S. 192 von
uns nachgewiesene evoLXLOV konnte natürlich nur von ersterem
erhoben werden. Wie gewerbliche Gebäude besteuert wurden, wissen
wir nicht. Wahrscheinlich wurden sie niedriger belastet, da sie ja nicht
selbstständig, wie die Mietshäuser, ertraggebend sind — wie auch
heute bei uns von Wohnhäusern 4^,o» ^'^^ gewerblichen Gebäuden
2°/o des Nutzungswertes erhoben wird. In diesem Zusammenhange
ist bemerkenswert, dass der Wert des Bäckereigebäudes, wiewohl es
Wegen der Rechnung nach Kupfer möchte ich sie eher an das Ende
als in die Mitte des Jahrhunderts rücken. Vgl. Kap. X.
458
V. KAPITEL.
genau dieselben Masse hat wie das Wohnhaus, nur halb so hoch
taxirt wird wie jenes.
Dass überhaupt eine Schätzung durch den Deklaranten vor-
genommen wird, ist von grosser Bedeutung: xauxYjv ouv TC[jLü)[Jia:
5pa)(|Jia)v TEzpoc'niqyjJ<i(ßV. Es sei schon hier hervorgehoben, dass
in dieser Selbstschätzung ein wesentlicher Unterschied
gegenüber der Praxis der Kaiserzeit besteht. Der Deklarant
der Ptolemäerzeit zählt nicht nur seine Vermögen sobjecte auf, sondern
er schätzt sie auch ein. Unser Text unterscheidet diese beiden
Handlungen deutlich als aizoypa^eod'oci und Tiiiaa^-ai. Es ist der-
selbe Sprachgebrauch wie bei Dionys. Hai. IV 15: IxeXsuas czTiaviai;
TwjJtaLou^ dTtoypa^eaO'aL xe y.al TC[JLaa^aL zocc, oualaq npbc, ocpyupiov.
Hierdurch werden Rodbertus' Bemerkungen in Hillebrand's Jahrbb.V
S. 155 f. vollauf bestätigt: von einer „Schätzung" ist im Evang.
Luc. 2, 1 in der That nicht die Rede, sondern nur von ocKoy p6:<:p zad-ai.
Da die folgenden Beispiele aus der Ptolemäerzeit sämmtlich die
Verbindung von Anzeige und Schätzung aufweisen, so könnte die
Vermutung nahe liegen, dass auch in dem verlorenen Schluss der
unter 1 genannten Urkunde eine Taxirung der gesammten Natural-
vorräte gestanden habe. Das halte ich jedoch für irrig. Denn diese
Getreidevorräte wurden jedenfalls auch in natura besteuert; in Geld
taxirt wurden aber wohl nur diejenigen Objecte, für die auch Geld-
steuern erhoben wurden.
Wie oft solche Hausbesitzdeklarationen einzureichen waren, geht
aus dem Text nicht hervor. Nach Analogie der anderen Urkunden
wird man auch hierfür wie überhaupt für die Objectsdeklarationen
die alljährliche Erneuerung anzunehmen haben, wie sie auch schon
Amasis eingeführt hatte. Die Erwähnung des königlichen Erlasses
spricht nicht etwa für eine einmalige oder aussergewöhnliche Anord-
nung der Schätzung (vgl. BGU 139 und dazu unten), vielmehr
wird der König alljährlich die Einsendung der Deklarationen
angeordnet haben. — Sicher ist, dass auch dieser Schreiber ausser-
dem noch andere OLHo^poL^od eingereicht haben wird, denn wer zwei
Häuser, darunter eine Bäckerei besitzt, der hat auch noch mehr zu
deklariren.
3. Petr. Pap. (II) XI (2). Ein gewisser Polykrates (HL Jahrh.
V. Chr.) schreibt seinem Vater: a7üOY£Ypa[X[xaL hl iizi xeXwviov tö
oiTcoTieSov 9£p6[ji£v[o]v Hl^c, Iva ex togoutou ^spwjiev lYjv eExoaxr^v
§ 3. DIE STEUEROBJECTS- DEKLAR ATIO> EX.
459
xxA. Der Brief enthält also einen Hinweis auf die Deklarirung einer
Hausstelle (vgl. Kap. IV § 158). Im Einzelnen bleibt manches unklar.
Wichtig ist, dass auch hier die Taxirung neben der Anzeige hergeht.
4. Für eine Deklaration halte ich auch das Fragment bei
Mahaffy, Petr. Pap. (II) S. 36 oben (III. Jahrh. v. Chr.). Vgl. Gött.
G. A. 1895 S. 145/6. Ein ßaa:Xt7wö^ yetdpycc, schreibt in der Form
des u7iG[iV7]|Jia dem ßaaiX'.xö^ vpapLjjLaic'j? seines Bezirkes unter
Angabe des Datums: dTTcypa^oixa: xaTa zb TzpoclzayiLx. Da das
"Weitere fehlt, lässt sich mit Sicherheit nicht einmal sagen, ob die
Urkunde eine Subjects- oder Objectsdeklaration war.
5. Mahaffy, Petr. Pap. (II) S. 33 (III. Jahrh. v. Chr.) Auch
dies Fragment halte ich für eine Deklaration. Z. 1 lese und ergänze
ich nach meiner Revision des Originals: Lx5 [xrjvo; *A^'jp d[7roYpa^'i^.
Hier wird allerlei Hausgerät angezeigt: ein Schöpfgefäss oder Werk-
zeug (axa^T^GU für axa^eioi)), ein Kleid (yiTwv), ein Bett oder Lade
(y,oizri oder xoTto(;)^) und Körbe.-) Auch hier folgt der Anzeige
die Schätzung: a Tt[ia)|jLa:. Das axa^-^ov wird zu 14 Drachmen,
der Chiton zu 3 Drachmen taxirt. Das Uebrige ist weggebrocheu.
6. Der Revenue - Papyrus (aus Philadelphos' Zeit) zeigt uns,
dass der Deklarationszwang geradezu zu den Grundprincipien der
Steuers^en\'altung gehörte. Die verschiedensten Verhältnisse wurden
durch Einführung der obligatorischen Deklaration geregelt. Hier
seien nur solche Beispiele hervorgehoben, die sich mit unseren
Steuerprofessionen berühren. Als der König die Apomou-a von den
alten Göttern Aegj-pten's auf seine vergötterte Schwester Arsinoe
Philadelphos übertrug, bestimmte er durch Decret, dass — abgesehen
von der concurrirenden Deklaration der Beamten (darüber im
nächsten Paragraphen) — die Besitzer von Wein- und Nutzgärten
Umfang und Ertrag ihrer Ländereien deklariren sollten (36, 17:
dtTZGypd^ELV TO T£ T,Xf^^oq -fic, ^(f^z, xal Ta ysvi^iJLaTa). Aus dem
Grundgesetz, das für die neue Steuer erlassen wurde, sind uns in
Bezug auf die Nutzgärten folgende Worte erhalten (24, 11): Töv
ht TiapaOEiawv e^uvTifii^aecD^ (= Ix aDVTt|iYja£Ci)^) Tf^[? xax' Ixog
Ytv]p|x£vr^? 3) Tüpo? apY'jpiov t?]v gxrrjv xxX. Also das Sechstel vom
*) Z. 5 Schluss las ich am Original xo'.x (für a7tU?[p'.5io'j).
Lies ouupixcDv (= aTiupiScov) statt areup'.Siou.
*) Grenfell vermutete Tf^[5 'mo-^zy^oi\i]\ii-^r^z oder •j7:oxe']|isvr,;. Bei meiner
Revision (Herbst 1897) sah ich vor jisvr^s Spuren des rechten Halbkreises von o.
460
V. KAPITEL.
Ertrag der Nutzgärten soll auf Grund einer alljährlich zu wieder-
holenden Abschätzung des Ertrages in Silber gezahlt werden
(vgl. oben S. 135). Dass vorher eine ähnliche Bestimmung auch
für die in natura besteuerten Weingärten gestanden hat, zeigen uns
zwei Deklarationen (III. Jahrh. v. Chr.), die auf Grund eben dieses
Paragraphen gemacht sind. Vgl. Petr. Pap. (II) XXVII (I)^) und
XXX e. Vgl. auch XXX c. Da die Wein - Apomoira in natura
geliefert wurde, so genügte hier eine Abschätzung des jährlichen
Ertrages nach Keramien — eine auvTC(xy]ai? Tupog YevyjptaTa. Vgl.
auch Rev. Pap. 29: die Besitzer von TrapaSecaot sollen den Pächtern
deklariren (dTcoypa^aa^waav) — [t6 xe] auxwv ovofxa xal ev
xtb[irj: ocxoOacv xod 7c[6aou zi[i(ßv']zoci TYjV Tipo^oSov tyjv £V twc
7üapa[S£:atoc]. Vgl. col. 26.^) — Auch bei der Verwaltung des Oel-
monopols spielen die dTioypacpai eine grosse Rolle. Vgl. Rev. Pap.
42,11: oi he [Xaol] xal ol Xomol yewpyol Tifjida'ö'waav xd a[ÖT(j[)]v
yevi^lJiaTa exaaxa xaxd yevoi; xtX — ypa^sTwaav he oi Xocol töv
GTZopov — xal Tzoaou exaozoc, TC[jLaxa:. Vgl. auch 49, 10 ff. Eine
Zolldeklaration wird in 52, 13 ff. vorgeschrieben: wer ausländisches
Oel von Alexandrien aus in Aegypten einführt, muss es in Alexandrien
deklariren (dTioypa^ea^toaav) und dann für den Metretes 12 Drachmen
zahlen (vgl. oben S. 399). Eine genaue Deklaration wird auch von
den im Tempelbesitz befindlichen Oelfäbriken verlangt, die trotz des
Monopols für den eigenen Bedarf Sesamöl herstellen dürfen. Hier
muss der Umfang des Betriebes nach der Zahl der Mörser (5X[Jioc)
und Pressen (iTitöTigpia) angegeben werden (vgl. 50, 20 ff.).
7. Endlich lehrt uns Pap. Tur. I 7, 10 (II. Jahrh. v. Chr.),
dass die Erben verpflichtet waren, die Erbschaft zu deklariren
^) Vgl. Petr. Pap. XXX (c) 3 f. : xwv icpog apyiiptcv auvT£Xt|iY]|JLev(üv.
Diese Urkunde ist zu lesen: 'Op.oXoyet Aiovtiaiog 'AaxXYju[i,oc5oü] oövti-
\x(xo^0Li xöy 67idpx[ovTa [loi] daTisXöova bIc, zö xy'- T^spl z[ö] n[. .] sTtoixiov x'^s
'HpaxAsJSou \iBplb[oc,] iy. p.sxpYjxojv Sexa duo, wv f] Ixxyj fiexpyjxat §i3o xal xc5v [?]
axpoSputov xal axscpdvü)v[?£x] Spaxfxwv dexa 8uo, wv ri exx[7]] SpaXjJtal 5i3o.
'Eöcv 5s x[i] xo[uxois 7:pog]yevYjxai, Ttpc^avoiatü |x[sxd xsOP^TP^^^ö'S öpxou
ßaaiXixoö.
^) Nebenbei sei erwähnt, dass dieselben Gartenbesitzer, die für die Apomoira
die vorliegenden Deklarationen eingereicht haben, gewiss ausserdem für die
Grundsteuer zu deklariren hatten. Diese Apographai werden genauere Angaben
über den Umfang der Gärten gehabt haben, denn die Grundsteuer wurde nicht
als Quote, sondern als Fixum für die Arure erhoben (s. oben S. 147 flf.).
§ 3. DIE STEÜEROBJECTS-DEKLARATIOXEX.
461
(xXyjpovoficav aTioypa^'aaO'a:). Vgl. oben S. 345 f. Ueber die hierfür
bestehenden Zwangsmassregeln vgl. den nächsten Paragraphen.
B. Kaiserzeit.
'1. Deklarationen über Haus und Hof: BGU 112, 420,
459, 536. P. Oxvr. I 72. Vgl. Hermes XXVIH S. 233.i)
Diese Eingaben, die aus verschiedenen Dörfern stammen, sind
sämmtlich an die „Bücherbewahrer" in der Metropole Arsinoe, resp.
Oxyrhynchos gerichtet. In 112 heissen sie ßißXtocf 'jXaXc? ifj? ev
'ApaivoVxöv tzoXbl hri\LOoi(xc, ßtßXcoOn^xir]^, in den übrigen ßißXcocpuXaxe;
£Y7.TVja£(i)v 'x4paivoiTO'j. Der letztere Titel ist der Spezialtitel, der
das im vorliegenden Fall in Betracht kommende Departement des
Gauarchivs hervorhebt.-) Es sind dies die Archivbeamten des Gaues,
die u. A. die Häuserlisten zu führen hatten, woraus sich ihre Erwähnung
an dieser Stelle erklärt (vgl. Hermes a. O.). Ich halte es für einen
Zufell, dass nur solche Eingaben erhalten sind, die an diese ßißXio-
cpuXaxE^ gerichtet sind. Sehr wahrscheinlich mussten gleichzeitig
entsprechende Exemplare auch an die anderen Gaubeamten, den
Strategen und den königlichen Schreiber, sowie an die Ortsbehörden,
die Stadt- resp. Dorfschreiber eingereicht werden. Von den xXfipoi
xaxotx'.xo:, die in 420 und 536 neben den Häusern genannt werden,
wissen wir es, dass sie auch bei diesen anderen Beamten angezeigt
wurden. Vgl. unten.
Gemäss dem Befehl des jedesmaligen Präfecten werden die
einzelnen Objecte aufgeführt: xaia xd bTzb toü xpaiLaiou i^^Ycjxovog
— 7:po?T£TaY}ji£va d-OYpd^ofiaL — xd u7:dpxovxd \loi xxX oder
ähnlich. Angemeldet werden OLXia:, auXac und ^iXol zoTZOi. Wenn
in 420 und 536 daneben auch xX-^pot xaxoix'.xoc angezeigt werden,
so scheint das eine Abweichung von dem Princip zu sein, immer
nur gleichartige Gegenstände in einer und derselben Apographe zu
nennen. Doch liegt hier wohl der Begriff der „Immobilien" als
Einheit zu Grunde.
In einer fragmentarischen Urkunde (BGU 243) meldet der
Käufer eines Hauses an, dass er in der nächsten Steuerprofession
Die von Viereck Philol. LII S. 231 als Beispiel einer Hausbesitzanzeige
verwertete Urkunde gehört vielmehr, wie oben bemerkt, zu den xax' otxiav
(XTioYpacpai.
*) Vgl. Philolog. LIII S. 99 A. 1.
462
V. KAPITEL.
den Nachweis dafür erbringen werde, dass das Haus ihm gehöre,
und dass es schuldenfrei sei, von Niemandem belastet: oTtOxav yap
TYjV a7T0Yp(acpYjv) auTOö 7roca)[jiac, dTioSet^w, bTzoLpyei xac lax:
za-ö-apov {jiyjSevl xpaTOu({ji£Vov).^) Dem entsprechend wird auch in
den vorliegenden Eingaben hervorgehoben, auf Grund welches Rechts-
titels der Deklarant die genannten Objecte besitzt. Endweder hat
er sie geerbt (TZ(x,zpiyA, [jtyjxpLxa^ 7ia7i7cr/wa, [jLa[jL[jir/a), oder aber er
hat sie gekauft. In letzterem Falle wird der frühere Besitzer genannt,
bald in der kurzen Formel TcpoTSpov Toö heZvoq (vgl. 536), bald
ausführlicher, zugleich mit Angabe des Datums des Kaufes (112)
oder auch unter Hinweis auf die auf ihn, den Käufer, über-
gegangenen Rechte (Oxyr. : axoXou^w? zolq el(; auxov hi'naioic,). Jenem
xa^apov (xr^Sevl zpaTOU|Ji£Vov entsprechend wird aber auch noch hinzu-
gefügt, ob das Haus pfandfrei ist oder nicht. Im ersteren Falle
nennt man es xa^apa aizo TS o^pikfiq xal bno^rixriq xal tzqlvzöc,
§L£YYU%aTO^ (112; 536,6). Der andere Fall liegt vor in 536,8:
xal OLXLÖJV [Iv 6]7ro'9"i^xTrj (Yj|jicau) {X£po(^) olxiocq xal auXyj?, £v ig
£^£o(av£:aa[xr/v) [7i]apa na7r£T[To]^ toö naTU£lTog. Hier wird also
gar der Name des Gläubigers genannt, dem das Haus verpfändet
war. Die Ansicht von Mitteis (Hermes XXX S. 601), dass die
aTioypa^aL die Hypotheken nicht zum Gegenstand hätten, wird durch
diesen inzwischen hinzugekommenen Text berichtigt.
Bemerkenswert ist die Schlussformel in 112: oxi 6' av änb
TouTü)v £^ocxovo[X'i^aco y) xal TTpo^ayopaact), 7rp6T£pov npoqoLyytlib,
ü)g £X£X£ua^yj. Es war also vorgeschrieben, jede Immobiliar- Besitz-
veränderung vor dem Vollzug dem Archivbeamten anzuzeigen 2).
Dass überhaupt eine solche Anzeige erfolgte, w^ar für die Evidenz-
haltung der Steuerbücher, die den ßißXt09uXax£^ oblag (s. unten),
durchaus notwendig. Weshalb es aber schon vor dem Vollzug der
^) So möchte ich hier das \iy] xpaxoufisvov, durch welches das xaO-apöv
genauer bestimmt wird, fassen, nicht als ,, nicht occupirt". Vgl. 379, 22: ou'
ouSsvos xpaxoujxevTjs, von einem Hause gesagt, das einen Besitzer hat, aber
nicht verschuldet ist. Auch im Edict des Jul. Alexander Z. 23 wird mit dem
UTiapxövxwv xpaTO'j{x£v(i)v auf Vermögen hingewiesen, die als verschuldet mit
Beschlag belegt sind. Vgl. vorher: 7] (ispYj xöv uTrapXövxwv aOxoö xaxsxs'.v £v
xotg briiiooioic, ypajjtiiaxocpuXaxio'.g npdc, ^^^BiXr^\l'x. — Mommsen denkt ausser-
dem an den Gegensatz von praedium liberum und praedium servum in Beziehung
auf die Servituten (Dig. 8, 4, 6, 3 a. 19, 1, 8).
2) Vgl. Hermes XXVIII S. 235 f. Mitteis, Hermes XXX S. 602.
§ 3. DIE STEUEROBJECTS -DEKLARATIONEN.
463
Transaction angemeldet werden musste, geht aus den uns erhaltenen
Anmeldungen dieser Art hervor. Vgl. BGU 184 (Haus und Hof),
379 (xXf^po; xaxoixixoO und PEK bei Härtel, Griech. Pap. S. 64
(unvollständig mitgeteilt). Der Schreiber thut kund, dass er sein
Grundstück, das er bei derselben Behörde deklarirt habe^), ganz
oder z. T. an N. N. für den und den Preis veräussern wolle:
5 a7i£Ypa'jia|JLyjv — ßo6Xo[JLa: £Coixovo[xf^aac tw SeTv: T:|xf^? x. oder
ähnlich. Nur eine der drei Urkunden liegt uns vollständig vor,
BGU 379, und darin fährt der Schreiber fort: Siö 7rpogaYY£XXo[(i£v]j
GTZoic, i7ziozeiXr]zs. tw t6 Ypa9£Toy^) Kapav[L5o;] ouv^pT] |xaTC^£(:v)
VjfJiETy (hq xaO'T^X£i. Daraufhin hat einer der beiden Archivare die
Eingabe an den Graphionbeamten weitergeschickt mit der Bemerkung :
TG)l TO YpaffTov KapavtSo^. KaO-' f^v 7i£7roiY]VTaL 7i£[pl] t[6] TpiT[ov]
\iipoq TYj^ Toö ylripou apo[6p]7j[?] [iiag '^^r^:;'] 6-' GXjhevbq xpaiou-
\it/Yic, T£}.£taO'(i) (oder Y£V£<(c)>aO'ü) Hunt) xaO-VjXEC. Was folgt
daraus? Die Graphionbeamten, von denen der Kauf vollzogen
werden soll, dürfen erst dann mit den Verkäufern in amtlichen
Verkehr treten (so fasse ich a'JV)(p*^[iaT(^£iv), wenn sie von den
Archivaren auf Gesuch Jener hin dazu ermächtigt sind, und vor
Allem, laut Grundbuch, von ihnen erfahren haben, ob das zu ver-
äussernde Grundstück hypothekarisch belastet sei (Otü 'oi)5£v65 xpaTOU-
[i£vr^c, s. oben). In dem letzten Passus liegt offenbar der Schwerpunkt
der Anweisung. 3) Wir lernen also, dass in Aegypten Immobilien
erst verkauft werden durften, nachdem von den Grundbuchführern
constatirt war, dass das Kaufobject unverschuldet war — resp., so
dürfen wir ergänzen, in welchem Masse es verschuldet war. Denn
^) Mitteis a. O. übersetzt das d7t£YP(a'-};a|jnrjv) des "Wiener Textes mit „sieh
zusehreiben lassen". Diese Bedeutung dürfte nicht zu belegen sein. Vielmehr
hat der Betreflfende das Land deklarirt, und zwar oltzö ovo^iaxog xoö dSsXcpoö —
TeTcX(suTrjXÖTO$) xtX, d. h. unter Nennung des Namens seines verstorbenen
Bruders, der es ihm vermacht hat. Da ist eine ä'OYpacpr, gemeint wie P. Oxyr. I 75.
— In diesem Wiener Text möchte ich Einiges anders auflösen als bei Härtel
geschehen. Z. 7 und 14 wird 7iapax£X(»)(pr,xai), als Medium, zu lesen sein, deim
der Zusammenhang verlangt die Bedeutung „kaufen". Z. 10 1. ä7:eYp(acLa|A'ir]v)
statt d7i=Yp(d'];axo). Z. 12 1. d7t£XeuO'(^pos) statt d7:sX£uO-(dpou).
^) Hier wird etwa ein |JLSxaxs'.pi^O|idv(p hinzuzudenken sein.
Mitteis a. O., der diese Lesungen noch nicht kannte, giebt dem Text
eine andere Deutung. Auch die von P. Meyer im Philol. LVI S. 199 halte ich
für irrig.
464
V. KAPITEL.
dass Grundstücke, auf denen Hypotheken lasteten, nicht verkauft
werden durften, ist wohl undenkbar.^) Durch diese Ordnung der
Dinge war zugleich der im Interesse der Grundbuchführung erforder-
liche Zwang zur Anzeige von Besitzveränderungen geschaffen, denn
es lag nun auch im Interesse der Contrahenten , die Anzeige zu
erstatten, da ohne sie die Graphionbeamten ihnen den Contract nicht
vollziehen durften. — Ein Beispiel für eine Anzeige eines Häuser-
ankaufes scheint mir in dem Fragment BGU 243 vorzuliegen.-)
Die angeführten Beispiele zeigen uns, dass bei Veränderungen
des Immobiliar- Besitzes dafür gesorgt war, dass die Steuerbehörden
rechtzeitig in Kenntnis gesetzt wurden, um bei der nächstjährigen
Besteuerung den neuen Herrn statt des alten heranzuziehen.
Wie oft solche Hausbesitzdeklarationen wie die oben besprochenen
eingereicht werden mussten, geht aus den vorliegenden Texten nicht
hervor. Nichts spricht aber gegen die Annahme, dass auch diese
wie alle anderen Objectsdeklarationen alljährlich einzureichen
waren. Da sich dreimal die Bemerkung a7Zoyp(x.(po\L(X.i elq TYjV
£V£aTö)aav Y,{Ji£pav findet (112, 536 und P. Oxyr.), so ist es nicht
unwahrscheinlich, dass der Präfect einen bestimmten Tag als
Ablieferungstermin oder auch als letzten Termin anzukünden pflegte.
Die Eingabe aus Oxyrhynchos ist an Stelle des zur Zeit
abwesenden Eigentümers von einer anderen Person abgefasst und
eingereicht worden.
Vergleichen wir diese römischen Hausdeklarationen mit dem
Beispiel aus dem III. Jahrh. vor Chr. (oben S. 457), so treten wesent-
liche Unterschiede hervor. In der Ptolemäerzeit wurde der Umfang
(nach Ellen) und der Wert (in Geld) angegeben. Beides fehlt in
der Kaiserzeit. Dafür bieten wieder die Eingaben aus der Kaiserzeit
^) In den Kaufcontracten wird freilich regelmässig die ßsßai'coaij dafür
geleistet, dass das Haus resp. Grundstück frei sei von allen öffentlichen und
privaten Verpflichtungen.
2) Diese Anzeige, die allerdings nach vollzogener Transaction gemacht zu
sein scheint, soll beim Adressaten deponirt werden (b'.ö £7ct§c5ü)|it bI^ t6 xyjv
TiapaO-sa'.v Y-vsa9-a'.). Es wird auf die nächste Apographe hingewiesen, in der
der Schreiber ihnen beweisen werde, dass das Object ihm gehöre und unver-
schuldet sei (s. oben S. 462). Da solche Apographai aber an die ßtßXiocpuXaxss
gerichtet werden, so glaube ich, dass auch diese Urkunde an sie gerichtet war,
nicht an das Graphion, wie Mitteis (Hermes XXX S. 600) meint.
§ 3. DIE STEUEROBJECTS- DEKLARATIONEN.
465
den Ausweis über die Verschuldung oder NichtVerschuldung, der
in der Ptolemäerzeit fehlte.
2. Deklarationen über Ackerland: BGU 108 Recto, 139,
198. Pap. Grenf. (II) 56. Vgl. Hermes XXVIII S. 236. Viereck,
Philolog. LH S. 230.
Diese Urkunden sind nicht an die ß:ßA:o^'jXaxec gerichtet,
sondern 139 an den Strategen, den königlichen Schreiber und den
Dorfschreiber, der Grenfell - Text an den königlichen Schreiber;
108 ist vom königlichen und vom Dorfschreiber unterzeichnet. Xach
dem, was wir oben über die Subjectsdeklarationen nachgewiesen
haben, ist es wahrscheinlich, dass auch hier jeder der drei Beamten
ein, resp. zwei Exemplare empfangen hat. Da die gemischten Ein-
gaben 420 und 536, in denen xX-^poi xaTOixizc: neben den Häusern
genannt werden, an die ß'.ßXiocp'jXaxe; gerichtet waren, wird ferner
anzunehmen sein, dass auch von den vorliegenden Urkunden — in
198 handelt es sich gleichfalls um einen xaTO'.xoc — ein resp.
zwei Exemplare an die ßtßXtO(^uXax£(; gingen. Wir werden vielleicht
verallgemeinern dürfen und sagen: die Eingaben über Immobilien
gingen nicht nur an die für alle Deklarationen zuständigen Gau-
und Ortsbeamten, sondern auch an die ßißXLO^'jXaxeg der Metropole
— wahrscheinlich deshalb, weil sie mit der Führung der Grund-
bücher betraut waren.
„Gemäss dem Befehl des Präfecten" werden die in Frage
stehenden Aecker deklarirt.^) Dabei wird angegeben die örtliche
Lage des Ackers, der Umfang nach Aruren (fehlt in 198) und die
Steuerkraft (139: TeXouaa^ dva Tzupou ^lav rjjjiia'j). Auch wird
nicht versäumt zu melden, ob der Acker von der Ueberschwemmung
erreicht ist oder nicht. Vgl. oben S. 211. Unklar sind mir noch
die Bemerkungen über den awfJtaiiaixo^.^)
^) Nach 198 könnte es scheinen, als ob zpdj x6 svsgto; ezoq mit ano-
Ypoccpcp.a'. zu verbinden wäre. Man sagt aber dcTCoypa^saO-a'. slg sxo;. Also
geht es doch auf das äßpoxov. So auch Hermes a. a. O.
^) 139: o(D[iaTi.^oiJidvag elc, OöaXspiav HauXivou (Name der Deklarantin).
198: 5'.a §£ owfiax'.ofjiou si^ Zü)t,[5]ouv Ilsxeaouxou. Diese ist nicht die Dekla-
rantin. Auch bei Grenfell a. O. folgt ein anderer Name. Vgl. BGU 141:
OQ)|JLaTiap.65 xax' ävSpa. Vgl. auch Ostr. 1204. Kanu cwfiaxue'.v heissen „auf
einen Namen eintragen"? Aber warum folgen zweimal andere Namen als der
des Deklaranten?
WiLCKEN, Ostraka. 30
466
V. KAPITEL.
Während wir bei den Hausdeklarationen nur vermuteten, dass
sie alljährlich eingereicht wurden, lässt es sich hier beweisen.
BGU 139 stammt aus dem J. 201/2, BGU 108 aus dem J. 203/4.
Also grössere mehrjährige Perioden bestanden hier jedenfalls nicht.
Man beachte auch die Schlussworte von 108: xal oLTZO^(p{a.(po\i(x.i)
t[ü) IveaTWTc] (eiei). Vergleicht man damit die Eingaben der
nächsten Rubrik, so liegt es nahe, etwa zu ergänzen: „Im vorigen
Jahre habe ich x Aruren angezeigt, und diese zeige ich auch für
das laufende Jahr an". Aber allein schon der Hinweis auf die
Ueberschwemmung des laufenden Jahres zeigt uns, dass wir es mit
jährlichen Eingaben zu thun haben.
InP. Oxyr. 178, 14—18 wird auf eine solche Apographe hingewiesen.
3. Deklarationen über Viehbesitz (Kamele, Schafe, Ziegen) :
BGU 51, 52, 89, 133, 192, 266, 352—355, 357, 358, 421, 629.
Pap. Grenf (II) 45 und 45 a. PER bei Härtel, Griech. Pap. S. 74.
Pap. Lond. CCCXXVIII (ed. Kenyon, Rev. de philol. XXI 1897
S. 4 ff.). Pap. Lond. CCCIX, CCCXXVII. P. Oxyr. I 74. Vgl.
Hermes XXVIII S. 238 f. Viereck, Philolog. LH S. 226 f.
Die Eingaben sind fast sämmtlich zugleich an den Strategen
und den königlichen Schreiber gerichtet, nur 133 lediglich an den
Ersteren, 89 und der Wiener Text an den Letzteren. Der Schreiber
von P. Oxyr. I 74 macht es sich bequem, indem er schreibt: 'AtcoXXwvco)
[a]Tp(aTyjYcp) xal olc, xa-ö-T^xsL Nach den obigen Erfahrungen werden
wir daraus schliessen, dass immer jeder der beiden Beamten je ein,
wenn nicht zwei Exemplare erhielt. Nach dem, was ich oben
S. 286 über die besondere Aufsicht des Strategen über die Heerden
gesagt habe, halte ich es nicht für einen Zufall, dass in keiner der
Adressen der Dorfschreiber begegnet.^)
Die Eingaben sind meist nach folgendem Schema abgefasst:
„Von den x Tieren, die ich im vorigen Jahre deklarirt habe, sind y
crepirt oder verkauft oder von der Regierung requirirt (vgl. 266
und Kenyon a. O.). Die übrigbleibenden x — y deklarire ich 2)
Andrerseits scheinen die ßißXiocpuXaywSg 5Y][i,oatü)v XöyoDv bei der Heerden-
verwaltung beteiligt zu sein. Vgl. die an sie eingesandten Berichte der Weide-
inspectoren BGU 478—480 (dazu oben S. 191 Anm. 1).
-) Hier wo es sich lediglich um die Aufzählung der vorhandenen Stücke
Vieh handelt, begegnet neben dcTroypacpT^ auch 6!.TZo'koyia(]x6c,) (BGU 89, 1). Vgl.
266,6: dcp' wv d7i£Xoy<t>^aM'^iV.
§ 3. DIE STEUEROBJECTS- DEKLARATIONEN.
467
initsammt den neugeborenen Jungen (zoijq iizi'YOvfiq aüTÖv ^'K^'(^'^^r^-
pivo'J^ TCwXo'JC oder ähnlich) ^) für das laufende Jahr". Bei Anderen
hat sich der Viehbestand durch Kauf erweitert (354)-), wieder bei
Anderen ist er sich gleich geblieben (352; Pap. Lond. CCCXXVII).
Immer aber wird der augenblickliche Besitzstand mit dem des ver-
flossenen Jahres verglichen. Daraus folgt notwendig, dass auch diese
Deklarationen alljährlich einzureichen waren.
4. Deklarationen über Schiffe. Im Pap. Grenf (I) 49
(vom J. 220/1) deklarirt ein Bürger der griechischen Stadt Antinoe
ein seinem minorennen Sohne gehöriges Schiff, dessen Steuermann
er selbst, der Deklarant, ist. Das Schiff, das als 7:XoTov ['EXJXyjvlxov
bezeichnet wird, ist ein Lastschiff, das zum Korntransport benutzt
zu sein scheint. Seine Grösse wird durch die Angabe bestimmt,
dass es 250 Artaben tragen könne (aYCoyT/? apiaßwv ^Laxoaiwv
7ce^/Ti^XG^/ra). Vgl. P. Oxyr. I 86, 6. Zur Identificirung wird auf das
Abzeichen hingewiesen, das es am Bug trägt (o'j Tüapaarjfxov TravTÖ-
[lopcpoO- Vgl. übrigens oben S. 391. — Diese Eingabe ist an den
Epistrategen , nicht an den Strategen gerichtet, weil Antinoe von
der Gewalt des Letzteren eximirt war (vgl. oben S. 434).
5. Eine Deklaration über Sklaven ist uns nicht erhalten,
denn P. Oxyr. I 73 ist nicht, wie die Herausgeber meinen, eine
iiTiOYpacf Vj, sondern die Bescheinigung einer solchen vor den Agora-
nomen. Vgl. Z. 10, wo dTTSYpa'^aio steht, nicht a7:oYpa!^o{xaL. Auf
die vorhergegangene Apographe wird hingewiesen in Z. 23 (bC O'j
£7::5£5(ö7.£V \)7:o\lW^\LO^'zoc) , wo sie nach ihrer formalen Seite ganz
correct als ÖTcd|ivr^[ia bezeichnet ist. Aus dem daraus folgenden
Auszug kann man sich die Hauptpunkte der ocTZO^^poc^py] noch
In dem Oxyrhynchos-Text sagt der Schreiber xoi)$ e7iaxoXoüd'OUvx(ag)
dtTiö Y^^^^S äpv[a$. — Die Lämmer (äpvss) des verflossenen Jahres werden still-
schweigend im laufenden Jahre als Tipößaxa gezählt. Vgl. oben S. 286 A. 1. Diese
von Mommsen für 133 vorgeschlagene Erklärung wird jetzt durch den Kenyon'-
schen Text bestätigt : twdXou £vcs XoY'.*op.^voi) vuvsl sv xsXsiO'.^.
*) In den Kaufcontracten wird gelegentlich hervorgehoben , dass von nun
an der Käufer die ä.TZoypot.(^i] zu machen habe. Vgl. BGU 87, 153, 427. In
dem letzteren Text werden diese Deklarationen als ^psii^iäxwv äTioYpacpa:
bezeichnet. — "Wenn es in 388 11 6 heisst, der Tote habe gehabt x Schafe Iv
diroYpa^-^ x[7.l äÄ/w]a ^ ävaTiÖYP^Y*) so ist vielleicht anzunehmen, dass er diese
500 Schafe kurz vor seinem Tode gekauft hat, so dass sie nicht mehr auf seinen
Namen angemeldet wurden (?).
30*
468
V. KAPITEL.
reconstruiren. Sie enthielt [den Namen] des Sklaven, sein Alter,
das Signalement und einen Hinweis auf die ojXoXoyta, durch welche
der Sklave erworben war.
6. Wie eine Erbschaftsdeklaration sieht P. Oxyr. I 75 aus.
Ein gewisser Theon deklarirt im Jahre 129 n. Chr. vor den ßi^XLO-
9uXax£(; von dem durch testamentarische Verfügung seiner Eltern
vom Jahre 84 auf ihn entfallenen Erbteil (aTio Twv xaxr^vnrjxoTCöv
tiq [le) ein dreistöckiges Haus (nebst Erdgeschoss und Hof) und
einen ^'.Xbc, totio?.^) Er fügt hinzu, dass seine Schwester Diogenis,
der in jenem Testament eine Mitgift von 1000 Drachmen und das
Kecht, in dem Hause (frei) zu wohnen (evoLxr^ac^) bestimmt war,
kinderlos noch vor den Eltern gestorben sei. Die Erklärung dieser
merkwürdigen Apographe richtet sich danach, ob die Eltern in dem
laufenden Jahre gestorben sind oder schon früher. Die Worte s^'
(seil. ^LaO-T^xiT]) aptETa^exa) dpi^OTSpoc eieXsuTr^aav geben darüber
keine klare Auskunft. Sind die Eltern im laufenden Jahre gestorben,
so haben wir eine Erbschaftsdeklaration vor uns, und wir lernen
dann, dass man nicht die ganze Erbschaft auf einem Blatte als
solche deklarirte, sondern die einzelnen zu derselben Steuergruppe
gehörigen Objecte — so hier Haus und Hof — in besonderen Ein-
gaben anzeigte (vgl. a7i6 twv xaiyjVTyjxoTWv). Für diese Deutung
könnte angeführt werden, dass der Deklarant sich nicht auf den
Befehl des Präfecten bezieht, sondern ganz allgemein enl toö
TiapovTO? sagt. Sollten die Eltern aber schon früher gestorben sein
— und der Wortlaut ist hiermit durchaus vereinbar, — so haben
wir eine Hausdeklaration vor uns, die sich von den unter 1 auf-
geführten nur dadurch unterscheidet, dass der Schreiber merkwürdiger
Weise statt des kurzen TiaxpiXT^ die Details der testamentarischen
Verfügungen angiebt. Man könnte es auch so auffassen, dass dieser
Schreiber sich alljährlich wieder des alten Formulars bedient, dass
er zuerst im Jahre der Erbschaft aufgesetzt hatte. Welche von den
beiden Deutungen die richtige ist, wage ich nicht zu entscheiden.
Dies sind die Objectsdeklarationen, die mir aus der Ptolemäer-
zeit und der Kaiserzeit bekannt sind. Es ist bis jetzt nur eine
^) Genauer: ein Drittel von dem, was sein Vater von dem Hause und
61X05 xÖTiog besessen hatte. Von dem Hause hatte dem Vater aber nur
i + h ~ ^ gehört. Also hat der Sohn des gesammten Hauses geerbt.
§ 3. DIE STEUEROBJECTS- DEKLARATIONEN.
469
kleine Anzahl von Rubriken, die uns durch erhaltene Urkunden
bezeugt wd. Denken wir an unsere Steuertabelle auf S. 408 ff, so
sehen wir, dass bei der völligen Separirung der einzelnen Objects-
gruppen auch schon für einen mässig wohlhabenden Mann die Zahl
der jährlich in mehrfachen Exemplaren einzureichenden Deklarationen
eine recht bedeutende gewesen sein muss.
In Hinsicht der Periodicität besteht zwischen den Objects-
deklarationen und den Subjectsdeklarationen ursprünglich kein
Unterschied. In der Ptolemäerzeit wurden beide, wie es uns schien,
alljährlich eingefordert, und in einem Falle fanden wir beide auf
einem Blatte vereinigt. Freilich gemahnte uns die Dürftigkeit des
Materials zur Vorsicht. Auch die beiden Subjectsdeklarationen aus
der Zeit des Augustus waren jährlich eingereichte Urkunden.
Dagegen mindestens von 61/2 an sind die Unterschiede sehr be-
deutende: von da an wurden die Subjectsdeklarationen alle 14 Jahre
für das verflossene Jahr eingereicht, die Objectsdeklarationen dagegen
in jedem Jahre für das laufende Jahr.^)
Vergleichen wir andrerseits die Objectsdeklarationen der Kaiser-
zeit mit den Objectsdeklarationen der Ptolemäerzeit, so liegen auch
hier grosse Unterschiede vor. Das Charakteristische der ptolemäischen
Eingaben war, dass immer neben dem dTTcypacpeG^a: das TijJtaaO-a:
stand, neben der Anzeige die Schätzung. Für die Kaiserzeit giebt
es dagegen kein Beispiel, dass eine Schätzung {v.\Lr^al(;) von den
Steuerzahlern selbst vorgenommen wäre. Es ist daher nicht zutreffend,
wenn Viereck (Philol. LH S. 233) gegenüber diesen Urkunden
von „Selbsteinschätzung" spricht. Vielmehr sind sie ausschliesslich
„Selbstanzeigen", aTTcypa^at. Das ist eine fundamentale Neuerung,
die wir, wenn auch kein Urkundenmaterial aus dem I. Jahrh. v. Chr.
vorliegt, doch wohl der römischen Regierung zuschreiben dürfen.
Darin liegt ein wichtiger Systemwechsel, dem gegenüber die sonstigen
Unterschiede zurücktreten. Dieser Wechsel ist um so bemerkens-
werter, als im römischen Census der Deklarant selbst einzuschätzen
hatte. 2) Dies spricht von Neuem dafür, dass — wie Mommsen
mehrfach hervorgehoben hat — der römische Bürgercensus und der
Provinzialcensus völlig getrennte Institutionen sind.
*) Vgl. meine Ausführuugeu im Philologiis LH S. 565 f.
') Mommsen, Staatsrecht IP S. 394 f.
470
V. KAPITEL.
§ 4.
Die Controle der Deklarationen.
Die bisher behandelten Deklarationen konnten der Regierung
nur unter der Voraussetzung zur Grundlage der Steuerveranlagung
dienen, dass einmal sich Niemand der Deklarationspflicht entzog,
und dass ferner die Angaben der Wirklichkeit entsprachen. Die
Erfüllung dieser beiden Bedingungen konnte nicht dem guten
Willen der Bevölkerung überlassen bleiben. Wenn schon heute in
hochentwickelten Kulturländern selbst solche Personen, die sonst
rechtlich gesonnen sind, den Steuerdefraudationen gegenüber vielfach
ein weites Gewissen zeigen, so wird das im Altertum nicht besser
gewesen sein, und speziell für Aegypten haben wir ein klassisches
Zeugnis in den bekannten Worten des Ammianus Marcellinus
(XXII 16, 23): erubescit ajmd eos (seil. Aegyptios) si qui 7ion
infitiando trihuta plurimas in corpore vibices osiendat.^) Wir können
es daher als selbstverständlich betrachten, dass der Deklarations-
zwang durch gesetzliche Bestimmungen gesichert wurde. Von Amasis
berichtet Herodot II 177 (im Anschluss an die oben S. 437 citirten
Worte), dass er auf die Unterlassung der Deklaration die Todes-
strafe gesetzt habe: [xy] Se Troceuvia xauxa — C'9'6v£a9'aL -ö-avaxw.^)
Ob diese Angabe richtig ist, wird wohl mit Recht bezweifelt. Für
die griechisch-römische Periode ist eine derartige Bestimmung jeden-
falls abzulehnen. Das beweist die einzige Notiz, die wir über eine
Bestrafung im Falle der Deklarationsunterlassung für diese Zeit
kennen. Nach Pap. Tur. I 7, 10 f. verlor derjenige, der eine Erb-
schaft nicht deklarirte, nicht den Kopf, wohl aber sein Recht auf die
Erbschaft und musste ausserdem ein sehr hohes Strafgeld zahlen
(s. oben S. 345 f.). In ähnlicher Weise mögen auch für die anderen
Steuern Strafgelder festgesetzt gewesen sein, wozu wahrscheinlich
eventuell auch körperliche Züchtigungen hinzugekommen sind.
Nicht minder wichtig war die Frage, wie die Richtigkeit der
Deklaration controlirt werden sollte. Hierzu liegt uns ein reicheres
^) Aehnliche Zustände dort noch heute. Vgl. v. Fircks, Aegypten 1894 I
S. 145/6.
Schief wiedergegeben von Diod. I 77, 5.
§ 4. DIE CONTROLE DER DEKLARATIONEN.
471
Material vor, das uns zeigt, dass die Regierung sich wohl bewusst
war, dass Deklaration ohne Controle wertlos ist. Zunächst wurde
— in manchen Fällen — das Gewissen der Deklaranten dadurch
geschärft, dass man sie die Richtigkeit ihrer Angaben durch einen
Eid beschwören Hess — wie das ja auch im römischen Bürgercensus
regelmässig der Fall war.^) 'Nach aegvptischer Landessitte wurde
der schriftliche Eid beim König verlangt. Dieser Eid begegnet
mehrfach in den vom Revenue-Papyrus vorgeschriebenen Deklarationen
(s. oben S. 459). So heisst es col. 27, 13 ff. von dem "Winzer, der
dem Apomoirapächter zu deklariren hat: xeipGY[pa:pr^a]aTü) [Se] 6
yewpyö? xöv ßaa'Aixov opx[o]v [7:]av zb ye'/yjfia aTzoSESs^/sva: —
xal TTjv a7ü6[X0Lp[av] ty;v ''{^yz'rr^\Lhr^y (Hunt) [5]'.xa:a); avaY^Cypa]-
c;pr]xevat. Einen entsprechenden Eid hat auch der Pächter dem
Winzer zu leisten (col. 27, 5 ff.). Vgl. auch col. 42, 17: {jlsO-' opzo'j.
Ebenso heisst es im Petr. Pap. (II) XXYII (1) von dem Steuer-
deklaranten, der eventuelle Veränderungen im Besitzstande alsbald
anzuzeigen verspricht: TTpocavoLaw [i[£Ta yeipoJYpa^ia? opxou ßaa:-
Xixoö. Der Wortlaut eines Eides, der ftir Deklaranten vorgeschrieben
wird, scheint mir in einem zerfetzten Passus des Revenue-Papyrus
erhalten zu sein. Col. 86, 10 f möchte ich folgendermassen ergänzen:
'0[ivu(ü ßacj:[X£a nToXc{ia!ov(?)^) [irjv Bcxaiw]; if^v a7iOYpa-^[YjV
Töv ^B'/riii]izm twv 6[7:ap76v'ca)V (loc ä.'jr.o^^vfpoc^riy.hoci y.zl. Die
angeführten Beispiele stammen aus dem III. Jahrh. v. Chr. Auch
aus der Kaiserzeit liegen einige Beispiele für die Anwendung des
Königseides vor. In der oben besprochenen Subjectsdeklaration aus
Memphis (vom J. 173/4) heisst es zum Schluss: 7.[al] 6{ivuii) Ty;v toO
xupioi) [Au]py]XLO'j 'A^/rwvivoi) Kaiaapo^ L'^'^ly/^'' aXr^^-^ elva: -zoc
7:pox(£L|Ji£va). Während hier beim Genius des Kaisers geschworen
wird, lautet der Eid am Schluss der Objectsdeklarationen P. Oxyr. I
74 und 75, wie in alten Zeiten, auf den Herrscher selbst: 6|iv'jü)
AüToxpaTopa Kaiaapa Tpaiavov 'Aopiavöv 2£ßaaxöv [l^ i^^xiad-a.'..
Eine solche eidliche Versicherung findet sich in keiner der zahl-
reichen entsprechenden Deklarationen aus dem Faijüm! Dagegen
Vgl. Mommsen, R. Staatsr. IV S. 373 f.
^) Vielleicht ohne Namen. Viel umständlicher ist der Königseid in Petr.
Pap. (Iii XLVI a (vgl. Gött. GA 1895 S. 161». Meine am Original vorgenommene
Revision stimmt mit Witkowski, Prodromus gramm. pap. gr. (1897) S. 56 überein.
472
V. KAPITEL.
wird in einer der oben besprochenen faijümischen Todesanzeigen
(BGU 17) wie auch in P. Oxyr. I 79 die Aussage durch einen
Eid bekräftigt. Desgleichen begegnet der Eid in den unten zu
besprechenden Urkunden BGU 92, 649, 730 (aus dem Pharbaithites).
Aber eben so wenig, wie sich heute unsere Regierung bei der
„nach bestem Wissen und Gewissen" ausgefertigten Deklaration
beruhigen kann, genügte damals die beschworene Eingabe. So trat
neben die Deklaration der Steuerpflichtigen die amtliche Nach-
forschung. Wir lernen verschiedene Arten dieser Controle kennen.
In einem Falle sehen wir, wie gleichzeitig mit den Steuerzahlern
die „königlichen Schreiber" aufgefordert werden, concurrirend mit
Jenen über Umfang und Ertrag der betreffenden Steuerobjecte zu
deklariren. Dies befahl Philadel phos, als er die Apomoira neu
regelte. Vgl. Rev. Pap. 36, 3 ff., ähnlich auch in dem zweiten Erlass
37, 10 ff. Hier werden also zwei selbstständige, von einander unab-
hängige Eingaben gemacht, von den Steuerzahlern und von den
Regierungsbeamten. Beide werden der Steuerveranlagungscommission
überwiesen (36, 10).
Dieses umständliche, aber allerdings auch sichere Controle-
system mag wohl nur in Ausnahmefällen, wie hier bei Einführung
einer neuen Steuer, befolgt worden sein. Für gewöhnlich wird man
sich darauf beschränkt haben, die von den Steuerpflichtigen ein-
gereichten Deklarationen nachträglich auf ihre Zuverlässigkeit hin
zu prüfen. So ergiebt sich aus Rev. Pap. 29 folgendes Bild. Die
Besitzer von Nutzgärten sollen den Steuerpächtern und den Regierungs-
beamten gegenüber deklariren und zugleich den Ertrag abschätzen.
Wenn der Steuerpächter der Schätzung zustimmt, so soll er mit
dem Besitzer die vorgeschriebenen contractlichen Abmachungen voll-
ziehen. Wenn er aber Widerspruch erhebt, so soll der thatsächliche
Ertrag dadurch festgestellt werden, dass der Steuerpächter selbst
den Verkauf der Früchte übernimmt. Hat der Besitzer zu niedrig
geschätzt, so ist das Plus, das sich durch den Verkauf ergiebt, Profit
des Steuerpächters, der Staat aber bekommt seine Quote von dem
wirklichen Ertrage. Hat der Besitzer jedoch höher eingeschätzt, als
der Verkauf ergiebt, so trägt der Pächter den Schaden, indem der
Staat die Differenz von ihm erhebt, die Regierung aber macht einen
Profit, insofern sie mehr erhält, als sie von dem positiven Ertrag
allein bekommen hätte.
§ 4. DIE CONTROLE DER DEKLARATIONEN.
473
Hier scheint mir vor Allem bemerkenswert, dass die Prüfung
der TLfirjai^ — denn die liegt in dem euSoxeiv oder dvxLXeyeiv —
nicht von den Regierungsbeamten, sondern von den Steuerpächtem
vorgenommen wird. Da nun alle Steuern, wie wir sehen werden,
in der Ptolemäerzeit verpachtet waren, liegt der Schluss nahe, dass
auch bei den übrigen Steuern die Prüfung der Deklarationen und
der in jener Zeit damit verbundenen Schätzungen den Steuerpächtern,
die ihrerseits wieder unter der Controle der Regierungsbeamten
standen, übertragen war. In col. 28 des Revenue-Papyrus, in der es sich
um die Abmachungen zwischen Winzern und Steuerpächtem handelt,
ist die Controle der Deklarationen gleichfalls den Letzteren über-
wiesen. Hier wird für den Fall, dass der Pächter sein Veto ein-
legt, die Entscheidung den Regierungsbeamten als zweiter Instanz
(£7Ci7.p'!v£iv) zugeschoben. 1) Vgl. auch col. 89, 2 und fragm. 2, e. In
wie weit diese Einzelangaben zu verallgemeinern sind, lasse ich
dahingestellt. Dass die ptolemäische Regierung im Princip die
Prüfung der Deklarationen den Pächtern überlassen und selbst nur
eventuell im Streitfall die letzte Entscheidung sich vorbehalten habe,
ist mir nicht unwahrscheinlich. Sie würde die Arbeit damit auf
andere Schultern abgewälzt und sich selbst dabei, wie obiges Bei-
spiel zeigt, finanziell auf alle Fälle gesichert haben, denn damit,
dass im Falle einer zu niedrigen Schätzung dem Pächter ein Profit
zufiel, war die Sicherheit gegeben, dass er, wo irgend der Verdacht
einer Steuerhinterziehung vorliegen konnte, sein Veto erheben würde.
Andrerseits war der Steuerzahler dadurch, dass im Falle eines
ungerechten Veto der Pächter in seine eigene Tasche greifen musste,
vor leichtfertigen Beanstandungen seiner Schätzung geschützt, während
der Staat ein Plus machte. Man wird zugeben, dass dieses Controle-
system ausserordentlich fein ersonnen war.
Aus dem Gesagten erklärt sich auch, weshalb die oben ange-
führten Beispiele von Objectsdeklarationen — denn nur für diese
können die Steuerpächter herangezogen werden, nicht auch für die
Subjectsdeklarationen — teils an Regierungsbeamte, teils an Steuer-
pächter adressirt sind. So ist No. 2 (S. 457) an einen iTzi[LzXriTf]C,
gerichtet, No. 4 an den ßaai^.cxö^ ^(p(x,\i\L!XZE'jq, dagegen No. 3 an
["Eiv 8* dvx]iXdYü)a'.v ü)g uXiov Tj IXaraoov yijVSTai, iuixp'.vexü) 6 oixovö|ic;
xal 6 [dvx'.]Ypacp£ug xal xaO-ÖTi dv iuixp-.^'., acpp[aY'.^^]o9-(üoav.
474
Y. KAPITEL.
das TsXwvLOV. Man deklarirte also wohl gleichzeitig, wie es der
Reveoue-Papyrus für einzelne Fälle vorschreibt, an die Regierungs-
organe und das betreffende Zollbureau.
Wenden wir uns nun zur Kaiserzeit und zunächst zu den
Subjectsdeklarationen. Wir haben oben gesehen, dass diese in
doppelten Exemplaren an die Gaubeamten — den Strategen und
den königlichen Schreiber, eventuell auch die Archivare — sowie an
die zuständigen Ortsbeamten — die Stadtschreiber, bezw. den Dorf-
schreiber und die Volkszähler — zu richten waren. A priori wird
man annehmen, dass diese Instanzen auch mit der Nachprüfung der
Eingaben betraut gewesen sind. Gewisse Subscriptionen in einigen
der uns erhaltenen Exemplare bestätigen diese Annahme. Mehrfach
j&ndet sich die Unterschrift: 6 SeTva a£ayj|X£C(jt)|JLai. Vgl. BGU 53, 95,
447, 524. Ebenso wie in den Quittungen durch diese Formel die
Richtigkeit der Urkunde bezeugt wird (s. S. 83), so wird auch hier
der subscribirende Beamte die Richtigkeit der Deklaration damit
bestätigen wollen. In 53 subscribirt der Dorfschreiber, In 95
scheinen die beiden Subscribenten zu den Volkszählern zu gehören.
In 447 kann man zwischen dem Dorfschreiber und einem Volks-
zähler schwanken. Auch in 524 ist die Person unklar.
Eine andere Formel begegnet in 97 und 447, in denen es
beide Male gleichlautend heisst: 2ü)xpaTyj(; ea^ov l'aov zlc, l^eiaaiv.
XaLp'/jfiwv auv£a)(OV. Hier bezeugen die Beamten — es mögen zwei
Volkszähler sein oder der Dorfschreiber und ein Volkszähler, —
dass sie eine Copie von dem Vorliegenden „zur Prüfung" erhalten
haben. Das vorliegende Exemplar mag mit dieser Subscription
der nächst höheren Instanz übergeben sein. In welcher Weise
die Exemplare von unten nach oben weiter gegeben wurden, darüber
bleibt noch manches unklar, aber soviel scheint sich aus den ange-
führten Fällen mit Sicherheit zu ergeben, dass es speziell die Orts-
beamten waren, die mit der Nachprüfung der Eingaben betraut
waren. Auch die höheren Instanzen mögen sie mit ihren Personal-
büchern verglichen und so eine Controle ausgeübt haben, aber die
Ortsbeamten waren naturgemäss die zur Controle Geeignetsten, denn
sie hatten nicht nur wie Jene ihre Bücher zum Nachschlagen,
sondern sie konnten vor Allem an Ort und Stelle durch Nach-
forschungen in den Haushaltungen selbst sich von der Richtigkeit
überzeugen.
§ 4. DIE COXTROLE DER DEKLARATIONEN.
475
Aehnliche Controlevermerke tragen nun auch die Objects-
deklarationen. Ich beginne mit denen über Viehbesitz, weil hier
die Sachlage am klai-sten ist. Die Lesung und Ergänzung der
betreffenden Subscriptionen steht zwar noch nicht überall fest, aber
über die Bedeutung kann kein Zweifel mehr sein. Vgl. Hermes XXVIII
S. 240. Als Beispiel gebe ich die Subscription von BGU 358, die
besonders gut erhalten ist:
19 (2. Hand) 'A::£Yp(a^ir]aav) aTpaT(r^Y^) *''-a[iriX(oL) Z
20 Meyjp 6. (S.Hand) UocpOC ^(XO'JXQ.'Ätb) 6([xo:ü)c)
21 XapLYjAfoi) ^ M£X(lp) £.
22 (4. Hand) Mdcpwv x7:oh(ßZf^(\Liyoc) p[x(vaaiapxr^;) £5r;(pid'jxr^aa)
23 (O.Hand) Ilapa ßaa'.XCixw) 6|i(o:(D5) (i>? 7r(pöx£iTai).
24 (6. Hand) \ioYJ^'.(o)c £cr^p'0-([ir^aa) 6i(a) toö ßo(r^^oO)
25 xal £^r;p'.0'([xy;x(i);) g'j{x'^ü)(vü)).
Zunächst wird vom Strategen bezeugt, dass die in der Eingabe
aufgezählten Tiere an dem und dem Datum in seine Bücher ein-
getragen sind, denn das bedeutet hier a7:£Yp(a^Y;aav), wie die Variante
xaT£Xü)p:a9'yjaav (vgl. BGU 352) zeigt. ^) Darauf folgt ein ent-
sprechender Vermerk des königlichen Schreibers. Hiermit ist noch
nichts über die Richtigkeit der Eingabe ausgesagt. Das geschieht
erst mit den folgenden Unterschriften, die besagen, dass die Tiere
von amtswegen nachgezählt sind, und zwar wiederum einmal beim
Strategenamt und ein zweites Mal beim königlichen Schreiber.
Gewöhnlich folgt noch eine dritte Auszählung, wie hier die des
Aiovuaio^. "Wer das ist, ist aus dem Text nicht zu ersehen.
Von besonderem Interesse ist der Maptov, der für das Strategen-
amt die Auszählung übernommen hat. Wir sehen hier einen ange-
sehenen Bürger, der zum G}Tnnasiarchen designirt ist, mit der Aus-
zählung von Kamelen beschäftigt! Also gehörte das ^^ap:0'{Ji£lv
wohl zu den Liturgien, die auf der Bürgerschaft lasteten.-)
Dieses amtliche Auszählen oder Nachzählen des Viehes bildet
also die notwendige Ergänzung zu den Selbsteingaben der Vieh-
besitzer. Daher sagt der Deklarant in 266: 5rjXü) p.£xd dT:0Yp(a9"?jv)
xal l5[apL0'[irjacv].
Nicht „eingereicht", wie Viereck, Philol. LH S. 227 meint.
Vgl. oben S. 351. Die Auffassung dieses Amtes als einer Liturgie würde
gegen eine Salarirung nicht sprechen. Vgl. S. 394 § 198.
476
Y. KAPITEL.
Viereck (Philol.LII S. 229) sieht auch in BGU 92 eine Urkunde,
die der Controle der Steuererklärung diente. Das ist nicht ganz
unrichtig, und dennoch möchte ich eine andere Pointe in dieser
Eingabe finden (ebenso in den ähnlichen BGU 649 und 730). Der
Schwerpunkt liegt nicht sowohl in der von der Regierung extrahirten
Angabe (jzpoq'^oyyriaiq), dass der Schreiber zur Zeit so und so viele
Schweine habe, als vielmehr in der w^eiteren Erklärung, dass er
jederzeit bereit sei, diese Schweine auf Wunsch vorzuführen, d. h.
wohl auf den Markt zu treiben, für den er sie grossziehe.^) In 92
wird auf den Markt von WevxoXXfj^:? , in 649 auf den von
Alexandrien hingewiesen. Wir sehen also die Regierung darüber
wachen, dass die Viehmärkte genügende Zufuhr erhielten. 2) Es ist
mir übrigens fraglich, ob die Schreiber dieser Eingaben wirklich die
Besitzer der Schweine sind und nicht vielmehr Beamte der könig-
lichen Domanial Verwaltung. 3)
In ähnlicher Weise werden auch die übrigen Objectsdeklarationen
controliii; sein, wiew^ohl die Controle nicht überall so einfach aus-
zuführen war wie gerade bei den Viehdeklarationen. So finden sich
Controlevermerke auch bei einigen der oben angeführten Deklara-
tionen über Haus und Hof und Ackerland. Vgl. 108 R, 139, 459, 536.
Im Einzelnen bleibt hier noch manches fi^aglich, so in 459 und 536.
Den oben besprochenen Subscriptionen der Viehdeklarationen ent-
sprechen am meisten 108 R und 139. In letzterer heisst es:
(2. Hand) 'A7ü£Ypa(9r|) Tü(apd) aTp(arrjY(p) Oa[x(£vd)^) ä.
^s.Hand) 'A7i£Yp(acprj) :r(apöc) ßaacX(ixa)) ypCafiiiaxel) ^aptCevo)^) ä.
^) Die Wendung vcal dTiöxav sTX'.^YjT-^g, Tiapaaxr^aü) (92, 16) ist formelhaft.
Vgl. Pap. Grenf. (II) 79 I 8. In G49, das leider verstümmelt ist, scheint es
daneben ausführlicher ausgedrückt gewesen zu sein. In 92 ist der Gedanke
ungeschickt mit der ersten Aussage verknüpft: ouauep xpscpwv sie, x6 xaTayttystv
sig Tag zf,c, WsvxoXXt^Xsü)? ayopots. — Die obige Auffassung wurde soeben durch
P. Oxyr. I 81 bestätigt, eine ganz ähnliche Eingabe eines Eierhändlers. Hier
fällt die Zählung natürlich ganz fort, und dadurch tritt die Hauptsache, die
Bereiterklärung, den Markt von Oxyrhynchos mit Eiern zu versehen, noch deut-
licher hervor. Der Eierhändler fügt die Versicherung hinzu, nicht heimlich und
auch nicht im eigenen Hause zu verkaufen.
^) Die vorliegenden Eingaben sind an den Strategen gerichtet.
^) Der Eine sagt Ixs'.v uap' sjiauxu), der Andere Ixs'-v ; keiner sagt ÖTiapxstv
[jLOi. Der Schreiber von 92 nennt sich Jy.axaYCOYS'JS, was nach dem Vorhergehenden
vielleicht zu 5r/}iöa'.o;) 'Äzri^^ozpö^oc, (vgl. BGU 638) xal] xaxaywYsOs zu ergänzen
§ 4. DEE CONTROLE DER DEKLARATIONEN.
477
(4. Hand) ^Eplt\JC, X(l)[10Ypa((l[iaT£'j;) £a/GV TG'JTo(l))
Auch hier wird zunächst die Buchung bei den beiden Gau-
ämtem constatirt, darauf folgt — wie bei den Subjectsdeklarationen —
die Aussage des Dorfschreibers (auch in 108 R), dass er eine Copie
hiervon „zur Prüfung" erhalten habe. So erscheint auch hier, wie
bei den Subjectsdeklarationen, der Ortsbeamte als derjenige, der die
Controle thatsächlich auszuüben hat. Während die sonstigen An-
gaben dieser Deklarationen auch von den Gaubeamten in ihren
Büchern verglichen werden konnten, war der Dorfschreiber speziell
in der Lage, zu controliren, ob die Angabe über das Mass der
Bewässerung durch die Kilschwelle zu Recht bestand,
So sehen wir in der Kaiserzeit die Gaubeamten und namentlich
die Ortsbeamten die Controle über die Deklarationen ausüben,
während sie in der Ptolemäerzeit auf die von den Beamten con-
trolirten Steuerpächter abgewälzt war. Diese directe Controle durch
die Regierungsbeamten ist nichts als eine selbstverständliche Conse-
quenz der von der römischen Regierung in weitem Umfang durch-
geführten Ersetzung der Steuerpacht durch die directe Erhebung
(vgl. Kap. VI). Es bleibt abzuwarten, ob bei denjenigen Abgaben,
die auch in der Kaiserzeit noch verpachtet wurden, die Controle
durch die Pächter ausgeübt worden ist. P. Oxyr. I 36 scheint für
diese Annahme zu sprechen. 2) Die oben angeführten Deklarationen
sind sämmtlich für Steuern eingereicht, die nicht verpachtet waren,
sondern in directer Regie standen.
ist. Das wäre ein Beamter, der die (kaiserlichen oder Gemeinde-?) Schweine
aufzuziehen und auf den Markt zu treiben hätte. Aber es ist nicht aus-
geschlossen, dass es sich um Privatleute handelt. Vgl. P. Oxyr. I 81.
Nicht zu den eigentlichen Controlevermerken gehört die Xotiz bei
P. Grenf. (II) 56. Die Herausgeber meinen, dass die zwischen der Deklaration
und dem Datum von dritter Hand eingeschobenen Zeilen 15 — 18 in keiner
Beziehung zu der Urkunde stünden. Aber wie sollte sie dann dorthin gekommen
sein? Ich glaube vielmehr, dass diese Worte bis 5p Z, besagen sollen, dass
die Deklarantin im vergangenen Jahr 7 Drachmen Steuern für das betreffende
Object gezahlt habe. So erklärt sich auch, dass in dieser Quittung der Xame
des Zahlers fehlt. Diese Bemerkung mag sich also ein Beamter notirt haben, der
mit der Steuerveranlagung beschäftigt war.
^) Es handelt sich hier allerdings nicht um eine periodische dTioYpa^r^,
sondern um eine einmalige Zolldeklaration bei der Zollbude.
478
Y. KAPITEL.
Die Steuerbücher.
Waren die Deklarationen eingereicht und auf ihre Richtigkeit
hin geprüft, so galt es, sie übersichtlich zusammenzustellen und zu
Listen oder Büchern der verschiedensten Art zu verarbeiten, um für
die Steuerberechnung eine bequeme Unterlage zu schaffen. Diese
Arbeit wurde nicht nur an einer Stelle vorgenommen, sondern
— unabhängig von einander — von all denjenigen Ressorts, an
welche die Deklarationen adressirt waren, also sowohl von den Gau-
beamten wie von den Ortsbehörden. Eben zu diesem Zweck waren
wohl die doppelten Exemplare eingefordert, damit, wenn das eine
Exemplar an die oberen Instanzen weitergegeben wäre, das andere
die Grundlage für die Buchführung bilden könne.
Zunächst wurden die im Bureau verbleibenden Deklarationen
selbst zu einem Buche, d. h. nach damaligen Verhältnissen, zu einer
Rolle zusammengestellt. Das geschah in der Weise, dass man die
Originaleingaben in derjenigen Ordnung, die für das betreffende
Amt von Wert war^), aneinander klebte. Erhaltene Rollenfragmente
führen uns dies deutlich vor Augen. 2) Diese zeigen zugleich, dass
innerhalb der so hergestellten Rolle die Einzeleingaben mit fort-
laufenden Nummern versehen wurden, um das Citiren zu erleichtern.
Die Einzeleingabe war nun Columne x in Rolle y, oder xoXXyjpia x
in z6\ioq j. Aehnlich w^ie hier die Subjectsdeklarationen, sind gewiss
auch die Objectsdeklarationen aneinander geklebt worden.
Da solche Rollen für die verschiedensten Zwecke gebraucht
wurden, sah man sich eventuell genötigt, auch Abschriften (aVTcypa^a)
der Originaleingaben zu solchen Rollen zu vereinigen. Hierfür
brachten wir oben bei Besprechung der Sterbelisten ein Beispiel.
^) Die Subjectsdeklarationen sind nach den Strassen, resp. den Ampho-
darchien, auf die sie sich beziehen, geordnet.
^) Man betrachte z. B. die Photographien, die ich in den Sitzungsberichten
d. Berl. Akad. 1883 als Beigabe zu den „Steuerprofessionen vom J. 189" bei-
fügen durfte : da sieht man auf Taf . IX — XII, wie die Originaleingaben, die durch
die verschiedenen Hände sich deutlich als solche documentiren, immer mit dem
linken Eand unter den rechten Eand der vorhergehenden Urkunde geklebt
sind — also in derselben Weise, wie die in der Fabrik hergestellten Papyrus-
blätter zu Rollen aneinander gefügt werden.
§ 5. DIE STEUERBUCHER.
479
Für die mannigfachen Zwecke, denen die Deklarationen dienten,
genügte aber dieses einfache Anein anderkleben nicht. Vielmehr wurden
ausserdem nach den verschiedenen massgebenden Gesichtspunkten
Auszüge angefertigt.^) Da die Bücher, die so entstanden, in erster
Reihe der Steuerverwaltung, im Besonderen der Steuerberechnung
dienten, können wir sie als Steuerbücher bezeichnen. In dem
Schutt der Städte und Dörfer haben sich noch manche Reste von
solchen Büchern erhalten.
Am klarsten erkennbar sind die Auszüge aus den Subjects-
deklarationen. Vgl. BGU 185, 493—510, 533. Die Anlage ist
folgende. Voran steht der ^^'ame der Strasse. Darauf werden die
einzelnen Häuser, resp. die Hausteile, die ein Eigentum für sich
ausmachten, aufgeführt, und zwar bezeichnet nach dem Namen der
Eigentümer, denn Hausnummern kannte man nicht. Darauf werden
die Mieter (svo'.zot) aufgezählt, erst die männlichen, dann die weib-
lichen, Letztere durch vorgesetztes ^y]A(eio(,C) abgetrennt. Von jeder
Person ist in der Regel — ganz wie in der Deklaration selbst —
Vater, Grossvater und Mutter angegeben, der Stand und das Alter.
Auch finden sich die oben besprochenen Zusätze wie Xaoypa^o'Jpievog,
£7ctX£Xp'.|X£V0? u. a. Wenn in den vorliegenden Beispielen, wie es
scheint, nur Ivoixo: aufgezählt werden, so waren entweder diese
Häuser nur Mietshäuser, oder aber diese Listen sollten speziell die
Mieter zusammenstellen, nicht auch die Hauseigentümer mit ihrer
Familie. Ersteres ist mir wahrscheinlicher, zumal es in BGU 504
in der Ueberschrift heisst: xal töv £)(6vtü)V ocxLa^ Ixlpwv
afi^oSiov, vgl. 503, 2. In dem obigen Schema waren alle wesent-
lichen Punkte der Deklaration berücksichtigt und in übersichtlicher
Weise zum weiteren Gebrauch zusammengestellt. Dass solche Listen
direct aus den Subjectsdeklarationen excerpirt waren, erhebt eine
sorgsame Vergleichung über allen Zweifel (vgl. z. B. 506, 9 tü)
^V£aTü)Tt v.d'L = 188/9).
^) Darauf beziehen sich z. B. die oben besprochenen Subscriptionen dtTce-
Ypacf^jaav oder xax£Xü)pta9T,aav, die bedeuteten, dass der Inhalt eingetragen sei
in die Bücher des betreffenden Beamten. — Ueber eixovi^eiv in der Bedeutung
„Auszüge machen", „den Hauptinhalt skizziren", vgl. Mitteis, Hermes XXX S. 597.
Jetzt tritt uns die Bedeutung der stxov.axat in P. Oxyr. I 34 Verso 12 ff. noch
deutlicher entgegen. Es handelt sich hier freilich um Einreu'istrirung von
Contracten, aber der Geschäftsgang wird bei den Deklarationen nicht viel anders
gewesen sein.
480
V. KAPITEL.
Nicht SO klar liegen die Dinge bei denjenigen Listen, die die
Steuerobjecte zusammenfassen. Hier wird man vielfach schwanken,
ob man es mit Auszügen aus den Deklarationen zu thun hat, oder
aber aus Steuerbüchern, die ganz oder vorwiegend auf Grund amt-
licher Nachforschung — parallel jenen — geführt wurden. Ich
möchte wenigstens annehmen, dass es für gewisse Steuern solche auf
amtlicher Nachforschung begründeten Steuerbücher gegeben hat, die
zur Controle der betreffenden Deklarationen dienten, wie sie selbst
wieder mit Unterstützung jener evident gehalten wurden. Ich denke
namentlich an die Besteuerung der Immobiliarobjecte, also nament-
lich der Grundstücke und Häuser. Das Controleverfahren , das bei
den Mobiliarobjecten wie z. B. bei den Viehheerden durch einfaches
Auszählen leicht zu üben war, konnte gegenüber den Grundstücken
und Häusern nicht mit derselben Leichtigkeit angewendet werden.
Dieser Controle dienten vielmehr Grund- und Gebäudesteuerbücher
oder, um sie mit dem gebräuchlicheren Namen zu nennen, Grund-
und Gebäudekataster. Es sind schon oben S. 174ff. Klassiker-
und Urkundenzeugnisse zusammengestellt worden, aus denen hervor-
geht, dass in Aegypten schon seit den ältesten Zeiten — wie Herodot
sich ausdrückt, seit Sesostris' Zeiten — der Grund und Boden aufs
Genaueste vermessen und in Katastern aufgezeichnet war. Diese
Kataster waren jedenfalls nicht auf die Deklaration der Grundeigen-
tümer, sondern auf die Vermessungen der königlichen Geometer
basirt; sie unterlagen, wie wir gleichfalls a. a. O. schon belegten,
namentlich wegen der durch die Nilüberschwemmungen hervor-
gerufenen Veränderungen einer häufigen Revision. Dass diese Ver-
messung des gesammten Kulturbodens auch graphisch in Flurkarten
zur Darstellung gelangte, lässt sich nur vermuten. In diesem Kataster
waren nicht nur die Grösse der Einzelgrundstücke, sondern auch die
sonstigen den Ertrag beeinflussenden Verhältnisse, wie namentlich
die Art der Bewirtschaftung, die Kulturgattung gebucht, und end-
lich der Ertrag selbst, resp. der Wert, dessen Feststellung der Haupt-
zweck des Katasters ist, notirt.
Zur Erleichterung eben dieser Ermittelungen Hess sich die
Regierung alljährlich die Deklarationen einreichen, ja, die Ver-
änderungen in den Immobiliar-Besitzverhältnissen mussten sogar, wie
wir oben sahen, ausserdem schon vor dem rechtlichen Vollzug der-
selben bei den ßtßXLO^uXaxe? angemeldet werden. Zu den directen
§ 5. DIE STEUERBÜCHER.
481
Beweisen fiii' die Existenz von Katastern lässt sich noch ein indirecter
aus der Vergleichung der Deklarationen selbst ableiten. Das einzige
hierher gehörige Beispiel einer Immobiliardeklaration aus der Ptole-
mäerzeit (Pap. Lond. L, s. oben S. 457) ist nach allen Richtungen
hin so vollständig, dass es für die sämmtlichen Rubriken des
Katasters verglichen werden konnte. Da giebt der Hausbesitzer
nicht nur den Umfang von Haus und Hof genau in Ellen an,
sondern er bestimmt auch genau die Lage durch Angabe der
Kachbam nach den vier Windrichtungen und giebt endlich auch
den Wert des Hauses — nach seiner Schätzung — an. Das ent-
spricht durchaus den Rubriken des Katasters: Xame des Eigen-
tümers — Object — Lage desselben — Grösse — Zweck-
bestimmung — Wert. Im Kataster wird ausserdem wohl noch
die auf Grund dieser Angaben ermittelte Steuersumme notirt gewesen
sein. Sehr viel mangelhafter sind nun, wie wir schon oben S. 469
hervorhoben, die entsprechenden Deklarationen der Kaiserzeit. Da
fehlt überall die Orientirung nach den Nachbarn, die Angabe des
Umfanges nach Ellen und die Taxirung des Wertes. Da diese
Punkte aber zur Feststellung der Steuersumme unentbehrlich sind,
so folgt daraus, wie ich schon im Hermes XXVIH S. 235 ver-
mutete, dass die Beamten, an die diese Deklarationen gerichtet
sind, unabhängig hiervon über diese Daten verfügten, d. h. dass
sie Gebäudekataster besassen, in denen die hier übergangenen
Punkte auf Grund amtlicher Nachforschung eingezeichnet waren.
Der Schwerpunkt dieser Deklarationen liegt wohl in den ^lit-
teilungen über den augenblicklichen Eigentümer und die augen-
blickliche Verschuldung oder NichtVerschuldung des Gebäudes,
während die anderen Daten wohl mehr das Aufschlagen im Kataster
erleichtem sollten. Dass auch in den Gebäudekatastern der römischen
Zeit der Umfang der Häuser nach Ellen angegeben war, ist selbst-
verständlich, und wird durch den Kaufvertrag BGU 667, 7 ff. bezeugt,
nach welchem ein Haus unter Hinweis auf die SYjfioaia ßi^Xia, d. h.
den Gebäudekataster, iizl zdlq [oOJat aux*^? {lexpoL? xal T^rj^iafJLoI;
verkauft wird.^)
Aehnlich steht es mit den Deklarationen über Grund und
Boden. Wie diese in der Ptolemäerzeit ausgesehen haben, wissen
^) Vgl. Z. 9 Anfang: xal 5'.a SYjpoaiwv ß:ßX{ü)v [xpr,ixoL'.lZs:^]. Vgl.
auch BGU 94, 8.
WiLCKEX, Ostraka. 31
482
V. KAPITEL.
wir noch nicht. Sehr wahrscheinlich w^aren sie eben so ausführlich
wie die damaligen Gebäudedeklarationen, jedenfalls enthielten sie die
Werttaxe. In den Deklarationen der Kaiserzeit wird zwar das
Mass nach Aruren angegeben, einmal auch der Steuersatz (BGU 139),
aber es fehlt auch hier wieder die Orientirung und die Werttaxe.
Ein Kataster war also auch hier daneben notwendig. Die Haupt-
pointe dieser Eingaben aber w^ar offenbar die Mitteilung über den
Erfolg der derzeitigen Ueberschwemmung; die anderen dürftigen
Angaben sollten vielleicht auch hier mehr das Aufschlagen und
Identificiren im Kataster erleichtern.
Wir haben somit für die Immobiliarobjecte neben den Dekla-
rationen selbstständige Kataster anzunehmen, die durch amtliche
Nachforschung eingerichtet waren und auch ferner durch solche
Nachforschungen, natürlich unter Verwertung der Deklarationen,
evident gehalten wurden.
Hiernach wird sich die Frage, woher die uns erhaltenen Listen
und Auszüge stammen, leichter beantworten lassen. Wenn sich z. B.
in BGU 83 ausser dem Namen des Hauseigentümers und dem Object
selbst auch noch die Orientirung nach den Nachbarn findet, so geht
dieser Auszug wahrscheinlich nicht auf eine Deklaration, sondern auf
einen Gebäudekataster zurück. Dasselbe gilt von der grösseren Liste
BGU 186, in der sich folgende Rubriken finden: Name des Haus-
eigentümers — Object — Orientirung nach den Nachbarn — Steuer-
summe für das betreflTende Jahr (vgl. Z. 12: x£^ ^iß). Auch dies
wird aus dem Kataster stammen. Ebenso werden BGU 563 — 566
zu beurteilen sein. Wenn hier auch nur der Name des Eigentümers
und Umfang und Kulturgattung des Grundstücks excerpirt sind, so
weisen doch die Bemerkungen über die früheren emaxi^eiq auf den
Kataster hin. Andere Listen wie BGU 217 (Schema: Name —
Steuersatz nach Artaben fiir die Arure — Umfang nach Aruren)
und 426 (Schema: Name — Umfang nach Aruren) könnten an
sich ebenso gut aus Deklarationen excerpirt sein. Doch da nach
Obigem das Kataster erst das Definitivum ist, wird es vielleicht
richtiger sein, auch diese Listen aus den Katastern abzuleiten. Das-
selbe ist w^ohl auch für die Listen aus dem III. Jahrh. vor Chr.
anzunehmen , nämlich Petr. Pap. (II) XXX b (Schema : Name —
Qualität des Bodens — Grösse — Steuersatz — Steuersumme) und
XXXIX i (Schema: Name — Kulturgattung — Ort — Steuersumme).
§ 5. DIE STEUERBÜCHER. 483
Doch ist diese Frage, woher die uns erhaltenen Listen stammen,
an sich von geringerem Interesse.^)
Die hier besprochenen Steuerbücher dienten in erster Reihe
der Steuerberechnung, doch wurden sie auch zu den verschiedensten
anderen Zwecken, und zwar nicht nur im amtlichen Interesse, sondern
— was besondere Beachtung verdient — auch im Interesse des
Publicums verwendet. Letzteres war nur möglich, wenn ihnen eine
gewisse Publicität eigen war, und dass dies der Fall gewesen, wird
durch folgende Beispiele wahrscheinlich gemacht.
In dem Kaufcontract BGU 94, 7 (vom J. 289) sagt der Ver-
käufer, er verkaufe die Aruren etzI zoXc, oöai a6i(I)[v] opioic xal
nozhzpoL'.c, XTA [y.axa ttjv ^PVJt^ "^-^^ [^^]X?- '^'^'^ auvr^^iav
xal (hq 5ta Sr^fAoaiwv ß:ßX:(D[v )(pYj|iaTL^o'ja'.(?)]. Ebenso in 667, 7
(vom J. 221/2): o:z:av eizl zoZc, [oö]a'. a'JT-^c [xsTpoi; '/,od 'jzr^y'.i\i.ol(;
xal ^cficXiG:? xtX xal 5:xa:oLc 7:a[a]L xa^d [tyjJv sE o^pyJ^q xal
(il/pi TOö vöv auvYi^iay [xal (hc, 6:d 6Yj{ioaLtov ßißXiwv xpr^iiaxi^eu ?)].
In beiden Fällen, deren formelhafter Charakter klar zu Tage liegt,
beruft sich der Verkäufer für die Grenzen resp. die Masse des Kauf-
objectes sowie für die Pertinenzen — oben ist detaillirt, was sonst
xd auyxupovTa Trdvxa heisst — und die mit dem Object verbundenen
Rechte einmal auf das alte Gewohnheitsrecht, zweitens aber auf die
Aufzeichnungen der 5yj[i6a'.a ßLßXia. Dass mit den Letzteren die
Grund- resp. Gebäudekataster gemeint sind, liegt auf der Hand.
Jeder Zweifel wird dadurch ausgeschlossen, dass unmittelbar vorher
die Verkäufer sich nicht nur auf den vorliegenden Verkaufscontract,
sondern auch auf die Vermittelung der twv lyxTi^actöV ßißAiG^i^XYj
stützen. 2) Diese ist aber nichts anderes als dasjenige Ressort des
grossen Gauarchivs (Srjjxoaia ßißX'.oO-yjXYj) , das speziell die Besitz-
veränderungen zu buchen hatte, also das Katasteramt. Die Ver-
Wieder andere Listen, die äusserlieh den oben genannten ähneln, sind
überhaupt nicht zu Zwecken der Steuerberechnung aufgestellt, sondern bieten
vielmehr Abrechnungen über bereits gezahlte Steuern. Vgl. Petr. Pap. (II)
S. 36, 37, VII, XXVII (3), XXVIII, XXIX (a), XXXIX e, XLIII (a.b.).
Pap. Lond. CXIX ed. Kenyon S. 140 ff., CIX A und B, S. 150 ff. Hierhin gehören
auch mehrere unserer Ostraka, die Personenlisten nebst den gezahlten Beträgen
enthalten. Vgl. Nr. 1180—1184, 1188, 1189, wohl auch 1190—1192, 1194—1196.
-) 94,5: xaxa xVjvSs xif;v 6p,oXcYiav xal S'.i xfj? xwv 'sYXTr^aswv ß.ßXio-
^r^xr^g]. Ebenso ergänze ich 667, 6: nsTipaxcva'. — [xa-i --rjvds xriv diioXoyCav
xal ö'.i zfiz xö)v ilvxxT^^oewv ß'.ßX'.odnr^xrj;.
484
Y. KAPITEL.
mittelung dieses Amtes wird darin bestanden haben, dass — wie
wir oben S. 463 sahen — erst auf Anweisung dieser ßLßXiO'B''i^%y]
hin das Notariat die Vollziehung der vorliegenden Contracte über-
nommen hatte. Wenn also in obigen Fällen die Contrahenten in
der Lage sind, sich für die Description des Objectes auf die Kataster
zu berufen, so zeigt dies, dass diese Steuerbücher öffentlichen
Charakter hatten.
Dasselbe geht aus P. Oxyr. I 100, 10 (vom Jahre 133 n. Chr.)
hervor, einer Kaufurkunde, in der der Verkäufer für die geographische
Lage der verkauften t^iXol zonoi und ihre Orientirung nach den
Nachbarn auf die xoczocy poc^^i] verweist: a)V ig lonod^ealix xal t6
za-ü' av£|xov 6ia ty]? xaTayfa^fj? SeSigXwTac. Diesen Ausdruck
ywaTaypa^T^ wird man geradezu als termimis technicus für das Kataster
fassen dürfen.
Ergänzend tritt P. Oxyr. I 78 hinzu. Da führt ein Mann, der
ein Grundstück gekauft und es darauf ordnungsgemäss deklarirt hat,
Beschwerde darüber, dass er in den Listen, die danach publicirt
seien, gesehen habe, dass das Grundstück noch auf den Namen des
früheren Besitzers eingetragen sei: ev tw vöv TipoTsO-lvxL zax'
avSpa ßLßXitp eupov xauxa^ in övojJLaTo; ty]? TipoxTYjTpta^ izpog^e-
Ypa[Ji[X£va5. Damit es nun nicht scheine, als ob er mit der Nach-
lässigkeit des Beamten einverstanden sei, fordert er Remedur. Wir
sehen daraus, dass die unter Verwendung der eingereichten Objects-
deklarationen angelegten Listen (ß^ßX^ov) öffentlich ausgelegt wurden,
sodass das Publicum selbst eventuelle Versehen melden konnte.
Die hier gemeinten Listen waren xax' avSpa angelegt, also nicht
nach den Grundstücken, sondern nach den Eigentümern geordnet.
Im Hinblick auf die vorher gegebenen Beispiele können wir
noch einen Schritt weiter gehen und sagen: die mit Publicität aus-
gestatteten Steuerbücher oder Kataster spielten im Verkehrsleben
der Privaten eine ganz ähnliche Rolle, wie heute die ausschliess-
lich im Interesse des Publicums geführten Grundbücher. „Dass
eine officielle Grundbuchführung im Interesse des privaten Besitz-
standes, so wie wir sie heute haben," damals bestanden, hat Mitteis
(Hermes XXX S. 601) gewiss mit Recht geleugnet. Vielmehr „war
die Evidenz der Besitzveränderungen lediglich im Interesse der Steuer-
erhebung gewährleistet" j^ebenda). Aber auch Mitteis kommt dann
weiter zu dem Schluss, dass die Aufzeichnungen der Steuerbehörden
§ 5. DIE STEUERBÜCHER.
485
„eine gewisse Publieität der Besitzverhältnisse im Gefolge hatten"
(S. 605). Wir können geradezu sagen: die oben erwiesene Publieität
der Steuerbücher machte die Schaffung eines besonderen für private
Zwecke angelegten Grundbuches überflüssig. Nach Mitteis würde
zwar doch ein sehr wichtiger Unterschied zwischen jenen Steuerbüchern
und unseren Grundbüchern darin bestanden haben, dass erstere, wie
er meint, „die Hypotheken nicht zum Gegenstand hatten" (S. 601).
Dies halte ich jedoch nach dem oben S. 462 f. zusammengestellten
Material nicht fär zutreffend. Die Immobiliardeklarationen geben ganz
genaue Daten über Hypotheken und Schulden, und dass die Kataster-
fiihrer, die ß'.ßXic^'jXaxec, in der Lage waren, über diese Hypotheken-
und SchuldverhältnLsse Auskunft zu geben, ist danach selbstver-
ständlich, wird aber auch durch BGU 379 ausdrücklich bezeugt
(s. S. 463). Hiernach können wir jetzt mit noch grösserem Rechte
sagen, dass die Immobiliar-Steuerbücher oder Kataster neben
ihrem eigentlichen Zweck die Rolle der heutigen Grund-
bücher gespielt haben.
Während in den obigen Fällen die ß'.ßXio^üXaxec als die
Katasterführer erscheinen, zeigen andere Beispiele, dass ausser ihnen
auch die anderen Behörden, an welche die Deklarationen gerichtet
waren, im Besonderen die betreffenden Ortsbehörden, im Besitz von
Katastern waren und daher Auskunft zu erteilen in der Lage waren.
Lehrreiche Beispiele für die Ptolemäerzeit bieten die „Actenstücke
aus der königlichen Bank" I — IV. Das Angebot, das beim Thebarchen
für die bevorstehende Versteigerung von Grundstücken eingelaufen ist,
wird an den Bezirksschreiber (T07iOYpa|JL{iaT£6c) weiter gegeben mit
der Marginalbemerkung „Nachprüfen und Bericht erstatten, auch den
Wert (der Grundstücke) beifügen". i) Darauf giebt der Bezirks-
schreiber es weiter an den Dorfschreiber, und dieser antwortet-)
(IV, 13): 'E-cay.oTTOövTS^ £6p{axG|i£v twv [cpuXaaac ?]|I£V(i)v i^\L^y
[ßt]ßXiü)v £'j. p, '.g olIoOtzozoix; [xal dva]Ypa^o[i£va$ xobq TrpoYS-
Ypa|i[i£VG'j;. A£o[v] laxlv [T'.jiYj]-9'i^va: a;{a; H (Spa^fiöv 7r£VTa-
x:^)^'.a:(i)v). Er schlägt also in dem von ihm geführten Kataster
nach und giebt danach die gewünschte Auskunft — diesmal im
IV, 12: Emaxsc{ja|jidvous dvsvsYXstv, ^larpjad-^vxa [xal ty;v] d^iav.
Vgl. I 2, 9.
-) In I 2 in demotischer Sprache, was der Bezirksschreiber dann übersetzen
lassen muss.
486
V. KAPITEL.
fiscalischen Interesse.^) Hierdurch wird übrigens bezeugt, dass in
den Katastern der Wert der Grundstücke in einen Geldsatz ab-
geschätzt war. — Auch der Hermiasprocess bietet ein Beispiel, dass
man vom 'zoT:oypa\i\i.7,ZB()C, und Xü)|JiOYpa[Ji|xaT£6^ Auskunft darüber
verlangte, auf welchen Kamen ein Grundstück (im Kataster) ein-
geschrieben sei. Vgl. Pap. Tur. I 4, 5if.
In ähnlicher Weise werden in BGU 5 und 11 (IL Jahrh. n. Chr.)
die ßLjSXio^uXazs^ und der Dorfschreiber um Auskunft über Besitz-
verhältnisse angegangen (vgl. Hermes XXVIII S. 234). In 11 weist
der Dorfschreiber, nachdem die ßißXcocpuXaxe^ sich über die Zeit des
Erwerbes geäussert haben, nach, dass das strittige Haus resp. Grund-
stück einem gleichnamigen jüngeren Bruder des Genannten gehöre.
Die Behörde, die sich bei Beiden erkundigt hatte-), weist dann die
Sache von sich mit dem Bemerken: AYjX(oö{JL£v) [lov t]y]? Kspxe-
ao6xa)(v) "Opou^ xa)[jLOYp(a|X|xaT£a) 6^EiXs,iv Tispl touto[u Tijpo^^o)-
v<£o>a'9'aL hiä zb t6 uTiapy^ov £X£i ZBhYiX^Gyöd-ai). Hier ist ein
deutlicher Hinweis auf die vom Dorfschreiber geführten Kataster,
und wir sehen zugleich, dass der Dorfschreiber zur Auskunft ver-
pflichtet war.^)
In ähnlicher Weise wurden auch die Steuersubjectsdeklarationen
und die aus ihnen gewonnenen Personallisten öffentlichen und privaten
Zwecken der verschiedensten Art dienstbar gemacht. In einem vor
dem Präfecten geführten Process, sagt der TzpOQohoizoiG^, da es
zweifelhaft ist, wem der Sklave gehört hat (BGU 388 II 19): £X
zfiQ xax' ocxiav dTioypatp'^? aTzoheiy.v\jzo(.i^ tlvo? laxlv ooöXo?. Hier
beruft man sich also auf die Personallisten als sichersten Beweis
für die Zugehörigkeit des Sklaven.
Wenn einige Tage darauf der Bezirksschreiber — für die Anweisung an
die königliche Bank — nochmals aufgefordert wird, die Eichtigkeit der Angaben
zu bestätigen und Masse und Nachbarn der Grundstücke beizufügen, so möchte
ich daraus nicht folgern, dass der Bezirksschreiber noch wieder ein besonderes
Kataster geführt habe, denn dann hätte er die erstere Auskunft nicht an den
Dorfschreiber abgeschoben. Vielmehr wird er diesmal die Daten selbst aus dem
Dorfkataster entnommen haben.
^) Mit Unrecht bezog ich diese Unterschrift früher auf die ßLßXiocpüXay.£5.
^) Die Person, die den ungenannten Beamten um Auskunft bat, — wohl
ein Privatmann — , mag wohl in diesem Dorfe gewohnt haben. Darum wird
er an das Dorfkataster verwiesen und nicht an die ß'.ßXtoO-T^xr^, die sich in der
Metropole befand.
§ 5. DIE STEUERBÜCHER.
487
Von dem unpublicirten Pap. Lond. CCCXXTV sagt Kenvon
(Cat. Add. S. 431): „Copy of extracts from the public record office
(dtjuoGi'a ßißho&}]xrj) , containmg the census Ikts of the [ßnd] year of
Hadrkinus Caesar and of the 9th year of Antoninus Caesar, sent hy
Änieiis, son of Chenenuphis, to his sister Tamystha, as evidence ihat
he is her brother." Wenn ich dies recht verstehe, lässt sich ein
Privatmann, um der Schwester zu beweisen, dass er der Bruder ist,
von der 5yj|xoa(a ßLßXio^i^xrj Auszüge aus den xai' oixiav OLT.oypcc^OLi
machen. So hatten also auch diese Personallisten Publicität, und
konnten im amtlichen wie im privaten Interesse benutzt werden.
Das sind Beispiele von Anwendungen, die mit dem ursprüng-
lichen Zweck der Personallisten nichts zu thun haben. Zum Schluss
sei noch auf eine andere Verwendung hingewiesen, die ein grösseres
Interesse hat als die angeführten Einzelfalle. Betrachtet man die
Personallisten der Ptolemäer- und Kaiserzeit in ihrer oben dargelegten
Anordnung, so ist klar, dass der Kegierung, wenn sie die Zahl der
Bevölkerung Aegyptens wissen wollte, in ihnen jedenfalls die beste
Unterlage zu einer Volkszählung gegeben war. Dass die Volkszählung
als solche nicht der Zweck der Personalerhebungen gewesen, vielmehr
die Aufgaben der Steuer- und Militärvei-waltung in erster Linie
massgebend gewesen, ist unbestreitbar. Aber dass das so gewonnene
Material dann auch gelegentlich zu Volkszählungen verwendet worden
ist, wird uns anderweitig nahegelegt.
Beispiele für Zählungen in der Ptolemäerzeit bietet Diodor an
zwei Stellen. Einmal sagt er (XVII 52, 6): ^aO"' 8v yap if)[Ji£T;
TiapeßaXofiev yjpovov Aiy^iTTOv i^o(,G7.y oi zxq dvaypa^a?
I^ovie^ Töv xaTOLXouvTWV elva: zobc, ev ocOtQ (in Alexandrien)
ScaxptßovTa? iXvj^ipoijc, ttaeiod^ töv Tpcaxovxa jiup:a5ü)v. Es gab
also. in Alexandrien eine Behörde, welche „die Listen der Bevölke-
rung" führte, oder vorsichtiger gesagt, aufbewahrte (iy^ovzeq) und auf
die Frage Diodors die Zahl der Freien, die sich in Alexandrien
aufhielt (SiaTptßovia?), anzugeben im Stande war. Leider lässt dies
erste Zeugnis manche Fragen offen. Sind mit den iXeOO-epoi nur
die Männer oder auch die Frauen und Kinder gemeint? Beloch^)
und Eduard Meyer^) nehmen das letztere an, Marquardt^) das
Bevölkerung d. Griech. Rom. Welt 1886. S. 5.
*) Artikel Bevölkerung" im Handwört. Staatsw. 8. 444.
») Rom. Staatsverw. IV S. 120, auch V S. 455.
488
V. KAPITEL.
erstere. Eine sichere EntscheiduDg scheint mir nicht möglich, da
^yir nicht wissen, wie Diodor gefragt hat. Hatte diese Behörde
ferner auch Listen über die Nichtfreien in Alexandrien? auch über
die Bewohner der aegyptischen ^wpa? Ich möchte es glauben. Auf
die Mitteilung dieser letzteren Zahl konnte Diodor an dieser Stelle
verzichten, wo er nur von der Grösse Alexandriens spricht.
Weiter führt uns eine andere, viel umstrittene Stelle desselben
Autors. Diodor I 36, 6 spricht von der ausserordentlich starken
Bevölkerung, durch die Aegypten in der Pharaonenzeit — denn das ist
TO TiaXacov — alle Länder der Erde weit übertroffen habe. Auch zu
seiner Zeit, fügt er hinzu, stehe es hierin keinem Lande nach (%al
xa-ö-' fj|jLa? he oöSsvo^ xwv aXXwv Soxel Xetjcea^a'.). Zum Beleg
fährt er zweierlei an.
1. In der Pharaonenzeit gab es in Aegypten 18000 Städte und
grössere (a^ioXoyoi) Dörfer, wie man in den heiligen Aufzeichnungen
(Iv xa:; lepodq dvaypacpaT?)^) sehen könne. Zur Zeit des Ptolemaios I.
aber seien 30000 gezählt worden (Y]pC'8'[JL'i^'9"ir]aav)-), und diese Zahl
sei auch bis auf seine Zeit geblieben. Die Angabe über die Pharaonen-
zeit und die des Ptolemaios I. hat Diodor, wie allgemein mit Recht
angenommen wird, seiner Hauptquelle, Hekataios von Abdera, dem
Zeitgenossen dieses Ptolemaios, entnommen. Dagegen die Kenntnis
der Verhältnisse seiner eigenen Zeit (6:a[ji£[i£VY]y.£v £0)? twv %a^'
fjfiai; xpovtov) muss er einer zeitgenössischen Quelle verdanken —
vielleicht jener Obersteuerbehörde von Alexandrien, die er auch über
die Bevölkerung Alexandriens befragt hatte. Nach Diodors Erkundi-
gungen hatte sich also seit den Tagen des ersten Ptolemäers bis auf
seine Zeit die Dichtigkeit der Besiedelung des Landes — im wesent-
lichen — nicht verändert. Das ist wichtig auch für die folgende
Untersuchung! lieber den absoluten Wert der beiden Zahlen —
18000 und 30000 — ist es schwer, ein bestimmtes Urteil zu fallen.
Sehr möglich ist, dass eine von beiden oder auch beide corrumpirt sind.^)
Ich vermute, dass er diese Listen nur darum „heilige" nennt, weil sie,
wie natürlich, in hieratischer Schrift geschrieben waren. Eine Führung durch
die Priester ist daraus nicht zu folgern.
Ich constatire, dass hier eine Zählung der Ortschaften zur Zeit des
ersten Ptolemäers bezeugt wird. Darum braucht freilich die angeführte Zahl
nicht richtig zu sein.
Beloch, Bevölkerung S. 256, will mit CF 3000 statt 30 000 lesen.
§ 5. DIE STEUERBÜCHER.
489
Nach dem ZusammeDhang sollte man eine so grosse Differenz
nicht erwarten.
2. Diodor föhrt fort: toö Se a'j|ji7ravi05 Xaoö tö [lev TiaXaccv
eXaTTG'JC slvai Tp'.a7.oa''(öv. So in sämmtlichen Handschriften ausser
dem unbedeutenden Cod. Yenetus (M Dind.), der TptaVwOaiwv am
Schluss fortlässt. Danach hätte also die Gesammtbevölkerung
Aegyptens zur Pharaonenzeit 7 Millionen betragen, „zu unserer Zeit"
aber 3 ^Millionen. Schon Stephanus hat die letzte Zahl Tpiaxoacwv
verdächtigt , und seit Dindorf wird in den neueren Ausgaben das
Wort eingeklammert oder ganz aus dem Text entfernt. Danach
würden auch „zu unserer Zeit" 7 Millionen gewesen sein.
Neuerdings hat Tpiaxoatwv einen Verteidiger gefiinden in Julius
Beloch (Bevölkerung S. 256). Mich haben seine Gründe nicht über-
zeugt, vielmehr beanstande auch ich das xp'.axoaiwv und zwar auf
Grund einer sprachlichen Beobachtung, die bisher m. W. nicht
hervorgehoben ist. Ich behaupte, dass Diodor, wenn er nach IXaTXO'jg
überhaupt eine Zahl genannt hätte, sicher den bestimmten Artikel
davorgesetzt haben würde: er würde töv Tpiaxoacwv gesagt haben.^)
Also corrupt ist die Ueberlieferung jedenfalls. Sachlich spricht aber
gegen die Zahl 3 Millionen ausser anderen Gründen, die schon von
anderer Seite vorgebracht sind-), auch Folgendes. Kai xa^' f^jia^
Se heisst nicht „und zu unserer Zeit", sondern „und auch zu unserer
Zeit". Unser „und" ist durch 8c gegeben. Ebenso kurz vorher in
§ 6: xal xaO'' f||xa? ouSevo? twv aXXwv SoxsT Xdizzad-T,. Damit
ist auf die (annähernde) Gleichheit der Bevölkerungsverhältnisse zu
den beiden Zeiten hingewiesen. Folglich kann unmöglich an zweiter
Stelle eine Zahl genannt sein, die um mehr als die Hälfte kleiner
ist als die erstere, mit der sie verglichen wird. Es kann also nur
heissen: „und auch zu unserer Zeit waren nicht weniger".^)
Ich habe das XVII. Buch Diodors (über Alexander), das besonders
reich an Zahlenangaben ist, auf diese Frage durchgesehen. Mit einer Ausnahme
steht hier in sämmtlichen Fällen hinter TtXe'.ous und sXdzxoD^ der bestimmte
Artikel. Vgl. 9,3; 19,4; 31,2; 36,6; 46,4; 52,6; 53,3; 61, 3 ; 62, 7 ; 64, 4 ;
66,1; 87,2. Vgl. auch 40,1; 65,1; 91,7. Diesen Fällen gegenüber möchte
ich auch das eXdxxou^ i'.^yj.Moiy in 21,6 für corrumpirt halten.
*) A. V. Gutschmid bei Sharpe, Gesch. Aeg. 11^ S. 28 A. 2.
Man darf meines Erachtens den Unterschied zwischen :ioXü Ttpo^axe
und oOöevög Xeiueo^at in § 6 nicht zu stark urgiren. Es ist nicht viel mehr
490
Y. KAPITEL.
Trotzdem bin ich nicht für einfkche Streichung des TpLaxoatwv,
denn die Entstehung dieser falschen Lesart bliebe so unerklärt. Ich
vermute, dass der Text ursprünglich lautete: oux eXaxTOU? elva:
TOUTtov. Das TpLaxoaiwv — als Ziffer x — mag durch Missverständnis
einer Abbreviatur von toutwv entstanden sein.^)
Noch in einem anderen Punkte muss ich Beloch widersprechen.
Er bezieht die zweite Zahl auf die Zeit des Hekataios von Abdera,
denn das xa^' ^Ql^-otc, habe Diodor aus ihm herübergenommen
(S. 257). Ich halte es für unmöglich, dass Diodor, der unmittelbar,
zwei und neun Zeilen vorher, zwei Mal mit xa^' fi\iäc, deutlich auf
seine eigene Zeit hinweist, hier j^lötzlich die Zeit des Hekataios
meinen soll, die er doch vorher durch Erwähnung des Ptolemaios
Lagu davon geschieden hat. Allerdings ist anzunehmen, dass er
auch bei Hekataios eine Bevölkerungszahl gefunden hat, aber diese
hat wohl wieder (wie bei den Dörfern) übereingestimmt mit der, die
er in Alexandrien von den Steuerbehörden für seine Zeit erfahren
hat, und anstatt nochmals, wie vorher, Ptolemaios' Zeit und seine
Zeit zu unterscheiden, beschränkt er sich auf die Hervorhebung
der eigenen.
Ich bin also der Ansicht, dass Diodor uns hier sowohl für die
Pharaonenzeit wie für die Zeit des ersten Ptolemäers und seine eigene
eine Bevölkerung von 7 ^lillionen bezeugt. Für die beiden ersteren
stützt er sich auf Hekataios^), für die letztere auf eine zeitgenössische
Quelle — vielleicht jene alexandrinische Steuerbehörde. Mit dem
als eine stilistische Variante. Er will offenbar sagen, dass die TroXuavO-pooufa zu
seiner Zeit im Wesentlichen dieselbe sei wie in der Pharaonenzeit. Wenn er
in § 9 nur die Ipya [isyäXa xai S-aufjiaoxa der Pharaonen hervorhebt, so geschieht
das, weil er in diesem Buche die alte Geschichte Aegyptens erzählen 'will. In
XVII 52, 4 sagt er ganz ebenso von Alexander, er habe in Alexandrien ßaaiXs'.a
xaxaaxsudaat O-auiaaoxa xaxa xö |Ji£ys'9-og xal ßapog xwv spywv, und die
Nachfolger bis auf seine Zeit hätten es weiter ausgebaut, Alexandrien aber sei
die erste Stadt der Welt geworden.
^} Wurde x, etwa in xoux (vgl. Aristoteles' Ath. Pol.), als xptaxoottüv auf-
gefasst, so moclite xou als unverständlich fallen gelassen werden. — Auch
Ed. Meyer nimmt gegen Beloch an, dass eine Corruptel vorliege (Artikel
„Bevölkerung" a. a. O. S. 448).
^) Dieselben sieben Millionen stehen auch in einem confusen Fragment
des Baton, Frag. hist. Gr. IV S. 348. Dass in ihm der Bematist Baeton zu sehen
ist, wie Meyer (a. a. O. S. 444) vermutet, glaube ich nicht.
§ 5. DIE STEUERBÜCHER.
491
g()\lt:qcc, XociCj der gezählt wird, ist sicherlich die Gesammtbevölkerung
Aegyptens gemeint.^)
Für die Kaiserzeit haben wir nur die Notiz des Josephus, der
aus der Kopfsteuer die Bevölkerung auf 7^ Millionen — ausser d^n
Alexandrinern — berechnet hat. Dass seine Berechnungsart Be-
denken unterliegt, und ihr Resultat kein Testimonium für uns ist,
haben wir oben S. 239 zu zeigen versucht. Sachlich mag sein
Ergebnis von der Wirklichkeit nicht allzuweit sich entfernt haben,
denn dass bei dem Aufblühen Aegyptens unter den Kaisern die
Kopfzahl noch etwas gestiegen ist, ist nicht unwahrscheinlich.^)
Die Diodorstellen zeigen uns also, dass amtliche Auskunft über
die Bevölkerung Aegyptens erteilt werden konnte. Wenn auch die
Zahlen rund sind, so kann doch die Abrundung durch Diodor oder
seine Quelle erfolgt sein. Dass also auf Grund des oben besprochenen
Materials gelegentlich Volkszählungen von der Regierung vor-
genommen wurden, ist nicht unwahrscheinlich. Aber eine genaue
Nachricht über ein Volkszählungsergebnis liegt uns nicht vor, und
wir wissen auch nicht, in welcher Weise die Volkszählung vor-
genommen wurde. Für die Kaiserzeit fehlt uns überhaupt jedes
Zeugnis, dass eine amtliche Zählung vorgenommen sei.^)
Zum Schluss sei noch auf die merkwürdige Inschrift bei Flinders
Petrie, Illahun Kahun und Gurob 1891, PI. XXXII hingewiesen,
nach der fj TZoXiq ILzoXz\Loc'.ioiv 6ia t(i)[v] £^axi;;(LX:a)v T£Tp[a7.o]-
atwv £ß6o|xr^x[ovxa] dem Kaiser Nero eine Weihung darbringt. Da
mir die Publication zur Zeit nicht zugänglich ist, kann ich auf die
Berechnungen des Herausgebers nicht eingehen.
Beloch (S. 257) weist irrig auf die Mögliclikeit liin, dass darin viel-
leicht nur Freie zu sehen seien — wohl weil seine Zahl (3 Millionen) ihm doch
etwas zu klein erseheint.
2) Nach der Zählung von 1894 hat Aegypten — Unter- und Oberaeg)-pten
mit dem Isthmusgebiet und den Oasen — 7,739000 Einwohner, Sie ergiebt eine
durclischnittliehe Bevölkerungsdiehtigkeit für Oberaegvpten von 270, für Unter-
aegypten von 273 Menschen auf den Quadrat-Kilometer. Das ist eine ungeheure
Dichtigkeit, wie sie in Europa nur speziell in Industriebezirken ausnahmsweise
erreicht wird. Vgl. v, Fircks, Aegypten 1894 I S. 134 fi'. Die bedeutend kleine-
ren Zahlen aus dem Anfang des Jahrhunderts erklären sich z. T. aus der mangel-
haften Handhabung der Volkszählung, z. T. aber aus der Mamlukenwirtschaft. —
Ueber die Volkszählungen in der arabischen Zeit vgl. Karabacek bei Härtel,
Griech. Pap., S. 58.
^) Vgl. Mommsen, Staatsr. IP S. 417.
492
Y. KAPITEL.
§6.
Die Steuerberechnung.
Wie die Steuersubjecte und die Steuerobjecte ermittelt wurden,
haben wir im Vorhergehenden zu zeigen versucht. Es bleibt nun
noch übrig, auf die letzte Etappe des Steuerveranlagungsprocesses
einzugehen, die Ermittelung der Steuersätze und die Berechnung der
Steuersumme für die einzelnen Steuerzahler.
Wir müssen zu dieser Frage die Einzelgaue, in denen wir uns
bisher bewegt haben, zunächst verlassen und unsere Blicke nach
Alexandrien wenden, denn dort war der Sitz der Centraisteuerbehörde,
nach deren Instructionen die zuständigen Gaubeamten die Steuer-
berechnung vornahmen. Es bedarf keines Wortes, dass in der
Ptolemäerzeit der König selbst die obei-^te Spitze dieser Behörde
darstellte. Durch seine Gesetze und Erlasse war, wie die gesammte
Steuerverwaltung, so auch die Steuerveranlagung in ihren Grund-
zügen bestimmt. Er decretirte, ob die Steuern in Geld oder in natura
angesetzt werden sollten (vgl. Rev. Pap. 24), er bestimmte, auf welche
Klassen von TJnterthanen die Steuer sich erstrecken, welche Klassen
mit einem höheren, welche mit einem niedrigeren Satz belegt werden
sollten (ebendort), und verfügte bis in's Detail, nach welchem Modus
etwa neue oder neugeordnete Steuern veranlagt werden sollten (Rev.
Pap. 36.37). Darum sind auch die Steuern durchweg „königliche" —
wie es denn auch in den Quittungen gelegentlich ausdrücklich hervor-
gehoben wird, dass der Betrag „dem Könige" (ßaaiXel) gezahlt werde
(vgl. S. 71). Auch die Tempelabgaben stehen nicht etwa selbst-
ständig neben den königlichen, sondern werden in gleicher Weise
vom König durch Gesetz geregelt (vgl. Rev. Pap.).
Zur Ausführung seines Willens stand dem König ein grosses
und wohlorganisirtes Beamtenheer zur Verfugung. In Alexandrien
war seine rechte Hand der Chef der gesammten Finanzverwaltung,
dessen Titel uns durch Cicero pro Rab. 10, 28 und durch Urkunden
als ^lo:%r^zr]c, (dioecetes) oder auch 6 enl ifiq SioixT^aew^ (Rev.
Pap. 19, 7) bezeugt wird.^) Neue Funde haben gezeigt, dass mit
^) An letzterer Stelle ist freilich der Lokalbeamte gemeint. Dieser
Titel erinnert an den STzi X'^ S'.o'.xrjOEi, der etwa zu derselben Zeit, als die
§ 6. DIE STEUERBERECHNUXG.
493
demselben Titel 5:o'.xr;Ti^^ auch im Nilthal mehrere Finanzbeamte
fiingirten, die, Jenem unterstellt, die Lokalchefs dieses Ressorts für die
yjjipoL waren. ^) Mir ist es trotz Grenfell's Bedenken am wahrschein-
lichsten, dass jeder Gau seinen eigenen Dioeketen gehabt habe. Im
einzelnen Fall ist es allerdings oft schwer zu sagen, ob der Oberdioeket
oder der Lokaldioeket gemeint ist. 2) Unter diesen Lokaldioeketen
standen wiederum der u7to5:o:xr^T7]^, der £7::[XcAyjn^^, die ßaa:-
Xcxol ol'/.o'JO\LOi mit ihren avTcypacpeli; und andere Unterbeamte (vgl.
Lumbroso, Rech. S. 339 ff.). Innerhalb dieser Beamtenhierarchie
glaube ich nun einen Spezialbeamten nachweisen zu können, der im
Besonderen mit den Steuerveranlagungsgeschäften, und wie ich sogleich
hinzuftigen muss, auch mit der Nachrechnung der eingegangenen
Steuern betraut war, das ist der exXoYian^^. Diese Eklogisten werden
meist falsch aufgefasst. Buttmann hat in seiner „Erklärung der grie-
chischen Beischrift auf einem aegyptischen Papyrus" (Abh. Akad.
Berlin 1824 S. 99) das TüpöTOV 4'£ö5o? geschaffen, indem er Xoys'JStv
als „in einem Xoyo^, Rechnung, Berechnung aufführen" erklärte und
auf „seinen mit Xo^'^SGÖ-at übereinstimmenden Gebrauch" hinwies.
Daraufhin hat Rudorff in seinem Commentar zum Edict des Ti.
Julius Alexander (Rh. Mus. 1828 S. 137) die Eklogisten für Beamte
erklärt, denen nicht nur die Ausmittelung der Beträge, sondern auch
die Einforderung derselben (IxTipaaasiv) oblag. Es bedarf kaum
eines Wortes, dass Xoyeustv „sammeln, einfordern", XoYi^s^^^a: dagegen
Ptolemäerherrschaft sich iu Aegypten constituirte , in Athen eingeführt wurde.
Vgl. Gilbert Gr. St.A. P S. 276. Von ihm sagt PoUux VIII 113: '0 8s suL x"^;
Sioixf^astog alpsxos "^v sut xwv Tzpog.ö-^xm xal dvaX'.jxoiisvcov. — Die Form
Siotxdxr^g, die von Viereck in Berl. Phil. Woch. 1896 Sp. 1649 ff. beständig
gebraucht wird, beruht nur auf einem Versehen Viereck's.
Vgl. Mahaffy, Petr. Pap. (II) S. 9. Grenfell, Rev. Pap. S. 123.
Sicher ist der Oberdioeket gemeint in der von Hiller von Gärtringen
auf Thera gefundenen Inschrift, in der der König Euergetes I. schreibt: Ttposxs-
Taxa|J.£v A'.OYsvs'. iw, S'.otXYjxyj'. öoöva-. auxoig (den petitionirenden Truppen auf
Thera) xa dve'.Xrjji{ieva utiö xoO oixovöp,ou stg xö ßaa'-Xixöv x^^^P^*- Danach
unterstanden auch die auswärtigen Besitzungen dem alexandrinischen Siotxrjxi^c.
Oberdioeket ist wohl auch der Xpu3t.7i7io; dpX'.aü)|JiaxocfuXa^ xal Öiotxrjxy^s
Pap. Grenf. (II) 14 (b) 2 (III. Jahrh. v. Chr.). Aber wie steht es z. B. mit dem
r[xGAS}jiaiog 6 ouYTSvTjC xat S'.oixr^xi^c in Pap. Grenf. (II) 23 vom J. 108 v. Chr.?
Wahrscheinlich ist mir, dass er Lokaldioeket ist, aber auch das andere wäre
möglich.
494
V. KAPITEL.
„berechnen" heisst (vgl. oben S. 255). Dennoch sind Rudorff bis
heute in der Doppelauffassung der Eklogisten Alle gefolgt. Vgl.
Varges, S. 60, 62; Franz CIGr. III S. 319; Kuhn II S.498; Simaika
S. 156; Grenfell, Rev. Pap. S. 87/8. Nach der richtigen Etymologie
sind die Eklogisten vielmehr ausschliesslich die Berechner xax' l^o)^'i^v,
nicht auch Steuererheber.
Die wenigen Stellen, an denen die Eklogisten genannt werden,
bestätigen diese Auffassung. In dem Erlass des Philadelphos vom
J. 263 (Rev. Pap. 37, 11) werden die Besitzer von Wein- und Nutz-
gärten aufgefordert, ihre Deklarationen einzureichen zolq xe Tiapa
Saxupoi) 7rpaY(jLax[£uo[X£VOc^ xal xo]Tg napdc AcovuaoSwpou xexayixsvoc?
lyXo Yt[<3xaT^]. Grenfell hat schon richtig erkannt, das Satyros der
alexandrinische Oberdioeket (vgl. 36, 11), Dionysodoros der alexan-
drinische Obereklogist ist. Diesem alexandrinischen Paare entsprechen
die ihnen unterstellten (ol Tcapa) Paare von je einem Dioiketen und
einem Eklogisten in den Bezirken des Landes, wie ich glaube, in
jedem Gau. Vgl. 18,7: Tzpbc, xov stzI [xy]^ Scotzi^aew^ xJexayfASVOV
xal xöv £YX[oYca]x[Y]v]. Ebenso ergänze ich 19, 6/7. Nach jenem
königlichen Erlass werden also bei der Neuordnung der Apomoira
die ersten grundlegenden Deklarationen, die den Ertrag der letzten
vier Jahre bieten, an den Dioeketen und den Eklogisten des Gaues
eingereicht — offenbar, damit diese die rechnungsmässigen Unterlagen
für die neue Apomoira schaffen. An der zweiten Stelle (Rev. Pap.
18 und 19) wird bestimmt, dass Copien von den Abrechnungen der
Oekonomen mit den Steuerpächtern (huxlo^iaiiol) an die Dioeketen
und Eklogisten eingesandt werden sollen — offenbar zur Nachrechnung
und Eintragung in die Bücher. In beiden Fällen treten uns also
die Eklogisten klar als Rechnungsbeamte entgegen, und während
der vorgesetzte Dioeket das gesammte Finanzwesen unter sich hat,
werden wir den Eklogisten als seinen Spezialbeamten für das Rechnungs-
wesen auffassen dürfen.
Weitere Erwähnungen der Eklogisten aus der Ptolemäerzeit sind
mir nicht bekannt.^) Dagegen wird ihr Bureau, das Xoyiozr]pioy oder
^) Das XsXoYSDiJLSvov y] TXsTipaYiJLSVov im Edict des Capito Z. 37, auf das
Buttmann sich stützt, kann daran nichts ändern. Damit wird lediglich das
[siSjiiSTipaxxai in Z. 33 aufgenommen und spezialisirt.
2) Auf den oben S. 65 flf. publicirten Holztafeln ist überall Xoysux^i, nicht
Xoytox'^t, zu lesen.
§ 6. DIE STEUEKBERECHNUNG.
495
exXoYcaTTfjpiov, also die SteueiTechnungskammer, mehrfach erwähnt.
So im III. Jahrh. v. Chr. im Petr. Pap. (H) X (1) und (2). In dem
ersteren Text, in dem die königlichen Gänsehirten sich über die über-
mässigen Forderungen des Oekonomen Isch^-rias beim Oekonomen
Phaies beschweren (s. oben S. 389), bitten sie den Letzteren, ihre Be-
schwerde an das Xoyiazripiov zur Untersuchung (eTCiaxItpaa^a:) zu
schicken. Hier erscheinen die Eklogisten — denn das sind die Beamten
des ^oyc^Ti^piov — als diejenige Behörde, die über die dem Oekonomen
zukommenden . ^ev'.a, also über die Höhe einer Abgabe Auskunft zu
erteilen haben. An sie wenden sich die anderen Beamten im Streitfalle.
Sie führen also die Bücher, aus denen zu ersehen ist, wieviel dem
Einzelnen zukommt, resp. wieviel der Einzelne zu leisten hat. Der zweite
Text ist die Beschwerde eines Schreibers, der im Logisterion mit „Ab-
rechnungen" beschäftigt war: 7wapaY£V0|X£V0D \io\j dq zb \o^('.azr\piO^
oLTZoXoY-'^ocad'OLi. Die correctere Form sYAOY'.an^p'.ov finde ich in
einem Text des H. Jahrh. v. Chr., Pap. Lond. XXIII (Kenyon S. 41)
Z. 110: ixYjxr^vsxa (= (jLexr^vsYxa) zlc, zb ^'^Xo-^iozr^p'.o^^ (= t6 i-^Xo-
^(iQzr^p'.O'i) AioaxoDpiBY] tö yP^^I^I^^^'^^^- ^^ss dem Eklogisten eine
grössere Zahl von Schreibern zur Verfügung stand, ist selbstverständlich.
War es uns auch möglich, die Behörde zu bezeichnen, die
speziell mit der Steuerberechnung betraut war, so fehlen uns für die
Frage, in welcher Weise die Steuern für den einzelnen Steuerzahler
berechnet wurden, zur Zeit so gut wie alle Unterlagen. A priori ist
anzunehmen, dass sehr verschiedene Veranlagungsmodi in Anwendung
kamen, je nach der Natur der Steuer. Wir haben schon oben in
Kapitel IV bei Besprechung der einzelnen Abgaben versucht, das
Princip ihrer Umlage zu erkennen, aber nur in den wenigsten Fällen
war es möglich, über Hypothesen hinauszukommen. Ich muss liier
für das Einzelne auf die früheren Ausführungen verweisen. Im
Allgemeinen sei nur Folgendes bemerkt. Bei den Steuern, die als
Quoten eingefordert wurden, wie die Apomoira oder ^), das
Enkyklion oder ^i^), die Fischereisteuer (^) u. s. w. ist der
Gang der Geschäfte klar: da ist die Höhe der Quote durch könig-
liches Gesetz bestimmt, und es gilt nur noch, die Summe, von der
die Quote zu erheben ist, zu berechnen, wofür die detaillirtesten
Vorschriften bestanden (vgl. Rev. Pap.). Wie es aber bei den
Steuern gemacht wurde, die nicht als Quoten aufgelegt waren,
bei denen vielmehr ein bestimmter Steuersatz für die Steuereinheit
496
V. KAPITEL.
ZU berechnen war, wüsste ich nicht mit Sicherheit im Allgemeinen
anzugeben. Manche andere wichtige Frage knüpft sich hieran an,
die sich zur Zeit wohl stellen, aber, soweit ich sehe, nicht beant-
worten lässt. Standen diese Steuersätze in einem festen Verhältnis
zu dem von der Regierung gewollten Gesammtertrag jeder Steuer-
gattung? Wurden sie also durch das, was wir Repartitionssystem
nennen, gewonnen? Gab es überhaupt einen festen Etat im Ptole-
mäerreich? Wenn man bedenkt, dass damals die Erhebung der
einzelnen Steuern in jedem Jahre von Neuem an den Meistbietenden
versteigert wurde, so möchte man die letztere Frage eher verneinen
als bejahen. 1) Wohl wird die Regierung sich einen gewissen Durch-
schnitt als Minimum für jede Steuer festgelegt haben (vgl. Kap. VI),
aber das mit der Steuerverpachtung betriebene Handelsgeschäft mag
zu sehr wechselnden Ergebnissen geführt haben. Man wird also —
wenn man überhaupt an das Repartitionssystem denkt — nur
von einem Verhältnis des Steuersatzes zu dem durch die jedesmalige
Versteigerung zufallig sich ergebenden Gesammtertrag der Steuer
sprechen können. Doch die hier aufgeworfenen Fragen bedürfen
noch gründlichst der Aufklärung.
Etwas klarer liegen die Dinge in der Kaiserzeit. Betrachten
wir auch hier zunächst das Beamtenpersonal. Für die allgemeine von
Augustus begründete Neuordnung Aegyptens kann ich auf die licht-
volle Darstellung bei Mommsen, Röm. Gesch. V S. 553 ff. ^) verweisen
und beschränke mich darauf, nur die speziell die Steuerberechnung
betreffenden Punkte hervorzuheben. Durch die Eroberung im J. 30
V. Chr. ist Aegypten bekanntlich nicht in die Reihe der römischen
„Provinzen" eingetreten, sondern ist als „das grösste der kaiserlichen
Landgüter"^) unter die spezielle Disposition des Kaisers gestellt worden.
Boeckh (Staatsh. S. 253) sagt wohl mit Recht, dass ,,ein richtiger
Ueberschlag der Ausgaben und Einnahmen" „schwerlich in irgend einem Helle-
nischen Staate regelmässig und im Voraus angefertigt" sei. „Durch Erfahrung
indess und durch die Rechnungen musste sich bald ergeben, wie hoch die regel-
mässigen Ausgaben und Einkünfte sich beliefen, und inwiefern diese zureichend
oder nicht, jene notwendig oder überflüssig wären." An mehr als eine solche
praktische Erfahrung wird wohl auch im Ptolemäerstaat nicht zu denken sein.
— Ueber das „Budget" der römischen Republik vgl. Mommsen, Staatsr. 11^ S. 432.
2) Vgl. auch Mommsen, Staatsr. 11^ S. 859 und 1004.
^) Philo ad Flacc. 2, 19: xö filyiaxov aöxoö twv xxyjjjtaxtüv. Vgl. Tacit.
hist. 1, 11: domi retinere.
§ 6. DIE STEUERBERECHXUXG.
497
Kraft dieser eigenartigen Ordnung spielt der Kaiser, der ja auch von
den Aegyptem ganz wie seine Vorgänger als ihr König verehrt wurde,
in der Verwaltung dieselbe Rolle wie vorher die Ptolemäer. Die
äusseren Verschiedenheiten in der Verwaltung der beiden Perioden sind
vorwiegend darin begründet, dass der römische König nicht mehr in
Alexandrien, sondern im fernen Rom residirte und daher einen Stell-
vertreter, einen Vice -König, in Alexandrien nötig hatte. Das ist
der praefedm Alexandreae et Aegypti.^) Doch dieser Unterschied ist
mehr ein äusserlicher. Nach wie vor hat der König, jetzt also der
Kaiser, die gesammte Steuerverwaltung in seiner Hand. Das Budget
für Aegypten wird in der kaiserlichen Kanzlei in Rom festgesetzt,
und sein Mandatar in Alexandrien hat auch auf dem Steuergebiete nur
den Willen seines Herrn auszuftihren. Wie die Edicte des Capito
und Julius Alexander zeigen, können üebelstände im Steuerwesen
wohl durch Statthalteredict geregelt werden, kraft der vom Kaiser
ihnen mandirten Vollmacht, aber schwierigere Fragen wagt der Präfect
doch nicht zu erledigen, ohne sich spezielle Instructionen vom Kaiser
zu erbitten 2). Die Steuergesetzgebung war durchaus in den Händen
des Kaisers. Das Recht, Veränderungen an schon bestehenden
Steuern vorzunehmen oder neue Steuern einzuführen, stand im
Princip dem Kaiser zu.^)
Im Besonderen nun für die Frage der Steuerveranlagung ist
es von Wichtigkeit, dass der Kaiser den aus Aegypten herauszu-
wirtschaftenden Gesammtbetrag — wie es scheint, alljährlich — fest-
setzte. Das ergiebt sich aus dem bekannten Bonmot des Tiberius
^) So wird C. Cornelius Gallus bezeichnet. Vgl. Sitzungsber. Berl. Akad.
XX 1896 S. 469 ff. Vgl. dazu meine Ausführungen in der Zeitschrift f. Aeg.
Sprache XXXV 1897.
Ed. Jul. Alex. 8: zzpoi'^pa.'i^'x — oaa llzoxl \io; xpeivs-.v xa: tioisCv
xa 8s {isd^ova xal 8EÖ|x£va z%c, xoö A'jxoxpäxopos Suväfiswg xai jjtsYaXi'.öxr^xos
aOxü) 5Yj/vü)aü) [isxa tiizr^c, aXT^^-sia^. Vgl. Z. 62 ff.
^) Zu den schon von Rudorff (Rhein. Mus. 1828 S. 186) beigebrachten
Zeugnissen, unter denen namentlich Cod. Just. IV 62 hervorzuheben ist,
möchte ich noch Dig. 39, 4, 10 hinzufügen: vectigalia sine imperatorum prae-
cepto negue praesidi neque curatori neque curiae constituere nec praecedentia
reformare et his vel addere vel deminuere licet. Mommsen verweist mich ferner
auf Dig. 48,6, 10. — Zu Dio 53, 15 vgl. Mommsen, Staatsr. IP S. 1014 A. 2.
Dass für Aegypten der Senat selbst verständich nicht in Betracht kommt, braucht
nicht gesagt zu werden.
WiLCKEN, Ostraka. 32
498
V. KAPITEL.
bei Dio 57, 10, 5: AipicXtq) yoöv Tt^xtw )^pT^[xaTa ttots auiw tiXelü)
TZCCpdi TO T£TaY|X£VOV £X T'^i; AiyUTrXOU % fjPX^ 7I£[x4'aVTC dVT£TÜ£aT£lX£V
ot: x£tp£a^at [xou xa Tupoßaia, aXX' oux dTio^upEa^ac ßouXofxa:.
Danach war dem Statthalter die Ablieferung einer bestimmten Summe
vorgeschrieben, die er weder nach unten, noch — wenigstens bei
guten Kaisern wie hier — nach oben hin überschreiten durfte.
Dieser Gesammtposten , der gewiss spezialisirt war in Steuererträge
und Domanialerträge, musste den Zielpunkt für die gesammte Steuer-
veranlagung bilden.
Diese Veranlagungsarbeiten ruhten in letzter Instanz in der
Hand des Präfecten. Wenn Philo ad Flacc. 16 auf den ungeheuren
Umfang der Rechnungsgeschäfte des Präfecten mit den AVorten
hinweist: XoyLG\io\)c, twv Tipo^oScov xal SaapLWV Xa[xßavcv'C£?, wv -f]
e^ezoLGiQ TÖv 7iX£tova toö £VtauToö yjpo'^ov dv'igXLax£V, so ist damit
wohl nicht nur die Abrechnung über die erhobenen Steuern, sondern
auch die der Erhebung vorangehende Berechnung der Steuern ge-
meint. Dem Präfecten stand ein grosses Beamtenpersonal zur Ver-
fügung, das in Alexandrien wie im Lande mit der Steuerberechnung
und Steuerabrechnung betraut war. Hier kommen zunächst die
verschiedenen kaiserlichen Procuratoren (iTzlxpoizoC) in Betracht, die
überhaupt der Finanzverwaltung dienten und je nach ihrem Ressort
Spezialtitel führten. Diese kaiserlichen Procuratoren ersetzten sachlich
und auch titular die höheren Finanzbeamten der Ptolemäerzeit. So
verwandeln sich die ScoLXYjxa: (oder ItiI t"^^ ScotzT^aEWi;) in imipoTioi
ItCi 6iotX'^a£tö?^), und wenn noch in Urkunden aus dem III. Jahrh.
n. Chr. von einem ScotxyjTig^ die Rede ist, so ist das wohl nur eine
bequeme Verkürzung für jenen officiellen römischen Titel. ^) So
^) Bull. corr. hell. III S. 257: sTitxpouog iiil StoiXT^asw^ ['AXegavSpeiag].
Vgl. CIL III 431: proc. ad dioecesim Alexandreae. Vgl. hierzu Philolog. LIII.
S. 93 A. 6.
■2) BGU 8 II 29; P. Oxyr. I 61, 15. An beiden Stellen wird der aiotXYjxT^g
als xpdxiaxog bezeichnet. — Erst nach meinen Bemerkungen im Philol. a. a. O.
sah ich, dass SioiXYjXT^g xoö Ispcoxaxou xa|j,£{ou garnicht im Text steht, sondern
nur eine Construction von Viereck ist (Hermes XXVII S. 526). — Auch Strabo
XVII p. 840 meint mit den SiotXTjxat kaiserliche Procuratoren. — Ein später
Nachfolger der ptolemäischen Lokaldioeketen ist wohl der <E>X. Myjvccg 6 Xa|j,7rpö-
xaxos StO'.XYjxYj? xfic, 'A7ioXXwvo7röX(£a)5) im Pap. Grenf. (I) 63,3 (VI. oder
VII. Jahrh. n. Chr.). Vgl. Z. 4.
§ 6. DIE STEUERBERECHNUNG.
499
wurde ferner der alte ptolemäische^) Finanzbeamte „6 TZpbc, xw
tStci) Xoyw" jetzt zu einem imzpoTzoq toö lhioi> Xoyou, doch wurde
gelegentlieh auch hier aus Bequemlichkeit die Procuratur unerwähnt
gelassen.^) Dass ähnlich auch der Epistrateg ein promrator epistra-
tegiae wurde, erwähnten wir schon oben (S. 427). Mommseu trennt
freilich diese beiden. Das Verhältnis der verschiedenen Procuratoren
zu einander bedarf noch vielfach der Aufklärung.^) Die alten rein
griechischen Titel haben sich nur bei den niederen Chargen erhalten,
die unter jenen xpaTtaxoi standen, so die GixovofiOt^) und, was uns
hier besonders interessirt, die ex^OYiara:.^)
Üeber die Thätigkeit der Letzteren in römischer Zeit geben
die Edicte des Capito und Julius Alexander (C IGr. III 4956, 4957)
genauere Auskunft. Beide hat man missverstanden, wenn man aus
ihnen zu erweisen suchte, dass die Eklogisten Steuererheber gewesen
seien. Betrachten wir zunächst das Edict des Alexander. In Z. 36
heisst es: wenn zwei Präfecten übereinstimmend in einer Frage der
Steuerfreiheit absolutorisch entschieden haben (aTioXuetv), so soll der
Eklogist, der trotzdem die Sache nochmals zur Revision vorbringt,
straffällig sein: xoXaaTSO? lailv 6 k^Xo^('.GzriC, 6 xcc auxa elq S'.aAO-
Y:a[Jiöv aywv. Mit diesem oiaXoyLaiio^ wird die Abrechnung oder
Revision gemeint sein, der die Präfecten auf ihren Inspectionsreisen,
*) Dass dieser Beamte schon im Ptolemäerreieh existirt hat, zeigte zuerst
Wescher. Vgl. Marquardt R. St.V. II^ S. 310. „Actenstücke" S. 40.
2) Vgl. die Belege bei Marquardt R.St.V. 11^ S. 311 A. 1. Sogar in einer
lateinischen Inschrift (CIL X 4862) steht kurz idiologus. Auch der Präfect
selbst unterdrückt die Procuratur in CIGr. 4957, 39.
3) Vgl. O. Hirschfeld, RVG S. 263. Wilckeu, Hermes XXIII S. 592 ff.
*) Vgl. Ed. Jul. Alex. (CIGr. 4957) Z. 21: oax'.g av svO-äSs eTitxpoitog
ToD xupioo Yj oixovöjios. In BGÜ 156, 3 ein Saturninus als KaiadpcDv oixovö|jiog
vom J. 201. Kaiacxptov steht hier für Kataapwv §ouX(p. Vgl. unten Kap. VI
§4. Im Hermes XXIII S. 593 Z. 13 brachte ich einen Mr^xioxo^ otxovöjios
xoO xuptoi) vom J. 196. Von diesen oixovö|iO'. spricht Strabo XVII p. 797.
Inwieweit sie sachlich den ptolemäischen o'.xovö[io'. entsprechen, bleibt zu
untersuchen.
^) Man nimmt gewöhnlich an, dass durch CIGr. 5085 die Form Xoytoxi^s
bezeugt sei. Ueberliefert ist X6IHCTHC- könnte auch j^s'-P'-^xr^g oder
sonst etwas sein. Die Verbindung Ypa|i|iax£'JS xal XoY'.oxTjg ist jedenfalls austössig.
Welche Bolle später, nach der diokletianisch-constantinischen Beforni, die Xoy.oxai
(im Sinne von curatores) in den aegyptischen Städten gespielt haben, lernen
wir jetzt aus den Papyri von Oxyrhynchos.
32*
500
V. KAPITEL.
wenn sie Convent abhielten, die gesammten Gauangelegenheiten unter-
warfen.^) Der Eklogist erscheint hier also als ein Beamter, der
in Fragen der Steuerpflichtigkeit oder Steuerfreiheit das Material für
diesen ^i!xkoyia\L6q vorzulegen hatte, also als ein Rechnungs- oder
Veranlagungsbeamter. Wenn der Text fortfährt: xoil ixyjSev aXXo
TTOtwv 7iXy]V apyupcajjLoö Tipocpaaiv xaTaXetTiwv sauxw xal xoiq oiXXoic,
TipayiiaTCXoT?, so wird daraus nur zu folgern sein, dass dem Eklogist
irgend welche Procente von den von ihm ausgeschriebenen Steuern
als Sportein zukamen — freilich eine gefährliche Bestimmung.-)
Dass diese denn auch thatsächlich oft gemissbraucht worden ist,
indem die Eklogisten, um sich zu bereichern, neue Steuern aus-
schrieben, zeigt dasselbe Edict Z. 46fF., im besonderen 51 ff". Der
Präfect beklagt sich über die öi\iETpoQ IJouata xwv eyXoYcaiwv „5ia
TO Tiaviag auTöv xaxaßoav iid tw Tcapaypacpecv ocuzobc, nXeiGza —
ob auveßaivev auiou^ [xsv dpyupL^^ea^at, ty]v hk Al'yuTiTov ava-
axaxov yeLvea^ac". Ich betone, dass hier nur vom Tiapaypa^etv,
nicht vom TtapaTipaaaec v die Rede ist. 3) Der Präfect schärft
darauf ein, dass ohne vorhergehende Entscheidung des Präfecten
die Eklogisten überhaupt keine prinzipielle Aenderung in der Steuer-
umlage einführen dürften.^) Darauf werden die Strategen ermahnt,
von den Eklogisten nichts anzunehmen ohne Erlaubnis des Präfecten
(|JLY]6£V Tiapa i'^XoyiGzGiy [JL£TaXa[ißav£Lv). Offenbar waren hier ähn-
liche Durchstechereien vorgekommen, wie sie durch BGU 15 II
Vgl. BGU 22G, 21: ou socv 6 xpaxiaTog -^ysiacov IIojiTiT^tog IlXdvxag
xov zou vo[jLoO SiaXoyiOfiOv uo'.^xat. Vgl. Mitteis, Hermes XXX S. 574, der
auch auf 168, 18f. hinweist. Auch BGU 195, 36: ÖTiöxav 5iaXa|ji[ßocv]vj mag
sich auf den Convent beziehen.
^) Als Analogie könnte man auf die an den 'praef. annonae Alexandriae
gerichtete Verfügung des Constantius und Constans vom J. 349 verweisen, Cod.
Theod. XII 6, 3: siisceptores centesimae dimidium, annotatores vero ceterorumque
officiorum diversos homines, quos rationibus constat obnoxios esse, alterum
dimidium habere censuimus.
^) napaypacpsiv kann freilich auch von dem Erheber gesagt werden,
der widerrechtlich einen Steuerzahler mit einer zu grossen Summe anschreibt
oder notirt. Vgl. Petr. Pap. (II) XIII (17) 2: uapaysYpaiaiaai, xwi updxxopi, wo
xwt Tcpdxxop'. doch wohl in dem Sinne von utco xoö Tipocxxopog steht. Aber es
bleibt wichtig, dass das eindeutige TiapaTtpdaas'.v weder im Edict noch sonst wo
auf den Eklogisten angewendet wird.
*) Das ist wohl mit dem noch nicht geheilten Passus Z. 52/3. gemeint.
§ 6. DIE STEUERBERECHNUXG.
501
zwischen Strategen und Eseltreibern eonstatirt werden. i) Was aber
auf Grund unerlaubter Steuerausschreibungen der Eklogisten und
ihres Personals-) erhoben war, das sollen diese — olfenbar soweit
es ihnen zugefallen war — den Steuerzahlern zurückerstatten, und
ausserdem ein Vielfaches als Strafe an die Staatskasse zahlen. Man
beachte dTroBtoaouaiv oaov 6^T:r^zr^^r^G7.'^ — nicht aTnf^xYjaav, was so
nahe gelegen hätte, wenn die Steuerveranlager auch die Erheber
gewesen wären.
isoch weniger kann ich der bisher allgemein acceptirten
Deutung des Edicts des Capito zustimmen. Der Präfect setzt zu-
nächst hohe Strafen fest gegen diejenigen durchreisenden Soldaten,
die sich unerlaubter Weise ^£v:a und sonstige Abgaben von der
Bevölkerung erpressten (vgl. oben S. 389). 0[i \ihv oOv ßJaa'.Aixol
Ypa|Ji{jLaT£l^j so iährt der Text mit den üblichen Ergänzungen fort,
zal 7ta)[iOYpapL[xaT£!? xal T07:GYpa{jL[[xaT]cT; xaxa vc{xc;v TiavTa oaa
6a-avaTac Ix toö vofAOö, d XLva IzlqTzjir.pxy.ztxi T^apaXoya)^ r^ aXXo
Ti, dvaY[p]a9[£a]0-ü)[a]av xat £[v r^\iipo^^q] l^rjxovxa iTicSoTwaav
oi S' £[v]tö$ 0yjßaiSo? 5:a T£Tpa|jnQVOu [ax]o[7:]£[LTa)aav (oder
i'^GpoLZtaaoLy Letronne) xa] Xoy'.axYjpia xal 7:pö? BaaiA£L6rjv xov
Kataapog d7t£A£6^£pov x[d] £[5 §xda]xGi) (oder xa xoO Letr.)
XoYiaxYjpiG'j xal xou? ix^vcyiaxa; 7:£|X7w£xa)aav, Iv' Idv x: (vgl. Addit.)
-apd x6 Stxacov X£>.oy2'J[A£Vgv r^ 7ü£7:paY[Ji£Vov f^i, xoüxo S:op-&'ü)a[ü)][xat.
Unter dem Eindruck des anderen Edicts ist man davon ausgegangen,
dass auch hier von üebergriffen der Eklogisten die Rede sei. Die
königlichen, die Dorf- und Bezirksschreiber, so nimmt man an, sollten
Controle üben über die Eklogisten; die in der Thebais sollten alle
vier Monate die Logisterien revidiren und, was sie da fanden, mit-
sammt den Eklogisten selbst an den Basileides schicken. Ich fasse den
Text anders auf. Die Uebelthäter, deren unerlaubte Erhebungen
(vgl. [£L^rj£7:paxxai und nachher X£A0Y£D}JI£V0V und 7i£7rpaY[A£VOv)
von den genannten Schreibern notirt werden sollen , sind nicht die
Eklogisten, sondern wie im Vorhergehenden die Soldaten. Die
Aufzeichnungen der Schreiber sollen vielmehr zur rechnungsmässigen
Prüfung an Basileides und die Eklogisten eingereicht werden,
^) Z. 11: o'JvxaxoupYoGvTe^ xoi^ dvr]?.ä-a'.;.
Ich glaube, dass unter den ctXXo'. T^py.yixot.x'.y.oL in Z. 54 die Eklogisten
mit zu verstehen sind, denn sonst würde gerade für die Hauptschuldigen, die
Eklogisten, keine Strafe bestimmt sein.
502
V. KAPITEL.
worauf dann der Präfect Remedur verspricht. Die Dinge liegen hier
also genau so, wie im Pet. Pap. (II) X (I) aus dem III. Jahrh. v. Chr. :
auch da wird die Anzeige der Uebergriffe des durchreisenden Be-
amten, der zu grosse pvca in Anspruch nahm, an das Xoyiazripiov
zur Prüfung eingereicht. Dass dies auch der Sinn des Edictes ist, ist
mir nicht zweifelhaft; die Ergänzung des Textes im Einzelnen muss
freilich bei der schlechten Tradition^) dunkel bleiben. So nament-
lich der Schluss von Z. 34, wo das überlieferte 0EOIE1N weder
zu axoTietTwaav tcc, noch zu e^opaxwaav xa ergänzt werden darf.
Die vorhergehenden Worte ol 5' ivTÖq Biq^atboc, 5:a Texpaixi^vou
fasse ich als Parenthese: die anderen Beamten sollen alle 60 Tage,
die in der Thebais aber alle vier Monate die Aufzeichnungen (seil,
die aus dem avaypa^la'ö'waav herauszuholenden dvaypa^a^ ein-
reichen. Danach wird XoyiaiTQpia mit eTtcSoxtoaav in irgend welcher
Verbindung stehen. 2) Die folgende Zeile wird so zu emendiren
sein: xal npbc, BocaiXtihr^v tov Kacaapo^ ämleud-epov t[6v] £[7rl]
Tou Xo^iavfipiou^) y.ocl zobc, ixXoyiG'zdiq TisfXTreTwaav. In diesem
Basileides sehe ich den Obereklogisten in Alexandrien, den Vorsteher
der Hauptrechnungskammer des Landes, für den der sonst nicht
belegte Titel 6 enl toö XoytaTyjptou durchaus angemessen wäre.
Basileides würde also die Stelle einnehmen, die im Rev. Pap, 37, 12
Dionysodoros einnimmt.
Nach unserer Auffassung der Edicte hat sich in der Organisation
und der Bedeutung der Eklogisten in der Kaiserzeit gegenüber der
Ptolemäerzeit nichts geändert. Diese Auffassung findet nachträglich
durch P. Oxyr. I 57 ihre volle Bestätigung. Hier tritt uns „der
Eklogist des Gaues" (Z. 9) deutlich als der Rechnungsbeamte ent-
gegen, der die Einnahmen der StotXYjai^ berechnet, während die
Erhebung der betreffenden Steuern dem Strategen zufiel:
^) Eine neue Revision der beiden Edicte am Original wäre dringend zu
wünschen. Da die Inschriften nicht etwa auf Steinen stehen, die leicht ver-
schleppt oder zerstört sein könnten, sondern „am ersten Pylon des grossen Tempels"
der Oase el-Chargeh, so müssten die Texte auch heute noch leicht aufzu-
finden sein.
■2) Ist Tcpog xa oder sie, xöc zu lesen? oder xotg xa? Vgl, zu letzterem
xq) x6 ypacpsiov in BGU 379. Das würde freilich die Schwierigkeit ergeben,
dass die Logisterion-Beamten und die Eklogisten getrennt würden.
3) üeberliefert ist TA€r-
§ 6. DIE STEUEEBERECH>'UXG.
503
|i£Vov xtX.
In Bezug auf die Logisterien der Kaiserzeit will ich nur noch
auf meine Bemerkungen im Philologus LIII S. 89 verweisen. Mit
dem Pap. Petersburg 14^, den ich daselbst er\yähnte, ist jetzt noch
BGU 466 zu vergleichen. Die IJeberschrift des letzteren: X^yoc
8a7ü(av(I)v) tgO XoY('.aTr^ptoi)) dürfte auch für den Petersburger Text
passen. Sie sind wohl beide Abrechnungen über Ausgaben eines
Logisterion. So lernen wir einige Subalternbeamte der Logisterien
kennen, die hier ihren Sold erhalten, so in BGU 466 zwei (^UAaxs^,
einen apy^iÜTOjplTTjc, im Petersburger Text die ßor^-ö'OL^) — Das
für Hermupolis bezeugte 7:oa:t:xgv Ao^fiazrfpio'^ (vgl. PER I S. 110)
scheint dem Zusammenhange nach die „städtische Rechnungskammer"
zu sein. Eine Abteilung des allgemeinen Logisterion war wohl
das xaTOix'.xov XoyiaTYjpLGV inPERIl, 11. Li ihm werden u. a.
die Besitzveränderungen der Katoeken gebucht.-) P. Oxyr. I 57
erwähnt t6 t-^^ Siocxi^aew^ ^oyLan^piov.
So stehen auch in der Kaiserzeit die Eklogisten als die speziell
mit der Berechnung und Ausschreibung der Steuern sowie mit der
Steuerabrechnung betrauten Beamten vor uns.^) Es ist daher nicht
ganz zutreffend, die in den Steuerdeklarationen genannten Gau- und
Ortsbeamten — die Strategen, königlichen Schreiber, Stadt- und Dorf-
schreiber und Volkszähler — als die „Steuereinschätzungscommission"
zu bezeichnen.^) Nach unserer obigen Deutung der Adressen dieser
Eingaben wird man überhaupt Bedenken tragen, diese Beamten darum,
weil sie neben einander genannt werden, sich auch in einer Commission
thätig vorzustellen. Doch von dieser formalen Frage abgesehen,
glaube ich auf Grund der obigen Ausführungen annehmen zu müssen,
dass diese in den Deklarationen genannten Beamten, zum mindesten
vorwiegend, mit der Entgegennahme, Prüfung und Zusammenstellung
Vgl. Z. 1: vauXov uXoiou bnö ßor^O-oti?, d. h. Fährgeld für das Boot,
das die ßoirjO-oi übersetzte. Z. 7: öcjjcDvicov ßsr^^o:; XcYXXTjpiou. — In beiden
Texten findet sich auch ein Posten über Papyrus; 466, 12 xap'cap-tp Obolen),
Petersb. 5 z:ix%g, /ap-wv.
2) Vgl. Mitteis, Hermes XXX S. 603. P. Meyer, Philol. S. 199.
^) Mommsen verweist auf Corp. gloss. 2, 291 Götz {iy.AO'^-.j-Yf^ = di'gpunctor)
und Ulpian, Dig. 50, 16, 56 pr.
*) Vgl. Viereck, Philolog. LU S. 219flf.
504
V. KAPITEL.
der Deklarationen zu Steuerbüchern betraut waren, dass dagegen die
auf Grund dieser Unterlagen zu fuhrende Berechnung der Steuer-
schuldigkeiten der einzelnen Steuerindividuen in erster Linie von
den Eklogisten in den Logisterien ausgeführt wurden. Höchstens
könnte man annehmen, dass mit der Controle der Ortsbehörden
auch eine gewisse Mitwirkung bei Taxirung der Objecte verbunden
gewesen wäre. Aber die eigentliche Steuerberechnung hat gewiss
in der Hand der Eklogisten gelegen.
Nur einer der genannten Beamten, der Stratege des Gaues,
scheint auch bei dieser Steuerberechnung, sei es mitarbeitend oder
controlirend, thätig gewesen zu sein. Das entspricht seiner gesammten
Stellung innerhalb des Gaues, und das folgt wohl auch aus dem
Edict des Ti. Julius Alexander, wo es in Z. 49 ff. heisst, die Strategen
sollen, wenn in den letzten fünf Jahren unerlaubter Weise neue
Steuern ausgeschrieben sind (xaTEXpc-ö-yj), diese wieder abschaffen —
Tiocpbmc, ocuzGiy lYjV aTzalvqaiv. Zwar wird hier nur gesagt, dass
die Strategen die „Erhebung" sistiren sollen, aber dieser Befehl zur
Sistirung setzt doch notwendig voraus, dass sie vorher bei der Revision
constatiren, dass unrechtmässige Ausschreibungen vorliegen. Hier-
nach wird man zum mindesten annehmen müssen, dass sie ein Controle-
recht über die Steuerberechnungen der Eklogisten besassen.
Ueber die Frage, inwieweit im HI. Jahrh. n. Chr. die ßouXi^ an
der Steuerveranlagung beteiligt worden ist, vgl. unten Kap. VI § 2 G.
Soviel von dem Beamtenpersonal. Leider gilt auch für die
Kaiserzeit, dass wir von der Thätigkeit dieser Beamten im Einzelnen
sehr wenig wissen. In einem Punkte stehen wir für die Kaiserzeit
auf festerem Boden: wir wissen, dass der Kaiser die alljährlich zu
erhebende Gesammtsumme der Steuern Aegyptens festsetzte (s. oben
S. 497 f.). Wahrscheinlich war die Steuerveranlagung im Grossen
und Ganzen betrachtet eine Repartition dieser Gesammtsumme auf
die einzelnen Steuersubjecte. Eine solche Repartition war in der
Kaiserzeit dadurch erleichtert, dass, wie wir im nächsten Kapitel
sehen werden, die Erhebung durch kaiserliche Regie in weitem
Umfange an die Stelle der ptolemäischen Steuerpacht getreten war.
Ein zusammenhängendes Bild von dem Modus zu geben, nach dem
nun praktisch die Steuersummen berechnet und ausgeschrieben
wurden, ist mir nicht möglich. Sicherlich wird er bei den
verschiedenen Steuerarten ein verschiedener gewesen sein. Was ich
§ 6. DIE STEUERBERECHNUNG.
505
auf Grund der Ostraka und Papyri über die Veranlagung der einzelnen
Steuern ersehliessen konnte, habe ich schon in Kapitel IV angemerkt
und ich muss hier auf diese Einzeluntersuchungen verweisen. Was
Ti. Julius Alexander in seinem Edict Z. 57 f. für die Grund-
steuer verlangt, dass nämlich die Erhebung nach Massgabe der
wirklichen Ueberschwemmung, und nicht zaxa auvo({>LV, d. h. nach
Vergleichung mit der vorhergehenden Zeit zu erfolgen habe^),
das wird mutatis mutandis auch für die Veranlagung aller übrigen
Steuern der massgebende Gesichtspunkt gewesen sein. Ich beschränke
mich hier darauf, einige Einzelheiten, die uns überliefert sind, zu
besprechen.
1. Wir haben es oben als charakteristisch für die Kaiserzeit
hervorgehoben, dass die Deklarationen keine Wertschätzungen der
deklarirten Steuerobjecte enthielten, dass diese Taxationen also von
den Behörden herzustellen waren. Wir werden hier zunächst an die
Eklogisten denken, aber auch die Möglichkeit zugeben, dass die Orts-
behörden sie irgendwie mit Angaben unterstützten (s. oben). Es giebt
nun eine Urkunde, die uns ausserdem an die Mitwirkung angesehener
Bürger denken lässt. In BGU 18 (vom J. 169 n. Chr.) werden
sechs Bürger, die zu den „Wohlhabenden" (£'ja)<T^[iov£g) gehören,
durch Erlass des Strategen aufgefordert, eine Liturgie zu übernehmen,
die mit den schwer verständlichen Worten ei^ t6 ai)VT:[jLy;aaaO'a'. xa
ev OLTZpizoic, uTzdpyoYiOL genauer bezeichnet wird. Was mit Iv ocTipizoic,
gemeint ist, ist nicht leicht zu sagen. Jedenfalls sollen die Bürger
diese besondere Klasse von „Vermögen" (pr.ipy^o'noc) taxiren (o-jvx:-
[ir^aaGO-ai). Ich bemerke noch, dass diese Sechsmännercommission
offenbar eine dauernde Institution war, denn die neuen Mitglieder
werden ernannt, weü bei vieren von den früheren die vorgeschriebene
Amtszeit abgelaufen ist (TreTrXyjpwxoTWv tcv wp'.ajiivov ypovov),
zwei andere gestorben sind. Die in der Uebernahme dieser
Ich sehe, dass meine Interpretation dieser Worte oben auf S. 212
leicht miss verstanden werden könnte. Ich meine auch jetzt, wie ich dort aus-
einandersetzte, dass die Durchschnittstaxe der Grundsteuer eine unbewegliche,
die Erhebung eine bewegliche war. Aber diese eventuelle Herabminderung der
Taxe musste doch vorher von den Steuerveranlageru berechnet werden, und
darauf weist auch das TiapaYpacpoji^vcov hin. Ich hätte daher S. 212 Z. 3 statt
„Steuerveranlagung" vielmehr „Durchschnittstaxe" sagen sollen. — Für die
Bedeutung von a'jvo'|-S ^st folgender Passus in einem noch unedirten Papyrus
von Interesse: Xöyc; xe'-pwva^iou toO s^- . . . ouvo.|>'.0|iivo[g Kpojg xö ö"-.
506
Y. KAPITEL.
Commissionsmitgliedschaft bestehende Liturgie wurde also immer für
einen feststehenden Zeitraum auferlegt, und die Commission war eine
perpetuirliche. Wir haben hier eine Einrichtung vor uns, die in
unsern modernen Steuercommissionen durchaus ihr Analogon findet.
2. Der angeführte Text leitet zu einer anderen Frage über : gab es
eine Taxirung des Gesammtvermögens, resp. Gesammteinkommens der
Steuerzahler? Wir sahen, dass in den Deklarationen nur die einzelnen
Klassen von Vermögensobjecten und die einzelnen Einnahmequellen
vorgeführt wurden, nirgends aber der Gesammtwert in Geld auf einem
Blatte. Auch wiesen wir oben S. 252 darauf hin, dass es eine ein-
heitliche Vermögens- oder Einkommensteuer damals nicht gegeben hat.
Dennoch konnte für mancherlei Zwecke, z. B. für die Liturgienfrage,
eine Abschätzung des Gesammtvermögens erwünscht sein. Dass sie
wirklich stattfand, . lässt sich noch erweisen. Man könnte es vielleicht
schon aus Plinius' Epist. ad Traj. 6 (22) folgern. Als Plinius den
Kaiser gebeten hatte, dem Aegypter Harpocras das römische Bürger-
recht zu verleihen, hatte er die Antwort erhalten, er solle dem Kaiser
das Alter und das Vermögen des Mannes angeben, und Plinius war
ohne Weiteres in der Lage gewesen, über beides zu berichten: sed
cum annos eins et censum, sieut praeceperas, ederem. Vgl. den Schluss
des Briefes. Hier kann nach dem üblichen Sprachgebrauch unter
census nur das Gesammtvermögen, auf das Harpocras von den Steuer-
behörden taxirt war, gemeint sein. Dieses zu berechnen, war nach
den oben dargestellten Vorarbeiten nicht allzu schwierig: es brauchten
nur die deklarirten einzelnen Vermögensobjecte in Geldsätzen abge-
schätzt, und darauf diese zusammengezählt zu werden.
An diese Klassikerstelle wurde ich durch gewisse Urkunden
erinnert, in denen der nopoc, von Personen in Geldsätzen angegeben
wird. In allen Fällen handelt es sich um die Führung oder Ueber-
nahme von munera oder honores. Vgl. BGU 6, 18, 91, 194, 235,
Pap. Lond. CICIX (Kenyon, Add. S. 408), Pap. Paris Bibl. bei
Hirschfeld (Sitzungsb. Berl. Akad. 39. 1892 S. 817 ff.). In BGU
6, 18, 91 wird die Geldsumme ausdrücklich von £)(ü)V Tiopov abhängig
gemacht. Dies ist daher auch in den anderen analogen Fällen, wo
nur die Geldsumme steht, zu ergänzen.^) IIopo^ bezeichnet nach
^) In dem Pariser Text bei Hirschfeld a. a. O. hatte Wessely die Summen
als Gehalt aufgefasst. Ich habe schon damals die obige Erklärung dem gegen-
übergestellt (bei Hirschfeld, S. 823).
§ 6. DIE STEUERBERECHNUNG.
507
dem gewöhnlichen Sprachgebrauch nicht da^ Vermögen, sondern das
Einkommen. In den Urkunden wechselt jedoch Tzopoc, gelegentlich
mit 67rap)^ov (Vermögen). So wird in BGU 11,7 auf ein vorher-
genanntes Haus und Zubehör^) mit xöv 7rpoz£L[i£vov 7:6pGV hin-
gewiesen, während vier Zeilen darauf ein anderer Beamter dasselbe
mit TO uTzipy^GW bezeichnet. Auch in BGU 8 II 29 f wechseln
7z6po<; und UTrap/^ovTa. Wenn das Haus in dem ersteren Beispiel
als Ttcpo? bezeichnet wird, so ist es wohl dabei als Einnahmequelle
vorgestellt, und so könnte auch in den obigen Texten das einkommen-
föhige Vermögen gemeint sein. Gleichviel ob dies oder das Einkommen
selbst gemeint ist, was ich nicht zu entscheiden wage, jedenfalls lehren
die obigen Urkunden, dass von jedem Steuerzahler ein Gesammt-7:cpG;
in einem Geldsatz berechnet wurde. Die Texte lehren zugleich, dass
nur eine ungefähre Schätzung auf Hunderte von Drachmen
stattfand; die überlieferten Zahlen sind sämmtlich rimde Hunderte.
Man kann auch sagen, es bestanden Schätzungsklassen von 100, 200,
300 Drachmen u. s. w., denen die einzelnen Individuen nach approxi-
mativer Schätzung zugewiesen wurden.
Diese Vermögens- resp. Einkommensschätzung bildete die Grund-
lage für die Heranziehung zu den öffentlichen Leistungen, und wurde
dem entsprechend auch, wie Plinius' Bericht bestätigt, bei Erteilung
von Pri\Tlegien berücksichtigt. Denn dass der 7;6po? der Urkunden
jenem cemus des Plinius entspricht, liegt auf der Hand, wenigstens
wird man dem Plinius, als er sich von der Syjfxoaia ß'.ßX'.oO-T^xrj des
memphitischen Gaues den cenmis des Harpocras ausschreiben Hess,
nichts anderes gegeben haben als seinen 7:Gp05, der in den Büchern
stand. Dass die beiden Begriffe sich völlig deckten, würde freilich
noch nicht einmal notwendig daraus folgen.
Es ist nicht ohne Interesse, die Geldsätze zu betrachteu. Im
Dorfe Muchis (Faijüm) haben im J. 158/9 n. Clir. die aufgeführten
TipeaßuTepoi einen Tidpo^ von 400 oder 500 Drachmen (BGU 6).
Wenn die TTpeaß'JiepOL von Soknopaiu Nesos am Ende des II. Jahrh.-)
einen Tzopoc, von 800 Drachmen aufweisen (Kenyon a. a. O.), so könnte
man darin eine grössere Wohlhabenheit dieses Dorfes bezeugt finden.
Vielleicht ist aber auch die Wertminderung des aegyptischen
Ergänze: oixia. (?) [xal xi JUY'^'JjpovTa TwävTa.
*) wohl = 200/1.
508
V. KAPITEL.
Billongeldes am Ende des II. Jahrh. in Betracht zu ziehen, Im
J. 170/1 werden ferner zur XifxvaaTSLa^) Männer mit einem Tzopoc,
von 800 oder 700 Drachmen vorgeschlagen.^) Für die relative Wert-
schätzung dieser Summe ist von Interesse, dass sie ausdrücklich als
suTiopot bezeichnet werden. Im J. 177 werden zu Steuererhebern
(TipaxTOpe^) Männer mit je 1000 Drachmen (jzopoq) vorgeschlagen, die
gleichfalls als zunopoi bezeichnet werden (BGU 194). Bedeutend höher
ist der Tzopoq jener Bürger, die im J. 169 n. Chr. ec^ t6 auvTL[JLYjaaa^ac
Ta ev OLTzpazoic, uTiapxovxa zur Schätzungscommission berufen wurden:
sie haben 4000 Drachmen, einer sogar ein Talent (BGU 18).
Natürlich gehören auch sie zu den zuizopoi. Mehrere dieser Personen
sind Grundbesitzer (yeouy^ouvzeq), aus verschiedenen Dörfern. Dass
man auch deren TZOpoq, wenn auch nur annäherungsweise, hat
feststellen können, ist bei dem verwickelten landwirtschaftlichen
Betriebe sehr bemerkenswert. In derselben Urkunde, in der die
TtpeaßuxepoL von Soknopaiu Nesos mit je 800 Drachmen aufgeführt
werden (Ende des II. Jahrh.), Avird der izopoq eines apy^i^pohoc,
und mehrerer £ipyjV09L>X(ax£?) mit je 000 Drachmen angegeben,
während die gewöhnlichen ^uX(ax£^) nur 300 Drachmen haben.
Die letztere Summe ist auch der Durchschnitt bei den niederen
Polizeiorganen in der Pariser Urkunde bei Hirschfeld a. a. O. Die
Tzopo: schwanken hier zwischen 200, 300 und 400 Drachmen.^)
In BGU 235 sind die Zahlen weggebrochen. Hier finden sich die
merkwürdigen, für die Geschichte der Liturgien wie für die Bedeutung
der Dorfgemeinden gleich wichtigen Worte (Z. 12): [dvaSiowpiL Touc;]
uTUOY£Yp(a[jL[X£vou?) ovxa^ ebizopouc, %al £7rLS7j§co[u5] (1. eniziQhdouq^
seil, zlq 5r^|jt6aca, vgl. BGU 18, 13) yvwfjLTj] xal XLv5u[v]a)v (1. xtv-
5'jv(p) Twv aizb zy\q xwfJiY]; twv xal £VYi)0|X£[vo]ug (1. lyYutojXEVwv).
Der Dorfschreiber schlägt also zur Liturgie vor auf Beschluss
der Dorfgemeinde^) und auf die Gefahr der Dorfgemeinde, die
^) Vgl. Hultsch, Metrologie 2 S. 650/1.
BGU 91. In einem unpublicirten Papyrus der Pariser Bibliothek (Suppl.
Gr, 910) fand ich einen [Xt,]|jivao[xY]]s xat xaxaoTiopsus-
^) Wenn in BGU 619, 8 gefragt wird, sTil uototg uTidpXooai sigsSoO-Y],
so ist auch wieder uTiapxovxa für uöpog gesetzt.
Hier steht bei jeder Person Alter und Ttöpo^, ganz wie bei Plinius:
sxwv X, SpaXfxwv x u. s. w.
^) Hiernach möchte ich die Subscription des Pariser Textes bei Hirsch-
feld S. 820 etwa folgendermassen ergänzen:
§ 6. DIE STEUERBERECHNUNG.
509
die Bürgschaft übernimmt. Also nicht nur der Porös des Einzelnen,
der die Liturgie übernahm, sondern — in zweiter Linie? — auch
der Gesammtporos der Dorfbewohner bürgte dem Staat für die richtige
Führung der Liturgie. Dass die Dorfbewohner als Gemeinde be-
rechtigt sind, einen derartigen Beschluss zu fassen, ist nicht minder
interessant.^) Gewiss gilt dies nicht nur von der speziellen Liturgie
des vorliegenden Falles, sondern wir haben hier einen Schlüssel für
das Verständnis der Liturgien überhaupt. Der Dorfschreiber ist nur
der vermittelnde Beamte; die Gemeinde selbst hatte das Vor-
schlagsrecht. 2)
War der Tzopoc berechnet — vermutlich von den Eklogisten,
die ^nelleicht von den Ortsbehörden unterstützt wurden, oder auch
von Schätzungscommissionen (s. oben), — so wurde er in allen zu-
ständigen Bureaus in die Personallisten eingetragen. Meist sind es
die Dorfschreiber, die in den obigen Texten Auskunft über den Tzopoc
geben, vgl. BGU 5 II 4; 6; 11; 18; 91; 194; 235. Aber auch
in die Bücher der SyjjAoaLa ßi^Xco^r^xr^ war der Tröpo; eingetragen.
Vgl. BGU 11 und namentlich den Londoner Text, dessen Verso ich
folgendermassen lesen möchte: 'Ex ß'.ßX(:oO-r|Xr;?) 5r^[ioaLü)(v) Xoyiov
[£]x YpCa^-^s) 5r^pLoai(i)(v) -ö-^.^)
3. In den Bureaus der Eklogisten muss eine rastlose Thätigkeit
entwickelt worden sein. Während sie noch mit den Abrechnungen
[KüO{i,oYpa{ji}iaT£'j; YvwfiYj] xwv dud x'^; xiüjir^j
[ava5£5(j3X£v? xw sveajXÖTt, $ac5cp'..
Damach würde sich erklären, dass meist so viele Namen für jeden einzelneu
Posten genannt werden. Vielleicht wurden so viele Namen vorgeschlagen, wie
Stellen frei waren, vielleicht aber auch mehr.
^) Dass sie Beschlüsse über Ehrungen fassen durften , wussten wir schon
aus CIGr. III 4699: ISojs xot$ oltzö xw^irig Bouastpsto^ — xat xoCg ev a'jx[^]
xaxaYS'.vo[ievo'^ xo7iOYpa|i|iaxsuo'. xad xcojiOYpamia-sua'. '^ri[cplo]oLo%-y.t. xxX.
2) Wie es in den Metropolen zuging, zeigt P. Oxyr. I 54, 10: £:;5o9-£vxü)v
uTco xoO x^; 7:öX£(i); Ypa|i{Aax£(o; Y^^^I^IO '^^^ xo-.vou xoiv dpxövxtov. Der Text
stammt aus dem Jahre 201, also vor der Decurionatserteilung. Wer sind die
dpXovxcj? Man denkt zunächst an Gynmasiarchen , Exegeten u. s. w. Aber
gerade an diese ist das Schreiben gerichtet. Und bildeten diese ein xoivöv?
Darf man hier unt«r den dpxovx£5 vielleicht die zur Teilnahme an der Ver-
waltung qualificirten s^jKopo: verstehen? Man denkt unwillkürlich an die oben
S. 491 erwähnten 6470 Personen, die die Stadt Ptolemais repräsentirten.
^) Kenyon a. a. O. schlug vor: dx ß'.ßXiou Sr^fioado'j und £x -^pOL-^eioD
510
V. KAPITEL.
Über die eingegaDgenen Steuern des verflossenen Jahres beschäftigt
waren, liefen schon wieder die neuen Deklarationen und die sonstigen
voluminösen Scripturen ein, auf Grund deren sie für das laufende
Jahr jedem Steuerzahler sein Steuersoll zu berechnen hatten. Und
es musste schnell gearbeitet werden, wenn rechtzeitig den Erhebern
die nötigen Anweisungen gegeben werden sollten. Freilich, wenn
die von Krall (CPR II S. 17) jüngst geäusserte Meinung, „dass die
Steuern in Aegypten nachträglich für das abgelaufene Jahr gezahlt
seien", dass man also „im Jahre 14 die Steuern für das Jahr 13"
zahlte, richtig wäre, dann hätten sie gemächlicher arbeiten können.
Prüfen wir diese Ansicht genauer. Man wird mir zugeben,
dass die Streitfrage entschieden ist, wenn sich Zahlungen für das
laufende Jahr positiv nachweisen lassen. Denn wenn die Steuern
für das 13. Jahr, um bei KralFs Beispiel zu bleiben, schon im 13.
gezahlt werden konnten, so ist ausgeschlossen, dass ihre Zahlung
normaler Weise im 14. Jahre zu erfolgen hätte, denn dass man
ein Jahr zu früh Steuern zahlte, ist undenkbar. Die Zahlungen
aber, die sich etwa für das 14., 15. oder noch spätere Jahre
nachweisen lassen, sind dann nichts anderes als Nachtragszahlungen.
Von diesem Gesichtspunkt aus habe ich schon oben S. 213 f. den
Nachweis geführt, dass die Grundsteuer im Princip für das laufende
Jahr während des laufenden Jahres gezahlt wurde, dass aber bereit-
willig auch spätere Zahlungen zugelassen wurden. Es wird kaum
nötig sein, für sämmtliche Steuern den speziellen Nachweis zu
erbringen. Ist er für einige der wichtigeren Steuern gegeben, so
ist das System klargelegt.
In den Kopfsteuerquittungen (vgl. S. 230 ff.) ist das Jahr der
Zahlung vielfach nicht ausdrücklich genannt, wenn es mit dem Jahr,
für welches gezahlt wurde, identisch war. Aber in zahlreichen Fällen
ist ausdrücklich hervorgehoben, dass die Kopfsteuer fiir das Jahr X
auch im Jahre X gezahlt ist.^) Damit ist die Frage auch für die
1) Ostr. 144, 156, 1G8, 182, 189, 223, 229, 234, 236, 237, 251, 252,
264, 269, 270, 280, 357, 363, 366, 370, 373, 374, 383, 384, 387, 388, 389,
393, 399, 401, 403, 411, 419, 422, 424, 425, 429, 431, 432, 434, 436—438,
444, 446, 450, 452 — 454, 457, 460 — 463, 465, 466, 469, 472, 474, 475,
480—482, 486, 487, 490, 492, 493, 508, 516, 525, 530, 536, 548, 563, 569,
575, 584, 609, 619, 626, 634, 639, 645, 656, 668, 1238, 1242, 1246, 1283—1285,
1324, 1365, 1366, 1378, 1380, 1384, 1390, 1401, 1402, 1414, 1425, 1441,
1542, 1549, 1562, 1613.
§ 6. DIE STEUERBEKECHNUNG.
511
Kopfsteuer entschieden. Der früheste Zahlungstermin ist, wenn ich
recht gesehen habe, der Phaophi, der zweite Monat des aegyptischen
Jahres (450, 463). In anderen Fällen dagegen ist hervorgehoben,
dass die Zahlung erst im nächsten Jahre erfolgte. Das sind nach
Obigem Nachtragszahlungen. Einmal erfolgt die Zahlung sogar erst
zwei Jahre später (118). Manchmal beginnen die Ratenzahlungen
im laufenden Jahr und werden im folgenden fortgeführt. Vgl. 102,
128, 234 u. s. w.
Die TSTapTY] aX'iwv (vgl. S. 137) wird fast in allen Fällen für
das laufende Jahr gezahlt.-) Nur in 1233 und 1347 lässt es sich
nicht direct erweisen. Die früheste Zahlung fallt in den Hathyr,
den dritten Monat, des laufenden Jahres.
Bei der in Geld zu zahlenden Grundsteuer fiir Weinland (S. 147 ff.)
liegen viele Nachtragszahlungen vor (397, 404, 407, 580, 1543),
aber auch hier wird durch 375 bezeugt, dass die Zahlung principiell
im laufenden Jahre zu erfolgen hatte.
Unter den Quittungen über aTz6[Loipoc (vgl. S. 157) ist nur eine
Nachtragszahlung (1518). Die anderen bezeugen sämmtlich, dass
sie für das laufende Jahr zu zahlen war. Hier begegnet sogar schon
eine Zahlung aus dem Thoth, dem ersten Monat.
Doch diese Beispiele mögen genügen. Hiernach ist anzunehmen,
dass die Steuerberechnung bereits in den ersten Monaten des Jahres
stattzufinden hatte. Damit hängt zusammen, dass die Objectsdekla-
rationen sämmtlich, soweit sie ein Datum tragen, in der ersten Hälfte
des Jahres eingereicht sind. BGU 139 (über Grundbesitz) ist
am 1. Phamenoth (25. Februar) vom Strategen und königlichen
Schreiber einregistrirt. Die Deklarationen über Kamelbesitz sind
sämmtlich in merkwürdiger Uebereinstimmung am 3., 4. oder 5. Mechir
(=r 28. — 30. Januar) einregistrirt.
4. War die Steuerv^eranlagung beendet, so wurde in jedem
Bezirk für jede Steuer für sich die zu erhebende Gesammtsumme,
sowie die Spezialisirung für die einzelnen Steuerzahler aufgeschrieben,
und diese Listen wurden dann als „Einforderungsanweisungen" —
aTiaiTT^aifia — durch die zuständigen Steuerbehörden den für die
betreffende Steuer in Betracht kommenden Erhebern ausgehändigt,
^) Ostr. 33, 47, 73, 79, 85, 113—115, 119, 125, 129, 130, 155, 168,
176, 183, 188, 191, 201, 226, 290, 372, 448, 1269, 1541.
2) Ostr. 326, 331, 337, 339, 340, 346, 349, 1029, 1348, 1522.
512
V. KAPITEL.
die dann auf Grund dieser Anweisung ihr Erhebungsgesehäft aus-
zuführen hatten. Solche aTraixigatixa werden genannt in BGU 175,
259, 299, 457, 598, 659, PER I 33. Auch in der 5yj{xoaLa ßißXio-
d'rjxri wurde ein Exemplar dieser aTiatTi^aLixa bewahrt (vgl. 175).
Meistens erscheinen die Dorfschreiber als diejenigen Beamten, die
den Steuererhebern die Anweisungen zustellen. Vgl. BGU 457, wo
der Dorfschreiber dem Praktor eine nachträglich nötig gewordene
Aenderung der Anweisung mitteilt. Vgl. auch 659. Doch diese
dTraiTT^aifxa führen uns schon zum nächsten Kapitel hinüber.
VI. KAPITEL.
§ 1.
Die Steuererhebung in der Ptolemäerzeit.^)
A. Die gesetzliche Grundlage.
Die Steuererhebung im Ptolemäerreich war durch königliche
Gesetze (v6[ioi) geregelt. Die Grundlage der ptolemäischen Steuer-
gesetze wird von Ptolemaios I. geschaffen sein, der vielleicht auch
hierbei sich des Rates des erfahrenen Demetrios von Phaleron be-
dient hat.-) Wiewohl mir genauere Details über die Steuererhebung
der vorgriechischen Zeit nicht bekannt sind-^), ist es mir doch wahr-
scheinlich, dass dieser Teil der Verwaltung, der in seinen Grund-
zügen so grosse Uebereinstimmung mit den griechischen Ein-
richtungen aufweist, nach griechischen Mustern geregelt worden ist.
Die Grundgesetze wurden je nach Bedürfnis durch königliche Ver-
^) Grundlegend ist Lumbroso, Recherches S. 320 ff. Seine Darstellung
beruhte auf den Zoispapyri, den ,,trapezitischen Registern", Pap. Paris. G2, Pap.
Leid. F, Q, und Josephus ant. XII § 160 ff. Seitdem ist, abgesehen von unseren
Ostraka, der Revenue-Papyrus mit dem vortrefflichen Commcntar von Grenfell
dazugekommen (vgl. Deutsch. Literaturzeit. 1897 S.Juli Sp. 1015 ff.), ferner
Petr. Pap. (II) XXXII (1) und XLYI und die „Actenstücke aus der kgl. Bank
zu Theben" (Abb. Berl. Akad. 1886). Weiteres Material bringt ferner Revillout,
Melanges S. 280 ff. Soweit mir meine Augen die Leetüre dieses autographirten
Buches erlaubten, fand ich viele anregende und zutreffende Ausführungen darin,
aber auch vieles, worin ich dem Verfasser nicht folgen kann. Die dort mit-
geteilten neuen Texte der königlichen Bank habe ich nur mit grosser Vorsicht
herangezogen, da eine Revision am Original offenbar unerlässlich ist.
Vgl. Aelian, Var. bist. III 17: (ATfjp,i^xpiog) £v Abf'jnioi 5s auvtbv -w
nxoXejiaiq) vofioO-soiag rjpSe.
*) Erman schreibt mir auf eine Anfrage: „Ueber Steuereinziehung im alten
Aegypten wissen wir nur, dass sie von Soldaten ausgeübt wird".
WiLCKEN, Ostraka, 3Ü
514
VI. KAPITEL.
fügungen — Trpo^TaypLaTa, SiaypaixiJiaTa, 7rpOYpa[X|JLaTa, XPW^'^-^I^^'^^
5L0p^a)|JLaTa^) — erweitert und verändert. Ich Avies schon in der
Deutschen Literaturzeitung 1897 (S.Juli) Sp. 1017 darauf hin, dass
wohl in jedem Jahre, anlässlich der Verpachtung der Steuern, die
bestehenden Verordnungen von Neuem publicirt und dabei eventuell
entsprechend den augenblicklichen Verhältnissen abgeändert worden
sind. So werden namentlich die eventuellen Preisbestimmungen in
jedem Jahre je nach der wirtschaftlichen Lage von Neuem fixirt
worden sein. Vgl. Rev, Pap. 53, 10: xal tou av^aafjioi) zal xpozmoc,
£/tT£['9'£]vTC bIq TO XL, (£T0^). Da dicscs 27. Jahr des Philadelphos
unseres Wissens in keiner Hinsicht irgendwie ein besonderes Jahr
gewesen ist, so wird in jedem Jahre durch königliches Siaypajijxa
der betreffende Preis festgesetzt sein. Danach möchte ich jetzt Pap.
Paris. 62 I G ff. folgendermassen ergänzen: die Steuerpächter werden
ermahnt, ihr Geschäft auszuüben xaia TOi>^ v6\lo\jc, xal xa 5ca-
[Ypa[jL[iaTa xal xd TüpJo^Tdyfiaxa xal xd StopO'CL>^£0'a (1. 5cop'9'(i)[xaxa)
[xd xax' exoq £xx£'8']y]a6[JL£va £cp' ixdaxYj? (hyfiq. Hiernach
würden alljährlich die Pachtregulative für eine jede Steuer von
Neuem revidirt worden sein. Der Revenue -Papyrus, aus dem
27. Jahre des Ptolemaios H., ist ein beredtes Zeugnis für die Richtig-
keit dieser Auffassung. Er enthielt in Abschnitt A — ebenso wie
Pap. Paris. G2 — die generellen Bestimmungen über die Steuerpacht,
in den folgenden Abschnitten die Spezialgesetze für die einzelnen
Steuern (£^' £xdaxY]? (hvr]q). Schon Grenfell (S. 123) hat darauf
hingewiesen, dass die in A gegebenen Bestimmungen in ihrem Kern
vielleicht auf Ptolemaios I. zurückgehen, wiewohl die vorliegende
Formulirung dem 27. Jahr des Philadelphos angehört. Dasselbe
wird man auch für die anderen Abschnitte annehmen dürfen,
ausser B, der auf die von Philadelphos selbst in seinem 23. Jahre
gegebenen Verordnungen zurückgeht. 2) Die jährliche Revision aber
tritt uns am deutlichsten in Abschnitt C (über das Oelmonopol)
entgegen, dessen Haupttext durchweg nach dem für das laufende
27. Jahr erlassenen o:dYpa[jL[JLa (53, 11) im Bureau des Lokal-
^) Vgl. Pap. Paris. G2 I 6 ff. npöypajJLiJLa : Eev. Pai?. 37,6. Xpr^iiax'.aiJLoL-
Pap. Paris. 62 V 2.
Dieses Gesetz ist also auf alle Fälle die Wiederholung eines früheren.
§ 1. DIE STEUERERHEBUNG IX DER PTOLEMÄERZEIT. 515
dioeketen von zweiter Hand durchcorrigirt ist.^) So war die ptole-
mäische Steuergesetzgebung in einer beständigen Entwickelung be-
griffen, die mit den wirtschaftlichen Wandlungen gewiss gleichen
Schritt hielt. 2)
Diese ptolemäischen Gesetze, die die Erhebung der Steuern
regulirten, kann man in ihrer Zweckbestimmung den vg|Xo: TcXwviy.OL
der Athener^) und auch den leges censoriae der Körner^) vergleichen.
Eine noch treffendere Parallele bietet vielleicht, nicht nur als
Gesammterscheinung, als Ausfluss eines königlichen Willens, sondern
auch — worauf ich in der Deutschen Literaturzeitimg a. a. O. hin-
wies — nach dem Charakter der Bestimmungen selbst, die lex
Hieronica, die die Eömer auf Sicilien vorfanden und als gültiges
Recht beibehielten (vgl. Cic. Yerr. III 6, 14 ff.). Auch diese lex
Hieronica ist früher gewiss durch königliche Verordnungen weiter-
gebildet worden, wie sie später durch römische Statthalteredicte weiter
ausgebaut worden ist.^)
B. Die Stenerpacht.
Wir unterscheiden heute drei verschiedene Steuererhebungs-
systeme: die Erhebung durch Steuerpächter, die Erhebung durch Ver-
mittelung der Selbstverwaltungskörper und die directe Selbsterhebung
oder Staatsregie. '0 Was Boeckh (Staat^haush. I^ S. 188) vom Steuer-
wesen der Athener sagt: „alle regelmässigen Gefalle waren an Staats-
pächter verpachtet", das gilt, wie es neuerdings sich auch für die
anderen griechischen Gemeinwesen mit immer grösserer Deutlichkeit
als das herrschende System herausstellt, so in vollstem Umfange
^) Vgl. Deutsch. Literaturzeit, a. a. O. Die Veränderungen sind in diesem
Falle in das alte Exemplar vom vorigen Jahre, soweit Eaum war, zwischen den
Zeilen des alten Textes oder am Eande eingetragen, wo der Eaum nicht aus-
reichte, auf der leeren Eückseite des Papyrus au der betreffenden Stelle. Auf
diese Aussenbemerkungen wird mit ssü) opa verwiesen. Vgl. Grenfell.
Lehrreich ist in dieser Hinsicht die Vergleichung des Eevenue-Papyrus
mit dem über 100 Jahre jüngeren Pap. Paris. 62. In den Grundzügen ist übrigens
die Differenz nicht so gross, ^ne ich in der Deutsch. Literaturzeit, a. a. O. annahm.
3) Vgl. Demosth. c. Timocrat. 96 p. 730; 101 p. 731.
*) Vgl. Mommsen, Staatsr. 11^ S. 430.
^) Vgl. H. Degenkolb, die lex Hieronica und das Pfändungsrecht der
Steuerpächter. Berlin 1861.
Vgl. Adolf Wagner, Finanzwissenschaft 11"^ (1890) S. 746 ff.
33*
516
VI. KAPITEL.
auch vom Ptolemäerreiche. Ich kenne zwar keine Stelle, an der
dies im Allgemeinen ausgesprochen wäre, aber andrerseits giebt es
meines Wissens auch kein Testimonium, das gegen die Ver-
allgemeinerung der uns überlieferten Einzelfalle^) sprechen würde.
Der Gedanke an eine Vermittelung von Selbstverwaltungskörpern
ist dadurch ausgeschlossen, dass — abgesehen von den wenigen oben
S.433f. erwähnten Ausnahmen — autonome Gemeinden dem Ptolemäer-
reiche fremd waren, und ebenso fehlt für die Ausübung der Staats-
regie in dieser Zeit jeder Anhaltspunkt. Die einzige Ausnahme
nach dieser Richtung, die directe Erhebung der Strafgelder und
Steuerrückstände durch staatliche Beamte (s. unten), bestätigt um so
mehr die Regel, als auch in Athen diese irregulären Einnahmen von
staatlichen Organen erhoben wurden. Dagegen ist es vielleicht eine
Eigenart der aegyptischen Verwaltung, dass die königlichen Beamten
in weitgehendem Masse controlirend neben den Pächtern in die
Erhebung eiü griffen.
Es soll hier zusammengestellt werden, was sich aus unserer
lückenhaften Tradition über das ptolemäische Pachtsystem ergiebt.
Wenn der Revenue-Papyrus nicht in so zerfetztem Zustande auf uns
gekommen wäre, würden wdr klarer sehen. So aber bleibt vieles
dunkel, und eine abschliessende Behandlung ist zur Zeit unmöglich.
Grenfell (Rev. Pap. S. 83) hat mit Recht darauf hingewiesen,
dass es in Aegypten einen den athenischen TtwXvjTaL entsprechenden
Spezialbeamten für die Verpachtungen nicht gegeben hat. Je nach
dem Gegen Stande der Pacht scheinen die verschiedenen ordentlichen
Beamten zuständig gewesen zu sein. In den „Acten stücken" I — IV
^) Der Eevenue-Papyrus bezeugt das Pachtsystem für die d7iö|iO!,pa (24 — 37),
die sXatXT^ (38 — 72), die ö^ovtTjpa (87 bis mindestens 106), das evvö|jLtov (fr. 4flF.,
vielleicbt schon von fr. 1 an); der Pap. Paris. 62 für die ^uxTjpa (IV 4, V 19);
die „trapezitischen Register" für das syxüxXiov (passim), die Zoispapyri für die
vixpixT^, Pap. Leid. F für das ouvrjyoptxöv xat smSsxaxov, Joseph, ant. XII § 175
für die sämmtlichen xsXyj von Coelesyrien, Phoenicien, Judaea, Samaria. In den
Ostraka wird nur selten die Pacht ausdrücklich hervorgehoben. Da meist nur
die Namen der Erheber genannt werden, so könnten diese an sich ebenso gut
Regierungsbeamte wie Pächter sein. Die Erwähnung von jjisxoxot, ist nicht
beweisend. Ausdrücklich bezeugt ist in ihnen die Pacht nur für das xsXog xöv
xaaao7iO'.c5v xal yvaiyaXXoXöytov (1081—1090, 1616), da hier der Erheber als
s^siXYjcpü)^ bezeichnet Avird, ferner aus demselben Grunde für die xsxocpxYj xüjv
aX'.swv (1233, vgl. auch 1029) und die Grundsteuer (1255).
§ 1. DIE STEUERERHEBUNG IX DER PTOLEMÄERZEIT. 517
wird die Verpachtung von Domanialland (s. unten) vom Stellvertreter
des Thebarchen vorgenommen i), in den Zoispapyri von dem
£7::(i£Ar^Tf^c genannten Finanzbeamten.-) Die Verpachtung der
Abgabenerhebung scheint, wie gleichfalls Grenfell hervorhebt, regel-
mässig Sache des königlichen oixovd[io? gewesen zu sein, wenn auch
natürlich die ihm übergeordneten Finanzbeamten, vom StOLxrjnfj^
abwärts, dabei mitzureden hatten. Entscheidend sind die Worte des
Rev. Pap. 20, 12: [SLajAOY'.v^eaO-waav 5s Tzi'/zec. 'äoltoc xauia, oac.
t: [twv ßaaiXjLXÖv 7r[a)A]r)aoua:v. Da vorher der SiaAOY'.ajiog des
Oikonomos dargestellt ist, so folgt daraus, dass er auch in dem
vorliegendem Falle, also der Steuerpacht, der T,^i)Ar^'zr^z gewesen ist.
Zugleich zeigen die Worte aber auch, dass andere königliche Ver-
pachtungen von anderen Beamten vorgenommen wurden oder werden
konnten. In Uebereinstimmung hiermit tritt im Pap. Louvre bei
Revillout, Rev. Egyptol. Vn S. 39 = Melanges S.302f. der o'xov6|xo?
uns unzweideutig — nicht blos probably (Grenfell) — als der die
Steuer verpachtende Beamte entgegen.^) Nach Analogie der Zois-
papyri und der „Actenstücke aus der königlichen Bank" ist anzu-
nehmen, dass nicht der Oikonomos allein die Verpachtung vornahm,
sondern den Vorsitz in einer Verpachtimgscommission führte. Die
Verantwortung aber hatte er allein, denn derselbe Lou\Te-Text lehrt
uns, dass der Oekonom mit seinem eigenen Vermögen für eventuelle
Ausfalle haftete.^) In der Josephslegende bei Joseph, ant. XII
§176 — einem späten Ableger der alten Josephslegende der
*j In IV 2,5 las ich inzwischen: A'.ovuaiü)'. Xü)'. S'.aSsxofi^vw. xa xa-a trjV
Mit Unrecht ist bisher en'.ixeXr^xYjg Ttpd^ xy)v syXri'^'.w zf,c, v.xp'.xf^s xoD
xö" exo'J^ (I 13; — auch von mir (Actenst, S. 27) — als zusammenhängender
Titel aufgefasst worden. Der hätte eTi'.iisXYjxY;^ x-^g syXr/jjewg oder zum mindesten
£ii'.|ji£Ar,xYj5 i npoz x-g SY^i^i'-l^s- heissen müssen. Vielmehr sind die Worte TCpdg
y.xX mit dem vorhergehenden xwv TipaO-svxoDv zu verbinden. Es ist also von
dem bekannten Finanzbeamten äiziiitXr-.r,^ die Rede. Danach wird man den
Theodoros und Heliodoros der Zoispapyri, der diesem ETCip-SAriXH^g wohl eher
über- als untergeordnet war (Actenst. a. a. O.j, nunmehr mit grosser Walirschein-
lichkeit als den oixovöjios erklären dürfen.
^) Der königliche Schreiber macht ihm Vorwürfe, dass er die Fischorei-
steuer zu niedrig verpachtet liabe (a.r.oy.oTzr,w — TZz.r,oir,jot.'.).
*) Z. 22: "Iva oüv jit; auiißaivr/. es sx xoD -Sto'J jisxa :ipo;xi|iou TipaoassO-ai,
Tipovor^Or^xi d)s jJiaX'.axa jiev ouvTiXT^pcDO-r^aexa'. xi xoD -aps/.d-övxo; sxouj xecfi-
Xa-.a, el 5* fiT^iTe O'JX §Xaoaü) xwv x^ 7^ |- f 5'.o'.xr,0"r<O£xa'. xaxa xö Tzapöv, xxX.
518
VI. KAPITEL.
Genesis — leitet der König Ptolemaios persönlich die Verpachtung
der syrischen Abgaben. Das gehört wohl zu den märchenhaften
Zügen der Erzählung. Da bei dieser in Alexandrien vorzu-
nehmenden Versteigerung die syrischen Lokalbeamten nicht in
Betracht kamen, so mag der Oberdioeket, dem die auswärtigen
Besitzungen, wie wir sahen, unterstellt waren, selbst oder durch
seine Untergebenen die Verpachtung vorgenommen haben.
Solche Steuerverpachtungen fanden in jedem Jahre statt, denn
die Pachtzeit war ein Jahr.^) Die von Lumbroso Rech. S. 321
gegebenen Beispiele könnten heute leicht vermehrt werden. Wir
w^ollen nur auf die ausführliche Zeitbestimmung am Eingang des
Pap. Paris. 62 hinweisen, wo die Pachtzeit umschrieben ist mit den
Worten: ei^ SwSezaiJiyjvov [xal xdcq iTZocyo[ih(xq] %£pa? i. Von
dieser Regel macht scheinbar eine Ausnahme die Verpachtung der
eXoCiXT] auf zwei Jahre (Rev. Pap. 57, 5; 59,4). Doch hier wird
nicht eine Steuer, sondern der Betrieb eines Monopols verpachtet.
Da die Steuerpacht für ein volles Jahr galt, muss sie mit dem
Neujahrstage begonnen haben, denn sonst könnte man nicht sagen
— wie es so oft heisst — , dass Jemand die Pacht „für das Jahr x"
habe.^) Wenn die Pacht in irgend einem anderen Monat einsetzte,
müsste man sagen „für das Jahr x und y", denn sie würde mit so
und so vielen Monaten in das nächste Jahr hineinragen.^) Daraus
folgt nicht notwendig (vgl. Grenfell Rev. Pap. S. 182), dass die Ver-
pachtung vor dem Neujahrstage vorgenommen werden musste. Fand
^) Vgl. Joseph, ant. XII § 169: xat' Ixog os aOxa (xa tsXyj) — sTiiTTpaaxsv
b ßaaiXeui;. — Auch in Athen wurden die Abgaben auf ein Jahr verpachtet,
ebenso auch in Sicilien nach der lex Hieronica (vgl. Cic. Verr. III 51, 120).
In Rom dagegen verpachtete der Censor damals auf ein lustrum.
^) Ein Beispiel für viele: 6 'g'.Xyjcpwc; xö SsXo^ xwv xaaoTco'.wv (sxou^) Xs
(Ostr. 1085).
^) Darum glaube ich auch nicht, dass im Pap, Paris. 62 I 2 bIc, xd
al- [ duö jxvivjög MsoopT/ zu ergänzen ist. Grenfell, der dies Eev.
Pap. S. 182 vorschlägt, beugt zwar dem obigen Einwand damit vor, dass er
meint, vielleicht sei davor das 2. Jahr erwähnt worden. Er stützt seinen Vor-
schlag auf Rev. Pap. 57, wo allerdings das Oelmouopol vom Mesore - Gorpiaios
an verpachtet wird. Aber ich betone auch hier wieder, dass diese Monopol-
verpachtung keine zwingende Parallele für die Steuerverpachtung abgiebt. Dass
die letztere vielmehr im ersten Monat des Jahres stattfand, im Thoth, wird oben
gezeigt.
§ 1. DIE STEUERERHEBUNG IN DER PTOLEMÄERZEIT. 519
sie, wie wir sogleich zeigen werden, bald nach dem Neujahrstage,
im Laufe des ersten Monats statt, so galt die Pacht darum doch
schon vom Neujahrstage an, d. h. der Pächter war berechtigt und
verpflichtet, die von diesem Tage, an föllige Abgabe zu erheben.
Die Pacht wirkte also rückwirkend vom Neujahrstage an. Darum
heisst es gelegentlich in unseren Quittungen: 'ATTsy^O) Tiapd aoö t6
yLv6|ji£V0v ziloc, är.b BwO* yJü)? Meaopf^ xoü a-jToO r^zoc (Ostr. 10'^5,
ähnlich 1084). Er hat also die Steuer erhalten vom ersten bis zum
letzten Monat des Jahres. Den Zeitpunkt der Verpachtung können
wir dem oben erwähnten Louvre-Text entnehmen (Revillout, Melanges
S. 302). Die dem Oekonomos wegen zu niedriger Verpachtung
erteilte Rüge soll in das Journal des Monats Thoth eingetragen
werden; also war auch das Schreiben in diesem Monat an ihn
gerichtet worden. Dass er es aber während der Verpachtungsgeschäfte
erhielt und zwar noch vor Abschluss derselben, zeigt der Zusammen-
hang. Also fand die Verpachtung im Thoth statt. ^)
Die angeführten Beispiele stammen aus der zweiten Hälfte des
II. Jahrh. v. Chr., also aus der Zeit, in der der aegyi^tische und
der makedonische Kalender in der Weise ausgeglichen waren, dass
der 1. Thoth mit dem 1. Dios zusammenfiel (vgl. Kap. XI). Wie
war es aber vorher, als noch die beiden Kalender neben einander
hergingen? A priori sollte man denken, dass damals der makedonische
Kalender als der des herrschenden Volkes vorgegangen sei, dass
also das Pachtjahr nicht vom Thoth bis Mesore, sondern vom Dios
bis zum Hyperberetaios gelaufen sei, und diese Annahme scheint
auch eine Stütze im Rev. Pap. 34, 5 zu finden, wo das Gesetz
bestimmt, dass die Apomoira-Pächter die monatlichen Einzahlungen
an die Bank machen sollen aTiö Aiou eo)^ [T-epjSspSTacoi) xa-Ja
[i'^va (s. unten). Dennoch wird es mir schwer zu glauben, dass
im III. Jahrh. und in der ersten Hälfte des II. Jahrh. v. Chr.
das aegyptische Pachtjahr je nach der augenblicklichen Congruenz
des aegyptischen Sonnenjahres mit dem makedonischen Mondjahr
bald mit dem Choiak, bald mit dem Mechir u. s. w. und nicht
vielmehr regelmässig mit dem aegyptischen Thoth angefangen habe.
Nach den obigen Worten des Rev. Pap. hätte es damals mit dem
Phaophi anfangen müssen (vgl. Rev. Pap. 57, 4 und Frg. 6). Die
^) So auch Revillout a. a. O. Vgl. auch P. Par. 62 IV 11.
520
VI. KAPITEL.
Beweiskraft jener Worte (34, 5) wird aber dadurch abgeschwächt,
dass die makedonischen Monate hier nicht den damals entsprechenden
aegyptischen Monaten ausdrücklich gleichgesetzt sind, wie das im
Rev. Pap. sonst immer geschieht, wenn ein bestimmtes Datum an-
gegeben werden soll. Vgl. 57, 4 und Frag. 6. Es wäre daher wohl
möglich, dass anb Acoi) eidc, TTiepßepeTabi) als etwas Formelhaftes
— im Sinne von „durch's ganze Jahr hindurch" — in dem Gesetz
stehen gelassen wurde, in der X^poc aber ohne weiteres darunter
dTtö 00)1)^ £(1)^ Msaopr] verstanden wurde. Ich stehe hier vor einer
Schwierigkeit, die ich nicht sicher zu lösen weiss.
Räumlich konnte der Erhebungsdistrict der zu verpachtenden
Steuer verschieden begrenzt werden. Es hing das z. T. vielleicht
von den vorliegenden Angeboten mit ab. Möglich ist, dass bei der
Versteigerung Derjenige, der für einen grösseren Bezirk die Steuer
zu übernehmen versprach, den Vorzug erhielt vor dem, der sich
nur für einen kleineren bereithielt. Ueberliefert ist uns, dass die
Pacht vergeben werden konnte für ein einzelnes Dorf^) oder für
eine \xeplq'^) oder für einen ganzen Gau. Letzteres tritt uns häufiger
entgegen, so im Rev. Pap. 60, 23: 6 tov SacxYjV dyopaaa^ und
ebenso im folgenden in Verbindung mit den anderen Gauen; in
P. Leid. F: ol 7rpaY[xaT£u6[i£VOL t6 a[u]vyjYOpLxöv xa[l xö] iTiiSexaTOv
dTCÖ loö K[o]7iTLTOu3); Ostr. 1087: 6 'gtXyj^w? t6 heXoq twv xaao-
Tiotwv TO'j KoTimou, ebenso in 1088 — 1090.^) In der Josephs-
legende (Joseph, ant. XII § 160 ff.) pachtet der schlaue Joseph sogar
die sämmtlichen Abgaben von Coelesyrien, Phoenicien, Judaea und
^) Vgl. Rev. Pap. 54,12: xwv fisiiiaO-wiJLSvwv XYjv xwjiyjv; Petr. Pap. [11)
XLVI: Pachtung der Apomoira von Philadelphia und Bubastos im Faijüm. Der
Ausdruck twv irspi <I>. tötccdv d|i7t£Xa)v(i)v xal uapa8etaü)v hat mit den Toparchien
nichts zu thun. Vgl. b 4, wo tÖ7t;(i3v fehlt. Die Abgabe war für jedes der beiden
Dörfer einzeln verpachtet, wie die beigegebenen Summen nahe legen.
■2) Vgl. Mahaflfy, Appendix Petr. Pap. S. 3: xoö ijlstexovxös \iOi xyjv fxsptSa
(seil. Osfiiaxaü).
^) So nach dem Original, statt [Il(x]^upixou.
*) Grenfell meint, es sei überhaupt nur gauweise verpachtet worden, die
Pachtgesellschaften hätten dann die Dörfer unter einander verteilt. Weshalb ich
ihm nicht zustimmen kann, wird unten gezeigt werden. Pap. Paris. 62 I 1 :
[nü)Xoö|i£v xa^ £v xjffii 'O^upoYX^'C'»^- wväg besagt nur, dass die Steuern dieses
Gaues so und so, nicht dass die einzelnen Steuern notwendig für den ganzen
Gau auf einmal verpachtet werden sollen. Auch wenn das Gesetz von 6 xöv
§ 1. DIE STEUERERHEBUNG IX DER PTOLEMÄERZEIT.
521
Samaria zusammen auf ein einziges Generalangebot. Dass dergleichen
möglich war, ist mir nicht unwahrscheinlich. Aber es war sicher-
lich etwas Ungewöhnliches, und vor Allem scheint mir dies General-
angebot viele Einzel an geböte für die einzelnen Steuerbezirke zurück-
gedrängt zu haben. Lumbroso, Rech. S. 321, resumirt zwar
folgendermassen : pour les provinces tributaires, VEtat fixait le montant
du revenu, et les personnages plus importants de ces pays mbdivisaient
la ferme generale entre eux en autant de fermes partimlieres qu'il
y avait de villes. Ich glaube umgekehrt, dass die Steuern der einzelnen
Bezirke, d. h. für diese syrischen Länder wohl der einzelnen Stadt-
gebiete, einzeln verpachtet wurden, und dass nur im vorliegenden
Ausnahmefall, der freilich der Legende angehört, eine Generalpacht
herauskam. Dass sich die Kapitalisten aus den sämmtlichen Städten
Syriens als Publicanengesellschaft zu einem einzigen Angebot ver-
einigt hätten, wie Lumbroso anzunehmen scheint, wäre zwar an sich
möglich, aber mir scheint Josephus' Darstellung vielmehr dahin zu
führen, dass — nach seiner Auffassung — ein Jeder für die Steuern
seiner Heimat bot. Das liegt meines Erachtens in den Worten:
S'jpia; teXwv ztX. Das auvaO-pot^eaö-a: weist wohl auf eine
Addition der Einzelgebote hin.^) Auch würde es unter der An-
nahme einer Pächtergesellschaft auffallig sein, dass, wie Josephus
sagt, aus jedem Stadtgebiet die Reichsten herbeikamen, § 169: xai'
ßaa:Xeuc.
Wenn Josephus ferner seinen Helden diese Generalpacht
22 Jahre hindurch fähren lässt (§ 186), so kommt in dieser Er-
zählung ganz richtig zum Ausdruck, dass die räumlichen und zeit-
lichen Grenzen für den Einzelnen durch Cumulation und Iteration
aufgehoben werden konnten. Im Pap. Paris. 62 VI 4 wird ausdrück-
lich auf die Möglichkeit hingewiesen, dass mehrere Steuern von
einer Person gleichzeitig gepachtet werden konnten: Idv Zk tlVcC
Hat-cTjV OLr^opiza.^ spricht, so folgt daraus noch nicht, dass die ganze Pacht wirk-
lich immer einer Person übergeben werden musste. Der Gesetzgeber fasst der
Kürze wegen diesen einen Fall in's Auge.
Die folgenden "Worte Ö'.eßaXXsv wg auvv)-£}xivous bedeuten nur. dass
sie sich im Geheimen verabredet hätten, niedrig zu bieten.
522
VI. KAPITEL.
Twv TsXwvwv TzXdoöC, (A)v[a^ sY^aßtoai].^) Einen Beleg bietet z. B.
der Jude 2:[X(j()V 'la^apou, der für dasselbe 28. Jahr die Fischerei-
steuer (1233) und die Grundsteuer (1255) gepachtet hat. Andrer-
seits war es in Aegypten eben so wenig wie in Athen 2) verboten,
mehrere Jahre hinter einander dieselbe Pacht zu übernehmen. Nur
musste in jedem Jahre ein neuer Pachtvertrag abgeschlossen werden.
Der Index unserer Steuerpächter zeigt, dass häufig eine und dieselbe
Person mehrere Jahre hindurch dieselbe Pacht gehabt hat.
lieber die Qualification zur Pachtübernahme hat uns der Revenue-
Papyrus 15 wertvolle Kunde gebracht:
2 [Or]5£ [xr] d)V£[t]aö'(i)aav [JtyjBe xo[cva)v]£LTü)aav (Jtr^o[£]
3 [£]YyuaaO'a)[aa]v
4 [oTcJoaoL TL Twv ßaacXixwv 5cotxo[uai oc]
5 [)(pY]{jiaT:a]Tal xod 6 £[c];aY0)Y[£6? . . .
Allen, welche zur königlichen Verwaltung gehören, wie den
Chrematisten , dem tlQO(.'Y(i)Ye()Q der Chrematisten u. s. w. — die
weitere Liste ist nicht erhalten — ist es untersagt, sich an den
Steuerpachtungen zu beteiligen.^) Das ist eine für die Auffassung
der ptolemäischen Steuerpacht grundlegende Thatsache! Der König
hält seine Beamten fern von der Pacht, wohl weil er ihrer gerade
zur Controle der Pächter bedarf Diese Bestimmung in dem Gesetz
des Philadelphos, die gewiss schon auf Soter zurückgeht, erinnert
uns an die später, am Ende des III. Jahrhunderts v. Chr., in Rom ein-
geführte Massregel, dass die Senatoren sich von allen Geldgeschäften
— und so auch von der Steuerpacht — fern zu halten hatten.^)
Derselbe Gesetzesparagraph scheint auch die Bestimmung ent-
halten zu haben, dass Sklaven zur Steuerpacht disqualificirt waren,
oder vielleicht, dass die königlichen Beamten nicht auf Umwegen
durch ihre Sklaven an den Pachten teilnahmen.^) Die Stelle ist
aber zu lückenhaft, um etwas Sicheres sagen zu können.
1) Vgl. Lumbroso Rech. S. 324.
2) Vgl. Plut. Alcib. 5: zltü^öxBc, yap del x(x.lc, Ssuidpaig wvaig xpstoXuxetv
xctc, Tzpihxoic,. Vgl. auch Andocid. de myster. § 134: sodvoövxo tiocXlv.
^) Grenfell liest ol 5s und will das auf die in col. 14 genannten Personen
zurückbeziehen. Aber da sind gar keine genannt, die hier in Betracht kommen
könnten. Auch würde das [oTüJöaot y.xX dann völlig in der Luft schweben. Ich
fasse Z. 2 — 3 vielmehr als Ueberschrift zu der folgenden Liste auf.
*) Lex Claudia vom J. 218 bei Liv. XXI 63, 3/4. Vgl. Cic. Verr. V 18, 45.
5) Vgl. MahaffS-, Rev. Pap. Introd. p. XXXI. Grenf. S. 84.
§ 1. DIE STEUERERHEBUNG IX DER PTOLEMÄERZEIT. 523
Die Nationalität war für die Frage der Qualification indifferent.
„Dans wie affaire de finance oü tout consistait ä troiivei' un plus-offrcmf,
les Ptoleniees nefaisaient pas distindion de nationalite."^) Im III. Jahrh.
V. Chr. scheinen zwar nach dem uns zufällig vorliegenden Material
die Griechen überwogen zu haben, was an sich begreiflich wäre.
Aber daneben erscheinen auch Aegypter, wie IlcXiavoög (Ostr. 312,
316), W£[1[aTv:? Ila-acTo; (329), riizwg (331). Dies seltene Vor-
kommen aegyptischer Namen kann ein Zufall sein. Jedenfalls
möchte ich nicht mit Grenfell (Rev. Pap. S. 79) in den Worten
TtaTpG^ev xal TzazpihoQ (Rev. Pap. 7,3) einen Hinweis darauf
sehen, „that most, if not all, tax-farmers in tJie tJurd centunj B. C.
were foreigners". Das Wort noLTplc, weist in diesem Zusammenhang
durchaus nicht auf das Ausland hin: auch Aegypten ist eine Traipic.-)
Im II. Jahrh. v. Chr., aus dem uns ein viel reicheres Material
vorliegt, erscheinen Griechen und Aegypter in gleicher Weise neben
einander. Von besonderem Interesse ist das starke Auftreten von
Juden neben ilmen. Wiewohl schon für das III. Jahrh. v. Chr. eine
jüdische Diaspora nachweisbar ist^), sind mir doch jüdische Steuer-
pächter aus dieser Zeit noch nicht begegnet. Für das II. Jahrh.
nennen unsere Ostraka folgende Juden (resp, Semiten) als Steuer-
pächter:
'Aß'.f^Ao; = bi^-'ni^ (Ostr. 334).
'A7ro( ) SaXa[iL; (1359).
'ApLaxoßouXo^ Sa[Jiivoi> (753). SafxTvo? vielleicht = )iyO (wohlbeleibt)?
'Aßaious (?) (1231).^)
Oe^Xpr^aTO? SaXajxivio? (1350). Oeoy^pyjaio?, nach Delitzsch \'ielleicht
üebersetzung von ^^n*:3"lt2 (Tobia). SaXafilv:^ (vgl. oben SaXajii;)
vielleicht verwandt mit Salomon.
'ItüGfiTzoq 'AßSiou (721).
n-jO-dcYTeXos 'IwoVjTiLo; (729).
Sa|ißa^aTo? (1507) oder Sa|ißaTaIog (1508) oder hypokoristisch
Sajißa? (1503). Auflösung unbestimmt: Sa|Jißa(. . . .) in 355,
^) Lumbroso, Eech. S. 332.
2) Dass mit Tiaxpi; das Heimatsland, nicht der Heimatsort gemeint ist.
zeigt Rev. Pap. 104,4: z:aTpöO-£v y.]ai 7ta-pi8og [xal s]x zota; tiöasü)^ xtX.
3) Vgl. Berl. phil. Wochensehr. 21. Nov. 1896 Sp. 1492 ff. und jetzt Well-
hausen, Israel, und jüd. Geschichte 3, Aufl.
*) Ein Jude ist wohl auch der Adressat 'lasipYjg.
524
VI. KAPITEL.
1351, 1354, 1504. Ueberall derselbe Mann. Sapißa^alo? ist
eine Erweichung von SaßßaO-aTo? = "'f^^T? (am Sabbath geboren) in
Esr. 10, 15, Nehem. 8,7. 11, 16. LXX: SaßßaO-aC und Soßßa-
^ocioq. Auch in der Liste der 72 Uebersetzer findet sich ZAveimal
ein EaßßaTaTo^ (Aristeas).
Sa[xßaTaiog 'AßtVjXou (1505). Eine andere Person.
2a[jißa'8'alo^ SoXXou|jlco^ (Ostr. Ashmol. 566).
2]l|xü)v 'la^apou (1233, 1255). Meine Vermutung, 'la^apou zu lesen
statt 'IX^apou (Sayce), fand ich nachträglich am Original bestätigt,
'la^apo? = -ITS?': = "Ioc^r}p (Makk.).
2::[jtü)v 'Ep[XLou (728).
^i[i(bv 'Qp(x.iou (1511).
Stfjiwv 'AßtT^Xou (1513).
2c(ia)v (337, 339, 340). Wohl ein Anderer.
^oXoxzoq (?) SifjLWVO? (718).
Hier sind die ursprünglichen semitischen Namen meist mit
griechischen Buchstaben transcribirt. Daneben finden sich aber —
entsprechend dem schon damals starken Einfluss des Hellenismus —
auch griechische Namen, die z. T. Uebersetzungen semitischer Ori-
ginale zu sein scheinen, z. T. aber auch, wie der Vatername ^Ep|xia^,
rein griechischen Ursprungs sind.i) Es ist daher nicht unmöglich,
dass unter den griechischen Namen unserer Pächterliste dieser Zeit
sich noch manche Juden verbergen. 2)
Wir kommen also zu dem Schluss, dass abgesehen von den
königlichen Beamten und den Sklaven Jeder, der dem Staate finan-
ziell die genügende Sicherheit bot und sonst, so dürfen wir wohl
hinzufügen, unbescholten war, zur Steuerpacht zugelassen wurde.
^) Interessant ist eine Vergleiehung mit der Liste der 72 Dolmetscher bei
Aristeas. Auch hier begegnen neben den vorherrschenden jüdischen Namen
griechische Uebersetzungen wie OsoSöaiog, OsöSoxog, AoaLO-sog, und auch rein
griechische Namen wie Xaßpiag, 'ASaiog, 'Idaiüv. Diese Mischung, die unserer
obigen Pächterliste ziemlich genau entspricht, dürfte ein Argument dafür sein,
wenn es dessen noch bedürfte, dass jene Dolmetscherliste nicht zur Zeit
des Philadelphos, sondern während der späteren Ptolemäerzeit construirt worden ist.
^) Namentlich bei den mit •9-sö$ zusammengesetzten liegt der Gedanke
nahe, z. B. bei icoai^eog Jluppou (724), Qeöbtüpoc, (1231), der mit 'Aßatoug
associirt erscheint u. s. w. Doch lässt sich hier nichts erweisen ; sie können eben
so gut Griechen sein. — Ueber jüdische Steuerpächter in Judaea vgl. Schürer,
Gesch. d. jüd. Volkes I S. 399.
§ 1. DIE STEUERERHEBUNG IN DER PTOLEMÄERZEIT. 525
War in Aegypten selbst die Nationalität irrelevant, so ist es ver-
ständlich, dass auch in den Provinzen die reichen Provinzialen, wie
Josephus uns erzählt, Zutritt hatten. Dass der Steuerpächter
schreiben könne, war nicht erforderlich. So stellt für den Juden
I]:|X(i)V 'la^^apou ein gewisser AsXXo'j^ die Quittung aus, „weil
Jener nicht schreiben kann" (hioc ib [iy; eioevat auxov yp(k<:pBi'j,
1233).
Ueber den Act der Steuerverpachtung haben wir — von der
Josephslegende abgesehen — keinen zusammenhängenden Bericht.
Die Einzelangaben sprechen aber dafür, dass er sich — ähnlich wie
in Athen und Rom — im Wesentlichen in denselben Formen vollzog
wie die Verpachtung der öffentlichen Arbeiten i), der königlichen
Domänen u. s. w.^) Beispiele für Verpachtungen letzterer Art bieten
die Zoispapyri und die „Actenstücke aus der königlichen Bank zu
Theben" I — IV, die, wie ich jetzt nach langem Schwanken annehme,
beide nicht vom Verkauf, sondern von der Verpachtung von Domanial-
land handeln.^) Nach diesen Urkunden vollzog sich die Verpachtung
von Domanialland in folgender Weise. Stand eine Verpachtung bevor,
^) Von den Pächtern öffentlicher Arbeiten sprechen oft die Petrie Papyri
aus dem III. Jahrh. v. Chr. Vgl. (II) IV (12) 2: e^sXaßov xö epYOv. XIII (1) 5:
xaS-a s^siXi^cpaiiev, woraus folgt, dass die sXsuO-spO'. Xaxöfio'. die Bearbeitung
der Steinbrüche in Pacht genommen haben. XIV (Ib) 2: s^siXrjcpön, ty]v ßaai-
Xeixyjv xaxdXuaiv xaO-sXstv xxX. Hier wird der Pachtvertrag als spyoXaßta
bezeichnet (vgl. auch XIII 18 b). XIV (1 c) 3: TiXtvO-oöXxoi ol Iss'.Xrjcpdxsg
IXxuaa'. 7i[XtV'3-ou] fi(upidSag) ß xxX. XIV (1 d) 1 : ol sgsiXTjcpöxss — xöv uapa-
cppu^aviop-öv xou nsYdXou X'^J^'-o^'cos. Dasselbe Verhältnis liegt auch in den
Quittungen XXVI vor. Vgl. (5) 6, wo zu lesen ist: x'.|iYjv xaXoc|JL[ou [i{up<.dbog) a,
ü)v] ■//[pjyoXccßYjxev [TcposdistvJ xxX. Aehnlich in (6).
^) Das wird mit Recht auch von Revillout, Melanges S. 316 hervor-
gehoben. Er hält freilich, wie wir alle bisher, daran fest, dass die Zoispapyri
und die „thebanischen Actenstücke" vom Verkauf handeln. Siehe nächste
Anmerkung.
^) Die Zweideutigkeit ist dadurch gegeben, dass die Griechen bekanntlieh
für Kauf und Pacht dieselben Ausdrücke gebrauchen. H'.Ttpdaxe'.v , tüwXsiv,
dTtoSiSoaO-ai heissen sowohl verkaufen wie verpachten, und dyopd^s'.v und
TTpiaaO-at bezeichnen sowohl das Kaufen wie das Pachten. Zu der obigen Deutung
der Actenstücke bestimmen mich folgende Gründe. 1. Die Abgabe der Ländereien
wird als £X<pöpiov bezeichnet. Dies bedeutet aber regelmässig nicht die Grund-
steuer, sondern das Pachtgeld (s. oben S. 185 ff.). 2. Der Satz Idv 8t,' 'EpjJiio'J
[istova xd TipOYSYpadJLP-eva) [^xcpöpia . . . Y^vTjxa'., ^TtavaTtpaO-i^jasxat (III 1,13,
vgl. I 24, IV 1,18) ist nur unter der Annahme einer Pacht verständlich. Ein
526
VI. KAPITEL.
SO mussten die Pachtlustigen schriftlich in Form eines u7r6[JLvyj[Jia^) ihr
Angebot machen (u^caiaa^a:, ÖTicaxvsIa-ö'ac).-) Nachdem hierauf hin
durch den TOTroypajJLpiaTeu^ Umfang und Wert des Objects auch amtlich
festgestellt waren, wurde die bevorstehende Pacht, wahrscheinlich mit
Angabe der Pachtbedingungeu, öffentlich angekündigt (exic-ö-sva: elc,
Trpaaiv).^) War hiernach ein vorgeschriebener Zeitraum verflossen
([xexd Tocq ixaväc, -^niipac,, Actenst. II 12), während dessen alle Pacht-
lustigen Gelegenheit gehabt hatten, sich zu informiren, so wurde an
dem angekündigten Termin in Gegenwart der oben besprochenen Ver-
pachtungscommission durch Heroldsruf das Object zur Pacht aus-
geboten (7ipoxYjp6aa£:v). Nunmehr hatten die Pachtlustigen vorzu-
treten (TZpoqeXd-ely npoc, xwt ayopaaiJLcoi)^) und zu bieten. Diese
VerhandluDgen erfolgten natürlich mündlich. Dem Meistbietenden
wurde darauf das Object zugesprochen (xupoöv). Für den Fall,
dass die Pachtbedingungen nicht gehalten würden, wurde eine noch-
malige Versteigerung in Aussicht genommen (iTiavaTipa-ö-yjaexac).
Kauf könnte unter dieser Bedingung nicht rückgängig gemacht werden. 3. Aus
den Worten: ou xpairstv aOxdcg jj.exp'- ''ö'^ ^ ^ folgerte ich schon in der
Publication S. 31, dass eine Pacht damals abgelaufen sei. Es liegt viel näher,
an eine Erneuerung dieser Pacht zu denken, als anzunehmen, „dass sie Avünschten,
nun in den dauernden Besitz zu gelangen". Auf andere Consequenzen dieser
veränderten Auffassung kann hier nicht eingegangen werden. Oben S. 207 sind
die aus IV mitgeteilten Sätze nunmehr als Belege für Grundsteuer zu streichen. —
In den Zoispapyri sind für mich entscheidend die Worte: >tupü)^^va'. Ss x-^t,
Zü)'!5'. £1^ (= exr] Tsaoapa). Seit Peyron pflegt man dies dahin zu verstehen,
dass es der Zois zugeschlagen sei um so und so viel „in vier Jahresraten''. Das
ist aber sprachlich ganz unmöglich. Es kann nur heissen: es wurde ihr zuge-
sprochen auf vier Jahre. Vgl. Rev. Pap. 57,3: TCwXoöfisv x[Yjv sXatXYjv] . . .
eig sx[Yj ß]. Vgl. 59, 1 ff. Dann aber liegt kein Kauf, sondern eine Pacht vor.
Auffällig ist es ja, dass durch die Verpachtung fast dieselbe Summe (weniger
1 Talent) herauskommt, für welche das Grundstück verpfändet war. Aber jene
klaren Worte lassen meines Erachtens keine andere Deutung zu.
*i) Actenst. I 2, II 2, III 2. Zoisp. I 20.
-) Actenst. a. a. O. Auch bei Joseph, ant. XII § 17 6 ucpia-caaö-ai, und
uTiiaxvstxo. Das Angebot ist f] bnoaxoLoic, , Actenst. I 8; Eevillout, Melanges
S. 322 oben.
3j Actenst. I 1, 8, II 11. Zoisp. I, 24.
*) Actenst. I 14, II 18. Josephus ant. XII § 176: upogsXO-wv. Eevillout,
Melanges S. 321: §'.a x6 fjLYjSsva TtpogsXO-siv. — Vgl. Andoc. de myster. § 134:
uapc?.0-ü)v syoD bIc, xv^v ßouXrjV. Plut. Alcib. 5 : Tcpo^eXO-cbv 6 [isxotxos s^S
ayopav xxX.
§ 1. DIE STEUERERHEBUNG IN DER PTOLEMÄERZEIT. 527
Dann aber sollte, wie es scheint, mindestens um ^ über die
Summe hinaus gefordert werden, zu welcher vorher der Zuschlag
erfolgt war.^) Das endliche Ergebnis wird dann jedenfalls öffent-
lich bekannt gegeben worden sein.-)
Mutatis mutandis scheint die Verpachtung der Steuern in ganz
ähnlicher Weise vor sich gegangen zu sein.^) Auch hierfür waren
zunächst schriftliche Angebote erforderlich. Für die Kaiserzeit liegt
uns ein solches Schriftstück im Original vor (s. unten) ; darum möchte
ich sie auch für die Ptolemäerzeit annehmen. Die Worte Rev.
Pap. 14: 'ATüoypa^T] apx(i)[yö)v. "Oaoi a]v oioi ol ßouX6[i£Vo:
dp7CL)v[cLV, a-GY]pa!^£a[0-ü)aav] T.pbc tov 7:(oXoOv['ca] werden mit
Mommsen nur auf die Liste der Reflectu'enden zu beziehen sein.
Worauf sich diese ersten Angebote gestützt haben, lässt sich
nur vermuten. Einmal konnte die Pachtsumme des verflossenen
Jahres in Rechnung gezogen sein, und je nach den wirtschaftlichen
Verhältnissen dieselbe Summe oder aber ein Mehr oder Weniger geboten
werden. Das würde — um mit Tiberius Julius Alexander zu reden —
ein Angebot xoczoc a'jvci^'.v gewesen sein. Andrerseits ist aber gewiss
auch anzunehmen, dass die Pachtlustigen aus den oben beschriebenen
Steuerbüchern und Katastern einen Einblick in den thatsächlichen Wert
der Steuerobjecte ge-vvinnen und darauf ihr Angebot basiren konnten.
Actenst. III 1 5 möchte ich jetzt etwa folgendermassen ergänzen: i^jiozoL', 5s
xat x[or]s ßouXo|i£vo'.5 uT^spßaXXs'.v [sv auTö upaxirjpitp? , sTcs-.Sav 6
8]o9-^i, oux eXdajoyoc, §s iwv eTtiSsxaxcov. Vgl, Pap. Paris. 62 III 14 f. Was
vorher über die „bisherigen Bieter" bestimmt wird, ist mir nicht klar. Vgl.
Actenst. III 14: xal zoiQ }jl£v xo 7:a[p]öv u7i:oa-r,[aa[isVo:j und danach wohl
auch I 25: e^saxat 5s [lolg xö Tiapdv uTioaxr^aafi^svo'.^ 'jTispßäAXs'.v §.iü(^riix[ . . .
(rjlJLspöiv?). Vielleicht hatten die bisherigen Bieter irgend welche Vorrechte; es
durfte aber auch jeder Beliebige bieten. — Der Zusammenhang scheint dafür
zu sprechen, dass ein solches Ueberbieten nicht nach jedem Zuschlag (sTisiSav
6 O-aXXo^ 5o0-^'.) möglich war, sondern nur, wenn eine sTcavdTipaa'.g vorgenommen
wurde. Vgl. auch Pap. Paris, a. a. O. und den unten zu besprechenden Louvretext.
^) Aus Aegypten ist mir kein Beleg bekannt. Aber z. B. aus Olymos und
Mylasa haben wir Steinurkunden, die die Pachtbedingungen und darauf die
Namen der Pächter nennen. Vgl. Le Bas n. 323 ff. Es handelt sich hier um
Verpachtung von Tempeldomänen.
Auch bei der Versteigerung öffentlicher Arbeiten kehren dieselben
tennini technici wieder. Vgl. Petr. Pap. (II) XIII (18 b): sx^s; ouv sxd-sna xai
^ipGxr^p'JSOV, tl x[!.]ve; ßoüXovxa'. sxi dAaaaovo; [l^pYo/caßf^J^aa]'. Ojxspov
•j-spßoÄYjv .... x'jptüd-fjva'..
528
VI. KAPITEL.
Dieses erste schriftliche Angebot wurde nun gewiss, ganz ähnlich
wie bei den Domanial Verpachtungen, von den zuständigen Behörden
auf Grund der Veranlagungsarbeiten geprüft, und daraufhin entschied
sich die Regierung, ob sie das Angebot als Minimalsatz gelten
lassen oder aber selbst eventuell mit einem höheren Minimalsatz
hervortreten wolle (s. unten). Dann wurden, wenn der Termin ge-
kommen w^ar, die Pachtbedingungen für die einzelnen Steuern öffent-
lich ausgelegt (ey.z'.d-iya.i elq npöto'y), wobei jedenfalls auch das
betreffende Minimalgebot mit publicirt wurde. Diese exd-eoLC, dauerte
mehrere Tage, entsprechend jenen Lxaval fjfxepat bei den Domanial-
verpachtungen. Nach dem Revenue-Papyrus wurde dieses Ausbieten
der Steuern in Stadt und Land bekannt gegeben, und die Steuer-
zahler wurden während dieser Zeit angewiesen, den Pachtlustigen
eventuell Einblick in ihre Verhältnisse zu gewähren. Das wird wenig-
stens für die anoixoipOL durch Rev. Pap. 26, 13 ff. bezeugt: oiav t6
TtpwTov 7üapaY[Y£X'8'£v TiuO'wJviaL Iv zy][i] nolzi xwfjtr^:,
£V fii £xa[aT]o[i xaTOLXo]öaL, a7roYpa[(p]£a'9'a)aav ol yzo^pyol aud-q-
[jL[£]po[v zfii'] 6[a]T£paLaL xal ETrcSELxv'jxtoaav tov oIvov [xal t6]v
a[Ji7i£Xa)v[a] iE, [ou] TzpOETpuyyjaav. Also die Winzer sollen sofort
an demselben Tage oder spätestens am folgenden Tage bezeichnen,
wue viel Wein sie vorher producirt haben, und sollen eventuell auf
Wunsch den Wein selbst und den Weingarten zeigen,
Nachdem so alle Pachtlustigen Gelegenheit gehabt hatten, sich
zu Orientiren, begann am festgesetzten Termin die eigentliche Auction
damit, dass die einzelnen Steuern mit den Pachtbedingungen und
dem von der Regierung festgesetzten Minimalsatz öffentlich von der
Verpachtungscommission durch Heroldsruf ausgerufen wurden. In
diesem Tipoxi^pDyixa war nachweislich z. B. der von der Regierung
aufgestellte Minimalsatz-), ferner für das Oelmonopol die Angabe,
wieviel Oel für Alexandrien nötig sei (Rev. Pap. 54, 1), welchen
Gewinnanteil die Pächter haben sollten (55, 16), wieviel Aruren
mit der betreffenden Fruchtart besät seien (57, 8) und anderes
mehr enthalten. Vgl. 59, 16.
^) Grenfell S. 99 bezieht dies auf den ersten Tag der Auction selbst. Aber
das sVwiiO-evai geht, wie die ,,Actenstücke" zeigen, der eigentlichen Auction, die
mit dem TipoxT^pUYfia beginnt, um mehrere Tage vorauf.
^) Falls meine Ergänzung 7rpo[xr/p'j]^aa0-at in dem Louvretext Z. 20
richtig ist.
§ 1. DIE STEUERERHEBUNG IN DER PTOLEMÄERZEIT. 529
Dieser Heroldsruf gab nun das Zeichen zur Versteigerung selbst,
die wir uns ähnlich wie die Domanialverpachtung zu denken haben.
Hierbei mag es oft zu erregten Scenen gekommen sein, denn um
die Gegenbieter zu beseitigen, ist man oft vor den bedenklichsten
Mitteln, vor Verleumdung und Svkophantie oder auch vor Bestechung
nicht zurückgeschreckt. Für ersteres bietet uns Josephus ant. XII
§ 176 ein Beispiel, der erzählt, dass der schlaue Joseph bei der
Versteigerung die Concurrenten verleumdete, sie hätten sich heimlich
verschworen, dem König nur ein geringes Angebot zu machen: zobc,
fxev wvc'jfxevou? SießaXXev wc auvO-cjjievou^ oXtyrjv auxö TC[jLrjv
O^LaTaaO-aL twv tsXwv.^) Für die Bestechung ist die Erzählung
bei Plut. Alcib. 5 lehrreich, wo der Günstling des Alcibiades sich
für ein Talent bewegen lässt, vom Bieten abzustehen (aTioaTf/va'.).
Vgl. auch Andoc. de myster. § 133: \iri uTrepßaXXwa: Xaßelv
Die Analogie mit der Verpachtung von Domanialland tritt am
deutlichsten in den Schlussbestimmungen über die eventuelle Wieder-
holung der Verpachtung hervor. Ich setze am besten die betreffenden
Worte des Pap. Paris. 62 (III 11 — 16) hierher: 'Eav U zivec
Xpovd):, ETiavaTipa^rjaovTa: aOxwv ai wval y.[al £]av xc Ä^eupsfia
^(ivr]za'., Tipa/^O-rjacviaL 7iapa/^pfj|xa, zölg be ßGuXopLsvoi? uTiepßaXXeiv
[A£xa XG xov -ö-aXXov Go^'^va:, i^saxao sv auxwi xwc T^paxYjpio):, oux
l[Xaa]aovG$ bz xwv [l]7r'.5£7wax(i)v. Also auch hier soll zu einer
neuen Verpachtung geschritten werden, wenn die Pächter die Pacht-
bedingungen nicht einhalten — denn zu diesen gehört das
hizyyuav. Wenn bei dieser zweiten Verpachtung eine niedrigere
Pachtsumme (d^£up£(xa) herauskommt, so sollen die zurück-
getretenen Pächter den Schaden tragen. 2) Auch hier soll es jedem
Beliebigen erlaubt sein, sich an der zweiten Auction zu beteiligen.
^) Lunibroso Rech. S. 323 bezieht auf diese Vorgänge bei den Auctionen
die Eingangsworte des Pap. Paris. 62,3: d[Y]opa^£T£ 5^ [Adverbium xal [ifj
(iäXXsxe |j.Yj[0-j£va auxocpavTr^asiv [ S['.a]ßaXXc'.v , äXX' oltzö toö
ßcXxiaxou [TcpaYnaxcOsaO-a]'. xaxä xoö; vö|iou; v.xX. Wegen der letzten Worte
beziehe ich das vielmehr auf das Verhalten der Steuerpächter zu den Steuer-
zahlern während ihres Amtsjahres.
^) Ebenso VI 8 ff. : xo'j[xü)v }i£v; al wval £-ava7ipaO-r^aovxa'. xoö Eupcrxovxo^
x[ax!X?x6 CKf£iX?]rj|jia xal x6 dc;£'5p£|ia TipaxO^r^aovxa-..
WiLCKEN, Ostraka. 34
530
VI. KAPITEL.
doch muss sein Angebot auch hier um y\y grösser sein als das
frühere.^)
Eine Illustration zu diesen Gesetzesparagraphen bietet der
neue Louvretext bei Revillout, Melanges S. 302. Ich möchte ihn
etwa folgendermassen auffassen. Ein gewisser Ptolemaios hatte fiir
die Fischereisteuer des Perithebischen Gaues 25 Talente^) geboten
(bcpEGza.öd'a.i). Seine daran geknüpften Bedingungen, die sich auf
die damalige Revolution und die durch die Kämpfe hervorgerufenen
Störungen im Fischereibetriebe beziehen, sind mir bei dem jetzigen
Zustand des Textes nicht klar geworden. Trotz jener Bedingungen
war dem Ptolemaios die Pacht zugesprochen worden.^) Dieser Zu-
schlag wurde aber rückgängig gemacht — weshalb, erfahren wir
nicht — und die Pacht wurde nunmehr, bei erneuter Versteigerung,
einem gewissen Agroitas für 22 Talente zugesprochen (auvxey^wp'^a^ac).
Mit Recht erhielt der Oikonomos, der diese Verpachtung geleitet
hatte, vom königlichen Schreiber eine strenge Rüge dafür: xal [au]
jjiY] iXdxTOVOc, Toö imhzxxzou, b 5yj eouv Txß y, Ix xwv IvavTctov
dTCOXOTCYjV £T£pa)V Tvy 7i£7ioLy]aai. In der That hätte der Oikonom
nach den geltenden Steuergesetzen (Pap. Paris.) bei der Wieder-
holung der Auction, „da die Pacht einem Anderen gegeben werden
sollte", auf einem INIindestsatz von mehr, als er bei der ersten
Versteigerung erhalten hatte, also von 25 -j- 2^ Tal.(= 211 Tal.,
Z. 26), bestehen müssen. Statt dessen hat er gar 3 Talente weniger,
nämlich 22 Talente acceptirt. Der königliche Schreiber fordert ihn
daher — so scheint es — auf, nochmals eine Versteigerung vor-
zunehmen und die Steuer für nicht weniger als 27^ Talente zu ver-
geben, „gemäss den Verordnungen" (dxoXoO-ö'Wg zoTc, laxa[X£VOi<;),
widrigenfalls er mit seinem eigenen Vermögen einstehen müsse
(s. oben S. 517). Hierin weicht der vorliegende Fall von den
^) Pap. Paris. 62 VIII giebt ausführliche Bestimmungen über die Behand-
lung des UTiepßöXiov. Da die vorhergehende Columne VII bis auf wenige Worte
verloren ist, so ist mir nicht ganz klar, welche Eventualitäten hier in's Auge
gefasst sind.
^) Richtig ergänzt 'von Revillout in Z. 13.
^) Z. 13 y.axsaxda^ai. Dadurch scheint mir Revillout's Auffassung S. 300,
Ptolemaios sei überhaupt gar nicht angenommen Avorden, weil er Bedingungen
gestellt habe, ausgeschlossen.
*) Revillout liest 7tpog[bi]E,7.o^oi.i.
§ 1. DIE STEUERERHEBUNG IX DER PTOLEMÄERZEIT. 531
G^esetzesparagraphen ab, als nach ihnen vielmehr der frühere Pächter
im Falle eines d^S'jpeixa die Differenz tragen sollte,
Zugleich mit den Steuert! wurde, wie uns Josephus ant. XII § 176
erzählt, auch das Pfandungsrecht gegenüber den eventuellen Steuer-
schuldnern verpachtet.-) Joseph verspricht: xwv aiiapTcvTWv tgv
GLxov auToö Tag obaiocq a,yoLrA\L'\)tiv auxw (tw ^ocaiXei)' xal yap toOtc
tgTc Tc/ia'. o'JWETZ'.TZpiay.tzo. Ich kenne keine Urkunde aus der Ptole-
mäerzeit, die uns diese Mitteilung bestätigte, freilich auch keine, die
sie widerlegte. Dass die Steuerrückstände nach Ablauf des Jahres, wie
wir sehen werden, von königlichen Beamten erhoben wurden, schliefst
nicht aus, dass die Steuerpächter schon während ihres Geschäftsjahres
gegenüber zahlungsunfähigen oder zahlungsunlustigen Steuerzahlern
mit Pfändung vorgegangen wären. Trotz des legendarischen Charakters
der Erzählung wird diese Einzelheit gewiss zu Rechte bestehen, wie
ja auch sonst der Verfasser sich mit dem Detail der Steuerverpachtung
als gut unterrichtet erwiesen hat. Der Pächter wird durch die Steuer-
pacht ohne weiteres auch das Pföndungsrecht erhalten haben.
Ein Handelsgeschäft, wie es die Verpachtung der Steuern war,
bedurfte einer contractlichen Formulirung. So wurde denn auch
zwischen der Regierung und dem Pächter ein Pachtcontract aufgesetzt,
in welchem die Rechte und die Pflichten der Contrahenten fixirt M aren.
Dieser Vertrag wird nach seinem Inhalt als wvr^^) oder, von der
anderen Seite betrachtet, als TZpaoL^^) bezeichnet. Der Pächter ver-
pflichtete sich hierin, der Regierung die Pauschsumme, zu welcher
ihm die Pacht zugesprochen war, im Laufe des Jahres auszuzahlen.
Hatte er Ueberschüsse (£7:iY£vr^|ia), so war es sein Vorteil^), nahm
er weniger ein (eyceca), so war es sein Schaden.*^) Das ist der
*) Die Erklärung bietet vielleicht der mir noch dunkle Mittelpassus. Der
Fall ist übrigens dadurch complicirt, dass auch Ausfälle des letzten Jahres
gedeckt werden sollen.
^) Vgl, die römische pignoris capio, Gaius 4, 28 (Mommsen).
Vgl. z. B. Rev. Pap. 17, 14: eYYSYpa»i!a[=]v(i)v sTcl -y/. <hw%:.
*) Vgl. z. B. Pap. Louvre bei Revillout, M61. S. 303, 12: -9,^ dTisaxaXjiivT^;
^) Vgl. Rev. Pap. 34, 14: xai sav |i£v s-'.yävr^iia r.zy.r,:. [s-iS'.aYpja'I'aTCo
(seil. 6 o'.xov6|xo;) dpxwvr/. — '[o toO] £~'.Y=''^(I^2tTo; — s-'.ßäXXov.
*j Vgl. Picv. Pap. 34, 17: eav 8' [By]^z:'x yvn^-T.:, -pasji'tü (seil, i o'xo-
vöfio?) Tzapd ToO apxwvou xxX. Auch in den Eingangsworten des Pap. Paris. G2
wird der Steuerpächter daran gemahnt (I 11): xat töc; iftsioL^ 7cpax0-r^[a£a0-s].
34*
VI. KAPITEL.
Grundgedanke dieses Pachtgeschäftes — hier ganz so wie im griechi-
schen und römischen Pachtsystem. Im Einzelnen bleibt manches
unklar. Dass der Pächter ohne jede gesetzliche Schranke durch
übermässiges Eintreiben jeden beliebigen Ueberschuss hätte erzielen
können, ist undenkbar. In der lex Hieronica waren die Rechte
des decumanus so genau umschrieben, id — ah invito aratore plus
decuma non possit auferri (Cic. Verr. III 8, 20). Derartige Bestimmun-
gen sind in unseren ptolemäischen Steuergesetzen nicht erhalten,
aber diese sind zerfetzt, und dass auch sie dahingehende Cautelen
gehabt haben, ist w^ohl sicher anzunehmen. So werden — unter
regulären Verhältnissen — Ueberschüsse nur dann erzielt worden
sein, wenn in Folge guter Ernte der allgemeine Wohlstand die bei
Abschluss der Pacht erwartete Höhe übertraf.
Der Pächter machte aber auch schon dann ein gutes Geschäft,
wenn er nur die bei der Pacht übernommene Summe ablieferte, denn
in diesem Falle erhielt er vom Staat bestimmte Procente als Tan-
tieme (o'jiwvLOv). Im Revenue-Papyrus ist zwar in dem allgemeinen
Abschnitt (A) ein derartiger Passus zufällig nicht erhalten, dafür
aber im Pap. Paris. 62 V 3: Tolq 6' dvaTrXr^ptoaouaiv xa? wvd^ 5o-
'8'Y]a£Tai (34'wvia, IdvTiep exTrXvjpwawaLV xal xa^-saxazoTeg xd 5:o{jlo-
Aoyr^^evxa ht.eyyuri\iO(.zoc, xoö 7x hy^. Das kann nur heisseu, dass
die Pächter, nachdem sie die contractlich festgesetzte Summe
voll ausgezahlt und alle Pachtbediugungen erfüllt, auch die ver-
sprochenen Bürgschaften gestellt haben als d^'wvtov vom Talent
600 Drachmen 2), also 10 Procent erhalten sollen. Diese Erklärung
^) Dieser Zusatz erscheint hier als überflüssig. Es soll wohl nur betont
werden, dass eben alle Pachtbedingungen erfüllt sein müssen. Das xal xaO-sa-
xy.y.özoc, tritt erklärend zu e>t'JtXYjpa)a(i)at,v. — Man könnte daran erinnern, dass
in Petr. Pap. (II) XIV (1 b — d) in den Anweisungen an die Bank, den s^siXy]-
cpöxeg ihren Lohn auszuzahlen, hinzugefügt wird: st S'.rjyy'jrjxaaiv.
^) Es ist bemerkenswert, dass hier, avo von Naturalsteuern die Rede ist
— vgl. III 15 xwv Ss Tipöc, yBvfiixocz'x. — Auszahlungen in Geld in's Auge
gefasst werden. Auch andere Stellen sprechen dafür, dass, sobald es sich um
die Abrechnung der Naturalsteuerpächter handelt, nicht die thatsächlich
erfolgten Lieferungen in natura, sondern die entsprechenden Geldsätze in Rechnung
gezogen werden. Darum heisst es vorher IV 18: 6 bä Xöyog xf/g TipogoSoi)
Xp(x.<^rioBzixi Tipög -obc, xsXwvag Tcpög xpocTis^av. Vgl. Rev. Pap. 28,16: xYjv
x'.fxYjV |iY) ÖTioXoysixcDoav (es handelt sich um die in natura zu liefernde a.n6-
jio'.pa von diiTisXwvsg) ; 34,8: 'jTToJ.oys'.aO-rjaexa'. r] xtfjifj (dito). Also Gewinn
§ 1. DIE STEUERERHEBUNG IN DER PTOLEMÄERZEIT.
533
des dvaTiXyjpoöv xag (hvdq, die auch Lumbroso Rech. S. 327 und
Revillout M^l. S. 285 aufstellen, ist kürzlich von Mahaffy und
Grenfell bestritten worden (Rev. Pap. S. 184). Sie meinen, ,,0: ava-
TiXyjpoOvTS? are those who offer to fill up the list of famiers or
undertake to ohtain TeXtovat and eyyuoi''. und leugnen, dass die
Pächter ausser dem Ueberschuss (lTrtY£vy][xa) eine Tantieme erhalten
hätten. Vgl. auch Grenfell S. 82 und 128. Es sollen also Prämien
für diejenigen gezahlt sein, die die nötigen Pächter und Bürgen
herbeischleppten. Diese Erklärung halte ich sprachlich für aus-
geschlossen. Wie kann dvaTiXvjpoöv zccc, wvd^ heissen, „die Pächter-
listen ausfüllen"? Was es bedeutet, zeigt derselbe Papyrus II 11 ff.
Da stehen sich gegenüber Idv xt d7c[oXc]7i(i)a[L, „wenn sie ein Deficit
haben" und (13) [edv S'] dvaTCX[y]p(I)a: xd?] d)v[d^i), „wenn sie aber
die Pachten erfüllen", d. h. „die Pachtsumme voll auszahlen", oder
allgemein, „die Pachtbedingungen voll erfüllen". Das dvaTtXrjpouv
xd^ a)vd^ ist das Gegenteil von „Deficit machen". Wir werden
also daran festhalten dürfen, dass die Pächter, die die Pachtbedin-
gungen erfüllten, zum Lohn eine Tantieme von lO^/o erhielten.^)
Diese 10 Procent sollen sie, wie der Text fortfährt, „ausser der Pacht-
oder Verlust wurde auch den Naturalsteuerpächtern in Geld berechnet. Dahin
gehört Avohl auch, wenn in Petr. Pap. (II) XLVI der Bürge für den Pächter
der d7tö|ioipa von d|j.7i£Xü)v£g und TiapdSstao'. die von ihm verbürgte Summe in
Geld anzugeben weiss, wiewohl der Pächter teils Geld, teils Wein abzuliefern
hatte. Dass die vorliegende Bürgschaft nur für die napdöeiaot, gegolten habe,
widerspricht dem Wortlaut. Ich denke eher, dass für die Bürgschaften
auch die in natura zu liefernden Werte in Geld umgerechnet wurden. Vgl.
Kap. VII.
^) So ergänze ich statt [xolg S'] dva7iX[Y]pouau
2) Einen Beweis für die Richtigkeit dieser Deutung finde ich auch im
Rev. Pap. 34, 14: edv |iev euiYSVYjfxa 7i[ept]'^(,, [d7ii8taYp]dc{;a-c(0. Zur Ergänzung
von TiposS'.aYpa'jidxa) ist nach Grenfell kein Platz. Sicher ist aber, dass nicht
blos 8iaYpa'4^dT(0 dasteht. Folglich wird den Pächtern durch die königliche
Bank der Ueberschuss zu etwas anderem hinzu ausgezahlt. Dieses
andere kann aber wohl nur das öt|^ü)vt,ov sein, das sie für die Erfüllung des
Pachteontractes , gleichfalls von der Bank, erhielten. — Mit den im Pap.
Paris. 62 V 8 ff. folgenden Worten zlc, y^ip'x 8s oO^svl oOO-ev 8(baouotv xxX soll
wohl nur gesagt sein, dass die genannten Beamten den Pächtern ihr d'|icov'.ov
nicht in die Hand geben, und diese bei Strafe es nicht annelimen sollton —
offenbar, weil die Auszahlung vielmehr durch die königliche Bank zu erfolgen
hatte. Es sollten damit wohl Durchstechereien vermieden werden.
534
VI. KAPITEL.
summe hinzuzahlen", Sollte der Staat ungeschmälert die ganze
Paehtsumme behalten, so mussten diese 10°/o ausser der Pachtsumme
erhohen werden. Hiermit möchte ich die bisher unverständliche
Bestimmung erklären, dass die Bürgen nicht nur für die Pachtsumme,
sondern auch für lO^/o ausserdem bürgen mussten. Vgl. Pap. Paris.
02 I 15: Ta)]v £7iL§[£xaTa)]v. Das wird eben dasselbe sTtLSexaiov
sein, dass im Falle der Erfüllung die Pächter zu beanspruchen hatten.
Und wenn weiter nach Rev. Pap. 34, 3 und 56, 15 im III. Jahrh.
V. Chr. die Bürgen nicht twv iTTL^exaTWV, sondern nur twv e^SLXoaxöv
zu bürgen hatten, so ist vielleicht der Schluss nicht zu kühn, dass
im III. Jahrh. dem entsprechend auch die Pächter nicht sondern
nur als Tantieme erhielten.
Mit unserer Erklärung des dvaTiXyjpoöv zdc<; wva^ fällt aber
auch der einzige Beleg dafür fort, dass es in der Ptolemäerzeit —
wie MahafFy und Grenfell annehmen — schwer gehalten habe, Pächter
zu finden (Rev. Pap. S. 114 und 185), und dass man nur „iinder
comjmkion'' Pachten übernommen habe. Gelegentlich mag das vor-
gekommen sein, namentlich wenn Revolutionen die öffentliche AYohl-
fahrt störten, wie es in dem oben besprochenen Louvretext hervor-
gehoben wird. Aber im Allgemeinen spricht alles dafür, dass unter
dem Schutze der ptolemäischen Steuergesetze die Steuerpacht ein
gutes Geschäft war. Freilich stand dem STULYevrjjJia und dem 6'hCo-
V'.ov die Gefahr gegenüber, im Falle der Nichterfüllung der Pacht-
bedingungen mit dem eigenen Vermögen herangezogen ^u werden.-)
Doch wurde diese Gefahr, wie wir sogleich sehen werden, dadurch
verringert, dass man sich mit Compagnons zusammenthat. Dass
die Steuerpacht im Allgemeinen ein lucratives Geschäft war, zeigt
wohl ein Blick auf unsere Pächterlisten, nach denen oft eine und
dieselbe Person längere Zeit hinter einander die Pacht wiederholt
hat. Soll man etwa annehmen, dass immer wieder dieselben
Personen zur Pacht gezwungen wären? Im Durchschnitt werden
^) "0 7ipo;5'.aypäd;oUG'>.v s/.-ög xyic, syAr/jisto^. Bei Mahaflfy's und Grenfell's
Deutung bleibt dieser Satz unerklärt. AVer soll denn hier das Subject sein?
Auch Jene, die die Listen füllen?
■2) Vgl, Rev. Pap. 34, 17, auch Zoispap. I 19: |j,7^t£ xob Atüpiwvo; Siaypä-
cpov-oj. Nach Pap. Paris. 62 VIII 15 sollen die Pächter, Avenn sie gegen die
vorher genannten Verordnungen Verstössen, unter Bedeckung an den Dioiketes
geschickt, und ihre Güter confiscirt werden.
§ 1. DIE STEUERERHEBUNG IX DER PTOLEMÄERZEIT. 535
die ungünstigen Ausfalle gewiss seltener eingetreten sein als
mindestens die Erfüllung des Pachtcontractes, die doch schon immer
den hübschen Gewinnst von 10 ^/o brachte. Waren aber besonders
günstige Ueberschwemmungsjahre, so konnten die ^7Z'.^^^Yr^\^7.zoc sehr
bedeutende sein. Die Steuerpacht war also im Allgemeinen gewiss
kein schlechtes Geschäft. Auch auf die starke Beteiligung der
Fremden kann in diesem Zusammenhange hingewiesen werden (vgl.
S. 523 f). Es liegt aber auch ein literarisches Zeugnis dafür vor: die
ganze Josephslegende beruht auf der Vorstellung, dass man durch
Steuerpacht ein reicher Mann werden könne, und wenn Josephus
uns den Wettstreit bei der Auction vor Augen führt, so hat er damit
gewiss, wie in so manchem anderen Detail der Legende, einen
historischen Zug wiedergegeben. Von dem siegreichen Joseph wird
nachher ausdrücklich gesagt: auvayaywv 5s TZoXXä xpr^^iaTa xal
%ipör} [XcYaXa TLOLTjoa^ r/. x-^; (hvf^c, twv xeXwv (§ 184). Die
Worte des Tiberius Julius Alexander, auf die Grenfell S. 114 hin-
deutet, beweisen nichts für die Ptolemäerzeit.
Der Staat konnte oder wollte doch die Erhebung der Steuern
nur unter der Bedingung an Privatleute abgeben, dass diese auf
alle Fälle ihm die ausgemachte Pauschsumme garantirten. Da
hierzu grössere Kapitalien nötig waren, so ergab sich wie von selbst,
dass die Pachtlustigen auch andere Kapitalisten heranzogen und mit
ihnen zu Vermögensgesellschaften zusammentraten. Erich Ziebarth
hat soeben in einer gründlichen Untersuchung 2) den Nachweis geführt,
dass solche Pachtgesellschaften nicht nur in Athen — über sie hat
schon Boeckh, Staatsh. gehandelt — , sondern auch in manchen
anderen griechischen Gemeinden bestanden. Auf Delos, auf Kos, in
Kyzikos und im fernen Olbia, überall finden wir dieselbe Insti-
tution, und mit Recht nennt Ziebarth die Vergebung der Steuer-
erhebung an Pachtgesellschaften „eine gemeiugriechische Rechtssitte".
So werden wir die Pachtgesellschaften im Ptolemäerreich, wie oben
^) Auch in Athen war — von den römischen Publicanen gar nicht zu
sprechen — die Steuerpacht ein lucratives Geschäft. Man braucht nur Andoc.
de myst. § 133 f. zu lesen. — Solche Parallelen beweisen allerdings nichts für
Aegypten. Denn es hängt in erster Reihe von den Steuergesetzen des Landes
ab, ob das Geschäft ein gutes ist oder nicht.
Das griechische Vereinswesen. Preisschrift d. Fürstl. Jablonski'schen
Gesellschaft XXXIV Leipz. 1896.
536
VI. KAPITEL.
schon das Pachtsystem im Ganzen, zu den von Ptolemaios Soter
nach griechischem Muster eingeführten Neuerungen zu zählen haben.
Unsere Hauptquelle für diese Gesellschaften ist jetzt der
Revenue -Papyrus, auf den auch schon Ziebarth hinweisen konnte.
War auch ursprünglich die Einzelj^acht das Gegebene und in
älteren Zeiten vielleicht auch das Ueblichere gewesen, so ist doch
in der uns beschäftigenden Periode, in der hellenistischen Zeit, die
Vergebung an Gesellschaften durchaus das herrschende System.
Ich möchte das zwar nicht mit Mahaffy und Grenfell (Rev. Pap. S. 183)
aus den Worten des Pap. Paris. 62 I 9 folgern: [xd^ 5' (I)va?
dvajTiXYjpwaecv ou^iva uTcöXoyov [ t6] ßaacXc/wOv
Tzocpeupeaei Y|T(.v[l]oöv, die bedeuten sollen: „the taxfarmers were to fiU
up the list of [X£TO)(OC, not passing over any person who was liahle
(jJTZoXoyoc,) to he called upon to serve as xeXwvY^^." Abgesehen von der
unrichtigen Vorstellung, als wenn damals irgend jemand verpflichtet
gewesen wäre, eine Steuerpacht zu übernehmen, ist diese Deutung
der Worte unmöglich. Hier soll dvaTiXyjpoöv xocc, wvd^ das Ausfüllen
der Gesellschafterlisten bedeuten, wie oben das Ausfüllen der Pächter-
listen, und doch kann es auch hier nur wieder das Erfüllen der
Pachtbediugungen bedeuten. Wie UT^oXoyov zu fassen ist, macht
wegen der darauf folgenden Lücke Schwierigkeiten. Aber dass
man den Begriff liable in diesem Zusammenhange nicht mit uTioXoyoi;
ausgedrückt hätte, scheint mir sicher.
Eher könnte man für den Zwang zur Bildung von Gesell-
schaften auf Rev. Pap. 14, 15 f verweisen: ]y] |JLY] Tcap[a6£ oder £?]
^Yjxat xoLv[(I)va; . . . .]o? |jly] SiSwatv, d7iox£L[a]£'. elq xö ßaaiXLXov
[(iv]a? X. Die Stelle ist aber derartig zerfetzt und mehrdeutig, dass
es bedenklich ist, aus ihr allein eine' so wichtige Folgerung zu ziehen.
So beschränke ich mich darauf, zu constatiren, dass der Revenue-
Papyrus im Allgemeinen die Präsentirung von [iizoy^oi als etwas
Selbstverständliches betrachtet, und lasse es zur Zeit unentschieden.
^) Etwa: ,,die Pächter sollen die Pachtbedingungen erfüllen , indem sie
Niemanden der königlichen Kasse gegenüber auf Rechnung setzen" (oO^-sva
uTCÖXoyov no'.O'JiJLSvo'. npdc, iö ßaa'.Xixöv?); das könnte heissen, sie sollen ein-
treiben, und nicht Rückstände auf Rechnung setzen. Vgl. Rev. Pap. 75, 1: jiYj
bnoX[o'{Bix(}ioixv , dXX' aJvacpspEXWaav eni tTjv dTioSsSs'.yfjLSvrjV xpäTxs^av. Von
oX in DTZoX erkannte ich am Original noch schwache Spuren.
§ 1. DIE STEUERERHEBUNG IX DER PTOLEMÄERZEIT. 537
ob damit ein thatsächliches oder ein rechtliches Verhältnis zum
Ausdruck kommt.
Pachtgesellschaften konnten in zweierlei Formen eine Pacht über-
nehmen. Entweder pachtete eine Person für sich allein und bildete
dann nachträglich mit anderen eine Gesellschaft, oder es bildete sich
vorher eine Gesellschaft und beauftragte Einen aus ihrer Mitte, als
ihr Stellvertreter oder Agent den Contract mit dem Staat zu
schliessen.^) Die erstere wohl relativ ältere Art der Gesellschafts-
bildung tritt uns z. B. bei Andoc. de myst. 133 entgegen: oi ^idc
TOÖTG l|jioLY£ hoY.ouoi auXXey^vai Ixeiae, l'v' auxoi^ dfji'^OTspa y;
xal [ifj ÖTrepßaAXwa: XaßeTv apyjpLGV v.al oHyou TtpaO-siaT]?
[leTaay^eTv. Diese Personen Hessen sich also erst Geld von Agyrrhios
geben, damit sie ihn nicht überböten, und nachdem er dann die
Pacht ftir einen geringen Preis erhalten hätte, wurden sie seine
[iizoyoi, seine Gesellschafter. Der Fortgang der Erzählung zeigt
uns, dass, wenn einmal auf diesem Wege eine Gesellschaft zustande
gekommen war, der gemeinsame geschäftliche Erfolg ihr leicht auch
über das Pachtjahr hinaus Dauer geben und so eventuell zum Abschluss
einer neuen Pacht nach der zweiten Methode führen konnte. Nachdem
nämlich die genannten Socii einen reinen Profit von mehreren Ta-
lenten gehabt hatten 2), merkten sie, dass das ein gutes Geschäft
sei und auvsanr^aav ttscvts;, d. h. sie traten nun alle zu einer Ge-
sellschaft zusammen, nämlich für das folgende Geschäftsjahr, und
beabsichtigten, die Pacht wieder für denselben Preis von 30 Talenten
zu gewinnen. Da trat ihnen Andokides entgegen und erhielt die
Pacht für 36 Talente.^) Für das zweite Jahr hatte sich also die
^) Vgl. Dietrich, die rechtlichen Grundlagen der Genossenschaften der
römischen Staatspiichter, Meissen 1889, S. 18, der darauf hinweist, dass die
zweite Art namentlich in der späteren Entwickelung des römischen Publicanen-
Wesens eine Rolle spielte. Vgl, Cagnat, les Impöts indirects S. 86. Das Buch
von F. Kniep, Societas publicanorum I 189G, wurde mir erst während der
Correctur bekannt, so dass ich es nicht verwerten konnte.
^) Die Ueberlieferung schwankt zwischen 2 und 3 Talenten. Boeckh's
Vorschlag, 6 Talente zu lesen, weil Andokides 6 Talente mehr bietet, halte ich
nicht für zutreffend. Die anderen 4 resp. 3 Talente Profit wird der Haupt-
pächter AgA'rrhios eingesteckt haben.
^1 Ich halte ecDvoyvio für Imperfectum de conafu. Ziebarth meint, sie
bekamen den Zuschlag, und Andokides habe sie das nächste Mal überboten. Das
scheint mir niclit richtig. Vgl. auch Boeckh, Staatsh. V S. 38.5.
538
VI. KAPITEL.
Gesellschaft schon vor der Auction gebildet. Wer für sie bieten
sollte, geht aus dem vorliegenden Text nicht hervor,
Die hier aufgeworfene Frage wird durch die Urkunden, soweit
ich sehe, für Aegypten nicht beleuchtet. Den Gesellschaften, die
uns hier begegnen , kann man die Art ihrer Entstehung nicht an-
sehen. Auch in den gesetzlichen Bestimmungen des Kevenue-Papyrus
und des Pap. Paris. 62 ist nichts, was diese Frage berührte. Wir
werden wohl annehmen dürfen, dass auch im ptolemäischen Aegypten
beide Formen der Gesellschaftsbildung neben einander bestanden.
Wichtiger ist, dass uns der Revenue-Papyrus die volle Sicher-
heit giebt, dass der Staat das Pachtgeschäft nicht mit der
Pachtgesellschaft, sondern lediglich mit dem ocpy^üvr]q ab-
schlösse) — wie die römische Regierung mit dem manceps. In
col. 34 wird der Hauptpächter und seine Gesellschafter dreimal
hintereinander mit beabsichtigtem Wechsel bezeichnet. Z. 11: xov
ffj'[opaz]6Ta T[yjv (I)]vf/V zal xobQ fjtSTOxou? auxoö. Z. 13: xov xy^v
wvfjV [£Xo]vT[a xal tou?] [itToy^ouQ. Z. 15: zG)i ze apxwvYjt xal
ToTg 1JL£[t]g[)(oc]?. Daraus ergiebt sich, dass nur der Hauptpächter,
der dpya)vyj(;, als 6 '^yopaxax; bezeichnet wird, d. h. als derjenige,
welcher gepachtet hat, während die Gesellschafter als seine fjtexoxot,
seine Teilnehmer, von ihm unterschieden werden. Dieselbe klare
Distinction findet sich in 14, 12, wo ich ergänzen möchte: bc, 5' av
Tüapa T[a'jTa 7^ d]Yop[aar^O 7j {jL£T[aBa)^] v) [xsiex^jL Da ist der
dyopaaa^ und der [lezoiZouq der Hauptpächter, oder wie wir jetzt
schärfer sagen können, der Pächter^), während der [ji£T£X.(i)V den
^) Ich vermute Agyrrhios. In dem Passus aovsa-rjjav Ttavxsg xal (asxa-
Sövxc^ Torj aXXo'.g ewvouvxo uocXtv xpiäxovxa xaXävxwv sind die Worte xoij
aXXo'.g unverständlich. Wer sollen „die Anderen" sein? Ziebarth's Uebersetzung
„sie unterstützten einander mit Geld" ist sprachlich nicht gerechtfertigt. Bakius
meinte dasselbe, als er aXXfp.OLC, für zolc, oiXXo'.c, vorschlug. Aber was nützte
es, M-enn sie sich unter einander halfen? Dadurch wurde das Kapital der Gesell-
schaft ja nicht grösser. Zumal die Gesellschafter, die jetzt eben so hoch bieten
wie im vorigen Jahre mit Agyrrhios zusammen, sein Kapital doch kaum missen
konnten, vermute ich, dass xotg SiXXoic, corrumpirt ist aus xw 'Ayoppco): sie
gaben demnach dem Agyrrhios Anteil an ihrer Gesellschaft, nahmen ihn auf.
In demselben prägnanten Sinne steht fisxaS'.Sövat auch im Pap. Paris. 62 VI 13:
0 x£ jjLSxaSoüs (s. unten). Vgl, auch Pvev. Pap. 14, 12: |a£x[a5ü)t,].
^) Auch von Ziebarth S. 26 richtig hervorgehoben.
^) Der Ausdruck dpXcbvYjs ist also, im Gegensatz zu den [izzo^oi gedacht,
nicht correct, denn diese sind überhaupt nicht ü)V0'J|j.£V0'.. Eine andere Deutung
§ 1. DIE STEUERERHEBUNG IX DER PTOLEMÄERZEIT.
539
Teilnehmer bezeichnet. Ich bin daher der Ansicht, dass sowohl im
Revenue -Papyrus wie sonst der -f^-^o^oiVM;,. ol^^o^olgt.^^ 7:pia{i£V0?,
ly/waßcbv oder s^eiXrf^o)?^) TYjV wvi^y, wohl auch der r/wv, oio'.xöv,
7tpaY|JiaT£'j6|i£vo? ty^v wvtjv überall den Pächter ausschliesslich, und
nicht auch den Gesellschafter bezeichnet. Ich kann daher Grenfell
nicht beistimmen, wenn er S. 97 sagt: wliere the singidar of any of
these expressions is used, the taxfarmer, ichether apy^y^ric, or [lizoyoqj
is generally meant.^) Nein, der \Lizoyoc ist genau genommen gar
nicht taxfarmer.'-^) Auch der andere Titel, mit dem der Gesell-
schafter im Revenue -Pap\Tus erscheint, 6 zo'.vwv, bezeichnet ihn
ebenso wie [xiTO/^oc lediglich als Teilnehmer an der Pacht.
Wenn wir auf Grund dieser Definition in den r^'fopocvA'zzc, u. s. w.
lediglich den Pächter erblicken, so ergiebt sich aus dem Revenue-
Papyrus wie aus dem Pap. Paris. 62, dass die gesamraten mit der
Steuererhebung verbundenen Geschäfte ausschliesslich dem Pächter
zufielen. An und für sich konnte es ja nahe liegen, ausser dem
sogleich zu behandelnden Personal auch die [LSToyoi zu der Geschäfts-
führung mit heranzuziehen. Vielleicht liegt dieser Fall vor in Rev.
Pap. 10, 10, doch ist der Zusammenhang hier recht unsicher.^)
Nicht entscheidend ist auch der von MahaffH^, Petr. Pap. Appendix
S. 3 mitgeteilte Text. Ein ec&cXyj^ü)? t6 c^uXax'.Tixov, also ein
„Pächter", führt erneute^) Klage gegen <I>:Xa)Vog toö \Leziyovz6c,
s. unten. Es ist daher auch richtiger von Pachtgesellsehaften, nicht von Pächter-
gesellschaften zu reden.
^) 'E7tXa|ißav£'.v ist ein terminus teclinicus für die Uebernahme einer Pacht,
Belege vgl. oben S. 525 A. 1. Wessely (Gr. Pap. d. Kais. Samml. Wiens S. 16) denkt
irrig an das „Einnehmen" der Steuer. Dass das falsch ist, zeigt, um nur ein
Beispiel zugeben, Petr. Pap. (II) XIV (Ic): £;='.Xr,cp&-:=3 SXxOaa'. 7:Xtvd-ou xxX,
wo gar nicht Steuereinnehmen, sondern Ziegelstreichen verpachtet ist. Auch
Mahaffy verkennt den Sinn, wenn er Petr. Pap. (II) XIII (1) 5 xad-a e^siXT^^auev
übersetzt „according as ive have received [promüesj" statt gemäss unserem
Pachtcontract." Darum ist auch passim lyÄrjy'.s synonym mit f, wvr^ = Pacht.
Mommsen verweist auf Corp. gloss. 2,291 Götz: ixXy,}i'ji'.; |iiaO-(i)a'.; conductio.
Vgl. auch S. 155/6. Auch Viereck, Herl. phil. Wochenschr. 1896 S. 1648
bezieht 7ipiap,£vos xä^ wväg auf Pächter und Pachtgesellschaften.
^) Nach dem jetzt vorliegenden Material kommt es erst in der Kaiserzeit
auf, dass auch die Teilnehmer an der Pacht (jasTOXO'.) als xsXcova: im weiteren
Sinne bezeichnet werden. S. unten.
*) GrenfelPs Ergänzung von Z. 11/12 halte ich für sehr bedenklicli.
^) Ich vermute Z. 4: xal 7c[pöx6pov n^]v 67cd5ö)xa xxX.
540
VI. KAPITEL.
[Loi TY]v öi: aveu fjpiwv xal twv [X£t' 'ApiatoxpiTou? ^oysuiöv
[7Tpo]^£V£T Toug uTTOTeXec? ToO q;uAa>t[tTL]zoö £c; TO ibiov xal 15
IXaiTovoi; (Grenfell) auvx.wpigas:;; TiOLelxac xaiajBXaTiTWV ty]v wvt^v.
Dieser Philon lud also hinter dem Kücken des Pächters u. s. w. die
Steuerzahler in sein Haus und machte ihnen Zugeständnisse — ver-
mutlich gegen persönliche Vorteile. Sieht man in diesem |jt£T£)(ü)V
(xoc TYjV [itplba (seil. Se\ii<JZOu) einen (jl£T0)(05 in obigem Sinne, so
hat sich dieser zwar beteiligt an der Geschäftsführung, aber diese
Beteiligung wird als eine unerlaubte Einmischung Gegenstand einer
Klage. Man könnte also höchstens aus dem Text schliessen, dass
die [iizoy^oi sich nur nach besonderer Weisung und Erlaubnis des
Pächters an den Geschäften beteiligen durften. Aber es ist mir nicht
ganz sicher, dass dieser |jt£T£)(a)v [loc TfjV \itpib(X der [lizoy^oc, ist.
Es könnte wohl auch ein zweiter „Pächter" sein — wie wir sogleich
besprechen werden — , der mit ihm zusammen die betreifende Abgabe
gepachtet hatte (= [ji£t' auxoO £/^(jl)V tt^v wvt^v).
Auch die zahlreichen Bank- und Thesaurosquittungen auf Ostraka,
in denen 6 5£lva xal oi [nizo'/^oi als Zahlende genannt werden
(s. unten), beweisen nichts für diese Frage. Denn dass der Pächter
und die gesammten Gesellschafter persönlich die einzelne Zahlung
efFectuirt hätten, wird man gewiss nicht annehmen w^oUen. Das lässt
sich auch direct widerlegen durch Ostr. 319: 'ApLfxwvLO? xal oi
[jl£(to)(Oi) hioc "Qpou Toö üa^wTOU. Die Zahlung ist also erfolgt
durch Horos, einen Subalternbeamten des Pächters; dennoch wird
als Zahler die volle Firma aufgeführt.
Auch die Fälle, in denen die Steuererhebung eines einzelnen
Dorfes erwähnt wird (Petr. Pap. XL VI, Rev. Pap. 54, 12), beweisen
nichts. Grenfell (Rev. Pap. S. 89 und 155/6) glaubt zwar hieraus
schliessen zu sollen — und Ziebarth S. 26 stimmt ihm bei — , dass
die Gesellschaft, die sich den ganzen Gau gepachtet hatte, dann die
einzelnen Distrikte zur Erhebung unter sich verteilt hätte. Ein
Zeugnis liegt m. W. nicht vor. Ich sehe auch nicht ein, weshalb
nicht die Erhebung einzelner Dörfer direct an Pächter vergeben sein
sollte (s. oben S. 520). Höchstens könnten ausser ihnen noch After-
pächter in Betracht kommen (s. unten). Jedenfalls können m. E.
die beiden vorliegenden Fälle nicht auf die Mitwirkung der [Lizoyoi
bezogen werden, denn im Petr. Pap. handelt es sich um einen £E£LXyjcpa)^,
im Eev. Pap. um jJt£|jLLa'9'(i)|JL£V0i. In beiden Fällen sind also nach
§ 1. DIE STEUERERHEBUNG IN DER PTOLEMÄERZEIT. 541
unserer Auffassung des Sprachgebrauches Pächter, nicht Gesellschafter
gemeint.
Ich kenne somit zur Zeit keine völlig sicheren Beweise dafür,
dass die [Lizoy o: sich überhaupt odet gar regelmässig au den Geschäften
der Steuererhebung beteiligt hätten. Sehr möglich, dass neues Material
uns eines Tages davon überzeugt. Aber wenn es vorkam, so war
es doch gewiss eine secundäre Erscheinung, und es bedurfte wohl
besonderer Abmachung. Von Haus aus bilden vielmehr die [iizoyoi
mit dem Pächter zusammen lediglich eine Vermögensgenossenschaft,
die bez.weckt, einmal dem Pächter durch Bereitstellung ihres Ver-
mögens die Uebernahme grösserer Pachten zu ermöglichen und ferner
vor allem den Gesellschaftern die Teilnahme an dem Gewinn des
Pachtgeschäftes zu eröffnen.^) Dass die Gewinnaussichten damals im
Allgemeinen für den Pächter günstige waren, haben ^vir oben
gezeigt. Dasselbe gilt dem entsprechend auch von den Aussichten
der Gesellschafter.
Das Geschäftsverhältnis des Pächters zu den Teilnehmern wurde
contractlich festgelegt. Der Revenue - Papyrus nennt einen solchen
Contract nach seinem Inhalt correct eine [xsToyT^ (34, 16; vgl. 14, 10).
In diesem Gesellschaftsveitrage müssen die Rechte und Pflichten der
beiden contrahirenden Teile genau fixirt gewesen sein. Vor allem
war hierin stipulirt, in welchem Masse der einzelne Gesellschafter
Anteil nahm an Gewinn und Verlust des Pachtgeschäftes. In Bezug
auf den Gewinn ist hei-vorzuheben , dass der Staat die oben nach-
gewiesene Tantieme von 10 ^/q, zahlbar im Falle der Erfüllung der
Pachtbedinguugen, wie natürlich nur dem Pächter auszahlte. "Wahr-
scheinlich garantirte in dem Gesellschaftsvertrage der Pächter den
Teilnehmern einen Anteil daran. Dagegen erhielten die \iizoyoi
ebenso wie die Pächter selbst direct vom Staat den ihnen zukommenden
Anteil an dem eventuellen eniyhr^iLXj dem Ueberschuss. Vgl.
Rev. Pap. 34, 14 ff*.: der Oikonomos soll im Falle eines iTZ'j'{iYf][ix
dem Pächter und den Gesellschaftern, die gleichfalls persönlich zur
Abrechnung erscheinen, durch die Bank auszahlen lassen t[6 toO]
Ebenso sagt Cagnat S. 86 von den römischen socii: „les associes qui ne
faUaient que fournir les fonds, les capüalistes qui pla^aient leur urgent dans
Ventreprise^^. Nach Dietrich S. 21 hätten sich die socii auch an den Erhebungs-
arbeiten beteiligt.
542
VI. KAPITEL.
eTrcyevYifJtaTO? exaaTWt xaxd xyjv [A[£T]o[x.'rivi) £7i]Lßa).Xov, „das
was dem Einzelnen zukommt vom Ueberschuss gemäss dem Gesell-
schaftsvertrage." Diese Worte lassen die Frage offen, ob der Gesell-
schafter mit seinem ganzen Vermögen oder nur mit einem bestimmten,
von ihm fixirten Teil seines Vermögens an der Gesellschaft beteiligt
war. Man wird sich mit Mommsen wohl für die erstere Eventualität
entscheiden.
In demselben Verhältnis wie zum Profit wird der \iizGyGq auch
zum eventuellen Deficit herangezogen. Rev. Pap. 34, 17 fährt fort:
Idv 6' [bßbeioc ysvYjxaL, TipaaGstü) iiapd tou apyjßvou x[al] twv
[jL[£]TG7a)[v] . . . Tiap' sxdaxo'j t[g] STT'.ßdXXov. Auch hier ist gemeint:
TO zaxd TTjV jJL£TO)(yjV STCißdXXov. Die betreffenden Anteile sollen
im ersten Viertel des Jahres nach der Pacht erhoben werden. Blieben
der Pächter oder einer der Gesellschafter im Falle des Deficits dem
Staate schuldig, so haftete nicht der betreffende Einzelne, sondern die
ganze Gesellschaft. Das scheint mir der Sinn von Pap. Paris. 62 VI 14
zu sein: eav oi Tiveq-) -Jtpo^ zaq iyXyj^s:^ 69£[LX(oaLv] , f| TZpöL^ic,
ZGXOLi sc evo^ zal ex Tcdvxwv. Anders Grenfell und Ziebarth S. 26.
Für die Bildung der Gesellschaften gab es besondere Vorschriften
und Bedingungen, wohl namentlich auch betreffs der zuzulassenden
Persönlichkeiten, die im Rev. Pap. 14 gestanden haben, aber bei
der Zerstörung der Columne nicht mehr verständlich sind. Der Text
fährt dann fort (Z. 12): „Wer entgegen diesen Bestimmungen pachtet
oder Anteil an der Gesellschaft giebt ([i£T[a5ö)L]) oder Anteil nimmt,
soll 30 Minen Strafe zahlen." Darauf folgt nach einem oben be-
sprochenen dunkeln Passus die Bestimmung, dass königliche Beamte —
und Sklaven (?) — zur Anteilnahme an Pachtgesellschaften dis-
qualificirt sind (15, 1: [jlyjSe xo[tVü)v]£LT(i)aav). Die Namen der
gewonnenen Teilnehmer wurden darauf — ebenso wie die der Bürgen
und des Erhebungspersonals (darüber später) — in den zwischen
Staat und Pächter abzuschliessenden Pachtcontract (wvT^) eingeschrie-
ben (vgl. Rev. Pap. 11, 17: tü)v [£YY]pa(^£VT[{jL>v inl ifii wv^i].
^) Mexoxv^^v corrigirt aus lovigv. Der Schreiber hatte zuerst an das Ver-
hältnis des dpxwvr^g gedacht.
Ueber tlvs; steht von anderer Hand 0-stüv, wohl 0£ü)v zu lesen — die
Randbemerkung eines Lesers. Unmittelbar vorher ist vom Pächter und von
den Gesellschaftern gesprochen, vom |jL£-a5o'j; und |ji£TaXaßü)v. Darauf bezieht
sich Tivsg.
§ 1. DIE STEUERERHEBUNG IN DER PTOLEMAERZEIT. 543
ergänzt nach 17, 13), und ausserdem mussten ihre Namen auch in
der Personenliste (ypacpVj) aufgeführt werden (-axpcO-cV y.al Tzxzpicoz),
die der Pächter nach Abschluss seines Pachtcontractes dem Oikonomos
einzureichen hatte (Rev, Pap. 11, 11 ff.). Wenn der Oikonomos hinter-
her, nach Entgegennahme der Liste, noch Jemanden antraf, der sich
irgend wie im Interesse einer Pacht bethätigte, ohne in jene ^(^OLzr^
eingetragen zu sein, so wurde dieser an den König zur Bestrafung
deportirt. Vgl. Rev. Pap. 12, 1 — 4: ol Ss cczov6|Jio^ zal 6 avi:-
Ypa^c'jc eav T:y[a] Xaßwai 7rpaY[JLaT£ü6[i£VOV xal jirj 7rapa5cOO{ji£v[o]v
£V zfi'. Ypa9'^['., d]v[aY£]':(i)aav etil tov ßa[atX£a 7:p]6T£pov
[ Tt]va ut;' a'JToO. Nach dem Zusammenhang ist dabei
auch an die [liTO^o: zu denken. i) Hiermit berührt sich auf das
engste Pap. Paris. 62 VI 10 ff.: ToTc o' av[aXaßoöa:]2) xa? wva;
o'j['8']£lc [i£^£E£i 7:Xyjv twv It:! Tfj[^ 7:paa£0)^ oder wvf/^] a'jvy.aia-
Ypa^*/;aG[A£V(i)V. 'Eav g£ 7:apa TaOxa 7:[o:'i^aa)a:v], 6 T£ [ji£TaGO'jg
7.T.oxciati £7i''Tt[xov "7v z Tüal 6 [[JL£':a]Xaßa)v Also denjenigen,
welche die Pacht gewonnen haben, soll sich Niemand anschliesseu
dürfen, der nicht in den Pachtcontract mit eingeschrieben ist.
Der Pächter, der dieser Bestimmung entgegen Eintritt in die Gesell-
schaft gewährt, soll 20 Talente zahlen, und ebensoviel derjenige,
der entgegen dieser Bestimmung in dia Gesellschaft eintritt. Das
bedeutet, dass durch Eintragung der Namen der Gesellschafter
in den Pachtcontract die Gesellschaft als geschlossen galt,
so dass hinterher niemand mehr zugelassen werden durfte.
Diese Vorschrift ist hier speziell für den Fall gegeben, dass unter
ganz besonderen Verhältnissen eine nochmalige Versteigerung der
Pacht nötig wurde. Ich zweifle aber nicht, dass sie auch ebenso
gut auf die in col. III 12 vorgesehene Wiederholung der Auction
Das 7:paYp,ax£U&|ji£vov auf sie bezogen ist kein Beweis für ihre Be-
teiligung an den Erhebungsgeschäften. Auch die e'(^'jr,-:y.i sind damit gemeint,
die ganz sicher nicht mit erhoben. In Bezug auf die |i=TOXO'. wird an die
Kapitalbeteiligung zu denken sein.
^) Mit dieser Ergänzung triflFt Revillout, Mel. S. 2S6, wie mir scheint, das
Richtige. Das dvaXafißavs'.v (man könnte auch ein ctvsYXajxßävsiv bilden, doch
kommt auch Xa}aßävc'.v zolz wvä; vor) steht dem e7:ava::'.7:paax£'.v gegenüber. —
Grenfell's Ergänzung dv' a7:/.y,poÖ3'.] giebt keinen guten Sinn, denn wenn die Pächter
ihre Pachtbedingungen erfüllt haben, wird niemand mehr in die Gesellschaft
eintreten wollen, da das Jahr dann abgelaufen ist. Auch wenn man das Wort
in seinem Sinne fasst (s. oben S. 533), bleibt die Stelle unverständlich.
544
YI. KAPITEL.
in Anwendung kam, ja, dass sie überhaupt eine ganz generelle
Bestimmung war, die auch für die erste Hauptverpachtung galt.
Dafür spricht die aus dem Revenue -Papyrus angezogene Parallele.
Durch diese Verfügungen ist wohl zugleich auf das Klarste
erwiesen, dass der Eintritt in die Pachtgesellschaft nicht eine er-
zwungene Leistung war, sondern im Gegenteil als Quelle guter
Geschäfte sehr begehrt wurde.
Aus dem obigen ergiebt sich, dass die Gesellschafter nur in
einem mittelbaren Verhältnis zur Regierung standen. Contractlich
war ihr Verhalten nur dem Pächter gegenüber geregelt, aber der
Pächter wieder hatte seinen Contract mit der Regierung geschlossen,
und in diesem Contract waren sie als seine Gesellschafter namhaft
gemacht. Ja, er wird auch, wie aus Rev. Pap. 34, 16 hervorgeht, den
Gesellschaftsvertrag der Regierung haben mitteilen müssen. Vielleicht
wurde dieser gar wie seine Abmachungen mit den Bürgen auf der Bank
deponirt. Daher konnte die Regierung, auf diesen Gesellschaftsvertrag
hin, in directen geschäftlichen Verkehr mit den Gesellschaftern ihres
Pächters treten, wie wir oben S. 541 gesehen haben. Die Rücksicht-
nahme auf die [ji£TO)(OL ging so weit, dass der Oikonomos angehalten
war, auch ihnen eine Abschrift der mit den Pächtern vollzogenen
Abrechnungen (hi(xXoyiG\iOi) einzuschicken. Vgl. Rev. Pap. 17, 17:
Twv bh hiocXoyianibv, oO^ a[v TUOLT^Jar/xaL 6 olyiovoliijoc, npbq T[o]ug
Tag (i)vag ey^o'nocc, Tiavxwv dvicypa^a £xaaTa)[L] twv zocva)v[a)]v
7üapa)(p'^[jia 66tü) xtX*. Damit war den Gesellschaftern die Sicherheit ge-
geben, dass sie nicht etwa von ihrem Pächter über's Ohr gehauen wurden.
Wir haben bisher die gesetzlichen Vorschriften über die Gesell-
schaften betrachtet. Sehen wir nun, was die Ostraka aus der Praxis
lehren. Sie zeigen uns zunächst eines, das sich weder aus dem Revenue-
Papyrus noch aus dem Pap. Paris. 62 ersehen liess, nämlich dass auch
noch mehr als eine Person mit der Regierung in ein Pachtverhältnis
treten konnte, in der Weise, dass jeder von ihnen „Pächter" war, nicht
etwa (xsTOXo? im obigen Sinne. Das liegt z. B. in Ostr. 702 vor,
wo als zahlende Firma genannt wird: Upolzoc, zal Kovwv xal ol
[Lizoy^OL Vgl. dieselben in 1341. Hier scheint es mir zweifellos,
dass Kovwv nicht als [iixoy^oq — etwa als erstes Beispiel derselben —
genannt ist, sondern ebenso wie HpoTzoq von ihnen unterschieden
wird. Hpolzoq und Kovwv haben also zusammen die Steuer gepachtet
und haben ausserdem sich eine Gesellschaft gebildet. Dass das auch
§ 1. DIE STEUERERHEBUNG IX DER PTOLEMÄERZEIT. 545
sonst in der griecliischen Welt vorkam, zeigt eine Inschrift aus
Kyzikos aus dem I. vorchristlichen Jahrhundert (Athen. ^litt. X
1885 S. 205), die den Bestand einer Pachtgesellschaft angiebt. Da
stehen hinter dem Titel apywvr]^ zwei Namen^), ^y.OT.iocc, öißpo'j
und 'AyaO-apyo? N[£ix:]o[u]. Darauf folgen — abgesehen von den
beiden Buchftihrern (?) : ol iizl zou )(py][iaTca[ioö — noch elf Personen,
die als [lEToyoi bezeichnet sind. Hier haben lixoniocq und 'AYad-ap/o?
offenbar gemeinsam gepachtet. Der Singular apy w^/yjg weist vielleicht
darauf hin, dass der Erstgenannte eine leitende Stellung hatte.
Vielleicht hatte er, wenn auch zugleich ftir den Anderen, bei der
Auction das Angebot gestellt. Und so dürfte der Titel apywvrjg,
der im Gegensatz zu den {ilioyo: gedacht, wie wir oben sahen, un-
logisch ist, ursprünglich für die Stellung des ersten Pächters gegen-
über dem zweiten Pächter gebildet sein.
Sachlich werden sich diese Mitpächter von den Gesellschaftern
dadurch unterschieden haben, dass sie sich nicht nur mit dem Kapital
beteiligten, sondern wie der dpycovY]^ selbst an dem Erhebungsgeschäft
beteiligt waren.
An solche gemeinsame Pächter — nicht an [isToyoi — ist auch
zu denken, wenn die Ostraka uns mehr als einen Namen nach ein-
ander als Erheber nennen. Vgl. 334: IlaLWV xal 'Aßi-^Xoc, 349:
NLXoXao? xa'. BnrjpTag, 1228: üaxpwv xod Eubioq oi 'A/eEdcvSpoi,
TOö EEivupio?. Diese Beispiele sind Bank- und Thesaurosquittungen
entnommen. Aber auch in ihren eigenen Quittungen, die die Pächter
den Steuerzahlern ausstellen, erscheinen gelegentlich mehr als ein Name.
Vgl. 328: SapaTTcwv zal Ecoxpaxyj^ xal 'Atio^^wvw^. Auch das sind
meines Erachtens drei gemeinsame Pächter, nicht [lexoyoL. Ebenso
in 1231, 1344, 1495, 1616. Vgl. auch 1029: ^Qpog Auxou xal
St . . cpcXo'jg oi T.pbc, zfii (xeiapTTj:) töv aXtewv. Das sind ganz
sicher beides Pächter. Andrerseits werden die [i£TO)(OL auch in diesen
Pächterquittungen ausdrücklich als solche bezeichnet. Vgl. 1258:
'Ep(x.v.Xdor^c, xal oi \iizoyoi doeXcpot.^)
Hierdurch erklärt sich nun auch, weshalb der Revenue-Papyrus
von dem Pächter bald im Plural, bald im Singular spricht. Man
Nicht einer, wie Ziebarth S. 24 wohl versehentlich sagt.
Hier haben die Brüder des Pächters eine Gesellschaft mit ihm begründet.
Anders in 1512 und 1520 (6 Setva xal oi dSsXcfoC), wo die Brüder gemeinsam mit
einander gepachtet haben, der Kürze wegen aber nur einer mit Namen genannt wird.
WiLCKEN, Ostraka. 35
546
YI. KAPITEL.
muss zwar an und für sich der Gesetzessprache die Freiheit zugestehen,
dass sie von „den Pächtern" eben so gut wie von „dem Pächter"
spricht. Aber diese Nachlässigkeit gegenüber dem Numerus ist doch
noch begreiflicher, wenn wir weissen, dass auch mehr als eine Person
die Pacht übernehmen konnten. Auf alle Fälle ist es unrichtig,
den Plural TüptafJievoc im Revenue-Papyrus auf die [leioxoL zu beziehen,
wie z. B. auch Ziebarth S. 26 A. 1 thut. Wenn in der Steuerinschrift
von Kos bald von 6 7rpia[Ji£V0^ , bald von toI 7ipca[X£vo: die Rede
ist, so ist der Plural in den meisten Fällen auch dadurch gerecht-
fertigt, dass mehrere Steuern danach genannt werden. In den Fällen,
wo nur eine darauf folgt, möchte ich nicht daraus schliessen, dass
diese nun gerade „erfahrungsmässig", wie Ziebarth meint, von mehreren
übernommen sei, sondern möchte auch hier, da es sich um all-
gemeine Vorschriften handelt, auf den Numerus an und für sich kein
Gewicht legen; keinesfalls aber darf man, wie Ziebarth S. 23 zu thun
scheint, beim Plural an die [iizoyjoi denken, sondern höchstens an
mehrere gemeinsame Pächter wie oben.^)
Die Ostraka führen uns noch einmal auf die schon oben S. 536
aufgeworfene Frage zurück, ob es damals noch vorkam, dass Jemand
ohne Mithilfe einer Gesellschaft eine Pacht übernahm. Die Ostraka
scheinen auf den ersten Blick diese Frage zu bejahen, denn in den
Bank- und Thesaurosquittungen werden nur selten Mitpächter (s. obige
Beispiele) und auch nur selten [iizoy^oi genannt^), dagegen tritt
Dieser Fall liegt vielleicht auch in den Zoispapyri vor, in den viel
besprochenen Worten Z. 16: AüJpiü)vos xoO [auJvsYXaßdvxos aXXoig xY/V auTY]v
syXr/sl^Lv. Lumbroso, Eech. S. 323, sieht in dem Dorion einen iisioxos. Das
ist irrig, erstens weil man iyX(x,\x^di^Biv nicht vom iiizo^o^ sagt, zweitens, weil
ein {idxoxOsj """ie wir sehen werden, keine Bürgen stellt. Also hat Dorion mit
Anderen zusammen die vixpiXT] gepachtet. Möglich oder wahrscheinlich, dass
sie sich Gesellschafter hinzugezogen haben, aber Dorion ist sicher Pächter, und
wahrscheinlich auch die aXXoi. — Vgl. auch Petr. Pap. (I) XXVIII (2) 10:
EOSd^ou xal 'Apiaxso'J xal öscovo^ xwv sgetXTjcpöxwv. Ebenso werden auch
öffentliche Arbeiten an mehrere Personen zusammen verpachtet, ohne dass
eine fisxoX'ii vorläge. Vgl. Petr. Pap. (II) XIV (1 c) , wo 7 Ziegelstreicher
als ol sss'.Xr^cpdxsg IXxuaa'« %xX neben einander aufgezählt werden. Vgl.
auch 1 d.
^) Ausser den oben erwähnten Fällen vgl. 319, 326, 704, 715, 718, 744,
751, 1208, 1347, 1517. Die ol afuv auxw) genannten Genossen in 1519 sind
wohl eher [isxoxo'. als Mitpächter. Doch ist es fraglich.
§ 1. DIE STEUERERHEBUNG IX DER PTOLEMÄERZEIT. 547
meistens der Pächter allein auf.^) Es lässt sich aber nachweisen,
dass diese allein genannten Pächter nicht notwendig auch factisch
allein die Pacht übernommen haben müssen. In 1522 wird Bir^piötc,
als Pächter der Fischereisteuer für das J. 130/29 v. Chr. allein genannt,
während in 349 für dasselbe Jahr XixoXaoc xal Bir^p-a; als Pächter
dieser Steuer erscheinen. Folglich hat der quittirende Bankbeamte
in 1522 aus Bequemlichkeit nur den wirklich zahlenden Pächter,
nicht die Firma genannt. Ebenso nennt 1517 üopziq xal oi {xlio/oc,
dagegen 345 für dasselbe Jahr nur UcpT:;.-) Daraus ergiebt sich,
dass auch in jenen zahlreichen Fällen, wo nur ein Pächter genannt
ist, die Möglichkeit besteht, dass Mitpächter oder Gesellschafter resp.
Beides der Kürze wegen ausgelassen sind. So beweisen auch die
Ostraka nichts für den facultativen oder obligatorischen Charakter
der Gesellschaftsbildung.
Abgesehen von der Gewinnung von Mitpächtern oder Gesell-
schaftern gab es auch noch eine andere Art, die Pachtgeschäfte zu
erleichtern, nämlich durch Afterj^acht. Vgl. Pap. Paris. 62 III 17:
[0LXGVG{jL0'j] xal TG'j paaLAiXGö YpafiiiaTSWc. Lumbroso Rech. S. 324
hat mit Recht die Ä7:o7tpa[iaTa als Afterpacht erklärt. Der Steuer-
pächter konnte also — ebenso wie das auch die anderen Staatspächter
durften 3 j — die Pacht unter Beihilfe und Controle des Oikonomos
und des königlichen Schreibers weiterverpachten, üeber die auch
von den Afterpächtern zu stellenden Bürgen vgl. unten S. 555.
Wir wenden uns nunmehr zu den Bürgen (e^yuG:, ^(^prizai).
Mussten Avir die Frage offen lassen, ob rechtlich die Bildung
einer Gesellschaft erforderlich war oder nicht, so ist diese Frage
gegenüber der Bürgschaft über allen Zweifel erhaben: die Stellung
^) Vgl. 1, 295, 305—317, 321, 322, 324, 325, 329—332, 335, 337, 339,
340, 342, 344—347, 350—355, 701, 703, 705—710, 712, 713, 717, 720—722,
724—738, 740—743, 745—750, 752—754, 756, 1227, 1232, 1234, 1235, 1253,
1255, 1257, 1311—1313, 1315, 1337, 1338, 1342, 1343, 1345, 1346,
1348—1352, 1354—1357, 1489, 1491—1494, 1496—1501, 1503—1509, 1511,
1513—1516, 1518, 1521, 1522, 1524, 1526, 1527, 1529, 1531—1534, 1537,
1608, 1624.
^) Kdvwv Aibpo'J iu 1343, verglichen mit 702 und 1341 ist nicht voll
beweisend, da es sich um verschiedene Jahre handelt.
^) Vgl. z. B. P. Grenf. (II) LVII, wo ein oOo'.axc; jjl'.jO-wtt,; weiter ver-
pachtet.
35*
548
VI. KAPITEL.
von Bürgen von Seiten des Pächters war geradezu die condido sine
qua non für das Zustandekommen des Pachtcontractes. Dass auch
die [lexoxot hätten Bürgen stellen müssen, wie Lumbroso Pech.
S. 324 glaubt, wird nirgends bezeugt, denn unter den teXt] Xa|JL-
ßavovTE^ im Pap. Paris. 62 I 13 und den Tipiaptsvoc im Rev. Pap.
34, 2 und 56, 14 verstehen wir wie oben nur die Pächter. Dass
die Regierung von den (jl£TO)(ol keine Bürgen verlangte, versteht
sich eigentlich von selbst, da diese ja nur dem Pächter gegenüber
contractlich verpflichtet sind.^) Möglich, dass sie privatim dem
Pächter Bürgen stellten.-)
Der Revenue-Papyrus schreibt sowohl für die Apomoira wie
für das Oelmonopol vor, dass die Pächter innerhalb 30 Tagen nach
dem Zuschlag die Bürgen zu stellen haben (eyyuou^ xa^caxavat).^)
Dasselbe sagt Pap. Paris. 62 I 13 — II 1 ganz generell, und zwar
sollen hiernach die Bürgschaften dem ol7.Qv6\}.oz, und dem ßaaiXixö?
YpaptfiaTEug gestellt werden.'^) Derselbe Text bestimmt ferner, dass,
wenn die Bürgschaften nicht bis zu dem vorgeschriebenen Termin
gestellt sind, der Zuschlag ungültig ist und eine nochmalige Ver-
steigerung vorzunehmen ist. Vgl. III 1 1 : 'Eav oi tlv£? töv xaxa-
ETcavaTipa^T^aovxaL auxwv cd wvat. Vgl. VI 8 ff. Schärfer kann der
obligatorische Charakter der Bürgschaft nicht formulirt werden.
Wenn man die Bürgen auch erst binnen 30 Tagen nach dem
Zuschlag vorzuführen hatte, so kam es doch vor, dass man auch
schon bei der Auction eventuell auf Anfrage solche in Aussicht stellen
musste. Dafür spricht die Erzählung bei Joseph, ant. XII § 177,
die durch Plut. Alcib. 5 in dieser Grundfrage bestätigt wird. Dass
^) Auch von den römischen praedes sagt Polyb. VI 17, 4: ol S' eYY"<jövxa'.
xo'jg Yjyopay.öxa^, und auch er unterscheidet die, welche dyopa^ouai, und die,
welche vcoivcovouau Also kennt auch er nur die Bürgschaft für die Pächter,
nicht für die Gesellschafter.
Wenn zwei Pächter eine Pacht übernahmen, wird jeder seine eigenen
Bürgen gestellt haben. Oder sollte der äpxwvr^g dies allein übernommen haben?
^) Rev. Pap. 34, 2flf.; 56, 14. Dass an letzterer Stelle die Zeitbestimmung
fehlt, gehört zu den zahlreichen Liederlichkeiten des Textes.
Letzteres bestätigt der Louvretext bei Revillout, M61. S. 302,27:
Xyjcp^Evxtov T(5v y.aO-Yjxövxcov S'.eyYur^iJLocxcov x[a]uxYji; xs xai xwv äXXwv wvwv,
xa^ocTCsp %al 5',' Ixspwv qqi Ysypoccpafisv. Dazu ermahnt hier der ßaaiXixös
YpafjLfiaxsug den olxo'^6\ioc,.
§ 1. DIE STEUERERHEBUNG IN DER PTOLEMÄERZEIT. 549
der schlaue Joseph den König und die Königin selbst als Bürgen
proclamirt, ist eine würdige Parallele zu der Erzählung, dass der König
ihn in seinen Wagen eingeladen habe. Letztere hält zwar Mahaffy
(Empire S. 219) für credible, sie ist aber doch nur über den alten
Leisten von Genesis 41, 43 geschlagen. — Der Oikonomos und der
königliche Schreiber hatten darauf die Bürgschaften auf ihre Sicher-
heit und ihren Wert hin zu prüfen (iT^iaxl'j/aa-ö-a'.). War alles in
Ordnung, so acceptirten sie sie (Xajjißaveiv) und bestätigten die
Richtigkeit durch Unterschrift des zwischen dem Pächter und den
Bürgen vereinbarten Contractes. So fasse und ergänze ich Pap.
Paris. 62 II 9: xal twv £'.[X]yj96[T(jL)v] xa ScsyT^'^H'^'^^ [6710]-
Ypa^a^ ÖTi lTü£ax£|Ji{Ji£v[a]i) £ialv xa[c] £:aLV a^[La . . . .JO-odc.
Erfolgte die Bürgenstellung ohne die Controle der genannten
Beamten, so war sie ungenügend, und es mussten neue Bürgen gestellt
werden. Die einmal verbürgten Güter aber hafteten weiter für die
betreffende Steuer. Vgl. Pap. Paris. 62 III 3: lav hk T'.V£g av£i) Vf\c,
Tö)V 7i:poY£Tpa(x|ji£V(i)v Yvw[ir](; Sceyyu'i^aiöaLV, xa Xyj^-ö'EVTa Ö7rap^£:
tlc, Ty]V lyXr^iJ^'.v xai avayy.aa-ö-yjaETac Tzpo^hiz'^^udL'^ xoö TrapoixoXoyrj-
Zur Uebernahme der Bürgschaft war Jeder, der die nötigen
Garantien bot, befähigt; nur die königlichen Beamten waren auch
hiervon ausgeschlossen. Vgl. Rev. Pap. 15, 2 ff.
Strittig ist, für welchen Betrag der Pächter Bürgen zu stellen
hatte. Lumbroso Rech. S. 325 meint, die Bürgen hätten nur für
den Teil der Pachtsumme gutgestanden, für welchen das eigene Ver-
mögen des Pächters nicht ausreichte (pour le reste). Hiergegen
sprechen die oben citirten Worte des Rev. Pap. 34, 2 und 56, 14,
auch Pap. Paris. 62 I 15, wonach die Pächter vielmehr Bürgen zu
stellen hatten xwv £^£L7.oaTwv (HI. Jahrh.)^), resp. xöv £7:L5£xaTtov
(II. Jahrb.), also nicht nur für den gesammten Betrag der Pacht-
summe^), sondern gar noch für ^^^P- A ausserdem. Zu welchem
Zwecke dieser letztere Bruchteil noch extra erhoben wurde, ist oben
So auch Revillout.
^) Das irj,]biy.oc~0'^ im Rev. Pap. 9, -3 steht damit nicht in Widerspruch.
Das bezieht sich notwendig auf Anderes.
•"^i Das eTitSsxaxov bedeutet das Ganze und dazu. Entsprechend das
scpstxoaxöv.
550
VI. KAPITEL.
S. 534 gezeigt worden, Dass im Ernstfalle die Regierung sich
zunächst an den Pächter und dann an die Bürgen hielt, diese also
pour le reste herangezogen wurden, mag im Allgemeinen richtig sein.
Aber bürgen mussten sie doch für das Ganze.
Diese Thatsache spricht a priori dafür, dass der Pächter, nament-
lich wenn es sich um grössere Pachten handelte, mehr als einen
Bürgen gestellt haben wird. Allerdings steht einmal (Rev. Pap. 19, 3)
Tiap' auTWv (seil, den Pächtern) tou iylyu'jou. Ich möchte daraus
aber nicht mit Grenfell S. 89 schliessen, dass jeder Pächter nur einen
Bürgen gehabt habe. Wollte man den Singular pressen, so würde
ja sogar herauskommen, dass alle Pächter zusammen nur einen
Bürgen gehabt hätten. Der Singular steht also in genereller Be-
deutung, wie so oft in derselben Urkunde bei 6 dyopaaa^ u. ä.
Das beständige Wechseln zwischen Plural und Singular spricht nur
für die schlechte Stilisirung der Urkunde. Dass wirklich mehrere
Bürgen zugelassen, ja sogar vorausgesetzt waren, dafür spricht Rev.
Pap. 11, 15: Toö ap)(a)]voi) t6 ovojjia xal tJöv lyyuyjTWV, denn hier
ist von der Einzelliste des einzelnen ap)(wvy]? die Rede. Vgl. auch
Demosth. c. Timocr. 39 (p. 712, 27), wo es innerhalb eines Gesetzes
heisst: tw hh xaTaaTY]aavi: zobc, lyyuyjTag.
Die Summe, für die der Einzelne die Bürgschaft übernahm,
wurde in dem mit dem Pächter vereinbarten Contract genau fixirt.
Waren mehrere Bürgen, so übernahm wohl jeder einen Teil der
Gesammtsumme. Gerade durch diese Repartirung unter
mehrere wurde es auch den kleineren Kapitalisten ermög-
licht, sich an den Pachtgeschäften als Bürgen zu beteiligen.
Uns ist eine Bürgschaftsurkunde (sYyuyj, formell au{xßoXov) aus dem
2. Jahre des Epiphanes erhalten (Petr. Pap. II XL VI). Man hat
bisher angenommen 2), dass der Bürge sich hier für die Gesammt-
summe verbürge, für die der Pächter die Pacht übernommen habe.
Die Möglichkeit ist zuzugeben, aber der Wortlaut besagt nur, dass
der Bürge für den Pächter die Bürgschaft übernehme für 2 Talente.
Ich halte es für wahrscheinlich, dass die Pachtsumme eine sehr viel
^) Darum kann ich Grenfell S. 86 nicht zustimmen, wenn er zur Erklärung
des rätselhaften OLbisyyuov jispog x'^; wvtjs 17, 3 meint, dass das Deficit so
gross sein konnte, dass die Bürgschaft nicht ausreichte, es zu decken. Nach
den Gesetzes Vorschriften ging das jedenfalls nicht.
2) Grenfell, Rev. Pap. S. 113; auch ich noch in Gött. GA 1895 S. 162.
§ 1. DIE STEUERERHEBUNG IX DER PTOLEMÄERZEIT. 551
grössere gewesen, und der vorliegende Bürge eben nur für die 2 Talente
haftet. Darum verbinde ich die Geldangaben in (b) 3 ff. nicht mit
l^eiAr^tfCTOC, was an und für sich möglich wäre, sondern mit
Ebenso liegt es in dem zweiten Beispiel, das wir haben, den
Zoispapyri. Wie schon oben S. 265 bemerkt wurde, ist TTpo? y^aXxoO
O'j Ä/vAacyr^ lsc 5' (Z. 17 f.) nicht mit (TJVcYAaSdvxoc. sondern mit
SsBoa^a: sv Z:By^('jri\iOLV. zu verbinden. Auch hier kann die Pacht-
summe des Dorion eine viel grössere gewesen sein. Sicher ist nur,
dass Thanubis speziell für die genannte Summe die Bürgschaft
übernommen hatte. Damit erledigen sich die Betrachtungen Gren-
fell's S. 113 ff. (Rev. Pap.), die ihn nebst anderen Punkten zu der
Auffassung fuhren, dass die Bürgschaft für einen Steuerpächter
mud have been an extremely burdensome /.eiTovoyiu, and it is surprising
that any one could have been found to undertake the duty except under
compulsion. Diese Vorstellung ist meines Erachtens für den Bürgen
ebenso wenig zutreffend wie für den Pächter und Gesellschafter
(s. obenj. Nichts spricht dafür, dass die Bürgschaft zu den ASiTOUp-
yia: gehörte. Sie war vielmehr ein rein privates Geschäftsunternehmen,
ebenso gut wie die Teilnahme an einer Pachtgesellschaft.
Dass sich Leute für ein solches Geschäft fanden, wäre aller-
dings unglaublich, wenn wir wh'klich annehmen müssten, dass
die Bürgen nicht auch irgend welchen Anteil am Profit gehabt hätten,
sondern nur am Verlust. Der Hauptzweck der Bürgschaft war ja
allerdings, dass der Bürge einzutreten hatte im Falle des Deficits.
Das schliesst aber nicht aus, dass im Falle der Erfüllung der Pacht
ihnen irgend welche Emolumente zugewiesen w^urden. Auch für die
athenischen Bürgen nimmt man einen Gewinnanteil an; Beweise
scheinen allerdings nicht vorzuliegen.
Betrachten wir zunächst die Deckung des Deficits. Im Rev.
Pap. 34, 19 heisst es: „Wenn ein Deficit ist, soll der Oikonomos
Boeckh, Staatshaush. I' S. 407: „vermutlich gehörten sie häufig zu den
Teilnehmern am Gewinn". Noch allgemeiner GUbert S. 395. Boeckh scheint
daran zu denken, dass die Bürgen in die Pachtgesellschaft eintraten und dadurch
sich einen Gewinn zu sichern suchten. Dasselbe wird für die römischen praedes
angenommen (Dietrich S. 19). Mir erscheint es sehr auffällig, dass der Staat
darauf eingegangen sein sollte, ein und dasselbe Vermögen zweimal als Sicherheit
anzunehmen, denn auch die jii-cxov wurden, wie wir sahen, zur Deckung des
Deficits herangezogen.
552
VI. KAPITEL.
es eintreiben von den Pächtern und den Gesellschaftern und den
Bürgen, von einem Jeden den auf ihn entfallenden Betrag" (t6
STiLßaXXov). Dies steht in dem Abschnitt über die Apomoira.
Danach ist die alleinige Nennung der Bürgen in dem allgemeinen
Teil 17, 13 auffällig. Ich bemerke aber, dass die Ergänzung
£[YYU(i)v] twv £yY£Ypapi[X£VO)V snl zrii wv^c nicht notwendig ist.
Ich erwarte eher einen allgemeinen Ausdruck für Alle, die haften,
etwa £[v6xo)v]. — Die Zoispapyri und Petr. Pap. (II) XL VI zeigen
uns, wie im Falle eines Deficits, wenn der Pächter nicht zahlungs-
fähig war, und auch der Bürge kein baares Geld hatte (|jiy)t£ tou
A(i)pLü)vo? ScaypacpovTO? [jly]T£ xy]? ©avoußco^ 6Tro|i£voua'yi^ hiop^-oua-
•8-at), die verpfändeten Grundstücke confiscirt und zur königlichen
Domäne geschlagen wurden. Sie werden dann wie jedes andere
Domanialgut nutzbar gemacht, d. h. verpachtet^) oder auch ver-
i:auft.2)
Auf die von mir vermuteten Emolumente der Bürgen glaube
ich in einem zerfetzten Passus des Pap. Paris. 62 einen Hinweis zu
finden. Nachdem die Hauptbestimmungen des Bürgschaftsvertrages
aufgezählt sind, heisst es II 11: (hc, £av xi aTc[oX'']7r(oa[L . . . .] x . . v]
xa-ö'yj7wOV t[ ]ü)acv [. . . d7:o]T£caov[. . .] [lav 5'] dva-
7rX[yjpö)aLV xd^] (i)v[d(;? ]. Ob Z. 14 noch dazu
gehört, ist schwer zu sagen. Hier waren die Pflichten und die
Rechte der Bürgen normirt. Der Text spricht aber nicht nur von
der Möglichkeit des Deficits, sondern auch von dem Falle, dass
die Pachtsumme in ihrem vollen Betrage eingehe. In letzterem
Falle wird den Bürgen irgend welcher materieller Vorteil in
Aussicht gestellt sein — etwa ein Anteil an jenen zehnprocentigen
d(J;ü)Via, für die sie ja gleichfalls gebürgt hatten (s. oben).^) Hier-
mit steht durchaus im Einklang, dass die eyyuoi nach Rev. Pap.
34, 15 keinen Anteil an den iTTLyEVYjjJLaTa, den Ueberschüssen hatten,
So in den Zoispapyri. S, oben S. 525 An. 2.
^) In Petr. Pap. XLVI ist kein Hinweis auf eine Ueberlassung auf Zeit.
Hier scheint Verkauf vorzuliegen. Zum Text vgl. Gött. GA 1895 S. 161 flf. und
auch Eevillout, Melanges S. 306fi'.
^) Die Versuchung liegt nahe zu ergänzen: [sav 5]' dvaTcX[Yjpwa'.v, Ö4'](0v[i . . .
Dann stünde dvaTiXyjpouv hier im prägnanten Sinn. — Wie diese Prämie bei
denen bemessen wurde, die nur einen Teil der Gesammtsumrae verbürgt hatten,
bleibt dunkel.
§ 1. DIE STEUERERHEBUNG IX DER PTOLEMÄERZEIT. 553
die eveDtuell über die Paehtsumme und über jene 10 (resp. 5) Proeent
hinaus erzielt wurden. Sie konnten nur belohnt werden für die
Summen, die sie verbürgt hatten, Anteil an dem reinen Geschäfts-
gewinn verträgt sich allerdings nicht mit dem Wesen der Bürgschaft,
aber eine Prämiirung für den Fall der Erreichung des vom Staat
erstrebten Zieles ist wohl nicht undenkbar. Eine solche Massregel
der RegieiTing wu*d man um so eher begreifen, wenn man bedenkt,
dass sie in jedem Jahre Bürgen für die gesammten Steuern Aegyptens
(-|- 10 resp. 5^/o) brauchte.
Die Summe, für die die Bürgen hafteten, mussten sie hypo-
thekarisch sicherstellen. Vgl. Petr. Pap. (II) XLYI (b) 5: r.po; ä
(seil, die 2 Tal.) 67:oTL0nrj[jL: TYjv 6-apycuaav \ioi olyJ.ocv xal aoXrjV
zal Ta a'jvxupovxa Iv EuspyeTiS:. Auch die Thanubis in den Zois-
papyri verpfändet ihr Grundstück.
In Petr. Pap. (II) XL VI wird die Sicherheit der Hypothek
durch den bekannten schriftlichen Eid beim König verstärkt, (b)
Z. 6: [xlal dpLWjjLGxx [tgv YJsYpajJLjisvpvO opxov ßaaiX'.xov xaxa
TS a'jpißGAGV tcOto. Der Eid selbst ist in (a) erhalten. Der Bürge
schwört (nach meiner Lesung): [TaJ'JTr/^ ty;v OTTcO-i^xYjV f^v bizozi-
O-Eixa T:pG[c] ^[dAajvTa C'j[o cl]v[a:] £|it,v xaO-apav xal jiy] xjtzo-
xsTaO-ai 7:p6; aXXo |xyjO-£v äa// f^ tt^v 7:poY£Ypa(i[|i£vr]]v EYY^r^v.
Xach Pap. Paris. 62 II 7 ff. scheint mir ausserdem noch eine
andere Garantie verlangt zu sein. In den von den Bürgen den
Pächtern auszustellenden a'j|Ji,3oAa"-) soll nämlich nicht nur fixirt
sein, für welche Summe die Bürgen sich hypothekarisch ver-
pflichteten, [o]aa [l-l? Töv uj^oO-r^xwv Igtlv, sondern auch
TiVcC g[:] p£pa:a)T[al3) xal oaa; £xaa]To: elc, t7;v ߣßa:ü)aiv
O7:o07)xac [ ] C£Ott)xaa'.v. Es könnte nahe liegen, unter
den p£pa'.a)':a: wieder die Bürgen selbst zu verstehen. Mir ist ein
solcher Wechsel des sonst so constanten terminus technicus jedoch
[xöv rpoYjsYpafijasvov schlug ich in GGA 1895 S. 162 für Mahaffy's
[•cov 'J7t£pY]sYpa|ji;jievov vor. Am Original sah ich aber, dass für -p6 oder
sonst etwas kein Platz ist. Es wird also nur die Schriftlichkeit hervorgehoben.
-) Diese süfißoAa sind nicht gegenseitige Contracte, sondern einseitige
Erklärungen des Bürgen. Vgl. Petr. Pap. (II) XLVI (b) 7: xazi x6 oujißoXcv
TOUTO. Es enthält hier nur die Verpflichtungen, die der Bürge auf sich nimmt.
3) Von Wessely hergestellt, Wochenschr. f. Klass. Phil. 1896 14. Oct. Nr. 42.
554
VI. KAPITEL.
bedenklich. 1) Auch ist die Angabe des Namens bei diesen
einseitig vom Bürgen ausgestellten aufxßoXa so selbstver-
ständlich, dass man sie kaum als besondere Rubrik, und noch
dazu an zweiter Stelle aufführen würde. Be^aLWcat sind uns
sonst als diejenigen Gewährsmänner bekannt, die beim griechischen
Kauf die Evictionsgarantie für den Verkäufer leisteten. 2) Es wäre
ganz verständlich, wenn hier ähnlich für den sich Verbürgenden die
ßsßaiwxai die Sicherheit seiner Hypotheken gewährleisteten, auch
ihrerseits wieder durch Stellung von Hypotheken. Der Staat würde
sich so durch eine doppelte Reihe von Hypotheken auf alle Fälle
schadlos halten. Wenn ich Polyb. VI 17, 4 recht verstehe, sicherte
sich auch die römische Republik in derselben Weise: ol |Ji£V y*^?
ayopa^ouat Tiapa twv Tifjtr^xwv auxol xd? exSoaet^, oi he xoLVWvoöai
Touxot^, Ol 5' lyyuövxat zobc, Yjyopaxoxa»;, oi hh. xd? obaiaq hihoocGi
Tiepl xouxtov dq x6 hr]\L6aiov. Da sind deutlich vier Klassen geschieden:
1. der manceps, 2. die socii, 3. die praedes, 4. diejenigen, welche
für diese praedes (jzBpl xouxwv) ihr Vermögen dem Staate an-
geben, d. h. mit ihm haften. Wie hier ÖLBoaai, heisst es auch an
unserer Stelle oeStoxaacv. Es scheint mir daher nicht richtig, diese
vierte Klasse mit den Bürgen zusammen zu werfen, wie das wohl
meist geschehen ist — Cagnat S. 86 ff. scheidet sie z. B. nicht aus — ,
vielmehr dürften wir in ihr die den griechischen ßsßaitoxaL ent-
sprechenden Hintermänner der Bürgen erkennen.^)
Wenn in dem Symbolon vom 2. Jahre des Epiphanes (Petr.
Pap. XL VI) solche ßeßaLWxai nicht genannt werden, so wurden sie
damals entweder noch nicht verlangt, oder die ßeßaiwxai übernahmen
damals in einem besonderen au^i^oXov die Garantie für die Sicher-
heit der Hypotheken des Bürgen.*)
Diese (TJ|xj3oXa der Bürgen wurden, wie es scheint, von ihnen
selbst^) und von dem Trapeziten unterzeichnet und versiegelt auf
^) In der nächsten Zeile werden die Bürgschaften des Bürgen wieder ganz
eorrect als SisYYur/fiaxa bezeichnet.
2) Vgl. Mitteis, Reichsrecht u. Volksr. S. 503 ff.
^) Mommsen bestätigt mir dies durch Hinweis auf Corp. gloss. 2, 256, wo
ßeßatcoxr^S = auctor secundus, und auf Dig. 21, 2, 4 pr.
Oder der Bürge könnte auch in einer besonderen Urkunde darüber
berichtet haben.
^) Pap. Paris. 62 II 4/5: sacppaytajisva utzö [xwv . . . .]ü)v xal zob xpctm-
^ixou. Eevillout, Mel. S. 283 ergänzt xwv aOxwv, was auf den Oikonomos und
§ 1. DIE STEUERERHEBUNG IX DER PTOLEMÄERZEIT. 555
der betreffenden Bank deponirt. Der Trapezit hatte dann in das
Monatsjournal die Hauptpunkte spezialisirt (t6 za-ö-lv) einzutragen
(Pap. Paris. 62 II). Nahmen die Pächter die au{xßoXa zfic,
hLe''(yuyiGeLOc, entgegen, brachten sie aber nicht auf die Bank, so
mussten sie Jeder ein Talent Strafe zahlen und darauf die Depo-
nirung ausführen (Pap. Paris. 62 III 6 — 10).
Die von den Afterpächtern dem Oikonomos und königlichen
Schreiber zu stellenden Bürgschaften unterlagen denselben Bedingungen
wie die der Pächter. Das Gesetz hebt ausdrücklich hervor, dass die
von den Afterpächtern gestellten Bürgen dem Pächter nicht an-
gerechnet werden sollen. Vgl. Pap. Paris. 62 III 17 — IV 4. Die
letztere Bestimmung ist sehr bemerkenswert: die in Afterpacht ge-
gebenen Teile der Gesammtpacht waren dem Staate also doppelt
verbürgt.
Am Ende des Jahres erhielt jeder Bürge vom Oikonomos eine
Abrechnung (b'.0(.XoyiG\i6f), worin ihm bestätigt wurde, dass alle seine
Verpflichtungen erfüllt seien (Rev. Pap. 20 7 ff.).
C. Die Steuererhebung.
Die Hauptaufgabe des Steuerpächters war, die von ihm gepachtete
Steuer in vorgeschriebener Weise einzufordern, zu erheben und die
Pachtsumme an die königliche Kassen- resp. Magazinverwaltung ab-
zuführen.
Ebenso wie in Athen und Rom stand dem Pächter für die Er-
hebung ein grösseres Personal zur Verfügung. Erst der Revenue-
Papyrus hat uns in das Detail dieses Personals eingeführt. Die
betreffenden Columnen sind jedoch derartig zerstört und lückenhaft,
dass ein klarer Einblick in die Stellung dieses Personals ausgeschlossen
ist, und die erhaltenen Einzelangaben nur schwer verständlich sind.
So vermag ich die Hauptfrage, ob dies Personal vom Pächter oder
von der Regierung angestellt war, nicht mit völliger Sicherheit zu
beantworten. Man sollte denken, dass der Pächter sich selbst dieses
königlichen Schreiber gehen soll. Doch deren Nennung liegt etwas weit zurück.
Mir scheint Grenfell's Vorschlag xwv i-xyüiöv den Vorzug zu verdienen. Vgl.
Rein bei Pauly, Realencykl. VI 1 S. 20 über jiraedia suhsignarc.
Der vorhergehende Satz zeigt, dass nicht etwa der Oikonom und könig-
liche Schreiber gemeint sind.
556
VI. KAPITEL.
Personal hielt, denn wenn der Staat es gethan hätte, so könnte man
fragen, worin denn überhaupt der Nutzen des Pachtsystems bestand,
wenn trotz des Pächters der Staat die zahllosen Steuereinnehmer zu
stellen und zu honoriren hatte. Die Fragmente des Revenue-Papyrus
lassen denn auch die Deutung zu, dass das Personal vom Pächter
zu stellen war, zeigen dann allerdings, dass das Verhältnis zwischen
Pächter und Personal einer eingehenden Controle durch die Regierung
unterlag. So bestimmt Rev. Pap. 13, 1 ff., dass der Oikonomos und
sein Secretär (der avxLypa^su^) gemeinsam mit dem Pächter ent-
scheiden sollten, ein wie grosses Personal für die betreffende Steuer
anzustellen sei: [oaoo]^ 5[e 5]£t xaiaaTa-^-^vai de, IxaaTYjv wvyjv
XoY[£]u'cdg 7.od uTiyjpexa^ xal au[xj3oXo9uXaxa(;, Scaypa'j'aTa) ö xe
o[t]x[o]v6|JLO? xal 6 av[Tiypa9£U^] (xeid toö dp)([tüvou]. In den
Zeilen vorher wird ferner von der Regierung bestimmt, mit welchem
Gehalt ((xca-ö-o?) diese Unterbeamten anzustellen waren. Angenommen,
der Pächter hielt dieses Personal, so wurde er hierdurch verpflichtet,
das Gehalt auszuzahlen und zwar von den eingehobenen Geldern —
^710 TÖ3V [)wOY£u]^dTa)V (12, 13). Jedenfalls werden diese Beträge
ausser der Pachtsumme erhoben worden sein, falls sie nicht vorher
mit eingerechnet waren. Thatsächlich gezahlt haben sie also die
Steuerzahler. Die Annahme, dass der Pächter, nicht die Regierung,
diese Subalternen anstellte, erhält wohl dadurch eine Stütze, dass
der Pächter verpflichtet ist, sie ebenso wie seine Gesellschafter und
Bürgen im Pachtcontract und dann in der besonderen ypa^ig (s.
oben S. 542 f.) namhaft zu machen. Vgl. Rev. Pap. 11, 16 f Das
würde doch kaum verständlich sein, wenn sie ihm von der Regierung
zugewiesen wären.
Betrachten wir die vom Revenue -Papyrus genannten Beamten
einzeln. Da sind zunächst die Xoy£UTat^), die in Aegypten dieselbe
Rolle wie die ey.Xo^elq in Athen spielen. Von den letzteren sagt
Boeckh (Staatsh. S. 406): „Bald werden damit öffentliche Beamte
bezeichnet, welche im Namen des Staates dessen Gelder einziehen,
daher auch die den Tribut erheben, der niemals verpachtet war, mit
diesem Namen genannt werden, bald bezieht er sich auf diejenigen,
welche im Namen der Generalpachter das Gefall erheben." Ebenso
kommen auch in Aegypten Xoy£DTaL als staatliche Erheber von Ein-
^) Ein XoyeuxrjS in Ostrak. 318.
§ 1. DIE STEUERERHEBUNG IN DER PTOLEMÄERZEIT. 557
nahmen vor, die nicht verpachtet waren daneben aber auch wie
oben als Erheber verpachteter Steuern. Die Zahl der bei der Einzel-
pacht anzustellenden Xoyc'JTa'' wird, wie schon bemerkt, durch den
Oikonomos und seinen Secretär zusammen mit dem Pächter festgesetzt.
Die Xaraen dieser Logeuten hat der Pächter zusammen mit denen
der anderen Subalternen der Regierung in der früher erwähnten Liste
(Ypa^r/j anzuzeigen (Rev. Pap. 11, 16).-) Einer von ihnen scheint
eine leitende Stellung gegenüber den anderen gehabt zu haben. Vgl.
Mahaffy, Petr. Pap. Appendix S. 3: töv (1£t' 'ApiaxoxpCTOU^ ^oysuTtov.
Sie hatten ein besonderes Amtslocal, das Ao^(euTf]piGy (Rev. Pap. 11, 13)
und erhielten zur Zeit des Philadelphos einen monatlichen Lohn von
30 Silberdrachmen. ^)
Neben ihnen erscheinen a. a. O. die uTnrjpsTac. Auch Beamte
dieses Titels begegnen als Erheber von nicht verpachteten^) ebenso
wie von verpachteten Einnahmen. Im Rev. Pap. 55, 18 werden
UTzr^pizcci speziell als Diener „des Pächters" genannt: oi ri^(opO(.'/,6zeq
TYjV a)[vr^v] r^ oi to'jtwv birfipizoL'.. Sie waren niedrigeren Ranges
als die Logeuten und wurden daher auch von diesen bei der Steuer-
erhebung verwendet (vgl. vorige Anmerkung). Ihr Lohn betrug
monatlich 20 Silberdrachmen zur Zeit des Philadelphos. Vgl. Rev.
Pap. 12, 16.
An dritter Stelle werden die Tj[jißGXo^'jXa7.cC aufgeführt. Das
waren Spezialbeamte, die mit der Aufbewahrung der Quittungen
So in den oben S. 65 ff. publicirten Holztafeln. Die Erhebung der T'.jxai
von den königlichen Pachtungen (vgl. S. 398) Avar natürlich nicht verpachtet,
sondern A\-urde direct von königlichen Beamten erhoben. So hier von dem AOys'JxVj?.
Der XoYS'Jxr,^ scheint die Summe an den Oikonomos abgeliefert und dieser erst
an die königliche Bank gezahlt zu haben. Vgl. den Text auf S. 67. Darum
erscheint auch in der Bankquittung der Zoispapyri (I 1 — 4) kein TsXcbvr,^. Das
hier Gesagte bestätigt unsere obige Vermutung (S. 517 An. 2), dass derTheodoros und
Heliodoros der Zoispapyri, auf deren Anweisung hin die Bank das Geld in Em-
pfang nahm (xaTi tt^v '!)7:oy.£:|i£vr,v S'.aYpacpTjV), Oikonomen war.
^) Rätselhaft sind mir noch ol sv xw'. äiiTiopioi: A[ojY£Uxai (Rev. Pap. 9, 2).
Vielleicht ist zu ergänzen 12, 14: XoY£'Jx[ats dxäjaxwi, 15: bT.[r,piia.:^
[Ixdoxü)'. 5pay|jial xxX und 17: aDfißoXocp'jXa^'. [ixaaxw. 5paxfija{. Dann
wird das izHoy. iui noch klarer.
■*) Vgl. die Holztafeln S. 65. Die Zahlung der x'.|ar, erfolgt an den
XoYS'Jxr^S Theon, der vertreten ist durch Dionysodoros xöv Sxpaxtovoj
558
VI. KAPITEL.
(aufxßoXa) betraut waren. Diese erhielten damals 15 Drachmen in
Silber monatlich.
Ausserdem gehörte zum Bureau des Pächters ein e<^ohoq. Da
dieser bei weitem das grösste Gehalt bekam, nämlich 100 Drachmen
monatlich, so werden wir in diesem „Inspector" etwa den Bureau-
vorsteher des Pächters zu sehen haben.
Im II. Jahrh. v. Chr. begegnen uns ausserdem noch ßoyj-ö-ot,
Hilfsbeamte, im Dienste des Pächters. Vgl. oben S. 171.
Endlich nennt der Revenue - Papyrus den avTcypa^su^ des
Pächters. Dazu ist der avTcypa^ojiSVO^ in der Inschrift aus Byzanz
bei Ziebarth Gr. Vereinsw. S. 24 zu vergleichen, auch die contra-
scriptores der römischen Publicani der Kaiserzeit (Cagnat S. 98).
Negativ sei hervorgehoben, dass sich für die Verwendung von
Sklaven zu den Erhebungsgeschäften, wie sie für Rom mehrfach
bezeugt ist und für Athen von Boeckh (Staatsh. I^ S. 407) ange-
nommen wird, in Aegypten keine Spur findet.
Mit Hilfe dieses im einzelnen Falle wohl oft recht umfang-
reichen Bureaupersonals betrieb der Pächter die Erhebung der von
ihm gepachteten Steuer. Der Revenue-Papyrus hat uns gezeigt, dass
der Pächter hierbei einer sehr weitgehenden Controle seitens der
königlichen Beamten, im Besonderen des Oikonomos und seines
Secretärs, unterstand, und dass diese Beamten vielfach concurrirend
mit dem Pächter oder doch subsidiär in den Gang der Erhebung
eingriffen. Grenfell vertritt in seinem grundlegenden Commentar
sogar die Ansicht, dass die Geldsteuern überhaupt nicht vom Pächter,
sondern vom Oikonomos erhoben seien; die Pächter seien oft nur
die Zuschauer und manchmal selbst das nicht gewesen (S. 105).
„Payments in money", sagt er ein ander Mal (S. 80), „did not pass
through the hands of the tax-farmers" und „the presence of a govem-
ment officicd, hut not the presence of the tax-fminer, was essential in
all payments of taxes.'' Ich habe schon in der Deutschen Literatur-
zeitung 1897 Sp. 1019 Widerspruch gegen diese Auffassung erhoben
und muss hier noch einmal genauer auf diese wichtige Frage eingehen.
Die angeführten Worte Grenfell's basiren vor Allem auf folgendem
Fetzen des Rev. Pap. (10, 10—11):
10 ]5 '/.od Ol xocvwve? a)[
11 ]V |XY]0"£V avsi) ^[ö
Darauf fehlen einige Zeilen.
§ 1. DIE STEUERERHEBUNG IN DER PTOLEMÄERZEIT. 559
GreDfell ergänzt^) und erklärt dies S. 80 folgendermassen : „2%€
chief fanner and Jus assocmtes shall not receive any payments except
in the presence of ihe oeconomm and antig raphem." Formell kann
er sich dafür auf die Worte am Ende der Columne stützen (16):
lOLc, ü)vac lav x'. t[ ] [ ]t: ave-j toö avTcypaf-^lwc]
AaßwG'.v r^ TipacavTc^ (xt) a[v£V£Y*/-wa'.] rrpc; töv dviiyp^?^^?
[T:v£Tcoaav] £!^ t6 ßaaiXix6[v ::£v]':r//.ov[': ].
Ich bemerke zunächst, dass, wenn es auch nachher heisst, dass
das Erhebungspersonal nicht dv£U Tou dviiypacpea)^ Geld empfangen
soll, daraus noch nicht folgt, dass auch vorher von dem Geldempfangen
oder Erheben durch Pächter und Gesellschafter gesprochen sein muss.
Zumal hier auch die Gesellschafter genannt werden (s. oben S. 539 f.),
glaube ich viel eher, dass hier von irgend einer anderen Thätigkeit
die Rede ist. Ferner wird durch die Parallelstelle die Ergänzung
des Oikonomos auf keinen Fall gerechtfertigt.
Vor Allem aber scheint mir in beiden Fällen dv£U falsch gefasst
zu sein. Dass das Erhebungspersonal und ebenso auch der Pächter
nur in Gegenwart jener Beamten hätten erheben dürfen, ist doch
ganz unglaublich. Man vergegenwärtige sich nur die zahllosen Raten-
zahlungen, die im Laufe eines Monats oder gar eines Jahres erhoben
wurden, und man wird die Ungeheuerlichkeit dieser Vorstellung
erkennen. Ich behaupte, dass aveu toO dvTiypa'^^toc in diesem
Zusammenhangt) nur heissen kann „ohne Wissen, ohne Willen",
wie es ausführlicher in Pap. Paris. 62 III 3 heisst: dveu if^z tü)v
7tpGY£Ypa[i[i£VC!)v Yvwpir^;. und stütze mich auf die schon öfter er-
wähnte Klagschrift bei Mahaffy, Petr. Pap. Appendix S. 3. Da
klagt ein Pächter gegen seinen Mitpächter oder Gesellschafter (s. oben
S. 540), Gl'. av£'j y^pLÖv xal tGjv \lzz 'ApLaTGxpiTGug Xoys'JXwv [t^Po]-
E£V£'l ToOg 'j7:g-:£A£T; toö (^uAax[aTc]xGO ei? t6 lScov. Das kann
nur heissen: „ohne unser Wissen und ohne Wissen jener Logeuten
0 10 ^ ipxwvrj; xai o«. xo'.vwv£; . .
11 ]v jir^O-dv dtvE'j xo[ö oiy.ovö'io'j]
12 \yi 'oO äv':'.Y?2'?£WS XafißaväTtoaav . . . .]
^) Yj& soll natürlich nicht geleugnet werden, dass mit äveu auf die Abwesen-
heit hingewiesen werden kann. In diesem Sinne steht es vielleicht im Petr.
Pap. (II) XIII 18'>, 17. Doch ist es auch hier nicht nötig, an die Abwesenheit
zu denken.
560
VI. KAPITEL.
lädt er die Steuerzahler zu sich in's Haus." Hier ist durch die
Sachlage die Uebersetzung „in uoserer Abwesenheit" ausgeschlossen,
denn er konnte unmöglich verlangen, dass in seiner Gegenwart oder
gar angesichts der Logeuten die Einladung erging. Wohl aber konnte
er verlangen, dass ein solcher Verkehr mit den Steuerzahlern nicht
ohne sein "Wissen erfolge. Und so besagt meines Erachtens auch
Rev. Pap. 10, 11 nur, dass Pächter und Gesellschafter nicht ohne
Wissen des [Antigrapheus] diese oder jene Massnahmen treffen sollten.
Es bleibt noch die andere Ansicht Grenfell's zu widerlegen,
dass die Geldsteuern nicht vom Pächter, sondern regelmässig vom
Oikonomos erhoben seien. Dagegen spricht zunächst Rev. Pap. 15, 10 ff. :
0: 7i:pLa(x£V0L xac (i)[vd? 7ipaaa]£a'8'a)aa[v zobq']
uKoxeXeXc, 7ravT[ ]a i% Ta)[v . .] . wv.^)
Hier wird ganz allgemein angeordnet, dass der Pächter die
Steuern einzutreiben habe, ohne dass dies etwa auf die Natural-
steuern beschränkt wäre.
Noch deutlicher spricht Rev. Pap. 34, 2 ff.: [ol §£ Tipiafxsvoc
dY]opdaa)a[cv] ev T^piepafti;] X, iccc, hk %ax[aßoXd^ TrocigjaovTa: iwv
Xprj(jidTWV ÖLTiQ äiou £ü)? ['r7r£p[3£p£TaLou^) xax]d (ji-^va t6 £7icßdXXov.
Grenfell ergänzt •/.OLz[ix'^pOL^dLC, und übersetzt: ,,and the sureties shall
register the 2>roperty which they mortgage, in monthly instahnents from
Dius to . . . ." Der Subjectswechsel wäre hart, kommt aber in dieser
Urkunde vor. Aber das verpfändete jwoperty ist nicht ypTgixaxa.
sondern UTudpyovxa oder ähnlich — Häuser oder Grundstücke. Und
was sollen die monatlichen Zahlungstermine bei der Registrirung der
Hypotheken? Ich ergänze wie oben und übersetze: „Die Pächter
sollen Bürgen stellen und sollen die Geldzahlungen (nämlich an die
königliche Bank) vom Dios bis Hyperberetaios , d. h. vom ersten
bis zum letzten Monat des Jahres, in monatlichen Raten abführen."
Im Gegensatz zu den Geldzahlungen, die sich auf die Besteuerung
^) Grenfell liest vöJijtov. Am Original erschien mir das |ji sehr unwahr-
scheinlich.
2) Nach Grenfell ist kein Platz für TTispßspcxatO'j. Es kann aber kaum
etwas anderes da gestanden haben. Vielleicht ist etwas corrigirt worden. Oder
es müsste der Begriff ,,Jahresschluss" mit einem allgemeineren Worte aus-
gedrückt sein.
§ 1. DIE STEUEREEHEBUNG IN DER PTOLEMÄERZEIT. 561
der TiapdcBecaoi beziehen, handeln die nächsten Worte von der Erhebung
der Naturalabgabe von den ajXTiEAöveg : oooc, 6' av ATg^O-f/. Trap'
Die Evidenz dieser Interpretation wird durch die Parallelstelle
in dem Abschnitt über das Oelmonopol noch klarer. Vgl. Rev.
Pap. 56, 14 ff.: ol he 7ip:a[X£V0L xYjv [a)]vY]V eyyuouq ywaTaan^aouai
Tü)[v] scpsLXoaxwv xocl hiopd'(j)aoyx(xi xa [[jl]£V XoY£UfJia[T]a ywa-ö-'
Trjjiepav [ejm xy^v xpa7ü£^[ay]. Auch Pap. Paris. 62 V 12 spricht
von den xaxaßoXa: des Pächters^), womit wie immer die Ablieferung
der eingezogenen Gelder an die Regierungskasse gemeint ist. Vgl.
auch Andoc. de myst. 134: xaxaaxYjaag b[iiy iy^uriiocq i^ileE^T. xa
)(pf;[xaxa y,!xl y.Oiii^ocXov xfj tzoXel Hier sagt der athenische Steuer-
pächter Andokides ausdrücklich von sich, dass er die Gelder ein-
getrieben und an die Kasse abgeführt habe. Die citirten Worte
des Revenue-Papyrus zeigen, dass es im ptolemäischen Aegypten nicht
anders gewesen ist.
Endlich treten unsere Ostraka beweiskräftig dafür ein, dass
entsprechend der obigen Interpretation des Revenue-Papyrus die
Pächter auch die Geldsteuern erhoben und an die königliche Kasse
abführten. Da haben wir einmal zahlreiche Beispiele dafür, dass
die Pächter den Steuerzahlern quittiren, so und so viel Geld von
ihnen empfangen zu haben (Jx^ ^^^^ aizix^ Tiapd aoö zxX, vgl.
oben S. 60—63), und andrerseits noch mehr Quittungen, in denen
die Bankbeamten den Pächtern bescheinigen, dass sie so und so viel
Geld an die königliche Bank gezahlt haben (vgl. oben S. 63 — 80,
S. 118 f.).
Nachdem wir so als Grundlage die Ansicht gewonnen haben,
dass in der Regel der Steuerpächter, mit Hilfe des ihm unter-
stellten Bureaupersonals, die Geldsteuern und die Naturalsteuern
erhoben und an die Bank abgeführt hat, betrachten wir die einzelnen
Fälle, in denen statt seiner Regierungsbeamte als Erheber erscheinen,
und versuchen, ob diese Ausnahmen sich unter gemeinsame Gesichts-
punkte fassen lassen.
^) Twv 5s xaxaßoXöv aufxßoXa Xa[xßavex(i)aav v.zX. — In dem allgemeinen
Abschnitt über den SiaXoyioiiös (.Rev. Pap. 16 — 17) kommt zutallig kein directer
Hinweis auf die Zahlungen der Pächter vor. Es fehlen aber 2X7 Zeilen. Wahr-
scheinlich war in 17, 5 davon die Rede, wo etwa zu ergänzen ist: [xaxaßsßXi^Jxaaiv.
WiLCKEN, Ostraka. 36
562
VI. KAPITEL.
1. Rev. Pap. 18,17.^) Bei der Schlussrevision soll der Oekonom
feststellen, ob noch von den Afterpächtern oder sonst Jemandem
etwas geschuldet wird, was der Oekonom einziehen müsste: 8 8[£l
TÖv oVlnoyoixav npöt^Gci. Hiernach werden Steuerrückstände (vgl.
IvocpeiXeTat) als Forderungen bezeichnet, deren Eintreibung in das
Ressort des Oikonomos gehört.
2. Nach Rev. Pap. 19, 11 wird der Oekonom vom Dioeket be-
auftragt, für den Fall eines Steuerdeficits ^) die Eintreibung von
dem Steuerschuldner vorzunehmen und die eingehobenen Gelder dem
Pächter (so Witkowski) zu übergeben, wenn die STicXoyeuacg statt-
finde. Auch hier treibt der Oikonomos Steuerrückstände ein. Wenn
er nicht binnen drei Tagen erhoben und abgeliefert hat, so treibt
der Dioeket es ein, der Oekonom aber zahlt das Dreifache als
Strafe.
3. In Rev. Pap. 22, 5 scheint der Oikonomos Strafgelder zu
erheben. Doch die Stelle ist lückenhaft.
4. Rev. Pap. 28, 9 If. Wenn der Pächter mit dem Winzer nicht
pactirt hat, darf er auch nicht die Apomoira von ihm erheben. In
diesem Falle soll der Oikonomos und sein Secretär den Pact machen
und den Wein einziehen und an die Staatskellereien abführen. Dem
Pächter aber soll zur Strafe der Betrag nicht angerechnet werden.
Hier ist klar, dass der Oikonomos subsidiär als Erheber eintritt,
wenn der Pächter nicht richtig functionirt.
5. Rev. Pap. 31, 14. Wenn die Winzer den Apomoirawein nicht
rechtzeitig an die Kellereien abführen (vgl. oben S. 159 A. 2), müssen
sie ein Strafgeld zu Gunsten der Pächter zahlen (Z. 2: a7roTL]v£T(i)).
Dies Strafgeld soll der Oikonomos einziehen und an die königliche
Bank abführen für das Conto der Apomoira (uTiep xyj^ wvy]?).
6. Rev. Pap. 33, 6. Wenn die Früchte der TiapaSsLaoL sich nicht
verkaufen^), soll der Oikonomos zusammen mit dem Pächter den
^) Die Tipa^tg in Rev. Paji. 17, 12 und 34, 18 scheidet für uns aus, da es
sich hier nicht um Erhebung der Steuer von den Steuerzahlern handelt.
^) Genauer, wenn ein Steuerpächter mehrere Steuern gepachtet hat und
er kein £7C!.Y£vr,[jia erzielt hat, durch das das Deficit in einer anderen Pacht
ausgeglichen werden könnte. In Z. 11 ist etwa ^[TttYevYjO'jTji oder Sinnverwandtes
zu ergänzen, nicht i[vo:peil]r,i. Der Gegensatz ist: säv rji 7t£piYt.vö|JLSVöv tu
^) Ich ergänze 33,2: öaoc, S' (xv |i['yj TiwXyjO-^i] (seil. '/.ccpTzöc,) und Z. 6
wohl TCpaaatov zccc, [Ixxag dvacfepjexo).
§ 1. DIE STEUERERHEBUNG IN DER PTOLEMÄERZEIT. 563
Verkauf vornehmen, darauf (allein) die Steuer einziehen und für
das Conto der Steuer an die Kasse abführen. Hier tritt der Oiko-
nomos ein, nachdem der reguläre Gang der Erhebung gestört ist.
7. Kach dem Lou^"retexte bei Revillout Mel. S. 302 haftete
der Oikonomos eventuell mit seinem eigenen Vermögen dafür, dass die
Steuerrückstände des vei'flossenen Jahres gedeckt wurden. Z. 24:
Auf den Abschnitt über das Oelmonopol gehe ich nicht ein,
da es sich hier, wie Grenfell richtig hervorhebt, nicht um Pächter
einer Steuer, sondern eines ganzen Betriebes handelt.
Aus den angeführten Fällen ergiebt sich, dass der Oikonomos
und sein Secretär als Erheber einzutreten pflegten, wenn es sich
entweder um Steuerrückstände oder Strafgelder handelt, oder auch
wenn der Pächter nicht ordnungsmässig functionirte , oder durch
andere Verhältnisse die reguläre Erhebung der Steuer gestört war.
Einen weiteren Beleg hierfür bieten die Turiner Papyri V, VI, VII,
in denen Pastophoren Klage führen gegen Uebergriffe des TZpbc zy]:
oly,ovo\LioL'. TÖv apY'jp'.7.ö(v) tgO naO-upiTGi) , d. h. des Oikonomos
für die Geldverwaltung des Pathyritischen Gaues. Das izpioaziv
dieses Oikonomos wird in VI und \T1 ausdrücklich als ein ^r^[i'.G-
TipazTcIv charakterisirt, d. h. als ein Eintreiben von Strafgeldern.
Diesen Thatsachen gegenüber bleibt mir Rev. Pap. 29, 11 ein
Rätsel: die Besitzer von Nutzgärten sollen mit dem Pächter pactiren
und daraufhin soll der Oikonomos das Sechstel erheben (xal Ix
TO'JTO'j Ty;v [£7.]ryjv T.pocaai-zoi 6 oixovojag;). Hier scheint von der
regulären Steuererhebung die Rede zu sein, und doch soll nicht
der Pächter, sondern der Oikonomos einziehen, und zwar auf Grund
des Pactes, den der Pächter mit den Steuerzahlern gemacht! Das
ist den angeführten Zeugnissen, im Besonderen den auf dieselbe sxryj
bezüglichen Bestimmungen in 34, 4 (s. oben) so entgegen, dass man
sich zu einer anderen Erklärung gedrängt fühlt. Auch das Ostra-
kon 1344 bestärkt uns in dieser Annahme. Da wird über dieselbe
EXTTj (axpoop6(i)v) quittirt, von der der Revenue -Papyrus an der
fraglichen Stelle handelt. Xun erscheinen hier aber zwei Personen
als Erheber: OiXoxAf^^ xal Ilawc. AVenn man auch bei den anderen
Quittungen über cLV.pGtp'ja (s. oben S. 134) den Einwand, die er-
hebenden Personen könnten der Oikonomos resp. Unterbeamte
36*
564
VI. KAPITEL.
desselben sein, schwer direet widerlegen kann, so ist es doch hier mehr
als unwahrscheinlich, dass der Oikonomos zwei ünterbeamte zur
Erhebung der paar Drachmen abgesandt habe. Wir werden viel-
mehr nach S. 545 in ^'.Xoy.Xf^? xal Jla&q die Firma zweier associirter
Pächter der szty] zu erkennen haben.
Danach möchte ich annehmen, dass entweder in Rev. Pap, 29,11
doch nicht eine reguläre Erhebung der Steuer gemeint ist, und
dann steckt die Lösung des Rätsels vielleicht in den 7 verlorenen
Zeilen am Anfang der Columne, oder aber, dass 6 olxov6|jlo^ ver-
schrieben ist für 6 TsXwvT]^.
Dass in Z. 17 derselben Columne die exirj an den Oikonomos
abgeliefert werden soll, entspricht den obigen Ausnahmen (namentlich
unter 6), denn hier handelt es sich nicht um die reguläre Erhebung.
Wir halten demnach an dem Resultat fest, dass die Steuer-
erhebung — in Geld wie in natura — regelmässig dem Pächter
oblag, und dass die Regierungsbeamten nur unter den oben
charakterisirten Bedingungen, die gesetzlich fixirt waren, subsidiär
für sie eintraten.
Es hat sich aber auch ergeben, dass der Oikonomos und sein
Secretär eventuell auch Steuerrückstäude und Strafgelder einforderten.
Für derartige Erhebungen wird uns ausserdem eine Spezialbehörde
genannt, die hiernach ihren Namen führte, die TipaxTOpe^, „die Ein-
treiber" xax' ec^oyrivJ) Dass man in der Kaiserzeit etwas ganz
anderes darunter verstand, soll unten gezeigt werden. Von den
ptolemäischen Praktoren hat schon Revillout (Revue Egypt. II S. 140),
dem Grenfell (Rev. Pap. S. 78) mit Recht beistimmt, erwiesen, dass
er der huissier gewesen ist, der öffentliche Schulden einzutreiben
hatte. Uns interessirt hier besonders, dass er auch mit der Ein-
treibung von Steuerschulden betraut war. So wird im Pap. Leid. Q
(vgl. den Text oben S. 61 A. 1) die rückständige Apomoira vom
J. 22 und 23 im J. 26 durch den SoxLjxaaTi^^ an ihn gezahlt (vgl.
Grenfell, Rev. Pap. S. 115). So erfolgt ferner im Falle der Nicht-
erfüllung der Pachtbedingungen seitens des Steuerpächters die Ver-
steigeruDg der für sie verpfändeten Liegenschaften auf Grund der
1) Z. 14 ergänze ich [sxßäjAXr/.. Vgl. Z. 19: sx7ü[£]aYji.
-) Der Titel Praktor erscheint gelegentlich in demotischen Texten trans-
scribirt als p-r-a-g-t-o-r. Vgl. H. Brugsch, Thesaurus iuscript. aegypt. V p. XV
(aus Trajan's Zeit).
§ 1. DIE STEUERERHEBUNG IN DER PTOLEMÄERZEIT.
565
vom Praktor im Verfolg seiner Abrechnung aufgestellten Schuldner-
liste. So erkläre ich Zoisp. 113: zax'avBpa 7üpaxT0pL7w0'j SiaXoyiajioö.
So wird ferner nach Petr. Pap. (II) XIII 17 ein gewisser Kleon vom
Praktor — wie jener meint, fälschlich — als Steuerschuldner notirt:
7capaY£Ypa|X(JL|JLa: xöt TipazTop: wc (5[9£cX(ü)v)] Tzpbq xa afXTieXLxa
ztX. Aber auch Straf- und Bussgelder werden von ihnen eingezogen.
So wird in einem Gesetzesfragment aus dem III. Jahrh. v. Chr.
(Petr. Pap. II XXTT) der TipaxTWp, der hier als 6 iizl xwv ßaaiX:-
x[a)v] TTpocoSwv zez(x.y\Liyoq bezeichnet mrd^), verpflichtet, gewisse
Bussgelder zu erheben.
So steht der ptolemäische Praktor im Wesentlichen mit denselben
Befugnissen vor uns wie der athenische Beamte gleichen Xamens,
dem nach Boeckh (Staatsh. I^ S, 189) die Eintreibung der Gerichts-
und Strafgelder oblag. Da hiernach der Praktor mehrfach mit den-
selben Aufgaben betraut war wie der Oikonomos, so wird vielleicht
anzunehmen sein, dass er diesem unterstellt war, zu seinen Organen
gehörte. 2)
Soviel über die Competenzen der Pächter und der Beamten. Im
Folgenden soll kurz das Wichtigste von dem, was wir über den Gang
der Steuererhebung selbst wissen, zusammengestellt werden. Dabei
müssen manche Fragen, die der zerfetzte Revenue-Papyrus an uns richtet,
bei Seite gelassen werden, andere können hier nur gestreift werden.
Schon die Frage nach der Uebernahme der Geschäfte durch den
neuen Pächter bietet grosse Schwierigkeiten. Pap. Paris 62 IV 9 ff.
sagt: ToXq 6' £YXa(xßavoua:v xd? wvd?- {icxaSo-ö-i^aexaL utto xwv npo-
7üpaYfiax£uo|Ji£va)v xd ^(Z'/f]\Locz(x, xwv 7tpo£Xy]Xi)-9'i)L(i)v f^|JL£pü)v |ji£xd
)(£LpoYpa9''ag opxo'j ßaaiXr/oO. Also der Vorgänger des neuen Päch-
ters soll diesem die Erträgnisse der vorhergehenden Tage übergeben.
Was sind das für vorhergehende Tage? Ich denke, die Tage, die
im neuen Steuerjahr bis zu der definitiven Uebernahme der Geschäfte^)
^) Vgl. Pap. Leid. G 3, vom 16, Jahre des Ptolemaios Alexander.
Immerhin scheint die Stellung des TtpaxTOip damals eine verhältnis-
mässig hohe gewesen zu sein. Vgl. den eben erwähnten Titel 6 stiI xwv ßao'.Xi-
Xü)V 7tpo;ö5(ov. In Petr. Pap. (II) XVII (1) wird an den Tipaxxcop eine Klag-
schrift eingereicht (Z. 8). In Z. 14 f. ebendort werden Untergebene des irpocxiiop
erwähnt: xobc, riOLpcc . . . zou -päxxopog.
^) Der Pachtcontract wurde ja ierst 30 Tage nach der Auction abgesohh>ssen.
Inzwischen waren die Abmadiungen mit den Bürgen zu treflfen , das Personal
auszusuchen u. s. w.
566
VI. KAPITEL.
durch den neuen Pächter verstrichen. Das würde voraussetzen, dass
der alte Pächter auch im neuen Jahr bis zu diesem Termin eintreiben
durfte, wenn auch auf Rechnung des neuen Jahres. AVie hier-
mit die Angaben über die iizO.oyeuoiqy von der der Revenue-Papyrus
in den ersten Columnen handelt, zu vereinigen sind, ist mir nicht
klar geworden. 1)
Als Regel wird zu gelten haben, dass der Pächter nur für
das Jahr, für welches er die Pacht übernommen hatte, einziehen
durfte. Blieben Rückstände, so wurden diese, wie wir sahen, von
den Regierungsbeamten erhoben, eventuell hielt sich der Staat an
die vom Pächter gegebenen Sicherheiten. Daher quittiren unsere
Ostraka fast regelmässig nur über Zahlungen, die für das laufende
Jahr erhoben sind. Gegenüber der erdrückenden Fülle von Bei-
spielen können die wenigen Fälle, in denen die Zahlung einer rück-
ständigen Summe (vom vorigen Jahre) quittirt wird, nur als Ausnahme
gelten. Ich habe nur folgende Beispiele unter den ptolemäischen
Quittungen gefunden: 342, 712, 719, 723, 1313, 1350, 1356, 1360,
1498, 1512, 1518, 1532, 1533. Man könnte annehmen wollen, dass
die hier genannten Erheber, die immer ohne Titel genannt sind, nicht
die Pächter, sondern eben jene Regierungsorgane sind. Ich möchte
jedoch die Erklärung vorziehen, dass in diesen Fällen die Pächter
zur Erhebung des vorjährigen Rückstandes berechtigt waren, weil
sie auch damals Pächter gewesen waren und im laufenden Jahr die
Pacht des vorigen Jahres erneuert hatten. Wie bei einer solchen
Wiederholung der Pacht die Rückstände behandelt wurden, darüber
giebt uns, soweit ich sehe, weder der Revenue-Papyrus noch der
Pap. Paris. 62 irgend welche Auskunft. Ich will nur darauf hin-
weisen, dass es in Athen jedenfalls den Pächtern, die im folgenden
Jahre die Pacht erwarben, erlaubt war, selbst die Rückstände zu
erheben und so eventuell ihre Schulden zu begleichen. Vgl. Plut.
Alcib. 5: etwO-oie? ydp asl xalg beuTspoLiq modc, Xp£a)>.UT£lv tä^
^) Waren die STciXoysuaavxss des Eev. Pap. etwa die alten Pächter, bis
zum Antritt der neuen? Doch ich kann bei der Zerfetztheit des Textes zu
keinem zwingenden Resultat kommen. — In Eev. Pap. 6, 1 muss vor s^eaxü)
wegen des folgenden /ar^Se ein ergänzt werden. Damit fällt Mahaflfy's Er-
klärung bei Grenf. S. 78. Aber die Schwierigkeiten weiss ich nicht zu lösen. —
Viereck (Berl.phil.Woch.189G Sp. 1649) vermutet, dass die STiaoysOaavxss
identisch sind mit den Tüpdxxopss. Grenfell trennt sie — wohl mit Recht.
§ 1. DIE STEUERERHEBUNG IX DER PTOLEMÄERZEIT.
567
TTptOTa?. Es ist niclit unwahrscheinlich, dass das in Aegypten ähn-
lich geregelt war.
Wir haben schon oben in Kap. lY bei Besprechung der einzel-
nen Steuern mehrfach darauf hingewiesen, dass die auf den einzelnen
Steuerzahler entfallende Steuersumme nicht etwa an vorgeschriebenen
Terminen in gleich grossen Teilzahlungen, sondern vielmehr in völlig
ungebundenen Raten im Laufe des Jahres gezahlt wurde. Zwar
zerfiel die Jahressumme in Monatsraten, die normaler Weise auch
monatlich hätten gezahlt werden sollen (s. unten), aber thatsächlich
wurden diese Xormalraten mit Rücksicht auf die Verhältnisse der
Zahler in ganz beliebigen Effektivraten entrichtet. Es kam nur
darauf an, dass am Ende des Jahres die ganze Summe gezahlt war,
und der Zahler nicht mit einer Schuld angeschrieben wurde (Pap.
Paris. 62 I 9 — 10). Die Regierung nahm also weitgehende Rück-
sicht auf die wirtschaftliche Lage der steuerzahlenden Bevölke-
rung. Dass die Naturalien nur nach der betreffenden Ernte ent-
richtet werden konnten, versteht sich von selbst. Aber auch bei
den Geldsteuern wurde Rücksicht darauf genommen, wann der Steuer-
pflichtige zahlungsfähig war. Füi* jede Ratenzahlung, die der Steuer-
pflichtige dem Erheber übergab, erhielt er von diesem eine Quittung,
und zwar gewöhnlich auf einer Topfscherbe (vgl. oben S. 60 ff.).
Ueber die Zwangsmittel, die dem Erheber zu Gebote standen,
sind wir nur unvollständig unterrichtet. Dass er bei Zahlern, die
sich hartnäckig weigerten, zu körperlichen Züchtigungen schreiten
durfte, ist in diesem Lande, wo die Bastonade seit den ältesten
Zeiten zu den beliebten Regierungsmitteln gehörte, a priori sehr
wahrscheinlich und wird durch die oben S. 470 angeführten Worte des
Ammianus ^larcellinus direct bezeugt. Viel schmerzhafter aber war
es dem Aegj-pt^r, wenn es an die Pfändung seines Eigentums ging.
AVir wiesen schon oben darauf hin, dass nach dem nicht unglaub-
würdigen Bericht des Josephus der Pächter zugleich auch das Recht
pachtete, enventuell durch Confiscation der oOaia den Steuerbetrag
herauszubekommen. Einen urkundlichen Beleg dafür kenne ich für
diese Zeit nicht. Nach demselben Josephus ist anzunehmen, dass
der Pächter eventuell auf die Unterstützung durch das Militär rechnen
durfte. Für die Ptolemäerzeit kenne ich ausserdem nur noch einen
Hinweis darauf, die fragmentarische Stelle im Pap. Paris. 62 VI 21:
9l 6Dva[i£L^ d7:[oax]£{XavTo[5]. Auch könnte man darauf hinweisen.
568
VI. KAPITEL.
dass Ptolemaios Philadelphos das Edict über die Neuordnung der
a.7z6\ioip(X nicht nur den Civilbehörden , sondern auch den Spitzen
der Militärverwaltung mitteilte. Vgl. Rev. Pap. 37. An die Josephs-
legende dachte Boeckh, als er die im Allgemeinen doch zu schwarz
malenden Worte niederschrieb : „Uebrigens sogen die Ptolemäer die
Länder gänzlich aus, und die Steuern und Tribute wurden mit be-
waffneter Macht von den habsüchtigsten Generalpachtern eingezogen,
nicht durch Soldaten darf man sagen, sondern durch Räuberbanden."
Vgl. Staatshaush. S. 13.
Was die cpuXaxT^ in Rev. Pap. 10, 1 zu bedeuten hat, ist nicht
ganz klar. Es ist an und für sich nicht unwahrscheinlich, dass mit
dem TsXtoviov ein Wachtlokal verbunden war, das eventuell auch als
Schuldgefängnis dienen konnte. Dass auch schon damals das für die
römische Zeit bezeugte Kpocxzcpioy bestand, ist wahrscheinlich (s. unten).
Gegen eventuelle Uebergriffe der Erheber stand dem Steuer-
zahler das Beschwerderecht zu. Im Pap. Tur. V — VII beklagen
sich Pastophoren beim Epistrategen der Thebais über die Uebergriffe
des Oikonomos, der Strafgelder von ihnen einforderte (s. oben S. 563).
Sie beriefen sich in ihrer Beschwerde auf das schon von früheren
Königen erlassene Gebot xaivc^eiv". Der Pap. Paris. 61
(II. Jahrh. v. Chr., aus Memphis) wirft ein grelles Licht auf die
damaligen Missstände. Die Drangsalirungen (6caa£La|Jioc) und uner-
laubten Schröpfungen (TiapaXoyeTaQ und Verleumdungen der Steuer-
pächter (vgl. auxo^av'ceTa'ö'ai) sowie auch Uebergriffe seitens der
Beamten hatten damals Viele derartig erbittert, dass sie die weite
Reise nach Alexandrien nicht scheuten, um hier vom König selbst
Schutz zu erbitten. Daraufhin erging das vorliegende Rundschreiben
an die höheren Beamten, in dem strengstens verboten wird, irgend
Jemand zu schädigen (kuTzelv). Ganz besonders aber richtet sich der
Erlass gegen die Steuerpächter: [laXtaxa be twv auxo^avTsTv iTiixei-
po'JVTWV TsXtovwv.i) Die detaillirten Bestimmungen der ptole-
mäischen Steuergesetze haben also doch nicht solche Uebergriffe
verhindern können, und auch in Aegypten haben die „Zöllner" —
wohl nicht nur zur Zeit dieses Erlasses — den allgemeinen Hass
auf sich geladen.-) Dass derartiges häufiger vorkam, dafür spricht
^) Vgl, Z. 8 : {xaX'.axa 5s xa-ca xwv Tzpoc, xacg xsXwvta'.g svx'JYXavövxwv.
-) Vgl. ausser Pollux VI 128, IX 32 jetzt aucli Herondas VI 64: zobc, yap
X£Aü)vas Tiaaa vöv %•upr^ cpptoasi.
§ 1. DIE STEUERERHEBUNG IN DER PTOLEMÄERZEIT. 569
auch, dass der Pap. Paris. 62 sogleich in seinen Eingangsworten
einschärft: xal [xy] ] [xeXXsTe (Tjy.ocpavnfjaeiv [ jxrjSe]
5[:a]ßaXX£iv, dXX' anb toö ßsXTtaxou [TupayiiaTeuea^a]: xaxa tou?
v6[ioug ztX (s. oben S. 529).
D. Die Rechnungslegung.
Das Geld, das der Pächter vom Steuerzahler erhalten hatte,
zahlte er weiter an die königliche Bank, die Naturalien aber über-
wies er dem betreffenden Ressort des Thesauros. lieber den Modus
der Ablieferungen soll unten in § 3 und 4 bei der Darstellung der
Banken und Magazine gehandelt werden. Für jede Zahlung, resp.
Xaturallieferung erhielt der Pächter von der betreffenden Verwaltung
eine Quittung, und zwar gewöhnlich auf einer Topfscherbe. Vgl.
oben S. 63—80, 98—103, 118 f., 125, 128 f.
Feste Termine für die Ablieferung an Bank oder Thesauros
gab es nicht (vgl. z. B. oben S. 281). Wohl aber gab es Termine
für die Abrechnung mit den Behörden: alle Monate fand ein 6:a-
Xoyia\L6c, statt. Der Pap. Paris. 62 IV 13 sagt kurz und bündig:
{x-^va 1% Twv TTiTüTovTWV Im T7]V Tpa.TzeC.a.v. Detaillirte Bestimmungen
über diese monatliche Abrechnung enthielt der Rev. Pap. 16 — 18.
Vgl. auch 54, 20 ff. Der Text ist jedoch derartig lückenhaft, dass
im Einzelnen Manches unklar bleibt. Danach hatte der Oikonomos
und sein Secretär über jeden Monat eine Abrechnung mit dem Steuer-
pächter abzuhalten, und zwar immer vor dem 10. Tage des nächsten
Monats (jzpb zy]q oexaTY]^ ia[Ta|Ji£vou] 16, 4). Das, was in einem
Monat vom Pächter abgeliefert war, nannte man eine dvat^opa.
Auch die Pachtraten der Thanubis in den Zoispapyri werden so
genannt. Wiewohl nun die Steuerzahler in ganz freien Raten zahlten,
also die Einnahmen der Pächter sehr schwankende sein mussten,
gab es doch für die einzelne dva^opa eine Norm, denn sonst könnte
in col. 17, Iff. nicht von einer Verrechnung des Plus und Minus
der einzelnen Monatszahlungeu die Rede sein {imyi'^r^iLT. und vfit'.a).
Ob die Normalraten etwa von vorn herein mit Rücksicht auf den
Zeitpunkt der betreffenden Ernte für die einzelnen Monate verschieden
bemessen waren, lasse ich dahingestellt; wegen der Schwierigkeit
der Berechnung ist es kaum wahrscheinlich. Aber sicher ist,
dass bei einer Steuer die Torrn ine verschieden normirt waren:
570
VI. KAPITEL.
nämlich bei der Biersteuer rechnete man im Winterhalbjahr den
Monat zu 35 Tagen, im Sommerhalbjahr zu 25 Tagen. Vgl. Pap.
Paris. 62 IV 4 ff. : a: 6' avacpopal (JtspLaO-T^aovTai xfiq [xsv t^uxripotq
TYj? y^ElllZplVfiC, l^a[JL7^V0U XoyC^O|Jl£VO'J TOÖ [Xr^VÖ^ £^ 7,|Jt£pö)V Xe, zfic,
6s I? fj[Ji£pä)v x£, Twv 6' aXXwv wvwv Ix TOÖ zaxa Xöyov
Twv ÖTiapxouawv fx^xp^ toö a^, eav {jltj etic tlvwv aXXo ti Xuac-
TeXlaxcpov auv^topr^^TjC etcI Tipaacto^. Die letzteren Worte Aveisen
darauf hin, dass eventuell bei der Verpachtung besondere Bestimmun-
gen über die Normirung der avacpopa: vereinbart werden konnten.
In welcher Weise nun und unter welchen Umständen das Plus
und Minus der auf einander folgenden dvac^opai gegen einander zu
verrechnen waren, darüber hat der Rev. Pap. 16 — 17 genauere Vor-
schriften gebracht, von denen aber nur Bruchstücke vorliegen. Ab-
schriften des monatlichen hi(xXoyi(Jii6q erhielten nicht nur die Gesell-
schafter des Pächters, wie schon oben bemerkt, sondern auch der
Lokaldioeket und der Eklogist (Rev. Pap. 18, 7 ff.).
Nach Schluss des Jahres fand dann die Generalabrechnung statt,
und zwar vor dem 10. Tage des ersten Monats des folgenden Jahres
(vgl. Rev. Pap. 18, 9 ff., 34, 8 ff.). Hier wurden nun die Monatsraten
zusammengezählt, das Ergebnis mit der Pachtsumme^), die abzu-
liefern war, verglichen und danach festgestellt, ob Deficit oder Ueber-
schuss da war, oder aber die Pachtsumme gerade erreicht war. Je
nachdem fand die Auszahlung des ö^covtov (s. oben S. 532f.) an die
Pächter oder die Verteilung des Ueberschusses an Pächter und
Gesellschafter statt, oder aber es wurden die oben beschriebenen
Schritte gethan, um die Staatskasse für das Deficit zu entschädigen.
§2.
Die Steuererhebung in der Kaiserzeit,
A. Die gesetzliche Grundlage.
Wie die Steuererhebung in der Ptolemäerzeit durch königliche
Gesetze und Erlasse geregelt war, so war sie in der römischen Periode
auf kaiserliche Verfügungen basirt. In letzter Linie wird die aegyp-
tische Steuererhebung der Kaiserzeit auf die Neuordnung zurück-
^) 18, 14 ergänze etMa: x:ixf,v xfjC, [T^paasto;.
§ 2. DIE STEUERERHEBUNG IN DER KAISERZEIT.
571
gehen, die Augustus geschaffen hat. So beruft sich Ti. Julius
Alexander in seinem Steueredict mehrfach auf die Verfügungen des
d'EOC, liZ^OLOZoq. Dass sich schon der junge Octavian unmittelbar nach
der Niederwerfung Aegyptens im J. 30 v. Chr. mit dem Steuerwesen
Aegyptens eingehend beschäftigt hat, ist selbstverständlich; kaum ein
anderer Zweig der Verwaltung musste von solchem Interesse für den
neuen Herrn des Landes sein. Seine Verfügungen waren so durch-
greifend, dass noch in demselben ersten Jahre seiner Regierung in
der Thebais Sca Tobq ^opoi)^ (Strabo XVII p. 819) ein Aufstand aus-
brach, der dann durch C. Cornelius Gallus mit Waffengewalt nieder-
geschlagen wurde. Die Steuergesetze, die Octavian vorfand, haben
wir oben, wenn auch in einer früheren Entwickelungsstufe, kennen
gelernt. Wahrscheinlich hat er im Anschluss an sie neue
Steuergesetze in seinem Xamen verkündet. AVieweit er sich dabei
an die früheren Bestimmungen angeschlossen, wieweit er Neuerungen
eingeführt hat, ist nach dem jetzt vorliegenden Material schwer zu
sagen. Einige Einzelheiten, die sich schon jetzt erkennen lassen,
sollen unten behandelt werden. Ein winziger Rest eines Steuergesetzes
aus der Kaiserzeit ist soeben von Grenfell-Hunt als P. Oxyr. I 36
publicirt worden. Er genügt nur gerade uns zu zeigen, dass die
Regulative in der Kaiserzeit genau so detailliii; waren wie in der
Ptolemäerzeit. Auf die formale Aehnlichkeit mit dem Revenue-
Papyrus haben schon die Herausgeber mit Recht hingewiesen.
Ebenso wie die Ptolemäer das Grundgesetz des Ptolemaios Soter
durch ihre T.po^zi^(\iOLZOL und hiO(.ypy.\i\iy,zoc und SiopO-wixaia beständig
revidirten und mit den wechselnden wirtschaftlichen Verhältnissen
und Bedürftiissen in Einklang erhielten, so werden auch die Kaiser
durch die an die Statthalter Aegyptens gerichteten Rescripte an der
organischen Weiterentwickelung des augusteischen Grundgesetzes ge-
arbeitet haben. Auf ein solches Kaiserrescript bezieht sich z. B.
Julius Alexander in seinem Edict Z. 26: 6 ^£0? KXa'jSio? lypa-
']iEV ncaT6|JL(0. Ausserdem waren aber diese Statthalter selbst in den
oben S. 497 angedeuteten Grenzen befugt, durch Edict in demselben
Sinne zu wirken. Von solchen Statthalteredicten, die sich speziell
oder doch vorwiegend mit der Steuerverwaltung beschäftigen, sind
uns in den oben schon oft citirten Edicten des Cn. Vergilius Capito
vom Jalu-e 49 und des Ti. Julius Alexander vom Jahre ß>< zwei
Beispiele erhalten. Ein Hinweis auf solche Edicte findet sicli in
572
VI. KAPITEL.
BGU 340,24: xwv Tuepl töv toioutwv uttö Tiavitov yjYepiovtov TTpo^TS-
TaY|Ji£Vü)V, öaxe |JLY] TtapaTipaatv (= TiapaTcpaaaecv).
Die Statthalter hatten auch für die nötige Publicität der
Steuerregulative zu sorgen. Dass auch in der Kaiserzeit wie in der
Ptolemäerzeit für die Verpachtung der Steuern alljährlich die be-
treffenden Eegulative von Neuem veröffentlicht wurden (s. oben
S. 514), ist mir sehr wahrscheinlich. Aus Koptos (s. oben S. 347)
haben wir jüngst einen Steuertarif kennen gelernt, der auf Befehl
des Statthalters in eine Stele eingegraben und öffentlich zur all-
gemeinen Kenntnisnahme aufgestellt war.^) Die Edicte selbst aber
wurden zunächst in Alexandrien öffentlich angeschlagen und darauf in
Abschrift an sämmtliche Strategen verschickt mit der Weisung, sie
sowohl in der Metropole als auch in den Dörfern in deutlichen Buch-
staben zur Kenntnis zu bringen (CIGr. III 4956). Die Strategen
der grossen Oase kamen diesem Befehle nach, indem sie die Texte
an dem ersten Pylon des grossen Tempels einbauen Hessen.
B. Die Erhebuiigssysteme.
Während der Ptolemäerzeit waren sämmtliche Abgaben, die
directen wie die indirecten — im gewöhnlichen Sinne des Wortes —
nach einem System erhoben worden, dem Pachtsystem. In diesem
Punkte haben die Kaiser die Wege ihrer Vorgänger verlassen. In
Aegypten wie auch in den anderen Teilen des Keiches sind sie von
dem ausschliesslichen Pachtsystem, das ja auch in der römischen
Republik — völlig ausgebildet durch Gaius Gracchus — gegolten
hatte, zu einem gemischten System vorgeschritten, indem sie neben
der Pacht die Staatsregie einführten. Es soll hier zunächst kurz
zusammengefasst werden, was wir bisher über diesen Vorgang wussten.
Vorübergehend hatte schon der Dictator Caesar in das aus-
schliessliche Pachtsystem Bresche gelegt, indem er es nur noch für
die indirecten Abgaben bestehen Hess, die directen aber z. T., wie
die afrikanischen und sardinischen Korn- und Oellieferungen, un-
mittelbar an den Staat abführen Hess, z. T., wie die kleinasiatischen
^) Der Name des Statthalters muss an der zerstörten Stelle hinter smxoLyyiQ
gestanden haben. Ungenau sagte ich oben S. 347, dass der Stein auf Befehl des
Asiatieus aufgestellt sei. Dieser that es vielmehr auf Befehl des Statthalters.
§ 2. DIE STEUERERHEBUNG IX DER KAISERZEIT.
573
Gefälle, in feste Geldabgaben verwandelte und die Einziehung der
Einzelbeträge den Steuerdistrikten selbst überliess.^) Was vom Dictator
angeordnet und dann während der Agonie der römischen Republik
wieder ausser Kraft getreten war, ist von den Kaisern nach und
nach als dauernde Institution eingeführt worden. Zwar unter Augustus
und im ersten Teil der Regierung des Tiberius scheint die Einhebung
im Allgemeinen dieselbe gewesen zu sein wie in der Republik. Aus
den Worten des Tacitus (ann. 4, 6) : at Jrumenta et peeuniae vectigales,
cetera publicorum fructuum sodetatibus equitum Romanorum agitabantur
folgert Mommsen (Staatsr. 11^ S. 1017 A. 1), „dass sowohl die directe
Steuer an Naturalien und an Geld wie auch die übrigen Gefalle
damals, wenn auch nicht durchaus, so doch in bedeutendem Umfang
verpachtet wurden. Dies muss aber, eben nach dieser Stelle, schon
in der späteren Zeit des Tiberius wesentlich eingeschränkt worden
sein, und dies bestätigen die Inschriften." 2) Mehr und mehr scheint
dann die Erhebung der directen Abgaben „in die Hände der Ge-
meinden selbst übergegangen, zum Teil auch von Leuten aus dem
kaiserlichen Gesinde wenn nicht geradezu beschafft, so doch in den
einzelnen Gemeinden beaufsichtigt worden zu sein" (Mommsen a.a.O.).
Als Leute letzterer Art nennen die Inschriften mehrfach kaiserliche
servi mit dem Titel von exadores.
Anders stand es mit der Erhebung der indirecten Abgaben.
Für diese blieb das Pachtsystem im Wesentlichen bestehen, so für
die Freilassungs-, Erbschafts- und Auctionssteuer, sowie füt alle Zölle.
Bei den beiden ersteren ist freilich nach Trajan — wie Hirschfeld
wahrscheinlich gemacht hat, unter Hadrian — die Verpachtung mit
der directen Hebung vertauscht worden. Aber für die Zölle ist die
ganze Kaiserzeit hindurch im Wesentlichen das alte Pachtsystem
massgebend geblieben.-'^) Wie selbstverständlich dies für die Zölle
erschien, wird am besten durch Tac. ann. 13, 50 illustrirt. Als im
Jahre 58 die Klagen über die Unmässigkeit der Publicanen über-
hand nahmen, da dachte Kaiser Nero nicht etwa daran, die Pacht
1) Mommsen, RG IIP S. 506.
2) Vgl. Marquardt, StV ll-^ S. 313. Otto Hirschfeld dagegen schreibt schon
dem Augustus „die Einführung des directen Abgabensystems im ganzen Reiche"
zu (RVG S. 282).
2) Vgl. Mommsen, Staatsrecht a. a. O. S. 1018. Marquardt a. a. O. S. 312Ö\
Vgl. auch Cagnat, les impots indirects S. 87flf.
574
VI. KAPITEL.
durch Regie zu ersetzen, sondern die Zölle selbst aufzuheben.
Er zog es dann freilich vor, lieber durch schärfere Controle
das Pachtsystem zu verbessern. In sofern unterscheidet sich
überhaupt das kaiserliche Pachtsystem von dem alten republi-
kanischen, als die Kaiser eine intensive Controle einführten, die
früher gemangelt hatte: teils wurden „den einzelnen Hebestellen
kaiserliche Beamte von Ritterrang vorgesetzt, teils ein Teil der
subalternen Stellen mit Freigelassenen und Sclaven des Kaisers
besetzt."^) Ueber die Verbesserungen Nero's berichtet Tacitus a. a. O.
folgendes; ergo edixit jprinceps, id leges cuiusque puhlici, occultae
ad id tempus, proscriberentur ; omissas petitiones non idtra annum resu-
merent; Romae praetor, per ^wovincias, qui pro praetor e aut comule
esseyit, iura adversus publicanos extra ordinem r edder ent; militibus
immunitas servaretur, nisi in iis, quae veno exercerent; aliaque ad-
modum aequa, quae brevi servata, dein frustra habita sunt. Manet
tarnen abolitio quadragesimae quinquagesimaeque, et quae alia exactionibus
illicitis nomina publicani invenerant. Temperata apud tran&marinas
provincias frwnenti subveetio; et ne censibus negotiatorum naves ascribe-
rentur tributumque ^yro Ulis ender ent, constitutum. Ob die hier an-
geordnete Publicirung der Pachtgesetze 2) auch für Aegypten etwas
Neues gebracht hat, ist sehr fraglich. Waren hier doch schon die
ganze Königszeit hindurch die betreffenden Gesetze stets öffentlich
kund gegeben worden.
Das -stären etwa in kurzen AVorten die Hauptdaten, die uns
bisher über das Erhebungssystem der Kaiserzeit bekannt waren. Es
ist nun unsere Aufgabe zu untersuchen, w-ie sich unsere aegyptischen
Urkunden zu diesem Bilde verhalten.
Mommsen, Staatsr. IP S. 1019.
^) Diese leges cuiusque j)ul}lici entsprechen den oben behandelten vö|iot
xsXwvixoL, im Besonderen dem Eeveniie-Papyrus, der von Abschnitt B an gleich-
falls für jede einzelne Abgabe das Regulativ enthielt. Für die Kaiserzeit ist
jetzt, wie oben bemerkt, P. Oxyr. I 36 zu vergleichen. — Aus dem übrigen
Reichsgebiet könnte man als Analogie etwa die lex meialli Vipascensis (Ende
des I. Jahrh, n. Chr.) anführen (Bruns, font. iur. Rom.^ S. 266). Auch hier
sind die Bestimmungen nach den einzelnen Pachtobjecten geordnet. Aucli die
„in einander greifende Geschäftsführung des procurator metallorum und der
pachtenden Gesellschafter", die Mommsen (Staatsr. IP S. 1019 A. 1) mit Recht
als „merkwürdig" hervorhebt, findet mutatis mutandis in der concurrirenden
Thätigkeit der Oekonomen und der Pächter des Revenue-Papyrus ihre Parallele.
§ 2. DIE STEUEREKHEBUXG IN DER KAISERZEIT. 575
Ich habe die sämmtlichen in Kapitel IV behandelten Steuern
auf die Erhebungsform hin untersucht und will hier das Ergebnis,
das auch für manche andere Fragen von Wert sein kann, in extenso
mitteilen. Für manche Steuern ist es zur Zeit unmöglich den Er-
hebungsmodus zu erkennen, denn Auskunft geben uns unter den
Ostraka nur die Erheberquittungen und auch von diesen nur die-
jenigen, die dem Xamen des Erhebers den Titel hinzufügen, während
die Bank- und Thesaurosquittungen auf diese Frage keine Antwort
geben, da sie den Steuerzahler, nicht den Erheber nennen. Er-
gänzend treten die Papyri und Inschriften hinzu. Wir betrachten
als verbrachtet diejenigen Abgaben, die durch TSAwva:. 6y;»JiGaL(i)vaL,
[iiaO-w^ai. h(Xr^7:zo^tz. izzO:f^z6-:tz, TTpaYpiaTc'jTac oder aa)(oXo'j(Ji£vo'.
erhoben werden, dagegen als nicht verpachtet diejenigen, deren Er-
hebung den 7:paxTGp£c, Ä^aiTT^Tai oder den [xia^wral ''&pa; r^uXr^c,
^OY^Yf^z oblag. Doch kommen a-aiTr^Ta: auch bei Einforderungen
von Rückständen verpachteter Steuern vor. Die sTrir/jpr^TaL begegnen
in beiden Rubriken und entscheiden daher die Frage nicht, wo sie
allein nachweisbar sind. Die Begründung dieser Auffassungen wird
unten folgen. Wir geben zunächst die
TabeUe.i)
A. Verpachtete Stenern.
Teag? ayopavo^iia? § 1. zz/mtc^z: 1053, 1419.
Iya(t^7:tü)p) .... V aYopa(vo[iiac):
P. 8953.
&r^|ioaiu)vr^c: P. Oxyr. I 44 (8 f. toO to
ÄYopav6|itov 5Yjp,oa'.ü)vö)v.
aa/oXG'jfJLSvo?: P.Oxyr.I 44 (23 twv —
TG yp7,'^zlo'^ do/oAGUfisvcov).
iTTixTQpr^TY)? teXod; dcYapavo[i(ia$) i
1330, 1331.
^1 Dio §§ sind die des IV. Kapitels, Die Zahlen ohne nähere Bestimmung
sind Ostrakanummern. Was nach der Drucklegung von Kap. IV an Texten mir
bekannt wurde, ist hier mit aufgenommen. Die mit P. angeführten Nummern
sind noch unpublicirte Texte des Berliner Museums. Es sind oben nur die-
jenigen Belege auftreführt, die für die Frage, ob die Steuern ver-
pachtet oder nicht verpachtet waren, in Betracht kommen.
576
VI. KAPITEL.
lyß'uripoL § 7.
zeXoc, Ä[Jia5(a)v) § 10.
ßaX(avcx6v)§22.Vgl.S.168.
ziXoc, yspOLWv § 26.
e-^y/j-AAioy § 35.
eXaVpa § 38.
exa'.pLxov § 52.
TeXo; YjTwYJTWV § 57.
|jica^a)T%: BGU 485.
xeXwvYi?: 1054, 1057, 1261.
TsXwvT]^ -ö-yjaaupoö Lspwv: 782, 786,
789, 795 — 798, 807, 815, 819,
842 — 846, 857, 862, 871, 877,
882, 885, 1251, 1252, 1415, 1417.
iTutTYjpyjTY]? '9'r/aaupoö cepwv: 780, 781,
784, 849, 853, 857, 863, 916, 919,
924, 928, 932, 955, 1020, 1426,
1452.
[jLLCj'9'ü)Tyj^ aTTo^oCpa?) ßaXavecou: BGU
362 IX 2 f.
TEAwvYj?: 650, 1040, 1059, 1060,
1063, 1064, 1067, 1077, 1416,
1551.
£7itTyjpY]TYj^ ziXouq Y£pSt(i)v: 574, 660,
664, 680, 1073, 1332.
[jica^WTY]^ elhouq iyy.\jx)do\j: P. Paris.
17. Vgl. P. Leipz. 5.
aa)(oXo6(X£vog t6 eyxuxXLOv: BGU 748
II 5 und P. Oxyr. I 44.
6 Im zfic, iyKuxXiou: P. Oxyr. I 96.^)
£7rLTYipy]Tyj(; ziXouc, lyxuxXcou: 1066,
1454. P. Bibl. Nat. Par. Suppl. Gr.
910.2)
leXthyTiq: 1157.
teXwvy]?: 83.
[[xcaO-wxyj^]: P, Grenf. (II) 41 (ot £xat-
pLaptaia [jLcaO'Oupi£vo:).
T£Xü)vr^?: 464.
^) Die Herausgeber lesen Z. 2: Aioysvr^s ° auvaAlXay.xfjg?) S7:l x'^(g)
svxuxX[lou]. Ich vermute 6 auv (3cX(Xo!,g) xxX.
2) In diesem noch unpublicirten Text las ich : [ys]vd|j,[s]vos 7zpdy.xü)p xal
e7CLXYjpr^x(Yj5) svxu>tX£io(u), v'jvt y.xX. Natürlich ist der Mann nicht Tipäxxwp
und STiixT/pr^xr/S zu gleicher Zeit gewesen, und so ist auch Ttpaxxwp nicht mit
swy.uy.Xiou zu verbinden. Es ist etwa ein dpyjpiy-wv hinter Tipdxxwp zu
ergänzen.
§ 2. DIE STEUERERHEBUNG IN DER KAISERZEIT. 577
xXecv£VT(. .) § 64.
\oLyJjx^n%6^i) § 72.
zkXoc, 6yy}k(oLaia<;) § 88.
6p|xocpi)Xax(a^ § 89.
7i£VTy)xoaTYj (e^ay^y^g) § 91.
TrevTYjxoaTT; (ec^aywy^?) § 92.
tIXo? Taf^wv § 121.
6V%T^ § 126.
. . . 9o]Lvt%(. .) § 129.
TcevTYjxoaTY] d)v:ü)v § 138.
dLTioazoXioy § 141.
Ypa^etou § 147.
5c7tXa)|jLaTO? ovwv § 153.
WiLCKEN, Ostraka.
j e^z',zr^prlTod ziXouc, YjTur^TüJv: 1069 —
1072.
xeXwvYi^: 185, 187. P. 8598.
TsXwvTj?: 787.
teXwvy]?: 1054, 1057, 1261.
Ixia-ö-töTYj? elbouc, öpixo^uXaxta?: 262,
263, 274, 277.
aaxoXo'jfxevo^ xrjv 6p(xo^i)Xa7wtav : 302
— 304, 1276.
TeXtovY]?: 150, 801, 806.
7i£VTYjxoaT((ovr;^ ?) : 43.
xeXwvr^?: 1569.
TeXwvYj?: 1062, 1065, 1585.
eTTL-nQpr^TYjis xIXoix; L[xaTi07T;a)X(a)v) : 658,
1462, 1591.
TeXwvYj?: 1031.
TsXwvy]^: 35.
xeXwvr^?: 1056, 1076.
Der aTiaiTYjTT^? zieht Rückstände
einfür: |ji£pLa{ioö TOVXYjxoax'^?: 1329,
wvtwv resp. [A£pLa[AOö ü)vl(i)v: 560, 562.
1445,
|jL£p:a|jLoö teXod? wvcwv: 553, 588, 589,
597, 607, 608, 611, 1439.
|iepcafioö £vXet[JL(xaTO(; tcXwvlxöv (wvt-
ü)v): 558, 568, 590, 596, 643, 646,
1249, 1250, 1438, 1442, Ostr.
Ashmol. Mus. 480.
T£Xa)vy}?: BGU 340.
8Yj[ioa:a)V7]5 tIXod? xaiaXo^Laii-wv (un-
publ. Papyr.)
5taaxoXo6[i£vo; zobc, y.(xz(xXo-^:Q\i.o\)q:
P. Oxyr. I 45—47.
[xiaO'Wiyj^: Tarif von Koptos.
aa)(oXou[X£V05 : P. Oxyr. I 44. Vgl. oben
unter ayopavoiita^.
(xiaO-WTYj^ hnzX(ji\Lcczoq övü)v: BGU 213.
37
578
VI. KAPITEL.
?tou § 181.
zkXoQ \x6<T/ou § 188.
ai)|xß6Xou xa|ji^Xa)v § 200.
a^payiaiJioö [xca/ou § 201.
TexapTYJ Tü)V £L?9£pO[X£VÜ)V
§ 205.
[jLLa^toTYj^: BGU 617.
lyXCi^TiTwp): P. Grenf. (II) 60.
7ipaY[xaT£UT7^?: BGU 383.1)
TcpayfjLaTeuTY]? Ipyjfxo^uXaxca?: P.
Grenf. (II) 58.
(xia'ö'WTyjg Ipy^fio^uXaxia^ (unpubl. Pa-
TipaYfJLaTeuTi^i;: BGU 356.
Verpachtet Dach Plinius h. n. VI 84.
TcapaXYjjJtTiTyj?: Peripl. mar. Erythr.
S. 19.
B; Nicht
r£W|X£Tp:a; a[jL7i£Xa)V(i)v § 12.
[X£p:ap,oö ava^ § 13.
[X£pLa[ioö av5 § 14.
dvBpiavTwv § 15.
dvvöva § 16.
|X£pLa[JlOÖ aTTGpWV § 1
ayupou § 21.
ßaXavLxov § 22.
verpachtete Steuern.
:TpaxTO)p: 580.
TipazTwp: 101, 135, 556, 564, 579,
585 u. s. w.
eTZiTf]py]Ty]q hpoiq nulriq 2ot^vy]?: 135.
aTraiTTiTT^?: 559, 603, 604.
TipaxTwp: 71, 72, 105, 178—180,
249, 254.
[iia^WTY]? ^£pa? Tzulriq SoYjvyj?: 182,
183, 201.
irj.rfiprizriq 1. tz. Sot^vyj?: 151, 154 —
156, 171, 1272. ^
TipaxTtop: 273.
£7rcTY]pYjTal Tc([XYj(;) olvou xal 90i(v{-
xtov): 1264. Vgl. 662, 1574—1576.
TTpaXwTWp: 613.
axi»p07ipax(T(i)p): 936, 1012, 1015.
anocizriTriq: 1431.
TüapaXVjfJLTiTYj?: 1433.
ßaX(av£ug): 1368, 1370.
TipaxTwp: 390 (vgl. 1032, 1033, 1035,
1036), 501, 516, 518—520, 525,
526, 532, 536, 542 — 544, 546,
548, 555, 565 — 567 u. s. w.
Der ^oixdpyjiC, in BGU 463 wird unten erklärt.
§ 2. DIE STEUERERHEBUXG IN DER KAISERZEIT.
579
Y£ü)(X£Tpi'a; § 27.
SotXwv § 32.
5ia>puY05 § 33.
Blqy.piv,y.6y § 36.
evocxLov § 41.
t § 42.
£7tL(5£XaTOV) § 47.
iTCLxapacou § 50.
xva^ixT^ § 66.
Xl>VY]Y£TlXÜ)V BopflCTWV § 69.
Xaoypacpi'a § 71.
XayavoTCtoXwv. § 72.
Xoytia, § 74.
ji£p'.a|i6; § 75.
äTzaiz-qvfiq: 538, 539, 1061.
TcpdtxTwp: 513, 576, 587, 593 — 595,
599, 1292, 1423, 1427, 1434, 1435,
lo72, 1579, 1581.
TüpaxTCDp: 163, 164, 169, 578, 600,
605, 610, 613, 622, 625, 633, 637,
1291, 1429, 1477.
irj-ifipriVfi^;: 85.
TTpaxTWp: 259.
öcTraiTYjn^?: 577.
TipaxTWp: 136.
TTpaxTwp: 292, 644, 1420, 1580.
imvqprizyiq: BGU 293.
TipaxTtop: 533.
TTpaxTWp: 232.
TcpaxTtüp: 64, 67.
axpaTitOTYjg: 1487.
Priester (?): BGU 337,23.
TrpaxTODp: 579, 1247, 1248.
TTpaxTwp: 37—39, 41, 46, 49, 51—55,
57, 61 — 65 u. s. w. (Syene),
516, 525, 530, 536 u. s. w. (Theben),
BGU 41 (Faijüm).
ETciTrjpTjrif]?: 85, [86].
(ica'9'ü)Ty;(; itpöiq TcuXr^? Sor^vyj?: 106,
113 — 116, 118, 119, 129, 130,
140, 141 u. s. w.
inivriprizric, L tzuX. Sot^vy]?: 123, 125,
140, 141, 144, 148, 151, 152 u. s. w.
dTracTyjTYj?: Ostr. Brit. Mus. 12696,
12713.
Priester (?): BGU 337.
TZpoGTOcvfiq O'£o0 oder ^Evv^ai?: 412 —
418, 420.
TipaxTwp a'.TLxwv: BGU 515.
TrpaxTwp: 95—99, 170, 173, 174 u. s.w.
dcTwaL-r^TT^?: 549 — 551, 561, 615, 652,
1443.
37*
580
VI. KAPITEL.
Y eixaafxoö p,upoß(aXavü)v)
§ 76.
YVO[x(..) |JLupo|3(aXava)v)§77.
vaußiou § 78.
vauXoSüxwv § 79.
vauTiyjYwv § 80.
cpopo^ vo[iö)v § 82.
7rXiv^(. . .) § 96.
TlXotOl) TUp£TO)pLOU § 97.
7roTa|Ji09uXaxca^ § 99.
7lpo^Y.zop^o\) § 100.
|jL£pLa[jLO'j TipeaiSLou § 101.
'-popoc, TipoßaTWV § 102.
TrpoaO-eiJia § 104.
TipOUpLOU § 107.
-poxG . .) § 108.
avwOTteXwv § 113.
§ 116.
OTE^avou § 118.
awfxa-Lxov § 120.
xeXo^ xfj? Tsiapir^? § 123.
Tpocpwv 5£X(cpa7.(i)v) § 125.
7cpO(;ö6ü)v cpocv'xCwv) § 127.
zi\ific, 5yj[x. 90Lvtxo? § 128.
iTzizr^prixTic,: 1460.
aTTaiTr/TY]?: 1460.
[xiaO-WTYj^ hp&c, 7i6Xyj(; lior}vri^: 296.
STTlTr^pYiTYj? L TÜUX. SoT^VY]?: 297 —300.
aTTaiTYjTYi?: 298—300.
TrpaxTwp: BGU 662. P. 7248, 7304.
P. LoDd. CCCLXXX.
TipaxTWp: 1477.
TcpazTWp: 672.
TipeaßuTepoL: BGU 345 b.
aTraiTr^TTj?: 572, 592, 1421.
TipaxTWp: 293.
TipaxTwp: 87, 89, 90, 108, 112, 120,
122, 124, 127, 131. 132, 134, 139,
142, 143, 145—147, 162, 169, 287,
293, 507, 1241, 1573.
inizYiprizric,: 91 (?).
dTiacxrjxr^g: 517.
dTcaixTjTYj«;: 621.
TTpaxTtop: BGU 41.
Tipeaß'jTEpOL %(h\iri(;: BGU 63, 199,
382. P. Lond. CCLV.
Ttpaxxtop aiTixwv: 834, 841, 1013.
aTracnrjTY]^ xu(a|iO)v): 973.
TTpaxTwp: 271.
d-aLTr^TY];: 1577.
TrpdxTtop: [249], 286, 497, 505, 514,
515, 520—524 u. s. w.
TipdxTwp: 145—147, 273, 278, 287,
293.
6 ItwI twv Tuapa*''-: 1298.
TipdxTwp: BGU 62, 362 I, 452, 458,
518.
Xaoypd^oi (?): 1052.
6 Tcapd Toö ayopayopiou: 1363.
TzpdxTWp: [265].
TipdxTwp: 276.
TupdxTCOp: 84, 93, III u. s. w.
§ 2. DIE STEUERERHEBUNG IX DER KAISERZEIT. 581
(fOtVlTtWVWV § 131.
[§ 134.
cpi)Xa7w(i)v oder ö4'a)VL0U cpuX.
)(£cpwva5:ov § 135.
X(i)|jiaT(i)V § 136.
dp lO-iJiYjT 1x6 V § 142.
(pöpo? ßowv § 144.
^opoq ßwixöv § 146.
5£p|jiaT(i)v § 149.
^uYoaTaaiou § 165.
^uTYjpa § 166.
yevöv (^wypacptxwv § 167.
jiia^WTYj? hpötq ^z{)Xr^q SoT^vr^i;: 255.
eTi'.n^pyj-ürj? tiuX. Sot^vy];: 159.
TtpaxTWp: 649.
[xca^tOTY]^ lepa? t^'jXy]? Soyjvr^g: 88,
184, 210, 238, 1610.
smnrjpT/TYj? l. ttuX. Soi^vyjg: 157, 267,
268.
TipaxTwp: 581, 616, 1477. P. 8414.
TTpaxTtop: 40, 45, 50, 67, 77, 78, 80.
jicaO-wxYj^ hpaq ttuXy]? Sot^vy^?: 110,
133, 181, 193, 194, 206, 207, 250.
ETctTrjpyjTal c. 7tuX.2or^vy;(;: 153, 166(?),
167, 168, 175, 194, 195, 199, 291.
TupaxTwp: 498, 518, 519, 526, 528,
531, 532, 537, 542, 544, 546, u.s.w.
BGU 99, 214.
dTtaiTYjnfj^: 538, 539.
7ip£aß'jT£poL y.(ji\ir^q: BGU 214.
TipaxTwp: BGU 330, 342 b. P. 7376.
P. Lond. CCCXXX.
dTra'.TTjTYj?: BGU 342 a.
TTpaxTWp: BGU 25.
TipaxTwp: BGU 199.
TTpdxTwp: BGU 655.
Priester (?): BGU 337.
TcpdxTwp: Wessely, Zythos etc. S. 43.
Vgl. P. 8414.
Twpeaß'jTEpo: xwjiYj?: P. Lond. CCLV.
TipaxTwp: BGU 25, 652.0
In BGU 10 begegnet derselbe Posten unter der Ueberschrift s-i-
xripYfXod TsXcovtxwv. Auch dass S'.wp'j/os Bouß(aaxo'j) darunter ist, passt nicht
zu dem oben über 8tü)pu;(og ermittelten. Freilich ist dieser Widerspruch nicht
80 stark wie der andere, weil ja vielleicht verschiedene Kanäle verschieden
behandelt sein könnten. Da sich sonst keinerlei Widersprüche finden, so ist
hier vielleicht der Ausdruck xsXtov.y.öv nicht ganz genau zu nehmen, nicht
ausschliesslich auf die verpacliteten Steuern zu beziehen. Sonst müsste mau an-
nehmen, dass eine und dieselbe Steuer bald so bald so behandelt wäre. BGU 277,
eine ähnliche Urkunde, entscheidet diese Frage nicht.
582
VI. KAPITEL.
TeXeafjia xafxi^Xwv § 174.
{lovoSeafita^i) yopzo\} § 187.
'jocuXov TzXolou § 190.
Tzpoqohm olxottsSwv § 194.
(^opoi; ttXolwv 'Avtwv. oua.
TapL^euTcov § 202. [§ 196.
^tXav^ptoTiou § 21 1.
'^opoc, yj,aov § 216.
^paxTwp: BGU 41, 219.
TipaxTWp: BGU 711. Wessely, Zythos
etc. S. 43.
TupeaßuTspoL x(i)|xyj?: BGU 334, 431,
711.
TipdxTtop: BGU 645 b.
TcpaxTtop: BGU 41, 652.
TTpaxTwp: BGU 212, 653.
Priester (?): BGU 337.
TipaxTwp: BGU 652.
TipaxTwp: BGU 652.
TipaxTWp: P. 7197.
TipaxTwp: BGU 61. P. 7248. Vgl.
P. 7304.
Gruppiren wir zur besseren Uebersicht die Einzelheiten
nach der auf S. 408 gegebenen Abgabentabelle, so ergiebt sich
folgendes Bild.
Die Gebühren sind, soweit sich der Erhebungsmodus überhaupt
feststellen lässt, mit einer Ausnahme, sämmtlich verpachtet, nämlich
das zzXoq ayopavoixta^ und Ypa^ecoi)^)^ das zlhoQ 6p(jio^i)Xaxcac,
das aTToaxöXiov, das xiXoc, xaTaXo)(ca{xö)V (in § 140), das St7tXa)|xa
övtDv, die au[jißoXa xaixi^Xwv und der acppayLaixöi; \i6ay^o\j. Dagegen
Avird unmittelbar erhoben das vaöXov TzXoiou.
Von den Vermögensteuern wird die Schweinesteuer ver-
pachtet, dagegen die Schaf-, Rinder- und Kamelsteuer direct erhoben.
Die Grundsteuer w^ird in allen controlirbaren Fällen unmittel-
bar erhoben, so die von Wein- und Palmenland, auch die annona,
und das Tipo^'ö-Sfia. Wahrscheinlich wird man das Resultat auf alle
Arten von Grundsteuern verallgemeinern dürfen.
Desgleichen wird die Gebäudesteuer (evotXLOv) direct erhoben.
Bei der Gewerbesteuer ist eine Mischung der Systeme zu
constatiren. In Syene-Elephantine zwar wird sie unter dem einheit-
lichen Namen )(£Lpa)va^LOV regelmässig direct erhoben. Im Einzelnen
^) Diese an sich zu fordernde Form las ich jetzt am Original, nicht
Weshalb das ypatpsioü jetzt unter die Gebühren zu setzen ist, wird in
den Zusätzen und Berichtigungen" mitgeteilt.
§ 2. DIE STEUERERHEBUNG IN DER KAISERZEIT. 583
erkennbar ist hier nur das Gewerbe der Xcvu^o: und XcvoTiöXa:
(vgl. S. 323 f.). Dagegen ist in Theben, wo jede Gewerbesteuer
unter ihrem speziellen Xamen begegnet, die Erhebung der Wagen-
und Eseltreibersteuer, der Weber-, Flickschneider-, Kleiderhändler-
und Prostituirtensteuer verpachtet, während andrerseits die Steuern
der Fährleute (vauAoSoxot), Schiffszimmerer und Gemüsehändler direct
erhoben werden. Das ysipwva^iov von der xottt] xpc/o? (§ 181)
im Faijüm ist verpachtet. Da bei so ^^elen der uns bekannten
Gewerbesteuern der Erhebungsmodus nicht feststeht, so lässt sich
zur Zeit nicht sagen, ob bei der Gewerbesteuer in Theben die
Verpachtung oder die Regie stärker gewesen ist. Dass in Syene-
Elephantine alle Gewerbesteuern direct erhoben wurden, ist schon
wegen des allein üblichen Gebrauches der allgemeinen Bezeichnung
/£Lp(Ova^iov wahrscheinlich. Immerhin ist die Frage offen zu lassen, ob
wirklich in Svene dieselbe Steuer direct erhoben wurde, die in Theben
verpachtet war.^) Wir haben bis jetzt keinen directen Beweis dafür.
Einheitliche Behandlung tritt uns wieder bei den Einkommen-
steuern entgegen: die Kopfsteuer, die Tüpo^oSwv (^O'.vixwv und
TüpogoStov oixo7;£$o)V werden sämmtlich direct erhoben.
Dasselbe gilt von den zahlreichen Zwangsbeiträgen für be-
stimmmte Zwecke, die, soweit überhaupt controlirbar, sämmtlich
direct erhoben werden, nämlich die Statuen- und Armensteuer, die
Kanal- und Jagdspiesssteuer, die Abgabe für das Xaubion, das
Statthalterschiff, die Flusswachtschiffe und ihre Stationen, für das
Tipo'jpiov, für die Warten und Wächter, für den Kranz und die
Dämme, endlich für das ^cp',^'[i.r^v,y,6y und das cpiAav^p 0)7:0 v. Auch
die Badsteuer wird direct erhoben, soweit es sich um kaiserliche
Bäder handelt; nur die Abgabe von den den Tempeln gehörigen
Bädern ist an leXöva: -ö-yjaaupoO fepöv verpachtet.
Die Verkehrssteuern sind sämmtlich verpachtet. Dass auch
die Abgabe für die wv.a trotz des aTüaiXYjTi^^ verpachtet war, soll
unten gezeigt werden.
Welcher Modus bei den Verbrauchssteuern beobachtet wurde,
lässt sich aus dem vorliegenden Material nicht erkennen.
Dagegen scheinen unter den indirecten Steuern die an den
Grenzen erhobenen Verbrauchssteuern, d. h. die Zölle sämmt-
^) Dass die XivjcpO'. mit den '(ip^io: nicht zu identificiren sind, ist nach
S. 268 wahrscheinlich.
584
YI. KAPITEL.
lieh verpachtet gewesen zu sein. Die Binnenzölle, d. h. die lokalen
Aus- und Einfuhrzölle sind verpachtet. Dass auch die Thoraccise
verpachtet war, ist sehr wahrscheinlich, lässt sich aber nicht erweisen.
Die Einfuhrzölle, die in den Häfen des roten Meeres erhoben wurden,
waren nach Plinius h. n. VI 84 zur Zeit des Claudius gleichfalls ver-
pachtet. Wenn ich oben S. 399 den 7tapaXrj|ji7tTyj^ des Periplus
maris Erythraei als Beamten erklärt habe, so ist das gewiss richtig.
Dagegen sind mir die weiter daran geknüpften Ausführungen zweifel-
haft geworden. Vielleicht war der TrapaXi^fATrTYj^ der Beamte, der die
von den Pächtern erhobenen Zölle in Empfang zu nehmen hatte,
Unter den im Innern erhobenen Verbrauchssteuern kennen
wir nur von einer den Erhebungsmodus: die Biersteuer wurde direct
erhoben.
Von den Tempelabgaben der Kaiserzeit lässt sich der Modus
nur für die Xoyeca erkennen. Diese wurde teils von den beteiligten
Priestern selbst, teils von izpdxzopzq, also direct erhoben.
Fassen wir das Gesagte zusammen. Das Pachtsystem blieb
in der Kaiserzeit bestehen bei den Gebühren (ausser dem vaöXov
TcXotou), den Verkehrssteuern und den Zöllen. Regie wurde ein-
geführt für die Vermögensteuern (ausser der Schweinesteuer, vgl.
jedoch unten S. 586), für die Grund- und Gebäudesteuer, die Ein-
kommensteuer (darunter die Kopfsteuer) und die Zwangsbeiträge.
Gemischt war das System bei den Gewerbesteuern, wenigstens sicher
in Theben.
Es darf hierbei nicht ausser Acht gelassen werden, dass die
Systemfrage in zahlreichen Fällen durch das vorliegende Material
überhaupt nicht beantwortet wurde. Es bleibt daher abzuwarten,
ob durch weiteres Material die obigen Grundzüge sich verschieben.
Für die Richtigkeit derselben dürfte vielleicht sprechen, dass
ganz ungesucht sich ein Resultat ergeben hat, das im Grossen und
Ganzen durchaus mit dem übereinstimmt, das aus anderen Quellen
für das gesammte Kaiserreich gewonnen war. Auch in Aegypten
scheint das der Grundgedanke der Neuordnung gewesen zu sein, die
Pacht nur bei den indirecten Abgaben — im gewöhnlichen Sinnfe
^) Vgl. die at,xo7tapa?sY^|X7iTat unten iu § 4. — So würde sich auch der
Stratege von Ombos und Elephantine, der zugleich 7xapaX7^|i7ixr/5 x'^g 'Epu^pag
•B-aXocaoYjg ist, am zwanglosesten erklären. Uebrigens ist der Periplus wohl eher
jünger als älter denn die Pliniusstelle.
§ 2. DIE STEUERERHEBUXG IN DER KAISERZEIT.
585
des Wortes — zu belassen, dagegen bei den directen die kaiserliche
Regie an ihrer Stelle einzuführen. Wie die Ausnahmen zeigen, ist
dieser Grundgedanke freilich nicht in völliger Reinheit zur Ausführung
gekommen.
Es bliebe endlich zu untersuchen, ob wir auch in Aegypten
das allmähliche Vordringen der Regie beobachten können, wie es
oben nach Mommsen's Beobachtungen für das ganze Reich constatirt
werden konnte, im Besonderen, ob vielleicht auch hier erst unter
Tiberius die Regie zum Durchbruch gekommen ist. Zu einer sicheren
Beantwortung dieser Frage reicht unser Material nicht aus. Die
grössere Schlichtheit der Quittungsformulare gerade am Beginn der
Kaiserzeit tritt uns hier hindernd in den Weg. In dieser Zeit wird
nur selten der Titel dem Namen des Erhebers beigefügt. Das Fehlen
des Praktortitels darf daher nicht als argumentum a^lentio verwendet
werden. So gebe ich die folgenden Beobachtungen nur mit allem
Vorbehalt.
Unter Augustus kommt in unseren Urkunden der Praktortitel
noch nicht vor. Dass aber das ausschliessliche Pachtsystem nicht
mehr bestand, wird durch 1363, 1368, 1370 gezeigt. In 1363
wird ein ziloq irj? TSTapxoi) (sie), das wir unerklärt Hessen, von dem
Untergebenen des Agoranomen — 6 Tuapd toö dyopavofjLOi) — er-
hoben. In 1368 und 1370 wird die Badabgabe von einem ßaX(a-
veu?) erhoben (vgl. S. 166). Im letzteren Falle ist ein Beamter aus
dem betreffenden Verwaltungskreise, ein Bademeister, nebenbei mit
der Erhebung betraut. Vielleicht gilt das auch von dem ersteren
Falle. Dürfen wir darin etwa ein vorbereitendes Uebergangs-
stadium zu der Regie erblicken? Es ist dabei zu bedenken, dass
die Badsteuer zu den von Augustus neu eingeführten Steuern gehört.
Dass er das Pachtsystem bei ihr nicht eingeführt hat, ist auf alle
Fälle bemerkenswert.
Unter Tiberius wird ein TeXwvy]^ für die Schweinesteuer erwähnt
(1031, aus dem 19. Jahre des Kaisers) und ein anderer für die Weber-
steuer (1551). Andrerseits wird auch unter Tiberius noch wie unter
Augustus die Badsteuer vom ßaXa(v£6^) erhoben (1263, aus dem
6. Jahr). Die anderen Erheberquittungen aus seiner Zeit nennen
keine Titel (vgl. 376, 1030, 1032, 1033), sodass wir nicht wissen
können, ob sie Pächter oder kaiserliche Beamte sind. Wenn wir aber
sehen, dass der in 1032 und 1033 genannte R'zoXs,\i(xXoq 'AaxXa;,
586
VI. KAPITEL.
der im 21. und 22. Jahre des Tiberius (ohne Titel) die Badsteuer
erhebt, nach 1307 im 4. Jahre des Claudius^) dieselbe Steuer als
TipaxTwp ßaX(avLXOö) erhob, so liegt die Vermutung nahe, dass er
es auch schon unter Tiberius als Praktor gethan hat. Nimmt man
dies an, so könnten wir thatsächlich während der Regierung des
Tiberius eine Veränderung constatiren : dann würde in seinem 6. Jahre
die Badsteuer noch vom ßaXaveu^, im 22. Jahre aber bereits von
einem Praktor erhoben sein.
Man könnte vielleicht noch eine weitere Vermutung wagen.
Die Schweinesteuer ist die einzige unter den Vermögensteuern, die
während der Kaiserzeit verpachtet war. Man könnte die Ausnahme
beseitigen wollen durch den Hinweis darauf, dass der einzige Beleg
dafür (1031) aus dem 19. Jahre des Tiberius stammt, und weiter
annehmen, dass auch hier die Pacht später, vielleicht noch unter
Tiberius, in Regie verwandelt wäre. Doch das bleibt freilich
Hypothese.
Unter Gaius wird die Badsteuer von den TipaxTOpe^ ßa).(a-
vcxoö) erhoben (1552, vielleicht 390, s. oben). Weitere Titel aus
seiner Zeit kommen nicht vor.
Unter Claudius begegnet der oben genannte IlxoXe\ioäoc, als
7tpaxTü)p ßaX(avLXOö) in 1037, derselbe ohne Titel in 1035, 1036.
Andere Titel begegnen nicht.
Unter Nero wird ein zeXtsivr^q N')^(aou?) genannt (410), ein
TeXwvyj? yepSccDv (1040) und ein aaxoXo6[X£Vo? tö lyxuxXtov
(BGU 748 n 5). Die Xoyeta wird von den Interessenten, den Priestern
selbst erhoben. (412 — 418, 420, 421). Andere Titel begegnen
nicht (vgl. 1041, 1394, 1395, 1399).
Die Texte aus der Zeit des Galba und Otho nennen keine
Titel. Unter den folgenden Kaisern wird es nun allmählich immer
mehr Brauch, dem Namen des Erhebers den Titel beizufügen. Doch
wir können hier abbrechen; eine vollständige Liste w^ürde doch mehr
für die Entwickelung der Quittungsformulare von Wert sein. Hier
möge es genügen, gezeigt zu haben, dass die Urkunden für die
Beantw^ortung der aufgeworfenen Frage nicht ausreichen. Beachtens-
wert ist vielleicht das unter Augustus und Tiberius Angemerkte.
^) Vielleicht ist 390 auf Gaius statt auf Tiberius zu beziehen. Das würde
noch mehr für die obige Auffassung sprechen.
§ 6. DIE STEUERERHEBUNG IN DER KAISERZEIT. 587
Aber einen genaueren Einblick in das siegreiche Vordringen der
Regie gewähren uns die Urkunden nicht.
Es sollen zunächst nun die beiden Haupterhebungssysteme der
Kaiserzeit, die Pacht und die Regie, zur Darstellung kommen. Zum
Schluss werden wir den Xachweis führen, dass seit Einführung der
Decurionatsordnung auch das dritte System, die Erhebung durch die
Gemeinden, wenn auch nicht in reiner Form, in Aegypten Eingang
gefunden hat.
C. Die Steilerpacht.
Ausser dem oben S. 571 erwähnten kleinen Fragment besitzen
wir für die Kaiserzeit keine gesetzlichen Verfügungen über die Ver-
pachtung der Steuern, wie wir sie für die frühere Zeit in dem
Revenue-Papyrus und Pap. Paris. 62 hatten. Wohl aber können
wir aus einigen praktischen Fällen, die uns urkundlich vorliegen,
Rückschlüsse auf die IS^ormen machen. Das gilt vor Allem von
P. Grenf. (II) 41 vom Jahre 46 n. Chr., aus dem sich trotz des
vulgären Kauderwelsch manch wichtiger Zug entnehmen lässt. Bei
der grossen Wichtigkeit dieses Unicum sei der volle Wortlaut hierher-
gestellt. Mahaffy verdanke ich eine nochmalige Revision des in
Dublin bewahrten Originals.
.....[ ] . . pG|X£you TW zpa-
[Tiaxw ]o'j SoxvoTiaco'j Ni^aou
[TYi;]'%a[xX]£[?[ou]
Tiapa [T£a£]vo6cpi[o? toö] T£[a]£vou(fLO(; iTZi^opri-
ä Xo'JTWxpa-ciüvc. 7ipo£lxav %(i)(i7j<;
[Soxvo7ia:o]'j NYj[ao]i» zf^q ^HpazXEiTou \iEpihoc,
Zlc, TO £V£aT65 ißSÖfJLOU ezouQ TcߣpLOÜ
KXauStou Kai'aapo? Ze'^xgzoO r£p[iavixoö
AuTwzpaTopog <(u>9{aTa[jiac T£X£ac(v) cpopou
10 TOÖ TzavTO? y.o^^"r^y.QOl xal Tupo^Sca-
Ypa^o{i£vo'jg xal ai)(xßoXcxi)^ ^PY'jpLOi)
6pay[jia^ S'.axouaia^ OXTWT^xovTa
öxTü): xal G'!zo[y']zfiC, Oa[jL£Vü)ö' oTvou X£pa[i'.a
5'jü)'. Töv T£ Ttpoi^Scaypa'^o xaTa [ifjva
15 £|A[iyjva ToO a . . OD . a£l TC£|i7UTyj xal d-
xaTYj xal xaTa)^opi^(o aou 5:a T£Tpa|jLyj-
588
VI. KAPITEL.
(levou^ )(pyj[xaTLa|jLO'j^ Iv t6[iou auvxoX-
XoaifJiou zal ecpofisvL Ivl zal avaypa-
20 cp-^j {ica xal 66ao tou xaxaxopiafxov
ßuß).tti)v Spaxfjtd^ dxTWL %al 66ao aou
£[xav6v d^'.wxpov, lav cplvai £7T:cx.op'^a(ai)
(2. Hand.) "E^ü) otc, eTzixzy^tj) (pfixocq) ETzl zaZq T:pox(£C|jL£vaL5) dpYu(ptou)
25 StaxoGtac? oySoT^zovxa öxtwl xd xwv
dXXwv £^0 xal d tou c (£Toi)(;) ol kzapio\LOczo(. |Ji'.a'0'(ou[A£VOL?)
xafxLT . . y( ) Travil xpovw:. ("Etou?) ^ Ttߣp(ou
KXauSLoi) Kacaapo? 2j£ßaaT0'j r£p[jLavLXOLl
AuToxpdTopc[^ [XY]]vl 2£ßaaT(i) t5.
3 von M. auf meine Anfrage jetzt gelesen. Ko sign of {isptSo^. — 4 S7i'.
XopTj Grenf. Hunt. Es rauss eine Form von eTrix^perv sein. — 9 auch
nach M. steht £cptaxa|iat da. Es kann aber nur öcf taxa|iai gemeint sein. —
9 TsXeatcfopO'j Gr. H. Danach oben S. 219 A. 1 irrig. — 10 die Ergänzung
nach M. j^alaeographisch possibly. — 13 o^lo[v]zr^Q für a7tOv5fj^ von M.
ergänzt — 15 s/ifir^va für sfi fxr^vt Gr. H. — 15 xoö aOSoö {exouc,) Gr. H.
Toua . . ouv M. — 18 evTCjaou Gr, H. Gemeint ist sv xöfjiqj ouvxoXXr^atfiq). —
22 £711 XOP'I'JS = X^öpas Gr. H. Gemeint ist sav cpatv"/] STZ'./wp^jai.
AVie die Herausgeber Grenfell uud Hunt schou richtig erkannt
haben, ist diese Urkunde ein Pachtangebot, das ein gewisser Tese-
nuphis, der die Hetärensteuer für das vergangene 6. Jahr gepachtet
hatte, für die bevorstehende neue Verpachtung derselben Steuer für
das laufende 7. Jahr einreicht. Hier ist vor Allem bemerkenswert,
dass das erste Angebot damals ebenso in Form eines schriftlichen
u7i6{xvyj[JLa übergeben wurde, wie es für die Ptolemäerzeit durch die
„Actenstücke der königlichen Bank" für die bevorstehende Ver-
pachtung von Domanialland erwiesen werden konnte. Vgl. oben
S. 526. Das Angebot selbst umfasst folgende Punkte:
1. Tesenuphis verspricht für die Steuer selbst sowie für die
nötigen Zuschläge, xd Tipo^SLaypacpofXEva (s. oben S. 287 f.) und au[ji-
ßoXtxd (ebenda), eine feste Pauschsumme von 288 Drachmen zu zahlen,
ausserdem für die aTzovhy] des Monats Phamenoth^) zwei Keramien
AVein zu liefern. Unklar bleibt, was er am 25. eines jeden Monats
^) Man vergleiche die aTiovSr^ in P. Oxyr. I 101, 19 und 36. Was für eine
Libation oben gemeint ist, weiss ich nicht.
§ 2. DIE STEUERERHEBUNG IX DER KAISERZEIT..
589
zahlen will, ob nur die Zuschlagsgelder (vgl. ^zpoc,hl0^ypoLf\)(si) oder
die monatlichen Raten der gesammten Pauschsumme. Trotz des npoq
wird die letztere Annahme die richtige sein. "EpLfJir^va mag ein
termmiis techniciis für die monatlichen Raten sein.
2. Er verspricht alle vier Monate die von ihm zu führenden
'/pri\i(x,z'.a\ioi in einem Sammelbande und .... dem Beamten zur
Einregistrirung zu übergeben, Eine derartige Bestimmung ist uns
aus der Ptolemäerzeit nicht bekannt. Mit den )(pr^(iaT'.a[jLOt mögen
die Bücher gemeint sein, die er über die empfangenen und weiter-
gezahlten Steuerraten zu führen hatte. 2) Er soll sie an einander
kleben und die so entstandene Rolle einreichen: das ist der t6[10^
3. Für die Einregistrirung der Bücher verspricht er dem Beamten
eine Vergütigung von 8 Drachmen. Auch dies ist für die Ptolemäer-
zeit nicht bekannt.
4. Endlich verspricht er einen ausreichenden Bürgen (Exav6v
d^L&Xp£ü)v)^) zu stellen, falls ihm der Beamte unter den vor-
stehenden Bedingungen "den Zuschlag gebe (sTir/wpYjaaL).
Eine derartige Urkunde ist uns aus der Ptolemäerzeit nicht
erhalten. Aber das Bild, das wir hiernach von dem äusseren Her-
gang der Verpachtung gewinnen, entspricht in seinen Grundzügen
durchaus dem, das wir oben für die Ptolemäerzeit entwarfen. Die
Uebereinstimmung zeigt sich auch darin, dass hier wie dort die
Pacht auf ein Jahr erfolgt. Das ist in sofern von Wichtigkeit, als
es uns bestätigt, was wir auch a priori annehmen würden, dass
die Kaiser nicht etwa das römische Publicanenwesen in
Aegypten eingeführt haben — denn diese Publicanen pach-
teten damals auf 5, später auf 3 Jahre — , sondern das
ptolemäische System in den Grundzügen unverändert fort-
bestehen Hessen.
^) Kaxaxwpi^o) in 16 heisst zwar, „ich will einregistriren". Aber das
Folgende zeigt wohl, dass es wie oben geraeint ist.
^) Wohl in demselben Sinne begegnen in der Pächtergenossenschaft von
Kyzikos drei Männer mit dem Titel STil zou xp^Jl^a'Ci'Ojiou. Vgl, Mitt. Arch.
Inst. Athen. X 1885 S. 205.
^) Vgl. jetzt P. Oxyr. I 34 I 12: oxav xöv v6|iov [xcov 7rp]o;aYop£'JOlJL£vü)v
[auvxo?.]Ar(a{fia)v -pö^ xaxa/cop'.afidv äv£x[d^]ojai.
Vgl. Le Bas n. 404 (Mylasa): iyy6o\)(^ 5i xaxaox[r,a]o'jo'.v ol \x',o^(ü-
aajjiEvo!, d^'.o[xpi]oD5 st^ sxxsio',[v].
590
VI. KAPITEL.
Nur der Beamte, an den das Angebot gerichtet ist, gemahnt
uns an die Kaiserzeit: es ist ein y.p(kxiGXoq, wahrscheinlich einer der
zahlreichen Procuratoren , die dem Steuerwesen vorgestellt waren,
Dass die Eingabe am 14. Sebastos, d. h. am 14. Tage nach
Neujahr eingereicht wurde, stimmt gleichfalls zu dem, was wir oben
S. 518 f. über den Termin der ptolemäischen Steuerverpachtuugen
ermittelt haben.
Wenn auch das schriftliche Angebot, wie es scheint, an den
Procurator zu richten war, so wurde doch die Verpachtung selbst
nachher vom Strategen des Gaues und dem königlichen Schreiber
vorgenommen. Das zeigt der soeben von Grenfell und Hunt edirte
Papyrus Oxyr. I 44 (Ende des I. Jahrh. n. Chr.). Wie in der Ptole-
mäerzeit wurden auch damals die Steuern von einer grösseren
Commission versteigert (ItcI TcapovTWV xal twv s^w^otwv). Auch
sonst kehren hier dieselben technischen Ausdrücke wieder. Vgl.
7cpo?£p)(0{ji£Vü)v Z. 20, 7rpoxy]pu)(0'£iaä)v Z. 21.
Für die Frage der Bürgschaftsstellung, die oben für die Ptole-
mäerzeit so eingehend behandelt werden konnte, fehlt es uns für
die Kaiserzeit ausser jener Erwähnung des Ixolvoc, 0L^i6y^pBi£>c, an jeder
urkundlichen Nachricht. Auch hierin dürfte sich nichts geändert haben.
Ebenso fehlen uns über die Pachtgesellschaften zusammen-
hängende Nachrichten. Dass die societates jmblicanorum im sonstigen
Reichsgebiet auch in der Kaiserzeit fortbestanden, ist bekannt. Für
Aegypten wird es uns durch die Ostraka bezeugt, die häufig neben
den TeXwva: ihre \iizoy^oi erwähnen. Doch ein Unterschied ist mir
gegenüber der Ptolemäerzeit aufgefallen. Damals sagte man 6 SsTva
%<xl OL [X£TO)(oc. Jetzt sagt man regelmässig: 6 Setva xal oi iiizoy^o:
TsXwvaL^), w^orauf eventuell die Angabe der speziellen Steuer folgt.
Vgl. die Beispiele der obigen Tabelle. Hier werden also auch die
[lizo'/^oi wie der ap)^a)vyjS selbst als „Steuerpächter", TsXwvai, bezeichnet.
Ich legte oben besonderes Gewicht darauf, dass in der Gesetzessprache
des Revenue-Papyrus der Tzpid\iewoc, ttjv wvf^v und die liizoy^oi scharf
geschieden wurden. Auch in den geschäftlichen Urkunden fand sich
kein Beispiel, dass die liizoyoi als Steuerpächter bezeichnet wären.
Auch in den übrigen Teilen des Reiches hatten die Procuratoren —
nach dem Aufhören der censorischen Location — die Leitung der Steuerver-
pachtung. Vgl. Marquardt, St. V. 11*^ S. 313.
-) Vielleicht noch correcter: 6 Sstva y.al o[ liizoy^oi, i&Xmoci y.xX.
§ 2. DIE STEUERERHEBUNG IN DER KAISERZEIT. 591
Bei dem Mangel jeder ausfiihrlicheren Nachricht über das aegyptische
Publicanenwesen der Kaiserzeit lasse ich die Frage unentschieden,
ob aus der obigen Bezeichnung der ^izoyy, als XcXwva: auf eine
prinzipielle Aenderung der Gesellschafts Verhältnisse zu schliessen ist,
oder ob lediglich eine formale Aenderung darin zu erkennen ist.
Wahrscheinlicher ist mir allerdings das letztere; lag es doch auch
für die populäre Auffassung nahe, diejenigen, die „Teilnehmer" an
einer Pacht waren, auch selbst als Pächter zu bezeichnen. Sollte
der Revenue-Papyrus der Kaiserzeit geftinden werden, so dürfte der
Gesellschafter dort vielleicht ebenso scharf wie im ptolemäischen
Revenue-Papyrus von dem Pächter geschieden sein, wie es z. R
auch in der lex metalli Vipascensis regelmässig heisst: condudor sodiis
actorve eim (Bruns font.^ S. 266 f.).
Für die innere Gestaltung der Pachtgesellschaften dieser Zeit
wüsste ich aus imseren Urkunden nur eine Stelle von Interesse anzu-
fiihren. Im Pap. Paris. 17 (vom Jahre 153/4) wird die Zahlung der
Stempelsteuer quittirt von "Epjioysvr^^ KaixiXtO'j [i'.aO-wrfj^ siSou;
EYXuy-ALO'j [y.al] 'A[1[X(i)V'.g; SwxpaTou; v.Xr^^o'/6\io;, xoO [isryj/AayGTo;
auTOö T^aipGc zoivwvoO fiou Ysvapisvoi). Hier ist also ein Socius
während der Pachtzeit gestorben, und an seine Stelle ist sein Sohn,
sein Erbe, in die Gesellschaft eingetreten. Es ist bemerkenswert, dass
hier am Schluss des Kaufcontractes, wo offenbar eine correcte Be-
zeichnung der Firma beabsichtigt ist, der Socius nicht wie auf den
Ostraka gleichfalls als (i'.aO'Win^i; bezeichnet wird, sondern nur als
Gesellschafter, resp. als Erbe desselben. Wenn wir den obigen Fall
verallgemeinern wollen, so würde sich ergeben, dass — wohl gemäss
dem Gesellschaftsvertrage — im Falle des Todes eines Gesellschafters
sein Erbe einzutreten hatte. Diese Bestimmung würde um so be-
greiflicher sein, wenn wir wie oben die Gesellschafter lediglich für
Kapitalisten halten, die sich an dem Pachtgeschäft beteiligen, ohne
selbst — notwendig — an den Erhebungsgeschäften beteiligt zu sein.
So kam es auf die Persönlichkeit nicht an, sondern auf das Kapital.
Dieses aber war unter obiger Annahme für die Dauer der Pacht,
auch im Falle des Todes, gewährleistet. Aus der Ptolemäerzeit ist
über die Regelung dieser Frage nichts überliefert.^)
Für die römischen Publicani behandelt diese Frage Dietricli, d. nchtl.
Grundlage d. Genoss. d. röm. Staatspächter a. a. O. S. 12fl'.
592
VI. KAPITEL.
Wie in der Ptolemäerzeit war auch jetzt die Uebernahme einer
Steaerpacht lediglich eine Geschäftssache, die zu unternehmen im
freien Ermessen eines Jeden stand. Trotzdem ist es gelegentlich
unerlaubter Weise vorgekommen, dass, wenn Mangel an Pachtlustigen
eintrat, die Regierung auch Pachtunlustige zur Uebernahme des
Geschäftes zwang. So w^endet sich im 2. Jahre des Galba (68) der
Präfect Ti. Julius Alexander, durch zahlreiche Beschwerden ver-
anlasst, im Anfang seines Edictes gegen den Missbrauch, dass Personen
gegen ihren Willen zur Uebernahme von Steuerpachten und anderen
fiscalischen Pachten gezwungen würden (Z. 10): axovia^ avO-pcoTTOU^
zlc, TcXwvEca; y] ccXXocc [xiaO-wasi? ouaiaxa^ — npbq ß(av ayBaO-ai.
Die Beschwerdeführer konnten sich darauf berufen, dass dies dem
allgemeinen Gewohnheitsrecht der Provinzen zuwiderlaufe (Tiapd
TO XOLVOV ed-oq xwv IrcapyeLÖv). Der Präfect erklärt nun, dass
er Niemanden zu einer solchen Pacht gezwungen habe noch zwingen
werde, und stützt sich dabei, abgesehen von dem angegebenen Rechts-
standpunkt, namentlich auf den Erfahrungssatz, dass es dem Staate
grossen Schaden gebracht habe, dass viele in solchen Geschäften
unbewanderte Personen zur Pacht gezwungen wurden, und dass es
dem Staate nur nütze, wenn die finanziell Starken freiwillig und mit
Lust und Liebe das Geschäft übernähmen: oux öX[ly](|) sßXa^'E Ta
/ipayfjLaxa t6 ttoXXou; dTrecpou? cviag zfiq TO'.auxyj^ TcpayfxaTSLa?
dx^yjva: |ji£t' dvcäcyxy^? STiLßXr^O-svTWV auxot; twv teXwv, und Z. 12:
dbijyc, ToöTo aoii^epeiv xal zodc, xupiaxati; ^r^foic, lo [xetcc npod-uiiiaq
Ixovxac TupayfiaTsuea^aL tou^ tuvoczo'jq. Endlich spricht er die
Erwartung aus, dass auch künftig Niemand einen Zwang nach dieser
Seite ausüben werde: 7r£7C£:ajjiai öii ou5' eIc, tö [xIaXov dxovid?
Tiq a^ei xeXwva^ [jnaO-wia? , dXXd 5:a[ALa^wa£: zoIq ßouXo[i£VOL^
ixo'jaia)^ Tzpoipyead'T.L.^)
Ich möchte betonen, dass in allen diesen Sätzen nicht von
Uebergriffen der Unterbeamten, sondern der Präfecten selbst ge-
sprochen wird. Das geht auch deutlich aus den Schlussworten
hervor: [jkxXXov XYjv xwv Tipoxipcöv £7i;dp)(ü)v aiwvcov auvVjO'Eiav
^'jXdaatov XYjv TCpo^xacpov zivoc, d6r/iav \).^^\iT^G6:\L^yoQ. Hier
stellt er die beständige gute Gewohnheit der früheren Präfecten der
vorübergehenden Ungerechtigkeit eines Einzelnen gegenüber. Nach
^) Oder ist hier der terminus technicus Tipo^spxsaO-aL lierzusjtellen?
§ 2. DIE STEUERERHEBUNG IX DER KAISERZEIT. 593
dem Zusammenhang kann meines Erachtens mit diesem etwas ver-
ächtlich angeführten tl? nur auf seinen Amtsvorgänger hingewiesen
sein.^) Diese Interpretation ist nach zwei Seiten hin von Interesse.
Einmal bestätigt sie uns, dass der Präfect in letzter Instanz der-
jenige ist, der die Verpachtung der Steuern, wenn auch nicht im
Einzelnen vorzunehmen, so doch zu leiten hatte. Andrerseits zeigen
diese Worte, dass ein Missbrauch wohl nur ganz vorübergehend,
wohl nur unter seinem Vorgänger eingerissen war, während von den
früheren Präfecten ausdrücklich die odthyioq auvi^^cLa der freien
Pachtverdingung hervorgehoben wird.
Dieselben vernünftigen Grundsätze vde Alexander befolgt auch
ein anderer Präfect am Ende des Jahrhunderts (etwa aus der Zeit
des Domitian), von dem P. Oxyr. I 44 handelt. Auch damals befand
sich die Regierung in der Notlage, dass sie keine Pächter finden
konnte. Der Stratege und der königliche Schreiber hatten bei der
Auction sich vergeblich bemüht, die alten Pächter zur Uebernahme
der neuen Pacht zu überreden (5ua7i£t^ouvT(i)V^) töv — 6Y]|Jioa:(i)vö)v).
Diese hatten erklärt, sie seien schon genug geschädigt und kämen
sonst in Gefahr, Haus und Hof verlassen zu müssen (w; txavdc
ßXa7T:T0[JL£Vü)V xal xcvSuvsuovtwv [iexavaax'^vaL). Darauf hatte der
Stratege den Präfecten um Instructionen gebeten, und dieser schrieb
-zurück, er solle nach Durchsicht der früheren Pachtcontracte, soweit
es irgend möglich sei, die Bedingungen erleichtern, damit die Leute
nicht zur Pacht gezwungen flüchtig werden müssten (jzcpl toO e^L-
Sovxa Tag Ti[po]T£pag (xia^was:? y.oczdc t6 Suvaxöv [dvajxo'j^iaat
Tou$ TeXtovag uTilp toO [Li] ^uyC^]^^? YeveaO-a: t[o]'j; npbq ßC^'o^'-']
(3t[Yo]pL£VOU(;.^). Trotzdem hatten weder die alten Pächter die Pacht
Das war wohl der Caecina Tuscus, der kurz vorher von Nero abberufen
war. Vgl. Suet. Nero 35. Dio Gass. 63, 18. Nach Klebs, Prosopogr. I S. 257
wäre diese Abberufung des Caecina im J. 67 erfolgt, während nach Dessau,
Prosopogr. II S. 165 Alexander schon im J. 66 die Statthalterschaft empfangen
hätte. Man wird mit Dessau dem Bericht des Josephus, b. i. II § 309 den Vorzug
geben. Dio a. a. O. ist vielleicht in sofern damit zu vereinigen, als er ja nicht die
Abberufung, sondern die endliche Bestrafung (uTispopt^eiv) des Caecina in's J. 67 setzt.
^) Dem guaTiEiS-ctv ist ein Tist^eiv der Eegierungsbeamten voraufgegangen.
Vgl. Actenst. Kgl. Bank I 17: {löX'-s o'jv ueTisixajisv aOxdv eTiiSssaad-a'..
^) So möchte ich ergänzen nach dem Ed. Jul. Alex. Z. 11: Tipög ßdav äyea-
^at. Die Ergänzung der Herausgeber 7ipogß['.ß]a[^o]}i£vo'j; würde zwar auch
einen Sinn ergeben. Vgl. Plut. Cato min. 36.
WiLCKEN, Ostraka. 38
594
VI. KAPITEL.
angenommen, noch waren Andere mit Angeboten hervorgetreten, so
oft auch der Herold die Pachten ausrief (twv wvwv [ay] STiiSeSeYl^^v^v
UTTO Twv teXwvwv {XYjSs (XYjv aXXwv 7rpog£px[o{JL]£Vü)v auToTg, TioXXaxL?
TTpoxYjpu/^'ö'eLawv). Der Stratege setzte seine Unterhandlungen mit
den Pächtern fort und nahm schriftliche Erklärungen von den alten
Pächtern entgegen. Leider bricht der Papyrus hier ab, so dass wir
die Lösung dieser interessanten Verwickelung nicht kennen.
Der Text lehrt uns, dass die Regierung es auch am Ende des
I. Jahrhunderts als ungesetzlich und inopportun zurückwies, mit
Gewaltmassregeln Leute gegen ihren Willen zur Steuerpacht zu
zwingen, und ferner, dass auch damals wie in der Mitte des Jahr-
hunderts ein Mangel an Pachtlustigen bestand. Aus den juristischen
Quellen wissen wir, dass es auch ausserhalb der aegyptischen Grenzen,
im Reiche, nicht anders aussah. So sah sich Hadrian zu folgendem
Rescript veranlasst (Dig. 49, 14, 3, 6): Valde inhumanus mos est
iste, quo retinentur conductores vectigalium publicorum et agrorwn, si
tantidem locari non possint. Nam et facilms invenientur conductores,
si scierint fore iit, si peracto lustro^') discedere voluerint, non teneantur.
Dies berührt sich um so enger mit dem Papyrus aus Oxyrhynchos, als
es auch dort sich um die Wiedergewinnung der alten Pächter handelte. 2)
Das oben besprochene Pachtangebot vom Jahre 46 zeigt, dass
zu anderen Zeiten die Steuerpacht gern übernommen wurde. Dennoch
kann nach den obigen Angaben kein Zweifel sein, dass innerhalb wie
ausserhalb Aegyptens gelegentlich ein Pächtermangel eingetreten ist.
Dies bedarf um so mehr der Erklärung, als unter der Ptolemäer-
herrschaft ebenso wie in der römischen Republik die Steuerpacht
im Allgemeinen als ein gutes Geschäft von den Kapitalisten begehrt
.worden war. Was mögen die Gründe sein, die diese Verschiebung
herbeigeführt haben? Die nächstliegende Annahme, dass ein all-
gemeiner wirtschaftlicher Niedergang zu jener Erscheinung geführt
habe, widerstreitet unseren Vorstellungen von dem Aufblühen der
^) Die Erwähnung des lustrum zeigt, dass dies Rescript nicht an den
Präfecten Aegyptens gerichtet war.
2) Für die spätere Zeit vgl. Dig. 39, 4, 9, 1. — Dig. 48, 19, 9, 9,
worin Rudorflf (Rh. Mus. 1828 S. 161) den Grundsatz ausgedrückt fand, „dass
Jemand zur Strafe zu einer Staatspachtung genötigt werden kann", ist nach
Mommsen vielmehr dahin zu deuten, dass „Jemand zur Strafe vom Bieten aus-
geschlossen" werden kann.
§ 2. DIE STEUERERHEBUNG IN DER KAISERZEIT.
595
Provinzen unter der fürsorglichen Regierung der Kaiser, Man wird
die Gründe auch nicht in speziell aegyptischen Verhältnissen, wie
etwa dem im Vergleich zur Ptolemäerzeit sehr wahrscheinlich grösse-
ren Steuerdruck^) zu suchen haben, denn jene Erscheinung ist nicht
auf Aegypten beschränkt. Wahrscheinlich wird der Pächtermangel
auf ungünstigere Pachtbedingungen und auf die straffere Controle
der Kaiser zurückzuführen sein. Üeber die Pachtbedingungen sind
wir freilich nur sehr ungenügend unterrichtet. Immerhin begegneten
in dem oben besprochenen Pachtangebot vom Jahre 46 n. Chr.
einzelne belastende Bestimmungen, die in den ausführlichen Vor-
schriften der Ptolemäerzeit nicht erwähnt wurden. So erbot sich
der Pächter, dem Beamten eine Vergütigung von so und so vielen
Drachmen für die Einregistrirung zu zahlen und ausserdem für die
a7üov§Yj des Phamenoth zwei Keramien Wein zu liefern. Das sind
Kleinigkeiten, doch immerhin tritt darin eine grössere Belastung der
Pächter zu Tage. Wichtiger wäre zu wissen, wie damals die Emolu-
mente des Pächters bemessen waren. Hierfür lässt uns das obige
Pachtangebot im Stich, da es nur das fixirt, was der Pächter zu
übernehmen verspricht, nicht was die Regierung ihm zu gewähren
hat. Bekam der Pächter auch jetzt für die Erfüllung seines Con-
tractes eine Tantieme von so und so viel Procenten? Hatte er auch
jetzt denselben Anspruch auf die iTiLyevYjpLaTa wie früher? Ehe
wir hierauf keine Antwort erhalten, können wir uns auch von der
Lage der Pächter keine rechte Vorstellung machen.
Mit grösserer Sicherheit können wir dagegen behaupten, dass
die von den Kaisern ausgeübte Controle eine derartig scharfe und
Es würde sich freilich verlohnen, die Berechtigung dieser Vorstellung
auf Grund des neuen Materials in weiterem Umfange zu prüfen. Es würde vor
Allem auf das I. und II. Jahrhundert ankommen. Ich verweise einstweilen auf
CIGr. III 4957, 40, BGU 159, 372, 475. Pap. Genev. 16.
2) Die Worte Mommsen's (RG.V S. 574): „sicher lastete der Steuerdruck,
sowohl an sich wie wegen der Verwendung des Ertrags im Ausland, schwerer
auf Aegypten unter der römischen Fremdherrschaft als unter dem keineswegs
schonenden Eegiment der Ptolemäer" sind durch manche der in Kap. IV vor-
gebrachten Einzelheiten bestätigt worden. So ergab sich, dass die drückende
Kopfsteuer (Xaoypaccia) sehr wahrscheinlich erst von Augustus eingeführt ist,
und dasselbe galt z. B. von der Badsteuer. Drückender als diese Einzelheiten
mag freilich die andere Thatsache gewirkt haben, dass es jetzt nicht nur die
Verpflegung Alexandrien's, sondern auch Eom's galt.
38*
596
VI. KAPITEL.
belästigende gewesen ist, dass das Pachtgeschäft zum mindesten auf
alle diejenigen, die auf unerlaubten Profit ausgingen, die alte An-
ziehungskraft verloren haben mag.^)
Es soll hier, abgesehen von der obigen Frage, zusammengestellt
werden, was wir über die Controle der Pächter in der Kaiserzeit
wissen. Es ist vorauszuschicken, dass die Pächter, wie es scheint,
derselben Controle unterlagen, wie die kaiserlichen Erhebungsbeamten.
Die Controle wurde teils von den ordentlichen Beamten des
Landes, teils von speziell hierzu geschaffenen Aufsichtsbeamten aus-
geübt. Dass die höheren Finanzbeamten, vom Präfecten selbst
abwärts, im Besonderen die verschiedenen Procuratoren die Er-
hebung der Pächter controlirt haben, ist nach Analogie der ptole-
mäischen Verhältnisse wahrscheinlich, und nicht minder, dass ihr
Controlerecht in den Steuergesetzen dieser Zeit ebenso genau
fixirt gewesen sein wird, wie das der ptolemäischen SLocxYjxa'',
OLXOVOpiot u. s. w. im Revenue -Papyrus. Deutlicher tritt uns die
durch die Gau- und Ortsbeamten ausgeübte Controle entgegen.
Nicht nur hatten die Strategen innerhalb des Gaues die Ober-
aufsicht über die gesammte Steuererhebung — weshalb denn auch
der Präfect ihnen den Befehl giebt, die Erhebung zu sistiren,
falls ungerechter Weise neue Steuern ausgeschrieben seien^j — ,
sondern die einzelnen Steuern waren geradezu an die ver-
schiedenen Landes- und Gaubeamten zur Controle ver-
teilt, so dass jeder eine bestimmte Anzahl von Steuern in
seine Spezial Verwaltung übernahm. Für ein derartiges
Controlesystem liegt meines AVissens aus der Ptolemäerzeit kein
Anzeichen vor. Für die Kaiserzeit stütze ich mich namentlich auf
solche Stellen, an denen einzelne Steuern als „unterstellt diesem
oder jenem Amte", als 67i0X£L|Ji£va oder bnonlKToyia bezeichnet
werden. In der folgenden Uebersicht sind die nichtverpachteten
Steuern ebenso berücksichtigt wie die verpachteten, da die Controle
^) Hogarth (bei Flinders Petrie, Koptos S. 28) will den im Ediet des
Alexander hervortretenden Päclitermangel speziell durch das Gesetz des Nero
erklären, wonach die Steuertarife publicirt werden sollten. Ich wies schon oben
darauf hin, dass gerade für Aegyi^ten hierin vielleicht keine Neuerung lag, da
doch schon die ptolemäischen Steuergesetze durchaus öflFentlichen Charakter gehabt
hatten. Aber der Grundgedanke, dass überhaupt die schärfere Controle die
Steuerpacht unbeliebt gemacht habe, ist gewiss zu billigen.
2) CIGr. III 4957, 50.
§ 2. DIE STEUERERHEBUNG IN DER KAISERZEIT.
597
in derselben Weise über beide Gruppen ausgeübt wird. Folgende
Beamte lassen sich als mit der Erhebungscontrole betraut erweisen.
1. Der Epistratege, also ein kaiserlicher Procurator. Vgl.
BGU199, 14 und 337,18: b7zoy.ei\ieyo\j £7iLaTp(aTY]YLa).^) Ebenso
in P. Lond. CCCXLVII (Pal. Soc. II S. 185). An der zweiten
Stelle werden folgende Steuern unter dieser Kubrik genannt: [ß?]a9£(i)v,
^u'fOGTOcaiou , Tapc5(£i)TWVj Xa)(avo7iü)X(I)V , yva^ewv — sämmtlich
nicht verpachtete Steuern.
2. Der Arabarch oder Alabarch (s. oben S. 350). Ihm war
die Erhebung des dcTzoazoXiow unterstellt. Vgl. Tarif von Koptos:
Der Ausdruck bTZOTziTZZOVzoQ beseitigt jeden Zweifel über die Bedeutung
des blasseren Ö7iox£t[i£Vov in den anderen Fällen. Vgl. oben S. 347ff.
und 358.
3. Der Stratege. Die Schafsteuer stand speziell uko ^povxtSa
aTpaTTiYOö. Vgl. oben S. 286.
4. Der Nomarch. Der Pächter des eyxuxXoov unterstand dem
Nomarchen. Vgl. oben S.388: twi ötto Ti^ipiov KXa65[:o]v OlX6^£vov
vo|JLapx('y]v) aay^oXou[Ji(£Vw) tö IvzuzXiov (BGU 748 II). Nach dem
ebendort angeführten Wiener Text gehörten zu diesen vo[xap)(:xa
OLoy^oXriliaza, auch die Biersteuer und die Abgabe für |xovo5£a[JLi'a
)(6pT0'j, die beide direct von Praktoren erhoben wurden. Daher nennt
sich in BGU 7 LI ein Praktor, der über die letztere Abgabe quittirt,
geradezu upa%(Tü)p) vo[xap)((tocü)v) , seil. aaxoXY][xaTa)V. Unter der
Controle des Nomarchen stand ferner die Erhebung der Abgabe für
den acppayLafJiö? (Aoa^oi), die verpachtet war (BGU 356, oben S. 395),
und das leXoq jJi6a)(ou, die gleichfalls verpachtet war (BGU 463,
vgl. 383 und oben S. 384), ferner die Fischereisteuer (BGU 220,
221, s. oben S. 141) und die Weidesteuer (BGU 345 b, s. oben
S. 266), die beide direct erhoben wurden. Auch mit den Worten
xal elc, Tov zfiq yo\icx,p-/io(,c, Xoyov in BGU 337, 25 wird auf die
Controle des Nomarchen hingewiesen. Es folgt hier die Abgabe von
den dXt£ux:xa nXciloc sowie das 5£xavtx6v — twv auxwv ttXoiwv
(BGU 1, 1 schliesst unmittelbar an 337 an), darauf die Biersteuer.
Dies bestätigt, was wir oben dem Wiener Text entnahmen. Endlich
unterstanden ihm auch die als ky-OLZOG-zr] und 7r£VTyjxoax7^ bezeichneten
Es wird regelmässig das Buroau genannt, nicht der Beamte.
598
VI. KAPITEL.
Thorzölle. Vgl. oben S. 358. Die gesammten, dem Nomarclien unter-
stellten Steuern wurden, gleichviel ob sie durch Pächter oder Prak-
toren erhoben wurden, als vo{xap)(i>ca aa)(oXYi[JiaTa zusammengefasst.
Vgl. oben S. 387 ff. Die Nomarchen wurden ihrerseits als die Tipoe-
axöTeg Tü)[v] vo[xapy^r/c[ö)v da/^o (Xyj|iaTü)v)] bezeichnet (BGU8II3f.).
5. Der königliche Schreiber. Vgl. Pap. Paris. 17,22: |JLia-
Welche Abgaben mit dem letzteren Ausdruck gemeint sind, ist
unbekannt. Man beachte, dass nicht gesagt ist: zai aXXwv utco-
yw£L[X£va)v xtX. Das stimmt zu dem obigen Resultat, dass das eyxuxXiov
vielmehr dem Nomarchen unterstellt war.
6. Der Dorfschreiber. Vgl. BGU 337, 9: Ö7rox£L|ji[£Vou
x]ü)[iOYpa[JL[jLaT(£ca). Welche Steuer gemeint ist, bleibt unbekannt.
Für die Beaufsichtigung der Steuererhebung durch die Dorfschreiber
spricht u. a. auch BGU 145.
Vielleicht wird man auch schon in dem publicirten Material
noch weitere Belege finden. Die obigen Beispiele mögen genügen,
zu zeigen, dass die Controleaufsicht über die Erhebung der einzelnen
Steuern an die verschiedensten Beamten verteilt war. Sie beauf-
sichtigten die Erhebung derart, dass es in den Quittungen manchmal
geradezu heisst, dass die Steuer ihnen gezahlt sei, die sie vertreten
gewesen seien durch den betreffenden Erheber, Vgl. BGU 220,
221, 345, 350 u. s. w.
Für eine derartige Verteilung der Steuern unter das reguläre
Beamtenpersonal liegt, wie bemerkt, aus der Ptolemäerzeit meines
Wissens kein Beleg vor. Es ist mir auch sehr fraglich, ob wir für
jene Zeit diese Einrichtung supponiren sollen. Dass freilich nicht
nur der im Revenue -Papyrus beständig genannte Oikonomos und
sein Secretär, sondern auch die anderen ordentlichen Behörden, und
zwar sowohl die Militär- wie die Civilbehörden irgend wie mit der
Steuer Verwaltung in Connex standen, geht aus der Thatsache hervor,
dass Philadelphos seine Verordnung über die neu geregelte Apomoira
mitteilte [toI? Gzp']ocz'f}'{dl<; %al xdllj, L7iTcdp)(ac5] [xajc zoic, fjY£[i6aL
xal zo[X]q vofjidpy^aL? xal zolc, i:o\ji(xp-/o(,ic, xal io']l<; [olx]ov6[jloc5 xal
zoXc, dvTCYpa(^£öaL xal -zoiq [3aaLX[cxoT? Ypa[X|JL]a'C£ua: [x]al zdlc,
Aiß'jdp)(aL(;^) xal zdlq dp)^t9uXaxtTa[t^]. Der König teilt ihnen
^) Ich vermute, dass davor oder dahinter durch Versehen des Abschreibers
xal Tois 'Apaßapxai^ ausgefallen ist. Grenfell und Mahafiy wollen die Libyarchen
§ 2. DIE STEUERERHEBUNG IX DER KAISERZEIT.
599
sein 7ip6ypa{x|Jia mit und fügt hinzu: 'E7r['.[X£X£? oijv u[JiT]v Y^V£[aO'(i),
071(1)^ av ytvyjTa: xaxa Taöxa. Sie alle werden also aufgefordert
mitzuwirken, dass der Erlass des. Königs ausgeführt werde. ^) Aber
das ist doch etwas ganz anderes, als wenn die einzelnen Steuern
einzelnen Beamten zur Controle und Verwaltung überwiesen werden.
Auch die dominirende Stellung, die der Oikonomos und sein Secretär
im Kevenue-Papyrus einnehmen, spricht gegen jene Annahme. Den
Abschnitt B und C, über die Apomoira und das Oelmonopol, könnte
man freilich noch dahin deuten, dass eben diese beiden Steuern
speziell den Genannten unterstellt gewesen seien. Aber im Abschnitt
A und im Pap. Paris. 62, die ganz allgemein über die Steuern über-
haupt sprechen, spielen sie dieselbe Kolle, und damit scheint es mir
ausgeschlossen, dass damals wie in der Kaiserzeit die Verwaltung der
einzelnen Abgaben unter die einzelnen Beamten verteilt gewesen wäre.
Ebenso halte ich für eine Neuerung der Kaiserzeit die den
Pächtern — und ebenso auch den Praktoren u. s. w. — an die
Seite gesetzten „Aufpasser" oder i7ziTfipr}zoci Aus der Ptolemäerzeit
ist mir die Nennung dieser Beamten, in dieser Bedeutung, nicht
erinnerlich.
Aus der obigen Tabelle auf S. 575 ist ersichtlich, für welche
Steuern bis jetzt iTitTYjpr^xat nachgewiesen sind. Ich zweifle nicht,
dass wir verallgemeinern dürfen und annehmen, dass für jede Steuer
STüiTr^pr^TaL eingesetzt waren. Die angeführten Ostraka und Papyri
zeigen uns, dass diese Controlebeamten nicht nur ihrem Titel ent-
sprechend „aufpassten", sondern auch in die Erhebung selbst thätig
mit eingriffen. Viele Quittungen sind von ihnen, nicht von den
betreffenden Erhebern ausgestellt. Die eTCLTr^pr^xaL bedeuten also
zugleich eine Erweiterung des Erhebungspersonals. Manchmal er-
hoben und quittirten die iTtixyjpyjTac in Stellvertretung der Pächter.
So in 844 und 845: Utzey^ear^^oy^pizri!;) zal (\iizoy^Qi) T£X(ü)va'.)
irrig als officials of the nome Libya auffassen. Nein, die Aißiir^ , die in
diesem Titel steckt, umfasst den ganzen Wüstenrand auf dem Westufer von
Norden bis Süden, so wie die dpaßapj(ia das ganze östliche Wüstengebiet von
Norden bis Süden umfasst. Vgl. Pap. Lond. CCCCI Verso, 10: ini xou KöxXaxoj:
xrjs 'Apaßtag xoö 5r|?.0'j|Ji£vo['j] IlaO-'jpixo'j vojicu. P. Tur. 8, 9: -%c, A'.ß'j>;g xoD
HaO-uptxou.
Im Besonderen handelt es sich um die nötigen Vorarbeiten zur Einführung
der Apomoira. Aber auch dieser Erlass wird geschlossen liaben , wie der in
36, 3 — 19, nämlich mit dem Befehle, die Sxxy] zu zahlen.
600
VI. KAPITEL.
-ö-yjaCaDpou) hioc <I>a(|xtvio?) x(al [X£)t(6)(_(ji)v) £7r(cTYjpY]Tö)v). In
anderen Fällen wieder war die Erhebung gemeinsam, wie es scheint,
von i^zlZ'f]pT^TO(.^ und Pächtern vorgenommen. So stellen in 857 die
iTLtTYjpvjTac die Quittung aus, es unterschreibt aber der Pächter mit
den Worten: 6 helyix T£X(a)vyj^) £7iYjxoX(o6'ö'Yjxa). Vgl. auch 863,
wo der subscribirende ^Fipizdq gleichfalls T£Xü)vy]^ ist (nach 862).
Hier scheint sich durch die gemeinsame Thätigkeit das Verhältnis
zwischen ihnen so gestaltet zu haben, dass formell fast der T£X(i)VYj^
als der bestätigende Beamte erscheint, denn £7iaxoXou^£cv wird sonst
gerade von den controlirenden Beamten gesagt. Vielleicht ist die
Deutung richtiger, dass in diesen beiden Fällen die Erhebung that-
sächlich nur vom Pächter ausgeübt ist, dass er aber in der
Quittung die Firma seiner iTTtTYjpvjTat nennt.
Aus BGU 619 scheint zu folgen, dass diese i^z^Trlpr^alc, zu den
Liturgien gehörte, die zwangsweise den (wohlhabenderen) Bürgern
auferlegt wurden. Da wird erzählt, dass ein gewisser AeXoq für
dieses Amt präsentirt (Z. 20: elqhod-fiyoLi tov A£lov TTjV eni-
T'^pTjGLv)^) und daraufhin eingezogen worden sei: %oczeG'/y]a^O(,C^)
elc, ETZizripriGiy [o]u[a]cax('^?) [x^aO-waEW^ nToX(£|JLabu)'0 Kpovcou.
In diesem Falle handelte es sich also um die Beaufsichtigung einer
fiscalischen Domanialpacht, die ein gewisser Ptolemaios des Kronios
Sohn übernommen hatte. Ebenso werden auch die £7rcTY]pY]TaL der
Steuerpächter bestellt worden sein.
Die für dieselben Steuern ernannten inizriprizoci treten uns
meist als Collegium entgegen, denn das bedeutet wohl der Zu-
satz, der so häufig zu den Namen tritt: xal [liioy^oi emxripriTOci
oder Y,od auv auTW iTiLXYjpYjTac. An eine Gesellschaft in dem Sinne,
wie wir sie oben für die Steuerpächter kennen lernten, d. h. an ein
Consortium von Kapitalisten, das die £7itTy^py]Ta[ unterstützt hätte,
ist hier in keinem Fall zu denken. Die sämmtlichen ETitTyjpyjTac,
die für dieselbe Steuer ernannt sind, und das sind oft viele (vgl.
die Indices), sind eben (i,£TO)(OC, Teilnehmer an der iTtCTigpyjatg.
Nur um nicht alle Namen aufzuführen, nennt man einen oder zwei
und hängt die anderen als \iiToy^oi an.
^) Es soll hier wegen eines Streitfalles untersucht werden (Z. 8), utiö xdvwv
xal Bul Tiotoig U7iapx,ouat, st^sSoO-vj. Vgl, oben S. 506 f.
^) Z. 5: zYjc, xaxox^S STitxTjpf^aewg. Vgl. 7.
^) Viereck ergänzt nxoX(£|j,arov). Das scheint mir keinen Sinn zu ergeben.
§ 5. DIE STEUERERHEBUNG IX DER KAISERZEIT.
601
So sehen wir, dass in der Kaiserzeit die Steuerpächter sowohl
durch die regulären Behörden wie auch durch spezielle Controle-
beamte beaufsichtigt waren. Dass auch in anderen Provinzen Aehn-
liches eingeführt wurde, ist schon oben angedeutet worden. So stand
in Africa neben dem condudor IUI piihlicorum Africae (CIL YI
8588, VIII 997) ein procumtor IUI publicorum Africae (CIL III
3925, V 7547, X 6668).^ Es ist sehr wohl möglich, dass dies
römische Controleverfahren selbst in Aegypten, wo bereits die Ptole-
mäer eine so scharfe Aufsicht geführt hatten, doch noch verschärfend
gewirkt hat, wie ganz sicher im übrigen Reich, und es ist daher
nicht unwahrscheinlich, dass eben diese beständige Controle mit zu
den Momenten gehört hat, die die Aussicht auf den geschäftlichen
Gewinn der Pacht verringert und daher, wenigstens zeitweise, zu einem
Mangel an Pachtlustigen geführt haben.
D. Die kaiserliche Regie.
Es ist schon oben darauf hingewiesen worden, wie zu Beginn
der Kaiserzeit die Staatsregie nach und nach die Steuerpacht auf
ein kleines Gebiet beschränkt hat. Hier soll es unsere Aufgabe
sein, zu zeigen, mit w^elchem Personal die Regie ausgeübt wurde.
Die wichtigste Beamtenklasse, die durch ganz Aegypten mit
der directen Erhebung betraut war, sind die npoLXiopec. Mit dem
alten ptolemäischen TCpaxTWp (s. oben S. 564) haben sie nur den Namen
gemein. Während jene als Executoren Rückstände, Strafgelder u. s. av.
einkassirten , sind die kaiserlichen Praktoren, wie die obige Tabelle
zeigt, reguläre Steuererheber. Je nachdem sie Geld- oder Natural-
steuern erhoben, nannte man sie Tzp(xy.zopec, dpyupLXWv oder aiTLXWV.
Seltener wurden derselben Person beide Arten von Steuern gleich-
zeitig übertragen. Vgl. Ostr. 293: TrpazTope^ [apYUp]:x(ü)v) xal
a:Tr/t(ö)v) 'EXs^avTivr^?. Ebenso in 294. Wir betrachten die Prak-
toren als kaiserliche Beamte, w^eil ihnen ihre Aufgabe nicht etwa
kraft eines Pachtvertrages, sondern von den kaiserlichen Oberbeamten
pflichtmässig übertragen wurde. Auch die Uebernahme dieses Amtes
gehört zu den Liturgien, die auf den Schultern der eÖTTOpo: oder
euoy^T^IJLOve^ lasteten. Ausführlichere Nachrichten über die Verleihung
dieses Amtes verdanken wir BGU 194 (vo^n Jahre 177), einer Ein-
^) Vgl. Marquardt, St. V. IP S. 27G.
602
VI. KAPITEL.
gäbe des %(j)\io^poiiL\iO(.ze\)q an den axpaTr^yo?, in der er ihm für
eine noch unbesetzte Praktorenstelle ^) zwei Personen nennt. Das
Vorschlagsrecht für solche Liturgien hatte, wie wir oben S. 508 f.
sahen, die Dorfgemeinde, oi dcnb zy}c, xa)[JL7j(;, die zugleich die
Bürgschaft für den Vorgeschlagenen übernahm. Das überlieferte Bei-
spiel (BGU 235) spricht zwar von einer anderen Liturgie, doch
darf das wohl auf alle verallgemeinert werden. Diese Vorschlagsliste
übergab (avaStSovai, Blqhih6y<xi , hihovoci) der Dorfschreiber, unter
Angabe des nopoc, der Vorgeschlagenen, dem Strategen des Gaues,
damit dieser sie zur Auslosung an den Epistrategen schicke. Vgl.
194,23: Tr£jJi9'9'y]ao|JL£Vou? elc, ylfipov tw zpaxtaTW iTziazp(cx,zy]yii)).
Also ein römischer Procurator war es, der — nach Prüfung der
Acten — die Praktoren aus der präsentirten Liste ausloste. Die
Vorgeschlagenen mussten wohlhabend (eÖTiopot) und auch sonst taug-
lich für das Amt sein (sTiLTyj^scoc). Es sei noch hinzugefügt, dass
nach BGU 15 durch Statthai teredict verfügt war, dass ein Jeder
nur für sein eigenes Dorf Liturgien zu leisten verpflichtet sein solle. 2)
Diese für die dörfischen Verhältnisse massgebenden Nachrichten
werden in manchen Punkten ergänzt durch P. Oxyr. I 81 (vom Jahre
244/5), der von einem für die Praktorie der Geldsteuern der Metro-
polis (Oxyrhynchos) vorgeschlagenen Manne geschrieben ist. Nach
Analogie wird man annehmen, dass er von oi aizb zy]q [i7]Tp07i6/l£ü)^
vorgeschlagen war. Wer den Vorschlag an den Strategen weiter-
gegeben hat, hat in Z. 7 gestanden, ist aber noch nicht entziffert
worden: 6ti6 . . |x . . OYpa[xp-aTog. Man sollte erwarten, dass einer
der beiden ypa[Ji[iaT£T(; zfiq [xyjxpoTioXew^ gemeint sei. Der Vor-
geschlagene schickt nun dem Strategen — wie es scheint noch vor
seiner Auslosung — den vorliegenden bpxoq ßaatXixo?, in welchem
er beim Genius des Kaisers Philippus schwört, sein eventuell ihm
übertragenes Amt getreulich zu führen. Das etwa wird in dem
^) Die Stelle war dadurch vacant geworden, dass der bereits Ausgeloste
sich nachträglich als Priester eines Tempels herausstellte, für den die Dörfler
die Liturgie zu leisten auf sich genommen hatten (dvaSs^dfiSVoi sx auvxaxa-
•ö-easwg). Der Irrtum scheint dadurch entstanden zu sein, dass in diesem Falle
der Epistratege ohne besondere Informirung, einfach aus der Liste der Wohl-
habenden einen ausgelost hatte (sx x-^^ xöv suaxYlfJ-övwv ypacp^g). Doch bleibt
diese Deutung zweifelhaft.
^) Vgl. hierzu meine Ausführungen in der Zeitschr. Savignyst. f. Rechts-
gesch. XVII Rom. S. 159.
§ 2. DIE STEUERERHEBUNG IX DER KAISERZEIT.
603
verlorenen Schluss spezialisirt worden sein. Wenn man ihn nach
P. Oxyr. I 82^) noch weiter vervollständigen darf, so würde er am
Schluss noch angegeben haben, welchen Mitbürger er speziell als
seinen Bürgen nenne. 2)
Nach einem Wiener Text (stückweise mitgeteilt von Wesselv,
Zythos S. 43 vgl. oben S. 388) scheint es fast, als wenn für die
dem Nomarchen unterstellten Steuern diesem, nicht dem Strategen
die Liste zu überreichen war. Doch eine Entscheidung ist erst
möglich, wenn der Text vollständig mitgeteilt ist.^)
Was wir hier aus den Papyri mitteilten, wird in den Ostraka
gelegentlich gestreift. So erscheinen als Erheber in 271 ein TipazTWp
und zwei Männer, die charakterisirt werden als ava5o^(£VT£g) elc,
y.Xy]po(y) dvcl '"ApTZ^arjOioq).^) Diese beiden sind also eingereicht an
Stelle des Harpaesis, dessen Platz vacant war. Es ist merkmürdig,
dass, wiewohl das Los noch nicht entschieden hat, wer von beiden
die Praktorie bekommen soll, sie doch beide functionieren. Die
Subscription leistet allerdings nur der active T^paVwTWp. Von denselben
beiden Personen heisst es in 272 (aus demselben Jahre): Iq yj.f^poy
7ipa>c(xopia?) y.^ dv£(56'97jaav) oder dva(5o'8'£VT£g). Sie sind also
vorgeschlagen für das 20. Jahr, die Quittung datirt aber vom Pachon
des 19. Jahres. Unterschrieben hat auch hier wieder der active
TTpdxTWp. — Statt Scvocood-elc, dq yJSipow sagt man auch kürzer Iv
Y,Xr^p^^.^) Vgl. Ostr. 285: 'At7ü£}(voö|jil; na7:p£(Jiii)'OU £v Klr^pu) y,od
KopyriXic, ZapaTiafxwv y£v6([1£Vo^) 7rpdxT(ü)p) dpY(uptxtov) So'i^(vrj?).
^) Dies ist ein ganz ähnlicher Eid, den ein zur Strategie Vorgeschlagener
schwört. Dieser Eid mag an den Präfecten adressirt gewesen sein. Vgl. Ed.
Alex. (CIGr. 4957) 34f.: jasÄr^ast, 5£ |jlo'. xal xag oxpaxr^Yiag |X£xa g'.aXoYiajiöv
Tipög xpisxiav dvxs'.pi^S'.v Toig y.aTaaxaO-r^aofxsvo'.g. Für die obigen Fragen ist
von Interesse, dass dieser künftige Stratege ausdrücklich beschwört: xäg äva-
Söastg Tü)v XeixoüpYiöv uoti^aaaO-at uyitög xal Ti'.axwg.
2) Das würde wohl nicht ausschliessen , dass ausserdem auch hier die
gesammte Metropolitengemeinde als solche für ihn bürgte. Vgl. übrigens oben
S. 509 A. 2.
^) Nach dem vorliegenden Fragment wäre es auch möglich, dass der Dorf-
schreiber in seinem Schreiben an den Nomarchen nur hinweist auf die — an
den Strategen — eingereichten Personen.
*) Im Pap. Bibl. Nat. Paris. Suppl. Gr. 910 las icli: vjvL TZSjjLCpO-s-; £'.;
xX^pov 7ipaxx(opiag) äpy'jp'.x(c5v).
^) So auch in dem Text der vorigen Anmerkung ein paar Zeilen später:
vuvt ü)v £v xXr^pq).
604
VI. KAPITEL.
Das ist ein merkwürdiges Gespann: der eine Erheber ist noch nicht
ausgelost, also noch nicht definitiv angestellt, und der andere ist
Praktor gewesen, ist es nicht mehr. Dennoch stellen sie zusammen
die Quittung aus. Vgl. auch 645.
Die uns bekannten Praktoren (vgl. Indices) tragen römische,
griechische, aegyptische, auch jüdische^) Namen. Die mit römischen
Namen, die verhältnismässig selten sind, werden schwerlich als
cives Romani aufzufassen sein, denn dass solche zu dieser )(ü)p:xy]
XeiTOupyta herangezogen wären, erscheint um so mehr aus-
geschlossen, als schon die cives Alexandrini von diesen befreit
waren (CIGr. 4957, 34). Wie die einzelnen Personen zu ihren
römischen Gentilnamen gekommen sind, ist schwer zu sagen.
Manche mögen als Freigelassene zu betrachten sein, wie z. B.
sicher jener OXaouco^ EuTi))('igc (140, 141), der sich gelegentlich
ausdrücklich als aTieXsu-ö-spo^ OXaouLou Ilavaa bezeichnet (129, 130).
Dass die Praktorie, wenigstens im Allgemeinen, den Eingeborenen
(syX^pcoL), d. h. der griechisch-aegyptischen Mischbevölkerung dieser
Zeit auferlegt wurde, zeigt BGU 747. Da beschwert sich der Stra-
tege von Koptos beim Präfecten Avidius Heliodorus, dass die in
seinem Gau angestellten Römer, Alexandriner und Veteranen ihm
nicht pariren wollen: (I 7 f.) lolc, Iv xcäc, 6yj[JLoaLat^ ^pdoLic, to[ö v]o|xoö
oOai Ttofxaiot^ xal 'AX£[5a]v6p£öac xap] 7ia[Xa]L aTpaxcwTac? avxta-
xaxoijaL xtX. Sie behaupten — so scheint es später II 4 ff. zu
heissen — , sie stünden nicht unter der Strategie und dürften nicht
auf eine Stufe mit den „einheimischen Praktoren" gestellt werden:
£auxo[u]^ (jiy] elvai buh tyjv aTpaxyjycav |jLYj5£[7i?]a) xaxa t6 l'aa (sie)
ToT? £V/^(jL)pL0C(; Tcpay.Twpaiv öcp£iX£LV lazoLQ^ai. Daraus scheinen sie
ihr Recht abgeleitet zu haben, den Praktoren und auch dem Stra-
tegen die Zahlung der Steuern zu verweigern.
Die Praktorie war lokal beschränkt auf einen Ort. So war
man Praktor von Syene oder Elephantine oder Charax u. s. w.
Werden Praktoren von zwei Gemeinden genannt, so sind diese
benachbart und bilden ein zusammenhängendes Steuergebiet. So
begegnen in 1609 7rpax(Top£g) apY(upLxa)v) 2oy)(vyj(;) xal 'EX(£cpav-
TLVYji;). Dass Syene und Elephantine einen Bezirk bildeten, geht
auch daraus hervor, dass ein und derselbe Steuerzahler bald an die
1) Vgl. 1609: 'Aßouva 'la^iXv/^ovt.
§ 2. DIE STEUERERHEBUNG IX DER KAISERZEIT. 605
Beamten von Syene, bald an die von Elephantine zahlte.^) Man
vgl. z, B. im Index die Belegstellen für Myjvo^edo^ [xei^wv 'OpßaetSo^
oder IlaiacßTC^ üeTOpt^jiTgO-OD u. A. Aehnlich ist auch der 7rpa7w(Tü)p)
dp(yupcxwv) N6(tou) xod 'ß^t in 609 u. a. zu deuten.
Betreffs der Dauer der Praktorie scheint es keine festen Normen
gegeben zu haben. In P. Oxyr. I 81 wird das Amt auf 1 Jahr ver-
geben, ebenso in Ostr. 272. Andrerseits zeigt P. Lond. CCCVI
(s. unten), dass die Praktorie auch auf mehrere Jahre (ohne Iteration)
auferlegt wurde, denn hier überträgt ein Praktor einer anderen Person
sein Amt „auf 2 Jahre". Die Ostraka zeigen uns, dass eine und
dieselbe Person oft eine grössere Reihe von Jahren hintereinander
das Amt ausgeübt hat. So war mindestens 5 Jahre im Amt ZavjJLOÖg
(vgl. 108 und 122), ^wx-^p (vgl. 186 und 204), mindestens 6 Jahre
PepixavoG (vgl. 213 und 224), mindestens 10 Jahre SwzpaxYj^
(vgl. 32 und 40) und Al6u[XL(0V (?) (vgl. 101 und 128), mindestens
11 Jahre "EpfJLoyevrj«; 'A{JL[Jia)Växo? (vgl. 45 und 77). Vgl. hierzu
die Indices. Ob hier Iterationen vorliegen, oder von vornherein
Ernennungen auf längere Zeit, lässt sich nach Obigem nicht ent-
scheiden.
Auch bei den Praktoren findet sich wie bei den sTiLXYjpyjxaL
sehr häufig der Zusatz xal ol [iixoy^oi Tzpdxzopeq oder zal oi auv
ai)X(j) 7rpaxxop£(^. Auch hier werden nur der Kürze wegen die
gesammten für dieselbe Steuer ernannten Praktoren zusammengefasst
sein. Es ist nur eine formale Variante, wenn in anderen FäUen
die Namen selbst aufgezählt werden, worauf sie eventuell noch
zusammenaddirt werden. Vgl. 213: 'EpiJtoyevy]«; xal Pspixavo? xal
"lepa? xal HocnpeiLid-iriq) oi 5 7rpax(xop£^) xxX. In demselben Jahre
schreibt dasselbe Collegium in einer anderen Quittung: ''Ep\Loyiyy][_q
xod Tzp\L(xvbQ xal] oi auv a\)z(oXq) 7rpa[x(xop£?)]. Damit scheint
mir die Frage entschieden zu sein.
Die Regierung ernannte also mehrere Praktoren für eine und
dieselbe Steuer, und dass unter diesen die zu erhebende Gesammt-
summe in gleichen Teilen repartirt wurde, zeigt Pap. Lond. CCCVI, 12,
wonach einem einzelnen Praktor ein xpLXOV [lipoq XYji; Tipaxxopia?
zufiel. S. unten.
^) So schreibt auch Diocletian ein Rescript 'EXscpavx'.vixat,; xal 2or,vixai^
xctc ev eYjßatdu Vgl. CIGr. III 4892.
606
VI. KAPITEL.
Von den Verpflichtungen des Praktor wissen wir nicht viel mehr,
als dass es seine Aufgabe war, die betrefiende Steuer zu erheben
und die Summen einzuzahlen. Dass er mit seinem Vermögen für
die richtige Ablieferung haftete, ist sehr wahrscheinlich — die An-
gabe seines Tzopoc, bei der Präsentation mag sich darauf beziehen,
auch die Bürgenstellung (vgl. oben S. 603) — , aber directe Belege
liegen nicht vor. Ebenso wenig wissen wir, ob er einen rechtlichen
Anspruch wie der Pächter auf eventuelle Ueberschüsse (iTCcyev^fJiaTa)
hatte. Dass er thatsächlich trotz der Controle oft genug durch
Auspressung der Steuerzahler unerlaubte Ueberschüsse erzielte, kam
gewiss oft vor. Ueber einige Beschwerden hierüber s. unten. Da-
durch wird er sich schadlos gehalten haben für die Gefahren,
die er in finanzieller Hinsicht bei der Praktorie lief Auch für
die Geschäftsunkosten scheint er nach P. Lond. CCCVI (s. unten)
keine Vergütigung erhalten zu haben. Freilich ganz ohne Ent-
schädigung blieb er nicht. Wir erklärten schon oben S. 394 das
TipaxTopLxov als eine Abgabe, die für die Salarirung der Prak-
toren von den Steuerzahlern erhoben wurde. Wie diese Praktoren-
Remuneration bemessen war, wissen wir nicht.
Dass alles in allem betrachtet die Praktorie nicht etwa ge-
fürchtet wurde, sondern — sei es auf Grund der rechtlich ihr zu-
stehenden Emolumente, sei es wegen der thatsächlich sich eröffnenden
Aussichten auf Gewinn — eventuell sogar gesucht und erstrebt
wurde, zeigt die Thatsache, dass sich Personen fanden, die freiwillig
durch private Abmachungen mit den Praktoren an ihrer Stelle zeit-
weise die praktorischen Geschäfte übernahmen. Das lehren uns zwei
merkwürdige Papyri des British Museum (CCLV und CCCVI), deren
Einsicht mir Kenyon 1895 freundlichst gestattete. Indem ich auf
die nahe bevorstehende Publication Kenyon's verweise, berichte ich
hier nach meinen flüchtig genommenen Abschriften des Originals.
P. Lond. CCCVI ist ein Contract, eine gugzolgic, wie BGU 191
und 300, datirt vom letzten Tage des 8. Jahres des Antoninus
(28. Aug. 145), durch welchen der Tipaxxwp dpyupcxöv xa)(xy}?
'HpaVwXecag (Faijüm) Stotoetis einen gewissen Satornilos bevoll-
mächtigt, im 9. und 10. Jahre statt seiner die Praktorie auszuüben:
6\ioXo^sX lizozofiTiq — SaTopviXw — töv 6[ioXoyouyz(x ouveaiaxIvaL
(sie) xov SaxopvUov TipaxTopsuovTa (1. TrpaxTOpsuaovxa) äizb toö
Iqioyzoc, d- ^ — £TYj 66(1) xal 5ca[Ypa]90VTa (1. Scaypa'j^ovTa)
§ 2. DIE STEUERERHEBUNG IX DER KAISERZEIT.
607
elq TO 6y][Ji6acov xö ini^dXXoy tw Stotot^ti zpizoy {JLspo? t-^? Tipo-
Z£t[X£VY]g TCpaxTWpcai;. Wenn Stotoetis den „auf ihn entfallenden
dritten Teil der Praktorie" vergiebt, so folgt daraus, dass ihm die
betreffende Steuer mit zwei Anderen zusammen übertragen war.^)
Der Bevollmächtigte soll also die Praktorengeschäfte auf zwei Jahre
übernehmen und die eingezogenen Gelder nicht etwa an den Voll-
machtgeber, sondern direct an die Staatskasse einzahlen. Er über-
nimmt also die volle Thätigkeit eines Praktoren. Die nächste Be-
stimmung ist mir unverständlich geblieben^); sie enthält-noch eine
weitere Verpflichtung des Satornilos. Ferner soll dieser Bevollmäch-
tigte an den üblichen Terminen seine Bücher zur Einregistrirucg
(den Behörden) vorlegen, wobei er auch die Unkosten für Papyrus
und anderes zu tragen hat: exL oe xoCi [yjaxa^wpel (1. xaTay^wpceT)
6 HoczopvlXoq xa zy]c, xa^eto? |3[i]ß)a'a xaTg ed^ouc, TrpoO-safxcac?,
xoö SaxopviXoi) )((i)pY]YOövxo? y^apxa^ xal zfiq aXXyj? SaTüavYj^ ouayj^
TZpGC, auxov. Das entspricht den oben besprochenen AYorten des
Pachtangebotes (Grenf. II 41, 16): xal 7.axa)(opc(^(i) aou^) Slcc xexpa-
(xr;va xxX. Die Kechnungslegung ist also bei den Pächtern und den
Praktoren übereinstimmend.
Endlich wird festgesetzt, dass der Praktor seinem Bevollmäch-
tigten in jedem der beiden Jahre 252 Drachmen geben solle, die
dieser ihm in 4 gleichen Raten zurückzuzahlen hat: auxoö (Saxop-
viXou) Xajjißavovxo? izocpoc xoö Sxoxoyjxeo)^ xaxa zexoc, elq Xoyov
. . . vcou dpyuptou bp(x,-/^[idcc, 6:axoaia^ Tievxi^xovxa Suo), wv xal
[xY]]v aTioSwasLv (1. dTcoSoatv) Tion^aexac auxo (1. auxw) Iv Tupo^ea-
liiocic, x£[a]aapac hioc xpcijn^vou . . . poöv iE, taou. Kenyon (Cat.
Add. S. 428) sah in diesen 252 Drachmen das jährliche salary, und
in der That sollte man erwarten, dass der Bevollmächtigte, der die
gesammten Geschäftsunkosten übernahm, irgend ein Salär von dem
^) Kenyon (Cat. Add. S. 428) scheint zu meinen, dass er ihm den dritten
Teil seiner Praktorie überlassen habe. Das steht aber nicht da. Er überträgt
ihm das Ganze, was er hat — eben das Drittel der gesammten Praktorie.
^) [xjoO UaxopvtXoi) Tc[.]pouvto5 xaxa dpc0-|i7jaiv ^iioloiQ zö STi'.ßäXXov
aOxw xpixov lispog. Das naheliegende TtXyjpoövxog schien mir am Original mit
den Schriftspuren nicht vereinbar.
^) Aus diesem aou (für aoi) schliesse ich in beiden Fällen, dass es sich
nicht darum handelt, dass er selbst etwa die Quittungen für sich einregistrirt,
sondern dass er seine Bücher den Behörden vorlegt zwecks Einregistrirung in
ihre Acten.
608
VI. KAPITEL.
Praktor erhalten hätte. Da er ihm aber die 252 Drachmen in vor-
geschriebenen Raten zurückzahlen soll, so kann es sich doch nur um
ein Darlehen^) handeln, das er ihm vielleicht als Betriebskapital
vorschiesst. Zum Schluss wird hinzugefügt, dass der Vollmachtgeber
sich vorbehalte, nötigenfalls mit Jenem zusammen die Steuern ein-
zutreiben: auvTipaxTwpeuaL he [. .]tw^^) Stoto'^ti^ ötzotb edv
[Xpejca yevyjTac 5ca tö iid TouT[(p TVjv] auaT[aaiv] Y£YOV£v[aL].
Das sind merkwürdige Nachrichten, die wir ganz w^ohl
erst verstehen werden, wenn Paralleltexte gefunden sind. Man
fragt sich, welchen Vorteil hat der Praktor davon, in dieser
Weise sein Geschäft zu übertragen? oder verzichtete er auf
jeden Vorteil, um nur von der Arbeit frei zu sein? Und welche
Vorteile standen für den Anderen den obigen schweren Bedingungen
gegenüber? Aus den im Contract genannten Bedingungen ist dies
schlechterdings nicht zu ersehen. Vielleicht trägt zur Erklärung bei,
dass in dem mit der obigen Urkunde formell verwandten Voll-
machtsvertrag BGU 300, durch welchen ein Veteran dem anderen
seine ganze Geschäftsführung überträgt, gleichfalls nur die Pflichten
des Bevollmächtigten, nicht auch seine Rechte und Emolumente fixirt
werden. Auch wird man mit in Anschlag bringen müssen, dass ein
solches Vicariat — denn so darf man wohl das Verhältnis auffassen
— offenbar eine verbreitete Institution war, so dass man annehmen
kann, dass die allgemeinen Rechte des Praktor und seines Vicarius
gesetzlich geregelt waren, daher hier im Vertrag nicht aufgeführt zu
werden brauchten. Ausserdem bleibt immer noch die Möglichkeit,
dass die Beiden sich über die Verteilung der eventuellen Ueber-
schüsse, die sie durch Erpressung zu erzielen hofften, sich privatim
— ohne Notar! — verständigt hatten.
Die andere Londoner Urkunde, CCLV, bestätigt einige der
obigen Angaben. Hiernach hatten die Tcpsaßuiepoi xtofXYj^ KapaviSog,
denen die Erhebung einiger Steuern auferlegt war (s. unten), einem
gewissen Horion diese Aufgabe — wohl gleichfalls durch einen Voll-
machtscontract — übertragen: eizl auveaiaxapiev ooi (1. etwa eizel
auv£aTT^aa|X£V as) dvO-' 6{jl(I)v (1. ^wv) Tipaxxopeuetv %od X^P^S^^
^) Man möchte daher gern bIc, Xöyov Saviou ergänzen. Aber so weit ich
sehen konnte, passen die Spuren schlecht dazu.
2) OuxoDg passt nicht, auch övxcos nicht. Vielleicht ö/jicog?
§ 2. DIE STEUERERHEBUNG IX DER KAISERZEIT.
609
(1. y^£LpL^£tv) Hier ist der Begriff der Stellvertretung, des
Vicariates, noch schärfer als in der ersten Urkunde ausgedrückt.
Die Presbyter quittiren darauf dem Horion, dass er die Steuern
richtig eingezogen und an die betreffenden Banken — vgl. oben
elc, TO or/[JL6acov — abgeliefert habe, xal o'jSev goi £VxaXoö[Ji£V 7r£pl
TOUTWV.
Auch die Praktoren standen, wie oben bemerkt, ebenso wie die
Pächter unter dauernder Controle, Die obige Tabelle (S. 575 ff.) zeigt,
dass die £7üCTYjp7^Tat auch bei den an Praktoren vergebenen Steuern
amtirten, also auch die Praktoren beaufsichtigten. Auch hier griffen
sie concurrirend in die Erhebung selbst mit ein. Dass die Praktoren
ausserdem unter der Aufsicht der regulären Landes- und Ortsbeamten
standen, ist gleichfalls oben S. 596 ff. ausgeführt worden. In letzterer
Hinsicht liegen uns für die Praktoren noch genauere Nachrichten
vor. Das Tagebuch des Strategen des Ombitischen und Elephan-
tinischen Gaues (Philolog. LHI S. 80 ff.) erwähnt mehrfach unter den
üblichen Geschäften des Strategen die TTpaxxopwv hi(xy.piaiq, die Prü-
fung oder Revision der Praktoren, resp. ihrer Bücher, und derselbe
Ausdruck kehrt in BGU 747 wieder, wo der Stratege von Koptos
dem Präfecten schreibt (I, 20): TipaxTOpa^ 5[:]axp£LVü) 7r[p]65 t6v
£p?]L6v[T]a Ö7:£p [t]-^^ t6''[a]^ 7cpazTü)p([a]; X6^o[_y xxX., und kurz
vorher bezeichnet er als die vornehmste Aufgabe [ai a]7racTrj[a£]:5
Tü)V ö:pLXo[Ji£[v]a)V tö xupiaywW [X6]Ycp und fährt fort (Z. 17): hC
ö[7c]£p £7ra[Y]pi)7ivö) 7tpo^9[£]p6|Ji£VO? TT] £Z7:paE£i xtX. Hieraus
scheint sich mir zu ergeben, dass der Stratege nicht nur die Haupt-
controle über die gesammte Steuererhebung innerhalb seines Gaues
hatte (vgl. oben S. 596), sondern auch selbst — d. h. durch seine
speziellen Organe — concurrirend mit den Praktoren sich an der
Erhebung beteiligt hat. Denn die Ibioc TTpaxTOpia wird man nicht
auf die einzelnen Praktoren, die er prüft, sondern auf den Strategen
selbst beziehen müssen. Wenn er sagt: „ich prüfe die Praktoren
für die kommende Abrechnung meiner eigenen Steuererhebung", so
liegt andrerseits darin, dass er für die Praktoren seines Gaues den
höheren Beamten gegenüber verantwortlich war.
Zu den Organen der directen kaiserlichen Steuererhebung ge-
hören ferner die aTiatTYjTat. Für Syene-Elephantine sind sie nur
als Stellvertreter der £7i'.TYjprjTal t£pa^ Tzulr^c, Sof^VYj? bezeugt.
Vgl. 297 — 300, 1460. Sie werden hier mit der Formel Sia —
WiLCKEN, Ostraka. 39
610
VI. KAPITEL.
anoLizfiTOu eingeführt. In Theben und im Faijüm^) begegnen sie als
selbstständige Erhebungsbeamte, die abwechselnd mit den Praktoren
mit der Einziehung der direct zu erhebenden Steuern betraut waren.
Vgl. die Tabelle auf S. 575 ff. Sie stellen selbstständig in ihrem eigenen
Namen Quittungen aus und bilden ganz wie die Praktoren mehr-
gliedrige Collegien. Bei verpachteten Steuern begegnen sie in dem
vorliegenden Material als ordnungsmässige Erheber niemals. Da-
gegen werden die dTracTTjxat auch dazu verwendet, die Rückstände
der verpachteten Steuern einzutreiben. Dies geht mit völliger Sicher-
heit aus den oben S. 344 noch unerklärt gelassenen Ostraka hervor,
in denen die aTracTTjxat bezeichnet werden als Erheber des £vX£C|Ji{JLa
xeXwvLXWV^), d. h. des Rückstandes verpachteter Steuern. Vgl. 558,
568, 590, 596, 643, 646, 1249, 1250, 1438, 1442. Wie die Texte
zeigen, handelt es sich hier in der That um Abgaben des ver-
flossenen Jahres (so meist) oder noch weiter zurückliegender Jahre
(vgl. 646, 1250). Auch die anderen Ostraka, die in demselben
§138 ((I)vca)v) aufgeführt sind, bieten sämmtlich Nachtragszahlungen,
von aTraLTYjTai erhoben. Wir haben daher die Abgabe bizep wvtwv
u. ä. in der obigen Tabelle unter die verpachteten Steuern gestellt;
die dcKaizfizoLi aber sind damit als directe Erhebungsorgane er-
wiesen, die Rückstände eintrieben. Dass sie andrerseits auch, wie
oben bemerkt, als reguläre Erheber der für das laufende Jahr direct
zu erhebenden Steuern verwendet wurden, also ganz wie die Prak-
toren, zeigen z. B. 538 und 539, in denen sie die Damm- und Bad-
steuer des 13. Jahres im 13. Jahre erheben. Vgl. 512, ebenso
die noch unpublicirten Ostraka Brit. Mus. 12696 und 12713. Dass
sie auch von den direct erhobenen Steuern eventuell Rückstände
eintreiben konnten, versteht sich von selbst (vgl. 561, 615, 652,
973, 1443). Das konnten sie ebenso gut \\ie die Praktoren, da sie
gleichfalls meist mehrere Jahre im Amt waren. Vermutlich war auch
diese airatTVjat^ eine Liturgie. Doch liegen sichere Zeugnisse nicht vor. 3)
^) Nur in P. Grenf. (I) 50 erscheint ein dTrat-cyjXT^g als Stellvertreter des
Exegeten.
^) Früher las ich £vX(stjjifiaxo;) T£Xa)vix(oö). Die obige Lösung wird
durch Ost. Ashmol. 480 an die Hand gegeben, das ich erst 1897 kennen lernte.
Hier heisst es: dTcatx(yjTyjg) }i£poa(n(öv) £vX(e£jJijJiaxos) xeXwvixcüv.
3) Vielleicht bezieht sich darauf P. Grenf. (I) 50, 4: 6i(a) xXtjp/ Ka[. . .]a)5
ÄTiaiXYjCxou). Es müsste x^T^pcp oder xX-Qpou (?) in dem Sinne von iv xXT^pti) stehen.
§ 2. DIE STEUERERHEBUNG IX DER KAISERZEIT. 611
Wir wenden uns nun zu den {XLaO-wial iepöic, tzuXtiC, So-^vy]?.
Man hat sie bisher, was auch auf den ersten Blick als indicirt er-
scheint, als Steuerpächter erklärt. Letronne (Recueil II S. 192)
meinte, die porte sacree de Syene sei das Thor in der grossen Mauer,
die Aegypten hier gegen Süden abschloss, oder auch Syene selbst,
das gewissermassen die Pforte Aegyptens sei: on congoit qu'ä cette
porte pouvait etre etabli im hureau de peage, oü les marchandises venant
de rEtJiiopie payaient un droit dont le produit etait afferme; de lä le
titre de [iLaO-wx-^^. Diese Erklärung, die von Fröhner (Rev. Archeol.XII
S. 46) und Marquardt (StV. 11^ S. 275 A. 5) acceptirt worden ist,
wird dadurch hinfällig, dass diese jJLta^wxai nach den uns vorliegen-
den Quittungen niemals einen solchen Grenzzoll, sondern vielmehr
die üblichen Steuern der Bewohner von Syene -Elephantine, wie die
Kopfsteuer, Gewerbesteuer u. s. w., erhoben. Franz (CIGr 4867)
beschränkt sich auf die dunkeln Worte: haec ispa nuXf] So'^VYj^
fortasse pertinet ad celebrem lapicidinam Syenes. Hogarth (bei Flind.
Petrie, Koptos S. 28) schwankt zwischen beiden Ansichten (Jarming —
dues on mining or customs at Syene). Folgende Gründe haben mich
dazu geführt, in den obigen [xca^wiat nicht Steuerpächter zu sehen,
sondern sie den kaiserlichen Beamten der directen Erhebung an die
Seite zu stellen.
1. Diese Pächter nennen sich niemals Pächter einer Steuer,
wie der |jLia'9'ü)T% d'Sou? ey^u^Xiou, der {ita-Ö-wcTj^ €iho\)c, 6p(xocpu-
Xazcac, der [xta'ö'WTY]^ Zi%X(Si}^OLZoc, ovwv, der [xio-ö'WTyj^ xoTt'^S Tpt)(0?
xal yzipm(x^io\J (vgl. die obige Tabelle), sondern sie nennen sich
regelmässig „Pächter des heiligen Theres^) von Syene", oder, falls
dies Thor schon vorher genannt ist, bloss [xia-ö'WTaL (194).
2. Diese [JLca^WTal erheben dieselben Steuern, die gleichzeitig
in demselben Steuerbezirk auch von Praktoren erhoben werden, so
die Statuensteuer, die Kopfsteuer, die Palmen grundsteuer, die Ge-
werbesteuer u. s, w. (vgl. Tabelle). So wird z. B. die Kopfsteuer von
Syene -Elephantine im J. 5 des Hadrian bald vom TTpaxTWp (117),
bald von den {jita^wial tepa^ TiuXyjg ^ot^vy]? erhoben (118, 119).
Wenn man die obige Tabelle daraufhin durcharbeitet, wird man
finden, dass von Trajan an — im Jahre 114 erscheinen diese |x:a^ü)TaL
^) Was das für ein heiliges Thor ist, wissen wir nicht,
eine Strasse „vom heiligen Thore" bezeugt.
Für Arsinoe ist
39*
612
VI. KAPITEL.
zum ersten Mal in unserer Sammlung (88) — die obengenannten
Abgaben beständig bald von Praktoren, bald von diesen {xia^wxai
erhoben wurden. Daneben begegnen auch hier £7riTY]p7jTat, die
sich speziell als die Aufpasser jener {jLca^wxat meist als sTiCTyjpy]-
Tal hpäc, tiuXt]^ liori'^ric, bezeichnen.^) Es ist für unsere Frage
bemerkenswert, dass diese £TULT7]p7]TaL i. tz. 2. gelegentlich nicht nur
zusammen mit den [xtaO'WTac i. iz. S. (vgl. 140,141), sondern auch
mit den Praktoren Steuern erhoben. Vgl. 135: SevTipcov^o? KeXzp
xal [ol auv auTW eTrtxyjpyjTal l. tt. S.]^) xal AiSujxlwv Tüpa>t(Twp).
Mir scheint es nun ganz undenkbar, dass eine und dieselbe
Steuer in demselben Bezirk gleichzeitig teils von Steuerpächtern,
teils von izpay.zopec, erhoben sein sollte. Das ist für mich der durch-
schlagende Grund um anzunehmen, dass die [xia^wial l. tz. S. nicht
Steuerpächter, sondern kaiserliche Steuererheber waren oder doch —
was in der Hauptsache auf dasselbe hinauskommt — mit der directen
Erhebung von Abgaben (ohne Pachtverhältnis) beauftragt waren.
Es ist sehr gut möglich, dass sie als „Pächter des heiligen Thores"^)
in erster Reihe irgend welche anderen uns unbekannten Functionen
hatten. Dann würde man sie etwa mit den TrpeaßuxepOL ztop-yj^ oder
den Priestern in Parallele setzen können, die, wie wir sogleich sehen
werden, auch neben ihrem Hauptamt gelegentlich mit der Steuer-
erhebung (ohne Pachtverhältnis) betraut waren. Andrerseits wieder
werden wir sie mehr den Praktoren an die Seite stellen, insofern sie
(von Trajan an) mit derselben Regelmässigkeit wie die Praktoren die
Steuern erhoben.
Diese [iia^wxal l. tu. S. bildeten ganz wie die izpdxxopec, und
die £7iiTYjp7]Tat mehrgliedrige Collegien. Vielleicht gab es bei ihnen
eine bestimmte Rangordnung, da in CIGr 4919 eines 6£i)[T]£pou
[n[a'9'a)T0U le]pötc, tcuXyj? So'^vyjg Erwähnung geschieht.^)
^) In 85 (vom J. 113) fehlt noch der Zusatz [. tc. S. Doch könnte hier
auch an einen smxrjpYixric, der Ttpocxxopsg gedacht werden.
2) Die Ergänzung steht durch andere Texte fest.
^) Das heilige Thor, resp. die mit seinem Besitz verbundenen Obliegen-
heiten sind das Pachtobject des ixio^-mx-qz. Ich halte daher l. n. S. nicht für
eine blosse Anfügung des Amtslokales, was formell ja möglich wäre. Vgl.
BGU 356: 7tpay(fjia-C£ux7]g) TiüXyjg ^iXo-beXizp . .)• Dann würde ijiia^wxr^g ganz
in der Luft schweben.
*) Er wird als [xtov sv 'EXscpjavxtvi;], als Bürger von Elephantine bezeichnet.
Trotzdem ist er [iiaO-CDXYjs l. n. S. drüben in Assuän! Vgl. oben S. 604 f.
§ 2. DIE STEUERERHEBUNG IN DER KAISERZEIT. 613
Diese {xca^WTaL — wie oben gedeutet — leiten hinüber zu
denjenigen Beamten, die neben ihrer Hauptbeschäftigung auch mit
der Steuererhebung betraut waren. Da sind zunächst die Tipza-
j3uT£pOL ywWjxyji;. Diesen Dorfaltesten, die, wie es scheint, ein jähr-
lich wechselndes Collegium bildeten i), war die Eintreibung einiger
Steuern innerhalb ihres Dorfes übertragen. Belegt sind bis jetzt die
Schafsteuer, die Weideabgabe, die Biersteuer, die Dammsteuer und
die Abgabe für [ioyobea\i.iix -/ppzou. Doch wurden manche derselben
auch von Praktoren erhoben (vgl. die Tabelle). Da diese Dorföltesten
die Vertreter der Dorfgemeinde waren, so kann man hierin wohl
einen Ansatz zu jenem dritten Erhebungssystem finden, für das wir
bisher kein Beispiel für Aegypten angeführt haben, nämlich die Er-
hebung durch die Communen selbst. Man darf es vielleicht so auf-
fassen, dass die Eintreibung der betreffenden Steuern den Dorf-
gemeinden überlassen war, und diese eben durch ihre Dorfältesten
die Erhebung ausführen Hessen.
Ich stelle diejenigen Beispiele an die Spitze, durch welche die
Dorfältesten ohne Zweifel als Erheber bezeugt werden. Das gilt vor
Allem von dem oben besprochenen P. Lond. CCLV. Er zeigt uns
zugleich, wie wir sahen, dass die Dorfältesten das Geschäft gelegent-
lich von sich abwälzten, indem sie einen Anderen bevollmächtigten,
statt ihrer (dv^' t^ijlwv) die Steuern zu erheben und an die könig-
liche Bank abzuliefern. Da sie die Thätigkeit dieses Anderen als
TTpazTopsoeiv, nicht TipaaasLV bezeichnen, so wird er den Titel TcpdxTwp
gefuhrt haben ebenso wie die vom Epistrategen ausgelosten Erheber.
Solche vicarii treten freilich nicht immer ein. So wird in BGÜ 334
vom Steuerzahler direct an die Trpsaßuxepoi gezahlt, und in BGU431
quittirt die Bank, dass der Steuerzahler durch Vermittelung der Pres-
byter (Slcc) gezahlt habe.
In anderen Fällen sehen wir, dass die TipeaßuTepoi die von ihnen
erhobenen Summen an den kaiserlichen TipdxTWp weiterzahlen. So be-
richten in BGU 199 die Praktoren, die Schafsteuer 6:d TipeajSuxepwv
empfangen zu haben. Das 5cdc zeigt uns deutlich, dass die Presbyter
nicht die Steuerzahler sind, sondern die Vermittler, die die Einzel-
^) Vgl. BGU 195,30: xoug xax' £Tog Tipsaßu-cspo-j;; 345: Tipsoß le^;
P. Lond. CCLV: TipsoßuTepot xou x*^. — Zum Collegium vgl. BGU 85: t(ov
ß xal Twv Xo'.Titov Tipsoßuxepwv.
614
VI. KAPITEL.
betrage von ihren Dorfgenossen erhoben haben. Dem entspricht
BGU 711, wo der Tipaxxtop vo[xap)((LXWv) den Presbytern quittirt,
von ihnen für die iiOVohe<j\}m y^6pzo\) 16 Drachmen empfangen zu
haben. Dasselbe liegt in BGU 214 vor, wo die Bank bescheinigt,
dass durch Vermittelung des kaiserlichen Praktorencollegiums^) die
Dorfältesten die Dammsteuer gezahlt haben. Ebenso wird nach
BGU 345 die Weideabgabe durch Vermittelung (hioc) der Presbyter
an den Nomarchen gezahlt.
Andrerseits tritt uns das aus dem Londinensis erschlossene
Vicariat in BGU 382 entgegen. In dieser Bankquittung wird den
Presbytern bescheinigt, dass sie durch Vermittelung eines TipaxTCop
gezahlt haben: 6L£Yp(a4'av) 7ip£aß(ux£poc) — oia HsTaXou Tcpax(To-
poq). Dieser einzeln stehende Praktor, der sich von den sonst üb-
lichen Praktorencollegien deutlich abhebt, ist wohl ohne Zweifel der
Vicarius des Londinensis, denn dadurch, dass er nachgestellt ist,
wird er als Stellvertreter charakterisirt. Diese Auffassung wird ge-
stützt durch BGU 63, wo über dieselbe Abgabe quittirt wird: hier
haben die TipeaßuTepOL selbst, ohne Vicarius, die Erhebung besorgt.
Eines ist noch bemerkenswert an den hier behandelten Urkunden.
Diese Bankquittungen nennen regelmässig den Steuerzahler, während
die Nennung des Erhebers nicht notwendig ist (vgl. mein Urkunden-
verzeichnis am Schluss von BGU II). Danach spielen in manchen
der Quittungen formell die Presbyter die Rolle der Steuerzahler,
so in BGU 63, wo sie allein genannt werden, in 214, wo die Prak-
toren als Erheber, sie als die Zahler erscheinen. Gerade diese Fälle
bestätigen die Auffassung, dass die Presbyter hier wie überall als
die Vertreter der Dorfgemeinde auftreten. Sie nehmen eben eine
Zwitterstellung ein als Mitglieder der steuerpflichtigen Gemeinde und
zugleich als Erheber der der Commune aufgelegten Abgabe.
Ueber die Controle dieser Dorfältesten erfahren wir nichts.
Unter enizr]pr^xcx,i scheinen sie nicht gestanden zu haben. Wahr-
scheinlich waren sie der Controle ihres xa){JioYpa[ipLaT£u? unterstellt.
Neben den 7rp£aß6T£pot xwjXYj? sind die 7rp£aßuT£poi L£p£(i)V oder
allgemeiner die Pries terschaften als Organe zu nennen, die neben
ihren Hauptaufgaben gelegentlich mit der Steuererhebung betraut
^) Mit 'Auuyxt-S ^at- ix^io^oi upaxxope^ xxX können nur die regulären
Praktoren gemeint sein, nicht etwa vicarii.
§ 2. DIE STEUERERHEBUNG IX DER KAISERZEIT.
615
wurden. Da ist zu unterscheiden ihre Stellung gegenüber den Tempel-
steuern und gegenüber den Staatssteuern.
Die Tempelsteuern, die vom Staat den Tempeln zugewiesen
waren, wurden, wie es scheint, in der Regel von den gewöhnlichen staat-
lichen Erhebungsorganen eingezogen. So war es schon in der Ptole-
mäerzeit gewesen, wo z. B. die für die Göttin Philadelphos bestimmte
a7i6{iOLpa, eine reine Kirchensteuer i), ganz wie die staatlichen Steuern
vom König verpachtet wurde und die für den Ammontempel be-
stimmte Naturalabgabe zunächst in die Staatsspeicher abgeführt wurde
(s. S. 147). Das scheint sich in der Kaiserzeit nicht geändert
zu haben. Die Naturalabgaben, die für die Tempel bestimmt waren,
wurden an das Tempelressort der kaiserlichen Magazine abgeliefert
und hier von den kaiserlichen (31x0X6^01 entgegengenommen (vgl.
unten § 4).
Andrerseits gab es auch Tempelabgaben, deren directe Erhebung
den Priestern überlassen wurde. Dahin gehört die „Collecte für die
Isispriester", die Xo^eia für die cpevvr^aca, die von dem Tzpoazdvriq
oder cpsvv^a'.; selbst erhoben wurde (s. oben S. 253 ff.). Dass
dieser Weg nicht immer eingeschlagen wurde, zeigt BGU 515, 7,
wo eine XoycLa vielmehr vom TipaxTtop aiZ'.YMy erhoben wird. "Wieder
anders war die Erhebung der Badabgabe geregelt, die die Tempel
für die von ihnen besessenen Bäder erhoben (s. S. 168). Diese war
an Steuerpächter, wie es scheint, von der Tempelverwaltung selbst
verpachtet, die sich daher TeXöva: '9'r^aaupoö Eepwv nennen. Ebenso
heissen die dazugehörigen Controlebeamten eTC'.TYjpTjTal -ö-YjaaupoO
Lcpwv.-) Da dieses Badgeld nicht in natura, sondern in Geld
^) Nach wiederholter Prüfung kann ich nicht mehr wie oben S. 158 Mahafiy
beistimmen, -wenn er in der Ueberweisung der Apomoira an die Osa ^tXdSsXi^os
eine Beeinträchtigung der Tempel zu Gunsten der königlichen Kasse sieht (Rev.
Pap. p. XXIX). Es handelt sich um die finanzielle Fundirung des neu ein-
gerichteten Kultus jener Göttin. Et^ XTjV •9'uacav "/ai XYjv a7:ov5V;v (36, 19) wird
ihr die Apomoira überwiesen. Dass die Göttin zufällig als Mensch die Schwester
des Königs war, kann doch nicht erweisen, dass die Erträgnisse der Steuer nicht
für diesen Zweck ausgegeben seien, resp. dass die Ueberschüsse nicht in ihrem
Tempel thesaurirt wären. Die Abgabe selbst ist übrigens durchaus geeignet für
den angegebenen Kultzweck: das Geld von den zapäSeiao', war für die O-uatai
und der Apomoira-Wein für die aTiovSat. Dass der Wein, der nicht libirt wurde,
nicht umkam, dafür werden schon die Philadelphos-Priester gesorgt haben.
■^) Dass in STt'.xyjpr^xYjS xs^ ^Y|aai)pou Upwv (vgl. 916, 1252, 1452) nicht
xsXcavwv, sondern xdXou^ aufzulösen ist, zeigt 1020.
616
VI. KAPITEI,.
erhoben wurde (S. 168/9), so wird man O-yjaaupo^ in dieser Verbin-
dung als das „Schatzhaus" fassen müssen, das sowohl Geld als
Naturalien aufnahm (vgl. § 4).
Von besonderem Interesse ist nun aber, dass die Priester auch
zu der Erhebung der staatlichen Steuern mit herangezogen wur-
den, Das scheint mir aus BGU 392 und 639 hervorzugehen.
Diese Urkunden enthalten Berichte der TcpaxTOpe^ 0(,p^upixGi'^ xwfJLYjg
SoywVOTtaiou Xi^aou an den Strategen über die in dem Monat ein-
gegangenen Steuern, und zwar sind es xax' avSpa, d. h. sie geben
die Namen der Steuerzahler nebst dem Steuerbetrag. Am Schluss
dieser Abrechnungen finden sich nun die Worte: xal hioc xwv
L£p£(i)v 7:p£aßuT£pct)V SO Und so viele Drachmen. In beiden Fällen
steht hid, nicht Tiapa, was zweideutig wäre. Ata kann nur bedeuten,
dass die betreffenden Summen durch Vermitteln ng dieser Priester-
ältesten an sie gezahlt seien. Daraus folgt aber, dass diese Aeltesten
die Summen erhoben haben. Um welche Abgabe es sich handelt,
wird nicht gesagt. Ich glaube nicht, dass Abgaben gemeint sind, die
etwa die Priester als solche zu zahlen hatten. Es wird dieselbe staat-
liche Steuer sein, die auch die vorher genannten Personen zahlten.
Durch diese Texte gewinnt die Deutung, die ich oben S. 227
und 369 der Urkunde BGU 337, 18 ff. vermutungsweise gegeben
habe, an "Wahrscheinlichkeit. Die Soknopaiospriester zählen hier unter
ihren Ausgaben folgende Posten auf: xal 6Ti£p 67toz£C[JL£VOU £7itaTpa-
xr^yta, darauf die Spezialisirung: ß?]a9£ü)v N£tXou nolziaq, ^ö^ogtixoIou
no)Xö)V yM[L\r^c, 6[jiocü)^], yva^lwv ztoptv]«; 6[|jioc(ji)^] und hinter jedem
den Betrag. Es könnte die Vermutung nahe liegen, dass die an-
geführten Gewerbe in diesen Dörfern dem Tempel gehörten, für ihn
arbeiteten, und dass daher der Tempel die Gewerbesteuer für sie zu
zahlen habe. Ich wies jedoch schon oben S. 227 darauf hin, dass
ein unpublicirter Papyrus, den ich einsehen durfte, vielmehr die
Deutung nahe legt, dass die Priester für den Staat die betreffende
Abgabe erhoben haben. 2) Es ist das eine ganz ähnliche Priester-
urkunde — wenn ich bei meiner flüchtigen Durchsicht recht gesehen
^) In BGU 598 übersendet ein Ispsug y.WfxYJg üsßsvvüxou dem oxpatTjyös
ein äTxaixfja'.iJiov. Der Zusammenhang ist nicht klar.
^) Dass das unter den Ausgaben steht, ist ganz in der Ordnung. Sie werden
die eingegangenen Steuern auch unter ihre Einnahmen aufgenommen haben.
§ 2. DIE STEUERERHEBUNG IX DER KAISERZEIT.
617
habe, von derselben Priesterschaft ausgestellt. Da werden nach der
Ueberschrift uTiOxecia'. be r]\Li[v xax'] Ito; apyupixa fxev äizep
saxlv 7^£[ip(i)va^L]ü)v aTro 7.L xoO xal aL ^sgO 'ASpLavoO (J. 116/7)
dieselben Steuern wie oben angeführt. Diesmal aber steht Tüapa
vor jedem einzelnen Titel. Also Tiapa, uud nicht etwa 07:1p I Damit
scheint mir entschieden zu sein, dass die Priester die betreffenden
Steuern von den genannten Gewerbetreibenden erhoben haben. In
diesem Sinne konnten sie sagen unoxeizoci r^\L^w, wiewohl die Steuern
andrerseits zu den u7üox£L[i£va STiLaTpaTrfj'La gehörten. Doch auch
jetzt kann ich diese Deutung nur mit Vorbehalt geben, da meine
Kenntnis der Urkunde auf flüchtiger Durchsicht beruht. Hoffentlich
wird dies wichtige Stück bald edirt werden.
Zum Schluss noch ein Wort über den XaGypa^o^. Wir haben
diesen „Yolkszähler" oben als einen Beamten kennen gelernt, der
bei der Herstellung der xax' oixcav dTioYpa'^ai in den Dörfern be-
teiligt war.i) Paul Meyer (Philol. LVI S. 212) erklärt ihn als den
„mit der Erhebung der Kopfsteuer auf Grund der xax' oixcav octzo-
ypoc<'^oc.i beaufti-agten Beamten" und ähnlich vermutet auch Viereck
(Philol. LII S. 245), dass er „auch Erheber der Kopfsteuer" ge-
wesen sei. Diese Ansicht wird durch unsere Urkunden nicht be-
stätigt. Die Kopfsteuer wird vielmehr regelmässig von Tzpiyizopzc,
oder [iia-ö-wcal iepätc, 716X755 ScYjVYjc resp. ^TJ.zr^pr^zo^^ , niemals aber
durch loLoypd'^oi erhoben (vgl. die Tabelle). Dennoch wäre es nicht
unmöglich, dass auch dieser Verwaltungsbeamte neben seiner Haupt-
aufgabe gelegentlich auch bei der Steuereintreibung verwendet wäre.
Wenn unsere Ergänzung von Ostr. 1052 [ot ß] XaoYpa(90i) richtig
ist, so würden diese beiden Volkszähler im Jahre 100/1 die Abgabe
ÖTiep awfiaxtxwv erhoben haben. Vgl. S. 304.
Ueber die Verwendung der £7il töv 7iapax(aTaO'yjxwv?) vgl.
oben S. 302. Ueber die j3aAav£T5 vgl. oben S. 585.
E. Die Steuererhebung.
^^^ach den vorhergehenden Ausführungen können wir uns betreffs
der Erhebung selbst auf wenige Bemerkungen beschränken.
Vgl. auch BGU 484, 7, wo in Verbindjing mit der y.ax' clxiav duo-
Ypa^ig die Rede ist von -wv dvaSoO-evxcov £-[l] xa zf,^ y.<b(\xr^^) XaoYp(acfcov),
von den für die dörfischen Geschäfte vorgeschlagenen Volksziihlern.
618
VI. KAPITEL.
Die Steuerpächter konnten nur während des Jahres, für welches
ihr Contract lief, Steuern erheben. Während wir für die Ptolemäer-
zeit einige Ausnahmen dieser Kegel constatiren konnten (S. 566),
liegt für die Kaiserzeit in unserer Urkundensammlung nicht eine
einzige vor. In folgenden Fällen wird ausdrücklich hervorgehoben,
dass die Erhebung in demselben Jahre, für welches gezahlt wird,
erfolgt: 83, 187, 262, 263, 274, 392, 464, 476, 787, 1049, 1053,
1054, 1057, 1282, 1333, 1419, P. Grenf. (II) 60. In den anderen
Quittungen über verpachtete Steuern wird meist nur gesagt, für
welches Jahr die Zahlung erfolgt, da es eben selbstverständlich war,
dass sie auch in demselben erfolgte. Nur im Pap. Paris. 17, 22 ff.
amtirt der Pächter auch noch am 16. Thoth des folgenden Jahres.
Hieraus wird man schliessen dürfen, was auch für die Ptolemäerzeit
wahrscheinlich war, dass der alte Pächter bis zum Antritt des neuen
Pächters stellvertretend für ihn functionirte. Ob bei Wiederholung
der Pacht im nächsten Jahre es dem Pächter selbst erlaubt war,
eventuelle Rückstände aus dem vorhergehenden Pachtjahr einzutreiben
(vgl. oben S. 566), wissen wir nicht. Aber gut bezeugt ist, dass
regulär die Eintreibung rückständiger Steuern, die an Pächter ver-
geben gewesen waren, von den dTratTYjTat executirt wurde (s. oben
S.610).
Die kaiserlichen Beamten der directen Erhebung, die izpdxzopec,
u. s. w., konnten natürlich auch aus früheren Jahren Rückstände der
ihnen selbst übertragenen Steuern einkassiren, da sie ja mehrere Jahre
hindurch im Amt zu sein pflegten.
Alle die genannten Steuererheber, Pächter wie Nichtpächter,
hatten für das Eintreibungsgeschäft ein Hilfspersonal zur Verfügung.
Von den Xo^euiai und den anderen Subalternen, die der Revenue-
Papyrus uns für die Ptolemäerzeit nennt, hat sich in Texten der
Kaiserzeit bisher keine Spur gefunden. Nur der ÖTiyjpexyji; ist als
Untergebener der TipaxTope^ bezeugt. Vgl. BGU 515.^) Als Hilfs-
personal der directen Erheber nennen die Ostraka sehr häufig die
und Ypa[Ji{xaT£r?. Diese waren berechtigt, statt der Erheber
selbst die Steuern einzuziehen und Quittungen auszustellen. Ein
Beispiel für viele: OuaXeptwv xal ol Xonz(oi) (JLta'9-(a)Tal) iepötc, 7iu-
X(y](;) 2oT^vy]5 5c(d) Sapa(Tucü)vo^) Yp(a(i|JiaT£ü)5) (Ostr. 110). Ausser-
^) Er unterstützt hier zusammen mit dem ypa^iiiaxsug den Praktor bei
einer Pfändung.
§ 2. DIE STEUEREEHEBUXG IX DER KAISERZEIT.
619
dem nennen uns die Papyi*i auch noch ysip'.aTa: im Dienste der
Praktoren (vgl. z. B. Pap. Genev. 17, 7)^) wie andrerseits im Dienste
der Nomarchen (vgl. BGU 345),
Das System der Ratenzahlung war dasselbe wie in der Ptole-
mäerzeit. Die Gesammtsumme, die der einzelne Steuerzahler für die
einzelne Steuer zu zahlen hatte, war — wenigstens bei vielen Steuern
— in 12 monatliche Xormalraten geteilt.-) Diese wurden aber durch-
aus nicht immer rechtzeitig, d. h. spätestens am Ende des betreffen-
den Monats erhoben, vielmehr wurden die Summen je nach den
Verhältnissen der Steuerzahler in beliebigen Raten zu beliebigen
Terminen eingezogen. Ein Beispiel möge genügen: in 1067 wird
das TEAGC Oaiicvw^ y.al OapidcOO-: am 25. Payni gezahlt. Daraus
geht hervor, einmal dass es für die einzelnen Monate Xormalraten
gab, andrerseits aber dass diese thatsächlich auch später erhoben
werden konnten. Ich betone ausdrücklich, dass auch für die ver-
pachteten Steuern solche monatlichen Normalraten vorgeschrieben
waren (vgl. dasselbe Beispiel).
Die Praktoren und ebenso gewiss auch die anderen directen
Erheber — ob auch die Pächter, ist nicht bezeugt^) — erhoben
die einzelnen Beträge auf Grund der von den Regierungsbeamten
ihnen zugestellten „Erhebungsanweisungen", jener öL7:7.'.zr^T.\}.(X , mit
deren Erwähnung ^vir oben das Kapitel über die Steuerveranlagung
beschlossen.^) In diesen ^^T:y.lz^r^^',\i.o^ war von den Veranlagungs-
beamten genau berechnet, welche Steuersumme von jedem Erheber
zu zahlen war. Eine solche Anweisung enthielt die Namen der
Steuerzahler (y,7.z ä'^opoc), das Steuerobject — in BGU 175 und
659 sind es Aruren — und die zu erhebende Steuersumme. Von
besonderem Interesse ist BGU 457, wo ein xwjJLoypafifiaTeu? dem
^) Vgl. auch P. Lond. CCLV, wo dem Yicarius der TipsoßiiTcpot, sowohl
das /£'.pi^£'.v wie das TrpaxTopsöc'.v übertragen ist.
*) Jeder Monat hatte seine eigene dptO-fiYjc.?. Darum werden die Zahlungen
häufig ausdrücklich als Zahlungen ,,£:- äpi9-|ir,a'.v des und des Monats" be-
zeichnet. Vgl. Kap. XI Schluss.
^) Da die Pächter nicht als Beamte, sondern als freiwillige Contrahenten
dem Staat gegenüberstanden, sollte man denken, dass sie auch bei der F^rhebung
selbstständiger gewesen seien. Andrerseits spricht die eben erwähnte Tliatsachc,
dass auch ihnen monatliche Xormalraten festgesetzt waren, gegen diese Annahme.
*) BGU 175, 259, 299, 457, 598, 659, PER I 33. Vgl. auch P. Oxyr. I
136, 17 vom J. 583.
620
VI. KAPITEL.
TipaxTWp GLTCXWV mitteilt, dass das ihm übersandte aTiatX'^acjJLOV in
einem Punkte zu verändern sei. Die auf den Namen des Sokrates
eingetragenen Aruren seien nach inzwischen eingelaufenen Mitteilungen
von Anderen in Besitz genommen (iTTCXpaTsIa^a:), von diesen müsse
daher die Steuer erhoben werden: ixETaSeSoxai sie, tö xyjv Tipa^cv
lieber die Erhebung selbst bringt soeben P. Oxyr. I 36, das
oben erwähnte Fragment der Steuergesetzgebung, einige Einzelheiten.
Danach hatte der Zollpächter das Recht, falls er glaubte, dass der
Kaufmann mehr Waren auf seinem Schiffe habe als er deklarirt
hatte (aTTSypa'j'aTo)^), die Ausladung des Schiffes zu verlangen.
Fand sich dann mehr als deklarirt war, so wurde das Plus confiscirt.
War aber der Verdacht des Zöllners ungerecht gewesen, so musste
er dem Kaufmann die Umladungskosten aus seiner Tasche bezahlen.
Diese Bestimmung^) war geeignet, sowohl die Interessen des Staates
als auch die des Steuerzahlers zu wahren. Durch die letztere
Bestimmung war der ungerechten Belästigung durch die Pächter
vorgebeugt.
lieber die Zwangsmittel, die dem Erheber der Kaiserzeit zur
Verfügung standen, ist uns wenig bekannt. Im Allgemeinen mag
es damit geblieben sein wie in der Ptolemäerzeit (s. S. 567 f ). Dass
die Erheber im Falle der Zahlungsverweigerung zur Pfandimg des
Steuerzahlers schreiten konnten, ist bekannt. Ein Beispiel dafür bietet
BGU 515, eine an den Centurio gerichtete Klagschrift (vom Jahre
193), in der über die bei der Pfändung vorgekommenen Uebergriffe
der TipaxTOpe? amxwv Beschwerde geführt wird. Da der Kläger
für die Xoysca noch eine Artabe Weizen schuldete, so w^aren die
Praktoren, begleitet von ihrem Schreiber und ihrem UTiYjpsTY]^,
^) Aehnlich scheint die Sachlage in BGU 330 zu sein. Im Einzelnen ist
hier manches dunkel.
^) Diese ctTioypacpT^ hat natürlich nichts mit den in Kap. V besprochenen
periodischen dcTtoypacpat (Objectsdeklarationen) zu ihun. Es handelt sich hier
offenbar um Ein- oder Ausfuhrzoll. Wir lernen aus dem Text, dass dieser Zoll
erhoben wurde auf Grund einer ad hoc gemachten Deklaration des Zollzahlers.
^) Vgl. hiermit die ^TgTr/aig in Rev. Pap. 55, 18ff., andrerseits den Zolltarif
von »Palmyra Z. 7 (Dessau, Hermes XIX S. 490): auveßaivsv Se TiXsiaxaxts
Tispl xoOxou ^TjXT^asis Ytv£aO'[a!, |x£]xa^u xwv svTiöptov Tcpo^ zouc, TeXcovag. Vgl.
auch die von Friedländer, Sittengesch. 11^ S. 45 f. zusammengetragenen Nach-
richten.
§ 2. DIE STEUERERHEBUNG IN DER KAISERZEIT.
621
während er selbst auf dem Felde arbeitete, in sein Haus eingedrungen
und hatten ein Kleid seiner Mutter gepfändet. Soweit mögen die
Praktoren — trotz des gehässigen a^i^pTiaaav — nach ihren
Instructionen verfahren sein. Dass sie dann aber die Mutter miss-
handelten, so dass sie bettlägerig (xX'.vi^py];) wurde, ging jedenfalls
über ihr Recht hinaus und rechtfertigt die Klage. Nach P. Grenf
(II) 66 wurden zwei andere TTpaxTope? aiT'.xwv von einem xaia-
önopeuq verklagt, weshalb sie von der Dorfpolizei ausgeliefert werden
sollen. Der Grund der Klage ist nicht angegeben.
So scheinen es die kaiserlichen Beamten nicht besser getrieben
zu haben als die vielverschrieenen „Zöllner". Das Treiben der letz-
teren beleuchtet BGU 340, eine Bittschrift, in der eine Frau beim
Epistrategen Klage führt gegen TeXwva:, die schon gezahlte Summen
nochmals einzufordern suchten, wiewohl sie die Quittung (a6[JLßoXoy)
vorzeigen konnte.
Dass die Steuererheber gelegentlich, wenn ihnen besondere
Schwierigkeiten gemacht Avurden, vom Militär unterstützt wurden,
ist sehr wahrscheinlich, wenn mir auch aus den ersten Jahrhunderten
der Kaiserzeit kein stricter Beleg erinnerlich ist.^) In BGU 8 II 9
vom Jahre 248 schickt ein Procurator einem Strategen, dem er eine
TTpa^cg aufträgt, einen Soldaten zu Hilfe, um ihm jeden „Vorwand"
zu nehmen. Deutlicher spricht P. Lond. CCXXXIV (vgl. Pal. Soc. II
Ser. 188) aus der Mitte des IV. Jahrhunderts, in dem der £7i''Tp(o7io;)
6£a7iOTLyw(ö)v) XTi^aewv den Commandanten der xaaxpa AcovuaiaSo^
auffordert, ihm gemäss dem Befehl des comes et dux militärische
Hilfe zur Eintreibung der canones zu schicken: Tipo^exa^sv £|ji"5
ini\}.eXdc(. ßoyj^tav aTpa-ciWTixYjv 7rapaa)(_£^Yjvai elq xYjv aTracxYjaiv
Twv 6£a7roTCXü)V xavovwv Ix twv utzo tyjv ayjv (fpoviiSa aipa-
TCWTWV.^)
Dass die Steuerschuldner eventuell in das TipaxTopE'.ov geworfen
wurden, sagt Ti. Julius Alexander in seinem Edict Z. 17: |17]5' eiQ
TO TipaxTopEtov E^w TÖ)V Ö9£iX6vTa)v elc, Tov xi)pLax6v Xoyov. Ich
habe dieses 7:paxT6p£iov oben S. 285 mit den kaiserlichen 7rpaxT0p£^
zusammengebracht. Vielleicht ist es zutreffender, an die Praktoren
Vgl. oben S. 226. Die Quittungen, in denen Soldaten über a/upov
quittiren, sind wohl nicht Steuerquittungen. Vgl. P. Oxyr. I 43.
^) Vgl. hiermit das Kaiserrescript an den präf. Augustalis Cod. Just. I
37, 1 (vom J. 386).
622
YI. KAPITEL.
im Sinne der Ptolemäerzeit zu denken^), d. h. an den Executor,
der mit der Eintreibung der Schulden betraut war. Denn in das
Praktorion wurden, wie die Allgemeinheit der Worte des Edicts
nahe legt, gewiss nicht nur die Steuerschuldner geworfen, und unter
diesen sicherlich nicht bloss die Schuldner der TtpaxTOpec, sondern
auch der Pächter. Das Wort wird schon aus der Ptolemäerzeit her-
stammen.
F. Die Rechnuugslegung".
Entsprechend der straffen Controle der Kaiserzeit wird die
Rechnungslegung der Steuererheber durch Regulative auf das genaueste
geregelt gewesen sein. Von diesen Vorschriften ist uns nichts er-
halten. Im Revenue-Papyrus lernten wir auf's genaueste den 6ca-
XoY:a{JLG<^ kennen, den in jedem Monat die Finanzbeamten mit den
Pächtern abzuhalten hatten. Wahrscheinlich wird das in der Kaiser-
zeit nicht anders gehandhabt worden sein. 2) Ueber die Abrech-
nungen der Pächter sind die oben S. 589 besprochenen Bestimmungen
des Pachtangebotes in P. Grenf. (II) 41 wohl die einzige Nachricht,
über die wir zur Zeit verfügen. Dass die Praktoren ausserdem
gelegentlich einer Superrevision (ß'Axpioiq) durch den Strategen unter-
worfen wurden, haben wir oben S. 609 hervorgehoben. Hier sei nur
noch hinzugefügt, dass die Praktoren allmonatlich dem Strategen in
einem Ö7ü6[JLvr|[Jia zu melden hatten, wieviel sie auf Rechnung des
verflossenen Monats an die königliche Bank, resp. an den Thesauros
abgeliefert hatten. Erhalten sind uns solche 67i:o|jivfj|xaTa nur über
Zahlungen an die Bank, und zwar musste jeder Praktor für jeden
Monat eine zwiefache Eingabe machen : in der einen meldete er, wieviel
für die einzelnen Steuern, die ihm überwiesen waren, in dem be-
treffenden Monat im Ganzen eingegangen war, in der anderen
meldete er, wieviel die einzelnen Steuerzahler, die ihm überwiesen
waren, in dem betreffenden Monat gezahlt hatten (Vwax' av6pa).
Urkunden der ersteren Art sind BGU 25, 41, 652, 653, der zweiten
In diesem alten Sinne steht Tipäxxwp auch im Evaug. Luc. 12, 58: 6
xp'.XT^g OB 7iapagü)aet Tqi Tipäxxopi xat T^pocxxwp ob ßaXst eic, cpuXaxVjv.
^) A'.aAoy.aiiög begegnet in der Kaiserzeit als terminus technicus für die
Revisionen, denen der Präfect, wenn er Convent hielt, die Gauverwaltung unter-
warf. Ein d'.aXoyiajjLÖs wurde auch mit dem abtretenden oxpaxTgyög abgehalten
(vgl. CIGr. III 4957, 35).
§ 2. DIE STEUERERHEBUNG IX DER KAISERZEIT.
623
Art BGU 42, 199 R, 392, 639. Sie zeigen, dass die Abrechnungen
meist in der Mitte des nächsten Monats eingereicht wurden.
Eigenartig ist der Bericht der Praktoren an den Strategen in
P. Grenf. (II) 72 a: 6yjXoO{Jt£V \irßev 5[LaY£]Yp(a9^a:) vipLlv ccizb ix
£(0? [.]'^ TOö M£aGpY^ [i-fi^b^ [_iyE'Jz]G)ZOC, :£^. Hiernach scheint
es, als wenn auch innerhalb des Monats (vorläufige?) Berichte ein-
gesandt wurden. Oder liegt ein Ausnahmefall vor, dadurch veranlasst,
dass in dem angegebenen Zeitraum nichts gezahlt worden war?
Natürlich bedurften diese einseitigen Meldungen weiterer Con-
trole. Abgesehen von den oben erwähnten hiocxpiaei;, wurde sie
dadurch geleistet, dass auch die Trapeziten wie die Thesaurosbeamten
ihrerseits wieder dem Strategen über die monatlichen Eingänge zu
berichten hatten (vgl. § 3 und 4).
Von den Strategen wurde dann weiter berichtet an die nächst
höheren Instanzen, und so fort, bis hinauf zur Oberrechnungskammer
in Alexandrien und zum Präfecten selbst. Dieser hatte dann das
Schlussergebnis dem Kaiser nach Rom zu melden (s. oben S. 498).
Gr. Die Steuererhebniig im III. Jahrh. ii. Chr.
Im Anfang des III. Jahrhunderts sind zwei Neuerungen von
einschneidender Wichtigkeit in Aegypten eingeführt worden. Im
Jahre 202 gab Kaiser Severus der Stadt Alexandrien und, wie
wir oben S. 430 f. wahrscheinlich zu machen suchten, auch den
sämmtlichen Metropolen der aegyptischen Gaue eine ßo'jX")^, und im
Jahre 212 gab Caracalla wie den Bewohnern der anderen Provinzen,
so auch den Aegyptern, mit ge^vissen Ausnahmen, das römische
Bürgerrecht. Es wäre von besonderem Interesse zu erkennen, welche
Einwirkungen diese beiden grundlegenden Neuerungen auf das öffent-
liche Leben in Aegypten, im Besonderen auf die Steuerordnung aus-
geübt haben. Die Urkunden geben aber über das III. Jahrhundert
bisher nur dürftige Kunde. Eine zusammenhängende Darstellung ist
daher zur Zeit unmöglich, und ich muss mich darauf beschränken, für
künftige Untersuchungen zusammenzustellen, was uns bisher vorliegt.
Ehe wir auf die neue Decurionenordnung Aegj^ptens eingehen,
wird es sich empfehlen zu fragen, wie denn bis zum Jahre 202 die
Steuerordnung in den Griechenstädten des kaiserlichen Aegyptens
gewesen war. Alexandrien hatte in dieser Zeit, wie uns Strabo XVII
p. 797 berichtet, vier städtische Beamte, die auch in der Königszeit
624
YI. KAPITEL.
functionirt hatten, den I^YJYyjTi^g, den uTrofJtvr/fJtaToypatyoc, den äpj;,-
StxaaTigg und den v'JZT£p'.v6(; aTpaxyjYO^. Von diesen konnte für
die Steuerordnung höchstens der ibqyrixriq in Betracht kommen, aber
auch nur indirect, insofern ihm die eTZ'.jJieXsLa xwv zr^ tüoXsl xpy]a({Xü)v,
d. h. die cura annonae unterstellt war. Wer leitete also das
Steuer wesen der Stadt Alexandrien, wie es der Stratege für den Gau
that? In BGU 729 erscheint ein axpoLvriybc, xfic, tuoXew^. Meine
a. a. O. vorgeschlagene Deutung, dass mit noXiq Alexandrien gemeint
sein müsse, findet nachträglich durch P. Oxyr. I 100, If ihre Be-
stätigung: der AzXoc, yevojjisvo^ aTpaTTgy^? '^'^^ tz6Xz(})c, vom Jahre 144
(im Berliner Text) ist offenbar identisch mit dem Möipxoc, 'AvTtovco^
Aelog xod (1)^ y^pyj(jiaTL^a) aTpaTyjyyjaa^ 'AXs^avBpsia; vstoxopo? toö
(leyccXoD üiocpaTziboc, vom Jahre 133. Das ist eine überraschende
Nachricht, dass damals — seit wann, wissen wir nicht — Alexandrien
der Gewalt eines Strategen unterstellt war. Wir gehen wohl nicht
fehl in der Annahme, dass dieser Beamte, ähnlich den Gaustrategen,
unter anderem die Steuerverwaltung Alexandriens unter sich gehabt
hat. Dies zugegeben, würde man trotzdem anzunehmen haben, dass
es über ihm einen römischen Procura tor gegeben habe, so wie
der Stratege des Gaues unter dem Procurator der Epistrategie stand.
Diesen Procurator könnte man vielleicht in dem prociü^ator ad
dioecesin Alexandriae (s. oben S. 498) wiedererkennen.
Ueber die anderen Griechenstädte haben wir aus dieser Periode
(30 V. Chr. — 202 n. Chr.) keine Nachrichten. Für Antinoe ist uns
für 220/1 überliefert, dass die Steuerobjectsdeklaration eines Bürgers
dieser rein griechischen Gemeinde nicht an den Strategen, sondern
an den Epistrategen gerichtet war, worin wir eine Bestätigung dafür
fanden, dass die Stadt von der Gewalt des Strategen eximirt war
(s. oben S. 467). Für unsere Frage ist es vielleicht noch interessanter,
dass diese Deklaration nicht an den städtischen Rat oder
die städtischen Behörden adressirt war.
Geschah das in einer von ihren Anfangen an rein griechischen
Stadt, so ist es a priori um so wahrscheinlicher, dass auch in den
aegyptischen Städten, die seit 202 eine ßGuXr) hatten, die Steuer-
deklarationen nicht dem Rat überwiesen wurden. Wir haben zwei
Subjectsdeklarationen für das Jahr 201/2, die also 202/3 ge-
schrieben sind, gerade in dem Jahre, in welchem nach unserer Ver-
mutung der Rat begründet wurde. Wenn sich in diesen gegenüber
§ 2. DIE STEUERERHEBUNG IX DER KALSERZEIT.
625
den früheren Eingaben keinerlei Veränderungen zeigen, so ist dies,
da es gerade das üebergangsjahr war, nach keiner Seite beweisend.
Aber entscheidend ist, dass wir Objectsdeklarationen haben, die
jünger sind als 202 und doch an dieselben Beamten wie früher
adressirt sind. Vgl. BGU 108, 266. Trotzdem wird man annehmen
dürfen, dass der Rat — vielleicht concurrirend mit jenen Beamten —
sich an der Steuerveranlagung irgend wie beteiligt hat. Das folgt
zwar nicht, wie Viereck (Hermes XXVII S. 520) glaubte, aus
BGU 8 II 17 und 23, denn es ist dort sicher nicht rj7wp(:ßü)x6Tü)v)
ßouX(£UTü)v) zu lesen, was auch sprachlich anstössig wäre, sondern
'f] xp(aTLanQ) ßouX('i^), was wir sogleich erklären werden. Es ergiebt
sich aber mit grosser Wahrscheinlichkeit aus der Art und Weise,
wie dieser Rat an der Steuererhebung beteiligt wurde. Für
letztere Thatsache liegen zur Zeit folgende Indicien vor.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Rat, wie manche andere
Beamte^), so auch solche zu erwählen hatte, die der Steuerverwaltung
vorstanden. So lehrt ein Papyrus vom Jahre 247 n. Chr., dass der
Prytan, der jedesmalige Geschäftsführer des Rates, die Xomarchen
erwählte. Welche wichtige Rolle diese bei der Steuererhebung spielten,
ist oben S. 597 f. hervorgehoben worden. Vgl. BGU 8 II 5 : to[ö /Jei-
pOTO'/i^aavTO^ au[T0U5 TipujTav&tog. Diese vom Prytan erwählten
Nomarchen wurden geradezu als Organe des Rates betrachtet. Daher
heisst es in demselben Text II 17 und 23: fj zp(aTia'CY;) ßo'jX(y])
(s. oben) bia. twv aipeO-ivTWV 'AaxXYjTTtvou xal Xp[ tJ'^M-"
vaai(ap)(YiaavTa)v) xal twv g'jv auxoT? vo[iapx,ö)v. Hier wird der Rat
als die eigentliche Steuererhebungsbehörde bezeichnet, deren aus-
führende Mandatare die Xomarchen sind. Für die Bedeutung des
Rates für die Steuererhebung ist es aber von besonderer Wichtigkeit,
dass nach demselben Papyrus der Prytan für die richtige Er-
hebung der Steuern mit seinem Vermögen haftete. Der an-
geredete Beamte — wohl der Stratege, wie Viereck vermutet'-) —
wird von dem Schreiber, einem Procurator, angewiesen, das Vermögen
der Nomarchen und des Prytanen, der sie erwählt hatte, bis zur
Der Rat von Arsinoe wählte den sTi'.fj.sXrjXi^s des Jupiter- Capitolinus-
Tempels der Stadt, der die Schatzverwaltung des Tempels unter sich hatte. Vgl.
BGU 362 und dazu Hermes XX S. 430 f. So wählte er auch den cppcvTiaxi^g
des laiiteiov, und zwar auf seine Gefahr, wie soeben P. Oxyr. I 58, 12 ff. zeigt.
2) Hermes XXVII S. 519. Vgl. zu dem Folgenden auch seinen Nachtrag S. 654.
WiLCKEX, Ostraka. 40
626
VI. KAPITEL.
Zahlung der Schuld mit Beschlag zu belegen (^xaiaa^elv), und beruft
sich dafür auf die Verordnungen seiner Vorgänger: IxTipa^a: x[aT]a
TÖv auxöv zp6Tzo[y twv eylyuwv xa bizoLpyoyzoL. Unter diesen eyyuot
sind hier einmal die Nomarchen gemeint, die ja als Steuererhebungs-
beamte für die richtigen Steuereingänge hafteten; aber auch der
Prytan muss nach dem Zusammenhang darunter verstanden werden.
Der Eat war nicht nur indirect durch Ervvählung von
Erhebungsbeamten an der Steuereintreibung beteiligt, sondern es
wurde auch den Ratsherrn selbst das munus exigendi tributi auferlegt,
und zwar in der Form des decemprimatus. Menadier^) hat zwar
gemeint, dass die SsxaTTpwxo: in den griechischen Gemeinden nicht
aus den Ratsherrn, sondern aus allen Bürgern erwählt seien, und
ich habe ihm früher^) auch für Aegypten darin beigestimmt, weil
ich einen AxjprjXioc, Kaaxwp dyopavoixCi^aag) SexdcTipWTog (jetzt
BGU 552 A III 6) anführen konnte, also einen decemprimus , der
sich nicht zugleich als Buleut bezeichnet. Ich bin jedoch zu der
Ansicht gekommen, dass aus dem Fehlen des Buleutentitels nicht
notwendig geschlossen werden darf, dass der Betreffende nicht that-
sächlich doch Buleut gewesen wäre. AuprjXioq 'AXs^avSpo^ 6 xal
'AvTWvTvo^ xal 'AaxXrj7rcaoYj(; NecXafJifxwvo? nennen sich in BGU 553
A III 11 ff", nur SexaTiptOTOt, dagegen in 554, 16 — aus demselben
Jahre — apt^oiepot ßouXeuxal ScxdcTcpwTOL Hiernach halte ich
das Vorhandensein oder Fehlen des Ratsherrntitels neben hzxoiTZpidzoq
für die Frage der Zugehörigkeit zur Bule für indifferent und meine,
dass man auf die besondere Hervorhebung des Buleuten verzichten
konnte, da der Titel SexaTtpiOTo; an sich schon die Zugehörigkeit
involvirte.^) Wir schliessen uns daher der Ansicht Waddington's
an, dass die SexdcTtpWTOi der griechischen Gemeinden aus der Zahl
der Buleuten auserwählt wurden.^) Daraus erklärt sich auch, dass
^) Qua condicione P^phesii usi sint inde ab Asia in forniam provinciae
redacta. Berl. 1880.
Observationes ad bist. Aeg. p. 16 A. 2.
^) AsxocTtpwxo'., die sieb zugleich als Buleuten bezeicbnen in P. 1444:
xoo}x(Y3XYjg) ßouX(£UX7]g) SexaTipcoTO^. Vgl. auch P. 8794. Ohne ßouXeuxi^s
556 II 11 f. , wo aber ßou^ vielleicht in der Lücke zu ergänzen ist, und 579. Die
Männer werden beim Quittungsausstellen gern einige ihrer zahlreichen Titel unter-
drückt haben. In 579 nennen sie sich in der Subscription nicht einmal SsxccTipcoxou
Le Bas, Voyage Arch. IV S. 286. Die von Menadier dagegen angeführten
Worte der Dig. L 1, 17, 7 sind nicht beweiskräftig.
§ 2. DIE STEUERERHEBUNG IN DER KAISERZEIT. 627
die SsxaTrpwToi vor dem III. Jahrhundert in Aegypten nicht begeg-
nen. Wenn Waddington ferner bemerkt, dass die griechischen Ssxa-
7cpü)T0i nicht wie die decemprimi der Städte römischer Ordnung die
zehn ersten Senatoren des Album waren, sondern aus der Gesammt-
zahl der Senatoren gewählt wurden, so ist dies gewiss auch für
Aegypten anzunehmen. Wenn man bedenkt, dass für jede Toparchie
meist zwei oexaTipwcG: bestimmt waren, so ergiebt sich schon hieraus
bei der grossen Zahl der Toparchien mancher Gaue, dass die Zehn-
zahl durchaus nicht eingehalten wurde, sondern ganz abgesehen von
der eigentlichen Bedeutung der Titel osxaTTptoxoc; den mit der
Steuererhebung betrauten Buleuten bezeichnete.
Xach Waddington sind die Dekaproten immer auf ein Jahr
gewählt worden. Marquardt (St, V. I- S. 214 A. 3) verweist da-
gegen auf den BexaTiptOTSuaa^ STYj l in CIGr. 3490. Es bleibt hier
freilich unentschieden, ob nicht Iteration vorliegt, zumal nicht fest-
steht, ob die 10 Jahre hinter einander zu denken sind.^) Die
Papyri tragen zu dieser Frage, soweit ich sehe, nichts bei. Auch
über die Amtsführung der Dekaproten können wu' ihnen nur wenig
entnehmen. In den oben angeführten Beispielen, die alle der Mitte
des III. Jahrhunderts angehören, sehen wir die S&xaTipWTOC den
monatlichen Bericht an die Strategen, die nach wie vor das
Haupt der Steuerverwaltung im Gau darstellten, nicht etwa
an den Rat erstatten. In den angezogenen Fällen handelt es sich
überall um den Eingang von ^Naturalsteuern. Der Gau war zu
diesem Zweck nach Toparchien unter die SsxaTipWTOC verteilt (vgl.
auch BGU 579 und P. 8794). Eine andere Urkunde, vom Jahre 247,
(BGU 7) zeigt uns, dass die OcXaTiptoxot über die dem Fiscus ver-
schuldeten Pächter (yewpyot) dem Strategen Bericht erstatteten. End-
lich zeigt P. Oxyr. I 62 (III. Jahrh. n. Chr.), dass die SsxaTipWTo:
mit der Ablieferung der IjxjjoAig (s. oben S. 364 f) zu thun hatten.
Wenn hier der Brief an die xX7]pov6[xoi des BexaTipWTOU T'^^
©liO'.aa^ü)^ T07wap)^({a^) geschickt werden soll, so folgt daraus viel-
leicht, dass, falls ein SexaTiptOTO^ während seiner Amtszeit starb,
seine Erben für ihn aufzukommen hatten.
Aus diesen dürftigen Angaben allein würde man sich kein
klares Bild von den SsxaTipwxoL machen können. Man würde sie
^) Vielleicht währte auch das Buleutenamt nur ein Jahr. Dann wäre die
Frage in Waddington's Sinne erledigt.
40*
628
VI. KAPITEL.
vielleicht eher für Thesaurosbeamte als für Steuererheber halten. Die
Quittung BGU 579, die formell ganz den Sitologenquittungen ähnelt,
legt in der That den Gedanken nahe, dass die SexaTTpwxot damals
etwa die Stelle der Sitologen eingenommen hätten. Nun wissen wir
aber, dass die Sitologen auch nach Einführung der Decurionats-
ordnung die Thesaurosbeamten waren (s. § 4). Man könnte also
höchstens vermuten, dass die Dekaproten neben ihnen — oder wohl
richtiger, über ihnen — an der Thesaurosverwaltung irgend w^ie
beteiligt gewesen wären. Selbst wenn diese Annahme sich bestätigen
sollte, müssten wir doch auf Grund der juristischen Quellen daran
fest halten, dass die SezdcTiptOTOi in erster Linie Steuererheber
waren. Einige Belege seien in der Anmerkung mitgeteilt.^)
Für die Stellung des Rates ist nun von grosser Wichtigkeit,
dass nach wie vor die TipazTOpeg apyupcxwv und a'.TCXWv, die Steuer-
pächter u. s. w., kurz das gesammte Erhebungspersonal ganz wie in
den ersten beiden Jahrhunderten fortbestanden 2), und vor Allem, dass
auch die Lokalbehörden wie die aTpaTyjYoi, ßaaiXixol Ypa[jL[xaT£!^,
vo[JLapy^ac u. s. w. ebenso wie vorher fungirten. In welcher Weise
die Stellung des Rates, der mit dem Jahre 202 in ganz Aegypten
als ein neues Element in die Steuerverwaltung eintrat, gegenüber
jenen schon von früher her bestehenden Factoren geregelt worden ist,
bleibt uns im Einzelnen noch dunkel. Aber die Thatsache steht
fest, dass der Rat gewissermassen zwischen die alten Elemente ein-
geschoben worden ist und, wie auch in den Gemeinden ausserhalb
Aegyptens, die Hauptverantwortung für die Steuererhebung hat
übernehmen müssen. Dass Aegypten überhaupt nur darum seine
Decurionen bekommen hat, damit man sie für die Verwaltung aus-
nutzen könne, wurde schon oben S. 431 vermutet und wird durch
^) Dig. L 4, 1, 1: patrivionii sunt munera rei vehicularis, item navicularis,
decemprimatus ; ab istis enim periculo ipsorum exactiones sollemnium celebrantur.
Aehnlich 3, 10, und 11. Dagegen erklärte Herennius Modestinus die Decaprotie
für ein munus mixtum. Vgl. Dig. L 4, 18, 26: mixta munera decaproiiae et
icosaprotiae, ut H. M. et notando et disputando bene et optima ratione decrevit:
nam decaproti et icosaproti tributa exigentes et corjjorale ministerium gerunt et
pro [nominibus defectorum] fiscalia detrimenta resarciunt, ut merito inter mixta
hoc munus numerari debcat.
2) So erscheinen Praktoren in BGU 362 (vom J. 214/5); 452; Ostr. 281.
Praktoren auch noch im XIII. Edict Justinians (i^rooeraium). Vgl. auch Just,
Nov. XVII 8. Pächter in BGU 617.
§ 2. DIE STEUERERHEBUNG IX DER KAISERZEIT. 629
dies Detail — vgl. namentlich die Haftung des Prytanen — noch
wahrscheinlicher.
Wenn wir so zu dem Resultat kommen, dass in Aeg}^ten seit
Anfang des III. Jahrhunderts, so wie es ausserhalb schon lange Sitte
war, die Steuererhebung und im Besonderen auch die Haftung auf
die Schultern der Decurionen abgewälzt wurde, so erhebt sich die
Frage, ob damit nicht auch ein Bruch in dem bis dahin gültigen
Erhebungssystem herbeigeführt wurde, d. h. ob nicht damals das
dritte System, von dem wir oben sprachen, die Erhebung durch
Selbstverwaltungskörper — wenn auch nicht in ganz reiner Form —
in Aegypten ihren Einzug gehalten hat. Theoretisch wäre es ja
nicht undenkbar, dass nach wie vor die Regierung für jeden einzelnen
Steuerzahler die Steuersumme berechnet hätte, und die SczaTTpwioc
nur beauftragt worden wären, sie zu erheben. Aber die Analogie
der ausseraegyptischen Gemeinden spricht allerdings dafür, dass das
gesammte Steuersoll nunmehr auf die Gaue verteilt und die Beitreibung
diesen selbst übertragen wurde. Unter dieser Voraussetzung, deren
Berechtigung weiter zu prüfen ist, würden wir uns die Steuerverwaltung
seit Einführung des Rates etwa folgendermassen vorzustellen haben.
Die Gesammtsumme, die aus Aegypten zu erheben war, wurde
auf die einzelnen Metropolen, die als Centren ihres Gaues diesen
repräsentirten , repartirt. Die Gaubeamten, denen auch früher die
Berechnung der Steuersätze für den einzelnen Zahler zustand, also vor
Allem die Eklogisten, unterstützt nicht nur wie früher vom Strategen
u. s. w., sondern auch wohl von den Decurionen, berechneten darauf
— unter Benutzung der an die Strategen u. s. w. eingereichten Dekla-
rationen und der vorhandenen Steuerbücher — die Repartirung dieser
auf den Gau entfallenden Summe für den einzelnen Steuerzahler. Nach
wie vor wurden die Steuern zum grössten Teil direct erhoben, zum
kleinern Teil an Steuerpächter übergeben. An der Steuerpacht mögen
sich auch Ratsherrn beteiligt haben. Wenigstens aus der späteren Zeit
haben wir eine Verfügung, wonach es in Aegypten, aber auch nur
dort, den Decurionen erlaubt war, Steuerpächter zu werden (Cod.
^) In einer noch unpublicirten Steuerquittung des Berliner Museums
(P. 7459), aus dem III. Jahrli. n. Chr. , heisst es: xaxsßaXlsv) si^ tcv zf^ig)
ßouX(^S) XÖY('ov) S'.a AOpr(X({ou» 'AjjL|jiü)viou ji£p'.5(dpxoui 'HpaxX(si5ou) [ji£pi8(og).
Hier wird also vom Meridarchen (s. oben S. 382 f.) die Steuer auf Rechnug des
Rates erhoben.
630
VI. KAPITEL.
Theod. XII 1, 97, vom Jahre 383). Nach wie vor bildete der
Stratege die Spitze der Steuererhebung innerhalb seines Gaues^);
an ihn gingen nach wie vor die Berichte der Steuererheber wie auch
der Kassen- und Magazinbeamten ein, ihm mussten die Praktoren
den Eid leisten (P. Oxyr. I 81). In der Erhebung selbst aber trat
nun der Rat dominirend hervor. Nicht nur, dass die Gaubeamten,
die mit der Erhebung betraut waren, wie die Nomarchen, vom
Prytanen gewählt und so vom Rat abhängig wurden, sondern auch
einem Teil der Ratsherrn selbst wurde der decemprimatus auferlegt.
Die obigen Fälle bezeugen ihre Thätigkeit auf dem flachen Lande.
Um so mehr werden sie auch in der Metropole selbst die Steuern
erhoben haben. Wenn wir neben ihnen nach wie vor die Praktoren
thätig sehen, so wird man annehmen müssen, dass entweder eine
Teilung der Geschäfte zwischen ihnen vorgenommen war, oder aber,
und dies hat mehr für sich, dass die Praktoren den BexaTipwiot
untergeordnet waren und von ihnen als Organe der Steuererhebung
benutzt wurden. Die Buleuten werden also mehr die Oberaufsicht
der ihnen übertragenen Reviere gehabt haben, sowie die Haftung
für die betreffende Summe, während die Praktoren das Eintreibungs-
geschäft selbst nach wie vor mit ihrem Personal auszuführen hatten.
So standen auch in den griechischen Gemeinden der Kaiserzeit die
exadores neben den decemprimi'^)
§3.
Die Kassen.
A. Ptolemäerzeit.
Wir haben im Vorhergehenden oft von den Banken und den
Magazinen als denjenigen Stellen gesprochen, an welche die Erheber
die eingezogenen Gelder resp. Naturalien abzuführen hatten. Es soll
^) In dem Tagebuch des Strategen von Elephantine und Ombos (Philol. LIII
S. 80 ff.) sieht man ihn in alter Weise functioniren. Des Rates geschieht keine
Erwähnung.
2) Menadier a. a. O. S. 100. Vgl. Mommsen's Ausführungen zu CIL III n.
352 S. 67 f. Nach Diocletian, wo ja überhaupt die griechischen Titel allmählich
den lateinischen weichen, begegnet der s^axxwp auch in Aegypten. Vgl. PER I
233 (J. 314), BGU 21 I 17, III 1 und 9 (J. 340), PER I 247 (J. 346).
§ 3. DIE KASSEN.
631
in diesem und dem nächsten Paragraphen zusammengestellt werden,
was wir über das Kassen- und Magazinwesen Aegyptens erfahren.
To ßaaiXcxov ist der allgemeine Name für den Schatz der
Ptolemäer. Entsprechend dem Nebeneinander von Geld- und Natural-
wirtschaft besteht dieser Schatz — von Pretiosen und Aehnlichem
abgesehen — sowohl aus barem Geld wie aus Naturalien. So
bezeichnet t6 ßaaiXixov bald die königliche Kasse, bald die könig-
lichen Magazine.^) Das ist derselbe Unterschied, der uns schon im
„alten Keich" der Pharaonen in dem „Silberhaus" und den „Korn-
speichern" als den beiden Hauptressorts der Schatzverwaltung ent-
gegentritt. 2)
Ohne Zweifel war das gesammte Kassenwesen der Ptolemäer
in Alexandrien in einer Reichshauptkasse centralisirt. lieber die
Organisation dieser alexandrinischen Centraikasse liegen uns keine
Nachrichten vor. 3) Wir wissen nur, dass als besonderes Ressort
von der allgemeinen Königskasse die „Privatkasse" des Königs,
6 Ihioq Xoyo?, abgezweigt war (vgl. oben S. 499). Die Baulichkeiten,
in welchen die Baarbestände, die augenblicklich nicht cursirten,
deponirt waren, wird man nach griechischem Sprachgebrauch als
•ÖTjaaupo^ — im weiteren Sinne*) — bezeichnet haben. Einen Beleg
hierfür könnte man in der oben S. 416 besprochenen Nachricht des
Alexandriners Appian finden (Iv xoT? ■ö'VjaaupoT^). Im offiziellen
Sprachgebrauch wird ein ßaatAcxo^ hinzugetreten sein (vgl. unten
S. 650). Sicherlich wird dies Schatzhaus zu dem Königsquartier
Alexandriens, xd ßaaiXeia, gehört haben. 5)
^) Im Revenue - Papyrus ist z. B. die Kasse gemeint in 13, 12; 15, 1, 14;
20,3 und öfter. Ueber die Magazine vgl. § 4.
2) Vgl. Erman, Aeg. u. aeg. Leben S. 128 flf. und oft.
^) Bei Athenä. XI 493 f. erscheinen in Alexandrien xa-iilcci als diejenigen,
die — unter Philadelphos — Pensionen auszuzahlen hatten. Nach unseren ur-
kundlichen Zeugnissen aus der X^poc sollte man annehmen, dass dies Sache der
Trapeziten gewesen wäre. Der Ausdruck ist vielleicht nicht als terminus tech-
nicus hier zu fassen. Immerhin könnten xcc[xta.i in der Schatzverwaltung thätig
gewesen sein (vgl. unten S. 642).
*) OTjaaupö^ auf Geldvorräte bezogen z. B. bei Joseph, ant. XVIII § 158.
Für die spätere Zeit vgl. Cod. Theod. XIII 2, 1; Cod. lust. X 23, 1. Bekannt ist
auch ^Yjoaupös als Opferkasse (für Geld).
^) Vielleicht mit Rücksicht darauf sagt Joseph, ant. XII § 17G: siq xöv
632
VI. KAPITEL.
In engster Verbindung mit diesem königlichen Thesauros von
Alexandrien stelle ich mir dasjenige Institut vor, das die könig-
lichen Einnahmen in Empfang zu nehmen und die Ausgaben aus-
zuzahlen hatte: das ist die königliche Bank, r] ßaat^cxy] xpccTie^a.
Ich kenne zwar kein Zeugnis dafür, dass Alexandrien eine solche
xpaTce^a gehabt habe. Aber da wir diese Banken im ganzen Lande
ausgebreitet finden, so folgt schon aus dem gesammten Centralisirungs-
system der Ptolemäer notwendig, dass diese Einzelbanken in der
^wpa unter einer Hauptbank in Alexandrien gestanden haben. Diese
Hauptbank wird die Jahresüberschüsse an den Thesauros abgeführt
und eventuelle Deficite — etwa in Jahren mangelhafter Ueber-
schwemmung — aus dem Thesauros gedeckt haben. Sie wird aber
auch, wie wir oben S. 419 vermuteten, bei gegebener Gelegenheit
Gelder aus dem Thesauros durch Ausleihen auf Zins wieder in Ours
gebracht haben.
Sind wir für Alexandrien auf Hypothesen und Rückschlüsse
angewiesen, so liegt uns für die königlichen Banken in der ^wpa
ein reiches Material vor. Ein jeder Gau hatte in seiner Metropole
eine ßaatXLXYj TpaTie^a, die wir gewissermassen als Filiale der
alexandrinischen Hauptbank auffassen können. Solche Gaubanken
waren uns schon seit Beginn dieses Jahrhunderts mehrfach bezeugt.
Lumbroso Rech. S. 330 erwähnt die von Memphis, Oxyrhynchos,
Diospolis Magna, Hermonthis, Syene. Inzwischen haben wir könig-
liche Banken kennen gelernt in Krokodilopolis im Faijüm (dem
späteren Arsinoe)^), in Letopolis^), Latopolis-^) und Krokodilopolis
in Oberaegypten Dass thatsächlich jede Metropole ihre eigene
Trapeza hatte, wird durch Rev. Pap. 75, 1 bezeugt: [aL Iv Talg]
TToXeocv t) xwjJLatg xpdize^ai ßaacXcxat. Diese Worte bestätigen
zugleich, was ich in Gött. G. A. 1895 S. 155/6, abweichend von
Mahaffy, aus Petr. Pap. (II) XXVI gefolgert hatte, nämlich dass
auch die Dörfer ihre eigenen königlichen Banken gehabt haben. •'^)
1) Petr. Pap. (II) XLVI c. 13.
Pap. Leid. R. Vgl. meinen Vortrag über die „Griech. Papyrusurkunden"
S. 43 A. 10.
3) P. Grenf. (II) 15, 3, 1.
*) Ostr. 1617 flf.
^) Ein weiteres Beispiel einer Dorfbank bietet P. Grenf. (II) 37,3, wenn
wirklich, wie mir der Text zu indiciren scheint, HaO-öpis damals eine xcüjiYj war.
§ 3. DIE KASSEN.
633
Jene Petrie - Papyri zeigen uns, dass diese Dorf banken der Metropol-
bank in der Weise unterstellt waren, dass der Leiter der ersteren
als Untergebener — 6 Tiapa — des Leiters der letzteren bezeichnet
wurde. So möchte ich es erklären, dass in jenen Quittungen, die
aus verschiedenen Dörfern des Faijüm stammen, die Trapeziten
sämmtlich als 6 Tiapa üuO-wvoi; bezeichnet werden.
Der Charakter der königlichen Bank ist bis in die neueste
Zeit hinein vielfach verkannt worden. Die „trapezitischen Register"
haben anfangs in ihrer Isolirtheit zu der irrigen Ansicht geführt,
dass die zpoLTzeZoc ein Zollamt und die TpaTie^lxa: Zöllner seien.
So Amadeo Peyron (P. Tur. I S. 147 unten), J. G. Droysen (Klein.
Schrift. I S. 10 f.), C. Leemans (P. Leid. I S. 57). Dass die könig-
lichen Trapeziten vielmehr ausschliesslich Kassenbeamte sind, hat
bereits Franz (CIGr III S. 298) richtig erkannt, und Lumbroso
(Rech. S. 333) hat es dann genauer begründet. Trotz dieser Aus-
führungen nennt K. Wessely die Trapeziten wieder „Zollpächter"
und die Bank ein „Steueramt", i) Dass die von Franz begründete
Ansicht die richtige ist, braucht hier, nachdem in den Ostraka (vgl.
oben Kap. III) ein so reiches Material vorgelegt ist, kaum
noch bewiesen zu werden. War sie doch schon durch die „Acten-
stücke aus der königlichen Bank zu Theben" vollauf bestätigt
worden. Allerdings nahm die Trapeza unter anderem auch Steuern
entgegen, aber nicht aus der Hand der Steuerzahler, sondern aus
der Hand der Steuerpächter, die sie vorher von den Steuerpflichtigen
erhoben hatten. Die Trapeza ist also lediglich die königliche Kasse,
an welche die Steuern abgeliefert werden.
Noch deutlicher spricht gegen den Charakter der Trapeziten
als Zollpächter die Thatsache, dass sie königliche Gelder nicht nur
in Empfang nahmen, sondern auch fiir die verschiedensten Zwecke
auszahlten. So empfangen von der Bank die Beamten ihr Gehalt 2)
Vgl. Z. 6 T^s ^'-tj^lir^S, ohne Nennung eines Namens. Damit kann nur das vor-
hergehende Pathyris gemeint sein. Der STZ'.oxdxYjs entspricht dann dem imoxi-
Tr^S 'tWMS ^ P^P- Leid. A. Auch der y.(o\ioYpoL\i\ioL'ZBUQ in Z. 3 ist nur so
verständlich.
Bericht. Sachs. Ges. Wiss. 1885 S. 244. Die griech. Pap. der kais.
Samml. Wien's 1885 S. 16. — Vgl. auch Mitteis, Reichsrecht u. Volksr. S. 46.
P. Grenf. (II) 23: ein 7ipoxexeip'.o|i^vog ini xdv sTi'.oTtouSaaiidv xoD
TtupoD mit Genossen. „Actenstück" IX : ein cp[j.r^v6U$ xtov TpwyoSuxwv.
634
VI. KAPITEL.
und die Priester ihre gu^zolE^lc,^) sowie die Truppen ihren Sold 2)
und das Futtergeld für die Cavalleriepferde.^) Die Bank verabfolgt
ferner Gelder für die verschiedensten öffentlichen Ausgaben, so für
Ziegel zum Bau einer ßaaiXc^yj xaiaXuac?^), für Binsen (O-pua) und
Rohr (xaXa|xo^) zu öffentlichen Arbeiten^), für die Krüge, die der
Staat den Winzern zu den Apomoira-Lieferungen giebt^'). Das sind
lauter Einzelheiten, die uns zufallig durch die Urkunden bezeugt
sind. Wir können ohne Bedenken verallgemeinern und sagen: die
königliche Bank ist die Staatskasse, welche die sämmt-
lichen Staatseinnahmen, soweit sie in Geld erfolgen,
annimmt und die sämmtlichen Staatsausgaben (in Geld)
auszahlt.'') Sie führt überhaupt die sämmtlichen Geld-
geschäfte der Regierung.
Ist dies die Bedeutung der Banken, so würde es ganz unver-
ständlich sein, wenn wirklich diese Staatskassen, wie es auf den
ersten Blick aus Rev. Pap. 73 zu folgen scheint, alljährlich an den
Meistbietenden verpachtet worden wären. ^) Ist es denn überhaupt
denkbar, dass man die Staatsbank an wechselnde Geschäftsleute
meistbietend verpachtet hätte? Wir kennen auch in der griechischen
Welt einige Gemeinden, in denen die öffentliche Bank die Staats-
kasse war — und sicher ist, dass erst die Ptolemäer dies Bankwesen
aus Griechenland in Aegypten eingeführt haben — , aber in jenen
griechischen Gemeinden hat dann der Trapezit notwendig den
^) P. Paris, bei Revillout, Melanges S. 327.
2) „Actenstück" V, VI, VII, X (vgl. zu letzterem die vortrefflichen Cor-
recturen von Revillout, Melanges S. 336). Vgl. ferner die Pariser Texte bei
Revillout, Melanges S. 329 — 335.
^) Vgl. Revillout, Melanges S. 332. Vgl. Actenstück VI 17 (luTtoxpocptxöv).
4) Petr. Pap. (II) XIV 1^ 1% auch 1*^. Vgl. Gött. GA 1895 S. 153.
s) Petr. Pap. (II) XXVI (3) bis (G). Vgl. Gött. GA 1895 S. 155. Mahaffy's
Lesungen sind hier sehr verbesserungsbedürftig, wie ich inzwischen am Original
sah. Das obige ergiebt sich aus folgenden Lesungen: (3) Z. 8: [xtjJiYjv ^pu?]ou
£1$. (4) Z. 5 hinter xpaTie^Yjg: xifiyjv ■9'pu[co]v. (5) Z. 6: xiiiYjv xaXoc|j,[cu ^ wv]
yjp[Y]oXaßY]%£v [upo^a^stv] [sjtg <'ca> xaxix n[xoX£jjiat5a Epya xxX. (6) Z. 5
hinter xparcE^Tj^: x!.|j.yjv >taXcc[|jio]u xxX.
Rev. Pap. 32, 12. Vgl. auch 34, 17.
') In dieser Allgemeinheit fasste ich es schon in den „Actenstück en" S. 5.
«) S. Grenfell, Rev. Pap. S. 174. Viereck, Berl. phil. Wochenschr. 1896
Sp. 1654 stimmt ihm bei.
§ 3. DIE KASSEN.
635
Charakter eines Beamten. Das hatten wir bisher mit Franz und
Lumbroso auch für die aegyptischen Trapeziten angenommen, und
dass wir hieran auch künftig festhalten sollen, habe ich in der
Deutschen Literaturzeitung 1897 Sp. 1020 f. zu zeigen versucht.
Allerdings redet der Revenue -Papyrus von einer Verpachtung der
Banken, vgl. 73,1: [7r(i)Xo'j{i]£V zac, TpaT:[£^a^ Ta; o'jaa^ ev
'AXecavSpEia y.al? xajxd TYjV y(!L)p[av; 75,4: [iw: ttJv ipa-s^av
f^yopax6[Tc; 76,1: 6 fiyopay.w^ ty^v [xpa-sJ^av. Vgl. 76,3 und 6.
Aber diese verpachtete Bank wird niemals als die „königliche"
bezeichnet; sie steht vielmehr in 75, 1 in deutlichem Gegensatz
zu dieser: [a^ £v xaTc] TTOAcacv xcopLa:^ Tpa-s^ai ßaa:X'.7.al p.y]
Ö7üoX[oY£:T{i)aav, a/Aa a]va'f cpixwaav £-1 Tr/*' a-GOc^ciYP^^VTjV xpa-
TTE^av 7.tX.-) Folglich sind die königlichen Banken, die in Aegypten
die Rolle der Staatskasse spielen, von diesen verpachteten Banken
scharf zu trennen. Die letzteren haben offenbar nicht den Charakter
einer Staatskasse, sondern sind lediglich Banken, die Geldwechsel-
und Ausleihegeschäfte ^) betreiben, wie die Privatbanken in der
griechischen Welt, und da der König nur diesen Pachtbankeu
— abgesehen natürlich von der Staatskasse — solche Bankgeschäfte
zu erlauben scheint^), so war danach das ganze Bankgeschäft im
III. Jahrhundert v. Chr. vom König monopolisirt. In der That hat
sich bisher aus der Ptolemäerzeit keine Spur einer Privatbank
gezeigt.^) Da von den Pachtvorschriften nur Fetzen erhalten sind,
Tenos: CIGr. I 202 — 206. Ilion: CIGr. II 3599, 3G00 (= Fröhner,
Inscr. du Louvre 37, 35). Temnos: Cicero pro Flacc. 19. Kyzikos: CIGr. II
3679. Vgl. Boeckh, Staatsli. 11^ S. 320. Marquardt St.V. II"^ S. 64.
^) An und für sich ist es natürlich nicht nötig, dass die Staatsbank aus-
drücklich als ßao'.Xiy.TQ bezeichnet werde. So fehlt das Adjectivum überall
in den Bankquittungen der Ostraka, die sicher von der königlichen ausgestellt
sind. Aber an obiger Stelle besteht ein deutlicher Unterschied zwischen der könig-
lichen und der zur Pacht bezeichneten Bank.
^) Der König schreibt ihnen in 76 vor, welches Agio sie nehmen sollen.
In 76, 4 ist Tipog zu streichen, wie ich am Original sah. Er bestimmt auch
den Zinsfuss für die Darlehen; 1. 78, 1: £-1 t[öxü)!,]. Vgl. 75,5.
*) 74, 5 f. lese ich jetzt nach dem Original: äXXü)'. 5| [jir^O-svij e5[£ax(0
^) Unklar ist noch 76, 5. Danach scheint es doch private Wechsler ge-
geben zu haben, sie mussten nur Verträge geschlossen haben mit den staatlich
autorisirten Banken (idv fi-fj O'jvxdgy^xa'.).
636
VI. KAPITEL.
bleibt im Einzelnen das Meiste dunkel, und wir können über diese
Pachtbanken nur Hypothesen aufstellen.^) Aber die Hauptsache,
die uns hier interessirt, scheint mir sicher, nämlich dass der könig-
liche Trapezit von dem Bankpächter (6 tyjv TpccTie^av T^yopaxw^)
zu scheiden ist. Somit steht nichts im Wege, die königlichen
Trapeziten Aegyptens nach wie vor für Beamte zu halten.
An der Spitze der einzelnen Gaubank in der Metropole stand
der xpaTTS^LTY]? oder 6 tyjv Tparue^av [Ji£Tay^£Lpc^6|ji£V0? (Actenst.
S. 28), der für die Bank während seiner Amtsdauer gewissermassen
eponym war. Vgl. die häufige Wendung: ettI tyjv xpaTue^av, £9'
f^c, 6 5£Tya.2) Für die Einheit des Trapezitenamts in der Metropole
scheinen ferner die Petr. Pap. (II) XXVI zu sprechen, die, wiewohl
aus verschiedenen Dörfern stammend, immer denselben Ilu-ö-tov als
Vorgesetzten der betreffenden Dorftrapeziten nennen. Auch der Pap.
Paris. 62 spricht beständig von 6 zpo^^l^l^^zr^c,. Diese Argumente
sind aber beide nicht durchschlagend^), und so möchte ich doch
meine schon früher aufgestellte Ansicht, dass mehrere Trapeziten
an derselben Metropolbank neben einander thätig gewesen, als wahr-
scheinlich aufrecht erhalten^), zumal sich inzwischen herausgestellt
hat, dass in der Kaiserzeit sicher mehrere Trapeziten als ein Collegium
der Bank vorstanden. Vor Allem sind wichtig Ostr. 1228 und 1516,
Verpachtete der König nur das Recht, Bankgeschäfte zu führen? Dann
war es so wie in Byzanz und Olbia, vgl. Deutsche Literaturz. a. a. O. Oder ver-
pachtete er die Banken selbst? Nach dem Wortlaut (uioXoüfisv xag xpaTte^ag)
ist letzteres wahrscheinlicher. Auch dann bleibt noch zweifelhaft, ob die Pächter
mit ihrem eigenen Kapital wirtschaften sollten oder etwa mit königlichen Kapi-
talien. Im ersterem Falle würde es in der Hauptsache auch noch mit den Zu-
ständen in Byzanz und Olbia übereinstimmen, dagegen im anderen Falle würden
wir ein völliges Novum vor uns haben.
2) Wohl das älteste Beispiel ist Petr. Pap. (II) XLYIc 13, wo ich lese:
ecp' riq, Eupwva^ — vom Jahre 200 v. Chr.
^) Für die Metropole würde dieses Argument fortfallen, wenn man an-
nimmt, dass Python etwa der Obertrapezit für das Faijüm oder für Unter-
aegypten wäre, so wie durch Pap. Berl. Parthey 12 ein xpaCus^ixTjs) x9ic,Qri('^(xXbo<;)
bezeugt wird (vgl. Actenst. S. 28). In dem letzteren Falle ist es sicher, dass
dieser Obertrapezit von dem Trapeziten von Diospolis Magna zu trennen ist.
Jener heisst 'Epficag, dieser 'HpaxXsiSyj?.
^gl- „Actenstücke" S. 28. Der Lysimachos in A. 3 stammt freilich,
was ich übersah, aus dem 36. Jahre des Philometor, der Diogenes aus dem
36. Jahre des Euergetes II.
§ 3. DIE KASSEN.
637
wo die Bank als die eines Einzigen bezeichnet wird, und doch in
der Subscription auch andere Personen, offenbar Trapeziten, daneben
erscheinen.
Für die Einheit des Trapezitenamtes in den Dörfern dagegen
zeugt P. Grenf. (II) 37, der unter den Beamten einer xwfxr^ „den
zp(x.m'C,lz'f}c," nennt — im Singular. Diese Dorfbanken unterstanden,
wie bemerkt, der Metropolbank, und diese wieder standen unter der
Aufsicht der höheren Finanzbeamten, des 8tOLxy]Ti^^, utioSioixyjtt^^,
oh/.0'^6iioq u. s. w. Für die Thebais ist ein besonderer „Trapezit der
Thebais" überliefert, dem wohl die sämmtlichen Metropolbanken
unterstellt waren (vgl. vorige Seite An. 3).
Andrerseits werden die Trapeziten in der Metropole wie im
Dorf eine nicht geringe Schar von Unterbeamten zu ihrer Verfügung
gehabt haben. Den Untertrapeziten, der als 6 Tcapa bezeichnet wird,
nennt schon Lumbroso, Rech. S. 332. Ein neues Beispiel bringt
Ostr. 1277: ZwTzupog 6 Tiapd MevavSpou. Wenn daneben ein
yzipiazric, 6 Tiapa toö zpant^hou erscheint (P. Lond. XXVII,
Kenyon S. 14), so ist das vielleicht nur der vollständigere Titel für
denselben Beamten. Dass sie ausserdem Ypa(i|Jiax£T? zur Verfügung
hatten, ist bei dem Umfang ihrer Geschäfte selbstverständlich, und
wird z. B. durch Ostr. 329, 331, 1338 bezeugt, wo für den anal-
phabeten(!) Trapeziten sein Ypa|Ji[xaT£u^ unterzeichnet (s. oben S. 71).
Die Namen der uns erhaltenen Trapeziten zeigen uns, dass
man vor Allem Griechen zu diesem Posten genommen hat. Vgl.
Lumbroso Rech. S. 331 und unseren Index. Sehr selten kommen
aegyptische Namen vor. Vgl. P. Grenf. (II) 15, 3, 1 in Latopolis
(139 V. Chr.) ein XaTpeoö?. Unsere Vermutung oben S. 68 A. 1
bedarf weiterer Prüfung. Dass die Amtsführung eventuell viele
Jahre hindurch währen konnte, zeigen die Indices. Der oben er-
wähnte Python (Petr. Pap. II 26) fungirt ebenso im Jahre 253 wie
im Jahre 240 v. Chr.
Dass ein so grosses Institut wie die Regierungskasse eines
Gaues seine verschiedenen Ressorts gehabt hat, ist a priori anzu-
nehmen. Die von mir in den „Actenstücken" S. 29^) auf Grund
einer Lesung Egger's vermutete zpine^a. töv fepöv ist zwar nach
Revillout's Revision der Lesung durch den angezogenen Pariser Text
^) Vgl. auch meine Besprechung der Bonner Ostraka S. 261.
638
VI. KAPITEL.
nicht bezeugt (Melanges S. 327). Aber dass die an die Tempel
abzuführenden Gelder eine besondere Kasse innerhalb der Trapeza
gebildet haben werden, ist darum doch wahrscheinlich. Der unten
zu besprechende Gegensatz zwischen den hpd und der hiolxTiaiq ist
freilich, wenn ich mich recht erinnere, mit diesen Ausdrücken für
die Ptolemäerzeit nicht nachweisbar.
Ueber den bei Ein- und Auszahlungen üblichen Geschäftsgang
der Trapeza geben uns Papyri und Ostraka manche Aufschlüsse. Aus-
zahlungen durften nicht erfolgen, ehe nicht die zuständigen Finanz-
und Controlebeamten den Posten geprüft und darauf den Trapeziten
zur Auszahlung angewiesen hatten. Wie es bei Soldzahlungen vor
sich ging, zeigen die „Actenstücke" V — VII. Der ypa|Ji|JLaT£u^
der Truppe schickt dem zuständigen Finanzbeamten die Soldforderung
(aciyjacg) ein, mit genauer Spezialisirung der Einzelposten (ScaaxoX'^)
und eventuell unter Beilegung der Verfugung, auf die sich seine
Soldforderung stützt (so in VII). Unter Anschliessung einer Ab-
schrift dieser Eingabe fordert darauf der Finanzbeamte den Trape-
ziten auf, der Anlage gemäss den Sold auszuzahlen, nachdem auch der
T07iOYpa{i(JLai£U^ unterzeichnet habe, nämlich dass alles in Ordnung
sei.i) Die Empfanger der Gelder müssen ausserdem von ihren
Zahlmeistern legitimirt sein. 2) Die Auszahlung wird darauf durch
a-jfJißoXa und dvTca'j[JißoXa beurkundet. Vgl. VI 11. Das aujJißoXov
mag die Quittung sein, die der Trapezit dem Empfanger ausstellt,
und das dvTcau|JißoXov die Quittung, die der Empfanger der Bank
ausstellt.^) Doch könnte es auch umgekehrt sein.
Ganz entsprechend ist der Geschäftsgang in P. Grenf (II) 33, nur
dass hier der ßaac}ax6^ ypo(,\i\i.O(,'zeuq die Anweisung mit unterschreibt.*)
^) So fasse ich jetzt, abweichend von meiner früheren Interpretation,
QWUTZoy p(d.<^ovzo<;) xoö TOUcypaiiixaTecDg. Der folgende Dativ ist nicht hiermit,
sondern mit xpy]]xa.xiooy zu verbinden. Vgl. V7: xprjixccx'.aov ccuxoiq xotg dv-
[Spdot, wie ich jetzt nach einem Paralleltext ergänze. Ebenso VI 7/8. — In VII
ist die demotische Zeile (23) die gewünschte Aufforderung des Topagrammateus
zur Auszahlung, die darauf folgende griechische wird die Uebersetzung davon sein.
2) So lese ich jetzt: yvwaxsuoiJLEvc'.g uTtd xwv iUm uTir^psxööv in V 8, VII 6.
^) Von letzterer Art sind uns einige Beispiele erhalten. Vgl. Actenstücke
IX, X, Xa.
Hier fordert der SioiXTjxrjg den u7io§io'/XY]X7^g auf, der letztere den Finanz-
bearaten 'Epfiia^, der zugleich die Banken und die Magazine unter sich hat,
und dieser weist dann den Trapeziten an.
§ 3. DIE KASSEN.
639
Mit denselben umständlichen Formalien vollzogen sich die
Einzahlungen an die Bank. Das klassische Beispiel hierfür
bieten die Zoispapyi-i. Hier wird der Trapezit zur Entgegennahme
der dem König zugefallenen Summe zunächst durch den Finanz-
beamten Theodoros — wahrscheinlich den Oikonomos, wie wir oben
sahen — angewiesen, der ihm in einem ausföhrlichen Expose den
ganzen Hergang, der zu der Gewinnung der Summe geführt hat,
auseinandersetzt. Darauf unterzeichnet der dvicypa^eij^ und endlich
der T07:oYpa[i|iaT£'j^, beide durch ihre Anweisung die Richtigkeit
der Zahlung bescheinigend. Nun erst darf der Trapezit die Summe
in Empfang nehmen.
Ganz ähnlich ist der Geschäftsgang in den „Actenstücken"
I— IV. Vgl. auch oben S. 486 An. l.i)
Hiernach wird man annehmen müssen, dass auch die Entgegen-
nahme der Steuern aus den Händen der Steuerpächter sich in ähn-
licher Weise vollzogen hat. Die Ostraka lehren uns hierüber zwar
nichts, da die Bankquittungen, die sie uns bieten, auf die vor der
Zahlung erforderlich gewesenen Formalitäten nicht Bezug nehmen.
Aber die Steuerquittungen, die z. B. über die Verkehrssteuer bei
Immobiliarverkäufen auf die Contracte selbst geschrieben wurden
(vgl. oben S. 73 A. 1), die sogenannten „trapezitischen Register",
zeigen uns, dass der Hergang bei der Steuereinzahlung im Wesent-
lichen derselbe war. Der Steuerpächter, der die betreffende Summe
von dem Steuerzahler erhoben hatte, wies die Bank an, das Geld
von ihm auf den Kamen des Zahlers in Empfang zu nehmen. Erst
nachdem diese Anweisung vom avT'.ypa^S'j^ geprüft und unterzeichnet
war, durfte die Bank das Geld annehmen: xaxa Siaypat^yjV toö
xeXcöVOi), Ö9' fjv bnoypoL^pzi 6 aviiypa^eu^. Für die Kaiserzeit liegt
uns eine solche Anweisung eines Steuererhebers vor (s. unten S. 647).
Dieser dvicypacpeu; ist also der Controlebeamte, der die Anweisungen
der Steuerpächter gegenzuzeichnen hatte.-)
Für Temnos, wo gleichfalls die Kegierungskasse eine xpäus^a war, wird
uns eine ähnliche Umständlichkeit des Geschäftsganges bezeugt. Vgl. Cicero
pro Flacc. 19, 44: in qua nummus commoveri nullus potest sine quinque prae-
toribus, quaestoribus tribus, quattuor mensariis, qiii apud illos a populo creantur.
2) Sehr merkwürdig ist, dass im Pap. Leid. L II 7 das Amt des Trapeziten
und des Antigrapheus von einer Person bekleidet wird. Ich las daselbst am
Original: wv Ss Tiapa AtüpicDvog xou dvxvYpfacf siog) xal ß(,ao'.Xixoi)) xp(aus^ixo'j).
640
VI. KAPITEL.
Die Zahlungen selbst und zwar die Aus- wie die Einzahlungen
erfolgten in Gegenwart eines Bank-Controleurs. Wessely (Zoispap.
S. 21) identificirt diesen mit dem eben erwähnten avTcypoi^s^^j wenn
er meint, dass der Controleur in Oberaegypten dviiypa^eu^, in
Unteraegypten 6 Tiapwv geheissen habe. Das ist irrig. Jener
avTtypaffeu^ controlirt die Pächter, dieser Tcapwv aber den Trape-
ziten. Die Zoispapyri zeigen deutlich, dass es sich um zwei ver-
schiedene Personen handelt: Jener heisst hier Awpiwv, dieser
Xp'jatTiTCO^. Jenen können wir also als Anw^eisungscontroleur be-
zeichnen, diesen als Zahlungscontroleur. Der Letztere, der in den
Zoispapyri mit £7iyjxoXo6'9"y]xa unterzeichnet, ist offenbar derselbe,
der im Pap. Paris. 62 V 12 als STüaxoXou^öv bezeichnet wird. Ich
wies schon oben S. 77 A. 1 darauf hin, dass die Vorschrift des
Pariser Textes, dass die aujJißoXa der Trapeziten von den sTiazoXou-
•ö-ouvTS? gegengezeichnet werden sollen — wie es in den Zoispappi
thatsächlich geschieht — in den Ostraka nicht befolgt wird. In
der Bankquittung P. Lond. XXVII (Kenyon, Cat. Gr. P. S. 14) wird
bei einer Auszahlung der STraxoXou'ö'WV als Tiapwv erwähnt. Vgl.
Gött. G.A. 1894 S. 74 f
War nun die Zahlung erfolgt, so stellte die Bank dem Pächter,
von dem sie das Geld des Steuerzahlers empfangen hatte, das
a6[xßoXov aus. Solche aufJißoXa sind eben unsere Ostraka,
soweit sie von der Bank ausgestellt sind. lieber ihre
Formen vgl. oben Kap. III. Darauf erfolgte die Einregistrirung
des Betrages in die Bücher. Auch hierzu war der Trapezit vorher
gleichzeitig angewiesen (xaTa)(a)pLaov).
Von der Buchführung der Trapeziten erfahren wir, dass sie
amtliche Tagebücher führten, wie das von Beamten jener Zeit a priori
anzunehmen ist.^) Mit dem Namen i^r]\izpihec,, der auch für
die Bücher der Privatbankiers überliefert ist (Plut. de vit. aere
allen. 5, 3), werden sie uns durch Pap. Paris. 62 VIII 9 be-
zeugt, In diesen wird Tag für Tag Einnahme und Ausgabe
— gewiss getrennt nach Xy]ii\iOLX(X. und avaXa)|JLaTa — gebucht
worden sein. Nach Analogie eines unten zu besprechenden Docu-
mentes aus der Kaiserzeit ist es nicht unwahrscheinlich, dass hierin
1) Vgl. Philolog. LIII S. 80 £f.
^) Ol 5s xpaTis^rxat. dvotaouatv s[j, |i£v xoig [xJaO-' r][iipa.y £9[7]]|ji£pcaiv.
§ 3. DIE KASSEN.
641
auch Abschriften von den Quittungen, die die Bank bei Einzabhmgen
ausgestellt, resp. bei Auszahlungen empfangen hatte, beigefügt wurden.
Auch über den Geschäftsgang wurde darin berichtet. Am Ende
des Monats wurde dann die Monatsrechnung aufgestellt, zoc [xr^viala,
die dann den vorgesetzten Behörden — wahrscheinlich auch dem
eyJXo^{iGzy}pioy — zur Controle übermittelt wurden. Der Pariser
Text bei Revillout Mel. S. 301 ff. zeigt, dass auch wichtige ein-
gegangene Actenstücke, wie Verordnungen von vorgesetzten Behörden,
in diese [xr^viaTa, wenn auch wohl nur im Auszug, aufgenommen
wurden: ava'^spsa^ü) oöv oOtc? iiz' £axaTo[v] tou [ir;VL[a]LO'j tgO
©öuO" ty]; Iv Aioc TziXz'. zf^', [ji£[Ya]Xr/. Tpa7:£!^Y;c. Ebenso wurden
von den a'j[JLßoXa der Bürgen, die von den Steuerpächtern gestellt
waren, die Hauptpunkte in die |i,r^V'.aTa der Trapeza, auf der sie
deponirt waren, eingetragen. Vgl. Pap. Paris. 62 II 2 ff. Danach ent-
hielten also die Bücher der Trapeziten nicht nur die ziffermässigen
Abrechnungen, sondern auch die actemnässigen Belege für den
ganzen Betrieb im weitesten Umfange.
B. Kaiserzeit.
Das aegyptische Kassenwesen der Kaiserzeit ist erst durch
Mommsen's Staatsrecht klargelegt worden. Rudorff hatte die Ansicht
aufgestellt, dass ein wichtiger Teil der aegyptischen Staatseinnahmen
an das aerarium Saturni, also die Senatskasse, abgeführt sei
(Rh. Mus. 1828 S. 142 ff). Ihm waren Varges (S. 66), Franz
(CIGr. III S. 320) und neuerdings noch — trotz Mommsen —
Wessely gefolgt. 2) Entsprechend der staatsrechtlichen Stellung des
Kaisers als des Landesherren von Aegypten floss vielmehr alles,
was an den König, „sei es als Steuer oder Zoll, sei es als Domanial-
nutzung, gezahlt worden war, in den kaiserlichen Fiscus."^) Der
Fiscus ist also der directe Rechtsnachfolger der alten Königskasse,
des ßaa'.A'.xov. Jedenfalls hatte auch er in Alexandrien seine Haupt-
filiale, die Generalkasse Aegyptens. Es ist mir nicht unwahrschein-
lich, dass man den fiscus Alexandrinus dafür halten darf.-^)
*) So soll nach Pap. Paris. 62 VIII 10 darin notirt werden , wenn ein
Uebergebot für die Steuerpacht vorliege: ov. sxxs'.xa', bIc, u7t£pßo[Xr,v].
2) „Der Wien. Pap. Nr. 31" (Wien. Stud. IV 1882) S. 4 (Separatabzug).
^) Mommsen, Staatsr. IP S. 1004.
*) Anders Mommsen bei Hirschfeld, RVG. S. 14 A. 2.
WiLCKEN, Ostraka. 41
642
VI. KAPITEL.
Das lateinische Wort in griechischer Transcription, cpcaxo?, hat
sich bisher nur selten gefunden, so im Edict des Julius Alexander
(CIGr. 4957, 21 und 25) und in dem oben S. 300f. behandelten
Papyrus der Berliner Bibliothek aus dem III. Jahrh. n. Chr., der
die für unsere Frage wichtigen Worte enthält: axecpavou toö
£VTup[oa]^£V ßa[atXixou, vuvl he eig] xov 91'axov dv[aXa](xß(avo[X£Vou).
Der griechische Ausdruck für den Fiscus ist t6 Ta[x:£Tov oder t6
tEpwxaTOV Z(X[Li€ioy. Nach dem mir vorliegenden Material scheint
die Verbindung mit c£ptOTaTOV erst seit dem Ende des II. Jahrh.
n. Chr. üblich zu werden.^) Ich möchte nicht glauben, dass erst
in der späteren Zeit, als „fiscus und aerarium factisch zusammen-
fielen" der Fiscus als z(X[iieiov bezeichnet worden ist. Das Wort
zoc\iLi€iov, das in der Verbindung ßaatXtxöv Ta[AC£Tov schon für die
Ptolemäerzeit bezeugt ist^), bezeichnet ganz allgemein die Schatz-
verwaltung und hat von Hause aus zum aerarium kein näheres
Verhältnis als zum fiscus.*) So wird es in Aegypten, wo nur der
Fiscus in Betracht kam, von vornherein der griechische Ausdruck
für diesen gewesen sein, neben dem man vielleicht auch noch das alte
ßaacXcxov weiter gebraucht haben mag. Es sei schon hier hervor-
gehoben, dass za\ii€lov an den angeführten Stellen bald auf die
Kassen-, bald auf die Magazinverwaltung geht.
Ebenso wie in der Ptolemäerzeit von dem ßaacXtxov eine könig-
liche Privatkasse als loioc, Xoyoc, abgetrennt war, so ist auch in der
römischen Zeit von Anfang an von jener Generalkasse der Provinz
ein Xbio^ Xoyo^ des Kaisers abgezweigt worden. Dass die Römer
hierin lediglich ein schon vorhandenes Institut übernahmen, spiegelt
sich äusserlich darin wieder, dass selbst in lateinischen Texten die
griechische Bezeichnung als idim logus wiederkehrt (s. oben S. 499).
^) To Tajioetov findet sich in BGU 15 II 16 (J. 197) ; 75 II 12 (II. Jahrh.) ;
106,5 (J. 199); 388 II 10 (IL Jahrh.); 462,13 (Pius); 482,7 (II. Jahrh.).
Dagegen xb Upmaxov xaiiistov in BGU 7 I 8 (J. 247); 8 II 30 (J. 248); 96, 8
(III. Jahrh.); 156, 6 (J. 201); 475, 2 (II./III. Jahrh., frühestens wohl 198);
P. Genev. 16 (J. 207); P. Lond. in Pal. Soe. II Ser. 164 (Aurelian).
2) Mommsen, Staatsr. 11^ S. 999 A. 1.
3) Petr. Pap. (II) XXXII (1) 4. Es bezeichnet hier speziell die Natural-
verwaltung.
*) Daher nennt man z. B. in Aphrodisias das aerarium xajiistov xoö Sv^fiou
T(i)p,atü)v und den fiscus xaixisrov xoD xupiou Auxoxpaxopog Kaiaapog oder
ähnlich. Vgl. CIGr. II 2830 0".
§ 3. DIE KASSEN.
643
Dagegen scheint eine neue Einrichtung der Kaiser zu sein, dass von
dem loioc, Xoyos noch wieder ein ouaiaxo^ ^oyo? unterschieden wurde.
AVenigstens ist dieser für die Ptolemäerzeit bis jetzt nicht belegt.
Aus der Bezeichnung lässt sich der Unterschied der beiden Kassen
nicht erkennen, denn auch oua:a bedeutet Privatvermögen, ebenso
wie xd Itioc. Marquardt (St.V. 11^ S. 311 A. 1) hat daher auch
den procurator idiu logu und den procurator iisiacus für denselben
Beamten erklärt. Dass Hirschfeld aber Recht hatte, wenn er (BVG.
S. 43 A. 5) beide unterschied, geht u. a. jetzt aus BGU599 (II. Jahrh.)
hervor, wo erst der oi)oi(x.y.bq [Xoyo?] (Z. 14) und dann der lo:o?
X^yog (Z. 16) neben einander erwähnt werden. Auch gab es nur
einen Procurator für den loioq Xo^^oz, dagegen mehrere, wie es scheint,
für den oOaLaxöi; Xoyo^. Ueber die Bedeutung dieser beiden Kassen
liegen folgende Zeugnisse vor.
1. "IBio? Xo^oq. Strabo XVII p. 797: diXXoc, 6' (neben dem
iuridicus) laxlv 6 Tipoc,!X'^opeu6\LoVoq l^'.oXo^foq, töv äoeaizozm
zal Twv zlc, Kacaapa TrcTrxsLV o^pe^Xoviwv e^e-caang? lai'.v. Also die
bona vacantia und caduca und alles, was sonst an den Kaiser fällt,
ging an den Idiologos (vgl. Marquardt II^ S. 304). In BGÜ 106
(J. 199) wird ein cornicularius des imzpOTZoq elbiou X[6yo'j] auf-
gefordert, Auskunft zu geben über das Vermögen (Tzopoq) eines
Y£VO[ji£VO'j [xca-ö-tOTOu o'jaca? 'Efxßp-^ /pstoaTOu to[ö] z(x\i'.tio'j , d. h.
nach den obigen Ausführungen auf S. 391 f., eines früheren Domanial-
pächters, der inzwischen zum debitor fisci geworden war.^) Dieser
Text bestätigt, was Mommsen Staatsr. III S. 753 bemerkt, dass das
Domanialgut dem Idiologos unterstellt war, denn die Anfrage wird
offenbar darum an den Untergebenen des Idiologos gerichtet, weil
dieser über die Personalien der königlichen Domanialpächter Buch
führte.
Wie die Verbindung dieser Aufgaben des Idiologos mit seiner
gleichzeitigen Amtsführung als ap'/^is.peuq und seiner Aufsicht über
die Tempel, und zwar nicht etwa bloss über die Tempelkassen, sondern
^) Ouoias 'Efißp"^ steht kurz für oOoiag Ttpöxepov 'Ejißp"^, vuvt xou
laii'.Eiou. Da er früher (ysvoiisvoo) Pächter gewesen, ist nicht nötig, das^s er als
solcher ein Schuldner des xaji'.siov geworden. "Wenn dies der Fall wäre, so
würde hier die Generalkasse (fiscusj statt des speziell in Frage kommenden
Ressorts genannt sein, was an sich unanstössig wäre.
41*
644
YI. KAPITEL.
auch Über die inneren Angelegenheiten der Priesterschaften, zu deuten
ist, bedarf noch weiterer Untersuchungen.^)
2. 06acaz6? Xoyoq. BGU 277,10 (IL Jahrb.): Mal S)V
OL 96(poi) £V o5a:axa) Xoyü) dvaXapißavovTat. 599, 14: twv 5s upbc,
TÖv oöataxöv [XGyov ö^SLXopisvwv?]. Es handelt sich hier um schuldig
gebliebene (?) obaiccySi [xcaO-wxaL (Z. 9).
Dass mit den oOaLaxdc speziell die Patrimonialgüter des Kaisers
bezeichnet wurden, versuchten wir oben S. 393 zu erweisen. In
sofern wird man den oOacaxo^ ^oyo^ als Ressort des Ibioi; Xoyoq
begreifen, und wird Hirschfeld's Aufstellung beistimmen, der die
proeuratores usiaci zu Untergebenen des procurator idiu logu gemacht
hat (s. oben S. 393).^)
Wir haben also in Aegypten eine allgemeine Generalkasse, den
fiscus, und von diesem abgezweigt die „Privatkasse", den Xhioc, "koyoq,
von dem wiederum die Patrimonialkasse, der ouGiccy.bq Xoyo^, ab-
getrennt ist.
Ausser diesen officiellen termini technici begegnen noch einige
allgemeinere, umschreibende Bezeichnungen für die Kassen.
^) Diese im Hermes XXIII S. 600 f. von mir erwiesene Verbindung ist in-
zwischen bestätigt worden durch BGU 16, 8 (J. 159/60) und 250, 21 (J. 122/3).
An ersterer Stelle ist beim Idiologos Anklage erhoben worden gegen einen Priester,
der sich gegen die schon von Herodot II 37 und 81 bezeugte Kleiderordnung
der Priester vergangen hatte. An zweiter Stelle wird der Idiologos als Instanz
in Sachen der p-oaxcocppaytaxai citirt. In dem Wiener Text, den ich a. a. O.
benutzte (J. 231), wird dem Idiologos Anzeige darüber erstattet, dass kemer der
Priester seinen Dienst vernachlässigt habe. lieber ähnliche Urkunden der
Wiener Sammlung berichtet Mommsen, Zeitschr. Savigny-St. Rechtsg. XVI Rom.
S. 190 A. 1. Uebrigens ist in den Texten überall £n\.zpon{xi) zu lesen, nicht
eTC!,xp07i(£icf) (Wessely). — Die Stellung des Idiologos zum Kult scheint nach
Obigem doch eine andere zu sein als die des dpx:.5!.xaax7^$, der nebenbei auch
Isps'jg heisst (lepsug des Museums? Vgl. BGU 73 und 136). Jener führt that-
sächlich die Oberaufsicht über die sämmtlichen aegyptischen Tempel. Ich
habe ihn daher a. a. O. mit dem dpxtepe'JS 'AXsgavSpsiag xat Alyuuxo'j Trdayjg
identificirt.
^) Für die feinen Abstufungen im kaiserlichen Besitz ist bemerkenswert,
dass, wie auch P. Meyer, Piniol. LVI S. 195 richtig hervorgehoben hat, in
BGU 560, 21 und 23 die ouo'.ay.Y] zur ßaaiXixY] y/j in Gegensatz gestellt wird.
War vielleicht die letztere die alte Domäne, die der Kaiser von den Ptolemäern
übernommen hatte, dagegen die ouoiaxY] yy] diejenige, die aus den oualai der
früheren Privatbesitzer im Laufe der Zeit an ihn gefallen waren?
§ 3. DIE KASSEN.
645
1. 6 Kataapog Xoyoc. CIGr. 4957, 29f.: unhp xöv Ix
^opca zaTEXpL^Yj. Mit dieser „Kaiserkasse" kann der Fiscus im
Allgemeinen bezeichnet sein. Doch da es sich speziell um Iz^opia,
Pachtgelder, handelt, ist hier vielleicht speziell an das Domanial-
ressort gedacht, also den IZioc, Xoyoc, oder noch spezieller den
oöataxo? X6yo<;.
2. 6 xupiax6(; Xoyoq. CIGr. 4957, 18: {irß" oXo)^ xaxaxXeL-
ea^at xiva? iXtuMpouc, de, (puXaxYjv Y^vxivoöv . . . I^co xwv d'^eiXov-
T(i)V xöv xupiaxov Xoyov. Hier ist ganz allgemein von den
debitores fisci die Kede.^) Dasselbe gilt von BGU 1, 15, wo das
priesterliche Kopfgeld gezahlt wird de, xov xupcaxov X6^(0V. Auch
hier ist der fiscfüs gemeint. Vgl. BGU 620, 15: Tipo^exs^yj ev xol^
xupiaxoT^ XoyoQ^]. Ebenso in BGU 747 I 16: xwv ö^iXojJievwv
xw x'jpiaxü) X[6]Ya). Bei den xupLaxaT^ ^'''^9°'? CIGr. 4957, 13
kann gleichfalls an den fiscus gedacht sein, aber nach dem Zu-
sammenhang auch speziell an die Domanialkasse.
3. 6 SrjiJLoaco? Xoyoq. CIGr. 4957,21: xcov Tzpoc,o^BiXriy.6-
Xü)V xw 5r^[JLoa:tp Xoyw. Auch hier scheint der fiscus gemeint zu
sein. Ebendort Z. 16 wird mit xa bv^[}.6a:o^ gleichfalls auf den
fiscus verwiesen. Vgl. BGU 193, 27 (elc, xö SrjjJLoaiov), ebenso
350, 17; 650, 14 und öfter; P. Lond. CCCVI, 11.
Diese Ausdrücke sind alle so allgemein, dass sie unter Um-
ständen ebenso gut auf die Spezialressorts des ihioq und oOaiaxo^
Xo'^oc, wie auf die Generalkasse, den fiscus, bezogen werden können.
"Wie in der Ptolemäerzeit neben der Königskasse in Alexandrien
die königliche Bank mit ihren Filialen in den Metropolen und Dör-
fern als dasjenige Institut stand, welches die Ein- und Auszahlungen
effectuirte, so hat auch neben der Kaiserkasse die kaiserliche Bank
gestanden. Diese Thatsache ist erst seit Kurzem bekannt geworden
(vgl. oben S. 87), und auch jetzt ist das Material darüber noch ein
dürftiges. Der Ausdruck ßaacXixrj xpdcTie^a hat sich meines Wissens
in Texten der Kaiserzeit noch nicht gefunden. Dass er aber lebendig
war, zeigt BGU 121, ein Bericht der ßaacAixöv xpa7i(£^txü)v) vom
Jahre 194 n. Chr. Verbreiteter scheint jetzt der Ausdruck SyjpLoata
xpaTte^a und 6yj[i6acot xpaue^Ixat gewesen zu sein, der in der
^) Vgl. CIGr, II 2842 (Aphrodisias) : xw x'jp-.axoj cpiaxtp.
646
VI. KAPITEL.
Ptolemäerzeit wohl noch nicht gebräuchlich ^yar. Vgl. BGU 25;
41; 42; 652; 653 und Ostr. 662. Mit 6Y][ji6aLO? wird zunächst nur
das Gegenteil von toicoTixog bezeichnet, wobei es an sich noch offen
bleibt, ob der Kaiser oder eine andere nicht private Instanz, etwa
die Commune, gemeint ist.^) Gelegentlich steht brnioaioq im Gegen-
satz zum „Kaiserlichen". 2) Aber sicher ist, dass in anderen Fällen
wieder 6yj|x6aco? gerade das „Kaiserliche" bezeichnet, so in der Ver-
bindung bri\i6aioc, Xoyoq, wie wir sahen, in CIGr. 4957, 21, wo der
Gedanke an eine Communalkasse ausgeschlossen ist.^) In dieser
Bedeutung möchte ich das Wort auch in der Verbindung 6yj[xoaLa
TpaTTE^a fassen, da die Steuern, w^elche an sie abgeführt werden,
von den kaiserlichen TzpdxTopzq erhoben werden und jedenfalls als
kaiserliche aufzufassen sind. Die Communalkassen der Metropolen
scheinen vielmehr als izolizrAOC, Xoyo^, resp. ttoXitcxy] xpaTie^a be-
zeichnet zu sein.^)
Die Existenz der kaiserlichen Banken wird ferner durch die
zahlreichen Bankquittungen aus der Kaiserzeit bezeugt, deren For-
mular oben S. 87 ff. behandelt ist.
lieber die Organisation der kaiserlichen Banken erfahren wu*
wenig. In einigen Ostraka aus dem I. Jahrh. n. Chr. wird die Bank,
die die Quittung ausstellt, als „die Bank des NN" bezeichnet, wie
^) So begegnen folgende Verbindungen: 5r^|J.oaia ß'.ßAtoO-r^xr^ , 5. oSög, S.
Ystüpyot (passim), 5. x-igvoipöcpos (BGU 638, G), g. övYjXäxT]^ (136, 15), S. Xst-
TOupYta (159,4), S. cpöpsxpa (227,16), ö. cppoupd (255,7), S. nupös (286, 8),
8. cfCLVig (s. oben S. 311) u. a.
2) Wenn in 560, 21 g7]^lOa^a und oua'.axY] yy] unterschieden werden, so
wird man unter ersterem wohl das „Gemeindeland", das der betreffenden Com-
mune gehörte, zu verstehen haben (vgl. oben S. 254). Vgl. auch in BGU 285
den Gegensatz von SyjiJLOatou und ßaaiX(ix'^g) y^j, auch in 188, 23. So auch
Viereck, Hermes XXX S. 119.
^) Vgl. auch BGU 560, 23: ßaatXiy.vjs Sia br^iiOGim [ystopytov]. Ebenso
werden in P. Lond. CCLVI Srj|iöc'.OL yscopyot' genannt, die ßaaiXixvjv otat Upav
xat Ixepav y^v gepachtet haben. Hier sind also die brniÖGioi ystopYoi identisch
mit den ßaaiX-.xol yswpyoü
*) Vgl. Mitt. PER IV S. 58: xafiias noXizix(ou) X[öyou]. Vgl. CPR I 39
und S. 110. Es lag nahe, diese Stadtkasse als eine Folge der Decurionatsordnung
anzusehen, da die angeführten Beispiele jünger sind. Aber in P. Oxyr. I 54, 16
wird gleichfalls dieser Kasse gedacht, und dieser Text stammt aus dem J. 201,
ist also älter als die Decurionatsordnung. — Die tioXitixt] tpäTie^a begegnet in
P. Oxyr. I 84, 10, vom J. 316.
3. DIE KASSEN.
647
sonst die Privatbanken der Kaiserzeit sich nennen (vgl. S. 92).^)
Wenn es hier heisst Itzl TYjV toö hzivoq xpaTie^av, so ist das offen-
bar nur eine andere Form für das ptolemäische era TYjV TpccTre^av,
% 6 oelva. Aber auch die alte Formel begegnet noch zur Zeit
des Claudius, wie jetzt P. Oxyr. I. 99, 14 zeigt: TpaTie^Yj?, ecp' f^^
Sapa[7iL]ü)v xal [A£T0)(0L Während in den Ostraka, die jene Formel
bringen, immer nur eine Person genannt wird, finden wir hier ein
Collegium.2) Aber auch in jenen Ostraka finden sich gelegentlich
in der Subscription andere Namen (so in 1376 und 1556). Auch
sonst begegnet in der Kaiserzeit öfter ein Collegium von Trapeziten.
Vgl. BGU 121 (vom J. 194): twv ß] xal twv X[oi]7i(wv) ßaa:X:-
xöv Tpa7ü(£^CTö)v) ; 707 (Ende des II. Jahrb.). Weitere Beispiele
bringen jetzt die Oxyrhynchos -Papyri. Vgl. I 50 (vom J. 100): xal
et [iiCxoy^oi) Tpa(7:£^lTa:); 61, 5: xal tol; auv a(uTö) 6yj[ioai(oi?)
Tpa7r(£^ha:ö; ähnlich 96, 3.
Verschiedene Bankressorts lassen sich auch für die Kaiserzeit
nachweisen. Nach P. Lond. CCLV wurde die Biersteuer ItcI XYjV
Sr^fioatav Tpi,7zt^oc.v, die Schafsteuer aber elc, lyjv £7ul toutol^ TpaTO^av
abgeliefert. Auf die beiden grossen Ressorts der 5cotxr^a:$ und der
E£pa soll in § 4 eingegangen werden.
Ueber den Geschäftsgang der Banken ist für die Kaiserzeit nur
wenig überliefert. Dass er in den Grundzügen derselbe geblieben
ist wie in der Ptolemäerzeit, zeigt P. Oxyr. I 96, in dem der Pächter
des lyxuxXLOV die Trapeziten brieflich auffordert, von dem und dem
die Kaufsteuer in Empfang zu nehmen: 6£EaaO-£ Tüapa XaLpyj|xoy:-
toc, — zeXoq. Dabei ist genau angegeben, von wem die Chaeremonis
den Sklaven gekauft hat, und auch vor welcher Agoranomie der
Kauf vollzogen ist. Dieser Wortlaut wäre an und für sich mit der
Vorstellung vereinbar, dass die Käuferin selbst an die Bank gezahlt
habe. Aber Pap. Paris. 17 zeigt uns, dass sie vielmehr das Geld
an die Pächter zu zahlen und diese es weiter an die Bank zu liefern
hatten. In diesem Ox}Thynchos- Papyrus ist uns also eine jener An-
Konnten wir oben für die Ptolemäerzeit keine Privatbanken nachweisen,
so begegnen sie in der Kuiserzeit desto häufiger. Vgl. die Indiccs der Papyrus-
publieationen , auch CPR. Das Bankmonopol bestand damals nicht mehr.
Eine Studie von Mitteis über die Privatbanken der Kaiserzeit ist zu erwarten.
^) Ich erinnere an die quattuor mensarii in Temnos bei Cic. pro Flacc.
19, 44.
648
VI. KAPITEL.
Weisungen im Original erhalten, die in der Ptolemäerzeit so häufig
in der Formel xaxa Scaypa^yjv tsXwvoi) begegneten (s. oben S. 639).
Dass diese Btaypa^i^ auch jetzt von einem avT^ypacpeu^ zu prüfen
und gegenzuzeichnen war, ist nicht überliefert, wird aber wohl an-
zunehmen sein.
Wenn die Bank nach diesen Formalitäten das Geld in Empfang
genommen hatte, so stellte sie dem Steuererheber die Quittung da-
rüber aus. Solche Quittungen sind unsere Ostraka, so weit
sie von der Bank ausgestellt sind. Ueber die Formulare der-
selben ist oben S. 87 und 125 gehandelt worden. Dass im Faijüm
zu solchen Quittungen nicht Ostraka, sondern Papyrus verwendet
wurde, hoben wir oben S. 12 hervor^) (vgl. S. 22), und über ihr
Formular sprachen wir S. 69 A. 1. Es ist mir inzwischen durch
weiteres Material unwahrscheinlich geworden, dass diese Papyrus-
quittungen, wie ich dort vermutete, den Zahlern, nicht den Erhebern
ausgehändigt seien. Es giebt Fälle, in denen die Quittungen auf
mehr als einen Namen ausgestellt sind. Vgl. BGU 342. Wer von
ihnen sollte dann die Quittung empfangen haben? Dies führt doch
wohl zu der Annahme, dass diese Namen zwar den Zahler bedeuten,
dass der Empfänger aber jemand anders war, und das kann nach
dem ganzen Geschäftsgange nur der Erheber sein. Die Worte \L'r]
ypr^aajjL£VO? kzipid au[ij36Xq), die mich a. a. O. zu der anderen
Ansicht führten, werden also wohl nur als schlechte Construction
an Stelle von [xy] XP'h^'Q ^- ^- fassen sein. Hiernach besteht
in der Hauptsache völlige Uebereinstimmung zwischen den Ostraka
und Papyri. Es bleibt nur der rein formale Unterschied, dass in
den Papyrusquittungen des Faijüm meist, wenn auch nicht immer,
auch die Erheber mitgenannt werden, während die Ostraka (ausser
672) nur den Zahler nennen.
Die Buchführung der Trapeziten wird vermutlich dieselbe wie
in der Ptolemäerzeit gewesen sein. Ein Beispiel einer Monatsrechnung
bietet BGU 474 (II. Jahrb.). Vgl. die Aufschrift auf der Rückseite:
X t6[i(ou) |xr^vca(a)v Tpa[7i£^Y]^ [JtVjV]6? ^oc\iEV(h[^}. Es ist
wenigstens nicht unwahrscheinlich, dass es sich hier um eine kaiser-
liche Bank handelt.
^) Zu den in der Anmerkung 2 dort angeführten Beispielen sind inzwischen
weitere hinzugekommen. Vgl. BGU 382, 383, 386, 391, 431, 434, 452, 458,
461, 463, 518, 521, 528, 535, 617, 645 (Randj, 655, 662, 704.
§ 4. DIE MAGAZINE.
649
Ueber die monatlichen Abrechnungen mit den Steuererhebern
wurde allmonatlich an die vorgesetzten Finanzbehörden Bericht er-
stattet. Vgl. BGU 121.
§ ^.
Die Magazine.
A. Ptolemäerzeit.
Neben der Kassenverwaltung stand die Magazinverwaltung, der
die gesammten in natura erfolgenden Einnahmen und Ausgaben des
Staates unterstanden. Wir wiesen schon oben S. 631 darauf hin,
dass beide Ressorts mit dem Titel tö ßaaiX'.xov belegt wurden,
Zu dieser Magazinverwaltung gehörten die sämmtlichen Vorratshäuser
des Königs, mochten sie Kornspeicher oder Weinkeller 2) oder Räume
für sonstige Naturaleinkünfte sein. Nach Petr. Pap. (II) XXXII
(1)4 gab es in Ejrokodilopolis im Faijüm ein ßaacXtxöv Ta[x:£Tov
Twv 5£p[(jLa]T(i)v (Wyse). Hier wurden die Felle nicht nur auf-
gespeichert, sondern auch von den Gerbern bearbeitet. In den Ostraka
spielen die Kornspeicher, in die die Getreideabgaben zu liefern waren,
die Hauptrolle. Für sie begegnet als terminus technicus der Aus-
druck 6 ^aocupoq. Vgl. Ostr. 702 ff. Dieses Wort bezeichnet zwar,
wie wir oben S. 631 gesehen haben, in seiner allgemeinen Bedeutung
auch das Schatzhaus, das die Geldvorräte barg. Aber im prägnanten
Sinne bezeichnet es die Vorratshäuser für Naturalien 3), und in
diesem Sinne habe ich in Kap. III die Thesaurosverwaltung der
Kassen Verwaltung gegenübergestellt.'^) Von dem Thesauros in diesem
Sinne haben wir auch hier zu handeln.
0 In Ostr. 705 wird Spreu el<; x6 ßaaiX'.xöv vermessen. Auch in Eev.
Pap. 28, 14; 34, 7 und öfter ist die Magazinverwaltung gemeint. In Petr. Pap.
(II) XXXII (1) 10 f. werden Sspjiaxa abgeliefert ecg xö ßaot,X[t.xöv].
2) Vgl. die aTtoSdX'.a in Rev. Pap. 31, 18 ff. und dazu oben S. 99. Dass
die Weinkeller unter den Begriff des O-Yjaaupös fielen, zeigt BGU 33, 13 ff., wo
die olvapta (ausnahmsweise) p,Yj sie, xdv ^yjaaupöv gebracht werden sollen.
^) Ausser den Ostraka und Papyri vgl. Ps. Arist. Oecon. II 2,38: etküXs'.
xa EX xwv ^yjaaupwv (im Perserreich). Appian. Lib. 95 : O-Yjoaupol Tiapsxeivxo
auxoig xwv xpocpwv (seil, in den Mauern von Karthago). Für die spätere Zeit
vgl. Cod. Theod. VIII 5, 48, § 1.
So zuerst im Jahrb. Ver. Altertumsfr. i. Rheinl. LXXXVI S. 241.
650
VI. KAPITEL.
Aehnlich wie die Centralkassenverwaltung in Alexandrien durch
das ganze Land ihre Filialen hatte, so auch die Centralmagazin-
verwaltung, die wir für Alexandrien als selbstverständlich zu sup-
poniren haben. Bezeugt sind uns die Thesauren in den Metropolen^)
und den einzelnen Dörfern. 2) Die dem Staat, d. h. dem Könige
gehörigen Thesauren werden gelegentlich — in den Ostraka niemals
— ßaadixol '9'YjaaüpoL genannt. So heisst es in dem von Mahaffy
edirten Papyrus des alexandrinischen Museums (s. oben S. 436) Z. 16:
£V T[6E)]t £[x Bo'jßaaitot ßaatXtxtOL -ö-Tgaaupöt (III. Jahrh. v. Chr.),
und im P. Grenf (I) 33, 52 wird ein •9'yjaai)(pö(;) ßa(aiXix6(;) als
Grenze angeführt. Daneben hatten natürlich auch die Tempel ihre
eigenen Thesauren. Vgl. Pap. Paris. 60 bis, 31: Ix -ö-yjaaupoö (über
durchgestrichenem t*^^ Tipo^eaeco^) toö lepou, wobei zu bemerken
ist, dass i^Yjaaupo? hier, da es sich um Geldsummen handelt, im all-
gemeinen Sinne zu fassen ist.^) Auch die Vorratshäuser der Pri-
vaten wurden -ö'rjaaupoL genannt.
Von der Gestalt und Einrichtung solcher Thesauren können wir
uns noch genaue Vorstellungen machen. Im Besonderen sind es die
Kornspeicher, über die uns speziellere Nachrichten vorliegen. Mit
der Ausmessung von Kornspeichern beschäftigt sich der hieratisch
geschriebene mathematische Papyrus Rhind, der unter den Hyksos-
königen nach einem älteren Buche abgeschrieben worden ist*), sowie
der jüngst gefundene griechische mathematische Papyrus von Achmim,
der der byzantinischen Zeit angehört.^) In dem mehr als zwei-
tausendjährigen Zeitraum, der zwischen diesen beiden Endpunkten
liegt, hat sich an den Kornspeichern Aegyptens nichts geändert.
Der hieratische Text unterscheidet Speicher mit kreisrunder Basis
^) Vgl. z. B. das stereotype [isfisxpr^xsv zlc, xöv sv Aidg izöXsi xvjt, jis-
ydXrji O-rjaaupöv in Ostr. 702 flf., ebenso bIc, töv sv Su(7^vr^t,) •9'y](aaupöv) in 295.
Dass jedes Dorf seinen eigenen Thesauros hatte, ist für die Kaiserzeit
vielfach bezeugt (s, unten). Auch für die Ptolemäerzeit mögen Belege vorliegen.
Anzunehmen ist es jedenfalls. Vgl. die Weinkeller, die nach Eev. Pap. 31, 18 flf.
„in jedem Dorf" vom Oikonomos angelegt werden sollen.
^) Eevillout, Mel. S. 109 weist den Thesauros des Gottes neben dem The-
sauros des Königs in demotischen Texten nach.
*) Vgl. A. Eisenlohr, Ein mathematisches Handbuch der alten Aegypter, 1877.
^) Ed. J. Baillet, Memoires de la Mission archeol. franc. au Caire IX 1,
1892.
§ 4. DIE MAGAZINE.
651
(dbn) und solche mit viereckiger Basis (ifd). Die ersteren waren
bienenkorbförmige Gebäude, die meist oben eine Luke hatten, durch
welche, nachdem man auf Leitern oder Treppen von aussen hinauf-
gestiegen war, das Getreide hineingeworfen wurde, um im Bedarfs-
falle durch eine Luke am Erdboden wieder herausgezogen zu werden.
Li den Gräbern sind uns mehrfach solche Bauten abgebildet.^)
Die Wände der viereckigen Speicher waren nach oben zu geneigt,
so dass das flache Dach kleiner war als die Basis. 2) Ebenso unter-
scheidet der byzantinische Text von Achmim den -ö-r^aaupo^ TcTpa-
ywvo? (Exempel !N^r. 2) von dem runden Speicher. Von letzterem
handeln die Exempel 47 — 49, wenn hier auch nur vom ^aaupoc
die Rede ist. Das beigefügte Bild ÜGQ, das in der Hauptsache
mit den Darstellungen der Pharaonenzeit übereinstimmt, zeigt deut-
lich den Aufriss des bienenkorbförmigen Gebäudes.
Weitere interessante Details über die Anlage der Thesauren
bietefP. Lond. CCXVI (Pal. Soc. II Ser. 162), dessen Original ich
mit Kenyon's freundlicher Erlaubnis einsehen durfte. Es gehört
zwar in die Zeit Domitians, doch da bei der Stabilität dieser Ein-
richtungen in Aegypten wesentliche Veränderungen in der Kaiserzeit
nicht anzunehmen sind, sei es schon hier vorweg behandelt. Zwei
Pächter eines dem Gotte Soknopaios gehörigen Gehöftes^) verpachten
hier einen zu ihrer Pachtung gehörigen Thesauros weiter. Dies
Pachtobject wird folgen dermassen in dem Contract beschrieben :
■ÖTjaaupov evepyov aTeyvov y.al T£0"jp[w][i£vov, Iv to: TT'jpyo?
Tcal auXrj xocl Ta[AT[a] Tzbm xal vo'jßaa: xal aipoi? zal toT;
Xoir.oiq y^pfi^iTipl^^oi;, Tzoiai. Abweichend von dem Achmim -Text
bezeichnet -ö'Yjaaupo^ hier nicht das einzelne Vorratshaus, den Speicher,
sondern die gesammte Anlage. In diesem Thesauros, der als im Ge-
brauch befindlich (?), dichthaltend oder festgefügt (?)^) und mit
Thüren versehen beschrieben wird, befindet sich ein Turm, ein
0 Vgl. Wilkinson, Manners and customs I- S. 371.
Vgl. die Hieroglyphe: ^ Natürlich gab es auch noch manche
andere Formen. Vgl. die merkwürdigen nicht zusammenhängenden Kammern,
die Naville in Pithom als Magazine erkannte. Wieder anders sind die mit einer
Plattform bedeckten runden Gewölbe hinter dem Ramesseum. Vgl. Maspero-
Steindorff, Aeg. Kunstgeschichte 1889 S. 32 f.
^) Z. 2 1. ino'.'/.io\) (nicht svo'.xtou) Il'.aaixo;. Ebenso Z. 8.
*) Vgl. Rev. Pap. 32,3: y.Epa|Jita axsYvd [7ctoaoxo]7Xou}i£va.
652
yi. KAPITEL.
freier Hof und fünf zo(,\iizl<x. Es ist nicht leicht, die Schilderung
des Gesammtthesauros mit den Einzelheiten, die in ihm sein sollen,
in Einklang zu bringen. Am verständlichsten wäre es, wenn man
die Epitheta svepyöv, aieyvov, TsO-upwiJtsvov auf die die ganze An-
lage umschliessende Mauer beziehen dürfte. Innerhalb derselben
läge dann der Turm, der Hof und die fünf TajAieca.^) Der Turm
mag zur eventuellen Verteidigung oder zum Auslug nach den
Räubern , mit denen wohl namentlich hier am Wüstenrande immer
zu rechnen war, gedient haben. Doch zeigt uns BGU 740, dass
ein solcher TZöpyoq auch Wirtschaftsräume umschloss. Vgl. Z. 5:
ocüb Twv aX[a)]v:[cov t]ü)v ovtwv £V zölc, auToT? nlulpyoiq. Hier
befand sich also die Tenne in dem Turmgebäude. Mit Tapiielov kann
hier nicht die Kasse gemeint sein, denn was sollten fünf Kassen
für einen Thesauros? Vielmehr wird man unter den Ta[x:£La hier die
einzelnen — viereckigen oder runden — Speicher zu verstehen
haben.-) Was mit voußaac gemeint ist, weiss ich nicht. ^) Die
aipoi sind als Getreidegruben bekannt. Vgl. Demosth. Philipp. IV 16,
de Cherson. 45.
Die Kassen und die Magazine bildeten nur verschiedene Ab-
teilungen einer und derselben Verwaltung. Die höchste Leitung
beider lag in einer Hand. Der StotXYjTi^^, den wir oben als höchsten
Beamten im Kassenwesen kennen lernten, war zugleich auch der
Chef der Magazine im gesammten Lande. In P. Grenf. (II) 33 giebt
der Sco'.XYjXYj? IlToXefxaTo^ Befehl zur Auszahlung sowohl von Geld
wie Getreide. Dieser Befehl wird durch den bnohioiXTizric, 'EpfJiwva?
w^eitergegeben an einen 'Ep[JiLa^, dessen Amt unbekannt ist, der aber
auch noch für beide Zweige zuständig ist. Nun erst trennen sich
die beiden Aufträge, und Hermias schreibt gesondert zwei verschie-
dene Anweisungen an den Trapeziten — die liegt uns vor —
^) Eine Mauer umfasst die gesammten Vorratshäuser auch in der Dar-
stellung bei Erman, Aeg. S. 141, die überhaupt mit unserer Beschreibung ver-
glichen werden kann.
2) Vgl. das ßaadrxov xa|ii£iov xcov Sspfxocxwv in Petr. Pap. (II) XXXII
(1) 5. Als Vorratshaus begegnet xaiitstov auch bei Appian. Lib. 88: xa xwv
axsußv xaiiista und ebendort 95: xai xajiisra X'-^^o^ xs %ai y.p'.O-^g. Vgl. auch
Evang. Luc. 12,24: „Sie säen nicht und sie ernten nicht, olc, oöx saxiv xa-
\i'.ziov ouSs dTioO'Y/.Yj."
3) Etwa nubische Sklaven??
§ 4. DIE MAGAZINE.
653
und an den Thesaurosbeamten. Auch aus dem Revenue -Papyrus
geht hervor, dass die höheren Finanzbeamten in gleicher Weise für
die Kassen wie für die Magazine zuständig waren. So soll der
cixovopioc, der sonst überall auch die Geldsteuern beaufsichtigt, die
Weinkeller einrichten (31, 18 f.). Vgl. auch Petr. Pap. (U) XX.
Freilich am Ende des II. Jahrhunderts vor Chr. finden wir einen
oixov6{iO? GLTLXwv^) Und einen oixovofioc dpYupiy.wv.-)
Das untere Personal war von vornherein naturgemäss ein ver-
schiedenes für die beiden Abteilungen. So wie die Trapeziten aus-
schliesslich mit dem Geld zu thun hatten, so muss es auch Beamte
gegeben haben, die speziell Magazinbeamte waren. Als solche den
Trapeziten parallele Spezialbeamte möchte ich die Sitologen an-
sprechen. Das Wort aLToXoyo^, „der Getreide sammelt", scheint zwar
eher auf einen Erheber hinzuweisen, und Franz (CIGr. III S. 299)
scheint auch dieser Ansicht zu huldigen, wenn er ihn mit der exactio
tributorum frugum in Zusammenhang bringt. Auch ich selbst habe
es früher geglaubt (Philolog. LIII S. 92). Dass die Etymologie
allein hier aber irre führt, geht aus der Thatsache hervor, dass die
Sitologen sich auch als Getreideverteiler, nicht nur als Ge-
treideempfänger nachweisen lassen. Für die Ptolemäerzeit ist mir
nur ein Beispiel zur Hand: Petr. Pap. (II) XL VIII. Es sind Quit-
tungen^), in denen ein va'jxXr^poc einem aiTOAGyo^'^) den Empfang
von Weizen bescheinigt. Dies Beispiel allein ist vielleicht nicht
zwingend. Man könnte hier immer noch annehmen, dass der Steuer-
erheber das Getreide einem va'jxXyjpo? übergeben habe, damit er es
ihm nach dem Thesauros transportire. Aber für die Kaiserzeit liegen
uns so viele Beweise vor, dass es ausser Zweifel steht, dass die
Sitologen auch Getreide austeilten. Sie spielen also in der Getreide-
verwaltung genau dieselbe Rolle wie die Trapeziten in der Geld-
verwaltung, die gleichfalls einnahmen und ausgaben.
Dies Resultat wird durch die Ostraka bestätigt. Die früher be-
kannten Naturalquittungen konnte man wohl eben so gut dahin
1) Im Faijüm: Krebs, Nachr. Gött. GW. 1892 Nr. 15 S. 583.
^) In der Thebais (P. Tur. V 8 und VI 0): xou Tipog z%\ o:xovO|i{a'. töv
dpYUpiX(]5(v) Tou IlaO-jptxo'j.
^) Z. 9 1.: y.al oOO-sv svxaXw (für xai aO-v.cüv? xaXcDs),
*) Z, 5: -[apa A](i)pi(üvo; xou a'.xoAoYoijv':[o; xwv Tispl] Bou-
ßaax[ov] xÖTicDv.
654
VI. KAPITEL.
deuten, dass der unterzeichnende Sitologe der Erheber und der in
der Quittung genannte Lieferant der Steuerpflichtige sei. Seitdem
wir aber Ostr. 1255 kennen, wissen wir, dass der Lieferant vielmehr
der Steuererheber war. Dann aber kann der unterzeichnende Sito-
loge nur der Magazinbeamte sein, der hier dem Steuererheber
fjuittirt wie in den Geldquittungen der Trajoezit (vgl. oben S. 98 fi*.).
Unter dieser Annahme gewinnt auch erst die Eingangsformel ihre
richtige Bedeutung: [X£pi£TpyjX£V de, tov £V — -ö-yjaaupov. Der Sito-
loge bestätigt, dass das Getreide in dem von ihm verwalteten The-
sauros vermessen worden ist.
Die Thatsache, dass manche Thesaurosquittungen von mehreren
Personen in gleicher Weise unterzeichnet sind, wie 709, 724, 725, 727,
728, 731, 732 u. s. w., zeigt uns, dass — wenigstens in Metropolen
wie Aibq noXic, — mehrere Sitologen an einem Thesauros angestellt
waren. Vgl. namentlich 732: 'Avitoy^o^ xal 'AtioXXwvco?. Damit
ist vereinbar, dass eventuell in einem Dorfe nur ein Sitologe
begegnet. Vgl. P. Grenf. (II) 37, 3 (unter den Dorfbeamten von
Pathyris): xal aixoXoywL Natürlich hatten diese Sitologen ein
grösseres Bureaupersonal zur Verfügung. Für die Ptolemäerzeit
liegen mir keine Belege vor.
lieber den Geschäftsgang in den Thesauren sind wir sehr viel
schlechter unterrichtet als über den in den Banken. Dass auch dem
Sitologen Controlebeamten zur Seite standen, und dass die Entgegen-
nahme wie die Ablieferungen von Getreide einem ähnlichen Controle-
verfahren unterlag wie die Ein- und Auszahlungen der Bank, ist
a priori anzunehmen. Eine Andeutung giebt P. Grenf. (II) 23, 12 f.
Danach soll die Auszahlung der Getreideraten eben so gut wie die
der Geldraten auf Anweisung des königlichen Schreibers erfolgen:
a'JvuTToypa^ovTO? xal O^ßco? toö ßaaiX'.xoö Ypajji[jLaT£[(i)?]. Vgl.
oben S. 638 ff. Die Aufforderung an die Sitologen liegt uns nicht vor,
aber jedenfalls ist ein ganz ähnliches Document wie das vorliegende
an die Sitologen ergangen, und das wird dann auch die Anweisung
des königlichen Schreibers enthalten haben (wie hier Z. 24).
Die Buchführung der Sitologen wird der der Trapeziten ganz
analog gewesen sein (vgl. oben S. 640). Auch die Sitologen machten
monatliche Abrechnungen mit den Steuererhebern. Darauf beziehen
sich die Randbemerkungen einiger Ostraka, die eine grössere Summe
nennen als die Quittung selbst. Wir erklärten sie oben S. 75/6 und
§4. DIE MAGAZINE.
655
100 als diejenigen Summen, die bisher im Monat im Ganzen von
dem betreffenden Steuererheber eingegangen waren. Monatliche
Abrechnungen ([XYjVLaTa) werden auch sie an ihre Vorgesetzten ge-
richtet haben.
B. Kaiserzeit.
Die Magazin Verwaltung blieb beim Uebergang Aegyptens in
die römische Herrschaft im Wesentlichen dieselbe. Nur hatten sich
ihre Aufgaben gesteigert, denn jetzt galt es nicht nur Alexandrien,
sondern auch Rom mit Zufuhr zu versehen.
Wie für die Kassen, so ist auch für die Magazine der Kaiserzeit
die alte zusammenfassende Bezeichnung als ßaaiXixov bis jetzt nicht
erwiesen. Vielmehr wird das Magazinressort im Allgemeinen —
ebenso wie das Kassenressort — als t6 Ta|jiC£Tov^) oder t6 tepo)-
Taxov Taptcecov-) oder auch als t6 6rj[Ji6a:ov^) bezeichnet.
Ueber die Speicheranlagen in Alexandrien sind mir auch aus
dieser Zeit keine genaueren Angaben bekannt.*) A priori ist nicht
unwahrscheinlich, dass diese alexandrinischen Einrichtungen vorbild-
lich gewesen sind für die gewaltigen Anlagen, die unter der kaiser-
lichen Verwaltung in Rom und Ostia für die annona geschaffen wurden.
Dagegen werden die Thesauren sowohl in den Metropolen wie
in den Dörfern durch Ostraka und Papyri vielfach belegt. Dass
jedes Dorf seinen eigenen d^aocupoc, hatte, zeigen z. B. unser Ostr. 1306 :
'9T^(aai)pö) y,(h\Lric, "lepa? NsLxoXaou und BGU 67, 7: ev ^rjaaupw
T-^c 7:pox£:|X£vy]? xwfiY]?. Ebenso 81, 25; 188,8 und oft. Nebenbei
sei erwähnt, dass auch die Speicher der Privaten d"riaoLUpoi genannt
wurden. Vgl. BGU 644, 23.
In den thebanischen Ostraka finden sich verschiedenartige Be-
zeichnungen des Thesauros. Die Scheidung des driGXJpoq [xr^Tpo-
TiöXewi; und des -ö-r^aaupö? X(i)[Ji(I)V^) beginnt erst mit dem Anfang
des II. Jahrhunderts. Jener begegnet zuerst in 792 vom Jahre 101
(dann 802, 804 u. s. w.), dieser in 793 (mit dem Zusatz fepöv)
BGU 15 II 16.
2) BGU 7 18. Pap. Genev. 16 (J. 207): (Ixcpdpiov) jisTpeixai xtp Ispco-
xaxq) xcL\ielM.
3) BGU 223, 8. 414, 4. Vgl. auch P. Oxyr. I 89 und 90.
*) Erwähnt werden sie bei Tae. ann. II 59: apertis horreis.
'"') Die Lesung d-r^aaupög x(ü|itBv steht völlig fest durch 808 und 1592.
656
VI. KAPITEL.
vom Jahre 102 (dann 803, 822 u. s. w.). Von dieser Zeit an werden
in den Ostraka die Thesauren fast regelmässig auf die eine oder
andere Weise bezeichnet.
Im ersten Jahrhundert dagegen unterscheiden die Ostraka den
O-r^aaupo^ SioLywYjasto^ und den ^r^aocupbq cepwv. So heisst es: tlq
TÖv T-^? hioi%ri(jEO)Q 'O'Yjaaupov in 767, 770, 772, 773, 778, 794
(vom Jahre 2 n. Chr. bis 102) und sie, tov tö)V cepwv -ö-yjaaupov
in 771, 790, 1367, 1546 (vom Jahre 3 n. Chr. bis 101) oder
de, •ö-yjaaupöv Lspwv 'Ep[ia)vO'£(i)5 in 768, 774, 779.^) Gelegentlich
wird auch hinzugefügt, zu welcher Toparchie der -ö-yjaaupo? gehört,
so '9'y](aaupoö) 6co:(xYja£ü)0 "Avto (T07iap)^ta?) in 799, 800, 1328
(vom Jahre 105 und 87) und e:^ tov twv hp(b(y) '^■Yj(aaup6v) "Ava)
(zGTzapyiocq) in 783, 788 (vom Jahre 91 und 97) oder dq •9'y]a(aup6v)
Kaxo) QzoTKxpyiac,) in 805 (vom Jahre 112).
Derselbe Gegensatz zwischen der SiocxYjat^ und den lepoc,
der für die Ptolemäerzeit meines Wissens bis jetzt nicht bezeugt
ist, findet sich auch in der grossen Londoner Steuerabrechnung
Pap. CXIX A (II. Jahrh. n. Chr.), worauf wir schon oben S. 149
hinwiesen. Dieser Text bezeugt zugleich, dass auch für die Geld-
steuern derselbe Unterschied bestand. Auch in P. Oxyr. I 57 ist
von Geldzahlungen die Rede, die de, tö t'^^ Scotzi^aew^ Xo^iairipiov
einregistrirt werden sollen. Vorher werden sie als X'>^[x[xaTa bioiy.ri-
aeo)? bezeichnet. Man wird in diesem Gegensatz kaum einen anderen
als den zwischen der weltlichen oder kaiserlichen und der Tempel-
verwaltung finden können-) und wird anzunehmen haben, dass die-
jenigen Posten, die die, O'yjaaupov [epwv abgeliefert wurden, der
Tempelverwaltung überwiesen wurden. Doch stand dieses Tempel-
magazin unter den gewöhnlichen kaiserlichen Beamten, wie denn in
Ostr. 1546 über eine Lieferung zlq tov twv tepwv -ö-Yjaaupdv der
Sitologe quittirt. Es bildete also dieser Thesauros das Tempelressort
innerhalb des Gesammtthesauros.
Dass das Wort hiolxfiaiq zu dieser prägnanten Bedeutung des
Gegensatzes zu tepa gekommen ist, ist um so auffälliger, als in
In dem Titel der xsXwvat, und s7riTY]pY]xat 0-Yjaaupoö [spöv begegnet
freilich der d-rioccupöc, Ispöv auch im II. und III. Jahrhundert. WahrsQ^ieinlich
ist hier der Thesauros der Tempel selbst gemeint. Vgl. oben S. 583.
^) S. oben S. 149 (Staats- und Tempelressort). Die Hervorhebung der
Gemeindeverwaltung auf S, 179 ist wohl nicht glücklich.
§ 4. DIE MAGAZINE.
657
anderen gleichzeitigen Texten SLOtxyjac? in seiner ursprünglichen
Bedeutung als „Verwaltungskreis" ^) sowohl auf die kaiserliche w^ie
auf die priesterliche Verwaltung bezogen wird. Vgl. BGU 20, 3
(Jahr 140/1): hiorA-fjaziaq zfic, t£ ßaacXix^i; y.al lepäc, zal r.[p~\oq6oo'jJ)
Vgl. auch 512. In anderen Texten wiederum steht cioiVwyja:^ im
Gegensatz zu den ouacaxa. Vgl. BGU 84, 5.
Die Magazinverwaltung wurde von demselben oben be-
handelten römischen Beamtenpersonal — mit dem Präfecten an der
Spitze — geleitet, dem auch die Kassenleitung unterstand. Für die
Magazinverwaltung kamen ausserdem noch diejenigen Beamten in
Betracht, die speziell mit der Fürsorge für den Unterhalt der Städte
beauftragt waren. Für Alexandrien ist uns durch Strabo XVII p.
797 der e^yjyyjTYji; als ein Beamter bezeugt, dem die iTzi\ieXEioc tü)v
TioXet y^prpi|Jia)V übertragen war. In ihm hat Hirschfeld (RVG.
S. 143) mit Recht das Vorbild für den stadtrömischen praefedus
annonae erkannt. Dieselbe Rolle, die der letztere in dem Magazin-
wesen der Hauptstadt gespielt hat, wird auch dem Exegeten in
Alexandrien zuzuschreiben sein. Exegeten sind uns auch für die
Metropolen im Lande vielfach bezeugt. Ob sie eine ähnliche Be-
fugnis für ihre Städte gehabt haben, kann zur Zeit nicht entschieden
werden. Es wäre nicht unmöglich, dass in Alexandrien die cura
annonae nur ein Accedens zu den ursprünglichen Competenzen des
Exegeten gewesen wäre.
Für das Ende des II. Jahrhunderts wird uns durch BGU 578,9
für Alexandrien ein anderer Titel für dieselbe Sache überliefert:
6 inl zfic, sOO-Yjv'a^. Mir scheint wenigstens aus dem Zusammenhang
\) Im Rev. Pap. 19, 7 steht 6 bkI ifjt; SLO'.y.y^aöco j TSTayiasvog im Sinne
von 6 dioiXTßYiZ.
^) Vgl. auch Demosth, c. Timocr. 96: xr^v 5'.ocy.r,a'.v — TVjv Ispäv xal
TYjv 6atav. — Der dritte Begrifi' in BGU 20, 7:poaö5ou, ist schwer zu deuten.
Viereck denkt in seiner sachkundigen Behandlung der Saatquittungen (Hermes
XXX S. 119) bei der upo^öSou an das „Privateigentum freier Bauern".
Hätte er sich die Frage vorgelegt, von wem denn jene Quittungen ausgestellt
sind, so würde er kaum zu dieser Auffassung gekommen sein. Nach meiner
Ansicht sind sie von dTfiiooioi yswpYoi verfasst, wie mir nachträglich durch
P. Lond. CCLVI bestätigt wurde. Dann aber kann die y^i 7:po^ö5ou, die mehr-
fach in diesen Quittungen begegnet, nicht Privatland sein, sondern muss gleich-
falls öffentliches Land, wahrscheinlich ein bestimmter Teil der königlichen Do-
mäne sein. — In BGU 485, 5 wird Ötotxi^ascDC irposoSixi'^s) zu lesen sein.
WiLCKEN, Ostraka. 42
VI. KAPITEL.
deutlich hervorzugehen, dass hiermit ein alexandrinisches Amt gemeint
ist. Das erinnert direct an die griechische Wiedergabe des praefedus
annonae: Ir^apyoc, zh^'^vioLC, (CIGr. III 5895, 5973). Danach scheint
diese Verwaltung vom Exegeten abgezweigt worden zu sein. Doch
ist weiteres Material abzuwarten. Auch für Arsinoe ist, zuerst für
das Jahr 187/8, ein £U'9'y]Vcap)(Y]^ bezeugt, was dasselbe besagen muss.
Vgl. BGU 556, 12 und 579, 8.i) Ebenso für Hermupolis für das
III. Jahrhundert; vgl. Mitt. PR IV S. 58: £i)^yjVLap)(yjaaVTO? ßou-
XeuTOU xtX. Vermutlich gab es solche Beamte in allen Metropolen.
Neben diesen Spezialbeamten waren aber auch die ordentlichen Gau-
beamten nach derselben Richtung thätig. So zeigen BGU 92, 649
und 730, dass die Strategen dafür zu sorgen hatten, dass das nötige
Vieh auf die Märkte getrieben wurde.-)
Während die höheren Verwaltungsposten wie bei den Kassen
nach römischer Weise umgestaltet wurden, blieben die unteren, die
eigentlichen Spezialbeamten der Thesauren, unverändert. So finden
wir auch in der Kaiserzeit die aiToXoyoL wieder. Dass sie wirklich,
wie oben ausgeführt wurde, die Magazinbeamten und nicht etwa
die Naturalsteuererheber waren, wird für die Kaiserzeit durch mehrere
Documente erwiesen.
1. Es giebt zahlreiche Quittungen auf Papyrus^), in welchen
den Sitologen der Empfang von vorgeschossenem Saatkorn bestätigt
wird — nach meiner Ansicht, von den Syjfjioatoi yetopyG: (s. S. 657).
Wenn die Sitologen das Saatkorn verabfolgen, so functioniren sie
als Magazinverwalter, nicht als Steuererheber.
2. In BGU 621 (II. Jahrh.) bescheinigen vier OSpo^uXaxs? den
Sitologen von Karanis, den ihnen zustehenden Lohn (ö^'wvia) in
Naturalien von ihnen empfangen zu haben. Hier spielen die Sito-
logen dieselbe Rolle wie in den oben angeführten Bankquittungen
die Trapeziten.
^) In 556, 12 wird sO^Yjv.apX'i^aavxoj zu schreiben sein.
2) S. oben S. 476. In 649, 16 schreibt der Schweinehirt, dass er so und
so viel SchAveine habe: stg xyjv sOO-Evtav XTjg Xafji7i[p]oxaxYjs TiöXswg xwv
'A[Ae^javdp£(ov. — Im IV. Jahrhundert gingen diese Schreiben an den Logisten,
Vgl. die ähnliche Erklärung eines Eierhändlers in P. Oxyr. I 83.
^) Vgl. Viereck, Hermes XXX S. 107 flf. Inzwischen hat sich das Material
vermehrt. Vgl. die Indices von BGU.
§ 4. DIE 3rAGAZIXE.
659
3. In P. Grenf. (II) 44 (Jahr 101) wird den 6y]{xoai'oc? gizo1(q-
yoiq) ^iX(X,b(eXcpi(xq) quittirt, dass sie die den Nomarchen zustehenden
^opezpOL in Gestalt von 2 Artaben Linsen verabfolgt haben.
4. In P. Lond. CCXCV quittirt ein xafXYj/loTpocpog den Sitologen,
die (fopexpa von ihnen empfangen zu haben. Vgl. BGU 607.
Diese Beispiele genügen, um zu zeigen, dass die Sitologen die
Thesaurosbeamten waren, die, wie sie die Naturaleinnahmen des
Staates in Empfang nahmen, so auch die Naturalausgaben verab-
folgten. Dies Resultat findet jetzt seine Bestätigung durch P. Oxyr. I
63, 12 ff.: lSsto) touc ^yjaaupoug xal Tobq [ajToXöyou^ xal xo\)q
aXXo'j; zobc, TzpGC, tyjv yptioLV xtX. Dem entsprechend sind die
sämmtlichen Ostraka, in denen die Vermessung von Getreide an die
Thesauren bescheinigt wird, von Sitologen subscribirt. In manchen
Fällen ist der Titel in der Subscription ausdrücklich gegeben. Vgl.
oben Kap. III S. 109 ff. Vgl. jetzt auch P. Oxyr. I 90.
Unbedeutend sind die Abweichungen, die die faijümer Thesauros-
quittungen auf Papyrus gegenüber diesen Ostraka aufweisen. Vgl.
BGU 61 I, 67, 188, 218, 336. P. Lond. CCXVII, CLXXX (Pal.
Soc. II Ser. 150), CCCXLVI b, CCCLI. Wie die Ostraka, so nennen
auch diese Papyrusquittungen i) nur den Sitologen und den Steuer-
zahler. Dass die Person, auf deren Namen die Quittung ausgestellt
ist, nicht etwa der Steuererheber, der TTpaywTWp acxizwv, sondern der
Steuerzahler ist, geht daraus hervor, dass oft mehrere Personen in
einer Quittung aufgeführt werden. Vgl. namentlich BGU 188, auch
61, 67. Wären das die Steuererheber, so müsste man fragen, wer
von ihnen denn die Quittung erhalten sollte. Diese Mehrheit von
Personen erklärt sich nur unter der Annahme, dass diese Personen
selbst die Steuerzahler sind, der Empfänger der Quittung aber —
ganz wie wir es auch für die Ostraka annahmen — der ungenannte
Steuererheber ist, in dessen Revier die betreffenden Zahler gehörten.
Das Schema dieser Papyrusquittungen lautet folgendermassen : „Datum
(Jahr) — die Sitologen (Name mit Titel, im Nominativ vgl.
BGU 67, Lond. CCXVII, CCCXLVI b, oder Genetiv, vgl. BGU
Dass die angeführten Texte überhaupt Quittungen und nicht etwa Be-
richte sind, wie man aus der Einführung der Sitologen mit Tiapa schliesseu
könnte, geht deutlich aus der Subscription hervor, die einige von ihnen haben:
BGU 61, 218, P. Lond. CCXVII. In letzterem steht z.B. llapaTiafjiiJLWv o'.to-
X(ÖYO$) |ji£jjL£xpr]|j,(aO (bg ufpoxsixai).
42*
660
VI. KAPITEL.
188, 336, oder in einer Mischung von Nominativ und Genetiv,
Lond.CCCLI, oder mit Tiapa BGU 61, Lond. CLXXX) — |X£|Ji£TpYi-
[iS'ö'a — Tagesdatum — ocizb yzvr]\i(xxoQ toö x. ezouq — ev O-r^aau-
pG) zfic, X. xwjJLTj? — |Ji£Tp(i) X. — vom Steuerzahler (Name im
Nominativ BGU 61, 67, 188, oder mit dq, BGU 218 [wo er in
Z. 5 zu ergänzen ist] oder elc, övo(Jia, Lond. CLXXX, CCCLI,
CCCXLVI) — für Abgabe — Summe — Subscription (nicht
überall)". In der Praxis finden sich natürlich auch hier manche
Varianten.
Dem einzelnen Thesauros standen in der Regel mehrere Sito-
logen vor, die ein Collegium bildeten. So ist, um einige Beispiele
zu geben, BGU 61 ausgestellt nocpa KoLGTOpoc, "Hpwvog xal
[X£x6)((wv)i) aLToX(6Ya)v) xwpiyj^ 'HpaxX£ta?, 64 von 4 Personen:
Twv B xal Tü)V Xoi(jz(bv) acToX(6Ya)v) xu)(|jiyj^) Kapaviboc,. Wie hier
die Sitologen eines Dorfes, so werden anderwärts die einer Toparchie
zusammengefasst. Vgl. P. Lond. CCXCV: IItoXXiSc xal |jl£t6)(^(ol^)
aizoX{6yoiq) iQTZOLpjiioLq) Acovua:a6o?.
Die Sitologie gehörte zu den X£CTOupYcac, die von den wohl-
habenderen Bürgern zu leisten waren. Dafür spricht BGU 188, 6 f :
xal Tü)V Xoc7r((jt)v) aLToX6y(a)v) [£v x^i^ptp (vgl. oben S. 603), auch
BGU 462, 15: £[Y])(£CpLa'9'£taY] 2) odjzolc, aixoXoyta. Hatte man
die vorgeschriebene Zeit als gizoXo^qc, abgeleistet, so nannte man
sich Y£v6|JL£vo^ aLToAöyo? (vgl. BGU 186 und öfter). 3)
Die den Sitologen unterstellten Schreiber werden für die Kaiser-
zeit bezeugt durch unser Ostr. 1159: ^pOL^\^oi.z(€l) aixoXoy(laq) und
BGU 67, wo die Ypa[ji[xaT£t^ aLToX(oYtaÖ statt der Sitologen selbst
die Quittung ausstellen, auch P. Lond. CCCLI. Zu ihrem Personal
gehörten auch die Gixo[iizpo(.iy die mensores frumenti (BGU 399, 10;
509, 11).
Merkwürdig ist der ßouX(£UTf^?) oltoXoywv in P. Grenf (II)
63, 9 (III. Jahrh.) Das kann kaum eine „combination of ^o\)XB\jzr]q
So wird auch in dem Wiener Text bei Härtel Gr. Pap. S. 75 zu lesen
sein: y.a.1 |j,£xöxwv (nicht Msxöx&u) oixoXö^m xxX.
^) Vgl. CIGr. 4957, 35: xag axpatYjytag — ev^sipt^stv zoic, xaxaaxaO-Yi-
oo|j,evOL5.
^) In der Sitologenliste BGU 715 (J. 101/2) begegnen mehrere Juden:
4 'IcDof^s 6 xat TsucpiXos (= eeocpiXo^), 7 Sxpocxow ouxaXXiu (?) 'Iaax(£ü)5),
II 2 'Aßpd|i['.og, 9 g 'laäxewe, H 2a|ißa^(arog) 'laxoußou.
§ 4. DIE MAGAZINE.
661
and acToXoyo^" sein, denn dann müsste es g'.zo\6^(oz heissen.^)
Vielmehr scheint ein hervorragender Posten in dem Collegium der
Sitologen damit bezeichnet zu sein, wie es auch ßouXsuxal tepewv
gab (Dekret von Kanopos 73).
Unklar bleibt die Stellung der cppovTLaxal aizol^o^m) oder
aiToX(oYcag) in P. Grenf. (II) 44, die ihrerseits wieder ein Colle-
gium bildeten.
Für Thesaurosbeamte möchte ich ferner auch die acTOTiapaX'^^iTiTa'.
halten. Ihrem Xamen nach nahmen sie Getreide entgegen. Wir
haben aber Beweise, dass sie auch im Namen der Regierung
Getreide verabfolgten; sie sind also ganz ähnliche Beamte wie
die Sitologen.2) BGU 81 (vom Jahre 188/9) ist eine Ab-
rechnung über Einnahmen und Ausgaben des Thesauros, die der
a',zoiz(x,p7.Xri\i7Zzr^c, X(0|JLyj^ AuTcBixr^^ an einen h^'/.o^bo!.p'/T^c, einsendet.
Hier tritt er uns deutlich als Thesaurosbeamter entgegen. Nach
den Quittungen von Pselkis haben dort die Trapa^f^pt-TtTai aciou den
Soldaten den Naturalsold ausgezahlt (vgl. Kap. VIII). Das Beamten-
verzeichnis BGU 425 (vgl. Viereck, Hermes XXX S. 109), in dem
nach einander der aizoXoyoq^ der a'.zoTZ(x.pxXri[).T:zriq und dann der
TrpaxTwp atTCXWv aufgezählt werden, zeigt vielleicht, dass der Sitologe
übergeordnet war.
Eine andere Spezialbehörde bilden die e\)T/r^\io'^eq xod izxpx-
IfilLTZzai auvaYopaaxix-^? y.p'-^f^c, in BGU 381, die den Tzpeo^uzEpOL
von Soknopaiu Nesos den Empfang von Gerste quittiren. Dieser Text
wird erst verständlicher durch Heranziehung von P. Grenf. (I) 48.^)
Dem Paraleptes verwandt war wohl der aizou dT^oSexT/jg in
Ostr. 1217. Vgl. auch die dTioSIxTat der Spreu Verwaltung in P.
Oxyr. I 43 III. Diesen scheinen dort die £7CL|ieXr]Tal OLyupou über-
geordnet zu sein.
Dass der Geschäftsgang in den Thesauren ein ebenso vorsichtiger
und umständlicher war wie der in den Banken, haben wir oben fiir
die Ptolemäerzeit schon dargelegt. Für die Kaiserzeit verweise ich
auf P. Lond. CCLVI, dessen Einsicht mir Kenyon freundlichst
An sich wäre die Verbindung natürlich sehr gut möglich. Vgl. die
ßouX(£üTal) 6inotiy.(zca) in P. Oxyr. I 43.
2) Der dx'Jp(o'J) 7tapaX('>^|J.7ixr^s) in 1433 scheint allerdings Steuererheber
zu sein.
^) Ist in Z. 13 vielleicht ODvaYCpaax'.xrjV zu lesen statt vüv äYopajx'.xr^v?
662
YI. KAPITEL.
gestattete. Vgl. Kenyon, Cat. of Add. S. 417. In diesem Papyrus
(aus dem 41. Jahr des Augustus) wird der Sitologe Akusilaos von
seinem Vorgesetzten, unter Berufung auf die Vorschriften des
Strategen und königlichen Schreibers, angewiesen, an br]\i6aioi
yewpyot Aussaat zu verabfolgen, „auvETLaxoXouO-oüVTOJV tou T07ra[p-
•/Jou xal Toö 7.(jL)[xoYpa{ipiaT£ü)^ z'qc, yM\iric, xal twv aX[Xa)v] T^you-
[JlIvwv". Also der Toparch, der Dorfschreiber und die anderen
Spitzen sollen bei der Vermessung zugegen sein und sie beglaubigen.
Bemerkenswert ist auch die Persönlichkeit des Vorgesetzten. Er
heisst Oaöaxo^ U.piay.ou (1. Ilpcaxo?) Kcclaocpoc,. Kenyon a. a. O.
hält Kaiaapog für sein Cognomen. Ich glaube vielmehr, dass Kalaapoc,
hier elliptisch für Kai'aapo? SoöXo? steht. Dass in lateinischen In-
schriften Caesaris nach einem Namen für Caesaris servus steht, ist
bekannt genug. Aber auch im Griechischen herrscht derselbe Ge-
brauch, wie Franz im CIGr. III 4713f. richtig anmerkt.^) So sehen
wir hier einen kaiserlichen Sklaven über die Magazinverwaltung
gestellt. Der aLxoXöyog heisst 6 Tiap' auxoö.
Auf die Buchführung der Thesauren wird durch P. Oxyr. I 43
(vom Jahre 295) neues Licht geworfen. In diesem Ausgabenbuch
der e-jiLixsXYjTal oc/ßpou werden nicht nur die einzelnen Posten, die
ausgegeben sind, gebucht, sondern es werden auch die Quittungen,
die sie dafür erhalten haben, entweder erwähnt oder gar wörtlich
eingetragen. Vgl. namentlich III ff. Es ist nicht unwahrscheinlich,
dass die Sitologen in ihren Ephemeriden ähnlich verfahren haben.
Sicher ist, dass sie ebenso wie die Trapeziten allmonatlich Abrech-
nung mit den Steuererhebern hielten und darauf ihre [lyjvcala dem
Strategen einschickten. Vgl. BGU 64, 529, 534. Das Schema ist
etwa folgendes: „Dem Strategen von den Sitologen. Monatsrech-
nung ({jLTjvtaTo?, seil. Xoyoc,)-) in summarischer Uebersicht (ev
xe^aXaco)) für den Monat x von der Ernte des Jahres x. Es
sind von uns vermessen worden in dem Thesauros des oben genannten
^) In 4713 'ETiacppöSixog Kataapog Eiyyjpiavög, in 471 3 f 'ETxa^pöStxog
SoöXoig SsiyYjp'.avög. Franz hält Siy/jpiavös für das Cognomen. Sollte Epaphroditos
sieh wirklieh einfaeh doöXog nennen, während er ein kaiserlicher bouXog war,
wenn nicht der Zusatz SiyYjpiavög ihn als solchen kennzeichnete? Ich denke,
es gab eine kaiserliche oOata Siy^ptavT^ (s. oben S. 392 f.), und zu dieser gehörte
der Sklave, der danach ein doöXog 2t,y7]pi,avÖ5 war.
^) Vgl. auch Ostr. 1175: |j,7]vt,acou 0ü)d-.
§ 4. DIE MAGAZINE.
663
Dorfes so und so viele Artaben. Es folgt die Spezialisirung nach
den verschiedenen Steuern. Darauf Angabe des eventuellen Ueber-
schusses (e^Xoyoq) vom verflossenen Monat. Schlusssumme. Datum."
Daneben hatten sie auch Abrechnungen einzuschicken, in denen die
Eingänge der einzelnen Steuerzahler spezialisirt waren. Dafür ist
ein Beispiel BGU 585. Vgl. Z. 4: Kax' avopa töv [|jL£]Tp7]0'( svtwv)
TQIxeTv xtX.
VIT. KAPITEL.
Wirtschaftsgeschichtliche Beobachtungen,
Was die Ostraka für die Steuergeschichte bedeuten, haben wir
in den vorhergehenden Kapiteln darzulegen gesucht. Insofern die
Steuergeschichte selbst einen Teil der Wirtschaftsgeschichte ausmacht,
haben die Urkunden auch diese erhellt. Aber auch für manche
andere Probleme der Wirtschaftsgeschichte bieten sie neues Material.
Noch in viel höherem Masse gilt dies freilich von den Papyri,
und so sind auch hier wieder beide Urkunden gruppen mit einander
zu verarbeiten. Wenn wir einige Probleme der antiken Wirtschafts-
geschichte, die augenblicklich im Mittelpunkt der Discussion stehen i),
^) Vgl. Karl Bücher, Die Entstehung der Volkswirtschaft 1893 S. 3ff.
2. Aufl. 1898 S. 51 ff. Gegen die erste Auflage richtete sich Eduard Meyer,
Die wirtschaftliche Entwickelung des Altertums 1895, Ich habe aus Bücher's
scharfsinniger theoretischer Construction ebenso wie aus Meyer's glänzender histo-
rischer Skizze viel gelernt; in der Streitfrage aber hat mich Meyer überzeugt.
Bücher ist inzwischen in der zweiten Auflage — trotz seiner Polemik auf S. 65
A. 1 — Meyer ein gutes Stück entgegengekommen, indem er auf S. 58 folgenden
Satz der 1. Auflage (S. 15/6) stillschweigend entfernt hat: „Die Periode der
geschlossenen Hauswirtschaft reicht von den Anfängen derKultur
bis in das Mittelalter hinein (etwa bis zum Beginn des zweiten Jahr-
tausends unserer Zeitrechnung)." Gerade gegen diese horrende Behauptung,
durch die das ganze Altertum mit Haut und Haaren der geschlossenen Haus-
wirtschaft zugcAviesen war, hatte sich aber vor Allem Meyer's Schrift gerichtet —
nicht gegen eine „von Herrn Meyer construirte Windmühle". Wenn Bücher
jetzt in der 2. Auflage S. 65 A. 1 erklärt, er habe „lediglich ein Paradigma der
höchstentwickelten Hauswirtschaft, wie sie sich beim Sklavenbetrieb der Alten
findet", geben wollen, und dabei im Text die Worte „dieser Art war die Wirt-
schaft der Griechen, der Karthager, der Römer" stehen lässt, so verfährt er etwa
wie Einer, der die Hoplitentaktik darstellt und dabei behaupten wollte, das sei
„die" Taktik der Griechen gewesen. Ich habe mich bemüht, das neue Material,
ohne in den Streit der Meinungen einzugreifen, durch sich selbst wirken zu lassen.
Möchte es von beiden Seiten vorurteilsfrei geprüft und weiter verfolgt werden.
WIRTSCHAFTSGESCHICHTLICHE BEOBACHTÜNGEX. 665
herausgreifen und durch Ostraka und Papyri zu beleuchten suchen,
so geschieht es, um die Aufmerksamkeit auf dieses für wirt-
schaftsgeschichtliche Untersuchungen bisher noch völlig unbenutzte
Urkundenmaterial zu lenken; an eine zusammenfassende Behandlung
dieser weit ausgreifenden Fragen kann hier im Ostrakoncommentar
nicht gedacht werden. Es braucht wohl nicht hervorgehoben zu
werden, dass die Resultate, die sich aus diesen Urkunden ergeben,
zunächst nur für Aegypten Gültigkeit haben. Bei den ganz eigen-
artigen wirtschaftlichen Verhältnissen des Nilthaies wird es erst
weiterer Untersuchungen bedürfen, inwieweit aus den aegyptischen
Zuständen Rückschlüsse auf die der anderen Länder der alten Welt
gezogen werden können.
1. Geld- und Naturalwirtschaft.
AVer da weiss, welche Rolle Alexandrien und auch Aegypten 2)
in der hellenistischen Periode für den Welthandel gespielt haben,
dem werden die folgenden Zusammenstellungen nur Selbstverständ-
liches sagen. Angesichts der geringen Meinung, die Manche von
der Bedeutung der Geldwirtschaft im Altertum haben, ist es aber
vielleicht doch nicht zwecklos, die Urkunden einmal unter dem
Gesichtspunkt zu betrachten, ob sie für das Vorherrschen der Geld-
oder der Naturalwirtschaft Zeugnis ablegen; auch ist es immer ein
Gewinn, wenn wir Ansichten, die wir uns auf einzelne Schriftsteller-
nachrichten hin gebildet haben, an der Hand gleichzeitiger Urkunden
nachzuprüfen in die Lage kommen. Man erwarte aber von diesem
ersten Versuch keine vollständige Verwertung des schwer überseh-
baren Materials.
Es ist schon oben S. 202 aus Herodot (III 91) belegt worden,
dass mit der Naturalwirtschaft, wie sie zur Zeit der Pharaonen in
selten reiner Form durchgeführt war^), durch das Tributsystem des
Darius, des Schöpfers der persischen Reichsmünze, gebrochen war.
Während in den älteren Zeiten der Bedarf des Hof- und Staats-
haushaltes rein naturalwirtschaftlich gedeckt war — Herodot III 89
drückt das mit den schlichten Worten Swpa dyLveov aus — , wurden
^) M^yiOTOv £|ji:iöpiov xf^$ oixoufisvr^s nennt es Strabo XVII p. 798. Vgl.
auch Diod. I 50, 7 und XVII 52, 5.
2) Vgl. Strabo a. a. O.
3) Meyer, Wirt. Entw. S. 64 ff. Vgl. z. B. auch Herodot II 168.
666
VII. KAPITEL.
jetzt aus Aegypten, zusammen mit Kyrene und Barka, alljährlich
700 Talente Silber erhoben, ausserdem, abgesehen von dem gleich-
falls in Silber berechneten Ertrage aus dem Moerissee^), 120000
Artaben Weizen, die für die Verpflegung der persischen Garnison
auf der Burg von Memphis bestimmt waren. 2) Als dann die Ptole-
mäer Aegypten zum ersten Mal eine eigene Landesmünze gaben,
hat die Geld Wirtschaft, wie ich schon a. a. O. andeutete und hier
nun genauer dargelegt werden soll, im öffentlichen wie im privaten
Haushalt die Naturalwirtschaft immer mehr zurückgedrängt, so dass
die Geldwirtschaft die vorherrschende Wirtschaftsform wurde.
Betrachten wir zunächst den königlichen, resp. kaiserlichen
Haushalt. Für diesen ist vor Allem entscheidend, dass, wie wir
in § 46 des IV. Kapitels dargelegt haben, von den sämmtlichen
zahlreichen Steuern Aegyptens — mit verschwindenden Ausnahmen
(s. S. 205) — nur Grundsteuern in natura erhoben wurden,
alle übrigen in baarem Gelde. Aber auch von den Grundsteuern
waren die von Wein-, Palmen-, Oliven- und Obstland erhobenen in
Geldsteuern umgewandelt, so dass factisch nur Weizen und Gerste
sowie die zur königlichen Oelfabrikation verwendeten Fruchtsorten
wie Kroton, Sesam und Knekos in natura abgeliefert wurden. Es
ist noch hinzuzufügen, dass auch diese Naturalien bei späteren
Nachtragszahlungen durch ihr Geldäquivalent vertreten wurden. Ja,
es kam vor, dass die TipaxTOpeg acxcxwv schon an den ordentlichen
Terminen statt des Getreides Geld erhoben und dafür die fallige
Naturalabgabe an die Magazine ablieferten. Vgl. BGU 223 (vom
Jahre 210/1) und 414 (vom Jahre 161 n. Chr.). Es ist weiter daran
zu erinnern, dass die Bürgschaften der Naturalsteuerpächter nicht
auf den Naturalbetrag, sondern auf die entsprechende Geldsumme
lauteten, und dass das Conto der Naturalsteuerpächter in Geld geführt
wurde (s. oben S. 532 An. 2). Wenn in Petr. Pap. (II) XXXIX e
(vgl. ebendort S. 36/7), aus der Mitte des III. Jahrh. v. Chr., auch
einige Nicht-Grundsteuern wie das Laxptxov, ^uXaxcTixov, avcTiTica^,
XsiTOUpytxov in Weizen erhoben werden, so wird man darin wohl ein
Residuum aus der Zeit der Naturalwirtschaft erblicken dürfen, das
sich wahrscheinlich nicht lange gehalten hat. Von dem ^uXaxtxcxov
Nach II 149 waren es jährlich 240 Talente Silber.
^) Ob auch diese Getreidelieferung, wie ich a. a. O. annahm, auf Barka
und Kyrene mit zu beziehen sind, kann nach dem Wortlaut doch zweifelhaft sein.
WIRTSCHAFTSGESCmCHTLICHE BE0BACHTUXGP:N.
667
bezeugt es derselbe Text (S. 36), dass es daneben — und zwar
von derselben Person — auch schon in Geld gezahlt wurde. Hierin
wird man ein Zeugnis für ein allmähliches Vorrücken der Geld-
wirtschaft sehen dürfen.
Wir haben schon oben a. a. O. aus diesem Thatbestand den
Schluss gezogen, dass die ^s'aturalforderungen nur insofern bei-
behalten wurden, als sie für die Verpflegung des Heeres und der
Beamten, sowie zur Production in den königlichen Betrieben oder
zu sonstigen Bedürfnissen consumirt^) oder aber für magere Jahre in
den königlichen Magazinen thesaurirt wurden. Ist diese Deutung
richtig, so wird man sagen dürfen, dass das Budget der Ptolemäer
im Wesentlichen geldwirtschaftlich gedeckt wurde.-)
Nun könnte man dagegen einwenden, dass trotz der starken
Beschränkung der Xaturalabgaben thatsächlich der Wert der jährlich
abgelieferten Naturalien doch \'ielleicht den Wert der eingegangenen
Geldbeträge übertroffen habe. Es lässt sich jedoch noch nachweisen,
dass diese Annahme nicht zutreffend ist. Xach Hieronymus betrug
die jährliche Einnahme des Philadelphos aus Aegypten 14800 Silber-
talente und 14- Millionen Artaben Getreide (s. oben S. 412). Nun
ist es ja sehr schwer, diesen letzteren Betrag in Geld umzurechnen.
Die Getreidepreise schwankten natürlich, je nach dem Ausfall der
Ueberschwemmung; auch wissen wir nicht, wieviel Weizen, wieviel
Gerste bei jener Summe gemeint ist, der Weizen aber wurde ge-
wöhnlich doppelt so hoch bewertet wie die Gerste.^) Vgl. Ostr. 1529.
Die folgende Berechnung kann daher nur eine ganz approximative
sein, hat aber doch gegen die von anderer Seite aufgestellten das
voraus, dass sie von urkundlich überlieferten Preisen aus dem
HI. Jahrh. ausgeht. Nach Petr. Pap. (II) XXXIH (a) 32, aus dem
in. Jahrh. v. Chr., kostete nach meiner Lesung des Originals^)
1 Artabe Gerste 4| Obolen. Also würde 1 Artabe Weizen auf
9 Obolen oder 1^ Drachmen anzusetzen sein. Etwa denselben Preis
Auch die Wein-Apomoira (Tempelabgabe) erklärt sich dadurch, dass
der Wein für die Libationen consumirt werden sollte.
^) Das stark ausgebildete Liturgieenwesen hat den naturalwirtschaftlichen
Beigeschmack ohne Zweifel erhöht.
In der Apokalypse Job. 6, 6 wird der Weizen sogar dreimal so hoch
angesetzt wie die Gerste.
*) Lies: xp'.(O-^s) (apxaßa?) i^» dv(a) fT^ \- ,} TZ-.
668
VII. KAPITEL.
ergiebt eine noch unpublicirte Rechnung aus demselben III. Jahr-
hundert, die ich unter den Petrie - Papyri sah. Da heisst es: Tcupwv
y^i=. Wenn 10 Choinikes 2 Obolen kosten, so kostet die grosse
ptolemäische Artabe zu 40 Choinikes (vgl. Kap. X) 8 Obolen. Doch
bleiben wir, um ja keine zu niedrigen Zahlen zu erhalten, bei dem
Preis von 9 Obolen und legen wir aus demselben Motiv lediglich
diesen Weizenpreis der Rechnung zu Grunde, unter Beiseitelassung
der Gerste, dann würden 1^ Millionen Artaben Weizen 2^ Millionen
Silberdrachmen oder 375 Silbertalente kosten. Setzt man die
Artabe Weizen gar auf 2 Silberdrachmen an, so würden die
1-J Millionen Artaben immer nur einen Wert von 500 Talenten
Silber ausmachen. Auf diese Summe hat übrigens Boeckh, Staatsh. I^
S. 13, die 1^ Millionen des Hieronymus geschätzt. Man sieht also,
auch bei hoher Ansetzung des AVeizenpreises stehen immer nur
400 — 500 Talente, die in Naturalien eingingen, den 14800 Silber-
talenten, die in baarem Geld erhoben wurden, gegenüber! Diese
Thatsache ist meines Erachtens entscheidend für die Frage, in
welchem Verhältnis im Haushalt der Ptolemäer die Geld- und die
Naturalwirtschaft zu einander gestanden haben.
Für die Kaiserzeit können wir eine derartige Rechnung nicht
aufstellen. Das Eine ist sicher, dass Aegypten in der Kaiserzeit,
wo es auch die Hauptstadt Rom auf vier Monate mit Getreide ver-
sorgte, sehr viel mehr Getreide aufbringen musste als zur Zeit der
Ptolemäer. Wie wir schon oben S. 421 hervorhoben, stehen den
6f Millionen Modii des Hieronymus 20 Millionen bei Aurelius Victor
gegenüber, also das dreifache, wobei noch zu bedenken ist, dass
Victor nur von dem exportirten Getreide spricht. Nun pflegt man
anzunehmen, und vielleicht mit Recht, dass auch die Geldsteuern
in der Kaiserzeit erhöht worden sind.^) Aber ob diese Geldsteuern
in demselben Verhältnis gestiegen sind, ist uns unbekannt. 2) Ich
kann es nicht beweisen, aber es ist mir nicht unwahrscheinlich, dass
^) Vgl. Marquardt, St. V. II^ S. 298.
^) Die Berechnungen von Ludwig Friedländer im Index lect. Acad. Albert.
(Königsb. 1880 S. S.) scheinen mir nicht auf völlig einwandsfreien Grundlagen
zu beruhen. So ist es mir sehr zweifelhaft, ob die bei Joseph, ant. XIX § 352
genannten Summen die jährlichen Einkünfte des Königs darstellen sollen. Ist
nicht vielmehr von der persönlichen Bereicherung des Agrippa die Rede? Be-
achte den Aorist und die folgenden Worte: TioXXa. jievxot TipogsSavstoaxo.
WIRTSCHAFTSGESCHICHTLICHE BEOBACHTUNGEN.
669
in der Kaiserzeit, wo Aegypten ja gerade als Kornkammer Roms,
später Constantinopels Bedeutung hatte, im Steuersystem thatsächlich
die Naturallieferungen wieder zu relativ grösserem Umfange gekommen
sind als vorher.
Neben den Steuern kämen die Domänen in Betracht.^) Diese
haben ohne Zweifel die ^saturaleinnahmen der Herrscher vermehrt
(s. oben S. 204). Aber ebenso wie die Güter der Priester und Privaten
(s. unten), werden auch sie zugleich durch Verkauf der Ueber-
schussproducte Gelderträge erzielt haben. — Von den königlichen
Monopolen kennen wir genauer das Oelmonopol (Rev. Pap.). Dies
erstrebt zwar auch die Production der für den öffentlichen Bedarf
erforderlichen Oele, führt aber vor Allem finanziell, wie die detaillirten
Bestimmungen über den Versehleiss der Oele zeigen, zur Gewinnung
von baarem Gelde.
Für die Bedeutung der Geldwirtschaft im königlichen Hause
scheint mir aber vor Allem von Bedeutung, was wir oben S. 41 9 f.
und 635 über die Geldgeschäfte der Könige nachzuweisen suchten.
Wenn wirklich die Könige selbst Geld auf Zinsen ausliehen und
den von ihnen verpachteten Banken vorschrieben, wieviel Agio sie
beim Geldwechseln, wieviel Zinsen sie beim Ausleihen von Kapitalien
nehmen durften, wenn also die Könige selbst ebenso, wie auch alle
anderen Kapitalisten im Lande, das Geheimnis kannten, „mit Geld Geld
zu erwerben" 2), so zeigt dies wohl deutlicher als irgend etwas anderes,
dass mit der Naturalwirtschaft gründlich gebrochen war, und die
Geldwirtschaft in den Formen, die das Altertum überhaupt ent-
wickelt hat, auch im hellenistischen Aegypten dominirt hat.
Wenden wir uns zu den Staatsausgaben, so tritt auch hier
die Präponderanz der Geldwirtschaft deutlich zu Tage. Die Natural-
verpflegung des Heeres und der Beamtenschaft hat freilich
niemals aufgehört. Gerade für sie, so nahmen wir au, wurden die
Naturalsteuern beibehalten. Aber ein Fortschreiten der adaeratio
lässt sich doch sogar auf diesem Gebiet nachweisen (s. oben S. 201
A. 1). Nach Pap. Lond. XXHI (Kenyon S. 37) war für einen
Soldaten der Epigonentruppe in Memphis ein Sold von monatlich
Nicht unbedeutend waren auch die Einnahmen aus den Strafgeldern,
die immer in baarem Silber eingingen.
2) Vgl. hiermit Bücher, Entst. d. Volksw. 2. Aufl. S. Ulf.
670
TIT. KAPITEL.
150 Kupferdraclimen baar und 3 Artaben Weizen ausgesetzt. Aber
von diesen 3 Artaben wurde damals, im II. Jalirh. v. Chr., nur
noch eine in natura verabfolgt, die beiden anderen wurden in Geld
(atxwviov), zu je 100 Kupferdrachmen gerechnet, ausgezahlt. Er
erhielt also thatsächlich 350 Drachmen und 1 Artabe oder, mit
anderen Worten, etwa f des Soldes in Geld, ^ in Getreide. Dasselbe
Verhältnis und dieselbe Rechnungsweise hat sich auch für andere
Truppenteile in den „Actenstücken aus der königlichen Bank"
V — VII wiedergefunden (um 130 v. Chr.).^) Es liegt auf der Hand,
dass diese Rechnungsart nicht die ursprüngliche ist. Im Beginn der
Ptolemäerzeit werden thatsächlich die drei Artaben in natura zuge-
messen worden sein, aber im II. Jahrh. v. Chr. war eben die Geld-
wirtschaft so weit vorgedrungen, dass für zwei von den Artaben die
adaeratio eingeführt wurde.-) Aus einem Text aus dem Jahre 108
V. Chr. (P. Grenf. II 33) scheint zu folgen, dass die adaeratio bei
der Soldzahlung inzwischen noch weitere Fortschritte gemacht hatte.
Da erhalten die Mannschaften, die, wie es scheint, die militärische
Bedeckung eines Finanzbeamten auf einem Schiffe bildeten, zusammen
monatlich 8^ Kupfertalente und 25 Artaben Weizen. Rechnet man
auch hier den fiscalischen Preis von 100 Kupferdrachmen für die
Artabe, so beträgt der Geldsold das Zwanzigfache der Natural-
lieferung.^) Aus Bankquittungen vom Jahre 135 v. Chr., die
Revillout, Melanges S. 333 ff! publicirt hat, geht hervor, dass der
für die Truppen bestimmte Wein nicht etwa aus den Staatskellereien
in natura geliefert wurde, sondern dass der zum Ankauf erforderliche
Geldbetrag von der königlichen Bank ausgezahlt wurde. Ich erinnere
daran, dass das Rebenland auch in Geld besteuert wurde. Ebenso
Militärisch ist offenbar der dpX07T:Y](psTrjg) aufzufassen, der in Ostr. 1538
(II. Jahrh. v. Clir.) die Anweisung giebt: AoS-t^xü) — x6 >caO-^(xov) {jLSTpY^dJia)
xal ö'i;ü)v'.ov. Auf militärische [xsxpT^fxaxa und ö^(bvi<x bezieht sich wohl auch
Ostr. 714.
^) Dass die Ersetzung einer Artabe durch 100 Kupferdrachmen ein
sehr billiger Preis war, wie er Avohl auf keinem Markt vorkam, dass also die
Kegierung ihren Profit machte, sei nur nebenbei erwähnt. Vgl. Lumbroso,
Eecherches S. Iff.
2) Das Fragment P. Grenf. (I) 9 aus dem III. Jahrh. v. Chr. scheint von
Soldzahlungen an Flottensoldaten (von der Roten-Meer-Flotte) zu handeln. Da
begegnen Weinlieferungen neben dem Geld. Z. 5 ergänze: xp^/lJ-äJx'.aov.
WIRTSCHAFTSGESCHICHTLICHE BEOBACHTUNGEN. 671
zahlte die Bank baares Geld für das Pferdefutter (^TiTioTpo^ixov).
Vgl. „Actenstücke" V— VII und Revillout, Melanges S. 332.
Die Verpflichtung der Bevölkerung, den durchziehenden Truppen
Quartier und Verpflegung zu geben, hat natürlich niemals aufgehört.
In CIGr. 4896 (II. Jahrh. v. Chr.) werden die Isispriester von Philae
ausdrücklich davon befreit, und das Edict des Cn. Vergilius Capito
richtet sich gegen die übermässigen Forderungen der durchziehenden
Truppen (CIGr. 4956). i)
Dass auch in der Kaiserzeit die Verpflegung des Heeres in
Geld und in natura erfolgte, ist bekannt und wird durch unsere
Ostraka aus Pselkis (Anfang des III. Jahrh. n. Chr.) bestätigt. Da
erhält der Soldat ausser seinem ocj'covcov, das ihm in Denaren und
aegyptischer Scheidemünze ausgezahlt wird (Ostr. 1128), regelmässig
1 Artabe Weizen für den Monat, d. h. wahrscheinlich eine Choinix
für den Tag (vgl. Kap. X), ausserdem auch Wein (1129) und gewiss
noch manches andere in natura. 2) Die Angaben sind nicht voll-
ständig genug, um das Wertverhältnis der Naturalien zum Gelde
zu berechnen.
Die Besoldung und Verpflegung der Beamten wird im Wesent-
lichen dieselbe Entwickelung genommen haben wie die der Soldaten,
werden sie doch in dieser Hinsicht gern auf eine Stufe gestellt
(vgl. CIGr. 4896). Es fehlt aber an genaueren Nachrichten.
Ueber die Natural Verpflegung der Beamten auf ihren Dienstreisen
vgl. oben S. 275 und 389 f In der Kaiserzeit tritt uns die annona
als eine Abgabe entgegen, die im Besonderen zur Verpflegung von
Heer und Beamtenschaft bestimmt war. Wie wir oben S. 1550".
zu zeigen versuchten, wurde für die annona Weizen, Gerste, Wein
und Heu eingefordert, doch fand auch oft genug adaeratio statt.
Ueber das Verhältnis der in Geld zahlbaren Gehälter der Beamten
zu den ihnen verabfolgten Naturalien erlauben die dürftigen Notizen
keine Schlüsse. 3)
^) Ueber den Druck der axpax'.coT'.xal sOO-svLat beklagt sich eiue Frau
in P. Oxyr. 171, vom J. 303 n. Chr.
2) Vgl. Marquardt, St. V. II'^ S. 93 f.
^) Der Dolmetscher der Trogodyten erhält von der Bank sein Gehalt in
Geld. Vgl. „Actenstück" Nr. IX (II. Jahrh. v. Chr.). Andrerseits erhalten die
6SpocpiiXay.es in BGU 621 (II. Jahrh. n. Chr.) ihr monatliches ö'^^wv.ov in Ge-
treide. Nach P. Grenf. (II) 44 (J. 101 n. Chr.) bekommen die Nomarchen als
672
VII. KAPITEL.
Ebenso wie die Soldaten und Beamten bezogen auch die
Priester vom König ihre Pensionen (auvTa^ec^)^) teils in Geld,
teils in natura. Vgl. CIGr. 4697: auvca^eiq acTtxa^ ts xoCi apyupi-
xa^.^) Dass die Schenkungen der Könige an die Tempel nach
beiden Modi erfolgten, versteht sich von selbst.^)
Auch die Gelehrten des alexandrinischen Museums erhielten
neben einer festen Pension in Geld (vgl. Lumbroso, Rech, S. 277)
freie Verpflegung im Museum (aizo{)[iEyoi £V tw Mouaeto)).
Wir können das Gesagte etwa dahin zusammenfassen, dass bei
der Besoldung des Heeres, der Beamtenschaft, der Priester u. s. w.
die einstige reine Naturalwirtschaft dem gemischten System gewichen
war, ja, dass bei der Besoldung des Heeres sich ein allmähliches
Vordringen der Geldwirtschaft nachweisen lässt.
Wir fragen w^eiter, wie sonstige Leistungen und Arbeiten vom
Staat bezahlt wurden. Aus dem III. Jahrh. v. Chr. kenne ich ein
Beispiel, das uns völlig in die Zeiten der alten Naturalwirtschaft
zurückversetzt, das ist Petr. Pap. (II) XXV. Da wird ein Fuhrherr
(fyioy^oq) nebst seinem Personal, der einen königlichen Beamten auf
seiner Dienstreise im Gau herumgefahren hatte (vgl. Gött. G. A. 1895
S. 155), vom Staat in der Weise bezahlt, dass er für jeden Tag so
und so viele Brote, Wein und Gel, ausserdem von Zeit zu Zeit ein
leckeres Ferkel, für die Pferde aber Heu bekam. Diese Rechnung
könnte ebensogut aus der Pharaonenzeit stammen. Etwas Aehnliches
ist mir in der späteren Zeit nicht begegnet, und ich bin geneigt,
in diesem Vorgang aus dem III. Jahrh. v. Chr. ein Rudiment aus
den alten Zeiten zu erblicken. Jedenfalls steht fest, dass gleichzeitig,
cpöpsxpov für die von ihnen geleisteten Transporte so und so viele Artaben
Linsen. Nach P. Lond. CCXCV (II. Jahrh, n. Chr.) erhält ein xa|jiYjXctpöcpos
als cpöpsxpov Getreide, dagegen nach BGU 607 (J. 163) und 697 (J. 140) Geld.
1) Vgl. Revillout, Rev. Egyptol. I S. 8 2 ff.
^) Von den Geldpensionen handelt der Text bei Revillout, Melanges S. 32 7.
Ueber den Empfang der dpyup'.xY) ' auvxa^tg quittiren die Priester in BGU 707
(II. Jahrh. n. Chr.). Von den Oel- und Speltforderungen der beiden Zwillings-
schwestern im Serapeum handeln bekanntlich viele Papyri.
^) Vgl. CIGr. 4697, 11, Unter den gewaltigen Schenkungen, die Phila-
delphos dem Tempel von Pithom gestiftet hat, treten die in baarem Silber am
stärksten hervor. Aber es kommen auch hier daneben Schenkungen in Natura-
lien vor. Vgl. Abschnitt L in der Ausgabe Brugsch - Erman (Ae, Z. XXXII).
Naturalien stiften auch die Könige in der Stele von Assuän.
WIRTSCHAFTSGESCHICHTLICHE BEOBACHTUNGEN.
673
im in. Jahrh. v. Chr., andere Arbeitsleistungen mit baarem Gelde
bezahlt wurden. Ich erinnere nur daran, dass die Arbeiter, die bei
den Kanälen und Dämmen thätig waren, damals für 60 Naubia ein
Silbertetradrachmon erhielten (s. oben S. 261). Auch sonst liegen
mehrere Beispiele dafür vor, dass auch schon im III. Jahrhundert
der Staat seine Lieferanten mit baarem Gelde bezahlte. Vgl. Petr.
Pap. (II) XIV (Ib): für 10000 Ziegel 15 Drachmen. Vgl. auch
1 c und 1 d. Auch Lieferungen von Binsen und Rohr werden von
der Bank in Greld bezahlt (ebenda XXVI).
Wenden wir uns zum Haushalt der Tempel. Dass sie ihre
staatlichen Einnahmen teils in Geld, teils in natura bezogen, wurde
schon oben hervorgehoben. Die gewaltigen Latifundien, über die
die Tempel verfügten, brachten gleichfalls Geld wie Naturalien ein,
ebenso die Stiftungen der Privaten. Was die Ausgaben betrifft,
so scheint es zu den Privilegien der Priester gehört zu haben, dass
sie manche Abgaben, die die Privaten in Geld zahlen mussten, in
eigenen Producten liefern durft;en. So zahlten sie noch unter Ptole-
maios V. die Grundsteuer fiir Rebenland mit einem Keramion Wein
für die Arure, während sonst das Rebenland in Geld besteuert war
(s. oben S. 151). So zahlten sie auch die Abgabe für die in den
Tempeln hergestellten Byssosgewänder mit ihren eigenen Fabrikaten.
Aber die Inschrift von Rosette, die dies lehrt (Z. 17), zeigt zugleich
an einer anderen Stelle (Z. 29), dass gelegentlich hierfür adaeratio
eintrat, und statt der Byssosgewänder der Preis (^-l^y}) dafür ent-
richtet wurde. Vgl. oben S. 269. Hierin können wir wieder ein
Vorschreiten des geld wirtschaftlichen Princips erkennen.
Die Tendenz des priesterlichen Haushaltes wird, ähnlich wie
die des königlichen, dahin gegangen sein, mit Naturalien nur soweit
zu wirtschaften, wie es zur Verpflegung der Priesterschaften 2) nötig
war, im Uebrigen aber auf möglichst grosse Ansammlung von Capi-
talien hinzuarbeiten. Dass sie mit den landwirtschaftlichen Producten
einen bedeutenden Handel getrieben haben, versteht sich bei dem
Umfang der Tempelländereien wohl von selbst, und wenn im Rev.
Pap. 51 den Priestern ausdrücklich verboten wird, mit dem von
ihnen producirten Oel Handel zu treiben, so zeigt dies nur, dass
Naturalstiftungen in den Inschriften bei Strack, Dyn. Ptol. 144, 145.
2) Zu dieser Verpflegung vgl. BGU 1, 149.
WiLCKEX, Ostraka. ^3
674
VII. KAPITEL.
sie in anderen Productionszweigen, die nicht vom König
monopolisirt waren, als Handeltreibende bekannt waren.
Nicht minder beteiligten sie sich an den eigentlichen Geldgeschäften.
AVie es aus der griechischen Welt bekannt ist, so haben auch die
Götter Aegyptens in der hellenistischen Periode es nicht verschmäht,
durch verzinsliche Darlehen ihr Tempelgut zu mehren. Die Rech-
nungen aus dem Tempel des Jupiter Capitolinus in Arsinoe vom
Jahre 215 n. Chr. geben uns über diese priesterlichen Darlehens-
geschäfte ausführlichere Nachrichten. Vgl. Hermes XX S. 447. So
verwundert es uns nicht zu hören, dass die Priester Gelddeposita
(-ö-lixaTa) auf den königlichen Banken hatten und in einem lebhaften
geschäftlichen Verkehr mit den königlichen Bankiers standen,
Fragen wir endlich nach der Haushaltung der Privatleute,
so ist hier a priori mit grossen Verschiedenheiten, je nach der Be-
deutung der Einzelwirtschaften, je nachdem sie in die Städte oder
auf das flache Land gehören, zu rechnen; haben sich doch auch
bei uns noch auf dem Lande viele Residuen der Naturalwirtschaft
erhalten. Zumal unsere Urkunden zum nicht geringen Teil aus
Dörfern stammen, ist es um so bemerkenswerter, dass sich so ver-
schwindend wenige naturalwirtschaftliche Symptome finden. Wir
lernen so manches Hauswesen kennen, aber da ist keines, von dem
man sagen könnte, dass es uns „die reine Eigenproduction , die
tauschlose Wirtschaft" (Bücher^ S. 58) oder, um mit Rodbertus zu
reden, die „Oikenwirtschaft" zeige, und darum kann hier auch von
einer reinen Naturalwirtschaft, die eben nur in einer autonomen
Hauswirtschaft denkbar ist, nicht die Rede sein. Da, was zum Leben
erforderlich war, nicht oder doch nur zum Teil im Hause producirt
wurde, so brauchte man Geld, um es zu kaufen. Man brauchte
auch Geld, um die zahlreichen Geldsteuern zahlen zu können, und
darum ist denn auch die Wirtschaft der Privaten, wie die des Königs
und der Priester, vorwiegend auf Capitalgewinnung gerichtet.
Ich stelle die wenigen naturalwirtschaftlichen Symptome, die
mir begegnet sind, an die Spitze. 2)
^) Von den hierauf bezüglichen „Actenstücken aus der kgl. Bank" ist
bisher erst eines publicirt, von Parthey (Abh. Berl. Akad. 1869).
Ich habe mich auf die griechischen Urkunden beschränkt. Wenn man
die hier angeregten Themata gründlich behandeln will, müssen die demotischen
WIRTSCHAFTSGESCHICHTLICHE BEOBACHTUNGEX.
675
Nach P. Grenf. (I) 29 vom Jahre 105 v. Chr. leiht eine Frau
einem Manne 6 Artaben Salz, ohne Zinsberechnung (dcTOza). Wenn
er sie zum festgesetzten Termin nicht zurückgiebt, so soll er so und so
viel Artaben Weizen liefern. Das ist ein unverzinsliches Darlehens-
geschäft, wie es durchaus in eine Periode autonomer Hauswirtschaft
hineinpassen würde: für Salz soll eventuell Getreide zurückgeliefert
werden. Aber das ist ein Unicum^), dem andrerseits zahlreiche
Zeugnisse für eine hohe Entwickelung des verzinslichen Geldgeschäftes
gegenüberstehen (s. unten).
Ein naturalwirtschaftliches Residuum ist es ferner, wenn die
Paraschisten der thebanischen Nekropole noch im II. Jahrh. v. Chr.
für die Ausübung ihres Berufes sich mit Hülsenfrüchten und Wein
honoriren Hessen. Vgl. P. Tur. 8, 24.
In dem Wirtschaftsbuch aus Hermupolis (Kenyon S. 188 Z. 616),
aus der Zeit des Vespasian, wird einmal die Miete für einen Wagen
(a|Jia^a) in Gerste bezahlt. Das ist ein Unicum, da sonst nach diesem
Wirtschaftsbuch die Wagenmiete regelmässig in Geld bezahlt wird.
Ein gemischtes System zeigt endlich P. Grenf (II) 67, vom
Jahre 237 n. Chr., wo die Miete für zwei Tänzerinnen zwar in Geld
festgesetzt ist, ausserdem aber 3 Artaben Weizen und f^^ißiiiiity
^euyY] ci sowie die Stellung von Eseln für den Transport aus-
bedungen wird. 2)
Vielleicht habe ich manche Beispiele übersehen, und dass neues
Material auch noch viele bringen kann, ist selbstverständlich, aber
an dem Gesammteindruck , dass vom III. Jahrh. v. Chr. bis in's
III. Jahrh. n. Chr. auch im privaten Haushalt die Geld Wirtschaft
dominirt hat, dürfte dadurch kaum etwas geändert werden, denn
Documente mit herangezogen werden. Vgl. einstweilen den Aufsatz von Heinrich
Brugsch, Die Kosten des Haushalts in alter Zeit (Volkswirtseliaftl. Zeitfragen
Heft 89, Berlin 1890).
^) Am nächsten kommt P. Grenf. (II) 24, aus demselben Jahre 105, wo
6 Keramien Wein unverzinslich verliehen werden. Hier sollen aber im Falle,
dass der Termin der Rückgabe nicht eingehalten wird, 9 Keramien Wein zurück-
gezahlt werden, also das '^[xiöXtov und zwar in demselben Stoff. Es ist übrigens
nicht ausgeschlossen, dass auch in dem anderen Beispiel der Wert des Getreides
gegenüber dem Salz das •^jJLiöXiov darstellte. Aber hier wäre doch immer noch
der Wechsel des Stoffes urwüchsiger.
^) Z. 1 wird man jetzt nach P. Oxyr. I 88 etwa lesen: ■:ipoyor,z{^) y^ii-
(vaa(,apx.wv).
43*
676
yil. KAPITEL.
die Fülle der Beispiele, die hierfür sprechen, ist geradezu erdrückend.
Es ist daher auch unmöglich, sie alle hier aufzuzählen, und ich
muss auf die Publicationen selbst verweisen. Nur einige wichtigere
Momente seien hier hervorgehoben.
Zunächst sei daran erinnert, dass das Geld in dieser Periode
der ausschliessliche Wertmesser ist. Die Objecte, die das Ver-
mögen des Einzelnen ausmachen, werden, wie wir oben S. 458 ff. sahen,
zwecks der Besteuerung, soweit überhaupt, in Geld taxirt. Dem
entsprechend wird der izopoc, jedes einzelnen Steuerzahlers in Geld
berechnet (s. oben S. 506 ff). Mir ist kein Beispiel erinnerlich, dass
im öffentlichen oder privaten Leben irgend ein Object anders als in
Geld bewertet wäre.^)
So giebt es denn auch kein Beispiel für ein Tauschgeschäft,
bei dem ein Bedarfsartikel gegen einen anderen ausgetauscht würde,
vielmehr ist das Geld überall das alleinige Tauschmittel, und Kauf
und Verkauf gehören zu den alltäglichsten Geschäften.
Es sind einige private Wirtschaftsbücher erhalten, die für
unsere Frage von grossem Interesse sind. In das III. Jahrh. v. Chr.
gehört der Papyrus Sakkakini (Revillout, Rev. Egypt. III S. 118 ff.),
ein Fragment aus dem Ausgabebuch eines Privatmannes. Da wird
Tag für Tag Brot, Zukost, Pökel waaren, Salz, Gewürze, Gemüse,
Kohl, Holz, gelegentlich auch Fleisch gebucht, und alles wird in
Geld bezahlt. Von einer Oikenwirtschaft ist hier also keine Spur.
Auch das Gehalt der Augestellten (otj'wvcov) wird in Geld bezahlt,
ebenso die Löhne ()(aXx£T, exßoXyj xoTipLwv); auch Posten für Wäsche
und Badebenutzung finden sich. In einem ganz ähnlichen Papyrus
des Berliner Museums (unpublicirt) kehrt ausser den genannten und
manchem anderen Posten wie Wein, Gel, Wasser, Natron mehrfach
auch Tzzidy^m wieder. Also gar der Bettler bekam nicht ein Stück
Brot, sondern Geld!
In einen anderen Haushalt derselben Zeit führt Petr. Pap. (II)
XXXIII (a). Diese Urkunde ist dadurch besonders wertvoll, dass
neben dem loyoc, dpyupcxo^ auch der Xoyoq aizinoc, erhalten ist,
wenn auch fragmentarisch. Unter den Naturalausgaben spielt das
Getreide für die Brote eine Hauptrolle. Ob diese darum im Hause
hergestellt sein müssen, kann zweifelhaft erscheinen, denn in der
') Vgl. z. B. Petr. Pap. (II) XXXII (1) 17 ff. BGU 4, 7f.
WIRTSCHAFTSGESCHICHTLICHE BEOBACHTU>'GEN. 677
Geldrechnung steht der Arbeitslohn (-/waTspYov) für das Brot, in Geld
gezahlt. Auch alle sonstigen Tagelöhne für die verschiedensten
Dienste werden in Geld entrichtet, ebenso das Gehalt der Angestellten
des Hauses, wie des Rinderhirten, des Sauhirten u. s. w. Die Ein-
nahmen stützen sich auf die cf opSTpa O-o^uyLWV und die Wohnungs-
miete, die beide in Geld eingehen.
Aehnlich ist das Fragment eines Ausgabebuches in P. Paris 60^^
gleichfalls aus dem III. Jahrh. v. Chr. Auch hier werden die ver-
schiedensten Löhne in Geld bezahlt, und wo Wein oder Bier ausserdem
verabreicht werden, sind diese Posten mit ihrem Geldwert gebucht.
Also sind diese Getränke nicht im Hause producirt, sondern für
Geld gekauft. Bemerkenswert ist, dass unter den Ausgaben mehrfach
8aV£La aufgezählt werden. Wir kommen sogleich darauf zurück.
In die Zeit des Yespasian führt das oft genannte Wirtschafts-
buch von Hermupolis (Kenyon S. 166 ff.}. Hier haben wir es mit
einem landwirtschaftlichen Betriebe zu thun, mit einem kleinen Gut
in der Nähe von Hermupolis. Trotz der grossen Ausdehnung des
Textes ist er für unsere Frage nicht so sehr ergiebig, denn es fehlt uns
neben dem erhaltenen XoyG^ ap^fjpixo; der liyoc acT'.xo?, so dass
wir einen klaren Einblick in den wirtschaftlichen Betrieb nicht ge-
winnen können. Auch erschwert es das Verständnis, dass der Guts-
verwalter Didymos unter den Einnahmen die Baarbestände mit
aufzählt, die ihm sein Gutsherr Epimachos aus Hermupolis, wo er
wohnte, zur UnterhaltuDg des Gutes zuschickte. Woher dieser aber
das Geld genommen hat, ob etwa von den seinerseits in Hermupolis
verkauften Producten des Gutes oder woher sonst, erfahren wir nicht.
So ist es nur ein zufalliger Ausschnitt, den wir kennen lernen.
A priori ist anzunehmen, dass in einem solchen landwirtschaftlichen
Betriebe die Naturalwirtschaft vorgewaltet habe, und in der That
scheint das Gut seine naturalen Bedürfnisse meist selbst befriedigt
zu haben. Für Geld gekauft werden in dem vorliegenden Text nur
Linsen (als Vogelfutter), Oel (zum Braten der Tauben, 115) und
Papyrus (348). Aber wir wissen freilich nicht, was ausserdem der Guts-
herr in Hermupolis fiir das Gut eingekauft haben mag. Andrerseits
steht fest, dass das Gut nicht etwa nur für den eigenen Consum,
^) Gelegentlich schickt der Verwalter dem Herrn den Erlös vom Verkauf
der Producte. Vgl. Z. 248.
678
YII. KAPITEL.
sondern auch für den Verkauf producirte. Weizen, Wein und Gemüse
sind die Artikel, die auf dem Gute im Ueberschuss producirt und
zu Geld gemacht werden. Aber auch diese Uebersicht ist unvoll-
ständig, da auch der Gutsherr in Hermupolis verkauft zu haben
scheint (vgl. Z. 540). Für die Bedeutung der Geldwirtschaft in jener
Zeit ist aber von grösster Wichtigkeit, dass die Tagelöhne, die für
die verschiedensten Verrichtungen Tag für Tag zu zahlen waren, in
baarem Gelde ausgezahlt werden. Für das Bier, das gelegentlich
den Leuten bestimmt w^urde, wurde ihnen extra Geld eingehändigt
(vgl. 262, 294).
Einen ähnlichen Eindruck gewinnen wir von der ländlichen
Wirtschaft in BGU 14 vom Jahre 255 n. Chr. Hier wird Weizen,
Wein und Essig zum Verkauf producirt, andrerseits werden Linsen,
Heu, Gel, Käse, Pökelwaaren u. a. für Geld gekauft. Die Tagelöhne
wie die Gehälter w^erden auch hier in Geld gezahlt. Der Xoyoc,
yzvixoQ (die Naturalrechnung), der dem vorliegenden Xoyoc, äpyu-
pLXO? folgte (69' 8v), ist nicht erhalten.
Auch ausserhalb der angeführten Wirtschaften werden in der
uns beschäftigenden Periode die Tagelöhne in Geld gezahlt. Vgl.
BGU 699 (H. Jahrh. n.Chr.), 362 (vom Jahre 215), auch Ostr.
1169 und 1170. Doch Personen, die in den Haushalt aufgenommen
wurden, erhielten wohl ursprünglich meist Naturallohn. So wurde den
Ammen von Hause aus „Lebensunterhalt, Gel, Kleidung und anderes"
verabfolgt. In der Kaiserzeit aber w^ar daftir bereits ein Geld-
äquivalent eingeführt, so dass wir auch hier wieder das Vorschreiten
der Geld Wirtschaft erkennen können. Vgl. P. Oxyr. I 37 (I 24) vom
Jahre 49 n. Chr., 91 vom Jahre 187 und P. Grenf (II) 75 vom
Jahre 305. Demnach ist auch BGU 297 vom Jahre 50 n. Chr.
zu ergänzen.
Für die Bedeutung der Geldwirtschaft im privaten Haushalt
spricht nun aber vor Allem, was wir über die Geldgeschäfte der
Privaten erfahren. Auch sie verstanden es, ebenso wie die Könige
und Priester, mit Geld Geld zu erwerben. Wir können noch ver-
folgen, wie die verzinslichen Darlehen nach und nach eine immer
grössere Bedeutung im Geschäftsleben der Bevölkerung gewonnen
haben. Ein merkwürdiges Beispiel unverzinslichen Naturaldarlehens
(vom Jahre 105 v. Chr.), kraft dessen eventuell Weizen für Salz
zurückgeliefert werden sollte, haben wir schon oben als natural-
WIRTSCHAFTSGESCHICHTLICHE BEOBACHTUNGEN.
679
wirtschaftliches Rudiment hervorgehoben. Auch sonst begegnen noch
neben verzinslichen auch unverzinsliche Darlehen im II. Jahrh.
V. Chr., aber hier tritt wenigstens Zinsberechnung für die Zeit nach
dem verfallenen Rückgabetermin ein. So in den Gelddarlehens-
contracten P. Grenf. (II) 18 (Jahr 127 v. Chr.), 21 (Jahr 113), 27
(Jahr 103). Bei den unverzinslichen Naturaldarlehen in P. Paris. 7
und P. Grenf. (I) 18 (beide aus dem II. Jahrh. v. Chr.) findet sich die
Bestimmung, dass im Falle der nicht rechtzeitigen Rückgabe das
riiiioXiov (150%) zu zahlen sei und zwar in Geld: tyjv laojJtevYjV
Iv T'5 dc^opx TL|xyjv.2) Man rechnet hier also mit dem wechselnden
Marktpreise des Getreides. Aus der Kaiserzeit sind mir keine un-
verzinslichen Gelddarlehen bekannt.^) Mögen sie auch gelegentlich
vorgekommen sein, charakteristisch für diese Zeit bleibt doch, dass
die Bevölkerung in den weitesten Kreisen Zinsgeschäfte betrieben
hat. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass die
Privatbanken in der Kaiserzeit eine grosse Rolle im Geschäftsleben
gespielt haben. Nicht nur die reichen Capitalisten , sondern auch
der kleine Mann, der sich etwas zurückgelegt hatte, deponirte es
auf einer der zahlreichen Banken, die über das ganze Land aus-
gebreitet waren (s. oben S. 647 An. 1) und führte seine Geldgeschäfte
nicht mehr iE, ol'xou, sondern aizö TpaTie^yji;. Die zahlreichen Bank-
urkunden, die uns aus den ersten drei Jahrhunderten der Kaiserzeit
überliefert sind^), zeigen uns, wie die verschiedensten Geldgeschäfte
durch Vermittelung der Banken geführt wurden.
Zum Schluss dieser Skizze sei noch darauf hingewiesen, dass
nach den hier behandelten Jahrhunderten der vorwiegenden Geld-
wirtschaft sich im III. Jahrh. n. Chr. im ganzen römischen Reiche
eine Rückkehr zur Naturalwirtschaft angebahnt hat^), die
uns im IV. Jahrhundert auch in den aegyptischen Urkunden, wenn
1) Verzinsliche Darlehen z. B. in P. Grenf. (II) 19 (J. 118 v. Chr.), 22
(J. 110 V. Chr.).
2) In Mitt. PR II S. 31 (J. 238 n. Chr.) heisst es: TYjv st:' xoO xaipoö
soop.evYjv TiXsiaxrjV xc(,|ir^v.
^) Ein unverzinsliches Naturaldarlehen in Mitt. PR II 31. Vgl. vorige
Anmerkung. Zu BGÜ 101, 339 vgl. Gradenwitz, Hermes XXVIII S. 328.
*) Vgl. BGU 70, 88, 281, 415, 427, 468, 472 II, 607, 645. PER I
12 — 17. Weiteres in den Indices der Publicationen.
^) Vgl. Eduard Meyer, Wirtsch. Entw. S. 61 ff. Die Arbeit von Bücher
über „die diokletianische Taxordnung vom J. 301" war mir leider nicht zugänglich.
680
YII. KAPITEL.
auch nur sporadisch, entgegeu tritt, Nach den Mitteilungen Wessely's
im „Führer durch die Ausstellung PER" 1894 S. 87 ff. sind in der
Wiener Sammlung Texte, von der Zeit des Diokletian an, die nach
dieser Richtung von grossem Interesse zu sein versprechen. Aus
dem IV. Jahrh. selbst möchte ich namentlich auf P. Lond. CXXV
(Kenyon S. 192) hinweisen. 2) Gleichviel, ob dies eine öffentliche
oder private Abrechnung über Ausgaben ist^), die Zahlungen er-
folgen hier sämmtlich in Artaben Weizen. Darunter finden sich
Posten für den epytxvqQ, den textwv, den axecpavoTrXoxo? u. A. Wie
das aufzufassen ist, zeigen andere Stellen, wo ausdrücklich ÖTiep
{Xia-ö-oö hinzugefügt ist. Also die Löhne werden hier mit Weizen
bezahlt! Darin tritt uns deutlich der Umschwung gegenüber der
früheren Periode entgegen. So bietet dieser Text in wirtschafts-
geschichtlicher Hinsicht eine Parallele zu dem gleichzeitigen Sportel-
tarif aus Thamugadi in Numidien (Bruns, font. i. R.^ S. 257). In
das IV. Jahrh. n. Chr. gehören auch P. Oxyr. I 92 und 93, wo
Weinlieferungen an einen Rossarzt und Weizenlieferungen an einen
Wasserorgelspieler angeordnet werden — vielleicht als Salär. Wein-
lieferungen, die gleichfalls als Löhne aufzufassen sind, erwähnt
Ostr. 1485 (III/IV. Jahrh.), wo es in Z. 13 ausdrücklich \)K(kp)
[ita'9'(oö) heisst. Vgl. auch die Weinlieferungen in BGU 34, in
dem unpublicirten Ostr. Brit. Mus. 25660, dem unpublicirten Berliner
Ostr. P. 4820 u. a.
Es sind dies alles sehr unbedeutende Indicien eines sehr be-
deutenden Vorganges, der uns vor Augen führt, wie es gekommen ist,
dass das Mittelalter wieder mit der Naturalwirtschaft einsetzt, nach-
^) Vielleicht könnte man schon in einzelnen Urkunden des III. Jahrh.
Spuren der hereinbrechenden Naturalwirtschaft sehen wollen, wie z. B. in jenem
Vertrag über die Tänzerinnen vom J. 237 (s. oben S. 675), oder dem Contract
über das unverzinsliche Naturaldarlehen vom J. 238 (s. oben S. 679 An. 2). Doch
ist diese Deutung nicht zwingend, denn aufgehört hat die Naturahvirtschaft ja
niemals. Es ist andrerseits für die Festigkeit der Geldwirtschaft von Interesse,
dass man selbst in diesem Jahrhundert des Staatsbankerotts und der entsetzlichsten
Münzverschlechterung doch im Allgemeinen an den Geldzahlungen festgehalten
hat, z. T. mit den wunderlichsten Mitteln. Dahin gehört das stärkere Cursiren
des alten ptolemäischen Kupfergeldes, das freilich niemals ganz verschwimden
war. Vgl. Kap. X.
Vgl. Gött. GA. 1894 S. 743 f.
^) Für ersteres spricht vielleicht Z. 57.
WIRTSCHAFTSGESCHICHTLICHE BEOBACHTUNGEN.
681
dem das Altertum schon Jahrhunderte hindurch eine vorwiegende
Geldwirtschaft gehabt hatte.
2. Sklaverei und freie Arbeit.^)
Wollen wir an der Hand der Urkunden die Frage nach dem
Verhältnis der Sklavenarbeit zur freien Arbeit in Aeg}'pten unter-
suchen, so müssen wir von vornherein scheiden zwischen der grie-
chischen Welthandelsstadt Alexandrien und dem flachen Lande, der
)(a)pa, in der völlig andere Verhältnisse massgebend waren.
Die positiven Zeugnisse für die Sklaverei in Alexandrien sind
äusserst unbedeutend. 2) Aber wenn man bedenkt, dass diese Stadt
lange Zeit hindurch der grösste griechische Handelsplatz gewesen ist,
so wird man a priori eine nicht unbedeutende Sklavenschaft an-
nehmen müssen. Beloch (Bevölkerung S. 259) schätzt sie für die
Zeit des Diodor auf gegen 200000 Sklaven, bei 300000 freien Ein-
wohnern. Mir fehlt jede Unterlage, um zu entscheiden, ob diese
Taxation zu hoch oder zu niedrig greift. Trotz der relativ hohen
Sklavenzahl hat aber auch die Arbeit der Freien einen bedeutenden
Factor in dem vielgeschäftigen und vielseitigen wirtschaftlichen Leben
Alexandriens gebildet. Ich verweise nur auf die oft citirten Worte
in dem angeblichen Brief Hadrian's (vita Saturnini 8,5): civitas
opulenta, dives, fecunda, in qua nenio vivat otiosiis. alii vitrwn conflajit,
aliis Charta conficitur, alii linifiones, omnes certe uniuscumque artis et
videntur et Tiahentur. podagrosi quod agant hahent, hahent caeci quod
faciantj ne chiragrici quidem aput eos otiosi vivunt. unus Ulis dem
nummus.^) Hier ist sicher an Freie gedacht, denn Personen mit
diesen körperlichen Gebrechen würden als Sklaven gar nicht ange-
nommen sein.
Für die X^P'^ ^^^S* Pap}Ti und Ostraka ein reiches
Material vor. Tausende von Personen werden uns hier mit ihrem
Namen, ihrem Berufe genannt; in zahlreiche Haushaltungen können
wir hineinblicken. Da verlohnt es sich wohl, die Frage zu stellen,
^) Vgl. Eduard Meyer, Die wirtschaftliche Entwickelunt; des Altertums 1895.
Soeben erschien von demselben „Die Sklaverei im Altertum", Dresden 1898.
Von Früheren vgl. namentlich Julius Beloch, Die Bevölkerung d. griech.-
römischen Welt, 1886.
Vgl. Varges, de statu Aeg. S. 21. Lumbroso, Rech. S. 65.
^) Vgl. über die genannten Gewerbe die Ausführungen von Varges S. 74 ff.
682
YU. KAPITEL.
in welchem Verhältnis denn hier die Sklavenarbeit und die freie
Arbeit zu einander gestanden haben. Ich habe an folgenden Stellen
Sklaven erwähnt gefunden:
Ptolemäerzeit: Petr. Pap. (I) XV. (II)S. 22; 23 (III. Jahrh.
V. Chr.). Rev. Pap. 15, 17 (III. v. Chr.). Pap. Lond. CCCCI
(II. V. Chr.) P. Tur. 8, 12 und 17 (II. v. Chr.). P. Grenf. (I) 43
(IL V. Chr.).
Kaiserzeit: Ostr. 235. 1066. 1303. 1400. 1454. 1482.
BGU7II9. 55 II 5. 75 II. 95. 113,7. 115 II. 128 1. 137,10.
146. 168. 176. 193. 297,16. 316,11. 324. 326. 361 m. 388.
447,23. 467. 493. 495. 510. 532. 540. 617. 630. 706. Charta
Borgiana: passim. P. Grenf. (I) 47. (II) 59. 75. P. Genev. 5.
P.Oxyr.I38. 48. 49. 50. 73. 91. 94. 95. 96. 97. Pap. Edmonstone
(Young, Hierogl. 46). P. Leipz. 11. 25 (nicht auch 29).
Freigelassene werden u. a. an folgenden Stellen erwähnt:
BGU55II2,4,18. 113,6. 131,9. 138,8. 185. 447,13. 493II6.
494. 505, 5. 510, 8. 567. 649, 4. 657 II 9. P. Grenf. (II) 46 a. 63.
69. 71 II 29. P. Oxyr. I 98. 104, 4. 105, 5.
An einigen anderen Stellen kann man schwanken, ob es sich
um Freie oder Sklaven handelt.^) Bei der Unübersichtlichkeit des
Materials ist es sehr wahrscheinlich, dass mir mancher Beleg ent-
gangen ist. Aber wenn auch noch einige hinzukämen, so würde das
doch an dem Gesammteindruck, dass die Sklaven gegenüber den
Tausenden von Freien, die uns genannt werden, sehr selten begegnen,
nicht viel ändern. Nun wäre freilich nichts verkehrter, als die Ziffern
der Sklaven und der Freien gegenüber zu stellen und daraus das
Verhältnis der beiden Klassen zu einander ziffermässig belegen zu
wollen. Es könnte ja der reine Zufall sein, dass in den uns erhaltenen
Urkunden gerade wenig Gelegenheit gewesen wäre, von Sklaven zu
sprechen. Wir müssen daher suchen, innerhalb des vorliegenden
Materials solche Fälle herauszufinden, die uns gestatten, für ein
begrenztes Gebiet, etwa eine einzelne Gemeinde oder einen einzelnen
Haushalt, jene Frage in's Auge zu fassen.
^) So in Petr. Pap. (II) IV 2, wo die uaiSapta oiüfiaxa Sklaven sein
könnten, aber auch freie Knaben. Sü)|JLaxa bezeichnet durchaus auch freie
Personen. Vgl. z. B. oben S. 436.
WIRTSCHAFTSGESCHICHTLICHE BEOBACHTUNGEN.
683
Nach dieser Richtung scheint mir die Charta Borgiana, über
deren Bedeutung wir oben S. 339 ff. gehandelt haben, von Interesse
zu sein. Sie bietet uns, wie wir sahen, die Kamen der Bewohner
des faijümischen Dorfes Ptolema'is Hormos, die im Anfang des Jahres
192 n. Chr. zur Liturgie des Fünftagewerkes" an Dämmen und
Kanälen abcommandirt waren. Diese amtliche Liste, die uns einige
Hunderte von Bewohnern des Dorfes kennen lehrt, scheidet gewissen-
haft die Sklaven von den Freien, erstere unter Jsennung ihrer Herren.
Wenn wir nun alle lückenhaften Zeilen, in denen es nicht ganz
klar ist, ob Freie oder Sklaven gemeint sind, bei Seite lassen, so
ergiebt sich folgendes Resultat: vom 10. bis 14. Mechir arbeiteten
146 Freie und 9 Sklaven, vom 11. bis 15. 65 Freie und 4 Sklaven,
vom 2. bis 6. Phamenoth 90 Freie und 2 Sklaven. Das macht im
Ganzen 201 Freie und 15 Sklaven. Da alle Dorfbewohner, Freie
wie Unfreie, zu dieser Liturgie in gleicher Weise herangezogen wurden
und absolut nicht einzusehen ist, weshalb gerade in diesen Tagen
die Sklaven besonders geschont sein sollten, so ist es ^^elleicht nicht
zu kühn, aus dem hier hervortretenden Verhältnis — die Sklaven
machen etwas über 7 Procent aus — auf die Mischung der Bewohner-
schaft von Ptolema'is Hormos Rückschlüsse zu ziehen.
"Wie steht es ferner mit den Haushaltungen, in die uns die
Subjectsdeklarationen einen Einblick gewähren? Lassen wir auch
hier wieder alle Urkunden bei Seite, die unvollständig sind und
zu Zweifeln Anlass geben, so ergiebt sich folgendes Resultat: Haus-
haltungen mit Sklaven in BGU 95, 115 H, 128 1, 137, 447, 706;
Haushaltungen ohne Sklaven in BGU 54, 55, 90 (in mehreren
Exemplaren), 97, 1151, 116, 117, 118 H, 154, 302, 524, 577.
Ich bemerke, dass die Deklaranten, die meist aus Arsinoe, z. T. aus
Dörfern des Arsinoiti sehen Gaues stammen, sämmtlich dem Mittel-
stande angehören, Hausbesitzer sind und meist irgend ein Gewerbe
treiben. Von diesen Haushaltungen wirtschaften also 6 mit Sklaven,
12 ohne Sklaven. Und wie stark ist die Sklavenschaft in jenen
Häusern? In 95 hat die Tochter 1 Sklavin, in 115 II hat ein
xaxocxos 1 Sklaven, ebenso der lo'MVi]q in 137 (xöv 5oöX6v p.ou),
in 447 begegnet 1 Sklavin mit mehreren Nachkommen, in 706 hat
der Hausherr 1 Sklavin, desgleichen seine Mutter, in 1 28 I dagegen
scheinen mehrere Sklaven zu sein. Letzteres ist vielleicht ein grie-
chischer Haushalt, vgl. Z. 3: To'jp]ßa)va "EXXyjva; aber der Text
684
VII. KAPITEL.
ist ZU fragmentarisch, um Genaueres zu sagen. Das ist alles, was
sich in diesen 18 Haushaltungen des Mittelstandes von Sklaven
findet! Wollte man die Zahl dieser Sklaven auch nur der Zahl der
Erwachsenen in diesen Haushaltungen gegenüberstellen, so würde
sich ein noch viel kleinerer Procentsatz für die Sklaven als in jener
Rechnung über Ptolema'is Hormos ergeben. Natürlich hatten die
reicheren Häuser entsprechend grössere Sklavenbestände aufzuweisen,
aber gerade dieser Mittelstand, wie er uns in diesen Deklarationen
entgegentritt, macht das Gros der aegyptischen Bevölkerung aus.
Doch verlassen wir diese statistischen Beobachtungen, die zwar
für einzelne Fälle wertvolle Aufschlüsse geben, deren Verallgemeine-
rung aber doch grosse Bedenken entgegenstehen. Wir werden unserem
Problem näher kommen, wenn wir fragen, welchen Zwecken die hier
urkundlich nachgewiesenen Sklaven gedient haben. Zu einem domi-
nirenden Factor im wirtschaftlichen Leben wird die Sklaverei nur,
w'enn sie die Landwirtschaft und die Industrie oder doch eine von
beiden beherrscht; dagegen ist die Haussklaverei selbst dann, wenn
sie verhältnismässig stark hervortritt, an sich nicht von durch-
schlagender Bedeutung. Wie stellen sich unsere Urkunden zu diesen
Fragen ?
In den oben zusammengestellten Belegen ist nur in vereinzelten
Fällen angegeben, in welcher Weise die Sklaven verwendet worden
sind. Prüft man die obigen Belegstellen im Zusammenhang mit
ihrer ganzen Umgebung, so wird man den Eindruck gewinnen, dass
mit wenigen Ausnahmen, auf die ich sogleich zu sprechen komme,
die angeführten Sklaven meist als Haussklaven zu betrachten sind,
die zur persönlichen Bedienung der Familie da waren, wie bei uns
die Dienstboten. So war die Sklavin, die die Tochter in BGU 95
besitzt, gewiss ihre Dienerin, sowie der Kelte Argutis, den der römi-
sche Officier in Askalon kaufte und in die aegyptische Garnison
mitbrachte, sein persönlicher Diener gewesen sein wird (BGU 316).
Dasselbe gilt von dem Sklaven MiXaq, wohl einem Schwarzen, der
frir seine kranke Herrin eine Beschwerde überreicht (BGU 467).
Auch die Sklaven, die als 6 5cd Xöywv, d. h. wohl als Rechnungs-
führer, bezeichnet werden, gehören zu den Haussklaven (BGU 493, 495).
Aufgefallen ist mir, dass die Sklavinnen im Allgemeinen
grösseres Ansehen zu gemessen scheinen als die Sklaven. Während
bei amtlichen und privaten Aufzählungen von Freien sonst regel-
WIRTSCHAFTSGESCHICHTLICHE BEOBACHTUNGEN. 685
mässig die Männer den Frauen, die Knaben den Mädchen voran-
gehen (vgl. oben S. 479), begegnet es mehrfach, dass bei Aufzählung
von Sklaven und Sklavenkindern erst die weiblichen, dann die
männlichen genannt werden. So «ählt der Kyrenäer Philon in seinem
Testament Petr. Pap. (II) S. 23 ausdrücklich erst die [SoüXixd
awfjiJaTa -ö-Y^Xuxa, dann die Ipaevcxa (dorisch für äpaevtxa)^) auf.
Dieser Urkunde aus dem III. Jahrh. v. Chr. stellt sich BGU 447
vom Jahre 175 n. Chr. an die Seite, wo bei Aufzählung der Sklaven-
kinder Z. 24 ff. erst die Mädchen, dann die Knaben genannt werden.
Dass diese Aufzählung vielleicht der Altersfolge entspricht, nimmt
dem Vorgang nicht seine Besonderheit, denn gerade in diesen dcr.o-
yp(X(^(x.i werden bei Freien ohne Rücksicht auf das Alter erst die
Kjiaben, dann die Mädchen genannt. Auch noch in einer Frei-
lassungsurkunde vom Jahre 354 n. Chr. (Young, Hierogl. 46)-) sagt
die Freilasserin in Bezug auf ihre Sklaven: £lt£ iizl ^-rileioic, T£XVo:^
el'ie STzl exkpoiq hiyoyoiq (Z. 13). Diese Uebereinstimmung kann
nicht auf einem Zufall beruhen. Ich möchte die Erklärung für dies
merkwürdige Phänomen darin finden, dass die Sklavinnen als
Concubinen des Hausherrn eine hervorragende Stellung
im Hauswesen eingenommen haben.
Letztere Thatsache tritt in den obigen Urkunden mehrfach
hervor. In Petr. Pap. (I) XV bestimmt ein griechischer Officier
(Jahr 237 v. Chr.), der Frau und Kinder hat, in seinem Testament
einer Sklavin und ihrem Sohn, den sie ihm geboren hat, für seinen
Todesfall die Freiheit, falls sie bei Lebzeiten treu bei ihm bleiben.
Ich lese daselbst nach dem Original Z. 17 ff.: MeXatvtSa Bs [xal
TÖv ULÖv a]i)xyj^ xov iE, Iptou Yeyevyjixevov ouaav(?) £?[a:]p£[TOV^)
d^ty^jit IXjsu'ö'lpoi)^*) , £a[Ji \ioi 7rapa[X£tv[a)aLv] , £ü)g av lyw (^öt.
Vgl. Witkowski, Prodromus grammat. pap. graec. aet. Lagid. Krakau
1897 S. 3. Ulm stimmt bei Edwin Mayser, Grammatik d. griech. Pap. (Progr.
des Heilbronner Gymn. 1898) S. IX 8.
2) Hier findet sieh übrigens in den Worten utiö F^v otal Oupavöv (Z. 7)
eine Parallele zu der Formel ötiö Ata Ftjv "HXtov der Freilassungsurkunden
P. Oxyr. I 48, 49, die von Wilamowitz (Gött. GA. 1898 S. 682) erkannt worden ist.
3) Vgl. P. Oxyr. I 73, 26: e[gla{p£TOV SoüXy]v. Das lässt auf verschiedene
Abstufungen unter den Sklavinnen schliessen.
*) Auch hier gilt der Satz: ex ancilla et libero iure gentium servus nas-
citur (Gaius, Inst. I 82).
686
YII. KAPITEL.
Während hier ausdrücklich gesagt ist, dass das Sklavenkind vom
Hausherrn gezeugt ist, ist es im Testament des Lykiers Peisias
Petr. P. (II) S. 22, 9 zwischen den Zeilen zu lesen: TcaiStaxyjv 'Aßc-
GiXäv xal TauTYj^ -O-uyaTlpa Etpi^vYjv Supa?.^) Auch die andere
syrische Sklavin, die er seiner Frau hinterlässt, mag seine Concu-
bine gewesen sein. Dasselbe vermutet man in dem folgenden
Soldatentestament S. 23 bei den beiden vorangestellten Sklavinnen
IlapO-evcov und MupaLVY]. Für die hohe Stellung der Sklavin im
Hause spricht P. Grenf. (I) 43 (II. Jahrh. v. Chr.), wo in der üblichen
Begrüssungsformel auch das Wohlergehen der Sklavin und ihrer
Tochter neben dem der Frau vom Hausherrn erwähnt wird: £ppw-
[Lzd'oc he xod auxol xal 'A^poSiaia xod O-uyair/p xod r} Tzixihiay.r]
xal Tj -ö'uyaxyjp txuzfiQ. Auch die beiden Sklavinnen Marcella und
Cleopatra, die der durch sein Testament berühmt gewordene
Veteran Longinus Castor im Jahre 189 n. Chr. zu Erben ein-
setzt, sind ohne Zweifel, zumal er Junggeselle ist, als seine
Concubinen aufzufassen, und die ohne weitere Bestimmung auf-
geführten Personen Sarapion, Sokrates, Longus und Neilos, die
nach dem Tode der beiden Frauen in das Erbe eintreten sollen,
sind offenbar ihre Kinder, die sie ihm geboren haben. Vielleicht
tritt auch darin wieder die Bevorzugung der Sklavinnen hervor,
dass das einzige Mädchen, das ihm geboren ist, in dem Testament
schon für seinen Todesfall mit einem bedeutenden Legat resp. Erb-
teil bedacht wird.
Dass nicht nur in Soldatenkreisen, worauf die bisherigen Bei-
spiele führen könnten, sondern auch in anderen Schichten dieselben
Sitten bestanden, zeigt z. B. BGU 447, eine Subjectsdeklaration vom
Jahre 175. Die Sklavin Ko7rp[La] (Z. 24), die mit mehreren Kindern
aufgeführt wird (eyyova auTYj(;), ist offenbar die Concubine des im
übrigen verheirateten Hausherrn Ptollas. Wenn die 20 jährige Tochter
dieser Sklavin wiederum mit zwei unmündigen Kindern aufgeführt
"wird (Z. 26), so entschliesst man sich nach unseren Anschauungen
nur ungern zu der Annahme, dass der Hausherr auch diese gezeugt
habe. Da aber die Sklavenkinder nicht als Kinder des Hausherrn,
sondern nur als eyyova der betreffenden Sklavin galten, so wird
jene Annahme doch das richtige treffen. An anderen Stellen werden
') Hier sind übrigens zwei syrische Sklaven vorher genannt.
WIRTSCHAFTSGESCHICHTLICHE BEOBACHTUNGEN.
687
die vom Hausherrn^) mit der Sklavin gezeugten Kinder als o:xoY£VYj
SoüXLxa acoptaxa bezeichnet, so in BGU 193 und P. Oxyr. I 48. In
BGU 297 wird fiir ein solches SouXixov lyY^vov ^rjXuxGV eine
Amme in's Haus genommen.
Fassen vdr das Gesagte zusammen, so ergiebt sich, dass die
meisten der in den Urkunden genannten Sklaven als Haussklaven
aufzufassen sind, die zur Erleichterung der Wirtschaft und zur
persönlichen Bedienung in geringer Zahl gehalten wurden, dass aber
die SklaAannen unter ihnen, abgesehen davon, dass sie sich natürlich
auch in der Wirtschaft nützlich machten^), als Concubinen des
Hausherrn eine hervorragende Stellung einnahmen.
Es soll natürlich nicht geleugnet werden, dass es auch Haus-
haltungen gegeben hat, die über grössere Sklavenbestände verfiigten,
und das wird namentlich von den griechischen und römischen Fa-
milien gelten, die sich im Nilthal niederliessen. So spricht es für
eine luxuriösere Haushaltung, wenn man sich eine eigene ayopaazT],
eine Einkäuferin*) halten konnte, wie sie in P. Oxyr. I 95 (J. 129)
begegnet. Bezeichnend ist, dass diese Sklavin, die früher einem
alexandrinischen Vollbürger gehört hatte, von einem Griechen einem
Römer verkauft wird.
Wie steht es nun mit der Bedeutung der Sklaven im Hand-
werk und der Industrie? Unter den oben angeführten Fällen sind
einige wenige Beispiele von gewerblichen Sklaven.
1. In P. Grenf (II) 59 (J. 189 n. Chr.) vermietet eine Frau
ihren Sklaven (T^aT^), der die Weberei gelernt hat^), auf 20 Monate.
Der Contract ist unvollständig. Dass in Griechenland und Rom die
Sklavenvermietung verbreitet war, ist bekannt.
2. In BGU 617 (J. 216 n. Chr.) wird der TaXdq aouXyj 'Ept-
euTO? yspStatva über Gewerbesteuer u. a. quittirt. Da sie und nicht
Nichts spricht dafür, dass diese Kinder etwa von einer Sklavin und
einem Sklaven im Hause gezeugt wären. Solche Sklavenehen kamen wohl nur
vor, wo grosse Sklavenmassen vorhanden waren. In den obigen Haushaltungen
sind meist neben der Sklavin gar keine Sklaven erwähnt.
^) Ebenso in P. Oxyr. I 37, 38, denn der Findling „vom Misthaufen"
wird offenbar Sklave,
^) Gelegentlich verdiente der Hausherr auch Geld durch sie, indem er sie
als Amme in ein anderes Haus vermietete. Vgl. P. Oxyr. I 91.
^) Vgl. z. B. Xenoph. Memorab. I 5, 2. Athenae. IV 171a.
^) Z. 10 ist etwa zu vervollständigen: «(eTt'.ota^isvov xy;v) YspS'.axrjv zi'/yr^\.
688
Vn. KAPITEL.
ihr Herr die Steuer zahlt, so wird sie mit seiner Erlaubnis selbst-
ständig die Weberei ausgeübt haben, wie das gleichfalls in Griechen-
land und Rom vorkam.
3. Ebenso wird in unserem Ostr. 235 einem Aioqxopoq hobXoq
Ac8i)[ictovoG über Zahlung der Abgabe bizkp {xsptapLÖv quittirt. Auch
dieser mag irgend eine selbständige Thätigkeit gehabt haben. Vgl.
auch 1400.
4. In P. Leipz. 11 (Wessely, Ber. Sächs. Ges. 1885 S. 252)
begegnet ein •/^ocXy.ebc, 'AvxLa^Csvouö ocXisbq — hoijX{oq)
'AvTca^£Vo(i);) hioo(,ay.ak(o\j). Schon Wessely hat dies richtig dahin
gedeutet, dass in beiden Fällen Sklaven gemeint sind, die als Kupfer-
schmied resp. Fischer ein selbständiges Gewerbe trieben. Es ist be-
merkenswert, dass ihr Herr Antisthenes, der als „Lehrer" bezeichnet
wird, offenbar ein Grieche ist.
Dies wären, soweit ich gesehen habe, die einzigen Fälle in
unseren Urkunden, in denen Sklaven sich am gewerblichen Leben
beteiligen. Die Urkunden warnen uns aber auf das eindringlichste
davor, dies etwa in weitem Umfang zu verallgemeinern und den
Sklaven irgend welche hervorragende Bedeutung im Handwerk oder
Gewerbe beizumessen, denn sie zeigen uns auf das unzweideutigste,
dass das Handwerk, wie die sonstigen Berufsarten, durchaus von der
freien Bevölkerung beherrscht wurde. Vor bald 30 Jahren hat
Lurabroso in seinen Recherches S. 104 die Gewerbe zusammengestellt,
die ihm damals aus dem hellenistischen Aegypten bekannt waren.
Inzwischen hat das Material sich gewaltig vermehrt, und so ist es
vielleicht nicht ohne Interesse, eine neue Liste aufzustellen. Es
schien mir genügend, für jedes Gewerbe nur einige Belege zu bringen,
auch wo es viele giebt. In den Indices der Publicationen wird man
Genaueres finden. Ich habe die Berufsarten im weitesten Sinne ge-
fasst und habe nur diejenigen ausgeschlossen, die amtlichen Cha-
rakter haben.
'AXieuq, der Fischer: P. Par. 5, 41, 10 (IL v. Chr.), Grenf. (I) 60.
Oxyr. 141 (röm.)
^AXotiwXy]^, der Salzverkäufer. Eine ^AXoTTwXtwv-Strasse in Arsinoe:
BGU 9 (III. n. Chr.).
'A[Ji7i£XoupY6s, der Winzer: P. Lond. S. 182 (I. n. Chr.). BGU
308, 319, 508.
'AoiSo?, der Sänger: Lepsius Denkm. VI n. 30.
WIRTSCHAFTSGESCHICHTLICHE BEOBACHTUNGEN.
689
Ap^upoTzpoLVfiq, der Wechsler, Bankier (vgl. Du Gange): P. Oxyr.
127, 144 (VI. n. Chr.).
'ApTOXOTio? , der Brotbäcker: P. Lond. S. 34 (II. v. Chr.) und oft.
'ApTOTipaTYjC, der Brothändler: BGU 304, 317 (byz.).
'Apx'-T^^PT^^j der Oberfeldarbeiter: Ostr. 1308. BGÜ 14 III 27
(III. n. Chr.).
'ApxttaTpo?, der Oberarzt: P. Oxyr. 126, 23 (byz.).
'ApxtxußepvT^TT^^, der Obersteuerraann : P. Grenf. (II) 80, 81, 82
(V. n. Chr.).
'ApxtxexTWV, der Oberbaumeister: Petr. Pap. passim (III. v. Chr.).
'ApxoVYjXaxT]?, der Obereseltreiber: P. Lond. S. 179, 180, 182 (I. n.
Chr.). Oben S. 272.
'AatXXo^opo^, der Lastenträger: P. Lond. S. 34 (II. v. Chr.).
'AaTpoXoyoc, der Sternkundige: Pap. Berl. P. 1410 (IL n. Chr.).
AuXy^TYjg, der Flötenspieler, resp. ocbXr^Tfiq, der Meier: P. Par. 5, 26, 6
(II. V. Chr.). Chart. Borg. VII 15. 19 (II. n. Chr.).
ßaXaveu?, der Bademeister: P. Sakkakini (III. v. Chr.). Ostr. 1368,
1370, 1263 (L n. Chr.).
BaXavsuTT^?, der Bademeister: Ostr. 527 (II. n. Chr.).
Ba^eus, der Färber: Ostr. 1516 (II. v. Chr.). BGU 9 II 7. 676 und
oft. Oben S. 170 f.
BouxoXog, der Kinderhirt: Petr. P. (II) XXXVII (III. v. Chr.).
und oft.
BupaoSeti^y^^, der Gerber: Petr. P. (II) XXXII (1) (IH. v. Chr.).
Oben S. 294 A.
FaXazTO^opog, der Milchträger: P. Lond. S. 46, 22 (II. v. Chr.).
Feoöxo?, der Feldeigentümer, Grundbesitzer: BGU 283 (II. n. Chr.)
und oft.
Tiphioq, der Weber: BGU 6. 115 I (IL n. Chr.) und oft. Oben
S. 172.
retofjieTprj;, der Feldmesser: Petr. P. (II) 1 (III. v. Chr.). Leid. P 11.
Ostr. 1188.
rewpyo^, der Feldarbeiter, resp. Pächter: passim.
rva^a^J.oXoyo^, der die Wollenflocken sammelt: oben S. 224
(II. V. Chr.).
rpa|jL[AaT£u?, der Schreiber: BGU 117,8,10 und sonst oft.
rpa[i|iaxYj96po;, der Briefträger: P. Oxyr. I 156 (VI. n. Chr.).
rpacpeu^, der Maler oder Schreiber: Chart. Borg. VII 26 (II. n. Chr.).
WiLCKEN, Ostraka. 44
690
Vn. KAPITEL.
A:axü)v, der Verwalter: Chart. Borg. IV 15. VII 16—18. IX 23
(II. n. Chr.).
A:6aaxaXo?, der Lehrer: P. Leipz. 11. Ostr. 1188 (röm.).
Apofxsug, der Läufer: BGU 141, 362 (röm.).
^EXoLiOTZpdzrjq, der Oelhändler: P. Lond. S. 221 (byz.).
'EXatOTitoX-/]?, der Oelhändler: P. Oxyr. I S. 47.
'EXaLOupyo?, der Oelarbeiter: P. Lond. S. 170 (L n. Chr.). BGU 7.
Oxyr. I 43 Verso und oft.
'EXaioxpiozriq, der mit Oel salbt: BGU 576 (II/III. n. Chr.).
"EfXTcopo^, der Grosshändler: Kev. Pap. 52, 25; 77, 7 und oft (III. v.
Chr.). P. Oxyr. I 36 (röm.).
'ETiLOToXo^opo^, der Briefträger: P. Petersburg 1.
'EpyaxY]?, der Arbeiter: Petr. Pap. (II) XXIII (a) (III. v. Chr.).
BGU 14, 11.5, 116, 146 und oft.
'EpyoScwxTYj^, der Arbeitervogt: Petr. P. (II) IV (1) (III. v. Chr.).
'EpsTYjg, der Ruderer: P. Grenf. (II) 80 ff. (V. n. Chr.).
Zz\jyrj'kdzy]c, laupixo?, der Stiergespanntreiber: BGU 624 (III/IV.
n. Chr.).
Zud'OTZOiXriq, der Bierverkäufer: P. Oxyr. I 85 (IV. n. Chr.).
Zu-Ö-OTiwXc?, die Bierverkäuferin: BGU 38, 18 (1. n. Chr.).
ZuTonoioc,, der Bierbrauer: P. Grenf (II) 39 (I. v. Chr.). Oben
S. 369 ff
ZwyXu^o^, der Bildhauer: P. Lond. S. 46, 15 (II. v. Chr.).
Zwypacpo?, der Maler: BGU 652 (III n.Chr.), 34, 371. Oben
S. 373.
'HvLOXo?, der Fuhrmann: Petr. P. (II) XXV (III. v. Chr.).
'Htttjt'I^^, der Flickschneider: oben S. 220.
BpuoTitoXyj?, der Binsenverkäufer: P. Lond. 193 (IV. n. Chr.).
Supiüpoq, der Thürhüter: P. Oxyr. I 137, 141, 148. Grenf. (II) 91
(byz.).
'laTpoxauaxY]?, der Spezialarzt für Brennen: P. Lond. S. 48 (II. v.
Chr.).
^lazpOQ, der Arzt: passim. S. oben S. 375.
'lepoyXuqpo?, der Hieroglyphen -Steinmetz: P. Leid. U 4, 2. CIGr. III
4716 di9.
l£poc|;aXTY]?, der Tempelsänger: BGU 630 IV 26 (II/III. n. Chr.).
T{xaTC07itoX7]^, der Kleiderhändler: P. Lond. S. 34 (II. v. Chr.) und
öfter. Vgl. die 'Ayopa 'Ifiaxtwv in Arsinoe (BGU 415, 27).
WIRTSCHAFTSGESCHICHTLICHE BEOBACHTUNGEN.
691
[7|ji,aTC0?]7iXuTY]g, der [Kleider] wäscher : BGU 118 (röm.).
'iTiTtOlaxpos, der Eossarzt: P. Oxyr. 92 (IV. n. Chr.).
l7t7ro7.6{Jiog, der Pferdewärter: Petr. P. (II) XXV (IIL v. Chr.).
'iTiTiOTpo^oc, der Pferdezüchter: BGU 151 (röm,).
'IaTap)(r^g (yspScog), ca'wvapy^yjc, der Webstuhlmeister, Vorsteher der
Weberwerkstatt: Ostr. 1155, 1154, 1156 (röm.).
'IX^uoTipa-crjc, der Fischhändler: P. Lond. S. 211 (VI. n. Chr.).
'IX^uoTiwXrjG, der Fischhändler: BGU 330, 344 (II. n. Chr.).
Ka^aipsTT^g: BGU 14 V 12.
KaO-apoopyG^, der Feinbrotbäcker : oben S. 331 (1. n. Chr.).
KaU'JVT)^?: P. Par. 36,5 (IL v. Chr.).
KafxyjXaxr^g (für xaixyjXyjXaxYj^), der Kameeltreiber: BGU 14 VI 12
(III. n. Chr.).
Ka[ir^XLTr^c, der Kameelwärter : BGU 34, 544 (Il.n.Chr.). Oxp-.1 113.
Ka[XY]Xoxp6cpog, der Kameelzüchter: BGU 607 (IL n. Chr.).
Ka[JiLV£UT'igc, der Feuer- oder Ofenarbeiter: Pap.Berl.unedirt (III. v.Chr.).
KoLTzqloc. der Kleinhändler, Krämer: Kev. Pap. 47, 11; 48, 3, 7
(III. V. Chr.) und öfter.
KocGGOTZOiGQ, der RubberstofF- Arbeiter: oben S. 224.
KaTaßoX(£uö: ^G^U 630 (Il/in. n. Chr.).
KaiaycDYSu?, der Viehtreiber: BGU 92 (IL n. Chr.).
KepafJtsu?, der Töpfer: passim.
K£pa{Ji07üXaaTY]5 (Y£pa[Jia'j7:Xaa'nr]g), der Töpfer: BGU 668 (byz.).
K'Qnoupoq, der Gärtner: P. Lond. S. 175 ff. (L n. Chr.). BGU 115 L
KiO-apiaTY]?, der Citherspieler: BGU 377 (byz. arab.).
Kl7.loi)py6?, der Klkiöl- Arbeiter: P. Par. 11 (II. v. Chr.).
Kvacp£u^ (oder yvacpEu^, der Tuchwalker: oben S. 226. BGU 315.
Ko^fX'^zr,^'. P- G^i'enf. (II) 87 (VIL n. Chr.).
Koviax^?, der Kalkanstreicher: Ostr. 1485 (III/IV. n. Chr.).
Ko7r£u?, der die Früchte zerschneidet (in der Oelfabrik): Rev. Pap.
45, 5 (III. V. Chr.).
Kopaötq, der Barbier: BGU 9 (III. n. Chr.). Oben S. 325.
Ko'jp£6g, der Barbier: P. Berl. uned. (III. v. Chr.). Oben S. 227.
Koi)90X£pa|ioupYÖ^, der Kufenmacher: BGU 368. P. 2923 (röm.).
KpofißuoTTwXyji;, der Zwiebelhändler: P. Par. 5, 20, 8 (für KpovSuoTTü))
(II. V. Chr.).
KpuTOTiwXrj^ (oder ^puzoiKjiXriq), der Trödler: BGU 9 (III. n. Chr.).
Oben S. 381.
44*
692
VII. KAPITEL.
KTYjvoTpo^oc, der Viehzüchter: BGU 14, 46, 638 (röm.).
Kußepv^TY]? (oder YußspvyjxY]?) , der Steuermann: P. Par. 5, 36
(II. V. Chr.) und oft.
Aax6{Jio^, der Steinbruch -Arbeiter: Petr. Pap. II pass. (eXeuO-spoc X.)
(III. V. Chr.). P. Oxyr. I 134 (VI. n. Chr.).
Aoc^ocyzuxriq, der Gemüsegärtner: P. Oxyr. I 43 Verso III 12 (tiuXy] X.)
(röm.).
Aa^avoTTpccTY/^, der Gemüsehändler: P. Lond. S. 213 (VI. n. Chr.).
Aa)(avo7ia)Xyj^, der Gemüsehändler: Chart. Borg. II 21, VI 18 und
oft (II. n. Chr.).
Aid'OupYoq, der Steinarbeiter: Petr. P. XIII 6 (III. v. Chr.).
Aid'O^opoq, der Steinträger: Pap. Berl. P. 8894 (byz.).
AtvoTiwXT]?, der Linnenhändler: Ostr. 45 (I. n. Chr.). Leipz. 11 (nicht
Xivoupyog).
Alvoü^o; oder X^vucpog, der Leinweber: Ostr. 23 (oben S. 322)
und oft.
Mayeipo?, der Koch: Eev. Pap. 50, 14 (III v. Chr.). BGU 6, 151.
Oxyr. I 108, 118.
MsXiaao'jpyo^, der Imker, der Honigbereiter: P.Par.5, 22,5. P.Leid.
P 19 (IL V. Chr.). BGU 690. Oxyr. I 85.
MexaßoXo?, der Krämer: Rev. Pap. 47, 12; 48, 3, 7 (IIL v. Chr.).
My])(avapco?, der Maschinenarbeiter: P. Lond. S. 171 ff. (I. n. Chr.).
BGU 213, 325 (röm.).
MoXußaoupyo?, der Bleiarbeiter: Ostr. 1188, 1485. Oxyr. I 135.
Muo^yjpaT%, der Mäusefänger: P. Lond. S. 193 (IV. n. Chr.).
M'jpoTiwXrj?, der Salbenhändler: BGU 9 (III. n. Chr.).
NauxXyjpo?, der Schiffsherr: Petr. P. (II) XXVII (2) (IH. v. Chr.)
und oft.
NauXo56xo{;, der Fährmann: Ostr. 1477 (IL n. Chr.).
Na'JTirjYO?, der Schiffsbauer: Petr. P. (II) XX (IIL v. Chr.). Oben
S. 263.
NauTT]?, der Schiffer: BGU 255 (VI. n. Chr.). Oxyr. I 86 und oft.
NexpoTaqjo?, der Leichenbestatter: BGU 34. Grenf. (II) 68 ff. oft
(röm.).
Noptixo?, der Rechtsgelehrte, der Anwalt: BGU 388 und öfter.
EupTjTYj?, der Scheerer: BGU 630 V 10 (röm.).
'OSyjyo?, der Karawanenführer: CIGr. III 4716 d 12.
'OO-ovlotiwXy]?, Verkäufer feiner Stoffe: P. Leid. K 13 (IL v. Chr.).
-«TIRTSCHAFTSGESCHICHTLICHE BEOBACHTUNGEN.
693
Olxo56|jlo?, der ZimmermanD : Petr. P. (II) XIII (14) (III. v. Chr.)
und öfter.
OEvIptTTOpo? , der Weingrosshändler: P. Oxyr. I 43. Grenf. (II) 61
(röm.).
OboTipdvfi^, der Weinhändler: BGU 34 (röm.) und öfter.
OivoTiwXyj?, der Wemhändler: Pap. Berl. P. 1410 (röm.).
Ob^oyeipiGTriC, der Weinverweser: P. Oxyr. 141, 150 (byz.).
'Ovr^Xaxr^^, der Eseltreiber: passim.
'OTöxavE'jg, der Brater: Pap. Berl. uned. (III. v. Chr.).
'Opveoxpö^oc, der Vogelzüchter: BGU 725, 7 (VII. n. Chr.).
naXacax^?, der Einger: P. Par. 5, 24, 8 (IL v. Chr.). BGU 492,
596 (röm.).
HaXiVTcpaTOuvTe^, die Verschleisser: Rev. Pap. 47, 16 (III. v. Chr.).
IlavTOTitoXy^c, der Trödler: Ostr. 347, 348 (H. v. Chr.).
n£pc)^6T7]^, der Badgehiilfe (der das Wasser übergiesst): P. Lond.
S. 214, 215. P. Oxyr. I 148 (byz.).
nyjXoTTOioc, der Lehmarbeiter: BGU 362 VHI 8 (LEI. n. Chr.).
nXa/wO'j VTOTüO IOC, der Kuchenbäcker: s. oben S. 331 (1. n. Chr.).
nXLV^euxYj^j der Ziegelstreicher: P. Lond. S. 178 (L n. Chr.).
nXivO-ouXywO?, der Ziegelstreicher: Petr. Pap. (II) XIV (1 c) (III. v.
Chr.).
HXivd-oupyoQ, der Ziegelstreicher: P. Lond. S. 220 (byz.).
notpiYjV, der Hirt: Ostr. 1191. Chart. Borg. V 2—4 und oft.
HopeDTi^^, der Fährmann: s. oben S. 280 f. (II. v. Chr.).
nop^|ji£uc, der Fährmann: P. Paris. 5, 42,5. Leid. P (II. v. Chr.).
IIop^upOTrwXr^g, der Purpurhändler: P. Schmidt (byz.).
noTa|JLLTr]^, der Wassersucher (Lex.) oder wohl eher der Kanalarbeiter:
BGU 14, 295 (röm.).
npcoTYj^, der Säger: Pap. Berl. uned. P. 8896 (byz.).
np(jt)p£u$, der Hauptbootsmann: Tarif von Koptos (oben S. 347).
nü)|jLapcTY]g, der Obstgärtner: Wessely, Rev. Egypt. HI S. 172. BGU
643 (byz.).
Taßaian^?, der Drescher (?): BGU 115. Chart. Borg. IV 11, 12
(röm.). S. oben S. 341.
Tt^tcdp, der Anwalt: BGU 15 L 19 II und oft (röm.). In Pap.
Berl. uned. P. 2540 ein figTWp xal y^p'jaoxooq.
Saxxocpopo^, der Sackträger: P. Lond. S. 34 (II. v. Chr.). BGU 141.
286. 370. Vgl. S. 292.
694
VII. KAPITEL.
StSyjpoupyoG, der Eisenarbeiter: P. Paris. 5, 34, 9 (II. n. Chr.).
liihripoy^oLXxeuq, der Eisenschmied : P. Oxyr. I 84 (IV. n. Chr.).
SLTOxaTiyjXog, der Getreidehändler: P. Lond. S. 34 (II. v. Chr.).
liizo\iizpriq , der Getreidevermesser: Ostr. 1191. BGU 509 (röm.).
In P. 255: epyaata aLTO[Ji£Tpwv.
SxXyjpoupyoi;, der Steinhauer: CIGr. 4716d. 20.
SxuTSU?, der Schuster: s. oben S. 293.
ExaO-ixoöxo?, der Wirt: Berl. Pap. uned. P. 7097,26 (II. n. Chr.).
Uze^ocvoTzXoxoQ, der Kranzflechter: P. Lond. S. 193 (IV. n. Chr.).
SxiTTTüOupYO?, der Wergarbeiter: BGU 682. Grenf. (II) 86
(röm.).
It'/^oiviOTzXoY.oc,, der Seilarbeiter: BGU 118 (II. n. Chr.).
TaTCiSu^o? (oder SamSucpo^), der Teppichweber: P. Paris. 5, 19, 1
(II. V. Chr.). S. oben S. 177.
Tapt^euTiQ^, der Pökler, der Balsamirer: P. Par. 5, 26, 10 (II. v.
Chr.). BGU 337.
Tap 1)^071 ü)Xyj^, der Pökelhändler: Zeitschr. Gesell. Erdk. Berl. 1887
S. 28.
Tapaixapioq: BGU 34, 738 (byz.).
TexTWV, der Zimmermann: P. Par. 5 (II. v. Chr.) passim und oft.
Tpa-e^LTY]^, der Bankier: BGU passim (röm.).
Ti)[i7i:avcaTyj(;, der Paukenschläger: BGU 630 IV 1 (röm.).
"YbpauXriq, der AYasserorgelspieler : P. Oxyr. I 93 (IV. n. Chr.).
'YhpOTza.poy^oq, der Wasserträger: BGU 14 VI 7 (III. n. Chr.).
TSpu^uXa^, der Wasserwächter: P. Lond. S. 176 (I. n. Chr.).
BGU 621.
TTcapxtTSXTtov, der Unterbaumeister: Petr. Pap. (II) VI (III. v. Chr.).
TTioxauaTYj^, der Heizer: P. Leid. T5 (II. v. Chr.).
'l^opßo?, der Sauhirt: Petr. Pap. (II) XXXIIIa, 30 (III v. Chr.).
OaxLvoTitoXy);, der Linsenhändler: BGU 9 (^axLVOTtwXiwv- Strasse)
(III. n. Chr.).
<I>uXa^, der Wächter: passim.
XaXxcUs, der Schmied: P. Par. 5, 42 (II. v. Chr.). Oxyr. I 113.
CIGr. 4716 d. 28, 59.
XaXxoxoXXyjTT^?, der Kupferlöther: P. Oxyr. I 85.
XaXxoTUTTo;, der Kupferschmied: CIGr. 4716d. 44, 61.
XaXxoupyos, der Kupferarbeiter: BGU 362 VII 16, 576 (röm.).
XapTOTipa-cyjg, der Papyrushändler: BGU 319. P. 2749 (byz.).
WIRTSCHAFTSGESCHICHTLICHE BEOBACHTUNGEN.
695
Xeipciey^vo?, der Handwerker: P. Oxyr. I 38, 17 (ein yepSioc nennt
sich so). Tarif v. Kopt. oben S. 347.
Xri'^o^ocjy.oq, der Gänsehüter: Petr. Pap. (II) X 1 (III. v. Chr.). Paris.
5, 25, 5 (II. V. Chr.). BGU 137, 138.
Xoa)(UTYj;: passim (II. v. Chr.).
XoLpOfxayeLpoi;, der Schweinekoeh oder Schweinemetzger: BGU 3
(byz.).
Xpuooyooq, der Goldschmied: Petr. Pap. (H) Xmib (III. v. Chr.).
Paris. 5, 12, 2. BGU 115, 434, 574, 659 und öfter.
W(OaO'07iX6xo?, der Binsenmattenflechter: Chart. Borg. XI 8.
'ßoTTwXrjc, der Eierhändler: P. Oxyr. I 83 (IV. n. Chr.).
Diese Liste ist nach mehreren Seiten hin von Wert. Zunächst
zeigt sie uns auf das Klarste, dass von irgend welcher Bedeutung
der Sklaverei für das Handwerk und die Industrie in Aegypten
keine Rede sein kann. Wir lernten einen Weber, eine Weberin,
einen Schmied und einen Fischer kennen, die Sklaven waren und
auch ausdrücklich als solche bezeichnet wurden^), und es mag
manche wohlhabendere Häuser gegeben haben, die ihre Sklaven, wie
das ja in Griechenland und Rom sehr häufig vorkam, für ein be-
stimmtes Handwerk ausbilden Hessen. Aber eben jene Gewerbe
werden, wie die Liste zeigt, ausserdem — und offenbar für gewöhn-
lich — von Freien betrieben. Von den meisten der oben angeführten
Gewerbe wird es durch die Belege erwiesen, dass Freie es waren,
die sie ausübten. Bei Manchen fehlt der direete Beweis für den
einzelnen Fall, doch spricht auch nichts dafür, dass sie etwa von
Sklaven betrieben wären. Wir werden daher das Gesammtergebuis
der Liste dahin zusammenfassen dürfen, dass die Gewerbe in erster
Linie in der Hand der freien Bevölkerung waren, wogegen die Ver-
Vermutlich wird man auch die Tänzerinnen, die von einem Haushalt
zum anderen auf Zeit gegen Entgelt verliehen wurden (s. oben), für Sklavinnen
halten dürfen. Waren die Tänzerinnen, wie wahrscheinlich, alle Sklavinnen,
80 lag in dem Schreiben keine Nötigung vor, dies Sklaven Verhältnis besonders
hervorzuheben. — In diesem Zusammenhange kommt mir die Vermutung, dass
vielleicht auch die ixaipai sämmtlich Sklavinnen waren. Was ich oben S. 218
An. 1 über ihre Nomenclatur, über das Fehlen des Vaternamens gesagt habe,
würde nur für diese Annahme sprechen. Wenn das ixaip-.xöv von ihnen, nicht
von den Bordellhaltern erhoben wird, so würde das eben so aufzufassen sein,
wie wenn jene yzf,^l7.','^y. SoOXr^ selbst das yc'.pwvägiov zahlt.
696
VII. KAPITEL.
Wendung von Gewerbesklaven im Dienste wohlhabender Häuser
völlig zurücktritt.
Von entscheidender Bedeutung fiür unsere Frage ist meines Er-
achtens die Thatsache, dass auch die Grossindustrie, wie sie
vom König selbst in seinen Fabriken betrieben wurde,
nicht mit Sklavenraassen, sondern mit freien Lohn-
arbeitern wirtschaftete. Das geht wenigstens für die Oelfabri-
kation, die ja vom König monopolisirt war, aus dem unschätzbaren
Revenue -Papyrus deutlich hervor. Die ausführlichen Bestimmungen,
die uns daselbst c. 44 ff. über die Rechte und Pflichten der in den
königlichen Oelfabriken angestellten eXocioupyoi erhalten sind, zeigen
auf das deutlichste, dass es freie Arbeiter sind, die da für Lohn
(xaTepyov, [xca-ö-og) und für eine gewisse Tantieme am Gewinn (c. 45)
für den König arbeiten. Freilich sind diese Arbeiter — das hängt
offenbar mit den Erfordernissen des Monopols zusammen — gewissen
Beschränkungen unterworfen: sie dürfen, wenn sie einmal in eine
königliche Oelfabrik eines Gaues eingestellt sind, nicht auf eigene
Faust in einen anderen Gau übersiedeln, also ihre Freizügigkeit ist
beschnitten (44, 18 ff.), aber diese Bestimmung, die Sklaven gegen-
über völlig überflüssig gewesen wäre, zeigt gerade, dass wir freie
Arbeiter vor uns haben. Dass sie täglich ein ganz bestimmtes Quan-
tum Arbeit erledigen mussten, spricht nur für die straffe Disciplin,
die in diesen Grossbetrieben herrschte.
Wie es in den grösseren industriellen Betrieben, die die Tempel
unterhielten, gehalten wurde, wissen wir nicht. Tempelsklaven hat
es gegeben^), aber nach dem, was wir sogleich über die Tempel-
doraäne constatiren werden, ist es wenig wahrscheinlich, dass die
Tempelsklaverei überhaupt eine hervorragende Bedeutung gehabt
hat. Rev. Pap. 50, 20 ff. meint jedenfalls mit oi iXaioupyoOv-
lec, £V Tolq hpolc, nicht Sklaven, zumal man von denen kaum die
dTioypa^aL eingefordert haben würde. Also scheint auch die priester-
liche Oelfabrikation in der Hand freier Arbeiter gewesen zu sein.
Für die Kraft, die der Gedanke der freien Arbeit in Aegypten
hatte, sei endlich auf die Thatsache hingewiesen, dass sich sogar in
den Steinbrüchen, die sonst überall wohl in der Regel von Sklaven
1) Vgl. P. Tur. 8, 12 und 17 (II. Jahrh. v. Chr.). Vgl. auch BGU 176
(Hadrian's Zeit), wo Priester sich beklagen, dass ihre Tzoiitzc, zu den Damm-
arbeiten abcommandirt würden.
WIRTSCHAFTSGESCHICHTLICHE BEOBACHTUNGEN.
697
(resp. Sträflingen) bearbeitet werden, IXeu^epot Xaxojioi finden.
Vgl. Petr. Pap. (II) XIII (1) und dazu oben S. 525 An. 1. Sie
sind übrigens ähnlich, wie sonst die Sklaven, in Decurien (unter
5£xaTap)(ac) organisirt. Freilich lässt schon die Hervorhebung von
IXeuO-epoc darauf schliessen, dass es neben ihnen auch Unfreie
dort gab. Aber die Thatsache dieser „freien Steinbrucharbeiter"
bleibt darum doch sehr bemerkenswert.
Für die soziale Stellung der freien Handwerker sind die Ver-
eine von Interesse, auf die wir schon oben S. 330 ff. hingewiesen
haben. 1) Auch auf das ursprüngliche Beieinanderwohnen der
Vereinsgenossen in derselben Strasse, die dann nach ihnen den
Namen erhielt, haben wir schon a. a. O. aufmerksam gemacht.
Unsere obige Liste ist aber auch noch nach einer anderen Rich-
tung von Bedeutung. Es liegt wohl auf der Hand, dass bei einer
so fein gegliederten Arbeitsteilung, wie sie uns in der Liste ent-
gegentritt, von einer Oikenwirtschaft im Sinne von Rod-
bertus-Bücher im Aegypten dieser Zeit nicht die Rede sein
kann. Wenn man die einzelnen Berufsarten durchgeht, so wird
man weiter finden, dass diese verschiedenartigen Handwerke durch-
aus nicht immer direct für den Kunden arbeiteten, sondern dass
der Zwischenhandel voll entwickelt war. Ich will hier gar nicht
auf den alexandrinischen Export hinweisen 2), sondern halte mich
an unsere Liste. Da finden wir Zwischenhändler mit den ver-
schiedensten Bezeichnungen, e^iTiopoi, xa7:yjXoc, (jLexaßoXoL, TiaXiv-
TTpaTOövce^. Auch der Handel mit Spezialartikeln ist entwickelt,
vgl. die [[iaxtOTiöXac, ^uO-OTwwXa: , oivIfiTiOpoL, aiTOxaTnrjXo: u. s. w.
Dass die Töpfer von Koptos für den Export gearbeitet haben,
ist uns zufallig überliefert (Athenae. XI 464 b). Das Product
durchlief also noch andere Wirtschaften, ehe es vom Produ-
centen zum Consumenten gelangte, und damit war, wenn ich Bücher
Inzwischen sind noch weitere Belege hinzugekommen, so das xo'.vov xwv
xexxövcov (Oxyr. I 53), das xo'.vdv xöv atSr^poxaXxitov (Oxyr. 84), xöv xP'-Xy.o-
xoXXr^Xüiv und xcSv ^'jO-otiwXwv (Oxyr. 85). Diese gehören freilich alle dem
IV. Jahrh. n. Chr. an, wo das Zunftwesen ja einen neuen Aufschwung nahm.
Oben haben wir auch schon für die Ptolemäerzeit Belege gebracht. Zum Vereins-
wesen vgl. jetzt Ziebarth, Das griechische Vereinswesen.
*) Vgl. Strabo XVII S. 793.
698
VII. KAPITEL.
recht verstehe, die dritte Stufe seines Schema's, die volkswirt-
schaftliche, erreicht.
Fragen wir endlich nach der Bedeutung der Sklaverei in der
Landwirtschaft. Wir haben ein ausdrückliches Zeugnis dafür,
dass die Aecker Aegyptens nicht von Sklaven, sondern von Freien
bebaut Avurden.^) Varro rer. rust. I 17 sagt: omnes agri coluntur
hominihus servis aut liberis aut utrisque: liheris, aut cum ipsi colunt,
ut plerique pauperculi cum sua progenie, aut merceimariis cum con-
ducticiis liherorum operis res maiores, ut vindemias ac faenisicia ad-
ministrant, idque quos ohaer arios (pperarios f) nostri vocitarunt^ ut etiam
nunc sunt in Äsia atque Aegypto et in Ulyrico complures. Er bezeugt
also für Aegypten die Bewirtschaftung durch die Freien selbst unter
Zuhilfenahme freier Tagelöhner. Durchblättert man unter diesem
Gesichtspunkt die Urkunden, so wird man das varronische Zeugnis
durchaus bestätigt finden. Ich wüsste nicht eine einzige Urkunde
zu nennen, die auf einen landwirtschaftlichen Sklavenbetrieb schliessen
liesse.2)
Da Varro von den Privatleuten spricht, die nur eine kleine
Parzelle ihr Eigen nennen, wollen wdr zunächst die private Wirt-
schaft betrachten. Dass diese kleinen Parzellenbesitzer, die uns
zu Hunderten in den Texten entgegentreten, nicht mit Sklaven
wirtschaften, versteht sich eigentlich von selbst. Vielfach verfuhren
sie so, wie Varro auseinander setzt, d. h. sie beackerten mit Hilfe
ihrer meist sehr zahlreichen Familie ihr Stück Land im Schweisse
ihres Angesichtes und nahmen vielleicht bei der Weinlese oder Heu-
ernte freie Tagelöhner (spyccTaL) zu Hilfe. Vielfach haben sie aber
auch durch Verpachtung die Wirtschaft auf Pächter abgewälzt, die
dann ihrerseits, wie oben beschrieben, das Land bearbeiteten oder auch
wiederum teilweise in Afterpacht gaben (vgl. z. B. P. Lond. CCXVI).
Die [XLaO-waii^ spielt in unseren Texten neben der auxoupyta eine
grosse Rolle. Die eben geschilderte Wirtschaftsart findet sich aber
auch bei grösserem Grundbesitz. Nach Petr. Pap. (II) XXVIII (a)
wird ein makedonischer Soldat mit 30 Aruren (= 82680 üm) bei
^) Vgl. Rudorff, Rhein. Mus. 1828 S. 180. Varges, de stat. Aeg. S. 21.
Lumbroso, Rech. S. 95. Marquardt, St. V. S. 440.
^) In P. Grenf. (I) 47 pachtet der Sklave eines früheren Gymnasiarchen
4 Aruren. Der steht auf einer Stufe mit den Sklaven, die mit Erlaubnis ihres
Herrn ein Geschäft betrieben, wie etwa jene SouXTj yepStatva.
WIRTSCHAFTSGESCHICHTLICHE BEOBACHTUNGEN.
699
Lysimachis im Faijüm als Kleruch angesiedelt (III. Jahr. v. Chr.).
Von diesen 30 Aruren hat er -| an zwei andere Soldaten verpachtet,
^ behält er zu eigener Bewirtschaftung zurück (y.axa t6 zpizow [lipo^
auvyswpyoöVTO^). Ueber die Art der Bewirtschaftung selbst erfahren
wir aus diesem Text nichts. Nach dieser Richtung ist für das
III. Jahrh. v. Chr. die oben S. 436 besprochene Steuerdeklaration
des Asklepiades von Interesse. Gleichviel ob der Mann Grund-
eigentümer oder Pächter ist^), jedenfalls führte er seine Wirtschaft
nicht mit Sklaven, sondern mit yewpyo'^ (iia'9'((i)T0i), also Feld-
arbeitern, die sich ihm um Lohn verdungen hatten. Dass das Freie
waren, zeigt der Titel deutlich genug; auch hätten sie in einer
dTCOYpsc^Yj notwendig sonst als SoöXoc bezeichnet werden müssen.
Hier haben wir solche mercennarii, wie Yarro sie nennt, nur sind sie
nicht Tagelöhner, die aushilfsweise für bestimmte Arbeiten engagirt
sind, sondern sie sind, wie es scheint, dauernd in Lohn genommen.
Doch ich kann hier nicht die einzelnen Wirtschaften durchgehen.
Nur auf den landwirtschaftlichen Betrieb, der uns durch das Wirt-
schaftsbuch von Hermupolis aus der Zeit des Vespasian (s. oben
S. 675) vor Augen geführt wird, sei mit ein paar Worten hingewiesen.
Dieses kleine Gut arbeitet mit zwei Arten von Arbeitern. Einmal
erscheinen da eine Reihe von Männern, fast tagtäglich, die mit
Kamen genannt offenbar dauernd zu dem Hauswesen gehören, etwa
wie die yscopyGl (Ji'.a^(a)TOL) des Asklepiades-), ich meine die
'Ajißpuwv, ''Qpoi;, ^ETziiLccyGQ, Otß:; u. A. Dass sie etwa Sklaven
wären, wird durch nichts indicirt. Ausserdem werden täglich, so
weit wir sehen können, wohl das ganze Jahr hindurch je nach
Bedarf ep^axai angenommen, die für Lohn ({x'.aO-o^) und zwar um
Geld, wie wir sahen, arbeiten. Das sind die mercennarii des Varro.
Neben diesen spyccxat begegnen auch TialSc;, womit hier nicht
Sklaven, sondern Knaben gemeint sind, die als Eseljungen oder
Für letzteres spricht Z. 12: TipoQ xa sxcpöpia 5' öcp£'.Xo[i£v //// toQ
2y.a;jidv5pou x^r^pou. Doch könnte er daneben auch eigenen Besitz haben.
*) Solche freien, dauernd mit dem Haus verbundenen Arbeiter begegnen
auch sonst. Vgl. BGU 146 (III. n. Chr.): 5oöXog ^apa-iwvog 'Owwcppsw; x[aL
5.iXkoQ ^£vo[$j äpfi[xr,c, aOjTOÖ. Dass der zweite kein Sklave ist, geht aus
dem Gegensatz klar hervor. Und doch heisst er „sein äpydzr^^". Vgl. auch
den §pYäxy,g, den der Priester 'ApTCO^pag dem Gutshof bei Hermupolis auf einen
Tag vermietet (Kenyon, S. 182 Z. 406).
700
Vn. KAPITEL.
zum Ausjäten des Unkrautes und ähnlichen leichten Arbeiten in
Lohn genommen werden. Wenn man sieht, wie diese freien länd-
lichen Tagelöhner beständig die notwendigsten Arbeiten verrichten,
so wird man die Annahme, dass etwa ausserdem ein grosses Sklaven-
heer bestanden habe, das nur in den Rechnungen nicht erwähnt
werde, als durchaus unwahrscheinlich zurückweisen. Dass da ein
paar Sklaven gewesen sind, ist ganz gut möglich. Aber die Arbeit
ruhte vor Allem auf den dauernd mit dem Hause verbundenen
Arbeitern sowie auf den freien Tagelöhnern, die Tag für Tag,
oft in grösserer Zahl, in Lohn genommen wurden. — Ganz ähn-
lich w^ar die Wirtschaft auf dem Gut, dessen Ausgaben uns durch
BGU 14 (vom Jahre 255 n. Chr.) z. T. erhalten sind.
Wie stand es nun mit der Sklaverei in den königlichen und
heiligen Domänen? Diese Frage ist für das System noch wichtiger,
da es sich hier nicht um kleinere oder grössere Parzellen, sondern
um ganz gewaltige Latifundien handelt, die in ihrer Gesammtheit
den grössten Teil des Landes ausmachten. Die Urkunden sprechen
dafür, dass auch in diesen Domänen die Sklaverei sicherlich keine
hervorragende Rolle gespielt hat. Ja, wir können überhaupt nicht nach-
weisen, dass hier irgendwo Sklaven verwendet worden wären. Diod. I 74
berichtet folgendes: ol \iey oöv yswpYol {xixpoö zivoq tyjv zapTio^öpov
y^v TY]v Tuapa tou ßaatXewg %od twv cepltov zal twv {JLa)(i'|jio)v
[ita-ö-oopievoL ScaxeXoöac xov TiavTa yjpo^ov Tiepl tyjv ipyaQi(xv byxeq
ific, )(a)pag. Das ist zwar kein Zeugnis pour Vepoque des Ptolemees
(Lumbroso, Rech. S. 94), denn Diodor spricht hier wie in dem ganzen
Abschnitt von der Pharaonenzeit, von den ol xö TiaXatov xy]V Al'yuTi-
xov xaxocxoövxe^ (vgl. Observat. ad bist. Aeg. S. 10). Aber was
er hier über die königliche und heilige Domäne sagt, wird allerdings
durch die Urkunden auch für die Ptolemäerzeit noch als zu Rechte
bestehend erwiesen. Es scheint in der That, dass diese Domänen
in der Regel, in kleinere Parzellen zerlegt, an Pächter vergeben
und von diesen in der oben angedeuteten Weise bewirtschaftet wurden.
Solche Pächter nannte man, ebenso wie die Pächter von Privatland ^),
^) Varges S. 21 irrt, wenn er die Varronische Notiz über das Fehlen der
Sklaverei durch den Mangel an Latifundien erklären will. Auch die Besitzungen
der reichen Alexandriner im Lande mögen gelegentlich den Charakter von Lati-
fundien gehabt haben. Vgl. oben S. 415.
2) Vgl. oben S. 185flf. Vgl. jetzt auch Paul Meyer, Philolog. LVI S. 203.
WIRTSCHAFTSGESCHICHTLICHE BEOBACHTUNGEN. 701
yewpYOL (= coloni), was an und für sich nur den Feldarbeiter be-
deutet, der fremdes, nicht eigenes Land bebaut, Die Pächter von
königlichem Domanialland hiessen speziell ßaaiXty.ol yeißpyoi, vgl. Petr.
Pap. (II) S. 36 und Pap. Paris. 12 (III. und II. Jahrh. v. Chr.).
Auch in der Kaiserzeit hat sich dieselbe Institution erhalten, nur
nannte man die Pächter jetzt öfter 5y]|iöatoi yeiopycL^) als ßaadtxol
yecöpyoL^), oder, wo es sich speziell um yy] o'ja'.axy) handelte, auch
wohl [xiaO'COxal o'jaiav.o''.*) Dass mit diesen ßaaiXixol und SyjjiöaLoc
Y£ü)pYO^ wirklich Pächter gemeint sind, ergiebt sich schon daraus,
dass sie excpop'.a zu zahlen hatten (s. oben S. 185 ff.). Dass die
heilige Domäne aber in derselben Weise von hri\i6aioi ^(Stjypyoi be-
wirtschaftet wurde, zeigt z. B. P. Lond. CCLVI, aus der Zeit des
Augustus, wo folgende Worte begegnen: bri\ioaioic, Y^wpYoTc, zlc, f^v
YewpYoOai ßaaiXixT/V xal hpocv xal eilpav y'^v« Ebenso wie hier
handelt es sich um den Vorschuss der Aussaat^) an die 5r^[Ji6a:o:
ytbipyoi auch in BGU 20 (vom Jahre 140/1), wo es heisst: [xspca-
jiö? 07r£p[xaT(ov 5ioL7.7ia£a)? TTjc, T£ ^<xa'.Xr/,fiq xal i£pa^ xal Tzpoqohou.
Vgl. auch BGU 624. Für die Ptolemäerzeit vgl. P. Paris. 63, 178:
Tü)v — TY]v L£pav Y£wpY2'JVTa)v.
Wir hören, dass der Staat gelegentlich Gewalt anwenden musste,
um die nötigen Pächter zu bekommen. Das war z. B. vor dem
Amtsantritt des Julius Alexander geschehen, und gegen diesen Miss-
brauch der staatlichen Macht wendet sich der Präfect in seinem Edict
(CIGr. 4957, 10: aXXa? [iia^waeii; o'jaLaxa?). Allmählich scheint
die Vorstellung, dass man zur Pacht gezwungen werde könne, Fort-
schritte gemacht zu haben, denn in BGU 648 vom Jahre 164 oder
*) So wird man die Ystopyol jjL'.a9-(ü)ToO des Asklepiades, die zu seinem
Hausstand gehören und ohne jeden Anhang sind, lieber für solche Feldarbeiter
als etwa für seine Pächter halten.
2) Vgl. P. Lond. CCLVI. Grenf. (Ij 45, 46. CIGr. 4957, 32. BGU 84;
471; 560,23; 589; 659 und öfter.
^) So in P. Lond. CLXXVII aus dem I. Jahrh. n. Chr. Eine bei Ziebarth,
Griech. Vereinsw. S. 213, mitgeteilte Inschrift nennt einen Verein, eine auvoSog
Yscopytüv Kaiaapog (aus Tiberius Zeit).
*) Vgl. BGU 599, 9.
Von den sxcpdp-.a ßaa'.X'.xä und der r,ix'.o/doi a-£p|iaxo)v solcher yBiopyoi
handelt der Wien. Pap. 31, aus der Zeit des Augustus. Vd. Wessely, Wien. Stud.
1882. Die griech. Pap. d. kais. Samml. 1885 S. 23. Dazu Observat. ad. bist.
Aeg. S. 47f.
702
YII. KAPITEL.
196 n. Chr. beruft sich eine Frau auf die Erlasse der Präfecten
und Procuratoren dafür, dass sie „als Frau" nicht zur Staatspacht
herangezogen werden könne: '^e(i)pyi(xq ßaadtx"^? yf^q, elc, t^v yuvy]
oöaa oi)X ö^etXd) xa^lXxea-ö-ac . . . ItceI xal axexvo? £l\ii xal oube
£[jLauT7ji aTiapxsTv Suvafiat. Sie bezeichnet darauf der Behörde die-
jenigen Personen, die zur Pacht genommen werden könnten.
In der Ptolemäerzeit scheint unter besonderen Umständen, wohl
in schwierigen wirtschaftlichen Krisen, gelegentlich diese Vergewalti-
gung der Bevölkerung durch königlichen Erlass legalisirt worden
zu sein. Das ist meines Erachtens der Sinn des Pap. Paris. 63
aus dem II. Jahrh. v. Chr.^), der die Interpretation eines TTpo^xayiJLa
enthält, nach welchem alle finanziell Leistungsfähigen zur yscopyia
der ßaatXtxyj herangezogen werden sollten. 2) In Z. 163 ff. wird
darauf hingewiesen, dass auch früher schon einmal „unter ähnlichen
Verhältnissen" eine solche Massregel getroffen sei.^) Wie lange der
vorstehende Erlass in Gültigkeit gewesen ist, wissen wir nicht.
Wenn die Regierung in dieser Weise die Bevölkerung zur Ueber-
nahme der Domänenpacht zwang, so näherte sich damit allerdings
die Leistung der Bevölkerung stark der Fronarbeit.
Wir können hier nicht auf die Entwickelung dieser Pachten
eingehen.^) Für unsere Frage ist nur von Wichtigkeit, dass diese
Pächter der königlichen und heiligen Domäne aus der freien Bevölke-
rung entnommen wurden, wie sowohl aus dem Pap. Paris. 63 als
Vgl. Lurabroso, Rech. S. 89 ff. Eevillout, Melanges S. 251 ff.
^) Man pflegte bisher aus diesem Text zu folgern, dass die gesammte
Bevölkerung, soweit sie finanziell leistungsfähig war, hierdurch zur Uebernahme
alljährlicher Fronarbeiten auf den königlichen Domänen gezwungen worden sei.
So Lumbroso, Rech. S. 89, der diese corvee de V ensemencement des terres royales
der Verpachtung (hail) auf S. 94 gegenüberstellt. Auch ich habe bisher diese
Meinung geteilt. Aber bei wiederholter Leetüre sind mir Bedenken gekommen,
ob es berechtigt ist, die hier behandelte yscopyta der ßaoiXcxY) von der
sonst überlieferten yswpyda ßaaiXi-xi^ (= Pacht) zu trennen. Mir scheint, dass die
obige Auffassung der Urkunde durchaus dem Wortlaut entspricht. — Dass der
Erlass übrigens für damalige Zeit ein Novum brachte, zeigt schon die Thatsache,
dass er in allen Bureaus missverstanden wurde.
^) "Ov xpÖTiov xal xaxa tyjv 6|j.otav Tcsptaxaaiv 'luuäXou toö xöxs
upoxa'9-YjjJisvou tfic, yßpccc, 7ipoxpsc}ja|xevo'j zouq axpaxrfj'G'j^ xal xoug Xacug
smSeSaoO-at xa zyjc, daxo?aag xxX.
*) Vgl. P. Meyer, Philol. LVI S. 203 ff.
WIRTSCHAFTSGESCHICHTLICHE BEOBACHTUNGEN.
703
auch aus den erhaltenen Pächterlisten der Kaiserzeit unzweideutig
hervorgeht. Vgl. z. B. 659 IL PER I 33. Vgl. auch den ßaaiXc-
y,oc, Yswpycg in P. Lond. CLXXVII.^)
Wir sind somit zu dem Resultat gekommen, dass weder in der
Industrie noch in der Landwirtschaft die Sklaverei einen hervor-
ragenden Factor dargestellt hat. Mögen auch, was wir nicht wissen,
aber anzunehmen nahe liegen könnte, auf den kaiserlichen und den
heiligen Domänen Sklaven beschäftigt worden sein, zu irgend welcher
dominirenden Bedeutung fiir das Wirtschaftsleben sind sie jedenfalls
nicht gekommen. Nachweisbar ist in Aegypten die Sklaverei in der
Hauptsache nur als Haussklaverei und auch hier in beschränktem
Umfang. Und wenn wir sehen, dass die Sklavinnen als Concubinen
des Hausherrn unter diesen Haussklaven die erste Rolle spielen,
so gewinnen wir, alles in allem betrachtet, den Eindruck, dass die
Sklaverei in dem Aegypten der • griechischen und römischen Periode
über die Entwickelungsstufe, die sie in Griechenland etwa in der
homerischen Zeit erreicht hatte und im Orient mit wenigen Aus-
nahmen 2) zu allen Zeiten festgehalten hat^), trotz der griechischen
Besiedelung nicht gar zu weit hinausgekommen ist.*)
Fragen wir endlich nach den tieferen Gründen, weshalb
speziell in Aegypten sich keine bedeutende Sklaverei entwickelt hat,
so wird man auf die ungewöhnlich dichte Bevölkerung (s. oben
^) Dass die Yswpyo'! in BGU 7, unter denen sich 2 Sklaven befinden,
Sr^jida'.O'. yscopYGi sind, ist nicht ausdrücklich gesagt, ist aber doch nicht un-
wahrscheinlich.
Dahin gehört — abgesehen von Babylonien (Meyer, Sklav. S. 26) —
die Ueberführung grosser Sklavenmassen nach Aegypten im Verfolg der grossen
Eroberungskriege des neuen Reiches. Ramses III. hat während seiner langen Re-
gierung im Ganzen 113 433 Sklaven an Tempel verschenkt, davon allein 86 486
an den Ammon von Theben. Dass dies eine Ausnahme, hebt auch Meyer hervor.
War der Grund vielleicht der, dass die einheimische Bevölkening durch die
Jahrhunderte hindurch geführten grossen Kämpfe zusammengeschmolzen war?
^) Vgl. Ed. Meyer, D. Sklaverei S. 20 0". Ueber den Unterschied zwischen
den orientalischen und den klassischen Völkern sagt Meyer S. 28 zutreffend:
„Das intensive Sklavenbedürfnis, der Heisshunger nach Sklaven,
welcher für die spätere römische Republik so charakteristisch
ist, fehlt dem Orient durchaus, weil die wirtschaftlichen Verhältnisse
ganz andere waren."
Vgl. Ed. Meyer, D. Sklaverei S. 18 ff. Als neu gegenüber den älteren
Zuständen wäre namentlich das starke Hervortreten der Kaufsklaven zu nennen.
704
S. 490 f.), auf ihre ausserordentliche Bedürfnislosigkeit und auf ihre
sich ewig gleich bleibende politische Unmündigkeit hinweisen können.
Wenn bei den klassischen Völkern, bei dem Aufschwung von Handel
und Industrie, das Bedürfnis nach billigeren Arbeitskräften, als die
Freien sie liefern wollten, zum Anwachsen der Sklaverei geführt
hat, so bot hier in Aegypten die einheimische Bevölkerung selbst
das denkbar billigste und anspruchsloseste Arbeitsmaterial, das zu-
dem unter dem andauernd despotischen Regiment beliebig zu Fron-
arbeiten herangezogen werden konnte.^) Es fehlten hier somit die
wirtschaftlichen, sozialen und politischen Bedingungen, die anderwärts
zur Entstehung einer starken Sklavenschaft geführt haben.
^) Es steht fest, dass selbst die ersten Ptolemäer, die so glückliche Kriege
geführt haben, keine Sklavenmassen nach Aegypten gebracht haben. Dass die
Officiere, wie wir oben sahen, sich ihre Sklavinnen aus dem Felde heimbrachten,
spricht nicht dagegen. Was Pseudo-Aristeas über massenhafte Verschleppung von
Juden durch Ptolemaios I. fabelt, wird hoflfentlich von Niemand mehr ge-
glaubt. Vgl. Hugo Willrich, Juden und Griechen S. 22 ff. Dagegen ist über-
liefert, dass Ptolemaios I. nach der Schlacht von Gaza 8000 kriegsgefangene
Soldaten in die aegyptischen Nomen verteilt, d. h. angesiedelt hat (Diod. XIX
85, 4), Das bedeutet nur eine Verstärkung des Heeres. Ein solcher Kriegs-
gefangener begegnet in Petr. Pap. (II) XXIX b in dem 'AXxsxag xöv dTTÖ X7]<;
'AoCag aij(|^aXü)Xü)v (III. Jahrh. v. Chr.). Das Interessante an dem Texte ist,
dass der Mann nicht etwa Sklave geworden ist, sondern vom König einen xX'^pog
bekommen hat, also freier xXripody^og geworden ist.
VIII. KAPITEL.
Es sollen hier solche Ostraka unserer Sammlung, so weit
nötig, besprochen werden, die keine Steuerquittungen sind und in
den früheren Kapiteln nicht erläutert worden sind.
1. Die Ostraka aus Dakkeh-Pselkis.
Vgl. 1128—1146, 1220, 1223. Vgl. 1265.
lieber den Fund ist bereits oben S. 20 gesprochen. Die Quittungs-
formulare sind auf S. 128 erklärt worden.
Ich habe diese Texte in den Anfang des III. Jahrh. n. Chr.
gesetzt, wie es auch schon Niebuhr gethan hat. Xur Kr. 1265, deren
Zugehörigkeit zu dieser Gruppe freilich nur auf Vermutung beruht,
gehört in die Zeit des Commodus. Den Jahreszahlen nach hätten
auch die anderen Texte auf Commodus bezogen werden können.
Wenn ich sie trotzdem auf Caracalla bezogen habe, so war für mich
bestimmend, dass uns bei dieser Ansetzung bei dem optio Askle-
piades die Wirkung der Constitutio Antonina vom J. 212 entgegen-
tritt, Dieser heisst in 1128—1132, 1134, 1135 'AaxXyjTi'.aSyi;,
dagegen in 1137, 1139, 1140 A\)priXioq 'AaxXyjTiia^yjg. Bezieht
man die Daten auf Caracalla, so wird er mit dem Aureliernamen
von 215 an benannt. 2)
Diese Scherben führen uns in das römische Lagerleben hinein.
Dass dieser AwSszaa^oivo^ genannte südlichste Strich des römischen
Reiches^) seit Augustus von römischen Truppen besetzt gehalten
wurde, ist bekannt. Ruinen römischer Castelle und zahlreiche Soklaten-
Hermes XXVII S. 294.
*) Vgl, 1469, wo eine und dieselbe Person im J. 215 «I'p.ouO'y,;, im J. 217
Aupyihoz 4>}ioud-r^5 genannt wird.
«) Vgl. Hermes XXIII S. 596 A
WiLCKEN, Ostraka *5
706
YIII. KAPITEL.
inschriften aus den drei ersten Jahrhunderten illustriren dieses Factum.
Unsere Ostraka nun sind mit wenigen Ausnahmen^) Quittungen, die
römische Soldaten über empfangenen Sold ausstellen. Dass er ihnen
teils in Geld, teils in natura verabfolgt wurde, haben wir schon
oben in Kapitel VII hervorgehoben. Hier sei noch hinzugefügt, dass
mehrere der Zahlungen als Vorschusszahlungen charakterisirt werden.
Vgl. £7rl Tipoxpetoc (H^l, 1139, 1145), axp: toö di^mlou (1129),
axpc Xoyoi) auvapaeto? (1135).
Der Truppenteil, dem unsere Soldaten angehörten, wird nirgends
genannt. Es wird eine Gehörte gewesen sein und zwar eine cohors
equitata, denn neben den Fusstruppen werden auch Reiter genannt.
Vgl. 1130, 1140, 1144. Inschriftlich begegnen in der Dodekaschoinos
Soldaten verschiedener Gohorten, wie der aTielpa 'laTiavwptov (CIGr.
5043, 5046), aTceTpa ß 'IxoupaLtov (5080, 5081), yßpzrj ä eYjßac((öv)
(5052 — 5054). In Dakkeh selbst wird die an zweiter Stelle ge-
nannte Gehörte erwähnt (5081), ausserdem ein Arzt der legio XXII.
Aber über den Garnisonort scheint mir damit nichts Sicheres aus-
gesagt zu sein, da solche irpo^XDV'i^iJLa'ca auch auf dem Marsche oder
bei vorübergehenden Gommandos gemacht werden konnten. 2)
Die Namen der Soldaten sind römisch oder griechisch oder
aegyptisch. Auch unter den 6 Genturionen, die genannt werden,
begegnet ein Mann mit aegyptischem Namen: (1128, 1130).
Die Turmenführer, die erwähnt werden, haben beide aegyptische
Namen: 'I[ji[o60'Y]g] (1140) und Kovou[9i^] (1144).
Als Option es, die mit der Getreideverteilung betraut sind, be-
gegnen Mapzo? A\)pr]XiQq 'laiSwpo? (1135) und der schon erwähnte
Asklepiades. Letzterer wird bald otitlwv genannt (1128, 1129,
1131, 1132, 1139, 1143), bald ÖTiTctov TiapaXYjjjiTiToi) acxou (1130,
1134, 1136), bald 7rapaX%7tTY]^ aixou (Hob, 1140). Mit letzterem
Titel allein begegnet neben ihm ein na[JLß'^7wi^ in 1135. An
militärischen Titeln treffen wir sonst noch den xcßapaxwp (1142,
1265) und den zzaazpOLpioq (1143, 1146).
^) 1135 ist eine Anweisung zur Auszahlung. 1138 ist von Praktoren
geschrieben.
■-) P. Meyer, Jahrbb. Phil. 1897 S. 583, folgert vielmehr, dass in Dakkeh
ein ständiges Detaehement der legio XXII gelegen habe. Die Möglichkeit soll
nicht bestritten werden.
II. DIE OSTRAKA VON SEDMENT.
707
Es sei nochmals hervorgehoben, dass meine Lesungen, da sie
sich nicht auf die Originale, sondern auf Facsimilia stützen, viel-
fach unsicher sind.
2. Die Ostraka von Sedment.
Vgl. 1091—1125.
lieber den Fund und den Fundort ist schon oben S. 22 und
namentlich S. 24 berichtet worden. Das Verständnis dieser Urkunden
wird dadurch sehr erschwert, dass ihre Schreiber in Knappheit und
Wortkargheit geradezu excelliren. Nirgends ist ein Verbum zu finden.
Die Schemata lassen sich in zwei Gruppen teilen.
1. Datum — atxo^ eines Dorfes — yevT^fxaTO^ eines Jahres —
hioc 5va)v desselben oder eines anderen Dorfes — Säcke oder Esel
resp. Artaben so und soviel. Vgl. 1092, 1096, 1098, 1100, 1101,
1103, 1104—1110, 1116—1120. In 1091, 1093, 1094, 1095,
1097, 1099, 1102, 1113, 1115, 1121, 1122 ist olto^ an die Spitze
gestellt. Mehrfach fehlt hioc ovwv, so dass das zweite Dorf im Genetiv
für sich steht. In 1111 ist yevi^iJLaTO? an die Spitze gestellt.
2. In der zweiten Gruppe fehlt acTO^. Vgl. 1112, 1114, 1123,
1124. Die anderen Elemente sind verschieden geordnet.
Es lassen sich mehrere Möglichkeiten denken, diese disiecta
membra mit einander zu verbinden. Ich schlage folgende vor.
Die Ostraka sind sämmtlich, wie wir oben S. 24 sahen, an
einem Platze gefunden. Die Schreiber dieser offenbar amtlichen
Beurkundungen werden dort ihr Bureau gehabt haben. Dies Bureau
lag nicht weit von dem Eingang zu dem schmalen Thal, das in
das Faijüm hineinführt. Die Dörfer, deren aixoXoyoi genannt werden,
liegen sämmtlich im Faijüm; von den meisten ist es nachweisbar,
von den anderen ist es anzunehmen. Dagegen liegen die Dörfer, die
an zweiter Stelle in Verbindung mit den Eseln genannt werden, nur
z. T. im Faijüm, z. T. aber, wie ausdrücklich hinzugefügt wird, in
den benachbarten Gauen der Heptanomis (s. nächstes Kapitel).
Ich vermute nun, dass unsere Ostraka besagen sollen, dass an
dem und dem Tage aus dem und dem Dorfe des Faijüm so und
so viele Artaben Getreide auf Eseln, die z. T. aus den Nachbargauen
requirirt waren, exportirt sind und die Controlestation von Sedment
passirt haben. Alle Einzelangaben der Texte würden unter dieser
Annahme zu voller Wirkung kommen. Da die Scherben in Sedment
45*
708
yni. KAPITEL.
gefunden sind, so haben wir nicht Bescheinigungen vor uns, die
etwa den Getreidetransporteuren gegeben wären, sondern die Notizen,
die die Controleure von Sedment für ihre Bücher sich gemacht
haben. Daher die abrupte Sprache.
Ist diese Deutung richtig, so ergiebt sich, dass die Getreide-
lieferungen der Dörfer, soweit sie für die i^ayidYQ, für die Abführung
nach Alexandrien bestimmt waren, nicht etwa erst an den Haupt-
thesauros von Arsinoe gingen, sondern direct von dem betreffenden
Dorfthesauros aus an den Nil und weiter nach Alexandrien abge-
führt wurden. 1)
3. Varia.
Endlich seien hier diejenigen Ostraka, die zu keiner der bisher
behandelten Rubriken gehören, übersichtlich zusammengestellt.
Literarische Stücke: 1147, 1148, 1149, 1226, 1310, 1488.
Erlasse, Befehle, Anweisungen etc.: 1153, 1159,
1160—1162, 1164, 1165, 1217, 1218, 1538, 1597, 1603-1605.
Privatbriefe: 1151, 1152, 1154—1157, 1163, 1219, 1220,
1307.
Contracte: 1158, 1224.
Privatquittung: 1221.
Abrechnungen etc.: 1166—1203, 1205, 1207—1209, 1214,
1216, 1223, 1299, 1302, 1305, 1480, 1481, 1483 — 1485,
1598—1600, 1611.
Personenlisten: 1210 — 1213, 1215, 1300, 1301, 1308,
1482, 1486.
Eid: 1150.
Horoskope: 1601, 1602.
Verschiedenes: 1204, 1309.
^) Aus dem III. Jahrh. v. Chr. haben wir in Petr, Pap. (II) XX Urkunden,
die über den Transport des aizoc, ßaaiXtxög aus dem Faijiim auf dem Wasser-
wege berichten. In Col. II (letzte Zeile) habe ich in GGA 1895 S. 154 Mahaffj-'s
Druck miss verstanden. Am Original sah ich, dass wirklich dasteht: Tiapa xag
p C (= dpxaßa^) £•-. Bei der Lückenhaftigkeit des Textes bleibt mir diese
Bestimmung unklar.
IX. KAPITEL.
Die topographischen Angaben.
Es soll in diesem Kapitel besprochen werden, was in topo-
graphischer Hinsicht den Ostraka zu entnehmen ist.
Beginnen wir im Süden. In 271 wird nach meiner Ergänzung
(s. oben S. 289/90) ein Castell bei $o:viz((j[)v) in Xubien erwähnt.
Ich habe dabei an die Ortschaft gedacht, deren Olympiodor (FHG
IV S. 66 § 37) gedenkt. Er erwähnt sie zusammen mit Ilptjjia
(=npf|[Xi5), Xcpig, 0a7:ic und TaApii^. Es liegt näher, an diese
zu denken, als an das Phoinikon auf dem Wege zwischen Koptos
und Berenike. Vgl. Kot. dign. or. XXXI 49 (Joenieionis).
Die aus Dakkeh stammenden Texte enthalten keine topo-
graphischen Angaben.
Dagegen ist äussert häufig die Xennung von Svene und Ele-
phantine.i) Die erstere Stadt, das heutige Assuän, heisst in der
Ptolemäerzeit (1, 295, 1608, vgl. P. Leid. Q) und unter Augustus
(2) SuT^vrj, dagegen in den späteren Texten wohl regelmässig Sor^vrj.^)
Das ist die Transcription des aegyptischen Namens &wnt, der „Handel",
resp. „Handelsplatz" bedeutet.^) Der Bewohner heisst SoY^vtirj^ in
CIGr. 4892, 33 (Diokletian). Welche Baulichkeit mit der lepa izxikri
SGYjvr;? gemeint ist, ist nicht klar. Vgl. oben S. 611.
'EXe^avTiVYj kommt nur in dieser einen Schreibung vor. Der
Bewohner heisst 'EXs^avTCVcxr^g in CIGr. 4892, 33 (Diokletian).
^} Nebenbei sei erwähnt, dass in dem unpublieirten Mumienetikett Brit.
Mus. 9892 c (röm. Zeit) Philae mit dem einheimischen Namen HiJ^ax begegnet.
2) So heisst es im III. Jahrh. v. Chr. Mu^pig (Petr. Pap. II. 28 VII 18),
dagegen in der Kaiserzeit Mo^p'.^.
') Vgl. Erman, Aeg. und aeg. Leben S. 659.
710
Doch scheint auch 'EXecpavieu^ in P. Paris. 5, 43 den Elephantiner
zu bezeichnen, da das in Z. 3 vorhergehende T£(xtü)v) die Deutung
als „Elfenbeinarbeiter" ausschliesst.^) 'EXs^aviLVY] ist die Ueber-
setzung des aegyptischen Namens Jeh (mit dem Elephanten deter-
minirt), „die Elfenbeinstadt", der oflPenbar in dem hier an der Süd-
grenze mit den Nachbarn eifrig gepflogenen Elfenbeinhandel seine
Begründung hat.-) — Im Gebiet von Syene-Elephantine liegt die
T{jLouaav£(i)5 (657).
In dem unpublicirten Ostrakon Ashmolean Mus. 562 (Trajan)
glaubte ich 7rpax(T(i)p) apY(upLXY]0 zu erkennen. Dies könnte
EcXst'ö'Uia^TioXL^ bedeuten — das heutige el-Käb, nördlich von Edfu.
Umstritten ist die Lage der KpoxootXwv TioXii;, die in
unseren Ostraka 1617 ff. begegnet. Diese Texte bezeugen, was auch
sonst bekannt ist (vgl. P. Grenf. I), dass die Stadt im II. Jahrh.
V. Chr. zum Pathyritischen Gau gezählt wurde. Der Lokalname
nY]tx(. . .), der in 1617, 1618 genannt wird, scheint eine Toparchie
zu bezeichnen. Nach Hess' freundlicher Mitteilung stammen diese
Texte aus Gebelen. Andrerseits kommen dorther aber auch Ur-
kunden, die ihrem Inhalt nach zu schliessen aus Ila^öpig stammen.
Vgl. die von Daressy herausgegebene Inschrift bei Jouguet, Bull,
corr. hell. 1897 S. 142. Dieses üa-ö-OpL^ ist offenbar das Original
zu der griechischen Uebersetzung ^ K^pohixfic, TzoXic, (Hathorstadt).
Nach dem mir vorliegenden Material scheint die Annahme richtig
zu sein, dass Ha-ö-öpL^ = 'A^poStTyj? noXic, das heutige Gebelen ist,
und dass die KpoxoScXwv tioXl^, übereinstimmend mit Strabo XVII
S. 817, nördlich davon zu suchen ist.^) Mir scheint manches
dafür zu sprechen, dass beide Orte in allernächster Nachbarschaft
bei einander gelegen haben. Es sieht fast so aus, als wenn
sie ein gemeinsames Hauptheiligtum oder doch gemeinsame Götter
gehabt haben. P. Grenf (I) 25 nennt in einem Contract aus Pathyris
einen ispsu^ Souxou xal 'A^po^LTr^?, 27 in einem Contract aus
Krokodilopolis einen tepeu? 2]ou)(Oi> ^^o\j {i.f^loiou xal 'A^po-
ScTY]?, 44 einen tepsug 'A^poStirj^ xal Souxou. Suchos ist aber
^) Das könnte neben sJ.scpavTOöpyös stehen wie "/olKv.Z'Öc, neben yjx\Y.o'jp^6c,.
2) So Erman a. a. O. Ebers, Cicerone II S. 118. Wiedemann (Herodot
II. Buch S. 118) erklärt den Namen vielmehr mit der „Gestalt der Insel, die
entfernt an einen Elephanten erinnert''!
^) Vgl.-P. Grenf. (II) S. 42.
DIE TOPOGRAPHISCHEN ANGABEN.
711
der Krokodilgott Sobk, der gegebene Gott für eine KpoxoStXtov
tzoXl^ sowie 'A^poStTY] für üa^öpic. Es sei auch darauf hingewiesen,
dass der Contract P. Grenf. (I) 27 vor dem Agoranomos von Krokodilo-
polis aufgesetzt, die Kaufsteuer aber an die Bank von Pathyris ge-
zahlt wird. Das Umgekehrte in P. Grenf (II) 35. Hiernach sollte
man meinen, dass die beiden Orte unmittelbar neben einander ge-
legen haben. ^)
Auf dem Ostufer, gegenüber von Rizagät liegt heute Tud, das
Tou^tov des Ptolemaios (IV 5 § 73). Hiermit möchte ich das
Oö^cov in 901 und 1259 identificiren. Da der alte Stadtname
Hf („Schlangenstadt") bald mit bald ohne Artikel (t) steht, so er-
klärt sich daraus das Nebeneinander der beiden Formen OucpLOV und
T0U910V. Dass hier im II. Jahrh. n. Chr. ein römisches Lager ge-
wesen (7rap£(xßo).r^), ist sonst wohl nicht bezeugt.
In Bezug auf Hermonthis (Erment), das häufig in den Ostraka
begegnet, hebe ich nur hervor, dass durch 324 eine Lokalität
T|xovT£)((. . .) innerhalb dieses Gaues bezeugt wird.
Ergiebiger sind die Angaben der Ostraka über Theben. Die
Ostraka der Ptolemäerzeit, wie auch die sonstige urkundliche Tradi-
tion dieser Periode, kennen nur einen amtlichen Namen für diese
einstige Hauptstadt Aegyptens, nämlich Alo^ izoXiq [leyaXy], die
„grosse Ammonstadt".^) Der Name begegnet auch noch im Jahre
19/20 n. Chr. in 362 und im Jahre 68 n. Chr. in 422. An letzterer
Stelle freilich steht Ac6(^ TzoXiq) in Verbindung mit dem sogleich zu
besprechenden Noiou xal Aißo^.
Etwa vom Jahre 100 n. Chr. an ist die übliche Bezeichnung
für die Gesammtstadt \iriXp6noXiq. Der Name A:ö? noXic, kommt
ausser jenen beiden Fällen in den Ostraka der Kaiserzeit nicht
mehr vor. Neben diesem zusammenfassenden Namen [xyjTpoTtoXt^
begegnen mehrere andere, die offenbar einzelne Teile darstellen, wie
Diese Vermutung wird mir nachträglich von SteindorflF bestätigt. Aphro-
ditopolis erkennt er in dem am westlichen Fuss des Gebel Schech Musa ge-
legenen Dorfe Gebelen. Den Gebel Schech Musa selbst aber, der einst eine
Insel bildete und daher wie andere Nilinseln den Sobk zum Lokalgott hatte,
hält er für Krokodilopolis , wofür die in der Nähe gefundenen Krokodilgräber
sprechen.
Die merkwürdige Verbindung dieses Ortes mit dem griechischen Stadt-
namen Theben tritt amtlich nur in Ilepl Oi^ßag, ÖYjßats und Or^ßapxo^ auf.
Die Stadt selbst heisst „Theben" nur im poetischen Gebrauch. Vgl. CIGr. 4961.
712
IX. KAPITEL.
XapaS, NoTO?, Noto? .xal Ai^, 'Q^f^ov, 'Ayopat u.a. Ich habe
schon Rhein. Jahrb. LXXXVI S. 246 f. einige dieser Namen als
O ertlichkeiten auf dem Boden des alten Theben nachgewieseu.
Wenn ich daselbst, anknüpfend an die Worte Strabo's XVII
S. 816 „vuvl be xwjJiyjBov auvoixeixaL" angenommen habe, dass diese
Oertlichkeiten als xwjjiac aufzufassen seien, so kann ich diese An-
sicht heute nicht mehr aufrecht erhalten. In dem thebanischen
Papyrus Lond. CXIX (Kenyon S. 147) findet sich die Ueberschrift :
MfiTpoTzolziiX; ofJLOtü)^ Xavpocc, Xapaxog. Ebendort S. 150 steht:
NoTOU Xocupac, o^olw«;, und in unserem Ostrakon 834 heisst es:
7rp(axT0)p) acT:x(a)v) Xaup(a^) oder wohl besser Xaup(ü)v) Xap(axog)
xal 'AYOpa)(v) ß. Kenyon hat bereits aus den beiden ersten Stellen
den richtigen Schluss gezogen, dass Charax und Notos Bezirke der
Metropole selbst darstellen, und durch das Ostrakon gewinnt diese
Ansicht eine neue Stütze. Diese Texte lassen in der That keinen
Zweifel daran, dass Xaupa die officielle Bezeichnung für die genannten
Lokalitäten ist.^) Freilich wird man Xaupa hier ungern in seiner
gewöhnlichen Bedeutung als „Strasse" fassen, wenn man sieht, welche
Massen von Personen für einzelne Namen wie Xapa^, Noio? u. a. ge-
nannt werden. Es kommt dazu, dass die Strasse in Aegypten sonst
immer xö ajicpoSov oder y] pu[XY] heisst. '2) Der Zusammenhang erfordert
für Xaupa eine weiter greifende Bedeutung, wie etwa „Quartier".^)
Diese Auffassung findet darin ihre Bestätigung, dass die Getreide-
lieferungen für die genannten Lokalitäten mit in den Thesauros der
[iflxpoizoXic, abgeführt werden, und dass die Erhebungsbeamten der
Metropole auch die Abgaben Jener erheben. Andrerseits ergiebt sich
aus dem Gesagten, dass die Xü)[iac, die in der Verbindung -öngaaupö?
xwpiwv häufig genannt werden (vgl. z. B. 979), nicht jene Quartiere
sind, wie ich früher annahm, sondern irgend welche Dörfer, die der
Metropole unterstehen. Betrachten wir uns die einzelnen Namen
dieser Stadtquartiere (Xaupat).
^) A. a. O. meinte ich, da ich nur das erste Beispiel kannte, dass die
Strasse nach der von mir angenommenen Ortschaft genannt sei.
^) Wo in den byzantinischen Texten, wie in BGU 679, 681 und öfter,
Xa'jpa begegnet, ist der Begriff „Quartier" durchaus am Platz. Doch deutlicher
spricht P. Oxyr. I 99, 55, wo man klar den Unterschied zwischen püixf] und
Xaiipa ersehen kann. Ygl. Z, 7: pujjLr^g zrlc, cpspoüaTjs slg xYjv . . . Xaüpav.
^) Aaupa heisst später auch die Klosterzelle. Vgl. Du Gange.
DIE TOPOGRAPHISCHEN ANGABEN.
713
Xapa^ begegnet voll ausgeschrieben in 411, 1192, 1577, sonst
in den verschiedensten Abkürzungen, meist nur y <^. Der Name
lässt auf eine Befestigung schliessen. Vgl. Rhein. Jahrb. LXXXVI
S. 246.
Andere Quartiere heissen nach ihrer örtlichen Lage Notou,
NoTOU xal Aißo^ und Boppa Ai^oq, wozu nach Obigem Xaupa zu
ergänzen ist, also Südquartier, Südwest- und Nordwestquartier. Das
Südwestquartier wird sehr verschieden geschrieben, Noxou zal At
(z. B. 429), NoTou^ (389), NotouX (990), No xal A^ß (419), Not''
(388), No^ (602) u. s. w. Wo nur N^ geschrieben ist, nehme ich
jetzt an, dass Notou allein gemeint ist. Boppa Atßo^ erscheint nur
einmal als ß° in 510.
Weniger klar sind die mit ayopa zusammengesetzten Namen.
Voll ausgeschrieben finde ich ihn nur in dem noch unpublicirten
Ostrakon Ashmolean Mus. 178: 7rpax(Ta)p) acT:x((jt)v) [ ] xal
'Ayopwv. Vgl. 1301: ytD^{\itzpia) 'AYOp(ö(v). Dies einfache 'Ayo-
pöv ist oft bis zur Unkenntlichkeit durch Abkürzungen entstellt.
Es wird schliesslich zu V , was ayo heissen soll. Ausserdem begegnet
das Wort mit Zusätzen, und zwar findet sich manchmal ß (643, 834,
1008) oder ß (488, 857, 1425) oder aber v° (490 Corrig.). Der
Gegensatz giebt die richtige Deutung an die Hand: es ist oflTenbar
ßoppa (nicht ßowv, wie auf S. 236, 238) und votoü (oder ähnlich)
aufzulösen. Danach gab es also ein Nord marktquartier und ein Süd-
marktquartier, ausserdem ein Marktquartier schlechthin. Für letzteres
ist, wie wir sahen, die Bezeichnung Xaupa ausdrücklich überliefert.
Endlich begegnet auch 'Ayo(p . .) y (vgl. 1474).
Ein anderes Quartier hiess 'Q^CYjov oder ^Q<:pL. Ausgeschrieben
findet sich 'Qcpii^ou in 688, sonst Q^lt/o oder Q:p'.r,^ einmal 'ßcpce(LOu)
(1561). Die nicht gräcisirte Form *Q(pi steht in 609, 1. In der
verkürzten Form 'O^LfjOV begegnet es in der Inschrift des Gallus,
der es grossspurig unter den eroberten iwbes aufführt.^) Dieses
'Ö'f c ist sicherlich nichts anderes als das aegyptische ipt = Ophi,
das z. B. in dem Namen des Gottes von Karnak 'A[i£Vö)9ig auftritt.
Dass dies Quartier wirklich den Tempelbezirk umfasst, dafür scheint
mir die eigenartige Bildung auf yjov (für £:ov) zu sprechen. Von
Vgl. Sitzungsber. Berl. Akad. 1896 XX S. 482. Für die Identität spricht
namentlich auch die ungewöhnliche Endung r^ov. S. unten.
714
'Q(pi wird abzuleiten sein 'Q9tTo(. .) in 1458, dessen Auflösung
nicht klar ist.
Die Metropole mitsammt ihren Quartieren lag auf dem Ostufer.
Wenden wir uns nach Westen, so kommen wir zunächst zu den
Nilinseln, die mehrfach in den Ostraka begegnen. Zahlungen uTuep
vyja((i)v)^) werden öfter genannt. Vgl. 858, 872, 873 u. s. w. Vgl.
auch 1575, 1576: ItiI N-j^aou. Einzelne Inseln werden mit Namen
genannt: vigaou I[ToX(e\i(xtboq) 706 (ptol.), vigaou T\ioripeD)<; (727,
ptol.), vriGOu IIiwoC. . .) (731, ptol.), vigaou Hkx. . \i . od (1053,
röm.), hpötq vigao'j Iloavepiouvewg (321, 702, 1341, 1505, vgl.
oben S. 146).
Jenseits auf dem AVestufer werden uns die bekannten M£|jiv6via
mehrfach genannt, auch das zaaxpov Mepivovtewv (sie) (1224), und
das gleichfalls oft genannte Töpferviertel xd KspajxeTa.^)
Ausserdem finden sich auf den thebanischen Ostraka noch
folgende topographische Angaben:
'Apa(ßta^?) 501. Vgl. 1544. Auflösung unsicher. 'Apaßca
würde hier das thebanische Ostufer bezeichnen. Die 'Apaßta des
Ila^upLTY]? erwähnt in P. Lond. CCCCI Verso 10.
Kü))((Xaxo^?) für K6-)(koLy.oq, Lesung und Auflösung unsicher.
Der thebanische KoyXaE, auch in P. Paris. 5 mehrfach genannt.
Der Kgx^olI des Ua^upLXYj? in P. Lond. CCCCI Verso 10.
Ka)(piYj) 'A7ioX(Xtovca5) 672.
TuvYj 842.
'Atpe^ 423. Erinnert an das Dorf "Atic; in P. Paris. 5, 7, 11;
13, 6.
AtüoxG . .) oder Mü)x(. . .) 847, 848.
npox(. . .) 913. Nicht ganz sicher, ob Ortsname. Vgl. S. 290.
Xü)p:ov IIcxepaLOi) 1166.
HeSlov 'Exxoysipeü)? 898.
Aiwpu^ IxYjxpoTioXeü)? 1222.
Aiöpu^ ßaai[Xi%Y]] xal yi)va:x(ü)v) 1440.
Atwpu? OcXwvog 673. Vgl. S. 180.
^) Den Plural wähle ich jetzt nach einem Ostrakon, das ich bei Sayce
sah, wo uTisp vYja^'^ steht.
In dem unpublicirten Berliner Ostrakon P. 196 steht: dcTto y.ü)|ir^c:
K£pap,£(a$.
DIE TOPOGRAPHISCHEN ANGABEN.
715
Hop^upizfic, 951. Die Auflösung ergiebt das unpublicirte Ostr.
Brit. Mus. 25960: 7copcpup£tTr|V. Vgl. oben S. 164. Ist an das
von Ptolemaeus IV 5,27 erwähnte Porphyr - Gebirge zu denken?
Vgl. CIGr. 4713.
To Necpuilov 1166. Ich habe es schon im Textdruck als
„Tempel des Gottes Nephotes" erklärt. Nephotes (nfr htp), das
sonst namentlich als Kultbeiname (z. B. bei dem Chons in der berühmten
Bentreschstele) bekannt ist, kommt auch als selbstständiger Götter-
name vor. Speziell für Theben wird er belegt durch Leps. Denkm.
IV 15^: „Nfr hötp, der grosse Gott, lebend im Herzen von Theben".
Vgl. in einer von Sayce, Revue Et. Grec. 1895 S. 297/8 heraus-
gegebenen Inschrift aus Süsilis: Aibq xaXoi)[[JL£you] NefftüTOU toö
(AeyLaTOU (aus Trajan's Zeit.)
Wir wenden uns nun zu den Ostraka von Sedment el-gebl,
die uns mancherlei Dorfnamen aus Mittelaegypten bieten (vgl. das
vorige Kapitel). Viele der hier für das III. Jahrh. n. Chr. bezeugten
Dörfer begegnen auch schon in den Petrie Papyri aus dem III. Jahrh.
V. Chr. mit denselben Namen. Ich habe einige Parallelstellen dazu-
geschrieben.
Dörfer des Arsinoitischen Gaues (Faijüm).
'A^vai 1093, 1094, 1099. Vgl. Petr. P. (II) 28 IX 38. BGU
141 Vs. 5.
'Avoußtas 1095, 1109, 1119, 1120. Vgl. Petr. P. (II) 28 V 25.
BGU 491, 4.
'AtioXXwvo^ tc6X(cO 1123.
BepvLxl? OeadJiocpopoö 1118. Vgl. Petr. P. (II) 6,15. 8, 7.
BGU 589, 5.
OeoYOVt; 1091, 1103, 1106, 1108. Vgl. Petr. P. (II) 21 (d);
28 (11) 24. BGU 311, 5.
'Ißtwvos 'Apyatou 1098. Vgl. BGU 328 I 29.
'IßtcDvo? xr (= e?xoa:7C£VTapoupü)v) 1113. Vgl. BGU 91,4;
286, 4.
lepa 1092. Vgl. BGU 540, 20.
'laTov 1113.
Ka|X£ivoL 1101, 1116, 1117. Vgl. Petr. P. (II) 28 X 9.
Ka[i£LVOC noX(£|iü)VO?) , d. h. im Polemonbezirk 1105, 1107.
Vgl. Petr. P. (II) 28 IV 7 (corrig.).
716
IX. KAPITEL.
KepxeuaTpt? IloX(i\imoq) 1098, 1114. Vgl. Petr. P. (II) 28
VIII 22 (1. KepxeoacpyjwO.
KepxsoYjcp:? 1100, 1124. Vgl. BGU 94.
Kepzoaoöxa (für Kepywsao-jxwv) 1110. Vgl. Petr. P. (II) 28,
I 28, n 13. BGU 31, 5 u. oft.
KepxYjTa.* 1115.
AeßsTp/// 1125.
Auatptaxc? 1118. Vgl. Petr. P. (II) 28 IX 30.
MayowXa 1124. Vgl. BGU 328 II 12, 21. 474 II 15.
M£p[X£pO"ü)v (gen.) 1122.
'Ogi)puYx(wv) 1096, 1104, 1122. Vgl. Petr. P. (II) 28 II 15.
nxoX(£|xal-0 MsXG . .) 1102, 1123.
TexfjLYj. 1121.
Tpcaiopto? 1097, 1123.
Ausserdem soll 1306 aus dem Faijüm stammen, wo eine xd)[xyj
t£pa 'NeixoXdou genannt wird.
Dörfer des Memphitischen Gaues,
'lalov Uli.
K£pxy] 1092, 1105. Ueber dieses Dorf vgl. meine Bemerkungen
im Archaeol. Anzeiger 1889 S. 3.
Ihaq (gen.) 1102.
MolO-ö[jli^ 1092.
Uzoio (?) 1107.
SoxO-i? 1112.
Dörfer des Aphroditopo litischen Gaues.
TG)Xiq 1095, 1110.
Dörfer des Herakleopolitischen Gaues.
Boualpiq 1125. Vgl. BGU 552 II 4.
'E£ß7]xi(; 1104.
K£px£afj9L? 1114.
'OvvT^ 1115.
noi|X£vwv 1108.
IKbic, 1106, 1116. Vgl. BGU 553 B I 8.
2:tv£g (?) 1099.
DIE TOPOGRAPHISCHEN ANGABEN.
717
Dörfer des Kynopolitischen Gaues.
'AtioXXwvo? (TzoXiq) 1093, 1121.
Ke //. //. bioi 1094.
KewO-L? 1110.
Uepeg . v . . . 1109.
Dörfer des Oxyrhynchitischen Gaues.
'Ad-q . . . 1091.
Aupwv (?) (gen.) 1097.
Sapccpt^ 1115. Vgl. P. Oxyr. I 97, 8: 2£p6'^cwc.
Seaucpt? (?) 1103.
//£vo//y 1120.
In den Ostraka aus Sakkara 1126 und 1127 ist vielleicht
TpiTtTitO'WV ein Dorfname,
X. KAPITEL.
I. Die Münzen.
A. Ptolemäerzeit.
Die ptolemäische Münzgeschichte ist bekanntlich eine der schwie-
rigsten Partieen der antiken Numismatik überhaupt. Die Münzen
selbst sind neuerdings am eingehendsten von R. Stuart Poole in seinem
Catalogue of Greek coins, The Ptolemies kings of Egypt (London
1883) behandelt worden. Die ägyptischen Urkunden, im Besonderen
die demotischen, sind von Heinrich Brugsch und Eugene Revillout
auf die Münzen hin durchgearbeitet worden, Soeben hat uns der
Revenue - Papyrus ganz neue und epochemachende Aufschlüsse, wie
über viele andere Zweige des öffentlichen Lebens, so auch über die
ptolemäischen Münzverhältnisse gebracht. Von diesem neuen Boden
aus hat Grenfell in Appendix III seiner musterhaften Edition
(S. 193 — 232) im grossen Zusammenhange die schwebenden Fragen
Vgl. E. Eevillout, Lettres ä M. Lenormant sur les monnaies Egyptiennes,
Rev. Egyptologique II S. 201 ff., als selbständige Schrift 1895 erschienen. Der-
selbe: TJn papyrus bilingue du temps de Philopator, in Proceedings Society Eibl.
Arch. XIV 1891 S. 60 ff. Vgl. auch Revillout, M§langes 1895. Wesentlich
anders werden die demotischen Angaben gedeutet von Heinrich Brugsch, Die
Lösung der altägyptischen Münzfrage, Zeitschr. für Aeg. Spr. 1889 S. 1 ff. und
1892, S. 1 ff. Ohne in das Detail dieser unendlich verwickelten und für mich
nicht übersehbaren Fragen einzutreten, möchte ich nur darauf hinweisen, dass
ich den Londoner Text, auf dem Revillout' s Arbeit in den Proceedings sich auf-
baut, nach dem in Palaeogr. Society II 14.3 publicirten Facsimile eben so ge-
lesen und gedeutet habe, wie es inzwischen auch Grenfell, Rev. P. S. 201, gethan
hat: in Z. 9 werden 8 Drachmen, 2 Obolen (3uoßöXoug oder Su' ößoXoüs) und
2 Chalkus genannt, in Z. 10 Schluss 4 Drachmen 1 Obol (vorher 1. xaXxiaiav).
Damit werden die dortigen Ausführungen Revillout's, soweit sie diese Summen
berühren, gegenstandslos.
I. DIE MÜNZEX.
719
einer durchgreifenden Revision unterzogen und ist dabei zu ganz neuen
Resultaten gekommen, die Revillout's Ergebnisse z. T. stark erschüttern
oder umstossen. Grenfell's Arbeit, auf die wir uns im Folgenden in
erster Linie stützen, wird gewiss den Anstoss zu einem neuen Auf-
schwung dieser Forschungen geben. Möchten vor Allem auch die
Numismatiker auf dem Plan erscheinen! Unsere Aufgabe hier soll
nur sein, die Münzangaben unserer Ostraka zu erklären.
Im in. Jahrhundert vor Chr. bis auf Ptolemaios V. Epiphanes
cursirten Silbergeld und Kupfergeld in festem Verhältnis neben
einander, und zwar konnten selbst grössere Beträge ebenso gut wie
in Silber auch in Kupferobolen gezahlt werden. Kupferdrachmen
gab es als Münze damals nicht (vgl. Grenfell S. 194 ff.). Ob bei
Zahlungen an den König Silbergeld oder Kupferobolen zu zahlen
waren, entschied das Gesetz, für die Steuern der vcfxoc zz/Myixoq.
Die einen Steuern waren in Silber, die anderen in Kupfer zu
zahlen, und wurden daher dem entsprechend izpöc, ocpyup'.o'^ oder
TZpbc, yjxXv.i'^ verpachtet. Im ersteren Falle musste ein Agio von
durchschnittlich 10 Procent dazugezahlt werden, wenn die Zahlung
nicht, wie vorgeschrieben, in Silber, sondern in Kupferobolen erfolgte
(vgl. Grenfell S. 199). War dagegen die Steuer von vornherein nicht
TTpoc apyupiov, sondern izpbc, )(aX7.6v verpachtet, so wurde das
Kupfergeld vollwertig angenommen, d. h. ein Agio wurde nicht
gefordert. So war z. B. das Oelmonopol, wie uns der Revenue-Papyrus
in einer klassischen Stelle lehrt, TUpö^ )(aXx6v verpachtet. Vgl. 60,
13-15: 7tü)Xoö{JL£V TY^v (LvYjV Tipbc, )(aXx6v xal Xr^>^'h6\Lz%^(x. elq töv
axaTT^pa ößoXoug x6. Das bedeutet nach Grenfell's überzeugender
Erklärung (S. 195), dass in diesem Falle 24 Kupferobolen gleich
4 Silberdrachmen gerechnet, oder dass der Kupferobol als -J- Silber-
drachme angenommen werden sollte.
Die Ostraka, die dieser Periode angehören, nennen mit wenigen
Ausnahmen niemals das Metall, in dem die Zahlungen erfolgt sind.
Nur in 1338, aus der Zeit des Philadel phos oder Euergetes I,
ist das Geld deutlich als Silbergeld — dpyfuptou) — bezeichnet,
sowie in 1490 als Kupfergeld — )((aXxoö). Wenn der letztere
Text wirklich, wie ich aus palaeographischen Gründen angenommen
habe, dieser frühen Zeit angehört, so ist die Zahlung der 1000 Drach-
men in Kupferobolen erfolgt; die 1000 Drachmen aber repräsentiren
einen Wert von 1000 Silberdrachmen. Ob das ziXo^, von dem das
720
X. KAPITEL.
Ostrakon spricht, Tzpöc, dpyupiov oder izpbq yjxXy.6v verpachtet war,
lässt sich aus dem Text nicht ersehen. Falls das in Nr. 1277,
die sicher dieser Periode angehört, gleichfalls in yaX'/.oxj aufzulösen
ist, was sehr fraglich bleibt, so würde es ebenso zu erklären sein.
Nr. 329 und 331, die beide von demselben Trapeziten Diodotos
ausgestellt sind (Mitte des III. Jahrb.), zeigen Besonderheiten, die
wir besprechen müssen. In 331 wird die Münze genauer bezeichnet
mit )(a(Xxoö) tlc, %cf2>. Derselbe Ausdruck findet sich auch in dem
Zoispapyrus I 33 (II. Jahrh. vor Chr.). Grenfell hat ihn S. 199 ohne
Zweifel richtig erklärt, indem er ihn der oben citirten Stelle des
Revenue -Papyrus entgegenstellt und sagt: das ist Kupfergeld, von
dem nicht, wie z. B. beim Oelmonopol 24, sondern 26J Obolen auf
4 Silberdrachmen gerechnet werden, für das also ein Agio von
2\ Obolen pro Silber - Tetradrachmon erhoben wird. Das giebt
9-J Drachmen Aufgeld für die Mine oder Procent. ^) Die Texapiyj
tX'ö'ulxcöv aXcIwv, von der das Ostrakon handelt, war also eine Steuer,
die TZpbc, äp^upiov vergeben war. Die 80 Drachmen, über die es
quittirt, sind Silberdrachmen, gezahlt in Kupferobolen nach dem
Curs „26:^ Kuj^ferobolen auf 4 Drachmen". 2) Es sei schon hier
hervorgehoben, dass in den Zoispapyri der obige Ausdruck mit dem
im IL Jahrh. v. Chr. üblicheren y^otXxoü o\j dXXayi^ gleichbedeutend
abwechselt.
In 329 steht vor der Summe: npbc, dpyupcov. Ich habe im
Textdruck angenommen, dass dies für yjxXv.ob TZpoc, ocpyupiow steht,
eine Bezeichnung, die ich früher für die Zeit des Epiphanes und
Euergetes II nachgewiesen habe.^) Grenfell, der sich dieser Annahme
anschliesst (S. 200 f, 204), sieht in diesem xaXxö(; npbc, dpYUpLOV
^) Grenfell S. 200 rechnet 11| Vo heraus.
^) Von einem solchen Aufgeld handelt wohl auch Petr. P. (II) IV 3, von
dem aber zu wenig erhalten ist, als dass ich Bestimmtes zu behaupten wagte.
In Z. 9 heisst es: sivai x6 bidcfopov Tiapa zäc, 5 h (= 5paX!J-a$) Suo ößoÄoi,
worauf eine grössere Lücke folgt. Das soll doch wohl bedeuten, dass auf je ein
Tetradrachmon (in Silber) 2 Kupferobolen [und vielleicht noch ein Bruchteil]
dazugerechnet werden. Vielleicht ist hier derselbe Curs wie oben gemeint. Vgl.
S. 721 Anmerk. 1.
3) Vgl. Actenstücke aus d. Kgl. Bank S. 39 und Gött. GA 1895 S. 162.
Die dort gegebene Erklärung wird durch obige Ausführungen umgestossen. Der
Ausdruck kehrt wieder in P. Oxyr. I 91, 19, vom J. 55 nach Chr., wo nach
ptolemäischem Kupfergeld gerechnet wird. S. unten.
I. DIE MÜNZEN.
721
eine Bezeichnung für Zahlungen mit Kupferobolen, bei denen ein
Aufgeld nicht genommen wurde, bei denen also 24 Kupferobolen
gleich 1 Tetadrachmon galten. Er sieht daher in diesem Ausdruck
ein Aequivalent für den yjxXv.bc. ia6vo[AO^ des IL Jahrh. vor Chr.^)
Ich möchte ihm in dieser Annahme nicht folgen. Sachlich zwingt
nichts dazu. Sprachlich aber scheint es mir geboten, in dem )(aXxös
izpbc, äpyup'.O'^ Kupfer zu sehen, das „gegen Silber" gezahlt wird,
d. h. das gezahlt wird, wo nach dem Gesetz Silber hätte gezahlt
werden sollen. Dann aber ist der Ausdruck äquivalent für )(aXxö;
o5 aXkayi], nicht fiir yaXy.bq Laövo|iog. Der Inhalt des Ostrakons
spricht, falls wir überhaupt mit Recht diese Frage mit ihm ver-
knüpfen, nicht für, sondern gegen Grenfell's Deutung. Es handelt
sich da um eine Zahlung für die VLip'.XYj t^Xuvou. Nach Grenfell's
Voraussetzung müsste damals (III. Jahrh.) diese Steuer 7:pC5 yaXxov
vergeben gewesen sein. Nun zeigt aber Petr. Pap. (II) XXVII
(gleichfalls aus dem III. Jahrh.), dass die vixpixi^, und das wird
dasselbe wie viTpr/wTj tiX'jvou sein (vgl. S. 264), vielmehr Tzpbq
ap^upiov vergeben war. 2) Will man also (yaXxoO) Tipö; apy'jpiov
ergänzen, so ist sicher, dass man darin ein Aequivalent für yjxXv.bz,
oh dXXayiQ sehen muss, falls man nicht eine Aenderung des Ver-
pachtungssystemes annehmen will. Es ist mir aber sehr zweifelhaft
geworden, ob wir überhaupt mit Recht ein )^aAxoO ergänzt haben.
Diese Ellipse wäre doch recht auffallig. Mir ist es wahrscheinlich ge-
worden, dass wir hier in dem Tzpb^ apyupiov nichts anderes als den Hin-
In P. Oxyr. I 49 An. 17 neigen Grenfell-Hunt jetzt auch der oben von
mir vertretenen Auffassung zu.
2) Das ergiebt b, 3, wo ich am Original folgendermassen gelesen habe:
/ dxv^ Fe ^"^i ) (nicht si Mah.) poß p 2.. Das heisst: für die v.xpiXTQ
sind eingegangen 1659 Dr. 4^- Ob. Dazu sind als Agio hinzuzuzahlen — £- wird
S7it,8öot|j,ov oder ähnlich zu ergänzen sein — 172 Dr. 5^ Ob. Das ist ein Auf-
geld von etwas unter 10"/(,. Es kann kein Zweifel sein, dass die 1659 Dr.
4^ Ob. in Kupfer gezahlt sind, und dass der Zuschlag erfolgt, weil die Steuer
normal in Silber zu zahlen war. Also war die vixpixiQ damals Tipog apyiipiov
verpachtet. Sie war es auch noch unter Philometor im II. Jahrh., wie die Zois-
papyri zeigen. Denn die Zahlungen erfolgen hier gleichfalls in Kupfer mit
Agio. — Dieselbe Agioberechuung fand ich in Petr. P. (II) XXIX', wo in Z. 18
statt / pvcc = V £1 iyY' (Mah.) vielmehr zu lesen ist: / pxf = v s::(. . . .)iY~,
d.h. „126 Dr. 2' Ob., hinzuzuzahlen sind 13 Dr. 1 Ob.". Auch hier beträgt
das Agio etwas unter 10 "/o*
WiLCKEN, Ostraka. 46
722
X. KAPITEL.
weis darauf, dass diese Steuer TZpbc, apyupiov verpachtet war, zu sehen
haben. Man könnte die Worte mit dem vorhergehenden Namen des
Pächters in Verbindung bringen und den Passus etwa so inter-
pretiren: W£|ji|jlcvc? (e^s'.Xyjcpax;) npbq apyupcov. Wie man auch
verbinden will, die 60 Drachmen, die der Pächter an die Bank zahlt,
sind dann einfach Silberdrachmen, die er auch in Silber abliefert.
Ist diese Deutung richtig, so kennen wir bisher überhaupt kein Beispiel
für das Vorkommen des Ausdruckes y^oiky.bc, Tipbc, ocp^(()piow vor
Epiphanes. Ebenso wie y^alxbc, ob aXXayyj und ■/^od'nbc, laovojio^
begegnet er dann erst in der zweiten Periode (s. unten). Für diese
erste Periode kennen wir dann einstweilen nur die ziffermässige An-
gabe des Agio (26^), der die ziffermässige Charakterisirung des
Kupfers ohne Aufgeld, wie sie im Revenue -Papyrus gegeben wird,
entspricht.
Wie Revillout's und GrenfelPs Studien gezeigt haben, ist wäh-
rend der Regierung des Ptolemaios V. Epiphanes — wenn nicht
schon zu Ende der seines Vorgängers Philopator — eine epoche-
machende Wandlung im Älünzwesen eingetreten. Seit dieser Zeit
besteht in Aegypten eine Kupfer Währung, insofern im öffentlichen
wie im privaten Leben Zahlungen in Silber, wie es scheint i), nur
in bestimmten Ausnahmefallen vorkommen, während regelmässig die
^) Amadeo Peyron (Turin. Pap. II. Band S. 33) meint, dass das Kupfer-
geld damals im privaten Verkehr gebraucht sei, während Silber nur für Straf-
gelder und Steuern (multas et tributa) verwendet sei. Auch Grenfell S. 210
nimmt das Silber in dieser Periode für „fines and taxes" in Anspruch. Ich
erinnere mich nicht eines Beispiels dafür, dass in dieser II. Periode Steuern
wirklich mit Silbermünze gezahlt seien. Die upog dpyup'.ov d)vat wurden viel-
mehr regelmässig in Kupferdrachmen (mit Agio) bezahlt (s. unten). Dagegen
ist richtig, dass die Strafgelder, die für Contractbruch an den König gezahlt
wurden, in baarem Silber entrichtet werden mussten. Vgl. Pap. Leid. C Eect. 14;
Pap. Turin. IV 26, VIII 36 f.; Grenfell (I) XXVII Col. III 4: Ispöc^ xwt ßaaiXst
(oder ähnlich) äpyupioi) £7iiaigp.ou 5pax|JLa$ x. Der übrigens nicht regelmässige
Zusatz STtiafifiou (geprägt) zeigt, dass diese Zahlungen nicht in Kupfer umgerechnet
werden durften, sondern wirklich in geprägter Silbermünze zu zahlen waren.
Vgl. auch Leid. O, 24 f., wo zu lesen ist: xal zoo uapaauyypaqj&tv sig zö ßa^
atXixdv Ixi (5cXX(i)v dpyuptou Spax|j,dg Tsaaapsg. Zur Sache vgl. auch Revillout,
Lettres S. 99 ff. — Wie weit Silbermünzen überhaupt im Privatverkehr cursirt
haben, ist noch zu untersuchen. Einstweilen vgl. z. B. Pap. Paris. 57 II 19, 59,3.
Pap. Lond. (Kenyon) S. 163. Pap. Leid. O und vor allem Pap. Tur. 13, der von
einem privaten Darlehen in Silber handelt.
I. DIE MÜNZEN.
723
Zahlungen in Kupferdrachmen ^) und ihren Teilen erfolgen,
Drachmen, von denen 120 einer Silberdi-achme im Werte gleich-
kommen.2) Dennoch sind die gesetzmässigen Bestimmungen über
die Steuerzahlungen in dieser II. Periode im Wesentlichen dieselben
wie in der I. Periode. Wie der Pap, Paris. 62 IV 15 ff. lehrt^),
werden auch im II. Jahrhundert v. Chr. die Steuern — abgesehen
von den Naturallieferungen (npbq ysyr^fiaTa) — teils in Silber (jzpbq
apyupcov) teils in Kupfer (izpbq yjxXy.by ?a6vo|Jiov) ausgeschrieben.
Die Silberzahlungen stehen aber — anders als im III. Jahrhundert!
— nur auf dem Papier. In Wirklichkeit werden auch sie gemäss
den bestehenden Verhältnissen zwischen Silber und Kupfer in Kupfer-
drachmen bezahlt, wobei, ganz wie bei den Kupferobolenzahlungen des
III. Jahrhunderts, ein Agio erhoben wird. Der Pariser Papyrus setzt
dies Agio auf 10 Drachmen, 2| Obolen für die Mine fest, d. h. auf
etwas über 10 ^/q. Natürlich unterlag dieser Ansatz Curssch wan-
kungen. In den Zoispapyri, die dieser Periode angehören, aber älter
sind als der Parisinus, und aus einem anderen Gau stammen, wird.
^) Im III. Jahrh. hatte es Kupferdraehmen nur als Rechnungseinheiten
gegeben. xccXxoo |- ß hiess: „in Kupfer 2 Drachmen", d. h. 2 X 6 == 12 Kupfer-
obolen. Vgl. Belege bei Grenfell S. 196. Dass die Drachme selbst als kupferne
bezeichnet wäre, kommt damals natürlich nicht vor, wohl aber, wenn auch selten,
im II. Jahrhundert. Vgl. Pap. Paris. 57, I 3, II 18. 59, 2.
^) Hier sei auf zwei Ostraka hingewiesen, die auf den ersten Blick eine
andere Gleichung zu ergeben scheinen. In 1496 (II. Jahrh, v. Chr.) ist über
(= xaXavTa) xploc. zwischen den Zeilen in kleinen Buchstaben nachgetragen:
Ti|ir|V dpyupto'J L jx. Das Nächstliegende ist anzunehmen, dass die 3 Talente,
die ohne Zweifel Kupfertalente sind, als gleichwertig mit dem "Werte (xi|JLr<) von
40 Siberdrachmen bezeichnet werden sollen. Das würde die Gleichung 1 Silber-
drachme = 450 Kupferdrachmen ergeben. Merkwürdig ist, dass fast genau das-
selbe Verhältnis durch 1480, eine Abrechnung aus dem II. Jahrh, v. Chr. ge-
wonnen Averden kann. Da heisst es aTaT'^p(ei;) ß Y XP' Angenommen, dass
hinter jj, kein Zeichen mehr zu ergänzen ist, ergiebt das die Gleichung: 2 Stateres
= 3640 Dr. Nimmt man, was wieder das Nächstliegende ist, den Stator als
Silberstater, so ergiebt das 1 Silberstator = 1820 Kupferdraehmen und 1 Silber-
drachme = 455 Kupferdraehmen! Doch hier muss ein Spiel des Zufalls vor-
liegen. Die Gründe, die von verschiedenen Seiten für das Verhältnis 1 = 120
vorgebracht sind, sind zu gewichtig, als dass sie durcli diese beiden Stellen be-
seitigt werden könnten. Ohne Zweifel sind beide Texte mehrdeutig. WeU'lie
Deutung zu wählen ist, lasse ich dahingestellt.
^) Vgl. die Neubearbeitung der Urkunde bei Grenfell, Appendix I.
46*
724
X. KAPITEL.
wie oben bemerkt, das Agio durch die alte Formel •/jxXy.ox) dq
die mit •/^cx.Xt.ou ou öiXkcccr] abwechselt, auf festgesetzt. Dies
ist derselbe Satz, den wir oben für das III. Jahrh. vor Chr. kennen
lernten. 1) Auch sonst hat sich die Höhe des Aufgeldes gegenüber
dem III. Jahrhundert nicht wesentlich verändert (vgl. Grenfell S. 214).
Es verdient noch hervorgehoben zu werden, dass der Parisinus voraus-
setzt, dass die Silberzahlungen regelmässig in Kupferzahlungen
umgewandelt werden. Er sagt: xwv izpoc, apyupiov wvwv izpoc,-
Staypa^'ouaiv a}v(X)aYy]V xtX. Da ist nicht eine Eventualität in's
Auge gefasst, sondern es wird als selbstverständlich betrachtet, dass
die Zahlungen in Kupfer erfolgen. Dies ist meines Wissens bisher
noch nicht scharf hervorgehoben worden.
Mit den Angaben des Parisinus stimmen unsere Ostraka auf's
Beste überein. In den zahlreichen Urkunden aus dem II./I. Jahrh.
vor Chr. begegnet nicht eine einzige Zahlung in Silber. 2) Vielmehr
finden sich folgende Charakterisirungen der Summen:
1) Vor der Summe steht )(aX>cou ou dXXayi^. Vgl. 334, 335,
337, 339, 340, 342, 1228, 1351, 1354, 1504 u. s. w. Hier handelt
es sich nach Obigem um Steuern, die normal in Silber hätten ge-
zahlt werden müssen. Daher wird zu den Zahlungen in Kupfer-
drachmen ein Agio erhoben. Folgende Steuern waren hiernach
damals Tzpoc, apyupiov verpachtet: bizkp axuTswv, Tuopeuiöv, TSTapTY]
dXiewv, Tüpoaxcfiov, bnep TcepLaxepewvwv.
2) Vor der Summe steht )(aXxou Laov6[xou. Hier handelt es
sich um Steuern, die Tzpbc, )(aXx6v laovojjtov vergeben sind, d. h. in
Kupferdrachmen ohne Agio gezahlt werden sollen. Dies begegnet
in unserer Sammlung nur einmal, in 1518, wo für die aTu6[xoipa
gezahlt wird. Schon Grenfell hat darauf hingewiesen, dass hiernach
bei dieser Abgabe eine Aenderung gegenüber dem Gesetz des Phila-
delphos eingetreten ist, insofern nach jenem die aTiopLOipa in Silber
Es ist auffällig, dass hier im II. Jahrh. der grosse Obol des III. Jahrh.
der Agiobereehnung zu Grunde gelegt wird. Möglich, dass er auch damals noch
neben den kleinen Kupfertetradrachmen in Umlauf gewesen ist. Möglich aber
auch, dass sich hier nur die alte Formel erhalten hat, die modern zu deuten ist.
Die angeführte Stelle aus dem Pap. Paris. 62 zeigt, dass man sonst im II. Jahrh.
entsprechend der neuen Kupferdrachmenrechnung den Agioberechnungen die
Mine zu Grunde legte.
2) Das "Wort dpyüpiov begegnet überhaupt nur in 1496.
I. DIE MÜNZEN.
725
(soweit nicht in natura) zu zahlen war. AVenn Grenfell (S. 204)
aber für die Annahme, dass diese Aenderung schon unter Epiphanes
eingetreten sei, sich auf Petr. Pap. (II) XL VI beruft, so kann ich
ihm nicht zustimmen. Er stützt sich hier auf die Gleichsetzung
des y^0LXy.bc 7ip6; apytüpiov mit yaXzo; Ig6vo[loq, die ich oben als
unwahrscheinlich zurückgewiesen habe. Nach unserer Deutung des
Ausdruckes ist die d:7z6\LOipoc auch noch im 4. Jahre des Epiphanes
wie unter Philadelphos „gegen Silber" verpachtet gewesen, falls -wir
überhaupt, wie ich mit Grenfell annehmen möchte, aus der Zahlung
für die confiscirte Hypothek auf die für die Abgabe selbst Rück-
schlüsse machen dürfen. Die Aenderung muss also später erfolgt sein.
3) Vor der Summe steht yaAXoO, ohne weiteren Zusatz. Vgl.
317, 318, 320, 326, 328, 333, 338, 341, 350, 353, 355, 1083,
1229, 1231 u. s. w. Xur in einzelnen Fällen lässt sich entscheiden,
welche der beiden vorhergehenden Zahlungsarten gemeint ist. In 326
z. B. wird für die xsTapTYj aX'iwv gezahlt. Diese ist aber, wie
327 u. a. zeigen, 7:p6^ apyjp'.ov vergeben. Also ist das yaXy.oO hier
als yaXxoO o'j aX^ayr) zu fassen. Dasselbe gilt von 1359, wo (jT.kp
axuxIcDv quittirt wird. Vgl. 334. Andrerseits ist mit dem yocAy.ou
in 355 isonomes Kupfer gemeint, denn hier wird für die a7:6[iO'.pa
gezahlt, die damals Tzpbc, yjxXv.ov :a6vo[AOV vergeben war.
4) In den meisten Fällen ist das Metall, in dem gezahlt wird,
überhaupt nicht genannt. Dass man hier nicht an Silber, sondern
nur an Kupfer denken kann, scheint mir sicher. Ob es sich aber
im einzelnen Falle um yaXxo^ ob ocAAccyri oder um yoC/.v.oc, :a6vo|JLO^
handelt, lässt sich nur entscheiden, wenn der Zahlungsmodus der
betreffenden Steuer schon anderweitig bezeugt ist. So handelt es
sich um y(xX%bq oh diXkcc^i] z. B. in 345, wo Orcsp TiopeuTöv (vgl. 335),
in 346, wo für die TSTap-Y] äX:£ü)v (vgl. 337), in 351, wo für
Tipo^TipLov (vgl. 342), in 1497, wo für die vcxpcxrj tiXovou gezahlt
wird (vgl. 329 und dazu oben S. 720 f ). Dagegen ist z. B. yaXxos
Icso'^o^o^ in 322, 332 u. a. gemeint, wo für die d:7i6|iO'.pa gezahlt wird.
B. Kaiserzeit.i)
Die staatsrechtliche Sonderstellung Aegyptens innerhalb des
römischen Reiches tritt auch im Münzwesen deutlich hervor. An
^) Vgl. Th. Mommsen, Geschichte des Rom. Müuzwesens 18G0. S. 722 ff.
A. V. Sallet, die Daten der alexandrin. Kaisermünzen. Berlin 1870. B. Pick,
72G
X. KAPITEL.
die Einführung der römischen Reichsmünze ist nicht gedacht worden.
Nach wie vor wurde in Alexandrien für Alexandrien und das Nil-
thal geprägt; Aegypten behielt seine eigene Münze. Nur waren es
nicht mehr die Ptolemäer, sondern der Sohn des göttlichen Caesar
und seine Nachfolger, auf deren Befehl die Münze arbeitete. Die
Numismatiker lehren, dass Augustus in Aegypten nur Kupfermünzen
geschlagen und sich auch in den Aeusserlichkeiten dieser Prägung
zunächst ganz nach dem Muster der letzten Ptolemäer gerichtet
habe.^) Augustus hat hier also gerade diejenige Prägung mit Vor-
liebe, ja ausschliesslich ausgeübt, die er im Reich — seit dem J. 15
V. Chr. — dem Senat überlassen hatte. Die Rechte, die er als
Herr Aegyptens, als Nachfolger der Ptolemäer ausübte, hatten eben
wenig oder nichts mit den Rechten des römischen Princeps zu thun.
Wenn Augustus sich in Aegypten auf die Kupferprägung beschränkte,
so setzt dies voraus, dass die im Lande cursirenden Ptolemäer-
münzen in Silber, und wohl auch die in Kupfer, in Curs blieben,
denn dass man damals nicht etwa nur mit Augusteischen Kupfer-
münzen gewirtschaftet hat, ist a priori einleuchtend, und wird zudem
durch Urkunden bestätigt. So spricht BGU 189 (vom 36. J. des
Augustus = 7 n. Chr.) von einem Darlehen von 72 Drachmen,
die als dpyuptou STTcai^iJiou xe^aXatou vo\i.ia\ia'zoc,y also als Silber-
münzen bezeichnet werden. 2)
Es gab also Silber- und Kupfermünzen auch unter Augustus.
Aber welche Bestimmungen bestanden betreffs ihrer Verwendung bei
der Steuerzahlung? Hat Augustus hier Aenderungen eingeführt oder
hat er die Steuern nach denselben Grundsätzen einziehen lassen, wie
es seit dem H. Jahrh. vor Chr. Sitte war?
In unserer Sammlung ist ein Ostrakon, Nr. 1545, das für die
zweite Annahme zu sprechen scheint. Da entrichtet der Steuerzahler
Xa(Xxoö) u/^u, d. h. 400 Kupferdrachmen. Die Summe ist für
den einzelnen Steuerzahler, denn von dem ist die Rede, eine so hohe,
Zeitschr. f. Nura. XIV S. 300 flf. E. Stuart Poole, Catalogue of the coins of
Alexandria and the nomes Lond. 1892.
1) Poole p. XXVIII.
^) Mommsen a. a. O. S. 723 meint dagegen, dass „auch das im Umlauf
befindliche Silbergeld eingezogen sei, da das als J^- des goldenen Oktadrachmon
geschlagene Silbertetradrachmon natürlich nicht als -c}^ des nun mehr als zwei
Drittel leichteren Aureus umlaufen konnte". Das neue Material scheint nicht
für diese Annahme zu sprechen.
I. DIE MÜNZEN.
727
namentlich in Anbetracht der Steuer — es handelt sich um den
Beitrag für den ccpyivjj^ri'^oc, (vgl. S. 162) — , dass gar kein Zweifel
ist, dass wir es hier mit einer Zahlung jener Kupferdrachmen zu
thun haben, mit denen, wie wir oben sahen, seit Epiphanes die Steuern
bezahlt zu werden pöegten, gleichviel ob die Steuern ii^bc, apyu-
ptov oder TZpbc, yjxXy.6v vergeben waren. Um welche der beiden
Eventualitäten es sich hier handelt, ist aus diesem Text ebensowenig
zu ersehen wie in den oben unter 3) angeführten Fällen.
Während es also nach diesem Ostrakon scheinen könnte, als
wenn alles beim Alten geblieben wäre, warnen uns die anderen Ostraka
aus der Zeit des Augustus (vgl. den Kaiserindex), dies Ergebnis zu
verallgemeinern. Zwar findet sich in diesen niemals eine Angabe
über das Metall, in dem die Zahlung erfolgt. Erwägt man aber
die Kleinheit der von den einzelnen Steuerzahlern entrichteten
Summen — es sind meist 1, 2, 3 etc. Drachmen sammt so und
so viel Obolen und Chalkus — , so erscheint es völlig ausgeschlossen,
dass es sich hier um jene ptolemäischen Kupferdrachmen handle wie
in Nr. 1545. Diese Summen sind vielmehr nur als Zahlungen in
Silber verständlich. Die Annahme wird dadurch zur Gewissheit,
dass, soweit controlirbar, für die einzelnen Steuern dieselben Summen
begegnen wie in der Zeit von Tiberius an, wo sie nachweislich als
Silberzahlungen aufzufassen sind. Wir kommen somit zu dem
Resultat, dass Augustus für gewisse Steuern, wie es scheint, nur
für wenige, die alte Zahlung in Kupferdrachmen zugelassen (vgl.
1545), im Uebrigen aber für alle wichtigeren Abgaben die Zahlung
in Silberdrachmen neu eingeführt hat. Diese Silberdrachmen müssen
dann aber, da er selbst keine geprägt hat, ptolemäische sein. Es
ist freilich die Möglichkeit offen zu lassen, dass schon am Ausgang
der Ptolemäerzeit (I. Jahrh. vor Chr.), aus dem uns keine Steuer-
urkunden vorliegen, diese wichtige Aenderung getroffen wäre. Aber
die Wahrscheinlichkeit spricht mehr dafür, dass Augustus der Neuerer
gewesen ist.
Bekanntlich hat Tiberius in Aegypten mit der Prägung von
Silbermünzen, oder genauer von Billonmünzen , begonnen. Das
früheste bisher bekannt gewordene Datum auf seinen Münzen ist
das 7. Jahr (= 19/20).^) Auch Tiberius schloss sich in dieser
Poole, p. XXVIII.
728
X. KAPITEL.
BillonpräguDg, wie vor ihm Augustus in der Kupferprägung, an das
Vorbild der letzten Ptolemäer an. Seine Billonmünze ist nichts als
eine Fortsetzung der letzten ptolemäischen Silbermünze, die schon
seit Ptolemaios XIII. Auletes sehr schlecht und minderwertig aus-
gebracht war. So konnten neben dem neuen kaiserlichen Billongeld
die alten ptolemäischen Silberstücke in Ours bleiben. In unseren
Urkunden werden gelegentlich beide Arten ausdrücklich von einander
geschieden. Die Kaiserraünzen werden vielfach durch den Zusatz
ZeßaaTOö oder Ijsßaaxwv als solche charakterisirt, und zwar wird
man, da der Plural -EeßaaTWV in Urkunden, die nach Sammtherr-
schaften datiren, begegnet, vielleicht mit Wessely anzunehmen haben,
dass im Besonderen Münzen dadurch bezeichnet wurden, die das
Bild des jeweilig regierenden Herrschers trugen.^) Andrerseits ist
durch Wessely aus Wiener Papyri der interessante Nachweis geführt
worden, dass auch noch in der Kaiserzeit Zahlungen in ocpyupiou
TTaXaiou TiToXspiaVxoö vo[ila\i7.TOC, beurkundet werden.^) Die von
Wessely citirten drei Beispiele gehören alle der zweiten Hälfte des
III. Jahrh. n. Chr. an, und da er keinen Beleg für den Zusatz Seßaaxoö
für diese Zeit kannte, so scheint er anzunehmen, dass die eine Art die
andere abgelöst habe. Wir kennen jetzt auch Fälle mit Seßaaiöv
aus dieser selben Periode, so dass erwiesen ist, dass damals Kaiser-
geld und Ptolemäergeld neben einander in Ours waren. Wessely's
Vermutung, dass man gerade am Ende des III. Jahrhunderts
wegen der bekannten Verschlechterung der Kaisermünze zu den
alten ptolemäischen Stücken gegriffen habe, hat manches für sich.
Man wird doch aber höchstens von einer stärkeren Heranziehung
dieses ptolemäischen Geldes sprechen können. Jedenfalls wird es
auch vorher schon neben dem Kaisergeld beständig in Umlauf
gewesen sein. Denn an ein plötzliches Wiederauftauchen einer
^) Wessely, Mitth. Pap. Eain. IV S. 144 ff. Mit den von ihm vorgebrachten
Beispielen vergleiche noch BGU 69 (J. 120), 465 (J. 13 7), 87 (J. 144), 13 (J. 289).
Vgl. auch Pap. Genev. 9 aus der Zeit des Trebonianus und Volusianus; Pap.
Grenf. (II) LXXII, 6 (Dioclet. u. Maxim.); LXXIV, 8 (J. 302). Mir ist nur ein
Fall bekannt, in dem Scßaoxöiv steht, -während nur ein Kaiser auf dem Thron
sass. Vgl. BGU 57 8, 12, aus der Zeit der Alleinherrschaft des Commodus. Hier
mögen aber Münzen aus der Zeit seiner gemeinsamen Ptcgierung mit Marcus ge-
meint sein. Vielleicht wird man aber auch mit Pick in dem Zusatz SsßaatoO
oder ZsßaaTWV nur den Gegensatz zu den ptolemäischen Münzen zu sehen haben.
2) Mitth. Pap. Rain. a. a. 0.
I. DIE MÜNZEN,
729
Münze, die seit 300 Jahren ausser Curs gewesen wäre, wird man
nicht leicht glauben wollen. Soeben hat Grenfell einen Papyrus aus
dem III./IV. Jahrh. n. Chr. publicirt, in dem nach Drachmen TiaXa'.oö
vo}xca[xaTO(; oder 7iaX(a'.al) Spaypiat gerechnet wird (Grenf. II
LXXVII). Der Herausgeber nimmt an, dass damit Geld j^^'ior to
the new coinage of Diocletian gemeint sei, weil in LXXIV das Dio-
cletianische Geld als xaivo? bezeichnet wird. Ich halte es nicht für
unmöglich, dass mit den „alten Drachmen" auch hier Ptolemäer-
drachmen gemeint sind, zumal sie im Curs sehr hoch stehen.
Während der Correctur wurden mir BGU 713 und P. Oxyr. I
48 — 50 und 99 bekannt, die die obige Auffassung bestätigen. Xach
dem Berliner Text wird im J. 41/2 n. Chr. gerechnet nach apY'Jp^o[i)]
[ejTrcai^fiofu] xai^ccXalou xal nToXaifjieaLxou v[o[Jiia](iaTO?, und in
den Texten aus Oxyrhynchos vom J. 55, 86 und 100 n. Chr. wird
nach y^aXxoö, resp. yjx,X%o\j Tipö; ocp^fup'.ov gerechnet, worin die
Herausgeber S. 78 offenbar mit Recht ptolemäisches Geld erkennen.
Ehe wir zur Erklärung der Münzbestimmungen in den Urkunden
übergehen, vergegenwärtigen wir uns, welche Nominale von Tiberius
an bis auf die Diocletianisch-Constantinische Reform in Aegypten
geprägt worden sind. Es wird sich empfehlen, von den erhaltenen
Münzstücken auszugehen, da die Beschreibungen in den Urkunden
vielfach zweideutig sind. Auf meine Frage, ob die Kaiser in
Aegypten Obolen, resp. Triobolen, Tetrobolen, Pentobolen in Billon
geprägt haben, wie es nach einzelnen Urkunden den Anschein hatte
antwortete mir mein Freund Pick:
„Die Frage ist mit einem einfachen nein zu beantworten.
Die kaiserliche Billonprägung in Aegypten beschränkt sich auf die
sogenannten Tetradrachmen. Nur von Claudius giebt es aus
seinem dritten Jahre auch zwei kleinere Nominale, welche Hälften
CPR I 12: TÖxou jiv^ dpyup'.xwv oßoXwv xsoaaptov. BGU 362 XV 4:
TÖxtp Tp'.CDßoXsitp dpyup'.xw. Dem Wortlaut nach würde sieh ergeben, dass es
auch Billonobolen , resp. Billontriobolen gegeben habe. Ich bin Grenfell sehr
dankbar, dass er mich auf die sachliche Unmöglichkeit dieser Deutung hin-
gewiesen und mich dadurch vor vielen Missverständnissen bewahrt hat. Seine
Einwendungen wurden mir von Pick bestätigt und weiter ausgeführt. Auch
meine flüchtige Durchsicht der alexandrinischen Münzen des Berliner Cabinets,
bei der Herr Dr. Gäbler mich freundlichst unterstützte, bestätigte mir ihre Aus-
führungen. Die richtige Deutung der obigen AVertc s. unten.
730
X. KAPITEL.
und Viertel des gewöhnlichen Nominals sein dürften, also Didraehmen
und Drachmen. Ich kenne allerdings davon nur Beschreibungen
ohne Gewichtsangabe, aber nach dem Durchmesser scheint meine
Auffassung passend zu sein. Es sind die folgenden Stücke:
1) mit zwei Füllhörnern und den Köpfen der kaiserlichen
Kinder Antonia, Octavia und Britanniens (Feuardent, Cat. Dimitrio
656, pl. Xni; Brit. Mus. Cat. Alexandria 9,68; Mionnet 6, 56, 96).
2) mit dem Brustbild des Sarapis (Feuardent 609; Brit.
Mus. 10, 78; Mionnet 6, 56, 95; Fabretti Cat. Tur. Mus. 6107).
Fabretti giebt kein Gewicht an, bezeichnet das Stück aber wie ich
als „drachma".
Eine dauernde Bedeutung hat die Prägung dieser Didraehmen
und Drachmen nicht; es handelt sich wohl um einen Versuch des
Claudius, kleinere Nominale in Billon einzuführen, der aber nicht
wiederholt worden ist; man muss sich also anders geholfen haben.
Es ist ganz sicher, dass keine späteren Prägungen dieser Art bekannt
sind. Die Stücke des Claudius selbst sind ziemlich selten und
können nicht lange circulirt haben."
Hieran sei sogleich angeschlossen, was Pick mir auf die weitere
Frage, ob er Kupferdrachmen kaiserlicher Prägung nachweisen könne,
geantwortet hat:
„Die Frage kann ich nicht so bestimmt beantworten. Wenn
man unter den vorhandenen Münzen eine finden will, die als die
Kupferdrachme gegolten haben könnte, so bietet sich dafür meines
Erachtens nur ein Nominal, nämlich die ganz grosse Kupfermünze,
die von Vespasian eingeführt und bis Commodus geprägt wurde.
Ihr Vorbild ist offenbar der römische Kupfer- (oder vielmehr Messing-)
Sesterz, dessen Wert gleich Denar war. Da nun der Silberwert des
aegyptischen Tetradrachmon in der besseren Zeit gleich 1 Denar war,
so könnte diese Kupfermünze im Werte von ^ Denar gleich ^ Tetra-
drachmon, d. h. also gleich 1 Drachme gesetzt werden." Nach einer
späteren Zuschrift Pick's ist ihm nach weiterer Prüfung die Ansetzung
jener grossen Kupfermünze als Kupferdrachme noch sicherer geworden.
Fragen wir auf Grund dieses numismatischen Befundes, in
welchen Metallen thatsächlich die Zahlungen unserer Ostraka erfolgt
sind, so wird die Beantwortung dadurch sehr erschwert, dass die
Quittungsschreiber vielfach, ja meist das Metall nicht erwähnen.
Wollen sie eine Zahlung ausdrücklich als Billonzahlung charak-
I. DIE MÜNZEN.
731
terisiren, so wird apYUpLGU oder ocpyjpio'j (5'j7:apGO vor die Summe
gesetzt.
Die Obolen werden niemals ausdrücklich als „kupferne" be-
zeichnet. Da es nach Obigem nur Kupferobolen, nicht Billonobolen
gab, so war das Fortlassen der Metallbestimmung selbstverständlich.
Wenn in P. Lond. CGCLXXX )(aXxiv(. .) = gezahlt wird, so möchte
ich das daher nicht als yoLkvhoMC^ oßoXo'j^ t:£VT£, sondern lieber als
yoLXvlvriv o'^oXobc, ttIvts = 1 Kupferdrachme 5 Obolen fassen.
Nicht selten werden die Obolen als Scheidemünze, xlpjia, be-
zeichnet. Vgl. 468, 505, 506, 509, 517, 529, 553, 572, 581, 592,
1247. Wenn es in 505, 506, 529, 581 heisst: j5u7:(apoö) ^ xeaaapa^
X£p([AaT05) h oder ähnlich, so wird damit gemeint sein, dass 1 Billon-
tetradrachmon und ausserdem so und so ^dele Obolen gezahlt sind.
In anderen Fällen steht auch vor Obolensummen puTcapoö. Vgl.
127, 131, 132 (je 10 Obolen), 164 (6 Obolen), 479 (40 Obolen),
1564 (55 Obolen), 1568 (8 Obolen). Gelegentlich werden auch die
Kupferdrachmen als x£p[ia bezeichnet. Vgl. 512, 568, 1413.
Damit sind die in der Ostraka vorkommenden Beispiele von
genaueren Angaben über die Art der Münzen im WesentKchen
erschöpft. In den meisten Fällen fehlt, wie gesagt, eine genauere
Charakterisirung völlig.
Nach dem Münzbefund wissen wir nun, dass es Nominale in
Billon in der Regel nur im Betrage von 4 Drachmen gegeben hat.
Mir sind in unserer Sammlung nur zwei Fälle bekannt, wo Drachmen-
beträge unter dem Tetradrachmon ausdrücklich als in Billon gezahlt
bezeichnet werden. Vgl. 1391: äpY(upcou) ^'j7i(apoö) ^ pti'av; 1556:
dpY(Dptou) \ huo Tpi6j3o(Xov). Da die erstere Urkunde in die Zeit
des Nero, die zweite in die des Claudius gehört, so wird man hierin
vielleicht jene kleineren Nominale wiedererkennen dürfen, die Pick
oben gerade als Claudische Prägung von vorübergehender Bedeutung
nachgewiesen hat.
Von diesen Ausnahmen abgesehen können die Beträge unter
4 Drachmen wohl nur auf folgende zwei Arten gezahlt worden sein.
Entweder gab man ein Billon -Tetradrachmon in Zahlung und er-
hielt die Differenz in Kupfer zurück, oder aber man zahlte von
vornherein in Kupfer, und zwar in Kupferobolen, resp. ihren Viel-
fachen. Nach Pick's Ausführungen wird man von Vespasian an
auch an Kupferdrachmen im Werte von 6 Obolen denken dürfen.
732
X. KAPITEL.
Es waren also — wenigstens bis auf Vespasian — ganz ähn-
liche Zustände wiedergekehrt, wie sie im III. Jahrh. vor Chr. vor
Epiphanes bestanden hatten. Die Urkunden lehren uns nun, und
darin ergänzen sie die aus den Münzen zu gewinnenden Resultate,
dass ähnlich wie damals nur bei den izpoc, yjxXv.ov vergebenen Steuern
24 Obolen für einen Stater angenommen wurden, sonst aber ein Agio
zu zahlen war, so auch in der Kaiserzeit ein Aufgeld erforderlich
war, wenn Kupferobolen statt Billon gezahlt Avurde. Das ergab sich
mir schon aus dem Ostrakon 1302, wo sich folgende Gleichung
findet: für 14 Knaben je 5 Obolen = 10 Drachmen. Da 14 X 5
= 70, so sind hier 70 Obolen = 10 Dr. gesetzt, oder 1 Dr. = 7 Ob.
Hier wird also bei Zahlungen mit Kupferobolen statt Billon für die
Drachme 1 Kupferobol als Agio berechnet, so dass nicht 24, sondern
28 Obolen auf die Billontetradrachme gehen. Derselbe Satz liegt
auch in den anderen Posten dieser Rechnung zu Grunde. Für
3 Männer je 10 Obolen = 7 Dr. 2 Obolen. Für 2 Männer je
9 Ob. = 2 Dr. 4 Ob. Ueberall sind 7 Obolen auf 1 Drachme
gerechnet.
Etwa dasselbe Verhältnis liegt auch in den arsinoitischen Tempel-
rechnungen vom J. 215 vor. Da heisst es (BGU 362 p. VIII 4 ff.):
für 3 Zimmerleute je 18 Kupferobolen = 7 Dr. 4 Obol. Nach dem
Satz 1 Dr. = 7 Ob., würde es vielmehr 7 Dr. 5 Ob. ergeben (3X18
= 54). Ungefähr dasselbe Verhältnis liegt auch in dem darauf
folgenden Posten vor: für 6 Knaben je 10 Obolen = 8 Dr. 2 Ob.
Zu diesem dürftigen Material kam durch die sorgfältige Publi-
cation des Pap. Lond. CXXXI Recto durch Friedrich Kenyon eine
ausserordentlich wichtige Quelle hinzu. Es ist dies das berühmte
Wirtschaftsbuch aus dem Hermopolitischen Gau, vom J. 78 und 79
n. Chr., auf dessen Rückseite Aristoteles' 'A'ö-r^vaiwv TioXiTeca ge-
schrieben steht. ^) Was uns hier vorliegt, ist ein umfangreiches
Fragment (637 + 94 = 731 Zeilen) aus den vom Gutsverwalter
^) Vgl. dazu Gött. GA 1894 S. 742, wo übrigens Z. 18 „Kupferdrachmen"
Druckfehler für „Kupferobolen" war. Während der Arbeit erhielt ich durch
die Güte des Verfassers die wertvolle Arbeit von W. Kubitschek, Eundschau
über ein Quinquennium der antiken Numismatik (1890 — 1894), Wien 1896, in
der auch er die wichtigen Aufschlüsse des Papyrus über das Verhältnis des
Kupfers zum Silber dargelegt hat. Was ich a. a. O. über die l^ößoXoi gesagt
habe, muss ich zurücknehmen. Erneutes Studium der betreffenden Stellen sowie
I. DIE MÜNZEN.
733
Didymos, dem Sohne des Aspasios, im Auftrage des Gutsherrn
Epimachos, des Polydeukes' Sohn, geführten Büchern über Ein-
nahmen und Ausgaben der ihm unterstellten Wirtschaft, soweit
sie in Geld erfolgt sind — also ein apyjpLXG; 16^(oz (Z. 2). Da-
neben ist natürlich ein aiTixo; oder y^vixo; Acycc geführt worden,
über Einnahmen und Ausgaben in Naturalien; dieser ist uns abei«
nicht erhalten. 1) Das Wirtschaftsbuch ist in folgender Weise an-
gelegt. Zuerst werden die Xr^\L\ioL'ZOc, dann die avaA(i)[JLaTa gebucht.
Am Ende einer jeden Columne werden die Einzelposten zusammen-
addirt. Am Schluss der Monatsrechnung findet dann die Schluss-
rechnung statt, in der die Einnahmen und Ausgaben gegen einander
verrechnet werden und der Ueberschuss ly^oyoc) festgestellt wird.
Uns interessirt hier nur, was der Papyrus über das Münzwesen
lehrt. Der Hauptwert des Textes liegt darin, dass er uns zeigt, wie
im praktischen Leben Billon- und Kupfermünzen neben einander
verwendet und gegen einander verrechnet wurden.
Der Buchführer befolgt die Praxis, alle höheren Beträge von
Kupferobolen zunächst auf eine Kupferdrachme von 6 Kupferobolen
zu reduciren und sie in dieser Gestalt am Ende der einzelnen Posten
aufzuführen. 2) Am Schluss der Columnen, und ebenso am Schluss
der gesammten Monatsrechnung, zählt er zusammen, wieviel Billon-
drachmen und wieviel Kupferdrachmen vorher aufgeführt sind. Nach-
dem nach dieser Methode alle Obolen, die im Laufe des Monats
ausgegeben sind, zusammenaddirt sind, werden sie zum Schluss in
neues Material haben mich von der Irrigkeit überzeugt, und ich habe dalier,
bereits in den Corrigenda des II. Bandes unserer BGU bemerkt, dass die Hex-
obolen in dem dort angegebenen Sinne überall zu streichen sind. Es ist viel-
mehr an den betreffenden Stellen dßoXwv zu lesen. So in BGU 362 Till 3 ;
P. Lond. CXXXI R. 530 und 531, auch in unserer Xr. 1302. In BGU 220, 14
ist g dinoL Ig ößoX(ol) 8exa zu lesen. Jenes sx begegnet auch sonst sehr
häufig bei Preisangaben, Taxirungen u. s. \v. Vgl. P. Grcnf. (I) 22, 11, wo
150 Artaben ex SpaXfiwv 1200 erwähnt werden.
So heisst es in BGU 14 II 2 : Xöyos dpY'jp'.xd^ XrjiajiaTWv xal dvaXtü-
jiditüv 6cp' cv xal YSvixög. Letzteres bedeutet: „Nach dieser Abrechnung über
die Geldwirtschaft kommt die über die Naturalwirtschaft". Ein Hinweis auf
diesen Xöyo; z'.z;y.6c, findet sich in dem Londinensis 615 f., wo es von der Miete
für einen Wagen heisst: xöv 5^ [iiaO-dv §S£'. £v xp'.9-(^). Vgl. Kap. VII.
^) Nur selten hat er diese Reduction schon vorher vorgenommen. So
Z. 338 und 346, wo er beide Male nach seiner sonstigen Gewohnheit statt a =
vielmehr öß(oXoug) if] hätte sagen müssen.
734
X. KAPITEL.
Billongeld umgereclinet. Dass der Buchführer die Obolenbeträge
auf dem Umwege der Kupferdrachmen in Billongeld umrechnet, thut
er lediglich aus praktischen Gründen. Es ist ihm so bequemer, als
jeden einzelnen Kupferobolenbetrag in Billon umzurechnen.
Dass diese Umrechnung klar und deutlich vor unseren Augen
vollzogen wird, darin liegt der Hauptwert dieser Urkunde. Ich will
ein Beispiel hierher stellen. Z. 350 ff.:
/ dvy]Xto[ia(Ta) toö {jltjvo^ Neou S£ßaa'co(ö)
apY(i)pcoi)) 2_ aoß x(al) xa(Xxoö) 2- pi^ p, oCi dpY(i)ptoi)) fhc, tü)(v)
2L S (5ß(oX(I)v) XYj 2_ p / ETzl TO a(uT6) dvyjX((i)|jia) toö [irj(v6^)
dpyfuptou) 2. Toß.
„Das macht an Ausgaben für den Monat Neos Sebastos
(= Hathyr) in Billon Drachmen 272 und in Kupfer Drachmen 116
Obolen 4. Letztere sind in Billon, wenn man auf 4 (Billon) drachmen
28 Obolen rechnet, 100 Dr. Das macht zusammen — in Billon
372 Drachmen".
Dieser Umrechnung liegt der Satz zu Grunde: 1 Billon-Tetra-
drachmon = 28 Kupferobolen. Derselbe Ours ist auch beim Tybi
notirt (Z. 447). 2) Dagegen ist beim Monat Sebastos (Z. 167) und
Phamenoth (CXXXI* 18) der Curs zu 29 Obolen für das Tetra-
drachmon berechnet. Im Pharmuthi aber begegnen beide Curse
neben einander. Da werden von der Gesammtsumme von 231 Dr.
und 3 Ob. 68 Drachmen und 4 Obolen zu 28, und 163 Dr. zu
29 Obolen gerechnet.
Es sei hervorgehoben, dass formell die Umrechnung aus dem
einen Metall in das andere hier nach derselben Methode erfolgt wie
im III. Jahrh. vor Chr. Im Revenue -Papyrus hiess es (s. oben):
wir nehmen auf 1 Stater (= 4 Silberdrachmen) 24 (Kupfer) obolen.
So heisst's auch hier: auf 4 Drachmen werden so und so viele Obolen
gerechnet.
Auch sachlich ist der Unterschied, was das Verhältnis der Me-
talle zu einander betrifft, nicht bedeutend. Für das III. und II. Jahrh.
vor Chr. haben wir oben einen Curs von 26^ Kupferobolen für das
Tetradrachmon nachgewiesen. Hier zur Zeit Vespasian's beträgt er
^) Nur selten hat er diese Reduetion schon vorher vorgenommen. So in
Z. 417, 420. Vgl. auch Z. 373 und dazu Kenyon's Anmerkung.
^) Auch sonst liegt es bei den einzelnen Umrechnungen vor. Vgl. Z. 373,
417, 554, 555, 558.
I. DIE MÜNZEN.
735
28 oder 29 Obolen. Das Kupfergeld in der Kaiserzeit hat also
einen wenn auch nur unbedeutend geringeren Wert dem Silber gegen-
über als in der Ptolemäerzeit, oder mit anderen Worten, das Silber-
geld der Kaiserzeit, wiewohl es nur schlechtes Billon ist, hält sich
dem Kupfer gegenüber besser im Curs als das der Ptolemäerzeit. Aber
die Differenzen sind doch recht geringe. Der Curs von 28 Obolen liegt
auch in Nr. 1302 aus dem II. Jahrhundert vor, wo, wie wir oben
sahen, 7 Obolen auf 1 Drachme gerechnet wurde. Und auch noch
zur Zeit Caracalla's ist durch die arsinoitischen Tempelrechnungen
derselbe Curs bezeugt (s. oben). So lässt sich durch Jahrhunderte
hindurch eine grosse Stabilität constatiren.
Diese Ergebnisse wurden soeben durch die metrologischen Zu-
sammenstellungen aus Oxyrhynchos bestätigt, die Grenfell-Hunt als
P. Oxyr. I. IX Verso (III/IV Jahrh. n. Chr.) edirt haben. Da^ heisst
es: ly^L yjxXrAzbn^ o^oXobq cf , . . lyj.i Spayjxr] b^oXohc, iTüia ^. Die
yjxXY.iyri werden wir mit Pick wahrscheinlich als Münze, die 5pay^[n^
dagegen als Rechnungseinheit zu fassen haben. Auch hier werden
7 Obolen auf die Billondrachme gerechnet, während 6 Obolen auf
die Kupferdrachme gehen.
Nach dem Vorstehenden müssen auch die oben citirten Worte
Toxo'j T'5' [JLva dpyupixwv oßoXwv Tsaaapwv (CPR I 12) und Toxto
TpiwßoXeiü) apYDpLXw (BGU 362) ihre Erklärung finden. Da es
Billonobolen nicht gegeben hat, kann wohl nur gemeint sein, dass
die Zahlung der Zinsen in Billon zu erfolgen habe, so dass also bei
eventuellen Kupferzahlungen 7, nicht 6 Obolen auf die Drachme ge-
zählt werden sollten.
Wenden wir uns zum Schluss wieder den Steuern zu. Es
drängt sich die Frage auf, ob auch in der Kaiserzeit wie in der
Ptolemäerzeit die einen Steuern TZpbq apyupioy, die anderen TZpbq
yjxXy.ow erhoben wurden, mit anderen Worten, ob es Steuern gab,
die normal in Kupferobolen, für die dann kein Agio gefordert wurde,
zahlbar waren. Mir scheint unser Material noch zu gering, um auf
inductivem Wege diese Frage mit Sicherheit zu beantworten. Einige
Einzelheiten seien hervorgehoben. Aus 1247 geht vielleicht hervor,
dass die Abgabe für die '/.\JW^yezly.o^ bopoLxa. in Kupfer ohne Agio
(Tzpbq yaXxov) zu zahlen war. Da werden die für diese Steuer ge-
zahlten x£p([iaTO?) 6ß(oXol) cf mit dem vorhergehenden Posten
§\JTz(<xpac,) SpaxCfia^) p.^av = zusammenaddirt zu L ß = /. Hier
736
X. KAPITEL.
sind also die 6 Obolen als 1 Drachme angesetzt. Andrerseits folgt
-sdelleicht aus 604, dass der [xepiafio^ av^ 5?^pOG apyup'.ov" vergeben
war, denn die oßoXol c;' sind hier nicht zu den vorhergehenden
2 Drachmen als 1 Drachme hinzugezählt. Also machten hier erst
7 Obolen die Drachme aus. Endlich zeigt P. Oxyr. I 99, dass das
eyxuxXcov in der Kaiserzeit izpbc, Scpy()pLoy verpachtet war; die
Zahlung an die Bank erfolgt in )(aXx(oö) npbq apyCup'.ov), worunter
ptolemäisches Kupfergeld zu verstehen ist (vgl. oben S. 729). Dass
ich oben S. 721 diesen Ausdruck mit Recht auf Zahlungen bezogen
habe, die eigentlich in Silber erfolgen sollten, für die also ein Auf-
geld nötig war, bestätigt jetzt dieser neue Text. Denn wenn ausser
der Steuersumme gezahlt wird in'.hexo(,(TO .) gTa( ) (6pa)((xag) [ . • .
(Gr. H.), so ist das doch wohl in £7iL5£xa(TOu) az(x(zfipoc,) auf-
zulösen, und damit wird das für den Stater zu lO^/o berechnete
Aufgeld gemeint sein.
Dass die Kaiser ebenso wie die Ptolemäer den Zahlungsmodus
der Steuern bis in's Einzelne geregelt haben, unterliegt keinem
Zweifel. Man denke z. B. nur an die hierauf bezüglichen Be-
stimmungen im palmyrenischen Steuertarif ^) Hoffentlich werden
wir durch weiteres Material einen Einblick in diese Regelung ge-
winnen.
Ich sagte oben, dass auch in der Kaiserzeit Aegypten seine
eigene Münze behalten habe. Nichts desto weniger hat natürlich auch
hier römische Reichsmünze cursirt, doch wird sie sich auf die rö-
mischen Kreise im Wesentlichen beschränkt haben. Einen interessan-
ten Beleg dafür bieten die Ostraka aus Pselkis, die einem römischen
Lager entstammen. In denjenigen Quittungen aus Pselkis, die nicht
von Natural-, sondern von Geldlieferungen handeln, Nr. 1128, 1142
und 1265, wird überall nicht nach Drachmen, sondern nach Denaren
gerechnet. In 1128 quittirt ein römischer Soldat über den Empfang
von 6yjvapia kizToc xal d^oXobq el'xoat, in 1265 ein eben solcher
über 6yjvapia huo ößoXol öxxw. Hier ist also neben den römischen
Denaren, die bekanntlich den Tetradrachmen gleichstehen, die
provinziale Kupfermünze in Gebrauch.
^) Dessau, Hermes XIX S. 519 f. So hatte Germanicus für Syrien be-
stimmt, dass die Steuern in italischen Assen (npoc, daaap'.ov tTa[Xi.%öv]) erhoben
und nur die Beträge unter einem Denar (svxös ÖTjvaptou) in der provinzialen
Scheidemünze (xep|xa) eingefordert werden sollten.
I. DIE MÜNZEN.
737
Ausserdem begegnet die DenarreclinuDg in unserer Sammlung
nur noch in Nr. 1169 und 1170, Abrechnungen aus dem II./III. Jahrh.
n. Chr. (aus Theben), in denen Tagelöhne für Männer und Frauen
aufgezählt werden. Eine Erklärung dafür, weshalb hier römische
Rechnung ist, wird durch die Texte nicht an die Hand gegeben.
Ich möchte annehmen, dass der Arbeitsgeber ein Römer war, der
mit römischem Gelde zu wirtschaften gewohnt war. Der Denar ist
in beiden Texten durch die bekannte Sigle ){< bezeichnet. Wie in Pselkis
auf die Denare Obolen folgen, so folgen auch hier weitere Summen,
doch steht davor nicht die Sigle für d^oXoc, ( — ), sondern merkwürdiger
"Weise die Sigle p, die uns sonst als iSTpwjSoXov bekannt ist. Wenn
man es nicht für glaublich hält, dass der Römer mit P dasselbe
gemeint habe, was in Pselkis die Soldaten als ößoXot bezeichneten, d. h.
den Kupferobol, so wird man mit Mommsen annehmen müssen,
dass hier wirklich mit 4 Obolen (= ^ Denaren) gerechnet wird.
Für das Nebeneinander der Denar- und Drachmenrechnung in
römischen und griechischen Kreisen ist sehr lehrreich ein noch un-
publicirter Papyrus der Bibliotheque Nationale zu Paris, den ich
1887 mit M. Omont's freundlicher Erlaubnis copirte. Er stammt
aus Achmim (Panopolis) in Oberaegypten und ist vom 5. Jahre
(des Septimius Severus) datirt. Hier wird ein Strafgeld für das
Nichterscheinen vor Gericht auf 250 Denare festgesetzt: 6^T:^^y]'^i\Lr^w
Tfj^ [a]7r£c0"'a? auxöv ei^eveyxeTy Siaxoa'.a 7r£v[n^]y.ovTa Srjvap'.a.
Nach Obigem ist a priori anzunehmen, dass diese Bestimmung von
einem römischen Beamten getroffen ist. Und in der That spricht
Vieles dafür, dass dieser Text eine directe Fortsetzung des im
Hermes XXIH S. 593 von mir publicirten Textes ist, mit anderen
Worten, dass die oben angeführte Entscheidung von Claudius Diognetos,
dem procurator Augusti, getroffen ist. Es ist nun interessant zu sehen,
dass in der darauf folgenden Bemerkung, die von dem Strategos des
Gaues herzurühren scheint, statt von 250 Denaren vielmehr von
1000 Drachmen die Rede ist. Wir sehen also: die römischen Be-
amten rechneten mit Denaren, aber im praktischen Verkehr mit den
Griechen und Aegyptern wurden diese Denare nach dem bekannten
Satze 1 Denar = 4 Drachmen stillschweigend in die landesübliche
Drachmenrechnung umgesetzt.
Endlich bietet unsere Sammlung auch einige Beispiele für die
durch Constantin geschaffene Neuordnung des Münzwesens. Vgl.
WiLCKEN, Ostraka. 4^7
738
X. KAPITEL.
Nr. 1224, 1225, 1606, 1607, die sämmtlich aus dem V.— VII. Jahrh.
n. Chr. stammen. Hier wird nach vo{XLa|jiaTa (= Solidi) und zepaica
(= Siliquae) gerechnet. Die Texte bieten für die Münzgeschichte
nichts, das nicht durch andere Urkunden bekannt wäre.
II. Die Masse.
A. Trockenmasse.
Als das übliche Getreidemass Aegyptens erscheint in den
Ostraka, übereinstimmend mit den Papyri, während der ptolemäischen,
römischen und byzantinischen Zeit die Artabe. Von dem Medimnos,
den Hultsch^), gestützt auf Script, metr. I 258 § 5, als „das Haupt-
maass des Trocknen" für die Ptolemäerzeit constatirt, habe ich bis-
her urkundlich keine Spur finden können; vielmehr nennen auch die
Papyri und Inschriften immer nur die Artabe und ihre Teile. Den
Medimnos setzt der metrologische Autor a. a. O. auf 2 „alte ptole-
mäische" Artaben an. Vgl. auch P. Oxyr. I 9 Verso 9.
Vorausgeschickt sei ein Wort über den Namen apTaßyj. Soweit
ich die metrologische Literatur überblicke, scheint man allgemein
die Artabe für ein altaegyptisches Mass zu halten, wenigstens
spricht man überall auch von „Artaben" der Pharaonenzeit. Man
stützt sich auf die Erklärung des Epiphanios (Script, metr. I 272) :
apxaßy] he Ix^Yj-ö-y] äizb zou Tiap' Aiyunzloiq <^£)>pToß, sowie darauf,
dass sich der Name im Koptischen als epTCOB und efTOB er-
halten hat.'^) Dagegen ist zu sagen, dass das koptische Wort, auf
das sich Epiphanios bezieht, ein unaegyptisches Wort ist^), das nichts
als eine durch das Griechische vermittelte Transscription eines per-
sischen Wortes darstellt. Aus Herodot I 192 wissen wir, dass die
1) Griech. u. röm. Metrologie. 2. Aufl. 1882 S. G24, im Folgenden kurz
als „Metrologie" citirt. Ich brauche nicht zu sagen, dass auch ich, wie so Viele
vor mir, durch dieses verdienstvolle "Werk in das schwierige Gebiet eingeführt
worden bin.
Metrologie S. 366 flf.
3) W. A. Schmidt (d. griech. Papyrusurk. 1842 S. 221) hat epTOn aus
dem Koptischen als „Kubikfuss" erklärt. Das schwebt ebenso in der Luft Avie
seine anderen koptischen Etymologien.
n. DIE MASSE.
739
Artabe ein [lexpov üepaixov war.^) Wir sehen ferner aus Polyän
IV 3, 32, dass diese medisehe Artabe, wie er sie nennt, in -J, ^, ^,
A teilbar ist. Das ist aber genau dieselbe Gliederung, die wir
unten für die ptolemäische und römische Artabe nachweisen werden,
während die alten aegyptischen Fruchtmasse der Pharaonenzeit ent-
weder dekadisch oder aber dyadisch in |, ^, ^i^, -^^y ^te. ge-
teilt waren. 2) Ich möchte daher annehmen, dass die Artabe, d. h.
der Name dieses Masses und seine Gliederung, erst seit der per-
sischen Occupation in Aegypten heimisch war^), eine Ansicht, die
ich nachträglich auch von Eugene Revillout (Revue Egyptol. II
S. 197) durch andere Ueberlegungen bestätigt finde.^)
Was die Verwendung der Artabe betrifil, so werden in unseren
Ostraka folgende Naturalien damit gemessen: Weizen (wjpo^) und
Gerste (xpL-ÖT^) passim, ferner Bohnen (x'ja{xoO, vgl. 834, 1013, Ge-
müse QAyjxvo^i), vgl. 858, Sesam (GrpoL\i.o^, vgl. 763, 1520, Saflor
(xv^xo?), vgl. 730, 1353, Kroton (xpoiwv, die Frucht des Kiki-
baumes), vgl. 727, 729, 737, 743, 1194.-^) Für die Annahme von
Hultsch (Metrologie S. 624), dass man mit der Artabe sowohl
Trockenes als Flüssiges gemessen habe, bieten weder die Ostraka
einen Beleg, noch die sonstige urkundliche Tradition, die sie gleich-
falls nur als Mass für Trockenes kennt. Wenn Viereck (Berl.
^) Weitere Belege bei Sturz, de dialecto Macedonica 1808. S. 87.
2) Vgl. Eisenlohr, Mathem. Handbuch d. alten Aeg. S. 11 f.
^) In den Hieroglyphen bezeichnete man die Artabe in der Ptolemäerzeit
mit demselben "Wort, mit dem schon im Papyrus Ehind (II. Jahrtausend v. Chr.)
das Getreidemass benannt war, mit hkt. Vgl. H. Brugsch, Die Aegyptologie
S. 378 f.
■*) Auch der alte Sturz a. a. O. vertritt die richtige Auffassung.
^) Neben manchen anderen Producten wurde natürlich auch das Salz nach
Artaben vermessen. Vgl. Pap. Leipz. 11 Kecto(sic)^ 2: &Xds ~ a<P S
heisst: „Für Salz, Artaben 1500 — 500 Drachmen". Hier kostet also die Artabe
Salz i Drachme = 2 Obolen. Dieser Passus ist von Wessely (Ber. der Sachs.
Ges. Wiss. 1885, S. 253 f.) missverstanden worden. Er liest die Stelle: aXo;
x'cp und bemerkt dazu: „Das Salz wird hier mit dem Kyphi gemessen. Als
die Römer dem ptolemäischen System der Hohlmasse ihren Sextar als Mass von
2 Kotylen hinzufügten, wurde auf diesen die Benennung Kyphi (oder Hin) über-
tragen". Das geht auf die verfehlten Ausführungen von W. A. Schmidt (die
griech. Papyrusurk. 1842 S. 257 ff.) zurück. Ein Mass Kyphi ist bisher nicht
erwiesen. — Vgl. auch Grenfell (I) 29 (vom J. 105 vor Chr.) Z. fi: aXdj
dpxaßa; II.
47*
740
X. KAPITEL.
phil. Woch. 1896 Nr. 52 Sp. 1652) auf Grund von Rev. Pap. 39
Oel nach Artaben vermessen sein lässt, so ist das lediglich ein Irr-
tum, der auf der Verwechselung der Oele mit den respectiven Roh-
producten beruht. Der Text spricht, wie auch der Herausgeber
Grenfell nicht anders angenommen hat, lediglich von der Sesam-
frucht, der Krotonfrucht. Dagegen hat im Rev. Pap. 55, 7 ff. auch
Grenfell angenommen, dass die Artabe sich auf die Oele beziehe.
Mit Recht sträubt er sich gegen diese Annahme. Es liegt aber kein
Irrtum vor, wie er meint, vielmehr ist meines Erachtehs dieser Stelle
zu entnehmen, wieviel Artaben der eiüzelnen Fruchtsorten dazu ge-
hörten, um einen Metretes (39,39 Liter) des betreffenden Oeles her-
zustellen. Danach wurde aus 5 Artaben Kroton, 8 Artaben Saflor,
7 Artaben Leinsamen, 12 Artaben Kolokynth je 1 Metretes des
betreffenden Oeles producirt. Dass diese Deutung ailch sachlich
möglich ist, bestätigte mir mein verehrter College, Prof. von Rümcker,
auf Grund von Untersuchungen, die er zu diesem Zwecke in der
landwirtschaftlichen Versuchsstation hat ausführen lassen. Also
werden auch an dieser Stelle des Revenue -Papyrus die Früchte,
nicht die Oele nach Artaben gemessen.
Wenige Gebiete werden durch die neuerdings zu Tage ge-
kommenen PapjT-i sowie durch unsere Ostraka so bereichert, wie
gerade dieser Teil der Metrologie. Vergegenwärtigen wir uns, was
bis jetzt über die Artabe und ihre Teile bekannt war. Wir wussten,
dass die Ptolemäer die bis dahin in Aegypten gebräuchliche Artabe
von 36,45 Litern auf den Betrag des attischen Metretes von 39,39
Litern erhöht haben, und nahmen an, dass diese Artabe, die von
einem metrologischen Autor 4| römischen Modien gleichgesetzt wird,
bis auf die Kaiserzeit das übliche Getreidemass in Aegypten ge-
wesen sei. Es war ferner bekannt, dass die Römer eine neue Re-
duction vorgenommen haben, indem sie eine Artabe = 3^ römischen
Modien = 29,18 Litern einführten, i) Während dies wohl ziemlich
allgemein angenommen wurde, gingen die Berechnungen der Unter-
abteilung der Artabe, der Choinix ()(0CVl5), weit auseinander. Manche
1) Vgl. Script, metrol. I S. 258,5 und dazu Hultsch, Metrologie S. 623 ff.
Die oben auf S. 412 behandelte Notiz des Hieronymus ad Dan. XI 5: artabas,
quae mensura tres modios et tertiam modii partem habet scheint bisher über-
sehen zu sein.
n. DIE MASSE.
741
setzten sie auf -^-^ Artabe fest, so Lumbroso (Reeherches S. 5),
E. Revillout (Revue Egyptol. II S. 169), Brugseh (Aeg}^tologie
S. 381), Andere auf so Hultsch (Metrologie S. 105, 625). Für
alle Einzelheiten verweise ich auf Hultsch's Handbuch. Die neue
Offenbarung, die uns nun durch die Urkunden geworden ist, besteht
in der Erkenntnis, dass sowohl in der Ptolemäer- wie in der Kaiser-
zeit nicht nur je eine Artabe existirt hat, sondern dass mehrere, an
Umfang von einander verschiedene, neben einander in Gebrauch ge-
wesen sind. Für die Kaiserzeit wies ich in den Gött. GA. 1894
S. 743 f. drei verschiedene Artaben nach, die neben einander an
demselben Orte in Geltung waren, und Friedrich Hultsch errichtete
auf dieser Basis mit sicherer Hand ein metrologisches System.^)
Aber auch in der Ptolemäerzeit war es, wie wir sehen werden, nicht
anders; auch damals gab es mehrere Artaben verschiedener Grösse.
„Artabe" war also eine allgemeine Bezeichnung für ein
Trockenmass, das an der Spitze eines Systemes stand. Die
constante Grösse war nicht, wie man bisher glaubte, die
Artabe, sondern die Choinix. Die verschiedenen Artaben sind
meines Erachtens nichts als verschiedene Vielfache von so und so
vielen Choinikes. Es wird also nicht darauf ankommen zu zeigen,
der wievielste' Bruchteil der Artabe die Choinix ist, sondern um-
gekehrt, wieviel Choinikes die verschiedenen Artaben fassen. So hat
sich das Problem völlig verschoben. Es soll zunächst unsere Auf-
gabe sein, die verschiedenen Artabensysteme aus den Urkunden zu
eruiren.
Für die Ptolemäerzeit lassen sich folgende Artaben nachweisen:
1) Eine Artabe von 40 Choinikes liegt den Rechnungen
in Petr. Pap. (II) XXV (vom J. 226 v. Chr.) zu Grunde. Aus der
Publication von Mahaffy ist dies allerdings nicht ersichtlich, da er
die entscheidenden Stellen fast sämmtlich verlesen hat. ^^ach meiner
am Original vorgenommenen Revision des Textes ergeben sich fol-
gende Gleichungen:
XXVa 8f für 8 Personen je H Choinikes Cy) = ^ Artabe
2 Choinikes (ci). Da 8 X 1 i = 12, so ist | Artabe = 10 Choinikes
1) Vgl. Fleckeis. Jahrbb. 1895 Heft 2 S. 81 ff.: „Drei Hohlinasse der
römischen Provinz Aegypten." Dazu kommt jetzt von demselben: „Ein Flüssig-
keitsmass der Provinz Hispania", in Ber. Sachs. Ges. Wiss. 4. Dec. 1897.
742
X. KAPITEL.
gerechnet. Also 1 Artabe = 40 Choinikes. Dasselbe Resultat er-
giebt sich aus folgenden Gleichungen:
XXV a, 10 für 13 Personen je 2 Choi. (^) = | Art. 6 Choi. (Ly).
XXVb, 9:9X3 Choi. in Z. 8) = | Art. 7 Choi. (L^).
Ebenda 1 1 f : 9X8 Choi. (^) = l ^ Art. 2 Choi. (C a L d y).
Auch in den Rechnungen der nächsten Seite liegt, wenn sie richtig
gelesen werden, dieselbe Gleichung vor.
Von den angeführten Stellen ist b, 12 deshalb besonders wichtig,
weil sie uns die Gewissheit giebt, dass die Einheit, auf die die Choi-
nikes reducirt werden, eben die Artabe ist. Denn da heisst es
ausdrücklich C a'-d^, C aber ist die in den Petrie Papyri übliche
Sigle für dpTaßvj. Ich hebe dies besonders hervor, da ich — in
letzter Stunde — sehe, dass diese Gruppe zu falschen Deutungen
geführt hat. Auch Eugene Revillout hat in seinen soeben erschienenen
„Melanges", die ich zu meinem lebhaften Bedauern auch für dieses
Kapitel nicht mehr genügend durcharbeiten konnte, auf S. 312 durch
Correctur des Mahaffy'schen Textes richtig erkannt, dass in diesem
Papyrus 40 Choinikes eine Einheit bilden. Er glaubt aber, dass diese
Einheit Metretes geheissen habe, da er in b, 9 und 12 p, = [i£(Tp7jT'i^?)
zu sehen meint. An ersterer Stelle las ich am Original apTWv ^ ^•
Das \), das über der Zeile nachgetragen ist, kann nicht anders als
TTi) (. . .) oder U7r(. . . .) gelesen werden. Ich meine, dass 7i;u(pü)v)
oder ähnlich zu lesen ist. Dieses u hat Revillout für ^ verlesen.
In 12 aber hat er den Exponenten, den Mahaffy irrig % gelesen
hatte, für ^ gehalten. Es steht vielmehr, wie gesagt, C = apiaßig
da. Auch die Photographie bestätigt mir nochmals meine Lesungen.
Uebrigens fand ich dieselbe Artabensigle in demselben Zusammen-
hang auch in XXV e, 6, wo ich las: ^ cLd(2 X löChoin. = 30Ch.
= J- + i Artabe), Die Einheit der 40 Choinikes heisst also nicht
Metretes, sondern Artabe. — Ich hebe hervor, dass die in Frage
stehenden Weizenlieferungen vom olxoy6[iOQ des Arsinoitischen Gaues
geleistet werden. Die Artabe zu 40 Choinikes ist also ein Mass,
das von königlichen Beamten für Weizen gebraucht wurde. Wenn
ich Revillout, Melanges S. XXIX recht verstehe, will er seinen
„griechischen Metretes" von 40 Choinikes, den er der „aegyptischen
Artabe" von 36 Choinikes entgegenstellt, durch die griechischen Colo-
nien im Faijüm erklären: la metrete grecque usitee dans les colonies
II. DIE MASSE.
743
grecques du Faijüm. Wenn dies richtig wäre, würde damit nicht
erklärt sein, dass auch die Regierung das Mass verwendet. Doch
fallt diese Hypothese zugleich mit dem Namen Metretes.
2) Eine Artabe von 30 Choinikes wird gleichfalls für das
ni. Jahrh. vor Chr. durch Rev. Pap. 39,2 und 4 bezeugt: Tr^v dp-
Tdßy^v TYjV TpLaxGVTa)(Oivr/.ov. Mit diesem Masse werden hier die
Früchte gemessen, die zu der königlichen Oelfabrikation gebraucht
werden, d. h. Sesam, Kroton, Knekos, KolokjTith (Kürbis) und Lein-
samen. Der Zusammenhang zeigt, dass mit diesem Masse im ganzen
Lande gemessen werden soll.
3) Eine Artabe von 29 Choinikes bezeugt ein Papyrus aus
dem oberaeg}^ptischen Pathyris vom J. 132 vor Chr., bei Grenfell
(I) 18, 20. Es heisst da von einem Darlehen von 35 Artaben
Weizen: tö 5av£iov toOto dTüoooTwaav — [isTpwi hi xal -acciAYj^av
Tipö? TO y.O")^. Die Phrase „mit dem Masse, in dem sie es empfangen
haben", ist, wie wir sehen werden, in den Darlehenscontracten dieser
Zeit äusserst häufig. Hier steht sie überflüssiger Weise, denn mit
TTpo? TO Spezielle ausgedrückt. Ich meine, damit kann
nichts anderes als ,,7:pög t6 £VV£axaL£'.7.oa:)(Oivixov" (seil. |JL£Tpov) ge-
meint sein. Danach ist hier im privaten Verkehr eine Artabe von
29 Choinikes gebraucht worden.
4) Eine Artabe von 26 Choinikes wird durch unser the-
banisches Ostrakon 706 (aus ptolemäischer Zeit) bezeugt. Ich lese
da nach nochmaliger Revision des Textes : + £7rca TpLTOV / + ^'y
^y.i) Da die Summe 7^ Artaben beträgt, kann das nur als Ad-
jectivum zu dem hinter +, wie üblich, zu ergänzenden dpTapa?
gefasst werden und bedeuten: „Artaben zu je 26 Choinikes". Mit
diesem Masse wird hier Weizen vermessen, den ein Steuererheber
an den Thesauros abliefert. Das Drittel (y) ist hiernach ein Mass
von f = 8f Choinikes (s. unten).
5) Eine Artabe von 24 Choinikes glaube ich endlich aus
dem Pap. Lond. XVIII (Kenyon Cat. S. 22 f., Serapeum bei Memphis,
vom J. 161 vor Chr.) eruiren zu können. Die bekannten 6:5u|JLa:
erhalten nämlich nach dieser Rechnung monatlich, also für 30 Tage,
Die Lessung y , die ich früher zu erkennen meinte, ist sachlich un-
wahrscheinlich, denn das gäbe eine Artabe von 20.^ Choinikes. Auch palaeo-
graphisch spricht mir die Rundung mehr für ( = 6.
744
X. KAPITEL.
8 Artaben Spelt (ölupoc). Folglich müssen sie für die besonders ge-
rechneten 5 Epagomenen ^ davon , also -1=1-^^ Artaben erhalten,
wie auch Kenyon hervorhebt. Nach Z. 15 bekommen sie nun für
diese 5 Tage: Artaben ä 5' )(o(cvixaö ß, also 1^ Artaben und 2 Choi-
nikes. Dies ist aber = 1-J nur unter der Voraussetzung, dass die
2 Choinikes = sind, denn | -|- == = -J. Also ist hier
1 Choinix = 2V gerechnet, oder 1 Artabe = 24 Choinikes. Ich hebe
hervor, dass mit diesem Masse die Tempel Verwaltung den Spelt-
weizen vermisst.
Wir haben somit für die Ptolemäerzeit aus den Urkunden
fünf verschiedene Masseinheiten zu 40, 30, 29, 26 und 24 Choi-
nikes nachgewiesen, die alle als Artaben bezeichnet werden.
Für die Kaiserzeit kann ich nach Choinikes einstweilen nur
eine Artabe berechnen, nämlich die zu 24 Choinikes. In unserem
Ostrakon Nr. 761 (aus der Zeit des Augustus, Theben) stehen die
Worte: &Tzb ~ y dva cf ß'^ ex}- -\- Von 3 Aruren, die je
6^ Artaben 1-J- Choinikes einbringen, ist der Betrag für 1-^ Aruren
auf 9^ Artaben berechnet. Prüfen wir: 1 Arure = 6^ Art. 1^ Choi.,
also -J Arure = -^^t- f Choi., folglich 1 J Aruren = 9^ Art.
2 Choi. = 9^ Art. 2 Choi. Da dies = 9^ Artaben sein soll, muss
auch hier die Choinix = ^ Artabe gerechnet sein. Denn ^ -|-
= = -J- Also liegt hier eine Artabe von 24 Choinikes vor.
Das metrologische Fragment P. Oxyr. I 9 Verso 8 enthält die
Worte: eyj.i apxaßy] |X£Tpa c, t6 hh |Ji£Tpo<v> xuv:x<(a>5 5, &Gze
tlvoLi TYjV dpTaßvjv x^^VL^wv Hier ist eine Artabe von 40 Choinikes
bezeugt, die uns sonst nur für die Ptolemäerzeit bekannt ist. Der
Papyrus ist im III./IV. Jahrhundert nach Chr. geschrieben. Trotz-
dem könnte er die Masse der Ptolemäerzeit enthalten. Aber freilich
passen die Angaben über die Münzen für die Kaiserzeit (s. oben),
^) Ich lasse hier absichtlich diejenigen Artaben bei Seite, die lediglich
nach Angaben metrologischer Autoren zu berechnen sind. Ich hob schon oben
hervor, dass Manche die Choinix als Artabe berechnet haben. Das beruht
auf der Angabe metrologischer Autoren, dass die Artabe = 4-^- röm. Modien und
der Modius = 8 Choinikes ist. Will man auch die letztere Angabe (vgl. dazu
Hultsch, Metrol. S. 104) auf die ptolemäischen Masse beziehen, so hätten wir
danach noch eine Artabe von 36 Choinikes einzuschieben. Ausserdem müssten
wir nach Hultsch S. 105 und 625 auch noch eine Artabe von 48 Choinikes con-
struiren, da er die Choinix als Jg- Artabe berechnet.
n. DIE MASSE.
745
und so mag wohl auch die Artabe von 40 Choinikes damals bekannt
gewesen sein. Möglicherweise rechneten aber nur noch die Metro-
logen mit ihr.
Abgesehen hiervon lassen sich noch drei verschiedene Artaben
für die Kaiserzeit erweisen, von denen wir vorläufig nicht sagen
können, wie viel Choinikes sie gefasst haben. Das sind die Masse,
die ich in Gött. GA 1894 S. 743 f. aus dem Pap. Lond. CXXV (ed.
Kenyon S. 192 ff.), der dem IV. Jahrh. nach Chr. angehört und aus
der Gegend von Theben -Hermonthis stammt, nachgewiesen habe.
Dieser Text, ein Xoyo? a:Tr/.6c, unterscheidet: 1) ein -önrjaauptxöv
[i£Tpov, 2) ein ^popr/.ov [isTpov und 3) ein anderes unbenanntes
Mass. Xach diesen drei Massen werden die Weizenlieferungen in
Artaben bemessen. Es muss hervorgehoben werden, dass sie in
einer und derselben Urkunde neben einander stehen, also nicht
etwa nur lokale Bedeutung haben. Das thesaürische Mass muss
dasjenige sein, mit dem die Oorjaaupoc, die kaiserlichen Staatsmaga-
zine, wirtschafteten. Das ^opr/ov |JL£Tpov habe ich a. a. O. als „Steuer-
mass" bezeichnet. Ich möchte es jetzt anders fassen. Der ^opoc,
für den in Z. 37 mit diesem Masse gemessen wird, ist keine Steuer,
sondern kann nur ein Pachtzins sein, wie denn in dieser Zeit dies
die gewöhnliche Bedeutung des Wortes ist (vgl. oben S. 319 ff.).
Es ist zudem mehr als unwahrscheinlich, dass die Steuern, die doch
an den ■O-rjaa'jpo; abgeführt wurden, mit einem anderen Masse als
dem thesaurischen vermessen wären. Das ^optxöv (isipov können
wir also zunächst nur als ein Mass fassen, mit dem die Pachtzinsen
gemessen zu werden pflegten.^) Nennen wir es einstweilen das
„Pächtermass". Das dritte Mass endlich, das ohne besondere Be-
nennung auftritt, erscheint in dieser Urkunde, was mir a. a. O. noch
entgangen war^), regelmässig und ausschliesslich da, wo es sich um
Lieferungen an Bäcker (apxoxo-oi) handelt. Vgl. Z. 1, 18, 19 (wo
6\Loi(siQ auf apTOxoTTü) in 18 hinweist), 25, 26, 27. Nennen wir es
also, bis weitere Verwendungen bekannt werden, einstweilen das
„Bäckermass". Ich habe nun a. a. O. nachge^viesen, dass
das Pächtermass : thesaurischem Mass = 9:7,
das Bäckermass : thesaurischem Mass = 25 : 24.
Dass sie nicht immer in diesem besonderen Masse, sondern gelegentlich
auch im thesaurisclien Masse bezalilt wurden, zeigen Z. 2 und 16.
2) Mein Hinweis auf das Srjp.öa'.ov jjtdxpov war verkehrt. Siehe unten.
746
X. KAPITEL.
Versuchen wir jetzt den Wert dieser mannigfachen Artaben zu
berechnen. Friedrich Ruitsch, auf dessen Ausführungen in Fleck-
eisen's Jahrbb. 1895. 2. S. 81 fF. ich im Allgemeinen verweise, ist
auf Grund der eben angeführten Thatsachen zu folgenden Ergebnissen
gelangt. Er erkennt — ohne Zweifel mit Recht — in dem thesau-
rischen Masse die jüngere Artabe wieder, von der der Autor des
Fragmentes nzpl (JtsTpwv sagt: vuv he öiä ty;v Ta)[xaVxY]V XP^^^^
dpTaßyj )^py](JLaTC^£i y f. Er setzt daher die thesaurische Artabe =
3-J römischen Modii = 53^ Sextaren = 29,18 Liter. Damit ist der
feste Punkt gewonnen, von dem bei der Berechnung der Artaben
von nun an auszugehen sein wird! Nach den im Londinensis ge-
gebenen Proportionen ist dann die Pächterartabe = 68f Sextaren =
37,52 Litern und die Bäckerartabe = 55 f Sextaren = 30,4 Litern.
Wir kennen somit 3 Artaben der Kaiserzeit nach ihrem thatsäch-
lichen Volumen, daneben eine Artabe nach ihrem Choinikengehalt
(= 24 Choi.). Ungewiss blieb jene Artabe von 40 Choinikes in dem
metrologischen Fragment aus Oxyrhynchos. Ausserdem kennen wir,
was Hultsch damals noch unbekannt war, 5 verschiedene Artaben
der Ptolemäerzeit nach ihrem Choinikengehalt, nämlich zu 40, 30, 29,
26 und 24 Choinikes. Es wird die Aufgabe der Metrologen sein,
nunmehr zu untersuchen, wie diese römischen Artaben sich zu den
ptolemäischen verhalten. Hultsch, der für die Pächter- und Bäcker-
artabe bereits Anknüpfungen in den früheren Systemen gesucht und
gefunden hat, nahm von der thesaurischen Artabe an, dass die Römer
sie neu geschaffen hatten (S. 91). Da wir jetzt eine solche Fülle von
ptolemäischen Artaben kennen, liegt die Vermutung nahe, dass eine
von ihnen durch die Römer zur thesaurischen, d. h. zur officiellen
Artabe gestempelt sei. Das Problem ist gelöst, sobald eruirt ist,
wie gross das Volumen der aegyptischen Choinix gewesen ist.
Nur sehr ungern gebe ich hier die Rolle des Materialsammlers
auf und begebe mich auf den Boden metrologischer Speculationen,
auf dem ich mich nicht zu Hause fühle. Eine Vermutung möchte
ich hl^r aber doch nicht unterdrücken. Ist sie falsch, so möge man
sie durch die richtige Auffassung ersetzen. — Durch den Autor der
Schrift TCEpl fiixpwv ist überliefert, dass die ptolemäische Artabe auf
4J römische Modii = 39,39 Litern normirt war. Ist nun eine von
den fünf oben nachgewiesenen Artaben das Mass des Autors? Und
welche ist es? Auf den ersten Blick scheint die Artabe von
n. DIE MASSE.
747
30 Choinikes die meiste Anwartschaft darauf zu haben, denn ein könig-
liches Gesetz bestimmt sie als Mass für das ganze Land. Ich möchte
aber betonen, dass nach dem Gesetz, wie oben bemerkt, die zur Oel-
fabrikation bestimmten Früchte damit gemessen werden solleu. Dass
Weizen und Gerste damit vermessen seien, ist zur Zeit nicht über-
liefert. Ohne Zweifel aber wird die officielle Artabe, die der Autor
als die einzige ansehen konnte, eine solche sein, mit der die wich-
tigsten Körnerarten, also Weizen, Gerste etc. vermessen wurden. Als
Weizenmasse sind überliefert die zu 40, 29, 26 und 24. Dass für
verschiedene Producte auch verschiedene Masse üblich waren, werden
wir unten auch bei den Flüssigkeitsmassen bestätigt finden, und
ist auch sonst bekannt. Ich möchte nun von einer Thatsache aus-
gehen, auf die mich Friedrich Hultsch freundlichst hingewiesen hat,
nämlich, dass „das übliche Handmass für Körnermessung in ver-
schiedenen Systemen nicht allzuweit von einem modernen Liter sich
entfernt". Suchen wir nach diesem Princip die Choinix zu be-
stimmen, so ist klar, dass keine Annahme zu einem glatteren Re-
sultat führen kann, als die, dass die Artabe von 40 Choinikes die
des Autors sei, d. h. 39,39 Liter gefasst habe. Denn hiernach ist
die Choinix fast genau gleich einem Liter, nämlich = 0,984 Liter.
Ich überlasse die Prüfung dieses Ansatzes den Metrologen und be-
schränke mich darauf, diese eine Möglichkeit in ihre Consequenzen
zu verfolgen. Es ergeben sich danach folgende Sätze:
Die Artabe von 40 Choinikes = 39,39 Litern.
„ „ „ 30 „ = 29,52 „
„ ,, „ 29 „ = 28,54 ,,
„ 26 „ = 25,58 „
^4 = 23 6*^
Fragen wir nun, ob die thesaurische Artabe der Römer, die
Hultsch auf 29,18 Liter berechnet hat, unter diesen ptolemäischen
Massen ihr Vorbild hat, so sieht man, dass die Artabe von
30 Choinikes, im Betrage von 29,52 Liter fast genau identisch mit
ihr ist. Es liegt die Vermutung daher nahe, dass die Römer die
alte ptolemäische Artabe von 30 Choinikes, von der der Revenue-
Papyrus handelt, zum officiellen Körnermass gemacht haben. Doch
ich will den Metrologen das Feld räumen. Nur auf eine Folgerung
der obigen Annahme will ich noch hinweisen. Nach den Ostraka
von Pselkis empfingen die römischen Soldaten daselbst monatlich
748
X. KAPITEL.
eine Artabe Weizen zu ihrem Unterhalt. Nimmt man an, wie
wahrscheinlich ist, dass diese Artabe die thesaurische ist, und ferner,
dass diese 30 Choinikes fasste, so hat der Soldat hier für den Tag
1 Choinix erhalten. Eine Choinix aber ist, wie viele Autoren be-
zeugen, das gewöhnliche Mass der Tageskost für einen Menschen
gewesen, weshalb man sie geradezu als f^\^epOTpo^^Q bezeichnet hat.^)
Kehren wir von den Speculationen wieder auf den festen Boden
der Thatsachen zurück und untersuchen wir, was für Teilmasse
der Artabe sich nachweisen lassen. In den Urkunden begegnen
zwei verschiedene Methoden der Bezeichnung der Teile: entweder
werden die Teile als Ganze von so und so vielen Choinikes oder
aber als Bruchteile der Artabe ausgedrückt. Die erstere Methode
ist in allen Fällen die sicherere, da, wie ich wenigstens annehme,
die Bewertung der Choinix constant war, während die Brüche nur
verständlich sind, wenn man weiss, welche der zahlreichen Artaben
gemeint ist. Schon seit dem III. Jahrh. vor Chr. erscheinen beide
Arten der Bezeichnung neben einander. Nach dem bis jetzt vor-
liegenden Material scheint mir die Angabe der Choinikenzahl in der
Ptoleraäerzeit häufiger zu begegnen als in der Kaiserzeit, aber auch
hier tritt sie hinter der Bruchbezeichnung zurück. So begegnet sie
in Petr. Pap. (II) XXV (III. Jahrh. vor Chr.), wo, wie wir oben
sahen, die Artabe von 40 Choinikes vorliegt. Hier werden die
Werte von 10, 20 und 30 Choinikes bezeichnet als ^, -J und J -}~
l Artabe. Was unter einem Viertel ist, wird in Choinikes aus-
gedrückt: ^, ^ (1|), y, ^ u. s. w. bis ^. ^ kommt zufällig hier
nicht vor. Gelegentlich findet aber auch keine Reduction auf die
Bruchteile statt. Vgl. XXV g 8: sogar: X (=
40 Choinikes). Das erklärt sich wohl dadurch, dass diese Beträge
die Summirung kleinerer Choinikenbeträge darstellen. — Nach Choi-
nikes wird auch in Petr. Pap. (II) XXXIX d gerechnet, doch lässt sich
hier über die Methode nichts Genaueres sagen. — In den „Acten-
stücken aus der kgl. Bank" Nr. IV wird der Ertrag von Feldern
mit folgenden Artabensummen angegeben: S = ^^'t- Choi. | ^;
£^^^^=Art. 5| Choi. 2|; 8cf = Art. 4|^. Auch hier wie oben
findet sich eine Mischung der beiden Methoden. Als Unterabteilung
der Choinix begegnen hier ^ und ^, andrerseits -J. Da wir nicht
^) Vgl. die Belege bei Hultsch, Metrol. S. 105 A. 3.
n. DIE MASSE.
749
mit Sicherheit sagen können, welche Artabe gemeint ist, können wir
die Brüche nicht berechnen. — Auch im Pap. Lond. XVIII (ed.
Kenyon S. 22 f.), gleichfalls aus dem II, Jahrh. vor Chr., wird neben
den Brüchen nach Choinikes gerechnet. Hier begegnet o' )cß =
Art. ^ Choi. 2. Vgl. Z. 29. In unseren Ostraka aus der Ptolemäer-
zeit ist nicht ein einziges Mal nach Choinikes gerechnet, falls nicht
Nr. 1201 noch in diese Zeit fällt. Da steht: — Xß y x"' ^' ^'
Art. 32-J Choi. 1^. Ausserdem bietet unsere Sammlung nur noch
ein Beispiel, Nr. 761 (aus der Zeit des Augustus), wo cf =
Art. 6^ Choi. 1^ begegnet. Da wir oben die Artabe dieses Ostrakon
auf 24 Choinikes berechnet haben, so ist 1-J- Choinikes = ^
Artabe.
Aus den angeführten Stellen gewinnen wir den Eindruck, dass
die Bezeichnung nach Choinikes nur subsidiär ist, nur da auftritt,
wo die Bruchberechnung unbequem ist. Wir werden in dieser Auf-
fassung bestärkt, wenn wir sehen, dass nur ganz bestimmte Ailaben-
brüche üblich waren. Ich habe schon im Rheinischen Jahrbuch
(S. 238) aus griechischen Urkunden den Nachweis geführt, dass als
Artabenbrüche nur \, \ und -J- und andrerseits die Reihe -J, \, -jij,
etc. vorkommen. Dies Resultat ist auch durch das gesammte in-
zwischen hinzugekommene Material bestätigt worden.^) Auch in
unseren Ostraka begegnet nur 1) \, \, \, und zwar wird auch hier
die Reihe niemals mit -^-^ etc. weitergeführt; 2) \, \, -^^ und
In den Petrie Papyri des III. Jahrh. vor Chr. treten dieselben Brüche
auf, nur kommt darin zufällig nicht vor. In dem mathematischen
Handbuch von Achmim begegnet auch Artabe (in Nr. 13).^)
Da diese Bruchreihen ganz constant sind, wird man im Allgemeinen
die Choinikenbezeichnung immer für solche Artabenteile gewählt
haben, die sich durch einen dieser Brüche nicht ausdrücken Hessen.
^) P. Viereck (Hermes XXX S. 114) hat meine Ausführungen im Rhei-
nischen Jahrbuch missverstanden, wenn er mir die Ansicht zuschreibt, dass die
Artaben, abgesehen von der Drittelung auch in \ \ \ ^ u. s. w. zerfielen.
Ich führe dort vielmehr ausdrücklich diese zweite Reihe nur bis ^ herab. Und
bis jetzt habe ich auch noch kein Beispiel einer Weiterführung dieser Reihe
kennen gelernt.
^) Vgl. Memoires de la Mission archeologique fran9aise au Caire IX :
J. Baillet. Le Papyrus mathematique d'Akhmim. Paris 1892. — Vgl. dazu Fr.
Hultsch, Das elfte Problem des mathematischen Papyrus von Akhmim, in „Ilistor.
Untersuchungen, Emst Förstemann zum 50 jährigen Doctorjubiläum". Leipz. 1894.
750
X. KAPITEL,
So sahen wir oben in 761 den Bruch umschrieben durch T d. h.
a
Choinix; freilich wurde daneben auch mit ausgedrückt, wie-
wohl man den Bruch r.h dafür hätte nehmen können. Natürlich
handelt es sich hier überall nicht um bindende Regeln, sondern um
den Usus der Schreiber.
AVarum mögen gerade diese Bruchreihen auftreten? Die Teilung
in I, ^, -1- ist so selbstverständlich, dass sie keiner Erklärung bedarf.
Aber die Drittelung ist um so auffallender, als sie z. B. bei der
grossen Artabe von 40 Choinikes, ebenso bei der von 29 und 26
recht unbequem durchzuführen war. Ich glaube, diese Drittelung
haben die Aegypter zugleich mit der dpxaßY] von den Persern be-
kommen, denn auch diese persische zerfällt in -J, -J-, y^, ^i^, (s. oben
S. 739), und haben sie dann consequent bei allen Systemen durch-
geführt, deren Spitze sie „Artabe" nannten.
Zur Erklärung der Constanz der obigen Reihen möchte ich aber
auf einen Punkt hinweisen, der bisher meines Wissens noch nicht
hervorgehoben ist: ich meine, den oben nachgewiesenen Brüchen
haben concrete Einzelmasse entsprochen. Natürlich muss
jedes der verschiedenen Artabensysteme seine eigenen concreten Unter-
masse gehabt haben: bei der Artabe von 40 Choinikes mass das
Viertelmass 10 Choinikes, bei dem von 30 Choinikes 7^ u. s. w.
Einige dieser Artabenteile werden nun durch die Urkunden aus-
drücklich als concrete Masse bezeugt. So begegnen, wie wir unten
zeigen werden, ein TexapTOV, ein extov und ein oy^oov als concrete
Handmasse, mit denen die Vermessung grösserer Posten vorge-
nommen wird. Daneben werden auch concrete Masse überliefert,
die die Choinix und einige Vielfache derselben darstellten. So
sprechen die Urkunden häufig von einem (xsxpov xexpaxocvLXOV und
IEa)(OLvr/COV (s. unten S. 770 f.). Das waren concrete Handmasse von 4
und 6 Choinikes. Rechuet man die Choinix, wie ich vorschlug, zu
0,984 Liter, so beträgt das x£Xpa)(OLVCxov 3,94 Liter, das e^a^otvLXov
5,90 Liter. Diese beiden erscheinen in den Urkunden als die ge-
wöhnlichsten Handmasse und mögen im Verkehr etwa die Rolle ge-
spielt haben wie auf uuseren Märkten das Fünflitermass. Das Vier-
choinikenmass kennt auch Hesychios^) als selbständiges Mass, das
Hesychios: Oicptv, |asxpov xt xsxpaxotvtxov Aiyuux'.ov. Da die aegyp-
tische Form das v nicht hat, wird otcpiv für ot(^iov stehen und die graecisirte
Form darstellen.
II. DIE :masse.
751
er mit dem einheimischen Namen 019:7 benennt (= hierogl. ?pt), und
eben dieses Vierchoinikenmass meint das metrologische Fragment von
Oxyrhynchos, wenn es die Artabe von 40 Choinikes in 10 Teile
teilt, die es kurzweg |Ji£Tpa nennt. Heinrich Brugsch hat im The-
saurus inscriptionum Aegypt. V S. 1052 ein Beispiel dafür gebracht,
dass in demotischen Texten die Bestimmung „nach dem Maass mit
Oiphi" in demselben Sinne hervorgehoben wird wie [ilipw T£Tpa-
XOtvtXü) in den griechischen Urkunden.^) Wenn übrigens Brugsch
(Aegyptologie S. 381) und Andere das Oiphi auf ^ Artabe berechnen,
so führt das auf die Artabe von 6 X 4 = 24 Choinikes. 2)
Die Ostraka machen uns auch noch mit einem anderen con-
creten Teilmass der Artabe bekannt, das ist das ^axcov und xpi-v
jjLaxcov. In Nr. 296—300 und 1460 (Syene, Ende des II. Jahrh.
n. Chr.) werden [AupoßaXavoi nach fJtax'.a vermessen. 3) Vgl. 296:
(iaxcoi) sVwXOV 5[ü)5£xaxov] [xa'^ cf :fj. Heinrich Brugsch, dem ich
vor Jahren von diesem bis dahin nirgends belegten Masse Mit-
teilung machte, identificirte es mit dem aegyptischen Hohlmass
rrit'^. Vgl. jetzt seine „Aegyptologie" S. 381 (wo {xaxiav Druckfehler
ist fiir [laxcov). Vgl. auch Brugsch, Thesaurus V S. 1501. Maxiov
ist danach eine Transscription dieses aegyptischen Wortes. Nach
E. Revillout, der in seinen „Melanges" neues Material für dieses
Mass bringt, wäre das aegyptische rnt'^ wiederum Transscription des
balylonischen masihu (S. II). Nach Brugsch's Ansatz, den zu prüfen
*) Das Berliner Ostrakon (P. 4756), das Brugsch dort nach meiner Lesung
mitteilt, lese ich jetzt mit Benutzung einer von Herrn Dr. Krebs mir freund-
lichst übersandten Durchzeichnung der ersten Zeile folgendermassen :
'A|jiaoycp'.$ £7ir(XoX(ou9-r^xa)
Tcupoö dpxotßag xsaapa rjiju.au t£xpaxa(!.)-
Soeben hat Krall, CPR II gezeigt, dass der von Brugsch im Demotischen
nachgewiesene Ausdruck sich ähnlich auch im Koptischen bis in die spätesten
Zeiten erhalten hat. So wird in einer Urkunde des VIII. Jahrh. „nach dem
kleinen Oipemasse" (TKOy i NO'ine) gemessen (S. 74), in einer anderen aus
dem VII. Jahrh. „nach dem grossen Oipemasse" (TXNOCT NOmH) (S. 137).
Daneben wird auch einfach vom „Oipemass" gesprochen. Wie der Unterschied
des grossen und des kleinen Oipe zu erklären ist, bleibt noch zu untersuchen.
^) In Eevillout's „Melanges" scheint ein reiches Material für diese Fragen
vorzuliegen. Doch war es mir noch nicht möglicli, es zu verwerten.
^) Die Lesung ^op\io\i in 1460 ist unsicher. Vgl. Ruitsch, Metro-
logie S. 106.
752
X. KAPITEL.
ich nicht in der Lage bin, war dieses Mass = Artabe. Es bleibt
zu untersuchen, auf welche der Artaben dieses Verhältnis anwendbar
ist, oder ob etwa dies Wort allgemeine Bezeichnung für das 5ü)-
hi%axov geworden ist. — Durch Nr. 1018 wird uns bezeugt, dass
das Dreifache dieses [laitov ein concretes Handmass bildet, mit dem
auch Weizen vermessen wurde: [M£(ji£TpYj(xaaL) sie, -ö-Jyjaaupov |jl7]-
Tp07r(6X£to?) Tpi|JiaTLtp [ASTpcp.^) Dieses Mation wird für das III. Jahrh.
vor Chr. durch das in unsere Sammlung nicht aufgenommene Ostra-
kon Brit. Mus. 16510 bezeugt, wo ich (a. 1886) in Z. 4 las: ]xca-
[Loczioc §. Zumal in der vorhergehenden Zeile von Artaben die Bede
ist, wird zu trennen sein: ]xc? [laita 6. Auch für die byzantinische
Zeit glaube ich das Mass nachweisen zu können. In einem Pariser
Papyrus dieser Zeit las Wessely (Denkschr. Wien. Akad. 1889 S. 131)
Z. 6: T(D aü)[xaTLacü) (iSTpo) und bemerkte dazu: „vielleicht ist atü-
jiaTtacov mit corpus, Corporation in Zusammenhang zu bringen."
Ich schlage vor tw aw [xaxtaio) iiexpo) zu lesen, d. h. „mit dem
Dir gehörigen Mationmass". S. unten S. 774.
Wenn ich nicht irre, begegnet dasselbe Mass in etwas anderer
Form auch in 1218 (aus römischer Zeit): xoxxou \i(x.Z(xc, 8. MaxYj
oder jjLaxa scheint die genauere Transscription von mH'^ zu sein;
(laxtov ist davon eine Diminutivbildung. Diese xoxxoc werden hier
neben anderen Medicamenten verlangt. Das Mass scheint danach
auch bei den Medicinern in Gebrauch gewesen zu sein.
Ehe ich die Artabe verlasse, möchte ich auf die interessante
Gleichung hinAveisen, die sich aus dem kürzlich publicirten mathe-
matischen Papyrus von Achmim (VII./VIII. Jahrh. n. Chr.) 2) ge-
winnen lässt. Zum grossen Schaden der Publication hat der ver-
dienstvolle Herausgeber Baillet durchgehends die Sigle für die Artabe
verkannt. Das Zeichen a~:~, das er als „|jiova^, runite" fasst, ist
nichts anderes als die in der byzantinischen Zeit übliche Form der
Artabensigle.^) Damit fallt neues Licht auf mehrere der dort be-
handelten Probleme. Unter anderem ergiebt sich aus Nr. 2, 4, wo ß'4'
apxaßa^ zu lesen ist:
Dies ist der einzige Fall in unseren Ostraka, dass das Handmass an-
gegeben wird. Vgl. oben S. 116.
2) Siehe oben S. 749.
3) Vgl. meine Ausführungen im „Ehem. Jahrbuch" LXXXVI S. 236/7.
Dort wies ich auch schon auf die byzantinische Form a— hin.
II. DIE MASSE.
753
1 Kubikelle = 31 ^ = 3f Artabeo,
oder: 1 Artabe = Kubikelle.
Die Gleichung kann nur verwertet werden, wenn man weiss,
welche Artabe gemeint ist. Es ist mehr als wahrscheinlich, dass
die thesaurische Artabe vorliegt, da das Exerapel gerade den Zweck
hat, den Inhalt von Thesauren zu berechnen. Friedrich Ruitsch,
dem ich die vorstehende Gleichung mitteilte, hatte die Freundlich-
keit, mir eine ausfuhrliche metrologische Verwertung derselben ein-
zusenden. Ich bin ihm zu grossem Dank verpflichtet, dass er mir
erlaubt hat, dieselbe hier mitzuteilen,
^) Hultsch schrieb mir am 25, April 1895:
„In der von Ihnen mitgeteilten wichtigen Gleichung 1 Kubikelle = Ar-
taben meinen Sie doch wohl „thesaurische Artaben". Ich will dies jetzt an-
nehmen, um nicht auf's Ungewisse andere immerhin zeitraubende Versuchs-
rechnungen anzustellen. — Ist die Artabe, welche zu Kubikelle bestimmt
wird, die thesaurische = 53| Sextare = 29,18 Liter, so misst die dem Betrage
3
von 3f Artaben entsprechende Elle j/98,482 Kubikdecimeter = 4,618 Decimeter
= 0,462 Meter. Das ist die Elle, die zur römischen sich wie 25 : 24 verhält,
die früher sogenannte attische, zugleich die Elle, welche dem ptolemäischen Fusse
der Provinz Cyrenaica zugehört. Eine solche Elle haben also die Eömer zu der
Zeit, als sie die (vea) dpxaßr^ xaxä xr^v T(ü^ai"/.f,v XP^^^'.v fixirten, als übliches
Längenmass anerkannt. Dieses Längenmass hat aber auch zur kleineren alt-
aegyptischen Elle (= f königl. Elle, Metrol. S. 536) in einer systematischen Be-
ziehung gestanden, denn 3f thesaurische Artaben = 91,19 Kubikdecimeter, führen
3
auf eine zu gründe liegende Elle von j/91,19 Kubikdecimeter = 4,501 Deci-
meter = 0,450 Meter. Das ist genau die kleinere aegyptische Elle, wie ich sie
festgestellt habe. Damit sind zugleich alle meine in diesen Ring eingeschlossenen
Evaluationen als richtig bestätigt und die abweichenden von Nissen u, A. wider-
legt. Hiernach verhält sich die kleinere aegyptische Elle zu der Elle, die zur
3 3 . 3
römischen wie 25 : 24 steht, wie |/^ : j/^ = |/25 : 3 = 2,92402 : 3. Das
letztere nach modemer Methode ausgerechnete Verhältnis muss nun auf eine
Annäherung in möglichst kleinen ganzen Zahlen gebracht werden. Ich setze
also 2,92 402 : 3 = 0,97 467 : 1. Dieses Verhältnis ist so gut wie genau =
974| : 1000. Dafür setze ich das minimal abweichende Verhältnis 975 : 1000
= 39 : 40. So haben also die Römer das Verhältnis der kleinen aegyptischen
Elle zu der für die thesaurische Artabe massgebenden gesetzt , wie auch die
Nachrechnung bestätigt: 0,450 m X 40 = 18,000 m 18,000 m : 39 = 0,4616,
d. i. 0,462 m, wie ich für die Elle, die zur römischen sieh wie 25:24 verhält, er-
3 X 308
mittelt habe (vgl. Metrol. S. 69 f. 651; es sind Millim. = 462 Milli-
2
meter)."
WiLCKEN, Ostraka. *8
754
X. KAPITEL.
Zum Schluss seien noch einige Ausdrücke besprochen, die zwar
nicht eigentliche Masse bezeichnen, aber doch zu quantitativen Be-
stimmungen verwendet werden.
In den Ostraka von Sedment (s. oben Kap. VIII) finden wir
neben den Artaben die Rechnung nach Säcken (aazzot) und Eseln
(ovo:). In der Regel werden auf 1 Esel, resp. auf 1 Sack 3 Artaben
Weizen gerechnet,^) Nur einmal sind etwas mehr (Nr. 1108), ein
ander Mal etwas weniger (1099) als 3 Artaben verladen worden.
Diese Quantitätsverhältnisse wird man natürlich nicht verallgemeinern
dürfen; sie sind zunächst nur für den vorliegenden Fall bezeugt.
Vgl. oben S. 356 f.
Wie hier von Esellasten, so ist in anderen Fällen von Wagen-
lasten die Rede, und zwar handelt es sich überall um Spreulieferungen
(äyupoy). Nur in 1208 sind die Lieferungen nicht genauer bezeichnet,
doch mag auch hier Spreu gemeint sein.''^) In den Texten der
Ptolemäerzeit (vgl. 705, 707, 715, 738, 744 u. s. w.) und unter
Augustus (765) heissen diese Wagenlasten aybiyai^) , in den jün-
geren Texten y^M-o^-^) Diese Unterscheidung tritt so regelmässig
auf, dass man an einen Zufall kaum glauben kann. Und doch sind
diese Worte sonst durchaus nicht auf die angegebenen Zeiträume
beschränkt. So wird von yöjioc auch im Petr. Pap. (II) XXXVII 2 c
(III. Jahrh. vor Chr.) und im Rev.-Pap. 54, 9 gesprochen. Andrer-
seits rechnet das Wirtschaftsbuch von Hermupolis, vom J. 78/9 nach
Chr., nach dywYai. Vgl. Z. 501, 518 u. s. w. Liegt uns vielleicht
eine Eigentümlichkeit des thebanischen Sprachgebrauches vor? —
Der Zusammenhang zeigt, dass mit dytoya: und y6{JLO0 Fuhren von
ganz bestimmtem Umfang gemeint sind. Daher kommen denn auch
Bruchteile der yofAOt vor; so i (914), f (906, 1476), i (1433, 1447),
^) Zu dem Rechnen nach Säcken vgl. auch Hultsch, Metrol. S. 107.
In P. Oxyr. I 43 vom J. 295 n. Chr. werden Spreulieferungen nach
XizpoL'. bemessen. Auch in BGU 21 II 10 und 178, 12.
^) In 1011 ist mir das a in oilyoiydc, einstweilen unsicher. Auch bleibt
zu untersuchen, in welche Zeit es genauer zu setzen ist. Revision nötig.
röjjios bezeichnet sonst meist die SchifFslast. Im weitesten Sinne be-
gegnet es im Steuertarif von Palmyra vom J. 137 n. Chr., der den ^^öixog xap-
p'.xög, -xafiTiX'.xös und övtxög unterscheidet. Nach dem Inhalt der Lasten werden
ferner yÖ|io'. Tiup'-vtot, oiv.xoi, sXaivjpoi und dxupwv unterschieden. Vgl. Dessau,
Hermes XIX S. 486 ff.
II. DIE MASSE.
755
i (1014, 1458), i (866), ja sogar (1453). Ueber den thatsäch-
lichen Umfang der Lasten geben die Ostraka keine Auskunft,
Ich will nur darauf hinweisen, dass in einem thebanischen Papyrus
aus dem II./I. Jahrh. vor Chr. (Grenfell I, XXXIX 1) 225 Wagen
(a[iaEa:) zu je 6 Artaben Gerste und 200 Wagen zu je 5 Artaben
Weizen genannt werden. In unserer Xr. 1168 wird 1 dYtoyi^ Spreu
auf 400 Kupferdraehmen (II. Jahrh. vor Chr.) berechnet. In dem
unpublicirten Berliner Ostrakon P. 206, einer Kechnung aus dem
Il./ni. Jahrh., findet sich der Posten bizikp) v,\ifi<; Y6(p,ü)v) dcy6p(o\))
ß ^q:f. Danach kostete ein yG\iO(; hier 48 Drachmen.
In 1209 und 1216 wird verschiedenen Personen, darunter
Zimmerleuten, ihr Tagelohn in usuyyj zugemessen. Was sind ^vjyy]?
Schon J. G. Droysen^) hat aus dem Pap. Lond. XIV (ed. Kenyon
S. 22 f.) eruirt, dass 1 Artabe = „15 Paaren (^e-JY?])" gerechnet wurde.
Wessely^), der die Droysen'sche Arbeit nicht gekannt zu haben
scheint, sagt weniger glücklich, ein ^söyog sei „ein Fünfzehntel der
Artabe". Ebenso referirte auch ich im Kheinischen Jahrbuch S. 264
über Droysen's Ergebnis. Es ist jedoch nicht richtig, das ^söyog
für ein festes Mass zu halten, und es als der 'iArtabe zu er-
klären, verbietet sich schon dadurch, dass nicht zu den üblichen
Bruchteilen der Artabe gehört (s. oben). Die richtige, ^delleicht
auch von Droysen gemeinte Auffassung hat kürzlich Friedrich Kenyon
(S. 23 seiner Edition) zum Ausdruck gebracht, indem er X ^c'jyy]
übersetzt: „30 pairs of loaves". Folgende Gründe sprechen dafür.
Die Vergleichung von Z. 7 und 12 des Londoner Textes ergiebt
allerdings den Satz „30 Ceuyirj = 2 Artaben". Nun lehrt der Pa-
pyrus aber weiter, dass die Zwillinge für 1 Monat, also 30 Tage,
8 Artaben Spelt erhalten, also für den Tag = -j^^ Artaben, andrer-
seits, dass dies dieselbe Ration ist, als wenn sie für den Tag 8 Brote
In Nr. 810 findet sich nach meiner Lesung die Gleichung ^ Artabe =
3| yöfioi. Das würde 1 Artabe = 5 yöiio'. ergeben. An welche Artabe man
auch denken mag, der yö/aog, die Wagenlast, muss sehr viel grösser gewesen sein.
Ich vermute, dass dpiaßag in Z. 3 falsch ist. Entweder habe ich (im J. 1887)
fälschlich dpxdßag statt yö({ious) xpsig gelesen, oder der Schreiber hat sich in
diesem Sinne verschrieben. Meine Recherchen blieben bis jetzt ohne Erfolg.
Revision nötig.
*) Berlin. Literarische Zeitung 1840 Xr. 14 S. 270 (= Kl. Schrift.
I S. 41).
3) Berichte d. Sächs. Ges. Wiss. 1885 S. 250.
48*
756
X. KAPITEL.
(äpzol) erhalten. Hier werden also 8 Brote gleich Artaben ge-
setzt, oder 1 Artabe gleich ^ — 30 Broten. Folglich sind 2 Artaben
so viel wie 30 „Paar" Brote, oder 30 ^suyy]. Danach ist Z^uyoq als
ein besonderes Mass im Werte von Artabe zu streichen, und
es folgt aus dem Londinensis weiter nichts, als dass von den Spelt-
broten, wie sie damals im Serapeum den Zwillingsschwestern ge-
liefert wurden, 15 Paar oder 30 Stück aus einer Artabe gemacht
wurden. Zufallig kennen wir die Artabe dieses Papyrus; wir haben
sie oben auf 24 Choinikes berechnet. Also wurde für jedes dieser
Brote a = i Choinix Spelt verwendet.
Nachträglich fand ich zu dieser Auffassung von ^eöyo^ eine
vortreffliche Bestätigung in einem Ostrakon der Sammlung Sayce,
jetzt Nr. 1597, in dem es heisst: Abc, xdlq Texxoat ^euyy] apxwv
SIxa £V. Ebenso werden wir auch in 1209 und 1216 ^eöyo? als
„Paar Brote" auffassen, da der enge Zusammenhang zwischen diesen
drei Ostraka zweifellos ist. Nur wie gross diese Brote gewesen sind,
wieviel ^euyyj aus 1 Artabe gewonnen wurden, können wir hier nicht
sehen. — Im Pap. Grenf. (II) 67, 14/5 begegnen: 4't*>[Atwv ?£[u]yy]
L£ (vom J. 237 n. Chr.).
Das Ergebnis des Londinensis darf selbstverständlich nicht ver-
allgemeinert werden. So werden im Pap. Leipz. 8 (II./III. Jahrh.
n. Chr., aus Memphis) 60 Paar Brote auf 1 Artabe gerechnet. Dies
ist dem Herausgeber Wessely entgangen. Nachdem ganz wie in den
Ostraka eine Reihe von Personennamen mit Angabe der ^euyY] ge-
nannt ist, folgt die Summirung: yt ^euy d. h. „das macht
205 ^euyv]". Die beiden folgenden Zeilen liest Wessely:
a7i" Y Y^/"°~ ^5 '^'^^ apxaß/
^£i)Y f Y^- ^ '^S'^
In Wirklichkeit steht Folgendes da, wie ich am Original sah^):
ai + — Y T^ß '^^^ dpTaß(Y]?)
^£uy(ü)v) 5, Y(^v£Tat) £7t:(1 t6 auxo) ~ f}^/
Das heisst: „205 ^euyy] sind dasselbe wie 3-| Artaben Weizen,
da auf 1 Artabe 60 ^Euyv] gehen. Das macht in Summa 8^ Ar-
taben". Die Rechnung stimmt: 60 ist 3^^^^^^ enthalten.
^) Auch im Pap. Leipz. 32 Recto findet sich eine solche Umrechnung,
die Wessely gleichfalls entgangen ist. Ich lese in Z. 7: Y(iv£xat) ^£Uy(yj) atj
oci + [— . Die Zahl fehlt leider.
n. DIE MASSE.
757
Das Leipziger Fragment spricht also von Broten, von denen 120 Stück
oder 60 Paare aus einer Artabe Weizen gemacht wurden.
Endlich sei noch erwähnt, dass in Nr. 35 Palmzweige (cpoiv.xe^)
in Seapiat, in Bündeln, geliefert werden, denn so wird <^o]i\i^ Seal^
[X ^ zu deuten sein. Diese Vermutung, die ich schon in der Revue
Egyptol. VI S. 11 A. 2 ausgesprochen hatte, fand ihre Bestätigung
durch die Petrie Papyri, in denen das Heu mehrfach nach Seajia:,
Bündeln, berechnet wird. Vgl. Petr. Pap. (II) XXV c und g: y^op-
Tou 6ea[xa(;.^)
B. Flüssigkeitsmasse.
Die Daten der Ostraka eignen sich zur Basis einer systema-
tischen Darstellung der Flüssigkeitsmasse noch weniger als zu einer
solchen der Trockenmasse. Viele Namen von Massen tauchen auf
— darunter manche bisher ganz unbekannte, aber meist ver-
einzelt und ohne erkennbaren Zusammenhang. Ich beschränke mich
im Wesentlichen auf die Zusammenstellung des Materials.
Auch über die Flüssigkeitsmasse hat der Revenue -Papyrus
neue Aufschlüsse gebracht. Das Gesetz des Philadelphos unter-
scheidet zwei verschiedene [lexpr^Tat. Es setzt den Metretes, mit
dem das Oel gemessen werden soll — nennen wir ihn den iXocir^poc,
— auf 12 Choes fest. Vgl. 40,11; 45,4; 53,20: 6 (JtexprjT^? 6 5ü)-
5£xa)(0i)^. Dagegen wird der Metretes, mit dem der Wein gemessen
werden soll — nennen wir ihn den olvrjpoq — auf 8 Choes fest-
gesetzt. Vgl. 31,6; 32,19: 6 [lexpyjTY]? 6 öxTayou?. Aus diesen An-
gaben scheint mir zu folgen, dass, wie beim Trockenmass die
Choinix, so hier der Chus, und zwar der Ohus zu 12 Kotylen^),
die constante Grösse von bestimmtem Inhalte ist, während das Wort
[xeTpYjTTQ?, ähnlich wie dpiaßr], der allgemeine Name für ein Flüssig-
keitsmass ist, das an der Spitze eines Systemes steht. Nach Ana-
logie der Artaben möchte man vermuten, dass es ausser diesen beiden
hier bezeugten jieipyjTaL vielleicht auch noch Masse anderen Chus-
inhalts gegeben hat, die gleichfalls den Namen [AETpr^ii^? führten.
^) Ebenso werden im Wirtschaftsbuch von Hermupohs (Kcnyon S. 181)
xdXafioi nach HoiiOLi berechnet. Bei Krall, CPR II S. 20 begejrnet die Form
8ea|i6g. Vgl. dazu Eustath. p. 818,32: Seaiio; x^P'co'j.
2) Das ergiebt sich aus 40, 13 und 15: xYjv 5s xoxuXr^v =.
758
X. KAPITEL.
Zunächst ist durch den Revenue-Papyrus bezeugt, dass der sXaiyjpo^
sich zum olvT^poc, verhält wie 3 zu 2, da jener 12, dieser 8 Choes fasst.
Der Oelmetretes zu 12 Choes war uns auch sonst schon be-
kannt. Mit diesem Masse wurden den Zwillingsschwestern des
Serapeums ihre Oelrationen zugemessen. Vgl. Pap. Lond. XVII,
XXII u. sonst. Dass der [ieTpTj-ci^s in XVII zwölf Choes fasst, ergiebt
sich aus Z. 16. Vgl. Gött. GA 1894 S. 720.
Der Weinmetretes von 8 Choes begegnet nicht häufig. Ich
kenne nur folgende Fälle. In Petr. Pap. (II) XXVII 1 und XXX e,
zwei Selbsteinschätzungsurkunden aus dem III. Jahrh. v. Chr., taxiren
die Eingeber ihre Weinproduction und danach das Sechstel für die
a7i6[JLOLpa gemäss den Vorschriften des Revenue-Papyrus nach [iSTpr^-
TaL Dass dies der oY.zoi.yoiJc, ist, ist nur aus dem Revenue-Papyrus
zu ersehen. Ferner wird Wein nach [AETpTQxa: gemessen in einem
von Grenfell in Appendix II herausgegebenen Papyrus (gleichfalls
aus dem III. Jahrh. vor Chr.). Dass auch hier der Metretes zu
8 Choes gemeint ist, können wir gleichfalls nur dem Revenue-Papyrus
entnehmen. In dieser Urkunde erscheinen folgende Bruchteile des
Metretes: \, \ und \ (|), Letzterer Bruch ergiebt sich
durch Rechnung in c2, wo |x6' wohl nur Druckfehler für [xi^ ist.
Nach dem Satze 1 Metretes = 8 Choes und 1 Chus = 12 Kotylen
repräsentiren diese Brüche folgende Werte:
l Metretes
= 4 Choes.
= 2 „
i
= 2| „ =
2 Choes 8 Kotylen
X.
= li „ =
1 Chus 4 „
= 8 „
[2V]
= 4 „
= 2 „
= 1 „
Wie stellen sich nun unsere Ostraka zu diesen Thatsachen?
Der Oelmetretes kommt nicht vor, wohl aber das Teilmass, der
Chus. In 1502 (II. Jahrh. vor Chr.) heisst es:" IXatou yjy,
6 Choes Oel. Nach dem Satz des Revenue-Papyrus werden wir
diese 6 Choes = \ ixeTpyjTi^? ansetzen. — Nach dem Weinmetretes
suchen wdr vergeblich in unseren Ostraka, wiewohl nicht wenige der
Urkunden sich mit Weinlieferungen beschäftigen. Als das Haupt-
mass für Wein begegnet vielmehr hier wie auch sonst in der
II. DIE MASSE.
759
aegyptischen Tradition das zepaptcov. Vgl. 711, wo für die cazo-
[lOLpa nach Keramien gemessen wird, wiewohl nach dem Revenue-
Papyrus hierfür in [xeTpyjxai zu messen war, ferner Xr. 757, 1221,
alle aus der Ptolemäerzeit. In 1305 ist die Lesung nicht sicher.
In 1129 steht statt X£pa[XLOV das synonyme 6 ywlpafxog. Wiewohl
durch den Zusatz Kotttitixo^, d. h. aus dem koptischen Gau stammend
(s. oben S. 17), genauer auf die Fabrikation des Kruges selbst hin-
gewiesen wird, lässt der Zusammenhang doch keinen Zweifel daran,
dass der Krug ein bestimmtes Mass repräsentirt. Natürlich wird
das X£pa|Jicov gemeint sein, und es scheint danach, dass der kopti-
tische Keramos eine besondere Spielart des Keramion gewesen ist,
d. h. eine besondere Masseinheit gebildet hat. In einer unten noch
genauer zu besprechenden Stelle des Revenue -Papyrus setzt der
König lokale Verschiedenheiten der Flüssigkeitsmasse voraus. — Auch
das Doppelte des Keramion, das StT^Xoxepafxcov, oder wie bisher
allein überliefert ist, 6 6i7rXo7w£pa[xO(;, findet sich als Weinmass in
Ostraka, so in 1166, 1479, 1483, 1485 (alle aus römischer Zeit).
Sehen wir uns in der sonstigen urkundlichen Tradition um, so
begegnet auch da uns überall das Keramion als das übliche Haupt-
mass für Wein. So bezeichnet das Beeret von Rosette (Z. 29/30)
1 %£pa[i'.ov Wein als das Quantum, das die Priester bis auf Epi-
phanes als Grundsteuer für Weinland zu zahlen hatten (vgl. oben
S. 151). Nach Keramien wird der Wein im Pap. Leid. Q (aus Phila-
delphos' Zeit) gemessen, auch hier wie in unserer Kr. 711 für die
d7i6[Jiotpa, für die nach dem Revenue-Papyrus in (jLSTpTQxaL gemessen
werden müsste! Vgl. ferner Grenfell (I) 39 Verso 2, (II) 50 f, 2
ferner Petr. Pap. (II) XV 2. Hier begegnet als Teilmass des Ke-
ramion das TSTapTOV. Nach Keramien wird der Wein ferner in
dem AVirtschaftsbuch aus Hermupolis vom Jahre 78/9 nach Chr.
gemessen (ed. Kenyon S. 1691?.). Vgl. Z. 19^) und 483. Auch
^) Kenyon's Erklärung von Z. 19 scheint mir nicht zutreffend. Der Text
lautet: duo xi|ji'^(g) 5XXiü{y) otvo(u) %£(patii(üv) t kv. [^e ^xs. Kenyon erklärt
die Thatsache, dass für 10 Keramien zu 5 Drachmen nicht 50, sondern nur 25 Dr.
notirt werden, durch die Annahme, dass die Preisangabe nach dem \xzzpr^-:r^z,
rechne, auf den nach seiner Ansicht 2 Keramien gehen. Dass Letztores falsch
ist, werden wir unten darlegen. Aber auch davon abgesehen, die Preisangabe
[^s kann sich nur auf die vorhergehenden Keramien beziehen. Das Kätsel löst
sich dadurch, dass wir es eben nur mit einer Teilzahlung zu thun haben, worauf
760
X. KAPITEL.
Bier, ^6x0?, wird damit gemessen. Vgl. Z. 398. In das III. Jahrh.
nach Chr. führt BGU 14 II, wo neben Wein auch Essig nach Ke-
ramien vermessen wird. Ebenso Pap. Leipz. 27 Verso, wo mit den
Worten ol']voD >t£p(a|xia) aTiXa das „einfache" Keramion ausdrück-
lich dem hi7zXoxip(x\ioc, entgegengestellt ist. Vgl. auch Pap. Leipz. 34
Verso Z. 9 (s. unten). Dieses Doppelmass begegnet im Pap. Berl.
Bibl. 12 (III. Jahrh. n. Chr.), wo ich in Z. 6 lese: ol'v]ou SctcXo-
%£pa|jiov, ebenso in Z. 7. Bemerkenswert ist, dass in Z. 8 auch ein
Doppelkeramos als Oelmass begegnet: eX<xiou 5L7rXox£pa[xov. Bis
in die arabische Zeit lässt sich das Keramion und das Doppel-
keramion in Aegypten nachweisen. Das 7t£pa{xcov begegnet bei
Crum^) S. 69, der bnzloxipOL\ioq in der Abkürzung hi^ ebendort
S. 51 und 65.2) Auch in BGU 692 wird hnzl in hi7zX(oy.ipa\iO(;)
aufzulösen sein. Für die Allgemeingültigkeit des Keramion als Wein-
mass spricht, dass nach E. Revillout (Proceed. Soc. Bibl. Arch. XIV
1892 S. 67 und 235) der demotische Teil der Rosettana und ebenso
unsere Nr. 711 das Wort xepapitov mit irp (kopt. npn „Wein") wieder-
geben. Danach wäre das Keramion das „Weinmass" xax' l^oy^yjv.^)
Wie gross ist nun dieses Keramion gewesen? Die Ansichten
der Neueren darüber sind sehr auseinander gegangen. Ruitsch
(Metrologie S. 624) folgert aus der angezogenen Stelle der Rosettana,
dass das Keramion gleich der Artabe sein müsse. AVenn aber 1 Ke-
ramion AVein für 1 Arure AVeinland und 1 Artabe Weizen für
1 Arure Weizenland als Grundsteuer gefordert wird, so folgt daraus
keineswegs, dass 1 Keramion und 1 Artabe den gleichen Inhalt haben.
— Der Versuch AVessely's, aus dem Pap. Leipz. 34 Verso (S. 275)
das d:iö deutlich hinweist. Vgl. Lond. CXXXI* Z. 36: dTiö zidiffC,) otv[ou]
^) W. E. Crum, Coptic manuscripts brought from the Fayyum by Flinders
Petrie. Lond. 1893.
Krall, der früher in einer ähnlichen Urkunde statt dessen at'^ = Aipi
(Oipi) gelesen hatte (Mitth. PR. Y S. 45), bestätigt jetzt auch die von Crum
und mir a. a. O. vorgeschlagene Lesung Si^. Vgl. CPR II S. 177. Wenn auch
daneben in koptischen Texten die Schreibung "tTlAH oder AIRAX und ähnlich
vorkommt, was auf SitiXyj führt, so möchte ich doch meinen, dass dies nur
ein kürzerer Ausdruck für d'.TiXoxspajjLOg ist, da eben das -xspd(x'.ov das alte
Hauptmass für Wein ist.
^) Ich bemerke übrigens, dass Brugsch, Aegyptologie S. 381 aus den
Hieroglyphen den Namen st'i für das xspa/iiov nachweist.
II. DIE MASSE.
761
die Gleichung 1 x£pa[A:ov = | [xeTpYjTi^? zu gewinnen, beruht auf
einem Denk- und mehreren Lesefehlern. Der Text bietet nach
Wessely's Lesung Folgendes:
(J)C, VtAE (D|X[.]
Er bemerkt dazu, „dass die Zahl 1693, nach welcher (hc, r]\s.io\j
steht, das Doppelte der nach [ji£(TprjTai) folgenden Zahl 84 sein
kann; wir können daher etwa die Vermutung aufstellen, dass ein
%£pa|jitov die Hälfte eines [ieTpr^xi^^ war." Das wäre richtig, wenn
nicht die zweite Zeile die Hälfte der ersten (y) darstellen sollte.
Die Richtigkeit der Lesung vorausgesetzt, würde also nur daraus
folgen können, dass Keramion und Metretes identisch sind. Meine
Revision des Textes am Original ergab aber folgende Lesung:
Y(LV£Ta:) y.eX~ axi|Y
(x[£]poG y xeX" a){i[c
Damit scheidet diese Stelle fär unsere Frage überhaupt aus.
Leider hat Wessely's Behauptung vielen Anklang gefunden. So setzt
auch Kenyon (Cat. Greek Pap. S. 164 und 170 Anm. zu Z. 19)
1 Keramion = | Metretes, ohne weitere Gründe zu bringen. Ebenso
Grenfell (I) S. 72 und Mahaffy, Empire of the Ptolemies S. 323.
Neuerdings hat Heinrich Brugsch (Aegyptologie S. 381) aus
demotischen Heiratscontracten die Gleichung 1 X£pa{icov = -f Artabe
oder Metretes = 26,45 Liter = 1 röm. Amphora aufgestellt. Auf
einem anderen Wege bin ich zu demselben Resultat wie Brugsch
gelangt. Ich frage, wie kommt es, dass der Revenue-Papyrus das
Keramion gar nicht kennt, sondern Wein mit dem Metretes misst?
Nach Allem, was wir sonst wissen, müssten wir das Keramion da
erwarten, wo er den Metretes zu 8 Choes nennt. Die Lösung dieser
Schwierigkeit finde ich in der Annahme, dass die beiden
Worte nur verschiedene Bezeichnungen für ein und
dasselbe Mass sind, mit anderen Worten, dass das
Keramion mit dem |jt,£TpY]Tyi? dy.xa.'/^ouc, identisch ist.
Sprachlich wäre es leicht begreiflich, weshalb das Gesetz das
Wort Metretes bevorzugte. T6 x£pa[ALOV ist das Diminutivum
von 6 Y.ip(x.\iOQ, der Thonkrug, und könnte etwa mit „Thonkrügl"
übersetzt werden. So bezeichnet er das Gefäss selbst im Rev.
Pap. 55,4. Vgl. auch 32,3. Es ist offenbar ein volkstümlicher Aus-
druck, gegen den sich die Gesetzessprache sträubt. Darum wird
762
X. KAPITEL.
auch in den Selbsteinschätzungsurkunden (s. oben), die an die Re-
gierungsorgane eingereicht werden, gemäss der Vorschrift des Revenue-
Papyrus der Wein nach [xeTpyjTai, nicht nach xzpa\xiO(. gemessen,
und jene Urkunde in Grenfell's Appendix II, die gleichfalls nach
[X£TpyjTa( misst, ist offenbar, wie schon der Herausgeber mit Recht
hervorhob, von einem Beamten wie etwa dem Oikonomos ab-
gefasst. Für die weite Verbreitung des „volkstümlichen" Ausdruckes
X£pa[xtov spricht andrerseits, dass die niederen Steuerbeamten dieses
Wort im amtlichen Verkehr zu gebrauchen sich nicht scheuten
(vgl. 711 und Pap. Leid. Q). Vor Allem ist bemerkenswert, dass
die würdigen Prälaten in dem feierlichen Decret von Rosette vom
„Thonkrügl" sprachen, — ein AVort, das ihrem Ohr gewohnter und
lieblicher geklungen haben mag als das nüchterne, amtliche [JLexpY]-
Ich setze hiernach 1 xspajJLiov = 1 [iSTpYjTYji; öy.zdy^ouq =
■| [jL£TpYjXYj? 5a)5£za)(oug. Bei der Berechnung des Inhalts dieser
Masse kann man schwanken, ob man den grossen Oelmetretes von
12 Choes auf 39,39 Liter festsetzen soll, d. h. auf den Betrag der
Artabe resp. des attischen Metretes, oder aber auf 36,47 Liter, den
Betrag, den Ruitsch (Metrologie S. 634) für ein speziell als |Ji£-
zpy]xy]c, iXoLLfipoc, überliefertes Mass berechnet hat. Nimmt man mit
Brugsch das Erstere an, wofür mir Manches zu sprechen scheint,
so ergiebt sich für das Keramion als f davon der Betrag von
26,45 Liter. Das ist aber, worauf Brugsch hingewiesen hat, bis auf
eine Kleinigkeit der Inhalt der römischen Amphora, die Hultsch
(Metrologie S. 125 f.) auf 26,26 Liter berechnet hat. Für diese
These ist es vielleicht nicht ohne Bedeutung, dass auch die römische
Amphora gelegentlich als X£pa|JLLOV bezeichnet wird. Vgl. Hultsch,
Metrologie S. 115.
Ausser diesem Hauptmass begegnet in den Ostraka noch eine
Reihe von Massen, teils bekannten, teils unbekannten, die ich kurz
hier zusammenstellen will.
Zu den bekannten gehört der ^Eaxr^?, der römische Sextarius,
den die Römer im Betrage von 2 Kotylen in Aegypten eingeführt
haben, und nach dem die metrologischen Autoren vielfach den Wert
der provinzialen aegyptischen Masse bestimmt haben, i) Dieser
1) Hultsch, Metrol. S. 625. Vgl. 103.
II. DIE MASSE.
763
^eoTY]? erscheint in Nr. 1186 (aus den ersten Jahrhunderten n. Chi\)
als Weinmass, in 1603 — 1605 (aus byzantinischer Zeit) als Oel-
mass. In 1186 und 1603 wird der Bruchteil ^, in 1605 ^ er-
wähnt. Während das Wort in 1186 ganz oder zum Teil aus-
geschrieben ist, ist es in 1603 — 1605 daneben mit einer Sigle ge-
schrieben, die bisher nicht richtig aufgefasst worden ist. Diese Sigle,
etwa y, begegnet auch sonst sehr häufig in den Oelrechnungen
der byzantinischen und arabischen Zeit. Vgl. Wessely, Denkschrift,
d. Wien. Akad. 1889 S. 182 ff. Vgl. auch Pap. Lond. CXIII 9 (e)
(ed. Kenyon, S. 221). Wessely meint a. a. O., die Sigle könne ausser
^iazTiQ auch einfach [xlxpov gelesen werden, und Kenyon ist ihm
gefolgt. Bis Belege dafür erbracht sind, möchte ich es bezweifeln.
Die Sigle ist nämlich, wie ich in 1603 — 1605 deutlich erkannte,
nichts weiter als ein ^, durch das in schräger Richtung der Ab-
kürzungsstrich geführt ist. Also ist es sicher immer ^(iazr^^) zu
lesen. Auch das durchstrichene J in BGU 21 II 9 ist weiter nichts
als ^(iGVf]q). Es ist bemerkenswert, dass hier 720 paxa: aufgeführt
werden, also ohne Reduction auf eine höhere Einheit. Vgl. auch
BGU 178,8 fl., und Pap. Grenf. (II) XCIX.
Zu den bekannten Massen gehört auch das xoup:, das in
1126 und 1127 (aus byzantinischer Zeit) begegnet. Dieses Wein-
mass hat sich neuerdings öfter in den Urkunden der byzantinischen
und arabischen Zeit gefunden. Vgl. BGU 693, 694; Wessely,
Denkschr. d. Wien. Akad. 1889 S. 239; Kenyon, Greek Pap. S. 217.
Auch in koptischen Urkunden steht es hei Crum, Kr. 11, 46, 51, 54.
Dieses Mass wird dem hebräischen Kor ("S3) gleichgesetzt. Unsere
Ostraka schreiben das Wort abgekürzt xoup/. Neben dieser Ab-
kürzung findet sich auf Papyri auch die Schreibung Ttoupc. Vgl. bei
Wessely a. a. O. Da mir kein Fall bekannt ist, in dem dieses
xoupt ein Zeichen der Abbreviatur erhielte, so möchte ich diese
Schreibung für die volle halten und das Mass xoöpc nennen, wäh-
rend Wessely a. a. O. xoupca (wie von ywOupLOv) liest. Natürlich
wäre eine solche Graecisirung leicht denkbar.
Dasselbe Mass liegt wohl auch dem TpL/ wpov (BGU 248, 26)
und dem hiyjiüpow (BGU 531 II 5 und 8) zu Grunde. Xwpov dürfte
nur eine andere Wiedergabe von ^2 sein. Vgl. Epiphanios de
mens. (ed. Ruitsch S. 260, 10): ziXr^Tzzoii tolvuv 6 xöpo; Ix xf^;
'Eßpalx-^^ ScaXexTOu, xaXelxai yop. Die beiden Berliner
764
X. KAPITEL.
Pap}Ti, die von derselben Hand geschrieben sind (II. Jahrh. n. Chr.),
bezeugen also ein Handmass von 2 und 3 Chor, und zwar als
Weinmass.
Von den bisher unbekannten Massen stelle ich eines an die
Spitze, das in der Schreibung 7wO^' mich lange vexirt hat und mir
erst in letzter Stunde verständlich geworden ist. Das Mass xo"^ er-
scheint in 1166, 1187, 1483 und 1600 (alle aus römischer Zeit).
In 1166 wird Wein und Essig damit gemessen, in 1187 Wein,
ebenso in 1483. Anfangs glaubte ich in xo^ die -/:o(t6)X(y]) zu er-
kennen. Da mir dies aus palaeographischen Gründen zweifelhaft
wurde, glaubte ich es x6X(Xa'9'Ov) lesen zu sollen, ein syrisches
Mass^), dessen Gebrauch für Aegypten jüngst nachgewiesen war.
In koptischen Urkunden erschien es bei Crum, der S. 81 die Formen
KOAAxei, KoyAAoe, und die Abkürzung KOAAAe notirt.^)
Auch in einem griechischen Text trat es zu Tage, in BGU 377
(VII. Jahrh. n. Chr.), wo ich c^^ouq) x6XX(a)'8'(a) lese. Aber es
ist mir zweifelhaft geworden, ob unsere Ostraka von diesem Masse
sprechen, da in den Urkunden der früheren römischen Zeit ein anderes
Mass begegnet, das mit xo^ beginnt, nämlich das KoXo^wvtov, von
dem wir bisher nichts wussten. In 1265 quittirt ein römischer Soldat:
dTiö zi\ifiq OLVOu [Ko]).ocpü)Vtoi) 5Y]vap:a x. Früher glaubte ich, dass
es sich hier um kolophonischen Wein handle, zumal dieser auch in
1166 erwähnt zu sein schien. Aber ist es wahrscheinlich, dass ein
Soldat an der südaegyptischen Grenze ausländischen kolophonischen
Wein geliefert bekommt, während doch Landweine der verschiedensten
Sorten in Aegypten producirt wurden? Ferner würde nach dieser
Deutung jegliche Massbestimmung in der Quittung fehlen. Vgl.
dagegen z. B. 1129. Das vermisste Mass möchte ich nun eben
in KoXo(^wviou sehen — das Fehlen des ä kann nicht dagegen
sprechen — und werde hierin dadurch bestärkt, dass in 1166 hinter
KoXocpwvLOU eine Zahl, ä, steht. Nimmt man aber hiernach ein Mass
KoXo^wvLov an, so wird man auch das xo^^ in derselben Nummer
^) Hultsch, Metrol. S. 587. ^
■-) In der guten Schreibung KOAAXeON (abgekürzt hy) finde ich es
bei Krall, CPR II S. 183), der es allerdings mit dem griechischen xaAdO-iov
(kleiner Korb) zusammenbringt, was mir nicht richtig zu sein scheint (vgl.
Mitth. PR. V S. 32).
II. DIE MASSE.
765
1166 nicht anders als KoX(o9(ov:ov) auflösen wollen.^) Derselbe
Schreiber wechselt auch mit der Schreibung Zitzao^ und Sc7:Xox£pa!^. —
N'achträglich fand ich eine Bestätigung des Vorhergehenden in dem
noch unpublicirten Berliner Ostrakon P. 183. Die folgenden Worte
lehren zugleich den Umfang des Kolophonion: ^ Ar^oXXiüvio^j Aio-
ylvou^ bLnX(py,ip(x.\LoC) 4*? twv l KoXot^tov'wv ^^Z xaXavTov ä
^ß'u. Daraus folgt, dass das Kolophonische Mass und das Kera-
mion identisch waren.
So haben wir ein neues Mass, t6 KoXocpwv.ov (seil. |i£Tpov),
erhalten, von dem bisher in der Metrologie nichts bekannt war. Der
Name kann nur heissen: Mass von Kolophon. Wenn hier in
Aegypten ein eigenes Weinmass unter diesem Namen existirt hat,
so lässt dies darauf schliessen, dass zwischen Kolophon und dem
aegyptischen Reiche im Besonderen auf dem Gebiete des Weinhandels
ein lebhafter Verkehr bestanden hat.
Es kann dieser Annahme eines kolophonischen Masses zur Stütze
dienen, dass ich in Ostraka und Papyri auch noch andere Wein-
masse gefunden habe, die nach ausländischen Städten ihren Namen
führen. In demselben Berliner Ostrakon P. 183, das mit einer
Weinrechnung beginnt, findet sich der Posten: poBia so und so viel.
Auch in dem gleichfalls unpublicirten Berliner Ostrakon P. 4838
begegnet po5 mehrfach als Massbestimmung, hier neben xo^. Aus
P. 183 ergiebt sich der Singular |566cov. Ich weiss dies nicht anders
zu deuten als t6 T65tov [ilxpov, das Rhodische Mass.
Aehnlich dürfte auch ein anderes Weinmass zu deuten sein,
das bisher nicht verstanden worden ist, das zviS'.ov. Danach wird
z. B. gemessen in BGU 21 II 12, III 4, in 34 passim und 549.
Ebenso in koptischen Texten, vgl. Krall, Führer d. d. Ausstellg.
P. Rainer S. 49 und jetzt CPR II S. 35, 132, 183 (wo auch die
Schreibung yviScov). Ein zviBiov olvou fand ich citirt aus den
Apophthegm. Sisoes 8. Die mir bisher bekannten Beispiele stammen
alle aus jüngerer Zeit. Wessely, Denkschr. d. Wien. Akad. 1889
S. 245 löst xv^ in xavi6'.a auf und liest auch einmal xaviSiv. Ich
glaube an die letztere Lesung nicht recht, und möchte in dem
Darum halte ich auch die Auflösung in y.oA(ößwv) für unwahrscheinlich.
Ein Weinmass dieses Namens begegnet in Texten der byzantinischen Zeit. Vgl.
z. B. Grenf. (II) 90, 13.
766
X. KAPITEL.
xvlSiov, nach Analogie der beiden vorhergehenden Fälle, ein Kvc-
hiov (JL£Tpov, ein Knidisches Mass sehen. ^) — Ebenso habe ich
in den Corrigenda zu Band II unserer Berliner Papyruspublication in
531,8 (II. Jahrh. n. Chr.) die Lesung Kwa hergestellt, Avonach es
auch ein Weinmass von Kos in Aegypten gegeben hat. So waren
also neben den einheimischen Massen auch ein Kolophonisches, ein
Khodisches, ein Knidisches und ein Koisches Weinmass im Gebrauch
— ein Resultat, das weit über seine metrologische Bedeutung hinaus
von Interesse ist.
Nr. 1600 giebt uns das Verhältnis des Kolophonischen Masses zu
einem anderen unbekannten an. Hier werden aufgezählt 150 + 119
= 269 aSpo^, ferner 350 + 103 + 9 = 462 KoXo^mioc. Das soll
zusammen 1000 KoXo^tovta ausmachen. Da an 1000 269 fehlen,
müssen die 269 a5po>t so viel messen wie 2 X 269 KoXo^wvLa. Also
ist 1 a5po>^ = 2 KoXo^wvLa. Wie aSpo'^ aufzulösen ist, bleibt mir
unklar.
Noch ein anderes AVeinmass, das bisher unbekannt war, möchte
ich hier erwähnen. In dem unpublicirten Ostrakon Louvre 7757
wird nach cützkx, gerechnet. Da abwechselnd daneben nach Kotylen
gemessen wird, kann aTitov hier unmöglich die „Birne" bedeuten.
Ich fasse es vielmehr als "Aticov, das Apis -Mass. Das wird ein
Mass sein, das im Apistempel gebraucht wurde (s. unten).
Endlich will ich noch darauf hinweisen, dass bei Grenfell (I)
63 (VI./VII. Jahrh. nach Chr., aus Apollinopolis Maior) Wein nach
a^yia (= ocyyeloc) gemessen wird. Das ist eine ähnlich allgemeine
Massbestimmung wie oc£pa[Jt:ov: es bedeutet „das Gefäss".
Zum Schluss sei noch auf ZOÖ90V und Xayuvo? hingewiesen. Kou^a
werden in Nr. 43, 150 und 1483 genannt (vgl. oben S. 277). Unter
diesen „Kufen" haben wir uns wohl grosse Weinbehälter oder Wein-
fässer vorzustellen. Dass auch sie aus Thon gefertigt wurden, dürfte aus
der Bezeichnung xo\)^oxepa[LO\jpy6c, zu schliessen sein. 2) Die Kufen
begegnen auch in koptischen Texten bei Crum, Nr. 51 und 54, der
^) Den knidischen Wein rühmt Strabo XIV p. 637. Bei Hesychios fand
ich: S7ia|isxpaiov, [xsTpov zi Tiapa KvMoic,.
2) Vgl. Wessely, Eev. Egypt. III S. 178. Vgl. BGU 368. Der Name
für die Werkstatt xouqjoxspajioupyrov begegnete mir ai;f einem unpublicirten
Papyrus der Bodleiana. In demselben findet sich auch das Compositum xatvo-
XOU90V wie bei Wessely.
' n. DIE MASSE.
767
nach Du Fresne xoö^a = dcy(€io'^ citirt. Der Inhalt der Kufen,
d. h. die wirkliche Füllung derselben, wird in unseren Ostraka zwei
Mal nach XdcYuvo:, Flaschen^), augegeben. Nach Xr. 43 fassen
die exportirten Kufen zusammen 1500 Flaschen, nach Nr. 150
2000 Flaschen. Da wir die Zahl der Kufen nicht kennen, lernen
wir über die Grösse der Kufen hieraus nichts. In 1483 dagegen
wird der Inhalt nach OL7tXox£pa{xo: bemessen, so wie in einem un-
edirten Fragment der Bodleiana nach xoöpi. Der Xccy-jvo?, die
Flasche, scheint hiernach auch ein bestimmtes Mass repräsentirt zu
haben, da die Zollbeamten den Inhalt der Kufen danach bestimmen.
Vergegenwärtigen wir uns noch einmal, was uns die Urkunden
über die Hohlmasse gelehrt haben. Es ist für den Historiker, der
sonst die Accuratesse der ptolemäischen Verwaltungsmaschine überall
mit Bewunderung betrachtet, eine überraschende Kunde, dass diese
selben Könige dem Lande nicht ein einheitlich geregeltes Mass ge-
geben, sondern eine Menge verschiedenster Systeme neben einander
geduldet haben. Vielleicht werden wir, wenn weitere Quellen uns
zufliessen, im Stande sein, in dieses scheinbar willkürliche Chaos
etwas Ordnung zu bringen. Manche Masse werden vielleicht nur
lokale Bedeutung gehabt haben. Aber ganz wird es nicht ver-
schwinden. Lehren doch auch die Texte, dass diese aus der Mannig-
faltigkeit der Masse entspringende Unsicherheit auf metrologischem
Gebiet von der Regierung wie von der Bevölkerung als solche
empfunden wiirde, so dass allerlei umständliche Manipulationen und
Clausein zur Sicherung des Verkehrs erdacht wurden.
Wie die Regierung sich selbst bei den Lieferungen sicherte, die
sie zu empfangen hatte, lehrt ein interessanter Passus im Revenue-
Papyrus. Von dem yetüpYÖ^, der Wein fabricirt hat, heisst es 25,8 f.:
fiSTpeiTü) zölq \Lizpoiq zdlc ev Ixaaxü): töv totüwv \)7zip[you(j']i[y']
Icr^Taajievoig xal ia:pp(X'^io\iho'.[(;'] [bizb xoö o]:7.ovÖ{j.gi) xal xoö
1) Nach Krall, Mitth. PR. V S. 32 begegnet Xdi^p^^og in koptischen Rech-
nungen in der Form AX^^HN. Vgl. CPR II S. 183, wo dies Wort (in der
Form AX^H) im Griechischen durch das oben besprochene KvtS'.ov ersetzt
wird. Sollten Xayjvog und KvtSiov denselben Inhalt haben, dasselbe Mass dar-
stellen? Uebrigens wird man 25 Oe IX in der Verbindung OyAA^^N N^SoeiX
nicht als Olive, sondern als Olivenöl zu fassen haben, wie Krall auch an an-
derer Stelle (Mitth. a. a. O.) thut.
768
X. KAPITEL.
dvTtYpacpItoC? %al ix] to[ö] y£VO|ji£VOu [lexpou tyjv a7i6[x[ocp]a[v
öc]71o5c56t(0. Von den geprüften Massen wird ähnlich auch 40,19
gesprochen, beim Oel verkauf. Das Gesetz bestimmt also, dass die
Masse, ehe die Lieferung an den Staat damit vermessen wird, im
einzelnen Falle von den genannten königlichen Beamten geprüft,
d. h. nachgemessen und besiegelt, d. h. geaicht werden sollen.^)
Mit dem geaichten Mass soll dann die Lieferung vermessen werden.
Das Gesetz wird hierbei nicht nur an ungenau gearbeitete Masse,
sondern auch an Masse verschiedenen Inhaltes gedacht haben.
Während wir als Trockenmasse fünf verschiedene Artaben für die
Ptolemäerzeit nachweisen konnten, reichte unser Material nicht aus,
uns etwa auch verschiedene Keramien zu zeigen, wenn man nicht
den KoTZTizixbc, y.ip<x.\ioc, dahin rechnen will. Aber nach Analogie
der Artaben wäre es wohl denkbar, dass es auch hier Varietäten
gegeben hat. Die Thätigkeit der obigen Aichungscommission wird
hauptsächlich darin bestanden haben, auszumessen, wie viele Choes
das Mass enthielt, denn dies war auf alle Fälle die constante Grösse,
und nach Choes hatte das Gesetz auch die Abgabe der a7i6[xotpa
bemessen. Ueber die Aichung der Artaben liegt uns zur Zeit keine
Nachricht vor, aber man wird annehmen dürfen, dass hier dieselbe
Vorsicht geübt wurde. Freilich waren solche Nachmessungen und
Aichungen im einzelnen Falle, wie mir scheint, nur dann nötig, wenn
nicht die Masse des königlichen Thesauros selbst benutzt wurden,
also bei allen im Privatbesitz befindlichen Massen. Auch in dem
obigen Passus des Revenue-Papyrus scheint mir die letztere Situation
vorzuliegen: der yetopyG^ bereitet den Wein auf seinem Grund und
Boden, die königlichen Beamten kommen zur Controle zu ihm (vgl.
7tapaY£V0(Ji£V0i)). Also werden auch die Masse, die sie dann revidiren,
zu seiner Plantage gehören. Die thesaurischen Masse dagegen, die
von vornherein natürlich geaicht gewesen sein werden, werden kaum
einer regelmässigen Controle durch den Oikonomos vor jeder einzelnen
Messung unterworfen gewesen sein. Sie standen dafür unter Aufsicht
einer besonderen Behörde, die im Pap. Paris. 66 II 6 unter dem Titel
„npbq zdlq boy^ixolq [lixpoic, twv 'ö'Yjaaupwv" begegnet (III. Jahrh.
^) So werden die sacppayiap-sva jjtsxpa zu fassen sein. Vgl. den äusserst
interessanten athenischen Volksbeschluss CIA II 476, wo am Schluss vom [lixpa^
xsxapayiJLSvw xcp xapay-t'^pi laoXußStvtp und vom ai^payiaTw |j.£Tp(p die Kede ist.
Vgl. dazu Boeckh, Staatsh. d. Ath. 11^ S. 332 und Hultsch, Metrol. S. 100.
n. DIE MASSE.
769
vor Chr.). An dieser Stelle werden fünf Personen in diesem Amte
genannt. Diese Controlebehörde für „die Hohlmasse der Thesauren"
erinnert uns an die bekannten athenischen Metronomen, deren Thätig-
keit uns namentlich durch die attische Inschrift CIA II 476 deutlich
vor Augen tritt. Vgl. jetzt auch Aristot. Pol. Athen. 51, 2. Aber
die Vergleichung mit den Bestimmungen dieses Volksbeschlusses
zeigt uns zugleich, wieviel einheitlicher und praktischer diese Dinge
in Athen als in Aegypten geordnet waren.
Wie diese unsicheren Verhältnisse auf den privaten Verkehr
zurückgewirkt haben, zeigen uns die Darlehenscontracte. Da wird
gern hinzugefügt, dass das ausgeliehene Getreide nach demselben
Masse zurückgeliefert werden soll, mit dem man es empfangen hat:
|X£Tpa)L ü): zal TrapsiXyjcpev heisst die gewöhnliche Formel. Vgl.
Grenfell (I) X 14, XVUI 18, XXIII 13, XXVIII 2, XXXI 9;
(D) XXIX 18;9. Vgl. Grenfell, Rev. P. S. 97^8. Auch in Petr.
Pap. XLVin 9 (18. J. des Epiphanes) ist zur Sicherheit auf die
Art des Masses hingewiesen,
In der Kaiserzeit hat diese Unsicherheit nicht minder fort-
bestanden. In den Ostraka freilich, soweit sie Steuerquittungen
sind, findet sich nirgends eine genauere Charakterisirung der be-
nutzten Masse. Wir dürfen daraus wohl den Schluss ziehen, dass
für die Steuern die Massfrage auf dem Wege des Gesetzes und der
Verordnungen so genau geregelt war, dass es im einzelnen Falle
überflüssig erscheinen konnte hervorzuheben, mit welchem Masse
gemessen war. Sehr wahrscheinlich werden die Getreidelieferungen,
die die Steuererheber an den Thesaurus ablieferten, dort nochmals
mit dem thesaurischen Masse nachgemessen worden sein. Wenn
aber auch in den Ostraka das Mass nicht besonders erwähnt wird, so
nennen es doch gelegentlich die ausführlichen Papyrusquittuugen.
Wenn hier nun meist der Ausdruck |X£Tp(p 5r^{ioa:(i) Juaiö)-)
^) In Z. 9f. las ich am Original: (äpxocßa;) £vaxo[a{ag/] (Tr\ [iizptsi:
[ ] xal oOO-ev evxaXw.
*) In den Publicationen steht mehrfach ^saxtp. In den angeführten Lon-
doner Texten habe ich jedenfalls überall ^uatö gesehen. Sprachlich wäre beides
denkbar, da ^ioi und ^uü) synonym sind. Mit dem [lixpov ^uaxöv kann wohl
nur das ^lass gemeint sein, das glatt abgestrichen ist (d7i£,{>r()aävov, rasum), im
Gegensatz zu dem übervoll gehäuften Mass (eK£|icaxov, cumulatum). Vgl. Boeckh,
Staatsh. d. Ath. IP S. 324. In dem unpublicirten Berliner Papyrus P. 8794
WiLCKEN, Ostraka. '49
770 X. KAPITEL.
begegnet, d. Ii. „mit dem glatt gestrichenen öffentlichen Mass", so
meine ich nach Obigem, dass damit kein anderes Mass gemeint
sein kann, als das, das der Londinensis [xsTpov -O-yjaaupcxov nennt.
Vgl. BGU 67, 188, 579; ebenso in den noch unpublicirten Londoner
Texten CLXXX, CCXVIl, CCCXLVI, CCCLI. Bemerkenswert ist
im Pap. Lond. CCVIIId, der, wie es scheint, von Lieferungen an
den Thesauros handelt: \iizp(d 5r^|jLoaia) \iExpriaei xeXeua-
^el\_(3'Q . Hier wird ausdrücklich hervorgehoben, dass diese Art
der Vermessung von der Regierung vorgeschrieben ist.
Während die Staatsregierung sich durch solche Regulative
schützen konnte, gab es dergleichen im Privatverkehr nicht. Hier
finden wdr die grösste Mannigfaltigkeit von Massen. Darauf weist
im Allgemeinen ein Privatbrief hin, in dem es heisst (BGU 48, 9) :
olboc -'{(kp aoi) t6 |JL£Tpov [xeT^ov toö £[jloö. Und in einem anderen
Privatbrief heisst es (BGU 249,22): [ypa^'Ja^ [xot, 7i[o]cü): (xsTpo):
eTze\i^aq (seil. t6 aiiapcov). In den Darlehen scontracten, Pacht-
contracten u. s. w. finden sich daher meist sehr genaue Angaben über
das Mass, mit dem die betreffenden Lieferungen gemessen werden
sollen. Wer ganz sicher gehen wollte, benutzte auch im privaten
Verkehr die thesaurischen Masse. Vgl. CPR (I) 41, 23: (Jiexpw
67][JLOaL(p , wo am Schluss vielleicht ^uaTW zu ergänzen ist.
Hier ist allerdings zu bedenken, dass es sich um Zahlung eines
Pachtzinses nicht an eine Privatperson, sondern an die Dorfgemeinde
(t6 xolvov t-^^ xa)|xy]^ Z. 26) handelt. Zweifellos zwischen Privaten
ist dagegen der Pachtcontract Pap. Grenf (H) 57 (vom J. 168
nach Chr.) abgeschlossen, nach welchem |jL£Tpa) 6y66a) 'ö'Vjaaupoö
TTj? xwfJLYji; geliefert werden soll, ebenso CPR (I) 31. In Letzterem
soll der Pachtzins geliefert werden (Z. 15): (X£Tp[(jt)t] 5p6[[JLa)v] X£-
zplayjoiyixoy: 'O-yjaaopoö TüpÖT£pov Ilaauüvo^. Aus Wessely's Ueber-
setzung geht nicht klar hervor, ob er Ilaacwvo? von |ji£Tpü)C oder
von 'O-yjaaupoö abhängig macht. Ich möchte meinen, das Ersteres
das Richtige ist. Pasion hiess der frühere Besitzer des Masses,
folgt guaxtp: axuxa sti'.xslJT, was etwa axi)TdX(y]g) £7t!,-/.£t,([i£VYjg) zu lesen ist.
-xuxaX'/j ist nach PoUux 4, 170 das Abstreicheholz. Danach ist auch BGU 579
herzustellen, wo £ii£iX'.|JL£VO'-s wohl verschrieben ist.
Diese Lesung gewann ich erst nachträglich nach meiner Abzeichnung.
Die Publication von Kenyon ist abzuwarten. Eine Bestätigung bietet jetzt
P. Oxyr. I 89, 3.
II. DIE :masse.
771
nicht des Thesauros.^) Wir werden sogleich sehen, dass man nicht
selten den Namen des Besitzers des Masses zur Sicherheit mit angab.
Für uns ist die Hauptsache, dass dieser Thesauros ohne Zweifel ein
kaiserliches Staatsmagazin ist (so auch Wessely, Mitth. PR II S. 33).
Bei einem privaten Thesauros wäre gewiss auch der Name des gegen-
wärtigen Besitzers genannt worden. Hier liegt also ein Fall vor,
in dem Privatleute ein thesaurisches Mass (im Sinne des Londinensis)
benutzen. Was ist nun aber das [XETpov Spofiiov T&Tpa)(OLV'.7.ov?
Der Ausdruck findet sich auch sonst öfters in Privaturkunden, so
in BGU 86, 16, einem Testament (hier 5pö{iou), in 290, 14, einem
Darlehenscontract, wo Spofxw nicht 5p6[xq), sondern 6pG|xco(v) zu
deuten ist, ferner in CPR (I) 45, 21, einem Pachtcontract. Unter bpo\LO^
versteht man in Aegypten den steingepflasterten, vielfach mit Sphinx-
reihen geschmückten Platz vor dem ersten Pylonenpaar der Tempel.
Vgl. Strabo XVII p. 805. Dass diese Dromoi einen Mittelpunkt
des geschäftlichen Lebens bildeten, zeigten schon meine „Actenstücke",
die erzählten, dass auf dem hp6\Loc, xoö [ley^aTOU d-eou 'Apip,ü)V05
die thebanischen königlichen Behörden die in den Texten beschrie-
bene Versteigerung vornahmen (vgl. S. 37). Ich lege nun Wert
darauf, dass die obigen Urkunden meist vom [JieTpov 0p6[Jiü)v — im
Plural! — sprechen. Das ergiebt, dass nicht die Vermessung not-
wendig auf dem Dromos vorgenommen zu werden brauchte, wie
Wessely anzunehmen scheint, sondern dass das Mass ein „Dromos-
mass" sein soll, d. h. ein solches, wie es auf den Dromoi üblich
oder vorgeschrieben war. Gewiss standen die Masse, die bei den
Geschäften auf den Dromoi gebraucht wurden, unter der Controle
der zuständigen Behörden und waren geaicht. Ein solches Dromos-
mass nun, im Betrage von 4 Choinikes, hatte ein gewisser Pasion
besessen. Aus seinem Besitz war es — vielleicht durch Confiscation
— an den Staat gefallen und so in den Thesauros gekommen. So
erklärt sich die auffallende Thatsache, dass sich ein Dromosmass im
Thesauros befand.
Sprachlich scheint mir diese Deutung näher liegend, während sachlich
auch die andere möglich wäre, da auch die privaten Speicher Or^sa'jpoi hiessen.
Hätte man aber im letzteren Falle nicht tou zpoTspov üaaicovos g^^sagt? Ich
sehe in dem Passus vielmehr eine Kürzung der üblichen Form: {jiexpü)'. — vjvl
49*
772
X. KAPITEL.
An den angeführten Stellen findet sich überall der Zusatz, dass
das Dromosmass 4 Choiniken messe. Daraus folgt nur, dass in dem
Kleinverkehr auf den Dromoi das kleine handliche Vier-Choiniken-
Mass besonders beliebt war. Wir verglichen es oben unserem Fünf-
litermass. Auch darin liegt eine Sicherheit, dass man bestimmte,
dass mit einem kleinen Handmass von so und so viel Choinikes
oder Choes vermessen werden solle, denn dies waren feste Grössen,
während Artabe und Metretes schwankende Begriffe waren. So wird
bald mit dem Vier-Choinikenmass, bald mit dem Sechs -Choiniken-
mass gemessen (s. unten). So wird in Pap. Grenf. (II) 24, 13
(vom J. 105 V. Chr.) die Rückzahlung von 6 Keramien Wein mit
dem [iSTpwi T£Tpa)(6ü)i angeordnet.
Wie bei dem Thesauros des Pasion, so wird auch sonst oft
der Besitzer des Masses genannt, mit dem man die Vermessung
vorgenommen zu sehen wünscht. Nichts zeigt deutlicher die Un-
sicherheit, die durch die mannigfachen Masse in den geschäftlichen
Verkehr gekommen war, als dass man sich nicht mehr mit der An-
gabe des Umfanges begnügte, sondern sich erst gesichert fühlte,
wenn man ein ganz bestimmtes concretes Mass angab, das dem oder
jenem gehörte. Der Begriff der Gattung hat damit auf-
gehört: nur das einzelne individuelle Mass gilt. So soll in
BGU 227 (einem Pachtcontract) gemessen werden [lixpa) kE.ocyomy.t^
£ppLY]V£ü)s T-^^ ywWfjLyj^, d. h. mit dem Sechs-Choiniken-Mass, das dem
Dolmetscher des Dorfes gehört. In P. Oxyr. I 101, 40 soll der Pacht-
zins vermessen werden [lexpo) xeTpaxoLVLXW /^aXxoaT6{xa) TiapaAr^piTr-
T'.xw Tfj^ [Ji£{jiLa^(i)xuia^, also mit dem Mass der Verpächterin. ^)
Durch 7tapaXr;[Ji7iTtx6v wird es als ein solches charakterisirt, wie
es die TrapaX'^ixTrxai benutzten. In BGU 39, 14 (einem Pacht-
contract): [lETptp £ga)(ot[v]Lxou liocpaiz&c, 6(?) toö TaߣC. Mag die
Lesung auch z. Th. noch nicht einwandsfrei sein, so viel ist sicher,
dass hier die Person angegeben wird, in deren Besitz sich das Mass
befindet. Leider hat die unvollkommene Lesung des ersten Heraus-
gebers jjL£Tp(p £^a)(ot[v]Lxou aapocTC . . aaoToi) Eugene Revillout dazu
^) Die Herausgeber fahren fort [yj] twv Tiap' a'jx^? iisxpo'jvxwv. Damit
wäre das individuelle Mass beseitigt, auch würde das Tiap' auxf^g unverständlich
sein. Ich streiche das vj, das am Ausgang der Zeile ergänzt ist, dann heisst es :
„die Lieferung soll erfolgen mit dem Mass der Yerpächterin , und ihre Unter-
gebenen sollen die Vermessung ausführen."
n. DIE MASSE.
773
verleitet, ein Mass von „6 chenices de Serapis ou de Serapeum" an-
zunehmen (Melanges S. 1. Vgl. S. 85). Wenn auch dieses Tempel-
oder Gottesmass zugleich mit der irrigen Lesung aufzugeben ist, so
zeigen doch andere Texte, dass in der That die in den Tempeln
vorhandenen Masse auch von den Privatpersonen gebraucht wurden.
So steht in einem Wiener Pachtcontract, CPR (I) 38, 18:
[JL£-LpO) ezTO)
Der Herausgeber Wessely übersetzt das: „gemessen mit dem
jedesmaligen Masse des Dorfes" und bemerkt dazu: „Z. 19 enthält
die Neubildung extotIo? von eztote sodaunig", und auf S. 155 fügt
er zur Erklärung hinzu, dies Mass habe zur Zeit der Ernte in all-
gemeiner Verwendung gestanden, Wessely scheint also anzunehmen,
dass es zu verschiedenen Jahreszeiten verschiedene Masse gegeben
habe! Ich denke, wir verzichten auf die griechische Neubildung
exzazioc, ebenso wie auf die deutsche Neubildung „sodannig" und
lesen: „[iixpcp IxTq) ■8-soö t-^^ yM\i.r^q'', d. h. mit dem Sechstel-
Mass, das dem Gott des Dorfes gehört. Aehnlich heisst es im Pap.
Lond. CCXVI (= Pal. Soc. II Ser. 162) 15: lihpa^i TETapiw: 0-£ou
SoxvoTiatou, d. h. „mit dem Viertelmass, das dem Gott Sokno-
paios gehört".^) Hunt hat in seiner vortrefflichen Recension des
CPR (Gött. GA 1897 S. 464) vermutet, dass d-eou für O-r^aa-jpou
verschrieben oder verlesen sei. Nach der angeführten Parallele ist
diese Annahme nicht nötig. Vgl. auch CPR (I) 39, 19, wo das Mass
des Athenatempels von Hermupolis genannt wird (s. unten), und in
byzantinischer Zeit heisst es einmal ganz entsprechend [isTpco loO
euayou^ jiovaaxr^pLOu dßßa 'AysycO^ (Pap. Grenf II, 90, 13). In
einem anderen Pachtcontract (CPR I, 43) wird angemerkt, dass
der Pachtzins mit dem dem Verpächter gehörigen Masse gemessen
werden soll: „[xlipw aoG xoO '^zo'jyou.''' Wieder in einem anderen
Pachtcontract (CPR I, 35,9) heisst es: iSiOTLx-g jiSTpT^ai. Wessely
übersetzt irrig „mit eigenem Masse", indem er an 'Mcc denkt. 'ISlw-
Tizr^ kann nur von lZ'.(h^:r^z abgeleitet werden und so heisst es „mit
privatem Masse", im Gegensatz zum öffentlichen, zum OYj[A6aiov jilxpov.
Unter den byzantinischen Kaisern scheinen sich die Verhältnisse
nicht geändert zu haben. Ich will nur auf Grenfell (I) 6-) (aus
Auch das Achtelmass begegnet in ähnlichem Zusammenhang. Vgl.
BGÜ 603, 20 und 39: iiizpt^ oySow. Ebenso 604, 17.
774
X. KAPITEL.
dem VI./ VII. Jahrh.) hinweisen, wo eine Lieferung von 50 Artaben
vermessen werden soll {io5t(p ^AizoXXiüvoq (seil. noXeoiq), d. h. mit
dem modius von Apollinopolis Maior, der Stadt, in der der Contract
abgeschlossen wird. Freilich könnte hier auch an den Gott gedacht
werden. In einem Pachtcontract aus Hermupolis (J. 561) sollen
120 Artaben vermessen werden 'A'9'Y]vaLtp |JL£Tpw, worunter man im
Hinblick auf CPR (I) 39, 19 und (II) S. 132 wohl nicht „the Äthenian
measure", sondern das Mass des Athenatempels der Stadt verstehen
muss. Vgl. Grenfell (II) 57, 10. Hierhin gehört auch die oben S. 752
citirte Stelle: tw aw [xaTcatw [Aexpo), und in Pap.Genev. 15,3 wird eine
Rückzahlung [X£Tp(p Sixacw versprochen. So ist auch in BGU 726, 3
zu lesen oltü) (f oltoü) {xexpw hixoclw, wo Krebs atTa)|ji£Tptp las.
Wie es unter den Byzantinern war, so blieb es auch, wie es scheint,
unter der arabischen Herrschaft. In Calcaschandi's Geographie und
Verwaltung von Aegypten i) fand ich folgende Worte: „In Aegypten
giebt es Cadah von verschiedener Grösse eben so wie bei
den Ratl, da jede Gegend ihren besonderen Cadah hat
nach Verhältnis ihres Irdabb."
Flächenmasse.
Während die Hohlmasse, wie wir sahen, im Laufe der Jahr-
hunderte mannigfache Wandlungen durchmachten, blieb das Feld-
mass sich immer gleich. Die Arure, die schon seit den ältesten
Zeiten das Feldmass Aegyptens war 2), blieb es auch in der Ptolemäer-
^) Nach der Uebersetzung von F. Wüsfcenfeld in ,,Abh. Kgl. Ges. Wiss.
Gött." XXV 1879. S. 147. — Vgl. BGU 3G6, 14: |i£xpq) xwv auxwv SapaxYjvwv.
Die Worte Herodot's II G: xaüxYj^ wv auo o't d^igxovxa axotvoi slo',.
"Oooi fisv yap yecDTistvai stai dvO-pwTücov, öpyui'^at, fxsiiexpi^xaat, xtjv X^pi^v, oaot
Se ^oaov yewTistvat axaStotai, di öe tioXXyjv Ixouai, TrapaactyyTrjat,, di 8s äq^^ovov
XtYjV, axotvotai sind von Hultsch, Metrol. S. 358 in einer Weise interpretirt, der
ich nicht beistimmen kann. Er entnimmt daraus, dass die ärmsten Feld-
pächter in Aegypten ihr Land nach Klaftern vermessen, die minder armen
und die reichsten nach anderen grösseren Massen. Nach meiner Ansicht können
mit den äv^pcDTioi, unmöglich die Aegypter gemeint sein, sondern nur die Menschen
überhaupt. Herodot will in dieser Anmerkung nur erklären, weshalb er hier
die Entfernung in axotvoi angiebt. Die Aegypter rechnen nach axo^vot, sagt
er, weil sie so unendlich viel Land haben. Andere Völker, die weniger Land
haben, haben daher auch kleinere Längenmasse, so rechnen die Perser nach
Parasangen, die Griechen nach Stadien u. s. w. Ich sehe hierin also nur eine
II. DIE MASSE.
775
zeit wie in der römischen und byzantinischen Periode. Diese Arure
ist bekanntlich ein Quadrat, deren Seite 100 aegyptische Ellen be-
trägt.^) Legt man, wie mir mit Hultsch a. a. O. notwendig er-
scheint, die grosse königliche Elle von 0,525 m zu Grunde, so ist
1 Arure = 2756 Hm. Wer die „kleine" Elle zu Grunde legt, kommt
auf 2025 Dm. Der Käme apoupa ist natürlich rein griechisch und
bedeutet „Ackerland". Genau so nannten auch die AegA^^ter in
ihrem Idiom dieses Mass, wie erst kürzlich erkannt und durch die
Tafel von Damanhur, die Copie der Tafel von Rosette, bestätigt
worden ist: sHt oder sH-^h, koptisch ce'reico2,e, d. h. „der Saat-
acker". 2) Als Sigle für die Arure begegnet in den ptolemäischen
Texten, wie schon Peyron erkannt hat, das Zeichen p^, in den Texten
der römischen und byzantinischen Zeit aber b-, wie ich in den
„Acten stücken" S. 50 Anm. dargethan habe.^) Die altertümlichen
Formen, vde sie uns jetzt in den Petrie Papyri vorliegen, lassen über
die Entstehung der Sigle keinen Zweifel: es ist ein a, über das zur
Distinction von a == d(pTaßr]) ein u gesetzt ist, also = a(po)ü(pa).
Die römische Form Ir-, so verschieden sie aussieht, entsteht, wenn
man oben beginnend das u mit dem a verbindet.
In welche Unterabteilungen wurde nun dieses Feldmass geteilt?
Ich habe im Rheinischen Jahrbuch S. 328 auf Grund des mir da-
mals bekannten Urkundenmaterials nachgewiesen, dass die Arure in
h h h tV' "B^' tI»- ^* s.w. teilbar sei. Erst nachträglich fand
ich, dass dies lediglich aus den griechischen Texten gewonnene Re-
sultat durch die einheimische Literatur, sowohl durch die hierogly-
phischen wie durch die demotischen Urkunden, auf's genaueste be-
stätigt wird. Die alten Aegypter hatten eigene Wörter für die
allgemeine theoretische Betrachtung über den Einfluss des Landumfanges auf die
Grösse des Längenmasses, durch die er eben begründen will, dass die Aegypter
ein so grosses Mass wie den oy^olyo;, haben. Durch diese Interpretation schwinden
alle Schwierigkeiten, die man in dieser Stelle gefunden hat. Ausserdem möchte
ich Hultsch gegenüber betonen, dass Herodot hier gar nicht von Feldmassen,
sondern offenbar nur von Längenmassen handelt. Er begründet ja seine Angabe
über die Länge der aegyptischen Küste. Also ist Herodot hier auch nicht Zeuge
für ein aeg}^ptisches Feldmass opyj'-a.
Vgl. Hultsch, Metrolog. S. 356 f.
Vgl. Brugsch, Aegyptologie S. 373. Revillout, Proc. Soc. Bib. Arch.
XIV 1892 S. 64 ff.
3) Vgl. Rhein. Jahrb. S. 237 Anm. 3.
776
X. KAPITEL.
Bruchteile der Arure. So hiess -J Arure sp (?), ^ hsp, -J- s^, sw,
rm^A') Bemerkenswert ist, dass alle diese Wörter mit der spitzen
Ecke < determinirt werden, die hinter Begriffe wie Acker, Land
u. s. w. gesetzt wird. Sie sind also nicht etwa allgemeine Bezeich-
nungen für die Brüche -J, ^ u. s. w., sondern bezeichnen ganz speziell
die Bruchteile der Arure. Der einzelne Bruchteil aber erscheint da-
durch als selbständige Grösse, als selbständiges Mass.
Unsere Ostraka bieten in voller Uebereiu Stimmung mit diesem
Ergebnis folgende Teilmasse: |, i -J, -Jj, -^-J^,
Vgl. No. 356, 375, 396, 407, 1151, 1201, 1301, 1326, 1364,
1382, 1383, 1385, 1389, 1398, 1421, 1543. Von besonderer
AVichtigkeit ist Nr. 1201, die die Brüche ^|-g-, -jjhi iih-^ bietet.
Noch in einer seiner letzten Studien meinte Revillout, man sei über
-jj^ wohl nicht hinausgegangen, da doch mit -j^^ = "^"^X^? (s- unten)
eine neue Art der Teilung beginne (Proceed. a. a. O. S. 79). Wir
sehen jetzt, dass diese Annahme nicht richtig ist, dass vielmehr das
Feldmass Arure rein dyadisch geteilt war.
Seit meiner Arbeit im Rheinischen Jahrbuch sind einige
ganz wenige Ausnahmen der obigen Regel bekannt geworden. Im
Rev. Pap. 60, 23 steht der Bruch -J- (vgl. 60, 20 : f) und in BGU
203 begegnet der Bruch -q^, der in die duodecimale Reihe
A' g^liört. Auf diese letztere Ausnahme wies schon Viereck
im Hermes XXX S. 114 hin 2) und folgerte hieraus sowie aus an-
deren Betrachtungen, dass entgegen meiner Theorie die Arure und
die Artabe (s. oben) dieselben Teilungen gehabt hätten, dass also
dieselben Bruchreihen sich bei Beiden fanden. Trotz der obigen
zwei Ausnahmen, die sich bisher in unserem äusserst umfangreichen
Material gefunden haben, möchte ich mich dieser Folgerung nicht
anschliessen. Viereck hat a. a. O. an der Hand von Quittungen
über die Lieferung von Saatkorn gezeigt, dass für je 1 Arure Landes
1 Artabe Saatkorn geliefert wurde. Dass dieser Nachweis nur für
1) Tgl. Brugsch, Aegyptol. S. 373 f. Eevillout, Proceed. a. a. O. S. 70 ff.
Vgl. auch Brugsch's Uebersetzung der Feldertexte von Edfu im Thesaurus III
S. 549 ff.
^) Was er sonst als Ausnahmen von meiner Theorie anführt, die Reihe
^} i 2V4V (BGU 181) und iiiV^VÄ (Pap. Lond. CIX, B) für die
Artabe, ist keine Ausnahme, sondern vielmehr eine Bestätigung derselben. Gerade
dies hatte ich im Rhein. Jahrb. behauptet. Siehe oben S. 749.
n. DTE :masse.
777
die ßaa:Xty.yj yf] zutreffend ist, hat inzwischen BGU 512 gezeigt.^)
Doch gleichviel, aus dieser Thatsache glaubt Viereck folgern zu
sollen, dass Arure und Artabe dieselben Bruchreihen aufweisen
müssten, damit immer für einen bestimmten Bruchteil einer Arure
der gleiche Bruchteil der Artabe geliefert werden könne. Dies prak-
tische Bedürfeis ist ohne Zweifel zuzugeben. Aber folgt daraus,
dass die beiden Masse nach demselben System geteilt waren? Dann
raüsste ja auch, weil ich 1 Elle Stoff für 1 Thaler verkaufe, Elle
und Thaler nach demselben System geteilt sein! Viereck hat, wie
mir scheint, die materielle Frage mit der formellen vermengt. Nur
die formelle Seite ist es aber, die uns hier angeht. Wir wollen
eruiren, ob das Feldmass dyadisch oder dekadisch oder duodecimal
oder wie sonst geteilt zu werden pflegte. — Ich möchte zunächst
darauf hinweisen, dass das von Viereck hingestellte Postulat, dass
jeder Bruchteil der Arure auch durch einen Bruchteil der Artabe
ausdrückbar sei, auch unter meiner Annahme eines z. T. ver-
schiedenen Systems für beide Masse durchaus erfüllbar ist. Die
Artabe zerfiel, wie wir sahen, in -J, i-, u. s. w. und in |, -J-
(nicht weiter). lieber die Brüche 4, i, ^, die beiden Massen ge-
mein sind, können wir hinweggehen. Aber auch lässt sich
durch Artabenbrüche ausdrücken, denn es ist tV = "t~ iV-
Ebenso ist -gV = iV + ^V' A = "sV + t^y u. s. w. Schwieriger ist
die Aufgabe, die duodecimalen Brüche der Artaben durch die dya-
dischen Brüche der Arure wiederzugeben. Wie die Aegypter sich
diesem mathematischen Problem gegenüber beholfen haben, lehrt die
inzwischen von mir herausgegebene Urkunde BGU 512. Dieser
Text behandelt denselben Gegenstand wie die von Viereck be-
sprochenen Quittungen, den pi£p capto; aTreppLaTWV — nur in der
Form eines Berichtes des Dorfschreibers. Hier finden sich nun
folgende Gleichungen, Z. 5: [ßaa('.Xiy.f/;) l— aj^xc *>! tg + —
atfXc^Y und Z. 16: ßaaiX^x-^?) ^f^;, l- y^ig^b + — iß'. Also:
für 1526 i i ^ Aruren werden geliefert 1526 4 i Artaben, und für
^ i tV "S^ Aruren werden geliefert 3 ^ -jV Artaben. Offenbar liegt
hier der schon von Viereck behandelte Satz von 1 Artabe für 1 Arure,
der, wie gesagt, zunächst nur für die ßaatXtX'f] belegt ist, zu
Vgl. Z. G, 7 und 17, wo für *'.Aa5< d?v^^o'j) O'jj(ias) und 7ipo;ö5o(u) yf,
Andere Verhältnisse zwischen den Aruren- und Artabensunimen begegnen.
778
X. KAPITEL.
Grunde. Folglich rechnet der Dorfschreiber :^ + (^rure) =
y (Artabe) und -\~ (Arure) = (Artabe). Rechnet man nach,
so findet man eine kleine Differenz, die nicht berücksichtigt worden
5i
ist: sind nur -f-^, nicht ^ (= und "i" Ä sind nur
51 . ^"
nicht g|(=T-2)- In beiden Fällen bleibt also der Arurenbruch
um eine Kleinigkeit hinter dem Artabenbruch zurück. Dass trotz-
dem aber in den Augen der aegyptischen Behörden eine Gleichung
damit geschaffen war, kann keinem Zweifel unterliegen. Wir finden
hier nur bestätigt, was wir auch sonst schon aus der nationalen
Literatur der Aegypter, wie dem Papyrus Rhind, wussten, nämlich
dass sie ganz kleine Bruchteile unter Umständen unberücksichtigt
gelassen haben,
Wir lernen also aus dem Papyrus, wie die Aegypter unbeküm-
mert um mathematische Accuratesse die duodecimalen Brüche, wie
die Artabe sie hatte, mit Hilfe der dyadischen Brüche der Arure
ausgedrückt haben. Wir können folgende Tabelle aufstellen:
1
4
+
tV gelten
als
1
(belegt).
1
1
1
8
ü"
1
1 6
1
■B"4 "
>>
1
(belegt).
1
+
1
>5
1
Y4-
1
114
+
1
Yh 6 "
1
4 8
u. s. w.
Doch kehren wir zu unserer Hauptfrage zurück. Die That-
sache, dass man auf so umständlichem Wege, dazu noch unter Dul-
dung einer kleinen Ungenauigkeit, die Bruchreihe -g, ^ u. s. w. bei
der Arure ausgedrückt hat, ist der sicherste Beweis dafür, dass
diese Bruchreihe der Arurenrechnung fremd war! Denn
sonst hätte man es so viel bequemer gehabt, statt dessen einfach
^ u. s. w. zu schreiben. Nur den grössten dieser Brüche, ^,
hat man, wie der Revenue -Papyrus zeigt, gelegentlich direct als
bezeichnet. Den Bruch -g\ aber (in BGU 203) bin ich einst-
^) Vgl. Erman, Aegypten S. 487. Von der kolossalen Umständlichkeit
und Schwerfälligkeit der aegyptischen Rechenkunst geben uns der Papyrus Rhind
(ed. Eisenlohr j und der mathematische Papyrus von Achmim (ed. Baillet) eine
deutliche Vorstellung. Das Auffallendste ist, dass die Aegypter, die von den
Griechen als die Erfinder der „Geometrie" gepriesen wurden, die Berechnung
der Flächen mittelst der Höhe nicht gekannt haben, wodurch genaue Ergebnisse
in vielen Fällen unmöglich gemacht wurden. Vgl. Eisenlohr, Pap. Rhind S. 122.
II. DIE MASSE.
779
weilen geneigt für ein Versehen des Schreibers zu halten. Keuer-
dings hat Viereck einen Text publicirt, der ihm Recht zu geben
scheint. Er liest in BGU 626, 4: Ir- ßL ^5, d. h. Aruren 2\ ^\ 4^.
Hier liegt aber nur eine falsche Lesung von Viereck vor. Der
Papyrus bietet vielmehr, wie ich iii den Corrigenda zum II. Bande
mitteile: Ir- tj cgXß, d. h. Aruren 2\ ^iV-o- Pap. Grenf.
(II) 42 ist vor den Brüchen 2¥ tV iiicht Arure, wie Grenfell
thut, sondern Artabe zu ergänzen. Alles in Allem müssen wir auf
Grund der obigen Ausfuhrungen daran festhalten, dass die Arure
rechnungsmässig in der Regel dyadisch, d. h. in |, ^, ^, -^^ etc. ge-
teilt wurde. Thatsächlich musste natürlich auch jeder beliebige andere
Bruchteil einer Arure ausgedrückt werden können, denn man kann
ein Feld ja in ganz beliebige Stücke zerteilen, aber es geschah
eben mit Hilfe jener dyadischen Reihe, wobei kleine Ungenauigkeiten
unvermeidlich waren. Ich bin überzeugt, dass man den siebenten
Teil einer Arure ungern mit ^ bezeichnet haben würde. Man schrieb
dafür vermutlich ^ -gV xi^' wobei ein minimaler Bruchteil unberück-
sichtigt blieb.
Zum Schluss habe ich nur zu erwähnen, dass auch das Flächen-
mass 7i7j)(U^ in unsern Ostraka begegnet. In 1301 steht: aX(Xa;)
90c(vcxwvo^) dv(a) ^ [ ] tütj^ Trepta'^ r^r^ ßiX 5[ ].
Ganz ähnliche Verbindungen finden sich in dem Pap. Lond. CXIX
(ed. Kenyon S. 140 fi*., gleichfalls aus dem H. Jahrh. n. Chr.), der
überhaupt zu diesem Ostrakon die treffendste Parallele bietet. Der
Ostrakontext ist offenbar ein Auszug, ein Citat aus einem derartigen
Schriftstück, wie der Londinensis ist. Völlig übereinstimmend mit
unserem Text heisst es z. B. Z. 133 : aXko TOjX Tiepta'c tiiqX ß y^,
nachdem vorher auch hier von einem cpoLVCXWV die Rede gewesen
ist. Die anderen Stellen sind von Kenyon zu Z. 44 zusammengestellt.
Unser Ostrakon trägt jedoch zur Erklärung dieser merkwürdigen Ver-
bindungen, die Kenyon als „obscure" bezeichnet, nichts bei. Nur so
viel ist klar, wie auch Kenyon hervorhob, dass Flächen damit
bezeichnet werden. Man denkt daher an jenen nf^y^q o'.xoTieS'.xö;,
den Amadeo Peyron als ein Rechteck bestimmt hat, dessen Lang-
seite 100 Ellen und dessen Schmalseite 1 Elle beträgt, i) Nur ist
zu bemerken, dass in dem Ostrakon wie im Londinensis nicht
Vgl. meine Actenstücke S. 32. Revillout, Procoed. a. a. O. S. C5 f.
780
X. KAPITEL.
ocxoTieBa, f^iXol totto: und dgl., sondern cpotvtzwvei; gemessen werden.
Ich denke, dass durch TiBpia'^ die Elle als Flächenmass im Gegen-
satz zum Längenmass bezeichnet werden soll. Man könnte etwa an
mpiGTockziy.oq denken — „die umschliessende Elle".^)
^) Merkwürdig ist der Ausdruck Ttr^x^'-S oxspsoö S cj^iXoD xÖTtou in einem
Contraet vom J. 114 v. Chr. bei Grenfell (II) S. 52. Mit Eecht weist Grenfell
auf das Flächenmass, den Tirjxpc, olxoTCsS'.vtög Peyron's hin. Das Auffallende ist
nur, dass mit dem "Worte axspeög sonst nicht auf die zAveite, sondern auf die
dritte Dimension hingewiesen wird. Soll damit gesagt sein, dass der Grund und
Boden auch in die Tiefe dem Käufer gehören soll?
XI. KAPITEL.
Die Daten.
Es soll hier kurz dargelegt werden, auf welchem Wege die im
Textdruck gegebenen Umrechnungen der Daten der Ostraka gewonnen
sind, und welches Mass von Sicherheit diesen Umrechnungen zu-
kommt. Durch neue Urkunden ist in letzter Zeit manche neue
Frage aufgeworfen worden, manche Annahme, die früher gesichert
erschien, ist in ihrer Berechtigung bestritten worden, so dass auf dem
chronologischen Gebiet zur Zeit eine Unsicherheit herrscht, wie seit
Decennien nicht. Um den Rahmen des Ostrakoncommentars nicht
zu sprengen, soll hier nur auf diejenigen Fragen genauer eingegangen
werden, die durch die Daten der Ostraka berührt werden.
1. Die Jahreszählung.
A. Ptolemäerzeit.
Es ist bekannt, dass das ptolemäische Aegypten, entsprechend
der Nationalitätenmischung im Nilthal, einen zwiefachen Kalender,
einen makedonischen und einen aegyptischen gehabt hat. Ersterer
war von den Eroberern aus der Heimat mitgebracht, letzterer wurde
auch unter der neuen Fremdherrschaft, wie seit alten Zeiten, fort-
geführt. Das makedonische Mondjahr und das aegyptische Sonnen-
jahr liefen zunächst incongruent neben einander her. Seit der zweiten
Hälfte des II. Jahrhunderts v. Chr. ist dann das aegyptische Jahr,
wie die makedonisch-aegyptischen Doppeldaten zeigen, in der Weise
siegreich aus der Concurrenz hervorgegangen, dass die makedonischen
Monate auf Grund der Gleichung 1. Thoth = 1. Dios, 1. Phaophi =
1. Apellaios u. s. w. nur noch pro forma neben den thatsächlich
782
XI. KAPITEL.
allein gültigen aegyptischen Sonnenjahr-Monaten genannt wurden.
So sicher dieses Resultat ist, so unklar bleibt auch noch nach
den neueren Untersuchungen das Verhältnis, in dem vor diesem
Ausgleich der makedonische und der aegyptische Kalender zu ein-
ander gestanden haben. 2) Ehe nicht das Schaltsystem des make-
donischen Kalenders erkannt ist, werden wir hierüber nicht zur
Klarheit gelangen können.^) Für die Erklärung der Ostrakondaten
können wir von diesen Fragen absehen, da sich nicht ein einziges
Datum nach makedonischem Kalender in unserer Sammlung befindet.
Auch auf den mir sonst noch bekannten unpublicirten Ostraka besinne
ich mich nicht, einem makedonischen Monat begegnet zu sein. Es
ist dies nicht ohne Interesse, dass also nicht nur die Steuerpächter
in ihren den Zahlern ausgestellten Quittungen, sondern auch die
Trapeziten, die doch königliche Beamte waren, im Verkehr mit den
Steuerpächtern schon im III. Jahrh. v. Chr. sich ausschliesslich des
aegj^tischen Kalenders bedient haben. Es hängt dies offenbar damit
zusammen, dass, wie wir schon oben S. 519 vermuteten, die Steuer-
verwaltung in der y^ihpoc durchaus mit dem einheimischen Kalender
rechnete, dass also das aegyptische Jahr das officielle Steuerjahr
in diesem Gebiete war. Die Doppeldaten des Revenue-Papyrus und
namentlich die oben S. 519 besprochenen Worte a7i6 Atou eox; [TTiep-
ßspexacou] in Rev. Pap. 34,5 führen uns vor Augen, dass das in
Alexandrien damals anders war.
Das im öffentlichen und privaten Leben gebrauchte aeg}^tische
Jahr, mit dem auch unsere Ostraka allein rechnen, umfasste be-
kanntlich 12 Monate zu 30 Tagen und ausserdem am Ende die
^) Diese Thatsaehe, die sich auch Mahaffy, mir und wohl auch Anderen
ergeben hatte (vgl. z. B. Wessely, Mitt. PR. II S. 30), ist kürzlich zuerst von
Strack klar und überzeugend dargelegt und historisch gewürdigt worden.
Vgl. Rhein. Mus. LIII S. 412 flf. Vgl. übrigens auch oben S. 519. Zu Strack's
Liste der Doppeldaten wäre noch Rev. Pap, fr. 6c, 9 und 10 nachzutragen,
wo ich lese: {ir^vög Aua[Tpoi) und jiYjvös Mex^p. Dass diese beiden im Doppel-
datum gegenüberzustellen sind, zeigt 57,2 und 59, 2, wo die Gleichung Gorpiaios =
Mesore derselben Congruenz entspricht. — Aus einem noch unpublicirten Berliner
Papyrus aus dem 5. Jahre des Philonietor (= 177/6) füge ich noch hinzu:
7. Artemisios = 7. Hathyr.
2) Vgl. Strack a. a. O.
^) Nach brieflichen Mitteilungen Mahafify's dürfen wir befriedigenden
Untersuchungen darüber von ihm und Smyly entgegensehen.
DIE DATEN.
783
5 Epagomenentage. Es war also ein Jahr von 365 Tagen, das um
i Tag hinter dem wahren Sonnenjahr zurückblieb und daher, da es
ohne Schaltung war, alle vier Jahre um einen ganzen Tag von ihm
differirte. Dass die Aegypter ausser diesem im praktischen Leben
verwendeten Wandeljahr auch das Sonnenjahr von 365 ^ Tagen ge-
kannt haben, steht fest und wird im Besonderen für die Ptolemäerzeit
durch das Decret von Kanopos vom Jahre 238 v. Chr. bestätigt,
durch welches die vereinigten Priesterschaften Aegyptens dieses feste
Jahr (durch Hinzufiigung eines sechsten Epagomenentages in jedem
vierten Jahre) für die Praxis einzuführen versucht haben. Wenn
man sich über das Misslingen dieses Versuches vielfach sehr wundert,
so darf dabei nicht übersehen werden, dass diese Kalenderreform
ja nur auf einem Priesterbeschluss, nicht etwa auf einem königlichen
Prostagma basirte.^) Die Daten des Decrets von Rosette zeigen,
dass sogar die Priester selbst sich nicht an jenen Beschluss gebunden
haben. Auch sonst ist die praktische Benutzung eines fixen Jahres
für die Ptolemäerzeit nicht erweislich^), und so haben wir es auch
in den Ostraka der Ptolemäerzeit ohne jeden Zweifel ausschliesslich
mit dem Wandeljahr zu thun. Aus diesem Grunde habe ich im
Textdruck davon Abstand genommen, für jede einzelne Quittung
das julianische Datum je nach dem wechselnden Neujahrstage aus-
zurechnen.^)
Die Aegypter zählten bekanntlich nicht nach Acren, sondern
nach Regierungsjahren ihrer Könige. In der Ptolemäerzeit rechnete
man, ebenso wie in der Kaiserzeit, in der Weise, dass mit dem ersten
Neujahr, das der neue Herrscher auf dem Thron erlebte, sein zweites
Jahr begann, dass also das letzte angebrochene Jahr seines Vorgängers
als sein erstes gezählt wurde. Für die Zeit nach der Ausgleichung
des makedonischen und aegyptischen Kalenders in der zweiten Hälfte
des II. Jahrh. v. Chr. kann kein Zweifel bestehen, welcher Tag das
^) Rieh. Lepsius, Das bilingue Dekret von Kanopos 1866. Vgl. nament-
lich S. 14.
^) So sprechen die Herausgeber in P. Grenf. (II) S. 102 davon, dass die
Ptolemäer das Volk nicht dazu gebracht hätten, das fixe Jahr anzunehmen.
^) Was Strack a. a. O. über die Ansetzung des 1. Dios auf den Sothistag
(20. Juli) sagt, hat mich nicht überzeugt.
*) Für die Berechnung verwende man Tabellen, wie sie Kubitschek bei
Pauly -Wissowa s. v. Aera und Unger in Iwan Müller's Handbuch I* S. 824 geben.
784
XI. KAPITEL.
hierfür gültige Neujahr war, da ja der 1. Thoth und der 1. Dios
zusammenfielen, es also nur einen Neujahrstag gab. Vorher aber
waren zwei Neujahrstage gewesen, und wenn es wahrscheinlich ist,
dass man damals in Alexandrien und überall, wo man alexandrinisch
rechnete, die Königsjahre von Dios zu Dios zählte i), so ist es nicht
minder wahrscheinlich, dass man in der X^P^ Anwendung des
aegyptischen Jahres die Königsjahre von Thoth zu Thoth gezählt
hat. So ist auch in unseren Ostraka bei Berechnung der Königs-
jahre ohne Zweifel der 1. Thoth als Neujahr anzusetzen.
Während in ausführlicheren Texten der Ptolemäerzeit der König
mit Namen genannt zu werden pflegt und durch seinen göttlichen
Beinamen oder die Nennung seiner Eltern oder auch der eponymen
Priester für uns genau bestimmbar wird, findet sich in unseren
kurzen Ostrakontexten keine dieser Angaben. Die Trapeziten wie
die Steuerpächter datiren einfach „zxouq x", was ja auch für den
Augenblick, für den die Quittung bestimmt war, völlig genügte.
Um diese Daten genauer zu bestimmen, haben wir palaeographische
und historische Hilfsmittel. Palaeographisch lassen sich die Texte,
die dem III. Jahrh. v. Chr. angehören, mit ziemlicher Sicherheit von
denen des II/I. Jahrh. v. Chr. scheiden. Sprachliche Indicien sowie
die Beobachtung der Quittungsformulare, eventuell auch die numis-
matischen Angaben, können unter Umständen diese allgemeine Schei-
dung mit unterstützen (vgl. die Bemerkungen zu Ostr. 305). Inner-
halb dieser beiden Gruppen kann eventuell die Höhe der Jahreszahl
den König, der gemeint ist, indiciren. Im III. Jahrh. v. Chr. haben
Philadelphos mit 39 und Euergetes I. mit 26 Jahren die höchsten
Regierungsjahre erreicht.^) Die Ostraka des III. Jahrhunderts, die
mehr als 26 Jahre nennen, sind daher mit Sicherheit dem Phila-
delphos zuzuweisen. Im II. Jahrhundert erreichen Philometor mit
36 und Euergetes II. mit 54 Jahren die höchsten Zahlen. Die
Ostraka des II. Jahrhunderts, die mehr als 36 Jahre nennen,
gehören daher mit Sicherheit der Regierung des Euergetes II. an.
Durch ein bedauerliches Versehen in meinen Aufzeichnungen habe
ich im Textdruck schon die vom 27. Jahre an dem Euergetes II.
1) Vgl. strack a. a. O. S. 422 flf.
^) Zur Chronologie der Ptolemäer vgl. jetzt die sorgfältigen Untersuchungen
von Strack, Dynastie der Ptolemäer, denen ich in den meisten Punkten zustimme.
Weniger glücklich ist der nichtchronologische Teil des Buches.
DIE DATEN.
785
zugewiesen (vgl. 334), während man thatsächlich auch noch bei
denen zwischen 27 und 36 Jahren zwischen den beiden Brüdern
schwanken kann. Es ist übrigens nur eine Differenz von 11 Jahren,
da Philometor von 181, Euergetes von 170 an zählt. Ausserdem
lassen sich mit Sicherheit nur noch diejenigen Ostraka datiren, die
Doppeldaten der gemeinsamen Regierung der Kleopatra III. und des
Alexander (^^/V bis ^^/^g) aufweisen (vgl. Ostr. 354, 757 — 759,
1235). Bei allen anderen Ostraka müssen sachliche Momente ver-
schiedener Art dazukommen, wenn eine Berechnung auf ein bestimmtes
Jahr ausfahrbar sein soU. Es ist zu hoffen, dass, wenn erst mehr
Ostraka aus der Ptolemäerzeit bekannt sind, eine genauere Datirung
der einzelnen Stücke möglich sein wird.^)
Für die Chronologie der Ptolemäer ist wenig Neues aus unserer
Sammlung zu entnehmen. Ich möchte nur auf 349 und 1522 hin-
weisen, die uns ermöglichen, die Alleinherrschaft der Kleopatra II.
für Theben noch genauer als bisher zu bestimmen. Bisher waren
fär Theben (Diospolis Magna) die letzten für Euergetes II. aus der
kritischen Zeit nachweisbaren Daten der 19. und 30. Mesore des
Jahres 40 (= Sept. 130). Daraufhin hatte Strack (Dyn. Ptol. S. 45)
angenommen, dass das 41. Jahr identisch sei mit jenem 2. Jahr der
Kleopatra Philometor Soteira, deren richtige Beziehung auf Kleo-
patra II. wir Revillout verdanken.-) Jetzt zeigen die genannten
Ostraka, dass man auch noch am 24. Halhyr (349) und 27. Tybi
(1522) des 41. Jahres, d. h. im Februar 129 in Diospolis nach
Euergetes gezählt hat. Da nun andrerseits aus dem 2. Jahre der
Kleopatra thebanische Daten schon aus dem Phaophi vorliegen, so
kann man aus dem veränderten Material wohl nur den Schluss
ziehen, dass das 1. Jahr dieser Kleopatra dem 41. Jahre des Euer-
getes = 130/29, und das 2. Jahr seinem 42. Jahre = 129 8 gleich-
^) In einzelnen Fällen könnte man schon jetzt weiter gehen als wir in den
„Zusätzen" und den Indices vorsichtshalber gethan haben. So ist es sehr wahr-
scheinlich, dass das 2. und 3. Jahr in 1496 und 1497 auf Kleopatra III. und
Soter II. zu beziehen sind (116/5 und 115/4), da der thebanische Trapezit hier
Etpr,varos heisst wie in 1532 vom J. 120/19. Vgl. auch P. Wien 26. P. Paris.
15 Zur genaueren Berechnung derjenigen Daten , deren Zugehörigkeit zu
Philometor oder Euergetes II ich noch offen gelassen habe, sind die demotischen
Urkunden heranzuziehen.
*) Vgl. Revue Egypt. VI S. 153. VII S. 30 f. Melanges S. 289 f. 320 ff.
WiLCKEX, Ostraka. 50
786
XI. KAPITEL.
zusetzen ist.^) Ich besinne mich übrigens nicht, dass irgendwo das
42. Jahr des Euergetes genannt wäre. Das Gesagte bezieht sich
nur auf Diospolis.
Endlich sei noch darauf hingewiesen, dass in 756 der 18. Payni
des 54. Jahres des Euergetes genannt wird, wiewohl nach der Bau-
inschrift von Edfu der König schon am 11. Payni gestorben war. Also
Avar sein Tod 7 Tage später in Hermonthis noch nicht bekannt.
B. Kaiserzeit,
Die Gewohnheit, die Zeit nach den Regierungsjahren der Könige
zu bestimmeu, war in Aegypten so fest eingewurzelt, dass sie auch
durch die römische Herrschaft nicht tangirt worden ist. Nach wie
vor zählte man nach Königsjahren und zwar in der alten Weise,
dass das erste Neujahr (1. Thoth) des neuen Herrschers als Beginn
seines zweiten Regierungsjahres betrachtet wurde. Für die Kaiser-
zeit liegen uds urkundliche Zeugnisse vor, die ausdrücklich das
letzte Jahr des Vorgängers als das erste des neuen Herrschers be-
zeichnen. In Ostr. 109 wird das Jahr 116/7 als toö xal
'ABptavoö bezeichnet, also als das „20. Jahr (des Trajan), welches
auch ist das 1. des Hadrian". Ebenso wird in Ostr. 586 und 587,
ferner in P. Oxyr. I 98, 13 das Jahr 137/8 als „das 22. Jahr
(des Hadrian), welches auch ist das 1. des Antoninus", bezeichnet
(%ß^ TOÖ zal a^).2) Hiernach kaun über die Zählmethode im
Princip kein Zweifel bestehen. Es sei nur noch hervorgehobeu, da
es neuerdings bestritten worden ist^), dass mit dem 1. Thoth des
^) Das letzte Datum der Königin, der 29. Phaophi des 2. Jahres, würde
also in den Dezember 129 fallen — nicht 128, wie Strack unter obiger An-
nahme auf S. 45 Anm, 2 wohl nur versehentlich sagt. Damit fällt wohl auch
sein Bedenken gegen das obige Resultat.
^) In 246, aus dem 2. Jahre des Marcus und Verus, liegt in den Worten
Ttß^ wohl ein Schreibfehler vor. Abgesehen davon, dass die Verbindung
eine andere ist, müsste, wenn eine ähnliche Gleichung ausgesprochen werden
sollte, das 24., nicht das 22. Jahr des Antoninus Pius genannt werden. Was
der Schreiber beabsichtigt hat, lässt sich nicht sicher sagen.
3) Gardthausen, Augustus und seine Zeit II S. 244, 37: „Das erste
Regierungsjahr des Augustus hatte kaum wenige Wochen; mit dem ersten Thoth
begann schon sein zweites Königsjahr." Sehr auffällig ist übrigens, dass Gardt-
hausen, der Biograph des Augustus, nicht weiss, dass Kaiaap im Datum nur
einen Kaiser bezeichnen kann, nämlich Augustus, Vgl. II S. 456, 40. Die
DIE DATEN.
787
Jahres 30 v. Chr. das 1., nicht das 2. Jahr des Octavian begonnen
hat. Das wird, von anderem abgesehen, jetzt urkundlich durch die
Inschrift des Gallus bestätigt, die den 20. Pharmuthi des 1. Jahres
nennt. 1) Man wird mit Ideler (Handb. d. Chronol. I S. 156 f.)
annehmen dürfen, dass Kleopatra noch den 1. Thoth erlebt hat,
und darum das mit ihm beginnende Jahr ordnungsmässig als erstes
des Octavian gezählt worden ist.
Aeusserlich unterscheidet sich die Jahreszählung der Kaiserzeit
von der der Ptolemäerzeit dadurch, dass es jetzt Sitte wird, auch
in kleineren Documenten, wie unseren Steuerquittungen, den Xamen
des Kaisers der Jahreszahl hinzuzufügen. Unter Augustus finden
sich noch Daten, die durch die Foitlassung des Xamens durchaus
den ptolemäischen ähneln, vgl. 716, 1317. Später wird der Name
nur selten ausgelassen. Erst vom Ende des II. Jahrh. n. Chr. an
mehren sich wieder die Fälle, wenn ich nicht irre, unter dem Einfluss
der viel Platz erfordernden Titulaturen der Sammtherrschaften.^)
Diese Zählung nach Königsjahren ist die herrschende Methode
der Jahresbezeichnung geblieben, wiewohl sogleich im Anfang der
Römerherrschaft der Senat eine Aerenrechnung einzuführen versucht
hat. Nach Dio 51, 19,6 beschloss der Senat, im Jahre 30 v.Chr.,
dass der Tag der Eroberung Alexandriens (1. Aug. 30) ein Festtag
sein und den Anfang der alexandrinischen Jahreszählung bilden
solle. ^) Spuren dieser so ganz unaegyptischen Aerenrechnung sind
uns, wie ich im Hermes XXX S. 151 fi". nachzuweisen versucht habe,
in gewissen Papyrusurkunden aus der Zeit des Augustus erhalten,
Polemik an dieser Stelle ist völlig missglückt, Dass man veraltete Lesungen
aus dem CIGr. abdruckt und hinzufügt „nach Lepsius, Denkmäler", ist wohl
nur bei sehr flüchtiger Arbeit möglich. Für Ziebarth's Ansatz, der Griech.
Vereinswesen S. 100 das 32. Jahr des Augustus zweifelnd in das J. 5 n. Chr.
verlegt, also von 27 an zählt, fehlt jede Unterlage,
^) Im hieroglyphischen Teil. Vgl. Sitzungsber. Akad. Berlin 1896 XX
S. 474 ff. Vgl. auch Mommsen, Staatsr. II^ S. 804.
-) Zweideutig ist die Datierung xoö xupiou in 6C7. Ich habe sie im
Textdruck aus sachlichen Erwägungen auf Nero bezogen. Ist dies richtig, so
ist doch der Hinweis auf die Wirren des Jahres 68 nicht zutreffend, denn die
inzwischen hinzugekommene Nr. 1560 datirt ebenso und gehört, auf Nero be-
zogen, in's Jahr 67.
^) Tr^v xs fjiiipav ev -5 'AXsgav5p£'.a daXcD, äYa9-r// T£ s-va; xat za.
iTie'.xa 1x7] apx"f;v xi]g a7iap'.9-|jii^a£a)€ aOxöv vofii^ead-a:.
50*
788
XI. KAPITEL.
die nach der Kaiaocpoq xpaTYjatc; d-eou uiou datirt sind. Beispiele
dieser Zählung liegen bis jetzt aus den Aerenjahren 31, 36 (Hermes
a. a. 0.)i), 39 (Grenf. II 40) und 412) vor. Dass bei Zählungen
nach einer xpaTYjat? formell jedenfalls eine Aerenrechnung vorliegt,
kann wohl nicht bestritten werden. Wenn ich diese xpdxYjat;; auf
die Eroberung Alexandrietis am 1. Aug. 30 beziehen und somit in
dieser Aera die vom römischen Senat angeordnete erkennen möchte
(Hermes a. a. O.), so ist dabei vorauszusetzen, dass ähnlich, wie in
Syrien die aktische Aera, die nach der vixY] rechnet, nicht am
Schlachttag, dem 2. September, sondern dem bald darauf folgenden
syrischen Neujahr vom 1. October begann^), so auch in Aegypten
aus denselben nahe liegenden Gründen die alexandrinische Eroberungs-
aera nicht auf den 1. August, sondern auf das bald darauf folgende
Neujahr vom 29. August festgesetzt worden ist; denn dass that-
sächlich die Aerenjahre und die Königsjahre des Augustus zusammen-
fielen, zeigt BGU 174, wo der 29. Mesore des 36. Jahres der
xpaxTgat^ und der 29. Mesore des 36. Jahres des Augustus ohne
allen Zweifel einen und denselben Tag bezeichnen sollen (Herraes
a. a. 0.).'^) Aber diese von aussen octroyirte Jahresrechnung hat
sich in dem Lande der Königsjahre nicht halten können. Wenn
wirklich, wie ich glauben möchte, das viel besprochene 46. Jahr
(16/7) auf alexandrinischen Münzen nunmehr als Kratesis- Jahr zu
^) Mit Unrecht sagt Gardthausen, Augustus II S. 457, dass ich a. a. 0.
nur ein Beispiel gegeben habe, da ich in dem zweiten xpaxVjoews „statt des
gewöhnlichen \ty.rjC, oder dgl." ergänzt habe. Wo kommen denn in Aegypten
Datirungen nach der viXY] vor? Die Richtigkeit meiner Ergänzung bestätigt
jetzt auch der neue Text bei Grenfell-Hunt. Aehnlich steht es mit seinen
anderen Einwendungen. Zugestimmt haben mir Grenfell-Hunt a. a. O. und
Strack, Rhein. Mus. LIII S. 415 f.
^) In einem noch unpublicirten Papyrus, den ich flüchtig einsehen durfte.
^) Vgl. Mommsen, Staatsr. 11^ S. 803. Factisch stellen allerdings diese
aktischen Jahre, wie Mommsen hervorhebt, die Regierungsjahi-e des Augustus
dar. Aber formell Avird man auch das Zählen nach einer vtXY] doch nur als
Aerenrechnung bezeichnen können.
*) Der fremdländische, römische Charakter dieser Aerenrechnung tritt
auch darin zu Tage, dass in allen vier Beispielen, die z. Z. vorliegen, Augustus
als divi filius bezeichnet wird, was in keiner der Datirungen nach Königs-
jahren vorkommt. Der Zusatz findet sich übrigens auch auf alexandrinischen
Münzen des Augustus, die Pick (Zeitschr. Num. XIV S. 300) in das erste Jahr
des Kaisers verlegt.
DIE DATEN.
789
erklären ist (Hermes a. a. O.)^), so wäre dies das letzte Beispiel
ihrer Anwendung, das wir zur Zeit kennen. Dass damals diese
Aerenrechnung, wie auch schon unter Augustus, nicht die allein
herrschende war, sondern die Königsjahre des Tiberius schon damals
nebenherliefen, zeigen die alexandrinischen Münzen mit dem Jahre
3 des Tiberius und Ostrakon 1546, aus demselben 3. Jahre, denn
dieses entspricht dem 45. Jahr jener anderen Zählung.^)
Wenn auch, abgesehen von dieser ephemeren Aerenrechnung,
die Methode der Jahresbezeichuung in der Kaiserzeit dieselbe war
wie in der Ptolemäerzeit, so war doch das Jahr selbst, das diesen
Zählungen zu Grunde lag, ein anderes geworden. Bekanntlich hat
Augustus — wie es scheint, im Jahre 26/5 v. Chr.^) — das
Wandeljahr, das er vorfand, zu einem fixen gemacht, indem er,
ähnlich wie einst die Priester im Decret von Kanopos, bestimmte,
dass alle 4 Jahre ein 6. Epagomenentag eingeschaltet werde. Da-
nach fallt in der Kaiserzeit der Neujahrstag (1. Thoth) im gewöhn-
lichen Jahr auf den 29. August jul., im Schaltjahr auf den 30.
Die Schalttage fallen vor Chr. in die Jahre 22, 18, 14, 10, 6, 2,
nach Chr. in die Jahre 3, 7, 11 u. s. w. oder, wie die praktische
Regel lautet, in die Jahre, die durch 4 dividirt den Rest 3 er-
geben.'*) Dieser 6. Epagomenentag wird in P. Oxyr. I 45, 17
für das Jahr 95 n. Chr. bezeugt, was der Regel entspricht. Ich
möchte besonders hervorheben, dass für dieses neue fixe Jahr und
^) Man pflegt nach Krall's Vorgang (Wien. Stud. V S. 317) darin vielmehr
ein Weiterzählen der Regierungsjahre des Augustus durch Tiberius zu sehen
und auf die ähnliehen Zählungen des Commodus und Caracalla zu verweisen.
Bei diesen liegen die Dinge doch aber ganz anders, da sie schon bei Lebzeiten
des Vaters mit demselben Jahr wie dieser in den Datirungen der Urkunden
genannt waren, auch schon vorher als Caesaren Münzen mit den Jahren ihres
Vaters geprägt hatten (Pick a. a. O.).
Man wird notwendig annehmen müssen, dass mit dem 29. August 14
das 2. Jahr des Tiberius begann, wenn auch der Tod des Augustus (19. Aug.)
vielleicht erst nachher in Alexandrien bekannt wurde (vgl. unten). Ich möclite
daher Krall und Pick nicht beistimmen, die das 3. Jahr mit dem 46. Aerenjahr
gleichsetzen wollen.
^) Vgl. Mommsen, Rom. Chronologie ^ S. 266. Weitere Literatur bei
Strack, Rhein. Mus. LIII S. 425. Auch Unger bei Iw. Müller, Handbuch 1*
S. 777 rechnet so.
*) Vgl. Ideler, Handb. d. math. u. techn. Chronol. I 8. 143.
790
XI. KAPITEL.
seine Monate neue Bezeichnungen nicht geschaffen worden sind.
Man gebrauchte nach wie vor die aegyptischen Monatsnamen, denen
eventuell, wie schon seit dem Ausgang des II. Jahrh. v. Chr., der
betreffende makedonische Monatsname — auf der Basis der Gleichung:
1. Dios = 1. Thoth — mit demselben Tagesdatum vorgestellt Avurde.
Vgl. z. B. BGU 350, 1: [xr^vo? 'ATieXXaiou f Oawq?: f. Weitere
Beispiele in den Indices der Papj^ruspublicationen.
Eine schwierige Frage, die neuerdings in den Vordergrund ge-
treten ist, ist die, in welchem Umfange neben diesem fixen Jahre
das alte Wandeljahr fortbestanden hat. Ich möchte das Problem
teilen und zunächst fragen, ob Augustus beabsichtigt hat, das fixe
Jahr etwa für Alexandrien und die officiellen Kreise neben das
aegyptische Wandeljahr zu stellen, oder aber das letztere für das
ganze Land durch das erste re zu ersetzen.
Man hat die Einführung des fixen Jahres mit der der make-
donischen Jahre durch die Ptolemäer in dem Sinne in Parallele
gestellt, dass man annimmt, beiden Vorgängen liege der Gedanke
zu Grunde, dass die herrschende und die unterworfene Bevölkerung
sich in der Jahresrechnung scheiden sollten, Eine gewisse Analogie
liegt ja ohne Zweifel vor, aber die Verschiedenheiten sind vielleicht
bedeutender als die Uebereinstimmungen. Das makedonische Jahr
war neben das aegyptische als ein Novum getreten, das durch die
abw^eichende Benennung der Monate bei jeder einzelnen Anwendung
klar und deutlich erkennbar war. Nannte man den makedonischen
Monat, so w^ar eo ipso auch der makedonische Kalender gemeint,
und ebenso bei Nennung der aegyptischen Monate der aegyptische
Kalender. Augustus aber hat für die Monate seines festen Jahres,
wie oben bemerkt, keine eigenen Bezeichnungen, die sie von denen
des Wandeljahres unterschieden hätten, eingeführt^), vielmehr hat
er die Bezeichnungen des Wandeljahres ohne jede Aende-
rung auf sein fixes Jahr übertragen. Mir scheint daraus mit
grosser Wahrscheinlichkeit zu folgen, dass Augustus auch nur einen
Kalender für das ganze Land gewollt hat. Wenn er wirklich für
1) Vgl. Mommsen, Eöm. Chronol.^ S. 261.
^) Es hätte z. B. sehr nahe gelegen zu bestimmen, dass man für das feste
alexandrinische Jahr die makedonischen Monatsnamen, für das aegyptische
Wandeljahr die aegyj)tischen verwenden solle. Damit wäre eine klare Doppel-
rechnuug geschaffen worden.
DIE DATEN.
791
die herrschende und die unterworfene Bevölkerung geschiedene
Kalender beabsichtigt hätte, so würde er jedenfalls nichts Verkehrteres
haben thun können, als für beide Kalender dieselben Bezeichnungen
gelten zu lassen, wodurch im Einzelfall völlig unkenntlich war,
welcher von beiden gemeint war. Augustus würde nicht nur die
seit Ausgang des II. Jahrh. v. Chr. glücklich errungene Einheit des
Kalenders gestört haben, sondern er würde auch mit seinem Doppel-
kalender verworrene und notwendigerweise zweideutige Zustände ge-
schaffen haben, wie sie selbst in den ersten anderthalb Jahrhunderten
der Ptolemäerherrschaft nicht bestanden hatten. Wem es schwer
wird, diesem weisen Organisator dergleichen zuzutrauen, der wird
eher annehmen wollen, dass Augustus beabsichtigt hat, an die Stelle
des Wandeljahres im ganzen Lande das fixe Jahr zu setzen, was
einen grossen Fortschritt bedeutete.
Eine andere Frage ist, inwieweit ihm die Dui'chfährung dieses
Gedankens gelungen ist. Die Herausgeber von aegyptischen Ur-
kunden aus der Kaiserzeit haben bisher auch die Daten aus der
Xwpa, gleichviel ob die Urkunden officielle oder nicht officielle
waren, nach dem festen Jahre umgerechnet, und auch ich habe
ebenso wie in meinen Papyruspublicationen , so auch im Textdruck
der Ostraka die Daten sämmtlich in dieser Weise berechnet. Andrer-
seits war schon von Ideler (Handb. Chrouol. I S. 149 ff.) namentlich
auf eine Js'otiz von Censorinus hin behauptet worden, dass das
fixe Jahr erst im IV. Jahrh. durch das Christentum allgemeine
• Geltung in Aegypten gewonnen habe. ^) Neuerdings hat nun
Paul von Rohden zunächst für drei einzelne Papyrusurkunden, die
mit der sonst bekannten Chronologie der Kaiser in Widerspruch zu
stehen schienen, die Schwierigkeit durch die Annahme zu lösen ge-
sucht, dass diese Urkunden nicht nach dem fixen, sondern nach dem
Wandeljahr zu datiren seien.-) Ihm ist von Wilhelm Kubitschek
lebhaft zugestimmt worden'^), und auch Grenfell - Hunt haben nach
eingehender Prüfung der Frage ihre Zustimmung gegeben und
sind geneigt, durch dieselbe Annahme das chronologische Problem
^) Ebenso Unger bei Iw. Müller, Handb. I-^ S. 7 78. Vgl. auch Mommsen,
Rom. Chronol.2 S. 2G1.
2) Vgl. Pauly - Wissowa s. v. Antonius Sp. 2G22.
^ Kundschau über ein Quinqucnnium d. antiken Numismatik \^1890 — 1894),
Wien 1896 S. 77.
792
XI. KAPITEL.
in P. Grenf. (II) 60 zu lösen, Unter diesen Umständen scheint
es mir erforderlich, die Berechtigung meiner Datirung der Ostraka
nach dem fixen Jahre eingehender zu prüfen.
Ich hebe zunächst diejenigen Stellen hervor, an denen aus-
drücklich die Zählung nach dem Wandeljahr bezeugt ist. Die
Testimonien scheiden sich in astrologische und nicht -astrologische.
A. Die astrologischen Zeugnisse.
1. Pap. Lond. CXXX (Kenyon, Cat. S. 134) 37: izouq xpiiou
wpac, (hc, hk Ta)[jiaToi ayouai xaXavSaci; ^AizpOdociq, xax' a.py^(xiou;,
le Ilaxcbv V£0|JLr^vca elc, tyjv SeuTspav (= 1. April 81 n. Chr.). Vgl.
Gött. GA. 1894 S. 733.
2. P. Paris. 19, 7: a"- 'Avxtovtvou KaLaapo? xoö xupioi) |xy]v6?
'A§pca[vo]ö y] xaxa iwv "HXXi^vwVj xaxa hk louc ALyDTiTLOug Tößc
(= 4. Dec. 137).2)
3. P. Paris. 19 bis, 3 = P. Lond. CX (Kenyon S. 131) 2:
'AvTtovLvou Kataapog xoö xupLou [xyjvo^ 'ASpiavoö yj, xaxa xou$
apXato(u?) Tößi ^ (-= 4. Dec. 137).
4. Ostr. 1602, gleichfalls ein Horoskop, aus dem II. Jahrh, n. Chr.
Hier möchte ich die Worte Z. 9: Tcapd AlyuTZxloic, auf eine genauere
Bezeichnung des Wandeljahres beziehen. Vgl. Z. 10.
In den ersten drei Horoskopen, in denen der betrefiende Tag
nachträglich berechnet worden ist^), wird das Datum zuerst nach
dem festen Jahr des Augustus, dann nach dem aegyptischen Wandel-
jahr bestimmt, in 1 ausserdem noch nach dem römischen Kalender.
Der letztere Text lehrt uns nebenbei, w^as meines Wissens bisher
nicht bekannt ist, dass der Tagesanfang im aegyptischen
Kalender ein anderer war als im fixen Jahr: die 3. Nacht-
Vgl. ausserdem P, Grenf. (II) S. 102 f.
2) Wessely, Mitt. PE. II S. 5 und 6 liest hier fälschlich Tößt ^. Das
würde keine richtige Gleichung ergeben. Nach dem Original ist allerdings
lädirt, aber es ist durch die Parallelstelle sichergestellt. Die von Wessely an-
geführten neuen Fragmente von 19^is stehen übrigens, wie das Yerso zeigt,
nicht an der richtigen Stelle.
^) Vgl. in 1. In 2 und 3 hätte bei gleichzeitiger Berechnung das
22. Jahr des Hadrian genannt werden müssen, da Antoninus erst am 10. Juli 138
die Eegierung antrat.
DIE DATEN.
793
stunde fallt in den Anfang des 6. Pharmuthi des festen Jahres (vgl.
ETüL^waxouaTr]), während sie im aegyptischen Kalender in den Ueber-
gang vom 1. zum 2. Pachon föllt. Da nun der 2. Pachon dem
6. Pharmuthi entspricht^), der Anfang des 6. Pharmuthi also noch
mit dem Ende des 1. Pachon zusammenfallt, so scheint sich mir
zu ergeben, dass der Tag des augusteischen Jahres nach römischer
AVeise^) um Mitternacht, der Tag des aeg}^ tischen Wandeljahres
aber — wie seit alten Zeiten — mit Sonnenaufgang begann. So
erscheint die Neuerung des Augustus noch durchgreifender als wir
bisher annahmen.
Dass die Astronomen nach beiden Kalendern rechneten, ist
selbstverständlich und daher für unsere Frage indifferent. Aber die
Art, wie sie die beiden Kalender bezeichnet haben, ist nicht ohne
Interesse. Das fixe Jahr steht überall an der Spitze. Einmal (2)
wird es als das der „Hellenen" bezeichnet^), in 1 und 3 — und
das ist von besonderer Wichtigkeit — steht es ohne jede weitere
Beschreibung. Dagegen werden die Daten des aegyptischen Wandel-
jahres jedesmal ausdrücklich als solche charakterisirt; zweimal wird
„nach den Aegyptern", zweimal „nach den Alten" (ap)(aIoi) gerechnet.
Bei unbefangener Prüfung wird man zugeben, dass die letztere Be-
zeichnung nicht gerade dafür spricht, dass diese Rechnung etwa damals
bei den Zeitgenossen in der X^P^ herrschende gewesen wäre.
Wichtiger für unsere Frage ist es zu sehen, wie man in nicht
gelehrten Kreisen die beiden Kalender behandelt hat.
B. Die nicht -astrologischen Zeugnisse.
1. Eine von den oben genannten Forschern noch nicht heran-
gezogene Inschrift aus Abydos*) lautet: TTiep Tcßspiou Kaiaapo^
^) Nicht der 1. Phaophi, wie ich in GGA. a. a. O. sagte.
^) Vgl. Censorinus, de die nat. 23. Daher ist auch bei dem römischen
Kalender keine Bemerkung über die Tageszeit hinzugefügt.
^) Damit kann das Jahr nach Lage der Dinge wohl nur als unaegyptisches,
fremdländisches bezeichnet werden, das ihnen von Alexandrien verkündet worden
ist. Wahrscheinlich ist der Ausdruck älter als das augusteische Jahr und be-
zieht sich ursprünglich auf den makedonischen Kalender im Gegensatz zum
aegyptischen,
*) Vgl. Brugsch, Aegypt. Zeitschr. 187 2 S. 27 mit Facsimile. Mariette,
Abydos II pl. 38. Die Schrift ist, entsprechend der Sprache, äusserst roh und
unsorgfaltig.
794
XI. KAPITEL.
(sie) xal T£%vov £7T0tyja[£]v TYjv ocxoBo[XT^v. L:^ TLߣpLoi) Kataapog
S£ßaaToü Tußyjc tyj^) (= 13. Januar 30 n. Chr.). Darunter steht
eine demotische Beischrift, etwa desselben Inhalts, die nach Brugsch's
Uebersetzung folgende Datirung trägt: „Geschrieben im Jahre 17
des Tiberius Caesar des (oben genannten), zur Zeit des 18. Tybi
des Joniers, welches entspricht dem 1. Mechir des Aegypters."
2. In P. Grenf (II) 59, einem Contract vom Jahre 189 n. Chr.
aus Soknopaiu Nesos im Faijüm, bestimmt die Contrahentin Taozuc,
den Termin mit den Worten: arco Tößi 6£xaxY] (sie) AEyuTiTtwv [xyjvo?.
3. In CIGr. 4987 =Leps. Denk. VI n. 369 datirt ein Byjaaptwv
IlaiXT^ou^ [£p£U^ yopiou in Khartassi in Nubien im Jahre 213/4: Lxß
<I>ap{xoö'9't zax' dpxatou?, ebenso in 5020 = Leps. Denk. VI. n. 373
ebendort im Jahre 227/8 ein 'Opafji; WevTOudE^K; ehpiouq y6|xou:
^appLOu-ö-L x5 xax' apyttac, (sie).
4. In P. Grenf. (II) 67, einem Contract vom Jahre 237 n. Chr.
aus dem Dorfe Bacchias im Faijüm, wird der Lieferungstermin be-
zeichnet mit: anb t-^? <I>a(I)cp: |JLY]v6g [xaxja OLgyoLlouc,,
5. In einer demotischen Weihinschrift aus Philae vom 2. Jahr
des Marcus und Verus lautet das Datum: „Monat . . . Tag 15, welches
macht Mesir [Tag . . .] des Aegypters." Vgl. J. J. Hess, Aeg.
Zeitschr. XXXV 1897 S. 144f.
Weitere Beispiele sind mir zur Zeit nicht bekannt.
Die angeführten Testimonien zeigen zunächst, dass durch die
drei ersten Jahrhunderte hindurch das alte Wandeljahr auch ausser-
halb der astrologischen Kreise im Volke bekannt geblieben war.
Dies Factum kann uns nicht Wunder nehmen, wenn wir bedenken,
wie zäh das aegyptische Volk im Festhalten an alten Einrichtungen
zu allen Zeiten gewesen ist. In 2, 3 und 5 sind die Personen, die
das Wandeljahr verwenden, Aegypter, Der Dorfschreiber Apollonios
in 1 gehört, wie sein Name und andrerseits die demotische Beischrift
zeigt, der griechisch-aegyptischen Mischbevölkerung an. Auffallender
könnte es sein, dass der AöpijXioq 'AaxX(Y]7rLa57j?) ^iXaheXl^ou']
in 4, der Vereinsvorsteher im Dorfe ist (TQyouixEVO? auvoSou), im
Verkehr mit einem Aupi^Xcog BIwv, dem 7üpovo7](T%) YU[x(vaacapXü)v)5
^) 17] ist z. T. verstümmelt. Der demotische Text giebt die Sicherheit,
dass es so richtig ist. Vielleicht ist Tußet zu lesen.
DIE DATEN.
795
sich gleichfalls des Wandeljahres bedient, denn diese Männer würden
wir beide ihrem Namen nach für Griechen halten, die durch die
Constitutio Antonina zu Römern geworden sind. Man wird nach
diesen Proben zugeben müssen, dass die Kenntnis des Wandeljahres
auf dem flachen Lande, in den Dörfern, in griechischen und nament-
lich in aegyptischen Kreisen recht verbreitet gewesen zu sein scheint.
Andrerseits ist hervorzuheben, dass keines der angeführten
Documente als officielles Actenstück bezeichnet werden kann; 1,
3 und 5 sind Weihinschriften, 2 und 4 sind private Contracte, die
zudem vielleicht nicht einmal von dem Notar aufgesetzt sind. Es
fehlt uns also bisher ein Beispiel für eine ausdrücklich hervor-
gehobene officielle Verwendung des Wandeljahres.
In welcher Weise sind nun die beiden Kalender hier, wo sie
im praktischen Leben neben einander erscheinen, bezeichnet worden?
In der bilinguen Weihinschrift aus Abydos (1) wird in der demo-
tischen Beischrift das fixe Jahr vorangestellt und als Jahr des Joniers
bezeichnet, entsprechend dem xaTa zobq "EXXvjvai; des Pariser astro-
logischen Textes, darauf folgt das Wandeljahr als „das Jahr des
Aegypters". Hierbei ist ftir unser Problem von ausschlaggebender
Wichtigkeit, dass in der voranstehenden griechischen Weih-
inschrift nur das Datum des fixen Jahres und zwar ohne
jede erklärende Bemerkung gegeben ist. Und das thut ein
xa)[JLOYpa[JijJiaT£6?5 also ein Mann, der wie nur Einer mit dem öffent-
lichen und privaten Acten wesen Bescheid weiss! Und er thut es
nicht etwa in einem officiellen Document, wo die Anwendung des
fixen Jahres wohl von allen Seiten als natürlich angenommen wird,
sondern in einer privaten Weihinschrift I Er kennt das Datum des
Wandeljahres, nennt aber im griechischen Text nur das des fixen
Jahres! Spricht das nicht dafür, dass auch sonst die Daten in
griechischen Texten, die ohne weitere Charakterisirung genannt werden,
auch wenn es private Urkunden sind, auf das fixe Jahr zu be-
ziehen sind?
Nr. 2 und 3 zeigen nur, dass die Schreiber auch das Wandeljahr
gekannt und in ihrem Privatgebrauch vielleicht gern benutzt haben.
Wichtiger ist wieder 4. In diesem Contract ist der Termin,
der 13. Phaophi, wie gesagt, ausdrücklich auf das Wandeljahr be-
zogen: [xaT]a a.py^a.ioDq. Am Schluss steht das ausführliche Datum
der Urkunde: Jahr 3 des Maximinus und Maximus 'E7:lcp[ ]. Für
796
XI. KAPITEL.
unsere Frage ist von entscheidender Bedeutung, ob etwa auch dies
Datum, das ohne weiteren Zusatz gegeben ist, auf das Wandeljahr
zu beziehen ist. Die Umrechnung der beiden Zeitangaben in den
julianischen Kalender spricht gegen diese Annahme. Da der
1. Thoth des betreffenden Wandeljahres auf den 25. Juni 236 fallt, so
entspricht der 13. Phaophi nach dem Wandeljahr dem 6. August 236.
Der Epiph würde in diesem selben Wandeljahr in den April/Mai
237 fallen, im festen Jahr in den Juni/Juli 237 (25. Juni — 24. Juli).
Da die Vermietung der Tänzerinnen, um die es sich hier handelt,
als bevorstehend bezeichnet wird (ßouXopiat exXaßsTv), so ist klar,
dass mit dem 13. Phaophi stillschweigend der des 4. Jahres gemeint
ist, also der 6. August 237. Im März/April 237, wo man sich noch
im 3. Wandeljahr befand, konnte man es nun unmöglich unterlassen,
bei Bezeichnung dieses Tages das 4. Jahr hervorzuheben. Dagegen
ist diese Unterlassung ganz verständlich in der Zeit vom 25. Juni
bis 24. Juli, da man sich damals seit dem 25. Juni bereits im
4. Wandeljahr befand. Zumal es auch sachlich wahrscheinlicher ist,
dass man eher Ende Juli als im April/Mai die Vermietung für den
6. August vereinbart, so unterliegt es wohl keinem Zweifel, dass mit
dem Epiph der Monat des festen Jahres gemeint ist. Somit haben
wir ein zweites Beispiel für die wichtige Thatsache, dass Jemand,
der im privaten Leben mit dem Wandeljahr zu rechnen gewohnt
■war, doch, wenn er einen Monat ohne Charakteristicum nannte, den
Monat des festen Jahres meinte.^) Vgl. auch Nr. 5, wo das Datum
des festen Kalenders ohne weiteren Zusatz vorangestellt ist.
Mir scheint somit die genauere Untersuchung der vorliegenden
Doppeldaten ergeben zu haben, dass wir berechtigt sind, überall da,
wo uns ein Monat ohne irgend welche nähere Bezeichnung entgegen-
tritt, ihn nach dem festen Jahre des Augustus zu berechnen. Wir
kennen bisher kein Beispiel dafür, dass ein Datum des Wandeljahres
ohne eine nähere Bezeichnung (wie xaT' dp)(acou^ oder ALyuTrxtwv
oder ähnlich) gegeben wäre, dagegen bezeugen das für das fixe Jahr
mehrere unanfechtbare Zeugnisse. 2) Wir wollen die Möglichkeit
^) Ich vermute, dass auch der unter 2 aufgeführte Contract in dem
fehlenden Schluss nach dem festen Jahr datirt gewesen ist.
^) Grenfell - Hunt (II S. 103) weisen auf die Möglichkeit hin, dass das
Wandeljahr so allgemein verbreitet gewesen wäre, dass man gar nicht nötig gehabt
habe, es genauer zu charakterisiren. Die Art, wie das Wandeljahr in den obigen
DIE DATEN.
797
nicht leugnen, dass vielleicht einmal in einem weltentlegenen Neste
ein eingefleischter Aegypter in privaten Schreibereien das Datum des
Wandeljahres auch ohne xax' ap/^aiou? oder dergleichen geschrieben
habe, und so mögen wir bei solchen rein privaten Scripturen die Um-
rechnung in das fixe Jahr mit einer reservatio mentalis geben. Aber
dass man im Uebrigen, vor Allem bei sämmtlichen officiellen Acten,
auch den von Privaten an Behörden eingereichten oder vor Behörden
vereinbarten Acten, das einfach ohne Zusatz genannte Datum nach
dem festen Jahr zu berechnen hat, kann nach Obigem nicht be-
zweifelt werden.
Dass sich aus der Vergleichung der Daten der Urkunden mit
den Ereignissen selbst bis jetzt, so weit ich sehe, directe Beweise
für oder wider dieses Resultat nicht erbringen lassen, erklärt sich
daraus, dass die Vorgänge der Weltgeschichte, wie wir sogleich sehen
werden, sehr spät in der yß^cc bekannt wurden, und dass andrerseits
im 1. und auch noch im II. Jahrh. n. Chr. die Differenz des festen
und des Wandeljahres eine wenn auch beständig wachsende^), so
doch verhältnismässig unbedeutende war.
Unsere Urkunden bieten auch einige Fälle, in denen der aegypti-
sche Monat dem entsprechenden römischen gegenübergestellt wird.
Da diese Urkunden meist officiellen Charakter haben und aus römi-
schen Kreisen stammen 2), will ich kein grosses Gewicht darauf legen,
dass auch hier überall der ohne jede weitere Bezeichnung genannte
aegyptische Monat sich durch die Rechnung als Monat des fixen
Jahres erweist. So in BGU 113, 8 (aus der Registratur des Prä-
fecten), 140, 9 (in dem Kopfstück zum Brief des Trajan), 326 II 6
(in dem Testament des Römers C. Longinus Castor).^) Wichtiger
für unsere Frage ist schon die Thatsache, dass in dem Haushaltungs-
Zeugnissen 1 — 4 (in Privaturkunden!) behandelt wird, spricht entschieden gegen
diese Annahme.
') Grenfell-Hunt irren, wenn sie a. a. O. meinen, dass im J. 139 n. Chr.
die beiden Kalender an demselben Tage angefangen hätten. Am 20. Juli 139
begann vielmehr eine neue Sothisperiode , d. h. das Neujahr des Wandeljahres
fiel an diesem Tage wieder wie vor 1461 Jahren mit dem Sothisneujahr zu-
sammen.
^) Die römischen Soldaten in Pselkis datiren alle mit aegyptischen Monats-
namen.
^) Dass in der Datirung des Edicts des Ti. Julius Alexander das feste
Jahr gemeint ist, hat schon Ideler I S. 145 durch Berechnung sicher gestellt.
798
XI. KAPITEL.
buch des Jupiter -Capitolinus- Tempels in Arsinoe (214/5), wie die
Beziehungen auf den römischen Kalender zeigen, die Daten, die
ohne jeden Zusatz gegeben sind, auf dem fixen Kalender basiren.^)
Man wird einwenden, da der Gott einen römischen Namen trage,
so sei es begreiflich, dass auch der Festkalender seines Tempels
nach dem festen Jahre rechne, und wird vielleicht doch an der Vor-
stellung festhalten wollen, als ob gerade die einheimischen Fest-
kalender es gewesen wären, die im Volk die Kenntnis des alten
Wandeljahres lebendig erhalten hätten. 2) Dem gegenüber möchte
ich darauf hinweisen, dass der grosse Festkalender aus Esne, der
aus der Kaiserzeit stammt, nach Brugsch's Versicherung auf dem
festen Neujahrstag vom 29. August aufgebaut ist. 3) Die priester-
lichen Kreise sind es also nicht gewesen, die an dem alten Wandeljahr
festgehalten haben. Wahrscheinlich haben sie es mit Freuden begrüsst,
als Augustus ihnen das schenkte, was ihre Vorgänger vor 200 Jahren
vergeblich durchzusetzen sich bemüht hatten: ein unverrückbar festes
Jahr als Grundlage für den Festkalender.
Allen diesen Thatsachen gegenüber kann ich es nicht mit Ideler
(S. 151) und seinen Nachfolgern als ein Zeugnis für die Vorherrschaft
des Wandeljahres im III. Jahrh. n. Chr. betrachten, wenn Censorinus,
de die nat. 18 sagt: nam eorum (Äegyptiorum) annus civilis solos
habet dies CCCLXV sine idlo interkalari. Censorinus will hier, wie
die nächsten Worte zeigen, die Sothisperiode von 1461 Jahren er-
erklären; dieser liegt aber das Wandeljahr zu Grunde, und das
beschreibt er rein theoretisch mit den angeführten Worten. Ich
kann darin kein Zeugnis für den Kalender seiner Zeit erblicken.
Sollte er es etwa so gemeint haben, so würden die obigen Urkunden
zur Genüge zeigen, dass er schlecht unterrichtet war.
Wie steht es nun mit den Papyrusdaten, die zu der Annahme
geführt haben, dass das Wandeljahr, nicht das fixe Jahr gemeint
sei? Ein Wiener Papyrus ist datirt vom 11. Thoth des 2. Jahres
des Pupienus und Balbinus und des Caesar Gordianus, ein anderer
Wiener Text vom 24. Thoth des 2. Jahres des Gordian III.^) Auf
^) Vgl. z. B. BGU 36 2 I 4, wo die Calendae Januariae am 6. Tybi ge-
feiert werden.
Ideler, Handb. I S. 151. Mommsen, Körn. Clironol."^ S. 259/60.
^) Vgl. Brugsch, Aegyptologie S. 355.
*) Beide von Wessely edirt in Mitt. PR. II S. 23.
DIE DATEN.
799
das feste Jahr bezogen, würden diese Daten auf den 8. und
21. September 238 fallen. Von der Annahme ausgehend, dass die
Nachricht vom Regierungsantritt des Gordian von Rom nach Arsinoe
10 — 25 Tage gebraucht habe, dass die Thronbesteigung also frühestens
am 15. August habe stattfinden können, fand P. v. Rohden die
Gesetzesunterschriften Gordians, die ihn schon am 16. Juli als Kaiser
zeigen, im Widerspruch gegen diese Papyri.^) Um ihn zu beseitigen,
nahm er an, dass die Daten der beiden Papyri auf das Wandeljahr
zu beziehen seien, also dem 5. und 18. Juli 238 entsprächen.
Man sieht wohl auf den ersten Blick, dass in dieser Rechnung
ein sehr unsicherer Factor ist, nämlich die Annahme, dass die Nach-
richt von der Thronbesteigung Gordian's auf dem Wege von Rom
nach Arsinoe nicht länger als 25 Tage habe unterwegs sein können.
Hierauf kommt aber alles an, denn wenn es möglich wäre, dass
die Nachricht z. B. zwei Monate dazu gebraucht hätte, so würden
alle Testimonien auf das beste übereinstimmen. P. v. Rhoden beruft
sich fiir die 10 Tage auf Wessely, Mitt. PR. II S. 22, 1 ; der sagt
aber nur, dass noch 10 Tage nach Commodus' Tod nach Commodus
datirt sei, woraus nur folgt, dass die Nachricht mehr als 10 Tage
brauchte. Für die 25 Tage beruft er sich auf Sadee^), der
seinerseits wieder die Angaben bei Friedländer, Sitteng. 11^ S. 31
zu Grunde legt. Ich beherrsche die einschlägischen Fragen nicht
genügend, um etwa leugnen zu wollen, dass eine Nachricht von
Rom nach Arsinoe in 25 Tagen habe gelangen können — dass
freilich auch die Hälfte dieser Zeit genügt habe, wie Sadee meint,
kann ich nicht glauben — , aber darauf möchte ich doch hinweisen,
dass die Angaben bei Plinius h. n. XIX 3, die Friedländer a. a. O.
vorführt, doch nur Beispiele für Segelfahrten bieten, die offenbar
wegen ihrer ungewöhnlichen Schnelligkeit besonders berühmt geworden
waren. Sie sind daher ein untaugliches Fundament für das in Frage
stehende Problem.
Doch lassen wir lieber diese notwendiger Weise unsicheren Be-
rechnungen bei Seite, die bestenfalls ja auch nur augeben können,
in wie kurzer Zeit eine Nachricht nach Arsinoe gelangen konnte,
und fragen wir, zumal die Umstände uns unbekannt sind, die im
^) Pauly -Wissowa s. v. Antonius Sp. 2622.
^) De imperatorum Romanorum III p. Chr. n. saec. temporibus constituendis.
Diss. Bonn 1891 S. 16.
800
XI. KAPITEL.
einzelnen Falle das Vordringen der Nachrichten verzögern konnten,
lieber unsere Ostraka und Papyri, wie schnell thatsächlich die Kaiser-
wechsel in Aegypten bekannt geworden sind. Ich stelle im Folgenden,
abgesehen von der speziellen Streitfrage um das Jahr 238, diejenigen
Daten aus den Jahren der Kaiserwechsel zusammen, die überhaupt
für die Schnelligkeit der Verbreitung von Nachrichten in Aegypten
von Interesse sind. Es bietet sich dadurch zugleich Gelegenheit,
die chronologisch bemerkenswerten Angaben der Ostraka hervorzu-
heben. Auf Grund der obigen Untersuchungen halte ich mich für
berechtigt, überall die Daten der Urkunden nach dem festen Kalender
zu berechnen, um so mehr, da sie fast sämmtlich officiellen Docu-
menten entnommen sind.
Aus den Jahren 14, 37, 41 liegen mir keine entscheidenden
Daten vor. Ich wüsste nur auf Ostr. 769 hinzuweisen, wonach am
22. Juni 37 in Theben schon nach Gaius datirt wird (Tiberius
t 16. März 37).
In Elephantine war noch am 28. Nov. 54 der Tod des
Claudius (f 13. Oct. 54) unbekannt, also 46 Tage später (Ostr. 13).
Nach Nero (f 9. Juni 68) wird in Theben noch am 16. Juni 68
(Ostr. 422) und, was wichtiger ist, am 8. Aug. 68 (Ostr. 1399),
also noch 58 Tage nach seinem Tode datirt. In Elephantine ist
sein Tod noch am 19. oder 20. Juli 68 (Ostr. 19), also 40—41 Tage
später, unbekannt. Dagegen wird am 7. Aug. 68 schon nach Galba
datirt (Ostr. 21). Es ist also das auffallende Factum zu constatiren,
dass dem Schreiber in dem entfernteren Elephantine der Thron-
wechsel mindestens einen Tag früher bekannt geworden ist als dem
Schreiber in Theben. — Wenn in 419, 7 und 8 der 26. und
27. Sept. 67 bereits als in das 1. Jahr fallend bezeichnend werden,
so zeigt das, dass diese Quittung nachträglich im Jahre 68 geschrieben
ist, wie ich schon im Textdruck angemerkt habe.
Der Regierungsantritt des Galba (9. Juni 68) war in Alexandrien
schon vor dem 6. Juli 68 bekannt, denn an diesem Tage datirt
nach ihm der Präfect sein Edict (CIGr. 4957). Ich bemerke,
dass die vorgeschriebene Publication dieses Edictes in der Oase
el-Chargeh erst am 28. Sept. 68 erfolgte.
Die früheste Erwähnung des Otho, der am 15. Januar 69
antrat, findet sich in 424. Da ich nicht mit Sicherheit zu ent-
scheiden weiss, wie das Datum Mey(d(p') Xi^ zu deuten ist (s. unten).
DIE DATEN.
801
muss icli es hier übergehen, Otho's Tod (f 16. April 69 j ist am
28. April in Theben begreiflicher Weise noch nicht bekannt
(Ostr. 426).
Der Tod Vespasian's (t 23. Juni 79) war in Theben am
21. Juli 79 noch unbekannt (Ostr. 450). Da in 427 der 17. Juni 69
als in das 1. Jahr des Vespasian fallend bezeichnet wird, so muss
auch diese Quittung (wie 419) nachträglich geschrieben sein. Nach
Domitian, der am 18. Sept. 96 gestorben war, wird in Oxy-
rhynchos in Mittelaegypten noch am 26. December 96, also über
3 Monate oder genauer 99 Tage später, datirt (P. Oxyr. I 104,
Testament).
Für Trajan bemerke ich, dass in Ostr. 489 die Lesung
Tößt ^ nach erneuter Prüfung sich als unrichtig erwiesen hat.
Vgl. die „Zusätze und Berichtigungen".
Dass nach Hadrian (f 10. Juli 138) in Theben noch am
15. und 30. Juli datirt wird (Ostr. 585), ist selbstverständlich.
In Syene war sein Tod noch am 7. Aug. 138 unbekannt, also
28 Tage später.
Der Regierungsantritt des Marcus und Verus (7. März 161)
ist am 27. Mai 161 in Theben bereits bekannt (Ostr. 1331).i)
Der Tod des Verus (Jan.? 169) ist am 1. April 169 in
Theben noch nicht bekannt (Ostr. 658). Vgl. auch 932. Wichtiger
ist, dass er nach BGÜ 434 in einer viel nördlicheren Stadt —
wenn nicht Arsinoe, so vielleicht Memphis — noch am 15. April
unbekannt ist.
In dem einzigen Ostrakon, das den Avidius Cassius nennt
(939), ist leider das Tagesdatum weggebrochen. Bei der Kürze
seiner Herrschaft würde es für unsere Frage von besonderem
Interesse gewesen sein. Die Erwähnung seines ersten Jahres auf
einem thebanischen Ostrakon ist übrigens um so bemerkenswerter,
als alexandrinische Münzen von ihm nicht bekannt sind.
Der Tod des Marcus (t 17. März 180) war im Dorfe
Soknopaiu Nesos im Faijura nach BGU 359 noch am 6. Mai 180,
also 50 Tage später, unbekannt. Dagegen wird am 23. Juni 180
in Theben schon Commodus allein genannt (Ostr. 946).
Ich lasse 245 als unsicher bei Seite.
WiLCKEN, Ostraka.
51
802
XI. KAPITEL.
Sehr spät hat sich die Nachricht vom Tode des Commodus
im Faijüm verbreitet. In BGU 515, einer an den Centurio ge-
richteten Klagschrift aus Arsinoe, wird noch am 2. Juni 193 nach
Commodus datirt, wiewohl dieser bereits am 31. December 192 ge-
storben war — also über 5 Monate früher I^)
Sehr merkwürdig ist, dass der Schreiber einer anderen Klag-
schrift an den Strategen aus derselben Stadt Arsinoe (BGU 46)
bereits am 19. Mai, also 14 Tage vorher, in der Lage ist, nach
dem Kaiser Pertinax zu datiren. Freilich, sehr bewandert in der
Zeitgeschichte ist auch dieser Mann nicht, denn Pertinax war damals
schon seit dem 28. März tot. 2) Dass in einer und derselben Stadt
so verschieden datirt sein sollte, wäre sehr auft'ällig. Ich schlage
folgende Lösung vor. Die beiden Schreiber nennen sich zwar
ocTzb zriQ [ir^TpOTUoXsü)^, aber der eine hat Besitzungen im Dorfe
Karanis, der andere im Dorfe Neilupolis. Angenommen, Jeder hätte
in seinem Dorfe die Eingabe geschrieben, so würde sich ergeben,
dass man in Neilupolis am 19. Mai schon von der Regierung
des Pertinax wusste, in Karanis aber am 2. Juni noch nicht.
Ich füge hinzu, dass in einer noch unpublicirten Steuerquittung
aus dem Faijüm (Berl. Pap. 8459) schon am 1. April nach Pertinax
datirt wird. Leider ist nicht ersichtlich, aus welchem Teil des
Faijüm dies Stück stammt.
Von Interesse für unsere Frage ist auch das Schreiben des
Präfecten Mantennius Sabinus an die Strategen der Heptanomis,
in dem er ihnen abschriftlich seinen an die Alexandriner betreffs
der Feier des Regierungsantritts^) des Pertinax gerichteten Erlass
mitteilt, „damit sie an den gleichen Tagen das Fest feiern könnten"
(BGU 646). Dieses Schreiben ist erst am 6. März 193 an die
Strategen adressirt worden, wiewohl Pertinax schon seit dem
1. Januar Kaiser war, und der Zusammenhang zeigt, dass auch
der Befehl an die Alexandriner erst damals ergangen war. Bis
Sollte Jemand Lust haben, dieses Datum auf das Wandeljahr zu be-
ziehen, was ich nach Obigem freilich für durchaus unerlaubt halte, so würde
der Tag auf den 8. April fallen. Also eine Differenz von mehr als einem
Vierteljahr würde sich auch so ergeben.
Dies ist die 3. Urkunde, die P. v. Kohden nach dem Wandeljahr be-
rechnen möchte.
DIE DATEN.
803
dieses Schreibeo an die Strategen gelangte, und bis diese dann den
Erlass, durch den die Bevölkerung vielleicht erst von dem Thron-
wechsel erfuhr, publicirten, darüber mag noch viel Wasser den Nil
hinabgeflossen sein.
Nach Pescennius Niger, dessen Proclamation wohl bald
nach der Ermordung des Pertinax (28. März), also etwa Anfang
April stattfand, wird in Theben datirt am 17. Juni 193 (Ostr. 972),
am 4. Juli (vgl. Wessely, Mitt. PR. II S. 11 nach Sayce) und am
8. Juli (974). An demselben 17. Juni ist, gleichfalls nach Pescennius
datirt, die Klagschrift BGU 454 auf einem Gehöft bei dem
faijümischen Dorfe Herakleia geschrieben w^orden. Während diese
Daten alle in das 1. Jahr gehören, bietet P. Grenf (II) 60 ein
Datum aus dem 2. Jahre des Pescennius, eine Steuerquittung aus
Soknopaiu Nesos im Faijüm vom 5. Dec. 193. Da Pescennius
erst Ende 193 gefallen ist, so hat dieses Datum nichts Auffälliges
an sich. Man wird hiernach auch in Ostr. 976, 3 (Theben) das
2. Jahr auf Pescennius, nicht auf Severus zu beziehen haben
(8. December 193). lieber die Münzen des Pescennius mit Lß vgl.
V. Sallet, Dat. d. Alex. Kaisermünzen S. 43; Zeitschr. Num. II S. 249,
280. Dagegen wird wahrscheinlich der Monat Phamenoth (25. Febr.
bis 26. März), der als letztes Wort an dem unteren abgebrochenen
Rande des Papyrus steht, nicht auf dies 2. Jahr des Pescennius
zu beziehen sein, da wir aus BGU 326 II 12 wissen, dass wenigstens
in Arsinoe bereits am 21. Februar 194 nach Severus datirt wurde. ^)
Freilich nach dem, was wir oben über die Datirungen nach
Commodus und Pertinax gesehen haben, wäre es nicht ausgeschlossen,
dass man im Dorfe Soknopaiu Nesos noch nach Pescennius Niger
rechnete, während man in Arsinoe schon nach Severus zählte.
Auch dass man nach dem 25. Februar in dem Dorfe noch nichts
von der Katastrophe des Pescennius gewusst hätte, wäre nach den
obigen Proben an sich nicht unmöglich. Aber wahrscheinlich be-
ginnt, wie auch Grenfell-Hunt für möglich halten, mit xal Oa|i£v((bO')
^) Mommsen (Sitzungsb. Ber. Akad. 1894 III S. 59 A. 3) ist durch ein
Versehen von mir im Textdruck von Ostr. 975 (nicht 175) irre geleitet worden,
wenn er daraufhin annimmt, dass schon im September 193 nach Severus ge-
rechnet sei. Der dort genannte 10. Thoth kann nur der des 3. Jahres sein, da
man erst damals mit der Ernte des 2. Jahres zahlen konnte. Diu* Ostrakon ii>t
also am 7. Sept. 194 geschrieben.
51*
804
XI. KAPITEL.
eine Nachtragsquittung, und dann kann in dem abgebrochenen Teil
der Monat nach Severus bezeichnet gewesen sein. Jedenfalls liegt
gar keine Veranlassung zu der Annahme vor, dass die Monate
dieses Textes, wie Grenfell-Hunt unter Hinweis auf das Vorgehen
von P. V. Rohden meinen, very likely auf den annus vagus zu be-
ziehen seien. Ich muss auf Grund der obigen Ausführungen diese
Deutung auf das bestimmteste bestreiten.
Es verdient hervorgehoben zu werden, dass man in Alexandrien,
wo man Münzen mit dem 2. Jahr des Pescennius geprägt zu haben
scheint (s. oben), dennoch dasselbe Jahr, das mit dem 29. Aug. 193
begann, nicht etwa als 1., sondern als 2. Jahr des Severus ge-
rechnet hat. In unseren Urkunden entspricht jedenfalls das 2, Jahr
des Pescennius Niger dem 2. Jahr des Severus, und das wird von
Alexandrien aus so angeordnet worden sein. Es liegt darin
gewissermassen eine nachträgliche Selbstberichtigung, eine An-
erkennung der Thatsache, dass Severus schon vor dem 29. August
Kaiser im römischen Reich gewesen war.
Severus' Tod (f 4. Febr. 211) ist in Arsinoe im Pharmuthi
(27. März bis 25. April), also mindestens anderthalb Monate
danach, noch unbekannt (P. Grenf. II 62), dagegen am 30. Mai
schon bekannt (BGU 711). In Oxyrhjnchos, das sich auch
oben schon durch verspätete Nachrichten auszeichnete, weiss man
am 27. Oct. 211 — also über 8 Monate S2:)äter! — noch nichts
von seinem Tode (P. Oxyr. I 56). Es könnte hier freilich die
Vermutung nahe liegen, dass der Schreiber — es handelt sich um
eine private Bittschrift an den Exegeten — nur aus Gewohnheit
noch den Namen des Severus beibehalten habe. Merkwürdig genug
bliebe es jedoch, falls der Tod des Kaisers ihm wirklich be-
kannt war.
^) Die Thatsache, dass man im J. 193 in Theben nach Pescennius datirt
hat, ist historisch von Interesse. Revillout und Wiedemann haben auf Grund
von Spartian. vit. Pescenn. 12, 4 f. angenommen, dass damals die Thebais sich
unter einem aethiopisch - meroitischen König selbstständig gemacht habe. Der
Widerspruch, den schon Lumbroso (P Egitto"^ S. 56 f.) erhoben hat, wird durch
unsere Ostraka bekräftigt. Wer ist aber der rex Thebaeorum des Spartian?
Sollte das nicht nur eine schlechte Uebersetzung von Oi^ßapxos sein? Dann
hätte der Thebarch, vielleicht im Namen xwv dcTio xf^c, fiYjxpoitöXscoj, dem
Pescennius die viel besprochene schwarze Marmorstatue geschenkt.
DIE DATEN.
805
Die Ermordung des Geta (Febr. 212) ist in Silsilis (Ober-
aegypten) am 1. Juli 212 bereits bekannt. Vgl. Rev. Etud. Grec.
IV S. 47.
Der Tod des Caracalla (t 8. April 217) war am 2. Juli 217,
also fast ein Vierteljahr später, in Theben noch nicht bekannt
(Ostr. 991).
Der Tod des Severus Alexander ist nach der von Wessel v,
Mitt. PR. II S. 19 mitgeteilten Urkunde, deren Provenienz nicht
angegeben ist, am 5. April 235 noch unbekannt. Für die strittige
Frage, ob Alexander im Februar oder im März gestorben ist,
kann dies Datum, wie aus den vorstehenden Ausführungen wohl
klar ist, nach keiner Richtung eine Entscheidung geben.
Wir kommen endlich zu der Chronologie des Jahres 238, die
den Anstoss für diese Untersuchungen gegeben hat. Stellen wir
zunächst die Daten zusammen, die für die Streitfrage in Betracht
kommen. Ein noch unpublicirtes Ostrakon der Sammlung Sayce
(Oxford) aus Theben trägt nach meiner 1895 genommenen Copie
folgendes Datum: töv zupctov f^(jiö)v AÖTOXpaxopwv Kaiaaptov
Mapy.o'j KXü)B:ou IIoüTriYjvoö MaajJLOu xal AezLfAou KaOdou KaXouivoi)
BaXßeivou Euiux^v Euaeßwv Seßaaxwv 'Emcp (= 21. JuH 238).
Dies Datum war bisher für unsere Frage noch nicht verwendet
worden. In Mitt. PR. II S. 23 (vgl. 31) wird ein Wiener Pap^Tus
aus dem Faijüm (Contract), der vielleicht nicht in Arsinoe, sondern
im Dorfe Seveßii^ aufgesetzt ist, vom 11. Thoth des 2. Jahres des
Pupienus und Balbinus und des Caesar Gordianus datirt (= 8. Sept.
238). Ein anderer Wiener Text ebenda, über dessen Provenienz
nichts angegeben ist, ist vom 24. Thoth des 2. Jahres des Gordian III.
datirt (= 21. Sept. 238). Die beiden letzteren Daten hat Paul
von Rohden nach dem Wandeljahr datirt, weil nach den Gesetzes-
unterschriften Gordian schon am 16. Juli Kaiser war, und er an-
nahm, dass die Nachricht von seiner Thronbesteigung in spätestens
25 Tagen im Faijüm hätte angelangt sein müssen.
Die vorstehenden Untersuchungen haben wohl mit Sicherheit
ergeben, dass von einer so engen zeitlichen Begrenzung nicht die
Rede sein kann. Wenn die Nachricht etwa zwei Monate oder auch
noch später dorthin gekommen wäre, so würde das nach den obigen
Beispielen gar nichts Befremdliches an sich haben. Aus den vor-
stehenden drei Daten folgt daher meines Erachtens nichts weiter,
806
XI. KAPITEL.
als dass man am 21. Juli 238, wo thatsächlich Gordian schon
Kaiser war, in Theben noch nicht einmal von seiner Ernennung
zum Caesar wusste, dass man ferner am 8. September im Faijüra,
im Dorfe Senebie, wohl die letztere Thatsache, aber nicht die erstere
kannte, und endlich, dass in der Zeit zwischen dem 8. und
21. September die Kunde von Gordian's Thronbesteigung (thatsächlich
erfolgt spätestens am 16. Juli) nach dem Faijüm gelangt ist. Aus
diesen drei Thatsachen aber Rückschlüsse auf die Chronologie der
Ereignisse selbst zu ziehen, halte ich für sehr prekär.
So haben die obigen Untersuchungen, wie ich hoffe, gezeigt,
dass irgend ein Grund, die Daten der beiden Wiener Texte nach
dem AVandeljahr zu berechnen, nicht vorliegt; sie nehmen absolut
keine Sonderstellung ein. Das Urteil, das wir zugleich über den
chronologischen Wert der aegyptischen Urkundendaten gewonnen
haben, ist ein wenig erfreuliches. Wenn die Nachrichten von den
Vorgängen in Rom durchschnittlich so lange Zeit brauchten, um in
die aegyptische X^P'^ vorzudringen, dann verlieren die Daten gerade
aus den interessanten Jahren der Kaiserwechsel bedeutend an Wert.
Sie zeigen uns nur, wann man in Aegypten Kunde von den Ver-
änderungen erhalten hat. Will man von da aus auf die Ereignisse
selbst kommen, so hat man die Wahl und die Qual, eine im Princip
nicht genauer zu begrenzende Zahl von Wochen oder Monaten
zurückzurechnen. Die Chronologie der ausseraegyptischen Ereignisse
selbst muss daher, wo es möglich ist, auf anderen Zeugnissen auf-
gebaut werden. Ein gut datirter Stein aus Rom wird für die Chrono-
logie immer wertvoller sein als ein paar Dutzend Urkundendaten
aus der yüpOL. Ihren Wert behalten dagegen die alexandrinischen
^) Wenn auch Münzen mit ^a. des Gordian nicht bekannt sind (vgl.
V. Rohden Sp. 2621), so könnte darum doch der Regierungsantritt des Gordian
noch vor dem 29. Aug. in Alexandrien bekannt gewesen sein; die Zeit mag zu
kurz gewesen sein, wie auch v. Rohden annimmt, um noch mit der Prägung
zu beginnen. So werden die ersten alexandrinischen Münzen des Gordian nach
dem 29. Aug. mit geprägt sein. In der X^po' aber, wo man inzwischen in
Unkenntnis der Ereignisse dem Pupienus und Balbinus und Caesar Gordianus
bereits ein 2. Jahr gegeben hatte, hat man dann dasselbe Jahr in „2. Jahr des
Gordian" umgenannt, was hier allerdings leichter als in dem oben angeführten
Falle mit Severus geschehen konnte, da doch Gordian schon vorher als Caesar
an der Datirung teilgenommen hatte.
DIE DATEN.
807
Daten, die in einem viel engeren Verhältnis zu den Ereignissen
stehen.
Die wenigen Ostraka aus byzantinischer Zeit, die nach In-
dictionen rechnen (vgl. 1127, 1224, 1225), bieten keine Veranlassung,
auf die verwickelten Fragen, die sich an diese Rechnung anschliessen,
einzugehen. Die vier Punkte, die ich im Hermes XXI S. 285/6 —
in einem sonst vielfach veralteten Aufsatze — aufstellte, halte ich
auch heute für richtig. Im Uebrigen verweise ich auf die klare
Darlegung des Problems bei Franz Rühl, Chronologie des Mittel-
alters und der Neuzeit, 1897 S. 179 f. Vgl. auch die Bemerkungen
von Grenfell-Hunt in P. Grenf (II) S. 129, 136.
Die römische Datirungsweise nach den Consuln findet sich nur
einmal in einem späteren Text (1309). Die Entzifferung ist mir
noch nicht ganz gelungen, auch scheint das Datum nicht fehlerlos
zu sein, so dass mir eine Berechnung nicht möglich ist.
2. Die Monate.
A. Die aegyptischeu Monate.
Die Formen der aegyptischen Monatsnamen, die bei den Klas-
sikern vorliegen und daher auch in den modernen Darstellungen
benutzt werden, öwO" Oaö^t "AO-up Xoi'ax Tößc Meylp OafievwO-
Oapiiou-ö-L HoLyJbw IlaüVL 'E71I9 Meaopr], geben bekanntlich die bohei-
rische oder unteraegyptische Aussprache wieder, wie sie in Alexandrien
gesprochen wurde. Durch die officielle Verwendung seitens der Re-
gierung ist diese Aussprache der Monatsnamen für das ganze Land
die massgebende geworden und ist daher auch in Oberaegypten ver-
breitet. Die Monatsnamen unserer Ostraka, die ja fast sämmtlich
aus Oberaegypten stammen, sind insofern nicht ohne Interesse, als
sie uns gelegentlich Formen bieten, die von den officiellen abweichen
und offenbar als Producte des betreffenden aegyptischen Lokaldialectes
zu betrachten sind. Dies gilt wenigstens von der älteren Ptolemäer-
zeit; später herrschen die boheirischen Formen, die dann nur noch
orthographisch variiren. Im Folgenden seien die bemerkenswerteren
Bildungen hervorgehoben.
1. Thoth. In der Ptolemäerzeit ist die übliche Form BöuO'
(307, 1230, 1235, 1314) oder Bwut (1084, 1495), die dem
808
XI. KAPITEL.
boh einsehen ecooyx entspricht. Daneben begegnet in Theben im
III. Jahrh. v. Chr. 0auT (314, 315), was mit dem sahidischen
oxyi" übereinstimmt. Die jüngere Form ©w-S', die ausnahmsweise
auch schon im II. Jahrh. v. Chr. begegnet, allerdings in Texten mit
vulgärer Orthographie (1085, 1090, Koptos), ist neben 0wt in der
Kaiserzeit die herrschende Form. Nur selten begegnet noch Owui,
so in 1050 aus Domitian's Zeit.
2. Oaw^L, die allgemein übliche Form. Nur in 343 aus dem
III. Jahrh. v. Chr. (Theben) steht Hadizi und in 855 (Theben, 138
n. Chr.) Baü)9(c). In 1101 (Sedment, 189 n. Chr.) begegnet die
verkürzte Form Oaw^.
3. "A-ö-up, die übliche Form. Einmal findet sich "AO-aup, was
vielleicht 'A^aOp zu lesen ist (73, Elephantine, 104 n. Chr.). In
1090 steht 'A-Ö-pu.
4. Xotax oder XoL'a)(. Die erstere Form, die boheirische
(xoI/>^k), scheint in Elephantine die üblichere zu sein (114, 135,
145), doch kommt auch hier 'Koia.y^ vor (13) oder auch Xua)( (33).
In Theben ist Xoiax häufiger (322, 347, 369, 379, 1313 u. oft).
Vgl. das sahidische xoi^^ k. In Dakkeh begegnet zweimal Xuax
(1134, 1144) und einmal Xoiax (1133).
5. Tößt, die übliche Form. Einmal mit noch grösserer
Schwächung der tonlosen Silbe Töße (1137 Dakkeh, 215 n. Chr.),
vgl. sahidisch TCOBe. In 1419 (Theben, Trajan) TußsL
6. Msyjp oder Mexetp. Einmal Msysp (1122, Sedment).
7. <I>a[JL£Vü)'8', die übliche Form. In 1412 Oa|Ji£V(I)T (Theben,
88 n. Chr.).
8. Oapixoö^c, die übliche Form. In 1335 Oap[ioöTi (Theben,
III. Jahrh. V. Chr.).
9. Ila^wv, die übliche Form. Aus der Zeit des Philadelphos
liegt die altertümliche Schreibung Ila^wv^ vor (Theben 315, 316),
worin der Gottesname Chons noch deutlich zu Tage tritt. Ebenso
Petr. P. (II) XIII (1). Vgl. üaxwvo? in Petr. Pap. (II) XII (4).
Merkwürdig ist Hocy^Stvec, in einem ganz alten thebanischen Ostrakon,
wohl aus dem Anfang des III. Jahrh. v. Chr. (1355). Daneben be-
gegnet aber auch schon damals Ilaxtov (1336). Mit Ha/wv? ist
das sahidische nxcyoNC zu vergleichen.
10. IlaüvL, die übliche Form, meist ohne Punkte geschrieben,
aber stets pa-yni zu sprechen. Daneben die Schreibung IlaoTvL
DIE DATEN.
809
(504, 650). In Sedment begegnet auch üa'jvYj (1105, 1107), in
Dakkeh Hacvi (1131).
11. 'Etil 9 oder 'Et: et 9. Die Form '£7:19:, die die Modernen
gewöhnlich gebrauchen, ist ganz ungewöhnlich, begegnet nur einmal,
in 1596. Andere Schreibungen sind 'E'^elt; (780, 781, 795 — 797,
803 Theben) oder 'E^Itz (504), auch 'Ecpstcp (415 Theben), 'Etoltü
(Louvre 8275), 'Etüiti (198).
12. Meaopyj, die übliche Form. Im III. Jahrh. v. Chr. be-
gegnet MeaopsL (1493, 1494 Theben). Andere Schreibungen sind
Msaopf^L (5, 21 Elephantine, 430, 706, 1316 Theben), MeawpT^
(412 Theben), Mzaoöp'q (1239).
Die 5 Epagomenen werden entweder selbstständig genannt, wie
ETtaYopLsvwv 6 (874, 1265, 1227), oder als Zusatztage zum Mesore
bezeichnet, ^vie MsaopYj e7ca(Yop,£V(i)v) £ (136, 354).
B. Monate mit Ehrennamen.
Die makedonischen Monatsnamen begegnen in den vorliegenden
Ostraka aus der Ptolemäerzeit niemals. In 384 (Gaius) scheint der
ATo? genannt zu sein, aber die Lesung der Zeile ist unsicher.
Dagegen finden sich in den Ostraka der Kaiserzeit, wie auch
in manchen der publicirten Papyri Monatsoamen, die zu Ehren der
Kaiser oder Mitglieder des kaiserlichen Hauses gebildet worden sind.
Es sind zur Zeit folgende bekannt:
1. Zeßaaxo? = Thoth. Vgl. Ostr. 362 (J. 19 n. Chr.), 377
(J. 35), 385 (J. 39), 386 (Gaius), 391 (J. 44), 396 (J. 48), 397
(J. 48), 407 (J. 55), 1035 (J. 42), 1325 (J. 67), 1547 (J. 31).
BGU 1, 21 (II. Jahrh.), 196, 3 (Trajan), 612, 10 (J. 57), 644, 2
(J. 69). P. Lond. CXXXI R. 5 u. 23 (Kenyon, Cat. Gr. Pap.
S. 170) (J. 78). P. Grenf. (II) 41, 29 (J. 46). Die richtige
Gleichung in PER I 48, 3: {JLrjvo; Se^aaxoO 00)0- (Severus und
Caracalla). Dagegen steckt in P. Oxyr. I 99, 1: AuSvatoi) JiYJvög
2[£]ßaaTo[0 ^ (J. 55) ein Fehler. Es muss entweder Aiou oder
NIoi) 2£ßaaToO heissen (s. unten). Nach Z. 11 möchte man ersteres
annehmen. Andrerseits findet sich eine Verwechselung von I^E^aoroö
und Niou S£ßaaTOö auch in Mitt. PR. II S. 16 unten: [lYjVÖ^ SEßaoroO
2. NIo? ::£ßaax6? = Hathyr. Vgl. Ostr. 9 (Tiberius), 392
(J. 44), 1371 (Tiberius), 1374 (J. 40), 1389 (J. 58), 1398 (J. 67),
810
XI. KAPITEL.
1550 (J. 33). BGU 1, 4 und 24 (II. Jahrb.), 232, 1 (J. 108),
339, 3 (J. 128), 415, 4 (Trajan), 636, 3 (J. 20). P. Grenf. (II)
42, 6 (J. 86). R Oxyr. I 49, 13 und 15 (100). P. Lond. CXXXI
R. 350 (J. 78). Flinders Petrie, Koptos S. 26 (J. 68).
3. 'Aoptavo? = Choiak. Ostr. 561 (J. 154), 567 (J. 134),
580 (J. 137), 596 (J. 139), 604 (J. 141) und oft. Auch in den
Papyri sehr häufig. Vgl. auch CIGr. 4736 = Leps. Denk. VI
n. 66.
4. repfjiavcxsto? = Pachon. Vgl. Ostr. 401 (J. 52), 183, 1
(J. 85), 445, 9 (J. 149), 527, 4 (J. 197), 538, 2 (J. 100). P. Lond.
CLXXIX (J. 127).
5. KaLoapeio? = Mesore. Ostr. 456 (J. 82), 458 (J. 83),
459 (J. 84), 771 (J. 66), 1387 (J. 50), 1392 (J. 59), 1407 (J. 79),
1409 (J. 84). BGU 234, 3 (J. 121), 472 I 4 II 13 (J. 139).
PER I 4, 2 (J. 53).
6. SwTTjpco?. Vgl. Ostr. 1378 (J. 43), 1381 (J. 44), beide
Male in der Form Sü)T^po(ö. BGU 190,13 (Domitian). P. Grenf.
(II) 43, 6 (J. 92). Grenfell-Hunt a. a. O. setzen den Monat im
Index dem Payni gleich. Aus dem Text folgt das nicht; der
würde eher die Deutung auf 'Etil^ nahe legen. Aber vielleicht
haben sie andere Texte, die die Frage in jenem Sinne entscheiden.
7. Nepwveto?. Vgl. BGU 713, 26 (J. 41/2).
8. Nepwveco? Ssßaaxo?. Vgl. Ostr. 1393 (J. 59/60), 1555
(J. 41/2). P. Lond. CLXXXI (J. 64). Kenyon, Cat. Add. S. 404,
setzt mit einem Fragezeichen diesen Monat dem Pharm uthi gleich.
Ich kenne seine Gründe nicht.
9. ©eoyevaco?. Vgl. BGU 713,3 (J. 41/2).
10. Apouaceu?. Vgl. PER I 242 (J. 40/1).
11. Ao{xtTLav6(;. Vgl. den unpublicirten Berliner Pap. P. 8793
(J. 89/90).
12. SeßaaTo? Eöaeßeio?. Vgl. BGU 741 (J. 143/4).
Diese Monate werden entweder allein gekannt, wie regelmässig
in den Ostraka, oder neben dem entsprechenden makedonischen oder
aegyptischen Namen. Dass sie völlig mit diesen zusammenfielen,
zeigt die Thatsache, dass sie immer dasselbe Tagesdatum haben.
Der Tag wird entweder nur einmal nach dem zweiten Namen ge-
nannt, oder bei jedem von ihnen besonders. Vgl. BGU 538, 2:
(iY]v6? repjjiavcxLOi) tß Ila^wv tß. Mit merkwürdiger Breitspurigkeit
DIE DATEN.
811
ist P. Lond. CLXXIX datirt: da wird für jedes der beiden Parallel-
daten das Jahr wiederholt, als ob es sich um zwei verschiedene Jahres-
zählungen handele.^)
Die Beziehung der Ehrennamen auf die Geehrten bleibt in
manchen Fällen dunkel. Klar ist sie bei SeßacTG?, der, zuerst unter
Tiberius belegt, natürlich auf Augustus geht, ferner bei 'ASpiavo;
(älteste Erwähnung bis jetzt im Jahre 134) , und bei Ao[x:TLav6^.
Sicher ist auch, dass der Nlog SsßaaTO^, der schon unter Tiberius
begegnet, sich auf diesen Kaiser bezieht. Ich erinnere daran, dass
Tiberius in Denderah inschriftlich als 'Nioc, Seßaaxö^ bezeichnet
wird (CIGr. 4716,4716b). Die Kamen Nspwveco^ und Nspcoveco;
Seßaaxo^ sind nicht, wie man denken könnte, auf Kero, sondern
auf Claudius zu beziehen, da sie beide schon im Jahre 41/2 be-
gegnen. Seßaaxo; EuaißsLO^ wird auf Antoninus Pius gehen. Un-
sicher ist die Deutung von Kacaapeioc, der zuerst 50 n. Chr. nach-
weisbar ist. Dem Kamen nach sollte man denken, dass er sich auf
Octavian beziehe. Doch ist auch Anderes denkbar.
Veranlassung zu der Wahl der betreffenden Monate haben gewiss
hervorragende Ereignisse im Leben der geehrten Personen gegeben.
Doch wird man über Vermutungen für den einzelnen Fall nicht
leicht hinauskommen.
Ich lasse eine Tabelle folgen, die veranschaulichen soll, wie sich
in der Kaiserzeit die Monate entsprochen haben. Die Daten sind
für das gewöhnliche, schaltlose Jahr berechnet.
6(0^
ATo?
Seßaato^
29. Aug. — 27. Sept.
'ATreXXaTo?
28. Sept. — 27. Oct.
'A^6p
AöSvaTo?
NIo? Seßaaiog
28. Oct. — 26. Nov.
Xocax
Utpizioc,
'A5p:av6g
27. Nov. — 26. Dec.
Töß:
AuOTpO^
27. Dec. — 25. Jan.
Meylp
26. Jan. — 24. Febr.
'ApT£|XCaLO?
25. Febr. — 26. März
Nach meiner flüchtigen Copie lautet das Datum folgendermassen :
"Exoüg IvSsxdTou A'JToy.pocxopo; Kaiaapo^ Tpa-.avou 'A^'p'.avoö Ss^ß^a'oTcD
fiYjvog rsp|j.av'.x£to'j 5, exo'js Iv^cXoctoo A'jToxpaxopo; Kaioapoj [TpatavoO
*A5p'.avoöJ 2£[ßaajX0Ö Ilaxwv 5. Kenyon scheint nach seiner Bemerkung im
Cat. of Add. die beiden Daten nicht zu identificiren, sondern den Germanicius für
den Payni zu halten.
812
XI. KAPITEL.
Nepwvco? Ssßaa-
27. März — 25. April
x6?(?)
26. April — 25. Mai
naüvL
Sa)TT7pLog(?)
26. Mai — 24. Juni
25. Juni — 24. Juli
Meaopyj
Kacoapeto?
25. Juli — 23. Aug.
AI £7raY6(jL£-
24. Aug. — 28. Aug.
3. Die Tage.
Betreffs der Tagesbezeichnung sei hier nur auf zwei Fragen
hingewiesen, die ich nicht mit Sicherheit zu lösen vermag.
Die eine betriffl die als aeßaaiat bezeichneten Tage. Ich kenne
folgende Beispiele:
1. Ostr. 363 (J. 20 n. Chr.): ITaxwCv) aeßaaxYjt.
2. Ostr. 367 (J. 32): Oa|JL£vwO' aeßaaTfjC.
3. Ostr. 369 (J. 32): Xo:ax aeßaaT-^t.
4. Ostr. 384 (J. 39/40): txy](v6ö Alou(?) . . . aeßaai-^i.
5. Ostr. 385 (J. 39): [xyjvo^ SsßaaToö aeßaaTyjL.
6. Ostr. 1382 (J. 44): |jiy](v6?) S£ß(aax)oö a£ß(aa)'C'^t.
7. P. Oxyr. I 46 (J. 100): M£X£lp § a£ßaaT^c.
8. CIGr. 4715 = Leps. Denk. VI n. 29 (J. 1 n. Chr.): Otbu^
■9- a£ßaaT'^L
9. Inschrift bei Jouguet, Bull. corr. hell. 1896 S. 523 ff. (J. 42
n. Chr.): ^ocp\LO\)^i rj a£ßaaT'^L
10. CIGr. III 5866 c (J. 3 v. Chr.): ^ocp^ioud^^i) ae^ocaz^.
Es sind sehr verschiedene Mutmassungen über dieses ae^xaz'^i
aufgestellt. Letronne (Recueil I S. 84 f.), der nur Nr. 8 kannte
und diese noch ohne das erklärte Otou-O* a£ßaaT'^t als den 23. Sep-
tember, den Geburtstag des Augustus. Dagegen stellte Boeckh die
Vermutung auf, dass immer der 1. Tag jedes Monats oe^aozy] ge-
heissen habe. Vgl. CIGr. III S. 1260. Diese Ansicht erfreut sich
grosser Beliebtheit und ist noch kürzlich als feststehendes Resultat
bezeichnet worden. i) Die obigen Nummern 7, 8, 9 zeigen, dass
sie unrichtig ist. Vor kurzem glaubte Jouguet auf Grund von Nr. 9
^) ^S^- Fränkel, die Inschriften von Pergamon II S. 265.
DIE DATEN.
813
das Rätsel durch die Annahme lösen zu können, dass immer der achte
jedes Monats aeßaaTi^ geheissen habe. Aber auch dies wird durch
die richtige Lesung von Nr. 8, die ich oben nach Lepsius zum ersten
Mal verwerte, und Nr. 7 widerlegt. Was folgt nun aus dem obigen
Material? Nr. 1, 2, 3, 4, 5, 6 und 10, die aeßaai-^ ohne Datum sagen,
ergeben, dass es in den betreffenden Monaten nur einen Tag ge-
geben hat, der aeßaaiY] genannt wurde. Jedenfalls würden sich die
Schreiber sonst sehr mangelhaft ausgedrückt haben. Nr. 7, 8, 9
zeigen ferner, dass die aeßaaTi^ auf verschiedene Tage innerhalb der
verschiedenen Monate fallen konnte. Dass besondere Ereignisse im
Kaiserhause zu dieser Bezeichnung der betreffenden Tage geführt
haben, ist wahrscheinlich. Mehr wage ich einstweilen nicht zu folgern.
Vielleicht wird weiteres Material eine genauere Beantwortung
ermöglichen.
Es sei nur noch hinzugefügt, dass ItcI 'louXCiag) [Seßaax'^?]
in BGU 252, t^? 'louXta? Seßaaifj? in PER I 24, 2, em 'lou^La^
l!ie^<x(3zfic, ebenda 25, 1, nicht mit Kj-ebs und Grenfell-Hunt (Oxyr. I
S. 104) als Tagesbezeichnung zu fassen ist, weil diese Worte vom
Datum durch die Angabe des Lokals getrennt sind. Ich glaube,
'louXta SeßaaiT^ war der Name des Marktplatzes im Dorfe Euergetis,
auf dem die obigen Contracte geschlossen worden sind. Vgl. BGU
326 II 10: £V z'q SeßaaxYj dyopa. Vgl. auch das häufige Iv dyuia
in den Oxyrhynchos-PapjTri. Zu jener Deutung hatte verführt
CIGr. 4957, 3: Oaö)9t ä TouXia Seßaax'^. Ich will nicht bestreiten,
dass hier vielleicht, wie man allgemein annimmt, der Tag als TouXia
SeßaaiY] (nach der Livia?) bezeichnet ist. Aber möglich ist, dass auch
hier TouXca SsßaaT"^ eine — schlecht stilisirte — Lokalbezeichnung
ist, vielleicht der Name des Amtslokals des Strategen der Oase.
Das zweite Problem, auf das ich kurz hinweisen will, betrifft
die zahlreichen Daten unserer Ostraka, in denen die Monate mehr
als 30 Tage haben oder doch zu haben scheinen. Ich meine die
Daten, in denen Xoc, Xß, Xy, u. s. w. bis XX begegnet. Wenn man
unsere Sammlung von Nr. 370 an durchblättert, wird man beständig
auf solche Daten stossen. Ich stelle zunächst diejenigen Thatsachen
zusammen, die bei der Erklärung dieser merkwürdigen Erscheinung,
für die ich keine Parallele weiss, zu berücksichtigen siud.
1. Solche Daten lassen sich in den mir bekannten Ostraka
nur für Theben nachweisen, nicht für Syene oder einen anderen Ort.
814
XI. KAPITEL.
2. Sie finden sich in dem mir vorliegenden Material nur in
Ostraka der Kaiserzeit (von Augustus an), nicht der Ptolemäerzeit.
3. Sie begegnen am häufigsten in den Bankquittungen, aber
auch in den Erheberquittungen. Aus den Thesaurosquittungen liegt
in unserer Sammlung kein Beispiel vor.
4. Die Zahl X und die folgende Zahl stehen vielfach unter
einem gemeinsamen Querstrich, wie Xs. Häufig erhält aber auch
jede Zahl ihren eigenen Strich, wie XF, und das muss die ursprüng-
lichere Schreibung sein.
5. Während sonst immer X voransteht, ist in 1613 geschrieben:
MeaoCpY]) xO- X.
6. In 1251 steht: MeaopY] Xä sTcayoCfJLevwv) e.
Was mag mit diesen wunderbaren Datirungen gemeint sein?
Formell läge ja die Annahme am nächsten, dass es sich um Schalt-
monate handele, und dies könnte darin seine Stütze finden, dass die
zweiten Zahlen von 1 — 30 laufen. Sachlich sind aber solche Schalt-
monate für die Kaiserzeit völlig ausgeschlossen.^) Aber was dann?
Eine Vermutung wdll ich nicht unterdrücken. Bei der lokalen
Beschränkung dieser Datirungen auf Theben wird man a priori der
Ansicht zuneigen, dass nicht sachliche Besonderheiten des Steuer-
wesens, sondern nur formale Eigentümlichkeiten des Quittungswesens
hier vorliegen. So scheint mir der Gedanke an Steuerzuschläge,
auf den ich von hochgeschätzter Seite hingewiesen wurde, dadurch
ausgeschlossen zu sein, dass solche Steuerzuschläge, die hiernach für
die Thebais für's I. Jahrh. n. Chr. fast Jahr für Jahr anzunehmen
wären, weder für Syene noch für das Faijüm in dieser oder einer
anderen Form nachweisbar sein würden. Nur für das Faijüm fand ich
ein einziges Mal unter den zahlreichen Steuerquittungen dieselbe Art
der Datirung, nämlich in dem noch unpublicirten Berliner Papyrus
P. 7299: IlaöVL %aX, also in der Anordnung wie im Ostr. 1613.
Ich möchte zur Erklärung auf eine Formel hinweisen, die sich
in den Papyrusquittungen des Faijüm nicht selten findet. Ich habe
in BGU 273 die Lesung M£ao(pY]) y de, ocpid-difiGiy) 'Et^i^, als
Datum einer Bankquittung, hergestellt. Dieselbe Wendung fand
ich in den noch unpublicirten Berliner Steuerquittungen, die ich
jüngst einsehen durfte, vielfach wieder. Vgl. P. 7246: naö(vO
^) Ich will nur erwähnen, dass nach 453, 454 und 456 im 1. Jahre des
Domitian nicht weniger als 4 Schaltmonate hätten sein müssen.
DIE DATEN.
815
a[p]c(^[AT^a£(i);) naxw(v). P. 7194 1: Msaoprj -ö- aCp'.^fJtVjaeü)?)
'E(7:l)^ uDd II: McaopY] c a(p'.^[i'i^a£(i)c) 'Erd'^. P. G905: Oaw^:
■ö- aCpiO-fiT^aecDg) Ow^. _P. 7377: Mc^clp ~( apiO-CfxVJaewc) jir/^'ö^
Töß:. P. 7390: Toßi ap:^([jir^a:v) ^\[cp:avoö]. Vgl. auch
BGU 328 I 24. Hier wird überaU für die apiO'jjLr^ai?, d. h. für
das Conto des vorhergehenden Monates gezahlt. Dieser Hin-
weis findet sich auch in Ostr. 647, 673, 1293 und 1440, wenn
auch in anderer Anordnung. Wir müssen uns hier daran erinnern,
dass die Bank in jedem Monat mit dem Steuererheber über den
verflossenen Monat abrechnete, so dass jeder Monat seine eigene
o^p^^'\i.r^a^q hatte (vgl. oben S. 619 An. 2). Das tritt uns auch in den
Meldungen der Erheber an die Strategen entgegen, in denen sie
über die Eingänge elq api^|Jirjaiv des und des Monats berichten.-)
Sollte nun nicht mit unseren merkwürdigen Datirungen aus
Theben dasselbe gemeint sein wie mit jenen faijümer Datirungen
elq aptO-iJLYiacv? Könnte nicht mit dem 30. des Monats, dem Ultimo,
auf den die eingezahlten Raten zusammengezählt werden, kurz auf
die ocpid-iir^G'.c, hingewiesen sein? Man könnte schwanken, ob die
erste oder die zweite Zahl auf den genannten Monat zu beziehen
ist, doch wäre diese Frage von secundärer Bedeutung. Je nachdem
würde z. B. Oawcp: heissen entweder: „gezahlt am 5. ('AO-up) für
den 30. Oaö'f = 'A-ö-up l elq apiO-firiaiv Oaw^c, oder aber „am
5. Oaöcp: für den 30. (0(0^)" = Oaw^: i de, dp''^[iy]a:v 0co^.
Wenn man bedenkt, dass mit zwei Ausnahmen (Ostr. 1613 und
P. 7299) regelmässig das X unmittelbar dem Monatsnamen folgt, so
wird man die erstere Deutung vorziehen. Sachlich würde daraus
folgen, dass es den quittirenden Beamten für die Bücher wesentlicher
war, klar hervorzuheben, für welchen Monat als in welchem Monat
die Zahlung erfolgte.
Möchte diese Hypothese weiter geprüft werden.
^) In P. 7332 heisst es: MsxC^p) ^ d(p'.)0-(|iVja£ü)s) MsxCip). Hier ist
zur Sicherheit, eigentlich überflüssiger "SVeise, hinzugefügt, dass die Zahlung für
den laufenden Monat erfolge. Ebenso in Ostr. 648.
^) Wenn sich jene Datirungen in Erheberquittungen, wenn auch seltener,
finden, so würde sich daraus ergeben, dass auch die Erheber mit den Steuerzahlern
monatliche Abrechnungen hielten. Von der dp(0-{ir(O'.s in Bezug auf Steuer-
zahler handelt z. B. BGU 535 (vgl. rj auxi^). Doch dies bedarf weiterer Unter-
suchungen.
XII. KAPITEL.
Palaeographische Randbemerkungen.
Ich muss es mir versagen, hier im Ostrakoncommentar meine
Entzifferung der Urkunden palaeographisch im Einzelnen zu be-
gründen. Das Hesse sich nur Angesichts der Originale oder einer
Reproduction sämmtlicher Texte ausführen. So beschränke ich mich
auf einige allgemeine Bemerkungen.
Es braucht nicht gesagt zu werden, dass die Schrift der Ostraka
dieselbe ist wie die der Papyri. Gewisse Unterschiede, die hervor-
treten, erklären sich aus äusseren und inneren Gründen. Einmal
bedingt die Verschiedenheit des Beschreibstoffes eine verschiedene
Entwickelung des Ductus. Die im Verhältnis zu den Papyri meist
rauhere Oberfläche der Topfscherben setzt dem vorwärts eilenden
Kalamos vielfach Widerstand entgegen und erlaubt daher nicht
immer so elegante und schön gerundete Formen wie der Papyrus.
Die Uneleganz wird ferner dadurch gesteigert, dass die Tinte auf
dem porösen Thon leicht ausläuft, wodurch breite, ungeschickte und
schwer zu entwirrende Linien entstehen. Man vgl. z. B. Tafel IIa.
Abgesehen von diesen äusseren Momenten ist zu bedenken, dass die
Ostraka, jedenfalls soweit sie Steuerquittungen bieten, in allergrösster
Eile beschrieben worden sind. Die Trapeziten sowohl wie die Steuer-
erheber werden täglich eine grosse Anzahl solcher Quittungen aus-
zustellen gehabt haben, und gerade die beständige Wiederholung
desselben Formulars wird sie von selbst dazu geführt haben, das
ihnen Selbstverständliche flüchtig hinzuwerfen, ja oft nur dürftig
anzudeuten.!) Man braucht nur an die Quittungen zu denken, die
^) Das gilt natürlich auch von vielen Papyri, im Besonderen den Steuer-
quittungen auf Papyrus, die auch palaeographisch den Ostraka am nächsten stehen.
PALAEOGRAPHISCHE RANDBEMERKUXGEX.
817
wir heute von den vom Publicum bedrängten Postbeamten am
Schalter erhalten. Und wie würden diese erst aussehen, wenn die
Formulare nicht vorgedruckt wären! Aus allen diesen Gründen er-
klärt es sich, dass die Ostraka im Durchschnitt der Entzifferung
grössere Schwierigkeiten entgegensetzen als die Papyri, i) Die in den
Tafeln abgebildeten Ostraka sind alle so gut erhalten und relativ
sorgfaltig geschrieben, dass sie von den Schwierigkeiten, die bei der
Entzifferung der Ostraka sonst oft zu überwinden sind, nur eine un-
vollkommene Vorstellung geben.
Für die Geschichte der griechischen Cursive bieten die Ostraka
ein ausserordentlich wertvolles Material. Wer die im II. Buch ab-
gedruckten Texte mit den Originalen vergleicht und durcharbeitet,
der kennt die Cursive. Für die Ent^vickelung dieser Schrift ver-
weise ich auf meine palaeographischen Ausführungen in den „Oh-
servationes ad histonam Äegyjjti" S. 33 ff. und namentlich in den
„Tafeln zur älteren griechischen Palaeographie". 2) Einige Proben,
die zugleich von dem Aeusseren dieser Scherben ein lebendiges Bild
geben, findet man in den ausgezeichneten chromolithographischen
Tafeln, die im Institut meines Herrn Verlegers hergestellt, dem
IL Buche beigefügt sind.-^)
Die Bereicherung, die unsere Kenntnis der griechischen Cursive
durch die Ostraka gewinnt, kommt um so erwünschter, als die hohe
Bedeutung dieser Schrift, die uns erst seit etwas mehr als hundert
Jahren bekannt ist, neuerdings immer deutlicher hervortritt. Ein-
mal hat sich herausgestellt, dass die Minuskel des Mittelalters nur
eine späte Entwickelungsstufe der Cursive darstellt, oder besser, dass
die Cursive in der Minuskel zur Buchschrift erhoben ist^), und
zweitens haben wir gelernt, dass im Altertum gelegentlich auch
^) So findet Wessely im Gegensatz zu den Ostraka die späteren Steuer-
quittungen auf Papyrus und Pergament „viel netter" (Führer d. d. Ausstellung
PER S. 10).
■2) Zu der weiteren Literatur vgl. meine „Griech. Papyrusurkunden" (1897)
S. 57 A. 78.
^) Ausserdem sind namentlich die vortrefflichen photographischen Repro-
ductionen der Palaeographical Society zu vergleichen. Vgl. auch ,,Taf. z. alt. gr.
Palaeogr." IX b und c.
*) Vgl. meine „Tafeln zur ält. gr. Pal." S. VI. Dieser zuerst von Gardt-
hausen erkannte Zusammenhang wird jetzt wohl allgemein anerkannt. Vgl. auch
Wattenbach, Anleitung zur gr. Pal. 3. Aufl. 1895 S. 49.
WiLCKEN, Ostraka.
818
XII. KAPITEL.
literarische Texte in Cursivschrift abgeschrieben worden sind. Ich
erinnere nur an die aristotelische 'A^Yjvaiwv izoXizzioL. Zwar waren
solche Handschriften nicht für den Buchhandel, sondern für den
privaten Gebrauch, meist den des Schreibers selbst bestimmt, aber
die MögHchkeit ist nicht ausgeschlossen, dass gelegentlich auch
solche Cursivhandschriften wieder, direct oder indirect, als Vorlagen
zu Buchexemplaren gedient haben. Der Philologe, der die Ver-
schreibungen der mittelalterlichen Codices palaeographisch in ihrer
Entstehung zu begreifen sich bemüht^ wird daher der Kenntnis der
Cursive heut zu Tage nicht mehr ganz entraten können, ganz
abgesehen davon, dass er das Wesen der Minuskel nur dann ver-
stehen kann, wenn er ihre Vorstufe, eben die Cursive, kennt.
Zur leichteren Benutzung des II. Buches stelle ich hier die-
jenigen Siglen zusammen, die häufiger im Textdruck wiederkehren.
Wenn sie auch meist schon in den Anmerkungen zum Text erklärt
worden sind, wird Manchem eine Zusammenstellung doch erwünscht
sein. Es sind dieselben Siglen, die uns auch die Lesung der Papyri
anfangs so erschwert haben. Ich gebe hier wie im Textdruck die
Durchschnittsformen; in der Praxis sind sie natürlich je nach dem
Geschmack der Schreibenden frei behandelt worden.
A. Müuzsiglen.2)
Talent = (ptol.), \ (röm.).
Drachme = h , ^ (ptol.), S ^> S (1*0111.).
Obol 1 = — .
Chalkus 1 = X-
„ 2 = 2:, G, C (ptol), |, xß, X (i'öm.).
. 3 = XT.
^) Vgl. z. B. die Siglentafel, die wir dem I, Bande von BGU beigefügt haben.
Vgl. Hermes XXII S. G33f. (die Chalkussiglen in der griech. Cursive).
Die Mühe, die wir Neueren uns um die Deutung der Obolensiglen gegeben haben,
hätten wir uns ersparen können. Nachträglich sah ich, dass sie schon von
Montfaucon (Pal. graec. S. 3 70) richtig gegeben sind!
PALAEOGRAPHISCHE RANDBEMERKUXGEX.
819
Chalkus 4 = C (ptoL), C, c', c,, / (röm.).
„ 6 = C 2. resp. C X oder ähnlich.
» 7 = C yj.
Denar = )K.
Solidus (v6[ji:a[xa) = v.
Siliqua (zepa-ccov) = / .
B. Sonstige Siglen.i)
"Apo'jpa = X, ^-
'ApTaßyj = ä, — .
Xotv:5 1 = |, X.
„ 2 = u. s. w.
SloTrjs = ?/.
"Eto? = L ^.
IIupoö --= +,
Kpc^fi? = x.
'Ayopa = V .
'EttI TO abzo = e).
A:a = Y .
Unerklärt ist cp, z. B. in 468.
*) Diese Siglen sind meist nichts als starke Abbreviaturen. Ein eonven-
tionelles Zeichen ist nur L = ixo^, das wohl aus dem Demotischen stammt. Die
Entstehung der anderen lässt sich namentlich an den alten Formen des III. Jalirh.
V. Chr. noch erkennen. So ist die Sigle für die Arure ursprünglich ein a mit
darübergesetzten u : also ä(po)u(pa). Die Artabensigle ist ursprünglich ä, also
d(pxdß7]); das a ist allmählich zum Punkt geworden. Auch die Sigle für
nupou ist ursprünglich nichts anderes als ein n, durch welches das »j gezogen
ist, also 7iu(pou) ; das gewölbte tz, ist allmählich zum geraden Strich ge-
worden. Die Sigle für 5',d ist eine starke Verkürzung der Ligatur von öi, mit
darangefügtem a, sowie die für 'Ayopd eine Ligatur von ay^- Die Entstehuu-r
der anderen ist klar.
^) Dies 6p.ota)g steht häufig hinter Eigennamen, um die Wiederholung des
Namens im Genetiv anzudeuten. Z. B. 'Epjiias "TT = 'Ep|ita; 'Epjifo'j.
N a c Ii t r ä g e.
S. 5. Ein viertes Ostrakon aus Athen (mit
dem Namen des Themistokles) wurde
kürzlich von Zahn herausgegeben in
Athen. Mitt. 1897 XXII S. 345 ff.
12-. Vgl. S. 64 8^.
IS^. Vgl. jetzt die Ausfuhrungen von
Grenfell am Schluss von P. Grenf. (II).
21. Auch das Ashmolean Museum hat
vor nicht langer Zeit Ostraka aus
Elephantine erworben. — Ueber ein
Ostrakon derselben Sammlung aus
El-Käb vgl. S. 710.
22. Ueber Ostraka aus Oxyrhynchos vgl.
Grenfell im Archaeol. Report 1896/7
S. 9 (Egypt. Explor. Fund). Es sind
aber keine Steuerquittungen darunter.
23. Ueber Ostraka aus Bacchias (Faijüm)
vgl. Grenfell im Archaeol. Report
1895/6 S. 19. — Die nach Botti's
Aussage in Alexandrien gefundenen
Ostraka, die ich soeben im Museum
von Alexandrien kennen lernte, sind
keine Steuerquittungeu.
27. Die im Commentar besprochenen
Ostraka sind im „Register der be-
handelten Stellen" zusammengestellt.
48. Das Ashmolean Museum in Oxford
besitzt jetzt eine wertvolle Ostrakon-
sammlung, die ich 1897 mit Erlaubnis
des liebenswürdigen Keeper's, Mr.
Evans, einsehen durfte. Auch die
drei citirten Ostraka habe ich damals
revidirt (vgl. Zusätze zu Buch II).
57. Die Ostrakonpublication von M. H.
Graillot in Melanges d'areheol. et
d'histoire XVI 3—4 (1896), die
Kenyon im Archaeol. Report 1896/7
citirt, ist mir nicht bekannt geworden.
()5^ In dem zweiten Pariser Text hat
der Schreiber hinter Xoyzözf^i (Z, 2)
offenbar die Worte S'.a A^ovuasSwpo'j
ausfallen lassen.
66 ^ Vgl. auch Pal. Soc. II Ser. 142 (mit
manchen Versehen).
{}\)\ Vgl. dagegen S. 648.
74'^ 1. 'EpfxfwvO-öO für 6pfji(ü)vO-£t).
78. Meine ursprüngliche Deutung ge-
winnt jetzt durch P. Oxyr. I 95, 34
an Wahrscheinlichkeit: y^v säv oup.ß'^
TiapaTisasiv y) aXXcog tküq Sia-
cp9-ap[f^]vai.
80 ff". In Ostr. Ashm. Mus. 480 ist die
Briefform arg gemisshandelt : die Er-
heber — £a)(0[J.sv — oyoiii'xzo^) des
Zahlers.
88 f. Schema 1» zeigt Ostr. Ashm. Mus.
540. Es bestätigt, dass wir die Person
mit Recht für den Zahler gehalten
haben : TSTaxxai Nscpspö^ Uexeixiw.oc,
bnkp llzzo\iivioc, r.axpoc, xtX. (2 I.Jahr
des Augustus). Subscription : At,' 'Aja-
cpstovog. — Tstaxta'. begegnet jetzt
auch noch in einer Bankquittung vom
J. 55 n. Chr. Vgl. P. Oxyr. I 99, 13.
89. Zu d'.aypacps'.v vgl. auch Büchsen-
sehütz, Besitz und Erwerb S. 504^
NACHTRÄGE.
821
92. Schema 5 auch in P. Oxyr. I 99.
101. In Schema 3a ist durch Versehen
hinter dem Datum |i=|j.£Tpy,y.=v aus-
gefallen.
KMH. TEXsJJsxa^) ist hier zu streichen.
Vgl. S. 2 77, 355 und die Zusätze zu
Buch II. Die Artaben sind abhängig
von ssa^ojv.
108. Wieder anders ist die Briefform
zerstört in Ostr. Ashm. Mus. 178:
Erheber — laxv/c(aficv) — für Abgabe
— övö([JLaxos) des Zahlers.
113. Ein Unicum ist das neu erworbene
Ostrakon des Berliner Museums
P.8608, welches beginnt: a'jvatp£(ai;)
STja(a'jpoi)) iJir/xpo^öJ.cw;) y.xA. (aus
den Memnonien).
131 § 1. Vgl. jetzt P. Oxyr. I 44.
134 § 5. Ueber die Ixxif] dxpo5p'j(i)v
quittirt auch Ostr. Ashm. Mus. 3467
(II. Jahrh. v. Chr.).
141. Vgl. jetzt auch BGU 756.
146 § 11. Vgl. Ostr. Ashm. Mus. 688 a.
14<S 1. Lond. Pap. CXIX A für CIX A.
152 § 15. P. Oxyr. I 66 handelte nicht
von der erection of a statue to aprefect.
Z. 18 1. xt;v ävSpöav.
158. Gegen die hier nach Mahaffy vor-
getragene Deutung der d7:dji0'.pa vgl.
jetzt S. 615^
161 § 18. In dem Berliner Papyrus
P. 7079 sah ich die Worte: iK'.y.z-
((^aXtO'j) ä7:öpü3v.
172. In Ostr. Ashm. Mus. 490 (31. Jahr
des Commodus) wird u-(£p) X£X(o'Js)
ur^(vd5) <I>a{i,(£Vü)0-) über 4 Drachmen
quittirt.
173. P. 1500 = BGU 753 (IV 5).
174^' 1. |jLOvo5£aii(tas).
175^ Ein aeg}'ptischer Geometer, ^'a*.'^;,
in dem kürzlich von Mahaffy edirten
Text (III. Jahrh. v. Chr.) aus dem
Ashmolean Museum.
182 ff. vgl. jetzt P. Oxyr. I 44,95, 96, 99.
1^. Nach P. Oxyr. I 99 betrug das
Eyx'JxX'.ov
1^. P. 6951^^'^^ = BGU 748.
187,4. Statt „Bauern" besser „Pächter".
192 § 41. Vgl. auch BGU 293. Wessely,
Ein griech. Heiratscontr. S. 3 : £V0'.-
xiiüv dTzoipopav.
193 § 43. 'E-apO'jpio'J ausgeschrieben
auch in einem Ostrakon des alexan-
drinischen Museums aus Hermonthis,
das ich soeben copirt habe. — In
P. 142 2 ist jetzt nach Glättung des
Papyrus iTtapo'jpiou deutlich.
193 § 44. Vgl. CPE I 1, 16.
201 ^ Vgl. Kap. VII.
202 2. Vgl. jetzt S. 6662.
207. Vgl. jetzt S. 525'.
211. Die Steuerprofession von 202 n, Chr.
— BGU 139.
212. Vgl. hierzu S. 505\
216 § 51. Vgl. Töpffer, Athen. Mitt. XVI
S. 420.
218 ^ Vgl. hierzu S. 695 \
219 ^ Vgl. hiergegen S. 588.
226. 3. Z. von unten 1. Steuererhebers
für Steuerpächters.
231. Nr. 1052 ist zu streichen.
236,4 1. 'Ayopd ßo(ppa) f. ßo(ü)v). Vgl.
Kap. IX.
238. dito.
251. Zu Nr. 270 vgl. die Zusätze zu
Buch II.
252 oben. Diese Auffassung bestätigt
durch Ostr. Ashm. Mus. 479, wo erst
u-(£p) XaoY(pa<ftag) Xr,(|Ji|idxa)v) p«-
steht, darauf 'J7i(^p) }i£p'.a(jJiou) yw-
[[jL]axix(c5v) Xr/fji|idxcDv) a^, ebenso
bei einer dritten Steuer.
25^3 § 74. Vgl. BGU 337, 13: Xo>£ta;;
515, 7/8: Xovfa;.
2()3 § 78 1. x^t^y-ivCV)- ^"S^- Kap. X.
2(v3^ Töpffer, Athen. Mitt. XVI S. 418
ergänzt vauaaou f. vauTir^yCou.
280 § 95. Das Wort rA£0vaa}iÖ5 f:ind
ich wieder in P. Lond. CXCII.
284*. Der MaXxaio; in Syene niai; elit-r
ein Araber sein.
NACHTRÄGE.
822
28(P. Vgl. auch Ostr. Ashm. Mus. 566:
upoßocxtov xaL aiywv sgrjxovxa §uo
(II. Jahrh. vor Chr.)
289 § 104. So auch in Ostr. Ashm.
Mus. 178: sie, TtpÖQ^-iBim) uTCsp ysvig-
292 § 113. Vgl. xav ü)vav axoTias
Saixcotag in der Inschrift von Cos
und dazu Töpffer a. a. O. S. 423.
325. Soeben hat Dr. Botti, der verdienst-
volle Leiter des alexandrinischen
Mus^ms, in einem Plan de la vi/le
d'Alexandrie (1898) überraschende
Neuigkeiten über die Topographie des
alten Alexandriens gebracht, indem
er die Lokalangaben von BGU 9 nicht
auf Arsinoe, sondern auf Alexandrien
bezogen hat. Bei der Wichtigkeit der
Sache möchte ich eindringlich vor
dieser verlockenden These warnen.
Dass in diesem Text einige Tempel-
namen begegnen, die uns auch für
Alexandrien bekannt sind, beweist
nichts. Vgl. meinen in BGU 9 citirten
Aufsatz in der Zeitschr. Gesellsch. f.
Erdkunde. Der Papyrus stammt, wie
auch der Text auf dem Recto zeigt,
sicher aus dem Faijüm. Dass dort
u. A. ein Brief des sTiixpoTiog der
alexandrinischen Neapolis an die Stra-
tegen der Heptanomis abgeschrieben
ist, spricht nicht gegen den arsi-
noitischen Ursprung. Die Lokalangabe
£V X'^ Mup'. (= Motpst) redet, denke
ich, deutlich genug. Vgl. auch ^>psjJL£i,
das so häufig für Arsinoe bezeugt wird.
834 ^ Vgl. jetzt S. 646.
335 oben. Bestätigt durch Ostr. Ashm.
Mus. 479,5: U7i(£p) |iepta(|aoO)
XC0[|i]axtx(c5v) Xr/|ji|xdx{ov) cl^ c,h p,
33(). Zu P. Paris. 63 vgl. jetzt Kap. VII.
338. Auch in dem Londoner Text wird
XY)v x£X(£ua'8-£raav), nicht xaX(o'j-
ji£v>3v) 7i£vB'(y([JL£p'av) zu lesen sein,
wie in BGU 723 und P. 7331.
339''^. „Archiv" nicht wörtlich zu
nehmen. Vgl. meinen Vortrag über
die ,,Griech. Papyrusurkunden".
344. An neuen Abgaben ist mir in-
zwischen nur x6 x'^g atx")ga£ü)s liXoc,
in P. Oxyr. I 56 begegnet.
34G. Zu xaxaXox.ia[iÖ5 vgl. P. Oxyr. I
45—47.
347. Vgl. hiergegen S. 572^.
351 § 142. Streiche BGU 94,21, wo
vielmehr mit Viereck 7iapa)(ü)]pYjX!.xöv
zu ergänzen ist. In Ostr. Ashm. Mus.
540 (21. Jahr des Augustus) wird
quittirt uTC£p dpiO-arjXixou xaxotxcov,
und zwar dpoupc5(v) it^. Die Aruren-
zahl ist nur hier angegeben.
352 § 143. Vgl. Mitteis, Hermes XXX
S. 605 f.
353 § 147. Nach P. Oxyr. I 44 ist doch
anzunehmen, dass die Abgabe ypacp£toü
sich auf das Bureau bezieht.
3(>0 § 152. P. 6951 = BGU 748.
375. Zu § 170 vgl. jetzt P. Oxyr. I 40,
51, 52.
380. Zu den in der 2. Zeile citirten
"Worten vgl. Kap. X.
381 § 181 1. P. Grenf. (II) LX f. LV.
382 § 185. Dass die X£aü)V£ia nicht
ausschliesslich mit Suchos zusammen-
hängt, zeigt jetzt BGU 719, 10: A£ao-
vtag "IolSos N£cp£pa'?jxog.
383. In BGU 528 las ich am Original
deutlich \x.o'iO^SQ\i.iOLC,, nicht |JL0V0§£a-
fiTj^, ebenso in P. 7 945.
400 § 205. Vgl. hiergegen S. 584.
404. Ein noch unedirter Text des
Berliner Museums, den ich jüngst
flüchtig einsah, Hess mich an meiner
Ergänzung von BGU 434 zweifeln.
408. Bei den Gewerbesteuern ist Xa/^avo-
tcodXwv (§ 72) vergessen.
420 f. Oxyrhynchos heisst auch noch im
J. 129 x^g OrißatSos (P. Oxyr. I 95).
Soll man daraus folgern, dass doch
erst Hadrian die Teilung vollzogen
habe?
XACHTRÄGE.
823
43(5. Bei der Wiedergabe und Ver-
wertung der Deklaration des alexan-
drinischenMuselims (Serie ptolemaique
Xr. 1) bin ich leider durch falsche
Lesungen Mahaffy's vielfach irregeleitet
worden, wie ich jetzt am Original er-
kannte. Mehreres hatte bereits Dr. Botti
inzwischen corrigirt. In Z. 5 ist (mit
Botti) Tio'.jiYjv zu lesen für 'HX'.jir/^,
und danach stimmt die Zahl 15.
Ausserdem ist zu corrigiren: 1 Xoiax
(corrig.) 5 für ^>a(b'j) § (?). 3 £ für
L 4 ii'.a9-c5!, (Botti) für M'.cö-r/..
Mein Vorschlag p,!,aO-( (oxcl) 'I/.a-
L^ocpoc, also nicht bestätigt, \'ielmehr
ist zu lesen: jaiaO-W'. Xä^apo;. Darauf
TaysaoßaaX (Botti) für Taysa^aXa.
4 XaxavßaaX für Xa[T]avßaXa (meine
Vermutung vaxav also bestätigt). —
Das alexandrinische Museum besitzt
jetzt noch eine andere Deklaration aus
dem III. Jahrh. vor Chr., die der
obigen durchaus parallel ist (Faijümj.
Auch hier wird zunächst das Haus-
personal aufgezählt: der Deklarant
selbst (ein Opx'.s '"^5 £~-YO'''^S)> seine
Mutter und zwei Brüder (von 12 und
10 Jahren), im Ganzen awCjiata) 5.
Daran schliesst sich die Objectsdekla-
ration an: 'ATtoYpäcpoixa'. [-:dv br,d]p-
Xovxot fioi xxX. Dieser Paralleltext
ist von grosser Wichtigkeit, da wir
durch ihn erst wissen, dass die Ver-
bindung von Subjects- und Objects-
deklaration nicht etwa nur eine
Marotte des Asklepiades gewesen ist.
45(5 f. Vgl. den Nachtrag zu S. 436.
Ausser der dort angeführten ge-
mischten Eingabe besitzt das alexan-
drinische Museum jetzt noch eine
dritte Deklaration, die nur Objects-
deklaration ist, gleichfalls aus dem
III. Jahrh. v. Chr. Auf beide Stücke
machte mich Dr. Botti freundlichst
aufmerksam. — Die oben S. 456/7
besprochene Deklaration ist übrigens
vollständig; hinter Z. 19 fehlen nicht
noch 2 — 3 Zeilen. Statt Terebinthen
(S. 45 7; 1. Erebinthen (Kichererbsen),
wie auch wohl schon Mahaffy las,
dessen Publication mir z. Z. nicht zu-
gänglich ist. Zu den Linsen sind nach
meiner Lesung noch Fisolen (qjaar^Xou)
hinzuzufügen. Die weiteren Correc-
turen behalte ich mir für einen
anderen Platz vor.
658 oben. In einer Inschrift bei Botti,
Plan de la ville d'Alexandrie 1898
S. 12 erscheint ein Ti. Julius Alexander
als t sT.i zfj^ s'jO-Tjvias xoö ß Ypa|j.|ia-
TOg im 21. Jahre des Antoninus Pius.
Danach scheint jeder der fünf Stadt-
bezirke Alexandriens seinen eigenen
Eutheniarchen gehabt zu haben.
699. In der alexandrinischen Profession
ist, wie schon oben zu S. 436 bemerkt
wurde, yztiiz'foi {jL'.a9-(5'. zu lesen. Der
Sinn bleibt derselbe. Der in An-
merkung 1 citirte Satz ist zu lesen:
-pos xa sx^öp'.a 5t öcpetXonsv (Xixdv-
5po'j absichtlich durchgestrichen) xoO
2xa;iiv5po'j XAr^pou xxX.
I. Sachliches Register.
adaeratio 291, 342.
Aerenrechnung 787 flf.
Afterpacht 547, 555.
Agio 719 ff.
Aichungen 7G8.
Alexander d. Grosse
Einteilung Aegyptens 424.
Alexandrien
Demen 433^.
als Handelsstadt 665.
alexandrinisehe Jahreszählung 787.
Rat in d. Ptolemiierzeit (?) 434.
Rat seit Severus 430, 434, 623.
Reichtum 415.
Sklaverei in AI. 681.
als Steuerbezirk 433.
Altarsteuer 352 ff.
Aniasis
führt Deklarationen ein 437.
Ammontempel 146.
Amphodarchien 432.
in Arsinoe 441.
Annona 155 ff.
Zusehlag zur Annona 288 ff.
Antinoe 434, 624.
Apomoira 134 ff., 157 ff.
eine reine Kirchensteuer 615^.
Arabarch - Alabarch 350, 598 ^
Armensteuer 161.
Artabe 738 ff.
Verwendung 739.
in d. Ptolemäerzeit 741 ff.
in d. Kaiserzeit 744 ff.
Teilmasse d. A. 748 ff'.
Arure 7 74 ff.
Arzt
Aerztesteuer 375 ff.
vom Staate angestellt 375 ff.
Aschmunein 2 2.
Augustus
als Kacaap bezeichnet 786\
Census 442.
führt die Badabgabe ein 170.
führt das fixe Jahr ein 789 ff.
führt die Kopfsteuer ein 245 ff.
schafft Steuergesetze 571.
schlägt nur Kupfermünzen in
Aegypten 726.
aurum coronarium 299 ff.
Badabgabe 165 ff.
von Augustus eingeführt 170.
Bademeister
Abgabe d. B. 170.
Bankiers
private 400.
öffentliche 632 ff.
Bank, Königliche
in der Ptolemäerzeit 632 ff.
in der Kaiserzeit 645 ff.
Auszahlungen 638.
Buchführung 640 ff.
Controleur 640.
Einzahlungen 639.
I. SACHLICHES REGISTER.
825
Geschäftsgang G47.
nicht verpachtet G34 ft\
Bankquittungen
Theben 63 ff., 87 ff.
Elephantine 119 ff.
Barbiersteuer 227.
Beamtenschaft
Besoldung 669 ff.
Berufsarten 688 ff.
Beschwerderecht der Steuerzahler 568.
Bier
Biersteuer 369 ff.
Bierbrauer 37 2.
Billonmünzen 727 ff.
Bonitätsklassen 209.
Bruchrechnung
Abrundungen 317, 7 78.
Bürgen 547 ff., 590.
Byssosmonopol 267 ff.
Byssossteuer 266 ff.
Caesar
Census 442.
beschränkt das Pachtsystem 572.
canon 378.
Choes 757 ff., 758.
Choinix 740 ff., 746, 749.
Claudius
prägt Didrachmen u. Drachmen in
Billon 729 ff.
Collecten 253 ff.
Controle
der Deklarationen 470 ff.
der Praktoren 609.
der Steuerpächter 595 ff.
Cursive 817.
Dakkeh 20, 705 ff.
Dammsteuer 333.
Darius I.
Besteuerung Aegyptens 202, 411, 665.
Dattelnsteuer 310.
decemprimi 626 ff.
Decurionatsverfassung 430, 623 ff.
Demetrius von Phaleron 513.
Demos 431 ff.
Denarrechnung in Aegypten 736 ff.
Diocletian
Aufhören der Ostraka seit D. 13.
Gewerbesteuer seit D. 332.
Neuordnung Aegyptens 435.
diploma 360.
Direkte Steuern 405 ff.
Domanialpachten 525 ff.
Domanialverwaltung 669.
domini insularum 443.
Dorfälteste 513.
Dörfer 429 ff.
Dorfgemeinde 508 ff., 602.
Douceur 401 ff.
Edfu 21.
Eid als Controlemittel 471.
Eileithyia 710.
Einkommen 506 ff.
Einkommensteuer
keine einheitliche E. 251 ff.
Einnahmen aus Aegypten 410 ff., 420 ff.
Einquartierung 275, 389 ff.
Eklogisten
in der Ptolemäerzeit 493 ff.
in der Kaiserzeit 499 ff.
Elephantine 20, 709.
embola 365.
Epistrategen 42 7.
Erbschaftssteuer 345 ff.
Erdarbeiten 261 ff.
Erhebe rqu ittungen
Theben 60 ff., 80 ff., 97 ff., 103 ff.
Elephantine 118ff., 125, 126 ff.
Koptos 127.
Erment 21, 711.
Eseltreibersteuer 272 ff.
Eutheniarchen 658.
Fährgeld 386 f.
Fährmannsteuer 263, 280 ff., 394.
Färbersteuer 1 70 f.
Faijum
Mangel an Ostraka 12, 22 f.
Fischcreisteuer 136 ff.
Fiscus 641 ff.
826
I. SACHLICHES REGISTER.
Flachsbau 268.
Flickschneidersteuer 220 f.
Frohnarbeiten 336 ff.
Fünftagewerk 338 f.
Gastgeschenke 3 8 9 f.
Gaue 423.
Gebäudesteuer 192.
Gebelen 21, 710.
Geburtsanzeigen 451 ff.
Geburtslisten 437.
Geflügelsteuer 279.
Geldgeschäfte
des Königs 419 f., 669.
der Priester 673 f.
von Privaten 6 7 8 f.
Geldsteuern 405.
Geldwirtschaft 201 f., 205, 333, 665 ff.
Geleitgeld 347 ff.
Gemüsehändlersteuer 251, 382.
Gemüsesteuer 250 f.
Gendarmerie 402.
Gewerbe 326 f., 688 ff.
Gewerbesteuer 321 ff.
Höhe 322 f.
Veranlagung 325.
in Palmyra 329 f.
Goldschmiedsteuer 403.
Grieehenstädte 433, 623 ff.
Grundbücher 484 ff.
Grundsteuer 193 ff., 306 ff.
in Geld od. Naturalien gezahlt 198 ff.
für Palmenland 313 ff.
für Rebenland 147 ff.
Veranlagung 205 ff.
Gurkenbeetsteuer 292.
Hafen
von Memphis 359.
Hafengeld 273.
Hafenwache 27 3.
Haushalt
königlicher u. kaiserlicher 666 ff., 696,
700 ff.
priesterlicher 673 f., 696, 700 ff.
privater 674 ff., 683 f., 698.
Hausstellen - Besteuerung 3 9 0 f.
Hautabgabe 354.
Heer
Besoldung 669 fl'., 705 ff.
Heptanomis 423 ff.
Hermonthis 21, 711.
Heu 383.
homologi 254^
Hurensteuer 2 1 7 ff.
Jagdschiffsteuer 229 f.
Jagdspiesssteuer 228 f.
Indirekte Steuern 405 ff.
Inspectiousreisen 341.
Isis
als Dammgöttin 333.
Juden
bei der Flusswache 283 f.
als Steuerpächter 523 f., 535.
Kalender
makedonischer 781 ff.
aegyptischer 781 ff.
Kalksteinostraka 7^.
Kamelsteuer 378.
Kanalabgabe 180.
Karnak 21 f., 25, 711 ff.
Kassen
in der'Ptolemäerzeit 630 ff.
in der Kaiserzeit 641 ff.
Kataster 175 f., 481 ff.
Katoeken 241, 37 9 f.
Kaufsteuer 216, 343.
Keramion 759 ff.
Kleiderhändlersteuer 377.
Kleopatra II. 785.
Kleruchen 380.
Kopfsteuer 230 ff.
Altersgrenzen 242 f.
von Augustus eingeführt 245 ff.
Befreiung von der K. 240.
jüdische K. 247 ^
lokale Verschiedenheiten der Höhe
232 ff.
kopfsteuerartige Abgaben 256 ff.
Koptos 22.
I. SACHLICHES REGISTER.
827
Krauzgeld 295 ff.
Krokodilopolis 128 f., 710.
Kupfer
ptolemäisches K. unter Augustus 7 27.
Kupferdrachmen
ptolemäische 719, 723.
kaiserliche 730 ff.
Kupferwährung
ptolemäische 7 2 2 ff.
Land Vermessung 173 ff.
Leicheneinkleidungssteuer 304 ff.
Liturgien 601 f.
Magazine
in der Ptolemäerzeit 649 ff".
in der Kaiserzeit 655 ff.
bauliehe Anlage 650 ff.
Verwaltung 652, 661 ff.
Maler 373.
Marktsteuer 131.
Meridarchen 382 f., 429.
Metretes
attischer 740.
aegyptischer 757.
Metropolen 429 ff.
ßo'jXT^ in den M. 430 f., 623.
Steuererhebung nach 202 n. Chr.
623 ff.
Mieter
im Faijüm von den Wirten deklarirt
447.
deklariren selbst in Memphis 449.
Milet als {iy^TpdTioX'.j 433*.
Minuskel 817.
Modien
römische 740.
Monate
aegyptische 807 ff.
mit Ehrennamen 809 ff.
Vergleichende Monatstabelle 8 1 1 ff.
Münzen
in der Ptolemäerzeit 718 ff.
in der Kaiserzeit 725 ff.
Myrobalanus 258.
Nachrichten
Schnelligkeit der Verbreitung von N.
800 ff.
Xatronsteuer 264 f.
Naturalsteuern 405.
Naturalwirtschaft 201 f., 205, 333, 665 ff.
Ptückkehr zur N. 67 9 f.
Naubion 259 ff., 33 7 f.
Naukratis 433.
Nero
verbessert das Pachtsystem 573.
Nomarch 358, 387 ff.
Oberjägermeister 162.
Oelmonopol 188.
Oelverschleiss 189.
Oikenwirtschaft 664 ff., 674, 697.
Opfertiersteuer 377, 384.
Ostrakismos 4 ff.
Ostrakou
Farbe 13 ff.
Fundorte 20 ff.
mit hieratischer Schrift 8.
mit koptischer, aramäischer und
arabischer Schrift 10*.
Publicationen 56 f.
Eecto u. Verso 1 7 ff.
Sammlungen 27 ff.
als Schriftträger 3 ff.
Zerstörung durch Salzkristalle 54.
Pachtangebot 526, 587 ff.
Pachtcontract 531 f.
Pachtgesellschaften 535 ff., 59(>ff.
Pachtzins 185 ff., 319 f.
Pächter des heiligen Thores von Syene
611 ff.
pagi 435.
praepositus pagi 435.
pngarchus 435.
Palniengärten
Kaiserliche P. 311.
P.. Steuer 313 ff.
Palmenzweigo 312.
828
I. SACHLICHES REGISTER.
Papyrus
Recto lind Yerso 18^
Steuer auf P. 403.
Patrimonium
Kaiserliches P. 392.
Pfändungsrecht 531.
Pferdesteuer 378.
Phoinikon, Castell 289 f., 709.
Phylen 431.
Praesidium 285.
Praktoren
in der Ptoleraäerzeit 564 f.
in der Kaiserzeit 601 fF.
Abgabe für Salarirung der P. 394.
Priester als Steuererheber 614 fF.
Priesterabgabe 185.
Priesterpensionen 672.
Priesterprivilegien 241 f., 337, 673.
Priesterweihe 397 f.
Privatkassen
königliche 499, 631.
kaiserliche 499, 642 f.
procurator usiacus 393.
Provinzialcensus 449.
Pselkis 20, 128, 705 fr.
Ptolemaios I
gründet Ptolemais in Oberaegypten
433.
sein Schatz 411.
schafi't Steuergesetze 513.
Ptolemaios II
verändert die dTiö.uo'.pa 158, 615'.
seine Einnahmen 412 f.
sein Schatz 416 ff.
Ptolemaios Auletes
seine Einnahmen 413 ff.
Ptolemais 433 f.
Ratenzahlungen 140, 281, 5G7, 619.
Rauhstofffabrikanten - Steuer 2 24.
Rebenland -Grundsteuer 147 ff.
Rechnungslegung der Erheber
in der Ptolemäerzeit 569 f.
in der Kaiserzeit 622 f.
Rechtsanwaltssteuer 302 ff.
Regie 601 ff.
Rindersteuer 352.
Sackträger 29 2.
Sakkara 2 3.
Salbenhändlersteuer 385 f.
Salzmonopol 142.
Salzsteuer 141 ff.
Schafsteuer 286.
Schaugelder 373 f.
Schiffe
des Antonianischen Vermögens 391 f.
Fischerschiffe 391.
Flusswachtschiffe 282 ff.
Jagdschiffe 2 29.
Statthalterschiff 280.
Schiffszimmersteuer 263.
Schreibgebühren 287.
Schrift der Ostraka 816 ff.
Schuldgefängnis 285, 621.
Schustersteuer 293 f.
Schweinesteuer 310.
Sedment-el-Gebel 22, 24, 707 f., 7 15 ff.
Selbsteinschätzung 458, 469.
Severus
giebt Alexandrien und den Metropolen
Stadtrecht 430, 623.
Siglen 818 f.
Silber
ptolemäisches S. unter Augustus 727.
Sitologen 653 ff., 658 ff., 707 f.
Sklaven 33 7^ 681 ff.
Sklavensteuer 304.
S. in den Subjects- Deklarationen 447.
Sklaverei 681 ff.
im Handwerk und in der Industrie
687 ff.
im Hause 683 ff.
in der Landwirtschaft 698.
Sklavinnen 684 ff., 695^
Sonnenjahr 783.
Spreu
Spreuabgaben 1 6 2 ff.
Verwendung der Spreu 163.
stationes
der Flusswachtschiffe 294 f.
I. SACHLICHES REGISTER.
829
Statuenbeiträge 152 flf.
Steuerbehörden 492 fi"., 498 ff.
Steuerberechnung 492 ff.
Steuerbezirke 422 ff.
Steuerbücher 47 8 fi'.
Steuereinsehätzungscommission 505.
Steuererhebung 555 ff.
in der Ptolemäerzeit
Personal 555 ff.
durch Pächter 558 ff.
durch königliche Beamte 561 ff.
für das laufende Jahr 213 ff", 5G6.
Zwangsmittel 567 f.
in der Kaiserzeit
die Systeme 572 ff.
Personal 618.
durch Pächter 587 ff.
durch kaiserliche Eegie 601 fi\
Zwangsmittel 620.
im III. Jahrh. n. Chr. 623 ff.
Steuererhebungs-Anweisungen 511, 619.
Steuergesetze
in der Ptolemäerzeit 513 ff.
in der Kaiserzeit 570 ff.
Steuerjahr 519 f.
Steuemachlässe 212^.
Steuerobjectsdeklarationen 456 ff',
in der Ptolemäerzeit 456 fi\
in der Kaiserzeit 461.
Auszüge aus den S. 480.
Steuerpacht
in der Ptolemäerzeit 515 fi'.
in der Kaiserzeit 587 ff.
in der Kaiserzeit zurückgedrängt 57 2 ff.
Controle 595 ff.
ein freiwilliges Geschäft 534 f., 592 ff.
Steuerpächter
Contract 531.
erhebt auch Geldsteuern 558 ff.
Qualification 522.
Tantiemen 532.
Steuerquittungen
Formulare 58 ff.
auf Papyrus 12^.
Steuerrückstände 215, 344, 564 f., 609 ff.
Steuersubjectsdeklarationen 435 ff.
in der Ptolemäerzeit 436 ff.
in der Kaiserzeit 438 fi'.
Auszüge aus den S. 479.
memphitische S. 449.
Steuertabelle 408 fi'.
Strafgelder 289, 366 ff.
Strassennamen 331 f.
Strategie 435^.
Suchos 360.
Syene
heiliges Thor von S. 611.
Tagesbezeicknungeu 812 f.
Taricheutensteuer 396.
Tarife 347.
Taubenhaussteuer 2 79.
Tempelabgaben 146 f., 221 fi"., 223,
253 ff., 360.
Teppichwirker - Steuer 17 7.
Tetradrachmen
kaiserliche Billont. 7 29 ff.
Theben 21 f., 24 ff., 711 ff.
Stadtqiiartiere von Th. 712 Ö'.
Thesauren 649 0".
Thesaurosquittungen Tliebeu 98 ff.,
109ff., 125.
Thorzölle 354 ff.
Thyabäume 374.
Todesanzeigen 454 f.
Töpferindustrie 17.
Töpferscheibe 16.
Toparchie 307 ff., 4 28 f.
Trierarchie 400.
Trödler 216, 381 f.
Ueberschüsse 194.
Uphion 711.
Varia 708.
Vereine 330 ff.
Verkehrssteuer 182 ff.
Venu ietssteuer 1 9 2 .
Vermögenssteuer
keine einheitliche V. 252.
Versiegelung der Opfertiere 395 f.
830
I. SACHLICHES REGISTER.
Versteigerung der Steuern 52 7 ff.
vicarii 606 ff., 614.
vicesima hereditatium 363.
vicesima manumissionum 362.
Yolkszähler 441, 617.
Volkszählungen 487 ff.
Wächtersteuer 320 f.
Wagemeister 369.
Wagensteuer 145 f.
Walkersteuer 226 f.
Wandeljahr 783 ff.
von Augustus abgeschafft 789 ff.
Fortbestehen des W. neben dem fixen
Jahre 790 ff.
Warttürrae 292 f.
Webersteuer 172 f.
Wegegeld 349, vgl. 395.
Weideabgabe 191 f., 265 f.
Weinsteuer 270 f.
Wohnungsmiete 365.
Wüstenwächter 359, 395.
Ziegelei
kaiserliche Z. 280.
Zimmermeistersteuer 269.
Zölle
Ausfuhrzölle 276 ff.
Binnenzölle 277.
Einfuhrzölle 278 f.
Einfuhrzölle am roten Meere 398 ff.
Zuschlag 193 f., 288 f.
II. Grriecliisclies Wörteryerzeichiiis.
dßpoxstv 211.
dvaßdXXs'.v 261.
dyaO-d;
dvaYpä--p£sO-a'- 441, 453.
£71' dyaO-tp 338.
dvaypa^r^
dYysrov 766, 767.
lEpal d. 488.
ayc'.v
dvao'.Söva-. 602, 003.
Tipds ßtav dysaa-a'. 592, 593^
d. £:; y.A^pov 123.
oi.yopdZ,B\.'^ 525.
dvaXanßdvE'.v 543.
ayopavojao^ 131.
dvdXwfia 733.
5 Tiapd ToO d. 585.
dva|i£-pr^a'.;
ayopaota 132,
TTpdg dvajjL£":pr,a'.v ay^c^io') 17(5
ayopoiczri 687.
dvaTTAYjpoDv xd^ (üvd^ 532 ff.
'Ayjpp'.o; 538*.
dvaTtöypacpoS 4:67'^.
dytOYi^ 102, 754.
dvacpopd 569.
dYwy.ov 273.
dvaxwpr^o'.s
dSiEYYOos 550*.
ovxa £V dva^copr^as'. 44 8.
d5poy.(. . .) 766.
dvSptdg 152 ff.
Atay.'.Ss'JS 433».
dv£'j 559 ff.
acÖ-piov 443*.
dvi-Tiia 344.
a-.^. . .) 132.
dvvcüva 155.
aiXYja'.; 638.
dvxiYpa-^£US 493, 558, 639, 640.
dy.pd5puov 134,
dvxiYpacpov drcox^; 86.
dXaßäpxr^s 350,
dvx'.Xiys'.v 473.
dX'.S'j; 136 ff.
dvx'.oi3|ißoXov 638.
dX'.XT^ 141 ff.
'Avxwv'.avTj oOaia 391.
dA^ayVi
dsiöxpso>5 589.
XaXy.d; o5 dXXayr^ 7 20 ff.
dTia'.xVjC'.iia 512, 619.
dXo-twXTjs 142 3, 143*.
dTiaixr^xai 609 ff.
dXs 739^
OLTioLpyr^ 345.
djjia^a 145, 755.
d7:dxo)p 218*.
'A|jijicovEtov 146,
dTicCpyaaxa'. 129, 261.
d|x7r£Xü)v 147.
dTzäxto, i-ijyny 86, 109.
d|ji-^o5apxia 432, 443.
'Atz'.ov 766.
832
II. GRIECHISCHES WÖRTERVERZEICHNIS.
ä.T^o-(pa.^y.l 456 0'., 620"-^.
d7iOYpa:p£a^a'. 456, 475.
äTtodsixvuvat 456.
aTioSsx-cYjs atxo'j 661.
äTioSöX'.a 649'''.
a7ioxo|X!,57^ 159^.
äTtoXsXufxsvos ^^aoYpacfia^ 248,
4483.
d::oXoY',afxös 466^.
d-ö|iO!.pa 134 ff., 157, 724, 758, 759,
768.
ä::o7Lpd|j,a-a 547.
dTtopo; 101.
dTvOax^va'. 529.
ä-oaxöX'.ov 347.
d-paxo; 505.
äpaßdpxr^s 350, 597, 598^
äpY'jp'.ov
Tipö^ d. 719 ff.
dptO-ixyjais 619-2, 815.
dp'.O-fiYjX'.y.öv 351.
apvss 467'.
dpoupa 775 ff.
dpxdßT] 738 ff.
dpxoxÖTio; 745.
dpxo; 756.
dpxa?0'- LTiTistg 161.
dpxiX'jVYjYOS 162, 727.
dpxovYjXdxr^G 272S 332.
^tpXovxsg 509.
dpy'jTiirjpsxrjS 670^.
dpxwvr^s 538.
dar^Ho; 448.
äs/öXYjiia 387.
äaxoXo'j|i,£vos 387.
dxsXs'.a 212.
aOXr^ 443.
dc^cupsiia 529.
dxupoS-TjXY] 102.
dx'Jpov 162 ff., 7 54.
dx'jpoTCpdxxwp 107.
dtoiX'.a 261.
ßdis 312^
ßaXavetov 165 ff.
ßa?.av£'J5 166, 585.
ßaXavsuxr/S 170.
ßaX(v£axixöv) 166.
ßaaiX£r 71, 492.
ßaoa£'.a 631.
ßaaiA'.xöv 102, 631, 649.
ßaq;£'js 170.
ߣßa'.(!)X7^S 553 ff.
ߣßa',ü)X'.xdv 352.
ß'.ßX'.oO-V/ty]
Svjfioaia ß. 430, 461, 483, 512.
ß. £Yxx-/ia£0)v 401, 483.
ßißXi'ov
grj|iöaia ß. 481, 483.
ß'.ßXio:p'jXax£$ 461, 485.
ßor^O-ös 171, 558, 618.
ßo'jX£'Jxr^5 431.
ßo'jXf^ 430, 434.
xpaxbxY] ß. 625.
ß'jpaa 352.
ßupao5£'4;Yj? 294^
ß'jaa'.va ö^öv.a 266.
YEvy^.uaxo; 214, 251.
Tipd^ Y^'''''^iM'*'^* ''23.
Y£Vü)v dX!,£'jxtx(j5v 141.
^(DYpa^-^^S"^ 373.
Y£p5'-axöv 17 2.
Y£p5'.o; 172.
Y£a)ji£xpYig 175.
Y£tO{i£Xpta 148, 173.
Y£(OpYÖs ll-ö, 767, 768.
ßaaiX'.xcg Y-
Zr^\i6o',oz Y- '^50, 646^ 657-, 701.
Y- }Jiia9-cp 436.
ßao'.X'.xY] Y- 644^, 772.
tri\iOQi'x Y« 646"2.
oOaiax-;] Y- G*^:"^, 646^.
Ttpoaögou Y- 657-^ 771^
uTto Tf^v xai Oupavdv 6851
^(vx'j^oCkXoXö^oc, 224.
Yva-^Eic; 227.
Yvtöji'y] 508.
Yva)|i(Dv 34 7"^.
Yvwox£'j£vv 638'2.
n. GRIECHISCHES WÖRTERVERZEICHNIS.
833
YÖfJios 117, 754.
Ypafifiaxs'js 618.
Yp. oizoXoy{ioLC,) 660.
Yp. i7]z TiöXstog 440.
Ypa:^j£tov 353.
6 t6 Ypacpsiov 50 2'-'.
Ypa^T^ 543, 556.
Y'jpoi 209\
gaTc(':8'j-j:o;?) 177.
Ssxavixöv 353.
5£-/cä7LpoiToj 626.
8£p|iaTr^pa 294^, 354,
Sspiiax'.ywöv 354.
tioiLYi 3l2, 757.
beoiiöc, 178.
5Yj|JLÖa'.a 178.
Sr^ixöa'.og 334'^, 646.
TO STjiiöo'.ov 655.
Sr^iaoaicüvYjs 575.
8t,äYPÄ|JL}xa 514.
aiaYpacpS'.v 80, 89, 91.
StaYpa-^T^ 91\ 648.
ÖTisp 8. 107^
S'.aipsa-.s 183.
8iaxp{v(i) 609.
8tay.pta'.s 609.
6taXoY'.a|iög 494, 499, 622"^
upaxxop'.xög 8. 565.
8'.aji'aO'(0-'.xöv 354.
S'.a-'jX'.ov 354.
8iaa£'.anö? 568.
8'.aaxoXy^ 638.
8'.a4;£a(. . .) 404.
S'.äcL'JYIJ-cc 404.
6i5pa}(|jita xoö Zouxo'J 360.
8i8paxii.ov 247.
Öiotxr^ai; 149, 179, 315, 656.
8. 7:poao8'.x(V)) 657^.
6 §7ii xf^; 8. 492.
8iO'.xr^xr^5 492, 498.
8töp^03|ia 514.
biTzXd 179.
S'.7iXox£pa|j,05 759 ff.
^lTlXo)[lOl. 0V03V 360.
SioxsY^S 443.
WiLCKEN, Ostraka.
ecxwpov 763.
S'.wp'ji ßaa-.X'.xr/ 180.
8. $iXoJvo; 180.
6ox'.|iaax'.xöv 361.
8öpaxa 228.
8pax|J.r/ 735.
Spö|io; 7 71.
8ua7:£'.0-£rv 593.
8(j)S£xaxciv 752.
Scopsa 302.
Iyyovov 686 ff.
lyYp^ccr^zo'J) od. syypC^x't^O 254*.
Byy^Tf 550.
SYY'Ji^/'c*- 547 ff.
IYY'J^'- 547 ff.
xaO-.axava'. iyyuou^ 548.
SYSs'.a 531.
SYxaXsiv
xoOO-sv ao'. SYxaXü) 62, 295.
SYX'jxX'.ov 182, 736.
iyXrinKßp 381.
syXoyo; 733.
lYpacpa 63.
SYXS'.P^^s'.v 660.
£txaa|aö; 258.
£ixovi^£'.v 479*.
stxov.axr^S 479*.
etxoaxrj £X£üO-£p',ü)v 362.
£U xwv xX7jpOVO|Jl'.ÖV 3G3.
£T;
Ivo; xal £X Tzavxwv 542.
xa9-' §v 555.
£la8'.8öva'. 602.
Elaxp'.x'.xdv 185.
£iaiJi£}i£Xpr,X£v 101.
Ixaxoaxai 364.
sxXajißav£'.v 539*.
lxXr^::xo3p 575.
IxXr/l'.s 539*.
£xXoYS'j; 556.
ixXoYt.3xai 255.
dxXoY'.oxr^piov 495.
gxXoYiaxr^; 493, 499, 503^
£xx'.8-£va'. 514, 528.
£xx. £t; Tcpao'.v 526.
53
834
II. GRIECHISCHES WÖRTERVERZEICHNIS.
S'/Tov 750.
sy,'s6p'.ow 185.
sx'sp. ßaa'.X'.xöv 187.
sXaßov 109.
äXaiov 188 fF.
sXaioupystov 101.
iXsiiO-epog 487.
'EXX-/jVOjjLS(acprxa!, 433.
sXa'.jxsviov 274.
s|ißa5'.xöv 190.
sfißoXT^ 364.
sfijir^va 589.
svspYÖc; 652.
evXs'.i-tiia TsXwvLXWv 344, 610'-^.
£VVÖ,Ut,OV 191.
£V0LX-/jais 468.
Evo'.x'.oXöyog 365.
svoix'.ov 192, 365.
svo'.xos 243, 442.
svöpjiiov 273.
£voxog(?) 552.
s^aytoy-i^ 276 ff.
s^aipcxog 685.
s^äxTOJp 630^.
£päiiY]voc; 291.
s^ap'.O-fjisrv 475.
essiXr^-^wg 100, 525^
sssxaaii; 474.
^^mzfiQ 624, 657.
IsYjXooxT^ 366.
l^dßoXog 732^.
ego) Opa 515\
STiaxoXouO-stv 76, 600, 640.
sTTavaziTtpaaxsiv 526.
STcapo'jptov 193.
STiap^ta 435.
STt'.ßdXXov 552.
STi'.ßoXr) 193.
£7i'.y£y£vv]|i£vo'. 453.
ETi'.ydvrdJia 194, 531, 541.
§7i',y£vv7;a'.s 451 ff.
ETi'.yovT^ 45 2 ^
£7i'.ypäcp£t.v 195.
STi'.ypacpyj 99, 194.
£7i'.§£xaxov 215, 302, 534, 549, 736.
£7t'.5i5a)fii 449.
ini^riixiov 216.
STi'.^i^xyjais 216.
£:it,xap7ita 216.
£7itxapai'ou 216.
ETi'.xsqpaXa'.ov 193, 216, 249, 449.
ETiixpaTEta-a-ai 620.
£7i'.xpiV£!.v 448, 473.
£7H,Xoy£6£iv 566^.
£7C'.Xöy£'ja'-g 562, 566.
£71i[I£Xyjx7^S ^^S'^, 493, 517.
dx'Jpol) 661.
suior^fios 722^.
ETiiaxsdjaaO-at, 549.
£7iiaxs4)ig 175, 213.
BTiioxdxric, 227^.
ETi'.axax'.xöv 366.
£7itaxpdxYjyo5 427.
BTZlxfibBlOC, 602.
STUXTjpYjXT^S 599.
£71. •Ö-Tjaaupoö Ispwv 615.
£7t. xaxaoTiopdg 340.
£71. VOfiWV 191 ^
£7i:ixijiov 366.
inizpoKr] 644*.
£7:cxp07ros 427*, 498.
£71. £71:1 x-^s S'.oi^tT^aEwg 498.
£71. xoO l§toi> Xöyol) 499.
£7it,x.wp£rv 589.
£7cxd vojioi 426.
£7twvia 216.
£pydxYjg 698.
6pY]|xo<¥>uXaxi'a 359.
eppwao 61.
£pa£V!,xd (a(t){i,axa) 685.
Ixatpai 217.
Ixatp'.xdv 217.
s'jSoxeiv 473.
sO'S-Tjvi'a od. £'j^£via.
6 Itci xvis BD. 657.
£Tcap)(OS £'j^£vca5 658.
E'jO-Yjv'.dpXYjS 658.
£U7T:opos 1612, 508, 601, 602.
£0ax>^fiov£g 505, 601.
£0(o5ca 219.
£:p£ixoaxöv 534, 549.
£Cp7j|I£ptS 640.
II. GRIECHISCHES WÖRTERVERZEICHNIS.
835
e-^o5os 558.
eyo) 86.
sojvoijvTO 537^.
CsOyo; 219, 755.
b-6 Ata ry;v "HX-.ov G85-.
^r,.uia 2 20.
^r,|i'.o:rpaxT£rv 563.
CW^a-.s 6203.
^u^o^-doiov 369.
DjTYjpct 369 ff.
C'JTOZO'.ÖS 372.
C'JtGTüoUYiS 371.
^UTÖS 760.
^0)ypa--f0?: 373.
-/(YSlicbv ä'JtroTspoJV 426.
y,Yopaxws 538, 675^
f,ixB^ozpoziz 748.
Till'.ÖA'.OV 220.
YiTCYjXr^S 220.
f<PY(aao) 261.
0-£03p'.xov 373.
e-/ißatg 424.
eVjßapxos 804\
0-ViX(£'.a'.) 479.
{J-yjaaopös 98, 221, 616, 631, 649, 655,
745, 771^
ßaoiX'.xö; 650.
^. TsxpaYOJvos 651.
i^psiifiaxa 191, 221.
0-u:a 374.
taxp'.xöv 375.
iaxpoxaOaxTjg 377.
iS'.öxxr^xog 316.
IS'.os XoYOS 631, 642.
6 Tipög X(p i. X. 499.
'.spa 149, 179, 315, 656.
Upaxsta 398.
tspax'.xös 315.
ispsiov 377.
'Isps'i? 337'.
ispoO 101, 221.
•xavdc
fisxa xds '.xavag r^ixspag 526.
•xavos ag'.öxpsws •^89-
•{jiax'.07:o)Ar,5 304.
l|iax'.07i(0A'.xöv 37 7.
luzwviTj 378"*.
iTicDxi^p'.a 460.
la-.g 223.
Isov 78.
ic;dvo|ios 662, 721 ff., 724.
iaxÖG 266.
•a-(Ovapxr,s 332.
•xO-ur^pa 138.
"7>jVxä 137.
xaO-apös 462.
xa^'.axava-. 530=*.
xaivoxoO-^ov 766'*.
Karnap 7863.
Koc'.aapwv (oouXo^) 499*, G62.
xaXa9-.ov 764-*.
xaXa|ios 7 57^.
xä^xr^Xo; (TsXssiia) 378.
xavwv 288, 378.
xaaao::o'.Ö5 224.
xaxaßaXXs'.v 89.
xaxaßoXr^ 89^
xaxaYpacpv^ 484.
xaxa Yco YS'J S 4 76''.
xaxaYWY'-^'' 379.
xaxaxXr^pouxs^v 263.
xaxaXox'.0|i.ög 346.
xaxavxav 468.
xaxaa-opoc 340.
xaxaxwpib^-'^ 589.
xax£xwp-39-r;aav 475.
xaxspyov 677.
xa-=X£-v 600, 62»;.
xax' O'Xtav oLno-f^x-^y.'. 444.
xaxoixog 241, 263, 297, 379.
xaxo'.xw 443.
xaxto X^^P*
xspdfji'.ov 759 f.
xdpafjio^; Koitx'.f.xö; 17, 7 51», 7 08.
xspäx'.ov 738.
53'
836
II. GRIECHISCHES WÖRTERVERZEICHNIS.
xspßaa'.s 380.
xspiia. 731, 736^
xsqjdXaiov 241^.
SV xscpaXatq) 6G2.
y.'.apßaacc'.g 380.
yvißcoTÖs 7, 19^.
xX£iv£vt(. .) 225.
dvaSiSövat, st; xX. G03.
SV xXiQpü) 603.
xX. xaxo'.x'-xös 461.
TISIJLTISIV si; xX. 603*.
xX7]poöXos 186 f., 29 IS 380.
xXwaxi^pt.a 225.
xvacpstg 226.
xvy^xo; 739.
KvtSiov 765.
xo'-vöv 69 7 ^
xotvwv 539.
xo'.vwvsiv 542.
xotxr^, xoixo; 459.
xöxxo; 7 52.
xöXXa{)-ov 7 64.
xöXXrjjia 478.
G'.' Ixspo'j xoXXr/fiaxog 446, 447.
xoXXoßo; 381.
KoXo',pwv'ov 764 f.
xoTwYj xp'.xög 381.
xopxöSstXo; 191^
Tiopiioc, 227.
xopad; 228.
xox'jXy] 764.
xoupsüs 227.
xoöpt 763.
xoocpoxspajJLOOpYÖ; 766.
xoi>cpoxspa|JioupYrov 7 66'^.
xoucpov 766.
xo'jcpoxsXsia 212.
xpaxYjatg 788.
xpdxiaxos 42 7, 498"^,
xpaxou[isvov 462.
xpiO-y) 739.
xp'.O-oXoyfa 270.
xpöxwv 739.
xpuxoTicoXy;; 381.
xuaiJ.05 739.
dTzaixYjxYjg XD(dfjiwv) 289.
x'jvriYsx'-xd Söpaxa 228.
xuvY]yi52g 229.
xupiaxat cl;"^"?©- 64:5.
Xöpiaxö; Xöyoc, 645.
xup'.og 442.
xupoöv 526.
X(Ü|JLYj
Ol dTiö xf/S xü)/xr(S 602.
X(!)|iOYpa[i[iaxsu5 795.
Kqjov 766.
XdYUvo?: 766 f.
XajJtßdvs'.v
X. §t£YYu>^|J-axa 549.
X. xsXy) 5432, 548.
XaoYpacpia 230 ff.
XaoYpdcfOg 441, 617.
XaoYpacpou[isvog 238, 448.
Xaupa 712.
Xayav'.d 250.
Xay^avta 250.
Xdy^avov 739.
XayavoTiwXr^s 251, 382.
Xsixo'jpYta 660.
Xsixo'jpY'.xöv 382.
XsaoDvsta 382.
X^fx|ia 251, 733.
AtßuT] 598^
Xt|iYjV Msjicpsto; 359.
Xi|jivaaxsia 508.
Xi(jLvaaxy^$ 508'^.
XivoupYOi 268.
X'.vöücpos 323"^
Xivucpo'. 268, 3232.
XoYSta 253.
XoYS'JS'.v 255S 493.
XoYSöXT^piov 557.
XoYS'Jxf^; 494, 556.
XoYtCsaa-a-. 255\ 493.
XoYtaxT^piov 430, 494.
TO x"^; Sto'.xVjaswg X. 503.
0 ini xoö X. 502.
xaxoixtxov X. 503.
TioXix'.xdv X. 503.
II. GRIECHISCHES WÖRTERVERZEICHNIS.
837
Xoyiozri(; 499^
X. dpyjp'.-xös 203, 733.
X. Ysv'.xds 203, 678, 733.
br^iioaioQ X. 645.
ö eta Xöywv 684.
äni Xöyo'j 323.
ISios X. 631, 642 f.
0 Ko!.io%poc, X. 645.
X'jp'.ay.ög X. 645.
oOaiaxd^ X. 644.
TioX'.T'.xdg X. 646.
X. au'.xös 203, 676 f., 733, 745.
XoLfsioL 253.
X-jusiv 568.
Xw'.a 261.
jia^fi'.xi^ 443.
|iaXYj 752.
.uax'.ov 7 51.
,a£|i£tpr(|j.a'. 100.
{isp'.Sapxr,; 382, 429, 629^
lispi^ 429.
fisp'.afxös 256 f., 736.
fi. aTCspfiäxcov 777.
fisxäßaa'.g 442, 445.
|x=xaßoXos 136.
|i£xa8'.5öva'. 538^
Hsxaxs'p'.^ö^isvo; 636.
}X£X£tXr^cpa 62^.
fji£X£xe'.v 540.
liixoxoz 83, 536 ff.
lisxpYjiia 114, 670^
liexpirja'-s Ipywv 261.
fi. t5'.oiX'.xi^ 773.
|ji£xprjXr^S "^42, 757 f.
jX£xpov 751.
[1. 'AO-Yjvatov 774.
fi. 8r^|Jiöaiov 769, 773.
|i. 5pdiJ.03V 771.
IX. ^gaxotv'.xov 750, 7 72.
[i. £0-^paY!.a|i£vov 768^
la. •ö-r^oauptxöv 745, 770.
|i. xsxpaxoiv'.xov 750, 751, 771, 772.
[X. iBxpiyooy 7 72.
fi. cpop'.xov 745.
jir^viaia 641.
{ir^xp'.XT^ 443.
}X'.aO-Ö5 556.
|ji'.a9-(i)xr^g 611 f.
oOa'.axöj 701.
{iovo5£a{iia xöpxoy 383, 582^
[iöoxog 384, 395.
fioaxoacppaY'.axT/S 396.
la'jpoßaXavo^ 258, 751.
fjL'jpoTtwXrjs 385.
vaiiß'.ov 259 ff.
vauXooöxo; 263.
vaDXov 386.
va'j-xr(YÖ$ 263.
ve-.Xößpoxos 2121.
vixYj 788.
V'.xp'.XY] TiX'JVOU 264, 721.
vo[xapx'/lS 424^.
vo{iapxta 358, 432"2.
vo|j.apx'."/.a doxoXi^jiaxa 387.
vofiTj 191^ 286.
£lS xds vofjids 265.
vöji'.ajjia 726, 728, 729, 738.
vojjiös 423.
vo'jßd:;'. 652.
pv'.a 389.
liozr,z 762 f.
dßoXös 737.
oy5oov 750.
55'.ov 390.
dO-ov.Yjpd 266.
o:xo5öjxog 269.
otxovö|jioS 499, 517, 742.
o'x. dpYup'.xwv 653.
oix. ßaotX'.xög 493.
olx. xö5v xaxi Xauxpax'.v 4.J3\
OLX. aixixöv 653.
OiXÖ7i£5ov 390.
oivoXoY£tv 269^
otvoXo Y^a 99, 269.
olvo'j X£Xo5 270.
oi^'.v 750S 751.
oXfiOi 460.
6jioi(üs 819^
838
II. GRIECHISCHES WÖRTERVERZEICHNIS.
ciiöXoyoz 253 f.
o.aoXoYÖ) sy^st-v 8G.
övYjXaTY]^ 2 72.
övo|jia 81^
övo$ 754.
öpYUia 774"^.
öp^öüq;os? 173^
opxo; ßao'.A'.y.ös G02.
6p|iO->po?.axia 273.
öaxpay.c'j; 3.
öoTpaxivSa Tiat^s'.v 17.
öa-paxov 3, 13^-
öaxpsov 3.
oOata 392, 643.
o'joiccy.öc, Xöyo; 643 f.
0'4;WviGV 532, 670.
T-Layo'. 435.
riai5iay.7] 686.
7t. So'jXyj 447.
r.ai; 337^ 699.
TiaXaiöv 488.
TiauTi'.y.y, 443.
Txapaypäcpe'.v 500.
TcapaSs'.ao^ 157.
7iapa§t5övai 102.
TiapdB-sacs 464^.
TüapayaxaO-T^XY] 302, 617.
TiapaXy^-xr;; 399, 584.
IX. otxoi) 661.
7t. auvayopaaxix^g >cp'.^^S 661.
TtapaXoysta 568.
7tapa7ti7tx£'v 78. Vgl. 820.
Ttapaar^liov 467.
7tapay(i)p£ra^at 463\
7tap£xö|Jit,aa5 107.
TtapsXaßs 411.
7tap£Xaßov 108.
Ttapsysiv 107.
Tcapouata 274 fF.
Ttapwv 77, 640.
Ttaxp'.y.r^ 443.
Ttaxpt; 523.
7t£vd-r([i£pia 338.
7t£vxa£x{a 451.
TtEVxr^xooxr^ 2 76, 2 78, 343.
Tt£vxr^xoa(xa)vr^S?) 2 77.
7t£7tXÜ)X£V 64 f.
7t£ptatp£0-^vat 455.
7i£pio'ja£a 247'.
7T;£pt,ax£pcbv 2 79, 724.
7t£X£'.va 279.
Tifjuc, 776, 779.
7t. olxo-£§'.xö; 779.
TZ. 7:£p'.axaAxixöc: 780.
7tt7tpaax£'.v 525^.
[7f.aaoxo]7toü|i£va 16.
7t'.xxäx'.ov 350.
7tX£OvaajiÖ5 280.
7tXivO-oXx':a 163, 280.
TtX&lOV
TtX. dtX'.sux'.xöv 391.
TiX. 'EXXTjvtxöv 467.
7tX, 7tp£xcbpiov 280.
7tX'jvoc; 264.
noX'jS£'JX£'.o; 433^.
7top£'Jxyj5 280 Ii"., 724.
7topO'ii£U5 394.
Ttopv'.xöv (x£Xo;i 218.
7töpos 506 fi".
7toxa|jiocpuXax£; 282 ff., 294.
7toxa[JLWv cp'jXaxT^ 283.
7tpayiJLax£i)ö|jL£V05 303, 543'
7t. xYjv (övigv 539.
TcpaYiJLaxsuxTjS 575.
7tpai7töa'.xos 7tayo'j 435.
Ttpaxxopfa 609.
Ttpaxxop'.xöv 394, 606.
7tpaxxöp'.ov 285, 568, 621.
7tpäxxo3p 564 f., 601 ff., 622
7t. vo|aapx(txü)v) 614.
7tpaa'.5 531.
up£aßux£poi xwiir^s 513.
TtpsatSt-ov 285.
7tptaaO-ai 525^
7tpößaxa 286, 467'.
TtpöypajijjLa 514.
7tpo£axü)s 393.
7tpoxr(P'jaa£'.v 526, 528^
7tpoa8£X£aO-ai 127.
7:poa5'.aYpa:pö|i£va 287.
II. GRIECHISCHES WÖRTERVERZEICHNIS.
839
TipoaepxsaO-at, npöc, xtp aYopaofitp 52G,
5921.
7tpöa'9-£jJLa 288.
TipoaxscpaXaia 268.
TüpoofiSTpoufisva 289.
npöooboc, 310, 390.
upöaxayfia 514.
Tipoaxoc'cyjs t^oö ^sou 253.
upöax'.fxov 289, 724.
Trpoa-^wvTjatg 476.
Tcpoaxp'^icjap.svog 79.
upo'jp'.ov (für cppoup'.ov) 289 f.
Espa 71. SovjVYjg 611.
Tiupyog 652.
Tiupös 739.
TtwXetv 525^
uojXyjtt^S 516.
TöS'.ov 765.
poTiapög 731 f.
oaxxa^ 292^
aotxxos 754.
aaxxocpöpo^ 292.
osßaax^ 812.
Ssßaaxös 728.
asarjtiei'wfiat 83.
oT^aajJiog 739.
Ziyyjpiavd; 662.
O'.x'jT^paxov 292.
auoXÖYOS 98, 653 f., 659 f.
O'.xoTcapaX'^p.Tixai 601.
oixoupisvoi 672.
oxa^'^ov 459.
oxoTieXos 292 f.
oxuxsus 293, 724.
anowbri 588.
OTi'jpis 394, 459.
oxa^HOÖxo; 243, 449.
axoizim TioxafjiocpuXaxiöcDv 294.
oxsyvös 652.
oxspsög 780^
oxecpavtxöv 302.
oxscpavtxos XP^'^OS 299.
oxscpocvtov 295.
axscpavog 295 IF.
axscpavoöv 296^ 298.
axpaxTjYOS "c^g uöXsö)?: 624.
auYxoXXr^a'.jjLOg 589.
a'JYXopovxa 483.
auYXWpctv 530.
auxocpavxstv 568.
aufxßoXa xa|ii^Xü)v 394.
O'jfJißoX'.xa 287 f.
au|JLßoXov 553.
au(JLßoXo-^'jXag 557.
o'jjiTrpaxxopsustv 608.
aovsY^aßsrv 546^, 551.
auvsaxrjoav 537.
ouvT^YOp-^-ov 302.
auv'.axävai 606 flf.
xaxa a'jvo'|''.v 211, 505 ^
a'jvxa^t; 634, 672.
ouvxifiaaO-a'. 505.
a'jvxpYj|iaxi^£'.v 463.
auaxaaig 606.
ocfpccyic, 210.
acppaYt.o|jiö?; 395.
oxotvog 774'^.
aw|iaxa 304, 436, 682^
aoj[jLaxt^£ov 465"^.
aoj|jiax'.xöv 304.
a(!)|iax'.aiJLÖg 465.
Sü)at,xöa[X'.o^ 6 xaL 'AX9-aV='i; 434-.
xa|jiv£tov 642, 652, 655.
ßaa-.Xtxöv X. 649.
xap'.xsoxr^g 396.
-dp'.xo; 139-''.
xap^xo'j öaxpaxov 7.
xaaaO-cpöpog 185.
xdaasaO-a-. Gif,, 455.
xacpig 305.
X£0-Up(O|l£VOV 652.
x£X£ax'.xöv 397.
T£X£a-^dpog 219. Vgl. aber 588.
XcXwvYjs 590.
X. i)-r]aa'jpoD i£po>v 615.
X£Xü)v'.xö; 58 1\
840
n. GRIECHISCHES WÖRTERVERZEICHNIS.
xsxäpxY] 306.
T. dXiswv 137, 720, 724.
T. xü)v £Lacpspo|asvü)v cfopxccov 398,
X. xoö xapt;(OU 396.
xsxapxov 750, 759.
x£xsX(£aai) 107.
xsxsXsaxai 355.
xsxpa'/aisixoaxT^ 400.
xsxpwßoXov 737.
x'.iJLaaO-ai 458.
X'.fiT^ 723'-^.
UTisp xi\i9](; 271.
xifiYjiia
Tipög xä X'.fjLig|i,axa 206.
xijiYjotg 469.
xö|xos 478.
T. ouyy.oXXf,o'.\ioc, 589.
xoTiapxta 307, 408.
xo7iOYpa|a{jLax£t>s 485.
ZOTIOC, 306 f., 428.
xpd7t£Ca 632.
ßaaa-.xyj xp. 632.
xpa7i£^txvjs 400, 633.
xpau^axoO'£pa7i£U£!,v 377.
xpiY)papX'y]M.a 400.
xpijJLdxLOV 751.
xpixwpov 763.
xpocpT^ 139S 400.
x'jX£ra 268.
zu']>iyLri 401.
'jixy) 310.
uTidpxov 507.
U7T;aaXoXouiJi£Vos 388.
'J7C£paipovx£S 241.
'j7i£pßdXX£t,v 527*.
UTTSpßöX'.ov 530*.
u:i£popt^£'.v 593*.
uTCYjpdxT]^ 557, 618.
U7i'.axv£raO-at 526.
•jTioSto'.xy^x'igs 493.
UTiö-xauaig ßaXav£io'j 163.
OTioxEiaO-ai 348*, 596, 616 f.
ÖTCöXoyos 536.
U7iö{iVY]|ia 440, 451 f., 526.
U7l07lt7lX£(,V 348, 596.
UTZÖCZOLOIQ 526^.
UTidxaYiia
£v 'jTioxdYp-axt ouaav 447*.
bnoxBlrig 402.
öq;taxa|iai 219, 526.
cpzvvrioiy. 255.
q:svvvja'.g 253, 615.
^iXdvO-pcoTiov 401.
910x05 642.
90tvtx(bv 313, 779.
cpofvig 311, 757.
cpop'.xöv 319.
cpöpog 296, 319, 745.
cp. ßoöv 352.
cp. ß(ü|i(öv 352.
cp. I'titicov 378.
9povxCg
07t6 qjpovxtda 286.
cppovxtoxi^S 442.
9. oixoXCoyta^) 661.
cpuXax£g 321.
cp'jXaxK^ 568.
cpüXaxixTjs 402.
9uXax(,xtxöv 402,
cp'jxd 403.
Xaips'.v 84 f.
XaXx£'js 688.
XaXxtaia 403, 718*.
XaXxtvT] 731, 735.
XaXxös 725 f.
Ttpög x'^Xy.öy 719.
X. taövoixos 721 flf.
X. ou dXXayii 720 ff.
XapxYjpd 403.
X£tptaxT^s 619, 637.
XS-ipoYpoi'^ioL opxoi) ßaa'.X'.xoö 471.
Xetpwvdgiov 321.
X£aov(. . .) 403.
Xi^voxpo^og 274*.
XOtvig 740 f.
Xopxo9")7xy] 443.
II. GRIECHISCHES WÖRTERVERZEICHNIS.
841
Xpr^p-axt^stv 63 f.
XpYjfiaT'.ajJiög 514, 589.
oi ini xou x« ^^5.
Xpi^cng 78. Vgl. 648.
Xpr^axigp'.a 443.
Xpla^ia 190.
XpuaaopS'jg 433^.
Xyjaoy^(i':y.ri 403.
Xü)[i.aTa 333 flF.
'J^'.AOl TÖTÜO'. 443.
-i;'JY|iög 404.
wvT^ 531, 722^, 724.
III. Register der behandelten Stellen.
A. Autoren.
Seite
A e 1 i a n u s
var. bist. III, 17 513.
Ammianus Marcellinus
XXII, 16, 23 470.
Andocides
de myster.
133 .... 529, 535S 537.
134 .... 5222, 526*, 561.
Appianus
prooem. 10 416.
Sic. 1 419.
Lib. 88 ... . ... 6522.
95 . 649^.
135 247.
Syr. 50 247^
bell. civ. V, 4 206.
Ps. Aristeas
p. 69, 16 266.
Aristopbaiies
Wespen 691 303.
Ps. Aristoteles Oecon.
II, 1 216.
II, 1, 4 . . . . 185, 249\ 322.
II, 2, 1, 4 249^
II, 2, 3 . . . 137», 142^, 329.
II, 2, 25 .... 248, 329, 391.
II, 2, 29 195.
II, 2, 38 . 6493.
Seite
Aristoteles
polit.
III 15, 1286 a, 12 . . . 376.
VIII (Y) 1302b 6'.
respubl. Ath.
40 444.
49, 4 '. 161.
51, 2 769.
A r r i a n u s
anabasis
III, 5 424.
III, 12, 2 161^
VII, 15, 4 296^
A thenaeus
II, 40f 269'.
IV, 171a 687*.
V, 201a 227.
V, 203 b 298.
XI, 464b 173, 697.
XI, 493 f. 631^
Aurelius Victor
epit. 1 . . . 180-2, 204S 420.
Babrius
127 (ed. Crusius) 6.
Censorinus
18 798.
23 . 7932.
m. REGISTER DER BEHANDELTEX STELLEN.
Seite
Cicero
pro Flacco
19, 44 . . . 639^ 647^
pro Rabirio
10, 28 492.
in Verrem
III, 6, 14 ff. . . . . . . 515.
III, 8, 20 532.
III, 51, 120 518\
III, 78, 181 381.
Y, 18, 45 522*.
Clemens Alexandrinus
Strom. VI, 36 p. 758 . . . . 396.
Codex Justinian.
I, 37, 1 . . . . . . . . 621^
IV, 47, 2 244.
IV, 61, 9 350.
IV, 62 497^
VII, 41, 3 . . . . . . . 213.
X, 23, 1 631*.
XI, 4, 2 365.
Codex Theodosian.
IV, 12, 9 350.
VIII, 5, 48, 1 649 ^
XI, 24, 6 254.
XII, 1, 97 629.
XII, 6, 3 500-^.
XII, 6, 15 u. 21 364.
XII, 7, 2 369.
XII, 13, 4 300.
XIII, 2, 1 631*.
XIV, 26, 1 270S 369.
XV, 3, 5 335.
Demosthenes
de Cherson.
45 652.
Philipp.
IV, 16 652.
c. Timocr.
39 (p. 712, 27) 550.
96 657^.
Digesta
21, 2, 4 5543.
26, 7, 32, 6 156.
39, 4, 9, 1 594-^.
843
Seite
Digesta
39, 4, 10 497^
39, 4, 16, 7 380'.
48, 6, 10 497^
48, 19, 9, 9 594-2.
49, 14, 3, 6 594.
50, 1, 17, 7 626*.
50, 4, 1, 1 . 628^
50, 4, 18, 19 189^
50, 4, 18, 26 628^
50, 15, 3 242, 448.
50, 15, 4 pr 209^
Dio Ca ssius
51, 18, 1 180^.
51, 19, 6 787.
53, 15 4973.
57, 10, 5 498.
62, 3 240^ 247.
63, 18 593^
66, 8, 5 241^
77, 9 362.
Diodorus
I, 35, 10 230.
I, 36, 1 139=*.
I, 36, 6 488 ff.
I, 52 137, 3972.
I, 53, 2 . 437.
I, 74 700.
I, 75 303.
1, 77, 5 . . . . 437, 456, 470-^.
I, 82 375.
I, 82, 2 175.
I, 84, 8 419.
XVII, 52, 6 .... 414, 487.
XVIII, 14, 1 411.
XIX, 85, 4 704V
Diogenes Laertius
VII, 173/4 6.
Dionysius Halicarn.
IV, 15 458.
Etymologicum Gudianuni
p. 730 6.
E u s t a t h i u s
p. 818, 32 757'.
ad Homer. II. XVIII p. 1160 17*.
844
III. REGISTER DER BEHANDELTEN STELLEN.
Seite
Fragmenta historic, Graecor. ed.
Müller
Aristagoras II, S. 98, Nr. 5 . 433"^.
Baton IV, S. 348 490^
Chaeremon III, S. 498, fr. 4 . 396.
Olympiodorus IV, S. 66, § 37 709.
Gaius
I, 82 685*.
Geograph! Graec. min. ed.
C. Müller
Agatharchides § 22 . . . . 425.
Geoponica
X 74 (ed. Beckh) .... 134i.
Heliodorus
Aethiopica II, 12 . . . . 74\
Herodotus
I, 192 738.
II, 6 7742.
II, 37 644^
II, 38 395.
II, 81 644^
II, 84 377.
II, 108 345.
II, 109 175.
II, 149 137.
II, 177 437, 456, 470.
III, 89 665.
III, 90 ....... . 424.
III, 91 . . . 137, 202, 411, 665.
Herondas
VI, 64 568-2.
Hesy chius
s.v. STiafisxpaiov . . . .766^.
s. V. oTcpiv 750.
Hieronymus
adDaniel.XI, 5 p. 1122 (Bened.) 412,
740^
Hyginus
p. 205 Lachm. . . . 206, 209"^
Isocrates
trapezit. 41 195.
Joseph US
c. Apion.
II, 5, 64 283.
Seite
J 0 s e p h u s antiquitates
XII, 142 .... 240^ 2413.
XII, 155 2413.
XII, 160 fr. 520 f.
XII, 169 518, 521.
XII, 175 413, 51 6^
XII, 176 .... 517, 5262'*,
529, 531, 631^
XII, 177 548.
XII, 184 535.
XII, 186 521.
XII, 261 u. 264 . . . . 383^
XVIII, 158 ..... . 631*.
XIX, 352 6682.
bellum ludaicum
II, 309 593^
II, 385 238, 491.
11, 386 204, 420.
Justinianus
ed.dedioec.Aeg.XIII 365, 387, 6282.
novell. XVII, 8 6282.
Lexieon rhet.
Bekker An. p. 249, 18 . . . 190.
Li vius
XXI, 63, 3/4 522*.
XXXIII, 12, 3 79^
Notitia dignitatum
or. XXXI, 49 709.
Novum testamentum
Evang. Lucae
12, 24 6522.
12, 58 622^
Orosius
I, 8, 9 198.
Periplus mar. Erythr.
p. 19 348, 398.
Philo
adv. Flacc. 16 498.
Plinius
naturalis liistoria
V, 49 (vgl. 61) 425.
VI, 84 400, 584.
XIII, 26 386.
XIII, 102 374.
XXXV, 150 171^
III. REGISTER DER BEHANDELTEN STELLEN.
845
Seite Seite
Plinius Septuaginta
ad Traianum Esth. 3, 9 90.
6(22) 506. Judd. 6, 11 341.
112 2421. ^^^^^ g
Plutarchus III Makk. 2, 28, 30 .... 245 f.
Akib. 5 . . . . 522«, 526*, 529, Strabo
548, 566. II p. 78 u. 84 210*.
Cato min. 36 593^ n iqI 284^.
de Isid. Osir. 31 396. XIV p. 637 766^
Phoc. 17 85. XVII p. 787 . . . . 175, 322,
Pollux 425, 428, 432.
I, 244 312. XVII p. 788 333.
IV, 170 769-2. p^gg g9-2
VI, 128 568-2. XVII p. 797 . . . . 499*, 623,
VIII, 103 195. 643, 657.
VIII, 113 4921. ^y^^ p 798 .. . 399, 413, 427.
IX, 32 568-2. XVII p. 805 771.
IX, III, 112 n\ XVII p. 809 188.
Polyaenus XVII p. 813 284.
IV, 3, 32 739. XVII p. 81G 712.
V, 2, 13 217. XVII p. 817 ... . 211, 710.
Polybius XVII p. 818 311.
VI, 17, 4 5481, 554. XVII p. 819 . . . . 248, 571.
XVIII, 36, 6 78. XVII p. 820 1533.
XXV, 2, 11 195. XVII p. 840 498-2.
Ptolemaeus o
Suetonius
^^^'^'^^ Div. Jul. 41 ...... 442.
IV, 5, 55 426. .
' ' Augustus
I^^ö'ßl 426. ^3 .... 180-2,336.
^' '3 711. 4,2.
Schol. Aristoph. Qaius 40 .... 217, 292, 329.
Ritter 855 6*. j^^ero 35 593i.
Scriptores bist. Aug. Suidas
V. Hadriani 6,5 299. s. v. g'.aypaiJLfia 217^.
V. Marci 9, 7—9 452. s. v. S'.aYpä'-i^avTo; .... 89.
V. Pescennii 12, 4f. .... 804^. s. v. 60-övr^ 267.
V. Gallieni 6, 4 269. s. v. zX'Jvd; 264.
V. Saturnini 8,5 681. s. v. axscpavtxöv .... 29."»*.
Script, metrolog. Synesius
1 258,5 738,7401. epist. 61 (Hercher) .... 177^
I 272 738. Tacitus
Septuaginta annales
Exod. 5, 7 163. II, 59 655*.
Deuter. 23, 17 219i. IV, 6 573.
Ruth 2, 17 341. XIII, 50 573.
846
III. REGISTER DER BEHANDELTEN STELLEN.
Seite
T a c i t u s
historiae
I, 11 204.
Theophilus
paraphr. Inst. I, 5, 4 . . . . 247 ^
Seite
V a r r o
de re rustica I, 17 . . . . 698.
Xenophon
Hellen. I, 6, 4 79.
Meraorab. I, 5, 2 687*.
B. Papyri.
A
egyptische Urkunden
Acten stücke aus
der königlichen
aus
den königlichen Museen
R n n Ir 7 11
Theben
zu Berlin (BGU).
Seite
Seite
I-IV . . . .
485, 516, 525, 639.
1 . .
.... 231, 269, 353, 369,
I, 1, 8 . . . .
5263.
597, 645, 6732.
2 ....
526'.
3 . .
365.
8 ....
526'2.
4
676\
14
526*.
17
5932.
6
506f., 509.
25 ....
. . . . . 527^
II, 2 ....
526^
8
.... 2512, 3C5^ 387^ 392,
5 ....
526.
498'^, 507, 597, 621, 625.
526^
9
. . . 143S 171, 228, 325f.,
12 ....
526.
381, 385.
18 ....
526*.
10
181^ 373, 380,
III/IV ....
207, vgl. 525^
391, 404, 581^
11
486, 507, 509.
•)
526^
12
175, 341.
III, 14, 15 . . .
527^
14
.... 164, 364^ 678, 700,
IV
. . . . . 748.
733^ 760.
IV, 2, 5 . . . .
. . . . . 517^
16
385, 644*.
17
179.
17
455, 472.
V-VII ...
. . 670.
18
505 f., 508 f.
V, 7
638^
20
212^, 657, 701.
8
638"^.
21
.... 256, 754^ 763, 765.
VI, 7/8 ... .
638'.
25
352, 373, 622.
11
638.
28
451, 454.
VII
638.
VII, 6 . . .
6382.
33
6492.
IX
6332, 6383. 6713
34 .
680.
X
3712.
XII
386.
39
187, 772.
III. REGISTER DER BEHANDELTEN STELLEN.
847
Seite
41 ....... 378, 390, 622.
42 G23.
46 . 802.
47 365.
48 770.
50 • l^^""^-
51 466.
52 466.
53 439, 442 f., 474.
54 439, 445.
55 439, 441, 454.
57 .... 439, 441^ 442^ 445.
58 439 f., 4432.
59 439.
60 439.
61 100, 380, 659.
63 . 392, 614.
64 380, 401, 662.
66 G9\ 79, 95.
67 . 100, 659f.
69 109.
79 . 455.
81 661.
83 ■ . . . 390=*, 482.
84 .... 203, 212^, 657, 7012.
85 613^
86 771.
87 4672.
89 466.
90 439, 441.
91 506, 5082, 509.
92 472, 476, 658.
94 157, 481^ 483.
95 .... 439, 445ff., 474, 684.
96 362.
97 439, 443, 446.
99 95S 287, 335.
101 6793.
106 643.
108 465ff., 476, 625.
109 438f., 454.
110 .. 451f.
111 . . . 439, 448, 451 f.
112 461ff.
1 13 797.
Seite
115 . . 439, 441*, 443, 446f., 453f.
116 439, 441^
117 439, 4411, 443, 454.
118 439, 4411, 445, 454.
119 439, 448.
120 439, 448.
121 645, 647, 649.
122 . 439.
123 439, 441*.
124 439.
125 439, 447.
126 439, 441^.
127 439.
128 439, 4472, 683.
129 439.
130 . 439, 443.
131 439, 442.
132 439, 448^, 453f.
133 286S 466.
137 439, 441S 447.
138 439, 441*.
139 ... . 204, 211, 458, 465ff.,
476, 482, 511.
140 797.
141 204, 208, 313, 465^.
145 212', 598.
146 699^
149 673*.
150 365.
152 813.
153 4672.
154 439 f., 445 f.
156 352, 364, 499*.
159 5951.
168 427*.
173 365.
174 788.
175 512.
176 337, 696^.
178 7542,763.
181 170, 392.
182 439, 441, 447, 454.
1S4 4 63.
185 4 79.
186 482.
848
III. REGISTER DER BEHANDELTEN STELLEN.
Seite
188 659.
189 726.
191 606.
192 466.
193 366, 368, 645, 687.
194 ... . 388, 506, 508f., 601 f.
195 500^ 613^
198 212^ 465.
199 ... . 352, 373 f., 391, 401,
597, 613, 623.
212 391.
213 361.
214 69\ 79, 614.
216 390.
217 482.
218 659.
219 378.
220 141, 597f., 732^
221 141,597f.
223 666.
224 439, 441.
225 439, 441.
226 500^
227 187, 313, 772.
233 366.
235 506, 508 f., 602.
236 . 351.
240 363.
243 461 ff.
248 763.
249 770.
250 385, 396, 644\
253 365.
254 455.
259 512.
264 338.
266 466, 475, 625.
273 814.
277 ... . 141, 353, 373, 380,
393, 403f., 644.
282 368.
289 365.
290 771.
292 352.
297 678, 687.
Seite
298 439.
299 . 512.
300 606, 608.
302 439, 446.
308 384.
315 368.
316 684.
324 439, 454.
326 ... . 362f., 797, 803, 813.
328 815.
330 351.
334 383, 613.
336 156, 659.
337 . . 227, 25], 352f., 366, 369,
374, 382, 391, 396, 597f., 616.
339 679^.
340 346, 572, 621.
342 351, 648.
345 . . 266, 597 f., 613\ 614, 619.
348 1572, 313.
350 243, 366, 645, 790.
352 466.
353 466.
354 466.
355 466.
356 ... . 384, 395, 597f., 612^
357 466.
358 466, 475.
359 335, 801.
360 187.
362 .. . 153, 167, 625^ 678, 729^
732ff., 735, 798^
368 7662.
372 595^
377 764.
379 462S 463, 485.
381 661.
382 614.
383 384.
388 362, 467-2, 486.
392 616, 623.
399 660.
404 368.
408 187.
409 320.
III. REGISTER DER BEHANDELTEN STELLEN.
849
Seite
410 439, 441.
411 187.
414 6G6.
420 . . . 461 ff.
421 466.
425 661.
426 482.
427 467"2.
430 439.
431 383, 613.
434 404, 449», 801.
447 ... . 439, 443, 444^, 446,
4472, 448, 474, 685f.
454 803.
457 512, 619f.
459 4Glff., 476.
461 . 378.
462 660.
463 384, 597.
466 503.
467 684.
471 .. . 173, 366, 394, 401, 701^.
474 648.
475 252, 354.
478 19lS 466^
479 ....... . 191S 466^
480 191», 466\
484 426'2, 439, 444, 617^
485 . . . . 141, 191S 252^ 657^.
490 1751.
493 442, 448, 479, 684.
494 479.
495 479, 684.
496 — 508 479.
509 479, 660.
510 479.
513 338.
515 .. . 255S 615, 618, 620, 802.
519 157.
521 378.
524 439, 446, 474.
526 176^ 187.
528 383.
529 156, 662.
531 763, 766.
WiLCKEN, Ostraka.
Seite
533 479.
534 156, 401, 662.
535 815"^.
536 461 ff., 479.
537 439, 441.
538 187.
542 368.
552 309, 364, 626.
553 309, 626.
554 309, 626.
555 309.
556 309, 658.
557 309.
560 .. . 254\ 6442, 646-'^, 701^.
562 241.
563 ... . 175, 196, 213, 482.
564 482.
565 482.
566 482.
572 174^
573 174^
574 174^
577 439, 445f., 448.
578 196, 657, 728^
579 . . 379, 429, 627f., 658, 769^
585 663.
586 176^
589 701^.
593 338^.
598 512, 616^
599 393S 643f., 701*.
603 773^
604 773^
607 659, 671^.
612 190^
617 173, 381, 687.
618 341^.
619 508^ 600.
620 645.
621 658, 671^
624 701.
629 466.
639 616, 623.
645 386.
646 802.
54
850 III. REGISTER DER BEHANDELTEN STELLEN.
Seite
647 37G. P. 2294
648 701.
649 472, 476, 658.
650 392, 645.
052 . . . 373, 390, 401, 403, 622.
653 391, 622.
654 378.
655 354.
659 432^, 512, 701^.
666 196.
667 481, 483.
679 7122.
681 712-^.
692 760.
693 763.
694 763.
697 671 3.
699 678.
706 439, 442.
707 647, 672^
711 ... . 582S 597, 614, 804.
713 729.
715 660^
729 624.
730 472, 476, 658.
734 451^.
740 652.
747 604, 609, 645.
748 184, 597.
753 173, 431-.
Papyri der Berliner Bibliothek.
12 760.
21 R 300, 642.
21, 8 386.
21, 10 400.
23, 10 373.
25, 9 365.
Unpublieirte Berliner Papyri.
P. 1364 323-2.
P. 1394 169, 286, 403.
P. 1422 159, 193, 196.
Seite
212^
P. 2308 351.
P. 2311 351.
P. 2476 382.
P. 2695 89^
P. 2697 89^
P. 2701 345^
P. 6056 107^
P. 6905 815.
P. 6951 I 388.
II 360.
P. 7097 . . 243, 439, 449, A'oB\ 471.
P. 7194 815.
P. 7246 814.
P. 7299 8l4f.
P. 7332 815^
P. 7377 815.
P. 7390 S15.
P. 7459 429.
P. 8459 802.
P. 8794 769'.
Inv. VII, 1658 373.
Charta Borgiana .... 683.
I, Iff. 339 If.
III, 10 173^
26 227^.
IV, 13 173^
VI, 20/21 17^.
VIT, 13 33 7 ^
34 173^
IX, 5 227='.
Genfer Papyri.
4 432=*.
9 78*.
10 320, 433^
13 187.
15, 3 774.
16 595^
17 619.
18 439, 454.
III. REGISTER DER BEHANDELTEN STELLEN.
851
Papyri Grenfell.
40
.... 788.
I.
41
. 219, 288,
587 flf., 607, 622.
.Seite
43
. . . . 331.
[)
670^ "
43, 6
.... 810.
18, 20 . . .
743,
44
659, 661, 671^
1461.
45 .
.... 466.
22, 11 . . .
732^
46
.... 369.
25 ....
710.
48
.... 37s.
27 . . .
710.
49
.... 439.
27 III 4
72 2\
50
354 ff., 759.
III 10
183.
52
.... 378.
29 ....
. . 675,
739^
53 .
.... 338.
33, 18 . . .
429^
54
.... 382.
33, 52 . . .
650.
55
381, 439, 441.
39, 1 ...
7 55.
56
149S 465, 477.
39 V 2 . . .
759.
5473, 770, 774.
43 ....
686.
58
.... 394.
44 ... .
710.
59
687, 794ff.
45, 46 . . .
438,
440, 450,
701^
6(1
173, 792, 803.
47 ....
698-2.
62
.... 804.
48 ....
661.
63
.... 660.
49 ....
467.
64
.... 396'^
610^.
65
. , 193, 381.
54, 10 . . .
176^.
66
.... 621.
498^ 766,
7 73.
67 .
675,
680, 756, 794 ff.
72
.... 623.
II.
14 b . . . .
389 f..
4932
.... 678.
15 ....
.... 729.
18 ....
679.
79, 1
. . 1731, 476^
19 ....
6791.
80-82
.... 382.
21 ....
679.
90, 13
22 ....
23 ....
4932, 633-,
654.
99 .
.... 763.
24 ....
429S
675^
24, 13 . . .
772.
25 ....
366.
Leidener Papyri.
26 ....
366.
A
. . . . 632^
27 ....
679.
.... 367.
28 ....
366,
C R 14
.... 722'.
F
302, 516', 520.
33 ....
366
, 638, 652,
, 670.
G 3
.... 565'.
.... 19'.
37 ....
632^, 637,
654.
.... 17.-.'.
L II 7
. . . . 639-.
54*
852 III. REGISTER DER BEHANDELTEX STELLEN.
Seite
O 367.
O, 24 f. 722^
Q . . . . 61\ 118, 1592, 361, 564,
750, 762.
E 632-^.
Y II 16 7.
Leipziger Papyri.
411 .
5 . .
6 R .
8 . .
11
11 R
11 V
13 R
27 R
27 V
29 R
32 R .
34 V.
... 74.
354, 369, 377.
. . . 187.
. . . 756.
. . . 688.
. . . 739^
. . . 138^
. . . 334.
. . . 170.
. . . 760.
. . . 304.
. . . 756^
. . . 760.
Londoner Papyri.
XIV 755.
XVII 758.
XVIII 743, 749.
XXII 758.
XXIII 669.
XXIII, 110 495.
XXVII 637, 640.
XLIII 377.
L 433"^ 457, 473, 481.
XCIX 288, 379.
CX 792.
CXIII 6 b 170.
9 e 763.
CXIX . . 134, 148 ff., 203, 208, 250,
258, 315ff., 656, 712.
CXXV 680, 745.
CXXX 792.
CXXXI R . . . 146, 164, 170, 272S
675, 677, 699, 732, 754, 757^ 759.
CXXXIX 187.
CLXXVII 701» 703.
Seite
CLXXIX 811.
CLXXX 659.
CLXXXII 439.
CXCV A 159.
CXCIX 506, 509.
CCVI 35Gf.
CCVIII a 455.
d 770.
CCXVI , 651, 698, 773.
CCXVII 100, 380, 659.
CCXXXIV 621.
CCLV . . . 286, 373, 606 ff., 613,
G19\ 647.
CCLVI .... 6572, 661 f., 701-.
CCLIX 438.
CCLX 432^ 438, 454.
rCXCV . . 100, 310, 4293, 659 f.,
6713.
CCXCVI 335.
CCCVI . . .111, G05ff., 645, 046^.
CCCIX 466.
CCCXIV 439, 487.
CCCXVI .... 79, 355\ 356 ff.
CCCXXI c 338.
CCCXXVU 466.
CCCXXVIII 466.
CCCXLVIb ....... 659.
CCCXLVII . . 232, 374, 401, 597.
CCCXLVIII 431^
CCCLI 659.
CCCLXXX 263, 731.
CCCLXXXIII 263.
CCCCI 18', 598^
Pal. Sog. II, 164 392.
II, 189 13'.
Kenyon,CataLGr.Pap.S.94,96,99 . 7.
Bilinguis ... 65, 183, 362, 403.
Papyri Oxy rhy nchos.
9 V 735, 738, 744.
34 4791, 589^.
36 .... 477, 571, 574^, 620.
37 678, 6872.
39, 6 426.
43 661 f., 7542.
III. REGISTER DER BEHANDELTEN STELLEN. 853
Seite
Seite
. . . 590, 593.
5, 43 ....
710.
45, 17 .
789.
679.
48
8, 9
90.
48-50 .
729.
12
701.
17 . . 184, 3191,
591, 598
, 618
, 647.
6971.
19, 7 ....
792.
54, 10 .
..... 509-2.
792.
56 . .
804.
21, 52 . . . .
368.
57 . .
. . . 502 f., 656.
21/28 ....
368.
58 . .
. . . 430, 625^
32
267.
60, 1
435^
42
295.
61 . ,
647.
60*»^
677.
61, 15 .
4982.
61
568.
62 , ,
627.
62
518,
599,
636.
63 , ,
659.
62 I, 1. . . .
520^
67, 5
4352.
I, 2 . . .
518'.
71
671.
I, 6 . . .
514.
72
. . . . 461 ff.
I, 9 . . .
536.
73 . .
. . . 467, 6853.
I, 9/10 , .
567.
74
. . . 466, 471.
I, 11 . . .
531«,
463S 468, 471.
I, 13 ff. . .
548.
78 ,
. . . 466, 484.
I, 15 . . .
549.
79
. . . 455, 472.
II, 2 ff. . .
641.
81 . .
476S 4
76^ 602, 605, 630.
II, 4/5 .
554^
82
603.
II, 7 ff. . .
553.
S4
697^
II, 9 . . .
549.
6971.
II, llff. . .
533,
552.
86, 6
467.
III, 3 . . .
549,
559.
11
431.
III, 6/10 . .
555.
89, 3
770^.
III, 11/16 , .
529.
91
. 678, 687, 720=^.
III, 11
548.
92
680.
III, 14 f. . .
527*.
93
680.
III, 15 . . .
532-2.
95
. . . 434^ 687.
III, 17ff. . .
547,
555.
96
IV, 4 . . .
. 369,
570.
IV, 9 ff. . .
565.
99 . .
. 647,
712^, 729, 736, 809.
IV, 11 . . .
519*.
100
. . . 484, 624.
IV, 13 . . .
569.
101, 40
772.
IV, 15ff. . .
723 f.
104 . ,
801.
IV, 18 . . .
V,3 . . .
532^.
90.
532.
Pariser
Papyri.
V, 8 ff. . .
533«.
5, 3, 3 .
331.
V, 12 . . .
77', 89,
561,
640.
5, 19, 1 ,
177.
V, 17 . . .
379,
394.
854
ni. REGISTER DER BEHANDELTEN STELLEN.
Seite
62 V, 19 . . . . 181, 369, 516^
VI, 3 394.
VI, 4 521.
VI, 8flf. 529', 548.
VI, lOflf. 543.
VI, 13 5381.
VI, 14 542.
VI, 21 567.
VIII 5301.
VIII, 9 640.
VIII, 10 6411.
VIII, 15 5342.
63 196, 702.
63 I 22 283.
IV 3 f. 369.
IV, 98 138.
A% 171 420.
163 fr. 702.
178 701.
66 .... 180, 259, 261, 337f.
66 II 6 768.
67 181, 264, 271, 369.
67, 15 138.
16 216.
II, 11 400.
II, 17 394.
Pap. bei Revillout, Melanges
S. 300 flf. . . .139, 517, 530,
531*, 548*, 563, 641.
S. 327 672-2.
S. 333 670.
Pap. bei Hirschfeld, Sitzungsb. Berl.
Akad., 1892
S. 817 . . . 506, 508, 508^
Pap. Hermes XXIII S. 593 . . 737.
Mathem. Pap. v. Achmim. Mem. de la
Mission archeol. franc. au Caire IX
749, 752.
Fliuders Petrie Pajiyri.
I.
XV 685.
XVI, 2 90, 107.
XXI, 14 433=^.
Seite
XXII, 2 261, 336.
XXIII 2601, 261, 336.
XXV, 2 76, 400.
XXVIII, 2 396, 5461.
II.
II, 1 186, 194.
IV, 2 6821.
3 720-2.
11 201.
12 5251.
VI, 5 1801.
X, 1 389, 495, 502.
XI 363, 458, 473.
XII 353.
XIII, 1 5251, 5391, 697.
17 151, 500^ 565.
18b ... . 5251, 5273, 5592.
XIV, Ib . . . . 5251, 5321, 673.
Ic . . 5251, 5321, 5401^ 673_
Id . . . . 5251, 5321,
2a 163.
XV, 2 759.
XVII, 1 565'2.
XX 7081.
XXII 565.
XXV . . . 672, 741f., 748, 757.
XXVI 632, 636, 673.
XXVI, 3 - 6 634^
XXVII, 1 . . . . 135, 1572, 460,
471, 758.
3 264, 721-2.
XXVIII 709-2.
XXIXa 151, 7212.
b 7041.
b/d 186.
XXX b 482.
c 460.
d 200.
e 460, 758.
XXXII, 1 . . . 224, 294, 354, 382i,
642», 649, 6761.
XXXIII, a . . . 365, 667, 676.
XXXVI .... 1751, 261 f., 336.
XXXVII 2 c 754.
m. REGISTER DER BEHANDELTEN STELLEN. 855
Seite
Seite
XXXYIII a
180^
14 ....
527.
XXXIX b/c .
304.
14, 12 . . .
. . . . 538,
542.
d 20 ,
. . . . 377, 748.
15 f.
536.
e .
. 275, 296, 344f., 352,
15 ....
522.
375, 378, 382, 400, 402, 666.
15, 1 ...
542.
f
. . . . 143, 402.
2ff. . . .
549.
i . .
. . 157^ 319, 482.
lOff. . . .
560.
XLb
76.
16 ....
569 f.
XLIII a
150.
16, 4 ...
569.
b
157-, 159^ 319, 403.
17 ....
569 f.
XLIV 9
207.
17, Iff.
569.
XLYI
158^, 520S 532"^ 550,
5 ...
561^
552 ff., 725.
13 . . .
552.
XLVI a
4712.
14 ...
53 1^
c
. 90, 183, 632, 636-2.
17 ...
544.
XLVIII
. . . . 653, 769.
18 ....
569 f.
S. 7 . ,
76.
18, 7 ...
.... 494,
, 570.
S. 22, 9
686.
9ff. . . .
570.
S. 23
685 f.
14 . . .
570^
S. 29 (app. S. 3)
. . . 402, 539,
562.
557, 559.
19,3 . .
550.
S. 33
459.
6 . . .
494.
S. 3G, ,
. . 375, 402, 459, 473, 701.
492, 494,
657».
S. 37 d
377.
11 ...
562.
S. 43
103.
20, 7ff . . .
555.
12 . . .
517.
14 . . .
287.
Revenue-Papyrus.
22, 5 ...
562.
6, 1 .
566^
24 ....
492.
7, 3
523.
24, 11 . . .
.... 135,
, 459.
9, 2 .
5572.
767.
3
5492.
10, 1
568.
27, 5 ...
471.
10
. . . . 539, 558 ff.
13 ...
471.
11
558 ff.
18 . . .
91-.
11, 11 ff,
543.
13
557.
28, 9ff. . . .
562.
15
550.
16 f.
556 f.
29 ....
.... 460,
, 472.
17
542.
12, 1-4
543.
14 . . .
:.r,4'.
13
556.
16
557.
159*.
13, Iff.
556.
31 . . . .
424.
3
91^
856 m. REGISTER DER BEHANDELTEN STELLEN.
Seite
Seite
31, 14 . . .
562.
48
, 10
89^
18 f.. . .
G53.
49;
, 10
460.
32, 3 . . .
IG,
761.
50
, 20
. . . . 460,
, 696.
19 . . .
757.
51
673.
33, 2 ...
5623.
52
, 13
. . . . 399
, 460.
6 . . .
562.
53
, 10-
11 . .
514.
34, 2 ...
. . . . 5481,
560.
20
757.
3 . . .
534.
54
, 1
528.
5 ...
. . . . 5191,
782.
9
754.
8 . . .
. . . . 532^,
570.
12
520^
20ff
569.
io
£i Q
Odo.
55
^ 4
761.
14
531^, 533^,
541.
7 ff
740.
15
538,
552.
16
528.
1 6
541
544.
18
. . . . 557,
620^.
17
531® 534^
542.
19
551.
56,
, l'l
. . . . 548f.
, 561.
15
534.
36
492,
57
518^
o c o
472.
57
, 2
782*.
1 n
/l 7 O
4/5
51 8 ff.
1 1
±(\A
8
528.
17
450
22
76.
19
158
615^.
59
, 2
782^
158*, 492,
568.
4
518.
37, 6 ...
514^
16
528.
10 . . .
472.
60
433^
60,
, 13-
15
719.
12 ...
502.
23
520.
39 ....
740.
72
, 3
265^.
73
634.
40, 6 ...
368.
74
, 5
635*.
11 ...
757.
75
, 1
536S 632
, 635.
13 ...
7572.
76
15 ...
757"^.
77,
, 4
91.
19
768.
78;
, 1
6353.
41, 13 . . .
18^
85;
, 1 u,
. 7 . .
368.
42, 11 . . .
460.
86;
, 10
471.
17 . . .
471.
12
912.
43, 8 . . .
368.
87
268.
44 ....
696.
91.
, 2
268.
44, 18flf. . .
696.
93,
, 94,
96
268.
45 ....
696.
103, 1
2662.
45, 4 ...
757.
104, 4
47, 14 . . .
189.
fr. 6 .
. . . 5191,
782^
III. REGISTER DER BEHANDELTEN STELLEN.
857
Seite
Pap. Sakkakini (Eevilloiit, Rev.
Egyptol. III, llSflf.) . . 139^
1443, 1632, IGG, 676.
Turiner Papyri.
I 731.
1 4, 5 486.
4, 15 792.
4, 18 792.
7, 10 345, 4G0, 470.
IV, 25 366.
26 722^
Y, VI, VII 563, 568.
VIII, 12 696^
17 696^
24 675.
35 366.
36f. 722^
87 366.
XIII 722^
Wiener Papyri.
Corpus Papyrorum Raineri
I, 1, 11
1, 16
1, 21
2, 9
3, 16
12
24, 2
25, 1
31
33
34
35, 9
38, 18
39
39, 19 773,
40 u. 41
41, 23
43
45, 21
729^
512,
503.
351.
366.
366.
366.
735.
813.
813.
770.
703.
431*.
773.
773.
212^
774.
176^
770.
773.
Seite
I, 48, 3 809.
20G I 12 243.
233 4352.
241 188.
I S. 110 503.
S. 158 210V
II S. 17 . . 510.
S. 132 774.
S. 183 764-^, 7671.
Mitteilungen aus der Sammlung der
Papyrus Erzherzog Rainer.
II S. 16 809.
S. 19 805.
S. 23 798, 805.
S. 31 . . . 679^'% 680S 805.
IV S. 58 658.
No. 1410 (-= II S. 21) .... 455.
1412 (= II S. 20) . . . . 455.
2026 (= IV S. 58) 455, 658.
Härtel, über die griechischen Papyri
Erzherzog Rainer Wien 1886
S. 64 463.
S. 74 466.
S. 75 660*.
Anzeiger der Wiener Akademie
XXXI 1895 S. 7 455.
AViener Papyrus 31 (Wessely Wien.
Stud. IV 1882; ders. Die griech.
Papyr. d. Kais. Samml. Wien 1885
S. 22» 187, 701^
Papyrus bei Wessely „Zythos u. Zythera**
S. 43 384, 388, 603.
Zoispapy ri.
I 13 517-, 565.
19
20
534*.
526».
858
III. REGISTER DER BEHANDELTEN STELLEN.
Seite Seite
1 24 52G^ Papyrus Petersburg 14"* (Philologus LIII
29 91. S. 89) 503.
BS . . 720. Papyrus im Museum von Alexandrien
— • • 65,77,264, 265, 5161, (Bulletin de Corresp. Hellen. XVIII
525, 546S 551f., 557^ g. 145f.) .... 436, 456, 457,
650, 699.
C. Ostraka (in Band II nicht publicirt).
Berliner Museum.
8
183
206
228
1156
1570
1610
P. 4149
P. 4229
P. 4412
P. 4424
P. 4497
P. 4620
P. 4756
P. 4820
P. 4838
P. 7459
P. 8597
P. 8598
. 351.
. 765.
. 163.
220.
152.
. 112.
219.
. 11-2.
. 288.
. 158-.
11'-.
117.
. 250.
. 751^
. 680.
. 7 65.
. 629'.
252. 314.
P. 8622 . ;
Wiedemann 2
12688
12696
12711
12713
16510
25660
178
480
562
7292
7757
7867
British Museum.
A s h m o 1 e a n Museum.
Lou vre.
225. 8531
279.
61.
116.
610.
117.
610.
752.
680.
713.
610"'^.
710.
276.
766.
229.
D. Holztafeln.
Berlin . . . 66^ 398, 551^, 557*. London . . . G6^, 398, 557^, 557^
Hess .... 66-2, 127\ 557\ 557*. Paris . . . 65^ 398, 557S 557^
E. Inschriften.
CIL.
III, 431 498^
II, 1970 283. 3925 601.
11,8.5929 136». S. 13750 218.
m. REGISTER DER BEHANDELTEN STELLEN.
859
Seit«-
V, 7547 601.
VI, 8588 601.
VIII, 997 601.
IX, 5144 170.
X, 143 272V
4862 499"^.
6668 601.
Orelli.
516 426"^ 427^.
3881 427*.
Bruns, fontes iur. Rom.
S. 257 (Sporteltarif aus Thamugadi in
Numidien) 680.
S.266 (lex metalliVipascensis)574'2, 591.
CIA.
II, 476 768\ 769.
IV, 1, Nr. 569—571 .... öV
C I Gr.
1569 191.
2830ff. 642*.
2842 6451.
2878 433^
3490 627.
4680 153-.
4697 672.
4699 154, 509\
4701 428.
4892 605\
4896 275, 671.
4919 612.
4956 501, 571 f., 671.
20 390.
26 275.
34 502.
37 494V
4957 7973.
3 813.
8 . . 497-.
10 592, 701.
11 393V
Seite
4957 12 592.
13 645.
16 645.
17 285, 621.
18 645.
21 499*, 645 f.
23 462V
26 5 71.
29 f 645.
31 186.
32 701V
34 f. 603S 604.
35 622V
36 499.
39 499 V
40 595V
46 199, 500.
47 425.
49 451, 504.
50 596V
54 501V
57 211, 505.
59 416.
60 176V
4987 794ft".
4989 434.
4996 434.
5000 434.
5020 794 fl'.
5032 434.
5075 351, 399.
5085 499V
5895 658.
5973 658.
Dittenbergcr Sylloge.
312 182*, 263*, 378V
Le Bas.
n. 323 tf. 52 7 V
n. 404 589*.
Stele von Assuau .... 19»'..
Steuerinschrift aus Cos l.?»"».
219^ 391, 397.
860
III. REGISTER DER BEHANDELTEN STELLEN.
Seite
Tarif von Koptos . 347, 395^
572, 597.
Tarif von Palmyra . . 136, 142^
191, 217, 329f., G203, 73G, 754*.
Inschrift von Rosette.
13 158.
IG 397.
17 2G9, G73.
28 199.
Seite
29 2G9, 673, 759.
30 151, 759.
Trilinguis von Pliilae 153^, 497^
Gotting. Nachr. 1892, S. 533 387.
Hermathena 1895, XXI, S. 162 388.
Hermes IV S. 187 .... 137^
XX S. 447 . . 674, 798.
Athen. Mittheilungen X, 1885,
S. 205 545, 589"2.
Aeg. Zeitschr. 1872, S. 27 793ff.
Im gleichen Verlage ist erschienen:
TAFELN
ZUE AELTEREX
GRIECHISCHEN PAL^^IO GRAPH IE
XACH OPJGIXALEX DES BEELIXER X. MUSEUMS
ZUM AKADEMISCHEN GEBRAUCH UND ZUM SELBSTUNTERRICHT
HEE AUSGEGEBEN VON
Dfr ULEICH AVILCKEN
A. O. PROFESSOR DER ALTEX GESCHICHTE A. D. UXmiRSITAET BRESLAU.
XIY Seiten Text und 20 Lichtdrucktafeln in Mappe.
Preis in Mappe 10 Mark.
Der Herr Herausgeber stellt in diesem Werke, welches dazu
bestimmt ist, eine Lücke in unserer palaeographischen Literatur aus-
zufüllen, die Forderung, dass man eingehend die Cursiye studire,
ehe man an die mittelalterliche Minuskel herangeht, da erstere nichts
weiter als ein früheres Entwicklungsstadium der letzteren sei, und
hat deshalb, da die bisherigen Publicationen ein systematisches
Studium der Cursive kaum ermöglichten, aus der reichen Sammlung
des Berliner Museums Proben aus den verschiedenen Entwicklungs-
stufen der griechischen Schrift bis zur Minuskel heran auf 20 Licht-
drucktafeln gegeben. Tafel I — VI enthält Uncialtexte vom I. bis
c. VIII. Jahrhundert, Tafel VII bis XX Cursivtexte vom II. Jalir-
hundert vor Chr. bis zum VIII/ IX. Jahrhundert nach Chr. Den
Tafeln ist eine Vorrede, sowie erläuternde Bemerkungen zu den
Tafeln (auch Leseproben) vorausgeschickt.
GIESECKE (Je DEVEIENT
TYPOGRAPHISCHES INSTITUT
I.EIPZICt — BERLIX
Beginn des Druckes des I. Buches September 1896
Schluss des Druckes April 1899
<?S^